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Full text of "Berliner Tierärztliche Wochenschrift 24.1908"

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Berliner 


Tierärztliche Wochenschrift. 


Redaktion: 

Professor Dl*. Schnialtz -Berlin. 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Professor Departementstierarzt 

Hamburg. Cöln. 


Prof. Dr. Peter 

Staatstierarzt für Hamborg 
Hamburg. 


VeterinäiTat Peters Veterinärrat PreuBe Dr. Richter 

Departementstierarzt Dopartementstierarzt Professor 

Bromberg. Danzig. Dresden. 


Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel 


Professor 

Dresden. 


Professor 

Freiburg. 


Professor 

Dresden. 


Landestierarzt 

München. 


Wehrle 

Kaiserl. Regiernng«rat 

Be rl i n. 


Zftndel 

Kreistierarzt 

Mülhausen i. £. 


.Helfer 

Scblacbtbof-Direktor 
Mülhausen i. K 


K. von Sande 

Frankfurt 
a. M. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut 

Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt 

Hamburg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent 

Budapest. 


Jahrgang 1908. 



Berlin 1908. 

Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. 

Wilhelmstraße 10. 

LIBRARY 

UNIVER5ITY C CALIFORNIA 

DA V'iä 



Berlin, Druck von W. Büxenstein. 



Sachregister. 

(Die Zahlen hiner den einfeinen Sätzen bedeuten die Seitenzahlen.) 

>ie Sätze mit kleiner Schrift aind Hinweise auf die medizinische Literatur.') 


Aalbrut. 574. 

Abdeckerei frage: s. a. Bayern, Kadaver¬ 
vernichtung, Konfiskate, Tierkörperver¬ 
nichtungsanstalt. — Anregung zur end 
liehen Regelung des Abdeckereiwesens v. 
Siebenbürger. 85. — Rede des Reichstags¬ 
abgeordneten Siebenbürger über das Ab¬ 
deckereiwesen. 257. — Abdeckereiverhält¬ 
nisse in Mecklenburg. 330. — Abdeckerei¬ 
wesen. 418. — Steht privilegierten Ab¬ 
deckern von geschlachteten Tieren, bei 
denen lediglich das Fleisch als untauglich 
befunden wurde, auch die Haut zu? Zu¬ 
gleich ein Beitrag zur Definition des 
Begriffs „unrein“ v. Dr. Ostertag. 493. — 
Polizeiverordnung, betr. Fortschaffung und 
Vernichtung von Tierkadavern. 566. — 
Eine neue Kammergerichtsentscheidung, 
betreffend Abdeckereiprivilegien. 604. — 
Abdeckereiwesen v. Schmaltz. 985. 

Abderhaldens Ablehnung der Berufung als 
Nachfolger Hüfners. 538. s. a. 399. 

Abende s. a. Wissenschaftliche. 

Abende, in Stettin. — Tierärztliche — 792. 

Abgeordnetenhaus s. a. Bayern, Österreich. 

Abgeordnetenhaus s. a. Abdeckereiwesen, 
Kreistierarztreform, Ländernamen, Medi¬ 
zinalbeamte. — Petition der Polizeitier¬ 
ärzte um etatsmäßige Anstellung, Ver¬ 
mehrung der Stellen und Erhöhung der 
Dienstbezüge. 75. — Erklärung des Mi¬ 
nisters, daß an eine Vereinigung der tier¬ 
ärztlichen Hochschulen mit den landwirt¬ 
schaftlichen nicht gedacht werde. 75. — 
Organisation und Promotionsrecht an der 
Berliner Tierärztlichen Hochschule. 75. — 
Erklärung des preußischen Herrn Ministers 
für Landwirtschaft über die Promotions¬ 
frage. 90. — Über die Pauschalierung der 
Reisekosten und Tagegelder der Kreis¬ 
ärzte. 185. — Weiterer Ausbau des 
Veterinärinstituts in Breslau. 185. — Haft¬ 
pflicht des Staates für seine Beamten. 252. 

AbiturientenUberschuß s. Hessen. 

Äbkalben s. Magendarmkatarrh. 

Abschnürung der Jungen bei Katzen durch 
Fremdkörper v. Dasch. 202. 

Abschnürung von Organen bei Hunden v.Dasch. 

202 . 

Abszesse von Taubenei — bis Kindskopfgrbße 
bei einer Kuh v. Mayr. 26. 

Abwehr! — Zur — v. Kunibert Müller. 437. 

Abzeichen s. Vererbung. 

Acarusmilbenbeim Pferd. Orig.-Art. v. Walther. 
691. 


I Acarusräude des Hundes. — Behandlung der — 

| v. Moussu. 409. 

| Aderlaß s. Hohlnadel. 

j Adversarius (Hakenwender) nach Hoffmann. 
460. 

I Ärzte s. Tagesgeschichte. 

Affe s. Speicheldrüse. 

Afrika: Die Bekämpfung der afrikanischen 
Viehseuchen. 155. — Koloniales Preisaus¬ 
schreiben. 186. — Ausbildung der Tier¬ 
ärzte für die Kolonien. 251. — Piroplasma 
canis im Bezirk Usambara in Deutsch- 
Ostafrika v. Leupold. 286. — Trypanosoma 
Theileri im südlichen Deutsch - Ostafrika 
v. Stolowsky. 286. — Piroplasmose bei 
afrikanischen Ziegen v. Panse. 286. — 
Preliinary note on the development of 
piroplasma canis in the tick v.Christophers. 
287. — Katarrhalfieber der Schafe in Süd¬ 
afrika v. Dr. Theiler. 344. — Seuchen- 
haftes Auftreten von akutem Magen-Darm - 
katarrh bei Wiederkäuern in und bei 
Otjimbingwa in Deutsch-SüdweBtafrika 
Februar 1907. Orig.-Art. v. Hoerauf. 354. 
— Maßnahmen zur Förderung der Vieh¬ 
zucht in Deutsch-Süd westafrika und zur 
Bekämpfung der afrikanischen Vieh¬ 
seuchen v. Preuße. 415. 

Afters beim Kalbe. — Fehlen des — von 
Reichert. 516. 

Agglutination s. Rotz. 

Agglutination. — Über den Einflufi von Wärme und Zeit 
auf den Ablauf der — v. Konricb. 760. 

Agrostemma Githago (Kornrade). — Die 
Giftwirkung von — v. Dr. Baier. 272. 

| Akademie s. Kaiser-Wilhelm-Akademie. 
Akanthom auf der Innenfläche des Pferde- 
| ohres. — Papilläres — v. Pröscholdt. 

I 502. 560. 

Aktinomykom an der Vulva bei einer Kuh 
v. Schalter. 848. 

Albertus Magnus von Cöln und das Cölner 
Autogramm seiner Tiergeschichte v. Prof. 
Dr. Stadler. 868. j 

Albumosurie bei Tieren v. Dr. Käthe. 55. | 

Alkohol beim Jungrind. — Vergiftung durch 

— v. Berger. 7. | 

Alkohol-Injektion s. Nabelbruch. I 

Alkoholismus s. Centralverband. | 

Alkoholtoleranz. — Über das Weaen der — v. Pringahehn. I 
908. | 

Altdamm. — Neuerrichtetes Schlachthaus in j 

- 196. 

Alter. — Hohes — 623. | 

Alter in Ehren. — Ein — 37. j 

Amerika: Internationaler Tuberkulosekon¬ 
greß in Amerika. 106. — Amerikanische' 


Großschlächtereien in Frankreich. 262. — 
Viehhandel in Chicago. 262. — Ausfuhr 
von Btichsenfleisch. 262. — Schlachthaus- 
Skandale in Chicago. 569. — Färben von 
Nahrungsmitteln in den Vereinigten 
Staaten. 728. — Milchkontrolle in New- 
York. 943. 

Amphibien s. a. Viehhandel. 

Amputation s. Laparotomie. 

Amtstierärzte s. Gebühren. 

Amtliche Stellen s. Besetzung. 

Amtsbezeichnung des Schlachthofleiters in 
der Stadtverordnetensitzung in Könitz. 226. 

Amyloiden Degeneration bei Tieren. — Über 
das Vorkommen der — v. Hißbach. 534. 

Anämie der Pferde. — Die pernieiöse — 
v. Friedrich. 469. 

Anämie des Pferdes. — Untersuchungen über 
das Auftreten und die Bekämpfung der 
infektiösen — v. Prof. Ostertag. 69. 

Andenken s. Tagesgeschichte (Persönliches 
[Nachrufe]). 

Aneurysma verminosum, dessen Einfluß auf 
die Kolik und die damit verbundenen 
Volvuli. — Vorkommen und Häufigkeit 
des — Orig.-Art. v. Knoll. 529. 

! Aneurysma verminosum equi vom patholog.- 

! anatorn., statistischen, klinischen und 
zoologischen Standpunkt v. Dr. Adelmann. 
735. 

Anfragen. 913. 

Anhalt: Abgeschaffte Milchsteuer in Dessau. 
944. — Anerkennung des Schweizer Dr. 
med. vet. 963. 

Annonce. — Unpassende — 606. s. a. 576. 

Anordnung s. Schlachthofdirektor. 

Anstalten s. Berlin. 

Ansteckung s. Haftpflicht. 

Anthelminthicum s. Brechweinstein. 

Anthracosis pulmonum. — Beiträge zur 
Kenntnis von der Entstehung der — v. 
Dr. Lüttschwager. 246. 

Anthrax geimpften Tiere dem menschlichen 
Genüsse zulassen? — Wann kann man 
das Fleisch und die Milch der gegen — 
v. Rieger. 504. 

Anthrax s. Elastikotropiscbe. 

Antidiarrhoicum s. Tannyl. 

Antiformin, ein bakterienauflösendes Desin¬ 
fektionsmittel v. Uhlenhuth und Xylander. 
784. Erläuterungen dazu v. Dr. Pior- 
kowski. 972. 

Antiperiostin s. a. Knocbenneubildung. 

Antiperiostin bei veralteten Überbeinen. 
Kleins — v. Train. 244. 




IV 


Antiperiostin. — Zur Wirkung des — v. 
Schade. 518. 

Antipyrin gegen Milchandrang v. Lange. 977. 

Antiseptica. — Moderne — Orig.-Art. v. Mayr. 
25. 

Antistreptococcenserum. 272. 

Anzeigepflicht s. a. Rindertuberkulose. 

Anzeigepflicht für Gehirnrückenmarksent¬ 
zündung und Gehirnentzündung in Sachsen- 
Altenburg. 187. 

Anzeigepflicht auf die Pferde-Influenza im 
Deutschen Landwirtschaftsrat. — Aus¬ 
dehnung der — v. v. Rantzau. 253. 

Anzeigepflicht für die als Influenza der Pferde 
bezeichneten Krankheiten. — Bekannt¬ 
machung betreffend die — 564. 

Apparate s. Adversarius, Autocautcr, Bica- 
pessar, Bistouris, Blutstillungszange, 
Bullenringe, Digitorector, Ekraseur-Emas- 
kulator, Emaskulator, Hohlnadel, Kastrier¬ 
zange, Klemmzange, Koppen, Metallver- 
schlnßknopf, Nasenbremse, Pillen- und 
Eingußapparat, Pravazsche Nadel, Salben¬ 
spritze, Schraubenschere, Stift, Stilett, 
Tragbahre, Trokar, Verbandhalter, Wurf¬ 
zeug. 

Aphthenseuchenartige Erkrankung bei Schafen 
v. Tietze. 467. 

Apotheker s. Tagesgeschichte (Apothekon- 
wesen). 

Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amt 681. 

Arbeitspferdes durch Hufnägel. — Verletzung 
am Hinterfuß eines — v. Mayr. 26. 

Arbeitsräume s. Schlachthof. 

Ardennen s. Tuberkulöse Kuh. 

Argus roflexus Fabr. s. Spirochaete. 

Armee s. Hufbeschlag. 

Arpädenzeit s. Hufeisen. 

Arsacetins bei der Syphilisbebandlung. — über die Ver¬ 
wendung des — v. Nelfler. 656. 

Arteriosklerose bei den Haustieren. — Zur 
Kenntnis der — v. Dr. Lyding. 124. 

Arthritis und der Hydarthrose der Fohlen. — 
Beiträge zum Studium der Pathogenität 
der — v. Marq. 847. 

Artverwandtschaft und biologische Reaktion 
v. Prof. Disselhorst. 337. 

Arzneimittel und Kurmethoden. 977. 

Arzneimittels.a. Alkohol, Antiperiostin, Anti¬ 
pyrin, Antiseptika, Ascaris, Atoxyl, Bazillol- 
salbe, Biozitin, Bissulin, Borpulver, Bosanat, 
Bosanol, Brechweinstein, Chloralhydrat, 
Collargol, Damholid, Dealin, Digalen, Dy¬ 
mal, Ester-Dermasan, Euman, Fibrolysin, 
Filmaron, Formaldehyd, Formalinmilch, 
Geheimmittel, Hämostogen, Hcxainetylen- 
tetramin, Jodipin, Jodtinktur, Kalomel, 
Kloneln, Kochsalz, Ledumin, Lezithin, 
Lumbagin, Mallein, Morphium, Novokain, 
Oleum Ricini, Opsonine, Paratoxin, 
Phenyform, Pilokarpin, Quecksilber, 
Rauschbrandimpfstoff, Salizylsäure, 
Schwefelkohlenstoff, Secacomin, Seife, 
Sobernheimsches Serum, Spießglanzbutter, 
Strophantin, Suptol, Tannyl-Gehe, Tetanus¬ 
antitoxin, Therapogen, Tuberkel-Diag- 
nosticum-Höchst, Tuberkel-Sozin, Tuber¬ 
kulose-Toxin, Ungt. Hydrargyri cinereum, 
Vergotinine, Yohimbin, Yohimvetol s. a. 
Desinfektionsmittel. 


Ascaris lumbricoides s. Ascaris Builla. — 
Erbrechen bei einem Schwein, verursacht 
durch — v. Loewenthal. 557. 

„Ascbinger“ in Berlin. 139. 

Assistenten s. Haftpflicht, Tagesgeschichte 
(Tierärztliche Lehranstalten), Wissen¬ 
schaftliche Abende. 

Atheromatose des Endocards der linken 
Herzhälfte bei einer hochgradig tuber¬ 
kulösen Kuh. Orig.-Art v. Sonnenberg. 213. 

Atmungsphänomen bei einem Pferde. — Das 
Cheyne-Stockesche — v. Dr. Vogel. 597. 

Atoxyl s. a. Sleeping sickness. 

Atoxyl im Vergleich mit Quecksilber bei der 
experiment Kaninchensyphilis. — Unter¬ 
suchungen über die präventive Wirkung 
des — Von Uhlenhuth und Weidanz. 784. 

Atoxyl mit besonderer Berücksichtigung der 
damit angestellten Tierversuche und dessen 
bisherige Anwendung in der Veterinär¬ 
medizin. Org.-Art. v. Loewenthal. 873. 

Atoxyls bei Thyphus recurrens. — Klinische 
Beobachtungen über die Wirkung des — 
v. Glaubermann. 583. 

Atoxyls in der Veterinärmedizin. — Anwendung 
des — Orig.-Art v. Walther. 265. 

Atoxyls iin Vergleich mit Quecksilber bei der experi¬ 
mentellen Kaninchensypbilis. — Untersuchungen 
Ober die präventive Wirkung des — v. Uhlenhuth 
und Weidanz. 465. 

Atrichie beim Kalbe. Org.-Art. v. Gutbrod. 593. 

Atropin bei akuter Morphium- und Opiumvergiftung, 
v. Roch. 904. 

Atteste s. Fleischeinfuhr. 

Aufblähen durch ein Tuberkel. Orig.-Art. v. 
Dr. Goldberger. 613. 

Aufklärung über Hundestaupeserum. Von 
Richter. 737. — Erwiderung dazu von 
Dr. Piorkowski. 770. 

Aufruf an sämtliche Tierärzte und tierärzt¬ 
lichen Vereine Deutschlands 409. 

Auge 8. Filaria papillosa. 

Augenbogens mit Zereißung des Nervus 
opticus. — Fractura comminuta des rechten 
— v. Prof. Schimmel. 84. 

Augenerkrankung infolge Arbeit mit einem künstlichen 
Düngemittel, v. Bondi. 393. 

Augenkammer. Heilung durch Borpulver. — 
Öffnung der vorderen — v. Lacassague. 
479. 

Augenkrankheiten s. Bindehautsack. 

Ausbildung 8. a. Tagesgeschichte (Tierärztliche 
Lehranstalten). 

Ausbildung. — Zur tierärztlichen — v. Witt. 957. 

Ausbildung der Volksschullehrer. 507. 

Ansbluten bei verschiedenenSchlachtmethoden. 
439. 

Ausnahmetarif für Fleischsendungen. 815. 

Ausschneiden s. Fleisch. 

Ausstellung s. Kreis-Stuten- u. Fohlenschau, 
Landwirtschaftgesellschaft, Mastviehaus¬ 
stellung, Pferdeschutz. 

Austernfang in der Nordsee. 574. 

Austernzucht. — Deutsche — 574. 

Auszeichnungen s. Tagesgeschichte (Persön¬ 
liches). 

Autocauter. — Orig.-Art. v. Cämmerer. 545. 

Autochromplatte im Dienste der praktischen 
und wissenschaftlichen Photographie v. 
Dr. Fambach. 834. S. a. Farbenphoto¬ 
graphie. 

Autogramm s. Albertus Magnus. 

Automobil für die ärztliche Praxis, v. Dr. 
Kötschau. 988. 


Bacillus s. a. Bazillus. 

Bacillus pyogenes bovis und den Bacillus 
pyogenes suis. — Vergleichende Unter¬ 
suchungen über den — v. Berger. 99. 

Bacillus pyogenes und die durch ihn hervor¬ 
gerufenen Gewebsveränderungen. — Unter¬ 
suchungen über — v. Holth. 861. 

Bacillus pyogenes bei der Ziege und den 
Nachweis seiner Identität mit dem Ba¬ 
cillus pyogenes bovis et suis. — Über 
das Vorkommen des — v. Dr. Dammann 
und Dr. Freese. 861. 

Bacillus suisepticus und des Bacillus sui- 
pestifer. — Über die Tenazität des — v. 
Erdös und Koppänyi. 98. 

Bacillus suipestifer. — Zur Herkunft des — 
v. Dr. Grabert. 98. 

Bacillus vituliaepticu8 und zur Immunisierung gegen die 
durch denselben hervorgerufoue septische Pneumonie 
der Kälber. — Beitrag zur Biologie de» — v. Rchirop. 
638. 

Backsteinblattern erkrankter Schweine auf 
das Vorhandensein virulenter Rotlauf¬ 
bazillen. — Untersuchungen des Fleisches 
an — v. Schuh. 548. 815. 

Backware s. Leberkäs. 

Baden s. Jahresberichte, Tagesgeschichte 
(Persönliches). — Die Impfungen gegen 
den Rotlauf der Schweine in Baden 1905 
und 1906 v. Fehsenmeier. 56. — Ver¬ 
urteilung des Tierarztes A. U. zu K. 
wegen Verletzung der Berufs- u. Standes¬ 
pflichten. 186. — Gehaltsaufbesserungen 
in Baden. 252. — Aufhebung der Fleisch¬ 
steuer in Baden. 260. — Vorlesungs¬ 
verzeichnis der Universität Freiburg i. B. 
311. — Anerkennung des Schweizer 
Doktor-Titels. 350. — Beanstandetes 

Fleisch als Fischfutter. 494. — Gehälter 
der Bezirkstierärzte in Baden. 605. 932. 

Bär s. Gastroenteritis. 

Bakterien s. Kopfkrankheit, Schlachttier¬ 
krankheiten. 

Bakterien in Form von längeren Stäbchen 
und Fäden. — Zum Wachstum der — v. 
Broll. 928. 

Bakterienentstehung. — Hypothese der — v. 
Prof. Dunbar. 8. 

Bakteriennährboden s. Gonococcen, Perhydmsemllchugar. 

Bakteriologische Fleischbeschau. 493. 

Bakteriotropine s. Opsonine. 

Bakterium. — Über ein aus zwei Karpfen 
gezüchtetes pathogenes — Orig.-Art. v. 
Schwinning. 708. 

Balantidienenteriti». v. GlaeSner. 633. 

Ballenabszeß bei einem Ochsen, v. Mayr. 25. 

Barberio s. Spermareaktion. 

Basedowthymus. — Ein neuer Beitrag zur — v. Capelle. 
697. 

Basel s. Schweiz. 

Bauchbruch beim Pferd, v. Ventzki. 479. 

Bauchbrtichen bei Kühen. — Drei Fälle von 
— v. Breß. 430. 

Bauchfell s. Tuberkulose. 

Bauchhöhle s. Trokar. 

Bauchoperationen, operative Koliktherapie an 
großen Haustieren. — Einige Instrumente 
für — Orig.-Art. v. Prof. Hoffmann. 459. 

Bauchwassersucht bei einem Kalbe als Ge¬ 
burtshindernis. — Intrauterine — Orig.-Art. 
v. Holterbach. 555. 

Bayern: s. a. Jahresbericht, Kreisraolkerei- 
inspektor, Tagesgeschichte (Tierärzt¬ 
liche Lehranstalten, Persönliches). 



V 


— Zentralstelle für genossenschaftliche 
Viehverwertung in Bayern. 23. — Fest¬ 
stellung der Vieh- und FJeischpreise in 
Bayern. 23. — Das neue Gehaltsregulativ 
in Bayern. 186. 252. — Annahme der 
neuen Gehaltsordnung. 538. — GehaltBbe- 
ziige der tierärztlichen Staatsbeamten. 549. 
G05. — Wiedereinführung des praktischen 
Jahres in Bayern. 251. — Das neue Be¬ 
amtengesetz in Bayern. 363. — Einführung 
der Trichinenschau in Bayern. 493. 647. — 
Schlachtviehversicherung. 494. — Hebung 


der Nutzgeflügelzucht in Bayern. 613. — 
Geschäftsbericht der bayerischen Landes- 
Pf erde Versicherungsanstalt für das VII. 
Versicherungsjahr 1906/07. v. Maier. 686. 
— Geschäftsbericht der bayerischen 


Landes - Viehversicherungsanstalt f. d. 
II. Versicherungsjahr 1906/07. v. Maier. 
574. — Schaffung der Stelle eines Kreis- 
raolkereiinspektors für den Reg.-Bez. 
Oberbayern. 701. — Ballfest des S. C. in 
München. 186. — Voits Tod. 186. — Prof. 
Franks Berufung an Foiths Stelle nach 
München. 637. — Ein- und Durchfuhr v. 
Rindern und Ziegen aus der Schweiz nach 
Bayern. 837. — Bayern voran, v. Schmaltz. 
959. 

Bazillen mit Sporen. 942. 


Bazillenextrakte s. Impfstoffe. 

Bazillolsalbe s. Scheidenkatarrh. 

Bacillus suipestifer der Erreger der Schweinepest oder 
Dicht? — Ist der — ▼. Hübner. 698. 

Beamtete Tierärzte s. Vertretung. 
Beamtenbesoldung. — Bange Zweifel in der 
— v. Schmaltz. 602. 

Bcaratenbesoldungskommi88ion s. Gehälter. 


Beamtenbesoldungsvorlage. — Aus der neuen 
preußischen — 770. 784. 

Beamtengesetz in Bayern. — Das neue — 363. 

Beamtenverein * zu Hannover, Lebensver¬ 
sicherungsverein auf Gegenseitigkeit. — 
Preußischer — 638. 

Befürderungsverhältnisse. — Künftige — 635. 

Begutachtung s. a. Schweinerotlauf. 

Begutachtung außerhalb ihres Beschaubezirkes 
notgeschlachteter Tiere, die vorher von 1 
denselben behandelt worden sind, wie es 
bis vor dem Inkrafttreten der Verfügung 
vom 19. Oktober 1906 gewesen ist. — 
Den in der Fleischbeschau tätigen Tier¬ 
ärzten soll auf ihren Antrag hin ohne 
Einschränkung freigegeben werden: die 
- v. Dr. Zehl. 35. 

v. Behring s. Bovovaccination, Tuberkulose. 

Beinbruch beim Pferd. — Geheilter. — v. 
Littmann. 599. 

Beleben eines scheintoten Kalbes v. Kenning. 
148. 

Beleidigung eines Tierarztes. 12. 

Belgien: Seuchennachrichten. 991. — Ein¬ 
fuhrverbot wegen Maul- und Klauenseuche. 
330. 

Berichte s. Mitteilungen, Tagesgeschichte, 
Vereine. 

Berlin: s. a. Tagesgeschichte (Tierärztliche 
Lehranstalten, Persönliches und Ärzte), 
Wutschutzabteilung. — „Aschinger“ in 
Berlin. 139. — Offene Assistentenstelle 
am physiologischen Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule. 186. — Auszug 


aus dem Fleischbeschaubericht 1907. 
IV. Quartal. 195; 1908 I. Quartal. 335; 
II. Quartal. 572; III. Quartal. 839. — Er¬ 
klärung des Rektors und Professoren¬ 
kollegiums auf einen Artikel des Herrn 
Professor Dr. Malkmus v. Schmaltz. 251. 
295. — Jubiläum der Fleischbeschau. 261. 
— Besichtigung der Berliner städtischen 
Anstalten. 324. — Schärfere Unter¬ 

suchungen der Fleischsendungen in Berlin. 
334. — Freistudentenschaft. 367. — 

Berliner Akademische Nachrichten als 
Neue Folge der Berliner Akademischen 
Wochenschrift. 539. — Zur Versorgung 
Berlins mit Fischen. 573. — Schwedische 
Milch in Berlin. 718. — Anfrage, ob in 
Berlin eine Konferenz von tierärztlichen 
Hochschullehrern getagt habe. 913. — Be¬ 
rufungen 963 s. a. Tagesgeschichte (Tier¬ 
ärztliche Lehranstalten, Persönliches und 
Ärzte). 

Bern s. Schweiz. 

Berufsjubiläum der 1883 in Berlin approbierten j 
Tierärzte. — 25 jähriges — 855. 
Berufspflichten s. Gerichts-Entscheidungen. 
Berufsüberfüllung v. Geißler. 713; v. IThlmann. 
982. 

Berufungen s. Tagesgeschichte (Tierärztl. 

Lehranstalten, Persönliches). 

Beschälseuche in Ostpreußen. 776. 804; von 
Nevermann. 884; v. Lorenz. 915. 
Beschaubezirk s. Begutachtung. 
Beschaubücher ausgehändigt? — An wen 
werden am besten die — v. Schilling. 34. ; 
Beschauzwang für Hausschlachtungen. 490. ! 

Beschauzwang bei Rinderhausßchlachtungen ; 

(Polizei-Verordnung). 420. I 

Beschmutzung s. Fleisch. 

Beseitigung s. Senchenkadaver. 

Besetzung amtlicher Stellen. — Ein Wort zur 

— v. Kunze. 938; Berichtigung. 963. 
Besitzrecht auf durch Operation entfernte 

Teile. 718. 

Besoldung der Bezirkstierärzte in Sachsen. 224. 
Besoldung der Kreistierärzte. —- Zur — 825. 
Besoldung der Militärveterinäre. 825. 
Besoldungskommission s. Gehälter. j 

Besoldungsvorlage s. a. Tagesgeschichte j 
(Militärveterinäre). , 

BesoldungsVorlage. — Eingabe des Vereins j 
beamteter Tierärzte Preußens um Ab -1 
änderung des auf sie bezüglichen Teiles j 
der — 881. 

Betätigung 8. Tierärzte. 

Betäubung der Schlachttiere. 47. j 

Betäubung des Schlachtviehs. — Polizeiver- j 
Ordnung in Lippe betr. — 195. 
Beugesehnenveränderungen des Pferdes unter 
besonderer Berücksichtigung der histo¬ 
logischen Vorgänge. — Die aseptischen 

- v. Schifferli, 695. 

Bewegungszentrum (?) — Ein eigenartiger 
Fall von Erkrankung des — Orig.-Art. 
v. Wolfstein. 731; v. Pekaf. 925. 
Bezirkstierärzte s. Besoldung, Gehälter, 
Jahresberichte, Mitteilungen. 

Bicapessar (doppelte bewegliche Hakenzange) 
nach Hoffmann. 461. 

Biersches Saugverfahren mit der Glocke bei 
parenchymatöser Mastitis v. Lange. 


Bindehautsack des Pferdes und ihre Be¬ 
ziehungen zu den Augenkrankheiten. — 
Über das Vorkommen von Mikroorganismen 
im — v. Krüger. 902. 

Binder s. Tagesgeschichte (Persönliches 
[Ehrungen]). 

Biocitin. 273. 

Biologie s. Artverwandtschaft. Insekten. 
Pferdefleisch. Wild- und Rinderseuchc. 

Bissulin. 913, 963. 

Bissulin. — Zur Behandlung des ansteckenden 
Scheidenkatarrhs mit —Orig.-Art. v. Schaaf. 
283. 

Bissulin. — Behandlung des ansteckenden 
Scheidenkatarrhs mit — v. Botzner. 584. 
Berichtigung. 634. 

Bißverletzungen bei Menschen durch tolle oder 
tollwutverdächtige Tiere. — Übersicht 
über die im Jahre 1906 zur amtlichen 
Kenntnis gelangten Fälle von — 567. Im 
Jahre 1907. 807. 

Bistouris auf langem, biegbaren Kupferstab- 
griff nach Hoffmann. 461. 

Bitte. — Redaktionelle — v. Schmaltz. 913. 

Bläschenaus8cblag. — Sublimatlösung bei 
Behandlung des — v. Röbert. 377. 

Blasensteinbildung beim Wallach, kompliziert 
mit eiterig-diphtheritischer Zystitis. — Ein 
Fall von — Orig.-Art. v. Hieronymi. 299. 

Blaufärbungen des Fleisches. 439. 

Bleivergiftung bei Stubenvögeln. Orig.-Art. 
v. Prof Regenbogen. 544. 

Blitzschlag v. Zerler. 8. 

Blume s. Wurfzeug. 

Blut s. Insekten, Tuberkelbazillengehalt. 

Blut der Schlachttiere. 838. 

Blutfilarien bei den Spatzen, v. Angelici. 32. 

Blutgefäße s. Blutstillungszange. 

Blutgerinnsel s. Schabefleisch. 

Blutharnen (Texasfieber) und die Damholidbe- 
handlung. — Erfahrungen über die Schutz¬ 
impfung gegen — Orig.-Art. v. Evers. 458. 

Blutkörperchen bei chirurgischen Krankheiten 
des Pferdes, besonders bei eitrigen Ent¬ 
zündungen. — Untersuchungen über das 
Verhalten der — v. Dr. Gasse. 600. 

Blutkrankheit s. Spirillosis. 

Blutmehl. 838. 

Blntparasiten in China v. Pfeiffer. 447. 

Blutplättchen? — Ein Beitrag zum Wesen 
der Ilämoglobinämie. Was sind — von 
Dr. Freytag. 775. 

Blutstillungszange, die ein Unterbinden durch¬ 
schnittener Blutgefäße überflüssig macht. 
— Eine neue — Orig.-Art. v. Blunk. 579. 

Blutungen in der Hornkapsel v. Geßner. 99. 

Bocholt s. Schlachthofzwang. 

Bodenkrankheiten. — Beziehungen des Bodens 
zu den sogenannten — v. Ludewig. 502. 

Bornasche Krankheit der Pferde. Orig.-Art. 
v. Liebener. 197. 

Bornasche Krankheit. — Betrachtungen über 
die sogenannte — Orig.-Art. v. Kühn. 173. 

Bomasche Krankheit. — Anzeigepflicht im 
Herzogtum Sachsen-Altenburg für die — 
489. 

Bornyral und seine klinische Bedeutung, v. Kabisch. 432. 

Borpulver s. Augenkammer. 

Bosanat undBosanol.—-Bekämpfung der Maul* 
und Klauenseuche mittelst — v. Dr. 
Freytag. 775. 




VI 


Bovovaccin. -- Innnnuisierungsvorsuehe gegen 
die Tuberkulose an Rindern mit v. Beh- 
ringscbem — Orig.-Art. v. Prof. Dr. 
Kern. 578. 

Bovovaccination der Kälber gegen Tuber¬ 
kulose nach Dr. v. Behring. — Erfahrungen 
über die — v. Ondraeek. 357. 

Bradsot s. a. Piroplasmosis. 

Bradsot der Schafe. 489, 802; Orig.-Art. v. 
Dr. Mießner. 436. 577. 

Bradsot. — Beiträge zur Kenntnis des — 
v. Hilbrand. 599. 

Brandenburg: Milchkontrolle in der Mark 
Brandenburg. 203. 334. — Branden- 

burgischer Stftdtetag. 648. 

Brauch und Mißbrauch v. Schmaltz. 349. 

Braunschweig. — Tierärztekammern in — 
865. 929. 

Brechweinstein als Anthelminthicum v. Dr. 
Möller. 955. 

Brechweinsteinvergiftung bei einem Fohlen. 
— Über einen Fall von — v. Lüer. 696. 

Bremen. — Anstellung eines Kreistierarztes 
in — 507. 

Bremse s. Nasenbremse. 

Brennesselvergiftung. Orig.-Art. v. Holter¬ 
bach. 297. 

Breslau s. Abgeordnetenhaus, Nahrungsmittel¬ 
untersuchung, Schlesien. 

Bromberg s Fortbildungskursus, Gebühren¬ 
ordnung, Tagesgeschichte (Tierärztliche 
Lehranstalten). 

Bronchitis venninosa der Rinder un<J die 
verschiedenen Behandlungsmethoden der¬ 
selben v. Dr. Scheibel. 146. | 

Bronchitis der Schafe, — Erfolgreiche Be¬ 
handlung der verminösen — v. Kroening. i 
146. 

Broschüre s. döfendus. 

Brot. — Vergiftung durch verschimmeltes — 
v. Holterbach. 82. 

Brühwasser. — Zur Verhütung der Anfüllung 
der Lungen mit — 816. 

Brühwürstchen. — Zur Räucherung der — 
440. 

Brustfellentzündung s. Ruhr. 

Brust- und Rotlaufseuche unter den Pferden 
der Militärverwaltung. 336. 

Brustseuche s. Influenza, Sehnenscheiden¬ 
entzündung, Tuberkulose. 

Brustseuche. — Zur Ätiologie der — Orig.- 
Art. v. Prof. Dr. Lorenz. 497. 797. 

Brustseuche der Pferde. — Untersuchungen 
bei der — Orig.-Art. v. Dr. Mayer. 897. 

Brutinaschinen. — Über die Konstruktion 
von — 179. 

Bücheranzeigen: Kritiken: Bayer und Fröhner, 
Handbuch der tierärztlichen Chirurgie und 
Geburtshilfe, III. Bd., II. Teil u. IV. Bd., 

I. Teil. 992. — Bongert, Bakteriologische 
Diagnostik mit besonderer Berücksichti¬ 
gung der Immunitätslehre der Serodia¬ 
gnostik und der Schutzimpfungen. 496. —• 
Bonnet, Lehrbuch der Entwicklungs¬ 
geschichte. 399. — Chauveau, Arloing und 
Lesbre, Traite d’Anatomie comparee des 
aniinaux domestiques. 100. — Dr. (’rone, 
Die Entwicklung der Schweinezucht in 
Deutschland unter besonderer Berück¬ 
sichtigung der wirtschaftlichen Fragen. 
608. — Disselhorst, Anatomie^und Physio¬ 


logie der großen Haustiere, mit besonderer 
Berücksichtigung der Beurteilungslehre 
des Pferdes. 400. — Falke, Die Dauer¬ 
weiden. 383. — Franke, Merkbuch für 
Ziegenhalter. 839. — Fuhrmann, Die 
Cestoden der Vögel. 967. — Griffin, Me¬ 
moria. 384. — Groß, Das ostfriesische 
Pferd. 608. — Handbuch der vergleichen¬ 
den Anatomie der Haustiere. Von Ellen¬ 
berger und Baum. 399. — Handbuch der 
tierärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe 
Herausg. v. Prof. Bayer und Prof. Dr. 
Fröhner. 624. — Heine, Reichsfleisch¬ 
beschaugesetz. 839. — Hinckf Die er¬ 
worbenen Eigenschaften und das Ver¬ 
erbungsproblem. 608. — Bösch, Die 
wichtigsten Fragen der Tierzucht und 
Tierhaltung in der Gegenwart. 510. — j 
Hoffmann, Atlas der tierärztlichen Ope¬ 
rationslehre. 992. — Honecker, Die Zucht 
der rehfarbenen, hornlosen Schwarzwald¬ 
ziege in Württemberg 704. — Jagd- 

Ordnung nebst Ausführungsbestimmungen. j 

— Neue preußische — 624. — Jahr-; 
buch für das Deutsche Reich. — Sta 
tistisches — XXVIII. Jhrg., 1907. 672. - ! 
Jakobsen, Viehseuchen und Herdenkrank- 
heiten in Deutsch-Südwestafrika. 352. i 

— Johne, Taschenkalender für Fleisch¬ 
beschauer und Trichinenschauer. 528. — ! 
Johne, Der Trichinenschauer. 527. —; 
Kästner, Die tierpathogenen Protozoen, j 
352. — Ka} r ser, Anatomie und Physiologie j 
der Haussäugetiere. 400. — Klimmer, Vete¬ 
rinärhygiene. Grundriß der Gesundheits¬ 
pflege der landwirtschaftlichen Haustiere 
mit besonderer Berücksichtigung der Füt- 
tcrungslehre. 496. — Kilhnau und Clevisch, 
Einrichtung und Betrieb von Säuglings-1 
milchanstalten. 528. — Kuhnert, Farbige 
Tierbilder. 352. — Lantzsch, Kgl. Sächs. ( 
Gesetz betreffend die Unterhaltung und I 
Körung der Zuchtbullen vom 30. IV. 06. 
383. — Lanzilotti-Buonsanti, Trattato di j 
Tecnica eTherapeuticaC'hirurgica generale j 
e speciale degli Animali domestici. 400. 1 

— Lesbre, Elements d’Histologie et de i 
Technique microscopique. 400. — Martini, 
Symptome, Wesen und Behandlung der 
Malaria. 352. — Meyers kleines Kon¬ 
versationslexikon, VII. Aufl. in 6 Bdn. 
368. — Müller, Lehre vom Exterieur des 
Pferdes oder von der Beurteilung des 
Pferdes nach seiner äußeren Form. 576. 

— Munks, Lehrbuch der Physiologie des 

Menschen und der Säugetiere. 400. — 
Dr. Nördlinger, Nachsehlagebuch derFirma. 
624. — Ostertag, Das Veterinärwesen der 
Vereinigten Staaten von Amerika, Reise¬ 
studie. 352. — Pfeiffer, Operationskursus 
für Studierende und Tierärzte. 352. — 
Pomayer, Das Zurückhalten der Nach-, 
gebürt beim Rinde. 352. — Pott, 

Handbuch der tierischen Ernährung und 
der landwirtschaftlichen Futtermittel, Bd. II. j 
156. — Pusch, Kindermilchproduktion 
in wirtschaftlicher und hygienischer Be¬ 
leuchtung. 528. — Report of the govem- 
ment veterinan* bakteriologist. 968. — 
Rau. Die Not der deutschen Pferdezucht 
368. — Rickmann, Tierzucht und^Tier¬ 


krankheiten in Deutsch - Südwestafrika. 
227. — Sander und Hennig, Tropische 
und subtropische Viehseuchen. 384. — 
Sehäffer, Der Einfluß unserer therapeu¬ 
tischen Maßnahmen auf die Entzündung. 
510. — Schlachtvieh-Versicherungsgesetz¬ 
gebung deB Königreichs Sachsen. Zu¬ 
sammengestellt und erläutert von Edel¬ 
mann. 528. — Schmidt, Beitrag zur 
Geschichte des Landesverbandes Preußi¬ 
scher Trichinen- und Fleischbeschauer¬ 
vereine. 527. — Schmaltz, Akademische 
Freiheit und Vaterlandsliebe. 352. — Share- 
Jones, The Surgical Anatomy of the Horso. 
400. — Steinbrück, Handbuch der ge¬ 
samten Landwirtschaft. 608 — Struska, 
Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 
399. — Stuhlmann, Beiträge zur Kenntnis 
der Tsetsefliege. 383. — Suckow, Über 
Vererbung und Aufzucht der Pferde mit 
besonderer Berücksichtigung der Schritt¬ 
pferdezucht. 575. 608. — Theiler, Report 
of Government Veterinary Bacteriologist 
384. -- Vennerholm, Spezielle Opcrations- 
lehre des Pferdes. 510. — Vorschriften für 
das Veterinärwesen in Bayern, Bd. I. II. 
47. — v. Wasielewski, Studien und Mikro¬ 
photogramme zur Kenntnis der pathogenen 
Protozoen. 384. — Ziemann, Schutzpocken¬ 
impfung in den Kolonien. 383. — Ziemann, 
Wie erobert man Afrika für die weiße und 
farbige Rasse. 383. — Zwick, Schema des 
Blutkreislaufs beim Rinde. 352. — Zwick, 
Schema des Blut- und Lymphstroms beim 
Rinde. 352. 

Neu« Einginge: 

Abderhalden, Neoere Ergebnisse auf dem Gebiete 
der speziellen Eiweißchemie 967. — Abderhalden, 
Lehrbuch der physiologischen Chemie in zweiund- 
dreißig Vorlesungen. 840. — Abel und Ficker, Einfache 
Hilfsmittel zur Ausführung bakteriologischer Unter¬ 
suchungen. 967. — Ammelouox, Über Entwicklung 
and Entwicklangsstörangen der Nieren. 698 . — An- 
geloff, Die grauen durchscheinenden Knötchen in 
den Lungen des Pferdes nnd ihre Beziehung zu der 
Rotzkrankbelt. 48. — Apparate nnd Transport¬ 

wagen zur Verwertung und Beseitigung von Tier¬ 
kadavern und Sihiacbthofkonßskaten. Prüfungs¬ 
bericht erstattet vom Geh Med.-Rat Prof. Dr. 
Fr&nkel, Prof. Dr. Fischer, Prof. Dr. Stutzer, Dr. 
H. Thiesing, Ökonomie rat Vibrans; mit einer Eiu¬ 
leitang von Dr. M. Hoffmann. S36. — Arbeiten ans 
dem Kaiserlichen Getmndbeitsamte, Bd. XXVIII, 
Heft 5. 1908: Prof Dr. Uhlenbutb, Dr. O. Welclant 
and Dr. Angeloff. Über den bio ogisehen Nachweis 
der Herkunft von Blut in blutsaugenden Insekten 
Dr. Hüne, Die Anwendung des biologischen Ver¬ 
fahrens zum Eiweißaachweis im Fettgewebe und 
ausgelassenem Fett i8chmalz). ■ Prof Dr Uhlen- 
huth, Dr. O. Weidanz und Dr. Wedemano. Technik 
und Methodik de« biologischen Verfahrens zum Nach¬ 
weis von Pferdefleisch. — Dr. W.'Wedemanti, Toxi- 
kolo.iscbe Versuche mit Atoxyl an zahmen Ratten. 
— Dr. O. Weidanz und K. Borchmann. Vergleichende 
Untersuchungen über die praktis< he Verwertbarkeit 
der Pr&zipltlnreaktion und der Komplementbindungs¬ 
methode zum Nachweis von Pferdefleisch. — Dr. 
Xyiauder und Dr. Wolthe. Über eine neue Vor- 
riohiung zur Gewinnung keimfreier Sara ln größeren 
Mengen. 624. — Rärner, Über den histologisohen 
Ban der Arterien in der Brnst- nnd Bauchhöhle dos 
Pferdes mit besonderer Berücksichtigung der An¬ 
passung dieser Geflße an die Umgebung nsw 678. - 
Baumeier, Zur vergleichenden Anatomie und Morpho¬ 
logie des Musculua obilquus abdomlnis externus und 
der Fascia flava. 840. — Beding, Beiträge zur makro¬ 
skopischen und mikco kopisoben Anatomie der Vagina 
und des Utero* der 8äug*tie?e. Mit 1 Tafel. 678. 
Beiträge zur Klinik der Tuberkulose. Herausgegeben 
v. Piof. Dr. Ludoiph Brauer, Band IX, Heft 1: Wolff- 
Eisner, Die Ophthalmo- und Kutan-Diagnose der 
Tuberkulose (kutane und konjunktivale Tuberkulln- 
reaktion nach v. Pirquet und Wolff-Eisner) nebst 
Besprechung der klinischen Methoden zur Früh¬ 
diagnose der Luugen-Tuberkulose. 228 — Beiträge 
zur Klinik der Tuberkulose, Bd. VIII, Heft 4. Inhalt: 
Fricke, Ein Fall von Karzinom und Tuberkulose der 
Mamma. Mit 1 Tafel. Eisen, Über die Tuberkulin 
Ophthalmo-Reaktion. Amrein, Weitere Tuberkulin- 
Erfabrungen. Pigger, Künstlicher Pneumothorax und 
opsonischer Index. Mit 1 Tafel. Much. Über die 
nicht säurefesten Formen des Kochschen Tuberkolin- 
bazillus. Kraemer, Psychophysische Gleichgewichts¬ 
störung? Bemerkung zu Dr. Köhlers Abhandlung lm 




VII 


1. Heft dieses Bandes. 1&& — Beiträge zur Klinik 

der Tuberkulose und spezifischen Tuberkulose- 
Forschung. Herausgegeben von Prof. Dr. Ludolph 
Bauer. Bd- X, Heft 1: Turban und Baer, Opsonischer 
Index und Tuberkulose. Mit 1 Tafel. Rothschild, 
Neue Gesichtspunkte in der Tuberkulintherapie. 
Ge. hartx und Strigel, Über Lungensteine und 
Kieseisäurebehandlung. Dluski, Über Tuberkulin¬ 
anwendung in der Lungentuberkulose vom klini¬ 
schen Standpunkte. Rzewnski, Zur Röntgenograpbie 
de« Thorax dyspnoischer Patienten bei Atem¬ 
stillstand. 624. — Bd. X, Heft 3. Francke, 

Der krankhafte Druckschmerz — ein Erkennungs¬ 
mittel der beginnenden Schwindsucht. Berliner, 
Zar Behandlung der Tuberkulose mit Eukalyptol- 
injektionen. Weber, Neuere Gesichtspunkte bei der 
Behandlung der Lungentuberkulose. Graetz, Der 
Einfluß des künstlichen Pneumothorax auf die 
tuberkulöse Lunge. Mit 3 Tafeln. Goldschmidt und 
Knobel, II. Bericht über intravenöse Behandlung 
Tuberkulöser mit Hetol. 840. — Band X, Heft 4: Land¬ 
en anr.. Tuberkulol und Tuberkulin. Böraneck. Sahli, 
Erwiderung auf den vorstehenden Artikel Böraneck, 
R6pon«e 4 Monsieur le Dr. Landmann. Landmann, 
Sahli und Böraneck, Schluflbemerkungen. Konzei- 
mann, Über den Einfluß pleuritischer Exsudate auf 
den Verlauf der Lungentuberkulose. 840. — Band XI., 
Heft 1. Shingu, Beiträge zur Physiologie des künst¬ 
lichen Pneumothorax und seiner Wirkung auf die 
Lungentuberkulose. Mit 6 lithographierten Tafeln. 
Eber, Experimentelle Übertragung der Tuberkulose 
▼om Menschen auf da« Rind. (Dritte Mitteilung.) 
Much, Granula und Splitter. Wirths, Die Muchachen 
„Granula-* und die Cor Spenglcrschen „Splitter“. 967. 

— Bd. XI, Heft 2: Römer. Spezifische Überempflndlich- 
keit und Tuberkuloseimmunität. Mit 1 Tafel. — 
Cohn, Über die durch Komplementbindung nach¬ 
weisbaren Tuberkulose - Antikörper im Blute von 
Phthisikern. — Meißen, Tuberkulöt-e Infektion und 
tuberkulöse Erkrankung. — Schröder, Über das 
Vorkommen von Peilsuchtbazillen im Sputum der 
Phthisiker und ihre Bedeutung für die Therapie der 
chronischen Lungentuberkulose. — Tendelor, Die 
Bedeutung der Atmungsgröße für die Entstehung 
und die Ausdehnung bzw. Heilung der Lungen¬ 
tuberkulose. — Roepke, Die diagnostische und pro¬ 
gnostische Bedeutung derKonjunktivalreaktion.968. — 
Bennec Studien über Gefäßerkrankungen durch 
Gifte. 336. — Bericht über die Königliche Tierärzt¬ 
liche Hochschule zu Dresde > für das Jahr 1907. 840. 

— Bericht über die Tätigkeit des Gesundheitsamtes 

der Landwirtschaftskammer für die Provinz Pommern 
während des Jahres 1907/08. Erstattet vom Direktor 
Dr. Schmitt, 624 — Bericht über die Tätigkeit des 
Bakteriologischen Instituts für die Landwirtschafts¬ 
kammer der Provinz Sachsen zu Halle a. S. während 
des Jahres 19 -7/08. 840. — Bericht über die sechste 
allgemeine Vereinsversammlung des Vereins preußi¬ 
scher Scblachthoftierärzte zu Berlin am 16. nnd 
16. Juni 1907. 48. — Bericht über die Verwaltung 
des städtischen Schlacht- und Viebhofes zu Augs¬ 
burg 19uö. 228. — Bericht über die Verwaltung des 
städt. Schlacht- und Viebhofes zu Breslau f-r die 
Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März 1908 840. — 

Bericht über das Veterinärwesen im Königreich 
Sachsen für das Jahr 1907. 840. — Bingert, Bak¬ 
teriologische Diagnostik mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Immunitätslehre, der Serodiagnostik 
und der Schutzimpfungen für Tierärzte und Studie¬ 
rende. 336. — Bonnet, Lehrbuch der Entwicklungs¬ 
geschichte. 156. — Braun und Lühe, Leitfaden 
zur Untersuchung der tierischen Parasiten der 
Menschen und der Haustiere. 962. — Budnowski, Über 
die Entzündung des Unterstützungsbandes der Huf- 
beinbengesehne am Vorderfuße des Pferdes. 672. — 
Centralblatt, Internationales, für die gesamte Tuber¬ 
kulose orschung. Herausg. von Prof. Dr. Ludolph 
Brauer, Prof Dr. de la Camp, Dr. G. Schröder, 
n. Jahrg., Nr 5. 228. — Centralblatt, Internationales, 
für die gesamte Tuberkuloseforscbung. Unter Mit¬ 
wirkung zahlreicher Fachgelehrten des In- und 
Auslandes, herausgegeben von Prof. Dr. L. Brauer, 
Prof. Dr. Oskar de la Camp und Dr. G- Schröder*. 
UL Jahrg, Nr. 1. 967. — Christ, Untersuchungen 
über die Muskulatur und das elastische Gewebe in 
der Milchdrüse der Haussängetiere. 672. — Cornelias, 
Das Oldenburger Wesermarschriud Herausgegeben 
vom Oldenburger Wesermarscb-Herdbucbvereln. 384. 

— Crone-Münzebrock, Entwicklung der Schweine¬ 
zucht ln Deutschland unter besonderer Berücksichti¬ 
gung der wirtschaftlichen Fragen. 228. — Degen, 
Untersuchungen über die hämatogene eitrige Nephritis 
des Schweines. 576 — Degive, PrÄcis de mödicine 
opöratoire vetörinaire. 840. — Depperich, Beiträge 
snr Kenntnis der „neuen Hühnerseuche“ (Hühnerpest 
Ostertag). 704. — Desinfektion. Monatsschrift. I. Jahrg. 

2. Heft. 840. — Dexler, Zar Anatomie des Zentral- 

nervensystems von Blephas Indiens. 48. — Dexler, 
Ärztliche Sachverständigentätigkeit auf dem Gebiete 
der Veterinärmedizin. 47. — Edlnger und Prof. Dr. 
Ed. Claparöde, Über Tierpsychologie. 968. — B ob- 
mann, Photographische Belichtuog'tabelie Helios. 
336. — Ritenberger, Über die Beeinflussung der 
Verdauung und der Ausnutzung der vegetabilischen 
Nahrungsmittel durch die ln den Pflansen ver¬ 
kommenden Enzyme. 48. — Elleuberger nnd Baum, 
Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haus¬ 
tiere. 704. — Bllenberger, Baum und Dittrioh, Handbuch 
der Anatomie derTiere für Künstler. Bd»III. Anatomie 
des Löwen. 672. — Ellenberger und Günther, Grund¬ 
riß der vergleichenden Histologie der Hausslnge- 
tlere. 38L — En gelm amt, Untersuchungen über die 
elastischen Fasern der Lymphknoten vom Pferd, 
Rind. Schwein und Hnpd and über die an ihnen 
ab'anfenden Altersveränderungen. 156. — Ent¬ 

scheidungen des Prenfliscben Ehrengerichtshofes für 
Ärste. 1. Band. 528. — Ephraim, Patentanwalt, 
Der Entwurf da« Gesetzes über den Geheimmittel- 


verkebr und die chemlsobe Industrie 384. — Er¬ 
gänzungs-Steuergesetz vom 19. Juni 1906. 156. — Er¬ 
gebnisse der Schlachtvieh- nnd Fleischbeschau im 
Deutschen Reiche im Jahre 1905. Bearbeitet im 
Kaiserlichen Gesundheitsamte. 336. — Fischer, Über 
Scheiden- and Wurflnberkulose bei der Kuh. 628. — 
Francke, Merkbnch für Ziegenhalter. 528 — Franz, 
Die Druse dt-r Pferde und ihre Behsndlumr mit Serum 
nach DDr. Jeß-Piorkowski. 8 6. — Freitag, Zur Ent¬ 
wicklung und Einteilung des Kleinhirnes der Haus- 
Säuger 672. — Freund, Anomalien des Fisch-Skeletts. 
(Ergebnisse der allgemeinen Pathologie und patho¬ 
logischen Anatomie des Menschen und der Tiere.) 48.— 
Freytag, Die Bedeutung des gelben Knocheumarkes 
für die Blutbildung und die „Kerneinheit 4 ' der Ery- 
throcyten. 228. — Freytag. Beziehungen der Milz 
zur Reinigung und Regeneration des Bintes. 156. — 
Freytag, Zur Theorie der Biutzellenbildung und der 
fixen Zellen der tierischen Organismen. 228. — 
Friedberger nnd Fröhner, Lehrbuch der speziellen 
Pathologie und Therapie der Haustiere. Heraus¬ 
gegeben von Prof. Dr. tned. Eugen Fröhner. VII. nen- 
bearbeitete Auflage. Zwei Bände. 156. — Fröhner, 
Lehrbuch der Arzneimittellehre für Tierärzte. 840. — 
Fuhrmann, Die Cestoden der Vögel. 840. — Gasse, 
Untersuchungen über das Verhalten der Blutkörper¬ 
chen bei chirurgischen Krankheiten des Pferdes, 
besonder« bei eitrigen Entzündungen. 628. — 
Gewerbesteuer-Gesetz, Preußisches. 228. — Glaesmer, 
Tierseuchen-Bekämpfung im Felde. 624. — Gmeiner, 
Klinische Untersuchungen Uber die Wirkung modi¬ 
fizierter Salizylsäuren auf die Harnorgane. 836. — 
Goedecke, Ueber die Wirkung einiger Salze bei 
subkutaner und intravenöser Anwendung. 336. — Gold¬ 
beck, Das Militär-Veterinärwesen nnd die Krankheits- 
Statistik der Armeepferde aller Kultnrstaaten. 166. — 
Groß, Das ostfriesisebe Pferd (Monographien Bd. VII.) 
528. — Gütig, Ein Beitrag zur Morphologie des Schwei¬ 
neblutes. 48. — Gundelach, Das Pferdefleisch als 
Nahrungsmittel. Herausgegeben von der Pferdeschutz- 
Vereinigung über ganz Deutschland (E. V.) 624. — 
Gattmann, Medizinische Terminologie. Ableitung 
nnd Erklärung der gebräuchlichsten Fachausdrücke 
aller Zweige der Medizin und ihrer Hilfswissen¬ 
schaften. 968. — Haacke und Kuhnert, Tierleben 
der Erde. 528 — Haane, Über die Cardiadrüsen und 
die Gardiadrüseuzone des Magens der Haus- 
säugetiere. 672. — Hafemann, Erlischt das Leitung«- 
vermögen motorischer und sensibler Frosoh- 
nerven bei derselben Temperaturerhöhung. 336. — 
Handbuch der Tierärztlichen Chirurgie und Geburts¬ 
hilfe. Herausgegeben von Prof. Dr. Jos. Bayer und 
Prof. Dr. Eug. Fröhner. 27. Lfg.: Extremitäten, Hufe, 
Klauen. H. Teil 8. Lfg.: Prof. Dr. Eberlein, Die 
Hnfkrankhelten des Pferdes. (Mit Ausnahme der 
Krankheiten der Horakapsel.) [Bogen 26—36.] — 
Dasselbe 28. Lfg.: M. G. de Brnin, Geburtshilfe bei 
den kleineren Haustieren. — Dasselbe III. Bd., 
1L *Teil: Kopf, Hals, Brust, Bauch. II. Teil: Korps¬ 
stabsveterinär Bartke, Sattel- und Geschirrdrücke, 
Widerristtistein. — Prof. W. Gntmann, Chirurgische 
Krankheiten des Magens und Darmes. — Prof. 
Hendrick, Männliche Geschlechts- und Harnorgane 
inkl. Kastration. — Prof. Dr. Gmelin Die Krank¬ 
heiten des Nabels. — Dasselbe IV. Band. L Teil: 
Extremitäten, Hufe. Klauen. Prof. Dr. Zschokke, 
Die Krankheiten der Knochen. — Korpsstabsveterinär 
Heil, Krankheiten der Muskeln, Faszien, Nerven und 
Gefäße an den Extremitäten. — Prof. Dr. Siedam- 
grotzky, Krankheiten der Sehnen, Sehnenscheiden 
und Scbleimbeutei. Neu bearbeitet von Prof. Dr. 
Langwitz. — Korpsstabsveterinir Bartke, Kriegs- 
chirargie und Statistik. — Prof. Dr. N. Lan/ilottl- 
Buonsanti, Krankheiten der Gelenke inkl. Spat und 
Schale. — Dasselbe VI. Band: Prof. Dr. Hngo 
Bchindelka, Hautkrankheiten bei Haustieren. 510. — 
Hansen-Bonn, Fütterungaversuche mit Milchkühen. 
Im Aufträge des Sonderausschusses für Fütterungs¬ 
wesen der Deutschen Landwirtachaftsgesellschaft. 
156. — Happich, Bericht über die Tätigkeit des milch- 
wirtschaftlichen bakteriologischen Laboratoriums zu 
Jurjew (Dorpat). Für das Jahr 1905 mit kurzem 
Überblick für die Jahre 1903—1904. 1906. 156. — 
Hartig, Vergleichende Untersuchungen über die 
Lippen- und Backendrüsen der Haussäugetiere und 
des Affen. 576. — Heinemann, Albreeht von Haller 
als Vivisektor. Ein Beitrag zu seinem 200. Geburtstag. 
856. — Helm, Vergleichende anatomische nnd histo¬ 
logische Untersuchungen Uber den Ösophagus der 
Haussängetiere. 48. — Hink, Zuchtinspektor. Die 
erworbenen Eigenschaften nnd das Vererbungs¬ 
problem. 884. — Höcke, Beiträge sur vergleichenden 
Histologie des Pankreas der wichtigsten Haussäuge¬ 
tiere (Hund, Katze, Schwein, Schaf, Ziege, Rind, 
Pferd) mit besonderer Berücksichtigung des „Aus- 
führenden Apparates“ und der „Pankreasinseln“. 836. 
— Hoesch, Königl. ökonomierat: Die wichtigsten 
Fragen der Tierzucht und Tierhaltung in der Gegen¬ 
wart. 228. — Hoffmans, Atlas der tierärztlichen 
Operationslehre in fünf Büchern. I> Bach: Zwangs¬ 
mittel und Zwangsmaflregeln. II. Buch: Instrumenten¬ 
lehre. III. Buch: Verbandslehre. IV. Buch: All¬ 
gemeine Operationen. V. Bach: Spezielle Operationen. 
704. — Honeker, Oberamtstierarzt, Die Zucht der 
rehfarbenen, hornlosen Schwarzwaldziege InWürttem- 
berg. Mit eiuem Anhang über die Behandlung der 
häufigsten Ziegenkrankbeiten. 624. — Hornickel, 
Vergleichende Untersuchungen über den histo¬ 
logischen Bau der Tränendrüse unserer Häussäuge- 
tiere. 672. — Hummel, Vergleichende Untersuchungen 
über die im Darm der Pferde vorkommenden Knoten 
und geschwürsartigen Veränderungen mit besonderer 
Berücksichtigung der Rotzkrankheit. 840. — Immisch, 
Untersuchungen über die mechanisch wirkenden 
Papillen der Mundhöhle der Haussäugetiere. 672. — 
Jahrbuch für wissenschaftliche und praktische Tier¬ 
zucht einschließlich der Züchtnngsbiologla. Heraus¬ 
gegeben von Robert Müller. Dritter Jahrgang. 624. 


— Jahresbericht über die Ergebnisse der Iramunitäts- 
forsebung. Unter Mitwirknng von Fachgenossen 
herausgegeben von Dr. Wolfgang Weichardt, 
Privatdozent. Bd. III: Bericht Aber das Jahr 
1907 einschließlich einer zusammenfassenden Über¬ 
sicht „Über Anaphylaxie“ von C. Levaditi and 
über „Phagozytose, Opsonintheorio und Ver¬ 
wandtes“ von Dr. W. RosentbaL 962. — Jahres¬ 
bericht der Landwirischaftsk&mmer für die Pro¬ 
vinz Schlesien für das Verwaltnngsjahr 1907. 840. 

— Jahresbericht über die Leistungen auf dem 
Gebiete der Veterinärmedizin. 840. — Jahresbericht 
über die Verbreitung von Tierseuchen Im Deutschen 
Reiohe. Bearb. im Kaiserlichen Gesundheitsamte zu 
Berlin. XXI Jahrg. 19 6 nnd XXII. Jahrg. 1907. 672. 

— Joest, Die Amyloiddegeneration bei Tieren. 
(Separatabdruck aus Ergebnisse der Allgemeinen 
Pathologie und pathologischen Anatomie ries Menschen 
und der Tiere. XIV. Jahrg. 840. — Joest, Zur patho¬ 
logischen Anatomie der Lungenwurmkrankbeit 
(Lnngenstrongylose) des Rindes. 576. — Joest, 
Bericht über das pathologische Institut. 840. — 
Joest, Untersuchungen zur Frage des Vorkommens 
latenter Tuberkelbazillen in den Lymphdrüsen des 
Rindes and 8« hweines. 676 — Joest nnd Selber, 
Über lokale Eosinophilie in der Leber der Haustiere. 
840. — Joest and Röder, Ein interessanter Fall von 
Endocarditis valvularis chronica beim Pferde. 676. 

— Joest und Wolffhügel, Zur Pathogenese der 

Lymphd üsentuberkulose. 576. — Käppeli, Beiträge 
sur Anatomie und Physiologie der Ovarien von wild 
lebenden und gesähmten WiedrrkäuernundSchweinen. 
386. — Kitt, Bakterienkunde und pathologische Mikro¬ 
skopie für Tierärzte und Studierende der Tiermedizin 
228. — Kitt, Was mnß jeder Hundebesitzer wissen? 
856. — Kitt, Lehrbuch der allgemeinen Pathologie für 
Tierärzte und Studierende der Tiermedizin. 2. verb. 
Aufl. 228. — Klawitter, Über Nebennierengeschwülste 
der landwirtschaftlichen Haussängetiere. 156. — 

Klinge, Die inneren Irisschichten der Hanssäuge- 
tiere. 528. — Knflsel, Studien über die sogenannte 
sterilisierte Milch des Handels. Ein Beitrag zur 
Biologie der peptonisierenden Milchbakterien. 228. 

— Koch und Rabinowitacb, Die Tuberkulose der 

Vögel und ihre Beziehungen zur Sängetiertnber- 
kulose. 48 — König, Die Autochrom-Photo- 

graphle and die verwandten Drelfarbenraster-Ver- 
fahren. 528. — König, Veterinärkalender für das Jahr 
1909. 2 Teile. 672. — Kongreß für Hygiene 

und Demographie, Bericht über den XIV. Inter¬ 
nationalen, Berlin 23 - 29. September 1907. Bd. III, 
erster Teil. Bd. in, zweiter Teil. Bd. IV, mit 
General-, Namen- and Sach-Register. 528. — Kongi eß 
im Haag. — Neunter Internationaler Tierärzt¬ 
licher. — 18. —19. 8eptember 1909. National- 

Komitees, Verhandlungsgegenstände usw. 968. — 
Kormann, Über den Baa der Integuments der 
Regio fariam and der Wand des Nasenvorhofs 
der Haussäugetiere mit besonderer Berücksichtigung 
der daselbst vorkommenden Drüsen. 672. — Krage, 
Vergleichende histologische Untersuchungen über 
das Präputium der Haussäugetiere. 48. 336. — 

Ktthnau und Cleviscb, Einrichtung und Betrieb von 
Säug ingsmilcbanstalten. 156. — Kuhnert, Farbige 
Tierbilder. 10 Lieferungen mit 60 Bildern. 628. — 
Kurtswi Über Peridemitis (Periostitis alveolaris) 
beim Pferde mit besonderer Berücksichtigung der Er¬ 
krankung des M, im Unterkiefer. 968. — Lantzscb, 
Kgl. säen« Gesetz betreffend die Unterhaltung nnd 
Körung der Zuchtbullen vom 30. April 1906. 704. — 
Leers, Methoden and Teohnlk der Gewinnung, Prüfling 
and Konservierung des zur forensischen Blut- btw. 
Biweißdifferenzierung dienenden Antiserums. 840. — 
Lehmann, Über Bau und Entwicklung der Wand 
der hinteren Hohlvene des Rindes nnd Venenklappen 
bei Pferd nnd Rind. 704. 856. — Lenfers, Zur 

Histologie der Milchdrüse des Rindes. 672. — Lenfers, 
Beiträge zur Synopbthalmie der Haustiere. 672- 
Levy, Blum*ntha1 und Marxer, Über Immunisierung 
gegen die Rotzkrankheit. 48. — Lnngwltz, Die Be- 
dentnng der Hufbeschlages für die Verhütung und 
Heilung von Lahmheiten 672 — Luttmann, Unter¬ 
suchungen über die Agglutination des Rotzbazillns 
840. — La Maceilazione ed il Consumo Carneo in 
Roma. Negli anni 1906—1907. - 967. Magyar 

Kiralyi Allatorvosi Fölskola Evkönyve az 13071908. 
Tanövröl. (Az lntözet FennällasAnak CXXI. Mint 
FöcIskolAnak IX. Eve.) 968. — Markus. Bijdrage 
Tot de Kennt« Der Toraio Ventricul. By den Hond. 
968. — Märtel, Rapport sur le« Operation« du Service 
v6t6rinaire sanitaire de Paria et du Departement de 
la Seine. Pendant Fannie 1906. 166. — Märtel, 
Rapport snr les Operation* du serviee vöterinalr® 
sanitaire de Paris et du Departement de la 8eine. 
Pendant l’annle 1907. 672. — Massig, Über die 
Verbreitung des Muskel- und elastischen Ge¬ 
webes und speziell über den Verlauf der Muskel¬ 
fasern in der Wand der Wiederkäuermägen. 48 672. — 
May, Vergleichende anatomische Untersuchungen der 
Lymphfollikelapparate des Darmes der Haussäuge¬ 
tiere. 672. — Merck, Bericht über Neuerungen auf 
den Gebieten der Pharmakotherapie und Pharmazie. 
XXL Jabrg. 1907. 336. — MIadenowitach, Ver¬ 

gleichende anatomische und histologische Unter¬ 
suchungen über die Regio analis und das Rectum 
der Haussäugetiere. 48 — von Müller, Beiträge zur 
Lehre vom Zahnalter des Pferdes. 528. — Müller, 
Lehre vom Exterieur des Pferdes oder von der Be¬ 
urteilung des Pferdes nach seiner äußeren Form. 528. 

— Müller, Bestimmungen des Gewichtes des Magens 

und Darmes bei mageren, mittelfetten und fetten 
Tieren und Gewichtsbestimmungen des Magen- und 
Danninhaltes, soweit die letzte Fütterung bekannt 
ist. 968. — Müller, Zur vergleichenden Histologie 
der Lungen unserer Hanssäugetiero. Mit 1 Tafel. 
672. — Müller, Das Problem der sekundären Ge¬ 
schlechtsmerkmale nnd die Tierzucht. Eine wissen¬ 
schaftliche Untersuchung. 866. — Müller, Dio 


*1* 



VIII - 


Krankheiten de« Hunde« und ihre Behandlung. 704. 
Müller und v. Wendt, Abhandlungen aus dem 
Gebiete der Tierhaltung. Heft 1. Wie füttert der 
Landvrirt zweckmäßig Rübenblätter? Heft 2. Milch- 
gewinnung vom hygienischen und wirtschaftlichen 
Standpunkte aus nebst Vorschlägen zur Bekämpfung 
der Rindertuberkulose und Regelung des Verkehrs 
mit Milch. Heft 8. Grundzüge einer wirtschaftlichen 
Ernährung der Milchkühe nebst Anleitung zur 
schnellen Berechnung der Futterrationen und Ein¬ 
schätzung des Futterwertes der Ernte. 962. — Möllers 
Lehrbuch der Chirurgie für Tierärzte. Bearb. von 
Prof. Dr. H. Möller und Prot H. Frick. 2 Bände. 
Band II. Spezielle Chirurgie. 856. Neufeld 
und Haendel, Beitrag zur Beurteilung der El Tor- 
Vibrionen. 76. — Neumann, Beitrag zur Biologie 
des Erregers der Kälberrnhr-Colibacillosis. 576. — 
Nevennann, Veröffentlichungen aus den Jahres- 
veterinärberichten der beamteten Tierärzte Preufiens 
für das Jahr 1905. VI. Jahrg., II. Teil. 528. — 
Njegotin, Über die Methode der graphischen Re¬ 
gistrierung des Pulses und dessen Arhythmie beim 
Hunde. 528. — Njegotin, Elektromagnetischer Re¬ 
spirationsapparat für kleine Tiere. Berlin. 884. — 
Noack, Experimentelle Untersuchungen, betreffend 
die bazilläre Pseudotuberkulose der Schafe und 
deren Übertragungsfähigkeit auf andere Tier¬ 
gattungen. 672. — Nörner, Praktische Schweinezucht. 
967. - Oberwarth und Rabinowitsch, Über dio 
Resorptionsinfektion mit Tuberkelbazillen vom 
Magendarmkanal aus. 228. — Orth (Unter teilweiser 
Mitwirkung von Dr. Lydia Rabinowitsch). Über die 
Resorption körperlicher Elemente im Darm, mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung derTubcrkelbazillen.672. — 
Panisset et Alilaire, Intluence de la Coagulation et 
de la Döcoagulation des Antig6nes Hömaties sur la 
production des Anticorps. 856. — L. Panisset et 

Loiseau, Vaginalite experimentale a bacille 
dipht6riquc. 704. — Parzer-Mühlbacher, Röntgen¬ 

photographie. 336. — The Philippine Journal of | 
Science. Vol. II. Nr. 0. Dezember 1907. 339. Vol. III. 
Nr. 2, April 19J8. 576. — Pick, Zür feineren Anatomie 
der Lunge von Halicore Dugong. 48. — Pirocchi, 
La Razza ovina di Karakul. Proposta d’importarla 
in Itilia per una prova di acclimamento e d’inerocio. 
Relazione al consiglio zootecnico (Sessionc ordinaria 
del 1908). 968. — Pomayer, Das Zurückhalten der 
Nachgeburt beim Rind. 228. — Pröscholdt, Papilläres 
Akanthom auf der Innenfläche des Pferdeohres. 336. 

— Pusch, Die Kindermilchproduktion in Wirtschaft 
liclier und hygienischer Beleuchtung unter besonderer 
Berücksichtigung der im Rassestalle derTierärztlichen 
Hochschule in Dresden gemachten Erfahrungen. 228. 

— Rabinowitsch, übet spontane Affentuberkulose, ein 

Beitrag zur Tuberkulosefrage. 48. — Rabinowitsch, 
Geschichte der Immunisierungsversuchc gegen Tuber¬ 
kulose mit Kaltblütertubcrkelbazillen und säurefesten 
tuberkelbazillenähnlichen Bakterien. 48. — Ratgeber 
bei Steuereinscliätznng und Steuerroklamation nebst 
preußischem Einkommensteuergesetz sowie Aus- 
rübrnngsbesttmmungen und Formularen. 48. — Recht 
und Unrecht Im Pferde- und Viehhandel, bearbeitet 
von Wrcde und Dehmke. 962 — Reinhardt, 

Über die Pleiodaktylie beim Pferde. 672. — Report 
of the Government Veterinary Bacteriologist 
1906—1907. 968. — Richter, Die Hundestaupe, ihre 
Vorbeugung und Behandlung durcli Impfung. 628. — 
Rickmann, Tierzucht und Tierkrankheiten in Deutsch- 
Südwestafrika. 156. — Roschig. Untersuchungen Uber 
die individuellen Verschiedenheiten der Großhirn¬ 
furchen beim Rinde. 672. — Rosonfeld, Über die 
Eiweißverdauung im Magen des Pferdes. 624. — 
Roßmüller, Über den histologischen Bau der Arterien 
in der Brust- und Bauchhöhle des Kindes. 672. — 
Rahner, Volksernährungsfragen. 628. — Russische 
Medizinische Rundschau, Monatsschrift für die ge¬ 
samte rassische medizinische Wissenschaft und 
Literatur. 884. — Sabatini, Untersuchungen Uber die 
Tragezeit bei unseren wichtigsten Haustieren, be¬ 
einflußt durch Frühreife, Erstgeburt, sowie Zahl and 
Geschlecht der Foetea. 576. — Schmidt, Beitrag 
zur Geschichte des Landesverbandes Preußischer 
Trichinen- und Fleischbeschaner-Vereine mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung der Bestrebungen des¬ 
selben für die Fleisch- und Tricbinenbeschauer, nm 
Teilnahme an den staatlichenWohlfahrtseinrichtungen 
zu erzielen. 228. — Schlampp, Therapeutische 
Technik mit besonderer Berücksichtigung der 
speziellen Therapie für Tierärzte. 2 Bde. Bd. II 
2. Hälfte. 1. Lieferung, Geschlechts-Apparat 856. 

— Schmaltz, Anweisung zur Exenteration der Bauch¬ 
höhle des Rindes. 856. — Schroidtchen, Die Sahnen¬ 
scheiden und Schleimbeutel der Gliedmaßen des 
Rindes. 672. — Schneider, Histologisches Praktikum 
der Tiere für Studenten und Forscher. 866. — 
Schröder, Über den Nachweis und die quantitative 
Bestimmung von Rostpilzen in Futtermitteln. 884. 

— Schröder, Untersuchungen über den Einfluß der 
Kühlung auf die Haltbarkeit und den Keimgehalt 
der Milch. 386. — SchumanD, Untersuchungen über 
Abszesse und abszeßähnliche Nekroseberde in der 
Leber des Kalbes. 576. — Schumann, Beiträge zur 
vergleichenden Histologie des Enddarmes und des 
Überganges des Mitteldarmes in den Enddarm der 
Hausjäugetiere. 386. — Schwaebel, Über die knotige 
Muskeltuberkulose des Rindes (Inveterierte Tuber¬ 
kulose DUrbeck—Rlastomykoie Foulerton). 704. 840. 

— Schwyter, Über das Gleichgewicht des Pferde*. 676. 

— Bebau er, über die Bedeutung der Kalksalze für das 
wachsende Tier. 156. — Share-Jones, F. R, C. V. S., 
The Surgical Anatomy of the Horse. Part III. 856. — 
Siegel, Anatomische Untersuchungen über die äußere 
Haut des Hundes. 156. — Sllbersiepe, Die Fessel¬ 
beinfrakturen des Pferdes mit besonderer Berück- 
sichtlgnng der Architektur des Fesselbeins und der 
Transformationen der äußeren Form und der inneren 
Architektur dieses Knochens infolge von Frakturen. 
884. — Simon, Vieh* und Schlachthöfe ln den Jahren 


1904 und 1905. (Sonderabdruck ans dem Statist. 
Jahrbuch Deutscher Städte, Jahrg« XV. Wilh. Gottl. 
Korn, Breslau.) 962. — Sleeplng Sickneas Burean. 
Bulletin Nr. 1, 1908. 967. — Spanier, Beiträge zur 
Entwicklung des Wiederkäuermagens 672. — Strahl 
und Martin, Die puerperale Involution des Uterus 
beim Schaf. 672. — Studien und Mikropbotogramme 
zur Kenntnis der pathogenen Protozoen. Heraus- 
gegeben von v. Wasielewski. II. Heft. Untersuchungen 
über Blutschmarotzer. 228. — Stuhlmann, Beiträge 
sur Kenntnis der Tsetsefliege (Glossina fuaca und Gl. 
tachinoides). 76. -- Suckow, Über Vererbung und j 
Aufzucht der Pferde mit besonderer Berücksichtigung 
der Schrittpferdezucht. 528. — Suckow, Die Be¬ 
deutung der kommunalen Kinder- und Kurmilch¬ 
anstalten und die Bedeutung der Tierärzte für die j 
Leitung dieser Wohlfahrtseinricblungen. 884. — j 
Tangl, Beiträge zur Futtern.iitellehre und Stoff- i 
wechselpbyaiologle der landwirtschaftlichen Nutz¬ 
tiere. III. Heft. 156. — Taschenkalender für Flelsch- 
besebauer and Trichinenschauer. IX. Jahrgarg. 1909. 
Herausgegeben von Johne. 968. — Tlemann, Tätig¬ 
keitsbericht der Versuchsstation and Lehranstalt für 
Molkereiwesen zn Wreschen vom April 1907 bis 81.März 

1908. 384. — Tierärzriieber Taschenkalender für 

1909. Bearbeitet und berausgegeben von Albrecht 

und BÜrcbncr. XIII. Jahrgang. 8 Teile. 9^8. — 

Train, VeteriLär-Taschenbuch 1908. 2 Teile. 48 

— Tr&utmann, Beiträge zur vergleichenden Histo¬ 
logie des Dünndaimes der Haussäugetiere. 836 — 
Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesund¬ 
heitsamte. Heft 9, 1908: Dieterlen, Beitrag zur Frage 
der Schnelldiagnose der Tuberkulose im Tierversuch. 
— Dieterlen, Beitrag zur Frage der Infektionswege. 
— Titze, Ausscheiden von Tuberkelbazilien mit der 
Kuhmilch nach intravenöser Injektion menschlicher 
Tuberkelbazillen. — Titze und Weidanz, Infektions¬ 
versuche an Hunden mit Tuberkelbazillen des Typus 
bovinus und Tuberkelbazillen des Typus humanus. 
— Weber, Titze und Weidanz, Über Papageien- und 
Kanarienvogel-Tuberkulose. — Weberund Titze, Die 
Immunisierung der Rinder gegen Tuberkulose. 
II. Mitteilung. — Weber, Schütz, Titze und Holland, 
Versuche über die Haltbarkeit der behufs Immu¬ 
nisierung eingespritzten menschlichen Tuberkel- 
hazillen im Körper des Rindes. 968. — Uhlenhat, 
Hübener, Xylander und Bohtz, Untersuchungen Uber 
das Wesen und die Bekämpfung der Schweinepest. 
336. — van Volzen, Das Vorkommen pathogener 
Mikroorganismen bei gesunden Schweinen. 48. — 
Verhandlungen des Landwirtschaftsrats für Elsaß- 
Lothringen. Session 1907 (XXIII. Tagung). 384 — 
Verslag van de Werkzaamheden der Rijksserum- 
inrichting 1906. 228. — Verwaltungsbericht für den 
städtischen Schlacht- und Viehhof zu Königsberg 
1. Pr. für das Betriebsjahr 1906. 156. — Verwaltungs¬ 
bericht, Fünfzehnter, über den städtischen Sohlacht- 
und Viehhof zu Magdeburg. Rechnungsjahr 1907. 624. 
— Verwaltungshericht über den städtischen Vieh- und 
Schlaehthof zu Zwickau auf das Jahr 1907. 96H -- 

Veterinär-Sanitäts-Berlcht, Statistischer, über die 
preußische Armee und das XIII. (Könlgl. Württem- 
bergische) Armeekorps für das Rapportjahr 
1907. 840. — Völiz, Über die Bedeutung des Problems 
der Vererbung sog. erworbener Eigenschaften 
für die landwirtschaftliche Tierzucht. 840. — 

Wall, Die Euterentzündangen der Kuh. Mit 29 Ab¬ 
bildungen im Text 856. — Walther, Zwei Betträg zur 
Kenntnis des Pferdeblutes. 528. — Wandkalender der 
Spratts Patent Akt.-Ges. 48. — Weltzlg, Unter¬ 
suchungen über die pathogenen nnd Coli Bakterien 
beim Puerperalfieber des Rindes. 624. — Wölfel, Bei¬ 
träge znr Entwicklung des Zwerchfelles und Magens 

, bei Wiederkäuern. 672. — Xylander, Der Rat>nbazillus 
als Rattenvertilgungsmitte). 384. — Zahn, Der Nähr¬ 
wert der Milch, ihre zweckmäßige Behandlung und Ver¬ 
wendung im Haushalt nebst einem Merkblatt für Säug¬ 
lingsernährung. 967. — Zeitschrift für indnktive Ab¬ 
stammung*- und Vererbu gslehre. Herausgegeben 
von C. Correns, V. Haecker, G. Steinmann, R. v. Wett- 
tteio. Redigiert von E. Banr. Band I, Heft 1/2. 840. 
— Zeitschrift für wissenschaftliche und praktische 
Veterinärmedizin, herausgegeben von dem Veterinär¬ 
institut za Jurjew (Dorpat). Bd. I, Liefg. 2. 48. — 
Dasselbe Bd. II, Liefg. 1. 1908. 967. - Zieger, 
Die Diagnose der Trächtigkeit des Kindes. 856. — 
Zlemann, Wie erobert man Afrika für die weiße 
und farbige Rasse. 228. — Zietzschmann, Ein Bei¬ 
trag zum Stadium der Folgen der Schilddrüsen¬ 
exstirpation. Thyreoidectomie bei Ziegen. 840. — 
Zueg • r, Dohm und Marxer, Neuere Untersuchungen 
über den experimentellen Diabetes. 840. — Zuelzer, 
in Gemeinschaft mit Uohrn und Marxer, Spezifische 
Anregung der Darmperistaltik durch intravenöse 
Injektion des „Peristaltik-Hormons“. 968. — Zwick, 
Schema de« Bmtkreislanls and Sch-ma des Blut¬ 
end Lymphstroms. 2 Wandtafeln. 836. 

Büchsenfleisch. — Ausfuhr von — 262. 
Bujatrik. — Kaltwasseranwendung in der — 
v.*Stietenroth. 780. 

Bulgarien. — Hühnerspirillose in —- v. Gareit- 
schnoff. 165. 

Bullenringen. — Einziehen von — 977. 
Bnndesratsbestimmimg. — Eine beachtens¬ 
werte — v. Dr. Goldbeck. 106. 
Bundesstaaten s. a. Fleischbeschaugebühren. 
Bundesstaaten. — Gehalts Verhältnisse in den 
kleinen — 539. 

Burow 8. Suptol. 


Butter und Cholera. — Russische — 837. 

Butterexport. — Sibirischer — 943. 

C s. a. K u. Z. 

Cannstadt s. Landwirtschaftsgesellschaft. 

Carcinom s. Urämie. 

Cattle plague. — Filtration experiments with 
virus of — v. Rüdiger. 712. 

Cavicorniergehörne. — Allgemeine Betrach¬ 
tungen über die — v. Dr. Fambach. 834. 

Centralverband zur Bekämpfung des Alko¬ 
holismus. 296. 

Cervix Uteri s. Krampf. 

Chamer Milchgesellschaft 494. 

Chemiker s. Hüfners Nachfolge. 399. 538. 637. 

Chemiker Deutschlands in Sondershausen. — 
Hauptversammlung des Verbandes öffent¬ 
licher — 660. 

Cheyne-Stocke s. Atmungsphänomen. 

Chicago s. a. Amerika. 

Chicago. — Schlachthausskandale in — 569. 

China s. Eigelb. Tierseuchen. 

Chloralhydratinjektionen in der Behandlung 
von schweren Koliken beim Pferd. — 
Intraperitoneale — v. Breton. 97. 

Cholera. — Russische Butter und — 837. 

Chorioiditis und Iritis tuberculosa nebst 
tuberkulöser Keratitis parenchymatosa 
beim Kalb. Orig.-Art. v. Priewe. 841. 

Chylurie (Lipurie) beim Hunde. Zwei Fälle 
von — Orig.-Art. v. Prof. Regenbogen. 499. 

Coast Fever. — Experiments with Serum 
agaiust — v. Theiler. 582. 

Coccidienseuche unter dem Geflügel. 616. 

Colibacillosis s. Kälberruhr. 

Collargol s. Maul- und Klauenseuche. 

Corpus lutenm s. Immunisierung. 

Curare bei Tetanns. — v. Lubenetzki nnd Slnakewitsch. 
903. 

Cufci- 8. Ophthalmoreaktion. 

Cystenbildung und Sklerose im laktierenden 
Euter einer jungfräulichen Ziege von 
Ritter. 217. 

Cystitis s. Blasensteinbildüng. 

Dämpfigkeit des Pferdes. — Die Behandlung 
der — v. Szöllös. 585. 

Dänemark: Gutachten Proskauers über“ die 
dänische Milch. 43. — Deutsch-dänischer 
Handelsvertrag. 45. Notwendigkeit der 
Trichinenschau in Dänemark. 139. — 
Forderung des deutschen Fleischerver¬ 
bandes betr. Aufhebung der Tuberkulin¬ 
impfung und Quarantäne bei Einfuhr däni¬ 
schen Viehes. 195. — Zur Einfuhr dänischen 
Viehs. 569. — 50 jähriges Bestehen der 
Tierärztlichen und Landwirtschaftlichen 
Hochschule in Kopenhagen. 701. — 

Professor C. 0. Jensen und Professor 
Dr. Fibiger zum Vorsitzenden bzw. 
stellvertr. Vorsitzenden des Ausschusses 
zur Erforschung der Krebskrankheit 
gewählt 701. — Seuchennachrichten. 991. 

Därme s. Wursthüllen. 

Damholidbehandlung s. Blutharnen. 

Dammbruch beim Hund v. Prof. Herbrand und 
Antoine. 782. 

Dampfer s. Fische. 

Danksagung. 196. s. a. Tagesgeschichte, (Per¬ 
sönliches [Verschiedenes.]) 

Danksagung für die Anteilnahme beim Tode 
des Kreistierarztes Dr. Jeß. 100. 



IX 


Dann s. Tuberkelbazillen. 

Darmanhängsel beim Schwein. Orig.-Artikel 
v. Dr. Goldberger. 734. 

Darmentzündung s. a. Haferwert. 

Darmentzündungen. — Allgemeine Betrach¬ 
tungen über die — v. Prof. Cad6ac. 302. 

Darm gase s. Trokar. 

Darmhandel. 494. 

Darmparasiten des Hundes. — Die Therapie 
der — Orig.-Art. v. Prof. Regenbogen. 425. 

Darmresektion beim Rinde. — Ein weiterer 
Beitrag zur — Orig.-Art. v. Jöhnk. 689. 

Dannschleimhaut s. Rotlaufbazillen. 

Dealin, ein neues Antisepticum. v. Sommer 
876. 

Deckblätter zur Militärveterinärordnung, 
v. Schmaltz. 534. 

Döfendus“ ? erledigt. — Die Broschüre „Sommes 
nous — 571. 

Degeneration s. # Amyloid. 

Degradierung des Dr. med. vet. — Ein Wort 
zur — v. Haupt. 394. 

Demographie s. Kongreß. 

Demonstration s. Tagesgeschichte (Tierärztl. 
Lehranstalten). 

Demonstration'patbologisch-anatomischer Prä¬ 
parate. v. Sommer. 661. (Beilage.) 

Denaturierung s. Petroleum. 

Denkmal s. Tagesgeschichte (Persönliches 
[Ehrungen]). 

Denkschrift über die Fleischbeschau, ein¬ 
gereicht dem Ministerium für Landwirt¬ 
schaft vom Verbände der Privattierärzte 
in Preußen. 892. 

Dermatosen s. Sporozoen. 

Desinfektion. — Neue Zeitschrift für — 569. 

Desinfektion auf Eisenbahnen. 190. 

Desinfektion mit Kalk. v. Trattner. 123. 

Desinfektionsmittel s. Antiformin, Phenyform, 
Therapogen. 

Desinfektionsmittel s. Morbicid. 

Desinfizierung von Sanitätsanstalten, Schlacht¬ 
höfen usw. — Mangelhafte — v. Humbert. 
139. 

Dessau s. Milchsteuer. 

Deutsche Tierärztliche Wochenschrift. — Kün¬ 
digung der — 452. 

Deutschland: s. a. Tagesgeschichte, Gras¬ 
fluren, Preußen. — Seuchennachrichten: 
Jahresberichte für 1906 : Allgemeines. 39. 
— Milzbrand. 39. — Rauschbrand. 41. 
— Rotz. 255. — Tollwut. 256. — Maul¬ 
und Klauenseuche. 327. — Lungenseuche. 
328. — Pockenseuche. 328. — Bläschen¬ 
ausschlag. 328. — Räude der Pferde. 565. 
— Räude der Schafe. 565. — Tollwut. 
567. — Rotlauf der Schweine. 640. — 
Schweineseuche. 719. — Geflügelcholera. 
720. — Hühnerpest. 720. — Gehirn-Rücken¬ 
marksentzündung der Pferde. 720. — Ge¬ 
hirnentzündung der Pferde. 720.— Influenza 
der Pferde. 720. — Ansteckender Scheiden¬ 
katarrh der Rinder. 721. — Druse der 
Pferde. 721. — 1907 : Maul- u. Klauen¬ 
seuche. 131. — Schweineseuche. 132. — 
Allgemeines. 936. — Milzbrand. 937. — 
Rauschbrand. 938. — Monatsausweise: 
1907: Dezember 20, Januar 134, Februar 
189, März 257. 258, April 329, 330, Mai 
420, Juni 490, Juli 568, August 641, 
September 723, Oktober 807, November 939. 


— Maul- und Klauenseuche: s. a. Seuchen¬ 
nachrichtendienst 21. 41. 63.114. 363. 383. 
420. 436. 456. 489. 508. 590. 606. 624. 642. 
660. 686. 701. 744. 760. 776. 788. 837. 837. 
856. 872. 940. 963. 991. - ßchlachtvieh- 
und Fleischbeschau in Deutschland: 
1907: III. Quartal 46, IV. Quartal 194; 
1908: I. Quartal 437, II. Quartal 726. - 
Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau im Deutschen Reiche (Preußen) 
für das Jahr 1906 : 421. 423; 1905 : 642. - 
Der Verbrauch an Fleisch in Deutschland 
im Jahre 1907, verglichen mit den 3 Vor¬ 
jahren. 191. — Deutschlands Vieh- und 
Fleischeinfuhr im Jahre 1907. 332. — 
Deutschlands Fleischkonserven - Industrie. 
439. — Ergebnisse der Untersuchungen 
der Rindviehbestände in den Quarantäne¬ 
anstalten auf Tuberkulose im IV. Quartal 
1907. 568. — Einfuhr von Fischen, Am¬ 
phibien, Weichtieren und Krustentieren 
nach Deutschland im Jahre 1907. 573. — 
Deutschlands Fischverbrauch. 573. 

Deutsch-Ostafrika s. Afrika. 

Deutsch-Südwestafrika s. Afrika. 

Dexler s. Operationstisch. 

Diabetes s. Ferment 

Diagnose s. Tuberkulose. 

Dlastaae s. Ferment 

Didym s. Dymal. 

DienBteinkommen s. a. Gehaltsklassen. 

Diensteinkommen. — Über das — v. Dralle. 
150; v. Rust. 165; v. Krüger. 222; Nach¬ 
trag. 224; y. Traeger. 167. 

Digalen v. Beck. 584. 

Digalen. — Strophantin und — Von Dom. 736. 

Digalens bei Hunden und Pferden. — Unter¬ 
suchungen über die Wirkung des — v. 
Hipp. 547. 

Digitorector nach Hoffmann. 459. 

Distanzfahrt 701. 

Distomatosis s. Schwefelkohlenstoff. 

Doktorat s. Tagesgeschichte. (Tierärztl. Lehr¬ 
anstalten) 

Doppelmißbildung eines Kalbes. — Ein sel¬ 
tener Fall einer — Orig.-Art. v. Hiero- 
nymi. 692. 

Dorpat s., Rußland. 

Dorsch-Lebertran und von Lebertran-Emul¬ 
sion auf die Ernährung gesunder und 
tuberkulöser Schweine. — Vergleichende 
Studie über den Einfluß von — v. Dr. 
Wells. 493. 

Dortmund s. Milch. 

Dourine and sleeping sickness. — Some 
further observations an the cell changes 
in — v. Mott and Stewart. 583. 

Dourine trypanoaomen. — Zur lofektionsmöglichkelt der 
Hühner mit — v. Yakimoff und Kohl. 681. 

Dresden s. Sachsen. 

Druckfehler. — Ein niedlicher — 367. 

Druse s. a. Myokarditis. 

Druse. — Bekämpfung der — v. Wagenheuser. 
559. 

Druse der Pferde. — Schutz- und Heil¬ 
impfungen bei der — 559. 

Druse der Pferde mit den bekannten Kom¬ 
plikationen v. Mayr. 26. 

Druse der Pferde und ihre Behandlung mit 
Serum nach Dr. Jeß-Piorkowski v. 
Dr. Franz. 737. 

Druseabszesse beim Pferde v. Dr. Mayr. 25. 


1 Düngemittel *. Augenerkrankung. 

Düngerproduktion an Schlacht- und Vieh- 

l höfen. 495. 

Dünndarmeinschnürung im Foramen Winslowii 
beim Pferd — Drei operierte Fälle von — 
v. Forssell. 448. 

! Durchschneidung s. Zehenbeuger. 

Dutton s. Spirochaeta. 

Dymal 913. 

Dymal (salizylsaures Didym) v. Dr. Maier. 462. 

Dymals. — Der therapeutische Wert des — 
Orig.-Art. v. l)r. Creutz. 4. 

Echinococceneyste der rechten Lunge v. Gautier. 864. 

Echinococceninvasion s. a. Lebervergrößerung. 

Echinococcus multilocularis in der Muskulatur 
des Pferdes. Orig.-Art. v. Höchstem. 475. 

Echinococcus. — Eine seltene Lokalisation des — 
v. Rudolph. 966. 

Eier s. a. Pinguineneier. 

Eiereinfuhr 574. 

Eier. — Konservierung der — 574. 

Eierlegen s. Wetteierlegen. 

Eigelbes aus China. — Import konservierten 
— 264. 

Eihäute. — Plötzlicher Tod einer Kuh nach 
Verfüttern der — v. Gergely 248. 

Eilgut s. a. Fleischwaren. 

Einfuhr s. Fleisch, Milch. 

Einfuhrverbot s. a. Fleisch. 

Einfuhrverbot wegen Maul- und Klauenseuche 
in Belgien und den Niederlanden. 330. 

Eingußapparat s. Pillen. 

Einhufer s. Sterbe. 

Einkassieren s. Fleisch. 

Einkommen s. Tagesgeschichte (Ärzte). 

Eis. — In Schnee und — Orig.-Art. v. 
Hennig. 285. 

Eisenbahn s. Milch. 

Eisenbahnen. — Desinfektion auf — 190. 

Eisfabrik s. Fleischhackerei. 

Eistransport. 495. 

Eiters. — Beitrag zur proteolytischen Wirkung des 
sterile.i — v. Her*. 432. 

Eiters mit Mil ons Reagens. — Zur Prüfung des — 
v. Dreyer. 345. 

Eiterung in der Nabelgegend eines Jung¬ 
rindes v. Mayr. 26. 

Eitriger Prozesse. — Heue Gesichtspunkte bei der Be¬ 
handlung — r. Müller und Peiser. 432. 

Eklampsie bei einer kalbenden Kuh. Orig.- 
Art. v. Train. 859. 

Ekraseuremaskulator s. Emaskulator. 

Elastikotropische Erscheinungen beim Wachstum des 
Bazillus anthracia und verwandter Bazi Heu auf 
Serum-Nährböden, v. Eisenberg. 769. 

Elberfeld s. Tierschutzlehrstunden. 

Elefant s. Tympanitis. 

Elektrokardiogramm v. Prof. Einthoven. 869. 

Elektrophysiologie s. Thermoelektrizität. 

Ellenberger s. Tagesgeschichte (Persönliches). 

Emaskulator und Ekraseuremaskulator. — 
Stumpfer — Orig.-Art. v. Blunk. 231. 245. 

Empfindungslosigkeit (Lokalanästhesie) in der 
Veterinärchirurgie. — Die örtliche — v. 
Krüger. 407. 

Ende. — Trauriges — 623. 

Endocard s. Atheromatose. 

England: Seuchennachrichten. 41. 991. — 
Milchknappheit in London. 140. — Maul¬ 
und Klauenseuche in England. 420. — 
Viehbestand Großbritanniens im Jahre 
1907. 607. — Fleischteuerung in England. 
728. 

Enten. — Strychninvergiftung bei — 615. 



X 


Entenerkrankung durch Tropidocerca fissis- 
pina. 616. 

Ententen der Neugeborenen überhaupt und 
speziell des Kalbes. — Über die Ätiologie 
der — v. Prof. Cadöac. 70. 

Enteritis catarrhalis chronica bei einer Kuh. 
v. Zietzschmann. 847. 

„Enteritis chronica bovis pseudotuberculosa“. 
— Vorläufige Mitteilung über die — Orig.- 
Art. v. Dr. Bugge und Albien. 175. 

Enteritis chronica pseudotuberculosa bovis 
oder die „Johnesche Seuche“ konstatiert 
in Norwegen, v. Hörne. 235. 

Enteritis pseudomembranacea der Katzen. — 
Die histologischen Veränderungen bei 
der — v. Dr. Schmul. 246. 

Entgegnung s. Finnenschnitte. 

Entschädigung s. Milzbrand, Rauschbrand, 
Rindertuberkulose, Schlachtviehversiche- 
rung. 

Entzündungen s. Blutkörperchen. 

Enzephalitis s. Meningo. 

Eosinophilie bei zooparasitären Leiden. — 
Über lokale — v. Fölger. 978. 

Epilepsia nocturna bei einer Katze, v. Holter¬ 
bach. 656. 

Epithelioma contagioaam der Vögel. — Untersuchungen 
Ober — v. Llpschfltx. 449. 

Erbrechen s Ascaris. 

Erde s. Grasfluren. 

Erdnußkuchen und -Mehle. — Gesundheits¬ 
schädliche — 585. 

Erklärung s. Malkmus. 

Erklärung der Direktion Halensia. 367; des 
Korps Salingia. 414; Resolution des tier¬ 
ärztlichen Vereins f. d. Reg.-Bez. Merse¬ 
burg. 414. 

Erklärung zu der von mir verfaßten Ab¬ 
handlung: „Mißstände“ in der B. T. W. 
vom 19. IX. 07 v. Dr. Göhler. 701. 

Erkrankung s. Vertretung. 

Ernährungslehre v. Ludewig. 479. 

Ernäbrungszweck s. Kongreß. 

Ernennung s. Tagesgeschichte (Persönliches). 

Erwiderung v. Dr. Felisch. 348; Anmerkung 
v. Schmaltz. 349; v. Dönecke. 941. 

Erythrocytenformen. — Ein Beitrag tu den Unter- 
■uchungsmethoden Ober — v. Yamada. 764. 

Ester-Dermasan bei Verdickung des Unter- 
hautzellgewebes v. Zietzschmann. 977. 

Etat für 1908.56; s. a Tagesgeschichte (Militär- 
veterinäre). 

Euman bei Schweineseuche v. Train. 244; 
Berichtigung 269. 

Euter s. Cystenbildung. 

Euterentzündung von Schafen — Gangränöse 

— v. Dr. Pfeiler. 600. 

Euterentzündungen des Rindes. — Beiträge 
zur Kenntnis der chronischen — absze- 
dierenden — v. Vielhauer. 146. 

Eutergeschwüre v. Otto. 847. 

Euterrotz beim Pferde v. Schmidt. 697. 

Euterseuche. — Holsteinische — v. Glage. 862. 

Euterseuche in Schleswig-Holstein. — Eine 
neue — Orig.-Art. v. Nielsen. 969. 

Eutertuberkulose in den französischen Schlacht¬ 
häusern. — Häufigkeit der — 944. 

Exostosen s. Spießglanzbutter. 

Extrakte s. Impfstoffe. 

Facialislähmung beim Ochsen. — Einseitige 

— v. Dutroys. 247. 


Fftrea s. Parasiteneier. 

Fadenpilzinfektion s. Schlundkopflähmung. 

Fäden s. Bakterien. 

Färben s. a. Nahrungsmittel. 

Färben von Wursthüllen. 262. 

Färbungen *. Blaufärbungen. 

Färbungsmethode s. Tuberkelbazillen. 

Faintinggoats s. Schreckziegen. 

Fall. — Ein merkwürdiger — Orig.-Art. v. 
Dr. Bernhardt. 282. 

Farben s. Vererbung. 

Farbenphotographie. — Die Entwicklung der 
— v. Prof. Wiener. 869. 

Farnwurzel s. Filmaron. 

Fasanen. — Syngamus trachealis bei — 616. 

Federlose Hühner. 615. 

Feilbieten und Verkaufen. 493. 

Feist (Tagesgeschichte Persönliches [Eh¬ 
rungen]). 

Ferkel s. Schweineseuche. 

Ferkelfressen der Schweine. Orig.-Art. v. 
Zieger. 268. Berichtigung. 302. 

Fermentes im Blot und über seine Beziehungen zum 
Diabetis mellitus. — Über den Ursprung des 
diastatischen — ▼. Dr. Schlesinger. >88. 

Fesselbeinbeugers an den beiden Hinterfüßen 
bei einem Wagenpferde. — Ruptur des — 
v. Prof. Schimmel. 84. 

Fesselbeinfissuren bei Pferden. — Zur Diagnose 
von — v. Voß. 271. 

Fesselbeinfrakturen des Pferdes v. Dr. Silber- 
siepe. 655. 

Festliegen der Kühe nach der Geburt. Orig.- 
Art. v. Dr. Zehl. 117. 

Fever s. Relapsing-fever. Tick-Fever. 

Fibrolysin v. Dr. Reinhardt. 557. 

Fibrolysin. — Behandlung mit — v. Train. 243. 

Fieber s. Wut. 

Filaria papillosa im Auge des Pferdes von 
Okholm. 976. 

Filmaron, als wirksamen Bestandteil der 
Wurmfarnwurzel. — Klinische Unter¬ 
suchungen über das — von Prof. Dr. 
Gmeiner. 83. 

Finnenfunde bei Saugkälbern. — Weitere — 
v. Dr. Stroh. 440. 

Finnenschnitte und Finnenfunde v. Dr. Heine. 
451. 

Fisch s. a. Seefische, Viehhandel. 

Fische zur Verproviantierung von Dampfern. 
— Lebende — 196. 

Fischen. — Zur Versorgung Berlins mit — 573. 

Fischen und Fischabfällen an Schweine. — 
Verftitterung von — 264. 

Fischerbooten. — Fleischschmuggel auf — 21. 

Fischfutter. —Beanstandetes Fleisch als —494. 

Fischigkeit der Schweine. 495. 

Fischverbrauch Deutschlands. 573. 

Fleisch s. a. Abdeckereifrage, Anthrax, 
Austern, Backsteinblattem, Brühwürstchen, 
Büchsenfleisch, Fische, Fleischbeschau, 
Fleischbeschauverordnungen, Fleisch¬ 

konsum, Freizügigkeit, Gänsefleisch, Ge¬ 
richtsentscheidungen, Grenzverkehr, Hack¬ 
fleisch, Haut, Katzenfleisch, Kleinhandels¬ 
preise, Konservenfabrik, Leberkäs, Milch, 
Petroleum, Pferdedärme, Pferdefleisch, 
Pökeln, Preistafeln, Probeschlachtungen, 
Schabefleisch, Schlachtgewicht, Schweine- 
preise, Tuberkelbazillengehalt, Viandes, 
Wild, Wurst, Wurstbereitung, Wursthüllen, 
Ziegenfleisch. — Fleischschmuggel auf i 


Fischerbooten. 21. — Beförderung von 
Fleischwaren als Eilgut zu Frachtgut¬ 
sätzen. 261. — Verbot der Einfnhr von 
Fleisch in die Stadt, das nicht von einem 
Tierarzt untersucht ist 261. — Schärfere 
Untersuchung der Fleischsendungen in 
Berlin. 334. — Atteste bei der Fleisch¬ 
einfuhr nach den Städten. 46. — Neue 
Bestimmungen über die Einfuhr frischen 
Fleisches. 569. — Abänderungen der Be¬ 
stimmungen über die Untersuchung aus¬ 
ländischen Fleisches. 252. — Über die 
Kontrolle des im Verkehr befindlichen 
Fleisches, insbesondere des Hackfleisches 
v. Gundelach. 206. — Polizeitierärzte und 
Fleischkontrolle. 334. — Angebliche Mi߬ 
stände bei der Fleischlieferung im 
französischen Heer. 335. — Deutschlands 
Fleischkonserven-Industrie. 439. — Be¬ 
handlung des Fleisches in Kühlräumen. 
439. — Sibirisches Fleisch. 439. — Blau¬ 
färbungen des Fleisches. 439. — Be¬ 
anstandetes Fleisch als Fischfutter. 494. 

— Fleischverhältnisse der ostfranzösischen 
Garnisonen. 494. — Monopolisierung des 
Fleischhandels. 495. — Fleischhackerei 
und Eisfabrik auf dem Schlachthofe in 
Frankfurt a. M. 495. — Vermeidung der 
Beschmutzung von Fleisch durch das 
Einkassieren. 495.. — Verwertung des im 
Nahrungs- und Genußwerte erheblich 
herabgesetzt erklärten Fleisches v. Ehrle. 
571. — Unberechtigtes Ausschneiden von 
Fleisch vor der Bestimmung des Schlacht¬ 
gewichts. 572. — Zusätze zu Fleisch und 
dessen Zubereitungen (Min.-Verf.). 647. — 
Fleisch und Fleischextrakt 727. — Begriff 
frisches Fleisch. 727. — Ausnahmetarif für 
Fleiscbsendungen. 815. — Fleischhack¬ 
maschinen für den Feldgebrauch. 816. — 
Fleischsaft Puro. 816. 838. — Häutefleisch. 
838. 839. — Fleischpreise s. a. Darm- 
handel. — Fleischpreise der sächsischen 
Schlachtviehversicherung 1908. I. Quartal 
47. II. Quartal 335. III. Quartal 495. 
IV. Quartal 839. — Statistik der Fleisch¬ 
preise. 23. — Feststellung der Vieh- und 
Fleischpreise in Bayern. 23. — Behörd¬ 
liche Aufforderung zum Herabsetzen der 
Fleischpreise. 24. — Kontrolle der Vieh- 
und Fleischpreise 196. — Fleischpreise 
in den einzelnen Garnisonen. 196. — 
FleiBchpreistafeln in Leipzig. 196. 260. — 
Fleischpreise und Fleischverbrauch. 260. 

— Einwirkung auf die Fleischer zum 
Herabsetzen der Fleischpreise. 260. — 
Steigerung der Fleischpreise. 494. 571. — 
Notizen über Vieh- und Fleischpreise 
längs der Grenze und Qualität des im 
kleinen Grenzverkehr konsumierten 
Fleisches v. Bubendorf. 647. — Zur Er¬ 
hebung der Fleischpreise im Kleinhandel. 
814. — Ausgleich zwischen Vieh- und 
Fleischpreisen. 837. — Aufhebung der 
Fleischsteuer in Baden. 260. — Ein¬ 
richtungen gegen die Fleischteuerung vor 
400 Jahren v. Dr. Tempel. 260. — Schutz 
der Viehzucht bei vorübergehender 
Fleischteuerung. 647. — Fleischteuerung 
in England. 728. — Notschlachtungen mit 
Bezug auf die Fleischvergiftungen v. 





XI 


Gützlaff. 134. — Fleischvergiftungen. 139. 
262. 816. — Serumtherapie bei Fleisch¬ 
vergiftungen. 262. — Fleischvergiftungen 
v. Dr. Bugge. 412. 

Fleischbeschau s. a. die einzelnen Seuchen; 
ferner: Abdeckereifrage, Ausbluten, 

Backsteinblattern, Begutachtung, Be¬ 
schaubücher, Beschauzwang, Feilbieten, 
Finnenfunde, Finnenschnitte, Fleisch, 
Fleischbeschauverordnungen, Freizügig¬ 
keit, Gesetze, Konfiskate, Laienvertreter, 
Nahrungsmittelkunde, Peritonitis, Pferde¬ 
fleischnachweis, Rinderfinne, Schlachthof, 
Schlachthofzwang, Standesvertretung, Sta¬ 
tistik s. d. Ländernamen, Stempel,Trichinen¬ 
schau, Trichinose, Wildbret — Auszug 
aus dem Fleischbeschaubericht in Berlin. 
1907. IV. Quart. 195. 1908. I. Quart 335. 
II. Quart 572. III. Quart. 839. — Schlacht 
vieh- und Fleischbeschau in Deutschland. 
1907. III. Quart 46. IV. Quart. 194. 1908. 
I. Quart 437. II. Quart. 727. — Ergeb¬ 
nisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
im Deutschen Reiche (Preußen) für das 
Jahr 1906. 421. 423. — Bericht über die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau im 
Königreich Sachsen für das Jahr 1906. 333. 
— Aus der Fleischbeschau v. Dr. Zehl. 
808. — Ein Lob der deutschen Fleisch¬ 
beschau. 47. — Jubiläum der Fleisch¬ 
beschau. 261. — Röntgenstrahlen in der 
Fleischbeschau. 195. — Praktische Er¬ 
fahrungen aus der Fleischbeschau v. 
Dr. Schmidt. 471. — Bakteriologische 
Fleischbeschau. 493. — Anerkennung der 
deutschen Fleischbeschau in Frankreich. 
495. — Stellungnahme zum Anträge der 
Tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin betr. 
außerordentliche Fleischbeschau bzw. 
Markt- und Ladenkontrolle v. Dr. Maaß. 
912. — Denkschrift über die Fleisch¬ 
beschau, eingereicht dem Ministerium für 
Landwirtschaft vom Verbände der Privat¬ 
tierärzte in Preußen. 892. — Wünsche 
der Landwirte bei Ausdehnung der Fleisch¬ 
beschau auf die Hausschlachtungen. 261. 
— Fleischbeschau bei Hausschlachtungen. 
572. — Fleischbeschau bei Hausschlach¬ 
tungen in der Rheinprovinz, Schleswig- 
Holstein und Oldenburg. 647. — Haus¬ 
schlachtungen in genehmigten Schlacht¬ 
stätten. 727. — Untersuchungen des 

Fleisches an Backsteinblattern erkrankter 
Schweine auf das Vorhandensein virulenter 
Rotlaufbazillen v. Schuh. 548. 815. — 
Die Befunde von Tuberkulose bei den in 
öffentlichen Schlachthäusern geschlach¬ 
teten Tieren. 646. — Die bakteriologische 
Untersuchung notgeschlachteter Tiere v. 
Dr. Bugge. 815. — Milzbrand und Not- 
schlachtnngen (Minist.-Erlaß). 329. — 
Jüdische Fleischbeschau. 572. — Schlacht¬ 
vieh-und Fleischbeschau bei Schlachtungen 
im Inlande. 642. — Fleischbeschau bei 
dem in das Zollinland eingeführten 
Fleische. 645. — Fleisch- und Wurst¬ 
kontrolle. 837. — Zur Abwehr! v. Müller. 
437. — Zur Stellung der Tierärzte in der 
Fleischbeschau. 250. — Die unschädliche 
Beseitigung der Seuchenkadaver und der 
Konfiskate der Fleischbeschau in den 


Städten und auf dem Lande v.Dr. Zernecke. 
12. — Schlachthaus-Skandale in Chicago. 
569. — Übernahme der Fleischbeschau¬ 
gebühren durch den Staat. 138. — Über¬ 
nahme der Fleischbeschaugebühren auf 
die Bundesstaaten. 260. — Unzulässigkeit 
der Kürzung der Fleischbeschaugebühren 
durch die Gemeinden v. Helfer. 331. — 
Kürzungder Fleischbeschaugebühren durch 
die Gemeinden. 438. — Ungünstige Ent¬ 
scheidung betreffend die Fleischbeschau¬ 
gebühren. 985. — Strafen im Reichs¬ 
fleischbeschaugesetz. 262. — Besprechung 
im Reichsamt des Innern über zweifel¬ 
hafte Punkte, die bei der Durchführung 
des Schlachtvieh- und Fleischbeschau¬ 
gesetzes sich ergeben haben (17. Sitzung 
am 9. Dezember 1907). 333. — Olden- 
burgisches Schlachthausgesetz. 195. 569. 

Fleischbeschauer: s. a. Laienvertreter.— 
Invalidenversicherungspflicht der Fleisch¬ 
beschauer. 192. — Feilbieten und Ver¬ 
kaufen. 493. 

Fleischbeschauverordnungen: Zur 

Durchführung des Fleischbeschaugesetzes. 
47. —- Besprechung im Reichsamt des 
Innern über zweifelhafte Punkte, die bei 
der Durchführung des Schlachtvieh- und 
Fleischbeschaugesetzes sich ergeben haben. 
(17. Sitzung v. 19. Dezember 1907.) 333. — 
Oldenburgisches Schlachthausgesetz. 195. 
569. — Abänderung der Bestimmungen 
über die Untersuchung ausländischen 
Fleisches. 252. — Strafen im Reichsfleisch¬ 
beschaugesetz. 262. — Einführung der 
Trichinenschau in Bayern. 493. — 

Trichinenschau-Verordnung in Mecklen¬ 
burg-Schwerin. 493. — Neue Bestimmungen 
über die Einfuhr frischen Fleisches. 569. 

Fleischeinfuhr s. Fleisch. 

Fleischer s. a. Fleischpreise. Gerichtsent¬ 
scheidungen. Schlachtungen. 495. 

Fleischer. — Forderungen der — 571. 

Fleischereiberufsgenossenschaft. — Mitteilung 
betr. — 492. 523. 

Ficischereiberufsgenossenschaft im Jahre 1907. 
— Unfallstatistik der — 571. 

Fleischereiberufsgenossenschaft. — Genossen¬ 
schaftsversammlung der — v. Colberg. 812. 

Fleischerverbandes betr. Aufhebung der Tu¬ 
berkulinimpfungen und der Quarantäne 
bei Einfuhr des dänischen Viehes. — 
Forderung des deutschen — 195. 

Fleischhackmaschinen für den Feldgebrauch. 
816. 

Fleischkonsum, -Handel, -Verkehr: 
s. a. Fleisch, Fleischbeschaustatistik, 
Fleischeinfuhr, Fleischpreise, Freibank, 
Freizügigkeit, Viehbandel. — Der Ver¬ 
brauch an Fleisch in Deutschland im 
Jahre 1907, verglichen mit den 3 Vor¬ 
jahren. 191. — Deutschlands Vieh- und 
Fleischeinfuhr im Jahre 1907. 332. — 
Les viandes metsaines. 494. — Monopoli¬ 
sierung des Fleischhandels in der Kap- 
kolonie. 495. — Hausschlachtungen in 
Preußen. 572. — Deutschlands Fisch¬ 
verbrauch. 573. — Notizen über Vieh- 
und Fleischpreise längs der Grenze und 
Qualität des im kleinen Grenzverkehr 
konsumierten Fleisches, v. Bubendorf. 647. 


Militär-Konservenfabrik. 439. — Kaninchen¬ 
handel. 574. — Fleischteuerung in England. 
728. 

Fleischkrone.— Histologische Untersuchungen 
bei Entzündungen der — v. Dr. Zimmer¬ 
mann. 548. 

Fleischpreise im Kleinhandel. — Zur Er¬ 
hebung der — 814. 

Fleischvergiftungen s. Schlachttierkrankheiten. 

Fliege s. Flies. 

Fliegen. — Gölubacer — 502. 

Fliegenöl. — Floria-v. Schade. 956. 

Flies. — The carriage of the infection by — 
v. Buchanan. 287 

FIoria-Fliegenöl v. Schade. 956. 

Flüssigkeit s. Trokar. 

Flugmaschinen s. Motorballon. 

Flus8er s. Hufbeschlag. 

Fohlen s. Arthritis, BrechWeinsteinvergiftung, 
Harnstein, Kniegelenksentzündung. 

Fohlenlähme. — Zur Ätiologie der — Orig.- 
Art. v. Dr. MitrowitBch. 649. 

Fohlenlähme. —- Zur Behandlung der — v. 
Beck. 585. 

Foramen Winslowii s. Dünndarmeinschnürung. 

Formaldehyd bei Hufkrebs v. Freytag. 977. 

Formalinmilch s. Kälberruhr. 

Fortbildungskursus s. Tagesgeschichte (Ticr- 
ärztl. Lehranstalten). 

Fortbildungskursus für Tierärzte an der Ab¬ 
teilung für Tierhygiene des KaiserWilhelm- 
Instituts für Landwirtschaft zu Bromberg. 
791. 

Frachtsätze s. Fleischwaren. 

Fractura comminuta s. Augenbogen. 

Fraktur s. Fesselbein, Hufbein, Metatarsus. 

Frankfurt a. M. s. Fleischhackerei. 

Frankreich: Kleiner Grenzverkehr. 21. — Aus 
Französisch-Lothringen. 139. 571. — Ver¬ 
besserungen im französischen Schlacht¬ 
hofwesen. 139. — Amerikanische Gro߬ 
schlächtereien in Frankreich. 262. — 
Angebliche Mißstände bei der Fleisch¬ 
lieferung im französischen Heer. 335. — 
Professor Galtier in Lyon verstorben. 367. 
— Fleischverhältnisse der ostfranzösischen 
Garnisonen. 494. 571. — Anerkennung 
der deutschen Fleischbeschau. 495. — 
Die Broschüre „Sommes nous defendus?“ 
erledigt. 571. — Reorganisation des Tier¬ 
seuchendienstes in Frankreich v. Zündel. 
638. Häufigkeit der Eutertuberkulose in 
den französischen Schlachthäusern. 944. 
— Seuchennachrichten. 991. 

Französisch-Lothringen. 139. 

Frauen s. Tagesgeschichte (Lehranstalten). 

Freibankordnung. 941. 

Freiburg s. Baden. 

FreiBtudentenschaft der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Berlin. 367. 

Freizügigkeit des Fleisches. 46. 

Freizügigkeit des Wildes. 494. 

Fremdkörper s. Abschnürung. 

Fruchtbarkeit bei einem Rind. — Große — 
v. Dr. Hauger. 7. 

Fütterungsversuche s. Milchkühe. 

Funiculitis beim Pferd v. Mayr. 26. 

Futterausschlag, verursacht durch die Fütte¬ 
rung doldentragender Hopfenranken v. 
Zaruba. 148. 


**** 



XII 


Futtermittel s. Erdnußkuchen, Fische, 
Fleisch, Futterausschlag, Haferwert,Hering, 
Kalk, Milch, Rostpilz, Viehproduktion, 
Zuckerfütterung. 

Gänse. — Seuchenartige Krankheit der — 
616. 

Gänsefleisch. — Vergiftung durch — 494. 

Gänsen. — Ruhrähnliche Krankheit unter 
den — 616. 

Gänsen. — Taeniasis bei — v. Sallinger. 165. 

Güllenblatv' s Rotlaufbazillen. 

Gallenkapillaren. — Die Genese der patho¬ 
logisch sich bildenden intralobularen, 
epithelialen v. Jaeger. 774. 

Gans s. Hundestaupeserum, Impfstoffe, Kälbcr- 
ruhrserum, Luftsackentzündung, Schweine- 
seucho. 

Garnison s. Fleischpreise. 

Garnisonschlächtereien in Französisch - Lo¬ 
thringen. — Neue — 571. 

Gastroenteritis s. Haferwert. 

Gastroenteritis acuta beim Bären, v. Jakob. 955. 

Gastroenteritis catarrhalis acuta bei einem 
Löwen, v. Dr. Jakob. 863. 

Gastwirt s. Haftung. 

Gebärmutter s. Schleimverhaltung. 

Gebärparese beim Rind — Rückfall von — 
Orig. Art. v. Wieland. 733. v. Michael. 860. 
v. Scheffer. 876. 

Gebiß des neugeborenen Kalbes v. Prof. 
Pusch. 56; Berichtigung. 124. 

Gebühren 8. Fleischbeschaugebühren, Ge¬ 
stütspferde, Kreistierarztreform, Medizinal¬ 
beamte. — Gebühren für Zeugen und 
Sachverständige. 350. — Gebühren für 
die Revisionen privater Schlachthäuser 
durch die Kreistierärzte. 569 — Gebühren¬ 
ordnung in Württemberg. 590. — Zeugen 
und Sachverständige. 350. 

Gebühren und Reisekosten in Württemberg. 
960. 

Gebührenordnung der Tierhygienischen Ab¬ 
teilung des Kaiser Wilhelms Instituts für 
Landwirtschaft zu Bromberg. 508. 

Gebührenordnung des Vereins der Tierärzte 
des Reg.-Bez. Düsseldorf, 986. 

Gebührenordnung für die Württembergischen 
Tierärzte. — Entwurf einer — 451. 

Gebührenordnung in Württemberg — Neue — 
590 

Gebührentarifs. Landespolizeiliche Anordnung. 

Geburtshilfe s. Abschnürung, Bauchwasser¬ 
sucht, Bissulin, Eklampsie, Festliegen, 
Kalbefieber, Krampf, Laparotomie, Leu¬ 
kozytose, Magendarmkatarrh, Nachgeburt, 
Neugeborene, Scheidenkatarrh, Scheiden- 
und Wurf tuberkulöse, Schleim verhaltung, 
Schroten, Torsio uteri, Überfruchtung, 
Unfruchtbarkeit, Uteruskarunkel. 

Geburtshilfe, tierärztl. v. Dr. Zimmermann. 
735. v. Bischof. 966. 

Geburtshindernis s. Bauchwassersucht. 

Geburtstage s. Tagesgeschichte (Persönliches). 

Geburtswege s. Thorapogen. 

Gedenktafel s. Tagesgeschichte (Militär - 

veterinäre). 

Geflügel s. Coccidienseuche, Spirillosis, Wund¬ 
heilung. 

Geflügel. — Über ein paar Versuche beim —* 
v. Albrecht. 164. 


Geflügelcholera v. Freytag. 377. 
Geflügelcholera im Reg.-Bez. Posen. — Ma߬ 
regeln zur Bekämpfung der — 328. 
Geflügelcholera. — Pathologisch-anatomische 
Untersuchungen bei akuter und chronischer j 
— v. Jungklaus. 178. j 

Geflügelkrankheiten. — Seuchenartige — 616. j 
Geflügels. — Pleuro-Peritonitis des — von 
Guittard. 616. I 

GeflUgeltuberkusose und Säugetiertuberkulose v. Bang. 
S69. 

Geflügelzucht und Geflügelkrankheiten. 164. 

177. 613. | 

Gehälter der Bezirkstierärzte in Baden. 605.932. 
Gehälter der Kreistierärzte und die Beamten¬ 
besoldungskommission v. Schmaltz. 881 
959. 


Gehalt s. a Besoldung, Gehälter, Kommunal¬ 
beamten, Kreisärzte, Kreistierarztreform 
und die Ländernamen. 

Gehaltsbezüge der tierärztlichen Staatsbeamten 
in Bayern. 549. 605. 

Gehaltsklassen und Dienstaltersstufen von 
Krüger 879. j 

Gehaltsordnung in Bayern. — Annahme der | 


neuen. — 538. 


Gehaltsregulativ in Bayern. — Das neue. 185. j 

Gehaltsverhältnisse in den kleinen Bundes -1 
Staaten. 539. 

Gehe s. Tannyl. 

Geheimmittel. — Zusammensetzung einiger — 
v. Dr. Göhler. 359. 

Geheimmittelanzeige. 368. 

Gehirn s. Hyperämie. 

Gehirn-Rückenmarksentzündung s. a. Anzeige¬ 
pflicht j 

Gehirn-Rückenmarksentzündung der Pferde. | 
377. 


Gehörorgan und Sprechwerkzeuge der Papa-1 
geien v. Denker. 618. 

Gelberübenvergiftung. Orig.-Art v. Holter- j 
bach. 267; y. Suckow 356. 

Gelenkwunden v. Notz. 344. I 


Gelatine und ihre Bedeutung f"r die Präservierung von 
FleUchsafb — Die Feuchtigkeitsieaktion tiockener — 
v. Richter. 756. 

Gemeinde s. Fleischbeschaugebtihren. 

Genossenschaftliches v. Marks. 63. 311. 523. 
660. 792. 872. 913. 963. 

Genußwert s. Fleisch. 

Gera s. Preistafeln. j 

Gerbereien. — Milzbrandübertragung in — 195J 

Gerbereizwecke s. Häute. 

Gerichtsentscheidungen: a) Veterinär¬ 
polizei: Fortgang der Klage gegen Ge¬ 
heimrat Professor Dr. Löffler wegen der 
im Kreise Greifswald ausgebrochenen 
Maul-und Klauenseuche. (Oberverwaltungs- 
gerichts-E.). 398. — Ein langwieriger 
Seuchenprozeß. 418. — Ist Leberkäs eine 
Wurst wäre oder Back wäre? (Landger.-E.). 
495. — Verkauf von Ziegenfleisch statt 
Schaffleisch. (Schöffenger.-E.). 495. — Ver¬ 
urteilung wegen Rotlaufimpfung (Schöffen-1 
gerichts-E.). 538. — Haftpflicht des Reichs- j 
militärfiskus wegen Schädigung eines 
Pferdebesitzers infolge Ansteckung durch 
kranke Militärpferde. (Reichsger.-E). 604. 
— Eine neue Kammergerichtsentscheidung 
betreffend Abdeckereiprivilegien. 604. — 
Gebühren für die Revisionen privater j 
Schlachthäuser durch die Kreistierärzte j 
(Oberverw.-GerJE.). 569. 


b) Fleischbeschau: Freizügigkeit des 

Fleisches (Kammerger.-E.). 46. — Schlacht¬ 
hofzwang für Schlachtungen gewisser 
Kategorien Gewerbetreibender (Landger.- 
E.). 46. — Strafen im Reichsfleischbeschau¬ 
gesetz. 262. — Stempelfälschung (Ver¬ 
urteilung) 262. — Beleidigung eines Tier¬ 
arztes. 12. — Inverkehrbringen tuber¬ 
kulösen Fleisches in Reims 139. — Auf¬ 
rechterhaltung der Ordnung auf dem 
Schlachthof durch den Schlachthof¬ 
direktor (Oberlandesger.-E.). 195. — 

Verbot der Einfuhr von Fleisch nach 
Spandau, das nicht von einem Tierarzt 
untersucht ist. (Kammerger.-E.). 261. — 
Färben von Wursthüllen. 262. — Unzu¬ 
lässigkeit der Kürzung der Fleischbeschau¬ 
gebühren durch die Gemeinden. (Landger.- 
E.). 331. — Feilbieten und verkaufen. 
(Kammerger.-E.). 493. — Begriff „frisches 
Fleisch“. (Kamraer-Ger.-E.). 727. — Feil¬ 
halten von verdorbenen Nahrungsmitteln. 
816. — Fleisch - und Wurstkontrolle 
(Reichsger.-E.). 837. 

c) Verschiedenes: Die Verordnung betr 
Aushängen von Preistafeln in Gera. 
Vor Gericht. (Schöffenger.-E.). 196. — 
in Leipzig 1%. 260. — in Dresden 494. — 
Dürfen die Städte verbindliche Vorschriften 
hinsichtlich der Feststellung des Schlacht¬ 
gewichtes treffen? (Schöffenger.-E.). 24. 

Gültigkeit allgemeiner Anordnungen 
des Schlachthofdirektors. (Kammerger.- 
E.). 47. — Angriff eines Fleischers in 
Nancy auf den Schlachthofdirektor Molitor 
(Verurteilung) 139. — Verletzung der 
Berufs- und Standespflichten durch den 
Tierarzt A. U. zu H. (Disziplinarkammer- 
E.). 186. — Verurteilung des Tierarzt 
Heege in Kletzke wegen Tierquälerei. 
(Schöffenger.-E). 324. — Aufhebung einer 
Ordnungstrafe gegen den Schlachthof¬ 
direktor Janßen zu Elberfeld (Oberverw.- 
Ger.-E.). 367. — Verkauf der ärztlichen. 
Praxis und Konkurrenzklausel (Reichsger.- 
E.). 465. Anmerkung v. Schmaltz 466. — 
Private Tätigkeit eines Schlachthofin¬ 
spektors (Obervcrw.-Ger.-E.). 507. — An¬ 
klage wegen Meineides des Tierarztes 
Ehlers bei Ausübung derSachverständigen- 
tätigkeit Freisprechung. (Schwurger.- 
E.). 522. Berichtigung. 590. — Kreistier¬ 
arzt Raebiger und Kreisarzt Ludwig zu 
Habelschwerdt. Ein Landgerichtsurteil. 
536. s a. 104. 324. 367. 522. — 

Ein unleserliches Rezept und 
seine Folgen. (Oberlandesges.-E.). 563. 
Haftung des Gastwirts für Beschädigung 
eingestellter Tiere. (Oberlandes-Ger.-E.). 
638. — Haftpflicht des Pferdebesitzers 
(Landger.-E.) 638. — Fahrlässige Körper¬ 
verletzung (Kriegsger.-E.). 660. — Ent¬ 
scheidung des Strafsenates in Milch¬ 
angelegenheiten. 140. — Unfall bei einer 
Tieroperation und Haftbarmachung des 
Tiereigentümers v. Misslack. (Reichsger.- 
E.) 717. 

Geschlechtsorgane beim Rind. — Mißbildung 
der männlichen — Orig.-Art v. Friede- 
rich. 707. 

Geschwüre s. Eutergeschwüre. 





XIII 


Geschwulstproblems. — Zur Kritik des — 
v. Dr. Jaeger. 66. 77. 

Geschwulsttheorie. — Eine neue — Orig.- 
Art. v. Freytag. 708. 

Gesellschaft in Berlin. — Tierärztliche — s. 
Tagesgeschichte (Vereine). 

Gesellschaft. — Deutsche tropenmedizinische 
— 324. 

Gesetze; s. a. Abdeckerei wesen, Anzeige¬ 
pflicht, Fleischbeschau, Fleischbeschau¬ 
verordnungen, Gerichtsentscheidungen, 
Haftpflicht, Ministerialverfügungen, Vieh¬ 
versicherungsvertrag. — Apothekengesetz. 
507. — Entwurf eines Reichsapotheken¬ 
gesetzes. 451. — Das neue Beamtengesetz 
in Bayern. 363. — Neue Bestimmungen 
über die Einfuhr frischen Fleisches. 569. — 
Zur Durchführung des Fleischbeschau¬ 
gesetzes. 47. — Strafen im Reichsfleisch¬ 
beschaugesetz. 262. — Gesetzentwurf be¬ 
treffend die Gebühren der Medizinalbe¬ 
amten. 803. — Entwurf einer Gebühren¬ 
ordnung für die Württembergischen Tier¬ 
ärzte. 451. — Haftpflicht des Tierhalters. 
59. 507. — Kurpfuschereigesetz v. Preuße. 
210. — Kurpfuscher-Gesetz. 153. 884. — 
Entwurf des Kurpfusch ergesetzes. 757. — 
Reichsgesetz betreffend Preisfeststellung 
beim Schlachtvieh. 837. — Oldenburgisches 
Schlachthausgesetz. 195. 569. — Tier¬ 
seuchengesetz statt Viehseuchengesetz. 
Eingabe des Deutschen Veterinärrats an 
den Reichstag. 379. — Reichstagskom¬ 
mission für dasTierseuchengesetz v. Krüger. 
124. — Reichstierseuchengesetz und Kreis 
tierarzt v. Krüger. 72. — Vieheuchen¬ 
gesetz. 59. — Braunschweigisches Tier¬ 
ärztekammer-Gesetz. 929. — Tollwutgesetz. 
189. — Zum Tollwutgesetz v. Dr. Goldbeck. 
189. — Gesetzentwurf betreffend den Vieh¬ 
handel nach Lebendgewicht. 788. — Entwurf 
eines Versicherungsgesetzes von Schmaltz. 
75; v. Maier. 59. 381. — Eingabe des 
Verbandes der Privattierärzte betr. das 
Viehseuchengesetz. 126; Anmerkung von 
Schmaltz. 128. 212; Gegenpetition des 
Vereins der beamteten Tierärzte. 252. — 
Viehseuchengesetznovelle. 75. — Vieh- 
seuchengeBetznovelle im Deutschen Land- 
wirtschaftsrat v. Rettich. 252; v. Endeil. 
253. — Häutehandel und Novelle zum 
Reichsviehseuchengesetz. 259. — Kom¬ 
mission des Reichstages zur Beratung des 
Viehseuchengesetzes. 104. — Beratung 
des Viehseuchengesetzes im Reichstag. 
295. — Viehseuchengesetznovelle im 

Reichstag. 107. — Die erste Lesung des 
Viehseuchengesetzes. 84. 100. — Erste 
Kommission - Lesung der Novelle zum 
Viehseuchengesetz v. Preuße. 914. — 
Änderung des Gesetzes über die staatliche 
Schlachtviehversicherung im Fürstentum 
Reuß j. L. 260. — Viehwährschaftsgesetz. 
133. 

Gestüt und Tierzucht. 

Gestüts-Karriere, v. Dr. Goldbeck 289. 

Gestütspferde. — Gebühren für Behandlung 
der — 562. 

Gesundheitsamt s. Arbeiten, Milchmerkblatt. 

Gesundheitskommission s. Ortsgesundheits- 
Kommission. 


Gesundheitspflege s. Milchgewinnang. 

Gesundheitszeugnisse für Rindertransportc 

— 451. 

Gewebsveränderungen s. Bacillus pyogenes 

Gewerbetreibende 8. Schlachthofzwang. 

Gewicht s. a. Viehhandel. 

Gewichtsverlust des Schlachtviehs auf dem 
Transport 45. 

Gießen s. Hessen. 

Giftfrei s. Seife. 

Giftigeit des Lysol v. Korreng. 84. 

Giftwirkung s. Vergiftungen. 

Glandula thyreoidea und parathyreoidea des 
PferdeB. — Beiträge zur Kenntnis der 
normalen und patologischen Anatomie 
der — v. Dr. Litty. 480. 

Gleichgewicht s. osmotisch. 

Glottisödem infolge traumat. Pericarditis — 
Orig.-Art. v. Dr. Liebetanz. 732. 

Gölubacer Fliegen. 502. 

Görlitz s. Naturforschende Gesellschaft. 

Oonococcen. — Rin einfacher Nährboden für — 
v. Dr. Plorkowaki. 346. 

Gonococcen. — Ein einfacher Nährboden für 

— v. Dr. Piorkowski. 391. 

Grabfunde s. Hufeisen. 

Granulom bei einem Pferde v. Bierling. 655. 

Grasfluren der Erde, Deutschlands Wiesen¬ 
typen und die Wertbestimmung des 
Wiesenheues v. Dr. Naumann. 606. 667. 

Grauwerdens der Haare. — Die Ursachen 
des — v. Schein. 712. 

Gregarinose bei unseren Haustieren. — Zur 
Frage der — Orig.-Art. v. Koiransky. 675; 
v. Dr. Vogel. 779. 

Greifswald s. Kuhmeister, Löffler. 

Grenze u. Rotz — Russische 490. 

Grenzverkehr s. a. Fleischpreise. 

Grenzverkehr. — Kleiner — 21. 

Grenzverkehr. — Haushaltungsscheine im 
kleinen — 262. 

Grenzverkehr. — Zollfreier — 262. 

Großschlächtereien in Frankreich. — Amerika¬ 
nische — 262. 

Großbritannien s. England. 

Grundsteinlegung des RSC.-Denkmal. 413. 

Gutachten s. Milch. 

Haag s. Kongreß. 

Haare s. Grauwerden. 

Habelschwerdt s. Ludwig. 

Hackfleisch. 727. s. a. Fleisch. 

Hackfleisch. — Zusatz von Salpeter zum — 
439. 

Hackfleisch. — Über die Wirkung einiger 
sogenannter Konservierungsmittel auf — 
v. Kickton. 438. 

Hämagglutination und Hämatolyse. Von 
Prof. v. Liebermann. 736. 

Haematocystis hepatis. Orig.-Art. v. Dr. 
Lehmann. 557. 

Hämatogen als Kräftigungsmittel, v. Lange. 
977. 

Hämatolyse. — Hämagglutination und — 
Von Prof. Dr. von Liebermann. 736. 

Hämoglobinämie s. Blutplättchen. 

Hämoglobinämie, hervorgerufen durch Rost¬ 
pilze. — Toxische — v. Sziläscyi. 99. 

Hämoglobinurie der Rinder. — Gebrauchs¬ 
anweisung für den Impfstoff gegen die — 
190. 


Hämoglobinurie der Rinder pro 1907 im Kreise 
Landsberg a. W. — Die Schutzimpfungen 
gegen die — Orig.-Art. von Graffunder. 
175. 

Hämoglobinurie des Rindes. — Schutzimpfung 
gegen die — Orig.-Art. v. Dr. Bugge. 95. 

Häute. — Gewicht der — 839. 

Häute rauschbrandkranker Tiere zu Gerberei¬ 
zwecken verwendet werden? — Können 
ohne veterinärpolizeiliche Bedenken die — 
v. Sauer. 503. 

Häutefleisch. 838. 839. 

Häutehandel und Novelle zum Reichsvieh- 
seuchengesetz. 259. 

„Haferwert“. — Mykotische Magen-Darment¬ 
zündung infolge Verfütterung von — 
Orig.-Art. v. Berndt. 28. Erwiderung v. 
Dr. Beddies. 500. Bemerkung hierzu v. 
Berndt. 501. 

Haftbarmachung des Tiereigentümers — Un¬ 
fall bei einer Tieroperation und — von 
Mißlack. 717. 

Haftpflicht für Assistenten. — Anfrage betr. 
— 660. 

Haftpflicht des Hufschmiedes. 638. 

Haftpflicht des Pferdebesitzers. 638. 

Haftpflicht des Reichsmilitärfiskus wegen 
Schädigung eines Pferdebesitzers infolge 
Ansteckung durch kranke Militärpferde. — 
Reichsgerichtsentscheidung betreffend — 
604. 

Haftpflicht des Staates für seine Beamten. 252. 

Haftpflicht des Tierhalters. 59. 507. 

Haftung des Gastwirts für Beschädigung ein¬ 
gestellter Tiere. 638. 

Hakenwender s. Adversarius. 

Hakenzange s. Bicapessar. 

Halberstadt s. Schlachthofdirektor. 

Halle s. Landwirtschaftskammer. 

Hamburg: „Universität“ Hamburg. 63. — 
Anerkennung der Schweizer Dr. med. vet. 
in Hamburg. 186. — Errichtung eines 
Kolonialinstituts in Hamburg. 324. 983. — 
Technische Beamte des höheren Ver¬ 
waltungsdienstes. 436. — Staatliche Tier¬ 
ärzte in Hamburg. 451. — Kolonial- 
Institut in Hamburg. 563. 603. — Vor¬ 
schriften für die Säuglingsernährung. 701. 
— Professor Peter zum Staatstierarzt in 
Hamburg ernannt. 350. — Mastvieh- 
ausstellung in Hamburg. 262. 

Handelsgesellschaft s. Tagesgeschichte (Apo¬ 
thekenwesen). 

Handelsvertrag. — Deutsch-dänischer 45. 

Hannover: Königsgeburtstagsfeier in Han¬ 
nover. 107. — Freibankordnung. 941. 
s. a. Beamten verein. 

Harnblase s. Sedimentanhäufung. 

Harnorgarne s. Salizylsäure. 

Harnröhren st eiu beim Pferde. Orig.-Art. v. 
Oppel. 52. 

Harnstein bei einem 10 Wochen alten Fohlen, 
v. NemeCek. 680. 

Hase s. Strongylus. 

Hauptmangel s. Stetigkeit. 

Haushaltungsscheine im kleinen Grenzverkehr. 
262. 

Haussäugetier s. Papillen, Präputium, Tränen¬ 
drüse. 

Hausschlachtnug s. Beschauzwang, Fleisch¬ 
beschau, Schlachthofzwang. 




XIV 


Hausschlachtungen in Preußen. 572. 

Hausschlachtungen in genehmigten Schlacht¬ 
stätten. 727. 

Hausgeflügel s. Hühnerspirillose, Spirillosis, 
Wundheilung. 

Haustier s. Arteriosklerose, Bauchoperation, 
Gregarinose, Kastration, Operationstisch, 
Oleum Ricini, Tagesgeschichte (Pfuscherei). 

Haut — Steht privilegierten Abdeckern von 
geschlachteten Tieren, bei denen lediglich 
das Fleisch als untauglich befunden 
wurde, auch die Haut zu? — v. Ostertag. 
493. 

Haut, mit besonderer Rücksicht auf den Haut¬ 
krebs. — Das Verhalten der elastischen 
Faser in der — v. Dr. Neuber. 783. 

Hautkrebs s. Haut. 

Heide s. Schweinemästereien. 

Heidelberg s. Krebsforschung. 

Heilbronn s. Wurstbereitung. 

Heilzwecke s. Schweineseuche. 

Hengst s. Samenfäden. 

Hengst oder Stute, v. Jewasinski. 177. 

Hengstkörung und Hengstmarkt am 28., 29., 
30. Januar in Oldenburg. 914. 

Hengstkörungen. — Gesuch des Vereins 
beamteter Tierärzte Preußens um Erlan¬ 
gung der Stimmberechtigung bei den — 


Hodendegeneration. — Cystoide — v. Neven. 
977. 

Hoden s. RSntgenstrahlen. I 

Hörner s. Schaf bock. 

Hohenlohe s. Memoiren. 

Hohlnadel s. a. Trokar. j 

Hohlnadel mit Stilett. — Intravenöse Injektion j 
und Aderlaß durch eine — Orig.-Art. v. | 
Dr. Bugge. 353. 

Holland s. Niederlande. 

Holsatia s. Protest. 

Holstein s. Euterseuche. 

Homologie s, Säugetierleben. 

Hopfenranken s. Futterausschlag 148. 

Hornes und der Stirngegend beim Rinde. 
— Die Krankheiten des — v. Professor 
Imminger. 408. 

Hornkapsel. — Blutungen in der — v. ■ 
j Geßner. 99. 

Hornsäule des Pferdes, v. Dr. Immelmann. 72. 
Hornvieh s. Sobernheimschos Serum. 

Hüfner. — Nachfolge von — 399. 538. 637. I 
Hühner zwischen Schweinen gehalten werden? ! 

— Dürfen — v. Dr. Vajda. 358. 
Hühner-Frikassee. 139. 

Hühnerpest mit besonderer Berücksichtigung 
der pathologischen Anatomie v. Dr.Freese. 
614. 


Hund s. Abschnürung, Akarusräude, Chylurie 
Dammbruch, Darmparasiten, Digalen, 
Ikterus, Kolik, Laparatomie, Lymphoma¬ 
töse, Meningo-Enzephalitis, Morphium, 
Negri, PiroplaBma, Pneumotomia, Sporo¬ 
zoen, Struma, Tabes, Urämie, Wut 

Hund a. Hirnrinde. 

Hundebifi s. Sch&delbruch. 

Hundestaupe s. Kochsalzlösung. 

Hundestaupe. — Ein Beitrag zur Statistik 
der — v. Wierth. 955. 

Hundostaupesera. — Impfversuche zur Be¬ 
wertung zweier — v. Dr. Puttkammer. 391. 

Hnndestaupeserum von dem Pharmazeutischen 
Institut L. W. Gans in Frankfurt a. M. 
— Bericht über die erzielten Erfolge mit 
dem — Orig.-Art. v. DvofaCek. 300. 

Hundestaupeserum. — Aufklärung über von 
Dr. Richter. 737. Erwiderung dazu von Dr. 
Piorkowski. 770. Entgegnung von Dr. 
Richter. 846. Entgegnung von Dr. Pior¬ 
kowski. 877. Vorläufige Mitteilung von 
Dr. Richter. 954. 

Hydrargyri s. Unguentum Hydr. 

Hydarthrose s. Arthritis. 

Hydrops s. Struma. 

Hygiene s. Kongreß. 

Hyperämie des Gehirns und der Hirnhäute 


320. Erwiderung 321. 

Herbivoren s. Tollwut. 

Hering als Futtermittel. 574. 

Herpes tonsurans bei Pferden. — Seuchen¬ 
hafte Verbreitung des — v. Windisch. 7. 

Herrenfahrer. — Ein Tierarzt als erfolg¬ 
reicher — 523. 

Herz s. Lymphadenie. 

Her» a. Hyposystolie. 

Herzens bei einem Kalbe. — Abnorme Lage 
des — v. Dr. Seyfert. 99. 

Herzhälfte s. Atheromatose. 

Herzklappendehnung beim Pferd v. Zschokke. 
31. 

Herzverletzungen. — Beitrag zur Heilung von 
— Orig.-Art v. Michalik. 690. 

Hessen: Abiturientenüberschuß — Lehrer¬ 
mangel. 539. — Zur Geschichte des 
Veterirärinstituts zu Gießen. 561. — 
Gründung eines Verbandes der prak¬ 
tischen Tierärzte im Großherzogtum 
Hessen. 699. — Zulassung der Frauen 
zum Studium der Medizin. 701. 

Hexametylentetramin ist nach Beardsley 
schon in geringen Dosen giftig. 585. 

Heymannsches Verfahren s. Tuberkuloseschutz¬ 
impfung. 

Hinterfuß s. Arbeitspferde, Fesselbeinbeuger, 
Zehenbeuger. 

Hirnhäute s. Hyperämie. 

Hirnhaut-Tuberkulose beim Rind. — Über 
einen Fall von — Orig.-Art. v. Fleisch¬ 
hauer. 54. 

Hirnrinde des IIundeB — über die Lautgebungsstelle in 
der — v. Kat.cnstein. 755. 

Historische Wissenschaften. — Internationaler 
Kongreß für — 324. 

Hochschule s. Kindermilchproduktion, Tages¬ 
geschichte (Tierärztliche Lehranstalten). 

Hoch8chulfrequenzen. 186. 

Hochschullehrertag s. a. Tagesgeschichte 
(Tierärztliche Lehranstalten). 

Hochschullehrertag zu Jena. 787. 

Hochschulnachrichten. 636. i 


Hdhnerpeatvlru* s. a. Infektionserreger. 

Hühnerpestvirus im Zentralnervensystem empfänglicher, 
natürlich und künstlich unempfänglicher Tiere. 
Über das Verhalten des — v. Kraus und Doerr. 464. 

Hühnerspirillose in Bulgarien. — Ein Fall 
von — v. Gareitschnoff. 165. 

Huf s. Tragranderweiterung. 

Hufbeinbeuger s. Sehnenscheide. 

Hufbeinfissuren u. Hufbeinfrakturen. v.Rachfall. 
734. 

Hufbeins. — Ein Beitrag zur Fraktur des — 
Orig.-Art. v. Walther. 553. 

Hufbeschlag und Schlagfertigkeit in der 
Armee. Entgegnung zum Flußerschen 
„Plattenhufeisen“ als Armeebeschlag v. 
Prof. Dr. Lechner. 359. 

Hufbeschlages. — Demonstrationen auf dem 
Gebiete des — v. Winkler. 667. 

Hufeisen, welche der praktische Tierarzt 
kennen muß. — Eine Wandlung in der 
Fabrikation der — v. Prof. Dr. Lung- 
witz. 431. 

Hufeisens in Ungarn (mit Bezugnahme auf 
die Grabfunde aus der Arpädenzeit). — 
Zur Geschichte des — v. Dr. Zimmer¬ 
mann. 359. 

Hufknorpel s. Verknöcherung. 

Hufknorpelfesselbeinbandes und der Zehen¬ 
binde, sowie ihre Beziehungen zur 
Schalenbildung und Verknöcherung der 
Hufknorpel. — Die Veränderungen des — 
v. Dr. Hugentobler. 304. 

Hufknorpelfistel. 462. 

Hufkrebs s. Formaldehyd. 

Hufkunde s. a. Hornkapsel, Hufknorpel¬ 
fesselbeinband, Tragranderweiterung. ! 

Hufnägel s. Arbeitspferd. 

Hufschmied s. Haftpflicht. I 

Huhn s. Federlos, Geflügel, Hühner, Koli- 
bakterienseptikämie, Phosphorvergiftung, 
Polyneuritis, Sarcoptes, Streptococcen- 
Krankheit, Tuberkulose, Veränderungen, 
Wett-Eierlegen. 

Iluhn s. Leukämie, Dourinctryp&nosomen. 


I v. Hölscher. 768. 

Hypernephrom beim Rind. Orig.-Art von 

, Haupt. 861. 

| Hyperostose der Phalangen infolge von Nagel- 

| tritt — Über die — v. P6cus. 123. 

! Hypertrophie der Nebennieren. — Beitrag zu 
der Kasuistik der kompensatorischen — 
Orig.-Art. v. Prof. Guerrini. 513. 

Hyposystolie der Kammern des Säugetierherzens. — Über 
zeitweise partielle — v. Prof. Hering. 844. 

! 

I 

! Icterus catarrbalis bei Hunden mit physio¬ 
logischer Kochsalzlösung. — Die Be¬ 
handlung des — Orig.-Art. v. Horneck. 
857. 

i Immatur s. Tagesgeschichte (Tierärztliche 
Lehranstalten). 

Immunisierung s. die einzelnen Infektions¬ 
krankheiten 

Immunisierung mit Corpus luteum. — Über Komplement¬ 
bindung bei — v. Miller. 450. 

Immunität s. Muskeltrichinose. 

Immunserum s. Schweinepest. 

Impfstoff s. die einzelnen Seuchen und 
Hämoglobinurie. 

Impfstoffe des Pharmazeutischen Instituts 
Ludwig Wilhelm Gans. 252. 300. 508. 963. 

Impfstoffe und Sera in Ungarn. — Der Ver¬ 
trieb und die Kontrolle der tierischen — 
Orig.-Art. v. Märai. 475. 

Impfstoffen an Landwirte. — Lieferung von — 
963. 

Impfung s. d. einzelnen Infektionskrankheiten. 
Suptol. 

Impfung s. die einzelnen Seuchen. 

Impfung von Maultieren gegen Sterbe, 
v. Rickmann. 71. 

Index s. Opsonisch. Pneumothorax. 

Indien s. Trypanosomata. 

Infektionserreger zur Filtration des Hühnerpestvirus. — 
Weitere Untersuchungen Uber sogenannte ultrauiikro- 
skopische — v. Giemsa und Prowazek. 632. 

Infektionskrankheiten s. a. Wutschutzabteilung. 

Influenza s. a. Anzeigepflicht. 

Influenza. — Bekämpfung der — 805. 



XV 


Influenza der Pferde. — Die Landespolizei* 
liehe Anordnung betreffend die — 
v. Migge. 915. 

Influenza (Brustseuche) der Pferde. — Versuch 
einer Heil- und Schutz-Impfung bei der — 
v. Dr. Willerding. 593. 

Influenza der Pferde bezeichneten Krank¬ 
heiten. — Bekanntmachung betreffend die 
Anzeigepflicht für die als — 564. 

Influenza der Pferde bezeichneten Krank¬ 
heiten. — Gemeinfaßliche Belehrung über 
die als — 919. 

Influenza der Pferde. — Anschauungen über 
die Bekämpfung der — Orig.-Art. v. Walther. 
49. Orig.-Art. v. Fenner. 339. 

Influenza unter den Pferden der Zivil¬ 
bevölkerung in Preußen. 330. 

Injektion s. Hohlnadel, Jodtinktur, Klonein. 

Insekten. — Über den biologischen Nach¬ 
weis der Herkunft von Blut in blut¬ 
saugenden — v. Uhlenhuth, Weidanz und 
Angeloff. 682. 

Insekten. — Schutz gegen — 399. 

Insektenplage. — Schutz der Pferde vor der 

— 399; v. Dr. Raebiger. 585. 

Institut s. Wutschutzabteilung. 

Institut Gans s. Impfstoffe. 

Instrumente s. Apparate. 

Invagination s. Mastdarmzerreißung. 

Invalidenversicherung s Versicherungswesen. 

Iritis s. Chorioiditis. 

Italien: Seuchennachrichten. 991. 

Jahr. — Das praktische — v. Bischof!. 309. 

Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts- 
Gesellschaft. 508. 

Jahresberichts s. a. die Ländernamen. 

Jahresbericht über die in der Klinik der König¬ 
lichen Militär-Lehrschmiede zu Berlin im 
Jahre 1906 behandelten Pferde v. Krüger. 
462. 

Jahresberichte der Oberamtstierärzte. — Ent¬ 
wurf eines Erlasses des Ministeriums des 
Innern, betreffend die — 452. 

Jahresberichten der badischen Bezirkstier¬ 
ärzte. — Aus den — 6. 

Jahresberichte bayerischer Tierärzte. 430. 

Jahrespauschalien s. Kreistierarztrefonn. 

Jena. — Hochschullehrertag zu — 787. 

Jeß-Piorkowski s. Druse. 

Jodipin bei Lungenentzündung des Pferdes. 
Orig.-Art. v. Dr. Cornelius. 285. 

Jodipin bei Lungenentzündung eines dänischen 
Pferdes, v. Train. 244. 

Jodtinktur. — Behandlung der blutig-serösen 
Ansammlungen durch Injektionen von 
reiner — v. Cadix und Pineau. 518. 

Johnesche Seuche s. Enteritis chronica. 

Jubiläum s. Tagesgeschichte (Persönliches, 
Verschiedenes). 

Jungen s. Abschnürung. 

Jungrind s. Alkohol, Eiterung. 

Jungrindern. — Proctitis haemorrhagica bei 

— v. Holterbach 81. 

Kadaverbeseitigung s. 1 Milzbrandbehandlung 

Kadaververnichtung. — Über thermo-chemische 

Kälberpneunomie v. Wagner. 430. 

Kälberruhr v. Wagner 430. 

Kälberruhr. — Die Ätiologie der — Orig.- 
Art. v. Dr. Titze und Weichei 457. 


Kälberruhr. — Erfolg bei — v. Zietzschmann; 
v. Lange; v. Pretzsch; v. Steffani; v. 
Schaller und von Eichhorn. 378. 

Kälberruhr. — Impfung gegen — v. Ehrle. 599. 

Kftlberruhr-Colibacillosis. — Beitrag zur Biologie des 
Erregers der — v. Neumann. 464. 

Kälberruhrimpfungen nach Raebiger-Habel- 
schwerdt von Dr. Goldbeck. — Entgegnung 
vom Pharmazent. Inst Gans zu dem 
Artikel: — 900. 

„Kälberimpfungen von Dr. Goldbeck.“ — Zum 
Artikel — v. Kaiser 975. 

Kälberruhrserum. — Die Herstellung von 
polyvalentem — v. Dr. Grosso. 831. 

Kälberruhrserum nach Ludwig Wilhelm Gans- 
Frankfurt a. M. -L- Erfahrungen in der 
Schutz- und Heilimpfung mit polyvalentem 
— Orig. - Art. von Raebiger. 532, v. Dr. 
Goldbeck. 610; Nachtrag v. Dr. Goldbeck. 
629; v. Raebiger. 654; v. Dr. Goldbeck. 
844; Anmerk, dazu v. Schmaltz. 846; 
Entgegnung v. Pharm. Institut Gans. 900; 
v. Kaiser 975. 

Kälberseuchen. — Zur Bekämpfung der — 722. 

Kälbersterbens. — Zur Ätiologie des seuchen- 
haften — v. Dr. Schmitt 788. 

Kälbersterben. Ein neues Schutz- und Heil¬ 
serum gegen die septische Pneumonie. 
— Beiträge zum — Orig.-Art. v. Kaiser. 921. 

Kälteindustrie. — Internationaler Kongreß 
der — 334. 569. 660. 

Kalb s. a. Rind, After, Atrichie, Bauch¬ 
wassersucht, Beleben, Bovovaccination, 
Chorioiditis, Doppelmißbildung, Enteriten, 
Gebiß, Herz, Mißbildung, Paratyphus-B., 
Quecksilberveigiftung, Ruhr, Saugkälber. 
— v. Heiß 600. 

Kalb a. Pneumonie. 

Kaiser Wilhelm-Akademie. — Die neue — 
539. 

Kaiser Wilhelm-Institut s. Fortbildungskursus, 
Gebührenordnung, Tagesgeschichte, Tier- 
ärztl. Lehranstalten. 

Kalbefieber trotz vorhergegangener Schwer¬ 
geburt. v. Breß. 430. 

Kalbslunge s. Melanosis maculosa. 

Kalk. — Desinfektion mit — v. Trattner. 123. 

Kalk und andere Mineralstoffe in Futter¬ 
mitteln. v. Prof. Kellner. 272. 

Kalomeis. — Klinische Untersuchungen über 
Wert und Wirkung des — v. Dr. Müller. 695. 

Kaltwasseranwendung in der Bujatrik. Orig.- 
Art. v. Stietenroth. 780. 

Kanarienvögeln. — Über seuchenhafte Er¬ 
krankungen mit septikämischem Charakter 
bei — v. Dr. Freese. 177. 

Kanarienvogel s. a. Nekrose. 

Kanarienvogelseuche. — Untersuchungen über 
eine — v. Prof. Dr. Zwick. 617. 

Kaninchen s. Pyämie. 

Kaninchenfleisch s. Katzenfleisch. 

Kaninchenhandel. 574. 

Kaninchensyphilis s. Atoxyl. 

Kaninchonsyphilis s. Atoxyl. 

Kaninchen-Zuchtanstalt 574. 

Kapkolonie s. Monopolisierung. 

Kapselbildung von Milxbrandbasillen v. Bail. 860. 

Kardiographische Studien v. Dr. Immisch. 671. 

Karpalgelenk s. Lappentransplantation. 

Karpfen s. Bakterium. 

Karankel s. Uteruskarunkel. 

Karzinom und Tuberkulose der Mamma — Ein Fall von 
— v. Fricke 504. 


Karzinomatose beim Pferd v. Noack. 679. 

Karzinomen. — Gefahr beim Arbeiten mit — 
305. 

Kassel. — Bekämpfung der Schafräude im 
Regierungsbezirk —■ v. Tietze. 603. 

Kastration. Orig.-Art. v. Reimers. 281. 

Kastration. — Zur — Orig.-Art. v. Stern. 428. 

Kastration. — Ausgewählte Kapitel aus der — 
Orig.-Art. v. Dr. Toepper. 945. 

Kastration und Kastrationsmethoden der 
männlichen Haustiere, v. Prof. Frick. 29. 

Kastrierzange nach Masch. — Die Kastration 
der Pferde mit der — v. Eichhorn. 977. 

Katarrhalfieber der Schafe in Südafrika v. 
Dr. Theiler. 344. 

Katze s. Abschnümng, Enteritis, Epilepsia, 
Urämie. 

Katzenfleisch — statt Kaninchenfleisch. 495. 

Kauterisation s. Stifte. 

Kehlkopftuberkulose des Rindes. Orig.-Art. 
v. Mayr. 176. 

Keratitis s. Chorioiditis. 

Kinder- und Kurmilchanstalten und die Be¬ 
deutung der Tierärzte für die Leitung 
dieser Wohlfahrtseinrichtungen — Die 
Bedeutung der kommunalen — v. Suckow. 
941. 

Kindermilchproduktion in wirtschaftlicher und 
hygienischer Beleuchtung unter besonderer 
Berücksichtigung der im Rassestalle der 
Tierärztlichen Hochschule in Dresden 
gemachten Erfahrungen v. Prof. Dr. Pusch. 
519. 

Kissingen. — Einführung der Trichinenschau 
in — 701. 

Klage s. Löffler. 

Klauensäckchen des Schafes. — Über das — 
v. Dr. Zimmermann. 783. 

Klein s. Antiperiostin. 

Kleinhandelspreise von Fleisch in Preußen. 
837. 

Klemmzange nach Hoffmann. 461. 

Klinik s. Jahresbericht. Mitteilungen. 

Klonein, ein neues Mittel zur subkutanen 
Injektion und seine Wirkung. Orig.-Art. 
v. Sonnenberg. 1. 

Kniegelenkentzündung beim Fohlen, — Über 
die Behandlung der — v. Prof. Hendricks. 
654. 

Kniescheibe s. Luxation. 

Knochen. — Krankheiten der — 462. 

Knochenbruch beim Pferd v. Freytag. 680. 

Kjiochenbrüche beim Schwein. — Beiträge 
zur Kenntnis der — v. Zbiranski. 656. 

Knochengeschwülste v. Sommer 662. 

Knochenneubildungen (Antiperiostin). — Dar¬ 
stellung eines Mittels gegen — v. Dr. Klein. 
272. 

Knochenverwertung. 838. 

Knötchen in den Pferdelungen und ihre Bezie¬ 
hung zu der Rotzkrankheit — Die grauen 
durchscheinenden — v. Angeloff. 477. 

Kochsalz s. osmotisches Gleichgewicht. 

Kochsalzlösung s. Icterus. 

Kochsalzlösung bei Hundestaupe. — Physiolo¬ 
gische — v. Lange. 977 

Kocbschen Tuberkelbazillus. — Über die nicht säure¬ 
festen Formen des — v. Mucb. 504. 

Köln s. Albertus Magnus. Nahrungsmittelunter¬ 
suchungsanstalt, Tierkörpervornichtungs- 
anstalt. 

5 * 




XVI 


Köln. Ärztestreik in — 414. 

Königsberg s. Tuberkulosefälle, Tuberkiilose- 
tilgung. 

Königsgeburtstagsfeier. 91; in Hannover. 107. 
Königshütte s. Schlachthof. 

Königstiger s. Pneumonie. 

Körgeschäft. — Der Tierarzt beim von 
Maximilian. 290. 


Kongreß im Haag 1900. — IX. internationaler 
Tierärztlicher - 37. 106. 240. 274. 321. 
366. 409. Programm 471. 636. 855. 
Kongreß der Kälteindustrie. — Internationaler 
- 334. 569. 660. 

Kongreß. — Die Teilnehmer am ersten inter-, 
nationationalon tierärztlichen — 586. 605. 
984. 


Körperverletzung. — Fahrlässige — 060. 

Körung 8. a. Hengstkörung. 

Körungskommissionen. — Zur Frage der 
Mitwirkung der Tierärzte in den — 33. 
v. Georges. 58. 

Kolibakterienseptikämic bei Hühnern als 
Transportkrankheit v. Dr. Claußcn. 614. 
Berichtigung. 634. 

Kolik s. a. Aneurysma, Ghloralhydratinjek- 
tionen, Prießnitzumschläge, Windkolik, 
Zuckerfüttorung. 

Kolik. — Diagnostik und Behandlung der — 
v. Oppel. 294. 

Kolik bei Hunden v. Dasch. 202. 

Koliken boim Pferd — Über die Behandlung 
der — v. Roux. 29. 

Koliktherapie s. Bauchoperation. 

Kolonialbeamten. — Ausbildung der - 984. 

Koloniales Preisausschreiben. 186. 

Kolonialinstitut in Hamburg. 563. 603. 

Kolonialinstituts in Hamburg. — Errichtung 
eines — 324. 983. 

Kolonialpolitik s. Trypanosomen. 

Kolonialschule in Witzenhausen. 367. 

Kolonialschule für das W.-S. 1908/09. — Vor¬ 
lesungsverzeichnis der Deutschen. — 718. 

Kolonien s. Afrika. | 

Ivolonverdrchung (Torsio coli) beim Pferde. — j 
Diagnose und Behandlung der — von 
Forssell. 407. 

Koloaru -l. — Schwarzes — v. Semon. 956. 

Kommers s. Tagesgeschichte (Tierärztliche 
Lehranstalten). 

Kommission s. Landespferdezucht, Ortsgesund-! 
heits-Kominission, Viehseuchengesetz. 

Kommunalbeamten-Gehälter. — Aufbesserung 
der — 185. 

Kommunale Tätigkeit. 12. 884. 

Kommunalvcrbänden — Betätigung von Tier¬ 
ärzten in den — 367. v. Meier 601. 

Komplement s. Phagozytose. 

Komplementbildung s. Schweinepest. 

Kompleinentbindung s. Jmmn lis'ernng. 

Komplementbindungsmethodc s. Pferdefleisch. 

Kondylom am Penis und eine diffuse papillo- j 
matöse Wucherung auf dem inneren 
Präputialblatt v. Prof. Schimmel. 84. 


Kongreß für historische Wissenschaften. — 
Internationaler — 324. 

Kongresse. — Zur Geschichte der inter¬ 
nationalen tierärztlichen — Orig.-Art. 
v. Prof. Dr. Schmaltz 586. 605. 984. 

Könitz s. Amtsbezeichnung. 

Konjunktival s. Tuberkulinreaktion. 

Konkurrenzklausel s. Praxis. 

Konservenfabrik s. Militärkonservenfabrik. 

Konservenindnstrie s. Fleisch. 

Konservierung s. Eier. Milchprobon. 

Konservierung. — Nahrungsmittel — 438. 

Konservierungsmittel s. Hackfleisch. 

Kontrolle s. Fleisch. 

Kontrollvereinc s. Milchkontrollvereinc. 

Kopenhagen s. Dänemark. 

Kopfkrankheit der Pferde gefundenen Bak¬ 
terien Untersuchungen über die bei 
der sog. — v. Grimm. 518. 

Koppen der Pferde und ein Instrument das¬ 
selbe zu verhüten. Orig.-Art v. Hohmann. 
971. 

Koprostase s. Urämie. 

Kornrade s. Agrosteinma Githago. 

Korps Holsatia. — Protest des — 92. 

Kräftigungsmittel. — Hämostogon als — v. 

/Lange. 977. 

Krämpfe bei einer Milchkuh. — Choreatische — 
v. Breß. 430. 

Krampf der cervix uteri als Ursache abnor¬ 
maler Geburt beim Rind. — Zwei Fälle 
von — Orig.-Art. v. Herhudt 781. 

Krampfanfälle s. Neurotoxine. 

Krebsforschung. — Ergebnisse dermodernen— 
v. Dr. Sticker. 83. 

Krebsforschung in Heidelberg. — Arbeits¬ 
plätze am Institut für — 186. 

Krebssuppen. — Verwertung übriggebliebcncr 
Speisereste zu — 574. 

Kreisärzte s. Straßenzoll, Tagesgeschichte 
(Ärzte). 

Kreisärzte. — Besserung der Stellung der — 
415. 

Kreiskommunalmittcl s. Rotlaufimpfungen. 

Krcismolkereiinspektors für den Reg.-Bez. 
Oberbayern. — Schaffung der Stelle eines — 
701. 


und Tagegelder v. Träger. 167. — im 
Abgeordnetenhauso. 185. — Pauschal¬ 

vergütung für die Dienstreisen der Kreis¬ 
tierärzte. 360; v. Preuße 520; v. Schmaltz 
549; v. Krüger 770. — Die Bezirkstier¬ 
ärzte in Sachsen. 224. — Unsere Taxe v. 
Kis8uth. 224. — Das neue Gebaltsregulativ 
in Bayern. 185. 252. — Gehaltsauf¬ 

besserungen in Preußen, Baden und Würt¬ 
temberg 252 — Petition der preußischen 
Kreistierärzte gegen eine Eingabe des Ver¬ 
bandes der Privattierärzte. 252. — Ein¬ 
führung der Pauschalierung in Preußen v. 
Schmaltz. 350. — Zur Anstellung der Kreis¬ 
tierärzte v. Freytag. 506. — Gebühren fürdie 
Revisionen privater Schlachthäuser durch 
die Kreistierärzte. 569. — Die Stellung der 
Sächsischen und Preußischen beamteten 
Tierärzte v. Schmaltz. 250. — Vorschläge 
zur Neuorganisation des Veterinärbeamten¬ 
tums v. Graffundcr. 682. — Zur Gehaltsauf¬ 
besserung der Kreistierärzte v. Schaumkell. 
800. — Pauschalvergütung der Kreis¬ 
tierärzte. 804; v. Krüger 853. — Zur 
Besoldung der Kreistierärzte. 825. — 
Jahrespauschalien der Kreistierärzte v. 
Krüger. 866. — Gehaltsklassen und Dienst¬ 
altersstufen v. Krüger. 879. — Gehälter 
der Kreistiorärzte und die Beamten¬ 
besoldungskommission v. Schmaltz. 881. 
959. — Eingabe des Vereins beamteter 
Tierärzte Preußens um Abänderung des 
auf sie bezüglichen Teiles der Besoldungs¬ 
vorlage. 881. — Gehälter der Kreisärzte 
und Kreistierärzte v. Krüger. 906. — 
Zur Besoldung der Kreistierärzte v. 
Prof. Dr. Schmaltz. 931. 

Kreaolaussoheidung beim Hunde nach Lysolverab¬ 
reiehang. — Über die Höhe der — v. VriÖdländer, 630. 

Kreuzen s. Vorderschonkel. 

Kritik. — Anonyme — v. Schmaltz. 351. 

Krone s. Vorderschenkel. 

Kropf der Ziege. — Angeborener — v. Fölgcr. 
862. 

Kruppe. — Die abschüssige — v. Hink. 792. 
Berichtigung v. Krämer. 903. 

Krustentiere s. Viehhandel. 

Küchenabfälle. — Verwertung städtischer — 
139. 

Kühlanlage in Verdun. 139. 

Kühlanlagen in den Markthallen. 573. 

Kühlraum s. Fleisch. 

Kündigung der Deutschen Tierärztlichen 
Wochenschrift. 452. 

Kürzung s. Fleischbescbaugebühren. 

Küstenfieber s. Coast fever. 


Konfiskatbehältern in den Schlächtereien in 
Lüneburg. — Polizeiverordnung, betr. Auf¬ 
stellung von — 573. 

Konfiskate s. Souchenkadaver. 

Konfiskate. — Kosten des Transports der — 
261. 

Kongo Freestate 8. Trypanosomiasis. 

Kongreß s. a. Kälteindustrie. Milch. Tuber¬ 
kulosekongreß. 

Kongreß für Ernährungszwocke. — Inter¬ 
nationaler — 648. 

Kongreß für Hygiene und Demographie zu 
Berlin. — XIV. internationaler — 456. 

Kongreß für Milchwirtschaft. — IV. inter¬ 
nationaler -- 648. 


'Kreisstuten-u.Fohlenschau ernannt. — Direktor 
Suckow zum Preisrichter der — 484. 
Kreistierarzt s. Gebühren, Standesvertretung. 
Kreistierarzt. — Reichstierseuchengesetz u. — - 
v. Krüger. 72. 

Kreistierarztreform s. a. Beamtenbesol¬ 
dung, Besoldung, Gehalt, Standes Ver¬ 
tretung. — Pauschale. 75. — Ist eine 
Änderung in dem Aufrücken in die höheren 
Gehaltsklassen, sowie eine Aufbesserung 
des Gehalts resp. der amtlichen Einnahmen 
der Kreistierärzte nicht eine dringende 
Notwendigkeit? v. Dralle. 150; v. Rust. 
165; v. Krüger. 222. Nachtrag v. Krüger 
224. — Pauschalierung der Reisekosten 


Kuh s. a. Rind, Aktinomykom, Eihäute, 
Eklampsie, Enteritis, Eutergeschwür, Euter¬ 
seuche, Gebärparese, Hypernephrom, Lab¬ 
magen, Magendarmkatarrh, Milch, Nah¬ 
rungsfett, Scheidentuberkulose,Thrombose, 
Unfruchtbarkeit. Torsio uteri v. Frasch. 
430. — Das Zurückhalten der Nachgeburt 
bei der Kuh v. Hermanns. 545. 

Kuhmeistern in Greifswald. — Ausbildung 
von — 264. 

Kuhmilch s. Milch. 

Kultusminister über die Promotion. 155. 

Kurmethoden — Arzneimittel und — 977. 

Kurmilch b. Kindermilch. 

Kurpfuscherei s. Tagesgeschichtc (Pfuscherei). 



XVII 


Kutan 8. Ophthalmoreaktion, Tuberkulin- 
reaktion. 

KutAa-Diagnose *. Ophthalmo-Diagnofic. 

Kutireaktion 8. Tuberkulosediagnose. 

K*abmagen s. a. Lymphadenie. 

Labmagen bei einer Kuh. Zereißung des — 
783. 

Labmagenverstopfung. — Zwei Fälle von 
rentabler — v. Frasch. 430. 

Laboratorien an den Schlachtbüfen. 139. s. a. 
Tagesgeschichte (Tierärztl. Lehranstalten). 

Ladenkontrolle s. Fleischbeschau. 

Lähmung s. Quadricepslähmung. 

Lage der Tierärzte s. Standesvertretung. 

Lagemans Thüringer Pillen. Orig.-Art. von 
Schwarz. 144. 

Lahmheiten s. Sehnen- und Periostknochen¬ 
reflexe. 

I^aiengeburtshilfe s. Tagesgeschichte (Pfusche¬ 
rei). 

Laienvertreter b. a. Standesvertretung. 

Laienvertreter, sondern der von dem Tierarzt 
vorgeschlagene tierärztliche Vertreter 
ohne weiteres auch als Vertreter in der 
Fleischbeschau bestallt wird? — Auf 
welche Weise kann es erreicht werden, 
daß bei Beurlaubungen von längerer, einige 
Tage überschreitender Dauer eines in der 
Fleischbeschau tätigen Tierarztes nicht 
der — v. Dr. Zehl. 34. 

Landesökonomiekollegium. — Landwirt¬ 

schaftsrat und — 155. 

Landes-Ökonomie-Kollegium. — Tagung des 
Kgl. Preuß. — 187. 564. 

Landespferdezuchtkommission. 107. 

Landespolizeiliche Anordnung, betreffend 

Untersuchung von in den Landespolizei' 
bezirk Berlin eingeführten Kindern 940. 
Gebübrentarif 940. 

Landgerichtsurteil s. Gerichtsentscheidungen 
(Verschiedenes). 

Landsberg s. Hämoglobinurie. 

Landwirt s. Fleischbeschau. Impfstoffe. 

Landwirtschaftsgesellschaft. — Ausstellung 
der Deutschen — 440. 452. 456. 524. 

Landwirtschaftsgesellschaft. — Jahrbuch der 
Deutschen — 508. 

Landwirtschaftskammer s. Tierzuchtinspektor, 
Tuberkulosefälle, Tuberkulosetilgung. 

Landwirtscbaftskammer in Halle. — Besich¬ 
tigung des bakteriologischen Instituts 
der — 833. 

Landwirtschaftskammer betr. Rotlauf¬ 
impfungen. — Bekanntmachung der West¬ 
preußischen — 351. 

Landwirtschaftskammern. — Von den In¬ 
stituten der — 563. 

Landwirtschaftskammern im Dienste der 
Seuchentilgung. — Tätigkeit der Institute 
der — 721. 

Landwirtschaftsrat s. a. Anzeigepflicht, Staats¬ 
veterinärwesen. 

Landwirtschaftsrat und Landesökonomie¬ 
kollegium — 155. 

Landwirtschaftsrat. — Novelle zum Gesetz 
betr. die Abwehr und Unterdrückung von 
Viehseuchen im Deutschen — v. Rettich, i 
252; v. v. Endeil. 253. [ 

Landwirtschaftsrates, Februar 1908. — Ver¬ 
sammlung des Peutschen — 638, I 


Laparotomie mit daran anschließender Am¬ 
putation dos Uterus bei einer Hündin. 
Orig.-Art. v. Klirameck. 706. 
Lappentransplantation am Karpalgelenk des 
Pferdes. — Komplizierte ausgedehnte — 
v. Roschig. 122. 

Laufgewichtsharamer. v. Dr. Kantorowicz. 691. 
Lebendgewicht. — Protest gegen den Vieh¬ 
bandel nach — 941. 

Lebendgewicht im Reichstage. — Handel 
nach — 261. 

Lebensmittelteuerung. — Zur Bekämpfung 
der - 815. 

Leber s. Säugetierleber. 

Lebereirrliosc. — Zur Genese der v. Kibbert. 76*. 

Leberegel beim Pferd, v. Brietsch. 679. 
Leberkäs eino Wurstware oder Backware? 
— Ist — 495. 

Lebertran s. Dorschlebertran. 
Lebervergrößerung infolge Echinococcenin- 
vasion. — Über außergewöhnliche — 
v. Dr. Feuereißen. 430. 

Lecithin s. a. Tuberkulose-Toxin. 

Lecithin und dio Form, in welcher man es 
verordnen soll. Orig.-Art. v. Holterbacb. 28. 
Lecithingehalt des Tierkörpers. 728. 
Lecithintherapie. — Zur — v. Holterbach 580. 
Leder. — Milzbrandübertragung durch — 195. 
Ledumin von Dr. Pinner. 520. 856. 

Lehrer für Tierzucht in Stuttgart. 452. 
Lehrermangel s. Hessen. 

Leipzig s. Sachsen. 

Leipzig s. Sachsen. 

Leukämie s. Tympanitis. 

Leukämie bei Hübnern. — Experimentelle — v. Kller- 
mann und Bang. 449. 

Leukocytose beim Rind unter besonderer 
Berücksichtigung der Trächtigkeit und 
der Tuberkulose v. Utendörfer. 145. 

Lippe s. Betäubung. 

Lipurie s. Chylurie. 

Literarische Notizen. 351; s. a. Bücher- 
besprechungen. | 

Literarische Unterstützungen v. Oeller. 914. j 
Löfflers Berufung. 172. i 

Löffler, betr. der im Kreise Greifswald aus- j 
gebrochenen Maul- und Klauenseuche. — j 
Klage gegen den Geheimrat Professor | 
Dr. — 398. i 

Loewe s. Gastroenteritis. 

Lokalanästhesie s. Empfindungslosigkeit. 
London s. England. | 

Lothringen. — Aus französisch — 138. i 
Ludwig, 8. Gerichtsentscheidungen (Vcr- 
schiedenes). 

Ludwig in Habelschwerdt — Tierarzt — 104, I 
324. Erklärung der Direktion Halensia. ' 
367. v | 

Lüneburg s. Konfiskatbehälter. > 

Luftdruck s. Magen wand 
Luftsackentzttndung der Gänse. — Ansteckende 
— v. Dr. Bugge. 616. 

Luftsackerkrankungen. — Zur Kasuistik der — 
v. Reimers. 203. Orig.-Art. v. Becker. 
429. 

Luftsackes. — Tympanitis des — v. Kettner. 
147. 

Lumbagin — Über die Wirkungen des — 
547. 

Lumbagins Raebiger. — Untersuchung des — 
v. Dr. Hermans. 248. 

Lunge 8. Brühwasser, 


Lungenartcrien z. Thrombose. 

Lungenbrustfcllcntzündung s. Ruhr. 

Lungenchirurgie v. Prof. Friedrich. 869. 

Lungendämpfigkeit s. Vergotinine. 

Lungenentzündung s. Jodipin. 

Lungenentzündungen des Rindes. — Bakterio¬ 
logische Untersuchungen über einige 
chronische — v. Dr. Berger. 431. 

Lungenseucho in Posen. 807. 

Lungentuberkulose b. Tuberkulinanwendung. 

Lungenwurmseuche v. Vacth. 6. 

Luxation der Kniescheibe. — Zwei Fälle von 
von Dr. Ziramermann. 220. 

Lymphadenie des Labmagens und des Herzens 
bei einem Ochsen v. Zietzschmann. 847. 

Lymphdrttsen s.Tuberkelbazillen, Tuberkulose. 

Lymphomatöse beim Hund. — Maligne — v. 
Dr. Jakob. 247. 

Lyon s. Frankreich. 

Lysols. — Giftigkeit des — v. Korreng. 84. 

Lysolvorabreicliung *. Kreaolansscheldung. 

Hagen — Darmentzündung s. Haferwert. 

Magendarmkatarrh der Kühe nach dem Ab¬ 
kalben. — Chronischer — Orig.-Art. v. 
Janssen. 555. 

Magen-Darrakatarrh bei Wiederkäuern in und 
bei Otjimbingwa in Deutschsüdwestafrika 
Februar 1907. — Seuchenhaftes Auftreten 
von akutem — Orig.-Art. v. Hoerauf. 354. 

Magenerweiterung der Pferde und ihre Be¬ 
handlung. — Die akute — v. Prof. 
Dr. Marek. 96. 

Mageninhalt in der Wurst. 728. 

Magenwandungen des Pferdes gegen den 
Luftdruck. — Über den Widerstandsgrad 
der — v. Fayot und Gassend. 976. 

Mainz s. Militärkonservenfabrik. 

Malaria des Rindes. Idiopathische Milzruptur 
des Rindes = malaria perniciosa des 
Menschen. Orig.-Art. v. Witt. 625. 

Mallein-Reaktion v. Dr. Mießner. 781. 

Maina s. Karzinom. 

Marburg. — Prof. Gerbers Berufung nach — 
637. 

Markthallen. — 24. 

Markthallen. — Kühlanlagen in den — 573. 

Malkmus. — Erklärung des Rektors und 
Professorenkollegiums der Tierärztlichen 
Hochschule Berlin auf einon Artikel des 
Herrn Professor Dr. — v. Schmaltz. 251. 

Marktkontrolle s. Fleischbeschau. 

Marktmilch s. Milch. 

Marktverkchr s. Milchgewinnung. 

Massage in der Veterinärmedizin. — Zur An¬ 
wendung der — v. Dr. Goldbeck. 502. 

Mastdarmzerreißung beim Pferd infolge Vor¬ 
falls mit Invagination. Orig.-Art. v. 
Leowenthal. 54. 

Mastitis s. Biersches Saugverfahren, Milch, 
Streptococcenmastitis. 

Mastviehausstellung in Stuttgart. 648; in 
Hamburg. 262. 

Matur s. Tagesgeschichte (Tierärztl. Lehr¬ 
anstalten [Promotion]). 

Mauke s. Schlempemauke. 

Mauke der Pferde. — Seuchonhaftc — v. Ko- 
vanyi. 235. 

Maul- und Klauenseuche s. Bosanat, Einfuhr¬ 
verbot, Löffler, Statistik s. d. Länder¬ 
namen, Viebhandel. 




XVIII 


Maul- und Klauenseuche in China v. Pfeiffer. 
444; in England. 420; in Schottland. 464. 

Maul- und Klauenseuche. — Die neuere Art 
der Bekämpfung der — Orig.-Art. v. 
Leistikow. 372. 

Maul- und Klauenseuche mit Collargol. — 
Behandlung der — v. Barabäs. 32. 

Maul- und Klauenseuchebekämpfung. 701. 

Maul- und Klauenseuche. — Pseudo- — 
v. Dr. Kantorowicz. 31. 

Maultier s. Impfung. 

Maus s. Streptococcenepidemie. 

Mecklenburg-Schwerin: Die neue Mecklen¬ 
burgische Taxe für Tierärzte v. Teetz. 248. 
— Abdeckereiverhältnisse. 330. — Rausch- 
brand in Mecklenburg. 420. — Verordnung 
betreffend die Trichinenschau. 493. — 
Gründung eines Kollegenabends in Rostock. 
913. — Tierarzt Zschiescbe in Rostock 
zum Dr. phil. summa cum laude promo¬ 
viert 913. 

Medizinalbeamten. — Neufestsetzung der Ge¬ 
bühren der — 803. 

Medizinalkollegium s. Säuglingsornährung. 

Mehl s. Tierkörpermehl. 

Meiereibranche. — Verdienst in der — 944. 

Meiereiwesen. — Tierärzte im — 364. 

Meineid s. Gerichtsentscheidungen. 

Melanosis maculosa der Kalbslunge. Orig.- 
Art. v. Leeb. 357. 

Memoiren des Generals der Artillerie Prinzen 
Hohenlohe-Ingelfingen. 11. v. Lührs 380. 
414. Anmerk. v. Schmaltz. 414. 

Meningo-Enzephalitis beim Hund. — Diffuse 
subakute — v. Marchand, Petit und 
Pöcard. 517. 

Mensch s. Bißverletzung. 

Mensch in Vergangenheit und Gegenwart. — 
Der primitive — v. Prof. Klaatsch. 868. 

Menschen. — Schweinerotlauf beim — 420. 
v. Röder. 656. 

Metallverschlußknopf auf langem, biegbarem, 
vernickeltem Kupferstab nach Hoffmann. 
461. 

Metatarsus beim Zebu. — Geheilte Fraktur 
des linken — v. Dr. Jakob. 584. 

Mikroorganismen s. Bindehautsack. 

Milch s. Anthrax, Kindermilch, Kindermilch¬ 
produktion, Kreismolkereiinspektor, Per¬ 
oxydasen, Rindertuberkulose, Strepto¬ 
coccenmilch. — Die deutsche Milchwirt¬ 
schaft und die Tierärzte v. Prof. Glage. 
21. — Milchwirtschaft und die Be¬ 
kämpfung der Rindertuberkulose v. Prof. 
Dr. Ostertag. 42. — Gutachten Pros- 
kauers über die dänische Milch. 43. — 
Milchknappheit in London. 140. — Bak¬ 
teriologische Milchuntersuchungen in 
Leipzig. 140. — Entscheidungen des 
Strafsenates in Milchangelegenheiten. 140. 
— Opposition gegen ärztliche und tier¬ 
ärztliche Aufsicht in der Milchkontrolle. 
140. — Überwachung der Milcbgewinnung 
und des Milchverkehrs v. Simon. 226. — 
Milchkontrollvereine. 263. — Schwedische 
Milch in Berlin. 718. — Milchunter¬ 
suchung. 728. — Trommsdorffsches Leuko¬ 
zytenverfahren. 728. — Gesundheits¬ 
schädlichkeit der Milch der an Mastitis 
erkrankten Tiere. 728. — Die derzeitige 
Regelungjier Milchkontrolle im Vereins¬ 


bezirk v. Dr. Meyer. 827. — Blutige Be¬ 
schaffenheit der Milch v. Zietzschmann. 848. 
— Tätigkeit des Tierarztes in der Milch¬ 
hygiene. 854. — Tierärzte u. Milchkontrolle 
v. Meßner. 646. - Milcheiterprobe s.Tromms- 
dorff. — Übertragung von Typhus durch 
die Milch. 942. — Studien über die 
sogenannte sterilisierte Milch des Handels 
v. Kneisel. 942. — Milchkontrolle in New- 
York. 943. — Milchverbrauch der Welt. 

943. — Einfuhr von Milch und Milch¬ 
erzeugnissen nach Deutschland im Jahre 
1907. 943. — Milchkannen aus Papier. 

944. — Milchersatz bei der Kälberaufzucht. 

944. — Abgeschaffte Milchsteuer. 944. — 
Beförderung von Milch auf der Eisen¬ 
bahn. 944. — Ultraviolettes Licht beim 
Sterilisieren von Milch. 944. — Tierärzt¬ 
liche Kontrolle der Marktmilch. 263. — 
Milchkontrolle in der Mark Brandenburg. 
263. 334. — Milchuntersuchungen in 

Leipzig. 263 — Errichtung eines Muster¬ 
stalles zur Gewinnung von Milch für die 
städtische Säuglingsmilchküche in Dort¬ 
mund. 263. — Herstellung einer Säug¬ 
lingsmilch aus Kuhmilch. 263. — Her¬ 
stellung löslicher Trockenmilch. 263. — 
Milchmerkblatt des Kaiserl. Gesundheits¬ 
amts. 264. — Milchwirtschaftlicher Kon¬ 
greß. 264. — Milchhygiene und Milch¬ 
untersuchung v. Prof. Dr. Ostertag. 320. — 
Milchgewinnung und der Verkehr mit 
Milch vom Standpunkt der öffentlichen 
Gesundheitspflege v. Schlitzberger. 471. 
— Chamer Milchgesellschaft. 494. — 
Einfluß der Milchgenossenschaften auf den 
Rindviehbestand v. Ujhelyi. 607. — 
IV. internationaler Kongreß für Milch¬ 
wirtschaft. 648. — Milchwirtschaftlicher 
Weltverband in Ungarn. 648. — Das 
Verfüttern von Milch- und Molkereirück¬ 
ständen an das Vieh der Sammelmolkerei¬ 
inhaber ist nur unter gleicher Bedingung 
gestattet. 701. 

Milch a. Walflachmilch. 

Milchandrang s Antipyrin. 

Milchdifferentierung, — über biologische. v. Bauer. 
360. 

Milchgewinnung und des Marktverkehrs mit 
Nahrungsmitteln. — Überwachung der — 
v. Dr. Marschner. 964. 

Milchhygiene an den tierärztlichen Hoch¬ 
schulen. — Lehrstuhl für — 91. 

Milchkühen. — Fütterungsversuche mit — v. 
Dr. Hansen. 943. 

Milchkuh s. Krämpfe. 

Milchproben für analytische Zwecke. — 
Konservierung der — v. Prof. Dr. 
Windisch. 944. 

Milchproduktion s. Nahrungsfett. 

Milchsekretion. — Einfluß der Tuberkulin¬ 
probe auf die — v. Gillilauded und 
Coruman. 943. 

Milchwirtschaft in Württemberg. — Ertrag 
der — 944. 

Militärkonservenfabrik in Mainz. — Schlach¬ 
tungen in der — 439. 

Militär-Lehrschmiede s. Jahresbericht. 

Militärpferd s. Haftpflicht. 

Militärverwaltung s. Brust- und Rotlaufseuche. 

Militärveterinärakademie. 172. 


Militärveterinäraspiranten s. Tagesgeschichte 
(Militärveterinäre). 

Militärveterinärlaufbahn. — Eintritt in die — 
410. 

Militärveterinärordnung. 411; Deckblätter zur 

— v. Schmaltz. 534. 

Militärveterinär-Reorganisation. — Vorschläge 
für die — 657. 

Militärveterinär-Reorganisation. 799. 

Militaria. 482. s. a. Tagesgeschichte (Militär- 
veterinäre). 

Mlllons Reagens r. Eiter. 

Milzbrand s. Antrax. 

Milzbrand und Notschlachtungen (Ministerial- 
Erlaß). 329. 

Milzbrand nach Prof. Sobernheim. — Schutz-, 
Not- und Heilimpfung gegen — Orig.-Art. 
v. Moritz. 694. 

Milzbrand in der Schlachthalle. 837. 
Milzbrand beim Schwein. Orig.-Art. v. Leeb. 

176; v. Dr. Wyßmann. 83. 

Milzbrand in China v. Pfeiffer. 446. 

Milzbrandbazillen. — Kapselbildung von — v. Rail. 3t>0. 

Milzbrandbehandlung und „Impfung und 
Kadaverbeseitigung“. — Mitteilungen über 

- 8. 

Milzbrandes. — Übertragung des — 41. 
Milzbrandentschädigung 939. 

Milzbrandes in Sachsen. — Ansteigen iui 
Auftreten des — 377. 

Milzbrandes beim Menschen. — Über die Serumbehand¬ 
lung des — v. Laewen. 864. 

Milzbrandkrank s. Sobernheimsches Serum. 
Milzbrandtibertragung in Gerbereien. 195. 
Milzbrandübertragung durch Leder. 195. 

Milzbrandvirus. — Über Varietiten des abgescbw&ehten — 
v. Prelsz. 697. 

Milz- und Rauschbrandes durch Schutz¬ 
impfungen. — Die Bekämpfung des — 
Orig.-Art v. Dr. Warringsholz. 93. 
Milzruptur s. Malaria. 

Milzteilung. — Eigenartige — v. Leeb. 877. 
Mineralstoffe s. Kalk. 

Minimaltarif. — Vereinbarungen betreffend 
einen tierärztlichen — v. Preuße 712. 
Ministerialverfügungen: 155. 186. 187. 
329. 330. 360. 489. 489. 490. 494. 508. 
642. 647. 701. 727. 804. 806. 838. 940. 963; 
s. a. Jahresberichte. 

Mischinfektion s. Schweinepest. 

Mißbildung beim Kalb. Orig.-Art. v. Leeb 843. 
Mißbildungen: s.Akanthom,Darmanhängsel, 
Doppelmißbildung, Geschlechtsorgane, 
Hämatocystis, Hufknorpelfesselbeinband, 
Knochonneubildungen, Schieferzähne, 
Schleimverhaltung, Verknöcherung. 
Mißbrauch s. Brauch. 

Mißstände 8. Erklärung, Fleisch. 

Mitteilung s. Landwirtschaftsgesellschaft, 
Schweinepest. 

Mitteilung betr. eine Erwiderung, v. Dr. Gold¬ 
beck 691. 

Mitteilung. — Vorläufige — 318. v. Dr. Richter 
954. 

Mitteilungen s. a. Praxis. 

Mitteilungen. — Kleine — 75. 272. 305. 585. 
913. 963. 

Mitteilungen aus den Berichten der sächsischen 
Bezirkstierärzte, v. Prof. Dr. Edelmann. 
679. 847. 

Mitteilungen aus den Berichten der Bezirks- 
tierärzte auf daB Jahr 1906. v. Professor 
Dr. Edelmann. 377. 




XIX 


Mitteilungen auB der chirurgischen Klinik der 
Reichstierarzneiscbule in Utrecht, v. Prof. 
Schimmel. 84. 

Mitteilungen aus der tierärztlichen Praxis. 412. 
Mittelmeerfahrten. — Vereinigung für deutsche 

— 227. 824. 415. 

Molkereigenossenschaft s. Rindertuberkulose. 
Molkereigenossenschaften auf die Viehzucht. 
— Der Einfluß der — v. Prof. Dr. Hansen. 
944. 

Molkereirückstände s. Milch. 

Monopolisierung des Fleischhandels in der 
Kapkolonie. 494. 

Morbicid, ein neues Desinft ktiousniittol v. Töpfer. t&7. 

Morbus maculosus. — Quadricepslähmung bei 

— v. Dr. Vogel. 597. 

Morbus maculosus beim Rind v. Dörrwächter. 
863. 

Morphium s. Atropiu. 

Morphiums bei Hunden. — Zur Toxikologie 
des — Orig.-Art. v. Dr. Goldberger. 429. 
Morphologie s. Säugetierleber. 

Motorballon und Flugmaschinen v. Parseval. 

868 . 

Mückenstiche. — Vergiftung durch — Orig.- 
Art. v. Wigand. 858. 

M tinchen: s. a Bayern, Milchkontrolle, Tages¬ 
geschichte (Tierärztl. Lehranstalten). — 
Ballfest des S. C. in München. 186. — 
Geheimrat Prof. Dr. Karl v. Voit in 
München geBtorben. 186. — Rennsieg 
der Tierarztes Volkmann. 367. — Die 
Tierärztliche Hochschule zu München in 
der bayerischen Kammer der Abgeordneten. 
507. 

Muskeltrichinose. — Untersuchungen über die 
Immunität der Vögel gegen die — von 
Höyberg. 178. 

Muskulatur s Echinococcus. 

Musterstall s. Milch. 

Myokarditen beim Pferd. — Über die Be¬ 
handlung der pneumonischen — v. Prof. 
Cadiot. 558. 

Myokarditis infolge Druse. — Akute — von 
Zschokke. 30. 

Nabelbruch. — Mittelst Alkohol-Injektionen 
geheilter — v. Dr. Zimmermann. 754. 
Nabelgegend s. Eiterung. 

Nachgeburt bei der Kuh. — Das Zurückhalten 
der — v. Hermanns. 545. 

Nachklänge s. Standesvertretung. 
Nachkrankheiten 8. Schweinerotlauf. 
Nachrichten s.Tagesgeschichte(V erschiedenes). 
Nachrufe s. TagesgeBgeschichte (Persönliches). 

Nadel im Unken Bronchus. ▼. Dr. r. Scbröttcr. 345. 

Nährboden s. Gonococcen. 

Nährboden s. Gonococcen, Perlbydrosomllchagar. 

Nageltritt 462 s. a. Hyperostose. 
Nabrungsfettes auf die Milchproduktion der 
Kühe. — Neue Untersuchungen über die 
Wirkung des — v. Prof. Albrecht. 220. 
Nahrungsmittel 8. Milchgewinnung. 
Nahrungsmittelanstalten. — Verzeichnis der — 
263. 

Nahrungsmittelchemiker. — Ausbildung der — 
935. 

Nahrungsmittelchemiker — Verband ge¬ 
prüfter — 139. 

Nahrungsmittelchepiker. — Freie Vereinigung 
Deutscher —*415. 


Nahrungsmittelfabrikanten und Händler. — i 
Versammlung des Bundes deutscher — 
941. 

Nahrungsmittelgesetze. — Verurteilungen 
wegen Vergehens gegen die — 423. 

Nahrungsmitteikonsenderung. 438. 

Nahrungsmittelkontrolle: 45. 91. 140. 
206. 262. 263. 264. 423. 438. 438. 439. 
573. 574. 647. 728. 816. 837. 854. 941. - 
Nahrungsmittelkontrolle im Reichstage. 
263. 

Nahrungsmittelkunde und außerordentliche 
Fleischbeschau als besonderer Lehrgegen¬ 
stand der tierärztlichen Hochschulen. — 
Die animalische — v. Borchmann 91; in 
Württemberg. 854 

Nahrungsmitteln. — Feilhalten von ver¬ 
dorbenen — 816. Erwiderung v. Dr. 
Dönecke. 941. 

Nahrungsmitteln in den Verein. Staaten. — 
Färben von — 728. 

Nahrungsmittelproben.— Entnahme von —573. 

Nahrungsmitteluntersuchung für elf Kreise 
des Reg.-Bez. Breslau auf das chemische 
Untersuchungsamt — Übernahme der — 
140. 

Nahrungsmitteluntersuchungsanstalt in Köln. 
— Öffentlieho — 45. 

Nahrungsmitteluntersuchungsanstalten. 262. 

Nahrungswert s. Fleisch. 

Nancy s. a. Gerichtsentscheidungen. 

Nancy. — Teuerungsgehaltserhöhungen in — 
139. 

Narbenbildung s. Wundbeilung. 

Nasenbremse. — Eine neue — Orig.-Art. 
v. Kyl6n. 285. 

Nasenstenose beim Pferd. — Akute — v. 
Zschokke. 31. 

Nasentumoren beim Pferd v. Prof. Dr. Kärn- 
bach. 92. 

Nassau s. Tierzucht. 

Natron 8. Tuberkulose-Toxin. 

Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz, 
Veterinär - medizinische Sektion. 172. 
II. Wintersitzung. 365. 456. 701. 

Naturforscherversammlung. 296. 311. 398. 685. 
686. 759. 772. 788. 801. 834. 853. 868. 
883. 909. 984. 

Nebennieren 8. Hypertrophie, Neoplasmen, 
Struma. 

Negrischen Tollwutkörperchen. — Über die 
ätiologische und diagnostische Bedeutung 
der — v. Dr. Standfuß. 503. 

Nekrose bei den Kanarienvögeln. — Die 
infektiöse — v. Dr. Mießner und Dr. 
Schern. 617. 

Neoplasmen in den Nebennieren und acces- 
sorischen Nebennieren beim Rind. Orig.- 
Art v. Prof. Dr. Schlegel. 777. 794. 821. 

Nephritis des Schweines. — Untersuchungen 
über die hämatogene — v. Degen. 548. 

Nervenfasern. — Die Entwicklung der peri- ! 
pheren — v. Lenhossäk. 390. 

Nervus opticus s. Augenbogen. 

Neubildung s. Taube. 

Neugeborenen s. a. Enteriten. 

Neugeborenen. — Über die Behandlung von ( 
scheintoten — v. Prof. Moussü. 377. 

Neurektomie und ihre Folgen v. Bürgi. 598. 

Neurektomie in der tierärztlichen Praxis v. 
Dr. Peter. 773. 


Neurotoxine in der Auslösung epileptischer 
Krampfanfälle. — Die Rolle der — von 
Dr. Donäth. 955. 

Neuß. — Ernennung des Dr. D’heil zuin 
Schlachthofdirektor in Neuß a. Rh. 590. 

New York s. Amerika. 

Niederlande: Maul- und Klauenseuche in 
Holland. 21. — Mitteilungen aus der 
chirurgischen Klinik der Reichstierarznei¬ 
schule in Utrecht, v. Prof. Schimmel. 84. 
— Einfuhrverbot wegen Maul- und Klauen¬ 
seuche. 330. — Seuchennachrichten. 991. 

Niederlassung. — Erbetener Nachweis zur — 
804. 

Niere s. Tuberkulose, Urämie. 

Nierenabszeß mit dicker Kapsel bei einer 
Ziege v. Reichert. 517. 

Nierenerkrankungen des Schafes. — Beiträge 
zur Kenntnis der chronischen — v. Horn. 
534. 

Nocards. — Dem Andenken — 222. 

Nordsee. — Austernfang in der — 574. 

Norwegen: Enteritis chronica pseudo- 
tuberculosa bovis oder die „Johnesche 
Seuche“ konstatiert in Norwegen. v.Homc. 
235. — Seuchennachrichten. 992. 

Notizen. — Klinische — v. Zschokke. 30. 

Notizen. — Literarische — 351. s. a. Bücher¬ 
besprechungen. 

NotBchlachtung s. a. Fleischbeschau, Peritonitis 

Notschlachtungen. 727; s. Milzbrand. 

Notschlachtungen mit Bezug auf die Fleisch¬ 
vergiftungen v. Gtttzlaff. 134. 

Novokains in der Veterinärmedizin. — Ex¬ 
perimentelle Untersuchungen und klinische 
Erfahrungen über die Verwendbarkeit 
des — v. Fehse 342. 

Nürnberg s. Tierseuchenflugblatt. 

Nutzgeflügelzucht in Bayern. — Die Hebung 
der — 613. 

Nystagmus mixtus suis v. Gruß. 431. 

Nystagmus oscillatorius v. Dr. Vogel. 597. 

Oberamtstierärzte s. Jahresberichte. 

Oberlehrerlaufbahn in Preußen 539. 

| Obermeyer s. Spirillum. 

j Ochse s. Facialislähmung, Lymphadenie, Rind. 

Öffentlichkeit s. Tierärzte. 

i Ölsaures Natron s. Tuberkulose-Toxin. 

Ülseifeninjektionen. — Subkutane — v. Dr. Zeunur. 31t». 

Österreich-Ungarn: s. a. Wien. — Ge¬ 
schichte des Militärveterinärwesens in 
Österreich-Ungarn v. Dr. Goldbeck. 204. 
— Doktorat an den Tierärztlichen Hoch¬ 
schulen Österreichs. 212. 756; v. Schmaltz. 
786. 878. — Die Tierärztliche Hochschule 
im österreichischen Abgeordnotenhause. 
295. — Parlamentarische Studienreise auf 
österreichischen Viehmärkten. 332. — 

Aufblühen der österreichischen tierärzt¬ 
lichen Hochschulen v. Schmaltz. 878. — 
Seuchennachrichten. 991. 

Ohrläppchens aur Tuberkulose. — Über das Verhältnis 
des — v. Rossolimo. 766. 

Oldenburg: Oldenburgisches Schlachthaus- 
gesetz. 195. 569. — Fleischbeschau bei 
Hausschlachtungen. 647. — Hengstkörung 
und Hengstmarkt am 28., 29. und 30. Januar 
1909 in Oldenburg i. Gr. 914. 

Oleum Ricini bei den Haustieren. — über die 
Anwendung des — v, Dr. Bruns. 584. 




XX 


Operationen s. Bauchoperation, Besitzrecht, 
Dünndarmeinschnürung, Kastration, Kolik¬ 
therapie, Laparotomie, Nabelbruch, 
Punktion, Sehnenscheide, Tcnotomie. 

Operationstisch für kleinere Haustiere. — Be¬ 
merkungen zu Prof. Dexlers. Orig.-Art. 
v. Dr. Freund. 729. 

Operationstisch für große Haustiere nach 
Dexlcr. Orig.-Art. von Dr. Freund. 761. 

Ophthalmoreaktion s. Tuberkulosediagnosc. 

Ophthalmoreaktion hei Rotz. Orig.-Art. von 
Wladimiroff. 50. 

Ophthalmoreaktion bei Rotz. — Die Kuti- u. — 
v. Dietrich. 848. 

Ojdithalmo — und Ktttaudiagnose der Tuberkulose, 
v. Wolft-Eianer. 504. 

Ophthalrao- und Kutanreaktion bei Rinder¬ 
tuberkulose v. Dr. Gartb, Dr. Kranich und 
Grttnert. 478. 848. 

Ophthalmo- und Kutireaktion bei Tuberkulose. 
— Beitrag zum diagnostischen Wert der — 


Papagei s. Gehörorgan, 
j Papier. — Milchkannen aus — 944. 

Papillen der Zunge der Haussilugetiere. — 

IHermechanisch wirkenden — v.Dr. Immisch.; 

666. j 

Paijueliu. — Automatischer — v. Xeuiuann. 681. j 

Paralysis bulbaris infektiosa bei Ratten v. ! 
! Baiäs. 599. ! 

Parasiten. — Planzliche -- 462. I 

| Parasiten im Rlnte. Beitrag zum Nachweis von - | 
v. Steubli 956. \ 

Parasiteneiern in den Fäces. Eine Methode zur Er- I 
j lelchterung der Auffindung von v. Telmanii. 650. ! 

Paratoxin, ein neues Tuberkulosemittel v. 

I Gerard und Lemoine 272. 

i Paratyphus. 816. 

j Paratyphus B-Gruppe in der Außenwelt. — 
Über das Vorkommen von Bakterien der 
■ 784 — v. Uhlenhuth und Hiibener. — 784. 

Paratyphus B — als Krankheitserreger bei 
Kälbern. — Der Bazillus — von Dr. Schmitt 
788. | 


v. Gratz. 849. I 

Ophthalmoreaktion. — Versuche mit — Vor¬ 
läufige Mitteilung v. Sahner. 318; von 
Dr. Wülfel. 318. 

(»phthalmoreaklion boi Typhus abdominalis. — über j 
den diagnostischen Wert der — v. Dr. Orszag, 345. j 
— v. Dr. Schnitz. 346. — v. .Siegrist 845. j 

o.dum s. Atropin. 

Opsonine in der modernen Therapie. Von j 
Dr. Piorkowski. 272. j 

Opsonine und Bakteriotropine, sowie ihre j 
Bedeutung, für die Veterinärmedizin. Von ! 
Dr. Mießner. 618. | 

Opsoninmethode v. Raebiger. 831. 

Opsonische Technik v. Strubeil. 465. 

Opsonischen Index. — Die praktische Verwertbarkeit 
des — v. Saathoff. 8P3. 

Opsonischer Index und Tuberkulose. Von. 
Dr. Turban u. Dr. Beer. 737. 

Opsonischer Index s. a. Pneumothorax,. 

Opsonisches Laboratorium s. Tagesgeschichte 
(Tierärztl. Lehranstalten). 

Optimismus. — Tierärztlicher — v. Haupt. 
561. 606. 

Ordensverleihungen s. Tagesgeschichte. (Per¬ 
sönliches [Ordensverleihungen].) 

Ordnung s. Schlachthof. 

Ordnungsstrafe s. Gerichtsentscheidungen. 
Ortsgesundheits-Kommissionen. — Über die 
Mitwirkung der Tierärzte in den — v. j 

Meier. 44. | 

Osteo-Arthriten. — Über die — v. Gadäac. 925.! 
Osmotische Gleichgewicht im tierischen Or 
ganismus. Die Rolle des Kochsalzes. 
— Über das — v. Porcher. 269. 
Osteofibrom am Unterkiefer eines Hengst¬ 
fohlens v. Prof. Schimmel. 84. 

Osterode s Schlachthofdirektorstelle. 

Ostertag 8. a. Tuberkulosetilgung. ! 

Ostertag-Feier. 91. 225. 296. 

Ostfrankreich s. Säuglingsmilchanstalten. I 

Ostium pulmonale s. Stenose. I 


Paratyphusbazillus. 492. 

Paris 8. Frankreich. j 

Patentierungen. — Neuere — 263. j 

Pauschale. 75. j 

Pauschalierung s.a.Kreistierarztreform. Tages-1 
geschichto (Arzt). 

Pauschalierungder Reisekosten undTagegelder 
der Kreistierärzte v. Träger. 167. 

Penis s Kondylom. j 

Pensionierung s. Tagesgeschichte (Person -1 
liebes). | 

Perhydrasein ilch&gat. — Ein neuer Baktericnuährboden ! 
v. Fracnkel und Mucb. 346. 

Perikard s. Punktion. ; 

Perikarditis s. a. Glottisödem. 

Perikarditis. — Bemerkungen über die Punk- ! 
tion des Perikards bei der traumatischen 
— v. Liänaux. 678. 

Perikarditis. — Eine interessante Ursache 
der traumatischen — v. Glage. 32. 

Periostknochenreflexe s. Sehnen. 

Peritonitis des Rindes und die Fleischbeschau 
bei eigetretener Notschlachtung. — Die 
traumatische partielle — v. Dr. Männer. 462. 

Peroxydasen. Orig.-Art. v. Schellhase. 723. 

Persönliches s. Tagesgeschichte. 

Personalien s. Tagesgeschichte (Persönliches | 
Tierärztl. Lehranstalten). 

Petersburg s. Rußland. 

Petition s. Kreistierarztreform. 

Petition der preußischen Kreistierärzte be¬ 
treffend § 2 des Viehseuchengesetzes. : 52. 

Petroleum zur Denaturierung des Fleisches. 
494. 

Pferd s. Acaru8milben, Akanthom, Anämie, 
Aneurysma, Arbeitspferd, Arthritis, At- 
lnungsphänomen, Bauehbruch, Beinbruch, 
Beugesehnenveränderungen, Bindehaut¬ 
sack, Blasensteinbildung, Blutkörperchen, 
Bornasche Krankheit, Brechweinstein¬ 
vergiftung, Brustseuche, Brust- und Rot- 


ll«Mlcndegcneration,Ilorn8äule,llufkuorpel- 
fistel, Hyperämie, Hyperostose, Influenza. 
Insektenplage, Jahresbericht, Jodipin, 
Karzinomatose, Kniegelenksentzündung, 
Knochen, Knochenbrnch, Kolik, Kolon¬ 
verdrehung, Kondylom, Kopfkraukheit, 
Koppen, Lappentransplantation, Leber¬ 
egel, Magenerweiterung, Magenwandungen. 
Mastdarmzerreißung, Mauke, Myokarditen, 
Myokarditis, Nageltritt, Nasenstenose, 
Nasentumoren, Neoplasmen, Ophthalmo¬ 
reaktion, Osteofibrom, Parasiten, Pyämie, 
Rauschbrand, Rostpilz, Rotz, Samenfäden, 
Schale, Scheinzwitter, Schlempemaukc, 
Schlundkopflähmung, Schlundruptur, 
Schweinepest, Sedimentanhäufung, Seh¬ 
nenscheide, Sehnen- und Periostknochcn- 
reflexe, Septikämie, Stätigkeit, Stollbeule, 
Synovektomie, Thrombose, Tragbahre, 
Tuberkulose, Vererbung, Verknöcherung, 
Vorderschenkel, Windkolik, Wirbelsäule, 
Wundstarrkrampf, Wurfzeug, Zungen- 
ödem, Zwerchfellkrampf. 

Pferde-Antiserum 728. 

Pferdebesitzer s. Haftpflicht. 

Pferdedärme s. Wursthüllen. 

Pferdefleisch. — Vergleichende Untersuch 
ungen über die praktische Verwertbarkeit 
der Präzipitiureaktion und der Komple- 
mentbindungsmethode zum Nachweis von 
— v. Weidanz und Borchmann. 682. 

Pferdefleisch. — Technik und Methodik des 
biologischen Verfahrens zum Nachweis 
von — v. Uhlenhuth, Weidanz und Wedc- 
mann. 682. 

Pferdefleisch. — Verfügung betreffend den 
biologischen Nachweis von — 940. 

Pferdefleischnachweis durch die Präzipitiu- 
methode. 139. 

Pferdc-Influenza s. Anzeigepflicht. 

Pferdelungen s. Knötchen. 

Pferdeohr s. Akanthom. 

Pferdeschutz. — Internationale Ausstellung 
für - 187. 

Pferdeseuche. — Eine eigenartige — von 
Kremell. 798. 

Pferdeversicherungsanstalt s. Versicherungs¬ 
wesen. 

Pferdezucht. — Teilnahme der Tierärzte an 
der — von Matthiesen. 801. 

Pferdezucht-Kommission. — Landes- — 107. 

Pferdzuehtverein. — Rheinischer. 240. 

Pflngstreise 1908. 383. 

Pflanzen. — »Serumanfnabme durch — 585. 

Pfortader bei einer Kuh. — Thrombose der - 
v. Göhre. 848. 

Pfuscher s.WundstarrkrampfjTagesgcsehichtc, 
(Pfuscherei) 

Phagozytose. — Über die Ursachen der - 
v. Neufcld. 681. 

Phagozytose und der Herkunft des Komple- 


Ostpreußen s. Beschälseuche. laufseuche, OhloralhydratiDjektionen, ments. - Beitrag zur Kenntnis der v. 

Otjimbingwa s. Magen-Darmkatarrh. ' Dämpfigkeit, Digalen, Druse, Drnseabszeß, Neufeld. 681. 

Dünndarmeinschnürung, Echinococcus, Phalangen s. Hyperostose. 

Pankreaskonkremente. — Zur Kenntnis der — Euterrotz, Fesselbeinbeuger, Fcsselbein- Pharmazeut. Institut Gans s. Hundestaupe* 

v. Dr. Bergholz. 670. fissuren,Fesselbeinfraktur,Filariapapillosa, serum, Impfstoffe. 

Pankreassekrete* aus dem Magen und ihre diagnostische Fohlenlähme, Funiculitis, Gehirn-Rücken- Phenyform. Orig.-Art. v. Espert. 473. 

Verwertbarkeit. — Die Gewinnung des — v. Lcwinski. * . . , . . 

698. marksentzündung, Gestütspferde, Glandula Phenyform, ein neues Desinfektionsmittel v. 

Pansenlähmuug infolge reichlicher Aufnahme thyreoidea, Granulom, Haferwert, Haft- Dr. Lemke. 680. 

von Sand. v. Guhrauer. 927. pflicht, Harnröhrenstein, Harnstein, Hengst, Phlegmone. — Abszedierende, periproktale 

Panpppleere v. Frasch. 430, Herpes tonsurans, Herzklappendehnung, | v. Bülling. 7. 





XXI 


PhoBphorvergiftung bei Hühnern. (>15. 

Photographie s. Autochromplatte, Farben¬ 
photographie. 

Pillen s Lageman. 

Pillen- und Eingußapparat, ein neues In¬ 
strument. Orig.-Art. Dr. Zimmermann. 556. 

Pilocarpin. — Die Wirkungsweise des — v. 
Prof. Dr. Ginelin. 782. 

Pilze. — Giftige — 495. 

Pinguineneier. 574. 

Piorkowski s. Hundestaupeserum. 

Piroplasma canis in the tick. — Preliminary 
note on the development of — von 
Christophers. 287. j 

Piroplasma canis im Bezirk Usambara in 
Deutsch-Ostafrika v. Leupold. 286. 


1 Preisausschreiben. — Koloniales -- 186. 

Preisausschreiben für Schlachthausballten. 728. 

Preisfeststellung beim Schlachtvieh. — Reichs¬ 
gesetz betreffend — 837. 

Preistafeln. 494. 

j Preistafeln in Gera vor Gericht. — Die Ver- 
• Ordnung betr. Aushängen von — 24. 196; 
in Leipzig. 196. 260. 

Pressebureau. — Begründung eines tierärzt¬ 
lichen — v. Schmaltz. 799; v. Dr. Foth. 
835; Erwiderung v. Schmaltz. 851; Er¬ 
widerung v. Dr. Foth. 865; Schlu߬ 
bemerkung v. Schmaltz. 866. 960. 

Pressebureall. — Beschluß der Veterinär¬ 
beamten des Reg.-Bez. Schleswig über 
das — 985. 


PriifungsbeBtimmungon s. Tagesgeschichte 
(Ärzte und Universitäten und tierärztliche 
Lehranstalten). 

Pseudohermaphroditismus masculinus. — Bei¬ 
trag zur Kenntnis des — v. Feuereißen. 
203. 

Pseudo - Maul- und -Klauenseuche v. Dr. 
Kantorowicz. 31. 

Pseudotuberkulosis s. Enteritis. 

Pseudotuberkulose der Schafe und der Über¬ 
tragungsfähigkeit auf andere Tier¬ 
gattungen. — Experimentelle Unter¬ 
suchungen betreffend die bazilläre — 
v. Noack. 632. 

Ptomaino s. Tierkörpermehle. 

Punktion s. Pericarditis. 


Piroplasmose bei ostafrikanischen Ziegen v. 
Panse. 286. 

PiroplasmoBis der Schafe v. Dr. Frosch u. 
Nevermann. 610. 817. 

Piroplasmosis der Schafe und ihre Beziehung j 
zur sog. Bradsot der Schafe. Orig.-Art. i 
v. Sonnenberg. 609; Erwiderung v. Dr. 
Mießner. 779. 

Plattenhufeisen s. Hufbeschlag. 

Pleß s. Stadtverordneten. 

Pleuritis s Pyämie. 

Pleuroperitonitis des Geflügels v. Guittard. 616. 

Pneumektomia s. Pneumotoraia. 

Pneumokoniosen. — Der Ursprung der - v. Ruata. 769. 

Pneumonie s. Kälbersterben, Myokarditen. 

Pneumonie s. Bacillus rituliscpticua. 

Pneumonie der Kälber. — Prüfungen über Mono- oder 
1‘olyvalenz der Sera gegen die infektiöse. 633. 

Pneumonie eiues Königstiegers (Bacillus pneumoniae 
tigris). — Der Erreger der — v. Marx. 697. 

Pneumothorax und opsonischer Index. — Künstlicher — 
v. PIpper. 604. 

Pneumotomia und der Pnenmektomia bei 
Hunden. — Experimente über die Indi- j 
kationen der — v. Pausini. 202. i 

Pökeln. — Vorschriften für das — 439. 

Pökelprozesses. — Wissenschaftliche Erfor¬ 
schung des — 439. 

Polizeiverordnung s. Verordnung. 

Polynenritis der Hühner v. Kellermann. 178. 

Polizeibeamte s. Tierschutzlehrstunden. 

Polizeitierärzte s. Abgeordnetenbaus. 

Polizeitierärzte und Fleischkontrolle. 334. 

Polizeiverordnung s. Betäubung. 

Pommern. — Tierzuchtinspektoren in — 963. 

Posen s. Geflügelcholera, Lungensenche. 

Prämonitorisches Fieber s. Wut. 

Präparate s. Demonstration. 

Präputialblatt s. Kondylom. 

Präputium der Haussäugetiere v. Dr. Krage. 

668 . 

Präzipitinmethode. — Pferdefleischnachweis 
durch die — 139. 

Präzipitinreaktion s. Pferdefleisch. 

Praktisches Jahr v. Bischof. 309. 

Praktischen Jahrs in Bayern. — Wiederein¬ 
führung des — 251. j 

Pravazsche Nadel v. Hoffmann. 461. 

Praxis s. a. Automobil. 

Praxis — Aus der — v. Holterbach. 81. 876. 
973; v. Dasch. 202; v. Train. 243; Be¬ 
richtigung dazu. 245; v. Zieger. 268; Be¬ 
richtigung. 302; v. Frascli. 430; v. Reichert. 
516; v. Dr. Vogel. 596; s. a. Mitteilungen. 

Praxis und Konkurrenzklausel. — Verkauf 
der ärztlichen — 465. 

Preis s. Kleinhandelspreise. 


Preußen: s. a. Beamtenbesoldung, Be¬ 
soldungsvorlage, Deutschland, Jahres¬ 
veterinärberichte, Kreistierarztreform, Ost¬ 
preußen. Die Stellung der sächsischen 
und preußischen beamteten Tierärzte 
v. Schmaltz. 250. — Gehaltsaufbesserungen 
in Preußen. 252. — Petition der prenßischen 
Kreistierärzte gegen die Eingabe des Ver¬ 
bandes der Privattierärzte. 252. — Ver¬ 
fügung betr. Schafräude in Preußen. 258. 
— Gesuch des Vereins beamteter Tier¬ 
ärzte Preußens um Erlangung der Stimm¬ 
berechtigung bei den Hengstkörnngen. 
320; Erwiderung. 321. — Influenza unter 
den Pferden der Zivilbevölkerung in 
Preußen. 330. — Brust- und Rotlaufseuche 
unter den Pferden der Militärverwaltung. 
330. — Einführung der Pauschalierung in 
Preußen v. Schmaltz. 350. — Erweiterung j 
des Promotionsrechts in Preußen. 396. — I 
Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau bei Schlachtungen im preußischen 
Staate für das Jahr 1906. 421. 423; 1905. 
642. — Oberlehrerlaufbahn in Preußen. 539. 
— Hausschlachtungen in Preußen. 572. — 
Viehzählung in Preußen. 701. 913. — Die 
im Jahre 1907 in Preußen zur amtlichen 
Kenntnis gelangten Bißverletzungen durch 
tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere 
807. — Kleinhandelspreise von Fleisch 
in Preußen. 837. — Wohnungsgeldzuschuß 
und Steuerprivileg der Beamten in Preußen. 
853. —•Tierärztekammern v. Schmaltz 864. 

Prießnitzumschläge bei Kolik. — Heiße — 
v. Grundmann. 977. 

Privattierärzte s.a. Gesetze, Standes Vertretung, 
Tagesgeschichte (Vereine). 

Privattierärzte in der Fleischbeschau und die 
Mittel zur Besserung. — Die Stellung 
der — Orig.-Art. v. Meier. 8. 

Probeschlachtungon zur Steuerveranlagung. 
573. 

Proctitis baemorrhagica bei Jungrindern, 
v. Holterbacb. 81. 

Professoren- und Naturforscherversammlung, 
v. Schmaltz. 984. 

Promotion s. Abgeordnetenhaus, Tages¬ 
geschichte (Tierärztliche Lehranstalten). 

Proskauer s. Milch. 

Proteid. 728. 

Protest des Korps Holsatia. 92. 

Protozoen. — Biologische Studien über 
parasitische — v. Dr. Lindner. 123. 

Protozoenkrankheiten. — Tropenhygiene und 


Puro s. Fleischsaft. 

Pyämie der Kaninchen. — Über eine mit 
fibrinöser Pleuritis einhergehendc — von 
Koppänyi. 518. 

Pyämie bei der Stute — Puerperale — von 
Pincimin. 977. 

Quadricepslähmung bei Morbus maculosus.von 
Dr. Vogel. 597. 

Quarantäne s. Fleischerverband. Tuborkulosc- 

| Statistik. 

; Quecksilber s. Atoxyl. 

j Quecksilber s. Atoxyl. 

j Quecksilbervergiftung bei Kälbern. — Beitrag 

i zur — Orig.-Art. v. Dr. Reiche. 475. 

i 

I Baebiger s. Gerichtsentscheidungen (Ver¬ 
schiedenes). Kälberruhrserum. Lumbagin. 
Salbenspritze. 

Räucherung der Brühwürstchen. 440. 

Rasselgeräusche zu Lchrzvvockeu. Über künstlich 
erzeugte — v. Hildebrandt. 698. 

Rassen s. Spezialisierung. 

Rassestall s. Kindermilchproduktion. 

Ratin s. Trichinenkrankheit. 

Ratinbazillua als RattenTertilgungainittel. — ▼. Xvlander. 
606 . 

Ratten s. Paralysis bulbaris. Trichinen¬ 
krankheit. 

Rauschbrand s. a. Milzbrand. 

Rauschbrand nach O. Thomas. — Ein Beitrag 
zur Impfung gegen den — Orig.-Art. v. 
Nissen. 925. 

Rauschbrand in Mecklenburg. 420. 

Rauschbrand beim Pferde vor? — Kommt — 
v. Prof. Ostertag. 83. 

Rauschbrand bei einem Schwein. Orig.-Art. 
v. Willenberg. 734. 

Rauschbranddiagnose. — Beitrag zur — 
v. Dr. Warringsholz. 65. 

Rauschbrandentschädigung. 939. 

Rauschbrandfälle in Sachsen v. Eichhorn. 377. 

Rauschbrandimpfstoif. — Über flüssigen — 
v. Prof. Dr. Schnürer. 547. 

Rauschbrandkrank s. Häute. 

Reaktion s. Artverwandtschaft 

Redaktionsnotizen: Literarische Notizen. 
351. — Verzeichnis der Tierärzte ohne 
Wohnortsangabe. 511. — Vakanz der 
I. Assistentenstelle am physiol. Institut 
der Tierärztl. Hochschule Berlin. 540. — 
Mitteilung betr. eine Erwiderung v. Dr. 
Goldbeck. 695. — Erbetener Nachweis 
zur Niederlassung. 804. — Redaktionelle 
Bitte v. Schmaltz. 913. 

Redaktionswechsel der Zeitschrift „Der Tier- 


— v. Dr. Sieber. 285. 


arzt a . 186. 





XXII 


Rinderdärme. 494. 

Rinderfinne. — Bekämpfung der — 494. 
Rinderhausschlachtungen. — Beschauzwang 
bei — 420. 


Rotzbazillus. Untersuchungen über die 
Agglutination des — v. Dr. Sustmann. 631. 

Rotze«. Die Sclinellagglutination und ihre Verwendung 
bei der Serodiaf noa>< des — v. Miefiner. 903. 


Reform s. Viehhandel. 

Reformgedanken. — Studentische — 523. 

Reichsamt des Innern s. Fleischbeschau. 

Reichsapothekengesetz s. Tagesgeschichte 
(Apothekenwesen). 

Reichsbeamten s. Tagesgeschichte (Militär- 
veterinäre). 

Reichsgesundheitsamt s. Milch. 

Reichsland 195. 

Reichsmilitärfiskus s. Haftpflicht 

Reichstag 8. a. Gesetze, Lebendgewicht, Nah¬ 
rungsmittelkontrolle, Tierseuchengesetz, 
Viehseuchengesetz, Viehseuchenkom- 
mission. 

Reichstag. — Eingabe des Deutschen Vete¬ 
rinärrats an den — 379. 

Reichstagskommission ftlr das Tierseuchen- 
geßetz. Von Krüger. 124. 

Reichstierarzneischule s. Mitteilungen. 

Reichstierseuchengesetz und Kreistierarzt von 
Krüger. 72. 

Reichsviehseuchengesetz s. Gesetze. 

Reims s. Tuberkulöse Kuh. 

Reinerz s. Schlesien. 

Reisekosten s. Kreistierarztreform, Tagcs- 
geschichte (Ärzte), Gebühren. 

Reiten der Veterinäre. 57. 

Relapsing Fever. — The part plaved by 
pediculus corpories in the Transmission 
of — v. Mackie. 582. 

Rennsieg des Tierarztes Volkmann. 367. 

Resektion s. Darmresektion. 

Resolution des tierärztl. Vereins f. d. Reg.- 
Bez. Merseburg. 414. 

Resorption s. Tuberkolbazillen. 

Renß j. L. s. Versicherungswesen. 

Reuß-Greiz. — Schächtverbot in — 701. 

Revision s. Gebühren. 

Rezept und seine rechtlichen Folgen. — Ein 
unleserliches — v. Voigt. 563. 

Rheinprovinz. — Fleischbeschau bei Haus- 
Bchlacbtungen in der — 647. 

Richterbund. — Deutscher — 563. 

Ricin 8. Oleum Ricini. 

Riesenschmuggelprozeß. 856. 

Rietzei s. Tagesgeschichte (Verschiedenes). 

Rind s. Alkohol, Atheromathose, Bacillus 
pyogenes, Bauchbrüche, Beschauzwang, 
Bronchitis, Darmresektion, Eihäute, Eite¬ 
rung, Enteritis chronica, Euterentzündung, 
Facialislähmung, Festliegen, Fruchtbarkeit, 
Gebärparese, Geschlechtsorgane, Glottis- 
ödem, Hämoglobinurie, Hirnhauttuber¬ 
kulose, Horn, Jungrind, Kalb, Kalt¬ 
wasseranwendung, Kehlkopftuberkulose, 
Krämpfe, Krampf, Labmagenverstopfung, 
Landespolizeiliche Anordnung, Leuko¬ 
zytose, Lungenentzündung, Lymphadenie, 
Magendarmkatarrh, Malaria, Morbus macu- 
losus, Neoplasma, Pericarditis, Peritonitis, 
Proctitis hämorrhagica, Pseudo-Maul- und 
Klauenseuche, Rostpilz, Sarkoptesräude, 
Scheidenkatarrh, Schieferzähne, Starr¬ 
krampf, Stenose, Strabismus, Strepto¬ 
coccenmastitis, Tendinitis, Thrombose, 
Torsio uteri, Trächtigkeit, Trypanosomata, 
Tuberkelbazillen, Tuberkulinreaktion, Tu¬ 
berkulöse Kuh, Tuberkulose, Tuberkulose¬ 
diagnose, Tuberkulose - Schutzimpfver¬ 
fahren, Ulcus ventriculi, Uteruskarunkel, 
Viehhandel, Wirbelsäule. 


Rinderpest s. a. Cattle plaque. 

Rinderpest in China v. Pfeiffer. 441. 

Rinderseuche s. Wild. 

Rindertransporte. — Gesundheitszeugnisse 
für — 451. 

Rindertuberkulose s. a. Milchwirtschaft, Oph¬ 
thalmoreaktion. 

Rindertuberkulose. — Zur Bekämpfung der — 
721; v. Dr. Müller. 988; in der Rheinprovinz 
v. Krautstrunk. 789. 

Rindertuberkulose ist auf die äußerlich er¬ 
kennbare Form zu beschränken — Die 
Anzeigepflicht der — 253. 

Rindertuberkulose. — Entschädigung bei 
253. 

Rindertuberkulose und die Mitwirkung der 
Molkereigenossenschaften dabei. — Die | 
Bekämpfung der — v. Dr. Müller. 259. 

Rindviehbestand s. Milchgenossenschaften, i 
Tuberkulose. 

Rüntgenstrahlen auf den Hoden. — Über die anatomi¬ 
schen Wirkungen der - v. Herxheimcr und HofTmann 
680. 

Röntgenstrahlen in der Fleischbeschau. 195. 

Röntgentherapie v. Kienböck. 869. 

Rostock s. Mecklenburg-Schwerin. 

Rostpilz 8. Hämoglobinämie. 

Rostpilzbefallenen Futters. — Beobachtungen I 
über Vergiftungsfälle bei Pferden, Rindern 
und Schafen infolge Verftitterung — Orig.- 
j Art. v. Dr. Müller. 541. 

! Rothenburg. — Trichinenepedemie in — 647. 

| Rotlauf der Schweine in Baden 1905 und 1906. 

! — Die Impfungen gegen den — von 

| Feb8enmeier. 56. 

Rotlauf der Schweine auf den Menschen. — 
Eine Übertragung von -— v. Röder. 656. 

Rotlauf der Schweine. — Zur Bekämpfung 
des — v. Dr. Dörrwächter. 98. 

Rotlaufbazillen s. Backsteinblattern. 

Rotlaufbazillen auf der Darmschleimhaut und 
in den Tonsillen gesunder Schweine. — ' 
Beiträge zum regelmäßigen Vorkommen j 
der — v. Pitt. 391. 

Rotlaufbazillen in faulenden Organen. — Bei- 
i trag zum Nachweis von — v. Dr. Opalka. 
123. 

Rotlauib»KiUen in der Gallenblase von Schweinen, die 
die Infektion Uberstanden haben. — Das Vorkommen 
von — v. Dr. Pitt. 288. 

Rotlaufbazillus. — Beiträge zur Biologie des 
— v. Schipp. 790. 

Rotlaufimpfung s. Gerichtsentscheidungen, 
Landwirtschaftskammer. 

Rotlaufimpfungen aus Kreiskommunalmitteln. 
— Beitrag zur Organisation der — von 
Dr. Bartels. 271. 

Rotlaufschutzimpfung und Nachprüfung der 
Rotlaufdiagnosen durch Seruminstitute! 
v. Lübke. 870. j 

Rotlaufseuche s. Brustseuche. 

Rotz s. a. Ophthalmoreaktion. j 

Rotz. — Agglutinationsprobe bei — Orig.-Art. : 
v. Nevermann 673. 

Rotz. — Beitrag zur Agglutinationstechnik 
bei — v. Dr. Müller. 595. 

Rotz in China v. Pfeiffer. 445. 

; Rotz. — Russische Grenze und — 490. 


Rotzkrankheit s. KnÖtschen. 

Rotzkrankheit. — Die moderne Bekämpfung 
der — v. Dr. Stödter. 484. 

Rotzkrankheit. — Ober Immunisierung gegen 
die — Orig.-Art. v. Dr. Marxer. 229; v. Prof. 
Dr. Levy, Dr. Blumentbal und Dr. Marxer. 
343. 

Rotzkrankheit. — Untersuchungen über die 
Pathogenese der — v. Prof. Dr. Hutyra. 82. 

R. S. C. — Denkmal. 107, 186, 351, 413, 
Einweihung. 481. 

Rüben s. Gelbe Rüben. 

RUckfallfieber s. relapsing fever. 

Rttckfallfiebers durch Zecken. — Experimen¬ 
telle Studien über die Übertragung des — 
v. Möllers. 583. 

Ruhr und Lungenbrustfellentzündung der 
Kälber. — Infektiöse — Orig.-Art. v. Eisen. 
500. 

Ruhrähnliche Krankheit unter den Gänsen. 616. 

Rundzellensarkom s. Struma. 

Ruptur des Fesselbeinbeugers s. Fesselbein¬ 
beuger, s. a. Zerreißung. 

Rußland: Fleischschmuggel auf Fischer¬ 
booten. 21. — Fortbildungskursus für 
Tierärzte in Petersburg. 155. — Russische 
Grenze und Rotz. 490. — Russische Butter 
und Cholera. 837. — Veterinärinstitut zu 
Dorpat. 963. — Sibirischer Butterexport. 
943. 

Hachsen: s. Kindermilchproduktion. — 
Fleischpreise dersächsischen Schlachtvieh¬ 
versicherung. 1908. I. Quart 47. II. Quart 
335. III. Quart. 495. IV. Quart. 839. - 
Fortbildungskursus für Tierärzte an der 
Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Dresden. 
106. — Bakteriologische Milchunter¬ 

suchungen in Leipzig. 140. — Fleisch¬ 
preistafeln in Leipzig. 196. 260. — Be¬ 
soldung der Bczirkstierärzte in Sachsen. 
224. — Die Stellung der sächsischen 
und preußischen beamteten Tierärzte v. 
Schmaltz. 250. — Milch Untersuchungen 
in Leipzig. 263. — Ablehnung der An¬ 
erkennung des Schweizer Dr. med. vet 
in Sachsen v. Schmaltz. 318. — Die Pro¬ 
fessoren Obermedizinalrat Dr. Müller und 
die Medizinalräte Dr. Röder und Dr. Kunz- 
Krause-Dresden zu Mitgliedern des Senats 
gewählt. 323. — Beteiligung am Fort¬ 
bildungskursus für praktische Tierärzte. 
323. — Bewilligung der Mittel zur Ein¬ 
richtung eines opsonischen Laboratoriums 
an der Tierärztlichen Hochschule in 
Dresden. 323. — Vermittlungsstelle für 
Vertretungen im Schlachthofdienst. 324. 
— Milzbrand und Notschlachtungen (Minist- 
Verfüg.). 329. — Bericht über die Schlacht¬ 
vieh- und Fleischbeschau im Königreich 
Sachsen für das Jahr 1906. 333. — Aus 
den Berichten der sächsischen Bezirks¬ 
tierärzte. 377. 679. — Geburtstagsfeier 
Sr. Majestät des Königs von Sachsen in 
der Tierärztlichen Hochschule in Dresden. 
398. — Neuregelung der Gehälter der 
höheren Schulanstaltcn Sachsens. 414. — 



xxni 


Preistafeln ungültig. 494. — Geschäfts¬ 
bericht der Anstalt für staatliche Schlacht- 
viehversicherung im Königreich Sachsen 
für das Jahr 1907. 607. — Wissenschaft¬ 
liche Abende der Assistenten der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Dresden im 
Winter 1906/07.661. (Beilage). — Dresdener 
Tuberkulose Schutzimpfverfahren. 241. — 
Ein Wort zur Besetzung amtlicher Stellen. 
933. 

Sachsen-Altenburg s. Anzeigepflicht, Borna¬ 
sche Krankheit 

Sachsen-Weimar: Veterinärratstitel in 

Sachsen-Weimar. 984. 

Sachverständige s. Gebühren. 

Sachverständigentätigkeit s. Gerichtsentschei¬ 
dungen. 

Sadismus und Sodomie v. Meitzer. 7. 

Säugetierleber nebst Homologie ihrer Lappen. 
— Terminologie und Morphologie der — 
v. Meyer. 801. 

S&agetiertuberkulose. — Geflügel tuberkulöse und — von 
Bang. 359. 

Säuglingsernährung. — Vorschriften für die — 
701. 

Säuglingsmilch s. Milch. 

Säuglingsmilchanstalten in Ostfrankreich. — 
Stiftung gewisser Summen für — 139. 

Säuglingsmilchkühe s. Milch. 

SalbenBpritze in der Praxis. — Die Raebiger- 
sche — Orig.-Art v. Dr. Goldbeck. 284. 

Salizylsäuren auf die Harnorgane. — Klinische 
Untersuchungen über die Wirkung modi¬ 
fizierter — v. Prof. Dr. Gmeiner. 680. 

Salpeter s. Hackfleisch. 

Samenfäden im Sperma des Hengstes. — 
Feststellung der Zahl der — Orig.-Art. v. 
Dr. Bernhardt. 793; Berichtigung. 851. 

Sand s. Pansenlähmung. 

Sanitätsanstalten s. Desinfizierung. 

Sanitätstierarztstelle s. Tagesgeschichte 
(Sanitätstierärzte). 

Sarcoptes mutans lebendig gebärend? v. Dr. 
Hase. 615. 

Sarcoptesräude des Kindes (Sarcoptes scabici 
Latr.). — Ein Fall von — v. Prof. Dr. 
Wolffhügel. 392. 

Sarin, ein neues Heilmittel gegen Schweine¬ 
seuche v. Szabö. 55. 

Sau s. Schroten, Schwein, Überfruchtung. 

Saugkälbern. — Weitere Finnenfunde bei — 
v. Dr. Stroh. 440. 

Saugverfahren s. Biersches Saugverfahren. 

Schabefleisch mit Blutgerinseln. 839. 

Schäclitverbot — Abgelehntes — 47. 

Schächtverbot in Reuß-Greiz. 701. 

Schidelbruch durch Hundebifl v. Pfleger und Marx. 956. 

Schädigung s. Haftpflicht. 

Schaf: s. Bradsot, Bronchitis, Euterent¬ 
zündung, Katarrhalfieber, Klauensäckchen, 
Nierenerkrankung, Piroplasmosis, Pseudo¬ 
tuberkulose, Rostpilz, Tetanusantitoxin. 

Schafbock mit drei Hörnern. Orig.-Art v. 
Mord. 1. 

Schafdärme. 494. 

Schafen. — Aphthenseuchenartige Erkrankung 
bei — v. Tietze. 467. 

Schaffleisch s. Ziegenfleisch. 

Schafkrankheit. — Eine bisher noch nicht 
erforschte — Orig.-Art. v. Grabe. 355. 

Schafkrankheiten. — Infektiöse — v. Dr. 
Mießner. 436. 


Schafräude. — Bekämpfung der — v. Oster¬ 
tag. 979. 

Schafräude im Regierungsbezirk Kassel. — 
Bekämpfung der — v. Tietze. 603. 

Schafräude in Preußen. — Verfügung betr. 

— 258. 642. 

Schale an den Vorderextremitäten beim Pferd. 

* — Zur Frühdiagnose der — v. Lange. 680. 

Schalenbildung s. Hufknorpelfesselbeinband. 

Scheide s. Schleimverhaltung. 

Scheidenkatarrh b. a, Bissulin. 

Scheidenkatarrh der Rinder. — Ansteckender 

— 783; v. Kukuliewiz. 794. 

Scheidenkatarrh und seine Bedeutung für die 

nassauische Tierzucht — Der infektiöse 

— v. Wenzel. 325. 

Scheidenkatarrhs mit Bazillolsalbe. — Be¬ 
handlung des ansteckenden — 378. 

Scheiden- und Wurftuberkulose bei der Kuh 
v. Fischer. 600. 

Scheintot s. Beleben, Neugeborene. 

Scheinzwitter bei einem Pferde. Orig.-Art. 
v. Tantos. 53. 

Schieferzähne beim Rind. Orig.-Art v. Wie¬ 
land. 694. 

Schilddrüse s. Glandula thyreoidea, Thyreoi- 
dektomie, Struma. 

Schlachtgewicht. 814. 

Schlachtgewicht. — Durchschnittliches — 261; 
s. a. Fleisch. 

Schlachtgewichtes treffen? — Dürfen die 
Städte verbindliche Vorschriften hinsicht¬ 
lich der Feststellung des — 24. 

Schlachtgewichts. — Abänderung des üb¬ 
lichen Wiegens bei Feststellung des — 24. 

Schlachthäuser: — Neuerrichtete — Altdamm 
196; Saargemünd 648; Krappitz, Kletzke, 
Münsterberg 494; — geplante — E nbeck, 
Kulenbach, Pfaffenhofen, Grünstadt 941 

Schlachthalle. — Milzbrand in der — 837. 

Schlachthaus s. Gebühren. 

Schlachthausbauten. — Preisausschreiben für 
728. 

Schlachthausgesetz. — Oldenburgisches — 
195. .569. 

Schlachthaus-Skandale in Chicago. 569. 

Schlachthöfe s. Viehhöfe. 

Schlachthöfen. — Errichtung von Laboratorien 
an den — 139. 

Schlachthof s. Düngerproduktion, Fleisch¬ 
hackerei, Schlachthaus, Sommes, Viehhof. 

Schlachthofdienst. — Vermittlungsstelle für 
Vertretungen im — 324. 

Schlachthofdirektor s. Gerichtsentscheidungen. 

Schlachthotdirektors. — Gültigkeit allgemeiner 
Anordnungen des — 47. 

Schlachthofdirektorstelle Osterode, Ostpr. — 
Anfrage betreffs — 576; s. a. 606. 

Schlachthofe. — Über die Notwendigkeit 
separater Arbeits- und Untersuchungs¬ 
räume im — v. Breuer. 138. 

Schlachthofe in Königshütte durch den 
Schlachthofdirektor. — Aufrechterhaltung 
der Ordnung auf dem — 195. 

Schlachthofes. — Gesundheitliche Aufgaben 
des - 941. 

Schlachthofinspektors. — Private Tätigkeit 
eines — 507. 

Schlachthoftierärzte s. a. Standesvertretung 
und Tagesgeschichte (Sanitätstierärzte). 


Schlachthofwesen. — Verbesserungen im 
französischen — 139. 

Schlachthofzwang für Schlachtungen gewisser 
Kategorien Gewerbetreibender. 46. 

Schlachthofzwang bei Hausschlachtungen. 262. 

Schlachtmethoden. — Ausbluten bei ver¬ 
schiedenen — 439. 

Schlachtpistole. — Neue — 571. 

Schlachtstätten s. Hausschlachtungen. 

Schlachttage s. Schlachtungen. 

Schlachttiere. — Betäubung der — 47. 

Schlachttiere. — Blut der — 838. 

Schlachttierkrankheiten und Fleischvergif¬ 
tungen durch Bakterien der Typhus-Coli- 
Gruppe. — Über den Zusammenhang 
zwischen — v. Edenhuizen. 56. 

Schlachttierversicherung s. Versicherungs¬ 
wesen. 

Schlachtungen eines Fleischers. — Veröffent¬ 
lichung der Zahl der — 595. 

Schlachtungen auf die einzelnen Schlachttage. 
— Angemessene Verteilung der — 570. 

Schlachtvieh s. Betäubung, Fleischbeschau, 
Gewichtsverlust, Preisfeststellung. 

Schlachtvieh- und Fleischbeschau: Statistik 
s. d. Ländernamen. 

Schlachtviehes. — Wert des — 260. 

Schlachtviehhandels. — Statistik des — 814. 

Schlachtviehmärkte. — Deutsche — 813. 

Schlachtviehversicherung s. Gesetze, Ver¬ 
sicherungewesen. 

Schlachtviehversicherungsvereine. — Private 
— 260. 

Schlachtzeiten. — Festsetzung der — 571. 

Schlächterei s. Garnisonschlächterei, Gro߬ 
schlächterei, Konfiskatbehälter. 

Schlafkrankheit s. Sleeping sickness, Strepto¬ 
coccenkrankheit 

Schlafkrankheit. — Schlußbericht über die 
Tätigkeit der deutschen Expedition zur 
Erforschung der — v. Koch. 285. 

Schlagfertigkeit s. Hufbeschlag. 

Schleimverhaltung in der Gebärmutter und 
der Scheide. — Angeborene genitale 
Mißbildung und — v. Moussu. 630. 

Schlempemauke beim Pferde v. Dr. Froehner. 
534. 

Schlennstedt. — Der Fall — v. Dr. Felisch. 312; 
Anmerk. v. Schmaltz. 312; Erwiderung v. 
Dr. Felisch. 348; Anmerk. v. Schmaltz. 349; 
Erklärung des S. C. 383; Anmerkung v. 
Schmaltz. 383; Erklärung des Korps Sa- 
lingia. 414; Resolution des Tierärztlichen 
Vereins f. d. Reg.-Bez. Merseburg. 414. 

Schlesien: Wutschutzabteilung am hygie¬ 
nischen Institut der Universität Breslau. 
257. — Forstmeister v. Raesfeld, Tierarzt 
Dr. Standfuß und ein Diener von einem 
tollen Hunde gebissen. 538. -— Ausbau 
des Veterinärinstituts in Breslau. 185. — 
Nahrungsmitteluntersuchung in Breslau. 
140. 

Schleswig-Holstein: Fleischbeschau bei 
Hausschlachtungen. 647. — Holsteinische 
Euterseuche v. Glage. 862. — Eine neue 
Euterseuche in Schleswig-Holstein. Orig.- 
Art. v. Nielsen. 969. 

Schluckbehinderungen beim Pferd v. Zschokke. 
30. 

Schlundkopflähmung durch Fadenpilzinfektion 
beim Pferd v. Zschokke. 30. 



XXIV 


Schlundruptur beim Pferde v. Zschokke. 30. 

Schmelzveränderungen von Tierfetten. 585. 

Schmuggelprozeß s. Riesenschmuggelprozeß, 
Viehschmuggel. 

Schnee und Eis. — In — Orig.-Art. v. Hennig. 
285. 

Schonzeit. — Wild verkauf während der — 
494. 

Schottland. — Maul- und Klauenseuche in — 
464. 

Schraubenschere nach Hoffmann. 461. 

Schreckziegen oderFainting goats. Orig.-Art. 
v. Prof. Dexler. 970. 

Schroten der Säue. v. Beck. 559. 

Schulanstalten s. Sachsen. 

Schußapparat. — Tödliche Verletzung durch 
den — 569. 

Schutzimpfung s. die einzelnen Infektions¬ 
krankheiten. 

Schweden: Militärveterinärwesen in Schwe¬ 
den. 701. — Schwedische Milch in Berlin. 
718. — Vorkommen der Trichinen in 

Schweden v. Nystedt. 848. — Seuchen¬ 
nachrichten. 992. 

Schwefelkohlenstoff gegen Distomatosis. v. 
Floris. 518. 

Schweidnitz s. Schächtverbot. 

Schwein: s. Ascaris, Bacillus pyogenes, 
Backsteinblattern, Darmanhängsel, Dorsch¬ 
lebertran, Ferkelfressen, Fische, Fischig- 
keit, Hühner, Huhn, Knochenbrüche, Milz¬ 
brand, Nephritis, Nystagmus, Rauschbrand, 
Rotlauf, Rotlaufbazillen, Schroten, Sedi¬ 
mentanhäufung, Trichinenkrankheit, Toll¬ 
wut, Tuberkelbazillen, Tuberkulose, Über¬ 
fruchtung. 

Schwein s. Rotlaufbazillcn, 

Schweinedärme. 494. 

Schweinemästereien in der Heide. 261. 

Schweinepest s. a. Schweineseuche. 

Schweinepest s. Bacillus suipcstifer. 

Schweinepest (Ministerialverf.). 806. 

Schweinepest. — Studie über die Ätiologie 
der deutschen — v. Gläser. 6. 

Schweinepest. — Neue Erfahrungen über 
Immunisierung gegen — 463. 

Schweinepest heranzuziehen. — Vorläufige 
Mitteilung über die Möglichkeit, das Pferd 
zur Lieferung eines Immunserums gegen 
— Orig.-Art v. Koops. 117. 

Schweinepest mit Hilfe der Methode der 
Komplementbildung. — Versuche zum 
Nachweis des Erregers der — v. Ded- 
julin. 122. 

Schweinepest, Schweineseuche und Misch¬ 
infektion. — Über Heilung und Prophylaxis 
der — v. Schaffner. 305. 

Schweinepest. — Untersuchungen über das 
Wesen und die Bekämpfung der — von 
Prof. Dr. Uhlenhuth, Dr. Xylander, Dr. 
Hübener und Dr. Bohtz. 405. 

Schweinepest mit abgetötetem Virus. — Eine 
aktive Immunisierung gegen — Orig.-Art. 
v. Dr. Marxer. 401. 

Schweinepestserums. — Versuche über die 
praktische Verwendbarkeit eines mit Hilfe 
des filtrierbaren Virus hergestellten — 
v. Dr. Stadie. 830. 

Schweinepreise im Auslande. 260 

Schweinerotlauf beim Menschen. 420. 


Schweinerotlaufs. — Beitrag zur sanitäts¬ 
polizeilichen Begutachtung der Nach- 

! krankheiten des — Orig.-Art. v. Haase. 427. 

! Schweineseuche s. Euman, Sarin, Schweine¬ 
pest, Suptol. 

| Schweineseuche. — Zur Bekämpfung der — 

! Orig.-Art. v. Wittenberg. 613; v. Ripke. 820. 

Schweinescuche schwer erkrankter Ferkel 
durch Verimpfung eines neuen, von Prof. 
Dr. Wassermann-Berlin angefertigten Impf¬ 
stoffes für „Heilzwecke bei Schweine¬ 
seuche“. — Heilung an akuter — Orig.- 
Art. v. Mucha. 388. 

Schweineseuche nach Ludwig Wilhelm Gans- 
Frankfurt a. Main. — Der Impfstoff für 
Heilzwecke bei — Orig.Art. v. Raebiger. { 
611. | 

Schweinescuche. — Schutzimpfungen gegen 
722. 

Schweineseuche und Schweinepest. — Weitere 
Untersuchungen über die Ätiologie der — 
v. Prof. Dr. Ostertag und Dr. Stadie. 31 

Schweineseuchebazillenextrakt — Durch¬ 
schlagender Erfolg mit keimfreiem — 
Orig.-Art. v. Pfeil. 301. 

Schweineseucheserum. Orig.-Art v. Cämmerer. 
404. 

Schweinestall s. Stallbauten. 

Schweiz: Seuchennachrichten. 42. 991. — 
Viehwährscbaftsgesetz. 136. — Abschieds¬ 
feier für Prof. Dr. Krämer in Bern. 185. 

Anerkennung des Schweizer Dr. med. 
vet in Hamburg, 186; in Baden, 350. — 
Ablehnung der Anerkennung des Schweizer 
Dr. med. vet. in Sachsen v. Schmaltz. 
318. — Deutscher und Schweizer Dr. med. 
vet. v. Dr. Jonas 347; Anmerkung 
v. Schmaltz. 347. — Der Schweizer 
Dr. med. vet. 367. — Zahl der Tierärzte 
in der Schweiz. 718. — Ausdehnung des 
Ein- und Durchfuhrverbots wegen Aus¬ 
breitung der Maul- und Klauenseuche in 
der Schweiz. 195. — Ein- und Durch¬ 
fuhr von Rindern und Ziegen aus der 
Schweiz nach Bayern. 837. 

Schwergeburt s. Kalbefieber. 

Secacomin v. Dom. 203. 

Sedimentanhäufung in der Harnblase beim 
Pferd und beim Schwein v. Sommer. 661. 

Seefische. — Transport lebender — 573. 

Seefischerei. — Deutsche — 334. 

Sehne s. Zehenbeuger. 

Sehnen- und Periostknochenreflexe beim 
Pferde; ein Beitrag zur Diagnostik der 
Lahmheiten v. Dr. Schmidt 235. 

Sehnenscheide des dicken Hufbeinbeugers 
beim Pferd. Heilung. — Synovektomie 
der am Sprunggelenk gelegenen — v. 
Prof. Hendricks. 234. 

Sehnenscheidenentzündung als Komplikation 
der Brustseuche. — Ein Fall von 
metastatischer — v. Aulich. 462. 

Sehnenzerrungen s. Tenotomie. 

Seife zum Gebrauch in der Veterinärmedizin. — 
Darstellung giftfreier — 272. 

Selbsthilfe s. Taxe. 

Semiplacenta materna s. Uteruskarunkel. 

Senegal s. Trypanosomiasis. 582. 

Septicaemia pluriformis ovium v. Dr. Mießner. 
436. 

Septicaemie s. Kanarienvogel. 


| Septicaemie v. Hölscher 768. 

| Ser» ». Pneumonie. 

t Serotherapie des Typhus recurrens von 
Dobrosrakow. 582. 

I Serum s. Impfstoffe. Tiersera. 

1 Serum- uaw. Infektionen. — Eine neue Methode der 
■ubkutanen — v. Krautschneider. 769. 

Serumaufnahme durch Pflanzen. 585. 
Seruminstitut s. Rotlaufschutzimpfang. 
Serumtherapie s. Fleischvergiftungen. 
Seuchen: Statistik s. d. Ländernamen. 
Seuchenartige Krankheit der Gänse. 616. 
Seuchenausbrüchen. — Anlässe zu den — 40. 
Seuchenentschädigungen. 41. 
Seuchengesetznovelle s. Gesetze. 
Seuchenkadaver und Konfiskate der Fleisch¬ 
beschau in den Städten und auf dem 
Lande. — Die unschädliche Beseitigung 
der — v. Dr. Zernecke. 12. 
Senchennacbrichtendienst über die Ausbrüche 
der Maul- und Klauenseuche. 642. 
i Seuchenprozeß. — Ein langwieriger — 418. 

1 Sencbcntilgung s. a. Landwirtschaftskammer, 
Seuchentilgung. — Mitwirkung der Privat¬ 
tierärzte bei der — v. Beust. 35. 

! Seuchenverbreitung s. Viehhandel. 

Sibirischer Butterexport 943. 

! Sibirisches Fleisch. 439. 

Sklerose s. Cystenbildung. 

Sleeping sickness s. a. Dourine. 

Sleeping sikness and other Tryp. by the 
Atoxyl and Mercury method. — The 
Treatment of — v. Boyce. 287. 
Sobernheim s. Milzbrand. 

Sobernheimschen Serums bei milzbrandkran¬ 
kem Hornvieh. — Die immunisierende 
Wirkung des — v. Gäl. 343. 

Sodomie s. Sadismus. 

Sommes nous döfendus? erledigt. — Die 
Broschüre — 571. 

Spandau s. Gerichtsentscheidungen (Fleisch¬ 
beschau). 

Sparsamkeit. — Falsche — 75. 

Spatzen. — Blutfilarien bei den — v. Angelici. 
32. 

Speicheldrüsen. Die mandibularen Speichel- 
, drtisen des Affen. — Ein Beitrag zur 
vergleichenden Anatomie und Histologie 
| der — v. Dr. Illing. 662. 

| Sperma s. Samenfäden. 

Spermareaktion. — Über die praktiache Bedeutung der 
BarberioscHeu — t. Fränkel und Rudolf Müller. 392. 

Spezialarzt. — Bestimmungen über die Bei¬ 
legung des Titels — 636. 

Spezialisierung der Rassen v. Boucher. 701. 
Spießglanzbutter gegen frische Exostosen, 
v. Dehne. 977. 

Spirillosis and a haematozoal disease of 
domestic fowls in the anglo-egyptian 
Soudan. v. Balfour. 54. 

| Spirillum Obermeieri. — The cultivation of — 

| v. Novy and Knapp. 583. 

I Spirochaeta Duttoni. — On the morphology 
i and the life history of — v. Breindl. 286. 

' Spirochaete galllnarum durch Argas reäexus Fahr. — 
Übertragungsverauche der — ▼. Schellack. 360, 

Sporen. — Bazillen mit — 942. 

Sporenfärbung. — Eine einfache Art der — v. Wirte. 464. 

Sporozoen-Dermatosen des Hundes v. Marcone. 

! 863. 

Sprechwerkzeuge s. Gehörorgan. 

Sprunggelenk s. Sehnenscheide. 

Staatliche Tierärzte in Hamburg. 436, 451. 



XXV 


Staatsbeamten b. Gebaltsbezüge. 

Staatsregierung. — Ärzte und — 155. 

Stadtverordnete. — Tierärzte als — 12. 

Stadtverordneten gewählt — Veterinärrat 
Gabbey in Pleß zum — 884. 

Stäbchen s. Bakterien. 

Städtetag. — Brandenburgischer — 648. 

Stallbauten. — Vorschläge zu deren Ab¬ 
stellung, mit besonderer Berücksichtigung 
des Schwefnestalles. — Hygienische 
Mängel unserer — v. Evers. 148. 

Star. — Grauer — v. Bierstedt. 584. 

Standesheber? — Auch ein — v. Dr. Felisch. 
312; Anmerkung v. Schmaltz. 312; Er¬ 
widerung v. Dr. Felisch. 348; Anmerkung 
v. Schmaltz. 349; Erklärung des S. C. 
383; Anmerkung v. Schmaltz. 383; Er¬ 
klärung des Korps Salingia. 414; 
Resolution des Tierärztlichen Vereins für 
den Reg.-Bez. Merseburg. 414. 

Standesinteressen v. Loewel. 294. 

Standespflichten s. Gerichts-Entscheidungen. 

Standesvertretung: s. a. Gebühren, Ge¬ 
halt, Kindermilchanstalt, Minimaltarif, 
Tagesgeschichte (Militärveterinäre), Zen¬ 
tralgeschäftsstelle. — Die Stellung der 
Privattierärzte in der Fleischbeschau 
und die Mittel zur Besserung. Orig.- 
Art v. Meier. 8. — Wodurch läßt sich das 
Ansehen der Tierärzte in der Fleisch¬ 
beschau heben? v. Meier. 34. — Stellung 
der Tierärzte in der Fleischbeschau. 
250. — • Den in der Fleischbeschau 

tätigen Tierärzten soll auf ihren Antrag 
hin ohne Einschränkung freigegeben 
werden: die Begutachtung außerhalb ihres 
Beschaubezirkes notgeschlachteter Tiere, 
die vorher von denselben behandelt 
worden sind, wie sie es bis vor dem In¬ 
krafttreten der Verfügung vom 19. Oktober 
1906 gewesen ist. v. Dr, Zehl. 35. — 
Anf welche Weise kann es erreicht werden, 
daß bei Beurlaubungen von längerer, 
einige Tage überschreitender Dauer eines 
in der Fleischbeschau tätigen Tierarztes 
nicht der Laien Vertreter, sondern der von 
dem Tierarzt vorgeschlagene tierärztliche 
Vertreter ohne weiteres auch als Vertreter 
in der Fleischbeschau bestellt wird v. Dr. 
Zehl. 34. — Die deutsche Milchwirtschaft 
und die Tierärzte v. Prof. Glage. 21. 
— Zur Frage der Mitwirkung der Tier¬ 
ärzte in den Körungskommissionen. 33; 
v. Georges. 58. — Berufs-Überfttllung von 
Geißler. 713; von Uhlmann. 982. — 
Begründung eines Tierärztlichen Presse- 
bureaus v. Schmaltz. 799; v. Dr. Foth. 
835. Erwiderung v. Prof. Dr. Schmaltz. 
851; Erwiderung v. Dr. Foth. 865; Schlu߬ 
bemerkung v. Schmaltz 866. — Preußische 
Tierärztekammern v. Schmaltz. 864. 904. 
— Tierärztekammern in Braunschweig. 
865. — Bayern voran v. Schmaltz. 959. 
— Selbsthilfe gegen die veraltete tier¬ 
ärztliche Taxe v. Masch. 979. — Ver¬ 
leihung des Veterinärratstitels in Sachsen- 
Weimar. 984. — Mitwirkung der Privat¬ 
tierärzte bei der Seuchentilgung v. Beust. 
35. — Über die Mitwirkung der Tierärzte 
in den Ortsgesundheits-Kommissionen v. 
Meier. 44. — Reichstierseuchengesetz und 


Kreistierarzt. 72. — Zu dem Thema: Kreis¬ 
tierarzt — Privattierarzt v. Plessow. 149. 
— Die Lage der praktischen Tierärzte 
und ihre Beteiligung bei der Veterinär¬ 
polizei von Professor Dr. Schmaltz. 
180 — Die Stellung der sächsischen 
und preußischen beamteten Tierärzte v. 
Schmaltz. 250. — Eingabe des Verbandes 
der Privattierärzte betr. das Viehseuchen¬ 
gesetz. 126; Anmerkung v. Schmaltz. 128. 
212; Gegenpetition des Vereins der be¬ 
amteten Tierärzte. 252. — Zur Lage der 
Tierärzte. 277; v. Prof. Schmaltz. 393. — 
Gestüts-Karriere v. Dr. Goldbeck. 289. — 
Der Tierarzt beim Körgeschäft v. Maxi-1 
milian. 290. — Lage und Bestrebungen | 
der Privattierärzte v. Prof. Dr. Peter. 291; j 
v. Amous. 308; v. Wieland. 484. —Standes-1 
interessen v. Löwel. 294. — Pflichten und 
Rechte der Schlachthoftierärzte v.Krekeler. | 
305. — Auch ein Standesheber v. Dr. j 
Felisch. 312; Anmerkung v. Schmaltz. 312; 
Erwiderung v. Dr. Felisch. 348; Anmer¬ 
kung v. Schmaltz. 349; Erklärung des S. C. 
in Hannover. 383; Anmerkung v. Schmaltz. 
383; Erklärung des Korps Salingia. 414; 
Resolution des tierärztl. Vereins f. d. Reg.- 
Bez. Merseburg. 414. — Brauch-und Mi߬ 
brauch betr. Standessitte v. Schmaltz. 349. 
— Nachklänge zu dem „gefährdeten 
Stand“ v. Lauft. 365. — Zur Lage der 
Schlachthoftierärzte. 394. 853. — Tier¬ 
ärztliche Standesfragen in Württemberg 
v. Metzger. 453. — Betätigung der Tier¬ 
ärzte in der Öffentlichkeit v. Meier. 601. 
— Zur Ausbildung der Volksschullehrer. 
507. 623. — Tierärztlicher Optimismus. 561. 

Starrkrampf s. a. Tetannsantitoxin. 

Starrkrampf beim Rinde v. Ronge. 782. 

Statistik: Seuchenstatistik, Tierzucht, 

Handel usw. s. d. Ländernamen. 

Steigerung der Fleischpreise. 494. 

Stellung s. Fleischbeschau. 

Stellung der beamteten Tierärzte in Sachsen 
und Preußen. 250. 

Stempelfälschung. 262. 

Stempelklemme v. Feuereisen. 262. 

Stenose des Ostiura pulmonale bei einer Kuh. 
928. 

Sterbe der Einhufer. — Immunisierung gegen 
— v. Rickmann. 883. 

Sterbe. — Impfung von Maultieren gegen — 
v. Rickmann. 71. 

Sterilisieren s. Milch. 

Stetigkeit der Pferde nicht zum Hauptmangel 
im Sinne von § 482 d. B. G. B. ? — Warum 
eignet sich die — Orig.-Art. von Dr. 
v. Müller. 745. 

Steuerangelegenheiten i. Württemberg. 452. 

Steuerprivileg s. Wohnungsgeldzuscbuß. 

Steuerveranlagung. — Probeschlachtungen 
zur — 573. 

Stiften. — Die Kauterisation mit zwei — v. 
Eloire. 782. 

Stilett 8. Hohlnadel. 

Stimmberechtigung s. Hengstkörung. 

Stipendium. — Wolffsches — 718. 

Stirngegend s. Horn. 

Stollbeule beim Pferd von Haubold. 680. 

Strabismus deorsum vergens bei der Kuh. 
Orig.-Art. v. Storch. 177; Berichtigung 202. 


Strahlkrebses. — Über die Behandlung des — 
v. Querrnau. 429. 

Straßenzoll. — Befreiung der Kreistierärzte 
vom — 804. 

Streptococcenepldcmie unter weißen Mäusen — Eine 
spontane — 7. Kutschern. 464. 

Streptococcen-Krankheit (Schlafkrankheit) der 
Hühner. — Beitrag zur Kenntnis der — 
v. Dr. Greve. 614. 

Streptococcenmastitis bei Kühen. —- Unter¬ 
suchungen über das Vorkommen und die 
Häufigkeit der — v. Rühm. 902. 

Streptococcenmilch. — Zur Frage der Patho¬ 
genität der —■ v. Rühm. 978. 

Strongylus retortaeformis. — Erkrankung der 
Hasen durch — v. Simon. 736. 

Strophantin u. Digalen v. Dorer. 736. 

Struma sarcomatosa der Schilddrüse (klein- 
. zelliges Rundzellensarkom) mit sekundärer 
Hypertrophie derNebennieren und Hydrops 
ascites beim Hunde. — Über einen Fall 
von — von Guerrini. 736. 

Strychninvergiftung bei Enten. 615. 

Stubenvögeln. — Bleivergiftung bei — Orig.- 
Art. v. Prof. Regenbogen. 544. 

Studenten s. Tagesgeschichte (Ärzte und Uni¬ 
versitäten). 

Studentenbude. — Vorbildlich eingerichtete — 
523. 

Studentenkrawall. — Der Wiener — 381. 

Studentenzahl s. Tagesgeschichte (Tierärztl. 
Lehranstalten [Hochschulfrequenzen]). 

Studentische Reformgedanken. 523. 

Studienordnung f. Tierärzte und Zahnärzte. 
396. 

Studienreise s. Österreich. Pfingstreise. 

Studiensemester s. Tagesgeschichte (Arzte u. 
Universitäten). 

Stute s. a. Pferd. 

Stute. — Hengst oder — v. Jewasiriski. 177. 

Stuttgart: s. a. Württemberg. Landwirt¬ 
schaftsgesellschaft, Mastviehausstellung, 
in Stuttgart. 648. 

Sudan s. Spirillosis. 

Superfoetatio. s. Überfruchtung. 

Suptol Dr. Burow als Mittel zur Bekämpfung 
der akuten und chronischen Schweine¬ 
seuche. — Versuche über Wirkung und 
Natur des — v. Andrejew. 818. 

Suptol-Burow. — Weitere günstige Impf¬ 
ergebnisse mit — Orig-.Art. v. Becher- 
974. 

Suptol Dr. Burow. — Schlimme Erfahrungen 
mit — v. Hillerbrandt. 820. Antwort v. 
Dr. Burow. 843. Entgegnung v. Hillerbrandt. 
877. Berichtigung 901. 

Suptol. — Behandlung der Schweineseuche 
mit — Orig.-Art. v. Berger. 404. 

Suptol nach Dr. Burow. — Impfung gegen 
Schweineseuche mit — v. Pekar. 98. 

Suptol. — Bericht über Impfungen mit — 
Orig.-Art. v. Jackschrth. 52. 

Suptol (Burow) bei Schweineseuche. — Ver¬ 
suche mit — v. Tatray. 547. 

Susdorf s. Tagesgeschichte (Persönliches 
[Ehrungen]). 

Syngamus trachealis bei Fasanen. 616. 

Synovektomie s. Sehnenscheide. 

Syphilis s. a. Arsacetin. 

Syphilis? — Was leistet gegenwärtig die innere Behand¬ 
lung der — v. Köhler. 864. 



XXVI 


Tabes bei Hunden (Trypanosomen Tabes). — 
Experimentelle — v. Spielmeyer. 287. 

Taeniasis bei Gänsen v. Sallinger. 165. 

Tageblatt. — Berliner — 75. 

Tagegelder s. Kreistierarztreform, Tages- 
geschichte (Arzte). 

Tagesgeschlchte s. a. Abgeordnetenhaus, 
Fleischbeschau, Fleischbeschauer, Ge¬ 
bühren, Gerichtsentscheidungen, Länder¬ 
namen, Reichstag, Städtenamen, Statistik. 

Tierärztliche Lehranstalten und Unterricht 
s. a. Persönliches, Universitäten. — Be¬ 
richtigung zu dem Artikel „Tierärztliche 
Promotion“. (B. T. W. 1907, Seite 959ff.) t 
12. — Organisation und Promotionsrecht 
an der Berliner Tierärztlichen Hochschule. 
75. — Erklärung des preußischen Herrn 
Ministers für Landwirtschaft über die 
Promotionsfrage. 90. — Promotionsrecht 
der Tierärztlichen Hochschulen von 
Schmaltz. 879. — Der Kultusminister über 
die Promotion. 155. — Anerkennung des 
Schweizer Dr. med. vet. in Hamburg. 186; 
in Baden. 350; in Anhalt. 963. — Deutscher 
und Schweizer Dr. med. vet. v. Dr. Jonas. 
347. 450; Anmerkung v. Schmaltz. 347; 
v. Gebhardt 363. 535; v. Heinick. 378; 
v. Dr. K. Müller. 379; v. Haupt. 394; 
v. Kurtzwig. 395; v. Seber. 411; v. Dr. 
Lehmann. 435; v. Dr. Adelmann. 549. — 
Ablehnung der Anerkennung des Schweizer 
Dr. med. vet. in Sachsen v. Schmaltz. 318. 
— Der Schweizer Dr. med. vet. 367. — 
Die bisher genehmigten Dr. med. vet. 
der Schweiz v. Dr. K. Müller. 379. — 
Erweiterung des Promotionsrechtes in 
Preußen. 396. — Doktorat an den Tier¬ 
ärztlichen Hochschulen Österreichs. 212. 
756; v. Schmaltz. 786. 878. — Aus¬ 
bildung der Tierärzte für die Kolonien. 
251. — Zur Ausbildung der Tierärzte v. 
Witt. 634; Anmerkung v. Schmaltz. 635. 
— Zur tierärztlichen Ausbildung v. Witt. 
957. — Fortbildungskursus für Tierärzte 
in der tierhygienischen Abteilung des 
Kaiser Wilhelm-Instituts zu Bromberg. 62. 
— Fortbildungskursus für Tierärzte an 
der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu 
Dresden. 106. 4# iFortbildungskursus für 
Tierärzte an der Abteilung für Tierhygiene 
des Kaiser Wilhelm-Instituts für Land¬ 
wirtschaft zu Bromberg. 791. — Fort¬ 
bildungskurse für Tierärzte in Peters¬ 
burg. 155. — Beteiligung am Fortbildungs¬ 
kursus für praktische Tierärzte. 323. — 
Wiedereinführung des praktischen Jahrs 
in Bayern. 251. — Das praktische Jahr 
v. Bischoff. 309. — Weiterer Ausbau des 
Veterinärinstitutes in Breslau. 185. — 
Errichtung eines Kolonialinstituts in 
Hamburg. 324. — Kolonialinstitut in 
Hamburg. 563. 603. — Anfrage, ob in 
Berlin eine Konferenz von tierärztlichen 
Hochschullehrern getagt habe? 913. — 
Erklärung des Rektors und Professoren- 
Kollegiums der Tierärztlichen Hochschule 
Berlin auf einen Artikel des Herrn Prof. 
Dr. Malkmus v. Schmaltz. 251. 295. — 
Erklärung, daß an eine Vereinigung der 
tierärztlichen Hochschulen mit der land¬ 
wirtschaftlichen nicht gedacht werde. 75. 


— Die Tierärztliche Hochschule zu München 
in der bayerischen Kammer der Abge¬ 
ordneten. 507. — Kindermilchproduktion 
in wirtschaftlicher und hygienischer Be¬ 
leuchtung unter besonderer Berück¬ 
sichtigung der im Rassestalle der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Dresden ge¬ 
machten Erfahrungen v. Prof. Dr. Pusch. 
519. — Zur Geschichte des Veterinär¬ 
institutes zu Gießen. 561. —Die animalische 
Nahrungsmittelkunde und außerordent¬ 
liche Fleischbeschau als besonderer Lehr¬ 
gegenstand der Tierärztlichen Hoch¬ 
schulen v. Borchmann. 91; in Württem¬ 
berg. 854. — Lehrstuhl für Milchhygiene 
an den tierärztlichen Hochschulen. 92. — 
Anstellung eines Lehrers für Tierzucht an 
der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart. 
452. — Bewilligung der Mittel zur Ein¬ 
richtung eines opsonischen Laboratoriums 
an der Tierärztlichen Hochschule in Dres¬ 
den. 323. — Hochschulnachrichten. 636. — 
Berufungen an die Berliner Tierärztliche 
Hochschule. 172. 251. 251; v. Schmaltz 
274. 351. — Prof. Dr. Mayr zum Nachfolger 
Kitts ernannt. 251. — ProBektor Dr. Moser 
zum Nachfolger Gutenäckers ernannt. 251. 

— Hüfners Nachfolge. 399. Prof. Dr. 
Abderhaldens Ablehnung als Nachfolger 
Hüfners. 538. 637. — Hofrat Prof. Dr. 
Bayer, Rektor der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Wien in den Ruhestand getreten. 
701. — Prof. Dr. Lechner durch Prof. 
Dr. Günther an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Wien ersetzt. 985. — Die 
Professoren Obermedizinalrat Dr. Müller 
und die Medizinalräte Dr. Röder und 
Dr. Kunz - Krause' - Dresden wurden zu 
Mitgliedern des Senats gewählt. 323. — 
Berufungen an die Tierärztliche Hoch¬ 
schule in München. 251. Ablehnung der 
Berufung durch Schmitt. 350. — Veterinär¬ 
institut zu Dorpat 963. — Offene Assi¬ 
stentenstelle am physiol. Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule Berlin. 186. — 
Vakanz der I. Assistentenstelle am j 
physiol. Institut der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Berlin. 540. — Hebung der Stellung 
der Assistenten an den preußischen Tier¬ 
ärztlichen Hochschulen. 226. — Wissen¬ 
schaftliche Abende der Assistenten der 
Tierärztlichen Hochschule zu Dresden im 
Winter 1906/07. XX.-XXIII. Abend. 661. 
(Beilage). — Wolffsches Stipendium. 718. 
Studienordnung für Tierärzte und Zahn¬ 
ärzte. 3%. — Zulassung der Frauen zum 
Studium der Tiermedizin in Hessen. 701. 

— Prüfungsordnung für Tierärzte. 787. — 
Beachtenswerte Bundesratsentscheidung 
betreffend Prüfungsbestimmungen. 106. — 
Vorlesungsverzeichnisse für das Sommer- 
Semester 1908: Gießen 186; Freiburg 311; 
Winter-Semester 1908/09: Berlin 605; 
Gießen 606; Hannover 606. — Hochschul¬ 
frequenzen. 186.523. — Freistudentenschaft 
der Tierärztlichen Hochschule Berlin. 367. 

— Kommers der Studentenschaft der 

Militärveterinärakademie. 172. 225. — 
Ballfest des S. C. in München. 186. — 
Vorbildlich eingerichtete Studentenbude. 
523. — Protest des Korps Holsatia. 


92. — R. S. C.-Denkmal. 107. 186. 
351. 413; Einweihung. 481. — Königs 
Geburtstagsfeier 91; in Hannover. 107. — 
Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Königs 
von Sachsen in der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Dresden. 398. — Falsche Spar¬ 
samkeit. 75. — Abschiedsfeier für Professor 
Dr. Kraemer in Bern. 185. — Gehälter der 
Professoren in Bayern. 185. — Gebühren¬ 
ordnung der Tierhygienischen Abteilung 
des Kaiser Wilhelm-Instituts zu Bromberg. 
508. — 50jähriges Bestehen der Tier¬ 
ärztlichen und Landwirtschaftlichen Hoch¬ 
schule in Kopenhagen. 701. — Tierärzt¬ 
liche Hochschule im österreichischen 
Abgeordnetenhause. 295. — Demonstration 
der Studierenden an der Wiener Tier¬ 
ärztlichen Hochschule v. Schmaltz. 351. 

— Der Wiener Studentenkrawall. 381. — 
Aufblühen der österreichischen Tierärzt¬ 
lichen Hochschulen v. Schmaltz. 878. 

Staat8veterinärwesen: Alles zur Kreistier¬ 
arztreform und Standesvertretung gehörige 
s. diese; ferner vergleiche Abdeckerei¬ 
wesen, Abgeordnetenhaus, Beamtenbesol¬ 
dungsvorlage, Desinfektion, Fleisch, 
Fleischbeschau, Gebührenordnung, Ge¬ 
richtsentscheidungen, Gesetze, Gestüt¬ 
pferde, Grenzverkehr, Haftpflicht, Körungs¬ 
kommission, Landespferdezuchtkom¬ 
mission, Landw'irtschaftskammer, Land¬ 
wirtschaftsrat , Ministerialverfügungen, 
Reichstag, Sanitätstierärz'te, Seuchen, 
Seuchennachrichtendienst, Verordnungen, 
V ersicherungs wesen, Vetcrinärpolizei, 
Viehhandel,Viehzucht,Wutschutzabteilnng. 

— Verhandlungen des Deutschen Land¬ 
wirtschaftsrats. 37. — Anlässe zu den 
Seuchenausbrüchen. 40. — Seuchenent¬ 
schädigungen. 41. — Aus dem Etat für 
1908. 56. — Reichstierseuchengesetz und 
Kreistierarzt v. Krueger. 72, 124. — Be¬ 
kämpfung der afrikanischen Viehseuchen. 
155. — Anzeigepflicht für Gehirnrücken¬ 
marksentzündung und Gehirnentzün¬ 
dung in Sachsen - Altenburg. 187. — 
Tagung des Kgl. preuß. Landes-Ökono- 
mie-Kollegiums. 187. 564. — Milzbrandüber¬ 
tragung in Gerbereien. 195. — Wut- 
schutzabteilung am hygienischen Institut 
der Universität zu Breslau. 257. — Ge¬ 
stütskarriere v. Dr. Goldbeck. 289. — Der 
Tierarzt beim Körgeschäft v. Maximilian. 
290. — Viehseuchenkommission im Reichs¬ 
tag. 826. — Verfügung betr. Viehseuchen¬ 
statistik. 930. — Das neue Beamtengesetz 
in Bayern. 363. — Tierseuchengesetz statt 
Viehseuchengesetz, Eingabe des Deutschen 
Veterinärrats an den Reichstag. 379. — 
Ein langwieriger Seuchenprozeß. 418. — 
Gesundheitszeugnisse für Rindertransporte. 
451. — Gehaltsbezüge der tierärztlichen 
Staatsbeamten in Bayern. 549. — Be¬ 
kämpfung der Schafräude im Regierungs¬ 
bezirk Kassel v. Tietze. 603. — Reor¬ 
ganisation des Tierseuchendienstes in 
Frankreich v. Zündei. 658. — Selbsthilfe 
gegen unsere Taxe von Annodazumal 
v. Schmaltz. 660. — Vorschläge zur Neu¬ 
organisation des Veterinärbeamtentums 
v. Graffunder. 682. — Vorbereitung zum 





XXVII 


staatstierärztlichen Dienst an der Uni¬ 
versität in Freiburg i. B. 311. — An¬ 
stellung eines Kreistierarztes in Bremen. 
507. — Preußische Technische De¬ 
putation für das Veterinärwesen, 
v. Schmaltz. 536. — Unschädliche Be¬ 
seitigung der Leichenkadaver und der 
Konfiskate der Fleischbeschau in den 
Städten und auf dem Lande v. Zern ecke. 
12. — Deutsch-dänischer Handelsvertrag. 
45. — Ein Wort zur Besetzung amtlicher 
Stellen v. Kunze. 933. 

Nllit&rveterlnflre: s. a. Tagesgeschichte 
(Persönliches [Ernennungen], Tierärztliche 
Lehranstalten). — Erleichterung des Ein¬ 
trittes der Militärveterinäraspiranten. 311. 
— Eintritt in die Militärveterinärlaufbahn 
v. Schmaltz. 410. — Etat des Militär- 
veterinärwesens. 185. — Militärveterinäre 
in der Besoldungsvorlage der Reichs¬ 
beamten v. Schmalz. 867. — Organisation 
und Uniformierung des Militärveterinär¬ 
korps. 75. — Bange Zweifel v. Schmaltz. 
602. — Künftige Beförderungsverhältnisse. 
635. — Vorschläge für die Militärveterinär- 
Reorganisation. 657. — Verantwortlichkeit 
der Veterinäre v. Maximilian. 684. — 
Veterinär-Offizierkorps. 718. — Zur Militär¬ 
veterinär-Reorganisation. 799. — Berich¬ 
tigung. 913. — Schicksal der Militär¬ 
veterinär-Reform? 803. — Vertagung der 
Militärveterinärreform v.Prof.Dr. Schmaltz. 

823. — Künftige Besoldung der Militär- 
veterinäre. 825. — Das Deutsche Veterinär- 
Offizierkorps. 904. — Das Reiten der 
Veterinäre. 57. 75. — Militaria 482. 738. 

824. — Militärveterinär-Ordnung. 411. — 
Deckblätter zur Militärveterinärordnung 
v. Schmaltz. 534. — Zur Lage der Unter- 
veterinäre. 550. — Professor Dr. Schmitt, 
Stabsveterinär d. L., in den Vorstand der 
Dresdener Offiziersgesellschaft gewählt. 
803. — Gedenktafel an der Kaiser Wilhelm- 
Akademie für die gefallenen Veterinäre. 
107.—Die neue Kaiser Wilhelm-Akademie. 
539. — Geschichte des Militärveterinär¬ 
wesens in Österreich-Ungarn v. Dr. Gold¬ 
beck. 204. — Militärveterinärwesen in | 
Schweden. 701. 

Sanltfltstlerfirzte: s. a. Abgeordnetenhaus, 
Amtsbezeichnung, Begutachtung, Beschau- 
bticher, Fleisch, Fleischbeschau, Fleisch¬ 
beschaugebühren, Gerichtsentscheidungen, 
Kommunalbeamtengehälter, Laienvertreter, 
Polizeitierärzte, Privattierärzte, Schächt- 
verbot, Schlacbthof, Schlachthofdirektor, 
Schlachthofzwang, Standesvertretung, Ver¬ 
waltungsdienst, Viehhof. — Beleidigung 
eines Tierarztes. 12. — Tierärzte als 
Stadtverordnete. 12. — Pflichten und 
Rechte der Schlachthoftierärzte v. Krekeler. 
305. — Vermittlungsstelle für Vertre¬ 
tungen im Schlachthofdienst. 324. — 
Tierärzte im Meiereiwesen. 364. — Private 
Tätigkeit eines Schlachthofinspektors. 507. 

— Anstellung des Schlachthofdirektors 
Dr. D'heil in Neuß a. Rh. 590. — Titel¬ 
frage. 226. — Überwachung der Milch¬ 
gewinnung und des Milchverkehrs. 226. 

— Besichtigung der Berliner städtischen 
Anstalten. 324. — Zur Lage der Schlacht¬ 


hoftierärzte. 394. — Entgegnung von 
Dr. Heine auf einen Artikel von Kunibert 
Müller betr. Finnenschnitte und Finnen¬ 
funde. 451. — Trichinenschau in Kissingen. 
701. — Über die Mitwirkung der Tierärzte 
in den Orts-Gesundheitskommissionen. 44. 

— Zweckmäßige Einrichtung einer Sani¬ 
tätstierarztstelle. 788. — Stellung der 
Schlachthoftierärzte. 835. — Erweiterung 
der Befugnisse der Schlachthoftierärzte. 
854. 

Persönliches, Ehrungen, Feste: Berufun¬ 
gen u. Ernennungen: s. a Tierärztliche 
Lehranstalten. — Professor Abderhalden 
zum Hilfsarbeiter bei der Technischen 
Deputation. 536. — Prof. Abderhalden zum 
Nachfolger Geh.-Rat Munks a. d. Tier¬ 
ärztliche Hochschule in Berlin. 172. — 
Professor Durigs Berufung nach Berlin. 
75. — Geheimer Med.-Rat Prof. Dr. 
Frosch zum Nachfolger Prof. Dr. Oster¬ 
tags. 251. — Prof. Zwick-Stuttgart in 
das Kaiserliche Gesundheitsamt. 484. — 
Professor Dr. Thierfelder als Nachfolger 
Hüfners auf den Lehrstuhl der physio¬ 
logischen Chemie in Tübingen. 637. — 
Prof. Gürber in Würzburg für den phys.- 
chem. Lehrstuhl in Marburg. 637. — 
Prof. Frank-Gießen f. d. physiolog. Lehr¬ 
stuhl in München. 637. — Prof. Dr. Plate 
als Nachfolger Haeckels. 963. — Prof. 
Rubner als Nachfolger Du Bois Rey- 
monds. 963. — Prof. Dr. Ellenberger zum 
Mitglied d. Kaiserl.-Leopoldiniach-Karoli- 
nischen Akademie der Naturforscher. 185. 

— Landestierarzt Feist zum Geheimen 
Regierungsrat. 185. — Ministerialrat Anton 
Binder zum Wirklichen Medizinalrat 185. 

— Prof. Dr. Mayr zum Nachfolger 

Kitts. 251. — Prosektor Dr. Moser zum 
Nachfolger Gutenäckers. 251. — Dr. 

Franz Schmitt zum Nachfolger Prof. 
Mayrs. 251. — Ablehnung 350. — 

Dr. de Jong zum a. o. Professor für all¬ 
gemeine Pathologie an der Universität 
Leiden. 323. — Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. 
Ostertag zum Direktor der Veterinär¬ 
abteilung im Kaiserlichen Gesundheitsamt. 
323. — Veterinärrat Nevermann zum 
Regierungs- und Veterinärrat. 323. — 
Prof. Dr. Peter zum Staatstierarzt in 
Hamburg. 350. — Schröter zum Lehrer a. d. j 
Kolonialschule in Witzenhausen. 367. — ! 
Dr. D’heil zum Schlachthofdirektor in 
Neuß a. Rh. ernannt 590. — Prof. C. 0. 
Jensen und Prof. Dr. Fibiger zum Vor¬ 
sitzenden bzw. 8tellvertr. Vorsitzenden 
des Ausschusses zur Erforschung der j 
Krebskrankheit gewählt. 701. — Feld- j 
veterinär P. L. Schmidt zum Chef des 
Schwedischen Militärveterinärwesens er¬ 
nannt. 701. — Prof. Dr. Günther zum 
Nachfolger Lechners. 985. — Oberst¬ 
leutnant Dreher zum Obersten. 91. — 
Ehrungen: Denkmal für den verstorbenen 
Professor Thomassen-Utrecht. 76. — Oster¬ 
tagfeier 91. 225. 296. — R. S. C.-Denkmal 107. 
186. 351. 413; Einweihung 481. — Gedenk¬ 
tafel an der Militärveterinär-Akademie für 
die gefallenen Veterinäre. 107. — Ab¬ 
schiedsfeier für Professor Dr. Kraemer in 


Bern. 185. — Hofrat, Landestierarzt Dr. 
Vaerst in den erblichen Adelsstand er¬ 
hoben. 185. — Denkmal für Professor 
M. G. de Bruin. 318. — Auszeichnungen 
der Landestierärzte von Bayern, Württem¬ 
berg und Baden durch das Komturkreuz 
des österr. Franz Joseph-Ordens. 350. — 
Dem Wirkl. Ob.-Reg.-Rat Beißwänger ist 
das Ehrenkreuz des Ordens der Württem- 
bergischen Krone mit dem persönlichen 
Adel verliehen worden. 551. — Ein Alter 
in Ehren. 37. — Verleihung des Ehren¬ 
kreuzes der Württembergischen Krone. 
185. — Dem Andenken Nocards 222. — 
Ordensverleihungen an den Unterstaats- 
sekretär von Conrad, Geh. Ober-Reg.-Rat 
Schröter und Wirkl. Geh.-Rat Ministerial¬ 
direktor Dr. Thiel. 963. — Geburtstage: 
Sr. Majestät des Königs v. Preußen. 91.107. 

— Sr. Majestät des Königs v. Sachsen. 398. 

— Wulfhorst. 37. — Bezirkstierarzt Fuchs. 
803. — Jubiläen: 50jähriges Dienst¬ 
jubiläum des Vet.-Rat Roskowski. 309; 
Schlachthofdirektor Kleinschmidt. 350; 
Siebert. 775; Bezirkstierarzt Fuchs. 803; 
Mölter. 803; s. a. Berufsjubiläum. 855. 
Nachrufe: Erxleben. 8. — Brücher. 32. 

— Schümm. 100. — Hedwig Schmaltz. 

221. — de Bruin. 221. — Schönwciler. 

222. — Bongartz. 273. — Jorns. 273. — 
Jamminger. 274. — Sindt. 318. — Rathke. 
318. — Haß. 346. - Albrecht. 465. — 
Thomas. 505. —- Munckel. 508. — Dittmer. 
560. — Röttger. 589. — Decker. 605. — 
Raben. 634. — Richter. 657. — Gebhardt. 
698. — Schröder. 738. — Schnibbe. 755. 
Dircks. 825. — Hein. 826. — Baldewein. 
864. — Marchi. 928. — Niemela. 956. 

— Langer. 957. — Dönicke. 957. — 

Todesfälle: Geheimrat Prof. Dr. Karl 
v. Voit 186. — Frau Professor Schmaltz. 
156. — Professor Galtier-Lyon. 367. — 
Rittergutsbesitzer Hirt-Kammerau. 484. — 
Prof. Dr. Marchi. 551. — Korpstabsveterinär 
a. D. Laug. 623. — Kreistierarzt Tielker. 
623. — Geh.-Reg.-Rat Prof. Dr. Settegast. 
636. — Verschiedenes: Tierärzte als 
Stadtverordnete. 12. 884. — Beleidigung 
eines Tierarztes. 12. — Danksagung für 
die Anteilnahme beim Tode des Kreis¬ 
tierarztes Jeß. 100. — Dem Andenken 
Nocards. 222. — Schlachthofdirektor 

Suckow-Berg.-Gladbach zum Preisrichter 
ftir die Kreis-St uten- und Fohlen schau 
gewählt 484. — Persönliches zwischen 
Veterinärrat Preuße und Prof. Malkmus. 
590. — Warnung vor dem Tierarzt Stern 
v. Felbaum. 637. — Hofrat Professor Dr. 
Bayer, Rektor der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Wien in den Ruhestand getreten. 
701. — Tierarzt Wiedemann-Charlotten¬ 
burg beteiligt an der Distanzfahrt Berlin- 
München. 701. — Tierarzt Zschiesche in 
Rostock zum Dr. phil. summa cum laude 
promoviert. 913. — Prof. Dr. Lechner- 
Wien in den Ruhestand versetzt. 985. — 

Vereine, Versammlungen, Festlichkeiten : s. a. 
Aufruf, Beamtenverein, Centralverband, 
Chemiker,Fleischereiberufsgenossenschaft, 
Genosenschaft, Gessellschaft, Kongreß. 
Landwirtschaftsrat, Milchkontrollvereine, 



XXVIII 


Nahrungsmittel Chemiker, Nahrungsmittel¬ 
fabrikanten, Naturforschende Gesellschaft, 
Naturforscherversammlung, Pferdezucht¬ 
vereine, Pressobureau, Schlachtviehver¬ 
sicherungsvereine, Tierschutz, Unter¬ 
stützungsverein, Veterinärrat, Zentral Ver¬ 
tretung. — Aachen 367. 803. — Baden 
856. — Bayern (s. Namen der Kreis¬ 
vereine). — Verein beamteter Tierärzte 
Preußens 126. 150. 165. 206. 226. 236. 
252. 291. 308. 319. 440.456. 881. 882. 915. 
Hohenzollerns 855. — Berlin 63. 63. 
91. 212 324. 791. 835. 912. 913. - Bran¬ 
denburg 456. 791. 835. — Braun¬ 

schweig 436. 563. — Düsseldorf 311. 
837. 986. — Elsaß - Lothringen 523. 

— Hannover 507. — Hessen (s. a. 
Wiesbaden) 699. 884. — Kurhessen 366. 
467. 686. 790. — Lüneburg 539. — 
Mecklenburg 803. — Ostpreußen 63. 
623. 637. 776. 869. 935. - Pfälzer 540. 
716. — Pommern-Stettin 60. — Posen 
366. 435. 618. 760. 872. — Privattier¬ 
ärzte: Preuß. Verband 33. 62. 126. 131. 
187. 212. 311. 366. 872. 882. 892. 908. — 
Rheinprovinz 311 637.686. 715. — Sachsen, 
Königreich 699. 700. 743. Provinz 381.436. 
816. 826. 884. - Schlesien 382. 397. 776. 
835. 964. — Schleswig 412. 686. 787. — 
Thüringen 294. 324. 803. — Unterfranken 
und Aschaffenburg 637. 936. — Westfalen 
605.913. — Westpreußen 435.987. — Wies¬ 
baden 351. 856. 936. — Württemberg 187. 
440. 451. 700 854. — Schlatjbthoftier- 
ärzte: Preußen 114. 398. 491. — Rhein¬ 
provinz 296. — Westfalen 456. 872. 910. 

— Schlesien 623. 637. — Tierärztever¬ 
sammlungen: Lüneburg 539. — Rhein¬ 
provinz 686. 760. — Stettin 792. — Rostock 
913. — Schleswig 985. 

Pfusoherei und Verwandtes: Kurpfuscher- 
Gesetz. 153. 884. — Kurpfuscherei-Gesetz 
v. Preuße. 210. — Entwurf des Kur¬ 
pfuschergesetzes v. Maier. 757. — Von 
Pfuscherhand vorbehandeltes Pferd mit 
Wundstarrkrampf v. Mayr. 26. — Über- 
handnahme des Kurpfuschertums von 
Raebiger. 104. 324. 367. 522. — Zur 
Kurpfuscherfrage. 962. — Geheimmittel¬ 
anzeige. 368. — Zeichen der Zeit von 
Doenhardt. 506. — Eingabe betr. Laien¬ 
geburtshilfe in Württemberg. 452. — 
Laiengeburtshilfe bei Haustieren. 452. — 
Tierärztliche Geburtshilfe v. Bischoff. 966. 

— Auch ein Standesheber? v. Dr. Felisch. 
312; Anmerkung v. Schmaltz. 312; Er¬ 
widerung v. Felisch. 348; Anmerkung v. 
Schmaltz. 349; Erklärung des S. C. 383; 
Anmerkung von Schmaltz. 383; Er¬ 
klärung des Korps Salingia. 414; Resolution 
des tierärztlichen Vereins f. d. Reg.-Bez. 
Merseburg. 414. — „Tierarzt“ Ludwig in 
Habelschwerdt. 104. 324; Erklärung der 
Direktion der Halensia. 367. 522. 536. 

Ärzte und Universitäten: s. a. Tierärztliche 
Lehranstalten, Persönliches (Ernennungen, 
Berufungen), Zahnärzte. — „Universität“ 
Hamburg. 63. — Arbeitsplätze für Tier¬ 
ärzte im Institut für Krebsforschung in 
Heidelberg. 186. — Wutschutzabteilung 
am hygienischen Institut der Universität 


Breslau. 257. — Vorbereitung zum staats¬ 
tierärztlichen Dienst an der Universität 
Freiburg i. B. 311. — Beachtenswerte 
Bundesratsentscheidung betr. Prüfungs¬ 
bestimmungen. 106. — Anrechnung tier¬ 
ärztlicher Studiensemester für das ärzt¬ 
liche Studium. 787. — Neue Studien- j 
Ordnung für Zahnärzte 323. 396. — Vor-! 
bildung der Zahnärzte. 935. — Voll¬ 
berechtigte weibliche Studenten. 636. — 
Universitätssucht der Volksschullehrer v. 
Schmaltz. 507. 623. — Hüfners Nachfolge. 
399. 538. 637. — Prof. Gürber nach Mar¬ 
burg berufen. 637. — Prof. Frank an 
Foits Stelle nach München berufen. 637.! 

— Prof. Dr. Plate als Nachfolger Haeckels. j 
963. — Prof. Rubner als Nachfolger Du- j 
bois-Reymonds. 963. — Die neue Kaiser * 
Wilhelm-Akademie. 539. — Ärzte und j 
Staatsregierung. 155. — Ärztestreik in j 
Köln. 414. — Verkauf der ärztlichen 
Praxis und Konkurrenzklausel 465; An¬ 
merkung v. Schmaltz. 466. — Ärztliches 
Einkommen. 539. — Bestimmungen über 
die Beilegung des Titels Spezialarzt 636. 

— Besitzrecht auf durch Operationen 
entfernte Teile. 718. — Über die Pau¬ 
schalierung der Reisekosten und Tage¬ 
gelder der Kreisärzte. 185. — Besse¬ 
rung der Stellung der Kreisärzte. 415. — 
Gehälter der Kreisärzte und Kreistierärzte J 
v. Krüger. 906. — Berliner Akademische 
Nachrichten. 539. — Berliner Akademische ! 
Nachrichten als neue Folge der Berliner j 
Akademischen Wochenschrift 539. — Vor-! 
Schriften für die Säuglingscrnährung. 701. i 

— Hochschullehrertag zu Jena. 787. 

Apothekenwesen: Handelsgesellschaft ; 

deutscher Apotheker. 415. — Militär- 
Apotbckenw'esen. 436. — Entwurf eines 
Reichsapothekengesetzes. 451. — Apo- j 
thekengesetz. 507. 

Verschiedenes:. Aus den Memoiren des J 
Generals der Artillerie Prinzen Hohen- 
lohe-Ingelfingen. 11.380. — Haftpflicht! 
des Tierhalters. 59 507. — Redaktions-, 
Wechsel der Zeitschrift „Der Tierarzt“. 
186. — Koloniale Preisausschreiben. 186. 

— Vorlesungsverzeichnis der deutschen 
Kolonialschule für das Wintersemester 
1908/09. 718. — Ausstellungen für Pferde¬ 
schutz. 187. — Tierschutz und Tierschutz¬ 
verein v. Dr. Storch. 322. — Ergötzliche 
Tierquälerei-Diskussion. 399. — Tier¬ 
schutzlehrstunden für Polizeibeamte. 399. 

— Vereinigung für deutsche Mittelmeer¬ 
fahrten. 227. 324. 415. — Besichtigung 
der Berliner städtischen Anstalten. 324. 

— Kommunale Tätigkeit. 12. 884. — Be¬ 
tätigung von Tierärzten in den Kommunal¬ 
verbänden. 367; v. Meier. 601. — Rennsieg 
des Tierarztes Volkmann. 367. — Ein 
Tierarzt als erfolgreicher Herrenfahrer. 
523. — Rietzei als Roßarzt von der 
1. Reitenden (Gardefeldartillerie). 11; v. 
Lührs. 380, 414; Anmerkung v. Schmaltz. '• 
414. —Pfingstreise 1908. 383. — Technische ' 
Beamte des höheren Verwaltungsdienstes : 
in Hamburg. 436. — Steuerangelegen¬ 
heiten. 452. — Gehaltsverhältnisse in den 
kleinen Bundesstaaten. 539. — Neu¬ 


regelung der Gehälter der höheren Schul¬ 
anstalten Sachsens. 414. — Oberlehrer¬ 
laufbahn in Preußen. 539. — Berliner 
Akademische Nachrichten. 539. — 

Abiturientenüberschuß — Lehrermangel 
in Hessen. 539. — Tierärztlicher Opti¬ 
mismus v. Haupt. 561. — Offener Brief 
von Haupt. 606; Anmerkung von 
Schmaltz. 606. — Die neue mecklen¬ 
burgische Taxe für Tierärzte, v. Teetz. 
248. — Impfstoffe von Gans. 252. — Ge¬ 
bühren für Tierärzte und Sachverständige. 
350. — Ein niedlicher Druckfehler. 367. 
— Schutz gegen Insekten. 399. 399. — 
Deutscher Richterbund. 563. — Warnung 
vor Tierarzt Stern. 637. — Selbsthilfe 
gegen unsere Taxe von Annodazumal. 
660. — Anstellung eineB Kreismolkerei¬ 
inspektors. 701. — Vereinbarungen betr. 
einen tierärztlichen Minimaltarif, v. Preuße. 
712. — Erbetener Nachweis zur Nieder¬ 
lassung. 804. — Wohnungsgeldzuschuß 
und Steuerprivileg der Beamten in 
Preußen. 853. — Riesensenschmuggel¬ 
prozeß. 856. 

Tannyl-Gehe. Ein neues Antidiarrhoicum mit 
antiseptischer Wirkung. Org.-Art. v. 
Dr. Roschig. 533. 

Taube. — Merkwürdige Neubildung am Kopfe 
einer — v. Dr. Klee. 178. 

Taxe s. a. Gebühren. 

Taxe von Annodazumal. — Selbsthilfe gegen 
unsere — v. Schmaltz. 660. v. Masch. 979. 

Taxe für Tierärzte. — Die neue Mecklen¬ 
burgische — v. Teetz. 248. 

Taxe. — Unsere — v. Kissutb. 224. 

Taxe in Württemberg. — Tierärztliche — 
v. Beißwänger. 854. 

Technische Beamte s. Verwaltungsdienst 

Technische Hochschule s. Studentische Reform¬ 
gedanken. 

Teilnehmer s. Kongreß. 

Tenazität s. Bacillus suisepticus u. suipestifer. 

Tendinitis beim Zuchtstier. v. Mayr. 26. 

Tenotomie deB Perforatus in den sich wieder¬ 
holenden oder unheilbaren Formen der 
Sehnenzerrungen, v. Quermau. 710. 

Terminologie s. Säugetierleber. 

Tetanus s. a. Curare. 

Tetanus und seine Entstehung. — Der lokale — v. 
Dr. Pochhammer. 392. 

Tetanus. — Experimentelle Beiträge und Demonstration 
lur Pathogenese des — v. Pochhammer. 903. 

Tetanusantitoxin bei Starrkrampf der Schafe, 
v. Haubold. 977. 

Teuerungs-Gehaltserhöhungen in Frankreich. 
139. 

Texasfieber s. Bluthamen. 

Theiler s. Trypanosoma. 

Therapie s. Virulenz. 

Therapogen zur Desinfektion der Geburtswege, 
v. Trommsdorf. 430. 

Thermo- und Triboelektrizität zur Elektro- 
physiologie. — Über Beziehungen der — 
v. Studte. 480. 

Thomas s. Rauschbrand. 

Thrombose beim Pferd, v. Sehaller. 679. 

Thrombose der Pfortader bei einer Kuh. Von 
Göhre. 848. 

Thrombose der Lungenarterien bei 2 Rindern, 
v. Berger. 7. 

Thüringen. 660. 

Thüringer Pillen s. Lageman. 





XXIX 


Thyreoidektomie bei Ziegen. — Beiträge zum j 
Studium der Folgen der — v. Professor 
Dr. Zietzschmann. 519. 

Tick-fever contre les anticorps. — Immuni- 
sation des spirilles de la — v. Levaditi 
et Rochö. 583. 

Tick-fever. — Les opsonines et la mechanisme 
de la cri8e dans la — v. Levaditi et 
Rochö. 583. 

Tierärzte I. u. II. Klasse? v. Gebhardt. 363. 
606. 

Tierärzte und Milchkontrolle v. Meßner. 646. 

Tierärzte in der Öffentlichkeit — Betätigung 
der — v. Meier. 601, s. a. Kommunal¬ 
verbände. 

Tierärzte in der Schweiz. — Zahl der — 718. 

Tierärztekammergesetz s. Gesetze. 

Tierärztekammern s. Brauch und Mißbrauch. 
Standesvertretung. 

Tierärztetag. — Rheinischer — 686, 760. 

Tierarzt s. Beleidigung, Redaktionswechsel, 
Stadtverordneter, Standesvertretung, Stu¬ 
dienordnung, Tagesgeschichte (Pfuscherei), 
Taxe, Wohnortsangabe. 

Tierfetten. — Schmelzveränderungen von — 
585. 

Tiergeschichte s. Albertus magnus. 

Tierhalters. — Haftpflicht des — 59, 507. 

Tierkadaver s. Abdeckerei wesen. 

Tierkörpermehle Ptomaine und Toxine? — 
Enthalten die — v. Dr. Häfcke. 838. 

Tierkörpervernichtungsanstalt in Köln. 853, 

Tiermedizin und Tierzucht, v. Dr. Lothes. 802. 

Tierproduktion, exotische, v. Sperl. 792. 

Tierquälerei s. a. Gerichts-Entscheidungen. 

Tierquälerei-Diskussion. — Ergötzliche — 399. 

Tierschutz und Tierschutzverein, v. Dr. Storch. 
322. 

Tierschutzlehrstunden für Polizeibeamte im 
Wuppertaler Tierschutzverein. 399. 

Tiersera. — Beitrag zur Biologie normaler — 
v. Rißling. 288. 

Tlerser*. — Beitrag aur Biologie normaler — v. Riß- 
liog. 288. 

Tierseuchen: Statistik s. d. Ländernamen, s. a. 
Landwirts chaftsrat. 252. 

Tierseuchen im Lichte chinesischer Auffassung 
und ihre etwaige Bekämpfung. — Orig.-Art. 
v. Pfeiffer. 441. 

Tierseuchen-Anzeiger. 195. 

Tierseuchenbekämpfung im Felde von Dr. 
Glaesmer. 954. 

Tierseuchendienst s. Frankreich. 

Tierseuchenflugblatt aus dem 18. Jahrhundert 
— Ein Nürnberger — v. Dr. Schöppler. 254. 

Tierseuchengesetz s. Reichstagskommission. 

Tierseuchengesetz statt Viehseuchengesetz. 
Eingabe des Deutschen Veterinärrats an 
den Reichstag. 379. 

Tierversuch s. Atoxyl. 

Tierzucht: s. a. Grasfluren, Nutzgeflügel- 
zucht, Scheidenkatarrh, Versicherungs¬ 
wesen, Viehbestand, Viehzucht, Württem¬ 
berg. — Landespferdezucht-Kommission. 
107. — Rheinischer Pferdezuchtverein. 
240. — Der infektiöse Scheidenkatarrh 
und seine Bedeutung für die nassauische 
Viehzucht v. Wenzel. 325. — Jahrbuch 
der Deutschen Landwirtschafts-Gesell¬ 
schaft. 508. — Über die 22. Wander¬ 
ausstellung der Deutschen Landwirtschafts¬ 


gesellschaft in Stuttgart - Cannstatt v. 
Maier. 524. — Welche Aufgaben stellt die 
moderne Forschung in der Tierzucht an die 
praktischen Tierärzte? v. Prof. Dr. Müller. 
551. — Gebühren für Behandlung der 
Gestütspferde. 562. — Deutsche Austem- 
zucht. 574. — Aalbrut 574. — Kaninchen- 
Zuchtanstalt 574. — Über die Vererbung 
von Farben und Abzeichen beim Pferd v. 
Kiesel. 592. — Schutz der Viehzucht bei 
vorübergebender Fleischteuerung. 647. — 
Mastviehausstellung in Stuttgart. 648. — 
Eine berühmte Zuchtstute. 660. — Speziali¬ 
sierung der Rassen v. Boucher. 701. — 
Zur Frage der Mitwirkung der Tierärzte 
in den Körungskommissionen. 33. — Be¬ 
sichtigung des Gestüts Trakehnen durch 
die Deutsche Kaiserin. 775. — Exotische 
Tierproduktionen v. Sperl. 792. — Ab¬ 
schüssige Kruppe v. Hink. 792. — Teil¬ 
nahme der Tierärzte an der Pferdezucht 
v. Matthiesen. 801. — Tiermedizin und 
Tierzucht v. Dr. Lothes. 802. — Tierzucht¬ 
inspektoren in Pommern. 963. 

Tierzuchtinspektoren in Pommern. 963. 

Titelfrage. 226; in Bayern. 959. 

Todesfälle s. Tagesgeschichte (Persönliches). 

Tollwut 8. Biß Verletzungen, Schlesien, Statistik 
s. d. Ländernamen. 

Tollwut. — Einiges über — v. Dammann u.; 
Hasenkamp. 978. 

Tollwut erkrankten oder intravenösen In¬ 
jektionen vonTollwut-Virus unterworfenen 
Herbivoren. — Über die Unschädlichkeit 
der Milch der an — v. Nicolas. 504. 

Tollwut in China v. Pfeiffer. 446. 

Tollwut bei Schweinen 788. 

Tollwutgesetz. 189. 

Tollwutkörperchen s. Negrische. 

Tonsillen s. Rotlaufbazillen. 

Torsio Uteri v. Frasch. 430. 

Torsio uteri ante cervicem. — Ein Fall von 
— v. Keller. 55. Ein weiterer Fall. Orig.- 
Art. v. Dr. Köhler. 428. 

Toxikologie s. Morphium. 

Toxikologisches. 585. . 

Toxine s. Tierkörpermehle. 

Trächtigkeit s. Leukocytose. 

Trächtigkeit des Rindes. — Diagnose der — 
v. Dr. Zieger. 901. 

Trächtigkeitsstempel in Wien. 815. 

Tränendrüse unserer Haussäugetiere. — Ein 
Beitrag zur Kenntnis des histologischen 
Baues der — v. Dr. Hornickel. 671. 

Tragbahre s. Wurf zeug. 

Tragranderweiterung belasteter gesunder Hufe. 
— Neue Beweise für die — v. Prof. 
Dr. Lungwitz. 303. 

Trakehnen. 775. 

Transplantation s. Lappentransplantation. 

Transport s. Gewichtsverlust, Konfiskate, See¬ 
fische. 

Transport von Eis. 495. 

Transportkrankheit s. Kolibakterienseptikämie. 

Transportunfähige Tiere. 261. 

Triboelektrizität s. Thermoelektrizität. 

Trichinen — Vorkommen der — in Schweden 
v. Nystedt. 848. 

Trichinenepidemie in Rothenburg. 647. 

Trichinenkrankheit der Schweine und ihre | 
Bekämpfung durch Vernichtung der Ratten i 


mittelst Ratin v. Dr. Bartels. 619; Be¬ 
richtigung. 760. 

Trichinenschau in Bayern. — Einführung der 

— 493. 647. 

Trichinenschau in Dänemark. — Notwendig¬ 
keit der — 139. 

Trichinenschau inKissingen. — Einführung 
der — 701. 

Trichinenschau in Württemberg. — Einführung 
der obligatorischen — 854. 941. 

Trichinenschau. — Kosten der — v. Böhm. 
572. 

Trichinenschauverordnung in Mecklenburg- 
Schwerin. 493. 

Trichinose. 439; s. a. Muskeltrichinose. 

Trockenmilch s. Milch. 

Trokar und Hohlnadel zur Entleerung von 
Darmgasen oder Flüssigkeiten in der Tiefe 
der Bauchhöhle nach Hoffmann. 461. 

Trommsdorff s. Bissulin. 913. 963. 

Trommsdorffsche Milcheiterprobe. — Erfreu¬ 
liche Folgen der — v. Dr. Rullmann. 941. 

Trommsdorffsches Leukocyten-Verfahren. 728. 

Tropenbygiene und Protozoenkrankheiten v. 
Dr. Sieber. 285. 582. 

Tropenmedizinische Gesellschaft. — Deutsche 

— 324. 

Tropidocerca fissispina. — Eutererkrankung 
durch — 616. 

Tryp. — Concerning the treatment of ex¬ 
perimental — von Moore, Nierenstein, 
Todd. 583. 

Trypanosoma Theileri im südlichen Deutsch- 
Ostafrika v. Stolowsky. 286. 

Tryp&nocoma des Wisent von Bieloweseh ▼. Wru- 
blewski. 903. 

Trypanosomata observed in bovines in India. 
— Different species of — v. Lingard. 582. 

Trypanosomen s. Tabes. 

Trypanosomen, ihre Bedeutung für Zoologie, 
Medizin und Kolonialpolitik. — Die krank¬ 
heitserregenden — v. Prof. Doflein. 869. 

Trypsanosomes. — La volutine chez les — 
v. Swellengrebel. 583. 

Trypanosomiasis in Senegal. — Animal — 
v. Thiroux and Teppaz. 582. 

Trypanosomiasis in the Kongo Freestate. — 
Cattle — v. Dutton, Todd and Kinghorn. 
583. 

Tuberkel s. Aufblähen. 

Tuberkelbazillen. — Eine neue Färbungs¬ 
methode der — v. Betegh. 219; Be¬ 
richtigung. 248. 

Tuberkelbazillen. — Über Resorption körper¬ 
licher Elemente im Darm, mit besonderer 
Berücksichtigung der — v. Orth und 
Rabinowitsch. 928. 

Tuberkelbazillen in den Lymphdrüsen des 
Rindes und Schweines. — Untersuchungen 
zur Frage des Vorkommens latenter — 
v. Prof. Dr. Joest, Noack und Liebrecht. 
245. 

Tuberkelbazillengehalt des Fleisches und 
Blutes. 493. 

Tnberkelbazillus s. Kocb. 

Tuberkel-Diagnostikum — Höchst. 273. 

Tuberkel-Sozin v. Klebs. 273. 

Tuberkulin s. Milchsekretion. 

Tuborkulinanwendung in der Lungentuber¬ 
kulose vom klinischen Standpunkt, v. Dr. 
Dluski. 737. 

Tuberkulinimpfung s. Fleischerverband. 




XXX 


Tuberkulinimpfung. — Resultate einer — 
v. Ländler. 632. 

Tuberkulinprobe in der tierärztlichen Praxis. 
— Die kutane und konjunktivale — von 
Sekyra. 848. 

Tuberkulinprüfung s. Tuberkulose. 

Tuberkulinreaktion v. Dr. Garth, Dr. Kranich 

u. Grunert. 848. 

Tuberkulinreaktion beim Rinde. — Beitrag 
zur kutanen und konjunktivalen — Orig.- 
Art v. Reinecke. 313; Tabelle. 340. 

Tuberkulinreaktion beim Rind. — Die kon¬ 
junktivale — Orig.-Art. v. Dr. Wölfel. 369. 

Tuberkalinreaktion. — Über die — v. Eisen. 604. 

Tuberkulöse Veränderungen bei einem Huhn.— 
Hochgradige — v. Volkmann. 614. 

Tuberkulösen Kuh teils nach Reims, teils 
nach den Ardennen. — Versendung einer 
— 139. 

Tuberkulose s. a. Atheromatose, Bovovacci- 
nation, Chorioiditis, Dorscblebertran, 
Eutertuberkulose, Hirnhaut, Kehlkopf, 
Leukocytose, Milchwirtschaft, Ophthalmo¬ 
reaktion, Opsonischer Index, Pseudotuber¬ 
kulose, Rindertuberkulose, Scheidentuber¬ 
kulose, Statistik s. d. Ländernamen. 

Tuberkulose s. Geflügel. Karzinom. Ohrläppchen. Opb- 
thalinodiagnose. Säugetier. 

Tuberkulose. — Neue Methoden zur Frühdiagnose der — 

v. Calinette 849. 

Tuberkulose. — Ein Vorschlag zur Therapie der — 
v. Dr. Schrakamp. 287. 

Tuberkulose. — Neue Gesichtspunkte der — 
v. Rothschild. 737. 

Tuberkulose. — Beiträge zur Lehre von der 
Entstehung der — v. Bongert. 389. 

Tuberkulose, v. Dr. Mießner. 737. 

Tuberkulose. — Angeborene — v. Reichert. 
516. 

Tuberkulose. — Die experimentelle ente- 
rogene — v. Prof. Orth. 869. 

Tuberkulose im ersten Stadium; Bemerkung 
zu „Fehldiagnosen mit der Tuberkulin - 
Prüfung“. — Die anatomische Diagnose 
der — Orig.-Art. v. Prof. Dr. Hottinger. 
232. 

Tuberkulose im 4. Vierteljahr 1907. — Er¬ 
gebnisse derüntersuchungen der Rindvieh¬ 
bestände in den Quarantäneanstalten. 568. 

Tuberkulose des Bauchfells und der abdo¬ 
minalen Lymphdrüsen beim Rinde durch 
rektale Untersuchung. — Klinische Dia¬ 
gnostik der — Orig.-Art. v. Storch. 141. 

Tuberkulose kompliziert mit Brustseuche v. 
Prof. Dr. Fröhner. 358. 

Tuberkulose nach dem Beringschen Ver¬ 
fahren. — Versuche der Immunisierung von 
Rindern gegen — v. Prof. Dr. Dammann. 
978. 

Tuberkulose zweier Nieren vom Schwein. — 
Atypische — v. Sommer. 661. 

Tuberkulose — bei den in öffentlichen 
Schlachthäusern geschlachteten Tieren. — 
Die Befunde von — 646. 

Tuberkulose beim Pferde. — Ein interessanter 
Fall von — v. Behr. 680. 

Tuberkulose der Rinder nach v. Behring. — 
Fünfjährige Erfahrungen über die Schutz¬ 
impfung gegen die — Orig.-Art. v. 
Dr. Strelinger. 385. 

Tuberkulosebekämpfung v. Prof. Dr. Zschokke. 
357. v. Rautmann. 830. 


j Tuberkulosediagnose bei den Tieren, vor- 

! nehmlich den Rindern, durch gleichzeitige 

I Anwendung der Ophthalmo- und der 

! Kutireaktion. v. Lignteres. 147. 

Tuberkulosefälle der Landwirtschaftskammer 
in Königsberg. — Demonstration offener — 
v. Dr. Johann. 935. 

Tuberkuloseforschungen. — Neuere — v. 
Prof. Dr. Kitt. 217. 

Tuberkulosekongreß in Amerika. — Inter¬ 
nationaler — 106, 367. 744. 

Tuberkulosemittel. — Neue — v. Gärard und 
Lemoine. 272. 

Tuberkulose. — Zur Frage der Schutzimpfung 
von Rindern gegen — v. Prof. Dr. Hutyra. 
463. 

Tuberkulose-Schutzimpfverfahren für Rinder 
mit Hilfe nicht infektiöser Impfstoffe. — 
Das Dresdener — Orig.-Art. v. Prof. Dr. 
Klimmer. 241. 

Tuberkulose-Schutz- und Heilimpfung der 
Rinder. — Das Heymannsche Verfahren 
zur -— v. Raebiger. 833. 

Tuberkuloseschutzimpfungen. — Beiträge zu 
den — v. Jungklaus. 214. 

Tuberkulosetilgung. Demonstrationen in 
Königsberg. 770. 

Tuberkulosetilgung nach Ostertag. — Zwei 
Jahre — Orig.-Art. v. Eberhard. 143. 

Tuberkulosetilgungsresultate v. Prof. Ujhelyi. 
203. 

Tuberkulose - Toxin. — Ein mit ölsaurem 
Natron und Lecithin hergestelltes hoch¬ 
wertiges — Orig.-Art. v. Dr. Zeuner. 653. 
694. 

Tübingen s. Hüfners Nachfolger. 399. 

Tumor s. Osteofibrom. 

Tumorgenese. — Über die — v. Dr. Jaeger. 773. 

Tympanitis des Luftsackes v. Kettner. 147. 

Tympanitis und chronische lymphatische 
Leukämie beim Elefanten v. Jakob. 768. 

Typhus s. Atoxyl. 

Typhus - Coli - Gruppe s. Schlachttierkrank¬ 
heiten. 

Typbus durch die Milch. — Übertragung von 
— 942. 

Typhus recurrens s. Serotherapie. 

Typhi» 8. Ophthalmoreaktion. 

Überbein s. Antiperiostin. 

Überfruchtung (Superfoetatio) bei einer Sau. 
357. 

Ulcus ventriculi. — Orig.-Art. v. Schütt 706. 

Ultram ikroakopfoeh a. Infektionserreger. 

Ultraviolettes Licht s. Milch. 

Unempfindlichkeit s. Vorderschenkel. 

Unfall s. Haltbarmachung, 

Unfallstatistik s. Fleischereiberufsgenossen¬ 
schaft. 

Unfruchtbarkeit bei Kühen und ihre Behand¬ 
lung v. Albrechtsen. 598. 

Ungarn s. a. Budapest - Österreich. Zur 
Geschichte des Hufeisens in Ungarn 
(mit Bezugnahme auf die Grabfunde aus 
der Arpädenzeit) v. Dr. Zimmermann. 359. 
— Der Vertrieb und die Kontrolle der 
tierischen Impfstoffe und Sera in Ungarn. 
Orig.-Art. v. Märai. 475. — Milch wirt¬ 
schaftlicher Weltverband. 648. — Seuchen¬ 
nachrichten. 991. 

Ungt Hydrargyri cinereum. 585. 


Universität 8. Tagesgeschichte. 

Universitätssucht der Volksschullehrer v. 
Schmaltz. 623. 

Unschädlich s. Seuchenkadaver. 

Unterbinden s. Blutstillungszange. 

Unterhautzellgewebe s. Ester-Dermasan. 

Unterkiefer s. Osteofibrom. 

Unterstützungen. — Literarische — v. Aller. 
914 

Unterstützungsverein für Tierärzte. 155. 322. 
983. 

Untersuchung s. Fleischbeschau. 

Untersuchungsräume s. Schlachthof. 

Unterveterinäre. — Zur Lage der — 550. 

Urämie infolge primären Carcinoma der 
linken Niere bei einem Hunde. — 
Chronische — v. Habacher. 100. 

Urämie infolge Verwundung bei einer jungen 
Katze. — Koprostase und comatöse — 
v. Grobon. 501. 

Usambara s. Piroplasma. 

Uterus s. Torsio, Laparatomie. 

Uteruskarunkeln (Semiplacenta materna) beim 
Rind. — Berechnung der Oberfläche der 
— v. Dr. Rörik. 97. 

Utrecht s. Niederlande. 

Vaerst in den Adelsstand erhoben. 185. 

Vena coronaria. —- Verletzung der — v. Dr. 
Vogel. 596. 

Verantwortlichkeit der Veterinäre von 
Maximilian. 684. 

Verband der praktischen Tierärzte s. Tages¬ 
geschichte (Vereine). 

Verbandhalter. — Ein neuer — Orig.-Art. v. 
Barnick. 340. 

Verbesserung s. Schlachthofwesen. 

Verdun s. Desinfizierung. 

Vereine s. Vereinigung, Pferdezuchtverein, 
Tagesgeschichte. 

Vererbung von Farben und Abzeichen beim 
Pferd, v. Kiesel. 592. 

Verfügungen s. Ministerialverfügungen, Ver¬ 
ordnungen, Landespolizeiliche Anordnung. 

Vergiftungen: s. Agrostemma Githago, 
Alkohol, Bleivergiftung, Brechweinstein, 
Brennessel, Brot, Eihäute, Erdnußkuchen, 
Fleisch, Fleischvergiftung, Gänsefleisch, 
Gelbertiben, .Lysol, Mückenstiche, Not¬ 
schlachtung, Phosphor, Pilze, Quecksilber, 
Rostpilz, Schlachttierkrankheiten, Strych¬ 
nin, Ungt. Hydrargyri cinereum. 

Vergotinine bei Lungendämpfigkeit, v. Train. 
244. 

Verimpfung s. Schweineseuche. 

Verkauf s. Praxis. 

Verkaufen. — Feilbieten und — 493. 

Verknöcherung s. a. Hufknorpelfesselbeinband. 

Verknöcherung der Hufknorpel beim Pferde, 
v. Dr. Zimmermann. 679. 

Verletzungen s. Wirbelsäule, Vena coronaria. 

Vermittlungsstelle s. Schlachthofdienst 

Vernichtung s. Abdeckereifrage. 

Verordnungen: s. Abdeckereiwesen, Be¬ 
schauzwang, Betäubung, Fleischbeschau¬ 
verordnungen, Gesetze, Influenza, Konfis- 
katbehälter, Landespolizeiliche Anord¬ 
nungen, Landwirtschaftskammer, Lungen¬ 
seuche, Milzbrand, Preistafeln, Schafräude, 
Schlachthofzwang, Trichinenschau, Veteri¬ 
närpolizei, Wurstbereitung. 



XXXI 


Verproviantierung s. Fische. ! 

Versicherungsgesetz. 75. 

Versicherungsvertrag s. Viehversicberungs- 
vertrag. 

Versicherungswesen: Zu dem Gesetzent¬ 
wurf über den Viehversicherungsvertrag 
v. Maier. 59. 881. — Die größeren deut-, 
sehen Vieh-Versicherungsgesellschaften am 
Schluß des Jahres 1906 v. Dr. Plath. 63; 

1907. 590. — Entwurf eines Versicherungs¬ 
gesetzes. 75. — Invalidenversicherungs¬ 
pflicht der Fleischbeschauer. 192. — An- j 
derung des Gesetzes über die staatliche 
Schlachtviehversicherung im Fürstentum 
Kcuß j. L. 260. — Private Schlachtvieh¬ 
versicherungsvereine. 260. —* Fleischpreise 
der sächsischen Schlachtviehversicherung 

1908. I. Qu. 47. II. Qu. 335. III. Qu. 
495. IV. Qu. 839. — Schlachtviehver¬ 
sicherung. 494. — Geschäftsbericht der 
Bayerischen Landes - Viehversicherungs¬ 
anstalt für das II.Versicherungsjahr 1906/07 
v. Maier. 574. — Geschäftsbericht der An-} 
stalt für staatliche Schlachtviehversiche -1 
rung im Königreich Sachsen für das Jahr 
1907. 607. — Preußischer Beamtenverein j 
zu Hannover, Lebensversicherungsverein , 
auf Gegenseitigkeit. 637. — Geschäfts- j 
bericht der Bayerischen Landes-Pferde- < 
Versicherungsanstalt für das VII. Ver¬ 
sicherungsjahr 1906/07 v. Maier. 686. — 
Lokale Schlachttierversicherungen v. 
Volmer. 910. 

Vertretungen s. Schlachthofdienst. 

Vertretung beamteter Tierärzte. — Verfügung 
betreffs Erkrankung und — 963. 

Verurteilung s. Gerichtsentscheidungen, Nah¬ 
rungsmittelgesetze. 

Verwaltungsdienstes in Hamburg. — Tech¬ 
nische Beamte des höheren — 436. 451. 

Verzollung s. Viehhandol. 

Veterinärbeamtentums. — Vorschläge zur 
Neuorganisation des — v. Graffunder. 682. 

Veterinärchirurgie s. Empfindungslosigkeit. 

Veterinäre s. Tagesgeschichte (Militärveteri¬ 
näre), Verantwortlichkeit. 

Veterinärinstitut s. Tagesgeschichte (Tierärztl. J 
Lehranstalten). * 1 

Veterinärinstitutes zu Gießen. —- Zur Ge-1 
schichte des — 561. I 

Veterinärmedizin s. Atoxyl. Seife. j 

Veterinäroffizierkorps s. Tagesgeschichte 
(Militärveterinäre). 

Veterinärpolizei: s. a. Gerichtsentschei¬ 
dungen, Seuchen, Standesvertretung, 
Tagesgeschichte (Staatsveterinär weBen). — 
Die Lage der praktischen Tierärzte und ihre 
Beteiligung bei der Veterinärpolizei v.Prof. 
Dr. Schmaltz. 180. — Landespolizeiliche 
Anordnung, betreffend Untersuchung von 
in den Landespolizeibezirk Berlin einge¬ 
führten Rindern. 940; Gebührentarif. 940. 

Veterinärrat an den Reichstag. — Eingabe 
des Deutschen — 379. 

Veterinärrats zu Stuttgart. — Vorbereitung 
zur XI. Plenarversammlung des Deutschen 
— 452. 

Viandes metsaines. — Les — 494. 

Vieh. — Versorgung durch heimisches — 815. 

Viehbestand der Erde. 607; Großbritanniens im 
Jahre 1907. 607. 


Vieheinfuhr s. Viehhandel. ! 

Viehhändler. — Forderungen der — 261. \ 

Viehhandel: s. a. Einfuhrverbot, Fleischer¬ 
verband, Gesundheitszeugnisse, Grenz¬ 
verkehr, Handelsvertrag, Häutehandel, 
Schlachtgewicht, Schlachtvieh, Schweine¬ 
preise, Statistik s. d. Ländernamen, Vieh¬ 
bestand, Viehproduktion, Viehzählung, 
Wildverkauf, Zoologische Gärten. — 
Kleiner Grenzverkehr. 21. — Reformen 
im Viehhandel. 23. — Zentralstelle für 
genossenschaftliche Viehverwertung in 
Bayern. 23. — Gewichtsverlust des 

Schlachtviehs auf dem Transport. 45. — 
Der Viehhandel in seinen verschiedenen 
Formen als Quelle der Seuchenverbreitung 
und die Vorbeugungsmaßnahmen v. Dr. 
Hohmann. 108. — Ausdehnung des Ein- 
und Durchfuhrverbots wegen Ausbreitung 
der Maul- und Klauenseuche in der 
Schweiz. 195. — Kontrolle der Vieh- und 
Fleischpreise. 196. — Handel nach Lebend- - 
gewicht. 261. — Durchschnittliches 

Schlachtgewicht. 261. — Bestimmung des 
Gewichts bei der Verzollung des Viehs. * 
261. — Forderungen der Viehhändler. 261. 1 
— Transportunfähige Tiere. 261. — Vieh- 1 
handel in Chicago. 262. — Mastvieh- J 
ausstellung in Hamburg. 262; Stuttgart. I 
648. — Parlamentarische Studienreise auf | 
österreichischen Viehmärkten. 332. — Zur j 
Einfuhr dänischen Viehs. 569. — Forde¬ 
rungen der Fleischer. 571. — Einfuhr von . 
Fischen, Amphibien, Weichtieren und j 
Krustentieren nach Deutschland im Jahre | 
1907. 573. — Vieh- und Schlachthöfe im i 
Jahre 1903 oder 1903/04 v. Rahts. 570. — j 
Transport lebender Seefische. 573. — Zur j 
Versorgung Berlins mit Fischen. 573. — | 
Austernfang in der Nordsee. 574. — 
Kaninchenhandel. 574. — Konservierung; 
der Eier. 574. — Eiereinfuhr. 574. — 
Pinguineneier. 574. — Gesetzentwurf be-! 
treffend den Viehhandel. 788. — Deutsche | 
Schlachtviehmärkte. 813. — Statistik des 
Schlachtviehhandels. 814. — Schlacht¬ 
gewicht. 814_Viehpreise. 814 (s. a. | 

Fleischpreise). — Trächtigkeitsstempel in 
Wien. 815. — Versorgung durch heimisches , 
Vieh. 815. — Einfuhr von Rindern und 
Ziegen aus der Schweiz nach Bayern. 837. 
— Reichsgesetz betr. Preisfeststellung, 
beim Schlachtvieh. 837. — Hengstkörung j 
und Hengstmarkt am 28., 29. und 30. Januar 
1909 in Oldenburg i. Gr. 914. — Protest < 
gegen den Viehhandel nach Lebend¬ 
gewicht. 941. i 

Viehhof s. Düngerproduktion. ' 

Vieh- und Schlachthöfe. 570. 

Vieh- und Schlachthöfe im Jahre 1903 oder ! 
1903/04. v. Prof. Rahts. 570. 

Viehmarkt s. Tiermarkt, Viehhandel. 

Viehpreise. 814; s. a. Fleischpreise. 

Viehproduktion und ausländische Futtermittel. 
569. 

Viehschmuggel. 941; s. a. Riesenschmuggel¬ 
prozeß. 

Viehseuchen s. a. Tierseuchen. 

Viehseuchen, — Die Bekämpfung der afri¬ 
kanischen — 155. 


Viehseuchengesetz s. a. Gesetze, Tierseuchen¬ 
gesetz. 

Viehseuchengesetz. 59. 75. 84. 100. 104. 107. 

124. 126. 187. 252. 253. 259. 295. 326. 
Viehseuchengesetz im Landes - Ökonomie- 
Kollegium. 187. 

Viehseuchengesetzes im Reichstag. — Be¬ 
ratung des — 295. 

Viehseuchenkommission des Reichstages. 104. 
253. 326. 

Viehseuchenstatistik. — Verfügung, betreffend 

- 330. 

Viehseuchennnterdrückung s. Landwirtschafts¬ 
rat. 

Viehversicherung 8. Versicherungswesen. 
Viehversicherungsgesellschaften am Schluß 
des Jahres 1906. — Die größeren deutschen 

- v. Dr. Plath. 63; 1907. 590. 
Viehversicherungsvertrag. — Zu dem Gesetz¬ 
entwurf über den — v. Maier. 59. 381. 

Viehverwertung s. Viehhandel. 
Viehwäbrschaftsgesetz. 133. 

Viehzählung in Preußen. 701. 913. 

Viehzucht s. Tierzucht. 

Viehzucht in Deutsch-Südwcstafrika und zur 
Bekämpfung der afrikanischen Vieh¬ 
seuchen. — Maßnahmen zur Förderung 
der — v. Preuße. 415. 

Virulenz und Therapie v. Prof. Dr. Preisz. 862. 
Virus s. Schweinepest. 

Vögel s. Muskeltricbinose. 
v. Voit s. Tagesgeschichte. (Persönliches 
[Todesfälle]). 

Volksschullehrer. — Ausbildung der 5<)7. 
Volksschullehrer. — Universitätssucht der - 
v. Schmaltz. 623. 

Volvuli s. Aneurysma. 

Vorderextremitäten s. Schale. 

Vorderschenkel und die Unempfindlichkeit 
beim Treten auf die Krone. — Unter¬ 
suchungen über das künstliche Kreuzen 
der — v. Dröge. 358. 

Vorfall s. Mastdarmzerreißung. 
Vorlesungsplan s. Tagesgeschichte (Tier¬ 
ärztliche Hochschule). 

Vulva s. Aktinomykom. 

Walflschmilcb. — Zusammensetzung der — r. Si heibe. 3M:>. 

Wanderausstellung s. Landwirtschaftsgescll- 
schaft. 

Warnung v. Felbaum. 637. 

Wassermann s. Schweineseuche. 

Weichtiere s. Viehhandel. 

Weltverband. — Milchwirtschaftlicher — 648. 
Wertbestimmung s. Grasfluren. 

Westpreußen s. Landwirtschaftskammer. 
Wett-Eierlegen deutscher Hühner. 179. 
Widerstandsgrad s. Magenwand. 

Wiederkäuer s. Magendarmkatarrh. 

Wiegen s. Schlachtgewicht. 

Wiegeordnung. — Vorschriften für die — 913. 
Wien: Demonstration der Studierenden an 
der Wiener Tierärztlichen Hochschule, v. 
Schmaltz. 351. — Der Wiener Studenten¬ 
krawall. 381. — Hofrat Professor Dr. 
Bayer, Rektor der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Wien in den Ruhestand getreten. 
701. — Trächtigkeitsstempel in Wien. 
815. — Prof. Dr Lechner durch Prof. Dr. 
Günther ersetzt. 985. 

Wiesenheu s, Grasfluren. 




XXXIL 


Wiosentypen s. Grasfluren. ' 

Wild s. Freizügigkeit. 

Wildbret. — Fleischbeschau beim — 45. 
Wildbret. — Über die Notwendigkeit der 
Ausdehnung der Untersuchung (Fleisch¬ 
beschau) auf das — v. Borchmann. 44. , 

Wild- und Rinderseuche. 328. i 

Wild- und Rinderseuche. — Zur Biologie des j 
Erregers der — v. Ostertag. 697. 
Wildverkauf während der Schonzeit. 494. 
Windkolik beim Pferd. — Einige Betrachtungen I 
über die — v. Prof. Hendrickx. 448. 
Winslow 8. Dünndarmeinschnürung. 

Winterfest der Tierärztlichen Gesellschaft zu | 
Berlin. 63. i 

Wirbelsäule beim Rinde. — Verletzung der j 
— v. Tapken. 202. j 

Wissenschaftliche Abende der Assistenten | 
der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden I 
im Winter 1906/07. XX.-XXII1. Abend. | 
661. (Beilage). 

Witzenhausen — Kolonialschule in — 367. 
Wochenschrift. — Kündigung der Deutschen j 
Tierärztlichen durch den Landes verein i. | 
Württemberg. 452. i 

Wohnortsangabe. — Verzeichnis der Tierärzto 
ohne — 511. | 

Wohnungsgeldzuschuß u. Steuerprivileg der i 
Beamten in Preußen. 853. 

' Wölfisches Stipendium. 718. 

Württemberg: s. a. Tagesgeschichte (Per¬ 
sönliches und Pfuscherei). Wochenschrift. 
Übernahme der Fleischbeschaugebühren 
durch den Staat. 138. — Gehaltsauf¬ 
besserungen in Württemberg. 252.452. — 
Entwurf einer Gebührenordnung für die 
wiirtteiubergischen Tierärzte. 451. — Ent-, 
wurf eine§ Erlasses des Ministeriums des j 
Innern betreffend die Jahresberichte der 
Oberamtstierärzte. 452. — Entwurf eines 
Reichsapothekengesetzes. 451. — An-! 
Stellung eines Lehrers für Tierzucht an i 
der Hochschule in Stuttgart. 452. — Tier-1 
ärztliche Standesfragen in Württemberg i 
v. Metzger. 453. — Dem Wirk!. Ober-1 
Reg.-Rat Beißwänger ist das Ehrenkreuz j 
des Ordens der Württembergischen Krone | 
mit dem persönlichen Adel verliehen 
worden. 551. — Neue Gebührenordnung j 
in Württemberg. 590. — Über die 22. j 
Wanderausstellung der Deutschen Land- j 


Wirtschaftsgesellschaft in Stuttgart-Cann¬ 
statt. v. Maier. 452. 524. — Steuerange¬ 
legenheiten in Württemberg. 452. — 

Tierärztliche Taxe in Württemberg, von 
Beißwänger. 854. Errichtung besonderer 
Professuren für animalische Nahrungs¬ 
mittelkontrolle an den Tierärztlichen 
Hochschulon. 854. — Erweiterung der Be¬ 
fugnisse der Schlachthoftierärzte 854. — 
Einführung der obligatorischen Trichinen¬ 
schau in Württemberg. 854. 941. — Ertrag 
der Milchwirtschaft in Württemberg 944. 
— Gebühren und Reisekosten der Ober¬ 
amtstierärzte in Württemberg. 960. 

Wundheilung und Narbcnbildung beim Haus¬ 
geflügel v. Schräpler. 164. 

Wundstarrkrampf. — Von Pfuscherhand vor¬ 
behandeltes Pferd mit — v. Mayr. 26. 

Wuppertal s. Tierschutzlehrstunden. 

Wurftuberkulose s. Scheidentuberkulose. 

Wurfzeug nach Landestierarzt Blume. 245. 

Wurfzeug und eine Tragbahre für Pferde. — 
Ein neues - Orig.-Art. v. Konge. 580. 

Wurmfarnwurzel s. Filmaron. 

Wurmseuche s. Lungenwurmseuche. 

Wurst s. a. Brühwürstchen. 

Wurst. — Mageninhalt in der — 728. 

Wurstbereitung. — Bekanntmachung des 
Polizeiamtes in Heilbronn betr. — 440. 

Wursthüllen. — Färbon von — 262. 

Wursthüllen. — Pferdedärme als — 440. 

Wurstkontrolle. — Fleisch- und — 837. 

Wurstware s. Leberkäs. 

Wut beim Hunde. — Ein Fall von atypisch 
verlaufender rasender — Orig.-Art. v. 
Wölfel. 266. 

Wut; über das sogenannte prämonitorische 
Fieber. — Über ein Symptom der 
experimentellen — v. Löte. 247. 

Wutschutzabteilung am hygienischen Institut 
der Universität zu Breslau. 257. 

Wutschutzabteilung des Instituts für Infektions¬ 
krankheiten in Berlin in der Zeit vom 
1. Januar 1905 bis 31. März 1900. — 
Tätigkeit der — 326. 

Yohimbin. — Gefährliche Nebenwirkungen 
bei — v. Daeis. 305. 

Yohimbin Spiegel (Yohimvetol). — Wirkung 
und Nebenwirkungen des — Orig.-Art. 
v. Holterbach. 157. 


Vohimvetolerfolg. — Ein durchschlagender 
v. lloltorbacli. 973. 

Z s. a. C. 

Zahnärzte. — Neue Studienordnung für - 
323. 396. 

Zahnärzte. — Vorbildung der — 935. 

Zange b. Blutstillungszange. 

Zebu s. Metatarsus. 

Zecke s. Rückfallfieber. 

Zehenbeugers am linken Hinterfuß undHeilung. 
— Durchschneidung der Sehne des ober¬ 
flächlichen — v. Tantos. 392. 

Zehenbinde s. Hufknorpelfesselbeinband. 

Zeichen der Zeit v. Doenhardt 506. 

Zeitschrift für Desinfektion. — Neue — 569. 

Zellgifte und Zellkrankheiten v. Professor 
Dr. Zschokke. 560. 

Zentralgeschäftsstelle der deutschen tierärzt¬ 
lichen Standesvertretung. — Gründung 
einer — v. Prof. Dr. Schmaltz. 433. 

Zentralnerveimystem s. llUhnerpestviiu«. 

Zentralstelle s. Viehhandel. 

Zentralvertrotnng der tierärztlichen Vereine 
Preußens. 904. 

Zerreißung s. Labmagen. 

Zerreißung des N. opticus s. Augenbogen. 

Zeugen s. Gebühren. 

Ziege s. Bazillus pyogenes, Cystenbildung, 
Kropf, Nierenabszeß, Piroplasmose, 
Schreckziege, Thyrcoidcktomie, Vich- 
handel. 

Ziegenfleisch statt Schaffleisch. — Verkauf 
von — 495. 

Zivilbevölkerung s. Influenza. 

Zoologische Gärten. — Einfuhr von Tieren 
in — 186. 

Zooparasiten s. Eosinophilie. 

Zuchtstier s. Rind. 

Zuchtstute. — Eine berühmte — ö<>0. 

Zuckerfütterung in der Pathogenese der 
Koliken. — Rollo der — v. Roux. 30. 

Zuckerharnruhr v. Krüger. 220. 

Zunge 8. Papillen. 

Zungenödem beim Pferde v. Ileieck. 430. 

Zurückhaltcn s Nachgeburt 

Zweifbl. — Bange — v. Schmaltz. 602. 

Zwerchfellkrampf. — Eigenartige Fälle von - 
v. Demora n. Adriansen. 767. 

Zwitter s. a. Scheinzwittor. 



XXXIII 


Autorenregister. 

(Die Zahlen bedeuten die Seitenzahlen.) 

(Die Namen in kleiner Schrift bedeuten die Autoren der medizinischen Literatur. 


Adelmann 549. 785. 
Adriansen 767. 

Albien 175. 

Albrecht 164. 220. 
Albrechtsen 598. 

Andrejew 818. 

Angel ici 32. 

Angeloff 477. 682. 
Antoine 782. 

Amous 308. 

Anlich 462. 

Baer 737. 

Baier 272. 

Hall 360. 

Balus 599. 

Balfonr 54. 

Bang 359, 449. 

Barabäs 32. 

Barnick 340. 

Bartels 271. 619. 760. 

Bauer SCO 

Beardsley 585. 

Becher 974. 

Beck 559. 584. 585. 
Becker 429. 
ßeddies 500. 

Behr 680. 

v. Beißwänger 854. 
Berger 7. 99. 404. 431. 
Bergholz 670. 

Berndt 28. 501. 793. 
Bernhardt 282. 793. 851. 
Betegh 219. 

Beiist 35. 

Bierling 655. 

Bieretedt 584. 

Bischof! 309, 966. 
Blumenthal 343. 

Blank 231. 245. 579. 
Böhm 572. 

Bohtz 405. 

Bondi 393. 

Bongert 389. 

Borchmann 44. 91. 682. 
Botzner 584. 

Boucher 701. 

Boyce 287. 

Breindl 286. 

Breß 430. 

Breton 97. 

Brener 138. 

Brietseh 679. 

Broll 928. 


Brnns 584. 

Bubendorf 647. 

Buchanan 287. 

BUlling 7. 

Bürgi 598. 

Bugge 95. 175. 353. 412. 

| 616. 815. 

I Burow 843. 

Cadöac 70. 302. 925. 

I Cadiot 558. 
i Cadix 518. 

Caemmerer 404. 545. 

| Cal motte 849. 

1 Capelle C97. 

| Christophers 287. 

I Claußen 614. 

| Colberg 812. 
i Cornelius 285. 

I Corumann 943. 

! Creutz 4. 

| JDaols 305. 

j Dammann 861. 978. 978. 
Dasch 202. 

Dedjulin 122. 

Degen 548. 

Dehne 977. 

Demoro 767. 

Denker 618. 

Dexler 970. 

Dietrich 848. 

Disselhorst 337. 

Dluski 737. 

Dobrosrakow 582. 
Doenecke 941. 

Doenhardt 506. 

Doerr 464. 

■ Dörrwächter 98. 863. 
Doflein 869. 

Donath 955. 

Dom 203. 736. 

Dralle 150. 

Dröge 358. 

Dreyer 345. 

Dunbar 8. 

Dutroys 247. 

Dutton 583. 

Dvoraifek 300. 

Eberhard 143. 

Edelmann 377. 679. 847. 
977. 


Edenhuizen 56. | 

Ehrle 571. 599. 

Eichhorn 377. 378. 977. 
Einthoven 869. 

Eisen 500. 

Eisen 504. 

Eisenberg 769. 

Ellermann 449. 

Eloire 782. 
v. Endell 253. 

Erdös 98. 

Espert 473 
Evers 148. 458. 

Fambach 834. ! 

Fayot 976. ! 

Fehse 342. j 

Fehsenmeier 56. ! 

Felbaum 637. I 

Felisch 312. 348. j 

Fenner 339. I 

Feuereißen 203. 262. 430. ! 

Fingerling 944. j 

Fischer 600. j 

Fleischhauer 54. j 

Floris 518. I 

Fölger 862. 978. I 

Forssell 407. 448. * 

Foth 835. 865. 

Fraenkel 346, 392. 

Franke 759. 772. 788. 801. 

834. 853. 868. 883. 909. 
Franz 737. 

Frasch 430. 

Freese 177. 614. 861. 
Freund Dr. 729. 761. j 

Freytag 377. 506. 680. 708. 

775. 977. 

Frick 29. 

Fricke 504. 

Friederich 707. 

Friedläuder 633. 

Friedrich 469. 869. 

Fröhner 358. 534. 

Frosch 610. 817. 

«äl 343. 

Gans 900. 

Gareitschnoff 165. 

Garth 478. 848. 

Gasse 600. 

Gassend 976. 

Gautier 8C4. 

Gebhardt 363. 535. i 


Geißler 713. 

Georges 58. 

G6rard 272. 

Gergcly 248. 

Geßner 99. 

Giemsa 632. 

Gillilaudet 943. 

Gläser 6. 

Gläsraer 954. 

Glaesner 633. 

Glage 862. 

Glaubermann 583. 

Gm einer 83. 680. 

Gmelin 782. 

Göhler 701. 

Göhre 848. 

Go’dbeck 106. 189. 204. 
284. 289. 502. 610. 629. 
695. 844. 

Goldberger 429. 613. 734. 
Grabe 355. 

Grabert 98. 

Graffund er 175. 682. 

Gratz 849. 

Greve 614. 

Grimm 518. 

Grobon 501, 

Grosso 831. 

Grünert 478. 848. 
Grundmann 977. 

Gruß 431. 

Guerrini 513. 736. 

Gützlaff 134. 

Gubrauer 927. 

Guittard 616. 

Gundelach 206. 

Gutbrod 593. 


Haase 427. 

Habacher 100. 

Haefcke 838. 

Hansen 943. 944. 

Hase 615. 

Hasenkamp 978. 

Haubold 680. 977. 

Hauger 7. 

Haupt 394. 561. 606. 861. 
Hebrant 782. 

Heieck 430. 

Heine 451. 

Heinick 378. 

Heiß 600. 

Helfer 331. 


Hendricks 234. 654. 
Hendrickx 448. 

Hennig 285. 

Herhudt 781. 

Hering 314. 

Hermans 248. 545. 

Herxheimer 680. 

Herz 432. 

Hieronymi 299. 692. 
Hilbrandt 599. 

Hildebrandt 698. 

Hillerbrand 820. 877. 

Hink 792. 

Hipp 547. 

Hißbach 534. 

Höchstem 475. 

Hölscher 768. 768. 

Hoerauf 354. 

Höyberg 178. 

Hoffmann 459. 

lloflfmann 680. 

Hohmann 108. 971. 
Holterbach 28. 81. 82.157. 
267. 297. 555. 580. 656. 
876. 973. 

Holth 861. 

Horn 534. 

Horne 235. 

Iiorneck 857. 

Hornickel 671. 

Hottinger 232. 

HUbener 405. 784. 

1 H Wiener 698. 

Hugentobler 304. 

] Hurabert 139. 

I Hutyra 82. 463. 


Illing 662. 

Immelmann 72. 

Imminger 408. 

Immisch 666. 671. 

Jackscbath 52. 

Jaeger 66. 77. 773. 774. 
Jakob 247. 584. 768. 863. 
955. 

Janßen 555. 

Jewasinski 177. 

Jöhnk 689. 

Joest 245. 

Johann 935. 

Jonas 347. 450. 

| Jungklaus 178. 214. 






XXXIV 


Kubisch 43*. [ 

Kärnbach 92. ! 

Kaiser 921. 975. 
Kantorowicz 31. (591. 

Katzenstein 756. 

Keller 55. 

Kellermann 178. 

Kellner 272. 

Kemöny 148. 

Kern 578. 

Kettner 147. 

Kickton 438. 

Kienböck 869. 

Kiesel 592. 

Kinghorn 583. 

Kissuth 224. 

Kitt 217. 

Klaatsch 868. 

Klebs 273. 

Klee 178. 

Klein 272. 

Klimmeck 706. 

Klimmer 241. 

Knapp 583. 

Knoll 529. 

KnUsel 942. 

Koch 285. 

Kötschau 988. 

Köhler 428. 

Köhler 864. 

Kob) 681. 

Koiransky 675. 

Konge 580. 

Koops 117. 

Kopp&nyi 98. 518. 1 

Kon rieh 769. 

Korreng 84 
Kovänyi 235. 

Kraemer 903. 928. 

Krage 668. 

Krameil 798. 

Kranich 478. 848. 

Krau* 464. 

Krautsehneider 769. 

Krautatrunk 789. 

Krekeler 305. 

Kroening 146. j 

Krueger 72. 124. 220. 222. 
224. 407. 462. 770. 853. 
866. 879. 902. 906. 

Kühn 173. 

Köthe 55. < 

Knkuljevie 798. 

Kunze 933. 963. 

Kurtzwig 395. 

Kusch s. Pusch. 

KuUchera 464. 

Kvlen 285. 


JLacassaguc 479. 

Ländler 632. 

Lüwen 861. 

Lange 378. 680. 977. 977. 

977. 977. 

Lau ff 365. 

Lechncr 359. 

Lech 176. 357. 843. 877. 
Lehmann 453. 557. 
Leistikow 372. 

Lemke 680. 

Lemoine 272. 

Lenhoss^k 390. 


Lcupold 286. 

Levaditi 583. 583. 

Levy 343. 

Lewinski 698. 

Liebener 197. 

Liebermann 736. 
Liebetanz 732. 

Liebrecht 245. 

Lienaux 678. 

Ligniüres 147. 

Lindner 123. 

Lingard 582. 

Lipsehtltz 449. 

Littmann 599. 

Litty 480. 

Löte 247. 

Löwel 294. 

Loewenthal 54. 557. 87; 
Lorenz 497. 797. 915. 
Lothes 802. 

Lubenetzki 903. 

Ludewig 479. 502. 

Lübke 870. 

Lüer 696. 

Liihrs 380. 

Lüttschwager 246. 
Lungwitz 303. 431. 
Lyding 124. 

fflaaß 912. 

Mackie 582. 

Männer 462 

Mater 59. 381. 462. 501 
524. 574. 686. 757. 
Malkmus 590. 

Märai 475. 

Marchand 517. 

Marcone 863. 

Marek 96. 

Marq 847. 

Marschner 964. 

Marx 697, 956. 

Marxer 229. 343. 401. 
Masch 979. 

MatthieBen 801. 
Maximilian 290. 684. 
Mayer 897. 

Mayr 25. 176. 

Meier 8. 34 44. 601. 
Meitzer 7. 

Meßner 646. 

Metzger 453. 

Meyer 801. 827. 

Michael 860. 

Michalik 690. 

Mießner 436. 577. 617. 611 
737. 779. 781. 802. 

Mieliner 903. 

Migge 915. 

Mil Irr 450. 

Mißlack 717. 

Mitrowitseh 649. 

Möller 955. 

Möllers 583 
Moore 583. 

Mord 1. 

Moritz 694. 

Mott 583. 

Moussu 309. 377. 409. G3( 

Much 346, 504. 

Mueha 388. 
v. Möller 745. 


Müller (Eduard! 432. 

Müller (Franz) 695. 

Müller (K.) 379. 437. 
Müller (M.) 541. 595. 

988. 

Müller (0.) 259. 

Müller (Kudolf) 39?. 

i Müller (R.) 551. 

Naumann 606. 667. 

Neißer 656. 

Nemeöek 680. 

Neuber 783. 

Neufeld 681. 681. 

Ncuiuann 464. 681. 

Xe von 977. 

Nevermann 610. 673. 817. 
884. 

Nicolas 504. 

Nielsen 969. 

Nierenstein 583. 

Nissen 925. 

Noack 245. 632. 679. 

Notz 344. 

Novy 583. 

Nvstedt 848. 

Oeller 914. 

Okholm 976. 

Ondra^ek 357. 

Opalka 123. 

Oppel 52. 294 

Orszag 345. 

Orth 869. 928. 

Ostertag 31. 42. 69. 83. 

320. 493. 697. 979. 

Otto 847. 

Pages 838. 

Panse 286. 

Parseval 868. 

Pausini 202. 

Picard 5l7. 

P6cus 123. 

IViser 432. 

Poka»- 98. 925. 

Peter 62. 291. 773. 

Petit 517. 

Pfeiffer 441. 

Pfeil 301. 

Pfeiler 600. 

Pfleger H56 

Pharmazeutisches Institut 
Gans 900. 

Pigger 604. 

Pincemiu 977. 

Pineau 518. 

Pinn er 520. 

Piorkowski 272. 391. 877. 
972. 

l’irokowski 34«, 

Pitt 888. 

Pitt 391. 

Plath 63. 590. 

Plessow 149. 

Pochbamiuer 392. H •:>. 

Porcher 269. 

Prcisz 697. 

Preis/. 862. 

Pret/.sch 378. 

Preuße 210. 415. 520. 590. 
712. 914. 983. 


Priewe 841. 

Priugshoim 903. 

Prowazek 63* 

Pröscholdt 502. 560. 

Pusch 56. 124. 519. 
Puttkammer 391. 

t^uerrnau 429. 710. 

Rabinowitsch 928. 
Rachfall 734. 

Raebiger 532. 611. 654. 

831. 833. 

Rahts 570. 

Rantzau 253. 

Rautmann 830. 
Regenbogen 425. 499. 544. 
Reiche 475. 

Reichert 516. 

Reimers 203. 281. 
Reinecke 313. 340. 
Reinhardt 557. 

Rettich 252. 

Ribbert 768. 

Richter 737. 846. 954. 

Itic >ter 755. 

Rickmann 71. 883. 

Rieger 504. 

Ripke 820. 

Rißling 288. 

Kißling 288. 

Ritter 217. 

Roch 904. 

Roch* 583. 583. 

Robert 377. 

Röder 656. 

Rörik 97 
Rongc 783. 

Roschig 122. 533. 

Kossolhno 765. 

Rotschild 737. 

Roux 29. 

Kuala 769. 

Rüdiger 712. 

Kudolph 956. 

Rühm 902. 978. 

Kullmann 941. 

Rust 165. 


.Saathoff 393. 

Sahner 318. 

Sallinger 165. 

Sauer 503. 

Sehaaf 283. 

Schade 518. 956. 
Schaffner 305. 

Schaller 378. 679. 848. 
Schaum keil 800. 
Scheffer 876. 

Scheibe 393. 

Soheibel 146. 

Schein 712. 

Schellack 360. 

Schellhase 723. 

Schern 617. 

Schifferli 695. 

Schilling 34. 

Schimmel 84 
Schipp 790. 

Schirop 633. 

Schlegel 777. 794. 821. 

Schlesinger 2SS. 


Schlitzberger 471. 
Schmaltz 75. 91. 100. 107. 
128. 156. 180. 186. 196. 
250. 251. 274. 312. 318. 
347. 349. 349. 350. 350. 
351. 351. 383. 393.^410. 
414. 433. 465. 466. 534. 
536. 549. 586. 602. 606. 
623. 635. 660. 784. 786. 
799. 823. 846. 851. 864. 
866. 867. 878. 879. 881. 
913. 931. 959. 969. 960. 
984. 984. 985. 

Schmidt 235. 471. 697. 
Schmitt 788. 789. 

Schmul 246. 

Schnürer 547. 

Sehöppler 254. 

Sehrakatnp *87. 

Schräpler 164. 

Schnitter 346 

Schuh 548. 815. 

Schultz 346. 

Schütt 706’. 

Schwarz 144. 

Schwinning 708. 

Seber 411. 

Sekyra 848. 

Semon 956. 

Seyfert 99. 

Siebenbürger 85. 257. 
Sieber 285. 582. 

Siegrist 346. 

Silbersiepe 655. 

Simon 226. 736. 

Sinakewitsch 903. 

Sommer 661. 876. 
Sonnenberg 1. 213. 609. 
Sperl 792. 

Spielmeyer 287. 

Stadie 31. 830. 

Stadler 868. 

St&ubll 956. 

Standfuß 503. 

Steffani 378. 

Stern 428. 

Stewart 583. 

Sticker 83. 

Stietenroth 780. 

Stödter 484. 

Stolowsky 286. 

Storch 141. 177. 322. 
Strelinger 385. 

Stroh 440. 

Strubel) 465. 

Struck 585. 

Studte 480. 

Suckow 356. 942. 
Sustmann 631. 
Swellengrebel 583. 

Szabö 55. 

Sziläscvi 99. 

Szöllös 585. 


Tantos 53. 392. 
Tapken 202. 
Tätray 547. 

Teetz 248. 

Telemann 656. 

Tempel 260. 
Teppaz 582. 
Theiler 344. 582. 



- XXXV 


Thironx 582. 
Tietze 467. 603. 
Titze 457. 

Todd 583. 583. 

Töpfer 657. 

Toepper 945. 
Träger 167. 

Train 243. 859. 
Trattner 123. 
Trommsdorff 430. 
Tnrbau 737. 


Uhlenhuth 405. 682. 682. 
784. 

Ublenhutb 465. 

Uhlmann 982. 


Ujhelyi 203. 607. 
Utendörfer 145. 

Vaeth 6. 

Vajda 358. 

Ventzki 479. 
Vielhauer 146. 

Vogel 596. 597. 779. 
Voigt 563. 

Volkmann 614. 
Volmer 910. 

Voß 271. 


Wagenheuser 559. 
Wagner 430. 


Walther 49. 265. 553. 691. 
i Warringshoiz 65. 93. 
i Wedemann 682. 
i Weichei 457. 

■ Weidanz 682. 682. 682. 
784. 

j Weidanz 465. 

Wells 493. 

Wenzel 325. 

Wieland 484. 694. 733. 
Wiener 869. 

Wierth 955. 

Wigand 858. 

Willenberg 613. 734. 

! Willerding 593. 

Windisch 7. 944. 


Winkler 667. 

| Wirlz 464. 

j Witt 625. 634. 957. 

| Wladimiroff 50. 

j Wolff-Bisner 501. 

Wölfel 266. 318. 369. 
Wolffhügel 392. 
Wolfstein 731. 

Wrnblevrski 905. 

| Wyßmann 83. 

! Xylander 405. 784. 

I Xylander 605. 


Yakimoff 681. 
Yaroada 754. 


: Zaruba 143. 

Zbiranski 656. 

! Zehl 34. 35. 117. 80*. 
Zerber 8. 

Zernecke 12. 

Zeuner 653. 694. 

j Zenner 346. 

Zieger 268. 302. 901. 
i Zietzschmann 378. 519. 

847. 847. 848. 977. 
i Zimmermann 220. 359. 548. 

; 556. 679. 735. 754. 783. 

1 Zschokke 30. 357. 560. 

Zündel 658. 

! Zwick 617. 






Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Durch Jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
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Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk., in Petitsata mit 
60 Bk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmält/, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstraüe 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 



Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakfeur. 


De Bruln 

Glage 

Dr. Jeß 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Proftmor 

ProtVaaor 

Kr«*inti -rarzt 

Departementatierarzt 

KreitttliT&rzt 

Departementatierarzt 

Departementatierarzt 

Utrecht. 

Hamburg. 

Charlotten bürg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Zündel 

Professor Professor Professor Professor Landestierarzt v. Bayern Kreistierarzt 

Dresden. Dresden. Freiburg i. Br. Dresden. München. Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. Jfä 1 . Ausgegebcn am 2. Januar. 


Inhalt: Mord: Schafbock mit drei Hörnern. — Sonnenberg: Klone'in, ein neues Mittel zur subkutanen Injektion und 
seine Wirkung. — Creutz: Der therapeutische Wert des Dymals. — Referate: Gläser: Studie über die Ätiologie der 
deutschen Schweinepest. — Aus den Jahresberichten der badischen Bezirkstierärzte. — Windisch: Seuchenhafte Verbreitung 
des Herpes tonsurans bei Pferden. — ßülling: Abszedierende, periproktale Phlegmone. — Zerler: Blitzschlag. — Hypothese 
der Bakterienentstehung. — Mitteilungen über Milzbrandbehandlung und „Impfung der Kadaverbeseitigung“. — Tagesgeschichte: 
Mo>ier: Die Stellung der Privattierärzte in der Fleischbeschau und die Mittel zur Besserung. — Verschiedenes. — Staats¬ 
veterinärwesen: Zernecke: Die unschädliche Beseitigung der Seuchenkadaver und Konfiskate der Fleischbeschau in den Städten 
und auf dem Lande. — Verschiedenes. — Fleischbeschau, Fleisch- und Viehhandel: Die deutsche Milchwirtschaft und die Tierärzte. — 
Verschiedenes — Personalien. — Vakanzen. 


Schafbock mit drei Hörnern. 

Herr Tierarzt Mord in Rastenburg 
hat die Freundlichkeit gehabt,* die hier 
abgebildete Photographie eines Schaf¬ 
bockschädels mit drei Hörnern, welche 
einer weiteren Beschreibung nicht bedarf, 
zur Verfügung zu stellen. 



Klone'in, ein neues Mittel zur 
subkutanen Injektion und seine 
Wirkung. 

Von E. Sonnenberg, Tierarzt, Brilon. 

Über die Vorteile der subkutanen 
Behandlungsmethode sind die Praktiker 
einig. Jedes neue Mittel, das sich zu 
dieser Behandlung eignet, wird sich bald 
eingebürgert haben, wenn seine Anwen¬ 
dung einmal gefahrlos ist, zum andern vielleicht auch Vorteile 
vor anderen Präparaten gewährt. 

Mein neues Mittel, eine Milcheiweißlösung*), stellte ich nach 
einer besonderen Methode zum Gebrauch für unsere Haustiere 
her. Über dasselbe ist gewiß noch nicht das letzte Wort ge¬ 
sprochen, meine bisherigen Beobachtungen über seine Wirkung 
sind aber so vielversprechend, daß ich mir erlaube, dasselbe 
zum Kostenfreien Versuch anzubieten. Erst dann, wenn recht 
viele, eingehende Berichte über das Klonein aus Kollegenkreisen 
vorliegen, werden wir über seinen Wert oder Unwert genau 
unterrichtet sein. 

Die Firma Bengen & Co., Hannover, hat in liebenswürdiger 
Weise die Herstellung des Präparates übernommen und wird 
es bis auf weiteres kostenfrei abgeben. 

*) Zur Ätiologie des Milchfiebers, B. T. W. 1907, Nr. 17. 


— 


-1 




Die Conjnnctiven erscheinen dnnkel- 
rot verfärbt. Der Puls ist drahtförmig und 100mal in der 
Minute zu fühlen. Die Zahl der Atemzüge ist erhöht. Die 
Atmung erfolgt unter lautem Stöhnen. Die Peristaltik liegt 
danieder. Der Hinterleib erscheint in geringem Grade anfge- 
trieben. Kot und Gase werden in kleiner Menge ausgeschieden. 

Das Pferd erhält subkutan 8 ccm meiner Eiweißlösung. 
Die Conjunctiven nehmen darauf schon nach 5 Minuten eine 
rosarote Färbung an. Diese Aufhellung hält ca. JO Minuten an 
und macht wieder einer tieferen Rötung Platz, die aber nicht 
so tief ist, wie vor der Injektion. 

An dem drahtförmigen Pulse macht sich eine ständig zu¬ 
nehmende Kräftigung bemerkbar. Nach 20 Minuten zähle ich 
nur uoch 54 bedeutend kräftigere Pulse, nach 45 Minuten 
48 volle, kräftige Schläge. 

Die Darmbewegung wird langsam stärker. Nach 20 Minuten 


Wenn ich hiermit zu den Fällen 
übergehe, in denen ich das Klonein zur 
Anwendung brachte, so will ich an die 
Spitze meiner Beschreibung die Kolik 
der Pferde stellen. 

Fall 1. Ein vier Jahre alter, brau¬ 
ner Wallach, mittelschweres Arbeitspferd, 
leidet seit vier Stunden an heftiger Kolik, 
die vom Besitzer auf den Genuß dumpfi¬ 
gen Heus zurückgeführt wird. 

Bei meiner Untersuchung stellte ich 
folgendes fest. Das Pferd äußert sehr 
große Schmerzen, es schlägt heftig mit 
den Beinen und überwälzt sich häufig. 
Treibt man es hoch, so wirft es sich 
schon nach einigen Schritten ungestüm 
zur Erde. 









2 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


hört ?aan schon mehr langgezogene Geräusche. Nach 45 Minuten 
weicht die Peristaltik fast gar nicht von der Norm ab. 

Schritt haltend mit der Besserung des Pulses und der 
Peristaltik läßt auch langsam die Schmerzhaftigkeit nach. Die¬ 
selbe ist nach 45 Minuten nur noch gering. Auf dem langen 
Nachhausewege — das Pferd hatte bis zum Stalle einen Marsch 
von IVa Stunden zurückzulegen — zeigt das Tier nur noch 
zwei ganz leichte Kolikanfälle. 

Als ich das Pferd in B. nochmals untersuchte, erscheint 
es gesund. 

Die nächsten Fälle betreffen sogenannte leichte Koliker. 
Aber auch bei diesen tritt eine prägnante Wirkung meines 
Präparates hervor. 

Fall 2. Der 6jährige Wallach des Landwirts X. aus M.» 
ein leichtes Wagenpferd, erkrankt auf dem hiesigen Markte 
leicht an Kolik. Er kratzt mit den Hufen, sieht sich nach dem 
Hinterleibe um, legt sich häufig nieder und versucht, sich zu 
wälzen. 

Die Conjunctiven sind etwas injiziert. Die Peristaltik ist 
unterdrückt. Das Pferd hat 48 Pulse. Es erhält subkutan 
8 ccm Klonei'n, worauf sich folgendes Bild entrollt: 

Der Puls wird langsam kräftiger. Nach 4 Minuten zähle 
ich 44, nach 10 Minuten 40 und nach 30 Minuten 36 kräftige, 
volle Schläge. Die Conjunctiva erscheint schon nach 5 Minuten 
deutlich blasser. Die Peristaltik wird langsam reger, nach 
25 Minuten sehr rege und langgezogen 

Die Schmerzhaftigkeit nimmt zunächst zu. Nach 40 Minuten 
geht sie zurück und ist nach 50 Minuten verschwunden. 

Fall 3. Am selbigen Tage behandelte ich auch ein Pferd 
des Landwirts B. aus Th. Das Pferd, eine Belgierzuchtstute, 
hatte tags vorher ein kräftiges Fohlen ohne Kunsthilfe geworfen 
und war ca. 10 Stunden später unter heftigen Kolikerscheinungen 
erkrankt. 

Bei meinem Eintreffen nehme ich folgenden Befund auf. Das 
Pferd scharrt häufig mit den Vorderhufen, es legt sich nieder 
und steht wieder auf. Die Peristaltik erscheint unterdrückt. 
Der Hinterleib ist etwas aufgetrieben. Ich zähle 40 kräftige 
Pulse und finde normal rosarote Conjunctiven. 

Der Muttermund ist geschlossen. In der Scheide zeigen 
sich leichte Erosionen. Es besteht ein starkes Euterödem, das 
sich bis auf das Perineum fortsetzt. Das Ödem des Perineums 
erscheint besonders hart und nimmt keine Fingereindrücke an. 

Das Pferd erhält eine Injektion von 5 ccm Klonein. Darauf 
sehe ich schon nach 5 Minuten eine kleine Kräftigung des 
Pulses eintreten. Die Pulswelle ist voller geworden und läßt 
sich in der Minute 36 mal fühlen. 

Die Peristaltik wird schon nach 3 Minuten reger und 
gewinnt langsam an Energie. Die Darmgeräusche werden nach 
15 — 20 Minuten langgezogen. 

Die Schmerzhaftigkeit nimmt zunächst geringgradig zu und 
ist nach 50—60 Minuten vollständig verschwunden. 

Das Mittelfleischödem erscheint schon nach 15 Minuten 
weniger hart, so daß es jetzt deutliche Fingereindrücke annimmt. 

Fall 4 Am 6. August 1907 erkrankte ein 5 jähriges, 
leichtes Ackerpferd, Stute, des Besitzers Sehr, aus N. unter 
folgenden Erscheinungen: Es verschmähte plötzlich das Futter, 
krümmte sich zusammen, legte sich oftmals nieder und stand 
wieder auf. Mist hatte das Pferd nicht abgesetzt, aber Harn 
gelassen. Es erhielt seit längerer Zeit Grünfutter. 


Bei meiner Ankunft kann ich folgenden Befund aufnehmen. 
Das Tier ist scheinbar ruhig. Die Konjunktiven sind blaßrosa¬ 
rot mit einem Stiche ins Gelbliche. Der Puls ist regelmäßig, 
36 mal in der Minute zu fühlen. Die Atmung erfolgt ruhig. 

Die Maulschleimhaut erscheint trockener als gewöhnlich. 
Die Peristaltik ist unterdrückt. Bei der rektalen Untersuchung 
findet man viele steinharte, trockene, kleingeballte, äußerlich 
pechschwarze Kotballen. Ebensolche Kotballen kann man auch 
in anderen Teilen des Dickdarms, besonders in der Beckenflexur 
nachweisen. 

Zur Eruierung der Wirkung meines Milcheiweißpräparates 
gebe ich dem Pferde 8 ccm desselben subkutan. 

Der träge Darm wird durch die Injektion schon nach 
3 Minuten in lebhafte Bewegung gesetzt. • Die Darmbewegungen 
werden langsam stärker und nach 20 Minuten laut polternd und 
langgezogen, ähnlich wie nach einer Arecolininjektion. Die leb¬ 
hafte Anregung der Peristaltik hält an und ist während der 
50 Minuten dauernden Beobachtung stets nachzuweisen. 

Am Zirkulationsapparate und an den Konjunktiven läßt sich 
eine stärkere Einwirkung nicht erkennen. 

Ergebnis: Es gelingt bei der Kolik der Pferde: 

1. die Darmperistaltik kräftig anzuregen; 

2. die Pulsfrequenz herabzusetzen und die Pulswelle kräftiger 
zu machen. 

An diese KolikfUlle möchte ich . einen Fall von Darm¬ 
entzündung anschließen, der die Wirkung des Präparates ganz 
besonders schön zeigt und auch die Grenzen seiner Wirksamkeit 
erkennen läßt. 

Eine 3jälirige, oldenburgische Stute war angeblich um 
7 l / 2 Uhr morgens an Kolik erkrankt, nachdem sie tags vorher 
gequollene Wicken erhalten hatte. Um 12 Uhr traf ich zur 
Behandlung ein. 

Das Pferd liegt laut stöhnend auf dem Boden und läßt sich 
nur durch starkes Antreiben zum Aufstehen bewegen. 

Die Conjunctiven erscheinen stark gerötet. Der Puls ist 
äußerst schwach und elend, 80mal in der Minute zu fühlen. 
Die Atmung ist etwas erhöht und oberflächlich. 

Die Maulschleimhapt erscheint trocken. Die Peristaltik 
liegt darnieder. Nur hin und wieder hört man schwache 
Darmgeräusche. Durch die Mastdarmuntersuchung läßt sich 
keine Kotanschoppung, aber eine leichte gasige Auftreibung, 
hauptsächlich an der Beckenflexur nachweisen. Die Blase 
ist leer. 

Ich appliziere dem Pferde eine Einspritzung von 8 ccm 
meiner Lösung. Die Veränderungen, die ich darauf an dem 
Tiere beobachten konnte, sind folgende. 

Die Conjunctiven erscheinen schon nach 5 Minuten nach 
der Injektion ganz blaß. Gleichzeitig zeigt auch der Darm 
lebhaftere Bewegung, die konstant zunimmt und schon nach 
15 Minuten recht kräftig ist. Neben den langgezogenen, leb¬ 
haften Bewegungen hört man aber noch kurze, klingende. Nach 
30 Minuten finde ich beiderseits rege Peristaltik, daneben aber 
noch dieselben kurzen, klingenden Geräusche wie vorher. Nach 
90 Minuten arbeitet der Darm scheinbar normal, auch sind die 
klingenden Geräusche nicht mehr nachzuweisen. 

Die Schmerzhaftigkeit läßt gleichzeitig nach und äußert 
sich in der Folge nur^geringgradig. 

Der vorher ganz schwache, elende Puls, den ich 80mal 
zählte, gewinnt gleich nach der Einspritzung an Umfang, während 








2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 


die Frequenz stetig abnimmt. Nach 30 Minuten fühle ich an 
der Maxillararterie volle, kräftige Pulswellen, die sich in der 
Minute regelmäßig 40 mal wiederholen. Der Puls hält sich 
dann kräftig. Er schlägt nach 1 Stunde 48 mal und nach 
l l /2 Stunden 60mal pro Minute. 

Mit der Zunahme der Pulsfrequenz werden auch die Con- 
junctiven wieder roter. Nach IV 2 Stunden ist ihre Injektion 
stärker als normal, aber nicht so stark als vorher. 

Wegen der fortdauernden Blähungen erhält das Pferd im 
Anschluß an die Einspritzung stark verdünntes Creolinwasser 
und 30 g Aloeextrakt in Pillenform. 

Es war mir also möglich: 

1. Die blutüberfüllten Därme blutleer zu machen und in Be¬ 
wegung zu bringen. 

2. Den ganz elenden, frequenten Herzschlag im Verlauf von 
30 Minuten fast auf die Norm zurückzubringen und 
wieder kräftig zu machen. 

Der zweifellos günstige Einfluß der Injektion konnte aber 
auf die Dauer nicht anhalten, zumal eine Darmentzündung die 
Ursache der Kolikschmerzen war. Der Besitzer erschien nämlich 
am selbigen Tage abends und berichtete mir, gleich nach meinem 
Fortgange habe das Tier gemistet und viele Schleimhäute ver¬ 
loren, nicht schleimige, zerreißbare Massen, sondern feste Häute. 

Damit stand die Diagnose „Darmentzündung“ fest. Der 
Fall war nunmehr aussichtslos. 

Am nächsten Tage traf ich denn auch ein moribundes Tier. 
Die Schleimhäute erschienen tief dunkelrot. Die Mastdarm¬ 
temperatur betrug 40,2° C. Der Puls war elend, 80 mal zu 
fühlen. Es bestanden heftige Schmerzen bei ganz unterdrückter 
Peristaltik, kein Harn- und Kotabsatz. 

Um mich von der Wirkung des Klonein in diesem Zustande 
zu überzeugen, spritzte ich dem Pferde nochmals 10 ccm der 
Lösung ein. 

Es stellte sich darauf eine deutliche Besserung des Pulses 
ein. Der Puls wurde langsam voller und kräftiger und war 
nach 30 Minuten 68 mal zu fühlen. Die Conjunctiven erschienen 
deutlich blasser, blieben aber immer noch stark gerötet. Die 
Peristaltik erfuhr nur eine kurz anhaltende Anregung. 

60 Minuten nach der Einspritzung erfolgte der Exitus 
letalis. Die Sektion konnte ich selbst nicht machen. Der Be¬ 
sitzer berichtete mir aber, der Darm sei vollständig schwarz 
gewesen. 

Ergebnis: 

1. Wegen der starken Entzündung war eine Einwirkung auf 
den Darm nur teilweise möglich. Die Gefäße hatten die 
Fähigkeit, sich zu kontrahieren, eingebüßt. 

2. Eine leichte Besserung des Pulses war trotzdem zu er¬ 
zielen. 

Hieran will ich die drei Krankheitsfälle beim Rindvieh und 
einen Fall beim Schwein anreihen, in denen ich mein Präparat 
versuchte. In allen diesen Fällen konnte ich ebenfalls die vor¬ 
her beschriebene Wirkung meiner Lösung nachweisen. Weil 
aber ihre geringe Zahl sichere Schlüsse nicht zuläßt, beschränke 
ich mich auf die Beschreibung der einzelnen Fälle. Weitere 
Praxisversuche müssen auch hier die nötige Klarheit bringen. 

1. Eine fünf Jahre alte Kuh leidet seit vier Tagen an 
Verdauungsstörungen und ist schon anderweitig mit verschiedenen 
Magenmitteln behandelt worden. Eine Besserung ist nicht 
eingetreten. 


Das Tier atmet bei meiner Untersuchung ruhig. Es hat 
80 Pulse. Die Mastdarmtemperatur ist nicht aufzunehmen, da 
der After offen steht. Die Conjunctiven haben blaßrosarote 
Farbe. 

Das Flotzmaul erscheint trocken. Ohren undJHörner sind 
kalt. Der Pansen zeigt starke Aufblähung und bewegt sich 
nur ganz schwach. Zu einem regelmäßigen Heben seines In¬ 
haltes kommt es nicht. Der Bauch ist nirgends druckempfindlich. 
Das Tier kaut nicht wieder und gibt nur sehr wenig Milch. 

Auf die versuchsweise Einspritzung von 6 ccm meiner 
Lösung sehe ich folgendes eintreten. 

Schon nach fünf Minuten erscheinen die Pansenbewegungen 
reger, aber noch nicht so ergiebig wie normaliter. Nach 
15 Minuten werden einzelne Bewegungen ergiebig. Der Pansen 
arbeitet alle Minuten einmal. Nach 20 Minuten finde ich fast 
normale Pansentätigkeit. Daneben macht sich eine lebhafte 
Darmbewegung bemerkbar. 

Mit zunehmender Magen- und Darmtätigkeit äußert das 
Tier leichtes Unbehagen, das sich dadurch kundgibt, daß es 
öfter mit den Hinterfüßen gegen den Bauch schlägt. 

Der Puls nimmt langsam an Frequenz zu. Nach zehn 
Minuten zähle ich 100 kräftige Schläge. Diese Steigerung hält 
aber nicht an, so daß sie schon nach weiteren zehn Minuten 
verschwunden ist. 

Eine längere Beobachtung des Tieres war mir leider nicht 
möglich. Auch konnte ich wegen des ungünstigen Lichtes nicht 
die Färbung der Conjunctiven verfolgen. 

2. Eine sechs Jahre alte Kuh erkrankt unter folgenden 
vom Kollegen Plessow festgestellten Symptomen; Darnieder¬ 
liegen der Pansen- und Darmtätigkeit, keine Blähung, kein 
Wiederkauen, Anorexie, kein Fieber, Abgang von blutigem Kot. 
Nach der Behandlung mit Natr. sulfuric. und Bittermitteln stellt 
sich keine Besserung ein. Am dritten Behandlungstage sind 
die Blutungen verschwunden. Der Kot ist scheinbar normal. 
Der am fünften Tage beobachtete, stinkende Durchfall wird mit 
Creolinlösung bekämpft. Am siebenten Tage erscheint die Kuh 
sehr hinfällig. 

Der Befund des achten Krankheitstages ist folgender: Die 
Schleimhäute erscheinen blaß. Das Tier atmet ruhig, zeigt 75 
schwache Pulse und eine Mastdarmtemperatur von 37,6° C. 
Flotzmaul, Hörner und Ohren sind kalt, desgleichen die Extre¬ 
mitäten. Die Hungergrube ist stark eingefallen. Die Palpation 
der Bauchdecken ist mit Schmerzäußerungen 'nicht verbunden. 
Pansen und Darm zeigen nur sehr schwache Bewegung. Es 
besteht grünlicher, stinkender Durchfall. Das Tier schwankt 
beim Führen hin und her. 

Zur Anregung der Pansentätigkeit erhält die Kuh versuchs¬ 
weise 3 ccm des Präparates. Darauf läßt sich, zirka fünf 
Minuten nach der Injektion beginnend, eine langsame Zunahme 
der Pansenbewegungen feststellen. Der Pansen arbeitet in der 
Folge quantitativ und qualitativ besser. Zu einem regelmäßigen 
Heben seines Inhalts kommt es aber nicht. Das Tier zeigt 
leichte Unruhe. Es trippelt hin und her, knirscht auf den 
Zähnen und stöhnt etwas lauter. Hin und wieder werden 
Rülpsbewegungen wahrgenommen. 

Nach Ablauf von 40 Minuten injiziere ich dem Tier noch 
2 ccm des Präparates. Die Pansenbewegung wird dadurch 
aber nicht stärker angeregt. 

Die Kuh verendet in der folgenden Nacht. 



4 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Der Obduktionsbefund, den ich gemeinschaftlich mit Herrn j 
Kollegen Plessow aufnehme, war in Kürze nachstehender. 

Es besteht eine ausgebreitete Enteritis katarrhalis des 
Dünn- und Dickdarms. Die Schleimhaut erscheint nur wenig 
verdickt und sieht wie ausgewaschen aus. In derselben liegen 
zahlreiche stecknadelkopfgroße und größere Blutungen. An 
einzelnen Stellen linden wir die Erscheinungen einer Enteritis 
haemorrhagica. Der Darminhalt ist durchweg flüssig, von grüner 
Farbe und stinkendem Geruch. Auf dem Bauchfell sieht man 
überall die Erscheinungen der Peritonitis chron. granulosa, 
besonders stark auf seinem visceralen Teile. Außerdem bestehen 
am Magen zahlreiche Verwachsungen. Organschwellungen und 
abgekapselte Eiterherde sind nicht erkennbar. 

3. Am 8. August 1907 wurde ich zu einer 8 Jahre alten Kuh 
des Mühlenbesitzers K. gerufen, die vor 36 Stunden leicht 
gekalbt hatte, bei der aber die Nachgeburt noch nicht ab¬ 
gegangen war. 

Das Allgemeinbefinden des Tieres ist ziemlich gut. Fieber 
besteht nicht. Der Drang auf die Nachgeburt ist sehr gering. 
Die Nachgeburt sitzt sehr fest. Hire versuchte Lösung ist sehr 
schwierig. Der Uterus zeigt sehr geringe Kontraktion. 

Zur Erprobung der Wirkung meines Präparates, besonders 
aber, um zu sehen, ob es vielleicht möglich ist, durch dasselbe 
eine schnellere Lösung oder wenigstens eine Lockerung der 
Nachgeburt zu erzielen, gebe ich der Kuh 4 ccm desselben 
subkutan und beobachte das Tier 30 Minuten lang — zu längerem 
Zuwarten konnte ich den Besitzer nicht veranlassen. 

Bei der Beobachtung der Kuh kann ich folgendes feststellen : 
Schon nach 3 Minuten tritt eine bedeutend verstärkte Tätigkeit 
des Magendarmtraktus ein, die auch nach 1 -Stunde noch nicht 
nachläßt. Das Tier zeigt leichtes Unbehagen, das sich dadurch 
dokumentiert, daß es hin und hertrippelt, ohne aber deutliche 
Kolikerscheinungen zu zeigen. Daneben drängt es häufiger auf 
die Nachgeburt. Jedoch ist dies Drängen nicht hochgradig. Es 
hat einige Ähnlichkeit mit dem Drängen nach der Geburt. 

Eine Beschleunigung des Herzschlages tritt nicht ein. Die 
Herzkontraktionen erscheinen im Gegenteil etwas kräftiger und 
voller. Ich zähle vor der Einspritzung 88, nach derselben 
75—80 Schläge. 

Die nach 30 Minuten langem Zuwarten vorgenommene Ab¬ 
lösung der Nachgeburt läßt sich sehr schnell bewerkstelligen 
und ist schon nach 15 Min. beendigt, weil in der Verbindung 
der Cotyledones maternae und foetales eine große Lockerung 
eingetreten war. Die vorher weite Gebärmutter zeigt nacli der 
Abnahme starke Kontraktion, wie ich sie sonst nur nach starken 
Einläufen eintreten sah. 

4. Ein ca. 1 Jahre altes Mutterschwein hat am Tage vor¬ 
her die Abendmahlzeit teilweise verschmäht und zeigt am 
16. Juni 1907 morgens vollständige Anorexie. Seine Mastdarm¬ 
temperatur beträgt 40,4° C. Die Haut erscheint ungleichmäßig 
warm, bald eisig kalt, bald heiß. Das Tier zeigt Kreuzschwäche 
und leichte, fleckweise, wandernde Rötung, besonders am Bauch. 

Das Schwein erhält um 11 Uhr 30 ccm Rotlaufserum und um 
2 Uhr nachmittags 2 Eßlöffel voll Glaubersalz mit Rizinusöl. 
Um 6 Uhr sind die Bewegungen des Tieres noch träger, die 
Kreuzschwäche stärker und die Stimme heiser. Nach der In¬ 
jektion von 2 ccm meines Präparates wird die Darmbewegung 
sehr stark angeregt. Die leichte Rötung verschwindet schnell. 


Am 17. Juni 1907 erscheint das Allgemeinbefinden bedeutend 
gebessert. Die Kreuzschwäche ist fast verschwunden, die Stimme 
kräftig. Das Tier verschmäht Futter, nimmt aber Wasser auf. 
Der Körper ist über und über mit Backsteinblattern besät. In 
der Nackengegend erscheint die Haut im ganzen stark geschwollen 
und gerötet. Die Abgrenzung der Backsteinblattern ist hier 
sehr undeutlich. 

Um die Wirkung der Milcheiweißlösung nochmals zu er¬ 
proben, gebe ich dem Schwein subkutan 1,5 ccm derselben. Der 
normal rege Darm gerät dadurch schon nach 5 Minuten in stärkere, 
nach 10—15 Minuten in sehr lebhafte Tätigkeit. Die Herz¬ 
tätigkeit wird nicht beeinflußt. An den stärker geschwollenen 
Hautpartien macht sich bald eine bedeutende Aufhellung be¬ 
merkbar. Die Struktur der Backsteinblattern tritt schärfer hervor, 
während die dazwischen liegenden Hautstellen blasser werden. 

Darf ich nochmals zusammenfassen, so haben wir an meinem 
Präparate folgende Eigenschaften kennen gelernt: 

1. Das Klonein regt sowohl den gesunden, als auch den 
hyperämischen Magendarmtraktus zu starker Tätigkeit an. 
Es macht ihn blutleer und hält die Lähmung der kleinen 
Blutgefäße auf. Auf entzündete Teile wirkt es nicht ein. 

2. Das Klonein ist ein brauchbares Mittel zur Kolik¬ 
behandlung der Pferde, weil es auf die Herztätigkeit nicht 
schädigend einwirkt, im Gegenteil die hohe Schlagzahl 
des Herzens bedeutend herabsetzt und den schwachen, 
elenden Puls voll und kräftig macht. 

Diese günstige Einwirkung auf das Herz ist aber 
dann nur gering oder bleibt aus, wenn die Schädigung der 
Herzaktion durch entzündliche Veränderungen am 
Digestionstraktus verursacht wird. 

3. Das Klonein ist ein gutes Diagnosticum bei Darm- und 
Bauchfellentzündung. 

4. Das Klonein wirkt durch Reizung des vasomotorischen 
Zentrums anregend auf die Peristaltik. Die Herabsetzung 
der Schlagzahl des Herzens bei kolikkranken Pferden ist 
auf die Erregung des Herzhemmungszentrums zu beziehen, 
während die gleichzeitige Kräftigung des Pulses höchst 
wahrscheinlich einzig und allein durch die Reizung des 
vasomotorischen Zentrums verursacht wird. (Blutanhäufung 
in den großen Gefäßen und im Herzen.) 

Als Dosis des Klonei'ns empfehle ich: für Pferde 6—8 ccm, 
für Rinder 3—8 ccm und für Schweine 1—2 ccm. 

Der therapeutische Wert des Dymals. 

Von Veterinärarzt Dr. med. vet. H. Creutz-Wynberg (Kap-Kolonie). 

Seit Einführung der antiseptischen Wundbehandlung in die 
Chirurgie ist die Summe der Mittel, die sich an das ursprüngliche 
Karbol anreihten, so stattlich angewachsen, daß sie selbst schon 
eine eigene Literatur zu bilden imstande wären. Daß im Laufe 
der Zeit auch Minderwertiges und direkt Belangloses geliefert 
wurde, hat wohl in der Wichtigkeit des Gesuchten nicht zum 
geringsten Teile seine Ursache, da sich nicht nur die Ärztewelt, 
sondern auch die chemische Industrie der Angelegenheit be¬ 
mächtigte, angeeifert durch den hohen Lohn, den eine derartige 
glückliche Erfindung durch allgemeine Verbreitung mit Gewi߬ 
heit finden würde. Während nun eine Anzahl dieser neu ein¬ 
geführten Mittel die an sie geknüpften Hoffnungen rechtfertigt 
und als Antiseptika eine dauernde Verwendung fand, sanken 




2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5 


wieder andere schnell in die Wertlosigkeit zurück, aus der sie 
eine überlaute Reklame emporgehoben hatte. 

In ein neues Stadium trat die Frage der Wahl eines ge¬ 
eigneten Antiseptikums mit der Einführung eines pulverförmigen 
Wundmittels, nämlich des Jodoforms. Die Frage der möglichen 
Schädigung des Organismus ganz außer acht gelassen, vereinigte 
dieses Medikament derartige Vorzüge in sich, daß viele damit 
das Gewünschte gefunden zu haben glaubten. Vor allem be¬ 
grüßte man in dem Jodoform ein Mittel, welches in ungelöstem 
Zustande angewendet werden konnte, ein nicht zu unterschätzender 
Vorteil für den Arzt; nicht minder erfreulich war der Umstand, 
daß das Medikament ohne weitere Beimengung sofort rein auf 
die Wunde gestreut werden konnte und als pulverförmige Sub¬ 
stanz überall leicht anzubringen war. Doch auch diesen Vor¬ 
zügen standen Nachteile gegenüber, die sehr stark ins Gewicht 
fallende unangenehme Eigenschaft des Jodoforms, nämlich der 
widerliche Geruch desselben, sowie auch die vielen anderen mehr 
oder minder bedeutenden Mängel des Jodoforms, so zum Beispiel 
seine Fähigkeit an der Applikätionsstelle ekzematöse und andere 
Reizerscheinungen der Haut und Schleimhäute hervorzurufen; 
sowie in vielen Fällen zu langsam vor sich gehende Wirkung 
und seine in manchen Fällen beobachtete, vollständige Unwirksam¬ 
keit riefen das Bestreben wach, das Jodoform durch andere, 
durch bessere Mittel zu ersetzen. Die Jagd nach solchen Ersatz¬ 
mitteln hat nun einen derartigen Umfang angenommen, daß man 
tatsächlich fast jeden Monat von einem neuen Repräsentanten 
dieser pharmazeutischen Gruppe zu hören bekam, mit welchen 
uns eine nur zu rührige chemische Industrie beglückte. 

Und in der Tat hat der Skeptizismus, mit welchem die 
Arzte die Ankündigung eines neuen Medikaments aufnehmen, 
volle Berechtigung, weil oft lediglich industrielle Zwecke damit 
verfolgt werden und nur zu häufig die Inferiorität der neuen 
Mittel gegenüber altbewährten Präparaten sich herausstellt. 

Dieser instruktive Widerstand, welchen die Ärzte wegen 
früherer Enttäuschungen gegen die modernen Medikamente zu 
hegen pflegen, führt aber manchmal auch dazu, die positiven 
und günstigen Eigenschaften einiger solcher Präparate zu ver¬ 
kennen und letztere ungerechtfertigt der Vergessenheit anheim¬ 
fallen zu lassen. 

Zu diesen wirklich zweckmäßigen Medikamenten ist das 
Dymal zu rechnen und wird dasselbe von der Frankfurter 
chemischen Fabrik „Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co.“ 
hergestellt. Es ist ein Nebenprodukt der Fabrikation von Auer¬ 
strümpfen und von der chemischen Formel Di 2 (C 6 H 4 OH.COO) 6 . 
Das Präparat beBteht im wesentlichen aus salizylsaurem Dulym 
und bildet ein äußerst feines Pulver von blaßrosa Farbe, wenig 
ausgeprägtem, aber angenehmen Geruch, das nicht zusammen¬ 
ballt, beim Zerreiben mit den Fingern auf der Haut festhaftet, 
mit einem Pinsel sich gut aufstreuen läßt und mit Wasser eine 
milchige Emulsion bildet. Auch ein nicht zu unterschätzender 
Vorteil gegenüber den sonstigen antiseptischen Mitteln ist der 
geringe Preis des Dymal, der besonders in der Veterinärpraxis, 
wo meist erhebliche Quantitäten zur Verwendung gelangen, 
schwer ins Gewicht fällt. 

Ich selbst habe Dymal äußerlich und innerlich in den ver¬ 
schiedensten Fällen in meiner hiesigen Praxis angewendet und 
habe Dymal in äußerlicher Anwendung als ausgezeichnetes 
Desinfiziens mit gleichzeitiger adstringierender und des¬ 


odorisierender Wirkung kennen gelernt. Günstige Resultate 
durch Dymal wurden von mir in der Veterinärpraxis erzielt 
bei frischen Wunden, wobei Dymal als Streupulver in 
reichlicher Menge auf diese aufgetragen wird, ferner 
bei älteren Wunden, bei Mauke der Pferde und ebenso bei 
Panaritium des Rindes. Außerdem leistete mir dieses Streu¬ 
pulver bei Sattel- und Geschirrdrücken der Pferde, beim Durch¬ 
liegen derselben, bei oberflächlichen Wunden, Abschürfungen 
und bedeutenden Hautverletzungen in der Veterinärpraxis vor¬ 
zügliche Dienste und trat durch öftere Einpuderung der betreffenden 
Stellen eine rasche Heilung ein; auch bei Ekzemen der Hunde 
wurde Dymal als Streupulver mit gutem Erfolge angewandt und 
ist auch die Behandlung der eitrigen Entzündung des äußeren 
Gehörgangs des Hundes durch Einblasen von vorgenanntem 
Präparat mit erfolgreichem Resultat durch mich vorgenommen 
worden. Auch Verbrennungen heilen unter Dymal verband bald, 
besonders nimmt die Sekretion rasch ab und ist der günstige 
Einfluß des Dymals bei Verbrennungen geradezu evident. Auch 
noch in weiteren chirurgischen Fällen habe ich das Dymal ge¬ 
braucht und konnte immer seine austrocknende und vernarbende 
Wirkung beobachten. Deshalb und weil es weder reizend noch 
giftig wirkt und keinen unangenehmen Geruch besitzt und ver¬ 
hältnismäßig billig ist, sollte jeder Praktiker nicht versäumen, 
Dymal in den obengenannten chirurgischen Fällen anzuwenden. 

Zufriedengestellt mit den guten Resultaten der Behandlung 
mit Dymal in chirurgischen Fällen, verabreichte ich Dymal 
innerlich in mehreren Fällen von akuten und chronischen Darm¬ 
katarrhen bei Pferden und Rindvieh, ferner bei Durchfall des 
Jungviehs. Gnte Dienste leistete mir dieses Präparat bei einem 
Ochsen mit blutiger Diarrhöe, die allerdings schon einige Tage 
gedauert hatte, bevor der Eigentümer mich hinzuzog, und wurde 
diese Krankheit durch Anwendung von drei Dosen Dymal ä 20 g 
täglich, in Haferschleim verabreicht, in drei Tagen zum Stillstand 
gebracht. Eine lVa jährige Kalbin litt an Diarrhöe, die ver¬ 
schiedensten Mittel waren schon erfolglos angewendet worden, 
die Krankheit wurde immer heftiger, so daß fast rein wässerige, 
rötlich gefärbte Fäkalwasser in weitem Bogen abgingen. Die 
Ordination war dreimal täglich ein Pulver von 20 g Dymal 
in einer Flasche Haferschleim aufgelöst; die Kalbin, aufs 
äußerste abgemagert und kraftlos, fing bereits am zweiten 
Tage an zu fressen und erlangte allmählich ihr früheres Aus¬ 
sehen wieder, nachdem vom vierten Tage an nur eine einmalige 
Dosis von 20 g Dymal verabreicht worden war. Auch bei ver¬ 
schiedenen Pferden, welche an infektiösem Magendarmkatarrh 
mit heftiger Diarrhöe litten, wandte ich Dosen Dymal zu je 
20 g mit guten Erfolgen an und wurden diese Dosen je nach 
Bedarf zwei- oder dreimal täglich wiederholt. Auch bei 
Diarrhöen und Darmerkrankungen junger Fohlen, bei Durchfällen 
der Ferkel und Hunde und ebenso bei allen Verdauungsstörungen 
und Diarrhöen der Kälber, sowie bei infektiöser Kälberruhr 
leistete das Dymal mir ebenfalls vorzügliche Dienste und wurde 
dieses in Dosen von 5—10 g zwei- oder dreimal täglich in 
Haferschleim eingegeben. Von einer schädigenden Wirkung des 
Dymal während der innerlichen Verabreichung war absolut nichts 
zu bemerken und braucht man deshalb mit der Dosierung nicht 
ängstlich zu sein und habe ich beobachtet, daß Dymal dort, wo 
Fäulnis und Gärung hemmende, zusammenziehende, desodori¬ 
sierende und antiseptische Wirkung erwünscht ist, gute 
Dienste leistet. 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Zum Schluß kann gesagt werden, daß das Dymal ver¬ 
dient, nach obigen Versuchen unzweifelhaft auch in der Veterinär¬ 
medizin in den verschiedensten Gebieten in größerem Umfange 
angewendet zu werden und läßt sich sicherlich das Indikations¬ 
gebiet des Dymal noch wesentlich erweitern. Bestimmend 
hierfür dürfte sowohl die Ungiftigkeit als auch die prompte 
äußerliche und innerliche Heilwirkung ins Gewicht fallen. 
Jedenfalls aber sind die von mir gemachten praktischen Er¬ 
fahrungen geeignet, zu weiteren Versuchen einzuladen, um ein 
erschöpfendes Urteil in der Veterinärmedizin fällen zu können. 
Zum Schluß sei an dieser Stelle noch erlaubt, den Vereinigten 
Chininfabriken Zimmer & Co., Frankfurt a. M., die mir in 
kulantester Weise das verwandte Dymal für meine Versuche 
hier in der Kapkolonie zur Verfügung stellten, meinen besten 
Dank hiermit auszusprechen. 

Referate. 

Studie Aber die Ätiologie der deutschen Schweinepest, 

Von K. Gläser, Repetitor am pathologisch-anatom. Institut der 
tierärztlichen Hochschule zu Hannover. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1907. Nr. 44 und 45.) 

Durch seine Untersuchungen stellte Gläser fest, daß die 
amerikanischen Autoren nicht den Beweis dafür erbracht haben, 
daß ein filtrierbares Virus die Ursache der Hogcholera sei. 
Ebensowenig beweisen die Untersuchungen Ostertags die 
Filtrierbarkeit des Virus der Hogcholera. Aber auch die von 
Ostertag und Stadie angestellten Untersuchungen über die 
Ätiologie der deutschen Schweinepest haben nicht bewiesen, daß 
die Ursache derselben ein filtrierbarer Virus ist. 

Gläser komm auf Grund seiner Untersuchungen und Ver¬ 
suche über die Ätiologie der deutschen Schweinepest zu folgenden 
Schlußfolgerungen: 

1. Weder mit Filtraten hergestellt aus Schweinen, die an 
einer Mischinfektion von Schweineseuche und Schweinepest ge¬ 
litten hatten, noch mit solchen gewonnen aus Ferkeln, die an 
der typischen chronischen Form der Schweinepest verendet 
waren, noch auch mit denjenigen, die aus den Versuchsferkeln 
HI und IV, bei denen durch die Sektion subakute bzw. akute 
Form der Schweinepest festgestellt worden war, stammten, war 
es möglich, eine Erkrankung der subkutan und intrapleural ge¬ 
impften Versuchsferkel I, II und V herbeizuführen. 

2. Dagegon gelang es durch Verfütterung von Reinkulturen 
des Bacillus suipestifer bei den Versuchsferkeln IH und IV im 
Wesen ganz dieselben Veränderungen zu erzeugen, wie man sie 
bei natürlichen Schweinepestfällen in Deutschland beobachtet. 

3. Durch die Fütterung des Bac. suipestifer an die Ver¬ 
suchsferkel III und IV wurden nicht nur „die der Schweinepest 
eigentümlichen Nekrosen im Darm des Schweines“ erzeugt 
(Ostertag-Stadie), sondern es fand außer beginnender 
Nekrose einzelner Follikel, Hyperplasie der Lymphapparate des 
Darmes auch eine fibrinöse Darmentzündung bei Versuchsferkel 
m (subakute Form der Schweinepest), und es fand sich weiter 
bei Versuchsferkel IV eine fibrinös-hämorrhagische Darm¬ 
entzündung und Hyperplasie der Lymphapparate ohne irgend¬ 
welche Erscheinung der Nekrose (akute Form der Schweinepest). 

4. Filtratinjektionen bei Kaninchen waren völlig unwirksam, 
dagegen ließ sich durch den Bacillus suipestifer beim Kaninchen 
ein getreues Abbild der Veränderungen her vorrufen, die wir im 
Darm des Schweines bei spontanen Schweinepestfällen beobachten. 


5. Gläser stellt fest, daß er (iurch seine Untersuchungen 
einwandfrei dargetan habe, daß die Ursache der Schweinepest des 
spontan erkrankten Ausgangsferkels zum Versuch 1 der II. Ver¬ 
suchsreihe und der künstlich infizierten Versuchsferkel IH und IV 
der Bacillus suipestifer war. Die Veränderungen bei den natür¬ 
lichen Schweinepestfällen decken sich in ihrem Wesen voll¬ 
kommen mit denjenigen, die bei der Sektion dieser drei Ferkel 
ermittelt wurden. 

6. Auf Grund seiner Untersuchungsergebnisse muß Gläser 
als Ursache der Schweinepest in Deutschland allein den Bacillus 
suipestifer ansprechen. Daß es noch eine unter dem Bilde der 
Schweinepest verlaufende, infektiöse Erkrankung der Schweine 
gibt, die durch ein filtrierbares Virus bedingt wird, ist bis heute 
von keiner Seite einwandfrei bewiesen. 

Auch Lourens, Unterdirektor des Reichsseruminstitutes in 
Rotterdam kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem¬ 
selben Resultat, daß nämlich nur der Bacillus suipestifer die 
einzige Ursache der Schweinepest ist. Rdr. 

Aus den Jahresberichten der badischen Bezirkstierärzte. 

(Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte, 7. Jahrg., Nr. 8 u. 9.) 

ÜberLungenwurmseuche berichtet Bezirkstierarzt V a e t h, 
Heidelberg. Unter den 70 Stück Jungrindern einer Jungvieh¬ 
weide brach im Herbst eine scheinbar ansteckende Lungen¬ 
erkrankung aus, die sich bei näherer Untersuchung als die 
sogenannte Lungenwurmseuche offenbarte. Die veranlassende 
Ursache war der Strongylus micrurus. Als klinische Symptome 
zeigten die Tiere blasse Schleimhäute, geringgradigen Nasen¬ 
katarrh, starken angestrengten Husten, erschwerte Atmung, 
starke Rasselgeräusche bei Auskultation der Brust; einige Tiere 
waren erheblich in der Ernährung zurückgegangen, die meisten 
waren noch fleischig. Im ausgeworfenen Schleim konnten die 
genannten Palissadenwürmer massenhaft nachgewiesen werden. 

Die diätetische Behandlung bestand darin, daß die Rinder 
die Weide verlassen und die Stallungen wieder beziehen mußten. 
Sie wurden ausschließlich mit Trockenfutter genährt. Zur 
arzneilichen Therapie diente die intratracheale Injektion, für 
welche dreierlei Medikamente gewälilt wurden. Dies waren: 
1. einprozentiges Karbolwasser (jeweils 20,0); 2. eine Mischung 
von Kreosot 5,0 und Mandelöl 100,0 (15 bis 20,0 pro dosi); 
3. eine Mischung von 01. caryophyll., 01. Terebinth aa 100,0, 
Acid. carbolic., 01. cadin. ää 2,00, jeweils 10,0 pro dosi. Mit 
den genannten Arzneimitteln wurden die Tiere am 1., 5., 13. 
und 21. Tage behandelt, alle drei Mischungen wurden gleich 

gut ertragen, nur bei Nr. 3 entstanden starke ödematöse und 

schmerzhafte Anschwellungen an der Einstichstelle, so daß für 
die Folge von dieser scharfen Arznei Abstand genommen und 
statt ihrer das 1 proz. Karbolwasser verwendet wurde. 

Die Vornahme der Injektion gestaltete sich verhältnismäßig 
einfach, für die 60 zu behandelnden Tiere benötigte V. kaum 
l 1 a Stunden. Beim Halten des Kopfes wurde der Hals etwas 
abgebogen, die Spritze etwa handbreit unterhalb des Kehlkopfes 
von der rechten Seite her (nicht von vorn) eingestochen. 

Der Erfolg war ein scheinbar guter, denn nach zwei bis 

drei Monaten waren die Tiere geheilt. Nach des Verfassers 

Ansicht ist aber dieses Resultat nicht der arzneilichen Behand¬ 
lung, sondern der Unterbringung der Tiere im Stall und der 
Ernährung mit Trockenfutter zuzuschreiben. 




2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Große Fruchtbarkeit bei einem Rind beschreibt Be- 
zirk8tierarzt Dr. Hanger in Neustadt. Das betreffende Tier 
gebar im siebenten Trächtigkeitsmonat fünf Kälber (drei männ¬ 
liche und zwei Zwitter). Das Jahr zuvor hat dasselbe Rind 
drei Kälber geworfen. 

Bezirkstierarzt Berger in Bühl fand bei zwei Rindern, 
welche unter den Symptomen des Herzschlages plötzlich ver¬ 
endet waren, Thrombose der Lungenarterien. Bei dem 
einen Tiere ließ sich der primäre Krankheitsherd in einer 
parenchymatösen Euterentzündung vermuten, im anderen Falle 
konnte die Ursache der Embolie bzw. Thrombenbildung nicht 
ermittelt werden. 

Derselbe Autor beobachtete bei einem ein Jahr alten männ- 
Hcben Jungrind Vergiftung durch Alkohol. Das Rind hatte 
ans einem in der Stallung behufs schnellerer Gärung auf¬ 
gestellten Zuber mit Kornmaische ziemliche Mengen aufgenommen 
und war hiernach unter dem klinischen Bilde völliger Bewußt¬ 
losigkeit und akuter Tympanitis erkrankt. Die eingeleite Be¬ 
handlung versagte; das Tier mußte, da es ein freies Sensorium 
nicht wieder erlangte, am dritten Tage notgeschlachtet werden. 

Über ein Vorkommnis von Sadismus und Sodomie referiert 
Bezirkstierarzt Meitzer in Donaueschingen. Einem Landwirt 
erkrankte nahezu der ganze Viehbestand in längeren Zwischen¬ 
räumen unter den verschiedensten Symptomen (Indigestion, Ab¬ 
magerung, Bösartigkeit, äußeren Verletzungen, Verkalben, Aus¬ 
fluß aus den Geschlechtsteilen). Die infolge mehrerer Not¬ 
schlachtungen erforderliche Fleischbeschau ergab dringenden 
Verdacht auf Beschädigung der Tiere durch einen Sadisten. 
Die unauffällige, ständige Überwachung des Stallpersonales 
führte zur Entdeckung des Schuldigen — eines noch ganz jungen 
Burschen, der schon eine Vorstrafe wegen Sittlichkeitsverbrechen 
erlitten hatte. Im vorliegenden Falle hatte der Übeltäter 
17 Rinder, 2 Pferde und 5 Schweine teils durch Sadismus, teils 
durch Sodomie mißbraucht und gequält. An denjenigen Tieren, 
welche sich der* Sodomie erwehrten, übte er Rache durch 
sadistische Grausamkeiten, insbesondere durch gewaltsames tiefes 
Einfuhren von Besen- und Peitschenstielen in Mastdarm und 
Scheide, aber auch durch Beibringen von Wunden, Quetschungen 
und dergleichen an den verschiedensten Körperteilen vermittelst 
Heu- und Mistgabeln, Rechen und Prügeln. Der Gesamtschaden, 
welchen der Landwirt erlitten hatte, wurde vor Gericht auf 
922 M. taxiert. 

Als Grund seines strafbaren Tuns gab der Angeklagte an: 
er habe möglichst bald aus dem Dienste seines jetzigen strengen 
Herren entlassen werden wollen. Die Verurteilung lautete auf 
11 Monate Gefängnis, von welchen 3 auf widernatürliche Unzucht 
und 8 auf Sachbeschädigung entfielen. Daß vor Ermittlung 
des Schuldigen die so schwer geschädigte und beunruhigte Familie 
des betroffenen Tierbesitzers, sowie auch die umwohnende Be¬ 
völkerung dazu neigte, an einen üblen Hexenspuk zu glauben, 
bedarf wohl kaum noch der Erwähnung. J. Schmidt. 

Seachenhafte Verbreitung des Herpes tonsurans bei 
Pferden. 

Von k. und k. Militär-Gestütstierarzt A. W indisch in Nijitra. 

(Allatorvori hapok 1907, Nr. 2-«.) 

Im vergangenen Winter trat kurz nach einander bei drei¬ 
zehn Hengsten an der Sattellage ein sonderbarer Hautausschlag 
auf. Es entstanden pfennig- bis talergroße, regelmäßig kreis¬ 
runde haarlose Flecke, die mit aschgrauen asbestartigen Krusten 


bedeckt waren. Die Berührung dieser Stellen erzeugt kein 
Juckgefühl, sondern eher einen Schmerz. In einzelnen Fällen 
konnte man vorher kleinere Schwellungen der Haut bemerken, 
zu einer Bläschenbildung kam es aber nicht. Mit den Krusten 
konnte man leicht andere Pferde infizieren. 

In ungefähr zwei Monaten stieg die Zahl der erkrankten 
Pferde schon auf 120, auch verbreitete sich das Leiden von der 
Sattellage aus bei mehreren Fällen auf die ganze Körperober¬ 
fläche, so daß 25 Hengste beinahe vollkommen kahl wurden. 
Wenn die hautkranken Pferde sich zufälligerweise verwundeten, 
so wurde die Wundfläche bald mit einer schimmelartigen Schicht 
bedeckt, welche sich hier allmählich in Tellerform verbreitete. 
Einzelne Krustenfelder faßten bald in eins zusammen, besonders 
an solchen Stellen, wo sie einer Reibung ausgesetzt waren. 
Von den Pferden erkrankten am spätesten die Lipizzaner- 
Schimmel; bei den Schimmeln war die Erkrankung überhaupt 
nur leichteren- Grades. 

In den Krusten wurde bei der mikroskopischen Untersuchung 
durch Prof. Dr. Marek der Trichophyton tonsurans nach¬ 
gewiesen. 

Zur Behandlung ließ man die noch gesunden Pferde 
separieren; bei den kranken wurden die Krusten abgehoben 
und nachher flie Haut mit einer 5proz. Salizylspiritus-Lösung 
bepinselt. Nach dem Eintrocknen ließ man die kranke Stelle 
und ihre unmittelbare Umgebung mit einer 10 proz. Salizylsäüre- 
Salbe einreiben. Zwei- bis dreimaliges Einreiben genügte voll¬ 
kommen. Durch sechs Wochen wurden sämtliche Pferde alle 
drei Tage einer strengen Kontrolle unterworfen, bis die Seuche 
vollkommen erloschen war. 

Zur Desinfektion des Geschirrs und Stallgerätes wendete 
man siedend heiße 6 proz. Natronlauge an, während die Kotzen, 
Decken usw. durch Dampf in l l /a Atmosphärendruck desinfiziert 
wurden. Dr. Z. 

Äbszedierende, periproktale Phlegmone. 

Von Oberveterinär Bülling. 

(Zeitschrift für Veterinärkunde 1907, S. 324.) 

Ein Reitpferd erkrankte nach erfolgreichem Rennen an 
Kolik. Die geschwollene Mastdarmschleimhaut war stark vor¬ 
gedrängt, vereinzelte Bluttropfen liefen aus dem After. Bei der 
rektalen Untersuchung wurde in der Entfernung der halben 
Armeslänge eine rauhe, muldenartige Vertiefung von der Größe 
eines halben Enteneies in der unteren Darmwand festgestellt, 
in der ein fester Kotballen saß. Aus diesem mit Blut über¬ 
zogenen Kotballen ragte die Spitze eines 1,6 cm langen End¬ 
triebes von Berberis vulgaris etwa 2 mm heraus; die Dornspitze 
zeigte eine alte Bruchfläche. Unter der rauhen Darmwandstelle 
wurde eine Geschwulst von der Größe zweier Mannesfäuste, die 
mit der unteren Darmwand verwachsen schien (Abszeß), fest¬ 
gestellt. Schwankungen des Allgemeinbefindens usw. gingen in 
den folgenden Tagen mit Lähmung des Mastdarms einher. Am 
zehnten Krankheitstage ließ sich in der Mitte der eben be¬ 
schriebenen Darmläsion ein strohhalmstarker Kanal bemerken, 
aus dem sich Eiter entleerte und der in die Geschwulst führte. 
Unterhalb des Afters bildete sich ein weiterer Abszeß hühnerei¬ 
groß unter der Haut, der aufgeschnitten bald ausheilte. Auch 
der periproktale Abszeß in der Beckenhöhle wurde täglich 
kleiner, so daß nach vier Wochen Heilung eingetreten war. 
Nach drei Monaten hatte Patient seine alte Leistungsfähigkeit 
wiedergewonnen. Richter. 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Blitzschlag. 

Von Oberveterinär Zerler. 

(Zeitachr. f. Veterin&rk. 1907. S. 390.) 

Eine Remonte war durch Blitzschlag im Stalle getötet 
worden. — Aus dem Sektionsbefund sei folgendes hervor¬ 
gehoben: Nach Abnahme der Haut zeigt sich am Kopfe die 
Unterhaut und die darunter liegende Muskulatur tief schwarzrot 
verfärbt, wie gequetscht. Diese Veränderung setzt sich zu 
beiden Seiten des Halses fort, geht dann über die ganze linke 
Schulterpartie bis an die linke Vorderfußwurzel und verliert 
sich am Schienbein. — Nach Herausnahme des Gehirns findet 
sich die Hirnsubstanz wie mit Serum durchsetzt (wäßrig). In 
den Ventrikeln ebenfalls vermehrte seröse Flüssigkeit. 

Richter. 

Hypothese der Bakterfenentstehung. 

Prof. Dunbar veröffentlicht in seiner Schrift^ „Wie ent¬ 
stehen die Bakterien“ interessante Untersuchungen über die 
Entstehung der Bakterien. Danach entwickeln sich die Bak¬ 
terien, samt den dem Saprophytengeschlechte angehörigen 
Schimmel- und Hefepilzen aus den chlorophyllhaltigen Algen. 
Viele Jahre ausdauernder Bemühungen sollen Dunbar zu dem 
Resultat verholfen haben, auf dem Wege der Reinkultur aus 
einer Chlorophycacee (der Familie der Palmellace^e angehörig) 
auf ganz bestimmten Nährböden, bei bestimmter Temperatur 
und entsprechenden Nährzusätzen, sowohl Hefe- wie Schimmel¬ 
pilze, sowie sämtliche Bakterienarten, Stäbchen, Kokken, Komma¬ 
bazillen, Spirillen, auch Sarcine usw. züchten zu können. Eine 
über ein Jahr steril aufbewahrte Algenzelle z. B., die un¬ 
verändert geblieben war, veränderte sich unter dem Einfluß der 
spezifischen Dunbarschen Kultur und erzeugte Tochterbildungen 
nach fünf Tagen, die ebenfalls sofort sich zu vermehren be¬ 
gannen. Die Vorgänge bei der Metamorphose von Alge zu 
Bakterium sollen folgende gewesen sein: Erst produzierte die 
Algenzelle schlauchartige Ausstülpungen, die nach einiger Zeit 
verschwanden; statt dessen war die Kultur mit Bakterien besetzt. 
Waren keine chlorophyllhaltige Algen zur Stelle, kamen auch 
Spirochaeten, Coccen, Vibrionen, Hefen, Streptothrix, sowie 
Schimmelarten von Toincillinen und Uredo zum Vorschein. 
Sollten die Dunbarschen Untersuchungen auch anderwärts be¬ 
stätigt werden, so dürfte hinsichtlich der Genese vieler Infektions¬ 
krankheiten sich manches erklären. Dr. G. 

Mitteilungen über Milzbrandbehandlnng und „Impfang 
and K&d&yerbeseitignng“. 

(Veröffentl. &. «1. Jahres-Veteriniirberichten der beamteten Tierärzte Preußens fllr das 
Jahr 1905. 6. Jahrgang. I. Teil. S. 16 20.) 

Vgl. auch den Artikel von Zernecke S. 12. 

Über die Behandlung milzbrandkranker Tiere mit Kreolin 
liegen mehrere Berichte vor, die günstig lauten. Zwei Bericht¬ 
erstatter erwähnen aber, daß die Kreolinbehandlung im Stiche 
ließ. Nach der Erfahrung des Veterinärrates Schmidt in Stade 
läßt man milzbrandkranken Rindern am besten zunächst mehrere 
Male stündlich, dann zweistündlich 15 g Kreolin mit einer Wein¬ 
flasche Wasser so lange eingeben, bis die Temperatur auf 
39,0° heruntergegangen ist. Nunmehr wird ;alle 3 bis 4 Stunden 
die Temperatur gemessen. Wenn sie steigt, wird wieder Kreolin 
verabreicht. Auf diese Weise hat Schmidt nicht selten inner¬ 
halb 24 Stunden bis 200 g Kreolin und innerhalb vier Tagen 
500 g Kreolin eingeben lassen, fast immer Heilung erzielt und 
niemals Kreolinvergiftung eintreten sehen. 


Zahlreiche Berichte liegen vor über Milzbrandimpfung nach 
Sobernheim und Pasteur. Die Zahl der geimpften Tiere 
war in einzelnen Kreisen sehr beträchtlich. Der Erfolg der 
Impfung war sehr verschieden, im allgemeinen jedoch günstig. 
Es kamen Mißerfolge nach der Pasteurschen wie nach der 
Sobernheim8chen Impfung vor. Einige Berichterstatter er¬ 
wähnen, daß die Sobernheimsche Impfung einen genügend 
langen Schutz gewährte. Beispielsweise währte der Impfschutz 
im Kreise Schmiegel nur drei Monate, sodaß die Bestände noch¬ 
mals und zwar nach Pasteur geimpft werden mußten. 

Über die Zweckmäßigkeit' und Ausführbarkeit der Ver¬ 
brennung der Kadaver äußern sich auch diesmal die Kreistier¬ 
ärzte sehr verschieden. Im großen und ganzen wird die Ver¬ 
brennung von den Berichterstattern nicht günstig beurteilt, weil 
die Kosten für das Brennmaterial nicht unerheblich sind und 
die vollkommene Verbrennung sehr lange dauert. Schwierig ist 
auch die Kontrolle darüber, ob die Kadaverteile alle verbrannt 
sind. Kreistierarzt Müller in Wongrowitz (Regierungs-Bezirk 
Bromberg) hat einen Verbrennungsofen mit ausziehbarem eisernen 
Rost herstellen lassen. Das Verbrennen eines Schafes soll 
damit in l l / 2 Stunden erfolgen und nur wenig Brennmaterial 
erfordern. In den Abdeckereien der Kreise Pyritz und Dem min 
werden die Milzbrandkadaver durch Zerkochen mit schwefel¬ 
säurehaltigem Wasser unschädlich gemacht. Rdr. 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 16. Dezember d. Js. verschied in Dahme (Mark) nach 
schwerem Leiden der Königliche Kreistierarzt Adolf Erxleben 
im 43. Lebensjahre. 

Erxleben war am 1. Oktober 1865 in Eberswalde geboren, 
woselbst er das Gymnasium bis zur Prima besuchte. Nachdem 
er 1888 das Staatsexamen als Tierarzt und 1894 das Examen 
zur Anstellung als beamteter Tierarzt bestanden hatte, wurde 
er 1896 für den Kreis Jüterbog-Luckenwalde als Kreistierarzt 
in Dahme angestellt. 

Der so früh Verstorbene war ein stets pflichttreuer Beamter 
und ein überaus reger und fleißiger Praktiker. Durch sein ge¬ 
winnendes und bescheidenes Wesen hat er sich nicht allein die 
Liebe seiner Kollegen, sondern auch Achtung und Ansehen bei 
den Eingesessenen seines engeren Wirkungskreises erworben 
und sich so ein bleibendes Andenken gesichert. 

Neubabelsberg, den 23. Dezember 1907. Kl ebb a. 

Bie Stellung der Privattierärzte in der Fleischbeschaa 
and die Mittel zar Besserung. 

Von Tierarzt G. Meier-Ketzin. 

(Vortrag, gehalten auf der Generalversammlung des Verbandes der 
Privattierärzte in Preußen am 8. Dezember 1907.) 

Meine Herren! Die wirtschaftliche Lage und die Be¬ 
strebungen der Privattierärzte sind in letzter Zeit in den tier¬ 
ärztlichen Vereinen und Zeitschriften häufig Gegenstand der 
Besprechung gewesen. Für uns handelt es sich hauptsächlich 
um die Verteidigung unseres Gebietes der kurativen Praxis und 
um Wahrung unserer Stellung gegenüber den beamteten Tier¬ 
ärzten. Wir konnten nicht ruhig zusehen, daß wir in unserer 
Tätigkeit mehr und mehr eingeengt und immer weiter in den 




2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9 


Hintergrand gedrängt wurden, während die anderen Berufs- 
gmppen sich in einer erfreulichen Aufwärtsbewegung befinden. 
Durch gegenseitigen Meinungsaustausch scheint hier eine fried¬ 
liche Lösung gefunden zu werden und uns hierdurch unsere 
bisher bewährte und auch fernerhin dringend notwendige Einig¬ 
keit erhalten zu bleiben. In dieser Aussprache wurde die 
Stellung, welche die Privattierärzte in der Fleischbeschau ein¬ 
nehmen, nur wenig berührt. Die meisten von uns sind heute 
jedoch nicht nur auf dem Gebiete der Heilkunst, sondern auch 
auf dem der Fleischbeschau tätig, so daß auch diese auf unseren 
Stand einen Einfluß ausüben muß. 

Nachdem nunmehr das Fleischbeschaugesetz 4 l /a Jahre be¬ 
steht, erscheint es mir angebracht, daß wir uns hier darüber 
äußern, wie die Fleischbeschau die Verhältnisse der Tierärzte 
beeinflußt hat. Die beamteten Tierärzte dürften an der Er¬ 
örterung dieser Frage weniger Interesse haben, da dieselben in 
der Regel die ordentliche Beschau nicht auBüben und nach dem 
Gesetz eine andere Stellung in der Fleischbeschau einnehmen 
als die übrigen Tierärzte. Sie sind die aufsichtfuhrenden und 
wir die ausführenden Organe. Die Generalversammlung des 
Verbandes der Privattierärzte muß demnach als der geeignetste 
Ort für eine diesbezügliche Aussprache gelten. 

Es steht fest, daß sich die Hoffnungen, die ein großer 
Teil der Tierärzte auf die Fleischbeschau gesetzt hatte, nicht 
erfüllt haben. Der Freudenstimmung ist die Enttäuschung ge¬ 
folgt. Immer häufiger werden Klagen von Tierärzten laut über 
Ärger und Verdruß und über geringe Befriedigung in der Aus¬ 
übung der Beschau. Daß dies so kommen würde, war voraus¬ 
zusehen. Die Verstimmung ist die unausbleibliche Folge davon, 
daß wir gezwungen sind, auf einem tierärztlichem Gebiete mit 
Laien zusammen arbeiten zu müssen. Der Einfluß der Fleisch¬ 
beschau auf den tierärztlichen Beruf hat sich nach zwei Richtungen 
bemerkbar gemacht, 

1. im Einkommen, 

2. in der Stellung. 

Zugegeben muß werden, daß durch die Beschau eine nicht 
unbedeutende Summe Geldes in die Taschen der Tierärzte und 
zwar vorzugsweise in die Taschen der Privattierärzte fließt. 
Gar manchem Kollegen hat sie eine gesicherte Stellung verschafft, 
und viele neue Stellen sind durch sie bedingt worden. Das 
letztere aber hatte zur Folge, daß die Konkurrenz, namentlich in 
der Nähe der Großstädte, vergrößert und der Bezirk der Praxis 
verkleinert worden ist. Oft hat ein Gebiet, das früher ein 
Tierarzt beherrschte, jetzt drei, vier oder noch mehr Tierärzte 
aufzuweisen. Um ihre Existenz auch ferner zu sichern, haben 
viele Tierärzte notgedrungen zur Fleischbeschau greifen müssen. 
Es muß auch berücksichtigt werden, daß die Untersuchungen 
viel Zeit erfordern, und daher in der Ausübung der Praxis eine 
große Behinderung bedeuten. Erst die Fleischbeschau, dann die 
Praxis, dürfte die Regel sein. Die meisten durch die Beschau 
geschaffenen Stellen gewähren nur ein recht bescheidenes Ein¬ 
kommen und können nur als befriedigende gelten, so lange sie 
als Durchgangsstellen benützt werden. Und doch dürfte mancher, 
sei es in der Hoffnung auf Besserung, sei es daß er sich nach 
einigen Jahren nicht mehr in die Praxis hinauswagt, in dieser 
Stellung verbleiben. Ersparnisse sind ausgeschlossen, Pensions¬ 
berechtigung besteht nicht, und somit sind die Aussichten für 
die Zukunft wenig erfreulich. Dem tierärztlichen Stande 
aber können diese Stellen nicht zum Vorteil gereichen, 


denn sie werden uns ein tierärztliches Proletariat 
verschaffen. 

Die Ergänzungsbeschau hat für die Tierärzte keine Be¬ 
deutung gehabt. Als neue Einnahmequelle kann sie nicht 
gelten, da sie in der Regel Notschlachtungen betrifft, zu deren 
Begutachtung wir früher schon zugezogen wurden. Es hat den 
Anschein, als ob die Fälle von Ergänzungsbeschau immer seltener 
würden, so sind dieselben z. B. in meinem Bezirk um die Hälfte 
zurückgegangen. Während ich noch vor zwei Jahren von einem 
Beschauer 7 mal im Laufe des Jahres requiriert wurde, geschah 
dies seitdem überhaupt nicht mehr. Sind wirklich die Unter¬ 
suchungen kranker Tiere soviel seltener geworden, oder über¬ 
schreiten die Beschauer soviel öfter ihre Befugnisse? Es wird 
der Zuverlässigkeit der Laienbeschauer kein gutes Zeugnis aus¬ 
gestellt, wenn auf dem städtischen Schauamt zu Königsberg 
nach den Angaben des Herrn Schlachthofdirektors Maske von 
den eingeführten und von Laien als tauglich und vollwertig ab¬ 
gestempelten Tieren 30 18 / 4 Rinder, 125 Kälber, 19 Schweine 
und 6 Schafe beanstandet werden mußten. Sollten solche Über¬ 
griffe der Beschauer nur in der Gegend von Königsberg Vor¬ 
kommen? Diejenigen Beschauer, denen man das Zeugnis der 
Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit ausstellen muß, haben den 
Ergänzungsbeschauer am häufigsten nötig, während andere die 
Ergänzungsbeschau überhaupt nicht zu kennen scheinen. 

Aus dem Gesagten geht hervor, daß durch die Fleisch¬ 
beschau eine wesentliche Aufbesserung unserer wirtschaftlichen 
Lage nicht erfolgt ist. Immerhin können wir nach dieser 
Richtung mit der Wirkung des Fleischbeschaugesetzes zu¬ 
frieden sein. 

Einen ganz anderen Einfluß aber hat dieselbe auf die tier¬ 
ärztliche Stellung ausgeübt. Das Ansehen der Privat¬ 
tierärzte ist durch die Beschau nicht verbessert, 
sondern — hierüber dürfte kein Zweifel mehr bestehen — 
vielfach verschlechtert worden. Ich brauche nur auf den 
Kampf um die Freizügigkeit des tierärztlich untersuchten 
Fleisches hinzuweisen. Sind wir hier nicht als eine minder¬ 
wertige Klasse hingestellt worden? Ist unsere Brauchbarkeit 
und Zuverlässigkeit hier nicht öffentlich in Frage gestellt worden ? 
Auch das Vorgehen des Vereins der beamteten Tierärzte, die 
Privattierärzte von der Begutachtung der Pferdeschlachtung 
auszuschließen, mußte unser Ansehen herabsetzen. Doch das 
liegt hinter uns und hat, wenn auch die Spuren noch nicht 
verwischt sind, für die Zukunft keine Bedeutung mehr. 

Den größten Einfluß auf unsere Stellung und unser Am 
sehen hat die Anstellung von Laien in der Fleischbeschau 
gehabt, und dieser wird sich, da wir die Laien niemals ent¬ 
behren können, immer bemerkbar machen. Es kann unmöglich 
zur Förderung unseres Ansehens beitragen, wenn Leute in ein¬ 
facher Lebensstellung auf Grund eines mehrwöchentlichen Kursus 
im wesentlichen dasselbe ausführen können und die gleiche Be¬ 
zahlung dafür erhalten, wie wir Tierärzte. Das bißchen Er¬ 
gänzungsbeschau, was man gern zu unsern Gunsten anführt 
kommt kaum in Betracht, denn ein großer Teil des Publikums 
weiß davon überhaupt nichts, und nicht nach einer gelegent¬ 
lichen Verrichtung, sondern nach unserer täglichen Beschäftigung 
werden wir beurteilt. Preisgeben können wir dieserhalb die 
Fleischbeschau nicht, weil wir ein tierärztliches Gebiet zu er¬ 
halten verpflichtet sind. Wir müssen aber dahin streben, 
die Stellung der Tierärzte in der Beschau zu ver- 


<** 



io 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


bessern und sie derartig gestalten, daß wir den Laien 
gegenüber eine andere Stellung einnehmen als bisher. 
An welcher Stelle, und in welcher Weise der Hebel zur 
Besserung angesetzt werden muß, soll der Hauptgegenstand 
meines Vortrages sein. 

Der oberste Grundsatz in der Fleischbeschau muß sein, 
daß mit der Ausübung derselben Tierärzte zu beauftragen sind, 
und daß nur dort, wo diese nicht in hinreichendem Maße zu 
haben sind, Laien als Beschauer angestellt werden. Daraus 
folgt für jeden Tierarzt die Verpflichtung, sich so weit als 
möglich für die Beschau zur Verfügung zu stellen. Je mehr 
tierärztliche Beschau, um so weniger Laien. 

Die Behörden sollten mehr als bisher darauf Bedacht 
nehmen, wo Tierärzte ansässig sind, diesen allein die Beschau 
zu übertragen, und nicht neben diesen noch Laien anzustellen. 
In vielen Orten, wo heut mehrere Beschauer tätig sind, könnte 
sehr wohl ein Tierarzt allein die Beschau ausüben. Gerade das 
Nebeneinanderarbeiten in einem Orte von Tierarzt und Laien 
schädigt unser Ansehen. Ist der Tierarzt nicht imstande, allein 
die gesamte Beschau auszuüben und will er sich dieserhalb 
keinen Assistenten halten, so daß man zu Laien greifen muß, 
dann richte man ein unter Leitung des Tierarztes stehendes 
Beschauamt ein. Die etwaigen Kosten würden durch einen 
Gebührenabzug wie bei der Ergänzungsbeschau, die ja hier 
fortfällt, zu decken sein. Ist am Wohnort des Tierarztes 
ein Laie als Beschauer nicht tätig, oder geschieht 
die Beschau der Laien unter Aufsicht des Tierarztes, 
dann dürfte hier unsere Stellung nach Möglichkeit 
gewahrt sein. 

Ein zweiter Punkt, der dringend der Abhilfe bedarf, ist 
die Stellvertretung der Tierärzte durch Laien. Soweit als 
irgend möglich sollten als tierärztliche Vertreter die benach¬ 
barten Kollegen bestellt werden. Hier müßten die Kollegen 
zur gegenseitigen Unterstützung bereit sein, zumal der Stell¬ 
vertreter doch nur selten einzutreten hat. In vielen Orten 
muß jedoch mangels eines Tierarztes ein Laie zum Vertreter 
des Tierarztes ernannt werden. Das wird sich niemals ändern 
lassen. Aber das müssen wir in Wahrung unserer Interessen 
fordern, daß der Laie als Vertreter nicht fungiert, wenn ein 
tierärztlicher Vertreter gestellt wird. Von einer unrecht¬ 
mäßigen Benachteiligung des Laien kann hier gar keine Rede 
sein, da ihm die Stellvertretung doch nicht zur Erhöhung 
meiner Einnahmen, sondern zur ordnungsmäßigen Durchführung 
der gesetzlichen Bestimmungen übertragen ist. Wir alle sind 
ja auch Stellvertreter in der Ergänzungsfleischbeschau und sehen 
diese Vertretung als eine Notwendigkeit an, der wir uns nicht 
entziehen dürfen, nicht aber als eine besondere Einnahmequelle. 

Nichts hat auf unser Ansehen so ungünstig ein¬ 
gewirkt als die Laienvertretung. Schon die von Zeit zu 
Zeit in den Kreisblättern erfolgende Bekanntmachung der Er¬ 
nennung von Laien als tierärztliche Vertreter kann uns nicht 
angenehm berühren. Gar zu gern, oft in nicht zu erkennender 
Absicht, werden wir vom Publikum auf diese Vertreter hinge¬ 
wiesen. Recht unfreundlich jedoch gestalten sich die Ver¬ 
hältnisse, wenn bei längerer Behinderung des tierärztlichen 
Beschauers sein Vertreter in der Praxis die Beschau nicht aus¬ 
üben darf, sondern der Laie eintreten muß. Das Publikum hält den 
Tierarzt für den Sachverständigen und den Laien für einen 


Notbehelf und hat keine Erklärung dafür, daß der Tierarzt 
hinter den Laien zurückstehen muß. 

Die einen schütteln den Kopf, die anderen sind entrüstet, 
daß sanitäre Maßregeln dem finanziellen Interesse eines Laien 
untergeordnet werden müssen. Im Regierungsbezirk Potsdam 
ist in letzter Zeit stets der Laie für den Tierarzt eingetreten. 
Wo bleibt da die Berufsfreudigkeit! Will jetzt wirklich noch 
jemand behaupten, daß durch die Fleischbeschau der tierärzt¬ 
liche Stand an Ansehen gewonnen hat? Als im letzten Sommer 
auch für mich ein Laie vom Dorfe, gegen den noch dazu ein 
Strafantrag wegen grober Vergehungen in der Beschau vorlag, 
als Vertreter eintreten mußte, habe ich diesen Einfluß bitter 
empfänden. Nur das Pflichtgefühl, ein tierärztliches Gebiet 
verteidigen zu müssen, und das Verlangen der Ketziner Ein¬ 
wohnerschaft nach tierärztlicher Beschau hielten mich davon 
ab, die Fleischbeschau sofort niederzulegen. Die Stadt Ketzin 
erhob bei der Regierung gegen den Laien Einspruch mit dem 
Erfolge, daß nach einigen Tagen die Ausübung der Fleisch¬ 
beschau meinem Vertreter • übertragen wurde. Hierauf dürfte 
es vielleicht zurückzuführen sein, daß nunmehr im Regierungs¬ 
bezirk Potsdam eine Verfügung erlassen ist, nach welcher in 
den Fällen, wenn der Stellvertreter nicht am Orte wohnt, oder 
infolge der Vertretung in der Beschau überlastet wird; oder 
wenn die Ausfuhr von Fleisch eine tierärztliche Untersuchung 
wünschenswert erscheinen läßt, von den ernannten Stell¬ 
vertretern abgesehen werden und der tierärztliche Vertreter 
für die Praxis mit der Ausübung der Beschau beauftragt 
werden kann. In allen anderen Fällen jedoch darf in 
Behinderung8fällen grundsätzlich nur der ordentliche Stell¬ 
vertreter herangezogen werden, sofern derselbe nicht aus¬ 
drücklich auf diese Vertretung verzichtet. Die Tierärzte 
haben sich bei Stellung von Anträgen betreffs Vertretung stets 
vorher dieser Zustimmung zu vergewissern und dies in dem 
Anträge zum Ausdruck zu bringen. Dieser Erlaß kommt unseren 
Wünschen teilweise entgegen. In vielen Fällen wird es nun 
möglich sein, dem trierärztlichen Vertreter die Beschau zu über¬ 
tragen. Befriedigen jedoch kann uns diese Verfügung nicht, 
denn wir müssen in derselben eine schwere Schädigung unserer 
Stellung erblicken. Wir können und dürfen nicht auf die frei¬ 
willige Verzichtleistung der Laien als Stellvertreter angewiesen 
werden, denn dadurch kommen wir ja in ein direktes Ab¬ 
hängigkeitsverhältnis von denselben. Nicht jeder Tierarzt ist 
gewillt, auf die Einnahme aus der Beschau während längerer 
Zeit zu verzichten, mancher ist vielleicht gar nicht in 
der Lage dieselben zu entbehren. Sie sind daher ange¬ 
wiesen, sich um jeden Preis mit dem Laien gut zu stellen. 
Verderben sie es mit ihm, dann folgt die Strafe nach. Also 
die Laien sind nicht von uns Tierärzten, sondern wir von den 
Laien abhängig. Ich hoffe, daß die Beschau treibenden Tier¬ 
ärzte so viel Korpsgeist und Standesbewußtsein haben werden, 
daß sie dieses Anerbieten dankend ablehnen werden. 

Wir müssen es für unter unserer Würde halten, von der 
Gnade der Laien abhängig zu sein. In der Regel werden diese 
auf die Vertretung verzichten, was ihnen auch niemand ver¬ 
denken kann. Nicht ihnen wollen wir einen Vorwurf machen. 
Bondern den gesetzlichen Bestimmungen. Diese müssen eine 
Änderung dahin erfahren, daß es Tierärzten gestattet 
ist, im Behinderungsfalle die Beschau durch einen 
tierärztlichen Vertreter ausüben zu lassen. Daß wir 



2 Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11 


dieses erreichen, liegt nicht nur im Interesse der Fleischbeschau 
treibenden Tierärzte sondern des ganzen Standes. Diese Stell¬ 
vertretung setzt aber voraus, daß die Bestallung des Vertreters 
möglichst schnell bewirkt werden kann. Vielleicht in der Weise, 
daß die Ortspolizeibehörde nach Prüfung der vorgeschriebenen 
Papiere die Genehmigung telegraphisch einholt. 

Ferner dürfte es sowohl für die Stellung der Tierärzte als 
auch für die Ausübung der Fleischbeschau von größter Be¬ 
deutung sein, wenn von dem den Landespolizeibehörden ein¬ 
geräumten Recht, die Laien in der Beschau den Ergänzungs¬ 
beschauern zu unterstellen, allgemein Gebrauch gemacht würde. 
Unsere gegenwärtigeStellung den Laien gegenüber ist ungenügend. 
Die Ergänzungsbeschau allein vermag unser Ansehen nicht zu 
heben. Dieses kann nur dadurch geschehen, daß die 
Tierärzte die Beschauer ihres Ergänzungsbeschau¬ 
bezirkes zu überwachen haben. Hierdurch würde auch 
die Fleischbeschau eine ganz wesentliche Verbesserung erfahren. 
Jeder Tierarzt würde danach streben, ein möglichst brauchbares 
und zuverlässiges Beschaupersonal zu haben. Nur der Er- 
gänzungsbeschauer ist in der Lage über die Beschauer seines 
Bezirks ein richtiges Urteil zu fällen, weil er jeden in seiner 
Tätigkeit kennt. Vor allem aber kann durch ihn am besten 
die Weiterbildung der Laien erfolgen, da er häufig Gelegenheit 
hat, mit den Beschauern am Schlachtier zusammen zu treffen 
und somit deren Kenntnisse durch die Praxis verbessern kann. 
Hierdurch würde die Weiterbildung ungleich besser erreicht 
werden als durch Vorträge in den Versammlungen. Man ver¬ 
suche es nur einmal, der Erfolg wird ein guter sein. Ungeeignete 
Beschauer würden bald durch bessere ersetzt werden. Die alle 
2 Jahre durch den beamteten Tierarzt vorzunehmende Revision 
kann als eine genügende Beaufsichtigung nicht angesehen werden 
und dürfte für das Urteil über die Brauchbarkeit eines Beschauers 
in der Regel nicht von Bedeutung sein. Liegt wirklich nicht 
das Bedürfnis vor, die Laien einer anderen Kontrolle 
zu unterstellen als die Tierärzte? Müssen auch hier 
wieder Laien und Tierärzte auf gleicher Stufe stehen? 
Hält man die Tierärzte als Ergänzungsbeschauer für nicht be¬ 
fähigt, eine Aufsicht über die Beschauer ihres Bezirkes zu 
führen, so stellt man dem tierärztlichen Stande ein recht be¬ 
dauerliches Zeugnis aus. 

Ich will noch ausdrücklich hervorheben, daß die Stellung 
der beamteten Tierärzte in der Fleischbeschau in der bisherigen 
Weise bestehen bleiben soll, und daß die Privattierärzte nicht 
daran denken, eine gleiche Stellung zu erreichen. Jeder Be¬ 
schauer soll dem Ergänzungsbeschauer und die Ge¬ 
samtheit der Beschauer dem beamteten Tierarzt unter¬ 
stellt sein. Daher dürfen wir Privattierärzte wohl hoffen, 
daß uns wenigstens in diesem Fall die Unterstützung aller Tier¬ 
ärzte zuteil wird. Oder sollen wir auch hier zwischen be¬ 
amtetem Tierarzt und Laien eine völlig unzulängliche Stellung 
bekleiden? Sollte sich aber unser nur allzuberechtigter Wunsch 
gegenwärtig noch nicht erfüllen, so wird er immer und immer 
wiederkehren, bis die Weiterentwicklung unseres Standes die 
Erfüllung desselben gebietet. 

Endlich möchte ich noch auf eine ministerielle Verfügung 
vom 17. August 1907 hinweisen. Es Bollen die Fleischver¬ 
kaufs- und Aufbewahrungsräume einer regelmäßigen polizeilichen 
Beaufsichtigung unterliegen. Zu dieser Kontrolle sollen die 
beamteten Tierärzte und nötigenfalls auch die als Beschauer 


angestellten Tierärzte zugezogen werden. Also auch hier 
müssen wir wieder hinter den beamteten Tierärzten zurückstehen, 
und nach unseren bisherigen Erfahrungen sind wir zu der An¬ 
nahme berechtigt, daß wir bei diesen Revisionen nur selten 
tätig sein werden. Würde es nicht richtiger sein, daß die 
Polizeibehörden die Tierärzte zuziehen würden, welchen bei 
dem betreffenden Gewerbetreibenden die Fleischbeschau obliegt? 
Denn diese haben den berechtigten Wunsch, durch eine Revision 
sich zu überzeugen, ob in der Beschau keine Hintergehungen 
vorgekommen sind. Diese Revisionen könnten zur Erhöhung 
unseres Ansehens beitragen, aber nur dann, wenn hier zwischen 
beamtetem und privatem Tierarzt kein Unterschied gemacht 
wird. Werden wir übergangen, so bedeutet dies eine Schädigung 
unserer Stellung. 

Das, meine Herren, wären die hauptsächlichsten Vorschläge, 
die ich Ihnen zwecks Besserung unserer Stellung in der Fleisch¬ 
beschau zu machen hätte. Ich habe Ihnen im wesentlichen 
neues nicht vorgebracht sondern habe nur das zusammen¬ 
getragen, was in erster Linie unseren Stand ungünstig beeinflußt, 
und habe Ihnen Mittel angegeben, durch welchen diesen Mi߬ 
ständen abgeholfen werden kann, und die mir nach den gesetz¬ 
lichen Bestimmungen anwendbar erscheinen. Sollten meinen 
Vorschlägen an einzelnen Stellen Hindernisse entgegenstehen, 
so dürfte es bei gutem Willen nicht schwer sein, dieselben zu 
beseitigen, oder es müßte eben ein anderer gangbarer Weg ge¬ 
funden werden. Meine Wünsche, hervorgegangen aus Liebe 
zum tierärztlichen Beruf, bezwecken nicht irgendeinen 
pekuniären Vorteil, sondern einzig und allein die Er¬ 
haltung und Förderung unseres Ansehens, und darum 
dürfte eine Regelung zu unserer Zufriedenheit nicht schwierig 
sein. Bleibt der gegenwärtige Zustand bestehen, dann wird die 
Mißstimmung unter den Privattierärzten immer mehr zunehmen 
und viele von ihnen, deren Existenz von der Fleischbeschau 
unabhängig ist, werden die Beschau niederlegen und ein tier¬ 
ärztliches Gebiet Laien überlassen. Für das Ansehen des tier¬ 
ärztlichen Standes kommt in erster Linie die Stellung der 
Privattierärzte in Betracht, denn sie bilden den größten Teil 
und das Fundament. Hier zu fördern halte ein jeder für seine 
Pflicht. Unsere Stellung wirkt nicht verlockend und ist nicht 
geeignet, bei den Abiturienten Neigung zum tierärztlichen 
Studium zu erwecken; daher dürfte sich bald ein mangelhafter 
Besuch unserer Hochschulen bemerkbar machen. Sache unserer 
Standesorganisationen wird es sein, hier rechtzeitig einzugreifen. 

In der Versammlung des Veterinärrats zu Breslau sagte 
ein Redner „der schönste Titel für uns ist Tierarzt, den wollen 
wir gewürdigt wissen“. Ich glaube, diesem Ausspruche stimmen 
wir, die wir ja nur diese Bezeichnung führen, mit einem herz¬ 
lichen Bravo und mit dem Wunsche bei, daß es immer so sein 
möge. 

Uns aber, den Privattierärzten, liegt es vor allem ob, die 
Stellung, das Ansehen und die Würde als Tierarzt nach innen 
und nach außen hochzuhalten und zu verteidigen. In der 
Fleischbeschau wollen wir den Tierarzt besser ge¬ 
würdigt wissen. 

(Lebhaftes Bravo, Händeklatschen.), 

Aus den Memoiren des Generals der Artillerie Prinzen Hohenlohe-Ingellingen. 

In den mit so vielem und verdientem Beifall aufgenommenen 
Memoiren des berühmten Artilleriegenerals findet sieb, worauf Herr 
Tierarzt Dr. Pitt hinweist, folgendes kleines Vorkommnis erzählt; 




£ 


12 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1. 


Am 19. August 1870 lag der Prinz mit anderen Offizieren in der 
Nacht auf einer Wiese. Ich schlief, erzilhlt er, sehr bald ein und i 
wurde nach einiger Zeit durch laules Zanken geweckt. 

„Na, da hört doch alles auf! Da liegen alle unsere Herren j 
Offiziere in einer feuchten Wiese! Bilden sich die Herren etwa ein, | 
daß wir Lust haben, friih gar keine Offiziere mehr zu haben, wenn ! 
Sie sich alle vor Rheumatismus nicht mehr rühren können? Stehen i 
Sie gleich auf und legen Sie sich gleich dort hin, da ist trocknes j 
Stoppelfeld“. I 

Verschlafen richtete ich meinen Kopf in die Höhe und sagte: 
„Alter Rietzei, meinen Sie uns hier?“, denn der Zankende war 
kein anderer als der Roßarzt Rietzel von der 1. Reitenden (Garde- 
foldartillerie), der mit weißem Bart und Haar sich schon etwas er¬ 
lauben konnte. „Na, Sie auch noch“, sagte er, „wenn Sie uns gar i 
krank werden, sind wir ganz verloren. Machen Sie, daß Sie auf¬ 
stehen“. leb erhob mich und fühlte alsbald, wie recht der vor¬ 
sorgliche alte Mann gehabt hatte. Es befiel mich ein heftiger 
Schüttelfrost, so daß ich kaum stehen konnte. In meinen Woilach 
gehüllt, schleppte ich mich an ein Feuer, das für die Batterie ge¬ 
macht war, um mich zu erwärmen und trocken zu werden. Da 
setzte ich mich hin. Ich muß ausgesehen haben wie ein Gespenst. 
Bald kamen noch mehr solche Gespenster und setzten sich zu mir. 
Aus den weißen Hüllen schauten die Gesichter von Planitz I von ! 
meinen Adjudanten und anderen Offizieren heraus. Der brave 
Rietzei aber kochte Kaffee am Feuer und dieser wärmte uns 
wohltuend.“ 

Zu diesem Satz bemerkt Prinz Hohenlohe in einer Fu߬ 
note noch folgendes: „Zwei Jahre später sandte ich dem alten 
Rietzei in Berlin am Jahrestage mein Bild zum Andenken mit 
einem entsprechenden Vermerk, ohne zu wissen, daß er krank war. , 
Er hat sich noch sehr darüber gefreut und ist tags darauf gestorben.“ 

Dieses Zitat ist für die Leser der B. T. W. unter allen Um¬ 
ständen von Interesse. Von Interesse zunächst als eine kleine 
Episode aus unserem großen Feldzuge, bei welcher ein Kollege 
figuriert; sympathisch wirksam ferner durch den Einblick in das gute 
Verhältnis, in welchem ein alter, verdienter, seinerzeit in Berlin i 
allbekannter und hoch geachteter Kollege zu seinem General und 
den Offizieren des Regimentes gestanden hat; höchst bezeichnend 
aber auch für die »Stellung, die der Roßarzt in der preußischen 


Armee einnahm. Der Ton, in dem man mit ihm, wenn er persönlich 
besonders beliebt ist, verkehrt und in dem er sich zu verkehren 
gestattet, ist eben der, wie er einem altgedienten, allgeschätzten 
und zum Faktotum gewordenen Wachtmeister („der sich schon ein¬ 
mal etwas erlauben kann“) zukommt. 

Trotz dieses Beigeschmacks, den die kleine Episode unzweifel¬ 
haft hat, wird man sich doch über die Liebenswürdigkeit aufrichtig 
freuen können, mit der der Prinz Hohenlohe mit seinem alten Ro߬ 
arzt verkehrt und an ihn gedacht hat. S. 

Berichtigung zu dem Artikel „Tierärztliche Promotion“. 

(B. T. W. 1907, Nr. 52, S. 959 ff.) 

Die durch die Feiertage bedingte verfrühte Ausgabe der letzten 
Nummer des vorigen Jahrganges hat die Korrektur des Satzes be¬ 
einträchtigt, weshalb in dem Artikel über die Promotion sich 
mehrere sinnentstellende Fehler vorfinden. S. 949 ist im 2. Absatz, 
Zeile 8, der Überrest eines Satzes, der gestrichen und durch den 
folgenden ersetzt war, stehen geblieben; die Worte „es ist aber 
nicht im Interesse des Standes gelegen“ fallen fort S. 961 (An¬ 
erkennung des Schweizer Dr.) muß es im 2. Absatz heißen 
„i/ 4 bis V 3 “ (nicht '/&)• S. 962 endlich ist in Zeile 12 ebenfalls ein 
durch Abänderung überflüssig gewordenes Wort (dagegen) stehen¬ 
geblieben. 8. 

Tierärzte als Stadtverordnete. 

In Nastätten (bei St. Goarshausen) wurde der praktische 
Tierarzt Steuerwald zum Stadtverordneten wiedergewählt. In 
Pr.-Fricdland wurde von der 1. Abteilung der Schlachthausinspektor 
Dogs gewählt. Die Wahl, und zwar die Wählbarkeit des Herrn 
Dogs, wurde aber angefochten, so daß eine höhere Entscheidung 
eingeholt werden muß. Über diese Angelegenheit sind bekanntlich 
schon mehrfach Entscheidungen ergangen, welche im Deutschen 
Veterinärkalender, Teil II, S. 123, angeführt sind. 

Beleidigung eines Tierarztes. 

Wegen Beleidigung des Tierarztes Dr. N. aus Weißensce 
gelegentlich der Ausübung der Fleischbeschau wurde der Schlächter¬ 
geselle K. von dem Amtsgericht Weißensee zu einer Woche Ge¬ 
fängnis verurteilt Die III. Strafkammer des Landgerichts Berlin 
bestätigte das Urteil als Berufungsinstanz. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

Die unschädliche Beseitigung der Seachenkadaver und 
der Konfiskate der Fleischbeschau in den Städten und 
auf dem Lande. 

Vortrag, gehalten am 29. September 1907 auf der ersten Ver¬ 
sammlung der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks Danzig 
von Dr. Zernecke, Kreistierarzt in Elbing. 

Die großen, allgemein anerkannten Fortschritte und Er¬ 
folge der Seuchengesetzgebung der letzten Jahrzehnte beruhen 
hauptsächlich darauf, daß wir die einzelnen Infektionskrankheiten 
jetzt genau erkennen und scharf unterscheiden können, nachdem 
wir die Erreger der meisten kennen gelernt und deren Lebens- 
hedingungen erforscht haben. Nur unter ständiger Berücksich¬ 
tigung der Biologie eines lebenden tierischen oder pflanzHchen 
Krankheitserregers ist es möglich, Anordnungen zu treffen, die 
der Verbreitung von Seuchen wirksam entgegenarbeiten, ja diese 
endlich vollkommen ausrotten können. Dieses letzte endgültige 
Ziel der Seuchenbekämpfung kann aber nur dann erreicht werden, 
wenn wir nicht nur die seuchenkranken Tiere isolieren und daran 
verhindern andere gesunde Tiere zu infizieren, sondern, wenn 
wir auch dafür Sorge tragen, daß die Ansteckungsstoffe — in 
und anßerhalb der Tierkörper — dauernd beseitigt werden und 
nirgends Gelegenheit und Möglichkeit finden als Dauersporen 
Jer in irgendeinem anderen Stadium lange Zeit, oft Jahrzehnte 


hindurch, im Erdboden zu ruhen und dann durch eine gelegent¬ 
liche Bodenbewegung an die Oberfläche oder an Futterpflanzen 
zu gelangen, und nun wieder gesunde Tiere zu infizieren, so daß 
die vor Jahren scheinbar getilgte Seuche wieder von neuem 
auflebt. Ist bei einer großen Zahl von Infektionskrankheiten 
der Krankheitserreger allein auf das lebende Individium ange¬ 
wiesen, so daß er mit dessen Tode oder bald darauf, während 
der Fäulnis des Kadavers zugrunde geht und Anlaß zu neuen 
Seuchenausbrüchen nicht mehr geben kann, so haben wir anderer¬ 
seits unsere ganz besondere Aufmerksamkeit denjenigen Krank¬ 
heitserregern zu widmen, deren Existenz und Lebensfähigkeit 
mit dem Tode ihres Opfers und dessen Vergrabung im Erdboden 
nicht erlischt, sondern allen Einwirkungen der Zersetzung orga¬ 
nischer Stoffe durch die Fäulnis zum Hohne, Jahre und Jahr¬ 
zehnte hindurch in den Tiefen des Erdbodens wirksam erhalten 
bleibt. Als beste Waffe im Kampfe gegen die durch diese Er¬ 
reger hervorgerufenen Seuchen ist vom Augenblick der Erkenntnis 
der Lebensbedingungen dieser Krankheitskeime an die unschäd¬ 
liche Beseitigung der infizierten Kadaver allgemein anerkannt 
und gefördert worden. 

Die wichtigsten der von den hier in Frage kommenden 
Krankheitserregern erzeugten Infektionskrankheiten sind der für 
Mensch und Tier verderbliche Milzbrand und der allerdings nur 
auf bestimmte Haustiere beschränkte, aber trotzdem in wirt¬ 
schaftlicher Beziehung nicht unbedeutendere Rauschbrand. Beide 



2. Januar 19:'8. 


HERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13 


Seuchen nehmen in den Jahresberichten und statistischen Auf¬ 
stellungen über die Verbreitung der Tierseuchen in der Provinz 
Westpreußen eine ständige Rubrik ein und sind bisher trotz der vor¬ 
züglichen Organisation des Veterinärwesens in unserer Provinz, 
die bei allen anderen Seuchen offensichtliche und allgemein 
anerkannte Erfolge gezeitigt hat, nicht nennenswert zurückzu¬ 
drängen gewesen. Wie große Verluste der blühenden heimischen 
Viehzucht durch diese beiden Seuchen alle Jahre von neuem 
zugefngt werden, lehrt ein Blick auf folgende Zahlen, die ich 
aus den Veröffentlichungen aus den Jahres -Veterinärberichten 
der beamteten Tierärzte Preußens von 1901—1905 zusammen¬ 
gestellt habe. An Milzbrand und Rauschbrand sind in den fünf 
Jahren 1901—1905 in der Provinz Westpreußen zusammen 1021 
Haustiere zugrunde gegangen und zwar 39 Pferde, 601 Rinder 
und 381 Schafe; das sind im Durchschnitt im Jahr 8 Pferde, 
120 Rinder und 76 Schafe. Berechnet man den Durchschnitts¬ 
wert der gefallenen Pferde auf 500 M. pro Pferd, und den der 
Rinder auf 250 M. so ergibt sich, bei Fortlassen der Schafe, 
in 5 Jahren ein Verlust an Pferden für mindestens 20000 M. 
und an Rindern für mindestens 150000 M. Zu diesen Zahlen 
bemerke ich noch besonders, daß sie in den letzten 3 Jahren 
nicht kleiner, sondern erheblich größer geworden sind, weil jetzt 
nach der am 1. Februar 1905 von seiten der Provinz Westpreußen 
eingeführten Entschädigung für die an Milzbrand und Rausch¬ 
brand gefallenen Tiere jeder Fall von diesen Seuchen zur amt¬ 
lichen Kenntnis gebracht wird, während dies nachweislich, be¬ 
sonders beim Rauchbrand, nur selten oder zufällig geschah. Aus 
diesen Gründen halte ich es gerade jetzt, wo uns Dank dem 
Entschädigungsreglement jeder Fall von Milzbrand oder Rausch¬ 
brand mit Sicherheit zur Kenntnis gelangt, für geboten, den 
letzten und bedeutungsvollsten Schritt in der Tilgung dieser 
Seuchen zu tun, nämlich den einer obligatorischen Vernichtung 
der Krankheitskeime durch eine absolut unschädliche Beseitigung 
der Kadaver. 

Daß die bisher allerorts übliche Kadaverbeseitigung durch 
Vergraben derselben, selbst bei Beobachtung aller hierfür in den 
Ausführungsbestimmungen des Bundesrates zum Reichs vieh- 
seuchengesetz und der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers 
vom 8. September 1898 vorgesehenen Kautelen nicht eine Ver¬ 
nichtung des Ansteckungsstoffes, sondern höchstens eine tunliche 
Isolierung desselben gestattet, in manchen Fällen sogar eine 
Konservierung des Ansteckungsstoffes zur Folge gehabt hat, 
lehrt die zahlreiche Literatur über die Ursachen und Anlässe 
zur Entstehung der jährlich von neuem beobachteten Milzbrand- 
nnd Rauschbrandfälle. 

Aus der großen Zahl der in den Veröffentlichungen der 
Jahresberichte der beamteten Tierärzte Preußens niedergelegten 
Beobachtungen, bei denen mit Sicherheit festgestelllt worden ist, 
daß verscharrte Milzbrandkadaver noch nach Jahren und Jahr¬ 
zehnten eine gefährliche und sichere Quelle für neue Infektionen 
bildeten, möchte ich folgende besonders instruktiven Fälle er¬ 
wähnen, die von der unglaublich erscheinenden Widerstands¬ 
fähigkeit und Gefährlichkeit der in der Erde befindlichen Milz¬ 
brand- und Rauschbrandsporen in erschreckender Weise Kunde 
geben. 

1. Im Kreise Landeshut wurde 1901 Milzbrand festgestellt 
nach Verabreichung von Schilfgras, das in einer 20 Jahre 
vorher zum Verscharren von Milzbrandkadavern benutzten 
Lehmgrube gewachsen war. 


2. Im Kreise Mühlhausen a. Rh. konnte nachgewiesen werden 
daß in einem Gehöft widerholte Milzbrandfälle auftraten, 
sobald die Erträgnisse einer Wiese verfüttert wurden, 
auf welcher 20 Jahre vorher Milzbrandkadaver verscharrt 
worden waren. 

3. Im Kreise Fallingbostel wurde 1903 ermittelt, daß 
auf einem von Kühen beweideten Ackerstück vor ca. 
14—15 Jahren Milzbrandkadaver verscharrt worden waren. 
Zwei Tage nach dem Auftrieb fiel die erste Kuh, nach 
einigen Tagen die zweite an Milzbrand. Nach Einfriedigung 
dieses dem Besitzer noch bekannten Verscharrungsplatzes 
kamen weitere Fälle beim Betreiben der Weide nicht 
mehr vor. 

4. Im Kreise Berent wurde 1904 festgestellt, daß die Kuh 
eines Besitzers an Milzbrand fiel, nachdem sie ein Acker¬ 
stück des benachbarten Gutes beweidet hatte, welches 
schon im Vorjahre als die Infektionsquelle der auf 
dem Gute selbst vorgekommenen Milzbrandfälle ermittelt 
worden war. 

5. Im Jahre 1904 fielen plötzlich 12 Schafe im Kreise 
Magdeburg an Milzbrand, nachdem sie ein Ackerstück 
beweidet hatten, auf dem vor 25 Jahren nachweislich eine 
Anzahl von Schafen an Milzbrand gefallen, abgehäutet 
und vergraben worden war. 

6. Im Kreise Warendorf war seit 7 Jahren eiu Gehöft ständig 
mit Milzbrand verseucht; es fielen nach und nach 14 Rinder. 
Da hier nachzuweisen war, daß bei dem ersten Milzbrand¬ 
fall vor 7 Jahren eine Verschleppung von Milzbrandkeimen 
stattgefunden hatte, es handelte sich um eine Not¬ 
schlachtung, bei der eine umfangreiche Infizierung, des 
Bodens in der Nähe des Gehöftes unvermeidlich war, so 
wurde hier im Jahre 1904 eine Bodenuntersuchung vor¬ 
genommen. Von drei an die Tierärztliche Hochschule in 
Hannover eingesandten Bodenproben aus dem fraglichen 
Gehöft konnten dort in einer, die aus der Erdschicht 
direkt über dem Grundwasserstand entnommen war, tat¬ 
sächlich lebende Milzbrandbakterien nachgewiesen und 
mit Erfolg auf Versuchstiere verimpft werden. Die Ab¬ 
wässer des Gehöfts flössen direkt auf die Stelle, der die 
Bodenproben entnommen waren. 

7. Im Jahre 1905 hatte im Kreise Heydekrug ein Besitzer 
wegen Futtermangel von einem benachbarten, seit Jahren 
als Milzbrandherd bekannten Gute Futter (Gersten- und 
Roggenspreu) bezogen. Die Fütterung mit dieser Spreu 
begann am 19. Januar 1905, am 24. und 25. Januar traten 
die ersten Milzbrandfälle auf. 

R.*) Auf einem Gute verendeten innerhalb eines Zeitraumes 
von 6 Tagen 10 Rinder an Milzbrend infolge der Ver- 
fütterung von Mais. Dieser Mais war in der Nähe des 
Gehöftes gewachsen, wo nachweislich vor 16 Jahren 
Milzbrandkadaver vergraben worden waren. Nachdem von 
der weiteren Verfütterung des Mais Abstand genommen 
worden war, traten keine Milzbranderkrankungen mehr auf. 

9. Auf einem Gute gingen in der Zeit von Januar bis April 
19 Rinder an Milzbrand zugrunde. Als Ursache ergab 
sich, daß infizierter Kies als Aufschüttung bei einem 

*) Nr.8—10. Niemann-Profe, Grundriß der Veterinär-Hygiene. 

Berlin 1903. Städter. Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1907. 

S. 515-518. 







14 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Stallbau Verwendung gefunden hatte. Der Kies, dessen 
Gehalt an Milzbrandsporen später bakteriologisch nach¬ 
gewiesen wurde, stammte aus einer Grube, in welcher 
vor etwa 20 Jahren mehrere an Milzbrand verendete Tiere 
verscharrt worden waren. Nachdem Ende April der 
aufgeschüttete Kiesboden des Stalles mit Ziegeln und 
Zement gepflastert worden war, kam kein Milzbrand 
mehr vor. 

10.*) Aus einer Kiesgrube, in welcher 10 bis 12 Jahre zuvor 
Milzbrandkadaver vergraben worden waren, wurde im März 
zu Wegeaufbesserungen Kies entnommen. Die mit dem 
Kies ausgebesserten Wege wurden gleich nach der Fertig¬ 
stellung von der Schafherde eines Gutes passiert, von 
dieser Herde infizierten sich 12 Schafe und verendeten; 
sie wurden auf der in der Nähe befindlichen Wiese ver¬ 
graben. Im Juni desselben Jahres gelangte Grünfutter, 
das auf der eben erwähnten Wiese gewonnen war, für 
Rinder zur Verwendung, von denen in kurzer Zeit 57 Stück 
an Milzbrand verendeten. 

Genau so liegen die Verhältnisse beim Rauschbrand, der 
geradezu als Bodenseuche bezeichnet werden muß und in den 
einmal betroffenen Gemeinden bisher noch nicht zum Erlöschen 
zu bringen war. An Rauschbrand waren in den Jahren 1901 
bis 1905 in Preußen 2338 Gemeinden, daß sind im Durchschnitt 
pro Jahr 467 Gemeinden, verseucht, in denen zusammen 4057 
Rinder an dieser Seuche zugrunde gingen. Auch hier sind 
alle Berichterstatter darüber einig, daß die größte Menge dieser 
Rauschbrandfälle auf das Vergraben der Rauschbrandkadaver 
zurückzuführen ist. Beim Rauschbrand ist dieses Verfahren um 
so bedenklicher, als der Rauschbrand vornehmlich in den Nieäe- 
rungs- und Marschdistrikten auftritt, in denen wegen des hohen 
und ständigen Schwankungen unterworfenen Grundwasserstandes 
ein tiefes Vergraben überhaupt unmöglich ist, so daß hier die 
vergrabenen Rauschbrandkadaver in der Erde für spätere Rausch¬ 
brandausbrüche gewissermaßen konserviert werden. 

In richtiger Erkenntnis dieser mit dem Vergraben von 
Rauschbrandkadavern verbundenen Gefahren, haben die bei 
Emanierung des Reichsviehseuchengesetzes und der dazu er¬ 
lassenen Bundesratsinstruktion und des Reichsfleischbeschau¬ 
gesetzes gehörten Sachverständigen in erster Linie zur Be¬ 
seitigung dieser Kadaver, deren Vernichtung durch Anwendung 
hoher Hitzegrade (also durch Verbrennen, trockene Destillation 
oder Kochen bis zum Zerfall der Weichteile) oder auf chemischem 
Wege gefördert. Nur ausnahmsweise, wo ein derartiges Ver¬ 
fahren nicht ausführbar ist, darf ein Vergraben der Kadaver 
gestattet werden. 

Wie gestaltet sich nun die Kadaverbeseitigung in praxi? 
Genau umgekehrt. Die Lage der Verhältnisse im Lande hat 
die Ausnahme des Vergrabens zur Regel und die Regel der 
chemischen oder thermischen Kadaverzerstörung zur Ausnahme 
gemacht. 

Um nun die mit dem vorläufig noch nicht zu vermeidenden 
Vergraben der Kadaver notwendig verknüpfte Gefahr tunlichst 
zu paralysieren, sind besondere Vorschriften für das Vergraben 
der Milzbrand- und Rauschbrandkadaver erlassen worden. § 11 
der Bundesratsinstruktion zum Reichsviehseuchengesetz schreibt 
vor, daß zur Vergrabung der Milzbrand- und Rauschbrand¬ 
kadaver nur solche Stellen auszuwählen sind, welche von Pferden, 
Wiederkäuern und Schweinen nicht betreten werden und an 


denen Viehfutter oder Stroh weder gewonnen noch vorüber¬ 
gehend aufbewahrt wird. Die Gruben sind möglichst abgelegen 
und von Gebäuden und Gewässern mindestens 30 m, von Wegen 
mindestens 3 m entfernt und so tief anzulegen, daß die Ober¬ 
fläche der Kadaver von einer unterhalb des Randes der Grube 
mindestens 1 m starken Erdschicht bedeckt ist. Vor dem Ver¬ 
graben der nicht abzuhäutenden Kadaver sind die Häute der 
Kadaver durch mehrfaches Zerschneiden unbrauchbar zu machen 
und die Kadaver selbst mit Teer, Petroleum oder roher Karbol¬ 
säure zu übergießen. Nach Einbringung der Kadaver in die Grube 
sind die durch Blut oder sonstige Abgänge verunreinigten Stellen 
der Erd- oder Rasenschicht abzustoßen und mit den Kadavern 
zu vergraben. Es empfiehlt sich, die Kadaver in den Gruben 
in frisch gelöschten Kalk, Zement, Asphalt oder Gips einzubetten, 
sofern hierdurch die Beseitigung der Kadaver nicht ver¬ 
zögert wird. 

Durch eine Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten 
in Danzig vom 26. September 1899 wird noch besonders auf 
die strengste Beachtung dieser Vorschrift hingewiesen und 
außerdem in allen Fällen, in denen eine Verbrennung der 
Kadaver nicht ausführbar ist, gefordert, daß die Vergrabungs¬ 
plätze an erhöhten Stellen liegen sollen, die außerhalb der 
Einwirkung von natürlichen oder künstlichen Wasserläufen 
(z. B. Drainagen) liegen und daß Kies- oder Sandgruben stets 
zu vermeiden sind. Ferner sollen die Verscharrungsplätze 
möglichst 1 m im Umkreise der Grube derartig mit einer halt¬ 
baren Einfriedung umgeben werden, daß ein Zutritt von Vieh 
zu den Plätzen nicht stattfinden kann. Auch sollen ältere, 
etwa noch nicht eingefriedete Verscharrungsplätze nachträglich 
noch mit Einfriedungen versehen und dafür gesorgt werden, 
daß die ordnungsmäßige Erhaltung der Einfriedungen jährlich 
mindestens einmal von der Polizeibehörde kontrolliert wird. 
Endlich sind die Plätze frei zu halten von künstlichen und 
natürlichen Pflanzenansamungen. 

Da aber eine Kadaverbeseitigung selbst unter peinlicher 
Beobachtung aller dieser gewiß durchaus zweckmäßigen Vor¬ 
schriften dennoch keine Gewähr für eine unschädliche Ver¬ 
nichtung des Ansteckungsstoffes bietet und da andererseits in 
i zahlreichen Fällen ein Begraben der Kadaver nach diesen Vor¬ 
schriften, selbst bei bestem Willen überhaupt unmöglich ist — 
sind doch z. B. in vielen im AUuvionsgebiet der Niederungs¬ 
kreise Danzig, Marienburg und Elbing liegenden Orte Plätze, 
die 30 m vom Wasser und 3 m von Wegen entfernt sind und 
1 1/2 m tief sein sollen, ohne daß die Kadaver direkt im Grund¬ 
wasser liegen, überhaupt nicht zu finden — so wurde die For¬ 
derung immer dringender, von dem Vergraben gänzlich ab¬ 
zusehen und sich der Zerstörung der Kadaver durch Anwendung 
hoher Hitzegrade zuzuwenden. 

Auch die geforderte Einfriedigung der Verscharrungs¬ 
plätze und die Kontrolle der Unterhaltung der Einfriedigungen 
hat in meinem Kreise z. B. auch nicht durchgeführt werden 
können, da man in den holz- und brennstoffarmen Gegenden 
der Elbinger Niederung, in der sogar Kuhdung während des 
Sommers gesammelt, getrocknet und zu einer Art Torf ver¬ 
arbeitet wird, um im Winter als Brennmaterial zu dienen, die 
Einfriedigungen nachts noch schneller entfernt, wie sie bei Tage 
hergerichtet waren. Selbst auf den fiskalischen Weiden, in 
denen in bezug auf die Durchführung aller administrativen An¬ 
ordnungen musterhafte Ordnung herrscht, hat die dauernde Ein 






2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15 


friedigung von Rauschbrand-Verscharrungspl ätzen nicht erreicht 
werden können, da die Umhegungen nachts immer gestohlen 
wurden, um das Holz anderweitig zu verwenden. 

Da die Überführung der Milzbrand- und Rauschbrandkadaver 
nach größeren Städten, in denen sachgemäß eingerichtete 
Kadaver-Vernichtungsapparate aufgestellt sind, vom Lande her 
nie oder nur in den allerseltensten Fällen ausführbar ist, und 
da andererseits die Aufstellung von Tierverbrennungsöfen im 
Lande wegen der immerhin seltenen Inanspruchnahme der Öfen 
unrationell und der hohen Kosten wegen unmöglich erschien, so 
wurden seit dem Jahre 1900 systematische Versuche angestellt, 
Milzbrand- und Rauschbrandkadaver im freien Felde 
zu verbrennen. Die ersten im Reg.-Bez. Breslau angestellten 
Versuche, Kadaver großer Haustiere im Felde zu verbrennen, 
haben befriedigende Resultate nicht ergeben, da selbst nach 
stundenlanger, kostspieliger Unterhaltung eines großen Feuers 
noch rohe, blutige Fleischteile vorhanden waren; im Kreise Kosel 
nahm damals die Verbrennung von drei Milzbrandkadavern zwei 
volle Tage in Anspruch; dieselben Zahlen ergaben sich in den 
Kreisen Kreuzburg und Ostrich im Reg.-Bez. Oppeln. 

Diesen Übelständen bei der Verbrennung im freien Felde 
abzuhelfen, wurde in den Reg.-Bez. Minden und Arnsberg ein 
Verfahren durchgeführt, welches sich kurz folgendermaßen ge¬ 
staltet : „Behufs Verbrennung großer Kadaver ist auf einer von 
Gebäuden und brennbaren Gegenständen abgelegenen Stelle eine 
1 bis l l / 2 m breite und tiefe und 2*/ 2 bis 3 m lange Grube so 
anznlegen, daß die Längsrichtung der Grube der Windrichtung 
entspricht. Die der Windrichtung zugekehrte schmale Seite 
wird von dem Boden der Grube nach der Erdoberfläche zu ab¬ 
geschrägt, damit die Luft freieren Zutritt zu den unteren Teilen 
der Grube hat. In der Grube wird ein Scheiterhaufen in der 
Weise errichtet, daß zunächst auf dem Boden unmittelbar an 
beiden Längswänden entlang je ein 12—15 cm starkes Holz¬ 
stück und quer über diese nach Art eines Rostes, von einer bis 
zur anderen Seitenwand reichende Bretter gelegt werden, sodann 
wird die Grube bis zum oberen Rande mit trockenen Holz¬ 
stücken, Reisigbündeln und Stroh angefüllt, wobei die etwa zu 
verbrennenden Holzteile aus den infizierten Stallungen mit ver¬ 
wendet werden. Hierauf wird der Kadaver mit der Bauchseite 
nach unten gelegt, nachdem Bauch- und Brusthöhle vorher er¬ 
öffnet worden waren. Der Inhalt des Pansens ist über dem 
Verbrennungslager gleichmäßig auszubreiten. Die Haut und das 
Fleisch sind mit zahlreichen tiefen Einschnitten zu versehen, 
damit die Hitze leichter in das Innere eindringen kann. Falls 
die Haut schon abgezogen ist, ist sie in Stücke zu zerschneiden 
und an solche Stellen zu legen, an denen sich das Feuer stark 
entwickelt. 

Nachdem alles so vorbereitet worden ist, werden Ver¬ 
brennungslager und Kadaver mit 4 bis 5 Liter Petroleum über¬ 
gossen und mittelst eines in Petroleum getauchten Strohbündels 
angezündet. Die Flamme schlägt anfangs oft 3 bis 4 Meter in 
die Höhe, das Feuer ist deshalb zu überwachen und durch Auf¬ 
legen des herbeigeschafften Stallmistes zu dämpfen. 

Bei genauer Befolgung vorstehender Anweisung soll die 
vollständige Verbrennung eines Kadavers in 8 bis 10 Stunden 
gelingen. 

Die Vorzüge dieses Verfahrens bestehen darin, daß die 
Hitze durch Errichtung des Scheiterhaufens in der Grube und 
zweckentsprechendes Auflegen des Stallmistes nicht nutzlos ent¬ 


weichen kann und mehr in den Kadaver einströmt. Außerdem 
ist das Verfahren einfach und mit so geringen Kosten verknüpft, 
daß es der Vergrabung und Einfriedung der Verscharrungs¬ 
plätze, abgesehen von seinen veterinärpolizeilichen Vorzügen, 
schon aus diesem Grunde vorzuziehen ist.“ 

Das Bekanntwerden dieser Methode der Vernichtung von 
Milzbrand- und Rauschbrandkadavern durch Feuer im freien 
Felde hatten zur Folge, daß durch den allgemeinen Erlaß des 
I Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 
21. Juli 1902 in fast sämtlichen Regierungsbezirken Versuche 
dieser Art angestellt wurden, über deren Erfolge wir in den 
Veröffentlichungen aus den Jahresveterinärberichten der be¬ 
amteten Tierärzte Preußens für das Jahr 1902 eine übersicht¬ 
liche Zusammenstellung finden, die aber erkennen läßt, daß die 
Meinungen über den Wert und die Ausführbarkeit des Ver¬ 
fahrens recht erheblich auseinander gehen. 

Während einige Berichterstatter, besonders die aus holz¬ 
reichen Bezirken, in denen das Brennmaterial nicht teuer ist, 
das Verfahren für durchführbar halten, loben oder zur Nach¬ 
ahmung empfehlen, kommen die meisten darin überein, daß dem 
Verfahren große Schwierigkeiten entgegenstehen, die vor allen 
Dingen darin zu suchen sind; daß 

1. die Kosten für das Brennmaterial (Holz» Petroleum) 
zumal in holzarmen Gegenden nicht unerheblich sind, 

2. daß die vollkommene Verbrennung sehr lange dauere und 
daß, besonders bei Änderung der Windrichtung nach Anlage 
der Grube, ebenso bei anhaltendem Regen die Verbrennung 
sehr schlecht oder gar nicht vor sich gehe; 

3. daß durch das Zerlegen der Kadaver leicht Krankheits¬ 
keime verschleppt werden und daß das bei der Verbrennung be¬ 
schäftigte Personal einer großen Infektionsgefahr ausgesetzt sei; 

4. daß das Anlegen eines großen Feuers in der oft nicht 
zu vermeidenden Nähe von Gebäuden nicht ungefährlich sei; 

5. daß die Kontrolle darüber, ob auch alle Kadaverteile ver¬ 
brannt seien, sehr schwierig sei; 

6. daß das Personal 8—12 Stunden die Verbrennung *zu 
überwachen habe und leicht, zumal wenn eine Kontrolle nicht 
ausgeübt werden kann, geneigt sei, die Überwachung aufzugeben 
oder die Verbrennungsgruben zu früh zuzuwerfen. 

Wurden auch manche Mängel dieses Verbrennungsverfahrens 
durch die von Lothes und Profe vielfach erprobte und 1904 
in der B. T. W. (Seite 401) beschriebene, verbesserte Kadaver¬ 
verbrennung beseitigt, die eine schnellere Verbrennung bei 
relativ geringem Aufwand an Brennmaterial erreichten, so 
scheiterte doch die allgemeine Einführung dieser Art der 
Kadaververnichtung teils an der Holzarmut vieler Länder und 
der Unmöglichkeit in Gebieten mit hohem Gnmdwasserstand 
grundwasserfreie Verbrennungsgruben anzulegen, teils aber auch 
an dem enormen Widerstand, den viele Besitzer, Gemeinden 
und ländliche Polizeiorgane diesem Verfahren entgegenstellten. 
Um aber trotz dieser Schwierigkeit die Vorteile des Verfahrens 
der Kadaververbrennung gegenüber der Verscharrung nicht zu 
verlieren, schritt man zur Aufstellung von Verbrennungs¬ 
öfen, in die hinein die an Milzbrand oder Rauschbrand ge¬ 
fallenen Tiere aus der Umgegend geschafft werden mußten. 
Der erste Ofen dieser Art ist der vom Landestierarzt, jetzigen 
Regierungsrat Feist in Straßburg i. E. in einem großen Milz¬ 
branddistrikt der Reichslande im Jahre 1884 aufgestellte und in 
Betrieb genommene Feist sehe Verbrennungsofen. Dieser 



16 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Ofen ist nach dem Prinzip der Kalköfen konstruiert und ge¬ 
stattet das Hineinbringen ganzer, unzerlegter Kadaver großer 
Haustiere. Die Kosten der ganzen Ofenanlage, einschließlich 
Schuppen und Transportwagen, betrugen nur 2500 M., die einer 
Verbrennung einschließlich Brennmaterial und Löhne ca. 16 M. 
Die mit diesem Fei stechen Ofen erzielten günstigen Resultate 
führten 1895 zur Aufstellung zweier weiterer Öfen im Elsaß, 
in den Kreisen Zabern und Saargemünd. Bis Ende des Jahres 
J896 wurden in allen drei Öfen zusammen 194 Milzbrandkadaver 
(das heißt nur Rinder und Pferde) verbrannt. Die hierfür auf¬ 
gewandten Kosten beliefen sich auf 3100 M., das heißt durch¬ 
schnittlich 16 M. für eine Verbrennung. 

Nachdem ich diesen Fe ist sehen Verbrennungsofen, der 
einzig und allein zum Zweck der Vernichtung von Seuchen¬ 
kadavern im Landgebiete konstruiert und aufgestellt wurde, 
erwähnt habe, will ich gleich hier einen anderen Verbrennungs¬ 
ofen besprechen, der zunächst hauptsächlich für Schlachthäuser 
zu unschädlicher Beseitigung der Kontiskate der Fleischbeschau 
bestimmt war, der aber auch sehr gut ftir ländliche Bezirke zur 
Vernichtung von Seuchenkadavern Verwendung finden kann, den 
Korischen Verbrennungsofen. Dieser von Ingenier Kori 
in Berlin konstruierte Ofen ist zunächst vor ca. 17 Jahren im 
kleinen Maßstabe im Hygienischen Institut der Universität 
Berlin zur Vernichtung von kleinen Versuchstieren, die mit 
pathogenen Mikroorganismen infiziert waren und gestorben sind, 
aufgestellt worden und hatte sich so bewährt, daß Kori schon 
nach zwei Jahren (1892) einen auf demselben Grundprinzip 
beruhenden großen Ofen im Schlachthause zu Nürnberg auf- 
stellen konnte, der dort zur Vernichtung von ganzen Kadavern 
und allen Schlachthausabfällen benutzt wird. Dieser Ofen faßt 
bei normaler Füllung 750 kg Fleisch- und Kadaverteile, zu 
deren Verbrennung 300 kg Kohlen erforderlich sind. 

Nach einer Brenndauer von 7 Stunden sind von dem eingeführten 
Rohmaterial nur noch Aschenreste übrig. Diese Öfen haben sich 
überall so gut bewährt, daß sie jetzt schon in mehr als 30 Schlacht¬ 
höfen (im Jahre 1906 auch in Elbing) zur Aufstellung gelangt 
sind. Für die schnelle Verbreitung der Korischen Öfen sprechen 
deren relativ billige Aufstellungskosten (ein kompletter Ofen 
kostet je nach Dimension 1500—3000 M.) und deren einfache 
Bedienung. Die Verbrennung im Korischen Verbrennungsofen 
geht im großen Ganzen so vor sich, daß in einem gar nicht groß 
erscheinenden, aus feuerfesten Steinen aufgebauten Ofen die 
Fleischabfälle, Konfiskate und ganze Kadaver durch eine große 
Eingangstür auf eine schrägstehende, ebenfalls aus feuerfesten 
Steinen hergestellte, durchbrochene Verbrennungsfläche gelangen. 
Durch außerordentlich geschickte Ausnutzung des am entgegen¬ 
gesetzten Ende des Ofens angefachten Kohlenfeuers werden die 
heißen Feuergase so geleitet, daß sie die zu verbrennenden 
Fleischteile zunächst von allen Seiten umspielen und so deren 
Austrockenung und beginnende Verbrennung vorbereiten. Ein 
Geruch oder Rauchbelästigung der Umgebung ist gleichfalls 
ausgeschlossen, da die übelriechenden Verbrennungsgase bevor 
sie den Ofen verlassen, noch einmal zur Feuerung zurückgeleitet 
und hier vollends verbrannt und geruchfrei gemacht werden. Mit 
der zunehmenden Austrockenung beginnt die Verkohlung der 
Weichteile, welche dann nach und nach von dem schrägen Rost 
direkt ins Feuer fallen und so vollends verkohlen. Nach Be¬ 
endigung der Verbrennung restieren nur minimale Mengen von 
Kohlen und Kadaverasche, die allerdings, da alle organischen 


Stoffe vollkommen verbrannt sind, nur noch ganz geringen oder 
keinen Wert zu Düngezwecken oder dergleichen haben. 

Wenn auch diese Verbrennungsöfen in bezug auf Kadaver¬ 
vernichtung Vollkommenes leisten und zur Errichtung und Unter¬ 
haltung nicht erhebliche Kosten verursachen, so stehen ihrer 
allgemeinen Einführung für ländliche Bezirke noch immer die 
Bedenken entgegen, daß sie an eine geeignete öffentliche Anlage 
mit Feuerstelle und Schornstein angeschlossen werden müssen, 
die im platten Lande selten oder gar nicht zu finden sein wird 
und das die zur Verbrennung ihr zuzuführenden Kadaver aus 
den einzelnen Gehöften und Weiden des Bezirks mehr oder 
weniger weite Transporte zurückzulegen haben, bis sie vom 
»Seuchenort an den Verbrennungsofen gelangen. Daß diese 
Transporte gewisse Schwierigkeiten machen werden und häufig 
genug Anlaß zur Zerstreuung von Krankheitserregern bieten 
können, ist selbstverständlich. Aus diesen Gründen hat mich 
ganz besonders der in der Nr. 27 der ,.Berliner Tierärztlichen 
Wochenschrift“ vom 4. Juli d. J. (S. 515) von Stadttierarzt 
Dr. Stödter in Hamburg beschriebene nnd abgebildete fahr¬ 
bare Verbrennungsofen interessiert, der alle Vorzüge eines 
idealen Kadaververnichtungsapparates einstweilen in sich zu 
vereinen scheint. Es handelt sich um den der Aktiengesellschaft 
Boni in Nyirbäter in Ungarn gehörenden und in Deutschland und 
Ungarn zum Patent angemeldeten fahrbaren Kadaververbrennungs¬ 
apparat, den ich außer in dem erwähnten Stödter sehen Aufsatz 
auch in der Broschüre: r Die Verbrennung von unzerteilten und 
zerteilten Tierkadavern in einem fahrbaren Apparat“ von Baurat 
Lange und Polizeinspektor Ohlandt (Hamburg 1907) eingehend 
beschrieben und abgebildet finde, der ich folgendes entnehme: 

„Der fahrbare Apparat zur Kadaververbrennung ist von 
gefälliger Bauart, leicht auf einem vierrädrigen Fahrgestell 
montiert und dazu bestimmt, um ganze Tierkadaver unter ver¬ 
hältnismäßig geringem Feueruugsaufwand in verschlossenem 
Behälter geruchlos in kurzer Zeit vollständig zu Asche zu ver¬ 
brennen. Das Fahrgestell kann beliebig den abweichenden 
Bedürfnissen und Gewohnheiten in den verschiedenen Gegenden 
entsprechend ausgeführt werden. Der Apparat ist einfach in 
der Konstruktion, leicht und ohne Fachkentnisse von jedermann 
zu handhaben und mit beliebigem Feuerungsmaterial: Holz, Kohle, 
Stroh usw., wie es eben zur Verfügung steht, zu beheizen. 
Der Kadaver kann unzerlegt in den Verbrennungraum geschafft 
werden und wird hier unenthäutet und ungeöffnet über einem 
leichten Feuer in einem Zeitraum von 5—6 Stunden verbrannt. 

Der Apparat hat als Verbrennungsraum einen liegenden 
Zylinder aus Schmiedeeisenblech von etwa 2,500 m Länge und 
1,250 m Durchmesser, der im Inneren durch eine Schamotte¬ 
schicht von 5—6 cm geschützt ist. Unter dem Zylinder ist an 
seinem hinteren Ende der Feuerkasten mit Heiztür angebracht 
zu welchem Zwecke der Wagen eine gebogene Hinterachse 
erhalten muß. Feuerungsraum und Verbrennungsraum stehen in 
unmittelbarer Verbindung. Über der Heiztür ist eine Schau- 
Öffnung. Die Vorderseite des Zylinders besteht ans einer 
leicht zu öffnenden, hermetisch schließenden Tür zur Ein¬ 
führung des Kadavers. Auf dem Vorderteil des Zylinders 
befindet sich ein niederlegbares Rauchabzugsrohr von einigen 
Metern Länge. Für die Einführung des Kadavers ist im 
Innern des Zylinders ein Geleise, mit welchem in der 
Einführungsöffnung ein in schiefer Ebene zum Erdboden 
führendes Vorlängerungsgeleise verbunden wird. Auf diesem 







2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17 


fährt ein dreiachsiger Schlitten, der zur Aufnahme des zur Ver¬ 
brennung bestimmten Kadavers dient. Das Verlängerungsgeleis 
wird während der Fahrt des Apparats zum Bestimmungsort auf 
der Decke des Zylinders untergebracht, das erforderliche Brenn¬ 
material kann im Zylinder selbst mitgenommen werden. Die 
Einführung des Kadavers in den Verbrennungsraum geschieht 
durch eine über der Heiztür befindliche Aufziehvorrichtung 
(Winde), die ein Stahldrahtseil aufnimmt. Diese Vorrichtung 
besteht aus einem selbstsperrenden Schneckenradmechanismus 
und kann von einem Mann bedient werden. Für die Bergung 
des Kadavers sind, je nach Größe und Schwere des Objekts, 
noch einige Hilfsmannschaften erforderlich. Der Verbrennungs¬ 
apparat kann den abweichenden Bedürfnissen entsprechend in 
größeren und kleineren Dimensionen ausgeführt werden. In der 
hier beschriebenen Ausführung hat er samt dem zugehörigen 
Fahrgestell ein Gesamtgewicht von etwa 2500 kg. Es empfiehlt 
sich, das Fahrgestell mit einer guten Federung auszurüsten, 
die für die Dauerhaftigkeit des ganzen Fahrzeugs, namentlich 
auch der Schamottebekleidung des Verbrennungsraumes, von 
Bedeutung ist. 

Der fahrbare Apparat zur Kadaververbrennung ist am 
5. Januar 1907 auf der städtischen Abdeckerei in Hamburg 
Öffentlich im Betriebe vorgeführt worden. In dem Apparat war 
am Tage vorher ein Pferdekadaver im Gewicht von 552 kg 
eingeäschert, dessen Aschenrückstände im Gewicht von wenigen 
Kilogramm, zum Teil mit der Feuerungsasche vermischt, noch 
unberührt im Apparat vorgezeigt wurden. Nach Ausräumung 
dieser Aschenrückstände wurde der Apparat von neuem mit 
einem nicht enthäuteten und nicht geöffneten Pferdekadaver be¬ 
schickt, dessen Gewicht die selbstregistrierende Wage der Ab¬ 
deckerei auf 500 kg festgestellt hatte. Die Befeuerung wurde 
um 11 Uhr vormittags begonnen und um 4'/a Uhr nachmittags 
nach vollständiger Einäscherung eingestellt. Als Heizmaterial 
diente gewöhnliches Föhrenholz, weil dies unter ländlichen Ver¬ 
hältnissen in der Regel zur Hand sein wird. Für die Ein¬ 
äscherung wurden davon 210 kg verbraucht. Geruchsbelästigungen 
in der Umgebung des Verbrennungsherdes sind nicht wahr¬ 
genommen. Bei Beginn der Verbrennung entströmte dem Ab¬ 
zugsrohr etwas Rauch, der zunächst von Haut und Haaren des | 
Kadavers herrührte und später mit der fortschreitenden Ver¬ 
brennung aufhörte. 

In dem fahrbaren Apparat zur Kadaververbrennung sind im 
Januar 1907 auf der städtischen Abdeckerei in Hamburg im 
ganzen drei Pferdekadaver verbrannt worden, wie folgt: 

im Gewicht von mit Föhrenholz 

am 2. Jan. 07 250 kg ( 5 Ztr.) 195 kg (4 Ztr.) 

am 4. Jan. 07 552 kg (11 „ ) 240 kg (4Va „ ) 

am 5. Jan. 07 500 kg (10 „ ) _ 210 kg (4V a „ ) 

zusammen 1302 kg Kadaver (26 Ztr.) mit 645 kg (13 Ztr.) Holz. 

Das Gesamtgewicht der Holz- und Kadaverasche von diesen 
drei Verbrennungen wurde .von der städtischen Abdeckerei mit 
53 kg (1 Zentner) nachgewiesen. Am 2. und 5. Januar wurde 
gewöhnliches Brennholz, am 4. Januar ausgedörrtes Altholz, aus 
einem Gebäudeabbruch herrührend, als Brennmaterial verwandt. 

Die Kosten des Apparates sollen sich auf 3000 M. beziffern. 

Habe ich in vorstehendem die bisher üblichen und die jetzt 
möglichen Methoden, nach denen eine Beseitigung von Seuchen¬ 
kadavern geschehen ist oder geschehen kann, geschildert, so 
ergibt sich daraus mit Notwendigkeit folgende Forderung: 


Wollen wir die Bodenseuchen, insbesondere Milzbrand und 
Rauschbrand so bekämpfen, wie es das Wesen ihrer Krankheits¬ 
erreger notwendig macht, um diese Seuchen nach und nach mit 
Sicherheit zu tilgen, so müssen wir jegliche Verscharrung ver¬ 
bieten und sämtliche Kadaver dieser Art den Verbrennungsöfen 
in geschlossenen und undurchlässigen Wagen zuführen. Zu 
diesem Zweck muß in jedem Kreise, in dem eine der ge¬ 
nannten Seuchen häufiger vorkommt, an einer passenden, 
möglichst zentral gelegenen Stelle ein gemauerter Ver¬ 
brennungsofen oder, falls sich diese bewähren sollten, fahr¬ 
bare Verbrennungsöfen der Firma Boni aufgestellt werden, 
wenn nicht schon eine mit solchen Apparaten versehene Ab¬ 
deckerei vorhanden ist. Zu den stehenden Öfen sind die 
Kadaver in einem Kadavertransport wagen zu schaffen, der 
so konstruiert sein muß, daß der zur Aufnahme des Kadavers 
dienende Oberteil — der Kasten des Wagens — vom eigent¬ 
lichen Wagen abgenommen und, wenn nötig, auf eine Schleife 
oder einen Schlitten gesetzt werden kann, damit jederzeit, auch 
bei den in unserer Niederung stets zu berücksichtigenden 
schlechten Wege Verhältnissen, die Abholung des Kadavers aus¬ 
geführt und in absolut einwandfreier Weise geschehen kann. 
An guten und bewährten Modellen von Kadavertransportwagen 
sind wir heute ebensowenig in Verlegenheit wie an Öfen, nach¬ 
dem zunächst Frankreich durch eine Sondervorschrift vom Jahre 
1842 für den Transport von Seuchenkadavern ein ausschließlich 
zu benutzendes, vom Conseil de salubritö vorgeschriebenes 
Wagenmodell eingeführt hat. Diese französische Verordnung 
bringt in kurzen Worten diejenigen Forderungen zum Ausdruck, 
denen auch heute noch einwandfreie Kadavertransportwagen zu 
genügen haben. Die Wagen müssen undurchlässig und ringsum 
geschlossen sein, um das Ablaufen von Kadaverflüssigkeit zu 
verhüten und den Kadaver selbst den Blicken des Publikums zu 
entziehen und dürfen nicht zu schwer werden, damit sie überall 
hin leicht gelangen können. In Deutschland haben sich in den 
letzten Jahren mehrere Firmen mit der Konstruktion von 
Kadavertransportwagen befaßt, von denen folgende, als brauchbar 
erprobte Wagen hergestellt wurden, die gleichzeitig eine Winde¬ 
vorrichtung zum leichten Aufladen der Kadaver besitzen. Ich 
nenne kurz den Wagen von Adolf Epple in Cannstadt, Chr. 
Miesen in Bonn, den von Frd. Lange in Dresden, von C. Schom- 
bardt in Kassel, Jan Kunz in Kronberg a. T., denen sich auch 
schon Motorwagen anschließen, die sich bisher nur für den 
Transport von Kleinviehkadavern in praktischem Gebrauch 
befinden.*) 

Daß die allgemeine Aufstellung dieser Verbrennungsöfen 
an der Kostenfrage nicht mehr scheitern kann, glaube ich durch 
die Beschreibung der jetzt in Frage kommenden billigen Öfen 
bewiesen zu haben. Für die Aufstellung und Unterhaltung 
eines von jedermann leicht zu bedienenden Ofens sind nur 
wenige Tausend Mark nötig, die vollauf aufgebracht werden 
durch den enormen Nutzen der absolut sicheren Vernichtung 
der Ansteckungsstoffe. Vielleicht wird auch die Provinz geneigt 
sein, den Kreisen bei Aufstellung dieser Apparate mit Kapital 
entgegenzukommen, da jedenfalls nach dem Aufhören des 
Kadaververscharrens, wie die Beweise aus den Kreisen Cleve, 
Rees und Ruhrort im Reg.-Bez. Düsseldorf, in denen alle 
Kadaver in Öfen verbrannt werden und in denen der Milzbrand 

*) Haefke, Handbuch des Abdeckereiwesens. Berlin 1906. S, 205. 



18 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


allgemein mehr und mehr zurückgeht, während er in den Nach¬ 
barkreisen, die nicht verbrennen, alle Jahre die gleichen Opfer 
fordert, bezeugen, die Milzbrand- und Rauschbrandfälle zusehends 
abnehmen und somit auch die Summe der jährlich zu leistenden 
Entschädigung eine kleinere wird. Das in diese Anlagen ge¬ 
steckte Kapital trägt durch das Nachlassen der alljährlich in 
Westpreußen allein 40000 M, an Viehwerten verschlingenden 
Seuchen, indirekt die denkbar höchsten Zinsen. 

Eine Vergrabung von Milzbrand- und Rauschbrandkadavern 
darf nur noch so lange geschehen, bis die Einführung dieser 
Verbrennungsöfen so allgemein geworden ist, daß jeder Kadaver 
verbrannt werden kann. Für diese Zwischenzeit darf die Ver¬ 
grabung niemals auf dem Seuchengehöft selbst erfolgen, sondern 
auf gemeinsamen Verscharrungsplätzen, die von jeder Gemeinde 
oder von jedem Gutsbezirk an Stellen anzulegen sind, die unter 
Zuziehung der beamteten Tierärzte auszuwählen und mit hoher, 
fester Umzäunung zu umgeben und mit einer verschließbaren 
Tür zu versehen sind. Diese Verscharrungsplätze müssen selbst¬ 
verständlich unter genauester Beachtung aller hierfür erlassenen 
und vorstehend aufgeführten Kautelen ausgewählt werden. 
Außerdem muß jeder Kadaver in der Erde so in Kalk einge¬ 
bettet werden, daß dessen Zerstörung im Kalk gewährleistet 
wird; hierzu sind allerdings ca. 15 20 Zentner frisch gelöschter 
Kalk erforderlich, dessen Preis ca. 10 M. beträgt. Diese 
Summe steht in keinem Verhältnis zu dem Schaden, den ein 
nicht derartig sicher verscharrter Kadaver noch nach Jahr¬ 
zehnten wieder anzurichten imstande ist. 

Es bleibt uns jetzt noch übrig, einen Blick auf die un¬ 
schädliche Beseitigung der Konfiskate der Fleisch¬ 
beschau in den Städten und auf dem Lande zu werfen. 

Mit der Einführung der für alle gewerblichen Schlachtungen 
obligatorischen Fleischbeschau am 1. April 1903 trat an uns 
die Notwendigkeit heran, dafür zu sorgen, daß das durch die 
Organe der Fleischbeschau beanstandete kranke, verdorbene und 
bisweilen sogar für Mensch und Tier gefährliche Krankheitskeime 
enthaltende Fleisch oder Teile desselben in sicherer, einwandfreier 
Weise zunächst aufbewahrt und dann vernichtet werde. Diese 
Beseitigung und Vernichtung konfiszierter Fleischteile gestaltete 
sich von vornherein in den Städten mit geregeltem Schlacht¬ 
hausbetrieb erheblich leichter als auf dem Lande. In den städti¬ 
schen Schlachthäusern geschieht die Sammlung und Beseitigung 
der Konfiskate dadurch, daß zunächst in den Schlachthallen aus 
Eisen hergestellte Gefäße aufgestellt sind, die eine solche Kon¬ 
struktion aufweisen, daß die oben hinein geworfenen Fleisch¬ 
teile auf eine sich drehende Klappe oder Trommel fallen und 
nun nicht mehr von unbefugter Hand herausgenommen oder gar 
entwendet werden können. Eine Entleerung dieser Gefäße kann 
nur nach Öffnen des Schlosses und Aufklappen des Deckels 
erfolgen. Was geschieht nun mit den angesammelten Konfis- 
katen und wie werden diese beseitigt? 

Als primitivste Art der Vernichtung dieser Konfiskate kommt 
die noch hie und da (bis zum Vorjahre auch noch in Elbing) 
übliche Verbrennung unter der Feuerung des Kessels in 
Frage. Daß hierbei eine im allgemeinen sichere Vernichtung 
der Konfiskate stattfindet, ist nicht in Abrede zu stellen, doch 
sprechen gegen diese Methode wichtige Bedenken. Wie Haefke 
(S. 105.) sehr richtig betont und wie ich aus eigener Erfahrung 
bestätigen kann, ist die Einbringung der zu verbrennenden Fleisch- 
stiicke oder ganzer Tierkörper in die Kesselfeuerung mit Schwie¬ 


rigkeiten verbunden und nicht ohne Verunreinigung oder Infi¬ 
zierung des Kesselhauses zu bewerkstelligen. Andererseits ist 
die Verbreitung stinkender Dämpfe und Gase unvermeidlich, da 
die Kesselfeuerung auf diesen Zweck nicht zugeschnitten ist. 
Die Unzuträglichkeiten steigern sich namentlich in der heißen 
Jahreszeit noch dadurch, daß dann häufig die Fleischteile nicht 
schnell genug verbrannt werden können und in dem besonders 
warmen Kesselhause rasch der Fäulnis und Zersetzung anheim¬ 
allen. Der bedenklichste Einwand, der gegen dieses Verfahren 
erhoben werden muß, ist der, daß die Kessel selbst dabei Schaden 
nehmen. Dadurch, daß Fleischteile an der Kesselwandung 
haften bleiben, können Korrosionen verursacht werden, die in 
kurzer Zeit zur Außer dienst Stellung der Kessel zwingen. In 
Aachen hat z. B. eine durch die Verbrennung unter dem Kessel 
notwendig gewordene Reparatur der Kesselanlage 2000 M. 
Kosten verursacht. Die Roste erleiden bei solchen Verbren¬ 
nungen von Fleischteilen im Kesselfeuer auch eine vermehrte 
Abnutzung. 

Sehen wir von dieser jetzt wohl mehr und mehr verschwin¬ 
denden Vernichtungsmethode ab, so kommen für die Schlacht¬ 
häuser zwei Anlagen in Frage, die eine sichere und zweckent¬ 
sprechende Vernichtung der Konfiskate gewährleisten. Erstens 
die Vernichtung in Öfen, die eine Ausnutzung der in 
den Kadavern enthaltenen Wertstoffe nicht gestatten und 
zweitens die Beseitigung in Apparaten mit gleichzeitiger 
Ausnützung der noch nutzbar zu machenden Stoffe. Zu 
den ersteren Apparaten gehören die bereits erwähnten Ver¬ 
brennungsöfen nach Feist und besonders nach Kori, der in be¬ 
zug auf eine schnelle und einwandfreie Vernichtung der ihm 
zugeführten Fleischteile Hervorragendes leistet und dessen Auf¬ 
stellung um so weniger Schwierigkeiten machen dürfte, als er 
schon, je nach Größe, für l‘/a—3 Tausend M. fertig hergestellt 
und an jeden Schornstein angeschlossen werden kann. Auch die 
Bedienung der Feuerung macht hier keine großen Schwierig¬ 
keiten. Der Korische Ofen braucht z. B. in mittleren und 
kleinen Schlachthöfen wöchentlich höchstens 1—3 mal in Be¬ 
trieb gesetzt zu werden und kann in der Zwischenzeit sehr gut, ohne 
zur Verbreitung übler Gerüche beizutragen, als Aufbewahrungsbe¬ 
hälter aller demnächst zu verbrennenden Konfiskate benutzt werden. 
Für größere Schlachthöfe, z. B. für Städte von 4000 Einwohnern 
aufwärts kann der Aufstellung von Verbrennungsöfen, die eine 
Verwertung der in dem Fleisch enthaltenen Nutzstoffe nicht ge¬ 
statten, nicht das Wort geredet werden. Hier findet, wie 
Haefke treffend sagt, eine unverantwortliche Vergeudung wert¬ 
voller Stoffe statt und hier muß unter allen Umständen auf eine 
zweckentsprechende Verwertung der Schlachthausabfälle Bedacht 
genommen werden, nachdem die Technik Einrichtungen ge¬ 
schaffen hat, die eine vollkommene Wiedergewinnung der im 
Fleisch enthaltenen Wertstoffe gestatten und doch eine einwand¬ 
freie und absolut sichere Vernichtung der schädlichen pflanz¬ 
lichen und tierischen Parasiten gewährleisten. In den hier ge¬ 
dachten Apparaten werden durch die Hitze und den Druck des 
hochgespannten, gesättigten Wasserdampfes als endgültige Pro¬ 
dukte aus den Tierkörpern folgende drei Wertstoffe gewonnen: 
1. Fett, 2. Tierkörper- oder Kadavermehl und 3. Schlichtleim. 
Nach Haefke haben wir gegenwärtig unter den Apparaten zur 
Durchführung des thermochemischen Verfahrens zwei führende 
Richtungen zu unterscheiden, welche durch ebensoviele Apparat¬ 
systeme repräsentiert werden. Es sind dies das Podewilssche 




2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19 


und das Hartmannsche System. Alle anderen bekannt ge¬ 
wordenen Apparate lehnen sich an diese Systeme nach der einen 
oder anderen Seite hin an. Wir können uns deshalb darauf be¬ 
schränken hier das Podewilssche und Hartmannsche System 
kurz zu besprechen. 

In dem Podewilssehen Apparat geschieht die Extraktion 
des Kadavermaterials durch Auskochen in einer stark überhitzten, 
wässrigen Flüssigkeit unter Druck, indem der Kesseldampf dem 
zu verarbeitenden Material direkt zugeführt wird. Das Hartmann¬ 
sche System verwendet nicht mehr den direkten Kesseldampf, 
sondern vielmehr, sowohl zur Durchkochung als auch zur Trock¬ 
nung den aus der Leimbrühe, d. h. aus dem Eigenwasser des 
Kadavers entwickelten Dampf. Man spricht infolgedessen in 
diesem Falle von einer indirekten Durchdämpfung und Trocknung, 
weil der eigentliche Arbeitsdampf tatsächlich nur indirekt auf 
das Rohmaterial wirkt. Hierdurch wird eine bedeutende Re¬ 
duktion der Betriebf kosten gegenüber älteren Systemen erzielt, 
welche in einem sonst unerreichten geringen Verbrauch an Dampf, 
Kohlen und Kühlwasser zum Ausdruck kommt. 

Die aus vorstehenden Betrachtungen zu ziehende Nutz¬ 
anwendung ist meines Erachtens folgende: 

Zur Beseitigung der Konfiskate ist auf kleinen Schlachthöfen 
mit geringem Betrieb allein ein Verbrennungsofen z. B. nach 
Kori aufzustellen, der dann für eine billige und sichere, aller¬ 
dings nutzlose Vernichtung aller Konfiskate sorgt. Auf größeren 
und großen Schlachthöfen ist dieser Apparat ebenfalls nicht zu 
entbehren, doch neben demselben ein Apparat aufzustellen, der 
eine Verwertung der Kadavernutzstoffe gestattet. In ersterem 
Ofen werden alle diejenigen Teile zu vernichten sein, deren ge¬ 
ringer Gehalt an Uützbareh Stoffen' eine Verarbeitung im Ver¬ 
wertungsapparat nicht lohnend erscheinen läßt, z. B. hochgradig 
abgemagerte Tiere, wäßrige Orgaen, ungeborene Tiere, Ein¬ 
geweide U8w. In dem daneben in Betrieb zu setzenden Ver¬ 
wertungsapparat (z. B. ein kleinerer oder größerer Hartmann- 
seher Apparat oder ein Garthsches Sammelgefäß) werden dann 
diejenigen Teile Aufnahme finden, deren Gehalt an Fett und 
anderen Nutzstoffen eine Verbrennung als Verschwendung dar¬ 
stellen würde. Daß dieser Punkt nicht übersehen werden darf, 
ergibt eine vom Schlachthofdirektor Falk in Elbing mir zur 
Verfügung gestellte Berechnung; hiernach wurden neulich im 
Korischen Ofen fette Schweine im Gewicht von zusammen 
2060 Pfd. vollkommen nutzlos verbrannt, dieses Fett hätte bei 
einer anderen Verarbeitung des Kadavers, nach Abzug der Un¬ 
kosten, einen Erlös von 210 M. eingebracht, wenn man bedenkt, 
daß 2060 Pfd. rohes Fett ca. 1170 Pfd. Schmalz gleichkommen, 
dessen Wert mit 22 Pf. pro Pfund nicht «als zu hoch angesetzt 
erscheint. 

Wir haben nun noch der Beseitigung der Konfiskate der 
Fleischbeschau auf dem Lande und in Städten ohne 
Schlachthäuser unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Hier 
sind die Verhältnisse freilich noch in höherem Grade reform¬ 
bedürftig als in den Städten mit Schlachthäusern. 

Die unschädliche Beseitigung des beanstandeten Fleisches 
regelt sich nach folgenden gesetzlichen Vorschriften. Die vom 
Bundesrat erlassenen und am 30. Mai 1902 bekannt gegebenen 
Ansführungsbestimmungen zum Reichsfleischbeschaugesetz vom 
3. Juni 1900 geben in § 45 folgende Anweisung: Die unschäd¬ 
liche Beseitigung des Fleisches hat zu erfolgen entweder durch 
höhere Hitzegrade oder auf chemischem Wege bis zur Auflösung 


der Weichteile. * Die hierdurch gewonnenen Erzeugnisse können 
technisch verwendet werden. Wo ein derartiges Verfahren un¬ 
tunlich ist, erfolgt die Beseitigung durch Vergraben tunlichst 
an Stellen, welche von Tieren nicht betreten werden. Vor dem 
Vergraben ist das Fleisch mit tiefen Einschnitten zu versehen 
und mit Kalk oder feinem, trockenem Sande zu bestreuen oder 
mit Teer, rohen Steinkohlenteerölen oder Alphanaphthylamin 
in 5proz. Lösung zu übergießen. Die Gruben sind so tief an¬ 
zulegen, daß die Oberfläche des Fleisches von einer mindestens 
1 m starken Erdschicht bedeckt ist. Der Reichskanzler ist er¬ 
mächtigt, weitere als die vorstehend bezeichneten Mittel zur 
unschädlichen Beseitigung zuzulassen. Auch kann nach näherer 
Anordnung der Landesregierung im Einzelfalle die unschädliche 
Beseitigung auf andere Weise zugelassen werden, jedoch nur 
mit der Maßgabe, daß die unschädliche Beseitigung polizeilich 
überwacht wird. Mit tierischen Schmarotzern durchsetzte Fleisch¬ 
teile sind jedoch stets nach Vorschrift der Abs. 1 und 2, trichi¬ 
nöses Fleisch nur nach Maßgabe des Abs. 1 unschädlich zu 
machen. 

Die Bestimmungen dieses § 45 werden noch erweitert durch 
§ 39 der preußischen Ausführungsbestimmungen betreffend die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachtungen im Inlande 
vom 20. März 1903. Hiernach darf von den strengen Forderungen, 
die § 45 B v B. A an die unschädliche Beseitigung von bean¬ 
standetem Fleisch stellt, ausnahmsweise von der Ortspolizei¬ 
behörde in solchen Fällen abgesehen werden, in denen die Be¬ 
achtung der im Abs. 1 und 2 des § 45 gegebenen Vorschrift unver¬ 
hältnismäßig schwierig oder kostspielig sein würde. Injiiesen Fällen 
kann als anderweitige Beseitigungsart u. a. das Vergraben der 
Konfiskate nach Anlegung tiefer Einschnitte und Übergießung des 
Fleisches mit Petroleum oder mit Jauche in Betracht kommen. 
Gerade letztere Art der Beseitigung von Fleischbeschaukonfis- 
katen ist in meinem Beobachtungsbezirk zur Regel geworden, 
da hier eben die Voraussetzungen des § 39 (unverhältnismäßige 
Schwierigkeiten und Kosten bei einem anderen Beseitigungs¬ 
modus) zutreffen. Doch nicht die Art und Weise, wie die Kon¬ 
fiskate endgültig zu beseitigen sind, sondern wie sie vom 
Augenblick der Beanstandung und Untauglichkeitserklärung durch 
den Beschauer bis zu ihrer Vernichtung sicher aufzubewahren 
sind, macht nach den übereinstimmenden Beobachtungen der 
meisten Berichterstatter die größeren Schwierigkeiten. Die 
Fleischer oder Schlachtenden haben an den konfiszierten Teilen 
kein Interesse mehr und wollen sie baldmöglichst los sein, die 
Fleischbeschauer wiederum, die in den meisten Fällen kilometer¬ 
weit vom Sitz der Ortspolizeibehörde entfernt wohnen, sind 
nicht in der Lage, zu übersehen, was mit den von ihnen be¬ 
schlagnahmten und zur Vernichtung bestimmten Organen geschieht. 
Als unbedingt notwendig hat sich deshalb die obligatorische 
Aufstellung von Konfiskatgefäßen an allen Stätten, an denen 
gewerbliche Schlachtungen vorgenommen werden, erwiesen, in 
die alle beanstandeten Organe oder Fleischteile sofort in Gegen¬ 
wart des Beschauers oder von diesem selbst, hineingeworfen 
werden müssen und die bis zur Entleerung unter Verschluß zu 
halten sind. Zu diesem Zweck ist für den Reg.-Bez. Danzig 
unter dem 21. Februar 1907 folgende Anordnung erlassen worden: 

„Jeder, der sich mit der gewerblichen Schlachtung von 
Tieren beschäftigt, hat in der Nähe seiner Schlachtstätte einen 
undurchlässigen, mit einem dichten Deckel versehenen, ver¬ 
schließbaren Behälter aufzustellen, in welchem die bei der 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Fleischbeschau untauglich befundenen Fleischteile Vorläufig auf¬ 
zubewahren sind. Der Fleischbeschauer hat die untauglichen 
Teile in den Behälter zu werfen, diesen alsdann abzuschließen 
und der Ortspolizeibehörde Mitteilung zu machen, sobald die 
Entleerung des Behälters erforderlich ist. Dabei ist zu be¬ 
achten, daß diejenigen Fleischteile, welche nach § 15 B. B. A 
zwecks Feststellung einer Seuche für den beamteten Tierarzt 
unter sicherem Verschluß in einem geeigneten Raum aufzu¬ 
bewahren sind, nicht sofort in diesen Behälter geworfen werden 
dürfen. Es empfiehlt sich, die Behälter mit Kalk- oder Kreolin¬ 
wasser oder einer anderen Flüssigkeit, welche die Unschädlich¬ 
keit und Geruchlosigkeit gewährleistet, zur Hälfte anzufüllen. 
Die Öffnung und Schließung der Behälter darf nur durch die 
Organe der Polizeibehörden erfolgen, in deren Händen auch die 
hierzu erforderlichen Schlüssel verbleiben müssen. Die an¬ 
gesammelten Fleischteile sind, ebenso wie die ganzen untauglichen 
Tierkadaver durch tiefes Vergraben — tunlichst auf Gemeinde¬ 
verscharrungsplätzen — oder durch Verbrennen unschädlich zu 
beseitigen. Die Anschaffung der Behälter ist den Schlächtern 
unter Androhung von Zwangsmitteln durch die Ortspolizei¬ 
behörden aufzugeben.“ 

Diese Maßregel ist mit einigem guten Willen unschwer 
durchzuführen; sie hat sich in den Kreisen Danziger Höhe und 
Dirschau und im Reg.-Bez. Hannover durchaus bewährt. Die 
Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung der Behälter sind 
ebenfalls in Rücksicht auf ihren Nutzen nicht zu hohe. Den 
Anforderungen dieser Anordnung genügt zwar schon ein mit 
Deckel und .Schloß versehenes undurchlässiges Faß, ich rate 
aber nicht zur Aufstellung derartiger primitiver und improvi¬ 
sierter KonfUkatbehälter, da deren Benutzung doch nur in 
Gegenwart des einen Schlüssel führenden Beschauers oder der 
Ortspolizeibehörde vor sich gehen kann, empfehle vielmehr die 
Aufstellung der verzinkten Konfiskateimer von Ränger (in 
Arnstadt i. Th.), die den großen Vorteil aufweisen, daß sie 
eine automatische Verschlußöffnung besitzen, die es gestattet, 
daß man ohne den behördlich verschlossenen Entleerungsdeckel 
öffnen zu müssen, jederzeit Fleischabfälle hineinwerfen kann, 
die aber infolge des selbsttätigen Sicherheitsverschlusses unbefugt 
nicht aus dem Eimer herausgenommen werden können. Ich habe 
für meinen Kreis diese Eimer in größerer Zahl bestellt, deren 
Preis, je nach Größe, 27—35 M. beträgt. Ein Eimer für 27 M. 
wiegt 18 kg und vermag 60 1 Inhalt zu bergen. Er dürfte in 
den meisten Fällen genügen. 

Die zeitweise Entleerung und Beseitigung des Inhalts 
dieser Eimer dürfe nicht auf Schwierigkeiten stoßen, sie müßte, 
wenn Gemeindeverscharrungsplätze oder Verbrennungsöfen in 
der Nähe vorhanden sind, in diese geschehen. Da aber in diese 
Geiäße größtenteils Organe und Fleischteile geworfen werden, 
die nicht mit so schwer zerstörbaren Ansteckungsstoffen behaftet 
sind, wie z. B. Milzbrand und Rauschbrand, und da andererseits 
dadurch, daß die Eimer mit einer Lösung von roher Karbolsäure, 
Kalkwasser oder Kreolinwasser gefüllt sind, die Krankheits¬ 
keime in ihrer Lebensfähigkeit abgeschwächt oder vernichtet 
sein dürften, so können mit dem Vergraben des Eimerinhalts 
erhebliche Gefahren durch die Verschleppung von Infektions¬ 
oder Invasionskrankheiten nicht mehr verknüpft sein; auch 
dürfte es nicht wahrscheinlich sein, daß die durch den Aufent¬ 
halt in einer der genannten Flüssigkeiten denaturierten Fleisch¬ 
teile nach dem Vergraben von unbefugter Hand wieder aus¬ 


gegraben werden und als menschliche Nahrungsmittel Ver¬ 
wendung finden könnten. 

In größeren geschlossenen Orten, z. B. in kleineren Städten 
ohne Schlachthaus, in denen täglich mehrfache Schlachtungen 
und Beanstandungen Vorkommen, können wir mit dieser Art der 
Konfiskatbeseitigung nicht auskommen, hier muß auf die Auf¬ 
stellung eines kleinen Verbrennungsofens oder eines kleinen 
Sammelgefäßes (z. B. nach Garth) hingewirkt werden. 


Nachweisung über den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. Dezember 1907. 


Die Zahlen bedeuten die Kreise (Ober&mtsbezirke) usw., eingeklammert die Gemeinden. 

Schweineseuche und Schweinepest 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

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Gemeinden 
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Preußen: 





Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg . . . 


13 

60 

20 

Waldeck. 

1 

2 

Gumbinnen . . 


4 

9 

3 

Bayern: 



Allenstein . . . 


8 

22 

12 

Oberbayem .... 

6 

16 

Danzig. 


6 

12 

10 

Niederbayern. . . 

5 

6 

Marienwerder . 


13 

14 

6 

Pfalz. 

1 

1 

Berlin. 


1 

1 

1 

Oberpfalz. 

1 

1 

Potsdam .... 


14 

84 

32 

Oberfranken . . . 

1 

3 

Frankfurt.... 


14 

58 

21 

Mittelfranken. . . 

2 

2 

Stettin. 


7 

12 

6 

Unterfranken. . . 

3 

4 

Köslin. 


5 

11 

6 

Schwaben. 

— 

— 

Stralsund .... 


1 

2 

2 

Württemberg . 

5 

6 

Posen . 


23 

93 

28 

Sachsen. 

10 

15 

Bromberg .... 


13 

79 

36 

Baden . 

4 

15 

Breslau. 


21 

129 

34 

Hessen . 

5 

9 

Liegnitz. 


18 

115 

41 

Meckl.-Schwerin 

6 

15 

Oppeln. 


12 

! 31 

11 

Meckl.-Strelitz . 

1 

2 

Magdeburg . . . 


8 

1 16 

11 

Oldenburg . . . 

12 

23 

Merseburg . . . 


14 

i 35 

15 

Sachs.-Weimar. 

8 

12 

Erfurt. 


3 

15 

26 

Sach s.-Meiningen 

2 

4 

Schleswig . . . 


15 

38 

18 

Sachs.-Altenburg 

1 

1 

Hannover .... 


6 

10 

11 

Sachs.-Kob.-Got 

— 

— 

Hildesheim . . . 


5 

7 

10 

Anhalt. 

2 

2 

Lüneburg .... 


10 

16 

11 

Braunschweig 

6 

19 

Stade . 


7 

11 

15 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück . . . 


2 

5 

9 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 


1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

— 

Münster. 


7 

27 

101 

Reuß j. L. 

1 

2 

Minden. 


4 

9 

17 

Schaumb.-Lippe 

1 

3 

Arnsberg .... 


13 

23 

27 

Lippe-Detmold . 

4 

11 

Kassel. 


15 

82 

49 

Hamburg .... 

3 

3 

Wiesbaden . . . 


10 

38 

41 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 


10 

28 

27 

Bremen. 

1 

1 

Düsseldorf . . . 


11 

28 

65 

Elsaß. 

1 

1 

Köln. 


3 

5 

17 

Lothringen . . 

1 

1 

Trier. 


8 

12 

11 




Aachen . 


4 

6 

15 





Rotz. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Allenstein, 
Marienwerder, Frankfurt. Liognitz, Merseburg, Hildesheim, Arnsberg 
je 1 (1), Köln 1 (2), Stadtkreis Berlin 1 (6), in den Reg.-Bez. 
Düsseldorf 2 (2), Bromberg 3 (3), Potsdam 4 (4), Breslau 5 (5), 
Posen 7 (7). 

Bayern: In den Reg.-Bez. Oberbayern 4 (4), Niederbayern 2 (2), 
Oberfranken 1 (1). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2v. 

Baden: Freiburg 1 (3). 

Zusammen 42 Gemeinden (55 im verflossenen Monat), davon 
32 auf Preußen (38 im November). 

























2. Januar 1908. 


RP.rn.1N ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


21 


Lungenseuche. 
Preußen: Reg.-Bez. Bromberg 1 (1). 
Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 
Zusammen 3 Gemeinden und 3 Gehöfte. 


Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 
bzw. Staat 
(♦ = neu verseucht) 

Kreise 

Gemeinden 

Gehöfte 

Gegenüber d. 15. Nov. 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







♦Königsberg . . . 

7 

16 

20 

+ 7 

+ 16 

+ 20 

Gumbinnen .... 

8 

24 

33 

+ 4 

+ 19 

-f 23 

Allenstein .... 

5 

24 

65 

+ 2 

+ 14 

+ 40 

Marienwerder . . . 

5 

20 

53 

+ 3 

+ 17 

+ 46 

♦Bromberg .... 

2 

2 

2 

+ 2 

+ 2 

+ 2 

Oppeln. 

° 

° 

o 

— 1 

- 1 

- 3 

Aachen. 

3 

6 

12 

+ 2 

+ 3 

2 

Preußen zusammen 

30 

92 

185 

-f- 19 

+ 70 

+ 126 

Bayern: 

1 






Schwaben .... 

4 

8 

36 

+ 2 

O 

+ 9 

Württemberg: 




1 



♦Donaukreis . . . 

i 

1 

1 

+ 1 

+ 1 

+ 1 

Zusammen 

35 | 

101 | 

222 

+ 22 | 

+ 71 

1 + 136 


Maul- und Klauenseuche. 

Die Maul- und Klauenseuche ist in den Schlachthöfen zu 
München und Stuttgart am 27. Dezember 1907 ausgebrochen. 

Wegen der enormen Verbreitung der Seuche in Westrußland, 
die leider bereits nach Ostpreußen eingeschmuggelt ist, haben die 
dortigen Regierungspräsidenten mit Genehmigung des Ministers für 
Landwirtschaft usw. verboten: Die Einfuhr von Geflügel auf Land¬ 
wegen, zollfreien Fleischportionen, Milch, sowie von Heu und Stroh 
in losem Zustande. 

Maul- und Klauenseuche In Holland. 

In Holland herrscht die Maul- und Klauenseuche in außer¬ 
ordentlicher Verbreitung. Im Monat Juli wurden 5684 Fälle in 
Südholland, 133 in Nordholland und 6 in Utrecht konstatiert. Die 
Seuche war Anlaß, daß die Beschickung der internationalen Aus¬ 
stellung im September mit Schweinen und Wiederkäuern verboten 
werden mußte. Bekanntlich ist auch des Herrschens der Seuche 
wegen die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen, Milch, Rahm, 
frischen Häuten usw. aus den Niederlanden und Belgien untersagt 
worden. 

Kleiner Grenzverkehr. 

Das anläßlich der starken Verbreitung der Maul- und Klauen¬ 
seuche in Frankreich für die Reichslande erlassene Verbot des 
kleinen Grenzverkehrs mit Vieh und Fleisch und der Einfuhr von 
tierischen Rohstoffen und Futtermitteln ist wegen Rückgangs der 
Seuche im französischen Grenzgebiet vom 1. November 1907 ab 
wieder aufgehoben. Dagegen wurde der kleine Grenzverkehr mit 
zollfreiem Fleisch für den Grenzbezirk Eydtkuhnen verboten, um 
der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche aus Rußland vor- 
zubeugen. 

Fleischschmuggel auf Fischerbooten. 

Die Zollbehörde in Memel beschlagnahmte ein Fischerboot, auf 
w elchem sich 250 Pfund Fleisch befanden, das die Bootsmannschaft 
aus Rußland einzuschmuggeln versucht hatte. 


Fleischbeschau, Fleisch- und Viehverkehr. 

Redigiert von Ginge. 

.Die deutsche Milchwirtschaft und die Tierärzte. 
Der Tierärztliche Provinzialverein für Schleswig-Holstein 
hatte in seiner Generalversammlung am 1. September d. J. in 
Kiel bei Anwesenheit von 107 Mitgliedern nach einem bereits 


in der B. T. W. 1907, S. 647—651 veröffentlichten Vortrage 
von Veterinärrat Dr. Foth über „Die Überwachung der Milch¬ 
gewinnung und des Verkehrs mit Milch“ einstimmig eine 
Resolution angenommen, die in der B. T. W. 1907, S. 667 ver¬ 
öffentlicht ist und im wesentlichen besagt, daß die Tierärzte 
sich allgemein mit der Milchkontrolle beschäftigen sollen, da 
die Überwachung der Milchgewinnung und des Verkehrs mit 
Milch eine der dringendsten Aufgaben der öffentlichen Gesund¬ 
heitspflege seien und aa erster Stelle zu ihrer Durchführung 
die Tierärzte berufen wären. Damit den Tierärzten die führende 
Rolle nicht mit Erfolg streitig gemacht werden kann, hält der 
Verein es für dringend geboten, diesem Zweige der Veterinär¬ 
wissenschaften erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden, und gibt 
die Anregung, daß die Milchkontrolle als ständiger Verhandlungs¬ 
gegenstand auf die Tagesordnung der tierärztlichen Vereine 
gesetzt wird. 

Die vorstehenden Beschlüsse haben von einer Seite Wider¬ 
spruch erfahren, von der man es vielleicht am wenigsten er¬ 
wartet hätte, in der landwirtschaftlichen Presse. Um einen 
Meinungsaustausch herbeizuführen, beschäftigt sich auf Anregung 
der „Illustrierten Landwirtschaftlichen Zeitung“ Hans Schrott- 
Fiechtl eingehend mit den Beschlüssen des Vereins und nimmt 
dabei in Nr. 87 der genannten Zeitung vom 30. Oktober 1907 
in seinem Aufsatze den Tierärzten gegenüber eine mehr als 
unfreundliche Stellung ein. 

Die Abhandlung kann ihres großen Umfanges wegen hier 
nicht wörtlich wiedergegeben werden. Sie befaßt sich auch 
nicht ausschließlich mit der Milchwirtschaft, sondern streift und 
kritisiert die Verhandlungen über die Organisation der Nahrungs¬ 
mittelkontrolle und die Besprechungen über die Abgrenzung der 
Befugnisse und Zuständigkeit von Tierarzt und Chemiker immer 
gegnerisch gegenüber dem Tierarzt. Es würde zu weit führen, 
auch diese Fragen hier zu berücksichtigen und es sei hin¬ 
sichtlich derselben deshalb nur auf die einschlägige Literatur 
verwiesen. 

Was die Milch und Milchkontrolle angeben, das eigentliche 
Thema, so sollte nach Hans Schrott-Fiechtl den Tierärzten 
schon der gesunde Menschenverstand sagen, daß ein Stand, der 
bisher für die Milchwirtschaft sozusagen nichts übrig hatte und zu 
der erfreulichen Einsicht komme, daß das falsch war, nicht gleich 
in die führende Rolle hineinspringen könne, sondern erst den Be¬ 
fähigungsnachweis zu führen hätte, um so mehr, als das Molkerei¬ 
fach doch recht weit von dem tierärztlichen Berufe abstehe. Der 
Tierarzt komme dabei dem Arzt in die Quere, der die öffentliche 
Gesundheitspflege nach allgemeiner Annahme zu vertreten hat. Die 
Entwicklung des tierärztlichen Standes sei bewundernswert und 
nötige Hochachtung ab, gar viele Landwirte hätten aber das sicher 
nicht ganz unbegründete Gefühl, daß die Tierärzte bei der Suche 
nach neuen Betätigungsgebieten nicht immer das nötige Maß von 
Zurückhaltung bewahrten, das im allgemeinen Interesse erwünscht 
sei. Der Tierarzt könne ohne Zweifel Uber viele gesundheitliche 
Verhältnisse im Kuhstall aufklären, entsprechend der Strömung der 
Zeit würden wohl auch die Kindermilchanstalten in absehbarer 
Frist genötigt werden, ihre Kühe unter fortlaufende Kontrolle zu 
stellen, es bestehe auch die Gefahr, daß die Ställe, in denen Markt¬ 
milch produziert werde, dieses Vorzuges teilhaftig werden. An die 
Aufbringung der Kosten denke man aber nicht, der Konsument 
protestiere gegen jede Erhöhung des Milchpreises und der Produzent 
müsse daher denselben tragen. Was würde denn bei der tierärzt¬ 
lichen Kontrolle erreicht? Ein Tierarzt habe bei solcher Kontrolle 
das erste Mal jedes Tier untersucht, später aber monatelang nur 
flüchtig den Stall betreten. Bei solchem Verfahren diente die 
Kontrolle nur als Aushängeschild, das dem Publikum nichts nutzt 








22 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


und dem Landwirt Kosten verursacht. Dem Tierarzt fehlt voll¬ 
ständig das wirtschaftliche Empfinden, viele derselben betrachten 
die Milchproduktion nur als Vergnügen, das dem Landwirt, etwas 
kosten müsse. Ein wirklich erfolgreiches Vorgehen lasse sich nur 
durch'vernünftige Kompromisse erreichen unter Anpassung an die 
wirtschaftlichen Verhältnisse und Mitwirkung aller Berufenen. 
Niemand 'dürfe dabei aber sagen, er sei an erster Stelle berufen. 
Ohne Mitwirkung des Besitzers lasse sich nichts erreichen, und der 
Besitzer habe keine Veranlassung, das tierärztliche Arbeitsgebiet 
zu erweitern. Hinsichtlich der polizeilichen Milchkontrolle solle 
sich der Tierarzt mit dem Nahrungsmittelcheraiker auseinandersetzen. 
Der einzelne könne die Milchwirtschaft heute nicht völlig umfassen, 
die tierärztliche Hilfe sei angenehm, so lange aber das Können der 
Tierärzte nicht hochwertig sei, dürfen sie nicht erwarten, in den 
Kreisen der Milchwirtschaft treibenden Landwirte für voll genommen 
zu werden. 

Die ganze Fassung der Darlegungen von Hans Schrott- 
Fiechtl zeigt, daß man dieselben nicht überschätzen darf, 
andererseits können die in einem bekannten landwirtschaftlichen 
Blatt verbreiteten Anfeindungen der Tierärzte nicht totgeschwiegen 
werden. Schrott-Fiechtl mag der Landwirtschaft und dem 
Molkereifach heute auch so fernstehen, daß zu eingehenderem 
Meinungsaustausch über die Stellung und Betätigung der Tierärzte 
bei der Milchhygiene aufBasis der gegebenen Anregung kaum Anlaß 
vorliegen dürfte. Nur eins sei dem Aufsatz von Schrott-Fiechtl 
entnommen: Die Notwendigkeit der hervorragenden Be¬ 
teiligung der Tierärzte an der Milch- und Milchvieh¬ 
kontrolle ist offenbar noch nicht allgemein so erkannt 
und wird noch nicht so gewürdigt, wie sie es verdient. 
Die Ursache hierfür ist sicherlich besonders in der Tatsache zu 
suchen, daß die bekannten Forderungen, die von Geheimrat 
Dr. Ostertag als Direktive für die praktische Beteiligung der 
Tierärzte an der Milchhygiene aufgestellt sind, noch zu wenig 
in die Praxis umgesetzt wurden. In dieser Hinsicht muß weiter 
vorgegangen werden, theoretische Erörterungen haben dagegen 
nur bedingten Wert. Dann wird auch die allgemeine An¬ 
erkennung der tierärztlichen Arbeit nicht ausbleiben. Erst der 
letzthin von Ostertag auf dem III. Internationalen Milch¬ 
wirtschaftlichen Kongreß im Haag über die Tuberkulosetilgung 
gehaltene Vortrag beweist, wie großes Interesse dieses eine 
tierärztliche Ziel bei den Milchwirten und Landwirten erregt 
und wie verständnisvoll der Landwirt und Tierarzt dabei Zu¬ 
sammenarbeiten, wenn die Forderungen den wirtschaftlichen Ver¬ 
hältnissen angepaßt nur Erreichbares erstreben. Auch auf der 
Internationalen Milchausstellung in Hamburg wurde die hervor¬ 
ragende Bedeutung der tierärztlichen Kontrolle rückhaltslos 
anerkannt. 

Ein guter Kenner der Milchwirtschaft und der Tierärzte, 
der verstorbene Schriftführer des Deutschen Milchwirtschaftlichen 
Vereins, der Hamburgische Schlachthofdirektor Ökonomierat 
Boysen, ein Landwirt, hat sich öfters in dem Sinne der inten¬ 
siven Heranziehung der Tierärzte bei der Milchwirtschaft und 
Milchkontrolle ausgesprochen. Boysen schwebte dabei die 
Idee vor, die Resultate der Fleischbeschau der Landwirtschaft 
im allgemeinen und der Milchwirtschaft im besonderen dienst¬ 
bar zu machen. Auf seine Anregung hin habe ich längere Zeit 
die kranken Euter der Schlachttiere bakteriologisch untersucht 
und die Herkunft der betreffenden Kühe festgestellt. Berück¬ 
sichtigt man dabei vornehmlich diejenigen Tiere, welche auf 
Wagen dem Schlachthofe zugeführt oder einfach zugetrieben 
werden, so erhält man, da diese durchweg aus der Nachbarschaft 


der Stadt stammen, also zu deren Milchversorgung gedient haben, 
leicht eine Übersicht über die Art und Verbreitung der Krank¬ 
heiten in dem für die Stadt besonders in Frage kommenden Milch¬ 
produktionsgebiet und kann die Stelle namhaft machen, in welchen 
eine Sanierung notwendig ist. Es sind da wochenlang an jedem 
Hauptschlachttage 1—3 Kühe mit derselben ansteckenden Euter¬ 
entzündung aus demselben Bestände zur Schlachtbank gebracht 
worden und über den Wert solcher Milch wird man trotz der 
renommierten Namen der betreffenden Milchkuranstalten nicht 
im Zweifel sein dürfen. 

Wohin die deutsche Milchwirtschaft kommen muß, wenn bei 
den fortschreitend sich ausbreitenden seuchenhaften Euter¬ 
erkrankungen, der Tuberkulose usw. entgegen der schleswigschen 
Anregung die Tierärzte sich gleichgültig verhalten, das wird 
der verständige Milchwirt sich wohl selbst sagen können. Eine 
Milchwirtschaft kann eben nur betrieben werden, wenn Milch da 
ist, Milch in genügender Menge und Güte. Diese kann aber 
nur von gesunden und leistungsfähigen Kühen produziert werden, 
und die Bestrebungen, die Milchviehbestände durch gemeinsame 
Arbeit mit dem Landwirt auf einer solch erwünschten Höhe zu 
I erhalten oder sie dahin zu bringen, rechtfertigen es ohne weiteres, 
daß der Landwirt dem Tierarzt in der Milchwirtschaft eine 
bevorzugte Rolle zuweisen sollte. 

Auf Hamburger Gebiet ist der Tierarzt heute bereits recht 
vielseitig im Dienste der Milchwirtschaft praktisch tätig. Ab¬ 
gesehen von der polizeilichen Milchkontrolle, die der Tierarzt 
hier insoweit ausübt, als ihm der Nachweis pathologischer 
Sekrete, pathogener Bakterien und bakterieller Zersetzungen 
der Milch übertragen ist (die Verfälschungen weist der Chemiker 
nach), findet eine Kontrolle der Bestände nach folgenden vier 
Methoden statt. 

1. Verein der Landwirte der Hamburgischen Marsch¬ 
land e. Die Bestände der Mitglieder werden vier- bis sechs¬ 
wöchentlich durch einen beamteten Tierarzt revidiert, wobei auf 
alle einschlägigen Fragen der Milchwirtschaft, auf Fütterung, 
auf Stallverhältnisse, Gesundheitszustand der Kühe usw. geachtet 
wird. Milch krankheitsverdächtiger Kühe wird bakteriologisch 
untersucht, ebenso regelmäßig die Mischmilch. Die Fütterung 
wird auf Gehalt an Nährstoffen geprüft und es werden nach 
Bedarf Futtertafeln aufgestellt. Die Revisionen erfolgen nur 
zur Belehrung, nicht zur Durchführung amtlicher Maßnahmen. 
Die Kosten trägt der Staat. 

2. Verein gesunde Milch. Die Ställe werden von einer 
Kommission, die aus zwei Landwirten, einem Tierarzt und einem 
Arzt besteht, in regelmäüigen Zeitabschnitten besichtigt. Stall, 
Fütterung, Haltung, Viehbestand, Melken usw. werden einer 
Pointierung unterzogen und die Ställe nach dem Resultat in 
verschiedene Klassen geteilt. Die Mitglieder wetteifern daher, 
in die obere Klasse zu kommen. Jährlich wird jeder Bestand 
einmal tierärztlich untersucht, ebenso wird die Milch bakterio¬ 
logisch geprüft. Die Kosten trägt teils der Staat, teils zahlt 
d er Besitzer nach der Kopfzahl der Kühe einen kleinen Beitrag. 

3. Milchzentrale. In den angeschlossenen Beständen 
wird die Tuberkulosetilgung nach dem Ost er tauschen Ver¬ 
fahren durchgeführt. 

4. Eine große Kindermilchanstalt steht unter Kontrolle 
des Staat stierarztes. Dieser oder sein Vertreter nehmen monatlich 
eine genaue Revision vor, verdächtige Milchproben werden 
bakteriologisch untersucht, ebenso monatlich die Mischmilch. 








2. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23 


Futtertafeln werden ausgerechnet. Der Besitzer bezahlt die 
Auslagen der Untersuchungen. 

Allen diesen Verfahren ist das eine gemeinsam, daß der 
Tierarzt keine neue Betätigung suchte, sondern daß die Land¬ 
wirte ihn gerufen haben und nun nicht missen möchten. Diese 
Kontrollen, besonders zu 1, haben sich so eingebürgert, daß 
schon eine zufällig eintretende Verspätung der Revision von 
Beteiligten unangenehm empfanden wird. Die Landwirte sehen 
den Nutzen der Heranziehung des Tierarztes eben besser ein 
als Hans Schrott-Fiechtl und in diesem Sinne hat sich ein 
bekannter Hamburgischer Landwirt in Berlin vor berufensten 
Zuhörern unaufgefordert und unzweideutig genug ausgesprochen. 
Der praktische Nutzen der Kontrollen besteht in der Zuriick- 
drängnng senchenhafter Erkrankungen, besonders dem fast 
vöUigen Verschwinden der Streptococcen-Euterentzündungen, die 
früher in vielen Beständen unerkannt und die Milchproduktion 
in Frage stellend herrschten, ebenso der Tuberkulose; die 
Fütterung wird rationell, es findet keine Vergeudung statt, der 
Besitzer lernt sein Vieh besser bewerten, und die bessere 
Kenntnis der Milchwirtschaft macht, daß er beim Ankauf der 
Kühe vorsichtiger wird. Die Zucht ist rationeller und der Erfolg 
durch Mehrerzeugung von Milch und zwar besserer Milch auch 
einklingender. Die Marktverhältnisse erweitern sich bei der 
allgemeinen Aufmerksamkeit, die die Hygieniker der Milch¬ 
versorgung heute zuwenden, ganz beträchtlich. Die Besitzer 
sind hier bevorzugte Lieferanten der Volksküchen, Kranken¬ 
häuser, Armen- und Waisenhäuser und öffentlicher Anstalten 
überhaupt. Das sind die Vorzüge für den Landwirt. Alle 
Veranlassung, das Arbeitsfeld des Tierarztes auf dem Gebiete 
der Milchhygiene zu erweitern; denn das bringt ihm Nutzen, 
um das hochwertige Können braucht niemand in Sorge zu sein, 
da die Durchführung der tierärztlichen Aufgaben und das allge¬ 
meine tierärztliche Studium voraussetzt. 

Lediglich ein mangelhafter Einblick in die Aufgaben der 
Tierärzte bei der Milchhygiene und ein Nichtvertrautsein mit 
den bereits erzielten Erfolgen im Dienste der deutschen Milch¬ 
wirtschaft konnten zu den eingangs erwähnten Anfeindungen 
Anlaß sein. Doch fällt eine einzelne ablehnende Stimme nicht 
besonders ins Gewicht. Glücklicherweise finden die Tierärzte I 
gerade bei den führenden Landwirten nnd Milchwirten die 
verdiente Anerkennung und Unterstützung. _ Die Tierärzte werden 
sich durch einzelne Angriffe in der Verfolgung ihrer Ziele 
sicherlich auch nicht beirren lassen, vielleicht sorgt aber auch die 
landwirtschaftliche Presse in der Erkenntnis, dadurch zum besten 
der Landwirte zu handeln, dafür, daß nicht durclf Abhandlungen, 
wie diejenige von Schrott-Fiechtl, Mißstimmung zwischen 
Tierarzt und Milchwirt gesäet wird, sondern daß der Gedanke, 
im Sinne der Ostertag sehen Forderungen ganz allgemein 
vorzugehen, in weiteste Kreise getragen wird. Glage. 

Statistik der Fleischpreise. 

Auf Veranlassung des Landes-Ökonomie-Kollegiums hatte der 
Landwirtschaftsminister auf den 15. November eine Kommission von 
Sachverständigen einberufen, zu Beratungen über die Verbesserung 
der jetzigen Statistik der Kleinhandelspreise für Fleisch. Nach 
Mitteilungen der Zentralstelle der Preußischen Landwirtschafts- 
kammera herrschte Übereinstimmung darüber, daß die jetzige Statistik 
der Fleischpreise nicht nur nicht ermögliche, Vieh- und Fleisch¬ 
preise zu vergleichen, sondern auch der wichtigsten Aufgabe, nämlich 
ein Bild der jeweiligen wirklichen Höhe der Fleischpreise zu haben, 
in keiner Weise gerecht würde. Während nach Ansicht der Ver¬ 


treter des Fleischergewerbes es überhaupt ganz unmöglich ist, eine 
Statistik der Fleischpreise aufzustellen, die das Bild der tatsächlich 
gezahlten Fleischpreise darstelle und daher auf jede Ermittlung 
zur Veröffentlichung der Kleinhandelspreise zu verzichten sei, wurde 
sowohl von den Vertretern der Regierung als auch der Landwirt¬ 
schaft und Statistik entschieden betont, daß eine solche Statistik, 
die im Interesse der Konsumenten liege, geschaffen werden müsse. 
Es soll nach dem Ergebnis der Beratungen angestrebt werden, in 
20—25 preußischen Großstädten in Zukunft durch besondere 
Kommissionen von Sachverständigen die Preise, und zwar in erster 
Linie die Ladenpreise, für drei verschiedene Sorten Rindfleisch 
(eventuell noch Ochsen- und Kuhfleisch getrennt), für vier Sorten 
Schweinefleisch und je zwei Sorten Kalb- und Hammelfleisch 
möglichst allwöchentlich zu ermitteln und sofort im „Reichsanzeiger“ 
oder in ähnlicher Weise anderw eitig zu veröffentlichen. Eine solche 
Ausgestaltung der Statistik w ürde nach übereinstimmender Ansicht 
aller Kommissionsmitglieder einen wesentlichen Fortschritt bedeuten. 
Von den Vertretern der landwirtschaftlichen Verw altung wurde des 
ferneren hervorgehoben, daß die Frage, ob auch in Preußen ein 
Anschlag der Fleischpreise in den Fleischerläden, wie er in Bayern 
zumeist, in Sachsen teilweise bereits vorgeschrieben ist, durch 
Polizei Verordnungen werde eingeführt werden könne, [noch keines¬ 
wegs als endgültig geklärt angesehen werden könne. Die weitere 
Verfolgung der Angelegenheit wird nun das Landes-Ökonomie- 
Kollegium aufnehmen und in seiner nächsten Plenarsitzung im 
Februar 1908 das Ergebnis der Kommissionsberatung zu festen Vor¬ 
schlägen an die Staatsregiemng gestalten. 

Zentralstelle für genossenschaftliche Viehverwertung in Bayern. 

Jüngst fand in München eine Beratung wegen Gründung einer 
Zentralstelle für genossenschaftliche Viehverwertung in Bayern 
statt, bei welcher Vertreter fast aller landwirtschaftlichen Körper¬ 
schaften (landwirtschaftliche Vereine, christliche Bauernvereine, 
Genossenschaften usw.) anwesend waren. Das Königliche Staats¬ 
ministerium bekundete durch die Anwesenheit zweier Vertreter sein 
lebhaftes Interesse. Der Landesinspektor für Tierzucht, Dr.Attinger, 
leitete die Verhandlungen. Nach einer allgemeinen Aussprache 
kam der von Dr. Attinger verfaßte Entwurf der Satzungen zur 
Beratung und wurde mit wenigen Abänderungen angenommen. Die 
Finanzierung des Unternehmens ist in der Weise gedacht, daß die 
der Zentrale beitretenden Mitglieder (Körperschaften und Einzel¬ 
personen) bestimmte, später noch festzusetzende Beiträge leisten; 
ein entsprechender Zuschuß des Königlichen Staatsministeriums des 
Innern zu den Betriebskosten des Unternehmens wurde von den 
anwesenden Regicrungsvertretem in sichere Aussicht gestellt. Die 
Gründung der Zentralstelle wurde hierauf einstimmig beschlossen, 
desgleichen die Anstellung eines Hauptgeschäftsführers (Wochen¬ 
schrift für Tierheilkunde und Viehzucht). 

Reformen im Viehhandel. 

Der sächsische Landeskulturrat befürwortet, daß an allen 
größeren Schlachthöfen, welche mit Viehhöfen verbunden sind, 
Verkaufsvermittler angestellt werden, die nebenbei Geschäfte als 
Kommissionär oder Händler selbständig nicht treiben dürfen, ferner 
daß seitens dor Fleischer Vieheinkaufsgenossenschaften gebildet 
werden zu dem Zwecke, das Schlachtvieh möglichst billig ein¬ 
zukaufen. Der Landeskulturrat wünscht, daß die städtischen Ver¬ 
waltungen veranlaßt werden, dieses Vorgehen zu fördern. Das 
sächsische Ministerium hat von den Beschlüssen den Kreishaupt¬ 
mannschaften Mitteilung gemacht. Zur Eröffnung an die Stadträte, 
damit letztere die genannten Bestrebungen des Landeskulturrates 
entsprechend unterstützen. 

Feststellung der Vieh- und Flelschpreise in Bayern. 

Das bayrische Ministerium des Innern hat in einer am 
26. September an die Kreisregierungen ergangenen' Entschließung 
die Magistrate darauf hinweisen lassen, daß die angeordneten Er¬ 
hebungen und Feststellungen der Vieh- und Fleischpreise nicht in 
gewünschter Weise erfolgt seien. Um eine Einheitlichkeit zu 
erzielen, hat das Ministerium eine Tabelle entworfen, nach welcher 
in Zukunft die Erhebungen stattfinden sollen. Es wird empfohlen, 
anzuordnen, daß die Fleischer eino bevorstehende Erhöhung der 







24 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Fleischpreise drei Tage vorher der Polizeibehörde mitteilen sollen. 
Ferner ist in der Tabelle die Feststellung der mittleren Laden¬ 
preise vorgesehen und wird angeregt, die Erhebung durch die 
Polizeiorgane vornehmen zu lassen und vorzuschreiben, daß die 
Fleischpreise im Laden von außen sichtbar anzuschreiben seien. 
Die Preise sollen nach den aufgestellten Tabellen alle Monat sowohl 
dem statistischen Bureau in München, als auch der betreffenden 
Kreisregierung mitgeteilt werden. 

Behördliche Aufforderung zum Herabsetzen der Fleischpreise. 

Der Magistrat der Stadt Dülmen sendet nach der „Z f. K. u V. B.“ 
an die Metzger seiner Stadt, die trotz niedriger Viehpreise die 
Fleischpreise hochhalten, folgendes Schreiben: „In Verfolg eines 
Magistratsbeschlusses vom heutigen Tage mache ich Sie darauf 
aufmerksam, daß die Schweinefleischpreise trotz des schon seit 
langer Zeit anhaltenden rapiden Sinkens der Schlachtviehpreise 
hier noch außerordentlich hoch sind. Der Magistrat würde deshalb 
gezwungen sein, im Interesse aller Einwohner nach Vorgang anderer 
Städte zur Selbsthilfe zu greifen, wenn Sie nicht alsbald eine an¬ 
gemessene Ermäßigung der Fleischpreise vornehmen.“ Unterschrift. 
Die Wirkung ist die gewesen, daß die Metzger mit dem Preise für 
einzelne Fleischsorten, besonders Speck, alsbald etwas zurück¬ 
gegangen sind. 

Die Verordnung betr. Aushängen von Preistafeln vor Gericht. 

In Gera war die Vorst hrift erlassen worden, daß die Schlächter 
Preistafeln auszuhängen haben. Ein Fleischer, der dagegen verstieß 
und mit Polizeistrafe belegt wurde, führte eine richterliche Ent¬ 
scheidung herbei. Das Schöffengericht erkannte auf Freisprechung, 
weil die Verordnung gegen die Gewerbeordnung verstoße und 
daher ungültig sei. Die Strafkammer verwarf die eingelegte Be¬ 
rufung der Staatsanwaltschaft und erklärte, sich den sächsischen 
Oberlandesgerichtsentscheidungen, die diese Preistafeln als berechtigt 
anerkennen, nicht anschließen zu können, weil in Titel 5 der Ge¬ 
werbeordnung im allgemeinen von unzulässigen Preistafeln gesprochen 
wird, so daß auch die von den Fleischern verlangten Preistafeln 
nicht zulässig seien. 

Dürfen die Städte verbindliche Vorschriften hinsichtlich der Feststellung 
des Schlachtgewichtes treffen? 

In München darf nach der Schlacht- und Viehhofordnung bei 
der Feststellung des Schlachtgewichts beim Schwein die Zunge 
nicht entfernt werden. Ein wegen Übertretung dieser Bestimmung 


mit einem Strafmandat bedachter Schlächter führte eine richterliche 
Entscheidung vor dem Schöffengericht herbei über die Frage, ob 
der Magistrat berechtigt ist, mit Anordnungen bezeichneter Art den 
Handel zu regeln. Ein Gutachten der Schlachthofdirektion betonte 
die Notwendigkeit solcher Vorschriften, da vor dem Verwiegen 
zum Nachteil des Verkäufers manchmal mit der Zunge erhebliche 
Mengen des Fleisches der Nachbarschaft entfernt würden. Der 
Einwand des Beklagten, daß die Bestimmungen ein gesetzlich un¬ 
zulässiger Eingriff in die privatrechtlichen Verhältnisse des Metzgers 
seien, w urde zurückgewiesen und seine Verurteilung wegen Über¬ 
tretung der Schlacht- und Viebhofordnung ausgesprochen. — Bei 
der verschiedenen Auslegung des Begriffes „Schlachtgewicht“ wäre 
eine einheitliche Regelung wünschenswert, und sie wird sich bei 
der heutigen Entwicklung des Viehhandels und dem regen Vieh¬ 
verkehr von Stadt zu Stadt schließlich auf die Dauer auch nicht 
umgehen lassen. 

Abänderung des üblichen Wiegens bei Feststellung des Schlachtgewichts. 

Das Bestreben landwirtschaftlicher Kreise, auf ein angemessenes 
Verhältnis zwischen Vieh- und Fleischpreisen durch Reformen im 
Fleischhandel hinzuwirken, ist Anlaß gewesen, daß seitens der 
Fleischervertretungen als Gegenzug auf eine Abänderung der 
üblichen Feststellung des Schlachtgewichte hingearbeitet wird. 
Man wird als Schlachtgewicht nach einem Verbandstagsbeschluß 
in Zukunft bei Rindern und Schafen nur das reine Fleischgewicht 
gelten lassen. Da der Wertunterschied zwischen Fett und Fleisch 
beträchtlich ist, sollen vor dem Verwiegen mindestens alle größeren 
Fettmassen, also besonders das Nieren- und sog. Schlußfett, 
entfernt werden. Dann würde der Preis des Fleisches entsprechend 
höher notiert werden müssen und die Spannung zwischen Vieh- und 
Fleischpreisen würde mehr ausgeglichen sein oder richtiger nur 
ausgeglichen zu sein scheinen. 

Markthallen. 

Der Magistrat von Hanau hat bei allen Städten mit 20 000 bis 
100 000 Einwohnern angefragt, ob eine Markthalle bestehe und nach 
ihrer Errichtung eine Verbilligung oder Verteuerung der Lebens¬ 
mittel eingetreten sei. Die aus 169 befragten Städten eingegangenen 
165 Antworten besagen, daß nur in 16 Städten Markthallen vor¬ 
handen sind. Die Errichtung beeinflußte die Preise in den meisten 
Städten nicht, in Kolmar und Solingen war eine günstige Wirkung 
auf diese zu verzeichnen. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurden verliehen dem Korpsstabsveterinär 
Hermann Barfke beim Generalkommando des II. Armeekorps der 
Rote Adlerorden vierter Klasse, dem Oberveterinär in der Schutztruppe 
Dr. Dieckmann das schwarze Band zum Kronenorden mit Schwertern 
an Stelle des weißen Bandes; dem Departementstierarzt, Veterinär- 
ral Barauski in Aachen der persönliche Rang der Räte vierter 
Klasse; ferner: Der Charakter als Veterinärrat dem Departements- 
tierarzt Dr. Marks zu Allenstein und den Kreistierärzten Liescnberg- 
Zielenzig, l^ehmann- Calau, Bertelt- Ostrowo, -Sagrer-Tilsit, Rodcwald- 
Kiel, ZfecAer-Warburg, SWi/icpeZ-Rinteln und Eckardt-'NeuQ. 

Ernennungen: Veterinärbeamte: Die Tierärzte J. Wiedewann- 
Burgau zum Distriktstierarzt daselbst, M. Jöhnk- Berne (Oldenburg) 
mit Wahrnehmung der Geschäfte des beamteten Tierarztes für das 
Amt Elsfleth beauftragt. — Schlachthofverwaltung: Ferdinand 
Barstem -München zum Schlachthoftierarzt in Saarlouis (Rheinpr.). 

Niederlassungen: Die Tierärzte Otto Brunbauer-hender in Allers¬ 
hausen bei Freising, Adolf Bottes- Ettlingen in Kenzingen, Richard 
jWayer-München in Stuhm (Westpr.). 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Wilhelm Holzapfel aus 
Hagen i. Westf. und Erich, Silbersiepe aus Ergste bei Schwerte 
zum Dr. phil. in Leipzig. — Approbiert: Die Herren Franz Rotlauf 
aus Weismain und Innorenz Srhwander aus Augsburg in München. 

Todesfälle: Regimentspferdearzt a. D. Dr. Brü>her senior zu 
Hildesheim, Oberveterinär a. D. Christian Meyer zu Verden, Kreis¬ 
tierarzt Erxleben zu Dahme. 

Verantwortlich (Ir den Inhalt (exkL luaar&tenUil): Prot Dr. Schmalta In Berlin. 

Druck tob W. 1 


| Vakanzen. 

I Kreistierarztstellen: Nach Ablauf der Meldefrist noch un- 
, besetzt: Reg.-Bez. Posen: Schwerin a. W. 

Bchlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Gelsenk irchen 
I Assistenztierarzt zum 1. April 1908. AnfangBgehalt 2700 M. Bew. 
an den Oberbürgerraeiser. — Liegnitz: Assistenztierarzt zum 
1. April 1908. Anfangsgehalt 2400 M. nebst freier Wohnung. Privat¬ 
praxis nicht gestattet. Bewerb, bis 20. Januar a. d. Magistrat. — 
Osnabrück: II. Assistenztierarzt zum 1. April 1908 Gehalt2100bis 
3000 M., möbl. Wohnung usw. Bew. bis 10. Januar 1908 a. d. Mag. 
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzt: 
| Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Freienwalde: Tierarzt. — 

| Hannover: I. Tierarzt u. Stellvertreter des Direktors der städt. 

Fleischbeschau. 3600 M. — Harburg (Elbe): Assistenztierarzt. 

| 2000 M bis 2600 M. — Husum: Trichinenschauer. 1300 M. und 200 M. 
Wohnungsgeld.— Landsberg a. W.: Assistenztierarzt. 2400 M. — 
Lippstadt: Verwalter. 2500M. bis 4000M. — Prüm (Rhld.): Ver- 
' walter (Tierarzt). 1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — 
j Pyritz: Schlachthofdirektor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus 
(Bez. Frankfurt a. 0.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: 
III. Tierarzt bei der Allslandfleischbeschaustelle. 2400 M. 
j Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: a)Neu 
ausgeschrieben: Steinau (O.-S. Bez. Oppeln): Tierarzt Aus- 
| kunft erteilt der Magistrat. 

J b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Brilon 
I (Westfalen). — Kemberg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Huns- 
rück. — Langelsheim (Herzogt. Braunschweig). 


Allen befreundeten Kollegen und wohlgeneigten Lesern der 
; B. T. W. bitte ich auf diesem Wege meinen besten Glückwunsch 
‘ zum neuen Jahre aussprechen zu dürfen. Schmaltz. 

— Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung toh Richard Schoets in Berlin. — 
Elftxeiuteln, Berlin. 







Die „Berliner TleriLntliehe Wochenachrift“ eraehelnl 
wSchenÜlch im Verlege von Rteberd Seboeis In 
Berlin SW. 48, Wilbelmetr. 10. Dareb Jedes deaUebe 
Postamt wird dieselbe sum Preise von M. vierteljibr- 
Ueh CM. 4.88 für die Woebenscbrift, 1» Pt für Bestellgeld) 
frei Ins Heue geliefert (österrelcblsebe Post-Zeltangs- 
Preisliste Nr. 674. Ungerisebe Nr. 66.) 


Berliner 


Original b eitrige werden mit M Hk., In PeÜtaata mb 
00 Mb. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
an senden an Prof. Dr. Schmal?/., Berlin, Tierirst* 
liebe Hochschule, NW., Lulsonatrafie 66. Korrekturen, 
Resenslons-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Bedaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


De Brile 

Blage 

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Vetcrinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterlnärrat PreoBe 

Profeaaor 

Professor 

Kreist!'irarst 

Departementatlerant 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarzt 

Utreeht 

Hamburg. 

Charlotteuburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Dansig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Sohlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündel 

Profeaaor 

Profeaaor 

Profeaaor 

Profeaaor 

Landestierarst r. Bayern 

Kreiatierarat 

Dresden. 

Dresden. 

Freiburg L Br. 

Dresden. 

München. 

Mülhausen i. R. 


Jahrgang 1908. J|£ 2 . Ausgegeben am 9. Januar. 


Inhalt: Mayr: Moderne Antiseptica. — Hotterbaeh: Das Lezithin und die Form, in welcher man es verordnen soll. — 
Berndt: Mykotische Magen-Darmentzündung infolge Verftitterung von „Haferwert* 4 . — Referate: Frick: Über 
Kastration und Kastrationsmethoden der männlichen Haustiere. — Roux: Über die Behandlung der Koliken beim Pferd. •— 
Zschokke: Klinische Notizen. — Ostertag und Stadie: Weitere Untersuchungen über die Ätiologie der Schweineseuche 
und Schweinepest. — Kantorowicz: Über Pseudo-Maul- und Klauenseuche. — Barabäs: Die Behandlung der Maul- und 
Klauenseuche mit Collargol. — Angelici: Blutfilarien bei den Spatzen. — Eine interessante Ursache der traumatischen 
Perikarditis. — Tagetgeechlohte: Dr. phil. Paul Brücher +• — Zur Frage der Mitwirkung der Tierärzte in den Körungskommissionen. 
— Verband der Privattierärzte in Preußen. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Verhandlungen des Deutschen Landwirl- 
schaftsrats. — Jahresbericht über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen Reiche. — Verschiedenes. — Fleischbeschau, 
Flei 80 h- und Viehhandel: Die Milchwirtschaft und die Bekämpfung der Rindertuberkulose. — Das Gutachten Proskauers über 
die dänische Milch. — Meier: Über die Mitwirkung der Tierärzte in den Ortsgesundheits-Kommissionen. — Borchmann: 
Über die Notwendigkeit der Ausdehnung der Untersuchung (Fleischbeschau) auf aas Wildbret. — Verschiedenes — Bücher¬ 
anzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


Moderne Antiseptica. 

h. 

Von Ludwig Mayr, Distriktstierarzt, Rosenfeld. 

In Nr. 37 dieser Zeitschrift habe ich meine praktischen 
Bofahrungen über die in der onSs tan denen chemischen 

Präparate oder Arzneikörper, so weit es sich um pharmazeutische 
Produkte handelt, die in Pulverform den Zweck der Antisepsis 
erfüllen sollen, niedergelegt. Es erübrigt mir nun in folgendem 
über die modernen flüssigen Antiseptica, oder solche, die zu 
ihrer wirksamen Anwendung in flüssige Form übergeführt 
werden müssen, zn berichten. Des öftern wurden nun sehen in 
kritischer Beleuchtung diese Medikamente charakterisiert und 
ihre Brauchbarkeit ln geeigneten Fällen als erwiesen befanden. 
Die hauptsächlichsten Vertreter dieser Kategorie von modernen 
Desinfizientien sind in erster Linie das Septoform, dann 
das Snblamin, das Phenolin, Formaldehyd, saponat. 
Ben gen-, Therapogen, Bacillol und Parisol. 

Das Sepfceform ist hm Gegensatz zn den gnten alten 
Desinfektionsmitteln wie Lysol und (Jreolin ein Naphtholab- 
kömmüng bzw. eine eigenartige Naphthol-Formaldehydverbin- 
dong, die als wirksamen Bestandteil das Dioxydinaphth yl- 
methan enthält. Das Septoform stellt eine gelbrötliche, klare 
und durchsichtige nach Formalin riechende Flüssigkeit dar, die 
in destilliertem Wasser vollkommen klar löslich ist, dagegen in 
Brunnenwasser entsprechend dem Kalkgehalt desselben, eine 
milchweiße Lösung gibt. 

Was die baktericiden Eigenschaften des Septoforma anlangt, 
so wurden diese bereits durch eingehende Untersuchungen von 
Nissen, Engels und Wede dahin festgelegt, so zwar, daß 
diese Antoren konstatierten, daß Septoform selbst der Vegetation 
von Äeinkulturen der variabelsten Bakterienflora äußerst 
wfitsam entgegentritt. 

Wie namentlich ans den Untersuchungen Wecdas hervor¬ 
geht, kam er zu folgendem Resultat: 


Es sind in: 



3% 

5% 

10% Sept. Lös. 

Spirillum Cholerae asiaticae . . 

5 Min. 

2 Min 

2 Min. 

Bacillus typhi abdominalis . . 

00 „ 

30 „ 

15 „ 

Staphylococcus pyogenes aureus 

120 „ 

CA) „ 

20 „ 

Bacillus pyogenes. 

120 „ 

40 „ 

15 „ 

Bacillus antliracis. 

vollständig abgetötet. 

:u;o „ 

150 „ 

30 „ 


Die größte Rolle als Desinfiziens spielt das Septoform, wie 
wohl alle Antiseptica in der Chirurgie und in der Geburtshilfe. 
Als Antiseptikum in der Wundbehandlung kommt es nun darauf 
an, ob es in tierischen Flüssigkeiten, Blut, Serum und Eiter 
nicht zersetzt wird oder Niederschläge bildet. Diese üblen 
Eigenschaften konnte ich bei Septoform niemals konstatieren, 
ganz im Gegenteil. Sehr angenehm empfand ich die desodo- 
visierende Kraft bei übelriehenden Eiterherden, wo das äußerst 
unangenehm riechende Parfüm, namentlich des Rindereiters voll¬ 
ständig vertuscht wird, eine Eigenschaft, die nicht hoch genug 
eingeschätzt werden kann. In jedem Falle, wo ich Septoform 
in mäßigen Konzentrationen gebrauchte, habe ich niemals Reiz¬ 
erscheinungen der kranken Gewebe gesehen, im Gegenteil, eine 
gute granulationsbefördernde Wirkung gefunden. Von den zahl¬ 
reichen Fällen, in denen ich Septoform in Anwendung brachte, 
mögen einige hier kurz Erwähnung finden. 

1. ßallenabszeß bei einem Ochsen. Das Tier zeigte links 
hinten am medialen Ballen hochgradige Schmerzen infolge der 
entzündlichen Anschwellung; nach Inzision entleert sich übel¬ 
riechender Eiter nnd nekrotische Ge websfetzen. Die Behandlung 
bestand nnn in dreimaligem Durchspritzen pro die mit 3 proz. 
Septoformlösung (2 Eßlöffel auf 1 l Wasser) worauf der 
eitrige Prozeß nach drei Tagen Stillstand. 

2. Druseabszesse beim Pferd, abszedierte Lymphdriisen 
(parotideale und Kehlgangslymphdrüsen) behandelte ich zumeist 
mit 2 proz. Septoformlösung. Erfolg immer gut. 








26 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


3. Funiculitis vom Pferd. Das vor kurzem kastrierte 
Pferd zeigte bei der Untersuchung einen mannsfaustgroßen 
Samenstrangvorfall, der, mit schmierigem Sekret belegt, durch 
seine champignonähnliche Wucherung charakterisiert war. Das 
Pferd wurde niedergelegt und operiert. Der Operation ging 
eine äußerst gründliche Desinfektion des Operationsfeldes mit 
5 proz. Septoformalösung voraus. Nach gründlicher Entfernung 
der gewucherten Massen mittels Ecraseurs wurde die Wunde 
mit Septoformlösung berieselt, und ein Tampon, durch Nähte 
befestigt, eingelegt. Heilung erfolgte nach Herausnahme des 
Tampons (drei Tage) und mehrmaliges Durchspritzen mit 
Septoformalösung per primam. 

4. Fall, betreffend einen dreijährigen kolossal entwickelten 
Simmentaler Zuchtstier. Das Tier zeigte an der linken hintern 
Extremität sehr starke gleichmäßig verlaufende Schwellung 
vom Sprunggelenkshöcker bis zum Fessel, die sich heiß anfühlte 
und sehr schmerzhaft war. Der Fuß wird nur mäßig belastet. 
Das Tier hatte sich auf unaufgeklärte Weise (Verletzung nicht 
nachweisbar) eine akute Tendinitis zugezogen. Die Therapie 
bestand in der Applikation feuchtwarmer Septoformaverbände, 
die sehr gut vertragen wurden und relativ schnell zum Ziele 
führten. Mit derselben Behandlung heilte ich auch beim Pferd 
ziemlich schnell Tendinitis acuta, namentlich dann, wenn die 
Ursache der Sehnenentzündung ein Trauma war, also Infektion 
bestand. 

5. Ein Arbeitspferd wurde mir zugeführt mit der Anamnese, 
daß es sich seit einem Tage nicht mehr niederlege und das 
Futter vollständig versage. Patient war zwei Tage vorher 
beim Beschlag mit dem linken Hinterfuß in die nebenstehende 
mit Hufnägeln gefüllte Nagelkiste getreten. Der ca. 3 1 / 2 cm 
lange Stichkanal verlief in der Richtung gegen das Strahlbein 
den Horn- und Fleischstrahl perforierend. Nach entsprechender 
operativer Behandlung spritzte ich den künstlich erweiterten 
Stichkanal mit 5 proz. Septoformlösung durch, bis keine Spur 
von Eiterung mehr nach gewiesen werden konnte. Obwohl die 
Prognose wegen der bereits bestandenen Infektion sehr schlecht 
zu stellen war, hauptsächlich auch wegen des Faktors, daß der 
Fremdkörper bei Verletzung der Weichteile bis zum Strahlbein 
vorgedrungen war, ließ ich den kranken Fuß sehr oft in Septoform¬ 
lösung baden. Trotz der peinlichsten Behandlung verendete das 
Tier an Sepsis. Bei der Sektion des Hufes dokumentierte sich 
jedoch ganz eklatant, daß das Septoform unstreitbar seine 
Pflicht getan hatte. Im Innern des Hufes war nicht die 
geringste Eiterung mehr aufzuweisen, der Stichkanal zeigte 
sogar Neigung zur Regeneration des erkrankten Gewebes. 

Fall G betrifft ein Jungrind, bei dem, wie die Anamnese 
lautete, schon seit ein Vierteljahr Eiterung in der Nabelgegend 
besteht. Die Untersuchung des äußerst widerspenstigen Tieres 
ergab durch Sondierung der Fistelöffnung eine ca. 1V 2 cm lange 
ganz kleine Öffnung, die sich senkrecht zur Bauchmuskulatur 
hinzog. Therapie: Ich ließ das Tier niederschnüren, ging 
mit dem Messer dem Eiterherd auf den Grund und kratzte mit 
dem scharfen Löffel den Fistelkanal gründlich aus. Dem Besitzer 
erteilte ich die Weisung täglich 4—5 mal mit 3 proz. Septoforma¬ 
lösung die Öffnung durchznspritzen, wonach nach 8 Tagen 
völlige Heilung eintrat. 

7. Eine Kuh zeigte am Unterbauch, an den seitlichen Bauch¬ 
wänden und dicht vor dem Euter Abszesse von Taubenei- bis 
Kindskopfgröße unaufgeklärter Herkunft. Nach Eröffnen der¬ 


selben, ließ ich dieselben täglich öfter durchspritzen, einige Tage 
lang, worauf sehr bald Heilung eintrat. 

8. Bei schwerer Druse der Pferde mit den bekannten 
Komplikationen, ließ ich die Patienten mit dem bekannten im¬ 
provisierten Inhalationsapparat (Sack über den Kopf usw.) Septo- 
formdämpfe inhalieren. Durch diese Manipulation wurden die 
purulenten Erscheinungen der Respirationsorgane, insbesondere 
der Nasen- und Rachenschleimhaut wesentlich günstig beeinflußt. 

9. Heurigen Jahres, endlich, wurde ich zu einem von 
Pfuscherhand vorbehandelten Pferde mit Wundstarrkrampf 
gerufen. Aus dem Vorberichte zu entnehmen, hatte sich Patient 
vor genau drei Wochen schwere Wunden an der ovalen Seite 
des Kötengelenkes am linken Hinterfüße und in der Lumbal¬ 
gegend zugezogen. Drei Wochen, nachdem diese Wunden infolge 
fehlerhafter Behandlung in undefinierbarem Zustande sich be¬ 
fanden, brach Tetanus aus in intensivster Form, und zwar im 
Bilde des absteigenden Tetanus. Es bestanden hochgradige 
Krämpfe der Kopf-, Genick- und der Extremitätenmusknlatur. 
Die Maseteren befanden sich im Zustande tonischer Kontraktion, 
infolgedessen hochgradiger Trismus und vollständige Unfähigkeit 
des Patienten, Futter aufzunehmen. Die Therapie bestand in 
folgendem: Gründliches Ausbrennen der Wunden, alle 4 Stunden 
(tag und nachts) ein 3 proz. Septoforma klysma (2 1) und 
einmalige subkutane Injektion von 100 g Jodipin, 25 proz. 
p. u. v. Merck. Die rektalen Infusionen wurden vom Besitzer 
promptest ausgeführt, volle 17 Tage lang, wonach völlige 
Genesung eintrat. Ich bin geneigt, die Heilung dieses schweren 
Tetanus nicht sowohl auf Rechnung des Jodipins, sondern auch 
auf Septoform zu setzen. Weitere Versuche würden sehr not¬ 
wendig sein, um den therapeutischem.,Wert dieser Septoform- 
medikation zu eruieren. 

Aus all dem Gesagten wird man nun wohl annehmen dürfen, 
daß Septoform auch in der Geburtshilfe wohl zu verwenden 
ist. Gerade hier habe ich es als ein unschätzbares Antiseptikum 
kennen gelernt, zwar so, daß ich es in der Geburtshilfe beim 
Rind vor allem nicht mehr vermissen möchte. Abgesehen davon, daß 
die oft ganz außerordentliche lästige Erscheinung einer Epidermis- 
reizung der Hand bei Ausspülungen der Gebärmutter mit Septoform 
ganz wegfällt, desodorisiert es gleich die Hand des Behandelnden 
und die oft außerordentlich übelriechenden' Sekrete der Metra. 

Es ist ein Vorzug, den jeder Praktiker hoch zu würdigen 
weiß. Was die Güte des Septoforma anlangt bei Verletzungen 
der Geburtswege, retentio secundinarium und den verschiedenen 
Metritiden, so kann ich auf Grund meiner Erfahrungen all das 
bestätigen, was Kollege Dr. Cornelius-München diesbezüglich 
sagt in seinen Untersuchungen über die therapeutischen und 
toxikologischen Wirkungen des Septoforma. Endlich ist das 
Septoforma noch als Antiparasitikum empfohlen bei Dermatokoptes- 
räude der Schafe, als auch der verschiedenen Räudeformen der 
Hunde. Insbesondere beachtenswert wäre in dieser Hinsicht 
die Mitteilung des Kollegen Hepke in Weimar (nach Dr. Cor¬ 
nelius) der „50 proz. spirituöse Septoformalösungen mit bestem 
Erfolge selbst bei den schwersten Formen von Akarusräude“ 
anwandte. 

Nach meinen Erfahrungen habe ich nun Septoforma als ein 
durchaus brauchbares Desinfektionsmittel bzw. Antiseptikum 
kennen gelernt. 

In einer Reihe von Versuchen erprobte ich ferner das Teer- 
präparat Phenol in, ein Kresolkörper, der von der Teerprodukten- 



9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


27 


fabrik Baese & Co. in Braunschweig hergestellt wird. Hin¬ 
sichtlich ihres Chemismus stehen sich Phenolin und Septoform 
diametral gegenüber, obwohl beiden ein fast ganz gleicher Effekt 
zukommt. Dieses Desinfiziens besitzt die Farbe des liq. Cresoli 
saponutus, brennenden Geschmack und den charakteristischen 
Geruch der Teerpräparate. Das Phenolin besitzt ebenfalls die 
gute Eigenschaft sich in destilliertem Wasser klar zu lösen, 
während es das Brunnenwasser dem Kalkgehalt entsprechend 
milchig trübt. Die Darstellung dieses Körpers geschieht in der 
Weise, daß „besonders gut gereinigtes in Natronlauge voll¬ 
kommen klar lösliches Creosol mit einer Kaliseifenlösung zu¬ 
sammen in geeignetem Verhältnisse so lange aufgekocht wird, 
bis das Ganze klar löslich ist. Ganz entsprechend der chemischen 
und pharmakologischen Verwandtschaft dieses Arzneimittels mit 
den übrigen älteren Cresolpräparaten, deckt sich nun das Phenolin 
fast ganz mit den Eigenschaften derselben; Therapeutisch kam 
Phenolin nur in Form der externen Medikation in Betracht, als 
Desinfektionsmittel von Instrumenten, Antiseptinum in der Wund¬ 
behandlung als Medikament in der Dermatologie und hauptsächlich 
in der Geburtshilfe. Ich habe das Phenolin bei den verschiedensten 
eitrigen Prozessen der verschiedenen Organe extern gebraucht 
und war jeweils zufrieden mit den Erfolgen. Applikationsweise 
1 * Proz. bis 5 Proz. Wie aus den Ausführungen von Baß 
(„Tierärztl. Rundschau“ Nr. 24, Jhrg. 1904) hervorgeht, wurde 
Phenolin auch als wirksames Antiparasitikum erprobt und fand 
in dieser Richtung Anwendung bei Sarkoptes- und Akarusäude 
der Hunde in Form von 2 proz. Phenolinbädern und nachherige 
Behandlung der erkrankten Hautpartien mit Phenolinliniment 
Phenolin 

. - ; > kapern*Kalinwää-10^0 

Spirit 100,0. 

So weit ich mit diesem Mittel Erfahrungen gemacht habe, 
kann ich es charakterisieren: 

1. Das Phenolin ist ein ungiftiges Desinfektionsmittel von 
hoher baktericider Kraft; 

2. in der Wundbehandlung entspricht es wie in der Geburts¬ 
hilfe vollkommen den Anforderungen, die an ein modernes Anti¬ 
septikum gestellt werden in 2—5 proz. Lösungen. In dieser 
Konzentration wirkt Phenolin auf Wundflächen sekretions¬ 
hemmend, nicht ätzend, trotz beträchtlicher Tiefenwirkung und 
regt die Granulation an; 

3. die desodorisierende Kraft ist bedeutend; 

4. als Antiparasitikum steht es, wie aus den Versuchen von 
Baß hervorgeht, den üblich gebrauchten Mitteln, wie Creolin, 
liq. Cresoli saponat., Naphtbalpräparate, Testhyol, Septoform 
ebenbürtig zur Seite; 

5. beim sog. Einschuß der ^Pferde leistet es in 10 proz. 
spirituöser Lösung ausgezeichnete Dienste (Baß). 

6. der Preis ist sehr niedrig. 

In ähnlicher Weise wirkt Bacillol als Antiseptikum. 

In gewissem Gegensatz zu oben erwähntem Phenolin stehen 
die neueren Produkte der chemischen Industrie, des Therapogens, 
des Parisols und Formaldehyd, sap. Bengen. Sie alle zeichnen 
sich in erster Linie durch ihren angenehmen aromatischen Geruch 
aus, durch ihre Reizlosigkeit auf das lebende Gewebe, ein großer 
Vorteil, der den Teerpräparaten völlig fehlt, wenigstens hin¬ 
sichtlich des Geruches. Die baktericide Kraft des Therapogens 
ist ganz bedeutend. Nach dem Prüftingsergebnis von Dr. Auf¬ 
recht Berlin ergibt sich, daß Therapogen in 5 proz. Lösung, 


Gonococcen, Diphtheriebazillen und Tuberkelbazillen nach 
1—3 Minuten langer Einwirkung abtötet, in geringeren Kon¬ 
zentrationen aber deutliche Entwicklungshemmung gegenüber 
den drei genannten Mikroorganismen bewirkt. Ich habe mit 
Therapogen und Parisol verschiedenste Versuche gemacht, und 
kann mich hinsichtlich der Bewertung dieser Antiseptica in 
unserer Veterinärtherapie lediglich den Urteilen von Flatten- 
Köln (Berl. Tierärztl. Wochenschrift Nr. 38, 1904 bzw. Luginger- 
Seplars Nr. 40, 1904 ders. Zeitschrift) anschließen. In der 
Geburtshilfe, überhaupt da, wo es gilt, die penetrantesten Gerüche 
zu vertuschen oder zu beseitigen, leistet namentlich Therapogen 
vorzügliche Dienste. 


Das Formaldehydum saponatum ist ein von der Firma 
Bengen in Hannover hergestelltes Desinfektionsmittel. Es stellt 
eine hellgelbe, aromatisch riechende leicht fließende Flüssigkeit 
dar, die sich in Brunnenwasser bläulich-weiß auflöst. Formal¬ 
dehydum saponatum Bengen besitzt die Eigenschaften eines 
modernen Antiseptikums. 


1. Es löst sich in Wasser fast ganz klar, leicht 
opaleszierend auf. 

2. Es besitzt schon in geringen Konzentrationen relativ 
hohe baktericide Eigenschaften, d. h. es tötet eben die für den 
tierischen Organismus am meisten in Betracht kommenden 
Mikroorganismen ab. 

3. Formaldehydum saponatum Bengen bildet in tierischen 
Flüssigkeiten, Blut, Eiter und Serum keine Niederschläge und 
wird nicht zersetzt. 

4. Es wirkt weder allgemein toxisch, noch ruft es lokal 
eine ätzende Wirkung hervor. 

“ 5. S6in6 desodorisierende Kraft ist, was schon das Form¬ 

aldehyd verbürgt, eine sehr hohe. 


Der Nahrungsmittelchemiker Dr. Aufrecht-Berlin hat 
Formaldehydum saponatum Bengen eingehend auf seine Des¬ 
infektionskraft untersucht und einen Vergleich angestellt zwischen 
dem Bengenschen Präparat und dem Septoform hinsichtlich 
ihrer baktericiden Wirkung. Als Testobjekte benutzte er Mikro¬ 
organismen, die für die Praxis von Bedeutung sind, nämlich 
Bacillus pyocyaneus, Proteus vulgaris und Staphylococcus pyogenes 
aureus. Auf Grund seiner Untersuchung kam er zu dem Resultat, 
daß „das Formaldehydum saponatum Bengen“ ein überaus wirk¬ 
sames Antiseptikum vorstellt, welches das zum Vergleich heran¬ 
gezogene „Septoform“ an desinfizierende Kraft erheblich übertrifft. 

Es sind in 


1 promill. Formaldehydum saponatum 
B-Lösung: 

Bacillus pyocyaneus in 60 Min. 
Proteus vulgaris in 10 Min. 

Streptococcen in 60 Min. 

In lproz. Formaldehydum saponatum- 
Lösung: 

Bacillus pyocyaneus in 10 Min. 
Proteus vulgaris in 2 Min. 
Streptococcen in 80 Min. 

In 3 proz. Formaldehydum saponatum- 
Lösung: 

Bacillus pyocyaneus in 2 Min. 
Proteus vulgaris in 2 Min. 
Streptococcus in 10 Min. 
vollkommen abgetötet. 


1 promill. Septoform- 
Lösung: 

in mehr als 60 Min. 
in 60 Min. erst deutliche 
Entwicklungshemmung, 
in mehr als 60 Min. 

In lproz. Septoforma- 
Lösung: 
in 60 Min. 
in 5 Min. 

Entwicklungshemmung in 
60 Min. 

In 3 proz. Septoforma- 
Lösung: 
in 30 Min. 
in 5 Min. 
in 30 Min. 




28 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Auch ich habe dieses Präparat des öfteren in Geburtshilfe 
und Chirurgie erprobt und äußerst zuverlässig gefunden in 
1—5proz. Konzentration. 

Unter den verschiedenen Arzneikörpem unserer modernen 
Antiseptica spielt nur eines noch eine besondere Rolle, weil es 
einen besseren Ersatz darstellen soll, als unser bestes Anti¬ 
septikum, das Sublimat. Dieses Arzneimittel ist nun seit einigen 
Jahren im Verkehr und nennt sich Sublamin. Das Sublamin 
ist Quecksilbersulfat-Äthylendiamin und besitzt einen Hg-Gehalt 
von ca. 44 Proz. Es kommt in Tabletten ä 1 g in den Handel, 
die sich in Wasser leicht lösen. Die Lösung ist vollkommen 
klar. Es besitzt eine hohe baktericide Kraft und ist hinsichtlich 
der Desinfektion der Haut und der Schleimhäute dem Sublimat 
an desinfizierender Potenz nicht allein vollkommen gleichwertig, 
sondern tibertrifft es infolge der fehlenden EiweißfUllung an 
Tiefenwirkung. Das Sublamin ist ferner für Hände und Haut 
reizlos. Es hat außerdem dem Sublimat gegenüber den Vorzug, 
daß es Nickel-, Gummi- oder Kautschukinstrumente nicht an¬ 
greift und völlig geruchlos ist. Bezirkstierarzt Dorn-Markt- 
erlbach hat zum erstenmal über seine praktischen Erfahrungen 
berichtet mit diesem Mittel, namentlich in der Bujatrik. Ich 
habe in dieser Hinsicht zahlreiche Versuche angestellt und niemals 
Merkurialismus oder sonstige unangenehme Nebenwirkungen 
toxischer Natur beobachten können; die pharmako-dynamische 
Wirkung war in allen Fällen sehr zufriedenstellend. Haupt¬ 
sächlich bediente ich mich des Sublamins bei Erkrankungen des 
Genitaltraktus und bei retentis secundinarum hier mit aus¬ 
gezeichnetem Erfolge. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil 
des Sublamins ist der, daß man es bequem mit sich fuhren kann. 

Von diesen modernen Antisepticis ist nun jedes mit be¬ 
stimmten Vorzügen ausgestattet, die sich in den Dienst der 
Therapie stellen wollen. Sie verfolgen alle denselben Zweck, 
möglichst ungiftig zu sein dem tierischen Organismus, Infektion 
zu verhüten und vorhandene zu beseitigen. 


Das Lezithin und die Form, in welcher man es 
verordnen soll. 

Von Tierarzt Holterbach-Offenburg. 

Das Lezithin, aus dem Eigelb gewonnen (Lecithin ex ovo), 
bildet bekanntlich den Hauptbestandteil der Nervensubstanz und 
wird des besseren Eindrucks halber gern als „Nerven¬ 
substanz“ schlechtweg bezeichnet. Ohne mich auf seine Zu¬ 
sammensetzung, welche man in den Lehrbüchern nachlesen kann, 
näher einzulassen, will ich die für den Praktiker wichtige 
Frage: in welcher Form er dieses Mittel verordnen 
8oll, kurz besprechen. Das ist um so notwendiger, als sich 
das Präparat in der Tat bei verschiedenen Leiden ganz vor¬ 
züglich bewährt hat und voraussichtlich bald in steigendem 
Maße Verwendung finden wird. 

Es hat nebst dem Nachteil des unverschämt hohen Preises 
(3 M. in der Apotheke, 1 M. beim Drogisten pro Gramm!) den 
anderen, daß es sich nur in Öl löst und daß man obendrein 
nach dem Merckschen Jahresbericht pro 1906 zu „Lezithin¬ 
lösungen nur ein mit Alkohol gewaschenes Olivenöl 
verwenden kann“. Billiger wird die Lezithintherapie dadurch 
aber entschieden nicht. Merck gibt als Vorschrift zur Lösung 
an: 0,5 Lezithin und 0,5 Kampfer in 10 ccm (in Alkohol ge¬ 


waschenem) Olivenöl; zur subkutanen Injektion. Auch die sub¬ 
kutane Injektion hat ihre Nachteile; denn die Resorption 
findet nur langsam statt und das Öldepot, das längere Zeit 
an der Injektionsstelle sichtbar bleibt, dient auch nie zur Be¬ 
ruhigung der Eigentümer, besonders nicht bei der Behandlung 
kleiner, wertvoller Hunde. Es ist endlich darauf hinzuweisen, 
daß bei der subkutanen Injektion dieser Lösung, trotz genauester 
Aseptik, Abszesse Vorkommen. Und kein Praktiker wird 
ein solches Ereignis zu den Annehmlichkeiten seines Daseins 
zählen. 

Alles das kann leicht vermieden werden, wenn das Lezithin 
in Pulverform dispensiert wird. Die mir ursprünglich empfohlene 
Verreibung mit Saccharum lactis hat sich nicht bewährt; man 
erhält eine feuchte klebrige, später klümperig werdende Masse 
von unschönem Aussehen, die sich nur schwer handhaben läßt. 
Dagegen gibt die Mischung mit Calcium phosphoricum und 
Magnesia carbonica ein trockenes, feines, rein weißes, 
haltbares Pulver, welches den Tieren mit Leichtigkeit 
beizubringen ist und die charakteristische Lezithin¬ 
wirkung nicht verdeckt (eine Mischung mit Kampfer kann 
nie einwandfrei sein, weil die Kampferwirkung auf das Herz 
viel zu ausgesprochen ist! Sie sollte bei Versuchen schon 
deshalb vermieden werden). 

Ich verschreibe in letzter Zeit: 

Rp.! Lecithin (ex ovo) 5,0 

Calc. phosphoric. pur. 50,0 
m. c. 

Magnes. carbonic. q. s. f. pulv. subtilip. 

Dispens, ad. scatul. 

Davon gebe ieh Hunden 3 bis 5 mal täglich einen Kaffee¬ 
löffel voll in etwas Schleimsuppe. 

Bei welchen Leiden ich das Lezithin in Anwendung bringe 
und mit welchem Erfolg, darüber kann ich heute noch nichts 
sagen. Denn ich beschäftige mich erst seit etwa einem Jahr 
mit diesem neuen Mittel. Und da ist es klar, daß selbst vor¬ 
züglich erscheinende Erfolge noch der Bestätigung durch andere 
Erfolge und durch Kollegen bedürfen, ehe sie Anspruch machen 
können auf Wert. 

Der Preis scheint übrigens in letzter Zeit erheblich ge¬ 
sunken zu sein, was im Interesse aller strebsamen, aber nicht 
im Genuß des freien Selbstdispensierrechts befindlichen Kollegen 
mit Genugtuung zu begrüßen ist. Man kann dann wenigstens 
das Mittel versuchsweise anwenden, ohne befürchten 
zu müssen, durch die gesalzene Apothekerrechnung 
sich seine Praxis zu „verhunzen“. 


Mykotische Magen-Darmentzündung 
infolge Verfiitterung von „Haferwert“. 

Von Tierarzt Carl Berndt-Chemaitz. 

In der hiesigen Posthalterei, die einen Pferdebestand von 
64 Pferden hat, war mir Gelegenheit gegeben, in einer Zeit 
von zehn Tagen vier Fälle von mykotischer Magen-Darm¬ 
entzündung zu beobachten durch Verfütterung von Haferwert. 

Am 9. August v. J. wurde ich zu einem Pferde gerufen 
(Rappwallach, ca. 5 Jahre alt), das schon an Kolik erkrankt 
war. Die Darmperistaltik war vollständig unterdrückt, der 
Mastdarm leer, die Dickdärme dagegen reichlich gefüllt. Die 



0. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29 


Verstopfung wurde nach einer Injektion von 0,1 Eserin sulf. und 
Eingabe einer Pille von 25,0 Extract. Aloes nach acht Stunden 
nicht behoben. Nach dieser Zeit war die Körpertemperatur auf 
40,8° C angestiegen, die Zahl der Atemzüge war 80, Puls 100. 
Trotz dieser beängstigenden Symptome führte eine zweimalige 
Injektion von k 0,5 Bar. Chlorat. intravenös zu einer reichlichen 
Defäkation. Der entleerte Kot war groß geballt, in ein 
schleimiges Netz eingebüllt, mit Blut dnrchtränkt. Diagnose: 
Enteritis. Nach Einfüllen von reichlichen Mengen Leinsamen¬ 
schleim und Desinfektion des Darmrohrs durch Calomel war 
das Pferd am übernächsten Tage wieder arbeitsfähig! 

Innerhalb acht Tagen erkrankten drei weitere Pferde unter 
denselben Symptomen. Das Charakteristische bei allen Er¬ 
krankungen war das plötzliche Ansteigen der Temperatur bis 
zu 41,0 und das Vorhandensein von Blut, das teils dem Kot 
anhaftete, teils an dem in das Rektum eingeführten Arm nach¬ 
weisbar war. 

Obgleich ich schon nach dem zweiten Falle die Ursache 
der Erkrankungen auf den verfütterten Haferwert schob, konnte 
sich der Besitzer, der auf seinem Gut bei Freiberg den Hafer¬ 
wert blank fütterte, und zwar mit gutem Erfolg, zu einer Ein¬ 
stellung der Verfütterung nicht entschließen. Erst nachdem von 
den zuletzt erkrankten drei Pferden zwei umstanden, ließ er 
auf meine Veranlassung eine chemische Untersuchung des Futter¬ 
mittels vornehmen. 

Diese ergab eine äußerst starke Durchsetzung des Mittels 
mit Schimmelpilzen. 

Es ist also bei der Gleichartigkeit der Fälle und den 
charakteristischen Symptomen die Ursache der Erkrankungen 
der Verfütterrog des Haferwertea auzuschreibeo. 

Zu bemerken bliebe noch, daß die Sendung knapp 14 Tage 
geliefert war, daß die Probe zur Untersuchung einem ge¬ 
schlossenen Sack entnommen wurde. Der Futterboden der 
Firma ist technisch ideal angelegt (Fußboden zementiert, im 
zweiten Stock gelegen, luftig, sonnig), so daß also ein Quantum 
von 400 Zentnern bereits verdorben geliefert worden war. 

Wahrscheinlich ist der Gehalt an Rübenschnitzeln und 
Kartoffeln die Ursache der Schimmelpilzbildung. 

Es wäre mir von großem Interesse, auch von anderer Seite 
zu erfahren, ob der oder jener Herr Kollege gleiche Beob¬ 
achtungen gemacht hat. 


Referate. 

Über Kastration and Kastrationsmethoden der 
mfinnlichen Haustiere. 

Von Professor Fr ick- Hannover. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift, 1907, Nr. 47.) 

Prof. Fr ick bespricht die gebräuchlichsten Kastrations¬ 
methoden in bezug auf die Nachblutungs- und Infektionsgefahr. 
Als die idealste Kastrationsmethode männlicher Tiere ist stets 
diejenige anzusehen, wobei die Hoden entfernt werden, ohne 
einen Fremdkörper (Ligatur, totes Gewebe) in der Wunde zu 
hinterlassen, und die gesetzten Wunden per primam intentionem 
oder mindestens ohne Hinzutritt von Infektionen verheilen. 

Bei der Kastration durch Abdrehen, Abquetschen und mit 
dem Emaskulator ist zu beachten, daß erstens die Quetschung 
eine genügend kräftige sein muß, damit die Gefäße auch wirk¬ 
lich derart zugequetscht werden, daß die Blutung steht. Zweitens 


sind Verletzungen der Gefäße zentralwärts von der Quetschungs¬ 
stelle zu vermeiden. Drittens soll die Quetschung nicht hastig 
und flüchtig, sondern bedächtig und langsam ausgeführt- werden 
und viertens müssen auch alle Gefäße, welche für eine Blutung 
in Frage kommen, also auch die Venen an der Außenseite der 
gemeinschaftlichen Scheidenhaut, gequetscht werden. 

Mit Rücksicht auf die Blutstillung soll die Kastration mit 
bedecktem Hoden die Regel sein. Unter Beachtung der obigen 
vier Punkte kann die Kastration dann sowohl durch Abdrehen, 
Abquetschen, als auch namentlich mit dem Emaskulator aus¬ 
geführt werden, ohne wesentliche Blutungen befürchten zu 
müssen. Kommen trotzdem Blutungen vor, so liegt dies meist 
an der Technik und nicht an der Methode oder dem Instrumente. 
In technischer Beziehung hält Fr ick die Kastration mit dem 
Emaskulator für die einfachste Methode. 

Um eine Primärinfektion der Kastrations wunden zu ver¬ 
meiden, sollen die Instrumente 10 Minuten lang gekocht oder 
mindestens 15 Minuten lang in einer Desinfektionsflüssigkeit 
gelegen haben. Die Desinfektion des Operationsfeldes (Vorhaut 
und innere Schenkelflächen) erfolgt durch Abreiben mit Äther, 
absolutem Alkohol oder 1 proz. Terpentinspiritus. Ferner muß 
der Operateur großes Gewicht legen auf die mechanische Reini¬ 
gung der Hände mittels warmen Wassers, Seife und Bürste. 
Dabei ist die gründlichste Reinigung des Nagelbettes und des 
Unternagelraumes vorzunehmen. 

Um aber die Primärinfektion der Wunde auch anderweit 
zu vermeiden, ist es nötig, daß der Operationsakt möglichst 
kurz dauert und die Berührung der Operationswunden mit den 
Händen soweit als nur tunlich vermieden wird. Demgemäß hält 
F.rick die vorhin erwähnte Kastration mit bedecktem Hoden und 
mittels Emaskulators für die empfehlenswerteste Methode, weil 
die Blutstillung genügend ist, weil die Operation schnell von 
statten geht und die Hände kaum mit der Wunde in Berührung 
kommen, und weil endlich die Innenfläche der Tunica vaginalis 
comm. überhaupt nicht freigelegt und somit auch nicht primär 
infiziert werden kann. 

Weiter bespricht Fr ick noch kurz die Sekundärinfektion der 
Kastrationswunden. Das viele Ausspülen mit Desinfektions¬ 
flüssigkeiten ist nicht empfehlenswert. Die Wunde wird dadurch 
unnötig gereizt und die lädierten Gewebe werden in ihrer 
Vitalität schwer geschädigt. Es genügt, wenn in die frische 
Wunde etwas Jodoform eingepudert und die Nachbarschaft der 
Wunde von Zeit zu Zeit mit einem Ätherbausch gereinigt wird. 

Rdr. 

Über die Behandlung der Koliken beim Pferd. 

Von Tierarzt Roux. 

(Reoaeil d’Alfort, 15. Oktober 1907.) 

Vor allen Kolikmitteln spricht der Verfasser dem Chlor¬ 
barium das Lob, das ihn bei 1500 Injektionen nur selten im 
Stiche gelassen hat, und dem er nur zwei plötzliche Todesfälle 
zuschreibeu kann, die aber nur eingetreten sind, weil er es in 
zu hoher Dosis, 0,75—1 g in 10 g Wasser, intravenös injiziert 
hatte. Seitdem er aber in Lösungen von 1:20 zuerst ganz 
langsam 0,50—0,75 g einspritzt und nachher alle halbe Stunden 
0,25 g, hat er keinen Nachteil mehr gesehen. Man kann es 
ganz gut auch in Lösungen von 1:30 subkutan, ohne den ge¬ 
ringsten Schaden zur Folge zu haben, injizieren. 

Es ist sowohl bei Indigestionen als auch bei Kongestionen 
des Darmes angezeigt. Letztere werden durch das Pilokarpin 





30 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


nur verschlimmert, weil die Kongestion durch seine Einwirkung 
auf die sekretorischen Zentren noch befördert wird, was hei 
Anwendung von Chlorbarium, das vorzugsweise auf die glatten 
Muskelfasern der Darmwand einwirkt, gleichwie das Eserin, dem 
aber seinerseits Zerreißungen bei Indigestionen zugeschrieben 
werden, nicht der Fall ist. 

Die Koliken können folgendermaßen eingeteilt werden: 

1. Koliken, die durch Überreizung des Nfervensystems und 
Überspannung der physiologischen Reflexe entstanden sind 
(Kongestionen). 

2. Koliken, die in einer Dopression des Nervensystems und 
einer Verringerung der Reflexe ihre Ursache haben (Indigestionen). 

3. Auf mechanische Weise entstandene Koliken (Brüche, 
Drehungen, Volvulus, Invaginationen). 

Die gleiche Ursache kann je nach dem Nervensystem der 
Pferde hei dem einen eine Kongestion, hei dem andern eine In¬ 
digestion hervorrufen, es hängt nur davon ah wie das Pferd auf 
die Einwirkung von außen reagiert. 

Eine kalmierende Behandlungsweise ist daher gut angewandt 
bei Darmkongestionen; hei den akuten Darmindigestionen ist 
sie schon weniger am Platze und da nur bei Gasentwicklung 
oder gegen das Ende, wenn die Kongestion schon eingesetzt hat. 
Bei den Überfütterungskoliken, in welchen die Sekretionen und 
der Peristaltik den Dienst versagen, ist sie nicht nur unnütz 
sondern geradezu schädlich, wenn auch heftige Schmerzen ob¬ 
walten, weil sie selbst noch diese beiden Funktionen unterbricht. 
Hier übt der Kaffee, der Tee, das Koffein, der Alkohol in 
mittleren Dosen eine gute Wirkung aus. Als kalmierende Mittel 
gelten der Äther, das Antipyrin, die Bromsalze, alles Mittel, die 
nach Ansicht des Verfassers, viel zu .wenig „angewandt,werden« 

Der Äther ist ein Beruhigungsmittel ersten Ranges, das 
als Einguß, Einspritzung oder Klistier seine Pflicht tut. Ver¬ 
möge seiner raschen Verflüchtigung durchzieht es den Darm in 
kürzester Zeit, wirkt dabei aber nicht antisekretorisch wie das 
Opium. Gleichzeitig ist er ein sehr aktiver Vasodilatator des 
subkutanen Blutgefäßnetzes, der das Pferd leicht zum Schwitzen 
bringt. Seine Wirkung wird durch die verschiedenen Methoden 
der Ableitung, wie z. B. durch Synapismen, trockener Reihung 
usw. noch erhöht. Besonders angezeigt ist er bei der Darm¬ 
kongestion, weil er vermöge seiner Flüchtigkeit sofort auf die 
Muköse des Darmes einwirkt. Am besten wird er in fraktio¬ 
nierten Dosen gegeben, z. B. alle zwei Stunden 15 bis 20 g in 
150 g Rizinusöl oder in Injektionen von 10 g alle halbe Stunde. 

Das Antipyrin ist auch ein vorzüglichos Antikongestikum 
und wird in Lösungen von 1:20 zu 5—10 g eingespritzt. 

Gute Resultate hat der Verfasser auch mit intravenösen 
Injektionen von Bromkalium zu 10—15 g in Lösungen von 1:10 
erzielt. 

Rolle der Zuckerfütterung in der Pathogenese der 
Koliken. 

Da die mechanische Arbeit das Produkt der intramuskulären 
Verbrennung von Glykogen ist, ist es von Vorteil, dem Pferde 
auch Zncker in seinen täglichen Rationen zu füttern, damit sich 
immer genügend Glykogen in der Leber und im Blute befindet. 
Fehlt das Glykogen, trotz intensiver Haferfütterung im Muskel, 
so nimmt das Pferd, um die nötigen Kohlehydrate zu bekommen, 
zu viel Stroh und anderes Futter zu sich und überlastet sich 
so den Magen und Darm, was zu Koliken den Anlaß gibt. Ist 
es infolge des Glykogenmangels zu einem überarbeiteten und 


deprimierten Tiere geworden, so ist es den Koliken auch bei 
weitem mehr ausgesetzt, als das gut und richtig genährte 
Pferd. Eine zu reichliche Haferfütterung macht das Pferd zu 
einem plethorischen und schließlich zu einem „exzitierten“, das 
sehr leicht eine Entzündung des Darmes, der Hufe, der Lungen 
oder des Rückenmarks aquiriert. 

Wird dagegen Zucker gefüttert, so erlangt das Pferd die 
größte Widerstandskraft gegen alle die Verdauung störenden 
Ursachen. Anstatt der Melasse füttert man am besten dena¬ 
turierten Zucker, der 80—85 Proz. reinen Zucker enthält, mit 
Salz oder Ölkuchen vermischt, da er rationeller ist wie jene 
und ebenso billig. Helfer. 

Klinische Notizen. 

Von E. Zschokke, Zürich. 

(Schweizer Archiv lflr Tierheilkunde, 49. Bd., 5. Heft) 

Zschokke bespricht zunächst die Schluckbehinderungen 
beim Pferd und bereichert deren Ätiologie durch zwei Krank¬ 
heitsfälle: 

a) Schlundkopflähmung durch Fadenpilzinfektion 
beim Pferd. Letzteres zeigte bei seiner Einstellung in das 
Spital, nachdem es drei Wochen an Halsentzündung vergeblich 
behandelt worden war, außer nebensächlichen Symptomen beider¬ 
seitigen weißen, stark fadenziehenden Nasenausfluß und wein¬ 
rote Verfärbung der Schleimhaut der Nase, der Zunge, des 
Zahnfleisches und der Backen. Konjunktiva und Vaginal Schleim¬ 
haut ließen arterielle Rötung erkennen. Futter und Wasser 
wurden bei Schluckversuchen durch die Nase wieder ausgeworfen. 
Da natürliche Ernährung nicht möglich war und die künstliche 
njcftt, aqsreicli^, jjo, verendetet Tier.der,,Xherap^utiÄchep, 
Maßnahmen. Bei der Sektion fand sich in der Gegend des 
Foramen hypoglossi und bis über das zerrissene Loch hinaus 
ein croupähnlicher, weißgelber, zäh aufliegender Belag in der 
Ausdehnung von 15—20 qcm, in dessen Umgebung das Binde¬ 
gewebe serös durchtränkt ist. Die im Foramen lacerum aus¬ 
tretenden Nerven sind vollständig bedeckt. Die mikroskopische 
Untersuchung der Pseudomemhran ergibt einen Rasen eines 
nicht ermittelten Hyphomyceten (Aspergillus?). Die Schlund¬ 
kopflähmung war die Folge der entzündlichen Gewehsreaktion. 

b) Schlundruptur beim Pferde bildete ebenfalls die 
Ursache einer Schluckbehinderung. Der Sektionsbefund des noch 
vor der Operation verendeten Tieres ergab folgendes: Halsteil 
des Schlundes normal, Brustteil bis zur Mageneinpflanzung arm¬ 
dick vergrößert, mit breiig gasigem Inhalt gefüllt. Schleimhaut 
von der Muskularis strangartig abgehoben und inmitten der 
Brust auf reichlich 10 cm zerrissen. Zwischen Mukosa und der 
serös durchtränkten Muskularis ist stinkendes, dünnhreiiges 
Futter enthalten. An der Schlundeinpflanzung im Magen findet 
sich ein handtellergroßes rundes Geschwür mit wulstigen Rändern. 
Dieser Defekt und die Zerreißung der Brustpartien sind gleich¬ 
altrig zu taxieren. In der linken Thoraxhälfte ist ein gelb¬ 
liches, übelriechendes Exsudat und eine frische Pleuritis vor¬ 
handen. Die beim Abschlucken von Futter entstehenden Reizungen 
bewirkten reflektorisch antiperistaltische Bewegung und Wieder¬ 
aufsteigen des Bissens. 

Weiterhin erwähnt Zschokke einen Fall von akuter 
Myokarditis infolge Druse. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung ließ an zahlreichen Stellen Schwund der Muskelfasern, 
trübe Schwellung und mäßige kleinzellige Infiltration erkennen, 





9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


31 


zuweilen waren außer dem intramuskulären Gewebe nur noch 
Muskelkerne zu erblicken. 

Herzklappendehnung beim Pferd: Den klinischen Be¬ 
fund des Zirkulationsapparates schildert Verfasser wie folgt: 
Bei der Brustuntersuchung sind ganz eigentümliche Herz¬ 
geräusche wahrnehmbar. Im Ruhezustand glaubte man an 
Stelle der beiden Herztöne lediglich ein lautes, gezogenes 
Schwirren zu vernehmen. Der erste Herzton war undeutlich, 
der zweite Ton wurde durch das Schwirren ersetzt. Infolge 
Körperbewegung versehwand das Geräusch, man hörte normalen 
Doppelton. Nach kürzerer Ruhepause stellte sich das Schwirren 
aber wieder ein. Pulszahl betrug 40, Arterienwand fühlte sich 
weich und schlaff an. Die Herzdämpfung war nach hinten um 
ca. 5 cm verbreitert, in der Herzgegend war leises Schwirren 
fühlbar. Stauungserscheinungen fehlten. Die Untersuchung nach 
der Notschlachtnng ergibt außer bedeutender aktiver Hypertrophie 
des linken Herzens starke Ausdehnung der mittleren halbmond¬ 
förmigen Klappe der Aorta. Der hierdurch entstandene sack¬ 
artige Klappenhohlraum faßt bei der Probe 62 ccm Wasser. 
Die Ursache der Klappendehnung konnte nicht ermittelt werden, 
sie bedingte klinisch das heftige Schwirren und die Hypertrophie 
des linken Herzens. 

Akute Nasenstenose veranlaßte bei einem Pferde er¬ 
hebliche nasale Dyspnoe und erhöhte Pulsfrequenz (120). 
Tracheotomie verschaffte etwas Linderung, trotzdem trat sehr 
bald Tod ein. In der Nase fand sich gewaltige venöse Hyper¬ 
ämie, die Nasengänge waren förmlich verschlossen. Die 
kavernösen Körper der Scheidewand erschienen fingerdick ge¬ 
quollen. Embolien, Defekte, entzündliche Beläge fehlten. Ledig- 
lR^Ötattüngshyperämie, deren Entstehung unbekannt blieb, hatte 
den schweren Krankheitsfall und Erstickungstod bedingt. 

J. Schmidt. 

Weitere Untersuchungen über die Ätiologie der 
Schweineseuche und Schweinepest. 

Zweite Mitteilung von Prof. Dr. Oster tag und Dr. Stadie. 

(Zeitschrift f. Infektionen, paras. Krankb. u. Hyg. d. Hauet. Bd. II. S. 425.) 

Die Autoren gehen zunächst auf Hutyras Arbeit (Heft 5 
derselben Zeitschrift) ein und halten vor allem nach dem vor¬ 
handenen Tatsachenmaterial dessen Deduktion für nicht be¬ 
gründet, daß auch die reine, unabhängig von der Schweinepest 
auftretende Schweineseuche durch das filtrierbare Schweinepest¬ 
virus ergänzt werde. — Ferner dürfe die von Preisz auf¬ 
gestellte, von Hutyra vertretene Hypothese nicht verall¬ 
gemeinert werden, daß nämlich die „klassische Schweineseuche“ 
ohne Schweinepest als verheerende Seuche in großen Schweine¬ 
beständen gar nicht beobachtet werde. Die in Deutschland ge¬ 
machten Beobachtungen ergeben die Unzulässigkeit der Preisz- 
schen Annahme. Es gibt ganze Bestände, ja ganze Bezirke, in 
denen lediglich Schweineseuche ohne Schweinepest herrscht. 

Daß die akute, verheerend auftretende „klassische Schweine¬ 
seuche“ im Sinne der Beschreibung von Schütz mit der jetzt 
in Deutschland vorwiegend herrschenden chronischen Schweine- 
seuche unmittelbar zusammenhängt, wird (außer durch die 
bakteriologischen Befunde, durch die im Hygienischen Institut 
in Berlin ausgefübrten Übertragungsversuche und das Akut¬ 
werden chronischer Schweineseuche unter dem Einfluß un¬ 
günstiger Verhältnisse) durch folgende epidemiologische Tat¬ 
sachen erwiesen: 


1. Die akute Schweineseuche geht in chronische über. 

2. Die chronische und die akute Schweineseuche können in 
ein und demselben Bestand herrschen. 

3. Nach der Einfuhr eines chronisch kranken Tieres in einen 
bis dahin unverseuchten Bestand kann die akute, dezi¬ 
mierende Schweineseuche ausbrechen. 

Des weiteren wird über Versuche über die Filtrierbarkeit 
des Virus mit Material von schweineseuchekranken Tieren be¬ 
richtet. In sämtlichen 14 Versuchen hat es sich nur bei 
den früher im hygienischen Institut vorgenommenen 
Übertragungsversuchen gezeigt, daß durch die Ver¬ 
impfung keimfreien Materiales (Blutserum und Lungen¬ 
saft von schweineseuchekranken Schweinen die 
Schweineseuche auf gesunde Tiere nicht übertragen 
werden kann. Im Anschluß hieran teilen die Autoren noch 
die Ergebnisse von Übertragungsversuchen mit filtriertem 
Material von Schweinepest- und gleichzeitig schweineseuche¬ 
kranken Tieren mit. Es geht daraus erneut die Über¬ 
tragungsmöglichkeit der deutschen Schweinepest 
durch filtriertes Material von erkrankten Tieren hervor. 
Das Virus der die Schweinepest komplizierenden 
Schweineseuche ist kein filtrierbares; denn durch die 
intrapleurale Injektion filtrierten Lungenmaterials wurde keine 
Schweineseuche, sondern Schweinepst hervorgerufen. Anderer¬ 
seits hatte die Übertragung nicht filtrierten, den Bacillus 
suisepticus enthaltenden Lungenmaterials bei intrapleuraler Ein¬ 
verleibung stets zum Teil auch bei subkutaner Einverleibung, 
eine Erkrankung an Schweineseuche zur Folge. 

In einem Nachtrag wenden sich die Autoren gegen 
Schreiber« Artikel „Zur Ätiologie der Schweinepest“. 
Schreiber hält bekanntlich an der ätiologischen Bedeutung 
des Bacillus suipestifer für die Schweinepest fest. Richter. 

Über Pseudo-Maul- und Klauenseuche. 

Von Dr. L. Kantorowicz-Mühlberg a. E. 

(ZeitHchr. f. Infektionskrankh., paras. Krankh. u. Hyg. d. Haust. Bd. II, S. 550.) 

Während sich die bisherigen Publikationen über Beuchen¬ 
hafte Erkrankungen der Haut am Maule und der Maulschleimhaut 
bei Rindern, die zur Verwechslung mit Aphthenseuche führen 
können, lediglich auf Pseudo maul seuche beziehen, hatte K. 
Gelegenheit, bei drei Kühen ein seuchenhaftes Exanthem 
am Maule und den unteren Teilen der Gliedmaßen zu 
beobachten. Die drei Kühe zeigten fast übereinstimmend in der 
Hauptsache folgende Erscheinungen: Neben fieberhaftem All¬ 
gemeinbefinden Exanthem am Euter. Auf der Haut des Euters 
finden sich zahlreiche gelblich-graue Knötchen mit einer Delle 
im Zentrum und rötlichem Hof, daneben sieht man aber auch, 
besonders an den Zitzen, einige perlmuttergraue, dünn¬ 
wandige, kleine Bläschen; anscheinend sind letztere teil¬ 
weise geplatzt, ihr mit Blut untermischter Inhalt ist zu Krusten 
eingetrocknet. Nach zwei Tagen ist das Exanthem auf die 
Innenseite der Hinterschenkel übergegangen. Ferner macht sich 
eine in der Fesselbeuge beginnende Dermatitis bemerkbar, die 
später bis über die Sprunggelenke reicht, Bläschen sind nicht 
zu bemerken. Die Haut im Klauenspalt (wegen Lahmheit 
geprüft) ist vermehrt warm gerötet, schmerzhaft und geschwollen 
(bei Kuh Nr. 1 machte sich später Klauenamputation nötig). — 
Am nächsten Tage waren Erscheinungen der Maulschleimhaut 
vorhanden: „Schmatzen“, ferner Zahnfleisch des Unterkiefers 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


und Unterlippenschleimhaut gerötet und geschwollen; an Flotz- 
maul, Oberlippe und um die Nase linsengroße Knötchen. Weiter¬ 
hin erscheint Zahnfleisch des Unterkiefers rein gelb, teils grünlich¬ 
braun, in kleinen, dichten Fältelten liegend; im weiteren Ver¬ 
laufe lösen sich diese Fältchen fetzenartig ab, die Knötchen an 
der Außenseite verschwinden. 

Schlempemauke, Quecksilbervergiftung, Kalkverätzung und 
dergl. waren mit Sicherheit auszuschließen. — Der Verdacht 
auf Maul- und Klauenseuche wurde zerstreut: An den Klauen 
wurden keine Bläschen gesehen; das ausgedehnte mauke- bzw. 
raspeähnliche Exanthem gehört nicht zu den Symptomen der 
eGhten Seuche; die Zunge war nicht ergriffen; zwölf im Stalle 
befindliche Schweine waren und blieben gesund; vier gleichfalls 
im Stalle stehende, gesunde bayrische Ochsen erkrankten auch 
nach einem Infektionsversuch durch Speichelübertragung nicht. 

Richter. 

Die Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit 
Collargol. 

Von Emerich Bar abäs, kün. ung. Tierarzt in lionyhäd. 

(Allatorvosi hapok. 1907, Nr. 48.) 

Bei der Maul- und Klauenseuche hat man schon mit ver¬ 
schiedenen baktericiden Mitteln Versuche angestellt, aber keines 
war imstande, die Krankheit zu coupieren. Vor einigen Jahren 
hat Baccelli das Sublimat intravenös angewendet, anfangs 
hörte man ausgezeichnete Erfolge rühmen, aber bald nachher 
trat tiefes Schweigen auf. Winkler (Gießen) hat mit der 
intravenösen Injektion der 1 proz. Collargollösung bei Maul- und 
Klauenseuche auch gute Erfolge erzielt. Bar ab «äs hat ebenfalls 
das Credösehe Silberpräparat in 1 proz. Lösung in die Jugular- 
vene injiziert, und zwar dem Jungvieh 0,25, dem Erwachsenen 
1 g. Seine Versuche erstreckten sich auch auf kranke Tiere, 
bei welchen schon die typischen Erscheinungen der Maul- und 
Klauenseuche zu beobachten waren, und dann auf künstlich in¬ 
fizierte Tiere, die bei der Injektion noch keine Erscheinungen 
der Maul- und Klauenseuche zeigten. 

Die Versuche ergaben, daß bei einzelnen Fällen nach der 
Anwendung des Collargols die Heilung etwas schneller ein¬ 
getreten ist, wie bei den Tieren, die keine Collargol-Injektion 
bekommen haben. Bei anderen Fällen aber zeigte der Verlauf 
der Krankheit, daß das Collargol kaum einen Einfluß auf die 
Dauer der Seuche ausüben mag, sogar nach wiederholter An¬ 
wendung konnte man keinen wesentlichen Effekt wahrnehmen. 
Auch unmittelbar nach der Infektion war das Collargol nicht im¬ 
stande den Ausbruch der Seuche zu hindern. Die Versuche 
wiesen weiter nach, daß das Collargol auf die Körpertemperatur 
auch keine Wirkung hat. Endlich konnten die CoUargol-In- 
jektionen dem Entstehen der Ulzerationen bei der Maul- und 
Klauenseuche nicht entgegen treten. Die Anwendung des 
Collargols beeinflußt also den Verlauf der Maul- und Klauenseuche 
in keiner Hinsicht nicht. Dr. Z. 

ßlatfilarien bei den Spatzen. 

Von Dr. Gaetano Angelici. 

(Clin. vet. 1906, Nr. 23.) 

Zum Zweck bakteriologischer Untersuchungen kaufte sich 
Verfasser vier Sperlinge von einem Händler in der Nachbarschaft 
von Rom. Am Tage des Kaufes verendete einer davon ohne er¬ 
kennbare Ursache. Wie im Laboratorium üblich wurde die Autopsie 
an dem toten Spatz ausgeführt. An den Organen waren Ver¬ 


änderungen nicht nachzuweisen. Dagegen fanden sich bei der 
mikroskopischen Untersuchung des Herzblutes zahlreiche (in 
jedem Gesichtsfeld- drei bis vier) Embryonen von Blutfilarien, 
die sich lebhaft zwischen den Blutzellen bewegten. Die Para¬ 
siten, die auch im Lungenblut nachgewiesen wurden, batten 
eine Länge von 112-144 und eine Breite von 3—3*/ t ft; ihre 
feinen Enden waren wenig verschieden. Die Vermutung, daß 
sich die ausgewachsenen Formen in den Eingeweiden des Sperlings 
vorfinden würden, bestätigte sich nicht. Ebenso ergab die 
Untersuchung des aus dem peripherischen Blutstrom entnommenen 
Blutes der andern lebenden Spatzen von gleicher Herkunft ein 
negatives Resultat. 

In den frischen Blutpräparaten hielt die Bewegung der 
Embryonen V, bis 1 Stunde an, im Thermostaten lebten sie im 
Blut, das mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt war und 
bei einer Temperatur von 37,5° C nicht länger als 12 Stunden. 

Peter. 

Eine interessante Ursache der traumatischen 
Perikarditis. 

Als Ursache der zahlreichen Notschlachtungen, welche wegen 
Aufnahme von Fremdkörpern bei Rindern nötig werden, sieht 
der landwirtschaftliche Kreisverein in Schmalkalden die Sitte an, 
das Reisig mit Draht zu binden. Die Drahtstücke gelangen 
beim Verbrennen des Holzes in die Asche, von dort auf die 
Wiesen und Felder und bei der Ernte in das Futter und Stroh, 
so daß eine Aufnahme durch das Rindvieh leicht möglich ist. 
Der Verein hat daher bei der Landwirtschaftskammer angeregt, 
den Landwirtscliaftsminlster um den Erlaß einer Verordnung zu 
ersuchen, nach welcher die Verwendung yop Draht zum Binnen 
von Reisig in den Forsten verboten wird. Glage. 


Tagesgeschichte. 

Dr. phil. Pani Bröcher t- 

Der Tierärztliche Generalverein für die Provinz Hannover 
hat durch den in der Weihnachtswoche erfolgten Tod seines 
Ehrenpräsidenten einen herben Verlust erlitten. Paul Richard 
Brücher wurde am 23. November 1826 zu Glandorf im Amte 
Iburg als Sohn des Rechtsanwalts und Notars Ignatz Brücher 
geboren. Nachdem er auf der heimatlichen Schule den Elementar¬ 
unterricht genossen hatte, besuchte er das Gymnasium Carolinum 
in Osnabrück. Er widmete sich darauf dem Studium der Tier¬ 
heilkunde an der hannoverschen Tierarzneischule, die er während 
der Jahre 1845—48 besuchte. Nach Ablegung des Staats¬ 
examens n«ahm er teil an der Expedition nach Schleswig-Hol¬ 
stein in den Jahren 1848—50. Darauf ließ er sich, nachdem 
er mit Fräulein Eleonore Schmidt aus Hannover den Bund 
fürs Leben geschlossen hatte, in Neustadt a. R. nieder, um sich 
dort der tierärztlichen Praxis zu widmen. Er wandte sich 
indes bald der militärtierärztlichen Laufbahn zu und trat als 
Assistenz-Pferdearzt bei der Reitenden Artillerie in Wunstorf 
ein; 1862 wurde er nach Hannover versetzt, um beim Fu߬ 
artillerieregiment Dienst zu tun. Bald darauf bestand Brücher 
das Examen als Regimentspferdearzt und wurde als solcher dem 
Regiment Garde du Corps überwiesen. Nach Auflösung der 
Hannoverschen Armee nach der Schlacht von Langensalza ver¬ 
zichtete er auf die weitere Fortsetzung der militärischen 
Karriere, da zu jener Zeit eine adäquate Stellung in der 







9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


83 


preußischen Armee noch nicht vorhanden war. Brüeher konnte 
sich jetzt ganz der Privatpraxis widmen, acht Jahre war er 
auch als Lehrer an der Tierarzneischule in Hannover tätig. 
Nebenbei fand er auch Gelegenheit, literarisch sich in reichem 
Maß zn betätigen. 

Der Verstorbene erfreute sich in Hannover einer großen 
Beliebtheit und einer umfangreichen Praxis, die schon vor 
längeren Jahren sein Sohn Dr. phil. Carl Brüeher übernommen 
hatte, nachdem der Senior nach Hildesheim verzogen war, um 
im Hanse seines Schwiegersohnes des Kreistierarztes Ernst, 
den Lebensabend zn genießen. 

Bekannt ist Brüchers Interesse für das Vereinsleben der 
Tierärzte. Er fehlte fast nie in den Versammlungen des Tier¬ 
ärztlichen Generalvereins, lange Jahre hat er Ehrenämter im 
Verein bekleidet und häufig hat er in fesselnden Vorträgen oder 
durch reges Eingreifen in die Diskussion ans dem Schatze seiner 
reichen Erfahrungen gespendet. Als ihn die Last der Jahre 
zwang, sich vom Vereinsleben zurückzuziehen, ernannte ihn der 
Verein in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste zum Ehren¬ 
präsidenten. Sein Hauptinteresse war auf den Ausbau der 
kurativen Praxis gerichtet. Seine Liebe zum Beruf, seine 
glänzenden Charaktereigenschaften und seine wahrhaft vornehme 
Gesinnung, lassen ihn uns Tierärzten als leuchtendes Vorbild 
erscheinen. Ein beredtes Zeugnis der Wertschätzung, deren 
sich der Verstorbene zu erfreuen gehabt, war die grosse Be¬ 
teiligung bei der Beisetzung; man bemerkte u. a. auch den 
Bischof der Diözese Hildesheim im Gefolge. Die studentischen 
Korporationen Gothia (akademischer Verein der Technischen 
Hochschule in Hannover) und Saxo-Silesia (katholische Studenten¬ 
verbindung an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover) be¬ 
gleiteten den Trauerkondukt. 

Göttingen, im Januar 1908. 

Dr. Heine, Schriftführer Dr. Esser, Präsident 

des Tierärztlichen Generalvereins für die Provinz Hannover. 

Zar Frage der Mitwirkung der Tierärzte in den 
Kömngskommissionen. 

In ähnlicher Weise wie der Vorsitzende der Landwirtschafts¬ 
kammer von Schleswig-Holstein, Graf Rantzau, in der letzten 
Sitzung der Landespferdezucht-Kommission, den Tierärzten all¬ 
gemein die Befähigung als stimmberechtigte Mitglieder in den 
Hengstkörungskommissionen zu fungieren absprach, hat kürzlich 
das Kreistagsmitglied Graf Görtz-Wrisberg zu Wrisbergholzen 
in dem Kreistage des Kreises Alfeld eine gleiche Erklärung 
bezüglich einer eventuellen Beteiligung der Tierärzte bei den 
Stierkörungskommissionen abgegeben. Zum besseren Verständ¬ 
nisse mögen die betreffenden Referate beider in Alfeld er¬ 
scheinenden Zeitungen hier ungekürzt folgen: 

Die Alfelder Zeitung vom 21. Dezember 1907 berichtet: 

8. Wahl von drei Mitgliedern zur Stierkörungskommission 
für die Jahre 1908 und 1909. Es scheiden infolge Ablaufens 
ihrer Wahlzeit aus: Hofbesitzer LÖhr-Adenstedt, Rentner 
H. Sander-Kl. Freden, Vollmeier H. Steins-Höyershausen. 
Der Vorsitzende verliest eine Verfügung des Herrn Regierungs¬ 
präsidenten, wonach in die Stierkörungskommission möglichst 
auch die Tierärzte gewählt werden sollen. Graf Wrisberg- 
Wrisbergholzen hält das nicht für erforderlich. Die Tierärzte 
möchten in ihrem Fache noch so tüchtig sein, von der Viehzucht 
verständen sie doch nichts. Da es sich auf Befragen des 


Vorsitzenden ergibt, daß die Vertreter des Kreistages 
gleicher Ansicht sind, wird davon abgesehen, Tierärzte in 
die Kommission zu wählen. Es erfolgt Wiederwahl der bis¬ 
herigen Mitglieder. 

Die Niedersächsische Volkszeitung vom 22. Dezember 1907 
äußert sich folgendermaßen: 

Bei Erörterung des Punktes: Wahl von Mitgliedern der 
Stierkörungskommission trägt Vorsitzender eine Verfügung des 
Regierungspräsidenten vor, nach der in diesen Kommissionen, 
Tierärzte, die mit der Viehzucht vertraut sind, zu wählen seien, 
worauf Graf Goertz-Wrisberg unter allgemeiner Zu¬ 
stimmung und Heiterkeit erklärt, daß er zwar sehr 
tüchtige Tierärzte kennen gelernt habe, „aber von der Viehzucht 
verstehen die Leute den Deubel was“. 

Also genau wie in der Sitzung der Landespferdezuclit- 
komraission, geben auch im Alfelder Kreistage die Mitglieder 
allgemein ihre Zustimmung zu der Stellung der Referenten 
kund und nehmen eine die Tierärzte von der Körungskommission 
ausschließende Resolution an. Das Betrübende bei den in beiden 
amtlichen Körperschaften gefaßten Beschlüsse liegt meines 
Erachtens viel weniger darin, daß die Landwirte uns Tierärzte 
von den Körungskommissionen überhaupt ausgeschlossen wissen 
wollen, wodurch wir allerdings gehindert werden bei der Vieh¬ 
zucht, die doch einen nicht unwesentlichen Zweig unserer 
Wissenschaft darstellt, mitzuwirken und uns darin praktisch zu 
vervollkommnen, sondern der Schwerpunkt ruht für uns Tier¬ 
ärzte vielmehr in der vorgeschobenen Ursache des Ausschlusses, 
nämlich in der angeblich mangelnden Befähigung der Beurteilung 
von Zuchttieren. Mit Recht sind derartige nicht begründende 
Ansichten der Landwirte über unsere tierzüchtlerischen Kennt¬ 
nisse geeignet, eine tiefgehende Verstimmung zwischen Land¬ 
wirtschaft und Tierheilkunde hervorzurufen, wie schon in der 
Versammlung der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks 
Schleswig am 15. Dezember 1907 vom Vorsitzenden Veterinär¬ 
rat Dr. Foth treffend hervorgehoben ist. Mit Herrn Foth bin 
auch ich der Ansicht, daß wir Tierärzte es uns schuldig sind, 
zu der durch diese Vorgänge geschaffene Sachlage Stellung zu 
nehmen und daß dieser Gegenstand, sowohl in der Fachpresse, 
wie in den tierärztlichen Vereinen, und in der nächsten Sitzung 
der Zentralvertretung preußischer Tierärzte zur eingehenden 
Besprechung gelangen muß. Man kann es begreiflich finden, 
wenn die Landwirte ein Interesse daran haben, in ihren Körungs¬ 
kommissionen unter sich zu sein, da ihnen die Mitwirknng der 
Tierärzte vielleicht unbequem sein könnte; wenn sie aber die 
Ausschließung der Tierärzte dadurch zu erwirken suchen, daß 
sie uns Tierärzten ganz allgemein jedes Verständnis von der 
Viehzucht absprechen, das verpflichtet den ganzen tierärztlichen 
Stand zu energischer Abwehr. F. 

Verband der Privattierärzte in Preußen. 

(Vergl. hierzu B. T. W. Nr. 1, S. 8.) 

Am Sonntag, den 8. Dezember 1907, vormittags 11 Uhr, fand 
im Anatomischen Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule 
eine Delegiertenversammlung des Verbandes der Privattierärzte 
statt, an der außer etwa 60 Delegierten als Gäste teilnahinen: Herr 
Professor Eberlein, der sein lebhaftes Interesse an den Be 
Strebungen der Privattierärzte auch durch wiederholtes erfolgreiches 
Eingreifen in die Debatte betätigte; der Vorsitzende des Vereins 
beamteter Tierärzte Herr Professor Peter, der auch wiederholt das 
Wort nahm; ferner von der Vereinigung der sächsischen Privat¬ 
tierärzte die Kollegen Schmidt-Königswartha und Bierig*Bautzen; 


*♦* 




34 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


sowie schließlich als Vertreter der Gruppe der Privattierärzte 
der Provinz Ostpreußen die Kollegen Kalcher-Lasdehnen und 
Zwirner-Barton. Ihr Erscheinen hatten ferner zugesagt die Herren 
Veterinärräte I>r. Arndt und Nevermann, die jedoch im letzten 
Augenblick behindert waren. Von den als Gäste Geladenen hatten 
ihr Fernbleiben entschuldigt die Herren Professor Schmaltz und 
Dr. BrUcher-Hildesheim. 

Der Vorsitzende, Tierarzt Arnous, begrüßt die Erschienenen 
und verliest die eingelaufenen Schreiben. 

1. Versicherungsgesetz. Der Vorsitzende legt dar, daß 
die §§ 120, 123 und 124 dieses Gesetzes, das zurzeit in der 
Kommission des Reichstages beraten wurde, geeignet seien, der 
Kurpfuscherei erheblich Vorschub zu leisten. Hier tue schleuniges 
Eingreifen not, und es würde sich deshalb empfehlen, dem Reichs¬ 
tage so schleunigst als möglich eine Petition einzureichen und um 
Berücksichtigung der Interessen der Tierärzte zu bitten. Die Ver¬ 
sammlung beschließt, an den Reichstag folgende Eingabe zu richten: 

Der Verband der Privattierärzte in Preußen erklärt, daß er 
als sachkundig zur Beurteilung kranker Tiere nur approbierte 
Tierärzte erblicken kann und erlaubt sich, auf die schweren Ein¬ 
bußen hinzuweisen, die sowohl den Tierbesitzern als auch den 
Versicherungsgesellschaften durch die Zuziehung sogenannter 
Sachverständiger erwachsen dürften. 

2. Kassenbericht. Aus dem vom Kassierer Kollegen Naumann 
(Halberstadt) erstatteten Bericht geht hervor, daß der Barbestand 
sich nur noch auf 787 M. beläuft. Da größere Ausgaben bevor- 
stehen, müsse eine neue Umlage erhoben werden. Die Versammlung 
beschließt nach dem Anträge des Kassierers, im Januar 1908 für 
jedes Mitglied eine Umlage von 5 M. zu erheben; davon sollen 
2 M. in die Gruppenkasse und 3 M. in die Generalkasse fließen. 
Die Einziehung dieser Beiträge soll, entsprechend einem Anträge 
der Gruppe Brandenburg, nicht mehr wie bisher durch den General¬ 
kassierer, sondern durch die einzelnen Gruppen erfolgen. 

3. Jährliche Generalversammlungen. Die Gruppe Branden¬ 
burg stellt den Antrag, daß jährlich Generalversammlungen statt¬ 
finden Bollen. Gegen diesen Antrag werden von verschiedenen 
Seiten Bedenken erhoben; insbesondere wird der Ansicht Ausdruck 
gegeben, daß das Interesse der Kollegen größer sein werde, wenn 
die Generalversammlungen nur dann stattflnden, wenn wichtige 
Fragen zu erörtern seien; es sei besonders zu fürchten, daß das 
Interesse der Auswärtigen erlahmen werde, wenn sie häufiger hach 
Berlin kommen müßten, was für einen Privattierarzt sich nicht 
immer ermöglichen lasse. Demgegenüber wird von Herrn Professor 
Eberlein und Kollegen Loewner geltend gemacht, daß gerade 
die jährliche Zusammenkunft der Kollegen die Teilnahme an den 
Bestrebungen des Verbandes eine immer engere werden würde; 
es sei auch mit Sicherheit anzunehmen, daß es an aktuellen StofFen 
für die nächsten Jahre nicht fehlen werde (z. B. Promotion, Seuchen¬ 
gesetz, Milchkontrolle). Auf Grund dieser Darlegungen beschließt 
die Versammlung einstimmig, daß jährlich mindestens eine 
Generalversammlung stattfinden solle. Kollege Beust regt 
an, ein für allemal einen bestimmten Termin festzusetzen. Es wird 
beschlossen, diesem Wunsche zu entsprechen und auf der nächsten 
Generalversammlung, die am 26. April 1908 in Berlin statt¬ 
finden soll, einen festen Termin für die Generalversammlungen zu 
bestimmen; die Gruppen sollen sich bis dahin schlüssig machen, 
welchen Zeitpunkt sie für den besten halten. 

4. Statutenänderung. Auf Wunsch des Vorsitzenden wird 
beschlossen, der nächsten Generalversammlung den Antrag zu unter¬ 
breiten, daß der Vorstand nicht auf jeder Generalversammlung 
neu gewählt werden muß, da es zweckmäßig sei, daß er auf 
längere Zeit im Amte bleibe. Ein Antrag dos Kollegen Maak, 
auf der nächsten Generalversammlung eine generelle Umarbeitung 
der Statuten vorzunchmen, wird abgelehnt. 

T>. Vorgehen der ostpreußischen Gruppe. Kollege 
Kalcher berichtet, daß die ostpreußischen Privattierärzte dem 
Herrn Landwirtschaftsminister eine ausführliche Denkschrift über 
die Lage der Privattierärzte cingereicht hätten und bittet, der Ver¬ 
band möge sich den in dieser Denkschrift aufgestellten Forderungen 
anschließen. Die Teile der Denkschrift, die sich auf die folgenden 
Punkte der Tagesordnung beziehen, werden verlesen und finden auf 


allen Seiten lebhafteste Zustimmung. Den Wunsch der ostprenßischen 
Kollegen, sich mit allen Ausführungen der Denkschrift solidarisch 
zu erklären, glaubt die Versammlung jedoch nicht erfüllen zu 
können. Denn es handelt sich in der Denkschrift zum Teil um rein 
lokale Angelegenheiten, zum anderen Teil um Fragen, die noch 
nicht genügend geklärt sind; und so weit es sich um die Fleisch¬ 
beschau und die Seuchentilgung handelt, erübrigt sich eine Stellung¬ 
nahme durch die zu diesen Punkten in der Versammlung gefaßten 
Beschlüsse. 

6. Fleischbeschau. Es ergreift zunächst Kollege Meier- 
Ketzin das Wort zu seinem Referat Über die Frage: Wodurch 
läßt sich das Ansehen der Tierärzte in der Fleisch¬ 
beschau hebend Der ausgezeichnete Vortrag, der von der Ver¬ 
sammlung mit lebhaftestem Beifall aufgenommen wird und der 
in Nr. I der B. T. W. 1908 bereits veröffentlicht ist, gipfelt in der 
Forderung: Das Ansehen der Tierärzte in der Fleischbeschau zu 
verbessern und die Stellung derart zu gestalten, daß die Tierärzte 
dem Laien gegenüber eine andere Stelle einnehmen als bisher. 

Statt des am Erscheinen verhinderten Kollegen Steinmeyer- 
Weißenfels referiert sodann Kollege Nauman über das Thema: 
Beaufsichtigung der Fleischbeschauer durch die Er¬ 
gänzungsbeschautierärzte. Zum Beweise, wie notwendig eine 
Beaufsichtigung der Laienfleischbeschauer sei, verweist der Referent 
auf den in Nr. 23 der „Rundschau auf dem Gebiete der gesamten 
Fleischbeschau und Trichinenschau“ veröffentlichten Bericht über 
die erste Versammlung der beamteten Tierärzte des Regierungs¬ 
bezirks Königsberg. Die hier zur Sprache gebrachten Mißständc 
ließen wohl den Schluß zu, daß die Kontrolle der Beschaubücher 
und die alle zwei Jahre stattfindenden Revisionen nicht genügten, 
sondern es müsse erstrebt werden, daß die Beschauer bei ihrer 
Arbeit einer häufigeren Kontrolle durch den Ergänzungsbeschauer, 
der in diesem Falle amtliche Funktionen ausüben würde, unterworfen 
werden; und es müßten außerdem die Fälle erweitert werden, die 
der Entscheidung der tierärztlichen Beschauer Vorbehalten sind, 
auf Rotlauf, Schweineseuche, Schweinepest und eventuell auf alle 
NölscYdachtungen. Es werde sich' vielleicht empfehlen, ** in diesem 
Sinne bei dem Herrn Landwirtschaftsminister vorstellig zu werden. 

Kollege Dr. Zchl referiert darauf über das Thema: Auf 
welche Weise kann es erreicht werden, daß bei Beur¬ 
laubungen von längerer, einige Tage überschreitender 
Dauer eines in der Fleischbeschau tätigen Tierarztes 
nicht der Laien Vertreter, sondern der von dem Tierarzt 
vorgeschlagene tierärztliche Vertreter ohne weiteres 
auch als Vertreter in der Fleischbeschau bestallt wird? 
Der Referent legt dar, daß es für den Bescbautierarzt nicht nur 
von moralischem, sondern auch von erheblichem pekuniären Nach¬ 
teil sei, wenn bei Beurlaubungen nicht der Praxisvertreter, sondern 
ein Laie mit der Stellvertretung in der Fleischbeschau betraut 
würde. Während nun bisher im Regierungsbezirk Potsdam dem 
Laienbeschauer grundsätzlich die Vertretung übertragen wurde, sei 
hierin eine Modifikation eingetreten, nachdem im Aufträge des Tier¬ 
ärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg Herr Veterinärrat 
Arndt bei der Regierung in Potsdam vorstellig geworden sei. Es 
sei gleichsam ein Kompromiß zustande gekommen, da fortan dem 
Praxis Vertreter auch die Vertretung in der Fleischbeschau über¬ 
tragen werden solle in Orten, in denen Schlächter wohnen, die 
Fleisch exportieren. Da dies durchweg in der Nähe größerer 
Städte der Fall sein würde, werde man bei diesem Punkt einsetzen 
können. Ehe man daher beim Herrn Landwirtschaftsminister vor¬ 
stellig werde, solle man abwarten, ob man auf diesem Wege nicht 
zum Ziele komme, und er empfehle daher, eine Eingabe bis zur 
nächsten Generalversammlung zu vertagen. 

Kollege Schill in g-Osterwieck bespricht dann die Frage: An 
wen werden am besten die Beschaubücher ausgehändigt? 
Der Referent spricht sich gegen die neuerliche Verfügung aus, daß 
die Beschaubücher der Tierärzte an den Krcisticrarzt eingeschickt 
werden müssen, der unter den heutigen Verhältnissen als nicht voll 
besoldeter Beamter doch immer ein Konkurrent des Tierarztes sei. 
Es würde sich daher empfehlen, anzuordnen, daß die Beschaubücher 
der tierärztlichen Fleischbeschauer der zuständigen Polizeibehörde 
eingehändigt werden müssen. 







9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


35 


Kollege Dr. Zehl referierte dann über das Thema: Den in 
der Fleischbeschau tätigen Tierärzten soll auf ihren 
Antrag hin ohne Einschränkung freigegeben werden: 
die Begutachtung außerhalb ihres Beschaubezirkes not¬ 
geschlachteter Tiere, die vorher von denselben behandelt 
worden sind, wie es bis vor dem Inkrafttreten der Ver¬ 
fügung vom 19. Oktober 1906 gewesen ist. Der Referent 
führt aus, daß der § 7 der Ausführungsbestimmungen zura Reichs- 
fleischbeschaugesetz den Tierärzten die Möglichkeit einräume, auch 
außerhalb ihres Beschaubezirks die Beschau bei notgeschlachteten 
Tieren auszuüben, wenn dieselben in ihrer Behandlung gewesen 
seien. Dieses Recht werde sehr erheblich eingeschränkt durch die 
Verfügung des Herrn Landwirtschaftsministers vom 19. Oktober 1906, 
wonach die Beschau nur dann ausgeübt werden dürfe, wenn der 
behandelnde Tierarzt bei der Notschlachtung selbst zugegen sei; 
es sei aber auf dem Lande fast unmöglich, daß der die Not¬ 
schlachtung anordnende Tierarzt die Schlachtung abwarte. Wenn 
aber nicht der behandelnde, sondern der später zugezogene Er- 
gänzungsbeschauticrarzt das Fleisch zu begutachten habe, sei für 
den Besitzer die Gefahr sehr groß, daß das Fleisch verworfen 
wird, zumal z. B. der Regierungspräsident von Potsdam durch eine 
Verfügung vom Juni d. J. die besonders peinliche Untersuchung 
notgeschlachteten Fleisches ohne voraufgegangene Lebendbeschau 
gefordert habe. Im Interesse der Tierbesitzer und um die Praxis 
eines Beschautierarztes außerhalb seines Beschaubezirks nicht zu 
gefährden, müsse hier eine Änderung angestrebt werden. Der 
Referent beantragt daher, dem Herrn Landwirtschaftsminister die 
folgende Resolution zur Kenntnis zu geben: 

Der Verband der Privattierärzte erklärt es im Interesse einer 
gedeihlichen Weiterentwicklung des privattierärztlichen Standes, 
der in seiner Mehrzahl mit der Fleischbeschau befaßt ist, für un¬ 
bedingt erforderlich, daß es jedem Tierarzt auf seinen Antrag und 
zwar ohne jede einschränkende Klausel gestattet sein soll, not¬ 
geschlachtete, vorher von ihm behandelte Tiere auch außerhalb 
seines Beschaubezirks begutachten zu dürfen. 

In der Diskusßion über diese vier Vorträge schlägt zunächst 
Kollege Loewner vor, den ersten Referenten mit der Ausarbeitung 
einer Denkschrift zu beauftragen, die sobald als möglich dem 
Landwirtschaftsministerium überreicht werden soll. Die Herren 
Dr. Kantorowicz und Professor Dr. Eberl ein bitten, von der 
im Anträge Zehl vorgesehenen zweijährigen Karenzzeit Abstand 
zu nehmen, um den jungen Anfängern das Emporkommen nicht zu 
sehr zu erschweren. Dr. Zehl erklärt, auf diese Forderung persön¬ 
lich keinen Wert zu legen; er habe sie nur gestellt in der Annahme, 
daß man an maßgebender Stelle nicht geneigt sein würde, auch 
solchen Kollegen, die noch keine praktischen Erfahrungen besitzen, 
grundsätzlich die Beschau der auf ihre Anordnung notgeschlachteten 
Tiere zu übertragen. Herr Professor Peter legt dar, daß die 
Laienbeschauer durch die Kreistierärzte beaufsichtigt werden müßten; 
er halte aber persönlich auch die Forderung für durchaus berechtigt 
und durchführbar, daneben auch die Ergänzungsbeschautierärzte mit 
der Beaufsichtigung der Laienbeschauer zu betrauen. Die Ein¬ 
sammlung der Beschaubacher erfolge nicht zum Zweck der Kon¬ 
trolle, zu der es den Kreistierärzten auch an der nötigen Zeit fehle, 
sondern lediglich zwecks Aufstellung der Statistik. Den von den 
Referenten erhobenen Forderungen wohne fast durchweg ein berech¬ 
tigter Kern inne, und es sei auch kaum zu bezweifeln, daß im 
Laufe der Jahre ein großer Teil derselben in Erfüllung gehen werde. 
Mit einer weitherzigeren Auslegung des § 7 seien auch die be¬ 
amteten Tierärzte durchaus einverstanden, die ja in dieser Be¬ 
ziehung denselben Beschränkungen unterworfen seien wie die 
Privattierärzte. Kollege SiemBBen teilt mit, daß im Regierungs- 
Bezirk Frankfurt a. 0. die Beschaubücher an die Polizeibehörden 
abzuliefern sind. Diesen Zustand erklärt auch der Referent Schil¬ 
ling für wünschenswert. Demgegenüber macht Herr Professor 
Peter erneut geltend, daß die Bücher unbedingt den Kreistierärzten 
übergeben werden müßten zur Aufstellung der vom Statistischen 
Landesamt geforderten statistischen Ermittlungen. Der kollegiale 
Takt der Kreistierärzte würde es verhindern, daß daraus etwa einem 
Privattierarzt ein Schaden entstünde. Kollege Mank hebt hervor, 
daß die Anstellungsbedingungen für die Beschautierärzte durchweg 


sehr ungünstig seien; insbesondere müsse gefordert werden, daß 
ihre Entlassung nicht, wie es vielfach geschehen sei, erfolge, ohne 
daß ihnen überhaupt nur mitgeteilt würde, aus welchen Gründen 
man auf ihre Dienste verzichte. Auch Kollege Meßler erklärt es 
für unbedingt erforderlich, daß der jetzige Zustand, bei dem die 
Beschautierärzte völlig rechtlos seien, geändert werde; es müsse 
eine Instanz geschaffen werden, bei der sich im Falle von Diffe¬ 
renzen die Tierärzte ihr Recht holen könnten. 

Die Diskussion wird darauf geschlossen, und die Versamm¬ 
lung beschließt einstimmig nach dem Anträge Loewner, dem 
Ministerium eine Denkschrift einzureichen, in der die 
Wünsche der Privattierärzte bezüglich der Fleisch¬ 
beschau dargelegt werden. Der Vorsitzende weist darauf 
hin, daß es nötig sein werde, über die Durchführung des § 7, die 
in den einzelnen Regierungsbezirken sehr verschieden sei. noch 
genauere Ermittlungen anzustellen. Es sei auch wohl zu erwägen, 
ob nicht allen Tierärzten, ohne Rücksicht darauf, ob sie Beschau¬ 
tierärzte sind oder nicht, die Beschau bei den von ihnen behandelten 
notgeschlachteten Tieren übertragen werden sollte. Es dürfte sich 
empfehlen, über diese Frage bis zur Generalversammlung im April 
Material zu sammeln, und erst dann mit einer Denkschrift an das 
Ministerium heranzutreten. Der Referent Meier (Ketzin) erklärt 
sich damit einverstanden, daß über die Stellungnahme zu § 7 erst 
später ein Beschluß gefaßt würde. Im übrigen aber handele es sich 
hier hauptsächlich um die Laienbeschauer, und es wäre höchste 
Zeit, die maßgebenden Stellen endlich einmal über die auf 
diesem Gebiete bestehenden Mißständc aufzuklären. Auch Kollege 
Loewner hält die sofortige Einreichung der Denkschrift für ge¬ 
boten. Dr. Kantorowicz erklärt es für angemessener, die Denk¬ 
schrift durch eine Kommission ausarbeiten zu lassen und der 
nächsten Generalversammlung vorzulegen. Gegen diesen Vorschlag 
wird von mehreren Seiten Widerspruch erhoben, und die Versamm¬ 
lung beschließt einstimmig, die Denkschrift sobald als möglich 
dem Ministerium einzureichen. Mit der Ausarbeitung wird Kollege 
Meier unter Mitwirkung des Vorsitzenden betraut. 

Darauf tritt eine eiustündige Frühstückspause ein. 

7. Sodann nimmt Kollege Beust das Wort zu seinem Vortrage 
über die Mitwirkung der Privattierärzte bei der Seuchen¬ 
tilgung. Der Referent führt aus: Nicht minder als das Damokles¬ 
schwert der Fleischbeschau bedrückt den tierärztlichen Stand die 
Sorge um die kurative Praxis. Die Privattierärzte haben allen An¬ 
laß, sich energisch dagegen zu wehren, daß die freie Praxis in 
Fesseln gelegt wird. Es darf nicht dahin kommen, daß es nicht 
mehr einen einheitlichen tierärztlichen Stand, sondern nur noch eine 
tierärztliche Staatskarriere mit höheren und niederen Graden gibt. 
Wenn auch die große Mehrzahl der Kreistierärzte mit dem gleichen 
Takt, den Herr Professor Peter an den Tag legte, Kollegialitäts¬ 
gefühl besitzen, so muß doch leider festgestellt werden, daß be¬ 
amtete Tierärzte in einzelnen Fällen bestrebt sind, die Kollegen 
herabzudrücken. Ist es doch so weit gekommen, daß mit Privat¬ 
tierärzten gewissermaßen Nachprüfungen in Gegenwart von Fleischer- 
meistern abgehalten worden sind, und es ist zu befürchten, daß 
derartige Erfahrungen, wie sie bei der Fleischbeschau gemacht 
worden sind, sich bei weiterer Einengung der kurativen Praxis noch 
vermehren werden. Ich bin weit entfernt, den beamteten Tierärzten 
das nehmen zu wollen, was sie besitzen; aber wir müssen uns da¬ 
gegen wehren, daß jetzt fast sämtliche Tierkrankheiten als Seuchen 
behandelt werden sollen. Wenn, wie es in Ostpreußen Beit 1898 
und in Sachsen seit 1904 geschieht, die Anzeigepflicht auch noch 
auf Druse und Influenza ausgedehnt wird, dann wird eigentlich den 
Privattierärzten jede Möglichkeit des Erwerbes genommen und sie 
geraten in ein Hörigkeitsverhältnis zu den beamteten Tierärzten. 
Die Influenza z. B. unter das Seuchengesetz zu stellen, geht auch 
deswegen nicht, weil selbst unter den Koryphäen der Wissenschaft 
über diese Krankheit noch keine Klarheit herrscht; man könnte 
hier also nur tappend und versuchend Vorgehen, und dabei er¬ 
scheint die Besorgnis einer Blamage für den tierärztlichen Stand 
nicht unberechtigt. Ferner kann die Tuberkulose bei ihrer großen 
Verbreitung mit Erfolg gar nicht ohne die Mitwirkung der Privat¬ 
tierärzte bekämpft werden. Es muß auch dagegen Einspruch er¬ 
hoben werden, daß die Landwirtschaftskammern sich durch An- 



36 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Stellung von sogen. Vertrauenstierärzten das Privilegium der Tuber- 
kIllosetilgung anmaßen. Wenn die Privattierärzte nicht erdrosselt 
werden wollen, dann müssen sie jetzt schnell und energisch Vor¬ 
gehen. Es muß vor allen Dingen darauf hingewirkt werden, daß 
von der Möglichkeit, die der § 2 des Seuchengesetzes vorsieht, in 
besonderen Fällen auch nicht beamtete Tierärzte zur Seuchentilgung 
zuzuziehen, ein möglichst weitgehender Gebrauch gemacht wird. 
Bisher ist von dieser Befugnis lediglich zugunsten der Assistenten 
der Kreistierärzte Gebrauch gemacht worden, während alte er¬ 
fahrene Praktiker diesen meist sehr jungen Herren haben nach¬ 
stehen müssen. Ich bitte deshalb, folgende Resolution anzunehmen: 

Es möge der § 2 des Seuchengesetzes in dem Sinne 
abgeändert werden, daß eine geordnete und allgemeine 
Mitwirkung der nicht beamteten Tierärzte, die für all¬ 
gemeine und viel verbreitete Seuchen nicht zu umgehen 
ist, vorgesehen und ermöglicht wrird. Ich wiederhole, daß 
ich die Domäne der Kreistierärzte nicht einschränken will, sondern 
ich will lediglich erreichen, daß bei einer Erweiterung des Seuchen¬ 
gesetzes auch die Privattierärzte zugezogen werden. Wird so eine 
gemeinsame Tätigkeit der beamteten und der Privattierärzte in der 
Seuchentilgung erreicht, dann wird auch die Spaltung, die das 
Fleischbeschaugesetz in unsere Reihen getragen hat, wieder be¬ 
seitigt werden. 

Der Vorsitzende dankt dem Referenten für seine Aus¬ 
führungen und eröffnet die Diskussion. 

Der Antrag der Gruppe Anhalt Sachsen, die Anzeigepflicht bei 
Seuchen für die Tierärzte aufzuheben, wird unter dem Beifall der 
Versammlung von Herrn Naumann fallen gelassen. 

Herr Kal eher legt dar, daß die ostpreußischen Tierärzte in 
ihrer Eingabe an den Minister genau denselben Standpunkt ein¬ 
genommen haben. Daß die Bekämpfung der acht Seuchen, die 
1880 in das Gesetz aufgenommen wurden, den Kreistierärzten Vor¬ 
behalten blieb, war schonyum deswillen berechtigt, weil es auf dem 
Lande damals überhaupt kaum Privattierärzte gab; nachdem aber 
durch die Fleischbeschau die Zahl der Privattierärzte sich erheblich 
vermehrt habe, sei cs nur gerechtfertigt, sic bei einer weiteren 
Ausdehnung des Gesetzes zur Mitwirkung heranzuziehen, sonst 
würden z. B. in Ostpreußen 50 Proz. der Privattierärzte brotlos 
werden. 

Dr. Flatten erinnert daran, daß der Veterinärrat sich bereits 
in München dagegen ausgesprochen hat, daß die Influenza unter 
das Seuchengesetz gestellt wird. Diesen Standpunkt müßte die 
tierärztliche Gesamtheit noch heute einnehmen, da es nicht zweifel¬ 
haft sein könne, daß eine Tilgung dieser Krankheit mit den Mitteln, 
die bisher bei der Seuchenbekämpfung angewandt wurden, aus¬ 
geschlossen sei, und daß derselbe Mißerfolg zu erwarten sei, der 
sich bei Bekämpfung der Schw r einesouche gezeigt habe. Die gesetz¬ 
gebenden Körperschaften und die maßgebenden Berater der Regie¬ 
rung müßten gerade auf diesen Umstand hingewiesen w f erden. Es 
würde sich überhaupt empfehlen, von bestimmt formulierten An¬ 
trägen abzusehen und sich damit zu begnügen, für die Privattier¬ 
ärzte eine ihrer Vorbildung und ihrer praktischen Erfahrung ent¬ 
sprechende Beteiligung an der Seuchentilgung anzustreben; die 
veterinärpolizeilichen Maßnahmen müßten natürlich den beamteten 
Tierärzten Vorbehalten bleiben. 

Herr Professor Peter bittet zunächst, in seinem heutigen 
Gegenbesuch nicht einen Akt der Höflichkeit, sondern einen Beweis 
dafür zu sehen, daß auch die beamteten Tierärzte den Wunsch 
haben, sich mit den Privattierärzten zu verständigen, was am besten 
durch den gegenseitigen Verkehr der beiden Gruppen untereinander 
geschehen könne. Für die Privattierärzte w^erde sich zweifellos 
vieles erreichen lassen und erreicht werden müssen, wenn auch 
nicht in dem Galopptempo, das gerade hinsichtlich der Beteiligung 
an der Seuchenbekämpfung eingeschlagen werden solle. Er würde 
z. B. gegen eine weitergehende Beteiligung der Privattierärzte bei 
der Feststellung des Seuchenfalls und gegen ihre Zuziehung bei der 
Obduktion nichts einzuwenden haben. Fälle, in denen ein Kreis¬ 
tierarzt gelegentlich seines Eingreifens bei einer Seuche die Praxis 
an sich zu reißen suche, seien ihm noch nicht zu Ohren gekommen: 
er würde cs sogar für richtig halten, wenn der Kreistierarzt ein 
Anerbieten auf Übernahme der Praxis in einem solchen Falle ab¬ 


lehnen würde. Dem Assistentenwesen würde eine viel zu große 
Bedeutung beigelegt; einmal gebe es nur wenige Kreistierärzte, die 
sich einen Assistenten halten, und zudem w'ürde nur in besonderen 
Fällen auf Anordnung der Vorgesetzten Behörde dem Assistenten 
eine Mitwirkung bei der Seuchcntilgung übertragen. Das Arbeiten 
mit Schlagworten, die doch fast immer unzutreffend seien, sollte 
man möglichst vermeiden. Von einem HörigkeitsVerhältnis könne 
doch gewiß nicht gesprochen werden, und auch von einer Ver¬ 
staatlichung der Tierheilkunde könne zum Glück gar nicht die Rede 
sein. Daß einige w r enigc Seuchen neu unter das Gesetz gestellt 
w r erden sollten, habe nicht viel zu bedeuten; es handle sich ja auch 
gar nicht um die Influenza, sondern um die Brustseuche, deren 
Krankheitserscheinungen durchaus feststehen und die überdies 
sehr selten sei. In dem lebhaften Widerstande der Privattierärzte 
gegen das neue Seuchengesetz liege daher ein guter Teil Schwarz¬ 
seherei; so schlimm, wie man es vielfach hinstelle, könne und werde 
es niemals kommen. 

Der Vorsitzende spricht dem Redner für die Objektivität 
und Ruhe, mit der er die Streitfrage behandelt hat, den Dank der 
Versammlung aus. 

Dr. Kantorowricz führt aus, daß leider nicht alle beamteten 
Tierärzte so dächten wie Herr Peter; sonst wäre die Erregung in 
den Reihen der Privattierärzte ja gar nicht zu erklären. Die Privat¬ 
tierärzte dürften nicht völlig in den Hintergrund gedrängt werden, 
| sonst könne der ganze tierärztliche Stand nicht gedeihen. Herrn 
Dr. Flatten müsse entschieden darin beigestimmt werden, daß auf 
die Dauer eine wirkungsvolle Bekämpfung der Seuchen ohne Mit¬ 
wirkung der Privattierärzte undenkbar sei. Das lehre auch die 
Erfahrung in der Humanmedizin, wo die Privatärzte nicht entfernt 
in dem Maße gegenüber den beamteten zurückstehen müßten. Daß 
die Praxis infolge der veterinärpolizeilichen Maßnahmen häufig auf 
die beamteten Tierärzte überginge, könne nicht w^ohl geleugnet 
werden; er kenne viele Großgrundbesitzer, die den Kreistierarzt 
lediglich deshalb vorziehen, w'eil sie sich davon Vorteile versprechen, 
und nicht etwa, weil er der tüchtigere Praktiker ist. 

Inv Gegensatz zu Professor Peter hält der Referent* die Aus¬ 
dehnung der Anzeigepflicht auf die Brustseuche für sehr bedenklich, 
einmal w r eil deren veterinärpolizeiliche Bekämpfung kaum einen 
Erfolg verspreche, und dann auch, weil die Diagnose sehr schwierig 
sei und ein Tierarzt leicht in Verdacht komme, etwas verheimlichen 
zu wollen, wenn er in Zweifelsfällen nicht sofort Anzeige erstatte. 
Dadurch würden sich die Differenzen zwischen privaten und be¬ 
amteten Tierärzten, die schon heute nicht selten seien, vermehren, 
und in noch weit höherem Maße als heute schon würden einzelne 
Kreistierärzte ihre Stellung gegenüber dem Privattierarzt auszuspielen 
suchen. 

Tierarzt Fetting bringt zur Sprache, daß sich das Publikum 
zur Einholung von Attesten meist an die beamteten Tierärzte wende, 
obw ohl die Privattierärzte zur Ausstellung solcher ebenfalls berechtigt 
seien. Dieser Neigung werde vielfach noch amtlich Vorschub 
geleistet; so habe die Regierung in Stralsund vorgeschrieben, daß 
Bescheinigungen über Seuchenfreiheit des zur Ausfuhr bestimmten 
Viehs nur von beamteten Tierärzten ausgestellt w erden dürften, und 
es sei erst nach langen Kämpfen gelungen, den Privattierärzten ihr 
Recht zu wahren. 

Die Beschwerden lokaler Natur, die der Redner weiter vor¬ 
trägt, geben Herrn Professor Peter den Anlaß, die Bildung von 
Kreisvereinen anzuregen, in denen sich derartige Dinge am besten 
erörtern und aus der Welt schaffen lassen. Diesen Weg hält 
Kollege Maak für empfehlenswert, doch müßte nicht der beamtete 
Tierarzt an der Spitze stehen, w r eil sich die Privattierärzte sonst 
beengt fühlen w r ürden. 

Kollege Zwirner legt unter Hinweis auf die Erfahrungen in 
Ostpreußen, wo jetzt bereits Druse, Staupe und Influenza der An¬ 
zeigepflicht unterliegen, dar, daß die Privattierärzte jetzt sehr auf 
der Hut sein müßten, um sich die Praxis nicht noch weiter ein¬ 
engen zu lassen. Dahin gehe bedauerlicherweise auch das Streben 
des Vereins beamteter Tierärzte, der vor kurzem an die Serum¬ 
institute das Ansinnen gestellt hätte, Entschädigungen bei Rotlauf¬ 
impfungen nur auf Grund der Diagnose eines Kreistierarztes zu 
gewähren. 





9. Januar 19^8. 


BERLINER TIERÄRZ TLICHE WOCHENSC HRIF T. 


37 


Herr Professer Peter entgegnet, daß er für diesen Beschluß 
nicht verantwortlich gemacht werden könne, da derselbe vor seiner 
Tätigkeit als Vorsitzender dieses Vereins gefaßt sei. Im übrigen 
hätten sämtliche Seruminstitute die Aufforderung at)gelehnt, und 
es sei doch auch nichts dagegen einzuwenden, wenn die beamteten 
Tierärzte ihren Wirkungskreis zu erweitern trachteten; dahin müsse 
ihr Streben ebenso gehen, wie das der Privattierärzte dahin gehe. 

Der Vorsitzende hebt noch hervor, daß der Grund zu dem 
energischen Vorgehen der Privattierärzte nicht so sehr in der Angst 
vor einer Verringerung ihrer Einnahmen liege wie häufig angeführt 
worden sei, als vielmehr in der Sorge, daß das Ansehen des nicht¬ 
beamteten Tierarztes schwinden könnte, jemehr der Wirkungskreis 
der beamteten Tierärzte ausgedehnt würde. 

Auf Antrag des Vorsitzenden beschließt die Versammlung, 
die Resolution des Referenten mit näherer Begründung 
als Petition dem Reichstage zu unterbreiten. 

Mit Rücksicht auf die vorgerückte Stunde wird die Erörterung 
der folgenden Punkte bis zur Generalversammlung am 26. April 
vertagt. Auf die Tagesordnung dieser Versammlung sind demnach 
folgende Gegenstände zu setzen: a) Statutenänderung betreffs Amts¬ 
dauer der Vorstandsmitglieder, b) Stellungnahme zur Denkschrift 
der ostpreußischen Privattierärzte (mit Ausnahme der Punkte 
Fleischbeschau und Seuchengesetz), c) Überwachung der Milch- 
gewinnung und des Milchverkehrs, Referent: Tierarzt Masch- 
Wilster. d) Abänderung der tierärztlichen Taxe, Referent: Tierarzt 
Kindler- Breslau, e) Fortbildungskurse an den Tierärztlichen 
Hochschulen, Referent: Tierarzt Roth-Breslau, f) Stellungnahme 
zu dem Vorschlag der Vereinigung der sächsischen Privattierärzte, 
betreffend das praktische Jahr. 

8. Vorschläge zur Delegiertenwahl für die zu grün¬ 
denden Ticrärztekamraern. Der Vorsitzende spricht die Bitte 
aus, die einzelnen Gruppen möchten sich darüber schlüssig machen, 
wen sie in die Tierärztekammern, deren Errichtung scheinbar in 
naher Aussicht stehe, wählen wollen. 

9. Vorstandswahlen. Herr Kollege Platten bittet, von seiner 
Wiederwahl Abstand* zu<• nehmenv A.» seiner Stelle wird* Kollege 
Loewner gewählt. Die übrigen Vorstandsmitglieder werden 
sämtlich w r iedergewählt, so daß sich der Vorstand nunmehr folgender¬ 
maßen zusammensetzt: Vorsitzender Amous, stellvertretender Vor¬ 
sitzender Wigge, Kassierer Naumann, ferner Meier (Ketzin), 
Pauli und Loewner. 

Schluß der Sitzung um 5 Uhr. 

Nach der langen und anstrengenden Verhandlung fanden sich 
die Teilnehmer mit ihren Damen zu einem gemeinsamen Essen im 
Kaiserkeller zusammen. Der Vorsitzende: Am ous. 

Ein Alter in Ehren. 

Am 11. Januar er. begeht das älteste Mitglied imd Ehren¬ 
mitglied des tierärztlichen Vereins der Provinz Westfalen, Herr 
Tierarzt Wulfhorst in körperlicher und geistiger Frische seinen 
80. Geburtstag. Auf die Verdienste um den tierärztlichen Verein 
und den tierärztlichen Stand ist anläßlich des 50jährigen Jubiläums 
des Herrn Kollegen Wulfhorst, im Dezember 1906 in der B. T. W. 
bingewiesen worden. Eines wie großen Ansehens und welcher 
Beliebtheit sich der Herr Kollege in seiner Vaterstadt erfreut, das 
beweisen die vielen Ehrungen, die ihm von allen Seiten in den 
letzten Jahren zuteil geworden sind: 

Bei seinem vor einigen Tagen erfolgten Scheiden aus dem 
Magistrat der Stadt Gütersloh, widmet ihm die „Gütersloher Zeitung“ 
vom 31. Dezember folgende warme Anerkennung: 

Mit dem heutigen Tage scheidet Herr Stadtrat Wulf hör st freiwillig 
aus dem Magistrate der hiesigen Stadt aus , nachdem er seines hohen 
Alters wegen auf eine Wiedertvahl verzichtet hatte. Die Verdienste 
des Herrn Wulfhorst um unsere Stadt und um unsere evangelische 


kirchliche Gemeinde , sowie seine sonstigen Verdienste haben wir bei 
seinem vorlängst gefeierten 50jährigen Amtsjubiläum hervorgehoben. 
Heute möchten wir nur ganz kurz noch einmal auf die Verdienste 
des Herrn Wulf hörst, welche derselbe sich um unsere Stadt erworben 
hat , xurückkommcn, nachdem er über 50 Jahre lang dem Magistrate 
unserer Stadt angehört hat. 50 Jahre lang Mitglied eines unbesoldeten 
städtischen Ehrenamtes xu sein , welches viel Zeit und Arbeit erfordert, 
auch mancherlei Unannehmlichkeiten mit sich bringt, das kommt gewiß 
in den städtischen Annalen nicht oft vor. Herr Wulf hörst hat mit 
großer Treue und Hingabe dies Amt verwaltet. Besonders viel Arbeit 
und Mühe hat er gehabt , als Ende der 70er Jahre unsere Stadt mit 
Energie an dinBau der drei Chausseen Gütersloh — Marienfeld, Gütersloh — 
Brockhagen und Gütersloh — Verl—Neuenkirchen, eine Gesamtstrecke von 
26 Kilometern , heranging , eine Aufgabe, welche eigentlich dem Kreise 
obgelegen hätte. Daß der Bau diessr drei Chausseen besonders viel 
Schwierigkeiten verursacht hat in einer Zeit, als unsere Bürger und 
die Landbewohner von den Vorteilen der Chausseen noch nicht so sehr 
überzeugt waren wie heute, das wissen nur diejenigen , welche die da¬ 
malige Zeit in unserer Stadt verlebt haben. Neben dem Herrn Bürger¬ 
meister war hauptsächlich Herr Wulf hörst, im Magistrat der Dezernent 
für Wegebauten, icelcher die meiste Arbeit und Mühe gehabt hat. 
Deshalb besonders und auch für seine sonstige lange Tätigkeit zum 
Wohle der Stadt ist diese ihm zu großem Danke verpflichtet, in der 
Bürgerschaft wird man dies nicht vergessen. — Herrn Wulf hörst aber 
wünschen wir noch einen langen ungetrübten THwnsahend im Kreise 
seiner Famüie. 

Dies ist auch unser Wunsch. 

Im Namen der Tierärzte des Kreises Wiedenbrück: 

Hahn, 

Kreistierarzt. 

IX. Internationaler Tierärztlicher Kongreß im Haag 1909. 

Das Exekutivkomitee des IX. Internationalen Kongresses hat 
unter dem 27. Dezember 1907 ein Rundschreiben an die Delegierten 
des Ständigen Ausschusses erlassen, und darin mitgeteilt, daß die 
Absicht besteht, in dem kommenden Kongresse fünf Sektionen zu 
bilden: 

I. Staatsveterinärwesen (Seuchenlehre, Veterinärpolizei, Viehver¬ 
sicherung). 

II. Anatomie Physiologie, pathologische Anatomie und Nahrungs¬ 
mittelkunde. 

III. Praktische Tiermedizin (innere Medizin, Chirurgie, Augenheil¬ 
kunde, Geburtshilfe). 

IV. Tierzucht und Hygiene. 

V. Tropenhygiene und -Krankheiten. 

Mit Bezug auf diese Mitteilung frägt das Komitee an, welche 
Fragen seitens der Deutschen Tierärzte und insbesondere der 
Spezialisten zur Einschreibung auf die Tagesordnung der genannten 
Sektionen gewünscht werden. 

Weil das Exekutivkomitee beabsichtigt, im Hinblick auf die 
in der zweiten Hälfte des April d. J. nach Baden-Baden anbe¬ 
raumten Versammlung des Ständigen Ausschusses vor dem 1. Mai 1908 
den Vorentwurf des wissenschaftlichen Programmes des Kongresses 
im Haag festzusetzen, wird es nur denjenigen Antworten Rechnung 
tragen können, die vor dem 1. Februar 1908 bei dem Präsidenten 
des Exekutivkomitees Herrn Professor S c h i m m e 1-Utrecht oder zweck¬ 
mäßiger bei dem Generalsekretär Herrn Dr. De Jong-Leiden 
(Holland) eintreffen. 

Der Unterzeichnete ist gleichfalls erbötig, Antworten der Herren 
Kollegen auf die von dem Exekutivkomitee gestellten Fragen zu 
übermitteln. 

Dr. Lydtin, Geheimer Oberregierungsrat, 

Delegierter des Ständigen Ausschusses des Internationalen Tier¬ 
ärztlichen Kongresses für Deutschland. 


Staatsveterinärwesen. 1 auch das Thema „Maßnahmen zur weiteren Steigerung der 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. ! deutschen Vieh- und Fleischproduktion und zur Verbilligung 

terhandlnngen des Deutschen Landwirtschaftsrats. j der städtischen Fleischversorgung“. 

Unter den Verhandlungsgegenständen der diesjährigen Früh- j Dasselbe war in vier Teile geteilt worden: 1. Die volkswirt- 
jahrssitzung des Deutschen Landwirtschaftsrates befand sich j schaftliche Lage der deutschen Fleisch Versorgung; 2. die tech- 






38 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. <2. 


nischen Mittel zur Steigerung der deutschen Vieh- und Fleisch¬ 
produktion; 3. Maßnahmen zur Verbilligung der städtischen 
Fleisch Versorgung; 4. die veterinären Maßnahmen zur Sicherung 
und Vermehrung des deutschen Viehstandes. Das Thema zu 4 
hatte zum Referenten den Geh.-Rat Prof. Dr. Ostertag. Hier¬ 
auf und auf die von diesem eingebrachte Resolution ist bereits 
in Nr. 14 B. T. W. hingewieseri worden. Das Referat selbst 
bot vieles für uns interessantes, wie dies sich wohl nach der 
Person des Referenten erwarten ließ. Seuchenbekämpfung und 
Vieh- und Fleischproduktion stehen im engen Zusammenhänge. 
Wenn die Wertverluste durch Seuchen nicht wären, so würde 
die Steigerung der Vieh- und Fleischproduktion eine leichte 
Aufgabe sein. Daher müsse alles geschehen, um die Aufzucht 
und die Mast von Schlachttieren möglichst seuchenfrei zu ge¬ 
stalten. Zur Erreichung dieses Zieles führen zwei Wege, die 
nebeneinander begangen werden müssen: Die staatlichen Maßregeln 
der Veterinärpolizei und die privaten Vorkehrungen der Hygiene. 

Referent bespricht nun eingehend die seitens des Staates 
zum Zwecke der Seuchenbekämpfung erlassenen gesetzlichen 
Vorschriften und die bisher hiermit erzielten Erfolge. In Betreff 
der gesetzlich zu bekämpfenden Tierseuchen zeigen die zurzeit 
gültigen Gesetzes Vorschriften eine Lücke. Unter den der Anzeige¬ 
pflicht unterliegenden Seuchen fehlte die Tuberkulose. Im Jahre 
1904 seien 17,8 Proz. aller geschlachteten Rinder und 2,4 Proz. 
aller geschlachteten Schweine als tuberkulös ermittelt worden. 
Es sei daher nicht zu viel behauptet, wenn man sage, die Tuber¬ 
kulose fresse an dem Marke der deutschen Viehzucht. Von den 
tuberkulösen seien nur diejenigen Tiere gefährlich, welche 
Tuberkelbazillen aussclieiden, dies sei nur ein kleiner Teil, diese 
müßten daher ausgemerzt werden. Die Novelle zum Reichs¬ 
viehseuchengesetz sehe eine Bekämpfung der gefährlichen Tuber¬ 
kuloseformen vor, desgleichen eine Bekämpfung der Schweine¬ 
seuchen, die bis jetzt auf Grund landespolizeilicher Anordnungen 
geregelt sei. 

Doch können die anzeigepflichtigen Seuchen nicht allein durch 
die Veterinärpolizeigesetzgebung bekämpft werden. Viel müsse 
auch der privaten Initiative überlassen bleiben, hierzu gehören 
vor allen die Impfungen bei bestimmten Seuchen und die Be¬ 
kämpfung aller nicht anzeigepflichtigen Seuchen’ Von letzteren 
sei zu nennen das seuchenhafte Verwerfen, der ansteckende 
Scheiden- und Gebärmutterkatarrh, die Kälberruhr, die Kälber¬ 
lähme, die Kälberdiphtherie, die Kälberpneumonie, die Schaf- und 
Ziegenpneumonie, das seuchenhaft auftretende Klauenpanaritium 
und das bösartige Katarrhalfieber. Von größter Wichtigkeit 
seien die seuchenhaften Kälberkrankheiten, welche die Aufzucht 
von Kälbern in weitem Umfange erschweren und selbst unmöglich 
machen. Auf das verheerende Auftreten der Kälberruhr sei der 
in früheren Jahren in einigen Teilen Deutschlands herrschende 
Brauch zurückzuführen, daß jährlich Tausende von Kälbern 
mußten geschlachtet werden. 

Der Referent erörtert sodann die Frage, inwieweit von 
seiten des Reiches, abgesehen von dem weiteren Ausbau der 
Veterinärpolizeigesetzgebung, die Seuchenforschung und Seuchen¬ 
tilgung zwecks weiterer Steigerung der Vieh- und Fleisch¬ 
produktion, insbesondere auch durch die Errichtung eines Reichs¬ 
instituts für systematische Seuchenforschung und Seuchentilgung 
sowie eines Reichsinstituts für die Herstellung der zur Tier¬ 
seuchenbekämpfung bestimmten Impfstoffe gefördert werden 
könnte. 


Grundsätzlich sei jede Vermehrung der Stätten wissen¬ 
schaftlicher Arbeit erwünscht. Ob ein Reichsinstitut für die 
systematische Seuchenforschung und Senchentilgung den für die 
Steigerung der deutschen Vieh- und Fleischproduktion erhofften 
Gewinn haben könne, sei fraglich. Ein solches Institut muß in 
unmittelbarster Fühlung mit der Praxis der Tierseuchentilgung 
stehen. Mit der Heranzüchtung eines Bazillus aus dem Körper 
eines an einer Seuche erkrankten Tieres sei es jetzt nicht 
mehr getan. Gute Beispiele liefern hierzu die Schweinepest 
und die Kälberruhr. Bei ersterer habe sich die bisherige, auf 
Laboratoriumsversuche gestützte Annahme, daß der Schweine¬ 
pestbazillus der Erreger der Krankheit sei, nunmehr als 
irrtümlich herausgestellt; bei der Kälberruhr habe es sich ge¬ 
zeigt, daß bei dieser unter einem einheitlichen Krankheitsbilde 
auftretenden Krankheit verschiedene Erreger beteiligt sind. 
Diese Feststellungen waren nur möglich durch die Untersuchung 
sehr zahlreicher Tierkörper erkrankter Tiere in den bakterio¬ 
logischen Laboratorien der Landwirtschaftskammern (natürlich 
nur der wirklichen, nicht der sog. bakteriologischen Laboratorien. 
D. R.), welche in unmittelbarer Fühlung mit den Seuchenherden 
I stehen und Material aus ihnen in untersuchungsfähigem Zustande 
leicht erhalten. Die systematische Seuchenforschung müsse 
daher in den Bundesstaaten betrieben werden. In diesen 
müßten jährlich bestimmte, nicht zu geringe Beträge für den 
genannten Zweck in die Etats eingesetzt werden. In Preußen 
seien jährlich 80 000 M. für die Seuchenforschung ausgeworfen. 
Würden in den übrigen Bundesstaaten ähnliche Aufwendungen 
hierfür gemacht werden, so wären am schnellsten für die 
Seuchenforschung verwendbare Ergebnisse zu erwarten. 

Referent erwähnt hier nochmals die Leistungen der 
bakteriologischen Laboratorien verschiedener Landwirtschafts¬ 
kammern, insbesondere auf dem Gebiete der Bekämpfung der 
Tuberkulose und der Kälberruhr. Wenn sich diese Institute 
auch nur auf das letztere Gebiet beschränken würden, so hätten 
sie den Beweis ihrer Existenzberechtigung voll erbracht. 

Hiermit will nun Referent keineswegs gesagt haben, daß 
von seiten des Reichs nichts geschehen soll. Auch von Reichs 
wegen müsse durch Nachprüfung der Forschungsergebnisse, die 
aus den Instituten der Bundesstaaten berichtet werden, mit¬ 
gearbeitet werden. Hierdurch würde am besten dazu beigetragen, 
daß die Landwirtschaft vor der Anwendung untauglicher Mittel 
bewahrt werde und daß taugliche Mittel möglichst bald zum 
Gemeingut der Seuchenbekämpfung gemacht werden. Referent 
empfiehlt hierzu die Schaffung einer besonderen Abteilung für 
Tierseuchenforschung unter der Leitung eines bakteriologisch 
und hygienisch geschulten und mit dem Wesen und dem Ver¬ 
laufe der Tierseuchen voll vertrauten Tierarztes*). 

Durch die Errichtung eines Reichsinstituts zur Herstellung 
der Seren zur Tierseuchentilgung würden die Kosten der Her¬ 
stellung der Impfstoffe voraussichtlich verbilligt werden, doch 
sei dem auch entgegenzuhalten, daß Staatsanstalten im all¬ 
gemeinen teurer wirtschaften als Privatbetriebe, auch bildet 
die Konkurrenz einen ausgezeichneten, den Preis regulierenden 
Faktor. Dies habe sich bei den Rotlaufimpfstoffen gezeigt. Bei 
Errichtung eines Reichsinstituts würde auch die Gewährung 
von Entschädigungen bei Impfverlusten durch Rotlauf in Fortfall 
kommen müssen. Ein anderes sehr wichtiges technisches Be- 

*) Ist inzwischen erfolgt. I). R. 






9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


39 


denken liege in der Notwendigkeit der Haltung mehrerer 
hundert Pferde um dem Serumbedürfnis zu genügen, die bei 
Abgang dauernd durch Zukauf zu ergänzen wären. Im Falle 
nun unter diesem so großen Pferdebestande eine Seuche aus- 
briclit, würde der ganze Betrieb unterbrochen werden müssen. 
Bei der heutigen Vielzahl an derartigen Betrieben hätten solche 
Unterbrechungen im einzelnen nicht viel auf sich. Die Er¬ 
richtung eines Reichsinstitutes zur Herstellung von Impfstoffen 
sei daher nicht zu empfehlen. Anders wäre es mit der Er¬ 
richtung von Landesinstituten. Für sämtliche Serumfabriken 
müsse auch ein Zwang zur Prüfung ihrer Impfstoffe auf ihre 
Reinheit und ihren Wirkungswert in geeigneten Instituten vor¬ 
geschrieben werden. 

Des weiteren sucht Referent nachzuweisen, von wie hohem 
Werte hygienische Maßnahmen für die Hebung der Fleisch¬ 
produktion wären. Als Beispiel hierfür führt er die Schweine¬ 
tuberkulose an und stellte er die Behauptung auf, daß der 
durch die Schweinetuberkulose hervorgerufene Verlust verhütbar 
sei durch die Unterlassung der Verfütterung des Zentrifugen¬ 
schlammes, die in Preußen angeordnet sei.*) 

Auch die Finnenkrankheit der Rinder lasse sich durch 
hygienische Maßnahmen bekämpfen und zwar durch Verwendung 
des Fäkaldüngers lediglich für das Ackerland, nicht aber für 
das Weideland. Diese Maßregel habe eich in Schleswig-Holstein 
wirksam gezeigt. 

Veterinärpolizei, Veterinärhygiene, die allgemeine Förderung 
der Seuchenforschung und gemeinverständliche Belehrung müssen 
Zusammenwirken, um eine Steigerung der Vieh- und Fleisch- 

itzt aus 
im In¬ 
lande selbst erzeugt werden können. 

Über die Leitsätze des Referenten und über die hierzu 
vom Landwirtschaftsrat gefaßten Beschlüsse ist bereits in Nr. 14 
der B. T. W. berichtet worden. 

Jahresbericht Aber die Verbreitung von Tierseuchen 
im Deutschen Reiche. 

Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt zu Berlin. 

21. Jahrgang. Das Jahr 1906. 

Allgemeines. 

Von anzeigepflichtigen Krankheiten sind im Jahre 1906 
aufgetreten: Milzbrand, Rauschbrand, Tollwut, Rotz, Maul- und 
Klauenseuche, Lungenseuche des Rindviehs, Schafpocken, Bläschen¬ 
ausschlag der Pferde und des Rindviehs, Pferde- und Schaf¬ 
räude, ferner Rotlauf, Schweineseuche (Schweinepest), Geflügel¬ 
cholera und Hühnerpest. 

Im Reichsgebiete nicht aufgetreten sind Rinderpest und 
Beschälseuche. 

Abgesehen von Maul- und Kleuenseuche, Schafpocken und 
Schafräude, bei denen die Zahl der erkrankten Tiere nicht be¬ 
kannt ist, waren an vorgenannten Seuchen erkrankt: 1559 Pferde 
(1564 im Jahre 1905), 13 720 Rinder (14 400), 549 Schafe 
(542), 16 Ziegen (15), 181592 Schweine (153 954) und 

75 358 Geflügel (56 501), ferner 510 Hunde (742) und 5 Katzen 
(3) an Tollwut. Aus einigen Bundesstaaten sind auch Zahlen 
raitgeteilt über Erkrankungen an Wild- und Rinderseuche, Gehirn-, 

*) Das Verbot des Verfütterns des Zentrifugenschlammes besteht 
bereits seit 1898, die Tuberkulose hat jedoch seitdem unter den 
Schweinen noch nicht wesentlich abgenommen. D. R. 


Produktion zu erzielen. Der geringe Bruchteil, der je 
Hem Äuslanäe gedeckt werden müsse,’ wercte clänn aucii 


Rückenmarksentzündung (Bornasche Krankheit), Gehirn¬ 
entzündung, Influenza, Druse und ansteckender Scheidenkatarrh. 

Die Zahl der Tiere in den durch Maul- und Klauenseuche, 
Schafpocken und Schafräude betroffenen Gehöften betrug 
9428 Rinder (9303 im Jahre 1905), 62 596 Schafe (65 639), 
254 Ziegen (182) und 7550 Schweine (3131). 

Von den erkrankten Tieren sind gefallen oder getötet mit 
Ausschluß der durch Maul- und Klauenseuche, Bläschenausschlag 
und Räude verursachten Verluste: 595 Pferde (704), 7325 Rinder 
(6949), 651 Schafe (1246), 16 Ziegen (15), 134 322 Schweine 
(116 363) und 75 358 Geflügel (56 508). 

Bezüglich der wegen Tollwut, Tollwutverdacht, Rotz- und 
Lungenseucheverdacht getöteten Tiere werden die erforderlichen 
Angaben bei den betreffenden Seuchen gemacht werden. 


Auf je 10 000 nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 
vorhandene Tiere der betreffenden Art entfallen 1906 auf 


Pferde 

3.65 (1905 

3,66) 

erkrankte, 

1,39 (1905 

1,65) gefallene 

Rinder 

7,10 ( „ 

7,45) 

„ 

3,79 ( * 

3,59) 

Schafe 

0,69 ( „ 

0.69) 


0,82 ( „ 

1,58) 

Ziegen 

0,05 ( „ 

0,05) 

„ 

0,05 ( , 

0,05) 

Schweine 95,98 ( „ 

81,37) 

„ 

70,99 ( „ 

61,50) 

Geflügel 

11,67 ( „ 

8,75) 

„ 

11,65 ( „ 

8,75) 


Von je 10000 vorhandene Tiere entfallen auf die durch 
Maul- und Klauenseuche, Pockenseuche und Schafräude neu be¬ 
troffenen Gehöfte 4,88 (4,81) Rinder, 7916 (8304) Schafe, 
0,76 (0,55) Ziegen und 3,99 (1,65) Schweine. 

Der Wert der gefallenen und getöteten Tiere (ausgenommen 
Geflügel) betrug nach dem durchschnittlichen Verkaufswert 
eines Tieres mittlerer Qualität berechnet 9 218 841 M. gegen 
342., m Vorjahre. 

Hiervon entfallen auf Pferde 333 336 M., Rinder 1 618 825 M., 
Schafe 13 020 M., Ziegen 272 M. und Schweine 7 253 388 M. 

Die größten Verluste entfallen auf die Schweineseuche 
(4 202 820 M.), sodann Rotlauf (3 013 818 M.), Milzbrand 
(1290 639 M.), Rauschbrand (440 602 M.), Rotz (222 819 M.). 
Die Tollwut verursachte einen Verlust von 16 103 M. und die 
Schafpocken einen solchen von 2040 M. (gegen 31 421 M. bzw. 
14 080 M. im Vorjahre.) Der durch die Lungenseuche im Vor¬ 
jahre hervorgerufene Verlust betrug 1547 M., im Berichtsjahr 
ist kein Verlust hierdurch entstanden. 

An Entschädigungen wurden im Jahre 1906 in Ausführung 
des Reichsgesetzes insgesamt gezahlt 212 051,37 M. (1905: 
223 171,70 M.) für 511 (644) auf polizeiliche Anordnung ge¬ 
tötete bzw\ gefallene Tiere, auf Grund landesgesetzlicher Be¬ 
stimmungen 1864 586,88 M. (1905: 1635 074,60 M.) 

Milzbrand Im Jahre 1906. 

Es sind 1906 an Milzbrand 6226 Tiere erkrankt und zwar 
183 Pferde, 5390 Rinder, 502 Schafe, 14 Ziegen und 
137 Schweine. Die Zahl der zur Anzeige gekommenen Fälle 
war im Jahre 1906 um 1,52 Proz. höher wie im Jahre vorher. 
Von den erkrankten Tieren sind 98,4 Proz. gefallen oder ge¬ 
tötet worden. 

Milzbrandfälle sind vorgekommen in 25 Staaten, ferner in 
4202 Gemeinden und Gutsbezirken und 5055 Gehöften. Von 
den Gemeinden sind 3,12 Proz., von Gehöften 3,40 Proz. mehr 
betroffen worden. 

Die meisten Erkrankungsfälle entfallen auf die ersten beiden 
Vierteljahre, in welcher sie auch die größte räumliche Aus¬ 
breitung hatte. Gänzlich von Milzbrand verschont blieb nur 







40 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Lübeck. Von je 100 Kreisen im Reiche blieben rund 29,9 
seuchefrei. 

Eine sehr große räumliche Verbreitung hatte der Milzbrand 
in dem Reg.-Bez. Schleswig (304 Gemeinden und 439 Gehöfte), 
Posen (211 und 249), Breslau (184 und 205), Düsseldorf (173 
und 235) und Wiesbaden (169 und 217), sowie in den Kreisen 
Hohensalza (42 und 43), Pinneberg (38 und 53), Steinburg (36 
und 60), Mors (32 und 56) und Rendsburg (31 und 37). 
In 18,3 Proz. aller betroffenen Kreise wurde nur in je 
einem Gehöft Milzbrand festgestellt. Die höchsten Erkrankungs- 
ziffern wiesen daher ebenfalls auf die Reg.-Bez. Schleswig (492), 
Posen (411), Düsseldorf (254) und Wiesbaden (225), sowie die 
Kreise Deutsch-Krone (123), Steinburg (72), Husum (69), 
Wirsitz (66), Mörs (63) und Pinneberg (62). In 15,3 Proz. 
aller betreffenden Kreise kam nur je ein Erkrankungsfall vor, 
desgleichen in 88,3 Proz. aller betroffenen Gehöfte. Die meisten 
Milzbranderkrankungen unter den Pferden kamen in den Reg.- 
Bez. Arnsberg (17), Posen (16) und Düsseldorf (15) vor; unter 
den Rindern in den Reg.-Bez. Schleswig (453), Posen (339), 
Düsseldorf (235) und Wiesbaden (209); unter den Schafen in 
den Reg.-Bez. Marienwerder (156), Bromberg (73) und Posen (72). 

Auf je 10000 nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 
vorhandene Tiere ergaben sich 1906 als erkrankt: 0,43 Pferde, 
2,79 Rinder, 0,63 Schafe, 0,04 Ziegen und 0,07 Schweine. 

Die Verbreitung des Milzbrandes im Auslande war ein sehr 
verschiedene. In Österreich ereigneten sich die meisten Milzbrand¬ 
erkrankungen (24 Orte und 87 Gehöfte) in der 3. Augustwoche, 
die wenigsten (1 und 1) in der 4. Januarwoche, in Ungarn die 
meisten Fälle (155 Orte und 176 Gehöfte) in der 2. August¬ 
woche. Die wenigsten in der (;11 und 11) in der 2'.'Januar- 
und 2. Februarwoche. Aus Rußland wurden aus 9707 betroffenen 
Gemeinden 53413 Erkrankungen gemeldet, davon entfallen auf das 
europäische Rußland allein 49956 Erkrankungen. In Bosnien 
und Herzegowina erkrankten 50 Pferde, 260 Rinder, 17 Schafe 
und 10 Ziegen; in Serbien 4 Pferde, 98 Rinder und ein Schaf. 
In Bulgarien wurden 44 Orte durch Milzbrand betroffen. In 
Italien erkrankten 97 Pferde, 1444 Rinder, 3357 Schafe und 
Ziegen und 141 Schweine. Aus der Schweiz wurden 293 Ge¬ 
meinden als verseucht angegeben, in denen 441 Tiere dem Milz¬ 
brand zum Opfer fielen. In Frankreich war der Milzbrand 
während des ganzen Jahres ziemlich verbreitet. Die stärkste 
Verseuchung trat im Juli (23 Departements und 65 Ställe) und 
im November (24 und 64) auf. In Großbritannien ereigneten 
sich 955 Milzbrandausbrüche und erkrankten hierbei 1340 Tiere. 
In Belgien erkrankten 658 Rinder und 2 Pferde, in den Nieder¬ 
landen 474 Tiere. In Dänemark wurden 160 Tierbestände neu 
betroffen, in Schweden 266. In Norwegen erkrankten bei 595 Aus¬ 
brüchen 644 Tiere an Milzbrand. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen. 

Eine Einschleppung des Milzbrandes aus dem Auslande fand 
nur in einem Falle, aus Kroatien in den Stadtdirektionsbezirk 
Stuttgart statt. Ebenso wurde die Seuche aus einem Bundes¬ 
staat in den andern auch nur einmal und zwar nach Sachsen 
durch einen aus Preußen stammenden Schlachtochsen übertragen. 

Sehr viel häufiger geschah die Einschleppung des Milzbrandes 
durch ausländische Futtermittel, mehrfach wieder durch russische 
Kleie. So ereigneten sich in 2 Gemeinden des Bezirks Anna- 
berg (Sachsen) 15 Milzbrandfälle bei Rindern, die mit großer 
Wahrscheinlichkeit auf durch Milzbrandsporen verunreinigte 


russische Roggenkleie zurückzuführen waren. In Württemberg 
ließ sich das gesteigerte Auftreten des Milzbrandes in einer 
Gemeinde mit großer Wahrscheinlichkeit auf Mohnkuchen zurück¬ 
führen, welche viel erdige Bestandteile enthielten, namentlich 
aber auch mit Tierhaaren durchsetzt war, beim Pressen des 
Mohnes werden in der betreffenden Ölfabrik Roßhaareinlagen be¬ 
nutzt, welche aus einem Gemisch von Pferde- und Rinderhaaren, 
sowie von Schweinsborsten bestehen. Die Roßhaare stammen 
aus Argentinien. Wenn sich auch durch bakteriologische Unter¬ 
suchung in dem Mohnkuchen Milzbrand nicht nachweisen ließ, 
so war doch der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, daß 
sie Milzbrandkeime enthielten. Vermutlich durch Verfütterung 
russischer Gerste kamen in Oldenburg 5 Milzbrandfälle zum 
Ausbruch. In Württemberg waren 5 Milzbrandfälle auf die Ver¬ 
arbeitung von überseeischen Tierhäuten zurückzuführen, ein Fall 
konnte hier mit dem Einstreuen von wahrscheinlich infizierter 
Gerberlohe in Zusammenhang gebracht werden. Im Kreise 
Pleß O.-S. wurden durch eine Überflutung des Grenzflusses 
Kadaverteile auf eine Wiese geschwemmt. Als später das Heu 
dieser Wiese verfüttert wurde erkrankte 1 Stück Vieh an Milz¬ 
brand. 

In 12 Fällen waren Tiere bestimmt oder doch wahrschein¬ 
lich schon infiziert, als sie in den Besitz der betr. Eigentümer 
gelangten. 

In zahlreichen Fällen geschah die Ausbreitung des Milz¬ 
brandes bei vorschriftsmäßiger Ausführung der Sperrmaßregeln, 
so in Württemberg durch Heu überschwemmt gewesener Wiesen, 
auch in Meiningen, Anhalt und Elsaß-Lothringen wurde dies be¬ 
obachtet. Unterlassene oder mangelhaft ausgefdhrte Desinfektion 
wttfde ebenfalls als Ursache von Milzbrandausbrüchen angegebene 
Durch Abhäuten eines milzbrandkranken Rindes in einem Schafstall 
wurde im Kreise Pr.-Stargard in einem Falle Milzbrand unter den 
Schafen hervorgerufen. In je einem Gehöft zweier ostpreußischen 
Kreise waren die ersten Milzbrandfälle nicht erkannt worden, es 
wurden daher auch Maßregeln nicht angeordet, infolgedessen fand 
hier die Milzbrandseuche Ausbreitung. Durch Verleihung eines 
Transportgefäßes zum Transport eines Milzbrandkadavers wurde 
der Milzbrand auf eine Kuh des Verleihers übertragen. Durch 
infizierte Streu, ferner durch infizierte, nicht genügend gereinigte 
Stände wurden weitere Milzbrandfälle in den Reg.-Bez. Lüneburg, 
Kassel, Düsseldorf veranlaßt. Durch Auslaufen von Milzbrand¬ 
blut auf die Wiese eines Nachbars wurde im Bez. Meißen 
(Sachsen) eine Kuh des letzteren infiziert. Ebenso verbreitete 
in einer Gemeinde in Hessen milzbrandiges Blut, welches in 
einer Rinne das Dorf entlang geflossen war, die Seuche auf 
zwei weitere Gehöfte. 

Zahlreich waren die Fälle,* in denen eine unzweckmäßige 
Beseitigung von Milzbrandkadavem weitere Seuchenfälle ver- 
anlaßte. Es wurden hierüber Mitteilungen gemacht aus den 
Reg.-Bez. Königsberg, Danzig, Frankfurt, Köslin, Posen, Liegnitz, 
Erfurt, Hannover, Kassel, hier allein in 11 Fällen, Köln, Merseburg, 
ferner im Bezirk Dresden, Oldenburg, Lippe. In einer Ge¬ 
meinde des Kreises Schmalkalden (Kassel) erkrankten kurz 
hintereinander 1 Bulle und 2 Kühe an Milzbrand, welche Er¬ 
krankungen auf Verunreinigungen des Ortsbaches mit Teilen 
von Milzbrandkadavern zurückzuführen waren, in den aufgefischten 
Kadaverteilen konnten Milzbrandbazillen nachgewiesen werden. 
In Euskirchen (Köln) erkrankte ein Rind an Milzbrand nach der 
Düngerabfuhr. Der betr. Dünger war % Jahr vorher durch Blut 



9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


41 


und Abgängen eines milzbrandkranken Rindes verunreinigt worden. 
Auf dem zur Düngerabfuhr benutzten Fuhrwerk wurden nachher 
Futterrüben für das Rindvieh angefahren. Hierdurch ist dann 
die Infektion veranlaßt worden. In Wolffenbüttel (Braunschweig) 
kamen innerhalb 4 Tagen 5 Milzbrandfälle vor, nachdem Rüben¬ 
blätter aus einer Miete verfüttert worden waren, an deren Stelle 
vor vielen Jahren Milzbrandkadaver verscharrt worden sind. 
Ähnliches wurde beobachtet im Kreise Köthen (Anhalt). Hier 
lag die Zeit, bis welcher an dem von dem infizierten Rüben¬ 
kraut bewachsenen Platze Milzbrandkadaver verscharrt worden 
sind, 20 Jahre zurück. 

Die meisten Milzbrandfälle gelangten durch die Tierbesitzer 
zur Anzeige. 

In 132 Fällen wurde Milzbrand bei der tierärzlichen Beauf¬ 
sichtigung der Schlachthäuser, der regelmäßigen und der Er¬ 
gänzungsfleischbeschau festgestellt, in 49 Fällen in Abdeckereien. 

Als Inkubationsfrist wurde beobachtet in je 1 Fall 2, 5 und 
5—6 Tage. 

Schutzimpfungen nach der Pasteurschen Methode wurden 
in größerem Umfange in drei Oberamtsbezirken in Württemberg 
ausgeführt. Es wurden 2111 Rinder geimpft. Abgesehen von 
einem schmerzhaften Impfödem bei einer Kuh sind weitere 
Impferkrankungen nicht vorgekommen. Von den geimpften 
Tieren sind bis zum Schlüsse des Berichtsjahres sechs an Milz¬ 
brand gefallen, ein Tier zwischen der ersten und zweiten Impfung 
und ein Tier neun Tage nach der zweiten Impfung. In diesen 
letzten beiden Fällen handelte es sich sehr wahrscheinlich um 
Fütterung8milzbrand, doch ist Impfungsmilzbrand nicht aus¬ 
geschlossen, die vier anderen Tiere sind zweifellos an 
Fütterungsmilabrand ««gegangen, bei diesem war ■ demnach der 
Impfschutz ein ungenügender. Von den nicht geimpften Tieren 
in den Impforten sind bis zum Schlüsse des Berichtsjahres 28 
an Milzbrand verendet. 

In Elsaß-Lothringen sind in vier Kreisen 82 Rinder und 
7 Pferde nach Pasteur gegen Milzbrand geimpft worden. Ver¬ 
luste sind infolge der Impfung nicht eingetreten, auch kamen 
weitere Seuchenfälle in den geimpften Beständen bis zum Ablauf 
der Berichtszeit nicht vor. 

Milzbrandübertragungen auf Menschen wurden in 133 Fällen I 
bekannt, von denen 18 mit dem Tode endigten. Unter den 
Infizierten befanden sich 44 Schlächter, 5 Abdecker und 5 Schäfer, 
außerdem mehrere Arbeiter, Schmiede, Händler, Landwirte, auch 
einige Frauen. Auf Preußen entfallen 74 Erkrankungen, auf 
Bayern 9, Sachsen 33, Württemberg 7, der Rest auf Baden, 
Oldenburg, Braunschweig und Bremen. In Bremen infizierte 
sich eine Person beim Ausladen ausländischer Tierhäute. 

Der Rau 80 hbrand im Jahre 1906. 

An Rauschbrand erkrankten 8 Pferde, 1973 Rinder, 42 Schafe, 

1 Ziege und 2 Schweine, zusammen 2026 Tiere, 19,8 Proz. mehr 
wie 1905. Betroffen wurden in 12 Staaten 1093 Gemeinden und 
1853 Gehöfte, 11,6 Proz. mehr Gemeinden und 19,3 Proz. mehr 
Gehöfte wie 1905. Von den erkrankten Tieren sind nur 4 ge¬ 
nesen. Die Mortalität betrüg demnach 99,8 Proz. Die meisten 
Erkrankungen entfielen auf das dritte Vierteljahr (809), die 
wenigsten auf das erste Vierteljahr (230). 

Die meisten Erkrankungen ereigneten sich in den Reg.-Bez. 
Schleswig (873), Münster (145) und Schwaben (96). Im Reg.- 
Bez. Schleswig war die Seuche auch räumlich am stärksten 
verbreitet. 


Aus dem Auslande wurden Rauschbrandfälle bekannt aus 
Österreich, Bosnien und Herzegowina, Belgien, Italien (276 er¬ 
krankte Tiere), Schweiz (872 erkrankte Rinder), Frankreich, 
wo die Seuche in den drei Monaten September, Oktober, 
November am stärksten auftrat, Belgien, Schweden und Norwegen. 

Über Anlässe zu den Seuchenausbrüchen ist nur wenig 
mitgeteilt. In den Kreisen Elbing und Marienburg (Reg.-Bez. 
Danzig) wird das vermehrte Auftreten des Rauschbrands auf 
die frühere oberflächliche Verscharrung der Kadaver am Fallort 
zurückgeführt, wodurch der Weideboden mit Rauschbrandkeimen 
durchsetzt worden ist. In einem bayerischen Bezirk wurde 
Fleisch der rauschbrandkranken Jungrinder teils verkauft, teils 
verschenkt. Hierauf ist sehr wahrscheinlich die Verschleppung 
auf vier weitere Gehöfte zurückzuführen. 

In Euskirchen (Köln) war ein seuchekrankes Rind wahr¬ 
scheinlich schon infiziert gewesen, als es in den Besitz des 
betreffenden Eigentümers gelangte. In 12 Fällen wurde die 
Seuche gelegentlich der Ausübung der Fleischbeschau ermittelt. 
In vier Fällen wurde sie in Abdeckereien festgestellt. In Bayern 
wurden in 102 Gemeinden mit einem Bestände von 15985 Stück 
gefährdeten Jungviehs 11052 Jungrinder geimpft. Von den 
geimpften Tieren sind zwei an Impfrauschbrand, 16 an natür¬ 
lichem Rauschbrand erkrankt. Von den nicht geimpften Tieren 
erlagen 96 dieser Seuche. 

In Baden wurden 674 Rinder geimpft, die sämtlich von der 
Seuche verschont blieben. In Elsaß Lothringen wurden 147 
Tiere mit gutem Erfolg geimpft. 

Entschädigungen. 

Für Milz- und Rauschbrand zusammen wurden in Preußen, 
Bayern,' Württemberg, Sachseh-Weimar, Braunschweig, Sachsen- 
Altenburg, Anhalt und Elsaß-Lothringen, für Milzbrand allein 
in Sachsen, Baden, Hessen, Sachsen-Meiningen, Waldeck, Reuß 
. L., Reuß ä L. und Lippe 1680810 M. gezahlt. Für Rausch¬ 
brand allein in Baden, Sachsen, Hessen, Sachsen-Meiningen 
24845 M. 

Maul- und Klauenseuche. 

Es scheint gelungen, die Invasion der Maul- und Klauen¬ 
seuche in der Provinz Preußen einzudämmen; nur in Marienwerder 
ist die Lage noch nicht unbedenklich. Ebenso wie die Ostgrenze 
und noch mehr ist aber die ganze deutsche Westgrenze ge¬ 
fährdet, denn die Seuche herrscht intensiv in Holland, Belgien, 
Frankreich und der Schweiz. Bayern hat wegen der Zunahme 
der Verseuchung in der Schweiz besondere Schutzmaßregeln 
getroffen (27. Dezember 1907). 

Übertragung des Milzbrandes. 

An Milzbrand erkrankten nach der Sektion eines Ochsen 
der Schlachthofinspektor Thurmann in Altena i. W. und ein 
Arbeiter, der bei der Obduktion behilflich gewesen war. 

Seuchenstatistik des Auslandes. 

II. Quartal 1907. 

(Vergl. B. T. W. 1907 Nr. 52, S. 974.) 

Großbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 613 Ausbrüchen 844 Tiere, wovon 
512 auf England, 30 auf Wales und 302 auf Schottland kamen. An 
Rotz erkrankten in England 1108, in Schottland 145 Pferde. (In 
Wales ist im Berichtssemester keine Rotzkrankheit vorgekommen.) 
Die Zahl der wegen Schweinefieber getöteten, erkrankten und 
ansteckungsverdächtigen Tiere betrug 6245, wovon 5780 auf Eng¬ 
land, 252 auf Wales und 213 auf Schottland kamen. Von Schaf- 





42 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


räude~wurden 407 Ausbrüche konstatiert, wovon 113 auf England, 
236 auf Wales und 58 auf Schottland kamen. Tollwut, Lungen¬ 
seuche und Maul- und Klauenseuche sind nicht beobachtet worden 
Schweiz. 

Die Zahl der gefallenen oder getöteten Tiere betrug 188, Milz¬ 
brand 242. Die Zahl der verseuchten und verdächtigten Tiere betrug 
bei Maul- und Klauenseuche 6863 in 142 Gemeinden (570 Aus¬ 
brüchen). Von Stäbchenrotlauf und Schweineseuche wurden 204 
Gemeinden bei 266 Ausbrüchen betrotfen, die Zahl der gefallenen 
oder getöteten Tiere betrug 472, der verseuchten und verdächtigten 
1984. Außerdem Wut bei 3 Hunden in S Gemeinden und 1 Hund 
wutverdächtigt, Räude bei 37 Schafen bei 4 Gemeinden in 5 Herden. 


Fleischbeschau, Fleisch- und Viehverkehr. 

Redigiert von Glage. 

Die Milchwirtschaft und die Bekämpfung der 
Bindertnberknlose. 

Vortrag, gehalten in der Eröffnungssitzung des III. Internationalen 
Milchwirtschaftlichen Kongresses im Haag, am 16. September 1907, 
von Geh. Regierungsrat Professor Dr. Ostertag, Leiter der 
Veterinärabteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes zu Berlin. 
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoctz, Berlin, Wilhelmstraße 10. 
Preis 0,80 M. 

Der Vortrag, der zunächst in der „Zeitschrift für Fleisch- 
und Milchhygiene“, 18. Jahrgang, Seite 41, erschienen ist und 
jetzt als Sonderabdruck herausgegeben wird, behandelt die 
brennende Frage, die Milchwirtschaftler, Tierärzte und Ärzte 
gleichermaßen interessiert, die Bekämpfung der Rindertuberkulose 
und die Methoden und Ergebnisse der Tilgung derselben. Nach 
den im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten Resultaten der 
Fleischbeschau waren 1907 in Deutschland mit Tuberkulose 
behaftet 5,3 Proz. der Jungrinder, 13,9 Proz. der Bullen, 
18,3 Proz. der Ochsen und 25,3 Proz. der Kühe. Jede vierte 
Kuh ist also tuberkulös. Dabei wurde sowohl die Tuberkulose 
mit hochgradiger Abmagerung vornehmlich bei Kühen festgestellt, 
als auch stark ausgedehnte Tuberkulose wiesen Kühe öVaiual 
so oft auf als die übrigen erwachsenen Rinder. Bei der Tuber- 
kulinimpfung erhält man noch beträchtlich höhere Zahlen, und 
der Schaden, den die Tuberkulose, dieser unheimliche Begleiter 
blühender Viehproduktion, anrichtet, läßt sich heute wirtschaftlich 
nicht berechnen. Die Tuberkulose hat von Jahr zu Jahr um sich 
gegriffen. Nach den statistischen Aufzeichnungen in den öffent¬ 
lichen Schlachthöft n Preußens waren 1895 11,4 Proz., 1900 
15,0 Proz. und 1902 bereits 16,4 Proz. der Rinder tuberkulös. 

Über die Notwendigkeit energischer Bekämpfung sind alle 
beteiligten Kreise einig. Zur Anwendung stehen drei Verfahren: 
das Verfahren nach Bang, die Tilgung nach Ostertag und 
die von Behring begründete Schutzimpfung; von dem Wege, 
alle auf Tuberkulin reagierenden Rinder der Schlachtbank zu 
überweisen, ist man bekanntlich wegen der enormen Verluste 
nach Versuchen in Massachusetts und in Belgien abgegangen. 
Das Tuberkulin hat nur als Diagnostikum Bedeutung behalten. 

Nach dem Verfahren von Bang werden die auf Tuberkulin 
reagierenden Tiere von den niclitreagierenden getrennt, und es 
wird eine tuberkulosefreie Aufzucht des gesamten Nachwuchses 
angestrebt. Das Verfahren ist in Preußen von Ostertag auf 
Veranlassung des Landwirtschafts-Ministeriums eingehend ge¬ 
prüft, aber keiner der angestellten Versuche hatte ein befrie¬ 
digendes Ergebnis. Das wesentlichste Hindernis war die nicht 
vollkommene Zuverlässigkeit der Tuberkulinprobe. Das Tuber¬ 


kulin ist ein zu feines Reagens, es verdächtigt zahlreiche Tiere 
mit belanglosen Veränderungen, während etwa 10 Proz. der 
nicht reagierenden Rinder trotzdem tuberkulös sind und Neu¬ 
infektionen bedingen. In Dänemark, Schweden, Norwegen und 
Ungarn hat man mit dem Bangschen Verfahren vielfach gute 
Erfolge erzielt und dasselbe kann für Bestände, in welchen die 
Verhältnisse günstig liegen, empfohlen werden, zur allgemeinen 
Durchführung in den von der Tuberkulose stärker heimgesuchten 
Ländern, wie in Deutschland, eignet es sich aber nicht. 

Das Verfahren nach Ost er tag basiert auf der klinischen Unter¬ 
suchung der Bestände und dem Ausmerzen der gefährlich tuber¬ 
kulösen Tiere, die den Ansteckungsstoff ausscheiden. Dazu ge¬ 
hören die Tiere mit offener Lungen-, Darm-, Gebärmutter-, Euter- 
und Hodentuberkulose. Zwischen den periodischen klinischen 
und bakteriologischen Untersuchungen der einzelnen Tiere und 
verdächtigen Milchproben werden Gesamtmilchproben auf ihren 
Gehalt an Tuberkelbazillen geprüft. Das Ausmerzen läßt sich, 
da es sich nur um wenige Prozent handelt, ohne wirtschaftliche 
Schwierigkeit durchführen. Hand in Hand mit der Beseitigung 
der gefährlich tuberkulösen Tiere erfolgt eine tuberkulosefreie 
Aufzucht der Kälber. Das Verfahren ist bereits von mehreren 
Landwirtschaftskammern und Herdbuchgesellschaften eingeführt. 
Der offensichtliche Erfolg ist erkennbar an dem beträchtlichen 
Rückgang der mit offener Tuberkulose behafteten Tiere. In 
Ostpreußen wurden von diesen 1900 ermittelt 2,7 Proz. und 1904 
1,3 Proz., in Pommern 1902 2,93 Proz. und 1906 0,60 Proz., 
in Brandenburg 1903 3,46 Proz., 1907 1,50 Proz., in Schleswig- 
Holstein 1903 2,80 Proz., 1905,06 1,93 Proz. und in der Provinz 
Sachsen 1903 3,60 Proz. und 1906 07 2,41 Proz. Parallel mit 
dieser Abnalme läuft ein Zurückgehen der Schweinetuberkulose, 
und die Resultate der Tuberkulinimpfungen deuten auch ein 
starkes Herabgehen der Tuberkulose bei den Kälbern an. Die 
zweite Etappe in dem Tilgungsplan ist die allgemein durchgeführte 
tuberkulosefreie Aufzucht und die Tuberkulinimpfung der Kälber, 
zur endgültigen Tilgung gelangt der Besitzer dadurch, daß er 
früher oder später die tuberkulosefreie Nachzucht in einem Stall 
unterbringt, in dem sich tuberkulöse Rinder noch nicht befunden 
haben. Das Verfahren wird langsam aber sicher zum Ziele 
führen, da dem Besitzer Enttäuschungen erspart bleiben. 

Die Schutzimpfung nach v. Behring mit dem Bovovakzin 
und die nach gleichen Prinzipien arbeitende Impfung mit 
Tauruman sind eingehender von Rossignol und Vallüe, von 
Hutyra und von Eber geprüft worden. Nach Rossignol 
und Vallüe nimmt die anfangs ziemlich bedeutende Resistenz 
gegenüber der intravenösen Infektion rasch ab und verschwindet 
bereits bei manchen Tieren gegen das Ende des ersten Jahres, 
die Widerstandsfähigkeit gegenüber der natürlichen Ansteckung 
ist wenig ausgesprochen und erstreckt sich nicht auf mehr als 
wenige Monate. Nach Hutyra ist die Widerstandskraft gegen¬ 
über künstlicher Infektion zwar zunächst bedeutend erhöht, 
nimmt aber bereits gegen Ende des ersten Jahres erheblich ab 
und ist nach 1 l /a Jahren vollends erloschen. Die einmalige 
subkutane Infektion menschlicher Tuberkelbazillen, wie sie von v. 
Baumgarten, Ligni^res und Klimmer empfehlen, beurteilt 
Hutyra hinsichtlich der Schutzwirkung wie die zweimalige 
intravenöse Impfung. Die einmalige intravenöse Impfung mit 
Tauruman dürfte noch geringere Schutzkraft verleihen. Auch 
nach Eber zeigen die schutzgeimpften Tiere erhöhte Wider¬ 
standskraft, auch gegen natürliche Ansteckung, sie ist aber nicht 



9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


43 


ausreichend, um die Impflinge vor wiederholten natürlichen In¬ 
fektionen zu bewahren. Das Turuman ist wie das Bovovaccin 
zu beurteilen. 

Diese Resultate müssen sehr ernüchternd wirken, und in 
der heutigen Form ist die Schutzimpfung jedenfalls nicht zu 
empfehlen. Einer wiederholten Verimpfung menschlicher Tuberkel¬ 
bazillen steht außerdem entgegen, daß diese sich lange, nach 
LigniereB bei subkutaner Infektion bis zu zwei Jahren, im 
Körper lebensfähig halten. Dadurch wird die Verwendung des 
Fleisches der Impflinge beeinträchtigt, und die Ausscheidung 
der Bazillen durch die Milch bei vielfach anscheinend intaktem 
Euter muß eine ernste Warnung sein, mit der Impfung nicht 
zu weit zu gehen. 

Die Tilgung der Tuberkulose nach den Verfahren von 
Bang und Ostertag kann gefördert werden durch Einfüh¬ 
rung der Anzeigepflicht für die gefährlichen Formen der Tuber¬ 
kulose und eine Entschädigung für die nach der amtstierärtlichen 
Bestätigung zwangsweise abzuschlachtenden Tiere. In Deutsch¬ 
land werden demnächst durch die Novelle zum Reichsvieh¬ 
seuchengesetz derartige Maßnahmen zur Einführung gelangen. 

Das Gutachten Proskaners über die dänische Milch. 

Geheimer Regierungsrat Proskauer hat im Aufträge des 
Kultusministeriums in dem Institut für Infektionskrankheiten 
Untersuchungen über die Beschaffenheit der in Berlin eingeführten 
dänischen Milch, der sogenannten „Kampfmilch“, angestellt und 
die Ergebnisse derselben in der „Zeitschrift für Hygiene“, Bd. 57, 
Seite 173—247 publiziert. Sein Gutachten wird, wie bereits in 
der B. T. W. 1907, Seite 844 kurz mitgeteilt wurde, seitens 
läffdfairf&fch&ftlicheW 1 'Kreist ‘lebhaft”' angfegfifröh* 
und als nicht zutreffend hingestellt. Das Landesökonomie- 
koUegium hat gegen die Schlußfolgerungen protestiert. 

Die dänische Milch gelangte über Holby, Aarhus oder 
Horsens zunächst in Kannen, später in Tankwagen nach Deutsch¬ 
land, wobei die Dauer des Transports bis Berlin mindestens 11, 
oft 18 und wiederholt auch bis zur Abgabe an die Milchhändler 
36 Stunden betrug. Die in Tanks eingeführte Milch war noch 
beträchtlich länger unterwegs, und weil eine Kontrolle nicht 
möglich ist, wie lange nach der Gewinnung die Verladung statt¬ 
fand, fehlt auch eine genaue Übersicht über das tatsächliche 
Alter der Milch, doch dürfte es sich des Transports und der 
Verladung wegen meist um ziemlich alte Milch handeln. Da 
es ferner bis 24 Stunden dauerte, bis die Milch in die Hände 
der Konsumenten gelangte, lagen Verhältnisse vor, die unver¬ 
kennbar hygienische Nachteile hinsichtlich des Vertriebs der 
Milch bedeuten. 

Die Tankwagen enthalten zwei voneinander durch einen 
Gang getrennte Behälter, die je 6000 1 fassen. Die Einfüll¬ 
öffnung befindet sich an der Decke der Wagen, der Ausfluß 
erfolgt durch einen Stutzen an der Außenwand, nach welchem 
hin der Boden so geneigt ist, daß die Milch vollständig entleert 
werden kann. Die Milch wird vor dem Transport auf 80—84° 
Celsius erhitzt und soll nach den Lieferungsbedingungen 2,9 Proz. 
Fett aufweisen. 

Der Transport in den Tanks ist hygienisch nicht einwand¬ 
frei, da eine gründliche Reinigung der Behälter nicht erfolgen 
kann und durch die gärenden Überreste jede neue Ladung sofort 
infiziert wird. Der Bericht schildert auch beträchtliche Mi߬ 
stände bei der Entnahme der Milch. Die Schläuche, welche 


zum Überfüllen aus dem Tank in die Kannen benutzt wurden, 
waren oft schmutzig, da sie auf die Erde geworfen wurden. 
Die Verschraubungen schlossen vielfach nicht, so daß sich an 
den Verschlüssen Milch entleerte. Die Undichtheiten wurden 
von den Wärtern mit den Händen zu dichten gesucht, über 
deren schmutzige Hände dann Milch in die Kannen floß. Die 
Schläuche enthielten Milchreste von früheren Abfüllungen und 
die Kannen und Schöpfgefäße ließen an Reinlichkeit zu wünschen 
übrig. Proskauer betont daher in seinem Bericht, daß die 
Dauer des Transports und die Art der Verteilung der Tank¬ 
milch geeignet seien, die dänische Milch nach ihrem Abgang 
aus Dänemark zu verschlechtern. 

Die Untersuchungen erfolgten, um ein Urteil über die Frage 
zu gewinnen, ob die dänische Milch sich für die Versorgung 
Berlins eigne, außer durch die Analyse in erster Linie durch 
Bestimmung des Keimgehalts. Geprüft wurden 13 direkt aus 
den Tankwagen geschöpfte Proben und zum Vergleich 5 aus 
Kuhställen und 9 aus Milchgeschäften in Berlin entnommene. 
Als im Sommer 1906 der Versand in Tanks eingestellt wurde 
und die Milch wieder in Kannen ankam, wurden die Prüfungen 
mit dieser fortgesetzt und zum Vergleich die Berliner Handels¬ 
milch und die Milch aus pommerschen Sammelmolkereien unter¬ 
sucht. Die pommersche Milch war im Gegensatz zu der 
dänischen nicht erhitzt. 

Der Fettgehalt der dänischen Milch betrug 2,8 bis 3,3 Proz. 
im Sommer und 2,9 bis 3,7 Proz. im Winter, der pommerschen 
Milch 3,3 bis 3,7 Proz., das spezifische Gewicht der dänischen 
Milch war im Sommer 1,027 bis 1,034, im Winter 1,033 bis 
1,035, der pommerschen durchschnittlich 1,031. 

' Der Iteimgehalt ‘ der ' dKnisctien Milch betrug im Sommer 
in Kubikzentimenter 5 Mill. bis unzählbar, im Winter durch¬ 
schnittlich 2,1 Mill., der Berliner Handelsmilch im Sommer 
3,5 Mill., im Winter 567000, der pommerschen Milch im Durch¬ 
schnitt zirka 600 000. 

Der Säuerungsgrad der dänischen Milch erwies sich bei der 
Ankunft als ebenso niedrig wie bei der pommerschen, die Ge¬ 
rinnung beim Kochen und bei der Alkoholprobe trat bei der 
dänischen Milch im allgemeinen früher ein, als bei den Proben 
deutscher Herkunft. Die dänische Milch war schmutzreicher 
als die deutsche. 

Der Vergleich ergab also nach Proskauer, daß der Keim¬ 
gehalt der dänischen Sommer- und Wintermilch ein höherer war, 
als der Berliner Handelsmilch und die dänische Milch neigte 
etwas mehr zur Säuerung. Die pommersche Milch war keim¬ 
ärmer und in vielen Fällen haltbarer als die dänische und die 
Berliner Handelsmilch. Zusammenfassend ist zu sagen, daß 
unter Berücksichtigung der Transportverhältnisse die dänische 
Sommermilch der Berliner Milch in biologischer Beziehung im 
allgemeinen nur wenig nachsteht, sie in chemischer Hinsicht 
sogar übertrifft. Vom hygienischen Standpunkt aus ist die 
dänische Milch also für den Handel als zulässig zu erklären. 
Dagegen ist sie zur Ernährung von Säuglingen in der 
festgestellten Beschaffenheit ebensowenig geeignet, wie die 
Wintermilch. 

Gegenüber dem Gutachten wird von landwirtschaftlicher 
Seite darauf hingewiesen, daß die dänische Milch, weil sie er¬ 
hitzt sei, anders zu beurteilen wäre, als die deutsche und eine 
geringere Qualität darstelle, weil erfahrungsgemäß erhitzte 
Milch keine Neigung zur Säuerung, sondern leicht faulige Zer 





44 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Setzung zeige, welch letztere erfahrungsgemäß oft Gesundheits- 
Schädlichkeit bedinge. Bemängelt wird des weiteren, daß die 
Berliner Proben aus den Milchgeschäften, die dänischen dagegen 
sofort bei der Ankunft entnommen seien, demnach gar nicht in 
Vergleich gestellt werden konnten. Bis auch die dänische Milch 
in den Geschäften für den Kleinhandel bereitgestellt sei, wäre 
sie ohne Zweifel beträchtlich keimreicher geworden und über¬ 
haupt in ihrer Qualität verschlechtert. Demnach sei das Gut¬ 
achten für die dänische Milch zu günstig ausgefallen. 

Über die Mitwirkung der Tierärzte in den 
Ortsgesnndheits-Kommissionen. 

Von Bezirkstierarzt A. Meier-Konstanz. 

(Zeitschrift für Fleisch- and Milchhygiene XVIII. Jahrg. 1907, S. 82.) 

Die allgemeine Wertschätzung, die man heute der Ent¬ 
wicklung der Hygiene zuwendet, wird nicht zum wenigsten be¬ 
wiesen durch die zunehmende Einrichtung von Ortsgesundheits- 
Kommissionen oder Ortsgesundheitsräten. Diese dürften wohl in 
keiner namhaften Stadt gegenwärtig fehlen. Sie haben die 
Aufgabe, die Gemeinden auf dem Gebiete der öffentlichen Ge¬ 
sundheitspflege zu belehren und zu beraten z. B. hinsichtlich 
der Wasserversorgung, Wohnungshygiene, des Abfuhrwesens, 
Krankenhauswesens, Begräbnis wesens, der Nahrungsmittel¬ 
hygiene usw. Die Zusammensetzung der Kommissionen pflegt 
den Aufgaben entsprechend vorgesehen zu sein, doch vermißt 
man unter den Mitgliedern, besonders in den norddeutschen 
Städten, vielfach die Tierärzte, trotzdem zwei wichtige Gebiete, 
welche die Tierärzte zu vertreten haben, die Fleisch- und 
Milchhygiene, bei den Beratungen naturgemäß eine besondere 
Wichtigkeit besitzen. Es muß daher die Zuziehung der Tier¬ 
ärzte zu den Ortsgesundheitskommissionen mehr als bisher an¬ 
geregt werden, und letztere dürften die Mitarbeit des Tierarztes 
sicherlich im Interesse der Bevölkerung gern annehmen. 

Über die Notwendigkeit der Ausdehnung der Unter¬ 
suchung (Fleischbeschau) auf das Wildbret. 

Von Polizeitierarzt Borchmann -Berlin. 

(Sonderabdruck aui dem Archiv für wiasensch. und praktische Tierheilkunde, Bd. 33.) 

In einer außerordentlich fleißigen und eingehenden Arbeit 
bespricht Verfasser die Notwendigkeit und Durchführung der 
Wildbretbeschau. Die Darlegungen erstrecken sich sowohl auf 
das Haarwild, wie auf das Flugwild. Die Notwendigkeit der 
Beschau ergibt sich aus der großen Menge des jährlich auf den 
Markt gelangenden Wildes und den häufig anzutreffenden sanitäts¬ 
polizeilich wichtigen Erkrankungen. Im Jahre 1885—86 um¬ 
faßte der Abschuß in Preußen unter anderem 14 986 Stück 
Rotwild, 8586 Stück Damwild, 109 702 Stück Rehwild, 9391 Stück 
Schwarzwild, 2,3 Mill. Hasen und 2,5 Mill. Rebhühner, zusammen 
in einem Werte von etwa 11,8 Mill. Mark. Der Wert des Wild¬ 
bestandes in Preußen dürfte 50 Mill. Mark betragen. An 
tierischen Parasiten kommen in Betracht die Schweinefinnen 
die Trichinen, die Echinococcen, die Larven von Pentastomum 
taenioides, mehrere Strongylidenarten im Respirations- und Ver¬ 
dauungsapparat, Leberegel, dünnhalsige und erbsenförmige 
Finnen, Quesenwürmer und verschiedene Protozoen. An 
wichtigen Erkrankungen und Seuchen sind weiterhin zu nennen 
Pyämie, Septikämie, Milzbrand, Aphthenseuche, Tuberkulose, 
Pseudotuberkulose, Aktinomykose, Wildseuche, Rauschbrand, 
Schweineseuche, Geflügelcholera und -diphtherie. Außerdem be¬ 
obachtet man pathologische Produkte verschiedener Art, z. B. Ge¬ 


schwülste, Vergiftungen, Geruchs- und Geschmacksabweichungen 
und Abmagerung. Von postmortalen Veränderungen nennt B. 
das Reifen, Hautgout, das Verhitztsein und die Fäulnis, ferner 
im Anschluß daran einige Verfälschungen. Verfasser bespricht 
endlich die veterinärpolizeilichen und veterinärhygienischen, die 
wirtschaftlichen und jagdpolizeilichen Gründe, welche die Wild¬ 
bretbeschau erforderlich machen und die praktische Durch¬ 
führung. Die Untersuchung darf nur durch einen Tierarzt ge¬ 
schehen. Die Regelung der Materie erfolgt am besten durch 
Polizeiverordnung, wobei B. ein Muster nebst Anweisungen für 
die Untersuchung und das Verfahren nach der Untersuchung 
aufstellt. 

Borchmann gelangt zu nachstehenden Schlußfolgerungen: 

1. Das Wildbret ist ein wichtiges menschliches Nahrungs¬ 
und Genußmittel. 

2. In Großstädten besonders kommt häufig verdorbenes und 
gesundheitsschädliches (verhitztes, faules, krankes, erdrosseltes, 
krepiertes) Wild in den freien Verkehr. 

3. Die derzeitige Kontrolle des Marktverkehrs mit Wildbret 
ermöglicht es nicht, erfolgreich hiergegen einzuschreiten. 

4. Die Erkennung solchen Wildbrets setzt besondere Sach¬ 
kenntnis voraus, so daß der Konsument hierzu nicht imstande ist. 

5. Die Gefahren, die letzterem durch den Genuß ver¬ 
dorbenen oder gesundheitsschädlichen Wildbrets drohen, sind 
erhebliche. 

6. Von Infektions- und Invasionskrankheiten befallenes Wild 
bildet für den Menschen zum Teil dieselbe Gefahr und ermöglicht 
die Übertragung dieser Krankheiten ebenso, wie das an solchen 
erkrankte Vieh. 

7. Die Schutzmaßregeln, die eine Verbreitung ' von' Tier¬ 
seuchen verhüten sollen, auf deren Durchführung die Veterinär¬ 
polizei beim Vieh strengstens achtet, werden durch den Verkehr 
mit ununtersuchtem Wildfleisch teilweise illusorisch gemacht. 

8. Durch die Beschau des Wildbrets werden die Seuchen 
unter dem Wilde, die jetzt erst sehr spät zur Kenntnis ge¬ 
langen, rechtzeitig entdeckt, ihre Weiterverbreitung sowie die 
Übertragung auf das Vieh verhindert, ferner wird der recht¬ 
zeitige Abschuß seuchekranken Wildes ermöglicht, hierdurch 
einer unnötigen Dezimierung desselben vorgebeugt und dem 
Nationalvermögen erhebliches Kapital erhalten. 

9. Das Streben der Veterinärhygiene, der Weiterverbreitung 
tierischer Schmarotzer und dem Umsichgreifen von Infektions¬ 
krankheiten beim Vieh und Wild vorzubeugen, kann erst von 
dem erwarteten Erfolge gekrönt sein, wenn die bestehende 
Fleischbeschau durch die Wildbretbeschau verbunden mit Selbst¬ 
hilfe sowie entsprechender öffentlicher Belehrung ergänzt und 
unterstützt wird. Mit der Entwurmung der Wild- und Viehbestände 
wird außerdem die Entwurmung des Menschen gefördert. 

10. Der Konsument bekommt häufig minderwertiges Wild¬ 
bret zu den Preisen des vollwertigen berechnet, ohne es zu 
wissen und ohne sich dagegen selbst schützen zu können. 

11. Der durch die Wildbretbeschau gegebenenfalls ermittelte 
Minderwert kommt nicht nur dem Konsumenten, sondern auch 
dem Verkäufer (Jäger) und Wiederverkäufer (Händler) zugute. 

12. Die Wildbretbeschau trägt zur Verbesserung des Handels 
mit Wild bei. 

13. Die Überwachung des Wildschon- und Vogelschutz¬ 
gesetzes, die heute den damit betrauten Polizeibeamten z. T. 
unüberwindliche Schwierigkeiten verursacht, kann bei der Wild- 



9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


45 


bretbeschau von diesen unter dem sachverständigen Beistand 
des Tierarztes in vollem Umfange leicht und erfolgreich ans- 
gefnhrt werden und bildet hierdurch das wirksamste Mittel 
gegen die Wilddieberei. 

14. Unsere Kenntnisse auf dem Gebiete der Wildkrankheiten 
werden bereichert, wodurch wieder die Lösung praktischer Fragen 
gefordert wird. 

Die durch die Maßnahmen der Wildbretbeschau bedingten 
Ergebnisse kommen somit ebensosehr der menschlichen Gesund¬ 
heit wie auch dem Nationalvermögen zugute. 

Fleischbeschau beim Wildbret. 

Die eingehende Arbeit Borchmanns Aber die Beschau des 
Wildbrets hat nicht nur bei (len Tierärzten die verdiente Beachtung 
und Anerkennung gefunden, sondern ist nicht minder in Inter¬ 
essentenkreisen gewürdigt worden, nach den Preßstimmen in der 
Tagespresse und Fachpresse der Fleischer im allgemeinen zustimmend. 
Ablehnend verhält sich die „Deutsche Tageszeitung“, welche über die 
Ausdehnung der Fleischbeschau auf das Wildbret sich folgendermaßen 
ausläßt: „Im allgemeinen ist man der Meinung, daß die Markt¬ 
kontrolle, wie sie jetzt eingeführt ist, genüge. Eine neue Polizei¬ 
verordnung würde nur das Geschäft erschweren und im Kleinhandel 
eine Verteuerung des Wildes herbeiführen. Auch in Jägerkreisen 
scheint man dem Borchmann sehen Vorschläge nicht gerade sym¬ 
pathisch gegenüber zu stehen. Man befürchtet hier mit Recht den 
Schematismus, bei dem der unumgängliche Formelkram größeren 
Schaden stiftet, als die Sache an und für sich Nutzen verspricht. 
Verdorbenes Wildbret wird auch heute schon von Tierärzten, welche 
die Kontrolle in der Markthalle ausüben, erkannt und herausgefunden, 
um vernichtet zu werden, ohne daß weiter viel Aufhebens davon 
gemacht wird. Die Einführung der obligatorischen Wildbretbeschau 
analog der Fleischbeschau würde auch notwendigerweise die Ver¬ 
mehrung der veterinärpolizeilichen Beamten zur Folge haben; trotz¬ 
dem würde das Wildbret bedeutend länger als heute lagern müssen, 
bevor es in die Hände des Konsumenten kommt. Und eine Wild¬ 
bretbeschau für Berlin allein? Da würde verdorbenes Wild nach 
irgendeinem anderen Platze geschickt und in den Handel gebracht 
werden. Dadurch würde aber die Sache vom hygienischen Stand¬ 
punkte nur verschlimmert werden, weil hier das Wildfleisch gar 
keiner Kontrolle unterworfen wäre, während die Berliner Kontrolle 
leidlich ihren Zweck erfüllt hat.“ 

Deutsch-dänischer Handelsvertrag. 

Die „Volkwirtschaftliche Korrespondenz“ bemerkt bei der 
Besprechung der schwebenden Handelsvertragsverhandlungen, 
daß lediglich wirtschaftliche Beziehungen hierbei in Betracht 
zu kommen hätten. Dänemark habe mindestens das gleiche 
Interesse hieran, wie das Deutsche Reich. Die dänische Volks¬ 
vertretung hätte Gelegenheit den Vertrag abzulehnen, wenn sie 
glaubte, er sei für Dänemark nachteilig. Jedenfalls werde man 
sich von den wirtschaftlichen Vorteilen überzeugen, die er 
zweifellos der Landwirtschaft und anderen Erwerbszweigen 
Dänemarks bringen werde. Vorläufig hänge der Vertrags¬ 
abschluß davon ab, ob der neue dänische Zolltarif vom Parla¬ 
ment angenommen werde. — Dänemark hat es verstanden, 
seine Hochflut landwirtschaftlicher Erzeugnisse allmählich nach 
Deutschland abzuwälzen. Fleisch, Milch, Rahm, Butter, Fische, 
Eier machen der deutschen Landwirtschaft und Fischerei schwere 
Konkurrenz. Allgemach ladet man die Gegenstände, für die 
der sonst so befreundete John Bull keine Verwendung hat, weil 
er zu wählerisch ist, nach Deutschland ab. Umsomehr muß es 
Sache des Deutschen Reiches sein, auch sein Interesse zu 
wahren und nur solche Waren, z. B. Vieh, einzulassen, das 
tadellos ist. Man hat so viel über die Quarantäne geschimpft. 
Es scheint aber, wie auch Herr Geheimrat Professor Schütz 


in einem Vortrag in der Landwirtschaftsgesellschaft seinerzeit 
beklagte, nicht möglich bis jetzt gewesen zu sein, auch das 
anderweitige minderwertige dänische Vieh von den deutschen 
Landen fernzuhalten. Man lege deshalb vor allem eine Alters¬ 
grenze für den Viehimport, ähnlich wie bei Militärlieferungen 
fest. Nicht allein tuberkulös verdächtiges, sondern alles ab¬ 
gemagerte Vieh mögen die Danskes selber essen, damit das 
Deutsche Reich nicht Zufluchtstätte von alten 15—20jährigen 
Kühen wird, oder das dänische Vieh gar noch besser verwertet 
wird, als das einheimische deutsche. Bringt es Holland fertig, 
größtenteils Vieh guter Qualität zu liefern, so müßte es doch 
auch, sollte man meinen, der deutschen Regierung möglich sein, 
zweifelhafte Qualitäten vom Lande des Danebrog an den 
schwarz-weiß-roten Pfählen zurückzuhalten, einerlei ob die 
Danskes es vorher geimpft haben, damit die deutsche Prüfung 
illusorisch wird oder nicht. Dr. G. 

Öffentliche Nahrungsmittel-Untersuchungsanstalt in Köln. 

Nach der Kölnischen Zeitung ist neuerdings eine öffentliche 
städtische Nahrungsmittel-Untersuchungsanstalt an Stelle der 
bisher vorhandenen Kontrolle der Lebensmittel (an der auch 
Tierärzte unentgeltlich teilnehmen) eingerichtet worden. Es ist 
nun beabsichtigt, gefordert vom Minister, einen städtischen 
Chemiker anzustellen, ebenso zwei Assistenten, samt Hülfs- 
personal. Zum Leiter der neuen Anstalt ist ein Dr. Große- 
Bohle, bisher Assistent am städtischen bakteriologischen Labo¬ 
ratorium, ernannt worden. Der bisherige langjährige Chemiker 
der Stadt, Stadtverordnete Kyll wird somit abtreten, vorläufig, 
aber noch bis die Genehmigung des Ministeriums für das neue 
Institut eingeholt ist, fungieren. Wie gemeldet wird, hat sich 
die Stadt zuerst gewehrt, dann aber in Erwartung der kommenden 
finanziellen Ergebnisses nachgegeben. Überblickt man alle diese 
Nenerrichtungen von Nahrungsmittel-Untersuchungsanstalten, so 
haben die Tierärzte samt und sonders schlecht abgeschnitten. 
Es scheint demnach, daß es ihnen „nach oben'* bei der Be¬ 
setzung der Stellen am rechten Einfluß gefehlt hat, mindestens 
aber der Wert der Untersuchung animalischer Lebensmittel 
durch Tierärzte nicht genügend anerkannt wurde.*) In der 
Errichtung derlei Anstalten war bisher ein bestimmtes System 
zu erblicken, in der Tierärzte bis jetzt nicht eingefügt wurden. 
Möglicherweise wird die kommende Wilduntersuchung auch 
chemisch „gemacht'*, wenn sich die Tierärzte nicht bald wehren. 

Dr. G. 

Gewichtsverlust des Schlachtviehs auf dem Transport. 

Um den ungünstigen Einfluß längerer Eisenbahntransporte auf 
das Befinden der Tiere, besonders bei Ausstellungen, auszuschalten, 
hat z. B. die Leitung der Pariser Mastviehausstellungen die Ein¬ 
richtung getroffen, daß die Tiere bereits drei Tage vor der Schau 
in ihrem Stande in der Ausstellung aufzustellen sind. Sie können 
sich dann genügend von der Reise erholen. Wie nachteilig letztere 
das Gewicht beeinflussen kann, darauf wird in der „Allgemeinen 
Fleischer Zeitung“ hingewiesen. Die Tiere waren 48 Stunden 
unterwegs gewesen, aber vor dem Wiegen bereits 24 Stunden 
ausgeruht und ordentlich gefüttert. Trotzdem hatten an Gewicht 
verloren: alte Ochsen im Durchschnittsgewicht von 900 kg das 
Stück 15—32 kg, durchschnittlich 21 kg oder 2,33 Proz. zwei- bis 
zweieinhalbjährige Jungochsen im Durchschnittsgewicht von 751,2 kg 
durchschnittlich 21,7 kg oder 2,89 Proz.; Kühe im Durchschnitts¬ 
gewicht von 804 kg 0—30 kg, durchschnittlich 14 kg oder 1,74 Proz. 

*) Hierzu ist ergänzend zu bemerken, daß in Köln die animali¬ 
schen Nahrungsmittel von der Untersuchungsanstalt zur tierärztlichen 
I Begutachtung an das Schlachthoflaboratorium abgegeben werden. 




46 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Schlachtvieh- und Fleischbeschau in Deutschland im III. Quartal 1907. 

(Zusammcngestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt) 


Zahl der Tiere, an denen dio Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde 


Staaten 

und 

Landesteile 

Pferde 

und 

andere 

Einhufer 

Ochsen 

Bullen 

Kühe 

Jung¬ 

rinder 

über 

3 Mon 

Kälber 

bis 

ate alt 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

Provinz Ostpreußen. 

350 

1 176 

1 959 

8 226 

8 560 

14 946 

78 478 

61 765 

875 


,, Westpreußen .... 

205 

730 

2 721 

7 02»i 

4 543 

14 402 

77 487 

20 810 

1 034 

— 

Stadt Berlin. 

2 500 

17 934 

9 905 

3 671 

5 539 

43 286 

267 064 

129 997 

40 

— 

Provinz Brandenburg .... 

2 125 

3 740 

9 788 

24 491 

11 460 

49 536 

221 274 

45 779 

1 021 

3 

„ Pommern 

313 

300 

3 202 

8 642 

3 237 

21 313 

78 002 

10 753 

317 

— 

„ Posen . 

98 

580 

1 631 

7 179 

5 417 

25 322 

109 424 

18 532 

7 356 

1 

„ Schlesien. 

2 577 

3 552 

15 225 

31 823 

23 761 

99 543 

330 243 

27 8S2 

8 969 

237 

,, Sachsen. 

1 996 

2 829 

G 726 

17 583 

8 777 

37 416 

189 234 

37 426 

1 488 

47 

„ Schleswig-HoU teiu . . 

808 

4 952 

2 193 

11 092 

»; 738 

15 674 

71 343 

18 596 

166 

8 

„ Hannover. 

1 024 

4 001 

6 240 

11 974 

8 149 

31 185 

124 677 

55 734 

564 

—i 

Westfalen ...... 

2 08-1 

2 678 

6 000 

39 825 

9 497 

41 548 

164 421 

7 772 

1 973 

— 

„ Hessen-Nassau .... 

498 

9 372 

1 902 

16 296 

13 701 

50 264 

129 710 

14 628 

1 272 

— 

„ Rheinland. 

3 427 

20 690 

9 073 

02 978 

24 466 

102 072 

396 301 

28 325 

4 420 

19 

Holienzollern ... .... 


111 

24 

301 

649 

980 

1 417 

50 

16 


Königreich Preußen . 

18 664 

73 205 

77 021 

250 010 

134 494 

547 487 

2 239 075 

507 549 

24 506 

315 

Königreich Bayern . 

2 239 

30 796 

14 202 

i:; 154 

45 281 

194 768 

468 496 

36 835 

3 616 

95 

Königreich Sachsen . 

2 063 

8 722 

10 377 

36 802 

5 880 

111 804 

295 549 

52 412 

3 979 

484 

Württemberg . 

168 

4 970 

3 769 

9711 

26 432 

49 439 

116 491 

6 356 

1 140 

13 

Baden . 

333 

7 668 

3 081 

9 322 

22 894 

47 877 

119 646 

7112 

1341 

4 

Hessen. 

206 

4 674 

593 

8 648 

10 842 

20 282 

90 094 

2 901 

2102 

— 

Mecklenburg-Schwerin .... 

235 

208 

1968 

4 657 

1 710 

11 806 

27 923 

14 065 

221 

— 

Sachsen-Weimar. 

92 

437 

268 

1 903 

1951 

7 120 

22 418 

4 495 

403 

3 

Mecklenburg-Strelitz. 

54 

27 

94 

478 

218 

1539 

5 024 

2 038 

21 

— 

Oldenburg . 

76 

460 

174 

1747 

1517 

3115 

12 553 

3 678 

59 

— 

Braunschweig. 

90 

238 

2 098 

1 134 

2 607 

6 548 

39 664 

7 782 

103 

1 

Sachsen-Meiningen. 

52 

400 

194 

1248 

1 669 

3 960 

14 885 

2 494 

133 

— 

Sachsen-Altenburg. 

47 

67 

318 

1 749 

696 

3 815 

12197 

1 249 

138 

1 

Sachsen-Koburg-Gotha .... 

72 | 

363 

148 

1 641 

1444 

4 237 

18 559 

4 516 

386 

5 

Anhalt. 

328 

287 

737 

1319 

674 

3 409 

22 641 

4 264 

133 

29 

Schwarzburg-Sondershausen . . 

4 

42 

57 

879 

374 

1463 

5 854 

1 125 

53 

— 

Schwarzburg-Rudolstadt . . . 

7 

60 

80 

507 

585 

1754 

5 843 

1079 

5 

— 

Waldeck . 

— 

80 

97 

196 

641 

2159 

1 554 

823 

53 

— 

Reuß ältere Linie . 

18 

119 

123 

397 

314 

1 195 

4 852 

856 

33 

2 

Reuß jüngere Linie . 

52 

183 

263 

1 142 

784 

2 340 

11220 

1994 

84 

— 

Schaumburg-Lippe . 

3 

2 

31 

250 

95 

492 

1327 

126 

46 

— 

Lippe . 

29 

12 

314 

665 

308 

1 714 

3 852 

* 523 

141 

— 

Lübeck . 

126 

72 

429 

1963 

332 

2 849 

8 368 

2 229 

85 

— 

Bremen. 

435 

2 047 

1212 

763 

836 

4125 

1 26 714 

5 575 

7 

— 

Hamburg. 

1077 

6 906 

1 571 

2 073 

6 537 

14 371 

91 012 

25 259 

39 

— 

Elsaß-Lothringen. 

735 

5 069 

1 828 

20 014 

s 312 

41 310 

83 849 

10 530 

505 

— 

Deutsches Reich .... 

27 205 

147 114 

121 047 

402 372 

277 457 

1 090 978 

3 749 660 

707 865 

39 332 

952 

Dagegen im 2. Vierteljahr 1907 . 

25 366 

134 278 

106 983 

! 369 207 

203 918 

1 187 195 

3 711 571 

434 742 

178 918 

943 

» . 1. „ 1907 . 

37 402 

141 078 

96 968 

, 392 623 

183 989 

1 053 585 

4 076 384 

440 346 

131 699 

2 278 


Zur Freizügigkeit des Fleisches. 

Fleisch, welches innerhalb des Deutschen Reiches der amtlichen 
Untersuchung unterlegen hat, darf einer abermaligen amtlichen 
Untersuchung bekanntlich nur zu dem Zwecke unterworfen werden, 
um festzustellen, ob es inzwischen verdorben oder sonst eine ge¬ 
sundheitsschädliche Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten hat. 
Diese Bestimmung des Fleischbeschaugesetzes griff in die Interessen 
der Städte ein, welche für das eingeführte Fleisch die Unter¬ 
suchungspflicht vorgeschrieben hatten, und sie ist entsprechend be¬ 
kämpft worden. Immerhin ist jetzt der Vorschrift wohl überall 
Rechnung getragen worden durch Abänderung der Regulative. 
Neuerdings hat sich das Kammergericht mit der Frage der Frei¬ 
zügigkeit des Fleisches zu beschäftigen gehabt und eine bemerkens¬ 
werte Entscheidung darüber gefällt, in welcher Form die zulässige 
amtliche Untersuchung auf die Verderbnis nach der Schlachtung 
vorgeschrieben werden darf. Die Polizeiverwaltung in Husum hatte 
für die Stadt eine Verordnung erlassen, nach welcher alles ein¬ 
geführte Fleisch der erwähnten Kontrolle durch die Fleischbeschau 
in Husum unterliegen soll. Ein Metzger hatte nun eine Kalbsleber 
eingeführt, ohne sie untersuchen zu lassen. Das Schöffengericht 
und die Strafkammer verurteilten ihn dieserhalb, das Kammergericht 
erklärte indessen die Polizeiverordnung für ungültig und sprach den 
Angeklagten frei. Die Ungültigkeit ergibt sich aus den Bestimmungen 
des Reichsgesetzes über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. Eine 
Untersuchung zur Feststellung, ob das Fleisch seit der Beschau 
verdorben ist oder sonst eine gesundheitsschädliche Veränderung 
der Beschaffenheit erlitten hat, darf nicht ganz allgemein durch 
Polizeiverordnungen vorgeschrieben werden, sondern ist nur 


ausnahmsweise im einzelnen Falle anzuordnen, wenn 
wirklich Grund zu der Annahme besteht, daß das untersuchte 
Fleisch wegen der Länge der Zeit seit der Untersuchung oder aus 
anderen Gründen tatsächlich verdorben oder sonstwie gesundheits¬ 
schädlich verändert ist. Würde, so betont das Kammergericht, die 
i Nachuntersuchung allgemein vorgeschrieben werden dürfen, so 
würde der von dem Reichsgesetz verfolgte Zweck, die Freizügig¬ 
keit des einmal im Reiche vor und nach der Schlachtung amtlich 
| untersuchten Fleisches zu sichern, vereitelt werden. 

Atteste bei der Flelscheinfuhr nach den Städten. 

Besondere Maßnahmen gegen die Einfuhr von Fleisch in 
! die Stadt hat nach der ,,Deutschen Fleischerzeitung“ der Magistrat 
von Nürnberg beschlossen. Alle in die Stadt von außerhalb ge¬ 
langenden Fleischstücke sollen nur mit einem Attest eines beamteten 
Tierarztes oder Fleischbeschauers über die erfolgte Lebend- und 
Fleischbeschau zur Einfuhr zugelassen werden. Die Attestierung 
der Beschau durch den auf dem Fleische befindlichen Stempel will 
der Magistrat nicht als genügend anerkennen. — Derartige Vor¬ 
schriften mögen wohl geplant werden, da sie aber gegen das 
| Prinzip der Freizügigkeit des Fleisches verstoßen, würde ihre Un¬ 
gültigkeit außer Zweifel stehen. 

Schlachthofzwang für Schlachtungen gewisser Kategorien 
Gewerbetreibender. 

Die Gemeinde Bocholt bei Recklinghausen hatte durch Ge¬ 
meindeverordnung bestimmt, daß außer den Metzgern auch die 
Wirte in dem Schlachthause zu schlachten hätten. Ein Wirt, der 
dagegen verstieß, wurde zunächst vom Schöffengericht freigesprochen, 






















9. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


47 


auf die eingelegte Berufung indessen von der Strafkammer des 
Landgerichts in Bochum zu 2 M. Geldstrafe verurteilt unter der 1 
Begründung, daß die in Frage stehende Bestimmung auf Grund i 
des Schlachthausgesetzes vom 18.März 1868 rechtsgültig erlassen sei. ; 

Betäubung der Schlachttiere. 

Der Verband der Tierschutzvereine des Deutschen Reiches hat 
in Ausführung eines Beschlusses des letzten Verbandstages in 
Nürnberg Eingaben um Erlaß einer Vorschrift an die Deutschen 
Regierungen gerichtet, daß bei allen Schlachtungen eine Betäubung 
vor der Blutentziehung stattfinden soll. 

Abgelehntes Schfichtverbot. 

Auf eine Beschwerde des Vorstandes der Synagogengemeindc 
über das in Schweidnitz in Aussicht genommene Schächtverbot hat 
der Regierungspräsident den Bescheid ergehen lassen, daß der 
Erlaß eines Schächtverbotes unzulässig sei. Bekanntlich liegt ; 
bereits eine ministerielle Entscheidung in gleichem Sinne vor, die j 
anläßlich des Schächtverbotes für die Stadt ßunzlau gefällt wurde. ; 

Gültigkeit allgemeiner Anordnungen des Schlachthofdirektors. 

Nach der städtischen Schlachthofordnung müssen in Halberstadt 
die Inhaber von Kühlhauszellen dieselben jederzeit nach dem Er¬ 
messen des Schlachthofdirektors, jedoch mindestens wöchentlich 
einmal, reinigen. Nach § 24 der örtlichen Polizeiverordnung vom 

1. Mai 1901 sind die von dem Aufsichtsbeamten des Schlachthofes 
erlassenen Anordnungen ferner unbedingt zu befolgen und Verstöße 
mit Geldstrafe bedroht. Zwei Fleischer, die diese Vorschriften nicht | 
beachteten und Polizeistrafen erhielten, legten Berufung ein und j 
erzielten vor dem Schöffengericht Freisprechung, während die von ; 
der Staatsanwaltschaft angerufene höhere Instanz, die Straf- | 
kämm er, zu einer Verurteilung gelangte. Das Kammergericht hat 1 
nun die Revison der Fleischer zurückgewiesen und ausgesprochen, ! 
daß allgemeine Anordnungen des Schlachthofdirektors befolgt werden | 
müssen* wobei es gleichgültig sei, ob mündliche Befehle erteilt oder 
gedruckte Anschläge ausgehängt würden. I 

Ein tob der Deutschen Fleischbeschau. j 

Auf dem vorjährigen Fleischer-Kongreß der Vereinigten Staaten, 
der in Chicago abgehalten wurde, erklärte der Direktor der Fleisch- j 
beschau in Cincinnati Dr. J. Good, daß Deutschland die beste j 
Fleischbeschau besitze, die es in der Welt gebe. Besonders seien i 
die Berliner Einrichtungen musterhaft und als Vorbild zu empfehlen. 

Zur Durchführung des Fleischbeschaugesetzes. 

Nach Nr. V der Aufzeichnungen über das Resultat der Be¬ 
sprechungen in der ständigen Kommission für Fleischbeschau- j 
angelegenheiten vom 12. und 17. Dezember 1906 und 16. Januar 1907 | 
sind gepökelte Schweineschwarten auf Grund der Bestimmungen j 
in § 12 des Fleischbeschaugesetzes von der Einfuhr aus dem Aus- j 
lande auszuschließen, ebenso gekochte Schweineschwarten. Die j 
Beschaustellen für ausländisches Fleisch haben entsprechende J 
Weisungen erhalten. Bei beiden Präparaten ist die Unschädlichkeit j 
bei dem Genüsse durch Menschen bei der Einfuhr in zuverlässiger 
Weise nicht festzustellen. ! 

Fleischpreise der säohslseben Schlaohtviehversloherung. 

Gemäß § 14 des Gesetzes, die staatliche Schlachtviehversicherung 

_ J 2. Juni 1898 . J „ , 

betreffend, vom ——-—- - —sind vom Verwaltnngsausschusse der ] 

91 A nril 1 Qi iß 


Unterzeichneten Anstalt hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 
bis 31. März 1907 stattfindenden Schlachtungen die der Er¬ 
mittlung der Entschädigungen nach § 2 des angeführten Gesetzes zu¬ 
grunde zu legenden Durchschnittspreise für die einzelnen Fleisch¬ 
gattungen für je 50 kg Schlachtgewicht wie folgt festgesetzt 


worden: 

A. Ochsen: (I kg demnach) 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht- 

wertes bis zu 6 Jahren.81,— 1,62 

2. junge fleischige — ältere ausgemästete. . . . 77,— 1,54 

3. mäßig genährte junge — gut genährte ältere . 71,— 1,42 

4. gering genährte jeden Alters.64,— 1,28 

5. a) magere.61,— 1,02 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.35,— —,70 

B. Kalben und Kühe: 

1. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten 

Schlachtwertes*). 77,50 1,55 

2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten 

Schlachtwertes bis zu 7 Jahren**).75,— 1,50 

3. ältere ausgemästete Kühe und gut entwickelte 

jüngere Kühe und Kalben.70,— 1,40 

4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 62,— 1,24 

5. gering bzw. mäßig genährte Kühe und gering 

genährte Kalben. 53,50 1,07 

6. a) magere dergl.42,— —,84 

b) abgemagerte dergl., soweit sie nicht nach § 1 

Ziff. lb des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.30,— —,60 

C. Bullen: 

1. vollfleischige höchsten Schlachtwertes .... 74,50 1,49 

2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 70,50 1,41 

3. gering genährte. 65,50 1,31 

4. a) magere.48,— —,96 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.40,— — ,80 

D. Schweine: 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 
wertes und zwar der feineren Rassen und deren 

Kreuzungen im Alter bis zu 1 1 / 4 , Jahrenf ) . . 62,— 1,24 

2. flelschigef). 59,50 1,19 

3. gering entwickelte Mastschweine, sowie aus¬ 

gemästete Schnitteber (Altschneider) und aus¬ 
gemästete Sauenff).55,- 1,10 

4. nicht ausgemästete Sauen, Schnitteber (Alt¬ 
schneider), Zuchtsauen und Zuchteber .... 43,— --,86 

5. a) magere, bzw. im Ernährungszustände zurück¬ 

gebliebene Tiere.32,— —,64 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 
des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.30,— —,60 


*) Zu B 1. Unter Kalben sind weibliche Kinder zu verstehen, 
welche noch nicht geboren haben. Länger als 5 Monate trächtige 
Kalben gehören nicht zu Gruppe B 1. 

**) Zn B 2. Länger als 5 Monate trächtige Kühe, sowie Kühe, 
welche kurze Zeit nach dem Kalben, oder wegen einer im Anschlüsse 
an das Kalben eingetretenen Krankheit geschlachtet werden, gehören 
nicht zu Gruppe B 2. 

f) Zn D 1 und 2. Zu diesen Gruppen gehören nur Schweine, 
welche noch nicht zur Zucht verwendet worden sind. 

ff) Zu D 3. Hochträchtige, sowie solche Sauen, welche erst ge¬ 
ferkelt haben, bzw. noch ihre Jungen ernähren, gehören nur ausnahms¬ 
weise zu Gruppe D 3, in der Regel aber zu D 4. 

Dresden, den 21. Dezember 1907. 

Anstalt für staatliche Schlachtviehvcrsichcrung. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Vorschriften für das Veterinärwesen In Bayern. Band I, heraus¬ 
gegeben von Dr. Vogel, Landestierarzt im Königlich Bayerischen 
.Staatsministerium des Innern in München. 

Unter obigem Titel ist eine neue Zeitschrift entstanden, welche 
dazu bestimmt ist, alle in das Gebiet des bayerischen Veterinär- 
Verwaltungsdienstes und der tierärztlichen Tätigkeit einschlägigen 
Gesetze, Verordnungen, Bekanntmachungen, wichtigeren Ent¬ 
schließungen, Urteile usw. in übersichtlicher Zusammenstellung und 
unter Beifügung entsprechender Erläuterungen fortlaufend zu ver¬ 
öffentlichen. Sie soll ein flir den regelmäßigen Gebrauch be¬ 
stimmtes Nachschlagewerk bildeu, welches sich für den bayerischen 


I Veterinärbeamten, wie auch für jeden bayerischen Tierarzt 
bald als ein unentbehrliches Handbuch erweisen dürfte. Der erste 
Band enthält natürlich auch eine Reihe älterer, noch in Kraft be¬ 
findlicher Bekanntmachungen usw., welche in den nächstfolgenden 
Bänden durch die neu hinzukonunenden ergänzt werden sollen. Der 
erste Band besteht aus 12 Heften. Heft 1 des zweiten Bandes wird 
im Januar 1908 erscheinen. Pr. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

! Prof. Hermann Dexler, Ärztliche Sachverständigentätig- 
I keit auf dem Gebiete der Veterinärmedizin. Mit 28 Ab- 
i bildungen im Texte. Wilhelm Braumüller. Wien 1907. Preis 12 M 























48 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


van Velzen, Das Vorkommen pathogener Mikroorga¬ 
nismen bei gesunden Schweinen. Haag 1907. 

Felix Train, Veterinär-Taschenbuch 1908. 2 Teile. Keinhoid 
Kühn. Berlin 1908. 

Wandkalender der Spratts Patent Akt.-Ges. Rummelsburg 1908. 

Praktischer Ratgeber bei Steuereinschätzung und Steuer¬ 
reklamation nebst preußischem Einkommensteuergesetz 
sowie Ausführungsbestimmungen und Formularen. 
L. Schwarz & Co. Berlin. 

Zeitschrift für wissenschaftliche und praktische Veteri¬ 
närmedizin. Herausgegeben von dem Veterinärinstitut zu Jurjew 
(Dorpat). Bd. # I, Lfg. 2. 1907. 

lnaugural-Dls8ertationen. 

Ljubomir Mladenowitsch, Kreistierarzt aus Kruschowatz (Serbien). 
Vergleichende anatomische und histologische Unter¬ 
suchungen über die Regio analis und das Rectum der 
Haussäugetiere. (Medizin. Fakultät Leipzig.) Mit 23 Abbildungen. 
Dresden 1907. 

Richard Helm, Vergleichende anatomische und histo¬ 
logische Untersuchungen über den Ösophagus der Haus¬ 
säugetiere. (Veterinärmedizin. Fakultät Zürich) Mit 16 Ab¬ 
bildungen. Zürich 1907. 

Paul Krage, Vergleichende histologische Untersuchungen 
über das Präputium der Haussäugetiere. (Veterinär medizin. 
Fakultät Zürich.) Mit 4 Tafeln. Zürich 1907. 

Paul Massig, Schlachthofdirektor, Über die Verbreitung des 
Muskel- und elastischen Gewebes und speziell über den 
Verlauf der Muskelfasern in der Wand der Wiederkäuer¬ 
mägen. (Medizin. Fakultät Gießen.) 

Stephan Angeloff, Die grauen durchscheinenden Knötchen 
in den Lungen des Pferdes und ihre Beziehung zu der 
Rotzkrankheit. (Medizin. Fakultät Gießen.) Mit 3 Tafeln. 
L. Schumacher, Berlin 1907. 

Sonderabdrücke. 

Prof. H. Dexler, Zur Anatomie des Zentralnervensystems 
von Elephas indicus. Mit 39 Textfiguren und 2 Tafeln. 
(Arbeiten aus dem Neurologischen Institute an der Wiener Univer¬ 
sität.) Franz Deuticke, Leipzig 1907. 

Dr. Karl Gütig, Ein Beitrag zur Morphologie des 
Schweineblutes. Mit 2 Tafeln und 4 Textfiguren. (Archiv für 
mikroskopische Anatomie und Entwicklungsgeschichte. Band 70.) 
Friedrich Cohen, Bonn 1907. 

Dr. Friedrich Karl Pick, Zur feineren Anatomie der Lunge 
von Halicore Dugong. (Aus dem tierärztlichen Institute der 
K. K. deutschen Universität in Prag.) [Archiv für Naturgeschichte, 
herausgegeben von Prof. Dr. W. Weltner.) Nicolaische Verlags¬ 
buchhandlung R. Stricker, Berlin 1907. 

L. Freund, Anomalien des Fisch-Skeletts. (Ergebnisse der 
allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie des Menschen 
und der Tiere.) I. F. Bergmann, Wiesbaden 1907. 

Ellenberger, Über die Beeinflussung der Verdauung und 
der Ausnutzung der vegetabilischen Nahrungsmittel 
durch die in den Pflanzen vorkommenden Enzyme. 
Skandinavisches Archiv für Physiologie, XVIII. Band, 1906. 

Prof. E. Levy, Dr. F. Blumenthal und Dr. A. Marxer, Über 
Immunisierung gegen die Rotzkrankheit (Zeitschrift für 
Infektionskrankheiten, parasitäre Krankheiten und Hygiene der 
Haustiere.) III. Band. 3.-4. Heft. Verlagsbuchhandlung von 
Richard Schoetz. 

Lydia Rabinowltsch, Über spontane Affentuberkulose, ein 
Beitrag zur Tuberkulosefrage. (Virchows Archiv für patho¬ 
logische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin. 
190. Band. Beiheft.) Georg Reimer, Berlin. 

Lydia Rabinowltsch, Geschichte der Immnnisierungsver- 
suche gegen Tuberkulose mit Kaltblütertuberkelbazillen 
und säurefesten tuberkelbazillenähnlichen Bakterien. 
(Aus demselben Heft derselben Zeitschrift.) Georg Reimer, Berlin. 

Professor Dr. Koch und Dr. Lydia Rabinowltsch, Die Tuber¬ 
kulose der Vögel und ihre Beziehungen zur Säugetier¬ 


tuberkulose. (Aus demselben Heft derselben Zeitschrift) Georg 
Reimer, Berlin. 

Bericht über die sechste allgemeine Vereinsversamm¬ 
lung des Vereins preußischer Schlachthoftierärztc zu 
Berlin am 15. und 16. Juni 1907. (Deutsche Schlacht- und Vieh¬ 
hofzeitung.) 

Personalien. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Schlacbthof- 
assistenztierarzt Hans Streibel- Kottbus zum Assistenten am Hygien. 
Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin. — Schlachthof¬ 
verwaltung: Schlachthofinspektor lind. Schmidt- Lünen zum 
Schlachthofdirektor daselbst. Tierarzt Dr. phil. fl 7 . Preller zum 
Schlachthoftierarzt in Hannover. — Versetzt: Die Bezirkstierärzte 
Uok-Nördlingen und Heinrich Kroner- St. Blasien in gleicher Eigen¬ 
schaft nach Nürnberg bzw. Schopfheim (Baden). 

In den Ruhestand getreten: Staatstierarzt Völlers- Hamburg. 

Verzogen: Die Tierärzte Friedrich Kreiner - Sulzbach, Johann 
Aräwcr-Obergünzburg, Kurt AcwmaHM-Landsberg a. W. als Assistenten 
nach Obergünzburg bzw. Immenstadt bzw. Johannisburg (Ostpr.), 
Xaver Ge/Wer-Oberostendorf nach Neuburg [Kammei] (Schwaben). 

Promoviert: Die Tierärzte August Walther , Assistent an der 
med. Veterinärklinik in Gießen, Berthold Dcnxler , Hilfsarbeiter im 
Kgl. Medizinalkollegium in Stuttgart, Stephan An^/o/f-Bulgarien, 
Ludwig Z7er»mnn$-Walbeck, August äc/ru/r-Hildesheim zum Doktor 
med. vet. in Gießen. 

In der Armee: Preußen: Be fördert: Die Unten* eterinäre Witte 
im Kttr.-Regt. Nr. 6, Mogwitz im Ulan.-Regt. Nr. 2, Süßenbach im 
Drag.-Regt. Nr. 18 unter gleichzeitiger Versetzung zum Regt. Königs- 
Jäger zu Pferde Nr. 1. zum Ober veterinär. — Versetzt: Die Ober- 
veterinäre Qerth im Drag -Regt. Nr. 21 unter Rücktritt von seinem 
Kommando zur Militär-Veterinärakademie zum Train-Bat. Nr. 8, 
Matthiesen im Drag.-Regt. Nr. 13 zum Feldart.-Regt Nr. 9, Laabs im 
Ktir.-Regt. Nr. 8 zum Kttr.-Regt. Nr. 4, Tschctichog im Hus.-Regt. 
Nr. 4 zum Jäger-Regt. zn Pferde Nr. 4, Dr. Ilobstetter im Regt. 
Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1 zum 2. Garde-Drag.-Regt.; Unter-- 
veterinär Nauckc im Drag.-Regt. Nr. 23 unter Belassung in seinem 
Kommando zur Lehrschmiede in Berlin zum Drag.-Regt. Nr. 14. — 
Mit Wirkung vom 1. April 1908: Stabsveterinär Dietrich im Feldart. - 
Regt. Nr. 53 unter Rücktritt von dem Kommando zum pliathologischen 
Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin zum Feldartillerie- 
Rcgiracnt Nr. 60, die Oberveterinäre Kränncr im Ulancn-Regiment 
Nr. 9 zum Dragoner-Regiment Nr. 13, Gärtner im Dragoner-Regiment 
Nr. 16 und Schmidt im Ulancn-Regimcnt Nr. 17 gegenseitig. — 
Kommandiert: Stabsveterinär Kühn im Feldart.-Regt. Nr. 60 mit 
Wirkung vom 1. April 1908 zum Pathologischen Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Berlin, Oberveterinär Gerdtll im Kttr.-Regt 
Nr. 4 als Hilfsinspizient zur Militär-Veterinär-Akademie; die Ober- 
veterinäre Volland im Feldart.-Regt. Nr. 19 und Keren im Hus.-Regt 
Nr. 16 zu einem sechswöchigen Kursus zur Lehrschmiede Berlin 
vom 15. Januar 1908 ab. — Im Beurlaubtenstande: Befördert: 
Die Oborveterinäre Kramer , Huber , Pfanx-Sponagel, sämtlich vom 
Bez.-Kdo. Donaueschingen, Völkel vom Bcz -Kdo. Wehlau, Mclchcrl 
vom Bez.-Kdo. Stargard zum Stabsveterinär; die Unterveterinäre 
Tigges vom Bez.-Kdo. Recklinghausen, Dr. Blau vom Bez.-Kdo. 
Magdeburg, Dr. Vahlkampf vom Bez.-Kdo. II Hamburg zum Ober- 
veterinär. — Abgang: Dem Oberveterinär der Landwehr II. Auf¬ 
gebots lrtibenger der Abschied bewilligt — In der Schutztruppe 
für Dcutsch-Südwestafrika: Mit dem 31. Dezember 1907 aus 
der Schutztruppe ausgeschieden und mit dem 1. Januar 1908 in der 
Armee wiederangestellt: Oberveterinär llcnnig im Feldart.-Regt.Nr. 20. 

Todesfall: Polizeitierarzt Schlicphake-Hamburg. 


Vakanzen. (Vgi.Nr. i > 

Schlachthofstellen: Bochum: I. und II. Schlachthoftierarzt 
möglichst bald. Anfangsgehalt 3000 M. bzw. 2400 M., freie möbl. 
Wohnung usw. Bewerbungen umgehend an den Magistrat. — 
Landsberg a. W.: Assistenztierarzt zum 1. April 1908. Gehalt 
2400 M. Privatpraxis nicht gestattet. Bewerb, baldigst a. d. Magistrat. 


Verantwortlich für den Inhalt (ezkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält/, in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 







Dt« „Berliner Tiertrstlfrfae Wochenschrift" erseheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoeiz in 
Berlin SW. 48- Wilheltnstr. 10. Durch Jedea deutache 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 6,— vierteljähr- 
lieh 'M. 4.88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
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Berliner 


Original beitrage werden mit M Hk., In Pethn&ts ml« 
00 Hk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
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Tierärztliche Wochenschrift 


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Dresden. 

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Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


JYi. 3 . Ausgegeben am 16. Januar. 


Inhalt: Walther: Anschauungen über die Bekämpfung der Influenza der Pferde. — Wladimiroff: Über die Ophthalmo¬ 
reaktion bei Rotz. — Jackschath: Bericht aber Impfungen mit «Suptol. — Oppel: IIarnröhrenstein beim Pferde. — 
Tantoa: Scheinzwitter bei einem Pferde. — Loewenthal: Mastdarmzerreißung beim Pferd infolge Vorfalls mit 
Invagination. — Fleischhauer: Über einen Fall von Hirnhaut-Tuberkulose beim Rind. — Referate: Balfour: 
A spirillosis and a haematozoal disease of domestic fowls in the anglo egyptian Soudan. — Küthe: Albumosurie bei Tieren. 
— Kt-ller; Ein Fall von Torsio uteri ante cervicem. — Szabö: Sarin, ein neues Mittel gegen Scliweineseuche. — Eden- 
huizen: Über den Zusammenhang zwischen Schlachttierkrankheiten und Fleischvergiftungen durch Bakterien der Typhus- 
Ooli-Gruppe. — Das Gebiß des neugeborenen Kalbes. — Fehsenmeier: Die Impfungen gegen den Rotlauf der Schweine in 
Baden 11)05 und 1906. — Tagesgeschichte: Aus dem Etat für 1908. — Das Reiten der Veterinäre. — Tierarzt und Körkom¬ 
mission. — Viehsenchengesetz. — Versammlung der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks Stettin. — Plath: Die 
größeren deutschen Vieh-Versicherungs-Gesellschaften am Schlüsse des Jahres 1906. — Verschiedenes. — Personalien. — 
Vakanzen. 


Anschauungen über die Bekämpfung der Influenza 
der Pferde. 

Von Korpsstabsveterinär Walther in Leipzig 

Praktische Gesichtspunkte lassen es im allgemeinen als 
notwendig erscheinen, alle die Erfahrungen und Mittel nachzu¬ 
prüfen, welche anscheinend zur Bekämpfnng bzw. Abwehrmaß- 
regel gegen die Influenza der Pferde beitragen könnten. Im 
besonderen aber wäre es für die Armee von großer Bedeutung, 
ein Mittel zu haben, mit welchem diese Seuche wirksam bekämpft 
oder auch nur eingeschränkt werden könnte. Es liegt daher 
für jeden Veterinär der Gedanke sehr nahe, jeden Hinweis nach 
dieser Richtung zu beachten und, wenn es ohne Gefahr für die 
Gesundheit der Pferde geschehen kann und keine unverhältnis¬ 
mäßig hohen Kosten verursacht, ihn auch praktisch zu erproben. 
Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Bekanntgabe des 
Kommandanten des Kaiser Franz-Dragoner-Regiments Nr. 1, 
Herrn Oberst Fischer, in Wien. Schon der Verfasser der 
Abhandlung bietet durch seine Persönlichkeit die Gewähr dafür, 
daß er von der Wirksamkeit des von ihm empfohlenen Mittels 
überzeugt ist. Er hat die Tatsachen und Erfolge bekannt ge¬ 
geben, die nicht ohne weiteres zurückzuweisen sind. Die 
Bekanntgabe befindet sich in der Kavalleristischen Monatsschrift 
Nr. 5, Seite 424, 425 und lautet: 

„Ein Mittel gegen Influenza.“ 

Meine langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Anwendung 
eines Mittels zur Hintanhaltung und Bekämpfung der Influenza 
bei Pferden veranlaßt mich, es auf das wärmste zu empfehlen. 

Zu Beginn der neunziger Jahre war ich mit meiner Eskadron 
in der Roßauer Kaserne in Wien einquartiert. Bei der in dem¬ 
selben Hofe befindlichen Eskadron trat die Brustseuche in 
ziemlich heftiger Weise auf. Durch einen Zufall erfuhr ich von 
einem alten, sehr erfahrenen Pferdehändler, daß Räucherungen 
mit Wachholderbeeren das beste Mittel gegen Influenza seien. 
Ich begann sofort bei meiner Eskadron damit und es erkrankte 
kein Pferd. 

Seitdem habe ich dieses Mittel als Präservativ bei meiner 
Eskadron in der Teresianischen Militärakademie, wo ich durch 


vier Jahre als Lehrer der kavalleristisehen Fächer tätig war, 
und bei allen Eskadronen meines Regiments, das icli auch fast vier 
Jahre kommandiere, angeweudet, und alle diese Abteilungen 
blieben von der Influenza verschont, obwohl in ihren Unter¬ 
künften diese Krankheit in früheren Jahren aufgetreten war. 

Bei einem Nachbarregiment in Galizien war Influenza aus¬ 
gebrochen. Ich empfahl einem Eskadronkommandanten mein Mittel 
und es trat sofort ein Stillstand in dem Krankenzuwachs ein. 

Der Vorgang bei diesen Räucherungen ist folgender: In 
eine Bleclischale, die mit einem Riemen aufgehängt ist, werden 
glühende Kohlen gegeben und darauf Wachholderbeeren gestreut. 
Der Träger der Schale geht, sie schwingend, im Stallgang auf 
und ab, bis der Stall in eine dichte Rauchwolke gehüllt ist. 

Die Türen und Fenster des Stalles sind fest verschlossen 
und werden nach einer Viertelstunde geöffnet, bis sich der 
Rauch verzogen hat. Die Pferde bleiben im Stall und atmen 
die ganz angenehm riechenden Dämpfe ein. 

Diese Prozedur wird im Tag zwei- bis dreimal wiederholt. 
Gedeckte Reitschulen, in denen viel geritten wird, sind ebenfalls 
täglich auszuräuchern. Der Rauch erzeugt weder bei Menschen 
noch bei Pferden einen Hustenreiz und hinterläßt noch nach 
dem Lüften einen angenehmen Geruch. 

Es empfiehlt sieb, die Wachholderbeeren aus den Karpathen 
oder ans Nordböhmen im großen zu beziehen, wodurch die 
Kosten dieses Mittels sich sehr geringfügig stellen. 

Würde die Veröffentlichung dieses von mir so oft erprobten 
Mittels, wenn auch nur hie und da, das Schreckgespenst der 
Influenza von unseren braven Eskadronen fernhalten, so würde 
es mir zur größten Genugtuung gereichen. 

gez. Oberst Eduard Fischer, 
Kommandant der Kaiser Franz-Dragoner.“ 

Die Wacholder (auch Wachholder genannt) sind schon im 
Mittelalter ein vielbenutztes Arzneimittel gewesen. Im 13. Jahr¬ 
hundert werden sie schon in dem Arzneibuch von Wales ge¬ 
nannt. Es sind kugelige, beerenartige Früchte (Fructus Juniperi) 
von einem immergrünen, dichten Koniferenstrauch (Juniperus 
communis), der über fast ganz Europa und Asien verbreitet ist. 
Die Beeren reifen erst im Herbst des zweiten Jahres, haben 
eine schwarzbraune glänzende Oberfläche, die bläulich bereift 
erscheint und einen würzigen angenehmen Geruch und Ge¬ 
schmack. Die Wacholderbeeren sowie die aus den Nadeln, 










50 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


Holz und Wurzeln durch Destillation gewonnenen Produkte 
haben, wie schon gesagt, von alters her in der Behandlung von 
Menschen- und Tierkrankheiten einen bewährten Ruf auch zur 
Verbesserung der Luft in Klöstern, Kirchen, Krankenstuben, 
Ställen und anderen Räumen wurden sie in Form von Räucherungen 
angewandt. Ganz besonders aber wurden diese Räucherungen 
beim Auftreten von Menschen- und Tierseuchen energisch durch- 
gefrihrt. Auch heute noch werden sie in manchen Gegenden 
öfters vorgenommen. 

Die Wacholderbeeren enthalten außer Zucker, Harz, Farb¬ 
stoff usw. ätherische Öle, die in vielen Likören, Küchenwürzen j 
den schmackhaften Bestandteil mit bilden. Ihre Anwendung in 
der Medizin und ihre Wirkung auf den tierischen Organismus | 
ist allgemein bekannt, es sei nur erwähnt, daß besonders die 
ätherischen Öle den wirksamen Bestandteil bilden. Sie gehören 
zu der Gruppe der Terpenen, welche die Eigenschaft hat, die 
Krankheit erzeugenden niederen tierischen und pflanzlichen 
Organismen unschädlich zu machen. Demzufolge sind die Be¬ 
obachtungen des Herrn Kommandanten auch wissenschaftlich als ! 
begründet anzusehen. | 

Zur besseren Anschauung über den wirklich praktischen j 
Wert der Räucherungen möchte ich ein Beispiel einschalten: 
ein Tropfen flüssiger, chinesischer Tusche trifft einen Teil der 
Hand, und nun folgt die mechanische Reinigung mit Seife, 
Bürste und Wasser. Man ist erstaunt, wie lange Zeit es 
braucht, ehe die Tusche ganz entfernt ist. Und wenn wir mit 
der Lupe nachsehen, sehen wir immer noch Reste in den Falten 
der Haut liegen. Die Krankheitserreger, an dieser Stelle 
gedacht, verhalten sich in ähnlicher Weise. Ohne weiteres kann 
doch nicht angenommen werden, daß sie durch Räucherungen 
auf so einfache und leicht ausführbare Weise beseitigt werden 
können. Und wie kompliziert ist das Verhalten einzelner 
Krankheitserreger, sie haften nicht allein an den Auswurf¬ 
stoffen, Haaren, Putzstaub der Patienten, sondern auch an den 
Kleidern, Wänden, Ritzen, Fugen, Streu, Utensilien der Umgebung. 

Diese Räucherungen wurden in drei mit Influenza ver¬ 
seuchten Regimentern einwandfrei durchgefuhrt. Die Ausführung 
geschah im Sinne der trockenen Destillation. An die mit Draht¬ 
bügel versehenen leeren Konservenbüchsen wurden seitlich bis 
zur halben Höhe Luftlöcher eingeschlagen, um das Glimmen 
der in das Gefäß hineingelegten Holzkohlen zu unterhalten. 
Über die Kohlen kam eine Blechscheibe, auf die Wacholder¬ 
beeren in dünner Schicht aufgestreut wurden. Hierdurch ent¬ 
standen beim Auf- und Abgehen in der Stallgasse, besonders 
durch leichtes Hin- und Herschwenken der Gefäße, angenehm 
riechende Dämpfe, die von gesunden und kranken Pferden, 
sowie von den Rekonvaleszenten einwandfrei vertragen wurden. 
Nach der Räucherung blieben Fenster und Türen noch 30 Minuten 
geschlossen. Anfangs wurden täglich drei, später eine Räucherung 
vorgenommen und neun bzw. elf Wochen durchgeführt. Das 
2. Ulanen-Regiment Nr. 18 z. B. verbrauchte während der Zeit 
vier Zentner Wacholderbeeren. 

Nach den Erfahrungen des Berichterstatters gedacht, sollen 
die Krankheitserreger durch die Wacholderdämpfe unschädlich 
gemacht, bzw. die Weiterverbreitung der Seuche verhütet werden. 
Das gilt theoretisch auch für alle Desinfektionen mit den ver¬ 
schiedensten chemischen und physikalischen Mitteln. In Wirk¬ 
lichkeit aber ist jede Desinfizierung, außer Feuer, nur als eine 
Reinigung zu bezeichnen. Das Verhalten der Influenza ist so 


heimtückisch, daß sie durch Desinfektionen in ihrem Verlauf 
nicht beeinträchtigt wird. 

Das Gesamturteil ergibt, daß die Versuche mit Wacholder¬ 
beerräucherungen zur Bekämpfung der Influenza ermutigende 
Ergebnisse nicht gezeigt haben. Die Dämpfe sind nicht im¬ 
stande, die in Frage kommenden Räume keimfrei bzw. steril 
zu machen. Wohl aber können sie als Reinigungsmittel der 
Luft in dumpfigen moderigen Räumen Verwendung finden. Mit 
absoluter Sicherheit und in kürzester Zeit beseitigen sie selbst 
fauligen, penetranten Geruch und hinterlassen eine wohlriechende 
für die Atmungsorgane angenehme milde Luft. Die Dämpfe 
werden von allen Pferden tadellos vertragen und bringen keinerlei 
Schaden. 

[Aus dem Kaiserlichen Institut für experimentelle Medizin zu 
St. Petersburg.] 

Über die Ophthalmoreaktion bei Rotz. 

Von A. Wladimiroff. 

Das von Calmette unter dem Namen Ophthalmoreaktion 
zur Diagnostizierung von Tuberkulose vorgeschlagene Verfahren 
gründet sich bekanntlich darauf, daß das Tuberkulin nach Ein¬ 
führung in den Conjunctivalsack bei Gesunden keinerlei Ver¬ 
änderungen hervorruft, während es bei tuberkulösen Individuen 
eine mehr oder weniger intensive, aber schnell vorübergehende 
Conjunctivitis verursacht. Schon a priori lag die Annahme 
nahe, daß auch die Einträuflung von Mallein in die Augen 
gesunder resp. rotzkranker Pferde analoge Resultate er¬ 
geben müsse. 

K. Choromansky*) war der erste, der an die Prüfung 
dieser Analogie herantrat. Hierbei gelangte er zu Resultaten, 
welche ihn zu dem Schlüsse berechtigten, „daß Pferde, die 
auf eine subkutane Injektion von Mallein reagieren, 
auch auf die Einführung von Mallein in den Conjunc- 
tivalsack Reaktion geben.“ Bezüglich der praktischen 
Bedeutung der Ophthalmoreaktion auf Mallein äußert er sich 
mit großer Vorsicht; er sieht in ihr nur ein Ergänzungsverfahren 
zu der üblichen Anwendungsweise des Malleins, läßt dabei aber 
die Möglichkeit offen, daß sie auch eine selbständige Bedeutung 
erlangen kann, und zwar in denjenigen Fällen, in denen eine 
subkutane Anwendung des Malleins nicht möglich ist. 

Zu den Beobachtungen Choromanskys, betreffend 15 rotz¬ 
kranke und 37 rotzfreie Pferde, bin ich gegenwärtig in der 
Lage, noch 39 Beobachtungen hinzuzufügen, welche ich in 
Gemeinschaft mit meinem Assistenten, Herrn W. N. Matwei'eff, 
ausgeführt habe. 

Wir bedienten uns bei dieser Arbeit unseres gewöhnlichen 
Malleins,**) wovon wir nach dem Vorgänge Choromanskys je 
0,1 ccm unverdünnt in das rechte Auge der zu untersuchenden 
Pferde einträufelten. Wie ich sofort vorausbemerken will, 
stimmen auch die von uns erhaltenen Resultate im allgemeinen 
mit denen von Choroman sky überein, und ich hätte von ihrer 
Mitteilung bis zur Ansammlung eines umfangreicheren Materials 
Abstand nehmen können, wenn ich nicht auf gewisse Dinge ge- 

*) K. Choromansky, Wirkling des MalleYns auf die Conjunctiva 
des Auges. Archiv für Veterinärwissenscbaft., 1907 Nr. 9 [russisch]. 

**) Für ein erwachsenes Pferd beträgt die subkutane diagnostische 
Dosis unseres MalleYns 1 ccm. Über die Darstellung des Präparates 
cf. A. Wladimiroff „Immunität bei Rotz“ im Handbuch der pathog. 
Mikroorganismen von Rolle und Wassermann, Bd. IV. 





IG. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


51 


stoßen wäre, welche mich veranlassen, mit einer Warnung vor 
übertriebenen Erwartungen gegenüber dieser verlockend ein¬ 
fachen, schnellen und leicht ausführbaren diagnostischen Methode 
hervorzutreten. 

Die erste Serie unserer Beobachtungen haben wir im 
Institut für experimentelle Medizin ausgeführt. Sie betrifft 
18 Pferde. Von diesen dienen 14 in der Abteilung des Herrn 
S. K. Dzierzgowski zur Gewinnung von Heilseris, und zwar 
werden 7 gegen Diphtherie, 0 gegen Scarlatina und 1 gegen 
Streptococcen immunisiert; alle diese Tiere haben vor dem 
Beginn der Immunisation die vorschriftsmäßige subkutane 
Mallei'neinspritzung ohne jegliche Reaktion überstanden. Weitere 
2 Pferde (trächtige Stuten) w r aren noch nicht mallei'nisiert 
worden, weil sie von der Epizootologischen Abteilung zu einem 
besonderen Versuche erworben sind, welcher uns zwingt, eine 
subkutane Einführung von Maliern vorderhand noch zu unter¬ 
lassen. Endlich gehören in diese Serie noch 2 Pferde, w’elche 
vor 2V a respektive 6 Jahren ohne klinische Symptome von Rotz 
in die Epizootologische Abteilung eingeliefert worden sind, aber 
anfänglich auf subkutane Malleininjektion mit typischer 
Temperatursteigerung und lokaler Geschwulst reagierten; als 
sie darauf in der Folge jedes Jahr mehreremal mallei'nisiert 
wurden, fiel bei ihnen die Temperaturreaktion allmählich immer 
geringer aus, bis sie zuletzt ganz fortblieb, während die Lokal¬ 
reaktion noch bis jetzt prompt auf jede Malleineinspritzung 
erfolgt. 

Mit Ausnahme dieser beiden letzten Tiere haben alle bei 
der Ophthalmoreaktion einen negativen Befund aufgewiesen: 
Bei der Besichtigung, 18—20 Stunden nach der Mallei'n- 
einträuflung in das rechte Auge, ließen 15 von ihnen auch 
nicht den geringsten Unterschied im Zustande der Bindehaut 
der beiden Augen erkennen, und nur ein Pferd (7 jährige Stute 
der Serumgruppe) zeigte eine unbedeutende Schwellung der 
rechten Eonjunktiva, jedoch ohne Rötung und ohne vermehrte 
Tränensekretion. Was dagegen die beiden „malleösen“ Pferde 
anbetrifft, so war ihnen, wie Choromansky treffend beschrieben 
hat, schon von weitem der positive Ausfall der Ophthalmo¬ 
reaktion anzusehen. Das linke Auge bietet keine Abweichungen 
von der Norm dar. Am rechten Auge fällt eine leichte Ver¬ 
engerung des Lidspaltes auf; bei einem der beiden Tiere er¬ 
scheint sogar das untere Lid äußerlich sackartig gedunsen; aus 
dem vorderen Augenwinkel quillt eine trübe, eiterähnliche 
Flüssigkeit, die im Herabfließen an den Haaren antrocknet; diq 
ganze Bindehaut ist grellrosa und ödematös, besonders am 
unteren Lide; es besteht Injektion der feinsten Gefäße; hier 
und da befinden sich kleine graue Auflagerungen, anscheinend 
eitrig-fibrinösen Charakters; das Kammerwasser macht einen 
leicht opalisierenden Eindruck, jedoch wage ich es nicht, zu 
entscheiden, ob diese Erscheinung auf Veränderungen im Kammer¬ 
wasser selbst oder aber in der Hornhaut zurückzuführen ist, 
jedenfalls besteht kein Hypopion. 

Die zweite Serie von Beobachtungen hatten wir — dank 
der Liebenswürdigkeit des Herrn Militärveterinärs M. 0. La- 
wrinowitsch — Gelegenheit an 21 Kavalleriepferden aus- 
zuführen. Es standen zu unserer Verfügung: 10 Pferde, welche 
auf eine 7 Tage zuvor erfolgte Malleininjektion positiv reagiert 
hatten; ein Pferd, dem am Tage zuvor Mallein eingespritzt 
worden war, und da8 während unseres Versuches fieberte; 
5 Pferde, welche vor 7 Tagen eine subkutane Malleinisation 


I reaktionslos bestanden hatten; endlich 5 Pferde, zwar noch 
I nicht mit Mallein geprüft, aber zu einem Bestände gehörig, 
welcher von rotzverdächtigen Tieren frei ist. 

Auch in dieser Serie hat sich die Ophthalmoreaktion voll¬ 
kommen bewährt. Bei allen zehn „gesunden“ Pferden — d. h. 
bei denjenigen, die zum rotzfreien Bestände gehörten, und denen, 
die auf subkutane Malleinisation nicht reagiert hatten — rief 
die Mallei'n-Instillation keinerlei Veränderungen an der Binde¬ 
haut hervor. Dagegen fiel bei allen zehn „malleösen“ Pferden 
die Ophthalmoreaktion deutlich positiv aus; wobei jedoch zu 
bemerken ist, daß die Intensität der Konjunktivitis bei den ver¬ 
schiedenen Individuen innerhalb gewisser Grenzen schwankte. 
Hier waren alle Übergänge von leichter Schwellung und Rosa¬ 
färbung der Konjunktiva mit einfachem Tränenträufeln bis zu 
bedeutendem Ödem der Schleimhaut mit starker Injektion der 
Gefäße und Absonderung von dicken eiterähnlichen Massen. In 
allen Fällen aber war der Unterschied zwischen dem Zustande 
des rechten Auges und dem des linken ein so großer, daß 
bezüglich der Beurteilung der Reaktion überhaupt kein Zweifel 
aufkommen konnte. Am zweiten Tage erreichte die Ophthal¬ 
moreaktion ihren Höhepunkt, um am dritten, spätestens am 
vierten Tage wieder zu verschwinden. 

Eine einzige Ausnahme schien auf den ersten Blick bei 
demjenigen Pferde eingetreten zu sein, welches am Vorabend 
des Versuches mallei'nisiert worden war und während unserer 
Einträuflung fieberte. Gerade am rechten Auge, daß ja Mallei'n 
eingeführt erhalten hatte, stellten sich keinerlei Veränderungen 
ein, während am linken Auge schon nach 18 Stunden Rötung 
der Konjunktiva zu erkennen war, und diese Konjunktivitis 
bedeutend länger andauerte als die Ophthalmoreaktion bei den 
„malleösen“ Pferden. Wir haben es, jedoch in diesem Falle 
nicht mit einer Abweichung von der allgemeinen Regel zu tun. 
Es hat sich nämlich erwiesen, daß erstens dieses Pferd schon 
mehrfach an einer Entzündung am linken Auge gelitten hat, 
und daß zweitens das Fieber im Momente unserer Einträuflung 
seinem Verlaufe nach nicht der typischen Temperaturkurve 
rotzkranker Pferde nach Malleinisation entsprach und auch nicht 
von einer typischen Geschwulst an der Injektionsstelle begleitet 
war. Als bei diesem Tiere nach weiteren zwei Wochen die 
Malleinisation wiederholt wurde, so verlief sie völlig reaktionslos. 
Mithin müssen wir es der Kategorie der rotzfreien Pferde 
zuzählen. 

Hiermit schließen zunächst unsere Beobachtungen ab. So¬ 
lange wir noch über keine Sektionen von Pferden mit positiver 
Ophthalmoreaktion verfügen, müssen wir uns darauf beschränken, 
die Ansicht Chororaanskys über die Kongruenz der beiden 
Reaktionen — nach subkutaner Einspritzung von Mallein und 
nach Einführung desselben in den Konjunktivalsack — zu be¬ 
bestätigen. Neu ist in unseren Beobachtungen nur der Umstand, 
daß wir eine positive Ophthalmoreaktion auch bei solchen Pferden 
erhalten, welche bereits aufgehört haben, auf die übliche Mallei'ni- 
sation in typischer Weise zu reagieren. Aber gerade dieser 
Umstand verdient, meiner Ansicht nach, die ernsteste Beachtung 
und ist dazu angetan, als Warnung vor einer Überschätzung 
des neuen diagnostischen Verfahrens zu dienen. 

Es bandelt sich nämlich darum, daß die Pferde, welche 
schon seit Jahren in meiner Abteilung unter Beobachtung stehen 
und eine positive Ophthalmoreaktion anfgewdesen haben, aller 
Wahrscheinlichkeit nach vom Rotze geheilt sind. Wenn 







BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


ich mich in diesem Sinne mit Vorbehalt ausspreche, so tue ich 
es auf Grund folgender Erfahrung. Zwar verlieren die Tiere 
beim Rotz (und auch bei der Tuberkulose) in der Mehrzahl der 
Fälle erst dann die Fähigkeit, durch Temperatursteigerung auf 
eine subkutane diagnostische Injektion zu reagieren, wenn in 
ihrem Organismus die rotzigen (respektive trtberkiilösen) Herde 
der regressiven Metamorphose anheimgefallen und durch Narben¬ 
gewebe ersetzt sind; es kann jedoch diese Fähigkeit zu ther¬ 
mischer Reaktion bisweilen auch schon früher schwinden, und 
zwar zu einer Zeit, da die derben Narbengewebsmassen (resp. 
Kalkablagerungen) noch Reste von lebensfähigen und virulenten 
Bakterien enthalten, welche aber auf diese Weise, gleichsam 
wie durch eine Mauer, vom übrigen Organismus isoliert und 
nicht mehr imstande sind, mit ihren Toxinen irgendwelchen 
Einfluß auf ihn auszuüben. Die thermische Reaktion auf 
Maliern (respektive Tuberkulin) kann aber offenbar nur unter der 
Bedingung zustande kommen, daß in dem Organismus gewisse 
Antigene zirkulieren, welche in ihm selbst von den entsprechenden 
— noch nicht eingekapselten — Bakterien produziert werden. 
Ganz anders steht es um die lokale Reaktion an der 
Applikationsstelle. Diese gehört zweifellos in die Kategorie 
derjenigen Erscheinungen, welche auf spezifischen biochemischen 
Funktionsänderungen der Zellen begründet sind und daher den 
bakteriellen Prozeß, dem sie ihre Entstehung verdanken, um 
eine mehr oder weniger lange Frist überdauern. Um nur ein 
Beispiel anzuführen, werden bekanntlich die spezifischen Typlms- 
agglutinine (das Produkt biochemisch veränderter Zellen) auch 
nach beendigter Erkrankung weiter geliefert und lassen sich in 
dem Blutserum längst genesener Individuen noch nachweisen. 
Auch die Pirquet sehe Cutireaktion macht keine Ansprüche 
darauf, als sicheres Merkmal für die Anwesenheit virulenter 
Tuberkelbazillen im Organismus zu gelten. 

Angesichts der mitgeteilten Tatsachen und Ergänzungen 
haben wir kein Recht, den positiven Ausfall einer Ophthalmo¬ 
reaktion nach Mallei'neinträuflung ohne weiteres als Anzeichen 
für noch vorhandenen Rotz zu deuten. Ihm kommt, gleichwie 
der Agglutinationsprobe, nur der Wert eines bestätigenden 
Arguments zu, wenn die subkutane Malleinisation bei demselben 
Individuum von typischer thermischer und lokaler Reaktion 
gefolgt ist. 

• Wenn wir somit der positiven Ophthalmoreaktion eine 
selbständige praktische Bedeutung absprechen, so sind wir 
andererseits doch geneigt, eine solche der negativ verlaufenden 
Reaktion zuzuerkennen. 

Handelt es sich um die Untersuchung eines größeren rotz¬ 
verdächtigen Bestandes, so hat man die Möglichkeit, mit Hilfe 
der Ophthalmoreaktion zunächst einmal schnell diejenigen Pferde 
auszusondern, welche nicht reagieren. Diese Pferde brauchen 
vor der Hand nicht subkutan malle'inisiert zu werden, wodurch 
Besitzer und Veterinär eine Menge Unbequemlichkeiten, Kosten 
und unproduktiver Arbeit erspart bleibt. Man darf dabei aber 
nicht aus den Augen verlieren, daß im Beginn der Inkubations¬ 
periode jede biologische Reaktion im Stiche lassen kann. Daher 
ist es nicht statthaft, sich mit einem einmaligen negativen 
Resultat der Malleineinträuflung in den Konjunktivalsack zu 
begnügen, sondern muß unbedingt das Verfahren nach einiger 
Zeit (etwa nach zwei Wochen) wiederholt werden, bevor man 
die Tiere vom Rotz verdachte freispricht. 


Bericht über Impfungen mit Suptol. 

Von Veterinärarzt E. Jaekschath-Stößen. 

Am 3. August wurde ich von dem Molkereibesitzer R. nach 
R. gerufen, mit dem Vorberichte, daß fast alle Schweine krank 
wären. Bei meiner Ankunft sezierte ich ein kurz vorher ver¬ 
endetes Schwein im Gewichte von ungefähr 100 kg und stellte 
als Todesursache akute Schweineseuche in Form einer 
katarrhalischen Pneumonie fest. Diese Seuche wurde wahr¬ 
scheinlich 14 Tage vorher in den Bestand durch Ankauf kranker 
Ferkel eingeschleppt, und hatte sich dieselbe sehr schnell in 
dem Bestände von ungefähr 70 Schweinen verbreitet. Besonders 
erkrankten die älteren zirka 100 kg schweren Schweine, von 
denen 4 starben und 12 nach einem Schlachthofe geschafft 
wurden; hier wurde bei sämtlichen 12 Schweinen akute Schweine¬ 
seuche festgestellt. 

Vom 3. bis 13. August wurden die Schweine symptomatisch 
mit Einreibungen und innerlichen Mitteln behandelt. Am 
13. August impfte ich dann zum ersten Male mit Suptol in der 
von Dr. Burow vorgeschriebenen Dosis, und konnte schon am 
15. August feststellen, daß die Temperatur, die bei einigen 
Schweinen 41 0 C betrug, gefallen war; der Husten ließ nach 
und mit diesem die durch Auskultation und Perkussion der 
Lunge festgestellten Krankheitserscheinungen, Appetit und 
Munterkeit stellten sich wieder ein. Am 2. September habe ich 
dann nochmals 26 Schweine geimpft, weil in diesem Bestände 
5 Schweine Abmagerung zeigten und husteten. Seit dem 
13. August ist nur ein Schwein verendet, dessen Impfung aus¬ 
sichtslos sein mußte, da allgemeine Hinfälligkeit, große Atemnot 
und vollständiges Versagen der Futteraufnahme einen baldigen 
Tod voraussagten. 

Ich habe bei Schweineseuche sämtliche Impfstoffe versucht, 
jedoch muß ich dem Suptol in seiner schnellen und sicheren 
Wirkung den Vorrang geben, wenn es auch an die großartige 
Wirksamkeit des Rotlaufserums nicht heranreicht. 

Zum Schlüsse möge mir der Hinweis gestattet sein, daß 
Sera nur gegen solche Krankheiten wirksam sein können, bei 
denen als Träger und Verbreiter des Infektionsstoffes das Blut 
des befallenen Tieres in Frage kommt, wie es beim Rotlauf des 
Schweines der Fall ist; nicht aber kann ein Blutserum bei 
Krankheiten wirksam sein, bei denen das Blut nur in geringem 
Maße als Transportmittel in Frage kommt und mithin auch 
gar nicht als Geburtsstätte des Schutzstoffes anzusehen ist. 


Harnröhrenstein beim Pferde. 

Von Oppel-Arnstadt 

Am 12. Juni 1892 wurde mir abends 10 Uhr ein 22 jähriger 
Rappwallach mit der Anamnese zugeführt, daß derselbe seit 
3 Tagen erkrankt sei. Ein zugezogener Kurpfuscher habe das 
Pferd für nierenkrank erklärt und Aufschläge von heißem Hafer 
in der Nierengegend angeordnet. Da sich der Zustand von Tag 
zu Tag verschlimmerte und der Leibesumfang mehr und mehr 
zunahm, so suchte man nunmehr tierärztliche Hilfe nach. 

Auf den ersten Blick mußte die Diagnose auf Blasen- oder 
Harnröhrenstein gestellt werden. Das Tier verriet große Angst, 
der Hinterleib war wie bei Tympanitis sehr stark aufgetrieben, 
der Penis hing schlapp und weit aus dem Schlauche heraus, 
und träufelte vereinzelt ein Tropfen Urin ab. Eine sofort vor¬ 
genommene Untersuchung der prall mit Urin gefüllten Harnröhre 






16. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


53 


vom Gesäßbeinausschnitt nach abwärts ergab dicht oberhalb der 
Kastrationsnarben einen sich taubeneigroß anfühlenden Stein. 
Eine Exploration durch den Mastdarm war nicht möglich, da 
die Harnblase derart gefüllt war, daß sie die ganze Becken¬ 
höhle ausfüllte, so daß kaum die Hand durch den After eingeführt 
werden konnte. 

Da in der Nacht an eine operative Entfernung des Steines 
nicht zu denken war, ließ ich den Patienten einstellen und 
beauftragte den Besitzer, mich früh 2 Uhr zu wecken, was auch 
geschah. Ich versuchte nun zunächst im Stehen zu operieren; 
allein wegen zu starker Unruhe des Tieres war dies nicht 
möglich. Im Einverständnis mit dem Besitzer wurde es deshalb 
in einem Schafstall, in welchem eine hohe Schichte Mist und 
sehr reichliche Einstreu sich befand vorsichtig auf die linke 
Seite abgeworfen und wurde nunmehr der Stein mittelst etlicher 
kräftiger genau in der Medianlinie angelegter Schnitte entfernt. 
Es entleerte sich sofort aus der Operationswunde eine große 
Menge Urin und stellte sich das Pferd nach dem Aufstehen zum 
Stallen an, wobei nochmals ein ganz beträchtliches Quantum 
Harn im mächtigen Strahle gleichzeitig aus dem Schnitte und 
der Ausmündungsstelle der Harnröhre abfloß. Es dürfte nicht 
zu hoch gegriffen sein, wenn ich die Gesamtmenge des entleerten 
Urins auf mindestens 3 Pferdeeimer voll einschätze. 

Die Wunde wurde nicht genäht, sondern lediglicli 3 mal 
täglich mit Sublimatlösung 1:1000 gereinigt. 

Der runde Stein ist von hellgelber Farbe, zeigt auf seiner 
Oberfläche eine warzige Beschaffenheit und wiegt 5,5 g; doch 
fehlt zirka V 4 , da der Stein bei der Operation angeschnitten wurde. 

Am 4. Tage nach der Operation wurde das Pferd wieder 
zu seiner gewöhnlichen Dienstleistung herangezogen. Anfangs 
ergoß sich noch etwas Urin aus der Wunde, doch heilte diese 
sehr schnell. Ein Rezidiv ist nicht eingetreten und erst im 
Sommer 1900 wurde das Pferd 30 Jahre alt, dem Pferdeschlächter 
übergeben. 

Am 12. Mai 1894 wurde mir abends ein brauner Wallach 
mit der gleichen Anamnese vorgeführt. Das Pferd war seit 
drei Tagen erkrankt und hatte ein Pfuscher dasselbe ebenfalls 
für nierenkrank erklärt und homöopathisch behandelt. 

Das Tier zeigte leichte Kolikerscheinungen, scharrte mit 
den Vorderfüßen oder schlug mit den Hinterfüßen nach dem 
Leibe. Der Penis hing weit aus dem Schlauche heraus und 
träufelte ununterbrochen etwas Urin ab. Die sofort vor¬ 
genommene Untersuchung der Harnröhre stellte wiederum einen 
Stein dicht oberhalb der Kastrationsnarben fest. Die Exploration 
durch den Mastdarm ergab, daß die Blase zwar ziemlich gefüllt 
war, doch bestand keine Gefahr, daß dieselbe bersten würde, 
zumal ununterbrochen Urin abträufelte. 

Da wegen vorgerückter Tageszeit die Operation nicht mehr 
vorzunehmen war, schickte ich den Patienten mit der Weisung 
nach Hause, daß ich bei Tagesgrauen den Stein operativ ent¬ 
fernen würde. Dies geschah auch, nachdem am nächsten Morgen 
das Pferd abgeworfen war. Der Verlauf war ein ebenso 
günstiger als wie im ersten Falle, es entleerte sich anfangs 
noch etwas Urin aus der nicht genähten Operationswunde; allein 
dieselbe schloß sich sehr bald und konnte das Tier bereits am 
vierten Tage wieder zur Arbeit benutzt werden. 

Der Stein hat die Form einer Pyramide mit abgestumpfter 
Spitze und ist auf seiner Oberfläche geperlt, ähnlich wie ein 


gutgeperltes Rehgehöm. Es erklärt sich hieraus auch das un¬ 
unterbrochene Abträufeln des Urins. Das Gewicht beträgt 6 g. 

Am 19. Juni 1896 wartete mich derselbe Besitzer mit eben 
demselben Pferde in einer Ortschaft ab, da er wußte, daß ich 
dahin kommen würde. 

Die Anamnese lautete, daß das Pferd seit etlichen Stunden 
dieselben Erscheinungen wie das erste Mal zeige und vermutet 
man deshalb, daß wiederum ein Stein vorhanden sei. 

Bei der Untersuchung fand ich leichte Kolikerscheinungen 
vor, der Penis war jedoch zurückgezogen, Harn träufelte ebenfalls 
nicht ab. Ich untersuchte nunmehr die Harnröhre und fand 
diesmal vor den Kastrationsnarben, zirka 20 cm von der Aus¬ 
mündungsstelle der Harnröhre entfernt, einen Stein vor. 

Wurfzeug hatte ich nicht bei mir, Zeit stand mir ebenfalls 
nicht viel zur Verfügung, ich ließ deshalb den Patienten in die 
Dorfschmiede bringen, stellte ihn an eine Wand und legte Bremse 
nebst Spannseile an. Der Stein wurde nunmehr im Stehen mit 
etlichen kräftigen Schnitten leicht entfernt. 

Auch diesmal heilte die nicht genähte Wunde sehr schnell, 
doch wurde das Pferd wegen hohen Alters im nächsten Frühjahre 
dem Pferdeschlächter übergeben, und soll sich beim Schlachten 
noch ein weiterer Stein in der Harnblase vorgefunden haben. 

Der das zweite Mal entfernte Stein ist oval von hellgelber 
Farbe und warziger Oberfläche. Sein Gewicht beträgt 4,5 g. 

Ich möchte zum Schluß noch bemerken, daß in allen drei 
Fällen der Wundverlauf ein ganz tadelloser war und daß nicht 
die geringste Schwellung eintrat. Ein Nähen der Wunden 
hatte ich absichtlich vermieden, da ich die nach Ausführung 
des Harnröhrenschnittes beobachteten Ödeme mit Nekrose der 
Haut lediglich auf das Nähen und hierdurch bedingte Hara- 
infiltration zurückführe. 


Scheinzwitter bei einem Pferde. 

Von Militär-Untertierarzt Josef Tantos, 20. Divis. Artill.-Regt. 

Temesvär (Ungarn). 

Vor einigen Monaten wnrde ich auf ein Pferd aufmerksam 
gemacht, welches ein Zwitter sein sollte. Die Gelegenheit 
benutzend, ging ich zu dem Besitzer, welcher auf mein Ersuchen 
die Besichtigung und Untersuchung des Pferdes gestattete. 

Kastanienbraun (kleiner Bergschlag), ca. 16 Jahre alt, 
145 cm hoch. 

Die äußeren Geschlechtsorgane gestalten sich nach der 
Besichtigung folgend: Unter dem After ist das Perinum etwas 
stärker vortretend, welches sich in einer Entfernung von 6 cm 
vom After spaltet, und als deutliche Schamlippen, mit der 
wulstigen untereren Kommissur, das Ende des nicht vollständig 
entwickelten Penis umschließt, dessen Glans und vorspringende 
Harnröhre, über die Schamlippen (etwa 5—6 cm lang) frei 
hervortritt. In der linken Schamgegend ist ein vollständig ent¬ 
wickelter Hoden im Hodensack zu fühlen, der rechte Hoden 
fehlt (Kastrationsnarbe keine vorhanden). Vor dem Hoden sind 
zwei Zitzen als Hautanhängsel, ohne die Hautfalten, wie beim 
Euter der Stute. Hackenzähne sind stark entwickelt. 

Durch die innerliche Untersuchung konnte weder ein Ovarium, 
noch der rechte Hoden gefunden werden. 

Ein Eingang in einen Scheidenvorhof konnte mit den Fingern 
nicht gefunden werden und wegen der Unruhe und großen 
Empfindlichkeit des Pferdes mußte ich die weitere Untersuchung 
aufgeben. 





54 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


Auf mein Befragen, wie das Pferd sich zn Stuten und 
Hengsten verhält, bekam ich folgende Aufklärung: Hengsten 
gegenüber schlägt und beißt es, während es in der Nähe von 
Stuten wiehert und geschlechtliche Erregungen zeigt. Der 
nur aus der Eichel und dem sehr kurzen Schwellkörper be¬ 
stehende Penis krümmt sich bei der Erregung in einen Viertel¬ 
kreis nach oben und erreicht eine Länge von ca. 20 bis 25 cm 
Länge mit ziemlicher Schwellung der Eichel. Ob hierbei eine 
Samenentleerung eintritt, konnte mir nicht berichtet werden. 

Der Besitzer benutzt das Pferd seit acht Jahren als Ein¬ 
spänner (Milchwagenpferd) ohne Anstand, nur darf das Pferd 
nicht in der Nähe anderer Pferde stehen gelassen werden, sonst 
wird es für die Umgebung nicht ungefährlich. 

Da Fälle von Scheinzwitter beim Pferde in der Literatur 
nicht so häufig Vorkommen, und dieser Fall mir die Gelegenheit 
bot, ihn zu beschreiben, benutze ich sie, um diese Unregel¬ 
mäßigkeit in der Entwicklung der Geschlechtsorgane beim 
Pferde zu veröffentlichen. 

Einen wissenschaftlichen Wert hätte es, die inneren Ge¬ 
schlechtsorgane durch die Sektion näher zu untersuchen, jedoch 
verlangt der Eigentümer einen solchen Preis für das Pferd, daß | 
keine Aussicht vorhanden ist, durch einen Pferdefleischbeschauer 
in den Besitz dieser Organe zu gelangen. 

Mastdarmzerreißung beim Pferd infolge Vorfalls mit 
Invagination. 

Von Tierarzt Loewenthal-Fraustadt. 

Am 25. Juli d. J. wurde ich nachmittags zwischen vier 
und fünf Uhp telephonisch auf ein Dominium hiesigen Kreises ge¬ 
rufen, wo sich ein Arbeitspferd den Mastdarm herausgedrängt 
haben sollte. Bereits mittags soll dasselbe schlecht gefressen 
und Unruheerscheinungen gezeigt haben. Trotzdem wurde es 
zum Sandfahren benutzt, wobei es plötzlich stark zu schwitzen 
anfing, zitterte, hinfiel und den Mastdarm herausdrängte. Nur 
schwer konnte es wieder aufgetrieben und nach dem Gehöft 
geführt werden. 

Bei meiner Ankunft ließ ich das Pferd, das über den 
ganzen Körper mit kaltem Schweiß bedeckt war und langsam 
im Hofe herumgeführt wurde, sofort in den Stall bringen. Da¬ 
selbst stand es teilnahmslos da und versuchte sich hin und 
wieder niederzuwerfen, was ich mit der Peitsche verhindern 
ließ. Die Konjunktiven waren schmutzigrot verfärbt, der Puls 
klein und fadenförmig, die Atmung oberflächlich und ebenso wie 
der Pul8 stark beschleunigt. Ab und zu drängte das Pferd 
stark, wobei es laut stöhnte. Vor dem After befand sich eine 
ca. 30 cm lange, wurstähnliche Geschwulst, deren Ende nach 
oben gekrümmt war. Die Oberfläche derselben war ödematös 
geschwollen, glatt, glänzend und blaurot gefärbt. 

Nach einer Morphiumeinspritzung und Reinigung des vor¬ 
gefallenen Mastdarms mit einer 2 proz. Alaunlösung, konnte 
ich denselben wieder zurückbringen. Noch hatte ich den Arm 
aus dem Mostdarm nicht heraus, als das Tier kopfüber gegen 
die Krippe stürzte und den Mastdarm wieder herauBdrängte, 
und zwar in einer Länge von ca. 60 cm. Durch verstärktes Drängen 
füllte sich der vorgefallene Darm prall mit Luft und platzte 
mit dumpfem Knall, wobei die Luft zischend entwich. Innerhalb 
einer halben Minute hatte sich dieser Vorgang abgespielt. Das 
Tier zuckte noch einigemal und war nach einer weiteren halben 


Minute verendet. Leider hatte ich keine Gelegenheit, die 
Sektion vorzunehmen. 

Bemerken möchte ich noch, daß ich vor ca. zwei Monaten 
bei dem Reitpferde eines Gutsbesitzers im hiesigen Kreise einen 
einfachen Mastdarmvorfall reponierte, der sich durch Behandlung 
mit Ölklistieren und Kokainsalbe nach 24 Stunden vollkommen 
gegeben hatte. 

Über einen Fall von Hirnhaut-Tuberkulose beim Rind. 

Von Tierarzt Fleischhauer, Schlachthof-Inspektor, Crossen a. 0. 

Dem hiesigen Schlachthof wurde von einem Fieischermeister 
ein Rind zur Schlachtung überwiesen. Das betreffende Tier, 
ein Bulle, Ostfriese, ca. 2 1 /* Jahre alt, war mit dem Wagen 
geholt worden. Die von mir sofort vorgenommene Lebend¬ 
beschau ergab folgendes: Der Bulle lag mit krampfhaft ge¬ 
streckten Beinen und stierem Blick auf dem Wagen, völlig 
teilnahmslos gegen seine Umgebung. Es wurde wiederholt 
versucht, das Tier aufzutreiben, um es in die Halle zu bringen, 
doch war alle Mühe vergeblich. Der Bulle mußte direkt vom 
Wagen in die Halle gezogen werden, was er sich auch wider¬ 
standslos gefallen ließ. Das Tier war nicht im besten Ernährungs¬ 
zustand; die von mir aufgenommene Temperatur zeigte keine 
Erhöhung, sondern war völlig normal. Nach der Schlachtung 
zeigten sich nachstehende Veränderungen: Tuberkulose der Lunge, 
außerdem Serosen-Tuberkulose. Körperlymphdrüsen, Milz, Leber 
und Nieren waren frei von tuberkulösen Erscheinungen. Hierauf 
nahm ich, soweit dies möglich war, eine Untersuchung des Gehirns 
vor und fand da in der Dura mater vom Kleinhirn nach dem 
Großhirn sich ausbreitend massenhafte tuberkulöse Einlagerungen 
in Stecknadelkopfgröße. Zwischen diesen größeren Herden 
waren noch eine Menge kleine Herde punktartig eingestreut. 
Auf dem Durchschnitt zeigten sich dieselben verkäst, die Hirn¬ 
substanz wies keine krankhaften Veränderungen auf. 

Der Besitzer gab mir auf mein Befragen folgenden Vor¬ 
bericht: Der Bulle stammt von einem Dominium und war dort 
mit den übrigen Tieren zur Weide gegangen. Vor ungefähr 
fünf Tagen bekam das Tier einen Tobsuchtsanfall, drehte sich 
im Kreise und griff die anderen auf der Weide befindlichen 
Rinder mit seinen Hörnern an. Am nächsten Tag war der 
Bulle wieder ruhig, stand mit gespreizten Beinen da und ließ 
sich, ohne sich zur Wehr zu setzen von den übrigen Tieren 
stoßen und bespringen. Jedoch am drauffolgenden Tag hatte 
der Bulle wieder einen so heftigen Anfall von Raserei, daß der 
betreffende Fleischermeister vom Besitzer telephonisch gebeten 
wurde das Rind baldmöglichst zur Schlachtung abzuholen, da 
es sonst zu viel Schaden mache. 

Es handelte sich demnach in diesem Falle um eine tuber¬ 
kulöse Gehirnhautentzündung, wodurch die Krampf- und 
Tobsuchtsanfälle bei dem Rind hervorgerufen worden waren. 


Referate. 

A spiritlosis and a haematozoal disease of domestic 
fowls in the anglo-egyptian Sondan. 

(Eine Spirillosis und eine Blutkrankheit des Hausgeflügels im 
englisch-ägyptischen Sudan.) 

Von Andrew Balfour. 

(The veterinary Record, Nr. 982.) 

Der Direktor des Gesundheitsamtes zu Chartum berichtet 
von zwei Geflügelkrankheiten, die er dort beobachtet und auf 



IG. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


55 


ihre Ursachen hin zum erstenmal genauer erforscht hat. Es 
handelt sich in beiden Fällen um Infektionskrankheiten, die 
wahrscheinlich durch Zecken übertragen werden. 

Der eine Krankheitserreger ist ein Spirillum, das allem 
Anschein nach mit dem Spirillum septicaemiae, den Marchoux 
und Salimbeni und andere Forscher in Brasilien beschrieben 
haben, identisch ist. Sein Vorkommen im Sudangebiet ist von be¬ 
sonderem Interesse, weil er hier noch nicht beobachtet worden ist, 
sondern bisher nur in Brasilien und Argentinien. — Ein anderer 
ähnlicher Krankheitserreger der Spirillose der Gänse ist noch 
in Transkaukasien durch Sakkaroff 1891 gefunden worden. 

Anfänglich wurden die Spirillen nur im Geflügel, das aus 
Italien über Genua und Port Sudan eingeführt wurde, an¬ 
getroffen. Möglicherweise sind die Tiere während des Trans¬ 
ports von Zecken infiziert worden, die in südamerikanischen 
Häfen zufällig an Bord des Schiffes gelangt sind. Es ist ja 
bekannt, daß Geflügelzecken den Ansteckungsstoff mindestens 
fünf Monate in sich bergen, wenn sie ihn durch Blutsaugen an 
infizierten Vögeln in sich aufgenommen haben. Andererseits 
kanD aber auch dieses Spirillum in Chartum, wo Angas-Zecken 
außerordentlich häufig sind, endemisch sein. Eine Beobachtung 
begünstigt diese Annahme, da eine sudanesische Henne, die 
durch Versehen in das Geflügelhaus hineingekoramen war, zwei 
Tage später die Spirillen aufwies, während das Inkubations¬ 
stadium nach March oux und anderen Forschern fünf oder sechs 
Tage nach dem Zeckenbiß betragen soll. Die Studien über diesen 
Parasiten haben ziemlich einwandfrei ergeben, daß der frag¬ 
liche Organismus das Spirillum gallinarum (Laveran) ist und 
die Krankheit dieselbe, die allgemein Brasilianische Septikämie 
genannt wird. 

In der zweiten Krankheit vermutet der Verfasser eine 
richtige Piroplasmose, die ziemlich häufig unter dem sudanesi¬ 
schen Geflügel sein soll und häufig tödlich verläuft. 

In den roten Blutkörperchen sind ganz deutlich Piroplasmen 
nachzuweisen, am besten mit der Färbung einer Mischung von 
Borellblau und Eosin, welche die rubinrote Farbe des Chromatins 
viel besser herausbringt, als die Leishman- oder Giemsa- 
Methode. — Im ganzen sind die Symptome dieser Krankheit 
denen der Spirillosis ähnlich. Dasselbe matte Aussehen der 
Tiere, rauhe Federn, häufig Diarrhöe, Zittern, Schwäche und 
Anämie. Die Temperaturkurve ist jedoch ganz verschieden. Der 
Sektionsbefnnd ergibt keine Vergrößerung der Leber und Milz. 
Die Larven der Angas-Zecken sind an infiziertem Geflügel ge¬ 
funden worden und handelt es sich nach der Überzeugung des 
Autors fraglos um eine richtige Piroplasmose, die erste bei 
Vögeln beobachtete. 

Nähere Angaben über die Morphologie des Parasiten, die 
Blutbeschaffenlieit und die Krankheitssymptome stellt Verfasser 
ffir später in Aussicht. Tr. 

Albumosurie bei Tieren. 

Von Dr. med. Heinrich Küthe, Oberveterinär. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1907. Nr. 4<i.) 

Nach Munk ist das Wesen der Eiweiß Verdauung die Um¬ 
wandlung von geronnenem oder in unlöslicher Modifikation 
befindlichem Eiweiß in eine wasserlösliche Form. Es verwandeln 
sich bei der Verdauung die koagulablen Eiweißstoffe in die in 
Wasser lösliche Albumose oder Propepton, schließlich in Pepton. 


Verfasser hat nun Untersuchungen darüber angestellt, ob und unter 
welchen Verhältnissen bei Tieren Albumose im Urin auftritt. 
Seine Versuchsergebnisse gipfeln in folgenden Sätzen: 

1. Bei gesunden Pferden und Rindern treten keine Albumosen 
im Harn auf. 

2. Bei verschiedenen akuten Krankheiten der Pferde besteht 
Albumosurie. Ihr Erscheinen ist aber gebunden an das 
Vorhandensein von Fieber; der Grad der Albumosurie läuft 
nicht nur parallel zur Höhe der Temperatursteigerung, ist 
vielmehr auch abhängig von den Störungen im Allgemein¬ 
zustand des Körpers. 

3. Für die Diagnose bestimmter Leiden ist die Albumosurie 
nicht zu verwerten. 

4. Die Albumosurie ist bei der Brustseuche unabhängig von 
der Resorption der Exsudate aus dem Körper. 

5. Während bei lokal beschränkter Tuberkulose ohne All¬ 
gemeinstörungen der Harn von Albumose frei ist, scheint 
erhebliche Tuberkulose mit ständiger Albumosurie ver¬ 
bunden zu sein. 

6. Die Menge der ausgeschiedenen Albumose läßt einen Schluß 

zu auf den Grad der Allgemeinstörung im kranken Körper, 
kann deshalb neben anderen Symptomen klinisch für die 
Prognose in Betracht gezogen werden. Rdr. 

Ein Fall von Torsio ntori ante cervicem. 

(Aus der geburtshilfl. Klinik der k. u. k. Tierärztl. Hochschule in Wien.) 

Mitgeteilt von Tierarzt Karl Keller, Assistent der Klinik. 

(Tierärztl. Zentralblatt 1907, Nr. 19.) 

K. beschreibt einen jener sowohl nach de Bruin, wie 
nach Harms und Franck seltenen Fälle, in welchem nur eine 
Drehung des Uterus besteht, ohne daß die Scheide der Kuh 
daran teilnimmt. Die torquierte Stelle lag vor der Cervix. 
Trotz aller Bemühungen gelang es nicht, den Uterus in die 
normale Lage zu bringen. Schließlich wurde die Laparotomie 
vorgenommen. Es zeigte sich, daß hochgradige Stauungs¬ 
erscheinungen am Uterus und eine schwere Peritonitis vor¬ 
handen waren. Die Uteruswand war total ödematös. In Rück¬ 
sicht auf die gänzliche Aussichtslosigkeit des Falles wurde die 
Kuh getötet. Der Sektionsbefund lautete: Drehung des trächtigen 
Uterus, in dessen linkem Horn ein normal entwickeltes reifes 
Kalb vorhanden, um 360 Grad, zirka 10 cm nach vorn vom 
Abgang der beiden Hörner von links über oben nach rechts; 
hochgradige Stauungserscheinungen an den gedrehten Partien, 
fibrinös-hämorrhagische jauchige Peritonitis. Interessant ist der 
Fall auch dadurch, daß das Allgemeinbefinden der Kuh in 
gar keinem Verhältnis stand zu den hochgradigen Stauungs¬ 
erscheinungen am Uterus und zu der schweren Peritonitis. 

Rdr. 

Sarin, ein neues Mittel gegen Schweineseuche. 

Von J. Szabö, kön. ung. Tierarzt. 

(Allatorvozi hapok, 1907. Nr. 42.) 

Ein Apotheker bringt in Ungarn ein neues Mittel gegen 
Schweineseuche unter den Namen „Sarin“ in Verkehr. Das 
Mittel ist nach der Beschreibung seines Erfinders Alylum halio- 
manganato-camphoratum. Szabö wendete es in vielen Fällen 
bei zwölf Schweinezuchten an, aber das Resultat war gar nicht 
befriedigend, die Erkrankung schritt weiter und die Zahl der 
Todesfälle verminderte sich auch nicht. Dr. Z. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


56 

Über den Zusammenhang zwischen Schlachttierkrank¬ 
heiten und Fleischvergiftungen durch Bakterien der 
Typhus-Coli-Gruppe. 

Von Bernhard Edenhuizen. 

(IiKiiigiiral-Dissertatinn. Göttingen 1907.) 

Verfasser hat in einer außerordentlich interessanten Arbeit 
die Frage geprüft, ob die häufigsten Fleischvergifter unter den 
Bakterien, die verschiedenen Stämme des Bacillus paratyphosus, 
nach dem Tode als Saprophyten auf Fleisch vegetieren oder 
bereits zu Lebzeiten der Schlachttiere als Krankheitserreger in 
Frage kommen. Zu den Untersuchungen dienten Fleischteile 
und Organe von Tieren, die mit solchen Krankheiten behaftet 
waren, welche nach allgemeiner Annahme das Fleisch gesund¬ 
heitsschädlich machen können. Das Material wurde von ver¬ 
schiedenen großen Schlachthöfen geliefert. Es befanden sich 
darunter 10 Tiere mit Gebärmutterentzündungen, mit Nabel¬ 
infektionen 12, Darmentzündungen 6, Peritonitiden 3, Lungen- 
und Pleuralaffektionen 4, ferner 6 mit Gelenkentzündungen be¬ 
haftete, 8 septikämische und ein an einer Phlegmone erkranktes. 
Mit völliger Sicherheit ließen sich Fleischvergifter vom Typus 
Gärtner und Paratyphus B nicht nachweisen. Dagegen wurden 
in 5—8 Proz. der Fälle Bakterien ermittelt, welche in bezug 
auf ihre Virulenz für Mäuse und ihr kulturelles Verhalten mit 
den früher beschriebenen Fleischvergiftungsbakterien überein¬ 
stimmen und wahrscheinlich auch für den Menschen gefährlich 
werden können. Die Resultate ergänzen die Erfahrung aus der 
Praxis, nach welchen sich der Paratyphusbazillus nachweisbar 
postmortal angesiedelt hatte. Die aufgefundenen, hinsichtlich 
der Gesundheitsschädlichkeit suspekten Bakterien wurden ge¬ 
züchtet aus dem Fleische eines wegen eitriger Hufgelenks¬ 
entzündung nofgesclilacliteten Pferdes und aus zwei mit Septi- 
kämie behafteten Kälbern. 

Das Gehiß des nengebornen Kalbes. 

Im Bericht über das Veterinärwesen in Sachsen für 1905 
hat Professor Kusch Mitteilung gemacht über eine an 95 Kälbern 
vorgenommene Feststellung der bei der Geburt vorhandenen 
Zähne. Daraus ergibt sich die klare Regel, daß das Kalb 
alle acht Schneidezähne mit auf die Welt bringt; dies war bei 
60 Kälbern, also bei zwei Drittel der untersuchten, der Fall. 
Nur sechs Schneidezähne waren durchgebrochen bei 31 Kälbern; 
die Eckzähne waren bei diesen noch vom Zahnfleisch überdeckt 
und brachen in zwei bis sechs Tagen durch. Diese Kälber 
stammten aber durchweg von Fersen oder waren Zwillingskälber 
oder etwas früh geboren. Nur bei vier Kälbern fehlten auch 
noch die äußeren Mittelzähne. Von diesen vier Kälbern stammten 
zwei aus Zwillingsgeburten, das dritte war 24 Tage zu früh 
geboren, das vierte mißbildet. 

Die Impfungen gegen den Rotlauf der Schweine in 
Baden 1905 und 1906. 

Von Veterinärassessor Fehsenmeier in Karlsruhe. 

(Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte, 7. .Tahig., Nr. 9 und 10.i 

Die Schutz- und Heilimpfungen gegen den Rotlauf sind in 
den Jahren 1905 und 1906 wiederum in großem Umfange zur 
Anwendung gelangt. Es werden in 42 (38) — die Angaben in 
Klammern betreffen das Jahr 1905 Amtsbezirken, und zwar 
in 355 (363) Gemeinden mit 7720 (6598) einzelnen Gehöften 


Impfungen vorgenommen. Als Impfstoff benutzte man Susserin. 
Von den der Impfung unterworfenen Schweinen wurden 1675 
(1444) mit Serum allein und 22 621 (19 982) mit Serum und 
Rotlaufbazillenkultur zugleich behandelt. 

Die Schutzimpfung gelangte bei 23 753 (20 963) 
Schweinen zur Anwendung; von diesen erkrankten innerhalb 
drei Tagen nach der Impfung 10 (15), von denen 4 (4) ver¬ 
endeten und 6 (11) genasen. Von den nicht geimpften Tieren 
jener Bestände, in denen nicht sämtliche Schweine der Impfung 
unterworfen worden waren, erkrankten späterhin 27 (20) an 
Rotlauf. 

Die Heilimpfung wurde bei 543 (463) rotlaufkranken 
Schweinen angewendet, von denen 506 (423) geheilt wurden 
und 37 (40) verendeten oder notgeschlachtet wurden. 

Der bisherige Umfang der Susserin-Impfung in Baden ist 
aus nachstehendem ersichtlich: 



Impfungen 
wurden vor- 

genomraen 

in 

Zahl der 
geimpften 
Schweine 

ilb 3 Tagen nach 
rankten (und ver- 
Schweine) 

Zahl der 
weiteren Er- 
krankungs- 
(und Todes¬ 
fälle) an Rot¬ 
lauf bis zum 
Jahresschluß 
unter 

Bei 

Anwendung 
des Serums 
als Heilmittel 
wurden 
geimpft 

Jahr 

Amtsbezirken 

Gemeinden 

Gehöften 

Serum ohne 
Kultur 

Serum mit 
Kultur 

•S - a 

g *£ 
2 * 
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Ti © 

S! rz 

den geimpften 
Tieren 

den nicht ge¬ 
impften Tieren 

erkrankte 

Schweine 

davon sind 
genesen 

1899 

10 

40 

*) 

1290 

_ 

12 (2) 


*> 

67 

55 

1900 

19 

119 

1732 

4809 

539 

20 (4) 

24(5) 

22 

213 

177 

1901 

20 

119 

1 621 

2 676 

3 234 

3(1) 

3 

6 

177 

153 

1902 

24 

169 

3 015 

1928 

8127 

8(5) 

5(2) 

13 

387 

838 

1903 

32 

321 7 583 

5 780 

20 643 

39(14) 

16 (1) 

8 

726 

626 

1904 

40 

365 9380 

1864 

27 302 

9(7) 

32 (2) 

63 

497 

442 

1905 

38 

363 6 598 

1444 

19 982 

15 (4) 

16(3) 

20 

463 

428 

1906 

42 

355 7 720 

1675 

22 621 

10 (4) 

12 (2) 

27 

548 

506 

Sa. 

— 


— 

21466102 448 

116(41) 

108 (15) 

159 

8078 

2 715 





123 914 


=0,08% 



=88,»% 


J. Schmidt. 


Tagesgeschichte. 

Aas dem Etat für 1908. 

I. 

Der preußische Staatshaushaltsetat für 1908 bringt keinerlei 
Veränderungen des Einkommens der Staatsbeamten zum Aus¬ 
druck, enthält vielmehr hierin überall dieselben Sätze wie im 
vorigen Jahre. Das war auch nicht anders zu erwarten, da 
bekanntlich die Aufbesserung der Beamtengehälter ganz allgemein 
sein und durch eine besondere Vorlage ausgeführt werden soll. 
Unter den allgemeinen Aufwendungen, die der Etat vorsieht, 
sind auch bereits 77 Millionen für diese große Maßregel ent¬ 
halten. Die fehlenden Millionen, etwa 40, sollen, wie der Herr 
Finanzminister in seiner Etatsrede ausgeführt hat, durch eine 
mäßige Erhöhung der Einkommensteuer aufgebracht werden. 
Ob freilich das Abgeordnetenhaus, namentlich jetzt im letzten 


*) Nicht ermittelt. 




16. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


57 


Jahre der Legislaturperiode, dafür zu haben sein wird, ist 
fraglich, und so ist es immerhin noch nicht ganz sicher, ob das 
Etatsjahr die Verwirklichung dieser Reform bringt. Jedenfalls 
bringt unter diesen Umständen selbstverständlich auch der Etat 
der Landwirtschaftlichen Verwaltung keinerlei Veränderungen 
in den Personalbezügen. Davon sind auch die Assistenten an 
den tierärztlichen Hochschulen betroffen, für die eine Erhöhung 
ihrer geringen Remuneration unbedingt erforderlich und auch 
in sicherer Aussicht ist. 

Was die Begründung neuer Stellen anlangt, so ist in erster 
Linie bemerkenswert die Hebung der Stellung des bisherigen 
veterinärtechnischen Hilfsarbeiters im Ministerium. Die Er¬ 
läuterungen des Etats bemerken dazu: „Dienstliche Rücksichten, 
die sich nach Einführung der allgemeinen Fleischbeschau noch 
gesteigert haben, heischen es, daß im Ministerium ständig eine 
mit allen Vorgängen vertraute veterinärtechnische Hilfskraft 
vorhanden ist. Es ist deshalb notwendig, den jetzt seit drei 
Jahren in seiner Stellung befindlichen veterinärtechnischen Hilfs¬ 
arbeiter dauernd in das Ministerium zu übernehmen und 
ihn in seinen Rang- und Gehaltsverhältnissen den ständigen 
landwirtschaftlichtechnischen Hilfsarbeitern gleichzustellen.“ 

Außerdem werden zwei neue Kreistierarztstellen ge¬ 
schaffen, und zwar eine in Berlin und eine für Stettin-Stadt unter 
Zulegung eines Teiles des Kreises Randow. Bezüglich der 
Berliner Stelle bemerkt der Etat, daß die Aufgabe des neuen 
Kreistierarztes hauptsächlich in einer zuverlässigen Beauf¬ 
sichtigung der Fleischbeschauer in der Umgebung von Berlin 
werde bestehen müssen. Die Remuneration für die Ausübung 
der Grenzkontrolle wird um 16 000 M. erhöht. 

Bei den tierärztlichen Hochschulen tritt eine wesent¬ 
liche Änderung in dem Verhältnis der Assistenten ein, die von 
diesen freudig begrüßt werden dürfte. Die Assistenten waren 
bisher in der Stellung von Stipendiaten. Sie sollen von jetzt ab 
ihre Remunerationen aus demselben Titel erhalten wie die Hilfs¬ 
lehrer und werden dadurch diesen näher gerückt und in ihrer 
dienstlichen Stellung gehoben. Es gelangt dies dadurch zum 
Ausdruck, daß die betreffende Etatsposition „zur Remunerierung 
von Hilfslehrern usw.“ mit 75 950 M., d. h. um 29 850 M. höher 
als bisher angesetzt ist. Dementsprechend sind aber bei dem | 
Fonds für Stipendien die dort bisher verrechneten Remunerationen 
der Assistenten im Betrage von 18 600 M. abgesetzt. Für seine 
eigentlichen Zwecke ist der Stipendienfonds, obwohl die Gesamt¬ 
summe dadurch um 15 600 M. geringer angesetzt ist, gleichwohl 
um 3000 M. erhöht worden. Eine Vermehrung der Bezüge der 
Assistenten ist, wie schon oben gesagt, damit nicht verbunden, 
vielmehr in der Vorlage über die Aufbesserung der Beamten¬ 
gehälter zu erwarten. 

Auch die Zahl der wissenschaftlichen Hilfskräfte 
ist vermehrt worden, und zwar in Hannover um einen Repetitor 
bei der Hundeklinik, in Berlin um einen Assistenten bei der 
Poliklinik, einen Repetitor im Pathologischen Institut und um 
einen Abteilungsvorsteher beim Hygienischen Institut. 
Die Schaffung der letzteren Stelle ist bemerkenswert. Es ergibt 
sich unzweifelhaft immer mehr die Notwendigkeit, dieses Institut, 
das erste seiner Art, zu zerlegen in seine beiden tatsächlich 
voneinander verschiedenen Bestandteile, nämlich in ein Institut 
fär Seuchenlehre und ein Institut für Nahrungsmittelkunde. 
Auch an anderen tierärztlichen Hochschulen ist ja übrigens, 
weil sich dort die Verhältnisse von vornherein anders entwickelt 


haben, der Unterricht in der Fleischbeschau mit dem Hygienischen 
Institut nicht verbunden. Es ist auch gar nicht anzunehmen, 
daß man in Zukunft einen Ordinarius findet, der auf beiden ge¬ 
trennten Gebieten gleich zuhause wäre. Diese Teilung des 
Hygienischen Instituts, von deren sofortiger Durchführung nach 
Lage der Umstände jedenfalls abgesehen werden mußte, ist 
offenbar durch die Einstellung eines Abteilungvorstehers, dem 
speziell die Vertetung des Ordinarius auf dem Gebiet der 
Nahrungsmittelkunde zufallen soll, angebahnt. Die der Tierärzt¬ 
lichen Hochschule für den Betrieb und den Unterricht überwiesenen 
Mittel haben in Berlin eine Erhöhung von 9600 M. erfahren. 
Im Extraordinarium sind für Hannover 44 000 M. eingestellt, 
wesentlich zur Ergänzung der elektrischen Anlage, die sich als 
unzureichend erwiesen hat, für Berlin 35 000 M. im wesentlichen 
für häusliche Verbesserungen. 

Allgemeines Interesse hat auch eine Position aus dem Etat 
der Gestütsverwaltung, durch welche eine pensionsfähige 
persönliche Zulage für den Gestütsdirigenten in Celle zur Gleich¬ 
stellung desselben mit den Dirigenten der Hauptgestüte aus¬ 
geworfen wird. Hierzu bemerkt der Etat: „Der jetzige Land¬ 
gestütsdirigent (bekanntlich Herr Landstallmeister Dr. Graben¬ 
see) war im Jahre 1896 bei der Neubesetzung der Dirigenten¬ 
stelle des Hauptgestüts Beberbeck in erster Linie für diesen 
Posten vorgesehen, mußte aber, ebenso wie bei Neuschaffung 
der Hauptgestütsdirigentenstellen in Georgenburg und Neustadt, 
im dienstlichen Interesse in Celle belassen werden. Durch 
Allerhöchsten Erlaß vom 20. März 1905 ist bestimmt, daß er 
nach dem Datum seines Patentes vom 6. März 1893, durch 
welches ihm der Charakter eines Landstallmeisters verliehen 
wurde, mit den Landstallmeistern der Hauptgesttite zu rangieren 
habe.“ Demgemäß soll er durch die erwähnte Position auch in 
seinem pensionsfähigen Einkommen den Landstallmeistern gleich¬ 
gestellt werden. Durch den im Etat erwähnten Erlaß vom 
20. März 1905 ist Herr Dr. Grabensee übrigens zugleich wohl 
der Rangälteste unter den Landstallmeistem geworden. 

II. 

Der Etat des Reichsheeres bringt für das Veterinärwesen 
ebenfalls noch keine große Neuerung, aber folgende Einzel¬ 
heiten : drei neue Stellen, darunter die eines Regimentsveterinärs 
wegen der Errichtung eines neuen Kavallerieregiments, für 
Bayern einen Veterinär in gleicher Stellung für die Militär¬ 
lehrschmiede. Bei der Veterinärakademie eine Erhöhung der 
sachlichen Ausgaben um 16 086 M., darunter 7600 M. allein für 
die Unterbringung von Studierenden in Privatquartieren, da man 
die Notwendigkeit erkennt und ihr auch bereits in erheblichem 
Umfange Rechnung getragen hat, die jetzigen Studierenden in 
bezug auf ihre Wohnung besser zu stellen als früher die Eleven. 
Ein alter und berechtigter Wunsch wird erfüllt, indem 24 000 M. 
zur Beschaffung von Veterinärtaschen für die Regimenter aus¬ 
geworfen sind. . 

Das Reiten der Veterinäre. 

ln mehreren Zuschriften an die B. T. W. ist bereits auf 
die Notwendigkeit einer besseren Reitausbildung der Veterinäre 
hingewiesen worden. Tatsächlich ist es auch an der Zeit, daß 
hier, wie auch in so mancher anderen Beziehung, anläßlich der 
Neuorganisation einmal gründlich Wandel geschaffen wird, denn 
die Reitfertigkeit eines Teiles der Veterinäre ist ohne Zweifel 
eine zu geringe. Wird es doch zuweilen noch von Offizieren 





58 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


und selbst von Veterinären für ausreichend erachtet, wenn die 
ganze Reitkunst des Veterinärs sich darauf beschränkt, daß er 
seiner Truppe auf einem zuverlässigen Pferd so folgen kann, daß 
er sie nicht aus dem Auge verliert. 

Ganz abgesehen davon, daß naturgemäß das militärische 
Ansehen einer Persönlichkeit leiden muß, die, ständig bei einer 
berittenen Truppe stehend, dieser öfters das Schauspiel reiter- 
licher Unsicherheit und Unbeholfenheit bietet, daß eine solche 
Persönlichkeit, die aus Mangel an Reitfertigkeit jedem kleinen 
Hindernis ausweicht und deren vorsichtiges Reiten nur zu gern 
als Mangel an Schneid ausgelegt wird, die Spottlust der Mann¬ 
schaften geradezu herausfordert, ganz abgesehen von alledem 
ist es schon aus sehr praktischen Gründen ein Gebot der Not¬ 
wendigkeit, daß der Veterinär so reiten kann und auch wirklich 
so reitet, wie es von jedem vollausgebildeten Kavalleristen ver¬ 
langt wird. 

Sowohl bei Übungen wie im Ernstfall kommt der Veterinär 
in die Lage, womöglich allein schnell einen entfernteren Punkt 
erreichen zu sollen. Wieviel Zeitverlust entsteht nun, wenn er, 
statt flott querfeldein zu reiten, erst lange den besten Weg 
heraussucht, wie schlecht sieht es aus, wenn er hilflos vor einem 
Graben steht, der übersprungen werden könnte und wenn er 
nun vielleicht gar wieder umkehrt. Oder ein anderes Bild: 
Wie unangenehm fällt es auf, wenn ein Arzt oder Veterinär die 
Exerzierbewegungen stört, weil sich sein Pferd anhängt oder 
weil dieses in eine Abteilung hinein abschiebt oder wenn ein 
solcher Reitersmann auf schwierigem Gelände nicht mitkommt 
und dann im Bedarfsfälle nicht zur Stelle ist oder wenn er 
durch zu vorsichtiges Bergabreiten die nachfolgenden Truppen 
aufhält, alles Fälle, die aus dem Leben gegriffen sind. Im 
Ernstfall sind Leute der geschilderten Art eine große Last für 
die Truppe, da man sie doch nach Möglichkeit mitschleppen muß, 
auch wenn es durch dick und dünn gellt. Daß sie durch das 
für sie anstrengende und aufregende Reiten stark mitgenommen 
werden, wird auch ihre berufliche Leistungsfähigkeit be¬ 
einträchtigen. Es ist soweit ebenso im Interesse der Truppe, 
wie des Veterinärs selbst gelegen, daß er ein zum mindesten 
„anständiger“ Reiter ist. 

Im Ernstfall kann ihm die Fähigkeit flotten Reitens auch 
noch in anderer Hinsicht zustatten kommen. Bei kleineren 
Detachements kann sehr wohl der Fall eintreten und der 
Veterinär wird es dann als eine ersehnte Ehre betrachten, 
Patrouillenritte übernehmen zu dürfen; hierzu gehört aber in 
erster Linie ein im Gelände flottes und schneidiges Reiten. 
Gewandtheit zu Pferd ist ferner fürs Einzelgefecht notwendig; 
ein schlechter Reiter ist hier ja schon von vornherein verloren. 

Von ganz erheblicher Bedeutung endlich — und dieser Punkt 
wird vielfach unterschätzt — ist ein gutes Reiten und eine gute 
Reitausbildung für die Kenntnis der Pferdebeurteilung. 
Ein Reiter, der mit Verständnis reitet, wird auch fast stets ein 
guter Pferdekenner sein. Erst beim Reiten wird man auf viele 
Einzelheiten aufmerksam, an denen man bei ausschließlicher 
Betrachtung des Pferdes vom Boden aus achtlos vortibergehen 
würde. Wie viele Offiziere haben sich nicht durch überlegtes 
Reiten außerordentlich hohe Pferdekenntnisse erworben; um wie 
viel mehr muß dies dem in Anatomie und Ph} r siologie des 
Pferdekörpers ungleich tiefer eingedrungenen Veterinär gelingen. 
Die mehr reiterliche Seite der Pferdekenntnis ist bisher von 
den Veterinären im allgemeinen nicht so gepflegt, wie sie es 


verdiente und wie es nötig wäre, damit der Veterinär den 
Pferdemann comme il faut darstellen würde, der er eigentlich 
sein sollte. 

Gerade zur Erwerbung der feineren Kenntnis des 
Pferdes beim Reiten bedarf es aber einer sachgemäßen 
Anleitung; damit komme ich zur Reitausbildung. Die Haupt¬ 
ursache des schlechten Reitens der Veterinäre liegt darin, daß 
sie — wenigstens in Bayern — weiter keine Reitausbildung 
genossen haben als die halbjährige RekrutenreitBchule während 
des Einjährigenjahres. Wenn sie zur Reserve entlassen und dann 
vielleicht erst nach zwei und mehr Jahren wieder in den aktiven 
Militärdienst eingetreten sind, kümmert sich dann niemand mehr 
um ihr reiterliches Wohl und Wehe. Bei der Artillerie kann der 
Veterinär während des größten Teil des Jahres überhaupt nicht 
reiten. Besser ist es bei der Kavallerie. Hier hat er in der 
Regel während des ganzen Jahres ein Pferd zur Verfügung, 
doch werden häufig — die Eskadrons können dies zuweilen beim 
besten Willen nicht anders — schonungsbedürftige oder aus 
anderen Gründen in der Truppe nicht recht verwendbare Pferde 
abgestellt, so daß die Reitgelegenheit gerade keine besonders 
ideale und ein flottes Reiten oft nicht möglich ist. 

Aus all diesen Gründen wäre dringend zu wünschen, daß 
die Neuorganisation den Veterinären eine intensivere Reitaus- 
bildüng und eine bessere Berittenmachung bringt. Die 
erstere hätte vor allem in der Teilnahme sämtlicher Veterinäre 
und Oberveterinäre an der Offiziersreitschule zu bestehen, die des 
Lehrreichen in Fülle bietet. Ebenso müßte auch die Beteiligung 
an den Jagden zur Pflicht gemacht werden. Beides ist übrigens 
in einigen Regimentern bisher schon gestattet. 

Die Forderungen der Teilnahme an der Offiziersreitschule 
und an den Jagden setzen schon an und für sich eine bessere 
Berittenmachung voraus. Am erstrebenswertesten wäre es wohl, 
daß die Veterinäre Pferdegelder und Rationen empfangen würden, 
um eigene Pferde halten zu können oder daß ihnen besonders 
einzustellende Pferde analog den Offiziers-Dienstpferden der 
Artillerie zugewiesen würden. Es wäre damit auch der letzteren 
Waffengattung etwas gedient, die ohnehin unter einem zu ge¬ 
ringen Pferdestand zu leiden hat, so daß es oft großen Schwierig¬ 
keiten begegnet, den Veterinär beritten zu machen. 

Es möge schließlich noch erwähnt sein, daß es in anderen 
Armeen mit den reiterlichen Verhältnissen der Veterinäre, die 
meist auch auf eigenen Pferden beritten sind, entschieden besser 
bestellt ist als bei uns. Vielfach haben die Veterinäre neben 
anderen Kursen auch noch eine besondere Ausbildung im Reiten 
auf den Kavallerieschulen durchzumachen und in der französischen 
und belgischen Armee ist die endgültige Anstellung als Veterinär 
von dem Bestehen eines Examens abhängig, daß sich u. a. auch 
auf Schul- und Geländereiten erstreckt. L. 

Tierarzt und Körkommisgion. 

Nach dem Bericht in Nr. 2 der tierärzlichen Wochenschrift 
über den Fall in dem Kreistage des Kreisvereins Alfeld und der 
liebenswürdigen Äußerung des Herrn Grafen Wrisberg- 
Wrisbergholzen zur Wahl eines Tierarztes in die Körkommission: 
„daß er zwar sehr tüchtige Tierärzte kennen gelernt habe, daß 
sie aber von der Viehzucht den Teufel nichts verständen“ — 
muß es als hocherfreulich bekannt gegeben werden, daß im 
Herzogtum Gotha bei der Besprechung des § 2 des Körgesetzes 
vom 1. Juli 1880 — (welcher heißt: 







16. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


59 


„Für jeden Landratsamtsbezirk, einschließlich der Städte, 
besteht eine Körkommission und zwar ans dem betreffenden 
Bezirkstierarzt und zwei aus dem Bezirk zu wählenden 
Landwirten, und deren Stellvertretern.“) 
allgemein von der Regierung und sämtlichen, hauptsächlich den 
landwirtschaftlichen Landtagsabgeordneten als durchaus not¬ 
wendig anerkannt wurde, daß in den Körkommissionen je ein 
Tierarzt notwendig sei, da ein normaler, fehlerfreier Gesundheits¬ 
zustand ein Haupterfordernis eines brauchbaren Zuchtbullen sei, 
und der Gesundheitszustand desselben am Zuverlässigsten nur 
von einem Tierarzt beurteilt werden könne, etc. etc. 

Mit Inkrafttreten des Körgesetzes verstand es sich, wie 
von selbst, — daß der Bezirkstierarzt zum Vorsitzenden der 
Körkommission gewählt wurde und durch seine wissenschaftliche 
Bildung und Kenntnis in der Viehzucht, die Leitung der Geschäfte 
übernahmt 

So ist in steter gegenseitigen Anpassung, ohne jeden 
Zwischenfall, die Hengst- Bullen- und Eberkörung zum Segen 
der Viehzucht und zur höchsten Zufriedenheit aller Interessenten 
vor sich gegangen und hat gerade der Tierarzt am meisten zu 
dem schönen Ziele mit beigetragen. 

Glücklicherweise sind Ansichten wie die der Grafen Rantzau 
und Görtz-Wrisberg doch wohl immer seltener und ver¬ 
einzelter und nur in solchen Kreisen zu hören, und müssen aller¬ 
dings in energischer Weise zurückgewiesen werden. Es wird 
jetzt keinem verständigen Landwirt, der sich mit dem Wissen¬ 
schaftsgang unseres Berufes bekannt gemacht hat, — einfallen, 
dem Tierarzt das Verständnis für ein gutes, brauchbares Zucht¬ 
tier allzustreiten. 

Soviel mir übrigens bekannt ist, sind in Thüringen und 
Sachsen und sämtlichen süddeutschen Staaten, auch in einer 
Beihe preußischer Regierungsbezirke von allem Anfang an die 
Tierärzte zu den Körkommissionen als vollberechtigte Mitglieder 
zugezogen worden und haben sich überall, vorzüglich in Baden 
und Bayern der höchsten Anerkennung in landwirtschaftlichen 
und Regierungskreisen wert gemacht, und nirgends hat man 
derartige Äußerungen wie die eingangs dieses gerügten des 
Herrn Grafen etc. gehört. Vet.-Assessor Georges. j 

Y iehseuchengesetz. 

Dem Reichstag ist der Entwurf der Novelle zum Viehseuchen¬ 
gesetz zugegangen und mit besonderer Schnelligkeit ist dem 
auch schon die erste Lesung gefolgt, die mit der Verweisung 
an eine Kommission endet. Wenn in tierärztlichen Kreisen 
bezüglich dieses Gesetzes noch besondere Wünsche bestehen, 
so wird es jetzt an derZeit sein, dieselben der Kommission zur 
Kenntnis zu bringen, welche zweifellos eine lange und eingehende 
Beratung dieses wichtigen Gesetzentwurfes vornehmen wird. 
Der Deutsche Veterinärrat wird die Bitte aussprechen, die Be¬ 
zeichnung Vieh seuchengesetz in Tierseuchengesetz umzuwandeln. 
Die Einwendungen, welche Preuße (B.T.W. 1907, Nr. 52, S. 967) 
dagegen erhebt, können als hinderlich nicht betrachtet werden. 
Jedenfalls hat der tierärztliche Stand ein Interesse daran, alles 
zu beseitigen, was ihm auch nur äußerlich nachteilig werden 
kann. Daß dazu vulgäre Ausdrücke, wie Viehdoktor, Vieharznei¬ 
kunde und dergleichen beitragen, kann nicht bezweifelt werden, 
und daß die Neigung zu solchen Ausdrücken durch die amtliche 
Anwendung des Wortes Vieh in Verbindung mit veterinären 


Maßnahmen befördert wird, ist auch nicht zu bezweifeln. Mit 
Recht hat Johne auch den amtlichen Gebrauch des Ausdrucks 
Rindvieh statt Rinder getadelt. Noch merkwürdiger ist die 
Bezeichnung „Schafvieh“ statt Schafe, wie sie sich in der 
monatlichen Reichsstatistik findet. Es muß endlich einmal mit 
diesen Gebräuchen gebrochen werden; man hat ja jetzt auch in 
anderer Hinsicht mehr Gefühl als früher für Sprachreinigung. 
Pferde, Hunde und Geflügel sind kein Vieh; jedenfalls paßt der 
Ausdruck Tiere unbedingt auf alles. Auch andere Gesetze 
tragen dem Rechnung. Das Bürgerliche Gesetzbuch spricht 
z. B. nicht vom „Viehhalter“, sondern vom Tierhalter. Ebenso 
würde man besser „Tierzählung“ statt Viehzählung sagen. 
Amtliche Bekanntmachungen dürfen keine „Sprachdummheiten“ 
enthalten. Was aber soll man dazu sagen, wenn in einer 
solchen Bekanntmachung steht: „Folgende Viehgattungen 
werden gezählt: 1. Pferde usw., 9. die Bienenstöcke.“ (!) 

Haftpflicht des Tierhalters. 

Der Reichstag verhandelte am 11. er. über die Novelle zum 
Bürgerlichen Gesetzbuch, durch welche die gegenwärtige Haft¬ 
pflicht des Tierhalters eingeschränkt werden soll. Daß die 
Haftpflicht in ihrem heutigen Umfange, welche den Tierhalter 
nicht bloß vor Schäden ohne sein Verschulden, sondern sogar 
für Schäden durch Verschulden des Beschädigten haftbar macht, 
nicht mehr und nicht weniger als eine Ungerechtigkeit ist, 
darüber war man sich längst allgemein einig, und das haben 
im Reichstage auch die Parteien, mit einziger Ausnahme der 
Sozialdemokratie, anerkannt. Die vom Bundesrat vorgelegte und 
vom Staatssekretär des Reichsjustizamts warm befürwortete 
Vorlage wurde daher mit großer Majorität angenommen. 

Zu dem Gesetzentwulrf über den Versicherungsvertrag. 

Wie bereits in dieser Zeitschrift erwähnt wurde, ist der 
Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag nunmehr einer 
Kommission zur Beratung übergeben worden. Die von uns Tier¬ 
ärzten mit Recht bekämpften §§ 120, 123 und 124 desselben 
bestehen noch in der gleichen Weise, nur sind aus ihnen die 
§§ 122, 125 und 126 geworden. Des Interesses wegen seien 
sie hier nochmals angeführt. 

§ 122 lautet: 

Erkrankt das versicherte Tier oder erleidet es einen Unfall, 
so hat der Versicherungsnehmer, sofern nicht die Erkrankung 
oder der Unfall unerheblich ist, unverzüglich einen Tierarzt 
oder, wenn dies untunlich ist, einen Sachkundigen zuzuziehen. 

§ 125. 

Hat der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder aus grober 
Fahrlässigkeit das Tier schwer mißhandelt oder schwer ver¬ 
nachlässigt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur 
Leistung frei, es sei denn, daß der Schaden nicht durch die 
Mißhandlung oder die Vernachlässigung entstanden ist. Als 
schwere Vernachlässigung gilt &b insbesondere, wenn bei einer 
Erkrankung oder einem Unfälle die Zuziehung eines Tierarztes 
oder eines Sachkundigen der Vorschrift des § 122 zuwider 
unterlassen worden ist. 

§ 126. 

Der Versicherungsnehmer darf eine Nottötung nur mit Ein¬ 
willigung des Versicherers vornehmen, es sei denn, daß die Er¬ 
klärung des Versicherers nicht abgewartet werden kann. Ist 
durch das Gutachten des Tierarztes oder, falls die Zuziehung 
eines Tierarztes untunlich ist, zweier Sachkundigen vor der 





60 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


Tötung festgestellt, daß die Tötung notwendig ist und die Er« 
klärnng des Versicherers nicht abgewartet werden kann, so muß 
der Versicherer die Feststellung gegen sich gelten lassen. 

Ist der Vorschrift des Abs. 1 Satz 1 zuwider eine Not¬ 
tötung erfolgt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur 
Leistung frei. 

Der Vollständigkeit wegen soll hier noch die Beratung über 
§ 120 (jetzt § 122) folgen, wie sie in Anlage 2 zu Nr. 364, 
dem Gesetzentwurf, dargestellt ist. 

Danach wurde beantragt, in § 120 (122) die Worte „wenn 
dies untunlich“ ist zu streichen und vor Sachkundigen zu setzen 
„sonstigen“. 

Der Antragsteller führte aus: Der § 120 (122) sei mit 
schwankenden Begriffen überladen. Wenn die Erkrankung oder 
der Unfall unerheblich sei, dann brauche der Versicherungs¬ 
nehmer keinen Tierarzt oder Sachverständigen zuzuziehen. Was 
unerheblich sei, darüber würden im einzelnen Falle die 
Meinungen sehr auseinandergehen. Nun aber sei auch noch die 
Wahl eines Sachkundigen an Stelle eines Tierarztes davon ab¬ 
hängig gemacht, daß die Zuziehung des Tierarztes untunlieh 
sei. Wann sei sie das? Etwa, wenn der Tierbesitzer kein 
Geld habe, den Tierarzt zu bezahlen ? Man solle deshalb wenig¬ 
stens dies untunlich streichen und die Wahl, ob Tierarzt oder 
sonstiger Sachkundiger gerufen werden solle, ganz freigeben. 

Von einer Seite wurde der Vorschlag unterstützt. Dieser 
Abgeordnete fand überhaupt die Vorschriften der §§ 119 bis 123 
äußerst rigoros. 

Andere Kommissionsmitglieder traten für den Entwurf ein. 

Die Viehversichernng sei ein eigentümliches Geschäft. Ohne 
sehr harte Bestimmungen komme man da nicht aus. Werde 
man zu lax, so müssen die Prämien ins Unendliche steigen und 
das sei für die Viehbesitzer noch ungünstiger als harte Kontroll- 
maßregeln. 

Die Kommission lehnte den gestellten Abänderungsantrag 
ab und nahm § 120 (122) unverändert an. 

Die §§ 123 (125) und 124 (126) wurden unverändert an¬ 
genommen. 

Wenn man die Beratung über den § 120 (122) liest, muß 
man unwillkürlich sagen: „Spottet seiner selbst und weiß nicht 
wie.“ Auf der einen Seite verlangt man harte Bestimmungen, 
um nicht die Prämien ins Unerschwingliche steigen zu lassen. 
Auf der andern Seite gibt man dem „Sachkundigen“ vulgo Kur¬ 
pfuscher das Recht des Eingreifens, wenn die Zuziehung eines 
Tierarztes untunlich ist. Was heißt im Zeitalter des Tele¬ 
graphen, des Telephons oder des Automobils untunlich? Wann 
ist die Zuziehung eines Tierarztes untunlich? Wann ist diejenige 
eines Sachkundigen tunlich? Wer entscheidet darüber? Der 
Versicherungsnehmer oder der Versicherer? 

Für mich liegt das Deprimierende dieser Bestimmungen 
darin, daß hier der „Sachkundige“ vulgo Kurpfuscher gleichsam 
amtlich anerkannt ist. Wo sind die großen Fortschritte der 
Tiermedizin in den vergangenen zwei Jahrzehnten? Anscheinend 
sind sie in den amtlichen oder wenigstens gesetzgeberischen 
Kreisen unseres lieben deutschen Vaterlandes w r enig oder gar 
nicht bemerkt w'orden. 

Der Schreiber dieser Zeilen hat einem ihm bekannten 
Reichstagsabgeordneten unter Beifügung der über dasselbe 
Thema bereits vorhandenen Literatur vor einigen Tagen mit¬ 
geteilt, daß die fraglichen Bestimmungen eine vollständige Un¬ 


kenntnis der großen Fortschritte und der wirtschaftlichen Be¬ 
deutung unserer Wissenschaft verraten. Außerdem hat er ihm 
die Mitwirkung des „Sachkundigen“ in Anbetracht der großen 
Zahl von Tierärzten als überflüssig erklärt. Endlich habe ich 
ihn darauf aufmerksam gemacht, daß, wie auch bereits Kollege 
Dr. Eberle früher in dieser Zeitschrift erwähnt, die Ver¬ 
sicherungsgesellschaften im allgemeinen dankend auf die Mit¬ 
wirkung des Sachkundigen verzichten. Sie sind in der Regel 
bei dessen Eingreifen bekanntlich die Leidtragenden. 

Da, wie bereits mitgeteilt, der Entwurf einer Kommission 
überwiesen ist, die Beratung im Plenum des Reichstages also 
in Bälde vor sich gehen dürfte, so tut Eile not. Neben einer 
entsprechenden Eingabe, wie sie auch schon von dem Verbände 
der preußischen Privattierärzte beschlossen worden ist, wäre 
ein persönliches Vorgehen, und zwar am besten von seiten des 
Präsidiums des Deutschen Veterinärrats am Platze. 

(Dieser Fall zeigt uns wiederum, wie ersprießlich für den 
Stand auch die Wahl eines Tierarztes als Reichstagsabgeordneter 
wäre.) Bezirkstierarzt Maier-Konstanz. 

Versammlung der beamteten Tierärzte des Regierungs¬ 
bezirks Stettin 

am 12. Dezember 1907. 

Die Versammlung fand im Sitzungssaale der Königlichen Re¬ 
gierung zu Stettin statt. An der Sitzung nahmen teil: Herr Re¬ 
gierungspräsident Guenther, Herr Oberregierungsrat von Seebach, 
die Herren Regierungsrat Ramm und Regierungs- und Geheimer 
Medizinalrat Dr. Vanselow. Ferner die Herren Kreisärzte der 
Kreise Stettin und Randow, der Vorsteher des chemischen Labo¬ 
ratoriums der Auslandsfleischbeschaustelle Herr Dr. Kühn, der 
Direktor des bakteriologischen Instituts der Landwirtschaftskammer 
Herr Dr. Schmitt, die Herren Direktoren der städtischen Schlacht¬ 
höfe in Stettin, Stargard, Pasewalk und Demmin und der praktische 
Tierarzt, Herr Dr. Isert aus Gartz a 0. Von den beamteten Tier¬ 
ärzten des Bezirks war der Herr Kreistierarzt in Demmin durch 
Krankheit an der Teilnahme verhindert. 

Nach der Vorstellung der Teilnehmer eröffncte der Herr Re¬ 
gierungspräsident die Sitzung und wies darauf hin, daß der Herr 
Landwirtschaftsminister diese Versammlungen angeordnet habe und 
damit der bisherigen Tätigkeit der beamteten Tierärzte eine An¬ 
erkennung habe zollen wollen. Der erstrebte Nutzen liege in der 
praktischen und wissenschaftlichen Weiterbildung der Veterinär¬ 
beamten und in der Hebung ihres Standesbewußtseins, das an 
erster Stelle auf treuer Pflichterfüllung beruhen müsse. 

Zur Erledigung kommt zunächst Punkt 3 der Tagesordnung: 
Die Regelung des Abdeckereiwesens. 

Der erste Referent, Veterinärrat Schultze-Labes, schilderte 
ausführlich die durch die im Regierungsbezirk noch fast allgemein 
bestehenden privilegierten Abdeckereien verursachten Unzuträglich¬ 
keiten und Mißstände auf veterinär- und sanitätspolizeilichem Ge¬ 
biete, so namentlich den unzweckmäßigen Betrieb vieler Ab¬ 
deckereien, das Verfahren der Abdecker, die Kadaver an Ort und 
Stelle zu öffnen, Haut und wertvolle Teile an sich zu nehmen und 
die Eingeweide dem Tierbesitzer zum Verscharren zurückzulassen, 
die Weigerung der Abdecker zur Abholung kleiner Tierkadaver, 
den Schmuggel mit konfisziertem Fleisch aus Abdeckereien, die Ab¬ 
gabe von Hundefutter, die unzulänglichen Transportmittel und 
anderes. Referent forderte schließlich die Regelung durch: 

Ablösung der Abdeckerei-Privilegien, Betrieb der Abdeckereien 
durch Beamte mit festem Gehalt unter polizeilicher und amtstier¬ 
ärztlicher Aufsicht, 

Beibehaltung des Ansage- und Ablieferungszwanges, 

Einführung der Buchkontrolle und endlich zweckmäßige Ein¬ 
richtung der Abdeckereien und ihrer Betriebsmittel. Referent hält 
es auch für zweckmäßig, die Ablösung der Privilegien nicht den 
einzelnen Kreisen oder Kommunen zu überlassen, sondern sie durch 
Gesetz zu bewirken. 





16 Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


61 


Der Korreferent, Kreistierarzt Dr. Schimmelpfenning-Greifen¬ 
berg, begründete zunächst die Forderung nach Regelung des Ab¬ 
deckereiwesens mit der Tatsache, daß tierische Kadaver in manchen 
Erdarten sich ausgezeichnet erhalten, daher absichtlich oder bei 
gelegentlichen Erdbewegungen ausgegraben und in den Verkehr 
gebracht werden können, und daß viele Krankheitslceime, so be¬ 
sonders die des Milzbrandes, im Erdboden sehr lange Zeit wirksam 
bleiben, sich vermehren und durch die Pflanzen, durch Wasserläufe, 
Grundwasser oder andere äußere Ursachen an die Oberfläche ge¬ 
langen und von neuem infizieren können. 

Korreferent war ebenfalls für Beibehaltung des Ablieferungs¬ 
zwanges und hielt für zweckmäßig die Einrichtung von Kreis¬ 
abdeckereien in der Nähe der Kreisstädte, weil dann leicht eine 
ständige amtstierärztliche Kontrolle ausgeübt werden könne. Er 
gab dann weiter ein anschauliches Bild von der Einrichtung 
moderner Abdeckereianlagen, der Apparate für Kadaververarbeitung, 
der Abdeckereiprodukte, deren Ausnutzung und Bedeutung in volks¬ 
wirtschaftlicher Hinsicht. Er hielt namentlich das Kadavermehl für 
dazu geeignet, der gewaltigen Einfuhr von Fleischmehl aus Amerika 
in Zukunft erfolgreich Konkurrenz zu bieten. 

Darauf nahm der Herr Regierungspräsident das Wort, betonte, 
daß sich die beiden Referate gut ergänzten und übereinstimmten in 
der Forderung, die bestehenden privaten Abdeckereien zu beseitigen 
nnd an deren Stelle Anstalten unter staatlicher oder kommunaler 
Leitung — Kreisabdeckereien — zu errichten mit Ablieferungszwang 
und Entschädigungspflicht, und stellte diese Forderungen zur 
Diskussion. 

In dieser gab Veterinärrat Pauli einen kurzen Überblick über 
die Entwicklung und den derzeitigen Stand der Abdeckereifrage 
im Regierungsbezirk Stettin, über die bestehenden polizeilichen 
Bestimmungen sowie über die bisher gemachten Erfahrungen bei 
Ablösungsversuchen. Die Ablösung wäre trotz des Gesetzes vom 
17. Dezember 1872 nur durchführbar durch ein Gesetz, welches 
ähnlich dem Gesetz über Schlachthauszwang zu erlassen sei. Dazu 
wären finanzielle Mittel erforderlich, weil bei der Ablösung auch 
die landwirtschaftlichen Nebenbetriebe der Abdeckereien mit in 
Anrechnung gebracht werden müßten, die wegen der Ausnützung 
des Abdeckereidunges hoch bewertet würden. Zur Übernahme der 
abgelösten Privatabdeckereien wären die Kommunen, wenn nötig 
unter Beihilfe, berufen. Nach Möglichkeit wären größere Ab¬ 
deckereien, deren Rentabilität gesicherter wäre, einzurichten, an 
welche die Kadaver von Sammelstellen aus abgeführt werden 
könnten. 

Kreistierarzt Groul-Altdamm führt aus, daß die Landwirtscbafts- 
kammer der Provinz Brandenburg durch eine Reihe von Prozessen, 
die auf ihre Veranlassung von Landwirten gegen die zuständigen 
Abdeckereibesitzer geführt wurden, für die Klarstellung der Ab¬ 
deckereigerechtsame wichtige Kammergerichtsentscheidungen her- 
beigeführt habe. Danach erlösche ein Privileg nicht, auch wenn 
es jahrelang geruht habe, ferner könne der Abdecker bei Hinter¬ 
ziehungen von Kadavern eine Schadloshaltung nach dem heutigen 
Werte der Kadaver von den betreffenden Besitzern fordern. Der 
Ausfall dieser Prozesse würde die Forderungen der Abdeckerei¬ 
besitzer voraussichtlich noch weiter steigern. Die Rentabilität 
öffentlicher Anstalten würde ferner durch die Anstellung zu : 
verlässigen Personals, insbesondere geeigneter Leiter, in Frage ge¬ 
stellt werden. Er schlug vor, vorläufig auf dem Wege polizeilicher 
Verordnungen die gröbsten Schäden zu beseitigen und durch den da¬ 
bei ausgeübten Druck die Abdeckerei esitzer für die Ablösung ge¬ 
neigter zu machen. 

Kreistierarzt Melchert-Stargard hat seit drei Jahren sich 
bemüht, eine Ablösung der im Kreise bestehenden Privilegien her- 
beizuftthren, alle seine Bemühungen seien gescheitert. Die Gründe 
dafür seien: das Fehlen sicherer Rentabilitätsnachweise, die 
Besitzer führten angeblich keine Bücher, ferner die eigenartige 
Begrenzung der Bannbezirke, die sich über verschiedene Kreise, ja 
sogar in eine andere Provinz (Brandenburg) hinein erstreckten; 
endlich die außerordentliche Wertsteigerung, so sei die Abdeckerei 
in Stargard in den letzten drei Jahren dreimal verkauft worden 
und zwar für KO 000 M., 175 000 M. und 182000 M. Der jetzige 


Besitzer fordere sogar 250 000 M. Er wäre daher zu der Ansicht 
gekommen, daß nur eine allgemeine, gesetzliche Ablösung möglich sei. 

Direktor Dr. Schmitt erklärte, daß auch die Landwirtschafts¬ 
kammer für die Provinz Pommern auf dem Standpunkt der gesetz¬ 
lichen Ablösung stehe Dafür und für Anlage öffentlicher Ab¬ 
deckereien stimmten auch die weiteren Redner. 

Der Herr Regierungspräsident schloß alsdann die Diskussion 
und stellte als ihr 'Ergebnis fest, daß erstens ganz allgemein die 
bestehenden Zustände im Abdeckerei wesen als unhaltbar angesehen 
würden und zweitens die Majorität der Versammlung sich auf die 
Seite der beiden Referenten stelle, d. h. Ablösung der privaten und 
Einrichtung von Abdeckereien in der Hand öffentlich-rechtlicher 
Korporationen unter amtlicher Leitung wünsche. Die Ablösung 
würde sich freilich teuer stellen und vom Standpunkte der Renta¬ 
bilität nicht als ein gutes Geschäft zu betrachten sein, jedoch im 
Hinblick auf den Endzweck müßten die Lasten soweit erforderlich 
aus öffentlichen Mitteln getragen werden. Als Gegenleistung sei 
freilich der Ablieferungszwang zu fordern. In der Frage der Kreis¬ 
abdeckereien nehme die Mehrzahl der Redner an, daß eine solche 
Anlage in der Regel für jeden Kreis genügen würde und sich große 
Abdeckereien besser rentieren würden als kleine. 

Danach folgte Punkt 2 der Tagesordnung. Der Vorsteher der 
Auslandsfleischbeschaustelle, Schüller, hielt ein Referat über die 
Bestimmung der Herkunft eines tierischen Eiweißes- mittelst der 
Präzipitatreaktion nach Uhlenhuth und Wassermann und der 
Komplementablenkungsmethode nach Neißer und Sachs. 

Mit jeder der beiden Methoden seien wir imstande, die Herkunft 
irgendeines ungekochten Eiweißes oder Eiweißgemenges zu be¬ 
stimmen. Die Präzipitatmethode finde bereits in der forensischen 
Chemie allgemeine Anwendung. In der Nahrungsmittelchemie habe 
man von ihr bisher noch wenig Gebrauch gemacht, obschon sie zur 
Aufdeckung von Verfälschungen ausgezeichnete Dienste leisten 
könnte. Das Abienkungsverfahren sei zwar bedeutend schärfer als 
die Präzipitatmethode; man könnte mit ihm die geringste Spur von 
Eiweiß in irgendwelchen Gemengen nachweisen, z. B. menschlichen 
Schw r eiß in Kleidungsstücken. Doch gerade seine außerordentliche 
Schärfe schließe seine Verwendbarkeit in der forensischen und 
Nahrungsmittel-Chemie aus, da die Reaktion bei ihrer Schärfe zu 
vethängni8vollen lrrtümem führen könnte. Man würde deshalb 
diese Methode nur bei positivem Ausfälle der Präzipitatreaktion zur 
Unterstützung dieser benutzen können. Bei negativem Ausfälle der 
Präzipitatmethode dürfe das Ablenkungsverfahren jedoch nicht 
entscheidend sein. Referent demonstrierte die Ausführung der 
Präz i pitatreakti on. 

Da sich an diesen Vortrag keine Diskussion knüpfte, so folgte 
unmittelbar Punkt 4 der Tagesordnung: Die polizeiliche Regelung 
und technische Kontrolle des Veikehrs mit Milch, besonders mit 
Vorzugsmilch. Der Referent, Kreistierarzt Hoffheinz - Swinemünde, 
führte zunächst die Gründe für die Notwendigkeit einer Überwachung 
des Milchverkehrs an, so die Gefahr der Übertragung der Tuber¬ 
kulose von Tier auf Mensch, die Verbreitung ansteckender Krank¬ 
heiten wie Typhus durch Milchgenuß, weiter die große Zunahme 
der Säuglingssterblichkeit in Deutschland und endlich die häufigen 
Verfälschungen der Marktmilch. Da eine allgemeine gesetzliche 
Regelung des Milchverkehrs in ähnlicher Weise wie des Fleisch¬ 
verkehrs noch nicht zu erwarten sei, so sei vorläufig eine Regelung 
und Überwachung des Milchverkehrs durch Polizeiverordnungen an¬ 
zustreben. Eine zeitgemäße Polizei Verordnung hätte zu enthalten: 
Bestimmungen über die Gewinnung, Transport und Verkauf der 
Mi ch, die Anzeigepflicht für d »s Gewerbe, ferner Maßgaben dafür, 
was als Voll-, als Mager- und was als Vorzugsmilch anzusehen sei. 
Dazu kämen Vorschriften für die Reinlichkeit der Ställe, Reinlich¬ 
keit und Gesundheit der Kühe und des Melkpersonals, Sauberkeit 
der Milchgefäße, Zweckmäßigkeit der Aufbewahrungs- und Verkaufs¬ 
räume. Für den Verkehr mit Vorzugsmilch müßte weiter noch ge¬ 
fordert werden, tierärztliche Kontrolle und gesonderte Aufstellung 
der Milchkühe, Beschränkungen in der Wahl der Futtermittel. 
Referent machte weiter ausführliche Mitteilungen über das Verderben 
der Milch, über die üblichen Verfälschungen wie Entnahmen, Zusatz 
von Wasser und Konservierungsmitteln und erwähnte die Methoden 
zu deren Feststellung. 





62 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


In der sich hier anschließenden Diskussion weist'der Departe¬ 
mentstierarzt darauf hin, daß für den Polizeibezirk Stettin der 
Milchverkehr durch eine Polizeiverordnung vom Jahre 1904 geregelt 
ist. Danach müsse die Milch unverfälscht sein und einen Mindest¬ 
fettgehalt von 2,8 Proz. aufweisen. Im chemischen Laboratorium 
der Auslandsfleischbeschaustelle könne jederzeit eine kostenlose 
Prüfung von Milchproben veranlaßt werden. Die Polizei Verordnung 
sehe ferner eine Reinhaltung am Orte der Gewinnung und des Yer- j 
kaufes vor. Darüber würde die Kontrolle durch ein besonderes 
Gewerbekommissariat ausgeübt. Es würden außerdem die Milch¬ 
viehstülle durch den Kreistierarzt und die Verkaufsstellen durch 
den Kreisarzt kontrolliert. Besondere Aufmerksamkeit sei der 
sogen. Vorzugsmilch gewidmet. Daß Erfolge mit dieser Polizei¬ 
verordnung erzielt worden seien, gehe daraus hervor, daß die Zahl 
der Verkaufsstellen von Vorzugsmilch von (»0 vor Erlaß der Ver¬ 
ordnung auf 10 herabgegangen sei. 

Ähnliche Erfahrungen konnte Kreistierarzt Hoffheinz für den ; 
Kreis Swinemttnde mitteilen. j 

Der Kreisarzt des Kreises Randow, Geheimer Medizinalrat j 
Dr. Frey er, hat häufig im Kreise Mißstände beim Milchverkehr I 
gesehen. So habe er Brunnen und Spülvorrichtungen in unmittel- j 
barer Nähe der Dunggruben getroffen und beseitigen oder verlegen ! 
lassen. Durch den Milchpächter eines Gutes in der Nähe von Alt- i 
dämm sei der Typhus durch die in den Wohnräumen aufbewahrte j 
Milch nach Stettin eingeschleppt worden. 

Veterinärrat Pauli bemerkte hierzu, daß die Milchverhältnisse j 
bei den bäuerlichen Besitzern meist viel ärger seien als auf den 
größeren Gütern und in den Viehhaltungen der größeren Städte. Er 
erwähnte noch, daß der Stettiner Magistrat die Abgabe von sog. 
Fürsorgemilch in die Hand genommen habe. Hierbei würden nach 
dem Steuerzensus Marken von verschiedenem Werte an Bedürftige 
verteilt, die zur Entnahme von Milch aus Molkereien berechtigten. 
Die tierärztliche Kontrolle dieser Molkereien sei noch nicht ein¬ 
geführt, anscheinend könne man nicht diese Ftirsorgemilch als 
Vorzugsmilch ansehen, obwohl es sich dabei in erster Reihe um 
Säuglingsmilch handele. 

Der Kreistierarzt in Altdamm machte darauf aufmerksam, daß 
zuweilen lokale Verhältnisse einer sauberen Milchgewinnnng im 
Wege ständen. So würde in den Niederungen der Oder und des Alt- 
dammer Sees wegen des Cberwiegens der Wiesenwirtschaft zwar viel 
Heu, aber wenig Stroh gew onnen. Infolgedessen litten die Besitzer 
an Streumangel und Ställe und Vieh seien meist sehr schmutzig. 
Hier müßte durch Beihilfen und Prämien für Musterställe, für Ein¬ 
führung einer sauberen Stallhaltung die Bevölkerung gewonnen 
werden. 

Noch mehrere Redner machten über bedenkliche Zustände bei j 
der Milchgewinnung Mitteilungen. 

Zum Schlüsse der Debatte betont der Herr Regierungspräsident, 
daß die zutage getretenen Mängel zum Teil eng mit den Gewohn¬ 
heiten der Landbevölkerung verbunden zu sein scheinen. Daher 
wäre es noch nicht an der Zeit, schärfere polizeiliche Maßnahmen 
zu versuchen, weil diese zu sehr in die Lebensgew r ohnheiten ein¬ 
schneiden und auch finanzielle Anforderungen stellen, die zu bringen 
die Leute nicht in der Lage wären. Die Kreistierärzte müßten als 
Freunde der Bevölkerung helfen und aufklären, so daß man allmählich 
zu Fortschritten und Besserungen komme. 

Damit übergab der Herr Regierungspräsident den Vorsitz an 
den Departementstierarzt und es wurden nunmehr noch zu Punkt 1 
der Tagesordnung — geschäftliche Mitteilungen — verschiedene 
geschäftliche Fragen erledigt. Über die Frage der Einrichtung von 
Freibänken erhob sich noch eine lebhafte Diskussion, doch wurde j 
die Sache schließlich vertagt, weil erst die Wirkung des Ministerial¬ 
erlasses vom 17. August v. J. betreffend Freibänke abgewartet 
w r erden muß. 

Nach der Sitzung fand im Hotel Preußenhof ein gemeinsames 
Mittagsmahl statt, an dem der Herr Regierungspräsident, der Herr 
Oberregierungsrat von See hach und auch die Mehrzahl der 
geladenen Gäste teilnahmen. 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer: 

gez. Pauli. gez. Graul. i 


Zum Bericht über die Delegiertenversammlung des Verbandes der Privat¬ 
tierärzte am 8. Dezember 1907 In Berlin. 

(B. T. W. 1908, Nr. 2.) 

Die Darstellung der Verhandlungen ist an einem Punkte nicht 
zutreffend und bedarf daher der Richtigstellung. In dem fraglichen 
Bericht S. 36 heißt es, der Verein beamteter Tierärzte habe „an 
die Seruminstitute das Ansinnen gestellt, Entschädigungen bei Rot¬ 
lauf nur auf Grund der Diagnose eines Kreistierarztes zu 
gewähren“. Ich konstatiere, daß ein solcher Beschluß im Verein 
beamteter Tierärzte niemals gefaßt worden ist. Dagegen wurde in 
der VI. Plenarversammlung dieses Vereins nachstehender Antrag 
angenommen: „Der Verein beamteter Tierärzte erklärt es als ein 
berechtigtes Verlangen, daß die von den Kreistierärzten amtlich 
festgestellten Fälle von Rotlauf bei geimpften Schweinen seitens 
der Seruminstitute hinsichtlich der Entschädigung ohne weiteres 
anerkannt werden.“ 

Bei einer von Herrn Zw irner direkt an mich gerichteten An¬ 
frage habe ich überhaupt nicht angenommen, daß es sich um etwas 
anderes handeln könnte, als um den Inhalt des vorstehenden Be¬ 
schlusses, sonst würde ich der im Bericht wuedergegebenen Auf¬ 
fassung sofort begegnet sein. 

Um etwaigen weiteren Mißdeutungen von seiten der Mitglieder 
des V. b. T. in dieser Sache vorzubeugen, bemerke ich ferner, daß 
auch meine Entgegnung auf die Zwirn ersehe Anfrage nach Form 
und Sinn eine andere w r ar, als im Bericht steht. Danach soll ich 
erwidert haben, „daß ich für diesen Beschluß nicht verantwortlich 
gemacht werden könne, d a derselbe vor meiner Tätigkeit als Vor¬ 
sitzender des Vereins gefaßt werden sei“. Den Vorsitzenden für 
die Beschlüsse seines Vereins verantwortlich machen zu wollen, 
ist ein Unding, selbst wenn er die Beschlußfassung in irgendeiner 
Weise beeinflußt hätte. Denn durch die Votierung der Anträge 
wird eben die Verantwortung von der Versammlung übernommen. 
Dieser Meinung habe ich Herrn Zw'irner gegenüber mit Bezug auf 
das zur Besprechung stehende Thema durch die mir noch deutlich 
in Erinnerung befindlichen Worte Ausdruck gegeben: „Sie können 
mich doch unmöglich für alle Beschlüsse verantwortlich machen 
wollen, die jemals im V. b. T. gefaßt worden sind; übrigens liegt 
die Entstehung des Beschlusses vor meiner Tätigkeit als Vor¬ 
sitzender“. 

So lautete meine Äußerung und hatte eine wesentlich andere 
Bedeutung, als ihr durch die Fassung des vorliegenden Referates 
gegeben worden ist. 

Peter, Vorsitzender d. V. b. T. Pr. 

Fortbildungskursus für Tierärzte In Bromberg. 

An dem ersten Fortbildungskursus für Tierärzte in der tier¬ 
hygienischen Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts zu Bromberg, 
welcher unter Leitung seines Vorstehers, des Herrn Dr. Mießner, 
vom 12. bis 21. Dezember 1907 stattfand, nahmen folgende Herren teil: 

Tierarzt Anders-Labischin, Kreistierarzt Brädel-Stubm, Ober¬ 
veterinär Borowsky-Berlin, Kreistierarzt Deppe-Schubin, Kreis¬ 
tierarzt Elschner - Wreschen, Tierarzt Fortmann - Schokken, 
Schlachthoftierarzt Fritze-Bromberg, Tierarzt Groeger-Strelno, 
Tierarzt Henkel-Kletzko, Kreisticrarzt Huramel-Nakel, Kreis- 
ticrarzt Kays er-Pr. Stargard, Tierarzt Loewentai-Tapiau, städt. 
Tierarzt Lottermoser -Bromberg, Stabsveterinär Richte r-Bromberg, 
Schlachthofinspektor Rosenfeld-Sch wetz a. W., Stabsveterinär 
Schulz-Bromberg und Tierarzt Zbiransky-Tremessen. 

Der Gang des Fortbildungskursus fand nach dem in der B. T. W. 
und der D. T. W. bekanntgegebenen Lehrplan statt und wurden die 
Teilnehmer in der verhältnismäßig kurzen Zeit mit den neuesten 
Errungenschaften der w issenschaftlichen Forschung auf dem Gebiete 
der Seuchen und Tierkrankheiten und den wichtigsten Unter- 
suchungsraethoden in diagnostischer und differential-diagnostischer 
Beziehung bekannt und praktisch vertraut gemacht. Insbesondere 
wurde es begrüßt, daß das für das tierärztliche Wirken so un- 
gemein bedeutungsvolle Gebiet der Milchkunde auf das eingehendste 
vorgetragen w'urde und sich an diese Vorträge praktische Unter¬ 
suchungsübungen anschlossen, so daß jeder Teilnehmer auch darin 
eine firme Fertigkeit erlangt hat. 








16. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


f>3 


Durch in Form präzise und klare, ihrem Inhalt nach überaus 
lehr- und erfahrungsreiche Vorträge und durch niemals versagende 
freundliche Unterweisung in den vielseitigen praktischen Übungen 
haben die Vortragenden Herren Veterinärrat Peters, Dr. Mießner, 
Dr. Trapp, Dr. Schern und Dr. Rintelen ihr bestes Wissen und 
Können in einer Weise geboten, daß sämtliche Teilnehmer davon 
überrascht waren und nur eine Stimme des Lobes und Dankes 
herrschte. 

Am Abend des letzten Kursustages fand im Hotel „Adler“ noch 
ein Abschiedsmahl statt und gingen dann die Kollegen mit auf¬ 
richtigstem Danke und mit dem Wunsche auseinander, daß Herrn 
Dr. Mießner noch recht viele in ihrem wissenschaftlichen Erfolge 
gleich bedeutende, in ihrem kollegialen Einvernehmen gleich schöne 
Fortbildungskurse künftig gelingen möchten. 


Genossenschaftliches. 

Die Geschäftsentwicklung der W T irtscbaftsgenossenschaft deut¬ 
scher Tierärzte e. G. m. b. H. zu Posen hat im verflossenen 


Vierteljahr wiederum eine Steigerung der Entwicklung gegenüber 
den gleichen Monaten der Vorjahre gezeigt. Es betrug die Zahl 
der eingetragenen Mitglieder: 



* 1905 

1906 

1907 

Im Oktober . . 

224 

303 

411 

„ November. . 

246 

305 

421 

„ Dezember. . 

264 

332 

433 

Zahl der ausgeschickten Sendungen betrug: 


1905 

1906 

1907 

Im Oktober . . 

45 

403 

430 

„ November. . 

90 

302 

441 

„ Dezember. . 

112 

336 

454 

Im ganzen: . . 

247 

1041 

1325 


Der Wert dieser Warensendungen betrug: 


1905 1906 1907 

Im Oktober . . 1247,10 M. 8 874,31 M. 11509,15 M. 

„ November . 1804,85 „ 7 290,13 „ 12 446,69 „ 

Dezember . .3745,57 „ 9 682,99 „ 11 595,61 „ 


Im ganzen: . . 6797,52 M. 25 847,43 M. 35 551,45 M. 

Für diese Waren, welche zu Vorzugspreisen an die Mitglieder 
geliefert wurden, sind diesen noch an Rabatten gutgeschrieben 
worden: 


Im Oktober 
November 
„ Dezember 


1905 
49,10 M. 
78.40 „ 
159,80 „ 


1906 

288,31 M. 
283,12 „ 
513,70 „ 


1907 

713,75 M. 
619,50 „ 
592,34 „ 


Im ganzen: . . 287,30 M. 1085,13 M. 1925,59 M. 

Marks-Posen. 


Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin (E. V.) 

Einladung zur Sitzung am Montag, den 20. Januar 1908, 
abends 8 Uhr präzis, im Restaurant „Zum Spaten“, Friedrichstr. 172. 
Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Aufnahmemeldung des Herrn Dr. Titze, 

b) Erstattung des Jahresberichts, 

c) Rechnungslegung, 

d) Bericht der Kommission über das zu veranstaltende Winterfest, 

e) Verschiedenes. 

2. Vortrag des Herrn Prof Dr. Kaernbach: „Einiges über 
Nasentumoren beim Pferd.“ 

3. Beschlußfassung über den Antrag des Tierärztlichen Provinzial- 
Vereins für Schleswig-Holstein, betr. die tierärztliche Milch¬ 
kontrolle. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Kollegen und Gäste willkommen. 

Der Vorstand. 

I. A.: Dr. Goldstein, Schriftführer. 

Winterfest der Tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin. 

Den Herren Mitgliedern die vorläufige Mitteilung, daß das 
Winterfest, bestehend aus einem Ball, nebst Souper und Kunst¬ 
genüssen, am 17. Februar in den Räumen der „Gesellschaft der 
Freunde“, Potsdamerstraße, stattfindet. 


Verein der ostpreuftischen Tierärzte. 

Die wegen Auftretens der Maul- und Klauenseuche in Ost¬ 
preußen hinausgeschobene XXVIII. Sitzung des Vereins findet am 
Sonntag den 19. Januar 1908, vormittags 11 Uhr, im Sitzungs¬ 
saale der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen, hier, 
Mittelhufen, Beethovenstraße 14, statt. 

Das Thema des Vortrages des Herrn Direktor Dr. Müller 
lautet: „Die biologische Diagnostik der Infektionskrankheiten“. 

Die Anmeldungen zu dem um 3 ‘/a Uhr in den oberen Räumen 
des Theater-Restaurants stattfindenden gemeinsamen Mittagsmahle 
und dem darauf folgenden Tanz-Kränzchen nimmt Herr Kreistierarzt 
Dr. Fischoeder hier, Schnürlingstraße 22, bis zum 17. Januar d. J. 
entgegen Um die hierzu erforderlichen Vorbereitungen treffen zu 
können, wird dringend gebeten, die Teilnahme möglichst rechtzeitig 
anzumelden. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Mehrdorf. 

„Universität'* Hamburg. 

Der diesjährige Vorlesungsplan der Hamburger Oberschulbehörde, 
Wintersemester 1907/08, kündigt wieder, wie in früheren Semestern 
unter Abteilung „Medizin“ tierärztliche Vorlesungen der Dozenten 
Prof. Glage (Fleischbeschau, Untersuchungsmethoden usw.) und 
Dr. Sieber (Seuchenlehre) an. 

Die Vorlesungen und Übungen finden im Institut für Schiffs¬ 
und Tropenhygiene statt. 

Maul- und Klauenseuche. 

Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom 
Schlachtviehhofe zu München am 8. Januar 1908. 

Die größeren deutschen Yieh-Versicherungs- 
Gesellschaften am Schluß des Jahres 1906. 

Von Tierarzt Dr. Plath-Köln. 

Auf den in Nr. 51, 1907 dieser Zeitschrift enthaltenen Artikel 
des Herrn Tierarzt Klingner-Berlin, General-Agent der Vater¬ 
ländischen Vieh-Versicherungs- Gesellschaft, Dresden, habe ich zu¬ 
nächst zu erwidern, daß diesem Herrn mein Rundschreiben an die 
Tierärzte vom 1. Oktober v. J. überhaupt nicht zugegangen ist. 
In zweiter Linie hat die Vaterländische Vieh-Versicherungs-Gesell- 
schaft unterm 15. Oktober 1907 eine sich inhaltlich mit diesem 
Artikel vollständig deckende Eingabe an das Kaiserliche Aufsichts¬ 
amt für Privatversicherung gemacht, in welcher sie sich über die 
fragliche Tabelle beschwert. Da in dritter Linie ein viel be¬ 
schäftigter Tierarzt nicht in der Lage ist, sich so eingehend, w r ie 
in dem Artikel geschehen, mit der Versicherungstechnik zu be¬ 
schäftigen, so muß ich zu dem Schluß kommen, daß nicht Herr 
Tierarzt Klingner, sondern die Vaterländische Vieh-Versicherungs- 
Gesellschaft in Dresden die Urheberin des Artikels ist. 

Herr Professor Dr. Schmaltz hat mich gebeten, meine Er¬ 
widerung möglichst kurz zu fassen. Ich werde mich daher nach 
Möglichkeit darauf beschränken, die auf die vorstehend beregte 
Eingabe der Vaterländischen Vieh-Versicherungs-Gesellschaft in¬ 
zwischen ergangene Entscheidung des Kaiserlichen Aufsichtsamtes 
für Privatversicherung anzuführen. 

Der Artikel der Vaterländischen behauptet, die Allgemeine 
Deutsche Vieh-Versicherungs-Gesellschaft Berlin habe 70 Proz. 
Nachschuß erhoben, aber nicht 48 Proz. Mir liegt ein Original- 
Dokument vor, nach welchem die Gesellschaft 48 Proz. Nachschuß 
eingefordert hat. Wenn in der Tabelle angegeben ist, daß die 
Veritas 90,4 Proz. Nachschuß erhoben hat, so ist dieser Prozentsatz 
von mir errechnet, da es schwer ist, von der Veritas einen Original¬ 
abschluß zu erlangen, ich auch trotz aller Mühe bis zur Ver¬ 
öffentlichung der Tabelle keinen erlangt hatte. Tatsächlich hat die 
Gesellschaft, wde die Vaterländische richtig behauptet, 170 Proz. 
erhoben. 

Im dritten, vierten, fünften und sechsten Absatz des Artikels 
moniert die Vaterländische, daß ich bei der Berechnung der Ver¬ 
waltungskosten der Vorprämie die Nachschußprämie zugerechnet 
die abgegebene Rückversicherungsprämie nicht abgesetzt, und das 
Eintrittsgeld nicht mit gerechnet, auch die Zinserträge außer Be¬ 
rücksichtigung gelassen habe. Zu diesen Punkten gebe ich nach- 





64 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3. 


stehend die Entscheidung des Kaiserlichen Aufsichtsamtes für 
Privatversicherung wieder, welches der Vaterländischen folgendes 
mitgeteilt hat: 

„1. Ihren Ausführungen darüber, daß die Nachschußprämie 
bei Berechnung der Verwaltungskosten in Prozent der Prämien¬ 
einnahme der letzteren nicht zugerechnet werden dürfe, kann 
das Kaiserliche Aufsichtsamt nicht beitreten; es ist selbst¬ 
verständlich, daß hierbei Vor- und Nachprämie als Gesamt- 
Prämienleistung den Prämien derjenigen Unternehmungen j 
gegenttbergestellt werden können, welche lediglich mit Bei- | 
trägen im voraus und unter Ausschluß von Nachschüssen j 
versichern. Unzutreffend ist es auch, daß in analoger Weise 
die letzteren Unternehmungen die satzungsgemäßen Schaden¬ 
kürzungen als Prämieneinnahme betrachten könnten. Der¬ 
artige Kürzungen können niemals als Leistungen der Ver¬ 
sicherten betrachtet werden. 

2. Bezüglich der aus Anlaß übernommener Rück¬ 
versicherungen vereinnahmten Ruckversicherungsprämien wird 
es bei der Viehversicherung keinem Bedenken unterliegen, 
wenn diese Rückversicherungsprämien bei dem Vergleiche 
zwischen Prämien und Unkosten der Prämieneinnahme zu¬ 
gerechnet werden usw. 

3 Ihrer Forderung, daß bei dem in Rede stehenden Ver¬ 
gleich auch die Eintrittsgelder zugezählt werden müßten, 
wird dann zuzustimmen sein, wenn allgemein Leistungen 
und Gegenleistungen gegenübergestellt werden. In der vor¬ 
liegenden Tabelle ist dies aber nicht der Fall. In dem 
Kopf der Tabelle ist unter Rubrik „Verwaltungskosten“ aus¬ 
drücklich angegeben, daß die Verwaltungskosten in Prozent 
der Prämieneinnahme berechnet sind. Eine Irrtums¬ 
erregung ist hier also ausgeschlossen. 

4. Die weitere Forderung, daß auch die Zinserträge bei 
der Vergleichung Berücksichtigung finden müßten, erledigt 
sich in gleicher Weise, wie unter 3 ausgeführt. 

Nur in einem Punkt, der auch hier nicht verschwiegen werden 
soll, ist der Vaterländischen recht gegeben worden, und zwar hin¬ 
sichtlich der in Einnahme gestellten Nachschußrückversicherungs¬ 
prämie. Dieselbe soll nach der Verfügung des Aufsichtsamtes in 
Zukunft an der Prämien-Einnahme abgezogen werden. Ich betone 
aber ausdrücklich, daß bereits unter dem 25. November v. J., also 
lange bevor der Artikel der Vaterländischen hier erschien, die 
Rheinische Gesellschaft dem Kaiserlichen Aufsichtsamt gegenüber 
einen ähnlichen Standpunkt, wie ihn jetzt das Amt vertreten hat, 
eingenommen und offen zugestanden hat, daß hier eine Änderung 
der Berecbnungsw r eise angezcigt sei, der aber bislang noch eine 
Verfügung der Aufsichtsbehörde entgegenstehe. Nach dem der 
Spruch der Behörde nunmehr erfolgt ist, wird in Zukunft von 
meiner Seite bei der Veröffentlichung der Übersichten hiernach 
verfahren werden. Selbstredend wird dadurch der Unkostensatz 
bei einzelnen Gesellschaften recht bedeutend höher. Bei der 
Rheinischen stellt er sich z. B. statt auf 17 Proz., auf 18,6 Proz. 
Trotzdem ist und bleibt die Rheinische von den aufgeführten 
Gesellschaften die billigst verwaltete und die Vaterländische auf 
ihrem Prozentsätze von 21,4 stehen. Daß einzelne Gesellschaften 
in der Tabelle nicht aufgeführt sind, hat seinen Grund darin, daß 
dieselben einen vollständig begrenzten Wirkungskreis haben, daher 
auch des allgemeinen Interesses entbehren. 

Ich kann aber nicht umhin, auf einen Punkt, den die Vater¬ 
ländische besonders erwähnt, etwas näher einzugehen. Es sind die 
Zinserträge, über die die einzelnen Gesellschaften verfügen. Wenn 
die Braunschw eigische und die Badische nennensw erte Zinseinnahmen 
haben, so ist dies nicht zu verwundern, denn beide Gesellschaften 
bestehen 55 bzw 28 Jahre und letztere hat noch den Vorzug, ein 
recht umfangreiches Geschäft zu haben. Wenn aber die Vater¬ 
ländische, die erst 19 Jahre tätig ist, von allen Gesellschaften 
die größten Zinserträge, dabei aber ein nur mittelgroßes und zudem 
wcchselvolles Geschäft hat, so muß diese Gesellschaft Gelegenheit 
haben, die Kapitalien aufzusparen; und hier möchte ich auf eine 

Verantwortlich für den Inhalt (exul. Inseratenteil): l’rof. Dr. Sehinn'U in Berlin. - 


Entscheidung des Kaiserlichen Aufsichtsamtes hinweisen, welche 
im Heft 4 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Aufsichtsamtes 
für Privatversicherungen Jahrgang 1904 abgedruckt ist. In derselben 
ist in zwei Instanzen klipp und klar festgestellt worden, daß der 
Vaterländischen eine nachgesuchte Konzession nicht erteilt werden 
konnte, w'eil in einzelnen Bestimmungen ihrer Versicherungs- 
bedingungen die Interessen der Versicherten nicht hinreichend ge¬ 
wahrt, ja sogar gefährdet seien. Bemerken möchte ich noch, daß 
diese Bestimmungen heute noch zu Recht bestehen. 

Wenn die Vaterländische laut des Schlußpassus bei der 
Rheinischen eine Kampfstimmung bemerkt haben will, so sei hier¬ 
auf kurz erw idert, daß die Direktion der letzteren nach w'ie vor 
bestrebt ist, nach Kräften auf Hebhng der ganzen Vieh-Versicherungs¬ 
branche hinzuwirken. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Kreistierarzt Veterinär¬ 
rat /fosA-owsfo-Fraustadt der Königl. Kronenorden III. Klasse, dem 
Direktor der Zentrallehrschmiede, Tierarzt Ge//?-Hannover, der Rote 
Adlerorden IV. Klasse, den Medizinalräten DDr. Joest und Kämmer, 
Professoren an der Tierärztlichen Hochschule in Dresden, das 
Ritterkreuz I. Klasse, dem Stabsveterinär Bretsclncider das 
Ritterkreuz II. Klasse des Königl. Sächsischen Albrechtsordens 
und dem Unterveterinär Emsfof das Ehrenkreuz (diesen vier 
in Anerkennung der Verdienste bei Unterdrückung der Rotz¬ 
krankheit im Husaren-Regiment in Großenhain), dem ordentlichen 
Professor an der Tierärztlichen Hochschule in München, Dr. 
E. Voit und dem Kreistierarzt Karl Uohenlcitncr der Michaelsorden 
IV. Klasse und dem Bezirkstierarzt Franz J/ar/fVPassau das Ver¬ 
dienstkreuz desselben Ordens. — Den Stabsveterinären Eckel im 
6. Fcldart.-Regt. und Schtcarx im Remontedepot Ftirstenfeld ist der 
Charakter als Oberstabsveterinär verliehen worden. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt Zchetcr 
aus Oberpfaffenhofen zum II. Assistenten an der chirurgischen 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in München. — Voterinär- 
beamte: Dr. Bfrmann Afanwer-Stockach mit Vorsehung der Stelle 
eines veterinärtechnischen Hilfsarbeiters beim Großh. Ministerium 
des Innern, Tierarzt Oswald ZMer-Pakosch mit den kreis tierärzt¬ 
lichen Geschäften in Guhrau, Kreistierarzt a. D. Stiphan -Görlitz mit 
der Verwaltung der Grenztierarzt-Assistentenstelle in Langszargen im 
Landkreise Tilsit, Veterinär-Assessor Otto TM-Karlsruhe mit Ver¬ 
seilung der Stelle des Zuchtinspektors für Unterbaden, Grenztierarzt 
Alfred S/io^-Schopfheim mit Vorsehung der Bezirkstierarztstelle in 
St. Blasien, Ignax NeAorr-Bayreuth mit den bezirkstierärztlichen 
Geschäften in Stadtamhof (Oberpfalz) betraut. — Schlachthof- 
verwaltung: Stabsveterinär a. D. Richard Seidcrholm zum Schlacht¬ 
hofdirektor in Straßburg. — Versetzt: Kreistierarzt Hocke- Guhrau 
ist in die Kreistierarztstelle in Schwerin a. W. versetzt worden. 

Ruhestandsversetzung: Bezirkstierarzt Martin S/wrTw-Schopfheim bis 
zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in den Ruhestand versetzt. 

Verzogen: Die Tierärzte Ulrich Brinkmann von Buer nach 
Coesfeld, Otto Qcßler von Stuttgart als Assistent des Grh. Bezirks¬ 
tierarztes nach Villingen. 

Approbiert: Die Herren Eugen Bosch aus Wesel, Karl Rochtffs 
aus Hönnepel, Qustar Schneider aus Dorteweil und Georg Schn marin r 
aus Elsheim in Gießen. 

In der Armee: Versetzt: Die Stabsveterinäre Böhland im 
Ulan.-Regt. Nr. 7 zum Drag.-Regt. Nr. 9, Lnahs im Drag.-Regt. Nr. 9 
zum Feldart.-Regt. Nr. 66, Krid im Feldart.-Regt. Nr. 66 als tech¬ 
nischer Vorstand zur Militärlehrschiniede in Königsberg i. Pr., 
Oberveterinär Marks irn Drag.-Regt. Nr. 20 zum Ulan.-Regt. Nr. 7. — 
Im Beurlaubtenstande: Den Oberveterinären des Beurlaubten¬ 
standes Ndhe (Deutsch-Eylau), Friedrich (2 Darmstadt), Kltvg (Mann¬ 
heim) der erbetene Abschied bewilligt. 

Vakanzen. (v g i. Nr. i.) 

Wrlj( K und E ^eutum der Verlagsbuchhandlung von ltiehard Schont* in Berlin. — 


Druck von W. Büxonstcin, Berlin. 







Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage ton Richard Schoets in 
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Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5, — vierteljähr¬ 
lich (H. 4.88 Ar die Wochenschrift, 18 Pf. für Bestellgeld) 
frei Ina Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitunga- 
Preisliate Nr. 674. Ung«r^|$be Nr. 86.) 


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00 Mit. Ar den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe min 
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liche Hochschule, NW., LuisenstraUe 66. Korrekturen, 
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Tierärztliche Wochenschrift 


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Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Oe Brufn 

Glage 

Dr. JeB 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat PreuQe 

ProftiMSor 

Professor 

Kreistierarzt 

Departeiuentstlerarzt 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarzt 

Utrecht. 

Ham bürg. 

Charlotten bürg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Sohlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Zflndel 

Profi.»»"r Professor Professor Professor Kandestierarzt v. Bayern Kreistierarzt 

Dresden. Dresden. Freibnrg i. Br. Dresden. München. Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


JVg. 4 . Ausgegeben am 23. Januar. 


Inhalt: Warringsholz: Beitrag zur Rauschbranddiagnose. — Jaeger: Zur Kritik des Geschwulstproblems. — Referate: 

Ostertag: Untersuchungen über das Auftreten und die Bekämpfung der infektiösen Anämie des Pferdes. — (’ad^ac: Über 
die Ätiologie der Enteriten der Neugeborenen überhaupt und speziell des Kalbes. — Rickmann: Impfung von Maultieren 
gegen Sterbe. Immelmann: Die Hornsäule des Pferdes. — Tagesgeschichte: Krueger: Reichstierseuchengesetz und Kreis¬ 
tierarzt. — Kleine Mitteilungen. — Militaria. — Verschiedenes. — Bttcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
Vakanzen. 


Beitrag zur Rauschbranddiagnose. 

Von Kreistierarzt Dr. Warrlngeholz-Heide i. H. 

Im Kreise Norderdithmarschen kommt Rauschbrand prozen¬ 
tual am häufigsten in Schleswig-Holstein vor. Im Jahre 1906 
wurde von mir bei 140 Rindern Rauschbrand als Todesursache 
festgestellt. Es ist natürlich, daß ich bei der Fülle des Materials 
Gelegenheit hatte, Beobachtungen zu machen, die allgemeineres 
Interesse haben. 

Zunächst habe ich gefunden, worauf auch Herr Veterinär¬ 
rat Dr. Foth auf einer Versammlung der Kreistierärzte des 
Regierungsbezirks Schleswig hinwies, daß in einzelnen Fällen 
besonders bei jungen Kälbern die Diagnose Schwierigkeiten 
macht. Ich fand z. B. bei einem 11 Wochen alten Kalbe so 
geringgradige Krankheitserscheinungen, — die Muskulatur zeigte 
stellenweise etwas dunklere Färbung, im Unterhautbindegewebe 
waren keine Veränderungen — daß es unmöglich gewesen wäre, 
durch die Sektion eine Diagnose zu stellen. Vereinzelt fand ich 
auch bei älteren Rindern so geringgradige Veränderungen, daß 
sie zur Stellung einer Diagnose nicht genügten. Es geht hier¬ 
aus hervor, daß zur Vermeidung von Fleischdiagnosen in einzelnen 
Fällen von Rauschbrand sogar bei frischen Kadavern die 
bakterioskopische Untersuchung und Impfung unentbehrlich ist. 

Bei einigen Kälbern konnte ich nur in den Kaumuskeln 
typische Veränderungen der Muskulatur nachweisen, während 
der sonstige Befund vollständig negativ war. In Zweifelsfällen 
darf man daher nicht versäumen, die Masseter anznschneiden. 

Als ein wertvolles Hilfsmittel für die Rauschbranddiagnose 
wurde von mir eine Leberveränderung beobachtet, die patho- 
gnomonisch ist. Die Leber ist kurz nach dem Tode etwas ver¬ 
größert, braunrot, blutreich und von weicherer Konsistenz als 
normal. Findet die Sektion einige Stunden nach dem Tode 
statt, so ist die Leber trockener, von gelbbrauner Farbe und 
enthält graue, trockene bis erbsengroße, poröse Herde. In der 
Regel schon 21 Stunden nach dem Tode sind die Herde walnuß- 


bis apfelgroß, lehmfarben und zeigen auf dem Durchschnitt eine 
schwammartige, poröse Struktur, die Poren enthalten Gase. 
Bei älteren Kadavern sind dann die einzelnen Herde zusammen- 
geflossen, so daß der größte Teil der Leber eine solche Be¬ 
schaffenheit hat. Es handelt sich hier um eine postmortale Ver¬ 
änderung, verursacht durch die nach dem Tode auch in den 
inneren Organen in großer Zahl vorhandenen gasbildenden Rausch¬ 
brandbazillen, sie sind besonders schön in der wärmeren Jahres¬ 
zeit, im Winter dagegen entwickeln sie sich langsamer. In 
einzelnen Fällen kann sie fehlen, besonders bei sehr jungen 
Kälbern vermutlich deswegen, weil diese Tiere sehr schnell schon 
nach einigen Stunden verenden, so daß die Rauschbrandbazillen 
Zeit haben, sich stark zu vermehren. Man kann demnach nicht 
mit absoluter Sicherheit sagen, es liegt kein Rauschbrand vor, 
wenn die Leberveränderungen fehlen, aber umgekehrt ist Rausch¬ 
brand sicher die Todesursache, wenn sie vorhanden sind; man 
wird dann immer bei genauer Untersuchung der Muskulatur 
vielleicht nur in den Kanmnskeln oder im muskulösen Teil des 
Zwerchfells oder in den Psoasmuskeln die Rauschbrandver¬ 
änderungen nachweisen können. Herr Veterinärrat Dr. Foth, 
dem ich seinerzeit meine Beobachtungen mitteilte, hat mir später 
den Leberbefund bei Rauschbrandkadavern bestätigt. Ähnliche 
Veränderungen sind anch von Kasselmann*) und Scheibel**) 
beschrieben worden. 

Auch in den Nieren fand ich bei frischen Kadavern eine 
typische postmortale Veränderung. In der Rindenschicht kann 
man kleine, trockene etwa hirsekorngroße graue Herde erkennen, 
die im Zentrum eine etwa stecknadelkopfgroße Gasblase enthalten. 
Diese Herde können vereinzelt so zahlreich auftreten, daß die 
ganzen Nieren das von Scheibel**) beschriebene graubraune, 
poröse schwammige Aussehen annehmen. Diese Erscheinungen 

*) Hutyra und Marek. Spezielle Pathologie und Therapie. 

**) Deutsche Tierärztliche Wochenschrift Nr. 5 und 6, Jahr¬ 
gang 1907. 







66 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


sind gewöhnlich nur bei frischen Kadavern wahrnehmbar, da die 
Nieren besonders bei warmen Wetter sehr bald eine schwarz¬ 
grüne Farbe annehmen. 

Eine weitere fast regelmäßig bei Rauschbrandsektionen zu 
beobachtende Erscheinung ist, daß das im Dilatationszustande 
befindliche Herz ausgefüllt ist von großen, derben Blutgerinnseln; 
die Herzkammern sind förmlich mit festen Blutgerinnseln aus¬ 
gegossen. 

So leicht die Diagnose in den typischen Fällen von Rausch¬ 
brand ist, so schwierig kann sie werden, wenn nur ganz gering¬ 
gradige Veränderungen nachweisbar sind und bei vorgeschrittener 
Fäulnis der Kadaver. Ich hoffe, daß in diesen Fällen meine 
Beobachtungen die Diagnose erleichtern können. In einer 
späteren Arbeit werde ich noch wieder auf diese Befunde und 
bakterioskopischen Untersuchungen zurückkommen. 


(Aus dem Dr. Senckenbergschen Pathologischen Institut zu 
Frankfurt a. M. Direktor: Professor Dr. Eugen Al brecht.) 

Zur Kritik des Geschwulstproblems. 

Von Dr. Alfred Jaeger, Tierarzt, Frankfurt a. M. 

Im Vordergrund der modernen pathologischen Forschung 
steht seit Jahren die Ätiologie der Geschwülste, ohne daß es 
gelungen wäre, einen befriedigenden Einblick in ihren Ursachen¬ 
komplex zu gewinnen. Ja, ihre Lehre schien mit der Cohnheim - 
Ribbertsehen Theorie sogar auf totem Gleise angekommen zu 
sein, als hier eine fötale bzw. postembryonale Ausschaltung 
von Zellen aus ihrem physiologischen Zusammenhang als das 
wesentliche Moment jeglicher Tumorbildung angesehen wurde. 
Es zeigte sich sehr bald, daß dieses einheitliche Erklärungs¬ 
prinzip für die Genese einer Reihe von. Geschwülsten nicht 
dienen konnte, und daß es sich für die Mehrzahl der Frage¬ 
stellungen, die die mehr und mehr erwachende Geschwulst¬ 
biologie zeigte, als gänzlich unfruchtbar erwies. 

Wenn wir eine genaue Analyse der Aufgaben vornehmen, 
' die uns aus einer umsichtigen Behandlung der Geschwulstfrage 
erwachsen, so ergibt sich eine Doppelung der Probleme: Es sind 
scharf zu trennen formale und kausale Genese. 

Wenn Ribbert die Tumoren aus einer einzigen Vorstellung, 
aus einer Verlagerung bzw. Ausschaltung von Keim- und Organ¬ 
zellen, die sämtlich an sich unbegrenzt wachstumsfähig sein 
sollten, erschöpfend abzuleiten suchte, so erblickte E. Schwalbe*) 
hierin eine Aussage über die formale Genese, — ein Irrtum, 
wie sich zeigen wird. 

Nichtsdestoweniger reichte die Theorie auch hier schon 
nicht aus. Es gibt zweifellose Beispiele, wo das aus dem 
organischen Zusammenhang getrennte Gewebsmaterial bei seiner 
weiteren Existenz keinerlei WucherungsVorgänge eingeht. Bei 
Chorionepithelinvasionen in Uterus- und Tubenwänden werden 
Epithelien vom Muttergewebe völlig abgetrennt, ohne daß hier¬ 
aus eine Neubildung entsteht. Bei der perforativen Appendizitis 
gelangen schleimproduzierende Epithelien auf die Außenfläche 
des Wurmfortsatzes und fahren hier in ihrer Schleimproduktion 
fort, ohne eine wesentliche Vermehrung zu erfahren. 

Und schon das Beispiel der Teratome, die wir doch hin¬ 
sichtlich des formalen Entwicklungsprinzips viel genauer kennen 
als die übrigen Geschwülste, offenbart, daß die Ribbert sehen 
Direktiven für Klarlegung der kausalen Genese nichts leisten. 

*) Verhandlungen der pathol. Gesellschaft, 10. Tagung. 


Warum entsteht gegebenenfalls aus dem verlagerten Material 
gerade ein Tumor mit der Architektur eines Teratoms? Auch 
sonst haben wir doch Wucherungs Vorgänge der verschiedensten 
Art im Organismus, ohne daß ein Blastom sich daraus entwickelte. 

Selbst wenn wir uns mit der Ribbertschen Vorstellung 
als zutreffend abfinden wollten, daß die Proliferation der 
isolierten Zellen durch das Freiwerden ihrer Wachstumspotenzen 
bzw. durch eine Spannungsverringerung im umgebenden Gewebe 
ausgelöst würde, so müssen wir uns darüber klar werden, daß 
dieses durch die Ausschaltung bedingte Wachstum gar nicht den 
Kernpunkt des Problems trifft. Unsere Anschauung wäre 
ebenso verfehlt, wie wenn wir das prinzipiell Eigenartige des Ent¬ 
wicklungslaufes einer Niere in dem Wachstum eines aus dem 
Wolffsehen Gange hervorgehenden isolierten Keimes erblicken 
würden. 

Wir müssen uns also vor allem von der Vorstellung frei 
machen, als ob die Isolierung von Zellkeimen an sich schon 
genügend Grund für eine weitere, in jeweilig ganz charakte¬ 
ristischer Richtung verlaufende Tumorbildung abgeben könnte. 
Wir haben nach den Ursachen dieser spezifischen Zell- 
I Wucherung, die eine Proliferation sui generis ist, zu 
forschen: Gegenwärtig sicher das wichtigere Problem in der 
Geschwulstlehre. 

Von dieser kausalen Genese war schon seit längerem die 
Frage der exzessiven Wucherungsfähigkeit bei bösartigen Ge¬ 
schwülsten Gegenstand der Erörterung gewesen: mit wenig 
befriedigendem Ergebnis. Die Vorstellungen dieser zellularen 
Theorie, die sich eben nur von der Betrachtung der malignen 
Tumoren herleitete, büßten schon aus dem Grunde sehr viel an 
Wahrscheinlichkeit ein, als sie den doch im Prinzip wesens¬ 
gleichen, sonst nur der Intensität ermangelnden Wachstums¬ 
vorgängen der gutartigen Geschwülste keinerlei Rechnung 
trugen, im übrigen für deren auslösende Vorgänge auch kein 
Verständnis bringen konnten. Es ist aber bei den so vielfach 
fließenden Übergängen zwischen gut- und bösartigen Tumoren 
Voraussetzung für eine Theorie, die hier Klarheit bringen will, 
daß sie für beide Geschwulstarten aufzukommen vermag. In 
Rücksicht auf die benignen Blastome haben wir daher von diesem 
im engeren Sinne zellularen Problem der bösartigen Geschwülste 
die Frage zu trennen nach den Ursachen dieser charakte¬ 
ristischen Wucherungsfähigkeit überhaupt, die immer 
wieder, wie wir uns noch des näheren überzeugen werden, zu 
ganz bestimmten Bildungen führt. Das ist das Haupt¬ 
problem der kausalen Genese für alle Tumoren. 

Wenn wir einen Blick auf das mikroskopische Gesamtbild 
der Geschwulstbildungen werfen, so erkennen wir überall ein 
gesetzmäßiges Zusammenwirken aller beteiligten Zellarten in 
jeweils ganz charakteristischer Weise zur Entstehung organ - 
artiger Bildungen. Schilddrüsen —, Nebennieren — Adenome 
sind offensichtliche Belege dafür, wie die Geschwülste häufig in 
annähernd normaler Weise den Typus ihres Ausgangsorgans 
wiederholen. Multilokulare Ovarialkystome zeigen, bis zu welchem 
Grade von Kompliziertheit die Tumoren sich aufbauen können. 
Und nehmen wir die histioi'den Geschwülste, wie Chondrome, 
Fibrome, so sind auch diese weit davon entfernt, reine Re¬ 
präsentanten einer Gewebsart zu sein. Auch sie sind Organoide, 
denn sie sind abgeschlossene Gebilde und führen Bindegewebe, 
Gefäße, Knorpelelemente usw., gleichwie jeder Knochen, jede 
Bindegewebsformation, die dem Organismus eine Funktion leisten 




33. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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und damit zum Organ werden. „Als Organ ist jede abgegrenzte 
Bildung zu betrachten, welche aus dem Zusammenschluß ver¬ 
schiedener Zellarten zu einem für den Gesamtkörper funktionie¬ 
renden Ganzen hervorgeht.“ Von dieser Begriffsbestimmung aus 
ist daher die allgemeine Trennung der Tumoren in histioide und 
organoide theoretisch unhaltbar. AlleTuraorensindorganoid, 
eine Eigenschaft, die sich mit besonderer Deutlichkeit auch bei 
der Metastasierung geltend macht. Immer wieder gruppieren 
sich hier die verschiedenen Zellformen bei ihrer Vermehrung in 
bestimmter, streng gesetzmäßiger Weise zu dem Bautypus der 
Ansgängsgebilde. 

Fürs erste könnte bei den Tumoren der Mangel eines 
physiologischen Endzweckes, einer Leistung fürs organische 
Ganze, ihrer Auffassung als organartige Bildungen zuwider- 
lanfen. Aber wir wollen berücksichtigen, daß einmal eine be¬ 
trächtliche Anzahl von Geschwulsttypen deutliche Merkmale 
einer funktionellen Gestaltung aufweist. Ich erinnere nur an 
die Adenome der Mamma, der Thyreoidea, «an die Sekrete und 
Hornsubstanzen der Carcinome. Es macht hier keine Schwierig¬ 
keiten sich vorzustellen, daß ihre Funktion Irrwege einschlug 
infolge der mangelhaften Ausgestaltung des Organbaues — z. B. 
Fehlen der Ausfnhrnngsgänge bei Adenomen. Aber es kommen 
in der Tat auch Adenomyome mit Ausführungsgängen vor, die 
dann folgerichtig an die zugehörige Oberfläche ausmünden und 
diese Tumoren gewissermaßen als accessorische Organe er¬ 
scheinen lassen, gleichwie sie die Nebenmilzen usw. vorstellen. 

Andererseits mußte eine fehlerhafte Einfügung der Ge¬ 
schwulstkeime in den Körper ihnen überhaupt jegliche Leistung 
unterbinden. Chondrome, Fibrome usw. sind eben Gewebs- 
formationen, die an Stellen zur Entwicklung kamen, wo der 
Organismus für sie keinerlei physiologische Verwendung hatte. 
Alle diese Gesichtspunkte über den physiologischen 
Charakter der Tumoren erweitern das Verständnis 
ihrer Organartigkeit. 

Die Erkenntnis der organoiden Entwicklungsprinzipien in 
der Onkologie gewährt uns zugleich die Möglichkeit einer Ein¬ 
teilung der Geschwülste nach den natürlichen Merk¬ 
malen ihrer Entstehung, die Voraussetzung einer rationellen 
Geschwulstforschung. Nur durch Anwendung solcher Betrach¬ 
tungsweise auf sämtliche Geschwulstbildungen ist es überhaupt 
denkbar, ein Verständnis der Tumoren in ihrer Gesamtheit an¬ 
zubahnen. Des anderen werden wir der Betrachtung der Tumoren 
als Organoide auch jene geschwulstartigen Hemmungs- und 
Fehlbildungen zwanglos anreihen können, deren offensichtlicher 
organoider Typus schon seit langem erkannt worden ist, und 
die so mannigfache Beziehungen zu den Tumoren s. str. er¬ 
kennen lassen, daß sie geradezu als Grenzfälle zwischen Organ- 
und Tumorbildung anzusehen sind. Ich meine die Teratome 
und Teratoide. Wir wissen, daß die Verschiedenheit ihrer 
morphologischen Beschaffenheit lediglich die Folge einer früheren 
oder späteren Keimmaterialausscheidung ist. Diese gesicherte 
Kenntnis ihrer formalen Genese wird uns zweifellos auch das 
Verständnis der anderen Geschwülste erleichtern müssen, wenn 
wir sie in die gleiche Kategorie biologischer Bildungen auf¬ 
zunehmen haben. — Wir werden noch andere solche, für 
unseren Gedankengang so bedeutsame Geschwulstbildungen 
kennen lernen. 

Mit der Realisierung eines ausgesprochenen Organi¬ 
sationsplanes bei allen Geschwülsten können wir die 


Tumorzellen nicht mehr als wachstumsfähige Elemente an sich 
betrachten, die nach den bisherigen Theorien infolge Ver¬ 
änderung ihres Charakters oder ihrer Umgebung sich vermehivn 
sollen. Wir würden hier die gleichen Gesichtspunkte entwickeln, 
wie etwa bei Erörterungen über die Proliferation von Epithelien, 
die einen Substanzdefekt schließen. Es erwächst uns vielmehr 
die Aufgabe, ihre Eigenschaften zu diskutieren, die sie befähigen, 
bei ihrer Wucherung zu ganz spezifisch organartigem Bau 
zusammenzutreten. Wir haben daher unser Augenmerk auf die 
eigenartigen Wechselbeziehungen zu richten, die zwischen 
Epithelwucherung und jener von Bindegewebe, Gefäßsprossen, 
Muskulatur usw. hier zum Ausdruck kommen. Wir begegnen 
den analogen Erscheinungen in der normalen Ontogenese bei 
der Vereinigung embryonaler Zellkomplexe zu funktionsfähigen 
Organen. Von dieser Erkenntnis aus ist es die notwendige 
Konsequenz, wenn wir für die Genese der Geschwulstbildungcn 
die gleichen ursächlichen Momente und Gesetzmäßigkeiten zu 
Rate ziehen, wie für die Entstehung der normalen Organe. Da 
nun die ätiologischen Fragen der Organogenie entwicklungs¬ 
mechanische Probleme sind, so werden wir die gleiche Be¬ 
trachtungsweise für die Onkologie in Anspruch zu nehmen 
haben, mit anderen Worten: Die Frage der Entstehung 
eines Tumors ist ein entwicklungsmechanisches 
Problem von der grundsätzlich gleichen Art wie der 
Werdegang irgend eines Organs. 

Es ist überraschend, wie die gemeinsame Wesenseigenart 
aller Geschwülste: das Organartige ihres Baues, bisher auf der 
ganzen Linie der Forschung vernachlässigt worden ist. Erst 
neuerdings ist die von Johannes Müller vor vielen Jahr¬ 
zehnten vertretene Anschauung von der organoiden Natur der 
Tumoren, die man aber sehr bald wieder fallen ließ, von 
Eugen Albrecht*) neu begründet und nach den verschiedensten 
Richtungen hin vertreten worden. Nach ihm stellen die Ge¬ 
schwülste in ihrer Anlage teils während der embryo¬ 
nalen Entwicklung, teils postembryonal entstandene 
Schwesterbildungen der Organe dar. Auch Albrecht 
sieht die Ausschaltung von Zellkomplexen aus ihrem physio¬ 
logischen Zusammenhänge als einen für bestimmte Fälle von 
Tumorbildung wirksamen Faktor an, gleichwie die Cohnheim- 
Ribbertsche Theorie. Aber er geht in seinen Untersuchungen 
weit über das Ergebnis dieser hinaus, indem er die verschiedenen 
Modifikationen einer atypischen Gewebsanordnung und deren 
Folgen für den Tumorbau — die organoide Frage — an 
der Hand seines Beweismaterials eingehend analysiert. Die 
Möglichkeiten, die sich für die Schaffung einer Geschwulst¬ 
anlage ergeben, charakterisiert er in folgenden Hauptrichtungen: 

1. Aus abgetrennten Organkeimen entstandene 
Geschwulstbildungen: Choristome, Choristoblastome. 

Es sind Geschwultbildungen, die aus Gewebskeimen 
hervorgehen, die infolgeAbtrennung aus ihrem organischen 
Zusammenhänge an abnormer Stelle gelagert sind. 
Albrecht bezeichnet sie demgemäß als Choristome (Xogiceiv, 
trennen) bzw. als Choristoblastome, wenn die Wachstums¬ 
vorgänge der abgesprengten Embryonalkeime zu größeren, fort¬ 
schreitenden Bildungen geführt haben. Diese Geschwulstformen 
bieten eine große Mannigfaltigkeit dar, je nachdem an 
den Ausschaltungsstellen die Komponenten einer oder 


*) Frankfurter Zeitschrift für Pathologie, Bd. 1. 





68 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


mehrerer Organe abgetrennt werden können. So herrscht 
unter den originären Choristomen der Niere eine exquisite Ein¬ 
förmigkeit, da als Material für ihre Konstituierung hauptsächlich 
abgesprengte Nebennierenkeime in Betracht kommen: Die 
Grawitzschen Tumoren der Nierenrinde, das klassische 
Beispiel für die Choristome, die das ausgeprägte Parenchymbild 
der Nebenniere aufweisen. Von der einfachen Ausschaltung eines 
solchen Organstückchens, das fast unabgegrenzt ohne jede 
Wucherungserscheinung sich dem Nierengewebe einfügt, ttndet 
sich eine kontinuierliche Reihe in der Entwicklung solcher normal 
beschaffenen Keime zu ausgesprochenen Tumoren, die aber immer 
noch eine deutliche Nebennierenstruktur erkennen lassen. Von 
diesen bieten sich uns dann direkte Übergänge zu adeno¬ 
matöser und careinomatö{8er Entartung dieser Nieren¬ 
geschwülste. 

Unter die gleiche Rubrik Tumoren fallen z. B. auch die 
Enchondrome des Knochens, die Adenome der Thyreoidea und 
alle jene Zystenbildungen, welche durch Versprengung von Haut¬ 
keimen entstanden sind. Namentlich bei den letzteren finden wir 
wieder ein ausgeprägtes Bild des Übergangs von den einfachsten 
gutartigen Formationen zu ausgeprägten malignen Neubildungen: 
Von dem einfachen Epidermoid, das nur einige Reihen von 
Epithelzellen als Begrenzung aufweist, über die Zysten, die 
Haare, Zähne usw. enthalten, zu jenen „Embryomen“, in denen 
Teile aller drei Keimblätter vorhanden sind, und die bisweilen 
carcinomatöse und sarkomatöse Formationen aus sich hervor¬ 
gehen lassen. 

Ein ebenso mannigfaltiges Bild der Entwicklungsmöglich¬ 
keiten bieten uns die teilweise gleichfalls genetisch zu den 
Choristomen gehörenden Geschwülste an der Bifurkation der 
Trachea und an den Prädilektionsstellen des Digestionstraktus. 
Im Gegensatz zu dem embryologisch einförmigen Entwicklungs¬ 
gebiet der Niere, können hier die Komponenten der ver¬ 
schiedensten Organe der embryonalen Ausschaltung unterliegen, 
die sich dann za Myomen, Papillomen, Adenomyomen, Carcinomen 
entwickeln. Welch’ weittragende Bedeutung hier besonders dem 
Abschnürungsprozeß zwischen Ösophagus und Trachea zukommt, 
zeigt uns die Tatsache, daß Carcinome des Ösophagus wie der 
Trachea fast Btets von der Bifurkation, der letzten Trennungs¬ 
stelle zwischen diesen beiden Organen, ihren Ausgang nehmen. 
Eine gleich ausgeprägte lokale Disposition für Tumorbildung, 
speziell CarcinomentWicklung kommt den Schleimhautgrenzen 
im Digestionstraktus zu (Grenzen zwischen Platten- und Cylinder- 
epithel), wo ja auch Organzellen bei der Ontogenese sehr leicht 
aus den gewöhnlichen Verhältnissen der Gewebsspannung und 
Funktion gebracht werden können. 

2. Durch fehlerhafte Gewebsmischung entstandene 
Tumoren (Hamartome, Hamartoblastome). 

Es ist ein umgrenztes Zuviel an Organkomponenten 
— gewöhnlich Mesenchymzellen — in die Entwicklung ein¬ 
gestellt worden; damit ist eine abnorme Zusammenordnung 
der im Gewebsverband verbliebenen normalen Bildungsbestand¬ 
teile zustande gekommen, sowohl nach Menge, wie nach An¬ 
ordnung. Der Typus des Organbaues ist hierbei in den 
Grundzügen bewahrt geblieben. Albrecht bezeichnet 
solche Gewebsformationen als Hamartome. Es sind geschwulst¬ 
artige Fehlbildungen, die sich in ihrer Entstehung von Fehlern, 
Hamartien (a^uap zaveiv, fehlen) in der Anlage des betreffenden 
Organs herleiten, indem ein Gewebskonstituens in abnormer 


Menge vorhanden ist, die anderen sich aber in normaler 
Quantität und Anordnung befinden. Die Drüsenkanälchen usw., 
die Funktionsträger des Organs, sind in das vermehrte Binde¬ 
gewebe regelmäßig eingefügt. Auch sind sie bedeutsamerweise 
funktionell ihrer Umgebung völlig angeschlossen. Diese Merk¬ 
male und der Mangel einer scharfen Absonderung der Gebilde 
gegen die Nachbarschaft erlauben es nicht, sie als Geschwülste 
sensu strenuo hinzunehmen, die bei Gegenwart von drüsigen 
Elementen gerade durch ein wirres Durcheinando 1 derselben 
gekennzeichnet wären. 

Charakteristische Beispiele sind neben den Kavernomen der 
Leber und Milz — das Hainartoma fibrocananiculare renis und 
mammae, die Neurofibrome. 

Die histologische Analyse des Nierenhamartoms zeigt einen 
Überschuß an Bindegewebe in typischer Anordnung: 
Es bildet mehr oder weniger dicke Scheiden um die normal 
gelagerten Harnkanälchen. Vereinzelt begegnen wir aber 
auch Fibrohamartomen des Nierenmarks, wo die Bindegewebs¬ 
vermehrung unter Zugrundegehen des Parenchyms eine exzessive 
Entwicklung nimmt und schließlich im Tumor eine abgeschlossene 
Masse bildet. In solchen Fällen resultieren Bildungen, die aus¬ 
gesprochene Fibrome darstellen. Da solche Tumoren ge¬ 
wöhnlich an den Grenzen der Renkuli gelagert sind, so dürfen wir 
zwanglos daraus folgern, daß bei dem Aufbau der Renkular- 
septa ein Plus an Bindegewebe sich erübrigte und so ein 
Hamartofibrom aus sich hervorgehen ließ. 

Bei dem fibrokananikulären Hamartom der Mamma finden 
wir das analoge charakteristische Bild: Abnorm starke Binde- 
gewebsentwicklung in Form von Scheiden um die Drüsenkanälchen 
unter Beibehaltung des der Mamma entsprechenden, architek¬ 
tonischen Verbandes, also bei normalem Modus der Drüsen¬ 
verbreitung. 

Die Neurofibrome repräsentieren sich als bindegewebige, 
gleichförmig verlaufende Verdickungen der Nervenscheiden, bei 
normalem Durchgang der Nerven. 

Prinzipiell in die gleiche Rubrik: „Hamartome“ gehören 
Geschwülste, die dadurch entstehen, daß eine Organkompo¬ 
nente bei der Ontogenese auf einer embryonalen Ent¬ 
wicklungsstufe zurückbleibt, woraus dann schließlich eine 
abnorme Zusammenfftgung des Organs resultiert. So 
persistieren im Hamartoma haematoplasticum hepatis die Blut 
bildenden Zellen der embryonalen Leber in umschriebenem 
Bezirk und bilden unter nur geringfügiger Störung der Leber¬ 
architektur einen Tumor. Die analogen Betrachtungen gelten 
für gewisse als Hamartome anzusehende Myxome und Myxo- 
fibrome, bei denen die vermehrt eingefügten bindegewebigen 
Elemente den Charakter des Schleimgewebes, also ihre embryo¬ 
nale Beschaffenheit, bewahrt haben. 

Bedeutsamerweise können wir auch bei den Hamartomen 
einen Zusammenhang mit malignen Bildungen statuieren. 
So begegnen uns unter multiplen Neurofibromen gelegentlich 
Sarkome, — perikananikuläre Fibrome der Mamma sehen wir 
bisweilen eine Entwicklung zum Adenosarkom nehmen. 

3. Durch Liegenbleiben unverbrauchter Zellen 
entstandene Tumoren. 

Ein weiterer Weg der Entstehung von Tumoren wäre der, 
daß unverbrauchte Zellen vom Aufbau des Organismus her liegen 
bleiben, ohne daß dabei eine Verlagerung im eigent¬ 
lichen Sinne erfolgt. Es ergeben sich hierbei drei Ent- 




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Wicklungsmöglichkeiten: Entweder handelt es sich nur nm 
ein einfaches Unverwendetbleiben von Zellen, die dann 
später ihre Entwicklung nachholen. Die Zellen bewahren dabei 
durchaus ihren räumlichen Zusammenhang mit ihrem Organ. Es 
liegt also keine Ausschaltung vor, wie sie die Gruppe 1 charak¬ 
terisiert. 

Eine andere Quelle für Tumoren dieser Art ergibt sich aus 
der Nichtrückbildung solcher embryonalen Organe, die 
normalerweise zu einer späteren Embryonal-Epoche wieder ver¬ 
schwinden. Solche liegengebliebene Ge webskomplexe fangen 
dann an zu wuchern und bilden Tumoren, wie z. B. die Kiemen¬ 
spaltengeschwülste zeigen. Sicher ist auch ein Teil der 
Adenomyome des Uterus in diesem Sinne zu deuten, also die, 
deren epitheliale und fibromuskuläre Bestandteile sich aus einem 
kongenitalen, komplexen Muttergewebe entwickelt haben. In 
sehr vielen Fällen sind sie nicht als autonome Neubildungen 
anzusprechen, sondern gehören in das Gebiet der entzündlichen 
Hyperplasie, verbunden mit heterotoper Epithelwucherung. 

Schließlich kann ein Liegenbleiben von Zellen infolge einer 
mangelnden normalen Wanderung von embryonalen Zell¬ 
keimen erfolgen, die sonst bestimmte Ortsveränderungen im 
Verlaufe der Entwicklung ausführen. So begegnen wir Tumoren, 
die sich aus dem vom Mundhöhlenboden gelieferten Teile der 
Schilddrüse am Zungengrund entwickeln. 

4. Postembryonale Organentwicklung 'als Ausgang 
für Tumorbildungen. 

In den Fällen, wo die die Geschwulstbildung auslösenden 
Störungen postembryonal zu denken sind, finden wir bedeut¬ 
samerweise die pathologischen, den Tumor bewirkenden 
organbildenden Tendenzen in Geweben, die ins spätere Leben 
eine physiologische Fähigkeit der Organbildung mit hinüber 
genommen haben. Ich erinnere nur an die im Bereiche der 
Genitalsphäre sich abspielenden, zum Teil sogar periodisch ver¬ 
laufenden Entwicklungsvorgänge. Mamma, Ovarien, Uterus gehen 
hier in großem Umfange physiologische Organneubildungen ein. 

Damit erklärt sich uns sofort zwanglos die Tatsache, daß 
gerade der gesamte Genitalapparat eine Prädilektionsstätte für 
Tumorbildung bietet. In ihm tritt schon normaliter zur Zeit 
der Pubertät, der Gravidität eine weit reichende Organbildungs¬ 
tendenz der einzelnen Organe in Wirksamkeit, oder es stellen 
umgekehrt in ihm, z. B. mit Beginn der Menopause, diese aus¬ 
lösenden Faktoren ihre Tätigkeit ein. 

Die Vermutung liegt da sehr nahe, daß Gewebsverbände, 
die schon normaliter eine organbildende Tätigkeit postembryonal 
entfalten, auch zur Entwicklung pathologischer, organoider 
Bildungen prädisponiert sind, besonders zu den mit tiefen 
organischen Veränderungen einhergehenden Epochen 
der Pubertät und Involution, wo bei der Durchführung der 
Neuformation sich sehr leicht Fehler in der Anlage einstellen 
können. Wir sehen, daß wir hier bei den Tumoren auf Momente 
stoßen, die in die Kategorie des genius loci gehören. Die 
gleichen Vorgänge können sich an den embryonalen Adnex¬ 
organen abspielen, wie die Angiome der Plazenta und die 
Chlorionepitheliome zeigen. 

Ebenfalls werden wir in diese Gruppe von Tumorbildungen 
jene Fälle aufzunehmen haben, in denen eine einfache 
Hypertrophie als geschwulstbildender Faktor auftritt: Die 
Lipome des Mesenteriums und in der Subkutis, die Hyperplasie 
der Karotisdrüsen, ein Teil der einfachen Strumen u. a. m. Es 


handelt sich hier um postembryonale Organbildungstendenzen, 
die wohl in typischer Richtung verlaufen, die aber normaler¬ 
weise unterbleiben und deswegen als pathologisch zu betrachten 
sind, um so mehr, als sie oft beträchtliche Tumoren entstehen 
lassen. Wir wollen aber nicht übersehen, daß hier im Gegen¬ 
satz zu den vorhergehenden Tumoren dieser Rubrik keine Ge¬ 
schwulstkeime vorliegen, also keine Bildungen, die dem be¬ 
troffenen Organ gleichsam aufgepfropft sind. 

5. Aus Störungen physiologischer Regeneration 
entstandene Tumoren. 

Die analogen Anschauungen wie für die in der vorigen 
Rubrik aufgeführten Geschwülste ergeben sich uns bei der 
kritischen Betrachtung der sich dauernd physiologisch 
regenerierenden Zellarten. Es sind dies die tiefen 
Epidermisschichten, die Schleimhautepithelien, das Periost. Auch 
hier finden wir einen gleichsam mit embryonalen Fähig¬ 
keiten ausgestatteten Mutterboden vor. Es kann uns da 
nicht wundernehmen, daß unter gewissen Umständen zellige 
Elemente namentlich da, wo eine chronische Regeneration auf 
entzündlicher Basis vor sich geht, eine vermehrte Organbildungs¬ 
tätigkeit entfalten, wie wir sie z. B. bei dem Tiefenwachstum 
der Epithelien in Fällen von Haut- und Schleimhautkarzinom 
zu sehen bekommen. Auch die Entstehung von Plattenepithel¬ 
karzinomen auf alten Geschwüren, von Sarkomen aus Narben 
usw. haben wir von denselben Gesichtspunkten aus zu betrachten. 

6. Geschwulstbildung aus embryonalem Spalten- 
Füllgewebe. 

Eine weitere Ursache für die Geschwulstbildung besteht in 
dem abnormen Verschluß embryonaler Spalten, die 
infolge von Entwicklungsstörungen nicht vollständig geschlossen 
wurden oder die durch Zerrung zuwege kamen. Es liegen also 
keine abgeschnürten Keime vor, sondern die Tumoren entwickeln 
sich aus dem atypischen, relativ undifferenzierten Füll¬ 
material der embryonalen Spalten. So sehen wir an solchen 
Orten Lipome, Hygrome (am Halse) sich entwickeln, oder ab¬ 
norme, Gefäßanlagen, die in Form von Teleangiektasien den 
Defekt schließen, oder Tumoren, die vom Mesenchymgewebe oder 
Nervenstützgewebe z. B. Gliome infolge unvollkommenen Ver¬ 
schlusses des Medullarrohres ihren Ausgang nehmen. 

Auch bieten sicherlich viele von den Tumoren der Trachea 
und des Ösophagus typische Beispiele für den hier gedachten 
Werdegang von Geschwülsten. So bildet einen regelmäßigen 
Ausgangsort für die Sarkome der Trachea deren hintere Wand, 
wo sich die Luftröhre durch die Bildung einer Querfalte vom 
Ösophagus abschnürt. Gleich charakteristisch entwickeln sich 
die Sarkome des Ösophagus aus der von der Bifurkationsstelle 
nach abwärts bis zum Magen reichenden Partie der Vorderwand. 

(Schluß folgt.) 

Referate. 

Untersuchungen über das Auftreten und die Bekämpfung 
der infektiösen Anämie des Pferdes. 

Von Prof. R. Oster tag. 

(Zeitachr. f. Infektionakrankb., paras. Krankb. u. Hyjj. der Haust., Bd. III, S. 1.) 

Nachdem Oster tag geschichtliche Daten usw. über das Auf¬ 
treten der infektiösen Anämie im Regierungsbezirk Trier mitgeteilt 
hat, berichtet er über eigene im November 1906 in Gemein¬ 
schaft mit dem Departementstierarzt zu Trier und den zu 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


ständigen Kreistierärzten in den Kreisen Bitburg und Wittlich 
gemachten Beobachtungen. Die angestellten Erhebungen haben 
ergeben, daß die ansteckende Blutarmut in sieben Gehöften in 
sechs verschiedenen Ortschaften aufgetreten ist. In fünf Krank¬ 
heitsfällen ist durch Blutübertragung auf gesunde Pferde mit 
absoluter Sicherheit dargetan worden, daß es sich um die 
ansteckende Blutarmut gehandelt hat. Die Krankheit kann 
außer durch Blut auch durch Harn von Tier auf Tier künstlich 
übertragen werden. Die Übertragung gelingt nicht nur durch 
Einspritzung unter die Haut oder in die Blutbahn, sondern auch 
durch Verfütterung von Blut und Harn erkrankter Tiere. 
Bereits die subkutane Einverleibung von 5 ccm Blut oder Blut¬ 
serum vermag die Krankheit zu erzeugen, bei Verfütterung sind 
größere Mengen (mindestens 150 ccm) Harn und Blut hierzu 
erforderlich. Aus den Übertragungsversuchen geht hervor, daß 
eine bestimmte Menge infektiösen Materials — ins¬ 
besondere wenn es von anscheinend durchgeseuchten, in Wirklich¬ 
keit aber chronisch krank gebliebenen Tieren stammt — dazu 
gehört, um eine Ansteckung herbeizuführen, und daß 
die gelegentliche Aufnahme eines Wisches verunreinigten Heus 
oder Strohs noch keine Infektion bedingt. 

Für die natürliche Übertragung kommt unter 
gewöhnlichen Umständen nur der Harn in Betracht, 
indem gesunde Tiere damit verunreinigtes Heu, Stroh 
oder Tränkwasser (aus in der Nähe von Ställen oder Jauche¬ 
gruben liegenden Kesselbrunnen) aufneliriien. Es ergibt sich 
hieraus zur Vorbeuge gegen die Einschleppung der Krankheit 
neben erhöhter Sorgfalt beim Ankauf von frischen Pferden deren 
gesonderte Aufstallung in einem besonderen Stall (Kuhstall). 
Diese getrennte Aufstallung, Fütterung und Tränkung neu- 
angekaufter Pferde ist mit Rücksicht auf die schleichende Form 
der Krankheit für die Dauer eines Vierteljahres angezeigt. — 
Bei Ausbruch der Krankheit ist das kranke Tier sofort zu 
isolieren und der Stall gründlich zu scheuern (2proz. Sodalösung) 
und zu desinfizieren (Kalkmilch). Der Dünger ist durch eine 
einen Monat dauernde Packung in etwa 1 cbm großen Haufen 
zu desinfizieren. 

Im Interesse einer raschen Seuchentilgung würde es liegen, 
alle Tiere, bei denen der Verdacht der Krankheit ausreichend 
begründet ist, unverzüglich zu töten. Empfehlenswert wäre 
ferner, durch eine Bekanntmachung die Pferdebesitzer auf die 
neue Pferdekrankheit hinzuweisen. 

Die Merkmale für die Feststellung der Krankheit und des 
Krankheitsverdachtes sind folgende: 

Der Verdacht der Krankheit besteht, wenn bei einem 
Pferde nachgewiesen sind: Mattigkeit, schlechter Ernährungs- 
zustanl, bleiche oder nur schwach gerötete Kopfschleimhäute, 
ev. Verringerung des Gehaltes des Blutes an roten Blut¬ 
körperchen bei der Reagenzglasprobe, Steigerung der Puls¬ 
frequenz erheblich nach kurzer Bewegung; alle diese Merkmale 
ohne äußere oder innere Erkrankung. 

Zu den angeführten Merkmalen können noch hinzutreten: 
Fieber, Ödeme unter der Haut und Ausscheidung von Eiweiß 
mit dem Harn. 

Die Diagnose ist als gesichert anzusehen, wenn bei 
einem Pferd mit den angeführten Merkmalen durch die Sektion 
nur die Begleiterscheinungen der Septikämie, ferner Ödeme unter 
der Haut, dagegen keine selbständige Organerkrankung er¬ 
mittelt worden. 


Der Ausgang ist gewöhnlich der Tod. Es kann aber auch 
nach langer Rekonvaleszenz Genesung eintreten. 

In verseuchten Beständen kann die Krankheit ausnahms¬ 
weise auch lediglich in Form eines intermittierenden, durch eine 
nachweisbare Organerkrankung nicht verursachten Fiebers 
auftreten. 

In einem Nachtrag finden noch die Untersuchungen von 
Carre und Vallee gebührende Würdigung. Richter. 

Über die Ätiologie der Enteriten der Neugeborenen 
überhaupt und speziell des Kelbcs. 

Von Prof. Cadüac. 

(Journal de Lyon, SO. November 1907.) 

Die Darmentzündungen der Neugeborenen sind Infektions¬ 
krankheiten, welche Kälber, Fohlen, Lämmer, junge Hunde und 
Katzen befallen und deren Hauptsymptom eine heftige Diarrhöe 
oder Ruhr ist, auf welche eine sehr rasch verlaufende Intoxi¬ 
kation, die den Tod der meisten davon befallenen Tiere zur 
Folge hat, einsetzt. Ihre Erreger sind, gleich wie die Erreger 
der Enteriten der erwachsenen Tiere, die Kolibazillen, die 
Pa8teurella, die Strepto- und Staphylococcen, nur daß der an 
Keimen jungfräuliche Boden des Verdauungsschlauches der Neu¬ 
geborenen ihnen eine größere Permeabilität gewährt als bei 
jenen. Obschon sich auf dem sehr günstigen Nährboden des 
Darmes neben den Koli- und Parakolibazillen, diesen allgemein 
verbreiteten Saprophyten, noch viele andere Bakterienarten an¬ 
siedeln, so nehmen jene doch die Oberhand unter allen, ver¬ 
ursachen zusammen eine Darminfektion und suchen vom Dann 
aus den ganzen Organismus zu erobern. 

Bald bleiben diese Streptococcen, Kolibazillen, ovoide 
Bakterien, Staphylococcen, saccharolytischen und amylolytischen 
Bakterien wie z. B. der Bacillus acidi laetis aerpgenes auf den 
Darm beschränkt und sezernieren da ihre Toxine, durch welche 
sie eine einfache diarrhöische Enteritis hervorrufen, bald dringen 
sie ins Blut ein und rufen eine rasch tödlich verlaufende gene¬ 
relle Infektion, die Septikämie der Neugeborenen hervor, welche 
sich auf das Blut beschränken oder sekundäre Lokalisationen in 
der Lunge oder in den Gelenken bilden kann. Die diarrhöische 
oder ruhrartige Enteritis, welche gewöhnlich die Folge der 
generellen Infektion ist, bildet in diesem Falle das Vorspiel 
zu derselben. 

Die pathogene Aktion dieser Bakterien erreicht ihren Höhe¬ 
punkt im Augenblick ber Geburt und nimmt von da an immer 
mehr ab. Es tritt dabei der erste Streit zwischen dem noch 
nie von einer Infektion berührten Organismus und der Bakterien¬ 
welt auf, welcher auch der gefährlichste ist. Die Angewöhnung, 
die täglichen Vaccinationen, die Ausbildung aller Verteidigungs¬ 
mittel und die vitale Konkurrenz schaffen nach und nach einen 
Gleichgewichtszustand, der das normale Leben darstellt. 

Die Bakterien, welche mit dem ersten Schluck Milch in dem 
Darm eingedrungen sind, verlassen ihn nun nicht mehr, Bie sind 
aber nicht schon durch ihr Vorhandensein für den Organismus 
gefährlich, sondern einzig und allein durch ihre zu große Zahl 
und durch die Steigerung ihrer Virulenz. Gelangen die Bakterien 
nur in geringer Zahl in den Verdauungsschlauch, so bildet 
der Organismus seine Verteidigungsmittel gegen sie aus, so daß 
er sich nach und nach auch an größere Mengen gewöhnen kann, 
wird aber der Organismus auf einmal nun plötzlich von einer 
stärkeren Invasion überfallen, so ist er nicht dazu vorbereitet, 





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BERLINER TIERÄl.'/.TLICHE WOCHENSCHRIFT. 


71 


ihnen den nötigen Widerstand zu leisten. Die Steigerung der 
Virulenz der Bakterien hat ihren Grund in Bedingungen, die 
innerhalb und außerhalb des Organismus liegen und welche die 
ganze Ätiologie der Krankheit ausmachen. 

Ein schwach geborenes Kalb, das keine Kolostrummilch 
erhalten hat, ist für die Infektion prädisponiert, auch erhöht das 
Verabreichen von gekochter Milch in den ersten Lebenstagen 
die Aktivität der Bakterien, weil sie nicht wie die rohe die¬ 
jenigen Toxine enthält, welche gegen die pathogene Einwirkung 
des Kolibazillus schützen, dagegen enthielt die gekochte Milch 
solche Taxine, welche nicht für erwachsene Tiere, aber für 
Säuglinge gefährlich sind. Eine infolge Änderung der Fütterungs¬ 
weise veränderte Milch, beispielsweise beim Übergang der 
Trockenfütterung zur Grünfütterung oder beim Füttern von zu 
viel Runkelrüben, Ölkuchen oder Schnitzel kann bei Rindern 
wie auch bei Kälbern schwere Intoxikationserscheinungen hervor- 
rufen, welche das Vorspiel zur Infektion abgeben. Zu häufige, 
zu kopiöse oder unregelmäßige Mahlzeiten, das zu frühe Ver¬ 
abreichen von mit Mehl versetzter Milch, zu deren Verdauung 
die Magensäfte noch nicht hinreichen, sind alles Quellen von 
Indigestionen, und das was bei einer Indigestion schlecht oder 
gar nicht verdaut ist, gibt eine Beute für die Bakterien ab. 
Eine solche Auto-Intoxikation durch den Darm hindurch, kann 
auch durch die Verabreichung von gärender, verdorbener Milch, 
die noch obendrein aus infizierten Eimern gegeben wird, ent¬ 
stehen, und auch von solcher, in welche die Toxine bei einer 
überarbeiteten oder kranken Mutter gelangt sind. 

Die Bakterien vermehren sich unter den angeführten Um¬ 
ständen sehr schnell, und die Auswanderung der Kolibazillen 
mit ihrem Gefolge wird durch eine Auto-Intoxikation, welche 
den Phagozytismus lahmlegt, sicher gestellt. Da die durch das 
erste kranke Tier ausgeschiedenen diarrhöischen Stoffe für die 
in seiner Nähe stehenden gesunden Subjekte infektiös sind, so 
infizieren sich auch diese, ohne daß sie dafür von vornherein 
prädisponiert gewesen zu sein brauchen und so wird die 
Infektionskrankheit endemisch und epizootisch. 

Sind die kranken Tiere entweder lebend oder tot aus dem 
StaUe herausgeschafft, so fallen die infektiösen Keime entweder 
in den Saprophytismus zurück oder sie bleiben virulent und I 
warten im Dünger oder im Boden darauf bis wieder junge 
Tiere in ihren Bereich kommen. Eine Stallung, in welcher die 
diarrhöisclie Enteritis geherrscht hat, ist infiziert und daher 
für Neugeborene immer gefährlich. 

Das gleichzeitige Auftreten des epizootischen Verkalbens 
und der .Ruhr in einer und derselben Stallung, die beide von 
den gleichen Erregern erzeugt werden und das Befallensein von 
schwächlich zur Welt gekommenen Kälbern mit Ruhr, schon 
bevor sie angefangen haben zu saugen, dürfte ein Beweis dafür 
sein, daß die Ansteckung der Neugeborenen nicht erst durch 
den Darm, sondern schon im Uterus oder in der Scheide durch 
den Nabel hindurch erfolgen kann. Eine intrauterine Infektion, 
wie sie von Kitt experimentell erwiesen ist, kann nur statt¬ 
finden, wenn die Keime im Verdauungsschlauch der mit diarrhöi- 
scher Enteritis behafteten Muttertiere einen ungewöhnlich hohen 
Virulenzgrad erreicht haben, so daß sie genügend infektiös sind, 
um den Plazentarweg zu durchwandern und den Fötus anzu¬ 
stecken. Gerade so gut kann die Infektion von der Nabelwunde 
aus ihren Weg nehmen, denn die Bakterien mit gesteigerter 
Virulenz sind auf allen Wegen ansteckend, und es finden sogar 


die Saprophytismus zurückgekehrten Keime im Darme eines 
dafür prädisponierten Neugeborenen den günstigen Nährboden 
zu ihrer Hypervirulenz. Helfer. 

Impfung von Maultieren gegen Sterbe. 

Von Veterinärrat Rickmann-Windhuk (Deutsch-Südwestafrika). 

(Archiv für Wissenschaft!, und praktische Tierheilkunde, 1907, Heft 4 und 5.) 

In vorliegender, kaum zu einem gedrängten Auszug ge¬ 
eigneten Arbeit beschreibt R. seine Versuche, ein zur Bekämpfung 
der „Sterbe“ dienendes Impfverfahren ausfindig zu machen. Mit 
der genannten Bezeichnung belegt man bekanntlich eine durch 
einen ultravisiblen Mikroorganismus hervorgerufene akute 
Infektionskrankheit der Pferde und Maultiere in Südwestafrika. 
Nach Überstehen der Krankheit hinterbleibt eine bedingte 
natürliche Immunität in der Weise, daß bei Neuinfektionen die 
Tiere gar nicht oder nur gering erkranken; ist die Infektion 
aber eine sehr intensive, so kann das eigentlich immun gewordene 
Individuum doch noch an Sterbe eingehen. Daraus läßt sich 
folgern, daß auch die Impfung nur eine beschränkte Immunität 
erzeugen kann. Im allgemeinen verhalten sich die Maultiere 
resistenter gegen die Infektion als die Pferde. 

R. benutzte zu seinen Versuchen Sterbevirus, welchem 
behufs Abschwächung 1 proz. Karbolsäure und zur Verdünnung 
0,85 proz. physiologische Kochsalzlösung zugesetzt wurde. Bei 
weiteren Versuchen an ein und demselben Tier wurde sodann 
unabgemilderte8 Virus verwendet. Die Impfung geschah meist 
subkutan. Dem Verfasser gelang es, eine größere Anzahl von 
Maultieren durch fortgesetzte Infektion immun zu machen. 
Derartig seuchenfeste Tiere dienten dann zur Gewinnung von 
Immunserum, nachdem sie noch eine besondere Präparation 
überstanden hatten. Letztere ist nach R. als beendet anzusehen, 
wenn dem Serumtier im Verlauf von höchstens acht Wochen 
mit ca. 14 tägigen Zwischenräumen mindestens 8 bis 10 Liter 
virulenten Sterbeblutes intravenös injiziert worden sind. Das 
Serum so behandelter Tiere hat seinen höchsten Immunwert 
ca. 12 bis 14 Tage nach der letzten Blutinjektion; es muß 
jedoch vor seiner endgültigen Verwendung noch auf das Vor¬ 
handensein hämolytischer Eigenschaften geprüft werden. Fehlen 
letztere, dann ist das Serum unbedenklich zu gebrauchen. Seine 
Konservierung erfolgt nach dem Ehrl ich sehen Verfahren. Auch 
für das Virus, welches neben dem Serum mit zur aktiven 
Immunisierung benötigt wird, ist eine Konservierung erforderlich, 
welche folgendermaßen geschieht: Einem schwerkranken Sterbe¬ 
tier werden ca. 2 Liter Blut aus der Vena jugularis entnommen 
und durch Schütteln mit Glasperlen defibriniert. Nach Filtration 
durch angefeuchtete sterile Gaze wird unter anhaltendem 
Schütteln 1 Teil Blut mit 2 Teilen Konservierungsflüssigkeit 
(1 Teil Regen- oder destilliertes Wasser, 1 Teil Glyzerin, 
1 %o Acid. carbolic.) gemischt. Nach mehreren Wochen 
Filtration und Abfüllung in kleinere Fläschchen (20—100 ccm). 

Nach der eigentlichen Impfung, welche also in der Ein¬ 
verleibung von Virus und Serum besteht, tritt Fieber auf, zu 
welchem sich oft Konjunktivitis und Rhinitis hinzugesellen. 
Ungefähr 12—14 Tage nach der ersten Impfung wird eine 
zweite, und zwar nur mit Virus vorgenommen. Dieselbe dient 
ate Prüfung auf vorhandene Immunität und erhöht den Grad 
und die Dauer der Seuchenhaftigkeit. 

Auf Grund seiner Forschungen kommt R. zu der Auffassung, 
daß mit seinem Verfahren sehr wohl die Immunisierung von 


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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


Maultieren und später auch nach entsprechender Modifikation 
diejenige von Pferden' möglich und praktisch durchführbar ist. 

J. Schmidt. 

Die Hornsänle des Pferdes. 

Von Dr. R. Immelmann in Simmern i. d. Rheinprovinz. 

(Aus der Chirurg. Klinik der König 1 , tierürztl. Hochschule zu Berlin.) 

(Monatshefte für prakt. Tierheilkunde. XIX. Rd., 1. Heft.) 

Immelmann kommt in der vorliegenden Dissertation zu 
folgenden Ergebnissen: 

Die Hornsäule ist das Produkt einer Huflederhautentzündung. 
Reine Keratome hat Immelmann nicht beoachtet. Die Erkran¬ 
kung beginnt mit einer Pododermatitis, welche je nach dem 
Charakter eine aseptische oder eine suppurative sein kann. Hieran 
schließt sich die Bildung der Hornsäule, welche je nach dem Ur¬ 
sprung und Alter entweder aus Narben- oder Röhrchen- und Binde¬ 
horn zusammengesetzt ist. Auch in den Hornsäulen, welche ur¬ 
sprünglich aus Narbenhorn bestehen, tritt bei längerer Dauer 
Röhrchenhorn auf infolge der am freien Rande der Fleischblätt¬ 
chen im weiteren Verlaufe auftretenden Fleischzotten. 

Die Hornsäule hat stets die Bildung einer rinnenförmigen 
Vertiefung der Huflederliaut und Degeneration der Fleischwand 
zur Folge. An Stelle der untergegangenen Sekundärblättchen 
tritt die Neubildung von Zotten, welche dann das in den Horn¬ 
säulen auftretende Röhrchenhorn liefern. 

Am Hufbein ist stets eine rinnenförmige Vertiefung — 
Usur — zugegen. 

Die häufigste Ursache war in den zur Untersuchung ge¬ 
langten Fällen eine Hornspalte. 

Die Hornsäule läßt sich immer mit Hilfe der Röntgen¬ 
strahlen nachweiaen. 

Von den Symptomen ist das wichtigste die Ausbuchtung der 
w r eißen Linie. 

Homsäule ohne Lahmheit erfordert in der Regel keine 
Behandlung. 

Besteht ein Wandgeschwür und zugleich Lahmheit, so ist 
eine Radikaloperation notwendig. Heilung tritt in zwei bis 
sechs Wochen ein. 

Im Durchschnitt sind ein Prozent aller hufkranken Pferde 
mit Hornsäule behaftet. Rdr. 


Tagesgeschichte. 

Reichstierseuchengesetz und Kreistierarzt. 

Von Krueger-Posen. 

Diese erste Beratung des neuen Reichstierseuchengesetzes 
im Reichstage ist vor einigen Tagen vor sich gegangen. Es 
sprachen Vertreter des Zentrums, der Konservativen und der 
Nationalliberalen. Der Wortlaut ihrer Reden steht mir nicht 
zur Verfügung. Den Tageszeitungen entnehme ich, daß die 
Redner das Gesetz begrüßten, wenn auch die Vertreter der 
Konservativen und des Zentrums Plackereien und schwere 
Lasten befürchten, und dem konservativen Abgeordneten 
Siebenbürger das Gesetz in einzelnen Punkten überhaupt zu 
weit geht. 

Welche Punkte der Herr Abgeordnete meint, ergibt sich 
nicht aus den Zeitungen; er scheint aber an die Bekämpfüng 
der Maul- und Klauenseuche gedacht zu haben, da kurz zuvor 
folgender Satz dem Gehege seiner Zähne entfloh: „Die Maul¬ 
und Klauenseuche heilt man als praktischer Landwirt am besten, 


indem man dem kranken Tier einen Strohwisch durchs Maul 
zieht (Heiterkeit).“ 

Heiterkeit wirkt ansteckend. Wodurch nur mag der erste 
Herr Abgeordnete sich angeheitert gefühlt haben? Freute er 
sich über seinen Kollegen Siebenbürger; oder gefiel ihm so 
ausnehmend dessen Verbindung von Tier — Maul, praktischer 
Landwirt — Strohwisch? 

Die Konservativen vertreten weite Kreise der Land¬ 
wirtschaft, die vornehmlich durch das in Frage stehende Gesetz 
berührt wird. Man hätte erwarten sollen, daß sie als ersten 
Redner zu dem Gesetz einen mit den Verhältnissen vertrauteren 
Abgeordneten bestimmt hätten. 

In den Worten des Abgeordneten Siebenbürger liegt 
außer Unkenntnis etwas Geringschätziges und Feindseliges gegen 
den Stand, der sich mit der Heilung nnd Bekämpfung von Tier¬ 
krankheiten berufsmäßig befaßt, und aus dessen Kreisen in 
letzter Zeit öfters Klagen über Feindseligkeit der Landwirte 
vorgebracht sind (Körordnungen, Überwachung des Milchverkehrs). 

Es ist zeitgemäß, daß wir uns mit den Landwirten gründ¬ 
lich aussprechen. Die Faust in der Tasche zu ballen oder gar 
im Kollegenkreise über die „Agrarier“ herzuziehen, ist völlig 
zwecklos und widersinnig. Wir sind auf die Landwirte an¬ 
gewiesen und sie auf uns und so wird es immer bleiben. Wir 
wollen aber weder Herren noch Knechte der Landwirte sein, 
sondern hilfreiche Freunde. 

Woher rührt nur der feindselige Ton? Haben ihn die 
praktischen Tierärzte verschuldet? 

Wie in jedem Stand so auch in unserem trinkt mancher 
manchmal ein Glas zu viel, mancher könnte früher aufstehen, 
mancher gibt zu wenig auf sein Äußeres und andere geben an¬ 
geblich zu viel auf dasselbe; im allgemeinen herrscht bei den 
Landwirten aber Anerkennung, wenn nicht Bewunderung des 
Wirkens der praktischen Tierärzte: sie staunen über die 
schwierigen Operationen, die heute vorgenommen werden, über 
die glatte und schnelle Heilung umfangreicher Wunden und 
gefährlicher Verletzungen, über die verblüffende, exakte, bis 
auf die Minute vorausgesagte Wirkung der angewendeten Arznei¬ 
mittel, über die Erfolge der Serumtherapie, über das brillante 
Instrumentarium, über die Eleganz des Operierenden usw. 

Die praktischen Tierärzte geben sicherlich den Landwirten 
keine Veranlassung, uns feindselig zu sein. 

Die Schlachthoftierärzte kommen mit den Landwirten nur 
wenig in Berührung. 

Es bleiben von den großen Berufsgruppen nur die Kreis¬ 
tierärzte. Ja, bei denen liegen die Verhältnisse höchst schlimm. 
Heutzutage ist der Kreistierarzt fast ein völliger Polizeimensch; 
er soll die Durchführung von Gesetzen und Verordnungen über¬ 
wachen. 

In Preußen ist die Betätigung auf anderen Gebieten ganz 
ausgeschaltet. Das Gebiet der Tierzucht z. B., wo der Kreis¬ 
tierarzt segensreich auch für jeden einzelnen Landwirt 
wirken könnte, ist ihm verschlossen; als Knecht wird er an die 
Grenzen desselben herangerufen. 

Kann ein Kreistierarzt, der es ernst meint mit den ihm zu¬ 
gewiesenen Aufgaben, durch die Ausübung seines Amtes sich 
irgendwie Freunde erwerben? Diese Frage ist glatt zu ver¬ 
neinen. 

Stellt der Kreistierarzt bei den Pferden eines Landwirtes 
Rotz fest, so muß er eine Anzahl Tiere töten lassen, andere 





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monatelangen, höchst lästigen Verkehrsbeschränkungen unter¬ 
werfen, die von unheilvollem Einfluß auf den Wirtschaftsbetrieb 
des Betroffenen sind. Selbst objektiv Denkende können durch 
dieses Wirken nicht erfreut werden. 

Wird Tollwut oder gar nur Tollwutverdacht festgestellt 
und müssen die Hunde, die treuen Freunde vieler Menschen, in 
einem weiten Bezirk festgelegt werden, gleich erheben sich alle 
möglichen Bedenken und Einwendungen über die Richtigkeit der 
Diagnose, über das Fehlerhafte des Festlegens von Hunden zu 
heißer Sommerzeit. 

So ähnlich ist es auch bei allen anderen anzeigepflichtigen 
Seuchen. 

Bricht gar Maul- und Klauenseuche aus, wird Tierhandel 
und Wandel in einem weiten Gebiet auf ungewisse Zeit unter¬ 
bunden, dürfen seuchenempfängliclie Tiere auf den Straßen nicht 
getrieben werden, muß der Weidebetrieb in einzelnen Ortschaften 
aufhören, dürfen Ochsen nicht zur Feldbestellung verwandt werden, 
besteht für ganze Ortschaften Stallsperre, so bricht allemal ein 
Sturm der Entrüstung los. Dann sind immer die Vorsichts¬ 
maßregeln nach Ansicht der Betroffenen falsch, zwecklos, zu 
weitgehend, zu schroff. | 

Früher, als noch die Kreistierärzte eine umfangreiche Praxis 
betrieben und sich durch deren Ausübung viele persönliche und 
einflußreiche Freunde erwarben, erhoben sich nicht derartige 
Angriffe in dieser Zahl und in dieser Schärfe. Heute ist der 
Kreistierarzt von der Praxis fast ganz losgelöst, und wird er in 
Zukunft, wie die Verhältnisse liegen, immer weniger Praxis 
ausüben, bis er ein reiner Beamter geworden ist. Dieser Zu¬ 
stand wäre an sich unbedenklich, da heutzutage die neuernannten 
Kreistierärzte in einem Alter von 35—40 Jahren stehen, so daß 
sie etwa 10—15 Jahre Praxis ausgeübt und sich genügende 
praktische Erfahrungen erworben haben. 

Vom Staatsanwalt abgesehen, kann fast jeder Beamter 
direkten Segen den Angehörigen des Bezirkes, für den er bestellt 
ist, bringen. Der Kreistierarzt muß, wenn er seinen Aufgaben 
nachkommen will, den Bezirk, in dem er wirkt, bedrücken, um 
Gebiete des Staates, die ihm völlig fremd sind, vor Schaden zu 
bewahren. In seinem Bezirk kann er nur suaviter in modo sein. 

Das sollten sich doch alle Landwirte klarmachen und danach 
ihr Verhalten einrichten. Dann können nicht solche Resolutionen 
gefaßt werden, wie folgende, die anfangs des Jahres 1907 in 
der Generalversammlung der der Landwirtschaftskammer an¬ 
geschlossenen Vereine in Posen von dem Gutsbesitzer Ponzet 
eingebracht und im Sinne des Majors a. D. Endell beschlossen 
ist: Wenn die Versammlung einerseits der Regierung für ihr 
energisches Vorgehen gegen die Maul- und Klauenseuche, 
namentlich für die sofortigen durchgreifenden Maßnahmen, an 
dem Ausbruchsorte nur ihren vollen Dank aussprechen kann, 
so ist sie doch andererseits der Ansicht, daß vielfach seitens 
der Veterinärorgane Anordnungen getroffen worden, 
welche einzelnen namentlich vom Ausbruchsorte weiter 
abliegenden Landwirten schwere Schäden zufügen, ja 
dieselben unter Umständen in ihrer Existenz bedrohen 
können. Die Versammlung bittet deshalb die Landwirtschafts¬ 
kammer, die Regierung zu bitten, daß bei Seuchenausbrüchen 
landwirtschaftliche Sachverständige regelmäßig zur 
Begutachtung der zu treffenden Maßnahmen heran¬ 
gezogen werden. Da ein schnelles Eingreifen seitens der 
Veterinär-Organisation dringend erwünscht erscheint, und die 


von ihnen zu treffenden Maßnahmen einen Aufschub nicht 
erleiden dürfen, so würde jedenfalls eine nachherige Begut¬ 
achtung durch landwirtschaftliche Sachverständige 
dringend erwünscht sein.“ 

Diese Resolution wurde angenommen, wiewohl der Vor¬ 
sitzende der Landwirtschaftskammer, Kammerherr 
v. Born-Fallois bemerkt hatte, daß sich die getroffenen 
Sperrmaßregeln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche 
bisher glänzend bewährt haben. 

Was soll man von jener Resolution sagen: ist sie töricht 
oder verschmitzt? Ich glaube, beides, feindselig auf alle Fälle. 
Man will den Segen der Anordnungen über sich ergehen lassen, 
und dann soll nachträglich ein Scherbengericht von Privatpersonen 
über Staatsbeamte abgehalten werden. Den Ausgang kann man 
sich denken: Die Veterinärorgane würden mit Scherben völlig 
bedeckt werden. 

Wer sind diese bedrohten Veterinärorgane? Die Kreis¬ 
tierärzte treffen keine Anordnungen, sondern die Polizeibehörden; 
bei der Maul- und Klauenseuche sind das Landrat oder Regierung. 
Der Regierung, zu der doch die Landräte gehören, ist aber 
j voller Dank ausgesprochen. Demnach können nur die beamteten 
Tierärzte gemeint sein. Die Landräte wälzen ohnehin das 
Odium von sich ab. Wie die Begriffe nach der Seite hin sich 
verwirrt haben, ergibt sich z. B. aus der Tatsache, daß im 
Juli 1906 zwei Landräte in einem landwirtschaftlichen Verein 
sich in eine Kommission zur Bearbeitung einer Eingabe an den 
Herrn Landwirtschaftsminister wählen ließen, die ihre Spitze 
richtete gegen die Handhabung der Schutzmaßregeln gegen die 
Maul- und Klauenseuche und gegen die Anordnungen, die die 
Landräte selbst erlassen und mit ihrem Namen gedeckt hatten. 

Daß die Veterinärpolizei die Maul- und Klauenseuche unter¬ 
drücken kann, wenn ihr ausreichende Befugnisse zu Gebote 
stehen, das hat sie gezeigt und das ist heute sonnenklar. Der 
Herr Landwirtschaftsminister von Arnim-Crieven erklärte in 
der vierten Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 
7. Februar 1907: „In der Bekämpfung der Maul- und Klauen¬ 
seuche haben wir gute Erfolge zu verzeichnen. Wir können 
das als einen großen Erfolg unserer veterinären Maßregeln be¬ 
trachten.“ 

Die Landwirtschaft hat nun dafür zu sorgen, das der 
Veterinärpolizei ausreichende Befugnisse zur Verfügung gestellt 
werden. Will sie das nicht, dann können wir ihr auch nicht 
helfen. Sie muß sich jedenfalls entscheiden. Von „Plackereien“ 
darf sie aber in keinem Fall reden. 

Wir werden das ausführen, was beschlossen ist. Der 
Bundesrat hat nur dafür zu sorgen, daß im Rahmen des be¬ 
schlossenen Gesetzes alles das, was wissenschaftlich einwandfrei 
feststeht, was notwendig und was praktisch gangbar ist, in die 
Instruktion hineinkommt und alles Fakultative aus ihr möglichst 
verschwindet; vor allem aber, daß ein Zurückgreifenmüssen auf 
die allgemeinen Gesetzesbestimmungen (§ 19—30) für einzelne 
Fälle vermieden wird. Das ist immer mißlich. Das sind dann 
Ausnahmebestimmungen, die als solche empfunden werden. Ich 
glaube nicht, daß die Kreistierärzte gewillt sind, ihre, wie oben 
gezeigt, ohnehin gefährdete Stellung weiter zu exponieren. 

Über die Notwendigkeit der Anordnung fakultativer Be¬ 
stimmungen gehen die Ansichten immer auseinander, mitunter 
selbst unter Sachverständigen recht weit. Wenn bei den 
fakultativen Bestimmungen der Maul- und Klauenseuche der 



74 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


Departementstierarzt seuchenkranke Tiere, für die der Kreis¬ 
tierarzt absolute Stallsperre vorgesehen hat, aus dem Stall 
herausläßt; wenn der Departementstierarzt Ochsen aus einem 
Seuchenstall zur Arbeit verwenden läßt, während der Kreis¬ 
tierarzt sich dagegen ausgesprochen hat; wenn der Departements¬ 
tierarzt während des Herrschens der Seuche Seuchendünger über 
öffentliche Wege abfahren läßt, trotzdem der Kreistierarzt auf 
das Gefährliche eines solchen Beginnens dringend hingewiesen 
hat; wenn der Departementstierarzt einen kranken Bestand ab¬ 
schlachten läßt, trotzdem der Kreistierarzt dagegen ist, weil 
Tiere aus dem bereits verseuchten Bestand an unbekannte 
Personen verkauft sind und auch sonst schon eine stattgefundene 
Verschleppung wahrscheinlich ist, so bieten sich den Landwirten 
fürwahr genug Angriffspunkte, den Kreistierarzt zu geringen 
Entgegenkommens gegen die Wünsche der Kreisinsassen zu be¬ 
schuldigen, so daß sie dann erklären: Solch einen Kreistierarzt, 
der für seinen Kreis so wenig sorgt, können wir nicht brauchen. 
Den können wir uns nicht gefallen lassen und den werden wir 
uns nicht gefallen lassen. Wir wollen einen andern. 

Ob sie die Macht haben, das durchzusetzen, diese Frage 
will ich nicht erörtern. In der B. T. W. 1907, S. 796, sclireibt 
Prof. Schmaltz, daß allgemeinen Unwillen unter den Tier¬ 
ärzten die Art und Weise erregt hat, wie die Landwirtschafts¬ 
kammer der Provinz Posen sich des einigen führenden Persönlich¬ 
keiten wohl nicht genehmen Zuchtdirektors Marks zu entledigen 
versucht hat. 

Im Reiche sind nach dem Sturze des Zentrums mannigfache 
Behauptungen aufgetaucht, wonach Zentrumsabgeordnete die 
politische Macht zum Nutzen bzw. Schaden einzelner Personen 
verwendet haben sollen. 

Jedenfalls ist die politische Macht der Landwirte (zumal in 
Preußen) eine sehr große. In dieser Fachzeitschrift will ich 
mich nicht auf das politische Gebiet begeben, und es daher nur 
so wenig, als unbedingt erforderlich, berühren. Ich wünsche 
den Landwirten, daß sie wirtschaftlich so stark als möglich 
dastehen; ihre Bestrebungen, die wirtschaftliche Stellung zu 
verbessern, suchte ich, soweit es in meiner Macht stand, zu 
unterstützen, was schon vor langen Jahren darin seinen Aus¬ 
druck gefünden hat, daß ich als einer der ersten Mitglied des 
Bundes der Landwirte wurde. Für ihre politische Übermacht 
schwärme ich nicht und zwar, abgesehen von der Politik, schon 
aus der praktischen Erwägung heraus, daß in Preußen der 
politische Beamte des Kreises, der Landrat, mit den Haupt¬ 
repräsentanten des Dreiklassenwahlrechts Fühlung haben muß. 
Im übrigen stehe ieh auf Bülowschem Boden. 

Jedenfalls muß es Aufgabe der Staatsregierungen sein, 
auch den allergeringsten Anschein nicht aufkommen zu lassen, 
daß eine politische Partei imstande wäre, einen Beamten, der 
seine Pflicht erfüllt, zu schädigen. In unserem Berufe z. B. 
wäre es vorbei mit einer rationellen Bekämpfung der Seuchen; 
dann hätten die Slaatsregierungen vielleicht allzuschnell Beamte, 
denen man es wirklich Zutrauen kann, daß sie dem Rotlauf den 
Namen Schweineseuche geben, weil es ihnen Vorteile bringt. 
Dann können die Staatsregierungen mit Recht höhere Veterinär¬ 
beamte beauftragen, nachzusehen, ob dieser oder jener be¬ 
amtete Tierarzt die Seuche auch richtig benannt hat. 

Wenn eine Staatsregierung aber wirklich meint, daß solche 
Leute in ihrem Beamtenkörper sich befinden, dann hinaus mit 
ihnen. Dann tut schnelle Säuberung not; dann soll man auch 


die Ursachen der Verirrung beheben und soll den Stand durch 
zweckdienliche Maßnahmen heben. Dann muß man das Pflicht- 
und Verantwortlichkeitsgefühl und das Selbstbewußt sein des 
einzelnen steigern; dann muß jedes Standesmitglied von dem 
Gedanken fest durchdrungen werden, daß ihm kein Haar ge¬ 
krümmt werden kann, wenn er sich innerhalb des Rahmens 
seiner Befugnisse hält. Dieses Gefühl ist noch nicht vorhanden; 
an dessen Stelle herrscht hier und da ein gewisses Utilitätsprinzip 
vor, das immer Anlaß zu Auswüchsen geben kann. Das zum Leben 
Notwendige muß der Staat uns in ausreichendem Maße gewähren. 
Güter, die die Motten fressen, sind für einen auskömmlich ge¬ 
stellten Beamten nicht unbedingt nötig. Bei der ganzen Ent¬ 
wicklung unseres Standes werden wir bald reine Beamte sein, 
und deshalb müssen wir uns allmählich daran gewöhnen, auf 
manche Besonderheiten unserer jetzigen Stellung zu verzichten. 

Unsere Stellung wird schon bald eine Änderung erfahren 
müssen. Das neue Tierseuchengesetz bringt neue Aufgaben. 
Die Handhabung der Bestimmungen wird immer schwieriger 
werden. Das Personal bei den Landratsämtem ist diesen Auf¬ 
gaben schon heute nicht recht gewachsen. Das erklärt sich aus 
j dem wechselnden Seuchenstand. Veterinärpolizei und Fleisch¬ 
beschau werden für gewöhnlich von den jüngsten Kräften be¬ 
arbeitet. Bricht dann etwas Außergewöhnliches los, so genügen 
diese Kräfte bei weitem nicht; andere übernehmen die Aufgaben, 
müssen sich langsam hineinarbeiten und es werden naturgemäß 
inzwischen Fehler und Dummheiten gemacht. So wurde beispiels¬ 
weise letzthin ein Trichinenschauer ohne jede Prüfung angestellt. 

Bei dem wachsenden Umfang und der Wichtigkeit der 
Geschäfte wird nichts anderes übrig bleiben, als uns einen 
größeren Einfluß auf ihre Abwicklung einzuräumen und uns eine 
größere Selbständigkeit und Verantwortlichkeit in der Führung 
der gesamten Veterinärpolizei zu übertragen. 

Die Form wird sich finden. 

Als das Einfachste wird es vielleicht manchem scheinen, 
die Einrichtung der Regierung auf die Landratsämter zu über¬ 
tragen: wie dort der Departementstierarzt Dezernent des 
Regierungspräsidenten, so hier der Kreistierarzt Dezernent des 
Landrats. Das Verhältnis ist aber doch ein verschiedenes. Der 
Departementstierarzt ist dem Regierungspräsidenten subordiniert, 
der Kreistierarzt dem Landrat mehr oder weniger koordiniert. 
Das Arbeiten auf den Landratsämtern ist auch dadurch erschwert, 
daß der Kreistierarzt wegen seiner Fahrten auf das Land viel¬ 
fach darauf angewiesen ist, seine schriftlichen Arbeiten abends 
zu erledigen, wo die Landratsämter geschlossen sind. Die 
größere Bequemlichkeit des Arbeitens im Hause hätte an und 
für sich keine Rolle bei Entscheidung dieser Frage zu spielen. 
Schon heute könnte man uns die vollständig selbständige Be¬ 
arbeitung sämtlicher Fleischbeschauangelegenheiten einschließlich 
der Personalien übertragen, und wir könnten dann sehr wohl 
einen Tag in der Woche die laufenden Fleischbeschaugeschäfte 
auf dem Landratsamte bearbeiten; ein geeigneter Raum wird in 
vielen der umfangreichen Kreisständehäusern wohl zur Verfügung 
gestellt werden können. 

Die Frage wird vielleicht bald bei der in Aussicht ge¬ 
nommenen Dezentralisation der Behörden gelöst werden. Manche 
Landratsämter stellen schon heute kleine Regierungen dar, bei 
allen hat sich der Geschäftsumfang bedeutend vermehrt. Wieso 
nicht Landratsämter mit Dezernenten für Gesundheitswesen, 
Veterinärpolizei, Schule, Bauwesen? Die Departementstierärzte 



23. Januar 3908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


75 


sind bei manchen Regierungen heute nicht mehr in der Lage, 
aUe ihnen obliegenden Geschäfte zu erledigen. Im hiesigen 
Bezirk z. B. hat der Regierungspräsident wegen Überlastung 
des Departementstierarztes mit anderen Geschäften die Kontrolle 
der Fleischbeschau ausübenden Tierärzte den Kreistierärzten 
übertragen müssen. Sela. 

Kleine Mitteilungen. 

Viehseuchengesetznovelle. 

Die erste Lesung der Viehseuchengesetznovelle im Reichstag 
hat manche interessante Äußerung ergeben. Ein ausführlicher 
Bericht wird in der nächsten Nummer der B. T. W. erscheinen, 
da die Stenogramme noch nicht vollständig zu erhalten waren. 

Der deutsche Veterinärrat petitioniert um Abänderung der 
Bezeichnung des Gesetzes in Tierseuchengesetz mit sinngemäßen 
Änderungen im Text. 

Der Verband der Privattierärzte in Preußen beabsichtigt, 
eine Petition an den Reichstag zu richten, den § 2 des Gesetzes 
so zu fassen, daß eine allgemeine Mitwirkung der praktischen 
Tierärzte bei einzelnen durch das Gesetz bedingten Maßnahmen 
nicht ausgeschlossen bleibe. 

Entwurf eines Versicherungsgesetzes. 

In letzter Nummer der B. T. W. hatte Herr Bezirkstierarzt 
Mai er-Konstanz nochmals zum Einschreiten gegen die auf 
tierärztliche Tätigkeit bezüglichen Paragraphen des Gesetzes 
über den Versicherungsvertrag aufgefordert. Hierzu kann 
folgendes mitgeteilt werden: 

Die Angelegenheit ist erledigt und alle Versuche, noch eine 
Änderung herbeizuführen, sind aussichtslos. Die Entscheidung 
ist bereits im Vorjahre gefallen, ,wo die damit befaßte Kommission 
den Entwurf in 46 Sitzungen festgestellt hatte. Diese ge¬ 
räuschlose Arbeit hat die Aufmerksamkeit der Tierärzte zu spät 
auf' sich gelenkt. Die diesjährige Kommission hat sich, was 
erklärlich ist, auf den Standpunkt gestellt, an der von ihrer 
Vorgängerin geleisteten Arbeit einfach festzuhalten und hat 
alle Versuche zu Änderungen rundweg abgeschlagen. Unter 
diesen Umständen besteht nicht der geringste Zweifel, daß das 
Plenum die Kommissionsvorlage unverändert annimmt. Diese 
Information ist von Mitgliedern der Kommission gegeben. Unter 
diesen Umständen wird auch die vom Veterinärrat beabsichtigte 
and auch abgefaßte Petition gar nicht abgegeben werden. 

Schmaltz. 

Preußisches Abgeordnetenhaus. 

Eine Petition der Polizeitierärzte Höpfner und Genossen 
zu Berlin um etatsmäßige Anstellung, sowie Anstellung der 
Hilfs-Polizeitierärzte nach einer bestimmten Probezeit, Ver¬ 
mehrung der Stellen und Erhöhung der Dienstbezüge ist der 
Bugdet-Kommission überwiesen worden. 

Bei der Beratung des landwirtschaftlichen Etats hat der 
Herr Minister eine Erklärung dahin abgegeben, daß an eine 
Vereinigung der tierärztlichen Hochschulen mit land¬ 
wirtschaftlichen nicht gedacht werde. 

Abgeordneter Dr. Müller-Sagan, in dessen jetzigem Berliner 
Wahlkreise die tierärztliche Hochschule gelegen ist, hat in einer 
Rede ebenfalls die Organisation der tierärztlichen Hochschulen, 
insbesondere die Einrichtungen an der Berliner Hochschule, be¬ 
sprochen und dann die Notwendigkeit des Promotionsrechtes 
betont. Geheimer Oberregierungsrat Schröter hat darauf er¬ 


widert. Auch einige andere Redner haben zu diesem Gegen¬ 
stand das Wort ergriffen. 

Die nächste Nummer wird darauf zurückkommen, da die Be¬ 
richte noch nicht vollständig vorliegen. 

Pauschale. 

Im Etat des preußischen Kultusministeriums ist eine Summe 
von 865 000 M. ausgeworfen für Tagegelder und Reisekosten 
der Kreismedizinalbeamten. Es wird dazu bemerkt, daß beab¬ 
sichtigt ist, entsprechend dem Vorgang bei anderen Beamten¬ 
klassen auch für die Dienstreisen dieser Beamten gemäß 
Artikel IH des Gesetzes vom 21. Juni 1897 Pauschvergütungen 
festzusetzen. Die Tagegelder und Reisekosten der Kreis¬ 
veterinärbeamten werden nach wie vor aus einem Fonds des 
Finanzministeriums bestritten. Aber durch die für die Kreis¬ 
ärzte getroffene Regelung ist natürlich die Pauschalierung auch 
für die Kreistierärzte näher gerückt. Falls sie sich verwirklichen 
sollte, werden hoffentlich ausgleichende Verbesserungen erzielt 
und wird namentlich der von Krüger vorgeschlagenen Modus 
angenommen, die Tagegelder nicht in die Pauschalierung ein¬ 
zubegreifen. 

Das Berliner Tageblatt. 

Das Berliner Tageblatt hatte kürzlich unter der Spitzmarke 
„Falsche Sparsamkeit“ die Nachricht gebracht, das preußische 
Kultusministerium beabsichtige, aus Ersparnisrücksichten die 
tierärztlichen und landwirtschaftlichen Hochschulen aufzuheben 
bzw. mit den Universitäten zu vereinen. 

Diese Nachricht ist so offenbar unrichtig, daß hier darüber 
nichts weiter gesagt zu werden braucht. Sie beweist nur, daß 
man sich allenthalben mit der Frage der künftigen Organisation 
der „Fachhochschulen“ zu beschäftigen beginnt.*) 

Daneben behauptete das Berliner Tageblatt aber, daß man 
aus falscher Sparsamkeit die Berufung Durigs nach Berlin 
habe scheitern lassen. Diese Behauptung muß zurückgewiesen 
werden. Man war hier durchaus bereit, Herrn Durig recht 
gute Zugeständnisse zu machen. Das österreichische Unterrichts¬ 
ministerium war aber entschlossen, Durig unbedingt in Wien 
zu halten und jedes fremde Angebot zu tibertreffen. Der daraus 
sich ergebende Wettstreit mußte natürlich an einer Grenze 
angelangen. 

Militaria. 

Die Veröffentlichungen über verschiedene Punkte der künf¬ 
tigen Organisation und Uniformierung des Militärveterinärkorps, 
welche Ausgang des Vorjahres in der B. T. W. erschienen sind, 
haben noch eine weitere Reihe von Zuschriften zur Folge gehabt, 
aus denen noch einiges nachtragsweise mitgeteilt werden soll. 

Ebenso einmütig als nachdrücklich wird der Wunsch aus¬ 
gesprochen, daß die Reitfähigkeit der Veterinäre gesteigert 
werde. Der hierzu in Nr. 4 d. J. veröffentlichte Artikel entspricht 
der Ansicht vieler. Überhaupt sollte, so wird betont, der 
Veterinär mehr Soldat sein. Der Aspirant sollte daher auch 
nicht bloß ein halbes, sondern ein ganzes Jahr bei der Truppe 
dienen und damit eine volle militärische Ausbildung erhalten. 
Seine Einberufung zur Akademie sollte dann abhängig gemacht 
werden von seiner Qualifikation zur militärischen Beförderung. 
Um diesen größeren Zeitaufwand für die soldatische Schulung 
auszugleichen (wenn dies erforderlich erscheint), wird eine 

*) Ich habe meine Ansicht darüber ausführlicher in den „Hoch- 
schulnachrichten“ ausgesprochen. Schmaltz. 




76 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


Einschränkung des halbjährigen Kursus auf der Lehrschmiede 
oder eine Zerlegung und Verlegung desselben in die Studien¬ 
zeit, etwa in das dritte und fünfte Semester, vorgeschlagen. 
(Es ist doch zweifelhaft, ob hierzu die Zeit bleiben würde.) 
Jedenfalls sollte der Lehrschmiedekursus möglichst im Winter 
stattlinden, weil im Sommer die jungen Veterinäre nötiger ge¬ 
braucht werden. Die Ansprüche an die Felddienstfähigkeit 
sollten allgemein gesteigert werden. Der Oberstabsveterinär 
dürfte nicht den Dienst bei einer Eskadron versehen, könnte 
dagegen speziell die Leitung des durchaus erforderlichen Pferde¬ 
lazaretts haben. 

Daß der Wunsch allgemein ist, möglichst bald Klarheit 
über die bevorstehende Bildung des Veterinäroffizierkorps zu 
erhalten, versteht sich von selbst. Die Annahme hat wohl 
etwas für sich, daß die zu erwartende Vorlage über die all¬ 
gemeine Aufbesserung des Diensteinkommens der Reichs¬ 
beamten auch die Militärveterinärreform herbeiführen oder doch 
ihr Wesen erkennbar machen müsse, da man wissen will, daß 
die derzeitigen Veterinärbeamten auf der Liste derjenigen Be¬ 
amten, deren Bezüge aufgebessert werden sollen, fehlen, was 
doch nicht wohl der Fall sein könnte, wenn sie noch Beamte bleiben 
sollen. Die Aussicht auf die große Reform hat natürlich 
eine Folge, welche sich empfindlich bemerkbar zu machen be¬ 
ginnt, das ist die Stockung im Avancement, weil alle, die sich 
etwa mit Abschiedsgedanken tragen, die Reorganisation erklär¬ 
licherweise abwarten wollen. In Bayern soll seit drei Jahren 
kein Abgang zu verzeichnen gewesen sein, und die Ober¬ 
veterinäre haben zum Teil ein Alter von mehreren 40 Jahren 
erreicht. 

Auch zur Uniform sind noch einige Hinweise nachzntragen. 
Zunächst bestreitet ein Oberstabsveterinär unter Hinweis auf 
die Militärveterinärordnung die Richtigkeit der in Nr. 40, 1907, 
der B. T. W. mitgeteilten Ansicht, daß zum Dienstanzug des 
Veterinärs die lange Hose gehöre. Denn § 7 c. 10 Abs. 2 der 
M. V. 0. besagt: „Betreffs der Trage weise der Bekleidungs- und 
Ausrüstungsstücke findet die Bekleidungsvorschrift für Offiziere 
sinngemäße Anwendung.“ Hieraus wird geschlossen, daß ‘bei 
allen Gelegenheiten, wo die berittenen Offiziere hohe Stiefel 
tragen, der Veterinär solche ebenfalls zu tragen hat. In dem 
betreffenden Regiment ist seitdem auch dienstlich so verfahren 
worden. 

Auch wenn dies zntrifft, sollte aber der Anzug des Veterinärs 
noch durch ein andres Abzeichen kavalleristischer gestaltet 
werden, nämlich durch die Form des Helmes mit dem eckigen 
Vorderschirm. Mit Recht wird darauf hingewiesen, daß diese 
Helmform dem Veterinär mehr zukomme als dem Apotheker, 
der sie trägt. Mit der Einführung der bayerischen Uniform, die 
in Nr. 40 1907, der B. T. W. empfohlen wurde, würde ja übrigens 
diesem Wunsche genügt werden. Ferner wird eine Abschaffung 
des schwarzen Lederzeuges am Säbelkoppel und ein Ersatz, etwa 
durch die für Infanterieoffiziere vorgeschriebenen Trageriemen 
gewünscht. S. 

Denkmal fiir den verstorbenen Professor Thomassen- Utrecht. 

Die holländischen Kollegen beabsichtigen, dem jüngst ver¬ 
storbenen Professor an der tierärztlichen Hochschule in Utrecht 
Thomassen an der Stätte seiner langjährigen Wirksamkeit als 
Lehrer und Forscher ein würdiges Denkmal zu errichten. Es 


ist der Wunsch des ausführenden Komitees, von diesem Vorhaben 
auch den nicht holländischen Kollegen Kenntnis zu geben. Ich 
tue dieses mit der Bitte, daß sich recht viele deutsche Kollegen 
an der geplanten Ehrung für den namentlich durch seine aus¬ 
gezeichneten Tuberkulose-Arbeiten rühmlichst bekannten, viel 
zu früh der Wissenschaft entrissenen Forscher beteiligen 
mögen, Beiträge nimmt entgegen: Professor van Esveld, 
Utrecht, Reichtierarzneischule. 

A. Eber. M. Klimmer. 


Büeheranzeigen und Kritiken. 

Dr. Franz Stuhlmann, Geb.Regiertmgsrat, Beiträge zur Kenntnis 
der Tsetsefliege (Glossina fusca und Gl. tachinoides). Mit 
4 Tafeln und 28 Textabbildungen. (Sonderabdruck aus „Arbeiten 
aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte“, Bd. XXVI, Heft 3.) Julius 
Springer, Berlin 1907. Preis 10 M. 

Professor Dr. Neufeld und Stabsarzt Dr. Haendel, Beitrag zur 
Beurteilung der El Tor-Vibrionen. (Sonderabdruck aus 
„Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte“, Bd. XXVI, Heft 3.) 
Julius Springer, Berlin 1907. 


Personalien. 

Ordensverleihungen: Se. Majestät der König von Preußen hat 
anläßlich des Ordensfestes verliehen: Den Roten Adlerorden 
IV. Klasse dem Professor Regenbogen an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin, dem Departementstierarzt, Veterinärrat Waßmann- 
Liegnitz, den Kreistierärzten, Veterinärräten J/#fA<r*7/-Hirschberg 
(Schles.) und Dr. ScAu/x-Nimptscb, dem Korpsstabsveterinär Koeivy 
beim Generalkommando des I. Armeekorps und den Oberstabs¬ 
veterinären C'.ere im Hus.-Rgt. Nr. 14. Den König 1. Kronenorden 
IV. Klasse dem Kreistierarzt J/c«^CÄ-Saargemünd, den Oberstabs¬ 
veterinären Hubrich beim Dragoner-Rgt. Nr. 22 und Rumn.el beim 
Feldart.-Rgt. Nr. 51, den Stabsveterinären Dahlenburg beim Feldart.- 
Rgt. Nr. 74, Erber beim Feldart.-Rgt. Nr. 57, HiscJ/er beim Drag.- 
Rgt. Nr. 21, Letcin beim Drag.-Rgt. Nr. 13, Rottsckalk beim Feldart.- 
Rgt. Nr. 33. — Dem Professor Dr. Rietet, Dirigent des Patho¬ 
logischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule in Hannover ist 
vom Großherzog von Oldenburg das Ritterkreuz 1. Klasse* des 
Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig 
verliehen worden. 

Ernennungen: Die Tierärzte Linus Vogt , bisher Assistenztierarzt, 
zum Schlachthofdirektor in Weißenfels, II. Tc$c//a«cr-Frankfnrt a. M. 
zum Schlachthofverwalter in Bad Orb, Albert Auerbach aus (’ocli- 
stedt zum Assistenztierarzt am Schlachthof in Weißenfels. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Eugen Moriix in Sulmierzyce 
(Reg.-Boz. Posen), Dr. Hans Luchs , bisher Assistent an der Chirurg. 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Berlin, in Schudereiten bei 
Schakubnen (Ostpr.), J. C. Schroeder in Hainzell, Kr. Fulda. 

Approbiert: Die Herren Anton Oarrelts aus Völlen, Cornelius 
Knoblauch aus Essen, Andreas Mächens aus Gr. Algermissen, 
Johannes Rouold aus Sorsum in Hannover. 


Vakanzen. (Vgi.Nr. 1.) 

Schlaohthofstellen: Bremen: IV. Tierarzt zum 1. April. Geholt 
2400 M. bis 3900 M. Bewerb, an den I. Tierarzt für den Schlaclit- 
hof. - Görlitz: II. Tierarzt zum 1. April. Gehalt 2400-3800 M. 
Bewerbungen bis 15. Februar an den Magistrat. — Kattowitz: 
Schlachthofdirektor. Gehalt 3600 M. bis 4800 M., freie Dienst¬ 
wohnung usw. Privatpraxis ausgeschlossen. Bewerbungen bis 
15. Februar an den Magistrat. — Königsberg i. Pr.: Zwei Tier¬ 
ärzte sofort. Gehalt 2800 M., nach Anstellung steigend bis 4400 M. 
Bewerb, bis 1. Februar an die Direktion des städtischen Schlaeht- 
und Viehhofes. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Innera««!nufilj: Prof. Dr. Schmält* ln l'.erlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 





Die „Berliner Tlerftrxtllehe Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich lm Verlege Ton Rleherd Sehoeta la 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Dareh jedes deatsehe 
Postamt wird dieselbe lum Preise von M. 6,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haas geliefert (österreichische Post-Zeitungs* 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Orlgfnalbeitrfge werden mit 10 Hu ( la Petitsau seN 
ü Hk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
so senden an Prof. Dr. Schmaltr., Berlin, Tierirst- 
liehe Hoobschnle, NW., Luisenstraße 66. Korrekturen, 
Resensions-Kzemplare nnd Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 

Bedaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

m Verantwortlicher Redakteur. 

Qlago Dr. Je6 Yeterinärrat Dr. Lothe« Prof. Dr. Peter Veterinärrat Petere Veterinärrat Preuße 

Professor Kreist i«» rar* t Departementstierarst Kreistierarzt Departementstierant Departementstierarzt 

Hamburg. Charlotteubnrg. Cöln, Angermünde. Bromberg. Dansig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

ZOndel 

ProfeMor 

Professor 

Professor 

Professor 

J«ande Stierarzt ▼. Bayern 

Krelstierarmt 

Dresden. 

Dresden. 

Freibarg i. Br. 

Dresden. 

München. 

Mülhansen i. E, 


Oe Braln 

Professor 

Utrecht. 


Jahrgang 1908. JV°. 5 . Ausgegeben am 30. Januar. 


I d h al t: Jaeger: Zur Kritik des Geschwulstproblems. (Schluß.) — Hoiterbach: Aus der Praxis. — Referate: Hutyra: Unter¬ 
suchungen über die Pathogenese der Kotzkrankheit. — Wyßmann: über Milzbrand beim Schwein. — Ostertag: Kommt 
Rauschbrand beim Pferde vor? — Sticker: Die Ergebnisse der modernen Krebsforschung. — Gmeiner: Klinische Unter¬ 
suchungen über das Filmaron, als wirksamen Bestandteil der Wunnfarnwurzel. — Korreng: Giftigkeit des Lysols. — 
Schimmel: Mitteilungen aus der chirurgischen Klinik der Reichstierarzneischule in Utrecht. — Tageageschlchte: Die erste 
Lesung des Viehseuchengesetzes. — Bericht über die Sitzung der,„Tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin“. — Protest! — Ver¬ 
schiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus dem Dr. Senckenbergsehen Pathologischen Institut zu 
Frankfurt a. M. Direktor: Professor Dr. Eugen Al brecht.) 

Zur Kritik des Geschwulstproblems. 

Von Dr. Alfred Jaeger, Tierarzt, Frankfurt a. M. 

(Schluß). 

Auf der Basis der in diesen sechs Gruppen erörterten 
Möglichkeiten haben wir uns die entwicklnngsmechanischen Vor¬ 
gänge bei der Schaffung einer Geschwulstanlage vorzustellen. 
Wir wollen aber dabei nicht vergessen, daß für die Ge¬ 
staltung der embryonal angelegten Tumoren auch der 
Zeitpunkt der Entwicklungsdetermination von ent¬ 
scheidender Tragweite ist. Ihre zelluläre, aber auch oftmals 
ihre architektonische Beschaffenheit steht im Abhängigkeits- 
Verhältnis von jenem Stadium der erfolgten embryonalen Zell¬ 
differenzierung, auf dem die die erste Anlage der Geschwulst¬ 
bildung auslösende Störung eingetreten ist. Anf frühen Stadien 
der Entwicklung wird natürlich die Differenzierangsmöglichkeit 
der Zellen viel mannigfaltiger sein, als wenn die isolierten 
Elemente in ihrer Ansbildnng im Rahmen des definitiven 
Elementarorgans mehr nnd mehr vorgeschritten sind. So z. B. 
vermag der Darm der Seesternlarve, wenn er vor der Ent¬ 
wicklung der Coelomsäcke zerschnitten wird, diese zu re¬ 
generieren, nachher, nicht mehr. Demzufolge beobachten wir 
auch die verschiedensten Reifegrade der für die Geschwulst 
typischen Zellen. 

Ein besonders instruktives Bild von der zeitlichen Bedeutung 
der Entwicklangsstörnng bei den Furchnngs-, Keimblatt- bzw. 
Organbildungsvorgängen für die Tumorformation geben uns die 
TeratoYde. In den Fällen, wo die sogenannten Epidermoide nur 
einfache Zellreihen aufweisen, muß die Ausschaltung ans dem 
organischen Zusammenhang zu einer Zeit stattgefunden haben, 
wo die Bildungsmöglichkeiten für Haare nsw. den Exodermzellen 
bereits entschwunden war. Treffen wir in den Dermoiden Haare, 
Talgdrüsen nsw., so müssen wir daraus folgern, daß die Ver¬ 


lagerung zu einer früheren Epoche vor sich ging: als die 
Exodermzellen insgesamt die genannten Spezialbildungen noch 
nicht differenziert hatten. Und kommen in der Embryonal¬ 
entwicklung ganz frühzeitige Zellabtrennungen zustande, so be¬ 
gegnen wir folgerichtig in den Dermatoidzysten Zähnen, Speichel- 
drüsenformationen nsw. nnd schließlich den schon erwähnten 
Embryomen, die aus allen drei Keimblättern zusammengesetzt 
sind. Auch die Unterschiede in der Differenzierungsmöglichkeit 
der einzelnen embryonalen Zelltypen zeigen ein mannigfaches 
Bild in der Tumorenentwicklung: den Adenosarkomen der Niere, 
die im wesentlichen eine endlose Repetition der Bautätigkeit 
bestimmter embryonaler Stadien der Nierenbildung darstellen 
(Trappe*), treten wie im Sarkom die einförmigen Produktionen 
eines Keimblattes gegenüber. 

Für die entwicklungsmechanische Auffassung der Tumoren 
ist es dann weiter von großem Interesse, daß an den gleichen 
Prädilektionsstellen embryonaler Komplikationen 
neben Geschwülsten auch Defektbildungen zustande 
kommen. So stellt der Teil des Ösophagus in der Höhe der 
Bifurkation den frequentiertesten Ort für alle Tumoren dar, gut¬ 
artige wie bösartige. Zugleich bilden sich bedeutsamerweise 
gerade an dieser Stelle auch Divertikel als Ausdruck von Mnskel- 
wanddefekten, so daß Mißbildung nnd Tumorbildung in geneti¬ 
schem Zusammenhänge hier erscheinen. Gleiche Vorgänge zeigen 
sich im Darm am Vaterschen Divertikel. 

Nicht minder bedeutsam sind in dieser Richtung die Hin- 
wefeei die uns bei der kritischen Betrachtung systematischer 
Geschwulstentwicklung werden, also von multiplen Tumoren 
im gleichen Organsystera. So beobachten wir oft neben Tumoren 
in Dubdennm und Coecum — Kavernome in der Leber. Zu¬ 
nächst erscheint uns ein innerer Kausalzusammenhang zwischen 
diesen ganz disparaten Bildungen nicht gegeben. Er wird uns 

*) Zeitschrift für Pathologie, Bd, 1. 







78 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


aber sofort verständlich, wenn wir daran denken, daß Duodenum 
und Coecalgegend zur Zeit der Leberaussprossung örtlich fest¬ 
gelegt sind, und daß daher in diesen drei Gewebsverbänden bei 
der Leberentwicklung besonders leicht embryonale Entwicklungs¬ 
störungen vor sich gehen können. Es sind Tumoren, die gemein¬ 
sam aus der ursprünglichen Darmanlage hervorgegangen sind. 

* 

Mit der Kenntnis der organoiden Struktureigentümlichkeil, 
der Tumoren ist nun aber noch nichts über die besondere Art 
ihrer Entstehungsursachen gesagt. Sehen wir vorerst von allen 
sekundären Fragen ab, so erfordert das Bedürfnis nach Über¬ 
sicht eine Zweiteilung der Fragestellung. Es handelt 
sich einmal um die Faktoren, welche zunächst den Geschwulst¬ 
keim, die Störungen in der embryonalen bzw. postembryonalen 
Entwicklung (also auch Gruppe 4 uud 5) veranlassen. Die 
andere Frage betrifft die Art der Kräfte, die in der Fähigkeit 
der Tumorzellen, speziell in organartigem Bau bei ihrer Wuche¬ 
rung sich zusammen zu finden, zum Ausdruck kommt. Oben 
hatte ich dargetan, daß diese organbildenden, hier abnorm 
gestalteten Momente in ihrem Wesen in analoger Richtung 
gedacht werden müssen, wie die wirksamen Faktoren der 
Organogenese bei der Abtrennung und Weiterentwicklung or- 
ganogener Bildungszellen des normalen Entwicklungsganges. 
Wir werden daher mit Vorteil von den Vorstellungen Gebrauch 
machen, die die Entwjcklungsmeclianik für die gleichlaufenden 
Fragen der Organologie bereits geliefert hat. 

Um die Deutlichkeit der Analyse des Problems zu erhöhen, 
bediene ich mich der Ausdrucksweise der Entwicklungsmechanik. 
In dieser spielt die Lehre von der prospektiven Potenz und 
prospektiven Bedeutung eine sehr gewichtige Rolle. Ich 
werde diese beiden Begriffe am besten präzisieren, wenn ich 
ihre Differenz an der Hand zweier Beispiele darlege: Die 
prospektive Bedeutung ist die Eigenschaft einer Zelle, einen 
bestimmten, im voraus festgelegten Entwicklungsgang zu gehen. 
Den Anlagen der bleibenden Zähne z. B. kommt die prospektive 
Bedeutung, die Bestimmung zu, nach einer Reihe von Jahren 
das Zahnfleisch zu durchbrechen und zu bleibenden Zähnen 
heranzuwachsen. Für prospektive Potenz führe ich die Fähig¬ 
keit der ersten Halbblastomere des Froscheies an, unter ge¬ 
wissen Bedingungen eine Ganzbildung aus sich hervorgehen 
zu lassen, während sie unter normalen Verhältnissen nur eine 
Körperhälfte erzeugt. 

Wenn wir unter Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmungen 
die sich hierbei für die Geschwulstgenese ergebenden Möglichkeiten 
erwägen, so können wir uns einmal vorstellen, daß die den 
Tumorkeim bildenden Zellen nicht nur die prospektive Potenz 
der Tumorbildung besitzen, sondern auch über eine prospektive 
Bedeutung verfügen. Mit anderen Worten: Die Beschaffenheit 
der Tumoren wäre schon in den Zelleigenschaften der Geschwust- 
anlage festgelegt, die Art des Wachstums also von vornherein in 
dem Material bedingt. Es ist ersichtlich, daß wir mit dieser 
Auffassung einer weiteren Nutzanwendung der Organologie für 
die Fragestellung der Gesehwnlstlehre entraten müßten. Es 
würde uns jedes Verständnis dafür fehlen, wie derartig prä¬ 
destinierte Zellen in ihrer Abstammung aus der normalen 
Ontogenese hergeleitet werden könnten. 

Eine andere Möglichkeit ist die, daß den Zellen des Ge¬ 
schwulstkeimes lediglich die Potenz der Tumorbildung zukommt, 
die unter gewissen Umständen aktiviert wird. 


Die Frage wird sich dann im Lichte der organoiden Auf¬ 
fassung der Tumoren so stellen: Welche sind die Ursachen, die 
die allen Elementen des Organismus zukommenden normalen 
Bildungspotenzen in abnorme Richtung leiten, und die dann, 
eventuell erst nach langer Zeit, diese Aktivierung, den spezifisch 
organbildenden Prozeß des Tumoren Wachstums auslösen? Auch 
hier eröffnen uns die Erkenntnisse der Organologie neue Gesichts¬ 
punkte für die Genese der Tumoren. 

Als logisches Postulat für die Vorgänge der normalen 
Organogenese hat sich aus den verschiedensten Untersuchungen 
die Existenz spezifischer organbildender Stoffe er¬ 
geben. So konnte Loeb*) in seinen Arbeiten über Heteromorphose 
und künstliche Parthenogenese, Fischei**) inseinen Experimenten 
über die Anordnung des Rippenmaterials bei den Ctenophoren, 
Sach8***) für die Bildung der Organe bei Pflanzen diesen be¬ 
deutsamen Nachweis erbringen. 

Als Substrat dieser organbildenden Kräfte können 
wir uns ersichtlicherweise nur chemische Stoffe denken, und 
dies um so mehr, als die Ergebnisse der angedeuteten Versuche 
gleichfalls auf eine chemische Lösung des Problems hinausführen. 
Ich wüßte wenigstens nicht, welcher anderen Vorstellung man 
hier Raum geben könnte. Im übrigen können wir auch schon 
in gewissen Kohlenwasserstoffen — Anilin, Paraffin — chemische 
Körper, die einen direkten Wachstumsreiz auf Epithel und 
Bindegewebe ausüben. 

Wenn wir dieses Wirken organogener Stoffe in der 
normalen Entwicklungsgeschichte auf die Geschwulstgenese über¬ 
tragen — und nur solche Betrachtungsweise kann dem organoiden 
Wesen der Tumoren gerecht werden — so ergeben sich uns 
direkte biologische Zusammenhänge beider Bildungs- 
Vorgänge. Ich hatte oben dargelegt, wie die Geschwülste alle 
in ihrer Anlage gerade zu den Zeiten normal ablaufender 
Organentwicklung entstehen, embryonal wie postembryonal 
(also auch Gruppe 4 und 5). Wir werden uns daher vorzu¬ 
stellen haben, daß in der durch die organogenen Stoffe bewirkten 
Differenzierung der in der Bildung begriffenen Organverbände — 
in gewissen Zellkomplexen Störungen unterlaufen, die zunächst 
mal deren Isolierung veranlassen und so den Geschwulstkeim 
schaffen. Diese organogenetischen Störungen können oft sehr 
weitreichend sein und ganze Organsysteme treffen, nicht nur 
einzelne Organe, wie die multiplen Geschwulstbildungen zeigen: 
Multiple Neurofibrome, Exostosen usw. 

Vorher hatten wir gesehen, daß wir diesen Keimzellen als 
solchen eine prospektive Bedeutung der Tumorbildung nicht zu¬ 
sprechen können. Es müssen also äußere Einwirkungen 
sein, die in weiterer Folge die Wachstumstätigkeit und die An¬ 
ordnung der Zellen, die ja nur eine prospektive Wachstums¬ 
potenz besitzen, dirigieren und so die Architektur der Tumoren 
bestimmen, also Erscheinungen, die der normalen Organogenese 
parallel laufen, nur daß sie hier in abnormer pathologischer 
Richtung sich abspielen. Die organologische Betrachtung der 
Tumoren zwingt uns daher, für die Onkologie atypische 
organogene Stoffe in Anspruch zu nehmen, die als solche 
auf Zellen, die dem Einfluß des physiologischen Chemismus der 
Organbildung entzogen sind, nun ihrerseits organbildend wirken 
und zum Tumor führen. 

*) Archiv für Entwicklungsmechanik, Bd. 13. 

**) Archiv für Entwicklungsmechanik, Bd. 15. 

***) Flora, Jahrgang 1892, 1893. 



30. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE' WOCHENSCHRIFT. 


79 


Aber vielleicht brauchen wir, meine ich, gar nicht einmal 
so weit zu gehen, daß wir besondere, speziell tumorbildende 
Stoffe annehmen. Es würde auch keinen Schwierigkeiten be¬ 
gegnen sich vorzustellen, daß in den immer doch „embryonalen“ 
Zellen des Geschwulstkeimes sich auf äußere Einflüsse hin wieder 
normale organbildende Differenzierungskräfte geltend machen, 
die sich nur nicht vollwertig durchsetzen können, sei es unter 
dem Einfluß ihrer Auslösungsursache, sei es, daß die Tumor¬ 
zellen nicht mehr die volle Organbildungspotenz besitzen. Auf 
diese Weise würden wir sofort einen näheren Einblick in die 
Tatsache gewinnen, daß Leber-, Schilddrüsen-Adenome usw. 
beinahe den ausgeprägten Typus ihres Ausgangsorgans von 
neuem entwickeln. Und in Teratomen sehen wir überhaupt 
organogenetische Kräfte platzgreifen. Aber wie dem auch sei: 
Sicher ist, daß es der Produktion organogener stofflicher 
Elemente bedarf, normaler bzw. atypischer, um den 
organoiden Prozeß der Tumorbildung auszulösen. 

Die Erfahrung zeigt, daß die in den ausgeschalteten Zellen 
einmal inkorporierten Wachstumspotenzen zunächst latent bleiben, 
um dann, eventuell erst nach vielen Jahren, durch das Auftreten i 
der eben formulierten chemischen Kräfte im Sinne der Geschwulst¬ 
entwicklung realisiert zu werden. Es handelt sich also um ab¬ 
norme Auslösungen von bisher unverwertet gebliebenen Bildungs¬ 
fähigkeiten. Für erneutes Auftreten organogener Bildungsvor¬ 
gänge hat Ribbert experimentell einen bedeutsamen Beweis 
erbracht. Er setzte die Haut des Kaninchenohrs wiederholten 
intensiven Reizen aus und fand danach, daß das Epithel umfang¬ 
reiche Talgdrüsenentwicklung eingegangen war. 

Diese chemischen Relationen werden uns um so verständ¬ 
licher, als gerade zu Epochen, wo gewisse Organe einen 
besonderen Chemismus eingehen, auch eine Wechsel¬ 
wirkung auf die Biologie von Tumoren stattfindet. So 
sehen wir zur Zeit des Klimakteriums in Myomen eine partielle 
regressive Metamorphose eintreten, umgekehrt wachsen Myome 
zur Zeit der Gravidität. Und dann wollen wir berücksichtigen, 
daß die Mehrzahl der Geschwülste wie die Organe ein recht 
begrenztes Wachstum haben. Daraus ersehen wir, daß auch 
die tumorbildenden Substanzen einer zeitlichen Limitierung 
unterliegen, gleichwie die organogenen Stoffe. 

Bedingung für solche Vorstellung ist natürlich eine Vielheit 
der typischen bzw. atypischen organogenen Substanzen. Aber 
hieraus können uns keine Schwierigkeiten erwachsen, da die 
oben angeführten Experimente in der normalen Entwicklungs¬ 
physiologie gleichfalls zur Annahme solcher für die einzelnen 
Organe bzw. Organsysteme spezifisch differenzierten Stoffe 
zwingen. Wir können uns um so freier in diesem Gedankengang 
bewegen, als die Serumforschung gezeigt hat, daß die Zahl 
spezifischer Substanzen unendlich groß ist. Obendrein ist es 
Ehrlich gelungen, gegen bestimmte Geschwulstzellen zu 
immunisieren. 

Unter der Wirkung dieser spezifischen geschwulstbildenden 
Stoffe können selbstverständlich immer nur die für den Tumor 
typischen Zellen, die führende Zellart, stehen. Damit ergibt 
sich die weitere Frage, welche morphogenetische Beziehungen 
in den fibroepithelialen Geschwülsten das Stützgewebe zu 
den wuchernden EpithelBträngen hält, wie weit das Binde¬ 
gewebe in das Wesen solcher Tumoren einzureihen 
ist. Fibroepitheliale Tumoren mit exquisit bindegewebigem 
Charakter, wie Papillome, scheiden bei dieser Betrachtung aus, 


da in ihnen das Epithelwachstum gegenüber den wuchernden 
Bindegewebselementen zurücktritt. 

Für unsere Frage sind Driesch’s*) klassische Versuche 
überaus bedeutungsvoll. Er schüttelte die Mesenchymzellen der 
Seeigelblastula durcheinander und konnte später konstatieren, 
daß sie sich wieder in normaler Anordnung zum Urdarm ein¬ 
gefunden hatten und die Skelettbildungen in gewöhnlicher Weise 
aus sich hervorgehen ließen. Wir sehen hier also eine aus¬ 
gesprochene Fähigkeit des Epithels, Bindegewebe zu geordneten 
Entwicklungen anzuregen. 

Die gleichen Vorgänge spielen sich offenbar bei der Pro¬ 
liferation des Bindegewebes in den fibroepithelialen Tumoren ab. 
Dieselbe wurde bisher als eine durch die Epithelvermehrung 
bedingte reaktive Reiz Wucherung aufgefaßt. Dieser Vorstellung 
müssen wir uns nach dem von Driesch geführten Nachweis be¬ 
geben. Die Bindegewebswucherung befindet sich auch bei 
den genannten Tumoren im vollen Abhängigkeitsverhältnis 
von den Forderungen des Epithels, indem es von ihm 
seine Formation erhält. Die kleinzellige Infiltration des 
Bindegewebes kann also nicht als entzündliche Reaktion 
desselben in gewöhnlichem Sinne aufgefaßt werden, sondern sie 
stellt den Ausdruck des von dem proliferierenden Epithel aus¬ 
geübten Wachstumsreizes dar. Demnach sind Epithelwucherung 
und Bindegewebsproliferation in den fibroepithelialen Geschwülsten 
keine koordinierten Vorgänge, nicht abhängig von derselben Ur¬ 
sache. Vielmehr gestalten sich die Vorgänge analog den bei 
allen Drüsenbildungen in Schleimhäuten in so ausgiebigem Maße 
embryonal stattfindenden Einwirkungen des Epithels auf die 
Formation des mesenchymatischen Keimgewebes. 

Ein besonders instruktives Bild davon, wie die Anregung 
des Bindegewebes zur Wucherung ebenso wie die Be¬ 
stimmung seiner Anordnung von den Epithelien aus¬ 
geht, zeigen die Carcinommetastasen. Wir begegnen hierbei 
ausnahmslos der Erscheinung, daß die Tumoren immer wieder 
ihren spezifischen Bau repetieren. Dünndarmcarcinome von 
scirrhösem Bau z. B. reproduzieren auch in den Lebermetastasen 
getreu den Scirrhus. Generell können wir nur annehmen, daß 
bei der Vermehrung der verschleppten Carcinomepithelien das 
Bindegewebe des sekundär befallenen Organs zur Ergänzung des 
Tumorauf baues heran gezogen wird, nicht etwa mit den epithelialen 
Elementen verschleppte Fibroblasten das Bindegewebsgeriist des 
Ausgangstumors wiederholen. Es müssen also auch hier spezifische 
Wachstumsreize und ein richtender Einfluß von den Carcinom- 
zellen auf das Bindegewebe des sekundären Ansiedlungsortes 
ausgeübt werden, von deren Intensität die Differenzen in der 
Mächtigkeit der Stromabildung bei den einzelnen Krebsarten 
abhängen werden. 

Wenn wir nun unseren ätiologischen Verpflichtungen gegen¬ 
über den bösartigen Tumoren nachkommen, so werden wir 
uns zunächst darüber klar werden müssen, was die Auffassung 
der Gesamtheit der Tumoren als Organoide für das Verständnis 
der Malignität einzelner Gruppen unter ihnen leistet. Die 
Kenntnis von der Entstehung eines Tumorkeimes, von den Ur¬ 
sachen des weiteren organartigen Wachstums einer Geschwulst, 
bietet uns ja noch keine Aussage über die Ursachen des 
schrankenlosen Wachstums. 


*) Archiv für Entwieklungsinechanik, Band 9. 






80 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. o 


Damit haben wir schon vorausgesetzt, und nach den ge¬ 
wonnenen Kenntnissen dürfen wir keine Zweifel daran hegen, 
daß das krebsartige Wachstum von vornherein von 
atypischen Epithelien, von embryonalen Keimen (dazu ge¬ 
hört auch natürlich Gruppe 4 und 5) aus geht. Allerdings be¬ 
stehen bisweilen zwischen den Krebszellen und den noch ge¬ 
sunden Epithelien so innige nachbarliche Beziehungen, daß es 
scheint, als wenn die Krebsentstehung aus vorher völlig normalen 
Epithelverbänden heraus, also im Sinne einer krebsigen Um¬ 
wandlung der einzelnen Epithelien, erfolge. Dies ist besonders 
der Fall, wenn das Carcinomwachstum, wie häufig in Epidermis- 
oder Schleimhautkrebsen, eine fiächenhafte, diffuse Verbreitung 
längs des Deckepithels nimmt. Bei näherer Prüfung zeigt sich 
aber, daß die Veränderungen in den Epithelverbänden in Form 
eines interepithelialen Carcinom wachst ums und nicht einer 
primären carcinomatösen Metamorphose ablaufen. Derartige 
Bilder der Carcinomausbreitung sind also als Wachstums¬ 
erscheinung, nicht als Entwicklungsvorgänge zu deuten. Eben 
so wenig kommen den so häufigen heterotopen Epithel¬ 
wucherungen bei entzündlichen Vorgängen im Genitalapparat 
genetische Beziehungen zum Carcinom zu. Beide Prozesse 
finden sich bisweilen nebeneinander in chronisch-entzündlichen 
veränderten Organen ohne jeden nachweisbaren Zusammenhang. 

Wir hatten vorher als Substrat der das Tumorwachstum 
generell bewirkenden Kräfte spezifische chemische Stoffe kennen 
gelernt. Da die organoide Natur des Geschwulstbaues bei gut¬ 
artigen wie bösartigen Tumoren ausgeprägt ist, was sogar so 
weit geht, daß Übergänge in der Struktur beider Bildungen 
auftreten und ein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen oft 
nachzuweisen ist, so sind wir zunächst berechtigt, diese ge¬ 
schwulstbildenden Faktoren auch speziell für die Entwicklung 
der malignen Tumoren in Anspruch zu nehmen. Gewöhnlich 
offenbaren aber bösartige Geschwülste im Bilde schon von An¬ 
fang an die Eigenschaften der Malignität. Wir werden uns 
daher vorzustellen haben, daß besondere chemische Stoffe 
von malignem Charakter ihre Wirksamkeit als auslösendes 
Moment ausüben, die sowohl organoide Wuchsstoffe an 
sich sind, als auch zugleich schrankenloses Wachstum 
auslösen. Daß dieser stoffliche Reiz als äußerer Einfluß 
auf das Zellleben einwirkt, nicht etwa den Tumorzellen zu 
eigen ist als Ausdruck einer primären Anlage, müssen wir 
daraus folgern, daß auch benigne Tumoren plötzlich eine 
ausgesprochene Malignität annehmen. Die Fälle sind 
gar nicht so selten, wo ein kaum wachsendes Adenom eine 
völlige Entgleisung seines Wachstums zeigt und zum destruieren- 
den Krebs wird oder ein Fibrom sarkomatöse Eigenschaften 
entwickelt. Und wir finden fast bei allen Tumoren solche 
gleitende Übergänge. Hier ist es ausgeschlossen, für die 
Tumorzellen eine prospektive Bedeutung malignen Wachstums, 
also innere Ursachen, in Anspruch zu nehmen. Hier kann die 
Auslösung der Malignität nur auf äußere chemische 
Reize zurückgeführt werden. 

Einer besonderen Erörterung bedarf noch die Frage nach 
dem Wesen der Malignität. Es ist ersichtlich, daß für die 
excessive Proliferationsfähigkeit, die in dem Eindringen in 
normales Gewebe und in der Metastasenbildung ihren Ausdruck 
findet, Bedingung — ein gesteigertes Assimilationsvermögen der 
Zellen für gewisse Stoffe des umgebenden Nährmediums sein 
muß. Sie müssen «speziell, um dies den malignen Tumor¬ 


zellen eigenartig Gemeinsame ätiologisch auszudrücken, eine 
unbegrenzte Avidität für Substanzen besitzen, die für 
ihre formativen Bestrebungen verwertbar sind. Denn 
dadurch ist die gesteigerte Assimilation scharf charakterisiert, 
daß sie lediglich der Zellvermehrung dient, während sie unter 
physiologischen Verhältnissen, z. B. im hypertrophierenden 
Muskel, den Anforderungen der zugleich gesteigerten Organ¬ 
funktion Genüge leistet. 

Das Wesen der Malignität ist daher in dem Sinne zu 
definieren, daß die Zellen der bösartigen Tumoren Bau und 
Nährmaterial in unbegrenztem Umfange aus der Säftezirkulation 
des Organismus an sich reizen, um es nach ihrer Assimilation 
morphologisch festzulegen. Wir wollen uns dabei vergegen¬ 
wärtigen, daß solch’ exquisit chemischer Prozeß, wie ihn die 
erörterte Avidität darstellt, selbstverständlich zu seiner Aus¬ 
lösung einer anderen chemischen Komponente bedarf. Es 
müssen hierzu ganz spezielle Körper in den Chemismus der 
Zelle eintreten, die wir in den schon oben für die bösartigen 
Geschwülste formulierten stofflichen Reizen zu suchen hätten. 
Wir kommen also auch in diesem Gedankengang wieder 
auf eine chemische Lösung des zellulären Geschwulst¬ 
problems. 

Es scheint, daß der Organismus für die Bildung dieser 
malignen stofflichen Substanzen unter gewissen Verhält¬ 
nissen eine ausgesprochene Disposition zeigt, und zwar 
dann, wenn seine Elemente, bzw. Teile von ihnen auf abnorme 
Stoffwechselvorgänge gestellt sind. So sehen wir, daß 
gelegentlich von alten Geschwüren aus, bei Entzündung z. B. 
infolge eines Traumas, bösartige Geschwulstformationen (Sarkome 
oder Carcinome) entstehen. Ebenso hat die Erfahrung gelehrt, 
daß sehr häufig mit Darmkrebs behaftete Individuen vor ihrer 
Erkrankung an chronischen Verdauungsstörungen im Darm gelitten 
hatten. Und schließlich begegnen wir einer ähnlichen Erscheinung 
bei der ausgesprochenen Krebsdisposition des vorgerückten Alters, 
wo die seneszenten Zellen gleichfalls einem geänderten Chemismus 
unterliegen, indem sie ihre Ansprüche an die zirkulierenden 
Nährstoffe mehr und mehr herabsetzen. Jedenfalls können alle 
diese Wandlungen des Stoffwechsels nur als begünsti¬ 
gende Faktoren für die Entstehung bösartiger Ge¬ 
schwülste in Betracht kommen, nicht als direkte Auslösungs¬ 
ursache. In ihrer Bewertung können wir nur so weit gehen, 
daß sie lediglich, wenn sie liegengebliebene Zellen einer 
embryonalen oder späteren Organbildungsperiode (im Sinne von 
Gruppe 4 und 5) — denn auch bei Geschwüren, Entzündungen 
haben wir es mit sich regenerierenden Zellen zu tun — treffen, 
deren Reaktionsvermögen auf maligne organoide Bildungsstoffe 
fördern. 

Einer gewissen und zwar individuellen Disposition 
begegnen wir auch bei der Frage der Carcinomheredität. Es 
sind nicht allzu seltene Beispiele, wo in Familien sich gehäuftes 
Vorkommen von Krebserkrankung geltend macht. Wir müssen 
hier mit einer stofflich festgelegten Disposition, mit einem ver¬ 
erbten abnormen Reaktionsmodus des Organismus rechnen, aus 
zellulär geformten Keimanlagen maligne Tumoren im Sinne der 
oben erörterten Genese hervorgehen zu lassen. 

Ich glaube gezeigt zu haben, welch verhältnismäßig einfache 
Vorstellungen für ein restloses Verstehen der Tumorbildung 
ausreichen, wenn wir uns auf den Boden der von Albrecht 





30. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


81 


gegebenen ätiologischen Gruppierung der Geschwülste 
stellen. Wir sahen dort, daß das Problem der Tumorgenese 
nicht mehr auf ein einzelnes Prinzip gebracht werden darf, 
eben das einer einfachen Ausschaltung, sondern wir lernten 
eine ganze Reihe von Entwicklungsfehlern als Ausgangspunkte 
einer weiteren Geschwulstbildung kennen. Von der Erkenntnis 
der organoiden Auffassung der Tumoren aus leuchtet 
die Analogie in den Grundfragen der Onkologie und 
Organologie ohne weiteres ein, und es wurden uns so 
leitende Gesichtspunkte für die letzten Ursachen der Ent¬ 
stehung und des Wachstums von Geschwülsten. Es ergab sich 
als einfacher Analogieschluß, daß wir der Betrachtung der 
Tnmorgenese unsere Vorstellungen von dem Werdegang der 
normalen Organe zugrunde legten. Die letzte Frage in der 
Geschwulstlehre war nicht eine Frage nach der Zellwucherung, 
sondern nach den Abnormitäten der Organbildung, sowohl der 
embryonalen wie postembryonalen Entwicklung. Wie die im 
Lanfe der normalen Ontogenese vorgesehenen Bildungsfaktoren 
dem Chemismus des Körpers angehören, so erkannten wir auch 
das zelluläre Problem der Onkologie als ein rein chemisches. 
Um es kurz zu rekapitulieren: Infolge von Störungen in 
der Wirkung physiologischer organogener Stoffe 
kommt es zunächst zur Bildung des Geschwulstkeimes. 
Es müssen sich dann, früher oder später, atypische, 
also pathologische, organogene chemische Substanzen 
entwickeln, die in den Zellen der Tumoranlage eine 
Organbildungstätigkeit in atypischer Form auslösen, 
und die bedeutsamerweise bei einem Teil der Tumoren 
nachweislich mit physiologischen Änderungen im Che¬ 
mismus des befallenen Organs bzw. des ganzen Orga¬ 
nismus im Kausalzusammenhang stehen. Bei den bös¬ 
artigen Tumoren müssen die stofflichen, organartiges 
Wachstum auslösenden Elemente, die prinzipiell 
gleichartig gedacht werden müssen wie bei den 
benignen Geschwülsten, in besonderer Intensität pro¬ 
duziert werden, sei es nun der Menge oder der Wir¬ 
kungskraft nach. Nur so lassen sich die bei der Erforschung 
der Tumoren als Organoide gewonnenen Kenntnisse einem lücken¬ 
losen Gedankengange einfügen. 

Ich brauche nicht besonders zu betonen, daß mit der Auf- 
fassung aller Tumoren als Organoide und mit den hieraus 
für ihre Entstehung zu ziehenden Konsequenzen eine para¬ 
sitäre Geschwulsttheorie unvereinbar ist.*) Ganz ab¬ 
gesehen davon, daß sie für die benignen Tumoren nichts leisten 
— und an deren gleichen Wesenseigenart mit den bösartigen 
Blastomen wird wohl niemand mehr zweifeln —, wäre bei der 
Annahme eines Parasiten niemals das organoide Wachstum ’der 
Geschwülste zu erklären. Es erübrigt sich jede Erörterung 
über ein parasitäres Agens der Tumorgenese, speziell der 
Krebsbildung. 


*) Die von Sticker neuerdings (diese Zeitschrift, 1907, Nr. 51) 
veröffentlichte erfolgreiche Übertragung eines Spindelzellensarkoms 
bei Hunden befindet sich keineswegs im Gegensatz zu diesen Aus¬ 
führungen. Sie erfährt sehr wohl eine Erklärung im Rahmen der 
chemischen Entwicklungtheorie der Geschwülste, worauf ich in 
einer weiteren Arbeit Gelegenheit haben werde, des Näheren ein¬ 
zugehen. 


Aus der Praxis. 

Von Heinrich Holterbach-Offenburg i. B. 

1. Proctitis haemorrhagica bei Jungrindern. 

Seit drei Monaten kamen mir 21 Fälle von hämorrhagischer 
Proctitis zur Behandlung. Das Vorkommnis ist auffallend. Denn 

a) das Leiden befiel nur Jungrinder im Alter von vier 
Monaten bis zu einem Jahr; 

b) eine Ursache konnte nicht ermittelt werden; 

c) die Heilung erfolgte trotz bedrohlichen und beängstigenden 
Symptomen auf eine ganz einfache Medikation in ganz kurzer 
Zeit, und war vollständig und anhaltend; 

d) es kam in der Ebene und im Gebirg, in armen Stallungen 
mit dürftiger Fütterung und schlechter Pflege ebenso vor, wie 
in reichen Stallungen mit geordneter Wartung und vorzüglicher 
Fütterung. 

In fast allen Fällen (18) fand ich bei meiner ersten Unter¬ 
suchung einen Patienten, der den Eindruck eines schwer kranken 
Tieres machte, und die Anamnese lautete durchweg, das Rind 
sei plötzlich erkrankt und man habe sofort reichlichen Abgang 
blutigen Kotes bemerkt. Diese Anamnese stimmt nun, wie häufig, 
nicht; denn ich konnte in allen Fällen durch genaues Befragen 
feststellen, daß die Tiere einen oder höchstens zwei Tage zuvor 
schon „getrauert“ hatten, d. h. weniger Appetit zeigten und 
unregelmäßig wiederkauten; auch eine gewisse Mattigkeit fehlte 
nie. Der Abgang von Blut jedoch scheint in der Tat 
plötzlich und sofort in auffallender Menge erfolgt 
zu sein. 

Das erste Untersuchungsergebnis lieferte in allen Fällen 
folgenden schematischen Befund: 

Leichtes Fieber bis zu 40,2; Herztätigkeit normal, des¬ 
gleichen die Atmung. Blasse Schleimhäute. Ganz oder teil¬ 
weise aufgehobener Appetit; vielfach vermehrter Durst. Wieder¬ 
kauen sistiert. Darmbewegungen entweder träg oder auch 
kollernd. Umgebung des Afters und Schweif stark mit Blut 
besudelt. Die Tiere liegen viel; werden sie aufgetrieben, dann 
stellt sich bald unter heftigem Drängen Kotabsatz ein. Dieser 
besteht entweder aus fladigen, stark mit Blut gemischten Massen 
oder (in sechs Fällen) aus reinem Blut. Die Farbe des Blutes 
ist hellrot; es ist nicht schaumig und gerinnt, wenn es auf- 
gefangen wird, noch in zwei Stunden nicht. Geruch ist nicht 
faulig, eher süßlich. Der Kotabsatz verursacht den Patienten 
sichtlich Schmerz, und sie stehen noch lange mit gekrümmtem 
Rücken, gestrecktem Schweif, gestrecktem Hals und glotzendem 
ängstlichen Blick da. Die mikroskopische Untersuchung der 
Fäzes auf Parasiten verlief negativ. 

Der Urin wird in normaler Weise abgesetzt. Die Be¬ 
wegung ist matt, vielfach vorsichtig, als ob sie schmerzhaft sei. 

Der Hinterleib ist in neun Fällen von normalem Umfang 
und normaler Spannung; die Perkussion der Hängergrnbe ergibt 
einen vollen Schall in allen Fällen; bei 12 Rindern besteht 
leichte bis hochgradige (2) Tympanitis; bei den letzteren ist 
der ganze Bauchumfang, auch rechterseits vermehrt und die 
Spannung der Bauchdecken stark. 

Die Fütterung konnte in keinem Falle mit Sicherheit für 
die Entstehung verantwortlich gemacht werden. 14 Rinder 
wurden mit Malz gefüttert; es war nicht einwandfrei, da es 
säuerlich roch; allein andere Jungtiere im gleichen Alter 
blieben bei der gleichen Fütterung verschont. Das gleiche gilt 
von der Fütterung mit jungem Heu. 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. r>. 


Der schlimmste Fall wurde beiSofrinKugler im Dorf 
Bühl bei Offenburg beobachtet: Am 29. Juni erkrankte sein 
sieben Monate altes Jungrind „plötzlich“. Ich fand am 
gleichen Tag in der Frühe das Tier in einem solchen Zustand, 
daß ich den Kasus für hoffoungslos hielt und nur den Bitten 
des Besitzers nachgab, als ich die Kur einleitete. Schon in der 
Nacht hatte das am Abend nach Futteraufnahme und Munterkeit 
ganz gesund erscheinende Kalb flüssiges Blut verloren; und 
am Morgen wiederholte sich zum Entsetzen des Besitzers der 
gleiche Vorgang. Als ich um 8 Uhr bei ihm eintraf, lag das 
Kalb somnolent auf der Seite. Mühsam in die Höhe gebracht, 
war es so unsicher in seinem gespreizten, tappenden Gang und 
in seiner Tympanitis so auffallend, daß ich kaum wagte, es aus 
dem Stall führen zu lassen. Vor der Stalltüre stellte sich bei 
ihm ein heftiges Drängen ein, auf welches hin etwa zwei 
Liter hellroten Blutes wie auf einen Druck entleert 
wurden. 

Die Therapie bestand in allen Fällen aus: 

Ferr. sulferir. sicc. pulverat 150,0 
Sal. Carol. factic pulv. 300,0 

Pepsin Witte germanic 30,0 
M. f. pulv. 

D. S. Alle zwei Stunden ein Eßlöffel voll in einer Flasche 
dicken Leinsamenschleims zu geben. 

Das oben erwähnte, schwer kranke Kalb stand schon am 
30. Juni morgens munter und anscheinend gesund im Stalle. 
Die Blutung hatte ganz aufgehört. Der abgesetzte Kot war 
dickfladig, dunkel (Eisen wifkung!), frei von Schleim und Blut. 
(Am Abend war die letzte Blutung in Form geronnenen Blutes 
bemerkt worden.) Appetit gut, Bewegung frei, Tympanitis ver¬ 
schwunden. 

Bei den anderen Patienten verlief die Heilung ebenfalls 
rasch, in längstens fünf Tagen war der Restitutio ad integrum 
erzielt. 

Eigentümlich ist noch bei dieser Anhäufung der Fälle von 
Proctitis bei Jungrindern die Tatsache, daß hier seit zirka 
sechs Monaten auch bei Hunden zahlreiche Fälle von 
Darmblutungen Vorkommen, die den Eigentümer durch Ab¬ 
gang von Blut und blutigem Kot ängstigten. Inwiefern zwischen 
den beiden Erscheinungen ein Zusammenhang besteht, das ist 
zurzeit noch Gegenstand der Beobachtung. 

2. Vergiftung durch verschimmeltes Brot. 

Den nachstehenden Fall zitiere ich als Beweis dafür, daß 
eine einmalige Verfütterung einer verhältnismäßig 
geringen Menge verschimmelten Brotes schon zu einer 
heftigen Vergiftung führen kann; man nimmt im all¬ 
gemeinen an, daß beunruhigende Erscheinungen erst nach 
längerer Verfütterung oder nach Verabreichung einer größeren 
Menge des pilzbefallenen Brotes eintreten könne. 

Der Landwirt P. J. von Hofweier hatte am 29. Juli, 
nachmittags, seinem Pferd, einem vier Jahre alten, schwer 
arbeitenden Schimmel, den vierten Teil eines Laibes Brot 
gegeben, das etwa 14 Tage alt und stark verschimmelt 
war. Er hatte wohl anfänglich Bedenken, dieses Futter zu 
verabreichen, beschwichtigte sie aber mit der philosophischen 
Erwägung, daß ein Pferd ja alles vertragen könne, und machte 
am Nachmittage noch einige Fahrten. Abends fraß das Pferd 
fast gar nichts, was auf die drückende Hitze und die Ermüdung 
zurückgeführt wurde. In der Nacht begann aber das schimmelige 


Brot zu wirken. Unter heftigen, abundanten Schweißausbrüchen 
und mäßiger Unruhe begann das Tier zu Btöhnen. Die üblichen 
Volksmittel, Pfeffermünz, Wein, schwarzer Kaffee brachten 
keine Linderung. Der Kopf „schwoll an“, d. h. die Lippen 
wurden durch eine ödematöse Schwellung verunstaltet; 
es trat dann eine profuse Diarrhöe ein, die schließlich zu 
wässerigen, stinkenden Entleerungen führte; der Patient wurde 
matt und hinfällig, so daß man ihn verloren gab und nun — 
schleunigst zum Tierarzt schickte. Was man jedoch bald 
wieder bereute! Denn da ich wegen anderweitiger Inan¬ 
spruchnahme nicht sofort, wie gewünscht, eintreffen konnte, 
begannen die gefährlichsten Symptome, Schweißausbrüche und 
Sopor, zu schwinden. Und das ist genug für einen echten 
Homo rasticus, um den Tierarzt entbehren zu können. Ich 
fand den Patienten noch sehr matt, zählte 80 Pulse von kleiner, 
sehr ungleichmäßiger Beschaffenheit und 30 Atemzüge; Fieber 
war nicht vorhanden (39,3 0 C). Die Peristaltik ist beiderseits 
kollernd hörbar. Entleerungen zwar geballt, aber sofort zer¬ 
fallend und schleimüberzogen, Geruch säuerlich. Durst vermehrt. 
Schwellung der Lippen besteht nur in geringem Grade; die 
! Conjunctivae sind aber durch pralle Füllung der Blutgefäße rot, 
die Nasen- und Maulschleimhaut höher gerötet. Appetit zu 
meiner Überraschung sehr gut. Ich verordnete Ruhe, schleimige 
Eingüsse und knappe Rationen. Am nächsten Tage arbeitete 
das Pferd im schweren Zuge wie gewöhnlich, und der Besitzer 
ist überzeugt, daß — das verschimmelte Brot nicht als Ursache 
der Symptome in Betracht kommen kann, welche ihm eine so 
unruhige Nacht bereitet hatten. 


Referate. 

Untersnehuugen Aber die Pathogenese der 
Rotzkrankheit. 

Von Prof. Dr. F. Hutyra-Budapest 

(Zeitschrift f. Tiermedizin XI. Bd., 1. Heft.) 

Auf Grund von eingehend beschriebenen Inhalations- und 
Fütterungsversuchen, die mit Rotzvirus an Pferden und Eseln 
vorgenommen wurden, sowie auf Grund der im Anschluß daran 
vorgenommenen pathologisch - histologischen Untersuchungen 
kommt Prof. Hutyra zu folgenden Schlußfolgerungen: 

Die Rotzkrankheit läßt sich durch Verfütterung von Rotz¬ 
virus leicht erzeugen. Die intestinale Infektion mit geringen 
Virusmengen hat unmittelbar eine allgemeine Blutinfektion und 
im Anschluß an dieselbe eine Lokalisation des Prozesses auf die 
Lunge, als das hierzu besonders disponierte Organ, bzw. primären 
Lungenrotz zur Folge. Das mit dem Lymphstrom in den Blut¬ 
kreislauf der Lungen gelangte Virus regt hier zunächst eine 
kleinzellige Infiltration der Gefäßwände und des perivaskulären 
Bindegewebes an, als deren Folge im peribronchialen Binde¬ 
gewebe tuberkelähnliche grau durchscheinende Granulations¬ 
knötchen, im alveolaren Lungengewebe aber Hepatisations¬ 
knötchen entstehen. Im späteren Verlauf tritt der katarrhalisch¬ 
pneumonische Charakter des Prozesses immer mehr in den 
Vordergrund, während in den Blutgefäßen mit gallig infiltrierten 
Wandungen gleichzeitig Thrombenbildung stattfindet. 

Inhalation von mit Rotzbazillen geschwängerter Luft hat 
für gewöhnlich zunächst nur eine akute Erkrankung'der untersten 
Teile der Nasenhöhlen zur Folge, wozu sich später im meta- 
statischen Wege eine Erkrankung der Lungen hinzngesellen 
kann. Infektion von der Trachea aus erzeugt in den Lungen 





30. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


83 


disseminierte Rotzherde von katarrhalisch-pneumonischem Cha¬ 
rakter. 

Die natürliche Infektion erfolgt für gewöhnlich von den 
Verdauungswegen aus, während der Ansteckung von den Luft¬ 
wegen aus, mittelst Inhalation des Virus unter natürlichen Ver¬ 
hältnissen kaum eine nennenswerte Rolle zukommt. 

Der Nasenrotz pflegt sich, ebenso wie der Hautrotz, als 
sekundärer Prozeß der primären Erkrankung innerer Organe 
und insbesondere der Lungen anzuschließen. 

Allgemeine akute Erkrankung mit remittierendem bzw. inter¬ 
mittierendem Fieber erregt unter Umständen, wo die Möglichkeit 
einer Rotzinfektion besteht, begründeten Verdacht auf eine statt¬ 
gefundene Ansteckung, insbesondere wenn inzwischen auch 
temporärer seröser Nasenausflnß mit leichter Schwellung der 
Kehlgangslymphdrüsen beobachtet wird. Rdr. 

Über Milzbrand beim Schwein. 

Von Dr. E. Wyßmann - Neuenegg (Bern). 

(Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 49. Bd., 5. Heft.) 

Unter genauer Beachtung der bisherigen Literatur beschreibt 
Wyßmann ausführlich zwei Fälle von Milzbrand beim Schwein, 
die sich in einem Gehöft im Anschluß an eine unter den Kühen 
und Pferden desselbigen Besitzers herrschende Milzbrandenzootie 
ereignet hatten. 

Fall I.: Erscheinungen im Leben: Inappetenz, Verstopfung, 
vieles Liegen, Atembeschwerde, geringe Halsschwellung, Rektal¬ 
temperatur 39,5, blaurote Verfärbung an den Ohren, Nase, Bauch, 
Rücken und Hinterschenkel, Konjuntivitis, Rüsselscheibe trocken 
und kalt, schaumig-eitriger Nasenausfluß, starkes Speicheln. 
Sektionserscheinungen nach der Notschlachtung: Glottisödem, an 
beiden Zungenseitenflächen vereinzelte, submuköse, kleine hämor¬ 
rhagische Herde, Kehlgangslymphdrüsen und Umgebung sulzig- 
blutig infiltriert, Lungenödem, subendokardiale Blutungen, Leber 
blauviolett und sehr blutreich, Milz ein wenig vergrößert mit 
schwach runzlicher Kapsel und braunroter Pulpa, Magendarm- 
lymphdrüsen hämorrhagisch infiltriert, Serosa des Dünndarmes 
diffus und teilweise ramiform gerötet. Im Blute und in der 
Milz können Milzbrandbazillen nicht nachgewiesen 
werden, wohl aber in geringer Anzahl in den Kehl¬ 
gangslymphdrüsen. Tierimpfversuch positiv. 

Fall II.: Klinische Erscheinungen: Inappetenz, Verstopfung, 
Liegen, Husten, hohes Fieber, große Apathie, linsen- bis erbsen¬ 
große, blaurote, rundliche Flecken in der Haut des Rückens 
und des Bauches, späterhin diffuse heiße Halsschwellung, Blau¬ 
färbung der Haut an Nase, Ohren und Hals, Tod nach ca. 
sieben Tagen trotz dreimaliger Einverleibung von Milzbrand¬ 
serum. Der Sektionsbefund ergab außer den Erscheinungen 
der Septikämie akute Herzbeutelentzündung, hämorrhagisch- 
nekrotisierende Pneumonie, sero-fibrinöse Pleuritis, Lebertumor, 
Milz ein wenig vergrößert, Nieren blaß und mit zahlreichen 
kleinen Infarkten versehen. Bakteriologische Blut- und Milz- 
nntersuchung negativ, Niereninfarkte und Lunge, sowie Bronchial¬ 
drüsen enthalten Milzbrandbazillen in mäßiger Anzahl. Tier¬ 
impfversuche fielen negativ aus. 

In den beiden beschriebenen Fällen handelte es sich um 
Entstehung des Milzbrandes durch Inhalation sporenhaltigen 
Staubes, welcher mit Blut infiziertem Stroh entstammte. Der 
Verfasser spricht sich für Ausdehnung des schweizerischen Tier- 
senchengesetzes und der Entschädigung auf den Milzbrand des 
Schweines aus. J. Schmidt. 


Kommt Ranschbrand beim Pferde vor? 

Von Professor R. Ost er tag. 

(Zeitschrift f. Infektionskr., paras. Krankh. u. Hyg. d. Hautkr., Bd. III, S. 95.) 

Ein Spezialfall gab Ostertag Gelegenheit, zu der vor¬ 
liegenden Frage Stellung zu nehmen; es handelte sich um den Ent¬ 
schädigungsanspruch eines Landwirts für ein angeblich an Rausch¬ 
brand zugrunde gegangenes Pferd. Der Obduktionsbefund gab 
im Zusammenhalt mit den Erscheinungen des Tieres vor deiu 
I Tode keinen Grund zu der Annahme, daß dasselbe rauschbrand¬ 
krank gewesen ist. An und für sich sprechen dagegen noch 
manche andere Umstände: Das Alter des Tieres (7 Jahre), 
das Verhalten der Pferde in dem am stärksten durch Rausch¬ 
brand heimgesuchten Landesteilen und die Ergebnisse der Ver¬ 
suche künstlicher Übertragung von Rauschbrand auf das Pferd, 
durch die bis jetzt noch nicht gelungen ist, Pferde rauschbrand¬ 
krank zu machen. Die mit Rauschbrandmaterial subkutan ge¬ 
impften Pferde bekamen nur örtliche, nach wenigen Tagen wieder 
verschwindende Anschwellungen. 

Auch die weiteren Versuche mit dem eingesandten Material 
und einer Reinkultur bestätigen, daß das zur Prüfung mit über¬ 
sandte Material im vorliegenden Falle keine Rauschbrandbazillen 
sondern Pseudorauschbrandbazillen enthielt. Es hat sich somit 
kein Anhalt dafür gewinnen lassen, daß Pferde spontan 
an Rauschbrand erkranken können. Richter. 

Die Ergebnisse der modernen Krebsforschung. 

Von Dr. med. et chir. Anton Sticker, Assistent der Chirurg. 

Universitätsklinik zu Berlin. 

(Zeitschrift für Veterinärkunde 1907, S. 427.) 

Die letzten Jahre haben so manche bemerkenswerte Tat¬ 
sache auf dem Gebiet der Krebsforschung zutage gefördert, daß 
es möglich ist, an der Hand derselben zu grundlegenden An¬ 
schauungen über das Wesen und die Entstehung der Krebs¬ 
krankheit zu gelangen. Sticker berührt zunächst kurz die 
Resultate der klinischen und der pathologisch-anatomischen 
Forschung, verbreitet sich dann aber eingehender über die Er¬ 
gebnisse der experimentellen Forschung und schließt seinen 
Artikel mit folgenden Sätzen: 

Das wichtigste Ergebnis der modernen Krebsforschung ist, 
j daß Histologen, Kliniker und Experimentatoren in Überein¬ 
stimmung das Wesen des Krebses in einer Wucherung 
parasitär gewordener Körperzellen suchen, welche 
ebenso wie sie durch Metastasierung von einer Primärgeschwulst 
nach den verschiedensten Stellen des Körpers, so auch von 
außen in einen bis dahin geschwulstfreien Körper gelangen 
können. Wie eine Körperzelle parasitär wird, ist bis jetzt 
weder durch das Experiment festgestellt, noch durch irgendeine 
theoretische Vorstellung genügend erklärt worden. Die An¬ 
nahme (Stickers), daß es sich in jedem Fall von Geschwulst¬ 
bildung um eine Implantation arteigener, aber körperfremder 
Zellen handele, in Verbindung mit der Anschauung (v. Leyden- 
Bergell), daß das unbegrenzte Wachstum dieser Zellen durch 
das Fehlen ferment-hydrolytischer Kräfte bedingt wird, läßt die 
Krebsentstehung am besten verstehen. Richter. 

Klinische Untersuchungen über das Filmaron, als 
wirksamen Bestandteil der Wurmfarnwurzel. 

Von Prof. Dr. Gmeiner. 

(Deatuche Tierä Etliche Wochenschrift 1907. Nr. 37 und 33.) 

Die wurmtreibende Substanz im Filixextrakt ist eine von 
Kraft entdeckte amorphe Säure, der die wissenschaftliche Be- 





84 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


Zeichnung Aspidinolfilicin zukommt und die den Handelsnamen 
Filmaron erhalten hat. 

In der Tiermedizin ist das Filmaron noch unbekannt und 
Prof. Gm einer hat nun toxikologische und klinische Versuche 
mit dieser Substanz an Haustieren vorgenommen und hat die 
Dosis für Tiere bestimmt. 

In toxikologischer Beziehung stehen die entzündlichen Reiz¬ 
erscheinungen im Magen und Darmtraktus im Vordergrund. In 
toxischen Gaben äußert das Filmaron auch lähmende Wirkungen 
auf den Bewegungsapparat, auf das Gehirn und das Atmungs¬ 
zentrum. Bei langsam wirkenden Gaben tritt eine parenchy¬ 
matöse Nephritis ein. In der Art und Weise der Giftwirkung 
ist also das Filmaron mit dem Filixextrakt so gut wie identisch. 

Bei der praktischen Anwendung des Filmaron hält Gm einer 
eine vor der Wurmkur angeordnete Hungerkur für bedenklich, 
weil die Gefahr der Gift Wirkung groß ist. Er empfiehlt deshalb, 
das Tier am Tage vorher wie gewöhnlich zu füttern und am 
nächsten Morgen dem nüchternen Tier das Filmaron zu geben, 
entweder in Kapseln oder als Filmaronöl. Das Filmaron kommt 
wegen seiner unangenehmen physikalischen Eigenschaften (leicht 
zersetzlich), die eine Dispensation in trockener Form schwierig 
gestalten, in lOproz. Rizinusöl-Lösung als „Filmaronöl“ in den 
Handel. 

Ganz kleine Hunde erhalten 0,2 g Filmaron, kleine 0,4 g, 
mittelgroße 0,7 g, große 1,0 g Filmaron in Gelatinekapseln oder 
man gibt es als Filmaronöl und zwar je nach Größe 2—10 ccm. 
Eine Stunde darnach ist unbedingt ein Laxans zu geben, damit 
die Resorption durch die Darmschleimhaut vermieden und das 
Filmaron rasch durch den Darmtraktus geführt wird. Man ver¬ 
schafft ihm somit die Möglichkeit, die Würmer zu erreichen und 
zugleich die gelähmten Parasiten schnell zu entfernen. Zu 
diesem Zwecke empfiehlt Gm ein er das Rizinusöl, für ganz 
kleine Hunde 15 g, für kleine 30 g, mittelgroße 50 g, große 
70—80 g. Zwei Tage hintereinander soll das Filraaron nicht 
gegeben werden, auch ist zu beachten, daß ganz junge lieran- 
wachsende Hunde außerordentlich empfindlich sind, bei denen 
ja überhaupt am besten jegliches Antitaenicum zu unterlassen ist. 

Rdr. 

Giftigkeit des Lysols. 

Von Tierarzt G. Korreng-Burg i. Spreewald. 

(Deutsche Tlerärztl. Wochenschrift 1907, Nr. 60.) 

Korr eng sah nach Einreibung der Beine und der Ohren 
eines an Sarkoptesräude leidenden, kräftig entwickelten Hundes 
mit 8proz. Lysolspiritus alsbald hochgradige Vergiftungs¬ 
erscheinungen auftreten, nämlich Zusammenstürzen, Schwei߬ 
ausbruch, allgemeine Lähmung, Herzschwäche, Muskelzittern, 
klonisch-tonische Krämpfe. Durch größere Dosen Glaubersalz 
per 08 und subkutane Injektionen von Spiritus camphoratus trat 
Heilung ein. Rdr. 

Mitteilangen ans der chirurgischen Klinik der Reichs- 
tierarzneischnle in Utrecht. 

Von Prof. W. C. Schimmel. 

(Üsterr. Monatsschr. t. Tierh. 1907, 8. 304 und 463 ) 

1. Fractura comminuta des rechten Augenbogens 
mit Zerreißung des Nervus opticus beobachtete S. bei 
einem Pferde, dessen Kopf zwischen die Türpfosten eingeklemmt 
worden war, wobei ein spitzer Riegel hinter dem Augenbogen¬ 
fortsatz eingedrungen war. Vom Processus cygomaticus war ein 


3 cm langes Stück, vom Orbitalrand des Stirnbeins ein 3,5 cm 
langes Stück abgesprengt. Zwischen den unverletzten Lidern 
ragte der Bulbus und ein Teil des orbitalen Gewebes hervor; 
der Augapfel hing nur noch an der Conjunctiva Palysebrae 
superioris. Der Optikus war hoch oben abgequetscht. — Bulbus, 
Fett usw. wurden entfernt, die Hautwunde genäht, die Orbita 
tamponiert und die Augengegend vier Tage mit einem Eisbeutel 
bedeckt. Später wurde die kranke Stelle mit einer Augenmaske 
geschützt, mit der das Pferd frei in der Box herumlaufen 
konnte. — Membrana nictitans und Conjunctiva verwuchsen so, 
daß kein Raum für ein künstliches Auge blieb. Heilung trat 
nach ca. fünf Wochen ein. 

2. Ruptur des Fesselbeinbeugers an beiden Hinter¬ 
füßen bei einem Wagenpferde. Eine temperamentvolle 
fünfjährige Stute war mit einem trägen Pferde zusammen ein¬ 
gespannt worden und hatte sich infolge des Antreibens des 
letzteren sehr angestrengt. Plötzlich konnte sie nur mit größter 
Mühe vorwärts gehen. Es zeigte sich folgendes: Im Sprung¬ 
gelenk standen Tibia und Metatarsus senkrecht übereinander, 
in den Fesselgelenken fand sehr starkes Durchtreten statt. Das 
Tier trippelte mit den Hinterfüßen und ging nur mit kurzen 
Schritten vorwärts. Für Ruptur von Krön- oder Hufbeinbeuger 
mangelten die Symptome. Es wurde Zerreißung der Fesselbein¬ 
beuge angenommen; das Fehlen deutlicher Erscheinungen (An¬ 
schwellung, Wärme, Schmerz bei Druck) wurde durch die tiefe 
Lage erklärt. Am getöteten Tier zeigte sich, daß die Fessel¬ 
beinbeuge an den Schenkeln fast keine Abweichungen erkennen 
ließen, daß aber nach oben zu die Sehnenfasern auseinander¬ 
gezogen und zerrissen waren. 

3. Ein 14 jähriger Wallach zeigte, von der linken Seite 
der Glans Penis ausgehend, einen gestielten Tumor von Faust¬ 
große. Weiter befand sich links auf der inneren Fläche der 
inneren Präputialfalte eine diffuse Wucherung etwa handbreit. 
Der Tumor wurde mit dem Ekraseur, die Wucherungen am 
Praeputium mit der Schere entfernt, die Wunden mit 20proz. 
Chlorzinklösung bepinselt. Die histologische Untersuchung ergab, 
daß es sich um ein Kondylom am PeniB und eine diffuse 
papillomatö8e Wucherung auf dem inneren Präputial- 
blatt handelte. 

4. Ein zwei Monate altes Hengstfohlen litt an einem 
Tumor, welcher sich in den letzten Wochen am rechten Rande 
des Unterkiefers entwickelt hatte, sich vom rechten Mittelzahn 
nach hinten zu ausdehnte und die rechte Hälfte der Unterlippe 
nach außen drängte. Der kranke Knochen wurde nach Entfernen 
der Schleimhaut weggesägt. Es handelte sich um ein Osteo¬ 
fibrom. Nach zehn Wochen war kein Rezidiv eingetreten. 

Richter. . 


Tagesgeschichte. 

Die erste Lesang des Viehseachengesetzes. 

(13. und 20. Januar 1908.) 

Als Kommissare sind anwesend: Der Präsident des Kaiserlichen 
Gesundheitsamtes Dr. Bumm mit den Direktoren Dr. Uhlenhuth 
und Dr. Ostertag, Geheimrat Scharmer vom Reichsamt des 
Innern, Geheimrat Oegg vom Reichsjustizamt, Major v. Ho ver¬ 
beck vom Kriegsministerium. Von Preußen: Ministerialdirektor 
Küster, Geheimer Oberregierungsrat Schröter, Geheimer 
Regierungsrat Dr. Hesse, Veterinärrat Nevermann vom 




30. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


85 


Landwirtschaftsministerium, Freiherr von Tzschammer vom 
Finanzministerium, Geh. Ober-Med.-Rat Dr. Kirchner vom 
Kultusministerium und Reg.-Rat Dr. Huber vom Ministerium 
für Handel und Gewerbe. 

Die Reden der Herren Abgeordneten wörtlich zu ver¬ 
öffentlichen, würde des Raumes wegen untunlich und auch 
zwecklos sein, da natürlich ihre Ausführungen teils sich wieder¬ 
holen, teils auch für die Tierärzte kein Interesse haben. Die 
Reden werden daher im Auszug veröffentlicht, jedoch so, daß 
die hierunter folgenden Angaben dem Wortlaut entsprechen oder 
doch den Sinn genau wiedergeben und alles unmittelbar auf die 
Beurteilung des Gesetzes bezügliche enthalten. 

Freiherr von Pfetten (Württemberg, Zentrum) eröffnet die 
Reihe mit einer Rede, welche von einer eingehenden Kenntnis 
des vorliegenden Entwurfes, wie der ganzen Materie zeugt und 
eine vorzügliche Durcharbeitung des ganzen Stoffes erkennen 
läßt, deshalb eine ausführlichere Wiedergabe verdient. Der 
Redner führte folgendes aus: 

Der vorliegende Gesetzentwurf stellt einen sehr bedeutsamen 
Fortschritt dar für einen hoffentlich umfassenden Schutz der 
deutschen Viehbestände und dadurch zugleich für die allgemeine 
Volkswohlfahrt, namentlich auch die menschliche Gesundheit. Der 
leitende Gedanke in dieser Vorlage ist das präventive 
Prinzip: man will durch Vorbeugungsmaßregeln hindern, daß 
es überhaupt zum Seuchenausbruch kommt. Daß so ausgiebige 
Vorbeugungsmaßregeln gegenüber den Viehseuchen möglich 
sind, verdanken wir namentlich auch der Wissenschaft, und es 
ist mit Genugtuung zu begrüßen, daß gerade deutsche Gelehrte 
epochemachende wissenschaftliche Ergebnisse erzielt haben, von 
großer Bedeutung für die großen Werte, die in der deutschen 
Viehzucht niedergelegt sind. Möge das Reichsgesundheitsamt 
auch in Zukunft die Frage der Entstehung und Bekämpfung der 
Tierseuchen eifrig weiter pflegen, namentlich bezüglich der Maul¬ 
und Klauenseuche. Alle Mittel, die hierfür im Etat gefordert 
werden, werden wenigstens vom Zentrum ohne weiteres ge¬ 
nehmigt werden. Nicht minder wichtig ist es, die indirekte 
Schädigung der Landwirtschaft zu mildern. Die Vorlage bringt 
wesentliche Verschärfungen eigentlich nach allen Richtungen, 
die sich sehr fühlbar machen werden für den Landwirt, wie für 
die Viehhändler; der Handel wird sogar noch schwerer betroffen 
wie die Landwirtschaft. Sicher wird eine große Anzahl „lästiger 
Plackereien und Polizeimaßregeln“ entstehen, und mancher wird den 
beamteten Tierarzt wochenlang nicht von seinem Hofe wegbringen. 
Der Gesetzentwurf vermehrt die Zahl der anzeigepflichtigen 
Seuchen. Bedauerlich bleibt, daß unter diese nicht auch die 
sehr kontagiöse Faulbrut der Bienen aufgenommen ist. Be¬ 
deutsam ist die erhebliche Verstärkung der Anzeigepflicht. Es 
bestehen Bedenken, ob aus der Anzeigepflicht für alle die an¬ 
geführten Personen nicht erhebliche Schikanen für den Vieh¬ 
besitzer erwachsen bei der Kalamität, die jetzt schon mit Dienst¬ 
boten und Arbeitern besteht. Die Schutzmaßregeln sind sehr 
verschärft; zum Einschreiten genügt künftig schon der Verdacht. 
Die Beschränkung des Personenverkehrs wird unter Umständen 
schwer durchzuführen sein, z. B. zurzeit der Feldbestellung. Auch 
die Lederindustrie, die bis in die allemeueste Zeit geradezu 
notleidend war, kann erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. 
Trotz aller dieser Unannehmlichkeiten und Schattenseiten, die 
sowohl die Landwirtschaft, als die Industrie treffen werden? 
kann eben nur die strengste Handhabung seitens der 


Polizei im Sinne des Gesetzentwurfs die Verhinderung 
und Unterdrückung der Seuchen garantieren. Die Er¬ 
fahrungen des letzten Jahrzehnts liefern uns den Beweis dafür; 
nur eine ganz strenge, ja drakonische Durchführung der Polizei¬ 
maßregeln kann und wird uns den vollen Erfolg bringen. Die 
deutsche Landwirtschaft, die im Laufe der letzten Jahre so viel 
auf sich genommen hat, wird auch in diesem Falle nicht ver¬ 
sagen und bereit sein, auch die lästigsten Maßregeln zu er¬ 
tragen. Was die Entschädigungspflicht anlangt, so ist frag¬ 
lich, ob die Entschädigung nicht in der vollen Höhe des gemeinen 
Wertes zu gewähren wäre. Mit dem Versicherungswesen ist 
der Gesetzentwurf nicht ohne weiteres zu vergleichen, weil es 
sich' hier um das öffentliche Wohl handelt. Die Entschädigung 
sollte auch eingeführt werden für Tiere, die an Maul- und Klauen¬ 
seuche gefallen oder deswegen getötet sind. In einer Versamm¬ 
lung des Bayerischen Bauernvereins ist der sehr beachtenswerte 
Gedanke angeregt worden, daß dem Besitzer, der in einem Ort 
den Ausbruch der Seuche in seinem Stall zuerst anzeigt, eine 
besondere Entschädigung zuzubilligen sei. Zu bedenken ist auch 
die Schädigung der Molkereien, wobei es nötig sein wird, den 
Begriff der Molkerei, der wirtschaftlich noch nicht feststeht, 
genauer zu bestimmen. Auch für die wegen Tollwut getöteten 
Hunde muß eine Entschädigung gewährt werden mit Rücksicht 
auf die aufgeblühte Hundezucht und den Wert z. B. der Jagd¬ 
hunde. Volle Entschädigung ist auch für Geflügelcholera und 
Hühnerpest zu fordern; es entspricht das der Bedeutung der 
Geflügelzucht in Deutschland. Die Entschädigungsfrage muß 
liberal geregelt werden. Die Übernahme der Kosten für tier¬ 
ärztliche Untersuchungen, Impfung, Desinfektion und Tötung 
auf die Staatskasse ist unbedingt erforderlich. Der Tierarzt 
wird in Zukunft auf dem landwirtschaftlichen Gehöft ein sehr 
häufiger Gast sein. Es wird daher auch Aufgabe der Landes¬ 
regierungen sein, für eine entsprechende Anzahl der 
beamteten Tierärzte und der Tierärzte überhaupt zu 
sorgen. Es ist unbedingt nötig, daß die Tierärzte nicht 
allzuweit für jeden Landwirt zu erreichen sind. Der Tierarzt, 
der 20 km fahren muß, hat selbstverständlich ein höheres 
Honorar zu fordern, als wenn er nur 5 km weit entfernt ist. 
Auch Vermehrung und Verbilligung von Telephon und Telegraph 
auf dem Lande ist zur schnellen Requisition notwendig. Die 
Kompetenz der kommunalen Tierärzte in den Schlachthöfen 
muß aufrecht erhalten werden dergestalt, daß sie für die Vornahme 
von Schlachtungsuntersuchungen zuständig sind. Im allgemeinen 
stimmt das Zentrum den Grundgedanken und der Tendenz des 
Gesetzes vollständig zu unter dem Vorbehalt, daß eine Reihe 
von Einzelheiten näher geprüft wird, weshalb die Vorlage an 
eine Kommission von 28 Mitgliedern zu verweisen ist. 

Siebenbürger (konservativ): (Der Herr Abgeordnete be¬ 
tonte vor allen Dingen die Belästigungen, welche der neue 
Entwurf der Landwirtschaft auferlegen werde, und beurteilte 
die Anwendung und den Nutzen des Entwurfs weniger von 
weiten Gesichtspunkten aus, als vielmehr nach persönlicher 
landwirtschaftlicher Erfahrung. Dagegen gab er eine energische 
und durchaus zutreffende, auf gründliche Kenntnisse sich stützende 
Anregung zur endlichen Regelung des Abdeckereiwesens. Diese 
Frage hängt zwar mit dem vorliegenden Gesetz zusammen, 
bildet aber doch einen Gegenstand für sich; dieser Teil der 
Rede soll daher an anderer Stelle ausführlicher wiedergegeben 
werden, während die übrigen Ausführungen des Redners zum 
Gesetz kürzer znsammengefaßt werden können.) 

Obwohl der Entwurf dem Tierhalter sehr schwere 
Lasten auferlegt, kann Redner namens der konservativen 





86 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


Partei erklären, daß sie ganz auf dem Boden des Entwurfs 
steht. Mögen die Bestimmungen uns noch so schwer 
treffen, wir wissen, daß wir dem Vaterlande schuldig 
sind, den Viehstand und die Bevölkerung gesund zu erhalten; 
deshalb müssen die Opfer, die das Gesetz verlangt, gebracht 
werden. Das schließt Änderungen nicht aus, weil uns ein Teil 
übertrieben, ein kleiner Teil sogar absolut unmöglich erscheint. 
Sehr lobenswert’ist die neue Fassung des Gesetzes, die Ver¬ 
einfachung des Namens, die beigegebene Begründung und Denk¬ 
schrift. Der Redner verbreitet sich über die Erfolge des 
Gesetzes bei den verschiedenen Seuchen. Von der veterinär¬ 
polizeilichen Behandlung der Maul- und Klauenseuche denkt er 
anscheinend gering. Er sieht das beste Mittel in der sofortigen 
Infizierung des ganzen Bestandes beim Auftreten der ersten 
Erkrankung; in seinem Bestände war danach die Seuche in 
14 Tagen erloschen. (Da hat der Herr Abgeordnete viel Glück 
gehabt!) Kein Erfolg ist bei den Schweineseuchen und ebenso 
bei der Tuberkulose zu verzeichnen; auch bei der Tollwut hat 
die Wissenschaft versagt. Dem Hunde soll man keinen Schutz an¬ 
gedeihen lassen; er ist ein großer Feind des Menschen. „Um den 
Hunden mehr auf die Finger zu sehen u , sollen sie in Zukunft Hals¬ 
bänder tragen; das ist das mindeste, was man verlangen kann. 
Die Anzeigepflicht ist auf eine große Zahl anderer Krankheiten 
ausgedehnt worden. Das ist berechtigt, doch mögen Schweine¬ 
seuche und Schweinepest gestrichen werden, weil die Wissen¬ 
schaft noch nicht imstande ist, festzustellen, was Schweineseuche 
und was Pest ist. Die Beschränkung des Personenverkehrs soll 
hoffentlich nur für fremdes auswärtiges Personal gelten; den 
Besitzern kann doch nicht wohl der Verkehr in ihrem Stall ver¬ 
boten werden. Wie die Reinigung und Desinfektion von Wegen 
und von Tieren durchgeführt werden soll, ist nicht klar. Die 
Strafen scheinen durch den neuen Entwurf sehr verschärft; 
statt 10 bis 150 M. oder Haft wird jetzt Gefängnis bis zu zwei 
Jahren angedroht. Aber die Sache ist nicht so schlimm, wie 
sie aussieht, und strenge Strafen sind nötig, um die rechtzeitige 
Erstattung der Anzeige herbeizuführen. Die strengsten Be¬ 
stimmungen im Inlande werden aber nichts nutzen, wenn nicht 
noch zwei Forderungen erfüllt werden: das ist die Abwehr 
gegen das Ausland und die gesetzliche Ablösung der gesetzlichen 
Abdeckereiprivilegien. (Siehe Bemerkung am Anfang der Rede). 

Lehmann- Jena (nationalliberal): Wir billigen die Ver¬ 
weisung an eine Kommission. Wir begrüßen die Tendenz des 
Gesetzes wegen der Wichtigkeit unseres deutschen Viehbestandes, 
der sich in der Zeit von 1883 bis 1904 bei den Rindern von 
15 3 / 4 auf 1974, bei den Schweinen von 974 auf 19 Millionen 
gehoben hat, was eine Steigerung von 22 Proz. beim Rind und 
105 Proz. beim Schwein bedeutet. Die deutsche Landwirtschaft 
ist nach diesem Zuwachs wohl in der Lage, das Inland mit 
Fleisch zu versorgen. Bei der Bedeutung des Viehbestandes 
für die Volksernährung wird man strenge Maßregeln bei solchen 
Gefahren in Kauf nehmen müssen, woran das vorliegende Gesetz 
reich ist. Andererseits „scheint aber doch das Gesetz etwas stark 
nach Tinte und grünem Tisch, nach der bazillengeschwängerten 
Luft der Studierstube zu riechen“. Da ist zunächst die Stellung 
des beamteten Tierarztes. Derselbe hat heut schon eine so 
große Machtbefugnis, wie das schwache Naturen nicht vertragen 
können, ohne daß ihr Selbstbewußtsein über das normale Maß 
hinaus gesteigert wird. Die Stellung des Bezirkstierarztes 
ist ja eine ganz eigenartige; gegen seine Entscheidung kann 


keinerlei Berufung stattfinden. Es muß eine Berufungs¬ 
instanz gefordert werden, in der neben den Ver¬ 
waltungsbeamten vor allem auch praktische Land¬ 
wirte sitzen. (!) Schrecklich ist das Wort „Seuchenverdacht“, 
womit grober Unfug getrieben wird. Heraus muß aus dem 
Gesetz die Meldepflicht des landwirtschaftlichen Gesindes; das 
würde ein Denunziationssystem sondergleichen. Der Landwirt 
ist heute schon der Sklave seiner Leute. Oh man heute schon 
die Tuberkulose in das Gesetz aufnehmen kann, ist zweifelhaft. 
Mit Recht verschärft sind die Maßnahmen gegen das Ausland; 
doch können auch hierin große Härten liegen, z. B. für unsere 
Gerberindustrie. Der Punkt 2 des § 17a (Verbot oder 
Beschränkung des Treibens von Vieh im Besitz von Vieh¬ 
händlern) ist nicht verständlich. Die Anordnung von Impfungen 
kann unbedenklich für die Schweinekrankheiten konzediert 
werden, nicht jedoch für die Tuberkulose. Noch nicjit weit 
genug geht das Gesetz in der Bestimmung über Beseitigung 
von Milzbrandkadavern; die Regelung des Abdeckereiwesens ist 
dafür erforderlich. Bei der Maul- und Klauenseuche sind die 
j strengen Bestimmungen über den Personenverkehr nur zu 
| begrüßen. Das Wesen der Schweinekrankheiten erscheint noch 
recht wenig erforscht. Das gilt auch für die Tuberkulose. 
Wenn in gewissen Fällen Erhitzung von Milch gefordert wird, 
so fragt sich, wie in kleinen Betrieben eine derartige Erhitzung 
stattfinden soll. Wenn auf der einen Seite fortgesetzt 
strenge Maßregeln erlassen werden, so wird man sich 
nicht wundern dürfen, wenn die Preise der be¬ 
treffenden Produkte in die Höhe gehen. Zweifellos ist, 
daß die Tuberkulose sogar Fortschritte macht, denn sie 
ist eben eine Kulturkrankheit. Mögen die Regierungen mit 
aller Macht darauf hinwirken, daß die Aufzucht des Jung¬ 
viehes wieder naturgemäßer betrieben wird. Angesichts 
der Erfahrungen, die in Dänemark mit der Tuberkulose¬ 
bekämpfung gemacht sind, wird es nicht leicht sein, den 
richtigen Weg zu finden. Die Entschädigung für an Tuber¬ 
kulose gefallene Tiere kann unter keinen Umständen, wie die 
Vorlage verlangt, von den Tierbesitzern aufgebracht werden. 
Sie muß von der Allgemeinheit übernommen werden; denn an 
der Bekämpfung der Tuberkulose ist diese interessiert. 
Entschädigung ist auch für Geflügelcholera am Platze. Wenn, 
wie die Vorlage sagt, der Wert des Objekts gering sei, so 
spricht das ebensowohl für als gegen die Entschädigung. Eben¬ 
so viele kleine Leute, wie andererseits die Geflügelzucht ist 
daran interessiert. Man hat auf der einen Seite zwei Jahre 
Gefängnis angedroht und auf der anderen Seite keine Ent¬ 
schädigung wegen Geringfügigkeit geben wollen. Auch Hunde 
müssen entschädigt werden, worum der Verband südwest-deutscher 
Vereine für Hundezucht und Jagd petitioniert. Das dreimonat¬ 
liche Einsperren bei Tollwut führt zu den größten Härten. 
Auch bei Todesfällen durch Maul- oder Klauenseuche ist 
Entschädigung zu gewähren. Unbedingt werden hier — ich 
erkläre das namens meiner sämtlichen Parteifreunde — daran 
festhalten müssen, daß alles getan wird, um der Einschleppung 
von Seuchen aus dem Auslande vorzubeugen, und wir werden 
nie und niemals auch nur das Tüpfelchen über dem i 
nachgeben in den veterinärpolizeilichen Schutz¬ 
bestimmungen an den Grenzen. Wenn es heißt: ein 
schlechtes Gesetz gut ausgeführt, ist besser, als ein gutes 
Gesetz schlecht ausgeführt, dann trifft das besonders für das 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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vorliegende Gesetz zu. Von der Ausführung wird es abhängen, 
ob das Gesetz eine große und schwere Belastung darstellen, 
oder ob es zum Segen nicht nur der Landwirtschaft, sondern 
auch der Allgemeinheit wirken wird. Hoffen wir das letztere. 

(Zweiter Verhandlungstag.) 

Scheldemann (Sozialdemokrat): (Der Abgeordnete behandelt 
das Gesetz vom Standpunkt seiner Partei, nennt es ein 
agrarisches Gesetz, spricht von Liebesgaben für die Agrarier 
und so fort. Jm übrigen aber ist auch er bestrebt, der Be¬ 
deutung des Gesetzes gerecht zu werden, wobei er das Interesse 
der Volksernährung in den Vordergrund rückt and vielfach 
bemerkenswerte Hinweise über die Wirkungen des Gesetzes auf 
den kleineren Landwirt einflicht.) 

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es von 
der größten Wichtigkeit ist, unseren Viehstapel vor Ver¬ 
seuchung zu schützen. Es kommt dabei nicht einmal in 
erster Linie der Wert des Viehstapels, der auf 7 bis 
77a Milliarden geschätzt wird, in Betracht, sondern es handelt sich 
um die Ernährungsfrage. Ohne gesundes Vieh kein gesundes 
Fleisch, und ohne gesundes Fleisch auch keine Ernährung, wie 
wir sie im Interesse unseres Volkes wünschen müssen. Das 
Gesetz sollte die Ernährungsfrage in den Mittelpunkt stellen. | 
Wenn der Paragraph über die Anzeigepflicht Gesetz wird, so 
werden die Viehbesitzer unter Umständen ihres Lebens nicht 
mehr froh. Es ist leider Tatsache, daß in den meisten Dörfern 
Streitigkeiten unter den Bauern bestehen; da gibt es 
Schikanen durch Anzeigen. Hier muß eine andere Fassung 
gefunden werden, vielleicht so, daß die Anmeldung bei 
der Behörde innerhalb 24 Stunden erfolgen muß; alle ver¬ 
pflichteten Personen sollen innerhalb 12 Stunden dem Besitzer 
Anzeige machen und nur, wenn sie ihn in dieser Zeit nicht 
erreichen, direkte Anmeldung geben. Eine Fülle einschneidender 
Maßnahmen trifft der § 17 a. Außerordentlich beachtenswert ist 
dazu die Eingabe, welche der Zentralverband der deutschen 
Viehhändler gemacht hat. Die §§ 17a und 18 werden dort 
als Allerweltsparagraphen bezeichnet; als Resultat der Be¬ 
stimmungen wird dargestellt, daß in der Hauptsache eine Be¬ 
schränkung, teilweise ein vollständiges Verbot des Viehhandels 
angestrebt werde, dem Kardinalpunkt aller notwendigen Ma߬ 
nahmen, der Aufdeckung des Seuchenherdes und der Beschrän¬ 
kung auf ihren Herd, dagegen aus dem Wege gegangen 
werde. (??) Sehr sympathisch in diesem Paragraphen berührt 
jedoch die Bestimmung über Beseitigung oder Reinigung von 
Abwässern und Abfällen in Gerbereien, Fell- und Häutehand¬ 
lungen. Wiederholt ist auf die ungeheuren Schädigungen hin¬ 
gewiesen worden, die namentlich der Landwirtschaft entstehen 
durch die Ableitung der Fabrikwässer in die Bäche. Wenn die 
Reinigung solcher Abwässer für die Gerbereien bestimmt wird, 
dürfte man auch in anderen Gesetzen weitergehen oder ein 
besonderes Gesetz über die Reinigung der Abwässer aus den 
chemischen Fabriken usw. erlassen. Die Beschränkung des 
Personenverkehrs läßt befürchten, daß politische Versammlungen 
verboten werden. Die Entschädigungsfrage ist sehr wichtig. 
Nach den Bestimmungen über die Entschädigung müssen unge¬ 
heure Summen herauskommen. Eine obligatorische Zwangs- 
Vieh Versicherung scheint die Voraussetzung. Die Bestimmungen 
über die Einfuhr sind zum Teil undurchführbar. Was könnte 
nicht alles zu den giftfangenden Gegenständen gerechnet werden 
deren Einfuhr dann unter Umständen verboten werden 
kann. Die Machtvollkommenheit, welche den Tierärzten gegeben , 


werden soll, vor denen man übrigens die größte Hochachtung 
haben kann, geht zu weit; eine solche Machtvollkommenheit 
kann man nur Halbgöttern übertragen, nicht Menschen. Es 
wird Sache der Kommission sein, auf alle Einzelheiten ein¬ 
zugehen, die zum Teil gewiß außerordentlich wertvoll sind. 
Wir werden bemüht sein, das Gesetz in der Kommission zu¬ 
stande zu bringen, unter der Voraussetzung, daß alles, was 
notwendig ist zum Schutze gegenüber den verheerenden Vieh¬ 
seuchen, Gesetz wird ohne unnötige Schikanierung der Land¬ 
wirte. (Den Schluß machen die üblichen Ausfälle gegen die 
preußischen Junker und das preußische Wahlrecht.) 

Dr. Hoeffel (Reichspartei): W T enn man die 25 Jahre über¬ 
blickt, seit wir das Viehseuchengesetz haben, so kann man sagen, 
daß es dem Lande tatsächlich Dienste geleistet hat. Bei 
manchen Seuchen scheint allerdings ein Erfolg nicht vorhanden, 
so z. B. bei Maul- und Klauenseuche. Das liegt allerdings daran, 
daß einmal in 25 Jahren eine große Vermehrung des Vieh¬ 
bestandes eingetreten und heute der Verkehr ein ganz anderer 
geworden ist. Bei der Abfassung der Vorlage sind alle In¬ 
stanzen gehört werden, auch der Landwirtschaftsrat und der 
Veterinärrat. Man kann nicht sagen, daß die Frage vom 
grünen Tisch aus behandelt worden ist; das Gesetz beruht auf 
den praktischen und wissenschaftlichen Erfahrungen der letzten 
Jahre. Die Maßnahmen betreffs des Auslandes, die nicht allein 
kranke Tiere, sondern auch ansteckungsverdächtige Gegenstände 
betreffen, müssen genauer formuliert werden; namentlich wird auch 
das berechtigte Interesse der Lederindustrie wahrzunehmen 
sein. Gegen die Anzeigepflicht aller mit der Viehwartung be¬ 
schäftigten Personen haben auch wir Bedenken. Wenn Meinungs¬ 
verschiedenheiten zwischen dem beamteten Tierarzt und dem 
Tierhalter obwalten, so wäre es vielleicht von Wert, die be¬ 
treffenden Stücke dem nächsten bakteriologischen Institut zu 
überweisen; dadurch würde eine vollständig objektive und vor¬ 
urteilslose Prüfung herbeigeführt. (?) Bei der Entschädigung ist 
eine enorme Höhe der Gesamtsumme zu befürchten. Der 
wichtigste Punkt ist die Einbeziehung der Tuberkulose in das 
Viehseuchengesetz, und zwar ist darin der größte Vorteil des 
Gesetzes zu erblicken. Die Perlsucht schadet der Landwirtschaft in 
ganz unberechenbarer Weise durch Verminderung des Tier wertes 
und Verschlechterung der Produkte, Fleisch und Milch. Die 
Krankheit ist außerordentlich verbreitet; 25 Proz. aller Kühe 
sind tuberkulös. In Sachsen hat die staatliche Schlachtvieh- 
Versicherung 1903 und 1904 über 43 Proz. der gesamten Ent¬ 
schädigungen für Tuberkulose ausgeben müssen. Zur Bekämpfung 
ist die Impfung zurzeit noch nicht anwendbar, da sie sich noch 
im Versuchsstadium befindet. Die Trennung und die Ausmerzung 
der kranken Tiere, Tötung und Entschädigung werden die 
einzig praktischen Wege sein. Die Bekämpfung der Tuber¬ 
kulose der Tiere wird zweifellos eine große Bedeutung für die 
menschliche Gesundheit haben. Von diesem Standpunkt aus 
haben wir die Vorlage zu betrachten, nicht vom Parteistandpunkt 
aus. Wenn von dem Vorredner das Interesse der Großgrund¬ 
besitzer hervorgehoben worden ist, so ist zu bemerken, daß bei 
Rinder- und Schweinezucht 90 Proz. in den Händen der Klein¬ 
bauern liegen. Was die Fleischteuerung anbetrifft, so hat die¬ 
selbe nicht allein in Deutschland, sondern auch in Freihandels¬ 
ländern wie England in demselben Maße bestanden. Die 
Behauptung ist daher vollständig unrichtig, daß man in Deutsch¬ 
land auf künstliche Erhöhung der Fleischpreise hinstrebe. 





88 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


Dr. Mugd&n (freisinnige Volkspartei): Wir schließen uns 
dem Anträge auf Verweisung an eine Kommission von 28 Mit¬ 
gliedern an. Die Behauptung, daß der Entwurf nur als 
argrarisches Produkt erscheine unter dem Deckmantel hygienischer 
Bestrebungen, halte ich für außerordentlich übertrieben; er 
stellt vielmehr eine gute Grundlage zur Bekämpfung der Tier¬ 
seuchen dar, wenn er auch im einzelnen zu weit geht. Über 
die Wichtigkeit der Tierseuchenbekämpfung braucht man ja 
eigentlich kaum ein Wort zu verlieren. Ich hätte es übrigens 
lieber gesehen, wenn man statt des Wortes „Viehseuchen“ 
das W T ort „Tierseuchen“ gewählt hätte; denn man kann in 
einem Gesetz, in dem man auch von Krankheiten des Wildes und 
des Geflügels spricht, nicht gut von Viehseuchen reden. Die Be¬ 
kämpfung der Tierseuchen hat zwei Gesichtspunkte: Ein¬ 
mal geht eine große Anzahl dieser Seuchen auch auf den 
Menschen über und andrerseits ist ein so enormes Kapital in 
den Viehbeständen niedergelegt, daß ein großes Interesse an 
der Verhinderung der Erkrankung dieser Bestände vorliegt. Die 
Freisinnigen haben ja oft den Vorwurf erhoben, daß Regierung 
und Reichstag bei ihren Gesetzentwürfen allzusehr auf den 
Großgrundbesitz Rücksicht nehmen. Wir glauben, daß das 
Blühen der Landwirtschaft auf einem Blühen des mittleren 
und kleinen Besitzes beruht. Wir würden deswegen 
inkonsequent bandeln, wenn wir nicht alle Bestrebungen 
unterstützten, die beabsichtigen, den Viehbestand der Land¬ 
wirtschaft zu sichern, denn der kleinere und mittlere 
ländliche Besitzer ist ja auf die Viehzucht angewiesen. 
Die Hauptsache ist, das Objekt der Infektion, das Tier 
selbst, zu fassen. Ob leblose Gegenstände die Infektion weiter 
verbreiten können, wird neuerdings heftig bestritten (Unter¬ 
suchungen von Tjaden in Bremen). Der Gesetzentwurf nimmt 
darauf keine Rücksicht und behandelt lebende und tote Gegen¬ 
stände gleich. Mit Sicherheit läßt sich aber das Objekt der In¬ 
fektion nur bei der Abwehr der Einschleppung aus dem Aus¬ 
lande fassen; da ist es möglich, das erkrankte Tier zu isolieren. 
Viele Vorwürfe, die man in dieser Beziehung unseren Ab¬ 
wehrungsmaßregeln gemacht hat, sind unbegründet, und ich 
glaube, die Bevölkerung würde beruhigter sein, wenn in der 
ausgezeichneten Denkschrift, die das Reichsgesundheitsamt gerade 
diesem Gesetzentwurf beigegeben hat, etwas ausführlicher der 
Begriff der Inkubation bei Infektionskrankheiten abgehandelt 
worden wäre. Wenn man den dabei obwaltenden Verhältnissen 
Rechnung trägt, so führen natürlich die Abwehrmaßregeln zu 
außerordentlich schweren Folgen; denn in dem Augenblick, wo 
im Auslande eine solche Seuche herrscht, kann man eigentlich 
nichts anderes tun, als nach Möglichkeit alle Tiere dieser 
Gattung zu verhindern, über die Grenze zu kommen. Es 
ist möglich, daß dadurch manchmal das Fleisch verteuert wird, 
daß manchmal dabei der heimische Viehzüchter einen Vorteil 
hat; aber das alles kann nicht hindern, in bezug auf Abwehr¬ 
maßregeln gegen die Einschleppung aus dem Auslande die 
allergrößte Vorsicht zu fordern und es zu billigen, daß man 
Tiere, die auch nur seuchenverdächtig sind, aus¬ 
schließt. Aber wenn ich diese sehr scharfen Abwehrmaßregeln 
billige, so verlange ich auf der anderen Seite, daß man alle 
diejenigen Maßregeln fallen läßt, die sich wissenschaftlich nicht 
mehr begründen lassen, wie z. B. die (diagnostische) Tuberkulin¬ 
impfung. Auch die Bestimmungen über die Einfuhr russischer 
und österreichischer Schweine lassen sich mit der Hygiene nicht ver¬ 


teidigen; denn niemand wird einsehen, warum die über die Grenze 
gelassenen russischen Schweine nur unschädlich sind, wenn sie die 
Grenze des oberschlesischen Bezirks nicht überschreiten. Zu den 
Dingen, die die Bevölkerung mit Recht erbittert haben, gehört die 
Erschwerung der Einfuhr frischen Fleisches aus dem Auslande; 
das hat eine Verteuerung herbeigeführt. Wenn sich die aus¬ 
ländischen Fleischverkäufer bereit erklären, ihr Fleisch durch 
einen deutschen approbierten Tierarzt untersuchen zu lassen, so 
sollte man die Einfuhr von Fleisch nicht weiter erschweren. Die 
schweren Bestimmungen über die Einfuhr tierischer Erzeugnisse 
scheinen wissenschaftlich auch nicht begründet. Die Interessen 
der Lederindustrie müssen berücksichtigt werden. Im zweiten 
Teil des Gesetzentwurfes, wo es sich um Bekämpfung von Tier¬ 
seuchen im Inlande handelt, wird mit wissenschaftlichen Theorien, 
nicht bloß mit wissenschaftlich absolut feststehenden Tatsachen 
gearbeitet. Die Erfassung des Objektes wird allerdings im In¬ 
lande vielfach unmöglich sein. Das von den Viehhändlern 
vorgeschlagene allgemeine Viehregister führt zu undurchführ¬ 
baren Maßregeln. Auch die Stallkontrolle auf dem Lande 
wird außerordentlich schwer durchzuführen sein, auch deshalb, 
weil wir bisher einen Mangel an Tierärzten haben. Zum Teil 
ist daran das alte Reichsviehseuchengesetz schuld, und dieselbe 
Schuld scheint auch der neue Entwurf mit übernehmen zu wollen. 
Denn auch in dem neuen Entwurf befindet sich eine ungeheure 
Bevorzugung der staatlich angestellten Tierärzte und 
eine große Zurücksetzung der approbierten Tierärzte. 
Das ist einmal falsch, weil ja die Bekämpfung der Viehseuchen, 
genau wie die Bekämpfung der Menschenseuchen, nur erfolgreich 
sein kann mit Unterstützung aller, nicht allein der beamteten 
Tierärzte. Das Fortkommen der Tierärzte zu erschweren hat 
die weitere Folge, daß der Landwirt dadurch, daß er immer 
auf den staatlich angestellten Tierarzt verwiesen wird, den 
vielleicht in seiner Nähe wohnenden nichtbeamteten approbierten 
Tierarzt gar nicht zu Rate ziehen darf, und daß er. in vielen 
Fällen dann versucht wird, auch weil ihm der staatliche Tier¬ 
arzt zu teuer kommt, überhaupt keinen Tierarzt zu Rate zu 
ziehen. (?) Wir müssen, wenn wir ein erfolgreiches Tier¬ 
seuchengesetz machen wollen, die Stellung der Tierärzte nach 
Möglichkeit erleichtern und es dahin bringen, daß das Studium 
künftig von mehr Personen ergriffen wird. Aus diesem Grunde 
werden meine politischen Freunde in der Kommission bemüht 
sein, nach Möglichkeit für die nichtbeamteten appro¬ 
bierten Tierärzte das Terrain wiederzugewinnen. 
Wenn wir an allen Bestimmungen des Entwurfs nichts ändern, 
so werden die Belästigungen der Landbewohner ins ungeheure 
wachsen. Die Entschädigungsfrage ist nicht vollkommen erledigt. 
Die Hygiene verlangt gewiß polizeiliche Beschränkungen, 
aber es dürfen nicht zu viele polizeiliche Verordnungen 
entstehen. Die Bestimmungen über die Anzeigepflicht von 
Knechten und Mägden könnten mißbraucht werden. Den Landes¬ 
regierungen oder den Verordnungen der Regierungspräsidenten 
muß nicht zuviel überlassen werden. Wir sind gern bereit, 
mitzuarbeiten, daß durch Verbesserung des Vieseuchengesetzes der 
Kampf gegen die Tierseuchen erfolgreich geführt werde, wollen 
aber auch verhindern, daß unter einseitiger Berücksichtigung 
hygienischer Theorien die Polizei eine zu große Gewalt bekommt. 

Dr. v. Bethmann-Hollweg, Staatsminister, Staatssekretär des 
Innern [wörtlich nach dem Stenogramm]: Meine Herren, vor 
acht Tagen beklagte sich der Herr Vertreter der Zentrums- 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


89 


partei darüber, daß ich das Gesetz ohne ein Geleitwort dem 
Reichstag vorgelegt hätte. Dieses Unterlassen einer Ein¬ 
führung beruht nicht etwa auf einem mangelnden Interesse der 
verbündeten Regierungen an dem Gesetz; ich habe mir vielmehr 
gesagt, daß die gedruckte Begründung des Gesetzes ziemlich 
reichhaltige Auskunft über den Inhalt des Gesetzes gäbe, daß 
es sich bei dem neuen Gesetz nicht um die Aufstellung neuer 
Prinzipien handele, sondern daß das neue Gesetz grundsätzlich 
durchaus m den Bahnen des alten Gesetzes wandele, und daß 
es sich schließlich um eine große Fülle von Einzelbestimmungen 
handele, die der Erörterung im Plenum kaum zugänglich sind, 
vielmehr der Kommissionsberatung Vorbehalten werden müssen. 
Aus diesen Erwägungen habe ich geglaubt von einer Einleitung 
absehen zu dürfen. 

Nun scheint mir aus den Ausführungen derjenigen Herren, 
welche bisher das Wort ergriffen haben, hervorzugehen, daß 
sämtliche Parteien bereit sind, an der Schaffung dieses neuen 
Gesetzes mitzuarbeiten, und ich erstrecke diese meine Annahme 
auch auf den Herrn Abgeordneten Scheidemann. Denn indem 
er den Grundsatz aufgestellt hat, daß es die Aufgabe sei, jede 
Seuche möglichst schnell zu konstatieren und dann zu loka¬ 
lisieren, hat er sich doch den Grundsatz zu eigen gemacht, auf 
dem das ganze Gesetz beruht. Wenn der Herr Abgeordnete 
Scheidemann im übrigen bei dieser Gelegenheit polemisiert 
hat gegen die Junker, gegen das preußische Landtagswahlrecht, 
wenn er auf der anderen Seite die bäuerlichen Besitzer seines 
Wohlwollens versichert hat und in dem gleichen Sinne auch 
gegenüber den Tierärzten gesprochen hat, so, glaube ich, sind 
das Ranken gewesen, die seine Zustimmung zu dem Gesetz — 
nicht zu seinen einzelnen Bestimmungen — verdecken sollen. 

Die Ein wände, welche gegen das Gesetz erhoben worden 
sind, beruhen im wesentlichen darauf, daß seine Bestimmungen 
zu scharf seien und die Bevölkerung, nicht nur den Tierhalter, 
sondern auch Handel und Verkehr unbeteiligter Menschen, über¬ 
mäßig belästigen würden. Meine Herren, was sollten die ver¬ 
bündeten Regierungen machen? Wir haben ein Viehseuchen¬ 
gesetz, das unzweifelhaft Gutes gewirkt hat; denn wir sind 
Gott sei Dank in den letzten Jahren weniger von Seuchen heim¬ 
gesucht worden, als es früher wohl der Fall gewesen ist, und j 
man kann diesen Zustand zum Teil auf die Wirkungen des be¬ 
stehenden Gesetzes zurückführen. Nun hat sich aber gezeigt, 
daß das bestehende Gesetz mit dem gegenwärtigen Stande der 
biologischen und veterinären Forschung, mit den Erfahrungen, 
die bei der praktischen Handhabung der Gesetzes gemacht 
worden sind, nicht mehr voll im Einklang steht. Große 
Organisationen und Körperschaften der Landwirtschaft selbst 
haben wiederholt angeregt, daß das Gesetz einer Revision 
unterzogen werde. Alle diese Momente haben die verbündeten 
Regierungen gewürdigt, als sie an die Revision des Gesetzes 
herangetreten sind, und sie haben bei der Ausarbeitung der 
Einzelbestimmungen des Gesetzes kein anderes Ziel im Auge 
gehabt, als das Gesetz in Einklang zu bringen mit dem Stande 
der Forschung und mit den Anforderungen der Praxis. 

Der Herr Abgeordnete Mugdan kritisierte allerdings soeben 
bezüglich der Bekämpfung der Seuchen im Inlande, daß das 
Gesetz auf Theorien aufgebaut sei, deren absolute Richtigkeit 
noch nicht verbürgt sei. Das mag im einzelnen zutreffen, aber 
wir sind auch bei der Bekämpfung mancher menschlichen 
Krankheiten noch heute auf Theorien angewiesen, deren Richtig¬ 


keit noch nicht konstatiert ist, und wir werden doch nichts 
anderes tun können, als entweder jede Seuchenbekämpfung auf¬ 
zugeben — davon katfn keine Rede sein —, oder die Ma߬ 
regeln zur Bekämpfung der Seuche anzupassen dem gegen¬ 
wärtigen Stande der Wissenschaft, ob dieser Stand nun Theorie 
oder bereits vollkommen begründete Wahrheit ist. 

Auch ich beklage es, daß die Folge eines solchen Gesetzes 
allerdings eine weitgehende Belästigung des Tierhalters sein 
kann; mit anderen Worten: auch ich beklage die Schärfe 
mancher Bestimmungen. Ich halte aber dafür, daß nichtener¬ 
gische schwache Bestimmungen viel unangenehmer für den 
Tierhalter und für die Bevölkerung sind als scharfe; denn die 
nicht scharf eingreifenden und infolgedessen auch nicht scharf 
wirkenden Maßregeln belästigen den Tierhalter genau in der 
gleichen Weise wie die schärferen Maßregeln und eigentlich 
noch viel schlimmer, w r eil sie einen Erfolg nicht erzielen und 
infolgedessen die Quarantänezeit, der der Tierhalter ausgesetzt 
ist, in der Regel weit verlängern. Wir haben bei der Be¬ 
kämpfung aller Seuchen bisher die Erfahrung gemacht, daß, 
wenn es nicht gleich im ersten Moment glückt, die 
Seuche zu erfassen, zu lokalisieren und mit scharfen 
Maßregeln zu bekämpfen, sie dann eine Ausbreitung 
gewinnt, deren man schließlich nicht mehr Herr 
werden kann. Insofern soll man vor den Maßregeln von einer 
gewissen Schärfe nicht zurückweichen. 

Vor acht Tagen hat einer der Herren Redner bereits be¬ 
mängelt, daß man der Hygiene zu sehr nachgäbe. Es mag ein 
Felder sein, nicht nur bei der Bekämpfung tierischer, sondern 
auch menschlicher Krankheiten, daß man die hygienischen Ma߬ 
regeln vielleicht hier und da etwas übertreibt, und es ist schon 
darauf hingewiesen worden, daß wir in der Bekämpfung der 
Tierseuchen einen wesentlichen Fortschritt erzielen würden, 
wenn man bei der Haltung der Tiere wieder zu etwas natür¬ 
licheren Verhältnissen zurückkehren würde, und wenn wir von 
solchen Maßnahmen, welche auf einen möglichst großen Ertrag 
z. B. an Milch usw. berechnet sind, wieder abkommen und zu 
natürlicheren Verhältnissen zurückkehren würden. 

Manche Bestimmungen des Gesetzes sind in ihrer Be¬ 
deutung übertrieben worden. Es sind namentlich die §§ 6 und 
6 a von verschiedenen Seiten scharf kritisiert worden. Aller¬ 
dings hat der Herr Abgeordnete Dr. Mugdan meines Erachtens 
sehr zutreffend ausgefuhrt, daß man eigentlich nur bei dem 
Übertritt der Tiere über die Grenze die Möglichkeit habe, die 
Objekte der Ansteckung zu erfassen und zu isolieren, und daß 
deshalb gerade die Abwehr von Seuchen vom Ausland her 
mit besonderer Energie betrieben werden müsse. Ich möchte aber 
doch darauf hinweisen, daß, wenn nach § 6 die Tiere und 
Gegenstände, welche mit den Tieren Zusammenhängen, schon 
im Verdachtsfalle vom Ausland ferngehalten werden sollen, ja 
nicht beabsichtigt ist, ganze Kategorien von Tieren ohne 
weiteres auf unbegründeten Verdacht hin abzusperren — diese 
Besorgnis hatte namentlich Herr Abgeordneter Scheide mann —, 
sondern daß Tatsachen vorhanden sein müssen, welche den 
Verdacht der Ansteckung absolut rechtfertigen. Nun gebe ich 
gern zu, daß ja auch gerade der Handel — der Lederhandel 
ist vor acht Tagen erwähnt worden — belästigt werden kann. 
Wenn Herr Dr. Mugdan gesagt hat, es sei bisher noch 
niemals erwiesen worden, daß Leder einen Ansteckungsstoff 
bilden könnte, so bin ich von meinen Herren Sachverständigen 





90 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


doch dahin belehrt worden, daß allerdings bei der Übertragung 
von Milzbrand Fälle konstatiert worden sind, wo gerade durch 
die zu Leder zu verarbeitenden Häute ein derartiger Stoff 
weitergetragen" worden ist. Aber auch das sind alles Spezial- 
fragen, die nur in der Kommission erörtert werden können, und 
deren Besprechung im Plenum kaum von Nutzen sein würde. 
(Sehr richtig!) 

Ich will deshalb auch bei meinen eigenen Ausführungen 
nur auf einige allgemeine Gesichtspunkte aufmerksam machen. 
Über die Entschädigungsfrage ist heute und vor acht Tagen 
gesprochen worden. Ich möchte bitten, die Entschädigungsfrage 
außerordentlich vorsichtig zu behandeln. Nach dem bisherigen 
Rechtszustande liegt die Sache so, daß im Reichsgesetz Ver¬ 
fügungen darüber getroffen werden, wann und wie hoch Ent¬ 
schädigung zu bewilligen ist, daß es aber der landesgesetzlichen 
Regelung überlassen ist, zu bestimmen, wer die Entschädigung 
aufzubringen hat, und in welcher Weise sie festzustellen ist. 
Das entspricht den allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen, 
und es sind diese Grundsätze auch in der Konstruktioij des 
Fleischbeschaugesetzes, sowie bei dem Gesetz zur Bekämpfung 
der gemeingefährlichen Krankheiten beachtet worden. Diesen 
Grundsatz gegenwärtig nicht zu verlassen, ist es um sö not¬ 
wendiger, weil wir durch die Ausdehnung der Entschädigung 
auf die Fälle der Schweinekrankheiten, von Tuberkulose xusw. 
der ganzen Frage der Entschädigung eine sehr viel größere 
finanzielle Bedeutung gegeben haben, als sie bisher besitzt. 
Ich möchte daher dringend bitten, an der grundsätzlichen Kon¬ 
struktion nichts zu ändern, und ich hoffe, wir werden uns in 
der Kommission auch darüber verständigen können, daß die 
Höhe der Entschädigung, wie sie für verschiedene Krankheiten 
mit vier Fünfteln des Wertes usw. festgesetzt worden ist, die 
zutreffende ist, und die gebührende Rücksicht einmal auf die 
Entschädigungsberechtigten, andererseits auf die Entschädigungs¬ 
pflichtigen nimmt, deren beiderseitige Interessen von dem Ojesetz 
wahrgenommen werden müssen. 

Der Herr Abgeordnete Mugdan hat einen allerdings sehr 
wichtigen Punkt noch aus dem Gesetz herausgegriffen, nkmlich 
die Stellung der Tierärzte. Er hat beklagt, daß zu viel 
Funktionen des Gesetzes dem beamteten Tierarzt zugewiesen 
seien, während der frei praktizierende Tierarzt nicht heran¬ 
gezogen, infolgedessen in seinem Fortkommen eingeschränkt 
werde, und die schließliche Folge sei die, daß der bisher be¬ 
stehende und beklagte Mangel an Tierärzten überhaupt durch 
das Gesetz eher verschärft als gemildert werde. In gewisser 
Beziehung gebe ich dem Herrn Abgeordneten Mugdan recht; 
aber ich möchte bitten, zu bedenken, meine Herren, daß dem 
Tierarzt — darauf hat bereits einer der Herren vor acht Tagen 
hingewiesen — in dem bestehenden Gesetz eine Reihe sehr ein¬ 
greifender, für den Tierhalter unbequemer und lästiger Funktionen 
zugewiesen worden ist, daß diese Eingriffe des Tierarztes, wenn 
sie Erfolg haben sollen, schnell durchgeführt werden müssen. 
Lag es da nicht für die verbündeten Regierungen nahe, solche 
Funktionen demjenigen Tierarzt zu überweisen, den sie als 
ihren Vertrauenstierarzt in den betreffenden Bezirken schon 
jetzt haben und zu beschäftigen haben? Ich glaube nicht, daß 
man es gut hätte anders machen können. Ich verweise auf die 
Parallele, die wir auch bei den Menschenärzten, bei den 
beamteten Kreisärzten haben. (Zuruf links.) Ich weiß, meine 
Herren, auch in der Beziehung werden Klagen laut; aber, wenn 


Sie sich auf die Seite der Bevölkerung stellen, die sich diese 
Eingriffe von Ärzten, sei es von Menschen-, sei es von Tier¬ 
ärzten, gefallen lassen muß, so werden Sie begreifen, daß auch 
die Bevölkerung den Wunsch hat: ja, wenn uns da mit so ein¬ 
greifenden Maßregeln gegenübergetreten wird, so wollen wir 
eine Persönlichkeit haben, die kraft ihrer Amtsfunktion auch 
eine höhere Verantwortung uns gegenüber zu tragen hat, als 
der freie Arzt. 

Es ist schließlich — ich glaube, es war der Herr Redner 
der konservativen Fraktion — noch auf die Frage des Ab¬ 
deckereiwesens ein gegangen worden, die ja mit diesem Gesetz 
nicht unmittelbar zusammenhängt, über die ich aber doch einige 
ganz kurze Bemerkungen bei dieser Gelegenheit machen möchte. 

Es wird namentlich in Preußen über den Zustand geklagt, 
der sich an die bestehenden Abdeckereiprivilegien angeknüpft 
hat, und es ist wiederholt gefordert worden, daß durch ein 
Reichsgesetz diese Privilegien abgelöst werden müßten. Meine 
Herren, ich bin der Meinung, daß ein Reichsgesetz dies schwer 
tun könnte; das wird Sache der Landesgesetzgebung sein. 
Dagegen glaube ich allerdings, daß in anderer Beziehung die 
Reichsgesetzgebung Veranlassung hat, sich mit dem Abdeckerei¬ 
wesen zu beschäftigen. 

Im vorigen Frühjahr hat der Herr Abgeordnete Fischbeck 
diese Frage angeregt. Ich halte dafür, daß ein Reichsgesetz 
Bestimmungen aufzustellen hätte, welche für die unschädliche 
Beseitigung der Kadaver gefallener Tiere gewisse Mindest¬ 
forderungen sanitäts- und veterinärpolizeilicher Art für das 
ganze Reich festsetzen, und in bezug auf die Abdeckerei¬ 
privilegien würde dieses Reichsgesetz die Möglichkeit schaffen 
müssen, daß ähnlich, wie wir es bei den Schornsteinfegerkehr¬ 
bezirken, wie wir es bei dem Scblachthausbetriebe haben, unter 
Einschränkung der Bestimmungen der Gewerbeordnung gewisse 
Bezirke für die einheitliche Ausübung des Abdeckereigewerbes 
in denjenigen Fällen festgelegt werden, wo Kommunalverbände 
das Abdeckereiwesen in einer sanitär- und veterinärpolizeilich 
absolut einwandfreien Weise in die Hand nehmen. 

Ein Reichsgesetz, daß in diesen beiden Beziehungen ent¬ 
sprechende Vorschriften enthält, ist ausgearbeitet, es ist vom 
Reichsgesundheitsamt begutachtet worden, und ich denke, ich 
werde in kürzester Zeit in der Lage sein, wegen dieses Gesetzes 
mit den übrigen Bundesregierungen in Verbindung zu treten. 
Ich bitte, aus dieser meiner Mitteilung nur ersehen zu wollen, 
daß diese Frage auch von mir weiter im Auge behalten wird. 

Meine Herren, ich kann zum Schluß nur die Hoffnung aus¬ 
sprechen, daß es uns in der Kommission gelingen möge, Be¬ 
denken, wie sie bei der großen Zahl von Spezialbestimmungen 
dieses Gesetzes naturgemäß hervortreten müssen, zu beseitigen, 
und ich möchte daran die Bitte knüpfen, daß wir in der weiteren 
Diskussion vielleicht auf diese Einzelheiten hier im hohen 
Hause nicht eingehen. (Sehr richtig! rechts.) Aus dieser Bitte 
entnehme ich für mich die Rechtfertigung, daß ich in den 
wenigen Worten, die ich gesagt habe, nicht auf die Spezialien 
eingegangen bin, die zum Teil von den Herren Vorrednern er¬ 
örtert worden sind. (Bravo!) (Schlußbericht folgt.) 

Erklärung des preußischen Herrn Ministers für Landwirtschaft über die 
Promotionsfrage. 

Im preußischen Abgeordnetenhause ist am 20. Januar 1908 
die Verleihung des Promotionsrechts an die tierärztlichen Hoch- 





30. Januar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


91 


schulen von den Abg. DDr. Heisig und Müller berührt worden, 
wobei der erstere (in einer für unsere Ziele übrigens nicht ganz 
erwünschten Weise) auf die in Sachsen getroffene Einrichtung 
hingewiesen hat. 

Daraufhin hat der Herr Landwirtschaftsminister nach dem 
Stenogramm folgendes erwidert: 

„Die Frage des Promotionsrechte.8 ist in erster 
Linie Sache des Herrn Kultusministers. Die Vor¬ 
gänge in Sachsen aber werden mich veranlassen — 
ich beabsichtigte dies schon sowieso zu tun — mit 
dem Kultusminister mich in Verbindung zu setzen, und 
ich muß abwarten, welches Resultat die Verhand¬ 
lungen haben werden. Eine Erklärung kann ich vor¬ 
läufig nicht abgeben.“ 

Zur Verhütung einer mißverständlichen Auffassung des 
durch den Abgeordneten Dr. Heisig provozierten Hinweises 
auf Sachsen kann aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt werden, 
daß das in Sachsen vollzogene Kompromiß zwischen Tierärzt¬ 
licher Hochschule und Universität nicht das Ziel für die in 
Preußen seitens des Landwirtschaftsministeriums anzuknüpfenden 
Verhandlungen bilden wird. 

Königs-Geburtstags-Feier. 

Die Tierärztliche Hochschule zu Berlin feierte den Geburts¬ 
tag Seiner Majestät des Kaisers und Königs durch einen Fest¬ 
akt in der Aula, an dem teilnahmen vom Ministerium für 
Landwirtschaft Unterstaatssekretär Conrad, Ministerialdirektor 
Küster, Geheimer Oberregierungsrat Schröter, Geheimer 
Regierung8rat Dr. Hesse, Regierungsrat Heilig, Veterinärrat 
Nevermann, Assessor Dr. v. Wagenhof, der Präsident des 
Kaiserlichen Gesundheitsamtes Dr. Bumm mit dem Direktor 
Geheimrat Dr. Ostertag und dem Regierungsrat Wehrle, 
Korpsstabsveterinär Prof. Schwarznecker für die Inspektion 
des Militär-Veterinärwesens. Auch der frühere Unterstaats¬ 
sekretär Exzellenz Sterneberg und Professor Munk, sowie 
eine größere Zahl von Gästen beehrten die Hochschule mit 
ihrer Teilnahme. Die Festrede hielt Professor Dr. Eberlein 
über die Entwicklung und Aufgaben des chirurgischen Unter¬ 
richts. Daran schloß sich die Mitteilung, daß den Studierenden 
Walter und Schulze je ein Preis von 150 M. für die von 
ihnen verfaßten Bearbeitungen der im Jahre 1907 gestellten 
Preisaufgaben zugesprochen worden ist, sowie die Verkündung 
der neuen Aufgaben. Ein Doppelquartett des Königlichen Dom¬ 
chores begann und schloß die Feier mit Gesängen. 

Der Kaiser-Geburtstags-Kommers der Studentenschaft hatte 
am 21. Januar stattgefunden. 

Militaria. 

Der Inspekteur des Militärveterinärwesens, Herr Oberst¬ 
leutnant Dreher, ist am Geburtstag Seiner Majestät zum 
Obersten befördert worden. 

Oatertag-Feler. 

Anläßlich der in Nr. 52, Jahrg. 1907 der B. T. W. ver- 
öffentHchten Aufforderung zur Teilnahme an einer für den • 
Professor Dr. Ostertag zu veranstaltenden Abschiedsfeier sind 
einzelnen Komiteemitgliedern mehrfach Anfragen zugegangen, 
warum so frühzeitige bindende Erklärung mit Einsendung des 
Betrages verlangt werde, da man so lange vorher die Möglichkeit 
der Teilnahme Bchwer feststellen könne. 


Hierzu ist zu bemerken, daß die Anzahl der Teilnehmer 
sich auch nicht annähernd abschätzen ließ, daß aber davon 
namentlich die Auswahl des Festraumes abhängig ist, und daß 
dem Wirt auch bestimmte Zusicherungen über die Teilnehmer¬ 
zahl gemacht werden müssen. Inzwischen hat sich die Saal¬ 
frage soweit lösen lassen, daß die Anmeldefrist noch bis 
zum 15. Februar (dies jedoch als äußerste Zeit) verlängert 
werden kann. Doch wird nochmals gebeten, daß die Herren, 
welche die Teilnahme beabsichtigen, diese doch baldmöglichst 
an Herrn Obertierarzt Henschel-Berlin (s. B. T. W. 1907, 
S. 962) mitteilen. Herren, welche nachträglich verhindert sind, 
wird der von dem einzusendenden Betrag nach Berechnung der 
allgemeinen Kosten verbleibende Rest zurückerstattet werden. 

Schmaltz. 

Bericht über die Sitzung der „Tierärztlichen Gesell¬ 
schaft zu Berlin“ 

am Montag, den 20. Januar 1908, abends 8 Uhr, im „Spaten“. 

Der stellvertretende Vorsitzende, Prof. Kärnbach, eröffnet die 
Sitzung um 9 Uhr mit Begrüßung der Anwesenden. Zu Punkt 1 
der Tagesordnung „Vereinsangelcgenheiten“ wird zunächst Herr 
Dr. Titze in geheimer Abstimmung als Mitglied aufgenommen. 
Darauf erstattet der stellvertretende Vorsitzende den Jahresbericht. 
Hiernach zählte die Gesellschaft am Ende des Jahres 1907 im 
ganzen 131 Mitglieder, und zwar 116 ordentliche, 12 Ehrenmitglieder 
sowie 3 korrespondierende. Im Laufe des Jahres 1907 verlor der 
Verein durch den Tod Herrn Stabsveterinär a. D. Luch hau; 
infolge Übernahme einer Kreistierarztstelle schied ferner Herr 
Nitzschke aus. Es fanden sechs Vereinssitzungen statt, die 
hauptsächlich durch wissenschaftliche Vorträge nebst daran an¬ 
schließenden Diskussionen und durch „Mitteilungen aus der Praxis“ 
ausgefüllt wurden. Die Vereinskasse weist einen Bestand von 
218 M. auf. Nach Prüfung der Beläge durch die zwei Revisoren 
wird dem Kassenwart Entlastung erteilt. Darauf berichtet Herr 
Lehnig im Aufträge der Vergnügungskommission über das am 
17. Februar zu veranstaltende Winterfest, das in einem Ball mit 
Souper bestehen soll. Sodann spricht Polizeitierarzt Borch- 
mann Uber „Die animalische Nahrungsmittelkunde und 
außerordentliche Fleischbeschau als besonderer Lehr¬ 
gegenstand der Tierärztlichen Hochschulen“. Auf Grund 
dieses Vortrages, der mit großem Beifall aufgenommen wird und 
eine angeregte längere Diskussion auslöst, faßt die Gesellschaft 
einstimmig folgenden Beschluß: 

1. Die Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin erblickt in der Über¬ 
wachung des Marktverkehrs mit animalischen Nahrungsmitteln 
einschließlich der außerordentlichen Fleischbeschau eine 
dringende Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege. 

2. Zu ihrer technischen Ausführung sind mit Rücksicht auf den 
Ursprung dieser Nahrungsmittel an erster Stelle Tierärzte 
berufen. 

3. Zwecks einheitlicher und wirksamer Durchführung‘hält 
die Gesellschaft die Einführung der gesamten animalischen 
Nahrungsmittelkunde einschließlich der außerordentlichen 
Fleischbeschau, sowie der Auslandsfleischbeschau als be¬ 
sonderen Lehrgegenstand der tierärztlichen Hochschulen 
für ein zeitgemäßes und dringendes Bedürfnis. 

4. Die Gesellschaft beschließt, diese Anregung sämtlichen tier¬ 
ärztlichen Vereinen zu unterbreiten. 

Der Vortrag selbst wird in dem Februarheft der Zeitschrift für 
Fleisch- und Milchhygiene veröffentlicht werden. 

Im Anschluß hieran referiert Herr Borchmann über den in 
Nummer 36 der B. T. W. vom 5. September 1907 veröffentlichten 
Beschluß des tierärztlichen Provinzial-Vereins für Schleswig-Holstein 
betreffend die tierärztliche Milchkontrollo. Die Gesellschaft 
schließt sich nach den Ausführungen des Herrn Borchmann ein¬ 
stimmig diesem Beschlüsse an, mit der Ergänzung, daß ein be- 


92 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


sonderer Lehrstuhl für Milchhygiene an den tierärzt¬ 
lichen Hochschulen eingerichtet werden möge. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung ergreift nun das Wort Herr 
Prof. Dr. Kärnbach zu seinem Vorträge: „Einiges über 
Nasentumoren beim Pferd“. Da der Vortrag in der Fach¬ 
presse veröffentlicht werden wird, erübrigt sich ein Referat des¬ 
selben an dieser Stelle. An den mit großem Beifall aufgenommenen 
Vortrag schließt sich eine Diskussion an. Darauf folgen Mit¬ 
teilungen aus der Praxis. Schluß der Sitzung ID/a Uhr. 

I. A.: Dr. Goldstein, Schriftführer. 

Protest! 

Der in der Nr. 37 der I^T. W. zur Veröffentlichung gelangte 
Bericht der Frühjahrsversamiulung Rheinpreußischer Tierärzte ent¬ 
hält eine Resolution, welche das Verhalten des Korps Holsatia 
einer unseres Erachtens nicht gerechtfertigten Kritik unterzieht. 

Das Unterzeichnete Korps vertritt den Standpunkt, daß derartig 
interne Angelegenheiten nicht in die Öffentlichkeit gehören. , Ein 
öffentlicher Angriff verlangt jedoch öffentliche Zurückweisung. Die 
Gründe ihrer Verspätung sind in Nr. 52 der B. T. W. dargelegt 
worden. 

Vorerst müssen wir dem Verein Rheinpreußischer Tierärzte 
bezüglich seiner Resolution entgegenhalten, daß für einen Ehren¬ 
mann nicht der Charakter einer Angelegenheit — sei diese nun 
persönlicher oder geschäftlicher Natur—, sondern nur die Art der 
Behandlung dieser Angelegenheit durch die Beteiligten 
maßgebend sein darf. . 

Das Korps Holsatia vertritt die seinerzeit in dem Ehrenhandel 
Wigge contra Sehe 1 Ibase getroffene Entscheidung auch heute 
noch mit aller Entschiedenheit, als das Resultat eingehender Infor¬ 
mationen und Beratungen, bei denen vor allem das Urteil mehrerer 
in der Praxis stehender A. H. A. H. hinzugezogen wurde. Wir 
vermögen dem Herrn Referenten des Vereins Rheinpreußischer 
Tierärzte, der die von Herrn Wigge gewählte Art der Kündigung 
als „geradezu vornehm“ bezeichnet, nicht zuzustimmen. * 

Wir halten den Inhalt des die Kündigung übermittelnden Briefes 
vielmehr für beleidigend und stellen dies durch seine Veröffentlichung 
dem Urteil der Leser anheim. Der Brief lautet: \ 

Düsseldorf, den 18 Juni 1906. Werter Herr Kollege! t 

Kurz nach Ihrer Ankunft vor einem Vierteljahr sprach ich mit 
Ihnen, wie Sie sich erinnern werden, des näheren über Ihre Ver¬ 
tretung bzw. Assistenz und über unser Verhältnis zueinander. Ich 
bat Sie damals, bis zum 1. Oktober d. J. zu bleiben und betonte 
dabei ausdrücklich, daß ich die persönliche Freiheit eines jeden 
von uns für selbstverständlich betrachtete. 

Von dieser ausbedungenen Freiheit mache ich nun insofern 
Gebrauch, als ich Sie mit dem heutigen Tage von allen Ver¬ 
pflichtungen entbinde und unsere Abmachung von Stunde an löse. 
Ich habe deshalb für den heutigen Tag bereits Herrn Kollegen 
Bath mit meiner Vertretung beauftragt. 

Ohne hier näher auf die Gründe meines allmählich zwingend 
notwendig gewordenen Schrittes einzugehen, möchte ich im- all¬ 
gemeinen jedoch bemerken, daß meine Kunden bei den Bestellungen 
Ihre Vertretung durchweg vollständig ablehnten und zwar in 
letzter Zeit noch weit mehr als zu Anfang. Schon aus diesem 
Grunde ist ja schließlich jede Vertretung, jede Assistenz illusorisch! 

Sonstige Ursachen meines jähen Abbruchs unserer Beziehungen 
anzuführen, möchte ich unterlassen, es würde kaum opportun sein. 
Aber anführen möchte ich doch, daß für die Praxis, vielmehr für 
den wirklichen Praktiker es großer Energie bedarf, auch gegen sich 
selbst, daß intensiver, rücksichtsloser Fleiß und großes Interesse 

für den Beruf notwendig ist, sonst-wird Ihnen die Zukunft 

eine Antwort geben, die ich heute unterlassen möchte. 

Um Ihnen nun für die allernächste Zeit den Weg zu ebnen, 
überlasse ich Ihnen das bis zum 1. Juli vorausbezahlte Honorar 
(zirka 80 M.) bedingungslos. Dabei erwarte ich allerdings sofortige 
Räumung meines Hauses und vielleicht auch unauffälligen Abschied 
bei Pfäifle. Eine Aussprache mit mir bitte ich zu unterlassen, 
sie würde doch kein Resultat ergeben. 

Ich versichere Ihnen übrigens zum Schluß, daß ich es herzlich 
gut mit Ihnen gemeint habe und lebhaft bedaure, daß mir nur 
dieser Weg übrig blieb. Aber leider gab es keinen anderen Ausweg, 
ohne daß ich mein eigenes Interesse gänzlich geopfert hätte. 

Ehr ^r ferneres Leben wünsche ich Ihnen alles Gute und hoffe, 
daß Sie trotz meines Vorgehens noch oft und gern an Düsseldorf 
zurückdenken werden. Leben Sie wohl! Ihr C. Wigge. 

Verantwortlich für den Inhalt (uxkl. Inseratenteil): I'rof. Dr. Scl.maltz in Berlin. 

Druck von W. 1 


Da Herrn Schellhase durch die brüske Ablehnung jeder 
mündlichen Aussprache die Möglichkeit einer friedlichen Recht¬ 
fertigung genommen war, glaubte er sich zur Forderung berechtigt. 
Ob wir das Vorgehen des Herrn Schellhase billigen oder nicht, 
Ist für die vorliegenden Erörterungen völlig gleichgültig. Jedenfalls 
ergibt sich keine Berechtigung, die Auffassung des Herrn Schell¬ 
hase ohne weiteres mit der unseren zu identifizieren, wir weisen 
deshalb die in der Resolution enthaltene Unterstellung, daß das 
Korps Holsatia das Verhalten des Herrn Schellhase „gutgeheißen“ 
habe, zurück. 

Für Rechtfertigung uöseres Standpunktes ist in erster Linie 
die Tatsache maßgebend, daß Herr Wigge die ihm tiberschickte, 
durchaus nicht jeder Begründung entbehrende Forderung abgelehnt 
hatte. Nach unserer akademischen Auffassung hätte nicht eine 
Ablehnung erfolgen dürfen, sondern ein Ehrengericht darüber zu 
entscheiden gehabt. Uns blieb daher nach studentischen Grund¬ 
sätzen nur die peinliche Schlußfolgerung zu ziehen. 

Späterhin haben wir uns überdies auf dem hiesigen S. C. bereit 
gefunden, unsere Herrn Wigge gesandte Erklärung zurückzunehmen, 
im Hinblick darauf, daß dieser vermutlich als älterer, dem couleur¬ 
studentischem Leben fernstehender Praktiker sich nicht absichtlich 
in Gegensatz zu unserer Auffassung gestellt habe. Eine Änderung 
unserer prinzipiellen Auffassung ist — das betonen wir ausdrücklich 
— mit jener Zurücknahme nicht verbunden gewesen. 

Die unter der Signatur „besonders interessant“ stehende Mit¬ 
teilung des Herrn Referenten, daß nämlich einem unserer A H. A. II. 
wegen seiner Verwendung für Herrn Wigge das Band entzogen 
worden sei, ist unrichtig. Den wahren Grund der Entlassung zu 
nennen, lehnen wir selbstverständlich ab. 

Zum Schluß müssen wir der Auffassung Ausdruck geben, daß 
wir auch einen tierärztlichen Verein nicht für berechtigt halten, die 
Stellung einer studentischen Korporation in dieserWeise zu kritisieren. 

Korps Holsatia, Berlin. 


Personalien. 

Ernennungen: Tierarzt Dr. lilxe zum Kaiserlichen Regierungsrat 
und Mitglied des Gesundheitsamts; Tierarzt Hugo Rosenkranx- 
Teisendorf (Bayern) zum Distriktstierarzt; Piltx, Assistent am Ana¬ 
tomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, zum 
Prosektor. 

Examlnia: Promoviert: Die Tierärzte Albert Sonncnbrodt, Pro¬ 
sektor am Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in 
Berlin und Alexander Wolff aus Dransfeld zum Dr. med. vet. in 
Gießen. — Die kreistierärztliche Prüfung haben bestanden: 
Die Tierärzte Jacobi aus Tostedt, Möllmann aus Hannover, Dr. Horn 
aus Leipzig, Dr. Behrens aus Berlin, Osterburg aus Dresden, Jffland 
aus Lankwitz. — Approbiert: Die Herren Arthur Bernert aus 
Grottkau, Wilhelm Lindt aus Nortorf, Adolf Zeniecki aus Dirschen, 
Johann Zniniewicx aus Posen in Berlin. 

Todesfall: Kreistierarzt Dr. Paul Jeß- Charlottenburg. 


Vakanzen, (vgi. Nr. 1.) 

Krelstlerarztstelle : Reg.-Bez. Potsdam: Jüterbog-Lucken¬ 
walde: mit Wohnsitz in Jüterbog. Bewerb, bis 22. Februar a. d. 
Regierungspräsidenten. 

Bezirkstierarztstelle: Gotha: Stadt- und Landratsamtsbezirk 
Ohrdruf: Bewerb, bis 5. Februar a. d. Herzoglich Sächsische 
Staatsministerium. 

Schlachthofstellen: Essen: Tierarzt zum 1. April. Gehalt 
2900—4700 M. Bewerb, bis 10. Februar a. d. Oberbürgermeister. — 
Frankfurt a. M.: Tierarzt alsbald. Gehalt 2500 M. Bewerb, bis 
1. Februar a. d. Direktion des städt. Schlacht- und Viehhofes. — 
Bad Kreuznach: Assistenztiorarzt zum 1. April. Gehalt 2400 M. 
Bewerb, a. d. Direktion des städt. Schlachthofes. 

Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin, 
xensti in, Herlin. 




Di« „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlege von Richard Schoetz in 
Berlin ßW. 48. Wilhelmstr. 10. Durch jeden deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich <M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. ffir Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitunga- 
Preialiste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbuiträge werden mit 60 Mk., in Petitsatz mit 
00 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Scbmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstrafle 60. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion- 

Professor Pr. Schmaltz-Berlin 


Verantwortlicher Redakteur. 


Oe Bruln 

Professor 

Utrecht. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 


Veterinftrrat Dr. Lothes 

Departementstierarzt 

Cöln. 


Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 


Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 


Dr. Schlegel 

Professor 

Freiburg i. Br. 


Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 

Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 


Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt ▼. Bayern 

München. 


Veterinärrat Preuße 

Departementstierarzt 

Danzig. 

Zündel 

Kreistierarzt 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. _ J\fg. 6. _ Ausgegeben am 6. Februar. 

Inhalt: Warringsholz: Die Bekämpfung des Milz- und Rauschbrandes durch Schutzimpfungen. — Bugge: Schutzimpfung 
gegen die Hämoglobinurie des Rindes. — Referate: Marek: Die akute Magenerweiterung der Pferde und ihre Be¬ 
handlung. — Breton: Intraperitoneale Chloralhydratinjektionen in der Behandlung von schweren Koliken beim Pferd. — 
Rörik: Berechnung der Oberfläche der Uteruskarunkeln (Semiplacenta materna) beim Rind. — Dörrwächter: Zur Bekämpfung 
des Rotlaufs der Schweine. — Pekaf: Impfung gegen Schweineseuehe mit Suptol nach Dr. Burow. — Erdös und Koppänyi: 
Über die Tcnazität des Bacillus suisepticus und des Bacillus suipestifer. — Grabert: Zur Herkunft des Bacillus suipestifer. 
Berger: Vergleichende Untersuchungen über den Bacillus pyogenes bovis und den Bacillus pyogenes suis. — Sziläscyi: 
Toxische Hämoglobinämie, hervorgerufen durch Rostpilze. —* Geßner: Blutungen in der Hornkapsel. — Seyfert: Abnorme 
Lage des Herzens bei einem Kalbe. — Habacher: Chronische Urämie infolge primären Carcinoma der linken Niere bei einem 
Hunde. — Tagesgeschichte: Die erste Lesung des Vieseuchengesetzes. (Schluß.) — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen : Vieh¬ 
seuchengesetznovelle im Reichstag. — Hohmann: Der Viehhandel in seinen verschiedenen Formen als Quelle der Seuchen- 
verbreituirg und die Vorbeugungsmaßnahmen. — NahrungsmittelkuiKle, Fleischbeschau und Viehhandel: Vorstands-Sitzung des Vereins 
preußischer Schlachthoftierärzte. — Personalien. — Vakanzen. 


Die Bekämpfung des Milz- und Rauschbrandes durch 
Schutzimpfungen. 

Vortrag, gehalten auf der Versammlung der beamteten Tierärzte des 
Regierungsbezirks Schleswig am 8. Januar 1908 
von "Kreistieraret Dr. Warrlngsholz-Hei(fe i. if. 

Die Bekämpfung des Milz- und Rauschbrandes ist für den 
Regierungsbezirk Schleswig von besonderer Wichtigkeit, da er 
von allen preußischen Regierungsbezirken am stärksten von 
diesen Seuchen betroffen ist. Der jährliche Verlust, berechnet 
nach den vom Provinzialverband gezahlten Entschädigungen, be¬ 
trug im Jahre 1906 mindestens 250 000 M., etwa a / 5 der Ver : 
luste wurden durch Milzbrand, 3 /s durch Rauschbrand verursacht. 
Es ist daher naheliegend, die Schutzimpfung, die sich gegen 
andere Seuchen, besonders gegen Rotlauf, so vorzüglich bewährt 
hat, auch gegen Milzbrand und Rauschbrand zu versuchen. Ihre 
Einführung stößt jedoch auf Schwierigkeiten, die bedingt sind 
durch das sporadische Auftreten der Seuchen, so werden z. B. 
bei Milzbrand in mehr als 80 Proz. der überhaupt betroffenen 
Gehöfte nur je ein Krankheitsfall konstatiert. Es ergibt sich 
hieraus, daß eine allgemeinere Einführung der Schutzimpfung 
wegen der dadurch entstehenden zu hohen Kosten nicht rationell 
wäre. Die Kosten der Impfung würden in keinem Verhältnis 
zu dem durch die Seuchen verursachten Schaden stehen. 

Daher kann die Milzbrandschutzimpfung nur bei 
denjenigen Tierbesitzern eingeführt werden, die regel¬ 
mäßig Verluste durch diese Seuche erleiden, oder in 
solchen Fällen, wenn die Gefahr der Ansteckung be¬ 
steht, z. B. infolge einer Notschlachtung eines milz¬ 
brandkranken Tieres. Als Impfmethoden kamen in Betracht 
die Pasteursehe Schutzimpfung mit abgeschwächtem Virus 
und die Schutzimpfung mit Immunserum und Kulturen nach 
Sobernheim. Ich selbst hatte wegen des seltenen Vorkommens 
des Milzbrandes im Kreise Norderdithmarschen noch keine Ge¬ 
legenheit, die Milzbrandschutzimpfung zu versuchen. 


Rauschbrand tritt dagegen besonders stark in einigen Kreisen, 
und in ihnen wiederum hauptsächlich in einigen Gemeinden auf. 
So wurden im Jahre 1906 

in den Kreisen Norderdithmarsclien 140 



71 

Schleswig 

133 

r v 

„ 

Husum 

95 

r v 

V 

Tondern 

88 

„ r 

r 

Hadersleben 

82 

?? i? 

71 

Rendsburg 

68 

w n 

* 

Apenrade 

55 

v> r 

n 

Süderdithmarschen 



und Flensburg 48 Fälle 

von Rauschbrand entschädigt. Bei diesem in der Hauptsache auf 
bestimmte Distrikte beschränkten Vorkommen des Ranschbrandes 
besteht von vornherein für die Schutzimpfung mehr Aussicht auf 
Erfolg. Eine allgemeine Einführung der Rauschbrandschutz¬ 
impfung wäre aber auch in den am stärksten betroffenen Kreisen 
zu kostspielig, sie würde z. B. für den Kreis Norderdithmarschen 
in den ersten Jahren 25—30000 M. kosten, sie dürfte daher 
nnr in denjenigen Gemeinden, die besonders stark durch 
Rauschbrand zn leiden haben, bei sämtlichen Rindern 
im Alter von V*—3 Jahren vorgenommen werden, in 
allen anderen Gemeinden nur bei denjenigen Besitzern, 
die regelmäßig Verluste durch diese Seuche erleiden. 

Ich werde nachher durch die im Kreise Norderdithmarschen 
vorgenommenen Impfungen zeigen, daß es möglich ist, auf diese 
Weise den Rauschbrand zn bekämpfen. Von den verschiedenen 
Impfmethoden hat nur diejenige von Arloing, Cornevin und 
Thomas mit abgeschwächtem Virus entweder als zweimalige 
Impfung (Lyoner Methode) oder als einmalige (Kittsehe Me¬ 
thode) eine größere Verbreitung erlangt. In neuerer Zeit ge¬ 
winnt die Impfung nach Thomas mit Blacklegine an Bedeutung. 
Sie besteht darin, daß mit abgeschwächtem Virus durchsetzte 
Seidenfäden mit einer besonders konstruierten Impfnadel in die 








94 


Unterbaut des Schwanzes eingeführt werden. Auf diese Me¬ 
thoden werde ich noch weiter unten eingehen. 
Rauschbrandschutzimpfungen im Kreise Norderditli- 
marschen. 

Mein Impfplan war folgender: In den Gemeinden Wedding¬ 
stedt und Feddringen, in denen die meisten Rauschbrandfälle 
Vorkommen — im Jahre 1906 0,57 Proz. bzw. 0,58 Proz. der 
gesamten Rindviehbestandes — sollten alle Rinder von V a bis 
3 Jahren unentgeltlich geimpft werden, deren Besitzer sich zur 
Impfung bereit erklärten, in allen anderen Gemeinden nur die 
Jungrinder derjenigen Besitzer, die regelmäßig Verluste durch 
Rauschbrand erleiden, und zwar war beabsichtigt, in der Ge¬ 
meinde Weddingstedt die Impfung mit Blacklegine nach Thomas, 
in der Gemeinde Feddringen die Impfung mit Berner Impfstoff 
nach der Methode Arloing, Cornevin und Thomas für zwei¬ 
malige Impfung (Lyoner Methode), in den übrigen Gemeinden 
denselben Impfstoff aber für einmalige Impfung (Kittsehe Me¬ 
thode) zu verwenden. Da erst Ende April die Mittel zur 
Impfung zur Verfügung gestellt wurden, mußte von der zwei¬ 
maligen abgesehen werden, weil die Besitzer die Rinder zur 
Weide bringen mußten und dadurch eine zweimalige Impfung [ 
sehr erschwert wurde. Überhaupt kann in Zukunft von der 
zweimaligen Impfung abgesehen werden, da mir Herr Professor 
Dr. Guillebeau, in dessen Institut der Schweizer Impfstoff 
hergestellt wird, mitgeteilt hat, daß sich in der Schweiz die 
einmalige Impfung so gut bewährt, daß er bis zum 24. April 
v. J. 28 000 Dosen für einmalige und nur 4000 Dosen für zwei¬ 
malige Impfung ausgegeben hat. 

Zahl der Impfungen. 

Die Zahl der Impfungen ist verhältnismäßig gering und 
zwar aus dem Grunde, weil erst am 30. April damit begonnen 
werden konnte und anfangs Mai in unserer Gegend die Jung¬ 
rinder zur Weide gebracht werden. Der Unbequemlichkeit der 
Impfung auf der Weide wollten sich die meisten Besitzer nicht 
unterziehen. 

Es wurden 482 Rinder geimpft, 317 Vs—2 jährige, 165 über 
2 Jahre alte. Mit Blacklegine wurden 406 Rinder geimpft, mit 
Schweizer Impfstoff für einmalige Impung 76. In Feddringen 
betrug die Zahl der geimpften Tiere 8,8 Proz. des gesamten 
Rindviehbestandes, in Weddingstedt 6,5 Proz., in den übrigen 
Gemeinden schwankte die Zahl der Impfungen zwischen 0,1 
bis 0,9 Proz. 

Ergebnis der Impfungen. 

Während im Jahre 1906 von mir 140 Fälle von Rausch¬ 
brand festgestellt wurden, ging im Jahre 1907 die Zahl der 
RauBchbrandfälle auf 72, also nahezu auf die Hälfte zurück. 
Der Kreis Norderdithmarschen hatte im Jahre 1906 die höchste 
Ranschbrandzahl unter allen Kreisen unserer Provinz, jetzt steht 
er an vierter Stelle. Im Jahre 1906 wurden 17369 M. Ent¬ 
schädigung vom Provinzialverband gezahlt, im Jahre 1907 noch 
nicht ganz die Hälfte, nämlich 8567 M. Am stärksten fiel die 
Mortalität in den beiden Gemeinden Feddringen und Wedding¬ 
stedt, in denen am meisten geimpft worden ist. In der ersteren 
Gemeinde fiel die Zahl der Rauschbrandfälle von sechs oder 
0,58 Proz. des Rindviehbestandes, nach der Impfung auf zwei 
oder 0,19 Proz., in der letzteren von 20 oder 0,57 Proz. auf 
sechs Fälle oder 0,17 Proz. Es ist allerdings infolge des kalten 
Sommers in einigen Gemeinden, in denen wenig oder gar nicht 
geimpft worden war, eine Abnahme des Rauschbrandes zu kon¬ 


No. 6. 


statieren gewesen, ebenso haben wegen der für die Entwicklung 
des Rauschbrandes ungünstigen Witterung in den meisten 
Kreisen des Regierungsbezirks die Rauschbrandfälle im Jahre 1907 
abgenommen, aber daraus, daß in keinem Kreise diese 
Abnahme die Höhe erreicht hat, wie im Kreise Norder¬ 
dithmarschen, ferner daraus, daß in diesem Kreise 
in den Gemeinden, in denen am meisten geimpft 
worden war, der Rauschbrand am stärksten zürück- 
gegangen ist, läßt sich schließen, daß die Abnahme 
der Rauschbrandfälle im Kreise Norderdithmarschen 
hauptsächlich auf die vorgenommenen Schutzimpfungen 
zurückzuführen ist. 

Ergebnisse betreffend die Impfmethoden. 

Bei beiden Methoden kam kein Fall von Impf- oder Spontan¬ 
rauschbrand vor, ebensowenig sind nachteilige Folgen beob¬ 
achtet worden, abgesehen von einem Kalbe, bei dem einige 
Wochen nach der Impfung mit Blacklegine ein trockenes Ekzem 
am Rücken auftrat, das sich nach vorn bis zum Kopf fortpflanzte 
und zur Nekrose der Ohrenspitzen führte. Das Kalb blieb aber 
nicht in der Entwicklung zurück. Ob diese Hautkrankheit, die 
ich zum ersten Male sah, eine Folge der Impfung ist, ist wohl 
fraglich. 

Über die Dauer des Impfschutzes läßt sich noch kein ab 
schließendes Urteil abgeben, bisher haben beide Methoden in 
dieser Beziehung dasselbe geleistet. Nach den Angaben des 
Tierarztes Thomas, des Erfinders der Impfung mit Blacklegine, 
ist sein Verfahren dadurch wirksamer, daß sich um die unter 
der Haut belassenen Impffäden eine Rauschbrandkultur ent¬ 
wickelt, die lange Zeit hindurch eine fortdauernd immunisierende 
Wirkung aUf^das geimpfte Tier'nn&ttbt; er 'konnte in ethem Falle 
noch 328 Tage nach der Impfung virulente Sporen und Bazillen 
zwischen den Seidenfäden nach weisen. Wenn diese Angaben 

sich in der Praxis als zutreffend erweisen werden, so ist die 
Impfung mit Blacklegine den anderen Methoden vorzuziehen. 
Ihre Vorzüge sind: Einfachheit und Sauberkeit der Impfung, 
das Impfmaterial, die mit sporenhaltigera Impfstoff durchsetzten 
Seidenfäden, sind fertig, es ist nur nötig, sie in der Impfnadel 
zu befestigen, was nach einiger Übung sehr leicht ist, und den 
Metallknopf, der die Fäden zusammenhält, abzuschneiden. Dann 
werden die Fäden mit der Impfnadel in das subkutane Binde¬ 
gewebe des Schwanzes etwa 20 cm von der Spitze eingeführt. 
Der einzige Nachteil ist der verhältnismäßig hohe Preis von 
50 Pf. pro Dosis. Demgegenüber hat die Impfung mit Schweizer 
Impfstoff, das ist abgescbwächter Impfstoff nach der Methode 
Arloing, Cornevin und Thomas, sowohl die zweimalige 
(Lyoner Methode) als auch die einmalige (Kittsehe Methode) 
folgende Nachteile: Der Impfstoff muß jedesmal für zehn Rinder 
zubereitet werden; dadurch ist man gezwungen, wenn man ohne 
Assistenz impft, die Impfung zu unterbrechen. Es besteht auch 
die Gefahr, daß beim Verreiben des Impfstoffes mit Wasser, 
das sehr gründlich geschehen muß, virulentes Impfmaterial ver¬ 
spritzt wird. Ferner besteht die Möglichkeit, daß etwas Impf¬ 
material trotz gründlichen Massierens aus der Impfwunde her¬ 
ausfließt. Ein weiterer Nachteil ist die Notwendigkeit des Vor¬ 
stechens mit einem Troikart, hierdurch werden die Tiere sehr 
unruhig und wollen dann bei der nachfolgenden Injektion des 
Impfmaterials nicht stehen. Die nach dem Vorstechen nicht 
seltenen Blutungen, durch die man gezwungen wird, die Impfung 
des betreffenden Tieres aufzuschieben, verzögern das Impf- 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


95 


geschäft. Unbequem ist auch, daß die Impfspritze fortwährend 
geschüttelt werden muß, um ein Absetzen des Impfmaterials zu 
verhindern. Die Thomas sehe Impfung mit Blacklegine be¬ 
steht nur aus einem Impfakt, der wenig schmerzhaft ist und 
bei einiger Übung so schnell vor sich geht, daß die Tiere nur 
geringen Widerstand leisten. 

Kennzeichnung der Tiere. 

Die Kennzeichnung der Impftiere geschah bei der Impfung 
mit Blacklegine am rechten Ohr, bei der Impfung mit Schweizer 
Impfstoff am linken, und zwar anfangs durch Einschnitte, später 
mit einer besonders konstruierten Lochzange, mit der Löcher in 
Form eines lateinischen I in das Ohr eingeschnitten wurden. 
Diese Kennzeichnung erwies sich als sehr zweckmäßig, und es 
wäre wünschenswert, wenn sie für alle in unserer Provinz gegen 
Rauschbrand geimpften Rinder eingeführt würde, damit geimpfte 
Tiere, die aus einem Kreis in den anderen kommen, überall als 
solche erkannt werden können. 

Bei den bisherigen günstigen Erfolgen der Rauschbrand¬ 
schutzimpfungen ist die Hoffnung berechtigt, daß es möglich ist, 
auf diese Weise die Seuche ohne übermäßige Kosten zu be¬ 
kämpfen, besonders wenn mit der Schutzimpfung die Vernichtung 
der Rauschbrandkadaver in einwandfreien Abdeckereien Hand 
in Hand geht. Diese Abdeckereien müßten von den einzelnen 
Kreisen betrieben werden, da die Privatunternehmer andere 
Interessen als die der Seuchentilgung haben. 

Es wäre wünschenswert, daß von weiterer Einführung der 
Rauschbrandschutzimpfnng im Regierungsbezirk Schleswig die 
Impfver8uclie im Kreise Norderdithmarschen mit staatlicher 
Unterstützung fortgesetzt würden. 


Schutzimpfung gegen die Hämoglobinurie des Rindes. 

Von Dr. Bugge, Vorsteher des Tierseucheninstituts der Landwirt¬ 
schaftskammer zu Kiel. 

Smith und Kilborne hatten durch ihre Untersuchung über 
das Texasfieber in Amerika sowohl die Ursache dieser Krankheit 
als auch bald darauf eine Immunisierungsmethode gegen diese 
Krankheit gefunden. Es war ihnen gelungen, gesunden Tieren 
durch die Übertragung von Blut der Rinder, die das Texasfieber 
überstanden hatten, einen gewissen Schutz zu verleihen. Diese 
Befunde wurden in den folgenden Jahren von Schröder, 
Hellens, Koch, Tidswell und Pound bestätigt. Letzterer 
hielt besonders Blut von kranken und genesenen Kälbern nach 
einer gewissen Frist für den geeignetsten Impfstoff. Er spritzte 
defibriniertes Blut von Kälbern in Mengen von 5 ccm den Impf¬ 
tieren unter die Haut. Es trat meist eine leichte, schnell 
vorübergehende Erkrankung ein, der nur ein geringer Prozent¬ 
satz der geimpften Rinder erlag. Während des Weideganges 
überstanden in der Regel die geimpften Tiere die natürliche 
Infektion. 

Von Kossel, Schütz, Weber, Mießner wurde diese 
Immunisierungsmethode bei ihren Arbeiten über die Hämoglobinurie 
der Rinder in Deutschland aufgenommen und auf ihre praktische 
Brauchbarkeit für die hiesigen Verhältnisse geprüft. Als 
Ergebnis der Untersuchungen empfehlen sie, für die Schutz¬ 
impfungen steriles, defibriniertes Blut von Kälbern zu benutzen, 
die vor 50 und mehr Tagen an der Krankheit gelitten hatten. 
Die Schutzimpfung sollte vier bis sechs Wochen vor Beginn 
des Weideganges vorgenommen werden. Die Tiere sollten nach 


der Impfung mit leicht verdaulichem Futter ernährt werden. 
Fieberhaft kranke und hoch trächtige Tiere sollten von der 
Impfung ausgeschlossen werden. 

Auf diese Ermittlung wies das Landwirtschaftsministerium 
im Frühjahre 1904 hin und gab gleichzeitig den Bericht über 
die Impfergebnisse im Jahre 1903 bekannt. Danach waren 
unter der Leitung von Geheimrat Schütz im Januar 1903 
20 Kühe mit Blut eines Rindes geimpft worden, das vor 65 Tagen 
die Hämoglobinurie überstanden hatte. Infolge der Impfung 
ging eine geimpfte Kuh ein. Im Februar 1903 wurde von 
einem Kalbe, das auf die Injektion mit infektiösem Blut erkrankt 
war und die ^Krankheit vor 62 Tagen durchgemacht hatte, Blut 
entnommen und 43 Rindern in einer Menge von 5 ccm subkutan 
injiziert. Hiernach trat keine Erkrankung ein. Demselben 
Kalbe wurde drei Wochen später, am 83. Tage nach dem 
Überstehen der Krankheit, wiederum Blut entzogen. Es wurden 
38 Rindern nur je 3 ccm dieses defibrinierten Blutes unter 
gleichen Bedingungen eingespritzt. Einige ältere Kühe zeigten 
mehrere Tage leichte Krankheitserscheintmgen und eine schlecht 
genährte Kuh im Alter von acht Jahren etwas schwerere 
Symptome; sämtliche Impflinge wurden indessen bald gesund. 
Während des Weideganges stellte sich bei drei Tieren leichte 
Hämoglobinurie ein. 

Nach der Gebrauchsanweisung des Impfstoffes, der vom 
pathologischen Institut der tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
und vom tierhygienischen Institut des Kaiser Wilhelms-Institutes 
zu Bromberg hergestellt wird, ist die Impfung gegen die 
Hämoglobinurie der Rinder von Tierärzten und vor Beginn des 
Weidenganges, etwa im März auszuführen. Hochträchtige und 
kranke Tiere sind von-der Impfung ausznschließen. Der Impf¬ 
stoff (defibriniertes Blut) ist acht Tage haltbar und muß an 
einem kühlen dunklen Ort aufbewahrt werden. Vor dem 
Gebrauch ist der Impfstoff vorsichtig umzuschütteln. Geöffnete 
Flaschen sind an einem Tage zu verbrauchen. Zur Impfung 
wird eine handtellergroße Stelle am Halse geschoren, gereinigt 
und getrocknet. Impfspritzen sind vor jeder Impfung auszu¬ 
kochen. Desinfizierende Mittel sind mit den Spritzen und dem 
Impfstoff nicht in Berührung zu bringen. 

Auf eine Bekanntmachung der Ergebnisse der Schutzimpfung 
im hiesigen landwirtschaftlichen Wochenblatt wandten sich zwei 
Gutsbesitzer zu B. bei B. Mitte April an das Tierseucheninstitut 
der Landwirtschaftskammer um Durchführung der Schutzimpfung 
Bestand M. 

Im Bestände M. befanden sich im Sommer 1906 90 Rinder, 
hiervon waren während des Weideganges 20 Tiere an 
Hämoglobinurie erkrankt und sieben eingegangen. 

Am 25. April erhielt das Institut von Geheimrat W. Schütz- 
Berlin, die gewünschte Menge Impfstoff für 140 Rinder. Am 
26. April wurden im Bestände M. 45 Tiere unter peinlichster 
Beachtung der Vorschriften der Gebrauchsanweisung geimpft. 
Drei Tage später wurde die Impfung bei den übrigen Tieren 
vorgenommen. In der Zwischenzeit konnten bei den geimpften 
Rindern keine Krankseitserscheinungen, jedoch ein Rückgang der 
Milchmenge wahrgenommen werden. 

I. Fall. Am 7. Mai ging dem Institut die Nachricht zu, 
daß eine Kuh des Bestandes große Mattigkeit zeige, das Futter 
verweigere und blutigen Harn absetzt. Bei meiner Ankunft am 
folgenden Tage war das Tier im Verenden und wurde sofort 
notgeschlachtet. 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Vorbericht. Die Kuh hatte 14 Tage vor der Impfung 
gekalbt, die Nachgeburt war vollkommen abgegangen. Zurzeit 
der Impfung, am 26. April, zeigte die Kuh keine Krankheits¬ 
erscheinungen. Sie befand sich in mäßigem Nährzustande. 

Sektionsbefund. An der Impfstelle in der Unterhaut 
waren keine Veränderungen vorhanden. In der Bauchhöhle 
befand sich eine geringe Menge klarer seröser Flüssigkeit. Die 
Magenabteilungen sind ohne Veränderungen, die Darmschleim¬ 
haut ist mit Schleim bedeckt, in Längs- und Querfalten gelegt 
und graurot. Auf der Schleimhaut sind mehrere stecknadelkopf- 
bis linsengroße, runde, scharf abgesetzte Blutungen vorhanden. 
Die Milz hat abgerundete Ränder, ist vergrößert 4ind hat eine 
stahlblaue Farbe. Die Pulpa ist braunrot und weich, das 
Trabekelwerk ist nicht sichtbar. Die Leber ist vergrößert, 
braunrot. Die Gallenblase ist gefüllt. Die Nieren lassen sich 

leicht aus den Kupseln herausschälen. Sie haben eine dunkel¬ 

braunrote Farbe. Die Schnittfläche ist feucht, die Rindenschicht 
ist braunrot, die Markschicht rot. Im Nierenbecken ist rot- 
gefärbter klarer Harn vorhanden, der aus den Papillen auf 
Druck hervortritt. Die Harnblase ist mit blutigrotem, klaren 
Harn gefüllt. In den Lungen befinden sich mehrere hasel- bis I 
walnußgroße verkäste, teilweise verkalkte, tuberkulöse Herde. 
Die Herzmuskulatur ist leicht getrübt. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Herzmuskulatur, 
der Leber und der Nieren wurde eine leichte Körnung der 
Zellen ermittelt. 

2. Fall. Am 8. Mai erkrankte im Stalle eine junge 3 Jahre 
alte Kuh, die 8 Wochen vorher regelmäßig gekalbt hatte. Das 
Tier zeigte anfangs Durchfall und Mattigkeit, später Verstopfung 
und setzte mehrere Tage lang blutigen Harn ab. Das Tier ist 
nach achttägiger Krankheitsdauer genesen. 

3., 4. und 5. Fall. Während des Weideganges sind im 
Monat Juli noch 3 Rinder im Alter von 4 bis 7 Jahren erkrankt. 
Tier 3 und 4 soll nur leicht an der Hämoglobinurie gelitten 
haben. Das 5. Tier hat große Mattigkeit, schweren Durchfall 
gezeigt und war nur schwer zum Aufstehen zu bewegen ge¬ 
wesen. Nachdem es in den Stall gebracht und mehrere Ein¬ 
spritzungen größerer Mengen von Damholid nach Evers er¬ 
halten hatte, ist es nach längerer Zeit genesen. 

Bestand G. 

Im Bestände G. waren im Sommer 1906 50 Rinder und 
Kälber vorhanden, von denen 1906 keines an Hämoglobinurie 
erkrankt ist. 

Auch in diesem Bestände wurden am 26. und 29. April die 
Tiere genau nach der Gebrauchsanweisung geimpft. 

1. Fall. Am 9. Mai erkrankte in dem Stall eine zehn¬ 
jährige Kuh, die 21 Tage vor der Impfung verkalbt hatte. Bei 
dem Tier waren dieselben Erscheinungen wie bei Kuh 1 im Be¬ 
stände M. vorhanden. Nach mehreren Injektionen von Damholid 
hörte das Blutharnen auf. Die Allgemeinerscheinungen gingen 
zurück, indessen trat eine hartnäckige Verstopfung auf, die nicht 
zu heben war. Das Tier wurde 14 Tage später wegen Ver¬ 
stopfung not geschlachtet. Ein Sektionsbefund war nicht zu 
erhalten. 

2. Fall. Am 11. Mai traten bei einem 4 Jahre alten Tiere 
ähnliche Erscheinungen im Stalle auf. Auch in diesem Falle 
hielt die Verstopfung lange Zeit an. Das Tier wurde einmal 
mit Damholid behandelt und erholte sich nach 14 Tagen; wurde 


indessen nicht wieder tragend und mußte deshalb abgeschaflt 
werden. 

Zusammenfassung. 

Nach Aussage der Besitzer soll im Jahre 1907 in der Um¬ 
gebung von B. das Blutharnen viel weniger aufgetreten sein 
als in früheren Jahren, besonders 1906. Sie führen die geringere 
Zahl der Krankheitsfälle auf das anhaltende naßkalte Wetter 
zurück, das die Lebensbedingungen und die Vermehrungen der 
Zecken ungünstig beeinflußt hat. 

Nach der Impfung von 48 Rindern, 40 Jungrindern, 
33 Starken und 17 Kälbern sind 7 Rinder an Hämoglobinurie 
und deren Folgen erkrankt und 2 Rinder eingegangen; und zwar 
sind im Stalle erkrankt 4 Tiere und auf der Weide 3 Tiere. 
Von den im Stalle erkrankten Tieren sind im Bestände M. und 
B. je ein Tier eingegangen. Die übrigen Rinder sind bei einer 
8—14 tägigen Behandlung genesen. 

Der Impfstoff ist daher immer noch zu virulent und bewahrt 
die Impflinge nicht immer vor einer schweren Erkrankung bei 
der natürlichen Infektion auf der Weide. Letztere Fälle fallen 
nicht so schwer ins Gewicht bei dem Besitzer als die Krankheits- 
| fälle in dem Stalle durch die Impfung. Diese Erkrankungs¬ 
und Todesfälle von wertvollen Tieren nach der Impfung in 
dem Stalle, wo nach der langjährigen Erfahrung der Besitzer 
die Hämoglobinurie nicht anftritt, schreckt die Landwirte von 
einer Ausführung der Impfung ab, selbst wenn während des 
späteren Weideganges eine Verminderung der Verluste fest¬ 
zustellen ist. 

Durch eine weitere Herabsetzung der Virulenz des Impf¬ 
stoffes oder durch noch geringere Gaben dürften wahrschein¬ 
lich schwere Erkrankungen und Todesfälle zu verhüten «eiü. 
Es sind daher weitere dahingehende Versuche sehr erwünscht, 
zumal die Verluste in den hiesigen verseuchten Beständen, wie 
aus obigen Angaben hervorgeht, recht einschneidend sind. Wir 
haben erst durch diese Impfungen kennen gelernt, wie häufig 
die Hämoglobinurie in der Provinz vorkommt und wie groß die 
Zahl der Todesfälle ist. 

Wenn nun auch die bisherigen Impfungen die gehegten Er¬ 
wartungen im ganzen Umfange nicht erfüllt haben; so steht 
doch zu erwarten, daß die durch eine Modifikation des Impf¬ 
stoffes noch günstigere Resultate erzielt werden können. 


Referate. 

Die akute Magenerweiterung der Pferde und ihre 
Behandlung. 

Von Prof. Dr. J. Marek in Budapest. 

(Mit 2 Figuren im Text.) 

(Zeitschrift für Tiermedizin, XI. Band, 8. 282—800.) 

Bei der akuten Magenerweiterung der Pferde (Magen¬ 
überfüllung, Überfütterungskolik) empfiehlt M. die Entleerung 
des Magens mittelts Magenkatheters. In 77 Fällen genügte eine 
einmalige Einführung des Katheters, bei fünf Patienten war 
eine Wiederholung und bei einem Patienten eiije dreimalige 
Vornahme des Eingriffes notwendig. Der nach außen beförderte 
Mageninhalt bestand meistens nur aus Flüssigkeit von ver¬ 
schiedener Konsistenz. Die Menge des letzteren wechselte je 
nach den einzelnen Patienten zwischen 5 und 30 Liter. Schon 
nach einer einmaligen Entleerung trat bei 66 Patienten sofort 
vollständige und dauernde Beruhigung ein. 







6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Die Entleerung des Mageninhaltes durch den Magenkatheter 
wurde auch in 13 Fällen von sekundärer akuter Magenerweiterung 
im Verlauf von Dünndarm- und Grimmdarm Verlagerung und von 
thrombotisch - embolischer Kolik vorgenommen. Dabei befand 
sich auch ein Fall von Grimmdarmobstipation. Bei diesem Falle 
wurden bei zweimaliger Entleerung innerhalb 19 Stunden ins¬ 
gesamt 52 Liter Mageninhalt entleert. Bei diesen 13 Fällen 
war im Gegensatz zur primären akuten Magenerweiterung der 
Mageninhalt seiner Konsistenz und seinem Geruch nach dem 
Inhalt des Dünndarms ähnlich, ein Umstand, der auch in diffe¬ 
rential-diagnostischer Hinsicht von Belang sein kann. 

Auf Grund seiner Erfahrungen glaubt Prof. Marek behaupten 
zu dürfen, daß, 

1. die allein rationelle Behandlung der akuten 
Magenerweiterung der Pferde in der Entleerung des 
Mageninhalts durch den Magenkatheter besteht, und daß 

2. der Ausführung der Magenkatheterisierung beim 
Pferd nicht nur an den Kliniken, sondern auch in der 
Praxis keine nennenswerten Schwierigkeiten im Wege 
stehen. 

Die Einführung des Magenkatheters muß am stehenden 
Pferde vorgenommen werden und es sind 3—4 Mann erforderlich. 
Der an der Budapester Klinik im Gebrauch stehende Magen¬ 
katheter (von Hauptner in Berlin erhältlich) ist ein einfacher 
2,75 m langer und 27 mm dicker Schlauch aus rotem Kautschuk 
mit einem Innenraum von 16 mm Querdurchmesser. Die nötige 
Festigkeit erlangt der Schlauch durch einen entsprechend dicken 
und langen, an seinem distalen Ende mit einem konischen Knopf 
versehenen Rohrstab, der in den Schlauch eingeschoben werden 
kann. • * • 

Über die Einführung des Magenkatheters gibt Prof. Marek 
folgende Anweisung: Zwei oder im Notfall mehr Gehilfen ziehen 
den Kopf des Pferdes abwärts. Es wird ein Bayer scher 
Maulkeil oder ein Maulgatter eingesetzt. Jener Gehilfe, der 
diese Instrumente hält, hebt nun den unteren Teil des Kopfes, 
so daß der letztere in eine möglichst gerade Richtung mit dem 
Halse gebracht wird. Nun wird die Zunge seitlich aus dem 
Maule hervorgezogen, damit der Katheter mit beiden Händen 
am harten Gaumen entlang zwar vorsichtig, doch ziemlich rasch 
gegen den Schlundkopf vorgeschoben werden kann. Hat das 
distale Ende des Katheters den Schlundkopf passiert, dann 
erfolgt das Nachschieben langsam. Nach dem Einschieben des 
Katheters in den Schlund tritt gewöhnlich mehr oder weniger 
starkes Röcheln ein, dem aber keine Bedeutung beizumessen ist. 
Selbstverständlich sind vor dem Einfuhren der Katheter und 
der Rohrstab mit Öl, Fett, Vaseline oder Glyzerin gut schlüpfrig 
zu machen. Der Rohrstab wird erst herausgezogen, wenn das 
distale Ende des Katheters in den Magen gelangt ist. Übrigens 
soll der Katheter tief in den Magen hineingeführt werden. Es 
soU die Länge des eingeführten Teiles des Magenkatheters von 
den Schneidezähnen ab etwa 116—125 Prozent der Körperhöhe 
des Pferdes (Bandmaß) betragen. Falls sich beim Einführen 
kurz vor dem Magen ein Hindernis bietet, was an und für sich 
selten vorkommt, so wird der Rohrstab herausgezogen, auf den 
Kautschukschlauch ein Trichter aufgesetzt und 1—2 Liter 
warmes Wasser eingegossen, wodurch die Schlundwand oder die 
Cardia zur Erschlaffung gebracht wird. Wenn darauf der Rohr¬ 
stab wieder eingeführt wird, gelingt die völlige Einführung des 
Katheters leicht. Rdr. 


Intraperitoneale Chlor&Ihydratiiyektionen 
in der Behandlung Ton schweren Koliken beim Pferd 

Von Breton. 

(Recueil d’Alfort, 30. Oktober 1007.) 

Bei der Kolikbehandlung gilt es verschiedene Indikationen 
zu erfüllen, nämlich den hämorrhagischen Zufällen vorzubeugen, 
die Atonie des Verdauungsschlauches zu bekämpfen und als 
hauptsächlichste die Schmerzen zu lindem, denn mit der Linde¬ 
rung der Schmerzen hören die untergeordneten Bewegungen 
und die abnormen Stellungen auf und werden manche Kompli¬ 
kationen, wie die Zerreißungen und Drehungen des Darmes, 
vermieden. 

Um Schmerzlosigkeit zu erreichen, verwendet Verfasser bei 
schweren Koliken das Chloralhydrat in intraperitonealen In¬ 
jektionen. Der schnell sich einstellende Schlaf dauert 3 bis 
4 Stunden, während welcher Zeit sich Puls und Respiration 
wieder regeln, und ist die Injektion, wenn sie sauber gemacht 
ist, absolut gefahrlos. Die Dosis ist 1 g auf 10 kg Körper¬ 
gewicht in 10 g sterilisiertem Wasser gelöst, und darf die 
Lösung erst kurz vor dem Gebrauche hergestellt werden. Zur 
Injektion benutzt man einen Seruminjektionsapparat (z. B. den 
nach Casper). 

In der linken Hungergrube wird der gewöhnliche Darm¬ 
trokar des Pferdes, nach vorhergehender Desinfektion der Haut 
mit Alkohol, eingestochen, das Stilet herausgezogen und das 
Chloralhydrat durch die Kanüle hindurch injiziert. Sind die 
Gedärme durch Gasbildung zu stark aufgetrieben, so wird vor¬ 
erst den Gasen durch eine Punktion des Blinddarmes Abzug 
gestattet und darauf erst das Trokar eingestochen, welchem 
dann die Därme gern ausweichen. 

Der Verfasser beschreibt fünf Fälle, in welchen er nach 
einem Aderlaß und Injektion von 0,06 g Pelokarpin und 0,03 g 
Eserin, 30—50 g Chloralhydrat intraperitoneal injizierte, die 
alle in Heilung übergingen. 

Das Chloralhydrat soll nach Angabe des Verfassers nicht 
gerade systematisch bei allen Koliken Verwendung finden, nur 
bei schweren Fällen, in welchen die Schmerzen sehr heftig sind 
und als Hauptsymptom auftreten. 

Die Wirkung des Chlorbariums und der öligen Abführmitte 
wird durch das Chloralhydrat nicht beeinträchtigt. Werden die 
die Speichel- und Darmdrüsen anregenden Alkaloide Pelokarpin 
und das Arekolin vor der Chloralhydratinjektion gegeben, so 
ist ihre Wirkung auf den Darm gleich Null, sie verkürzen 
dadurch, daß sie das Anästhetikum rasch eliminieren, nur die 
Dauer des Schlafes. Will man während der Narkose die Darm¬ 
bewegungen anregen, so gibt man daher an ihrer Stelle das 
Chlorbarium. Helfer. 

(Aus dem veterinär-pathologischen Institut der Universität Bern.) 

Berechnung der Oberfläche der Uteruskarunkeln 
(Semiplacenta materna) beim Rind. 

Von Dr. Hermann Henrik Rörik-Batavia (Java). 

(Archiv für wtasensohaftl. n. prakt. Tierheilkunde, 38. Band, 4. u. 5. Heft.) 

Für die Ätiologie des Abortus bei unseren Haustieren ist 
die bisher noch nicht ventilierte Frage: ob in konkretem 
Falle die Mutter- und Fruchtkuchen eine genügende 
Ausbildung erreicht hatten — sehr wichtig. Zur Beant¬ 
wortung dieser Frage sind aber Arbeiten über die normale 
Plazenta-Oberfläche dringend nötig. R. hat nun die Uteri von 
21 Kühen des näheren untersucht und das Verhalten der Ober- 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


fläche der Placenta materna zum Chorion fötale, sowie zur Größe 
und Gewicht des Jungen geprüft. Ein Stück einer Karunkel 
wurde auf ein bestimmtes Gewicht (1—3,0) gebracht, in lOproz. 
Formalin fixiert, in Alkohol gehärtet und in Paraffin eingebettet. 
Die davon gefertigten Schnitte wurden mikroskopisch untersucht, 
wobei die Größenverhältnisse des Gewebes und der für die 
Chorionzotten bestimmten Hohlräume einer genauen Berechnung 
unterworfen wurden. 

In vorliegender Arbeit hat sich Autor ferner der von 
Strahl vorgeschlagenen Nomenklatur angeschlossen. Dieselbe 
lautet folgendermaßen: „Die Erhebung der Uteruswand bezeichnet 
man als Karunkel, das Feld der Zotten am Chorion heißt 
Kotyledo. Je eine Karunkel bildet mit ihrem zugehörigen 
Kotyledo ein Plazentom (besser noch Semipläzentom), die 
Summe der Plazentome — mit etwa zwischen denselben 
liegenden freien Zotten — die Semiplacenta multiplex, die 
Summe der Karunkeln die Semiplacenta materna, die der 
Kotyledonen die Semiplacenta foetalis.“ 

Nach des Verfassers Schlußfolgerungen kann man zur Be¬ 
urteilung der Leistungsfähigkeit der Semiplazenta folgende vier 
Momente benutzen: 

1. Die Anzahl der Plazentome, die normaliter 80 bis 
120 beträgt; 

2. das Verhältnis des Gewichtes des Fötus zu dem¬ 
jenigen der Semiplazenta, das in der ersten Hälfte der 
Trächtigkeit 1:03 bis 1:09 beträgt und in der zweiten Hälfte 
auf 1 : 0,2 bis 1 : 0,09 zurückgellt; 

3. das Verhältnis des Gewichtes des Fötus zur 
Oberfläche der Semiplazenta. Nach zwei Monaten besteht 
das Verhältnis 1 g zu 0,11 bis 0,27 qcm, im zweiten und dritten 
Viertel der Trächtigkeit 1 g zu 13 bis 17 qcm, im letzten 
Viertel 1 g zu 7 bis 11 qcm; 

4. das Vorkommen von akzessorischen Plazentomen, 

das auf eine überwundene oder noch bestehende Insuffizienz der 
Plazenta hinweist. J. Schmidt. 

Zur Bekämpfung des Botlaufs der Schweine. 

Von Bezirkstierarzt Dr. Dörrwächter, Waldkirch. 

(Mitteilungen des Verein« badischer Tierärzte, 7. Jabrg., Nr. 12.) 

Im Bezirk Waldkirch waren im laufenden Jahre insgesamt 
18 Gemeinden mit 81 Beständen verseucht. An der Seuche 
sind 94 Tiere erkrankt, wovon 33 verendeten. Die Seuche zeigte 
gegen sonst einen erheblich veränderten Charakter, sowohl hin¬ 
sichtlich der klinischen Erscheinung, als auch ihres pathologisch- 
anatomischen Befundes und ihres Verhaltens bei der Impftmg. 
Hohes Fieber und Rotfärbung der Haut waren nur in wenigen 
Fällen wahrnehmbar; Appetitlosigkeit und Schwäche waren immer 
zugegen. Als pathologisch-anatomische Erscheinungen traten 
in der Regel Milztumor, hämorrhagische Gastroenteritis, Nephritis 
und Leberschwellung auf, während Veränderungen an der Haut 
und am Herzen verhältnismäßig selten waren. Trächtige oder 
Mutterschweine kurz nach der Geburt starben zumeist an der 
Erkrankung, ihre Föten zeigten starke Rotfärbung der Haut, 
der Uterus war hämorrhagisch entzündet. Die im Freiburger 
Institut vorgenommene Untersuchung ergab Mischinfektion 
von Schweineseuche und Rotlauf. 

Seit Ausbruch der Seuche wurde mit Susserin geimpft. Von 
den 55 verseuchten Beständen blieben 35 (= 64 Proz.) nach 
der Notimpfung von weiteren Senchenfällen verschont, während 


in 20 Beständen (= 36 Proz.) 3—20 Tage nach der Impfung 
wieder 44 Schweine an Rotlauf erkrankten. 13 derselben ver¬ 
endeten, 4 wurden geschlachtet, die übrigen genasen. Der 
Heilimpfung wurden 56 Tiere unterworfen, von welchen 
36 (= 64 Proz.) genasen, während 20 (= 36 Proz.) ver¬ 
endeten oder geschlachtet werden mußten. Die Tiere mit aus¬ 
gesprochenem Rotlauf wurden zumeist gesund, diejenigen ohne 
typische Erscheinungen blieben krank. J. Schmidt. 

Impfang gegen Schweineseache mit Saptol nach 
Dr. Burow. 

Von Josef Pekar, k. k. Bezirkstierarzt in Boskowitz. 

(Tierärztliches Zentralblatt 1907, Nr. 33.) 

Pekaf* hat die Erfahrung gemacht, daß jene Zuchtsäue, die 
in ihrem Frischlingsalter die Schweineseuche überstanden haben, 
im ersten aber auch im zweiten, ja sogar im dritten Wurfe 
seuchekranke Ferkel gebären, die sich schon in den ersten 
Lebenstagen als Kümmerer kenntlich machen; einige Ferkel 
desselben Wurfes bleiben auch in der Nachzeit immun, die 
übrigen erkranken auch in der Isolation nach und nach. 
Pekaf impfte nun in einem verseuchten Gehöfte 19 Frisch¬ 
linge und 11 kümmernde Ferkel. Der Erfolg war besonders bei 
den Kümmerlingen überraschend. Sie erholten sich ungemein 
schnell und der Husten war schon nach einigen Tagen ver¬ 
schwunden. Rdr. 

Über die Tenazität des Bacillus suisepticus and des 
Bacillus soipestifer. 

Von D. Erdös und E. Koppänyi, em. Assistenten des Instituts 
für Seuchenlehre in Budapest. 

(Zeituchr. f. Tnfektionakr., p&ras. Krankh. u. Hygiene d. Haustiere, Bd. III, S. 226.) 

Die Autoren prüften die entwicklungshemmende und die 
keimabtötende Wirkung verschiedenster Desinfektionsmittel 
(Alkohol,Formalin, gebräuchliche Säuren,Kreolin, Kalkmilch usw.) 
gegenüber dem Bacillus suisepticus und suipestifer. Sie fanden, 
daß der Bacillus suipestifer sowohl der entwicklungshemmenden 
als auch der keimtötenden Wirkung der Desinfektionsmittel 
gegenüber einen erheblich größeren Widerstand leistet. Be¬ 
sonders auffällig zeigte sich das bei chemischen Desinfizientien; 
so übten z. B. Hydrogenium hyperoxydatum, Salzsäure, Salizyl¬ 
säure und Borsäure auf den Bacillus suipestifer erst in 2—5 fach 
stärkerer Konzentration denselben entwicklungshemmenden Ein¬ 
fluß aus wie auf den Bacillus suisepticus. Von den unter¬ 
suchten Mitteln entfaltet nur die Kalilauge annähernd dieselbe 
Wirkung auf beide Bazillen. Jedoch leisten beide 
Bakterien den meisten Desinfektionsmitteln keinen 
erheblichen Widerstand, und es hat sich ergeben, daß die¬ 
selben in verhältnismäßig dünneren Lösungen mancher gewöhn¬ 
lichen Mittel binnen kurzer Zeit zugrunde gehen, wie aus den 
Tabellen näher hervorgeht. In der Reihe dieser Mittel 
entfalten insbesondere das Cuprum sulfuricum, das 
Allylsulfid, die Kalkmilch und das Kreolin auf beide 
Bakterienarten eine auffallend energische abtötende 
Wirkung. Richter. 

Zar Herkunft des Bacillus suipestifer. 

Von Dr. R. Grabert, Oberveterinär in Berlin. 

(Zeitschr. f. Infektionskr, paras. Krankh. u. Hyg. d. Hautt., Bd. III, S. 218.) 

Durch die in den letzten Jahren erfolgten Veröffentlichungen, 
die dem Bacillus suipestifer seine früher allgemein anerkannte 








6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT» 


99 


Bedeutung als Erreger der Schweinepest absprechen, wird die 
Frage nach dem Verhältnis dieses Bakteriums zur Schweinepest 
und nach seiner Herkunft aufgerollt. G. hat nun den Inhalt 
von 23 Schweinedärmen, die keine Schweinepestveränderungen 
auf wiesen, speziell in Hinsicht auf das Vorkommen des Bac. 
snipestifer untersucht. Zu diesem Zwecke bediente er sich des 
Lackmus-Laktose-Agars, auf dem der B. snipestifer in blauen, 
glasigen, in den nächsten Tagen sich trübenden, aber keine 
Farben Veränderungen auf weisenden Kolonien wächst. Das zur 
Aussaat auf den großen Plattenkulturen dienende Material 
stammte aus der Gegend der Hüftblinddarmklappe als des 
Lieblingssitzes der typischen Schweinepestläsionen. Die Ver¬ 
suche führten im allgemeinen zu dem Ergebnis, daß sich ver¬ 
hältnismäßig häufig, hier in 7 von 23 Fällen, im Darm 
von Schweinen, die keine Veränderungen der Schweine¬ 
pest aufweisen, saprophytische Bakterien vorfinden, 
die sich morphologisch, kulturell und biologisch nicht 
vom B. snipestifer unterscheiden. Richter. 

Vergleichende Untersuchungen über den Bacillus 
pyogenes bovis und den Bacillus pyogenes suis. 

Von Dr. F. Berger in Hock-van-Holland. 

(Zettäckr. f. Infektionskr., paras. Krankb. u. Hygiene d. Haustiere, Bd. III, 8. 101.) 

Anläßlich der Untersuchungen über die Ätiologie der nicht¬ 
tuberkulösen Lungenentzündungen beim Rind fiel Berger das 
häufige Vorkommen eines sehr kleinen, schlanken Bazillus auf. 
Dieser hatte große Ähnlichkeit mit dem Grips sehen Bacillus 
pyogenes, der sich bei Eiterungen und gelegentlich auch bei 
Lungenentzündungen des Schweines findet. Da dem Autor zu 
gleicher Zeit Material von Schweinen zur Verfügung stand, trat 
er Untersuchungen über den Bacillus pyogenes bovis und den 
Bacillus pyogenes suis näher. 

In der umfangreichen Abhandlung gibt Berger zuerst eine 
historische Übersicht über die pyogenen Bazillen, dann folgen 
seine eigenen Untersuchungen über Morphologie, Züchtung 
(unter Heranziehung der verschiedensten Nährböden), biologische 
Eigenschaften usw. des Bacillus pyogenes. Aus den Versuchen 
über die Pathogenität des Bacillus pyogenes suis sei folgendes 
hervorgehoben: Der Bacillus pyogenes ist imstande, bei Meer¬ 
schweinchen Pneumonie zu erzeugen. Hauptsächlich kenn¬ 
zeichnet sich diese experimentelle Pneumonie durch Absze߬ 
bildung, purulente Bronchitis und sekundäre Entzündung des 
benachbarten Lungengewebes, wobei bald Abszeßbildung und 
Pleuritis adhaesiva auftreten. 

Die weiteren Ergebnisse sind, wie folgt, zusammengefaßt: 

1. Der Po eis sehe Polyarthritisbazillus, der Bacillus pyogenes 
suis (Grips) und der Bacilltis pyogenes bovis (Künnemann) 
sind identisch. Zur Vereinfachung der Nomenklatur ist es 
empfehlenswert, die Bezeichnung „Bacillus pyogenes“ zu ge¬ 
brauchen. 

2. Der Bacillus pyogenes und der Abortusbazillus (Bang) 
sind nicht verwandte Mikroorganismen. 

3. Der Bacillus pyogenes ist für manche Versuchstiere ein 
spezifischer Eitererreger, jedoch nicht für Hunde. 

4. Es gelingt, kleine Versuchstiere, Hunde und Kälber, 
gegen den Bacillus pyogenes zu immunisieren und von diesen 
Tieren Immunserum zu gewinnen. Das Immunserum enthält 
agglutinierende und bakterizide Substanzen. Richter. 


Toxische Hämoglobinämie, hervorgerafen 
durch Rostpilze. 

Von Albert Sziläscyi, Tierarzt in Kisb6r. 

(AlUtorvosi bapok 1907, Nr. ßä.) 

In einem Halbblut-Gestüte von 100 Pferden trat Obstipation 
mit Bluthamen auf. Unmittelbar vor der Erkrankung wurde 
das Gestüt von der bisher benutzten Weide auf ein Kleefeld 
getrieben; als aber die ersten Krankheitsfälle auftraten, ließ 
man die Weide wieder wechseln, worauf der größte Teil der 
Erkrankten bald wieder genesen ist. Auch die Kranken zeigten 
zu dieser Zeit keine Störung mehr im Allgemeinbefinden. Die 
Schleimhäute waren blaß und ein wenig ikterisch gefärbt, Puls 
und Atmen normal, Temperatur 38—39,2° C, auf die Verstopfung 
traf Diarrhöe ein. Der Kot ist braunrot mit Schleim und Blut 
überzogen. Der Harn dunkelbraunrot; enthält viel Eiweiß und 
Hämoglobin. Im Blute konnte man bei der mikroskopischen 
Untersuchung Parasiten (Trypanosomen) nicht wahrnehmen. 

Nach der Anamnese sollte der Klee die Krankheitserreger 
in sich bergen und tatsächlich fand man beinahe an sämtlichen 
Kleeblättern viele kleine rotbraune, staubartige Knötchen, die 
man als Rostpilzsporen (Uromyces Trifolii hev.) erkannt hat. In 
den kleinen Knötchen sah man bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung unzählige rundliche Usedosporen und wenigere bräun¬ 
liche, in dicke Hülle eingefaßte, einzellige Telentosporen. Die 
mykotische Darmentzündung wurde also von diesen Rostpilzen 
hervorgerufen, welche dann bei ihren Keimen in den Gedärmen 
Toxine zeigten. Diese Toxine, in den Blutkreislauf gelangt, 
führten zur Hämoglobinämie. Dr. Z. 

Blutungen in der Hornkapsel. 

Von Oberstabsveterinär Geßner. 

(Zeitsckr. f. Veterinärk. 1907, S. 393.) 

Ein Pferd war durchgegangen, hingestürzt und hatte mit 
dem rechten Hinterhufe gegen einen Prellstein geschlagen, daß 
es stark lahmte. Es wurde das Eisen abgenommen, da eine 
akute Entzündung der Weichteile des Hufes festgestellt worden 
war und kühlende Umschläge gemacht. Am siebenten Tag trat 
Besserung der schweren Lahmheit ein, und nach weiteren zehn 
Tagen sollte das Eisen wieder aufgeschlagen werden. Beim 
Entfernen des toten Hornes löste sich plötzlich die ganze Horn¬ 
sohle ab, und eine vollständig neugebildete Sohle von sehr 
weichem Horn wurde sichtbar. Die weiße Binde war in ihrer 
ganzen Ausdehnung mit Blut durchtränkt. Die Sohle wurde 
eingeteert, mit Werg ausgepolstert und ein Hufschuh angelegt. 
Nach 14 Tagen konnte ein Eisen aufgeschlagen werden. 

Richter. 

Abnorme Lage des Herzens bei einem Kalbe. 

Von Dr. Georg Seyfert, städtischer Tierarzt in Pirna a. E. 

(Deutflcbe Tierärztliche Wochenschrift 1907, Nr. 38.) 

Bei einem zur Schlachtung bestimmten Kalbe fand sich vor 
dem Thorax rechts an der unteren Seite des Halses ein reichlich 
apfelgroßer rhythmisch pulsierender Körper. An der dem Brust¬ 
eingang zugewendeten Seite war das Gebilde breit, während 
es oralwärts sich zuspitzte. Bei der Auskultation waren deut¬ 
liche Herztöne an demselben wahrnehmbar. Das Gebilde mußte 
also das Herz enthalten. Dies wurde dann nach der Schlachtung 
bestätigt. Der Herzbeutel war im Unterhautbindegewebe ein¬ 
gebettet und mit diesem und der äußeren Haut mehr oder 
weniger verwachsen. In dem tonnenförmig erweiterten und 
nach vorn offenen Brustkorb lag nur die Lunge. RdL 


100 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Chronische Urämie infolge primären Carcinoms der 
linken Niere bei einem Hunde. 

(Aus der raed. Klinik der "Wiener Tierärztl. Hochschule.) 

Von stud. Hab ach er. 

(Tierärztliches Zentralblatt 1907 Nr. 20.) 

Am lebenden Tier wurde hinter dem linken Rippenbogen 
eine deutlich wahrnehmbare Hervorwölbung wahrgenommen, die 
durch die Palpation als verschiebbare Geschwulst mit unebener 
Oberfläche erkannt wurde. Es wurde wenig eiweißhaltiger Urin 
abgesondert Und im Verlaufe von drei Wochen traten die Er¬ 
scheinungen der Urämie immer mehr in den Vordergrund. Der 
Hund magerte stark ab und wurde schließlich getötet. Durch 
die Sektion wurde ein primäres Carcinom der linken Niere, so¬ 
wie Metastasenbildung in der Lunge festgestellt. Der Fall ist 
insofern interessant, als das primäre Carcinom der Niere eine 
Seltenheit ist. Rdr. 

Tagesgeschichte. 

t 

Am 23. Januar d. J. verschied an Gehirnschlag ein Veteran 
unter den Tierärzten, der Tierarzt Max Schümm hierselbst. 

Geboren am 11. Januar 1835 zu Berlin, besuchte er das 
Joachimstlialsche Gymnasium daselbst und trat am 1. Oktober 
1853 beim Garde-Husaren-Regiment in Potsdam als Roßarzt- 
Aspirant ein, besuchte demnächst die Tierarzneischule zu Berlin 
und wurde nach bestandenem Examen 1858 bei der 2. Reitenden 
Batterie des 4. Artillerie-Regiments in Naumburg a. S. angestellt 
und 1860 zum Roßarzt befördert. Als solcher machte er 1866 
den Krieg gegen Österreich und 1870/71 den Krieg gegen 
Frankreich mit und kehrte im Juli nach Friedensschluß wieder 
nach Naumburg a. S. zurück. Am 1. April wurde er pensioniert 
und setzte seinen Beruf in der Privatpraxis bis etwa vor Jahres¬ 
frist, als ein leichter Schlaganfall ihn ereilte, mit Rührigkeit 
fort. Von da ab kränkelte er und konnte nur zu einem kleinen 
Teil die Praxis, an der er mit ganzer Seele hing, fortsetzen. 
Seine Tätigkeit als Ergänzungsbeschauer sagte ihm besonders 
zu, und wenn sein Wirkungskreis in der Fleischbeschau auch 
nur ein kleiner war, erfreute ihn diese Tätigkeit und die Teil¬ 
nahme an den Versammlungen der Beschauer außerordentlich. 
Ebenso war es für ihn stets eine Freude, an den Versammlungen 
des Tierärztlichen Vereins des diesseitigen Regierungsbezirks 
teilzunehmen, zumal es sein Bestreben war, mit der Wissenschaft 
möglichst in Connex zu bleiben. 

Leider ist es Schümm nicht beschieden gewesen, auf eine 
50jährige Tätigkeit, die im November d. J. ihren Abschluß ge¬ 
funden hätte, zurückblicken zu können. Diesen Zeitpunkt sehnte 
er gern herbei, weil er wohl den Schluß seines fachmännischen 
Wirkens bilden sollte. 

Das Andenken an Max Schümm wird bei allen, die ihm 
näher getreten, in Ehren gehalten werden; er aber möge aus¬ 
ruhen in dem dunkelen Hause, das ihn jetzt umfängt. 

Griesor, Kreistierarzt. 

Danksagung. 

Allen Kollegen, welche beim Tode des Kreistierarztes 
Dr. Jeß ihrer Teilnahme Ausdruck gegeben und dadurch der 
Witwe wolilgetan haben, sage ich in deren Namen herzlichen 
Dank. Schmaltz. 


Die erste Lesung des Viehseuchengesetzes. 

(Schlußbericht und Betrachtung.) 

Bindewald (^Hessen, Antisemit): Die Landwirtschaft hat 
diesem Gesetz mit Spannung entgegengesehen. Im ganzen Volke 
ist das Verständnis für die volkswirtschaftliche Bedeutung eines 
gesunden Viehstandes erheblich gewachsen, auch bei den Arbeitern. 
Von einer agrarischen Tendenz des Gesetzes kann keine Rede 
sein; die Landwirtschaft wird vielmehr dadurch hart betroffen. 
Scharfe Bestimmungen in den Grenzgebieten sind zunächst er¬ 
forderlich. Auch die Maul- und Klauenseuche ist im Inlande 
erst durch scharfe Maßregeln zum Erlöschen gebracht worden. 
Aber wenn die Regierung sich von ihren Bestimmungen gegen¬ 
über dem Inlande nichts abstreichen lassen soll, so soll sie auch 
nichtsNeues hinzunehmen ohne gewissenhafteste Prüfung. Dies 
gilt z. B. bezüglich der Vorschläge, die in einer an die Mit¬ 
glieder des Reichstages verteilten Denkschrift des Verbandes 
der Viehhändler: „Der Viehhandel in seiner Stellung zur Ab¬ 
änderung des ReichsViehseuchengesetzes“ sich befinden, wo z. B. 
vorgeschlagen wird, als Grenzbezirke einen Grenzstreifen in 
der Breite von einer Meile zu bezeichnen. Die Bestimmungen 
über die Seuchenbekämpfung im Inlande sind zum Teil tief ein¬ 
schneidende und werden auch hier gründlich zu erörtern sein. Die 
Anzeigepflicht des Gesindes muß verschwinden; sie entspricht 
nicht der Stellung des Knechtes zu seinem Herrn. Dringend 
wünschenswert wäre es, wenn die Faulbrut der Bienen in 
dieses Gesetz aufgenommen würde. Die Biene gilt mit Recht 
als wichtiges Haustier und kann nicht mehr als „wilder Wurm“ 
betrachtet werden. Das Gesetz erweitert den Machtbereich der 
Tierärzte sehr erheblich. Die Tierarzneikunde kann auf 
Grund ihrer Erfolge ein so weitgehendes Vertrauen 
nicht ohne weiteres beanspruchen; sie mag doch erst 
einmal zeigen, daß sie die Krankheiten auch wirklich heilen kann. 
Denn eine Seuche durch Tötung der Tiere auszurotten, ist doch 
schließlich eine Kur äla Eisenbart; und doch sind die Erfolge 
der Seuchentilgung nur da vorhanden, wo die Tötung erfolgt. 
Es ist eine höhere Aufgabe, die kranken Tiere zu retten. (?) 
Die Impfung mag ja beim Schweinerotlauf ganz gut sein; aber 
der Tierarzt darf nicht die Befugnis erhalten, wenn eine 
Seuche ansgebrochen ist, die Impfung ganzer Bestände an¬ 
zuordnen. (?) Die Impfung ist sehr teuer; durch Anordnung von 
Massenimpfungen können sich die Tierärzte kolossale Neben¬ 
einnahmen (?) schaffen. Vor allem wäre eine billige Taxe der 
Tierimpfungen anzustreben von höchstens 50 Pf. Die Ent¬ 
schädigungsfrage wird in der Kommission zu behandeln sein; 
jedenfalls muß Entschädigung auch Für Geflügel gewährt werden 
Die Strafen erscheinen sehr hart. Ein Tierbesitzer kann doch 
beim Seuchenausbruch den Kopf verlieren und darf dafür nicht 
hart bestraft werden. Die Schafräude sollte aus dem Gesetz 
herausgenommen und allenfalls unter ein besonderes Gesetz 
gestellt werden. Der landwirtschaftliche Kreisverein in Fritzlar 
hat eine darauf zielende Resolution im vorigen Jahre angenommen, 
die der Anschauung im ganzen Hessenlande entspricht. Die 
Schafzucht ist zurückgegangen, freilich nicht bloß der Räude¬ 
bekämpfung wegen, sondern weil der Pariser Hammelmarkt 
gesperrt worden ist, weil man heute für einen Zentner Wolle 
soviel Mark bekommt wie in den sechziger Jahren Taler, und 
weil die Weideflächen, namentlich auch durch Aufforstung immer 
mehr eingeschränkt werden. 





6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


101 


v. Sa6~Jaworaki (Pole) erkennt die nationalökonomische 
Bedeutung des vorliegenden Gesetzentwurfes an, stimmt mit 
seinen politischen Freunden der Verweisung an die Kommission 
zu, glaubt jedoch nicht, zu einer Annahme der Vorlage gelangen 
zu können, w r eil die polnischen Landwirte unter dem Druck 
des Enteignungsgesetzes nicht geneigt sein würden, Lasten auf 
sieb zu nehmen. 

Vogt - Crailsheim (Württemberg, Wirtschaftliche Ver¬ 
einigung): Wie man behaupten kann, daß dieses Gesetz* eine 
agrarische Tendenz habe, ist unerfindlich. Es legt der Land¬ 
wirtschaft, allerdings in ihrem Interesse, große Lasten auf. Die 
Machtvollkommenheit der Tierärzte wird allerdings er¬ 
weitert; deshalb ist es notwendig, daß dieselben eine immer mehr 
verbesserte Ausbildung, namentlich in seuchentechnischer Hinsicht 
erhalten. Man sollte die jungen Tierärzte zu einem 
Probejahr bei einem beamteten Tierarzt verpflichten, 
«he sie die Approbation bekommen. Kennzeichnungen der 
Tiere in geeigneten Fällen durch Ohrmarken, Buchkontrolle 
and Stallkontrolle kann notwendig sein. Mangel an Tier¬ 
ärzten kann diese Kontrolle nicht hindern. Die Privattierärzte 
Laben sich ja beschwert, daß sie durch das neue Gesetz 
beeinträchtigt würden. Jedenfalls ist das Gesetz eine ent¬ 
schiedene Verbesserung des bestehenden und wird die 
Viehzüchter weit besser schützen. Das erneute Auftreten 
der Maul- und Klauenseuche nach den großen Epidemien 
in Posen ist durch das energische Vorgehen des preußi¬ 
schen Ministeriums unterdrückt worden. Es ist bemerkens¬ 
wert, daß sämtliche Neuausbrüche seit dem 15. Januar 1906 
nur an der russischen Grenze vorgekommen sind. Die Be¬ 
stimmungeil de$ gegenwärtigen Gesetzes genügen zweifellos 
nicht mehr zur. Seuchentilgung. Daraus ergibt sich die Not¬ 
wendigkeit, das bestehende Gesetz nach dem heutigen Stande 
der Veterinärwissenschaft zu ändern. Hinsichtlich der Aus¬ 
dehnung der Einfuhrverbote auf tierische Teile ist das Interesse 
der Lederindustrie zu berücksichtigen. Was die Bekämpfung 
der Seuchen im Inlande betrifft, so unterwerfen wir uns gern 
den strengen Vorschriften. Namentlich ist die Tuberkulose eine 
noch schlimmere Krankheit als die Maul- und Klauenseuche. 
Wünschenswert wäre es gewesen, auch den Scheidenkatarrh und 
die Faulbrut der Bienen aufzunehmen. Jeder Besitzer muß die 
Anzeige selber sobald wie möglich machen. Die Anzeige sollte 
aber auch von den Gemeindeorganen angenommen werden können. 
Das wirksamste Tilgungsmittel ist jedenfalls die Tötung, auch 
bei der Maul- und Klauenseuche und bei Tuberkulose in geeig¬ 
neten Fällen. Wie es aber möglich sein wird, den Verkehr 
z. B. der Hunde, Katzen und des Geflügels in bäuerlichen Ver¬ 
hältnissen zi) verhindern, ist fraglich. Bei der Entschädigung 
sollte den meisten Krankheiten der gemeine Wert zugrunde 
gelegt werden. Die Räude sollte nicht in das Gesetz auf¬ 
genommen werden. Die Strafen erscheinen zunächst sehr hart, 
sind aber bei näherer Betrachtung nicht so schlimm, weil Fahr¬ 
lässigkeit nicht hart bestraft wird. Verwunderlich ist der 
Titel „Viehseuchengesetz“. Man sagt doch auch nicht 
Viehärzte, sondern Tierärzte, spricht nicht von Viehprodukteu, 
sondern von Tierprodukten. 

Gothein (Freisinnige Vereinigung): (Der Herr Abge¬ 
ordnete polemisiert besonders gegen den nach seiner Meinung 
zu scharfen Grenzschutz, bestreitet die Behauptung, daß die 
deutsche Landwirtschaft den Fleischbedarf {illein erzeugen könne, 


und versucht das mit statistischen Angaben. zu belegen. Im 
einzelnen sind aus seiner Rede folgende Punkte hervorzuheben:) 

Die Anzeigepflicht für Schweineseuche und Schweinepest 
begegnet Bedenken, weil die Krankheiten nicht auseinander¬ 
zukennen sind. Die Tuberkulinprobe ist wertlos. Bezüglich 
der Maul- und Klauenseuche ist es dringend notwendig, jeden 
denkbaren Schutz einzuführen. Die obligatorische Impfung 
gegen den Rotlauf mag bei den ausgezeichneten Erfahrungen 
zweckmäßig sein. Die tierärztliche Untersuchung von Vieh¬ 
transporten, namentlich beim Verkehr im Inlande, kann zu 
großen Belästigungen führen. Gegen die Verwendung der 
privaten Tierärzte hat der Herr Staatssekretär gesagt, daß 
auch bei menschlichen Krankheiten der Kreisarzt die Feststellung 
machen muß. Das ist leider so und ein unerhörtes und unbe¬ 
gründetes Mißtrauen gegen unsere deutschen Ärzte. Von dieser 
überflüssigen Bestimmung sollte auch bezüglich der Kreis¬ 
physiker abgegangen werden, und es besteht alle Ursache, nicht 
eine ähnliche überflüssige Bestimmung für die Tierseuchen ein¬ 
zuführen. Wir brauchen die volle Mitwirkung der Privattierärzte. 
Daß jeder ein praktisches Jahr als Assistent eines beamteten 
! Tierarztes durchmache, ist einwandfrei. 

Dr. med. Ricklin (Elsässer, bei keiner Fraktion): Im Interesse 
der deutschen Landwirtschaft müssen alle Maßregeln begrüßt 
werden, die tatsächlich geeignet sind, den Viehbestand zu schützen. 
Dies verlangt der Wert der Viehbestände ebenso gut wie der 
allgemeine hygienische Standpunkt. Die deutsche Landwirt¬ 
schaft kann zweifellos das Volk genügend mit Fleisch 
versorgen. Das beweist die enorme Vermehrung der Vieh¬ 
bestände in einem Dezennium. Die deutschen Landwirte werden 
fortfahren, sich der Viehzucht zu widmen, wenn sie eine 
genügende Sicherheit haben. Trotzdem kann man nicht alle 
Bestimmungen der Regierungsvorlage anerkennen. Die Seuchen 
ganz auszurotten, sind wir doch nicht imstande. Den veterinär¬ 
polizeilichen Maßregeln legt man zu viel Bedeutung 
bei. (?) Das läßt sich namentlich bei der Maul- und Klauen¬ 
seuche feststellen. Wenn diese in manchen Jahren eruptiv in die 
Höhe gestiegen ist, um dann wieder zu sinken, so liegt das 
nicht an veterinärpolizeilichen Maßregeln, sondern daran, daß 
der Charakter der Krankheit sich ändert, weniger bösartig wird 
und die Empfänglichkeit der Tierbestände sinkt. Trotzdem ist 
eine Verschärfung der veterinärpolizeilichen Maßregeln nach 
gewissen Richtungen zu begrüßen. In Elsaß-Lothringen ist 
man darin übrigens viel weiter vorgeschritten als in anderen 
Bundesstaaten, mit Hilfe von Regierungsverordnungen. Im 
einzelnen ist zu bemerken, daß die Anzeigepflicht nicht auf das 
Gesinde ausgedehnt werden darf. Die Beschränkung des Vieh¬ 
handels ist vorsichtig zu begrenzen. Die ganze Sache darf 
nicht den beamteten Tierärzten allein überlassen werden. Bei 
allem Respekt vor denselben erscheinen sie nicht als die ge¬ 
eignete Instanz, um die Zeit für die Aufhebung der Be¬ 
schränkungsmaßregeln festzustellen; das muß eine Kom¬ 
mission tun, in welcher auch Bauern und Vieh¬ 
händler sitzen. Das Gesetz darf auch nicht zu sehr die 
Gerberei bedrücken. Bei den Entschädigungskosten muß die 
Allgemeinheit herangezogen werden; auch müssen die Kosten 
für Impfung, Desinfektion und Tötung vom Staate übernommen 
werden. Die Tötung bei Maul- und Klauenseuche in ge¬ 
eigneten Fällen ist sehr zu empfehlen. Den beamteten Tier¬ 
ärzten eine so prominente Stellung einzuräumen, ist nicht aif : 






102 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


gängig; dem Zeugnis eines „gewöhnlichen“ Tierarztes muß 
ebenso viel Wert beigemessen werden. Man sollte statt eines 
beamteten Tierarztes deren mehrere in einen Kreis setzen; 
dann wären die beamteten Tierärzte leichter erreichbar, und 
es würden sich an vielen Orten Privattierärzte niederlassen, 
die heute dort nicht leben können, weil die ganze Praxis vom 
Kreistierarzt an sich gezogen wird. Bas Verbot des kleinen 
Grenzverkehrs in geeigneten Fällen ist empfehlenswert. Eine 
viel größere Aufmerksamkeit sollte man der Milch¬ 
einfuhr widmen. Die Milch unterliegt keinem Zoll, und sie 
wird z. B. in Elsaß aus Frankreich, wo sie etwas billiger ist, 
massenhaft eingeführt. Das hat aber keineswegs die 
Wirkung, daß für die Konsumenten die Milch ver¬ 
billigt wird; die Milchhändler haben lediglich dadurch die 
einheimischen Bauern gezwungen, auch ihre Milch billiger ab¬ 
zugeben, verkaufen sie im übrigen aber ebenso teuer an die 
Konsumenten. So ist z. B. in Mülhausen, wo sehr viel fran¬ 
zösische Milch hinkommt, die Milch keineswegs billiger als in 
Straßburg, wo nur einheimische verwendet wird. Gerade die 
Milch, deren Beschaffenheit schwer festzustellen ist, erscheint 
als gefährlicher Träger des Ansteckungsstoffes. Besondere 
Aufmerksamkeit verdient auch der Schmuggel. 

Wehl (nationalliberal): Der Abgeordnete tritt namens des 
größten Teils seiner politischen Freunde den Ausführungen der 
Abgeordneten Scheidemann und Gothein entgegen und widmet 
seine Ausführungen im übrigen speziell den Interessen der Leder¬ 
industrie, worüber er folgende interessante Angaben macht: 

Eine rigorose Handhabung gewisser gesetzlicher Be¬ 
stimmungen könnte eine schwere Schädigung der gesamten 
Lederindustrie sowie der Schuh-, Handschuh-, Möbel-, Sattler- 
und Bijouterie-Industrie bedeuten. Für die Deckung des im 
Inlande benötigten Sohlen-, d. h. Unterleders vermag Deutsch¬ 
land nur 40 Proz. des Gebrauchsmaterials aufzubringen. Deutsch¬ 
land ist auf den überseeischen Import angewiesen. Aus Argen¬ 
tinien kamen 1906 über Bremen 100 000 gesalzene und 120 000 
getrocknete Rindshäute. Die ausländische Gesamteinfuhr über 
Bremen betrug 77* Millionen. Die Einfuhr über Hamburg, das 
heute auf dem Weltmarkt die erste Stellung im Häutehandel 
einnimmt, ergab 1906 1 320 000 gesalzene und 380 000 ge¬ 
trocknete Rindshäute aus Argentinien im Werte von 43 Millionen, 
sowie über 200000 Pferdehäute. Die Gesamteinfuhr Hamburgs 
stellte sich auf über 4 Millionen Häute und 42 000 Ballen, und 
die Gesamteinfuhr an Häuten und Fellen in das Deutsche Reich 
bezifferte sich auf 360 Millionen. Argentinien liefert Deutschland 
das vorzüglichste und unentbehrlichste Hautmaterial für die Unter¬ 
ledersohlenfabrikation. Es ist doch sehr zu bezweifeln, ob diese 
Häute überhaupt Ansteckungsstoffe beherbergen können. Die Ab¬ 
sperrung dieser Einfuhr könnte namentlich auch im Kriegsfälle 
eine Kalamität herbeiführen, wie sie England im Burenkriege 
und auch Frankreich erfahren hat; damals überschwemmten die An¬ 
käufer ganz Deutschland und mußten sich vielfach mit minder¬ 
wertiger Ware begnügen. Die Not war ganz überraschend gekommen, 
da die Bestände der englischen Gerbereien nicht genügten. Auch 
die kleinen eisernen Bestände unserer Bekleidungsämter würden 
nicht genügen. Würde das in Buenos Aires und Montevideo 
aufgestapelte Material nicht nach Deutschland verschifft werden 
dürfen, so würden es Kaufleute aus Antwerpen oder Havre an¬ 
kaufen, und die deutschen Industriellen müßten dort ihren Be¬ 
darf decken. — Nock viel mehr vom Auslände abhängig ist 


Deutschland mit dem Rohmaterial für die Fabrikation von feinerem 
Schuhleder und Handschuhen. Deutschland produziert kaum 
5 Proz. des Bedarfs an Lamm-, Ziegen- und Kalbfellen. Der 
Orient und Rußland, neuerdings auch Afrika, müssen den Bedarf 
decken. Deutschland hat heute den größten Export von Leder¬ 
handschuhen nach Amerika, und Schwierigkeiten beim Bezug von 
Rohmaterial würden die Industrie vernichten. Zu den in den 
Gerbereien verarbeiteten Rohstoffen gehört auch das Leimleder, 
das vor Beginn des Gerbeprozesses aus den Häuten heraus¬ 
geschorene Fleisch, Fett und Sehnenmaterial. Dieses Produkt 
wird hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten, Argentinien und 
Brasilien nach Deutschland importiert, wo es nicht nach Bedarf 
gewonnen wird. Dieses Material ist vor der Verschiffung monate¬ 
lang gesammelt, in Kalkmilch behandelt, dadurch desinfiziert 
und dann getrocknet. Was die Behandlung infektiöser Häute 
im Inland betrifft, so wird der lichtscheue Handel niemals ganz 
unterdrückt werden können. Aber kein Gerber nimmt eine solche 
Haut gern in die Hand, und im heutigen Großbetrieb ist der Ver¬ 
kauf derartiger Häute nicht mehr so leicht wie früher. In das 
Gesetz sollte eine Strafbestimmung hineinkommen sowohl für die, 
welche solche Häute feilbieten, wie auch für die, welche sie er¬ 
werben. Die Erzeugung von Milzbrand durch die Abwässer der 
Gerbereien spielt eine verhältnismäßig geringe Rolle. Denn 
gerade in denjenigen Landesteilen, wo der Milzbrand besonders 
verbreitet ist, spielt die Lederindustrie eine verhältnismäßig 
geringe Rolle. Die Reinigung der Abwässer ist trotzdem be¬ 
rechtigt; aber es muß dafür gesorgt werden, daß bezüglich der 
Kläranlagen nicht zu kostspielige und unpraktische Anforderungen 
gestellt werden. Die Lederindustrie ist die drittgrößte in 
Deutschland,' welche annähernd 200 000 Arbeiter beschäftigt und 
volle Berücksichtigung beanspruchen kann. 

Fazit. 

Die bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes von Ver¬ 
tretern aller Parteien gehaltenen, zum Teil gehaltreichen Reden 
lassen vor allen Dingen erkennen, daß die Bedeutung des Ge¬ 
setzes von keiner Seite unterschätzt wird, und daß seiner Tendenz: 
von allen Parteien, selbst auch von dem Vertreter der Sozial¬ 
demokratie Verständnis entgegengebracht wird, wenn auch die 
Frage des Grenzschutzes von der Sozialdemokratie und einem 
Teile der linksstehenden Abgeordneten, als deren Vertreter Herr 
Gothein anzusehen ist, einseitig betrachtet und nicht richtig 
beurteilt wird. Erfreulich ist die überwiegende Anerkennung, 
daß schon das bisherige Gesetz segensreich gewirkt habe, 
sowie, daß der neue Entwurf trotz anfechtbarer Einzelheiten eine 
wesentliche Verbesserung bedinge und geeignet sei, den Schutz 
der Viehzucht zu vervollkommnen. Auch bezüglich der M a u 1 - u n d 
Klauenseuche wird die Wirksamkeit des Gesetzes überwiegend 
anerkannt, hier macht nur der Abgeordnete Dr. Hoeffel eine 
Ausnahme, die aber wohl auf einen Irrtum zurückzuführen ist, 
und auch Dr. Ricklin ist geneigt, die tatsächliche Wirkung der 
Veterinärpolizei gegenüber dieser Seuche zu unterschätzen. 
Gewiß spielt die Veränderung des Krankheitscharakters und der 
Empfänglichkeit der Bestände eine gewisse Rolle; es kann aber 
unmöglich bestritten werden, daß die Dämpfung der beiden 
großen Epidemien der veterinärpolizeilichen Bekämpfung zuge¬ 
schrieben werden muß, wenn auch natürlich jener allgemeinen 
Verbreitung der Seuchen gegenüber die Maßregeln leider lange 
Zeit bedurften, um ihre Wirkung zu äußern. Ihre Wirksamkeit 
hat sich aber besondere klar erwiesen bei der vorzüglich 





6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


gelungenen Unterdrückung begrenzter Ausbrüche, nachdem die 
allgemeine Herrschaft der Seuche gebrochen war, wie dies 
auch von dem württembergischen Abgeordneten Vogt anerkannt 
worden ist. Im übrigen beRteht eine ganz überwiegende Über¬ 
einstimmung darüber, daß, um fortab diese einzelnen Seuchen¬ 
ausbrüche sicher zu kupieren, die strengsten Maßregeln am 
Platze sind. 

Mit Befriedigung ist Vermerk davon zu nehmen, daß mehrere 
Abgeordnete (Mugdan, Gothein und Vogt), namentlich 
drastisch und überzeugend der letztere, sich für das Wort 
Tierseuchen statt Viehseuchen ausgesprochen haben. Unter 
diesen Umständen darf erwartet werden, daß die nachträgliche 
Bemühung des Deutschen Veterinärrats um Einführung dieser 
Bezeichnung in der Kommission Erfolg haben werde. 

Bezüglich der Maßnahmen gegen das Ausland sind alle 
Redner mit Ausnahme der Herren Scheidemann und Gothein 
darin einig gewesen, daß auf scharfen Grenzmaßregeln der 
ganze Erfolg der Veterinärpolizei in erster Linie beruht. Mit 
Recht ist dabei auch hervorgehoben worden, daß unter dieser 
Voraussetzung auch scharfe Maßregeln im Inlande gern ertragen 
werden würden. Daß gleichwohl die Vertreter der Landwirt-, 
schaft durchaus bereit sind, die Interessen der Industrie wahr¬ 
zunehmen, haben verschiedene Redner betont, sowohl bezüglich 
des Viehhandels, wie namentlich ganz übereinstimmend hin¬ 
sichtlich der Lederindustrie, über die der Abgeordnete Wehl 
interessante und überzeugende Angaben gemacht hat. 

Hinsichtlich der Maßregeln im Inlande haben die meisten 
Redner mit Recht betont, daß dieselben der deutschen 
Landwirtschaft schwere Opfer auferlegen, die allerdings in 
ihrem eignen Interesse liegen, daher gebracht werden müssen 
und, wie mehrere Redner betont haben, auch gern gebracht 
werden. Daß unter diesen Umständen der Abgeordnete Scheide¬ 
mann und in gewissem Sinne auch Herr Gothein das Gesetz 
agrarischer Tendenzen beschuldigte, ist mit Recht zurück¬ 
gewiesen worden; denn es handelt sich, wie Herr Scheide¬ 
mann ja selbst zutreffend anerkannte, auch um den Schutz der 
gesunden Volksernährung. 

Die Abgrenzung des Kreises der gesetzlich zu bekämpfenden 
Seuchen hat erfreulicherweise wenig Widerspruch erfahren, 
mit Ausnahme der Räude, welche die Herren Bindewald und 
Vogt nicht aufgenommen oder unter ein besonderes Ge¬ 
setz gestellt wissen wollen. Herr Bindewald bemerkte, daß 
diese Anschauung in ganz Hessen herrschte; — eben deshalb 
herrscht in Hessen auch wohl die Räude. Bis zu einem ge¬ 
wissen Grade überraschend ist dagegen die (exkl. Lehmann) ganz 
allgemeine Zustimmung zur gesetzlichen Bekämpfung der Tuber¬ 
kulose, die von mehreren Rednern sogar als ganz besonders 
wichtig bezeichnet worden ist, während sich hier vielleicht eher 
ein Widerspruch hätte erwarten lassen. Die Freilassung der 
Schweineseuchen wurde von einigen Rednern (Lehmann, 
Siebenbürger, Gothein) kaum mit besonderem Nachdruck 
zur Erwägung gestellt. Daß man auch die Aufnahme einer 
Bienenseuche in das Gesetz wünscht (v. Pfetten, Vogt und 
Bindewald) kann eigentlich nur begrüßt werden. 

Daß man die durch das Gesetz vorgesehenen allgemeinen 
Vorbeugungsmaßregeln in einzelnen Punkten zu scharf findet 
oder genauer zu begrenzen wünscht, ist nicht verwunderlich; 
hier werden in der Kommission wohl noch Abänderungen zu 
erwarten sein. Speziell die beiden freisinnigen Redner betonten 


lo3 


dabei ihren Widerwillen gegen viele administrative Vorschriften. 
Wenn dabei Herr Gothein meinte, man könne der Behörde 
gegenüber nicht mißtrauisch genug sein, so ist dieses Mi߬ 
trauen angesichts der 25jährigen Handhabung des Viehseuchen¬ 
gesetzes sicher nicht berechtigt. Immerhin wird der Tendenz 
zuzustimmen sein, daß möglichst viele allgemeingültige Vor¬ 
schriften zur Geltung kommen und den Landesbehörden nicht zu 
viel überlassen bleibt. Eine völlige Übereinstimmung hat sich 
in der Verurteilung der Ausdehnung der Anzeigepflicht auf 
das Gesinde ergeben. Die Beseitigung dieser Bestimmung ist 
zweifellos, und die Ausführungen der Redner dagegen waren 
auch überzeugend. Eingehend wurde meist auch die Ent¬ 
schädigungsfrage behandelt. Der Wunsch, daß ein Teil der 
Kosten von der Allgemeinheit getragen werden möge, daß also 
auch Staatsbeihilfen geleistet werden, wurde von verschiedenen 
Rednern ausgesprochen. Im übrigen würde es vielleicht nützlich 
sein, daß große Publikum darüber aufzuklären, daß die soge¬ 
nannten Entschädigungen eigentlich nur die Auszahlung von 
durch Zwangs Versicherung der Tierbesitzer aufgebrachten Bei¬ 
trägen sind. Ganz allgemein wurde die Entschädigung auch 
für Geflügelseuchen gefordert; wie die Beiträge umgelegt werden 
sollen, bleibt allerdings die Frage. Ebenso wird Entschädigung 
für Maul- und Klauenseuche und von einigen Seiten (v. Pfetten 
und Lehmann) auch Entschädigung für Hunde verlangt; die 
letztere könnte doch wohl nur in besonderen Fällen in Frage 
kommen, etwa für wertvolle Gebrauchshunde, fÜrZuchtzwinger u.dgl. 
Daß bei Neuausbrüchen von Maul- und Klauenseuche die 
schärfsten Maßregeln, wie sie in den letzten Jahren in Preußen 
mit so großem Erfolg angewandt worden sind, und namentlich 
auch die Tötung von Beständen, allgemein befürwortet wurde, Ist 
sehr erfreulich. Eine sonderbare Vorstellung scheint nur der 
Abgeordnete Bindewald von den anzuordnenden Impfungen 
zu haben, und die Unterstellung, daß die beamteten Tierärzte 
durch Anordnung der Impfungen sich kolossale Nebeneinnahmen 
verschaffen könnten, muß zurückgewiesen werden. Erfreulich 
ist auch, daß die Strafbestimmungen Zustimmung fanden und 
mehrere Redner hervorhoben (Siebenbürger und Vogt), daß 
die Strafen zwar auf den ersten Blick erschrecken, in Wirklich¬ 
keit aber nicht so schlimm seien und jedenfalls bei groben 
Vergehen durchaus am Platze wären. Beherzigenswert sind endlich 
das Urteil Dr. Ricklins über die Milcheinfuhr und der Hinweis 
Lehmanns auf die Folge der Preissteigerung. 

Von besonderem Interesse sind natürlich auch die Äußerungen, 
welche über die Tätigkeit der Tierärzte von den meisten 
Rednern gemacht worden sind. Zunächst ist die Anerkennung 
sehr erfreulich, welche namentlich der erste % Redner, Herr 
v. Pfetten, der Veterinärwissenschaft zuteil werden ließ. Daß 
Herr Dr. med. Ricklin die Wirksamkeit der Veterinärpolizei 
weniger hoch anschlagen wollte, ist wohl auf eine einseitig 
theoretisch-medizinische Beurteilung zurückzuführen. Auf einer 
völligen Verkennung der Ziele und Möglichkeiten der Seuchen¬ 
tilgung beruht die sonderbare Auffassung des Herrn Binde¬ 
wald, welcher die Tierärzte auffordert, die seuchenkranken 
Tiere zu heilen, statt sie zu töten. Der Vergleich mit der 
Behandlung menschlicher Infektionskrankheiten ist nicht allein 
hinfällig, sondern die den Medizinern erwachsenden Schwierigkeiten 
beweisen ja gerade, welchen Vorteil die Veterinärmedizin dadurch 
hat, daß sie radikalere Mittel anwenden kann, indem sie nicht 
auf den einzelnen Kranken, sondern ausschließlich auf den Schutz 





104 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


der Gesunden Bedacht zu nehmen hat. Im allgemeinen ist nicht 
zu verkennen, daß eine gewisse Besorgnis vor allzu großer 
Machtbefugnis der Veterinärbeamten sich geltend macht. Diese 
Machtbefugnis wird offenbar überschätzt, und es wird den Re¬ 
gierungsvertretern gewiß gelingen, jene Besorgnis zu zer¬ 
streuen. Sie wird es auch an einer entschiedenen Zurückweisung 
der Anschauungen, wie sie Hen* Lehmann und Dr. Ricklin 
vertraten, nicht fehlen lassen, welche (Jen beamteten Tierarzt 
unter eine aus Landwirten und sogar Viehhändlern gebildete 
Oberinstanz stellen möchten. Das fehlte in der Tat gerade noch; 
dann dürfte die Veterinärpolizei nur die Segel streichen. Man 
sollte meinen, daß die Erfahrungen von 26 Jahren zur Genüge 
gezeigt hätten, wie die Regierungen überall bestrebt sind, auf 
die Interessen der Landwirte Rücksicht zu nehmen. 

Mit Genugtuung muß es dagegen begrüßt werden, daß 
offenbar die Neigung besteht, neben voller Würdigung der Tätig¬ 
keit des beamteten Tierarztes auch die Privattierärzte nicht zu 
übersehen. Die Abgeordneten Mugdan, Gothein und Ricklin, 
bezeichnenderweise also beide Ärzte unter den Rednern, haben 
verlangt, daß den Privattierärzten gewisse Funktionen überlassen 
werden. Auch andere Redner, wie Herr v. Pfetten, haben das 
allgemeine Bedürfnis nach Tierärzten betont. Zwei Redner 
(v. Pfetten) haben speziell auch die Mitwirkung der Schlacht¬ 
hoftierärzte als notwendig bezeichnet. Es ergibt sich daraus, 
daß die Wünsche, welche die Privattierärzte hegen, und welche 
sie selbstverständlich jetzt werden zum Ausdruck bringen müssen, 
keineswegs aussichtslos sind. Möge es gelingen, auch in diesem 
Punkte einen Weg zu finden, um den berechtigten Ansprüchen 
der beiden großen Gruppen des tierärztlichen Standes nach 
Möglichkeit entgegenzukommen. S chm altz. 

Kommission des Reichstages zur Beratung des Viehseuchengesetzes. 

v. Byern (Kreis Jerichow, kons.); Erzberger (Biberach, 
Württemberg, Zentr.); Fritzen (Rees, Zentr.); Gäbel (Meißen, 
Antisem.); Hebel, Schriftführer (Memmingen, Schwaben, Zentr.); 
Dr. med. Höf fei (Zabern, Elsaß, Dtsch. Reichsp.); Kobelt 
(Magdeburg, b. k. Fr., lib.); Lehmann (Jena, natl.); Dr. med. 
Mugdan (Liegnitz, Freis. Volksp.); Götz v. Olenhusen, Stell¬ 
vertreter des Vorsitzenden (Göttingen, Welfe); Freiherr 
v. Pfetten (Regensburg, Zentr.); Rann er (Rosenheim, Ober¬ 
bayern, Zentr.); Rimpau, Vorsitzender (Halberstadt, natl.); 
Dr. jur. Roesicke (Vors, des Bundes der Landwirte); v. Saß- 
Jaworski (Marienwerder, Pole); Scheidemahn (Düsseldorf, 
Sozialdem.); Siebenbürger (Naugard - Regenwalde, kons.); 
Stauffer (Homburg, Wirtsch. Ver.); Stolle (Zwickau, Sozial¬ 
demokrat); Df. med. Sfruve (Schleswig^ Freis. Ver.); Strzoda 
(Neustadt, Oberschi., Zentr.); S t ü ckl e n, Schriftführer (Sachsen 15, 
Sozialdem.): Dr. v. Trzeiiski; Vogt (Crailsheim, Württem¬ 
berg, Wirtsch. Ver.); Wach hörst de Wente, Schriftführer 
(Melle-Diepholz, natl.); Wehl (Celle, natl.); Wilckens, 
Schriftführer (Schlochau-Flatow, kons.); de Witt (Cöln, Zentr.). 

Eine etwas bittere Bemerkung drängt sich bei Betrachtung 
dieser Liste unwillkürlich auf: In der Kommission zur Beratung des 
Viehseuchengesetzes sitzen drei Menschenärzte (Dr. Höffel-Elsaß, 
Dr. Mugdan-Schlesien, Dr. Struve-Schleswig) und ein vierter 
hat im Plenum gesprochen (Dr. Ricklin-Elsaß). Macht es sich da 
nicht beschämend geltend, daß nicht ein einziger Tierarzt im 
Reichstag sitzt, in dem fast kein Stand unvertreten ist? Auf diesen 
Punkt sollten die Tierärzte im Lande etwas mehr ihr Augenmerk 
richten, als bisher leider geschehen ist. 


Überhandnahme des Kurpfuschertums. 

Punkt 12 der Tagesordnung der VII. Generalversammlung des 
Vereins der beamteten Tierärzte Preußens 
am 30. November in Berlin. 

Von Raebiger, Habelschwerdt. 

Bekanntlich ist das Kurpfuschertum ebenso alt, wie die medi¬ 
zinischen Disziplinen. Eine nur einigermaßen wirksame Waffe zur 
Bekämpfung des Übels geben die heutigen Gesetze und Verfügungen 
nicht. Auszurotten dürfte daher der gemeingefährliche Stand des 
Kurpfuschers vor der Hand nicht sein. Die beiden Beamten, denen 
in erster Linie die Bekämpfung dieses Standes obliegt, sind der 
Kreisarzt und der Kreistierarzt. In fast allen Schichten der Be¬ 
völkerung sucht sich der Pfuscher Eintritt zu verschaffen; daß es 
nicht nur die unteren Klassen sind, die diesen Künstlern Lob und 
Ehre singen, ist längst bekannt, die höchsten Kreise sind häufig ebenso 
ihre Versuchskaninchen, wie die kleinen Leute — ich erinnere hier nur 
an das sattsam bekannte Gesundbeten! Die Gläubigen werden nicht 
alle! — Doch wie dem auch sei, der beamtete Tierarzt wird sich damit 
abfinden müssen, daß das Kurpfuschertum nicht auszurotten ist, wohl 
aber muß es seine Pflicht sein und bleiben, darauf bedacht zu sein, 
krasse Auswüchse dieses ehrsamen Standes zu beschneiden und 
zur Kenntnis zu bringen. 

In meinem Kreise herrschen in dieser Beziehung seit Jahrzehnten 
unglaubliche Zustände! So betreibt hier, mit dem Wohnsitz in der 
Kreisstadt, ein gewisser Josef Ludwig die Kurpfuscherei in 
größtem Maßstabe. Der Genannte war früher Sattler in einem Dorf 
bei Habelschwerdt, und kam dann hierher, um sich als Tierheil¬ 
kundiger zu etablieren. Bei der im hiesigen Kreise vorwiegend 
kleinbäuerlichen Bevölkerung fand er sofort großen Anklang, da 
der Glaube Wurzel gefaßt hatte und noch heute besteht, 
der p. Ludwig sei Tierarzt und von seinem Bruder, dem 
hiesigen noch heute aktiven Kreisarzt, Herrn Medizinal¬ 
rat Ludwig, ausgebildet worden. Man mag dabei ira Volke 
der Ansicht sein, ebensogut, wie ein Kreisarzt Trichinenbeschauer 
ausbildete, könne er auch Tierärzte ausbilden. Wie sich der Glaube 
in der hiesigen Bevölkerung festgesetzt hat und sich bis heute er¬ 
halten hat, bin ich nicht in der Lage, genau anzugeben; eines ist 
jedoch gewiß: Der Glaube ist da! und dies werden mir sämtliche 
Kreistierärzte und Tierärzte der Grafschaft Glatz bezeugen können. 

Der sogenannte Tierheilkundige Ludwig erfreut sich großen 
Zuspruchs in allen Kreisen der Grafschaft Eines seiner Elitekunst- 
stückchen besteht im Heilen von Koliken, die durch Darm¬ 
verschlingung hervorgerufen sind. Diese Darmverschlingungen be¬ 
seitigt er — man höre und staune, durch — manuellen Eingriff 
per anum. Er wurde dieserhalb einmal wegen unlauteren Wett¬ 
bewerbs unter Anklage gestellt, aber freigesprochen, weil man an¬ 
nahm, daß er in gutem Glauben gehandelt habe. 

Trotzdem er damals für die Zukunft verwarnt wurde, leistete 
er sich nicht lange Zeit darauf dasselbe Manöver bei einem Offiziers¬ 
pferd, das Herr Tierarzt Römer in Glatz behandelte, und im ver¬ 
gangenen Jahre an einem Pferde, welches ich behandelte. Außer¬ 
dem verschreibt dieser Ludwig Rezepte lege artis, und gerade 
dieser Umstand mag die meisten Landwirte veranlassen zu glauben, 
der Bruder, Kreisarzt Herr Medizinalrat Ludwig, habe seinen 
Bruder ausgebildet, denn woher sonst — fragt sich der kleine 
Bauer — soll der Sattler Ludwig das gelernt haben? 

Ob diese Annahmen richtig sind, vermag ich nicht zu ent¬ 
scheiden, ich teile hier auch nur die Tatsache mit, daß jeder Kreis¬ 
tierarzt und Tierarzt der Grafschaft Glatz täglich Gelegenheit hat, 
dieser Annahme unter der ländlichen Bevölkerung zu begegnen. 

Nach Angaben des Herrn Kreistierarztes Wittlingcr-Hanau, 
meines Vorgängers hier, ist es unbestrittene Tatsache, daß der 
Kreisarzt Herr Medizinalrat Ludwig seinerzeit dem Kurpfuscher 
an einem Kalb des Viehbestandes des hiesigen Krankenhauses den 
Schlundschnitt gezeigt habe, wessen sich der Kurpfuscher einem 
Gutsbesitzer gegenüber rühmte. Die Folge hiervon war, daß 
dieser Landwirt sich verleiten ließ, an seinem Pferde den 
Schlundschnitt durch den Pfuscher ausführen zu lassen. Das Tier 
endete fast unmittelbar darauf beim Roßschlächter. Herr Witt- 
linger hat vor einigen Jahren auf öffentlicher Sitzung der preußi- 









6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


105 


sehen Zentralvertretung schon einmal diese tatsächlichen Ver¬ 
hältnisse geschildert und dabei auch rücksichtslos des Kreisarztes 
und dessen Rolle gedacht. Hierauf beschwerte sich letzterer bei 
dem Herrn Regierungspräsidenten und verlangte Bestrafung des 
Herrn Wittlinger. Die Regierung gab dem Kreisarzt anheim, zu 
klagen, der Staatsanwalt, bei dem der Kreisarzt Strafantrag wegen 
Beleidigung gestellt batte, stellte das Verfahren ein, Privatklage 
erfolgte nicht — Tableau! — 

Es sind häutig Regierungs-Verfügungen an die Apotheker der 
Kreise in der Grafschaft Glatz ergangen, in denen sie streng er¬ 
mahnt wurden, auf die Rezepte des Kurpfuschers Ludwig keine 
Medikamente zu verabreichen, die der Tab. B. entstammen. Trotz¬ 
dem in den ErlassÄ den Apothekern der Josef Ludwig klar als 
Pfuscher bezeichnet wurde, hat vor einiger Zeit der Apotheker 
Herr Bittner-Habelscliwerdt in einer Mahnung zur Bezahlung von 
Medikamenten an einen Landwirt im Kreise Münsterberg den 
Ludwig als „Tierarzt“ bezeichnet. Ich gebe zu, daß besonders 
die Herren Apotheker des Kreises sich hier in einer schwierigen 
Lage befinden, weil der Kreisarzt der Bruder des Kurpfuschers ist. 
Es ist leider nicht bekannt, ob Herr Medizinalrat Ludwig bei Beinen 
Revisionen jemals ein Rezept* seines Bruders beschlagnahmt oder 
gefunden hätte, auf das Medikamente der Tab. B. verbotenerweise 
verabreicht worden sind? Daß aber auf solche Rezepte trotz 
Regierungs-Verfügung Medikamente abgegeben wurden, liegt auf 
der Hand. Eine dieses beweisende Erklärung des früheren 
Apothekenbesitzers Herrn Bau sch-Ullersdorf hat vor etwa einem 
Jahre Herr Kreistierarzt Wittlinger an Herrn Veterinärrat Gückel, 
Kreistierarzt in Münsterberg, gesandt. Herr Gückel hat diese Er¬ 
klärung bei einer gegebenen Veranlassung als Beweismaterial an 
die Regierung Breslau eingereicht. Diese Erklärung ist also noch 
vorhanden. 

Nach meinem Gewährsmann, Herrn Schlachthausdirektor M a c h n i g, 
hier behandelt der Pfuscher Ludwig aber anch Menschen; sollte 
auch hiervon Herr Medizinalrat Ludwig keine Ahnung haben? 
Dies.sipd Tatsachen, von denen schon mein Vorgänger, Herr Kreis¬ 
tierarzt Wittlinger, wußte und die zu bezeugen er jederzeit bereit 
sein wird. Andere Pfuscher des Kreises hat Herr Medizinalrat 
Ludwig allerdings schon zur Anzeige gebracht. 

Nun mag sich jeder der Herren selbst ein Urteil darüber bilden, 
welche Faktoren die Schuld tragen, daß der Pfuscher Ludwig 
in den Augen der Landbevölkerung als Tierarzt dasteht, 
und ich frage: ist es für einen Kreistierarzt unter den hier geschilderten 
Verhältnissen überhaupt möglich, diesem Pfuscher das Handwerk 
zu legen? Ich frage aber weiter: Was sagen die Herren Mediziner 
selbst dazu, daß ein aktiver Kreisarzt einem Pfuscher an einem Tier 
eine Operation zeigt, also lehrt, und daß dieser selbe Herr einen 
hier weit und breit als Pfuscher bekannnten Tierheilkundigen 
derartig protegiert? Es ist doch in erster Linie und vor allem 
der Rolle des Herrn Medizinalrates Ludwig zu verdanken, daß 
sich dieser „Tierheilkundige“ in allen Kreisen als „Tierarzt“ ein¬ 
zuschmuggeln verstanden hat! Das werden mir ohne weiteres 
sämtliche Herren Tierärzte der Grafschaft bezeugen. Der Mann 
wird sogar in den gerichtlichen Streitfragen, die im ganzen übrigen 
Deutschen Reich einzig und allein von approbierten Tierärzten be¬ 
gutachtet werden, als Sachverständiger gerichtsseitig geladen und 
gehört. 

Ich brauche nicht besonders darauf hinzuweisen, daß bei der 
Fleischbeschau an den durch Ludwig behandelten Tieren doppelte 
Vorsicht geboten ist, denn einmal behandelt er die Tiere, solange 
sie noch atmen, und dann gibt er unter harmlosen oder bezüglich 
der Bestandteile unverständlichen Bezeichnungen (Magistralformeln), 
wie „pil. pulv. etc. Ludwig“, Medikamente, die oft der Tab. B. 
entstammen und den Wert des Fleisches sehr fraglich beeinflussen. 
Natürlich werden diese Geheimmittel vor. Ankunft des tierärztlichen 
Ergänzungsbeschauers beseitigt. Hieraus folgt, daß naturgemäß 
die meisten von dem Kurpfuscher Ludwig behandelten Tiere ver¬ 
worfen werden müssen. Dem Einfluß dieses Mannes ist es möglich, 
hieraus Kapital zu schlagen, und die landwirtschaftliche Bevölkerung 
glauben zu machen, daß die Tiere nur deshalb verworfen würden, 
weil sie in der Behandlung des Josef Ludwig waren. Als Kuriosum 
erwähne ich hier, daß der Vorsitzende der verbündeten landwirt¬ 


schaftlichen Vereine des Kreises Habelschwerdt, Herr Keißler, zu 
diesen Verhetzungen der Bevölkerung seine Hand bietet, wofür ich 
schriftliches Beweismaterial habe. Dieser selbe Vorsitzende brüstete 
sich seinerzeit mir gegenüber damit, daß er aus demselben Grunde 
im Verein dafür gesorgt habe, daß mein Vorgänger in der Praxis 
boykottiert wurde. Als Kuriosum möchte ich ferner erwähnen, daß 
der Landrat des Kreises sich bei Krankheitsfällen seiner Pferde 
nicht der am Orte befindlichen Tierärzte, sondern der Hilfe des 
Kurpfuschers bedient. Dasselbe gilt von einigen prinzlichen und 
gräflichen Besitzern usw. Zu welchem Schaden der landwirtschaft¬ 
lichen Bevölkerung dieser Pfuscher sein Handwerk treibt, das zu 
beurteilen sind am besten die tierärztlichen Ergänzungsbeschauer 
in der Lage. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als daß die 
Tierärzte der Grafschaft beim Ministerium eine Beschwerde ein¬ 
reichen, die sich gegen den Kreistierarzt zu richten haben wird. 

Die Firma Hauptner-Berlin liefert übrigens, trotzdem ich sie 
seinerzeit darauf aufmerksam gemacht habe, daß Ludwig ein 
Kurpfuscher ist und die Tierärzte erheblich schädigt, nach wie vor 
Instrumente an den Pfuscher und verweist mich dabei auf ihren 
schon einmal in der B. T. W. verfochtenen Standpunkt. Ich nehme 
an, daß kein sachlich denkender Tierarzt es der Firma Hauptner 
verdenken wird, w r enn sie den Landwirten den einen oder anderen 
Gegenstand verkauft; daß aber die Firma selbst einem ihr als Kur¬ 
pfuscher bezeichneten Mann ihre Instrumente verkauft, hat mich 
j dazu veranlaßt, mein Instrumentarium nach Möglichkeit bei anderen 
Firmen zu decken. Es dürfte von Interesse sein, daß sich 
die Firma Hauptner auch nicht scheut, Instrumente, speziell 
„Milchfieber-Apparate“, in Eisen-, Futter- und Düngekalk-Handlungen 
der Provinz verkaufen zu lassen. Ich glaube nicht, daß es viele 
Tierärzte gibt, die diesen Standpunkt der Firma Hauptner gut¬ 
heißen werden. Wir Tierärzte können die billige Forderung stellen, 
daß sich gerade diese Firma größerer Rücksichten auf tierärztliches 
Empfinden befleißigt. Sollte die Firma Hauptner sich durch das 
im Laufe der Jahre errungene Monopol berechtigt halten, diese 
tierärztliche Forderung als unwichtig zu übergehen, so werden wir 
in Erwägung ziehen müssen, ob es für uns Tierärzte nicht opportuner 
ist, unser Wohlwollen anderen Firmen zuzuwenden. 

Noch eine kleine Blüte, die das Pfuschertum getrieben: Im 
Kreisblatt und Weihnachtsanzeiger des Kreises Münsterberg und 
gewiß auch noch in anderen Amtsblättern befindet sich folgendos 
Inserat: Die Herren Landwirte können von I. A. Trödels Buch¬ 
handlung in Münsterberg, Burgstraße 6, zum Ausnahmepreise von 
4 Mark beziehen: „Unser Tierarzt, volkstümliche Anleitung, 
wie der Landmann alle Krankheiten der Pferde, Rinder, Schafe, 
Schweine, Ziegen, Hunde, Katzen und des Geflügels richtig er¬ 
kennen, Vorbeugen und heilen kann, nebst einem Anhang: Allerlei 
praktische Ratschläge für die Haus- und Landwirtschaft mit einer 
Tafel „Das Pferd“ und ca. 100 in den Text gedruckten, fast sämt¬ 
lich Originalabbildungen.“ 

Dieser Anpreisung liegt doch zweifellos der Tatbestand des 
unlauteren Wettbewerbes zugrunde. 

Meines Erachtens nach wäre hier die beste Selbsthilfe, wenn 
verschiedene Tierärzte gegen derartige Büchereien strafrechtlich 
vorgingen und so Massenprozesse veranlaßt würden. 

Endlich möchte ich noch kurz die Frage der Ausbildung der 
Laien-Geburtshelfer berühren. Wohl auf den meisten 
großen Gütern versehen die Stallschweizer im allgemeinen 
die Verrichtungen des Geburtshelfers. Ich meine nun, es 
wäre politischer von den Tierärzten, sie nehmen 
zu dieser Frage in irgendeiner Weise Stellung, und 
zwar so, daß den Ansprüchen der Tierärzte und Landwirte 
Rechnung getragen wird. Ich erinnere mich mit einigem Vergnügen 
irgendeiner großen Versammlung in Breslau, auf der ein höherer 
beamteter Tierarzt mit Pathos den bekannten Vertreter für die 
Ausbildung von Laiengeburtshelfern in Acht und Bann erklärte; — 
daß aber hier im Bezirk Herr Professor Dr. Casper (auch von 
Haus aus Tierarzt) von Ort zu Ort reist und in den landwirtschaft¬ 
lichen Vereinen in Wort und Bild den Viehzüchtern Geburtshilfe 
lehrt, darüber regt sich keiner der Tierärzte auf. Auf der einen 
Seite wird der ideale Vertreter einer Idee in Acht und 
Bann erklärt, auf der andern Seite der die Idee in die 







106 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Tat umsetzende Herr Professor unbehelligt gelassen. 
Wer von beiden aber schädigt denn nun in der Tat tierärztliche 
Interessen? 

Alle diese Auswüchse können leider nur durch Selbsthilfe be¬ 
schnitten werden. Diese Selbsthilfe auf der ganzen tierärztlichen 
Linie zu organisieren, dürfte im vitalsten Interesse der tierärztlichen 
Vereine liegen. 

Ich hoffe, durch meine Ausführungen hierzu eine kleine An¬ 
regung gegeben zu haben. 

Eine beachtenswerte Bundesratsentscheidung. 

Zur naturwissenschaftlichen Prüfung der Humanmediziner ist 
nach der ärztlichen Prüfungsordnung die Erbringung des Nachweises 
der auf einer Universität gemachten Studien erforderlich. Von 
dieser Regel ist bisher meines Wissens noch niemals eine Ausnahme 
gemacht worden. 

Vor kurzem entschloß sich ein im dritten Semester stehender 
Studierender, der Sohn eines unserer älteren bekannten Kollegen, 
aus inneren Gründen, das Studium der Veterinärmedizin aufzugeben 
und zur Humanmedizin überzutreten. Natürlich mußte ihm daran 
liegen, die auf der Tierärztlichen Hochschule zugebrachten zwei 
vollen Semester beim ärztlichen Studium angerechnet zu erhalten. 
Nach anfänglich erheblichen Schwierigkeiten ist es dem jungen 
Mann gelungen, vom Bundesrat, als der einzig für diese Frage zu¬ 
ständigen Instanz, die Genehmigung hierzu zu erlangen. Die An¬ 
gelegenheit wurde am 24. Januar im Plenum des Bundesrates 
genehmigt. 

Es ist mir noch nicht bekannt, ob es sich bei dieser Genehmigung 
um eine grundsätzliche Entscheidung resp. Änderung (Erläuterung) 
der ärztlichen Prüfungsbestimmungen oder, wie ich annebme, um 
eine einmalige Erlaubnis handelt Von Wichtigkeit ist beides. 

Man kann verschiedene Gedanken hegen bei der Nachricht 
Zunächst bedeutet sie unbedingt eine Anerkennung des tierärztlichen 
Studium, die zwar den Tatsachen nur entsprechend ist, die aber 
doch erfreulich wirken muß. Dann bedeutet sie eine Erleichterung 
des Übertritts vom tierärztlichen zum ärztlichen Studium. Ob dies 
mit Freuden anzunehmen ist oder nicht — selbst wenn es sich nur 
um Schaffung eines Präzedenzfalles handelt — steht auf einem 
anderen Blatt. Daß es besser ist, wenn jemand, der nicht seiner 
vollen Neigung nach am Veterinärstudium hängt, frühzeitig einen 
Berufswechsel vornimrat, als wenn er nur durch die Furcht, sich 
zu benachteiligen, in unserem Studium verbleibt, ist selbstredend. 
Ob der dadurch zu erwartende Abgang erheblich oder gar umgekehrt 
durch frischen Zugang aus der Humanmedizin übertroffen wird, kann 
lediglich davon abhängen, wie sich die sozialen, pekuniären und 
studentischen Verhältnisse der Veterinär- und im Vergleich zur 
Humanmedizin — vom Standpunkte eines jungen Mannes aus — 
gestalten. Stabsveterinär Dr. Goldbeck*Schwedt. 

IX. Internationaler tierärztlicher Kongreß im Haag 1909. 

Das Exekutivkomitee des IX. Internationalen Kongresses hat 
unter dem 27. Dezember 1907 ein Rundschreiben an die Delegierten 
des Ständigen Ausschusses erlassen und darin mitgeteilt, daß die 
Absicht besteht, in dem kommenden Kongreß fünf Sektionen zu bilden: 

I. Staatsveterinärwesen (Seuchenlehre, Veterinärpolizei, Vieh¬ 
versicherung) ; 

II. Anatomie, Physiologie, pathologische Anatomie und 
Nahrungsmittelkunde; 

III. Praktische Tiermedizin (innere Medizin, Chirurgie, Augen¬ 
heilkunde, Geburtshilfe); 

IV. Tierzucht und Hygiene; 

V. Tropen-Hygiene und -Krankheiten. 

Zugleich hat das Exekutivkomitee die Mitglieder des Ständigen 
Ausschusses der Internationalen Tierärztlichen Kongresse ersucht, 
in ihrem betreffenden Heimatlande ein Lokalkomitee zu bilden, um 
Mitglieder für den künftigen Kongreß im Haag zu werben Als 
Zeit für den Kongreß ist Ende August oder Anfang September 1909 
in Aussicht genommen. 

Der Unterzeichnete, welcher Delegierter des Ständigen Aus¬ 
schusses für Deutschland ist, richtet daher an das Bureau des 
Deutschen Veterinärrates, dem offiziellen Vertreter der Deutschen 


Tierärztlichen Vereine, die ergebenste Bitte, das Bureau des 
Deutschen Veterinärrates wolle die Vorstände der sämtlichen im 
Veterinärrate vertretenen tierärztlichen Vereine ersuchen, in den 
nächsten Tagen und insbesondere bei der nächsten Versammlung 
des Vereins ein Lokalkomitee zu bilden, welches zum Beitritt als 
Mitglied des Kongresses auffordert und die Anmeldungen der Herren 
Kollegen sammelt. Der Mitgliedsbeitrag ist noch nicht genau fest¬ 
gestellt, wird aber nicht das Maß der bisherigen Mitgliederbeiträge 
(etwa 10 bis 15 M.) überschreiten. 

Die Lokalkomitees würden dann veranlaßt werden, die von 
ihnen aufgenommenen Anmeldungen einem Deutschen Zentral¬ 
komitee zu übermitteln, das sich mit dem Haager Exekutivkomitee 
ins Benehmen setzt. Das Zentralkomitee dürftÄsicb aus dem Bureau 
des Deutschen Veterinärrates zusammensetzen, dem der Direktor 
der Veterinärabteilung bei dem Kaiserlichen Gesundheitsamte und 
der Unterzeichnete Delegierte des Ständigen Ausschusses für die 
Internationalen Tierärztlichen Kongresse beizutreten hätten. 

Anmeldungen zur Mitgliedschaft bei dem kommenden Kongresse 
sind deshalb zurzeit schon erwünscht und vorteilhaft, weil es sich 
darum handelt, jetzt schon Vorsorge für bequeme und möglichst 
billige Unterkunft für die Kongreßmitglieder in der verhältnismäßig 
kleinen Kongreßstadt zu schaffen. 

Der ergebenst Unterzeichnete bittet um gefl. Nachricht, ob das 
Bureau seiner Bitte zu entsprechen geneigt ist. Dr. Ly dt in. 

Internationaler Tuberkuloeekongreß In Amerika. 

Von Washington aus wird eine vorläufige Anzeige über den 
internationalen Tuberkulosekongreß veröffentlicht. Die vorläufigen 
Anordnungen hat der „Nationalverband zur Erforschung und Ver¬ 
hütung der Tuberkulose“ übernommen. Präsident ist Dr. Frank 
Billings zu Chikago; unter den drei Ehrenvizepräsidenten befindet 
sich Theodore Roosevelt. Der Nationalverband hat einen Aus¬ 
schuß für den Kongreß geschaffen, dessen Vorsitzender Dr. Flick 
in Philadelphia und dessen Sekretär Dr. Wal sh ebenda ist. Der 
Kongreß der Vereinigten Staaten ist um die nötige Autorität und 
die erforderlichen Mittel für den Kongreß- ersticht worden.*' Unter 
den sieben Sektionen des Kongresses befindet sich auch eine, deren 
Gebiet speziell die Tuberkulose bei Tieren und deren Beziehung 
zum Menschen ist. Präsident dieser Sektion ist Dr. Leonhard 
Pearson zu Philadelphia. Der Kongreß soll vom 21. September 
bis 12. Oktober 1908 zu Washington stattfinden und soll mit einer 
Ausstellung verbunden sein. Er wird aktive Mitglieder, die eine 
Fünfdollargebühr bezahlen und assoziierte Mitglieder haben. Es 
haben sich bereits in fast allen Kulturländern Nationalausschüsse 
zur Vorbereitung des Kongresses gebildet, deren Mitgliederzahl sich 
allerdings noch vervollständigen wird. Der deutsche Ausschuß be¬ 
steht vorläufig aus den Herren DDr. v. Leyden, Pannwitz und 
Orth, sämtlich in Berlin Die Tierärzte sind vorläufig nur ver¬ 
treten durch Dr. Hutyra-Budapest. In allen Vereinigten Staaten 
von Amerika haben sich Staatsausschüsse gebildet. 

Fortbildungskurses für Tierärzte an der Kgl. Tierärztlichen Hochschule 
zu Dresden. 

An der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden wird in der Zeit 
vom 6.-16. April 1908 ein Fortbildungskursus für Tierärzte statt¬ 
finden. Es werden von den nachbenannten Professoren folgende 
Vorträge und Übungen bzw. Demonstrationen zur beliebigen Aus¬ 
wahl angeboten: 

Medizinalrat Prof. Dr. Edelmann: Ausgewählte Kapitel aus 
der Fleischhygiene und Veterinärpolizei einschließlich Abdeckerei¬ 
wesen. Mit Demonstrationen. 6 Stunden. 

Medizinalrat Prof. Dr. Joest: Ausgewählte Kapitel aus der 
pathologischen Anatomie unter besonderer Berücksichtigung der 
praktisch wichtigen Infektionskrankheiten mit Demonstrationen und 
Sektionen. 12 Stunden. 

Prof. Dr. Kl immer: 1. Übungen in der bakteriologischen Dia¬ 
gnostik der Infektionskrankheiten. 12 Stunden. 2. Milchkontrolle 
mit Demonstrationen und Übungen. 2 Stunden. 3. Ausgewählte 
Kapitel aus der neueren Seuchenforschung. 2 Stunden. 

Prof. Dr. Lungwitz: Der Beschlag bei fehlerhaften Gangarten 
der Pferde. 2 Stunden. 



6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


10t 


Medizi aalrat Prof. Dr. Pusch: 1. Die deutschen Rinderrassen 
mit besonderer Berücksichtigung ihrer Heimatsverhältnisse, ihres 
Äußern und ihrer* Nutzungseigenschaften. 2 Stunden. 2. Übungen 
in der Beurteilung und Punktierung von Rindern. 3 Stunden. 

Prof. Dr. Richter: Ausgewählte Kapitel aus der Rinderpraxis. 
3 Stunden. 

Medizinalrat Prof. Dr. Röder: 1. Demonstrationen in der 
chirurgischen Klinik. 2 Stunden. 2. Übungen in der Diagnostik 
der wichtigsten Augenkrankheiten. Nachmittags: Stundenzahl nach 
Übereinkunft und je nach Zahl der Teilnehmer. 

Prof. Dr. Schmidt: Ausgewählte Kapitel aus der speziellen 
Pathologie und gerichtlichen Tierheilkunde. 4 Stunden. 

Überdies bietet Dozent Dr. Naumann an: Die mitteleuropäische 
Wiesenformation und die Beurteilung des geworbenen Heues. Mit 
Demonstrationen. 6 Stunden. 

Die Herren Kollegen, welche an dem Kursus teilnehmen wollen, 
werden ersucht, möglichst bis zum 21. März d. J. die Anmeldung 
unter Angabe der Fächer, welche sie zu belegen wünschen, bei der 
Kanzlei der Kgl. Tierärztlichen Hochschule, Zirkusstr. 40, zu be¬ 
wirken. Hiernach wird es möglich sein, eine Stundenübersicht zu¬ 
sammenzustellen, die dann den Herren Teilnehmern zur Verfügung 
stehen wird. 

Das Honorar beträgt pro Stunde eine Mark. 

Die Vorträge und Übungen finden in der Hauptsache zwischen 
früh 8 Uhr bis mittags 1 Uhr statt. In Rücksicht auf die Kürze 
der zur Verfügung stehenden Zeit werden jedoch auch einige Nach¬ 
mittage in Anspruch genommen werden müssen. 

Könlgsgeburtstags-Feier in Hannover. 

Die Feier fand in der Aula der Tierärztlichen Hochschule 
am 27. Januar statt. Die Festrede hielt der Direktor, Geheimrat 
Dr. Dam mann über die Beziehungen zwischen der Tuberkulose 
des Menschen und der Tiere. „ Am 23. Januar hatte der 
Studenten verband der Hochschule einen Festkommers ver- 
atrefaltet,’ anwetchem neben den Professören lmd Assistenten der 
Tierärztlichen Hochschule auch der Rektor der technischen Hoch¬ 
schule und andere Ehrengäste teilnahmen. 


R. S. C. Denkmal. 

Die Verbände alter Herren des Rudolstädter S. C. haben 
beschlossen, in Rudolstadt ein Wahrzeichen zu errichten. 
Dasselbe besteht aus der Bronze-Figur eines Studenten in Wichs, 
modelliert von Norbert Pfretschner, dem Schöpfer des 
Bismarck-Studenten-Denkmals. Se. Durchlaucht der Fürst hat 
bereits die Genehmigung und die Stadt den geeigneten Platz 
gegeben. Die Kosten belaufen sich auf 15 000 M., welche von 
etwa 1000 Alten Herren aufzubringen sind*). 

Es ist zu hoffen, daß das Denkmal unverweilt zustande 
kommt. Es ist ein guter Gedanke es zu errichten und das 
gerade jetzt. Das Schicksal der tierärztlichen Hochschulen 
steht an einem Wendepunkt. Auch der R. S. C. kann nicht 
unberührt bleiben. Was aber auch werden möge, das Denkmal 
wird ihn dauernd verkörpern. Es ist zugleich vornehmlich ein 
Erinnerungszeichen an die alten Landsmannschaften, denen 
weitaus die meisten an der Stiftung beteiligten A. H. noch an¬ 
gehört haben und an die erste, schwere aber rühmliche Epoche 
des Veterinärstudententums. So steht es als ein Grenzstein 
zwischen der alten und der neuen Zeit. Schmaltz. 

Kaiser Wilhelm-Akademie. 

Nach dem Vorgang der Militär-Veterinär-Akademie wird 
auch an der Kaiser Wilhelm-Akademie eine Gedenktafel für die 
gefallenen Militär-Veterinäre errichtet. 

Landes-Pferdezucht-Kommission. 

Die Verhandlungen der Landes-Pferdezucht-Kommission sind 
jetzt in einem 239 Seiten starken bei Paul Parey erschienenem 
Bericht vollständig veröffentlicht. (Vgl. B. T. W. 1907, Nr. 49.) 

*) Beiträge sind an Professor Eberlein oder den Tierarzt 
Klingner-Berlin zu senden. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

(Fortsetzung in Nr. 7.) 

Viehseuchengesetznovelle Im Reichstag. 

Die Novelle zum Viehseuchengesetz, welche in Nr. 52 
B. T. W. näher besprochen worden ist, hat den Reichstag in 
seiner Sitzung am 20. Januar eingehend beschäftigt. Die Be¬ 
ratungen, welche bereits vor 8 Tagen begonnen hatten, wurden 
durch Besprechungen verschiedener Interpellationen zurück- 
gedrängt. Ans den Verhandlungen ist ersichtlich, daß sich 
sämtliche zum Worte gelangten Abgeordneten mit der Grund¬ 
tendenz des Entwurfs, verstärkter Abwehrmaßregeln gegen 
Viehseuchen einverstanden zeigten. Selbst der sozialdemokratische 
Redner, Abgeordneter Scheidemann, stand der Vorlage im 
Prinzip wohlwollend gegenüber. Er konnte es in seiner Rede 
aber nicht unterlassen, die Agrarier heftig anzugreifen und dem 
Entwurf die Erfüllung agrarischer Wünsche, d. h. die Ver¬ 
mehrung der „Liebesgaben“ vorzuwerfen. Irgendwelche Beweise 
konnte er natürlich für diese Behauptung nicht beibringen, diese 
dürften wohl auch schwerlich zu erbringen sein. Der Herr 
Abgeordnete bemängelt auch die Anzeigepflicht für Schweine¬ 
seuche und Schweinepest, da diese Krankheiten im Anfänge 
schwer zu erkennen seien. 

Der Herr Abgeordnete scheint in dieser Beziehnng doch 
wohl sehr schlecht informiert worden zu sein. Daß er in bezug 
auf die gegen das Ausland gerichteten Abwehrmaßregeln sehr 


^viel auszusetzen hatte, nimmt bei der parteipolitischen Stellung 
^dieses Herrn kein Wunder. Sehr viel Heiterkeit erzielte der 
.Herr Abgeordnete mit der Behauptung, daß den agrarischen 
Bestrebungen der Vorlage nur kräftig entgegengetreten werden 
könne durch Einführung des allgemeinen gleichen geheimen 
Wahlrechts in Preußen. In ruhiger, sachlicher Weise' ent- 
gegnete dem sozialdemokratischen Abgeordneten der Reichs¬ 
parteiler Dr. Höf fei. Auch der freisinnige Abgeordnete 

Dr. Mugdan trat den übertriebenen Ausführungen des Sozial¬ 
demokraten entgegen. Doch auch er bemängelte einige Be¬ 
stimmungen der Abwehrmaßregeln. Er tadelte ferner die Un¬ 
summen von polizeilichen Verordnungen, die schon jetzt neben 
dem Seuchengesetz bestehen. Das Gesetz müsse so abgefaßt 
sein, daß Polizei Verordnungen im wesentlichen überflüssig seien. 
Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg gab seine Genugtuung 
darüber Ausdruck, daß alle Parteien bereit seien, an dem Ge¬ 
setz mitzuarbeiten. Spezielle Ausführungen machte der Herr 
Staatssekretär nicht. Er gab aber noch die Erklärung ab, daß 
ein Reichsgesetz in Vorbereitung sei betreffend die Beseitigung 
der Kadaver und Abgrenzung der Abdeckereibezirke unter be¬ 
stimmten Voraussetzungen. Von den übrigen Rednern ließ sich 
der freisinnige Abgeordnete Gothein etwas eingehender über 
die Vorlage aus. Er behauptete u. a., daß die Tuberkulinprobe 
ganz wertlos und überflüssig sei. Professor v. Behring habe 
ihr jede Beweiskraft abgesprochen. Offenbar hat Her Gothein 
Herrn v. Behring gründlich mißverstanden, denn sonst könnte 



108 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


er solche Behauptungen nicht aufstellen. Des weiteren kommt 
der Herr Abgeordnete auf sein Steckenpferd, das sind die Ab¬ 
wehrmaßregeln gegen das Ausland und die Zuständigkeit der 
Reichs- und Landesbehörden zur Anwendung solcher Maßnahmen. 
Den Regierungspräsidenten werde durch das Gesetz zu viel 
Blankovollmacht betr. der Einfuhrverbote gegeben. 

Die Vorlage ging schließlich an eine besondere Kommission 
von 28 Mitgliedern. 

Nach dem, was in der ersten Lesung für und wider den 
Entwurf vorgebracht worden ist, scheint es, daß er in der 
Kommission noch so mancherlei Abänderungen erfahren dürfte. 

Pr. 

Der Yiehhandel in seinen verschiedenen Formen als 
Quelle der Seuchen Verbreitung und die Vorbeugungs¬ 
maßnahmen. 

Referat, erstattet auf der amtlichen Versammlung der Veterinär¬ 
beamten des Regierungsbezirks Schleswig-Holstein in Schleswig 
am 8. Januar 1908 

von Kreistierarzt Dr. II oh mann-Pinneberg. 

Üie Viehzucht und -haltung haben sich seit einer Reihe von 
Jahren als diejenigen Zweige des landwirtschaftlichen Betriebes 
erwdesen, die vermöge ihrer Rentabilität die Lösung der an 
unsere Landwirtschaft vielerorts vor nicht allzulanger Zeit 
herangetretenen Existenzfrage in günstigster Weise vollzogen 
haben. Sie zur Hauptsache waren es, die diesen Erwerbszweig 
von neuem zu einem einträglichen gestalteten und der augen¬ 
blicklichen Blüte entgegenführten. 

Der Viehhandel hat seit jeher seine Aufgaben darin gefunden, 
als Bindeglied zwischen Viehzüchter und -halter, zwischen 
Produzent und Konsument die Regelung von Angebot und Nach¬ 
frage vermitteln zu bewirken und durch Erschließung neuer 
Absatzgebiete die Verkaufsmöglichkeit günstig zu beeinflussen. 

Es ist mithin nicht zu verkennen, daß derselbe unserer 
Landwirtschaft in vielen Fällen unzweifelhaft zum Nutzen 
gereicht, ihr Werte gewonnen und erhalten hat und heute wohl 
überhaupt nicht mehr entbehrt werden kann. 

Andererseits ist es jedoch ebenfalls der Viehhandel gewesen, 
der wo immer Viehseuchen auftraten, die Verschleppung und 
Verbreitung dieser stets und ständig in erster Linie vollzogen 
und dadurch so manchen Besitzer häufig genug vor den Ruin 
gebracht hat. 

Wenn nun auch das wirtschaftliche Interesse des Viehhandels 
als eines integrierenden Teiles des gesamten Handels, eine 
möglichst schrankenlose Entfaltung der Kräfte verlangt, so würde 
doch eine derartige den Bestand eines unserer bedeutendsten 
Erwerbszweige gefährdende bedingungslose Freiheit allen volks¬ 
wirtschaftlichen und demnach auch veterinärpolizeilichen Grund¬ 
sätzen Hohn sprechen. 

Aufgabe der staatlichen Fürsorge ist es daher, Normen zu 
schaffen, vermöge derer die angedeuteten, mit dem Überhand¬ 
nehmen der Seuchen stetig gewachsenen Gefahren für unsere 
Landwirtschaft und damit für das gesamte Volk voll und ganz 
paralysiert werden. 

Am letzten Ende erfordern, wie von einsichtigen Vieh¬ 
händlern längst erkannt worden ist, die wirklichen Interessen 
des Viehhandels genau dasselbe. 

M. H.! Was zunächst die durch den Viehhandel gegebenen 
Einschleppungen von Viehseuchen aus dem Anslande betrifft, so 
sind, wenn auch hinsichtlich einzelner Seuchen ein Rückgang 


in der Zahl der aufgedeckten Fälle eingetreten ist, die Gefahren 
der Einschleppung mit dem Wachsen des Verkehrs und dem 
Steigen der Einfuhr einzelner Tiergattungen doch ständig ge¬ 
stiegen. Nach Ausweis der jährlichen Viehseuchenberichte für 
das Deutsche Reich sind der Rotz, die Maul- und Klauenseuche, 
die Lungenseuche, die Schweine- und Geflügelseuchen, vereinzelt 
auch die Schafpocken durch lebendes Handelsvieh und den mit 
dem Viehhandel Hand in Hand gehenden Personenverkehr nicht 
selten in das Reich eingeschleppt worden. Es haben also die 
zu Gebote stehenden Maßregeln, nämlich die Grenzsperre, die 
Quarantänen, die amtstierärztliche Beaufsichtigung der Vieh¬ 
einfuhr, die Ursprungs- und Gesundheitszeugnisse, sowie der 
Viehseuchennachrichtendienst mit dem Auslande den gehegten 
Erwartungen nicht immer entsprochen. 

Einesteils ist dieser Übelstand in der Natur und dem Wesen 
mancher Seuchen begründet die Inkubationszeit —, anderer 
seits jedoch auch in der Unzulänglichkeit der gegenwärtigen 
gesetzlichen Bestimmungen. Die Erfahrung beweist, daß nicht 
nur seuchekranke, sondern auch der Seuche und der Ansteckung 
verdächtige Tiere, sowie Personen und Gegenstände ver¬ 
schiedenster Art, die mit kranken Tieren in Berührung gekommen 
sind, als Träger des Ansteckungsstoffes die Verschleppung der 
Seuchen herbeizuführen vermögen. 

Da durch den unausgesetzt stattflndenden kleinen Grenz¬ 
verkehr und den ja überall florierenden Viehschrauggel die 
Grenzbezirke des Inlandes von der Einschleppungsgefahr ständig 
bedroht sind und ihrerseits wiederum häufig die Quelle für die 
Verseuchung des übrigen Inlandes bilden, genügen die nur in 
Fällen bedrohlicher Seuchenausdehnung im Nachbarlande an¬ 
zuordnenden Revisionen der vorhandenen Viehbestände und 
Kontrollen über Zu- und Abgang der gefährdeten Tiere im 
Grenzbezirke nicht, es sind vielmehr dauernde Einrichtungen 
erforderlich, die ohne Schädigung des reellen Viehhandels 
imstande sind, der Weiterverbreitung eingeschleppter Vieh¬ 
seuchen vorzubeugen. 

In Erkenntnis dieser Tatsachen und in Würdigung ihrer 
Bedeutung sind denn auch in dem Entwürfe zum neuen Tier¬ 
seuchengesetze Vorschriften enthalten, die in Ergänzung der 
jetzigen Bestimmungen eine Verstärkung des Schutzes gegen 
die Seucheneinschleppung gewähren und andererseits dem 
legitimen Viehhandel die größtmöglichste Bewegungsfreiheit 
dennoch garantieren. 

M. H.! Wenn ich im Nachfolgenden den Viehhandel im 
Inlande und die mit ihm verbundenen Gefahren der Seuchen¬ 
verbreitung zum eigentlichen Gegenstand meines heutigen 
Referats mache, so geschieht dies zur Hauptsache aus der Er¬ 
wägung heraus, w r eil dieses Thema auch in unserer Provinz 
eine brennende Frage bildet, deren Erledigung von hochwichtiger 
Bedeutung für die Seuchenbekämpfung ist. 

Ich beginne mit den verschiedenen Formen des Viehhandels 
und den dadurch bedingten Möglichkeiten der Seuchenverbreitung. 

Was zunächst die Viehmärkte anlangt, so ist, mag es sich um 
Pferde-, Rinder-, Schaf-, Schweine- oder Geflügelmärkte handeln, 
die von ihnen ausgehende Gefahr der Seuchenverschleppung seit 
jeher eine allseitig anerkannte Tatsache gewesen. Die Beob¬ 
achtung, daß vom Viehmarkte aus Seuchen rasch strahlenartig 
eine weite Ausbreitung nehmen, tritt nicht selten in Erscheinung. 

Nicht immer liegt die Ursache in der Gegenwart seuche¬ 
kranker Tiere. Die Möglichkeit ist zu viel gegeben, daß auch 



6. Februar 11)08. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


109 


von bereits durchgeseuchten Tieren, ferner durch Zwischen¬ 
träger, durch Besitzer, Begleiter oder Pfleger seuchekranker 
Tiere der Infektionsstoff nach den Viehmärkten geschleppt und 
dort auf gesunde Tiere und bei dem regen Verkehr wiederum 
auf andere Zwischenträger, Personen oder Sachen, übertragen 
wird, die ihrerseits das Virus bei unseren heutigen Verkehrs- 
verhältnissen unschwer in die entlegensten Teile des Landes 
zu tragen vermögen. 

Diese Schleichwege der Seuchenverbreitung sind, um so 
gefährlicher, als zu ihrer Unterbindung wirksame Mittel kaum 
zur Verfügung stehen. 

M. H.! Als Viehmärkte im gesetzlichen Sinne sind nur solche 
zu verstehen, die gemäß § 127 des Gesetzes über die Zu¬ 
ständigkeit der Verwaltnngs- und Verwaltungsgerichtsbehörden 
vom Provinzialrat beschlossen worden sind. Die Jahr- und 
Wochenmärkte, auf denen Handelsvieh zum Auftrieb gelangt, 
sind in der Beurteilung vom seuchenpolizeilichen Standpunkte 
ans natürlich den eigentlichen Viehmärkten gleichzustellen. 

In den meisten Orten mit größeren Viehmärkten wird 
bereits vor dem eigentlichen Markttage seitens der Händler in 
den Höfen und Stallungen der Gasthäuser und großen Aus¬ 
spannungen ein schwunghafter Handel mit aus den ver¬ 
schiedensten Gegenden zusammengebrachten Vieh getrieben, der 
häufig sogar am Markttage selbst unter geflissentlicher 
Ingnorierung des Marktplatzes fortgesetzt wird. 

Diese sogenannten heimlichen Märkte oder Vormärkte 
werden besonders von Händlern frequentiert, die ihr Vieh am 
Markttage aus verschiedenen mehr oder weniger ehrlichen 
Motiven vom öffentlichen Marktplatze fernzuhalten bestrebt sind. 
Einmal geben sie vor, das Vieh den Unbilden der Witterung 
auf offenem Markte nicht aussetzen zu wollen, was bei hoch- 
trächtigen oder frischmilchenden Kühen begreiflich erscheint, 
andererseits präsentieren sich die Tiere im Stalle jedoch vor¬ 
teilhafter, Fehler lassen sich leichter verdecken und der amts¬ 
tierärztlichen Untersuchung sind, falls eine solche überhaupt 
stattfindet, enge Schranken gezogen. 

Des ferneren haben sich in vielen Orten, ohne daß ein 
Marktuntemehmer vorhanden ist, lediglich einem örtlichen Be¬ 
dürfnisse entsprechend, sogenannte wilde oder Privatmärkte ge¬ 
bildet, die fast nur von Händlern besucht werden. Zweifelsohne 
involvieren derartige aus den verschiedensten Gegenden zusammen¬ 
gebrachten und von der Hand des einen in die des andern 
Händlers übergehenden Viehbestände hinsichtlich der Verbreitung 
von Seuchen eine ganz bedeutende Gefahr. 

Dasselbe gilt von dem sich ständig ausbreitenden Handel 
in Gast- und Handelsstallungen. Der häufige Wechsel dieses 
Viehes erhöht die damit verbundene Gefahr der Verbreitung von 
Seuchen um so mehr, als die gleichzeitig dem Verkaufe dienenden 
Stallungen sehr leicht selbst zu Brutstätten bestimmter Seuchen 
werden und sodann die Veranlassung zur Seuchenverschleppung 
nicht allein durch die in ihnen aufgestellten Tiere, sondern auch 
durch das Publikum geben. 

Auch die in vielen Gegenden sehr gebräuchlichen Auktionen 
sind, soweit es sich bei ihnen um zusammengebrachte Vieh¬ 
bestände handelt, in hohem Grade geeignet, der Seuchen¬ 
verbreitung Vorschub zu leisten. 

Nicht weniger bilden die Schlachtviehhöfe mit ihrem 
ständigen Wechsel der Tiere und ihrem bedeutenden Personen¬ 
verkehr eine ununterbrochene Gefahr der Seuchenverbreitung. 


M. H.! Der Viehhandel im Umherziehen, als dessen Haupt¬ 
repräsentant der Hausierhandel anzusehen ist, hat ja, wie all¬ 
gemein bekannt, zu jeder Zeit einen der wichtigsten Faktoren 
hinsichtlich der Seuchenbekämpfung gebildet. Auch hier liegt 
die Gefahr nicht allein in der Verbreitung kranker Tiere, es 
sind außerdem, und das ist der Schwerpunkt, die als Träger 
leicht übertragbarer Kontagien figurierenden Händler und Be¬ 
gleiter der Transporte selbst, die die Seuchen von Ort zu Ort 
und aus einem verseuchten Gehöft und Stall in viele andere zu 
verschleppen imstande sind. Dazu kommt, daß das vielerorts 
übliche Treiben des Viehes eine ständige Möglichkeit der Aus¬ 
streuung von Ansteckungsstoffen auf Straßen und Wege mit den 
daraus resultierenden Konsequenzen in sich birgt. 

Ohne Zweifel bietet der Hausierhandel den Händlern gegen¬ 
über den sonstigen Handelsformen im allgemeinen Vorteile, da 
der Käufer sich nicht so leicht über den augenblicklichen Stand 
der Preise informieren kann und die Konkurrenz mehr oder 
weniger wegfällt. 

Über die rechtliche Begriffsauslegung des „Handels im 
Umherziehen“ ist folgendes zu sagen. 

Unter Hausieren, das wohl in erster Linie in Frage kommt, 
ist das Feilbieten mitgeführter Waren von Ort zu Ort und 
Haus zu Haus zu verstehen. 

Auch der Betrieb eines Wanderlagers ist nach der R. G. 0. 
ein Gewerbebetrieb im Umherziehen. 

Ferner fällt hierunter nach den Bestimmungen des § 55 
R. G. 0. auch derjenige Handel, der seitens eines Händlers mit 
stehendem Gewerbebetrieb an Orten ausgeübt wird, wo er keine 
gewerbliche Niederlassung hat. Es liegt demnach gemäß einer 
Reichsgerichts-Entscheidung Handel im Umherziehen auch dann 
vor, wenn der Händler auf Viehmärkten außerhalb seines Nieder¬ 
lassungsortes Vieh ein- oder verkauft oder außerhalb der Ort¬ 
schaft seiner gewerblichen Niederlassung ohne vorherige Be¬ 
stellung Vieh zum Wiederverkauf auch nur ankauft. 

Für die veterinärpolizeiliche Abschätzung der im Handel 
im Umherziehen liegenden Seuchenverschleppungsgefahr ist es 
natürlich völlig gleichgültig, ob der Handel außerhalb des Ortes 
der gewerblichen Niederlassung stattfindet oder ob eine solche 
Niederlassung überhaupt fehlt. 

Der Handel auf vorherige Bestellung ist dem Handel im 
Umherziehen rechtlich nicht beizuordnen. Jedoch ist das bloße 
Inaussichtstellen der Möglichkeit der Abnahme einer Ware keine 
Bestellung. Wer, nachdem sich die Kaufs Verhandlungen mit 
dem Besteller einer Ware zerschlagen haben, die Ware einem 
anderen feilbietet, handelt nicht auf „vorgängige Bestellung“. 
Auch ist die Aufforderung, eine bestimmte Ware zu bringen, 
die der Gewerbetreibende dadurch herbeiführt, daß er, ohne 
dazu bestellt zu sein, einen andern aufsucht und ihn auffordert, 
die an einem anderen Orte untergebrachte Ware zu besichtigen, 
keine der Feilbietung vorgängige Bestellung. 

M. H.! Auch das auf Bahnhöfen und Schiffsplätzen von 
Händlern und Viehverwertungsgenossenschaften zusammen¬ 
gezogene Vieh wird heutzutage zu Handelsgeschäften benutzt, 
die oft einen marktähnlichen Charakter annehmen und in manchen 
Gegenden geradezu zur Kalamität geworden sind. Die hierdurch 
ermöglichten Seuchenverschleppungen sind um so höher zu 
bewerten, als auch diese Tiere nach der Verscbiedenartigkeit 
ihres Herkunftsortes die Annahme ihrer suspekten Beschaffenheit 
jederzeit rechtfertigen. 



110 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Neben den Beständen der Viehhändler sind erfahrungsgemäß 
die gewerbsmäßigen Zuchtanstalten und Mästereien wahre Brut¬ 
stätten für die Erhaltung und Verbreitung der Kontagien und 
mithin stetig wiederkehrende Ausgangspunkte für die Ver¬ 
schleppung von Seuchen, insonderheit der Schweine- und Geflügel- 
seuchen. Häufig genug w r erden die Händler ja nur dazu benutzt, 
die Verschleppung der in den Züchtereien gezüchteten Seuchen 
zu vollziehen. Daß die Mästereien die sich nicht artenden, mit¬ 
hin in vielen Fällen verseuchten Tiere, die sogenannte Ramsch¬ 
ware, an den Mann zu bringen wissen, ist eine alte Erfahrungs¬ 
tatsache. Hier haben vor allen Dingen die Hebel einzusetzen, 
wenn anders eine zielbewußte rationelle Seuchentilgung bleibenden 
Erfolg zeitigen soll. 

Schließlich bilden auch die mit dem Viehhandel eng ver¬ 
wandten Viehausstellungen und Tierschauen mit ihrem aus den 
entferntesten und verschiedensten Gebieten erfolgenden Zu¬ 
sammenströmen von Vieh Stätten häufiger Ansteckung und 
Ausgangspunkte unbegrenzter Seuchenausbreitungen. 

M. H.! Die Möglichkeit der Verschleppung einer jeden Vieh¬ 
seuche durch den Viehhandel, mag diese der Anzeigepflicht 
unterliegen oder nicht, ist evident. Das beweisen ja auch die 
in den Veröffentlichungen aus den Jahres-Veterinärberichten 
niedergelegten Erfahrungen der beamteten Tierärzte zur Genüge. 
Natürlich ist der Grad der Verschleppbarkeit ein grundaus 
verschiedener. Es kommt hierfür die Größe des Handels, die 
Verschiedenheit der Verkehrsverhältnisse und vor allen Dingen 
der Charakter der Seuche an sich, der Grad der Übertragbarkeit 
ihres Erregers in Frage. 

Für die Beweisführung der Notwendigkeit einer stetigen 
unausgesetzten Beaufsichtigung sämtlicher Viehhandelsformen 
bedarf es jedoch nur des erläuternden Eingehens auf diejenigen 
Seuchenarten, die vermöge ihrer Gefährlichkeit hinsichtlich der 
Übertragbarkeit auf Menschen, der Herbeiführung großer wirt¬ 
schaftlicher Verluste und ihrer außerordentlichen Ansteckungs¬ 
gefahr eine etwaige Kollision mit den Interessen des Viehhandels¬ 
gewerbes rechtfertigen. 

Was zuerst den Rotz betrifft, so wird die Tatsache, daß 
die Verbreitung dieser Seuche im Inlande in der Mehrzahl der 
Fälle durch den Pferdehandel erfolgt, wohl am besten dadurch 
argumentiert, daß ein großer Prozentsatz der Fälle seine Ent¬ 
deckung der amtstierärztlichen Beaufsichtigung der Pferdemärkte 
und zusammengebrachfen Pferdebestände verdankt. Wenn die 
Zahl der aufgedeckten Seuchenfälle innerhalb der Jahre 1886 bis 
1905 um mehr als 58 Proz. zurückgegangen ist, so muß dieser 
außerordentlich erfreuliche Erfolg nicht zuletzt auf die segens¬ 
reiche Wirkung der mit der Zeit strenger gehandhabten Kontrolle 
des Pferdehandels zurückgeführt werden. 

Auch der für den Menschen nicht viel weniger gefährliche 
Milzbrand ist in zahlreichen Fällen unter dem Handelsvieh auf 
Schlachtviehhöfen, seltener auf Viehmärkten entdeckt worden. 

Über den Viehhandel als wichtigsten Faktor bei der Ver¬ 
breitung der Maul- und Klauenseuche sind die Akten geschlossen. 
Es ist eine längst feststehende Tatsache, daß der Handels¬ 
verkehr mit Vieh, besonders an den Knotenpunkten und den 
großen Schlachtviehhöfen mit stärkerer Ausfuhr, ferner die Vieh¬ 
märkte und sonstigen zu Handelszwecken zusammengebrachten 
Viehbestände, der Hausierhandel mit Vieh, besonders die Treib¬ 
schweine, die Viehausstellungen, Gast- und Händlerställe, die 
weitaus häufigsten Anlässe zur Verbreitung der Maul- und 


Klauenseuche darstellen. Unsere Provinz Schleswig-Holstein 
ist ja zurzeit, gottlob, von dieser verheerenden Seuche befreit. 
Auch im Deutschen Reiche ist dieselbe, wie ja allen Herren 
bekannt, verschiedene Male, wenn auch immer nur für kurze 
Zeit, getilgt gewesen. Dazwischen hat sie freilich in einzelnen 
Jahrgängen eine fest allgemeine Verbreitung gefunden und der 
deutschen Landwirtschaft die größten Wunden geschlagen. Es 
liegt einmal im Wesen dieser heimtückischen Seuche, daß sie 
nach Zeiten des Niederganges oder Stillstandes plötzlich mit 
erneuter Heftigkeit auftritt und mit ganz erstaunlicher Schnellig¬ 
keit sich verbreitet. 

Auch augenblicklich dehnt sie sich schon wieder im Osten 
des Reiches in gefahrdrohender Weise aus; mehrere große 
Schlachthöfe sind ebenfalls bereits von ihr ergriffen — die 
ersten Symptome einer drohenden Ausbreitung —, Westrußland 
und Holland sind total verseucht, eine Einschleppung in unsere 
Provinz kann bei den heutigen Verkehrs Verhältnissen und der 
außerordentlich leichten Übertragbarkeit täglich erfolgen. 

M. H.! Es ist hinlänglich bekannt, daß die im Vorder¬ 
gründe des wirtschaftlichen Interesses stehende Schweineseuche 
und Schweinepest, diese Schmerzenskinder der Veterinärpolizei, 
ihre derzeitige enorme Verbreitung in der Hauptsache dem 
Schweinehandel in seinen verschiedenen Formen verdanken. Das 
ist nun einmal erwiesen. Wenn durch die Skrupellosigkeit 
eines einzigen Schweinehändlers die Schweinepest ihre Aus¬ 
dehnung über den größten Teil des Kreises zu erlangen vermag, 
so ist hierdurch der beste Maßstab für die Gefährlichkeit des 
Schweine-, speziell des Ferkelhandels gegeben. Es bedarf des 
Ergreifens sehr bestimmter Schritte, wenn immer die Rentabilität 
unserer Schweinezucht und damit diese selbst nicht ernstlich in 
Frage gestellt werden soll. 

Das Nachlassen dieser SeuGhe ist vielerorts in Wirklichkeit 
nur ein Phantom, das auf der Basis der Verheimlichung und 
Unkenntnis sich zuweilen, wenn auch nur für kurze Zeit, zu 
erhalten vermag. 

Auch die Geflügelseuchen sind in ihrem Auftreten und in 
der Ausbreitung gegen früher unverhältnismäßig häufiger ge¬ 
worden. Die Erklärung ist auch hier vor allem in dem 
gesteigerten Handel mit Federvieh zu suchen. Verkehr und 
Handel mit Geflügel haben ja in der Jetztzeit wirtschaftlich 
eine sehr hohe Bedeutung erlangt. Konform mit der ständig 
wachsenden Zahl der eingeführten Tiere vergrößert sich natur¬ 
gemäß die Zahl der eingeschleppten und durch den Handel ver¬ 
möge des raschen Eisenbahntransportes im Inlande sehr schnell 
weiterverbreiteten Seuchenfälle. Abgesehen von der Einschleppung 
aus dem Auslande sind die Ursachen der Seuchenausbrüche im 
Inlande ebenfalls wiederum durch den Handel sowie durch den 
Marktverkehr und die Weiterverbreitung durch Geflügel- 
ausstellungen und -mästereien gegeben. 

Die gesetzliche Basis der Viehhandelskontrolle ist zurzeit 

im § 17 des R. V. G. vom und § 56 b R. G. 0. in 

3 1. Mai 1894 3 

der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 1900 gegeben. 
Nach diesen Bestimmungen ist die amtstierärztliche Beauf¬ 
sichtigung der Vieh- und Pferdemärkte, der öffentlichen Schlacht¬ 
häuser, den von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in 
öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten 
Viehbestände, der zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten 
männlichen Zuchttiere, der öffentlichen Tierschauen, der Gast- 





6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


111 


Ställe und Ställe von Viehhändlern ermöglicht. Ferner kann 
der Handel mit Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen oder 
Geflügel im Umherziehen Beschränkungen unterworfen oder auf 
bestimmte Dauer untersagt werden. 

Außerdem läßt § 28 R. V. G. die Einstellung der Vieh- und 
Pferdemärkte, sowie der öffentlichen Tierschauen oder den 
Ausschluß einzelner Viehgattungen von der Benutzung der 
Märkte zu. 

Schließlich stehen für sogenannte „Fälle der Seuchengefahr“ 
und für die Dauer derselben in den §§ 19 ff. des R. V. G. Ma߬ 
nahmen zur Verfügung, die jedoch bei der derzeitigen gericht¬ 
lichen Interpretierung des Begriffs „Seuchengefahr“ hinsichtlich 
der Beaufsichtigung des Viehhandels nicht konstant Anwendung 
finden können. 

Die diesbezüglichen Entscheidungen des Kammergerichts 
halten es für unzulässig, eine landespolizeiliche Verordnung 
anstatt im Falle einer bestehenden für den Fall einer zu¬ 
künftigen Seuchengefahr zu erlassen, desgleichen seien polizei¬ 
liche Anordnungen ungültig, wenn in ihnen nicht die Angabe 
einer konkreten, für einen bestimmten Bezirk z. Z. bestehenden 
Seuchengefahr zum Ausdruck gebracht sei. Dauernde Be¬ 
schränkungen lediglich wegen der Möglichkeit des Entstehens 
einer Seuchengefahr seien gesetzlich unhaltbar. 

Nun verlangt indes die freie Bewegung und Entwicklung 
der Veterinärpolizei sowie eine ersprießliche und wirksame 
Seuchentilgung für die an einem bestimmten Punkte auftretende 
oder von einer bestimmten Seite her drohende Seuchengefahr je 
nach dem Charakter der Gefahr und der Seuche besondere 
Schutzmaßregeln, Maßnahmen, die bei der starken Steigerung 
des Viehhandels und der dadurch bedingten altgemeinen und 
ständigen Gefahr der Seuchenverschleppung unbedingt auch 
präventiver Natur sein müssen. Die Erfahrungen der letzten 
Jahrzehnte haben es gezeitigt, daß wir das Auftauchen einer 
bestimmten noch gar nicht nachweisbaren Seuchengefahr von 
irgend einer Richtung her jeder Zeit erwarten können und 
dagegen gewappnet sein müssen. Es hat sich daher die aus 
den Entscheidungen des Kammergerichts resultierende Be¬ 
schränkung des Verordnungsrechtes immer mehr als ein uner¬ 
freuliches und die mit der Rechtslage nicht vertrauten Kreise 
zu falschen Schlußfolgerungen veranlassendes Hemmnis fühlbar 
gemacht. 

Immerhin liegt auch nach der gerichtlichen Rechtssprechung 
außer der amtlichen Konstatierung eines Seuchenfalles oder 
des begründeten Verdachtes des Seuchenansbruches eine Seuchen¬ 
gefahr dann vor, wenn das Auftreten einer Seuche in einem 
außerhalb des Bezirks liegenden Orte feststeht, oder wenn in 
der Nachbarschaft oder in einem Bezirke, mit dem irgend ein 
die Gefahr der Ansteckung begründeter Verkehr besteht, ein 
oder mehrere Fälle derjenigen Seuche aufgetreten sind, gegen 
welche die betreffende Anordnung gerichtet ist. Solange also 
die Maul- und Klauenseuche, die Schweine- und Geflügelseuchen 
in irgend nennenswerter Ausdehnung im Reiche herrschen, 
müßten die zum Zwecke der Verhütung der Einschleppung 
dieser Seuchen erlassenen landespolizeilichen Anordnungen stets 
in solchen Bezirken rechtliche Zulassung besitzen, wo Viehhandel 
und Verkehr auch nur in bescheidenem Maße florieren. Aber 
auch hierin ist durch ein neueres Erkenntnis des obersten 
preußischen Gerichtshofes wiederum eine Rechtsunsicherheit 
geschaffen. 


Nach den Bestimmungen des § 17 R. V. G. können, wie 
bereits bemerkt, außer den Viehmärkten auch die von Unter¬ 
nehmern behnfs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder 
privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten Viehbestände amts¬ 
tierärztlich beaufsichtigt werden. Von dieser Befügnis ist wohl 
seitens aller Landespolizeibehörden Gebrauch gemacht worden. 
Bildet sie doch die Voraussetzung zu einer der wichtigsten 
Vorbeugungsmaßnahmen gegen die Seuchenein-und -Verschleppung. 

So klar diese Bestimmung nun anscheinend ist, so hat sie 
doch zu verschiedenen rechtlichen Auslegungen geführt. Allein 
dem Begriff „öffentlicher Verkauf“ ist gerichtlicherseits eine 
verschiedene Deutung zuteil geworden. Während einerseits die 
Erkenntnisse hierunter eine Versteigerung oder einen markt¬ 
ähnlichen Verkauf erblicken oder als Voraussetzung des „öffent¬ 
lichen“ Verkaufs eine Bekanntmachung des Ortes und der Zeit 
des Verkaufs in der Presse für erforderlich hielten, hat das 
Kammergericht eine Entscheidung bestätigt, nach der das 
Kriterium des öffentlichen Verkaufs ohne weiteres gegeben ist, 
wenn das in dem betreffenden Stalle zusammen gebrachte Vieh 
jedermann zum Ankauf freisteht, wenn dies unter den Interessenten 
bekannt ist, und auch regelmäßig Viehbestände vorhanden sind. 
Desgleichen liegt ein öffentlicher Verkauf bereits dann vor, 
wenn Händler Vieh in einem Gast stall zusammenbringen und 
dort einen ständigen Vorrat davon zum Verkaufe stehen lassen. 

Demnach unterliegt wohl sämtliches von Händlern fortgesetzt 
in Privat- oder Gaststallungen zum Verkaufe aufgestellte Vieh 
der amtstierärztlichen Beaufsichtigung. 

Natürlich lassen die für eine solche Kontrolle wenig Sinn 
zeigenden Händler kein Mittel unbenutzt, um sich dieser lästigen 
und immerhin kostspieligen Maßnahme zu entziehen. Und dies 
gelingt ihnen nur zu leicht, steht ihnen doch bei der Frei¬ 
zügigkeit des übrigen Viehhandels manche Hintertür offen. So 
behauptet der eine, die in den Ställen untergebrachten Bestände 
nur im Wege des ja im allgemeinen der amtstierärztlichen Be¬ 
aufsichtigung nicht unterstehenden Hausierhandels verkaufen zu 
wollen, der andere habe das Vieh von Händlern gekauft, bei 
denen die vorgeschriebene Untersuchung bereits stattgefunden 
haben soll, ein dritter habe nur auf vorherige Bestellung ver¬ 
kauft, andere erledigen angeblich oder de facto den Verkauf 
bereits beim Ausladen des Viehes und versichern im ersteren 
Falle hoch und heilig, daß die in den Verkaufsställen nnter- 
gebrachten Tiere nur noch nicht abgenommen seien. 

Da außerdem die zur Ermöglichung der Dnrchfühmng dieser 
Kontrolle seitens der Verwaltungsbehörden getroffenen Ver¬ 
ordnungen, nämlich die Verpflichtung der Händler zur An¬ 
meldung des gekauften Viehes bei der Polizeibehörde des 
Bestimmungsortes, sowie der Anzeige der Verkaufstermine zu¬ 
sammengebrachter Viehbestände bei der Polizeibehörde oder dem 
Kreistierarzt für ungültig erklärt worden sind, ist den Polizei¬ 
behörden die Feststellung von Zuwiderhandlungen recht schwer 
gemacht und die Aufdeckung solcher wohl meist einem Zufalle 
zu verdanken. 

Wie schwierig es demnach auch für den Kreistierarzt ist, 
eine allgemeine gründliche Durchführung dieser Beaufsichtigung 
dauernd zu erwirken, vermag nur der in in der Materie praktisch 
Erfahrene zu ermessen. 

Für die übrigen Handelsformen ist, abgesehen von den 
nach der R. G. 0. zulässigen Beschränkungen und Verboten für 



112 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


den Handel im Umherziehen, die Anordnung von Präventiv¬ 
maßregeln, insonderheit die amtstierärztliche Beaufsichtigung, 
nach der derzeitigen Rechtslage nur im Falle der vorhin zitierten 
Seuchengefahr und für deren Dauer anwendbar. 

Der Vollständigkeit halber sind noch die auf Grund des 
Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 
sowie des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 11. März 1850 ver¬ 
schiedentlich erlassenen Verordnungen präventiven Charakters 
zu erwähnen, deren Rechtsungültigkeit jedoch nach zahlreichen 
Erkenntnissen der höheren gerichtlichen Instanzen feststeht. 

Derartige, einer fruchtbringenden und segensreichen Ent¬ 
wicklung der veterinärpolizeilichen Tätigkeit hemmend im Wege 
stehenden rechtlichen Beschränkungen, machten das Bedürfnis 
nach Einrichtungen geltend, die eine veterinärpolizeiliche Über¬ 
wachung des gesamten Viehhandels allgemein und dauernd zu¬ 
lassen. Auch die Behörden konnten sich der Überzeugung von 
der Notwendigkeit einer weiteren Ausgestaltung des R. V. G. 
nicht verschließen und trugen diesem Bedürfnis durch Schaffung 
eines Entwurfs Rechnung, der als Ergänzung des gegenwärtigen 
Gesetzes in großzügiger und die Materie vollkommen be¬ 
handelnder Form die Mängel des derzeitigen Gesetzes aufhebt 
und unter Berücksichtigung sämtlicher mit der Zeit erkannter 
Übelstände, die veterinärpolizeilichen Befugnisse hinsichtlich der 
Viehhandelskontrolle bedeutend erweitert, sowie die bisher häufig 
vermißte Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit in der Anordnung 
und Ausführung von Maßregeln nunmehr gewährleistet. 

Dieser Entwurf ist den anwesenden Herren ja bereits 
bekannt, ich kann es mir daher versagen, an dieser Stelle auf 
eine eingehende Schilderung der hier in Betracht kommenden 
Gesichtspunkte einzugehen. 

M. H.! Als zweckmäßige Mittel für die Überwachung des 
Viehhandels und -Verkehrs, sowie die Verhütung der Weiter¬ 
verbreitung ansteckender Krankheiten durch den Viehhandel 
kommen eine Anzahl Einrichtungen in Betracht, als deren 
wichtigste und erfolgreichste unzweifelhaft die amtstierärztliche 
Beaufsichtigung gelten muß. Gibt diese allein doch die Gewähr, 
daß die für den Handel bestimmten Viehbestände frei von 
äußerlich erkennbaren Seuchenerscheinungen sind. 

Über die Form dieser Beaufsichtigung bestehen in Preußen 
generelle Vorschriften bisher nicht, die Handhabung ist vielmehr 
dem Ermessen der Polizeibehörden und der beamteten Tierärzte 
überlassen. 

Darüber herrscht jedoch kein Zweifel, daß, wenn diese 
Maßnahme ihren Zweck erfüllen soll, sie unbedingt an der Hand 
einer Untersuchung der einzelnen der Beaufsichtigung unter¬ 
liegenden Tiere erfolgen muß. 

Die Kontrolle der für das Vieh bestimmten Unterkunfts¬ 
und Handelsräumlichkeiten geben dem beamteten Tierarzte Ge¬ 
legenheit zur Prüfung der Zweckmäßigkeit der baulichen Ein¬ 
richtungen, sowie des Handelsbetriebes und zur Herbeiführung 
von die Abstellung vorhandener Mängel bezweckender Ma߬ 
nahmen. 

Als weitere Maßregel zur Durchführung einer geregelten 
Überwachung ist vor allem die Kontrollbuchführung durch die 
Viehhändler zu nennen. Diese besonders gibt überhaupt erst 
die dringend erforderliche Möglichkeit einer ununterbrochenen 
Aufsicht über das im Besitze der Viehhändler befindliche Vieh. 
Nur in Verbindung mit einer ordnungsmäßigen Buchführung 
über Erwerb und Veräußerung des Viehes vermag die amts¬ 


tierärztliche Überwachung des Händlerviehes den zu stellenden 
Anforderungen voll und ganz zu entsprechen. 

Nach der jetzigen Rechtslage ist allerdings die Gültigkeit 
einer diesbezüglichen allgemeinen Anordnung strittig. Wohl 
kann auf Grund des § 56 R. G. 0. die Führung von Kontroll- 
bücliem für den Handel im Umherziehen vorgeschrieben werden, 
indes ist eine derartige eng begrenzte Maßnahme auch immer 
nur von partieller Wirkung. 

Diesem Bedürfnis trägt der neue Novellenentwurf Rechnung, 
indem er die Anordnung der allgemeinen Führung von Kontroll- 
büchern durch die Viehhändler und die Kennzeichnung von Vieh 
für zulässig erklärt. 

Letztere Bestimmung, die Kennzeichnung des Handelsviehes, 
hat sich seit jeher als zweckdienliche, die Buchführung er¬ 
gänzende Kontrollmaßregel bewährt. 

M. H.! Die Ursprungs- und Gesundheitsatteste, auf die 
ich ebenfalls kurz eingehen möchte, haben sich in vielen Fällen 
als ein ausgezeichnetes Mittel für den Herkunftsnachweis ver¬ 
seuchter oder seucheverdächtiger Tiere erwiesen. Von einer 
generellen Einführung verspreche ich mir jedoch keinen er¬ 
heblichen Erfolg. Einmal wird das Signalement der Tiere von 
den Behörden, die diese ja gar nicht gesehen haben, regelmäßig 
so unvollständig angegeben, daß das vorgeführte Tier daraus 
nicht erkannt werden kann, dazu kommt die Schwierigkeit der 
Konsignation des Viehes in Fällen, wo ein Stück wie das andere 
aussieht, auch entsprechen zuweilen die Zeugnisse trotz größter 
Vorsicht bei der Ausstellung dennoch nicht der Wahrheit, ganz 
abgesehen davon, daß falsche Atteste käuflich sind oder durch 
geschickte Manöver auch auf andere Art beschafft werden können. 

Der Erfolg der Atteste steht also zu der damit verbundenen 
Belästigung des Publikums häufig in keinem Verhältnis. 

Wenn dennoch diesen Zeugnissen von mancher Seite sehr 
das Wort geredet wird, so geschieht dies sicher aus der Er¬ 
wägung heraus, daß dieselben für die Eruierung der Herkunft 
seuchekrank befundener Tiere und für die Aufdeckung des 
Seuchenherdes, in dem die Ansteckung stattgefunden hat, häufig 
das einzige wirksame Hilfsmittel bilden. Das Handelsvieh wird 
ja nun einmal aus den verschiedensten Gegenden zusammen¬ 
gebracht. Auch zwingt der Zeugniszwang die Viehhändler im 
allgemeinen zur Vorsicht beim Einkäufe und hält sie immerhin 
ab, Vieh aus notorisch verseuchten Gegenden in den Handel zu 
bringen. 

Da die diesbezüglichen Verordnungen zurzeit ebenfalls der 
rechtlichen Grundlage entbehren, hat der Novellenentwurf auch 
hierin Wandel geschaffen. 

Als letztes Mittel zur Verhütung der Seuchenverbreitung 
durch den Viehhandel ist schließlich der Stallbann zu erwähnen. 
Diese zu Zeiten der Seuchengefahr und hinsichtlich des Viehes 
aus verseuchten Gegenden auf Grund der § § 19 ff R. V. G. an¬ 
ordnungsfähige Maßregel schreibt für bestimmte, in den Bezirk 
eingeführte Tiergattungen eine Quarantäne von verschiedener 
Dauer, meist 7—10 Tagen, vor. 

M. H.! Zur Abwendung der unseren landwirtschaftlichen 
Viehbeständen durch den Viehhandel stetig drohenden Seuchen* 
gefahr halte ich die folgenden prophylaktischen Maßnahmen für 
erforderlich. 

Die bisher nur auf einzelne Handelsformen sich erstreckende 
amtstierärztliche Beaufsichtigung ist auf sämtliche Handelsarten 
auszudehnen. Die Beaufsichtigung hat in Form der Unter- 



6 Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


113 


suchung der Viehbestände zu erfolgen, die bei bestimmten 
Handelsarten nach gewisser Zeit event. zu wiederholen ist. 

Was zunächst die Viehmärkte anbetrifft, so geschieht die 
amtstierärztliche Beaufsichtigung mangels diesbezüglicher Vor¬ 
schriften meistens in der Weise, daß der beamtete Tierarzt die 
auf dem Markte aufgetriebenen Tiere besichtigt, worin eine 
Untersuchung des gesamten Marktviehes keineswegs eingeschlossen 
ist. Eine derartige Beaufsichtigung ist durchaus ungenügend. 
Selbst bei der größten Sorgfalt ist es dem Tierarzte nicht ein¬ 
mal möglich, die Gewähr dafür zu bieten, daß sämtliche auf¬ 
getriebenen Tiere frei von offenkundigen Seuchen sind, geschweige 
von verdächtigen Erscheinungen. Bei dem Durcheinander und 
Hin- und Herwogen des Marktes, bei dem engen Zusammen- 
und Durcheinanderstehen der Tiere ist dem Tierarzt selbst bei 
Außerachtlassung der Lebensgefahr eine gründliche Besichtigung 
unmöglich und gelingt es dem gewissenlosen Händler anderer¬ 
seits um so leichter, seine kranken und verdächtigen Tiere der 
Untersuchung zu entziehen. 

Der Hauptfehler liegt also in der Einrichtung der Viehmärkte. 

Zur vollständigen Erreichung des Zweckes sollte die Beauf¬ 
sichtigung (je nach der Größe und Bedeutung des Marktes) 
unter Schaffung der erforderlichen Einrichtungen nur in folgender 
Weise ausgeführt werden. 

Sämtliches Großvieh ist vor dem Auftrieb auf den Markt¬ 
platz an dem Eingänge bzw. den Eingängen zu demselben zu 
besichtigen. Zu diesem Zwecke ist der Auftrieb des Viehes auf 
bestimmte Tagesstunden zu beschränken. 

Eine ordentliche Besichtigung jedes Tieres kann nur dann 
erfolgen, wenn die Tiere möglichst einzeln den Eingang passieren. 

Wenn nun auch der beamtete Tierarzt zumeist seine Tätig¬ 
keit auf eine genaue Besichtigung der zugeführten Tiere be¬ 
schränkt, so muß er doch in Zweifels- und Verdachtsfällen eine 
spezielle Untersuchung verdächtiger Tiere vornehmen. Hierzu 
bedarf er eines gewandten, im Umgang mit Vieh Übung besitzenden 
Mannes, der ihn in der Untersuchung durch Festhalten der Tiere, 
Öffnen des Maules usw. unterstützt. 

Da die Untersuchung auf Klauenseuche illusorisch wird, 
wenn die Tiere im tiefen Schmutze gehen, ist der Eingang 
zuip. Marktplatze mit festem Pflaster zu versehen, und dieses 
während des Auftriebes rein zu halten. 

Der Eingang für den Auftrieb ist vollständig frei zu halten. 

Auf dem Marktplatze sind Pferde und Großvieh derart in 
Reihen anzubinden, daß vor den Köpfen ein freier Gang bleibt, 
von dem aus die Beobachtung der Tiere fortgesetzt werden 
kann. Auf Schweine- und Scbafmärkten sind die einzelnen 
Buchten und Pferche reihenweise derart aufzustellen, daß der 
Tierarzt hindurch zu gehen vermag. Die Forderung, das Markt¬ 
vieh nur in sauberem Zustande auf dem Markte zuzulassen, und 
die den Markt aufsuchenden Personen, besonders Viehhändler 
und Treiber, wo nötig, zum vorherigen Reinigen der Kleider 
und des Schuhwerks zu veranlassen, entspringt der Erfahrungs¬ 
tatsache, daß die Infektionskeime von Tieren wochenlang auf 
der äußeren Haut zwischen den Haaren und dem anhaftenden 
Kot, sowie von Händlern und Treibern in dem an Schuhwerk 
und Kleidern haftenden Stallschmutz konserviert und herum¬ 
getragen werden. Dieselbe ist daher durchaus berechtigt. 

Zur Absonderung und weiteren Beobachtung kranker und 
verdächtiger Tiere ist in der Nähe des Marktes ein isolierter 
Raum bereit zu halten. 


Nach Beendigung des Marktes ist der Marktplatz gründlich 
zu reinigen. Wo wöchentlich oder monatlich Mäikte stattfinden, 
ist der Boden des Marktplatzes mit festem Pflaster, am richtigsten 
mit in Zement gesetzten Klinkern zu versehen, um die Reinigung 
und die etwa erforderliche Desinfektion leicht und sicher be¬ 
wirken zu können. In diesem Falle sind die Fußböden nach 
jedem Markte mit Wasser abzuspülen und mit Kalkmilch an¬ 
zustreichen. Dasselbe hat mit den auf Märkten benutzten Rampen 
und Entladebrettern zu geschehen. 

Da es dem Tierarzte am Markttage selbst unmöglich ist, 
das Handelsvieh in sämtlichen Gasthöfen und Ausspannungen 
zu untersuchen, ist der Verkauf von Vieh außerhalb des Marktes 
am Markttage zu verbieten. 

Der Verkauf auf Vormärkten vor Eröffnung des Marktes 
ist nur nach erfolgter Untersuchung sämtlicher Tiere zu ge¬ 
statten. Ein vollständiges Verbot dieses Verkaufs würde zu 
mancherlei mit dem Erfolg nicht im Einklang stehenden Härten 
und Verwicklungen führen. Immerhin wäre eine Einschränkung 
sowohl dieses Handels als auch des in Gast- und Händler¬ 
ställen in Permanenz betriebenen illegitimen Handels dringend 
geboten. Ich habe hier speziell den Ferkelhandel im Auge, der 
ständig sich ausbreitend und zuweilen von den unberufensten 
Elementen betrieben, eine ordentliche geregelte Kontrolle häufig 
genug gar nicht zuläßt. Hier kann Abhilfe nur durch Ein¬ 
richtung von Ferkelmärkten und den gleichzeitigen Erlaß eines 
Verbots des Ferkelhandels außerhalb der für den Markt fest¬ 
gesetzten Orte und Zeiten geschaffen werden. 

M. H.! Die übrigen Handelsformen sind bisher nur zum 
Teil unter amtstierärztlicbe Kontrolle gestellt. Sowohl vom 
veterinärpolizeilichen als am-h veterinärtechnischen Standpunkte 
aus hat diese Einschränkung, wie bereits ausgeführt, erhebliche 
Schwierigkeiten zur Folge gehabt. Es ist daher ein dringendes 
Bedürfnis, die Beaufsichtigung auf sämtliche von Händlern in 
den Handel gebrachten Tiere auszudehnen, gleichgültig, ob die¬ 
selben in Gast- oder Handelsstallungen, im Umherziehen, auf 
den Bahnhöfen und Schiffsplätzen veräußert oder auf Bestellung 
geliefert werden. 

Zur vollkommenen Erreichung des Zweckes bedarf es jedoch 
der Herbeiführung einheitlicher Grundsätze, die die Ermöglichung 
der Beaufsichtigung gewährleisten und ihre unausgesetzte Durch¬ 
führung nach jeder Richtung hin sichern. 

Hierher gehört auch die bereits besprochene Einführung 
von Kontrollbüchern. Jeder Viehhändler ist zur Führung eines 
Buches zu verpflichten, in dem Gattung und Zahl der angekauften 
und verkauften Tiere, Ursprungsort, Vorbesitzer und Verbleib, 
Tag des An- und Verkaufs, sowie Tag und Stunde der Unter¬ 
suchung einzutragen sind. Letztere Eintragung erfolgt durch 
den beamteten Tierarzt. Die Transportführer haben das Kontroll- 
buch stets bei sich zu führen und es den beamteten Tierärzten, 
den Beamten der Ortspolizeibehörde und den Gendarmen auf 
Verlangen jeder Zeit vorzulegen. Eine Veräußerung von Tieren 
ist nur dann statthaft, wenn sämtliche zu dem Bestände oder 
Transport gehörigen Tiere amtstierärztlich untersucht und 
gesund gefunden sind. Die Bescheinigung ist bei Reziprozität 
für die Kreise des Regierungsbezirkes nur für eine bestimmte 
Zeit gültig und bedarf der Erneuerung, wenn die Veräußerung 
nach Ablauf dieser Frist fortgesetzt werden soll, oder wenn dem 
Bestände Tiere zugeführt werden, deren Gesundheit nicht durch 
eine innerhalb dieser Frist ausgestellte Bescheinigung eines 



114 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


beamteten Tierarztes bezeugt ist. Ausnahmen von dieser 
Forderung wären jedoch für einzelne Tiergattungen und für 
besondere Zeiten zulässig. 

Die Händler haben die Untersuchung bei der Ortspolizei¬ 
behörde oder dem beamteten Tierarzte zu beantragen. 

Die Untersuchung hat möglichst bald nach dem Eintreffen 
der Tiere zu erfolgen, im Eisenbahnverkehr, wo angängig, vor 
oder bei dem Entladen. 

Die Zweckmäßigkeit letzterer Maßregel liegt auf der Hand, 
gerade durch sie wird einer Verschleppung von Seuchen vor¬ 
gebeugt. 

Zur vollkommenen Erreichung des mit der Untersuchung 
der Handelstiere verfolgten Zweckes bildet die Überwachung 
der von ihnen benutzten Räumlichkeiten, nämlich der Gast- und 
Händlerställe ein unabweisbares Erfordernis. Wie notwendig 
diese Forderung ist, zeigt der häufig mangelhafte Zustand dieser 
Räume. Schadhafte Fußböden und Wände, durchbrochene Decken, 
auf denen Futter- und Streuvorräte lagern, ungenügendes Licht, 
Schmutz und Spinnengewebe vermögen die Infektionsstoffe zu 
konservieren und jede Untersuchung der Tiere sowie jede Des¬ 
infektion illusorisch zu machen. 

Die Stallrevisionen sind in seuchefreien Zeiten vier- bis 
sechsmal jährlich, beim Herrschen von Seuchen jedoch häufiger 
und stets möglichst unerwartet vorzunehmen. 

Die Ställe sind nach jeder Benutzung gründlich zn reinigen 
und von Streu, Dünger und Schmutz zu befreien. Sie sind 
mindestens einmal in jedem Monate mit heißer Sodalauge zu 
scheuern und mit Kalkmilch anznstreichen. Die Krippen sind 
mit heißer Sodalauge auszuwaschen. 

Schließlich bedürfen auch die eine ununterbrochene außer¬ 
ordentliche Gefahr für die Landwirtschaft bildenden gewerbs¬ 
mäßigen Viehzüchtereien und Mästereien, besonders die Schweine- 
züchtereien und Schweine- und Geflügelmästereien einer recht 
gründlichen amtstierärztlichen Beaufsichtigung. 

M. H. 1 Ein großer Teil dieser Forderungen ist bei der 
gegenwärtigen Rechtslage allerdings vorläufig unerfüllbar. Seine 
Berechtigung ist jedoch auch behördlicherseits anerkannt, wie 
der dem Reichstag gegenwärtig zur Beschlußfassung vorliegende 
Entwurf eines neuen Reichs-Viehseuchen-Gesetzes beweist. I 
Hoffen wir also, daß dieser die gesetzliche Gültigkeit in der 
jetzigen Fassung erlangt. 

Die sich aus meinen Ausführungen ergebenden Forderungen 
resümiere ich wie folgt: 

Der Handelsverkehr mit Vieh leistet der Verbreitung von 
Viehseuchen den größten Vorschub. Im Interesse der Seuchen¬ 
tilgung und zur Verhütung von Seuchenverschleppungen ist 
daher die dauernde und allgemeine veterinärpolizeiliche Über¬ 
wachung des gesamten Viehhandels dringend geboten. Zn diesem 
Zwecke sind nachstehende Maßnahmen erforderlich: 

1. Amtstierärztliche Untersuchung sämtlicher zu Handels¬ 
zwecken oder zum öffentlichen Verkaufe zusammen¬ 
gebrachter Viehbestände und zwar auf Viehmärkten (ein¬ 
schließlich der Wochenmärkte, Vor- und Privatmärkte), 
auf Schlachtviehhöfen, in Gast- und Händlerställen, für 
den Handel im Umherziehen (einschließlich vorherige 
Bestellung), auf Bahnhöfen und Schiffsplätzen, auf gewerbs¬ 
mäßigen Auktionen und auf Ausstellungen. 

Die Untersuchung hat möglichst bald nach dem Ein¬ 
treffen der Tiere zu erfolgen, im Eisenbahnverkehr, wo 


angängig, vor oder bei dem Entladen und ist eventuell 
nach bestimmter Zeit zu wiederholen. Die Händler haben 
die Untersuchung bei der Ortspolizeibehörde oder dem 
beamteten Tierarzte zu beantragen. Die Veräußerung 
vor erfolgter Untersuchung ist verboten. 

2. Gründliche periodische amtstierärztliche Kontrolle der 
gewerblichen Ziichtereien und Mästereien, namentlich der 
Schweinezüchtereien und Schweine- und Geflügelmästereien. 

Amtstierärztliche Kontrolle der Gast- und Händler¬ 
ställe. 

3. Führung von Kontrollbüchern durch die Händler, in denen 
Gattung und Zahl der angekauften und verkauften Tiere, 
Herkunft und Verbleib, Tag des An- und Verkaufs, sowie 
Tag und Stunde der Untersuchung anzugeben sind. 
Letztere Eintragung erfolgt durch den beamteten Tierarzt. 

4. Erlaß genereller Vorschriften über Einrichtung und Betrieb 
von Viehmärkten (Marktordnung), sowie von Gast- und 
Händlerställen (Bau, Reinigung, Desinfektion). 


Maul- und Klauenseuche 

am 15. Januar 1908. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(♦ = neu verseucht) 

Kreise 

Gemeinden 

Gehöfte 

Gegenüber d. lf 

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). Dezbr. 

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2 

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O 

Preußen: 







Königsberg .... 

6 

17 

24 

-i+i 

+ 

4 

Gumbinnen .... 

8 

21 

25 

o—3 

— 

8 

Allenstein .... 

4 

22 

52 

- 1 — 2 

— 

13 

♦Danzig . . , . . 

1 

5 

6 

-f- 1 - 4* 5 

+ 

6 

Marienwerder . . . 

6 

36 

69 

+ 1+16 

+ 

16 

♦Posen . 

1 

1 

2 

+ 1+* 

+ 

2 

Bromberg .... 

2 

2 

2 

o o 


o 

♦Düsseldorf. . . . 

1 

1 

1 

+ 1+1 

+ 

1 

Aachen ..... 

2 

2 

4 

— 1 I — 4 


8 

Preußen zusammen 

31 

107 

185 

+ 1 + »5 | 


o 

Bayern: 







♦Oberbayern . . . 

9 

19 

36 

+ 9 +19 

+ 

36 

♦Niederbayern . . 

3 

3 

3 

+ 3+3 

+ 

3 

Schwaben .... 

6 

10 

27 

+ 2 + 2 

— 

9 

Württemberg: 







♦Neckarkreis . . . 

2 

2 ' 

3 

+ 2+2 

+ 

3 

♦Schwarzwaldkreis . 

1 

1 

1 

+ 1+1 

+ 

1 

Donaukreis .... 

2 1 

4 

7 

+ 1 + 3 ! 

+ 

6 

Elsaß-Lothringen: 







♦Unter-Elsaß . . . 

1 1 

1 

1 

+ 1 1 + 1 

+ 

1 

Zusammen 

55 | 

147 | 

263 

-f 20 | + 46 | 

+ 

41 


[Auf dem Schlachthof in Stuttgart ist die Seuche am 23. Januar 
erloschen ] 


Nahrungsmittelkunde. Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

(Fortsetzung in Nr. 7.) 

Vorstands-Sitzung 

des Vereins preußischer Schlachthoftierärzte 

zu Berlin, den 12. Januar. 

Zu der Sitzung hatten sich eingefunden: Die Herren Kollegen 
Goltz (Berlin), Colberg (Magdeburg), Kiihnau (Köln), Schräder 
(Brandenburg), Henschel (Oels) und Geldner (Burg). Brebeck 
(Bonn) und Dr. Heine (Duisburg) entschuldigt. 

Die Versammlung wurde von dem Vorsitzenden Herrn Goltz 
um 11 Uhr eröffnet. Als Grund zur Notwendigkeit der Anberaumung 










6. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


115 


der Vorstandssitzung führte der Vorsitzende an, daß der Entwurf 
zur Abänderung des Viehseuchengesetzes jetzt im Reichstag zur 
Beratung gelange und es darum unbedingt erforderlich sei, daß der 
Verein preußischer Schlachthoftierärzte von neuem zu diesem Ent¬ 
wurf Stellung nehme und seine Wünsche den gesetzgebenden 
Faktoren zur Kenntnis bringe. 

Der Schriftführer Herr Kollege Kühnau erstattete Bericht über 
die Geschäftserledigung der Vereinsangelegenheiten seit 
der letzten allgemeinen Versammlung. Die Beschlüsse der VI. all¬ 
gemeinen Vereinsversammlung sind zur Ausführung gebracht worden. 
Die Petition über die Anstellungsverhältnisse der Schlachthof- 
tierärzte ist außer den zuständigen Herren Ministern, den sämtlichen 
Herren Oberpräsidenten und den Regierungspräsidenten zugesandt 
worden. 

Von den Herren Oberpräsidenten der Rheinprovinz und West¬ 
falen, sowie den Herren Regierungspräsidenten zu Köln, Cassel, 
Aachen, Minden, Lüneburg und Schleswig sind weitere Druck¬ 
exemplare eingefordert worden, um Äußerungen der Verwaltungen 
der Städte zu den in der Eingabe niedergelegten Wünschen des 
Vereins der Schlachthoftierärzte einzuholen. 

Von dem Herrn Regierungspräsidenten zu Breslau ist auf die 
Eingabe die Antwort eingelaufen: „Daß der Verein schlesischer 
Schlachthoftierärzte bereits im Mai vorigen Jahres eine Petition 
ähnlichen Inhalts, wie die an den Herrn Minister gerichtete vor¬ 
gelegt hat. Diese Petition hat Veranlassung gegeben, bei den in 
Betracht kommenden Schlachthofgemeinden des dem Regierungs¬ 
präsidenten unterstehenden Bezirk eine Umfrage bezüglich der den 
Gegenstand der Petition bildenden Verhältnisse zu halten und die 
daselbst zum Ausdruck gebrachten Wünsche einer eingehenden 
Prüfung zu unterziehen. Die Prüfung hat ergeben, daß die be¬ 
rechtigten Wünsche der Petition im hiesigen Regierungsbezirk im 
großen und ganzen erfüllt sind.“ 

Nach einer Mitteilung des Herrn Kollegen Henschel in Öls 
sind im Breslauer Regierungsbezirk sämtlichen Schlachthoftierärzten 
obrigkeitliche Funktlon&n verliehen worden. 

Der Herr Oberpräsident der Provinz Schlesien hat von den 
Ausführungen der Eingabe mit Interesse Kenntnis genommen. Zur¬ 
zeit sieht er sich jedoch nicht in der Lage, denselben weiter Folge 
zu geben, da die Abstellung etwaiger Mißstände in erster Linie 
den Herren Regierungspräsidenten als der zuständigen Kommunal- 
aufsichts-Instanz obliegt, ihm aber Beschwerden aus der ihm unter¬ 
stellten Provinz, die ihn zu einem Eingreifen veranlassen könnten, 
bisher nicht zugegangen sind. Er stellt daher anheim, sich zu¬ 
nächst an die betreffenden Herren Regierungspräsidenten zu wenden. 

Der Regierungspräsident zu Lüneburg hat dem Verein die 
Antwort zukommen lassen, daß er die Eingabe mit Interesse gelesen 
und daraus Veranlassung genommen habe, den Magistraten der drei 
Schlachthausgemeinden des Bezirkes unter Übersendung je eines 
Exemplars der Petition nahezulegen,* die Anstellungs- und Be¬ 
soldungsverhältnisse der Schlachthausleiter einer erneuten Prüfung 
auf Grund der in der Petition gegebenen durchans sachlichen Dar¬ 
legung zu unterziehen. 

Der Herr Regierungspräsident zu Aurich ist in eine Prüfung 
der Anstellungsverhältnisse der Schlachthaustierärzte des Regierungs¬ 
bezirks eingetreten und veranlaßte, daß auf die Abstellung der 
hierbei hervortretenden Mängel unter tunlichster Berücksichtigung 
der zum Ausdruck gebrachten Wünsche hingewirkt werde 

Auch einzelne Gemeindeverwaltungen, wie Mühlhausen i. Th., 
Linnich uew. haben sich Druckexemplare der Eingabe kommen 
lassen. 

Im allgemeinen geht aus diesen Angaben hervor, daß der Ein¬ 
gabe des Vereins preußischer Schlachthoftierärzte die ihr ge¬ 
bührende Aufmerksamkeit durch die staatlichen Behörden zuteil ge¬ 
worden ist und ist zu wünschen, daß in gleicher Weise wie im 
Regierungsbezirk Breslau auch in den übrigen Regierungsbezirken 
eine Regelung der Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der Schlacht¬ 
hoftierärzte erfolgt. 

Die Petition der Vereins betreffend Einreihung der Maschinen¬ 
kunde in den Lehrplan der tierärztlichen Hochschulen ist ebenfalls 
den zuständigen Ministern zugesandt worden, außerdem dem Rektor 


der Berliner Tierärztlichen Hochschule und dem Direktor der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Hannover. Von dem Rektor der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Berlin, Herrn Professor Dr. Sch mal tz, ist 
eine Antwort eingegangen, in welcher er namens der tierärztlichen 
Hochschulen verbindlichst für die Zusendung der dem Herrn Minister 
überreichten Eingabe des Vereins, betr. gewisser Ergänzungen des 
Unterrichts in den tierärztlichen Hochschulen dankt, und mittcilt, 
daß er die Eingabe der Konferenz des Professoren-Kollegiums vor¬ 
legen und nicht verfehlen wird, die Bestrebungen des Vereins zu 
unterstützen, soweit dies nach den Beschlüssen der Konferenz 
möglich sein wird. 

In der nächsten allgemeinen Vereinsversammlung soll über die 
weiteren Ergebnisse der Erfolge der gemachten Eingaben berichtet 
werden. 

Über den Entwurf zur Abänderung des Viehseuchengesetzes 
berichtet der Vorsitzende Herr Kollege Goltz; nachdem eine ein¬ 
gehende allgemeine Besprechung des Entwurfes, an welcher sich 
die anwesenden Vorstandsmitglieder lebhaft beteiligten, stattgefunden 
hatte, wurden folgende Anträge zur Abänderung des Entwurfs zum 
Viehseuchengesetz angenommen: 

Zu § 2, Abs. 2, ist im zweiten Satze das Wort „dringende“ zu 
streichen. 

Hinter Abs. 2 ist folgender neuer Absatz einzuschalten: „Die 
gleichen Amtsverrichtungen sind den in den von den Gemeinden 
verwalteten öffentlichen Schlacht- und Viehhöfen auf Antrag der 
Gemeinde in dem von der Landesregierung festgesetzten Umfange 
mit der Ausübung der Fleischbeschau betrauten Gemeindetierärzten 
zu übertragen.“ 

Zu § 8, Abs. 2. Das Wort „und“ ist zu streichen und hinter 
„Verboten“ einzuschalten: „und ihre Aufhebung“. 

Zu § 9, Abs 3. Es wird folgender Wortlaut vorgeschlagen: 
„Zur unverzüglichen Anzeige sind, wenn die in Absatz 1 und 2 ge¬ 
nannten Personen nicht zugegen sind, ferner verpflichtet: 

1. der zugezogene Tierarzt, 

2. sonstige Personen, die sich mit der Ausübung der Tierheil¬ 
kunde oder mit der Kastrierung von Tieren beschäftigen, 

3. die Fleischbeschauer, einschließlich der Trichinenschauer, 

4. die das Schlächtergewerbe betreibenden Personen, 

5. die sich gewerbsmäßig mit der Bearbeitung, Verwertung oder 
Beseitigung geschlachteter, getöteter oder verendeter Tiere 
beschäftigenden Personen, wenn sie, bevor ein polizeiliches 
Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruch einer der 
Anzeigepflicht unterliegenden Seuche (§ 10), oder von Er¬ 
scheinungen, die den Ausbruch einer solchen Seuche be¬ 
fürchten lassen, Kenntnis erhalten. Die Verpflichtung der 
unter 1—5 genannten Personen tritt nur dann ein, wenn ein 
früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist. 

Zu § 10, Abs. 1, Ziffer 12. Von der Mehrheit der Anwesenden 
wird der Zusatz: „und es sich nicht um Schlachtvieh behandelt“, an¬ 
genommen. Eine Minderheit spricht sich dagegen aus. 

Zu § 16, AbB. 1. Der Zusatz: „auch ist der behandelnde Tier¬ 
arzt berechtigt, sowohl den Untersuchungen als auch den Zerlegungen 
der Tiere beizuwohnen“. 

Zu § 17, Abs. 1. Soll folgendermaßen geändert werden: „Zum 
Zwecke der Ermittelung und Bekämpfung der Tierseuchen sind 
alle usw.“ 

Zu § 17, Abs. 1, Ziffer 1. Die Worte: „amtstierärztliche oder“ 
sind zu streichen. 

Zu § 17 a, Ziffer 3. Der Wortlaut zu Ziffer 3 ist zu streichen 
weil sich die Beibringung von Ursprungs- und Gesundheitszeugnissen 
nirgends bewährt hat. 

Zu § 17 a, Ziffer 12. Es wird folgender neuer Wortlaut vor¬ 
geschlagen: 

„Überwachungen von Viehausstellungen, Viehmärkten und ge¬ 
werblichen Schlachtstätten, insbesondere auch bei Neuanlagen, 
räumliche Trennung der Viehhöfe von den Sehlachthöfen, sowie 
Anlegung getrennter Zu- und Abfuhrwege für Viehmärkte, Vieh- 
und Schlachthöfe.“ Die weiteren Bestimmungen sind zu streichen. 

Zu § 19, Abs. 1. Die Worte: „der für die Seuchen empfäng¬ 
lichen Tiere“ sind zu streichen. 

Zu § 19, Abs. 3. Der Wortlaut ist ganz zu streichen. 





116 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Zu § 20, Abs. 2. Anstatt „für die Seuche empfänglich“ ist zu 
sagen, „der Seuchengefahr ausgesetzten“. 

Zu § 52d ist am Schluß hinzuzufügen: „Der Zentrifugenschlamm 
ist zu beseitigen und unter keinen Umständen zu Viehfütterungs¬ 
zwecken zu verwenden“. 

Zn § 44a. Anstatt „für die Seuchen empfängliche“ ist zu 
sagen „verdächtig“. 

Zu § 55. Als zweiter Absatz ist der zweite Absatz des § 56 
des bestehenden Gesetzes wieder aufzunehmen: 

„Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur in dringenden 
Fällen angewendet werden“. 

Zu § 56, Abs. 1. Im ersten Absatz sind die Worte: „unter 
Aufsicht des beamteten Tierarztes in den dazu bestimmten Räumen“ 
umzuändern in „unter Aufsicht eines Tierarztes in den dazu be¬ 
stimmten Räumen“. 

Zu § 57, Ziffer 4. Hinter „Rinder“ ist einzuschalten: „Schafe, 
Ziegen“. 

Vor § 67b ist folgender neuer Paragraph einzuschalten: 

„Die Kosten der behördlichen Ermittelungen, der behördlich 
angeordneten amtstierärztlichen oder polizeilichen Untersuchungen, 
Beobachtungen und Überwachungen der Tötung nnd Zerlegung der 
Tiere sind aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten.“ 

Zu § 67 c. Der zweite Absatz ist zu streichen. 

Diese Anträge des Vereins sollen eingehend begründet und den 
zuständigen Behörden und der Kommission, welche für die Beratung 
des Viehseuchengeeotzes niedergesetzt wird, eingereicht werden. 

Von Herrn Kollegen Kßhnau wird ein Fall zur Sprache ge¬ 
bracht, wo dem Schlachthoftierarzt der Kreistierarzt als Gegen¬ 


gutachter gegenübergestellt ist. In der betreffenden Regierungs¬ 
verfügung ist gesagt, daß das Gutachten des Kreistierarztes bei 
der Entscheidung zur Grundlage genommen werden soll. Allgemein 
sind die Vorstandsmitglieder des Vereins der Ansicht, daß das 
kreistierärztliche Gutachten immer nur als Gegengutachten an¬ 
zusehen ist, und daß es sich für Schlachthofdirektoren empfehlen 
würde, in allen diesen Fällen auf die Einholung eines Ober¬ 
gutachtens durch den Departementstierarzt zu dringen. 

Bezüglich der Lieferung der Separatabzüge der General¬ 
versammlung für die Mitglieder des Vereins wird beschlossen, von 
der Fachzeitschrift, w r elche den Bericht veröffentlicht, eine der 
Anzahl der Mitglieder entsprechende Zahl von Separatabzügen 
kostenlos einzufordern. Weiter eingeforderte Separatabzüge können 
von der Fachzeitschrift in Rechnung gestellt werden. 

Es wird weiter beschlossen, die VII. allgemeine Vereins¬ 
versammlung am 20. und 21. Juni 1908 zu Berlin abzuhalten und 
zwar mit folgender Tagesordnung: 

1. Geschäftliches, Neuwahlen. 

2. Bericht über den Erfolg der Eingaben des Vereins. 

3. Verwertung der Schlachtabfälle und Trichinenschauproben. 

4. Die Anwendbarkeit der verschiedenen Kraftquellen für die 
Schlacht- und Viehhofbetriebe. 

5. Bericht über die Beratungen des Viehseuchengesetzes. 

6. Mitteilungen aus der Praxis. 

Am Tage vor der Versammlung soll die neue Tierkörper-Ver- 
nichtungsanßtalt in Rüdnitz bei Bernau besichtigt werden. 

Berlin, den 12. Januar 1908. 

I. A.: M. Kühn au, Schriftführer. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Korpsstabsveterinär 
August Qualitz beim Generalkommando des X. Armeekorps der 
Rote Adlerorden vierter Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Die Tierärzte 
Emmerich Waller aus Kaltenbrunn zum Assistenten am Pathol. 
Institut der Tierärztl. Hochschule in München. — Veterinär¬ 
beamte: Wilhelm Pschorr- Bad Tölz wurde mit der Führung der 
Bezirks- und grenztierärztlichen Geschäfte betraut, Distriktstierarzt 
Dö«/-Herzogenaurach zum Tierzuchtinspektor für den Zuchtverband 
für gelbes Frankenvieh, Abt. Oberfranken, mit dem Sitze in Bam¬ 
berg, Tierzuchtinspektor Dr. Joseph Spann - Immenstadt zum Tier¬ 
zuchtinspektor für die Allgäuer Herdbuchgesellschaft mit dem Sitz 
in Immenstadt, Amtstierarzt Dr. Hornickel , zurzeit Prosektor an der 
Tierärztlichen Hochschule-Dresden, zum Stadttierarzt in Chemnitz. — 
Schlachthofverwaltung: Emst Haas- Altenheim zum Schlachthof- 
direktor in Offenburg (Baden). — Versetzt: Distriktstierarzt 
Dr. Hans Regn -Burghaslach in gleicher Eigenschaft nach Volkach 
(Unterfr.). 

Niederlassungen: Tierarzt Heinrich Bomhard- Frankenhausen in 
Bechhofen (Mittelfr.). 

Examina: Promoviert: Stabsveterinär Weitxig im Drag.-Regt. 
Nr. 26 in Stuttgart zum Dr. med. vet. in Gießen; Oberamtstierarzt 
Reinhold F. Meyer- Geislingen [Steigei] (Württ.) zum Dr. med. vet. 
in Bern. — Approbiert: Herr Karl Schmidt aus Ansbach in München. 

Todesfälle: Kgl. Bezirkstierarzt Joseph Fischer in Tölz; Ober- 
veterinär a. D. Max Schümm in Naumburg a. S. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstelle: Reg.-Bez. Potsdam: Jüterbog-Lucken¬ 
wal de: mit Wohnsitz in Jüterbog. Bewerb, bis 22. Februar a. d. 
Regierungspräsidenten. 

Bezirkstierarztstelle : Gotha: Stadt- und Landratsamtsbezirk 
Ohrdruf: Bewerb, bis 5. Februar a. d. Herzoglich Sächsische 
Staatsministerium. 


Schlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Bochum: I. und 

II. Schlachthoftierarzt möglichst bald. Anfangsgehalt 3000 M. bzw. 
2400 M., freie möbl. Wohnung usw. Bewerbungen umgehend an 
den Magistrat. — Bremen: IV. Tierarzt zum 1. April. Gehalt 
2400 M. bis 3900 M Bewerb, an den I. Tierarzt für den Schlacht 
hof. — Essen: Tierarzt zum 1. April. Gehalt 2900 - 4700 M. Bewerb, 
bis 10 Februar a. d. Oberbürgermeister. — Frankfurt a. M-: Tier¬ 
arzt alsbald. Gehalt 2500 M. Bewerb, bis 1. Februar a. d. Direktion 
des städt. Schlacht-und Viehhofes. — Gelsenkirchen: Assistenz- 
tierarzt zum 1. April 1908. Anfangsgehalt 2700 M. Bewerb, an 
den Oberbürgermeister. — Görlitz: II. Tierarzt zum 1. April. Ge¬ 
halt 240—380 M. Bewerbungen bis 15. Februar an den Magistrat. 
— Harburg a. Elbe: Assistenztierarzt sofort. Gehalt 2400 M. bis 
3600 M. Privatpraxis nicht gestattet. Bewerb, umgehend a. d. 
Magistrat. — Kattowitz: Schlachthofdirektor. Gehalt 3600 M. bis 
4800 M., freie Dienstwohnung usw. Privatpraxis ausgeschlossen. 
Bewerbungen bis 15. Februar an den Magistrat. — Königsberg i. Pr.: 
Zwei Tierärzte sofort Gehalt 2800 M., nach Anstellung steigend 
bis 4400 M. Bewerb, bis 1. Februar an die Direktion des städtischen 
Schlacht- und Viehhofes. — Bad Kreuznach: Assistenztierarzt 
zum 1. April. Gehalt 2400 M. Bewerb, a. d. Direktion des städt 
Schlachthofes. - Landsberg a. W.: Assistenztierarzt zum 1. April 
1908. Gehalt 2400 M. Privatpraxis nicht gestattet. Bewerb, baldigst 
a. d. Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Bit¬ 
burg: Tierarzt. 1600 M. — Freienwalde: Tierarzt — Husum: 
Trichinenschauer. 1300 M. und 200 M. Wohnungsgeld. — Liegnitz: 
Assistenztierarzt. 2400 M. — Lippstadt: Verwalter. 2500 M. bis 
4000 M. — Osnabrück: II. Assistenztierarzt. 2100M. — Prttm(Rhld.): 
Verwalter (Tierarzt). 1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — 
Pyritz: Schlachthofdirektor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus 
(Bez. Frankfurt a. 0.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: 

III. Tierarzt bei der Auslandfleischbeschaustelle. 2400 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: a)Neu 
ausgeschrieben: Steinau (O.-S. Bez. Oppeln): Tierarzt Aus¬ 
kunft erteilt der Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Brilon 
(Westfalen). — Kemberg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Huns¬ 
rück. — Langelsheim (Herzogt. Braunschweig). 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schootz in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 








Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich lm Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wtlhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 PL für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk., ln Petitsats mit 
60 Mk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierirst« 
liebe Hochschule, NW., LuisenstraSe 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an d*e 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion*. 


De Bruin 

Glage 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Vetcrinärrat Dr. Lothes Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Professor 

Professor 

Departementstierarzt 

KreUlierarzt 

Departementarierarzt 

Departementstierarxt 

Utrecht. 

Hamborg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Boeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündet 

Professor 

Professor 

Professor 

Professor 

Lamlestleraret v Bayern 

Kreist ierarxt 

Dresden. 

Dresden. 

Freiburg i. Br. 

Dresden. 

M uneben. 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. J|& 7 . Ausgegeben am 13. Februar. 


Inhalt: Koops: Vorläufige Mitteilung über die Möglichkeit, das Pferd zur Lieferung eines Immunserums gegen 
Schweinepest heranauziehen. — Zeh!: Das Festliegen der Kühe nach der Geburt. — Referate: Roschig: Kom¬ 
plizierte ausgedehnte Lappentransplantation am Karpalgelenk des Pferdes. — Dedjulin: Versuche zum Nachweis des Erregers 
der Schweinepest mit Hilfe der Methode der Kompiementbildung. — Opalka: Beitrag znm Nachweis von Rotlaufbazillen in 
faulenden Organen. — Lindner: Biologische Studien über parasitische Protozoen. — Trattner: Desinfektion mit Kalk. — 
P6cus: über die Hyperostose der Phalangen infolge von Nageltritt. — Lyding: Zur Kenntnis der Arteriosklerose bei Haus¬ 
tieren. — Tagesgeschichte: Krueger: Die Reichstagskommission für das Tierseuchengesetz. — Eingabe deB Verbandes der 
Privattierärzte betr. das Viehseuchengesetz. — Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins der beamteten Tierärzte 
Preußens. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche im Jahre 1907. — Die 
Schweineseuche im Jahre 1907. — Verschiedenes. — Nahnmgsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Gützlaff: Die Not¬ 
schlachtungen mit Bezug auf die Fleischvergiftungen. — Breuer: Über die Notwendigkeit separater Arbeite- und Unter- 
suebungsräume im Schlachthofe. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Vorläufige Mitteilung Uber die Möglichkeit, das Pferd 
zur Lieferung eines Immunserums gegen Schweine¬ 
pest heranzuziehen. 

Von W. Klops, wissenschaftlichem Hilfsarbeiter am Hygienischen 
Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 

Die Gewinnung eines Schutzserums gegen Schweinepest von 
Schweinen stößt auf Schwierigkeiten, die eine Herstellung und 
Verwendung desselben in großem Maßstabe kanm erhoffen 
lassen. 

Uhlenhuth, Ostertag und Stadie glaubten im Pferd 
einen besseren Serumlieferanten gefunden zu haben. 

Der Versuch war erfolglos. 

Man war darauf angewiesen, znm Hochtreiben der Pferde 
das pestvirnshaltige Schweineblut resp. Serum zu benutzen. 
Bereits nach mehreren, verhältnismäßig kleinen Injektionen 
stellten sich Erscheinungen der Anaphylaxie beim Pferd ein. 
Ein Hochtreiben derselben war ausgeschlossen. 

Der Präcipitin- und Hämolysingehalt des auf solche Weise 
hergestellten Serums hätte außerdem seine Verwendbarkeit in 
Frage gezogen. 

Es galt daher znm Hochtreiben der Pferde dem pestvirus¬ 
haltigen Blute Eiweißstoffe und rote Blutkörperchen zu entziehen, 
ohne das Virus in seiner Virulenz zu schädigen und so allen 
drei entgegenstehenden Faktoren der Überempfindlichkeit der 
Präcipitin- und Hämolysinbildung zu begegnen. 

Es ist gelangen, ein Fällungsmittel in Anwendung zu 
bringen, das diesen Anforderungen ganz entspricht. 

Vergleichende Impfversuche an Ferkeln beweisen, daß das 
Virus durch das Verfahren in keiner Weise alteriert wird. 

Die Unschädlichkeit des Fällungsmittels wurde durch große 
intravenöse Injektionen des Filtrates an Pferden dargetan. 


Der Verwendung des Pferdes zur Lieferung eines Immun- 
serums gegen Schweinepest steht daher nichts mehr im Wege. 
Es bleibt abzuwarten, ob das Pferd ein hochwertiges Serum zu 
liefern imstande sein wird. 


Das Festliegen der Kühe nach der Geburt. 

Von Tierarzt Dr. A. Zehl-Trebbin. 

Der Kollektivbezeichnung „Festliegen“ wird eine größere 
Anzahl Krankheiten ganz verschiedenen Ursprunges subsnmmiert, 
denen klinisch als charakteristisches Symptom allein das Unver¬ 
mögen der Tiere, sich vom Boden zn erheben, gemeinsam ist. 
Herkömmlich wird zwischen dem Festliegen der Kühe vor der 
Geburt und nach derselben unterschieden, und besonders die 
letztgenannte Form der Krankheit ist bislang trotz ihres häufigen 
Vorkommens in der Literatur recht stiefmütterlich behandelt 
und vielfach nur ganz nebenher differentialdiagnostisch bei der 
Septicaemia puerperalis vor oder bei der Gebärparese erwähnt 
worden. Erst in jüngster Zeit wird dem Leiden wieder etwas 
mehr Aufmerksamkeit geschenkt, doch gehen die Ansichten der 
einzelnen Autoren üder Ätiologie, pathologisch-anatomischen 
Befand und Therapie desselben auch heute noch auseinander 
so daß es vielleicht nicht ganz ohne Interesse ist, wenn ich 
meine, diese Krankheit betreffenden Beobachtungen mitteile. 

Harms glaubt die Ursache znm Festliegen der Kühe nach 
der Geburt in einer Quetschung der Kreuzbeinnerven infolge 
erschwerten Kalbens suchen zn müssen, nnd Franck nimmt 
eine Reflexlähmnng des Hinterteils, die von der gequetschten 
Cervix uteri ausgeht, an. Hingegen gibt St Cyr einer Er¬ 
krankung der Hufgelenke nach schwerer Geburt schuld, und 
ähnlicher Ansicht ist nenerdings Tempel, der das sog. „Fest¬ 
liegen“ als eine Gelenkerkranknng vom Sprunggelenk abwärts 
| und besonders auch dieses Gelenks anffaßt. Sind die Lähmungs- 
I erscheinungen nach leichter Geburt aufgetreten, so erachten die 









118 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


schon genannten St. Cyr nnd Violet eine Rückenmarkskongestion 
für vorliegend, nnd auch Trasbot urteilt ähnlich, daß in solchen 
Fällen eine Erregung des Rückenmarks, verursacht durch die 
lebhafte Tätigkeit aller Muskeln nach der Geburt, statt hat. 

Nach Friedberger und Fröhner bildet sich das sog. 
Festliegen infolge Zerrung oder Kontusionen des Kreuzbein¬ 
geflechts und anderer Nerven aus, indes Dieckerhoff den 
Grund zur Krankheit in einer allgemeinen Muskelschwäche oder 
in einer beim Gebärakt stattgefundenen, überstarken Dehnung 
der Muskelbinden des Kreuzes oder in einer Ruptur des unteren 
Kreuzdarmbeinbandes einer bzw. beider Seiten sieht. 

Unterscheiden alle bisher genannten Autoren nicht immer 
streng zwischen Festliegen nach leichter und Festliegen nach 
schwerer Geburt, so trennt Tapken scharf beide Arten der 
Erkrankung und hält die Quetschung verschiedener Becken¬ 
nerven nach schwerer Geburt für das ursächliche Moment des 
Lähmungszustandes, vermag aber keine Gründe für das „Fest¬ 
liegen“ nach leichter Geburt beizubringen. Jedoch hebt derselbe 
hervor, daß diese Form der Krankheit nur bei wohlgenährten 
Kühen, nie bei Färsen, vorzugsweise im Spätwinter und Frühling, 
niemals während des Weideganges vorkomme. 

Ohler berichtet, daß nach seinen Erfahrungen das Fest¬ 
liegen vor und nach der Geburt öfter durch Fremdkörper als 
durch andere Ursachen bedingt werde, hingegen macht als erster 
Heß darauf aufmerksam, daß das „komplikationsfreie Festliegen“, 
wie er das Festliegen nach leichter Geburt genannt hat, ein 
leichterer Grad der Gebärparese sei. Die Krankheit entstehe 
nach einer geringgradigen, aseptisch verlaufenden, einfachen 
Quetschung der Geburtswege speziell der Cervix Uteri. Des¬ 
gleichen gelangt Albrecht auf Grund der mit der Luftinfusion 
ins Euter erzielten günstigen Resultate zu dem Schlüsse, daß 
wahrscheinlich Gebärpärese und komplikationsfreies Festliegen 
nur graduell verschiedene Leiden seien. Doch läßt es dieser 
Autor unentschieden, ob eine von Heß angenommene Wund¬ 
infektion oder eine Autointoxikation (Schmidt) die Grundlage 
für die Lähmungszustände schaffe. Jedenfalls beeinflussen die 
ursächlichen Momente beim sog. Festliegen das Nervensystem 
speziell die Gehirnhemisphären geringer als bei der mit Bewußt¬ 
losigkeit und Lähmung einhergehenden Gebärparese. Die guten 
Erfolge der Lufttherapie bestätigen auch Reinbold, Rabus, 
Böhme u. a., ohne aber auf die Ätiologie der Krankheit des 
näheren einzugehen. 

Das Festliegen der Kühe wird zweckmäßig in ein solches 
nach schwerer und nach leichter Geburt geschieden. Denn wenn 
auch beide Krankheitsformen die charakteristischen Lähmungs¬ 
zustände gemeinsam haben, und wenn auch bei beiden in Ab¬ 
wesenheit von Komplikationen der übrige Befund nach der 
klinischen und pathologisch - anatomischen Seite gewöhnlich 
negativ ausfällt, so sind dieselben doch durch den Vorbericht, 
die Ursachen, die zwischen der Geburt und Ausbruch der Krank¬ 
heit verfließende, verschieden lange Zeit und endlich durch den 
Verlauf genügend auseinander zu kennen und dürfen nicht, wie 
es vielfach geschieht, zusammengeworfen werden, zumal eine 
jede von ihnen prognostisch anders zu beurteilen ist und eine 
andere Therapie erforderlich macht. Wegen des ungefähr gleich 
häufigen Vorkommens beider Erkrankungsarten halte ich es aber 
andererseits auch nicht für angängig, die eine oder die andere 
nur differentialdignostisch nebenher abzuhandeln, sondern beide 
können gleiches Recht für sich in Anspruch nehmen. 


Daß Festliegen nach schwerer Geburt, falls dieser Name 
konserviert werden soll, betrifft Kühe von jedem Alter und Nähr¬ 
zustand und bildet sich aus, wenn stärkere Zugkraft, besonders 
in falscher Zugrichtung, zur Entwicklung des Kalbes Verwendung 
findet. Solche Schwergeburten ergeben sich beim jugendlichen, 
zu engen Becken, bei absolut zu großen Kälbern (Doppellendern), 
beim forcierten Ausziehen der Foeten in abnormen Lagen (mit 
verschlagenem Kopf, mit einem untergeschlagenen oder im 
Karpalgelenk gebeugten Vorderschenkel u. a. m.) bei der Extrak¬ 
tion von Mißgeburten, endlich bei zu früher Geburtshilfe, bevor 
die Geschlechtswege gehörig vorbereitet und geweitet sind. Als 
erschwerendes Moment kommt, wie schon erwähnt, der Umstand 
hinzu, daß der Laiengeburtshelfer fast stets in falscher Richtung 
am Kalbe ziehen läßt, d. h. daß im Winkel zur Beckenaclise 
bei der stehenden Kuh abwärts, bei der liegenden aufwärts 
gezogen wird. Dieser Fehler kann nicht wundernehmen, wenn 
man die Art der benutzten Anschleifmittel: Karrenhilfen, Trage¬ 
bänder, Strickenden usw. betrachtet. Alle sind gewöhnlich so 
kurz, daß, nachdem sie am Schenkel des Kalbes befestigt sind, 
ein Ziehen in der Richtung der Beckenachse der gebärenden 
Kuh zur Unmöglichkeit wird. Daß dann bei so geleisteter 
Geburtshilfe eine Quetschung der Beckennerven erfolgen muß, 
dürfte einleuchtend sein. Doch nicht nur die Beckennerven, 
sondern fast die gesamte Muskulatur besonders die Rücken- und 
Lendenmuskeln werden vielfach in Mitleidenschaft gezogen. 
Dies muß notwendig der Fall sein, wenn die Kuh, wie ich des 
öfteren gesehen bzw. auf meine darauf bezügliche Frage gehört 
habe, am Kalb wiederholt durch den Stall geschleift wird, oder 
wenn dieselbe, mittelst Strickes oder Kette an der Krippe be¬ 
festigt, durch ein Dutzend kräftige Männer, die an dem wie 
festgekeilt sitzenden Kalbe tätig sind, immer wieder förmlich in 
die Länge gezogen wird. Ist endlich das Kalb zur Welt ge¬ 
bracht worden, so sind die völlig erschöpften und in Schweiß 
gebadeten Muttertiere gelähmt, sie „liegen fest“. Bei derart 
mißhandelten Patienten läßt sich auch immer eine auffallende 
Empfindlichkeit der Lenden- und Rückenmuskeln durch Palpation 
nachweisen. Somit definiere ich das sog. Festliegen der Kühe 
nach schwerer Geburt als eine akut oder chronisch verlaufende 
Krankheit, die infolge Quetschung verschiedener Beckennerven 
und Zerrung bzw. Überdehnung von Muskeln, speziell der Rücken- 
und Lendenmuskeln nach erschwerter Geburt entsteht und durch 
eine mehr oder weniger vollständige Lähmung der Nachhand 
gekennzeichnet ist. 

Der Sektionsbefund fällt vielfach negativ aus und vermag 
uns also keine Aufklärung über die Ursache zur Lähmung zu 
geben. Insbesondere finden sich auch an Vulva, Vagina, Cervix, 
Uterus nur die nach jeder Geburt auftretenden Veränderungen, 
und der Involutionsprozeß an letzterem ist der seit der Geburt 
vergangenen Zeit angemessen vorgeschritten. In anderen 
schwereren Fällen zeigen die Rücken- und Lendenmuskeln, 
seltener die Kruppenmuskeln ödematöse Infiltration des Muskel¬ 
bindegewebes und multiple Hämorrhagien. Sind zugleich Ver¬ 
letzungen der Geburtswege vorhanden gewesen, so beobachtet 
man die pathologischen Abweichungen, die die einfacheren oder 
schwereren Entzündungsprozesse der Scheide [von leichten 
Katarrhen bis zu tödlichen septischen Prozessen, Abszessen im 
paravaginalen Bindegewebe, septischer Peritonitis] charakteri¬ 
sieren. Oder in dritten Fällen lassen sich bei der Obduktion 
die Erscheinungen verschiedener Folgekrankheiten des sog. 



13. Februar 19U8. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Festliegens konstatieren: Seröse Entzündung: der HUft- und 
Sprunggelenke, die pathologischen Kennzeichen des Dekubitus 
und der Kachexie. 

Die ersten Symptome des „Festliegens“ werden entweder 
im Anschluß an den Geburtsakt bemerkt, d. h. die Tiere stehen 
nach demselben nicht mehr auf oder aber die Patienten sind 
wieder aufgewesen, und der Lähmungszustand tritt erst einige 
Stunden bis längstens einen halben Tag post partum ein. Ab¬ 
gesehen yom ständigen Liegen verhalten sich die Kühe wie 
gesunde, sie sind fieberlos und bei vollem Appetit, das Euter 
ist voll Milch. Die einen sind imstande, sich ohne Hilfe von 
der rechten auf die linke Seite und umgekehrt herumzuwenden, 
andere vermögen dies dagegen nicht. Die Dauer dieser leichteren 
Form des „Festliegens“ bemißt sich meist auf 24—72 Stunden, 
doch verzögert sich die Besserung bzw. die Heilung des öfteren 
auf 8—14 Tage, in selteneren Fällen bis auf 6 Wochen. Auch 
bei schneller Genesung bleibt gern eine Zeitlang noch ein 
Schwächezustand in der Nachhand zurück, der sich in über- 
kötender Fesselstellung eines oder beider Hinterfüße oder durch 
Schwanken und eventuell Zusammenbrechen im Hinterteil kund¬ 
gibt. Bei wochenlangem Liegen nehmen die Patienten, worauf 
schon Tapken hinweist, eine eigentümliche Haltung der Hinter¬ 
extremitäten an. Dieselben werden nicht mehr in allen Gelenken 
gebeugt an den Leib gezogen, sondern gerade ausgestreckt nach 
vorn gehalten, so daß die Klauen am Ellenbogen liegen. Durch 
die Streckung der Hinterbeine suchen die Kühe der durch die 
andauernde Beugestellung hervorgerufenen Ermüdung und 
Schmerzhaftigkeit der Gelenke und Muskeln entgegenzuwirken. 
Nach dem Verschwinden des Lähmungszustandes bleibt eine 
auffallende, „mähende“ Bewegung der Hinterfüße beim Herum¬ 
oder Vorwärtstreten der Tiere zurück. Die Gelenke werden 
hierbei nur wenig gebeugt, und der Fuß wird aus dem Hüft¬ 
gelenk im Bogen steif herumgeführt. 

Wird während des „Festliegens“ die Futteraufnahme all¬ 
mählich schlechter, so gehen die Patienten nach Wochen 
kachektisch zugrunde, falls sie sich nicht früher schon durch¬ 
gelegen haben und an den Folgen des Dekubitus verendet sind. 

Ist bei der Geburt außerdem eine Scheidenverletzung, die 
oberflächlich, tief oder perforierend sein kann, entstanden, so 
sind entweder die entsprechenden lokalen Erscheinungen vor¬ 
handen, oder aber neben denselben machen sich Störungen im 
Allgemeinbefinden bemerkbar. Der Puls ist beschleunigt und 
80- bis 90 mal in der Minute fühlbar, die Atmung wird an¬ 
gestrengt und geschieht 40 mal in derselben Zeit, die Temperatur 
steigt auf 40,5° und darüber. Der Appetit ist vermindert oder 
ganz aufgehoben, die Milchsekretion läßt auffallend nach. Meist 
ist auch in solchen komplizierten Fällen die Haltung des gelähmt 
liegenden Tieres normal, nur bei schweren Scheidenverletzungen 
liegen manche Patienten flach auf der Seite und stöhnen laut. 
Sine Behandlung der letztgenannten Kranken ist gewöhnlich 
aussichtslos, da dieselben schnell an Septikämie eingehen. Die 
Erkrankung der Geschlechtsteile erfordert zur Abheilung oft 
noch längere Zeit, nachdem die Lähmungserscheinungen schon 
verschwunden sind, und Scheidenausfluß besteht häufig monate¬ 
lang. In anderen auch anfangs leichten Fällen gesellt sich, 
besonders wenn der Pflege und dem Lager des Tieres nicht die 
nötige Sorgfalt gewidmet wird, zu der Krankheit Dekubitus, 
der den ungünstigen Ausgang beschleunigt. 

Nach diesen Ausführungen gestaltet sich die Vorhersage 


119 


nur dann günstig, wenn die Kühe keine Verletzungen der 
Geburtswege haben und sich allein von einer Seite auf die 
andere zu drehen vermögen. Doch sind Fälle, in denen dies 
nicht wahrzunehmen ist, die Tiere aber bei gutem Appetit sind, 
trotz wochenlangen Liegens nicht als aussichtslos zu bezeichnen. 
Als günstiges Symptom ist es immer zu deuten, falls anfangs 
völlig gelähmte Tiere sich wieder ohne Hilfe umzuwenden im¬ 
stande sind bzw. Aufstehversuche machen. Zweifelhaft sind 
hingegen alle Erkrankungen zu beurteilen, die mit einer Ver¬ 
wundung der Geschlechtswege kompliziert sind, denn alle z. Z. 
der Geburt entstehenden Verletzungen sind von vornherein viel 
ungünstiger zu taxieren als solche, die anderweitig gesetzt sind. 
Zu diesem Zeitpunkt sind die Beckenorgane besonders qualifiziert 
für die Aufnahme septischer Stoffe, und die Gelegenheit hierzu 
ist reichlich sowohl durch unreine Hände, Stricke usw. gegeben, 
als auch bieten Quetschwunden an und für sich die Gefahr der 
Infektion. 

Perforierende Scheidenwunden müssen natürlich prognostisch 
weit ungünstiger eingeschätzt werden, als nicht perforierende. 
Schlecht wird immer die Vorhersage, wenn Patienten, die zu 
Beginn der Krankheit noch nicht völlig gelähmt waren, sich im 
Verlaufe derselben nicht mehr ohne Hilfe von einer Seite auf 
die andere legen können. 

Differentialdiagnostisch kommt eine große Anzahl von Er¬ 
krankungen in Frage. Vor allen Dingen das sog. Festliegen 
nach leichter Geburt, das uns später noch zu beschäftigen hat. 
Zur Unterscheidung der beiden Arten des „Festliegens“ dient, 
falls Verletzungen der Scheide fehlen, einmal der Vorbericht, ob 
die Kuh leicht oder schwer gekalbt hat, zweitens ist das Alter 
des Patienten von Bedeutung, da Erstgebärende nie am „Fest¬ 
liegen nach leichter Geburt“ erkranken, des weiteren ist der 
zwischen Geburtsakt und Ausbruch des Leidens liegende Zeit¬ 
raum in Betracht zu ziehen. Nach schwerer Geburt verfließt 
nur kurze Zeit (höchstens ein halber Tag), oder die Lähmung 
kommt direkt im Anschluß an das Abkalben zustande, das 
„komplikationsfreie Festliegen“ (Heß) gebraucht aber zu seiner 
Entwicklung mindestens 12 Stunden, durchschnittlich 24 Stunden 
post partum. Schließlich würde der Erfolg oder Nichterfolg der 
Luftbehandlung für die Feststellung der Art der Erkrankung 
ausschlaggebend sein, da das Festliegen nach schwerer Geburt, 
wie es in dem Wesen des Leidens begründet ist, durch diese 
Therapie nicht zu beeinflussen ist. Ferner können folgende 
Krankheiten mit dem „Festliegen“ verweohselt werden: Gebär¬ 
parese, puerperale Septikämie, Muskel- und Gelenkrheumatismus, 
allgemeine Mnskelschwache, Ruptur der Kreuzdarmbeinbänder, 
Muskelzerreißungen, Erkrankungen der Hüft- und Sprunggelenke, 
traumatische Peritonitis, parenchymatöse und septische Mastitis, 
Gehirn- und Rückenmarkskrankheiten, Beckenbrüche, Verletzungen 
der Wirbelsäule, Tuberkulose, Verblutung usw. 

Die Behandlung des vorwürfigen Leidens macht vor allen 
Dingen gute Lagerung und Verpflegung des Patienten er¬ 
forderlich. Der Stand des Tieres muß genügend Raum bieten, 
daß dasselbe sich leicht von einer Seite auf die andere umlegen 
oder, falls es allein dazu nicht imstande ist, zweimal täglich 
umgewendet werden kann. Nach zwei- bis dreitägigem Liegen 
sind sachgemäße Aufstehversuche mit dem Patienten vorzu¬ 
nehmen, wobei zu beachten ist, daß manche Tiere die Muskeln 
des einen Hinterfußes beim Abheben der Nachhand vom Boden 
besser zu gebrauchen vermögen als die des anderen. Dem 



120 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


entsprechend muß die kräftigere Extremität unterliegen, wenn 
die Kühe in die Höhe gebracht werden sollen. 

Neben den mehrmals täglich auszuführenden Aufsteh¬ 
versuchen und dem öfteren Ausmelken des Euters finden haut¬ 
reizende Einreibungen auf dem Rücken und Kruppe, Schwitz¬ 
umschläge, der elektrische Strom Verwendung. Auch subkutane 
Injektionen von Koffein, Veratrin und Pilocarpin werden emp- 
pfohlen. Bei eintretender Appetitlosigkeit werden Salzsäure 
oder Bittermittel mit Glaubersalz verordnet. Die Luftinfusion 
dagegen versagt bei dieser Krankheit, wie ich schon früher er¬ 
wähnt habe, vollkommen, und die damit angeblich erzielten 
Heilerfolge beziehen sich nicht auf das Festliegen nach schwerer 
Geburt, sondern auf das „komplikationsfreie Festliegen“, die 
beide des öfteren mit einander verwechselt werden. Die durch 
Quetschung bzw. Verwundung der Scheidenwandung entstandenen 
Komplikationen sind natürlich nach den Regeln der Antiseptik 
sorgfältig zu behandeln. Hervorheben will ich hier, daß drei¬ 
prozentige Perhydrollösungen vorzügliche Dienste leisten, des¬ 
gleichen ist das Jodoformvasogen indiziert, wenn nicht die 
Verletzungen perforierend sind. In diesem Falle dürfen selbst¬ 
verständlich keine Ausspülungen gemacht werden, weil sonst die 
desinfizierende Flüssigkeit in die Bauchhöhle fließen würde, 
sondern die Wunde wird mit einem in das Desinfiziens 
getauchten und ausgedrückten Wattebausch gereinigt. Das 
Vernähen der Scheidenwunden, sofern dies überhaupt durch die 
Lage derselben ermöglicht wird, erweist sich selten erfolgreich. 

Im Gegensätze zu der Lähmung nach schwerer Geburt 
entsteht das Festliegen nach leichter Geburt oder das „kom¬ 
plikationsfreie Festliegen“, wie Heß die Krankheit genannt hat, 
gewöhnlich erst 24—48 Stunden post partum. In einigen 
Fällen werden schon nach zwölf Stunden, in anderen erst nach 
72 Stunden die Krankheitssymptome augenfällig. Einem früheren 
bzw. späteren Termin der Erkrankung habe ich zu beobachten 
bisher keine Gelegenheit gehabt. Die Krankheit befällt nie 
Erstgebärende, sondern Kühe im Alter von 5—7 Jahren, die 
sich in gutem NährzuBtande befinden und viel Milch produzieren. 
Die Geburt ist immer leicht und ohne Hilfe vonstatten 
gegangen. Am häufigsten sieht man das Leiden im Frühjahr. 
Die Ursache zu dieser Form des Festliegens ist erst in jüngster 
Zeit von Prof. Heß aufgeklärt worden, nachdem man bis dahin 
eine Rückenmarkskongestion bzw. -Erregung für vorliegend an¬ 
genommen hatte. Den Folgerungen dieses Forschers schließe 
ich mich in so weit an, als auch ich auf Grund der von mir mit 
der Lufttherapie erzielten, günstigen Resultate, des klinischen 
Verlaufs der Krankheit speziell des öfteren Übergangs derselben 
in die Gebärparese sowie des pathologisch-anatomischen Befundes 
annehme, daß das sogenannte komplikationsfreie Festliegen und die 
Gebärparese identisch und nur graduell verschiedene Leiden sind. 

Deshalb schlage ich als treffendere Benennung der Krankheit 
„leichte Form der Gebärparese“ vor. Dem von Heß kreierten 
Namen kann ich nicht beipflichten, weil sich auch diese Form 
des Festliegens, wie ich noch später dartun will, komplizieren 
kann, so daß dann das Epitheton „komplikationsfrei“ nicht mehr 
am Platze ist! 

Wir können demnach folgende Formen der Gebärparese 
unterscheiden: 

a. eine subakute Form, bei der die Lähmungserscheinungen 
fehlen bzw. ganz geringgradig sind, und bei der die Verdauungs¬ 
störung und das Benommensein in den Vordergrund treten. 


b. eine leichte Form, bei der nur der Lähmungszustand 
vorhanden ist. 

c. die eigentliche Gebärparese, bei der die sub a und b 
genannten Symptome vereinigt auftreten. 

Die subakute sowohl wie die leichte Form können, wenn 
dieselben nicht durch Luftinfusion behandelt werden, zu jeder 
Zeit in die Gebärparese übergehen. 

Zur Aufnahme eines Sektionsbefundes wird der Tierarzt 
wegen des schnellen und meist günstigen Verlaufs der Krankheit 
nur selten kommen. Ich habe in fünf Fällen die Obduktion 
derart erkrankter Kühe vornehmen können. Zwei derselben 
waren wegen Oberschenkelfraktur bzw. Hüftgelenks Verrenkung, 
welche sich die Tiere einige Stunden, nachdem ich die leichte 
Form der Gebärparese bei ihnen diagnostiziert hatte, beim Um¬ 
drehen auf die andere Seite zugezogen hatten, geschlachtet 
worden. 

Das Sektionsergebnis bei diesen Kühen liefert mit Ausnahme 
der lokalen Veränderungen an dem verletzten Hinterfuß nichts 
Charakteristisches. Insbesondere kann ich außer der in den 
ersten Tagen nach der Geburt gewöhnlich zu beobachtenden 
leichten Schwellung der Vulva, außer den Sugillationen in der 
Schleimhaut des Vorhofs und Dejektion aus der Scheide keine 
pathologischen Veränderungen an den Geburtswegen feststellen. 
Die Cervix Uteri ist noch für die ganze Hand passierbar (die 
Schlachtung hatte ca. 30 Stunden post partum statt), zeigt keine 
ödematöse Schwellung oder Verletzung. Der Uterus ist der Zeit 
entsprechend genügend zurückgebildet, die Wand ist nicht serös 
infiltriert oder sonst verdickt, die Schleimhaut und die Karunkeln 
sind, wie nach Abspülen einer braunroten, zähen, geruchlosen 
Flüssigkeit wahrzunehmen ist, unverändert. Das Euter ist prall 
gefüllt und enthält reichlich Kolostralmilch. 

In den drei übrigen Fällen betraf die Sektion Kühe, die 
8, 10 bzw. 14 Tage an der leichten Form der Gebärparese ge¬ 
lähmt gelegen hatten. Dieselben waren sonst völlig gesund und 
fieberfrei gewesen und wurden geschlachtet, da sich alle thera¬ 
peutischen Maßnahmen gegen den Lähmungszustand als erfolglos 
erwiesen hatten. Die Brust- und Baucheingeweide sind auch 
hier nicht krankhaft verändert, dagegen ist der Muttermund für 
zwei bzw. für einen Finger noch passierbar (Normaliter soll 
derselbe acht Tage nach der Geburt ganz geschlossen sein). 
Die Schleimhaut der Cervix ist verdickt und in Falten gelegt, 
aber ohne sichtbare Läsionen. Das trächtig gewesene Horn 
deB Uterus ist bei allen drei Patienten nicht im Verhältnis zu 
der seit der Geburt vergangenen Zeit zurückgebildet. Auf dem 
Durchschnitt ist die Wand an der konvexen Seite des Gebär¬ 
mutterhorns um 1—2 cm verdickt. Dieselbe ist blutarm, und 
das Bindegewebe, insbesondere das submuköse, ist serös infiltriert. 
Von der Schnittfläche fließt eine bernsteingelbe, klare Flüssigkeit 
ab, oder dieselbe läßt sich leicht aus dem Gewebe herauspressen. 
Diese seröse Durchtränkung nimmt allmählich von der konvexen 
zur konkaven Seite hin ab. Bei der ersten Kuh, die nur acht 
Tage krank war, beschränkt sich die Erkrankung der Uterus¬ 
wand in der Hauptsache auf eine nur handtellergroße Fläche 
an der konvexen Seite. Die Schleimhaut eben so wie die Serosa 
der Gebärmutter sind intakt. 

Im übrigen sieht man an den Geschlechtswegen nur die 
geringen, fast stets nach der Geburt vorkommenden Verletzungen 
an Wurf und Scheide. 



13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


121 


Die gleiche, pathologische Abweichung am Uterus konnte 
ich bei vier Obduktionen von Kühen, die an Gebärparese gelitten 
hatten und bei dehen Besserung und Verschlimmerung des Zu¬ 
standes während 3—4 Tagen abwechselten, feststellen. Bei 
diesen Kranken war die Vergrößerung der Gebärmutter noch 
mehr in die Augen fallend, die Wand des Uterus war auf das 
vierfache verdickt, und die Stärke derselben betrug in einem 
Falle sogar 13 cm. Auch hier befand sich die ödematöse 
Infiltration im wesentlichen auf der Höhe der konvexen Seite 
and wurde nach den Konkaven zu nach und nach geringer; 
Läsionen an Serosa und Schleimhaut des Uterus waren nicht zu 
bemerken; in den Muttermund, dessen Schleimhaut verdickt und 
in Falten gelegt war, konnte eine Hand bequem eingeführt 
werden. 

Harms ist der Meinung, daß die soeben von mir ge¬ 
schilderte Infiltration der Uteruswandung bei Gebärparese die 
Regel bilde, desgleichen glaubt Heß, daß eine leichte Phlegmone 
des Uterus bzw. des Orificium internum mit oder ohne kleine 
Quetschungen im Collum uteri ein ständiger Befand bei wegen 
Gebärparese geschlachteten oder verendeten Tieren sei und daß 
diese Veränderungen sich auch beim „komplikationsfreien Fest¬ 
liegen“ immer nachweisen lassen. 

Ich bin dagegen zu einer anderen Überzeugung gelangt. 
Die mehr oder minder starke, seröse Infiltration des Orificium 
internum und der Uteruswand ist keineswegs konstant vorhanden, 
wie ich bei zahlreichen Sektionen von gebärparesekranken Kühen 
und in einigen Fällen von leichter Form dieser Krankheit wahr- 
nebmen konnte, sondern stellt nur eine Komplikation beider 
Formen der Gebärparese dar. Da aber durch diese Vergesell¬ 
schaftung das Leiden nach meinen Erfahrungen trotz Lufttherapie 
stets ungünstig verläuft, so wird sich in neuerer Zeit die 
Metritis bei geschlachteten oder verendeten Tieren dann immer 
finden lassen, wenn Puerperalseptikämie, Tuberkulose oder Fremd¬ 
körperpneumonie, die als komplizierende Krankheiten die Gebär- 
pareBe gleichfalls unheilbar machen, fehlen. 

Die ersten Krankheitssymptome werden, wie ich an früherer 
SteUe schon einmal anfiihrte, erst eine Anzahl von Stunden bzw. 
1—2 Tage post partum sichtbar. Zwischen Geburt und dem 
Ausbruch der Krankheit ist meist keine Gesundheitsstörung be¬ 
merkbar, insbesondere ist auch die Bewegungsfähigkeit des 
Tieres in keiner Weise beeinträchtigt. Plötzlich ist die Kuh 
dann nicht mehr imstande, sich vom Boden zu erheben, sie 
„liegt fest“. In seltenen Fällen erscheinen Vorboten des Leidens, 
die Patienten sind steif beim Herumtreten, schwanken im Hinter¬ 
teil bis sie zusammenbrechen. Im Liegen haben dieselben die 
normale Haltung, speziell auch des Kopfes, Depressions- 
«rscheinnngen fehlen gewöhnlich gänzlich, und das Gefühl ist 
überall erhalten. 

Atmung, Puls und Körpertemperatur sind Unverändert und 
weichen, worauf Heß schon hinweist, nur dann und zwar bloß 
vorübergehend, wie ich des öfteren mich überzeugen konnte, 
von der Norm ab, wenn die Tiere selbst vergeblich Aufsteh¬ 
versuche angestellt hatten oder zu diesen veranlaßt worden 
waren. Hierdurch wird die Atmung angestrengt und beschleunigt, 
die Pulszahl steigt auf 72 in der Minute und die Temperatur 
erhöht sich auf 40 0 C. 

Von seiten des Digestionsapparates sind ebenfalls keine 
krankhaften Erscheinungen zu beobachten. 


Die Menge der Milch geht, wie Heß angibt, trotzdem das 
Euter hyperämisch und schön entwickelt ist, stark zurück. Und 
die Messungen der Gemelke, die ich die Besitzer in vielen 
Fällen vornehmen ließ, bestätigen diese Wahrnehmung vollständig. 
Der Ertrag der qualitativ unveränderten Milch vermindert sich 
um ein Drittel bis um die Hälfte während der Krankheit. An 
der Vulva und Vagina konnte ich nur die schon bei dem 
Sektionsbefund beschriebenen, geringen Läsionen finden. Die 
Nachgeburt bleibt im Gegensatz zur eigentlichen Gebärparese, 
bei der dies vereinzelt geschieht, nie zurück. Das Orificium 
ist bei frühzeitigem Auftreten der Erkrankung noch für die 
ganze Hand, bei späterem für einige Finger durchgängig. In 
demselben Verhältnis ist die Rückbildung des Uterus der seit 
dem Abkalben verflossenen Zeit entsprechend vorgeschritten, 
soweit dies durch Palpation beurteilt werden kann. Jedenfalls 
war eine auffällige Verdickung oder Schmerzhaftigkeit der 
Gebärmutter bei sämtlichen von mir untersuchten Patienten 
nicht vorhanden. Auch bei denjenigen Kühen, die notgeschlachtet 
wurden, war die hinzugetretene Metritis nicht mit Sicherheit 
zu Lebzeiten zu konstatieren. 

Die leichte Form der Gebärparese pflegt ohne Behandlung 
in 24—48 Stunden, seltener in 72 Stunden (dies nach meiner 
Beobachtung die längste Dauer mit günstigem Krankheitsverlauf) 
in Heilung überzugehen, und bald nach dem Aufstehen merkt 
man den Tieren keine Schwäche in der Nachhand mehr an. 
Durch die Behandlung mit Luftinfusion ins Euter werden die 
angegebenen Daten insoweit beeinflußt, als die Patienten meist 
innerhalb 1—3 Stunden, längstens innerhalb 12 Stunden ge¬ 
nesen sind. 

Ist die Lähmung innerhalb drei Tagen nicht geschwunden 
so liegen Komplikationen vor. Als solche habe ich die Metritis 
in drei Fällen, die ich bei dem den Sektionsbefund beschreibenden 
Abschnitt schon des näheren geschildert habe, wahrgenommen. 
Diese leichte Phlegmone der Gebärmutter bedingt, ohne das 
Gesamtbefinden der davon befallenen Tiere wesentlich zu be¬ 
einflussen, nur eine Fortdauer des Lähmungszustandes, der 
jeder Behandlung trotzt. Von Heß wird hervorgehoben, daß 
die Krankheit bei schon vorhandener Tuberkulose ebenfalls un¬ 
heilbar wird. Ich habe dies bislang nur bei der eigentlichen 
Gebärparese beobachtet. Dagegen habe ich des öfteren und 
zwar nach kurzer Zeit die leichte Form in die Gebärparese 
übergehen sehen. Die Tiere werden zeitweis oder dauernd 
soporös, werden unempfindlich gegen Nadelstiche, Futter- und 
Getränkaufnahme läßt nach oder sistiert ganz, es tritt er¬ 
schwerter Kotabsatz und Verstopfung ein. Der Kopf wird 
mitunter in die Flanke oder bei lang ausgestrecktem Halse auf 
die Erde gelegt. Verschlimmerung wechselt mit Besserung ab, 
bis sich ausgesprochen die Symptome der Gebärparese zeigen. 
Seitdem ich die leichte Form derselben mittelst Luftinfusion be¬ 
handele, habe ich den* Übergang in die schwere Form, die 
eigentliche Gebärparese, nicht mehr wahrgenommen. 

Heß, der das sogenannte komplikationsfreie Festliegen, 
Gebärparese und puerperale Septikämie als verschiedene Stufen 
derselben Krankheit auffaßt, hat auch die erstgenannte Form 
in die Septicaemia puerperalis übergehen sehen. Ich habe dies 
wahrzunehmen noch nicht Gelegenheit gehabt. 

Kompliziert sich die Gebärparese mit einer Phlegmone des 
Uterus, so ist die Verdickung der Uteruswand, wie schon an 



122 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


anderer Stelle erörtert, bedeutend stärker als bei der leichten 
Form des Leidens und diese Veränderung ist auch schon bei 
Lebzeiten des Tieres durch Palpation nachzuweisen, desgleichen 
ist der erkrankte Uterus auf Druck empfindlich. Hierbei läßt 
die Luftbehandlung im Stich und vermag nur vorübergehend 
eine Besserung des Zustandes zu erzielen, ohne daß aber die 
Patienten aufzustehen imstande sind. 

Die Vorhersage bei der leichten Gebärparese ist im all- j 
gemeinen günstig. Ist jedoch das Tier trotz mehrfacher Luft- 
infussion innerhalb 3 Tagen nicht genesen, so liegen Komplikationen 
vor, und die Aussicht auf Heilung schwindet ganz. Es empfiehlt 
sich deshalb von vornherein bei feststehender Diagnose, alle 
Patienten, die länger als 3 Tage festliegen, schlachten zu lassen. 
In gleicher Weise sind die Fälle von Gebärparese zu beurteilen, j 
die sich durch Wechsel von Besserung und Verschlimmerung im 
Befinden der „festliegenden 4 * Kühe auszeichnen. 

Die diiferentialdiagno8ti8ch wichtigen Krankheiten habe ich 
schon bei dem Festliegen nach schwerer Geburt erörtert und 
dort auch speziell die Unterscheidungsmerkmale zwischen dieser 
Krankheit und der leichten Form der Gebärparese angegeben, 
so daß ich mir hier eine Wiederholung ersparen kann. 

Die Therapie der Krankheit ist analog der der Gebär¬ 
parese und besteht in Luftinfusion ins Euter. Diese Behand¬ 
lungsweise führt bei Abwesenheit von Komplikationen regel¬ 
mäßig zur Heilung und macht alle sonst empfohlenen Mittel 
überflüssig. 

Den Verschluß der Strichkanäle an dem aufgepumpten 
Euter bewirke ich seit einiger Zeit in der Weise, daß ich die 
Zitzen ungefähr in ihrer Mitte fest zusammendrücken lasse, die 
Strichkanalöffnung, deren Umgebung vorher sorgsam mit Watte 
zu trocknen ist, zunächst mit Kollodium verklebe und darüber 
noch ein mit Kollodium getränktes Wattebäuschchen klebe. 
Diese Art, das Herausströmen der eingepreßten Luft aus dem 
Euter zu hindern, ist vollkommen unschädlich, während bei 
längerem Liegenlassen von Gummiringen, Bändern usw. mitunter 
ein Absterben der Striche entstand. 

Ist wiederholtes Aufyumpen des Euters erfolglos geblieben, 
so liegt meist eine Komplikation der Krankheit mit Metritis 
dem Fehlresulat zugrunde, und versuchsweise können dagegen 
Perhydrol- oder Sublaminlösungen in den Uterus eingespült und 
feuchtwarme Wickelungen des Leibes gemacht werden. In den 
drei von mir so behandelten Fällen ließen diese Maßnahmen 
im Stich. 

Betonen will ich hier, daß die Phlegmone des Uterus, mit 
der sifch die leichte Form der Gebärparese mitunter vergesell¬ 
schaftet, einen durchaus lokalen Charakter hat und im Gegensatz 
zu anderen puerperalen Gebärmuttererkrankungen auf das Fleisch 
keinen schädlichen Einfluß ausübt. Ebenso ist auch das Fleisch 
von Tieren, die neben der Gebärparese an einer ausgebreiteten, 
serösen Infiltration der Uterus wandung gelitten haben, zu beurteilen 
und zum Verkauf auf der Freibank als „im Nahrungs- und Genu߬ 
wert erheblich herabgesetzt“ ohne weiteres zuzulassen. 

Zum Schlüsse dieser kleinen Abhandlung gebe ich noch die 
Daten einer Anzahl von mir wegen leichter Form der Gebär¬ 
parese untersuchter und behandelter Kühe nnd der besseren 
Übersicht wegen habe ich dieselben in Tabellenform zusammen¬ 
gestellt. 


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U 

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7 , 

i 

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bei 25 Patienten; 

r 

, 1 mal Hüft- 

gelenks- 
1 Verrenkung 

24—36! 50 

B. Nur Luft- 1 


10 ! 
= 15 1 
= 10 
= 3 

= 1 


3 mal Komplika¬ 

36—48112 

infusion 

*> * 

6 „ 

12 „ 

48 „ 

3 

tion mit Uterus- 

48—60 

60-72| 

2; 

1 

bei 50 Kühen ' 


> phlegmone 


Referate. 

Komplizierte ausgedehnte Lappentransplantation am 
Karpalgelenk des Pferdes. 

Von Tierarzt Roschig, I. Assistent an der chirurgischen Klinik 
der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart. 

(Monatshefte für praktische Tierheilkunde, XIX. Band, 1. Heft.) 

Ein handtellergroßer Hautdefekt an der vorderen Fläche 
des Karpalgelenkes hatte sich im Laufe mehrerer Monate zu 
einer mit schlaffen Granulationen bedeckten G«schwürsfläche 
umgewandelt. Da verschiedene Behandlungsmethoden nicht zur 
Eindeckung führten, so wurde eine umfangreiche Lappentrans¬ 
plantation vorgenommen. Der Hautlappen wurde in ent¬ 
sprechender Größe oberhalb des Karpalgelenkes gebildet und 
durch Schlagen hyperämisch gemacht. Er wurde so heraus¬ 
getrennt, daß er noch an einer 3 cm breiten Brücke hing. Da¬ 
rauf wurde er auf die Gegend des Defektes herübergezogen und 
sorgfältig unter Anwendung der gestuften Bruns sehen Naht 
angenäht. Vorher war die ganze Geschwürsgegend mit dem 
scharfen Löffel vorbereitet worden und die Geschwürsränder 
waren scharfkantig zugeschnitten worden, Die Wundfläche, die 
da entstanden war, wo der Lappen herausgeschnitten worden 
war, wurde genäht, nachdem beiderseits Entspannungsschnitte 
angelegt worden waren. Die Gliedmaße wurde gut fixiert und 
am 13. Tage war der Lappen vollkommen angeheilt und der 
Defekt gedeckt. Drei Abbildungen geben Aufschluß über die 
Operationsmethode und eine vierte Abbildung zeigt das Aus¬ 
sehen des geheilten Defektes. Bdr. 

Versuche zum Nachweis des Erregers der Schweinepest 
mit Hilfe der Methode der Komplementbildung. 

Von A. Dedj ul in-Charkow. 

'(Zeitschr. f. Infektionsk., paras. Krankb. u. Hyg. der Haust. Bd. III. S. SIS.) 

Die neuesten Untersuchungen über die Schweinepest und 
Filtrierbarkeit ihres Erregers gaben Dedjulin Veranlassung, 
den Nachweis der Anwesenheit eines spezifischen Erregers im 
Organismus der an Schweinepest erkrankten Tiere durch die 
Komplementbildungsmethode zu versuchen. Zur Bereitung des 
Extraktes wurde das Knochenmark aus den Röhrenknochen der 
Gliedmaßen eines Läuferschweines verwendet, das auf der Höhe 
der Schweinepesterkrankung getötet worden war. Das erhaltene 
Serum dieses Schweines 1 wurde inktiviert und zu den Ver¬ 
suchen benutzt; außerdem fanden Verwendung die Sera eines 
zweiten, ebenfalls auf der Höhe der stürmisch verlaufenden 
I Krankheit getöteten Tieres und zweier durchgeseuchter Schweine 



13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


123 


Die Untersuchungen haben nun ergeben, daß das Extrakt des 
Knochenmarks der schweinepestkranken Schweine 
einen spezifischen Rezeptor enthält. 

Es war jetzt die Frage zu beantworten: Ist dieser Rezeptor 
nicht identisch mit demjenigen, der sich in Extrakten des 
Bacillus suipestifer findet? Die diesbezüglichen Experimente 
haben zu dem Schluß geführt, daß in dem aus dem Knochen¬ 
mark gewonnenen Extrakt kein Rezeptor vorhanden war, der 
mit irgendeinem Rezeptor aus dem Extrakt des Bacillus 
suipestifer identisch wäre. — Die Krankheitserscheinungen bei 
der Schweinepest können somit nicht durch Endotoxine des 
Bacillus suipestifer hervorgerufen sein, sondern sind auf einen 
spezifischen, vom Bacillus suipestifer unabhängigen Erreger 
zuriickzuführen. Richter. 

Beitrag zum Nachweis von Rotlauf bazillen in faulenden 
Organen. 

Von Dr. L. Opalka-Berlin. 

(Zeilücbr. f. Lnfektionnkr., p&ras. Krankt), und Hyg. der Haust.. Bd.'III, S. 349.) 

Nach den Bestimmungen der Rotlaufserumlieferanten werden 
Entschädigungen für Impfrotlauffälle bei Schweinen gewöhnlich 
nur dann gewährt, wenn die Impfung durch einen Sachverständigen 
ausgefuhrt wurde und in den eingesandten Organen der ge- 
faUenen Tiere (gewöhnlich Herz, Lunge, Nieren und Milzj durch 
die bakteriologische Untersuchung Rotlaufbazillen nachgewiesen 
werden. Im Sommer faulen die Organe leicht. Opalka hat 
nun festzustellen versucht, welche Organe zur Untersuchung auf 
Rotlauf unter solchen Verhältnissen am geeignetsten sind. Die 
gewonnenen Resultate faßt Opalka in folgende Sätze zu¬ 
sammen: 

2 . Rotlaufstäbchen sind in faulenden Organen färberisch 
lange Zeit nachweisbar, ihre Virulenz jedoch nimmt mit ‘ der 
Zeit ab. 

2. Neben der Agarkultur bietet die Verimpfung fauligen 
Materials an Mäuse ein Hilfsmittel zur Feststellung der Rotlauf- 
st&bchen. 

3. Zur Verimpfung sind besonders Milz und Haut geeignet. 

Richter. 

Biologische Stadien über parasitische Protozoen. 

Von Generalarzt Dr. G. Lindner, Kassel-Wilhelmshöhe. 

^Archiv für Wissenschaft!, und praktische Tierheilkunde, 33. Bd., 4. und 5. Heft.) 

Im Jahre 1884 fand L. gelegentlich einer Typhusepidemie 
bei der Untersuchung von Trinkwasser Infusorien, welche er 
als stiellose Vortizellen ansah und wegen ihres schlauchförmigen 
Baues Vorticella ascoidium oder kurz Askoidien nannte. Durch 
Knlturversuche glaubt Verfasser den Nachweis dafür erbracht zu 
haben, daß diese Art eine Umwandlungsform von Vorticella 
microstoma darstellt. . 

Weiterhin sollen nach desselben Autors Ansicht die beim 
Wild und bei verschiedenen Schlachttieren vorkommenden so¬ 
genannten Mies eher sehen Schläuche oder Rainey sehen Körper¬ 
chen nicht durch Psorospermienschläuche, sondern durch die 
stiellosen Vortizellen oder durch Kolpidien hervorgerufen werden, 
die auf irgendeine Weise lebend in die Muskelbündel gelangen 
und in ihnen zur Einkapselung genötigt werden. Als Beweis 
für diese Behauptung werden die Resultate jahrelanger Versuche 
angeführt. Aus den hierbei gemachten Beobachtungen läßt sich 
schließen, daß bei den Schlachttieren und beim Wild eine Ein¬ 
wanderung der beiden Saprozoen durch die Aufnahme unreinen 


Wassers bedingt wird. In die Blutgefäße können nur die 
Monadenlarven eindringen, das Auswachsen zu Infusorien kann 
jedoch nur außerhalb der Blutbahnen im lebenden Tierkörper 
erfolgen. Der Einwanderung schließt sich das Enzystieren an, 
wobei die Mehrzahl durch die erdrückende Wirkung der 
Muskelzellen getötet wird. Ein kleiner Teil der Protozoenzysten 
bleibt, wie es scheint, in den Muskelbündeln lebens- und 
entwicklungsfähig und kann durch die Kultivierung in geeigneten 
Nährsubstanzen wieder zum Leben zurückgeführt werden. Die 
Richtigkeit dieser Anschauung muß noch durch Experimente an 
lebenden Tieren bewiesen werden. 

Die hygienische Bedeutung der Mi es eher sehen Schläuche 
ist in der Regel nicht besonders groß, nur sollte der Genuß 
rohen Fleisches (besonders des Schweines) noch mehr ein¬ 
geschränkt werden. Anders verhält es sich mit der Fleisch¬ 
nahrung, wenn epidemische Krankheiten herrschen, deren 
Ursachen im Wasser zu suchen sind. In unreinen stehenden 
Gewässern finden sich dann die Saprozoen öfters in Gesellschaft 
von pathogenen Bakterien, die durch den Genuß des Wassers 
direkt in den tierischen Organismus gelangen und das Fleisch 
förmlich vergiften können. Dazu kommt noch hinzu, daß die 
freilebenden Protozoen sich sehr bald einzukapseln pflegen, 
hierbei ihre Cutikula energisch kontrahieren und dadurch 
pathogene Bazillen massenhaft mit einschließen. Vermittelst 
der Luft verschleppt können dann nach Lindners Ansicht diese 
Bakterienträger tierische und menschliche Organismen durch 
Einatmung infizieren. J. Schmidt. 

Desinfektion mit Kalk. 

Von Koloman Trattner, kgl. ung. Tierarzt. 

(Xliatorvosi hapok 1907, Nr. 50.) 

Kalk spielt in der Praxis als Desinfektionsmittel mit Recht 
eine große Rolle, da er billig, leicht anwendbar und gewiß von 
bakterizider Wirkung ist. Nach den Untersuchungen von Er dös 
und Koppänyi (Budapest) tötet nämlich die lproz. Kalklösung 
während zwei Minuten die bei der Schweineseuche in den kranken 
Organen vorhandene große Zahl der Bakterien. Da man aber 
in der Praxis nicht lproz., sondern 20—30proz. Kalklösungen 
anw’endet, ist diese Wirkung eine noch stärkere. 

Trattner ließ bei einer Schweinezucht, in welcher die 
Schweineseuche in hohem Grade aufgetreten ist, in die Schwemme 
in ca. 500 1 Wasser 10 Kilo Kalk auflösen und in die Mitte 
der Kalklösung einen Bottich mit Trinkwasser stellen, so daß die 
Schweine gezwungen waren, wenn sie dursteten, in das Kalk¬ 
wasser zu gehen, welches bis zur Bauchhöhe reichte. Diese 
Maßregel, verbunden mit der Separierung der Kranken und 
entsprechendem Tünchen der Räume, bewirkte bald eine günstige 
Wendung im Ablauf der Seuche, welcher bisher 52,8 Proz. des 
betreffenden Schweinebestandes zum Opfer fielen. Dr. Z. 

Über die Hyperostose der Phalangen infolge von 
Nageltritt. 

Vom Militärveterinär Pöcus. 

(Journal de Lyon, 31. Oktober 1907.) 

Der Verfasser beschreibt fünf Fälle, von welchen nach 
Nageltritt bei vier eine Hyperostose der Phalangen sich aus¬ 
gebildet hat, die ein dauerndes Lahmgehen nach sich zog. In 
vier Fällen w r ar der Nagel durch die Hufbeinbeugesehne hin¬ 
durch bis ins Huf-Strahlbeingelenk eingedrungen, hei dem 
fünften, der eine Vollblutstute betraf, war der Nagel, ohne die 






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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


Sehne und das Gelenk zu verletzen, nach vor- und seitwärts 
bis auf das Hufbein gegangen. Bei den vier ersten ist die 
Radikaloperation gemacht, beim letzten nur ein antiseptischer 
Verband angelegt worden. Die durch den Nagel resp. die 
Operation gemachte Wunde ist bei allen schön ausgeheilt, nur 
hat sich in drei von den vier Fällen mit penetrierendem Nagel¬ 
tritt eine Hyperostose der Phalangen eingestellt. 

Als Ursache dieser sieht der Verfasser den Umstand an, 
daß die Pferde nach Abheilung der Wunden zu früh zum Dienst 
verwendet worden sind, zu einer Zeit, wo die infolge des Nagel¬ 
tritts aufgetretene Osteomyelitis noch nicht vollständig abgeheilt 
und der ganze Entzündungsprozeß noch nicht zum Erkalten ge¬ 
kommen war. 

Der Verfasser übergeht die wissenschaftliche Erklärung des 
auf den perforierenden Nageltritt folgenden Entzündungsprozesses 
in den Knochen und zieht nur die praktische Seite der Ent¬ 
zündung in folgendem in Betracht: Will man bei einem schweren 
Nageltritt keinen Mißerfolg haben, so darf man das an per¬ 
forierendem Nageltritt operierte Pferd während mindestens drei 
Monaten nicht arbeiten lassen, bis die Entzündung in den 
Phalangen, die infolge ihrer Durchfeuchtung für die funktionellen 
Stöße und Erschütterungen empfindlicher geworden sind, und 
denen sie im Moment nicht genügenden Widerstand entgegen¬ 
setzen können, verschwunden ist. Helfer. 

Zur Kenntnis der Arteriosklerose bei Haustieren. 

Von Tierarzt Dr. Hans Lyding-Frankfurt a. M. 

(Mit 1 Tafel.) 

(Zeitschrift für Tiermedizin. XI. Band. Seite 359—377.) 

Auf Veranlassung von Prof. Albrecht in Frankfurt a. M. 
untersuchte Ly ding die bei unseren Haustieren, speziell beim 
Rinde, nicht selten vorkommenden sklerotischen Gefä߬ 
veränderungen, über die jedoch in der Literatur nur spärliche 
Angaben bisher gemacht worden sind. Die Untersuchungen 
Lydings erstrecken sich auf die Gefäß Veränderungen bei 
Pferden, Hunden und Rindern. Bei je zehn Pferde- und Hunde¬ 
kadavern konnten je zweimal und bei 100 geschlachteten Rindern 
35 mal zum Teil hochgradige Veränderungen festgestellt werden. 
Auch bei einem 25 Jahre alten Bär fand sich bei der Sektion 
eine zirkumskripte, erbsengroße Verdickung im Arcus aortae. 
Beim Rinde war ausnahmslos die Aorta descendens betroffen. 
Vorwiegend handelt es sich um Kühe, die über sechs Jahre 
alt waren. 

Über die gefundenen Gefäß Veränderungen gibt Ly ding 
folgende kurze Zusammenfassung: 

I. Rind. Intimaverdickungen, hervorgerufen durch 
eine bald mehr, bald weniger starke Wucherung 
rein bindegewebigen Charakters einhergehend 
mit geringgradiger Verfettung und späterer Ver¬ 
kalkung. 

II. Pferd. Dieselben Formen. 

III. Hund. Mediaerkrankung, Schwund der Media 
und Intima mit ausgedehnter Verfettung und Ver¬ 
kalkung sowie Mönkebergscher Klappensklerose. 


In dem Referat Nr. 3, S. 56 über das Gebiß des Kalbes 
ist der Name des Autors, Professors Pusch-Dresden, verdruckt. 


Tagesgeschichte. 

Die Reicbstagskemmission für das Tiersencbengesetz. 

Von Kreißtierarzt Krueger-Posen. 

Am 5. Februar nahm die Kommission des Reichstags für 
das Tierseuchengesetz einstimmig folgenden Antrag an: „Die 
aus dem Verfahren entstehenden Kosten sind aus der Staats¬ 
kasse zu bestreiten.“ 

Wenn dieser Kommissionsbeschluß vom Plenum angenommen 
werden sollte, was leider zu befürchten ist, und die Staats¬ 
regierungen gezwungen wären, alle Konsequenzen dieser 
Gesetzesbestimmung zu ziehen, dann werden die Verhältnisse 
der beamteten Tierärzte auf den Kopf gestellt werden. 

Einerseits müßten die Herrn Finanzminister in die Taschen 
greifen und den Kreistierärzten die Verrichtungen bezahlen, 
deren Kosten bisher von Kommunalverbänden und Privaten zu 
decken waren. Der durchschnittliche Betrag dieser Dienst¬ 
bezüge ist auf Grund angestellter Ermittlungen des preußischen 
Landwirtsohaftsministeriums in der Begründung zum preußischen 
Staatshaushalt vom Jahre 1905 auf 1500 M. p. a. und Stelle 
geschätzt worden. Bei 476 preußischen Kreistierarztstellen 
wären das 714 000 M. 

Zahlt der Staat nun in Zukunft, wie vorauszusehen, lediglich 
Tagegelder und Reisekosten, so wird er, da letztere ohnehin 
an den meisten Tagen gewährt wurden, nur einen Teilbetrag' 
jener 714 000 M. aufzubringen haben, während für die Kreis¬ 
tierärzte ein Ausfall entstehen muß, den ich auf eine halbe 
Million schätze. 

In einer größeren Zahl von Bezirken sind diese Neben¬ 
bezüge recht hoch. Dafür haben aber auch die Kreistierärzte 
täglich, selbst am Sonntag, von morgens 6 bis abends spät zu 
tun, um die Geschäfte ordnungsmäßig Und gut zu erledigen; 
am Abend werden die schriftlichen Arbeiten gemacht. 

Wenn in Zukunft lediglich Tagegelder und Reisekosten 
gezahlt werden, ohne Rücksicht darauf, ob viel oder wenig 
Geschäfte an einem Tage zu erledigen sind, so werden die 
Arbeitsleistungen auf die Dauer von den viel beschäftigten 
Kreistierärzten nicht mehr auf sich genommen werden, sondern 
diese werden, wie andere Beamte, die Arbeitszeit kürzer bemessen. 

Östlich der Elbe dürften dann in Preußen bei Berück¬ 
sichtigung der durch das neue Reichstierseuchengesetz bedingten 
Mehrarbeit in den nächsten zehn Jahren ungefähr 100 neue 
Stellen — bisher waren es etwa 235 — neu errichtet werden 
müssen, wenn der Veterinärdienst nicht leiden soll. Werden 
die Stellen nicht eingerichtet, so müssen Händler, Landwirte usw. 
auf die Abwicklung der Geschäfte warten, wodurch ihnen auch 
pekuniärer Schaden erwächst. 

Derselbe Effekt würde eintreten, wenn die Reisekosten und 
Tagegelder pauschaliert werden, welche Frage 14 Tage vor 
Weihnachten einer Besprechung zwischen Landwirtschafts¬ 
ministerium und Finanzministerium unterlegen hat. 

Bei den jetzt gültigen Sätzen von 1650 M. Durchschnitts¬ 
gehalt, 450 M. durchschnittlicher Stellenzulage und 200 M. 
Dienstunkostenentschädigung würden die Ausgaben für die 
100 neuen Stellen 2300 X 100 = 230 000 M. außer den Pensions¬ 
und Reliktenbezügen betragen. 

Nehmen wir an, daß diese Stelleninhaber im Laufe eines 
Jahres an 250 Tagen Dienstgeschäfte außerhalb der Wohnung' 
verrichten, so müßten dafür 250 X 8 X 100 = 200 000 M. Tage- 




13. Februar 1908. 


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gelder gezahlt werden. Da die Reisekostenbeträge auch etwas 
Ansteigen würden, hätte der Staat für die neuen Stellen östlich 
der Elbe p. a. mindestens eine halbe Million aufzubringen. 

Trotz der Höhe dieser Beträge wären aber doch die 
Kreistierärzte die Hauptleidtragenden, da sie ja auch eine 
halbe Million einbüßen, und der Staat weniger schmerzvoll eine 
halbe Million opfern kann als die paar Hundert Kreistierärzte. 

Die kreistierärztliche Karriere und damit die tierärztliche 
übte eine Anziehungskraft auf die jungen Leute aus, nicht etwa, 
weil in diesem Berufe besondere Ehren zu erreichen sind — 
die sind höcliBt spärlich vorhanden — sondern weil eine Anzahl 
von Kreistierärzten recht erhebliche Einnahmen haben. Daß 
es einer nicht kleinen Zahl auch heute noch herzlich schlecht 
geht, wird bei der Berufswahl leider weniger beachtet. 

Die Bestimmung, daß der Staat die entstehenden Kosten 
zu bestreiten hat, wird auf die Einkommensverhältnisse der 
Kreistierärzte verflachend wirken. Der oben erwähnte Anreiz 
zur Berufswahl wird wegfallen. Die Liebe zu den Naturwissen¬ 
schaften kann man in ehrenreicheren Berufen stillen. 

Die staatlichen Einkommenverhältnisse der Kreisärzte kann 
man zum Vergleich gar nicht heranziehen. Abgesehen davon, 
daß die Gehälter höhere sind, nehmen die Kreisärzte in einzelnen 
Kreisen allein oder zum größeren Teil die Schutzimpfungen vor, 
sie sind nebenbei noch Krankenhaus-, Bahn-, Kassen- und Ge¬ 
fängnisärzte, sie überwachen die Prostitution, Leichenschau und 
werden für eine große Reihe amtlicher, ihnen reservierter Ver¬ 
richtungen von Kommunal verbänden und Privaten (Atteste und 
Gutachten für Beamte, zum Eintritt ins Heer usw.) besonders 
bezahlt. Vornehmlich ist die Anordnung ergangen, daß bei ein¬ 
tretender Vakanz alle diese einträglichen Nebenstellungen dem 
Nachfolger reserviert bleiben müssen. Sie sind also mit dem 
Amte verbunden, so daß die Kreisarztstellen durchschnittlich 
viel lukrativer sind, als die der Kreistierärzte, bei denen es 
derartige Nebenstellen fast gar nicht gibt. 

Kein Tierarzt kann solche Einnahmen wie sie bei den 
Ärzten in großer Zahl Vorkommen auch nur annähernd er¬ 
reichen. Nach der Nackweisung der Ärztekammer Berlin- 
Brandenburg für das Jahr 1907 gab es im dortigen Bezirk 
41 Ärzte mit einem Einkommen von 34 000—40000 M., 49 mit 
40 000—50 000 M., 14 mit 50000-60000 M., 11 mit 60 000— 
70 000 M., 7 mit 70 000—80 000 M., 7 mit 80000—90000 M., 
11 mit 90000-100000 M., 6 mit 100000—120000 M., 4 mit 
160 000—180 000 M., 3 mit 180 000—220 000 M., 2 mit 
220 000—225 000 M. 

Deshalb wird der Staat beizeiten für andere Reizmittel 
zum Studium der Tierheilkunde sorgen und die Veterinär¬ 
beamtenstellung an sich beneidenswerter machen müssen, als sie 
heute ist. Gehalt und Tagegelder wären zu erhöhen, der Rang 
zu bessern, die Veterinärratstitel nicht nach etwa 18 Jahren 
erst, sondern wie bei den Kreisärzten bereits nach 12 Jahren 
zu verleihen, OrdensauBzeichnungen in größerer Zahl zu ge¬ 
währen und die Zahl der gehobenen Stellen durch Teilung einer 
Zahl von Departementstierarztbezirken zu vermehren. 

Und doch scheint es mir mehr als fraglich zu sein, ob bei 
den veränderten Verhältnissen sich wirklich die Zahl der die 
Laufbahn einschlagenden Herren auf alter Höhe erhalten würde. 
Ich glaube vielmehr, daß dann Klagen der Landwirte über 
Tierärztemangel einen berechtigten Hintergrund hätten. 


Die Sorgen, die der Staatsregierung aus dem Kommissions¬ 
beschluß erwachsen, sind wirklich nicht gering. Will der Staat 
auch nur den Ausfall von einer halben Million Mark Gebühren 
decken, so müßte er das Durchschnittsgehalt einer jeden Stelle 
um 1000 Mark erhöhen. 

In den kreistierärztlichen Stand ist durch Aufrollung der 
Gebührenfrage seitens des Reichstages erneut Unruhe getragen 
worden. Viele Kreistierärzte würden einfach mit ihren bisherigen 
Lebensverhältnissen brechen müssen. Ein unruhiges Hin- und 
Herversetzen wird anfangen, bis die Inhaber bisher guter Stellen 
in einer bequemeren sich befinden. 

In solchen Zeiten vermißt man es besonders schmerzlich, 
daß uns Tierärzten kein Zentralbureau zur Verfügung steht, 
an das wir uns wenden könnten, und das selbst alle Vorgänge 
des öffentlichen Lebens aufmerksam verfolgt und uns vor Schaden 
behütet. Daß wir beim Versicherungsgesetz schlecht abgeschnitten 
haben, ist unsere eigene Schuld und glanbe ich, daß wir auch 
an der Tatsache nicht ganz schuldlos sind, daß es mit uns nicht 
recht vorwärts geht, und daß wir mannigfaltigen Demütigungen 
gesellschaftlich und im öffentlichen Leben ausgesetzt sind. 

Deshalb möchte ich die Gründung eines dem 
Deutschen Veterinärrat bzw. dessen Ausschuß unter¬ 
stellten Zentralbureaus vorschlagen. Das Zentralbureau 
dürfte keine Versorgungsanstalt für den Klüngel werden, sondern 
ihm müßte als Generalsekretär eine ganz hervorragende 
juristische Kraft vorstehen, ein Gelehrter, ein Volkswirtschaftler 
vielleicht. Bei Gründung der Veterinärkammern könnte er 
Generalsekretär der Kammerausschüsse werden. Den Wohn¬ 
sitz hätte er zweckmäßig am Reichstagssitz, in Berlin, zu 
nehmen, da eine Aufgabe für ihn auch die wäre, mit Volks¬ 
vertretern und mit der Reichsregierung dauernd in Fühlung zu 
bleiben. Seiner Unabhängigkeit dürfte kein Abbruch geschehen, 
wenn ihm an der tierärztlichen Hochschule, als Privatdozent 
vielleicht, das Halten von Vorlesungen über Volkswirtschafts¬ 
lehre oder über rechtswissenschaftliche Fragen, die in unser 
Fach schlagen, übertragen würde. Vielleicht könnte er auch 
als unser Vertreter in den Reichstag entsandt werden. Seine 
Tätigkeit bestände darin, auftauchende Gesetzentwürfe darauf 
hin zu prüfen, ob sie uns Nutzen oder Schaden bringen, selbst 
Gesetzentwüfe zu bearbeiten, Justitiar bzw. Syndikus des 
deutschen Veterinärrates, der in ihm vertretenen Vereine und 
aller übrigen Veterinärvereine des Deutschen Reiches zu sein, 
Prozesse, die im tierärztlichen Interesse liegen, vorzubereiten 
und zu führen, und allen einzelnen Angehörigen des Standes 
zur Verfügung zu stehen (Promotion, Privatpraxis, Unfall- und 
Lebensversicherung, Pfuscherei, Viehversicherung, Gewähr¬ 
fragen, Nahrungsmittelämter, Anstellungsverhältnisse in deutschen 
Schlachthöfen, im Staats- und Kolonialdienst, Dispensierrecht, 
neue Taxe, Statistik). In die Vertretung unserer Ansprüche 
hätte er eine gewisse Einheitlichkeit zu bringen. Ob bei¬ 
spielsweise die an und für sich erfolgreiche Agitation der Privat¬ 
tierärzte im Reichstage für den tierärztlichen Stand Nutzen 
oder Schaden bringen wird, das können heute die Privattier¬ 
ärzte selbst gar nicht übersehen. Die Frage ist nicht genügend 
vorbereitet der Volksvertretung unterbreitet worden; was bei der 
Bearbeitung herauskommen wird, wissen die Götter. 

Auch Unterstützungskassen, Stiftungen, Vorbereitung von 
Kongressen hätten in dem Generalsekretariate ihren Mittel¬ 
punkt zu finden. 


*** 




126 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


Für die zahlreichen und wichtigen Aufgaben können wir, 
wie gesagt, nur eine allererste Kraft brauchen, die wir auch 
entsprechend honorieren müssen. Ich rechne mit 10 000 M. 
Gehalt und 6000 M. für das Bureau, • zusammen mit 16 000 M. 
Unkosten. Auf jeden der 4000 deutschen Tierärzte käme ein 
Beitrag von 4 M. Es dürfte sich hundertfach für jeden einzelnen 
verzinsen. Das Umlagerecht der Veterinärkammem, bei denen 
doch auch Beamte, mindestens in den Kammerausschüssen, er- 
erforderlich sind, dürfte sich viel höher, etwa auf 8—10 M. 
bei mittlerem Einkommen, stellen. Die Kosten dürften vielleicht 
etwas herabgesetzt werden können dadurch, daß für Auskünfte 
an einzelne Personen, wobei kein allgemeines Interesse vorliegt, 
Beträge nach einem bestimmten niedrigen Tarif zu zahlen wären, 
die in die Kasse des Zentralbureaus flössen. Vielleicht wären 
auch die Staatsregierungen nicht abgeneigt, für das Zentral- 
bureau Zuschüsse ans Staatsmitteln zu bewilligen. Schaffen wir 
uns aus eigener Kraft und Initiative dieses Generalsekretariat. 
Seine erste Aufgabe wäre die Vorbereitung eines Gesetz¬ 
entwurfes für die Veterinärkammern. 

Eingabe des Verbandes der Privattierärzte betr. das 
Viehsenchengesetz. 

Dem Hohen Reichstage beehrt sich der Verband der Privat¬ 
tierärzte die Bitte zu unterbreiten, bei der Beschlußfassung 
über die Novelle zum Viehseuchengesetz, insbesondere durch 
eine entsprechende Ergänzung des § 2 der Novelle, eine all¬ 
gemein geordnete Mitwirkung der nichtbeamteten praktischen 
Tierärzte bei der Bekämpfung einzelner weitverbreiteter Seuchen 
zulassen und herbeiführen zu wollen. 

Zur Begründung dieser Bitte können wir folgendes an¬ 
führen : 

Das erste Viehseuchengesetz von 1880 hat sich ausgezeichnet 
bewährt. Es betraf neun Seuchen, von denen jetzt zwei, 
Schafpocken und Beschälseuche, wohl endgültig verschwunden, 
eine dritte, die Lungenseuche, wenigstens gegenwärtig völlig 
getilgt und eine vierte, der Rotz, außerordentlich eingeschränkt 
worden ist. Durch jenes Gesetz wurde die Bekämpfung der 
Tierseuchen den beamteten Tierärzten übertragen und deren 
heutige Stellung damit begründet. Die (von Ausnahmen ab¬ 
gesehen) ausschließliche Übertragung der Seuchenbekämpfung 
an die beamteten Tierärzte war durchaus berechtigt und selbst¬ 
verständlich. Einmal w T aren damals Erfahrungen bei der 
Seuchentilgung noch nicht genügend vorhanden; die Veterinär¬ 
polizei hatte sich noch nicht eingeführt und weder das Ver¬ 
trauen der Bevölkerung noch ihr heutiges Gewicht gewonnen: 
die für die Einführung des Gesetzes erforderliche bahnbrechende 
Arbeit konnte nur mit Hilfe einer geschlossenen, von der 
Autorität der Regierung unmittelbar unterstützten Beamtenschaft 
geleistet werden. Zweitens gab es damals neben den beamteten 
Tierärzten im Osten wenigstens fast gar keine anderen Tier¬ 
ärzte, während im Westen, wo schon damals mehr Privattier¬ 
ärzte wohnten, die nach dem Gesetz von 1880 doch noch recht 
beschränkte Seuchenpolizei keine große Rolle spielte. Drittens 
endlich betraf das Gesetz von 1880, von der Räude der Pferde 
abgesehen, ausschließlich solche Seuchen, welche auch heute 
noch, wie auch wir vollkommen anerkennen, dem sofortigen Ein¬ 
greifen des beamteten Tierarztes Vorbehalten bleiben müssen — 
sei es, weil bei ihrer Ermittlung besondere Verhältnisse obwalten 
(Milzbrand, Rotz); oder weil sie besonders gemeingefährlich, 


namentlich auch für Menschen sind (Milzbrand, Rotz, Tollwut); 
oder weil im Falle ihres Ausbruchs die Verbreitungsgefahr und 
ihre wirtschaftliche Bedeutung so groß sind, daß sehr ein¬ 
schneidende, nur mit amtlicher Autorität durchzuführende Ma߬ 
regeln ergriffen werden müssen (Lungenseuche, Maul- und Klauen¬ 
seuche); endlich, weil (von Schafräude im Westen abgesehen) 
diese Seuchen keineswegs allgemein und dauernd verbreitet sind, 
ihr Auftreten daher immer einen außergewöhnlichen Fall dar¬ 
stellt, außergewöhnliche Maßregeln rechtfertigt und die Tätig¬ 
keit der Privattierärzte wieder dauernd noch allgemein berührt. 

Gegenüber dieser Sachlage bei Einführung des Seuchen¬ 
gesetzes ist in dem verflossenen Vierteljahrhundert eine völlige 
Veränderung eingetreten. Das heute vorliegende Gesetz um¬ 
faßt 14 Tierseuchen; es besteht auch schon kein Zweifel mehr 
darüber, daß nach § 10 die Anzeigepflicht bald auf Druse und 
Brustseuche der Pferde ausgedehnt werden wird. Das bedeutet 
nicht allein eine Verdoppelung des Wirkungskreises des Seuchen¬ 
gesetzes, sondern in Wirklichkeit noch viel mehr, da unter den 
neu hinzugetretenen Infektionskrankheiten sich solche befinden, 
die im Gegensatz zu den oben charakterisierten Seuchen eine 
allgemeine und dauernde Verbreitung haben, wie Tuberkulose, 
Rotlauf, Schweineseuche, Druse, in großen Städten auch Brust¬ 
seuche. Zugleich sind es z. T. solche, die zwar nützlicher¬ 
weise der Anzeigepflicht, aber nach ihrem Wesen keinen ein¬ 
schneidenden oder außergewöhnlichen Maßregeln unterworfen 
werden sollen, wie z. B. Tuberkulose, Rotlauf und Schweine¬ 
seuche. Aus dem letzteren Grunde ist eine ausschließliche 
Mitwirkung der beamteten Tierärzte nicht erforderlich; anderer¬ 
seits würde wegen der Verbreitung gewisser Seuchen der be¬ 
amtete Tierarzt ein häufiger Gast jedes landwirtschaftlichen 
Gehöftes sein. 

Der vorliegende Gesetzentwurf bedingt demnach eine sehr 
erhebliche Erweiterung der Kompetenz der beamteten Tier¬ 
ärzte. Diese Erweiterung bedeutet eine ebenso weitgehende 
Beschränkung der tierärztlichen Privatpraxis, indem allgemein 
verbreitete Krankheiten, welche bisher lediglich von den Privat¬ 
tierärzten behandelt wurden, künftig die Zuziehung des be¬ 
amteten Tierarztes erfordern. Das fortwährende Eingreifen des 
beamteten Tierarztes in die Berufstätigkeit des Privattierarztes 
muß, namentlich, da beide in der Privatpraxis konkurrieren, 
die Existenz des Privattierarztes so gefährden (s. unten), daß 
wir der Weiterentwicklung dieser Gefahr nicht mehr ruhig Zu¬ 
sehen können. 

Wir gehen dabei von der Annahme ans, daß die Staats¬ 
regierungen sowohl wie die Bevölkerung, namentlich auch die 
Tierbesitzer, den Stand der praktischen Tierärzte nicht für 
überflüssig halten. Trifft diese unsre Annahme zu, erkennt 
man, daß es nicht bloß vorteilhaft, sondern notwendig ist, 
wenn namentlich in den Landbezirken außer dem beamteten 
Tierarzt noch praktische Tierärzte zu Gebote stehen, so dürfen 
wir in logischer Folgerung auch erwarten, daß man zum 
mindesten die bisherigen Existenzmöglichkeiten nicht unter¬ 
gräbt. Wenn auf der einen Seite immer weitere Teile der 
tierärztlichen Tätigkeit dem beamteten Tierarzt zugewiesen 
werden, während auf der anderen Seite in der Fleischbeschau 
neben den Tierärzten fast gleichberechtigt Leute ohne tierärzt¬ 
liche Vorbildung arbeiten, welche sich unverkennbar häufig 
lokaler Bevorzugung erfreuen, so können bei dieser Bedrängung 
von zwei Fronten die privaten approbierten Tierärzte auf die 






J3. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


127 


Dauer der Gefahr nicht entgehen, zwischen dem Beamten- 
und dem Laien-Element zerrieben zu werden. In den letzten 
Jahrzehnten hatte sich die Versorgung des platten Landes mit 
Tierärzten in erfreulicher Weise vollzogen, so daß, in Preußen 
wenigstens, höchstens der Osten noch einige Lücken aufweist. 
Wenn aber die Entwicklung des Veterinärwesens in der jetzigen 
Balm weitergeht, so muß das zu einem Rückgang des tier¬ 
ärztlichen Ersatzes führen, wie schon jetzt Warnungen vor 
dem tierärztlichen Studium auftauchen. 

Die Seuchengesetznovelle hat daher zu einem früher nicht 
gekannten Widerstreit zwischen den Interessen der beamteten 
und der privaten Tierärzte geführt; die letzteren verlangen 
eine Beteiligung bei der Bekämpfung der dem Gesetz neu zu¬ 
gewiesenen Seuchen, die ersteren sprechen von einem Einbruch 
in alte Rechte der beamteten Tierärzte. Wir müssen dieser 
letzteren Auffassung entschieden widersprechen. Was den 
beamteten Tierärzten durch das Gesetz von 1880 zugewiesen 
war, wollen wir in keiner Weise antasten; umgekehrt ist aber 
nicht zu bestreiten, daß jetzt sechs neue Seuchen, darunter 
solche, die fast in jedem Stalle herrschen, der gesetzlichen 
Bekämpfung, damit nach dem Entwurf der ausschließlichen 
Kompetenz der beamteten Tierärzte untergeordnet und also der 
Tätigkeit der Privattierärzte m. o. w. entzogen werden. Es handelt 
sich also nicht um einen Einbruch in den Wirkungskreis der 
beamteten Tierärzte, sondern vielmehr um eine so weitgehende 
Enteignung des bisherigen Wirkungskreises der Privattierärzte, 
daß bereits das Schlagwort von der „Verstaatlichung der Tier¬ 
heilkunde“ nicht ohne Grund geprägt worden ist. Es muß dabei 
bedacht werden, daß es sich keineswegs bloß um die jetzt schon 
unter Jas Gesetz gestellten neuen Seuchen bändelt, sondern 
daß deren Zahl nach § 10 noch unabsehbar vermehrt werden 
kann, wie das für Druse und Brustseuche schon so gut wie 
gewiß ist. 

In jenem Widerstreit zwischen den beamteten und den 
privaten Tierärzten hat sich die Reichsregierung, selbst¬ 
verständlich aus sachlicher Erwägung, in dem Gesetzentwurf 
ausschließlich auf Seite der Beamten gestellt. Diese Stellung 
ist um so erklärlicher, als die bei der Beratung des Gesetz¬ 
entwurfes zugezogenen tierärztlichen Sachverständigen aus¬ 
schließlich den beamteten Tierärzten angehört haben und Privat¬ 
tierärzten nicht Gelegenheit gegeben worden ist, ihre Meinung 
zur Geltung zu bringen. Wir können diese Stellungnahme 
nicht als eine sachliche Notwendigkeit anerkennen und bitten 
daher den Hohen Reichstag, bei der endgültigen Gestaltung des 
Gesetzes sich unserer anzunehmen durch Betonung einer billigen 
Rücksichtnahme auf die Interessen eines freien, an Staats¬ 
anstalten ausgebildeten Standes, einer Rücksichtnahme, die sich 
unsrer Ansicht nach mit dem berechtigten veterinärpolizeilichen 
Interesse durchaus vereinen läßt und die wir glauben umsomehr 
beanspruchen zu können, als das Gesetz uns gleichzeitig die 
schwere Pflicht der Anzeige aller in unsrer Praxis zu unsrer 
Kenntnis kommenden Seuchen auflegt. 

Der § 2 des ursprünglichen Gesetzes und der jetzigen 
Novelle stellt die ausschließliche Zuständigkeit der beamteten 
Tierärzte für die auf das Gesetz begründeten tierärztlichen 
Verrichtungen fest. Er läßt nur eine Ausnahme zu im Falle 
der Behinderung des beamteten Tierarztes und aus sonstigen 
dringenden Gründen. Von dieser Befugnis ist auch tatsächlich 
überall nur in seltenen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht 


worden. Auf eine derartige ausnahmsweise Zulassung lediglich 
zur Ausfüllung einer Lücke kommt es uns selbstverständlich 
nicht an; wir müssen es ablehnen, daß man sich unsrer nur 
bedient, wenn der beamtete Tierarzt nicht mehr glaubt, die 
Arbeit allein leisten zu können. Wir wollen diese Bestimmung 
nicht allein mit Rücksicht auf die beamteten Tierärzte, sondern 
auch mit Rücksicht auf uns gefaßt sehen, und wollen nicht eine 
ausnahmsweise, sondern eine geordnete allgemeine Beteiligung. 

Wir wollen alles das, was durch das Gesetz von 1880 den 
beamteten Tierärzten zugewiesen war, wie schon gesagt, durch¬ 
aus nicht antasten, obgleich bei der Räude der Pferde wohl 
ebenfalls die Seuchenfeststellnng desjenigen Tierarztes, dessen 
Behandlung das Pferd übergeben wird, genügen könnte. Wir 
wollen auch keineswegs beteiligt werden an den allgemeinen 
Maßregeln der Kontrolle des Viehverkehrs zur Vorbeugung des 
Seucheneinbruchs, welche auf Grund der Novelle sich immer 
vollständiger entwickeln werden und in der Obliegenheit des 
beamteten Tierarztes verbleiben müssen, der einen Überblick 
über seinen ganzen Kreis behalten muß, sofern nicht etwa in 
gewissen Zeiten von der Behörde selbst auch dabei künftig 
unsre Mitwirkung unter der Leitung des beamteten Tierarztes 
gewünscht werden sollte. W’ir erkennen namentlich an, daß 
der Viehhandel der einheitlichen Aufsicht und amtlichen Autorität 
des beamteten Tierarztes unterworfen sein soll, und daß daher 
bei irgendwelchen Seuchenausbrüchen namentlich in größeren 
Händlerställen die Notwendigkeit der Zuziehung des beamteten 
Tierarztes schärfer betont werden kann. Im übrigen aber 
glauben wir, daß man uns im Bereiche unsrer Privatpraxis beim 
Ausbruch gewisser Seuchen nicht so gänzlich, wie dies geschieht, 
Übersehen sollte, daß man vielmehr bei gewissen Seuchen die 
durch einen Privattierarzt erfolgte Feststellung und Anzeige 
ohne nachherige Zuziehung des beamteten Tierarztes zur Grund¬ 
lage der polizeilichen Maßregeln machen und die Durchführung 
dieser Maßregeln auch von demselben Tierarzt kontrollieren 
lassen könnte. 

Wenn z. B., wie zu erwarten, die Anzeigepflicht für Brust¬ 
seuche und auch für Druse eingeführt wird, wobei dann eigent¬ 
lich jede Erkrankung der Atmungsorgane des Pferdes den 
| Seuchenverdacht erwecken kann, so wird von den inneren 
Pferdekrankheiten eigentlich nur noch die Kolik von dem 
praktischen Tierarzt ohne Eingreifen des beamteten behandelt 
werden dürfen. Wenn bei der Feststellung jedes Falles von 
fortgeschrittener Lungentuberkulose in einem Rinderstall der 
beamtete Tierarzt requiriert werden muß, so gibt es nur sehr 
wenige Ställe, in die er nicht häufig kommt. Dasselbe gilt, 
in vielen Gegenden wenigstens, vom Rotlauf der Schweine, 
dessen Feststellung noch dazu denkbar einfach ist. Wenn der 
Tierbesitzer dergestalt in seinen Pferde-, Rinder- und Schweine¬ 
stall den beamteten Tierarzt sowieso fortwährend muß kommen 
lassen, so liegt es natürlich am nächsten, ihm die Praxis über¬ 
haupt zu übertragen, die der beamtete Tierarzt dann ja schlie߬ 
lich unter Zuhilfenahme von Assistenten auch allenthalben aus¬ 
übt, wodurch an die Stelle selbständiger Existenzen unselbst¬ 
ständige treten. Wir Privattierärzte werden aber nicht allein 
in unserm Erwerb, sondern auch in unserm Ansehen schwer 
geschädigt, wenn wir bei jedem Falle dieser so allgemein ver¬ 
breiteten Krankheiten nach SteMung der Diagnose vom Schau¬ 
platz abtreten müssen. Die Wirkung zeigt sich schon jetzt, 
da ja eine Anzahl der fraglichen Seuchen bereits durch Bekannt- 





128 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


machung des Reichskanzlers der Anzeigepflicht unterworfen 
waren, indem sich die örtlichen Behörden wie das Pnblikum 
immer mehr daran gewöhnen, bei allen öffentlichen Maßnahmen, 
auch wenn sie mit der Veterinärpolizei gar nichts zu tun haben, 
von der ausschließlichen Kompetenz des beamteten Tierarztes 
auszugehen. 

Wir erlauben uns auch, darauf hinzuweisen, daß in dem 
preußischen Gesetz, betreffend die Bekämpfung übertragbarer 
Krankheiten der Menschen, vom 28. August 1905 die Feststellung 
und Anzeige der Krankheit durch den behandelnden Arzt als 
ausreichend erklärt ist bei Granulöse, Diphtherie und Scharlach. 
Wenn eingewendet wird, daß hierbei ganz besondere Gründe 
maßgebend gewesen seien, so kommt es nicht auf diese, sondern 
nur darauf an, daß sich die Zuständigkeit privater Ärzte als 
tunlich erwiesen hat; denn es kann daraus gefolgert w r erden, 
daß sie auch bei tierischen Krankheiten tunlich sein wird, da 
Diphtherie und Scharlach z. B. doch gewiß nicht weniger an¬ 
steckungsgefährlich und bedeutsam sind als Druse und Rotlauf. 
Als im Jahre 1905 an der Weichsel eine Choleragefahr entstand 
und eine obligatorische Leichenschau für bestimmte Fälle ein¬ 
geführt wurde, hat man damit private Ärzte beauftragt. Nach 
der heute in der Veterinärpolizei üblichen Praxis würde es ganz 
ausgeschlossen sein, in ähnlichen Fällen den Auftrag an private 
Tierärzte zu erteilen. 

Was die Abgrenzung der Verrichtungen anlangt, welche 
neben den beamteten den privaten Tierärzten überlassen werden 
könnten, so halten wir zunächst bei der Durchführung der 
Tuberkulosebekämpfung die Mitwirkung der Privattierärzte 
nicht nur für durchaus unbedenklich, sondern überhaupt für un¬ 
entbehrlich, da die beamteten Tierärzte den Anforderungen allein 
gar nicht zu genügen vermöchten. Bei der Bekämpfung dieser 
Krankheit, wie sie sich in absehbarer Zeit gestalten wird, sollte 
der Privattierarzt, von einer gewissen allgemeinen Leitung ab¬ 
gesehen, annähernd gleichberechtigt neben dem beamteten Tier¬ 
arzt arbeiten. Es sollte ihm die Untersuchung, die amtlich 
gültige Anzeige der zu bekämpfenden Fälle, die Beaufsichtigung 
der ja durchaus nicht einschneidenden Maßregeln und auch die 
Feststellung des Leidens durch die Obduktion überlassen werden; 
letzteres hätte um so weniger Bedenken, als die zu tötenden | 
Tiere mehr oder weniger in Schlachthäuser zu verbringen wären. 
Auch bei der allgemein verbreiteten und sicher festzustellenden 
Druse kann dem behandelnden Arzt ebensowohl die gültige 
Feststellung wie die Überwachung der selbstverständlich milden 
Maßregeln ganz überlassen bleiben. Die Brustseuche ist ja 
auf dem platten Lande nicht so häufig wie in den großen 
Städten, hier andrerseits in den Händlerställen und Rehbahnen 
aber besonders gefährlich. Inwieweit die städtischen Privat¬ 
tierärzte hierbei zugezogen werden können, muß besonderer 
Erwägung überlassen bleiben. Bei der Schweineseuche, 
neben der zurzeit vielfach die Schweinepest besteht, würde 
namentlich mit Rücksicht auf letztere Seuche vielleicht zurzeit 
eine Änderung des gebräuchlichen Verfahrens noch nicht herbei¬ 
geführt, jedoch für die Zukunft offen gehalten werden können. 
Dagegen kann die noch dazu ganz einfache Feststellung des 
Rotlaufs dem praktischen Tierarzt ebenso überlassen werden 
wie die Ausführung der Impfung auch im Falle ihrer Anordnung; 
letzterenfalls könnte die Zuweisung oder Kontrolle der anzu¬ 
wendenden Impfstoffe dem beamteten Tierarzt Vorbehalten bleiben. 
Endlich könnte bei der Geflügelcholera und Hühnerpest, 


soweit die Seuche nicht größere Handelsetablissements betrifft, 
die Feststellung wie die Überwachung der Maßregeln dem 
Privattierarzt anvertraut werden. 

Die gewiß notwendige Übersicht des beamteten Tierarztes 
über sämtliche in seinem Kreise eingetretenen Seuchenfälle 
würde durch eine derartige Beteiligung der Privattierärzte in 
keiner Weise beeinträchtigt werden, da ja die Verpflichtung 
zur Anzeige auch an den beamteten Tierarzt aufgestellt werden 
kann. Selbstverständlich würde auch der Kreisbehörde die Er¬ 
mächtigung verbleiben, gewisse Kontrollen durch den Kreistier¬ 
arzt ausführen zu lassen. 

Wir beschränken uns darauf, unsre Auffassung von der 
zuzulassenden Mitwirkung der privaten Tierärzte im vorstehenden 
lediglich anzudeuten, weil ja im Gesetz selbst die für die 
einzelnen Seuchen zu ergreifenden Maßregeln noch nicht zum 
Ausdruck kommen, die tierärztlichen Verrichtungen sich vielmehr 
erst aus der Instruktion des Bundesrates und aus etwaigen 
von den Landesregierungen zu erlassenden Verordnungen im 
einzelnen ergeben. Den hohen Reichstag bitten wir deshalb, 
im allgemeinen daliin zu wirken, daß eine Mitwirkung der 
privaten Tierärzte, etwa in dem zuletzt bezeichneten Um¬ 
fange, in jenen Ausführungsbestimmungen zum Gesetz 
vorgesehen werde. 

Damit diese Mitwirkung aber überhaupt ermöglicht wird, 
bedarf es bei der Gestaltung des Gesetzes nur einer Ab¬ 
änderung des § 2, der in seiner gegenwärtigen Fassung die 
von uns gewünschte nicht bloß ausnahmsweise Mitwirkung 
ausscbließt. 

Wir bitten daher den hohen Reichstag 
in § 2 Abs. 2 hinter dem zweiten Satz einzuschalten: 
Auch können die aus diesem Gesetz sich er¬ 
gebenden tierärztlichen Obliegenheiten bei 
einzelnen der im Gesetz genannten oder nach 
§ 10 Abs. 2 anzeigepflichtigen Seuchen ganz 
oder teilweise, durch die Instruktion des Bundes¬ 
rates oder nach Anordnung der Landesregierun¬ 
gen, nichtbeamteten approbierten, insbesondere 
den mit der ärztlichen Behandlung der be¬ 
treffenden Tierbestände befaßten Tierärzten 
allgemein übertragen werden. 

Im Aufträge des Verbandes der Privattierärzte in Preußen: 

Der Vorsitzende 
Arnous. 

Anmerkung. 

Die obige Eingabe habe ich auf Bitte des Verbands¬ 
vorsitzenden verfaßt. Da sie voraussichtlich Angriffe erfahren 
wird, so möchte ich das feststellen und komme in der nächsten 
Nummer darauf zurück. 

In der Seuchenkommission haben die Konservativen be¬ 
antragt, dem § 2 den in der Petition empfohlenen Zusatz ein¬ 
zufügen. Schmaltz. 

Bericht über die YII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

Die diesjährigen Tagungen waren so gut besucht, daß die 
kühnsten Erwartungen des Vorstandes übertroffen worden sind. 
In der Hauptsitzung am 30. November war der auch im Vorjahr 
als Versammlungsraum benutzte Ratssal des Kaiserkellers buch- 






13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


129 


stäblich bis auf den letzten Platz gefüllt. Ans nah und fern 
waren die Kollegen herbeigeeilt, um ihren Korpsgeist zu be¬ 
tätigen, alten Freunden zu begegnen und schließlich auch der 
Reichshauptstadt mit ihren starken Anziehungskräften auf allen 
Gebieten wieder einmal einen Besuch abzustatten. Eine Anzahl 
von Mitgliedern, die gern gekommen wäre, mußte leider daheim 
bleiben, weil sie durch die kollidierenden dienstlichen Bezirks¬ 
versammlungen zurückgehalten wurden. 

Unter der dichten Menge der in den oberen Restaurations¬ 
räumen des Kaiserkellers sich versammelnden Teilnehmer 
herrschte eine angeregte, frische Stimmung, die trotz der 
folgenden langen Sitzung nicht erschlaffte, die später der 
gehobene Verlauf des Festessens deutlich zeigte. 

Am Vorabend, den 29. November, hatte bereits eine 
Vorstandssitzung unter Zuziehung der Vertrauensmänner statt¬ 
gefunden, die gleichfalls gut besucht war und von 8 Uhr abends 
bis Mitternacht dauerte. Nächst Besprechung einer Anzahl 
Verwaltungsangelegenheiten und Dingen vertraulicher Natur 
konnte auch gleichzeitig Punkt 7 der Tagesordnung: Be¬ 
gründung eines tierärztlichen Seruminstituts seine 
Erledigung finden. Nach längerer, interessanter Debatte, an der 
sich Herr Dr. Schreiber-Landsberg als Antragsteller und Herr 
Zuchtdirektor Marks-Posen, die in dankenswerterweise schon 
zu dieser Sitzung erschienen waren, in Sonderheit beteiligten, 
zog Herr Dr. Schreiber sein Referat zurück, nachdem alle 
Anwesenden einstimmig ihre Ansicht dahin kundgegeben hatten, 
daß es nicht Sache des Vereins beamteter Tierärzte allein sein 
könne, die Initiative zu einer derartig verantwortungsvollen 
Gründung zu ergreifen. Die erforderlichen, großen Summen, 
die zur Gründung eines solchen Instituts im Kampfe gegen das 
Großkapital nötig seien, würden auch kaum von der Gesamtheit 
der Tierärzte zur Verfügung gestellt werden. 

Die Hauptverhandlungen am Sonnabend, den 30. November, 
wurden vom Vorsitzenden um IIV 4 Uhr vormittags eröffnet und 
mit nachstehenden Worten eingeleitet: 

Die laue Beteiligung an der letzten Wanderversammlung 
in Düsseldorf hatte im Vorstand die Befürchtung wach gerufen, 
daß unter den verehrten Mitgliedern eine große Vereinsmüdigkeit 
vorherrschend sei. Die große Zahl der Teilnehmer an der 
heutigen Hauptversammlung ist aber am besten geeignet, unsere 
Sorge für das Leben im Vereinsorganismus, um bei dem früher 
gebrauchten Bilde zu bleiben, zu zerstreuen. Wir haben Ihnen, 
wie das Programm ankündigt, heute eine verhältnismäßig große 
Zahl wichtiger Fragen vorzulegen und ihrer Entscheidung zu 
unterbreiten. Mit großer Befriedigung lese ich von dieser Stelle 
aus In Ihren Augen das lebhafte Interesse, das nicht im Zweifel 
läßt, daß Sie sich dieser Aufgabe mit Eifer annehmen werden. 
In diesem Sinne heiße ich Sie, unter innigem Dank für Ihr 
zahlreiches Erscheinen herzlich willkommen. 

Hier nehme ich gleich Gelegenheit, denjenigen Herren 
Departements- und Kreistierärzten unsere wärmsten Grüße 
zuzurufen, die als Gäste hierher gekommmen sind, um unseren 
Beratungen beizuwohnen. Vielleicht gewinnen Sie, meine Herren, 
durch das was hier vorgeht, die Überzeugung, daß Sie dem 
Verein Ihre wertvollen Kräfte nicht vorenthalten dürfen und 
geben allen noch außerhalb stehenden Amtstierärzten Preußens 
durch Ihren Beitritt ein schönes Beispiel. 

Es ist mir ein besonderes Vergnügen, den Vorsitzenden 
des Verbandes der Privattierärzte Herrn Amons bei uns zu 


sehen. Der Vorstand hat Ihrem Wunsch, heute hier gegenwärtig 
zn sein, einstimmig und gern seine Bewilligung gegeben. Wir 
betrachten diesen Schritt als eine offene und freiwillige An¬ 
näherung an den V. b. T., getragen von dem Wunsche, die 
zwischen beiden großen Gruppen unseres Standes aufgekommenen 
Gegensätze in loyaler Weise mit zum Ausgleich zu bringen. 
Wenn uns diese Hand in der Absicht der Einigung und um des 
Friedens willen geboten ist, so wollen wir sie mit warmem 
Gegendruck erfassen. Als hochwillkommenen Gast habe ich 
ferner Herrn Professor Eberlein zu begrüßen. Wir freuen 
uns, daß Sie unserer Einladung gefolgt sind und wissen die 
hierdurch dem Verein gegenüber betätigte freundliche Ge¬ 
sinnung aufrichtig und dankbar zu schätzen. 

In meine Grüße schließe ich noch ein die als alt bekannte 
Gäste anwesenden Herren mit dem Wunsche, daß sie sich wie 
früher, bei uns wohl fühlen mögen. 

Herr Ministerialdirektor Küster hat sein Fernbleiben unter 
dem Ausdruck des Bedauerns, daß seine Zeit durch eine Sitzung 
im Abgeordnetenhause in Anspruch genommen sei, entschuldigt 
und w’ünscht den Verhandlungen besten Erfolg. Auch die 
Herren Geheimen Regierungsräte Dammann, Schütz und 
Eggeling haben in ihren Entschuldigungsschreiben der Ver¬ 
sammlung freundliche Grüße gesandt und für die an sie er¬ 
gangenen Einladungen gedankt. In gleich liebenswürdiger Weise 
sind Antworten eingegangen, von den Herren Veterinärräten: 
Behrens, Berndt, Brietzmann, Dr. Feliscli, Dr. Foth, 
Hinrichsen, Johow, Koschel, Leistikow, Dr. Lothes, 
Dr. Marks, Matthießen, Pauli, Peters, Preuße, Tietze, 
Wall mann, Waßmann und von einer Reihe von Mitgliedern, 
die durch Zufälligkeiten am Erscheinen verhindert sind. 

Nach einer kurzen Erwiderung des Herrn Professor Eber¬ 
lein und einigen Bemerkungen des Schriftführers über das 
gebildete Bureau fuhr der Vorsitzende weiter fort. 

Meine Herren! bei Zusammenstellung der heutigen Tages¬ 
ordnung hatte sich der Vorstand von dem Gesichtspunkt leiten 
lassen, die dringendsten Tagesfragen einmal aus dem Gebiet 
unserer praktischen Tätigkeit, zum andern aus dem wirtschaft¬ 
lichen Leben der Kreistierärzte vor ihr Forum zu bringen. 

Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche gehört zu 
unsern alten und wichtigsten Aufgaben. Die Kontrolle des 
Fleischverkehrs ist durch die jüngsten Erlasse des Herrn 
Ministers in ein neues Stadium getreten. Es wird jetzt von 
seiten der Behörden energisch für seine Entwicklung und Be¬ 
festigung gewirkt, wobei es an unserer bereitwilligen Mitarbeit 
nicht fehlen soll. Eine starke Bewegung macht sich jetzt 
endlich auf dem Gebiet der Milchhygiene bemerkbar, auf die die 
Tierärzte längst gewartet haben. Es ist eine ganz irrige An¬ 
schauung und zeugt von schwacher Orientierung wenn von einer 
Seite*) behauptet wird, daß wir bisher für die Milchwirtschaft 
nichts übrig gehabt hätten, und nun mit einem Male in die 
führende Rolle hineinspringen möchten. Abgesehen davon, daß 
sich der Tierarzt in der Praxis von jeher auf diesem Gebiet 
betätigen mußte, können wir Männer anfweisen, deren Arbeiten 
in diesem Fach anerkannte Geltung erworben haben und be¬ 
halten werden. Von den Alten nenne ich nur Fes er in München 
und von den Modernen unsern verehrten Geheimrat Ostertag. 

*) Hans Schrott - Fiechtl. Hlustr. Landw. Zeitung, 1907, 
Nr. 87. 


130 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


Meine Herren! wir wollen hier nur die Rolle spielen, die uns 
zusteht. Deshalb ist es kein Überfluß, daß sie zwei Vorträge, 
verschieden durch den Gegenstand, aus dem Bereich der Milch¬ 
hygiene in dem Programm vorfinden. 

Einem Dieb in der Nacht gleich ist die Frage der Ge¬ 
staltung unserer Gehaltsbezüge aus der Versenkung, in die sie 
vor kaum drei Jahren hinabglitt, als ein ruheloses Gespenst 
wieder heraufgestiegen. Gepeinigt durch die allgemeine Teuerung 
und geschreckt von dem dunkeln Gerücht über die Pauschalierung 
der Reisekosten und Tagegelder ist es von neuem beunruhigend 
in unseren Gesichtskreis getreten. (Heiterkeit.) 

Wie dornenreich und verantwortungsvoll es ist, diese Dinge 
zur Sprache zu bringen, sind wir uns voll bewußt. Sie rühren 
nicht nur an den innersten nervus rerum sozusagen, sondern an 
das Wohl und Wehe des ganzen Standes der Kreistierärzte und 
seiner Familien ( Zustimmung). Wir haben aber auch anderer¬ 
seits eine Verantwortung gegen die Staatsregiernng, der wir 
klaren und authentischen Aufschluß über unsere Lage geben 
sollen. 

Lassen Sie uns daher an die Beratung dieser Fragen mit 
der Ruhe und Besonnenheit gehen, welche einer Versammlung 
älterer gebildeter Männer würdig sind. Möchten Sie positive 
Arbeit schaffen und Beschlüsse fassen, die geeignet sind, der 
Staatsregierung bei ihren Entschließungen als Grundlage zu 
dienen. 

Das Zustandekommen der diesjährigen Hauptversammlung 
vollzog sich mit einigen Schwierigkeiten und ich will hier vor¬ 
weg unser Bedauern aussprechen, daß wir in bezug auf den 
Termin der Sitzungen nicht allen an uns gelangten Wünschen 
Rechnung tragen konnten. Eine nicht mehr zu umgehende 
Konkurrenz erwuchs dem Zeitpunkt unserer Tagungen durch 
die von dem Herrn Minister in den Monaten August bis 
Dezember angeordneten Bezirksversammlungen, von denen, soweit 
zu unserer Kenntnis gelangt sind, drei mit dieser Versammlung 
zusammenfielen. Dieser Umstand hat dem Vorstand zum Teil 
bittere Vorwürfe eingetragen, die aber um so weniger gerecht¬ 
fertigt erscheinen, als er schon in seinem Rundschreiben vom 
September die Zeit um den 1. Dezember als Versammlungstermin 
vorläufig bezeichnet hat. Ein Einspruch gegen diese Absicht 
des Vorstandes fand zunächst nicht statt. Es wurde aber viel¬ 
seitig gewünscht, die Hauptsitzung wie herkömmlich und er¬ 
probt sei, auf den Sonnabend zu legen. So kamen wir ohne 
wesentliche Verschiebung des angekündigten Termins auf den 
30. November. Erst später im Oktober, als die Vorbereitungen 
für die Versammlung in vollem Gange und bereits weit ge¬ 
fordert waren, wurden die Anträge um Verlegung aus den an¬ 
gegebenen und auch anderen weniger triftigen Gründen gestellt. 
Wer erfahren hat, welche Schwierigkeiten es macht, eine Anzahl 
von Referenten auf einen bestimmten Tag zu verpflichten, ferner 
in der Zeit vor Weihnachten in Berlin einen geeigneten Saal 
und die erforderlichen anderen Räume für eine große Gesell¬ 
schaft zu mieten und noch viele andere Faktoren mit den Ver¬ 
sammlungen in Einklang zu bringen, der wird nicht daran 
denken (wie es geschehen ist), uns eine geringe Rücksichtnahme 
auf die Vereinsmitglieder vorzuw T erfen. 

Um ein Zusammentreffen mit den Bezirksversammlungen in 
Zukunft gänzlich zu vermeiden, müßten wir unsere Winter¬ 
sitzung nicht auf das Endo, sondern auf den Anfang des Jahres 


anberaumen. Ehe w r ir uns aber zu diesem Schritt entschließen, 
möchte ich Vorschlägen, den Termin auf den Sonnabend in der 
ersten Dezemberwoche ein für allemal festzulegen.*) 

Nach alledem mögen Sie erkennen, daß es immer eine 
unserer Sorgen gewesen ist, jedes einzelne Mitglied zur Vereins- 
tiitigkeit heranzuziehen und ihm dazu jede Gelegenheit zu ver¬ 
schaffen. 

Um zunächst zu unseren wichtigen Vorträgen zu kommen, 
möchte ich mit Ihrem Einverständnis die Erstattung des Jahres¬ 
berichtes vorläufig zurückstellen. Da kein Widerspruch erfolgt, 
bitte ich Herrn Veterinärrat Nevermann zu seinem Vortrage 
über die neuere Bekämpfung der Maul- und Klauen¬ 
seuche das Wort zu nehmen (geschieht): 

Das Referat liegt uns in extenso leider noch nicht vor und 
soll eventuell später selbständig veröffentlicht werden. Herr 
Nevermann besprach die Erfahrungen, die er als Kommissar 
des Herrn Ministers bei Unterdrückung der verschiedensten 
Ausbrüche dieser Seuche gemacht hatte und knüpfte daran 
lehrreiche Schlußfolgerungen. 

| Der Vorsitzende dankte dem Referenten für sein aus¬ 
gezeichnetes Elaborat unter dem Hinweis auf die Erfolge, 
welche eine zielbewußte Methode und energisches Vorgehen in 
einer festen Hand vereinigt, bei der Bekämpfung der Aphthen¬ 
seuche gezeitigt haben. 

Im Laufe dieses Vortrags hatte der Geheime Ober- 
Regierungsrat Herr Schroeter den Saal betreten, durch dessen 
Vorstellung und Begrüßung der Vortrag auf kurze Zeit unter¬ 
brochen wurde. Der Vorsitzende hob hervor, daß der hoch- 
geschätzte Gast allen Anwesenden wohl bekannt sei duröh seine 
langjährige erfolgreiche Wirksamkeit an der Zentralstelle des 
staatlichen Veterinärwesens in Preußen und als Schriftsteller 
durch sein Buch, das ja speziell in unseren Kreisen außer¬ 
ordentlich viel gelesen und geschätzt werde. 

Wir empfänden es aber als eine große Ehre und als ein 
Zeichen des Wohlwollens, daß der Herr Geheimrat nun heute 
auch persönlich zu uns gekommen sei und den Beratungen bei¬ 
wohnen wolle. 

Nach Erledigung des Nevermann sehen Referates ergriff 
Herr Geheimrat Schroeter das Wort zu einer Ansprache etwa 
nachstehenden Inhalts: 

Der Herr Minister hat mich beauftragt, Ihnen seine Grüße 
zu überbringen und Ihren Verhandlungen ersprießlichen Verlauf 
zu wünschen. Wie Ihr Herr Vorsitzender erwähnt hat, bin ich 
seit Jahren auf dem Gebiet tätig, das Sie praktisch bearbeiten. 
Ich kenne Ihre Bestrebungen und habe mich überzeugen können, 
wo Sie der Schuh drückt. Es ist ja nicht zu leugnen, daß Sie 
noch vielfach zu kämpfen haben um Ihr Ansehen und Ihre 
Existenz. Aber es ist auch schon manches besser geworden in 
den letzten Jahren. Sie sind in jeder Beziehung ein gutes 
Stück vorwärts gekommen. Ich möchte Ihnen daher raten, bei 
Ihren neuen Forderungen über das Maß des Möglichen nicht 
hinauszugehen. Auf eine prinzipielle Änderung des Gesetzes 
betreffend die Dienstbezüge der Kreistierärzte ist nach einem 
erst dreijährigen Bestehen der Reform nicht zu rechnen. Sie 
können aber versichert sein, daß das Ministerium Ihre Interessen 

*) (’fr. spätere Beschlußfassung. 




13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


131 


bei jeder Gelegenheit nachhaltig vertritt und für seine Beamten 
die Vorteile zu gewinnen sucht, die nur irgendwie gewährt 
werden können. 

Den Ausführungen des Herrn Redners folgte ein lebhaftes 
Bravo. Der Vorsitzende sprach für die vom Herrn Minister 
übermittelten Grüße und Wünsche und für die soeben gehörten 
Worte den ehrerbietigsten und ergebensten Dank der Ver¬ 
sammlung aus. Mit Rücksicht darauf, daß es uns am Herzen liege, 
die Gehalts- und Pauschalierungsfrage in Gegenwart des Herrn 
Regierungs Vertreters zu verhandeln, mache er den Vorschlag, 
sofort in die Beratung dieses Gegenstandes einzutreten. 

Nach allgemeiner Zustimmung erhält zunächst Herr Dralle* 
Einbeck das Wort zu Punkt 9 der Tagesordnung. 

(Fortsetzung folgt.) 


Einladung zur IV. Generalversammlung der Gruppe „Hessen-Nassau“ des 
Verbandes der Privattierfirzte In Preußen. 

Sonntag, den 1. März 1908, vormittags 11 Uhr s. t., 
in Marburg a. d. Lahn „Hotel Pfeiffer“. 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliches; 

2. Kassenbericht; 

3. Bericht über die am 8. Dezember 1907 in Berlin stattgefundene 
Delegiertenversammlung des Verbandes der Privattierärzte 
in Preußen. Referent: Tierarzt Höxter-Treysa; 

4. Erfahrungen aus der Fleischbeschau. Referent: Tierarzt 
Meßler-Borken; 

5. Besprechung verschiedener Angelegenheiten; 

6. Aufnahme neuer Mitglieder. 

Um zahlreiches Erscheinen wird dringend gebeten. Nach der 
Sitzung gemeinschaftliches Mittagsmahl. 

Tierarzt Höxter-Treysa, Vorsitzender. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

Die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche 
im Jahre 1907. 

Auch im Jahre 1907 war die Ausbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Deutschland keine sehr erhebliche. Am Anfang des 
Jahres waren 60 Gemeinden und 146 Gehöfte verseucht. Davon 
entfällt etwa die Hälfte auf 8 Regierungsbezirke in Preußen. 
In Bayern, Sachsen, Württemberg war die Seuche fast völlig 
erloschen, nur -Elsaß-Lothringen zeigte sich ziemlich stark ver¬ 
seucht. In der Folgezeit ging die Zahl der Seuchenfälle zurück. 
Am 31. Januar waren nur noch 36 Gemeinden und 134 Gehöfte 
betroffen, von denen der weitaus größte Teil auf Elsaß-Loth¬ 
ringen entfiel. In den nächstfolgenden Monaten nahm die Zahl der 
Seuchenfälle wieder ganz rapide zu. Sie erreichte am 31. März 
mit 84 Gemeinden und 235 Gehöften ihren Höhepunkt. Die Zu¬ 
nahme betraf besonders Württemberg und Elsaß-Lothringen. 
Ebenso schnell, wie die Zahl der Seuchenfälle in die Höhe ge¬ 
gangen war, ging sie wieder zurück, und bereits am 15. Juni 
war sie wieder soweit zurückgegangen, daß nur noch 19 ver¬ 
seuchte Gemeinden und 62 Gehöfte gemeldet werden konnten. 
Sie hatte sich also auf V 4 der Zahl der Fälle im März ver¬ 
ringert. Preußen war um diese Zeit fast ganz frei. Am 
15. August konnte der niedrigste Seuchenstand notiert werden 
mit 16 Gemeinden und 35 Gehöften; über 70 Proz. davon ent¬ 
fielen allein auf den bayrischen Regierungsbezirk Schwaben. 
Die Zahl der verseuchten Gemeinden ging bis Mitte Oktober 
noch weiter herab, sie betrug am 15. Oktober nur 11. Die 
Zahl der verseuchten Gehöfte hatte sich jedoch wieder etwas 
vergrößert. Von Mitte November ab nahm die Seuche plötzlich 
wieder durch vermehrtes Auftreten im Osten Deutschlands in 
den Provinzen Ost- und Westpreußen erheblich zu. Sie herrschte 
Ende November in 61 Gemeinden und 165 Gehöften und Ende 
Dezember 1907 in 131 Gemeinden und 249 Gehöften. Sie 
erreichte somit am Jahresschluß ihren höchsten Stand im 
Berichtsjahre. Vergleichen wir mit der nebenstehenden Kurve 
die betreffende Kurve aus dem Jahre 1906, so fällt die große 
Ähnlichkeit beider in die Augen. Hier wie dort Ansteigen der 
Seuchenfälle in der ersten Jahreshälfte, dann beträchtliches 
Zurückgehen im Laufe des Sommers und plötzliches, erhebliches 
Ansteigen wieder gegen Jahresschluß. Beide Kurven lehren 
uns, daß wir wohl imstande sind, die Seuche wirksam zu be- 


1 kämpfen. Die Zunahme des Viehverkehrs in der ersten Jahres¬ 
hälfte mit Beginn des Frühjahrs wird ja wohl meist eine Er¬ 
höhung der Zahl der Seuchenfälle im Gefolge haben, die sich 
jedoch bei energischer Anwendung der Bekämpfungsmaßregeln 
bald wieder wird vermindern lassen. Das erhebliche Ansteigen 
der Seuchenfälle am Jahresschluß hat in beiden Jahren 1906 
und 1907 ihre besondere Veranlassung gehabt. Im Berichts¬ 
jahre kommen hauptsächlich Neueinschleppungen aus dem Aus¬ 
lande in Betracht. 

Was nun speziell Preußen betrifft, so habe ich bereits 
erwähnt, daß am Jahresbeginn 8 Regierungsbezirke betroffen 
waren. Vereinzelte Seuchenfälle wiesen nur die Regierungs¬ 
bezirke Stettin, Stralsund, Breslau und drei rheinische Bezirke 
auf; in Posen waren 12 und in Erfurt sogar 47 Gehöfte be¬ 
troffen. Während die Seuche in letzteren Bezirken jedoch in 
der Folgezeit sehr bald erheblich zurückging und Ende Februar 
gänzlich erloschen war, nahm sie im Rheinland weiterhin zu; 
sie nahm jedoch auch hier keine erhebliche Ausbreitung an. Die 
Zahl der gleichzeitig verseuchten Gehöfte betrug zu keiner Zeit 
mehr als 20. Mitte Mai war die Seuche im Rheinland wieder er¬ 
loschen. Eine etwas stärkere Verseuchung zeigte im April der 
Regierungsbezirk Breslau. Ende April waren hier 12 Gemeinden 
in 2 Kreisen und 29 Gehöfte betroffen. Bald ging die Seuche 
aber auch hier wieder zurück und Ende Mai war der Bezirk 
Breslau bereits wieder seuchefrei. In den Sommermonaten, in 
denen in Deutschland die Maul- und Klauenseuche nur in sehr 
geringem Grade herrschte, war zwar Preußen niemals ganz 
seuchefrei, doch beschränkte sich die Seuche auf einige ganz 
vereinzelte Fälle in den Regierungsbezirken Aachen und Düssel¬ 
dorf, in welchen sie von neuem aufgetreten war; später kamen 
noch vereinzelte Fälle in Westfalen und Oberschlesien hinzu, 
die sich jedoch auch nicht weiter ausbreiteten. Da traten auf 
einmal Ende Oktober einige Seuchenfälle in den an der russischen 
Grenze liegenden Regierungsbezirken Allenstein und Marien¬ 
werder auf, die sich schnell auch auf die anderen Regierungs¬ 
bezirke Ostpreußens ausbreiteten und zum Schluß auch auf 
Danzig übergingen. Die Ausbreitung nahm namentlich in Ost¬ 
preußen ganz rapid zu. Am Jahresschluß waren hier 20 Kreise, 
66 Gemeinden und 115 Gehöfte von der Maul- und Klauenseuche 
betroffen. Hier ist also die Seuche zu einer nicht unerheblichen 
Epidemie ausgeartet, die bei dem großen Viehexport aus Ost¬ 
preußen eine große Gefahr für das übrige Deutschland bildet. 
Das gleiche gilt von dem Regierungsbezirk Marienwerder; auch 



132 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


hier hat sich eine Epidemie entwickelt, Ende Dezember 6 Kreise, Seuche breitete sich jedoch hier nicht weiter aus. Mitte Februar 
30 Gemeinden und 64 Gehöfte, die für das übrige Deutschland war dieser Bezirk bereits seuchefrei. 

eventuell gefährlich werden kann. In dem übrigen Teil Im März und April traten dann in den Bezirken Mannheim, 

Preußens herrschte die Maul- und Klauenseuche im letzten Karlsruhe, Freiburg neue Seuchenfälle auf. Mitte April waren 

Monat des Jahres, ausgenommen vereinzelte Fälle in der hier 7 Gemeinden und 21 Gehöfte betroffen. Die Zahl der 

Provinz Posen und in Sigmaringen, nicht. Fälle ging von da an langsam zurück, doch traten bis in den 

Bayern war am Jahresbeginn fast seuchefrei. Die Seuche hinein noch vereinzelte Seuchenfälle auf. Ende Juli war 

herrschte hier nur in einem Gehöft. Im Laufe des Monats Baden seuchefrei, und blieb es auch, abgesehen von zwei ver- 

Jannar erlosch sie gänzlich. Vereinzelte neue Seucbenfälle einzelten Ausbrüchen im Bezirk Mannheim, bis zum Jähresschluß. 

In Mecklenburg-Strelitz ereignete sich im Januar ein Seuchen¬ 
ausbruch, der jedoch vereinzelt blieb. Elsaß-Lothringen war 
beim Jahresbeginn ziemlich stark verseucht. In 10 Kreisen 
waren hier 22 Gemeinden und 55 Gehöfte betroffen. Die Zahl 
der Seuchenfälle nahm hier noch etwas zu, sie erreichte ihren 
Höhepunkt im Februar-März. Am 28. Februar waren 90 Ge¬ 
meinden und 141 Gehöfte betroffen, von da an ging sie langsam 
zurück. Am 15. Juni war Lothringen bereits frei. Mitte Juli 
auch Ober-Elsaß und Ende Juli Unter-Elsaß. ,Die Maul- und 
Klauenseuche trat in Elsaß-Lothringen bis zum Jahresschluß 
nicht wieder auf. 

Alle übrigen Bundesstaaten blieben während des ganzen 
Jahres 1907 frei von Maul- und Klauenseuche. 

Die Schweineseoche im Jahre 1907. 

Die Schweineseuclie hatte sich im Berichtsjahre nicht stärker 
ausgebreitet. Die Zahl der Seuchenausbrüche hat im Gegenteil, 
wie die beistehende Kurve zeigt, eine fallende .Tendenz. Die 
traten sodann im Monat Februar wieder auf, die jedoch nur im Höchstzahl der Ausbrüche fällt auf den Jahresbeginn, die 
Reg.-Bez. Schwaben eine weitere Ausbreitung nahmen. Hier niedrigste Zahl auf den Jahresschluß. Im Verhältnis sind im 
waren Ende April 13 Gemeinden und 78 Gehöfte verseucht. Berichtsjahre 8,5 Proz. weniger Gemeinden und 9,5 Proz. 
In der Folgezeit ging die Seuche etwas zurück, doch kamen weniger Gehöfte von der Schweineseuche betroffen gewesen 
immer wieder Neuausbrüche vor, sie herrschte in diesem Bezirk wie 1906. 
auch noch am Jahresschlüsse, jedoch in nicht ‘beträchtlicher 
Ausdehnung; am 31. Dezember 1907 waren im Bezirk Schwaben 
10 Gemeinden und 39 Gehöfte betroffen. Die übrigen bayerischen 
Bezirke waren während des größten Teils des Jahres nahezu 
seuchefrei. Am Jahresschluß kamen in Oberbayern und Nieder¬ 
bayern einige Seuchenfälle zur Beobachtung. 

Auch Württemberg war am Jahresbeginn fast seuchefrei. 

Es bestand nur ein Seuchenherd im Bezirk Donaukreis. Von 
hier aus entwickelte sich jedoch eine kleine Epidemie. Ende 
März waren hier 11 Gemeinden und 30 Gehöfte betroffen, die 
Seuche hatte aber auch in die Bezirke Schwarzwaldkreis 
und Neckarkreis übergegriffen. Namentlich in ersterem 
nahm sie rapide zu. Am 31. März waren hier 6 Kreise, 

24 Gemeinden und 72 Gehöfte verseucht. Der Neckarkreis war 
weniger stark betroffen. Im Mai und Juni ging die Maul- und 
Klauenseuche in den betroffenen Bezirken stark zurück. Ende 
Juni war der Schwarzwaldkreis seuchefrei. Im Donaukreis 
blieben jedoch vereinzelte Fälle, die später auch wieder ein 
wenig Zunahmen. Im Monat August erlosch auch hier die 
Seuche. Vereinzelte neue Seuchenfälle traten im Laufe des 
Sommers noch in den anderen Bezirken auf. Mitte November 
war Württemberg seuchefrei. Gegen Jahresschluß waren ver¬ 
einzelte neue Fälle aufgetreten. Das Königreich Sachsen blieb 
während des ganzen Jahres frei von Maul- und Klauenseuche. 

Das Großherzogtum Baden war von dieser Seuche nur wenig 
betroffen worden. Am Jahresbeginn waren im Landeskommissariats¬ 
bezirk Freiburg 6 Gemeinden und 12 Gehöfte verseucht. Die seuclie, dieses Verhältnis hatte allerdings im Laufe des Jahres 





Ob nun diese Verringerung der Zahl der Seuchenfälle auf 
ein tatsächliches Zurückgehen der Schweineseuche zurück¬ 
zuführen oder als eine Folge der Einschränkung des veterinär¬ 
polizeilichen Begriffs „Schweineseuche“ durch den preußischen 
MiniBterialerlaß vom 4. Februar 1907 (Beil, zu Nr. 11 B. T. W.) 
anzusehen ist, muß dahingestellt bleiben. Bis zum Jahre 1907 
hatte die Zahl der Seuchenfälle von Jahr zu Jahr zugenommen. 

Der auf Preußen entfallende Hauptanteil, der im Jahre 1906 
auf 81,8 Proz. aller Seuchenfälle in Deutschland herabgegangen 
war, hat sich im Berichtsjahr wieder vergrößert. Auf diesen 
Bundesstaat entfielen 1907 85,8 Proz. aller Fälle von Schweine- 
















13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


etwas geschwankt, am 30. Juni waren es 87,5 Proz., am 30. Sep¬ 
tember nur 82,5 Proz. Am Jahresschluß betrug dieses Ver¬ 
hältnis wieder 86,6 Proz. 

In Preußen haben sich die Verhältniszahlen 1907 wieder 
zuungunsten der sechs östlichen Provinzen verschoben. Auf diese 
entfallen 61 Proz. aller Seuchenfälle in Deutschland, auf die 
sechs westlichen Provinzen 39 Proz. Sigmaringen bleibt außer 
Betracht, weil hier Fälle von Schweineseuche nicht zur Beobachtung 
gekommen sind. Während am Jahresbeginn die sechs östlichen 
Provinzen nur zu 43 Proz. betroffen waren, war dies am Beginn 
des zweiten Vierteljahres bereits mit 52 Proz. der Fall, am 
Beginn des dritten Vierteljahres mit 59,5 Proz., des vierten 
Vierteljahres mit 68,3 Proz. und am Jahresschluß mit 64,2 Proz. 
Diese Verschiebung zuungunsten der sechs östlichen Provinzen 
kommt hauptsächlich auf das Konto der Provinz Schlesien. Im 
Reg.-Bez. Marienw f erder, welcher im Jahre 1906 der stärkste 
verseuchte Bezirk war, ist die Seuche sehr zurückgegangen. 
Am Jahresbeginn waren hier noch 74 Gehöfte verseucht, 
später ging diese Zahl auf 40 bis 50 zurück. Auf dieser Höhe 
hielt sie sich mit geringen Schwankungen während des ganzen 
Jahres; am Schlüsse 1907 waren nur 39 Gehöfte verseucht. In 
Ostpreußen waren hauptsächlich die Regierungsbezirke Königs¬ 
berg und Allenstein betroffen, Gumbinnen kommt weniger in 
Betracht. In den beiden erstgenannten Bezirken blieb sich die 
Zahl der Gehöfte annähernd gleich je 45 bis 60. In der 
zweiten Hälfte des Jahres nahm die Zahl der Seuchenausbrüche 
im Regierungsbezirk Königsberg zu, während sie in Allenstein 
zurückging. Ende September wurden im Bezirk Königsberg 92 
verseuchte Gehöfte notiert, im Bezirk Allenstein nur 28, Ende 
Dezember 100 hzw. 16. Eine erhebliche Verseuchung wies 
nach der Regierungsbezirk Potsdam auf. Hier waren am 
.Jahresbeginn 82 Gehöfte betroffen. Die Seuche ging hier an¬ 
fangs etwas zurück, stieg jedoch im zweiten Vierteljahr; am 
15. Juni wurden 154 verseuchte Gehöfte notiert, im dritten 
Vierteljahr ging die Zahl der verseuchten Gehöfte wieder etwas 
zurück, um im vierten wieder anzusteigen, am Jahresschluß 
130 Gehöfte. In Schlesien nahm die Zahl der Seuchengehöfte 
am Jahresbeginn bis Mitte des Jahres um fast das Zweieinhalb¬ 
fache zu. 

Am Jahresbeginn wurden 288 verseuchte Gehöfte notiert, 
am 30. Juni 647, später ging die Seuche wieder langsam zurück, 
besonders im Bezirk Oppeln, am Schlüsse des Jahres waren 346 
Gehöfte betroffen. Den Hauptanteil an der Verseuchung der 
Provinz Schlesien hatten die Reg.-Bez. Breslau und Liegnitz. 
Eine nicht unerhebliche Zunahme hatte die Schweineseuche auch 
in der Provinz Posen zu verzeichnen. Die Zahl der betroffenen 
Gehöfte stieg von 107 am Jahresanfang auf 241 am 30. November. 
Im Monat Dezember ging die Seuche wieder ein wenig zurück. 
Am Jalires8cbluß konnten jedoch immer noch 221 betroffene 
Gehöfte notiert werden. Von den sechs westlichen Provinzen 
zeigten eine stärkere Verseuchung die Reg.-Bez. Schleswig, 
Erfurt, Kassel, Wiesbaden, Düsseldorf, später auch Trier, Arns¬ 
berg. In Schleswig ging die Seuche im Laufe des Jahres sehr 
zurück. Während anfangs noch 165 Gehöfte betroffen waren, 
wmrden am Jahresschluß nur 43 notiert. Erfurt war nur in 
dem ersten Jahresviertel etwas stärker betroffen, später ging 
die Zahl der verseuchten Gehöfte sehr zurück. Am Schlüsse 
1907 waren nur 18 Gehöfte betroffen. In Kassel und Wies¬ 
baden schwankte die Zahl der betroffenen Gehöfte auf und 


138 


nieder. Kassel zeigte am Jahresschluß mit 121 Gehöften noch 
eine ziemlich starke Verseuchung. 

Düsseldorf war von den westlichen Bezirken am meisten 
durch Schweineseuche betroffen. Die Zahl der Seuchengehöfte 
hielt sich in der ersten Jahreshälfte oft über 100, sie ging erst 
in der zweiten Hälfte etwas zurück. Im Reg.-Bez. Trier, 
welcher anfangs keineswegs stark verseucht war, stieg die Zahl 
der verseuchten Gehöfte von 29 Ende Mai auf 160 Ende Juni. 
Im Laufe der Monate August-September ging sie jedoch wieder 
zurück, am 30. September konnten hier nur noch 18 Seuchen¬ 
gehöfte notiert werden. Der am wenigsten betroffene preußische 
Reg.-Bez. ist Aurich. Dieser war während des größten Teils 
des Jahres gänzlich seuchefrei. 

Die übrigen Bundesstaaten treten bezüglich der Ver¬ 
breitung der Schweineseuche gegenüber Preußen zurück, doch 
war während des Verlaufs des Jahres 1907 nur der Bundes¬ 
staat Reuß ältere Linie völlig seuchefrei. Von Bayern kommt 
nur Oberbayem und zeitweise Niederbayern und die Pfalz in 
Betracht. Aber auch hier konnte die Schweineseuche eine große 
Ausbreitung nicht erlangen. In den übrigen Bezirken blieb die 
Seuche nur auf vereinzelte Fälle beschränkt. In ganz Bayern 
wurden am Jahresanfang 122 Gehöfte als verseucht notiert; 
später ging diese Zahl bis auf 25 am Schluß des Monats Juni 
zurück, noch später nahmen die Seuchenfälle wieder etwas zu, 
ohne jedoch die Zahl vom Jahresanfang zu erreichen, um gegen 
Schluß des Jahres wieder herabzugehen. Im Königreich Sachsen 
kam die Schweineseuche in der ersten Jahreshälfte nur ganz 
vereinzelt vor. Im Juli nahm die Seuche hier etwas zu, ohne 
jedoch eine größere Verbreitung anzunehmen. Die Zahl der 
gleichzeitig verseuchten Gehöfte ging nie über 20 hinaus. Das 
gleiche, was für Sachsen gilt, trifft auch für Württemberg zu. 
Dieser Bundesstaat war sogar zeitweise gänzHch frei von 
Schweineseuche. Auch im Großherzogtum Baden blieb die 
Seuche während eines großen Teils des Jahres nur vereinzelt. 
In der zweiten Hälfte trat eine etwas größere Ausbreitung im 
Bezirk Karlsruhe auf. Am 25. September wurde hier die Höchst¬ 
zahl mit 78 verseuchten Gehöften notiert Von Hessen kommt 
nur die Provinz Starkenberg in Betracht, aus welcher zeitweise 
etwas höhere Zahlen gemeldet wurden. Die Höchstzahl der 
gleichzeitig verseuchten Gehöfte betrug jedoch hier nur 34. Im 
Jahre 1906 war Oldenburg stark durch Schweineseuche betroffen 
gewesen und noch am Jahresbeginn herrschte sie in, 74 Gehöften; 
später ging sie stark zurück, ohne jedoch ganz zu erlöschen. 
Von anderen Bundesstaaten ist nur noch zu erwähnen Braun- 
schw r eig, in welchem zeitweise die Zahl der gleichzeitig be¬ 
troffenen Gehöfte bis gegen 50 stieg, ferner auch Lippe. Ein 
etwas eigentümliches Verhalten zeigte der Bezirk Lothringen. 
Bis Mitte Mai war dieser völlig seuchefrei. Gegen Ende 
dieses Monats ereigneten sich einige wenige Fälle. Während 
nun Ende Mai in drei Gemeinden nur drei Gehöfte von der 
Schweineseuche betroffen waren, waren dies Mitte Juni in fünf 
Gemeinden bereits 94 Gehöfte. Während des Sommers blieb die 
Zahl der gleichzeitig verseuchten Gehöfte ziemlieh hoch, sie 
ging erst im Herbst wieder allmählich zurück. Am Jahresschluß 
waren nur noch zwei Gehöfte betroffen. 

Viehwfihrschaftsgesetz. 

Der Kanton Basel Stadt hat unter dem 20. Juni 1907 ein 
Gesetz erlassen betr. die Haftung für Mängel und zugesicherte 



134 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


Eigenschaften beim Viehhandel. Dasselbe hat für uns insofern 
Interesse, als in betreff der gesetzlichen Währschaft annähernd 
die gleichen Bestimmungen getroffen sind, wie durch unser 
bürgerliches Gesetzbuch. Auch hier ist die Haftung nur 
für bestimmte Hauptmängel vorgesehen und auch nur für be¬ 
stimmte Währschaftszeiten. Eine Anzeigefrist ist vorgesehen, 
die aber nicht auf zwei Tage festgesetzt ist, wie bei uns, 
sondern die Anzeige ist spätestens am Tage nach dem Ablauf 
der Währschaftszeit zu machen oder am Tage nach dem Tode 
des Tieres. Die Verjährungsfrist ist nicht eine sechswöchent¬ 
liche, sondern nur eine vierwöchentliche. Die übrigen Be¬ 

stimmungen unterscheiden sich nicht wesentlich von den ent¬ 
sprechenden des bürgerlichen Gesetzbuches. Eine etwas andere 
Form haben die Bestimmungen über die vertragliche Währschaft. 
Zusicherungen bestimmter Eigenschaften oder Leistungen des 
Tieres müssen vertreten werden, doch nur wenn sie in schrift¬ 
licher Form abgegeben worden sind. Dasselbe ist der Fall 
in betreff Verabredungen über Verlängerung oder Verkürzung 
der gesetzlichen Währschaft, über den Fortfall der Währschaft, 
über die Festsetzung einer Währschaft für andere Mängel, wie 
die Hauptmängel und über Änderungen des Inhalts und des I 
Umfangs der gesetzlichen Ansprüche des Erwerbers und des 
Veräußerers. Die Währschaftszeit für andere Mängel, wie für 
Hauptmängel und für bestimmte Eigenschaften und Leistungen 
des Tieres beträgt mangels einer besonderen Vereinbarung 
14 Tage. 

Nachweisung über den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 31. Januar 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreiee (Oberamt«bezirke) new., eingeklammert die Gemeinden. 

Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 

Kreise | 

Gemeinden 

Gehöfte 

Gegenüber d. 15. Jan. 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Königsberg .... 

4 

16 

22 

— 2 

— 1 

- 2 

Gumbinnen .... 

3 

10 

13 

- 5 

— 11 

- 12 

Allenstein .... 

3 

8 

12 

— 1 

- 14 

- 40 

Danzig. 

1 

7 

8 

o 

4* 2 

+ 2 

Marienwerder . . . 

5 

26 

38 

— 1 

— 10 

- 31 

Posen . 

1 

1 

2 

o 

o 

o 

Bromberg .... 

1 

1 

1 

- 1 

— 1 

— 1 

♦Breslau. 

1 

1 

1 

4- 1 

4- i 

+ 1 

Düsseldorf. ... 

o 

o 

o 

— 1 

— l 

- 1 

Aachen . 

1 

1 

1 

- 1 

— l 

— 3 

Preußen zusammen 

20 

71 

98 

— 11 

- 36 

— 87 

Bayern: 







Oberbayern .... 

10 

23 

41 

4- 1 

+ i 

4" & 

Niederbayern . . . 

1 

1 

1 

— 2 

— 2 

- 2 

Schwaben .... 

5 

9 

19 

— 1 

— 1 

: — 8 

Württemberg: 







Neckarkreis . . . 

1 

2 ! 

3 

— 1 

o 

o 

Schwarzwaldkreis . 

1 

1 

1 

o 

o 

! o 

Donaukreis .... 

4 

8 , 

10 

+ 2 

+ 4 

+ 3 

Elsaß-Lothringen: 







Unter-Elsaß . . . 

1 

1 

1 

o 

0 

o 

Zusammen 

43 

116 | 

174 

— 12 

- 31 

- 89 


R o t z. 

Preußen: In den Keg.-Bez. Königsberg, Stettin, Oppeln, Hildes- 
heiin. Arnsberg je 1 (R (’öln 1 (2), Stadtkreis Berlin 1 (5), in den 


Reg.-Bez. Gumbinnen, Liegnitz, Düsseldorf je 2 (2), Marienwerder 
2 (3), Potsdam, Bromberg je 3 (3), Breslau 4 ( 4 ), Posen 6 (6). 
Bayern: Im Reg.-Bez. Niederbayern 1 (1). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 

Baden: Freiburg I (3). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 44 Gemeinden (42 am 15. Dezember 1907), davon 
37 auf Preußen (32 im Dezember). 

Lungenseuche. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Marienwerder, Stadtkreis Berlin, 
Reg.-Bez. Potsdam 1 (1), Bromberg 2 (2). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 

Zusammen 7 Gemeinden und 7 Gehöfte. 


Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise ® 

_ _ § <1 

O CD 

Gemein- £ 7 
den ® 

Auf je 1000 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk U8W. 

Kreise 2 

§ < 

er- 

uhte 

g 

’S c 

8« 

O 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg .... 

13 

50 

16 

Waldeck. 

1 

1 

Gumbinnen .... 

5 

12 

4 

Bayern: 



Allenstein .... 

7 

11 

6 

Oberbayern .... 

9 

16 

Danzig. 

5 

7 

5 

Niederbayern. . . 

5 

9 

Marienwerder . . 

12 

35 

15 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

1 

1 

1 

Oberpfalz. 

— 

— 

Potsdam. 

11 

83 

31 

Oberfranken . . . 

2 

3 

Frankfurt. 

16 

53 

19 

Mittelfranken. . . 

1 

1 

Stettin. 

8 

14 

7 

Unterfranken. . . 

1 

1 

Köslin. 

8 

23 

12 

Schwaben. 

3 

6 

Stralsund. 

1 

2 

1 

Württemberg . 

— 

— 

Posen . 

23 

76 

23 

Sachsen. 

10 

12 

Bromberg. 

11 

74 

33 

Baden . 

12 

14 

Breslau. 

22 

145 

38 

Hessen. 

5 

12 

Liegnitz. 

20 

110 

39 

Meckl.-Schwerin 

8 

19 

Oppeln ...... 

7 

16 

*6 

Meckl.-Str'elitz . 

1 

1 

Magdeburg .... 

9 

18 

12 

Oldenburg . . . 

11 

22 

Merseburg .... 

10 

32 

14 

Sachs.-Weimar. 

3 

11 

Erfurt. 

5 

16 

27 

Sach s.-Meiningen 

1 

3 

Schleswig .... 

14 

35 

16 

Sach 8.-Altenburg 

1 

1 

Hannover . 

8 

16 

25 

Sachs.-Kob.-Got 

— 

— 

Hildesheim .... 

5 

8 

12 

Anhalt. 

— 

— 

Lüneburg . 

7 

11 

7 

Braunschweig 

6 

19 

Stade. 

8 

13 

18 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

5 

10 

18 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

— 

Münster. 

8 

18 

67 

Reuß j. L. 

2 

5 

Minden. 

6 

10 

20 

Schau mb.-Lippe 

2 

2 

Arnsberg. 

12 

23 

27 

Lippe-Detmold . 

5 

10 

Kassel. 

16 

63 

38 

Hamburg .... 

3 

3 

Wiesbaden .... 

10 

43 

46 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 

8 

32 

30 

Bremen. 

— 

— 

Düsseldorf .... 

9 

25 

58 

Elsaß. 

3 

3 

Köln. 

5 

5 

17 

Lothringen . . 

— 

— 

Trier. 

3 

6 

5 




Aachen. 

4 

4 

10 





N ahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel 

Redigiert von Glage. 

Die Notschlachtnngen mit Bezug auf die Fleisch¬ 
vergiftungen. 

Referat*) des Kreistierarztes Gtitzlaff in der amtl. Versammlung 
der Kreistierärzte des Regierungsbezirks Frankfurt. 

Unter den Krankheiten und Verletzungen, die Anlaß zu 
Notschlachtnngen geben, haben für die Fleischbeschau eine be- 

*) Quellen: Oster tag, Fi sch öd er. 































13. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


135 


sondere Wichtigkeit diejenigen, welche dem Fleisch eine gesund¬ 
heitsschädliche Eigenschaft verleihen, bzw. verleihen können. 

Diese Eigenschaft haftet dem Fleisch an, einmal in Form 
löslicher Gifte, der sogenannten Ptomaine oder Toxine, oder 
zweitens in Gestalt spezifischer Krankheitserreger (Bakterien). 

Die Erfahrung hat gelehrt, daß die löslichen Fleischgifte 
ungleich sicherer eine Fleischvergiftung hervorrufen, als die 
Bakterien. Denn während letztere teils durch die Verdauungs¬ 
säfte unschädlich gemacht, teils in der Entfaltung ihrer pathogenen 
Wirkung gehemmt, und während auch die zählebendsten von 
ihnen durch zureichende Erhitzung des Fleisches völlig abgetötet 
werden, widerstehen die Ptomaine und Toxine der Einwirkung der 
Verdauungssäfte und dem Kochprozesse vollkommen. Es hat 
sich ferner gezeigt, daß das mit löslichen Fleischgiften beladene 
Fleisch die Fähigkeit besitzt, gesundes Fleisch, mit dem es 
zusammengepackt oder verarbeitet wurde, so zu infizieren, daß 
dieses seinerseits eine Fleischvergiftung erregen kann. 

Nach dem Gesagten ist es klar, daß den mit Bildung 
solubler Fleischgifte einhergehenden Krankheiten unser vorzüg¬ 
liches Interesse zu gelten hat. 

Solche Krankheiten sind: die Siptikämie, die Pyämie und | 
die Saprämie. 

Als Septikämie oder Sepsis bezeichnen wir eine im Anschluß 
an eine örtliche Infektion eingetretene, tödliche Allgemein¬ 
vergiftung des Körpers durch lösliche Gifte, oder auch gleich¬ 
zeitig durch Bakterien, ohne sekundäre Herderkrankungen in 
inneren Organen. Die Lokalinfektion setzt gewöhnlich ein an 
Verletzungen äußerer Teile, so der Schleimhäute, des lockeren 
Zellgewebes, der Gelenke, Sehnenscheiden, der Körperhöhlen, 
vorzugsweise an solchen der Gebärmutter und am frischen Nabel. 

Im klinischen Bilde wird der Eintritt der Septikämie 
signalisiert durch hohes Fieber, starke Beeinträchtigung des 
Allgemeinbefindens, hochgradige Schwäche und Hinfälligkeit. 
Die Schlachttierbeschau wird daher in allen Fällen, in denen 
eine über die Bedeutung der Lokalaffektion hinausragende Allge¬ 
meinstörung besteht, das Vorhandensein der Sepsis annehmen 
müssen. 

Pathologisch-anatomisch kennzeichnet sich die Septikämie 
durch nachstehende Organveränderungen: 

Die Leber ist meist vergrößert, nicht glänzend rotbraun, 
sondern trübe, gelb, gelbbraun oder graugelb. 

Das Parenchym ist trocken, welk und brüchig, die Organ¬ 
zeichnung verwischt. Beim Überstreichen der Schnittfläche mit 
der flachen Messerklinge tritt ein fettiger Glanz hervor. 

Das Herz weist unter dem Epikard Blutergüsse auf. Das 
Herzfleisch ist graugelb und mürbe. Die Intima der großen 
Gefäßstämme ist verwaschen rotbraun verfärbt. 

Die Milz ist leicht geschwollen, dunkler gefärbt und 
erweicht. 

Die Nieren sind vergrößert, Kapsel gespannt. Die Ober¬ 
fläche ist gelbgrau, die Schnittfläche vorspringend. Die Rinden¬ 
schicht ist getrübt, es treten in ihr rote Punkte hervor, die 
Marksubstanz ist dunkler gefärbt. 

Die Magen- und Darmschleimhaut ist gefaltet, dunkelrot 
gefleckt, trüb mit zähem Schleim bedeckt. Die Sollitärfollikel 
der Dünndarmschleimhaut sind vorragend, mit rotem Hof um¬ 
geben. Unter den serösen Häuten, so am Darm, Gekröse 
Bauch- und Brustfell und Herzbeutel bestehen punktförmige 
Blutungen, größere blutige Flecke oder Imbibitionen. 


In Brust- und Bauchhöhle, sowie im Herzbeutel wenig 
gelbrote, klare Flüssigkeit. 

Die Fleischlymphdrüsen sind geschwollen, graurot, saftreich 
mit blutiger Durchtränkung. Das nachbarliche Gewebe der 
Drüsen ist wässerig durchtränkt. 

Das Fleisch ist graurot, an einzelnen Stellen mit Blutungen 
durchsetzt, brüchig, schlaff, weich, ohne saure Reaktion. Die 
Totenstarre ist unvollkommen. 

Bei der Fleischbeschau notgeschlachteter Tiere wird man 
dieses ganze anatomische Bild der Sepsis selten in dick auf¬ 
getragenen Farben zu sehen Gelegenheit haben. Meist werden 
nur einzelne der genannten Organveränderungen und auch diese 
oft mehr andeutungsweise vorhanden sein, weil in Anbetracht 
des vorzeitigen Todes die Sepsis den Organen ihren Stempel 
nicht fest aufprägen konnte. Es erfordert daher die Beschau 
notgeschlachteter Tiere, zumal bei Ermangelung der wertvollen 
Aufschlüsse einer Lebendbeschau, die größte Sorgfalt der Unter¬ 
suchung, eine peinlich gewissenhafte und wissenschaftliche Ab¬ 
wägung der Erscheinungen, und dazu ein hohes Maß praktischer 
Erfahrung, um auch etwaigen Entstellungsversuchen seitens des 
j Besitzers zum Trotz ein richtiges Urteil zu fällen. 

Als Organkrankheiten, denen sich die Septikämie gern bei¬ 
gesellt, sind uns bekannt. 

1. Gebärmutterentzündungen. Ausgehend von der zurück¬ 
gebliebenen, in fauligem Zerfall begriffenen Nachgeburt, oder 
von den während der Geburt entstandenen Schleimhautverletzungen 
kann sich in kürzester Zeit Sepsis entfalten. Am Schlachttiere 
werden dann oberflächliche oder tiefere, verschorfte oder ab¬ 
gestorbene Herde an der Schleimhaut der Scheide oder der 
Gebärmutter mit jauchigem Zerfall und weißfarbene, stinkende 
Flüssigkeit in der Gebärmutter gefunden. In der Umgebung 
der Gebärmutter können blutig-sulzige Ergüsse und Reizung 
des Bauchfells bestehen. Die regionären Lymphdrüsen sind 
markig bis hämorrhagisch geschwollen. 

Besondere Achtsamkeit bei der Fleischbeschau von Kühen, 
die angeblich wegen einfacher Gebärparese (Milchfieber) not¬ 
geschlachtet wurden, gebietet der Umstand, daß es für den 
Laien bei der großen Ähnlichkeit der Symptome unmöglich ist, 
das paralytische von dem septischen Kalbefieber zu trennen. 

2. Nabelerkrankungen junger Tiere. Nach septischer In¬ 
fektion des Nabels entwickelt sich das bekannte Bild der Lähme. 
Die Fleischbeschau stellt dann einen schlaffen, mißfarbenen, 
granulationsarmen Nabel fest, der auf Druck schmutzig-roten, 
meist übelriechenden Inhalt entleert. Daneben bestehen sulzige 
Ergüsse in der Umgebung der Gelenke und pralle Füllung der 
ausgedehnten Gelenkkapseln mit gelber, hellere Gerinnsel ent¬ 
haltender Flüssigkeit. 

3. Darmentzündungen. Blutige oder mit Fieber verbundene 
stinkende Durchfälle, vorzugsweise bei Kälbern und Rindern, 
führen schnell zu starkem Kräfteverfall und geben deshalb Ver¬ 
anlassung zur Notschlachtung. Man findet die Dünndarm¬ 
schleimhaut geschwollen und gerötet, oft ausgebreitete Blutungen 
in ihr, auch wohl häutige Beläge auf der Schleimhaut. Der 
Darminhalt ist blutig. Die Gekrösdrüsen sind geschwollen, 
getrübt oder blutig. Unter den serösen Häuten blutige Flecke. 

4. Euterent?sündungen. Vorwiegend sind es die brandigen 
Euterentzündungen, verbunden mit umfangreichem Gewebszerfall, 
welche mit Sepsis einhergehen. Bei der Schlachtviehbeschau 
ist die Entscheidung vom Stande des Allgemeinbefindens ah- 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


hängig zu machen. In Ermanglung einer Lebendbeschau wird 
die Fleischbeschau jede Euterentzündung, die sich mit Er¬ 
scheinungen der Sepsis verbunden hat, zum Anlaß nehmen 
müssen, das Fleisch als gesundheitsschädlich zu behandeln. 

5. Verletzungen solcher Teile, an denen für die Resorption 
günstige Verhältnisse bestehen, wie Stichverletzungen der Ge¬ 
lenke, der Sehnenscheiden, der Brust- und Bauchhöhle, in das 
lose Zellgewebe, Verletzungen mit Zertrümmerung des Gewebes 
(Quetschwunden). 

Die septische Entzündung der Gelenke und Sehnenscheiden 
ist durch sulzige Infiltration der Nachbarschaft vorgemeldet. 
Dabei ist der gelbe, flüssige Inhalt des Gelenks oder der 
Sehnenscheide mit weißen Flocken vermischt. Der septische 
Charakter einer Brust- und Bauchfellentzündung ist an Hand 
der fiir diese Frage in Betracht kommenden Organ Veränderungen 
nachzuweisen. Nach Fischöder tritt bei Schweinen nicht 
selten Septikämie im Anschluß an Biß Verletzungen in der Ohr¬ 
gegend auf. Dann zeigen die Tiere plötzlich große Mattigkeit. 
Die Bißstelle ist geschwollen, meist scharf begrenzt dunkelrot. 
Ein Einschnitt in diese Stelle führt in eine Höhle mit zerfetzten 
Wänden, aus der sich übelriechende, mit Fetzen untermischte I 
Flüssigkeit entleert. 

6. Zu den Septikämien gehört endlich die nach Druse, 
Brustseuche und anderen infektiösen Leiden auftretende Blut¬ 
fleckenkrankheit. Sie hat zu Fleischvergiftungen Anlaß ge¬ 
geben. Die Krankheit ist Ihnen zu bekannt, als daß ich sie 
näher zu schildern brauchte. Bemerkt sei nur, daß auch bei 
anderen Tieren, außer dem Pferde, das Leiden beobachtet 
worden ist. 

In allen unter 1—6 g^nänntäft Fällen ist das Fleisch selbst¬ 
verständlich hochgradig gesundheitsgefährlich. 

Die Pyämie. Wir verstehen darunter den Übertritt eiteriger 
Massen aus einem lokalen Prozeß in die Allgemeinheit des 
Körpers durch Vermittlung der Blutbahn. Dabei kommt es 
entweder zur Ausbildung einer Osteomyelitis (vorwiegend 
Staphylococcenpyämie) oder zum Auftreten zahlreicher eiteriger 
oder puriformer Herde in anderen Organen (vorwiegend Strepto- 
coccenpyämie). 

Im ersteren Falle finden wir neben dem lokalen Eiterherd 
das Mark der Röhrenknochen gerötet bzw. blutig verfärbt oder 
— wenn der Prozeß älter ist — eiterig oder verflüssigt. 

Bei der zweiten Form der Pyämie sind in Lunge, Milz, 
Leber, Nieren usw. zahlreiche wandungslose Eiterherde fest¬ 
zustellen. Außerdem bestehen in beiden Fällen der Pyämie 
leichte Trübung der Leber, Milzschwellung und Blutungen in 
den Nieren. 

Die Pyämie mit Osteomyelitis bildet sich im Anschluß an 
langwierige eiterige Prozesse in Hufen, Klauen und Gelenken 
heraus, wenn der Abfluß des Eiters behindert ist. 

Die Pyämie mit Metastasenbildung nimmt bei jungen Tieren 
ihren Ausgang von Eiterprozessen in der Nabelvene, sogen, 
pyämische Form der Lähme. Bei Schweinen führen eiterige 
Prozesse in der Lunge zur Pyämie. So kann bei der Schweine¬ 
seuche purulente Einschmelzung einzelner Lungenabschnitte und 
im weiteren Pyämie entstehen. Leber und Milz und — es ist 
dies besonders hervorzuheben — auch das Fleisch enthalten dann 
zahlreiche Abszesse. Bei Schafen führt Lungeneiterung zur 
Bildung eiteriger Herde in Herz, Leber, Milz, Nieren und selbst 
in den Fleischlymphdriisen (Bug- und Leistendrüsen). 


Bei Kühen können eiterige Entzündungen der Gebärmutter 
Pyämie veranlassen. Endlich vermögen ausgebreitete phlegmonöse 
Prozesse die Bildung von Metastasen einzuleiten. 

Im Gegensatz zu der Pyämie mit Osteomyelitis, welche 
immer tödlich endet und stets eine gesundheitsschädliche Be¬ 
schaffenheit des Fleisches bedingt, kann die Pyämie mit Metastasen¬ 
bildung in Heilung ausgehen durch Abkapselung der Eiterherde. 
Solche abgekapselte Herde haben, wenn das Schlachttier gut 
genährt ist, eine nachteilige Bedeutung für das Fleisch nicht. 
Doch muß die Entfernung der Abszesse mit Vorsicht ausgeführt 
werden, damit nicht das gesunde Fleisch durch Eiter beschmutzt 
und dadurch gesundheitsschädlich gemacht wird. Hat eine Ver¬ 
schüttung des* Eiters auf das Fleisch stattgefunden, so ist es 
nicht ausreichend, den Eiter fortzuwaschen, sondern es sind die 
oberflächlichen Schichten des Fleisches mit dem Messer abzu¬ 
tragen, beschmutzte seröse Häute sind abzuziehen. 

Die Saprämie oder putride Intoxikation ist jene Form der 
Blutvergiftung, bei der aus einem abgestorbenen und in fauliger 
Zersetzung befindlichen Herd ein Übertritt der unter der 
Wirkung von Fäulnisbakterien gebildeten, giftigen Stoffe in das 
| Blut stattgefunden hat. 

Das anatomische Bild der Saprämie bietet oft nur einen 
faulenden, stinkenden Herd dar, ohne Veränderung der Paren¬ 
chyme. Der faulige Herd selbst vermag die Veranlassung zu 
einer Fleischvergiftung zu geben. Dagegen kann das Fleisch 
von Tieren, die an einer einfachen Saprämie erkrankt sind, als 
gesundheitsschädlich nicht gelten. 

Das uns geläufigste Beispiel einer putriden Intoxikation 
ist die Herzbeutelentzündung des Rindes nach innerer Ver¬ 
wundung. Das Fleisch der w'egen dieses Leidens notgeschlachteten 
Tiere ist auch in den Fällen pur minderwertig, wo der allseitig 
geschlossene Herzbeutel übelriechende Flüssigkeit enthält. Es 
kommen aber Fälle vor, bei denen der Fremdkörper die Herz¬ 
wand völlig durchbohrt und so eine offene Verbindung hergestellt 
hat, zwischen dem Jauche- bzw. Eiterherd und dem Blute. Man 
wird dann sein Augenmerk darauf zu richten haben, ob nicht 
in Lunge, Milz, Leber oder Nieren jauchige oder eitrige Infarkte 
aufgetreten sind. Denn damit würde das Fleisch eine gesund¬ 
heitsschädliche Beschaffenheit erlangt haben. 

Bei Schafen kommt es nach Fischöder zur Abkapselung 
einer jauchigen Lungenbrustfellentzündung. Die Fleischbeschau 
stößt dann bei anscheinend gesunden und gut genährten Tieren 
auf große Höhlen im Brustraum, die mit mißfarbenem, oft 
grünlichem, stark übelriechendem Inhalt gefüllt sind. Da hierbei 
das Allgemeinbefinden nicht in Mitleidenschaft gezogen ist, so 
sind lediglich die veränderten Teile zu verwerfen. 

Putride Intoxikation kann sich weiterhin einstellen bei Zu¬ 
rückbleiben der Nachgeburt, bei Lungengangrän, Perforativ- 
peritonitis und komplizierten Frakturen. Es wird in allen diesen 
Fällen die Fleischbeschau sorgfältig zu prüfen haben, ob nicht 
neben der Saprämie auch Erscheinungen der Sepsis bestehen. 

Wir kommen nun zu der zweiten Hauptgruppe der Krank¬ 
heiten, welche eine Fleischvergiftung veranlassen können, und 
zwar durch spezifische Krankheitserreger. Es gehören hierher 
diejenigen Infektionskrankheiten, für die auch der Mensch emp¬ 
fänglich ist. 

Von den Tierseuchen sind hier zu nennen: 

1. Der Milzbrand. Das Fleisch milzbrandkranker Tiere ist 
zwar häufig ohne Schaden genossen worden. Es erklärt sich 



13. Februar 1908. 


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dies daher, daß das Fleisch in der Regel mit Milzbrandsporen 
nicht belastet ist, nnd daß die Milzbrandbazillen durch Kochen 
und durch den Magensaft vernichtet werden. Wenn trotzdem 
das Fleisch milzbrandkranker Tiere als gesundheitsgefährlich 
unschädlich zu vernichten ist, so ist für diese Vorschrift die 
Erfahrung maßgebend gewesen, daß beim Verzehren des 
Fleisches Bazillen in Schleimhautverletzungen der Mund-, und 
Rachenhöhle oder des Schlundes, oder bei der Hantierung mit 
Fleisch in Verletzungen der Hände von Personen eindringen 
können, oder endlich, daß bei geeigneter Temperatur sich 
Sporen auf der Oberfläche des Fleisches bilden, und nach dem 
Genuß Darmmilzbrand erzeugen können. Das Gesetz bestimmt 
weiterhin, daß auch gesundes Fleisch, welches mit milzbrand¬ 
kranken Tieren in Berührung gekommen ist (durch zufälliges 
Zusammenschlachten) unschädlich beseitigt werden muß, oder 
durchzudämpfen und danach als brauchbar gemachtes Fleisch 
zu behandeln ist. 

2. Die Tollwut. Auch der Genuß des Fleisches wutkranker 
Tiere hat bisher zu Fleischvergiftungen nicht geführt. Es gilt 
gleichwohl als gesundheitsschädlich, weil seine Berührung eine 
Übertragung der Seuche bewirken kann. 

3. Der Rotz. Es gilt hier das von der Tollwut Gesagte. 

4. Die Maul- und Klauenseuche. Das Fleisch hat eine 
gesundheitsschädliche Beschaffenheit nicht, dagegen die mit 
Aphthen und frischen Erosionen besetzten Teilen. Letztere sind 
durch Brühen tauglich zu machen. 

5. Die Pocken. Bei der septischen Form, den sogenannten 
Aas- oder Brandpocken, besitzt das Fleisch gesundheitsschädliche 
Beschaffenheit. 

6. Die Tuberkulose. Das Fleisch ist' als ein gesundheits¬ 
schädliches Nahrungsmittel anzusehen in den Fällen, wo die 
Krankheit zu hochgradiger Abmagerung geführt hat, oder wo 
zwar eine solche Abmagerung fehlt, aber die Erscheinungen 
einer frischen Blutinfektion vorhanden sind, und diese sich nicht 
auf die Eingeweide und das Euter beschränken. Als Anzeichen 
einer frischen Blutinfektion gelten Schwellung von Milz und 
Lymphdrüsen, oder eine im Verlauf des großen Kreislaufes 
entstandene Miliartuberkulose. Das Fett derartig tuberkulöser 
Tiere ist bedingt tauglich. 

Damit hätten wir die uns interessierenden Krankheiten 
erledigt. 

Wir müssen nun noch jener, für die Fleischbeschau hoch¬ 
wichtigen, postmortalen Veränderung des Fleisches gedenken, 
die wir als Fäulnis bezeichnen. Für die überall umher¬ 
schwirrenden Fäulnisbakterien ist das Fleisch ein überaus 
günstiger Nährboden. Geradezu Vorspann geleistet wird den 
Fäulniskeimen durch Aufbewahrung des übereinander geschichteten, 
vorher nicht genügend gekühlten Fleisches in feuchten, warmen 
nnd dunstigen Räumen, wie das aus Unkenntnis auf dem Lande 
vielfach geschieht. Dann setzt auf den der Luft zugänglichen 
Teilen des Fleisches Fäulnis ein, die allmählich im Zuge des 
lockeren Bindegewebes in die Tiefe vorschreitet. War das 
Schlachttier fieberhaft oder septisch erkrankt, oder verendet, so 
schreitet der Fäulnisprozeß stürmisch voran, im letzten Falle 
setzt sofort Tiefenfäulnis ein. 

Bei der Fäulnis des Fleisches werden Fäulnistoxine von 
hoher Giftwirkung gebildet. DieseToxine werden ebenfalls durch 
den Koch- oder Verdauungsprozeß nicht zerstört. Aus diesem 
Grunde ist das faulende Fleisch hochgradig gesundheitsschädlich. 


Eine oberflächliche Fäulnis läßt sich durch Abwaschen mit 
Essigwasser oder durch Abtragen der ergriffenen Partien mit 
dem Messer beseitigen. Ist jedoch Tiefenfäulnis zugegen, so 
muß das Fleisch in toto vernichtet werden. 

Zum Nachweis der leichteren Fäulnisgrade bedienen wir 
uns des bekannten Ebersehen Verfahrens. Die fortgeschrittene 
Fäulnis verrät sich durch den spezifischen Fäulnisgeruch und 
durch schwierige Beschaffenheit des Fleisches. Auch mikroskopisch 
können wir die Fäulnis nachweisen. Wenn innerhalb 48 Stunden 
nach dem Tode die Fleischfasern ihre Querstreifung verloren 
haben, körnig getrübt und im scholligen Querzerfall begriffen 
sind, so ist das Fleisch faulend. 

Lassen Sie mich, um vollständig zu sein, auch derjenigen 
Krankheiten Erwähnung tun, die, obwohl sie zu den spezifischen 
Septikämien, Infektionen und Intoxikationen gehören, dennoch 
eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit des Fleisches nicht 
bedingen. Diese Krankheiten sind der Rauschbrand, die Lungen¬ 
seuche, die Wild- und Rinderseuche, die Rinderpest, der Rotlauf, 
die Schweineseuche und die Tuberkulose (mit Ausnahme der 
oben genannten Formen), der Starrkrampf, das maligne Ödem, 
das bösärtige Katarrhalfleber, die w T eiße Ruhr der Kälber, die 
Brustseuche. Ob die Leukämie, das Sarkom und das Karzinom 
spezifische Infektionen sind, steht noch dahin. Auch bei ihnen 
führt der Genuß des Fleisches der kranken Tiere nicht zu einer 
Fleischvergiftung. Diese Kenntnis ist für die forensische Fleisch¬ 
beschau wertvoll. Wie in den einzelnen Fällen das Fleisch bei 
den. zuletzt genannten Krankheiten hinsichtlich seiner Genu߬ 
tauglichkeit zu begutachten ist, gehört nicht zu meiner heutigen 
Aufgabe. , 

Wir kommen zu der Nutzanwendung unserer Wissenschaft 
über die Beziehungen zwischen Notschlachtungen und Fleisch¬ 
vergiftungen. Wie wir gesehen haben, ist die Gefahr einer 
Fleischvergiftung aus dem Genuß des Fleisches notgeschlachteter 
Tiere eine vielfache. Ein praktisch brauchbares Mittel oder 
Verfahren, womit in allen Fällen das gesundheitsschädliche 
Fleisch von dieser Eigenschaft befreit werden könnte, ist uns 
bisher nicht bekannt. Wohl haben wir gesehen, daß das bazilläre 
Fleischgift durch geeignete Erhitzung des Fleisches sich zer¬ 
stören läßt. Es hat weiterhin die Beobachtung gelehrt, daß der 
Alkohol die Giftwirkung des Fleisches zum Teil kompensiert, 
wenn er neben gesundheitsschädlichem Fleisch genossen wird. 
Mit diesen Mitteln aber läßt sich eine brauchbare Vorbeuge der 
Fleischvergiftungen nicht erzielen. 

Die Fleischbeschau allein, und zwar in Anschauung des 
hohen Erfordernisses an Wissenschaft, ausschließlich die tier¬ 
ärztliche, kann einen wirksamen Schutz für die menschliche 
Gesundheit schaffen gegenüber den Schädigungen, die ihr aus 
dem Genuß des Fleisches notgeschlachteter Tiere drohen. 

Aus dieser Erkenntnis erwächst uns die Pflicht, darauf hin¬ 
zuweisen, daß das Fleischbeschaugesetz nach dieser Richtung hin 
lückenhaft ist. Als der Gesetzgeber bestimmte, daß bei Schlach¬ 
tungen für den eignen Haushalt auch die Untersuchung nach dem 
Schlachten unterbleiben könne, sofern sich beim Schlachten keine 
Merkmale einer die Genußtauglichkeit des Fleisches aus¬ 
schließenden Erkrankung zeigen, hat der Gesetzgeber die 
Sachkenntnis und mehr noch den guten Willen der Viehbesitzer 
erheblich überwertet. Wenn ich das ausspreche, so bin ich mir 
bewußt, daß jedem von uns ein oder mehrere Fälle eigner Er¬ 
fahrung in Erinnerung treten, die diese Behauptung nur zu 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


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schlagend beweisen. Als Kenner der Verhältnisse müssen wir 
bedauernd bestätigen, daß jene Gesetzesbestimmung für gewisse 
Leute ein Schutzparagraph ist, unter dem sie Notschlachtungen 
der Beschaupflicht entziehen. 

Und wenn schon einmal der Fall eintritt, daß der Besitzer 
selbst die Genußtauglichkeit des Fleisches für ausgeschlossen 
erachtet, dann ist sie es auch und also die Beschau überflüssig. 

Es hat sich aber ferner erwiesen, daß der Begriff „eigner 
Haushalt“ einer ungeahnten Dehnbarkeit fähig war. Heute 
finden in diesem Begriff Hochzeiten, Kindtaufen, Beköstigung 
von ständigen Tischgängern, Pensionären, Einquartierungen, 
gelegentliche Vergrößerung des Hausstandes durch Beiziehung 
von Erntearbeitern usw. ihr sicheres Unterkommen. Und nach 
einer Gerichtsentscheidung liegt eine Verwertung des Fleisches 
im eignen Haushalt selbst dann noch vor, wenn das Fleisch 
eines bei einer Viehkasse versicherten, notgeschlachteten Tieres 
seinen Weg in die Küchen sämtlicher Mitglieder dieser Vieh¬ 
kasse nimmt. Die betreffende Mitteilung gewährt sogar dem 
Zweifel Raum, inwieweit das Entscheidungsgericht die Frage 
geprüft hat, ob sämtliche Kassenmitglieder das Tier vor und 
beim Schlachten besichtigt haben und auf Grund ihrer persönlichen 
Wahrnehmungen der Überzeugung gewesen sind, daß Merkmale 
einer die Genußtauglichkeit ausschließenden Erkrankung nicht 
Vorlagen. 

Angesichts dieser Auslegung des Begriffes „eigner Haus¬ 
halt“, der sich auch Gerichte mehrfach angeschlossen haben 
dürfen wir mit der Erklärung nicht zögern, daß das Bedürfnis 
einer klaren gesetzlichen Regelung der Beschaupflicht für die 
Notschlachtungen wieder dringend geworden ist. 

Vor dem Inkrafttreten des Reichsfleiaclibeschaugesetzes war 
auch für unsem Bezirk diese Materie durch die Polizei Verordnung 
vom 1). Juni 1897 in bester Weise geregelt. Die Vorbedingungen 
dieses Erlasses gelten mit Rücksicht auf die inzwischen ein¬ 
getretene Steigerung der Vieh- und Fleischwerte heute mehr 
denn zuvor. Das Fleischbeschaugesetz hat die Hoffnung un¬ 
erfüllt gelassen, daß bezüglich der Literatur im Verkehr mit 
Fleisch not geschlachteter Tiere eine Verschlechterung der Ver¬ 
hältnisse nicht eingetreten werde. Darum muß im Hinblick auf 
die große Gefahr, die in einer unzureichenden Gewähr für die 
unschädliche Beschaffenheit solchen Fleisches liegt, die Forde¬ 
rung der tierärztlichen Wissenschaft und Erfahrung in dem 
unzweideutigen Sinne wieder als Gesetzesforderung erbeten 
werden. 

„Das Fleisch notgeschlachteter Tiere darf, sofern nicht die 
Notschlachtung aus Anlaß einer Verletzung und im unmittelbaren 
Anschluß an eine solche vorgenommen wurde, nur nach vorher¬ 
gegangener tierärztlicher Untersuchung aller Teile des Schlacht¬ 
tieres zum menschlichen Genuß verwendet werden. Soweit 
dies irgend tunlich ist, hat der Besitzer Sorge zu tragen, daß 
eine Lebendbeschau des notgeschlachtenden Tieres erfolgen kann. 
Stand das notgeschlachtete Tier in ärztlicher Behandlung, so ist 
die Fleischbeschau möglichst durch den behandelnden Tierarzt 
auszuüben.“ 

Über die Notwendigkeit separater Arbeits- und Unter- 
snchungsräume im Schlachthofe. 

Von Albert Breuer, leitender Tierarzt am Budapester Schlachthof. 

(Hüsrzemle 1907, Nr. 12.) 

Die Fleischbeschau beschränkt sich nicht in allen Fällen 
nur auf die Besichtigung der von den Gewerbetreibenden ge¬ 


fertigten Schnittflächen, sondern es müßten sehr oft tiefere 
Schichten untersucht werden, zu welchem Zwecke die Schlacht¬ 
räume, wo die Tiere aufgearbeitet werden, nicht vollkommen 
geeignet erscheinen. Die Wichtigkeit solcher Untersuchungen, 
sowie das spezielle Verfahren mit diesem Fleisch, erfordert, daß 
man im Schlachthofe separierte, lichte Räume zu diesem Zwecke 
bereit halte. Solche Fälle, bei welchen die Räume in Gebrauch 
genommen werden sollen, sind sehr zahlreich. So z. B. bei 
der Einfinnigkeit der Rinder soll in Ungarn das Fleisch in 
Stücke von 2 l /2 Kilo zerteilt und untersucht werden, ob nicht 
noch mehrere Finnen vorhanden sind; wenn in minderer Zahl 
Finnen in das Schweinefett festgestellt werden und die Fette 
und das Schwein keine pathologischen Veränderungen zeigt, soll 
das Tier bei der Anwesenheit des Tierarztes abgehäutet und 
in kleine Stücke zerteilt werden. In beiden Fällen kann diese 
Arbeit kaum in den gewöhnlichen Schlachträumen vorgenommen 
werden, denn diese sind dazu nicht gehörig eingerichtet, und 
anderenteils vom sanitätspolizeilichem Standpunkt könnte es auch 
beanstandet werden, denn bei der Zerkleinerung des Fleisches 
und der Fette können leicht Finnen auf die in der Nachbarschaft 
bearbeiteten Fleischteile gesunder Tiere geraten und diese 
infizieren. Auch die nicht immer genügende lichte Beleuchtung 
und das fortwährende Arbeiten in diesen Räumen hemmt die 
genauere Untersuchung solcher Fälle. 

Die also erforderliche, besonders separierte Kammer soll 
neben den Schlachträumen auf jener Seite erbaut werden, an 
welcher man den Schlachtraum weiter nicht vergrößern will. 
Mit dem Schlachtraum ist die Kammer durch eine Tür direkt 
verbunden. In größeren Schlachthöfen könnte man diese 
separierten Untersuchuhgsräume neben dein Kühlhanse uriter- 
bringen, da die Zerstücklung gewöhnlich nicht sogleich nach 
dem Schlachten, sondern erst nach der Abkühlung des Fleisches 
vorgenommen wird. Diese besonderen Räume sollen mit hohen 
und breiten Seitenfenstern versehen, genügend licht und ven¬ 
tilierbar sein, der Fußboden und die Seitenwände sind mit wasser¬ 
dichter und leicht waschbarer Masse zu bedecken. Endlich soll 
dieser Raum mit Wasserleitung und Kanalisation entsprechend 
ausgerüstet sein. Dr. Z. 

Übernahme der FleischbeschaugebOhren durch den Staat. 

Die Kommission der württembergischen Abgeordnetenkammer 
für Gegenstände der inneren Verwaltung beschäftigte sich am 
28. November mit der Beratung des Antrags Gröber und Genossen: 
Die kgl. Staatsregierung zu ersuchen, sie möge im Bundesrat dafür 
eintreten, daß die Fleischbeschaugebühren auf die Bundesstaaten 
übernommen werden. Der Herr StaatsminiBter des Innern wies 
zunächst darauf hin, daß § 23 des Fleischbeschaugesetzes die 
Regelung der Kostentragung dem Landesrecht überlasse und somit 
an sich kein Hindernis bestehe, in Württemberg die Fleischbeschau¬ 
gebühren auf die Staatskasse zu übernehmen, ohne den Bundesrat 
mit der Sache zu befassen. Die in Württemberg in den letzten 
Jahren verausgabten Beschaugebühren würden sich jedoch auf 
Summen berechnen, gegen deren Übernahme auf die Staatskasse bei 
der gegenwärtigen Finanzlage Bedenken beständen. Zudem könne 
keine Rede davon sein, daß der Staat bezahle und die Gemeinden, 
wie bisher, die Fleischbeschauer anstellen. Die unerläßliche Voraus¬ 
setzung der Übernahme der Kosten der Fleischbeschau auf den 
Staat sei, daß auch die Anstellung der Beschauer auf den Staat 
übergehe. Es wäre somit mit der Neuanstellung einer großen 
Anzahl von staatlichen Beamten zu rechnen. Auch wäre dann die 
Bildung größerer Beschaubezirke unter umfassenderer Verwendung 
von Tierärzten unausbleiblich, was die Landbevölkerung, die seit 
Jahrzehnten gewohnt sei, den Fleischbeschauer stets zur Hand zu 





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haben, zu lebhaften Klagen veranlassen würde. Ähnliche Folgen 
müßte auch die aus der Mitte der Kommission angeregte Über¬ 
nahme der gesamten Beschaugebühren auf die Amtskörperschafts- 
kassen nach sich ziehen. Die am schwersten empfundenen Kosten, 
die Reisekosten der filr die Ergänzungsbeschau zuständigen Tier¬ 
ärzte würden übrigens infolge einer Anregung, die das Ministerium 
gegeben habe, jetzt schon in 49 von 64 Oberamtsbezirken von den 
Amtskörperschaften getragen. Diesen Ausführungen gegenüber be¬ 
tonten verschiedene Kommissionsmitglieder, daß sie auf die Bei¬ 
behaltung des örtlichen Charakters der Fleischbeschau besonderen 
Wert legen. Der Antrag Gröber wurde denn auch schließlich an 
»ich abgelehnt, jedoch auf Antrag des Berichterstatters, des Herrn 
Abgeordneten Schmidt-Besigheim, der Regierung zur Kenntnis¬ 
nahme überwiesen. (Nach der „Deutschen Fleischbeschauer-Zeitung“.) 

Aus Französisch-Lothrlngen. 

In Nancy griff ein Fleischer den Schlachthofdirektor Molitor 
an, der einen Streit zwischen dem Fleischer und einem Töter 
schlichten wollte. Der Fleischer wurde dabei rasend, nahm ein 
Messer und schleuderte es mit aller Wucht gegen den Schlachthof¬ 
direktor. Dieser konnte sich eben noch in ein Oktroihäuschen 
flüchten. Der Täter, der außerdem vor Gericht sich frech benahm, 
erhielt nur 14 Tage Gefängnis, nach dem „En Räpublicain“. 

Dr. G. 

* 

Das aufsehenerregende Werk des Hauptmanns Humbert 
bemängelt außer den bekannten Feststellungen über den Ver¬ 
teidigungszustand Frankreichs die mangelhafte Desinfizierung von 
Sanitätsanstalten, Schlachthöfen usw. Auch funktionierte nicht die 
für Kriegszwecke errichtete Kühlanlage in Verdun. Endlich wird 
in der Verduner „Union“ über die galoppmäßige Inspektion von 
Sanitätsanstalten im allgemeinen geklagt. Dr. G. 

* 

Gleich vielen deutschen Städten haben eine ganze Anzahl 
französische Kommunen sich entschlossen, ihren Beamten in An¬ 
betracht der Teuerungsverhältnisse Gehaltserhöhungen zu bewilligen, 
so das über 100000 Einwohner zählende Nancy. *■ Dr, G» 

* 

In Ostfrankreich hat sich in letzter Zeit vielfach die Gepflogen¬ 
heit herausgebildet, daß vermögende Familien, um die mangelnde 
Bevölkerungszunahme unterbinden zu helfen, für Säuglingsmilch¬ 
anstalten gewisse Summen bei Familienfesten, besonderen Gelegen¬ 
heiten usw. stiften. . Dr. G. 

* 

In Reims wurde ein Metzger, der eine tuberkulöse Kuh teils 
nach Reims, teils nach den Ardennen versandt hatte, zu drei 
Monaten Gefängnis und 500 Franken Strafe verurteilt. Dr. G. 

Verbesserungen im französischen Schlachthofwesen. 

Nach einer Meldung des „Matin“ sollen die vielfach unzu¬ 
länglichen Zustände auf. dem Pariser Scblacbthof Anlaß zu einer 
Untersuchung gegeben haben mit dem Ziele, eine Umgestaltung 
nach deutschem Muster herbeizuführen, was für Paris sehr er¬ 
hebliche Kosten machen wird. Auch sollen sich 25 kleinere fran¬ 
zösische Städte bereit erklärt haben, Schlachthofeinrichtungen, wie 
sie sich in deutschen Mittelstädten finden, einzuführen. 

Errichtung von Laboratorien an den Schlachthöfen. 

Pitt betont in der „Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene“ 
die Notwendigkeit der Errichtung von Laboratorien an den Bchlacht- 
höfen, die entsprechend auszustatten sind und Gelegenheit 
bieten sollen zu wissenschaftlichen Arbeiten für die Schlachthof¬ 
tierärzte. Solche Arbeitsstätten sind im Interesse der ordnungs¬ 
mäßigen Ausübung der Fleischbeschau und zur wissenschaftlichen 
Verwertung des anfallenden reichen Materials durchaus notwendig. 
Eine ausschließlich makroskopische Fleischbeschau kann heute als 
genügend nicht mehr angesehen werden. 

Pferdefleisohnachweis durch die Präzlpitinmethode. 

Die vielen Arbeiten über die biologische Methode zum Pferde¬ 
fleischnachweis haben es mit sich gebracht, daß das Verfahren 
vielfach modifiziert ist, sei es bei Behandlung der Tiere zur Serum- 
gewinnung, sei es bei Anstellung der Reaktion. Da das Verfahren 


aber ein exaktes Arbeiten erfordert und kleine Abweichungen oft 
Fehlerquellen abgeben können, so ist eine genaue Beschreibung 
der besten Methode sehr erwünscht. Als maßgebend dürfen die 
Untersuchungen gelten, die von Weidanz unter Leitung Uhlen- 
huths im Kaiserlichen Gesundheitsamt angestellt sind und deren 
Ergebnis in der „Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene“ 1907, 
Jahrg. XVIII, S. 73, publiziert ist. Auf die fragliche Arbeit von 
Weidanz sei daher hier besonders aufmerksam gemacht. 

Verwertung städtischer KUcbenabfälle. 

Seitens des Landwirtschaftsministeriums wurdeh Erhebungen 
angestellt Uber die Zahl und Art der Schweinemästereien, welche 
Küchenabfälle im großen verwerten. Viele dieser Mastanstalten be¬ 
sitzen einen außerordentlich großen Bestand, so sind z. B. in der 
von der „Allgemeinen Müllverwertungsanstalt“ in Seegefeld bei 
Spandau errichteten Mästerei mehrere Tausend Schweine aufgestellt. 
Die Erhebungen erBtrecken sich darauf: 

1. ob sich die Unternehmungen in privater (auch genossenschaft¬ 
licher) oder in städtischer Hand befinden, 

2. ob die Anstalten nur oder doch vorwiegend Küchenabfälle 
verwerten oder ob sie vorwiegend landwirtschaftliche Boden¬ 
produkte verfüttern, 

3. ob die Anstalten in oder doch in nächster Nähe von Städten 
oder ob sie auf dem platten Lande untergebracht sind, 

4. ob auch Schweinezucht betrieben wird oder ausschließlich 
Mast, ob im letzteren Falle die Magertiere in der Umgebung 
oder auf Märkten oder aus weiterer Entfernung bezogen 
werden, 

5. ob besondere Einrichtungen getroffen sind, um der Ein¬ 
schleppung und Verbreitung von Seuchen unter den Beständen 
der Anstalten vorzubeugen (tierärztliche Kontrolle, Quarantäne- 
und Seuchenställe, Seuchenschlachthäuser usw.) und auf die 

6. finanziellen Ergebnisse der Unternehmungen. 

Notwendigkeit der Trichinenschau in Dänemark. 

Nach einer Notiz von Hoberg in „Maanedsk. for Dyrlaeger“ 
wurden unter 108234 dänischen Schweinen 54 mit Trichinen be¬ 
haftete gefunden, während unter 11788 amerikanischen Schinken 
32 trichinöse waren. Diese Feststellungen beweisen die Not¬ 
wendigkeit der Trichinenschau in Dänemark. 

Von „Asohlnger“ in Berlin. 

Die bekannte Firma Aschinger braucht für ihre 30 Restau¬ 
rationsbetriebe wöchentlich für 50 000 M. Fleisch, das von einer 
einzigen Berliner Schlächterei geliefert wird. Gelegentlich der 
vorjährigen Manöver war der Firma die Speisung von 12 500 Mann 
bei den Truppentransporten durch Berlin übertragen worden. 

Fleischvergiftungen. 

An einer Wurstvergiftung erkrankten in Sobotka ein Briefträger 
und in Gust bei Bublitz mehrere Personen. In letzterem Falle sind 
drei Todesfälle vorgekommen. 

Hühner-Frikassee. 

Hühner-Frikassee wird nach einer Notiz in der „Allgemeinen 
Fleischer-Zeitung“ hergestellt aus Hühnerfleisch, Kuheutern, Herzen, 
Kalbsmilchen und Kalbszungen. Euter wird so reichlich benutzt, 
daß es den hauptsächlichsten Bestandteil des „Hühner-Frikassees“ 
bildet. 

Verband geprüfter Nahrungsmittelchemiker. 

Es ist nicht uninteressant, über die Bestrebungen der eigenen 
Fachangchörigen, diejenigen verwandter und gar konkurrierender 
akademischer Berufe zu übersehen. Der erst seit Mitte der 90er 
Jahre existierende Benjamin der Berufe, der der Nahrungsmittel¬ 
chemiker, zeichnet sich Beiner Jugend entsprechend durch besondere 
Stoßkraft aus. Es ist vor kurzem ein Verband geprüfter Nahrungs¬ 
mittelchemiker zur Förderung der wirtschaftlichen (!) Standes¬ 
interessen gegründet wörden. Der Verband erstrebt eine Besserung 
der wirtschaftlichen Lage und besonders auch der amtlichen 
Kontrolle durch die Nahrungsmittelchemiker; er sucht dieses Ziel 
durch Erwirkung und Einführung einer einheitlichen Gehaltsskala, 
sowie durch Schaffung von geregelten Pensions- und Unfall- 





140 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


Versicherungsverhältnissen zu erreichen. Die Leitung des Verbands- 
geschäftes liegt vorläufig dem Verein geprüfter Nahrungsmittel¬ 
chemiker zur Förderung der wirtschaftlichen Standesinteressen (mit 
dem Sitze in Hamburg und Altona) ob. Die Nahnmgsmittelchemiker 
sind leichter unter einen Hut zu bringen, als z. B. die Tierärzte, 
da sie außer der Approbation als Nahrungsmittelchemiker keinerlei 
Beamtenexamen zu absolvieren haben und daher die Klassifikation 
zwischen beamteten und nichtbeamteten Nahrungsmittelchemiker 
wegfällt, abgesehen davon, daß unähnlich unserer unzeitlichen 
Ausgestaltung unserer Kommunalstellungen meist auch den an- 
gestellten Nahrungsmittelchemikern Nebenverdienste nicht unter¬ 
sagt sind. Dr. G. 

Milchknappheit in London. 

Während in Deutschland der Milchpreis bereits bis zu 24 Pf. 
per Liter erreicht hat, beträgt er zurzeit dagegen in London == 
32 Pfennig. Doch die Milchproduzenten von South Sussex, Hant 
und Wiltshire wollen noch höhere Preise erzielen und haben zeit¬ 
weise sich geweigert, zu dem Engrospreise von 20 Pf. weiter an 
die Händler zu liefern. Als Grund wird die schlechte Heu- und 
Futtermittelernte angegeben. Dr. G. 

Bakteriologische Milchuntersuchungen in Leipzig. 

7000 Mark jährliche Ausgabe für bakteriologische Milchunter- 
suchungen allein haben die Leipziger Stadtverordneten gemäß einer 
dortigen Ratsvorlage bewilligt. Dr. G. 

Entscheidung des Strafsenates in Milchangelegenheiten. 

Nunmehr hat der Strafsenat des Berliner Kammergerichts in 
bezug auf die Frage des Polizeiverordnungsrechtes für den Ver¬ 
kehr mit Milch folgendes entschieden, in Bezug darauf, daß ver¬ 
schiedene Polizeiverwaltungen alle Milch unter einem ge¬ 
wissen Fettprozentgehalt als „Magermilch“ angesprochen 
wissen wollten: „Polizeiverordnungen dürfen den Begriff der Voll¬ 
milch nach Fettgehalt und spezifischem Gewicht festlegen, aber 
nicht vorschreiben, daß alle andere Milch, die diesen Fettgehalt 
nicht erreicht hat, unter der Bezeichnung „abgerahmte Milch“ 


oder unter einer ähnlichen Bezeichnung in Verkehr gebracht werden 
darf, auch wenn sie nicht abgerahmt worden ist. Dagegen sind 
die Polizeibehörden befugt, für die der Vollmilch an Fettgehalt 
nicht gleichkommende, nicht abgerahmte Milch eine besondere 
Bezeichnung als ausschließlich zulässig vorznschreiben.“ Die 
Polizeibehörden müssen also einen neuen Namen für Milch gesunder 
Kühe, die eine Milch unter 2,7 % produzieren, ausfindig machen. 


Die Breslauer Stadtverordneten-Versammlung genehmigte auf 
drei Jahre, daß die Nahrungsmitteluntersuchung für elf Kreise des 
Regierungsbezirks Breslau auf das chemische Untersuchungsamt der 
Stadt Breslau übernommen wird. Die entstehenden Kosten von 
4500 M. wurden gemäß Magistrats Vorlage bewilligt Dr. G. 

Opposition gegen ärztliche und tierärztliche Aufsicht In der Milchkontrolle. 

Der königl. bayerische Konsulent für Milchwesen, Dr. Herz, 
in München, führt gelegentlich eines Referates über die 21. Wander¬ 
ausstellung der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Düssel¬ 
dorf in Nr. 43 der Berliner Molkerei-Zeitung, Seite 509, über den 
Preisbewerb in frischer Milch an, nachdem er einige Winke über 
die Fütterung der Milchtiere gegeben hat: Die Gärprobe gestattet 
auch wichtige Schlüsse auf die Arbeit des Melkers, welcher bei der 
Gewinnung von Trinkmilch ebenso wie im Emmental und Allgäu 
die Milch aus jedem Strich besichtigen und verkosten muß, Milch 
aus erkrankten, verhärteten, entzündeten, geschwollenen, empfind¬ 
lichen Eutern überhaupt nicht, und aus gesunden Eutern die ersten 
Anteile nie in den Kübel melken darf — das nützt mehr und 
kostet viel weniger als ärztliche und tierärztliche Auf¬ 
sicht. Also die Gärproben sollen nur die Chemiker und sogenannten 
„Milchkonsuienten“ machen, andere Leute sind überflüssig! Umsonst 
tut der Herr Milchkonsulent die Sache wohl auch nicht, denn am 
Ende der Besprechung findet sich die Wendung, daß die Anforderungen 
an die Milchgewinnung überstiegen werden können, wenn die be¬ 
sondere Sorgfalt der Milchgewinnung besonders bezahlt (!) 
wird. Si tacuisses .... pr. Q. 


Personalien. 

Auszeichnung: Landestierzuchtinspektor Dr. Attinger-WXnoAien 
wurde zum Mitglied des bayrischen Landwirtschaftsrates gewählt. 

Ernennungen: Die Distrikstierärzte Gottlob Kuck- Altdorf und 
Heinrich H«^p«cA-Cadolzburg zu Bezirkstierärzten in Cham bzw. 
Kemnath. — Versetzt: Die Bezirkstierärzte Joseph Bawer-Hofheim 
und Hans Amberg auf Ansuchen nach Günzburg bzw\ 

Stadtamhof. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Alfred Töpfer - Braunsdorf in 
Spucken, Kr. Heydekrug (Ostpr.), Dr. Karl John in Erfurt, 
Schillerstraße 1. — Verzogen: Die Tierärzte Ludwig Wundt- 
Eudingen nach Altenheim, Eugen Örttfor-Backnang, Richard Spoerl- 
Augsburg, Franx OrscAwarm-Hammelburg als Assistent des Gr. 
Bczirkstierarztes in Tauberbischofsheim, bzw. Breisach, bzw. Lahr. 

Examina: Promoviert: Tierarzt Alfred Schmidl-RsWe a. S. zum 
Dr. med. vet. in Gießen. — Approbiert: Die Herren Siegmund, 
Schermer aus Hüttenrode, Felix QriUtner ans Köln, Hermann Worpenberg 
aus Ringel in Hannover. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Oberleutnant Dreher , 
Inspekteur des Militär-Veterinärwesens, zum Oberst. — Den 
Stabsveterinären Mentxel im Drag.-Rgt. Nr. 7, Bergin im Feldart.-Rgt. 
Nr. 36 ist der Charakter als Oberstabsveterinär mit dem persönlichen 
Rang der Räte 5. Klasse verliehen worden. — Versetzt: Die Ober- 
veterinäre Pohl, Assistent bei der Militär-Lehrschmiede Berlin zum 
1. Garde-Feldart.-Rgt., Wilke im Feldart-Rgt. Nr. 35 unter Rück¬ 
tritt von seinem Kommando bei der Militärveterinär-Akademie als 
Assistent zur Militär-Lehrschmiede Berlin. — Kommandiert: Die 
Oberveterinäre Lührs im 1. Garde-Feldart.-Rgt. als Hilfsinspizient 
zur Militärveterinär-Akademie, Dr. Küthe im Feldart.-Rgt. Nr. 46 
und Tiegs im Leib-Hus.-Rgt. Nr. 1 vom 1. März 1908 ab zu einem 
sechswöchigen Kommando der Militär-Lehrschmiede Berlin. 


Sachsen: Befördert: Die Militär-Studierenden Walther im 
Hus.-Rgt. Nr. 19 und Ulbricht im Garde-Reiter-Rgt. zum Unter- 
veterinär unter gleichzeitiger Kommandierung auf 6 Monate zur 
Lehrschmiede und Tierärztlichen Hochschule. — In der Schutz¬ 
truppe für Deutsch-Südwestafrika: Die Unterveterinäre 
Hölscher im Ulan.-Rgt. Nr. 6, Dr. Lüttschwager im Feldart.-Rgt. Nr. 10, 
Fry im Drag.-Rgt. Nr. 21, Dürschnabel im Feldart.-Rgt. Nr. 35 am 
24. Januar aus dem Heere ausgeschieden und mit dem 25. Januar als 
charakterisierte Oberveterinäre zur Schutztruppe einberufen. — 
Oberveterinär Zniniewicx am 31. Januar aus der Schutztruppe aus¬ 
geschieden und mit dem 1. Februar im Ulan.-Rgt. Nr. 6 wieder 
angestellt. — Abgang: Oberveterinär 77et«-Hochkretscham auf 
seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Todesfall: Tierarzt Albert Becker- Emmendingen. 


Vakanzen. (\ *i. Nr. 6.) 

Veterinär-Institut der Universität Leipzig: Jüngerer Tierarzt mit 
bakteriologischen und chemischen Kenntnissen möglichst bald als 
Assistent. Angebote mit Gehaltsansprüchen und Angabe bisheriger 
Tätigkeit an Prof. Dr. Eber-Leipzig, Linnästr. 11. 

Bakteriologisches Institut der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Brandenburg: II. Assistent. Gehalt 1800 Mark und 400 Mark 
WohnungBgeldzuschuß. Bewerbungsgesuche zum 1. April sind bei 
dem obigen Institut: Berlin, Kronprinzenufer 5/6, einzureichen. 

Schlachthofstellen: Plauen i. Vogtl.: Amtstierarzt und Stell¬ 
vertreter des Direktors zum 1. April. Gehalt 4200 M. bis 5700 M. 
Privatpraxis nicht gestattet. Meldungen amtstierärztlich geprüfter 
Bewerber an die Direktion des Vieh- und Schlachthofes. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Sclimaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoet* in Berlin. — 

Druck von W. Btlxenstein, Berlin. 




Dia „Berliner Tierilntliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlege von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48. Wllhelmstr. 10. Dnrch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— viert«*ljähr- 
licb (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pf. fUr Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische PoBt-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Origlnalbeltr&ge werden mit 60 Mlu, in Petitsatz mit 
00 Nk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., LuiscnstraSe 68. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion; 


De Bruln 

Glage 

Professor Dr. Schmaltz -Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Veterinärrat Dr. Lothes Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Professor 

Professor 

Departementstierarzt 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarzt 

Utrecht. 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündet 

Professor 

Professor 

Professor 

Professor 

Landestierarzt v. Bayern 

KreiBtierarzt 

Dresden. 

Dresden. 

Freiburg i. Br. 

Dresden. 

München. 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. JW. 8. Ausgegeben am 20. Februar. 


Inhalt: Storch: Klinische Diagnostik^derYTuberkulose des Bauchfells und der abdominalen Lymphdrüsen beim Rinde 
durch rektale Untersuchung. — Eberhard: Zwei Jahre Tuberkulosetilgung nach Ostertag. — Schwarz: Über 
Lagemans Thüringer Pillen. — Referate: Utendörfer: Über Leukocytose beim Rinde unter besonderer Berücksichtigung 
der Trächtigkeit und der Tuberkulose. — Scheibel: Bronchitis verminosa der Rinder und die verschiedenen Behandlungs¬ 
methoden derselben. — Kroening: Erfolgreiche Behandlung der verminösen Bronchitis der Schafe. — Vielhauer: Beiträge 
zur Kenntnis der „chronischen-abszedierenden Euterentzttndungen“ des Rindes. — Kettner: Tympanitis des Luftsackes. — 
Ligniöres: Die Tuberkulosediagnose bei den Tieren, vornehmlich den Rindern, durch gleichzeitige Anwendung der Ophthalmo- 
und der Kutireaktion. — Zaruba: Über einen Futterausschlag, verursacht durch die Fütterung doldentragender Hopfenranken. 
Evers: Hygienische Mängel unserer Stallbauten. Vorschläge zu der Abstellung, mit besonderer Berücksichtigung des 
Schweinestalles. — Keraöny: Das Beleben eines scheintoten Kalbes. — Tagesgeschichte: Plessow: Zu dem Thema: Kreis¬ 
tierarzt — Privattierarzt. — Bericht über die VH. Hauptversammlung des Vereins der beamteten Tierärzte Preußens. (Fort¬ 
setzung.) — Kurpfuscher-Gesetz. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. 


Klinische Diagnostik der Tuberkulose des Bauch¬ 
fells und der abdominalen Lymphdrüsen beim Rinde 
durch rektale Untersuchung. 

Von Storch-Schmalkalden. — 

Die Untersuchung lebender Rinder auf Tuberkulose gehört 
zu den heikelsten und schwierigsten Aufgaben des tierärztlichen 
Praktikers. Die Diagnose der tuberkulösen Erkrankung hält 
der Laie im allgemeinen für leichter, als sie es in Wirklichkeit 
ist. So kommt es, daß das Ansehen des Tierarztes durch 
eine falsche Diagnose bei Untersuchung tuberkuloseverdächtiger 
Rinder empfindlich geschädigt werden kann. Wohl sind wir in 
der Erkenntnis der diagnostischen Hilfsmittel der Tuberkulose 
fortgeschritten, u. a. haben uns die Veröffentlichungen Oster¬ 
tags und seiner Mitarbeiter (Untersuchungen über die klinische 
und bakteriologische Feststellung der Tuberkulose des Rindes 
1905) manche wertvollen Fingerzeige gegeben. Und doch ist 
die Zahl der Fälle, in denen wir trotz eingehendster Befund- 
aufnahme über eine gewagte Wahrscheinlichkeitsdiagnose nicht 
hinauskommen, immer noch Legion. Die intramuskuläre Ver¬ 
impfung des unmittelbar nach einem Hustenstoße aus der 
Bachenhöhle entnommenen Lungenauswurfs nach Ostertag läßt 
sich zwar in praxi ohne Schwierigkeiten ausführen, eignet sich 
aber für manche Fälle wenig, weil ein Urteil erst nach einer 
längeren Reihe von Tagen gefällt werden kann. 

Aus diesen Gründen möchte ich auf eine Untersuchungs- 
metliode hin weisen, deren ich mich schon seit mehreren Jahren 
regelmäßig bediene, nämlich die rektale. Selbstredend kann 
dieselbe nur bmuchbare Ergebnisse zeitigen, wenn sich gröbere, 
tuberkulöse Veränderungen an den vom Mastdarm aus mit der 
Hand erreichbaren Bauchorganen und Peritonealabschnitten 
befinden. Trotzdem gelingt es in zahlreichen Fällen, mittelst 
der Mastdarmexploration Tuberkulose mit hinreichender Sicher¬ 
heit festzustellen. Meines Dafürhaltens kann die klinische 


Prüfung von Rindern auf Tuberkulose gewöhnlich nicht als 
erschöpfend angesehen werden, wenn die Untersuchung per anum 
unterblieben ist. 

Daß die rektale Methode bei der Diagnostik der Tuberkulose 
mit Erfolg Verwendung finden kann, ist zwar durchaus kein 
Novum, da fast alle Handbücher über Pathologie und Therapie, 
gerichtliche Veterinärkunde, klinische Diagnostik bei Abhandlung 
der Tuberkulose auf dieses diagnostische Hilfsmittel aufmerksam 
machen, jedoch machen diese Hinweise größtenteils den Eindruck 
des Nebensächlichen und zeichnen sich durch eine Kürze aus, 
die in keinem Verhältnisse zu dem unbestreitbaren Werte 
besagter Methode steht. Ich gebe kurz hier an, was die 
bekanntesten einschlägigen Werke*) über die Mastdarmunter¬ 
suchung zwecks Festellung von Tuberkulose anführen: 

Gerlach (Gerichtliche Tierheilkunde, I. 1862) er¬ 
wähnt nichts. * 

Siedamgrotzky (Haubners Tierheilkunde, X. 1889): 
„Zuweilen lassen sich Knoten am Bauchfell vom Mastdarm aus 
abtasten.“ 

Harms (Rinderkrankheiten, I. 1890): „Bei der 
Exploration per rectum fand ich einige Male Geschwülste auf 
den serösen Häuten und zuweilen eine Vergrößerung der 
Gekrösdrüsen.“ 

Friedberger-Fröhner (Pathologie und Therapie, 
TH . 1892) führen unter Sperrdruck als klinisches Moment für 
die Diagnose der Perlsucht an: „Nachweis der tuberkulösen 
Wucherungen durch Einführung der Hand in den Mastdarm.“ 

Dieselben (Klinische Untersucliungs - Methoden, 

I. 1892): „Endlich lassen sich vom Rectum aus. 

Bauchfelltuberkulose palpieren.“ — „Von palpablen Geschwülsten 
des Bauchfelles hat die Perlsucht des Rindes am meisten 

*) Da ich von denselben teilweise nicht die neueste Auflage 
besitze, habe ich immer Nummer und Herausgabezeit meiner Auf¬ 
lage angegeben. 










142 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 . 


praktische Bedeutung. Das parietale und viscerale Bauchfellblatt 
wird hierbei mittelbar in der Weise abgetastet, daß man die 
Bauchwand von außen oder von innen, vom Mastdarm aus, mit 
den Fingerspitzen überstreicht oder sie von außen auf den 
unterliegenden Baucheingeweiden verschiebt und dabei zu er¬ 
mitteln sucht, ob das Bauchfell glatt oder höckrig, uneben, rauh, 
mit Knoten besetzt ist.“ 

Malkmus (Klinische Diagnostik, I. 1899): „Knoten 
(Tuberkulose) und Tumoren können (bei der Untersuchung vom 
Mastdarm ans) nur dann sicher als vorhanden angenommen 
werden, wenn sie mindestens haselnußgroß sind“. - „Die 
mesenterialen, Lenden- und Kreuzbeinlymphdrüsen sind einer 
Untersuchung vom Mastdarm aus zugänglich bei Pferd und Rind.“ 

Dieckerhoff ( Gerichtliche Tierarzneikunde. I. 1899) 
erwähnt nichts. 

Derselbe (Kinderkrankheiten. II. 1903) erwähnt nichts. 

Fröhner (Gerichtliche Tierheilkunde. I. 1905) er¬ 
wähnt die rektale Methode nicht, sondern sagt bezüglich der 
Bauchfelltuberkulose nur: „Mitunter lassen sich auch die Perl¬ 
knoten durch Palpation von außen naehweisen (Pansengegend, 
Hungergrube).“ 

Malkmus (Gerichtliche Tierheilkunde. I. 190C>) er¬ 
wähnt die rektale Untersuchung nur als Hilfsmittel zur Fest¬ 
stellung der Uterustuberkulose. 

Hutyra und Marek (Pathol. und Therap. I. 1905) 
bringen Eingehenderes: „Größere Geschwülste am Bauchfell 
lassen sich in einzelnen Fällen auch genauer feststellen. Die 
an der linken Seite des Pansens oder auf dem gegenüber¬ 
liegenden Peritonealblatt befindlichen Perlknoten können mit der 
auf die linke Hungergrube aufgelegten Hand, besonders beim 
Darüberstreichen, die im Becken befindlichen aber, besonders 
jene, welche in unmittelbarer Nähe der inneren Geschlechtsteile 
gelagert sind, mit der in den Mastdarm eingeführten Hand 
zuweilen sehr deutlich palpiert werden. In letzterem Falle 
dürfen namentlich größere Geschwülste mit höckeriger Ober¬ 
fläche oder in größerer Anzahl vorhandene, kleinere, sehr harte 
Gebilde als tuberkulöse Exkreszenzen angesprochen werden.“ 
Bei Abhandlung der Tuberkulose des Pferdes: „Durch die rektale 
Untersuchung lassen sich zuweilen in der Bauchhöhle die ver¬ 
größerten Lymphdrüsen (Gekrösdrüsen) als bis mannskopfgroße, 
derbe, höckerige, verschiebbare Geschwülste naehweisen, und 
ähnliche Knoten können auch unter der Wirbelsäule, in der 
Nähe der Nieren vorhanden sein.“ 

In der periodischen Literatur hat Svend Larsen (die 
Resultate der Mastdarmuntersuchungen, ref. in B. T. W. 1896) 
auf die Bedeutung der rektalen Exploration für die Feststellung 
der Tuberkulose (Perlknoten auf dem Bauchfell, Tuberkulose 
der Gekrösdrüsen, Eileiter- undEierstockstuberkulose) aufmerksam 
gemacht. Zürn (Beiträge zur klinischen Diagnostik der Tuber¬ 
kulose des Pferdes. D. T. W. 1905) hat auf die Wichtigkeit 
der mittelbaren Palpation der Bauchorgane — besonders der 
Milz — vom Mastdarme aus für die Diagnostik der Tuberkulose 
des Pferdes hingewiesen. Nach Godbille (zit. nach Ostertag) 
kann man durch rektale Exploration die Tuberkulose der Darm¬ 
beindrüsen feststellen. MFadyean (zit. nach Ostertag) be¬ 
zeichnet die Mastdarmexploration als das fast einzige Mittel, 
das zur Untersuchung der Bauchorgane anwendbar sei, betont 
aber dessen Wertlosigkeit in denjenigen Fällen, in denen aus¬ 
gebreitete Bauchfelltnberkulose nicht vorhanden ist. 


Ich unterlasse die rektale Untersuchung bei keinem auf 
Tuberkulose zu untersuchenden Rinde, es handele Bich denn um 
den seltenen Fall, daß neben den Symptomen der Lungen¬ 
tuberkulose charakteristische Veränderungen von außen abtast¬ 
baren Lymphdrüsen vorhanden seien. Das Rectum wird entleert; 
dann überstreiche ich mit den Fingerspitzen alle erreichbaren 
Partien des Peritoneum parietale und viscerale und suche in 
der Bauchhöhle nach vergrößerten Lymphdrüsen — Lenden-, 
Kreuzbein-, medialen Darmbein- und Gekrösdrüsen. — Bei 
sorgsamer und genügend lange fortgesetzter Untersuchung findet 
man denn nicht selten tuberkulöse Veränderungen in Gestalt 
verschieden großer Knoten und Knötchen auf dem Bauchfelle, 
besonders auf der PansenseroBa. Die Auswüchse bleiben bei 
Druck mit dem Finger bestehen; die kleineren, kirschkern- 
bis haselnußgroßen fühlen sich kugelig, scharf umschrieben, 
derb, oft sogar steinhart an, sind schmerzlos und schnappen, 
wenn sie in Granulationsgewebe locker eingebettet sind oder 
gar pendulierende Beschaffenheit besitzen, unter dem Finger 
hin und her. Größere Perlknoten präsentieren sich als schmerz¬ 
lose, derbe, oft höckerige Knollen. Die infolge höhergradiger 
Tuberkulose vergrößerten Lymphdrüsen sind gleichfalls schmerzlos 
und derb. Mitunter kann man auch auf ihrer Oberfläche Höcker 
oder prominierende, harte Knötchen durch das Gefühl naehweisen. 

Der Wert der rektalen Untersuchung wird durch vor¬ 
geschrittene Trächtigkeit sehr verringert; denn dann versperrt 
der gravide Tragsack den Fingerspitzen den Weg zur Palpation 
größerer Bauchfellpartien. 

Zum Beweise der guten Dienste, die bei der Untersuchung 
auf Tuberkulose die rektale Exploration zu leisten vermag, will 
ich nur zwei Befunde hier anführen: 

1. Eine ostfriesische, ungefähr achtjährige Milchkuh des 
landgräflichen Gutes in B. magert nach Bericht des Züchters 
trotz guten Appetites und munteren Benehmens seit einigen 
Monaten ab und läßt in der Milchergiebigkeit nach. Husten ist 
angeblich nicht gehört worden. Befund: Nährzustand schlecht. 
Haarkleid struppig, glanzlos. Sklerodermie. Blick munter. 
Das zum Zwecke der Untersuchung auf den Hof geführte Tier 
reißt sich dort los und tollt in munteren Sprüngen umher. 
Konjunktiven blaß. Flotzmaul beperlt. Puls, Atmung und 
Temperatur normal. Keine nachweisbare Vergrößerung der 
oberflächlichen Lymphdrüsen. Das Euter enhält keine Ver¬ 
härtungen. Nach längerem Zuhalten der Nasenlöcher hustet die 
Kuh nicht. Bei Auskultation der Lungen läßt sich überall 
Vesikuläratmen ohne Nebengeräusche naehweisen. Hungergrube 
eingefallen. Pansenbewegung subnormal. Kot dickbreiig, ohne 
Schleim- und Blutbeimengung. Kein Scheidenfluß. Bei der 
Exploration des Mastdarmes fühlt man sofort auf dem Peritoneum 
parietale zahlreiche, bis kinderfaustgroße, derbe, nicht druck¬ 
empfindliche Knoten mit unebener Oberfläche. Mediale Darm¬ 
beindrüsen kartoffelgroß, schmerzlos. Diagnose: Tuberkulose. 
Sektion: Hochgradige Bauchfelltuberkulose, Tuberkulose der 
bronchialen und mediastinalen Drüsen, in den Lungen nur ver¬ 
einzelte Knötchen. Ohne rektale Untersuchung wäre die 
Diagnose wohl unmöglich gewesen. 

2. Gelbrote Frankenkuh des Tünchers K. zu St, über zehn 
Jahre alt. Vor bericht: Tier hustet und magert trotz reich¬ 
licher Futteraufnahme ab. Befund: Nährzustand schlecht. Haar 
struppig. Haut über den Rippen noch faltbar. Sichtbare 

i Schleimhäute bleich. Palpierbare Lymphdrüsen nicht nachweis- 







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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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bar vergrößert. Enter klein, schlaff nnd welk. P. 65, R. 38, 
T. 38,6Kein Nasenausfluß. Bei Druck auf Kehlkopf und 
Aiifangsteil der Trachea kein Husten. Vesikuläratmen rauh 
verschärft. Nach längerem Zuhalten der Nasenlöcher hört man 
stellenweise Piepsen. Auch hustet die Kuh dann. Husten kurz, 
locker, ziemlich kräftig und wenig schmerzhaft. Pansen¬ 
bewegung und Darmperistaltik normal. Fäces dickbreiig. 
Untersuchung per anum: Uterus völlig kontrahiert. Ventralwärts 
vor dem Beckeneingang fühlt man mehrere harte, schmerzlose, 
verschiebbare, kastaniengroße Knoten. Auf der Pansenoberfläche 
lassen sich mit den tastenden Fingerspitzen zahlreiche linsen- 
bis erbsengroße, auf Druck nicht verschwindende, derbe, rund¬ 
liche Knötchen nach weisen, die zum Teil hin und her schnappen. 
Diagnose: Tuberkulose. Sektion: Tuberkulose der Lungen 
der Pleura, des Peritoneum (besonders der Pansenserosa), der 
Gekrös- und Nierenlymphdrüsen. 


Zwei Jahre Tuberkulosetilgung nach Ostertag. 

Von Tierarzt Eberhard-Caymen. 

Vom 1. Oktober 1905 an wurde für die Herden der 
Molkereigenossenschaft Nautzken (Kreis Labiau, Ost¬ 
preußen) das Ostertagsche Tuberkulosetilgungs-Ver¬ 
fahren eingeführt. Die Herden wurden jährlich einmal von 
mir auf klinisch erkennbare Tuberkulose nach der bekannten 
Methode untersucht. Die in Verdachtsfällen entnommenen Milch- 
und Scheidenschleimproben wurden im ersten Untersuchungs¬ 
jahre im Laboratorium der „Ostpreußischen Holländer-Herdbuch¬ 
gesellschaft“, im zweiten Jahre im Laboratorium der Land¬ 
wirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen untersucht. 

Die Tiere der Genossenschaftsherden gehören durchgängig 
dem Typus des ostpreußischen Holländer-Rindviehs an. 
Die Viehzahl der einzelnen Genossenschaftsherden schwankt 
zwischen 8 und 129 Tieren, die zur Untersuchung kamen. 
Untersucht werden die Deckbullen, alle Kühe und tragende 
Starken. Diejenigen Tiere, welche bei der Untersuchung mit 
offener Lungentuberkulose behaftet gefunden werden, 
werden nach beendigter Untersuchung durch fortlaufend nume¬ 
rierte Ohrmarken gekennzeichnet, und es wird dem Besitzer 
seitens der Genossenschaft zur Pflicht gemacht, diese Tiere 
innerhalb einer mit dem Untersuchungstierarzt zu vereinbarenden, 
möglichst kurz bemessenen Frist zwecks Schlachtung aus- 
zumerzen. Beim Verdacht der Lungentuberkulose wird 
der Besitzer verpflichtet, die betreffenden Tiere zu isolieren 
(an das Ende des Stalles zu stellen ohne Gegenüber) und sie 
zn beobachten. Jedoch steht es ihm frei, dieselben bis zur 
nächstjährigen Untersuchung weiter zu halten. Wie sich im 
zweiten Untersuchungsjahre herausstellte, waren aber auch von 
diesen Tieren viele freiwillig seitens der Besitzer abgeschafft 
worden. Häuflger hatte ich Gelegenheit, den Schlachtbefund 
bei ausgemerzten Tieren selbst zu kontrollieren oder sonst 
Auskunft über denselben zu erhalten. Von einer Fehldiagnose 
ist mir dabei nichts bekannt geworden. Leider kann ich über 
den Ausfall der bakteriologischen Untersuchungen der nach 
Königsberg eingesandten Milch- und Scheidenschleimproben nichts 
mitteilen, da mir von dort keine Nachricht hierüber zngeht. 
Eine Entnahme von Kot, Rachenschleim oder sonstigen Pro¬ 
dukten zeigte sich in den beiden Berichtsjahren nicht erforderlich. 


Nachstehend lasse ich das Untersuchungsergebnis der beiden 
Jahre folgen: 



In Prozenten ausgedrückt, stellt sich das Ergebnis 
folgendermaßen dar: 



Lungen¬ 
tuberkulose 
oder Ver 
dacht der¬ 
selben 

Aus¬ 

gemerzt 

wegen 

Lungen¬ 

tuber¬ 

kulose 

1 Verdacht 
der ! 
Lungen- ; 
tuber- 
t kulose j 

Mileh- 

proben 

Scheiden- 

scldeiin- 

proben 

1 

Erstos Jahr. 

11,05% 

3,22 % 

7,83% 1 

0 . 1 ) % 

| 0,59 % 

Zweites Jahr 

8,34 % 

2,31 % 

6,03 % 

0,63% 

0,14 % 


Wie die obigen Zahlen zeigen, hat sich der Prozentsatz 
der tuberkulösen resp. tuberkulose-verdächtigen Tiere im zweiten 
Untersuchungsjahre nicht unerheblich gebessert, was wohl 
hauptsächlich auf die Ausmerzung aller mit offener Lungen¬ 
tuberkulose behafteter und vieler verdächtiger Tiere zurück¬ 
zuführen ist. 

Bezüglich der Verteilung der Tuberkulose auf die einzelnen 
Herden habe ich die Bemerkung gemacht, daß im allgemeinen 
die kleineren Herden, was Tuberkulose anbetrifft, die ge¬ 
sünderen sind. Dieses hat jedensfalls darin seinen Grund, daß 
in verhältnismäßig kleinen Herden der Besitzer die Tiere selber 
besorgt und füttert. Infolgedessen kennt er jedes einzelne Tier 
genau, und es entgehen ihm so leicht keine verdächtigen Er¬ 
scheinungen, so daß er meistens im eigenen Interesse schon 
diejenigen Tiere beizeiten abstößt, die ihm nicht ganz einwand¬ 
frei Vorkommen. In größeren Herden fehlt dem Besitzer mehr 
oder weniger der Überblick über den Viehbestand, und betreffs 
der einzelnen Tiere muß er sich auf die Beobachtungen des 
wenig Interesse zeigenden und oft unzuverlässigen Personals 
(der Schweizer usw.) verlassen, so daß es ihm beim besten 
Willen häufig nicht möglich ist, ohne tierärztliche Hilfe seinen 
Bestand einigermaßen rein zn erhalten. 

Der Prozentsatz der ausgemerzten Tiere in den einzelnen 
Herden schwankte im ersten Untersuchungsjahre zwischen 
0 und 19,3 Proz., im zweiten Jahre zwischen 0 nnd 14,3 Proz., 
der Prozentsatz der verdächtigen Tiere im ersten Jahre 
zwischen 0 und 12,8 Proz., im zweiten Jahre zwischen 0 nnd 
25 Proz. Die prozentualiter die meisten lungentuberkulösen 
nnd der Lungentuberkulose verdächtigen Tiere enthaltende 
Herde war im ersten Jahre eine Herde mit 35,09 Proz., im 
zweiten Jahre eine solche mit 25 Proz. 

Die Untersuchung im zweiten Jahre lieferte also jedenfalls 
ein günstiges Ergebnis, welches wir dem Ostertagschen 
Tuberkulose-Tilgungs-Verfahren zu verdanken haben. Das wird 
auch von allen einsichtigen Landwirten anerkannt, und es ist 








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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


mit Gewißheit anzunehmen, daß wir durch dieses Verfahren, 
verbunden mit der sogenannten tuberkulosefreien Aufzucht 
der Kälber, im Laufe der Zeit die Tuberkulose in unseren 
Herden ganz bedeutend eindämmen werden. 

Über Lagemans Thüringer Pillen. 

Von Dr. med. S. Schwarz -Konstantinopel. 

In Nr. 19 (11. Mai 1907) der „B. T. W.“ lese ich einen vom 
Dozenten Herrn Dr. Zimmermann, Budapest unter obiger Über¬ 
schrift verfaßten Aufsatz, der mich zur Widerlegung und Richtig¬ 
stellung auffordert. 

Ich bin zwar weder Tierarzt, noch Tierzüchter, ich bin nur der 
Schöpfer dieser Pillen und fühle mich deshalb berechtigt, ja sogar 
verpflichtet, die auf höchstwahrscheinlich unterlaufene Irrtüraer 
beruhenden Behauptungen des Herrn Dozenten, welche geeignet 
sind den guten Leumund meines Kindes zu beeinträchtigen, näher 
zu beleuchten. Andererseits wieder liegt es im Interesse der 
Wissenschaft, sowie in dem der Tierzüchter, denen infolge von 
Mißverständnissen unberechenbarer Schaden erwachsen könnte, den 
wahren Sachverhalt klarzustellen und ersuche Sie daher, hoch¬ 
verehrter Herr Redakteur, meinen Auseinandersetzungen ein be¬ 
scheidenes Plätzchen in Ihrem geschätzten Blatte anweisen zu 
wollen, wofür ich Ihnen im voraus bestens danke. 

Nach mehr als 20 jährigen Versuchen und wissenschaftlichen 
Forschungen ist es mir gelungen, ein gegen infektiöse, akute und 
chronische Diarrhöe sicher wirkendes Mittel in Pillenform zusammen¬ 
zusetzen, das von unzähligen Ärzten und Laien erprobt und begut¬ 
achtet wurde. Die Bestandteile dieser Pillen sind, wie sie Herr 
Dr. Zimmermann richtig angibt: Myrobalani indici, pelletierinum, 
Extractum granati, Extr. rosarum und Gummi arabic. Da die 
Myrobalanen einen purgierenden Stoff enthalten, der besonders 
sorgfältig extrahiert werden muß, und um ein gleichmäßiges 
Präparat zu erhalten, vertraute ich die Herstellung des Mittels der 
chemischen Fabrik des Herrn Lage man, die es (unter meiner 
persönlichen Präparierung der Myrobalanen) unter dem Namen 
„Thüringer Pillen“ (jetzt Thürpil genannt) in den Verkehr brachte. 

Dem Herrn Departementstierarzt Veterinärrät Wallmann Erfurt 
gebührt das Verdienst, die ersten Versuche mit dem Thürpil in 
Deutschland angestellt zu haben und seiner Publikation „Zur Be¬ 
handlung der Kälberruhr“ (in Nr. 40 der Berliner Tierärztlichen 
Wochenschrift 1894) verdanken Hunderte von Landwirten die Er¬ 
haltung ihrer Tierbestände, die infolge von Ruhrepidemien dezimiert 
wurden. Herr Veterinärrat Wall mann schreibt (1. c.): „Ich habe 
die Pillen in vielen Fällen von Kälberruhr, ferner wiederholt bei 
der katarrhalischen, mit heftigen, oft blutigen Diarrhöen verbundenen 
Form der Hundestaupe in Anwendung gebracht. Es wurden von 
mir etwa 40 Fälle von Kälberruhr ausschließlich mit dem von der 
Fabrik unter dem Namen „Thüringer Pillen“ in den Handel ge¬ 
brachten Präparat behandelt und habe ich fast ausnahmslos immer 
Erfolge zu verzeichnen gehabt, wie ich sie von den früher ver¬ 
wendeten nicht annähernd beobachtet hatte. Die Durchfälle lassen 
meistens schon am zweiten Tage der Behandlung nach und habe 
ich Jungkälber sich erholen gesehen, die sich so hinfällig zeigten, 
daß sie außerstande waren, sich zu erheben und den Kopf auf¬ 
recht zu erhalten. Auch in Fällen von Hundestaupe habe ich die¬ 
selben günstigen Resultate zu verzeichnen und stimmen die Herren 
Kollegen, denen ich die Pillen zur Verfügung gestellt habe, mit 
mir in bezug auf die günstige Wirkung des Präparates überein.“ 
Soweit Wallmann, der bis zur Stunde seine Angaben aufrecht er¬ 
hallt. Als ich vor etwa zwei Jahren, während einer Ferienreise 
Herrn Lageman besuchte, hatte ich Gelegenheit bei ihm über 
1200 überaus lobende Anerkennungsschreiben von Professoren der 
Tierheilkunde, sowie von angesehenen Tierärzten und Laien zu 
sehen, die jedermann zur Einsicht aufliegen. 

Soviel über die Entstehung und den wahren Wert des „Thürpil“, 
den ich weiter unten auch wissenschaftlich begründen werde, woraus 
man auch ersehen wird, daß das Medikament keinesfalls, wie 
mancher irrtümlich behauptet, von einem Laien zusammengesetzt 


wurde. Es entstand durch mühselige mikroskopische und bakterio¬ 
logische Forschungen, die nicht mutwillig verleugnet werden können. 

Wollen wir nun auch den Herrn Dozenten Dr. Zi mm ermann 
anhören. Der Herr Dozent teilt uns in der Einleitung seines 
oberwähnten Aufsatzes mit, daß Herr Oberveterinär Dr. Goldbeck- 
Sagan in Nr. 31 und 48 1906 der Deutschen Tierärztlichen Wochen¬ 
schrift zwei Artikel über Kälberruhrbekämpfung veröffentlichte, in 
denen er auch die Thüringer Pillen erwähnt. Ferner erzählt uns 
Herr Dr. Zimmermann, daß auch er, ermutigt durch die „günstigen 
Erfahrungen anderer“, vor zehn Jahren in der internen Klinik 
der Königlichen Tierärztlichen Hochschule zu Budapest bei Staupe¬ 
fällen und Hühnercholera, während Herr Obertierarzt Born auf der 
Krondomäne Gödöllö bei Kälberruhr mit den Thüringer Pillen Ver¬ 
suche anstellte und beide Herren gleich ungünstige Erfolge erzielten. 
Über die Art der Born sehen Versuche schweigt sich der Herr 
Dozent gründlich aus, während er über die seinigen uns nur so viel 
mitteilt, daß er das Mittel mit Rotwein reichte, da ohne diesen 
im Beginne der Versuche man absolut keine günstige Wirkung 
beobachten konnte. Wenn eine Besserung, meint der Herr Dozent 
im katarrhalisehen Zustande eingetroffen, so war das in den meisten 
Fällen nicht unmittelbar kurz nach der Eingabe der Thüringer 
Pillen, sondern erst nach mehreren Tagen, erst nach der öfters 
wiederholten Anwendung der Pillen. Unangenehme Wirkungen 
beobachtete er weder während, noch nach der Anwendung der 
Pillen, aber auf die infektiösen, akuten Darmerkrankungen übten sie 
auch keine „spezifische“ Wirkung aus. 

Wollen wir nun die Mitteilungen des Herrn Dozenten näher 
betrachten Was die Einleitung betrifft, so liegen die Nummern 31 
und 48 der „Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift“ vor mir und er¬ 
sehe ich aus Nr. 31, daß der Herr Oberveterinär Dr. Goldbeck seine 
Behandlungsmethode zur Bekämpfung der Kälberruhr bespricht und 
sagt, daß er als Medikament das Salizyl-Tanninalbuminat verwende, 
welches geeignet erscheint, die in Laienkreisen beliebten, den 
Tierarzt verdrängenden „Thüringer Pillen“ zu ersetzen, aber sonst 
kein Sterbenswörtchen mehr. In Nr. 48 kritisiert Herr Dr. Gold- 
beck eine Lagemansche Broschüre und gesteht offen und ehrlich: 
„Im übrigen liegt es mir durchaus fern, etwa behaupten zu wollen, 
daß diese Pillen nicht eine günstige Wirkung entfalten, Herr 
Veterinärrat Wallmann hat dies erklärt und ich habe keine 
Erfahrung mit denselben“. Zum Schlüsse des Artikels fordert Herr 
Dr. Goldbeck zur Bekämpfung der Thüringer Pillen auf, weil sie 
geeignet sind, die tierärztliche Praxis zu schädigen. Ich fühle mich 
nicht berufen, über die Goldbeckschen Artikel weder ein lobendes 
noch ein abfälliges Urteil zu fällen und muß ihm nur recht geben, 
wenn er pro domo kämpft, daß er aber, ohne zu wollen, den 
Thüringer Pillen das schönste Gutachten ausstellt, ist auffallend. 
In dem Momente, als er die Behauptung aufstellt, daß die in Laien¬ 
kreisen so sehr beliebten Thüringer Pillen die tierärztliche Praxis 
bedrohten, mußte er sich selbst sagen „Volksstimme ist Gottes¬ 
stimme“. Herr Dr. Goldbeck wird mir gewiß diese scherzhafte 
Bemerkung nicht übel nehmen und wird sich hoffentlich mit den 
Thüringer Pillen, von denen er erfahren hat, daß sie auf streng 
wissenschaftlicher Basis zusammengesetzt sind, baldigst auesöhnen. 
Wir Männer der Wissenschaft sind dazu verurteilt, unser Privat¬ 
interesse dem des allgemeinen Wohles zu unterordnen. 

Kehren wir nun zu den weiteren Mitteilungen des Herrn Dr. 
Zimmermann zurück. Ist es ja schon genug auffallend, daß ein 
Gelehrter, der sich die Mühe nimmt, den Wert eines Medikaments 
zu prüfen, uns erst nach sage zehn Jahren die Resultate seiner 
Versuche mittcilt, so sind die jeder wissenschaftlichen Begründung 
entbehrenden Mitteilungen noch auffallender. Wenn der Herr 
Dozent uns mitgeteilt hätte, welche wissenschaftlichen Befunde 
seine Diagnose bestätigten und er, trotz eingehaltener vorschrifts¬ 
mäßiger Diät und Reichung der Pillen keine günstigen Resultate 
erzielte, so wäre Seine Behauptung, daß er keine „spezifische“ 
Wirkung der Pillen auf die infektiöse, akute Darmerkrankung 
beobachtet habe, vollständig gerechtfertigt, sonst aber klingt sie 
nur wie ein automatisches „sic volo“. Ich widerspreche seiner 
persönlichen Ansicht, weil es mehr als eine Ansicht doch nicht 
sein kann, will aber den Widerspruch begründen. 






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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


145 


Untersucht man nämlich mikroskopisch die Dejekte eines 
infektiös akut oder chronisch erkrankten Darmes, so findet man 
eine Unzahl von Mikroorganismen, welche als Krankheitserreger 
betrachtet werden müssen, weil sie gezüchtet und auf andere Tiere 
übertragen dieselben Krankheitserscheinungen hervorrufen. Reicht 
inan einem derart erkrankten Tiere die Thüringer Pillen (Thttrpil), 
so kann man schon am folgenden Tage mikroskopisch nicht nur 
eine merkliche Abnahme der Mikroben, sondern auch viele derselben 
ira Detritus begriffene konstatieren. Nach einigen Tagen, bei Fort¬ 
setzung der Pillen, verschwinden die Krankheitserreger vollständig 
und das Tier befindet sich in voller Rekonvaleszenz. Mithin üben 
die Pillen doch eine „spezifische“ Wirkung aus. Auch unverständlich 
ist mir folgende Behauptung des Herrn Dr. Zimmermann: „Wenn 
eine Besserung im katarrhalischen Zustande eingetroffen, so war 
das in den meisten Fällen nicht unmittelbar kurz nach der Eingabe 
der Thüringer Pillen usw. Ich würde, trotz meiner 36jährigen 
praktischen Erfahrungen jenem Herrn Kollegen zu außerordentlichem 
Danke verpflichtet sein, der mir ein Medikament namhaft machen 
wollte, das bei katarrhalisch infektiösen Erkrankungen des Darm¬ 
kanals „unmittelbar“ nach der Eingabe auffallende Besserung 
erzeugen sollte. Eine etwa eingetretene Besserung bei seinen 
Versuchstieren, schreibt Herr Dr. Ziinmermann dem Tanningehalte 
des Rotweines zu, mit dem die Pillen gereicht wurden. Was also 
die in den Myrobalanen und in den andern Vegetabilien enthaltene 
Gerbsäure nicht leisten konnte, tat der Tanningehalt des Rotweines 
(sic!). Ich bin leider nicht in der Lage eine derartige Behauptung 
zu verdauen und überlasse sie den geehrten Herrn Lesern zur 
weitern Beurteilung. 

Folgen wir dem Herrn Dr. Zimmermann in seiner analytischen 
Besprechung der in den Pillen enthaltenen Vegetabilien, finden wir 
den Auszug eines pharmakologischen Kompendiums, das die einzelnen 
Stoffe oberflächlich berührt und so auch über die Myrobalanen sagt 
daß sie Gerbsäure enthalten, ohne die eigentümliche Eigenschaft 
dieser Gerbsäure anzugeben. Ich will sie dem Herrn Doktor ver¬ 
raten. Die in den präparierten Myrobalanen enthaltene Gerbsäure 
besitzt die Eigenschaft, in Verbindung mit den andern in den Pillen 
beigemischten tanninhaltigen Stoffen, den Magen ungelöst zu passieren 
und erst im Dünn- und Dickdarme sich zu lösen, wodurch sie direkt 
auf die erkrankten Stellen desinfizierend wirkt, worauf ich noch 
zuriiekkommen werde. Jetzt wird der Herr Dozent erklärlich finden, 
waru ii die anderen, durch deren günstige Erfahrungen er zu Ver¬ 
suchen veranlaßt wurde, gute Erfolge erzielten, sich aber auch 
gleich mir die Frage vorlegen, ob nicht bei seinen Versuchen Irr- 
tümer unterlaufen sind, welche die Mißerfolge verursachten. 

Herr Dr. Zimmermann sagt ferner: „Die Lagemanschen 
Pillen sollen gegen infektiöse Darmerkrankungen ihre spezifische 
Wirkung ausüben. Sonderbarerweise enthalten sie aber gar kein 
desinfizierendes Mittel usw.“ Weiter: „Lagemans Thüringer Pillen 
töten den Infektionsstoff der erwähnten Katarrhe nicht, sondern 
sollen dadurch eine viel günstigere Wirkung als die anderen, des¬ 
infizierenden zusammenziehenden* Mittel ausüben, daß sie den Nähr¬ 
stoff der Bakterien, in diesen Fällen den Darininhalt zur weiteren 
Virulenz der Mikroben unmöglich machen. Sie vernichten also 
nicht die Mikroorganismen, sondern hemmen ihre weitere Ent¬ 
wicklung, ihre Vermehrung usw.“ Schließlich behauptet Herr 
Dr. Zimmermann: die Besserung, welche bei einigen Fällen ein¬ 
getreten ist, hätte sich vielleicht wie bei vielen anderen Fällen 
auch ohne Behandlung eingestellt. 

Bezüglich der letzten Äußerung kann ich nur sagen: „Tout 
eomme chez nous“. Auch bei uns behaupten die Alttürken: „Er 
wäre auch ohne Medikamente gesund geworden“, während der 
Jungttirke der Ansicht ist: „Er wäre auch ohne ärztliche Hilfe ge¬ 
storben“. Die anderen Behauptungen dagegen wollen näher be¬ 
leuchtet werden. Welche besonderen Ansprüche Herr Dr. Zimmer¬ 
in ann an ein desinfizierendes Mittel stellt, ist mir zwar unbekannt, 
jedoch hoffe ich, daß er mir beistimmen wird, wenn ich behaupte, daß 
jede organische oder anorganische Substanz, welche auf Mikroben 
schädigend einwirkt, ob sie dieselben direkt durch Vergiftung oder 
indirekt durch Nahrungsentziehung tötet, als desinfizierendes 
Mittel betrachtet werden muß. Nun stellen die von Prof. Maier, 
Uoletti u. a. (1 nuovi rimedi Nr. 6, 7 und 8, 1897) angestellten 


mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungen fest, daß in 
Fällen von infektiösen Diarrhöen, bei denen man Salol, Benzo 
naphthol, Asaprol undTannalbin erfolglos anwandte, dje Lagernan- 
schen Pillen die Mikroben degenerierten, worauf in kurzer Zeit 
Heilung eintrat. Diese Tatsache wird auch von den Herren Richard 
und Sej an o bestätigt. Ob nun die Myrobalanen oder die in den Pillen 
enthaltenen anderen Vegetabilien den Löwenanteil an der Ver¬ 
nichtung der Mikroben nehmen, wollen wir hier nicht prüfen, daß 
aber das Thürpil desinfizierend wirkt, kann nach den angestellten 
Versuchen der oben genannten Herren nicht mehr in Abrede ge¬ 
stellt werden. Muß denn übrigens ein Desinfektionsmittel Lysol, 
Karbol, Sublimat und dergleichen heißen, es kann ja ebenso gut 
Thürpil genannt werden, wenn es nur tatsächlich die Krankheits¬ 
erreger zerstört. 

Diese wissenschaftlich erwiesene Tatsache, sowie die in Praxis 
in aller Herren Länder mit dem Thürpil erzielten günstigen Er¬ 
folge, machen es unerklärlich, warum gerade in Budapest die an¬ 
gestellten Versuche ungünstig ausfielen. Die vom Herrn Dozenten 
Dr. Zimmermann argumentlos angegebenen Behauptungen, könnten 
mich schier zur hypothetischen Annahme verleiten, daß der Ver¬ 
dauungskanal der ungarischen Kälber und Hunde anders konstruiert 
sei, als derjenige der gleichen Tiere anderer Länder. 


Referate. 

(Aus dem Veterinärinstitut Leipzig.) 

Über Leukocytose beim Rinde unter besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Trächtigkeit und der Tuberkulose. 

Von Tierarzt Dr. Utendörfer-Schmalkalden. 

(Archiv für wiNsensch. und pr&kt. Tierhcilk., Ud. 33, Heft 4 u. 5.) 

Als Untersuchungsmaterial benutzte Utendörfer eine große 
Anzahl der im Schlacht- und Viehhof zu Frankfurt a. M., im 
Veterinärinstitut und im landwirtschaftlichen Institut zu Leipzig 
anfgestellten Rinder. Zur Blutentnahme diente der Ohrmuschel¬ 
rand; zur Abmessung des Blutes nahm Verfasser die Misch¬ 
pipetten nach Thoma. Für die Unterscheidung der Leukocyten 
in Lymphocyten, neutrophile und eosinophile, bediente er sich der 
Färbung nach Romanowsky-Giemsa. Die vorgenommenen 
Untersuchungen erstreckten sich auf: 1. normale Leukocytenzahl 
im Blute von Rindern, 2. Zahl der weißen Blutkörperchen 
während der Verdauung, 3. Verhalten der weißen Blutkörperchen 
während der Trächtigkeit, 4. Verhalten derselben bei Tuber¬ 
kulose, 5. Verhalten derselben nach Tuberkulininjektion, 6. Be¬ 
deutung der Leukocytose für den Organismus. 

Das Resultat vorliegender Arbeit gipfelt in folgendem: 

1. In den verschiedenen Altersstufen des Rindes ist die 
Menge der Leukocyten im Blute verschieden, dergestalt, daß 
jugendliche Tiere eine größere Anzahl aufweisen wie ältere. 

2. Geschlecht und Kastration haben keinen Einfluß auf die 
Leukocytenzahl. 

3. Das Verhältnis der Leukocytenarten untereinander ist 
ähnlich dem beim Menschen, mit der Abweichung, daß für die 
eosinophilen Zellen beim Rinde meist höhere Werte gefunden 
wurden wie beim Menschen. 

4. Eine Leukocytose während der Verdauung und Trächtig¬ 
keit tritt beim Rinde nicht auf. Die festgestellten Schwankungen 
in der Zahl der Leukocyten liegen in den physiologischen Grenzen. 

5. Die Produktion von spezifischer Nährflüssigkeit in den 
Milchdrüsen scheint einen Einfluß auf die Bildung von eosino¬ 
philen Zellen zu haben. 

6. Eine Leukocytose tritt nach künstlicher Infektion mit 
Tnberkelbazillen, bei der schweren Form der Tuberkulose, unter 
sonst normalen Verhältnissen stets ein. 

** 






146 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


7. Das Sinken der Leukocytenmenge bei Tuberkulose kurz 
vor dem Tode unter die Norm ist auf das Einwirken von 
Toxinen auf das Blut zurückzuführen. 

8. Das prozentuale Verhältnis der Leukocytenarten unter¬ 
einander entspricht bei Tuberkulose den normalen Werten. 

9. Eine Leukocytose tritt nach Tuberkulininjektionen im 
gesunden Körper stets ein. 

10. Die Zahlenwerte der eosinophilen Zellen erfahren nach 
Tuberkulininjektionen eine Steigerung. 

11. Die Temperaturerhöhung bei Tuberkulininjektionen ist 
ebensowenig wie die gelegentlichen Temperaturerhöhungen im 
Verlaufe der künstlichen Infektion mit Tuberkulose als ver¬ 
anlassendes Moment für das Zustandekommen der nach Tuber¬ 
kulininjektionen eintretenden Leukocytose anzusehen. 

12. Die Leukocytose unterstützt den Körper in der Abwehr 

schädlicher Einwirkungen. J. Schmidt. 

Bronchitis yerminosa der Rinder nnd die verschiedenen 
Behandlungsmethoden derselben. 

Von Dr. Albert Scheibei, Kreisycterinärarzt in Schotten. 

(Deutache Tierirztl. Wochenschrift 1907, Nr. 48.) 

Scheibel hatte Gelegenheit, das seuchenhafte Auftreten der 
Bronchitis verminosa unter dem Rinderbestande eines Ortes am 
Nordabhange des Vogelsberges zu beobachten. Er verbreitet 
sich über die Anamnese, die klinischen Erscheinungen, das 
Sektionsergebnis, die Ätiologie und Therapie. In differential¬ 
diagnostischer Beziehung macht er darauf aufmerksam, daß die 
an der Lungenwurmseuche leidenden Rinder viel liegen, während 
lungenseuchekranke Rinder meist mit ausgespreizten Vorder¬ 
beinen sich stehend zu erhalten suchen. 

Die Behandlung mit innerlich anzuwendenden Mitteln ließ 
im Stiche. Auch die Räucherungen mit Teer leisteten nichts. 
Dasselbe Resultat hatte die interne Anwendung von Kreosot¬ 
kapseln (50 Proz. Kreosot-Vasoliment). Auch die von Strebei 
empfohlene Methode, ein Gemisch von 4 Teilen Äther und einem 
Teil Terpentinöl dreimal täglich einen Kaffeelöffel voll in ein 
Nasenloch einzugießen, hatte keinen nennenswerten Erfolg. 

Verfasser versuchte dann die intratracheale Injektion von 
verschiedenen Mitteln, nämlich 1. 01. Olivarum, 01. Terebinth. 
ää 100,0, Kreolin 5,0. 2. Kreosot 1,0, Spirit, rect., Aqu. destill. 
ää 50,0. 3. 3 proz. Therapogeji. 4. 01. Olivarum, 01. Terabinth. 
ää 100,0 Acid. carbol. liquefact., 01. animal, foet. ää 2,0. Wenn 
auch diese Behandlung gewisse Erfolge brachte, so haftet ihr 
doch der Mangel an, daß die beigebrachte Flüssigkeitsmenge in 
der Lunge nach den tiefsten Stellen sich senkt und nicht alle 
Wurmnester berührt. Scheibel versuchte nun auf Empfehlung 
von Malkmus den von Malkmus abgeänderten Frickschen 
Spray-Apparat (Hauptners Katalog von 1907, Abteilung 22, 
Nr. 3357). Da dieser Apparat jedoch zum Gebrauche bei 
Pferden eingerichtet ist, ließ ihn Scheibel von Hauptner 
zum Gebrauche bei Rindern umändern. Scheibel sah bei den 
früheren Behandlungsmethoden den besten Erfolg vom Kreosot. 
Er verwendete demnach für den Spray Kreosot 1,0, Spir. rect., 
Aqu. dest. ää 50,0. Durch einen Versuch, in einer frisch ge¬ 
schlachteten Lunge die Würmer durch diesen Spray zu töten, 
fand Scheibel, daß man den Spray mindestens 8 Minuten lang 
andauern lassen muß. Am lebenden Tier muß man den Spray 
in dieser Zeit zur Vermeidung von Erstickungsanfällen zuweilen 
unterbrechen. Diese Behandlung muß mindestens am 2. Tage 


wiederholt werden und man kann den mittelst Bändern am Halse 
fixierten Tubus in der Zwischenzeit wie einen gewöhnlichen 
Tracheotubus liegen lassen. Der Erfolg dieser Behandlung war 
über Erwarten günstig. Rdr. 

Erfolgreiche Behandlung der yerminösen Bronchitis 
der Schafe. 

Von Stabsveterinär Kroening. 

(Zeitschr f Veferlnärk. 1907, 8. 434.) 

In zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Spätherbst, hatte 
Kroening in zwei größeren Stammschäfereien Gelegenheit, sich 
eingehend mit einer seuchenartig unter den Lämmern auftretenden 
Lungenwurmkrankheit zu befassen. — Kroening schildert die 
beobachteten Symptome, die Lungenwürmer (Strongylus filaria), 
die durch diese hervorgerufenen pathologischen Prozesse und 
Folgezustände und beschäftigt sich unter Berücksichtigung der 
Literatur mit der Behandlung dieser gefürchteten Schafkrankheit. 
Kroening machte sich die von Wessel beim Rinde gesammelten 
Erfahrungen zunutze und injizierte jedem hustenden Schaf 5 g 
einer lproz. wässerigen Karbolsäurelösung intratracheal. Die 
Schafe wurden hierzu auf eine Schlachtbank gelegt mit stark 
rückwärts gehaltenen Köpfen, damit sich die Trachea besser 
markierte. Die schon ganz entkräfteten Tiere gingen nach der 
Injektion dennoch zugrunde, bei sämtlichen noch einigermaßen 
kräftigen setzte aber nach einer einzigen Einspritzung sofort 
die Besserung und nach einigen Tagen Genesung ein. Schon 
am Tage nach der Injektion war die Atmung ruhiger, Husten 
war zwar noch vorhanden, jedoch nicht mehr so quälend, die 
Schafe husteten sich leichter durch. Mehrere Tiere erhielten nach 
drei Tagen eine zweite Injektion von 5 g und erholten sich dann 
sehr bald. 

Prophylaktisch empfiehlt Kroening: Vernichten der Lungen, 
Desinfektion des Stalles mit Formalinlösung, Meiden der tief¬ 
gelegenen Weideplätze im Frühjahr und Sommeranfang, im 
Spätsommer Behandlung des hustenden Weideviehs, ehe die 
Krankheit vorschreitet. Richter. 

Beiträge zur Kenntnis der „chronischen-abszedierenden 
Euterentzündungen 6, des Rindes. 

Von Carl Vielhauer, Polizeitierarzt in Hamburg. 

(An» der bakteriologischen Station des Hamburgiscben Veterinärweaens.) 
(Zeitschrift f. Tiermedizin, XI. Band, S. 336—358.) 

Gelegentlich seiner Untersuchungen über die Identität des 
Bacillus pyogenes suis Grips und des Bacillus pyogenes bovis 
Künnemann machte Glage auf eine chronische abszedierende 
Euterentzündung der Milchkühe aufmerksam, die bisher noch 
nicht beschrieben war. Glage fand, daß sich bei dieser Euter¬ 
entzündung reichliche Bindegewebswucherung einstellt und daß 
sich Abszesse .bilden, in denen die Gripschen Bazillen massen¬ 
haft vorhanden sind. Vielhauer hat nun Hunderte von Eutern 
untersucht, die mit dieser Mastitis behaftet waren. Das Resultat 
seiner Untersuchungen faßt er wie folgt zusammen: 

Die „chronische - abszedierende“ Euterentzündung 
des Rindes ist eine spezifische selbständige Mastitis, 
welche durch den Bacillus pyogenes hervorgerufen 
wird. Ihr Wesen bildet eine eiterige Entzündung, die 
je nach Umständen in verschiedener Weise verknüpft 
ist mit entzündlicher Neubildung. Ihrem Sitze nach 
hat man zwischen zwei Formen zu unterscheiden und 
zwar einer in der Hauptsache äü den ausführenden 



20. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


147 


Apparaten der Milchdrüse verlaufenden katarrhalisch¬ 
eitrigen Entzündung und einer interstitiellen Form. 
Die erBtere greift gelegentlich per continuitatem auf 
das Alveolargewebe über und führt so zur paren¬ 
chymatös-eitrigen Mastitis. 

Die interstitielle Form verläuft im Stützgewebe 
des Euters und stellt kleinste, eitrige Infiltrations¬ 
herde dar, welche von einer starken entzündlichen 
Neabildungszone umgeben sind, so daß makroskopisch 
zunächst anscheinend solide, kleine Knötchen ent¬ 
stehen. 

Beide Formen führen im weiteren Verlaufe zur 
Entstehung verschieden großer und gestalteter 
Abszesse, die regelmäßig umgeben sind von einer 
starken schwieligen Kapsel. Rdr. 

Tympauitis des Luftsackes. 

Von Oberveterinär Kettner. 

(Zeitsehr. f. Veterinärk. 1907, S. 394.) 

Ein fünfjähriger Wallach hatte vor Jahresfrist schwere 
Druse überstanden, worauf an der linken Halsseite eine An¬ 
schwellung eingetreten war, die erfolglos behandelt worden war. 
Nach dem Vorbericht sei bei schwerer Arbeitsleistung des 
Pferdes stets ein eigentümliches Röcheln sowie Flankenschlagen 
wahrzunehmen. — K. fand in der linken Parotisgegend eine 
reichlich faustgroße, mäßig gespannte Geschwulst, welche kalt, 
schmerzlos und puffig war und beim Beklopfen einen tympa- 
nitischen Ton gab. Durch einen kräftigen Druck auf die 
Geschwulst bei gleichzeitigem Gegenhalten auf der gesunden 
Seite ließ sich unter Hörbarwerden eines zischenden Geräusches 
die Geschwulst verkleinern. Nasenausfluß und Schwellung der 
Kelilgangsdrüsen fehlten. — Diagnose: Tympanitis des linken 
Luftsackes. — K. operierte, indem er im Viborgschen Dreieck 
einging und mit dem bohrenden Finger den Luftsack an der 
tiefsten Stelle durchstieß, der keine Veränderungen fühlen ließ. 
Ein Drainrohr wurde eingesetzt; als dieses nach acht Tagen 
entfernt worden war, füllte sich der Luftsack in zwei Tagen 
von neuem. Mehrfaches Trokarieren brachte nur vorübergehend 
Besserung — die Operationswunde heilte. Die puffige An¬ 
schwellung hatte Kindskopfgröße angenommen, doch waren die 
Beschwerden des Tieres verringert. Die Größe der Geschwulst 
wechselte in der Folgezeit. 

Vermutlich hat seinerzeit eine phlegmonöse Pharyngitis auf 
die Tuba übergegriffen, nach deren Abheilung (kleine Abszesse) 
Narbenretraktion zustandegekommen sein dürfte. — Eine Spaltung 
der Tuba zwecks Aufhebung der ventilartigen Wirkung wurde 
vom Besitzer abgelehnt. Richter. 

Die Tnberknlosediagnose bei den Tieren, Tornehmlicb 
den Bindern, durch gleichzeitige Anwendung der 
Ophthalmo- und der Kutireaktion. 

Von Prof. Ligniöres. 

(Recneil d’Alfort 10. November 1907.) 

Der Verfasser, welcher die von von Pirkett beim Menschen 
entdeckte Kuti- und die von Wolff-Eisner bekannt gegebene 
Ophthalmoreaktion bei bis jetzt etwa 200 Rindern nachgeprüft 
bat, gibt in folgendem seine Erfahrungen darüber bekannt. 

Die Reaktion wird bei tuberkulösen Tieren nicht nur von 
Tuberkulin allein, sondern auch von abgestorbenen Tuberkel¬ 
bazillen erzeugt. Das Tuberkulin ist dabei nicht als verdünntes, 


sondern als reines oder noch besser in etwas konzentrierterer 
Form zu verwenden. Die von Pirkettsche Methode, bei 
welcher das Tuberkulin in die vorher skarifizierte Haut ein¬ 
gerieben wird, nennt er Dermoreaktion oder kurz DR. Eine 
Methode, welche der Verfasser selbst ausprobiert hat, und bei 
welcher er das Tuberkulin in eine frisch rasierte, nicht skari¬ 
fizierte Hautstelle einreibt, gibt er den Namen Kutireaktion 
oder CR. Die Anwendung beider Methoden bei einem und 
demselben Tiere, benennt er mit dem Worte Kutidermo- 
reaktion oder CDR. 

Um ein Rind auf Tuberkulose zu prüfen, wendet er zugleich 
die Ophthalmo- und die Kutireaktion oder sogar die Ophthalmo- 
Kutidermoreaktion (OCDR) an, die sich gegenseitig nicht 
im geringsten beeinträchtigen. Der Kopf des Rindes wird nach 
der Seite gedreht, das obere Augenlid umgestülpt und in die 
Mitte der Conjunctiva, nicht in den inneren Augenwinkel, ein 
Tropfen Tuberkulin instilliert. Das Auge, das sich sogleich 
danach schließt, wird leicht massiert, damit sich das Tuberkulin 
möglichst darauf verteilen kann. Das letztere verdünnt sich 
in den Tränen und können diese manchmal die Ursache 
des Mißlingens der Ophthalmoreaktion sein, wenn sie die 
Conjunctiva abwaschen und das Tuberkulin aus dem Auge 
entfuhren. 

Die tuberkulösen Tiere zeigen stets eine schön aus¬ 
gesprochene Ophthalmoreaktion, die oft schon vor der dritten 
Stunde sich einstellt und durch Tränen, Hyperämie der Con¬ 
junctiva und besonders durch die Bildung von weißen Eiter¬ 
klümpchen, die fast ausschließlich aus polynukleären Zellen zu¬ 
sammengesetzt sind, gekennzeichnet ist. Diese Klümpchen sind 
auf der Conjunctiva leicht bemerkbar, von wo sie sich im 
innem Augenwinkel sammeln um da bald zu verschwinden. 

Das Tränen und sogar eine kleine Schwellung der Augen¬ 
lider und die Congestion der Conjunctiva reichen noch nicht 
hin, um die Ophthalmoreaktion als positiv zu erklären, es muß 
noch Eiter vorhanden sein, der sich bei tuberkulösen Tieren 
regelmäßig dazu gesellt. Die Ophthalmoreaktion, welche sich 
bei manchen Tieren erst nach der 15. Stunde einstellt, ist oft 
12 Stunden und noch länger sichtbar. 

Sofort nach der Instillation in das Auge nimmt der Ver¬ 
fasser die Kutireaktion vor, für welche er eine Stelle aus¬ 
wählt, an welcher die Haut geschmeidig ist, mit Vorliebe am 
Hals. Diese wird in einem Umfange von 5—6 qcm rasiert und 
mit 4—6 Tropfen reinem Tuberkulin eingerieben. Nach 
24 Stunden sieht man, und dies nur bei tuberkulösen Tieren, 
eine charakteristische Reaktion auftreten, welche in einem ver¬ 
schieden großen, entzündlichen, warmen, roten, schmerzhaften 
Ödem besteht, auf welchem sich ein Ausschlag und später 
Krusten bilden. Diese Reaktion ist für gewöhnlich so prägnant, 
daß sie jedem, auch dem Laienauge sichtbar ist. Manchmal 
stellt sie sich erst nach dem zweiten oder dritten Tage ein und 
dauert von 1—4 Tagen bis zu mehreren Monaten. 

Statt der Einreibung in die unversehrte Haut kann man 
auch vorher Skarifikationen machen und in diese das Tuberkulin 
einreiben; es ist dies die Dermoreaktion CR. 

Wird mit diesen Reaktionen zu gleicher Zeit die klassische 
Tuberkulininjektion vorgenommen, so werden von ihr die 
Ophthalmoreaktion gar nicht, die beiden anderen kaum be¬ 
einträchtigt, ging die Tuberkulininjektion aber den beiden 
letzteren um einen oder zwei Tage voraus, so werden diese 




148 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


dadurch bedeutend abgeschwächt und verzögert und stellen sich 
erst vom dritten Tage an ein. In der Praxis kontrollieren und 
ergänzen sich die Ophthalmoreaktion und die Kutireaktion 
gegenseitig. Die erstere ist die empfindlichste und sicherste, 
sie stellt sich rasch ein und geht auch bald wieder vorüber. 
Die letztere tritt nicht so schnell auf, dauert aber länger. Ist 
bei einem Tiere die Ophthalmoreaktion positiv ausgefallen, so 
ist dasselbe sehr tuberkuloseverdächtig und muß dann nachher 
die Kutireaktion noch angewandt werden. 

Der Verfasser hat festgestellt, daß alle Tiere, welche auf 
die klassische Tuberkulininjektion reagiert hatten, auch eine 
positive Ophthalmokutireaktion zeigten, dagegen andere tuber¬ 
kulöse Tiere, die nur eine zweifelhafte oder gar keine Reaktion 
auf die Tuberkulininjektion gezeigt hatten, eine positive Ophthalmo¬ 
kutireaktion vorwiesen. Helfer. 

Über einen Fu^terausschlag, verursacht durch die 
Fütterung doldentragender Hopfenranken. 

Von Stadttierarzt Karl Zaruba in Leitmeritz. 

(Tier&rztl. Zentralblau 1907, Nr. 30.) 

In einem über 130 Stück zählenden Rinderbestande eines 
Hopfenbauers erkrankten alle Jahre zur Zeit der Hopfenpflücke 
mehrere Rinder an einem eigentümlichen Hautausschlag, dessen 
Ursache in der Fütterung der von den Dolden befreiten Hopfen¬ 
ranken zu suchen ist. Da im Jahre 1907 die Hopfenernte eine 
sehr reichliche war und der Hopfen niedrig im Preise stand, 
wurde mit Einwilligung des Besitzers das Auspflücken der 
Dolden des an und für sich minderwertigen Rothopfens weniger 
sorgfältig vorgenommen und die Ranken wurden wie üblich 
derart dem Futter beigemengt, daß sie annähernd die Hälfte 
der Futterration bildeten. Es stellte sich nun bei mehr als der 
Hälfte der Tiere ein am Euter beginnendes papulöses Exanthem 
ein, welches binnen wenigen Tagen auch die Hinterextremitäten 
befiel und dabei stellenweise vesikulär und pustulös wurde. Bei 
einer Kuh verbreitete es sich sogar über die ganze Körper¬ 
oberfläche. Die gesamte Milchnutzung war in der kritischen 
Zeit um mehr als ein Drittel des gewöhnlichen Ertrages ver¬ 
mindert. Nachdem die Fütterung der Hopfenranken eingestellt 
worden war, trat binnen zehn Tagen Heilung ein. Daß diesmal 
das Exanthem so stark auftrat, erklärt Z. damit, daß frucht¬ 
tragende Dolden mitgefüttert wurden, die die der Hopfen¬ 
pflanze eigentümlichen Stoffe in größerer Menge als die Ranken 
enthalten. Rdr. 

Hygienische Mängel unserer Stallbauten. Vorschläge 
zu deren Abstellung, mit besonderer Berücksichtigung 
des Schweinestalles. 

Von K. Evers, Bezirkstierarzt in Waren (Mecklenburg). 

(Zeitaehr. f. lntektionskr., pnras. Krankh. u. H>g. <1. Haust Bd III, S. 80.) 

Als die besten und gesundesten Ställe sind diejenigen zu 
bezeichnen, die leicht zu reinigen sind und eine ausgiebige 
natürliche Ventilation besitzen. Die Forderung der leichten 
Reinigung läßt sich ohne weiteres durch die Anlage eines un¬ 
durchlässigen Fußbodens erfüllen. Die fast volständige 
Nichtbeachtung der Notwendigkeit der natürlichen 
Ventilation ist nach Evers Ansicht der größte Fehler 
unserer modernen Ställe. Evers stellt Vergleiche der alten 
StaUgebäude mit den modernen an; er ist der Überzeugung, 
daß den alten Bauten eigentlich nur der undurchlässige Fu߬ 
boden und eine größere Zahl lichtznführender Fenster fehlte. 


Alle übrigen Bedingungen der Ventilation wurden ohne Absicht 
der Erbauer durch die Porosität der Lehmdecke und des Rohr¬ 
und Strohdaches in genügender Weise erfüllt. Infolge der Ver¬ 
wendung möglichst luftdichter, d. h. undurchlässiger Bau¬ 
materialien ( Zement, Eisen usw.) haben drei Bestandteile unserer 
Stallungen an Zweckmäßigkeit verloren: die Wände, die Decke 
und das Dach. Aus der folgenden eingehenden Besprechung 
dieser drei sei das Hauptsächlichste erwähnt. Unter den zurzeit 
gebräuchlichsten Baumaterialien besitzt der Lehmstein die 
größte Durchlässigkeit und muß nach Evers Ansicht als das 
beste und in hygienischer Beziehung einwandfreieste Baumaterial 
für St all wände angesehen werden. 

Um die ganze Decke zu einer überall ventilierenden Fläche 
zu gestalten, hat Evers unter gleichzeitiger Berücksichtigung 
der Haltbarkeit ein Deckengewölbe eigener Art konstruiert: 
Zwischen eisernen T-Trägern oder Balken, die sich in Abständen 
von 1 m befinden, werden je zwei V 2 m lange, 20 cm breite 
und 6 cm flache Bogen aus gebranntem Ton eingelegt, die in 
der Mitte mit einer einfachen Stoßfuge ineinandergreifen. Die 
derart hergestellte Decke ist haltbar, feuersicher, ist ein 
schlechter Wärmeleiter, hält dadurch den Stall warm und ver¬ 
hindert die Kondensation von Wasserdampf; sie besitzt endlich 
eine vortreffliche Durchlässigkeit für Luft und genügt so auch 
den Ansprüchen an eine natürliche Ventilation in vollkommenster 
Weise. Künstliche Ventilatoren sind bei dieser Decke über¬ 
flüssig, sogar eher schädlich für die Tiere und den Stall. 
Selbstverständliche Vorbedingung für die Verwendung dieser 
Deckenkonstruktion ist ein ebenfalls für Licht durchlässiges 
Dach. Ein vorzügliches Dach war das alte Rohr- und Stroh¬ 
dach. Da dasselbe wegen seiner Feuergefährlichkeit nicht mehr 
in Betracht kommt, muß bei den modernen Dächern der Durch¬ 
tritt der im Bodenraum befindlichen Dünste durch Ventilatoren 
ermöglicht werden. Evers hat zu diesem 2weck einen be¬ 
sonderen Ventilator, eine sogenannte Lüftungskappe konstruiert, 
die er durch Text und Abbildungen näher erläutert. — Den 
Schluß der Arbeit bildet die Schilderung des Neubaues eines 
Schweinestalles für etwa 200 Schweine. Richter. 

Das Beleben eines scheintoten Kalbes. 

Von Gabriel Kemßny, königl. ung. Tierarzt. 

(Allatorvosi bapode, 1907, Nr. 51.) 

Kemeny hat das von Villemin empfohlene Verfahren, das 
Reizen der Nasenschleimhaut mittelst eines Strohhalmes, bei 
einem neugeborenen scheintoten Kalb versucht. 

Kemeny wurde zu einer plötzlich zusammengestürzten hoch¬ 
trächtigen Kuh gerufen. Bei der manuellen Untersuchung stellte 
er fest, daß der Kopf des Kalbes gegen die Brust gekehrt ist, 
während die Vorderfüße in den Geburtsweg gerichtet sind. Er 
drückte also bei den Füßen das Kalb zurück und wendete den 
Kopf in die richtige Lage, indem er mit seinen Fingern den 
Mund des Kalbses anfaßte. Bei dieser Gelegenheit spürte er 
eine Bewegung des Mundes als Zeichen daß das Kalb am Leben 
war. Nachher gelang die Extraktion ohne jede Schwierigkeit, 
aber das Kalb lag regungslos mit geschlossenen Augen; Atmungs¬ 
bewegungen konnte man auch nicht wahrnehmen. Kemdny 
steckte dann gleich ein Strohhalm durch die eine Nasenöffnung und 
drehte es ein wenig an der Nasenschleimhaut herum. Die 
Reaktion w r ar auffallend: erst stellte sich ein tiefes Einatmen, 
danach ein schwaches Husten ein, worauf durch den geöffneten 
Mund mit der Zunge wenig Schleim herausgeworfen wurde. 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


149 


20. Februar 190«. 


Jetzt steckte Ketn^ny durch die andere Nasenöffnung den Stroh¬ 
halm, worauf mehrere tiefe Atembewegungen zustande kamen und 
das Kalb die Augen aufmachte. Dann wischte man den Schleim 
aus der Nase und dem Mund, rieb das Kalb ab, zugleich mit 
künstlichen Atembewegungen und setzte es vor seine Mutter. 

Die Wirkung dieses Verfahrens ist so zu erklären, daß 
der Reiz von der Nasenschleimhaut, d. h. durch den Nervus 
olfactorius auf dem Reflexwege zu dem Atmungszentrnm geleitet 
wird und die Atmungsbewegungen hervorruft. Dr. Z. 

Tagesgeschichte. 

Zu «lern Thema: Kreistierarzt — Privattierarzt. 

Von Kreisticrarzt Plessow-Bernburg. 

Nach den Reden einiger Reichstagsabgeordneten scheint es 
so, als ob die Privattierärzte mit ihren viel erörterten Be¬ 
strebungen Erfolg haben werden.*) 

Die Privattierärzte streben bekanntlich dahin, daß ihre 
Tätigkeit künftig mehr wie bisher bei der Bekämpfung der 
Tierseuchen in Anspruch genommen wird und nicht nur die der 
beamteten Tierärzte. Sie begründen ihre Wünsche damit, daß 
sie angeben: es sei zu befürchten, daß den Kreistierärzten 
immer mehr Privatpraxis zufalle, je mehr sie amtlich zu tun 
hätten. 

Ich muß gestehen, daß ich diese Schlußfolgerung für falsch 
halte. Es ist doch klar, daß die Kreistierärzte um so weniger 
Praxis ausüben können, je mehr sie amtlich beschäftigt sind. 
Sie behalten dann für die Privatpraxis keine Zeit mehr. Gerade 
damit, daß die Privattierärzte den Kreistierärzten amtliche Ge¬ 
schäfte entziehen, selbst wenn es Geschäfte sind, die erst 
künftig durch das neue Gesetz entstehen, zwingen sie doch die 
Kreistierärzte zur Konkurrenz in der Privatpraxis. 

Wenn, wie bisher, die Kreistierärzte möglichst allein die 
amtlichen Geschäfte versehen würden, so wäre anzunehmen, daß 
sie nach Erlaß des neuen Gesetzes, wo dann die Tuberkulose 
viel Arbeit bringen wird, in den amtlichen Sachen volle Be¬ 
schäftigung finden, so daß ihnen die Ausübung der Privatpraxis 
nicht mehr möglich sein dürfte. Das ist meiner Ansicht nach 
der Zustand, der erstrebt werden muß: volle Beschäftigung des 
Kreistierarztes mit amtlichen Angelegenheiten, so daß er die 
Ausübung der Privatpraxis entbehren kann. Damit würden die 
Privattierärzte eine Konkurrenz von ßOO Tierärzten (so viel 
beamtete Tierärzte dürfte es im Deutschen Reiche sicher geben) 
los werden. Würden sie sich dabei nicht besser stehen, als 
wenn sie hier und da einmal amtlich in Funktion treten und die 
Konkurrenz behalten? 

Die ganzen Bestrebungen der Privattierärzte gehen meiner 
Ansicht nach von einer falschen Voraussetzung aus. Dadurch, 
daß sich die amtlichen Geschäfte der Kreistierärzte vermehren, 
werden doch die Privattierärzte nicht an Praxis einbüßen, 
sondern gewinnen. 

Für die Kreistierärzte wäre es wieder ein Gewinn, wenn 
sie amtlich so stark in Anspruch genommen würden, daß sie 
die Praxis nicht brauchten; denn bei Ausübung der Privatpraxis 
können sie sehr wohl mit ihren amtlichen Funktionen in Konflikt 

*) Ein Trauerfall hat es mir unmöglich gemacht, zu diesem 
Thema im Anschluß an die in voriger Nummer veröffentlichte Ein¬ 
gabe mich zu äußern. Daher lasse ich einem Gegner jener Eingabe 
hier den Vortritt. Schmaltz. 


geraten. Mir ist es schon mehrfach passiert, daß ich infolge 
meiner amtlichen Tätigkeit Praxis verloren habe: gewonnen 
habe ich dadurch noch keine. 

Sollte der Staat nicht auch die Verpflichtung haben, wenn 
es möglich ist, seine Beamten so zu stellen, daß sie in der Lage 
sind, ohne Rücksicht auf ihre Privatinteressen dem öffentlichen 
Interesse zu dienen? Das ist aber nur möglich, wenn sie in 
ihrer amtlichen Tätigkeit reichlich Beschäftigung finden. Dann 
ist auch zu berücksichtigen, daß die Kreistierärte bei starker 
amtlicher Inanspruchnahme häufig mehrere Dienstgeschäfte an 
einem Tage und auf Rundreisen erledigen können, wodurch die 
Staatskasse Ersparnisse macht. Das wäre doch läugst nicht in 
dem Maße der Fall, wenn in demselben Bezirke beispielsweise 
drei Tierärzte amtliche Verrichtungen vornehmen. Dabei wird 
es oft Vorkommen, daß jeder Tierarzt an einem Tage nur ein 
Dienstgeschäft erledigt, wofür dann eventuell dreimal Tage¬ 
gelder usw. zu zahlen wären. 

In der Eingabe an den Reichstag sind die Verhältnisse 
auch nicht ganz richtig geschildert. Es ist ja doch bisher 
schon nicht üblich gewesen, bei jedem Ausbruch von Schweine¬ 
rotlauf den beamteten Tierarzt zu requirieren. Hier in Anhalt 
wurde nach der alten Polizeiverordnung an ein und demselben 
Ort nur alle sechs Wochen eine amtliche Untersuchung ver¬ 
dächtiger Tiere vorgenommen, nach einer jetzt erlassenen neuen 
Verordnung soll sie alle vier Wochen stattfinden. In der 
Zwischenzeit werden die polizeilichen Maßregeln schon auf 
privattierärztliche Anzeige oder auch nur auf Anzeige des Be¬ 
sitzers hin erlassen. Ähnlich dürften ev. wohl auch die Be¬ 
stimmungen bei Druse und Influenza werden. — Es wird also 
schon jetzt nicht jeder Seuchenfall durch den Kreistierarzt 
festgestellt. Wie sollen also diese vereinzelten amtlichen Unter- 
; Suchungen dazu führen, den Privattierärzten Konkurrenz in der 
; Praxis zu machen? Das ist doch ausgeschlossen. 

Bei Schweineseuche und -pest wird jeder Neuausbruch 
amtlich festgestellt. Das ist meiner Ansicht nach aber auch 
nötig, weil es dabei in erster Linie auch darauf ankommt, 
etwaigen Ein- und Verschleppungswegen sofort nachzugehen. 
Der Kreistierarzt, welcher heute Schweinepest feststellt und 
| dabei erfährt, daß die Seuche durch Schweine eines bestimmten 
Händlers eingeschleppt ist, kann als Beamter und Kontrolleur 
des Händlers ohne weiteres eine Untersuchung des Händler¬ 
bestandes vornehmen und so ev. Weiter Verbreitung der Seuche 
verhindern; er kann auch gleich die Bestände anderer Besitzer 
untersuchen, die dem Kontrollbuch nach von demselben Händler 
gekauft haben. Dem Privattierarzt brauchte der Händler seinen 
Bestand und auch sein Kontrollbuch nicht zu zeigen. Es 
würden demnach durch die Tätigkeit des Privattierarztes 
Weiterungen und Verspätungen in der Seuchenfeststellung ent¬ 
stehen. 

Herr Kollege Meier-Ketzin wünscht nun außerdem noch, 
daß die Ergänzungsfleischbeschauer mit der Beaufsichtigung der 
Laienbeschauer betraut werden und hofft, daß dadurch das 
Ansehen des tierärztlichen Standes gehoben wird. — Ich muß 
gestehen, daß ich mir von dieser doch im Grunde nicht sehr 
bedeutungsvollen Tätigkeit einen solchen Effekt nicht ver¬ 
sprechen kann. 

Wenn Herr Kollege Meier außerdem sagt, daß nur der 
Ergänzungsbeschauer in der Lage ist, über die Beschauer seines 
Bezirkes ein richtiges Urteil zu fällen, so ist das auch nicht 





150 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


richtig. Der Kreistierarzt lernt seine Beschauer sehr bald 
kennen, wozu ihm ja auch die Nachprüfungen verhelfen. Er 
weiß gerade am besten, mit welchen Beschauern es nur schwach 
bestellt ist. Der Kreistierarzt muß unbedingt die Kontrolle der 
Laienbeschauer behalten, wenn er in der Lage sein soll, sich 
von ihrer Tätigkeit ein richtiges Urteil, zu bilden. Eine doppelte 
Kontrolle durch Kreistierarzt und Privattierarzt dürfte meines 
Erachtens doch zu viel sein. Die armen Laienbeschauer würden 
ja dann wohl den Kontrolleur nicht mehr los werden. Allzuviel 
ist auch hier ungesund und allzuscharf macht schartig. 

Die Privattierärzte hätten doch meines Erachtens abwarten 
sollen, wie sich die Verhältnisse unter dem neuen Seuchengesetz 
gestalten, schließlich wäre bei dem jetzigen Wortlaut des § 2 
ihre Mitwirkung auch sehr wohl möglich. 

Bericht über die TU. HaaptTersammlang des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. nnd 30. November und 1. Dezember 1907. 

(Fortsetzung.) 

Über das Diensteinkommen: Referat des Kreistierarztes Dralle. 

Meine Herren! Das Thema, worüber ich das Referat über¬ 
nommen habe, lautet: „Ist eine Änderung in dem Auf¬ 
rücken in die höheren Gehaltsklassen, sowie eine Auf¬ 
besserung des Gehalts resp. der amtlichen Einnahmen 
der Kreistierärzte nicht eine dringende Notwendig¬ 
keit?“ 

Im ersten Augenblick mögen Sie, meine Herren überrascht 
sein, daß heute schon, nachdem erst drei Jahre seit der Gehalts¬ 
regulierung verflossen sind, dieses Thema wieder auf die Tages¬ 
ordnung gesetzt ist. Wenn aber diese Angelegenheit nicht so 
dringend und von so einschneidender Bedeutung wäre, so würde 
die Besprechung dieses Themas in der heutigen Tagesordnung 
nicht von mir veranlaßt sein und noch weniger würde ich das 
Referat hierüber übernommen haben und mich der Reise hierher 
mit all ihren Unannehmlichkeiten und Kosten unterzogen haben. 
Meine Herren, für das, was die hohe Staatsregierung uns im 
Jahre 1904 bewilligt hat, sind wir ihr von ganzem Herzen 
Dank schuldig und auch dankbar, speziell dafür, daß sie den 
alten damals pensionierten Kollegen eine auskömmliche Pension 
bewilligt hat, aber sie hat damals selbst anerkannt, daß die 
vorher gezahlten Dienstbezüge der Kreistierärzte ganz un¬ 
genügend waren, daß also seit Jahren der kreistierärztliche 
Stand um erhebliche Summen zu kurz gekommen ist. Auch das 
hohe Haus der Abgeordneten war sich damals darin einig, daß 
die gewährte Gehaltserhöhung noch nicht unseren von ihnen für 
berechtigt anerkannten und gebilligten Wünschen entsprach. 
Damals wurde die Gehaltserhöhung nicht mit der Steigerung der 
Preise der Lebensbedürfnisse, sondern mit der Wichtigkeit des 
Amtes, den erhöhten Anforderungen an die Vorbildung und dem 
Geschäftsumfang begründet, meine Herren, das ist sehr wichtig, 
denn heute liegen die Verhältnisse doch ganz anders wie vor 
drei Jahren. Wieviel Arbeit, besonders zeitraubende, schriftliche, 
haben uns die Fleischbeschaumeldekarten und Fleischbeschau- 
Zusammenstellungen gebracht und wie gewaltig sind seitdem die 
Preise für alle Lebensbedürfnisse gestiegen. Sie wissen alle 
aus politischen Zeitungen, daß zurzeit eine Erhöhung wohl 
sämtlicher Beamtengehälter und aach der der Offiziere vor¬ 
genommen werden soll, resp. ist eine solche bei den Reichs¬ 
beamten zum größten Teil schon erfolgt und zwar ist diese 


Erhöhung nur damit begründet, daß alle Lebensbedürfnisse um 
25 bis 50 Proz. im Preise gestiegen sind. Daß die Steigerung 
der Preise aller Lebensbedürfnisse noch von viel einschneidender 
Bedeutung für uns ist, als wie für andere, besonders Bureau¬ 
beamte, liegt doch auf der Hand, da unsere Haupttätigkeit in 
Reisen im staatlichen Interesse liegt. Das Reisen mit der 
Eisenbahn ist seit 1904 nicht unerheblich teurer geworden, die 
Kosten für fremdes Fuhrwerk wie für eigenes sind ganz 
bedeutend gestiegen, besonders im vergangenen Sommer, wo 
der Zentner Hafer 11,50 M. kostete gegen 6 M. bis 7,50 M. in 
den Vorjahren. Was wird ferner durch das fortwährende Reisen 
an der weit teuerer gewordenen Kleidung anderen Beamten 
gegenüber mehr verbraucht? 

Dann soll, wie politische Blätter raitteilen, das Steuer¬ 
privileg der Beamten aufgehoben werden, dadurch werden unsere 
Ausgaben wiederum nicht unerheblich erhöht und endlich hat 
der Herr Finanzminister, wie wiederum politische wohlunter¬ 
richtete Blätter melden, die Absicht, die Reisekosten und Tage¬ 
gelder der Kreisärzte und Kreistierärzte zu pauschalieren, 
natürlich nur mit der Absicht wie ja von einem Herrn Finanz- 
minister nicht anders zu erwarten, um zu sparen, dabei aber, 
meine Herren, wird zu gleicher Zeit über ein neues Reichs¬ 
tierseuchengesetz beraten, welches uns voraussichtlich nehr 
Arbeit bringen wird und das ist bei einer eventuellen 
Pauschalierung jetzt* vor dem Inkrafttreten eines neuen Reichs¬ 
tierseuchengesetzes ganz besonders zu bedenken. 

Meine Herren, wenn wir jetzt zu alledem schweigen, dann 
muß der Herr Finanzminister denken, daß wir die einzigen 
Beamten sind, welche im Golde schwimmen, und ihn von dieser 
ganz irrigen Ansicht zu heilen, ist doch nicht nur unsere Pflicht 
sondern unser gutes Recht. 

Es besteht, wie ich aus wohlunterrichteter Quelle weiß, bei 
dem Herrn Landwirtschaftminister und dem Herrn Finanz¬ 
minister die Ansicht, daß wir keinen Anlaß zum Klagen hätten, 
weil wir Kreistierärzte ja eine ganz bedeutende Einnahme aus 
der Privatpraxis hätten, es wurde von 10—15 000 M. jährlicher 
Einnahme daraus stellenweise gemunkelt. Nun, meine Herren, 
den Kreistierarzt oder Tierarzt überhaupt möchte ich gern ein¬ 
mal sehen, der 10000 M. aus der Privatpraxis hat, wenn ich 
solch ein Eldorado für Tierärzte wüßte, dann würde ich gern 
auf meine amtliche Stellung verzichten und in dieser goldenen 
Gegend wieder Privattierarzt werden. Die Lage der Tierärzte 
im allgemeinen jetzt ist eine traurige und wäre es angebracht, 
wenn wir, wie die Mediziner, den Direktoren der höheren 
Schulen Gedenkblätter zum Verteilen an die Abiturienten geben 
würden, in denen vor dem Studium der Veterinärmedizin 
gewarnt wird. Nehmen Sie nur einmal die Fachblätter und die 
Personallisten der Tierärzte zur Hand. Wir haben 4—500 Tier¬ 
ärzte, welche keine dauernde Stellung haben und annähernd 
1000, welche keine angemessene Lebensstellung haben, denn 
z. B. Schlachthofstellen mit 1200—1800—2000 M. Gehalt als 
Assistent, oder mit demselben Gehalt als selbständiger Schlacht¬ 
hofleiter, einer 2—4zimmerigen freien Wohnung, vierwöchiger 
oder dreimonatiger Kündigung und womöglich 500—1000 M. 
Kautionsstellung, sind doch wohl keine Lebensstellungen und 
wie viele Tierärzte bewerben sich nicht um eine solche Stelle, 
ja bieten sich noch billiger an, weil eben das Angebot die 
Nachfrage übersteigt, und wie viele Tierärzte versauern nicht 
schließlich in diesen Stellungen, weil sie bei der Verhältnis- 





20. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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mäßig geringen Zahl von gut besoldeten Schlachthofstellen, die 
meist nur durch den Tod der Inhaber frei werden, gar nicht in 
diese besser dotierte Stellen aufrücken können. 

Meine Herren, ich kenne diese Verhältnisse aus eigener 
Erfahrung, ich war selbst zwei Jahre Assißtenztierarzt an einem 
großen Schlachthofe. Wie ist es nun mit den Privattierärzten? 
In meiner Provinz, besonders im Regierungsbezirk Hildesheim, 
ganz traurig. In meinem Kreise Einbeck z. B. sind 12 000 Stück 
Großvieh und 5 Tierärzte, im Kreise Gronau 9200 Stück Gro߬ 
vieh und 6 Tierärzte, Zellerfeld 3600 Stück Großvieh und 
2 Tierärzte, Hildesheim Stadt und Land 16000 Stück Großvieh 
und 12 Tierärzte usw., es kamen in der Provinz Hannover auf 
einen Tierarzt 1100—2000 Stück Großvieh, Kleinvieh kommt 
ja für uns pekuniär gar nicht in Betracht. Ja, meine Herren, 
wo soll denn da noch eine große Einnahme in der Privatpraxis 
herkömmen; mehr wie 2 M. Einkommen pro Stück Großvieh 
können wir doch nicht rechnen, an manchen Orten kaum so viel. 
Leider Gottes ist, und den Vorwurf kann ich der Gesamtheit 
der Tierärzte nicht ersparen, zu viel mit großen Einnahmen 
renommiert worden, ich vermute, in der Absicht, sich mehr An¬ 
sehen mit einer angeblich großen Einnahme zu verschaffen, denn 
da der Tierarzt gesellschaftlich zur Zeit im allgemeinen infolge 
der Rangverhältnisse der beamteten Tierärzte und anderer Ihnen 
bekannter Umstände noch nicht so angesehen ist, wie er müßte 
(nach der Stellung der Beamten eines Standes richtet sich die 
Stellung eines ganzen Standes), so hat er wahrscheinlich durch 
das Klimpern mit dem Golde sich die Stellung, die ihm gebührt, 
zu verschaffen gesucht, in dem heute nicht ganz unberechtigten 
Gedanken Geld ist Macht und nicht Wissen, und Geld regiert 
die Welt Ja, meine Herren,' jetzt ist es abe* dinttial aü der* 
Zeit, ehrlich zu sein und zu sagen, mit unseren Einnahmen ist 
es nicht weit her und gesellschaftlich stehen wir infolge unseres 
Ranges nicht da, wo wir müssen, dann wird hoffentlich so etwas 
nicht wieder passieren, wie vor nicht langer Zeit einem hoch¬ 
achtbaren Kreiskollegen, dem seine Besuche bei den Akademikern 
seiner Kleinstadt bei seinem Dienstantritt nicht erwidert sind, 
der auch sogar zu den Versammlungen und Festlichkeiten der 
Reserveoffiziere, obwohl Oberveterinär, trotz seiner Beschwerde 
keine Einladungen erhält. Hier könnte ich Ihnen noch mehr 
erzählen, aber das gehört nicht in den Rahmen meines Vortrages. 
Meine Herren, das liegt doch nur daran, daß wir nicht in der 
Rangklasse stehen, wohin wir gehören, denn gegen den be¬ 
treffenden Kollegen ist, wie ich positiv weiß, nichts einzuwenden, 
sein Vorgänger ließ allerdings sehr zu wünschen übrig. 

Daß die Tierärzte im Durchschnitt höchstens ihr tägliches 
Brot haben und nichts zurücklegen können, darüber können die 
Herren am besten den schlagendsten Beweis erbringen, welche 
die Unterstützungskassen für Tierärzte und deren Hinter¬ 
bliebenen verwalten, und wie oft lesen wir nicht alle selbst 
noch Aufrufe in Fachblättern, daß alte Tierärzte in Not sind. 
Dieser Punkt mit der Fürsorge für die Hinterbliebenen der 
Tierärzte speziell der Kreistierärzte führt uns nach diesen all¬ 
gemeinen Betrachtungen zu dem ersten Teil meines Themas: 
„Ist eine Änderung in dem Aufrücken in die höheren Gehalts¬ 
klassen nicht eine dringende Notwendigkeit?“ 

Meine Herren, dadurch daß vor 1904 die alten Kreistier¬ 
ärzte so lange im Sielen gehen mußten, bis sie starben, da sie 
gar keine Pension bekamen und sich Vermögen erst recht nicht 
hatten erwerben können (bekanntlich erwirbt sich noch nicht 


1 Proz. der Tierärzte durch ihre tierärztliche Tätigkeit, wenn 
auch nur ein bescheidenes Vermögen), sind wir in verhältnis¬ 
mäßig vorgerücktem Alter beamtete Tierärzte geworden, 
ich z. B. war 36 Jahre alt. Wenn Sie die amtliche Liste der 
Kreistierärzte, in welcher Geburtsjahr und Tag der Anstellung 
verzeichnet ist und die sie ja alle besitzen, durchsehen, so war 
der Älteste aus der niedrigsten Gehaltsklasse 58 Jahre, der 
Jüngste 25 Jahre, wie er angestellt wurde, das Durchschnitts¬ 
alter sämtlicher Kollegen dieser Klasse bei der Anstellung 
33 Jahre, das jetzige Durchschnittsalter 39 l / 2 Jahr, während 
der Jüngste der höchsten Gehaltsklasse jetzt 37 Jahre alt ist, 
der Durchschnitt nach Abzug der ersten 13 ausgeschiedenen 
plus den 13 ersten der mittleren Gehaltsklasse 50 Jahre alt ist. 
Nach menschlicher Berechnung ist es also für uns Kreistierärzte, 
die wir in der niedrigsten Gehaltsklasse sind, gar nicht möglich, 
die erste Gehaltsklasse zu erreichen, ja, verschiedene von uns, 
die jetzt schon 50, 61, 62 Jahre alt sind, erreichen noch nicht 
einmal die mittlere Gehaltsklasse. Wir werden also im 
günstigsten Falle von der mittleren Gehaltsklasse aus pensioniert, 
das ist eine unanfechtbare Tatsache, und zwar wie sie ja wissen, 
| mit 20:60 des Gehalts vom 10. Dienstjahre ab, von da ab 
pro Dienstjahr 1:60 mehr, nach 30 Dienstjahren pro Dienst¬ 
jahr l : 20 mehr, höchstens mit 45 : 60. Also angenommen, ich 
werde mit 65 Jahren, dann sind ja die meisten Menschen, 
speziell Tierärzte, verbraucht, wenn sie eben nicht schon gar 
tot sind, pensioniert, so erhalte ich für 29 Dienstjahre 39:60 
von 1650 -f- 1950 = 3600 M. fingiertem Gehalt, also 2340 M. 
Pension, sterbe ich dann, so erhält meine Frau hiervon 40 Proz. 
also 936 M., vor dem Verhungern ist sie ja dann geschützt, 
aber sterbe ich mit 50 Jahren, so war ich mit 24:60 bei den 
jetzigen Bestimmungen von einem Gehalt vonl200-{-1950--=3150M., 
also mit 1260 M. pensionsberechtigt. Meine Frau würde hiervon 
40 Proz., also 504 M. Pension bekommen, zu dieser Zeit wären 
meine Jungen 14 und 9 Jahre, mein Töchterchen 10 Jahre alt. 
Nun sagen sie bitte, was soll eine Frau mit drei schulpflichtigen 
Kindern mit 504 M. Pension bei den teuren Lebensbedingungen. 
Sie ist auf das Mitleid und die Hilfe der Kollegen angewiesen 
und das meine Herren, will doch die hohe Staatsregierung ganz 
gewiß nicht, dazu ist sie uns viel zu wohl gesinnt und das 
haben wir auch ganz gewiß nicht verdient. Wenn wir diese 
Verhältnisse der hohen Staatsregierung vortragen, so bin ich 
der felsenfesten Überzeugung, daß sie sofort Abhilfe schafft 
und zwar, daß wir im Gehalt steigen wie andere Beamte, 
vielleicht in 6 Klassen von 3 : 3 Jahren. Wenn wir von unseren 
Wünschen, die wir sonst noch auf dem Herzen haben, nichts 
erreichen sollten, diesen Wunsch möchten wir erfüllt sehen, 
damit wir die Angst und die Sorge um die Zukunft unserer 
Frauen und unserer Kinder los werden. Nichts hemmt mehr 
die Berufsfreudigkeit als wie die Sorge und der Gedanke um 
die Familie, was wird aus ihr, wenn du nicht mehr da bist. 

Nun, meine Herren, zu dem zweiten Punkt meines Themas: 
„Ist eine Aufbesserung des Gehalts resp. der amtlichen Ein¬ 
nahmen der Kreistierärzte nicht dringend nötig?“ Aus meinen 
vorigen Ausführungen haben Sie schon ersehen, daß alle Lebens¬ 
bedürfnisse, wie auch von der hohen Staatsregierung rückhaltlos 
anerkannt wird, ganz erheblich im Preise gestiegen sind, daß 
die Einnahmen der Kreistierärzte aus der Privatpraxis nicht 
mehr groß sind, ja es gibt Kreise, wo die Kreistierärzte leider 
fast gar keine Privatpraxis ipehr haben, daß die Einnahmen 




152 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


aus der Ergänzungsfleischbeschau, wie ich jetzt noch hinzufügen 
will, besonders wenn durch den Kreis so ein Sekundärbähnchen 
führt, was, wenn man nicht einen halben bis einen ganzen Tag 
für 3—6 M. arbeiten will, man nicht benutzen kann, auch nur 
sehr gering sind. Wie steht es aber nun mit den amtlichen 
Reisen? In der Provinz Hannover ganz traurig. Die meisten 
Seuchen sind wir durch energische Bekämpfung ja Gott sei Dank 
zum Wohle der Landwirtschaft losgeworden, die Landwirtschaft 
ist uns dankbar dafür, es ist ja von Herrn Landwirtschafts¬ 
minister uns vor Jahren für die glückliche Bekämpfung der 
Lungenseuche und der Maul- und Klauenseuche sogar sein 
besonderer Dank und seine Anerkennung ausgesprochen, diese 
Anerkennung hat uns sehr gefreut uud das ist auch alles recht 
schön, aber meine Herren, vom Dank allein kann man nicht 
leben. Rotz, Lungenseuche, Pockenseuche, Beschälseuche der 
Pferde und Bläschenausschlag der Rinder, Tollwut und Milzbrand 
kommen jetzt zum größten Teil gar nicht resp. nur sporadisch 
in meiner Provinz vor, der Rotlauf der Schweine hat durch 
die Impfungen der Schweine bedeutend abgenommen, Schweine¬ 
seuche kommt ja wohl noch genug vor, die meisten Bestände 
sind bei uns mehr oder weniger verseucht, aber nicht so. daß 
wir nach dem Ministerialerlaß vom vorigen Jahre berechtigt 
sind, einzugreifen, die Seuche ist eben weit milder, gutartiger 
geworden. Bei dem jetzigen Stande der Kenntnis von den Er¬ 
regern der Schweineseuche resp. Schweinepest, wonach die 
Ursache der Seuche vermutlich ein sog. ultravisibles virus 
ist. muß man ja auch ganz besonders vorsichtig sein, um 
nicht mit seiner Diagnose bei einer eventuellen Beschwerde 
einen Reinfall zu erleben. Uns hannoverschen Kreistierärzten 
ist bei dem jetzigen Stande der Seuchen daher auch nicht ver¬ 
ständlich, daß es Kreise geben soll, welche 10—15 000 M. 
Reisediäten und Tagegelder p. a. bringen sollen. Nebenbei 
bemerkt, wird an den Reisekosten nichts verdient, höchstens 
etwas zugesetzt, ich glaube sogar, solche Kreise existieren nur 
in der Phantasie, denn dann müßte ja ein Kreistierarzt bei 
300 Diensttagen, 65 Tage braucht er doch mindestens zum Auf¬ 
atmen und zu seinen schriftlichen Arbeiten, täglich 100 km 
Landweg machen. Wieviel Pferde, Kutscher, Auto usw. ge¬ 
hörten dazu, was kostete der Unterhalt, bliebe da überhaupt 
ein Überschuß, wann würden die schriftlichen Arbeiten erledigt? 
Der Tag hat doch in diesen Kreisen auch nur 24 Stunden und 
vor allen Dingen, welcher Kreistierarzt hielte das auf die Dauer 
aus, meine Herren, das ist ja ganz unmöglich, da müßte man 
ja zäher sein wie eine Katze! Auch der Kollege Kriiger- 
Posen spricht in seinem Artikel in Nr. 41 der B. T. W. von 
solchen angeblichen Einnahmen. Meine Herren, ich glaube, es 
ist besser, solche Zahlen druckt man lieber gar nicht. Denn 
solche großen Zahlen behält natürlich ein Finanzminister viel 
lieber als kleine, er glaubt sie ja auch ohne weiteres und 
rechnet nicht erst aus, ist so was auch möglich. Wenn die 
Tierärzte so etwas selbst schreiben, muß es ja wahr sein, aber 
ich glaube, es geht hierbei genau so wie mit der Privatpraxis, 
es wird zum Schaden des eigenen Geldbeutels renommiert, in 
der Tat kann nach meiner Ansicht kein Tierarzt so viel Reise¬ 
kosten und Tagegelder in einem Jahre haben. — Als letzte 
Seuche, die wir vielleicht nun noch bekämpfen könnten, wäre 
die Schafräude zu nennen, sie wäre zurzeit noch ein dankbares 
Feld für die Tätigkeit. der Kreistierärzte. Offiziell soll es ja 
nur noch wenig Schafräude geben, in der Tat sind aber in 


; manchen Kreisen 50—lOOProz. der Herden verseucht, und zwar 
in der Provinz Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz; wie 
es in den übrigen Provinzen ist, weiß ich nicht aus eigener 
Erfahrung. Im Regierungsbezirk Hildesheim revidieren all¬ 
jährlich Schafmeister in Begleitung von Gendarmen die Schaf¬ 
herden, nach meiner Ansicht ein nach dem Reichstierseuchen¬ 
gesetz nicht statthaftes Verfahren, und sie finden fast nie Räude, 
höchstens wenn sie mal mit einem anderen Schafmeister oder dem 
betreffenden Besitzer der Herde verfeindet sind. Muß ich aber z. B. 

| in meinem Kreise einmal infolge von Anzeigen, meist aus dem 
[ Herzogtum Braunschweig, auch einige Herden untersuchen, so 
| linde ich regelmäßig Räude, und zw’ar nicht wenig, vergangene 
I Woche habe ich erst wieder ein klassisches Beispiel hierfür 
erlebt. Die jetzige, ungleichmäßige Bekämpfung der Schafräude 
ist nach meiner unmaßgeblichen Meinung ganz zwecklos, weil 
die Räude immer wieder verschleppt wird. Sie hat erst dann 
j Erfolg, wenn in der ganzen Monarchie resp. im Reiche alle 
Schafherden jährlich durch den beamteten Tierarzt untersucht 
werden, natürlich sehr genau, am besten Stück für Stück, aber 
natürlich nicht auf tagelangen Rundreisen, denn sonst ist das 
bißchen Privatpraxis ganz weg, die Privatpraxis geht so schon 
durch Räudefeststellungen regelmäßig zurück. Das ist auch 

ein wichtiger Grund, weshalb unser Gehalt so sein muß, daß 
wir zur Not ohne Privatpraxis auskommen können. Überhaupt 
muß ein Beamter frei dastehen und nicht vom Publikum ab¬ 
hängig sein; denken Sie sich einmal, ein Strafrichter müßte im 
Nebenamte noch von einem Angeklagten das Geld zu seinem 
Lebensunterhalt verdienen, was sollte daraus werden. — Nun 
werden wir ja voraussichtlich etwas mehr Arbeit bekommen 
durch Bekämpfung der klinisch und bakterioskopisch feststell¬ 
baren Form der Tuberkulose, der Euter-, Gebärmutter- und 

offenen Lungentuberkulose, ferner wird die allgemeine Ent¬ 
schädigung für Milzbrand etwas mehr Arbeit durch Aufdeckung 
neuer Seuchenherde bringen. Dann könnten wir noch be¬ 

schäftigt werden auf dem Gebiete der Tierzucht. Es wäre 
ferner nicht mehr wie recht, w^enn wir die Revisionen der 

Molkereien und der Privatschlachthäuser auf ihre sanitären 
Einrichtungen, Bau usw. hin vornähmen, vielleicht werden wir 
auch in absehbarer Zeit die Milchkontrolle, welche das Gebiet 
der Tierärzte und nur in bezug auf gewisse chemische Unter¬ 
suchungen das der Nahrungsmittelchemiker ist, vorznnehmen 
haben. — Mit einem Worte, meine Herren, wir können dem 
Staate resp. der Landwirtschaft noch auf vielen Gebieten 
nützen und bitten auch recht sehr darum, noch mehr amtlich 
beschäftigt zu werden, damit wir auch mit Fug und Recht 
mehr Gehalt beanspruchen können und auch mit Recht wirklich 
verdienen, damit wir schließlich :{ / 4 Beamte und nur noch zu 
V 4 praktische Tierärzte sind, w r as wir ja immer im Interesse 
der Wissenschaft und zu unserer Orientierung im Kreise bleiben 
müssen und was uns vor Einseitigkeit bewahrt und uns den 
praktischen Blick erhält. Die Privatpraxis wird infolge der 
Überproduktion an Tierärzten mit der Zeit immer weniger 
werden, trotzdem ist es aber aus den eben angeführten Gründen, 
notwendig, daß uns die Möglichkeit und das Recht zur Aus¬ 
übung von Privatpraxis gewährleistet bleibt. 

Welch ein Gehalt ist nun den teueren Lebensbedingungen, 
der jetzigen und der bestimmt und der hoffentlich hinzu? 
kommenden Arbeit angemessen? Nach Ansicht vieler Kollegen, 
ungefähr 0 Prozent der Kreistierärzte, habe ich uni ihre Ansicht' 








20. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


153 


befragen können, sind 1800 bis 3600 M. steigend von drei zu 
drei Jahren um 300 M. ein angemessenes Gehalt. Das ist 
wenigstens auch die Ansicht hervorragender und einflußreicher 
Autoritäten in unserem Fach. Nur ein Herr in hervorragender 
Stellung in unserem Fach hat sich mir gegenüber gegen jede 
Gehaltserhöhung ausgesprochen mit der Begründung, daß wir 
für unsere Leistungen genügend bezahlt würden. Ja, meine 
Herren, vom sicheren Port läßt sich’s gemächlich raten, der 
Herr hat nie ums tägliche Brot kämpfen müssen, da er mit 
Glücksgütem gesegnet ist. Derselbe Herr ist auch gegen die 
Verleihung der fünften Rangklasse an die Kreistierärzte, da wir 
uns mit dem Arzt nie vergleichen können, wir gingen in den 
Stall, der Arzt ins Krankenzimmer, er wäre Vertrauensperson, 
da er in die geheimsten Familienverhältnisse oft eingeweiht 
werden müßte. Meine Herren, wir wollen uns auch gar .nicht 
mit dem Arzt oder Kreisarzt vergleichen, er erhält dem Staate 
ideale Güter, wir reale Güter, Tiere, die einen großen Teil 
unseres Nationalvermögens darstellen. Wir können uns daher 
eigentlich sachlich nur mit den Oberförstern vergleichen, denn 
auch die bewahren und vermehren reale Güter des Staates, 
Forsten, genau so wie wir, indem wir den Viehbestand vor 
Seuchen schützen, kranke Tiere heilen und die Tierzucht zu 
fordern suchen. 

Sollen wir nun einer Pauschalierung allen erdenklichen 
Widerstand entgegensetzen? Darauf kann man mit ja und 
mit nein antworten. Die gerechteste Bezahlung ist ja stets die 
für jede Leistung, das wissen wir ja bei Fixierung z. B. von 
Privatpraxis aus eigener Erfahrung und darüber sind wir uns 
ja auch alle klar. Bekommen wir aber größere Selbständigkeit 
in der Handhabung amtlicher Geschäfte und volle Verantwort¬ 
lichkeit dafür den Regierungspräsidenten gegenüber, so ist gegen 
eine Pauschalierung nichts einzuwenden, z. B. ich muß vom 
15. eines Monats ab alle 14 Tage ein der Ansteckung ver¬ 
dächtiges Pferd in A. untersuchen und vom 18. ab ein eben¬ 
solches in B., darf ich selbständig verfügen, so untersuche ich 
beide am 18. Es wäre bei einer Pauschalierung mit Selb¬ 
ständigkeit auch wünschenswert, daß die Seuchen von den 
Gemeindevorstehern direkt möglichst telegraphisch den Kreis¬ 
tierärzten gemeldet würden und derselbe dann nach eigenem 
Ermessen ohne landrätlichen Auftrag direkt reisen könnte, damit 
man nicht wie jetzt meistens schon fast verfaulte Kadaver zur 
Sektion bekäme. Dann kann auch eine Nachprüfung der 
Milzbranddiagnose fortfallen, die wir alle an frischen Kadavern 
mit positiver Sicherheit, auch ohne Laboratorium, die Diagnose 
bakterioskopisch feststellen können. 

Bekommen wir diese Selbständigkeit und Verantwortlichkeit 
nicht, so müssen wir eine Pauschalierung möglichst zu verhindern 
suchen. Daß der Herr Finanzminister nur eine Pauschalierung 
der Reisekosten exkl. Tagegelder vornimmt, halte ich, so gerecht 
und praktisch solche Pauschalierung, wie auch von anderer 
Seite bereits vorgeschlagen ist, für ausgeschlossen, da er ja 
dann wieder mit schwankenden Ausgaben zu rechnen hat und 
das soll ja gerade vermieden werden. Soll eine Pauschalierung 
eintreten, so muß sie sich dann nach dem Durchschnitt der 
letzten 5—10 Jahre und der voraussichtlich eintretenden Ver¬ 
mehrung der Reisen, durch das neue Reichstierseuchengesetz 
mit Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse richten. Die 
Pauschalierung muß alle drei Jahre neu erfolgen und für be¬ 
sondere Fälle muß auch ein ausreichender Ausgleichfonds vor¬ 


handen sein, um eventuell eintretende Härten zu mildern, über¬ 
haupt darf bei einer Pauschalierung nicht geknausert werden, 
damit nicht die Veterinärpolizei darunter leidet und sich nun 
der Herr Landwirtschaftsminister beschweren muß. 

Meine Herren! Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, 
daß die Amtsunkostenentschädigung eine vollständig unzureichende 
ist, das Doppelte, als 400 M., dürfte angemessen sein. Hiermit, 
meine Herren, möchte ich meine Ausführungen schließen (denn 
eine Resolution zu fassen, halte ich aus Ihnen bekannt 
gewordenen Gründen jetzt für inopportun), damit meinem Herrn 
Korreferenten auch noch Zeit bleibt, seine Ansicht in dieser 
Angelegenheit Ihnen vorzutragen. (Fortsetzung folgt.) 

Kurpfuscher- Gesetz. 

Den Bundesregierungen ist der Entwurf eines Gesetzes zu¬ 
gegangen „betreffend die Ausübung der Heilkunde 
durch nichtapprobierte Personen und den Geheim¬ 
mittelverkehr“. 

Da an diesem Gesetz auch die Tiermedizin erheblich inter¬ 
essiert ist, soll der Entwurf, dem eine längere Erläuterung 
beigegeben ist, hierüber im Wortlaut veröffentlicht werden. 
Er lautet: 

§ 1. Personen, welche sich gewerbsmäßig mit der Behandlung 
von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden an Menschen oder 
Tieren befassen, ohne die entsprechende staatliche Anerkennung 
(Prüfungszeugnis, Approbation) erbracht zu haben, sind verpflichtet, 
spätestens mit dem Beginne des Gewerbebetriebs der Polizeibehörde 
ihres Wohnorts unter Angabe ihrer Wohnung und Geschäftsräume 
schriftlich Anzeige zu erstatten. 

Die Anzeige ist von Personen, die das Gewerbe bei dem 
Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits betreiben, spätestens innerhalb 
vierzehn Tagen zu erstatten. , . 

Eine Veränderung des Wohnorts, der Wohnung oder der Ge¬ 
schäftsräume, desgleichen die Aufgabe oder Einstellung des Betriebs 
ist in gleicher Weise spätestens binnen vierzehn Tagen anzuzeigen. 

§ 2. Gewerbetreibende der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art 
sind verpflichtet, der Polizeibehörde ihres Wohnorts über ihre 
persönlichen Verhältnisse, soweit sie mit dem Gewerbebetrieb in 
Zusammenhang stehen, insbesondere über ihre Vorbildung und ihre 
seitherige Tätigkeit auf Erfordern Auskunft zu erteilen. 

Sie sind ferner verpflichtet, Geschäftsbücher zu führen, die der 
Polizeibehörde auf Verlangen vorzulegen sind. 

In welcher Weise die Geschäftsbücher zu führen und wie lange 
sie aufzubewahren sind, bestimmt der Bundesrat. 

§ 3. Den im § 1 Abs. 1 bezeichneten Personen ist bei der Aus¬ 
übung ihres Gewerbebetriebs verboten: 

an Menschen und Tieren: 

a) eine Behandlung, die nicht auf Grund eigener Untersuchung 
des zu Behandelnden erfolgt (Fernbehandlung); 

an Menschen: 

b) die Behandlung von Tripper, Schanker, Syphilis; 

c) die Behandlung unter Anwendung von Betäubungsmitteln, 
die über den Ort der Anwendung hinaus wirken; 

d) die Behandlung mittels Hypnose; 

e) die Behandlung mittels mystischer Verfahren. 

Durch Beschluß des Bundesrats kann die Anwendung der unter 
c bis e genannten Verfahren auch bei Tieren, sowie die Anwendung 
anderer als der unter c bis e genannten Verfahren bei Menschen 
und Tieren untersagt werden. 

Behandelt einer der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe¬ 
treibenden eine Person an einer gemeingefährlichen Krankheit 
(Reichsgesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank¬ 
heiten, vom 30. Juni 1900 — Reichsgesetzbl. S. 306 —) oder an 
einer solchen übertragbaren Krankheit, bezüglich deren durch 
Landesrecht eine Anzeigepflicht eingeführt ist, oder ein Tier an 
einer der Anzeigepflicht unterliegenden übertragbaren Seuche, so 
kann die Polizeibehörde die weitere Behandlung untersagen. 




154 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


§ 4. Den im § 1 Abs. 1 bezeichneten Personen ist der Ge¬ 
werbebetrieb zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die 
Annahme begründen, daß durch die Ausübung des Gewerbes das 
Leben der behandelten Menschen oder Tiere gefährdet oder deren 
Gesundheit geschädigt wird oder daß Kunden schwindelhaft aus¬ 
gebeutet werden. 

Der Betrieb kann untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende 
wegen einer strafbaren Handlung, die mit der Ausübung des 
Gewerbes in Verbindung steht, rechtskräftig verurteilt ist, bei Über¬ 
tretungen jedoch nur im Falle wiederholter Verurteilung 

Der Betrieb kann auch dann untersagt werden, wenn dem 
Gewerbetreibenden wegen eines nicht unter Abs 2 fallenden Ver¬ 
brechens oder Vergehens die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt 
sind, jedoch nicht über die Dauer des Ehrverlustes hinaus. 

Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landeszentralbehörde 
oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wieder¬ 
aufnahme des Gewerbebetriebs gestatten, sofern seit der Unter¬ 
sagung mindestens ein Jahr verflossen ist. 

Der Bescheid, der die Untersagung ausspricht, kann im Wege des 
Rekurses gemäß §§ 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden. 

Die Landesregierungen können bestimmen, daß die Anfechtung 
im Verwaltungsstreitverfahren zu erfolgen hat. Die Einlegung von 
Rechtsmitteln hat keine aufschiebende Wirkung. 

§ 5. Durch Beschluß des Bundesrats kann der Verkehr mit 
einzelnen Mitteln oder Gegenständen, die zur Verhütung, Linderung 
oder Heilung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden der 
Menschen oder Tiere dienen sollen, beschränkt oder untersagt 
werden, wenn von deren Anwendung eine Schädigung der Gesund¬ 
heit zu befürchten ist oder wenn sie in einer auf Täuschung oder 
Ausbeutung der Abnehmer abzielenden Weise vertrieben w r erden. 

Soweit der Bundesrat den Verkehr mit einzelnen Gegenständen 
oder Mitteln untersagt hat (Abs. 1). ist deren Einfuhr verboten. 

Zur Mitwirkung bei Ausübung der dem Bundesrate nach Abs. 1 
ustehenden Befugnis w r ird bei dem Kaiserlichen Gesundheitsamt 
eine Kommission gebildet. Die Kommission besteht aus Beamten, 
w r elche die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Ver¬ 
waltungsdienste besitzen, und aus Sachverständigen aus dem Gebiete 
der Medizin, der Tierheilkunde und der Pharmazie. Die Mitglieder 
werden vom Reichskanzler ernannt. Dieser ernennt auch den Vor¬ 
sitzenden und dessen Stellvertreter aus der Zahl der Mitglieder. 
Die Ernennung der Sachverständigen erfolgt auf die Dauer von 
fünf Jahren. 

Vor der Beschlußfassung des Bundesrats hat die Kommission 
sich gutachtlich darüber zu äußern, ob eine Beschränkung oder 
Untersagung des Verkehrs geboten sei. Die Kommission beschließt 
in der Zusammensetzung von fünf Mitgliedern, unter denen mindestens 
drei Sachverständige sein müssen. 

Die Kommission hat dem Verfertiger oder anderen Beteiligten, 
soweit dies ausführbar ist, zur Wahrung ihrer Interessen Gelegen¬ 
heit zu geben. 

Im übrigen wird die Einrichtung der Kommission und das 
Verfahren vor derselben durch den Bundesrat geregelt. 

§ 6. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe 
bis zu dreitausend Mark oder mit einer von diesen Strafen wird 
bestraft, w r er in öffentlichen Ankündigungen oder Anpreisungen, 
welche die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten, 
Leiden oder Körperschäden der Menschen oder Tiere zum Gegen¬ 
stände haben, wissentlich unw'ahre Angaben macht, die geeignet 
sind, Täuschungen über den Wert oder Erfolg der angekttndigten 
oder angepriesenen Mittel, Gegenstände oder Verfahren hervor¬ 
zurufen. Dasselbe gilt, wenn solche wissentlich unwahren Angaben 
gemacht werden in bezug auf die Person des Verfertigers oder 
Urhebers oder über die die Veröffentlichung veranlassende Person 
oder über die Erfolge einer dieser Personen. 

§ 7. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe 
bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer von diesen 
Strafen wird bestraft, 

1. wer sich in öffentlichen Ankündigungen oder Anpreisungen 
zur Fernbehandlung (§ 3 lit. a) erbietet; 

2. wer öffentlich ankündigt oder anpreist 

Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Verhütung, 


Linderung oder Heilung von Geschlechtskrankheiten, zur 
Behebung geschlechtlicher Schwäche oder zur Hervor- 
rufung geschlechtlicher Erregung, sowie zur Verhütung 
der Empfängnis oder zur Beseitigung der Schwangerschaft 
dienen sollen: 

3 wer öffentlich ankündigt oder anpreist 

Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Verhütung, 
Linderung oder Heilung von Krankheiten, Leiden oder 
Körperschäden der Menschen oder Tiere dienen sollen, 
sofern die Bestandteile oder die Gewichtsmengen der 
Gegenstände oder Mittel oder die wesentliche Art des 
Verfahrens bei der Ankündigung oder Anpreisung geheim¬ 
gehalten oder verschleiert werden. 

Die Vorschriften unter Nr. 2 und 3 finden keine Anwendung, 
soweit die Ankündigung oder Anpreisung in ärztlichen, tierärzt¬ 
lichen oder pharmazeutischen Fachschriften erfolgt. 

§ 8. Mit der gleichen Strafe (§ 7) werden bestraft Gewerbe¬ 
treibende der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art, die 

1. vorsätzlich den Vorschriften des §3 Abs 1 oder einer gemäß 
$ 3 Abs. 2, 3 oder § 4 ergangenen Untersagung zuwider- 
handeln; 

2. vorsätzlich sich zu den nach § 3 Abs. 1 unter b, c, d und e 
oder nach § 3 Abs. 2 verbotenen Handlungen in öffentlichen 
Ankündigungen oder Anpreisungen erbieten. 

Ist eine der unter 1 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässig¬ 
keit begangen, so tritt Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten und 
Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder eine dieser Strafen ein. 

§ 9. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit 
Haft wird bestraft, wer gegen Entgelt Menschen oder Tiere wegen 
einer Krankheit, eines Leidens oder eines Körperschadens behandelt, 
ohne dazu staatlich anerkannt zu sein und ohne eine entsprechende 
Anzeige nach § 1 erstattet zu haben. 

Diese Bestimmung findet keine Anwendung, w'enn die Behandlung 
w'egen Gefahr im Verzug übernommen und nur so lange fortgeführt 
worden ist, bis Hilfe von einer staatlich anerkannten Person geleistet 
w r erden konnte. 

Ist die Behandlung eine solche, die den im § 1 Abs. I be¬ 
zeichneten Gewerbetreibenden nach § 3 verboten ist, so kann neben 
der Strafe auf Einziehung der zur Behandlung gebrauchten oder 
dazu bestimmten Gegenstände erkannt werden, sofern sie dem 
Täter oder einem Teilnehmer gehören. 

§ 10. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit 
Haft wird bestraft, wer Mittel oder Gegenstände, die vom Bundes¬ 
rate gemäß § 5 dem Verkehr entzogen oder Verkehrsbeschränkungen 
unterwarfen worden sind, entgegen diesen Anordnungen einfüJhrt, 
feilhält, zum Verkaufe vorrätig hält oder verkauft oder sonst an 
andere überläßt oder öffentlich ankündigt oder anpreist. 

Neben der Strafe kann auf Einziehung der verbotswidrig ein¬ 
geführten, feilgehaltenen, zum Verkaufe vorrätig gehaltenen Mittel 
oder Gegenstände erkannt werden, sofern sie dem Täter oder einem 
Teilnehmer gehören. 

§ 11. Ist in den Fällen der §§ 9 und 10 die Verfolgung oder 
die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann 
auf die Einziehung selbständig erkannt werden. 

§ 12. Der öffentlichen Ankündigung oder Anpreisung im Sinne 
dieses Gesetzes wdrd die Verbreitung von Empfehlungen, Erfolg¬ 
bestätigungen, gutachtlichen Äußerungen, Danksagungen und 
ähnlichen Mitteilungen in einem größeren Kreise von Personen 
gleichgcachtet. 

§ 13. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfttnfzig Mark oder mit 
Haft werden bestraft Gewerbetreibende der im § 1 Abs. 1 be¬ 
zeichneten Art, die 

1. die im § 1 vorgeschriebene Anzeige nicht rechtzeitig erstatten 
oder die gemäß § 2 Abs. 1 von ihnen geforderte Auskunft 
über ihre persönlichen Verhältnisse verweigern oder unrichtig 
erteilen; 

2. die Geschäftsbücher, deren Führung oder Aufbewahrung ihnen 
obliegt, nicht oder nicht in der vom Bundesrate vorgeschriebenen 
Weise oder unrichtig führen oder verheimlichen oder vernichten 
oder der zuständigen Behörde auf deren Verlangen nicht vor¬ 
legen. 








20. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


155 


§ 14. Welche Behörde in jedem Bundesstaat unter der Be¬ 
zeichnung Polizeibehörde zu verstehen ist, wird von der Zentral¬ 
behörde des Bundesstaats bekannt gemacht. 

§ 15. Die landesrechtlichen Vorschriften, welche die Ausübung 
der Heilkunde durch nicht approbierte Personen, sowie die An¬ 
kündigung und Anpreisung von Mitteln, Gegenständen und Verfahren 
der in diesem Gesetze bezeichneten Art betreffen, werden aufgehoben. 

Der Kultusminister über die Promotion. 

Wie beim landwirtschaftlichen Etat (vgl. B. T. W. Nr. 5) 
so ist auch beim Etat des Kultusministeriums, und zwar zunächst 
in der Budgetkommission, die Promotion der Tierärzte oder 
vielmehr das Promotionsreclit der tierärztlichen Hochschulen 
zur Sprache gebracht worden, sowie die Anerkennung des in 
der Schweiz erworbenen veterinärmedizinischen Doktortitels, j 
Nach Mitteilung eines Kollegen hat der Abgeordnete Dr. Be um er j 
eine entsprechende Anfrage gestellt. Der Herr Kultusminister ! 
hat eine recht entgegenkommende Antwort gegeben dahin, daß j 
er persönlich der Promotion der Tierärzte freundlich gegenüber- 1 
stehe, daß zurzeit Gutachten von Universitäten eingefordert 
würden und daß nach Entscheidung dieser inländischen Promotions¬ 
frage auch die Frage der Anerkennung des schweizer Doktor¬ 
titels w r erde gelöst werden. 

Landwirtschaftsrat und Landesökonomie-Kollegium. 

Die Verhandlungen des deutschen Landwirtschaftsrates und 
des preußischen Landesökonomie-Kollegiums haben vieles für 
Tierärzte Interessantes gebracht. Ein ausführliches Referat 
darüber wird von Preuße veröffentlicht werden. 

Die Bekämpfung der afrikanischen Viehseuchen. 

Im Deutschen Landwirtschaftsrat ist die Bekämpfung der 
afrikanischen Viehseuchen behandelt worden. Die Referenten 
waren Exzellenz Robert Koch und Veterinärrat Rick mann. 
Ersterer hatte betreffs Ostafrikas neun Leitsätze aufgestellt, die 
der ehemalige Gouverneur Graf Götzen mit einigen Änderungen 
versehen hatte und die angenommen worden sind. Besonders 
der erste Leitsatz ist für uns ebenso interessant als erfreulich. 
Die Beschlüsse lauten: 

„1. Es ist eine ausreichende Anzahl von Tierärzten 
anzustellen. 2. Viehhandel und Viehtransport müssen geregelt, 
erforderlichenfalls stark eingeschränkt und unter ständige sach¬ 
verständige Aufsicht gestellt werden. 3. Es darf kein Vieh- von 
der Küste nach dem Innern transportiert werden. Für Zucht¬ 
vieh sind Ausnahmen zulässig. 4. Die im Innern befindlichen 
Seuchenherde von Küstenfieber sind gegen jeden Viehverkehr 
abzuschließen und die darin befindlichen Tiere möglichst schnell 
als Schlachtvieh zu verwerten. 5. Die Einrichtung des Haltens 
von Serkal-Vieh ist abzuschaffen. 6. An der Küste ist durch 
Herabsetzen des Viehbestandes auf eine möglichst geringe Zahl, 
Einfenzen des Schlachtviehes, Stallfütterung der Milchkühe, das 
Küstenfieber zu bekämpfen. 7. An seuchenfreien Orten sind 
Viehdepots zur Versorgung der Küste mit Schlachtvieh an* 
zulegen. 8. Eine wesentliche Sicherung der Viehzucht gegen 
die Verschleppung der Seuchen bildet die Einschränkung des 
Viehtreibens durch den Bau von Eisenbahnen von den Märkten 
der Küste nach den viehreichen Innenbezirken. Der Transport 
des Viehes auf der Eisenbahn hat überall da, wo Glossinen Vor¬ 
kommen (z. B. der Usambara-Bahn) in Wagen mit Fliegenschutz 
zu geschehen, 9. Das Ausrotten des sogenannten großen Wildes 
(Antilopen, Büffel) und der Wildschweine, sowie Fernhalten von 


Ziegen und Schafen ist überall, wo im Besiedelungsgebiet die 
Tsetsekrankheit herrscht, durchzuführen. Bei Auswahl von 
Wildreservaten ist der Besiedelungsfrage besondere Rechnung 
zu tragen.“ 

Ebenso wurden die von Rick mann betreffend Südwest¬ 
afrikas empfohlenen Grundsätze dem Herrn Reichskanzler als 
Material überwiesen. 

General-Versammlung des Unterstützungsvereins für Tierärzte 

am Sonnabend, den 14. März 1908, vormittags 11 Uhr, im Hörsaal 
des Anatomischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule in Berlin. 

Tagesordnung: 

1. Bericht über die bisherige Tätigkeit des Vereins; 

2. Kassenbericht; 

3. Vorstands wähl. 

Die Herren Mitglieder werden gebeten, sich möglichst zahlreich 
an der Versammlung zu beteiligen. 

Der Vorsitzende: Preuße. 

Ärzte und Staatsregierung. 

Ein Erlaß des zuständigen preußischen Ministers an die 
Medizinalbeamten ist dem Vernehmen nach erschienen, um den 
Reibereien zwischen Staatsregierung und den Ärzten ein Ende zu 
machen. Es ist die Anfrage gestellt, ob die Ärzte von einer 
Vertragskommission abhängig sind, ob sie das ärztliche Schutz- und 
Trutzbündnis unterschrieben haben und inwieweit die Verpflichtungen 
gehen. Zugleich sind die beamteten Ärzte aufgefordert worden, 
ihre Unterschriften zurückzuziehen. Ärztlicherseits wird das Vor¬ 
gehen der Staatsregierungmit einem Stoß gegen die Ärzteorganisation 
gedeutet, da in letzter Zeit häufig Arztstellen, die von den Ärzten 
auf die schwarze Liste gesetzt worden sind und als solche für 
standesunwürdig und ehrengerichtlich strafbar angesehen wurden. 
Danach gelang es den Staatsbehörden nicht, Ärzte für manche 
Stellen zu gewinnen. Auf dem letzten Ärztetag in Münster hat 
darauf der zweite Vorsitzende’..in Münster mit dem Generalstreik 
der organisierten Ärzte gedroht, wenn die Reichsregierung bei der 
Reform der Arbeiterversicherung den Forderungen der Ärzte¬ 
organisation nicht entspricht. Dr. G. 

Fortbildungskurse für Tierärzte in Petersburg. 

Am 21. Januar beginnen in St. Petersburg am Bakterio¬ 
logischen Laboratorium des Ministeriums des Innern die ersten 
vielseitigen Fortbildungskurse für Tierärzte. Der Schluß der 
Kurse ist auf den 9. April festgesetzt. Die Kurse bestehen in 
folgendem: W. F. Nagorsky, Chef der Veterinärverwaltung 
des Ministeriums des Innern: Veterinärpolizeiliche Gesetzgebung 
und Statistik; Prof. A. A. Rajewsky, Präses des Veterinär- 
komitees: Theorie der Neubildungen; Prof. J. M. Sodowsky, 
Direktor des Laboratoriums: Bakteriologie; Prof, der Medizinischen 
Akademie N. N. Mari: Aktinomykose; Dozent der Medizinischen 
Akademie B. J. Solowzow: Klinische Harnanalysen; Schlacht¬ 
hofdirektor M. A. Ignatiew: Fleischbeschau; Prof. A. A. Wladi- 
miroff aus dem Institut für experimentelle Medizin: Immunität, 
Mallein und Tuberkulin; W. A. Jakimoff, Assistent am Institut 
für experimentelle Medizin: Blut, Trypanosomen und Spirillose; 
S. J. Dratschinsky, Assistent am Institut für experimentelle 
Medizin: Tollwut; J. J. Iw an off: Über künstliche Befruchtung 
bei den Haustieren; A. W. Belitz er: Über Pyroplasmose der 
Pferde; S. Beinarowitsch: Über Pyroplasmose des Rindes; 
W. W. Konge: Milchkunde; P. W. Sisoff, Assistenten am 
Laboratorium: Infektionskrankheiten der Schweine und Vögel 
nebst Serotherapie; S. N. Wischelessky: Vaccination und 
Serotherapie bei Milzbrand; D. S. Pujenzaw: Vaccination bei 
der Lungenseuche des Rindes. Mitgeteilt von Wold. Konge. 



156 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


Bttcheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der tierischen Ernährung und der landwirtschaftlichen 
Futtermittel. Von Prof. E. Pott in München. Zweite, gänzlich neu 
bearbeitete Auflage. Band II. Spezielle Futtermittel lehre. Verlag 
P. Parey. Preis 14 M. 

Schon der vor drei Jahren erschienene erste Band dieses 
Werkes, welcher die mehr theoretischen Erörterungen über die 
tierische Ernährung und über die Futtermittel im allgemeinen 
brachte, fand eine solche günstige Besprechung und auch rasch 
eine so große Verbreitung, daß man dem allerdings etwas ver¬ 
späteten Erscheinen des zweiten Bandes in allen interessierten 
Kreisen mit großer Spannung entgegen sah, der deshalb nicht nur 
eine bedeutsame, sondern auch originelle Arbeit zu werden ver¬ 
sprach, weil Pott unbekümmert um die geläufigen Methoden und 
Auffassungen vielfach seinen eigenen Weg geht und ihm dieser 
schon weitgehende Anerkennung verschafft hat. So hat Pott z. B. 
stets betont, daß bei den Futtermitteln nicht nur die eigentlichen 
Nährstoffe, sondern auch die Nebenstoffe von Bedeutung sind und 
unter diesen namentlich wiederum die Geschmackstoffe. Der vor¬ 
liegende zweite Band umfaßt Grttnfutter, Heu, Stroh, Dreschabfälle, 
Knollen, Wurzeln, fleischige Früchte, Körnerfrüchte, schädliche 
Pflanzen. Der noch folgende dritte Band wird die als Futtermittel 
dienenden gewerblichen Nebenprodukte, die Abfälle vegetabilischen 
Ursprungs, die Futterstoffe animalischen Ursprungs, die Beifutter- 
mittel und Gewürze betrachten. Das wohl alles auf dem Gebiete 
der Futtermittel Wissenswerte enthaltende Werk gibt die Möglich¬ 
keit, über den Gehalt der Futtermittel an verdaulichen Nährstoffen 
und über ihre besondere Eignung zu bestimmten Futterzwecken 
sich ein klares Urteil zu verschaffen und mit Hilfe der vorhandenen 
Zahlenangaben kann man leicht und rasch den Produktions- und 
Nutzwert des betreffenden Futtermittels berechnen. Die feinere 
chemische Zusammensetzung des Futtermittels, welche nach der 
ohne Zweifel richtigen Ansicht des Verfassers die besondere Eignung 
eines jeden Futtermittels zu bestimmten Zwecken mitbestimmt und 
welcher er ein fast dreißigjähriges Studium zuteil werden ließ, 
findet, so weit es die Kenntnis derselben erlaubt, Berücksichtigung. 
Möge das hervorragende Werk auch in seiner neuen Auflage die 
Würdigung in wissenschaftlichen und praktischen Kreisen finden, 
wie in der ersten Auflage. Für den praktischen Tierarzt, der tiefer 
in das Studium der tierischen Ernährung und Fütterung eindringen 
will, dürfte es kein besser zu empfehlendes Werk geben, als das 
besprochene. Prof. Dr. Carl Arnold-Hannover. 

Veterinftrrat W. Rickmann, Tierzucht und Tierkrankheiten 
in Deutsch-Südwestafrika. Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin 1908. Preis gebunden 9 M. 

Prof. Dr. Robert Bonnet, Lehrbuch der Entwicklungs¬ 
geschichte. Mit 341 in den Text gedruckten Abbildungen. Paul 
Parey, Berlin 1907. Preis gebunden 14 M. 

Friedberger und Fröhner, Lehrbuch der speziellen Patho¬ 
logie und Therapie der Haustiere. Herausgegeben von Prof. 
Dr. med. Eugen Fröhner. VII. neubearbeitete Auflage. Zwei Bände. 
Ferdinand Enke. Stuttgart 1908. Preis 35 M. 

Dr. Paul Goldbeck, Stabsveterinär, Das Militär-Veterinär¬ 
wesen und die KrankheitBstatistik der Armeepferde aller 
Kulturstaaten. Mit zwei Tafeln mit Bildnissen. Ernst Siegfried 
Mittler & Sohn. Berlin 1908. Preis 4,50 M., geb. 5,50 M. 

Prof. Dr. J. Hansen-Bonn, Fütterungsversuche mit Milch¬ 
kühen. Im Aufträge des Sonderausschusses für Fütterungswesen der 
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft. Deutsche Landwirtschafts¬ 
gesellschaft. Berlin 1907. 

Prof. Dr. Franz Tangl, Beiträge zur Futtermittellehre und 
Stoffwechselphysiologie der landwirtschaftlichen Nutz¬ 
tiere. (Mitteilungen aus der Königl. ungar. tierphysiologischen 
Versuchsstation in Budapest.) III. Heft. Verlagsbuchhandlung 
Paul Parey, Berlin 1908. 

Schlachthofdirektor Kühnau und Dr. A. Clevisch, Einrichtung 
und Betrieb von Säuglingsmilchanstalten. Reinhold Kühn, 
Berlin 1908. 


Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. VIII, Heft 4. Inhalt: 
Fricke, Ein Fall von Karzinom und Tuberkulose der Mamma. 
Mit 1 Tafel. Eisen, Über die Tuberkulin Ophthalmo- 
Reaktion. Amrein, Weitere Tuberkulin-Erfahrungen. Pigger, 
Künstlicher Pneumothorax und opsonischer Index. Mit 
1 Tafel. Much, Über die nicht säurefesten Formen des 
Kochschen Tuberkulinbazillus. Kraemer, Psychophysische 
Gleichgewichtsstörung? Bemerkung zu Dr. Köhlers Abhandlung 
im 1. Heft dieses Bandes. A. Stübers Verlag, Würzburg 1907. 
Einzelpreis dieses Heftes 4 M. 

Das neue Preußische Ergänzungs-Steuergesetz vom 19. Juni 1906. 
L. Schwarz & Comp., Berlin. 

Verwaltungsbericht für den städtischen Schlacht- und 
Viehhof zu Königsberg i. Pr. für das Betriebsjahr 1906. 

Prof. C. Happich, Bericht über die Tätigkeit des milch- 
wirtschaftlichen bakteriologischen Laboratoriums zu 
Jurjew (Dorpat). Für das Jahr 1905 mit kurzem Überblick für 
die Jahre 1903-1904. 1906. 

Dr. H. Märtel, Rapport sur les Opärations du Service 
veterinaire sanitaire de Paris et du Departement de la 
Seine. Pendant l’annäe 1906. Paris 1907. 

Inaugural-Dlssertationen. 

Rudolf Siegel, Anatomische Untersuchungen über die 
äußere Haut des Hundes. (Medizin. Fakultät, Leipzig.) Mit 
26 Abbild. Dresden 1907. 

Martin Engelmann, Untersuchungen über die elastischen 
Fasern der Lymphknoten vom Pferd, Rind, Schwein und 
Hund und über die an ihnen ablaufenden Altersverände¬ 
rungen. (Medizin. Fakultät, Leipzig.) 11 Abbild. Leipzig 1907. 

Robert Sebauer, Über die Bedeutung der Kalksalze für 
das wachsende Tier. (Medizin. Fakultät, Gießen.) Julius 
Springer, Berlin 1907. 

Erich Klawitter, Über Nebennierengeschwülste der land¬ 
wirtschaftlichen Haussäugetiere. (Philosoph. Fakultät, 
Leipzig.) Mit zwei Tafeln. Leipzig 1907. 

Dr. med. vet Friedrich Freytag, Beziehungen der Milz zur 
Reinigung und Regeneration des Blutes. (Philosoph. 
Fakultät, Erlangen.) 


I Personalien. 

Auszeichnungen: Landestierarzt Reg.-Rat Feist - Straßburg zum 
| Geheimen Regierungsrat ernannt — Dem Oberstabsveterinär bei der 
Militärveterinärakademie Karl Troester der Rote Adlerorden 
vierter Klasse verliehen. 

Gewählt: Schlachthof inspektor Frickinger zum 1. Schlachthof- 
und Polizeitierarzt in Bochum. 

Niederlassung: Tierarzt Dr. Karl Fischer , bisher Assistent am 
Veterinärinstitut der Universität Leipzig in Grabow i. Meckl. 

Approbiert: Die Herren Reifferieh auB Altdorf, Egen aus Dachau, 
Schlägel aus Freiberg i. Br., Johanmen aus Gettorf in Gießen, Heinrich 
Spekker aus Rorichum, Heinrich Hölting aus Westenholz (Westf.), 
Wilhelm Dietrich aus Brötzingen (Baden) in Hannover. 

In der Armee: Versetzt: Oberveterinär im Jäger-Regt. zu Pferde 
Nr. 3 Taubilx zum 1. April 1908 zum Ulan.-Rcgt. Nr. 4. 


Am Sonntag, den 16 . Februar, verschied infolge Herz¬ 
schwäche nach einer Operation meine geliebte Frau 

Hedwig geb. Rabe, 

der gute Engel meiner jungen Jahre, die kluge Mit¬ 
wisserin, sanfte Beraterin und treue Helferin meiner 
Bestrebungen. 

Berlin. Professor Dr. Schmaltz. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Herlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoets in Berlin. — 

Drnck von W. Büxenstein, Berlin. 








Di« „Berliner TIerintUche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln» Verlage von Richard Schoeti ln 
Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeitr&ge werden mit 50 Hk., in Petitsatz mit 
00 )lk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, TierSrzt- 
Iicbe Hochschule, NW., Luisenstr&fie 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Bedaktion: 

Professor I)r. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


De Bruin 

Glage 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Professor 

Professor 

Departementstierarzt 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarat 

Utrecht. 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündet 

Professor 

Professor 

Professor 

Professor 

Landesti erarzt v. Bayern 

Kreistierarzt 

Dresden. 

Dresden. 

Freiburg i. Br. 

Dresden. 

München. 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


Xd. 9. Ausgegeben am 37. Februar. 


I n halt: Hottenbach: Wirkung und Nebenwirkungen des Yohimbin-Spiegel (Yohimvetol). — Referate: Geflügelzucht und 
Geflügelkrankheiten: Albrecht: Über ein paar Versuche beim Geflügel. — Schraepler: Über Wundheilung und Narben¬ 
bildung beim Hausgeflügel. — Gareitschoff: Ein Fall von Hühnerspirillose in Bulgarien. — Sallinger: Taeniasis bei 
Gänsen. — Tageageachichte: Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins der beamteten Tierärzte Preußens. (Fort¬ 
setzung.) — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Wirkung und Nebenwirkungen des Yohimbin-Spiegel 
(Yohimvetol). 

Von Tierarzt Heinrich Holterbach-Offenburg (Baden). 

„Xzfjfjia tg ael.“ 

Der'Kähipf um das Yohimbin — und daß man von einem 
„Kampfe“ reden kann, muß zugeben, wer aufmerksam den Ver¬ 
öffentlichungen in der ärztlichen und tierärztlichen Presse folgt — 
hat eine Wendung genommen, die uns Tierärzten um so weniger 
gleichgültig sein kann, als es gerade unserer Tätigkeit zu danken 
ist, daß sich das bereits erlahmende Interesse für das Alkaloid in 
der glücklichsten Weise wieder belebte und Untersuchungen ver- 
anlaßte, welche den unschätzbaren Wert des Mittels bekräftigen 
und dem Therapeuten Indikationen bieten, die (so hoffen wir 
wenigstens) von seiten unserer Standesgenossen in majorem 
medicinae veterinariae gloriam die gebührende Beachtung finden.*) 
Die Vorstellung, welche wir uns heute noch von dem Yohimbin und 
seinen Wirkungen machen, ist höchst dürftig und unklar. Denn 
sein Name erinnert im allgemeinen nur (mit einem gewissen ironisch- 
verächtlichen Beigeschmack) an die männliche Impotenz. Als ob 
diese Seite seiner Energie die einzige oder die vornehmste wäre, 
als ob sich an sie die anerkanntesten Erfolge, die legitimsten Hoff¬ 
nungen knüpften! Diese Ansicht ist aber grundfalsch und von mir 
stets bekämpft worden; sie ist in ihrer Einseitigkeit wesentlich 
der Grand, daß das Yohimbin so lange sehr stark befehdet und 
sehr wenig untersucht wurde. Es ist ja eine ganz angenehme Bei¬ 
gabe der Yohimbinwirkung, daß es unter Umständen die männliche 
Sexualsphäre so auffallend beeinflußt und Heilungen der ein¬ 
schlagenden Schwächen und Leiden ermöglicht, denen wir bis jetzt 
mit keiner Therapie, mit keiner Diät heikommen konnten; aber 
viel höher steht, wie ich zu zeigen hoffe, sein Effekt auf die 
weiblichen Geschlechtsorgane, ein Gebiet, an dessen Er- 


*) Leider steht diesem Wunsche noch der Preis des Mittels 
im Wege, der es dem Praktiker fast nur bei der Behandlung kleiner 
Tiere zu verwenden gestattet. Rechnet man dazu noch die täglich 
unerträglicher werdende Tyrannis der Apotheker, welche den Preis 
des Yohimvetol erst recht pfeffert, und salzt, dann ist der lang¬ 
same Siegeszug des Präparates ganz erklärlich. Wann werden wir 
endlich das Joch abschütteln, in dem wir zum Profit der Apotheker 
in der Frone keuchen? Quousque tandem! 


forschung gegenwärtig Tierärzte und Ärzte im Laboratorium und 
in der Praxis mit schönem Erfolg arbeiten. Es scheint endlich nach 
klinischen Erfahrungen der letzten Monate sein von Strubell be¬ 
wiesener Einfluß auf das Rückenmark noch eine Ausbeute zu ver¬ 
sprechen, die nicht zu verachten wäre. Sind die beiden letzteren 
Seiten der Yohimbinwirknng erst gründlich erforscht, dann wird 
auch die Gegnerschaft gegen das Präparat abnehmen. 

Sie ist jetzt schon, nach den tierärztlichen Erfolgen des letzten 
Jahres, im Schwinden begriffen, trotzdem auch diese vorwiegend 
auf die Heilung der Impotentia virilis gerichtet waren. Sie haben 
aufgeräumt mit dem stets und in allen Tonarten wiederholten Ein¬ 
wand: Die von namhaften Medizinern berichteten Heilungen dieses 
Leidens seien nicht unter der Einwirkung des ganz wertlosen Mittes 
zustande gekommen, sondern dem Banne der vom „Arzt geübten 
Suggestion“ zu danken. Eine eigentümliche, in der Geschichte aller 
Wissenschaften immer wiederkehrende Logik, welche hartnäckig 
klar bewiesene, handgreifliche (die Versuche Prof. Loewys demon¬ 
strierten den Reiz, welchen das Yohimbin auf die Hoden der Ver¬ 
suchstiere übte, doch handgreiflich genug!) Tatsachen leugnet und 
mit Schlagworten bekämpft, in denen nur zu oft eine ganz unklare, 
aber gerade deshalb um so bequemere Vorstellung wohnt! 

Es ist erfreulich, Herrn Professor Fttrbringer, den entschie¬ 
densten und bei seiner anerkannten gewaltigen Autorität in diesen 
Fragen gefährlichsten Feind des Yohimbin in der 7. Nummer der 
„Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ vom Jahrgang 
1907 in einem klinischen Vortrag über die „Behandlung der Im¬ 
potenz“ etwas einlenken zu sehen: 

„Doch wollen wir bereitwillig zugeben, daß in der 
jüngsten Zeit mehrfach von der Suggestion kaum zu¬ 
gänglichen Kl ienten an uns gelangte, auffallend günstige 
Berichte zu respektieren sind. Das zumal, nachdem eine Fülle 
freilich sehr verschiedenwertiger tierärztlicher Mitteilungen Uber denkbar 
günstigste Wandlungen bei deckfaulen Hengsten, Bullen, Hunden und 
anderen frigiden Tieren — auch weiblichen! — mit dem Ausschluß einer 
Suggestivwirkung zu bedenken geben.“ 

Der Herr Professor möge sich noch eine Zeitlang bedenken. 
Vielleicht schwenkt er eines Tages mit fliegenden Fahnen ins Lager 
der Yohimbinfreunde ein! Einstweilen können wir Tierärzte mit 
seiner Generalanerkennung trotz dem üblichen und unvermeidlichen, 
im leisen Tadel der „Verschiedenwertigkeit“ geführten Seitenhieb 
um so mehr zufrieden sein, als bis jetzt Lob und Ermutigung von 









158 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


jener Seite nur selten an uns verschwendet wurden. Wir lassen 
uns auch nicht durch die ganz berechtigte, dem Mediziner nahe 
liegende Warnung beirren, welche Herr Prof. Fürbringer in fol¬ 
gende Worte faßt: „Immerhin raten wir bezüglich der 
schlichten Übertragung der sexuellen Verhältnisse vom 
Tier auf den Menschen zur Vorsicht.“ Weshalb auf einmal 
diese löbliche Vorsicht? Gewinnen nicht täglich die Mediziner in 
ihren Laboratorien durch das Tierexperiment, ihre vornehmste und 
unentbehrlichste Erkenntnisquelle, Resultate für die Humantherapie, 
welche (mit der notwendigen Kritik selbstverständlich!) unbedenklich 
vom Tier auf den Menschen übertragen werden dürfen, trotzdem 
die „Verhältnisse“ oft unendlich komplizierter sind, als die „sexuellen“ 
Verhältnisse? Das wird auch bei der Erforschung des Yohimbin 
nicht anders werden. Auch hier wird das Tierexperiment den Weg 
zeigen, welcher den Mediziner in unbekannten Gebieten zum Erfolg 
leitet, auch hier haben die Erfahrungen der tierärztlichen Praxis 
anregend und befruchtend gewirkt; sie werden sicherlich künftig 
nicht entbehrt werden können. 

Im Jahre 1907 gelangten nur zwei theoretische Arbeiten über 
das Yohimbin zur Veröffentlichung, die beide unsere Kenntnis des 
Mittels wesentlich erweitern und deshalb jedem bekannt sein 
müssen, der ihm ein mehr als nur platonisches Interesse entgegen¬ 
bringt. 

In den „Archives internationales de Pharmacodynamie et de 
Therapie“ (Vol. XVII pag. 81) erschien eine sehr wertvolle Abhand¬ 
lung des Herrn Dr. Franz Müller: „Über die Wirkung des 
Yohimbin-Spiegel, ein Beitrag zur Methodik der Prüfung 
von Vasomotorenmitteln und Aphrodisiacis“. Diese Ver¬ 
suche, welche in deu Universitätslaboratorien von Berlin und London 
mit großem Scharfsinn und unter Zuhilfenahme subtilster Methoden 
inszeniert wurden, sind noch nicht abgeschlossen. Wir müssen uns 
deshalb, schon mit Rücksicht auf die komplizierte Methodik, damit 
begnügen, die gewonnenen Resultate bekannt zu geben, indem wir 
auf die oben zitierte Originalarbeit den Leser verweisen, der eine 
eingehendere Belehrung sucht. 

Müller verwandte das Präparat in Lösung als subkutane In¬ 
jektion. Das salzsaure Yohimbin wurde zum Gebrauch stets frisch 
gelöst; eine gelbliche Färbung der Lösung deutet die eingetretene 
Zersetzung an: es hat sich die unwirksame Y'ohimboasäure gebildet.*) 
Die Lösung ist wertlos geworden. Das milchsaure Salz, 
welches den nur sehr relativen Vorzug der leichteren Löslichkeit 
besitzt, scheint noch weniger in der Lösung haltbar zu sein; denn 
„beim Stehen der Lösung des Laktats fallen nach einigen 
Tagen feine, nadelförmige Kristalle aus, die Bich auch 
beim Kochen nicht wieder lösen“ (Müller). Diese Kristalle 
der Yohimbinbase sind aber von problematischer Wirksamkeit. Die 
subkutane Injektionsmethode, für den Experimentator wegen der 
Möglichkeit exaktester Dosierung und sicherster Einverleibung in 
den Organismus von unschätzbarem Wert, ist für die Bedürfnisse 
der Praxis entbehrlich. Denn „die Beobachtungen am Menschen 
haben gezeigt, daß die Yohimbinsalze nach Eingabe 
per os in Tablettenform (3mal täglich 0,005 g des salz¬ 
sauren Salzes) ebenso wirken, wie nach subkutaner Ein¬ 
verleibung“ (Müller). Eine Erfahrung, die auch wir an Tieren 
gemacht und stets verteidigt haben. Ferner weist Müller darauf 
hin, daß das Yohimbin bei Tieren der gleichen Art unter sonst ganz 
gleichen Verhältnissen eine auffallend verschiedene Wirkung ent¬ 
falten kann, daß, wie auch wir stets betont haben, bei der Be¬ 
urteilung der Yohimbinwirkung mit starken, oft ganz unerklärlichen 
Idiosynkrasien zu rechnen ist. 

Auf die Atmung haben selbst minimale Dosen einen entschiedenen 
Einfluß; sie wird beschleunigt und tiefer. (Hunde sind in dieser 
Hinsicht viel empfindlicher, als Katzen; bei letzteren tritt die Be¬ 
schleunigung erst nach Injektion von 0,06—0,26 mg pro Kilo Körper- 

*) Wir raten aus diesem Grunde, auf den vielleicht mancher 
Mißerfolg zurückzuführen ist, entschieden von der Verwendung einer 
Lösung (auch einer sterilisierten Lösung!) ab und verwenden 
ausschließlich die nach den bisherigen Erfahrungen haltbaren und 
unverändert wirksamen Tabletten. Wer die Lösung (auch subkutan) 
um jeden Preis vorzieht, wird also gut tun, sie ganz frisch zu bereiten. 


gewicht ein (!) während man bei Hunden schon mit 0,01—0,02 mg 
den gleichen Effekt erzielt.) Alter und Geschlecht spielen beim 
Zustandekommen dieser Wirkung keine Rolle, was insofern auf¬ 
fällt, als man diesen Umständen gerade in der Praxis bei der Be¬ 
urteilung der Yohirabinwirkung Rechnung tragen muß. Intravenöse 
Injektion von Urethan bewirkt selbst nach sehr hohen Yohimbin¬ 
dosen sofortige Beruhigung der Atmung! (Wichtig für etwa mögliche 
Fälle von Yohimbin Vergiftung.)’ Auf letale Dosen erfolgt Stillstand 
der Atmung bei weiter schlagendem Herzen. 

Wichtiger und sehr vielseitig ist die von Müller erforschte Ein¬ 
wirkung des Alkaloides auf den Zirkulationsapparat. In den Arterien 
sinkt der Blutdruck anfänglich, tun selbst nach hohen Dosen in 
kurzer Zeit wieder seine normale Höhe zu erreichen. Eine Zu¬ 
nahme des Herzvolumens und eine Stauung in diesem Organ wurde 
bei den Versuchen nie beobachtet. Damit ist bewiesen, daß .Jeden¬ 
falls bei den therapeutisch zur Verwendung kommenden 
Dosen der Fall des Blutdrucks nicht durch Schwächung 
des Herzens bedingt ist“. Dagegen wirken, wie nicht anders 
zu erwarten, die „sicher letalen Dosen auch schädigend 
auf das Herz ein“. Das ist praktisch sehr wichtig, weil durch 
diese Feststellung der Einwand in Bich zusammenbricht, das 
Yohimbin wirke in therapeutischer Dosis als Herzgift, sei also ein 
gefährliches, nur mit Vorsicht zu handhabendes Präparat. Es ist 
uns in sieben Jahren und in zahlreichen Versuchen, die zum Teil 
sogar an sehr schwer kranken Tieren vorgenommen wurden, kein 
einziger Fall von ungünstiger Beeinflussung des Herzens oder gar 
von beängstigenden Erscheinungen seitens dieses Muskels zur 
Beobachtung gekommen. Wenn aber das Herz für das Sinken des 
Blutdrucks nicht verantwortlich gemacht werden kann, dann muß 
dessen Ursache in „vasomotorischen Einflüssen gesucht 
werden“. Man hatte die verblüffende Beobachtung gemacht, 
„daß schon nach den niedrigsten überhaupt auf die Blut¬ 
verteilung wirksamen Dosen (beim Hund 0,005 mg pro 
Kilo Körpergewicht intravenös!) bisweilen eine Zunahme 
des Beinvolumens eintritt, und zwar entweder ohne daß 
sich der Blutdruck ändert, oder genau gleichzeitig mit 
dem Beginn einer geringen Senkung des Druckes“. Es 
werden nämlich, wie Müller durch präzise Versuche dartun konnte, 
durch diese kleinsten noch wirksamen Gaben die „Gefäße der 
Extremitäten erweitert, während der Blutdruck sinkt; 
der Sitz dieser Wirkung ist ein peripherer, in den Gefäßen selbst 
gelegener“. Die Strombahn in den Extremitäten bleibt auch noch 
nach Ausgleich des Druckes längere Zeit hindurch erweitert. 

Auch die Nieren reagieren rasch auf den Yohimbinreiz. „Ihr 
Volumen steigt schon nach kleinsten Dosen, die den 
Druck entweder nicht beeinflussen oder ihn etwas 
erhöhen, und sinkt nach einigen Minuten zur ursprüng¬ 
lichen Höhe.“ Die Blutdrucksenkung ist auch hier mit durch eine 
Erweiterung der Strombahn bedingt, und diese Dilatation ist bei 
„größeren Y'ohimbindosen nach 15 Minuten noch nicht 
ausgeglichen.“ Die sehr naheliegende Befürchtung, daß „bei 
einer so starken und lange dauernden Einwirkung auf 
die Nierengefäße das Y'ohimbin die Niere nachhaltig 
schädigen könne, erwies sich nach ausgedehnten Ver¬ 
suchen im Laboratorium (A. Loewy und Poltawzeff) und 
allen bisherigen klinischen Erfahrungen als unbegründet“ 
Auch dieses Ergebnis der Experimente Müllers ist für die Praxis 
wichtig und windet den Y’ohimbingegnern eine Waffe mehr aus der 
Hand. Es kommt zu einer leichten diuretischen Wirkung, die aber, 
wie wir in langjährigen Versuchen bei Hunden feststellten, niemals 
nachteilig wird. 

Das Volumen des Darmes nimmt unter dem Einfluß des 
Y'ohimbin zuerst ab; dann tritt eine höchst beachtenswerte Volumen¬ 
zunahme ein, welche durch folgende Erscheinungen charakterisiert 
ist: Sie hält lange an, führt zu einer starken Durch¬ 
blutung des Darmes und verursacht neben starker 
Rötung auch eine wässerige Exsudation in das Darm¬ 
lumen, so daß Müller geradezu von einer unter dem 
Yohimbinreiz zustande kommenden entzündlichen Reizung 
dieses Organes spricht. Das ist eine neue Seite der Wirkung 





27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


159 


des Präparates und, wie wir noch sehen werden, von eminenter 
praktischer Bedeutung. 

Ganz anders und im höchsten Grade befremdlich ist das Bild 
der yohimbinisierten Milz: es kommt bei ihr zu einer deutlichen 
Volumenabnahme, der keine Zunahme mehr folgt. 

In den Lungen stellt sich erst unter dem Einfluß extremer 
Dosen die Gefäßerweiterung ein. 

Diese ist, wie schon Loewys Versuche lehren, an den 6enitalien 
sehr auffällig. Im Penis kommt die Blutanhäufung „in erster 
Linie durch Erweiterung im arteriellen System ein¬ 
schließlich dert’orpora cavernosa zustande, nicht durch 
Behinderung des venösen Abflusses.“ Auch das sehr 
komplizierte Problem der Erektion zog Müller in den Bereich 
seiner Versuche und bemühte sich, den Einfluß des Yohimbins auf 
sie zu ergründen. Er kommt zu dem Schluß: „Yohimbin erzeugt 
also in minimal wirksamen Dosen eine Steigerung der 
reflektorischen Erregbarkeit im Sakralmark, durch 
welche die „somatische“ Erektion leichter auslösbar 
wird, ohne gleichzeitig die allgemeine lteflexerregbar- 
keit zu steigern.“ 

Ob Yohimbin die Libido sexualis anregt, ist zurzeit noch ein 
vielfach bestrittener, der Aufklärung bedürftiger Punkt. Im Labora¬ 
torium läßt sich nach Müllers Überzeugung auf diese Frage die 
Antwort nicht Anden. Hier sind die Erfahrungen der Kliniker 
(auch der Tierärzte, diese sogar in erster Linie, weil der faden¬ 
scheinige Einwurf der Suggestion hier wegfällt; allein ausschlag¬ 
gebend. Nach meinen Erfahrungen kommt es, besonders bei 
weiblichen Tieren, unter dem Yohimbinreiz bisweilen 
zu einer ganz unverkennbaren Libido sexualis. Wie 
noch im folgenden bewiesen werden soll, ist das Alkaloid in seiner 
Wirkung auf den weiblichen Geschlechtsapparat mächtiger und 
nachhaltiger, als dem männlichen gegenüber. Daraus würde es sich 
erklären, daß man bei weiblichen Individuen öfters durch den Ein¬ 
tritt der Libido betroffen wird. Ich hatte Gelegenheit, eine zwei 
Jahre s^te Teckelhün4iu, außerhalb ihrer. Brunstperiode durclj 
Verabreichung von Yohimvetol in Hitze versetzt worden war, bei 
dem Begattungsakt zu beobachten. Der Ausdruck in den 
Augen dieser Hündin hatte beim Spiel mit dem Hund 
etwas so ausgesprochen Sinnlich-Lüsternes, daß sogar 
der sonst wenig achtsame Besitzer darob ganz betreten 
war! Und warum sollte beim männlichen Tier nicht eine 
ähnliche Wirkung möglich sein? 

Am Schluß der Besprechung der Experimente Müllers an- 
ge langt, konstatiere ich mit Vergnügen, daß dieser Autor in einem 
vielleicht nebensächlich erscheinenden, zur richtigen Charakteri¬ 
sierung unseres Alkaloides aber gewiß nicht unwesentlichen Punkte 
meine Ansicht teilt Ich hatte schon früher, leider erfolglos, den 
Vorschlag gemacht, das Yohimbin als „Sexuale“, als Geschlechts¬ 
mittel zu bezeichnen und den im Lauf der Jahrtausende etwas 
anrüchig gewordenen Begriff „Aphrodisiacum“ dafür ganz fallen 
zu lassen. Den gleichen Vorschlag macht Müller und er pro- 
poniert den Terminus „Erectivnm“. Da aber dieser auch nur 
einen Wesenszug des Präparates unterstreicht und der wichtigen 
Wirkung auf den weiblichen Organismus Überhaupt nicht gerecht 
wird, bleibe ich bei meinem Vorschlag stehen. 

Die zweite theoretische Arbeit über das Yohimbin-Spiegel 
stammt von Herrn Dr. Franz Daeis aus Gent; sie gründet sich 
auf seine Versuche in der „experimentell-biologischen Abteilung 
des Königl. pathologischen Institutes der Universität Berlin“ und 
ist in Nr. 42 der Berliner Klinischen Wochenschrift (Jahrgang 1907) 
abgedruckt. 

Während Müller sich die Aufgabe gestellt hatte, die Wirkung 
des Yohimbin auf die Blutgefäße zu studieren, ist Daeis, an¬ 
geregt durch die Veröffentlichungen der Tierärzte, bemüht, den 
Einfluß des Mittels auf die weiblichen Genitalien zu klären und so 
den Medizinern die Möglichkeit zu bieten, für die Anwendung des 
Yohimbin in der gynäkologischen Praxis genaue Indikationen auf¬ 
stellen zu können. Diese Arbeit ist deshalb für den Praktiker so 
wichtig, weil Daeis darin zum ersten Male mit der größten Deut¬ 
lichkeit auf die Nebenwirkungen des Yohimbin hinweist und sie 
mit vielleicht zu großem Nachdruck hervorhebt. 


Einleitend gibt er eine kurze Übersicht über den heutigen 
Stand der Y T ohimbinfrage und bekennt seinen Glauben an die Wirk¬ 
samkeit und die Zukunft des Mittels. Dann sagt er: 

„Im Anschluß an das Studium der Wirkung des Yohimbins auf 
den männlichen Genitalapparat untersuchte man den Einfluß dieses 
Mittels auf die weiblichen Geschlechtsorgane. Die zuerst hierüber 
publizierten Versuche von Ficarelli und Holterbach zeigten, 
daß die Substanz geeignet war, bei der Kuh und der Hündin in 
5—9 Tagen die Brunsterscheinungen hervorzurufen; und während 
dieser künstlich hervorgerufenen Brunst war die Konzeption möglich.“ 
Er deutet ferner an, daß die Mediziner von dieser Wirkung einen 
ziemlich kritiklosen Gebrauch in der gynäkologischen Praxis zu 
machen versuchten und, trotzdem „außer den tierärztlichen 
Versuchen, bei denen es sich im allgemeinen nur um 
pathologische Fälle handelt, keine zweckmäßigen Ex¬ 
perimente vorhanden sind, schon zur Benutzung dieses 
Mittels auf gynäkologischem Gebiete die zahlreichsten 
Indikationen aufgestellt haben.“ 

Diesem Übelstand abzuhelfen bezwecken seine Versuche. 

Drei Hündinnen mittlerer Größe, deren eine brünstig war, er¬ 
hielten zweimal täglich je 7 mg Yohimbin-lactieum Spiegel in 
1 Lösung per ob. Vom dittten Tage ab zeigt Nr. 1 (die brünstige 
Hündin), und vom vierten Tage ab auch Nr. II stärkeren, blutigen 
Scheidenausfluß, Nr. III nur geringe schleimige Absonderung. In 
der zweiten Versuchswoche fand man im Käfig blutige Fäccs. 
Am 15. Versuchstage Laparotomie: Bei den drei Tieren sind 
die Uterushörner kolossal angeschwollen, im makroskopischen 
States der Brunst; bei zweien ist die Follikelreife stark 
ausgeprägt; ferner fand man bei einer Hündin starke 
Hämorrhagien in den Parametrien. Nun machte Daeis bei 
den drei Versuchstieren die doppelseitige Ovariektomie. „Während 
der folgenden Tage und Wochen blieb bei zweien der 
Ausfluß aus der Vulva deutlich weiter bestehen, verlor 
aber seinen hämorrhagischen Charakter.“ Nach einem 
Monat wurde die zweite Laparotomie gemacht: „Bei zwei Hündinnen 
besaßen jetzt noch die Uterushörner ein der Brunst entsprechendes 
makroskopisches Aussehen.“*; Zehn Tage nach dieser zweien 
Laparotomie hatten die Ausflüsse aus den Genitalien nachgelassen. 
Jetzt verabreichte Daeis den Versuchstieren eine Woche lang 
wieder zweimal täglich je 7 mg Yohimbin-lacticum-Spiegel per ob. 
Nach Ablauf dieser Woche trat bei zwei Hündinnen neben starker 
Schwellung der äußeren Genitalien ein blutiger Scheidenausfluß ein; 
eines dieser Versuchstiere gab auch noch durch Unruhe, Rutschen 
mit den Genitalien auf dem Boden deutliche Beweise der 
eingetretenen Brunst. (Libido sexualis?) Eine der Hündinnen 
reagierte nicht mehr auf den Yohimbjnreiz. Nun wurden die Tiere 
getötet und die Sektion vorgenommen. Auch jetzt noch wurde 
bei zwei Hündinnen die Uterusschleimhaut hyperämisch befunden 
(sogar Hämorrhagien waren deutlich ausgeprägt). 

Diesen einen Versuch habe ich etwas ausführlich beschrieben, 
um dem Leser Daeis Methode (den Prüfstein für die Leistung des 
Experimentators) zu veranschaulichen und ihr sein Vertrauen zu 
gewinnen. Ich kann mich nun kürzer fassen. 

In einer zweiten Versuchsreihe wurde das Yohimbin an Jungen 
Hündinnen, die noch nicht dreiviertel Jahre alt waren, erprobt und 
zwar ebenfalls in der DoBis von 7 mg zweimal täglich: Keine 
Reaktion seitens der Genitalien. Dagegen schon am fünften Tage 
bei zwei Tiereu blutige Fäces. Außerdem bei zwei Hündinnen 
in der zweiten Versuchswoche Auftreten einer „progressiven 
Schwäche, welche in 8—4 Tagen zum Tode führte. Die vier Ver¬ 
suchstiere wurden nun obduziert und der Befund genau auf¬ 
genommen. Es ist überraschend: Am Uterus fehlte jede 
Reaktion, die Abdominalorganc waren im Zustande 
starker Hyperämie und bei den zwei an Schwäche ver¬ 
endeten Hündinnen lag eine Einstülpung des Dünndarmes in den 
Dickdarm vor (bis zu 20 cm Länge!). Die Darmwände waren 
derart hämorrhagisch geschwollen, daß das Lumen des 
invaginierten Teiles vollkommen verschlossen war! 

*) Man beachte die lange Zeit, die seit der letzten Yohimbin¬ 
dose verstrichen war! 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


Da dieser Versuch Tiere betraf, die wegen zu jugendlichen 
Alters noch nicht geschlechtsreif schienen, machte nun Daeis eine 
dritte Studie an drei Hündinnen, welche erst vor kurzem geworfen 
hatten, bei denen also Ovarien und Uterus noch nicht auf eine neue 
Funktion eingerichtet waren. Der Erfolg der zweimal täglich 
gegebenen 7 mg Yohimbin auf die Genitalien war gleich Null; 
bei einer Hündin bemerkte man in der zweiten Versuchswoche 
blutige Fäce8 und eine große Schwäche, von der sie sich nach dem 
Aussetzen der Yohimbinisierung nur sehr langsam erholte. 

Einem vierten Versuche endlich wurden Hündinnen unterworfen, 
die vor etwa einem Monat geboren hatten und dann uterektomisiert 
worden waren. Die Yohimbindosis (0,007 zweimal täglich) 
wurde 15 bzw. 25 Tage hintereinander gereicht, ohne daß 
eine Reaktion aufgetreten wäre! 

Daeis zieht aus den vorstehenden Versuchen folgende Schlüsse ’ 
Bei weiblichen Tieren, welche „sich in Umständen be¬ 
finden, in denen die Brunst normalerweise nie eintritt“ 
(jugendliches Alter, Puerperium, wenn ich von Tieren diesen Aus¬ 
druck gebrauchen darf, mit welchem man die beim Menschen auf 
4—6 Wochen veranschlagte Zeit bezeichnet, innerhalb welcher sich 
die Rückbildung des trächtigen Uterus nach der Geburt vollzieht, 
Abnormitäten im Bau der Geschlechtsorgane, bei unseren kleinen 
Haustieren die Zeit des Säugens der Jungen usw.) kann, Yohimbin 
weder die Brunst noch die Follikelreife willkürlich 
hervorrufen. Das gleiche gilt von Tieren, welche auf 
operativem Wege des Uterus beraubt sind. Über das 
Verhalten befruchteter Individuen wissen wir noch 
nichts. Bei anderen geschlechtsreifen w eiblichen Tieren 
bewirkt, sofern sie gesund sind, das Yohimbin den 
Eintritt der Brunst. 

Betrachten wir, ehe wir weiter gehen, noch einmal kaltblütig 
prüfend die Versuche dieser beiden, um die Yohimbinforschung 
hochverdienten Männer. Geht aus ihnen nicht zur Evidenz hervor, 
daß dem Yohimbin eine gewaltige, im Arsenal der Arzneimittel¬ 
lehre nicht wieder zu findende Wirkung eigeri ist? Eine Wirkung, 
die sowohl hinsichtlich der Organveränderungen, zu welchen sie 
führt, als auch der Zeitdauer, in welcher sie noch nach Aussetzen 
der Yohimbinisierung anhält, unser Erstaunen erregen muß! Und 
ein Alkaloid von so mächtiger, so einzigartiger Wirkung soll für 
den Therapeuten wertlos, für die Therapie verloren sein? Den 
Unsinn redet mir keine Autorität der Welt ein! 

Daß wir Assistenten an landwirtschaftlichen und medizinischen 
Laboratorien es danken müssen, daß sie durch ihre musterhaften 
Versuche unsere Kenntnis eines Mittels bereichern und erweitern 
das von einschneidender Bedeutung für die Tierheilkunde und die 
Tierzucht zu werden verspricht, das ist eigentlich für uns be¬ 
schämend und bei dem regen Forschungseifer Unserer Fachgelehrten 
in den tatsächlichen Verhältnissen durchaus nicht begründet. 
Hoffentlich werden nun unsere Koryphäen aus ihrer schwer ver¬ 
ständlichen Zurückhaltung dem Yohimvetol gegenüber heraustreten. 
Ein praktischer Tierarzt, der in weitläufiger undankbarer Praxis 
seine Aufmerksamkeit zersplittern muß und zumeist müde und ver¬ 
ärgert nach Hause kommt, findet nie die Zeit, sich einer bestimmten 
Aufgabe mit der zum Erfolg notwendigen vollen Hingebung zu 
widmen. Was er leistet, muß Torso bleiben; er kann im besten 
Falle anregend wirken und muß sich glücklich schätzen, wenn er 
dabei seine eigenen Zweifel los wird. Von diesem Standpunkt aus 
bitte ich, meine Versuche, die ich nun anreihen will, zu betrachten. 
Ich werde mich sehr kurz fassen. 

Ich fand im Jahre 1907 Gelegenheit zu reichlicher Verwendung 
und eingehender Prüfung des Yohimvetol: 83 Hunde, 36 Rinder, 
5 Schweine und 3 Katzen bildeten das Material meiner Versuche, 
welche sich auf 72 Fälle von spinaler Lähmung (56 Hunde, 
11 Rinder, 2 Schweine, 3 Katzen), 18 Fälle von nervösem Vomitus 
beim Hund und 37 Fälle von gestörter Sexualfunktion (9 Hündinnen, 
22 Kühe, 3 Bullen und 3 weibliche Schweine) erstreckten. Ich 
möchte eine Bemerkung vorausschicken, die sich mir heuer in weit 
höherem Maße aufdrängte, als in früheren Jahren: Das Yohimbin hat 
(um einen Terminus der Chemie zu gebrauchen) eine weit größere 
„Affinität“ zu den weiblichen Geschlechtsorganen, als zu den männliohen. 


Der Beweis daftlr liegt zum Teil in den oben angeführten Ver¬ 
suchen von Daeis. Daß bei einer yohimbinisiertien Hündin sich 
der Uterus noch so lange nach Verabreichung der letzten Yohimbin¬ 
dosis im Zustande brünstiger Hyperämie befindet, ist eine außer¬ 
ordentlich beachtenswerte Tatsache, die sicherlich nicht verfehlen 
wird, in der Veterinärtherapie Aufsehen zu erregen. Ich kann 
diesen Laboratoriumsversuch durch zwei klinische Beobachtungen 
seinem ganzen Umfang nach bestätigen: 

Der Heilgehilfe des benachbarten Ortes Z.-W. besitzt eine gut 
gebaute, ca. 5 Jahre alte Simmenthalerin, die im Juni 1906 angeb¬ 
lich leicht gekalbt hatte und von allen üblen Nachwehen der Geburt 
(Metritis usw.) verschont geblieben war. Aber — sie wurde nicht 
mehr brünstig. Alle Mittel, die man zur Hebung dieser Frigidität 
anwandte, erwiesen sich als vollkommen nutzlos, sogar die mehr¬ 
fach in ausgiebigster Weise gebrauchte Cantharide. Mitte August 1907 
konsultierte mich der Besitzer, der sich nur schwer zur Schlachtung 
entschließen konnte. Ich gab ihm 16 rote Yohimvetoltabletten 
(ä 0,1 Yohimbin muriat. Spiegel enthaltend) mit der Weisung, drei¬ 
mal täglich je eine Tablette im Trank zu reichen. Die Wirkung 
war eine außerordentliche. Mit dem dritten Behandlungstage machte 
sich bei der Kuh eine starke Aufregung bemerkbar, sie trippelte 
viel hin und her, preßte in kurzen Intervallen kleine Mengen von 
Urin ab, brüllte viel und gab (wohl infolge der Unruhe) weniger 
Milch. Am vierten Behandlungstag trat ein blutiger, bis zum 
zehnten Behandlungstag anhaltender Scheidenausfiuß ein. Am fünften 
Tage wurde der Besitzer durch hochgradige „Wehen“ in Schrecken 
gejagt, d. h. durch einen Drang auf den Hinterleib, welcher den 
stärksten Austreibungswehen gleichkam, die man bei gebärenden 
Kühen beobachten kann. Die äußeren Genitalien waren stark ge¬ 
schwollen, die Schamspalte klaffend, ihre Schleimhaut glänzend und 
lebhaft höher gerötet, wie bei einer kurz vor der Geburt stehenden 
Kuh. Brunst aber trat nicht ein. Selbst 20 Tage nach 
Verabreichung der ersten Yohimbintablette nicht! Ich 
gab nun im Einverständnis mit dem Besitzer noch einmal zehn Stück 
( ,rote Yohimbjnvetojtabletten, wie beim,Beginn, der Behandlung, m\d.bat 
den intelligenten, scharf beobachtenden Mann, der Patientin seine 
volle Aufmerksamkeit zu schenken. Zu unserer großen Über¬ 
raschung blieb diesmal eine jede Reaktion auf die 
äußeren Geschlechtsteile aus; auch das Benehmen der 
Kuh blieb gleichmäßig ruhig, Drängen wurde nie beob¬ 
achtet. Die Exploratio per rectum ließ eine deutliche 
Vergrößerung der nicht cystös entarteten Ovarien und 
des Uterus erkennen. Die Peristaltik wurde lebhafter und 
schon im Verlauf des zweiten Tages war der abgesetzte Kot weich 
und dünn. Da auch am 1. November 1907 kein Anzeichen von Brunst 
zu bemerken war, gab ich den Versuch als hoffnungslos auf und 
j riet zum Mästen. Am 11. November 1907, ca. sechs Wochen naoh 
Verabreichung der letzten Yohimvetoldosis, traten plötzlich un- 
gemein starke Brunsterscheinungen ein. Die Kuh wurde 
sofort geführt, nahm den Stier an und ist nach der Überzeugung 
des Besitzers heute trächtig. 

In einem zweiten Falle gab ich einer mageren, ca. sieben Jahre 
alten Kuh, die vor ca. neun Monaten rasch und leicht gekalbt hatte 
und seither nicht mehr in Brunst geraten wollte, anfangs Juli 1907 
zehn rote Yohimvetoltabletten. Der Verlauf ist ganz ähnlich dem 
vorigen mit der Ausnahme, daß an beiden Ovarien bei der rektalen 
Untersuchung mäßige Cysten entdeckt wurden; auch die zweite, 
nach zehntägiger Pause, wiederholte Yohimbinisierung (10 rote 
Yohimvetoltabletten) blieb anscheinend reaktionslos, und die Kuh 
sollte an den Fleischer verkauft werden, als sie in der zehnten Woche 
nach der letzten Yohimvetoldosis in mäßigem Grade rinderig 
wurde, den Stier annahm und anscheinend konzipierte. 

In diesen beiden Fällen bestand lange Zeit (wochen- und 
monatelang) eine mächtige Hyperämie der Ovarien und des 
Uterus. Daß unter solchen Umständen die vorher aus pathologischen 
Gründen behinderte Follikelrcife zustande kommen und die 
Geschlechtsdrüsen ihre physiologische Funktion erfüllen konnten, 
ist leicht verständlich. Auch wird niemand ernstlich leugnen 
können, daß auf dieser lange anhaltenden Hyperämie die große 
Bedeutung des Yohimbin für die erfolgreiche Behandlung mangel¬ 
haft funktionierender oder erkrankter weiblicher Genitalien beruht 






27. Februar 1908. 


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161 


Allerdings sind wir, ebenso wie die Mediziner, heute noch nicht I 
imstande, eine genaue Indikation für den Gebrauch des Yohimvetol | 
in derartigen Fällen aufzustellen, weil wir noch lange nicht den 
ganzen Umfang der Yohimbinwirkung kennen. Man wird also, bis 
die methodische Erforschung des Alkaloides beendet ist, stets daran 
denken müssen, daß diese Yohimbinwirkung nur bei solchen weiblichen 
Individuen zu erwarten ist, welche „sich in Umständen befinden, 
in denen die Brunst normalerweise eintritt“. Läßt man dies außer 
acht, dann kann man von unangenehmen „Nebenwirkungen“ über¬ 
rascht werden, und zwar, wenn ich meinen Erfahrungen trauen darf, 
besonders bei weiblichen Individuen! 

Nebenwirkung! So nennen wir eine jede vom Therapeuten nicht 
beabsichtigte, unerwartete Reaktion des Organismus auf ein Arznei¬ 
mittel. Ist sie nun beim Yohimbin wirklich so stark, wie Daeis 
auf Grund einiger Versuche behauptet? Wie die Frage, ob unter 
dem Yohimbinreiz die Libido sexualis erwacht, niemals in 
Laboratorien gelöst werden kann, ebensowenig kann meines Er¬ 
achtens die andere, unendlich wichtigere Frage der „Nebenwirkung“ 
durch den Versuch im Laboratorium aufgeklärt werden. Die 
Vohimbingegner, welche die ihnen von Daeis gelieferte Waffe zu 
gebrauchen ganz gewiß nicht ermangeln werden, müssen wir mit 
Nachdruck darauf aufmerksam machen, daß in den zehn Jahren, 
seit sich die Praktiker des Mittels in ausgedehnter Weise 
bedient haben, von ihnen auch nicht ein einziger Fall 
registriert werden konnte, der eine entfernte Ähnlich¬ 
keit mit den von Daeis als Nebenwirkung des Yohimbin 
denunzierten Zufällen hat. Seine Behauptung steht im schroffen 
Widerspruch mit allen bisher gemachten klinischen Erfahrungen. Damit 
wollen wir lediglich eine Tatsache feststellen, den Schlag, den die 
Yohimbinfeinde vermutlich führen werden, im voraus parieren. Es 
liegt uns aber fern, das große Verdienst, das sich Daeis erworben 
hat, irgendwie schmälern zu wollen. Seine Leistung ist eine solche, 
daß sie diese Kritik ganz wohl vertragen kann. 

Die Nebenwirkungen bestehen nach Daeis u. Lewitt in: 
Schwindelgefühl, Speichelfluß und leichtem Schwäche- 
geföhl, Frost mit nachfolgendem Schweiß, erhöhter 
Pulsfrequenz, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, Belästigung 
des Magens, Eintritt stärkerer Blutungen bei Hämor¬ 
rhoidariern, Darmblutungen mit Kräftezerfall, Darm- 
invagination. Ein nettes Register, dem ich der Vollständigkeit 
halber noch hinzufüge Diurese, Blasenblutung, heftiges 
Dränge'n auf den Hinterleib, Durchfall (und vielleicht 
AbortusV). Es bedarf wohl nicht der Versicherung, daß die 
praktischen Tierärzte und Ärzte, die sich bisher mit dem Mittel 
befaßten, viele dieser Erscheinungen beobachteten und richtig 
deuteten. Wenn sie gleichwohl bis in die neueste Zeit herein das 
Yohimbin allgemein für relativ ungefährlich, ja sogar für harmlos 
erklärten, so führt dieser Umstand eine beredtere Sprache zu 
dessen Gunsten, als einige Laboratorienversnche dagegen zu zeugen 
vermögen. Es muß aber zugegeben werden, daß im Gefolge der 
Yofombinreaktion Nebenerscheinungen auftreten können, mit denen 
man zu rechnen hat, und daß, nicht mehr länger von der „Harm¬ 
losigkeit“ des Alkaloides die Rede sein kann. 

Von den 88 Hunden, die ich zu behandeln hatte, standen 16 in 
jugendlichem Alter (unter 6 Monaten) und davon waren elf 
weiblichen Geschlechts. Von diesen letzteren beobachtete ich bei 
acht Stück Nebenwirkungen in Form blutiger Entleerungen, die 
nach genauester Prüfung aller Verhältnisse dem Yohimvetol auf 
die Rechnung gesetzt werden müssen. Bei drei weiblichen Tieren 
trat eine Schwäche ein, die als Mattigkeit und unsichrer Gang 
eine Zeitlang nach Aussetzen der Yohimbintherapie noch fort be¬ 
stand. Sie erholten sich alle wieder vollständig. Von den fünf 
männlichen Patienten jugendlichen Alters wurde nur einer von 
einer Nebenwirkung heimgesucht. Aber von einer merkwürdigen! 
Ein vier Monate alter Pintscher bekam ohne tierärztliche Ver¬ 
ordnung von seinem Herrn als Prophylakticum gegen die Staupe 
nachmittags 0,005 Yohimvetol auf zwei Mal in etwas schwarzen 
Kaffee. Noch am Abend bemerkte man bei dem ganz gesunden 
Hund eine „Blasenblutung“, d. h. nach dem Urinabsatz den 
Abgang von reinem, angeblich hellrotem, ungeronnenem 
Blut in der Menge von ca. 2 ccm. Ain nächsten Morgen 


erhielt er 0,0025 Yohimvetol; gegen Mittag abermaliger 
Abgang von Blut (ca. 4 ccm) nach dem Harnabsatz. 
Der Besitzer hatte vor einem halben Jahre dem Vorgänger dieses 
Hundes, der 14 Jahre alt war und häufig an nervösem Vomitus litt, 
des öftern Yohimvetol in der Menge von 0,0075 pro die ohne üble 
Folgen gegeben und damit jedesmal den Brechreiz prompt unter¬ 
drückt Im Allgemeinbefinden des jungen Hundes trat trotz der 
Blasenblutung keine Störung ein. 

Älter, das heißt nachweislich über 10 Jahre, waren 21 Hunde, 
daruoter 15 weibliche Tiere; auch hier waren letztere den Neben¬ 
wirkungen des Yohimvetol mehr ausgesetzt als erstere. Bei zweien 
kam es zum Exitus letalis. 

Eine kleine, 11 Jahre alte Hündin wurde im Mai v. J. plötzlich 
von anhaltendem Vomitus befallen, gegen welchen ich vier Dosen 
Yohimvetol ä 0,0025 (innerhalb des Tages zu geben) mit promptem 
Erfolg verordnete. Drei Tage später trat eine bei Hunden und 
Katzen damals hier grassierende Lähmung der Vor- und Nachhand 
ein, die mit der gleichen Yohimvetoldosis behandelt wurde. Am 
dritten Behandlungstag war 'die Lähmung verschwunden, aber nun 
stellte sich eine leichte, blutige Diarrhöe ein, zu der sich dann ein 
allmählich stärker werdender Foetor ex ore gesellte. Die Patientin 
war durch ungeeignete Ernährung (sie hatte in den letzten Jahren 
kein Fleisch bekommen) geschwächt und schon vorher zu Dyspepsie 
und Darmleiden geneigt. Es läßt sich nun verstehen, daß sie durch 
die Diarrhöe und die vollständige Anorexie ganz herunterkam und 
aller Pflege zum Trotz nach vier Wochen langem Siechtum ver¬ 
endete. Sie war geschlechtlich indifferent und ich konnte nicht 
erfahren, ob sie schon einmal geworfen hatte. Die Sektion wurde 
mir . leider nicht gestattet. Ich bin überzeugt, daß in diesem Falle 
das Yohimvetol durch die Belästigung des empfindlichen Magens 
(„Omnia fere medicamenta stomachum laedunt“, mahnte 
schon Celsus, lib. V. prooem.) zur Dyspepsie und Anorexie geführt 
hatte und schließlich auch nicht unschuldig war an der schwächenden, 
blutigen Diarrhöe. Doch ist dabei zu bedenken, daß das Tier 
ohnehin alt und hinfällig, eine Yohimvetolbehandlung mithin 
eigentlich kontraindiziert war. 

Der zweite Exitus letalis ereignete sich bei einer 15 Jahre alten 
deutschen Schäferhündin am 24. Behandlungstage. Sie war von mir 
drei Tage lang wegen spinaler Lähmung der Nachhand mit Yohim¬ 
vetol (0,0025 viermal pro die) behandelt worden mit dem Erfolg, 
daß die Lähmung schon am dritten Tage verschwunden war. Am 
fünften Behandlungstage ließ mangelnder Appetit und Absatz leicht 
blutigen Kotes den Eigentümer wieder in Besorgnis verfallen; sie 
war leider gerechtfertigt, denn es kam nun zu blutiger, unstillbarer 
Diarrhöe, zu Anorexie und schließlich zum Tode. Die Sektion ergab 
chronische, teilweise hämorrhagische Entzündung des Dünndarms, 
pralle Füllung der Gekrösgefäße, Verkümmerung beider Ovarien, 
normale Verhältnisse des Uterus. Hier wird w ohl das hohe Alter 
und der schlechte Ernährungszustand des Patienten in erster Linie 
mit verantwortlich zu machen sein für das unerfreuliche Ende; ein 
jüngerer Hund hätte eine weit größere Dosis Yohimbin ohne Nach¬ 
teil vertragen. Dazu kommt noch das Geschlecht, das eine nicht 
unbedeutende Rolle spielt. Denn ältere männliche Hunde 
bleiben selbst auf hohe Dosen Yohimbin (bis 0,05 pro die!) 
und bei fortgesetzter Verabreichung ohne auffallende Reaktion, 
geschlechtstüchtige, gesunde, kräftige Individuen, gleichgültig ob 
sie männlich oder weiblich sind, reagieren überhaupt auf Yohimbin 
in therapeutischer Dosis durch kein Symptom, das auch nur entfernt 
einer beängstigenden Nebenwirkung gliche. Es tritt, besonders bei 
weiblichen Tieren, höchstens die, ich möchte sagen „vikariierende“ 
Diarrhöe als Ausdruck des Yohimbinreizes auf den Darm ein. 

Eine weitere Frage, die noch zu beantworten ist, betrifft 
den Einfluß des Mittels auf den trächtigen Uterus. Die 
Wichtigkeit leuchtet wohl ein, ebenso, daß die Antwort nur in 
Laboratorien gefunden werden kann. Bis jetzt w issen wir darüber 
noch gar nichts.*) Die beiden Beobachtungen, welche ich an 

*) Wie ich von privater Seite erfahre, wurden nach dieser 
Richtung hin von einem der ersten Erforscher des Yohimbin bereits 
Versuche gemacht, aber nicht veröffentlicht. Das ist zu bedauern. 
Herr Dr. Müller, dem wir bezüglich des Alkaloides schon so viel 

** 


t 





162 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


trächtigen Tieren machte, beweisen wenig, sie sollen gleichwohl 
ihren Platz finden: Im Juli wurde mir eine elf Monate alte Pintscher- 
httndin zugeführt, mit der Anamnese, das früher so muntere Tierchen 
leide seit drei Tagen an Vomitus, der in ca. halbstündigen Pausen 
auftrete und der Patientin sehr zusetze. Ich verordnete Yohim- 
vetol in Milligrammdosen, fünfmal täglich. Das Erbrechen ließ 
nicht nach, dagegen traten Darmbeschwerden ein, welche, wie ein 
zeitweiliges Winseln bekundete, schmerzhaft sein mußten. Vom 
vierten Behandlungstag an milderte sich der Vomitus, nachdem 
schon am zweiten Tag kein Yohimvetol mehr verabreicht worden 
war; am achten Tage fiel bei der Hündin eine eigentümliche schiefe 
Kopfhaltung und deutliche Eingenommenheit des Sensoriums auf; 
der Vomitus ist ganz verschwunden, Appetit gering, eine zunehmende 
Schwäche tritt ein, die der Patientin das Gehen fast unmöglich 
macht. In der sechsten Woche der Behandlung kam es 
unter leichten Wehen zum Abortus. Der Hund war ohne 
Wissen des Besitzers trächtig geworden! Eine fünf Jahre alte, 
vom Besitzer vor drei Monaten als frischmelkend erstandene Kuh 
wurde nicht rinderig. Sie erhielt 12 rote Yohimvetoltabletten in 
vier Tagen: keine Reaktion auf die Genitalien, Durchfall, der acht 
Tage lang anhält, leichte Appetitstörung, Abortus in der vierten 
Behandlungswoche (etwa am Ende des vierten Trächtigkeits¬ 
monats). Der erste Fall kann nicht als Beweis für die abortive 
Nebenwirkung des Yohimvetol angerufen werden, weil der Hund 
zur Zeit der Yohimbinisierung an einem schweren Allgemeinleiden 
siechte, welches auch ohne Yohimbin schließlich die fatale Wirkung 
auf den Fötus hätte ausüben können. Auch der zweite Fall ist 
deshalb nicht unverdächtig, weil in unserer Gegend Abortus auch 
sonst ein häufiges Vorkommnis ist, dieses Ereignis, da es vereinzelt 
dasteht, somit auch andere Deutung zuläßt. Da wir nur sehr 
wenige Uterina von tvpischem Effekt zur Verfügung haben und 
auch diese nicht gefahrlos sind, so ist eine Untersuchung des 
Yohimbin auf diese Eigenschaft bin geradezu notwendig. Das Be¬ 
denken, es könne dann eventuell zu abortiven Zwecken seitens 
gewissenloser Menschen mißbraucht werden, ist eigentlich kindisch. 
Denn erstens könnten derartige Dinge auch dann nicht verhindert 
werden, wenn das Yohimbin unbekannt bliebe und zweitens: haben 
sich nicht tausende dekadente Existenzen durch Morphium- und 
Cocain-Mißbrauch ruiniert und ist jemand so kindlich, deshalb das 
Opium und die Cocablätter aus der Welt zu wünschen? 

Daeis bezweifelt auch die von mir früher behauptete Möglich¬ 
keit, mit dem Yohimbin den Eintritt der Brunst willkürlich 
hervorrufen zu können. Yohimbin ist nach ihm keine Substanz, 
„welche willkürlich Brunst und Follikelreife zu erzeugen vermag.“ 
Denn er glaubt aus seinen schönen Versuchen folgern zu dürfen, 
daß „eine spezifische Wirkung des Yohimbin auf die 
Brunst nicht angenommen werden“ kann. Der Yohimbin¬ 
reiz sei nur imstande, durch „die in den Genitalien erzeugte 
Hyperämie die Erscheinungen der Brunst zu beschleu¬ 
nigen, zu verlängern oder auch sie hervorzurufen unter Umständen, 
in denen allein der Mangel einer genügenden Hyperämie In den Geni¬ 
talien in ihrem Nicht- oder nicht deutlichen Hervortreten die Schuld 
trägt.“ 

Ausgezeichnet! Bündiger läßt sich der Beweis für die 
Richtigkeit meiner Behauptung nicht führen! Es handelt sich hier 
doch nur um die willkürliche Hervorrufung der Brunst bei gesunden, 
geschlechtsreifen und geschlechtstüchtigen Individuen. Menschen, 
und besonders Männer, welche diesen Voraussetzungen entsprechen, 
sind, theoretisch wenigstens, jederzeit fähig, die geschlechtliche 
Funktion zu erfüllen. Sie brauchen kein Yohimbin. Das soll nur 
Kranken Hilfe bringen. Bei unsern Tieren aber liegen die Dinge 
ganz anders: Alle weiblichen und die meisten männlichen 
Haustiere sind gewissen Brunstperioden unterworfen, 
innerhalb welcher allein eine Begattung und Befruchtung 

verdanken, ^ ist nach mir zugegangener Mitteilung zurzeit am land¬ 
wirtschaftlichen Institut der Universität Leipzig mit Yohimbin¬ 
versuchen beschäftigt. Hoffentlich schenkt er auch dieser Frage 
Beachtung, welche für die ärztliche und tierärztliche Therapie von 
höchstem Interesse ist. 


erfolgen kann. In dieser Zeit werden die Geschlechts¬ 
teile hyperämisch, und unter dem Einfluß dieser Hyper¬ 
ämie kommt es zur Samenbildung und Follikelreife. 
A ußerhalb der Brunstzeit sind die Geschlechtsteile (beson¬ 
ders Ovarien und Uterus) anämisch und klein, unTähig zur 
Erfüllung der physiologischen Funktion. Wenn dennoch 
Daeis die Möglichkeit einräumt, daß es unter dem Y'o- 
h im bin reiz zu einer ausgesprochenen dauernden Hyperämie der 
Sexualorgane kommt (die dann dem Experimentator den makroskopischen 
Status der Brunst aufwiesen), so ist damit auch die Möglichkeit ein¬ 
geräumt, bei den Haustieren die Brunst willkürlich hervorzurufen ! Und 
das gelingt in der Tat. Davon habe ich mich durch zahlreiche 
Versuche an Hunden, Schweinen und Rindern männlichen und 
weiblichen Geschlechts überzeugt. Daß der Erfolg auch ausbleibt, 
ist unbestreitbar. Allein bei unserer geringen Kenntnis von der 
Yohimbinwirkung können wir diese Tatsache noch nicht befriedigend 
erklären. Vielleicht daß auch beim männlichen Tier, an welchem 
vorzüglich bis jetzt die Wirksamkeit des Yohimvetol versucht 
wurde, der Eintritt der Brunst noch Wochen nach der Verabreichung 
der letzten Dosis eintritt und dann übersehen oder anderen Ein¬ 
flüssen zngeschrieben wird. 

Über die Verwendbarkeit des Yohimvetol bei der Impotentia 
virilis sind nicht mehr viele Worte nötig. Daeis drückt den 
heutigen Stand dieser Angelegenheit in folgendem Satze aus: 
„Sein (des Yohimbin) günstiger Einfluß in vielen Fällen 
von Impotentia coeundi verschiedenen Ursprungs darf 
wohl heutzutage, den Ergebnissen zahlreicher Mit¬ 
teilungen gemäß als bewiesene Tatsache gelten.“ 

Nicht bewiesen, vielmehr ganz unbekannt ist, wenigstens in 
praxi, die Wirkung des Alkaloides auf das Rückenmark 
Wir wissen nur aus den grundlegenden Arbeiten von Alexander 
Strubeil (Wiener klinische Wochenschrift 1906, Nr. 37), daß unter 
dem Einfluß des Yohimbin das Zentralnervensystem dauernd reich¬ 
licher mit Blut versorgt und besser ernährt wird, daß es folglich 
auch eine gesteigerte Funktion entwickeln kann. Ich batte diese 
'Angaben aufgegriffen und schon früher gezeigt, daß man von dieser 
Eigenschaft bei spinalen Lähmungen im Anfangsstadium, ehe 
es zu dauernden degenerati ven Veränderuhgen im Rücken¬ 
mark gekommen ist, therapeutisch Verwendung machen kann. 
Ich fand zwei oder drei sporadische Zustimmungen seitens meiner 
Kollegen und stehe der Sache, wie jeder Neuerung, selbst sehr 
skeptisch gegenüber; ich werde erst dann Vertrauen zu ifir fassen, 
wenn die Theoretiker durch unwiderlegliche Experimente den Effekt 
des Mittels auf das Rückenmark ebenso klar gelegt haben, wie er 
heute für die weibliche Genitalsphäre als bewiesen gelten kann. 
Inzwischen habe ich jede Gelegenheit, nach dieser Seite Versuche 
anzustellen, eifrig ausgenützt und will hier kurz darüber berichten, 
weniger in der Absicht, zu belehren, als um meine eigenen Zweifel 
bei der Diskussion, die sich hoffentlich noch über dieses Thema 
entspinnt, zu klären. 

Seit März 1907 hatte ich 72 Fälle von „spinaler Lähmung“ hier 
zu behandeln: 56 Hunde, 11 Rinder, 2 Schweine, 3 Katzen. Diese 
Ziffern werden nicht mehr überraschen, wenn man hört, daß hier 
im Frühjahr nach einer in Straßburg abgehaltenen Hundeausstellung 
eine eigentümliche Enzootie unter den Hunden und Katzen auftrat, 
welche nach einem kurzen Prodromalstadium von „nervösem 
Vomitus“ (der oft zwei Tage lang anhielt) in eine zumeist unvoll¬ 
ständige Lähmung der Nachhand (in seltenen Fällen auch der Vor¬ 
hand) tiberging und zuerst von den Laien allgemein für „Staupe“ 
gehalten würde. Sie hatte mit diesem Leiden aber aus folgenden 
Gründen nichts gemeinsam: 1. Drei Viertel der befallenen Hunde 
waren über drei Jahre alt und bei den meisten konnte mit 
Sicherheit nachgewiesen werden, daß sie in ihrer Jugend die Staupe 
bereits durchgemacht hatten; 2. das Staupeexanthem fand ich nnr 
viermal und nur in neun Fällen die katarrhalischen Erscheinungen 
seitens der Augen und Nase; 3. die Lähmung trat oft plötzlich ein, 
das heißt in zwei Stunden war der vorher gesunde und lebhafte 
Hund gelähmt und unfähig zu gehen; 4. der Verlauf war in fast 
allen Fällen rasch, gutartig, fieberlos; 5. Darm, Herz und Lungen 
blieben in der Regel gesund; nur bei alten geschwächten Individuen 
kam es einigemal zu blutiger Diarrhöe. Von diesem Krankheits- 






27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


163 


bild ist die seit Oktober hier in größerer Ausbreitung auftretende 
Staupe leicht zu unterscheiden. 

Das Erbrechen war in der Regel heftig und schwächte den 
Patienten, weil es sich in kurzen Intervallen (oft von nur viertel¬ 
stündiger Dauer) unter starken Wllrgbewegungen wiederholte. Es 
konnte in mehr als 50 Fällen durch eine bis zu drei Dosen Yohim- 
vetol ä 1 Milligramm mit Erfolg gestillt werden. Die Lähmung 
begann in den meisten Fällen mit einer an dem Patienten auf¬ 
fallenden Müdigkeit und Neigung zum Liegen, wobei fast stets eine 
Appefeitstörung, sogar vollständiger Appetitmangel den Besitzer 
Ängstigte. Nach längstens 24 Stunden war der Hund nicht mehr 
Imstande, sich zu bewegen, denn der Gang wurde in dieser Zeit 
g-espannt, steif, so daß die Beine hoch gehoben werden mußten. 
Daß das Gehen Schmerz verursachte, sah man an dem ängstlichen 
Gesichtsausdruck, abgesehen davon, daß keine Gehversuche gemacht 
wurden. Verschlimmerte sich der Zustand, dann war am Ende des 
zweiten Tages die Lähmung vollständig, d h. der Hund war nun 
nicht mehr fähig, sich auf die Beine zu stützen; er lag ruhig, 
bisweilen auch leise winselnd, auf de? Seite und fiel, auf die Beine 
gestellt, nach kurzem hilflosen Umhersehen beim ersten Gehversuch 
um. Die Patellarrefiexe sind sehr undeutlich. In einigen wenigen 
Fälten kam es plötzlich zur vollkommenen Lähmung, so z. B. 
beim Teckel des Herrn Architekten W.: er war mittags noch in 
ungetrübter Gesundheit über die Straße gelaufen, hattet sich nach¬ 
mittag zweimal erbrochen und war dann „ganz steif“ geworden, 
d. h. an den vier Füßen vollständig gelähmt, so daß er zu mir zur 
Untersuchung getragen werden mußte. Nach vier Yohimvetoldosen 
ä 1 Milligramm in einstündiger Pause war er so vollständig geheilt, 
daß ich ihn am nächsten Morgen zu meiner Überraschung über die 
Straße laufen sah. An dieser Form der Lähmung, die ich für eine 
Enzootia sui generis und für infektiös halten muß, litten 
53 Hunde mehr oder weniger schwer; ich verwandte bei allen 
Yohimvetoltabletten und hatte bei 46 den denkbar günstigten Er¬ 
folg: die Lähmungserscheinungen schwanden rasch und dauernd. 
Diese Tatsache könnte mir einiges Recht geben, eine günstige 
Wirkung des Yohimvetol zu behaupten, ziiinal da Hunde, die niefk 
behandelt wurden, zum größten Teil eingingen. Allein die Skepsis, 
die heilsame Skepsis! Ich warte lieber die Bestätigung durch 
andere Kollegen ab, ehe ich mich zum Glauben entschließe. 

Auch in Fällen, in denen als Ursache der Parese die Einwirkung 
einer äußern Gewalt in Betracht kam und nachgewiesen werden 
konnte, war mit dem Yohimvetol ein prompter Erfolg zu erzielen. 
Zwei Fälle seien kurz erwähnt: eine junge (vier Jahre alte) kräftige 
Rappstute, der Frh. v. Rechen Guts Verwaltung gehörend, hatte 
gelegentlich einer schweren Zugleistung im Gebirge „Kreuzlähme“ 
davongetragen. Diese äußerte sich besonders beim Angehen, indem 
däs Pferd mit gekrümmtem Rücken sehr vorsichtig, zögernd die 
beiden Hinterbeine unnatürlich hoch hob und sie dann tappend und 
weit vorgreifend niedersetzte. Ah eine Benutzung im Trab war 
nicht mehr zu denken, der Zustand verschlimmerte sich trotz voll¬ 
ständiger Schonung Ich gab 10 Yohimvetoltabletten ä 0,1 (zwei¬ 
mal täglich je eine Tablette) und konnte nach 14 Tagen schon 
feststellen, daß eine auffallende Besserung eingetreten war, die 
anhielt und, trotzdem das Pferd vor dem Wagen gehen mußte, zur 
vollständigen Heilung führte. 

Ein kräftiger Hofhund hatte einen Steinwurf in die Lenden¬ 
gegend bekommen; der Wurf, aus nächster Nähe und von einem 
Wagen herab geführt, hatte hauptsächlich die Wirbelsäule getroffen; 
der Hund ging auf den Wurf hin sofort lahm, der Zustand ver¬ 
schlechterte sich rasch und schon nach zwei Stunden war eine voll¬ 
ständige Lähmung der Nachhand eingetreten. Äußere Verletzungen 
sind nicht vorhanden, Druck auf die Wirbelsäule ist nur an einer 
kleinen Stelle in der Kreuzbeiugegend für den Patienten schmerzlich. 
Patellarrefiexe aufgehoben, Stiche in der Fußsohle werden nur 
durch schwache Reaktion beantwortet. Palpation des Hinterleibes 
negativ. Therapie Yohimvetol 0,0025 in dreistündiger Pause; am 
nächsten Tag noch vollständige Lähmung des Hinterteils; dip gleiche 
Therapie; im Verlauf des Tages versucht der Hund sich aufzurichten, 
die Patellarrefiexe sind wieder auszulösen, am nächsten Morgen 
kann er laufen, noch schwach allerdings und schwankend im Gang; 
die Besserung hält an nnd endet bei nochmaliger Verabreichung 


von 0,0025 Yohimvetol (drei Dosen) am sechsten Tage in voll¬ 
ständiger Heilung. 

Im letzteren Falle glaube ich berechtigt zu sein, der Yobim- 
vetolwirkung den Erfolg zuzuschreiben: bezüglich des ersteren 
kann man geteilter Meinung sein; bin ich doch selbst meiner Sache 
nicht ganz sicher. 

Das sind in Kürze meine Beobachtungen über die Einwirkung 
des Yohimvetol auf das Rückenmark. Ich gebe sie der schonungs¬ 
losesten Kritik preis. 

Anhangsweise möchte ich noch zwei Verwendungsmöglichkeiten 
des Alkaloides besprechen: 

Ich hatte früher schon der Heilung der besonders nach schweren 
oder brutalen Geburten und nach Abortus häufigen chronischen 
Metritiden der Rinder gedacht. Jeder Kollege weiß, wie häufig 
dieses Leiden ist, wie schwer man es bekämpfen kann und wie 
groß der Schaden ist, welchen es dem Nationalwohlstande zufügt 
Ich habe auch im Jahr 1907 wieder mit Yohimvetol dagegen zu 
kämpfen gesucht. Der Erfolg war ein günstiger. Zwar sind 
meine Versuche noch nicht beendet, doch kann ich schon jetzt so 
viel sagen: Von6 an schwerer chronischerMetritis leidenden 
Kühen wurden 3 nach der früher geübten Methode, 3 mit 
Yohimvetol behandelt. Erstere sind noch heute, am Ende 
des 4. Monates der Behandlung leidend und steril; letztere 
drei sind geheilt und zwei davon wieder mit Erfolg belegt. Das 
I Yohimbin wurde in Intervallen gegeben, d. h. 3 Tage lang erhielten 
die Patientinen zweimal täglich je 0,1 Yohimvetol, worauf 3 Tage 
lang ausgesetzt wurde, dann wurde wieder das Yohimvetol gegeben, 
und zwar 3 Tage lang; dann 3 Tage Pause, worauf noch einmal 
das Yohimvetol gereicht wurde. Es trat, wie auch im vorigen 
Jahre beobachtet wurde, ein zunehmender, zuletzt coziöser Ausfluß 
aus der Scheide ein mit dessen Nachlassen, bei zweien der 
Versuchstiere Sich die normale Brunst wieder einstellto! 

Auch gegen das „Festliegen“ der Kühe nach der Geburt, 
das den Tierarzt oft zur Verzweiflung bringt, habe ich das 
Yohimvetol zu erproben begonnen. Ich behandelte 17 Kühe an 
diesem Leiden, von denen 11 yohimbinisiert wurden; die Dosis 
betrug 0,1 dreimal täglich bis zur Gesamtmenge von 1 Gramm. 
Das Festliegen war stets im Anschluß an die Geburt, d. h. 
längstens am 2. Tage danach cingetrcten. Sämtliche Geburten 
waren unter vorsichtiger Kunsthilfe und ohne Anwendung besonderer 
Gewalt zustande gekommen und die Tiere waren ausnahmslos 
jung, d. h. im Alter von zweieinhalb bis zu sieben Jahren. Bei 
vier Kühen frappierte mich die auffallend rasche 
Besserung, indem schon mitdem Beginn des3. Behandlungs¬ 
tages vollständige Heilung eingetreten war; bei den andern 
sieben ließ diese länger auf sich warten, 4—8 Tage! Dann aber war 
sie vollständig, d. h. es war keine Schwäche zurückgeblieben. 
Bei den 6 nicht yohimbinisierten Kühen trat bei einer die Heilung 
am 5. Behandlungstag ein, zwei erhoben sich am 6., eine am 8., 
und zwei am 10. Behandlungstagw Bei allen blieb noch längere 
Zeit eine deutliche Schwäche zurück und der Appetit 
ließ viel zu wünschen übrig. Die Versuche sind noch im 
Gange und erlauben bis jetzt kein abschließendes Urteil. Es schien 
mir nicht irrationell zu sein, gegen ein Leiden, dem wir mit medikamen¬ 
töser Behandlung so schwer beizukommen vermögen, das Yohimvetol 
wenigstens zu probieren und Kollegen zur Nachahmung zu reizen. 

Als Kuriosum führe ich noch an, daß von seiner Wirkung auf 
das Gehirn, die ja von Strubell nachgewiesen worden ist, die 
Mediziner zur Behandlung gewisser Geisteskrankheiten Gebrauch 
machten. Das wird manchen interessieren. Leider konnte ich über 
den Erfplg dieser Therapie nichts Sicheres in Erfahrung bringen. 

Das Yohimbin-Spiegel ist, wie hoffentlich aus vor¬ 
stehenden Zeilen hervorgeht, von höchst energischer, 
ganz einzigartiger Wirkung. Wir kennen sie nur zum 
kleinsten Teil mit der wünschenswerten wissenschaft¬ 
lichen Genauigkeit, um darauf verlässige Indikationen 
für eine rationelle Therapie zu bauen. Es scheint be¬ 
sonders wirksam zu sein in der Behandlung weiblicher 
Geschlechts leiden. Für alle übrigen Seiten seiner Energie 
müssen wir die komm enden methodischen Untersuchungen 
abwarten, die seinen Wert sicherlich erhärten werden. 





164 


So viel steht heute schon fest: Yohimbin ist im Arznei¬ 
schatz ein sehr wertvolles, unentbehrliches Mittel. 
Ignorieren kann es künftig nur die selbstbewußte 
Ignoranz. 


Referate. 

Geflügelzucht und Geflügelkrankheiten. 

Über ein paar Versuche beim Geflügel. 

Von Professor Albrecht. 

(Wochenschrift fllr Tierheilkunde und Viehzucht, 51. Jahrgang, Nr. 27.) 

In Verfolgung der von Albrecht im Vorjahr über die 
Gewinnung jodhaltiger Eier durch Verabreichung von Jod¬ 
präparaten angestellten Versuche hat der nämliche Verfasser 
es diesmal unternommen, weitere Experimente in besagter Richtung 
in das Bereich seiner Betrachtungen zu ziehen. Zunächst sollten 
folgende Fragen eine Beantwortung finden: 

1. Enthalten bei innerlicher Verabreichung eines Jod¬ 
präparates an Hühner die Eihaut und die Eischale Jod? 

2. Liefern Hühner jodhaltige Eier nach Applikation von 
Jod auf die äußere Haut? 

3. In welcher Form (Jodfett oder Jodalkali-Verbindung) 
ist das Jod in den Eiern enthalten? 

4. Können Hühnern und Enten wiederholt Jodprärarate 
ohne Schädigung der Gesundheit beigebracht werden? 

Ad. 1: Zur Verwendung gelangte Jodkalium — drei Gaben 
von je 0,1 g in Zwischenräumen von je acht Tagen. Die 
22 Stunden nach der erstmaligen, 15 Stunden nach der zweit¬ 
maligen und 18 Stunden nach der dritten Verabreichung des 
Präparates gelegten Eier wurden auf Vorhandensein von Jod 
geprüft. Verfahren: Hartkochen der Eier; Isolierung von Dotter, 
Eiweiß, Eihaut, Schale; Einäscherung eines jeden Bestandteiles 
behufs Entfernung der organischen Stoffe. Hiernach Auf¬ 
schwemmung der vier Aschen mit Aq. dest. und Reaktion mit 
Salpetersäure und Chloroform. Resultat: nach einmaliger Jod¬ 
verabreichung enthalten nur Dotter und Eiweiß Jod, bei zweiter 
und ebenso dritter Jodbehandlung geben auch Eihaut und Schale 
Jodreaktion. Die geringste Jodmenge zeigt die Asche der Schale. 
Interessant war noch die Beobachtung, daß die während der 
Versuchsreihe gelegten Eier an Gewicht verloren, nach Schluß 
der Versuche aber an Gewicht wieder Zunahmen. 

Ad 2: Hühnern wurde an der Brust zwischen den Federn 
je 1,0 g Jothion in 5 ccm Spiritus gelöst auf die Haut ein¬ 
gerieben. Die hiernach erhaltenen Eier zeigten in allen Teilen 
Jodreaktion. Die einmalige Einreibung einer Salbe, bestehend 
aus Jod. pur. 1,0 g, Kal. jodat. 8,0 g, Adeps lanae 30,0 g, ergab 
negative Resultate; nach der zweiten Einreibung ließ sich im 
Dotter und Eiweiß Jod nachweisen. 

Ad 3: Die im chemischen Laboratorium von Bender und 
Hobein bewirkten Untersuchungen der von Albrecht erzielten 
Jodeier lieferten den Beweis, daß in letzteren das Jod nicht 
als Jodfett oder -eiweiß, sondern als Jodkalium zugegen war. 

Ad 4: Hühner und Enten können bedeutende Mengen Jod¬ 
kalium längere Zeit hindurch aufnehmen, ohne besondere Ge¬ 
sundheitsstörungen zu erfahren; auch Jothion in Spiritus als 
Einreibung verwendet, schädigt, abgesehen von einigemal be¬ 
obachteten oberflächlichen Hautentzündungen, die Gesundheit 
nicht. 


No. 9. 


Weiterhin bemühte sich A1 b r e ch t, die bakterizide Wirkungs¬ 
weise der genannten Jodpräparate auf gesunde, in einem von 
Diphtheritis heimgesuchten Bestände aufhältliche Hühner aus¬ 
zuprobieren. Die Wahrnehmungen ließen einen besonderen 
Schluß nicht zu. Weitere Versuche in dieser Richtung sind 
noch nötig. 

Schließlich wurde der Beantwortung der Frage: Bringt 
die Aufnahme von komradehaltigem Körnerfutter Schaden? 
Beachtung geschenkt. Die Kornrade enthält bekanntlich ein 
narkotisches Gift (Saponin oder Sapotoxin), welches die Blut¬ 
körperchen auflöst, die Schleimhäute reizt und nervenlähmende 
Eigenschaften besitzt. Drei VersuchBhübnera wurde Kornrade¬ 
samen gepulvert täglich in großen Mengen eingegeben, mitunter 
so viel, daß der Kropf fast völlig gefüllt war. Keines der so 
behandelten Tiere erkrankte. Hiernach ist man zu der Annahme 
berechtigt, daß der genannte Stoff nicht giftig wirkt, weil er 
möglicherweise im Verdauungsapparat in unschädliche Substanzen 
zerlegt bzw. umgewandelt wird. In dem einen konkreten Falle, 
der zu dem Versuche Anlaß gegeben hatte, wurde später fest¬ 
gestellt, daß die betreffenden Hühner einer Kochsalzvergiftung 
j zum Opfer gefallen waren. J. Schmidt. 

Aus der chirurgischen Klinik der Tierärztlichen Hochschule, Dresden. 

Über Wnndheilnng and Narbenbildang beim 
Hausgeflügel. 

Von Tierarzt Max Schraepler, Beetzendorf (Salzwedel). 

(Inaagural-Dlsaertation, Leipzig 1907.; 

In vorliegender, mit 11 Abbildungen versehenen Arbeit 
schildert Verfasser das Resultat seiner zahlreichen Versuche^ 
die er über das Verhalten des Hausgeflügels hinsichtlich Wund¬ 
heilung und Narbenbildung anstellte. Er benutzte hierzu Tauben, 
Hühner, Perlhühner, Truthühner, Enten und Gänse. Die chirur¬ 
gischen Eingriffe wurden zumeist unter Narkose (Chloroform, 
Äther) ausgeführt. Eine nachträgliche Behandlung der künstlich 
gesetzten Wunden fand nicht statt. Die Regeln der Asepsis 
wurden nicht berücksichtigt. Das Ergebnis der interessanten und 
wichtigen Arbeit ist folgendes: 

Die meisten Wunden des Hausgeflügels heilen 
primär, sei es, daß die Wundränder durch Naht vereinigt 
werden, sei es, daß ein aseptischer Schorf die Vereinigung 
herstellt. Der Schorf kann aus eingedicktem angetrockneten 
Blut oder aus Serum, Lymphe, Schleim und Gewebstrümmern 
bestehen. Die Bildung eines festen Blutschorfes erklärt sich 
aus der großen Gerinnbarkeit des Vogelblutes. Die Wunden 
des Geflügels bilden für Eiterungsprozesse keinen besonders 
günstigen Nährboden. Das zur Beobachtung gelangte ver¬ 
schiedene Verhalten den eingeführten Eitererregern gegenüber 
beruht sicherlich auf dem verschiedenen Alkaligehalt der Gewebs- 
säfte und des Blutes. Die mikroskopische Untersuchung aller 
Fälle, in denen Exsudat in der Wunde sich einstellte, ergab 
das Vorhandensein von Kokken, die zumeist in Ketten an¬ 
geordnet erschienen. Es müssen demnach Streptokokken 
eine besondere Bedeutung für die Eiterungen des 
Geflügels besitzen. 

Die Wundheilung erfolgt im allgemeinen schnell, 
auch s*tellt sich bald die dufch die Verletzung gestörte 
Funktion wieder ein. So sind beispielsweise Tauben, bei 
denen die Streck- und Beugemuskeln eines Flügels durchschnitten 
waren, nach drei Wochen wieder imstande gewesen zu fliegen; 


, BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


165 


ebenso traten Hühner, denen die Streeksehnen am Tarsus durch¬ 
schnitten waren, nach drei Wochen wieder mit der Volarfläche 
der Zehen auf. Dieses interessante Resultat steht mit der Er¬ 
fahrung im Einklang, daß tenotomierte Vögel, wie Fasanen, 
Schw r äne usw. bald wieder Gebrauch von ihren Flügeln machen 
können. 

Durch die große Regenerationsfähigkeit des Geflügels erklärt 
sich auch die Beobachtung, daß Narben, selbst nach größeren 
Verletzungen, sehr bald nicht mehr erkennbar sind. Ge¬ 
sell würiger Zerfall der Granulationen und ähnliche Anomalien 
der Wunden sind in keinem Fall wahrgenommen Worden. Die 
Narben haben das Bestreben, ein sternförmiges Aussehen zu 
erhalten, ebenso hat auch die Haut die Neigung, sich nach der 
Mitte einer langen Narbe in Falten zu legen. Zu erklären sind 
nach Schraepler diese Vorgänge durch die starke Retraktion 
der Narbe in Verbindung mit dem diesem Narbenzuge entgegen¬ 
wirkenden Zuge der bei allen Vögeln mächtig ausgebildeten 
Hautmuskeln und der reichlich vorhandenen elastischen Elemente. 
Darum empfiehlt es sich, auch beim Nähen von Wunden des 
Geflügels die Hefte nahe aneinander zu legen, damit ein Ein¬ 
rollen der Wundränder vermieden wird. 

Wunden der Knochen heilen ebenfalls schnell. 
Der Verfasser sah in keinem Falle eine Wundinfektionskrankheit 
entstehen, eine Tatsache, die auch sonst oft beobachtet worden 
ist. Knochenstümpfe werden von den umgebenden Weichteilen 
sclfuell überzogen und erhalten dann eine häutige Bedeckung. 
Eingreifende Operationen, wie Kropfresektionen. Laparoto¬ 
mien, werden auch ohne aseptische Technik gut er¬ 
tragen. Das Peritoneum ist gegen Verletzungen sehr 
unempfindlich; Fremdkörper, die in die Bauchhöhle gebracht 
worden, sah Schraepler einheilen, ohne daß bedrohliche Er¬ 
scheinungen auftraten. 

Ein vom Verfasser angestellter Versuch, ber dem das Gro߬ 
hirn einer Taube verletzt wurde ohne Zustandekommen irgend¬ 
welcher Störungen, ist ein Beitrag zu den Versuchen Rieh eis, 
der nach ausgedehnten Hirnrindenläsionen bei Hühnern, 
Enten und Gänsen keine Störungen, weder der Sinnes¬ 
funktionen, noch der Motilität, noch der Intelligenz auftreten sah. 

Die hiatogenetischen Vorgänge der Wundheilung 
beim Hausgeflügel stimmen mit den Ergebnissen der 
Forschung über Wundheilung im allgemeinen tiberein. 
Es besteht aber ein temporärer Unterschied insofern, als 
der Regenerationsprozeß beim Geflügel schneller verläuft als bei 
den Säugetieren. J. Schmidt. 

Ein Fall von Hühnersplrillose in Bulgarien. 

Von G. Gareitschnoff. 

(Veteriuarna Sblrka Nr VII, 1907.) 

Gareitschnoff hatte die Gelegenheit, einige kranke Hühner 
za untersuchen, bei den er folgendes feststellen konnte: 

Die kranken Tiere zeigten eine auffallende Schwäche und 
Mattigkeit, einen starken Hang zur Schlafsucht, ferner Durch¬ 
fall und Abmagerung, ihr Gefieder hatte sich gesträubt, den 
Kopf hielten sie gesenkt. Ihr apathisches Wesen verhielt sich 
allen äußeren Vorgängen gegenüber vollständig gleichgültig. 
Diese Krankheitssymptome, die sich fortdauernd verschlimmerten, 
hielten drei Tage an, bis sie schließlich den Höhepunkt erreicht 
batten und die Tiere allmählich zugrunde gingen. Nach ihrer 
Einlieferung sind frische und auch gefärbte Präparate vom Blute 
untersucht worden. In beiden wurden Spirochäten gefunden. 


Die Untersuchung des Blutes geschah alle zwei Stunden. Dabei 
hat es sich außerdem gezeigt, daß die Spirochäten allmählich an 
Zahl Zunahmen, ferner sich gruppenweise sammelten und schlie߬ 
lich getrennte Kolonien bildeten. Er beobachtete außerdem, daß 
bei der Annäherung des Todes sich die Spirochäten zu vermindern 
begannen, bis sie nach dem Eintreffen des Todes vollständig 
verschwunden waren. Mit der steigenden Zunahme der Spiro¬ 
chäten war auch die Temperatur ständig gestiegen, aber sobald 
dieselben anfingen, sich in Gruppen zu zerlegen, sank die 
Temperatur allmählich in dem Grade, wie das Leben die Tiere 
verließ bis zur letzten Minute desselben. 

Die Obduktion ergab folgendes. Die Tiere waren von 
außergewöhnlicher Magerkeit, der Schnabel enthielt etwas Schleim, 
im Kropf und Magen fand man die Überreste von etwas halb¬ 
verdauter Nahrung, der Darm von blasser Färbung. Die Leber 
war von normaler Größe und hatte eine violette Färbung ange¬ 
nommen, die Oberfläche wies hier und da hirsekorngroße nekro¬ 
tische Stellen auf. Die Milz war 2V2—3 mal vergrößert, befand 
sich aber sonst in normalem Zustande. Die Blutgefäße in der 
Bauchhöhle waren mit geronnenem Blute gefüllt, der Herzbeutel 
enthielt etwas Exsudat, auch war das Herz etwas vergrößert, 
wobei die rechte und linke Vorkammer, sowie die rechte Kammer 
ebenfalls etwas geronnenes Blut enthielten, während die linke 
leer war. 

Gareitschnoff hat noch bemerkt, daß ein Huhn, nachdem 
es 5—6 Tage die oben genannten Symptome aufgewiesen hat, 
wieder in den Zustand völliger Genesung übergegangen ist, 

Dr. Angeloff. 

Taeniasis bei Gänsen* 

Von Distriktstierarzt Sallinger, Windsbach. 

(Wochenschrift für Tieitieilkunde und Viehzucht, öl. Jhrg. Nr. 31.) 

In einem Gänsebestand zeigten die jüngeren Exemplare 
trotz sehr guter Futteraufnahme erhebliche Gewichtsabnahme. 
Weiterhin äußerten sie Abstumpfung und Muskelschwäche. Bei 
verschiedenen trat der Tod alsbald ein. Als Sektionsbefund 
ergaben sich Anämie, hochgradige Abmagerung, Vorhandensein 
zahlreicher Vertreter der Gattung Taenia lanceolata. Für die 
Behandlung wurde frisch gepulverte Arekanuß in Kleienfutter 
empfohlen, dem Trinkwasser wurde Ferrum sulfuricum zugesetzt. 
Mit diesen Maßnahmen gelang es die Taenien zu beseitigen. 
Todesfälle kamen nicht mehr vor. J. Schmidt. 

Tagesgeschichte. 

Belicht über die TU. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

(Fortsetzung.) 

Gehfilter. 

Korreferat des Kreistierarzt Rust. 

Meine Herren! leb kann mich kurz fassen, denn so weit 
der Herr Referent die Lage der Kreistierärzte im allgemeinen 
geschildert hat, schließe ich mich seinen Ausführungen an. Als 
seinerzeit die Kreistierarztreform vorbereitet wurde, ist deren 
Notwendigkeit in erster Linie mit der gänzlichen Unzulänglich¬ 
keit der kreistierärztlichen Bezüge begründet worden, und wir 
konnten daher wohl annehmen, daß diese Reform den Kreis¬ 
tierärzten eine wesentliche Aufbesserung bringen würde. Das 
war leider nicht der Fall. Aber als Beamte und vernünftige 





166 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


Männer haben wir uns gesagt, daß schließlich ein Banm nicht 
anf den ersten Axthieb fällt, und daß man aus einem Nichts 
nicht sofort schweres Vollkommenes machen könne. Jedenfalls 
waren wir überzeugt, daß das Landwirtschaftsministerium es an 
eifrigem Bemühen nicht hat fehlen lassen für uns weit mehr 
zu erreichen, als wir bekommen haben, und in diesem Sinne 
hat ja auch unser Verein seinerzeit dem Herrn Landwirtschafts¬ 
minister und Herrn Ministerialdirektor Küster unsern Dank 
aussprechen lassen. Wir konnten das um so mehr tun, als die 
Reform uns wenigstens einen Wunsch von allergrößter Bedeutung 
erfüllt hatte: die Pensionsberechtigung. Damit waren wir um 
ein ganz Erhebliches in unsern Bestrebungen weiter gekommen 
und ein die Arbeitsfreudigkeit stets hemmender Gedanke, was 
wird aus uns und unseren Angehörigen im Alter, war, wenn 
auch nicht vollständig beseitigt, so doch in seiner Tragweite 
gemildert. 

Das war aber auch alles, was uns die Reform gegeben, in 
allem andern hat sie uns nur genommen. Wir haben zwar eine 
Erhöhung des Gehalts und eine Erhöhung der Tagegelder zu 
verzeichnen, in Wirklichkeit bedeuten diese Erhöhungen aber 
nur eine Verschlechterung, denn man hat sie uns an anderer 
Stelle mehr als doppelt genommen. Da ist zuerst die Fuhr- 
kostenentschädigung in Wegfall gekommen; das schien anfänglich 
ziemlich belanglos, aber schließlich machen viele Wenig ein Viel 
und am Schluß des Jahres macht diese Summe für manchen 
Kreistierarzt doch einen nicht unerheblichen Betrag aus. Be. 
sonders empfindlich macht sich dieser Verlust bei den Kreis¬ 
tierärzten in größeren Städten, in denen durch Eingemeindung 
die Grenzen der Stadt tief in das Gebiet des Kreises ein¬ 
schneiden. Ich habq zum Beispiel Entfernungen bis zu 8 km zu | 
erledigen, für die ich nicht die geringste Vergütung erhalte, 
die mir aber in jedem Falle 5—6 M. Unkosten verursachen. 
Ebenso bedeutungslos erschien uns anfänglich die Herabsetzung 
des Eisenbahnkilometers von 10 auf 7 Pf., in Wirklichkeit macht 
sie sich aber ganz erheblich bemerkbar. Nicht nur, daß auch 
diese Differenz im Laufe des Jahres eine ganz erhebliche 
Summe ausmacht, hat sie das Unangenehme im Gefolge, daß 
wir jetzt fast alle Reisen mittelst Eisenbahn und Landweg da 
kombiniert in Ansatz bringen müssen, wo wir früher nur Land¬ 
weg liquidieren konnten. Wir sind ferner gezwungen, auf diese 
Weise sehr oft Rundreisen zu berechnen, die wir in Wirklichkeit 
gar nicht ausführen können, und wo wir gezwungen sind, erst 
immer nach dem Zentralpunkt zurückzukehren, um von dort die 
Dienstreise von neuem per Eisenbahn oder Landweg zu beginnen. 
In solchen Fällen kann natürlich von einer Reiseersparnis 
keine Rede sein, man ist im Gegenteil froh, wenn man nicht noch 
darauf zu zahlen hat. Vielleicht mögen ja die Verhältnisse 
nicht überall gleich sein, aber von einem Überschuß an Reise¬ 
diäten kann bei uns östlichen Kreistierärzten nur dann die Rede 
sein, wenn wir eine Reise am Tage machen; sobald wir mehrere 
Reisen zu erledigen haben, sind wir herzlich froh, wenn Diäten, 
Reisekosten und Tagegelder die Auslagen decken. 

Den schwersten Schlag, den uns aber die Reform zugefügt 
hat, erblicken wir in dem Verlust der Sektionsgebühren. Für 
uns Kreistierärzte im Osten ist das eine ganz enorme Schädigung 
geworden. Man kann darüber verschiedener Ansicht sein, ob 
der Ansatz von Sektionsgebühren bei Scliweinesektionen eine 
Berechtigung hätte, viel Mühe und Arbeit machen diese ja in 
der Regel nicht, und somit ist der Wegfall eines besonderen 


Honorars immerhin verständlich. Ganz unverständlich and in 
jedem Falle ein nicht zu unterdrückendes Gefühl der Erbitterung 
hervorrufend, ist es uns gewesen, wie man bei denjenigen Sek¬ 
tionen unserer großen Haustiere wie Rotz, Milzbrand, bei denen 
neben einer doch keineswegs angenehmen Arbeit und vielfach 
enormen schriftlichen Arbeiten doch fast in jedem Falle ein 
gewisser Grad von Lebensgefahr verbunden ist, wie man uns 
auch hier die Sektionsgebühr nehmen konnte. 

Meine Herren! Diese geschilderten Verluste sind ganz er¬ 
heblich und haben im wesentlichen dazu beigetragen, die Kreis- 
tierarztreform — immer natürlich von der Pensionsberechtigung 
abgesehen — als ein für uns Kreistierärzte glückliches Ereignis 
nicht bezeichnen zu können. 

Nun kann man uns entgegenhalten: Ihr Kreistierärzte habt 
trotzdem ein großes Einkommen, denn ihr habt ja die Berechti¬ 
gung, Privatpraxis zu treiben. Meine Herren, es ist heute 
nicht Zeit und Ort dazu und das ist ja auch an anderer Stelle 
schon so oft in Wort und Schrift getan, die Frage zu diskutieren, 
ob es richtig sei, daß wir Kreistierärzte Privatpraxis treiben. 
Ich will meine persönliche Ansicht deshalb nur kurz dahin aus- 
l sprechen, daß ich die Privatpraxis für die Kreistierärzte für 
absolut notwendig halte, denn sie schützt uns davor, ver¬ 
knöcherte Beamte zu werden, die den praktischen Verhältnissen 
entwachsen. Solche Beamte würden für die Landwirtschaft eine 
Crux werden. Ich für mein Teil möchte wenigstens ohne 
Privatpraxis gar nicht Kreistierarzt sein. Nun glaube ich ja, 
daß es Kreistierärzte gibt, die aus der Privatpraxis eine große 
Einnahme erzielen, ich glaube aber auch andererseits mit dem 
Kollegen Dralle, daß hierbei auch manchmal etwas unmoti¬ 
vierte und zu beklagende Renoipmisterei getrieben wir£. Wenn 
aber solche Einnahmen wirklich bestehen, so bilden sie Aus¬ 
nahmen und sind bei dem Gros der Kreistierärzte nicht zu¬ 
treffend. Auf .jeden Fall soll man denselben in dieser Beziehung 
keine allzn große Bedeutung beilegen, denn sie ist und bleibt 
ein Treibhausprodukt, ein Reif in der Frühlingsnacht in Gestalt 
der Maul- und Klauenseuche, ist geeignet, eine mühsam auf¬ 
gebaute Praxis in ihren Grundpfeilern zn erschüttern. Führt 
ein solcher Fall gar noch zn einer Ausbreitung der Seuche, 
was nach den Ausführungen des Herrn Veterinärrat Nevermann 
und nach den in den letzten Jahren gezeichneten Erfolgen ja 
Gott sei Dank wenig wahrscheinlich ist, so kann sich der be¬ 
treffende Kreistierarzt, wenn er veterinärpolizeilich abkömmlich 
ist und das nötige Geld dazu hat, ruhig auf Reisen begeben, 
die Privatpraxis hindert ihn daran nicht, die war einmal. 

Meine Herren, bin ich somit in der Auffassung, daß die 
Lage der Kreistierärzte keineswegs eine so rosige ist, wie man 
in manchen Kreisen anzunehmen geneigt ist, mit dem Herrn 
Referenten im wesentlichen gleicher Ansicht, so habe ich anderer¬ 
seits über die von ihm angedeuteten Maßnahmen eine andere 
Auffassung. Nicht als ob ich deren Notwendigkeit anzweifeln 
möchte, im Gegenteil, ich halte zum Beispiel die Änderung unserer 
Gehaltsbezüge für ebenso notwendig wie Kollege Dralle und 
wie Sie vielleicht alle. Meine Bedenken liegen vielmehr auf 
rein sachlichem Gebiet. Wenn wir jetzt mit solchen Forderungen 
kommen, so machen dieselben eine totale Abänderung der Kreis¬ 
tierarztreform notwendig, und da glaube ich, meine Herren, daß 
dafür, nachdem kaum drei Jahre seit deren Bestehen vorüber 
sind, für eine solche Änderung weder das Landwirtschafts¬ 
ministerium, noch das Finanzministerium zu haben sein wird, 





27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


167 


•und Herr Geh. Oberregiernngsrat Schröter hat diese meine 
Bedenken ja auch schon vorhin in seiner Rede bestätigt. An¬ 
genommen, daß diese meine Voraussetzung eine irrige sei, so 
entsteht für uns die weitere Frage, ob es denn faktisch überhaupt 
richtig wäre, in der gegenwärtigen Zeit mit Wünschen und 
Vorschlägen zu kommen, die eine prinzipielle Abänderung der 
bestehenden Verhältnisse bezwecken. Ich beantworte dieselbe 
mit einem entschiedenen Nein. Wie Ihnen allen bekannt ist, 
haben wir in allernächster Zeit eine Novelle zum Reichs- 
viehseucbengesetz zu erwarten, von der wir schon jetzt behaupten 
können, daß sie für uns, da es sich darin um die veterinär- 
poli zeiliche Bekämpfung der Tuberkulose handelt, von ein¬ 
schneidender Bedeutung ist, und uns mit Sicherheit eine enorme 
Arbeitslast bringt. Da es dann sehr fraglich sein wird, ob uns 
noch Zeit zur Ausübung der Privatpraxis bleibt, so wären wir 
ja wahrscheinlich nach kurzer Zeit gezwungen, mit neuen 
Forderungen zu kommen, deren Erfüllung dann natürlich erst 
recht schwer würde. Von ganz besonderer Wichtigkeit bei 
derVentilierung dieser Angelegenheit ist auch die Pauschalierungs- 
frag-e und der Herr Referent für diesen Punkt der Tagesordnung 
möge es mir nicht übel nehmen, wenn ich diese bei meinen 
Ausführungen kurz streife. Wir Kreistierärzte hegen zwar immer 
noch die Hoffnung, daß eine Pauschalierung unserer Reisekosten 
nicht erfolgt und hoffen und wünschen, daß unser Ministerium 
dem Drängen des Finanzministeriums kräftigen Widerstand 
entgegensetze. Das dürfen wir uns jedoch nicht verhehlen, daß 
wir mit der Möglichkeit ihres Kommens rechnen müssen und da 
wir über das „Wie“ derselben vorläufig vollständig im Dunkeln 
tappen, andrerseits diese bei der Bemessung des Gehaltes aber 
sehr in Frage kommt, so würde schon das ein ausreichender 
Grund sein, im gegenwärtigen Augenblick an den bestehenden 
Verhältnissen nicht zu rütteln. 

Wir vergeben uns, meines Erachtens, durch einen momentanen 
Verzicht um so weniger, als sich bei der bevorstehenden allgemeinen 
Gehaltsaufbesserung der Beamten auch bei uns eine Möglichkeit 
bietet, eine pekuniäre Verbesserung zu erlangen, und auf diesem 
Wege möchte ich Sie bitten mir zu folgen. Die allgemeine 
Gehaltsaufbesserung der Beamten wird in erster Linie 
durch die in den letzten Jahren eingetretene außer¬ 
ordentliche Preissteigerung der Lebensbedürfnisse 
gestützt, und dieses Argument ist bei uns Kreistierärzten genau 
so zutreffend, als bei den übrigen Beamtenklassen, und deshalb, 
meine Herrn, bitte ich Sie, sich meinem dahingehenden Vor¬ 
schläge anzuschließen, den Herrn Minister zu bitten, unsere 
Wünsche in diesem Sinne zu berücksichtigen, und da uns heute 
die hohe Ehre zuteil geworden ist, unsern hochgeehrten 
Dezernenten Herrn Geh. Oberregiernngsrat Schröter in unserer 
Mitte zu sehen, so möchte ich Ihnen ferner anheim geben von 
der Fassung einer Resolution in dieser Angelegenheit Abstand 
zu nehmen, vielmehr Herrn Geh. Oberregiernngsrat 
die gehorsamste Bitte zu unterbreiten, Sr. Exzellenz 
dem Herrn Landwirtschaftsminister unsere Wünsche 
in der geschilderten Weise vortragen zu wollen. Die 
preußischen Kreistierärzte würden • ihm dafür eine stete Dank¬ 
barkeit bewahren. 

An die beiden Vorträge, welche den verdienten Dank ernteten, 
schloß sich nur eine kurze Diskussion, an der sich auch Herr 
Geheimrat Schroeter beteiligte. Wenn auch die vom Herrn 
Referenten gemachten Angaben über hohe Einkommen im 


Ministerium bekannt seien, so wisse man doch auch, daß diese 
mit wenigen Ausnahmen den Tatsachen nicht entsprechen. Auch 
er müsse in dieser Beziehung vor Übertreibungen warnen. 

Die Versammlung einigte sich nunmehr bezüglich der 
Forderung einer Gehaltserhöhung im gegenwärtigen Zeitpunkt 
auf den Rustschen Vorschlag und wendete sich alsdann dem 
verwandten Thema der Pauschalierung zu, das durch Herrn 
Traeger-Belgard in nachstehender Weise beleuchtet wurde: 

Pauschalierung der Reisekosten und Tagegelder. 

Referat des Kreistierarztes Träger. 

Meine Herren! Einem Aufträge unseres Vorstandes folgend, 
habe ich die Ehre, Ihnen die Erfahrungen mit der Pauschalierung 
der Ergänzungsbeschaukosten in dem mir überwiesenen Bezirke 
mitzuteilen und im Anschluß hieran nach Besprechung unsere 
Aussichten bei einer Pauschalentschädigung für unsere aus¬ 
wärtigen Dienstgeschäfte Ihnen einen Beschlußantrag zu unter¬ 
breiten, der die Stellungnahme des Vereins beamteter Tierärzte 
Preußens zur Frage des Reisekostenpauschales festlegt. 

Als im September 1903 die Fleischbeschau im Kreise 
Belgard eingeführt wurde und nach Jahresfrist die Amtskassen 
die Rechnungen für die Ergänzungsbeschau erhielten, war die 
Unzufriedenheit groß. Wie in allen schwach bevölkerten Landes¬ 
teilen reichten die aus den Abzügen der Fleischbeschauer auf¬ 
gesammelten Fonds bei weitem nicht aus, um die Kosten der 
Ergänzungsbeschau zu decken. Man übte nun einen nicht immer 
sanften Druck auf die Fleischbeschauer aus, um diese von der 
Zuziehung der Ergänzungsbeschautierärzte abzuhalten. Die 
Rechnungen für ausgettbte Ergänzungsbeschauen wurden meistens 
unerledigt beiseite gelegt und man wartete mit Seelenruhe das 
weitere ab. Die von mir wiederholt angeregte Übernahme der 
Ergänzungsbeschaukosten auf Kreisfonds wurde zunächst rundweg 
abgelehnt, weil in einem Nachbarkreise, der 700 M. als Zu¬ 
schuß zur Deckung dieses Betrages in den Etat eingestellt hatte, 
der Verbrauch für diesen Zweck sich auf annähernd 4000 M. 
belaufen hatte. Eine ähnlich hohe, dauernde Belastung wurde 
leider auch von der maßgebenden Stelle für den Kreis Relgard 
angenommen und als zu drückend für den Kreiskommunalsäckel 
hingestellt. 

Im Laufe der Jahre waren nun die fälligen Beträge für 
Reisen usw. in der Ergänzungsbeschau zu einer ganz respek¬ 
tablen Summe angewachsen und ich mußte schließlich auf 
Bezahlung dringen, wenn auch lange nicht überall bis jetzt mit 
Erfolg. 

Die Kreisverwaltung willigte nun, wahrscheinlich beeinflußt 
von den Vorstellungen der Amtskassen, ein, unter bestimmten 
Voraussetzungen die Übernahme der Ergänzungsbeschaukosten 
von seiten des Kreises zu befürworten. Es wurde bei den mit 
der Ergänzungsbeschau im Kreise beauftragten Tierärzten an¬ 
gefragt, ob sie diese Verrichtung gegen Zahlung einer festen, 
jährlichen Pauschsumme übernehmen wollten. Nachdem der eine 
der beteiligten Tierärzte sofort im Prinzip sein Einverständnis 
ausgesprochen hatte, blieb auch mir nach wiederholter, aus¬ 
führlich begründeter Ablehnung schließlich nichts anderes übrig, 
wie dieser Lösung grundsätzlich zuzustimmen. Bei den dies¬ 
bezüglichen Vorverhandlungen hatte ich den Nachweis geführt, 
daß in dem mir zur Ergänzungsbeschau überwiesenen Teile des 
Kreises im Jahresdurchschnitt zwischen 1000—1100 M. an 
Kosten aufgelanfen waren. Mit Rücksicht darauf, daß in recht 
zahlreichen, durch jedesmalige Anzeige zur amtlichen Kenntnis 





168 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


gebrachten Fällen Unterlassangen von Anmeldungen zur Er¬ 
gänzungsfleischbeschau vorgekommen waren, konnte mit Sicher¬ 
heit vorausgesehen werden, daß mit der Beseitigung der 
Zahlungspflicht für die Amtskassen bzw. die Guts- und Gemeinde¬ 
bezirke der Anreiz zur Unterlassung der Anmeldungen fortfallen 
mußte. Im Hinblick auf die zweifellos zu erwartende häufigere 
Inanspruchnahme als Ergänzungsbeschautierarzt erklärte ich 
mich unter Darlegung der in Betracht kommenden Gründe bereit, 
die Ergänzungsfleischbeschau in den mir zugewiesenen 22 Amts¬ 
bezirken für eine jährliche Parfhchsumme von 1500 M. zu über¬ 
nehmen. 

Der Kreisausschuß stimmte meinem Vorschläge zu. 

Die Kostendeckung sollte in der Weise bewerkstelligt 
werden, daß man eine aus veterinärpolizeilichen Gründen von 
mir schon lange gewünschte Hundesteuer in Aussicht nahm, 
aus deren Erträgnissen die Kosten der Ergänzungsfleischbeschau 
im Kreise zu bestreiten seien. Der Kreistag beschloß auch die 
Einführung der beantragten Kreishundesteuer vom 1. April 1907 
ab und bestimmte, daß aus diesem Einnahmeposten vorerst die 
auf Grund der Verträge mit den zuständigen Tierärzten fälligen 
Pauschsummen zu decken seien. Die alsdann noch verbleibenden 
Überschüsse stehen etatsmäßig zur Befriedigung sanitäts- oder 
veterinftrpolizeilicher Bedürfnisse des Kreises zur Verfügung 
und haben, so weit ich unterrichtet bin, teilweise auch eine recht 
segensreiche Verwendung bei der Bekämpfung der menschlichen 
Diphtherie durch unentgeltliche Impfungen usw. gefunden. Die 
durch die Amtskassen nach wie vor von den Fleischbeschauern 
einzuhebenden Gebübrenabzüge fließen nun natürlich der Kreis¬ 
kommunalkasse zu und werden gleichfalls zur Deckung der 
pauschalierten Ergänzungsbeschaukosten benutzt. 

Meine damalige Schätzung von 1500 M. pro Jahr oder 
125 M. auf den Monat hat sich auch fast genau als zutreffend 
erwiesen, wie Sie aus der nachstehenden Tabelle ersehen wollen. 
Im April 1907 hätte ich bei Einzelbezahlung 66,34 M., im Mai: 
131,16 M., im Juni: 159,24 M., im Juli: 164,02 M., im August: 
126,84 M., im September: 83,88 M., im Oktober: 142,98 M. an 
ErgänzungsbeschaukoBteu liquidieren müssen, d. h. im Durch¬ 
schnitt für den Monat 124,92 M. Im übrigen hatte ich bei den 
vorausgehenden Verhandlungen wiederholt betont, daß bei der 
gänzlich unzulänglichen Entlohnung der Ergänzungsbeschau 
nach dem behördlich festgelegten Tarif (Rind 3 M., Schwein 2 M., 
sämtliches Kleinvieh 1,50 M., Bahnkilometer 0,07 M., Land¬ 
kilometer 0,40 M.) von einer Verbilligung durch die Pauschalierung 
keine Rede sein könnte. Der Vorteil für die Kreisverwaltung 
liegt nach ihrer Ansicht darin, daß einmal keine zeitraubende 
Rechnungsführung mehr erforderlich und keine Differenzen über 
die Benutzung von Bahn oder Landweg möglich sind und daß 
zum anderen bei dieser Festlegung die Ergänzungsbeschauer 
schon im eigenen Interesse darauf halten würden, daß sie nicht 
zur Behandlung erkrankter Tiere und nebenbei zu einem „not¬ 
geschlachteten“ Hammel, d. h. auf Kreiskosten zugezogen werden. 

Im übrigen haben geschäftlich beanlagte Personen sofort 
die Möglichkeit kostenloser tierärztlicher Hilfe herausgefunden 
und ich habe mich wiederholt wegen des Versuches unnötiger 
Zuziehung zur Wehr setzen müssen. Da die Gebühren für die 
Fleischbeschauer natürlich unverändert bestehen geblieben sind, 
so wird nicht selten eine Notschlachtung bei Tieren vorgenommen, 
zu deren Beurteilung der Fleischbeschauer sehr wohl zuständig 
gewesen wäre, wenn man ihn*zur Schlachtviehbeschau (Lebend¬ 


beschau) gerufen hätte. Man umgeht den gebührenheischenden 
Fleischbeschauer und holt den Tierarzt, „denn es kostet ja 
nichts“. Ich möchte nicht unterlassen, einige besonders prägnante 
Fälle ungerechtfertigter Zuziehung mitzuteilen. 

Nach einem 30 km von meinem Wohnorte abliegenden Dorfe 
(dabei 21 km Bahn) wurde ich als Ergänzungsbeschauer zu 
einem hochgradig gelbsüchtigen Schaf gerufen, obwohl Fleisch¬ 
beschauer und Tierbesitzer darüber einig waren, daß das Fleisch 
zum menschlichen Genuß untauglich sei, nämlich weil sich der 
Eigentümer für einen eventuellen Prozeß gegen den Verkäufer 
des Schafes später kostenlos ein tierärztliches Gutachten vor 
Gericht sichern wollte. In einem anderen Falle wurde ich zur 
Ergänzungsbeschau bei einer verendeten Kuh zugezogen, ledig¬ 
lich, weil die betreffende Kuhkasse wissen wollte, ob sie dem 
Besitzer der Kuh entschädigungspflichtig wäre. Ein geiziger 
Bauer beantragte die Ergänzungsbeschau, um das Fleisch eines 
totgeborenen Kalbes verkaufen zu können, und ein mitleidiger 
Amtsvorsteher gab dem Besitzer einer versicherten Kuh den 
Rat, das dem Verenden nahe Tier rasch noch töten zu lassen, 
damit das für die Viehversicherung erforderliche Sektionsattest 
durch den zur Fleischbeschau an Ort und Stelle zitierten Tier¬ 
arzt per Gelegenheit, d. h. recht schön billig beschafft werden 
konnte. Ein Fleischbeschauer, der zugleich Amtsdiener ist, 
wollte mich zur Schlachtviehbeschau bei zwei kniegelenklahmen 
Jungrindern seines Amtsvorstehers zuziehen und als ich ihn 
darauf hinwies, daß er mindestens zur Erteilung der Schlacht¬ 
erlaubnis zuständig sei, kam er damit heraus, daß ich vielleicht 
dem Tierbesitzer nach der Untersuchung von der Schlachtung 
abraten würde und ein Mittel gegen die Lahmheit der Tiere 
geben würde. Ich merkte die Absicht und lehnte die Schlacht¬ 
viehbeschau ab, erklärte mich aber bereit, auf Verlangen die 
tierärztliche Behandlung der lahmen Rinder zu übernehmen. 
Erfolg: Die Rinder sind nicht geschlachtet worden, sondern 
werden tierärztlich behandelt. Einem anderen Amtsvorsteber, 
in dessen Bezirk ich wiederholt ungerecbtfertigterweise gerufen 
worden war, teilte ich durch Vermittlung des Landratsamtes 
folgendes mit: Bei der weiteren Häufung von Fällen unnötiger 
Zuziehung des tierärztlichen Beschauers würde ich bei dem 
| Herrn Landrat beantragen müssen, daß in solchen Fällen Be¬ 
sitzer oder Fleischbeschauer zur Zahlung der vorgeschriebenen 
Gebühren usw. herangezogen werden, je nachdem, wer die un¬ 
nötige Zuziehung des Ergänzungsbeschauers veranlaßt hat. 

Schließlich bringe ich noch ein Zahlenbeispiel dafür, wie 
man jetzt den Fleischbeschauer umgeht und den gebührenfreien 
Tierarzt sofort zuzieht. Im ersten Quartal 1907 übte ich 
26 mal Ergänzungsbeschau aus, wo mir 16 mal vom vorher tätig 
gewesenen Fleischbeschauer der Befund mitgeteilt wurde. In 
der Zeit vom 1. April bis Ende Oktober 1907 war bei 83 von 
mir begutachteten Notschlachtungen nur 27 mal vorher der 
Fleischbeschauer geholt worden. 

Sie. ersehen aus diesen Beispielen, daß die Pauschalierung 
der Ergänzungsbeschau für den Tierarzt auch ihre Schatten¬ 
seiten hat, und wenn überhaupt, dann nur bei weitgehendstem 
Entgegenkommen der betreffenden Körperschaften annehmbar 
erscheint. 

Im übrigen ist es mir völlig klar, daß man mein Erscheinen 
noch häufiger beanspruchen wird, wenn es erst allen Kreis¬ 
eingesessenen bekannt ist, daß die Ergänzungsbeschau auf 
Kreiskosten ausgeführt wird. Seither ist es mir immer noch 





27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


169 


vorgekommen, daß die Besitzer von notgeschlachteten Tieren 
von der Pauschalierung dieser Kosten nichts wußten. Es war 
anch die durch wesentlich häufigere Zuziehung bewiesene Tat¬ 
sache zu konstatieren, daß die Abneigung gegen die Ergänzungs¬ 
beschau im Schwinden ist, seit dieselbe den Gutsbezirken und 
Gemeindebezirken nichts mehr kostet. 

Ich würde den mir erteilten Auftrag nicht in vollem Um¬ 
fange ausgefnhrt haben, wenn ich im Anschluß hieran nicht .die 
dringende Reformbedürftigkeit der Gebühren oder vielmehr Reise¬ 
kosten für die Ergänzungsbeschau zur Sprache brächte. Gerade 
weil jch an der späteren Gestaltung dieser Entschädigungen 
nicht mehr so unmittelbar beteiligt bin, kann man meinen Aus¬ 
führungen nicht nachsagen, daß sie auf den eigenen Vorteil 
berechnet seien. 

Es stehen sich hier die Interessen der Landwirte- (und 
anderer Tierbesitzer) sowie der Tierärzte schroff gegenüber. 
Erstere wollen am liebsten gar nichts zahlen (Übernahme auf 
den Staat) oder verlangen eine Herabsetzung der Gebühren; 
letztere erklären einstimmig, mit einer derart ungenügenden 
Bezahlung nicht länger vorlieb nehmen zu können. 

Eine eingehende Besprechung würde allein ein umfang¬ 
reiches Referat ausmachen. Die Sache ist aber in der Fach¬ 
presse so oft und erschöpfend behandelt worden, daß es nach 
meiner Ansicht genügt, wenn wir durch einstimmigen Beschluß 
die Unzulänglichkeit der Bezahlung für die Ergänzungsbeschau 
zum Ausdruck bringen. Die zweckmäßigste Form der Erhöhung 
würde ich darin erblicken, daß bei der Benutzung der Eisen¬ 
bahn für jeden Zu- und Abgang 2 M. gewährt werden. An 
den Untersuchungsgebühren werden wir nicht rütteln dürfen, 
da bei der parlamentarischen Macht der Landwirte unser 
Ministerium schwerlich an diesem Punkte mit Reformen er¬ 
setzen wird. Die Entschädigung für Bahn und Landweg ist 
zwar auch niedrig genug (namentlich da bei letzterem kerne 
Abrundung bei Reisen über 2 km auf 8 km stattfinden darf), 
wird aber kaum eine Erhöhung erfahren, da sonst gerechter 
Weise auch die Reisekosten der beamteten Tierärzte erhöht 
werden müßten, und Sie wissen ja, daß wir in der Furcht 
leben, man wolle auch noch diese magere Entschädigung für 
Dienstverrichtungen beschneiden. Es bleibt demnach nur die 
Einführung der Zu- und Abgangsentschädigung übrig. Würde 
sich unser Ministerium herbeilassen, diesem Vorschläge zuzu¬ 
stimmen, dann wäre wenigstens in den krassen Fällen, wo die 
Eisenbahn benutzt bzw. liquidiert werden mußte, ein Äquivalent 
für Zeitversäumnis zwischen den Zügen usw. geboten. 

Daß man übrigens an maßgebender Stelle die Bezahlung 
für die Ergänzungsfleischbeschau als verbesserungsbedürftig an¬ 
sieht, mögen Sie daraus entnehmen, daß der Herr Ressort¬ 
minister nach einer von unserem Vorstand vorgetragenen Bitte 
eine Enquete in dieser Sache veranlaßt hat. Wir können daher 
mit Dank konstatieren, daß diese Angelegenheit von unserer 
höchsten Vorgesetzten Behörde einer Lösung entgegengeführt 
wird, die berechtigte Erwartungen befriedigen dürfte. Sollte 
Ihre Beratung praktischere Vorschläge zutage fördern, so wäre 
das im allseitigen Interesse nur erfreulich. Ich glaube aber 
vor zu hochgespannten Wünschen warnen zu müssen, damit 
nicht der günstige Stand der hierauf bezüglichen Verhandlungen 
zwischen den beteiligten Ressorts ungünstig beeinflußt wird. 

Ich wende mich nun zum zweiten Teil des mir gestellten 
Themas. 


Wie glaubwürdig bekannt geworden ist, haben zwischen 
den in Betracht kommenden Dienststellen im vergangenen Früh¬ 
jahr noch keinerlei Verhandlungen wegen der Ablösung der 
Kosten für unsere Dienstreisen geschwebt Wenn daher jetzt 
solche Pläne bestehen sollten, so müßte der Herr Ressortminister 
den früher von dieser Seite geltend gemachten Widerstand gegen 
solche Regelung aufgegeben haben. Mit der Behauptung, daß 
die überwältigende Mehrheit der Kreistierärzte von einer 
Pauschalierung keine Förderung der Veterinärpolizei und ihrer 
persönlichen Interessen erwartet, verkünde ich Ihnen nichts 
Neues, es wäre aber gleichwohl wertvoll, wenn der Verein dies 
in aller Form zum Ausdruck bringt. Was nun auch die Absicht 
der hohen Staatsregierung sein möge, der Vorstand hat es für 
richtig gehalten, daß der Verein beamteter Tierärzte Preußens 
zu dieser Angelegenheit Stellung nimmt, damit bei einer späteren 
Entschließung der maßgebenden Behörden unsere Wünsche in 
dieser Frage bekannt sind und berücksichtigt werden können. 

Alle tierärztlichen Stimmen, die sich zur Sache haben 
hören lassen, sind darin einig, daß die von dem Finanzministerium 
angestrebte Pauschalierung der Kosten für Dienstreisen von 
Beamten den ausgesprochenen Zweck hat, alsbald oder in der 
Zukunft Ersparnisse zu erzielen, d. h. für die einzelne Reise 
weniger zu zahlen. Nachdem nun durch die Kreistierarztreform 
bei allen Dienstreisen, die über 67 Bahnkilometer ausmachen, 
trotz der erhöhten Tagegelder eine Verbilligung eingetreten ist, 
und andererseits der Fiskus durch Fahrkartensteuer bzw. Schnell¬ 
zugzuschläge, sowie die Fuhrunternehmer infolge der allgemeinen 
Teuerung eine Erhöhung des erforderlichen Reiseaufwands haben 
eintreten lassen, erscheint es bei der ohnehin so bescheidenen 
Bemessung unserer Entschädigungen für Dienstreisen aus¬ 
geschlossen, daß uns in irgendwelcher Form hiervon noch Ab¬ 
züge gemacht werden können. 

Die Professoren Malkmus und Schmaltz sowie der 
Veterinärrat Preuße haben in den von ihnen redigierten 
Wochenschriften die schweren Bedenken, welche gegen die 
Durchführung der Pauschalierung sprechen, geltend gemacht. 
Von den vielen guten Gründen, die dagegen angefühlt werden, 
darf ich vor Ihnen nur die drei nach meiner Ansicht schwer¬ 
wiegendsten erörtern, denn anderenfalls würde ich Ihre Zeit über 
Gebühr in Anspruch nehmen müssen. 

Reisekosten und Tagegelder haben bei den Veterinärbeamten 
eine ganz andere Bedeutung wie bei den vollbesoldeten Staats¬ 
dienern. Während diese Bezüge bei uns neben der Vergütung 
des erforderlichen Reiseaufwandes einen Teil der Bezahlung 
unserer Amtstätigkeit ausmachen müssen,' bilden die gleichen 
Aufwendungen, welche aber bewerkenswerterweise schon für 
Subalterne I. Klasse höher angesetzt sind, bei vollbesoldeten 
Beamten, wie Schmaltz sagte: „nur eine Entschädigung für 
die besondere Mühe und den besonderen Aufwand bei Reisen“, 
d. h. wir sind (namentlich in den Stellen mit starker amtlicher 
Inanspruchnahme) auf solche Überschüsse angewiesen, jene nicht. 
Die von verschiedenen Seiten und mit recht zutreffender Be¬ 
gründung gewünschte gesonderte Etatisierung der amtstierärzt¬ 
lichen Reisekosten und die Trennung dieses Titels von dem all¬ 
gemeinen Personal- und Bedürfniskostenfonds verdient unsere 
wärmste Unterstützung. 

Als zweites Hindernis bei einer beabsichtigten Pauschal¬ 
entschädigung für unsere auswärtigen Dienstgeschäfte sehe ich 



170 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


die Abfassung des Tierseuchengesetzes und der demnächst zur 
Beratung kommenden Novelle an. Unter der Geltung dieser Be¬ 
stimmungen hat lediglich die Polizeibehörde höherer oder 
niederer Ordnung, d. h. der Regel nach die Kreis- oder Orts¬ 
polizeibehörde über die Zuziehung des Kreistierarztes zu be¬ 
stimmen. Sie wissen, welche Bedeutung das im Tierseuchen¬ 
gesetz so oft wiederkehrende Wörtchen „kann“ bei vielen der 
Durchführung hygienischer Maßregeln abgeneigter Polizeibehörden 
auf dem Lande jetzt besitzt. Der Veterinärbeamte ist — man 
kann dies aus vielen Gründen sehr bedauern — in der Betätigung 
seines Außendienstes ganz von der zuständigen Polizeibehörde 
abhängig. Wenn unter der Herrschaft des jetzigen Tierseuchen¬ 
gesetzes oder der demnächst in Kraft tretenden Novelle eine 
Pauschalentschädigung für die kreistierärztlichen Dienstreisen 
eingeführt würde, so möchte das vorerwälmte Wörtchen „kann“ 
gar leicht eine ganz andere Auslegung erfahren und wir wären 
den unteren Polizeiorganen auf Gnade und Ungnade über¬ 
antwortet. Während jetzt alle Dienststellen ängstlich darauf 
bedacht sind, den Veterinärbeamten nur in den allernötigsten 
Fällen zu beordern und ihn möglichst viel Geschäfte gelegentlich 
anderer Dienstverrichtungen ausführen zu lassen, würde bei 
einer feststehenden Jahresentschädigung die Angst vor der Ober¬ 
rechnungskammer bald fortfallen. Unter dem fast nie zu ent¬ 
kräftenden Vorwände des dienstlichen Interesses würde der 
Kreistierarzt von amtseifrigen Polizeiverwaltern, ohne daß 
persönliches Übel wollen vorzuliegen oder nachweisbar zu sein 
braucht, so ausgiebig in Bewegung gesetzt werden, daß auch 
die Bestveranlagten unter uns nie nach Karls- oder Marienbad 
zu gehen brauchten. Es ist daher — und zwar nicht zum 
wenigsten im dienstlichen Interesse — die wichtigste Voraus¬ 
setzung unserer Pauschalierung, daß wir ähnlich wie die Kreis¬ 
ärzte selbständig würden. 

Auf Grund der ihm erstatteten Anzeige oder wenn ihm sonst 
der Ausbruch bzw. der Verdacht einer ansteckenden Krankheit 
bei Haustieren (im Sinne des Tierseuchengesetzes) bekannt ge¬ 
worden ist, prüft der Kreistierarzt unter eigener Verantwortung 
an der Hand der gesetzlichen usw. Bestimmungen, ob er sich 
zur Feststellung der Seuche an Ort und Stelle zu begeben hat. 
Erhebliche Bedenken kommen bei dieser Regelung nicht in Frage, 
denn in der Praxis ist es jetzt schon vielfach üblich, daß der 
Veterinärbeamte nach der bei ihm erstatteten Anzeige den er¬ 
forderlichen Auftrag ausfertigt und ihn von der zuständigen 
Behörde nur unterfertigen läßt. Bis das geschehen ist, und die 
Reise angetreten werden kann, geht zwecklos manche Stunde 
verloren. Wenn es aber der Kreistierarzt alsdann an gutem 
Willen bzw. Pünktlichkeit fehlen läßt, so werden sich der Tier¬ 
besitzer und die zuständige Polizeibehörde schnell bei der Auf¬ 
sichtsinstanz melden. 

DaB dritte, schwerwiegende Bedenken sehe ich bei unge¬ 
nügender Bemessung der Pauschale darin, daß die beamteten 
Tierärzte aus rein menschlichen Erwägungen und trotz aller 
amtlichen Verfügungen bestrebt sein werden, von ihrem Reise- 
aversum nach Möglichkeit Ersparnisse zu machen. Professor 
Malkmus trifft deshalb den Nagel auf den Kopf mit seinen 
Worten: „Während jetzt der Finanzminister über die hohen 
Reisekosten der Kreistierärzte stöhnt, kann es unter der Wirkung 
eines ungenügenden Aufwandes für Dienstreisen der Veterinär¬ 
beamten leicht kommen, daß der Landwirtschaftsminister Rück¬ 
schritte in der Bekämpfung der Tierseuchen konstatieren muß.“ 


Unser Mitglied, Krüger-Posen, erörtert nun in der B. T. W. 
unter bestimmten Voraussetzungen die Einführung eines Pauschale 
für die Reisekosten allein. Die Tagegelder und „die Seuchen, 
die eine möglichst häufige Anwesenheit des Kreistierarztes am 
Seuchenorte erfordern, sollen von der Pauschalierung aus¬ 
geschlossen bleiben.“ Ferner wünscht er neben dem Gehalt die 
Gewährung von Wohnungsgeldzuschuß und Erziehungsbeihilfen. 
Der Grund der bisherigen Versagung von Wohnungsgeldzuschuß 
an uns ist darin zu finden, daß nach den Prinzipien unseres 
Etatsrechtes ein solcher Zuschuß nur an vollbesoldete Beamte 
gegeben wird. Es kann also glattweg als ausgeschlossen an¬ 
gesehen werden, daß man das m. W. bis jetzt aufrecht erhaltene 
Prinzip zu unseren Gunsten durchbricht. Sollten die Bezüge 
jedoch durch eine Gehaltserhöhung gebessert werden, meint 
Krüger, so müßten mindestens die Sätze von 1800 bis 
3600 M. neben einer ausreichenden Dienstunkostenentschädigung 
gewährt werden. Als Bekrönung seiner Wünsche hofft er, 
daß sich der Staat alsdann leichter zur Verleihung der fünften 
Rangklasse mit dem Tagegeldersatz von 12 bzw. 15 M. herbei¬ 
lassen würde. 

Nun, meine Herren, wenn die hohe Staatsregierung uns 
derart intensiv von der Sonne ihres Wohlwollens bescheinen 
läßt, dann bin ich auch für eine Pauschalierung, und nur un¬ 
verbesserliche Nörgler oder Kollegen in ganz großen Stellen 
werden sich geschädigt fühlen. Auch die sonstigen von Krüger 
geltend gemachten Vorteile (Unabhängigkeit, sichere Einnahme, 
Wegfall des Rechnungswesens) dürften problematischer Natur 
sein, z. B. bleibt sicher „die mit den Reisekosten-Liquidationen 
für Kreistierärzte verknüpfte Arbeit“ im wesentlichen bestehen, 
da die Vorgesetzten Behörden aus den weiter einzureichenden 
Nach Weisungen, gleichviel ob man dieselben Liquidationen, 
Tagebücher oder anders nennt, nach Kilometer, Mark und 
Pfennigen berechnet, werden ersehen wollen, was der Kreistierarzt 
für das gewährte Pauschale denn nun wirklich geleistet hat. 

Wenn ich die Zeichen der Zeit richtig deute — nach 
Zeitungsmitteilungen sollen, abgesehen von den Finanznöten des 
Reiches, allein im Personenverkehr der Staatsbahnen im 
laufenden Rechnungsjahr 40 Millionen Mark weniger eingekommen 
sein, wie erwartet worden ist, — so wird der Herr Finanz¬ 
minister, sofern unsere Pauschalierung überhaupt in Frage 
kommt, dieselbe nur bei einer sich für den Staat ergebenden 
Ersparnis oder allerhöchstens bei einer jahrelangen Festlegung 
des jetzigen Ausgabesolls für amtstierärztliche Reisen unter¬ 
nehmen. Das erstere muß unser vorgesetztes Ministerium aus 
sachlichen und persönlichen Rücksichten ablehnen und auch das 
andere (die mehrjährige Festlegung des heutigen Bedarfes) be¬ 
deutete im Hinblick auf die bevorstehende Novelle zum Tier¬ 
seuchengesetz und die hierdurch bedingte, wesentlich höhere 
Beanspruchung der kreistierärztlichen Leistungsfähigkeit eine 
unbillige Härte, sofern keine ausreichenden Kompensationen 
gewährt werden. Wird unsere Pauschalierung in Angriff ge¬ 
nommen, dann könnte bei ihrer Bemessung nach dem derzeitigen 
Bedarf nur durch eine Erhöhung des Gehaltes und die Fort¬ 
gewährung der Tagegelder der notwendige Ausgleich für die 
unausbleibliche Mehrarbeit geschaffen werden. 

Nachdem wir bei der letzten allgemeinen Gehaltserhöhung 
der Beamten nicht mitgenommen worden sind, wäre es doppelt 
bitter, wenn man uns jetzt mit dem Hinweis auf die Reform von 
1905 abermals leer ausgehen ließe. Also nicht nur im Hinblick 




27. Februar 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


171 


auf die eventuell bevorstehende Pauschalierung, sondern auch 
genau mit derselben Begründung wie die übrigen Beamten, dürfen 
wir eine Erhöhung des Gehaltes erbitten. Immerhin werden 
sich unsere Ansprüche auf ein Grundgehalt von 1800—3000 M. 
beschränken müssen. Zum Ausgleich ungünstiger örtlicher Ver¬ 
hältnisse und besonders starker, außergewöhnlicher Anforderungen 
an das Pauschale dient ein Stellenzulage- und Ausgleichsfonds 
von mindestens derselben Höhe wie der jetzige Zulagefonds. 
Ist es zu erreichen, so muß die Einführung von Dienstnlters- 
stufen als ein erheblicher Vorteil bezeichnet werden: icli rate 
aber, das »Schifflein unserer Wünsche nicht mit zu viel Spezial¬ 
gepäck zu befrachten, es möchte sonst in der Gegend des 
Kastanienwäldchens in Berlin kentern. 

Aus demselben Grunde rate ich ab, die unverkürzten Tage¬ 
gelder der 5. Rangklasse zu erstreben. So nötig wie zur Er¬ 
reichung der erforderlichen Selbständigkeit im Falle einer 
Pauschalierung die Einreihung unter die höheren Beamten ist, 
so sicher sehe ich die Ablehnung dieses Postulates voraus, wenn 
wir zugleich die zugehörigen Tagegelder verlangen. Das mag 
bitter sein, aber nachdem wir nun einmal die ermäßigten Tage¬ 
gelder erhalten haben, können sie notgedrungen ebenso gut als 
ermäßigte Diäten für höhere Beamte passieren. An sich würde 
das unserem Ansehen nicht abträglich sein. Man kann ja doch 
darauf hinweisen, daß die meisten Dienstreisen nicht einen 
vollen Tag in Anspruch nehmen. Der einwandfreie Grad als 
höherer Beamter — nicht bloß der gleichsam als testimonium 
senectutis verliehene Charakter — ist für den Stand der 
Veterinärbeamten mehr wert, wie die um etliche Mark höheren 
Tagegelder. 

Andererseits trete ich mit vollstem Nachdruck für die Bei¬ 
behaltung der Tagegelder bei einer ev. Pauschalierung ein, weil 
sie ein wertvolles Korrelativ gegen unnötige Zuziehungen ä Konto 
des Pauschale bilden und weil sie zum anderen verhindern, daß 
die Kreistierärzte, um Ersparnisse an ihrem Pauschale zu er¬ 
zielen, in zweckwidriger Weise Dienstgeschäfte für eine Rund¬ 
reise sich aufsammeln lassen. Auf diese Art bleiben alle 
Faktoren an einer zweckdienlichen Handhabung der Veterinär¬ 
polizei interessiert. 

Es versteht sich von selbst, daß im Falle der Einführung 
eines Reisskostenpauschale von Zeit zu Zeit, d. h. alle drei 
oder fünf Jahre, eine Neufestsetzung, entsprechend dem Umfang 
der Geschäfte in der verflossenen Periode, stattzufinden hätte; 
es könnte also auch eine Herabminderung eintreten. 

Man wird aber gerechterweise bei der erstmaligen Be¬ 
rechnung nur einen gleich langen Zeitraum (die drei oder fünf 
letzten Jahre) berücksichtigen können, so angenehm auch für 
viele Stellen die Einbeziehung der hohen Reisekosten aus der 
Zeit der Maul- und Klauenseuche im Anfang dieses Jahrhunderts 
sich geltend machen würde. Dienstreisen über die Kreisgrenze, 
z. B. bei Vertretungen, fallen nicht dem Pauschale zur Last. 
Der Vertreter erhält den auf die Vertretungszeit entfallenden 
Anteil des betr. Pauschale und aus der Staatskasse nach 
billigem Ermessen eine Entschädigung für die mehr zurück¬ 
gelegte Entfernung. Der Staat pflegt ja bei Vertretungen häufig 
an Tagegeldern zu sparen, da der Vertreter solche nur einmal 
angerechnet bekommt, während nicht selten am selben Tage in 
beiden Kreisen Amtshandlungen zu vollziehen sind. 

Der Bezirkstierarzt Dr. E11 inger-Neustadt teilte mir am 
26. d. M. liebenswürdigerweise mit, wie in Sachsen-Weimar 


die Pauschalierung der beamteten Tierärzte festgelegt worden 
ist. Die Großherzoglichen Bezirkstierärzte dortselbst beziehen 
ein Gehalt von 1500 bis 2800 Mark und 1200 Mark Bausch¬ 
vergütung für Reisekosten. „Daneben werden sogenannte 
Pferdefutter — 3 ä 0,75 Mark pro die — gewährt, insgesamt 
also 1200 -f 450 = 1650 Mark.“ Schließlich erhalten diese 
Kollegen noch 6 Mark Tagegelder. 

Es ist mir nicht bekannt, wie groß die Amtsbezirke in 
Sachsen-Weimar sind und welchen Umfang die Diensttätigkeit 
der dortigen Bezirkstierärzte hat. Das kann ich aber jedenfalls 
aussprechen, daß eine durchschnittliche Bauschsumme von 
1650 M. für die meisten Kreise in den östlichen Provinzen 
Preußens zur Abgeltung der veterinärpolizeilichen Reisekosten 
der Kreistierärzte nicht ausreichen dürfte. Darüber ist man 
jedoch an den maßgebenden Stellen durch unsere Forderungs¬ 
nachweise genauer unterrichtet, wie es der einzelne Beamte 
sein kann. Im übrigen kommen selbst innerhalb der einzelnen 
Regierungsbezirke so erhebliche Unterschiede im Geschäfts¬ 
umfange bei den Kreistierärzten vor, daß für preußische Ver¬ 
hältnisse eine einheitliche Festsetzung der Bauschvergütung der 
Reisekosten völlig ausgeschlossen erscheint. Die gesonderte 
Berechnung des Pauschales für jeden Kreis ist nicht zu um¬ 
gehen, wenn nicht unerträgliche Härten für eine große Anzahl 
Stellen resultieren sollen. 

Die Berechtigung zur Ausübung der Praxis bleibt be¬ 
stehen, so lange wir nicht voll besoldet sind. 

Die Formulierung weitergehender Wünsche, als da sind: 
höheres Gehalt (3600 oder 4200 M.), Erhöhung des Amtsunkosten- 
aversums, Wohnungsgeldzuschuß, Erziehungsbeihilfen, Bestellung 
eines amtlichen Assistenten glaube ich Ihnen nicht empfehlen 
zu können. Andererseits sind meine Vorschläge so bemessen, 
daß sie nach meiner Ansicht keine Abstriche vertragen können, 
wenn billige Anforderungen erfüllt, stabile Verhältnisse geschaffen 
und echte Dienstfreudigkeit erhalten werden sollen. 

Nach meinen vorstehenden Ausführungen kann es nicht 
zweifelhaft sein, welche Resolution ich Ihrer Beschlußfassung 
unterbreiten werde: 

Der Vorstand wird beauftragt, den Herrn Ressortminister 
zu bitten 

principaliter,* daß Seine Exzellenz ihren Einfluß, sowohl im 
Interesse der Veterinärpolizei wie der beamteten Tierärzte, 
für die Ablehnung des Pauschales geltend machen möge, 
eventualiter, daß 

1. die Tagegelder von einer beabsichtigten Pauschalierung 
ausgeschlossen bleiben, 

2. unser Gehalt auf 1800— 3000 M. erhöht und 

3. unter Verleihung der 5. Rangklasse (ohne deren Kom¬ 
petenzen) eine entsprechende Änderung im Requisitions¬ 
wesen verfügt werden möge. 

Der Verein beamteter Tierärzte würde es als eine hohe 
Auszeichnung zu schätzen wissen, wenn der Herr Ressort¬ 
minister zu gegebener Zeit eine von ihm zu ernennende Kom¬ 
mission von Veterinärbeamten über die vorliegende Materie gut¬ 
achtlich zu hören geruhte. 

Das vorzügliche Referat wurde mit lautem Beifall belohnt. 
Die ausführliche und sachgemäße Behandlung der Frage ver¬ 
schmerzte das Nichterscheinen des Korreferenten, Herrn Jacobi- 
Pleschen, der in letzter Stunde durch wichtige heimatliche 
Bürgerpflichten zurückgehalten wurde. 







172 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


In der Debatte wies Herr Geheimrat Schroeter darauf hin, 
daß eine Änderung im Requisitionswesen, das auf einem 
ReichBgesetz beruhe, eine Änderung dieses Gesetzes notwendig 
machen würde und betonte ferner, daß nach einem erst drei¬ 
jährigen Bestehen der Reform auf eine prinzipielle Änderung 
des Gesetzes betr. die Dienstbezüge der Kreistierärzte nicht zu 
rechnen sei. Sollte bei den Kreistierärzten die Pauschalierung 
früher oder später einmal kommen, was bei der bereits be¬ 
antragten Pauschalierung der Kreisärzte nicht im Bereich der 
Unmöglichkeit liege, dann dürfe das erwähnte Sparsystem nicht 
die treibende Kraft sein. Es sollen nur die Schwankungen der 
Ausgaben vermieden werden, und auch er sei der Ansicht, daß 
ein Ausgleichfonds zur Vermeidung von Härten notwendig sei. 
Bei diesem Standpunkt der Regierung brauche man eine 
Pauschalierung nicht zu fürchten. Herr Wer mb t er-Orteisburg 
warnte vor einer festen Formierung der Gehaltssätze. Man 
wisse ja gar nicht, ob das Ministerium nicht noch höhere 
Sätze zu bewilligen beabsichtige, als man erbitten wolle. Unter 
Berücksichtigung der gemachten Einwände wurde dann folgende 
Resolution gegen eine Stimme, die sich für ein Pauschale 
aussprach, beschlossen: 

Der Vorstand wird beauftragt, den Herrn Minister zu bitten, 
prinzipaliter, daß Seine Exzellenz Ihren Einfluß, 
sowohl im Interesse der Veterinärpolizei wie 
der beamteten Tierärzte für die Ablehnung des 
Pauschale geltend machen möge 
eventualiter, daß 

1. die Tagegelder von einer beabsichtigten Pauscha¬ 
lierung ausgeschlossen bleiben, 

2. unser Gehalt entsprechend erhöht werden möge. 

Die von dem Referenten im ersten Teil seines Vortrages 

als unzulänglich gekennzeichnete Entschädigung für die 
Reisen in Ausübung der Ergänzungsbeschau wurde 
einer Besprechung und Beschlußfassung nicht unterworfen. Denn 
es sei bekannt, daß die Regierung in dieser Hinsicht über die 
Wünsche der Tierärzte wohl informiert und auch bereits in 
Untersuchungen eingetreten sei, auf welche Weise eine Ver¬ 
besserung des unbefriedigenden Zustandes herbeizuführen sei. 

Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurde nur dem Wunsche 
Ausdruck verliehen, daß diese Angelegenheit bald im günstigen 
Sinne erledigt werden möchte. 

Nach vierstündiger Verhandlung folgte nun eine Erholungs¬ 
pause. Während dieser empfahl sich der Herr Geheimrat 
Schroeter, dessen An sich knapp bemessene Zeit leider ander¬ 
weitig in Anspruch genommen wurde. (Fortsetzung folgt.) 

Berufungen an die Berliner Tierärztliche Hochschule. 

Der Lehrstuhl Munks ist nunmehr besetzt worden. Als 
Ordinarius der Physiologie ist der bisherige Privatdozent an 
der Universität zu Berlin, Professor Dr. Abderhalden, ein 
Schweizer von Geburt, berufen worden und hat die Berufung 
angenommen. Abderhalden vertritt speziell die chemische 
Physiologie, hat sich durch seine Arbeiten bereits ungeteilte 
Anerkennung und den Ruf eines der bedeutendsten jungen 
Physiologen erworben und ist Verfasser eines allgemein ge¬ 
schätzten Lehrbuches. Schon im Beginn der Beratungen über 
die Besetzung der vakanten Professur war sein Name neben 
den Durigs gestellt worden. 


In Tageszeitungen soll ferner die Nachricht auf getaucht 
sein, daß Professor Löffler-Greifswald zum Professor der 
Hygiene an der Tierärztlichen Hochschule ernannt sei. Diese 
Nachricht ist nicht zutreffend. 

Militärveterinärakademie. 

Die Studentenschaft der Königlichen Militärveterinär¬ 
akademie feierte am 20. Februar zum ersten Male einen eigenen 
Kommers. Die drei an derselben jetzt offiziell aufgetanen Ver¬ 
bindungen, welche einen C. C. gebildet haben, und die nicht- 
inkorporierten Studierenden hatten sich dazu vereinigt. Diese 
Entwicklung auch des studentischen Lebens an der Militär¬ 
akademie ist sehr erfreulich. Gewiß werden die Studierenden 
durch besonnene Beobachtung der unerläßlichen Rücksicht auf 
den militärischen Charakter der Akademie für die ungestörte 
Weiterentwicklung selbst am besten sorgen. S. 

Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz, Veterinär-medizinische Sektion. 

II. Wintersitzung, Sonntag, 8. März 1908, nachm. 37a Uhr 
im Sitzungssaal der Gesellschaft, Am Museum l 1 * 

Tagesordnung: 

1. Eingänge. 

2. Vortrag des Königlichen Medizinalrats Herrn Professor 
Dr. Roeder von der Tierärztlichen Hochschule Dresden: 
„Über die Fortschritte der Technik der Kastration der Pferde.“ 

3. Preisarbeit für das 100jährige Jubiläum der Gesellschaft 
und Verschiedenes. 

(Ȋste willkommen. Um zahlreiches Erscheinen ersucht 
Der Sektions-Vorstand 

Borchardt-Görlitz Steffani-Bautzen 

Veterinärrat, Kgl. Kreistierarzt Kgl. Bezirkstierarzt. 

Bemerkung: Herr Medizinalrat Professor Dr. Roeder trifft 
voraussichtlich 12 14 in Görlitz ein und findet für die auswärtigen 
Herren gemeinschaftliches Mittagessen um 1 Uhr im Hotel-Strauß, 
Marienplatz, statt. Teilnehmer wollen sich beim Schriftführer melden. 

Von 2—3 7a Uhr: Besichtigung des Museums unter persönlicher 
Leitung des Museumsdirektors Herrn Dr. v. Rabenau. 


Personalien. 

Ernennungen: Tierzuchtinspektor-Assistent Haderer -Weiden zum 
Tierzuchtinspektor bei den Zuchtverbänden für Kelheimer Vieh und 
für Fleckvieh der Oberpfalz mit dem Wohnsitz in Regensburg. 
Tierarzt Herrmann Hellmuth- Neukirchen bei Heiligenblut zum 
Distriktstierarzt daselbst. Dem Distriktstierarzt Karl Reimann- 
Berchtesgaden ist die Schlachthaustierarztstelle daselbst übertragen 
worden. 

Verzogen: Tierarzt FYanx Xaver Schühlein -Mammendorf nach 
Starnberg (Oberbay.). 

Promoviert: Die Herren August Iximbardt aus Unna-Königsborn, 
Heinrich Levedag in Löningen (Oldenb.) zum Dr. med. vet. in Gießen. 

ln der Armee: Bayern: Im Beurlaubtenstande: Abgang: 
Dem Oberveterinär Lehner der Landw. 1. Aufgebots (Regensburg) 
der Abschied bewilligt. 

Todesfall: Kreistierarzt a. D. Herrmann Klein in Berlin. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 6.) 

Staatstierarztetelle: Hamburg: Gehalt 9000 M., steigend bis 
11 000 M. Bewerbungen höher gestellter Tierärzte mit wissenschaft¬ 
lichem Ruf bis zum 10. März an die Polizeibehörde. 

Schlachthofstellen : Duisburg-Meiderich: 1. Tierarzt als 
Assistent des Direktors. Gehalt 3000 M. Bewerb, bis 10. März an 
die Verwaltungsstelle Duisburg-Meiderich. — Erfurt: Schlachthof¬ 
tierarzt zum 1. Mai. Gehalt 3400 M., steigend bis 4900 M. Bewerb, 
bis 12. März an den Magistrat. — Essen: Obertierarzt zum 1. April. 
Gehalt 3500 M., steigend bis 5750 M. Bewerb, bis 10. März an den 
Oberbürgermeister. 

Besetzt: Die Assistentenstelle am Veterinärinstitut der Uni¬ 
versität Leipzig. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. Btixenstein, Berlin. 






Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoets ln 
Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Dnrch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe rum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei Ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 50 Mk., in Petitsats mH 
00 Mk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
au senden an Prof. Dr. SchmalU, Berlin, Tierärzt* 
liehe Hochschule, NW., Luisenstrafle 56. Korrekturen, 
ResensionB-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Kedaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


De Bruiit 

Glage 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Professor 

Professor 

Departementstierarzt 

Kreiatierarzi 

Departeraentstierarzt 

Departementstierarzt 

Utrecht. 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. i. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündel 

Professor 

Professor 

Professor 

Professor 

Landestierarzt r. Bayern 

Kreistierarzt 

Dresden. 

Dresden. 

Freiburg i. Br. 

Dresden. 

München. 

Mülhansen i. E. 


Jahrgang 1908. J\s. 10 . Ausgegeben am 5. März. 

Inhalt: Kühn: Betrachtungen über die sogenannte Bornasche Krankheit. — Bugge und Albien: Vorläufige Mitteilung 
über die „Enteritis chronica bovis pseudotuberculosa“. — Graffunder: pie Schutzimpfungen gegen die 
Hämoglobinurie der Rinder pro 1907 im Kreise Landsberg a. W. — Mayr: Kehlkopftuberkulose des Rindes.— 
Leeb: Milzbrand beim Schwein. — Storch: Strabismus deorsum vergens bei der Kuh. — Jewasinski: Hengst oder 
Stute. — Referate: Geflügelzucht und Geflügelkrankheiten: Freese: Über seuchenhafte Erkrankungen mit septi- 
kämischem Charakter bei Kanarienvögeln. — Jungklaus: Pathologisch-anatomische Untersuchungen bei akuter und chronischer 
Geflügelcholera. — Höyberg: Untersuchungen über die Immunität der Vögel gegen die Muskeltrichinose. — Klee: Eine 
merkwürdige Neubildung am Kopfe einer Taube. — Kellermann: Polyneuritis der Hühner — Über die Konstruktionen von 
Brutmaschinen. — Wctt-Eierlegen deutscher Hühner. — Tagesgeschichte: Schmaltz: Die Lage der praktischen Tierärzte und 
ihre Beteiligung bei der Veterinärpolizei — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Tagung des Kgl. preuß. Landee-Ökonomie- 
Kollegiums. — Zum Tollwutgesetz. — Verschiedenes. — Nahrungtmittöikunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Verschiedenes. — 
Personalien. — Vakanzen. 


Betrachtungen Uber die sogenannte Bornasche 
Krankheit. 

Von Veterinärrat KQhn-Zeitz. 

Das vergangene Jahr hat leider wieder vielfach Gelegenheit 
geboten, Erfahrungen über die Bornasche Krankheit zu sammeln. 
Die empfindlichen Verluste, die sie der Landwirtschaft zufügt, 
hat es von neuem schmerzlich in Erinnerung gebracht, daß bis 
jetzt nicht nur kein Heilmittel gefunden ist, sondern daß auch 
alle prophylaktischen Maßregeln sich als unwirksam heraus- 
gesteHt haben. Da diese prophylaktischen Maßregeln auf den 
Ergebnissen der Angestellten wissenschaftlichen Untersuchungen 
basieren, so drängt sich einem immer wieder die Frage auf, ob 
man denn auch mit jenen Forschungen auf dem richtigen Wege 
gewesen sei. Ich will, als einfacher Praktiker, die ans der 
wissenschaftlichen Forschung gezogenen Schlüsse nicht in Zweifel 
ziehen; es mag mir aber. erlaubt sein, die auf Grund meiner 
Beobachtungen am lebenden Tiere gesammelten Erfahrungen 
hier kurz zn berichten. Es wird sich dabei allerdings zeigen, 
daß die ans diesen Beobachtungen sich ergebenden Schlüsse mit 
den aus der wissenschaftlichen Forschung gezogenen oft nicht 
in Einklang zu bringen sind. Vielleicht wird dadurch ein An¬ 
stoß gegeben, die Erforschung der Bornaschen Krankheit, die 
auf einem toten Punkt angekommen zu sein scheint, von neuem 
in Fluß zu bringen. Vor allem möchte ich die praktizierenden 
Herren Kollegen bitten, meine Beobachtungen vorurteilsfrei 
nachzuprüfen und somit auch an ihrem Teile zur Lösung dieser 
so überaus wichtigen Frage beizutragen. 

Die Bornasche Krankheit befällt, wie wir wissen, Pferde 
jeden Alters, jeder Rasse, jeden Geschlechts. Sie kommt in dem 
von ihr eroberten Gebiete auf den Höhen, wie in den Tälern, 
auf leichtem, wie auf schwerem Boden, auf durchlässigem und 
auf undurchlässigem Untergrund vor. Aber zwei Eigentümlich¬ 
keiten hat sie: 


1. Sie sucht ihre Opfer fast ausschließlich unter den in der 
Landwirtschaft beschäftigten Pferden, während sie die in der 
Industrie beschäftigten nur ausnahmsweise und meist nur dann 
befällt, wenn sie gelegentlich auch in der Landwirtschaft be¬ 
schäftigt werden. Die Industriepferde werden auch dann nur 
ausnahmsweise befallen, wenn sie in ländlichen Ortschaften unter¬ 
gebracht sind und die Pferde der Landwirtschaft erkranken auch 
dann, wenn sie in Städten wohnen. Es ist dabei gleichgültig, 
ob die Pferde mit Teich-, Fluß-, Grund- oder Quellwasser 
getränkt werden. Auch Pferde, die ausschließlich Leitangs¬ 
wasser bekommen, sind dadurch nicht vor der Erkrankung 
geschützt, wenn sie eben in der Landwirtschaft beschäftigt 
werden. 

Beide Pferdesorten unterscheiden sich hauptsächlich durch 
die Art ihrer Beschäftigung, zum geringeren Teile auch durch 
die Art der ihnen gereichten Nahrung. Während das Industrie¬ 
pferd auf harten, meist gepflasterten Straßen Lasten dahin¬ 
schleppt und als Nahrung nur trockenes Futter — Hafer und 
Heu — erhält, wühlt das Ackerpferd mit dem Pflug den Boden 
auf und erhält außer Hafer und Heu auch Grünfutter und ge¬ 
legentlich auch Rüben, hie und da jiueli Kartoffeln. Das Acker¬ 
pferd kommt also mit dem frisch aufgewühlten Boden in Be¬ 
rührung, es nimmt auch Nahrung auf, die frisch vom Felde 
kommt und der fast immer Bestandteile der Ackerkrumme an¬ 
haften, während das Industriepferd nur selten auf schmutzigen 
Feldwegen direckt mit dem losem Boden in Berührung kommt 
und zur Aufnahme von Grünfutter fast nie Gelegenheit hat. 

Da beide Sorten von Pferden mit demselben Wasser getränkt 
werden, so drängt sich ans dieser Beobachtung zwingend die 
Annahme auf, daß die krankmachende Schädlichkeit im Acker 
liegen muß und entweder hei der Feldarbeit oder mit dem frisch- 
gewbrbenen Grünfutter nsw. in die Tiere gelangt. Unterstützt 
wird diese Folgerung dnrch die Tatsache, daß die meisten Er¬ 
krankungen in der Zeit eintreten, in der die Bestellung der 








174 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Felder stattfindet und Grünfutter verabreicht wird, also im 
zweiten und dritten Vierteljahr. Ob die Infektion nur auf dem 
Verdauungswege oder auch von der unverletzten Haut der Füße 
aus oder endlich durch gelegentliche kleine Wunden an den 
Füßen geschieht, mag zunächst dahingestellt bleiben. 

Eine weitere Stütze findet die Annahme, daß der Schädling 
sich im Boden befindet, in der Art der Ausbreitung der Krank¬ 
heit. Diese ist, von dem Orte des ersten Auftretens der Krankheit 
aus, kreisförmig erfolgt — ^hne Rücksicht auf die Boden¬ 
gestaltung und verhältnismäßig langsam. Man muß annehmen, 
daß die Krankheit, wenn der von der Wissenschaft im Wasser 
nachgewiesene Diplococcus die Ursache sein soll, sich ziemlich 
schnell und vor allem den Flußläufen folgend ausgebreitet haben 
würde. Bei der Vermehrungsfähigkeit der Mikroorganismen 
hätte man erwarten müssen, daß das ganze Stromgebiet der 
Elbe schon längst total verseucht wäre; denn es kann nicht 
bestritten werden, daß auch die aus den Brunnen stammenden 
Keime durch die Abwässer wieder tn die Flußläufe gelangen. 

Die zweite Eigentümlichkeit der Bornaschen Krankheit 
besteht in der Verschiedenartigkeit ihrer Erscheinungen. Sie 
bildet kein einheitliches, typisches Bild, sondern kommt in so 
verschiedenen Formen vor, daß sie zuweilen selbst vom er¬ 
fahrenen Tierarzt nicht sofort mit Sicherheit erkannt werden 
kann. Wichtig ist ferner folgende Feststellung: die Krankheit 
verläuft bis zum Eintritt der den Tod bedingenden Komplikationen 
fast fieberlos, d. h. es ist weder eine nennenswerte Erhöhung 
der Innentemperatur, noch eine solche der Puls- und Atem¬ 
frequenz vorhanden. — Die von mir beobachteten Krankheits¬ 
formen zeigten folgende Erscheinungen: 

1. Halbseitige Lähmung mit Manegebewegungen. Die 
Patienten können das Futter nur von der gesunden Seite — 
meist der linken — aufnehmen, kauen und abschlucken. Bei 
der Wasseraufnahme wird der Kopf bis über die Maul Winkel in 
den Eimer gesteckt. 

2. An den Lippen beginnende und sich schnell in der 
Richtung nach oben ausbreitende Lähmung der Backen, der 
Zunge und des Schlundkopfes beider Kopfhälften. Die Pferde 
können bald nach dem Einsetzen der Krankheit das Futter mit 
den Lippen nicht mehr erfassen, dagegen wird das auf den 
Zungengrund geschobene Futter noch gekauet und abgeschluckt. 
Wasseraufnahme gelingt im Beginne noch mit tief in den Eimer 
gestecktem Kopf, später nicht mehr. Die Patienten schleudern 
dann mit dem Kopf im Wasser hin und her, können aber wegen 
der Zungenlähmung Wasser nicht mehr einsaugen. 

3. Allgemeiner Reizzustand. Sonst fromme Pferde beißen 
und schlagen heftig, sie gehen gegen jedermann angreifend vor 
und suchen Personen, die''in den Stand treten, an die Wand 
zu drücken. Weiterhin tritt allgemeine Abgeschlagenheit und 
Schlummersucht ein. 

4. Die Patienten erscheinen kaum nennenswert traurig, sie 
fressen und saufen ohne Beschwerde, sind jedoch keinen Schritt 
vorwärts zu bringen, dagegen gehen sie sowohl freiwillig, wie 
auf Anregung sehr gut rückwärts. Angelegt zerreißen die 
Patienten durch das leidenschaftliche Zurücktreten jede Halfter. 

5. Epileptiforme Anfälle. Die Pferde stehen meist 
schlummernd da, wachen zeitweise auf und nehmen Futter und 
Getränk in normaler Weise auf. Ergreift man sie aber — tiuch 
wenn sie munter sind und mit Vorsicht — am Halfter und 
versucht sie fortzuführen, so stürzen sie in eigentümlicher 


Weise nieder. Es bleiben dabei alle vier Füße fest am Boden 
stehen und das Pferd sinkt nach hinten zusammen, so daß das 
Brustbein den Boden berührt, während das Hinterteil noch fast 
aufrecht steht. Nach ca. einer Minute erhebt es sich aus dieser 
Stellung und kann nun fortgeführt werden, ohne daß sich der 
Anfall wiederholt. Nach kurzem Stehen an der Krippe kann 
das Experiment mit demselben Erfolg wiederholt werden. 

Übergänge einer Krankheitsform in eine andere oder gleich¬ 
zeitiges Auftreten zweier Formen an demselben Patienten habe 
ich nicht beobachtet. 

Aus diesem verschiedenen Verhalten der Patienten ziehe ich 
den Schluß, daß bei der Bornaschen Krankheit in allen Fällen 
das Gehirn erkrankt ist, daß aber in keinem Falle das ganze 
Gehirn leidet, sondern daß es sich in jedem einzelnen Falle nur 
um einen ganz bestimmten und zwar sehr kleinen Gehirnabschnitt 
handelt. Von der Erkrankung können alle Teile des Gehirns 
betroffen werden, es gibt jedoch Gehirnabschnitte, die häufiger 
betroffen werden, als andere. — Aus dem Verlauf der Krankheit 
schließe ich weiter, daß der erkrankte Gehirnabschnitt regel¬ 
mäßig zugrunde geht. Es tritt deshalb ein Versagen aller 
derjenigen Funktionen ein, die von dem erkrankten Hirnteil 
abhängig sind. Die Störung ist auch irreparabel, da an die 
Stelle des ausgefallenen Gehirnabschnittes nur funktionsunfähiges 
Narbengewebe treten kann. Die Patienten, diedie Krankheit 
überstehen, bleiben deshalb meist blind, dumm oder taumelnd im 
Gang; nur in den Fällen, wo vielleicht der Geruchs- oder 
Gehörssinn gestört bleibt, treten diese Erscheinungen nicht so 
auffallend schwer hervor. 

Es fällt einem schwer, diesen eigenartigen Krankheits- 
verlauf als die Wirkung eines Mikroorganismus aufzufassen. 
Sind pathogene Keime in den Organismus gelangt, so fangen 
sie zunächst an, sich massenhaft zu vermehren und dann ihre 
verschieden geartete verderbliche Tätigkeit auszuüben. Diese 
Tätigkeit erstreckt sich immer auf größere Abschnitte des für 
die Wirksamkeit des eingedrungenen Schädlings in Frage 
kommenden Körperteils und der Organismus reagiert dagegen 
regelmäßig durch bedeutende Steigerung der Innentemperatur 
und der Herztätigkeit. Von alledem sieht man bei der Bornaschen 
Krankheit nichts. Wohl beginnt die Krankheit meist unter 
den Erscheinungen eines Magenkatarrhs; die hierbei beobachteten 
Temperatursteigerungen gehen jedoch nur wenige Dezigrade über 
das Normale hinaus. Sprechen die Krankheitserscheinungen aber 
gegen einen Mikroorganismus, dann kann nur ein höher organisierter 
Schädling in Frage kommen. Es hat in der Tat unter Berücksich¬ 
tigung des oben angeführten, vielVerführerisches, anzunehmen, daß 
ein Insekt seine Eier in die Ackerkrume oder auf die Futterpflanzen 
absetzt und daß eins oder mehrere von dort in den Magen der 
Pferde gelangen, oder daß die in der Erde aus den Eiern aus¬ 
geschlüpften Larven sich von der unverletzten Haut der Beine 
aus oder auch durch kleine Wunden in den Körper Eingang 
verschaffen, daß sie nach Art gewisser Bandwurmlarven eine 
Reise zum Gehirn antreten und hier durch mechanische Reizung 
einen kleinen Entzündungsherd und seine Folgen veranlassen. 
Es ließe sich so auch die Tatsache erklären, daß alle Medikamente 
fruchtlos waren, daß ein wirksames Serum gegen die Krankheit 
nicht hergestellt werden konnte, daß es bis jetzt nicht gelungen 
ist, mit Hilfe des Diplococcus wirkliche Bornasche Krankheit zu 
erzeugen und endlich auch die Tatsache, daß die Krankheit 
unmittelbar von einem Tier auf ein anderes nicht übertragen 



5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


175 


wird. Der Umstand, daß die Krankheit nur in seltenen Fällen 
in einem Gehöft mehrere Pferde befällt — im Jahre 1907 
wurden im Reg.-Bez. Merseburg in 402 Gehöften 430 Pferde 
betroffen — ja oft nur im ganzen Orte ein Pferd nimmt, be¬ 
günstigt ebenfalls die Annahme, daß es sich um einen höher 
organisierten Schädling handelt, der nur in verhältnismäßig 
wenigen Exemplaren vorhanden ist und der nur unter besonders 
günstigen Verhältnissen seinen Weg in das Tier findet. 

Nach obigen Ausführungen würde man zur Verhütung der 
Krankheit in den bedrohten Bezirken den Pferden weder Grün- 
futter noch Rüben oder Kartoffeln im rohen Zustande verabreichen 
dürfen und müßte ihnen während der Zeit, wo sie Feldarbeit 
verrichten, jeden Abend die Füße mit lOproz. Kreolinseife unter 
Anwendung einer Bürste abwaschen. Der Weidegang der Pferde 
müßte eingestellt und das Fressen von Grünfutter während des 
Futterholens streng verhindert werden. Die Gehirne der an der 
Boraaschen Krankheit gefallenen oder deswegen getöteten Pferde 
müßten unschädlich beseitigt werden. 

Sache der wissenschaftlichen Forschung würde es sein, die 
Gehirne inkl. Gehirnanliang solcher Pferde genau auf kleine 
Krankheitsherde zu untersuchen und dabei auf den etwaigen 
dort vermuteten Schädling zu fahnden. Erleichtert würde diese 
Aufgabe werden, wenn jedem eingesandten Gehirn eine Be¬ 
schreibung der im Leben beobachteten Störungen, insbesondere 
der beobachteten Lähmungserscheinungen beigegeben würde. 


(Aus dem bakteriologischen Institut für Tierseuchen in Kiel.) 

Vorläufige Mitteilung über die „Enteritis chronica 
bovis pseudotuberculosa“. 

Von Dr. Bugge und W. Albien. 

Johne und Frothingham, Lienaux, Bongert und 
andere, vor allem aber Bang, haben eine chronische Darm¬ 
krankheit der Rinder beschrieben, für die von Bang der 
Name „Enteritis chronica bovis pseudotuberculosa“ vorgeschlagen 
ist. Die von dieser Krankheit betroffenen Rinder leiden an 
chronischen, unstillbaren Durchfällen, die zur Kachexie und 
schließlich zum Tode führen. In den Mesenterialdrüsen und 
dem Darmschleim findet man ungewöhnlich zahlreiche, säure¬ 
feste (Bazillen; sie sind den Tuberkelbazillen ähnlich, aber kürzer 
und zu charaktieristischen Nestern gelagert. 

Ais Johne und Frothingham den ersten Fall beobachteten, 
hielten sie die Krankheit für Tuberkulose. Diese Diagnose 
wurde damals von Robert Koch noch bestätigt. Bang glaubte 
genug Gründe für die Annahme zu haben, daß es sich hier 
nicht um Tuberkulose, sondern um eine bisher unbekannte, 
eigentümliche Krankheit handle, besonders weil die von ihm 
und anderen Autoren mit bazillenhaltigem Material vorgenommeneti 
Impfungen an Meerschweinchen zum größeren Teil erfolglos 
blieben. Ein kleinerer Teil der geimpften Meerschweinchen 
wurde allerdings tuberkulös, was in Anbetracht der großen 
Verbreitung der Rindertuberkulose noch nicht beweist, daß die 
oben beschriebene Krankheit eine Tuberkuloseform ist. 

Daß sich die Autoren über die Natur dieser interessanten 
Krankheit nicht einig sind, liegt hauptsächlich daran, daß es 
bisher nicht gelungen ist, diese Pseudotuberkelbazillen zu 
züchten und deshalb ihr kulturelles Verhalten mit dem echter 
Tnberkelbazillen« nicht verglichen werden kann. Auch Bang 
sagt in der B. T. W. 1906 Nr. 42, daß er sich bisher vergeblich 


bemüht habe, „obwohl er äußerst zahlreiche Versuche an sehr 
zahlreichen Medien hat anstellen lassen“. 

Nach langen Bemühungen ist es uns nunmehr gelungen, 
Reinkulturen aus den Mesenterialdrüsen von Rindern zu züchten, 
die von der oben beschriebenen Krankheit betroffen waren. Auch 
im Ausstrich aus der Kultur sind diese Pseudotuberkelbazillen 
zu charakteristischen Nestern gelagert. Alle bisherigen Be¬ 
obachtungen über das kulturelle Verhalten sprechen dagegen, 
daß es sich um Tuberkulose handelt. Die vor 32 Tagen mit 
Kultur geimpften Meerschweinchen zeigen bisher kein Anzeichen 
für Tuberkulose. 

Jedenfalls können jetzt die drei bekannten, von Koch auf¬ 
gestellten Forderungen erfüllt und der Circulus vitiosus ge¬ 
schlossen werden. Genauere Mitteilungen über den Nährboden, 
die Biologie des Erregers und die mit Kultur vorgenommenen 
Tierversuche werden später erfolgen. 

Da wir in kurzer Zeit in mehreren Beständen Schleswig- 
Holsteins die pseudotuberkulöse Enteritis festgestellt haben, 
scheint diese Krankheit nicht nur für England und Dänemark, 
sondern auch für uns eine größere Bedeutung zu haben. Wir 
bitten die Herren Kollegen in den benachbarten Landes teilen 
in solchen Fällen, wo die beschriebene Krankheit vermutet 
werden kann, uns Mesenterialdrüsen und erkrankte Darmteile 
zur Sicherstellung der Diagnose und Feststellung weiterer 
Krankheitsherde einschicken zu wollen. 


Oie Schutzimpfungen gegen die Hämoglobinurie der 
Rinder pro 1907 im Kreise Landsberg a. W. 

Von Graffunder-Landsberg a. W. 

Die in Nr. 6 dieser Zeitschrift von Herrn Dr. Bugge-Kiel 
veröffentlichten Ergebnisse der Schutzimpfungen gegen die 
Rindermalaria veranlassen mich, die im hiesigen Kreise ge¬ 
wonnenen Resultate ebenfalls zur allgemeinen Kenntnis zu 
bringen. 

I. Impfungen auf dem Dominium M. Tag der Impfung: 
24. April 1907. Zahl der Impflinge: 6 Milchkühe, 20 Jungvieh 
(1—2 Jahre alt) gleich 26 Stück. Dosis 3 ccm Impfstoff. Impf¬ 
stelle: Subkutan am Halse. 

Reaktion: Am 4. bzw. 5. Mai er. traten bei zwei ge¬ 
impften Kühen leichtes Fieber, Störung der Freßlust und Blut¬ 
harnen auf. Letzteres hielt nur einen Tag an. Innerhalb drei 
Tagen waren alle Störungen geschwunden. Die Tiere wieder 
gesund. Bei den übrigen 24 Stück traten keine auffälligen 
Gesundheitsstörungen ein. 

Weidegang nach dem 15. Mai beginnend, bis zum November 
hin andauernd. 

Die Weideherde bestand aus den 26 Impflingen und 14 
anderen nichtgeimpften Rindern, in Summa 40 Stück. 

Von den 26 Impftieren ist kein Tier in der Weidezeit an 
Hämoglobinurie erkrankt, während von den 14 nichtgeimpften 
Tieren 11 Stück daran erkrankten und fünf davon eingingen. 

Von den 26 Impflingen sind in den Vorjahren keine an 
Hämoglobinurie erkrankt gewesen. Im übrigen sind die 20 Stück 
Jungvieh im vorigen Jahre noch nicht dem Weidegange unter¬ 
worfen worden. 

Die Zahl der Todesfälle an Hämoglobinurie auf Dominium M. 
in den Vorjahren ist mit Sicherheit nicht mehr anzugeben, jedoch 





176 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


sind in jedem Jahre regelmäßig bei den nichtgeimpften Tieren 
derartige Verluste zu verzeichnen gewesen. 

II. Auf der Försterei D. Tag der Impfung: 26. April 1907. 
Zahl der Impflinge: 4 Kühe, 3 Färsen, 1 Kalb = 8 Stück. 
Dosis: 3 ccm Impfstoff. Impfstelle: Subkutan am Halse. 

Reaktion: Eine Färse und ein Kalb zeigten 3 Tage 
nach der Impfung - am 29. April er. — Störung der Freßlust, 
Mattigkeit, Trägheit und Schläfrigkeit. Diese Erscheinungen 
verschwanden nach Ablauf von 24 Stunden. Eine andere zwei¬ 
jährige Färse erkrankte am 10. Tage nach der Impfung (10. Mai er.) 
an Hämoglobinurie, Störuug der Freßlust, Fieber 40,5° C, 
blutiger Harnabsatz. Nach 3tägigem Verlaufe w r ar das Tier 
am 9. Mai wieder gesund. 

Der Weidegang begann nach dem 20. Mai und dauerte bis 
November. 

Die Weideherde bestand aus 7 geimpften Tieren (das 
4 Wochen alte geimpfte Kalb war noch nicht weidefähig) und 
einer nichtgeimpften hochtragenden Kuh. 

Die Impflinge sind während der Weidezeit nicht erkrankt, 
dagegen erkrankte die nichtgeimpfte hochtragende Kuh am 
11. Juli er. sehr stark an Hämoglobinurie. 

Im Vorjahre sind bei den Impflingen keine Fälle, im 
übrigen aber 5 Fälle mit 2 Verlusten in dem Bestände vor¬ 
gekommen. 

III. Auf der Försterei G. C. Tag der Impfung: 26. April 1907. 
Zahl der Impflinge: 2 Stück Jungvieh, 1 Kalb 3 Stück. Dosis: 
3 ccm Impfstoff. Impfstelle: Subkutan am Halse. 

Reaktion: keine. 

Der Weidegang begann nach dem 20. Mai und dauerte bis 
zum November. 

Die Weideherde bestand ans 2 Impflingen (das Kalb war 
noch nicht weidefähig) und 9 älteren Rindern, die im Laufe der 
früheren Weidejahre und früherer Impfungen bereits als immun 
zu erachten waren. 

Die Impflinge, ebenso auch die neun älteren Tiere, sind 
während der Weidezeit nicht an Hämoglobinurie erkrankt gewesen. 
In den Vorjahren waren stets Fälle, und mitunter auch Verluste 
an Hämoglobinurie in dem dortigen Bestände zu verzeichnen. 

Zu Versuchszwecken wurde in dem hiesigen Seruminstitute 
am 28. April 1907 ein 4 Wochen altes Kalb mit einer 10 ccm 
betragenden Dosis subkutan geimpft. Dasselbe zeigte nicht die 
geringste Reaktion nach dieser mehr als 3 fachen Dosis. 

Die bisherigen günstigen Resultate ermuntern zur weiteren 
Anwendung dieser Schutzimpfungsmethode. 

Kehlkopftuberkulose des Rindes. 

Von Distrikstierarzt Ludwig Mayr - Rosenfeld. 

Kollege Holterbach beschreibt in Nr. 44 der D. T. W. 
einen Fall von Aphonie bei einer Kuh infolge primärer Larymx- 
tuberkulose, der, seiner Schilderung zu entnehmen, fast gleich 
sein dürfte mit dem Befunde, den ich hier wiedergebe: 

Gelegentlich der Schlachtviehbeschau untersuchte ich vor 
kurzem eine ca. acht Jahre alte Simmenthaler Kuh, die der 
Schlachtbank zugeführt wurde, weil sie in letzter Zeit sehr 
stark abmagere. Der Besitzer befürchtete „Perlsucht“. Der 
Ernährungszustand des Tieres war noch mittelmäßig zu be¬ 
zeichnen. Bei der Untersuchung fiel in erster Linie die abnorme 
Atemfrequenz und sehr starke inspiratorische Dyspnoe auf. 
Auf Palpation der Kehlkopfgegend reagierte das Tier mit 


förmlichen Erstickungsanfällen; die Kehlkopfgegend selbst ließ 
nur eine geringgradige Umfangsvermehrung des Pharymx und 
Larynx erkennen. Im Zusammenhang mit der physikalischen 
Untersuchung der Lungen, die ausgesprochene Phtisis pulmonum 
vermuten ließ (Rasselgeräusche, Bronchialatmen, Gedämpfter 
Perkussionston), durfte nun eine tuberkulöse Veränderung im 
Kehlkopf gegeben sein. Die Schlachtung der mit Zwillingen 
trächtigen Kuh bot ein sehr schönes Bild lokalisierter Tuber¬ 
kulose. Die Lungen waren durch und durch tuberkulös, so 
zwar, daß man es für ausgeschlossen erachten möchte, daß 
das Tier mit diesen Lungen noch ventilieren konnte. Die 
Glandulae mediastinales anteriores et posteriores waren tuber¬ 
kulös affiziert, desgleichen die Bronchiallymphdriisen mit hirse¬ 
korngroßen Tuberkeln durchsetzt. Ein schönes Bild bot der 



tuberkulöse Kehlkopf, in der aus der Photographie ersichtlichen 
Weise. Daß es sich in diesem Falle nicht 'etwa um einen Tumor 
aktinomykotischer Natur, sondern um veritable Tuber¬ 
kulose handle, wurde mir vom Pathologischen Institut Stuttgart 
(Professor Lüpke) bestätigt. An der Basis des Kehldeckels 
bzw. am Grund des Larynx, ausgehend von der Schleimhaut 
der linken Seitenwand des Kehlkopfs, sitzt ein fast hühnerei¬ 
großes, höckeriges, mißfarben oder graugelbes malignes Neo¬ 
plasma von derber Konsistenz, das auf seinem schmutzig grauen 
und gefäßlosen Durchschnitt spärlichen mayonnaiseähnlichen 
Eiter entleert und zahlreiche Tuberkeln, teils verkalkt und von 
verschiedener Größe, aufweist. Meines Erachtens scheint dieses 
Tuberkulom auf dem Wege der Kontaktinfektion zustande ge¬ 
kommen zu sein. Der übrige Tierkörper w r ar frei von tuber¬ 
kulösen Veränderungen. 

Milzbrand beim Schwein. 

Von Tierarzt Leeb-Wurzen. 

(Vergl. B. T. W. Nr. 5.) 

Am 2. Januar 1908 wurde ich von einem Privatbesitzer 
(Pferdehändler) in der Stadt bestellt, im Laufe des Nachmittags 







5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


177 


bei zwei selbst gemästeten Schweinen die Lebendschau vor¬ 
nehmen zu wollen und am 3. Januar, vormittags 9 Uhr, die 
Fleischbeschau. Ich begab mich am 2. Januar nachmittags gegen 
3 Uhr nach dem Grundstück des genannten Besitzers und besah 
mir die beiden gut gemästeten Schweine, die frisch und munter 
im Stalle herumgingen. Als ich am nächsten Tage, also 
3. Januar, gegen 9 Uhr vormittags, die Fleischbeschau vornehmen 
w’ollte, fand ich bei dem einen Schwein folgendes: Die Milz des 
Tieres war um das drei- bis vierfache vergrößert, (kolossal 
auffallend) tief schwarz, strotzend von Blut, als ob die Kapsel 
beraten wollte. Beim Einschneiden zeigte sich das Blut ganz 
dunkel und teerartig; der Dünndarm war in seiner ganzen Aus¬ 
dehnung stark entzündet, gequollen und zeigte braunrote Ver¬ 
färbung; der Dickdarm dagegen war unverändert. Die Nieren 
waren vergrößert und stark dunkel gefärbt; die Mesenterial¬ 
drüsen groß und stark blutig durchtränkt. Im Herzen war 
etwas dunkles, ungeronnenes Blut; äußerlich waren an demselben 
ebensowenig Veränderungen wie an der Lunge. 

Ich stellte Milzbrandverdacht fest und holte sofort tele¬ 
phonisch den zuständigen Bezirkstierarzt herbei, der mehrere 
gefärbte Präparate machte und Milzbrandbazillen in dem der 
Milz entnommenen Blute, sowie aus dem des Herzens feststellte. 

Nach Angabe des Besitzers sowohl wie des Hausschlächters 
war am lebenden Schweine beim Herausholen zum Schlachten 
nicht das geringste von Krankheit zu sehen. Das andere im 
gleichen Stall und Futter befindliche Tier war vollständig gesund. 
•Seit 15 Jahren war in dem Gehöfte — es sind nur Pferde und 
Schweine vorhanden — nie Milzbrand gewesen. 


Strabismus deorsum vergens bei der Kuh. 

Von Storch-Schmalkalden. 

Ein Landwirt zog mich zur Untersuchung einer Kuh zu, : 
weil er Sehstörungen an derselben bemerkt hatte. 

Befund: Gelbscheckige Simmentaler Kuh, ungefähr sechs 
Jahre alt. Guter Nährzustand. Rege Freßlust. . Keine Er¬ 
scheinungen einer Allgemeinerkrankung. Als die Kuh aus dem 
Stalle geführt wird, fällt sofort die schiefe Kopfhaltung auf. 1 
Die rechte Kopfseite wird höher getragen, so daß das Tier den 
Eindruck macht, als ob es mit dem rechten Auge ständig nach 
einem in der Höhe befindlichen Gegenstand lugte. Rechtes 
Auge: Veränderungen der Lider, Lichtscheu und Tränenfluß 
fehlen. Der Bulbus, welcher keine Volumenänderung aufweist, 
nicht hervorgedrängt ist und normale Spannung besitzt, ist : 
ventralwärts vorgelagert, so daß in der dorsalen Hälfte der 
Lidspalte nur Sklera sichtbar ist und ein größeres Segment der ! 
Cornea vom unteren Lide bedeckt wird. Der ventrale Pupillen- : 
rand befindet sich gerade in der Höhe des Unterlidrandes. Der 
ventrale Rand der durchsichtigen Hornhaut kann erst sichtbar 
gemacht werden, wenn man das untere Lid mit den Fingern : 
ad maximum öffnet. Die Pupille reagiert in normaler Weise 
auf Lichtreize. Bei der Untersuchung mit dem Augenspiegel 
lassen sich Veränderungen in den inneren Teilen des Auges 
nicht feststellen. Sehkraft nach dein Ergebnisse der angestellten 
Sehproben unversehrt. Linkes Auge: Situs des Augapfels' 
normal. Völlige Erblindung infolge totaler Katarakt. 


Hengst oder Stute. 

Von Tierarzt K. Jewasiriskl-Crone a. B. 

Auf dem Wochenmarkt zu Crone fiel mir im Vorübergehen 
ein Pferd auf, das sich komisch zum Urinieren anstellte. Die 
nähere Besichtigung ergab ein kleines Euter mit zwei Zitzen, 
wie bei jeder Stute, aber ungefähr 10 cm vom After entfernt 
anstatt der Scheidenöffnung eine solche für den Penis. 
Nach Aussage des Besitzers schachtet dieses Pferd den Penis 
aus, in der Nähe rossiger Stuten zeigt es sich sprungbereit. 
Hoden konnte icli nirgends fühlen. Da Besitzer wenig Zeit 
hatte, versprach er mir, gelegentlich das Pferd vorzuführen. 
Näheres später. 


Referate. 

Geflügelkrankheiten und Geflügelzucht. 

Über seachenhafte Erkrankungen mit septik&inischem 
Charakter bei Kanarienvögeln. 

Von Dr. Freese, Repetitor am Hygienischen Institut der Tierärzt¬ 
lichen Hochschule zu Hannover. 

(Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1907, Nr. 36.) 

Freese gibt zunächst eine Übersicht über die in der 
Literatur von Rieck, Kern und Pf aff gemachten Angaben 
über seuchenhafte Krankheiten mit septikämischem Charakter 
bei Kanarienvögeln. Jede der von diesen Autoren beschriebenen 
Krankheitsformen war von der anderen verschieden. Bei der 
von Rieck beobachteten Seuche zeigten die Kadaver rußartige, 
eigentümliche Verfärbung der Brust, des Halses und des Bauches 
und partielle Lebernekrose. Der Krankheitserreger ist oval, 
färbt sich bipolar nach Gram, hat Eigenbewegungen und ist 
pathogen für Tauben. Die von Kern als „Kanariencholera“ 
beschriebene Seuche zeichnet sich aus durch Hämorrhagien im 
Duodenaltraktus. Der Krankheitserreger stellt einen nicht 
bipolar färbbaren Bazillus ohne Eigenbewegungen dar, welcher 
Gelatine nicht verflüssigt und auf Zucker-Agar Gasblasen bildet. 
JEr wirkt pathogen bei Kanarienvögeln, Sperlingen und Mäusen. 
Bei der von Pf aff beobachteten Seuche zeigen di$ Kanarien¬ 
vögel Durchfffll und Schläfrigkeit. Bei der Sektion wurden 
Darmkafarrh und nekrotische Herde in der Leber und Milz an¬ 
getroffen. Der von Pfaff gefundene Bazillus ist nicht nach 
Gram färbbar, verflüssigt die Gelatine nicht und ist bei sub¬ 
kutaner Infektion pathogen für Tauben und Meerschweinchen. 

Bei der von Freese beschriebenen Kanarienseuche zeigen 
die Vögel in der 2—3tägigen Krankheitsdauer zunehmende 
Dyspnoe und Schwäche, obwohl der Appetit noch verhältnis¬ 
mäßig lange Zeit, oft bis kurz vor dem Tode gut ist. Zuweilen 
besteht leichter Durchfall. Die Sektion ergab Schwellung und 
diffuse Rötung der Schleimhaut im Anfangsteil des Dünndarms. 
Leber entweder sehr blutreich oder brüchig und gelblich verfärbt. 
Als Krankheitserreger fand Freese an den Enden stark ab¬ 
gerundete Stäbchen von 1—1,5 /z Länge und 0,5 /z Breite, die 
sich nach Gram färben lassen und keine Eigenbewegung 
besitzen. Der Erreger wächst auf allen gebräuchlichen Nähr¬ 
böden sowohl bei Brut, als auch bei Zimmertemperatur, verflüssigt 
die Gelatine und bildet keine Gasblasen. Bei Verimpfung erwies 
er sich pathogen für Karnarienvögel, Sperlinge und Mäuse. Bei 
natürlicher Infektion betrug das Inkubationsstadium 3—4 Tage. 

Klinisch und pathologisch-anatomisch ähnelt die von Freese 
beschriebene Kanarienseuche derjenigen, die Kern beobachtet 



178 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


hat. Hingegen weist das kulturelle Verhalten der Krankheits¬ 
erreger scharf ausgeprägte Differenzen auf, weshalb Freese 
zu der Annahme kommt, daß die von ihm beschriebene Er¬ 
krankung eine besondere Kanarienseuche ist. Rdr. 

Pathologisch-anatomische Untersuchungen bei akuter 
und chronischer Geflügelcholera. 

Von Raiter Jungklaus-Pyritz. 

(Inaugural-Diasertation, Leipzig 1906.) 

Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, in vorliegender 
Arbeit die von der Geflügelcholera veranlaßten pathologischen 
Prozesse näher zu erforschen und sie vor allem in Hinsicht auf 
die so gichtige Frage der Sicherung der Diagnose einer 
Prüfung zu unterziehen. Die von Jungklaus im Leipziger 
Veterinärinstitut angestellten Untersuchungen haben folgendes 
Resultat gezeitigt: 

Die Geflügelcholera tritt in der akuten oder in der 
chronischen Form auf; der akute bzw. perakute Verlauf ist der 
häufigere. Bei dieser Form treffen wir in der Regel das Bild 
der Septikämie an. Herz, Leber und Darm zeigen hierbei die 
schwerste Affektion. Die chronische Form bedingt nur Lokal¬ 
veränderungen und zwar gewöhnlich in der Lunge. Eine Reihe 
verschiedener Abstufungen und Übergänge in den Sektions¬ 
bildern gestaltet mitunter die Grenze zwischen beiden genannten 
Formen recht schwer erkennbar. 

Das pathologisch-anatomische Krankheitsbild allein ist nicht 
maßgebend für die Erkennung der Seuche. Die absolut sichere 
Feststellung der akuten Geflügelcholera kann nur auf dem 
Wege der bakteriellen Blutuntersuchung erfolgen. In Fällen 
mit negativem bakteriologischen Befund handelt es sich bestimmt 
um eine andere unter dem Bilde einer Septikämie verlaufenden 
Geflügelseuche. 

Die chronische Geflügelcholera kennzeichnet sich am 
häufigsten durch eine fibrinöse Pneumonie, die vielfach mit 
Pleuritis fibrinosa und Perikarditis verbunden ist; zuweilen 
handelt es sich um eine förmliche käsige Pneumonie. Zur 
Sicherung der Diagnose ist die Blutübevimpfung an Versuchs¬ 
tiere nötig. 

Die von einigen Autoren beschriebenen, in den Fußgelenken 
bzw. Darmfollikeln aufgefundenen käsigen Massen düsten der 
Bakterienwirkung zuzuschreiben sein. Nach Jungklaus bilden 
aber diese Befunde eine große Seltenheit. J. Schmidt. 

Untersuchungen über die Immunität der Vögel gegen 
die Muskel trichinöse. 

Von H. M. Höyberg, Stadttierarzt in Frederiksberg bei Kopenhagen. 

(Zeitschrift für Tiermedizin, 12. Band, Heft 1.) 

Wie durch zahlreiche Forscher festgestellt worden ist, 
werden bei den Vögeln nach Verfütterung von trichinösem 
Fleisch wohl Darmtrichinen, in der Folge aber keine Muskel¬ 
trichinen vorgefunden. Welche Umstände begründen nun diese 
Immunität der Vögel gegen die Muskeltrichinose? Pagen¬ 
stecher führt die hohe Bluttemperatur als mögliche Ursache 
an. Derselbe Autor und auch Gerl ach glaubten, daß auch der 
kurze und enge Darmkanal nnd die kräftige Peristaltik der 
Einwanderung der Embryonen hinderlich sein werden. Leuckart 
nahm an, daß die Embryonen auf Hindernisse, vielleicht ana¬ 
tomischer oder chemischer Art, bei ihrer Wanderung stoßen, 
daß vielleicht die Zusammensetzung des Darmsaftes für die 
Embryonen verderblich wirkt. Höyberg vermutet dagegen, 


daß sich im Blute der Vögel gewisse Stoffe befinden, die im¬ 
stande sind, die Entwicklung der Embryonen zu Muskeltrichinen 
zu verhindern. 

Wäre diese Immunitätshypothese richtig, so wäre es möglich, 
durch Einverleibung von Vogelblutserum solche Tiere vor den 
Muskeltrichinen zu schützen, bei denen sich solche entwickeln 
können. Demgemäß fütterte Höyberg vier graubraune Ratten 
mit stark trichinösem Fleisch, das frisch eingekapselte Trichinen 
enthielt. Vom 5. bis 18. Tag danach injizierte er jeder Ratte 
täglich 2 ccm Taubenserum. Der Versuch hatte ein negatives 
Ergebnis, denn als einen Monat nach der Fütterung die Ratten 
getötet und ihre Muskeln mikroskopisch untersucht wurden, 
fanden sich in allen Präparaten Mengen von Trichinen, frisch 
eingekapselt und frei, vor. Höyberg meint, daß der Versuch 
noch kein entscheidender Beweis gegen seine Hypothese sei. 
Es liege doch auch die Möglichkeit vor, daß die Immunität 
vielleicht an eine Phagocytose geknüpft sein könnte, bei welcher 
möglicherweise eine Cytose eine Rolle spielt. Rdr. 

Eine merkwürdige Neubildung am Kopfe einer Tanbe. 

Von Dr. Robert Klee. 

(GeflQgelbärae, 1907, Nr. 44.) 

Verfasser beschreibt des näheren eine am Kopfe eines 
Täubers, welcher behufB Operation der Klinik übergeben worden 
war, befindliche Geschwulst. Letztere war etwa kirschgroß, von 
harter Konsistenz, auf der Unterlage verschiebbar, mit der Haut 
nicht verwachsen. Die über der Geschwulst straff gespannte 
Haut war völlig normal, mit wenig Federn besetzt, ohne Ent¬ 
zündungsherde. Der Sitz des Tumors betraf die Schädelgegend 
oberhalb der Augenhöhlen. Beim ruhigen Sitzen des Vogels 
verdeckte die Neubildung das rechte Auge, indem sie der 
Schwere entsprechend etwas nach unten glitt, welcher Vorgang 
scheinbar unangenehme Empfindungen bei dem Tiere auslöste. 

Die Operation bestand in Lospräparieren der Kopfhaut, 
Ausschälen des Tumors aus dem umhüllenden Bindegewebe, 
Desinfektion und Nähen der Hautwunde. Nach sechs Tagen 
wurden die Nähte entfernt. Die Taube konnte als völlig geheilt 
entlassen werden. 

Die Untersuchung der exstirpierten Masse ergab, daß es sich 
um zwiebelschalenartig geschichtete Fibrinbestandteile handelte 
als Folgezustände einer durch Kontusion veranlaßten Blutung. 

Ausgehend von der bei dem Tiere vor der Operation vor¬ 
handenen Mißgestaltung des Kopfes beschreibt K. noch das von 
manchem Züchter des englischen Almondtümmlers zur Erzielung 
der eigenartigen Kopfform gehandhabte Verfahren. In frühester 
Jugend wird hierbei den Tauben ein aus Holz konstruiertes 
Gerät täglich auf den Vorkopf gepreßt, bis allmählich der Schädel 
die gewünschte vorschriftsmäßige Gestaltung erfahren hat. 
Ein Teil der so behandelten Tiere erliegt den hervorgerufenen 
Quetschungen des Gehirns und seiner Häute, beim anderen Teil, 
welcher mit dem Leben davonkommt, sind stark hervorstehende 
Augen und ein chronischer exsudativer Nasenkatarrh die Folgen 
dieser züchterischen Tierquälerei. J. Schmidt. 

Polynenritis der Hühner. 

Von Tierarzt Arnold Kellermann. 

(Allatorvoai bapok. 1907, Ni*. 52.) 

In einem Hühnerhof zeigten die Tiere Diarrhöe, worauf der 
Eigentümer auf Anraten einer landwirtschaftlichen Zeitung eine 
Abkochung von 1 / 2 kg geschälten Reiskörnern dem kranken 





März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WCK3HENSCHRIFT. 


179 


Geflügel gab, welches das Gauze auch verzehrten. Am dritten 
bis vierten Tage nachher traten bei drei Tieren Bewegungs¬ 
störungen auf: sie saßen meistens mit gekrümmten Knien, und 
wenn man sie zur Bewegung bringt, hüpfen sie auf einem Fuß 
und helfen sich mit den Flügeln. Die Reflexerregbarkeit ist ap 
den Füßen vermindert, teilweise fehlt sie vollkommen. Das 
Kniegelenk ist angeschwollen, bei einem mußte es sogar geöffnet 
und mit 1 proz. Salicylsäure behandelt werden. Zwei der 
Patienten heilten (eines mit Ankylose), däs dritte verendete. 

Kellermann bringt die akute Erkrankung mit der Reis¬ 
fütterung in Zusammenhang; die im Reis supponierten Nerven¬ 
gifte übten bei diesem Geflügel eine akute Wirkung aus; viel¬ 
leicht trug dazu auch der Darmkatarrh etwas bei und auch bei 
der Abkochung des Reises konnten die Gifte leicht aufgelöst 
werden. Eykmann beobachtete in Ostindien ähnliche Er¬ 
krankungen nach längerem Verabreichen von Reisfutter. 

Die Behandlung besteht im Eingeben von präpariertem 
Knochenmehl, in Massage mit Kampferspiritus und Eingeben 
von Phosphor in folgender Lösung: 

Rp. Phosphorie 0.05 

Olei jecoris aselli 300.0 
M. S. solutio. D. S. täglich einen Teelöffel voll 
eingeben. 

Außerdem ließ man die kranken Tiere täglich dreimal bis 
zur Erschöpfung bewegen. Dr. Z. 

Über die Konstruktion von Brotmaschinen 

herrscht zurzeit teils unter den Fabrikanten, teils unter den 
Züchtern ein großer erbitterter Federkrieg. Da die Erträgnisse 
der künstlichen Bebrütung sehr häufig Zu wünschen übrig lassen, 
so versucht man jetzt alle Möglichkeiten, die einem guten 
Resultat förderlich bzw. schädlich sein könnten, in das Bereich 
der Betrachtungen zu ziehen. Da sollen die Wände des 
Apparates die Wärme zu schnell durchlassen oder die erzeugte 
Wärme soll zu hoch bzw. zu niedrig oder zu wenig konstant 
sein; nach des einen Autors Ansicht fehlt in der einen Maschinen¬ 
art genügend Lüftung, nach des andern Meinung schadet viel 
Luft. Auch der letzteren Zuführungsweise soll maßgebend für 
den Erfolg sein, die Zufuhr von oben soll Wenig nützen, die¬ 
jenige vom Boden des Apparates aus dagegen wegen zu starker 
Abkühlung die Eier schädigen. Schließlich ist auch die erzeugte 
warme Luft zu trocken, die Vergrößerung ihres Feuchtigkeits¬ 
gehaltes muß angestrebt werden usw. 

Es ist ja nicht zu leugnen, daß in den vielen einander vor¬ 
geworfenen Argumenten so manches Wahre steckt, aber man 
geht meines Erachtens einen falschen Weg, wenn man einzig 
und allein die Apparate als Ursache mißlicher Resultate be¬ 
trachtet. Schon die eine Beobachtung sollte hier aufklärend 
wirken, daß nämlich die Züchter, auch wenn sie ein und 
denselben Apparat benützen, verschiedene Resultate zu ver¬ 
zeichnen haben. Während Züchter A bei Benützung der 
Brutmaschine der Firma F über 97 Proz. ausgebrüteter 
Eier berichtet, erzielte B mit demselben Instrument vielleicht 
80 und C möglicherweise nur 70 oder noch weniger Prozent. 
Will man nun den Züchtern ungenaue Befolgung der für die 
Handhabung der Apparate nötigen Vorschriften zur Last legen, 
so würde man ihnen sicherlich unrecht tuen. Denn, wenn über¬ 
haupt jemand auf dem Gebiete der Tierproduktion gelernt hat, 
mit peinlicher Sorgfalt zu arbeiten, so ist es der erfahrene 


Geflügelzüchter. Es muß also etwas anderes die Schuld an den 
weniger erfreulichen Ergebnissen tragen, und dies ist das Material 
selbst, welches zur Bebrütung gelangt. Nie sollte vergessen 
werden, daß das Ei ein komplizierter lebender Organismus ist, 
der bis zum Ausschlüpfen des neuen Geschöpfes gar vielen Ge¬ 
fahren ausgesetzt ist. Nicht allein seine ursprüngliche Be¬ 
schaffenheit und sodann die Befruchtung durch das männliche 
Individuum spielen eine große Rolle, sondern auch die Zeitdauer, 
welche vom Legen des Eies bis zur Unterbringung im Brut¬ 
apparat vergeht, und die äußeren Einflüsse, welche in dieser 
Periode auf das Ei einwirken können. Zu denselben gehören 
unzweckmäßige Aufbewahrung (zu feucht oder zu trocken, un¬ 
genügende Luftzufuhr, kalte oder abnorm hohe Temperatur) und 
der Transport, den besonders die Eier, wie sie aus den Edel- 
zuohten nach allen Himmelsrichtungen zum Versand gelangen, 
vor der Bebrütung durchzumachen haben. Während dieser 
Reise wirken nicht nur die oben genannten Schädlichkeiten ein, 
sondern es kommen auch die mechanischen Insulte (z. B. tage¬ 
langes Erschüttern usw.) hinzu, welche Faktoren der Ent¬ 
wicklung des neuen Geschöpfes hinderlich sind. Berücksichtigen 
wir das soeben Gesagte, so finden die etwaigen Mißerfolge, die 
mit dem künstlichen Ausbrüten erzielt werden können, eine sehr 
einfache Erklärung; daraus ist aber ferner noch zu folgern, 
daß die Anpreisungen, mit welchen verschiedene Fabrikanten 
ihre Brutapparate als nie versagend hinstellen möchten, doch 
nur einen bedingten Wert haben. J. Schmidt. 

Wett-Eierlegen deutscher Hühner« 

Vom 1. Oktober d. J. veranstaltet der „Verein für 'Nutz¬ 
geflügelzucht“ das erste deutsche Wettlegen zwischen Hühnern 
aller Rassen. Zu diesem Behuf ist ein aus 100 Ställen be¬ 
stehender Geflügelhof auf dem Terrain Groß-Lichterfelde und 
Osdorf errichtet worden. Der Zweck des ganzen Unternehmens 
soll sein, das Interesse der Zuchten für eine möglichst hohe 
Produktion von Eiern zu gewinnen. Derartige Konkurrenzen 
sind zuerst in Amerika ersonnen und durchgeführt worden; aber 
auch in England haben sie sich seit einigen Jahren eingebürgert 
und ebenso in Australien. In letztgenanntem Erdteil soll sich 
die Eierproduktion infolge des Wettlegens um 50 Proz. vermehrt 
haben, obwohl die Zahl der Hühner keine wesentliche Steigerung 
erfahren hat. Durchschnittlich legten daselbst die an der 
Konkurrenz beteiligten Hennen ca. 170 Eier. Bei uns dagegen 
ist der jährliche Ertrag nur etwa 60 Eier, eine Steigerung 
dieser Zahl auf 100 würde die Eiereinfuhr ganz erheblich herab¬ 
setzen und den Strom des für diese Produkte ins Ausland 
wandernden Geldes wesentlich eindämmen. Um das Interesse 
für das beschriebene Unternehmen zu heben, hat die deutsche 
Kronprinzessin für den Züchter des aus dem Wettlegen als 
Sieger hervorgehenden Hühnerstammes einen Ehrenpreis gestiftet 
Die Bestimmungen' für das Wettlegen, sowie die Schilderung 
des Verfahrens, mit welchem sich die Produktion durch eine 
besondere Art der Züchtung um 50—100 Proz. vermehren läßt, 
können von dem Vorsitzenden des Vereines (Hanptmann a. D. 
Cremat in Groß-Lichterfelde), bezogen werden. 

ln Züchterkreisen sieht man der Konkurrenz mit sehr ge¬ 
mischten Gefühlen entgegen. Während die einen, die schon 
durch sorgfältige Zuchtwahl unter Ausmerzung älterer nicht 
mehr recht leistungsfähiger Hennen den Durchschnittseierertrag 
auf 150 und mehr gesteigert haben, ihre Stämme gern zu der 



180 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Leistungsprüfung senden werden, verhalten sich die anderen, 
welche bisher weniger als 100 erzielten, zumeist ablehnend. 
Schließlich gibt es noch eine dritte Art von Züchtern, welche 
einer jeden Nutzungsprüfung direkt feindlich gegenüberstehen 
und darum auch ihre Lieblinge nicht für lange Zeit in fremde 
Hände geben wollen. Mag nun augenblicklich das Urteil über 
das Unternehmen lauten, wie es will. Jedenfalls muß in der 
Geflügelhaltung eine jede Bestrebung, mag sie sich in der einen 
oder anderen Form äußern, willkommen sein. Auch hier wird 
das alte Sprichwort: „Probieren geht über Studieren“, wohl 
Recht behalten. J. Schmidt. 

Tagesgeschichte. 

Die Lage der praktischen Tierärzte nnd ihre Beteiligung 
bei der Yeterinärpolizei. 

Von Professor Dr. Schmaltz. 

Wer. vorurteilsfrei und mit einiger Kenntnis der Ver¬ 
gangenheit die heutige Lage des tierärztlichen Gesamtstandes 
überblickt, der wird zugeben müssen, daß in 20 Jahren eine 
sehr erfreuliche Entwicklung stattgefunden hat. Wenn trotz¬ 
dem gerade jetzt mancher Übelstand, manche unerfreuliche Er¬ 
scheinung unverkennbar hervortritt, so darf man nicht ver¬ 
gessen, daß jene rasche, fast reißende Entwicklung noch in 
vollem Flusse ist, daher noch keinen klaren Spiegel zeigen 
kann. Noch sind wir in der Übergangszeit zur neuen Epoche, 
und solche Zeiten haben immer ihre Schwierigkeiten. Wir 
können heute die enorme, von Grund aus wandelnde Wirkung 
der Universitätsreife wohl schon erkennen; aber vollzogen ist 
sie noch nicht, und der Ausgleich zwischen Zukunft und Ver- ! 
gangenheit ist noch in den Anfängen. Auch in den tierärzt¬ 
lichen Hochschulen, um sie vorweg zu nennen, steckt noch gar 
manche Tierarzneischultradition, sowohl in der Verwaltung, als 
auch in ihrem geistigen Wesen. Man kann sich auch — das 
muß einmal hier ausgesprochen werden — dem Gefühl nicht 
entziehen, daß unter dem Zuwachs, den der tierärztliche Stand 
etwa im letzten Jahrzehnt vor Einführung der Universitätsreife 
erfahren hat, sich besonders viel Mittelgut befand, daß gerade 
unter der jüngeren Generation viele Kollegen sind, die es noch 
nicht verstanden, vielleicht noch nicht einmal versucht haben, 
mit ihren modernen Ansprüchen auch die Tiefe ihrer medi¬ 
zinischen Bildung und ihre Leistungen in Einklang zu bringen; 
die Klagen in dieser Hinsicht sind zu allgemein, als daß sie 
gegenstandslos sein könnten. Es ist auch durchaus erforderlich, 
daß eine an Einzelnen sich zeigende Nervosität, ja Über¬ 
spanntheit durch ruhiges Selbstbewußtsein der Gesamtheit unter¬ 
drückt werde. Soviel steht aber fest, daß durch die Universi¬ 
tätsreife an der Hochschule sich eine sehr bemerkenswerte 
Hebung des Durchschnitts gezeigt hat. Wenn mit dieser | 
Verbesserung der Qualität eine Verbesserung der wissenschaft¬ 
lichen Ausbildung und der praktischen Erziehung, die zweifellos 
zu wünschen übrig läßt, Hand in Hand gehen wird, so werden 
wir in einem Jahrzehnt die Erfolge sehen. 

Daß gegenwärtig trotz aller Verbesserungen die Verhält¬ 
nisse im tierärztlichen Stande noch nicht normale und die Aus¬ 
sichten des tierärztlichen Berufs noch keineswegs allgemein 
geschätzt sind, schließe ich vor allem daraus, daß noch kaum 
ein Tierarzt heute den Wunsch zeigt, sein Sohn möge seinen 
Beruf ergreifen. Ganz zufrieden mit seinem Lose ist ja niemand; 


man glaubt heutzutage auch (nicht ganz mit Unrecht vielleicht), 
man müsse etwas lauter klagen, weil man sonst ganz zurück- 
gedrängt werde; auf das laute Wort ist daher nicht allzuviel 
Wert zu legen. Aber gerade diese stille Tatsache ist so be¬ 
weisend wie nichts; sie ist mit Beispielen gerade aus der letzten 
Vergangenheit zu belegen, und es handelt sich um Söhne von 
Kreistierärzten und Tierärzten, die sich in guter, ja glänzender 
Position befinden. Ferner gibt der (mir an unserer Hoch¬ 
schule gerade jüngst aufgefallene) Umstand zu denken, daß 
eine ganze Anzahl Studierende der Tiermedizin nach den ersten 
Semestern absplittern und zum ärztlichen Studium übergehen. 
Es liegt darin ein ernster Fingerzeig auch für die Landes¬ 
regierungen, daß sie es sich angelegen sein lassen mögen, die 
Aussichten im tierärztlichen Beruf im ganzen und nicht bloß 
die für die beschränkte Zahl der Veterinärbeamten weiter zu 
entwickeln. 

Unzweifelhaft ist die Lage für die einzelnen Be¬ 
standteile des tierärztlichen Gesamtstandes eine sehr 
ungleichmäßige. Das bringt nicht allein die Übergangszeit 
mit ihrer ruck- und stückweisen Entwicklung mit sich, sondern 
es ist auch in allgemeinen sozialen Verhältnissen begründet, 
wie auch der alte Stand der Ärzte solche widerspiegelt. Drei 
Teile unseres Standes sind vortrefflich gediehen (wenn ja auch 
gewiß, wie überall, noch manches zu wünschen bleibt): Das 
sind die Hochschulen, die Veterinärbeamten und die Militär¬ 
tierärzte, diese schon im Lichte des bevorstehenden Veterinär¬ 
offizierkorps betrachtet. Die Stellung der Schlachthoftierärzte 
hat sich ja vielfach auch sehr verbessert, wenn auch hier 
namentlich in kleinen Städten doch recht bedrängte Verhältnisse 
! noch bestehen, 4*ß durchaus der Fprdepnng ,d^ch <pe Gesamtheit 
bedürfen. Zurückgeblieben ist bei dem ganzen Fortschritt aber 
zweifellos der praktische Tierarzt ebenso, wie die Wertschätzung 
der eigentlichen Tierheilkunde leider gesunken ist (s. unten). 

Die Lage der Privattierärzte mag heute vielleicht im all¬ 
gemeinen noch nicht schlecht sein; aber jedenfalls fängt sie an, 
bedenklich zu werden. Aus einer Reihe besorgniserregender 
Erscheinungen erwächst immer mehr eine Bedrohung der tier¬ 
ärztlichen Zukunft. Die tierärztliche Praxis ist weder in ihrer 
Ausdehnung noch in ihrem Ertrage entsprechend den modernen 
Anforderungen und dem Wertzuwachs der Viehbestände ge¬ 
wachsen. Die Freiheit der tierärztlichen Tätigkeit, die früher 
auch kleine Verhältnisse angenehm machte, ist verloren gegangen, 
und an ihre Stelle ist Einengung und Abhängigkeit getreten 
(siehe unten). Das tierärztliche Ansehen hat sich allerdings 
im ganzen unzweifelhaft gehoben dank der Einführung der 
Universitätsreife und dank der öffentlichen Wirksamkeit des 
Veterinärweseirs*). Aber auch diesem tierärztlichen Ansehen 
drohen gewisse Gefahren, nicht zuletzt dann, wenn die wirtschaft¬ 
liche Stellung des Privattierarztes sich nicht als entwicklungs¬ 
fähig erweisen sollte. 

Das erste Mittel, um die Lage der Privattierärzte zu ver¬ 
bessern und das gesteigerte Ansehen zu sichern, muß die Selbst¬ 
hilfe sein, die zu suchen ist in einer Steigerung der 
eigenen Leistungen. Hier muß die Gesamtheit der Privat¬ 
tierärzte an sich arbeiten und sich rücksichtslos von minder¬ 
wertigen Elementen scheiden. Alle müssen die größte Ehre 

*) Das wollen die Privattierärzte nicht verkennen, daß in der 
Wertschätzung der Landwirtschaft das Veterinärbeamtentum dem 
ganzen Stande die Bahn gebrochen hat. 





5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


181 


setzen in rücksichtslose Pflichterfüllung und namentlich in pein¬ 
lichste Beobachtung der Vorschriften dort, wo die Tierärzte zur 
öffentlichen Tätigkeit berufen sind, was bei der Fleischbeschau 
bereits der Fall ist und bei der Seuchenbekämpfung hoffentlich 
eintreten wird. Die Klagen, welche über eine Anzahl von Be¬ 
schautierärzten laut geworden sind, müssen durch die Tatsachen 
stumm gemacht werden. Dieser Arbeit an sich selbst, 
dieser inneren Verbesserung muß das nächste Jahrzehnt gehören, 
zur Unterstützung dieser Arbeit aber müssen wir endlich vom 
Staate das fordern, was Ärzte und Apotheker und andere Stär de 
längst haben: die Kammern. 

Aber auch wenn die Tierärzte viel an sich selbst tun 
können, so kommen die Gefahren, die ihre Lage bedrohen, 
doch in der Hauptsache von außen. Das Fleischbeschau¬ 
gesetz ist gerade für die Privattierärzte von größter Bedeutung 
geworden. Man darf hoffen, daß diese Bedeutung später in 
reinen Nutzen sich umgestalten werde; gegenwärtig aber herrscht 
auch hier noch der Übergang, und neben dem Vorteil liegt der 
Schaden. Der Gesamtheit erwächst eine erhebliche wirtschaftliche 
Zufuhr; aber die Lage des einzelnen ist keineswegs überall 
gebessert. Im Westen wo die Fleischbeschau in den kleinen 
Städten allein ihren Mann zu nähren vermag, sind eine ganze 
Reihe schöner Stellen geschaffen; wo aber die Fleischbeschau mit 
der Landpraxis sich verbinden muß, da sehen wir, wie einerseits 
schon vorhandene Praxisbezirke durch Neusiedelungen erhebliche 
Beschränkungen erfahren haben, und wie andererseits die Inhaber 
neuer Stellen doch auf zu kleiner Einnahme stehen bleiben, die 
wohl für junge Jahre genügt, aber nicht gestattet, heran- 
wachsende Kinder in der Stadt erziehen zu lassen und die 
mangelnde Pensionsfähigkeit durch Zahlung von Lebens¬ 
versicherungsprämien oder sonstige Rücklagen änszugleichen. 
„Das bleiben lauter kleine Leute“, hat schon vor Jahrzehnten, 
wenn ich nicht irre, Geheimrat Schütz sehr treffend und 
damals mit Bezug auf die Schlachthoftierärzte kleiner Städte 
gesagt; das gilt heute auch für die auf Fleischbeschau an¬ 
gewiesenen praktischen Stellen. Trotz der nachweisbar hohen 
Gesamteinnahme hat die Fleischbeschau in mancher Hinsicht auf 
den tierärztlichen Stand vorläufig wenigstens ähnlich gewirkt, 
wie das Kassenwesen auf die Ärzte, wobei die außerordentliche 
Niedrigkeit der Gebühren und das ewige Geschrei nach ihrer 
Herabsetzung mit beteiligt ist. Die größte Veränderung besteht 
in dem Verlust der Unabhängigkeit. Das wolle man sich 
doch klar machen: freie Privattierärzte gibt es gar nicht 
mehr, soweit sie — und das ist die größte Mehrzahl auf dem 
Lande — an der Fleischbeschau beteiligt sind. Sie sind — das 
ist selbstverständlich notwendig — der Kontrolle des Departe¬ 
ments tierarztes unterworfen, und sie sind damit zu diesem in 
ein ähnliches Verhältnis gebracht wie die Veterinärbeamten. 
Gewiß kann niemand dem etwas anhaben, der voll seine 
Schuldigkeit zu tun versteht, gewiß wird der vollkommene 
Departementstierarzt seine Befugnis richtig üben; daß aber 
diese Botmäßigkeit immerhin — auch dies mag nach der Über¬ 
gangszeit sich verlieren — unerfreuliche Nebenwirkungen hat, 
kann nur der reine Idealist bestreiten. Jedenfalls ist aber die 
schon oben ausgesprochene Forderung der strengsten Pflicht¬ 
erfüllung gerade auf diesem Gebiete eine Lebensnotwendigkeit 
für die Privattierärzte. 

Jene neuentstandene Abhängigkeit wird aber anscheinend 
weniger empfunden als der zweite, größere Übelstand: die 


Notwendigkeit des Zusammenarbeitens mit Laien. Daß 
dies schwere Nachteile haben müsse, ist allgemein voraus gesehen 
und voraus gesagt worden; daß es sich nicht vermeiden ließ, 
war und ist allen klar. Um so dringender aber ist die Veran¬ 
lassung für die Staatsregierung, baldtunlichst die unnötigen 
Belästigungen, die aus diesem Verhältnis sich ergeben, abzu¬ 
stellen und die lokale Rancnne auszumerzen. Dabei spielt die 
amtliche Bezeichnung als „Fleischbeschauer“, au sich eine 
Äußerlichkeit, doch nicht die geringste Rolle. 

Das Anwachsen und Aufrücken des Laienelements 
auf tierärztlichem Gebiet ist überhaupt die schwerste 
Gefahr. Das sind nicht mehr die ehemaligen Pfuscher, die als 
vereinzelte Giftpilze zum Genuß für die, die nicht alle werden, 
früher hier und da, in mancher Gegend reichlich aufschossen 
und immer vorhanden sein werden; sondern es sind organi¬ 
sierte Scharen mit dem offiziellen Mäntelchen einer Art von 
Ausbildung und eines allgemeinen, von Körperschaften ausgehenden 
Auftrages «angetan, die heute sich in die Tierbehandlung ein¬ 
drängen wollen. Der Laienimpfer und der Laiengeburtshelfer 
gehören ja schon zu den Typen der Zukunft; als Dritter im 
Bunde der Wanderhufschmied der Landwirtschaftskammer. Auch 
das Wanderlehrertum hat seine Bedenken und rührt an ein 
überhaupt sehr heikles Gebiet: die Ausbildung der Landwirte 
in der Kenntnis von Tierkrankheiten, die früher nur an den 
landwirtschaftlichen Hochschulen, jetzt aber an allen Winter¬ 
schulen und in vielen Vorträgen getrieben wird, wodurch die 
Neigung zur Selbstbehandlung gesteigert wird. ( Die Raterteilung 
in landwirtschaftlichen Blättern, an der sich seit alters Tierärzte 
in hervorragender Stellung beteiligen — ich will keine Namen 
nennen ist auch nicht zu unterschätzen.) Gegen den 

einzelnen Privatpfuscher muß der Tierarzt auf Selbsthilfe 
angewiesen werden, ein Verbot der Pfuscherei wäre falsch; 
Vertiefung der ärztlichen Kunst, Gründlichkeit der Diagnostik, 
Verfeinerung der Behandlungsmethode, kühne Operationen sind 
die Waffen gegen solche Leute. Aber gegen das organisierte 
Laienelement, namentlich wenn es sich auf die organi¬ 
sierte Landwirtschaft stützen kann, wäre der einzelne 
machtlos. Die Tätigkeit der Landwirtschaftskammern 
beginnt auch in anderer Hinsicht dem einzelnen Tierarzt 
unbequem und vielleicht gefährlich zu werden, was selbst¬ 
verständlich unserer Wertschätzung dieser ausgezeichneten 
Organisation keinen Abbruch tut. Mit Recht werden schon 
Klagen geführt über das Eingreifen der „Vertrauens“-Tier- 
ärzte in die Privatpraxis. Es muß unbedingt vorgesorgt 
werden, daß bei etwaigen zukünftigen allgemeinen Maßregeln 
auf dem Gebiet des Molkereiwesens, der Tierzucht usw. nicht 
etwa willkürlich die Tierärzte in ihrer Praxis ausgeschaltet 
werden können. Alle diese Erscheinungen, die jetzt erst ihre 
Anfänge zeigen, sind um so gefährlicher, als man ihnen eine 
gewisse Berechtigung nicht einmal absprechen kann. Es wäre 
daher nicht richtig, sie einfach zu ignorieren oder schlechtweg 
zu verwerfen, sondern sie müssen in Rechnung gezogen und in 
richtige Grenzen gelenkt werden. 

Endlich hat die Erweiterung der Befugnisse der 
Kreistierärzte in der Gegenwart unzweifelhaft begonnen, die 
Tätigkeit des praktischen Tierarztes tief zu beeinflussen. Es 
ist ein Interessengegensatz zwischen beamteten und Privat¬ 
tierärzten entstanden, der früher, wo das Hauptgewicht auch 
für den Kreistierarzt in der Privatpraxis lag, unbekannt war. 




182 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Gewiß ist, wie jeder innerhalb eines Standes auftretende Gegen¬ 
satz, auch dieser bedauerlich. Deshalb kann man ihn aber doch 
weder ableugnen, noch ihm kurzweg die Berechtigung absprechen. 
Das einzig richtige ist vielmehr, ihn zum Anstrag zu bringen, 
um ihn dann, möge die Entscheidung fallen, wie sie wolle, 
verschwinden zu lassen und zu vergessen. 

Jener Gegensatz ist offenbar zuerst, vielleicht noch halb 
unbewußt, in die Erscheinung getreten durch die Begründung 
des Vereins der beamteten Tierärzte, die das Gefühl hatten, 
ihre Spezialinteressen besonders vertreten zu müssen. Wie das 
meiste Neue war auch diese Gründung kaum frei von Nachteilen, 
hat aber doch ihre Existenzberechtigung erwiesen und sich er¬ 
freulich entwickelt; unzweifelhaft besitzen die Kreistierärzte 
heute in diesem Verein eine vortreffliche Organisation. Hier¬ 
nach war es aber selbstverständlich, daß auch die Schlachthof¬ 
tierärzte und endlich die Privattierärzte nach einer ähnlichen 
Organisation strebten. Für die letzteren war es am schwersten, 

■ und ich habe damals persönlich eingegriffen, weil anscheinend 
niemand da war, der die Initiative mit Gewicht vertreten konnte. 
Daß man die Berechtigung auch dieser Verbandsgründung hat 
bestreiten wollen, ist mir immer unverständlich geblieben, denn 
was dem einen recht ist, ist doch dem andern billig; übrigens 
hat mir dieser Widerspruch erst recht die Notwendigkeit be¬ 
wiesen. Die Entwicklung dieses Verbandes vollzieht sich 
naturgemäß langsamer bei dem Mangel an innerer Geschlossen¬ 
heit, und weil sich unter den in praktischer Tätigkeit stehenden 
Kollegen schwer solche finden, die Zeit und Neigung haben, die 
stille Arbeit auf sich zu nehmen; auf das große Wort in Ver¬ 
sammlungen kommt es nicht an. Aber auch dieser Verband 
wird sich schon auswachsen, wenn er nicht, was immerhin 
möglich wäre, bei der Einführung der Kammerorganisation 
entbehrlich wird. Jedenfalls hat er jetzt mit der Aktion beim 
Seuchengesetz gezeigt, wozu er da ist. 

Der in jenen Vereinsgrtindungen schon ausgeprägte Gegen¬ 
satz zwischen beamteten und privaten Tierärzten ist kein 
persönlicher, sondern im wesentlichen ein wirtschaftlicher; auch 
Rücksichten auf das persönliche Ansehen spielen mit hinein. 
Ein solcher Gegensatz wird in einem Stande schon dann auf- 
treten, wenn es dem einen Teil sehr viel besser geht als dem I 
andern, und deshalb muß eben, wenn in einem Stande die Einheit 
gewahrt bleiben soll, nicht bloß ein Teil, sondern die Gesamtheit 
vorwärts kommen. Auch unter den Ärzten hat sich ein ähnlicher 
Gegensatz herausgebildet, wenn auch nicht so scharf, weil die , 
Privatärzte schon durch ihre Zahl ein größeres Gewicht haben. 
Bemerkenswert ist dabei der Hinweis Krügers (B. T. W. Nr. 7, 

S. 125) darauf, wie viele Nebenämter den Kreisärzten reserviert 
werden. Die Verteilung derselben auf die innerhalb des Kreises 
wohnenden und persönlich zweifelsfreien Privatärzte würde 
diesen eine sehr wesentliche wirtschaftliche Unterstützung 
gewähren. Es ist doch fraglich, ob es berechtigt und zweck¬ 
mäßig ist, wenn der Staat außerhalb des rein amtlichen Gebietes 
unmittelbar oder mittelbar so sehr für die wirtschaftliche 
Förderung seiner Beamten auf Kosten privater Angehöriger 
desselben Standes bedacht ist. 

Die Kollision zwischen den Kreistierärzten und den Privat¬ 
tierärzten ist nun aber jetzt herbeigeführt worden durch die 
ja nicht zu bestreitende außerordentliche Erweiterung des 
Wirkungsbereiches der Veterinärpolizei. Diese Erweiterung 
war ja gegenüber dem alten Seuchengesetz von 1880 zum Teil 


schon durch Verordnungen herbeigeführt, soll aber doch erst 
jetzt gesetzlich und für alle Zeiten festgelegt werden. Überdies 
zieht das neue Gesetz namentlich die Tuberkulose ganz neu in 
semen Bereich, und endlich ist ja nicht zu verkennen, daß wir 
noch lange nicht am Ende stehen. Daß vielmehr die nächste 
Zukunft über den heutigen Gesetzentwurf hinausgreifen wird, 
ist bei Brustseuche und Druse schon so gut wie sicher, bei 
Kälberruhr und Kälberpneumonie, beim seuchenhaften Ver- 
kalben usw. ja auch immerhin denkbar, für die Hunderäude ja 
auch schon verlangt. 

Wenn gegenüber diesem unabsehbaren Anwachsen der 
veterinärpolizeilichen Befugnisse den Privattierärzten „angst 
und bange“ wird und sie bei dem vorliegenden Gesetzentwurf 
ihrer allzugroßen Einschränkung vorzubeugen suchen, so ist 
dies nicht allein ihr selbstverständliches Recht, sondern es muß 
eigentlich auch den Veterinärbeamten verständlich erscheinen, 
selbst wenn diese einen anderen Standpunkt einnehmen. Von 
den Vorschlägen der in Nr. 7 der B. T. W. publizierten Eingabe 
des Verbandes der Privattierärzte an den Reichstag und den 
Einwendungen im einzelnen mag hier abgesehen werden; aber 
das Prinzip und die allgemeinen Einwendungen mögen einer 
kurzen Betrachtung unterzogen sein. 

Man hat eingewendet, daß die Eingabe eine Gefahr herauf¬ 
beschwören und eine Schädigung des tierärztlichen Standes im 
Gefolge haben könne. Ich will davon absehen, daß eine gewisse 
Geneigtheit besteht, alles das, was einem nicht paßt, als 
Schädigung der Gesamtheit zu stigmatisieren. Natürlich hat 
aber jeder Gegensatz unter uns eine Gefahr in sich und eben 
deshalb hätte man rechtzeitig den Ausgleich versuchen sollen, 
da die Frage seit 1902 in der Diskussion stand. Die beamteten 
Tierärzte haben sich aber auf eine strikte Ablehnung des ganzen 
Gedankens beschränkt, sie können es daher den Privattierärzten 
nicht verdenken, wenn sie jetzt an eine andere Stelle sich 
wenden. 

Herr Kreistierarzt Plessow hat in der B. T. W. (Nr. 8 
S. 149) gemeint, die Privattierärzte hätten doch warten 
sollen, wie sich unter dem neuen Seuchengesetz die Verhältnisse 
gestalten würden. Nein, das durften sie nun ganz gewiß nicht 
I tun! Wenn sie überhaupt etwas erreichen wollten, so war es 
jetzt unbedingt Zeit, denn jetzt fällt die Entscheidung. Wenn 
das Seuchengesetz erst fertig ist, und der Bereichjder Veterinär¬ 
polizei so wie beabsichtigt und wünschenswert abgegrenzt ist, 
, dann ist auch das Prinzip der Seuchenbekämpfung mindestens 
wieder für die nächsten 25 Jahre festgelegt. Wenn daher die 
Beteiligung der Privattierärzte bei der Bekämpfung gewisser 
Seuchen prinzipiell (nicht bloß in dringenden Ausnahmefällen, 
woran natürlich gar nichts gelegen ist) auch nur ermöglicht 
werden soll, so muß der § 2 des Gesetzes geändert werden; 
denn auf Grund dieses Paragraphen mußten bisher die be¬ 
treffenden Wünsche der Privattierärzte abgewiesen werden, das 
Gesetz stand ihnen eben entgegen. Bleibt das Gesetz unver¬ 
ändert, so bleibt auch der bisherige Zustand, und die Tierärzte 
brauchten dann gar nicht abzuwarten, was kommen wird — sie* 
wissen das heute schon. Aus gleichem Grunde ist die von 
Prof. Malkmus in der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift 
geäußerte Ansicht unrichtig, daß die Privattierärzte sich nicht 
jetzt an den Reichstag, sondern nach dem Zustandekommen des 
Gesetzes an die Landesregierungen hätten wenden sollen. 
An den bisher durch den § 2 zugelassenen Ausnahmen liegt, 





f>. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


183 


wie gesagt, den Privattierärzten gar nichts; sie wollen eine 
begrenzte, aber innerhalb dieser Grenzen allgemeine Be¬ 
teiligung, die . heute nach §2 unzulässig ist und es daher 
auch in Zukunft geblieben wäre, wenn nicht eben der Reichstag 
den § 2 ändert. 

Wenn der Reichstag diese Änderung beschließen sollte, so 
ist das ein prinzipieller Erfolg; im einzelnen ist damit freilich 
noch nicht viel gewonnen, wenn auch der Willensausdruck 
des Reichstags immerhin seine Wirkung doch wohl nicht ganz 
verfehlen wird. Das ist ja aber vollkommen richtig, daß die 
Bestimmungen über die Mitwirkung der privaten Tierärzte 
von der Instruktion des Bundesrates und von gewissen An¬ 
ordnungen der Landesregierungen abhängig bleiben. Die Privat¬ 
tierärzte mögen sich also später auch noch an die Landes¬ 
regierungen wenden; zuvor aber mußten sie sich unbedingt um 
die Umgestaltung des Gesetzes kümmern. Wenn die Privat- 
tierärtzte einmal — und ich glaube, nicht mit Unrecht — 
glauben, daß ihre Stellung wie ihre Einnahmen durch das An¬ 
wachsen der amtstierärztlichen Tätigkeit beeinträchtigt würde, 
so mußten sie das jetzt geltend machen, andernfalls hätten sie 
bisher nur Spiegelfechterei getrieben und sich lächerlich gemacht. 
Daß diese Aktion kommen würde, ist z. B. auch im Branden¬ 
burger Verein ausgesprochen worden. Daß der Boden für 
dieselbe nicht ungünstig ist, bewies schon die erste Verhandlung 
im Reichstage. Es ist für die Privattierärzte sehr erfreulich, 
daß die konservative Fraktion, also die Hauptvertretung der 
Landwirtschaft, sich den Antrag ihrer Petition zu eigen gemacht 
hat. Es ist aber auch sehr bezeichnend, daß sämtliche Ärzte, die 
das Wort ergriffen haben, für die Wünsche der Privattierärzte 
eintraten; die Ärzte empfinden eben am eigenen Leibe ähnliches. 

Früher mögen von den Privattierärzten teilweise über¬ 
triebene Wünsche ausgesprochen sein, andererseits mögen die 
Kreistierärzte sich übertriebene Vorstellungen von den Be¬ 
strebungen der Privattierärzte gemacht haben. Die Eingabe 
schafft jedenfalls Klarheit über das, was erstrebt wird. Danach 
beanspruchen die Privattierärzte keineswegs ihre Beteiligung an 
der allgemeinen (prophylaktischen) Veterinärpolizei und Vete¬ 
rinärkontrolle, und es sind nur einzelne Seuchen, bei denen sie 
beteiligt werden wollen. Diese Seuchen sind dadurch charak- j 
terisiert, daß sie neu unter das Gesetz kommen, daß sie all¬ 
gemein verbreitet sind, daß sie keine einschneidenden 
Maßregeln erfordern oder vertragen, daher auch keiner be¬ 
sonderen Amtsautorität zur Überwindung heftiger Widerstände 
benötigen. 

Warum soll die Ermittlung dieser Seuchen und die Über¬ 
wachung der Maßregeln durch nichtbeamtete Tierärzte denn 
nicht möglich sein? Die Unmöglichkeit zu behaupten, heißt 
noch nicht sie beweisen. Der Befähigungsnachweis für gewisse 
Funktionen ist eben durch die Fachprüfung erbracht. Daß 
der Staat sich zur Durchführung staatlicher Maßregeln privater 
Personen bedient, ist doch nichts Neues; dieselben werden 
dadurch nicht Beamte, und auch die Privattierärzte werden 
nicht dann Beamte, wenn ihr ärztliches Urteil, z. B. bei Tuber¬ 
kulose, als genügend angesehen und die von ihnen ausgestellte 
Bescheinigung über die Durchführung der Maßregeln als gültig 
akzeptiert wird. Würden sie Veterinärbeamte, so würden sie 
ja alle Rechte wie die Kreistierärzte erhalten, und das können 
sie natürlich nicht und wollen sie auch gar nicht. Die Ver¬ 
mehrung der Zahl der Veterinärbeamten würde den Kreis¬ 


tierärzten am allerwenigsten gefallen. Wenn man übrigens 
die Bekämpfung einer Seuche durch den beamteten Tierarzt 
gewissermaßen als einen höheren Grad ansieht, würde es doch 
mit der ganzen Entwicklung unsrer Veterinärpolizeigesetzgebung 
nur übereinstimmen, wenn man bei allgemein verbreiteten 
Seuchen mit dem milderen Grade anfängt; zeigt die Erfahrung, 
daß es nicht geht, so können später immer noch die Zügel 
straffer angezogen werden, wie das ja auch seit 1880 gegen¬ 
über der Lungenseuche, der Maul- und Klauenseuche usw. all¬ 
mählich geschehen ist. Bei der Tuberkulose ist speziell der 
Einwand gemacht worden, daß man die Schätzung nicht dem 
Privattierarzt überlassen könne. Warum denn nicht? Wenn 
die beiden anderen Schätzer Privatleute sind, warum soll nicht 
auch der Arzt ein Privatmann sein? Der „Über-Schätzer“ würde 
sehr bald erkannt werden und eine etwa steigende Beliebtheit 
in der Praxis mit dem wachsenden Mißtrauen der Behörde und 
bald mit Maßregelung bezahlen müssen. Im übrigen wäre dann 
auch der Einwand berechtigt, daß man den beamteten Tierarzt 
nicht innerhalb seiner Privatpraxis abschätzen lassen dürfte. 
Endlich kommt gerade bei der Tuberkulose vielleicht die Ab¬ 
schiebung der Tiere in die Schlachthäuser in Frage, so daß 
die Schätzung gar nicht dem praktizierenden Tierarzt zu¬ 
fallen würde. 

Ein Einwand muß jedenfalls von vornherein auf das ent¬ 
schiedenste abgewiesen werden: man komme nicht damit, daß 
die Privattierärzte nicht zuverlässig genug seien, oder daß der 
Staat keine Mittel habe, ihre Zuverlässigkeit zu kontrollieren. 
Den ersten Einwand muß uns allen unsere Selbstachtung ver¬ 
bieten. Damit wird keineswegs ausgesprochen, daß nicht unter 
den Tierärzten, wie unter allen anderen Ständen, sogar eine 
größere Zahl unzuverlässiger Elemente sein können. Solche 
Elemente auszuschalten, muß die Möglichkeit bleiben; in dem 
Anträge der Petition heißt es nicht umsonst: „können über¬ 
tragen werden“. Nur muß die Unzuverlässigkeit erwiesen sein. 
Dies festzustellen, ist der Staat durchaus in der Lage; so gut 
wie er die tierärztlichen Fleischbeschauer kontrolliert, kann er 
auch die Tierärzte in ihrer Tätigkeit bei den betreffenden 
Seuchen kontrollieren. Die Übernahme solcher öffentlichen 
I Tätigkeit ist daher auch — das werden die Privattierärzte 
nicht verkennen — ein zweischneidiges Schwert, und daß das¬ 
selbe mit aller Strenge gegen den Privattierarzt, der sich Ver¬ 
fehlungen zuschulden kommen läßt, gebraucht werden wird, 
davon kann man vollkommen überzeugt sein. Freilich dürfte 
die Beurteilung des einzelnen Tierarztes hinsichtlich seiner 
Untauglichkeit zu öffentlicher Tätigkeit nicht bloß von einem 
einzelnen, auch nicht vom Departementstierarzt abhängen, es 
würde vielmehr vorkommendenfalls auch die künftige Tierärzte¬ 
kammer zu hören sein, damit der wenigstens theoretisch 
möglichen Willkür ein Riegel vorgeschoben wird. Als übrigens 
im Jahre 1880 das erste Seuchengesetz kam und einen viel 
kühneren Schritt tat wie das heutige, weil es etwas ganz 
Neues schuf, da waren die damaligen Kreistierärzte auch nicht 
das, was die heutigen sind, viele von ihnen waren viel¬ 
mehr amtlich wenig fähig und persönlich nicht einwandfrei. 
Auch die Kreistierärzte haben sich erst in sich selber reinigen 
müssen, und sie haben das getan, vielleicht gerade weil man 
nicht zögerte, ihm wichtige Funktionen zu übertragen, sie haben 
es getan unter dem Einfluß, den die Steigerung ihrer Stellung, 
damit ihrer Verpflichtung und des Bewußtseins derselben auf 





184 


sie nach in moralischem Sinne ausgeübt hat: es wächst eben 
der Mensch mit seinen höheren Zwecken. Auch die Privat¬ 
tierärzte werden, wenn ihnen eine teilweise öffentliche Tätigkeit 
anvertraut wird, hieraus die Veranlassung nehmen, immer mehr 
auf sich zu halten und Ungeeignetes abzustoßen. 

Der Einwand, daß die Maßregeln nicht durchgeführt werden 
würden, wenn nicht amtliche Autorität die Durchführung über¬ 
wache, ist unbewiesen; da es sich nicht um einschneidende 
Maßregeln handelt, ist das nicht anzunehmen. Der pflichttreue 
Privattierarzt wird sich das auch nicht gefallen Tassen, und 
jedenfalls wäre dies abzuwarten. Übrigens wird eine allgemeine 
Kontrolle dem Kreistierarzt leicht Vorbehalten werden können, wie 
ihm selbstverständlich auch die Übersicht über alle Seuchenfälle 
im Kreise gesichert bleiben muß. 

Besonders oft ist der Einwand gemacht worden, die Privat¬ 
tierärzte würden gar nicht geschädigt und betrieben daher ihre 
Opposition bloß aus Unverstand oder bösem Willen. Hierin 
sind die Privattierärzte nun aber eben einstimmig anderer 
Ansicht, und das müssen sie doch wohl am besten wissen. 
Schreibt mir doch auch ein befreundeter Kreistierarzt, die 
Privattierärzte wollten sich bereichern. Das heißt doch zu- | 
geben, daß das Streitobjekt eine Einnahmequelle ist. Dem 
Trost, daß der Kreistierarzt bei weiterer Steigerung seiner 
Amtstätigkeit keine Privatpraxis mehr werde ausüben können, 
ist nicht recht zu trauen. Das wird er doch tun, und das soll 
er auch tun; nichts wäre unerwünschter, als den Kreistierärzten 
die Privatpraxis zu unterbinden, in manchen Gegenden ist das 
gar nicht möglich. Gewiß läßt sich auch gegen das damit ver¬ 
bundene Assistentenwesen manches sagen, aber auch der Assistent 
ist in vielen Fällen unentbehrlich und für ihn muß dann die Privat¬ 
praxis die Kosten aufbritigen. Deshalb glaube ich nicht daran, 
daß die Kreistierärzte auf die Privatpraxis allgemein einmal 
verzichten würden. Je häufiger sie übrigens auf die Gehöfte 
kommen, umsomehr haben sie ja Gelegenheit, die Privatpraxis 
ganz nebenbei auszuüben f sie können sich Wünschen des Be¬ 
sitzers in dieser Hinsicht gar nicht entziehen. Wie die Gelegenheit 
zu solchen tierärztlichen Requisitionen mißbraucht wird, das 
ergibt sich auch deutlich aus dem sehr interessanten Referat 
des Kreistierarztes Traeger bei der Versammlung der beamteten 
Tierärzte (vgl. B. T. W. Nr. 0 S. 167); denn was er dort für 
die zwecklose Zuziehung des Ergänzungsbeschauers und ihre 
Gründe konstatiert, das wird auch nicht selten für die Zuziehung 
des Kreistierarztes wegen Seuchenverdachts gelten. 

Es ist in letzter Zeit unverkennbar auf beiden Seiten eine 
gewisse Neigung zur Verständigung hervorgetreten. Man hat 
versucht, gegenseitige persönliche Beziehungen der Vereins¬ 
leitungen anzuknüpfen. Auch Gegner der Bestrebungen der 
Privattierärzte beginnen eine gewisse Berechtigung derselben 
anzuerkennen, ja zuzugeben, daß bei manchen Seuchen eine 
allgemeinere Mitwirkung der Privattierärzte vielleicht unent¬ 
behrlich sein werde. Preuße sagt, daß es für die Privat¬ 
tierärzte bedauerlich sei, wenn das Gesetz auf dem alten Stand¬ 
punkt stehen bleibe; Professor Malkmus ist zwar ein Gegner 
des Bestrebens der Privattierärzte, unterzieht dasselbe jedoch 
in Nr. 8 der „Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift“ einer 
sachlichen Würdigung. Auch ich glaube, daß, wenn beim § 2 
und dann bei der Instruktion des Bundesrates die Wünsche der 
Privattierärzte eine gewisse Berücksichtigung erfahren, die Streit¬ 
axt wird begraben werden können. Die Kreistierärzte werden 


No. 10. 


bald einsehen, daß jene Wünsche weder unberechtigt waren, 
noch deren Erfüllung sie selber schädigt. 

Daß die Beteiligung der Privattierärzte zu weit gehen 
könnte, brauchen die beamteten Tierärzte gewiß nicht zu 
fürchten; davor schützt sie schon die gewaltige Übermacht, 
durch welche sie selber bei der Schaffung des Gesetzes vertreten 
sind. Es ist ja doch keine Frage, daß die Staatsregierung über¬ 
wiegend geneigt ist, die Stellung ihrer Beamten zu betonen, 
und daß vor allen Dingen sämtliche tierärztlichen Sach¬ 
verständigen, die bisher an dem Gesetz beteiligt waren und 
später beteiligt sein werden, nur sehr wenig — ich muß sagen: 
bedauerlich wenig — geneigt sind, sich in die Wünsche der 
Privattierärzte hineinzudenken. Von einer Einschränkung des 
bisherigen amtstierärztlichen Geschäftskreises kann überhaupt 
keine Rede sein, auch muß die allgemeine Übersicht und Leitung 
den Kreisveterinärbeamten gewahrt bleiben. Das eine muß man 
selbstverständlich von den Amtstierärzten verlangen, daß sie 
den Grundsatz: „Leben und leben lassen“ anerkennen und den 
nichtbeamteten Kollegen nicht eine Minderstellung anweisen 
wollen. 

Schließlich wollen wir doch die Zukunft bedenken, denn 
für sie ist doch das neue Gesetz bestimmt. Daß dieses den 
Kreistierärzten eine gewaltige Arbeit bringt, das erkennt auch 
Rust an (Versammlung des Vereins beamteter Tierärzte, B. T. W., 
Nr. 9 S. 165). Die Pauschalierung der Reisekosten ist für die 
Kreisärzte durchgeführt und daher von den Kreistierärzten kaum 
mehr abwendbar. Unter ihrer Wirkung dürften die Kreistierärzte 
die Mitwirkung der Privattierärzte vielleicht bald ganz anders 
beurteilen als gegenwärtig. Dazu kommt ein zweites: die in 
Zukunft anzustöllenden KretsticTl^zte werden all« ein 
Dezennium lang Privattierärzte sein müssen, ehe sie 
eine Kreistierarztstelle erhalten; ihnen wird daher alles, was 
zur Hebung der Stellung des Privattierarztes geschieht, ebenfalls 
zugute kommen, und zwar in ihren jungen Jahren, die nicht 
die schlechtesten im Leben und für die Entwicklung entscheidend 
sind. Wenn deshalb unter den gegenwärtigen Kreistierärzten 
eine erklärliche Opposition besteht, die zukünftigen werden 
keinen Grund zu derselben haben.*) Endlich aber bin ich der 
Überzeugung, daß der Kreistierarzt, gerade dadurch, daß die 
Privattierärzte des Kreises neben ihm und zwar mit beschränkten 
Rechten, tätig sind, erst recht eine erste Stellung unter seinen 
Kollegen einnehmen wird, daß sein Übergewicht nicht ver¬ 
mindert, sondern gesteigert wird. Wie schon oben gesagt: die 
Übernahme öffentlicher Tätigkeit ist ein zweischneidiges Schwert. 
Wenn die Privattierärzte mit Recht wünschen müssen, sich 
dieser Aufgabe zu unterziehen, so können sie die damit ver- 

*) Von den derzeitigen jüngeren Kreistierärzten sind sehr viele 
etwas zu früh, zum Teil ohne überhaupt selbständige praktische Tier¬ 
ärzte gewesen zu sein, in ihr Amt gekommen und dadurch in ihrem 
Urteil beeinflußt. Es ist in mehr als einer Hinsicht ein Vorteil, 
daß dies jetzt auders wird. Früher konnte man nach dem Examen 
auch ohne besondere Qualifikation so leicht und schnell eine 
Kreistierarztstelle oder eine Schlachthofleitung bekommen, daß der 
Mehrzahl der Gedanke an die feste Begründung einer Privatpraxis 
ganz entschwand, daß man die paar Jahre bis zur Übernahme des 
Amtes als eine unbequeme Zwischen- oder Karenzzeit auffaßte. 
Nicht die mindere Betonung der praktischen Ausbildung an den 
Hochschulen, sondern das übermäßige und verfrühte Angebot 
amtlicher Stellen hat die Neigung zur Praxis und deren Wert¬ 
schätzung zum Sinken gebracht. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 







5. März im 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


185 


bundene Abhängigkeit usw. bloß deshalb leicht nehmen, weil 
sie nichts Neues mehr, sondern schon durch die Fleischbeschau 
begründet ist. 

So ist zu hoffen, daß in einiger Zeit der Gegensatz 
zwischen beamteten und privaten Tierärzten sich wieder aus¬ 
geglichen haben wird. In einem Dezennium wird es sich zeigen, 
daß die Erfüllung der Wünsche der Privattierärzte die beamteten 
keineswegs schädigt. Sollte man aber diese Wünsche nach wie 
vor völlig beiseite setzen, so wird in 20 Jahren an die Stelle 
des praktischen Tierarztes der Tierheiler sich gedrängt haben. 
Das ist meine feste Überzeugung. 

Das neue 6ehaltsregulativ in Bayern. 

(Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht.) 

Nach dem dieser Tage publizierten Entwürfe des neuen 
Gehaltsregulativs für bayerische Staatsbeamte sind für im Staats¬ 
dienste stehende Tierärzte die folgenden Grund- und Höchst¬ 
gehalte vorgeschlagen : 

Anfangsgehalt des Landestierarztes im Ministerium des 
Innern 8400 M., Höchstgehalt vom 13. Dienstjahre ab 11 400 M. 

Anfangsgehalt der ordentlichen Professoren der Tierärzt¬ 
lichen Hochschule, der Kreistierärzte, des Landesznchtinspektors, 
Landgestütstierarztes, der Landstallmeister und des Gestüts¬ 
direktors 6000 M., Höchstgehalt vom 13. Dienstjahre ab 8400 M. 

Anfangsgehalt der außerordentlichen Professoren der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule 3600 M., Höchstgehalt vom 13. Dienst- 
jahre ab 6000 M. 

Anfangsgehalt eines Professors (Tierarzt) der Akademie 
für Landwirtschaft und Brauerei Weihenstephan 5400 M., 
Höchstgehalt vom 13. Dienstjahre ab 7800 M. 

Anfangsgehalt der Bezirkstierärzte (einschließlich des 
Bezirkstierarztes bei der Polizeidirektion), der Gestütstierärzte 
sowie des tierärztlichen Lehrers an der Akademie Weihenstephan 
3000 M., Höchstgehalt vom 16. Dienstjahre ab 6000 M. 

Uber die Pauechalierouf der Reisekosten und Tagegelder der Kreisärzte. 

Im Abgeordnetenhause (Sitzung vom 28. Februar 1908) 
machte der Kultusminister Bemerkungen über die für die Kreis¬ 
ärzte bereits beschlossene Pauschalierung. Die Pauschalierung 
sei auf einer durchaus günstigen Grundlage erfolgt, günstiger 
als bei anderen Beamten, und zwar so, daß 90 Proz. der im 
Jahre 1905 entstandenen Gesamtkosten in den Fonds hinein¬ 
gegeben sind; davon waren 80Proz. verteilt und 10Proz. in 
Reserve behalten, um solchen Beamten, die zu einer besonders 
gesteigerten Reisetätigkeit genötigt waren, nachträglich Zu¬ 
schüsse zu geben. Die Angemessenheit der jetzigen Amts¬ 
unkostenentschädigung werde zurzeit einer noch nicht beendeten 
Prüfling unterworfen. Für die Pensionierung werde in Zukunft 
anstatt des bisherigen dreijährigen Gebührendurchschnittes eine 
feste, für alle nicht vollbesoldeten Kreisärzte gleichmäßige 
Summe von 2 250 M. dem pensionsfähigen Gehalte zugerechnet. 
Es wird also dasselbe Prinzip eingeführt, welches für die Kreis¬ 
tierärzte von vornherein bestand, nur daß die Zurechnungssumme 
um 300 M. höher ist als bei den Kreistierärzten. Der Minister 
teilte ferner mit, daß noch in dieser Session die Vorlage eines 
Gesetzes betreffend die Gebühren der Kreistierärzle erfolgen 
solle, und daß nach dem Zustandekommen dieses Gesetzes die 
Abänderung des jetzigen Etatsvermerks über die Pensionierung 
eintreten werde. Die Anregung, das Beamtenfürsorgegesetz von 


1903 auf die Kreisärzte auszudehnen, werde in wohlwollende 
Erwägung genommen. 

Etat des Militärveterinärwesens. 

Nach einer Mitteilung der Zeitschrift für Veterinärkunde 
ist in der Budgetkommission des Reichstags auf eine Anfrage 
hin die Auskunft erteilt worden, daß ein Veterinäroffizierkorps 
wird geschaffen werden in Ausführung der Kabinettsorder von 
1903 beim Übertritt der ersten Abiturienten in das Heer. Es 
wird also nicht bloß an dem Veterinäroffizierkorps, sondern auch 
an dem von vornherein in Aussicht gestellten Zeitpunkt (1909) 
festgehalten. 

Aus dem preußischen Abgeordnetenhause. 

In der Sitzung vom 24. Februar trat der konservative Ab¬ 
geordnete Hirth warm für einen weiteren Ausbau des Veterinär¬ 
institutes in Breslau ein, indem er hervorhob, daß die schlesischen 
Landwirte dem Leiter desselben, Professor Casper, besonders 
dankbar seien, daß er in Breslau geblieben sei, und daher 
befürwortete, den Genannten durch die Weiterentwicklung seines 
Institutes und seiner Stellung in Breslau zu erhalten. 

Aufbesserung der Kommunalbeamten-Gehftlter. 

Die Minister des Innern und der Finanzen haben in einem 
gemeinsamen Erlaß die Kommunalverwaltungen darauf hin¬ 
ge wiesen, daß die Aufbesserung der Gehälter der Staatsbeamten 
auch eine entsprechende Erhöhung des Einkommens der Kommunal¬ 
beamten werde nach sich ziehen müssen. 

Persönliche Auszeichnungen. 

Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Meiningen hat 
dem Landestierarzt Oberleutnant der Landwehr a. D. Hofrat 
Dr. Gustav Vaerst zu Meiningen den erblichen Adelsstand, 
den dessen Vorfahren aufgegeben hatten, wieder verliehen. 

Der Rektor der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden, 
Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Ellenberger, ist zum 
Mitglied der Kaiserlich Leopoldinisch-Karolinischen Akademie 
der Naturforscher ernannt worden, eine wissenschaftliche Ehre, 
die schon einmal dem Leiter der Dresdener Schule, dem ver¬ 
storbenen Geheimrat Leise ring, zuteil geworden ist. 

Dem Direktor der Tierärztlichen Hochschule zu Stuttgart, 
Dr. Sußdorf, ist das Ehrenkreuz der Württembergischen Krone 
verliehen worden, das den Dekorierten für seine Person zur 
Führung des Adelsprädikates berechtigt. 

Der Landestierarzt von Elsaß-Lothringen, Regierungsrat 
Feist, ist zum Geheimen Regierungsrat ernannt worden. 

Der technische Leiter des Veterinärwesens in Österreich, 
k. k. Ministerialrat Anton Binder, ist zum . Wirklichen 
Ministerialrat ernannt worden. 

Bern. 

In Bern fand eine Abschiedsfeier für den Professor der 
Tierzucht an der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität, 
Dr. Kraemer, statt. Der Dekan der Fakultät, Professor 
Guillebau, sowie die Professoren Merti undOncken und der 
Bauernsekretär Laure und noch einige andere hielten Ansprachen, 
in welchen die Verdienste des Scheidenden warme Anerkennung 
fanden. Professor Kraemer siedelt nach Berlin über, indem 
er einem Ruf der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde 
folgt. Seine Aufgabe wird darin bestehen, die wissenschaftlichen 
Arbeiten dieser im Aufblühen begriffenen Gesellschaft zusammen¬ 
zufassen und zu leiten. Professor Kraemer übernimmt auch 
einen Vortrag an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 







186 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Anerkennung des Schweizer Dr. med. vet. in Hamburg. 

Der Senat der freien und Hansastadt Hamburg: Hat den 
im Staatsgebiet ansässigen Tierärzten, welche bisher in der 
Schweiz den Grad des Dr. med. vet. erworben hatten, allgemein 
die Führung des Doktortitels gestattet. 

Tierärztliche Hochschule zu Berlin. 

Auf Veranlassung des neuen Ordinarius der Physiologie 
gebe ich bekannt, daß am 1. April die Stelle eines Assistenten 
für einen jungen, strebsamen Und befähigten Tierarzt am Physio¬ 
logischen Institut offensteht. Es handelt sich darum, hier eine 
neue Physiologenschule zu begründen, und es liegt gewiß im 
allgemein wissenschaftlichen, wie insbesondere im tierärztlichen 
Interesse, daß geeignete Veterinärmediziner sich diese Ge¬ 
legenheit zunutze machen und sich physiologischer Ausbildung 
und Betätigung zuwenden. Schmaltz. 

Tierärztliche Hochschule München. 

Am 15. Februar gab der S. C. (Korps Normanuia und 
Vandalia) sein alljährliches Ballfest, welches S. K. H. Prinz 
Alfons, der von seinem Adjutanten, Königlichen Kämmerer 
Oberst Freiherrn v. Reitzenstein begleitet war, mit seiner 
Anwesenheit beehrte. 

München. 

Am 31. Januar ist der Geheimrat Dr. Karl v. Voit, 
Professor der Physiologie an der Universität, im Alter von 
76 Jahren gestorben. Seine außerordentlichen Leistungen auf 
dem Gebiet der Stoffwechselphysiologie sind allgemein bekannt. 
Der Tierärztlichen Hochschule zu München hat er Btets 
besonderes Wohlwollen entgegengebracht und hat seinerzeit das 
Gutachten bearbeitet, in welchem der bayerischen Staats¬ 
regierung schon im Jahre 1870 die Einführung der Universitäts¬ 
reife als Vorbedingung für das tierärztliche Studium empfohlen 
wurde. 

Hochschulfrequenzen. 

Zu den Mitteilungen über die Frequenz der Tierärztlichen 
Hochschulen im Wintersemester (B. T. W. 1907 S. 964) ist 
noch nachzutragen, daß die Zahl der Neuimmatrikulierten in 
in München 71 betrug, eine allerdings enorm hohe Ziffer. 

Heidelberg. 

Wie aus einer Mitteilung des Herrn v. Wasielewski an 
einen Kollegen hervorgeht, sind im Institut für Krebsforschung 
in Heidelberg Arbeitsplätze für Herren zur Verfügung, welche 
sich mit dem Problem der Geschwulstforschung beschäftigen 
wollen. Da, heißt es in dem Schreiben, die Tierärzte über ein 
sehr reiches Material für experimentelle Forschung verfugen, 
erscheint es besonders wichtig, ihre Mitarbeit zu erhalten. Auf 
Wunsch des betreffenden Kollegen wird hierauf hingewiesen. 

R. S. C.-Denkmal. 

In Nr. 6 war mitgeteilt, daß der Rudolstädter S. ('. be¬ 
absichtigt, anläßlich seines 25jährigen Bestehens ein Denkmal 
zu errichten. Von einem süddeutschen Korps ist jetzt angeregt 
worden, für den Entwurf zu dem Denkmal eine offene künst¬ 
lerische Konkurrenz auszuschreiben und die etwa eingesandten 
Entwürfe auf der im Mai zu eröffnenden Ausstellung deutscher 
Studentenkunst in Stuttgart auszustellen. Dieser Gedanke ver¬ 
dient alle Beachtung. Es würden damit gleichzeitig die Korps 
der tierärztlichen Hochschulen und damit diese selbst auf der 
Ausstellung für deutsche Studentenkunst würdig vertreten sein. 
Es soll zugleich die Gelegenheit benutzt werden, um auf diese 


sehr verdienstliche Bestrebung, künstlerischen Geschmack in das 
Studentenleben hineinzutragen, hinzuweisen. Zur Ausschmückung 
der Kneipen, zu Erinnerungszeichen und Dedikationen bedarf 
die Studentenschaft in der Tat einer großen Menge von Gegen¬ 
ständen, die ohne Erhöhung des Preises sehr wohl zu künst¬ 
lerischer Gestaltung sich eignen und dadurch gegenüber dem 
bisher Üblichen sehr gewinnen können. 

Vorlesungen für die Studierenden der Tierheilkunde an der Universität 
Gießen. 

Sommersemester 1908. 

Prof. Dr. Elbs: Anorganische Experimentalchemie, Chemische 
Übungen. Prof. Dr. Frank: Physiologie der Verdauung, des Stoff¬ 
wechsels und der Atmung. Prof. Dr. Gm ein er: Medizinische 
Klinik, Diätetik, Allgemeine Therapie, Pharmazeutische Übungen, 
Kursus der klinischen Chemie und Mikroskopie. Prof. Dr Geppert; 
Arzneimittellehre, Rezepticrkunde für Veterinärmediziner. Prof. 
Dr. Gisevius: Tierproduktionslehre. Prof. Dr. Hansen: Morpho¬ 
logie und Physiologie der Pflanzen. Kreisveterinärarzt Dr. Knell: 
Poliklinik, Veterinärpolizei. Prof. Dr. König: Experimentalphysik 
(Mechanik, Akustik, Wärme). Prof Dr. Martin: Einleitung in 
die Anatomie der Haustiere, Embryologie der Haustiere, Ver¬ 
gleichende Anatomie und Histologie der Haustiere, Histologische 
Übungen mit Demonstrationen, Beurteilungslehre des Pferdes 
und der übrigen Arbeitstiere. Geh. Hofrat Prof. Dr. Neumann: 
Organische Experimentalchemie, Chemische Übungen. Prof. 
Dr. Olt: Kursus der pathologischen Histologie, Bakteriologischer 
Kursus, Obduktionsübungen, Seuchenlehre, Praktikum für Vor¬ 
geschrittene und Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten. Prof. 
Dr. Pfeiffer: Allgemeine Chirurgie, Gerichtliche Veterinärmedizin, 
Akiurgie, Krankheiten der Hufe und Klauen, Übungen mit dem 
Augenspiegel, Chirurgische Klinik und Poliklinik. Geh. Hofrat 
Prof. Dr. Spengel: Zoologie und vergleichende Anatomie, die 
Parasiten des Menschen und der Haustiere. 

Baden. 

Die Disziplinarkammer der Tierärzte hat in der Sitzung 
vom 19. November 1907 gegen den Tierarzt A. U. zu K. wegen 
Verletzung der Berufs- und Standespflichten auf eine Geldstrafe 
von 100 M. erkannt. Der Bestrafte war beschuldigt, anläßlich 
des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in einem Stalle, 
sowie durch die Art, in der er in mehreren Fällen Besitzer 
kranken Viehs zum Verkauf desselben veranlaßte, sich einer 
Verletzung seiner Berufs- und Standespflichten schuldig gemacht 
zu haben. 

Redaktionswechsel. 

Professor Dr. Anacker, Departementstierarzt a. D., ist 
wegen hohen Alters von der Redaktion der von ihm lange Jahre 
hindurch herausgegebenen Zeitschrift „Der Tierarzt“ zurück¬ 
getreten. Die Zeitschrift, welche im wesentlichen Referate 
bringt, wird jedoch fortbestehen, und ihre Redaktion ist von 
Herrn Tierarzt Dr. Schwabe-Hamburg übernommen worden. 

Koloniales Preisausschreiben. 

Nach einer Mitteilung der Deutschen Tierärztlichen Wochen¬ 
schrift hat ein Kolonialfreund der Deutschen Kolonialgesellschaft 
die Summe von 3000 M. zur Verfügung gesteUt für eine in den 
Kolonien zu lösende wirtschaftliche Aufgabe. Diese Summe ist 
verwendet worden zu einem Preiausschreiben für ein in großem 
Maßstabe anzuwendendes Verfahren, mittelst dessen Rinder 
gegen den Stich der Tsetsefliege geschützt werden können. 
Der Gegenstand hatte bisher keine Bearbeitung gefunden, und 
der Geber hat daher den Preis jetzt auf 6000 M. erhöht. 

Einfuhr von Tieren in zoologische Gärten. 

Das preußische Ministerium für Landwirtschaft hat be¬ 
sondere Vorschriften über die Einfuhr von Tieren für zoologische 







5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Gärten und Tierparks erlassen, die in dem Ministerialblatt der 
Königlich preußischen Verwaltung für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten vom Februar 1908 veröffentlicht sind. 

Anzeigepflicht. 

Für das Herzogtum Sachsen-Altenburg ist durch den Reichs¬ 
kanzler vom 1. März d. J. ab für die Gehirnrückenmarksentzündung 
(sog. Bornasche Krankheit) und für die Gehirnentzündung der 
Pferde die Anzeigepflicht eingeführt worden. 

Internationale Ausstellung für Pferdeschutz. 

Die Pferdeschutzvereinigung über ganz Deutschland ver¬ 
anstaltet im Bunde mit dem Deutschen Tierschutzverein und 
dem Berliner Tierschutzverein in der Zeit vom 21. bis 28. Juni 
in den Räumen der Philharmonie, Berlin, Bernburgerstr. 22/23, 
eine Ausstellung, die sich auf folgende Gruppen erstrecken soll: 

a) Pferdeschutz, b) Tierschutz, c) Der Dienst des Tieres für 
den Menschen, d) allgemeine Tierzucht, e) Reit- und Fuhr¬ 
wesen, f) Tierbehandlung und Verpflegung, g) Tierasile, 
h) Kunst und Literatur, i) Bekleidungsindustrie. Alle näheren 
Auskünfte über die Beteiligung usw. werden durch das ständige 
Bureau in der Philharmonie (Geschäftszeit täglich von 11 bis 
12 Uhr) erteilt. Dem Ehrenkomitee gehört auch der Rektor 
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin an. 

64. ordentliche Mitgliederversammlung des Tierärztlichen Landesvereins 
in Württemberg 1908. 

Die 64. ordentliche Mitgliederversammlung findet am Sonnabend, 
den 4. April d. J., vormittags 10 l /a Uhr im Vortragssaal des 
Landesgewerbemuseums (Eingang Kanzleistraße) in Stuttgart statt. 
Tagesordnung: 

1. Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden. Besondere Umlage für 
das Jahr 1908. 

2 . Kassenbericht des Kassierers. 

3. Standesangelegenheiten in Württemberg. Referent: Herr Ober¬ 
amtstierarzt Metzger-Nagold. 


18 T 


4. Vortrag über „Die Aufgaben des Tierarztes in der Milch¬ 
hygiene“. Referenten: Herren Veterinärrat Kösler-Stuttgart, 
Stadttierarzt Schenzle-Gmünd, Stadttierarzt Diener-Ravens¬ 
burg, Stadttierarzt Haug-Leutkirch. 

5. Antrag der Tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin auf Errichtung 
besonderer Professuren für animalische Nahrungsmittelkontrollc 
an den Tierärztlichen Hochschulen. 

6. Antrag des Vereins süddeutscher städtischer und Schlachthof- 
tierärzte, Landesgruppe Württemberg, auf Erweiterung ihrer 
Befugnisse im Sinne unserer Eingabe an das Kgl. Ministerium 
des Innern am 3. November 1904. Referent: Herr Stadttierarzt 
Dr. Rößle-Ulm. 

7. Mitteilungen aus der Praxis. 

Um 27a Uhr findet im Rathauskeller ein gemeinschaftliches 
Mittagessen statt (Preis des trockenen Kouverts 2,50 M.). 

Die verehrlichen Vereinsraitglieder werden zu zahlreicher Be¬ 
teiligung freundlichst eingeladen. 

Im Auftrag des Vereinsausschusses: Der derzeitige Vorsitzende: 
Kösl er. 

Einladung zur Versammlung des Verbandes der Privattierärzte in Preußen 
Gruppe Brandenburg, 

am Sonntag, den 15. März 1908, 11 Uhr vormittags im Restaurant 
„Stadt Pilsen“, Unter den. Linden 13. 
Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Berichterstattung über die letzte Delegierten-Versammlung 
des Verbandes. 

3. Fleischbeschaufragen: 

a) Gebühren: Stellungnahme zu dem Beschluß des Landes¬ 
ökonomie-Kollegiums vom 7. Februar 1908; 

b) Regelung der Vertretung bei Beurlaubungen; 

c) Handhabung des § 7 des Fleischbeschaugesetzcs in den 
einzelnen Bezirken. 

4. Besprechung des Gesetzentwurfes betreffend Ausübung der 
Heilkunde durch nichtapprobierte Personen und den Gcheim- 
mittelverkehr. 

5. Überwachung der Milchgewinnung und des Verkehrs mit 
Milch durch Tierärzte. 

Der Vorstand. I. A.: Loewner. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert Von Veterinärrat Preuße. 

Tagung des Kgl. prenß. Landes-Ökonomie-Kollegioms. 

Am 5. Februar d. J. begann die diesjährige 11. Sitzungs¬ 
periode des Kgl. preuß. Landes-Ökonomie-Kollegiums, nachdem 
am Tage vorher eine Vorstandssitzung vofausgegangen war. 
Die ständige Kommission hatte auch im vergangenen Jahre 
eine rege Tätigkeit entfaltet und eine Reihe von Vorlagen aus¬ 
gearbeitet, welche nun der Hauptversammlung zur Beschlu߬ 
fassung unterbreitet wurden. Unter dem Beratungsmaterial befand 
sich auch wieder vieles, was für uns Tierärzte Interesse hat. 
Hierauf näher einzugehen, muß bis zum Erscheinen des amtlichen 
Berichtes Vorbehalten bleiben. Hier soll nur ganz kurz über 
einige Verhandlungsgegenstände referiert werden. In der 
Nachmittagssitzung des ersten Tages hielt der Landwirtschafts- 
m inist er Herr v. Arnim-Kriewen eine längere Rede, in welcher 
er eine Reihe von für die Landwirtschaft aktuellen Fragen 
eingehend erörterte. Von Interesse für die Tierärzte ist der 
Teil der Rede des Ministers, welcher sich mit der Viehseuchen¬ 
gesetzgebung beschäftigt. Hierzu führte er folgendes aus: 

Nun darf ich mich vielleicht noch zur Frage der Viehseuchen¬ 
gesetzgebung äußern. Meine Herren, das Viehseuchengesetz, das 
dem Reichstage vorliegt, enthält wesentliche Verschärfungen, Ver¬ 
schärfungen, die für den einzelnen vielleicht unangenehm fühlbar 
werden können. Aber die Erfahrungen, die wir gerade im ver- i 


gangenen Jahr und auch in diesem Jahre gemacht haben und 
machen, weisen so bestimmt darauf hin, daß es nur durch ein ganz 
scharfes Eingreifen möglich ist, die Viehseuchen und vor allen 
Dingen die Viehseuche katexochen, die Maul- und Klauenseuche, 
zu bekämpfen, daß eine Ausgestaltung der Gesetzgebung nach 
dieser Richtung hin, so im allgemeinen Interesse liegt, daß der 
einzelne die Unbequemlichkeiten, Härten und Schäden auf sich 
nehmen muß. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir jetzt nicht die 
scharfen Maßregeln anwenden könnten, die allerdings tagtäglich zu 
Reklamationen bei uns führen, bald ganz Deutschland von der 
Maul- und Klauenseuche verseucht wäre. Daß es uns gelungen ist. 
die Einbrüche von Frankreich, Holland und aus Rußland zu be¬ 
kämpfen, und daß es uns auch hoffentlich gelingen wird, den 
neuerlichen Einbruch aus Rußland in Westpreußen und Ostpreußen 
zu bekämpfen, das liegt ausschließlich daran, daß wir die Macht¬ 
mittel in Händen gehabt haben, energisch vorzugehen. 

Aber ich muß hier aussprechen: Voll genügen diese Macht¬ 
mittel nicht. Wenn sie voll genügten, dann hätte eine derartige 
plötzliche Verbreitung der Maul- und Klauenseuche, wie sie jetzt 
z. B. in Ost- und Westpreußen stattgefunden hat, gar nicht Vor¬ 
kommen können. Wir haben dort von der Seuche erst erfahren, 
nachdem eine ganze Anzahl von Fällen abgeheilt war, und Sie 
können sich denken, welchen Einfluß so etwas auf die Verbreitung 
der Seuche haben muß. Wir müssen die schärfsten Strafmaßregeln 
haben, um diejenigen zu fassen, die die Seuchen verheimlichen und 
damit das ganze Land und die ganze Landwirtschaft gefährden. 

Eine zweite Frage, die in dem Reichsviehseuchengesetz neu 
angeschnitten wird, ist die Frage der Bekämpfung der Tuber¬ 
kulose. Man will, wie Sie wissen, die Tuberkulose unter die 




188 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Krankheiten aufnehmen, wegen deren eine Tötung der Tiere Btatt- 
finden kann, und zwar die Tuberkulose, die als offene Tuberkulose, 
als ansteckende und gefährliche Tuberkulose auftritt. Ich glaube 
nicht fehlzugehen, wenn ich sage, daß die Tuberkulose uns im 
großen und ganzen noch größere Opfer auferlegt als die Maul- und 
Klauenseuche. Die Verluste, die ja nicht so sprungweise und 
plötzlich, aber tagtäglich, möchte ich sagen, auftreten, sind so un¬ 
geheuer groß, daß es, ganz abgesehen von dem allgemeinen 
Interesse der Volkshygiene, im landwirtschaftlichen Interesse 
dringend geboten ist, daß ein energischer Kampf gegen die Tuber¬ 
kulose versucht wird. 

Nach den bisherigen Erfahrungen — ich habe sie persönlich 
bei mir gemacht —, ist es möglich, durch ein energisches Vor¬ 
gehen gegen alle ansteckungsfähige Tuberkulose die Tuberkulose 
wesentlich einzuschränken, vielleicht auch zu tilgen, besonders 
wenn wir allmählich dahin kommen, unser Nutzvieh gesünder zu 
halten, wozu man glücklicherweise jetzt allgemein mehr und mehr 
Ubergeht, schon gezwungen durch die Tatsache, daß das Magervieh, 
das Jungvieh, die frischmilchenden Kühe, die man früher leicht zu¬ 
kaufen konnte, heute nicht leicht zu haben sind und daher mehr 
durch eigene Aufzucht ergänzt werden müssen. Aus diesem Grunde 
schon wird der einzelne Landwirt gezwungen sein, mehr darauf zu 
sehen, daß er sein Vieh gesund erhält. 

Von Interesse für die Tierärzte waren ferner in den Ver¬ 
handlungen drei Gegenstände: I 

Statistik der Fleischpreise, 

Kosten der Fleischbeschau, 

Bekämpfung der Druse. 

Über die Statistik der Fleischpreise referierten der Hof¬ 
besitzer Eng elbrech t-Obendeicli und Geh. Reg.-Rat Prof. 
Dr. Ostertag. Folgender von den Berichterstattern gestellter 
Antrag wurde einstimmig angenommen. 

„Das Landes-Ökonomie-Kollegium beschließt, der Königlichen 
Staaatsregierung für die Statistik der Fleischpreise folgende Leit¬ 
sätze zu empfehlen: 

1. Die Notierung der Großhandelspreise für Fleisch muß sich 
anlehnen an das Schema der Viehpreisnotierungen. Die für 
Berlin bereits durchgeführte Statistik der Großhandelspreise 
ist auf diejenigen Städte auszudehnen, in denen ein Fleisch¬ 
großhandel tatsächlich stattfindet. 

2. Die alljährlich veröffentliche Statistik der Kleinhandelspreise 
für 165 Marktorte der Monarchie ist beizubehalten. 

3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte Statistik der 
Kleinhandelspreise für 24 Marktorte, welche große praktische 
Bedeutung hat, als ungenügend zu betrachten und durch eine 
bessere Statistik zu ersetzen. 

4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten Konsumplätze auf- 
zunehmeu, also die Großstädte und die Zentren der Industrie¬ 
bezirke. 

5. Die Feststellung der Preise ist durch Sachverständige nach 
genauer Anweisung vorzunehmen. 

6. Die Feststellung der Preise hat zu erfolgen: 

beim Rindfleisch für Keule, Bug und Bauchfleisch; 
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule und Bug; 
beim Schweinefleisch für Keule, Bug, Rttckenfett und 
Kopf mit Beinen. 

7. Die hiernach aufzunehmende Statistik der Kleinhandelspreise 
für Fleisch hat nicht etwa den Zweck, den Verdienst des 
Fleischers zahlenmäßig festzustellen; wohl aber kann sie über 
die Bewegung der Fleischpreise und ihr Verhältnis zu den 
Viehpreisen Aufschluß geben.“ 

Ein hierzu gestellter Zusatzantrag, der Herr Minister 
möchte unabhängig von der Reichsstatistik jetzt bereits von 
Staatswegen dem vorstehend genannten Antrag Folge geben, 
wurde gleichfalls angenommen. 

Eine sehr eingehende Erörterung hatte das Thema: „Die 
Kosten der Fleischbeschau“ zur Folge. Hierüber referierte Graf 
Rantzau und Generalsekretär Burkhardt. Von den Antrag¬ 
stellern wurde folgender Antrag eingebracht : 


No. 10. 


Das Landesökonomiekollegium steht mit Rücksicht darauf, daß 
die Fleischbeschau eine im Interesse der Allgemeinheit getroffene 
sanitäre Maßnahme ist, nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die 
daraus erwachsenden Kosten auch von der Staatskasse zu tragen 
sind. Er erhebt daher auch wiederum diese Forderung in . erster 
Linie und wird auf dieselbe so lange zurückkoramen, bis diese 
durchaus berechtigte Forderung der Landwirtschaft ihre Erfüllung 
gefunden hat. Da aber die Aussicht auf Verwirklichung dieser 
Forderung mit Rücksicht auf die Staatsfinanzen zurzeit außer¬ 
ordentlich gering zu sein scheint, so erklärt das Kollegium im Ver¬ 
folg seines Beschlusses vom 6./9. März 1907 für die Zwischenzeit 
eine sofortige Abänderung der bisherigen Gebührenerhebung nach 
der Richtung für unbedingt erforderlich, daß 

1. der Gebührensatz für alle außerhalb der Schlachthausgemeinden 
geschlachteten und der Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
unterliegenden Tiere für jede Tiergattung einheitlich für die 
ganze Monarchie, mindestens aber für jede Provinz fest¬ 
gesetzt wird; 

2. hierbei für ein Rind nicht mehr als 2 M., für ein Schwein, 
einschließlich der Trichinenschau, nicht mehr als 1,20 M. und 
für ein sonstiges Stück Kleinvieh nicht mehr als 40 Pf. er¬ 
hoben wird; 

3. die Kosten der Ergäuzungsbeschau sowie der Stellvertretung 
und sonstiger polizeilicher Ausgaben soll durch von den 
Fleischbeschauern an die Ortspolizeibehörde abzuliefernde 
Abzüge von diesen Beträgen, in gleicher Weise, wie es zurzeit . 
bereits in Hannover üblich ist, aufgebracht und in bei den 
Provinzial verbänden zu bildenden Fonds gesammelt werden; 

4. soweit diese Fonds zur Deckung dieser Kosten nicht aus¬ 
reichen, hierfür Mittel des Staates eingestellt werden. 

Die Königliche Staatsregierung bittet das Landes-Ökonomie- 
Kollegium, die zur Durchführung dieser Neuregelung der Fleisch¬ 
beschaugebühren erforderlichen Änderungen der §§ 62 und 65 A. B.-J. 
baldmöglichst zu veranlassen und eventuell auch eine gesetzliche 
Änderung des § 14 des Ausführungsgesetzes zum Schlachtvieh- und 
Fleischbeschaugesetz vom 28. Juni 1902 zu bewirken. 

In der Debatte äußerte sich Gell. Ober-Reg.-Rat Schroeter 
dahin, daß sich im Fleischbeschaugesetz allerdings einige schwache 
Punkte gezeigt hätten, so seien z. B. die Bestimmungen über die 
Untersuchung von Pökelfleisch mangelhaft; hier sollen Ver¬ 
besserungen vorgenommen werden, das Gesetz habe aber im 
ganzen seine Schuldigkeit getan. Bei der Frage der Aus¬ 
dehnung der Fleischbeschau auf Hausschlachtungen handle es 
sich nicht um sämtliche Hausschlachtnngen, sondern nur um die 
HauB8chlachtnngen von Rindern, auf welche nur 3 Prozent aller 
Rinderschlachtungeu entfallen. Eine Vereinheitlichung der 
Fleischbeschau halte auch er für wünschenswert. Die Über¬ 
nahme der Kosten der Fleischbeschau auf die Staatskasse könne 
er nicht in Aussicht stellen, es handle sich hier um so erhebliclie 
Summen (10 bis 15 Millionen M.), daß die Staatskasse hiermit 
nicht belastet werden könne. Eine Vereinheitlichung des 
Gebührenwesens werde auch ohne gesetzliche Anordnung 
erreicht werden können. Ein diesbezüglicher Initiativ¬ 
antrag aus dem Abgeordnetenhause wäre der Staatsregierung 
sehr erwünscht. Vielleicht würde sich eine Vereinheitlichung 
nach Provinzen empfehlen. Von Frhrn. v. Erffa wurde beantragt, 
die Gebühren unter 2 des Antrages der Referenten für 1 Rind 
auf 2,50 M., für 1 Schwein auf 1,50 M. und für ein Stück 
sonstiges Kleinvieh auf 50 Pf. zu erhöhen. Frhr. v. Erffa 
erklärte sich gegen die Übernahme der Fleischbeschaukosten auf 
den Staat. Die Kosten der Ergänznngsbeschau seien nach seiner 
Ansicht übermäßig hoch angesetzt. (? !) Der Antrag des Frhrn. 
v. Erffa wurde abgelehnt, der Antrag der Referenten im 
übrigen angenommen. 






5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


189 


In der Xachmittagssitzung des zweiten Verhandlungstages 
wurde über das Thema verhandelt: „Die Bekämpfung der Druse 
unter den Pferden, insbesondere die Ausschreibung eines Preises 
für ein wirksames Drusebekämpfungsmittel“. 

Hierüber referierte der bekannte ostpreußische Pferde¬ 
züchter von Zitzewitz-Weedern. Die Druse hätte im Osten 
in ihrer Verbreitung recht große Fortschritte gemacht. Von 
30 000 in Ostpreußen jährlich geborenen Füllen fielen 15 Proz. 
der Druse zum Opfer, dies sei für eine hauptsächlich Pferde¬ 
zucht treibende Provinz ein großes Opfer. Es sei verwunderlich, 
daß gegen die Druse noch nichts getan worden sei. Referent 
beantragt daher: 

Der Herr Minister für Landwirtschaft ist zu bitten: 

1. schleunigst einen maßgebenden Bakteriologen mit der Er¬ 
forschung der Druse in den östlichen Provinzen zu beauf¬ 
tragen und alle hierzu erforderlichen Mittel zur Verfügung 
zu stellen, 

2. für die Entdeckung eines Druse-Heilserums einen Preis aus¬ 
zusetzen. 

In der Besprechung bemerkt Geh. Ob.-Reg.-Rat Schroeter, 
daß der Herr Minister sich schon früher bereit erklärt habe, 
ein bestehendes staatliches Institut, dem die Seuchenforschnng j 
obliegt, mit der Untersuchung der Druse zu beauftragen. Von 
der Aussetzung eines Preises könne er nicht viel halten, da die 
Bekämpfung der Druse doch zweifellos durch eine Immunisierungs¬ 
methode erfolgen müsse. Diese könne nur von staatlichen In¬ 
stituten aus festgestellt werden. 

Referent zog hierauf Abs. 2 seines Antrages zurück, Abs. 1 
wurde angenommen. Pr. 

Zinn Tollwutgesetz. 

Gegen die Bestimmungen zur Bekämpfung der Tollwut in 
dem neuen Viehseuchengesetz richten sich eine Anzahl Ein¬ 
gaben der kynologischen Vereine. Dieselben streben meist unter 
anerkennenswerter Mäßigung nach folgenden Abänderungen: 

1. Statt dreimonatiger Sperre eine zehnwöchige. 

2. Soll zu dem § 38 an den Entwurf der Regierungsvorlage 
folgender Zusatz gemacht werden: Zwischen gesperrtem und 
nicht gesperrtem Gebiete kann eine „Zwischenzone“ eingeschaltet 
werden, innerhalb welcher die Hunde entweder ohne Maulkorb 
an der Leine zu führen sind, oder mit Maulkorb unter gewissen¬ 
hafter Überwachung frei laufen gelassen werden dürfen. 

Besondere Aufmerksamkeit auch außerhalb unmittelbarer 
Gefahr, ist der Überwachung des Hundewesens wandernder 
Gruppen, z. B. der Zigeuner, zuzuwenden. 

Sodann sollen mit Rücksicht darauf, daß der Wert der 
Hunde außerordentlich gestiegen ist und daß die Hundezucht 
in Deutschland sich sehr entwickelt hat, für solche Hunde, die 
im Falle der polizeilich angeordneten Tötung nachträglich für 
tollwutfrei befunden sind, eine Entschädigung gewährt werden. 

Es handelt sich also bei diesen Angaben um Dinge, die 
mit rein wissenschaftlichen Gründen und vom rein wissenschaft¬ 
lichen Standpunkte aus zu bekämpfen resp. anzuerkennen wären. 
Einen eigenen Standpunkt nimmt jedoch die Eingabe der drei 
kynologischen Vereine zu Kassel an die Reichstagsabgeordneten 
ihres Kreises ein. Da dieselben für Tierärzte sehr interessante 
Behauptungen aufstellt, so seien einige der wichtigsten Punkte 
hier angeführt. Es heißt darin unter anderem: „Die amtliche 
Statistik, welche die geplanten Verschärfungen rechtfertigen 
soll, ist nicht einwandfrei. Sie beruht zum großen Teil auf den 
Tollwutfeststellungen der beamteten Tierärzte, die wohl be¬ 


hördliche Amtshandlungen sind, gegen die es leider keine 
Berufung gibt, die aber, weil sie streng wissenschaftliche Grund¬ 
lage vermissen lassen, nicht als Ergebnisse einer wissenschaft¬ 
lichen Untersuchungsmethode bezeichnet werden können, wie sie 
sonst bei allen Fragen der öffentlichen Gesundheit als selbst¬ 
verständliche Unterlage gefordert wird und auch hier dringend 
zu verlangen ist. Der Arzt, der Cholera bakteriologisch fest¬ 
gestellt, stützt sich dabei auf unbedingt sichere Untersuchungs¬ 
verfahren; das kann der Tierarzt bei Tollwut nicht; Cr kann 
nur nach bestem Wissen ein Urteil abgebeu. Und so ist es dem 
oft irrigen Ermessen des Tierarztes anheim gegeben, durch 
seinen zunächst nicht zu erschütternden Spruch über Tausende 
von Menschen und hochintelligente Tiere monatelang dauernde, 
nicht endenwollende Belästigungen, Ärgernisse, körperliche 
Mühsal und Qualen zu verhängen und bei weiteren Tausend 
Angst und Schrecken zu verbreiten. 

Den Landleuten fällt es niemals oder in den seltensten 
Fällen ein, ihre Hunde ärztlich behandeln zu lassen; die 
praktischen Kynologen und Hundekenner behandeln ihre Hunde 
mit den besten Erfolgen selbst, so daß die praktischen Er- 
I fahrungen, welche die meisten Tierärzte — abgesehen von den 
eigentlichen Spezialisten — in Hundekrankheiten und Hunde¬ 
angelegenheiten haben, nicht sehr groß sein können. Daher ist 
es anzustreben, daß in Hundeangelegenheiten neben den Tier¬ 
ärzten auch erfahrene Hundekenner gehört und beachtet werden.“ 

Ich überlasse es berufeneren Federn, zu diesen Ansichten 
Stellung zu nehmen. 

Stabsveterinär Dr. Goldbeck-Schwedt. 

Nachweisung über den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. Februar 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreise (Oberamtabezirke) ubw., eingeklammert die Gemeinden. 

Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 

Kreise 

Gemeinden 

Gehöfte 

Gegenüber d. 31. Jan. 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Königsberg .... 

2 

3 

4 

_ 2 

- 13 

- 18 

Gumbinnen .... 

1 

1 

1 

- 2 

- 9 

— 12 

Allenstein .... 

1 

1 

1 

_ o 

- 7 

— 11 

Danzig. 

1 

2 

2 

0 

- 5 

— 6 

Marienwerder . . . 

4 

21 

32 

— 1 

— 5 

- 6 

Posen . 

1 

1 

1 

o 

o 

— 1 

Bromberg .... 

1 

1 

1 

o 

° 

° 

Breslau. 

1 

1 

1 

o 

o 

o 

Aachen. 

1 

1 

1 

o 

o 

o 

Preußen zusammen 

13 

32 

44 

- 7 

- 39 

- 54 

Bayern: 







Oberbayern*) . . . 

7 

13 

23 

— 3 

- 10 

— 18 

Niederbayern . . . 

1 

1 

1 

° | 

o 

o 

Schwaben .... 

6 

9 

20 

+ 1 

o 

+ l 

Württemberg: 







Neckarkreis . . . 

1 

1 

1 

o ■ 

— 1 1 

— 2 

Schwarzwaldkreis . 

1 

1 

1 

0 

o 

o 

Donaukreis .... 

4 

8 i 

10 

o 

o 

o 

Elsaß-Lothringen: 





• ! 


Unter-Elsaß . . . 

o 

o 

o 

— 1 

— 1 

— 1 

Zusammen 

33 j 

65 I 

100 

10 1 

- 51 ; 

- 74 


*) Auf dem Schlachtviehhofe in München ist die Seuche am 
29. Februar erloschen. 










BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


1!MJ 


Schweineseuche und Schweinepest 


• 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

V 

seu 

© 

• 

2 

w 

er- 

chte 

ö 

© g 
© 

C5 

Auf je 1000 1 
Gemeinden 
waren verseucht' 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

V 

seu 

© 

.2 

1 

er- 

chte 

k 

*© g 
© 
o 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 



Königsberg .... 

13 

48 

16 

Waldeck. 

1 

1 

Gumbinnen .... 

6 

13 

4 

Bayern: 



Alienstein .... 

5 

7 

4 

Oberbayern .... 

7 

14 

Danzig. 

3 

6 

5 

Niederbayern. . . 

6 

12 

Marienwerder . . 

11 

29 

13 

Pfalz. 

— 


Berlin. 

1 

1 

1 

Oberpfalz. 

— 

— 

Potsdam. 

12 

92 

36 

Oberfranken . . . 

2 

2 

Frankfurt. 

17 

56 

21 

Mittelfranken. . . 

— 

— 

Stettin. 

7 

13 

7 

Unterfranken. . . 

1 

1 

Köslin. 

11 

24 

12 

Schwaben. 

2 

3 

Stralsund. 

1 

2 

2 

Württemberg . 

2 

2 

Posen.. 

24 

85 

25 

Sachsen. 

10 

12 

Bromberg. 

13 

70 

31 

Baden . 

13 

16 

Breslau. 

22 

186 

46 

Hessen ..... 

4 

8 

Liegnitz. 

20 

123 

43 

Meckl.-Schwerin 

7 

19 

Oppeln.. 

5 

12 

4 

Meckl.-Strelitz . 

2 

3 

Magdeburg . . . . 

5 

20 

14 

Oldenburg . . . 

10 

21 

Merseburg .... 

9 

31 

13 

Sachs.-Weimar. 

3 

16 

Erfurt. 

5 

25 

43 

Sachs.-Meiningen 

1 

3 

Schleswig .... 

16 

43 

20 

Sach s.-Altenburg 

1 

1 ’ 

Hannover. 

6 

9 

12 

SachsJKob.-Got. 

1 

1 

Hildesheim .... 

3 j 

7 

10 

Anhalt. 

2 

2 

Lüneburg . 

5 

10 

7 

Braunschweig 

6 

31 

Stade. 

10 

15 

21 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

4 

9 

16 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

— 

Münster. 

8 

19 

71 

Reuß j. L. 

1 j 

2 

Minden . 

6 

9 

17 

Schaumb.-Lippe 

3 

3 

Arnsberg. 

10 

18 

21 

Lippe-Detmold . 

6 

11 

Kassel. 

12 

54 

82 

Hamburg .... 

2 

2 

Wiesbaden .... 

9 

39 

41 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 

10 

32 

30 

Bremen. 

— 

— 

Düsseldorf .... 

8 

27 

63 

Elsaß. 

4 

4 

Köln. 

4 

4 

14 

Lothringen . . 

— 

— 

Trier. 

3 

5 

4 




Aachen . . 

1 

2 

5 





Rotz. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Allenstein, Liegnitz, Magdeburg, 
Arnsberg, Düsseldorf je 1 (1), Cöln 1 (2), Stadtkreis Berlin 1 (5), 
in den Reg.-Bez. Potsdam, Stettin, Oppeln je 2 (2), Marienwerder 2 (3), 
Bromberg 3 (3), Gumbinnen, Breslau je 4 (4), Posen 6 (6). 

Bayern: Im Reg.-Bez. Niederbayem 1 (1). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 42 Gemeinden (44 am 31. Januar 1908), davon 38 
auf Preußen (37 im Januar). 


Lungenseuche. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Marienwerder, Potsdam je 1 (1), 
Stadtkreis Berlin 1 (2), im Reg.-Bez. Bromberg 3 (3). 

Sachsen: In den Kreishauptmannschaften Chemnitz 1 (1), 
Leipzig 2 (2). 

Zusammen in 9 Gemeinden. 


Gebrauchsanweisung für den Impfstoff gegen die Hämoglobinurie der Rinder. 

Zweck der Impfung. 

Die Impfung mit dem im Aufträge des Herrn Ministers für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten im pathologischen Institute 
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin und in der tierhygienischen 
Abteilung des Kaiser Wilhelms-Instituts zu Bromberg hergestellten 
Impfstoffe ist eine Schutzimpfung und hat den Zweck, die Rinder 
vor Erkrankung an Hämoglobinurie während des Wcidegangos zu 


bewahren. Dagegen ist die Impfung bei Rindern, die bereits an 
Hämoglobinurie erkrankt sind, nutzlos. 

Auswahl der Rinder. 

Es ist zweckmäßig, die Impfung vor dem Beginn des Weide- 
ganges, etwa im Monat März vorzunehmen und alle Jahre zu 
wiederholen. Zur Impfung können Rinder jeden Alters zugelassen 
werden; doch empfiehlt es sich, die Rinder recht frühzeitig, wenn 
möglich, schon in den ersten Lebensmonaten su impfen, denn junge 
Rinder vertragen die Impfung am besten. Hochträchtige oder 
fieberhaft erkrankte Rinder sind überhaupt von der Impfung aus- 
zuschließcn. 

Impfstoff. 

Der Impfstoff kommt in Flaschen von 10 bzw. 50 ccm Inhalt 
zur Versendung und ist an einem kühlen und dunklen Orte auf¬ 
zubewahren. Er ist nur acht Tage lang, den Tag der Absendung 
mit eingerechnet, brauchbar. 

Vor der Anwendung ist die Flasche vorsichtig zu schütteln. 
Der Inhalt einer einmal geöffneten Flasche darf nur an dem Tage 
gebraucht werden, an dem die Eröffnung stattgefunden hat, weil 
der Inhalt nach der Öffnung verunreinigt wird und verdirbt. 

Dosierung. 

Die Menge des Impfstoffes, welche mit Hilfe einer Pravazschcn 
Spritze unter die Haut am Halse eingespritzt wird, beträgt bei 
jedem Rinde ohne Rücksicht auf das Alter 3 ccm. 

Anwendungs weise. 

An einer handtellergroßen Stelle des Halses werden die Haare 
abgeschoren. Dann wird die abgeschorenc Stelle mit heißem 
Seifenwasser gereinigt und schließlich getrocknet. In der Mitte 
der so gereinigten Stelle wird die Kanüle der Pravazschen Spritze 
durch die Haut gestochen. 

Die Pravazschen Spritzen müssen vor jeder Füllung und die 
Kanülen vor jeder einzelnen Einspritzung in kochend heißem Wasser 
gereinigt werden. Die Reinigung mit desinfizierenden Substanzen 
ist strengstens zu vermeiden. 

Behandlung der Rinder nach der Impfung. 

Die geimpften Rinder müssen 20 Tage lang nach der ImpfuDg 
im Stalle gehalten werden und sind während dieser Zeit mit leicht 
verdaulichen Nahrungsmitteln zu ernähren. Die Milch der geimpften 
Rinder kann gebraucht werden. 

Bezugsbedingungen. 

Der Impfstoff wird nur an Tierärzte und bis auf weiteres unent¬ 
geltlich abgegeben. Den Tierärzten wird es zur Pflicht gemacht, 
nur in Gegenden zu impfen, in denen die Hämoglobinurie alljährlich 
auftritt. Ferner verpflichten sich die Tierärzte, den betreffenden 
Instituten nach Schluß des Weideganges eine genaue Aufstellung 
über das Ergebnis der Impfung zu übermitteln. Insbesondere sind 
hierbei folgende Fragen zu beantworten: 

1. Wieviel Tiere sind geimpft worden, darunter wieviel Kälber 
und wieviel Kühe? 

2. Wieviel von den Impflingen sind bereits in den Vorjahren 
an Hämoglobinurie erkrankt gewesen? 

3. Wieviel Impflinge sind infolge der Impfung sichtbar erkrankt, 
und welche Krankheitserscbeinungen sind an ihnen beobachtet 
worden? 

4. Wieviel Impflinge sind trotz der Impfung während des 
Weideganges an Hämoglobinurie erkrankt? 

5. Wieviel nicht geimpfte Tiere, die dieselben Weiden benutzten 
wie die Impflinge, sind an Hämoglobinurie erkrankt oder 
gestorben, und wieviel Todesfälle sind in den Vorjahren 
vorgekommen ? 

Die Impfung hat in der Zeit vom 10.—20. April zu er¬ 
folgen und werden die Herren Kollegen, welche zu impfen beab¬ 
sichtigen, gebeten, bis zum 1. April das betreffende Institut unter 
Angabe der Anzahl der Impflinge zu benachrichtigen. 

Desinfektion auf Eisenbahnen. 

Der Herr Minister für öffentliche Arbeiten hat unter dem 
5. Oktober 1907 folgende Ergänzungsbestimmungen zu § 7 
Ziffer 3 unter b £ der Ausführungsverordnung zum Reichsgesetz 



























5. März 1908., 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


191 


betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Vieh- 
beforderongen auf Eisenbahnen vom 25. Februar 1876 erlassen: 

„Bei Frostwetter sind die Rampen usw. nicht mit Wasser 
abzuspülen. Zur Abspülung und Desinfektion ist vielmehr die 
dreiprozentige Kresolschwefelsäurelüsung mit einem Zusatze von 
0,5 kg Kochsalz auf je 10 1 Flüssigkeit zu verwenden. Reicht 
dieser Zusatz bei strenger Kälte zur Verhinderung der Eisbildung 
nicht aus, so ist er bis auf 1 kg zu erhöhen. Das Gemisch 
ist mit einem Holzstabe so lange durchzurühren, bis das Koch¬ 
salz sich völlig gelöst hat. u 

Gleich ähnlich lautende Verordnungen sind erlassen worden 
für das Königreich Sachsen, Württemberg, Hessen, Mecklenburg- 
Schwerin, Oldenburg, Sachsen-Altenburg, Anhalt, Schwarzburg- 
Riidolstadt, Reuß j. L. und Lippe. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau undViehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Der Verbrauch an Flelsoh in Deutschland im Jahre 1907, verglichen mit 
den drei Vorjahren. 

Das Kaiserliche Statistische Amt veröffentlicht im „Reichs¬ 
arbeitsblatt“ eine eingehende Darstellung über den Verbrauch der 
wichtigsten Lebensmittel in Deutschland und über die Schwankungen 
der Preise im Inlande und Auslande während der letzten Jahre bis 
zum Schluß des dritten Quartals 1907. Der erste Teil bezieht sich 
auf das Fleisch und bietet ein anschauliches Bild über die Preis¬ 
bewegung und den Verbrauch bei diesem wichtigen Nahrungsmittel. 

Es wird zunächst konstatiert, daß einem Rückgang der ge¬ 
werblichen Schlachtungen bei einigen Viehgattungen eine Steigerung 
derselben bei anderen, namentlich bei Schweinen, in sehr ansehn¬ 
licher Höhe gegenübersteht. Die Steigerung beträgt bei diesen für 
die ersten drei Quartale des laufenden Jahres gegenüber dem 
gleichen Zeitraum von 1906 über 23 Proz., während «die Zahl der 

' /’ -oft*' 


i Schlachtungen von Rindern um 5,12 Proz. kleiner, die der ge- 
| schlachteten Pferde um- 9,09 Proz. geringer ist als im Jahre 1906. 
Sodann wird das Schlachtgewicht der Tiere, an denen die Schlacht¬ 
vieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde, berechnet, wobei 
die Sätze des Deutschen Landwirtschaftsrats zugrunde gelegt werden: 
für Bullen und Ochsen 350 kg Schlachtgewicht, für Kühe 250, 
Jungrinder 150, Kälber 40, Schafe 22, Schweine 90, Ziegen 20, 
Pferde 280 kg. Auf Grund dieser Sätze ergeben sich die unten¬ 
stehenden Gewichtsmengen Fleisch. 

Zu diesen gewerblichen Schlachtungen sind nun die Haus¬ 
schlachtungen zu rechnen. Auf Grund der letzten Viehzählung 
ergab sich für die Hausschlachtungen unter Zugrundelegung der 
oben angegebenen Durchschnittsgewichte bei der Umrechnung der 
Betrag von 9,91 kg pro Jahr und Kopf der Bevölkerung. Diese 
Ziffer wird, da sonstige sichere Unterlagen nicht vorhanden sind, 
als vermutlich richtiger Faktor angenommen, wenn sie natürlich 
auch tatsächlich schwanken muß. Die Menge des als genu߬ 
untauglich beseitigten Fleisches ist dagegen in Abzug zu bringen 
und wird für das Jahr pro Kopf der Bevölkerung auf 0,19 kg be¬ 
rechnet. Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse ergibt sich 
folgende Entwicklung in dem Fleischvorrat und Fleischverbrauch: 

Es entfielen auf den Kopf der Bevölkerung an Schlachtgewicht 
aus den gewerblichen und Hausschlachtungen insgesamt: 


im 3. Vierteljahr 1907 . 12,74 kg 

„2. „ „.12,27 „ 

„1. „ „.12,81 „ 

„4. „ 1906 13,02 „ 

„3. „ ..11,86 „ 

„2. „ . „.11,63 „ 

„1. „ ........ 12,06 „ 

„ 4. „ 1905 12,60 „ 

„3. „ „. 12,12 „ 

„2. „ „.12,19 „ 

.1. „ „.12,31 „ 

4. 1904 . 14,06 „ 

„3. „ ..12,70 „ 



Bullen und 
Ochsen 

kg 

Kühe 

kg 

Jungrinder 

kg 

Kälber 

kg 

Schafe 

kg 

Schweine 

kg 

Ziegen 

kg 

Pferde 

kg 

3» .Vierteljahr 1907 , . . . 

93 856350 

10(5 593 000 

41618 550 

43639120 

15 573 030 

337 468 860 

786 640 

7 617 400 

2. 

» 


84 441 350 

92 301 750 

30 587 7(0 

47 487 800 

9 564 824 

334 041390 

3 578 360 

7102 480 

1. 



83 316 100 

98155 750 

27 598 350 

42 143 400 

9 687 612 

366 874 560 

2 683 980 

10 472 560 

4. 

„ 

1906 .... 

88 778 200 

101 797 750 

35 066 400 

35 696 200 

12 778 656 

361 121 760 

2800 580 

13 338 640 

,3. 


„ .... 

95 959 500 

98 801 500 

38 705 250 

40 359 160 

16 332 866 

279 882 180 

829 700 

7 399 280 

2. 

„ 

« • • • • 

94 313100 

98 165 000 

33 351 150 

50 167 080 

10 695 058 

268 372 260 

| 3 419 920 

8 121 400 

T. 

jj 

r» .... 

89 712 350 

107 418 500 

31681 800 

42 107 480 

10 689 030 

291 445 380 

1966 460 

12191760 

4. 


1905 .... 

89 636 050 

106 676 750 

39 321 900 

36 524 480 

14 469 884 

312 456 780 

! 2 607 020 

14 725 480 

3. 

„ 

V «... 

98 636 050 

102037 750 

40403000 

41343 720 

18 523 362 

273 032 100 

764700 

: 8 095 640 

2. 

n 

„ .... 

94 186 750 

101710 250 

32 336 550 

52 901 160 

10 648 726 

282 880 260 

i 8 058 620 

| 8 182 720 

i. 

„ 

Yt .... 

89 248 950 

103 439 000 

27 952 950 

44 914 600 

9 952 734 

303185 200 

i 2153560 | 

| 10 051720 

4. 

r> 

1904 .... 

92 620 500 

102 690 750 

32 965 950 

39 973 040 

13 411860 

396 374 220 

1 2 738 760 

! 12 546 800 

3. 

r> 

„ .... 

95 982 250 

94 794 750 

36 971 700 

42 913 400 

16 906142 

315 761 490 

! 884 460 

i 1 

6 671 560 


Auf den Kopf der Bevölkerung kommen folgende Gewichtsmengen als Ergebnis der gewerblichen Schlachtungen: 



Bullen 

und 

Ochsen 

kg 

Kühe 

kg 

Jung¬ 

rinder 

kg 

Kälber 

kg 

Schafe 

kg 

Schweine 

kg 

Ziegen 

kg 

Pferde 

kg 

Fleisch 

insgesamt 

kg 

3. Vierteljahr 1907 . 

1,51 

1,62 

0,67 

0,70 

0,25 

5,43 

0,01 

0,12 

10,31 

2. „ „ . 

1,36 

1,49 


0,77 

0,15 

5,40 


0,11 

9,84 

1. >1 „ . 

1,35 

1,59 

0,45 

0,68 

0,16 

5,94 

0,04 

0,17 

10,38 

4. „ 1906 . 

1,45 

1,65 

0,57 

0,58 

0,21 

5,87 


0,22 

10,59 

3. * „ . 

H 1 « 

1,61 

0,63 

0,66 

0,27 

4,56 


0,12 

9,43 

2. „ „ . 

K ■ 

1,61 

0,55 

0,82 

0,17 

4,39 


0,13 

9,20 

1- ,, „ . 

M im 

1,76 

0,52 

0,69 

0,17 

4,78 


0,20 

9,63 

4. „ 1905 . 

■ 1 

1,76 

0,65 

0,60 

0,24 

5,16 

0,04 

0,24 

10,17 

3- „ „ . 

1,64 

1,69 

0,69 

0,69 

0,31 

4,53 


0,13 

9,69 

2. „ „ . 

1,57 

1,69 

0,54 

0,88 

0,18 

4,71 


. 0,14 

9,76 

I* W J’ .. 

1,49 

1,72 

0,47 

0,75 

0,17 

5,07 

0,04 

0,17 

9,88 

4. ,. 1904 . 

1,56 

1,71 

0,55 

0,67 

0,23 

6,65 

0,05 

0,21 

1 11,63 

3. „ . 

1,62 

1,59 

0,62 

i 

0,72 

0,28 

I 

5,32 

! 

0,01 

0,11 

10,27 






















































BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


192 


Um den Verbrauch zu berechnen, ist noch der Überschuß der 
Fleischeinfuhr über die Fleischausfuhr hinzuzufügen. Er betrug: 


pro Kopf der 
Bevölkerung 


3. 

Vierteljahr 1907 


4 210 600 kg 

0,07 kg 

2. 

,, „ 


4 381200 „ 

o 

© 

1. 

,, ,, 


7 320 900 „ 

0,12 „ 

4. 

1906 


10 916 600 „ 

0,18 „ 

3. 

,, ,, 


7 251 300 „ 

0,12 „ 

2. 

,, ,, 


6 338 900 „ 

0,10 „ 

1 . 

„ „ 


20 985 000 „ 

0,35 „ 

4. 

1905 


19 607 900 „ 

0,32 .. 

3. 

„ 


8 322 000 „ 

0,14 ,, 

2, 

,, V 


6 780 300 „ 

0,11 

1 . 

,, ,, 


7 661600 „ 

0,13 „ 

4. 

„ 1904 


7 549 500 „ 

0,13 „ 

3. 

„ „ 


5 397 700 „ 

0,09 „ 


Danach läßt sich die Entwicklung des Gesamtkonsums von in- 
und ausländischem Fleisch auf den Kopf der Bevölkerung, wie folgt. 


annähernd berechnen: 



gewerb¬ 

liche 

Schlach¬ 

tungen 

Haus¬ 

schlach¬ 

tungen 

Mehr¬ 

einfuhr 

Gesamtverbrauch 
abzüglich des 
wegen Untauglich¬ 
keit vernichteten 
Fleisches 

3. Vierteljahr 1907 

. . . . 

10,31 

2,48 

0,07 

12,81 

2. 

V! 

9,84 

2,48 

0,07 

12,34 j 

1 . 


1-0,38 

2,48 

. 0,12 

12,931 

4. 

1906 

10,59 

.- 2.48 

0,18 

13,20 50 ’ 45 

3. 

,, 

9,43 

2,48 

1 0,12 

11,98) 

2. 


9,20 

2,48 

0,10 

11,73 j 

1. 


• 9,63 

2,48 

i 0,35 

12,41 1 _ , 

4. 

1905 

• 10,17 

2,48 

! 0,32 

12,92 1 49,3 “ k * 

3. 


9,69 | 

. 2,48 

I 0,14 

12,26) 

2. 

,, 

9,76 

. 2,48 

0,11 

12,30 | 

1 . 


9,88 

• 2,48 

f (>,T3 • 

12,44 1 

4. 

1904 

11,63 

2,48 

0,13 

! 14,19 1 51?72 kg 

3. 

” 

10,27 

2,48 

0,09 

1 12,79) 


In dem Jahre vom 1. Juli 1906 bis dahin 1907 hat hiernach 
der Gesamtverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung 50,45 kg, in 
dem Jahre vom 1. Oktober 1906 bis dahin 1907 bereits wieder 
51,28 kg betragen und gegenüber dem Jahre 1905/06 um 1,15 bzw. 
(bei einem Vergleich der von Oktober bis September gerechneten 
beiden Jahre) um 2,24 kg zugenommen. 

Da das Gewicht von Schweinefleisch die Hälfte und mehr des 


gesamten Fleischbedarfs ausmacht, hat das Kaiserliche Statistische 
Amt die Entwicklung des Schweinefleischkonsums noch besonders 
zur Darstellung gebracht. Die durch gewerbliche Schlachtungen 
von Schweinen gelieferten Fleischmengen betrugen auf den Kopf 
der Bevölkerung 


im 

3. Vierteljahr 1907 . 

5,43 kg 


2. 

,, . 

5,40 „ 

,, 

L 

,, . 

5,94 „ 


4. 

1906 . 

5,87 „ 


3. 

,, ...... 

4,56 „ 


2. 

„ . 

4 39 „ 


I. 

?» . 

4,78 „ 


4. 

1905 . 

5,16 „ 

,, 

3. 

,, . 

4,53 „ 

j, 

2. 

,, . 

4,71 „ 

,, 

1. 

,, . 

5,07 „ 

1! 

4. 

1904 . 

6,65 „ 

IJ 

3. 

v . 

5,32 „ 


Setzt man die Ziffer der Hausschlachtungen unter Zugrunde¬ 
legung der Ergebnisse der letzten Viehzählung mit 2,24 kg für den 
Kopf im Vierteljahr an, so ergibt sich für gewerbliche und Haus- 
schlachtnngen von Schweinen zusammen folgende Entwicklung: 
im 3. Vierteljahr 1907 .... 7,67 kg, 

* 2. „ „ . . . . 7,64 „ 


im 

1. 

Vierteljahr 1907 . . 

. . 8,18 kg, 

p 

4. 

„ 

1906 . . 

. . 8,11 „ 

n 

3. 

„ 

yy 

. . 6,80 „ 

„ 

2. 

„ 

* 

. . 6,63 „ 

,, 

1. 

„ 

„ • • 

. . 7,02 „ 

,, 

4. 

„ 

1905 . . 

. . 7,40 „ 

v 

3. 

„ 

„ • • 

. . 6,77 * 

„ 

9. 

„ 

„ . . 

. . 6,95 „ 

V 

1. 

„ 

,, 

. . 7,31 „ 

,, 

4. 

,, 

1904 . . 

. . 8,89 „ 

„ 

3. 


» • • 

. . 7,56 „ . 


Hierzu tritt noch die Mehreinfuhr von frischem und einfach zube¬ 
reitetem Schweinefleisch. Alsdann ergibt sich folgende Entwicklung 
des Gesamtverbrauchs an Schweinefleisch seit dem 1. Juli 1904 


auf den Kopf der Bevölkerung: 


3. 

Vierteljahr 1907 . . . 

. . . 7,69 kg 

2. 

,, ,, . . . 


1. 

V * 

- . • 8,21 „ | 

4. 

„ 1906 . . . 

• • - 8,17 „ 

3. 


. . . 6,85 „ ) 

2. 



1 


. • - 7,15 „ 1 

4. 

„ 1905 

■ . . 7,50 „ 

3. 

,, ,, . . . 

. . • 6,82 „ J 

2. 

„ „ 

. . . 6,99 „ , 

1. 

» >» 

- . - 7,34 „ 1 

4. 

„ 1904 . . . 

. . . 8,93 „ I 

3. 

1 » » 

. . . 7,59 „ J 


30,88 kg 


28,14 kg 


30,85 kg. 


Der Rückgang des Gesamtfleischverbrauchs pro Kopf beträgt 
vom Jahre 1904/05 zum Jahre 1905/06, wde die obige Berechnung 
zeigt, 2,40 kg, der Konsum an Schweinefleisch ist in dieser Zeit 
auf den Kopf um 2,71 kg gefallen. Der Rückgang im Verbrauch 
betrifft demgemäß vornehmlich das Schweinefleisch. Die niedrigen 
Schweinefleischpreise im 4. Vierteljahr brachten wieder eine ent¬ 
sprechende Steigerung des Konsums, die bis zum 1. Vierteljahr 1907 
anhielt. Vom Jahre 1905/06 zum Jahre 1906/07 stieg der Schweine- 
fleischkonsumtyon 28,14 kg auf 30,88 kg und überschritt damit um 
ein geringes die Zahl für das Jahr 1904/05. 


Invalidenver8ichenmg8pflicht der Fleischbesohauer. 

Beschluß des Reichs Versicherungsamtes 
• vom 5. November 1907. 

In der Beschwerdesache des Vorstandes der Landesver- 
sicherungsanstalt N wider die Entscheidung des Königlichen Land¬ 
rats in N vom 23. Juni 1905, betreffend die Versicherungspflicht 
des Fleischbeschauers N, hat das Reichsversicherungsamt auf 
Grund des § 155 Abs. 1 Schlußsatz des Invalidenversicherungs¬ 
gesetzes beschlossen: 

Unter Aufhebung der vorbezeichneten Entscheidung wird 
der Fleischbeschauer N für versicherungspflichtig erklilrt; 
die Gemeinde N ist verpflichtet, für den Genannten Beitrage 
zur Invalidenversicherung zu entrichten. 

Gründe. 

Gegen die Entscheidung des Königlichen Landrats zu N vom 
23. Juni 1905, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, hat der 
Vorstand der Landes Versicherungsanstalt N rechtzeitig bei dem 
Königlichen Regierungspräsidenten zu N Beschwerde erhoben und, 
da es sich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung handle, 
beantragt, die Streitsache dem Reichsversicherungsamt zur Ent¬ 
scheidung zu überweisen. Diesem Antrag ist entsprochen worden. 

Die Beschwerde ist begründet. 

N ist Fleischbeschauer in der Gemeinde N, er ist als solcher 
durch den Landrat des Kreises N bestellt und vereidigt worden ; 
als Entschädigung für diese Tätigkeit erhält er aus der Gemeinde¬ 
kasse jährlich 1500 M. Die Vorentscheidung verneint die Ver¬ 
sicherungspflicht, da N nicht Angestellter der Gemeinde N sei: 
erhalte er seine Belohnung auch aus der Gemeindekasse, so doch 
nicht von der Gemeinde. 

Das Reichs-Versicherungsamt hat früher mehrfach die nicht 
in Schlachthäusern tätigen Fleischbeschauer als selbständige Ge¬ 
werbetreibende angesehen, indem es davon ausging, daß Fleisch- 









































5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


193 


beschauer mit Rücksicht auf § 36 der Reichs-Gewerbeordnung in 
der Regel als Unternehmer zu erachten seien, und daß die für die 
Ausübung ihrer Tätigkeit maßgebenden Polizeivorschriften nicht 
geeignet seien, sie als Hilfspersonen der Polizeibehörden erscheinen 
zu lassen (zu vergleichen die Revisionsentscheidungen 128 und 
607, Amtliche Nachrichten des R. V. A. J. u. A. V. 1892 Seite 37, 
1897 Seite 471). Dieser Standpunkt hat mit Rücksicht auf die 
neuerliche Gesetzgebung insofern verlassen werden müssen, als 
Fleischbeschauer, die in Württemberg als Einzelbeamte tätig waren, 
als Gemeindeangestellte behandelt werden mußten (zu vergleichen 
Entscheidung 1207, a. a. 0. 1905 S. 438). Es trifft auch im vor¬ 
liegenden Falle nicht mehr zu. 

Nach § 1 des Reichsgesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 unterliegen Rindvieh, Schweine, 
Scliafe, Ziegen, Pferde und Hunde, deren Fleisch zum Genüsse für 
Menschen verwendet werden soll, einer amtlichen Untersuchung. 
Diese nimmt der Beschauer vor; er entscheidet, ob das Tier ge¬ 
schlachtet werden darf, und nach der Schlachtung, ob das Fleisch 
zürn Genüsse für Menschen tauglich ist (§§ 7 bis 10 a. a. 0.) Die 
Entscheidung ist in gewissen Fällen dem tierärztlichen Beschauer 
Vorbehalten (Ausführungsbestimmungen des Bundesrats A §§11, 
30, 31). Gegen die Entscheidungen des Beschauers — mit alleiniger 
Ausnahme der Erklärung, daß der nicht als Tierarzt approbierte 
Beschauer zur selbständigen Beurteilung des Schlachttieres nicht 
zuständig sei — findet die Beschwerde statt (§ 46 der Ausfährungs- 
bestimmungen A des Bundesrats, § 68 des preußischen Ministerial¬ 
erlasses vom 20. März 1003, Uber die die Ortspolizeibehörde be¬ 
ziehungsweise die nach § 69 des Ministerialerlasses zuständige 
Behörde zu entscheiden hat. 

Die Bildung der Beschaubezirke erfolgt in Städten mit mehr 
als 10 000 Einwohnern sowie in den selbständigen Städten der 
Provinz Hannover durch die Ortspolizeibehörden* im übrigen durch 
die Landräte; denselben Behörden liegt die Bestellung und die 
eidliche Verpflichtung der Beschauer ob. Die Bestellung erfolgt 
unter Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs; jedoch können tierärztliche 
Beschauer auf Kündigung oder für längere Dauer bestellt werden 
(§§ 1 bis 6 des Ministerialerlasses). Die Tätigkeit der Beschauer 
wird mehrfach als eine amtliche bezeichnet (§§ 1, 9 der Ausführungs¬ 
bestimmungen des Bundesrats B, §§ 5 Satz 1, 24 Abs. 2, 55 Abs. 1 
des Ministerialerlasses). Für Preußen ist auch noch die amtliche 
Untersuchung von Schweinen und Wildschweinen auf Trichinen an¬ 
geordnet worden (§ 1 des Gesetzes, betreffend-die Ausführung des 
Schlachtvieh- und Fleischbeschaugcsetzes, vom 28. Juni 1902). 

Die Kosten der Schlachtvieh- und Fleischbeschau — abgesehen 
von den Kosten der Untersuchung in öffentlichen Schlachthäusern 
und der sonst durch Gemeindebeschluß angeordneten Untersuchungen, 
die der Schlachthausgemeinde zur Last fallen, gelten als Kosten der 
örtlichen Polizeiverwaltung (§ 14 des preußischen Ausführungs¬ 
gesetzes). Zu diesen Kosten gehören nach der angeführten Be¬ 
stimmung und nach § 60 ff. des Ministerialerlasses vom 20. März 1903 
die Belohnung der Beschauer, die Kosten der Kennzeichnung des 
Fleisches, die Kosten der Trichinenschau, die den Beschauern etwa 
zu zahlenden Wegevergütungen, sowie die Kosten der Ergänzungs¬ 
beschau. Zu ihrer Deckung können von den Besitzern der Schlacht¬ 
tiere und des Fleisches Gebühren erhoben werden, die so zu be¬ 
messen sind, daß die gesamten Beschaukosten gedeckt werden. 
Die Entlohnung der Fleischbeschauer und der Trichinenschauer 
kann sowohl durch Bewilligung fester Gehälter als auch durch 
Gewährung von Vergütungen für die einzelnen Leistungen erfolgen. 
Die Einziehung der Gebühren kann entweder durch öffentliche Kassen 
geschehen oder den Beschauern überlassen werden. Die Festsetzung 
der Gebührentarife ist den Landespolizeibehörden übertragen. Im 
vorliegenden Falle ist hierzu der Königliche Regierungspräsident 
in N zuständig, der die für die Vornahme der Beschau und der 
Ergänzungsbeschau an den verschiedenen Tierarten zu zahlenden 
Gebühren festgesetzt und angeordnet hat, daß die Gebühren zu 
den Gemeindekassen zu vereinnahmen und von diesen den Be¬ 
schauern ausznzahlen sind (Verfügungen vom 8. März 1903 und vom 
22. Juni 1904); jedoch sollen die Landräte darauf hinwirken, daß 
mit den Laienfleischbeschauern, sofern sie aus der Beschau eine 
Einnahme von mehr als 1 500 M. hatten, feste Jahresvergtttungen 


vereinbart werden, wobei ein Jahresgehalt von 1 500 M. bei voller 
Beschäftigung als angemessene Vergütung gelten soll (Verfügung 
vom 25. November 1903). Daraufhin hat der Landrat des Kreises N 
die Gemeindebehörden angewiesen, den Laienfleischbeschauern zu 
eröffnen, daß ihnen vom 1. Januar 1904 ab eine höhere Entschä¬ 
digung als monatlich 125 M. nicht mehr ausgezahlt werde. 

Die gesamte Tätigkeit der Beschauer unterliegt nach § 48 der 
Ausführungsbestimmungen des Bundesrats A, §§ 75 bis 78 des 
preußischen Ministerialerlasses vom 20. März 1903 einer fach¬ 
männischen Kontrolle. Eine allgemeine Dienstaufsicht ist nicht 
angeordnet worden. 

Den Beschauern können die polizeilichen Befugnisse insoweit 
übertragen werden, als es sich nur um die unschädliche Beseitigung 
einzelner Organe oder geringwertiger Fleischteile handelt, und der 
Besitzer mit dieser Beseitigung einverstanden ist (§ 67 Abs. 3 des 
Ministerialerlasses). 

Das Reichsgesetz betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
bezeichnet die Untersuchung der Schlachttiere und des Fleisches als 
eine amtliche; ebenso das preußische Ausführungsgesetz die Unter¬ 
suchung der Schweine und Wildschweine auf Trichinen. In den 
vom Bundesrat erlassenen Ausführungsbestimmungen sowie im 
preußischen Ministerialerlaß vom 20. März 1903 wird die Tätigkeit 
der Flei8chbcschauer als eine amtliche anerkannt. Eine amtliche 
Untersuchung im Sinne der angeführten Vorschriften ist nur eine 
solche, die durch einen amtlich bestellten Fleischbeschauer in 
seinem Bezirke vorgenommen wird; nur durch eine solche Unter¬ 
suchung wird den gesetzlichen Anforderungen genügt; insbesondere 
befreit nur die Untersuchung durch einen approbierten Tierarzt, 
der zugleich von der zuständigen Behörde zum amtlichen Fleisch¬ 
beschauer bestellt ist und in dieser seiner amtlichen Eigenschaft 
die Untersuchung vorgenommen hat, gemäß § 5 des preußischen 
AusfUhrungsgesetzes von der Nachuntersuchung in Gemeinden mit 
Schlachthauszwang (zu vergleichen stenographische Berichte über 
die Verhandlungen des preußischen Herrenhauses, Session 1902, 
S. 425). 

Auf Grund seiner Untersuchung gibt der Fleischbeschauer Er¬ 
klärungen ab, die als Entscheidungen erscheinen: er genehmigt die 
Schlachtung, erklärt das Fleisch zum Genüsse für Menschen für 
tauglich oder bedingt tauglich oder untauglich; in den beiden 
letzteren Fällen beschlagnahmt er es vorläufig. Gegen seine Ent¬ 
scheidungen findet eine Beschwerde statt, die ausdrücklich als ein 
Rechtsmittel bezeichnet wird. 

Hiernach erscheint die Schlachtvieh- und Fleischbeschau als 
eine amtliche Angelegenheit. Die dabei ausgeübte Tätigkeit ist 
eine polizeiliche; im Hinblick auf ihre ortspolizeiliche Natur sind 
die Kosten der Schlachtvieh- und Fleischbeschau ftlr das Königreich 
Preußen als Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung erklärt und den 
Trägern der örtlichen Polizeikostenlast auferlegt worden (zu ver¬ 
gleichen die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend 
Ausführung des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes, Druck¬ 
sachen des Hauses der Abgeordneten, 19. Legislaturperiode, 
IV. Session 1902, Nr. 232, S. 26). 

Hiernach ist in der neuerlichen Regelung des Beschauwesens, 
so w'eit das Königreich Preußen in Betracht kommt, der Fleisch¬ 
beschauer lediglich ein Glied des amtlichen Organismus. 

Da die Träger der Polizeikostenlast einerseits die Kosten der 
Beschau tragen müssen, andererseits aber berechtigt sind, zur 
Deckung dieser Kosten von den Besitzern der Schlachttiere und 
des Fleisches Gebühren zu erheben, so empfangen die Fleischbeschauer 
auch ihre Entlohnung auf Kosten dieser Träger. Das ist ohne 
weiteres deutlich, wenn ihnen feste Gehälter ausgesetzt sind; 
die Sache liegt aber versicherungsrechtlich nicht anders, wenn 
ihnen die Erhebung der Gebühren übertragen ist, und sie aus den 
Gebühren ihre Entlohnung entnehmen dürfen (zu vergleichen Ziffer 16 
der Anleitung, betreffend den Kreis der nach dem Invalidcnversiche- 
rungsgesetz vom 13 Juli 1899 versicherten Personen, vom 6. Dezember 
1905 — Amtliche Nachrichten des R. V. A 1905 S. 613 ff. —. Ent¬ 
scheidung 1300—a.a.O. 1907 S.415—). Da also den Fleischbeschauern 
ihre Vergütung für Rechnung der Träger der örtlichen Polizei Verwaltung 
gezahlt wird, so sind diese im Sinne des Invalidenversicherungs¬ 
gesetzes als Arbeitgeber anzusehen (zu vergleichen die Begründung 




194 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Invaliditäts- und Alters¬ 
versicherung — Drucksachen des Reichstags, 7. Legislaturperiode, 
IV. Session 1888/89, Nr. 10, Seite 42 — und z. B. die Ent¬ 
scheidungen 849, 1152 — Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1900, 
S. 831, 1904, S. 508). Hiernach ist die Gemeinde N. Arbeitgeberin 
des Fleischbeschauers N. Dagegen scheint allerdings der Umstand 
zu sprechen, daß er nicht von der Gemeindeverwaltung angestellt, 
sondern vom Landrate „bestellt“ und vereidigt worden ist; indessen 
muß im Hinblick auf die sich häufig findende Erscheinung, daß 
Kommunalbeamte nicht von dem Kommunalverbande, in dessen 
Dienst sie treten, sondern von einer anderen amtlichen Stelle mit 
verbindlicher Kraft für den Kommunalverband angestellt werden 
(zu vergleichen die Aufzählung bei von Rönne, Staatsrecht der 
preußischen Monarchie, 5. Auflage, Band I, S. 433), angenommen 
werden, daß lediglich aus Zweckraäßigkeitsgrtlnden die Bestellung 
und eidliche Verpflichtung der Fleischbeschauer den Landräten über¬ 
tragen worden ist, und daß dadurch das aus anderen Erwägungen 
sich ergebende Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Träger der 
Polizeiverwaltung und dem Fleischbeschauer nicht berührt wird. So 
ist auch lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen die Festsetzung der 
Gebührentarife nicht den Trägem der Polizeikostenlast überlassen, 
sondern in die Hand der Landespolizeibehörde gelegt worden (zu 
vergleichen Begründung zum Entwürfe des Ausführungsgesesetzes 
S. 27). Ebensowenig kann entscheidend sein, daß den Trägem der 
Polizeikostenlast gegenüber den Beschauern nicht das Recht einer 
allgemeinen Dienstaufsicht gegeben worden ist. 

Auch die für die Durchführung der Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau in Preußen zuständige Stelle, nämlich der Minister für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten, erachtet N. als in einem 
Anstellungsverhältnisse zur Gemeinde N. stehend. 


Die Vorbildung und Tätigkeit des Laienfleischbeschauers weist 
! diesen dem Kreise der „sonstigen Angestellten“ im Sinne des § 1, 
| Ziffer 2 des Invalidenversicherungsgesetzes zu (zu vergleichen Ent¬ 
scheidung 1207, Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1905, S. 438). 

I Danach ist N. — da er nicht als Beamter mit Pensionsanwartschaft 
| angestellt ist und mithin der Befreiungsgrund des § 5, Abs. 1 des 
Invalidenversicherungsgesetzes nicht zutrifft — versicherungspflichtig, 
wenn seine Tätigkeit als Fleischbeschauer seinen Hauptberuf bildet 
und sein Gehalt den Betrag von 2000 M. nicht übersteigt. 

Er übt außer der Fleischbeschau nur noch die Trichinenschau 
aus; aus der Fleischbeschau hat er eine jährliche Einnahme von 
| 1500 M. und aus der Trichinenschau eine solche von 350 M.; er 
| besitzt ein Haus im Werte von 4500 M.; sonstige Einnahmen hat er 
nicht. Die Trichinenschau übt er nur in den Wintermonaten 
| Oktober bis April aus, sie erfordert täglich durchschnittlich drei 
| Stunden, die Fleischbeschau und die Trichinenschau zusammen er- 
! fordern täglich durchschnittlich sechs Stunden. Hiernach bildet die 
Fleischbeschau den Hauptberuf des N ; dabei kann dahingestellt 
bleiben, ob auch die Trichinenschau ihn als sonstigen Angestellten 
erscheinen läßt und dennoch für die Frage nach dem Hauptberufe 
mit der Fleischbeschau zusammen zu betrachten ist (zu vergleichen 
Entscheidung 970, Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1902, S. 394) 
oder nicht Denn einmal erscheint die Fleischbeschau, auch wenn 
die Tätigkeit als Trichinenschauer gesondert zu betrachten ist, als 
Hauptberuf des N., andererseits übersteigt sein Jahresarbeitsverdienst 
| in keinem Falle den Betrag von 2000 M. Er ist hiernach in jedem 
I Falle als „sonstiger Angestellter“ versicherungspflichtig. 

Berlin, den 5. November 1907. 

I Das Reichs-Versicherung8amt, Abteilung für Invalidenversicherung, 
gez. Dr. Kaufmann. 


Schlachtvieh- und Fleischbeschau In Deutschland Int IV. Quartal 1907. 

(Zusammengestellt tm Kaiserlichen Statistischen Amt.) 


Staaten 

und 

Landesteile 


Provins Ostpreußen. 

,, Westpreußen . . . . 

Stadt Berlin . .. 

Provlna Brandenburg . . . . 

„ Pommern. 

„ Posen . 

„ Schlesien. 

„ 8achsen . . . . . . 

„ Schleswig-Holstein . . 

„ Hannover ...... 

„ Westfalen. 

„ Hessen-Nassau .... 

„ Rheinland. 

Hobenzollem . . . . 

Königreich Preußen. 

Königreich Bayern. 

Königreich Sachsen. 

Württemberg. 

Baden . 

Hessen. 

Mecklenburg-Schwerin . . . . 

Sachsen-Weimar. 

Mecklenburg-Strelitz. 

Oldenburg . .. 

Braunschweig. 

Sachsen-Meiningen. 

Sachsen-Altenburg. 

Sachsen-Koburg-Gotha .... 

Anhalt. 

Schwarzburg-Sonder8hausen . . 

Schwarzburg-Rudolstadt . . . 

Waldeck. 

Reuß ältere Linie. 

Reuß jüngere Linie. 

Schaumburg-Lippe . . . . •. 

Lippe. 

Lübeck . . *. 

Bremen. 

Hamburg. 

Elsaß-Lothringen . . .... 

Deutsches Reich .... 

Dagegen im 3. Vierteljahr 1907 . 

„ „ 2. „ 1907 . 

. - 1- . IM? • 


Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde 


Pferde 

und 

andere 

Einhufer 

Ochsen 

Bullen 

Kühe 

i 

rinder 

(Iber ; b,s 

3 Moriatd alt 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

695 

1 073 

1 1 611 

1 8 058 

i 7 825 

14 066 

109 190 

34 895 

1 362 


298 

8)6 

! 2 330 

7 168 

1 5 169 

13 646 

91 291 

12 076 

2 221 

1 — 

3 233 

20 016 

! 9 075 

( 4 118 

9 227 

40 191 

303 156 

107 951 

74 

_ 

3 147 

5 293 

9 328 

25 959 

12 564 

48 266 

245 610 

22 964 

2 748 

81 

790 

345 

i 2 905 

1 8 670 

3 354 

21 652 

98 454 

21 119 

809 

j __ 

270 

547 

1 951 

1 7 205 

6 409 

21 980 

120 833 

12 849 

16 833 

i 

5 196 

3 252 

12 274 

( 31 471 

21 286 

86 021 

399 736 

17 271 

9 050 

318 

2 939 

2 411 

5 418 

18 122 

M 665 

38 151 

217 936 

26 995 

4 727 

80 

1 676 

5 365 

1 527 

i 11 440 

7 869 

25 140 

112 456 

10 090 

194 

9 

2 587 

5 649 

1 5 193 

13 622 

! 8 276 

27 959 

192 220 

46 165 

1 325 


3 014 

3 566 

5 758 

| 39 054 

10 787 

39 321 

V56 916 

9 732 

3 473 

4 

1 025 

8 556 

1 663 

17 964 

I 19 713 

! 45 385 

317 197 

19 505 

4 972 

— 

5 275 

22 054 

6 867 

, 04 749 

26 317 

90 540 

460 084 

38 820 

10 699 

14 

— 

82 

24 

367 

i 5S7 

! 1 063 

2 250 

79 

41 

— 

30 145 

79 025 

65 924 

257 967 

1 141958! 513681 

2 927 329 1 380 511 

58 528 

506 

3 499 

30 238 

12102 

53114 

41 469 

| 186 562 

531990 

56 931 

9 292 

133 

3 968 

9 072 

8 861 

35 760 

5 796 

103 284 

377016 

60171 

44 319 

1496 

518 

4 341 

3 619 

14 621 

24 747 

51472 

140 914 

12 96t 

3 318 

17 

642 

6 791 

2 242 

11487 

20 369 

45 868 

136 199 

5 749 

3 318 

_ 

601 

4 914 

438 

9 941 

10 194 

18 379 

96 647 

5 251 

6 413 

— 

522 

203 

1537 

4 887 

1978 

21 616 

47 722 

8160 

465 

_ 

217 

396 

256 

2 651 

1643 

6 277 

25 896 

4 224 

1414 

1 

137 

36 

77 

508 

217 

2 431 

8 211 

899 

33 

_ 

121 

592 

180 

1987 

1533 

3568 

34 537 

3 262 

177 

_ 

146 | 

436 

2007 

1463 

2 390 

6 333 

105 418 

5 772 

202 

_ 

124 1 

313 

154 

2 063 

1567 

3 521 

15 556 

2133 

384 

_ 

101 

71 

274 

2 533 

528 

3 600 

16 643 

1380 

438 

3 

136 

252 

131 

| 2363 

1361 

3 853 

41850 

4 732 

8061 

20 

499 

249 

j 676 

1 1462 

612 

3 769 

27 739 

2 486 

630 

113 

10 

50 | 

38 

i 1067 

326 

1537 

14001 

945 

109 

_ 

9 1 

63; 

60 

641 

494 

1531 

5 907 

862 

58 

_ 

1 1 

42 | 

75 

202 

481 

906 

3 361 

334 

158 

_ 

34 

96 

114 

472 

271 

1233 

6 880 

2178 

78 

4 

88 ! 

116 I 

235 

1535 

677 

2104 

17 542 

2129 

382 

6 

20 

7 

29 

301 

103 

478 

1711 

123 

110 

— 

60 i 

21 j 

265 

875 

319 

1188 

8 274 

327 

204 

— 

247 

99 

290 

2 216 

388 

3 689 

13 794 

1602 

123 

— 

710 j 

2 260 

971 

864 

936 

4005 

33 617 

3 665 

49 j 

_ 

1630 1 

7 997 1 

1363 

1976 

6 776 

14 568 ! 

115 257 

21697 i 

56 

_ 

1081 j 

5 521 | 

1226 

19 224 | 

6 459 

37 631 | 

91 359 

14 673 

1 475 1 

— 

45 266 

153 201 

103144 

432180 

273 572 

1043 084 

4 845 370 

603 160 

139 794 

2 299 

27 205 

147 114 

121 047 

402372 | 

277 457 1 

1090 978 

3 749 660 | 

707 865 

39 332 

952 

25 366 

134 278 

106 983 

369 207 1 

203 918 i 

1 187 195 

3 711 571 

434 742 

178 918 

943 

37 402 

141 078 

96 968 

392 623 | 

183 989 

1053 585 , 

4076384 

440 346 

131699 ; 

2 278 










































5. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


195 


Berlin: Auszug aus dem Fleischbesehauberioht für die Monate Oktober bis Dezember 1907. 




A. 

Schlachthof 


B. Untersuchungsstationen 


Rinder 

Jung¬ 

rinder 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht. 

33 209 

9 227 

40191 

108 025 

303156 

10 559 

12 578 

567 

11 376 

Es wurden beschlagnahmt: ganz. 

989 

174 

172 

65 

1770 

86 

173$ 

22 

40 

„ „ „ teilweise . . . 

In der Zahl der beschlagnahmten ganzen Tiere 
sind nicht enthalten: 

13 787 

1 310 

499 

18 860 

61127 





a) verendete Tiere. 

1 

__ 

1 

5 

85 

— 

— 

— 

— 

b) ungeborene Tiere. 

- 


38 

- 

- 

- 

- 

- 

- 

Wegen Tuberkulose beschlagnahmt: 


s 








„ „ minderwertig . . . 

257 

! 24 

j 12 

_ 

730 

1 

1 ~ 

— 

1 

„ „ bedingt tauglich . . 

134 

10 

18 : 

! 1 1 

305 

8 

— 

— 

3 

„ „ untauglich .... 

68 

4 

4 

i -: 

24 

6 i 

j 

— 

4 

Fleischviertel, verschieden beurteilt. . . . 

117 

13 

16 

! 1 

92 

- 

— 

— 

— 

Wegen Finnen minderwertig . 

280 

73 

— 

t — 

13 


— 

— 

— 

„ „ bedingt tauglich . . . . . 

52 

| 20 

5 

i — 

20 


— 

— 

— 

„ „ untauglich . 

- 

1 

- 

i 

27 


i 

— 

— 

Wegen Trichinen bedingt tauglich .... 

— 

— 

— , 


4 

— 


— 

— 

„ „ untauglich . 

— 

— j 

1 

— 

15 

— j 


! 

— 


MilzbrandQbertragung in Gerbereien. 

Zur Verhütung der Milzbrandübertragungen in Lederfabriken 
und Gerbereien hat eine Konferenz im Reichsversicherungsamt 
unter Zuziehung von Vertretern der Lederindustrie-Berufsgenoss'en- 
scliaft und des Kaiserlichen Gesundheitsamts stattgefunden. Der 
Vorstand der Berufsgenossenschaft legte eine Statistik über die in 
diesen Betrieben in den letzten zwei Jahren beobachteten Milzbrand- 1 
fälle vor und empfahl die Zustimmung zu dem daraufhin neuerdings 
ausgearbeiteten Entwurf von Unfallverhütungsvorschriften zur Be¬ 
kämpfung der Milzbrandgefahr. Der Entwurf fand zwar im wesent¬ 
lichen Zustimmung, doch soll nach 3 Jahren^^pach . weiteren 
statistischen Erhebungen die Frage der Erweiterung der Vorschriften 
erneut geprüft werden. I 

Tierseuchen -Anzeiger. 

Das Reichs-Eisenbahnarat wird vom 1. April 1908 ab ein in 
erster Linie für die Stationen bestimmtes Blatt herausgeben, einen 
„Anzeiger für die den Eisenbahnverkehr betreffenden Maßnahmen 1 
zur Abwehr und Unterdrückung der Tierseuchen“. In dem Anzeiger, 


Röntgenstrahlen in der Fleischbeschau. 

Berechtigtes Mißtrauen sind in die Angaben des französischen 
Physikers Märtel zu setzen, der in der Pariser Akademie über Ver¬ 
suche berichtet, daß es vermittelst X-Strahlen möglich sei, Tuber¬ 
kulose bei Schweinen und Rindern zu diagnostizieren, basierend auf 
dem Ca-Salzniederschlag der Drüsen. (Wie dann, wenn die Tuberkel¬ 
drüsen noch nicht verkalkt sind?) Die X-Strahlen gehen leicht 
durch Ca-Salze. Marte 1 nahm daher einen Nerven und durch¬ 
leuchtete ihn; der gesunde Teil war durchlässig, der kranke nicht. 
Märtel hat jedenfalls nicht den lebenden Tierkörper durchleuchten 
können und diese Erfolge gehabt Die Durchleuchtung von Fleisch 
geschlachteter Tiere hat aber für deu untersuchenden Tierarzt wenig 
Wert. Der makroskopische Befund genügt. Andererseits -muß die 
Untersuchung von Drüsen aber schon wegen des Verkalktseins oder 
Nichtverkalktseins der Drüsen, stets durch Ausschneiden derselben 
erfolgen. Dr. G. 

Oldonburgisches Sohlaobthausgesetz. 

Der Entwurf des oldenburgischen Abänderungsgesetzes bestimmt, 


auf den auch Privatpersonen abonnieren können, sollen alle den 
Eisenbahnverkehr berührenden veterinärpolizeilichen Anordnungen 
inländischer und so weit sie von Interesse sind, auch ausländischer 
Behörden zum Abdruck kommen, ferner die sonstigen den Vieh¬ 
verkehr betreffenden Maßnahmen (Tränkstationen usw.) Die Heraus¬ 
gabe erfolgt durch die Geschäftsstelle des Tierseuchen-Anzeigers 
im Reichs-Eisenbahnamt. 

Reichsland. 

Wegen Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche in der Schweiz 
wird das am 6. November und 17. Dezember v. J. erlassene Verbot 
der Einfuhr und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus den 
schweizerischen Kantonen Appenzell und St. Gallen mit sofortiger 
Wirkung auch auf die Kantone Aargau, Glarus, Graubünden, Schwyz, 
Tessin, Thurgau, Zürich, Zug und Wallis ausgedehnt. Verfügung 
vom 8. Januar 1908. 

Forderung des Deutschen Fleischerverbandes. 

Der Deutsche Fleischerverband fordert in einer Eingabe in 
Verfolg eines Beschlusses bei der Tagung in Hamburg die Auf¬ 
hebung der Tuberkulinimpfungen und der Quarantäne bei der 
Einfuhr des dänischen Viehes. 

Übertragung des Milzbrandes durch Leder. 

In Bernstedt in Schlesien erkrankte ein Mädchen an Milzbrand. 
Wie die Untersuchung ergab, hatte sie ein Stück Leder auf der 
Schulter getragen, das von einem an Milzbrand eingegangenen 
Rinde herstammte. 


daß dasjenige Fleisch, welches an dem Schlachtorte bereits durch 
approbierte Tierärzte untersucht worden ist, bei der Einführung 
in eine oldenburgische Schlachtbausgemeinde nochmals, nur auf 
Verdorbenheit oder nachträglich entstandene Gesundheitsschädliohkeit 
untersucht werden darf. Ferner wird untersagt, das gesonderte 
Feilbieten des eingeführten frischen Fleisches anzuordnen oder 
dieses ganz zu verbieten. Bei der Beratung des Gesetzentwurfes 
erklärte sich eine große Mehrheit der Ständeversammlung dafür, 
daß auch das von nichttierärztlichen Fleischbeschauern beschaute 
Fleisch bei der Einfuhr in Schlachthausgemeinden nur auf Ver¬ 
dorbenheit untersucht werden darf. Damit wird das von Nicht¬ 
tierärzten untersuchte Fleisch dem tierärztlich beschauten gleich¬ 
gestellt. 

Betäubung des Schlachtviehs. 

Durch Polizeiverordnung ist in Lippe bestimmtet worden, daß 
bei gewerblichen Schlachtungen alle Tiere, ausgenommen Federvieh, 
zu betäuben sind. 

Aufirechterbaltung der Ordnung auf dem Sohlachthofe durch den 
Sohlachthofdirektor. 

Schlachthofdirektor M. in Königshütte hatte einen Viehhändler 
wegen ungebührlichen Verhaltens durch einen Beamten von dem 
Schlachthofe verweisen lassen und war von dem Händler wegen 
Beleidigung verklagt worden, die bei dem Wortwechsel vorgekommen 
sein sollte. Die Königl. Regierung erhob indessen zugunsten des 
Schlachthofdirektors den Kompetenzkonflikt, welchen das Ober¬ 
verwaltungsgericht für begründet erklärte, indem anerkannt wurde, 






















196 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._ No. 10. 


daß M. als Schlachthofdirektor befugt und verpflichtet war, während 
der Betriebszeit die Ordnung aufrecht zu erhalten und Personen 
binauszuweisen, welche nach seiner Ansicht die Ordnung stören. 
M. habe sich also in Ausübung amtlicher Tätigkeit befunden. 

Neues Schlachthaus. 

Das neuerrichtete Schlachthaus in Altdamm ist in Betrieb ge¬ 
nommen worden. 

Kontrolle der Vieh- und Fleischpreise. 

Das Kgl. Bezirksamt Rockenhausen in der Pfalz hat nach 
einer Mitteilung in der „Allgemeinen Fleischerzeitung“, um die 
Fleischpreise in richtigen Einklang mit den Viehpröisen zu bringen, 
in den einzelnen Orten geeignete Persönlichkeiten beauftragt, über 
.die Preise zu berichten. Die Fleischbeschauer haben den 
Auftrag erhalten, bei der Fleischbeschau die Metzger zu befragen, 
woher und von wem das Vieh gekauft ist, was es kostet und 
wieviel es wiegt. Eventuell sollen die Fleischbeschauer selbst das 
Gewicht abschätzen und versuchen, den Preis in Erfahrung zu 
bringen. 

Flel 80 hprelse. 

Das im Kriegsministerium zusammengestellte Verzeichnis der 
Beköstigungsgclder für die einzelnen Garnisonen für 1908 enthält 
auch den Betrag für eine Fleischportion genau angegeben. Die 
Fleischpreise sind hiernach im allgemeinen am teuersten in den 
kleineren Städten, billiger in den großen. Die höchsten Preise 


sind angesetzt für die Burg Hohenzollern,''Obergentringen und 
Helgoland, der geringste für Sensburg. Die teuerste Garnison beim 
Gardekorps ist Biesenthal, die billigste Berlin. Den Fleiscbpreisen 
entsprechen im allgemeinen auch die Preise für Nahrungsmittel 
| überhaupt. 

Veröffentlichung der Fleischpreise. 

Der Rat der Stadt Leipzig hat beschlossen, vom 1. Januar ab 
monatlich Tabellen über die Vieh- und Fleischpreise aufzustellen 
und im Amtsblatte zu veröffentlichen. 

Preistafeln. 

Wie in Gera ist auch in Leipzig die Verordnung, daß in den 
Fleischereien Preistafeln auszuhängen seien, gerichtlich für ungültig 
erklärt worden. 

Lebende Fische zur Verproviantierung von Dampfern. 

Zur Vervollkommnung der Verpflegung der Passagiere während 
der Reise auf den Ozeandampfern hat die Hamburg-Amerikalinie 
einen ihrer Dampfer versuchsweise mit Bassins ausgeBtattet, in 
welchen lebende Fische transportiert werden sollen. Das Bassin, 
welches 4,5 Kubikmeter Inhalt faßt, ist so konstruiert, daß auch 
bei heftigen Schiffsbewegungen ein Ausfließen von WasBer und 
Durchschütteln der Fische vermieden ist. Die bisher gemachten 
Versuche mit Flußfischen verschiedenster Art sind sehr zufrieden¬ 
stellend ausgefallen, so daß in Zukunft mehr und mehr von der 
Mitführung auf Eis konservierter Fische abgesehen werden kann. 


Personalien. 

Auszeichnung: Es wurde verliehen dem Professor Dr. Sussdorf, 
Direktor der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart, das Ritterkreuz 
der Württembergischen Krone, mit dem der persönliche Adel ver¬ 
bunden ist. 

Ernennungen: Veterinärbeamte: Dr. Joseph Müller , Assistent 
a. D. med. Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart zum 
Hilfsarbeiter beimMedizinalkoHegium daselbst; Tierarzt Franz Lindner 
ans Antdorf zum Distriktstierarzt in Neukirchen-Hl. Blut. — 
Schlachthof Verwaltung: Die Tierärzte Friedrich Hohe- Dachau 
und G. ÄttAw-Perlach zu Schlachthoftierärzten in München. — 
Verzogen: Distriktstierarzt Hermann He//mw/A-Neukirchen-Hl. Blut 
als solcher nach Burghaslach (Mittelfr.). 

Niederlassungen: Tierarzt I^opold Homing aus München in Perlach. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Adloff- Berlin, Budnowski - 
Spandau, Kurt Neumann- Johannisburg (Ostpr.) zum Dr. med. vet. in 
Gießen; Max ffafemann, Oberveterinär im 18. UlaD.-Regt. Arthur 
Fischer und Unterveterinär im 77. Art.-Regt. Ludwig v. Müller zum 
Dr. phil. in Leipzig; Harry Schirop , Hoftierarzt ÄtcAter-Dessau und 
Unterveterinär Sustmann , Assistent am pathologischen Institut der 
Tierärztlichen Hochschule in Dresden zum Dr. med. vet. in Zürich. 
— Approbiert: Die Herren Rudolf Hachor aus Lahna, Rudolf Pohl 
aus Breslau, Otto Sauer aus Berlin in Berlin. Außer den bereits in 
früheren Nummern der B. T. W. namhaft gemachten Herren die 
Herren Georg Brechtei aus Pappenheim, Wilhelm Klump aus Darm¬ 
stadt, Alfred Meyhöfer aus Bailethen, Wilhelm Sommer aus Mann¬ 
heim und Paul Steinke aus Emmerich in Gießen. — Das 
Abiturientenexamen haben nachträglich auf dem Königl. 
Gymnasium in Jülich bestanden die Tierärzte Franz Tin*chert, 
Schlachthofdirektor in St. Wendel und Jacob Traut /wann-Ulingen. 

Todesfall: Tierarzt Gust. ATifoZ-Schöningen. 


Vakanzen. 

Staatstierarztstelle: Hamburg: Gehalt 9000 M., steigend bis 
11 000 M. Bewerbungen höher gestellter Tierärzte mit wissenschaft¬ 
lichem Ruf bis zum 10. März an die Polizeibehörde. 

Kreistierarztstelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Reg.-Bez. Potsdam: Jüterbog-Luckenwalde. 

Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. - 

Druck von W. 1 


Bezirkstlerarztstelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Gotha: Stadt- und Landratsamtsbezirk Ohrdruf. 

Schlachthofstellen: a)Neu ausgeschrieben: Bremen: IV. Tier¬ 
arzt zum 1. April. Gehalt 2400 M. bis 3900 M Bewerb, an den 
I Tierarzt für den Schlachthof. — Duisburg-Meiderich: I. Tier¬ 
arzt als Assistent des Direktors. Gehalt 30^0 M. Bewerb, bis 
10. März an die Verwaltungsstelle Duisburg-Meiderich. — Erfurt: 
Schlachthoftierarzt zum 1. Mai. Gehalt 3400 M. steigend bis 4900 M. 
Bewerb, bis 12. März an den Magistrat. — Essen: Tierarzt zum 
1. April. Gehalt'3500 M. steigend bis 5750 M. Bewerb, bis 10 März 
an den Oberbürgermeister. — Gelsenkirchen: Assistenztierarzt 
zum 1. April 1908. Anfangsgehalt 2700 M. Bewerb, an den 
Oberbürgermeister. — Bad Kreuznach: Assistenztierarzt zum 
1. April. Gehalt 2400 M. Bewerb, a. d. Direktion des städt. 
Schlachthofes. — Landsberg a. W.: Assistenztierarzt zum 1. April 
1908. Gehalt 2400 M. Privatpraxis nicht gestattet. Bewerb, baldigst 
a. d. Magistrat. — Plauen i Vogtl : Amtstierarzt und Stellvertreter 
des Direktors zum 1. April. Gehalt 4200 M. bis 5700 M. Privat¬ 
praxis nicht gestattet. Meldungen amtstierärztlich geprüfter Be¬ 
werber an die Direktion des Vieh- und Schlachthofes. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Bit¬ 
burg: Tierarzt. 1600 M. — Freienwalde: Tierarzt — Harburg 
a. Elbe: Assistenztierarzt 2400 M. — Kattowitz: Schlachthof¬ 
direktor 3600 M. — Königsberg i. Pr.: Zwei Tierärzte. —■ Lieghitz: 
Assistenztierarzt. 2400 M. — Lippstadt: Verwalter. 2500 M. bis 
4000 M..— Osnabrück: II. Assistenztierarzt. 2100M. — Prüm(Rhld.): 
Verwalter (Tierarzt). 1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — 
Pyritz: Schlachthofdirektor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus 
(Bez. Frankfurt a. 0.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: 
III. Tierarzt bei der Auslandfleischbeschaustelle. 2400 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Brilon 
(Westfalen). — Kemberg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Huns- 
rttck. — Langelsheim (Herzogt. Braunschweig). 


Danksagung. 

Für die überaus zahlreichen und wohltuenden Äußerungen 
I der Teilnahme bei dem Tode meiner Frau bitte ich, auf diesem 
Wege meinen herzlichen Dank aussprechen zu dürfen, 
i Professor Dr« Sehmaltz. 

Vorlag und Eigentum der Verlagabuehhandlung von Richard Schoet* in Berlin. — 
xenstein, Berlin. 



Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, Willielmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ina Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk., in PetItsaU mit 
60 11k. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmält/., Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstraße 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 


Oe Bruln 

Glage 

Professor I)r. Schmaltz-Berlin 

' Verantwortlicher Redakteur. 

Veterinärrat Dr. Lothes Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Professor 

Professor 

Departementstierarzt 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarzc 

Utrecht. 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Richter 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Zündel 

Professor 

Professor 

Professor 

Professor 

Landestierarzt v. Bayern 

Kreistierarzt 

Dresden. 

Dresden. 

Freibnrg i. Br. 

Dresden. 

München. 

M Ul hausen i. E. 


Jahrgang 1908. 11 . Ausgegeben am 12. März. 


Inhalt: Liebener: Die Bornasche Krankheit der Pferde. — Referate: Daseh: Aus der Praxis. — Tapken: Über Verletzungen 
der Wirbelsäule beim Rinde. — Pausini: Experimente über die Indikationen der Pneumotoraia und der Pneumektomia bei 
Hunden. — Reimers: Zur Kasuistik der Luftsackerkranknngen. — Ujhelyi: Tuberkulosetilgungs-Rcsultate. -- Dorn: 
Sccaeornin. — Feuereißen: Beitrag zur Kenntnis des Pseudohermaphroditismus maseuiinus. — Tagesgeschichte: doldbeck: 
(ieschiclite des Militärveterinärwesens in Österreich-Ungarn. — Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins der 
beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907 (Fortsetzung). — Kurpfuschereigesetz. — Doktorat 
an den Tierärztlichen Hochschulen Österreichs. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Die Bornasche Krankheit der Pferde. 

Von Veterinärrat Liebener-Delitzsch. 

Vortrag, gehalten in der Versammlung der beamteten Tierärzte des 
Regierungsbezirks Merseburg am 23. November 1907. 

Durch Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 
12. November 1896 wurde für die Provinz Sachsen die Anzeige- 
' pflicht für die Bornasche Krankheit der Pferde im Sinne des 
§ 9 des Gesetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung 
von Viehseuchen, angeordnet. 

Die Veranlassung dazu gab eine in mehreren Kreisen des 
diesseitigen Regierungsbezirks, besonders in den Kreisen Merse¬ 
burg, Naumburg, Weißenfels, Delitzsch, Saalkreis u. a., in weiter 
Verbreitung auftretende, bisher kaum beobachtete eigenartige 
Krankheit der Pferde, die sich in folgenden Erscheinungen 
äußerte: 

Die Erkrankungen traten entweder plötzlich auf, nachdem 
die Tiere noch tags zuvor gesund waren und ordnungsmäßig 
gearbeitet hatten, und zwar alsdann unter den Erscheinungen 
eines heftigen Gehirnleidens, oder sie begannen häufiger mit 
einem Magen-Darmkatarrh, der von Kolikanfällen begleitet war, 
und an den sich erst nach mehreren Tagen oder selbst Wochen 
auffällige Gehirnerkrankungen anschlossen. Im letzteren Fall 
fraßen die Pferde zuerst mangelhaft, gähnten viel, zeigten 
Temperaturen von 37, 38 bis 39°, selten höher; sie arbeiteten 
auch wohl noch, aber nicht mehr so temperamentvoll wie früher, 
und gingen namentlich vor dem Pflug nicht mehr regelmäßig 
in der Furche. Erst allmählich stellten sich in der Bewegung 
sowie in der Sensibilität heftigere Störungen ein. Alle Patienten, 
ob sie plötzlich oder nach längerem Vorstadium erkrankt waren, 
zeigten annähernd immer dasselbe Krankheitsbild. Sie standen 
im Stalle mit auf die Krippe gestütztem oder gegen die Wand 
gelehntem Kopf oder ließen letzteren oft bis auf den Fußboden 
herunterbängen. Sie fraßen sehr mangelhaft oder garnicht mehr, 
konnten Futter meist schlecht erfassen und noch schlechter ab¬ 


schlucken, spielten mit den Lippen und kauten viel Schaum. 
Auch Getränk nahmen sie nur noch in den ersten Tagen auf; 
bald hatten sie sichtbar Schmerzen beim Schlingen und schon 
nach kurzer Zeit waren sie überhaupt nicht mehr imstande, 
Flüssigkeiten aufzunehmen. Einige der erkrankten Pferde 
zeigten Beißsucht, viele regen Geschlechtstrieb und selbst 
Wallache ruteten aus und hatten starke Erektionen. Das 
Empfindungsvermögen war meistens stark herabgesetzt. Aus 
dem Stalle geführt, zeigten die Patienten zweckwidrige und un¬ 
regelmäßige Bewegungen. Sie drängten nach rechts oder 
links oder gingen wie blind geradeaus auf alle Gegenstände zu. 
Einige überschlugen sich beim Vorwärtsgehen, manche brachen 
plötzlich zusammen, andere wieder stolperten und schwankten 
stark im Hinterteil. Ließ man die Pferde vom Zügel los, so 
machten sie Manegebewegungen, teils rechts, teils links herum. 
In mit reichlichem Streustroh versehene Laufställe gebracht, 
setzten sie diese Bewegungen in kleinen Kreisen oft so lange 
fort, bis sie sich mit den Hinterbeinen verwickelt hatten und 
umfielen. Bei einigen Patienten zeigten sich starke Schwellungen 
des Kopfes, namentlich der Augenlider, starke schmutzige 
Rötung der Konjunktiven, Lähmung der Zunge, die handbreit 
aus dem Maule hing und dann zerbissen wurde; fast alle zeigten 
heftiges Zähneknirschen. Nach 8—14 Tagen fielen die Pferde 
um; sie verhungerten und verdursteten und starben einen qual¬ 
vollen Tod, wenn sie nicht vorher durch Tötung von ihren 
Leiden erlöst wurden. Die Krankheit befiel Pferde jeglichen 
Alters, Schlages und Geschlechts; sie trat meist vereinzelt auf, 
in manchen Beständen häuften sich aber auch die Erkrankungen 
und einige Bestände wurden sogar gänzlich aufgerieben. Die 
Behandlung, auf die ich noch zurückkommen werde, war meist 
erfolglos, etwa 90 Proz. der erkrankten Tiere starben und etwa 
5 Proz. blieben dumm, blind oder gelähmt. Hunderte von 
i Pferden gingen in den betroffenen Bezirken ein und stark be¬ 
schäftigte Privattierärzte waren es, die im Verein mit schwer 







198 


betroffenen Landwirten auf ein staatliches Eingreifen drängten. 
Das beschriebene Krankheitsbild hat sich bis heute nicht ge¬ 
ändert. 

Der Herr Minister sandte nach Einführung der Anzeige- 
pflicht für die Bornasche Krankheit der Pferde als seinen 
Kommissar den damaligen Professor Dr. Oster tag in die be¬ 
troffenen Kreise, der im Verein mit dem ihm unterstellten, in 
Halle a. 8. stationierten Dr. Profe die Ursachen der Krankheit 
ermitteln und Wege zur Bekämpfung derselben suchen sollte. 
Auch die Landwirtschaftskammer erhielt reichliche Mittel zur 
Anstellung von Versuchen. 

Inzwischen waren in tierärztlichen und landwirtschaftlichen 
Blättern Berichte von Tierärzten über die Krankheit erschienen, 
und vor allem war es eine Abhandlung von Siedamgrotzky 
und Schlegel in Dresden im Archiv für wissenschaftliche und 
praktische Tierheilkunde, welche die Aufmerksamkeit der Inter¬ 
essenten auf sich zog. Im Königreich Sachsen und namentlich 
im Nordwesten desselben, insbesondere in den Amtslianptmann- 
schaften Borna und Leipzig, hatte nämlich die Krankheit seit 
Anfang der neunziger Jahre zum Teil in sehr starker Ver¬ 
breitung geherrscht und wurde dort als Gehirn-Rückenmarks- 
entzündung bezeichnet. Da die Erkrankungs- und Todesfälle in 
der Umgebung von Borna am häufigsten vorkamen, bildete der 
Volksmund die heute noch übliche Bezeichnung: „Bornasehc 
Krankheit“. 

Siedamgrotzky und Schlegel fanden bei den Sektionen 
gefallener oder durch Bruststich getöteter Pferde im freien 
Raum der Hirnhöhle und unter der harten Hirnhaut klare 
Flüssigkeit und in dieser stets Coccen, die meist einzeln, selten 
zu zweien vorkamen und durchschnittlich 0,0 mm groß waren. 
Johne fand dagegen einen kleinen Diplococcus in der Gehirn- 
und Rückenmarksflüssigkeit. Da die von Siedamgrotzky 
und Johne beschriebenen Uoecen wesentlich von einander ab¬ 
weichen, so hatte Oster tag die Ätiologie der Bornaschen 
Krankheit durch erneute Untersuchungen zu prüfen. An Ort 
und Stelle, in besonders eingerichteten Krankenställen und im 
Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin 
wurden diese Untersuchungen vorgenommen. Hierbei fanden 
sich in Übereinstimmung mit den Angaben John es in der Ge- 1 
hirn-Rüekenmarksflüs8igkeit Streptococcen, welche unbeweglich 
waren, nach Gram sich entfärbten, auf Agar zuerst kümmerlich, 
später üppiger, am besten aber stets im Kondenswasser wuchsen. 

Die gefundenen Coccen wurden nun als die Erreger der 
Bornaschen Krankheit der Pferde angesehen und weitere Ver¬ 
suche vorgenommen. Dabei stellte es sich heraus, daß kleinere 
Tiere, Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen gegen die 
Versuche resistent waren und alle Untersuchungen am Pferd 
durchgeführt werden mußten und daß auch dieses prompt nur 
bei einer Einverleibungsart, nämlich bei der Einspritzung unter 
die harte Hirnhaut vom Hinterhauptsloche aus reagierte, ein 
an sich sehr mühevoller und gefährlicher Weg. In neuerer 
Zeit ist nun durch histologische Untersuchungen des Berliner 
Neurologen Professors Oppenheim, der von Ostertag Material 
erhielt, in voller Bestätigung der Untersuchungsergebnisse des 
Professors Dexler in Prag, der seinerzeit durch Siedamgrotzky 
Material erhalten hatte, festgestellt, daß die Bornasche Krank¬ 
heit eine durch die beschriebenen Coccen erzeugte herdförmige 
Gehirnentzündung ist, eine von Pferd zu Pferd nicht übertrag¬ 
bare Infektionskrankbeit. 


No. 11. 


Es handelte sich vor allem darum, nachzuweisen, wo der 
Krankheitserreger in der Außenwelt sich auf halte, und es ge¬ 
lang Ostertag und Profe, aus dem verunreinigten Kessel¬ 
brunnenwasser einiger Seuchengehöfte den Erreger der Borna- 
sclien Krankheit rein zu züchten. Sodann wurde festgestellt, daß 
die fraglichen Mikroorganismen in destilliertem und reinem 
Leitungswasser zugrunde gingen, während sie in Wasser mit 
stickstoffhaltigen Verunreinigungen vorzüglich gediehen. Ferner 
stellte Ost er tag fest, daß die Streptococcen durch Austrocknen 
schnell absterben, dagegen in geeigneten Flüssigkeiten lange 
Wochen lebensfähig bleiben. Der ganze Entwicklungsgang der 
Krankheit läßt erkennen, daß der Erreger durch den Ver¬ 
dauungskanal aufgenommen wird. Er gelangt in diesen ge¬ 
wöhnlich mit dem Trinkwasser und dann mittelst Resorption in 
die Lymphbahnen der Magen- und Darmwandungen und von da 
in den Blutstrom. Letzterer bietet jedoch lediglich das Trans¬ 
portmittel nach dem besonders für die Krankheit empfänglichen 
Gehirn: hier vervielfältigt sich der Krankheitserreger und ent¬ 
faltet seine zerstörende Wirkung. 

Dafür, daß das Wasser der Träger des Ansteckungsstoffes 
ist, sprechen verschiedene Umstände und fast alle Tierärzte, die 
reichliche Erfahrungen betreffs der Krankheit haben, sind dieser 
Ansicht. Vor den Toren von Städten, die einwandfreie Wasser¬ 
leitungen besitzen, macht die Krankheit Halt. In Halle a. S., 
Leipzig und anderen Städten kommen Erkrankungsfälle über¬ 
haupt nicht, oder doch nur bei kurz zuvor vom Lande ein¬ 
geführten oder solchen Pferden vor, die außerhalb arbeiten und 
getränkt werden. Einer der hinsichtlich der Bornaschen Krank¬ 
heit erfahrensten Tierärzte des diesseitigen Regierungsbezirks, 
Kollege Kohl in Lützen, teilte mir mit, daß er seit 14 Jahren 
die Krankheit hauptsächlich im Frühjahr und in den ersten 
Sommermonaten in vielen Hunderten von Fällen beobachtet habe, 
worauf dann ein allmähliches Nachlassen erfolgte, bis in der Zeit 
von Oktober bis Januar so gut wie keine Fälle vorkämen. 
Dieses Ansteigen und Nachlassen der Krankheit sei um so auf¬ 
fälliger, je reicher die Niederschläge in den Wintermonaten 
waren. Daß gerade nach reichlichen Niederschlägen und in be¬ 
stimmten Gegenden bzw. Wirtschaften sich die Krankheit immer 
I wiederholt, und daß andrerseits eine große Ortschaft, die seitens 
einer benachbarten Kohlengrube durch eine 100 m tiefe Wasser¬ 
leitung mit tadellosem Wasser versehen wird, trotzdem sie im 
Zentrum der Bornagegend liegt, seit 14 Jahren von der Krank¬ 
heit verschont geblieben ist, läßt sich nicht anders erklären, als 
daß der Erreger nicht in der Luft, auch nicht im Futter zu 
suchen ist, sondern lediglich im Grund und Boden. Die Boden¬ 
verhältnisse, Unterlagen von Lehm und die Lage der Brunnen 
spielen dabei eine große Rolle, und die Erreger drängen sich 
durch die reichlichen Niederschläge auf der Lehmlage, wo sie 
vorderhand nicht weiter in die Tiefe können, talabwärts und 
gelangen in die Brunnen. Im Kreise Querfurt kamen nach Mit¬ 
teilung des Kreistierarztes Tannebring in den Ortschaften 
Lützkendorf, Crumpa, Möckerling u. a. früher Bornafälle sehr 
häufig vor. Seitdem aber vor Jahren dort Kohlenschächte er¬ 
richtet und durch fortwährendes Auspumpen des Wassers aus 
den Schachtanlagen der Grund wasserstand erheblich gesenkt 
worden ist, muß das Wasser aus tieferen Schichten herauf¬ 
befördert werden und ist gutem Leitungswasser gleich zu er¬ 
achten. Jetzt kommen in diesen Ortschaften, dem sogenannten 
Miichelner Kohlenbecken, Fälle von Bornascher Krankheit über- 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 







12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


199 


hanpt nicht mehr, in der weiteren Umgebung mit den alten 
Wasserverhältnissen aber noch ebenso zahlreich wie früher vor. 

Daß die Erkrankungen, namentlich iij den zweiten und dritten 
Quartalen auftreten, in den ersten und vierten aber geringer 
sind, läßt sich erklären durch die niedrigere Temperatur, welche 
in den zuletzt genannten Quartalen der Erdboden hat. Es be¬ 
steht dann weder Wachstum noch Vermehrung des Virus in den 
wasserhaltigen Erdschichten, ähnlich wie beim Rotlaufbazillus. 
Wäre der Krankheitserreger im Futter und in den Ställen vor¬ 
handen, dann würde die Krankheit trotz verschiedener Wasser¬ 
verhältnisse in Stadt und Land gleichmäßig auftreten, denn das 
Futter, Hafer und Heu, ist wohl überall gleich und die Ställe 
sind in der Stadt häufig noch schlechter und enger als auf dem 
Lande. Auch die sächsischen Bezirkstierärzte, die eine reiche 
Erfahrung besitzen, sind der Ansicht, daß das Wasser bei dem 
Auftreten und der Verbreitung der Bornaschen Krankheit der 
Pferde die größte Rolle spielt, wenn auch die Wege der In¬ 
fektion noch nicht genügend bekannt sind. Die meisten be¬ 
teiligten Tierärzte sind der Ansicht, daß die Krankheit durch 
die von Ostertag beschriebenen Streptococcen bedingt wird, 
daß die Verschleppung in der Regel durch verunreinigtes | 
Wasser geschieht. Die starke Verbreitung in diesem Jahr 
dürfte mit den starken Niederschlägen Zusammenhängen, welche 
Jauche und andere schädliche Zuflüsse sehr reichlich in die 
mangelhaften Brunnen und Seuchengehöfte spülten. Mancherlei 
Fragen stehen noch offen und harren noch der Klärung, so 
namentlich, warum die Krankheit nun schon länger denn zehn 
Jahre immer nur in denselben Gegenden auftritt und viele 
andere. Es wird nötig sein, weitere Forschungen anzustellen 
und die Bewilligung von Mitteln dazu auzustreben; der sächsische 
Landtag hat jetzt erst wieder für solche Zwecke 15 000 M. be¬ 
willigt. 

Der Umfang der Verbreitung der Krankheit im Regierungs¬ 
bezirk Merseburg ist aus der Ihnen behändigten Zusammen¬ 
stellung des Herrn Departementstierarztes seit der Einführung der 
Anzeigepflicht, d. h. seit dem 1. Januar 1897 zu ersehen. Daraus 
ergibt sich, daß die Bornasche Krankheit in diesem Jahre, 
trotzdem noch das vierte Quartal fehlt, den bisher größten Um¬ 
fang angenommen hat und dürften, wie schon erwähnt, die 
ungewöhnlich starken Niederschläge die Ursache sein. In elf 
Jahren, auf welche sich die Nachweisung für den Regierungs¬ 
bezirk Merseburg erstreckt, schwanken die Zahlen bedeutend. 

Während im Jahre 1907 in den drei abgelaufenen Viertel¬ 
jahren 402 Gehöfte betroffen wurden, in denen 430 Pferde er¬ 
krankten und 393 fielen, wurden im ganzen Jahre 1905 nur 
45 Gehöfte betroffen, in denen 46 Pferde erkrankten und 36 fielen. 

Die meisten Erkrankungen und Todesfälle kamen vor in 
den elf 

:2. Vierteljahren, nämlich 948 Erkrankungen und 793 Todesfälle 


3. 

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4. 

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71 


Die Erklärung dafür suchte ich Ihnen vorher schon zu 
geben. Ferner geht aus der Nachweisung hervor, daß im Saale¬ 
kreis 235, in der Stadt Halle a. S. nur 4, im Landkreis Weißen¬ 
fels 228, im Stadtkreis nur 1 und im Landkreis Zeitz 104 gegen 
3 im Stadtkreis auftraten. Auch diese Zahlen dürften beweisen, 
daß die Krankheit eine solche des platten Landes ist und vor 
den Toren der Städte mit guten Wasserverhältnissen Halt macht. 


Die auf 83,39 Proz. berechnete Verlustziffer dürfte sicher auf 
90 Proz. steigen, wenn die anscheinend durchgekommenen, in¬ 
folge von Nachkrankheiten (Dummkoller, Blindheit, Lähmungen) 
aber wertlos gebliebenen Pferde mitgezählt würden. 

Daß nicht alle Bornaerkrankungen zur Anzeige kommen, 
ist den beamteten Tierärzten nur zu gut bekannt, immerhin 
bietet die Nachweisung für den Regierungsbezirk Merseburg 
einen wertvollen und ziemlich sicheren Anhalt für die Zahlen 
der Erkrankungen und die entstandenen Verluste. 

Im Magdeburger Bezirk ist mit der Anzeigepflicht für die 
Krankheit eine amtliche Feststellung nicht angeordnet; nach 
den mir zugegangenen Mitteilungen sind in diesem Jahre nur 
im Kreise Calbe Fälle gemeldet und zwar sind von Juni bis 
August in drei Gemeinden zehn Pferde erkrankt und gefallen. 
Weitere Erhebungen seitens des Kreistierarztes haben nicht 
stattgefunden. Ähnlich liegen die Verhältnisse im Regierungs¬ 
bezirk Erfurt. Von dort wurde mir mitgeteilt, daß fast aus¬ 
schließlich solche Fälle zur Meldung kommen, welche die Kreis¬ 
tierärzte in ihrer Privatpraxis feststellen. Allzu häufig dürften 
aber Bornaerkrankungen unter den Pferden dieser beiden Bezirke 
| nicht sein. 

Im Königreich Sachsen dagegen trat die Krankheit in diesem 
Jahre in noch nie beobachteter Heftigkeit auf. Nach einer 
Übersicht, die der Staatsminister Graf Hohenthal in der 
Sitzung der zweiten sächsischen Kammer am 21. Oktober d. J. 
gab, waren schon bis Ende Juni d. J. 732 Fälle gemeldet 
worden, von denen der größte Teil tödlich verlaufen ist, und 
nach den mir noch zugegangenen Mitteilungen sind allein in 
der Amt8hauptraannschaft Leipzig über 200 Pferde erkrankt 
bzw. gefallen. Die Annahme, daß in den betroffenen Bezirken 
des Königreichs Sachsen . etwa 900 Pferde im Jahre 1907 er¬ 
krankt sind, ist nach vorstehendem jedenfalls berechtigt. Un¬ 
berechtigt aber ist die Annahme, daß die Bornasche Krankheit 
der Pferde allmählich einen milderen Verlauf angenommen habe 
und nach und nach verschwinden werde. Das Jahr 1907 hat 
wenigstens die Möglichkeit einer solchen Annahme weit zurück¬ 
gedrängt; ich sah noch nie so viele akute, selbst perakute Fälle 
wie in diesem Jahre. 

Nun zu der Bekämpfung der Krankheit. Dieselbe stellt 
immer noch einen versteckten Feind dar, dem schwer beizukommen 
ist. In dem Kampfe stehen uns zu Gebote: 1. Die Anzeige¬ 
pflicht. Diese dürfte beizubehalten sein. Wenn wir von dem 
Auftreten der Krankheit nichts erfahren, können wir auch nichts 
dagegen tun. Jedenfalls würde bei dem diesjährigen heftigen 
Auftreten der Krankheit die Aufhebung der Anzeigepflicht einem 
unnötigen Rückzug vor dem immer mutiger werdenden Feinde 
gleichkommen. Gerade jetzt, wo die Kgl. Sächsische Regierung 
zu einem neuen Feldzug rüstet, dürfte es nicht richtig sein, 
wenn wir uns zurückzögen. 

2. Die Behandlung ist nach den bisherigen Erfahrungen 
fast aussichtslos; die Krankheit trotzt allen nur erdenklichen 
Mitteln. Für das Empfehlenswerteste halte ich die Verabreichung 
von Kalomel, daneben Wasserinfusionen und Applikation eines 
Eisbeutels in die Genickgegend. Blutentnahmen bringen keinen 
Erfolg und auch durch scharfe Salben, Haarseile und Ein¬ 
spritzungen von Terpentinöl bedingte Ableitungen w'urde 
Besserung nicht erzielt. Vor Jahren wurde Lecithin angewendet; 
leider auch ohne Erfolg. Einige Kollegen wenden neuerdings 
Bierhefe an; Erfahrungen über den Erfolg fehlen noch. Wieder- 



200 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


holt angestellte Versuche mit Serumbehandlung hatten ebenfalls 
negative Erfolge. 

3. Die Vernichtung der Kadaver hat möglichst auf den 
Abdeckereien zu erfolgen; ist das nicht angängig, so sind 
wenigstens Köpfe und Wirbelsäulen durch Feuer unschädlich 
zu machen. 

4. Die Desinfektion der Ställe und Geräte, namentlich 
Halftern, Ketten, Geschirre und Gebisse mittelst heißer Soda¬ 
lauge, Ausglühen und Überstreichen mit starker Kalkmilch, auch 
Begießen des Fußbodens mit letzterer ist in jedem Falle er¬ 
forderlich. Das Schlachten der kranken Tiere an Ort und 
Stelle sollte verboten werden. 

5 Die Vorbeuge. Krankheiten vorzubeugen ist leichter als 
solche zu heilen. Bei der Bornaschen Krankheit haben wir 
vor allem für einwandfreies Wasser zu sorgen, so weit angängig 
durch Wasserleitungen. Wir finden aber meist die alten an 
Dungstätten und sonst ungeeigneten Plätzen gegen Zuflüsse aller 
Art nicht geschützten Kesselbrunnen. In Bornagehöften ist 
zur dauernden Beschaffung einwandfreien Tränkwassers die 
Anlage von Röhren- oder Abessinierbrunnen erforderlich. 
Diese zeichnen sich dadurch vor den Kesselbrunnen aus, daß das 
Wasser nur als Quellwasser durch das untere Ende der Röhre, 
welches sich je nach den Boden- bzw. Wasserverhältnissen in 
größerer oder geringerer Tiefe befindet, eindringen kann. Vor 
allem ist darauf Gewicht zu legen, daß eine undurchlässige 
Schicht das eigentliche Grundwasser abdeckt und das Rohr gut 
in dieser Schicht abschließt. Das an die Oberfläche stoßende 
Brunnenrohr muß mit einem den Erdboden überragenden Brunnen¬ 
kranz umgeben sein, um Zuflüsse fern zu halten. Das aus 
dem Auslauf des Brunnens abfließende Wasser muß in einem 
Zementbassin aufgefangen und durch ein Abzugsrohr abgeleitet 
werden. Die Anlage solcher Brunnen ist tüchtigen Fachmännern 
zu übertragen. Leider ist in manchen Gehöften wegen des 
Grundwasserstandes die Beschaffung einwandfreien Wassers 
auch durch Röhrenbrunnen nicht möglich und muß man sich in 
Bornagehöften dann mit dem Tränken gekochten Wassers be¬ 
gnügen, eine allerdings umständliche Maßnahme. Daß man in 
Seuchenbezirken für gutes Futter und reinliche, gut ventilierte 
Ställe sorgen muß, ist selbstverständlich und eine einfache 
hygienische Forderung. Über die Anlage von Röhrenbrunnen 
zum Schutz gegen die Bornasche Krankheit der Pferde ver¬ 
weise ich im übrigen auf eine interessante Abhandlung von 
Raebiger in Nr. 13, Jahrgang 1901 der landwirtschaftlichen 
Wochenschrift für die Provinz Sachsen. 

6. Die Entschädigung der gestorbenen oder getöteten borna¬ 
kranken Pferde wird von vielen gewünscht und für dringend 
erforderlich gehalten. Im Königreich Sachsen ist eine solche 
seit 1900 gesetzlich eingeführt. Die Besitzer erhalten vier 
Fünftel der Taxe, nie aber mehr als 800 M. Der Wert der 
Pferde wird durch eine Kommission, die aus Landwirten und 
dem Bezirkstierarzt besteht, festgestellt. Für Tiere, welche 
nicht vier Wochen in Sachsen sich befinden, wird keine Ent¬ 
schädigung gewährt. Die Beiträge werden durch Umlagen er¬ 
hoben, wie bei anderen Seuchen auch. Der Jahresbeitrag pro 
Pferd hat in 1900 1906 80 Pf. bis 1,80 M., durchschnittlich 
1,14 M. betragen. Daß eine derartige Regelung auch im dies¬ 
seitigen Bezirk durchführbar wäre, dürfte niemand bestreiten. 
Es müßte dann aber erst ein Gesetz erlassen werden, durch 
das dem Provinzial verband die Berechtigung zur Erhebung einer 


Umlage zu diesem Zwecke erteilt würde; und ob der Provinzial- 
Landtag sich dann entschließen würde, davon Gebrauch zu 
machen, ist wegen des beschränkten Bezirks, in dem die Krank¬ 
heit auftritt, mindestens sehr zweifelhaft. 

So lange aber eine derartige Regelung nicht stattgefunden 
hat, bleibt nur 

7. die Versicherung übrig. Unsere großen über weite Be¬ 
zirke verbreiteten Viehversicherungsgesellschaften haben sich im 
allgemeinen keines übermäßigen Vertrauens zu erfreuen. Der 
Grund dazu liegt in den schwierigen Verhältnissen, unter denen 
sie arbeiten, in den meist hohen Verwaltungskosten, die in 
einzelnen Fällen über */ 4 der gesamten Prämieneinnahme aus¬ 
machen und in den hohen Prämien, die sie infolgedessen er¬ 
heben müssen. Viele der mit ihren Viehbeständen versicherten 
Besitzer sind froh, wenn sie ihre Verbindungen mit den Ver¬ 
sicherungen wieder lösen können. Um dann die Versicherungs¬ 
summe nicht niedriger werden zu lassen, werden von den Ge¬ 
sellschaften neue Versicherungen oft mit großen Risiken ab¬ 
geschlossen. Eine Kontrolle ist bei der großen räumlichen Aus¬ 
dehnung schwer möglich, die Auszahlung einer Entschädigung 
hängt von vielen Bestimmungen, sofortiger Anzeige u. dgl. 
ab und wird in vielen Fällen Kleinigkeiten halber streitig ge¬ 
macht. Derartige Versicherungen zu empfehlen, haben die 
meisten Tierärzte daher große Bedenken. Dagegen haben sich 
die seit längeren Jahren errichteten lokalen Pferdeversicherungs¬ 
vereine wohl bewährt. Dieselben stehen seit Erlaß des Ver¬ 
sicherungsgesetzes im Jahre 1901 auch auf festeren Füßen und 
unterstehen der Aufsicht des Herrn Regierungspräsidenten, von 
dem auch Normalstatuten zu haben sind. Im Kreise Delitzsch 
sind sechs derartige Vereine, in denen ca. 4000 Pferde ver¬ 
sichert sind, seit zehn Jahren aus Anlaß des heftigen Auftretens 
der Bornaschen Krankheit gegründet, von denen einige in ver¬ 
seuchten Gehöften die Entschädigung von an Bornascher Krank¬ 
heit gefallenen Pferde mit Erfolg von der Beschaffung einwand¬ 
freien Wassers abhängig machen. 

Diese Vereine haben im Durchschnitt mit 2 1 /2 Proz. alle 
Schäden — selbstverständlich nicht nur die durch die Borna- 
sche Krankheit allein verursachten — mit 2 / 3 des Taxwertes 
entschädigt. Der billige Prämiensatz läßt sich namentlich auch 
dadurch erreichen, daß Vorstand, Taxatoren und Vertrauens¬ 
männer unentgeltlich arbeiten, und nur dem Schriftführer und 
Kassierer eine geringe Entschädigung gewährt und eine gegen¬ 
seitige Kontrolle in der Pferdehaltung ausgeübt wird. Die Land¬ 
wirtschaftskammer hat aus den lokalen Vereinen, deren in der 
Provinz Sachsen eine große Anzahl besteht, einen Verband ge¬ 
schlossen und am 1. Januar 1908 tritt eine Rückversicherung in 
Kraft. Diese wird es auf jedesmal fünf Jahre ermöglichen, für 
die lokalen Vereine eine feste Prämie im voraus festzusetzen. 
Dabei bleibt den einzelnen Vereinen ihre Selbständigkeit und 
Eigenart gewahrt und die geschaffenen Reservefonds bleiben 
in ihrem Besitz. Kosten erwachsen den Vereinen nicht. Diese 
Rückversicherung soll mit einem Kapital von 75 000 M., welche 
Summe zu gleichen Teilen von dem Staat, der Provinz und der 
Landwirtschaftskammer in Aussicht gestellt wurde, gegründet 
und sollen alle Kosten aus den Zinsen dieser Summe bestritten 
werden. 

Die lokalen Vereine haben den fünften Teil der erhobenen 
Prämien, der aber ihr Besitz bleibt, zinsfrei der Rückversicherung 
zu überlassen und erhalten, falls einmal höhere Schäden ein- 






12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


201 


Nachweisung*) 

über die Verbreitung der Bornaschen Krankheit der Pferde im Regierungsbezirk Merseburg 
während der Zeit vom 1. Januar 1897 bis 30. September 1907. 

Es wurden von der Bomaschen Krankheit der Pferde betroffen: 


Im Jahre 

im 

1. Vierteljahr 

im S 

!. Vierteljahr 

im 3. Vierteljahr 

im 4. Vierteljahr 

Zusammen 

der 

betroffenen 

Gehöfte 

Zahl 

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betroffenen 

Gehöfte 

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Pferde 

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betroffenen 

Gehöfte 

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Pferde 

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betroffenen 
Gehöft e 

der 

erkrankten 
Pferde 2 

der ge¬ 
fallenen und 
getöteten 
Pferde 

1897 

30 

34 

21 

19 

20 

16 

11 

11 

8 

6 

6 

4 

66 

71 

49 

1898 

10 

12 

10 

49 

50 

36 

32 

34 

33 

3 

3 

3 

94 

99 

82 

1899 

70 

77 

62 

168 

‘ 188 

156 

117 

125 

101 

26 

26 

16 

381 

416 

335 

1900 

68 

, 73 

61 

136 

156 

123 

63 

66 

50 

14 

14 

12 

281 

309 

246 

1901 

21 

! 21 

18 

64 

1 75 

60 

34 

36 

35 

14 

1 16 

14 

133 

148 

127 

1902 

5 

5 

4 

26 

28 

24 

16 

19 

10 

o 

2 

1 

49 

54 

39 

1903 

23 

24 l 

22 

33 

39 

31 

31 

1 32 

27 

8 

! 8 

7 

95 

103 

87 

1904 

45 

46 i 

37 

92 

101 

| 90 

41 

48 

46 

19 

1 20 

17 

197 

215 

190 

1905 

11 

11 1 

9 

22 

22 

18 

10 

11 

7 

2 

2 

2 

45 

46 

36 

1906 

11 

11 ! 

10 

20 

23 

20 

19 

20 

19 

6 

6 

4 

56 

60 

53 

1907 
















bis 1.Oktober 

50 

53 

47 

223 

246 

219 

129 

: 131 

127 

f 

ehlt noch! 

402 

430 

393 

Zusammen 

344 

367 

301 

852 

948 

793 

503 

533 

463 

100 

103 

80 

1 799 

1 951 

1 637 


treten, den zur Deckung nötigen Betrag aus derselben. Nach 
fünf Jahren wird abgerechnet und die Prämie für die nächsten 
fünf Jahre festgesetzt. 

Es ist auch das Gebiet der Viehversicherung unter solchen 
Umständen ein dankbares Arbeitsfeld für den Tierarzt, und 
ich schließe, indem ich Ihnen empfehle, sich im Kampfe 
gegen die Bornasche Krankheit auch der lokalen Pferde¬ 
versicherungsvereine anzunehmen und sich für die Einrichtung 
solcher zu interessieren mit den Worten des verstorbenen 
Ministers Budde: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! 

Nach den Verlusten in den einzelnen Jahren geordnet 
wurden betroffen: 


im Jahre 

Gehöfte 

es er- ( 
krankten 
Pferde 

es fielen und 
wurden ge¬ 
tötet Pferde 

Bemerkungen 

1907 

402 

430 

393 

Trotzdem die Zahlen für 

1899 

381 

416 

335 

das 4. Vierteljahr noch 

1900 

281 

309 

246 

fehlen, die größte Ver¬ 

1904 

197 

215 

190 

lustziffer. 

1901 

133 

148 

127 


1903 

95 

103 

87 


1898 

94 

99 

82 


1897 

66 

71 

49 


1906 

56 

60 

53 


1902 

49 

1 54 

39 


1905 

4» 

46 

36 


Zusammen 

1 799 

! 1951 

1637 



Nach den Verlusten in den einzelnen Vierteljahren geordnet 
wurden betroffen: 


in den 

Gehöfte 

es erkrankten 
Pferde 

es fielen und 
wurden ge¬ 
tötet Pferde | 

Bemerkungen 

11 zweiten Vierteljahren 

11 dritten „ 

11 ersten „ 

10 vierten „ 

852 

503 

344 

100 

948 

533 

367 

103 

793 

463 

301 

80 

< Das noch fehlende 
| vierte Vierteljahr des 
j Jahres 1907 wird hier- 
1 an nichts ändern. 

Zusammen 

1799 

1 951 

1637 


Nach den Verlusten in den einzelnen Kreisen geordnet, 
wurden betroffen: 


© 

S 

2 

3 

© 

2 

im Kreise 

der 

betroffenen 

Gehöfte 

der ^ 

erkrankten k. 
Pferde — 

der ge¬ 
fallenen und 
getöteten 
Pferde 

Von den 
erkrankten 
Pferden 
gefallen und 
getötet 
in Prozent 

1 

Delitzsch. 

319 

360 

314 

87,22 

2 

Merseburg .... 

275 

296 

252 

85,14 

3 

Saalkreis. 

215 

235 

203 

86,3S 

4 

Weißenfels, Landkr. . 

212 

228 

193 

84,65 

5 

Eckartsberga . . . 

244 

266 

180 

67,67 

6 

Bitterfeld. 

142 

147 

141 


7 

Querfurt. 

121 

127 

109 


8 

Zeitz, Landkr. . . . 

97 

104 

90 

86,54 

9 

Naumburg .... 

86 

86 

71 

82,56 

10 

Mansfelder Seekr. . . 

23 

25 

23 

92,00 

11 

Sangerhausen . . . 

23 

25 

21 

84,00 

12 

Schweinitz .... 

18 

21 

13 

61,90 

13 

Torgau . 

9 

12 

11 

91,67 

14 

Mansfelder Gebirgskr. 

6 

8 

5 

62,50 

15 

Halle, Stadtkr. . . . 

4 

1 4 

4 

100,00 

16 

Liebenwerda.... 

1 

3 

3 

100,00 

17 

Zeitz, Stadtkr. . . . 

3 

3 

3 

100,00 

18 

Weißenfels, Stadtkr. . 

1 

| 1 

1 

100,00 

19 

Wittenberg .... 

— 



— 


Regierungsbezirk 

1 799 

1 951 

1637 

83,39 


Anmerkung zu Nr. 15. Von den erkrankten Pferden war 


1 drei Wochen vor der Erkrankuug nach Halle a. S. eingeführt; 

2 andere erkrankte Pferde wurden nicht mit Leitungs-, sondern mit 
Brunnenwasser getränkt. 

Nachtrag. 

Nachdem der Vortrag bereits zum Druck gesetzt war, 
ersah ich erst aus eiuer Mitteilung in Nr. 2 der „Landwirt¬ 
schaftlichen Wochenschrift für die Provinz Sachsen* 4 daß meine 
Auffassung von der Rückversicherung, wie ich sie vorgetragen 
; habe, nicht ganz zutreffend ist. In der betreffenden Mitteiluug 
heißt es: „Lediglich die Höhe des Normalprämiensatzes, welche 
für jeden Verein aus seinen Geschäftsresultaten gesondert zu be¬ 
rechnen und festzustellen ist, wird von dem Kuratorium 
der Rückversicherung bestimmt“. 

Dies ändert die Sachlage allerdings, denn wenn die Vereine 
mit dem Anschlüsse an die Rückversicherung darauf verzichten, 


*) Die Veröffentlichung der Nachweisung erfolgt mit Genehmigung des Herrn Departementstierarztes Veterinärrat Dr. Fclisch. 




















202 


BfefcLINEH TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


die Höhe der Prämiensätze selbst zu bestimmen, so begeben sie 
sich damit des wichtigsten Rechts, das ein Verein überhaupt 
besitzt. Tatsächlich ist das Unternehmen auch keine „Rück¬ 
versicherung“, weil jeder Verein das, was er gebraucht, selbst 
aufbringen muß. Da nun jeder Verein einen Reservefond an- 
legen muß, so ist er durch diesen schon für solche Fälle ge¬ 
sichert, in denen die Jahresprämie einmal nicht zur Deckung 
der Schadensansprüche ausreicht. Es ist daher nicht ersichtlich, 
zu welchem Zwecke die Vereine den fünften Teil ihrer Prämien¬ 
einnahme zinslos an die sogenannte Rückversicherung abführen 
sollen. Bevor ein Verein dieser beitritt, wird erst sehr reiflich 
zu erwägen sein, ob und eventuell welchen Vorteil er davon 
haben kann. Meine Ansicht von der Zweckmäßigkeit und Nützlich¬ 
keit der lokalen Viehversicherungsvereine auf Gegenseitigkeit 
w r ird hierdurch selbstverständlich nicht berührt. 


Berichtigung: 

In dem Artikel von Storch über Strabismus B. T. W. 
Nr. 10, S. 177, ist in Zeile 12 von unten zu lesen „verlagert“ 
(nicht vorgelagert). 

Referate. 

Aus der Praxis. 

Von Tierarzt Dasch-Wien. 

(Tierärztliches Zentralblatt 1907, Nr. : 2 .) 

Dasch berichtet, daß er 45 Fälle von Abschnürung der 
Jungen bei Katzen, durch Fremdkörper bedingt, in seiner Praxis 
beobachtet hat. 43 mal waren es Trachealringe, meistens von 
Gänsen, in je einem Falle ein Stück Blutgefäß und ein Stück 
Bindfaden. Bei einem zahmen Star war die Zungenspitze durch 
eine Haarschlinge abgeschnürt. 

Weiter teilt Dasch einige Fälle von Abschnürungen anderer 
Organe mit. Bei einem Hund fand Dasch ein ringförmiges 
Hautleiden am Halse, welches nach Angabe des Besitzers 
bereits als Ekzem behandelt worden war. Nachdem die Krusten 
entfernt und die Haare abgeschoren waren, fand sich eine ring¬ 
förmige Furche mit verdickten Rändern rings am Halse und in 
der Tiefe der Furche fast ein ringförmiges Gummiband, wie es 
zum Zuschnüren kleiner Päckchen benutzt wird. Es stellte sich 
heraus, daß dieses Gummiband vor einiger Zeit von einem Kind 
des Besitzers dem Hunde beim Spielen über den Kopf auf den 
Hals gestreift worden war. Nach Entfernung des Bandes und 
entsprechender Behandlung trat bald Heilung ein. 

Abschnürung des Penis bei Hunden sah Dasch fünfmal. 
Der Vorbericht war gewöhnlich, daß aus dem Gliede Blut fließe 
oder daß die Hunde Blut urinieren und fortwährend am Gliede 
lecken. Bei zweien wurde in der Anamnese auch angegeben, 
daß die Tiere bereits wegen Blasenkatarrh und Nierenentzündung 
in Behandlung stünden. In allen fünf Fällen war böswillig der 
Penis mit Bindfaden abgeschnürt worden. In einem dieser 
Fälle war die Schnur 18 mal um den Penis gewunden und hatte 
stellenweise bis auf den Rutenknochen durchgeschnürt. Vier 
Fälle gingen in Genesung über, der letztere Fall war unheilbar. 

Dasch berichtet auch über vier Fälle von Kolik bei Hunden. 
Diese Krankheit ist bei Hunden eine Seltenheit. Unter 75 000 
Dasch zur Untersuchung vorgeführten kranken Hunden wurde 
Kolik nur in den erwähnten vier Fällen beobachtet. Drei Fälle 
endeten letal. Bei zwei Fällen lag eine Magendrehung vor 


und im dritten Falle fand sich eine Magenperforation durch 
ein scharfes Knochenstück vor. Der vierte Fall ging in Genesung 
über. Endlich beschreibt Dasch noch einen Fall von Thrombos# 
der Schenkelarterie beim Hunde. Die Grundursache dieses bei 
Hunden wohl noch nicht beobachteten resp. beschriebenen Leidenl 
war in einer Endokarditis zu suchen. Rdr. 

Über Verletzungen der Wirbelsäule beim Rinde. 

Von Amtstierarzt A. Tapken in Varel. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1907 Nr. 35) 

Verletzungen der Halswirbel beobachtete Tapken bei einer 
Kuh und bei einem Kalbe. Bei der Kuh, die zu Fall gekommen 
war und liegen blieb, zeigten sich so bedrohliche Erscheinungen, 
daß sie geschlachtet werden mußte. Es war der dritte Hals¬ 
wirbel gebrochen. Bei dem Kalbe bestand steife Haltung des 
Kopfes und Halses. Dann vermochte später das Tier nicht 
mehr aufzustehen und hielt die Beine gestreckt. Der Krankheits¬ 
zustand bestand einige Wochen, dann wurde das Kalb geschlachtet. 
Bei der Sektion fanden sich von den Körpern des letzten Hals¬ 
wirbels und des ersten Rückenwirbels kleinere Stücke ab¬ 
gesprengt, die zum Teil nekrotisch waren. 

Verletzungen der Rücken- und Lendenwirbelsäule haben 
ihre Ursache bei Rindern meist im Hinstürzen. Die klinischen 
Erscheinungen richten sich nach dem Grade der Läsion. Manche 
Tiere können noch mehrere Stunden oder einige Tage nach der 
Verletznng aufstehen und sich langsam bewegen, die meisten 
Rinder aber bleiben am Boden liegen und zeigen mehr oder 
weniger Lähmungserscheinungen, besonders im Hinterteil. Bei 
Fraktur des Kreuzbeins sind die sensiblen und motorischen 
Lähmungserscheinungen weniger deutlich ausgeprägt. Die 
Diagnose läßt sich durch die rektale Untersuchung sichern. 

Kombinierte Schweif- und Sphinkterenlähmungen, Hammel¬ 
schwanz, Tibialislähmung beobachtete Tapken bei zwei Rindern. 
Es ist sonach nicht zutreffend, daß der sogenannte Hammel- 
scliwanz nur beim Pferde vorkommt. Rdr. 

Experimente Ober die Indikationen der Pnenmotomia 
nnd der Pnenmektomia bei Hunden. 

Von Dr. C. Pausini der Kgl. Tierärztlichen Hochschule in Neapel. 

(Öaterr. Mooatsschr. f. Tierheilk. 1907, S. 241 u. 289.) 

Nach geschichtlichem Überblick geht Pausini auf die 
Indikationen der Pneumotomie ein; hierauf schildert er eigene 
Versuche über die Pneumektomie, deren Ausführung er bei Neu¬ 
bildungen der Lunge, bei Lungenhernien sowie «bei Tuberkulose 
(im Beginn und unilateral) befürwortete. Da Chloroform und 
Äther zu große Gefahren bedingen können, nahm Pausini zur 
Anästhesie seiner Versuchshunde Injektionen mit folgender 
Lösung vor: Morph, mur. 0,2 g, Chloral. 20 g, Aqu. dest. 200 g 
(hiervon pro kg Körpergewicht 1,5 g subkutan). Vor der 
Operation wurde die Tracheotomie gemacht und künstliche 
Atmung eingeleitet (mittelst eines modifizierten Zerstäubers nach 
Richardson). In einigen Fällen wurde ein IV 2 cm großes 
Stück aus der fünften und sechsten Rippe reseziert, um ge¬ 
nügend Platz zu haben, bei drei anderen Tieren wurde nur aus 
einer Rippe ein Stück entfernt, bei den übrigen dagegen nur 
der interkostale Schnitt etwas länger ausgeführt. Nach Durch¬ 
trennen der Pleura nahm Pausini teils partielle, teils totale 
Pneumektomien vor. Von zehn (anscheinend gesunden) Hunden 





12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


203 


starben sechs während oder mehrere Tage nach der Operation. 
Näheres muß im Original nachgelesen werden. — Ans den 
Schlüssen sei folgender Satz herausgegriffen: Die Schwierigkeit 
der Abtragung wächst mit der Schwere und der Ausdehnung 
der Krankheit, weshalb man sofort die partielle oder totale 
Exstirpation der Lunge vornehmen soll. Richter. 

Zar Kasuistik der Laftsackerkrankungen. 

Von Kroistierarzt Reimers-Freiburg, Elbe. 

(Deutsche Ticrärziliihe Wochenschrift 1907, Nr. 42.) 

Reimers behandelte bei einem Fohlen einen typischen Fall 
von Luftsackkatarrh operativ nach der Dieterichs sehen 
Methode, indem die obere Öffnung des Luftsacks unmittelbar 
hinter dem Muse, jugulomandibularis, die untere Öffnung im 
sogen. Viborgschen Dreieck angelegt wurde. Das Drainrohr 
bUeb drei Wochen liegen und durch Ausspülung mit adstrin¬ 
gierenden Desintizientien trat scheinbar Heilung ein. Jedoch 
stellte sich sehr bald ein beträchtliches Rezidiv ein. Nach 
Rücksprache mit Masch in Wilster öffnete Reimers den Luft¬ 
sack unterhalb der Vena maxill. externa und setzte daselbst 
einen besonders für diesen Zweck aus Silber gefertigten leichten 
Tubus ein, der einem kleinen, zusammenlegbaren Traclieotubus 
ähnelte. Dieser Traclieotubus wurde, um ein Herausgleiten un¬ 
möglich zu machen, mit dem Wundrande vernäht. Nach vier 
Wochen sistierte der Ausfluß, doch blieb der Tubus acht Wochen 
liegen. Nunmehr war völlige Heilung eingetreten. Rdr. 

Tuberkul osetilgangs-Resaltate. 

Von Prof. Emerich Ujhelyi in Magyarövär. 

(Allatorvosi hapok. 1907, Nr 51.) 

In der Domäne Hedewär hat Prof. Ujhelyi im Jahre 1898 
das von ihm modifizierte Bang sehe Verfahren zur Tilgung der 
Tuberkulose unter den Rindern eingeführt. In der Domäne ließ 
man an Stelle der früheren Schafzucht Simmentaler Vieh ein¬ 
stellen und zwar in drei Meierhöfen in ziemlich primitiv um¬ 
gestalteten Schafstallungen. Stiere wurden aus den besten 
Simmentaler Beständen angeschafft, während die Kühe von 
ländlichen Kleinzüchtern angekauft wurden; es wurde also eine 
Halbblut-Simmentaler Zucht getrieben. 

Im Jahre 1898, am Anfang der Tuberkulosetilgung, zählte 
der Rindviehbestand 170 Stück, davon 73 Jungvieh; auf Tuberkulin 
reagierten von den Erwachsenen 36 Proz., vom Jungvieh 17,8 Proz. 
Die Reagierenden wurden in dem von einer lVain hohen Bretter¬ 
wand separieiten Teil der Stallungen untergebracht. Aber diese 
Isolation bewährte sich nicht genügend, denn von den früher 
nicht reagierenden 101 Stück reagierten bei der zweiten Unter¬ 
suchung schon 46 Stück. Jetzt wurden sämtliche Reagierende 
in einem Meierhof untergebracht; die hier geborenen Kälber 
wurden aber nach 1—2 Tagen in den beiden anderen Meier¬ 
höfen durch nicht reagierende Ammenkühe aufgezogen. Nach 
diesen Maßnahmen gestaltete sich das Resultat der Tuberkulose¬ 
tilgung immer günstiger, besonders als man auch die Stallungen 
vierteljährlich mit Kalkmilch desinfizierte. Die Tuberkulinprobe 
wurde jährlich wiederholt und in den letzten Jahren reagierten 
nur mehr 1—3 Proz. der untersuchten von über 400 Stück Tieren. 

Die künstliche Aufzucht der Kälber ist in Ungarn schwer 
durchführbar, hingegen hat sich das Ammensystem sehr gut 
bewährt, die Kälber entwickeln sich bei diesen viel besser und 
sind widerstandsfähiger gegenüber der Kälberruhr. Dr. Z. 


Secacornin. 

Von Distriktstierarzt Dorn-Markterlbach. 

(Wochenschrift fttr Tierheilkunde und Viehzucht, 51. Jahrg., Nr. 44.) 

In der Medizin berichten verschiedene Publikationen über 
die gute Wirkung, welche mit der Anwendung des von der 
chemischen Fabrik Hofmann-La Roche in Basel in den Handel 
gebrachten Präparates „Secacornin“ erzielt worden sind. 
Dorn stellte daher einige Versuche in der Rinderpraxis an, um 
die wehentreibende Eigenschaft dieses Mittels zu erproben. Er 
wandte letzteres subkutan bei Rindern mit Rententio secundi- 
narum an. Als Dosen wurden 10, 20 und sogar 50 ccm appliziert. 
Die Ergebnisse gipfelten darin, „daß es mit Secacornin nicht 
gelingt, den bei zurückgebliebener Nachgeburt er¬ 
schlafften Uterus zur Kontraktion und Ausstoßung 
derselben zu bringen. 

Anschließend berichtet Verfasser noch über zwei Versuche 
mit Chininum hydrochloricum (10,0 in 50,0 Spiritus sub¬ 
kutan). Auch dieses Medikament entfaltete die ihm nach¬ 
gerühmte wehentreibende Wirkung nicht. J. Schmidt. 

Beitrag zur Kenntnis des Pseudohermaphroditismus 
masculinus. 

Von Dr. phil. W. F.euereißen, Amtstierarzt in Chemnitz. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1907, Nr. 25.) 

Der Pseudohermaphroditismus ist kein seltenes Vorkommnis, 
besonders wird er verhältnismäßig häufig beim Schweine be¬ 
obachtet. Der Pseudohermaphroditismus masculinus (Klebs), bei 
dem die Keimdrüsen männlich sind bei mehr oder weniger 
weiblicher Bildung der äußeren Geschlechtsteile und Geschlechts¬ 
gänge, kommt bei weitem am häufigsten zur Beobachtung, 
während der Pseudohermaphroditismus muliebris (Klebs) mit 
männlicher Bildung der äußeren Genitalien und weiblichen 
Keimdrüsen sehr selten ist. Feuereißen beschreibt nun aus¬ 
führlich einen schön ausgeprägten Fall von Pseudohermaphro¬ 
ditismus masculinus completus beim Schweine. Bei der 
Schlachtung des acht Monate alten Schweines fanden sich bei 
der Fleischbeschau zwei normal aussehende Hoden neben einem 
wohlausgebildeten Uterus in der Bauchhöhle, durch die Koch¬ 
probe konnte übrigens kein Geschlechtsgeruch festgestellt werden. 
Die anscheinend normal entwickelten Hoden fanden sich beider¬ 
seits in der Nähe der Nieren. 

Der Ductus deferens tritt als stricknadeldicker Strang an 
das dem Hoden zugekehrte Ende des Hornes eines völlig normal 
entwickelten Uterus. Lateral am Uterushorne im Ligamentum 
latum herabziehend, führt dieser Kanal am Gebärmutterkörper 
und an der Scheide entlang und verliert sich als festes, band¬ 
förmiges Gebilde in der Gegend der Einmündung der Vagina 
in die männliche Harnröhre. Die Scheide mündet mit einer 
starken, aber vermittelst einer Sonde passierbaren Verengerung 
in die ungewöhnlich stark entwickelte männliche Harnröhre. 
Verfasser beschreibt dann weiter den Musculusurethralis, die Glan¬ 
dulae urethrales, die Musculi iscliioglandulares, die Cowper sehen 
Drüsen, die Musculi bulbocavernosi, die Musculi ischiocavernosi, 
den ca. 16 cm langen Penis und das wohlausgebildete Präputium. 

Aus dem ausführlich beschriebenen mikroskopischen Befund, 
der im Original nachzulesen ist, sei nun hervorgehoben, daß die 
Hoden keine Spermatozoen enthielten. Am Schlüsse der Arbeit 
berichtet Feuereißen noch kurz über einen Fall von Pseudo¬ 
hermaphroditismus beim Schafe. Rdr. 


204 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


Tagesgeschlchte. 

Geschichte des Militärveterinärwesens in Österreich- 
Ungarn. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck-Schwedt a. 0. 

Wenn jemand die Absicht hätte, die Bedeutung der Ge¬ 
schichte für das Verständnis der menschlichen Einrichtungen 
in das rechte Licht zu setzen, so könnte man ihm nur empfehlen, 
das Militärveterinärwesen der verschiedenen Staaten und vor 
allem Österreichs zu studieren. Während in Frankreich durch 
den Advokaten Bourgelat den neu erschaffenen Veterinären 
von vornherein eine angenehme soziale Stellung mit in die 
Wiege gelegt wurde, ging es in Österreich gerade umgekehrt. 

Hier schickte die Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1764 
auf Veranlassung des Feldmarschalls Grafen von Daun den 
Schmied Ludwig Scotti sowie den Apotheker Mengmann und 
einen gewissen Heller zur französischen Veterinärschule nach 
Lyon, um sich dort „eine vollkommene Kenntnis der Pferde und 
der bei ihnen nötigen Kuren zu erwerben und nach ihrer Zurück¬ 
kunft in der erworbenen Kunst andere ihnen zugegeben werdende 
Landeskinder gründlich zu unterrichten.“ 

Als diese neuen Lehrer. 1766 die „Pferdekur-Operations¬ 
schule“ • begründen wollten, erbaten sie ‘zunächst eine Aller¬ 
höchste Verordnung „daß jene, so die Anatomie betreiben, das 
unbrauchbare Fleisch vergraben und dergleichen hieraus kein 
Vorwurf erwachsen dürfe.“ 

Dieses Vorurteil hat den österreichischen Tierärzten bis in 
die neue Zeit hinein ungemein viel geschadet. Von vornherein 
war zu erwarten, daß sich für einen so wenig geachteten Beruf 
auch nur wenig gutes Menschenmaterial heranziehen lassen 
würde. In erster Linie lag die Absicht vor, für die Armee 
geeignete Personen auszubilden, denen die Behandlung der 
Militärpferde übertragen werden könne. Zu dem Zweck arbeiteten 
die gesamten Lehrer einen zweijährigen Studienplan aus (ein¬ 
schließlich Hufbeschlag), der auch im Jahre 1766 von der 
Kaiserin Maria Theresia genehmigt wurde. 

Diese erste tierärztliche Lehranstalt wurde unter dem 
Namen „Pferdekur-Operationsschule“ am 12. Januar 1767 
zu Wien eröffnet, und zwar in dem sogenannten Lobkowitzschen 
Garten, dem späteren Gußhause auf der Wieden. Während der 
Tätigkeit dieser Anstalt, die eine Art vorbereitende Stellung 
einnimmt, wurden der Chirurg J. Gottlieb Wolist ein (geboren 
1738 zu Flensburg in Schlesien, studierte Chirurgie und Medizin, 
erlangte 1775 das Diplom eines Doktor der Medizin und Chirurgie 
in Jena) und der frühere Fahnenschmied Franz Schmied nach 
der Veterinärscliule zu Alfort geschickt, um dort zu studieren. 
Nach ihrer Rückkehr 1767 arbeiteten sie einen Entwurf zu 
einer Tierarzneischule aus, die jedoch erst 1777 zur Ausführung 
kam. Als Platz für dieselbe wurde der frühere Jesuiten¬ 
garten in der Rabengasse (Landstraße) ausgesucht. Professor 
Dr. Wollstein wurde Direktor, Schmied Oberadjunkt und 
Lehrer des Hufbeschlages, Tögel Adjunkt und Lehrer der 
Anatomie, Mengmann zweiter Adjunkt und Apotheker. Die 
Militärschüler sollten entweder von den Kavallerie-Regimentern 
in die Schule geschickt oder von der Schule selbst aus der 
Reihe geübter Schmiede für diese Regimenter aufgenommen 
werden. Sie durften nicht über 30 Jahre alt und nicht ver¬ 
heiratet sein, mußten Inländer, stark, gesund, von guter bürger¬ 
licher Erziehung und der deutschen Sprache, deB Lesens und 


Schreibens kundig sein. Die Annahme von Zivilschülern wurde 
dem Professor gestattet. Zur Aufrechterhaltung der guten 
Ordnung und Disziplin unter den Militärschülern wurde ein 
Inspektionsoffizier eingestellt. Vom Jahre 1778 bis 1792 belief 
sich die Zahl der Militärschüler auf 178, der Zivilschüler auf 
137 und der Ausländer auf 144. Ferner hatten 721 Ärzte und 
Wundärzte die Vorlesungen über Tierseuchen besucht. 

In dieser Zeit waren 4208 Militärpferde behandelt, von 
denen 3665 geheilt, 291 ungeheilt entlassen wurden, 252 starben. 

Im Jahre 1795 wurde die Anstalt dem Generalkommando 
unterstellt, da man fehlerhafte Einrichtungen derselben annahm. 
Der gesamte Lehrkursus sollte jetzt in einem Jahr erledigt 
werden, das zweite Jahr diente ausschließlich zur Wiederholung. 
Die ausgebildeten Schulschmiede (Fahnenschmiede der Kavallerie- 
Regimenter sollten nicht mehr aufgenommen werden) hatten 
sich zu einer vierjährigen Dienstzeit zu verpflichten. Als 
militärischer Inspektions-Offizier wurde der Oberleutnant Keller 
1798, als Major Pögler kommandiert. Letzterer hatte für die 
Aufrechthaltung der Ordnung, die Führung des Pferde- und 
Mannschaftsstandes, für die Gelder, Verpflegung und alle An¬ 
schaffungen zu sorgen. Bezeichnend ist es für das Wesen des 
ganzen Instituts, daß ihm auch die Kontrolle über die Krankheits¬ 
diagnosen übertragen wurde. Bei Differenzen zwischen Diagnosen 
und den Sektionsbefunden hatte er Anzeige an das General¬ 
kommando zu erstatten. 

Im Jahre 1801 wurde die Tierarzneischule wieder dem 
Hofkriegsrate unterstellt. Den wissenschaftlichen Teil kon¬ 
trollierte der Oberst-Feldarzt Dr. von Mederer. 

Jedes Kavallerie-Regiment hatte einen Fahnenschmied in 
die Anstalt zu schicken. Dieser mußte das Schmiedehandwerk 
erlernt haben, natürlichen Verstand besitzen, der deutschen 
Sprache, des Lesens und Schreibens kundig, ledig und von guter 
Führung sein. In Ermangelung eines Fahnenschmiedes konnte 
auch ein mit den gehörigen Eigenschaften ausgerüsteter Gemeiner 
geschickt werden. Fehlte auch ein solcher, so sollte das Institut 
ein taugliches Subjekt aufnehmen, für das betreffende Regiment 
assentieren lassen und dieses letztere dafür einen weniger ge¬ 
schickten Fahnenschmied entlassen. Im Jahre 1808 wurde 
bestimmt, daß für jedes General- und Militärkommando außer 
der Grenze ein in der Tierheilkunde wohl bewanderter Ober¬ 
arzt mit einer Zulage von jährlich 200 fl. als Veterinärarzt 
eingestellt werden solle. Seine Obliegenheiten waren: Unter¬ 
suchung der Dienstpferde bei der Übernahme, Überwachung der 
Marodestallungen, Beaufsichtigung der Schmiedeschulen bei den 
Regimentern, Dienstleistungen bei Viehseuchen im Lande, bei 
eventuellem Ausmarsch sollte der Veterinäroberarzt zu einem 
im Lande bleibenden Regimente oder zur Reserve übertreten. 
Der Kursus für diese Ärzte wurde auf zwei Jahre festgesetzt, 
und sollten immer acht zugleich im Studium sein. 

Im Jahre 1812 wurde das Institut der Wiener Universität 
zugeteilt. Die Tätigkeit des Militärkommandeurs wurde auf die 
Beaufsichtigung und Aufrechterhaltung der Disziplin unter den 
Militärpersonen beschränkt. Zur Ausbildung gelangten eine 
ganze Anzahl verschiedener Kategorien: 

1. Gemeine Schmiede, nach mindestens 2jähriger Dienstzeit 
und nach Ausbildung als Schmiedegeselle. Sie erhielten die 
Berechtigung, nach einjährigem Kursus das Schmiedegewerbe 
selbständig zu betreiben. 2. Landwirte oder Ökonomen. 3. Offi¬ 
ziere, Bereiter und Stallmeister. 4. Künftige Physiker. Es 




12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


205 


waren dies Mediziner des dritten und Wundärzte des zweiten 
Jahrganges des medizin-chirurgischen Studiums. Sie hörten ein 
Semester Seuchenlehre und Veterinärpolizei. 5. Vieh- und Fleisch¬ 
beschauer. 6. Viehhirten und Schafmeister. 7. Jäger. 8. Kur¬ 
schmiede. Es waren dies ausgebildete Schmiede, welche einige 
Jahre beim Militär gedient hatten, des Lesens und Schreibens 
kundig waren. Der Kursus dauerte zwei Jahre und umfaßte die 
gesamte Veterinärmedizin. Dieselben erhielten nach Vollendung 
ihres Studiums, nach Bestehung eines Examens das Recht zur 
freien Ausübung der Pferdepraxis und des Hufschmiedegewerbes. 
9. Eigentliche Tierärzte. Letztere mußten graduierte Ärzte 
oder Wundärzte sein. Der Kursus dauerte ebenfalls zwei Jahre. 

Die eigentlichen Tierärzte hatten zwei strenge Prüfungen 
vor der medizinischen Fakultät der Wiener Universität zu be¬ 
stehen und erhielten das Diplom eines Magisters der Tier¬ 
heilkunde. 

Inzwischen waren von 1821 bis 1823 erhebliche Neubauten 
und Verbesserungen im Institut vorgenommen worden. Als im 
Jahre 1848 die unmittelbare Leitung der Fakultäten an den 
Universitäten, den technischen Anstalten und Gymnasien deren 
Lehrkörpern übertragen wurde, sollte das Tierarzneiinstitut der 
Leitung der medizinischen Fakultät der Wiener Universität 
unterstellt werden. Dieses unwürdige Verhältnis wollte der 
Lehrkörper des Tierarzneiinstituts nicht ertragen und bat das 
k. k. Unterrichtsministerium um Ausscheidung aus der medi¬ 
zinischen Fakultät. Nach wiederholter Vorstellung erfolgte 
letzteres auch im Jahre 1850. Das Institut wurde als Spezial¬ 
schule erklärt, nicht verwandt mit der Universität und erhielt 
die Aufgabe, alle Klassen tierheilkundiger Individuen zu be¬ 
sorgen, deren der Staat bedurfte. Als letztere wurden an¬ 
gesehen : a) Kurschmiede, b) Magister der Tierheilkunde, c) Tier¬ 
ärzte. Für die ersteren beiden blieb es bei den bisherigen 
Bestimmungen. Die letzteren mußten die drei Normalklassen 
absolviert und entweder das Schmiedehandwerk erlernt haben 
oder die Anwartschaft auf ein Bauerngut besitzen. Die Aus¬ 
bildung derselben dauerte drei Jahre. 

Im Jahre 1852, 16. März, wurde das Institut wieder, wie 
vor 1812, dem k. k. Kriegsministerium unterstellt. Der Leiter 
desselben hieß Studiendirektor. Er mußte gleichzeitig eine 
PYofessorenstelle versehen. Ihm unterstand nur der Lehr¬ 
unterricht und der wissenschaftliche Teil. Die Verwaltung der 
Anstalt hatte der Militärkommandant. Der Unterricht für 
Jäger und Hundeliebhaber, für Hirten und Schafmeister wurde 
1853 eingestellt. Die Anstalt erhielt den Namen „k. k. Militär- 
Tierarznei-Institut“. Ihr Zweck war die Heranbildung 
von Tierärzten und Hufschmieden für das Heer und Zivil, die 
Förderung der Tierheilkunde und die Behandlung kranker Haus¬ 
säugetiere. Die Bedingungen zur Aufnahme als Militärzöglinge 
waren: Österreichische Staatsangehörigkeit, das vollendete 17. 
und nicht überschrittene 24. Lebensjahr, der Nachweis über die 
Absolvierung des Untergymnasiums oder der Unterrealschule 
und über ein untadelhaftes Vorleben. Hinterlegung eines Equi¬ 
pierungsgeldes im Betrage von 180 fl. Beim Eintritt in das 
Institut die Verpflichtung, acht Jahre als Tierarzt im k. k. Heere 
zu dienen. Die Studiendauer wurde auf drei Jahre bemessen. 

Leider wurde dieses Institut bereits im Jahre 1862 auf¬ 
gelassen. An seine Stelle trat ein zweijähriger Kursus für die 
Militärkurschmiede. Dieselben erhielten Unterricht lediglich über 


das Pferd, seine Krankheiten und ihre Heilung. Der Kursus 
dauerte zwei Jahre und endete mit einer Prüfung, welche 
ursprünglich nur nach dem Austritt aus der Militärdienstleistung 
zur Ausübung des Hufschmiedegewerbes berechtigte. Doch schon 
damals konnte das k. k. Staatsministerium jenen Kurschmieden 
neuen Systems, welche längere Zeit mit Auszeichnung gedient 
hatten, die Konzession zur Ausübung der pferdeärzt¬ 
lichen Praxis erteilen. 

Mit dem 27. Juni 1871 traten neue, bis auf die letzte Zeit 
gültige organische Bestimmungen für das Heer und Militär- 
Veterinärwesen sowie das Militärtierarznei-Institut in Kraft. 
Danach ist Zweck des Instituts in erster Linie die Heran¬ 
bildung von Tierärzten für das Zivil und das k. k. Heer sowie 
von Militärkurschmieden für den Bedarf des letzteren. 

Bei der mit dem Institut verbundenen Hufbeschlagslehr¬ 
anstalt wurden Zivil- und Militärbeschlagschmiede ausgebildet. 
Die Leitung des Militärtierarznei-Instituts geschah durch die 
Direktion. 

Diese bestand aus dem Kommandanten und dem Studien- 
Direktor. Der Kommandant, ein Stabsoffizier, unterstand in 
allen Angelegenheiten dem Reichskriegsministerium. Derselbe 
leitete die Anstalt in militärischer Beziehung, sorgte für den 
militärischen Dienstbetrieb, die innere Hausordnung und die 
Disziplin für die das Studienwesen nicht betreffenden Angelegen¬ 
heiten der Inspektionstierarznei-Militärschüler usw. 

Für die Studierenden vom Zivil wurde bereits damals der 
Nachweis der absolvierten sechsten Gymnasialklasse oder Real¬ 
schule oder eine entsprechende Aufnahmeprüfung verlangt. 

Die Militärpersonen waren entweder Schüler des halbjährigen 
Kursus für Beschlagschmiede oder Schüler des Kursus für 
Militärkurschmiede oder Frequentanten des Kursus für Tier¬ 
ärzte. In den Kursus für Militärkurschmiede wurden solche 
Hufschmiede einberufen, welche sich dauernd gut geführt hatten. 
Dieselben erhielten einen zweijährigen Unterricht, und beim 
Übertritt zum Zivilstande nach vier Jahren konnte ihnen die 
Berechtigung zur Ausübung der pferdeärztlichen Praxis im 
Zivilstande erteilt werden. 

Die Frequentanten des tierärztlichen Kursus wurden 
aus der Reihe der besten Militärkurschmiede genommen und 
hatten sich der vorgeschriebenen Aufnahmeprüfung mit Erfolg 
zu unterziehen. Ihre Studienzeit dauerte zwei Jahre, und sie 
wurden dann zu Militärtierärzten ernannt. 

Die militärischen Kommandanten dieses Instituts waren: 

Anfangs: 1777—1794 Inspektions-Offiziere. 

1795—1798 Rittmeister Keller. 

1798-1809 Major Pögler. 

1809 Major Keller, f 1824. 

1824 Rittmeister Weber v. Wallburg, f 1838. 

1838 Rittmeister Prokop Habl, pens. als Major 1852. 

1852 Major (dann Oberstlt.) Richard Ritter v. Landgraf, 
pens. als Oberst 1864. 

1864 Major Bernhard v. Kiß, pens. 1869. 

1869 Major, später Oberst Eduard La Croix, bis 
Oktober 1882. 

1882—1890 Oberst Georg Edler v. Pohl. 

1890—1896 Oberst Moritz Scherenberg. 

1896—1904 Oberst Johann Patartzi. 

1904 bis heute Major Johann Pisulinski. 





206 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Studiendirektor waren zunächst Hofrat Professor Dr. Röll, 
seit der Begründung bis zum Jahre 1879, sodann Hofrat 
Dr. Franz Müller, von 1879 bis 1888, Hofrat Dr. Leopold 
Förster, von 1888 bis 1892, Hofrat Dr. Josef Bayer, von 1892 
bis beute. 

Durch ministeriellen Erlaß vom 27. März 1897 wurde für 
die Zivilhörer das Zeugnis über die an einer inländischen Mittel¬ 
schule (Gymnasium oder Realschule) mit Erfolg bestandene 
Maturitätsprüfung verlangt. Die Studiendauer wurde auf 
vier Jahre festgesetzt. Im Oktober 1897 wurde das Institut 
zur tierärztlichen Hochschule erhoben nnd erhielt Herr 
Ilofrat Dr. Bayer in dieser Zeit den Titel Rektor. Für die 
Militär8chüler blieb es bei dem alten Verhältnis. 

Durch § 17 der Verordnung des k. k. Ministeriums des 
Innern vom 21. März 1893, Reichsgesetzblatt Nr. 37, wurde 
verfügt, daß nur jene Militärtierärzte zur Physikatsprttfung 
behufs Anstellung im öffentlichen Veterinärdienst zugelassen 
werden, die dieselbe Vorbildung nach weisen können wie jene 
Zivilhörer, welche das Tierarzneistudium gleichzeitig absolviert 
haben. 

Für Ungarn konnte die in Österreich den Kurschmieden 
ausnahmsweise (d. h. in der Regel) erteilte Erlaubnis zur Aus¬ 
übung der tierärztlichen Praxis bei Zivilpferdeu seit dem Jahre 
1888 gemäß §§ 117 und 123 des G. A 7 überhaupt nicht erteilt 
werden. Im übrigen erfolgte die Ausbildung der Militärtier¬ 
ärzte für Ungarn in Budapest, wie für Österreich in Wien. 
Doch wurde von jeher insofern eine unterste Grenze der Vor¬ 
bildung fixiert, als die Militäreleven bei der Aufnahmeprüfung 
die Erledigung der achten Mittelschulklasse nachweisen müssen. 
(Mittelschulen besitzen in Ungarn acht, nicht wie in Deutsch¬ 
land neun Klassen.) 

Dieser Dualismus in der Ausbildung der Zivil- und Militär¬ 
schüler Österreichs war auf die Dauer unhaltbar, und man ent¬ 
schloß sich im Jahre 1905 zur Gleichstellung sämtlicher Hörer 
der tierärztlichen Hochschule in bezug auf die wissenschaftliche 
Vorbildung. Es wird demgemäß also auch von den Militär¬ 
tierärzten seit diesem Jahre der Nachweis der Maturitätsprüfung 
verlangt. 

Seit dem Jahre 1905 wurde von Militär- wie von den Zivil¬ 
studierenden Österreichs die volle Maturitas als Vorbildung ver¬ 
langt. Da jedoch im Militärstande selbst Personen mit dieser 
Vorbildung nicht in genügender Zahl zu erwarten waren, stellte 
man den Nachwuchs durch geeignete Aspiranten aus dem Zivil¬ 
stande sicher. Dieselben sollen in eignen Internaten, sogenannten 
Veterinärakademien, von denen je eine in Wien und Budapest 
errichtet wird, auf ärarische Kosten herangebildet werden. 
Zur Ausbildung sollen jährlich 30 Militärtierärzte gelangen 
20 Militär-Veterinär-Akademiker in Wien, 10 in Budapest. Die 
Internate sollen je fünf Jahrgänge umfassen. 

Die Ausbildung der Kurschmiede soll nach wie vor durch 
zweijährigen Kursus erfolgen, dieselben sollen aber nicht mehr 
Kurschmiede, sondern Eskadron- oder Batterieschmiede heißen 
im Gegensatz zum gewöhnlichen Militärhufschmied, der nur 
einen halbjährigen Kursus absolviert hat. Die Militär-Veterinär- 
Akademie in Wien wurde am 22. Oktober 1905 durch den 
Sektionschef im Reichskriegsministerium Ritter von Krobatin 
in feierlicher Weise eröflhet. 


Bericht über die TU. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Frenßens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

(Fortsetzung aus Nr. 9.) 

Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen wurde zunächst in 
Erwägung gezogen, ob es bei der Kürze der noch zur Ver¬ 
fügung stehenden Zeit nicht zweckdienlicher sei, Punkt 11 und 
12 der Tagesordnung (11. das praktische Jahr, Bischoff- 
Falkenberg O.-S.; 12. Überhandnahme des Kurpfuschertums, 
Raebiger-Habelschwerdt) zunächst zurückzustellen und 
diese eventuell nur im Protokoll zum Abdruck zu bringen. Die 
Versammlung erklärte sich auch mit dieser Änderung der 
Tagesordnung einverstanden und es erhielt lyinmehr das Wort 
zu seinem Vortrag: 

Über die Kontrolle des im Verkehr befindlichen Fleisches, insbesondere 
des Hackfleisches: 

Referent Gundelach-Magdeburg. 

Die Kontrolle des im Verkehr befindlichen Fleisches, die 
man bekanntlich im Gegensatz zu der eigentlichen oder ordent¬ 
lichen Fleischbeschau als außerordentliche Fleischbeschau be¬ 
zeichnet, wird bereits seit Jahren in einer Reihe von Städten 
und größeren Orten auf Grund lokaler Anordnungen und nach 
Maßgabe der Bestimmungen des Nahrungsmittelgesetzes vom 
14. Mai 1879 ausgeübt. 

Nach der allgemeinen ministeriellen Verfügung Nr. 35 vom 

17. August d. J. soll künftig auch „überall da, wo es an ent¬ 
sprechenden Anordnungen bisher mangelt und nicht im Hinblick 
auf die Geringfügigkeit des Fleischverkehrs ein Bedürfnis zu 
verneinen ist, dafür Sorge getragen werden, daß eine regel¬ 
mäßige polizeiliche Beaufsichtigung der Fleischverkaufsstellen 
und zwar nicht nur der Fleischmärkte, sondern auch der 
Fleischerläden und der sonstigen Räumlichkeiten, wo Fleisch 
feilgehalten wird, stattfindet“. In Anbetracht der knapp be¬ 
messenen Zeit, die mir zur Verfügung steht, ist es unmöglich, 
die gesamte außerordentliche Fleischbeschau erschöpfend be¬ 
handeln zu können, ich will mich daher darauf beschränken, 
ein Referat über ein kleines, aber sehr wichtiges Kapitel aus 
diesem großen Gebiete zu erstatten, nämlich über die Kontrolle 
des Hackfleisches. 

Bei Ausübung der außerordentlichen Fleischbeschau muß 
der Sachverständige sein Augenmerk namentlich dort auf das 
Hackfleisch richten, wo es Sitte ist, dasselbe im rohen Zustande 
zu genießen. Wenn gerade in den sächsischen Staaten so 
häufig Hackfleischvergiftungen beobachtet werden, so liegt; der 
Grund vornähmlich darin, daß rohes Hackfleisch daselbst ein 
überaus beliebtes Nahrungsmittel bei jung und alt ist. 

Bei der Kontrolle des Hackfleisches ist zunächst nach § 20 
des Reichsfleischbeschaugesetzes festzustellen, ob es inzwischen 
verdorben oder sonst eine gesundheitsschädliche Veränderung 
seiner Beschaffenheit erlitten hat, und ferner ist zu prüfen, ob 
es im Sinne des § 21 des Gesetzes mit Stoffen behandelt ist, 
die nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 

18. Februar 1902 verboten sind. 

Die Prüfung des Verdorbenseins hat sich speziell auf 
die Farbe, die Konsistenz, den Geruch und auf die 
chemische Reaktion zu erstrecken. Die Farbe des normalen 
Hackfleisches schwankt zwischen hellrosa bis dunkelbraunrot in 
den verschiedensten Nuancen und hängt vornehmlich von dem 
geringeren oder höheren Gehalt an Muskelfarbstoff ab. So 




12. März 1906. 


fcERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


20 7 


hat das aus dem farbstoffreichen Rind- und Pferdefleisch her¬ 
gestellte Hackfleisch eine dunkelbraunrote bis hellrote Farbe, 
das aus dem farbstoffarmen Fleisch von Mastschweinen zubereitete 
Hackfleisch eine blaß- bis rosarote, selbst graurote Farbe. 

Auch bedingt der Fettgehalt des Fleisches eine Ver¬ 
schiedenheit in der Farbe des Hackfleisches. Während daher 
das von mageren Tieren stammende Hackfleisch einen dunklen, 
hat das von gemästeten Tieren hergestellte einen hellen 
Farbenton. 

Und schließlich spielt auch der Wassergehalt des 
Fleisches eine Rolle bei der Farbe des Hackfleisches. Je wasser¬ 
reicher ein Fleisch ist, wie bei jungen Tieren, desto heller, je 
wasserärmer, wie bei alten Tieren, desto dunkler wird das 
betreffende Hackfleisch erscheinen. 

Das aus frischem Rindfleisch hergestellte Hackfleisch besitzt 
eine lebhaft rote Farbe, die sich mindestens zwölf Stunden hält, 
falls die Zubereitung und Aufbewahrung eine zweckmäßige war, 
andernfalls schon nach einigen Stunden, meist nach vier bis 
sechs Stunden, einen braunen, dann einen grauen oder schmutzig 
graubraunen Farbenton Platz macht. 

Derartig grau verfärbtes Hackfleisch befindet sich in einem 
gewissen, späten Stadium der sauren Gärung, unterscheidet sich 
im Geruch und Geschmack nicht von dem natürlich rot aus¬ 
sehenden, namentlich ist der Nährwert nicht geringer, als das 
nicht verfärbte Hackfleisch, im Gegenteil ist es nahrhafter, weil 
es eine größere Verdaulichkeit hat. Und aus diesen Gründen 
darf der Sachverständige das lediglich grau verfärbte Hackfleisch 
als ein verdorbenes nicht bezeichnen, wenn gleich das kaufende 
Publikum die Annahme verweigern würde, da es solches für 
alt und minderwertig oder für ungenießbar und verdorben hält. 
Ich erinnere hier an die Entscheidung des Reichsgerichts 
HI. Strafsenats, Urteil vom 28. September 1885, welches lautet: 
Die bloße Meinung des Publikums, daß ein an und für sich 
unverdorbenes Nahrungsmittel wegen besonderer Eigenschaften 
als verdorben zu erachten ist, ist kein Grund für die Annahme 
der Verdorbenheit. 

Weit wichtiger als die Farbe ist für die Beurteilung des 
Verdorbenseins die Konsistenz des Hackfleisches: eine abnorm 
weiche und welke, mürbe und schmierige Beschaffenheit berechtigt 
ohne weiteres, dasselbe für gennßuntauglich zu erklären. Ich 
halte die genannte Konsistenzveränderung für das wichtigste 
und untrüglichste Kennzeichen des Verdorbenseins. 

Viel weniger Wert besitzt bei der Prüfung des Verdorben¬ 
seins der Gebrauch des Geruchsinnes. Einmal ist der Geruch¬ 
sinn bekanntlich individuell sehr verschieden, ja es zeigen sich 
nicht allein bei verschiedenen Personen, sondern auch bei ein 
und derselben Person zu verschiedenen Zeiten die auffallendsten 
Unterschiede, schon leichte katarrhalische Entzündungen der 
Nasenschleimhaut (Schnupfen) beeinträchtigen die Geruchs¬ 
empfindungen erheblich, ferner steht der Geruchsinn unter nicht 
geringem Einfluß des Gesichtssinnes, was gerade beim Hackfleisch 
von Bedeutung ist. 

Aber selbstverständlich hat auch beim Hackfleisch der alte 
Satz, daß der Geruch gleichsam als Wächter über die Auf¬ 
nahme der Nahrung eingesetzt ist, seine volle Bedeutung und 
man wird Hackfleisch, das einen stinkenden Geruch hat, sofort 
als genußuntauglich bezeichnen können. 

Bei Gegenwart eines stinkenden Geruches ist in der Regel 
auch eine alkalische Reaktion des Hackfleisches vorhanden, deren 


Nachweis durch die Blaufärbung des roten Lackmuspapiers leicht 
zu führen ist. 

Die bei der Fäulnis des Hackfleisches auftretende Ammoniak - 
bildung läßt sich am sichersten durch die Eber sehe Salmiak¬ 
probe nachweisen, die ich wohl als bekannt voraussetzen darf. 

Wenngleich die beiden letzten Methoden nach unseren 
jetzigen Kenntnissen nicht mehr für die Diagnose Fäulnis aus¬ 
schlaggebend sind — es kann faules Fleisch auch einmal sauer 
reagieren und die Ebersehe Salmiakprobe kann auch bei 
frischem Fleisch z. B. bei Gegenwart von Aromabakterien 
positiv ausfallen — so halte ich sie doch für sehr wertvoll und 
möchte nicht auf sie verzichten, da sie die anderen Fäulnis¬ 
erscheinungen, die auf subjektiven Wahrnehmungen beruhen, 
absolut objektiv unterstützen. 

Darauf ist das Hackfleisch auf den Zusatz von ver¬ 
botenen Stoffen zu untersuchen. Von den Stoffen, die in der 
Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 18. Februar 1902 auf- 
geführt sind, haben beim Hackfleisch nur die schweflige Säure 
und deren Salze eine praktische Bedeutung. Diese kommen in 
zahlreichen Präparaten unter den verschiedensten Namen in 
den Handel, wie Meat preserve, Meat preserve crystal, Meat 
preserve Pulver, geruchlose Meat preserve Flüssigkeit, Sozolith. 
Carnat, Probat, Chromosot, Solid, Treuenit, Stuttgarter Konserve¬ 
salz, Fleischkonservenfluidum, Universalkonservierungsflüssig¬ 
keit U8W. 

Wie zu erwarten war, hat das Verbot der schwefligen Säure 
und deren Salze zufolge gehabt, daß die chemische Nahrungs¬ 
mittelindustrie andere Konservierungsmittel, die nicht in der 
erwähnten Bekanntmachung des Reichskanzlers genannt sind, auf 
den Markt gebracht hat und die namentlich aus Natriumphosphat 
Benzoesäure, essigsaurer Tonerde und Salpeter bestehen. Solche 
Präparate sind: Viandol, Carniform, Hamburger Präservesalz, 
Protektorsalz, Securo und andere. 

Es würde meines Erachtens nach keinen großen Zweck 
haben, diese Mittel in das Verzeichnis der verbotenen Stoffe mit 
aufzunehmen, denn die chemische Nahrungsmittelindustrie wird 
immer wieder neue, nicht verbotene Stoffe in den Handel 
bringen. Aus diesem Grunde ist mir der Vorschlag, der im 
Jahresbericht über die Nahrungsmittelkontrolle in Hamburg für 
1903/04 gemacht ist, sehr sympathisch, den Begriff„Hackfleisch u 
gesetzlich festzulegen und unter dieser Bezeichnung lediglich 
frisches zerkleinertes Fleisch zu verstehen, in gleicher Weise, 
wie man in der Auslandsfleischbeschau genau bestimmt hat, was 
im Sinne des Gesetzes als Schinken, Speck, Därme, Wurst usw. 
anzusehen ist. 

Von allen diesen Präparaten findet beim Hackfleisch auch 
heute noch am meisten das Meat preserve crystal Verwendung, 
nur läßt man jetzt auf den Paketen den Namen und die Ge¬ 
brauchsanweisung fort. Auf den Umhüllungen dieses Präserve- 
salzes steht jetzt gedruckt: „Nur zu Reinigungszwecken! 
Die Verwendung des Kristalles zu Hackfleisch ist gesetzlich 
verboten.“ 

Das Meat preserve crystal hat also infolge des Verbotes 
nur sein Kleid gewechselt. 

Dieses Reinigungssalz, wie es nunmehr genannt wird, ist 
in den meisten Geschäften, die Fleischerutensilien, Därme usw. 
feilhalten, in Paketen von 1 kg bis zum Preise von 50 Pf. ver¬ 
käuflich, während es früher unter dem Namen Meat preserve 
crystal 1 M. kostete, und besteht lediglich aus schwefligsaurein 





208 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Natrium. Dieses Natrium sulforosum neutrale, wie der 
technische Name heißt t kristallisiert in wasserhellen monoklinen 
Prismen, welche sieben Moleküle Kristallwasser enthalten, ist 
leicht löslich in Wasser, verwittert an der Luft und geht all¬ 
mählich in Natrinmsulfat über. 

Weil bei dem farbstoffreichen Hackfleisch (Rind- und Pferde¬ 
fleisch) die graue Verfärbung am schnellsten und auffälligsten 
eintritt, so wird Präservesalz namentlich diesem zugesetzt. 
Man erkennt das Hackfleisch alsdann auf den ersten 
Blick an der leuchtend hellroten Farbe, die dem 
natürlichen Fleischrot nicht entspricht, sondern dem Kenner ohne 
weiteres als künstlich erzeugt auffällt und die man treffend als 
feurigrot bezeichnen kann. 

Aber auch dem aus Schweinefleisch hergestellten farbstoff¬ 
armen Hackfleisch, das sich bedeutend langsamer und unauf¬ 
fälliger verfärbt, setzt man in vielen Fällen Präservesalz zu, 
um es lebhafter rot zu färben. 

Der Behauptung in der Denkschrift über das Färben von 
Wurst sowie des Hack- und Schabefleisches, ausgearbeitet im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt, daß es bei dem farbstoffarmen 
Kalb- und Schweinefleisch nicht gelingt, eine Verstärkung und 
Verschönerung der Farbe hervorzubringen, kann ich auf Grund 
meiner Versuche nicht beitreten. 

Auch gehacktes Schweine- und Kalbfleisch nimmt nach dem 
Zusetzen von Präservesalz eine intensivere Röte an, die aller¬ 
dings nie feurig wird, sondern stets matter erscheint wie beim 
gehackten Rindfleisch, aber immerhin eine bedeutende Ver¬ 
stärkung und Verschönerung der natürlichen roten Farbe dar¬ 
stellt. 

Ferner erkennt man den Präservesalzzusatz an dem 
spezifischen Geschmack, der alkalisch und etwas kühlend 
ist und einen längeren Nachgeschmack hinterläßt. 

ln einem sogenannten Präservesalzprozeß hat allerdings ein 
Sachverständiger bekundet, er habe weder in dem Geruch noch 
im Geschmack einen Unterschied gefunden zwischen frischem 
Fleisch und solchem, dem Präservesalz zugesetzt worden war. 
De gustibus non est disputandum. Aber ich möchte doch daran 
erinnern, daß der Geschmacksinn eine solche Feinheit besitzt, 
daß wir mit der Zunge viel feinere Unterschiede als vermöge 
der genauesten chemischen Methode machen können. Allerdings 
spielen hierbei individuelle Anlagen und namentlich auch Übung 
eine große Rolle. 

Immerhin ist es in jedem Falle erforderlich, die Gegenwart 
von schwefligsauren Salzen im Hackfleisch auch chemisch nach¬ 
zuweisen. Ich empfehle nachstehendes Verfahren: 

Setzt man einer Probe Hackfleisch in einem Glaszylinder 
käufliche Phosphorsäure zu und befestigt am oberen Teil des 
Zylinders z. B. mittelst eines Gummiptropfens in eine schwache 
Jodlösung getauchtes und dadurch gebläutes Stärke¬ 
kleisterpapier, so wird beim Vorhandensein selbst winzig 
kleiner Mengen von schweflig-sauren Salzen durch Entwicklung 
von schwefliger Säure das Papier entfärbt und zwar ist die 
Schnelligkeit der Entfärbung dem Gehalt an schwefliger Säure 
proportional. 

Es ist empfehlenswert, aus dem zu untersuchenden Hack¬ 
fleisch Mischproben zu nehmen und zwar eine Probe aus der 
Tiefe, da oft an der Oberfläche das Natriumsulfit durch 
Sauerstoffaufhahme aus der Luft in Natriumsulfat über¬ 


gegangen ist, und eine andere Probe von der Oberfläche, da 
manche Fleischer nur diese mit Präservesalz bestreuen. 

Der deutsche Fleischerverband hat nun erklärt, daß man das 
Präseresalz als Konservierungsmittel bei den jetzigen Verkehrs¬ 
verhältnissen nicht entbehren könne, auch behaupten die 
Fleischer, daß der Präservesalzzusatz ein zwingendes Bedürfnis 
sei, da andernfalls das Hackfleisch wegen der unmittelbar nach 
der Zubereitung auftretenden Verfärbung eine unverkäufliche 
Ware wäre. 

Ich habe schon erwähnt, daß beim gehackten Rindfleisch 
schon nach einigen Stunden, luanchmal schon zwei bis drei 
Stunden nach der Zubereitung, eine Verfärbung auftreten kann, 
aber nur dann, wenn es hygienisch mißhandelt ist, wenn man 
z. B. altgeschlachtetes Fleisch verwendet, es in feuchtem oder 
warmem Raume aufbewahrt, Messer, Hackmaschine, Hackklotz 
usw. sich in unsauberem Zustande befinden usw. Verwendet je¬ 
doch der Fleischer frischgeschlachtetes Fleisch oder möglichst 
keimfreies, daß heißt nicht von der Oberfläche entnommenes 
Fleisch, bewahrt es dann in einem trockenen und kalten Raum, 
am besten im Eisschrank auf, so wird das Hackfleisch — pein¬ 
liche Sauberkeit bei der Herstellung vorausgesetzt — 12 bis 
24 Stunden lang seine frische, rote Farbe beibehalten, ohne daß 
es eines Atoms des Präservesalzes bedarf. Noch überflüssiger 
ist letzteres beim gehackten Schweinefleisch, da bei diesem, 
selbst unter ungünstigen Umständen, wie hoher Außentemperatur, 
regnerischem und feuchtem Wetter, erst nach 24 Stunden eine 
für das Publikum auffällige Verfärbung eintritt. 

Hiernach ist die Verwendung von Präservesalz für den 
Schlächter absolut entbehrlich, vorausgesetzt, daß er nur so viel 
Hackfleisch herstellt, als zur Deckung seines Tagesbedarfs not¬ 
wendig ist, was wegen der leichten Zersetzlichkeit des Hack¬ 
fleisches hygienisch unbedingt gefordert werden muß; der Zusatz 
von Präservesalz ist ein Unfug und eine Unsitte, die für das 
konsumierende Publikum höchst gefährlich werden kann. 

Exakte Versuche von Walbaum haben ergeben, daß die 
schweflige Säure ein starkes Gift für die Gewebe ist, und daß 
bei Menschen schon 10 mg einer 0,04 proz. SC^-Lösung Aufstoßen, 
Kopf- und Leibschmerzen, Wärmegefühl im Schlund und Magen, 
Sodbrennen und Durchfall liervorrufen. 

Diesen Angaben stehen ältere gegenüber, nach denen selbst 
mehrere Gramm schwefligsaurer Salze pro Tag für den Menschen 
imschädlich sind. 

Nach meiner Ansicht ist das Wesentliche, daß die schweflige 
Säure und deren Salze auf den Menschen überhaupt toxisch 
wirken können — und darin stimmen alle Autoren überein —, 
dagegen ist die Frage, in welcher Dosis sie beim Menschen 
gesundheitsschädlich sind, irrelevant, denn wer den Betrieb der 
Fleischer kennt, weiß, daß sie fragliche Salze nicht nach 
Gewicht, sondern nach Gutdünken zusetzen, und daß eine un¬ 
gleichmäßige Verteilung der Salze, infolgedessen einzelne Partien 
des Hackfleisches verhältnismäßig große Mengen enthalten, ein 
häufiges Vorkommnis ist. 

Hieraus geht hervor, daß die Möglichkeit einer Vergiftung 
durch Präservesalz leicht gegeben ist, mag man die toxisch 
wirkende Dosis hoch oder niedrig annehmen. 

Abgesehen von den toxischen Wirkungen halte ich die Ver¬ 
wendung des Präservesalzes aus anderen Gründen für überaus 
gefährlich. Meine Versuche haben nämlich folgendes Ergebnis 
gehabt: 








12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


209 


1. Die durch Präservesalz künstlich erzeugte rote Farbe 
bleibt trotz der ständig fortschreitenden Zersetzung des 
Hackfleisches drei bis vier Tage lang gut erhalten. 

2. Das Präservesalz verhütet die Entwicklung der Fäulnis¬ 
bakterien im Hackfleisch nicht; auch verhindert es nicht 
die Ansiedlung von Schimmelpilzen, die üppig auf dem 
feurig roten Fleisch gedeihen. 

3. Mehrere Tage altes, nicht präserviertes, grau verfärbtes 
und bereits übelriechendes Hackfleisch nimmt beim 
Zusatz von Präservesalz wieder eine lebhaft rote Farbe 
an und verliert den Fäulnisgeruch. 

Durch diese Versuche ist doch zur Evidenz bewiesen, daß 
das Präservesalz nur eine färbende, aber keine 
konservierende Kraft hat und weiterhin geht daraus hervor, 
daß der Gebrauch höchst gefährlich ist, da selbst bei 
starker Zersetzung des Hackfleisches die für das 
Publikum charakteristischen Kennzeichen der Fäulnis 
verdeckt werden. Bei Anwendung des Präservesalzes kann 
das Publikum ahnungslos faules Hackfleisch genießen, da es 
künstlich rot gefärbt und geruchlos gemacht ist, dabei aber 
gefährliche Gifte in optima forma enthält. 

Der Grund, warum gerade im Hackfleisch so überaus schnell 
Zersetzungsvorgänge auftreten, liegt meiner Ansicht nach darin, 
daß bei der Herstellung, d. h. bei der Zerkleinerung zwischen 
die einzelnen Fleischteilchen Luft und mit dieser zugleich 
Fäulnisbakterien gelangen, die nun von zahlreichen Angriffs¬ 
punkten aus ihre vernichtende, das ist zur Zersetzung führende 
Tätigkeit beginnen. Dieser der Bakteriengegenwart zu- 
zuschreibende Einfluß wird noch in bedeutendem Maße erhöht, 
wenn dem Hackfleisch betrügerischerweise Wasser, um das 
Gewicht zu vermehren, oder Abfallstücke, die meist schon 
einige Tage alt sind, und daher durchweg einen starken 
Bakteriengehalt aufweisen, beigemengt werden, was beides 
durch Präservesalz ermöglicht ist, andernfalls von den Fleischern 
wegen der rasch eintretenden, augenfälligen Zersetzung ver¬ 
mieden wird. 

Da das Präservesalz kein Konservierungsmittel, sondern 
nur ein Färbe- und damit ein Täuschungsmittel ist, kann es 
leicht indirekt die Ursache von Massenerkrankungen werden. 

Bei der im Jahre 1901 ausgebrochenen Hackfleischvergiftung 
in Mägdeburg, woselbst 188 Personen zum Teil unter sehr schweren 
Symptomen erkrankt w r aren, ist nachgewiesen, daß die Patienten 
mehrere Tage altes, aber mit Präservesalz gefärbtes Hackfleisch 
genossen hatten. Das Fleisch stammte von einer Kuh, die vor 
und nach der Schlachtung im Schlachthof zu Magdeburg unter¬ 
sucht und als genußtauglich abgestempelt war. 

Meine schon damals in der Zeitschrift für Fleisch- imd 
Milchhygiene ausgesprochene Vermutung, daß der Präserve- 
salzzusatz in diesem, wie gewiß in manchem anderen Falle, 
die indirekte Ursache der Vergiftung gewesen sei, hat in 
diesem Jahre durch eine in Oschersleben ausgebrochene Hack¬ 
fleischvergiftung neue Stützen gefunden. 

Es erkrankten daselbst 13 Personen, die sämtlich Hack¬ 
fleisch genossen hatten, das aus einer Fleischerei von H. be¬ 
zogen war. Von diesen waren 11 Personen mittelschwer bzw. 
leichter erkrankt und in 24 bis 28 Stunden wieder genesen, bei 
zwei Personen dagegen hatten Erbrechen, Leibschmerzen, 
Diarrhöe und Fieber bis zum vierten Tage angehalten. 


Eine in der Königlichen bakteriologischen Untersuchungsstelle 
in Magdeburg vorgenommene Untersuchung des beschlagnahmten 
Hackfleisches auf die Anwesenheit krankheitserregender Keime 
ergab außer zahlreichen Fäulnisbakterien ein negatives Resultat. 

Dagegen wurde bei der im städtischen Nahrungsmittel¬ 
untersuchungsamte in Magdeburg ausgeführten Prüfung auf 
schädliche Konservierungsmittel die Anwesenheit von schwefliger 
Säure nachgewiesen. 

Bei der vom Kreisarzt und Kreistierarzt vorgenommenen 
örtlichen Ermittlung in den Betriebsräumen der H. Fleischerei 
fanden sich die Maschinen, Messer und die Räume selbst in 
unsauberem Zustande und ferner wurde ein Paket Präserve¬ 
salz vorgefunden. 

Ich möchte nebenbei bemerken, daß diese Ermittlung den 
besten Beweis liefert, wie notwendig die Revisionen der Betriebs¬ 
räume der Fleischer sind. 

Um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich ausdrücklich 
hervorheben, daß ich keineswegs behaupten will, daß an allen 
Hackfleisch Vergiftungen die Verwendung des Präservesalzes die 
Schuld trägt, so ist z. B. bei der im vorigen Jahre in Berlin 
ausgebrochenen Hackfleischvergiftung als Ursache das Bakterium 
Paratyphi'B ermittelt; daß aber der Präservesalzzusatz die 
Ursache von Hackfleischvergiftungen werden kann, ist mir, 
wie ich nochmals betonen will, zweifellos. 

Die Massenerkrankungen durch Hackfleisch reden jedenfalls 
eine deutliche Sprache, und ich gebe dem für unsere Wissen¬ 
schaft leider viel zu früh verstorbenen Professor Eber recht, 
wenn er sagt, daß die Gefährdung, welche dem Menschen aus 
dem Genuß durch Zersetzung verdorbener Nahrungsmittel er¬ 
wächst, größer ist wie durch den Fleischgenuß erkrankter 
Tiere, und daß es daher Pflicht der Staatsbehörden sein dürfte, 
den Konsumenten vor der ihm von dieser Seite drohenden, viel¬ 
fach unterschätzten Gefahr, durch eine genaue Kontrolle animaler 
Körper- und Organteile, welche als Nahrungs- oder Genu߬ 
mittel feilgeboten oder in Verkehr gebracht werden, ebenso zu 
schützen, wie vor den Folgen des Genusses anatomisch ver¬ 
änderter Teile. 

Was Eber und mit ihm viele, viele Tierärzte seit Jahren 
angestrebt haben, die Organisation der außerordentlichen Fleisch¬ 
beschau seitens der Staatsbehörden, wird jetzt, wie aus dem 
erwähnten Ministerialerlaß vom 17. August d. J. ersichtlich ist, 
in Preußen mit Energie in Angriff genommen. 

Wenn eine unserer Hauptforderungen, die wir im Interesse 
der Hygiene unbedingt erheben müssen, d. i. die Kontrolle 
der Betriebs- und Aufbewahrungsräume der Fleischer 
wegen der Schranken des Nahrungsmittelgesetzes noch nicht 
berücksichtigt werden konnte, so wollen wir uns mit den Worten 
trösten: Rom ist nicht in einem Tage erbaut und wollen dank¬ 
bar den großen Fortschritt anerkennen, der jetzt auf diesem 
Gebiete geschaffen ist. 

Mit sichtlichem Interesse folgten die Zuhörer den von 
Demonstrationen begleiteten Ausführungen des Vortragenden, 
die sich zum Schluß eines lebhaften Beifalls zu erfreuen hatten. 
In seinen Dankesworten betonte der Vorsitzende besonders, daß 
der Vortrag um so wertvoller sei, da Kollege Gundelach 
auf diesem Gebiete als Spezialist gelte, und daß er es ver¬ 
standen habe, in eigener Weise das an sich trockene Thema 
so anregend und allgemein verständlich zu behandeln. 

(Fortsetzung folgt.) 




210 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Kurpfuschereigesetz. 

Besprochen von Preuße. 

In aller Stille ist im Reichsamt des Innern ein Gesetz vor¬ 
bereitet worden, welches dazu bestimmt ist, der bisher ziemlich 
schrankenlos betriebenen Kurpfuscherei und dem Verkehr mit 
Geheimmitteln energisch entgegenzutreten. Der den Bundesregie¬ 
rungen zugegangene Gesetzentwurf betitelt sich: „Vorläufiger 
Entwurf eines Gesetzes betreffend die Ausübung der Heilkunde 
durch nicht approbierte Personen und den Geheimmittelverkehr“ 
(vgl. Nr. 8, S. 153); er macht keinen wesentlichen Unterschied 
zwischen Personen, die sich mit der Behandlung von Menschen und 
solchen, die sich mit der Behandlung von Tieren beschäftigen. 
Wir Tierärzte haben daher ein wesentliches Interesse an 
diesem Gesetz. — Der Entwurf will zwei verschiedene, aber 
eng miteinander zusammenhängende Fragen des öffentlichen 
Gesundheitswesens regeln, die schon lange einer einheitlichen 
Ordnung bedürfen und von Jahr zu Jahr dringlicher geworden 
sind, Kurpfuscherei- und Geheimmittelunwesen. Bis zum Jahre 
1869 bestand in fast allen Bundesstaaten ein Kurpfuscherei¬ 
verbot, welches durch die Reichsgewerbeordnung aufgehoben 
wurde. Die Mehrheit der Reichstagsmitglieder nahm damals 
an, daß die die Kurierfreiheit beschränkenden Gesetze 1 nicht nur 
unwirksam, sondern auch überflüssig und auch unwürdig für die 
Bildungsstufe und die Urteilsfähigkeit des Volkes seien, letzteres 
bedürfe nicht mehr solcher gängelnder Maßregeln, mit denen 
es vor Unglück bewahrt werden solle. Daß dies ein Irrglaube 
war, hat sich in der Folgezeit genugsam herausgestellt. Die 
Zahl der Personen, die ohne Befähigungsnachweis die Heilkunde 
ausüben, ist außerordentlich gewachsen. Es dürfte interessieren, 
hier einige Zahlen mitzuteilen, welche in den Erläuterungen zu 
dem Gesetzentwurf angegeben sind. 

In Berlin wuchs die Zahl der nicht approbierten Kranken¬ 
behandler von 28 im Jahre 1879 auf 1013 im Jahre 1903, also 
um fast 1600 Proz. bei einer Vermehrung der Einwohnerzahl 
um 60 Proz. In Preußen betrug die Zahl dieser Personen 
im Jahre 1898 2404, 1905 6137. In andern Bundesstaaten 
hat die Zahl der nicht approbierten Krankenbehandler gleich¬ 
falls sehr stark zugenommen. Gegenwärtig dürfte die Zahl 
dieser Personen im Gebiete des Deutschen Reiches auf fast 
10000 geschätzt werden. Groß ist auch die Zahl der von 
Kurpfuschern verfaßten Schriften. In Deutschland sind in dem 
Zeitraum von 1888 bis 1901 nachweisbar 1 724 000 von nicht 
approbierten Krankenbehandlern verfaßte Bücher zum Preise 
von über 14V 2 Millionen Mark verkauft worden. Ein einzelner 
Kurpfuscher hat z. B. von seinem Reklamebuch über 1000 000 
Exemplare abgesetzt. Es gelangen über 50 000 in zahlreichen 
Exemplaren verbreitete Zeitschriften zur Ausgabe. Sehr groß 
ist auch die Zahl der prahlerischen Anzeigen über Fähigkeiten 
und Leistungen. Aus einer Berliner Zeitung sind im Ver¬ 
laufe von drei Monaten über 200 solcher Anzeigen gesammelt 
worden. In einem bekannten Kurpfuscherprozeß wurde fest¬ 
gestellt, daß der Angeklagte monatlich über 5000 M. für Reklame¬ 
zwecke ausgegeben hatte und ein Jahreseinkommen von 160000 M. 
bezog. Ein bekannter Schäfer hatte zeitweise täglich 800 
Patienten, für jede Raterteilung beanspruchte er 3 M. In bezug 
auf die tierärztlichen Kurpfuscher besagen die Erläuterungen: 
„Die Kurpfuscher beschränken ihren Betrieb nicht auf die Be¬ 
handlung von Körperschäden und Krankheiten bei den Menschen, 
sondern ziehen in umfassender Weise auch die Heilbehandlung 


von Tieren in dem Bereich ihrer Tätigkeit. Dabei kommen 
nicht allein private, mehr oder weniger pekuniäre Schädigungen 
des einzelnen Tierbesitzers in Betracht, für deren Beseitigung 
einzutreten die Staatsgewalt keinen unmittelbaren Anlaß hätte; 
in erheblichem Umfange handelt es sich dabei auch um Interessen 
der Allgemeinheit und des öffentlichen Wohles, besonders in¬ 
sofern, als die Tätigkeit der Kurpfuscher auch hierbei eine 
ordnungsmäßige Bekämpfung der Tierseuchen nicht aufkommen 
läßt und die in öffentlichem Interesse erlassenen veterinär¬ 
polizeilichen Maßnahmen in ihrer Wirkung wesentlich beein¬ 
trächtigt.“ Dieser Standpunkt ist auch wiederholt von den 
großen tierärztlichen Körperschaften vertreten worden. 

Das Kurpfuscherwesen ist demnach in Deutschland zu 
einem bedenklichen Mißstande des öffentlichen Lebens geworden. 
Es hat nun nicht an Versuchen gefehlt, durch Verwaltungs¬ 
maßnahmen oder mit Hilfe der bestehenden Gesetzgebung Ab¬ 
hilfe zu schaffen. Diese Versuche sind jedoch sämtlich fehl- 
geschlagen. Mit kleinen Mitteln ist dem Kurpfuschertum nicht 
beizukommen. Um den Kampf wirksam zu fuhren, bedürfte es 
eines reichsgesetzlichen Vorgehens. Diesem Erfordernis soll 
der vorliegende Entwurf entsprechen. Die Reichsregierung hat 
die Durchführung der darin vorgesehenen Maßnahmen nach 
reiflichster Erwägung als den einzig praktisch gangbaren Weg 
angesehen, um hier zum Ziele zu gelangen. Von dem Deutschen 
Ärzteverein ist die Wiedereinführung eines allgemeinen Verbotes 
der Kurpfuscherei verlangt worden. Ein solches Verbot besteht 
auch in zahlreichen anderen Staaten, so in Österreich-Ungarn, 
Frankreich, Rußland, Italien, Schweden, Norwegen, Belgien, 
Holland, Vereinigte Staaten von Amerika, Brasilien usw. Nach 
Ansicht der Reichsregierung würde ein allgemeines gesetzliches 
Verbot höchstens dahin führen, die Ausübung der Kurpfuscherei 
der Öffentlichkeit noch mehr zu entziehen und sie in verborgene 
Winkel hineinzutreiben, wo sie dann, weil unbeaufsichtigt, um 
so üppiger gedeihen und um so größere Schädigungen hervor- 
rufen würde. Im übrigen sind in den Staaten, welche ein all¬ 
gemeines Kurpfuschereiverbot besitzen, die Verhältnisse auch 
nicht wesentlich günstiger wie in Deutschland. Es ist sodann 
eine Erweiterung des § 35 der Gewerbeordnung in Erwägung 
genommen worden. Dieser gibt bez. verschiedener Gewerbe den 
Behörden die Befugnis, den Gewerbebetrieb wegen Unzuverlässig¬ 
keit des Gewerbetreibenden zu untersagen. Da aber jede 
Krankenbehandlung durch Kurpfuscher als unzulässig zu be¬ 
zeichnen ist, so kann von einer Aufnahme des Kurpfuscherei¬ 
verbots in den § 35 G.-O. nicht die Rede sein. Wenn dies 
geschehe, würde denjenigen Kurpfuschern, welchen ihr Gewerbe¬ 
betrieb nicht untersagt wäre, von seiten des Publikums der 
Nimbus einer besonderen Vertrauenswürdigkeit gegeben werden. 
Als einziger gangbarer Weg bleibt daher nur der Erlaß eines 
Sondergesetzes übrig, wodurch auch der Vorteil geschaffen wird, 
den mit der Kurpfuscherei so eng verbundenen Geheimmittel¬ 
verkehr gesetzlich regeln zu können. 

In gleicher Weise, wie die Kurpfuscherei, muß auch das 
Geheimmittelwesen beurteilt werden; äuch dieses hat schwere, 
wirtschaftliche und gesundheitliche Nachteile im Gefolge. Große 
Summen werden hier vergeudet. Der Umsatz an Geheimmitteln 
und Spezialitäten soll in Deutschland allein im Jahre 1898/99 
30 Millionen M. betragen haben. Die Geheimmittel bestehen 
nicht immer aus unschädlichen Stoffen, sondern sie enthalten oft 
auch schädliche, selbst stark giftige Substanzen. Die Mißstände 





12. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


211 


des Geheimmittelwesens sind daher schon seit langem Gegen¬ 
stand der Erörterung in den gesetzgebenden Körperschaften 
gewesen. Es sind auch bereits im Reiche verschiedenste Ma߬ 
nahmen in Anwendung gekommen, die zweifellos auch eine heil¬ 
same Wirkung ausgeübt haben. Die hiernach geschaffene Rechts¬ 
lage war jedoch eine sehr verschiedene und der Wunsch nach 
einer umfassenden außergesetzlichen Regelung ist immer leb¬ 
hafter hervorgetreten. Diesem soll nun auch der vorliegende 
Entwurf gerecht werden. Letzterer bezieht sich nicht nur auf 
solche Mittel und Gegenstände usw., die zur Verhütung von 
Krankheiten, Leiden und Körperschäden der Menschen, sondern 
auch der Tiere bestimmt sind. Nicht nur der Verkehr, sondern 
auch das öffentliche Ankündigen und Anpreisen solcher Mittel usw. 
soll verboten werden können. 

Was nun die Einzelbestimmungen betrifft, so verweise ich 
hierin auf den Gesetzestext in Nr. 8 der B. T. W. 

Zu den einzelnen Paragraphen ist folgendes zu bemerken: 
Der § 1 sieht eine Meldepflicht vor, jedoch nicht bei dem be¬ 
amteten Arzt oder Tierarzt, sondern bei der Polizeibehörde. 
Er trifft in erster Linie die gewerbsmäßigen Krankenbehandler, 
d. li. also solche, deren Tätigkeit auf einen fortgesetzten Erwerb 
gerichtet ist. Gelegentliche Hilfeleistungen fallen nicht unter 
das Gesetz. § 2 bezweckt eine Aufsicht über die im § 1 ge¬ 
nannten Gewerbetreibenden. Der § 3 nennt bestimmte Arten 
der Behandlung, welche für Kurpfuscher allgemein verboten sein 
sollen. In erster Linie ist hier die Fernbehandlung genannt, 
und zwar sowohl von Menschen als auch von Tieren. Die ge¬ 
legentliche briefliche Behandlung einer Person oder eines Tieres, 
welche bereits von dem Behandler untersucht sind, soll nach 
der Begründung nicht verboten sein. Daß mit dem Schwindel 
der Fernbehandlung einmal gründlich aufgeräumt werden soll, 
ist nur mit Freude zu begrüßen, jetzt hat sie sich zu einem 
umfangreichen Geschäftsbetrieb entwickelt, der in gesundheit¬ 
licher und vermögensrechtlicher Beziehung sehr schädigend wirkt. 
Da» Verbot der Fernbehandlung soll sich nach der Begründung 
nicht auf die Ärzte beziehen, da für diese das Verbot schon 
besteht und die ärztliche Standessitte eine Fernbehandlung 
nur ganz ausnahmsweise zuläßt. Mißständen kann auch im 
Disziplinaryege entgegengetreten werden. Was für die Ärzte | 
gilt, gilt auch für die Tierärzte, nur mit dem Unterschied, daß 
Tierärzten, die gegen die Standessitte verstoßen, disziplinarisch 
nichts anzuhaben ist. Es wird sich dies aber ändern, sobald 
wir erst Tierärztekammern haben. 

Die Behandlung unter Anwendung von Betäubungsmitteln, 
die Behandlung mittelst Hypnose und mittelst mystischer. Ver¬ 
fahren, kann durch Beschluß des Bundesrats auch bei Tieren 
untersagt w r erden. Warum der, namentlich bei Behandlung 
mittelst mystischer Verfahren, ausgeübte Schwindel erst durch 
einen besonderen Bundesratsbeschluß verboten werden soll, ist 
nicht recht einzusehen. Nach der Begründung soll erst ab¬ 
gewartet, ob nach dieser Richtung hin ein Bedürfnis hervortreten 
wird. Ebenso wie für ein Verbot der Fernbehandlung ist jedoch 
ein Verbot der Behandlung mittelst mystischer Verfahren ein 
Bedürfnis schon jetzt anzuerkennen. Der letzte Abschnitt des 
§ 3 bestimmt, daß die Weiterbehandlung bei anzeigepflichtigen 
Krankheiten durch die Polizeibehörde untersagt werden kann. 
Warum hier wieder diese Milde? Warum wird hier nicht auch 
ein Verbot der Behandlung durch Kurpfuscher ausgesprochen. 
Die Behandlung seuchekranker Tiere durch Kurpfuscher hat 


schon oft genug zur Weiterverbreitung der Seuchen beigetragen. 
Es ist daher nicht richtig, w'enn man es der Polizeibehörde über¬ 
läßt, ein Behandlungsverbot auszusprechen. Man weiß ja doch 
aus Erfahrung, wie milde oft die unteren Polizeibehörden hier¬ 
über denken. 

Der § 4 bildet gewissermaßen eine Ergänzung des § 35 
der Reichsgewerbeordnung. Während nun nach Abs. 1 der 
Gewerbebetrieb untersagt werden muß, wenn die Annahme be¬ 
gründet erscheint, daß durch die Ausübung des Gewerbes das 
Leben der behandelten Menschen oder Tiere gefährdet oder 
deren Gesundheit geschädigt wird, oder Kunden schwindelhaft 
ausgebeutet werden, ist in den Abschn. 2 und 3 bestimmt, „daß 
der Betrieb in den hier vorgesehenen Fällen, rechtskräftige 
Verurteilung, Aberkennung der Ehrenrechte, untersagt werden 
kann. Die Begründung sagt nichts hierüber, weshalb in diesen 
Fällen eine mildere Praxis eingreifen soll, wozu doch gewiß ein 
Bedürfnis nicht anzuerkennen ist. 

Der § 5 handelt von dem Geheimmittelverkehr. Auch hier 
ist wieder nur eine Befugnis für den Bundesrat vorgesehen, den 
Verkehr mit Mitteln oder Gegenständen, die zur Verhütung, 
Linderung oder Heilung von Krankheiten, Leiden oder Körper¬ 
schäden der Menschen oder Tiere dienen sollen, zu beschränken 
oder zu untersagen, wenn von der Anwendung eine Gesundheits¬ 
schädigung zu befürchten ist, oder wenn ihr Vertrieb auf 
Täuschung oder Ausbeutung der Abnehmer abzielt. Allerdings 
soll bei der Ausübung dieser Befugnis dem Bundesrat eine 
Kommission beigegeben werden, die aus Juristen, medizinischen, 
tierärztlichen und pharmazeutischen Sachverständigen bestehen 
soll, an deren Votum ist jedoch der Bundesrat nicht gebunden. 
Die Geheimhaltung der Zusammensetzung der Bestandteile der 
Mittel soll nicht eine notwendige Voraussetzung für das Verkehrs¬ 
verbot oder die Verkehrsbeschränkung bilden, das Wort Geheim¬ 
mittel ist im Gesetzestext absichtlich nicht gebraucht worden. 
Desinfektionsmittel, kosmetische Mittel, Nahrungs- und Genu߬ 
mittel, Kräftigungsmittel u. dgl. fallen nicht unter das Ver¬ 
bot des § 5. Die §§ 6 bis 13 enthalten die Strafbestimmungen. 
Die vorgesehenen Strafen sind z. T. recht hohe. Die schwersten 
Strafen werden im § 6 an gedroht, Voraussetzung für deren An- 
I Wendung ist, daß die unwahren Angaben, die mit Strafe be¬ 
droht sind, wissentlich gemacht worden sind. Diese Straf¬ 
bestimmung richtet sich meist nur gegen die Gewerbetreibenden 
der im § 1 bezeichneten Art, also die eigentlichen Kurpfuscher. 

Die Bestimmungen im § 6 dürften geeignet sein, der bisher 
betriebenen schwindelhaften Reklame der Kurpfuscher einen 
wirksamen Damm entgegenzusetzen. Der § 7 enthält Straf¬ 
vorschriften gegen die Fernbehandlung, gegen den, der sich 
hierzu öffentlich erbietet. Dies trifft auch approbierte 
Ärzte usw. § 7 Abs. 2 interessiert hier nicht, Abs. 3 bedroht 
die Ankündigung von Geheimmitteln im engeren Sinne, bei denen 
also die Bestandteile usw. geheim gehalten oder verschleiert 
werden. Dieses wird als Vergehen behandelt, während der 
Verkauf, das Feilhalten, das Ankündigen der gemäß § 5 vom 
Bundesrat vertretenen oder im Verkehr beschränkten Mittel 
gemäß § 10 nur eine Übertretung darstellen soll. Die Straf¬ 
vorschrift im § 7 setzt vorsätzliches Handeln voraus. Sie wäre 
zweifellos nicht im vollen Umfange gerechtfertigt, wenn nicht 
im letzten Absatz noch eine Ausnahme vorgesehen wäre. Auf 
Ankündigungen in ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen 
Fachschriften erstreckt sich § 7 nicht, da, wie die Begründung 



212 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


ausführt, eine Schädigung des Publikums aus Anzeigen in diesen 
Schriften nicht zu befürchten ist. Es werden also Mittel wie 
Lumbagin, Maukelan, Mammosan u. a. nach wie vor in tier¬ 
ärztlichen Zeitschriften angekündigt werden können, nicht aber 
in landwirtschaftlichen. § 9 setzt Strafen fest für gewerbs¬ 
mäßige Behandlung kranker Menschen und Tiere, ohne die nach 
§ I vorgeschriebene Anzeige erstattet zu haben. Ist die Be¬ 
handlung übernommen, wenn Gefahr im Verzüge ist, so tritt 
Bestrafung nicht ein. Die Behandlung darf aber nur so lange 
fortgesetzt w r erden, bis ärztliche Hilfe zur Stelle ist. Sehr 
wichtig ist die Bestimmung im § 12, daß die Verbreitung von 
Empfehlungen, Erfolgbestätigungen, gutachtlichen Äußerungen, 
Danksagungen und ähnlichen Mitteilungen in einem größeren 
Kreise von Personen der öffentlichen Ankündigung oder An¬ 
preisung im Sinne dieses Gesetzes gleichzuachten ist. 

Den Gesetzentwurf können wir Tierärzte nur gutheißen. 
Wenn er auch nicht alle Wünsche der Tierärzte erfüllt, so 
bildet er doch einen wesentlichen Fortschritt gegenüber der 
Kurpfuscherei, mit dessen Hilfe es wohl gelingen dürfte, diese, 
soweit das öffentliche Interesse es erfordert, einzuschränken. 

Doktorat an den Tierärztlichen Hochschulen 
Österreichs. 

Wir hatten schon öfters berichtet, daß die Hörer der tier¬ 
ärztlichen Hochschule Wiens die Erlangung des Doktortitels 
seit Jahren anstreben. Es wurden zu diesem Zwecke zahlreiche 
Petitionen bei den kompetenten Stellen und im Abgeordneten¬ 
hause eingebracht. 

Da alle Bemühungen vergeblich schienen, veranstaltete die 
gesamte Hörerschaft am 27. Februar eine Kundgebung. In 
einer allgemeinen Versammlung versprach Rektor Hofrat 
Dr. Bayer sich ins Unterrichtsministerium zu begeben, um 
dort Erkundigungen einzuholen, in welches Stadium die An¬ 
gelegenheit der angestrebten Verleihung des Doktortitels ge¬ 
kommen sei. Am Montag, den 2. März, versammelte sich die 
gesamte Hörerschaft abermals in der Aula, um die Mitteilung 
des Rektors über seinen Besuch im Unterrichtsministerium 
entgegenzunehmen. Zwei Abgesandte der Hörerschaft begaben 
sich ins Rektorat und Rektor Dr. Bayer teilte der Deputation 
mit, daß das Doktorat an der tierärztlichen Hochschule 
vom Oktober des Schuljahres 1908 an verliehen werden 
wird. Gleichzeitig soll die Zahlung eines Kollegiengeldes ein¬ 
geführt werden. Als Äußerung der Befriedigung über die guten 
Nachrichten sangen die versammelten Studenten das Gaudeamus. 

Wir erfahren aus dem Unterrichtsministerium, daß an dieser 
Stelle die prinzipielle Geneigtheit besteht, den Absolventen der 
tierärztlichen Hochschulen Österreichs die Erlangung des Doktor¬ 
titels zu ermöglichen. Das Ministerium beabsichtigt eine dies¬ 
bezügliche Verordnung zu Beginn des kommenden Schuljahres in 
Kraft treten zu lassen. 

Die Modalitäten, unter welchen der Doktortitel an die 
Absolventen zur Verleihung kommen soll, sind bisher noch nicht 
festgestellt und bilden den Gegenstand eingehender Beratungen 
einer hierzu eigens eingesetzten Konferenz unter dem Vorsitze 
des Hofrates Dr. v. Kelle. 

Wir freuen uns diese günstige Nachricht allen deutschen 
Kollegen mitteilen zu können und hoffen, daß es auch diesen 
gelingen wird, dieses Ziel bald zu erreichen. N. 


Seachengesetz-Novelle. 

Die Kommission zur Beratung der Seuchengesetz-Novelle 
hat den § 2 mit dem in der Eingabe der Privattierärzte er¬ 
betenen Zusatz angenommen. 

Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin (E. V.). 

Einladung zur Sitzung am Montag, den 16. März 1908, abends 
8 Uhr präzis, im Restaurant „Zum Spaten“, Friedrichstraße 172. 
Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Aufnahmemeldungen der Herren Dr. Behrens, Dr. 
Freitag, Gustine, Dr. Schäfer und Weichei; 

b) Verschiedenes. 

2. Vortrag des Herrn Dr. Marx er (als Gast): „Über Immunisie¬ 
rung gegen die Rotzkrankheit“. 

3. Mitteilungen aus der Praxis. 

Kollegen als Gäste willkommen. 

Der Vorstand: 

I. A.: Dr. Goldstein, Schriftführer. 


j Personalien. 

! Auszeichnungen: Es wurde verliehen: Dem Korpsstabsveterinär 
i /ter/.--Frankfurt a. M. der Rote Adlerorden vierter Klasse, dem Ober- 
veterinär Dr. Qoßmann im Train-Bat. Nr. 6 die Südwestafrika- 
Denkmünze aus Stahl; den Stabsveterinären JAitje im Ulan.-Regt. 
Nr. 20 und Peto vom Remontedepot Neuhof bei Ragnit der Charakter 
als Oberstabsveterinär. 

Ernennungen: Veterinär beamte: Kreistierarzt Veterinärrat 
.S«/f<?rf-Berlin in die Kreistierarztstelle für die Stadtkreise Charlotten¬ 
burg und Schöneberg mit Amtssitz in Charlottenburg versetzt. — 
Schlachthof Verwaltung: Schlachthof Vorsteher He inemann-Gos\ ar 
zum Schlachthofdirektor daselbst und Franx Weiß -Wolgast zum 
Schlachthofdirektor daselbst. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Ernst Müller aus Soest in 
Brilon i. Westf. und Engelbert Ganter aus Schönwald in Walldorf. 
— Verzogen: Tierarzt W. Fischer von Langelsheim a. Harz nach 
Schöningcn (Kr. Helmstedt). 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte G. Bas/rA-Berlin, R.Broll- 
Berlin, Carl Deckert-ße rlin, Reinhard Götxe- Quakenbrück, August 
Äempa-Gleiwitz, Otto Kupfer- Fürstenberg a. Oder, 1 IVe^er/-Hannover, 
zum Dr. med. vet. in Bern; F. Hoffmann , Leiter des Kgl. Auslands¬ 
fleischbeschauamts ln Breslau zum Dr. med. vet. in Gießen. — 
Approbiert: Die Herren Emst Rosenfeld aus Neuwied, Emil 
Honigmann aus Alsleben, Andreas Freyer aus Zippnow, Gustav Mader 
aus Lewin in Berlin. 

In der Armee: Preußen: Versetzt: Die Unterveterinäre 
Naueke im Drag.-Ilegt. Nr. 14 zum Feldart.-Regt. Nr. 4, Roclekc im 
Feldart.-Regt. Nr. 15 zum Hus.-Iiegt. Nr. 9, Hintxcr im Feldart-Regt. 
Nr. 41 zum Drag.-Reg. Nr. 14, Bayer im Feldart -Regt. Nr. 36 zum 
Feldart.-Regt. Nr. 35, Bertelsmeyer im Feldart.-Regt. *Nr. 76 zum 
Drag.-Regt. Nr. 21, Nickel im Feldart-Regt. Nr. 37 zum Feldart.-Regt 
Nr. 10. — Kommandiert: Oberveterinär Fischer im 2. Garde- 
Ulan.-Regt. zur Bespannungsabteilung des Garde-Fußart.-Regt. nach 
Beendigung seiner Tätigkeit bei der Armee-Konservenfabrik in 
Spandau. — Zugang: Oberveterinär der Landwehr Kirsch vom 
Bez.-Kdo. II Altona mit dem 1. 4. 08 als überetatsmäßiger Ober- 
veterinär auf Probe im Hus.-Regt. Nr. 17 angestellt. — Abgang: 
Oberveterinär Hoerauf im Feldart.-Regt. Nr. 35 auf seinen Antrag 
mit Pension in den Ruhestand versetzt. — In derSchutztruppe 
für Deutsch-Südwestafrika: Unterveterinär der Reserve Hoppe 
vom Bez.-Kdo. Wurzen unter Verleihung des Charakters als Ober- 
veterinär in der Schutztruppe eingestellt. — Mit dem 29. 2. 08 aus 
der Schutztruppe ausgeschieden und in der Armee wieder angestellt 
die Oberveterinäre Ernst Schmidt im Feldart.-Regt. Nr. 41 und 
Suchantke im Feldart-Regt. Nr. 44. — Oberveterinär Dr. Dieckmann 
behufs Übertritts zu den Veterinären der Reserve aus der Schutz¬ 
truppe ausgeschieden. 

Berichtigungen zu Nr. 10: Dem Direktor Dr. Sußdorf ist das 
Ehrenkreuz (s. Tagesgeschichte S. 185) nicht das Ritterkreuz der 
württembergischen Krone verliehen. Der in Leipzig promovierte 
Herr v. Müller ist nicht Unterveterinär, sondern Oberveterinär im 
Feld-Artillerie-Regt. Nr. 77. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 10.) 

Schlachthofstelle: Lübeck: II. Tierarzt zum 1. April. Gehalt 
2400 M. Bewerb, sofort an die Verwaltung des öffentl. Schlachthof es. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Sclimaltz in Berlin, — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schont* in Berlin. _ 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 








Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich Im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Dnrcli jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4.88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitunga- 
Proialiste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 

Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Glage Veterinärrat Dr. Lothes Prof. Dr. Peter Veterlnärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Professor Dcpartenientstierarzt Kreistierarzt Departemcntsiierarzt Departenientstiorarzt Professor 

Hamburg. Cöln. Angermiinde. Bromberg. Danzig. Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Zündel 

Professor Professor Professor Landestierarzt v. Bayern Kreistierarzt 

Dresden. Freiburg i. Br. Dresden. München. Mülhausen i. E. 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 50 Mk., In Petitsatz mit 
00 Mk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenatrafie 56. Korrekturen, 
Rezenaions-Kxemplaro und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Jahrgang 1908. Jfä 12 . Ausgegeben am 19. März. 

Inhalt: Sonnenberg: Atheromatose des Endocards der linken Herzhälfte bei einer hochgradig tuberkulösen Kuh. — 
Jungklaus: Beiträge zu den Tuberkuloseschutzimpfungen. — Ritter: Cystenbildung und Sklerose im laktieren¬ 
den Euter einer jungfräulichen Ziege. — Referate: Kitt: Neuere Tuberkuloseforschungen. — v. Beteph: Eine neue 
Färbungsmethode der Tuberkelbazillen. — Krüger: Zuckerharnruhr. — Zimmer mann: Zwei Fälle von Luxation der Knie¬ 
scheibe. — Albrecht: Neue Untersuchungen über die Wirkung des Nahrungsfettes auf die Milchproduktion der Kühe. — 
Tagesgeschichte: Krueger: Das Diensteinkoramen der Kreistierärzte. — Nachtrag. — Bericht über die VII. Hauptversammlung 
des Vereins der beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907 (Fortsetzung). — Verschiedenes. — 
Bücheranzeigen und Besprechungen. — Personalien. — Vakanzen. 



Atheromatose des Endocards der linken Herzhälfte 
bei einer hochgradig tuberkulösen Kuh. 

Von Tierarzt E. Sonnenberg-Brilon. 

Am 31. Juli 1907 wurde ich zur Sektion einer Kuh bestellt, j 
die nach langem Siechtum in der Nacht vom 30. zum 31. Juli 
verendet war. 

Die Kuh, ein 
fünf bis sechs Jahre 
altes, rotbuntes, v 
hochgradig abge¬ 
magertes Tier der 
Niederungsrasse, 
hat angeblich Mitte 
April regulär ge¬ 
kalbt und befindet 
sich seit zehn 
Wochen im Besitze 
des Maurers St.in N. 

Der Prozeß 
am Endocard der 
linken Herzhälfte, 
den ich für tuber¬ 
kulös hielt, wurde 
von 'Herrn Prof. 

Dr. Ostertag als 
Atheromatose er¬ 
kannt. 

Die sehr instruktive Abbildung zeigt uns beide Herzhälften. 
Links von dem Haken liegt die veränderte linke Herzhälfte, 
und zwar die ganze Herzkammer und der erhaltene Teil der I 
Vorkammer. Die eine valvula bicuspidalis ist nach oben zurück- : 
geklappt. Zwei Klappen der Lnngenarterie sind durch ein 
Fädchen verbunden. Von der linken Vorkammer war leider vor 


meinem Eintreffen schon der größte Teil abgesclinitten. Das 
Herz war durch rigorose Schnitte zerfetzt. 

Die Veränderungen am linken Herzen sind nun folgende 
Die Herzkammer erscheint fast in toto grangelb und sieht aus, 
als wenn sie innen abgebrüht wäre. Das fast 1 mm starke 
Endocard ist stark gefaltet und pergamentartig. Die Falten 

verlaufen teilweise 
in der Richtung 
von unten nach 
oben, teilweise auch 
in Querrichtung. 
Teilweise, beson¬ 
ders nach der Herz¬ 
spitze zu, zeigen 
sie einen unregel¬ 
mäßigen, maschi- 
gen Verlauf. Die 
Sehnenfäden er¬ 
scheinen fast in 
toto verdickt. Die 
Verdickung der¬ 
selben ist meist 
eine gleichmäßige, 
stellenweise aber 
auch eine höcke¬ 
rige. 

Die Sehnen¬ 
fäden der Bikus- 
pidalklappen haben ihre normale Beschaffenheit behalten. Da¬ 
gegen erscheinen die Valvulae bicuspidales verändert. Sie sind 
im ganzen etwas verdickt und retrahiert und mit gelblichgrauen, 
flachen Auflagerungen bedeckt. Die Größe derselben schwankt 
zwischen dem Umfang eines Hirsekorns, eines Stecknadelkopfes 
und einer Erbse. Einlagerungen von Hirsekorngröße liegen 






214 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 12. 


auch auf und zwischen den verdickten Falten. Nach der 
Aorteneinpflanzung und dem Vorhof zu findet man zahlreiche, 
ebensolche Knötchen im Endocard, das hier sonst keine makro¬ 
skopische Veränderung zeigt. 

Das Endocard des linken Vorhofs hat, so weit es vorhanden 
ist, ebenfalls graugelbe Farbe und erscheint stark verdickt. 
Die Verdickung, die mehr plattenförmig ist, zeigt sich mit sehr 
vielen kleinsten, gelblichen Knötchen durchsetzt. Gegen den 
Annulus fibrosus zu tritt die Verdickung des Endocards mehr 
zurück. Dafür machen sich die Knötchen desto zahlreicher be¬ 
merkbar. 

Die Knötchen sind feinste Verkalkungen. Beim Darüber¬ 
streichen und Durchschneiden knirschen sie unter dem Messer. 

Von dem sonstigen Befunde an den Körperorganen ist 
folgendes zu berichten: 

Es besteht Tuberkulose des Brustfells, der Lunge, des 
Herzbeutels. Die Bronchialdrüsen und Mediastinaldrüsen bilden 
faustgroße, verkalkte Pakete. Die Lunge enthält viele erbsen- 
bis apfelgroße, verkalkte Herde und ist im Bereich der Vorder¬ 
lappen mit dem Brustfell fest verwachsen. 

Dann bemerkt man ausgebreitete Bauchfelltuberkulose. Die 
Leber ist nicht geschwollen und mit zahlreichen Knötchen und 
Knoten durchsetzt. Die Portaldrüse erscheint apfelgroß und 
vollständig verkalkt. In der Milzpulpa liegen viele erbsen- bis 
bohnengroße, verkalkte Knoten. Der ganze Darmtraktus zeigt 
mehr oder weniger ausgedehnte, tuberkulöse Geschwüre und an 
vielen Stellen tuberkulöse Entzündung. Die Schleimhaut hat 
an den entzündeten Stellen eine tiefrote Farbe und starke 
Fältelung. In den geschwollenen Partien liegen zahlreiche 
submiliare und miliare, teils grau, teils gelblich gefärbte, käsige 
und verkalkte Knötchen. 

Die Mesenterialdrüsen haben eine Vergrößerung bis zur 
Armdicke erfahren und sind verkalkt. 

Die Uterusschleimhaut zeigt sich in toto tuberkulös ver¬ 
ändert. Man beobachtet an ihr teils geschwürigen Zerfall, teils 
tuberkulöse Entzündung. 

Endlich ist das Euter und sämtliche Körperlymplidriisen 
tuberkulös entartet. An Knochen, Gelenken, im Fleisch und 
Gehirn habe ich tuberkulöse Veränderungen vermißt. 


Beiträge zu den Tuberkuloseschutzimpfungen. 

Von Dr. W. Jungklaus. 

Nachdem die Tuberkuloseschutzimpfungen in wissenschaft¬ 
lichen Instituten besonders auf die Höhe der künstlich erzeugten 
Immunität hin mehrfach mit wechselnden, jedoch meist günstigen 
Ergebnissen nachgeprüft sind und auch in. der Praxis recht 
gute zum Teil vielversprechende Resultate gezeitigt haben, dürfte 
jetzt die Reihe an den praktischen Tierärzten im Lande sein, 
die Schutzimpfungen nach Möglichkeit zu verbreiten, damit aus 
einem recht großen unter den verschiedensten Bedingungen 
geimpften Rindermaterial weitere umfassende Beobachtungen 
angestellt werden können, vor allem, wie lange der künstlich 
verliehene Schutz unter natürlichen Verhältnissen andauert und 
wie hoch der Immunitätsgrad gegenüber natürlicher Ansteckung 
im allgemeinen zn veranschlagen sein wird. Die auf natürliche 
Weise vor sich gehende Infektion mit Tuberkelbazillen ist eben 
ganz andersartig als die anf künstlichem Wege erzeugte, 


subkutane, intravenöse, stomachale usw. und allein ausschlag¬ 
gebend für den Wert oder Unwert der Schutzimpfungen. 

Ich will im weiteren, um zur Ausbreitung der Tuberkulose¬ 
schutzimpfungen anzuregen, einige Fingerzeige für die zweck¬ 
mäßige Ausführung der Schutzimpfungen geben und daneben 
verschiedene an einem größeren Impfmaterial gemachte Be¬ 
obachtungen mitteilen. 

Es ist meines Erachtens im Hinblick auf die alljährlich 
fast in allen Gegenden wachsende Zahl der Schutzimpfungen 
absolut erforderlich, daß die Tierärzte mit der Impftechnik und 
mit den Einzelheiten der Tuberkuloseschutzimpfungen gut ver¬ 
traut sind. Die Folgen einer nicht genügenden Kenntnis des 
Schutzimpfungsverfahrens könnten nur gar zu leicht zur Ver¬ 
wirklichung jener Pläne führen, die v. Behring vor einiger 
Zeit mit den Worten andeutete, daß er im Interesse der Ver¬ 
meidung von solchen Impffehlern, die den Wert der Bovo- 
vaccination beeinträchtigen, mit mehreren Vorsitzenden preu¬ 
ßischer Landwirtschaftskammern die Entsendung eines in Marburg 
spezialistisch geschulten Veterinärarztes für solche Gegenden 
ins Auge gefaßt habe, in welchen viele Tiere zu impfen sind, 

| ohne daß ein geeigneter Impfarzt aus der Nähe zu haben ist. 

Diese besondere Schulung ist meines Erachtens nicht un¬ 
bedingt erforderlich, wenngleich sie natürlich die Arbeit wesentlich 
erleichtert und die Erfolge sicherstellt. 

Da die v. Behring sehen Impfungen zweifellos, allein 
schon wegen der Zubereitung des Impfstoffes, umständlicher 
sind, als die Koch-Schützschen Taurumanimpfungen, zu deren 
Ausführung man neben der gleich gebrauchsfertig gelieferten 
Taurumanemul8ion nur noch eine Pravazsche Spritze braucht, 
bedarf das v. Behringsche Impfverfahren einer besonderen 
Besprechung. 

Das ganze Instrumentarium, welches man für die v. B ehrin g- 
schen Bovovaccinimpfungen benötigt, besteht aus einer 10 ccm 
fassenden Pravazsehen Spritze, einigen 8—10 cm langen und 
1,5 mm dicken recht scharfen Injektionsnadeln, einer kleinen 
mit rauher Reibfläche versehenen Reibschale und gleichem 
Pistill, einer kleinen Mensur, 1—2 extra je 100 ccm fassenden 
Flaschen mit destilliertem oder abgekochtem Wasser sowie den 
kleinen den Bovovaccin enthaltenden Tuben und etwas Watte. 
Diese wenigen Utensilien lassen sich bequem in einer kleinen 
Tasche unterbringen. Weiß man im voraus die Zahl der für 
die Impfung in Frage kommenden Tiere, so kann man sich die 
erforderliche Menge Bovovaccin schon zu Hause in Emulsion 
hersteilen und braucht dann eben nur die Injektionsspritze, 
etwas Watte und die Bovovaccinemulsion mit auf den Weg 
zu nehmen. 

Die sorgfältige Herstellung der Emulsion ist ein Haupt¬ 
erfordernis; der Bovovaccin muß unbedingt in einer Schale mit 
rauher Reibfläche mehrere Minuten lang mit einigen Tropfen 
destilliertem oder abgekochtem Wasser unter kräftigem Druck 
gründlich zu einem gleichmäßigen Brei verrieben werden. Eine 
physiologische Kochsalzlösung braucht man wie früher nicht 
mehr zu verwenden, da der Bovovaccin zurzeit im Behringwerk 
gleich mit Kochsalz verrieben wird. Eine Verteilung des 
Bovovaccinpulvers durch einfaches Schütteln in der erforderlichen 
Menge Wasser bleibt immer unvollkommen und kann daher zu 
sehr unangenehmen Komplikationen führen. Wirken doch die 
eingespritzten Tuberkelbazillen, wenn sie noch in größeren 
Klümpchen beisammen liegen, wie Fremdkörper und können 




19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


215 


Thrombosen hervorrufen oder es können metastatische Herd- 
erkrankungen in den Lungen und in anderen Organen die 
immunisierende Wirkung nicht bloß beeinträchtigen, sondern 
auch ganz vereiteln! — Es ist hier mehrfach vorgekommen, daß 
bei solcher unvollkommenen Verreibung des Bovovaccin hinterher 
Zittern der Tiere und wenn das Kalb zurzeit der Impfung an 
septischer Pneumonie litt, bald nach der Impfung der Tod 
(Lungenhyperämie) eintraten. 

Für die I. Impfung verwendet man zweckmäßigerweise, 
nicht wie es in der Gebrauchsanweisung des Behring Werkes 
heißt, 2 ccm, sondern 5 ccm Wasser, weil dann die Verteilung 
der Tuberkeilbazillen eine noch gründlichere wird. Solche 
stärkere Verdünnung wirkt auf Kälber mit irgendwelchen leichten 
Aflfektionen der Atmungsorgane weniger ungünstig ein als eine 
geringe Verdünnung. 

Bei Kälbern, welche an septischer Pneumonie leiden, und 
das sind hier im Osten besonders in den Monaten Dezember bis 
Mai etwa 50 Proz. aller Kälber, verwendet man für die erste 
Impfung am besten 10 ccm Wasser und verreibt den Bovovaccin 
recht gründlich. Wenn man diese sorgfältig hergestellte Emulsion 
möglichst langsam in die Jugularis injiciert, kann man ohne Sorge 
selbst ziemlich schwer an septischer Pneumonie leidende Kälber 
immunisieren, ohne daß die Gefahr des Kümmerns, einer Ver¬ 
schlimmerung der Pneumonie oder ein letaler Ausgang zu be¬ 
furchten ist. Ich habe auf diese Weise zahlreiche Kälber ge¬ 
impft, die eine Mastdarmtemperatur von 40,2—40,4 C hatten, 
grauweißen Nasenausfluß und erschwerte Atmung (Flanken¬ 
schlagen) usw. zeigten und trotzdem die Impfung gut vertragen 
haben. Eine Verschlimmerung der Pneumonie war nicht festzu¬ 
stellen, doch stieg die Temperatur gewöhnlich an, zuweilen bis 
auf 41,6° C, hielt sich dann mehrere Tage in wechselnder 
Höhe, um dann wieder herunterzugehen. Das Allgemeinbefinden 
war nach allen Bovovaccinimpfungen — auch bei den an sep¬ 
tischer Pneumonie leidenden Kälbern — ein ungestörtes. Die 
Entwicklung der Impflinge hat in keinem Falle etwas zu wünschen 
übrig gelassen. Die häufig aufgestellte Behauptung, die geimpf¬ 
ten Kälber entwickelten sich besser wie die nichtgeimpften, 
kann ich nicht bestätigen; geimpfte und nicht geimpfte Kälber 
pflegen gleich gut zu gedeihen. Die erwähnte Beobachtung 
dürfte auch wohl nur eine subjektive sein und soll auch wohl 
nur besagen, daß die Schutzimpfung das Gedeihen der Kälber 
in keiner Weise beeinträchtigt. 

Nach Verimpfung des Bovovaccin soll bei noch nicht 
infizierten Kälbern keine nennenswerte Temperatursteigerung ein- 
treten. Andererseits wirkt bei bereits vor der Impfung tuberkulös 
infizierten Kälbern die Injizierung der Bovovaccinbakterien wie 
eine Tuberkulineinspritzung; jedenfalls ein nicht zu unter¬ 
schätzender Vorteil, weil man aus der auf die Injektion folgenden 
Fieberreaktion auf eine bereits vor der Impfung erfolgte 
Infektion schließen kann. Die erste Impfung ist also gleich¬ 
zeitig eine Tuberkulinprobe. — Auf die zweite Impfung reagieren 
die Kälber gewöhnlich fieberhaft, weil die von der ersten 
Impfung herrührende Tuberkulinüberempfindlichkeit meistenteils 
noch nicht geschwunden zu sein pflegt. 

Zwei Kälber, die hier nach der ersten Schutzimpfung wie 
auf Tuberkulin reagiert und vorher kein Fieber gezeigt hatten, 
erwiesen sich bei der 2y 2 Monate nach der zweiten Impfung 
folgenden Sektion (Tod an Rauschbrand) allerdings als völlig 
frei von Tuberkulose. Ob zurzeit der Impfung vielleicht doch 


irgendein geringgradiger akuter Krankheitszustand bei beiden 
Kälbern Vorgelegen hat, ist nicht ausgeschlossen, vielleicht 
haben sich auch beide Kälber im Inkubationsstadium der Tuber¬ 
kulose befunden, und die Impfung hat hemmend oder sogar 
kurativ auf den tuberkulösen Prozeß eingewirkt. 

Eigene Erfahrungen mit Taurumanimpfuügen habe ich selbst 
nur sehr geringe. Die Taurumanimpfung ist insofern einfacher, 
als eine Zubereitung des Impfstoffes nicht erforderlich ist, denn 
der Tierarzt erhält das Tauruman gleich in gebrauchsfertiger 
Lösung in die Hand; leider ist das Tauruman nur acht Tage 
haltbar, während man den Bovovaccin vier Wochen lang auf¬ 
bewahren kann. Fertige Bovovaccin-Emulsionen bleiben, gut 
verschlossen und in den Eissschrank gestellt, etwa acht Tage 
haltbar. Sehr anerkennenswert ist es, daß das Tauruman nicht 
an Laien, sondern ausschließlich an Tierärzte geliefert wird, 
eine Bestimmung, die ja schon deshalb dringend erforderlich 
ist, weil sich in der Taurumanemulsion frische Tuberkelbazillen 
anthropogenen Ursprungs befinden, die leicht auf den Menschen 
übertragen werden können; der Bovovaccin ist zwar auch 
anthropogenen Ursprungs, aber die Tuberkelbazillen sind stark 
abgeschwächt, so daß sie nur noch meerschweinvirulent sind. 
Von der Ungefährlichkeit des Bovovaccin habe ich mich selbst 
insofern wenigstens überzeugt, als eine nicht unbedeutende 
Wunde, die ich mir infolge Fahrlässigkeit mit der Nadel der 
gefüllten Spritze unter dem Nagel des Zeigefingers zufügte, 
ohne Desinfektion gut verheilt ist. 

Wenngleich der Bovovaccin an sich auch wohl als kein ge¬ 
fährlicher Impfstoff anzusehen ist, würde es doch im Interesse 
einer breiteren Einführung der Schutzimpfungen sein, wenn 
das Behringwerk den Bovovaccin nur an Tierärzte verabfolgen 
würde. Handelt es sich doch bei diesen Schutzimpfungen nicht 
bloß darum, mechanisch Tier für Tier zu impfen, sondern die 
richtige Auswahl unter den Tieren zu treffen, ob die Kälber 
z. Z. der Impfung krank oder gesund sind, u. a. m. Wer 
anders soll das alles beurteilen können als ein Sachverständiger? 
Jedes Fehlresultat kann die Schutzimpfungen arg in Mißkredit 
bringen! Nimmt man aber dem Tierarzt das Recht, die Impfungen 
alleine auszuführen und stellt Laien als gleichwertig mit ihm 
hin, dann kann es keinem Tierarzt verdacht werden, wenn er 
sich um die Einführung der Tuberkuloseschutzimpfungen wenig 
kümmert. Die Nachteile würden sich bald zeigen und haben 
sich auch schon insofern deutlich bemerkbar gemacht, als die 
v. Behringsche Schutzimpfung — die ja wesentlich älter ist als 
die Koch-Schützsche Taurumanimpfung — sicher schon viel ver¬ 
breiteter wäre, wenn man in Marburg den Tierärzten von 
vornherein mehr entgegengekommen wäre. Sollte das Bering¬ 
werk für die Zukunft nicht ausdrücklich hervorheben, daß der 
Bovovaccin nur an Tierärzte geliefert wird, so prophezeie ich 
der Bovovaccination keine allzuschnelle und allzugroße Aus¬ 
breitung. Jedenfalls kann von der Provinz Westpreußen gesagt 
werden, daß nicht die Landwirte oder die Landwirtschaftskammer 
es waren, welche die Bovovaccin- und Taurumanimpfungen aus¬ 
gebreitet haben, sondern allein die Tierärzte, ja es bedurfte noch 
großer Überredungskunst seitens der Tierärzte, um die Land¬ 
wirte und Züchter dahin zu bringen, die Imgfungen in ihren 
Beständen vornehmen zu lassen, selbst wenn diese aus einem 
Fonds kostenlos ausgegefülirt wurden. 

Aus den mir zugegangenen Berichten über Tauruman¬ 
impfungen konnte ich entnehmen, daß ganz gesunde Kälber die 



216 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Impfung gut vertragen haben, soweit sich das nach ihrem Aus¬ 
sehen und ihrer Entwicklung beurteilen läßt. Gewöhnlich traten 
nach der Impfung mehr oder weniger hohe Temperatursteige¬ 
rungen auf, sowie zuweilen geringgradige pneumonische Er¬ 
scheinungen, welche jedoch immer in kurzer Zeit wieder 
sch Wanden. Die Taurumanisierung kränklicher, tuberkulöser 
oder gar an septischer Pneumonie leidender Kälber muß dringend 
widerraten werden, denn Kämmern oder baldiges Eingehen 
werden in den meisten Fällen die Folge der energischen Wirkung 
der frischen menschlichen Tuberkelbazillen sein (generalisierte 
Tuberkulose, Lungenhyperämie, akute Pneumonie). Bei kränk¬ 
lichen Kälbern, besonders bei septischer Pneunomie, kommt nach 
unseren Erfahrungen die um vieles milder verlaufende v. Beh- 
ringsche Schutzimpfung allein in Frage. 

Die Zahl der Taurumanimpfungen in Westpreußen ließ sich 
leider nicht ermitteln, doch ist sie nicht unbedeutend. Nach Koch- 
Schütz wurden hier schon Impfungen im Jahre 1906 vorge¬ 
nommen. 

Bovovaccinimpfungen begannen erst Ende Januar 1907. 
Von diesem Zeitpunkt ab bis zum 1. Oktober 1907 wurden in 
Westpreußen über 1000 Kälber bovovacciniert, wovon ich selbst | 
etwa 500 Kälber geimpft habe. Unter diesen 500 Kälbern hatte 
ich nur in einem einzigen Falle einen Mißerfolg. Es handelte 
sich um ein 3 Wochen altes fieberfreies Kalb, welches zum 
ersten Male lege artis schutzgeimpft war und 1 1 / 2 Stunde nach 
der Impfung verendete. Der Bericht lautete, das Kalb habe 
plötzlich Schaum vor dem Maule und Atemnot gehabt und sei 
kurz darauf tot gewesen. Die Sektion ergab nichts weiter als 
ein geringgradiges Lungenödem. (Chok?) 

In einem anderen Falle hatte ein Kollege bald nach der 
Impfung mehrere Todesfälle zu verzeichnen. Die Kälber hatten 
schwer an septischer Pneumonie gelitten, was der Besitzer ver¬ 
schwiegen hatte. Eine Feststellung der Temperaturhöhe war 
vor der Impfung leider nicht erfolgt; ob im vorliegenden Fall 
der Bovovaccin richtig verrieben und hinlänglich verdünnt war, 
vermag ich nicht zu sagen. 

Als Nachteile der v. Behringschen Schutzimpfung sind viel¬ 
fach die Herstellung des Impfstoffes, die umständlich und schwierig 
sei, und die zweimalige Impfung bezeichnet worden. Beides 
kann ich ohne weiteres zugeben; im Gegenteil, ich möchte beide 
Einwände nicht gelten lassen und unter den heutigen Ver¬ 
hältnissen eher als Vorteile denn als Nachteile bezeichnen. Die 
Anfertigung der Bovovaccinemulsion ist keineswegs schwierig, 
aber sie ist doch auch nicht so leicht, um ohne weiteres von 
einem Pfuscher oder Laien vorgenommen werden zu können. 
Mit Schwierigkeiten ist die Herstellung der Emulsion jedenfalls 
nicht verknüpft. Beispielsweise habe ich die Emulsion für 
16 Kälber für die zweite Impfung und für 7 Kälber für die erste 
Impfung hergestellt und diese 23 Kälber lege artis geimpft. 
Herstellung der Emulsion und Impfung erforderten insgesamt 
einen Zeitaufwand von noch nicht einer Stunde! Berücksichtigt 
man dabei, daß die zum Teil schon recht kräftigen Tiere den 
Impfakt durch Unruhe verzögerten, weiterhin die Instrumente 
durch eine vorangegangene Impfung in Unordnung und unsauber 
waren, und ich selbst nicht gerade zu den geschicktesten gehöre, 
dann wird man wohl zugeben, daß das ganze Impfverfahren 
keinen nennenswerten Zeitaufwand erheischt. 

Von einer zweimaligen Impfung kann man bei der v. Beh¬ 
ringschen Impfung eigentlich nicht sprechen, jedenfalls nicht in 


dem Sinne wie bei der Rotlaufimpfung und der Pasteurschen 
Milzbrandimpfung, wo nach 14 Tagen die zweite Impfung zu 
erfolgen, hat, ohne daß gewöhnlich neue Tiere zur Impfung 
kommen. 

Wird z. B. am 1. Januar eine Serie Kälber (im Alter von 
14 Tagen bis 3 Monaten) geimpft, so werden diese 3 Monate 
später (also am 1. April) zum zweiten Male geimpft. In diesem 
Termine werden dann gleichzeitig die inzwischen geborenen 
Kälber zum ersten Male geimpft usw., so daß sich die Injektionen 
auf vier Impftermine im Jahre verteilen. 

Auf diese Weise verringern sich die Impfkosten für den 
Besitzer und andererseits wird er die Gelegenheit des Termines 
für die Zweitimpfung ausnützen und gleich wieder die inzwischen 
geborenen Kälber immunisieren lassen. 

Vereinzelt sind hier auch Kälber zur Impfung gekommen, 
welche noch nicht das vorschriftsmäßige Alter von 14 Tagen 
erreicht hatten; dieselben haben sämtlich die Impfung gut ver¬ 
tragen, doch macht es bei solchen jungen Tieren oft Mühe, die 
Nadel in die kleine Vene einzuführen. Für die erste Impfung 
kamen auch mehrfach Tiere in Betracht, die älter wie drei 
| Monate waren, einzelne waren sogar schon ein Jahr alt. Auch 
von diesen wurde die Impfung anscheinend gut vertragen, doch 
traten besonders bei den älteren Tieren oft erhebliche Temperatur¬ 
erhöhungen ein. 

Bei der Ausführung der Tauruman- und Bovovaccinimpfungen 
sind hier in Westpreußen die von Ebeling empfohlene Ligatur 
an der Brustapertur häufig angewandt worden, dagegen das von 
Marks angegebene Wegschneiden eines pfennigstückgroßen 
Hautstückchens nicht. Die Kälber wurden durchweg im Stehen 
mit langen recht scharfen Injektionsnadeln, deren Spitze etwas 
abgeflacht ist, geimpft. Zur leichteren Ausführung der Injektion 
wird der Kopf des Kalbes etwas hoch gehoben und mäßig nach 
rechts gedreht, wodurch die linke Jugularis gut hervortritt. 
Dieselbe hebt sich noch deutlicher ab, wenn man die Gegend 
der Einstichstelle mit einem in lauwarmes Wasser getauchten 
Wattebausch ab wäscht. 

Die Vene wird am besten in der Weise komprimiert, daß 
man mit der offenen Hand den Hals umspannt und mit dem 
Daumen die Vene gegen die auf der rechten Halsseite liegenden 
vier Finger preßt. Im übrigen sind alle für die intravenöse 
Injektion geltenden Regeln zu beachten. 

Die westpreußische Herdbuchgesellschaft ist eine der 
wenigen größeren Züchterveinigungen, welche bisher noch nichts 
für die Bekämpfung der Rindertuberkulose in ihren Beständen 
getan hatte; sie forderte lediglich über diejenigen Bullen, welche 
auf die Auktionen geschickt werden, den Nachweis der reaktionslos 
verlaufenen Tuberkulinprüfung, dessen Richtigkeit nur wenig 
kontrollierbar war, so daß sich Übelstände aller Art zeigten. 

Auf meine Anregung hin beschloß die Herdbuchgesellschaft 
im März 1907, von nun an über alle auf die Auktionen ge¬ 
schickten Bullen und Färsen den Nachweis der bestandenen 
Tuberkulinprobe oder den Nachweis der Schutzimpfung mit 
Bovovaccin oder Tauruman zu erbringen. 

Da nun die Tuberkulinprüfungen infolge der vielen Fehl¬ 
ergebnisse usw. sehr unbeliebt, beinahe verhaßt sind, wendet 
sich der größte Teil der Züchter den Schutzimpfungen za, 
welche einen ständig wachsenden Umfang annehmen. Natürlich 
nehmen die Besitzer die Gelegenheit wahr und lassen zugleich 
mit der Schutzimpfung der Bullen auch die Kuhkälber immu- 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


217 


nisieren. Dadurch wird schon in wenigen Jahren ein großes 
Beobachtnngsmaterial geschaffen sein. Eine größere Zahl von 
Züchtern führt auf mein Anraten hin neben den Schutzimpfungen 
das Ostertagsche System durch, dessen Innehaltung für den 
Erfolg der Schutzimpfungen unentbehrlich sein dürfte. 

Die bovovaccinierten und taurumanisierten Bullen und 
Färsen erzielen auf den Auktionen gegenüber den nur mit 
Tuberkulin geimpften Tieren einen Mehrerlös von 25 M. pro Stück! 

Ob die Tuberkuloseschutzimpfungen jemals einen sehr 
großen Umfang annehmen werden, möchte ich bezweifeln. Hier 
in Westpreußen fanden sich zuerst meist solche Landwirte für 
die Durchführung der Schutzimpfungen bereit, welche einen fast 
tnberkulosefreien Bestand besaßen und sich denselben durch 
Erhöhung der angeborenen Immunität mittelst Schutzimpfungen 
erhalten wollten, um bei eventuellem Zukauf von Rindern 
die Gefahr der Einschleppung von Tuberkulose durch 
Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des alten Be¬ 
standes fernzuhalten, und andererseits solche Landwirte, 
deren Rinderbestände von Tuberkulose schwer heimgesucht sind 
und die durch Schutzimpfungen eine Sanierung erhofften. Ob 
beide Erwartungen — zum mindesten aber die letzte — sich 
ohne Zuhülfenahme des Ostertagschen Verfahrens erfüllen 
werden, erscheint mir zweifelhaft. 

Das Ostertagsche Tuberkulosetilgungsverfahren dürfte 
schon deshalb für den Erfolg der Schutzimpfungen unentbehrlich 
sein, weil durch seine Maßnahmen am ehesten verhindert 
wird, daß die Kälber sich schon vor der Impfung mit Tuberkel¬ 
bazillen infizieren. Weiterhin werden auch jene mit offener 
Tuberkulose behafteten Tiere bei Zeiten entfernt, welche im¬ 
stande sind, bei längerem Zusammenbleiben mit schutzgeimpften 
Tieren die Tuberkulose auf die Impflinge in gewissem Grade 
wenigstens zu übertragen. 

Die Tuberkuloseschutzimpfung kann eben, wie auch z. B. 
v. Behring sagt, nie eine absolute Immunität schaffen, sondern 
immer nur eine relative. 

Diese künstlich geschaffene relative Immunität, und selbst 
wenn in vielen Fällen auch nur eine erhöhte Widerstands¬ 
fähigkeit erreicht wird, dürfte ein wertvolles Mittel zur Be- 
kämpfung der Tuberkulose sein, zumal in Kombination mit dem 
Ostertagschen Tuberkulosetilgungsverfahren und hygienischen 
Maßnahmen. 

Wünschenswert wäre es, wenn von den praktischen Tier¬ 
ärzten recht viele Beobachtungen bei dem Behringschen und 
besonders auch bei dem Koch-Schützschen Immunisierungs¬ 
verfahren veröffentlicht würden, hauptsächlich auch Schlacht- 
und Sektionsbefunde. 


Cystenbildung und Sklerose im laktierenden Euter 
einer jungfräulichen Ziege. 

Von Tierarzt Ritter-Uffenheim. 

Am hiesigen Schlachthof wurde am 25. September v. J. eine 
zweijährige, noch jungfräuliche Schweizer Ziege, 24 1 /» kg 
Schlachtgewicht, geschlachtet. Bei der Lebendbeschau fiel sofort 
das große Euter, besonders aber die Zitzen, auf, welche eine 
Länge von ca. 11 cm hatten und dickspindelig, am ehesten dem 
Gewichtsstein einer Schwarzwälder Uhr oder einer starken 
gelben Rübe, nur dickbauchiger, vergleichbar, waren. Beim 
Melken ließ sich ein feiner Strahl durch die engen Strichöffnungen 


ansspritzen. Doch fiel mir dabei auf, daß ich die Zitze ganz 
und gar zusammendrücken konnte, so daß ich zuletzt einen ganz 
schlaffen Hautbeutel in der Hand hatte. Der Inhalt ließ sich 
nach oben hinaufdrücken mit solcher Leichtigkeit, daß ich im 
ersten Moment glaubte, er sei Luft. 

Aus dem Bericht des Besitzers erwähne ich noch, daß die 
Ziege im letzten Winter täglich ca. 2 1 Milch gegeben hat. Im 
Sommer wurde sie nicht gemolken. 

Was die Beschau nach der Schlachtung betrifft, so be¬ 
stätigte die Untersuchung mir zunächst, daß der Uterus noch 
jungfräulich war. Beim Abschneiden der Zitzen entleerte sich 
eine bedeutende Menge schmutzig-weißer Milch. Die Striche 
bestanden faktisch fast nur noch aus Haut und waren so weit, 
daß man sie wie einen Teil eines Fausthandschuhes über die 
vier Finger bequem stülpen konnte. Das Euter ließ .sich schwer 
schneiden; der Durchschnitt zeigte eine unebene, höckrige 
Schnittfläche und aus den Milchgängen quoll die eingedickte 
Milch heraus. Die Schnittfläche war nicht, wie sonst beim ge¬ 
sunden Euter, fein marmoriert, sondern es war Bindegewebe 
reichlich zugebildet worden, auf Kosten des nur spärlich, in bis 
erbsengroßen Inseln noch vorhandenen Drüsengewebes. Fett¬ 
gewebe im Euter war bei dem sonst fetten Tier so gut wie 
gar nicht zu sehen. Nach Ausspülung aller Milch bot die Schnitt¬ 
fläche ein buchtiges, schwammartiges Aussehen dar, mich an 
das Innere der Herzohren stellenweise erinnernd. Es liegt also 
neben Sklerose noch Hohlraum- und Kanalbildung vor, wohl 
ähnlich entstanden wie die Hydronephrose, durch unvollständiges 
Ausmelken bzw. unterlassenes Melken, was wohl bei dem*Besitzer, 
einem reichen hiesigen Reeder, öfter vorkam. Das Euter hatte 
ein Gewicht von 5 Pfund. 


Referate. 

Neuere Tuberkuloseforsckungen. 

II. Sammelreferat von Prof. Dr. Kitt in München. 

(Monatshefte för praktische Tierheilkunde. XVIII. Band, 8./9. Heft.) 

In der Monatsschrift „Deutsche Revue“ veröffentlichte 1906 
v. Behring eine Serie von Aufsätzen, in denen er Sinn und 
Zweck seiner Tuberkulose-Immunisierungsarbeiten auseinander¬ 
setzt. Er verbreitet sich zunächst über Immunisierungstheorien. 
An Stelle der chemischen Seitenkettentheorie Ehrlichs kon¬ 
struierte sich v. Behring eine etwas andere, nämlich physi¬ 
kalische Hypothese, welche annimmt, daß die vitalen Körper¬ 
elemente eines immunisierbaren Tierindividuums fähig sind, die 
Moleküle des Infektionsstoffes in zwei antagonische Substanzen 
zu zerlegen. 

Was die Immunisierungsmethoden anlangt, so hat v. Behring 
bekanntlich mit lebenden Tuberkelbazillen des Menschen in be¬ 
stimmter Dosierung und bei Verwendung eines bestimmten 
Stammes einer Tuberkelbazillenkultur durch intravenöse Impfung 
Rinder zu immunisieren vermocht (Bovovaccination). In 
einer ausführlichen Arbeit von Römer (Beiträge zur Klinik der 
Tuberkulose, Bd. IV, Heft 4) wird über die wichtigsten größeren 
Versuchsreihen berichtet, welche in Marburg und auf verschiedenen 
landwirtschaftlichen Gütern mit Behrings Bovovaccin ausgeführt 
wurden. Es hat sich hierbei wie auch durch die Versuche von 
Hutyra, Lorenz u. a. gezeigt, daß die Bovovaccination zumal 
in Verbindung mit der einen oder anderen von Bang empfohlenen 
Bekämpfungsmaßregel die Tuberkulose in einem Viehbestand 
ganz bedeutend verringern kann. 





218 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Die Versuche v. Behrings mittelst Fütterung von Tuberkel¬ 
bazillen (Bovovaccin) eine Immunisierung herbeizuführen, zeigten, 
daß man mit intestinaler Verabreichung lebender Tuberkel¬ 
bazillen sehr vorsichtig sein muß. Calmette, der Direktor 
des Pasteurschen Instituts in Lille, machte durch Fütterung ab¬ 
getöteter Tuberkelbazillen Ziegen tuberkuloseimmun. Hierzu 
teilt v. Behring mit, daß er den gleichen Gedanken hatte und 
daß bei stomachaler Einverleibung von willkürlich abgetötetem 
Tuberkelvirus sogar Meerschweinchen gegen Tuberkulose immuni¬ 
siert werden konnten. Es gelang v. Behring sogar ein Präparat 
herzustellen, welches mit Hilfe von Chloralhydrat eine so hohe 
Resorptionsfähigkeit erlangt hat, daß es auch von den empfind¬ 
lichsten Menschen bei subkutaner Injektion gut vertragen wird. 
Er bezeichnet dieses Mittel als Tulase. Von dieser Tulase 
werden zwei Hauptmodifikationen bereitet, die V-Tulase und 
die C-Tulase. Letztere findet in emulsionierter Form Verwendung 
in der menschenärztlichen Praxis und führt den Namen 
„Tulaseaktin“. v. Behring erwähnt noch ein Präparat, das 
durch kombinierte KalialaunjavelleWasserbehandlung aus Tuberkel¬ 
bazillen gewonnen wird und das er Tulon nennt. Dieses Tulon 
hat sich beim Menschen bei dem der Skrofulöse eigentümlichen 
Ekzemen und Ophthalmien bisher gut bewährt. 

Die Idee, mit abgetöteten Tuberkelbazillen gegen Tuber¬ 
kulose zu immunisieren, ist von verschiedenen Forschem und 
unabhängig voneinander gehegt und je nach den verfügbaren 
Geldmitteln auch teilweise ausprobiert worden. Kitt beschreibt 
in dem vorliegenden Sammelreferat seine eigenen Versuche, dann 
die von ‘Paterson, welcher mit abgetöteten Kulturen von 
Geflügeltuberkulose experimentiert und schließlich geht er auch 
auf die Klimm ersehen Versuche ein, welcher zur Immunisierung 
1903 thermisch abgeschwächte Tuberkelbazillen vom Menschen 
verwendete, ferner aber mit Tuberkelbazillen arbeitete, die durch 
längere Passage durch Molche ihrer Säugerpathogenität beraubt 
wurden. 

Nach den Vorschriften von Koch und Schütz wird ein aus 
Menschentuberkelbazillen hergestellter Impfstoff in Höchst a. M. 
fabriziert, der dem Bovovaccin gegenüber den Vorzug hat, daß 
er fertig zur Einspritzung als Emulsion verausgabt wird. Dieses 
Präparat heißt Tauruman. Indessen macht v. Behring darauf 
aufmerksam, daß das Tauruman sowohl für den impfenden Tier¬ 
arzt wie für das geimpfte Kalb nicht so harmlos ist wie das 
Bovovaccin. 

In den Revueartikeln verbreitet sich v. Behring neuerdings 
über sein Milchkonservierungsverfahren durch Zusatz 
von Formaldehyd. Es soll auf 25 000 Teile frischgemolkener 
Kuhmilch 1 Teil Formaldehyd zugesetzt werden. Selbst bei 
einem Zusatz von 1:10 000 wird der Nährwert nicht verringert. 
Wenn Formalinmilch gelegentlich schädliche Wirkung gezeigt 
hat, so stellte sich heraus, daß der Formalinzusatz erst erfolgt 
war, wenn die Milch bereits schlecht war. Durch Formalinzusatz 
kann natürlich eine ursprünglich schlechte oder schlecht gewordene 
Milch nicht in gute Kindermilch verwandelt werden. Überdies 
hat auch nicht selten eine Verwechslung von Formaldehyd mit 
Formalin stattgefunden. Ursprünglich hatte v. Behring für 
die landwirtschaftliche Praxis ein Zusatzverhältnis von 1 Teil 
Formalin auf 4000 Teile Milch empfohlen. Statt dessen wurde 
Formaldehyd verwendet, wodurch eine doppelte Konzentration 
herauskam. Endlich muß auch darauf geachtet werden, daß bei 
Formaldehydzusatz chemisch reines Formaldehyd benützt wird. 


Durch außerordentlich sorgfältig ausgeführte Versuchsserien 
großen Stils wurde im Kaiserlichen Gesundheitsamte zu Berlin 
durch Kossel, Weber und Heuß die Frage der Identität 
oder Differenz der Tuberkelbazillen der Menschen und 
der Tiere bearbeitet. Die Versuche haben im großen und 
ganzen doch die Koch sehen Anschauungen von dem Dualismus 
der Tuberkelbazillen des Menschen und des Rindes bestätigt, 
wenn sie auch nicht eine Artverschiedenheit beweisen. Die 
beiderlei Tuberkelbazillen sind als Standortsvarietäten aufzufassen 
und die genannten Autoren vollziehen die Sonderung nur insoweit, 
als sie von einem Typus humanus und Typus bovinus 
sprechen. Wurden Rinder mit dem Typus humanus subkutan 
geimpft, so trat an der Impfstelle ein Abszeß und Schwellung 
der regionären Lymphdrüse ein und es kam zur Heilung, der 
Typus bovinus brachte jedoch bei subkutaner Einspritzung 
oder bei Fütterung bei Rindern meist disseminierte Tuberkulose. 
In einigen wenigen Fällen wurden im Auswurf tuberkulöser 
Menschen Bazillenstämme gefunden, die kulturell und auch nach 
Verimpfung auf Rinder dem Typus bovinus glichen. Schweine 
erkranken nicht nur bei Fütterung mit dem Typus bovinus an 
ausgebreiteter Tuberkulose, sondern erlangten auch durch 
Menschentuberkelbazillen eine evidente Tuberkulose der Hals- 
lymphdrüsen, Mesenteriallymphdrüsen und in einem Falle auch 
der Lungen. Kaninchen erkranken durch den Typus bovinus 
bald an allgemeiner Miliartuberkulose, während der Typus 
humanus bei weitem nicht so schwere und auch nur langsam 
sich entwickelnde, selbst wieder abheilende Prozesse bedingt. 
Weiter beschäftigt sich das Referat mit den kulturellen und 
morphologischen Unterschieden der beiden Typen. 

Eine neue Diagnostiziermethode lieferte kürzlich Bonome 
mittelst der Präzipitinreaktion. Wenn man frische, käsige 
Tuberkeln nimmt und das Gewebe derselben mit Glassand in 
5% Glyzerinwasser emulsioniert, dann zentrifugiert und durch 
Berkefeldfilter gibt, so erhält man ein klares Filtrat (Plasma¬ 
filtrat); ebenso kann man aus getrockneten Tuberkelbazillen¬ 
kulturen ein klares bazillenfreies Filtrat hersteUen. Bonome 
fand nun, daß bei Zusatz von Blutserum tuberkulöser Menschen 
oder Tiere zu solchem klaren Plasmafiltrat eine mehr oder 
minder auffallende Treibung und Niederschlagsbildung (Präzipitin- 
ausfällung) zustande kommt, während dies mit dem Serum 
gesunder Individuen nicht eintritt. 

Zwick u. L. Meyer (Stuttgart) spritzten Menschen¬ 
tuberkelbazillen in das Euter hochträchtiger Kühe ein. 
Das Ergebnis war, wie in dem analogen Nocardsehen Versuch, 
daß keine Eutertuberkulose eintrat. Wohl aber erkrankte dann 
eins der Saugkälber an Tuberkulose des Darmes und der 
Darmlymphdrüsen. Es konnte nachgewiesen werden, daß die 
Menschentuberkelbazillen die Ursache waren. Eine in gleicher 
Weise mit Rindertuberkelbazillen galaktifer geimpfte Kuh er¬ 
krankte an progressiver Eutertuberkulose und ihr Saugkalb 
acquirierte eine so ausgebreitete Lymphdrüsen- und Serosen- 
tuberkulose, daß die höhere Virulenz der Rinderbazillen für das 
Rind zweifellos vor Augen trat. Zwick berichtet auch, das 
zwei Geschwister frischgemolkene Milch einer mit Euter¬ 
tuberkulose behafteten Kuh täglich genossen. Beide Geschwister 
starben an Tuberkulose, jedoch konnte nachgewiesen werden, 
daß es sich bei den Geschwistern um den Typus humanus 
handelte. Die Kinder mußten somit die Tuberkulose auf andere 
Weise acquiriert haben. 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


219 


Durch die Versuche von Earlinski, de Jong und 
v. Behring, Römer und Kuppel,- Dammann und Müssemeier 
ist die Möglichkeit dargetan, daß Menschentuberkelbazillen durch 
Ziegenpassage eine erhöhte Virulenz für Ziegen und Kälber er¬ 
langen. VonKossel, Weber und Heuß ist indes eingewendet 
worden, daß bei den Versuchen sich wahrscheinlich Perlsucht¬ 
bazillen uik eingeschlichen haben. Möller und Gratia haben 
nachgewiesen, daß der Typus humanus selbst durch mehrfache 
Ziegenpassage in seiner Virulenz nicht gesteigert werden kann. 

A. Eber impfte einige Rinder teils subkutan, teils intra¬ 
peritoneal, teils intravenös mit Tuberkelbazillen vom Menschen 
und einige andere Rinder mit Tuberkelbazillen vom Rinde. 
Aus der ersteren Serie erkrankten mehrere Rinder. Die Rinder 
der anderen Serie erkrankten beträchtlicher. Jedenfalls geht 
daraus hervor, daß es Tuberkelbazillen vom Typus humanus 
gibt, welche auch für das Rind pathogen sind. Umgekehrt hat 
man (Jensen, Fiebiger, Kossel, Weber, Heuß) bei 
tuberkulösen Menschen wiederholt Tuberkelbazillen vom Typus 
bovinus angetroffen. 

Die Möglichkeit gelegentlicher Infektionen des Menschen 
durch tuberkulöses Material vom Rinde muß bejaht werden. 
Es liegen zahlreiche Beispiele vor, jedoch gibt es nach 
F. K. Kleine kein Beispiel, wo nach subkutaner Infektion mit 
Perlsuchtbazillen ein Mensch an generalisierter Tuberkulose 
gestorben wäre. Anders gestalten sich aber die Wundinfektionen 
mit Menschentuberkelbazillen. Ifier greift die Erkrankung 
schnell um sich. 

Wenn v. Behring behauptet, daß der Kuhmilch eine große 
Gefahr für den Menschen innewohne, so steht dem die Mitteilung 
von Kounda und Shiga über das vieljährige Bestehen der Tuber¬ 
kulose bei den Kindern in Japan entgegen, wo fast gar keine 
Kuhmilch zur Kinderernährung benutzt wird. Dort kann die 
Erkrankung eben nicht mit der Kuhmilch Zusammenhängen. 
Ebenso liegen auch nach Kjer die Verhältnisse in Grönland, 
wo gar kein Rindvieh existiert, die Tuberkulose unter den 
Menschen jedoch außerordentlich verbreitet ist. 

Ob man aus den positiven Übertragungsversuchen 
von Tuberkulose des Menschen und Rindes auf Affen 
den Analogieschluß ziehen darf, daß ebenso der Mensch für 
beiderlei Virus empfänglich ist, muß noch als fraglich bezeichnet 
werden. Es liegen über die erfolgreiche Infektion von Affen 
mehrere Mitteilungen vor. 

Eine große Anzahl Forschungen der Neuzeit befaßt sich 
mit der Frage über die Art der Infektion, über das 
Hauptatrium, insbesondere, ob die Lungentuberkulose 
durch Einatmung (aerogen, Spritztröpfcheninhalation) 
oder durch Aufnahme der Bazillen mit der Nahrung (ali¬ 
mentäre, Fütterungsinfektion) erworben wird. Während 
früher durch Flügge und seine Schüler der aerogenen Infektion 
der Vorrang zugesprochen wurde, geht jetzt mehr und mehr die 
Meinung dahin, daß die primäre Lungenschwindsucht in der 
Mehrzahl der Fälle hämatogen, d. h. durch vom Darme aufge¬ 
nommenes und durch den Milchbrustgang ins Blut gelangtes 
Virus zustande kommt. Diese Anschauung ist auch von 
v. Behring in den Vordergrund gestellt worden. In der Tier¬ 
medizin hat man auch von jeher diesen Infektionsmodus haupt¬ 
sächlich angenommen (Bang, Johne, Ostertag, Kitt, Nocard, 
Leclainche). Für die alimentäre Genese der Lungen¬ 
tuberkulose sind besonders die Experimente von Calmette 


und Gu^rin beweiskräftig. Sie fütterten Rinder und Ziegen 
mittelst Schlundsonde mit Rindertuberkelbazillen, so daß also 
eine Infektion vom Rachen oder den Luftwegen her ausge¬ 
schlossen war und schon nach 24 'Stunden oder nach wenigen 
Tagen fanden sich Tuberkelbazillen in den Lungen. Die Tuberkel¬ 
eruption begann dann nie alveolär, sondern stets zunächst in 
den Lungenkapillaren. Das Interessanteste an den von Calmette 
und Guerin ausgeführten Versuchen ist, daß wenn die 
Fütterung des Tuberkulosevirus nicht in kürzeren Interr 
vallen wiederholt wird, sondern — nur einmal eine 
kleine Dosis, nämlich für das Rind bis zu 0,25 g frische 
virulente Rindertuberkelbazillen per os verabreicht werden, nach 
30 - 60 Tagen die zweifellos bestandene Lungeninfektion 
ausheilen kann und allenfalls dann die Tiere Immunität 
erlangt haben. (Schluß folgt). Rdr. 

Eine neue Färbungsmethode der Tuberkelbazillen. 

Vom königl. ung. Obertierarzt Ludwig von Beteph-Fiume. 

(Allatorvoai Lapok. 1907, Nr. 37.) 

Mit den bisher gebrauchten Methoden ist eigentlich nur ein 
Teil der Tuberkelbazillen färbbar. Die ungefärbten Teile werden 
von Koch als Sporen, von Kitasato als degenerative Partien 
angesehen, einzelne betrachten diese als Vacuolen. Beteph 
empfiehlt zum vollkommenen Färben der Tuberkelbazillen folgen¬ 
des Verfahren: 

1. Es werden am besten mehrere (3—5) stecknadelkopfgroße 
Partikelchen des Untersuchungsmaterials zwischen zwei Deck¬ 
gläser gleichmäßig zerrieben, dann an der Luft eingetrocknet 
über der Flamme fixiert. Auf diese fixierte, gleichmäßige Schicht 
tropft man 3—4 Tropfen löproz. Salpetersäure und erwärmt sie 
über der Flamme bis zum Dämpfen. 

2. Dann wird das Präparat mit Wasser abgespült. 

3. Färben mit Löffler schein Methylenblau und Embolfuchsin 
(B-tolin), 3—4 Tropfen über der Flamme, wie bei 1. 

4. Abwaschen mit GOproz. Alkohol, bis der abfließende 
Alkohol rein erscheint. 

5. Kurzes Abspülen mit Wasser. • 

6. Äbtrocknen; Kanada-Balsam. 

Das Präparat soll lichtviolett sein. Zwischen den Leukozyten 
bemerkt man die Bakterien, deren Kapsel rosafarbig, die Sporen 
(3—6 an der Zahl) stahlgrau oder schwarzviolett, rund oder 
ovoid scharf zu unterscheiden sind. Eine Segmentation, wie 
z. B. beim Ehrlich sehen oder G abbet sehen Verfahren kann 
man nicht bemerken. 

Diese eigenartige Konstruktion der Tuberkelbazillen kann 
man weiter auch mit der folgenden Färbungsmethode darstellen: 

1. Auf das eingetrocknete, fixierte Präparat kommen 
3—4 Tropfen einer 15prozentigen Salpetersäurelösung. 

2. Abspülen mit Wasser. 

3. Färben mit 3—4 Tropfen Karbolfuchsin (Fuchsin 1, 
Phenol 5, Alkohol 10,4, H 2 0 100 g), wärmen bis zum Dampfen. 

4. Sorgfältiges Abwaschen mit ßOprozentigem Alkohol. 

5. Vollkommenes Erbleichen mit Pikronitrin und Kontroll- 
färbung. 

6. Kurzes Abspülen mit Wasser. 

7. Abtrocknen; Kanadabalsam. 

In diesem Präparat erscheint die Kapsel der Bakterien 
sehr blaß, die Sporen aber in lebhaft roter Farbe; die Plasma 
der Leukozyten ist zitronengelb, ihr Kern blaßrot gefärbt. 






220 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Die Bazillen tierischen Ursprungs sind groß, ihre Sporen 
und die Zwischenräume sind auch größer wie bei den mensch¬ 
lichen Tuberkelbazillen, welche kleiner und schmäler sind und 
meistens gerade, oder weniger gebogen erscheinen als die tieri¬ 
schen Tuberkelbazillen. Der Bazillus selbst ist spindelförmig. 

Die neue Färbungsmethode (B-tolin) ist par excellence ein 
Sporenfärben, während bei den übrigen Verfahren (Koch, 
Ehrlich, Ziehl, Spengler) die Sporen in den Bazilluskörpem 
ungefärbt blieben. Dr. Z. 

Zuckerharnruhr. 

Von Oberveterinär B. Krüger. 

(Zeitschr. f. Veterinfirk. 1907, S. 488.) 

Beim Pferde ist eine echte Zuckerharnruhr bisher nur 
selten zur Beobachtung gelangt. Nach Eingehen auf die vor¬ 
handenen Publikationen teilt Krüger einen Fall von Zucker- 
hamruhr mit, den er bei einem 11jährigen Fuchswallach ost¬ 
preußischer Herkunft genau verfolgen konnte. Nach Beendigung 
der Herbstmanöver 1905 konnte sich Patient nicht so schnell 
wie die übrigen Pferde erholen; langes, welliges, an den Beinen 
struppiges Haar fiel besonders auf, auch während des ganzen 
folgenden Sommers. Das Pferd wurde geschoren; ein Katarrh 
der oberen Luftwege ging bald vorüber. Im Januar 1907 machte 
sich im Nährzustand des Tieres Abmagerung bemerkbar. Später 
fiel großes Durstgefühl auf, Patient nahm täglich etwa 52 Liter 
Wasser zu sich und schied durchschnittlich in 24 Stunden 
27 Liter Ham aus. Das spezifische Gewicht des wasserhellen, 
fast geruchlosen Harns schwankte zwischen 1017 und 1051, die 
Reaktion war neutral, Eiweiß und Gallenfarbstoff enthielt er 
nicht, jedoch lieferte die Untersuchung auf Traubenzucker ein 
positives Resultat. Die Quantität des im Harn enthaltenen 
Traubenzuckers wurde auf 5,2 Proz. berechnet. — Durch diesen 
Befund in Verbindung mit der allmählich zunehmenden Mattigkeit 
und Abmagerung bei guter, ja selbst gesteigerter Freßlust, ver¬ 
mehrtem Durst und Urinabsatz wurde die Diagnose Zucker¬ 
harnruhr Mitte April gesichert. 

Im Verlaufe der Krankheit trat an verschiedenen Stellen 
Furunkulosis der Haut ein. Zuletzt bildete sich je ein erbsen¬ 
großer Furunkel am oberen und unteren Augenlidrande, dann 
ein haselnußgroßer in der rechten Nierengegend, zu beiden 
Seiten der Kruppe und in der letzten Zeit je ein walnußgroßer 
an der rechten und linken Backe sowie auch in der Nabelgegend. 
— Patient konnte sich vor Schwäche zuletzt nicht mehr allein 
erheben und starb im Coma diabeticum (Mitte Mai) regungslos. 

Durch Verabreichung von Natr. bicarbonic. und Natr. chlorat., 
dann Opium in Verbindung mit Mittelsalzen und schließlich 
Arsenik war kein Einfluß auf die Krankheit und die Quantität 
des Zuckers ausgeübt worden. Richter. 

Zwei Fälle Ton Luxation der Kniescheibe. 

Von Dr. A.Zimmermann, Dozent in Budapest. 

(Österreichische Monatschrift für Tierheilkunde 1907, Seite 3371.) 

Ein zwölfjähriges schweres Zugpferd zeigte Hahnentritt, 
speziell beim Beginn der Bewegung, was zur Diagnose „un¬ 
sichtbarer Spat w geführt hatte. , Zimmermann konnte bei der 
Streckstellung der Extremität eine Verlagerung der Kniescheibe 
nach oben über der inneren Trochlea des Femur feststellen, 
während der Condylus internus des Femur bloßgelegt und die 
Patellarbänder stark gespannt erschienen. Bei Belastung des 
Fußes kehrte die Kniescheibe mit dumpfem Geräusch in ihre 


Lage zurück. Das Leiden trug habituellen Charakter. Es 
wurde Scharfsalbe versucht. — Ein drei Monate alter 
Foxterrier wurde mit der Anamnese eingeliefert, daß er seit 
seiner Geburt den linken Hinterfuß nicht recht belastet, sondern 
in eingebogener Stellung nach vorn bringt. Es ließ sich die 
Kniescheibe an der äußeren Trochlea des Schenkelbeines fühlen 
und leicht in ihre normale Lage zurückschieben, was selten von 
selbst geschah. Die Verlagerung der Patella war hier eine 
kongenitale, wofür entweder mangelhafte Entwicklung des Knie¬ 
gelenkes (Rhachitis) oder Zerrung der Bänder während des 
intrauterinen Lebens in Anspruch genommen wurden. 

Richter. 

Neue Untersuchungen über die Wirkung des Nahrungs¬ 
fettes auf die Milchproduktion der Kühe. 

Von Prof. Albrecht. 

(Wochonichr. für Tierheilkunde and Viehzucht. 51. Jbrg., Nr. 33, 34.) 

Albrecht bespricht zunächst die bisherigen Anschauungen 
über die Wirkung der Menge und Beschaffenheit des Nahrungs¬ 
fettes in den an Melkkühe verfütterten Rationen auf die Quantität 
und Eigenschaften des Fettes in der von den Kühen gelieferten 
Milch. Die Resultate der von Soxhlet, Werner, Morgen, 
Einecke u. a. m. angestellten Versuche weichen teils von ein¬ 
ander ab, teils stehen sie sogar direkt einander gegenüber. 
Suchen wir nach einer Erklärung für diese auffälligen Diffe¬ 
renzen, so finden wir zunächst, daß zu den diesbezüglichen 
Untersuchungen zu wenig Milchtiere verwendet wurden, daß die 
örtlichen Verhältnisse, die individuelle Disposition der Versuchs¬ 
tiere zu wenig berücksichtigt, und daß die Art der zur Ver¬ 
wendung gelangten fettliefernden Futtermittel bzw. deren 
Mischungsverhältnisse verschieden gewählt worden sind. Wider¬ 
sprechende Ergebnisse mußten daher die notwendige Folge sein. 

Bei der großen Wichtigkeit der Frage über die Wirkung des 
Nahrungsfettes auf die Milchproduktion der Kühe war die Vor¬ 
nahme großer Versuchsreihen dringend erforderlich. Der deutsche 
Landwirtschaftsrat berief hierzu eine aus 10 Mitgliedern be¬ 
stehende Kommission. Die Versuche wurden nach einem auf¬ 
gestellten Plan an 10 Anstalten durchgeführt. Im ganzen ge¬ 
langten 196 Kühe der verschiedensten Schläge zur Beobachtung. 
Die Versuchsdauer betrug 3 Monate. 

Das verabreichte Futter setzte sich zusammen aus einem 
in allen Versuchsperioden gleichbleibenden Grundfutter und einer 
Zulage, welche bei der fettarmen Ration aus Roggenfuttermehl 
und Stärkemehl, bei der fettreichen aus Reisfuttermehl bestand. 
Beide Rationen mußten die gleiche Menge verdaulicher Nähr- 
Stoffe enthalten und durften sich nur dadurch unterscheiden, daß 
in dem einen Falle eine größere Fettmenge verfüttert wurde, 
welche in dem anderen Falle durch eine gleichwertige Menge 
verdaulichen Kohlehydrats ersetzt wurde. Die Fettbestimmungen 
erfolgten täglich. Im ganzen wurden ungefähr 15 000 einzelne 
Fettbestimmungen ausgeführt. 

Die geschilderten Versuche ergaben nun, daß der Ersatz 
der verdaulichen Kohlehydrate im Futter der Milch¬ 
kühe durch eine gleichwertige Menge verdauliches 
Fett — beide Nährstoffe in vollwertigen Futtermitteln 
verabreicht — nicht nur keinen wirtschaftlichen Vor¬ 
teil bringt, sondern in der Regel die Milchmenge sowie 
das Gewicht des ermolkenen Fettes etwas herabsetzt. 
Ferner zeigte die Individualität der Tiere einen ganz 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


221 


unberechenbaren Einfluß auf das Versuchsergebnis; 
es ist daher nicht angängig, etwa aus kleinen Versuchsreihen 
Schlüsse für die Praxis zu ziehen. Der prozentuale Fett¬ 
gehalt stieg mit der Abnahme der erzielten Milch¬ 
menge, er fiel bei Zunahme der letzteren. Schließlich 
wurde noch festgestellt, daß sich unter dem Einflüsse des Reis- 
mekle8 die Eigenschaften des Butterfettes änderten, es gingen 
also Teile des Reismehlfettes in das Milchfett über. 

Das für das wirtschaftliche Leben aus den obigen, auf so 
breiter Grundlage angestellten Versuchen wichtigste Faktum 
besteht endlich darin, daß das in den Futtermitteln enthaltene 
und im Handel teure Nahrungsfett durch billigere Kohlehydrate 
ersetzt werden kann. Eine Schädigung der Leistungsfähigkeit 
der Molkereien ist dabei nicht zu befürchten. J. Schmidt. 


Tagesgeschichte. 

* 

Hedwig Schmaltz. 

Der Frau und Mutter stolzen Ehrennamen 
Trug sie mit einem frischen Mädchenlachen 
Und wußte alle Herzen hell zu machen, 

Die in den Bannkreis ihres Wesens kamen. 

Ein feiner Geist in goldnen Frohsinns Rahmen, 

Wie sollte der nicht rings die Lust entfachen? — 
Selbst stark, war sie voll Güte zu den Schwachen, 
Das fühlten alle, die ihr Trost entnahmen. 

Sie rang mit jedem Leid, bis seine Schwingen 
Vor ihrer Seele Sonnenkraft erschlafften; 

So konnte lächelnd sie den Tod bezwingen. — 

Die lichten Geister, die einst in ihr schafften, 

Sie wollen jetzt mit unsern Tränen ringen: 

Am Bild der Frohen darf der Schmerz nicht haften! 

Charlotte Francke-Roesing, Cöln. 

* 

M. G. de Bruin f. 

Die Tierärztliche Hochschule zu Utrecht hat wiederum 
den Verlust eines ihrer vorzüglichsten Dozenten zu bedauern. 

Professor M. G. de Bruin, seit September 1893 an der 
Hochschule wirksam, ist nach einer Krankheit von 17 Tagen am 
7. März gestorben. Eine Infektion, zugezogen bei einer Zahn¬ 
operation eines Pferdes und begleitet von einer Krankheit 
thyphoider Art, machte diesem fruchtbaren Leben ein Ende. 

Als er noch Student war, konnte man schon vorher sagen, 
daß de Bruin vieles leisten sollte, und nachdem er 1879 als 
Tierarzt approbiert war, wurde ihm nahegelegt, Assistent an 
der Hochschule zu werden. 

Das ist nicht geschehen, und der Verstorbene wurde von der 
Stadt Zalt-Bommel (Provinz Gelderland) als Gemeindetierarzt 
gewählt. Vierzehn Jahre arbeitete er in Zalt-Bommel und in 
der Umgegend, und von Anfang an hatte er sich schon das Ver¬ 
trauen aller Landwirte und Tierbesitzer in dieser Gegend er¬ 
worben. Der junge Mann mit dem intelligenten und angenehmen 
Antlitz eroberte in kurzer Zeit die Herzen aller, die ihm be¬ 
gegneten, und arbeitete Tag und Nacht zum Nutzen der Land¬ 
wirtschaft. 


Keine Arbeit war ihm zu schwer, und doch fand er damals 
schon Zeit, wissenschaftlich zu arbeiten. 

Als im Jahre 1893 die Professur für Geburtshilfe an der 
Hochschule vakant war, fiel es der Regierung nicht schwer, 
eine Wahl zu treffen, de Bruin war der Mann; jeder sagte 
es laut und jeder gratulierte der Hochschule zu diesem neuen 
Lehrer. 

Und darin hatte man recht; denn wieviel hat er in den 
15 Jahren seiner Lehrtätigkeit nicht geleistet ! Es ist in Holland 
kein Geheimnis, daß die Dozenten der Tierärztlichen Hochschule 
mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, und daß leider 
die Lust zur wissenschaftlichen Arbeit nicht immer die Stütze 
von der Stelle empfängt, w r ovon man diese hat erwarten dürfen. 

| Auch de Bruin hat unter dem Fehlen an Mitwirkung gelitten 
I und mir, der den großen Vorzug hatte, intim mit ihm bekannt 
| zu sein, hat er oftmals erzählt, wie traurig ihn das stimmte. 



Aber doch arbeitete er immer, und sein schönes, in der 
deutschen Sprache erschienenes Buch „Die Geburtshilfe beim 
Rinde“ ist weit über die Grenzen unsrer Heimat bekannt. In 
wenigen Monaten wird auch ein neues Buch von seiner Hand 
„Die Geburtshilfe bei den kleinen Haustieren“ in dem Buch¬ 
handel erscheinen. Weiter war er einer der Redakteure der 
„Tijdschrift voor Veeartsenykunde“ und Mitglied der Redaktion 
der „Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“. Viele deutsche 
Kollegen werden seine Artikel oft gelesen haben. 

Am Mittwoch, den 11. März, haben wir dem geliebten Ver¬ 
storbenen die letzte Ehre erwiesen; die Beerdigung fand auf 
dem neuen Friedhof Utrechts statt und in der Kapelle hatten 
sich die Familie, die Dozenten und Studenten der Hochschule 
und viele Freunde und Kollegen versammelt. 

Die Regierung war vertreten durch den Herrn Lovink, 
General-Direktor der landwirtschaftlichen Abteilung des 
Ministeriums für Landwirtschaft, Handel und Industrie, der in 
schönen Worten dem Verstorbenen für alles dankte, was er für 
die Hochschule und für die Landwirtschaft getan hat. Professor 
W. C. Schimmel aus Utrecht sprach im Namen der Dozenten 
der Hochschule, und war bisweilen so gerührt, daß es ihm 



222 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


schwer fiel, seine Rede zu beenden. Dr. D. A. de Jong sprach 
im Namen der Kommission zur Vorbereitung des internationalen, 
tierärztlichen Kongresses, Prof. H. M. Kroon aus Deventer im 
Namen der holländischen Tierärzte, Dr. M. H. J. P. Thomaßen jr. 
in Namen der holländischen Militär-Veterinäre und H. Veenstra 
im Namen der Studenten der Hochschule. 

Der Sohn dankte im Namen der Familie für die seinem 
unvergeßlichen Vater erwiesenen letzten Ehren. 

De Bruin war eine Zierde unseres Standes; mit ihm ist 
ein edler Mensch hingegangen. Requiescat in pace! 

t 

Am Freitag, den 6. d. M., nachmittags 2 Uhr, wurde auf 
dem Uffkirchhof in Stuttgart-Cannstadt der an einem Schlag plötz¬ 
lich verstorbene Schlachthofdirektor Schönweiler-Pforzheim in 
Anwesenheit der Herrn Oberregierungsrat Beißwänger vom 
Kgl. Wtirttembergischen Medizinalkollegium und Direktor Dr. 
von Sußdorf der Kgl. Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart, 
unter zahlreicher Beteiligung seitens der Tierärzte des Stadt¬ 
bezirks Stuttgart, der verschiedenen Landesteile, aus Baden 
und das Gesamtkorps Suevia, sowie der Angehörigen zur letzten 
Ruhe bestattet. Die Einsegnung der Leiche geschah nach 
katholischem Ritus. Der Sarg war reich mit Blumen und 
Kränzen geschmückt. Kränze wurden unter entsprechenden 
Ansprachen am Grabe niedergelegt, von dem Erstehargierten 
des Korps Suevia stud. med. vet. Hof Stadt, der insbesondere 
hervorhob, in welch väterlicher Weise der Verstorbene für die 
studierende Jugend sorgte; weiter von Oberamtstierarzt 
Theurer-Ludwigsburg im Auftrag des Altherrnverbandes des 
Korps Suevia, von Veterinärrat Kösler-Stuttgart im Namen 
des Tierärztlichen Landesvereins für Württemberg und des 
Vereins süddeutscher städtischer und Schlachthoftierärzte, von 
Stadtrat Völter-Pforzheim im Auftrag der Stadtgemeinde 
Pforzheim, von Anstaltstierarzt Eberbach-Karlsruhe im Namen 
des Vereins Badischer Tierärzte und von Stadttierarzt Zierer- 
Pforzheim im Namen der Schlachthofbeamten dortselbst. 

Kösler. 

Dem Andenken Nocards. 

Das Komitee für die Errichtung des Denkmals Emond 
Nocards hat die bei der Denkmalseinweihung gehaltenen Reden 
(Deutschlands Vertreter darunter Lydtin) die ein Bild von den 
Werken und der Persönlichkeit Nocards gewähren, in einer 
vornehm ausgestatteten und mit dem Bilde des Denkmals und 
des Denkmalplatzes geschmückten Broschüre herausgegeben und 
von derselben 200 Exemplare nach Deutschland überwiesen. Die 
Verteilung erfolgt demnächst. 

Das Diensteinkommen der Kreistierärzte. 

Von Kreistierarzt Krueger-Posen. 

In der Nr. 8 der B. T. W. 1908 ist das Referat wieder¬ 
gegeben, das Herr Kreistierarzt Dralle im Verein der be¬ 
amteten Tierärzte am 30. November 1907 erstattet hat. Dieses 
Referat beschäftigt sich auch jnit meiner Person und beanstandet 
die Ziffern, die von mir für das amtliche Einkommen einzelner 
Kreistierärzte in meinem Artikel „Gehaltsaufbesserung“ in der 
Nr. 41 der B. T. W. 1907 angegeben waren. 

Da Herr Dralle in seinem Referat erklärt, daß es jetzt 
einmal an der Zeit ist, ehrlich zu sein, kann ich nicht an¬ 
nehmen, daß er die Absicht hat, etwas aus den Einkommens- 


Verhältnissen der Kreistierärzte zu verschleiern, vielmehr ist 
mir seine Beanstandung der Ziffern ein Beweis, daß er mit den 
Verhältnissen der ostelbischen Kreistierärzte nicht vertraut ist. 
Das ist bedauerlich, mir aber verständlich. Wir haben leider 
kein Institut, das uns in den Stand setzt, uns über die Ein¬ 
kommensverhältnisse von Stellen in anderen Bezirken zu in¬ 
formieren, und es ist mehr oder weniger Zufallssache, ob wir 
in einen guten Kreis kommen. Auch auf diesem Gebiete könnte 
das von mir in der Nr. 7, Jahrg. 1908 der B. T. W. vor¬ 
geschlagene Zentralbureau großen Segen stiften dadurch, daß 
es für die einzelnen Kreise Zahlen sammelte, um Interessenten 
bei Vakanzen Auskunft gegen Entrichtung einer Gebühr 
zu geben. 

Ehe ich die Äußerungen, die in Verbindung mit meiner 
Person stehen, widerlege, möchte ich den Irrtum desj Herrn 
Dralle richtig stellen, daß eine Witwe mit drei Kindern im 
Alter von 14, 10 und 9 Jahren in dem angenommenen Falle 
lediglich auf 504 M. Witwengeld angewiesen ist. Jedes Kind 
erhält Vö des Witwengeldes; es würden zu den 504 noch 
303 Mark hinzutreten. Mit 807 Mark kann eine Witwe nun 
auch nicht sich und drei Kinder unterhalten; im Interesse der 
Wahrheit und Klarheit möchte ich aber auf jene 303 Mark be¬ 
sonders hinweisen. 

In dem Artikel in der Nr. 41 der B. T. W. 1907 habe ich 
behauptet, daß die Reisegebühmisse in den einzelnen Stellen 
sich bewegen zwischen einigen Hunderten bis 10 000 oder 
15 000 M. An einer andern Stelle desselben Artikels hatte ich 
von einer 15-Millestellung gesprochen. 

Die Reisegebührnisse setzen sich zusammen einerseits aus 
den Tagegeldern und Reisekosten, die der Staat zahlt, andrer¬ 
seits aus Gebühren für Verrichtungen außerhalb des Wohnortes, 
die von Gemeinden oder Privaten zu zahlen sind. Bei der 
„15-Millestellung“ würden noch die Gebühren am Wohnort in 
Betracht zu ziehen sein. 

Das preußische Landwirtschaftsministerium hat den durch¬ 
schnittlichen Betrag der von den Kommunalverbänden und 
Privaten zu deckenden Kosten auf netto 1500 M. beziffert. Als 
Durchschnittsbetrag steigt und fällt natürlich diese Summe ganz 
erheblich, je nach den Kreisen. Der einigermaßen mit den 
Verhältnissen Vertraute wird sich leicht denken können, daß 
hier und da Einnahmen von 5000—6000 M. aus dieser Quelle 
verzeichnet werden können. Ich kenne solche Stellen. In 
solchen Stellen müßten, um 15 000 M. Reisegebühmisse zu ver¬ 
zeichnen, die aus der Staatskasse zu zahlenden Tagegelder und 
Reisekosten etwa 9000—10000 M. betragen. 

Das Ruhebedürfnis der Kreistierärzte im Osten ist nicht so 
groß, als daß sie 65 Tage im Jahre „zum Ausatmen“ nötig 
hätten oder, anders ausgedrückt, die Kreistierärzte des Ostens 
müssen sich in einer Anzahl von Stellen ihr Gehalt viel sauerer 
verdienen, als das im Westen der Fall ist. Ich kenne eine 
größere Anzahl von Kreistierärzten, die tagaus, tagein ihrem 
Amte nachgehen und höchstens an den kirchlichen Festtagen 
absolute Geschäftsenthaltung bewahren. Für diese können wir 
mit 350 Reisetagen rechnen, wofür 350 X 8 = 2800 M. Tage¬ 
gelder gezahlt werden. Bei zusammen 10000 M. Tagegelder 
und Reisekosten müßten etwa 7000 M. Reisekosten aufkommen 
oder bei 350 Reisetagen 20 M. pro Tag. Der Kreistierarzt hat 
pro Tag 50 km Landweg zurückzulegen und nicht 100, wie 
Herr Kreistierarzt Dralle ausrechnete. 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


223 


Jene 50 Kilometer legt man im ostelbischen Flachland ohne 
Auto mit Pferden in bequem 4V< Stunden zurück. 

Wenn man im Sommer um 6, im Winter um 7 Uhr weg¬ 
fährt, ist man um 12 bzw. 1 Uhr wieder zu Hause und kann 
am Nachmittage sich anderen Geschäften und abends schriftlichen 
Arbeiten widmen. Die Ausführbarkeit eines solchen Arbeitens 
kann niemand bestreiten. Den Kreistierärzten, die sich fern 
dem Alkohol halten, für genügenden Ersatz der verbrauchten 
Stoffe sorgen und natürlich auch zähe sind, bekommt eine der¬ 
artige Beschäftigung auch auf die Dauer ausgezeichnet. Sie 
sehen gesund und blühend aus und leiden nicht an Nervosität. 
Ob diese fernbleiben würde, wenn der Kreistierarzt, anstatt sich 
während der Fahrt im bequemen Wagen auszuruhen und die 
anzufertigenden Berichte im Geiste zu überschlagen, mit dem 
Treten eines Rades sich abmüht oder seine Aufmerksamkeit auf 
die Leitung seines Motorrades verwendet, lasse ich dahingestellt. 

Daß dem Kreistierarzt bei den heutigen Sätzen nicht all¬ 
zuviel selbst bei hohen Bruttoeinnahmen, wenigstens in einer 
Anzahl von Kreisen, verbleiben kann, glaube ich in meinem 
Artikel vom 10. 10. 1907, S. 744, Sp. 2 der B. T. W. nach¬ 
gewiesen zu haben. Daß es aber Kreistierärzte mit obigen 
Bruttoeinnahmen gibt, dafür verbürge ich mich. 

Nun werden sicherlich viele Kreistierärzte, besonders die 
hochpolitischen, von denen wir nicht wenige haben, diese Er¬ 
örterung für zwecklos oder gar schädlich erklären. 

Wenn ich für Kreistierärzte eine Politik für erforderlich 
und nützlich erachte, so ist es die der Offenheit. Wem wollten 
wir auch etwas vormachen? Höchstens uns selbst. Die Be¬ 
hörden sind über unsere Einkommensverhältnisse gut unter¬ 
richtet Es wäre kurzsichtig, anzunehmen, daß unser Ministerium, 
dem unsere Tagebücher seit Jahren hindurch zur Verfügung 
stehen, nicht auf das Genaueste informiert wäre. Früher gaben 
die Tagebücher B sogar die Gebühren an, die wir von Privaten 
und Gemeinden bezogen. Schon im Hinblick auf die Neu¬ 
besetzung von Stellen ist die genaue Kenntnis der Verhältnisse 
für das Ministerium erforderlich. Nach dem Umfang der Ge¬ 
schäfte und nach der Höhe des sonstigen Einkommens richten 
sich aber auch die Stellenzulagen. Sollen diese einigermaßen 
gerecht sein, so muß die Staatsregierung jene kennen. 

Jeder wird sich schließlich sagen müssen, daß das Finanz¬ 
ministerium sich derartige bedeutende Ausgabeposten schon aus 
Wissensdrang genau ansieht, sie registriert und ordnet, auch 
wenn nicht die Pauschalierung seit langer Zeit auf der Tages¬ 
ordnung des Finanzministeriums stände. Jedem ist sicher bis 
aufs Tüpfelchen ausgerechnet, was er aus der Staatskasse 
bezogen hat. 

Wir können auch ganz ruhig eingestehen, wie viel uns un¬ 
gefähr Einkommen aus den Reisen verbleibt. Je höher die Summe 
ausfällt, um so mehr wird der Staat bei einem ev. Pauschale als 
Äquivalent in Form derGehaltserhöhung,inForm eines entsprechend 
hohen Reisekostenaversums und in Form von unserer Rangklasse 
entsprechenden Tagegeldern uns gewähren. Von unseren Ein¬ 
nahmen uns etwas abzuknöpfen, daran kann der Staat nicht denken. 
Von einer Anzahl guterStellen abgesehen, ist das gar nicht möglich. 
Beisen ist beschwerlich, mit erheblichen Unkosten für die eigene 
Person verknüpft und erfordert eine besondere Ausstattung mit 
Garderobe. Daß nicht alles verbraucht wird, was ausgeworfen, 
ist allbekannt. Je höher hinauf, um so mehr bleibt übrig, weil 
die Unkosten nicht in gleichem Umfange wie die Einnahmen 


steigen. Vorzüglich stehen sich die Gerichtskommissionen 
(Richter, Staatsanwalt, Kreisarzt, Katasterkontrolleur, Rechts¬ 
anwalt), bei denen für recht oft 3—4 Herren an den Kosten 
partizipieren, was bei uns fast nie vorkommt. Uns bleibt bei 
den miserablen Kilometer- und den niedrigen Tagegeldern herzlich 
wenig. Etwas besser ist die Sachlage in Kreisen, in denen 
viele Gebühren einkommen. Bei den Kreisärzten ist es aber 
auch nach der Seite viel besser bestellt. Letzthin tagte hier 
eine Versammlung von Bahnärzten des Eisenbahndirektions¬ 
bezirkes Posen, in der ein Ministerialkommissar mitteilte, daß 
die Bahnärzte des Bezirkes, die zum größten Teil Kreisärzte 
sind, z. Zt. Einnahmen von 1500—8000 M. beziehen, und daß 
in Zukunft jeder mindestens 3000 M. erhalten soll. Eine nette 
Nebeneinnahme aus einer einzigen Quelle. 

Wirklich gute Stellen, mit denen uns leider ein Vorwurf 
gemacht wird, sind verhältnismäßig selten. Ein lachendes, 
blühendes, dichtes Feld präsentiert sich nicht meinen Blicken, 
höchstens einige geile Stellen in einer mehr oder weniger 
kümmerlichen Saat. Es würde nicht schaden, wenn fruchtender 
Dünger auf das ganze Feld gestreut würde, aber nicht etwa in 
dem Sinne, daß die guten Stellen umgerissen würden. Dabei 
würde der Staat nur ein schlechtes Geschäft machen: anstatt 
einer Stelle hat er zwei mit Gehalt, Stellenzulage, Dienst¬ 
unkostenentschädigung, Tagegeldern, Reisekosten, ev. Pensions¬ 
und Reliktenbezügen auszustatten. Dabei entsteht auch die 
Gefahr, daß die eine von den beiden Stellen eine Pfründe wird, 
eine Stelle, in der der Kreistierarzt wenig oder nichts zu tun 
hat und sein Gehalt sozusagen umsonst bezieht. 

Anstatt nun magere Stellen zu schaffen, könnten die Re¬ 
gierungen, zumal im Westen, wo wenige Dienstgeschäfte zu 
erledigen sind, sehr wohl mehrere Kreise zu einem Bezirk Zu¬ 
sammenlegen, wie es seitens der preußischen Medizinalverwaltung 
mehrfach geschehen ist, so daß der beamtete Tierarzt einiger¬ 
maßen vollbeschäftigt wird. Es ließen sich damit erhebliche 
Ersparnisse machen. Für außergewöhnliche Zeiten müßten, wie 
es in Preußen bei Maul- und Klauenseuche geschehen, natürlich 
Tierärzte kommittiert werden. Bei der Menge von 400 bis 
500 Tierärzten ohne dauernde Stellung kann das gar keine 
I Schwierigkeiten bereiten. Bei Choleragefahr geschieht es auch 
in der anderen Fakultät. Damit würden auch die Klagen der 
Privattierärzte über die Konkurrenz der beamteten Tierärzte 
verstummen und leichter würde der Boden zur gegenseitigen 
Verständigung gefunden werden. 

Die Arbeitskraft der Kreistierärzte dadurch besser aus¬ 
zunutzen, daß immer mehr Seuchen dem Seuchengesetz unter¬ 
stellt werden, würde ich nicht für richtig halten. Eine laxe 
Bekämpfung der Tierseuchen ist so ziemlich zwecklos, das 
Geld dafür kann man sparen, höchstens ist es Füllsel für die 
Tasche des Kreistierarztes. 

Auch im Interesse eines hinreichenden Nachwuchses müßten 
die wirklichen guten Stellen, die Oasen, die dem Wanderer 
freundlich winken, nicht vermindert, sondern vermehrt werden. 
Wie ich bereits in meinem Artikel vom 13. Februar 1908 in 
der B. T. W. andeutete, bieten sie heute fast den einzigen 
Anreiz für das Ergreifen unseres Studiums. Die Tüchtigen 
stellen sich überall da zum Wettbewerb ein, wo der Erfolg den 
höheren Lohn verspricht. Die ^ideal Gesinnten“, die über die 
Liebe zum Studium und Beruf materielle Vorteile außer acht 
lassen, sind nur in einer verschwindenden Minderheit vorhanden. 





224 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Der Staat wird für die Veterinärbeamtenlaufbahn nur so lange 
eine hinreichende Anzahl tüchtiger Bewerber zur Auswahl 
haben, so lange die Aussichten auf Sold und Ehre ungefähr die 
gleichen sind, wie sie in anderen Laufbahnen bei ähnlichen 
Anforderungen an Vorbereitnngszeit, Vermögen und Arbeits¬ 
leistungen winken. Als Hüter eines 3 l /2 Milliardenschatzes, der 
in unseren Viehbeständen sich darbietet, kann der Staat nur 
tüchtige Bewerber gebrauchen. Selbst Koryphäen medizinischer 
Wissenschaft, wie Koch, Löffler, Behring, bemühen sich, 
Mittel und Wege zur Bekämpfung tierischer Seuchen zu ge¬ 
winnen. Wir brauchen allererste Kräfte, wenn die Aufgaben, 
die unserer harren, gelöst werden sollen. Mit den früheren 
Anschauungen über Tierheilkunde muß da allerdings gründlich 
gebrochen werden, und die Regierungen haben voranzugehen. 
Ich meine, daß an den maßgebenden Stellen der Wille dazu vor¬ 
handen ist. 

Speziell in unserem Beamtenstande kommt es mehr noch 
als in anderen nicht allein auf das technische Wissen und 
Können an, sondern auch auf Intelligenz, Charakter, Zielbewußt¬ 
sein, gesellschaftlichen Takt. Wir haben im Gegensatz zu 
bereits konsolidierten Ständen einen Kampf zu bestehen gegen 
Mißtrauen und Vorurteile, wir müssen uns noch durchsetzen und 
anderen innere Anerkennung und Achtung abnötigen, so daß es 
nimmermehr Vorkommen kann, daß ein Landrat die Besuchs¬ 
karten eines hochachtbaren Kreistierarztes diesem durch den 
Diener zurücksenden läßt. Da könnte man mit Shakespeare im 
Heinrich VI. sprechen: „Ich bitte dich, laß mich ein Weilchen 
fluchen.“ 

Nachtrag. 

Nach Druck obiger Ausführungen las ich in der Nr. 9 der 
B. T. W. auch den Vortrag des Herrn Kreistierarztes Traeger- 
Belgard im V. d. b. T. Pr. über die Pauschalierung der Reise¬ 
kosten und Tagegelder. 

Aus dem Vortrag kann man den Eindruck gewinnen, als 
ob ich seinerzeit neben Erhöhung des Gehaltes auch Wohnungs- 
geldznschuß, Erziehungsbeihilfe und Erhöhung der Tagegelder 
beansprucht hätte. Das habe ich nicht getan. Ich habe nur 
die verschiedenen Wege beleuchtet, auf denen die Aufbesserung 
für den kreistierärztlichen Stand vor sich gehen könnte, und 
zwar nur im Hinblick auf die bevorstehende Einkommens-. 
Verbesserung der übrigen Beamten. Da für diese zu jener Zeit, 
ebensowenig wie heute, völlig klar ausgesprochen ist, in welcher 
Weise sie aufgebessert werden sollen, war ich genötigt, die in 
den Tageszeitungen angegebenen und erörterten verschiedenen 
Wege einer kurzen Besprechung zu unterziehen. Für den kreis¬ 
tierärztlichen Stand habe ich die Forderungen in der Form 
aut — aut erhoben; wenn die Aufbesserungen uns gewährt werden 
sollten in der Form et — et, so werde ich mich nicht ablehnend 
verhalten. 

Ferner habe ich an den Ausführungen des Herrn Kreis¬ 
tierarztes Traeger, soweit sie meine Person betreffen, den 
Umstand zu bemängeln, daß er aus meinem Artikel vom 
10. Oktober 1907 den Satz „die mit den Reisekostenliquidationen 
für Kreistierärzte und Regierungen verknüpfte Arbeit fällt zum 
größten Teile fort“ nicht vollständig zitiert hat. Die wesent¬ 
lichen Worte „zum größten Teil“ sind unter den Tisch gefallen. 
Nun ist mir ja nicht unbekannt, daß auch bei Einführung eines 
Pauschales ebenso wie bei andern Beamten der Staat nicht auf 


den Nachweis der Zahl, Dauer und Entfernung der Reisen wird 
verzichten können. Es ist aber ein großer Unterschied, ob eine 
Nachweisung in Form eines Forderungsnachweises eingereicht 
werden muß oder in Form einer einfachen Aufstellung. Heute 
muß der Kreistierarzt, wenn es amtlich auch nicht ausdrücklich 
vorgeschrieben ist, für sich ein Privattagebuch führen, um 
jederzeit den Behörden Auskunft über Reisen geben zu können, 
und dazu der Regierung zwei Forderungsnachweise einreichen. 
Abgesehen von der Art der Aufstellung würde von den drei 
Nachweisungen nur eine verbleiben. 

Im übrigen hat es mir eine große Freude bereitet, die 
ruhigen, ausführlichen und den Kernpunkt der Dinge treffenden 
Darlegungen der Herrn Referenten zu lesen. Die Ausführungen 
meines Freundes, des Herrn Kreistierarztes Rust, unterschreibe 
ich, von dem Passus „crux der Landwirtschaft“ abgesehen, 
Wort für Wort. 

Wenngleich ich seinerzeit die von mir erhobenen Forderungen 
absichtlich nicht scharf präzisiert hatte, vielmehr ausdrücklich 
es als Aufgabe deB Vereins der beamteten Tierärzte bezeichnet 
hatte, die geeigneten dem Herrn Minister zu unterbreiten, sind 
sie ihrem Kerne nach in einer meinen Vorschlägen entsprechenden 
und mich voll befriedigenden Form nunmehr zur Kenntnis des 
Herrn Ministers gebracht worden. 

Die Bezirksärzte in Sachsen. 

Gelegentlich der Debatte über die Vollbesoldung der Kreis¬ 
tierärzte in Preußen interessiert, daß das Königreich Sachsen 
beabsichtigt, die dortigen Bezirksärzte voll zu besolden. 
Demzufolge ist aus der letzten Zweiten Kammersitzung der 
Bericht der Finanzdeputation über Kapitel 56 des ordentlichen 
Etats für 1908/09 von Interesse, der eine wesentliche Änderung 
der grundsätzlichen Besoldung der sächsischen Bezirksärzte 
bringen soll. Es wird der Regierung vorgeschlagen, die Gehalt- 
sätze für die Bezirksärzte so hoch zu gestalten, daß in Zukunft 
die Ausübung der Privatpraxis wegfallen kann. Desgleichen 
sollen die bisher bezogenen Gebühren für die amtlichen Ge¬ 
schäfte (Atteste!) als Einnahmequelle wegfallen (würden in 
die Staatskasse fallen). Vorerst konnte die Finanzdeputation 
den Regierungsvorschlag nicht ohne weiteres akzeptieren. Dem¬ 
gemäß beeilte sich die Regierung, der Deputation eine nähere 
schriftliche Auslegung und eine Denkschrift zu übermitteln. 
Als Grundsätze wurden seitens der Regierung folgende Normen 
aufgestellt: Erhöhung des Gehaltes der Bezirksärzte auf 4500 
bis 7500 M., im Durchschnitt 6000 M. (Bekanntlich beginnen 
in Preußen die vollbesoldeten Kreisärzte mit 3600 M.; die 
Nebeneinnahmen, oft sehr beträchtlicher Art, fallen ihnen aber 
zu.) Ausübung der Privatpraxis soll, abgesehen von Konsul¬ 
tationen mit andern Ärzten und in dringenden Fällen, verboten 
sein. An Bureauaufwand soll ferner 800—1200 M., im Durch¬ 
schnitt 1000 M. bezahlt werden. Fernsprecherauslagen zahlt 
die Staatskasse. Da nunmehr die Deputation ebenfalls für die 
Bewilligung des Kapitels eintritt, dürfte die Besoldungsänderung 
wohl zur Tatsache werden. Dr. G. 

Unsere Taxe. 

Auf Seite 43, Teil n, des Veterinärkalenders für 1907/08 
bietet sich dem Leser ein interessantes Bild: Nachdem das Auge 
sieh soeben an den grünen Fluren gelabt, auf welchen die zwar 
immer noch bescheidenen, aber doch aus modernen Anschauungen 
heraus entstandenen Verhältnisse der preußischen Kreistierftrzte 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


225 


ihrer Vollendung entgegenreifen, bleibt es wie befremdet an 
dieser Stelle haften. Als gehöre es sich so und könne gar nicht 
anders sein, steht in Reih und Glied mit den Genossen unserer 
weit vorgeschrittenen Zeit, ohne eingefriedigt zu sein von 
Kirchhofsmauern, hinter welchen ein ganzes Jahrhundert 
schlummert oder doch schlummern sollte: die tierärztliche Taxe 
vom 21. Juni 1815. Fürwahr, es ist ein Zeichen treuen Ge¬ 
denkens und gereicht den Erben eines solchen Vermächtnisses 
gewiß zur Ehre, wenn sie mit Sorgfalt genau bis auf den Tag 
ein derartiges, vor 100 Jahren gewiß beglückendes Faktum 
kommenden Geschlechtern überliefern, aber es ist inzwischen 
unbrauchbar geworden, was damals genügte, und Moderduft ent¬ 
steigt seiner zermorschten. Ruine. „Für das Setzen eines 
Klystiers“ oder „das Abstütaen der Ohren bei Pferden“ „erhält 
der Lehrer an einer Tierarzneischule“ — von den daneben 
stehenden Gebühren gar nicht zu reden —. Mutet es nicht 
gerade so an, als wenn nach einem längeren Dornröschenschlaf 
bei der Berliner Frühjahrsparade zwischen den neuesten feld¬ 
grauen Uniformen eine alte Landsknechtsgestalt sich breit 
machte? ' Würde da nicht mit Recht ein preußischer Unter¬ 
offizier befürchten müssen, daß dieser den ganzen Parademarsch 
„versauen“ würde. 

Jedes Ding zu seiner Zeit. War der Landsknecht früher 
am Platz, so war die Taxe von 1815 damals nicht weniger tipp¬ 
topp, aber gerade deswegen wäre ihr nun die ewige Ruhe zu 
gönnen. Auf unsere Zeit muß sie als Gespenst wirken, welches 
Alpdrücken verursacht. 

Daß nicht schon längst der helle Ton einer Auferstehungs¬ 
trompete jenes morsche Gefüge in wohlverdienten Staub ver¬ 
wandelt und aus diesem in zeitgemäßer Form eine neue, brauch¬ 
bare Taxe erstehen ließ, liegt wohl nur an der unverständlichen 
Langmut resp. Gleichgültigkeit derer, die es am meisten angeht. 
Was viele vor mir als dringendes Postulat aufgestellt, soll hier 
nur wieder einmal berührt werden. Ganz abgesehen davon, daß 
eine derartige vorsintflutliche taxmäßige Bewertung unserer 
Leistungen dem Stande wohl kaum als Empfehlung dienen kann, 
wird es einfach die höchste Zeit, einem Unfug ein Ende zu 
machen, der es ermöglicht, daß beispielsweise bei Reisen über 
Land von 1—3 (!) Meilen der Fuhrmann 9 M. beanspruchen 
darf, während der Tierarzt von dem vielleicht taxkundigen Tier¬ 
besitzer 4 M. 50 mit Gönnermiene in die Hand gedrückt bekommt. 

Welche interessanten Erfahrungen auf diesem Gebiet vor 
Gericht zu machen sind, wenn wir genötigt sind, den Klageweg 
zu betreten, weiß wohl ein jeder. Kopfschüttelnd und mit der 
Miene aufrichtigen Mitleides entläßt uns der Amtsrichter und 
legt die durch die Verhandlung auf ihr natürliches Maß 
reduzierte Hochachtung vor unserer Standeseinschätzung mit zu 
den Akten. 

Lieber deutscher Veterinärrat, schaffe Rat! 

Kissuth, Kreistierarzt. 

Ostertag-Feier. 

Die durch einen Aufruf (in der B. T. W. 1907, S. 9(52) ein- 
geleitete Abschiedsfeier für den Geheimen Regierungsrat Pro¬ 
fessor Dr. Ostertag anläßlich seines Ausscheidens aus dem 
Verbände der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin und dem 
preußischen Staatsdienste hat am 14. März stattgefunden und 
einen glänzenden Verlauf genommen. Etwa 140 Teilnehmer 
waren erschienen, an Ihrer Spitze Ministerialdirektor Küster 


und Geheimer Oberregierungsrat Schröter; viele Kollegen 
hatten auch eine weite Reise nicht gescheut. Ministerialdirektor 
Küster ließ die erste Rede in ein Hoch auf Se. Majestät 
den Kaiser ausklingen, begann sie aber damit, daß er dem Ge¬ 
feierten in wärmsten Worten die Anerkennung für seine wertvollen 
Dienste in seinem bisherigen Wirkungskreise aussprach. Professor 
Schmaltz dankte im Namen des Komitees den Anwesenden für 
ihre Beteiligung und feierte ebenfalls die Tätigkeit Ostertags, 
dessen Übertritt in den Reichsdienst ein Verlust für die Hoch¬ 
schule, aber ein Gewinn für den Stand sei, da es gelte, einen 
wichtigen Posten, eine angemessene Vertretung der tierärzt¬ 
lichen Forschung und des Veterinärwesens im Reich, zu er¬ 
obern und diese schwierige Aufgabe nur Ostertag gelingen 
könne. Veterinärrat Pauli brachte in gebundener Rede einen 
Toast auf die Gattin und die jungen Söhne Ostertags aus. 
Direktor Goltz dankte namens des Vereins der Schlachthof¬ 
tierärzte dem einzigen Ehrenmitglied des Vereins für sein 
Wirken im Interesse der Schlachthaustierärzte. Darauf sprach 
der Gefeierte allen und für alles seinen Dank aus in einer 
längeren Rede, die wehmütig und launig, ernst und interessant, 
die Hörer fesselte. Den Beschluß machte nach fünfstündiger 
Dauer der Tafelrunde Schlachthofdirektor Brebeck-Bonn mit 
einer allerliebsten Ansprache, wie sie eben nur ein Redemeister 
des rheinischen Karnevals zu bieten weiß. 

Dem Geheimrat Ostertag wird dieses Fest eine stolze 
und herzerfreuende Erinnerung bleiben. * 

Und nun möge ihm sein neues und schweres Werk gelingen! 

S. 

Kommers der Studierenden der MilitSr-Veterinär-Akademie. 

Wie schon in Nr. 9 mit geteilt, hat die Militär-Veterinär- 
Akademie zum erstenmal einen offiziellen Kommers gefeiert, 
zum Zeichen, daß das studentische Wesen mit der Genehmigung 
der drei Verbindungen Cimbria, Arminia und Obotritia eine 
amtliche Anerkennung an der Akademie erlangt hat. Der 
Kommers wurde von dem 0. C. der drei Verbindungen und den 
„Nichtinkorporierten“ veranstaltet und fand in dem schönen 
Saal der Schlaraffia statt; das Präsidium hatte Stud. Grimm- 
Cimbria. Neben vielen Aktiven und ehemaligen Militärveterinären 
waren als Ehrengäste erschienen der General-Inspekteur 
derKavallerie von Kleist mit zwei Adjutanten, der Inspekteur 
des Militär-Veterinärwesens Oberst Dreher, der die Anerkennung 
der früher „heimlichen“ Verbindungen zur Entscheidung gebracht 
hat, der Geheimrat Dr. Schütz von der tierärztlichen Hoch¬ 
schule (deren Rektor durch einen Trauerfall verhindert war ) 
und viele andere, sowie Vertreter der Ausschüsse der Studierenden 
der tierärztlichen Hochschule, Kaiser Wilhelms-Akademie und 
landwirtschaftlichen Hochschule. 

Exzellenz von Kleist brachte ein Hurra auf seine Majestät 
den Kaiser aus. Die studentische Festrede hielt Stud. Ohmke, in 
der er den Dank für die Anerkennung der Verbindungen dar¬ 
brachte und die Grundsätze bezeichnete, nach denen das 
Studententum an der Militär-Veterinär-Akademie sich entwickeln 
wolle. Die Stud. Buß und Erb sprachen auf die Gäste und 
die Damen. Für die Gäste erwiderte Geheimrat Schütz. 
Schlachthof-Direktor Goltz dankte im Namen der „alten Herren“ 
dem Inspekteur für die Anerkennung der Verbindungen. Oberst 
Dreher erwiderte dankend und sprach seine Wünsche für die 
künftige Entwicklung seiner Schöpfung aus. Pflege hehrer 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Vaterlandsliebe, treuer Kameradschaft und Selbstzucht seien 
notwendig, damit dem bevorstehenden Veterinär-Offizier-Korps 
der nötige Korpsgeist innewohne. 

Die Armee geht manchmal schwer an eine Neuerung heran, 
aber was sie tut, tut sie ganz und weiß ihrer Schöpfung sofort 
Nachdruck und Gewicht zu verleihen. Die Feier dieses glänzenden 
Kommerses, nachdem einmal die alten Bedenken gegen studentisches 
Wesen gefallen sind, und die Teilnahme der höchsten Vorgesetzten 
an diesem Feste, sind dafür wieder ein beredtes Zeichen. S. 

Hebung der Stellung der Assistenten an den preußischen tierärztlichen 
Hochschulen. 

Durch den Staatshaushalts-Etat für 1908 vollzieht sich eine 
grundsätzliche Umwandlung der Stellung der Assistenten. Im 
Gegensatz zu den Prosektoren und Repetitoren waren die 
Assistenten bisher keine Beamten, denn sie erhielten ihre 
Remuneration in Form von Stipendien. Dies ist jetzt abgeändert, 
die Besoldung der Assistenten erfolgt fortab aus demselben 
Etatstitel wie die der Repetitoren. Damit werden die Assistenten 
Staatsbeamten und haben den Staatsdienereid zu leisten. Sofern 
sie später endgültig in ein Staatsamt eintreten, wird bei der 
Pensionierung die Assistentenzeit auf das Pensionsdienstalter 
angerechnet. Die Ernennung der Assistenten erfolgt in Zukunft 
durch den Minister (bisher durch den Rektor bzw. Direktor). 

Titelfrage. 

Nach einer Mitteilung der Norddeutschen Presse (Neustet tin) 
wurde in der Städtverordnetensitzung zu Könitz über die Amts¬ 
bezeichnung des Schlachthofleiters verhandelt. Ein Stadt¬ 
verordneter beantragte, dem verdienten Schlachthofinspektor den 
Direktortitel zu verleihen, wie dies in anderen Städten längst 
geschehen sei. Der Bürgermeister erklärte sich einem solchen 
Titel abgeneigt; denn was nenne sich heute nicht alles Direktor. 
Was die Stellung des verdienten Schlachthofvorstehers zu be¬ 
deuten habe, wüßten alle. Eine Standeserhöhung liege in einem 
solchen Titel nicht. Die Städteordnung habe die wirklichen 
Auszeichnungen, die verliehen werden können, genau vor¬ 
geschrieben. Man solle den Schlachthofleiter am liebsten auf 
gut deutsch „Schlachthofvorsteher“ nennen, ähnlich wie Bahn¬ 
hofsvorsteher, eine Bezeichnung, die der Staat ja auch an Stelle 
des Fremdwortes „Stationsinspektor“ eingeführt habe. An Stelle 
des leeren Titels beschließe man lieber eine Gehaltserhöhung. 

Man darf in der Abneigung gegen Titel nicht zu weit gehen, 
denn dieselben sind doch immerhin nicht wohl entbehrlich. 
Immerhin liegt aber in diesen Ausführungen gerade bezüglich 
des Direktortitels viel Wahres. Jedenfalls hat der Bürger¬ 
meister sehr recht mit seiner Bemerkung, daß man lieber eine 
Gehaltserhöhung geben solle. Diejenige Kommune wird sich in 
der Tat das größte Verdienst erwerben und die besten Beamten 
sichern, welche ihnen durch Bezahlung und Behandlung die 
richtige Stellung anweist. S. 

Belicht über die YII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

(Fortsetzung.) 

Überwachung der Milohgewinnung und des Milchverkehrs. 

Referent: Simon-Otterndorf. 

Der fast einstündige Vortrag des Herrn Simon-Otterndorf 
gelangt mit Zustimmung des Herrn Referenten hier nur auszugs¬ 
weise zur Veröffentlichung. 


Referent bespricht zunächst die Krankheiten der Kühe, 
welche Milch gesundheitsschädlich machen können: Milzbrand, 
Maul- und Klauenseuche, Tollwut, die septischen und pyämischen 
Erkrankungen, die Euterentzündungen, und fordert den Ausschluß 
der Milch dieser Tiere vom Verkauf. Bezüglich der Tuberkulose 
wird die Forderung erhoben, daß die Milch von Kühen stammen 
muß, die frei von Eutertuberkulose und frei von klinischen Er¬ 
scheinungen der Tuberkulose sind. Ferner ist die Milch kranker 
Tiere vom Genuß auszuschließen, solange nicht feststeht, daß 
die Art der Behandlung die Milch nicht schädlich macht, und 
ebenso ist die mit alkalischen Konservierungsmitteln sowie die 
mit Desinfektionsmitteln versetzte Milch nicht in den Verkehr 
zu lassen. Betreffs der Fütterung warnt Referent vor zu hohen 
Anforderungen. Er will nur die Futtermittel ausgeschaltet 
wissen, von denen erwiesen ist, daß sie der Milch einen schäd¬ 
lichen Charakter verleihen, denn sonst würde man, wie Oster¬ 
tag richtig sagt, „den Erwerbszweig zerstören, zu dessen Hebung 
man beitragen will“. Die Überwachung der Milohgewinnung 
erfordert also — so führt Referent weiter aus — in erster 
Linie eine Überwachung der Milchtiere. Für die gewöhnliche 
Markt milch dürfte einvierteljährliche Untersuchung der Be¬ 
stände genügen. Im Anschluß an die klinischen Untersuchungen 
hat aber jedesmal eine bakteriologische Untersuchung der 
Gesamtmischmilch eines jeden Bestandes durch den Tierarzt 
stattzufinden und zwar durch Zentrifugieren und Verimpfen von 
Rahm und Bodensatz an Meerschweinchen. 

Was die Probeentnahme betrifft, wird auf die hierüber 
erteilte Anweisung der bakteriologischen Versuchsstation der 
Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen verwiesen. 

Im Interesse der Konsumenten stellt Referent weiter die 
Forderung, daß die zum Verkauf gestellte Milch schmutzfrei und 
in süßem Zustand in den Verkehr kommt. Milch darf bei 
dreistündigem Stehen eines Liters in einem Gefäß mit durch¬ 
sichtigem Boden einen Bodensatz nicht zeigen und darf beim 
Kochen oder bei Zusatz von Alkohol nicht gerinnen. 

Zur Verhütung der Verunreinigung der Milch mit mensch¬ 
lichen Krankheitserregern (Typhus, Scharlach, Diphtherie, Ruhr) 
hat die Medizinalbehörde die nötigen Vorschriften zu erlassen, 
ebenso in den Fällen, in denen infiziertes Wasser zum Spülen 
der Gefäße verwendet ist. Der ärztlichen Aufsicht unterliegt 
auch der Gesundheitszustand der mit der Gewinnung und dem 
Transport der Milch beschäftigten Personen. Im übrigen aber 
sind die berührten Fragen die natürlichen Aufgaben des Tierarztes. 

Nachdem Referent über Aufbewahrung und Transport der 
Milch, über die Beschaffenheit und Reinigung der Milchkannen 
sich ausgelassen, spricht er über Fettgehalt und spezifisches Ge¬ 
wicht der Milch. Die Aufnahme des spezifischen Gewichts in die 
Polizeiverordnungen hat nach Ansicht des Referenten wenig 
Zweck, da durch dasselbe nur diejenigen Milchverfälschungen 
aufgedeckt werden, die durch Zusatz großer Mengen Wasser 
oder durch fast völlige Entziehung des Fettes bewirkt werden. 
Diese beiden Milchfälschungen kommen aber sehr selten vor. 
Dagegen würde gerade die am häufigsten vorkommende Fälschung, 
die teilweise Entrahmung der Milch, häufig unentdeckt bleiben; 
noch mehr würde dies der Fall sein bei der kombinierten 
Fälschung, der teilweisen Entrahmung bei gleichzeitigem Wasser¬ 
zusatz. Angaben über das spezifische Gewicht sollten daher nur 
ausnahmsweise — in den Ausführungsbestimmungen — zur Be- 



19. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


227 


lehrnng der bei der Milcbkontrolle beschäftigten Polizeiorgane 
gemacht werden. 

Dagegen wäre der Mindestfettgehalt festznsetzen, aber daß 
eine Bestrafung wegen zu geringen Fettgehalts nur eintreten 
kann, wenn nachgewiesen ist, daß derselbe künstlich hervor¬ 
gerufen ist 

Referent bespricht dann die erhöhten Anforderungen, die 
an die Vorzugsmilch zu stellen sind: Strenge tierärztliche 
Kontrolle alle 14 Tage, Untersuchung jeder Kuh vor Einstellung, 
reinliche Haltung der Kühe, Überwachung der Fütterung (Grün- 
futter zulässig, nur der Übergang allmählich), Filtrieren der 
Milch durch Wattefilter, Kühlung, Verkauf in hellen Flaschen, 
ärztliche Beaufsichtigung des Personals. 

Von der Forderung, daß jede Kuh vor ihrer Zulassung zur 
Vorzugsmilchgewinnung der Tuberkulinprobe zu unterwerfen ist, 
rät Referent ab und weist darauf hin, daß auch der letzte milch- 
wirtschaftliche Kongreß im Haag sie nicht mehr gefordert hat. 

An die Milch der Sammelmolkereien sind die gleichen 
Forderungen zu stellen, soweit sie als Vollmilch oder Vorzugs¬ 
milch zum Verkauf kommt. Für die zur Butterbereitung 
verwandte Milch sind keine Vorschriften zu erlassen. Denn es I 
wäre ein unbilliges Verlangen, wollten wir allen Landwirten, 
die ihre Milch zur weiteren Verarbeitung an die Molkereien 
liefern, Vorschriften über ihre Stallungen, Viehhaltung, Fütterung 
und Pflege machen. 

Das Problem der Milchversorgung umfaßt, so schließt 
Referent, eine ganze Reihe von Fragen, die einzeln beantwortet 
werden müssen und an denen neben dem Molkereifachmann vor 
allem der Landwirt, der Milchhändler, der Arzt und der Tier¬ 
arzt beteiligt sind. Eine Lösung dieser Aufgabe kann nur er¬ 
folgen, wenn alle diese Berufe Zusammenarbeiten. Es wäre 
daher zu empfehlen, am Sitz einer jeden Regierung eine solche 
Kommission einzusetzen, welche die Frage der Milch Versorgung 
regelt. Referent faßt seine Ausführungen in folgende Leitsätze 
zusammen: 

1. Die 7. Hauptversammlung des Vereins beamteter 
Tierärzte Preußens erblickt in der Versorgung des 
Volkes mit gesunder Milch eine wichtige, nationale 
Forderung. 

2. Die Versammlung ist der Ansicht, daß das 
Problem der Milchversorgung nur gelöst werden kann 
durch einmütiges Zusammenwirken von Landwirten, 
Molkereifachleuten, Ärzten und Tierärzten. 

3. Sie empfiehlt daher, am Sitz der einzelnen 
Regierungen gemischte Kommissionen aus diesen ver¬ 
schiedenen Berufsarten einzusetzen, welche einen den 
Verhältnissen des Bezirks Rechnung tragenden Ent¬ 
wurf ausarbeiten. 

4. Sie ist der Ansicht, daß es Pflicht der Tierärzte 
ist, die vom hygienischen Standpunkte aus an und für 
sich wünschenswerten Forderungen auf das praktisch 
durchführbare und für die Landwirtschaft erträgliche, 
Maß zu beschränken. 

5. Als Grundlage empfielt sie den Entwurf für 
Preußen, den der Herr Minister für Landwirtschaft 
nach Anhörung der Landwirtschaftskammern, der 
Handelskammern und anderer geeigneter Sachver¬ 
ständigen den Oberpräsidien zur Begutachtung über¬ 
wiesen hat. 


Der Vorsitzende spricht dem Referenten für die außerordent¬ 
liche Leistung und die umfangreichen Arbeiten, die der Vortrag 
erfordert habe, verbindlichsten Dank aus. In die Besprechung 
der wichtigen Thesen konnte w T egen Zeitmangel leider nicht 
eingetreten, soll aber auf Antrag in der nächsten Hauptver¬ 
sammlung nachgeholt werden, 

Nunmehr erstattete der Vorsitzende den Vereinsbericht. 

(Fortsetzung folgt.) 

Vereinigung für Deutsche Mittelmehrfahrten. 

Die Vereinigung für deutsche Mittelmeerfahrten läßt durch 
den zweiten Vorsitzenden E. Witte, Charlottenburg, Goethestr. 34, 
auf ihre billige Reisegelegenheit nach den Gestaden des Mittel¬ 
meers im kommenden Sommer hinweisen. Es ist diesmal ein 
Besuch der ethnographisch, künstlerisch und landwirtschaftlich 
hervorragendsten Stätten des westlichen Mittelmeerbeckens ge¬ 
plant. Die Reise beginnt am 15. Juli in Genf, führt nach 
Marseille, dann über Barcelona nach Malorca, Algier, Tunis, 
Karthago, Tripolis, Malta, Syrakus, Kapri, Neapel, Pompeji, 
Rom, an die Riviera, und endet am 4. August in Marseille bzw. 
Genf. Der Preis der 21 tägigen Rundfahrt einschließlich der 
guten Verpflegung, aller Fahrten, der Führung und Besichtigung 
ist auf nur 375 M. bemessen. Der ausführliche Prospekt ist 
durch den Schriftführer Lehrer Hinz, Charlottenburg, Kirchstr. 35, 
zu beziehen. 


Bücheranzeigen und Besprechungen. 

W. Rickmann, Tierzucht und Tierkrankheiten in Deutsch- 
Süd westafrika. Berlin 1908. Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Wilhelm8tr. 10. 364 Seiten. Ladenpreis M. 9.—. 

In dem vorliegenden Buche hat der Kaiserliche Veterinärrat 
Rickmann, welcher von 1894 bis 1906 als Sachverständiger für 
Tierzucht und Veterinärwesen in Deutsch-Süd westafrika tätig war. 
seine reichen Erfahrungen in gomeinfaßlicher Form niedergelegt. 
Obwohl der Verfasser im Vorwort erwähnt, daß er seine Abhand¬ 
lung vornehmlich für die Farmer des Landes geschrieben habe, 
kann zu ihrem Lobe gesagt werden, daß sie nicht minder wertvoll 
für die Tierärzte und alle diejenigen ist, denen das wirtschaftliche 
Gedeihen der Kolonie am Herzen liegt. Jeder Satz beweist, daß 
der Verfasser einen ausgezeichneten Überblick über alles das besitzt, 
was in Sachen der Tierzucht und der Seuchenbekämpfung der 
Kolonie von Vorteil ist. Wenn er an einigen Stellen durchblicken 
läßt, daß er nicht alles erreicht hat, was er zum Nutzen des Landes 
erstrebte, so werden alle Kenner der schwierigen Verhältnisse in 
Deutsch-Südwestafrika ihm auch für dieses Zugeständnis Dank 
wissen. 

Auf dem Gebiete der Tierzucht und der Bekämpfung der Tier¬ 
seuchen sind noch große Aufgaben zu bewältigen. Den Anfang 
hat Rickmann mit großem Geschick gemacht. Sein Lehrbucli ist 
ein Markstein in der Geschichte der veterinären Tropenhygiene. 
Er hat seinen Nachfolgern in demselben wertvolle Fingerzeige für 
ihr zukünftiges Handeln gegeben. Möge ihnen derselbe Erfolg be- 
schieden sein, wie dem verdienstlichen Verfasser. 

Das Buch zerfällt in zwei Teile, in einen tierzüchterischen und 
einen veterinär-technischen. 

Im ersten Teil wird die Auswahl und Beschaffenheit einer Farm 
sowie die Zucht und Ausnützung der Haustiere besprochen. Nach¬ 
dem in diesen Kapiteln die Zuchtgrundsätze, die Einrichtung von 
Tränken und Kraalen erörtert worden sind, geht der Verfasser 
näher auf die Zucht der einzelnen Haustiere einschließlich der 
Kamele und des Geflügels ein. Hieran schließen sich Zahnalter-, 
Trächtigkeits- und Schlachtgewichtstabellen an. 

Der zweite Teil ist den Tierseuchen und Krankheiten gewidmet. 
Vorausgeschickt sind Kapitel über die Organisation des Vetorinär- 
wesens, Seuchentilgung, die Gewährleistung im Tierhandel und di«* 
Fleischbeschau. 


* 





228 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


In der speziellen Besprechung folgen dann: a) die in Deutsch- 1 
Südwestafrika bekannten Seuchen und seuchenartig verlaufenden 
Krankheiten der Haustiere, b) die in Deutsch-Südwestafrika bisher 
nicht bekannten Tierseuchen, c) Zufallskrankheiten, d) Operationen, 
e) Instrumente und Medikamente. 

In einem Anhänge sind die wirtschaftlich wichtigen Zecken und 
ihre Bekämpfung abgehandelt. 

Das Buch füllt in der Tat eine große Lücke aus, da es bisher 
kein Werk deutscher Zunge gab, welches über Tierzucht und 
Seuchenbekämpfung in den Kolonien in übersichtlicher Form hätte 
Auskunft geben können. Es sei deshalb nicht nur den Kolonial¬ 
tierärzten, sondern allen Veterinärmedizinern aufs beste empfohlen. 

Knuth. 

Neue Eingänge (Besprechung Vorbehalten). 

Prof. Dr. Th. Kitt, Lehrbuch der allgemeinen Pathologie 
für Tierärzte und Studierende der Tiermedizin. Zweite verbesserte 
Anflage. Mit 140 Textabbild, und 6 Farbentafeln. Ferdinand Enke, 
Stuttgart 1908. Preis 12 M. 

Prof. Dr. Th. Kitt, Jlakterienkunde und pathologische 
Mikroskopie für Tierärzte und Studierende der Tiermedizin. 
Fünfte, wiederholt verbesserte und umgearbeitete Auflage. Mit 
mehr als 200 Abbild, und 4 kolorierten Tafeln. Moritz Perles, 
Wien 1908. Preis 15 M. 

Dr.' C. Pomayer, Distriktstierarzt, Das Zurückhalten der 
Nachgeburt beim Rind. Mit 9 Abbild. Verlagsbuchhandlung 
von Richard Schoetz, Berlin 1908. Preis 2,50 M. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose. Herausgegeben v. Prof. 
Dr. Ludolph Brauer, Band IX, Heft 1: Wolff-Eisner, Die 
Ophthalmo- und Kutan-Diagnose der Tuberkulose (kutane 
und konjunktivale Tuberkulinreaktion nach v. Pirquet und 
Wolff-Eisner) nebstBesprechung der klinischen Methoden 
zur Frühdiagnose der Lungen-Tuberkulose. Curt Kabitzscb 
(A. Stübers Verlag) Würzburg 1908. Preis brosch. 6 M., geb. 7 M. 

Internationales Centralblatt für die gesamte Tuberkuloseforschung 
Herausg. v. Prof. Dr. Ludolph Brauer, Prof. Dr. de la Camp, 
Dr. G. Schröder. II. Jabrg., Nr. 5, Curt Kabitsch (A. Stübers 
Verlag), Würzburg 1908. 

Medizinalrat Prof. Dr. Pusch, Die Kindermilchproduktion in 
wirtschaftlicher und hygienischer Beleuchtung unter besonderer 
Berücksichtigung der im Rassestalle der Tierärztlichen Hochschule 
in Dresden gemachten Erfahrungen. Mit 10 Textabbildungen. 
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. Preis 2 M. 

Wilhelm Schmidt, Beitrag zur Geschichte des Landes¬ 
verbandes Preußischer Trichinen- und Fleischbeschauer- 
Vereine mit besonderer Berücksichtigung der Bestrebungen des¬ 
selben für die Fleisch- und Trichinenbeschauer, um Teilnahme an 
den staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen zu erzielen. Verlagsbuch¬ 
handlung von Richard Schoetz, Berlin. Preis 0,50 M. 

Dr. Crone-Miinzebrock, Entwicklung der Schweinezucht in 
Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaft¬ 
lichen Fragen M. & H. Schaper, Hannover 1908. Preis 2,50 M. 

Studien und Mikrophotogramme zur Kenntnis der pathogenen Proto¬ 
zoen. Herausg. von Privajdozent, Stabsarzt a. D. Th. von Wasie- 
lcw'ski. II. Heft (aus den hygienischen Instituten der Universität 
Berlin und dem Institut für Krebsforschung zu Heidelberg) Unter¬ 
suchungen über Blutschmarotzer. Mit 25 Textbildern und 
8 Lichtdrucktafeln (70 Mikrophotogramme). Johann Ambrosius Barth, 
Leipzig 1908. Preis 12 M. 

Felix Hoesch, Königl. ökonomierat: Die wichtigsten Fragen 
der Tierzucht und Tierhaltung in der Gegenwart. M. & 
II. Schaper, Hannover 1907. Preis 1.50 M. 

Verslag van de Werkzaamheden der Rijksseruminrichting 1906. 
Wed. S. Benedictus, Rotterdam 1907. 

Dr. Fr. Freytag, Die Bedeutung des gelben Knochen¬ 
markes für die Blutbildung und die „Kerneinheit“ der 
Erythrocy ten. Mit 4 Figuren. (Separatabdruck aus der Zeitschrift 
für allgemeine Physiologie. Herausg. v. Dr. Max Venvorn. VIII Band, 
I. Heft 1908.) Gustav Fischer, Jena. 


Dr. Fr. Freytag, Zur Theorie der Blutzellenbildung und 
der fixen Zellen der tierischen Organismen. (Separat¬ 
abdruck aus Zentralblatt für Physiologie. Band XII, Nr. 22.) 

Bericht über die Verwaltung des städtischen Schlacht- 
und Viehhofes zu Augsburg 1906. 

Professor Dr. Ziemann, Wie erobert man Afrika für die 
weiße und farbige Rasse. (Beiheft zum Archiv für Schiffs- und 
Tropenhygiene. Band XI.} Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1907. 
Einzelpreis 75 Pf. Subskriptionspreis 60 Pf. 

Preußisches Gewerbesteuer-Gesetz, L. Schwarz & Comp., Berlin. 
Preis 60 Pf. 

Otto KnUsel, Studien über die sogenannte sterilisierte 
Milch des Handels. Ein Beitrag zur Biologie der peptonisierenden 
Milchbakterien. (Inaug.-Diss. der vet.-med. Fakultät der Universität 
Zürich.) Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. 

Ernst Oberwarth und Lydia Rab!nowit8Ch, Ueber die Resorp¬ 
tionsinfektion mit Tuberkelbazillen vom Magendarm¬ 
kanal aus. (Sonderabdruck aus der Berliner klin. Wochenschrift, 
1908, Nr. 6). 

Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: Dem Marstall-Ober- 
veterinär Veterinärrat T/mitus-Potsdam der Kronenorden 3. Klasse. 

Es wurde ernannt: Professor Dr. M. Schlegel, Vorstand des 
tierhygienischen Instituts der Universität Freiburg zum ordentlichen 
Honorarprofessor. Dem Königl. Hofstabsveterinär Wille wurde der 
Rang eines Stabs-Oberinspektors, dem Bezirkstierarzt Adolf Weigtn- 
fAa&r-Starnberg bei seiner erbetenen Versetzung in den Ruhestand 
der Titel eines Königl. Kreistierarztes verliehen. 

Ernennungen: Der städtische Tierarzt Heinrich LoÄteefr-Duisburg- 
Meiderich zum Schlachthofdirektor daselbst. — Versetzt: Die 
Kreistierärzte Knicger- Posen nach Ohlau, Hoehne- Ohlau nach Sw'ine- 
münde, Ho/f/ic*w*-Swinemünde nach Zabikow’o (Landkreis Posen- 
West), BwAo/f-Falkenberg 0 -S. nach Ratibor, Irrgang- Adenau nach 
Falkenberg O.S., later-Eupen nach Adenau, Vclmelage- Jülich nach 
Eupen; der Bezirkstierarzt Gustav KäppelA lingolfing nach Nörd- 
lingen (Schwaben). 

Niederlassungen: Die Tierärzte Groninger in Steinhorst (Lüne¬ 
burg), Georg Loh sc in Lockwitz, Bez. Dresden. — Verzogen: Die 
Tierärzte Bente als Assistent des Tierarztes Felting nach Stralsund, 
Wilhelm Patdus- Pfarrkirchen als Assistent des Bezirkstierarztes 
nach München, Franx Schäfer - Dachsbach nach Herzogenaurach 
(Oberfr.), die bczirkstierärztliehen Assistenten Hans Xrämer-Immen- 
stadt als Assistent des Tierzuchtinspektors nach Bayreuth und 
Gerhard Schmid- Sinsheim als Assistent am Seucheninstitut der 
Tierärztlichen Hochschule nach Stuttgart, Schlachthoftierarzt Hans 
Eßerf-Graudenz nach München. 

Examina: Promoviert: Kreistierarzt BracffcJ-Stuhm zum Dr. 
med. vet. in Gießen, Tierarzt Harry Sehirop , Assistent am hygien. 
Institut der Tierärztlichen Hochschule zum Dr. med. vet. in Bern 
(nicht Zürich, wie in Nr. 10 angegeben). — Die kreistierärztliche 
Prüfung haben bestanden: Kommissarischer Gestütstierarzt Peter 
Höpermann aus Beberbeck und die Tierärzte Friedrich Ebhardl und 
Karl Siedefeder, beide Assistenten an der Tierärztlichen Hochschule 
in Hannover. — Approbiert: Die Herren Erwin Baum aus 
Deutmannsdorf, Bruno Böhm aus Piskorsine, Rudolf Baase aus 
Brunn, Waller Henn aus Braunfels a. Rh., Robert Heymann aus 
Breslau, Nathan Hirsch aus Stolp, Franx Ijenxe aus Geseke, Paul 
Meyer aus Zöberitz in Berlin; Kurt Schumann in Dresden; Gustav 
Bartels aus Steinbke, Albert Bode aus Opperhausen, Adolf Lehr aus 
Linden, August Mollmann aus Ankum, Christian Mühlmibruch aus 
Othfresen, Friedrich Prasse aus Kühnem, Richard Tang aus Piepers¬ 
berg, Kurt Weineck aus Saalfeld in Hannover. 

Todesfälle: Stabsveterinär a. D. Gustav Theodor Jacobs- Mölln, 
Distriktstierarzt Georg Wagner- Unterthingau. 

Yakanzen. (v g i. Nr. io.) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbm&ltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. BUxenstein, Berlin. , 




Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage Ton Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitung*- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit SO lk., in Petitsata mit 
60 Bk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmält«, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., LuisenstraSe 56. Korrekturen, 
Resensions-Exemplare and Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Ginge Veterinärrat Dr. Lothes Prof. Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Professor Departementstierarzt Kreistierarzt Departementarierarzt Departementailorarzt Professor 

Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Dresden. 

Med.-Hat Dr. Boeder Dr. Schlegel Dr. I. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Zündel 

Professor Professor Professor Landestierarzt ▼ Bayern Kreistierarzt 

Dresden. Freiburg 1. Br. Dresden. München. Mülhausen LE. 


Jahrgang 1908. «M 13. Ausgegeben am 26. März. 


Inhalt: Marxer: Über Immunisierung gegen Rotzkrankheit. — Blunk: Stumpfer Emaskulator und Ekraseuremaskulator. 

— Hott Inger: Die anatomische Diagnose der Tuberkulose im ersten Stadium; Bemerkung zu „Fehldiagnosen 
mit der Tuberkulinprüfung“. — Referate: Hendricks: Synovektomie der am Sprnnggelenk gelegenen Sehnenscheide des 
dicken Hufbeinbeugers beim Pferd. Heilung. — Schmidt: Sehnen und Periostknochenreflexe beim Pferde; ein Beitrag zur 
Diagnostik der Lahmheiten. — Kovänyi: Seuchenhafte Mauke der Pferde. — Home: Enteritis chronica pseudotuberculosa 
oder die „Jobnesche Seuche“ konstatiert in Norwegen. — Tageageachiohte: Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907 (Fortsetzung). — Internationaler tierärztlicher 
Kongreß im Haag im September 1909. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Ober Immunisierung gegen die Rotzkrankheit. 

Von Dr. A. Marxer. 

Vortrag, gehalten am 16. März 1908 in der Tierärztlichen Gesellschaft 
zu Berlin. 

Verehrte Herren! Gestatten Sie mir, Ihnen über die Rötz- 
immonisienmgsversuche, welche in gemeinschaftlicher Arbeit von 
Prof. Dr. E. Levy, Dr. Franz Blumenthal und mir jetzt zu 
Ende geführt sind, zu berichten. Wir glaubten zur Herstellung 
eines Vaccins Lösungen von chemisch indifferenten Stoffen be¬ 
nutzen zu müssen, welche durch Veränderung des osmotischen 
Drucks imstande sind, die Bakterien abzuschwächen bezüglich 
abzutöten, ohne eine tiefgreifende Veränderung der Leibessub¬ 
stanz und damit eine Beeinträchtigung der für die Immuni¬ 
sierung wichtigen Antigene zu verursachen. Körper mit solchen 
Eigenschaften fanden wir im Glyzerin und Harnstoff. Die Er¬ 
folge, welche uns die Behandlung von anderen Infektionserregern, 
wie von Tuberkelbazillen usw. mittelst dieser Methode gebracht 
haben, bestärkten nns noch, ebenso gegen Rotz zu immunisieren, 
besonders da gegen diese gefährliche Krankheit eine Immuni¬ 
sierung nach den üblichen Verfahren bisher nicht geglückt ist. 

.Die Ab8chwäclmng der Rotzbazillen in diesen Lösungen ist 
proportional der Temperatur und im umgekehrten Verhältnis 
zur Dichtigkeit der Emulsion. So sind die Bazillen in einer 
Konzentration von 0,1g Bazillen anf 4 ccm 80proz. Glyzerin 
in 14 Standen bei 37° abgetötet, während hei einer Konzen¬ 
tration von 0,004 g Bazillen auf 4 ccm Flüssigkeit dieselben 
bereits nach 7y 2 Stunden vernichtet sind. In gleicher Weise 
ist die Wirkung rascher bei 37 0 wie bei Zimmertemperatur. 
Zur Feststellung der Abtötung der Bazillen verwendet man am 
besten die Meerschweinchenimpfung. Um annähernd gleiche 
Resultate mittelst Kulturen zu erhalten, muß man eine größere 
Menge der Emulsion verarbeiten. Auch müssen die Bazilien 
innig mit dem Nährboden vermischt werden, und dieser muß 
ein günstiger sein. So kann man von der 10. Stunde ab nur 


noch durch Mischen der zn untersuchenden Bazillenemulsion mit 
Agar und nacliherigeB Ausgießen, oder durch Aufträgen auf die 
Kartoffel, Keime sich entwickeln sehen. Streicht man dieselbe 
Flüssigkeitsmenge mittelst Spatels anf in Kolleschen Schalen 
erstarrtem Agar aus. so bleibt dieser steril. Die Nährmedien 
müssen bis zu 8 Tagen beobachtet werden, da stark abge¬ 
schwächte Keime längere Zeit brauchen, um sich entwickeln 
und vermehren zu können. Nach 14 ständigem Schütteln mit 
80 proz. Glyzerin bei 37 0 sind die Bazillen in der oben ange¬ 
gebenen Konzentration völlig abgetötet. Meerschweinchen ver¬ 
tragen aber schon zuweilen ganz beträchtliche Mengen nach 
einem Schütteln von 7 1 / 2 Stunden in dichter Konzentration. 

Unsere Immnnisierungsversuche begannen wir zunächst an 
Meerschweinchen. Wir wendeten die subkutane und intraperi¬ 
toneale Injektionsmethode an. Die Tiere wurden zuerst 
durch Vorbehandlung mit abgetöteten Bazillen gegen an sich 
tödliche Dosen von abgeschwächten, und später von virulenten 
Bazillen zu schützen versucht. Tiere, welche abgesehwächte 
sonst tödliche Mengen vertragen haben, können nachher ebenso 
wie die Kontrollen an Rotz zugrunde gehen. Ich will damit 
sagen, daß es nicht immer gelingt, Meerschweinchen, die auf 
diese Weise vorbehandelt sind, vor der nachherigen' Infektion 
zu schützen. Ebenso schwierig gestaltet sich die Immunisierung 
mit abgeschwächten Bazillen allein. Die Tiere können bis 
300 mg abgeschwächte Bazillen bekommen haben und erliegen 
trotzdem nachher einer Infektion. Weit günstiger werden die 
Resultate, wenn man zur Vorbehandlung abgetötete Bazillen ver¬ 
wendet. Die beste Immunisierungsmethode ist die subkutane 
Vorbehandlung mit größeren Mengen dieser Bazillen. Die sub¬ 
kutane Immunisierung schützt auch gegen nachherige intraperi¬ 
toneale Infektion. Sowohl mit abgeschwächten als auch mit 
toten Bazillen werden die Resultate gleichmäßiger gut, wenn 
der Injektion von virulenten Bazillen eine zweimalige Behand¬ 
lung vorangegangen war. 









230 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


Diese Erfolge ermunterten uns, die Immunisierungen mit 
glyzerinierten Rotzbazillen nunmehr bei Pferden vorzunehmen. 
Wir begannen auch hier durch Injektion von abgetöteten und 
abgeschwächten Bazillen kombiniert und von abgeschwächten 
Bazillen allein auf intraperitonealem, intravenösem und subkutanem 
Wege einen Schutz zu erzielen. Pferd Nr. 1 erhielt 4 Injek¬ 
tionen von insgesamt 255 mg abgetöteter Bazillen und ertrug 
danach 100 mg abgeschwächte Rotzerreger. Nr. 3 und 4 er¬ 
lagen trotz der Vorbehandlung mit abgetöteten Bazillen dieser 
Injektion von abgeschwächten. Nichtsdestoweniger konnte 
Pferd Nr. 1 der Infektion von V 2 cg 2 tägiger Bouillonkultur 
nicht widerstehen. Diese Menge virulenter Rotzbazillen 
stellt aber mindestens die 100 fache tödliche Dosis dar. Wie 
hier, so werden wir auch in folgendem eine Bestätigung der 
Meerschweinchenversuche durch die Pferdeimmunisierungen sehen. 
Pferd Nr. 18 und 19 erhielten nur abgeschwächte Rotzbazillen 
subkutan und intravenös und hatten darauf nach Injektion von 
virulenten Bazillen rotzige Veränderungen. Die übrigen Pferde 
sind nur mit abgetöteten Bazillen vorbehandelt. Pferd Nr. 2 
erhielt in 4 Injektionen 150 mg Bazillen intraperitoneal. 2 l /s mg 
virulenter Bazillen machten das Tier rotzkrank. V5000 ist 
allerdings schon die sicher tötende Dosis. Weiter bekam Pferd 
Nr. 9 in 2 Injektionen 150 mg 2 tägige intraperitoneal, auch 
dieses erwies sich aber nicht als immun. Pferd Nr. 8 war 
ebenso subkutan behandelt worden. Das Resultat war das 
gleiche. Nun wurden die Injektionsmengen erhöht. Den Pferden 
5 und 6 injizierten wir in Intervallen von etwa 3 Wochen 
300 mg intravenös. In demselben Zeitraum erhielt Pferd Nr. 12 
600 mg und Pferd Nr. 17 350 mg subkutan. Diese Pferde waren 
sämtlich immun. Die Kontrollen, die 1 10000 mid 1 /2500 Öse. er¬ 
halten hatten, gingen nach ganz kurzer Zeit an Rotz zugrunde. 
Die Kontrollpferde sind vor der Einstellung immer durch negativen 
Ausfall der Mallein- und Agglutinationsprüfung rotzfrei befunden 
worden. Es muß hier noch hervorgehoben werden, daß alle 
unsere immunisierten Pferde nicht an Rotz starben, sondern erst 
nach erfolgter Tötung bei der Sektion rotzige Veränderungen 
aufwiesen. Also auch die Tiere, die mit abgeschwächten und 
kleineren Mengen abgetöteter glyzerinierter Bazillen vorbehandelt 
waren, zeigten eine erhöhte Widerstandsfähigkeit. 

Wir hatten bei einigen Versuchen bemerkt, daß Bazillen, 
welche längere Zeit, als zur Abtötung nötig war, geschüttelt 
wurden, eine stärkere Reaktion hervorrufen, wie eben tote, ohne 
einen besseren Schutz zu verleihen. Um nun eine weitere Ab¬ 
schwächung der Bazillenemulsion zu verhindern, und diese Stoffe 
auszuschalten, muß man die Glyzerinlösungen verdünnen und 
im Kühlen aufbewahren. Es ist dies für die praktische Ver¬ 
wertung nicht sonderlich bequem. Vorteilhafter sind in dieser 
Beziehung die Harnstofflösungen. Sie lassen sich in jedem 
geeigneten Moment zur Trockne eindampfen und zu einem gleich¬ 
mäßigen Pulver verreiben. Die Pulver können, ohne daß eine 
weitere Einwirkung erfolgt, lange Zeit auch bei höheren Tempe¬ 
raturen leicht verwahrt werden. Die Rotzbazillen sind in einer 
Konzentration von 0,1 g Bazillen auf 4 ccm 10 Proz. Harn¬ 
stofflösung nach 17 Stunden sicher abgetötet. Es gelang uns, 
mit Bazillenpulvern wie mit Extraktpulvern Meerschweinchen fast 
ausnahmslos nach einmaliger Vorbehandlung zu immunisieren. 
Die Extraktpulver waren in der Weise gewonnen, daß nach scharfem 
Abzentrifugieren der Bazillen aus der Emulsion die jetzt voll¬ 
ständig klare Flüssigkeit eingedampft und zu Pulvern verrieben 


wurde. Die überaus guten Ergebnisse mit den Hamstoffimmun- 
pnlvem an Meerschweinchen ließen uns nun eine Versuchsreihe 
an Pferden vornehmen, bei welcher wir mit einer einmaligen 
Injektion von einer mittelmäßig hohen Dosis und einer zwei¬ 
maligen Injektion von kleinen Mengen abgetöteter Bazillen einen 
genügendenSchutz zu erhalten hofften. Das war aber auch hier nicht 
der Fall. Zu einer vollständigen Immunität bedarf es einer ein¬ 
maligen Vorbehandlung von ganz großen Mengen oder wie bei den 
glycirinierten Bazillen einer zweimaligen mit mittelmäßig großen 
Dosen. Pferd Nr. 20 erhielt eine einmalige Injektion von 200 mg, 
Pferd Nr. 21 von 400 mg Extrakt aus eben noch lebenden Rotz¬ 
bazillen. Etwa einen Monat nach erfolgter Injektion mit V2500 Öse 
virulenter Bazillen wurden die Pferde getötet und hatten Rotz¬ 
knoten in den Lungen. Die gleichen Sektionsbefunde lieferten 
Pferd Nr. 23, welchem am 23. Oktober 1906 400 mg abgetöteter 
Ham 8 toffbazillen subkutan einverleibt waren und am 28. No¬ 
vember 1907 1/2500 Öse virulenter Bazillen, und Pferd Nr. 28. 
Dieses hatte am 7. August 1907 375 mg von denselben Bazillen 
erhalten. Am 28. Februar d. J. wurden die Pferde getötet. 
Eine einmalige Vorbehandlung von 200 mg bis 400 mg Extrakt 
sowohl als Bazillenharnstoffpulvern genügt somit nicht zu einem 
vollständigen Schutze. Ein Pferd, das auch nur einmal vorbe¬ 
handelt war, Nr. 27, starb am Tage der Virulenzimpfung inter¬ 
kurrent. DaB Kontrollpferd Nr. 29 hatte am 28. November 1907 
Vsooo Öse erhalten, und war am 10 . Januar 1908 unter hohem 
Fieber der Rotzinfektion erlegen. Pferd Nr. 26 behandelten wir 
in zwei Injektionen mit insgesamt 185 mg abgetöteter Harn¬ 
stoffbazillen. Es ist am 4. Dezember an einer Kolik eingegangen 
und zeigte bei der Antopsie einen Rotzknoten in der Lunge und 
Geschwüre ^auf der Schleimhaut der. Nasenscheidewände. Gleich¬ 
falls interkurrent ist Pferd Nr. 24 am 18. Januar verendet, etwa 
2 Monate nach erfolgter Infektion, nachdem es in zwei Injektionen 
300 mg desselben Immunpulvers erhalten hatte. Bei der Sektion 
konnten rotzige Veränderungen nicht nachgewiesen werden. Mit 
600 mg Bazillen war Pferd Nr. 25 am 23. Oktober 1906 subkutan 
immunisiert worden. Es erhielt dann mit den andern Pferden 
am 28. November 1907 1 / 25 ro Öse subkutan und wurde am 
28. Februar d. J. getötet. Dieses Tier war ebenfalls immun. 
Alle Pferde dieser Versuchsreihe standen in meinem Stalle und 
wurden aus einem Eimer getränkt. Es kam also auch zur 
künstlichen Infektion noch die natürliche hinzu. 

Es ist uns somit gelungen, in Bestätigung der Pferde- 
versuche mit glyzerinierten abgetöteten Bazillen, mit 
toten Harnstoffrotzerregern, Pferde durch eine ein¬ 
malige Vorbehandlung von 600 mg oder eine zweimalige 
von 300 mg vollständig vor der Infektion zu bewahren. 
Die Immunität hält mindestens ein Jahr an. Für die Praxis 
wird es sich empfehlen, in einem Zwischenraum von etwa 
drei Wochen zuerst 100 mg, dann 200 bis 250 mg unseres 
Immunpulvers unter die Haut zu spritzen. Die Injektionen 
rufen keine nennenswerten Temperaturerhöhungen hervor. Das 
Allgemeinbefinden der Tiere ist wenig gestört. Das Immun¬ 
pulver eignet sich wegen seiner langen Haltbarkeit selbst 
bei höheren Temperaturen zur Verwendung in den Tropen. 
Unsere Immunisierung gegen Rotz bedeutet einen weiteren Fort¬ 
schritt in der Bekämpfung der Tierseuchen. Der Impfstoff 
(Farase) ist für den Injizierenden gefahrlos und schließt eine 
Verschleppung der Seuche völlig aus; Forderungen, welche von 
anderen Methoden, wie der Milzbrandschutzimpfung, der Rinder- 



26. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


231 


tuberkulosebekämpfung mit lebenden Bazillen menschlicher 
Provenienz, sowie der Rotlaufimpfung nicht erfüllt werden.. 

Ich möchte noch vermerken, daß der Agglutinationstiter des 
Serams eines Pferdes keinen Schluß auf seinen Immunitätsgrad 
zuläßt. Das Serum von Pferd Nr. 25 agglutinierte Rotzbazillen 
nur bis zu einer Verdünnung 1:800, und das Tier erwies sich 
als immun. Das Serum von Nr. 28 hatte einen Agglutinations- 
Wert 1:8000, und dieses Pferd war nicht geschützt. Die Sera 
der übrigen Pferde agglutinierten bis 1:1000. Die Aderlässe 
sind natürlich vor der Infektion gemacht worden. 

Die Rotzkultur, welche zur Injektion unserer Pferde seit 
1903 benutzt wurde, hat bis November 1907 nichts von seiner 
ursprünglichen Virulenz eingebüßt. 


Stumpfer Emaskulator und Ekraseuremaskulator. 

Von Oberveterinär Blunk-Wesel. 

In Nr. 9 der Tierärztlichen Rundschau wird in einem 
Artikel „Ober moderne Hengstkastration“ gesagt: „Alte Hengste, 
Tiere mit weitem Samenstrang sind durch Kluppen und mit ge¬ 
schlossener Scheidenhaut zu kastrieren. Junge Tiere können 
durch Torsion kastriert werden. Der Emasknlator ist zu ver¬ 
werfen. Allgemein die Kluppen wieder zu empfehlen, ist wegen 
der Samenstrangfisteln ausgeschlossen.“ 

Ich glaube nicht, daß diesö Ansicht von den meisten Tier¬ 
ärzten geteilt wird, denn nach obiger Weise dürften heute die 
wenigsten Tierärzte kastrieren. 

Zur Begründung dafür, daß der Emaskulator zu verwerfen 
sei, heißt es: „Die Blutstillung bei der Kastration mit dem 
Emaskulator erfolgt nach dem Prinzip der Forcipressur, allein 
die gequetschte Stelle ist nur sehr schmal, und die Zeit der 
Quetschung sehr kurz, .... so muß in den meisten Fällen 
Nachblutung entstehen, wenn es sich um einigermaßen starke 
arterielle Gefäße handelt.“ Vorher wird gesagt: „Die momentane 
Aufeinanderpressung der Intima, die Forcipressur, kann 
aber nur -bei Venen und ganz kleinen Arterien als wirksame 
Methode der Blutstillung gelten, niemals aber bei starken 
arteriellen Gefäßen. Hennig hat zahlreiche Versuche gemacht, 
durch Zusammenquetschen des Samenstranges in einem Schmiede¬ 
sehraubstock, und in keinem Fäll ein positives Resultat, d. h., 
daß dadurch, daß die Intima aufeinander haften geblieben, das 
Gefäß undurchgängig gemacht wäre.“ 

Es wird also aus der Tatsache, daß Forcipressur für die 
Blutstillung nicht geeignet ist, gefolgert, daß auch der Ernas« 
kulator hierzu ungeeignet ist, denn Emaskulatorwirkung sei 
Forcipressur. In dieser Folgerung ist die Anschauung, welcher 
man übrigens häufiger begegnet, nicht zutreffend, daß die 
Wirkung des Emaskulators auf Forcipressur, auf „Aufeinander¬ 
pressung der Intima“, wie oben gesagt, beruhe. Wohl stellt 
die Wirkung der Sandschen Zange und deren Verbesserungen 
reine Forcipressur dar, dagegen nicht die des Emaskulators, 
denn dies Instrument preßt nicht einfach die Samenarterie von 
den Seiten her zusammen, als ob sie in einen Schraubstock ge¬ 
spannt wäre, sondern die Quetschflächen nähern sich zunächst 
mit ihren Kanten und gleiten alsdann übereinander, so daß der 
Samenstrang gewissermaßen geschabt wird. Hierbei wird die 
Intima nicht wie bei der Forcipressur aneinander gepfeßt, 
sondern sie, die spröde Glashaut, wird ähnlich wie bei der 
Torsion zersprengt Und vor den Kanten der Quetschbacken her¬ 


geschoben, so daß sie sich aufrollt und dadurch das Gefäßlumen 
verstopft und die Blutung verhindert. Allerdings kommen hin 
und wieder Nachblutungen vor; um dies zu verhindern, ist ver¬ 
sucht worden, den Emaskulator nach verschiedenen Richtungen 
hin zu ändern. Auch hat man gute Resultate bei Anwendung 
des Emaskulators in Gemeinschaft mit der Zange nach Sand, 
Wessel oder Masch gesehen, denn die Wirkung der letzteren 
Zangen unterstützt, obgleich sie reine Forcipressur darstellt und 
der Emaskulatorwirkung nicht gleichkommt, die letztere. 

Wenn Verfasser des eingangs erwähnten Artikels behauptet, 
die Verbesserer des Emaskulators sind samt und sonders auf 
falscher Bahn, weil kurzdauernde Forcipressur niemals hin¬ 
reichen kann, ein stark arterielles Gefäß dauernd gegen Blutung 
zu verschließen, so kann dies nur für diejenigen Geltung haben, 
welche durch Forcipressur die Emaskulatorwirkung verstärken 
wollen. Dagegen glaube ich mich bei Konstruktion des Sicherheits- 
emaskulators auf richtiger Bahn befunden zu haben. Schon bei 
oberflächlicher Betrachtung dieses Instrumentes erkennt man. daß 
die Emaskulatorwirkung nicht durch Forcipressur vergrößert, 
sondern daß doppelte Emaskulatorenwirkung erreicht wird, denn 
die Quetschflächen des unteren Maules drücken nicht einfach 
gegeneinander, sondern sie gleiten wie die des Emaskulators 
übereinander hin. Jedenfalls kann heute wohl als erwiesen gelten, 
daß durch Kastration mittelst des verbesserten Sicherheits- 
emaskulators eine Nachblutung ebenso sicher wie durch Torsion 
verhindert wird. 

Leider ist die exakte Herstellung des Instrumentes sehr 
kostspielig. Ich habe deshalb einen stumpfen Emaskulator her- 
stellen lassen, der, an Stelle der Sand sehen Zange in Gemein¬ 
schaft mit dem einfachen, schneidenden Emaskulator angelegt, 
die gleiche blutstillende Wirkung ausübt wie der Sicherheits- 
emaskulator. Allerdings hat man alsdann wieder die Unbequem¬ 
lichkeit, zwei Zangen benützen zu müssen, auch wurde ich mehr¬ 
fach von Besitzern, deren Hengste ich auf einer Seite mit 
Sicherheitsemaskulator und auf der anderen Seite mit stumpfem 
und einfachem, schneidendem Emaskulator oder mit stumpfem 
Emaskulator und krummer Schere (vgl. weiter unten) kastrierte^ 
gebeten, doch lieber die eine große Zange zu benutzen, da ich 
dann nur einmal schneiden brauche. Es macht nämlich auf den 
Laien einen viel günstigeren - Eindruck, wenn man elegant mit 
einer Zange den Samenstrang durchtrennt, als wenn man zu¬ 
nächst quetschen und dann noch schneiden müß. 

Dies ist nicht unwesentlich, dehn bekanntlich verdankt 
mancher Tierarzt seine größere Praxis dem Umstande, daß er 
die Besitzer zu behandeln versteht. Kürzlich erzählte mir ein 
Kollege, der bisher durch Torsion kastrierte, daß in seiner 
Gegend ein sogenannter Kastrierer die meisten Kastrationen 
vornähme, da den Besitzern die Torsionsmethode zu lange dauere. 
Mehrfach seien die Besitzer, während der Kollege mit dem Ab¬ 
drehen beschäftigt gewesen wäre, unruhig auf- und abgelaufen, 
oder sie hätten wohl gar gefragt: „Sind Sie noch nicht bald 
fertig?“ oder: „Dürfen Sie. denn nicht schneiden?“ Dagegen 
höre man, wie der dortige Kastrierer arbeitet! — Derselbe soll 
durch Abbeißen (!) des Samenstranges am stehenden Pferde 
kastrieren! Ob dies wohl von den Kaninchen erlernt ist, die, 
wie in der D. T. W. — allerdings mit ? ? ? — zu lesen ist, 
auf diese Weise Hasen kastrieren. 

Da es aber lange Weile haben wird, bis die Herren Kollegen 
sich zu dieser Art der Operation verstehen, komme ich wieder 


232 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


auf den stumpfen Emaskulator. Häufig, namentlich auch bei 
alten Stieren, benutzte ich denselben ohne den schneidenden 
Emaskulator, indem ich, natürlich unter ihm, auf der Hoden¬ 
seite, den Samenstrang mit einer einfachen Schere abscbnitt. 
Da ich auch hierbei niemals die geringste Nachblutung auf- 
treten sah, glaube ich, daß ein Teil der Nachblutungen nach 
Benutzung des einfachen Emaskulators darauf zurückzuführen 
ist, daß die Samenarterie nicht vorschriftsmäßig, wie es trotz 
aller Vorsicht leicht geschehen kann, in die tiefste Stelle der 
Hakenkonkavität gelangt, und infolgedessen der Arterienstumpf 
zu kurz abgeschnitten wird, so daß die nach dem Ende dieses 
Stumpfes hin aufgerollte Intima durch den Haken aus der 
Arterie herausgeschoben werden muß. 



Dies ist bei Anwendung des stumpfen Emaskulators un¬ 
möglich. Bei diesem Instrumente ist es, wie beim Sicherheits- 
emaskulator, gleichgültig, ob die Arterie vorne, hinten oder in 
der Mitte liegt, weil ein längerer Stumpf stehen bleibt. Ich 
ziehe deshalb den stumpfen Emaskulator dem einfachen, schnei¬ 
denden vor. Eine größere Gewähr für sichere Bluttstillung 
bietet begreiflicherweise die gemeinsame Anwendung des stumpfen 
und des schneidenden Emaskulators, kommt doch die Wirkung 
der beiden Instrumente der des Sicherheitsemaskulators gleich. 

Falls übergroße Vorsicht gebraucht werden soll, kann man 
auch den Samenstrang unter dem stumpfen Emaskulator ab¬ 
drehen, anstatt ihn zu durchschneiden. 

Ferner ist der stumpfe Emaskulator im Notfälle als Kluppen¬ 
zange verwendbar. 

Das Instrument kann also benutzt werden: 

1. In Gemeinschaft mit einer Schere an Stelle des ein¬ 
fachen Emaskulators. 

2. An Stelle der Sandschen Zange bei Torsion. 

3. In Gemeinschaft mit dem einfachen Emaskulator, 
wodurch die Wirkung des Sicherheitsemaskulators erzielt wird. 

4. Als Kluppenzange (im Notfälle). 

Ich will jedoch nicht versäumen, nochmals darauf hinzu¬ 
weisen, daß die Kastration mit dem stumpfen Emaskulator nie 
den eleganten Eindruck macht, als wenn man mit den Sicher- 
heitsemaskulator operiert, weil man immer noch den Samen¬ 
strang mit Schere oder mit einfachen Emaskulator oder durch 
Torsion durchtrennen muß. 


Ein Intrument, das ich Ekraseur- oder gestielten Emas¬ 
kulator nennen möchte, stellt die zweite Abbildung dar. Aus 
derselben ist ohne weiteres die Handhabe und Einrichtung de« 
Instrumentes erkenntlich. Die au den Enden ineinaderliegender 
Stangen befindlichen Ifaulteile gleichen genau denen eines 
schneidenden Emaskulators. Dieselben werden durch die am 
anderen Ende befindliche Drehvorricbtung oder Zangenschenkel 
geschlossen und geöffnet. 



Das Instrument dient zur unblutigen Kastration von Kühen 
und Stuten, sowie zur Entfernung gestielter Neubildungen aus 
Scheide, Mastdarm, Maul- und Rachenhöhle, auch findet es zweck¬ 
mäßiger als irgend ein mir bekanntes Instrument bei der 
Kastration von Kryptorchiden Verwendung, wenn sich die Hoden 
nicht aus der Operationsöffnung herausziehen lassen. Für das 
Instrument wurde das einfache Emaskulatormaul gewählt, da 
die Eierstockgefäße verhältnismäßig schwach sind. 

Der stumpfe wie der Ekraseur-Emaskulator sind gesetzlich 
geschützt. Die Herstellung hat die bewährte Firma Hauptner, 
welche bekanntlich Tierärzten Instrumente zu kostenfreiem Ver¬ 
suche überläßt, übernommen. 


Die anatomische Diagnose der Tuberkulose im ersten 
Stadium; Bemerkung zu „Fehldiagnosen mit der 
Tuberkulinpriifung“. 

Von Professor Dr. Robert Hottinger-Sao Paulo (Brasilien). 

Die hiesige Munizipalkammer (Sao Paulo) hat die Be¬ 
stimmung eingeführt, daß sämtliche Milchkühe mit Tuberkulin 
geprüft werden sollen und diejenigen Tiere, die sich als tuber¬ 
kulös erweisen, polizeilich einzuziehen und zu schlachten seien. 
Diese Bestimmung besteht seit etwa sechs Jahren und wurden 
seit diesem Zeitraum sämtliche Tiere von Zeit zu Zeit geimpft, 
und die reagierenden ohne weiteres getötet, das Fleisch in 
allen Fällen vernichtet. (!) Die bekannte Tatsache, daß gerade 
die besten Kühe leicht an Tuberkulose erkranken und nach 
obiger Vorschrift getötet werden mußten, erweckte natürlich 
den Groll der Landwirte. Da häufig Tiere auf Tuberkulin 
reagierten, die völlig gesund erschienen und sich auch klinisch 
keine Anhaltspunkte für die Gegenwart tuberkulöser Erkrankung 
nachweisen ließen, wurde wiederholt gerichtliche Klage gegen 
die Stadt erhoben. Zu bemerken ist noch, daß die geschädigten 
Eigentümer irgendwelche Entschädigung nicht erhielten. 

Bei verschiedenen diesbezüglichen gerichtlichen Prozessen 
hatte ich Gelegenheit, bei Tieren die Sektion zu machen, die 
völlig gesund erschienen, sich im besten Nährzustande befanden 
und namentlich klinisch sich keine Anhaltspunkte für die 
Diagnose „Tuberkulose 1 * erbringen ließen. Die Tiere gelangten 
wenige Tage nach der Impfung zur Sektion. Die zu ent¬ 
scheidende Frage war einfach: tuberkulös oder nicht, ob eine 
sehr geringe tuberkulöse Läsion, welche die Konfiszierung des 
Tieres nicht rechtfertigte, vorliege oder nicht, war ohne Belang. 





26. März 1906. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


233 


In diesem Falle war die Prozeßfrage gleichbedeutend mit 
„Gegenwart von Tuberkelbazillen in pathologisch verändertem 
Gewebe?“ Diese Frage wurde mit Hilfe der Bazillenfärbung 
und des Tierversuchs beantwortet und lautete in allen Fällen 
bejahend. Bei einem einzigen Tiere mußte die Frage verneint 
werden, und in diesem Falle konnte nachgewiesen werden, daß 
ein Irrtum in der Kontrolle der Tiere stattgefunden hatte; das 
Tier war als Milchkuh eingetragen, während es sich nach¬ 
gewiesenermaßen um ein Rind handelte. 

Von Interesse sind die Ergebnisse namentlich deshalb, weil 
in einigen Fällen nicht die geringste tuberkulöse Veränderung 
wahrgenommen werden konnte trotz der größten Mühe und 
Nachsuche. In diesen Fällen fiel immer eine sonst normal 
erscheinende Darmlymphdrüse durch, auf dem Querschnitte 
leichte, lokalisierte, Hyperämie auf. Eine Anschwellung der 
Drüse konnte nicht beobachtet werden. 

Diese kleine hyperämische Stelle von einigen Milli¬ 
metern Durchmesser erwies sich als mit Tuberkel¬ 
bazillen infiziert, wie der nachträgliche Tierversuch erwies. 
In den Fällen der Literatur, bei denen nach der positiven 
Reaktion der Tiere tuberkulöse Prozesse bei der Sektion nicht 
naehgewie8en werden konnten, wurde gewöhnlich zu Möglich¬ 
keiten Zuflucht genommen, daß Bich sehr kleine Herde in den 
Knochen der Beobachtung entziehen könnten. 

Dies scheint sehr selten vorzukommen, denn wenn man 
berücksichtigt, daß die natürlichen Infektionswege durch Lunge 
und Darm gehen, so dürften sich nur in den seltensten Fällefi in 
von diesen Organen entfernten Teilen tuberkulöse Veränderungen 
finden, die nicht metastatischer Natur sind; ausgenommen sind 
natürlich akzidentelle, lokale Infektionen. 

Sollte sich bei der Sektion nicht leicht die tuberkulöse Ver¬ 
änderung nachweisen lassen, so wird ein genaueres Studium der 
Lymphfollikel im Gebiete der Lunge und des Darmes, namentlich 
des Dünndarmes, meist zum Ziele führen. Aber es genügt 
nicht, die Drüsen einfach abzutasten, dieselben sind zu durch- 
schneiden. Die Anordnung derselben erleichtert diese Arbeit 
sehr, da oft eine ganze Reihe mit einem Schnitt frei gelegt 
werden können. Irgendwelche Abweichung vom normalen Bilde 
muß als verdächtig gelten, denn Johne hat in Baumgartens 
Jahresbericht 1900, S. 331, einen Fall beschrieben, der ebenfalls 
atypisch ist, und bei dem von einer lokalen Hyperämie nichts 
zu sehen war. Bei Tieren, die nach der Impfung innerhalb ein 
bis zwei Tagen getötet werden, dürfte sich die Hyperämie 
leichter nachweisen lassen. 

Es liegt mir fern, diese Möglichkeit einer versteckten 
Knochentuberkulose absolut zu bestreiten, doch sei durch obige 
Befunde darauf hingewiesen, daß die ersten Stadien der Infektion 
sich nicht immer unter dem bekannten Bilde kleiner oder größerer 
Knötchen darstellen müssen. Das hyperämische Läppchen des 
Lymphfollikels hätte ebensogut durch irgend einen andern Pilz 
erzeugt werden können, im vorliegenden Falle aber liegt die 
Wahrscheinlichkeit sehr nahe, daß der darin nachgewiesene 
Tuberkelbazillus oder vielleicht die Tuberkulinreaktion die Ur¬ 
sache war. Eine Diagnose auf rein anatomischem Befinde 
hätte in diesen Fällen durchaus negativ lauten müssen, und 
man hätte die Zuflucht zu versteckten, unauffindbaren Herden 
nehmen können oder, da die Tiere sonst keine Läsionen zeigten, 
die Fehldiagnose dem TuberkuliU zuschreiben müssen. Besonders 
sei noch auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die fraglichen 


Tiere gleichzeitig an Aktinomykose, Leberabszeß usw. gelitten 
haben könnten. Eine tuberkulöse Veränderung konnte ja nicht 
nachgewiesen werden und vielleicht wäre die Versuchung nahe¬ 
gelegen, die Tuberkulinreaktion auf die Gegenwart obiger patho¬ 
logischer Prozesse zurückzuführen. Von den Angaben, daß 
andere Erkrankungen, wie etwa Leberabszesse nicht tuberkulöser 
Natur, auf die Tuberkulinimpfung positiv reagieren, dürften wohl 
meist auf dem Nichtfund der tuberkulösen Erkrankung sich 
zurückführen. Wenn man nur die typischen Veränderungen 
sucht, werden sich allerdings hin und wieder Tuberkulosen- 
infektionen der Beobachtung entziehen können, besonders im 
ersten Stadium. 

Die Frage, nach welcher Zeit überhaupt die Tuberkulin¬ 
reaktion nach der Infektion des Tieres positiv ausfalle, kann 
wohl dahin beantwortet werden, daß das Tier auf Tuberkulin 
reagiere, bevor sich makroskopisch leicht nachweisbare Ver¬ 
änderungen herausgebildet haben. Diese sich bildenden Herde 
würden sich vielleicht noch für längere Zeit der Beobachtung 
bei der Sektion entziehen, wenn dieselben nicht gerade durch 
die Tuberkulinimpfung infolge der eintretenden Hyperämie sich 
bemerkbar machen würden. 

Für die Beurteilung der Fehlerquellen der Tuberkulin- 
impfung wäre es von Wert, die Geschwindigkeit besser kennen 
zu lernen, mit der sich gewisse Veränderungen nach der natür¬ 
lichen Infektion ausbilden. Man ist meist geneigt, ans dem ge¬ 
wöhnlich sehr chronischen Verlauf der Tuberkulose auf eine 
sehr langsame Entwicklung der Tuberkel zu schließen. Dies 
hat vielleicht Berechtigung in bezug auf metastasisch sich aus¬ 
bildende Herde, wenn aber die primäre Infektion einen sehr 
guten, ungeschützten Boden findet, dürften sich in kurzer Zeit 
sehr ausgeprägte Veränderungen herausgebildet haben. Be¬ 
sonders günstig erscheint mir in dieser Beziehung die Ausbildung 
von Veränderungen in der Lunge, so daß verhältnismäßig bald 
nach der Infektion sich die typischen Veränderungen mit 
Leichtigkeit bei der Sektion nachweisen lassen; je nach der 
Infektion und dem Tiere wird die Zeitdauer kürzer oder 
länger sein. 

Einen Teil der Fehldiagnosen und wohl der größte Teil 
findet sich in der Literatur beschrieben als solche, bei welchen 
die geimpften Tiere nicht reagiert haben, sich bei der Sektion 
aber als tuberkulös erwiesen. Die Fälle von stark entwickelter 
Tuberkulose, welche klinisch bei der nötigen Sorgfalt hätte 
nachgewiesen werden können, gehört nicht hierher. Da diese 
nachgewiesenermaßen die Reaktion meist atypisch geben, 
sollten sie mit besonderer Sorgfalt geimpft und gemessen werden, 
wobei die Temperaturmessung sich namentlich auf mehr wie 
24 Stunden erstrecken sollte. 

Besonderes Interesse scheinen mir die vielen Fälle zu 
bieten, bei denen die Sektion in einer Lymphdrüse eiterige 
und käsige Herde aufdeckt, bei denen also die tuberkulösen 
Veränderungen lokalisiert und verhältnismäßig rezent sind. Die 
Temperaturkurve zeigt nicht die geringsten Abweichungen und 
doch sollten sich solche Veränderungen der Reaktion entziehen 
können; dies erscheint mir nach den bisherigen Erfahrungen 
sehr wenig wahrscheinlich. 

Beim Studium der Literatur trifft man auf außerordentlich 
hohe Fehlerquellen dieser Art, in einem Falle sind sogar über 
44 Proz. (!) verzeichnet, verschiedene Angaben sind vorhanden 
die über 10 Proz. Fehler nachweisen wollen. Diese Angaben 





234 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


sind entschieden nachznprüfen. Diese große Zahl dürfte sich in 
vielen Fällen darauf zurückführen lassen, daß der Impfung 
die Sektion nicht in kurzer Frist folgte. Angaben, wie 
lange nach der Impfung das Tier noch lebte, bis es zur Sektion 
kam, liegen meist nicht vor. Da solche Tiere, da sie ja nicht 
reagierten, gewöhnlich nicht unmittelbar nach der Impfung ge¬ 
schlachtet werdeü, sondern erst geraume Zeit nachher, so liegt 
die Annahme nahe, daß diese Zeit genügt haben könnte zur 
Ausbildung der lokalisierten Veränderungen. 

Die Forderung dürfte nicht ungerechtfertigt sein, daß ge¬ 
impfte Tiere, die nicht reagiert haben, innerhalb acht 
Tagen zur Sektion gelangen müssen, wenn sie noch 
als statistisches Material dienen sollen. Aber auch in 
diesem Falle muß vorausgesetzt werden, daß ein geübter 
Kliniker das Tier vor der Impfung auf Tuberkulose untersucht 
hat, nach meiner Erfahrung lassen sich Tiere, die wegen vor¬ 
geschrittener Tuberkulose keine oder auch nur atypische Reaktion 
geben, klinisch als solche erkennen. Es ist aber zu bemerken, 
daß namentlich bei Massenimpfungen, die so gern als statisti¬ 
sches Material verwendet werden, dieser Grundsatz zu wenig 
berücksichtigt wird. 

Referate. 

SjnoTektomie der am Sprunggelenk gelegenen Sehnen- 
scheide des dicken tf of beinbeugers beim Pferd. Heilung. 

Von Professor Hendricks. 

(Atinnles de Bruxelles. Januar 1908.) 

Die Sehnenscheidengallen gehören zu den Anomalien, die 
beim Pferde am häufigsten auftreten, und es sind daher die 
verschiedensten Heilmittel gegen sie in Anwendung gebracht 
worden. Der Verfasser hat das von Cagny gegen Flußgallen 
angeratene Verfahren nach geprüft, das in einer subkutanen 
Einspritzung von 1 g einer 5 prozentigen alkoholischen Guajokol- 
lösung in 50 g Terpentinöl besteht, aber meistens sehr starke 
Abszedierungen darnach entstehen sehen. Um diese zu ver¬ 
meiden nimmt er eine Punktion der Galle vor, läßt die Synovia 
herrausfließen, und spritzt, wenn die Tasche bald leer ist, 
folgende Lösung in sie hinein. 

Jodkalium 2 g 

Jodtinktur 25—40 „ 

Aqua destillata 100 „ 

Darauf knetet er eine Weile die ganze Tasche. Es müssen 
natürlich vorher alle antisepstischen Maßregeln getroffen worden 
sein. Nachdem die InjektionBflüssigkeit mit den Wandungen der 
Galle während 5 Minuten in Berührung gewesen war, läßt er 
sie wieder herausfließen bis auf einen kleinen Rest, der in den 
Wandungen eine stärkere Reizung bewerkstelligen soll. Die 
mit dem Trokar gemachte Wunde wird mit einigen Tropfen 
Jodoformkollodium überdeckt. 

Bei dem so behandelten Pferd stellt sich nach 24 Stunden, 
neben einer starken Schwellung der Sehnenscheide, die heftigen 
Schmerz und Lahmgehen zur Folge hat, Fieber und Appetit¬ 
losigkeit ein. Nach einigen Tagen fängt die Schwellung an 
langsam abzunehmen und nach 8 Tagen schon ist das Lahmgehen 
verschwunden. Die Sehnenscheide bleibt aber noch etwas ge¬ 
schwollen, nur ist ihre Konsistenz nicht mehr fluktuierend wie 
vordem, sondern derber geworden, was der Einwirkung des Jods 
sowohl anf die sezernierende Wandung als auch auf ihr Sekret 
znzu8chreiben ist. 


Bei seiner Berührung mit dem Jod gerinnt das Fibrin und 
setzt sich an den Wandungen der Sehnenscheide ab, diese 
scheiden, weil sie sich zu gleicher Zeit entzünden, ein Ent¬ 
zündungsprodukt aus, welches sie zusammenkleben und zusammen¬ 
wachsen läßt, durch welchen Umstand der Umfang der Galle 
abnimmt. Durch die intensivere Gefäßbildung in den Wandungen 
wird das pathologische Exsudat oft vollständig aufgesogen, 
was einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten beanspruchen kann. 

Es gibt aber auch atypische Fälle, in welchem ein günstiger 
Verlauf nicht eintritt, und das nach der Injektion eingetretene 
Lahmen fortdauert. Der Verfasser nimmt in diesen Fällen bei 
den Tieren eine gewisse Idiosynkrasie an, so daß sie nicht 
genug Reaktionskraft besitzen, um das durch die Jodeinwirkung 
ausgeschiedene Exsudat aufzusaugen. Bei diesen Tieren gesellt 
sich das neu ausgeschiedene Exsudat zu dem, trotz der Punktion, 
in der Sehnenscheide noch vorhandenen, hinzu. 

Der Verfasser berichtet über einen solchen vorerst unglück¬ 
lich verlaufenen Fall, der später in seine Behandlung kam. 
Bei einem fünfjährigen Percheronpferde waren schon zwei 
Injektionen einer Jodlösung in die am Sprunggelenk gelegene 
Sehnenscheide des dicken Hufbeinbeugers, und als diese an 
Umfang immer mehr zunahm, zwei Monate vor der Untersuchung 
durch den Verfasser eine penetrierende Kauterisation gemacht 
worden. Auf diese Einwirkungen ging das Pferd immer 
schlechter, so daß es seiner Lahmheit wegen zu keinem Dienst 
mehj* verwendbar war. 

Bei der Untersuchung findet der Verfasser eine enorme 
Dilatation der angegebenen Sehnenscheide vor, die sich be¬ 
sonders an der medialen Fläche des Sprunggelenks bemerkbar 
macht. Def Umfäng des Fußes beträgt an der Stelle 64 cifl, 
während der des anderen Fußes an der entsprechenden Stelle 
nur 44 cm ist. Die Galle hat eine Länge von 32 cm und an 
dem am weitesten nach außen ragenden Punkte einen Durch¬ 
messer von 28 cm. 

In Berücksichtigung der Vorbehandlung sieht der Verfasser 
von einer Punktion der Galle ab und entschließt sich eine 
Radikaloperation vorzunehmen. An der Kulminationsstelle 
I schneidet er unter aseptischen Kautelen ein etwa 15 cm langes 
und 7 cm breites Hautstück melonenschnitzförmig heraus, punk¬ 
tiert die Sehnenscheide, läßt eine gewisse Menge Synovia {um¬ 
fließen und schneidet ein Stück der Sehnenscheidenwand in der 
Größe des entfernten Hautstückes heraus. In der nun weit 
geöffneten Galle findet er mehrere Fibringerinsel, von denen 
eines die Größe einer Kinderfaust hat, die sich wahrscheinlich 
durch die Jodeinspritzung gebildet hatten, außerdem noch 
mehrere Bindege webstränge, welche die Wandungen verbanden. 
Nachdem er diese Stränge herausgeschnitten und die Fibrin¬ 
gerinsel entfernt hat, näht er die beiden Wundränder der 
Sehnenscheide mit fünfzehn Katgutnähten und die der Haut mit 
Seide zusammen und legt einen elastischen Trockenverband um 
das Sprunggelenk. Schon am nächsten Morgen stützt sich das 
Pferd wieder auf den Fuß. Es wird nun täglich ein aseptischer 
Trockenverband angelegt und nach 14 Tagen ist die Wunde 
verheilt, ohne daß die Temperatur des Pferdes über 37,9° ge¬ 
stiegen wäre. Damit sich das Entzündungsexsudat schneller 
resorbiere, wird von jetzt ab täglich Jodtinktur eingerieben und 
nach fünf Wochen zeigt das Pferd keine Spur des früheren 
Leidens mehl*. Helfer. 



26. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Sehnen- and Perlostknochenreflexe beim Pferde; ein 
Beitrag znr Diagnostik der Lahmheiten. 

Von Dr. Theodor Schmidt, Adjunkt an der k. k. tierärztlichen 
Hochschule in Wien. 

(Zeitschrift für TionnedlEin, XI. Bd., 6. Heft.) 

Man versteht unter Sehnen- und Periostknochenreflexe 
diejenigen Muskelkontraktionen, die bei kurz dauernder 
mechanischer Reizung der Sehnen und analoger Teile (Periost, 
Faszien) entstehen. Diese Reflexe sind von Erb und West- 
phal zuerst im Jahre 1875 näher untersucht und beschrieben 
worden. Sie spielen in der Diagnostik der Nervenkrankheiten 
des Menschen eine große Rolle, während sie in der Tierheil¬ 
kunde noch recht wenig gewürdigt worden sind. In der 
Veterinärchirurgie kommt zweifellos bei der Diagnostik der 
Lahmheiten den Sehnen- und Periostknochenreflexen eine Be¬ 
deutung zu. Bei vielen Pferden kann man bei aufgehobener 
Gliedmaße und bei Anwendung von Druck Muskelzuckungen 
auslösen, die als Reflexzuckungen aufgefaßt werden müssen und 
mit Schmerzensäußerungen nichts zu tun haben. 

Beim Druck mit der Hufzange und beim Beklopfen des 
Hufes lassen sich in vielen Fällen, wo keine schmerzhafte 
Affektion im Huf besteht, mehr oder weniger starke Zuckungen 
in der betreffenden Extremität auslösen. Diese reflektorische 
Zuckung bezeichnet Schmidt als „Hufbeinreflex“. Beim Abtasten 
der dorsalen Fläche des Fesselbeins im proximalen Drittel kann 
man nicht selten reflektorische Zuckungen beobachten. Diesen 
Reflex bezeichnet Schmidt als „Fesselbeinreflex“. Auch am 
proximalen Ende der medialen Fläche des Metakarpus oder direkt 
am Übergange in die mediale Fläche des Karpus können manch¬ 
mal bei der Palpation reflektorische Zuckungen he^vorgebracht 
werden. Schmidt nennt dies „Metakarpalreflex“. Am häufigsten 
und am intensivsten können Reflexzuckungen von den Beuge¬ 
sebnen am Metakarpus, speziell vom oberen Gleichbeinbande 
(Muse, interrossens medius) aus ausgelöst werden. Sie sind 
klinisch auch von der größten Wichtigkeit, weil sie zu 
diagnostischen Irrtümern leicht Veranlassung geben. Es ist un¬ 
erläßlich, daß die korrespondierenden Stellen an den anderen 
Gliedmaßen in derselben Weise geprüft werden, wobei zu be¬ 
achten ist, daß man nicht mit den Fingernägeln, sondern 
mit den Fingerbeeren den Druck ausübt. Für diese reflekto¬ 
rischen Zuckungen bringt Schmidt den Namen „Beugesehnen- 
resp. Gleichbeinbandreflex“ für die klinische Terminologie in 
Vorschlag. 

Alle diese Reflexzuckungen kommen höchstwahrscheinlich 
auf dem Wege der sogenannten „langen Reflexbögen“, also in 
mehreren Rückenmarksegmenten durch Vermittlung der Reflex- 
kollateralen und Assoziationsbahnen zustande. 

Zur Erläuterung der Bedeutung der erwähnten Reflexe in 
diagnostischer Beziehung führt der Verfasser einige Beispiele 
an, wobei diese Reflexe als Krankheitssymptome gedeutet worden 
waren, weil die Untersucher unterlassen hatten, die korrespon¬ 
dierenden Stellen der anderen Extremitäten zu prüfen, woselbst 
sich dieselben Zuckungen auslösen ließen. Weiter gibt der Ver¬ 
fasser ausführliche Belehrung über die Art der Auslösung der 
Zuckungen durch die Untersuchung und über die Unterschiede 
dieser Zuckufigen und der durch Schmerz bzw. Krankheits¬ 
prozesse verursachten Zuckungen. 

Rdr. 


Seuchenhafte Mauke der Pferde. 

Von Tierarzt M. Kov&nyi-Mezöhegyes. 

(Allatonrost hapok 1907, Nr. 89.) 

In einem Nonius-Stamm des Mezöhegyeser Staatsgestüts 
trat seit mehreren Jahren am Beginn des Sommers an den 
Extremitäten der Pferde ein eigentümlicher Hautausschlag auf, 
der sich sehr schnell bis zum Vorderknie und Sprunggelenk 
weiter verbreitete. Anfangs kann man nur zwischen den Haaren 
kleine, trockene, feste Krusten wahrnehmen, später erscheinen 
größere rundliche, graubraune Krusten an der Hautoberfläche, 
welche schon weit von der Ferne bemerkbar sind. Das Leiden 
ist mit Juckreiz verbunden. Es verbreitete sich nicht nur 
zwischen den Pferden, sondern steckte auch einige Csikös 
(Pferdehirten) an, deren Hände an einzelnen hellroten Stellen 
Schuppenbildung, feine weiße Krusten und leichte Risse wie 
wappenartige Zeichnungen zeigten. In den übrigen Pferde¬ 
ständen trat das Leiden nicht auf und auch in dem betreffenden 
Nonius-Gestüte konnte es nur im Sommer während des Weide¬ 
ganges beobachtet werden, im Herbst hörte es auf. Aus diesen 
Umständen konnte man darauf schließen, daß der Ansteckungs¬ 
stoff in der Weide sei und deshalb wurde das Gestüt in diesem 
Jahre auf eine andere Weide getrieben, nachdem man die bereits 
erkrankten Pferde separierte in einem Ausläufer konzentrierte. 
Diese Einrichtung hatte zur Folge, daß während der nächsten 
zwei Wochen kein einziger neuer Krankheitsfall hinzukam. 
Als aber nachher ein dreitägiger Regen entstand, kamen wieder 
vier neue Erkrankungen vor. 

In den Krusten konnte man nach dem Erweichen in 
lOproz. Kalilauge einen mucor-ähnlichen Fadenpilz, d$s licht¬ 
gelblich-grüne Mycelium, mit vielen rundlichen Sporen unter¬ 
scheiden. Die Haare erscheinen in der Länge ausgefasert und 
in der Querrichtung uneben gebrochen. Die Pilzfäden sind 
filzartig geflechtet, die Hyphen teilen sich gabelartig, an ihrem 
Ende erscheinen die Sporangien in zweierlei Formen; einzelne 
sind mit einer dunkleren Kapsel umgeben und gegen den Rand 
bemerkt man in diesen mehrere Sporen, wie zentral gelegen, 
während die anderen keine Kapsel besitzen und die Sporen 
gleichmäßig verteilt erscheinen. 

Bei entsprechender Behandlung lösen sich die erweichten 
Krusten ab und die Haare wachsen nach; die Prognose wäre 
daher im allgemeinen günstig, wenn infolge des Juckreiz* 
keine Komplikationen sich dazugesellen würden, da die Pferde 
sich oft wundreiben oder beißen und durch diese Wunden leicht 
eine andere Infektion dazutreten kann, welche in einzelnen 
Fällen zu größeren Anschwellungen oder sogar zum brandigen 
Absterben führte. Der Hautausschlag wurde mit Naphthalin¬ 
salbe (Naphthalin 30,0, Adeps suillus 50,0) oder mit einer 
Schwefelsalbe (Sulfur sublimatus 40,0, Adeps suillus 60,0) mit 
Erfolg behandelt, in 8—10 Tagen lösten sich die Krusten los, 
dann wurde die Haut mit Kaliseife und Bürste abgewaschen, 
mit einer Sublimatlösung abgespült und abgetrocknet. Die 
brandigen Stellen heilten unter Verband, auf die Anschwellungen 
kam ein Dunstverband mit Sublimatlösung. Dr. Z. 

Enteritis chronica pseudotuberculosa bovis oder die 
„Johnesche Seuche“ konstatiert in Norwegen. 

Von H. Hörne. 

(Nonk Veterioirtidaakrift 8 . 12 , 1908.) 

Die letzte Nummer der norwegischen Veterinärzeitschrift 
bringt die Mitteilung, daß die pseudotuberkulöse Darmentzündung 


236 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


(Bang) eben auch in Norwegen konstatiert worden ist. Es 
handeiter sich um eine junge, einheimische Kuh, die an dauer¬ 
hafter Diarrhöe gelitten hatte und deswegen endlich als inkurabel 
getötet wurde. Bei der Sektion konnten nur pathologische Ver¬ 
änderungen im Dünndarme aufgefunden werden. Die Schleim¬ 
haut dieses Darmabschnitts war geschwollen und gefaltet und 
präsentierte übrigens die für die genannte Krankheit charakte¬ 
ristischen Läsionen. In Klatschpräparaten von der Darmoberfläche 
(Epithelialschicht) konnte Verfasser zahlreiche acido-resistente 
Bazillen auffinden. 

Dies ist der erste Fall von der Johne-Frothinghamschen 
oder Bangschen Paratuberkulose des Darmes beim Rindvieh, der 
in Norwegen bis jetzt konstatiert worden war. 

(Autoreferat.) 


Tagesgeschichte. 

Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

(Fortsetzung.) 

Vereinsbericht. 

Referent: Der Vorsitzende Dr. Peter. 

Der Verein ist im Laufe des Berichtsjahres auf 391 Mitglieder 
gestiegen. Der Zuwachs beträgt 73. Demgegenüber steht ein 
Abgang von 2 Mitgliedern durch Austritt. Auch der Tod hat 
unsere Reihen nicht verschont. Wir beklagen den Verlust des 
Veterinärrats Flindt, Kreistierarzt in Wiedenbrück (Westf.), 
des Kreistierarztes Ulrich in Lauenburg (Pomm.) und des 
Dr. Neack, Kreistierarzt in Naugard (Pomm.). 

Lassen Sie uns der keimgegangenen Kollegen gedenken 
und sie ehren, indem wir uns von den Plätzen erheben. 
(Geschieht.) 

Der Vorstand war durch rechtzeitige Benachrichtigung in die 
Lage versetzt, auf den frischen Gräbern des Veterinärrats Flindt 
und des Dr. Noack je einen Kranz mit schwarzer und weißer 
Schleife niederlegen und den Hinterbliebenen durch nahestehende 
Kollegen das Beileid des Vereins aussprechen zu lassen. 

Der Tod des Kreistierarztes a. D. Ulrich ist uns jedoch nicht 
ffifih genug zur Kenntnis gelangt, um seinem Namen die vom 
Verein zugedachte Ehrung erweisen zu können. 

Ich möchte deshalb an die Herren Vertrauensmänner hier 
wiederholt die dringende Bitte richten, bei Trauerfällen in ihren 
Bezirken umgehend den Vorsitzenden telegraphisch zu benach¬ 
richtigen und im Einverständnis mit ihm ev. die weitere Be¬ 
sorgung der Angelegenheit gleich in die Hand zu nehmen. 

Die Unterstützungsgelder an die durch die lange, schwere 
Krankheit und den Tod des Kollegen N. in Not geratene Familie, 
bestehend aus Frau und Kindern, sind auch in diesem Jahre 
regelmäßig gezahlt und das von dem früheren Vorstand vor Be¬ 
gründung der Unterstützungskasse für diesen Notfall begonnene 
Werk der Wohltätigkeit ist weiter verfolgt worden. Über das 
Resultat dieser Bestrebungen, sowie über den Stand der Unter- 
stützungs- und auch der Vereinskasse wird der Herr Schatz¬ 
meister nachher selbst berichten. Ich bitte die Herren Fisch 
und Volmer die bezüglichen Bücher zur Entlastung des Schatz¬ 
meisters zu revidieren und mir ihren späteren Befund mitzu¬ 
teilen. 


Die Beschlüsse der VI. Plenarversammlung sind Ihren 
Weisungen gemäß ausgeführt worden. Herr Dr. Jeß in Charlotten¬ 
burg hat im Auftrag des Vorstandes an dem XIV. Inter¬ 
nationalen Kongreß für Hygiene und Demographie teil¬ 
genommen. Leider ist es Herrn J. nicht möglich, den Bericht 
über die gewonnenen Eindrücke, wie beabsichtigt, hier zu er¬ 
statten, da er bettlägerig krank ist. Es liegt uns am Herzen, 
diesem eifrigen Mitarbeiter in Vereinsangelegenheiten die wärmsten 
Wünsche für seine baldige Wiederherstellung hiermit zum Aus¬ 
druck zu bringen.*) 

Aus den Fachzeitungen haben wir erfahren, wie rege 
die Teilnahme der Tierärzte am Kongreß gewesen ist. Die 
aktiven Leistungen beschränkten sich allerdings nur auf zwei 
Männer unseres Standes. Es soll deshalb nicht unterlassen 
werden, auch in unserm Kreise darauf hinzuweisen, daß die 
deutschen Tierärzte in letzter Beziehung auf den internationalen 
Kongressen noch nicht genügend hervortreten. Damit ist 
Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.**) 

In der vorjährigen Versammlung wurde ferner beschlossen, 
nur von solchen Fabriken in Zukunft Rotlaufserum zu 
beziehen, von denen die von den Kreistierärzten amt¬ 
lich festgestellten Fälle von Rotlauf bei geimpften 
Schweinen hinsichtlich der Entschädigungspflicht ohne 
weiteres (d. h. ohne Nachprüfung) anerkannt werden. 
In Ausführung dieses Beschlusses sind wir um Anerkennung 
dieser Forderung in Verbindung getreten mit: 

1. Rotlaufimpfanstalt in Prenzlau, 

2. Farbwerke von Meister, Lucius & Brüning in 
Höchst a. M. 

3. Pharmakol. Institut von Ludwig W. Gans in Frank¬ 
furt a. M. 

4. Seruminstitut Heidelberg. 

5. Bakteriologisches Institut der Landwirtschaftskammer 
der Provinz Sachsen in Halle. 

6. Serum-Laboratorium von Ruete & Enoch in Hamburg. 

7. Serum-Gesellschaft m. b. H. in Landsberg. 

Wir haben aber allenthalben ablehnenden Bescheid erhalten, 
meist lakonisch kurze, teils auch liebenswürdige Antworten. Zur 
letzten Kategorie gehört die Erwiderung aus dem Prenzlauer 
Institut, die angeführt werden soll, weil sie das größte MAß 
von Entgegenkommen zeigt. Herr Direktor Helfers schreibt, 
daß das Institut auch die Fälle entschädigt, bei denen die bakterio¬ 
logische Prüfung negativ ausgefallen ist, aber durch einen schlüssigen 
Tatbestand mit Obduktionsbericht (charakteristische Hautröte, 
hämorrhagische Nephritis, hämorrhagische Gastroenteritis, Milz¬ 
schwellung, trübe Schwellung der Leber und des Herzmuskels der 
einwandfreie Nachweis vom Vorhandensein des Rotlaufs erbracht 
erscheint. Auf Grund des bakteriologischen Befundes allein wird 
die Ablehnung der Entschädigung niemals ausgesprochen. Des¬ 
gleichen wird auch bei Verlusten von Septikämie in Anschluß 
von Backsteinblattern oder Rotlauf-Hautnekrose entschädigt, weil 
die Tatsache berücksichtigt wird, daß die Septikämie nicht ein¬ 
getreten sein würde, wenn das Schwein gegen Backsteinblattern 
durch die Impfung geschützt gewesen wäre. 


*) Dr. Jeß ist inzwischen verstorben. 

**) Der weitere Teil des Berichtes kam in der Sitzung nicht 
mehr zum Vortrag und wird hier ergänzend hinzugefügt. 



26. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


237 


Das ist auch die conditio sine qua non des Baktetriolo- 
gischen Instituts der Landwirtschafts-Kammer in Kalle, welches 
im vergangenen Jahre von mehreren Mitgliedern der Provinz 
Sachsen als vorbildlich für die von uns gewünschte Behandlung 
der Entschädigungspflicht hingestellt wurde. Halle steht mit 
Prenzlau bezüglich Lieferung des Serums in einem Vertrags¬ 
verhältnis, nach dem es nur im Kammerbezirk Lorenz-Impf¬ 
stoffe abgeben darf. Es kennt die in diesem Bezirk ansässigen 
Kreistierärzte genau und kann es sich leisten, bei der von ihm 
anerkannten Tüchtigkeit und Gewissenhaftigkeit diesen Herren 
betr. Stellung der Rotlaufdiagnose selbst von der Forderung der 
letztgedachten Nachweise abzusehen. 

Dies ist aber aus leicht begreiflichen Gründen nicht möglich 
für Institute, die im ganzen Lande an ihnen wenig bekannte 
Kreistierärzte Serum verkaufen. Auch können und werden sie 
niemals uns gegenüber der viel zahlreicheren und darum weit 
angenehmeren Abnehmerschaft der Privattierärzte in Vorteil 
setzen. Selbst wenn wir einmal ein tierärztliches Serum¬ 
institut haben würden, könnte dasselbe hinsichtlich Gewährung 
der Entschädigung für Rotlaufverluste innerhalb der garantierten 
Schutzfrist nicht milder verfahren als das Institut in Prenzlau. 

Ich muß noch einen Vorschlag von Enoch u. Ruete im 
Verein mit Dr. Kirstein erwähnen. Diese Herren wollten den 
als Abnehmer verpflichteten Vereinsmitgliedern das Serum zu 
einem verhältnismäßig niedrigen Satz anrechnen, aber den 
Handelspreis einziehen und die Differenz dem Vorstand zu 
Unterstützungszwecken überweisen. Gleichzeitig forderte diese 
Gesellschaft auf, die Kulturimpfung gänzlich fallen zu lassen 
und nur mit Serum zu immunisieren, weil durch die Einführung 
von abgeschwächten Rotlaufbazillen, die mit latenter Schweine¬ 
seuche behafteten Impflinge häufig in die akute Form der Seuche 
verfielen und zugrunde gingen. Für diesen letzten guten Rat 
glaubten wir vom allgemein wissenschaftlichen und tierärztlichen 
Standpunkt sofort danken zu müssen. 

Aber auch das erste Anerbieten erschien uns kein hin¬ 
reichendes Äquivalent für die Ablehnung der im Beschluß vom 
1. Dezember 06 erhaltenen Forderung. Nach Rücksprache mit 
verschiedenen Vereinsmitgliedern gelegentlich der Wanderver¬ 
sammlung in Düsseldorf haben wir keine Veranlassung gefunden, | 
diese Offerte im Eilverfaliren vor das Vereinsforum zu bringen. 
Die Angelegenheit wird nunmehr als erledigt betrachtet. 

Gleich im Anfang unseres Vorstandsamtes sahen wir uns 
vor eine Anzahl neuer Aufgaben gestellt, die wir nach bestem 
Können zu lösen versuchten. Die Gesamtheit mag beurteilen, 
ob wir den richtigen Weg und die passende Zeit immer ge¬ 
troffen haben. 

Es ist ja einfach an den Vorstand zu schreiben, ich wünsche, 
daß ihr sofort eine Eingabe an den Herrn Minister macht, um 
rasche Erhöhung der ungewöhnlich niedrigen Reisekosten bei 
Ausübung der Ergänzungsbeschau. Nichts leichter wäre 
gewesen, diesen bereits im Dezember vorigen Jahres eingegangenen 
Antrag in geeigneter Form sogleich an Seine Exzellenz abzn- 
senden. Doch fürchteten wir den großen Papierkorb, der in 
jedem Ministerium vorhanden ist, besonders zu einer Zeit, in 
welcher im Abgeordnetenhaus von seiten der Parteien die 
Teuerung des Fleisches zum Teil den Beschankosten zu¬ 
geschrieben und erwogen wurde, dieselben auf die Staatskasse 
abzuwälzen. 

Wir ließen deshalb die hochgehenden Wogen sich erst 


wieder glätten und trugen später an zuständiger Stelle diesen 
allgemeinen Wunsch der Tierärzte persönlich vor. Wir hatten 
bei diesem Vorgehen die Genugtuung, die Berechtigung dieses 
Wunsches anerkannt zu finden und versichert zu sein, daß die 
Besserung der Bezahlung in einem angemessenen Grade an¬ 
gestrebt würde. Zugleich erhielten wir aber die Überzeugung, 
welche Schwierigkeiten dieser Reform im Wege lagen, und 
daß dieselbe nicht von heute auf morgen erfolgen könnte. Daß 
aber unsere Bitte nicht fruchtlos gewesen war, hat die bald 
darauf erfolgte Umfrage des Herrn Ministers über die Art der 
Erhöhung dieser Reisekosten bei den Kreistierärzten und solchen 
Tierärzten, die Beschau ausüben, klar und deutlich ge zeigt. 

Eine andere Aufgabe trat durch die aus verschiedenen An¬ 
zeichen genährte Befürchtung an uns heran, daß die Rotlauf¬ 
impfung den Laien staatlich preisgegeben werden 
könnte. Daß dieser Gedanke weit um sich gegriffen hat und 
zum festeingewurzelten Wunsche bei einigen großen landwirt¬ 
schaftlichen Korporationen und maßgebenden und einflußreichen 
Persönlichkeiten geworden ist, haben die bekannten Verhandlungen 
und der Beschluß im Landes-Ökonomie-Kollegium vom Jahre 1906 
bewiesen. 

Wir müssen mit dem größten Dank anerkennen, daß trotz 
dieser starken Bewegung das Ministerium stets an unserer Seite 
gestanden hat. Vergleichen wir in dieser Hinsicht den Ministerial- 
Erlaß vom 9. 2. 04 über die Impfungen gegen Schweinekrank¬ 
heiten, wo das Ersuchen, Laienfleischbeschauer zu Laienimpfern 
auszubilden, mit schlagenden Gründen, die wir alle kennen, ab¬ 
gelehnt wird. Und weiterden durch Preußes Mitteilung in der 
B. T. W. Nr. 45 vom 7. 11. 07 bekannt gewordenen Bescheid 
des jetzigen Herrn Ministers auf den erwähnten Antrag des Landes¬ 
ökonomie-Kollegiums, daß demselben nicht stattgegeben werden 
könne im Hinblick auf die große Gefahr, die mit der Verwendung 
von Rotlaufkulturen durch Laien verbunden sei. 

Trotzdem ist die Bedrohung dieses tierärztlichen Tätigkeits¬ 
feldes nicht aus der Welt geschafft. Denn die von unsern Gegnern 
angeführten Gründe könnten eines Tages so schweres Gewicht 
erlangen, daß auch der Herr Minister ihrer Wirkung sich nicht 
mehr entziehen kann. 

Es muß deshalb von unserer Seite dafür gesorgt werden, 
daß die an einzelnen Stellen laut gewordenen Klagen über 
den Mangel an Impftierärzten und über zu hohe Impf¬ 
honorare verstummen. 

Dieser für den ganzen praktischen Erwerbsstand der Tier¬ 
ärzte äußerst wichtigen Sache sollte es dienen, daß der Vorstand 
im April d. J. ein gedrucktes Rundschreiben an die Vertrauens¬ 
männer abgehen ließ, damit an Orten dringender Gefahr vor¬ 
gebeugt werden könnte. In diesem Schreiben, daß beim Bureau 
des Schriftführers noch in weiteren Exemplaren zur Verfügung 
steht, haben wir die Herren gebeten, die Vereinsmitglieder und 
auch die andern Kreistierärzte in Wort und Schrift in besonderen 
Zusammenkünften oder in den Provinzialversammlungen anzu¬ 
regen, sich in geeigneter Weise mit den Privattierärzten ihrer 
Kreise zur Beratung und Aufstellung geeigneter Abwehrma߬ 
regeln in Verbindung zu setzen. 

Der Umstand, daß dieser nachdrückliche Appell nur an 
zwei Stellen einen Ausdruck gefunden hat, nämlich durch Herrn 
Rust im. Breslauer Verein und durch mich im Brandenburger 
Provinzialverein, beweist, wie gering diese Gefahr im allgemeinen 
geschätzt wird. Die ganze Aktion liegt freilich mehr im 




288 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


Interesse der Privattierärzte, denn der Kreistierarzt impft der 
Regel nach nur in den wenigen Beständen, wo er die Privat¬ 
praxis ausübt. Aber ich freue mich, hier betonen zu können, 
daß wir nichtsdestoweniger an diese wichtige gemeinsame Auf¬ 
gabe zuerst herangetreten sind, und daß wir sie mit allen Mitteln 
weiter fördern werden. 

Die Organisation der Rotlaufimpfung ist eine Not¬ 
wendigkeit! Der Graf Oppersdorf-Oberglogau hat in der 
mehrfach erwähnten Sitzung des L. Ö. K. darauf hingewiesen, 
daß die Tierärzte selbst dafür sorgen müßten, die beklagten 
Übelstände bei der Impfung abzustellen. Prof. Schmaltz hat 
in wiederholten Aufsätzen diese Frage besprochen und sich 
bemüht, Mittel und Wege anzugeben, auf welche Weise die 
Landwirte in diesem Punkte zufrieden zu stellen wären. 

Warum legen die Herren Privattierärzte die Hände in 
den Schoß, wo es gilt, ihnen siebenmal größere Gewinne zu 
erhalten, als ihnen die heißbegehrte Mitwirkung an der 
Seuchentilgung jemals einbringen könnte? Auch die vom Vor¬ 
stand betriebene Erhöhung der Reisekosten bei Ausübung der 
Ergänznngsbeschau kommt im wesentlichen den Privattierärzten 
zugute. Von beiden Gegenständen liest man in der Tages¬ 
ordnung des am 7. Dezember er. tagenden Verbandes der 
Privattierärzte keine Silbe. Sie halten es für bequemer, daß 
wir die Kastanien für sie aus dem Feuer holen, während ihre 
Agitation darauf gerichtet ist, uns das alte Arbeitsfeld ab¬ 
zugraben. 

Das soll uns dennoch nicht abhalten, den beschrittenen 
Weg weiter zu verfolgen, auch wenn wir Undank ernten. Ich 
möchte deshalb auch hier den von mir im Brandenburger Verein 
eingebrachten und angenommenen Antrag zur Nachahmung 
empfehlen: Es sind Kreis- oder Lokalvereine, bestehend 
aus sämtlichen Tierärzten einer oder mehrerer Kreise, 
ins Leben zu rufen, welche sich, so bald es notwendig 
wird, zur Beratung von Abwehrmaßregeln gegen die 
Impfungen durch Laien zusammenfinden. Diese Vereine 
sind zugleich geeignet, alle Differenzen interner Natur unter 
den Kollegen ohne Aufsehen beizulegen. 

Auf eine Interpellation der Abgeordneten v. Dirksen und 
Freiherrn v. Gamp bei Beratung des landwirtschaftlichen Etats 
in der Frühjahrssession des Landtags über die Abänderung 
des Körungswesens hatte der Herr Minister die Zusammen¬ 
berufung einer Kommission zugesagt, die über alle einschlägigen 
Fragen der Landespferdezucht beraten sollte. 

Diese Gelegenheit hielt der Vorstand für günstig, an der 
maßgebenden Stelle einem alten Wunsche der Kreistierärzte 
Ausdruck zu geben, und um die Verleihung des Stimm¬ 
rechts bei den Hengstkörungen zu bitten. 

Die an den Herrn Minister gerichtete Eingabe liegt in 
Abschrift hier zur Einsichtnahme vor und soll eventuell auf 
Wunsch wörtlich dem Protokoll der heutigen Sitzung angefügt 
werden.*) 

Am 25. und 26. Oktober hat die zu dem erwähnten Zweck 
berufene Landespferdezuchtkommission in Berlin getagt. 
Von ihren Beratungen und Beschlüssen ist wenig in die Öffent¬ 
lichkeit gelangt, so daß sich nicht beurteilen läßt, ob eine 
Änderung des bisherigen Zustandes eintreten wird. Eine Antwort 
ist auf unsere Eingabe nicht erfolgt, aber ich glaube, daß sie 
zunächst einen positiven Erfolg nicht gehabt haben wird, denn 

*) cf. Anhang dieses Bericht». 


•es gibt auf diesem Gebiet nicht geringe Widerstände zu über¬ 
winden.*) 

Die Landwirte sind nun einmal der Ansicht, daß der Pferde¬ 
verstand nicht Gemeingut aller Tierärzte ist. Gegen diesen 
Einwand läßt sich. nichts sagen. Denn m. E. muß diese Eigen¬ 
schaft im Menschen präformiert sein; sie gehört zu den An¬ 
lagen, die von der Natur verschieden ausgeteilt sind. Es gibt 
natürlich unter den Tierärzten ebenso wie unter den Land¬ 
wirten und Offizieren gut beanlagte Pferdekenner und Züchter. 
Wir können uns hier u. a. auf die praktischen Erfolge eines 
Schwarznecker und Dr. Grabensee berufen. Diese allge¬ 
mein anerkannten Sachverständigen bilden ein erstklassiges Zeug¬ 
nis dafür, daß der mit züchterischen Anlagen ausgestattete 
Tierarzt mit seinen Leistungen nicht hinter den der anderen 
zurücksteht, wenn ihm Gelegenheit gegeben ist, sie zu be¬ 
tätigen. 

Aber eine so weit gehende Anteilnahme an der Pferdezucht 
wollen wir im allgemeinen für uns gar nicht beanspruchen. Wir 
wollen in der Körkommission nicht die Zuchtrichtung mitbe¬ 
stimmen, wir können auch davon absehen, ein Zuchttier nach 
seiner Qualität beurteilen zu wollen. Unsere Aufgabe soll nur 
darin bestehen, die Gesundheit und Widerstandskraft desselben 
zu ermitteln. Und wir sind der Meinung, daß dieser für jede 
Zucht höchst wichtige Faktor im Schauamt durch eine voll¬ 
wertige Stimme vertreten sein muß. 

Zur Erreichung unseres Zieles kann nur gemeinsame Arbeit 
mit den Landwirten führen, bei der sie Gelegenheit haben, den 
Nutzen der tierärztlichen Mitwirkung zu erkennen. Ohne auf¬ 
dringlich zu sein, müssen wir in den landwirtschaftlichen Ver¬ 
einen, auf üen Tierschauen und Ausstellungen, wo wir stets gspn 
gesehene Gäste sind, unsere Kräfte unbesonnen in den Dienst 
der Landwirtschaft stellen. Die Früchte werden nicht aus- 
bleibeni 

Unter diesem Gesichtswinkel ist dauernd dafür Sorge zu 
tragen, daß auch die vom Verein mit der Deutschen Landwirt¬ 
schaft-Gesellschaft seit Jahren geknüpften Beziehungen nicht 
erkalten, sondern sich immer wärmer gestalten. 

Ich habe jedoch auf der Wanderversammlung in Düsseldorf 
in diesem Jahre die betrübende Erfahrung gemacht, daß sich 
dieser Gedanke nicht durchweg unter den Mitgliedern Bahn ge¬ 
brochen hat. Es bedurfte des Aufwands aller Künste, um dort 
der großen vornehmen Gesellschaft und der Öffentlichkeit gegen¬ 
über unser Ansehen noch einigermaßen zu retten. Der Vorstand 

*) Durch die erste Dezembernummer der B. T. W. ist mittler¬ 
weile bekannt geworden, daß die Petition Gegenstand einer leb¬ 
haften Diskussion bei den Verhandlungen gewesen ist. 

Unsere Vermutungen bezüglich des Standpunktes der Land¬ 
wirte zu der Frage spiegeln sich wieder in den Ausführungen des 
Grafen Rantzau. Daß es dieser Redner „geradezu für ein 
großes Unglück für die Pferdezucht“ bezeichnen würde, 
„wenn in der Hengstkörkommission der Tierarzt stimm¬ 
berechtigt wäre“, machte uns allerdings starr. Vielleicht ist der 
Ausspruch auch nur als eine Hyperbel zu betrachten, zumal Herr 
Graf R. nach dem mitgeteilten Wortlaut seiner Rede jede Be¬ 
gründung für die wenig schmeichelhafte Bemerkung schuldig bleibt. 

Mit freudiger Genugtuung dürfen wir dagegen konstatieren, 
daß der Herr Minister unsem Wunsch unterstützt, die Herren Ab¬ 
geordneten v. Dirksen und v. Gamp ganz spontan und aus freier 
Überzeugung der vollen tierärztlichen Mitwirkung das Wort reden, 
und daß der LandstallmeiBter Dr. Grabensee durch das Beispiel 
seiner eigenen Entwicklung den Grafen R. ad absurdum geführt hat. 

Der Ref. 



26. März 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


239 


bemüht sich, ein eindruckvolles Programm aufzustellen, bestellt 
unter schwierigen Umständen Vorträge durch hervorragende 
Fachgenossen und ladet angesehene Gäste ein. Die Landwirt¬ 
schafts-Gesellschaft schickt eine bedeutende Persönlichkeit als 
Vertreter. Und nun läßt eine größere Zahl von Mitgliedern 
durch unmotiviertes Wegbleiben den Vorstand sitzen, so daß 
dieser Entschuldigungen stammeln und Vorträge absagen muß. 
So kommen wir nicht weiter! Der Vorstand ist blamiert, und 
«8 wird nicht lange dauern, daß die D. L. G. den Veranstaltungen 
des Vereins während der Wanderausstellungen noch die Bedeu¬ 
tung beimißt, die ^rir wünschen und über die wir uns freuen 
können. Auch der Vorstand erlahmt, die Mühe und die persön¬ 
lichen Opfer aufzuwenden für ein Unternehmen, das schlaff, 
nutzlos und unter Umständen mit einer Blamage im Sande ver¬ 
laufen kann. 

Ober den Verlauf und die Eindrücke der diesjährigen 
Wanderversammlung ist in den Fachzeitungen berichtet worden. 
Jeder von uns wird überzeugt sein, daß die Verbindung der 
Sommerversammlung mit der Wanderausstellung der D. L. G. 
aufrecht erhalten werden muß. Nach der diesjährigen Erfahrung 
wird aber eine Versammlung nicht zustande zu bringen sein, 
wenn die Wanderausstellung außerhalb der preußischen Lande 
ntattfindet. Das ist im nächsten Jahr der Fall, für das Stuttgart 
als Ausstellungsplatz gewählt worden ist. Es entsteht deshalb 
die heute zu entscheidende Frage, soll der Vorstand die ver¬ 
mutlich geringe Zahl der dorthin reisenden Mitglieder zu zwang¬ 
losen Vereinigungen einladen und durch Teilnahme an den Ver¬ 
anstaltungen der D. L. G. in Fühlung mit derselben bleiben. 
Oder wollen wir unsere Sommerversammlung im Jahre 1908 
ausnahmsweise an einem andern geeigneten Orte abhalten? 

Nach kurzer Beratung dieser beiden vom Vorsitzenden ge¬ 
stellten Anträge wurde einstimmig beschlossen: Die Sommer- 
versammlung fällt im Jahr 1908 aus, dagegen hat der 
Vorstand Delegierte zur Teilnahme an der Wander¬ 
ausstellung der D. L. G. nach Stuttgart zu entsenden. 

Weiter wurde aus den bereits früher dargelegten Gründen 
(cf. Nr. 7, S. 130 d. Ztschr.) vom Vorsitzenden vorgeschlagen, 
die Hauptversammlung alljährlich auf den Sonnabend der ersten 
Dezemberwoche einzuberufen. Die Versamtalung stimmte der 
Festlegung des Termins zu und schloß sich mit großer Mehrheit 
dem Antrag des Herrn Schaumkell-Hagen an, nach dem die 
Hauptsitzung bis auf weiteres immer am Sonnabend 
-vor dem 1. Advent stattzufinden hat. 

Die Herren Departementstierärzte sollen durch besonderes 
Schreiben gebeten werden, die Abhaltung der dienstlichen Be- 
zirksversammlungen von diesem Zeitpunkt nach Möglichkeit fern 
zu halten. 

Bei Punkt 10 der Tagesordnung angekommen, übernahm 
Herr Rust-Breslau vorübergehend den Vorsitz und erteilte zu¬ 
nächst Herrn Veterinär-Rat Jacob-Luckau das Wort zur Be¬ 
gründung seines während der Sitzung eingereichten Antrages. 
Der Verein wolle beschließen: 

Die Vorstandsmitglieder sind berechtigt, alle 
Auslagen für Repräsentationszwecke, Reisekosten 
usw., welche im Vereinsinteresse entstehen, bei der 
; Vereinskasse zu liquidieren. 

Der Antragsteller führte hierzu folgendes aus: Mein Antrag, den 
ich mir ja schriftlich einzureichen erlaubte, ist aus nachstehenden 
Erwägungen hervorgegangen. Als früherer Schriftführer habe 


ich die Arbeitslast, Zeitversäumnis und auch die Geldopfer, die 
zu bringen waren, schwer empfunden und gesehen, daß nur ein 
Vorstand ersprießliches leisten kann, wenn ihm nicht noch große 
persönliche Opfer auferlegt werden. Wenn der zweite Absatz 
des § 1 der Satzungen wirklichen Wert erhalten und nicht nur 
in Kranzspenden und Stiftung von Beiträgen zu Denkmälern 
usw. bestehen soll, müssen der Vorsitzende und der Schriftführer 
befugt sein, den augenblicklichen Verhältnissen jeder Zeit 
Rechnung zu tragen. Als solche kommen in Betracht: Reisen 
nach Berlin behufs wichtiger Konferenzen und Fühlungnahme 
mit unserem Minister, mit Abgeordneten usw. Hierher ist auch 
zu rechnen die Repräsentation des Vereins bei offiziellen Körper¬ 
schaften, z. B. der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft. Es 
wird notwendig sein, daß der Vorsitzende und der Schriftführer 
vor der Generalversammlung persönlich konferieren. Das alles 
ist nur in mangelhafter Weise möglich, wenn die oben angeführten 
Opfer persönlich gebracht werden müssen. 

Bei der anerkannten Wichtigkeit des V. b. T. ist es auch 
notwendig, für die Versammlungen Redner über wichtige Themata 
zu gewinnen. Diese Schwierigkeiten kennt nur der Vorstand. 
Es muß demselben hierbei gestattet sein, die Referate entsprechend 
zu honorieren. Wenn auch viele Herren es sich zur Ehre an- 
rechnen, im Verein zu sprechen, so ist es doch m. E. des Vereins 
unwürdig, betteln zu gehen. Denn für viele Referate sind auch 
zeitraubende Vorbereitungen nötig. Auch auf diese Weise kann 
der Punkt 1 § 1 der Satzungen nur gefördert werden. 

Der einzelne kann mit Ausnahme weniger Vereinsmitglieder, 
nur durch Zahlung des Beitrags wirken, und daß die Beiträge 
richtig angewandt werden, ist Sache des Vorstandes und der 
Generalversammlungen. Die Versammlung beschloß ohne Debatte 
im Sinne des Antragstellers: Es sind dem Vorsitzenden und 
Schriftführer alle notwendigen Auslagen für Reisen 
auch zu den Versammlungen zu ersetzen. Dem Vor¬ 
stand ist Vollmacht zu erteilen über Repräsentation, 
Referate usw. 

Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Gesund¬ 
heitsamt, Herr Dr. med. vet. Bohtz, hatte inzwischen das Wort 
für eine kurze Bemerkung über Schweinepest erbeten und machte 
folgende Mitteilungen: 

In der Frage der Ätiologie der Schweinepest nimmt man 
jetzt einen anderen Standpunkt ein als früher. Als Erreger 
dieser Seuche wird nicht mehr der Bacillus suipestifer ange¬ 
sehen, sondern ein ultravisibles filtrierbares Wesen. Diese Tat¬ 
sache wurde bekanntlich zuerst in Amerika festgestellt und in 
unserm Kontinent verschiedenfach bestätigt. Es ist auch in 
Amerika zuerst gelungen, passiv und aktiv gegen den filtrier¬ 
baren Erreger der Schweinepest zu immunisieren. Auch im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt haben wir unabhängig von den 
Amerikanern seit Juni d. J. an der Gewinnung eines Immun¬ 
serums gegen die Schweinepest gearbeitet. Pferde, Rinder und 
Esel erwiesen sich bisher als Serumspender nicht brauchbar, 
dagegen lieferten vorbehandelte Schweine ein wirksames 
Immunserum, welches gesunde Tiere gegen eine künstliche bzw. 
natürliche Infektion mit Schweinepest schützt. Unser Immun¬ 
serum ist aber kein Heilserum, denn bisher hat es offensichtlich 
kranke Tiere auch in großer Dosis nicht zu retten vermocht. 
AIb Schutzserum leistet es aber bei Seuchenausbrüchen gute 
Dienste, wenn man in dem betreffenden Bestände die noch an¬ 
scheinend gesunden Tiere impft. Nun ist Ihnen inzwischen der 





240 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nö. 13. 


Erlaß des Herrn Ministers für Landwirtschaft gewiß zur Kenntnis 
gelangt, wonach bei Neuausbrüchen von Schweinepest ein Teil 
der Herren Kreistierärzte angewiesen ist, dem Hygienischen 
Institute der Berliner Hochschule Nachricht zu geben, ein 
anderer Teil dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. Ich möchte 
Sie nun bitten, bei Ihrer Mitteilung an uns sowohl die Stück¬ 
zahl des Gesamtbestandes, wie die Anzahl der noch anscheinend 
gesunden Tiere anzugeben, wenn möglich klassifiziert in: Schweine, 
Läufer und Ferkel. Ich bitte Sie ferner im Interesse der Sache 
bei unseren etwaigen örtlichen Untersuchungen und bei den 
Impfungen, falls diese nicht durch Tierärzte des K. G. A. aus¬ 
geführt werden sollten, zugegen zu sein, da es sich dabei regel¬ 
mäßig auch um die Beachtung veterinärpolizeilicher Gesichts¬ 
punkte handelt. 

Herr Veterinärrat Nevermann schloß sich den Aus¬ 
führungen des Vorredners an und bat gleichfalls, das Kaiserliche 
Gesundheitsamt nach Möglichkeit zu unterstützen. Alsdann hielt 
Professor Dr. Peter-Angermünde seinen Vortrag über Lage 
und Bestrebungen der Privattierärzte. 

(Schluß folgt.) 

Internationaler tierärztlicher Kongreß im Haag 
im September 1909. 

Das holländische Komitee versendet eine erste Mitteilung 
über den Kongreß, welche im wesentlichen die Zusammensetzung 
des Komitees angibt. Der Prinzgemahl Heinrich der Nieder¬ 
lande hat das Protektorat des Kongresses übernommen. Es 
hat sich ein Ehrenkomitee, ein vorbereitendes Komitee und ein 
Exekutivkomitee gebildet. 

An der Spitze des Ehrenkomitees steht als Präsident der 
Minister für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel. Zu den 
Vizepräsidenten gehören Minister, ausländische Gesandte, der 
Vorsitzende des Abgeordnetenhauses und der Generaldirektor 
der Landwirtschaft im Haag. Mitglieder sind unter anderen 
die Gouverneure der Provinzen Südholland und Utrecht, die 
Bürgermeister vom Haag und von Utrecht, 6 Universitäts¬ 
professoren, der Direktor der Reichstierarzneischule. 

Zu dem Vorbereitungskomitee gehören die Dozenten an der 
Reichstierarzneischule, der Direktor des Reichsseruminstitutes 
in Rotterdam (Poels), der Chefmilitärtierarzt im Haag, eine 
Anzahl hervorragender Tierärzte, darunter der Vorsitzende und 
der erste Schriftführer der Niederländischen Tierärztlichen 
Gesellschaft, die Vorsitzenden und Schriftführer aller Abteilungen 
dieser Gesellschaft, der Vorsitzende und Schriftführer der 
Tierärztlichen Hygienischen Gesellschaft, und Vertreter des 
Veterinärwesens in den Kolonien. 

Ä n der Spitze des Exekutivkomitees steht als Präsident der 
Dozent an der Reichstierarzneischule W. C. Schimmel, Mitglied 
des Ständigen Ausschusses der internationalen tierärztlichen 
Kongresse. Vizepräsidenten sind Distriktstierarzt von Haarlem, 
Hengeveld und Dr. Poels; Kassenführer: Dozent vanEsveld; 
Generalsekretär: Dr. de Jong, Mitglied des Ständigen Aus¬ 
schusses der internationalen tierärztlichen Kongresse und Schlacht- 
hpfdirektor. i Außerdem sind Schriftführer: Dr. Remmelts, In¬ 
spektor der Exportfleischbeschau im Haag, und Dr. Marcus, 
Dozent; in Utrecht. Mitglieder sind außerdem: Chefmilitärtierarzt 
im jH^ag Oberst Overbosch, der Vorsitzende der Nieder¬ 


ländischen Tierärztlichen Gesellschaft Kroon in Deventer. Der 
Dozent an der Reichstierarzneischule Wester und der Inspektor 
des Zivilveterinärwesens auf Java Penning. Im Exekutiv¬ 
komitee ist eine besondere Geschäftsleitung gebildet, an deren 
Spitze der Präsident des Komitees steht und der Dr. Marcus 
äl8 Schriftführer und der Generalsekretär, sowie der Kassen- 
führer des Komitees als Mitglieder angehören. 

Das Exekutivkomitee fordert dazu auf, in allen Ländern 
nationale Komitees zu bilden. Eine genaue Zeitangabe für den 
Kongreß wird deshalb noch unterlassen, weil 1909 auch ein 
internationaler medizinischer Kongreß in Budapest stattfindet. 
Das Komitee hat sich mit der Kurverwaltung von Scheveningen 
in Verbindung gesetzt, um den Mitgliedern des Kongresses den 
Besuch dieses Weltbades so angenehm wie möglich zu gestalten. 
Auskunft erteilen der Generalsekretär und die Schriftführer. 

In Deutschland ist die Bildung des Nationalen Komitees in 
die Wege geleitet. 

Rheinischer Pferdezuchtverein. 

In der Hauptversammlung des Vereins hielt der frühere 
Gestütdirektor des Fürstlich Fürstenbergschen Gestüts, jetzige 
Schlachthofdirektor Tierarzt Sucko, einen Vortrag über Ver¬ 
erbung und Aufzucht der Pferde mit besonderer Berücksichtigung 
der Schrittpferde, der von Vereins wegen im Druck erscheinen soll. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Korpsstabsveterinär 
Plaettner beim Generalkommando des XIV. Armeekorps das Ritter¬ 
zeichen erster Klasse des Herzoglich Anhaitischen Hausorden» 
Albrechts des Bären, dem Korpsstabsveterinär Qualitx beim General¬ 
kommando des -X. Armeekorps das Ehrenritterkreuz des Groß- 
herzoglich Oldenburgischen Haus- und Verdienstordens des Herzogs 
Peter Friedrich Ludwig. 

Ernennungen: Der Privatdozent der medizinischen Fakultät der 
hiesigen Friedrichs-Wilhelms-Universität Professor Dr. Emil Abder¬ 
halden zum etatsmäßigen Professor an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Berlin. 

Niederlassungen: Tierarzt Hans Zeincr aus Pasenbach in Neu¬ 
burg a. d. Kammei. — Verzogen: Die Tierärzte Schade von Berlin, 
Grimmstr. 2, nach Ober-Schöneweide, Deulstr. 11, R. Rehfeldi, Ober- 
veterinär a. D., von Friesack nach Berlin 0.34, Wilhelm Stolzestr. 8, 
Loeicenthal von Fraustadt nach Breslau V, Tauentzienplatz 9. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte August Schroeder, Assi¬ 
stent an der Tierärfctl. Hochschule in Dresden, und Kurt Schumann T 
z. Z. Einjähr.-Freiwillig, im Train-Bat. in Leipzig, zum Dr. med. vet. 
in Leipzig. — Die kreistierärztliche Prüfung für Preußen hat 
bestanden .*• Amtstierarzt Max Äwwwjr-Dresden-A., Gerichtstr. 27. — 
Approbiert: Die Herren Karl Dammhahn aus Röglitz, Emst 
Hartmann aus Calbe, Gustav Kubitxa aus Karchwitz, Paul Schrödter 
aus Zerbst in Berlin; K. Georg Lohse , J. Hugo Heyne, Jacob Schaftitxel, 
Christ . Friedr. Karl Wütmann und Kaarle Laurell (aus Finnland) 
in Dresden; Fritz Haag aus Görlitz, Edmund Heine aus Eilsdorf, 
Alfred Malad aus Spremberg, Wilhelm Weiffenbach aus Waldkappel 
in Hannover. 

Todesfälle: Tierarzt Carl KUhl-Berlin, Tierarzt Georg Schrödtr - 
Fraulautern a. Saar. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 10.) 

Kreistierarztstelle: Reg.-Bez. Aachen: Jülich zum 1. Maid. J. 
Bewerbungen bis 10. April an den Regierungspräsidenten. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 
Spangenberg: Tierarzt zum 1. April d. J. Meldungen an 
den Magistrat. 


yerantnortlioh für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. 8ebma1ts in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Sehoets in Berlin. — 

Druck von W. BOxensteln, Berlin. 



Di« „Berliner Tierärztliche Wochenaehrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlag** von Richard Schoetx in 
Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
* Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Onginaibeiträge werden mit 6o Hk., ln Petltaatx mit 
80 Hk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstrafle 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 


Glage 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redaktenr. 

Prof. Dr. Peter Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Dr. Richter 

Professor 

Departeraentstierarat 

KreLtierarzt 

Departementstierar/.t 

Departcraenutiorarzt 

Professor 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 

Dresden. 


Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Zfindel 

Professor Professor Professor Landestierarzt v. Bayern Kreistierarzt 

Dresden. Freiburg i. Br. Dresden. München. Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. _ M 14 . _ Ansgegeben am 2. April. 

I n h alt: Kllmmer: Das Dresdner Tuberkulose-Schutzimpfverfahren für Rinder mit Hilfe nicht infektiöser Impfstoffe. 

— Train: Mitteilungen aus der Praxis. — Blunk: Der Ecraseur-Emasculator. — Referate: Joest, Noack und 
Liebrecht: Untersuchungen zur Frage des Vorkommens latenter Tuberkelbazillen in den Lymphdrüsen des Rindes und 
Schweines. — Lüttschwager: Beiträge zur Kenntnis von der Entstehung der Anthrakosis pulmonum. — Schm ul: Die 
histologischen Veränderungen bei der Enteritis pseudomembranacea der Katzen. — Jakob: Maligne Lymphomatöse beim 
Hund. — Löte: Über ein Symptom der experimentellen Wut: über das sogenannte prämonitorische Fieber. — Dutroys: Ein¬ 
seitige Facialislähmung beim Ochsen. — Herrn ans: Untersuchung des Lumbagins Raebiger. — Gergely: Plötzlicher Tod 
einer Kuh nach Verfüttern der Eihäute. — Tageogeschichte: Teetz: Die neue Mecklenburgische Taxe für Tierärzte. — Zur 
Stejlung der Tierärzte in der Fleischbeschau. — Die Stellung der sächsischen und preußischen beamteten Tierärzte. — Ver¬ 
schiedenes. — Staatsveterinärwesen: Deutscher Landwirtschaftsrat. — Schöppler: Ein Nürnberger Tierseuchenflugblatt aus 
dem 18. Jahrhundert. — Jahresbericht über die Tierseuchen in Deutschland 1906. —Aus der Rede des Reichstagsabgeordneten 
Siebenbürger über das Abdeckereiwesen. — Verschiedenes. — Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Müller: Die 
Bekämpfung der Rindertuberkulose und die Mitwirkung der Molkereigenossenschaften dabei. — Häutehandel und Novelle zum 
Reichsviehseuchengesetz. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Das Dresdner Tuberkulose-Schutzimpfverfahren 
für Rinder mit Hilfe nicht infektiöser Impfstoffe. 

(Vorläufige Mitteilung.) 

Von Prof. Dr« M. Klimmer, 

Diickior der Seucliunvrrdiulisanstalt a. d. K. Tierärztlichen Hochschule zu Dresden. 

Es kann heute als erwiesen angenommen werden, 1., daß 
es leicht gelingt, Rindern durch Impfungen mit nicht 
rinderpathogenen Tnberkelbazillen verschiedenen Ur¬ 
sprungs eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen die 
Tuberkulose zu verleihen; 

2, daß die künstlich erzielte Widerstandsfähigkeit 
nicht zeitlebens, sondern nur etwa ein Jahr anhält. 

In letzterer Tatsache liegt ein sehr wesentlicher Grund 
verborgen, warum die v. Behringsche Bovovaccination 
und das Koch-Schützsche Tuberkulose - Schutzimpf¬ 
verfahren mit dem Tauruman in der Praxis versagt. Ich 
brauche hieranf an dieser Stelle um so weniger einzugehen, als 
diese Verhältnisse wiederholt von anderer Seite (Hutyra, Eber 
etc.) eingehend beleuchtet worden sind. Auch die anderen Mängel 
des v. Behringschen und Koch - Schiltzschen Verfahrens 
(Tuberkulose-Infektionsgefahr für den die Impfung ausführenden 
Tierarzt und dessen Umgebung, Infektion des Fleisches der 
Impflinge mit virulenten Tuberkelbazillen, unbequeme, zeit¬ 
raubende und für den Impfling nicht ganz ungefährliche 
Applikationsweise des Impfstoffes), will ich hier übergehen und in 
dieser Richtung auf meine ausführliche, im nächsten Heft der 
Zeitschrift für Tiermedizin erscheinende Abhandlung verweisen. 
Diese hier nur angedeuteten Nachteile der bisher der Allgemeinheit 
aUein zugänglich gemachten Tuberkuloseimmunisierungsverfahren 
v. Behrings und Koch-Schütz’s zu überwinden, das war die 
Aufgabe, die ich mir in erster Linie für die in den Jahren 1903 
und 1904 durchgeführten Tuberkulose-Arbeiten gestellt habe; 
mit anderen Worten gesagt, ich war bestrebt, ein wirksames 
Tuberkulose-Schutzimpfverfahren auszuarbeiten, welches 


für den die Impfung ausführenden Tierarzt und dessen 
Umgebung sowie für die Impflinge gleich ungefährlich 
ist, die Fleisch- und Milchnutzung der Impflinge auch 
durch Nachimmunisierungen nicht beeinträchtigt und 
die stets schnell und leicht durchzuführende subku¬ 
tane Einspritzung des gebrauchsfertig abgegebenen 
Impfstoffes gestattet, also ein Verfahren, welches mit dem 
von v. Behring und Koch-Schütz lediglich die beabsichtigte 
immunisierende Wirkung auf Rinder gemein hat. 

Wie eingangs hervorgehoben wurde, dauert die durch die 
Impfung erzielte Widerstandsfähigkeit gegen die Tuber¬ 
kulose nur etwa ein Jahr an. Es besteht hier also die gleiche 
zeitliche Beschränkung der Schutzwirkung, wie sie uns be¬ 
züglich der Immunisierungsverfahren gegen andere Infektions¬ 
krankheiten (z. B. Milzbrand, Rotlauf) schon längere Zeit be¬ 
kannt ist. Da ein einjähriger Schutz gegen die Tuberkulose, 
die hartnäckigste und langwierigste Stallseuche, praktisch 
von sehr beschränktem Werte ist, so muß die Widerstands¬ 
fähigkeit gegen diese Seuche in gleicher Weise, wie dies z. B. 
beim Rotlauf geschieht, durch Nachimmunisierungen ver¬ 
längert werden und damit die Tuberknloseschntzimpfung erst 
eine praktische Bedeutung als Tuberkulose-Bekämpfungsmittel 
erlangen. Diese alljährlich vorzunehmenden Nachimmu¬ 
nisierungen können bei Milchtieren, d. h. der Mehr¬ 
zahl der Rinder, natürlich nicht mit Impfstoffen durchgeführt 
werden, welche, wie das v. Behringsche Bovovaccin und das 
Koch-Schützsche Tauruman, virulente Menschentuberkel¬ 
bazillen enthalten (Übergang der virulenten Tuberkelbazillen 
jn die Milch), sondern hierzu sind nur nicht infektiöse 
Impfstoffe geeignet. Die Lösung der ganzen Tuberkulose- 
ßchutzimpffrage hängt somit davon ab, ob es gelingt, einen 
nicht infektiösen TuherknloseBchutzimpfstoff herzustellen. 

Dieses Ziel suchte ich auf sehr verschiedenen Wegen zu 
erreichen, und zwar 





242 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


1. mit Hilfe von Menschentuberkelbazillen, welche durch 
vorsichtiges, längeres Erhitzen auf 52 bis 53° ihrer Infektiosität 
völlig beraubt worden sind („abgeschwächte Menschen¬ 
tuberkelbazillen“); 

2. mit auf gleicher Weise mitigierten Rindertuberkel¬ 
bazillen; 

3. mit avirulenten Tuberkelbazillen; 

4. mit den Antigenen der Tuberkelbazillen und ihren 
Antikörpern. 

Von diesen Verfahren habe ich bisher nur jene mit 
avirulenten Tuberkelbazillen und mit abgeschwächten 
Menschentuberkelbazillen in die Praxis eingeführt und 
auf diese allein soll im Nachfolgenden Rücksicht genommen 
werden. 

Die abgeschwächten Menschentuberkelbazillen 
werden in der Weise gewonnen, daß eine Aufschwemmung be¬ 
stimmter Menschentuberkelbazillen längere Zeit einer Temperatur 
von 52 bis 53 Grad ansgesetzt wird. Die Erhitzung muß 
einerseits genügend kräftig durchgeführt werden, um den 
Tuberkelbazillen ihre Infektiosität vollkommen zu rauben, 
andererseits aber hinlänglich schonend, um ihre immunisierende 
Wirkung zu erhalten. Die avirulenten Tuberkelbazijlen 
sind aus Kammolchen reingezüchtet worden, die etwa drei¬ 
viertel Jahr zuvor wiederholt mit Menschentuberkelbazilien, die 
ihrerseits vielfach wiederum Molchpassagen durchgemacht 
haben, geimpft worden sind. 

Beide Impfstoffe vermögen beim Meerschweinchen, be¬ 
kanntlich dem für Tuberkelbazillen menschlichen Ursprungs 
empfänglichsten Versuchstiere, welches in seiner Disposition noch 
den Menschen übertreffen dürfte, ferner bei Kaninchen, Mäuse, 
Ratten, Hunden, Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden Tuber¬ 
kulose nicht zu erzeugen, sie sind also für diese Tiere voll¬ 
kommen apathogen und erlangen auch durch einfache Tier¬ 
passagen ihre Infektiosität nicht wieder zurück. Sie 
werden vielmehr, in der vorgeschriebenen Dosis dem lebenden 
Rinderkörpor eingeführt, sehr bald abgetötet und restlos be¬ 
seitigt. Die erwähnten Tier-, namentlich Meerschweinchen- 
Versuche berechtigen zu der Schlußfolgerung, daß die betreffenden 
Impfstoffe auch für Menschen sowohl bezüglich des Impf¬ 
aktes als auch hinsichtlich des Genusses von Fleisch und 
Milch der mit den Dresdener Tuberkulose-Schutzstoffen ge¬ 
impften Rinder vollkommen ungefährlich sind. 

Die Dresdner Tuberkulose-Schutzimpfung eignet 
sich in erster Linie für die junge Aufzucht. Sie kann aber 
auch an älteren tuberkulosefreien Rindern (Tuberkulin¬ 
probe und klinische bzw. bakteriologische Untersuchung) vor¬ 
genommen werden. In der Praxis verfahre ich in der Weise, 
daß ich die Erstimpfungen auf den Gütern in vierteljährigen 
Zeitabschnitten vornehme, dabei die Zweitimpfung der vorher¬ 
gehenden Serie bewirke und einmal im Jahre die jährlichen 
Nachimmunisierungen ausführe. Im übrigen geben die am Ende 
abgedruckten Vorschriften weitere Aufschlüsse. Damit die 
Kälber nicht vor oder kurz nach der Schutzimpfung (die 
Schutzwirkung ist erst ein bis zwei Monate nach der Erst¬ 
impfung genügend entwickelt) der Tuberkulose anheimfallen, 
sind sie vor allem vor einer Milchinfektion zu bewahren. 
Auch sonst wird man die schutzgeimpften Rinder ver¬ 
meidbaren Tuberkuloseansteckungen natürlich nicht ab¬ 
sichtlich aussetzen. Es wäre dies genau so unsinnig, als wenn 


sich ein gegen Pocken immunisierter Mensch grund- und zweck¬ 
los einer Infektion mit Menschenpocken aussetzte. Für den 
praktischen Erfolg genügt es vollkommen, wenn die als tuber¬ 
kulös erkannten Tiere möglichst ausgemerzt und die in die 
Wirtschaftsverhältnisse kaum eingreifenden Vorschriften nacli 
Möglichkeit befolgt werden. 

Die Impfung ist bei der Verwendung der Dresdner 
Tuberkulose-Schutzimpfstoffe außerordentlich einfach. Der 
fertig bezogene Impfstoff, welcher nur an Tierärzte abgegeben 
wird, ist vor dem Gebrauch kräftig durchzuschütteln, in eine 
Pravazsche Spritze aufzusaugen und den Impflingen unter 
die Haut zu spritzen. Eine Behandlung der Impfstelle vor 
und nach der Impfung ist nicht notwendig. 

Die Impfung wird von den Rindern gut vertragen. 
Impfabszesse, welche nach der Injektion virulenter Tuberkel¬ 
bazillen in die Unterhaut aufzutreten pflegen, entstehen nach der 
Verwendung der Dresdner Impfstoffe nicht. Sogar tuberkulöse 
Jungrinder, die öfters absichtlich der Schutzimpfung unterzogen 
worden sind, haben dieselbe ohne jeden Nachteil überstanden. 
Bisher konnte sogar festgestetlt werden, daß die zur Zeit der 
Erstimpfung örtlich beschränkten tuberkulösen Prozesse zum 
Stillstand kamen. Letztere Beobachtungen sind jedoch nicht 
hinlänglich zahlreich, um sichere Schlußfolgerungen zu gestatten. 

Die Schutzwirkung der schnell und leicht auszuführenden 
subkutanen Impfungen ist jener der intravenösen mindestens 
gleichwertig, voraussichtlich sogar von nachhaltigerer Wirkung. 
Sie läßt sehr häufig eine etwa einjährige Tuberkulinfiberem¬ 
pfindlichkeit zurück. Infolgedessen ist die Tuberkulinprobe 
bei den alljährlich nachzuimpfenden Tieren als Diagnostikum 
nicht zu gebrauchen. 

Von etwa 000 mit den Dresdner Tuberkulose-Schutzstoffen 
geimpften Rindern sind etwa 500 vor der Impfung auf Tuber¬ 
kulose untersucht und frei befunden worden. Von diesen sind 
bisher 27 Stück geschlachtet bzw. an interkurrenten 
Krankheiten verendet. In keinem Falle konnten bei der 
Untersuchung irgendwelche tuberkulöse Prozesse nachge¬ 
wiesen werden. Die Erstimpfung lag zum Teil 3 Jahre, zum 
größeren Teile kürzere Zeit zurück. 

Bei den Immunitätsprüfnngen im künstlichen In¬ 
fektionsversuch haben die dem Dresdner Tuberkuloseschutz¬ 
impfverfahren (zweimalige Vorbehandlung) unterzogenen Rinder 
gegenüber einer schweren intravenösen Tuberkulose- 
infektion, welche ein nicht vorbehandeltes Rind in 4 bis 
7 Wochen tötet, eine sehr hohe, vielfach sogar ab¬ 
solute Widerstandsfähigkeit gezeigt. Die Immnnitäts- 
prüfung wurde in der Regel ein viertel Jahr nach beendeter 
Schutzimpfung vorgenommen; in je einem Falle lag jedoch eine 
Zeit von 2 Monaten nnd 9 Monaten dazwischen. Auch in diesen 
beiden Versuchen wurde eine gleich beträchtliche Widerstands¬ 
fähigkeit gegen eine künstliche Infektion festgestellt. Ein 
Unterschied in der Schutzwirkung beider Impfstoffe, der aviru¬ 
lenten Tuberkelbazillen und der durch Erhitzen abgeschwftchten 
Menschentuberkelbazillen konnte nicht festgestellt werden, des¬ 
halb habe ich auch beide Impfstoffe beibehalten. — Eine aus¬ 
führlichere Darstellung des sehr umfangreichen Beobachtnngs- 
materials werde ich mit den Versuchsprotokollen im nächsten 
Heft der Zeitschrift für Tiermedizin veröffentlichen. 

Nachdem das Dresdner Tuberkuloseschutzimpfverfahren so¬ 
wohl in zahlreichen künstlichen Infektiönsversuchen als 








2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


243 


auch drei bzw. vier Jahre lang in der Praxis mit 
bestem Erfolge erprobt und meine Beobachtungen von 
verschiedenen praktischen Tierärzten bestätigt worden 
sind, glaube ich nun dieses Verfahren der Allgemeinheit zu¬ 
gänglich machen zu sollen. 

Vorschriften für die Durchführung des Dresdner Tuberkulose-Schutz- 
Impfverfahrens mit Hilfe nicht infektiöser Impfstoffe. 

1. Das Dresdner Tuberkulose-Schutzimpfverfahren eignet 
sich für gesunde junge Rinder im Alter von drei Tagen bis 
IV 2 Jahren und tuberkulosefreie ältere Rinder. Kränkelnde 
Tiere und gegebenenfalls auch solche Kälber, welche der Milch¬ 
nahrung ,entwöhnt werden, sind bis zur Genesung bzw. bis 
zum überstandenen Absetzen von der Schutzimpfung auszu¬ 
schließen. 

2. Als Impfstoff dient eine gebrauchsfertig bezogene Auf¬ 
schwemmung von entweder durch Erhitzen völlig abgeschwächten, 
nicht mehr infektiösen Menschentuberkelbazillen (TH) oder von 
avirulenten Tuberkelbazillen (AT), al^o von Bakterien, die bei 
sachgemäßer Anwendung für Menschen und Impflinge gleich 
ungefährlich sind. Bei Milchtieren sind vorläufig nur aviru- 
lente Tuberkelbazillen zu verwenden. 

3. Der Impfstoff wird in eingeschmolzenen Glasröhrchen 
gebrauchsfertig von der chemischen Fabrik Humann & Teisler, 
Dohna i. Sa., zu einem Preise von 1 M. für eine Dose ein¬ 
schließlich Verpackung abgegeben. Der Impfstoff ist möglichst 
frisch, auf jeden Fall innerhalb der auf der Dosis angegebenen 
Zeit (ca. drei Wochen) zu gebrauchen und bis zur Verwendung 
kühl und dunkel aufzubewahren. Vor dem Gebrauch ist der 
Impfstoff kräftig durchzuschütteln. Hierauf wird der engere 
Teil des Glasröhrchens mit einer kantigen Feile angeschnitten 
und abgebrochen. Der Impfstoff eines geöffneten Röhrchens ist 
noch am selbigen Tage zu verwenden. 

4. Der Impfstoff wird aus dem geöffneten Röhrchen in eine 
Pravazsche Spritze aufgesogen. Die Spritze, welche möglichst 
nur für die Impfungen mit den Dresdner Impfstoffen zu reservieren 
ist, muß stets sauber gehalten und vor und nach dem Gebrauch 
durch Ausspülen mit einer Desinfektionsflüssigkeit (1 prozentige 
Sublimatlösung, 2 prozentige Lysollösung usw.) und hierauf mit 
abgekochtem Wasser oder besser noch durch Auskochen 
gereinigt werden. 

5. Die Impfdosis beträgt 5 ccm des Impfstoffes. 

6. Der Impfstoff wird den Bindern unter die Haut gespritzt. 
Als Impfstelle eignet sich vornehmlich die linke Halsseite. Eine 
besondere Behandlung der Impfstelle vor oder nach der Ein¬ 
spritzung ist nicht notwendig. 

7. Die Impfung ist a) ein Vierteljahr nach der ersten Ein¬ 
spritzung und b) alljährlich zu wiederholen. Besteht der Verdacht, 
daß der junge Impfling schon vor der Schutzimpfung an noch 
nicht vorgeschrittener Tuberkulose erkrankt ist (für ältere 
tuberkulöse Rinder und für junge mit vorgeschrittener Tuberkulose 
ist die Impfung erfolglos), so ist die Impfung zweckmäßiger¬ 
weise im ersten Jahre in ein viertel jährigen Zwischenpausen 
viermal zu wiederholen. 

8. Es empfieht sich die Impflinge vor und etwa zwei Monate 
lang nach der ersten Schutzimpfung vor einer Tuberkulose¬ 
ansteckung möglichst zu bewahren. In dieser Richtung kommt 
bei der jungen Aufzucht in erster Linie die Ernährung mit ein¬ 
wandfreier Milch in Frage. 


9. Den Kälbern ist entweder Milch tuberkulosefreier Kühe 
(zum mindesten solcher Kühe, welche frei von Eutertuberkulose 
und sonstiger klinisch feststellbarer Tuberkulose sind) oder ab¬ 
gekochte bzw. pasteurisierte Milch zu geben. Die Bekömmlich¬ 
keit und Ausnutzung der abgekochten bzw. pasteurisierten Milch 
wird durch Zusatz von 2 g Kochsalz auf einen Liter Milch 
wesentlich gebessert.*) 

10. Den schutzgeimpften Tieren ist nach Möglichkeit 
Aufenthalt und Bewegung im Freien zu geben. Bei Weidegang 
ist auf eine ausreichende und kräftige Ernährung der jungen 
Aufzucht, namentlich bei dürftigem Gras wuchs und bergigem 
Gelände, zu achten. 

11. Im Stall läßt man die schutzgeimpften Tiere in Boxen 
frei herumlaufen oder stellt sie beim Anbinden direkt hinter 
einander auf. Stehen die Rinder in doppelten Reihen mit den 
Köpfen gegenüber, so sind den schutzgeimpften Rindern nach 
Möglichkeit auch schutzgeimpfte Tiere gegenüberzustellen. 


Mitteilungen aus der Praxis. 

Von Tierarzt Train (Baruth i. M). 

Fibroly8in. 

Dem vom Kollegen Herrn Dr. Rah ne-Schönebeck in Nr. 38 
der B. T. W. geschilderten Behandlungsfall mit Fibrolysin kann 
ich drei Fälle anreihen, in denen das Fibrolysin mir wertvolle 
Hilfe geleistet hat. Das Mittel war mir seinerzeit von der 
Firma E. Merck, Darmstadt, zu Versuchszwecken gütigst über¬ 
lassen worden. Das Fibrolysin ist ein wasserlösliches Doppel¬ 
salz aus 1. Molekül Thiosinamin und V 2 Molekül Natr. salicyl. 
Eß kommt zu tierärztlichen Zwecken in sterilisierten Lösungen 
in den Handel; die Lösungen befinden sich in der Menge von 
11,5 ccm = 1 g Thiosinamin in praktischen Ampullen. 

Über Nacht vom 28. zum 29. Januar d. J. erkrankte ein 
Schimmel des Gastwirts G. zu B. an einer heftigen Phlegmone 
des rechten Vorderschenkels. Der Schenkel war vom Fessel¬ 
gelenk an aufwärts bis unter die Brust gleichmäßig stark 
geschwollen. Im Laufe der Behandlung entleerten sich 
14 Abszesse von selbst; 19 tiefer liegende Abszesse mußten 
gespalten werden. Am 13. März konnte die Phlegmone als 
abgeheilt betrachtet werden; die Abszesse waren ausgeheilt, 
neue Abszesse bildeten sich nicht mehr. Leider hatte sich eine 
Sklerose über den ganzen Schenkel gebildet: das Pferd konnte 
den Schenkel in keinem Gelenk beugen; es schleppte ihn im 
Gange mit einem Bogen nach auswärts etwas nach vorn; die 
Hufspitze schleifte auf der Erde. Trotzdem das Pferd täglich 
geführt und der Schenkel mit zerteilenden Salben gründlich 
massiert wurde, war am 15. April keine nennenswerte Besserung 
eingetreten. Der Gang war nur eine Wenigkeit freier geworden; 
der Schenkel machte jedoch immer noch den Eindruck, als wenn 
er hölzern sei. Die Sklerose hatte sich nicht zurückgebildet. 
Vergleichende Messungen des linken und des rechten Vorder¬ 
schenkels ergaben; linker Vorarm (an zwei Stellen gemessen) 
45,31 72 cm, rechter 47,35 cm; Vorderfußwurzel links 31, rechts 
33 cm; Mittelfuß links 20, rechts 2372 5 Fesselgelenk links 23, 
rechts 2872 cm. Da das Pferd wertlos war, wollte der Besitzer 
es an den Schlächter verkaufen. Ich riet jedoch noch zu einem 
Versuch. Am 15. April machte ich am Halse des Pferdes eine 

*) Näheres siehe Kl immer, Veterinärhygiene. Paul Paroy. 
Berlin 1908, S. 288. 





244 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


subkutane Einspritzung von 11,5 ccm Fibrolysinlösung. Eine 
Schwellung oder ein Abszeß an der Einstichstelle trat weder 
in diesem, noch in den folgenden Fällen ein; eine Einwirkung 
auf die Körpertemperatur, Herztätigkeit, Atmung war nicht 
bemerkbar. Das Pferd wurde täglich geführt; eine andere Be¬ 
handlung wurde nicht eingeleitet. Am 18. April wurde der 
rechte Schenkel an denselben Stellen wie am 15. April gemessen; 
die Ergebnisse waren 45,33 1 /2 cm; 32,23V 2 , 27 72 cm. Am 
19. April wurden wiederum 11,5 ccm Fibrolysinlösung subkutan 
eingespritzt. Die am 22. April vorgenommenen Messungen er¬ 
gaben 45, 32, 32, 21, 25. Bis auf das Fesselgelenk waren die 
Umfangverhältnisse etwa normal. Der verhältnismäßig große 
Umfang des Fesselgelenks wurde durch zwei Narbenkeloide 
verursacht. Die Behandlung des Pferdes konnte nicht fortgesetzt 
werden, da der Besitzer das Pferd, dessen Gang sowohl im 
Schritt als auch im Trab einwandfrei geworden war, verkaufte. 
Er hatte die Freude für das am 15. April noch wertlose Tier 
den von seiner Seite angelegten, hohen Kaufpreis beim Verkauf 
wieder zu erzielen. Was durch eine vierwöchentliche Be¬ 
handlung mit anderen Mitteln und mit Massage vergeblich 
versucht, nämlich die Sklerose zu bessern, das gelang mit zwei 
Fibrolysineinspritzungen fast vollständig, und dieser Fall über¬ 
zeugte mich von der narbenerweichenden und gegen Bindegewebe¬ 
wucherung spezifischen Wirkung des Fibrolysins. 

Der zweite Fall betraf einen Ochsen des Dominiums P. 
Mitte Mai soll der Ochse beim Ausweichen mit der linken Brust¬ 
seite gegen einen Balken gelaufen sein. Die entstandene Ge¬ 
schwulst war mit essigsaurer Tonerde angeblich behandelt 
worden, wollte aber nicht vergehen. Am 20. Juni untersuchte 
ich das Tier. Dicht hinter der linken Schulter befindet sich 
eine etwa suppentellergroße, etwas ovale, harte, flache, nicht 
vermehrt warme, bei Druck nicht schmerzhafte Verdickung 
welche sich mit der Haut verschieben läßt. Das Tier verkürzt 
im Gange den Schritt links sehr und lahmt somit stark. Ich 
stellte die Diagnose: Tumor fibrosus und spritzte dem Ochsen 
11,5 ccm Fibrolysin ein, subkutan am Halse. Am 5. Juli war 
die Geschwulst bis auf die Hälfte zurückgebildet. Ich spritzte 
noch einmal 11,5 ccm Fibrolysinlösung ein, dieses Mal aber 
direkt in die Mitte der Geschwulst. Am 8. Juli war von der 
ganzen Geschwulst nur noch ein etwa zweimarkstückgroßes, 
ganz flaches Stück zu fühlen und der Ochse verrichtete seine 
Zugdienste ohne zu lahmen. 

Auf demselben Dominium P. wurde mir am 20. Juni ein 
Pferd vorgeführt, welches von dem Nachbarpferd gegen die 
Vorderfläche des rechten Sprunggelenks geschlagen worden war. 
Es bestand starke Schwellung und Lahmheit. Die vermehrte 
Wärme und die Schmerzhaftigkeit sowohl als auch die Lahmheit 
wurden durch die gewöhnliche Behandlungsarten zum Verschwinden 
gebracht. An der Vorderfläche des Sprunggelenks stellten sich 
jedoch querverlaufende Risse ein, welche trotz der Behandlung 
mit Chlorzink, Tannoform und Jodoform nicht vernarben wollten, 
sondern stets wieder aufbrachen, so daß starke Narbenschwielen 
zu befürchten waren. Außerdem war am Sprunggelenk, am 
Hintermittelfuß, am Fesselgelenk Sklerose entstanden. Messungen 
ergaben für den linken Hinterschenkel: Sprunggelenk 49, Mittel¬ 
fuß 24, Fessel 30 cm, für den rechten: 52, 26 bzw. 32 cm. 
Am 8. Juli wurden zum ersten Male, am 15. Juli zum zweiten 
Male 11,5 ccm Fibrolysinlösung subkutan am Halse injiziert. 
Die querverlaufenden Risse heilten nunmehr ohne Wucherungen 


zu; am 22. Juli zeigte der rechte Hinterschenkel normale Um¬ 
fangsverhältnisse, nämlich 49 72 , 24 bzw. 30 cm. Die günstigen 
Erfolge in diesen drei Fällen sind nach meiner Meinung dem 
Fibrolysin zuzuschreiben. Die Heilung wäre vielleicht noch 
schneller erfolgt, wenn die Einspritzungen in kürzeren Zwischen¬ 
zeiten gemacht worden wären; dieses konnte leider infolge der 
Praxisverhältnisse nicht ermöglicht werden. Ich aber empfehle 
mit gutem Gewissen die Anwendung des Fibrolysins in ähn¬ 
lichen Fällen. 

Jodipln. 

Das Jodipin wurde von mir zum ’ erstenmal bei einem 
schweren, dänischen Pferde versucht, welches nach dem Jransport 
an Lungenentzündung erkrankt war. Von dem Pferdehändler 
war diese Lungenentzündung sehr gefürchtet, weil sie ihm schon 
häufiger unter seinen Transporten Verluste verursacht hatte. 
Ich benutze stets das 25proz. Jodipin und behandelte mit ihm 
4 Fälle von Lungenentzündung. In 3 Fällen machte ich nur 
eine Injektion von 40ccm, in einem Fall deren zwei. Auffallend 
war stets der schnelle Abfall der Fiebertemperatur und die 
schnelle Wiederkehr des Appetits. Ferner behandelte ich zwei 
schwere Drusepatienten mit Jodipineinspritzungen. Keins der 
mit Jodipin behandelten Pferde ist eingegangen. Größere 
Schwellungen, wie einige Herren Kollegen nach der Einspritzung 
erhalten haben, sind in keinem der von mir behandelten Fälle 
eingetreten. Ferner hatte ich in zwei Fällen Gelegenheit, mich 
von der auf Eitercoccen spezifischen Wirkung des Jodipins zu 
überzeugen. Ein schwerer, dänischer Zuchthengst magerte 
rapide ab; Appetit war fast gar nicht vorhanden. Die Diagnose 
lautete auf Pyämie. Versuchsweise injizierte ich 40 ccm Jodipin. 
Schon am nächsten Tage stellte sich Appetit ein, welcher bis 
zu dem am siebenten Tage nach der Infektion erfolgten Tode 
des Tieres anhielt. Die Sektion ergab zahlreiche pyämische 
Eiterherde (Folge einer überstandenen Druse?). Bei dem 
zweiten Versuch handelte es sich um eine Kuh, welche an einer 
eiterigen Bauchfellentzündung litt. Nach der Einspritzung von 
40 ccm Jodipin stellte sich am nächsten Tage Appetit ein. 

Kleins Antiperiostin. 

Mit Kleins Antiperiostin habe ich 8 Fälle von veralteten 
Überbeinen behandelt. In allen Fällen waren nach Abfallen des 
Schorfes, welches etwa 3 Wochen nach der Einreibung erfolgte, 
die Überbeine bedeutend kleiner geworden; gänzlich verschwunden 
war keins. 

Vergotlnine. 

Vergotinine wurde in 2 Fällen von Lungendämpfigkeit ver¬ 
sucht. Der erste Versuch konnte nicht ausgeführt werden, da 
das betr. Pferd kein Futter fraß, welchem das Mittel zugesetzt 
worden war. Das zweite Pferd erhielt einen Monat hindurch 
täglich die vorgeschriebene Menge Vergotinine. Während des 
ganzen Monats wurde es voschriftsmäßig gefüttert und nicht 
zur Arbeit benutzt. Nach Ablauf des Monats konnte auch nicht 
die geringste Besserung wahrgenommen werden. Der körper¬ 
liche Zustand hatte sich allerdings gebessert; ich schreibe die 
Besserung jedoch nicht dem Vergotinine zu, sondern der vier¬ 
wöchentlichen Ruhe und dem kräftigen Futter. 

Euman. 

Auf dem Dominium P. herrschte schon seit Jahren die 
Schweineseuche. Im vorigen Jahre und in diesem Jahre bis 
Ende März wurden die Ferkel in den 3 ersten Lebenstagen 
mit polyvalentem Serum (Ostertag-Wassermann) geimpft; 





2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


245 


leider ohne Erfolg. Von den 33 in diesem Jahre geimpften 
Ferkeln blieben nur 9 als Kämmerer am Leben. Die Schweine¬ 
zucht sollte wegen der andauernden Mißerfolge aufgegeben 
werden. Anf meinen Vorschlag wurden noch Versuche mit dem 
von Rnste-Enoch (Hamburg) hergestellten Euman (Serum 
gegen chronische Schweineseuche) gemacht. Die Impfungen 
hatten überraschende Erfolge. Es wurden bis jetzt geimpft die 
9 Kämmerer (pro Tier 5 ccm) und 54 Ferkel (pro Tier 3 ccm 
Euman). Der Zustand der 9 Kümmerer besserte sich schnell. 
Von den 54 anderen Impflingen ist keins gestorben. Von den 
6 Würfen sind nur 5 im Wachstum etwas zurückgeblieben. Die 
anderen haben sich gleichmäßig entwickelt. 

Bauer S zu M. hatte vor drei Jahren Schweineseuche in 
seinem Ferkelbestand. Die vorgenommenen Impfungen mit poly¬ 
valentem Serum hatten keine Erfolge. Der Bauer verzichtete 
deshalb auf die Impfungen, trotzdem infolge der vom Kreise 
gewährten Unterstützung die Impfkosten nur sehr minimal 
waren. Im April d. J. impfte ich versuchsweise zwölf Ferkel 
mit Euman. Die Tiere blieben gesund und entwickelten sich 
normal. 

G. aus B. hatte eine tragende Sau aus einem Bestände 
gekauft, in welchem chronische Schweineseuche herrschte und 
beständig geimpft wurde. Wie ich gelegentlich erfuhr, hatte 
die Sau neun Ferkel geworfen, welche eingingen; sie sollen 
braune Borken und krächzenden Husten gehabt haben. Als die 
Sau zum zweiten Male ferkelte, wurden die Ferkel (wiederum 
neun) mit Euman geimpft. Der ganze Wurf ist gesund ge¬ 
blieben und im Alter von acht Wochen im ganzen verkauft 
wollen. 

Auf Grund meiner Erfahrungen kann ich die Impfung mit 
Euman in Beständen empfehlen, in denen chronische Schweine¬ 
seuche herrscht, und in denen mit polyvalentem Serum erfolglos 
geimpft worden ist. 

Wurfzeug nach Landestierarzt Blume. 

Operationen werden von den auf dem Lande praktizierenden 
Tierärzten verhältnismäßig selten auegeführt. Grund hierfür 
sind vielleicht die umständlichen Wurfzeuge, welche in den 
Kliniken gebraucht werden und zu deren Handhabung eine 
größere Anzahl geschulter Hilfskräfte nötig ist. Ich kann den 
Kollegen die Anschaffung obigen Wurfzeugs empfehlen. Ohne 
die Anwendung des Wurfzeugs vorher gesehen zu haben, habe 
ich, der Gebrauchsanweisung folgend, mit Hilfe von drei Leuten* 
ein 12 Jahre altes, mittelschweres dänisches Pferd in ganz 
kurzer Zeit geworfen, um an ihm eine etwa zwei Pfund schwere, 
breit auf der Kastrationsnarbe sitzende Neubildung (anscheinend 
Potryomykom) zu entfernen. Die Wunde wurde mit sechs 
Wundklammern und sechs Knopfnähten geschlossen. Zum Fest¬ 
halten des Tieres am Boden waren allerdings fünf Leute nötig. 
Mit nur zwei Leuten warf ich z. B. ein 3 / 4 Jahre altes Fohlen 
behufs Entfernung einer kleinen Neubildung am Schlauch. 
Besonders hervorzuheben ist der Vorteil, daß nur eine Fessel 
zum Ab werfen angelegt wird, und daß der Operateur das An¬ 
legen selbst vornehmen kann, er also nicht auf den oft zweifel¬ 
haften Mut der Hilfskräfte angewiesen ist. Das Wurfzeug wird 
von der Firma Bengen & Co. in einem sehr handlichen Ruck¬ 
sack geliefert und kann infolge seines leichten Gewichts selbst 
auf weiten Radfahrten mitgenommen werden. 


Der Ecraseur-Emasculator. 

Von Blunk. 

ln dem Artikel über stumpfen Emasculator und Ecraseur- 
Emasculator in Nr. 13, S. 231 der B. T. IV., ist dem letzten 
Abschnitt, der den Ecraseur-Emasculator behandelt, infolge Ver¬ 
wechselung zweier Klischees eine unrichtige Abbildung beigegeben, 
die den Text unverständlich macht. Es icird daher hierunter 
der betreffende Abschnitt des Textes mit der richtigen Abbildung 
n och mals veröffentlich i. 

Ein Intrument, das ich Ekraseur- oder gestielten Emas- 
kulator nennen möchte, stellt die zweite Abbildung dar. Aus 
derselben ist ohne weiteres die Handhabe und Einrichtung des 
Instrumentes erkenntlich. Die an den Enden ineinaderliegender 
Stangen befindlichen Maulteile gleichen genau denen eines 
schneidenden Emaskulators. Dieselben werden durch die am 
anderen Ende befindliche Dreh Vorrichtung oder Zangenschenkel 
geschlossen und ^geöffnet. 



Das Instrument dient zur unblutigen Kastration von Kühen 
und Stuten, sowie zur Entfernung gestielter Neubildungen aus 
Scheide, Mastdarm, Maul- und Rachenhöhle, auch findet es zweck¬ 
mäßiger als irgend ein mir bekanntes Instrument bei der 
Kastration von Kryptorchiden Verwendung, wenn sich die Hoden 
nicht aus der Operationsöffnung herausziehen lassen. Für das 
Instrument wurde das einfache Emaskulatormaul gewählt, da 
die Eierstockgefäße verhältnismäßig schwach sind. 

Der stumpfe wie der Ekraseur-Emaskulator sind gesetzlich 
geschützt. Die Herstellung hat die bewährte Firma Hauptner, 
welche bekanntlich Tierärzten Instrumente zu kostenfreiem Ver¬ 
suche überläßt, übernommen. 

Referate. 

Untersuchungen zur Frage des Vorkommens latenter 
Tuberkelbazillen In den Lympbdrüsen des Rindes und 
Schweines. 

Von Med.-Rat Prof. Dr. Joest, Amtstierarzt Noack und 
Assistent Liebrecht. 

(Zeitschr. f. Infektionskr., paras. Krankb. u. Hyg. d. Haust., Bd. III, S. 257.) 

In den letzten Jahren ist die Frage, ob in unverändert oder 
jedenfalls makroskopisch nicht tuberkulös erscheinenden Lyrapli- 
drüsen lebende, virulente Tuberkelbazillen Vorkommen können, 






246 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


mehrfach erörtert worden. Namentlich erstreckten sich die 
Untersuchungen auf den Menschen, weniger auf Tiere. — Die 
Autoren untersuchten nun Lymphdrüsen von mit generalisierter 
Tuberkulose behafteten Tieren, wobei das Gewebe ein und der¬ 
selben Drüse gleichzeitig zu Tierversuchen und zu makro¬ 
skopischer wie mikroskopischer Prüfung verwendet wurde. Ins¬ 
gesamt wurden 141 anscheinend nicht tuberkulöse Lymphprüsen 
von 94 mit allgemeiner Tuberkulose behafteten Tieren (38 Rindern, 
f>5 Schweinen und 1 Ziege) untersucht und zusammengefaßt 
folgendes gefunden: 

Bei mit generalisierter Tuberkulose behafteten Rindern und 
Schweinen finden sich periphere Körperlymphdrüsen oft ver¬ 
größert, ohne bei der üblichen fleischbeschautechnischen Unter¬ 
suchung tuberkulöse Veränderungen erkennen zu lassen. 

In einzelnen Fällen können in derartigen Lymphdrüsen bei 
eingehender Untersuchung unter Zuhilfenahme der Lupe doch 
tuberkulöse oder tuberkuloseverdächtige Herde makroskopisch 
nachgewiesen werden; die Mehrzahl von ihnen zeigt jedoch selbst 
bei genauester makroskopischer Untersuchung (auch mit der 
Lupe) nichts Verdächtiges. 

Prüft man diese letzteren Lymphdrüsen im Tierversuch, so 
zeigt sich, daß die meisten von ihnen tuberkelbazillenfrei sind, 
eine Anzahl jedoch enthält lebende, virulente Tuberkuloseerreger. 
Beim Rinde ist diese Zahl größer, beim Schwein kleiner. Die 
histologische Untersuchung dieser tuberkelbazillenhaltigen, 
lediglich vergrößerten Lymphdrüsen ergibt, daß in allen Fällen, 
in denen der Tierversuch die Anwesenheit von Tuberkelbazillen 
in einer Lymphdrüse anzeigt, spezifisch tuberkulöse Veränderungen 
(Epitlieloidzelltuberkel mit Riesenzellen) nachweisbar sind. Die 
in diesen Lymphdrüsen vorhandenen Tnberkelbazillen sind somit 
nicht latent. Die Zahl der ausgeführten Untersuchungen läßt 
den Schluß zu, daß in den Lymphdrüsen mit generalisierter 
Tuberkulose behafteter Rinder und Schweine latente Tuberkel¬ 
bazillen überhaupt nicht Vorkommen, daß vielmehr überall da, 
wo sich Tuberkelbazillen im Lymphdrüsengewebe finden, histo¬ 
logisch auch spezifisch tuberkulöse Veränderungen nachweisbar 
sind. Hieraus ergibt sich weiter, daß bei diesen Tieren ein 
„lymphoides Stadium der Lymphdrüsentuberkulose“ im Sinne 
Bartel8 nicht vorkommt. 

Aus den Untersuchungen läßt sich ferner mit großer Wahr¬ 
scheinlichkeit schließen, daß die in einer im Anfangsstadium 
tuberkulöser Erkrankung befindlichen Lymphdrüse vorhandenen 
Tuberkelbazillen lediglich auf die tuberkulösen Herde beschränkt 
sind, während die histologisch nicht spezifisch verändert er¬ 
scheinenden Partien des Drüsengewebes frei von ihnen sind. 

Die Lymphdrüsen ein und desselben mit generalisierter 
Tuberkulose behafteten Tieres können sich in bezog auf ihren 
Tuberkelbazillengehalt und dementsprechend in bezug auf das 
Vorhandensein spezifisch tuberkulöser Veränderungen verschieden 
verhalten. 

Die Untersuchungen haben gezeigt, daß latente Tuberkel¬ 
bazillen in den Lymphdrüsen des Rindes und Schweines nicht 
Vorkommen, daß vielmehr da, wo sich Tuberkelbazillen in Lymph¬ 
drüsen vorfinden, regelmäßig auch spezifisch tuberkulöse Ver¬ 
änderungen nachweisbar sind. Ein Teil dieser Veränderungen 
läßt sich aber mit bloßem Auge nicht erkennen, sie sind 
makroskopisch latent, was besonders beim Rind nicht selten 
ist. Die in der Praxis der Fleischbeschau übliche makro¬ 
skopische Untersuchung der Lymphdrüsen auf das Vorhandensein 


tuberkulöser Veränderungen reicht nicht aus, um in allen Fällen 
solche Veränderungen zu ermitteln. Außer der Anlegung möglichst 
weiter Schnittflächen leistet das zuerst von Ostertag empfohlene 
Verfahren der Betrachtung der Schnittfläche mit der Lupe gute 
Dienste. „Ein noch besseres Verfahren aber ist die Unter¬ 
suchung eines Quetschpräparates aus der verdächtigen Lymph¬ 
drüse bei etwa vierzigfacher Vergrößerung. Hierbei sieht man, 
wenn es sich um einfache Hyperplasie handelt, überall gleich¬ 
mäßig durchscheinendes Gewebe. Bei Tuberkulose dagegen ist 
das durchscheinende Gewebe durch trübe Partien unterbrochen, 
die in der Regel rundlich erscheinen und bei etwas stärkerer 
Vergrößerung in der Mitte nekrotische Riesenzellen in Form 
brauner oder schwarzer, rundlicher oder ovaler Gebilde erkennen 
lassen.“ Schließlich sollte in zweifelhaft bleibenden Fällen auf 
Schlachthöfen die eingehendeüntersuchung im gefärbten Schnitt¬ 
präparat vorgenommen werden, wobei zweckmäßig die Azeton- 
Paraffin-SchnelleinbettungBmethode in Anwendung gebracht wird, 
die innerhalb weniger Stunden tadellose Schnitte anzufertigen 
gestattet. Richter. 

Beiträge zur Kenntnis von der Entstehung der 
Anthrakosis pulmonum. 

Von Dr. med. vet. Lütt Schwager. 

(Aus dem pathol. Institut der Tierärztlichen Hochschule in Hannover.) 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1908. Nr. 1 u. 2.) 

In der vorliegenden Abhandlung (Dissertation) kommt der 
Verfasser zu folgenden Feststellungen: Der Blutkreislauf spielt 
für die Verbreitung des Pigmentes im Körper eine Rolle. An 
mehreren Stellen ist in der Wand eines Blutgefäßes Pigment 
gefunden worden, ohne daß sich makroskopisch oder ndklft'- 
skopiBch eine pathologische Veränderung an der Blutgefäß wand 
bemerkbar gemacht hätte. Es muß also ein Übertritt von Pig¬ 
ment in die Blutgefäße verhältnismäßig leicht möglich sein. 
Die Lymphbahnen können als ausschließliche Vehikel deshalb 
nicht in Betracht kommen, weil in verschiedenen Fällen die 
Pigmentierung von Leber, Milz und Nieren eine bei weitem 
größere war, als die der Lymphdrüsen. Es kommen aber auch 
die Lymphbahnen mit in Betracht. Dies geht daraus hervor, 
daß in Fällen, in welchen der Farbstoff von der Bauchhöhle 
aus aufgenommen wurde — nach Fütterung oder intraperitonea¬ 
ler Injektion von Tusche — die Metastasenbildung eine beson¬ 
ders reichliche war, weil hier eine ausgezeichnete Resorption 
der Tusche durch den Lymphgefäßapparat der Bauchhöhle statt¬ 
fand. Es muß demnach angenommen werden, daß der Farbstoff 
an den Orten seiner Eintrittsstelle in den Körper zunächst von 
den Lymphspalten und Lymphgefäßen aufgenommen wird, und 
daß er dann, ohne in den Lymphdrüsen vollkommen festgehalten 
zu werden, in die Blutbahn übertreten kann. Durch letztere 
erfolgt in der Regel seine weitere Verbreitung im Körper. 

Rdr. 

Die histologischen Veränderungen bei der Enteritis 
psendomembranacea der Katzen. 

Von Dr. med. vet. Erwin Schmul-Krotoschin. 

(Archiv für wisseusch. und prakt. Tierheilkunde. 38. Bd., H. 4 u. 6.) 

Sch mul hat eine größere Anzahl von Fällen des sogenannten 
Darmkrups bei der Katze histologisch untersucht und gefunden, 
daß sich die betreffenden Veränderungen auf Darm, Magen, 
Leber und Niere erstrecken. Im Dünndarm ist allen Fällen 
gemeinsam eine Kontraktion der Zotten, eine starke seröse 






2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


247 


Durchtränkung der Gewebe, eine hyaline Veränderung als Vor¬ 
stufe zur Nekrose und ein Eintreten der letzteren, von den 
Zotten ausgehend, je nach den Fällen nur einen Teil der Darm¬ 
schichten oder alle ergreifend, ein rapider totaler Untergang der 
Epithelien, eine Anämie und hämorrhagische Extravasation inner¬ 
halb bescheidener Grenzen, eine überall vorhandene Leukozyto- 
taxis. Leber und Nieren befinden sich im Zustand der Hyper¬ 
ämie, der Magen zeigt mindestens katarrhalische Veränderungen. 

Die gebildete Pseudomembran ist bald kompakt, bald durch 
große Saftlücken in Schichten geteilt und besteht vorwiegend 
aus Bakterien, während die Bindesubstanz weder deutliche 
Fibrin- noch Muzinreaktion ergibt, vielmehr durch das negative 
Verhalten den Farbstoffen gegenüber die Annahme rechtfertigt, 
daß sie nach der Exsudation erhebliche Veränderungen er¬ 
litten hat. 

Der Bakterienbelag besteht aus den verschiedensten Arten, 
unter denen grampositive Kokken und gramnegative sehr feine 
Stäbchen die Überzahl bilden. J. Schmidt. 

Maligne Lymphomatöse beim Hand. 

Von Dr. H. Jakob, München. 

(Wochenachr. lOr Tierheilk. und Viehzucht, 51. Jahrg. Nr. 36.) 

Unter der Bezeichnung „Lymphomatöse“ will G. jene Krank¬ 
heitsformen verstanden wissen, welche sich in Hyperplasie 
sämtlicher Lymphapparate äußern, gleichgültig, ob es sich um 
wahre Leukämie oder um eine Erkrankung handelt. Er 
schildert genau einen solchen Krankheitsfall beim Hund und 
geht dann des näheren auf die vitale Untersuchung der Milz ein. 
Im Gegensatz zu der jetzt vertretenen Ansicht über die klinische 
MÜzuntersuchung vertritt Verf. die Meinung, daß die Diagnose 
Milzerkrankung bezw. - Vergrößerung bei Hunden sehr wohl 
gestellt werden kann. Der von ihm beschriebene Untersuchungs¬ 
modus ist folgender: a) Die Inspektion ergibt linkerseits 
hinter dem Rippenbogen zunächst eine mäßige, nicht besonders 
breite muldenförmige Vertiefung der Bauchwand am Ende des 
Epigastriums in der Gegend der Brustweiche, dann je nach der 
Milzvergrößerung eine entsprechend große Hervorwölbung des 
vorderen Teiles des Mesogastriums, speziell in der Bauch weiche 
und der Regio umbilicalis, b) Die Palpation gibt genaueren 
Aufschluß. Bei Tiefpalpation von der letzten Rippe in der 
Nieren-Lendengegend beginnend fühlt man eine nach abwärts 
zur Nabelgegend ziehende, dicht an den Rippenbogen angrenzende, 
von diesem jedoch nicht bedeckte und gegen die Umbilikalgegend 
sich davon entfernende Geschwulstmasse, die ventralwärts 
an Stärke und Verschiebbarkeit zunimmt und einen freien 
Zwischenraum zwischen dem eben noch palpablen linken Leber¬ 
rande übrig läßt, c) Die Perkussion, die entsprechend dem 
palpatorischen Befunde eine vollkommene Dämpfung, zuweilen 
sogar das Gefühl des Widerstandes erkennen läßt, hilft die 
Diagnose sichern. Die Auskultation ist für die Milzuntersuchung 
so gut wie wertlos. J. Schmidt. 

Über ein Symptom der experimentellen Wnt; über das 
sogenannte prämonitorische Fieber. 

Von J. Löte. 

(Orvosl Hetilap. 1905, Nr. 24.) 

Die Temperatur des gesunden Kaninchens ist von so regel¬ 
mäßigem, charakteristischem Typus, daß Veränderungen dieses 
konstanten Temperaturganges als sichere und berechtigte An¬ 
leitung zur Beurteilung pathologischer Zustände angesehen 


werden können, und solche Veränderungen, wie sie im Latenz- 
Stadium der Tollwut unter dem Bilde des prämonitorischen 
Fiebers auftreten, werden unter normalen Verhältnissen niemals 
beobachtet. Löte betont schon seit längerer Zeit, daß die erste 
und zuerst nachweisbare Veränderung bei der experimentellen 
Tollwut das Fieber sei. Doch darf man dem prämonitorischen 
Fieber nicht etwa irgendwelche besondere Bedeutung zuschreiben, 
demselben kommt durchaus nicht pathognomonische Bedeutung 
zu. Bei unbefangener und eingehender Beobachtung findet man 
in diesem Stadium der Erkrankung nebst dem prämonitorischen 
Fieber immer noch andere, oft sehr charakteristische Symptome 
der Tollwut. Soll man die Bedeutung dieses Fiebers würdigen 
können, so muß man wissen, daß beim Entstehen des Fiebers 
die verhältnismäßige Virulenz und Stärke des Infektionsstoffes 
der entscheidende Faktor ist. Das prämonitorische Fieber ist 
also eigentlich nichts anderes, als eine vorübergehende Er¬ 
scheinung im symptomatischen Stadium der experimentellen Wut. 

Dr. Z. 

Einseitige Facialisliibmnng beim Ochsen. 

Von Dutroys. 

(Revue de Toulouse, 1. Januarheft.) 

Der Patient war ein fünfjähriger Ochse von großer Statur, 
der nach Aussage des Besitzers an Erbrechen leiden sollte. 
Dutroy konnte bei der ersten Untersuchung nichts Abnormes 
fest stellen, und war der Ansicht, daß es sich bei ihm nur um 
ein vorübergehendes Unwohlsein handle. Am nächsten Tage 
war er wieder hinzugerufen worden und fand den OchBen liegend 
vor. Während des Wiederkäuens schoß von Zeit zu Zeit ein 
Bissen aus dem Maule heraus auf den Boden ohne daß es der 
Ochse näher zu beachten schien. Das Tier war munter und 
hatte noch gute Freßlust. Verfasser ließ die Diagnose noch 
dahingestellt und verordnete für die nächsten zwei Tage Be¬ 
ruhigungsmittel. 

Als er wieder nach dem Tiere sah, fand er, daß sich sein 
Zustand verschlimmert hatte. Der Appetit hatte etwas nach¬ 
gelassen und es entfiel ihm jetzt während des Wiederkäuens 
mehr Nahrung als vorher. Die Exkremente waren trocken 
geballt und von dicklichem Schleim umwickelt. Der Ochse schien 
noch ziemlich munter zu sein und hatte 38,2 0 Temperatur. 

Als neue Symptome waren aber folgende hinzugetreten: 
Das rechte Augenlid bedeckte das halbe Auge, der Blinzknorpel 
legte sich zu drei Vierteln über den Augapfel. Das rechte Ohr 
hing schlaff herunter und war gefühllos. Aus der rechten 
Lippenkommissur floß ein dicklicher, klarer, klebriger Speichel 
heraus. Er sah jetzt, daß es sich um rechtsseitige Facialis- 
lähmung handelte. Er verordnete dem Ochsen Diät und ließ 
ihm 500 g Glaubersalz verabreichen. Des Morgens und Abends 
wurden die Backe und die Umgegend des Ohres mit einem 
Liniment, dessen Grundsubstanz Brechnußtinktur war, ein¬ 
gerieben, außerdem wurde zweimal täglich Strychninum sulfu- 
ricum in Pulverform verabreicht und außerdem Klistiere zur 
Mastdarmentleerung verordnet. Es wurden als Nahrung nur 
schleimige Getränke und sehr wenig Futter verabreicht. Nach 
zwei Tagen stellte sich schon eine leichte Besserung ein. 

Die Behandlung wurde noch acht Tage fortgesetzt, nach 
welcher Zeit das Ohr wieder beweglicher geworden war und 
sich wieder aufgerichtet hatte. Das Auge war wieder ganz 
offen und der Blinzknorpel hatte sich an seinen Platz im innern 
Augenwinkel zurückgezogen. Die Exkremente waren wieder 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


von normaler Konsistenz. Die innere Medikation wurde noch 
zwölf Tage fortgesetzt, nach welcher Zeit das Tier wieder zur 
Arbeit verwendet w'erden konnte. Verfasser schreibt die Ursache 
der Lähmung dem Umstande zu, daß der Besitzer das Leitseil 
dem Ochsen um das rechte Ohr geschlungen hatte, an dem er 
nun, um das Tier zu leiten, mit kräftigem Ruck zog und ihm 
so an der Stelle eine Wunde beibrachte. 

Helfer. 

Untersnchnng des Lumbagins Raebiger. 

Von Tierarzt Dr. Herrn ans in Waldbeck (Rhld.) 

( Aus der medizinischen Klinik der Tierärztlichen Hochachnle in Hannover/. 
(Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1908 Nr. 4 und 5). 

Der Verfasser kommt in seiner Dissertation zu folgenden 
Ergebnissen: 

1. Das alte sowie das neue Lumbagin stellen eine Auflösung 
von Arzneimitteln dar. 

2. Der Hauptbestandteil ist Chinin, und zwar befinden sich so¬ 
wohl in einer Dosis des alten Lumbagins (50 g) als in einer 
Dosis des neuen Lumbagins (30 g) mindestens (10 g) Chinin. 

3. In dem alten Lumbagin befinden sich auch noch geringe 
Mengen von Antipyrin, die dem neuen fehlen. Es ist zu 
vermuten, daß der Zusatz von Antipyrin nur erfolgte, um die 
chemische Zusammensetzung des Lumbagins zu verdecken. 

4. Zur Lösung der großen Menge von Chinin wurde eine Säure 
benutzt. 

5. Lumbagin wirkt bei subkutaner Applikation örtlich entzündungs¬ 
erregend und zuweilen sogar nekrotisierend, beides in gleicher 
Weise wie Chinin. Die ordnungsmäßig vorgenommene intra¬ 
venöse Injektion des neuen Lumbagins bei Pferden führt 
keine Veränderung in der Intima der Vene herbei. 

Rdr. 

Plötzlicher Tod einer Kuh nach Yerfüttern der Eihäute. 

Von Tierarzt S. Gergely in Tarnam^ra. 

(Allatorvosi Lapok 1907, Nr. 25.) 

Verfasser wurde zu einer Kuh gerufen, welche den vorher¬ 
gehenden Tag leicht gekalbt hat und welche nachher mit einem 
großen Teil der Eihäute verfüttert wurde. Nach mehreren 
Stunden ist die Kuh plötzlich sehr schwer erkrankt, seitdem 
kann sie nicht aufstehen, zeigt Schwachsinnigkeit und ist auf¬ 
gebläht. Körpertemperatur 41,5 0 C, Puls schwach, Atmen 
schwer. Gergely ließ die Kuh mit kaltem Wasser begießen 
und machte einen Pansensticli, aber mit wenig Erfolg, denn 
Gase entfernten sich nur wenig. Der Herzschlag wurde immer 
schwächer, die Temperatur stieg auf 41,8° C, und nach einer 
Stunde verendete das Tier. Gergely faßte Verdacht auf 
Anthrax und ließ deshalb den Staatsstierarzt zur Sektion kommen. 

Bei der Sektion fand man an der Haut und in den Unter- 
liantbindegeweben der stark aufgeblähten Kuh nichts Abnormales. 
Der Pansen, von viel Gas straff gespannt, im Panseninhalt viel 
Futterreste und einige Stücke der Eihaut, von welchen einzelne 
größere Stücke sich zwischen den Pansen und den Netzmagen 
einkeilten. Die Magenschleimhaut war überall normal, ebenso 
auch das Bauchfell. 

Die Sektion erwies im übrigen, daß der Tod infolge einer 
Lungenkompression zustande kam, welche wieder durch die ein¬ 
gekeilten Eiliautstücke verursachte Aufblähung hervorgerufen 
wurde. Die Untersuchung auf Anthrax gab negatives Resultat. 

Dr. Z. 


Berichtigung. 

In dem Referat aus der ungarischen Literatur B. T. W. Nr. 12, 
S. 219, sind einige Druckfehler zu berichtigen. Der Autor ist Herr 
v Betegh. Unter Ziffer 3 muß es heißen „Carboifuchsin“ und 
unter Ziffer 3 des folgenden Absatzes „Alkohol 10,0“ (nicht 10,4). 
In dem letzten Satz auf Seite 219 ist ein Wort mit „Kapsel“ über¬ 
setzt; darunter ist zu verstehen die Hülle des Bazillus, wie sie 
von Koch und Spengler beschrieben worden ist. 

Tagesgeschichte. 

Die neue Mecklenburgische Taxe für Tierärzte. 

Von Tierarzt Teetz, Warin i. Meckl. 

Endlich wurde die neue Taxe für Mecklenburgische Tier¬ 
ärzte im Regierungsblatt veröffentlicht, so daß die Kollegen nun 
sehen können, was in dem verschwiegenen Schoße des Mecklen¬ 
burgischen Landtages geheimnisvoll für sie zurecht gestutzt 
wurde. Ich schreibe „geheimnisvoll“, weil über das Ergebnis 
der betreffenden Beratungen sowohl aus der Kommission als auch 
aus dem Plenum Sicheres an die Öffentlichkeit erst mit der Be¬ 
kanntmachung durch die Regierung erfolgt, wir also mit der 
fertigen Taxe beglückt werden, ohne daß es uns während der Be¬ 
ratungen in der Kommission möglich ist, irgendeinen berechtigten 
Wunsch zu irgendeiner vorliegenden Position vorzubringen. 
Es wird von Interesse sein, darauf hinzuweisen, daß auch die 
Taxe für Tierärzte zum Ressort der Medizinalkommission in 
Rostock gehört. Dieser Kommission gehören, so weit mir bekannt, 
Fünf Ärzte als ordentliche und ein Apotheker als außerordent¬ 
liches Mitglied an. Daß die Interessen der Ärzte bei dieser 
Zusammensetzung sehr gut wahrgenommen werden, daß die 
Ärzteschaft daher auch (Meckl. Zentralblatt für Ärzte) immer 
sorgfältig über alle Dinge, die den Stand betreffen, rechtzeitig 
orientiert sind und nötige Beschlüsse und geeignete Schritte zu 
deren Durchführung rechtzeitig ergreifen kann, ist also wohl 
erklärlich. Uns Tierärzten bleiben alle diese uns betreffenden 
Dinge fast ausnahmslos verborgen. Wir müssen nehmen, was 
uns von der Medizinalkommission und dem hohen Landtag fix 
und fertig vorgesetzt wird. Möge doch endlich einmal die Zeit 
kommen, daß auch hier ein Wandel in alten Anschauungen ein- 
tritt, daß auch dem tierärztlichen Stande die gebührende Ver¬ 
tretung und die Rücksicht in ihn betreffende Fragen gegeben 
wird, die ihm als einem Stande gebührt, der für ein be¬ 
sonders landwirtschafttreibendes Land für dieses außerordentlich 
wichtig ist. 

Im großen und ganzen wollen wir aber noch zufrieden 
sein, daß die Regierung während der Beratung ihre schützenden 
Hände über uns gehalten hat, und daß wir bei der eigenartigen 
Zusammensetzung des Mecklenburgischen Landtages nicht noch 
schlechter abgeschnitten haben. Im Landtage sitzen nur Ritter¬ 
gutsbesitzer und Juristen. Die Rittergutsbesitzer, wie Land¬ 
leute überhaupt, halten den Daumen auf den Beutel und sehen 
sich vor, daß gerade uns Tierärzten nicht zu viel gewährt wird, 
weil sie selbst, die Gesetzesmacher, ja in erster Linie als 
Zahlende in Betracht kommen; die Juristen sind über unsere 
Wünsche wenig informiert, haben auch als Bürgermeister der 
Städte für uns wenig Interesse übrig. 

Unser einzigster Rückhalt konnte also unter diesen Um¬ 
ständen nur die Regierung sein, und sie hat wohl mit Hängen 
| und Würgen (die Taxe hat schon zwei Landtage beschäftigt!) 



2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


240 


aus den Rittern das herausgequetscht, was für uns heraus¬ 
zuholen möglich war. 

Am besten macht sich dies bei der wichtigsten Position, 
den Fuhrkosten, bemerkbar; hier sind Ärzte und Tierärzte jetzt 
mit 45 Pf. pro Kilometer Landweg gleich gestellt. Es scheint danach 
so, als ob die vor zwei Jahren an die Regierungen gerichteten 
Denkschriften doch nicht erfolglos abgesandt wurden. Bei den 
Kilometergeldern sind wir aber zurückgesetzt und erhalten pro 
Kilometer nur 20 Pf., während die Ärzte 377a liquidieren dürfen. 

Bei 16 C fehlt in der tierärztlichen Taxe das Wort „und b w ; 
es mußte einwandfrei ausgedrückt heißen (A. b und c), wie 
in der ärztlichen Taxe. Ob dies nun ein Lapsus oder Absicht 
ist? Wer kann’s wissen? Mißtrauisch genug wird man als 
Tierarzt, um das letztere anzunehmen. Auf jeden Eall werden 
wir von Anfang an 'auf diesen wunden Punkt hinweisen und 
überall nun gerade auf die Bewilligung der Kilometergebühr 
dringen müssen. 

Der Satz für Untersuchung eines Tieres bei Landtouren 
(1 bis 3 M.) ist nicht erhöht. Zeitgemäß wäre es gewesen, ihn 
auf 1 bis 5 M. zu erhöhen. Jetzt bedeutet diese Position bei der 
niedrigeren Kaufkraft des Geldes eine Verschlechterung. In 
beiden Taxen fehlt die Gebühr für Abwartung eines Termins; 
es sollen also die Sätze der Reichsgebührenordnung für Zeugen 
und Sachverständige in Anwendung kommen. Wir werden nun 
bei Zeiten darauf achten müssen, daß wir durch die Gerichte 
in die richtige Klasse einrangiert werden. 

Auf das Selbstdispensieren wurde in der neuen Taxe Bezug 
nicht genommen. 

Im übrigen wollen wir uns mit dem Erreichten zufrieden 
geben; an die Einzelsätze der Ärzte kommen wir doch niemals 
heran. Nach meiner Meinung haben wir doch das Wichtigste 
erreicht: Wir brauchen bei Fuhrhaltung doch wenigstens jetzt 
nicht mehr, wie bisher, von dem Gelde, was wir als Tierarzt 
verdienten, zu der Fuhrwerkshaltung zuzahlen. Bisher, wo wir 
als Fuhrgeld pro Kilometer nur 20 Pf. liquidieren durften, quälten 
wir uns auch als Tierarzt nur für das Fuhrwerk; jetzt wird 
das Fuhrwerk doch wenigstens so viel einbringen, daß es sich 
selbst erhält. 


C. Taxe für die Tierärzte.*) 

I. Allgemeine Verriehtongen. 

1. Für die erste Beratung in der Wohnung des Tierarztes, 

auch wenn sie durch Fernsprecher erfolgt. 1_2 M. 

2 . Für jede folgende Beratung in derselben Krankheit in 

der Wohnung des Tierarztes, auch wenn sie durch Fern¬ 
sprecher erfolgt. 1 — 1 50 M. 

3. Für den ersten Besuch eines Tieres, wenn es sich am 

Wohnorte des Tierarztes befindet. 1—3 m. 

4. Für jeden folgenden Besuch in derselben Krankheit . . 1—2 M. 

5. Für den ersten Besuch eines Tieres außerhalb des Wohn¬ 
ortes des Tierarztes bis zu einer Entfernung von 1 km 

von demselben.. 50—5 m. 

ß. Für jeden folgenden gleichartigen Besuch in derselben 
Krankheit.. 

7. Für den ersten Besuch eines Tieres außerhalb des Wohn¬ 
ortes des Tierarztes bei einer Entfernung von mehr als 

1 km von demselben . . 1_3 jj 

8 . Für jeden folgenden gleichartigen Besuch in derselben 

Krankheit. 1 -2 M. 

9. Für die schriftliche Beratung eines Tierbesitzers wegen 

eines oder mehrerer kranken Tiere. 1—3 M. 


10 . Für die Behandlung eines kranken Tieres in der Be¬ 
hausung des Tierarztes für den Tag ohne Verpflegung 1 — 3 M. 

11. Unter den Ansätzen für einen Besuch und eine Beratung 
ist die Gebühr für die einfache Untersuchung des kranken 
Tieres und für die hiernach erteilte Verordnung mit in¬ 
begriffen. 


* Regierungsblatt vom 18. März 1908. A. Allgemeine Bestimmungen, 
B. Taxe für Arzte, D. Taxe für Zahnärzte. 


Für eine besonders eingehende Untersuchung oder 
für eine Untersuchung unter Anwendung des Augen¬ 
spiegels oder des Mikroskops oder mit Hilfe chemischer 
Methoden.. 

12 . Für die Beratschlagung mehrerer Tierärzte jedem derselben 

13. Für jeden als Beistand bei einer tierärztlichen Ver¬ 
richtung (Operation usw.) hinzugezogenen anderen Tierarzt 

14. Für die bei größeren Operationen erforderlichen Neben¬ 
operationen darf mit Ausnahme der Gebühr für das 
Werfen des Tieres keine besondere Gebühr beansprucht 
werden. 

15. Wenn der Tierarzt mehrere demselben Besitzer gehörige 
und auf derselben Landstelle befindliche kranke Tiere 
zu besuchen hat, so darf er für das zweite und jedes 
folgende Tier nur die Hälfte der unter Ziffer 3 und 4 
verzeichneten Gebührensätze bis zum Höchstbetrage von 
20 M. einschließlich der Gebühr für das erste Tier be¬ 
rechnen. 

16. Außer auf das Honorar für den Besuch oder die Ver¬ 
richtung hat, wenn die Entfernung vom Wohnort des 
Tierarztes mehr als 1 km beträgt, der Tierarzt Anspruch: 

A. auf freie Beförderung oder auf Vergütung der Fuhrkosten: 

a) bei Reisen auf Eisenbahnen oder auf Dampfschiffen 
erhält er an Fuhrkosten Ersatz des tarifmäßigen 
Fahrkartenpreises der II. Klasse der Eisenbahn und 
der I. Kajüte des Dampfschiffes, sowie außerdem für 
jeden Zu- und Abgang zusammen 1 M., 

b) bei Benutzung des Fahrrades kann er eine Vergütung 
von 30 Pf. 

und 

c) bei Benutzung eines Gefährts anderer Art eine Ver¬ 
gütung von 46 Pf. 

für jedes angefangene Kilometer sowohl der Hinreise als 
auch der Rückreise beanspruchen. 

Beträgt die Entfernung vom Wohnort des Tierarztes 
mehr als 20 km, so sind außerdem die notwendigen 
Auslagen für Beköstigung zu erstatten. 

B. Bei Reisen auf der Eisenbahn oder auf dem Dampfschiff 
(A., a.) auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis für 
jede angefangene Stunde 1-3 M. 

C. Bei anderen Reisen (A., b*) auf Kilometergelder. 

Dieselben betragen für jedes zurückgelegte an¬ 
gefangene Kilometer sowohl der Hinfahrt als auch der 
Rückfahrt 0,20 M. 

17. Für die Ausstellung eines Attestes. 

18. Für ein wissenschaftlich begründetes Gutachten mit aus¬ 
führlichem Befundschein. 

19. Für die vom Besitzer verlangte äußere Besichtigung eines 

Kadavers einschließlich der hierüber angestellten Be¬ 
scheinigung . . 

20. Für die vom Besitzer verlangte Öffnung (Sektion) eines 
Kadavers nebst Bericht über den Befand: 

bei größeren Haustieren. 

bei kleineren Haustieren. 

bei Geflügel. 1 , 

Für die Obduktion mehrerer Tiere desselben Besitzers für 
das zweite und jedes weitere Tier die Hälfte der an¬ 
gegebenen Sätze. Auch können nur zwei Dritteile der 
Gebührensätze beansprucht w'erden, wenn ein schriftlicher 
Bericht nicht verlangt wird. 

21 . Bei diagnostischen Einspritzungen mit Tuberkulin und 
ähnlichen Präparaten: 

bei 1 bis 6 Tieren für jedes. 

bei 6 bis 30 Tieren für jedes. 

für jedes weitere. 

22. Für die Schutzimpfang von Tieren: 

für die ersten 10 Tiere für jedes. 

für die nächsten 10 Tiere für jedes. 

für die folgenden Tiere für jedes. 

Bei Schutzimpfungen, welche, wie z. B. die 
Schutzimpfung gegen Rindertuberkulose, besondere Vor¬ 
bereitungen und Mühewaltung notwendig machen, können 
diese Ansätze um 50 Proz. erhöht werden. 

Zu Pos. 21 und 22 sind die Kosten für verbrauchtes 
Einspritzungsmaterial und verbrauchten Impfstoff vom 
Auftraggeber zu bestreiten, der auch die nötigen Hilfs¬ 
kräfte zu stellen hat. 

II. Besondere Verrichtungen. 

23. Für einfache, durch einen einzigen Kunstakt zu voll¬ 

bringende Operationen, wie Aderlaß, Skarifikation,' Injek¬ 
tion mit Ausnahme der in Pos. 21 und 22 genannten, 
Klistiergeben, Anlegen von Ligaturen und Heften, Absze߬ 
öffnen, sonstige Inzisionen, Haarseiliegen und dgl. . . 

24. Für leichtere Operationen, wie Anwendung der Schlund¬ 

sonde, des Katheters, des Trokars, Zurückbringen der 
Scheide, Amputation des Schweifes und dgl. 

*) fehlt: und c. 


3—6 M. 
2-5 M. 

3—10 M. 


1—3 M. 
5- 25 M. 


2-4 M. 


6—12 M. 
3-6 M. 
,50-3 M. 


1.50 M. 
0,75 M. 
0,25 M. 

0,50 M. 
0,30 M. 
0,20 M. 


1-3 M. 


2-5 M 


*** 






















250 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


25. Für schwierige Operationen, wie Tracheotomie, Teno- 
tomie, Spatschnitt, Ausschneidung von Geschwülsten, 

Entfernung fremder Körper ans dem Schlunde, Ausziehung 
eines Backenzahns, Anwendung des Brenneisens und 
ähnliches.4—10 M. 

26. Für besonders schwierige Operationen, wie Trepanation, 

Operation der Hutknorpelfistel, Brüchen, Samenstrang¬ 
fistel, Harnröhrenschnitt, Nervenschnitt u. dgl. . . . 10—30 M. 

27. Für den Gebrauch des Wurfzeuges und für das Wurf¬ 
geschäft ohne Stellung des Personals.2—4 M. 

28. Für die Ausübung der Narkose.1—2 M. 

und die. Kosten für die verwendete Arznei. 

29. Für die Kastration: 

a) eines dreijährigen oder älteren Hengstes .... 10—15 M. 

b) eines Hengstes von 2—3 Jahren.5—7,50 M. 

o eines Hengstfüllens unter 2 Jahren.3—4,50 M. 

d.) eines Klopfhengstes (Cryptorchide). 25—40 M. 

e) eines Stieres.4—10 M. 

0 einer Kuh.10—20 M. 

g) eines Kalbes.1—2 M. 

h) eines Ebers.2—6 M. 

i) eines Ferkels.0,50—1 M. 

k) eines Ferkels mit Hodensackbruch. 1 —2 M. 

l) eines sogen. Binnenebers (Ferkel, Cryptorchide) . 2 — 3 M. 

30. Für den tierärztlichen Beistand: 

a) bei einer einfachen Geburt.5—6 M. 

b) bei einer Schwergeburt und bei Geburten mit Kom¬ 
plikationen oder Zerstücklung.10—30 M. 

Bei kleineren Haustieren die Hälfte dieser Sätze. 

31. Für die Ablösung der Nachgeburt.3—6 M. 

32. Für das Zurückbringen der Gebärmutter.5—15 M. 

33 Die Vergütung tür den ersten Verband ist in der Ver¬ 
gütung für die Operation usw. einbegrifFen, im übrigen 

für das Anlegen von Verbänden, wozu besondere Kunst¬ 
fertigkeit erforderlich.2—6 M 

Die Verbandstücke hat der Tierbesitzer zu liefern 
oder dem Tierarzt nach dem wirklichen Aufwande zu 
ersetzen. 

34. Für die Untersuchung eines Tieres auf allgemeine Fehler- 

losigkeit.6—12 M 

Für die Untersuchung eines Tieres auf Diensttauglichkeit, 
Gewährsfehler, Trächtigkeit und Wert.3—9 M. 

Bei mehreren Tieren desselben Besitzers für jedes 
folgende Tier die Hälfte der vorstehenden Sätze. 


Zar Stellung der Tierärzte in der Fleischbeschau. 

Daß sich der Tierärzte eine immer tiefer greifende 
Unzufriedenheit mit ihrer Stellung innerhalb der Fleischbeschau 
bemächtigt, ist nicht mehr zn bezweifeln. Daß diese Mißstimmung 
ihre ernsten und berechtigten Gründe hat, läßt sich aus so 
nüchternen und unbefangenen Darstellungen, wie sie in letzter 
Zeit Zehl-Trebbin und Meier-Ketzin gegeben haben, klar 
erkennen. Eine Änderung namentlich in dem Verhältnis des 
Tierarztes zu den Laien herbeizuführen, muß ein Hauptziel der 
tierärztlichen Bestrebung sein. Zur Unterstützung dieser 
Bewegung wird es dienlich sein, ohne großen Kommentar allerlei 
kleine Tatsachen zusammenzutragen, w r elche gerade in ihrer 
Geringfügigkeit oft außerordentlich bezeichnend und daher 
besonders geeignet sind, die Illustrationen des unerfreulichen 
Bildes zu vervollständigen. 

Hier zwei solche: 

I. 

In Cronenberg, anscheinend im Rheinland gelegen, wird 
nach einer Zeitungsmeldung in der letzten Stadtratssitzung die 
Anstellung eines Tierarztes vorgeschlagen. Der Antrag stößt 
jedoch auf Schwierigkeiten. Das Kollegium ist einmütig der 
Überzeugung, daß ein Tierarzt dringend notwendig sei, 
doch wird betont, daß unter keinen Umständen die Fleisch¬ 
beschauer, die man vor einiger Zeit angestellt habe, darunter 
finanziell leiden dürften. Der Antrag wurde schließlich in die 
Kommission zurückgewiesen mit dem Vorschlag, den Fleisch¬ 
beschauern ihr volles Gehalt zu belassen. 

So wird der klaren Absicht des Gesetzgebers ins Gesicht 
geschlagen. Ist irgendwem ein Fall bekannt, wo auf die 


Erwerbsverhältnisse eines Tierarztes von Behörden, Kommunen 
und Privaten so zarte Rücksicht genommen worden wäre? 
Gewiß nicht! Aber unter den Fleischbeschauern finden sich 
offenbar Leute, die man protegieren muß — — 

II. 

Daß die Bezeichnung der Tierärzte als „Beschauer“ un¬ 
passend ist, wird auch außerhalb des tierärztlichen Standes von 
maßgebenden Stellen nicht bezweifelt. Man sollte annehmen, 
daß wenigstens innerhalb des tierärztlichen Standes nicht allein 
diese Überzeugung, sondern auch der Wunsch einmütig sei, jene 
Bezeichnung zu beseitigen. Wir bedürfen zur Abstellung dieses 
Übelstandes ja freilich die Hilfe der Staatsregierung; auch der 
Wille der obersten Leitung wird dabei noch, wenn er sich 
einmal betätigen wollte, auf zahllose kleine lokale Widerstände 
stoßen. Das aber sollte man doch für selbstverständlich an- 
sehen, daß die Kollegen wenigstens vor allen Dingen nicht 
selber jene Bezeichnung gebrauchen. Dem ist aber nicht so. 
Hier liegt das Schreiben eines KreistierarzteB an einen Privat¬ 
tierarzt vor mit der Adresse: „An den Ergänzungsbeschauer, 
Herrn Tierarzt X. w Da muß doch der Wunsch aasgesprochen 
| werden, daß die Kreistierärzte in Schreiben an mit Fleisch- 
I beschau betraute Tierärzte sich auf die Adresse: „An Herrn 
Tierarzt X. u beschränken und das übrige dem Inhalt des 
Schreibens überlassen; wenn aus dienstlichen Gründen eine An¬ 
deutung des Inhalts anf dem Kuvert erwünscht ist, so kann 
dieselbe ja leicht durch einen Vermerk, wie etwa „Fleisch¬ 
beschauangelegenheit“ oder„Ergänzung8be8chau“ und dergleichen, 
gegeben werden. 

Die Stellung der sächsischen und preußischen 
beamteten Tierärzte. 

Herr Bezirkstierarzt Deich äußert sich in Nr. 1 der 
Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift dahin, daß mein in 
Nr. 23 1907 der B. T. W. veröffentlichter Vergleich die Ver¬ 
wunderung aller sächsischer Bezirkstierärzte erregt habe, und 
daß meine Auffassung eine schiefe sei. Ich lese aus seinem 
Artikel die Absicht heraus, mir zu unterstellen, daß ich die 
Bedeutung der Reform für die sächsischen Bezirkstierärzte 
verkannt oder verkleinert habe. Wenn diese Tendenz bei 
Herrn Deich besteht, so muß ich sie entschieden zurückweisen. 
In meinem Artikel steht kein Wort, welches zu dieser Annahme 
auch nur scheinbar berechtigte. Ich bin von der Bedeutung 
der Reform für die sächsischen Bezirkstierärzte durchdrungen 
und teile das bei ihnen obwaltende Gefühl der Befriedigung 
darüber. Ich bin aber ebenso überzeugt, daß auch der Reform 
der Stellung der preußischen Kreistierärzte dieselbe Bedeutung 
innewohnt. Wenn diese Reform nicht so allgemein mit Be¬ 
friedigung begrüßt worden ist, wie in Sachsen, so lag dies 
daran, daß in Preußen eben weitergehende Wünsche aufgestellt 
worden waren. 

Auf die Bemerkungen, die Herr Deich über die Rangierung 
der beamteten Tierärzte in Preußen und Sachsen macht, will 
ich nicht noch einmal eingehen. Wenn er behauptet, die 
preußischen Kreistierärzte hätten zurzeit überhaupt keinen be¬ 
stimmten Rang, so kann ich das nur auf Unkenntnis der 
preußischen Rangverhältnisse beziehen. Das einzig Entscheidende 
ist folgendes: Die preußischen Kreistierärzte hatten den Wunsch 
aufgestellt, eine völlige Gleichstellung mit den Kreis¬ 
ärzten zn erfahren, die ihrerseits mit den Hauptleuten rangieren. 
























2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


251 


Diesen Wunsch haben sie nicht erreicht; sie rangieren jedoch 
unmittelbar hinter der Klasse der Kreisärzte. Auch die sächsischen 
Bezirkstierärzte rangieren nicht in derselben Gruppe mit den Be¬ 
zirksärzten und Hauptleuten (Gruppe 18), sondern rangieren da¬ 
hinter (Gruppe 24). Nur sofern sie Veterinärräte sind, rangieren sie 
in derselben Gruppe wie die Bezirksärzte; das ist aber auch in 
Preußen der Fall. Hiernach bleibt es mir unerfindlich, worin 
der Unterschied zwischen der Stellung der sächsischen Bezirks¬ 
tierärzte und der preußischen Kreistierärzte bestehen sollte. 

Ich würde übrigens jenen Vergleich gar nicht angestellt 
haben, wenn nicht die Mitteilung der Deutschen Tierärztlichen 
Wochenschrift (1907, Nr. 22, S. 319) über die in Sachsen voll¬ 
zogene Reform dazu genötigt hätte. Da war wörtlich gesagt: 
„In Preußen war es nicht möglich, den Kreistierärzten einen 
ihrer Stellung angemessenen Rang zuzuweisen; im Königreich 
Sachsen aber war es möglich.“ Dieser ungünstigen Beurteilung 
der preußischen im Vergleich mit der sächsischen Reform kann 
ich nicht beitreten und mußte ihr daher durch jenen Vergleich 
widersprechen. Das wird, hoffe ich, auch die Mehrzahl der 
sächsischen Bezirkstierärzte billigen. Schmaltz. 

Berufungen. 

An der tierärztlichen Hochschule zu Berlin ist nun auch 
das durch Ausscheiden des Professor Dr. Ostertag verwaiste 
Ordinariat neu besetzt worden. Geheimer Medizinalrat Professor 
Dr. Frosch, bisher Abteilungsvorsteher im Institut für Infektions¬ 
krankheiten, übernimmt die Leitung des hygienischen Institutes 
und den Unterricht in der Bakteriologie und Hygiene, während 
der Unterricht in der Nahrungsmittelkunde dem neu zu er¬ 
nennenden Abteilungsyorsteher selbständig übertragen werden 
wird. Die Nahrungsmittelkunde hat mit dem veterinärhygienischen 
Institut nichts zu tun, sie war unter Ostertag sozusagen durch 
Personalunion mit diesem Institut verschmolzen. Die Weiter¬ 
entwicklung der nunmehrigen selbständigen Abteilung für 
Nahrungsmittelkunde zu einer eigenen Professur ist wohl zu 
erwarten. Die Berufung des Professors der Hygiene war mit 
besonderen Schwierigkeiten verknüpft und soll angesichts der 
zahlreichen Gerüchte, Vermutungen und Auffassungen, welche 
laut geworden sind, noch eine besondere Besprechung erfahren. 

Auch in München sind die beiden Vakanzen nunmehr erledigt. 
Kitts Lehrstuhl ist durch einen Wechsel innerhalb des Kollegiums 
besetzt, indem Prof. Dr. Mayr die pathologische Anatomie 
übernommen hat. Gutenäckers Nachfolger ist der bisherige 
Prosektor Dr. Moser geworden. Neu berufen, zur Übernahme 
der bisherigen Lehrtätigkeit Prof. Mayrs, wurde Dr. Franz 
Schmitt, bisher Direktor des bakteriologischen Laboratoriums 
der Landwirtschaftskammer zu Stettin (approbiert 1891). 

Erklärung. 

Herr Professor Dr. Malkmus schreibt in der Deutschen 
tierärztlichen Wochenschrift Nr. 11, S. 168 gelegentlich einer 
Besprechung der Besetzung des Lehrstuhles der Physiologie an 
der tierärztlichen Hochschule zu Berlin folgendes: 

Es ist eine gerechte Fügung des Schicksals, daß gerade die Berliner 
Hochschule diesen Mangel empfinden muß , denn sie ist es, die einem 
von der Hannoverschen Hochschule ausgehenden Antrag auf Zulassung 
von Privatdoxenten widerspricht. Vielleicht nimmt man nach den 
trüben Erfahrungen nunmehr die Frage nochmals in wohlwollende 
Erwägung. 

Wir sehen uns genötigt, vor der Öffentlichkeit diese Be¬ 
hauptung als unwahr zurückzuweisen. Die tierärztliche Hoch¬ 


schule zu Berlin ist mit der Begutachtung eines Antrages der 
tierärztlichen Hochschule zu Hannover auf Zulassung von Privat¬ 
dozenten niemals, weder dienstlich noch freiwillig, befaßt ge¬ 
wesen. Sie hat daher auch weder einem solchen Anträge 
widersprochen, noch hat sie überhaupt Stellung gegen die Zu¬ 
lassung von Privatdozenten genommen. Das Gegenteil ist 
richtig, denn in einem von uns beschlossenen und schon vor 
Jahren dein Vorgesetzten Ministerium überreichten Entwurf 
eines endgültigen Statuts unserer Hochschule ist das Institut 
der Privatdozenten, in der uns notwendig erscheinenden Begrenzung, 
ausdrücklich vorgesehen. 

Rektor und Professoren-Kollegium 
der tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 

Dr. Schmaltz. 

„Das praktische Jahr“. 

Nach Zeitungsmeldungen soll in Bayern die Regierung 
beabsichtigen, für die Tierärzte das praktische Jahr, welches in 
Bayern bekanntlich vor 1872 schon eingerichtet war, wieder 
einzuführen. In dieser allgemeinen Fassung kann die Meldung 
nicht richtig sein. Denn derselbe Grund, welcher zur Abschaffung 
des praktischen Jahres in Bayern geführt hat, würde auch 
der Wiedereinführung entgegenstehen. Die Erteilung der 
tierärztlichen Approbation ist reichsgesetzlich geregelt und 
kein Bundesstaat ist berechtigt, für sich allein die Approbation 
noch an besondere Bedingungen zu knüpfen. Nur für die An¬ 
stellung als beamteter Tierarzt könnte ein „praktisches Jahr“ 
zur Vorschrift gemacht werden. Allerdings wäre auch in dieser 
Beschränkung die Maßregel schon von großem Einfluß. Es ist 
daher zu wünschen, daß Bayern nicht für sich allein und nicht 
eher vorgeht, als bis die maßgebenden Instanzen aller Bundes¬ 
staaten sich über die neue Prüfungsordnung für Tierärzte ge¬ 
einigt haben. Dann wird es Zeit sein, auch zum praktischen 
Jahr eine hoffentlich übereinstimmende Stellung zu nehmen. 

S. 

Zur Ausbildung der Tierärzte für die Kolonien. 

In einer Abhandlung, betitelt „Farmer und Tierärzte in 
Südwest“, beklagt die „Deutsche Tageszeitung“, daß das Ver¬ 
hältnis zwischen den südwestafrikanischen Farmern und den 
Tierärzten kein besonders erquickliches sei, sehr zum Nachteil 
des tierärztlichen Standes, der sich in Südwestafrika nur mit 
wenigen Ausnahmen des Vertrauens erfreue, das ihm zukomme. 
Die Ursachen liegen in der mangelhaften Ausbildung der Tier¬ 
ärzte für den Dienst in den Kolonien, der eine spezifisch 
afrikanische Vorbildung erfordere. Der Versuch, in Erkenntnis 
dieses Mangels unter Anlehnung an das Institut für Tropen¬ 
hygiene in Hamburg auch den Veterinären eine zweck¬ 
entsprechendere Vorbildung mit auf die Reise zu geben, sei nur 
eine Halbheit. Wandel würde erst geschaffen sein, wenn die 
Ausbildung in Südafrika selbst erfolge. Die Notwendigkeit hierzu 
ergibt sich von selbst, wenn man den Charakter der haupt¬ 
sächlichsten Tierkrankheiten Südafrikas ins Auge fasse, der 
Infektionskrankheiten. Mit diesen Krankheiten kann man sich 
nur an dem Orte ihres Vorkommens selbst vertraut machen. 
Die Kapregierung, wie diejenige Transvaals, würden sicherlich 
auf eine Anregung von deutscher Seite hin, deutschen Studierenden 
die Tore zu den dort bestehenden, als hervorragend bekannten 
Instituten öffnen um so mehr, als die Engländer das größte 
Interesse an einem veterinärpolizeilichen Vorgehen nach gemein- 





252 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


samera System in den britischen und deutschen Kolonien hätten. 
Die Errichtung besonderer deutscher Lehrinstitute in Südwest¬ 
afrika sei also zunächst nicht notwendig. Bei solcher Ausbildung 
wird auch zum Nutzen des Ansehens der Veterinäre das Ver¬ 
hältnis derselben zum Farmer ein fruchtbareres werden; denn 
bei der Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten sei ein 
Zusammenwirken beider Vorbedingung. 

Gehaltsaufbesserungen. 

Die Erkenntnis der Notwendigkeit, die Dienstbezüge der 
Beamten den veränderten Zeitverhältnissen in etwas anzupassen, 
führt anscheinend in allen größeren Bundesstaaten zu neuer 
Regelung auch der Gehälter der beamteten Tierärzte, wobei 
nur zu wünschen wäre, daß auch die kleineren Bundesstaaten, 
in denen die Beamten z. T. fast unglaublich schlecht gestellt 
sind, nicht ganz Zurückbleiben möchten. 

Über die neuen Gehaltssätze in Bayern ist bereits in Nr. 10 
der B. T. W. berichtet worden. Es steht freilich noch dahin, 
ob sich dieselben verwirklichen. 

In Preußen ist die Beamtenbesoldungsvorlage leider mit 
Rücksicht auf das Reich vertagt worden. Hoffentlich kommt 
sie, wenn das Herbsten anhebt. Daß sie dann aber auch für 
die Departements- und Kreistierärzte recht erfreuliche Ver¬ 
besserungen bringt, ist gewiß. Freilich werden die Kreistierärzte 
mit der Gehaltsverbesserung auch die Pauschalierung in den 
Kauf nehmen müssen. Es wissen das nachgerade so viele, daß 
es keinen Zweck mehr hat, es Öffentlich nicht zu wissen; daß 
es nach dem Vortritt der Ärzte kommen mußte, war so wie so 
gewiß. Erfreulicherweise sind sich die Kreistierärzte schon 
darüber klar geworden, daß diese Maßregel neben Einbußen 
auch Vorteile haben kann; hoffentlich wird sie solche bringen. 

In Baden ist nach einer Mitteilung der Deutschen tierärzt¬ 
lichen Wochenschrift beabsichtigt, die Gehälter der Bezirkstier¬ 
ärzte auf 1200—2800 M. festzusetzen. Die badischen Bezirks¬ 
tierärzte haben daraufhin beim Landtag um völlige Gleichstellung 
mit den Bezirksärzten petitioniert, welche 1400—4400 M. be¬ 
ziehen. 

Auch in Württemberg wird eine Aufbesserung dringend er¬ 
wünscht sein. Hier ist das feste Gehalt noch sehr gering und 
steigt nicht über 1400 M. Der höchste Pensionsbezug beträgt 
1200 M., für die Witwe 400 M. 

Petition der preußischen Kreistierfirzte. 

Der Verein der beamteten Tierärzte Preußens hat gegen 
die Eingabe des Verbandes der Privattierärzte (vgl. Nr. 7 der 
B. T.W.), welche bekanntlich in der Reichstagskommission einen 
Erfolg erzielt hat, eine Gegenpetition an den Reichstag gerichtet, 
in welcher die Ablehnung des Kommissionsbeschlusses zu § 2 
erbeten wird. 


Haftpflicht des Staates für seine Beamten. 

Dem preußischen Abgeordnetenhause ist ein Gesetzentwurf 
zugegangen, welcher die Haftung des Staates festlegt für haft¬ 
pflichtige Schäden, welche Beamte in Ausübung ihrer Amts¬ 
tätigkeit verursachen. 

Abänderung der Bestimmungen über die Untersuchung ausländischen 
Fleisches. 

Die Ausführungsbestimmungen D nebst Anlagen a—d zum 
Fleischbeschaugesetz sind durch Beschluß des Bundesrates in 
mehreren Punkten abgeändert und werden daher in der 
jetzigen Fassung durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
22. Februar 1908 (im Zentralblatt für das Deutsche Reich Nr. 10 
vom 5. März 1908) neu veröffentlicht. 

Impfstoffe. 

Das Pharmaceutische Institut Ludwig Wilhelm Gans in 
Frankfurt a. M. bittet mitzuteilen, daß die bisherigen kostenlosen 
Versuchsimpfungen mit 

Polyvalentem Sehweineseuche-Serum 
nach Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Wassermann und Geh. lieg.-Rat 
Prof. Dr. Ostertag in Verbindung mit dem 

polyvalenten, koimfreien Schweineseuche-Bazillen- 

Extrakt zwecks Verlängerung der polyvalenten 
S e r u m -1 m m u n i tä t 

bei reiner Schweineseuche und in solchen Beständen, in denen die 
Serumimpfung allein vorher nicht genügende Immunität verliehen 
hatte, vorzügliche Resultate gezeitigt haben, so daß die Abgabe 
dieses Impfstoffes künftig nur noch unter Berechnung erfolgt. 

Ferner macht das Pharmaceutische Institut Ludwig Wilhelm 
Gans darauf aufmerksam, daß, durch diese günstigen Erfahrungen 
angeregt, es nun auch 

keimfreie Bazillen-Extrakte gegen Kälberruhr 
und septische Pneumonie der Kälber 
hergestellt hat. Die bisher in kleinerem Maßstabe gemachten Ver¬ 
suche, die ein gutes Resultat ergeben haben, sollen nunmehr im 
großen kontrolliert werden und erbietet sich das Pharmaceutische 
Institut Ludwig Wilhelm Gans an solche Interessenten, die sich 
verpflichten, die Versuche mit Kontrollen zu machen und eingehenden 
Bericht zu erstatten, 

kostenlose Versuchsquantitäten 

1. von Polyvalentem, keimfreiem Kälberruhr-Bazillen-Extrakt zum 
Immunisieren der Kühe vor dem Kalben, 

2. von Polyvalentem, keimfreiem Extrakt aus Bazillen der 
septischen Pneumonie der Kälber zwecks Verlängerung der 
polyvalenten Serum-Immunität 

abzugeben. 

Der Zweck des ersteren ist, zu erreichen, daß durch die Impfung 
der Kühe die Kälber bereits eine Immunität gegen die Kälberruhr 
mit zur Welt bringen und somit mehr Widerstand gegen diese 
Krankheit haben. 

Der polyvalente, keimfreie Extrakt aus Bazillen der septischen 
Pneumonie der Kälber dagegen soll gleichzeitig mit dem Serum den 
Kälbern eingeimpft werden, um eine längere Immunität zu erzielen 
in den Fällen, in denen Serum allein keine genügende Wirkung 
entfaltet hat. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

Deutscher Landwirtschaftsrat. 

Am 10. Februar 1908 begann die 36. Hauptversammlung 
des Deutschen Landwirtschaftsrats. Auf der Tagesordnung 
standen eine Reihe sehr bedeutsamer Verhandlungsgegenstände 
u. a. auch die Novelle zum Gesetz betr. die Abwehr und Unter¬ 
drückung von Viehseuchen. Hierüber referierte der frühere 
Reichstagsabgeordnete Dpmänenrat Rettich-Rostock, welcher 


! bereits aus Posen über den ersten Entwurf der Regierung an 
j derselben Stelle ein Referat erstattet hatte. Er empfahl die 
Annahme folgender Resolution: 

„Bei dem vorgeschrittenen Stadium der Verhandlung des 
Gesetzes im Reichstage verzichtet der Deutsche Landwirtschafts¬ 
rat darauf, zu allen Einzelheiten des Entwurfs Stellung zu 
nehmen und eine Reihe von sonst wünschenswerten Abänderungen 
anzuregen. Der Deutsche Landwirtschaftsrat beschränkt sich 
darauf, folgende Punkte hervorzuheben; 1, Der Beschluß der 






2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRE x. 


253 


Reichstagskommission, sämtliche Kosten auf den Staat ab¬ 
zuwälzen, erscheint geeignet, das Zustandekommen des im In¬ 
teresse der Seuchentilgung erwünschten Gesetzes zu erschweren. 
Eine möglichst reichliche Bemessung der zu gewährenden Ent¬ 
schädigungen und eine schonende und verständnisvolle Hand¬ 
habung auf seiten der ausführenden Behörden wird das Gesetz 
den Landwirten erträglich machen 2. a) Die Anzeigepflicht bei 
der Rindertuberkulose auf die äußerlich erkennbare Form zu 
beschränken. § 10 Nr. 12 hat infolgedessen zu lauten: 
„Tuberkulose des Rindviehs, sofern sie in äußerlich erkennbarer 
Form .. . u U8W. Die einzelnen Anzeichen dieser Tuberkulose 
sind in die Ausführungsbestimmungen aufzunehmen, b) Bei 
Kindertuberkulose ist die Entschädigung zu bemessen ohne Rück¬ 
sicht auf den durch die Krankheit verursachten Minderwert — 
eventuell im Falle der Ablehnung: Bei Tuberkulose ist nicht 4 / : „ 
sondern der volle Betrag des gemeinen Wertes zu entschädigen.“ 

Der Herr Minister für Landwirtschaft erklärte sich in der 
Diskussion mit Punkt 1 der Resolution einverstanden. Die Über¬ 
nahme der gesamten Kosten der Viehseuchenbekämpfung auf die 
Staatskasse sei nicht angängig. Der dahingehende Beschluß 
der Reichstagskommission sei geeignet, die Annahme des Ge- [ 
setzes zu gefährden. Der Beschloß zu 2 a sei nach Ansicht des 
Herrn Ministers überflüssig, da eine Krankheit selbstverständlich 
erkennbar sein müsse, wenn sie zur Anzeige gebracht werden 
solle. Der Beschluß, bei Tuberkulose den vollen Betrag als 
Entschädigung zu gewähren, verkenne das Ziel des Gesetz¬ 
entwurfes. Letzterer wolle keine Versicherung gegen Tuber¬ 
kulose, es sollen nur die Kosten erstattet werden, welche durch 
das polizeiliche Eingreifen entstehen. Den Beschluß zu 2b er¬ 
klärte der Herr Minister für völlig unannehmbar. Auf Antrag 
des Herrn von Wangen he im wird folgende Fassung des 
Punktes 1 der Resolution angenommen: 

„Der Deutsche Landwirtschaftsrat spricht den dringenden 
Wunsch aus, daß das Zustandekommen des wichtigen Gesetzes 
nicht an Differenzen zwischen den verbündeten Regierungen 
und dem Reichstage bezüglich der Kostenfrage scheitern möge.“ 

2 a wurde unverändert angenommen. 2 b erhielt nächfolgende 
Fassung: „Bei Rindertuberkulose ist die Entschädigung im 
vollen Betrage des Taxwertes zu bemessen.“ Des weiteren 
wurde ein Antrag des Grafen von Rantzau angenommen: „Die 
Anzeigepflicht ist auf die Pferde-Influenza auszudehnen.“ Zn 
dem Viehseuchengesetzentwurf beantragte von Endell-Posen 
noch folgende Resolution: 

„Der Deutsche Landwirtschaftsrat beschließt, die Reichs¬ 
tagskommission ist zu ersuchen um Aufnahme einer Bestimmung 
in das Gesetz betreffend die Abwehr und Unterdrückung von 
Viehseuchen, wonach es der Polizei gestattet sein soll, öffent¬ 
liche Wege vorübergehend zu sperren, falls dadurch die Feld¬ 
arbeit aus gesperrten Gehöften ermöglicht bzw. erleichtert 
wird und eine besondere Belästigung des Publikums ausgeschlossen 
erscheint.“ 

Die Verhandlungen im Deutschen Landwirtschaftsrat zeigen, 
daß letzterer die Wichtigkeit des neuen Gesetzentwurfs für die 
Landwirtschaft durchaus anerkennt, und daß ihm an seinem Zu¬ 
standekommen sehr viel gelegen ist. Vor allen Dingen wünscht 
er nicht ein Scheitern des Gesetzentwurfs an der von der Reichs¬ 
tagskommission aufgeworfenen Kostenfrage. Der von der Reichs¬ 
tagskommission gefaßte Beschluß, die gesamten Kosten der Vieh- 
seuchenbek&mpfung der Staatskasse aufzuerlegen, ist geradezu 


unbegreiflich. Sie mußte sich doch hierbei sagen, daß die Reichs¬ 
regierung diesem Beschluß nicht nachkommen kann. Denn ab¬ 
gesehen von der Belastung, welche die Staatskasse hierdurch 
erfährt, würde man hiermit ein Prinzip verlassen, welches sich 
bisher bewährt hat. In einem am 28. Februar d. J. erschienenen 
Leitartikel „Ein Mahnw r ort zum Reichs Viehseuchengesetz 1 weisen 
die „Berliner Neuesten Nachrichten“ mit Recht darauf hin, daß 
der Kommissionsbeschluß nur scheinbar im Interesse der 
Deutschen Landwirtschaft läge. Durch die Annahme dieses Be¬ 
schlusses im Plenum des Reichstages würde sie Gefahr laufen, 
die Segnungen einer gesetzichen Neuregelung, die in ihrem 
eigenen Interesse geplant, aufs Spiel zu setzen. 

Die Kosten der Viehseuchenbekämpfung bestehen einmal 
aus den Kosten der Feststellung der Seuchen und der Kontrolle 
der Ausführung der angeordneten Maßnahmen durch die be¬ 
amteten Tierärzte, ferner aus den Kosten der Durchführung der 
lokalen Sperrmaßregeln, der Maßregeln betr. die Tiertransporte 
und die Kadaverbeseitigung, und schließlich den Desinfektions¬ 
kosten. Die ersteren sind bisher von der Staatskasse getragen 
worden und sollen dieser auch in Zukunft zur Last fallen. Die 
Kosten zu 2 und 3 müssen aber berechtigterweise nach wie vor 
von den Interessenten getragen werden, denn die Unterdrückung 
der Seuche in einem Viehbestände liegt doch im eigensten Inter¬ 
esse des Besitzers und es ist daher nur richtig, wenn diesem auch 
die Kosten für die Ausführung der Unterdrückungsmaßregeln 
auferlegt werden. Sollten auch diese Kosten der Staatskasse 
auferlegt werden, so fallen sie der Allgemeinheit zur Last. 

Am letzten Tage seiner diesjährigen Tagung hatte der 
Landwirtschaftsrat die hohe Ehre, den Kaiser bei sich be¬ 
grüßen zu können. Es war ein tierärztliches Thema, welches 
sich der hohe Herr in erster Linie bei seinem Besuch aus¬ 
gewählt hatte. Es handelte sich um den Vortrag von Exzellenz 
Prof. Dr. Koch über die Maßnahmen zur Förderung der Vieh¬ 
zucht in Deutsch-Südwestafrika und zur Bekämpfung der afri¬ 
kanischen Viehseuchen. Die von Koch hierzu aufgestellten 
Leitsätze sind bereits auf Seite 155 B. T. W. veröffentlicht. Ich 
werde auf diesen Vortrag sowie auf das Korreferat des Kaiser¬ 
lichen Veterinärrats Rickmann nach Erscheinen des amtlichen 
Berichtes noch zurückkommen. 

Viehseuchenkommission des Reichstages. 

Die Verhandlungen in der Viehseuchenkommission kommen 
nur sehr langsam vorwärts. Es ist wohl anzunehmen, daß 
die Kommissionsberatungen in diesem Frühjahr kaum ihr Ende 
erreichen werden. Findet nur eine Vertagung statt, so können 
die Beratungen im Herbst fortgesetzt werden, andernfalls muß 
der Gesetzentwurf von neuem eingebracht werden. Bisher 
wurde wöchentlich nur eine Kommissionssitzung abgehalten. — 
Nach Abschluß der Etatsberatungen dürfte die Kommission öfter 
zusammentreten. Eine eigenartige Stellung scheinen die Konser¬ 
vativen zu dem Gesetzentwurf einzunehmen. Abgesehen von 
dem Antrag, die Kosten der Viehseuchentilgung insgesamt der 
Staatskasse aufzuerlegen, von welchem vorher schon die Rede 
war, hatten sie zu § 3 einen Antrag ein gebracht, der nichts 
mehr und nichts weniger bezweckte, als die tierärztlichen Lehr¬ 
anstalten von den nach § 3 des Entwurfs zu gewährenden Vor¬ 
zugsrechten auszunehmen. Nach § 3 sollen die Maßnahmen zur 
Ermittlung und Unterdrückung von Seuchen, rücksichtlich der 
eigenen Viehbestände, nicht nur der Militärverwaltung, sondern 



254 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


auch den Vorständen der militärischen Remontedepots, sowie der 
landesherrlichen und Staatsgestüte, den Vorständen der tierärzt¬ 
lichen Lehranstalten und der zu diesen gehörigen Institute und mit 
Zustimmung des Reichskanzlers den Vorständen anderer Anstalten 
von ähnlicher Art übertragen werden könne. Diese Bestimmung 
war vorgesehen, um die Fassung nicht zu behindern und um 
Kollisionen zwischen den zuständigen Polizeibehörden und den 
beamteten Tierärzten einerseits und den Lehranstalten und 
Instituten andererseits zu vermeiden. Bei der Beratung des 
§ 3 beantragten nun die Konservativen, den tierärztlichen Lehr¬ 
anstalten und ähnlichen Instituten die in diesem Paragraphen 
vorgesehenen Befugnisse nicht einzuräumen. Warum die 
Konservativen die tierärztlichen Institute hiervon ausgenommen 
wissen wollten, ist nicht recht klar. Gerade diese und speziell 
die in dieser Partei vertretenen Landwirte hätten doch alle 
Veranlassung, der Tätigkeit der tierärztlichen Institute zu großem 
Dank verpflichtet zu sein. Der freien Forschung an diesen 
Instituten haben sie doch in erster Linie die neueren Methoden 
und Verfahren zu verdanken, welche der wirksamen Bekämpfung 
der Viehseuchen neue Wege gewiesen haben und sollen gerade 
diese davon ausgenommen werden tür ihre Viehbestände selbst | 
die Veterinärpolizei zu vertreten? Mit besonderer Schärfe 
wandten sich denn nun auch die Regierungs Vertreter, Präsident 
Bumm und Geh. Rat Ostertag gegen diesen Antrag. Dieser 
wäre widersinnig und geeignet, die wissenschaftliche Forschung 
zu beschränken. Trotz der Ausführungen dieser Herrn hielt 
der Abgeordnete Siebenbürger den Antrag aufrecht. Nach¬ 
dem der freisinnige Abgeordnete Dr. Struve ihn bekämpft 
hatte und er auch von anderer Seite allseitige Ablehnung er¬ 
fuhr, zogen die Konservativen diesen ominösen Antrag zurück 
und wurde daraufhin der § 3 in der Fassung des Entwurfs an¬ 
genommen. Es wurde noch der Zusatz beschlossen, daß die 
Militärverwaltung beim Ausbruch von Seuche anzugeben hat, 
welche Maßnahmen sie zur Bekämpfung dieser Seuchen ergriffen 
hat. Dr. Struve bezeichnete den Antrag der Konservativen 
sehr richtig als von absoluter Wissenschaftsfeindlichkeit 
und krassestem Egoismus*) diktiert. 

Große Schwierigkeiten schienen auch die Vorschriften der 
§§ fi bis 8 betr. Maßnahmen gegen das Ausland zu machen, 
doch wurde von allen Parteien deren Notwendigkeit anerkannt. 
Zurzeit befindet sich die Beratung bei den §§ 9 und 10. 

Ein Nürnberger Tierseuchenflngblatt aus dem 18. Jahr¬ 
hundert. 

Von Dr. Hermann Schöppler-Landau (Pfalz). 

Vor dem 18. Jahrhundert kann von einer Tierarzneikunde, 
wie wir sie heute kennen, nicht gesprochen werden. Die großen 
Tierepidemien des 18. Jahrhunderts dürften nach Baas**) einen 
großen Teil dazu beigetragen haben, daß man allmählich auch 
der Tierarzneikunde sich besser annahm. Ähnlich wie man sich 
, in jener Zeit durch Flugblätter, Belehrungsschriften amtliche 
Dekrete, Aufklärung und Schutz vor Seuchengefahr zu ver¬ 
schaffen suchte, in gleicher Weise glaubte man auch bei Tier- 

*) Der Antrag ist natürlich unbedingt abzuweisen, aber auf 
prinzipieller Wissenschaftsfeindlichkeit und Egoismus (wie sollte 
das tangiert werden) beruht er gewiß nicht; er ist wohl eine, wenn 
auch unrichtige, Wirkung der Greifswaldcr Maul- und Klauenseuche- 
Verschleppung. Schmaltz. 

**) Baas, H., Grundriß der Geschichte der Medizin des heilenden 
Standes. Stuttgart 1876. ■ 


seuchen Vorgehen zu müssen. Schriftstücke und Druckwerke 
aus diesen vergangenen Tagen, die auf Tierseuchen Bezug 
haben, sind nicht viele auf uns gekommen. Es mag deshalb 
gerechtfertigt erscheinen, wenn ich nachstehendes Flugblatt aus 
jener Zeit, wie ich die sechs Seiten lange, in Oktavformat er¬ 
schienene kleine Belehrungsschrift benennen möchte, die ich vor 
kurzem erwerben konnte, zur Veröffentlichung bringe. 

Nach Kiefhaber*) war im Jahre 1711 „ein häufiger Um¬ 
fall des Rindviehes, wogegen Hilfsmittel öffentlich bekannt ge¬ 
macht w r orden sind“, in der Gegend Nürnbergs bemerkt worden. 
Auf diese Seuche, die damals durch ganz Europa ihren Zug 
genommen, bezieht sich meine diesbezügliche Schrift. An¬ 
scheinend ist dieselbe, wie ich dies z. B. auch bei manchen 
Pestschriften aus diesem Jahrhundert gefunden habe, einer in 
Wien ausgegebenen ersten Schrift nachgedruckt worden, so wie 
ich mir den im Titelblatt angebrachten Satz: An Tag gegeben' 
in Wien/den 12. Octobr. 1711. erkläre, und für die in und um 
Nürnberg herrschende Seuche jedoch zu Nürnberg ausgegeben 
worden. Die auf dem Titelblatt angebrachte Zeichnung einer 
Kuh, die von einer Fliege in den Rücken gestochen wird (siehe 
j Abbildung), erinnert an die in Ungarn häutige Erkrankung der 
Tiere durch den Stich einer Mttckenart**), und führt mich diese 
Darstellung ebenfalls auf den Gedanken, daß dieses kleine Druck¬ 
werk einer Wiener Flugschrift nachgedruckt worden ist. Vielleicht 
kann einer der Leser dieser Mitteilung nähere Auskunft darüber 
erteilen, ob meine Annahme und Folgerung richtig ist. 

Das Titelblatt der kleinen Schrift lautet: 

Hülffs-Mittel / 

Welche w-ider gegenwärtigen 
häuffigen 

Umfall des Rindviechs 
ersprießlich zu gebrauchen. 

An Tag gegeben / in Wien / den 
12. Octobr. 1711. 



Nürnberg/ 

zu finden bey Felßeckerischen Erben 

Den Inhalt will ich unverkürzt hier wiedergeben. Nach 
einer mäanderartigen Kopfleiste heißt es: 

Ob zwar öffters ein Umstand unterschiedliches Vieches in 
diesen Ländern sich ereignet hat / ist doch nicht leichtlich zu 
gedencken / daß solcher Umstand unter dem Horn-Viech so weit- 
läuffig und häuffig/.als anjetzo / geschehen wäre. 

Obwohlen nun den Wirthschaffts-Verständigen einige wider 
die Zustände des Viechs bekannt zu seyn erachtet wird; auch 

*) Kiefhaber, J. C. S., Historisch-chronologisches Verzeichnis 
der seit dem Anfang dieses Jahrhunderts bis jetzt in der Reichsstadt 
Nürnberg und deren Gebiet herrschend gewesenen Epidemien unter 
den Menschen und Tieren. Nürnberg 1796. 

**) Siehe z. B. Zi mm ermann, Der Erdball und seine Natur¬ 
wunder. Bd. IV. Berlin 1892. 





2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


255 


daß ein jeder seinen eigenen/und insgesamt«! alle den all¬ 
gemeinen Schaden zu verhüten trachten werden; So ist doch 
gewis / daß weder einerley Mittel allezeit dienlich / noch die in 
diesem Viech-Umfall insonderheit Gedeyliche allen bekannt seyen. 

Was also zum sichersten zu gebrauchen / und bishero in 
gegenwärtiger Viech-Seuche zum nützlichsten erfunden worden/ 
wird in Kürtze angedeutet: 

Erstlich solle das gesunde Horn-Viech von dem Kranken / so 
viel möglich / abgesondert gehalten werden / in neblichten Tägen 
nicht ausgetrieben / bis die Sonne schon in etwas hoch / und ein- 
oder andere Stunde die Hüt-Wayden beschienen / die Feuchte 
und Thau genugsam ausgetrücknet habe. 

Andertens solle dem gesunden Viech alle änderte Täge ein 
kleiner Löffel voll / nemlich bei einem halben Loth / zu Pulver 
klein gestossenes Antimonium crudum, oder rohes Spieß-Glaß / ge¬ 
geben wergen: Dem Jungen aber die Hellfte / welches junge 
Viech auch in folgenden Mitteln also zu unterscheiden iBt. 

Drittens/ dem Viech/ so schon erkranket/ solle ein grösserer 
Löffel voll/ nemlich I Loth des Antimonii crudi, oder rohen Spieß- 
Glaß/ mit Kreiden und langen Pfeffer/ dieser beyden zu dem Loth 
Antimonii, eines jeden I. Quintlein schwer/untereinander ver¬ 
menget/ täglich/ bis zur Genesung/ im Futter oder Trank ge¬ 
reichet/ oder mit Gersten-Mehl und Essig in Kugel angemachet/ in 
den Hals gestecket werden. 

Viertens/ so fern um die Nasen/ im Gaum/ oder unter der 
Zungen/ wie es zu geschehen pfleget/Blattern entstehen/sollen 
dieselbe mit Aschen/ Saltz/ Ingber und Pfeffer/ jedes gleich viel,' 
bis auf das frische Blut zum öffteren gerieben werden. 

Fünfftens/' da sich das Viech schon in etwas erhole/ und die 
Nahrung zu gemessen wiederum anfanget/ sollen die Blattern 
und durch das Reiben oder sonst daraus entstandene Geschwär/ 
mit schwartz Wagen-Schmier/ des Tags wenigst zweymal/ fleissig 
eingeschmieret und abgeheilet werden. 

Sechstens/ weilen die tragenden Kühe von dem Antimonio 
zu verschlingen pflegen/solle denenselben/da sie erkranken'an 
statt des Antimonii, täglich gegeben werden Grünspan/ Schwefel/ 
Gaffer und Röttl/ wie die Zimmerleut gebrauchen/ jedes ein halb 
Quintl. Die Helffte dieses Pulvers kan auch denen annoch 
Gesunden/ sie von der Krankheit zu bewahren/ im Futter oder 
Getränk/ oder wie oben gemeldet/ in Kugel gestaltet gebrauchet 
werden. Der Knoblauch ist entweders für sich allein/ mit obigen 
Mitteln vermischet/ dem Viech sehr ersprießlich/ muß aber ein 
ganzes Häubtl gegeben werden. 

Ingleichen ist das Stein-Oel / durch die Erfahrnus / sehr er¬ 
sprießlich befunden worden / daß man desselben einem krancken 
Viech 20 Tropffen in einer Ktihe-Milch / und so es ein Melck- 
Kuhe ist / in ihrer eigenen Milch des Tags einmal gebe. Da 
dann in etlich Tagen sich eine Besserung zeiget / solle man 
auch mit denen Tropffen des Stein-Oels abnehmen / also daß 
täglich um 5 Tropffen weniger gegeben werden. Nicht weniger 
hat auch das Schieß-Pulver / mit Butter zu Kuglen / wie eine 
mittere Kösten wäre / angemachet / und dem Viech täglich 
zweymal eingegeben / nicht allein dem Krancken offt geholffen / 
sondern auch das Gesunde von der Seuche bewahret. 

Siebendens / die Geträncke/so dem Horn-Viech gegeben 
werden / sollen mit Salvia / Arutten / Osterluzey und Lustock- 
Wurtzeln vol eingebrennet werden. 

Achtens / das Viech / so umgestanden / solle nicht ins Wasser 


geworffen / noch unter flreyem Himmel faulen / sondern mit un¬ 
gelöschten Kalch bestreuet und tieff eingegraben werden. 

Sollen nun mit der Zeit noch andere ersprießliche Mittel 
durch die Erfahrnus bekannt werden / versiehet man sich zu 
eines jeden schuldigen Liebe gegen den allgemeinen Besten / daß 
sie dieselbe anderen getreulich eröffnen und mittheilen werden. 

Ein Verfasser vorstehender Schrift ist nicht genannt. 
Welche Art von Erkrankung die in der Flugschrift angeführten 
Krankheitserscheinungen bekunden, möchte heutzutage mit Be¬ 
stimmtheit wohl kaum mehr gesagt werden können. Eine 
wissenschaftliche Deduktion, ob hier Rotz, Maul- und Klauen¬ 
seuche oder sonst eine bestimmte Tierkrankheit bekämpft werden 
sollte, zu geben, kann nicht Aufgabe dieser Veröffentlichung 
sein, die nur einen Beitrag dazu liefern soll, zu zeigen, wie 
man bereits im Anfang des 18. Jahrhunderts durch einen 
weiteren Kreisen zugänglichen Belehrungsmodus gegen größere 
Tierseuchen vorzugehen suchte. 

Jahresbericht über die Tierseuchen in Deutschland 1906. 

Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt,. 

(Verlag von Juliu* Springer, Berlin.) 

Die Rotzkrankheit 

Im Jahre 190b sind 398 Erkrankungsfälle gemeldet worden. 
21,8 Proz. weniger wie 1905. Es wurden in 8 Monaten 122 Ge¬ 
meinden und 180 Gehöfte betroffen. 25 Pferde sind gefallen, 
511 wurden teils auf polizeiliche Anordnung, teils auf Ver¬ 
anlassung der Besitzer getötet. Hierbei wurden 139 rotzfrei 
befunden. Außerdem wurden in seuchefreien Beständen 77 an¬ 
steckungsverdächtige Pferde getötet und rotzfrei befunden. Der 
Gesamtverlust an Pferden war um 13,8 Proz. geringer wie 1905. 

Die räumlich stärkste Verseuchung zeigten die Regierungs¬ 
bezirke Liegnitz (15 Gemeinden und 19 Gehöfte), Marienwerder 
(13 und 14), Lothringen (10 und 21) sowie die Kreise Dieden- 
hofen-West (9 und 20), Grünberg (6 und 8), Rosenberg, Westpr. 
(5 und 6) und Berlin (26 Gehöfte). In 65 Kreisen = 65,7 Proz. 
der überhaupt verseuchten war nur je 1 Gehöft verseucht. 
Die höchsten Erkrankungsziffern zeigten die Regierungsbezirke 
Stettin (30), Posen (33), Lothringen (40) und Berlin (57). In 
acht Regierungsbezirken kam nur je ein Erkrankungsfall zur 
Kenntnis. Aus 25,6 Proz. der neu betroffenen Gehöfte wurde 
nur je ein Erkrankungsfall gemeldet. Auf je 10000 des 
Gesamtbestandes an Pferden kamen im Reiche 0,93 Erkrankungs¬ 
fälle vor gegen 1,19 im Vorjahre. Innerhalb der verseuchten 
Staaten schwanken diese Zahlen zwischen 3,72 (Hamburg) und 
0,06 (Sachsen), innerhalb der Regierungsbezirke zwischen 10,96 
(Berlin) und 0,05 Königsberg) und innerhalb der Kreise zwischen 
122,10 (Diedenhofen-West) und 0,66 (Allenstein). Auf ein rotz¬ 
krankes Pferd kamen im Reiche 1,55 Verlust an gefallenen oder 
getöteten Pferden. Im Auslande war die Rotzkrankheit stark 
verbreitet in Österreich, sodann besonders in Ungarn. Hier 
fällt die größte Verbreitung (89 Orte und 89 Höfe) auf die 
zweite Woche des Monats Mai. In Bulgarien erkrankten 
175 Pferde, in Rußland 13 879. Hiervon allein 12 426 im 
europäischen Rußland. In Bulgarien wurden 125 Gemeinden 
betroffen. In Italien erkrankten 468 Pferde, in Frankreich 571, 
in Großbritannien 2016, in Ägypten 232, in Belgien 44, in den 
Niederlanden 50, in Dänemark wurden 25 Pferdebestände von 
Rotz betroffen. In anderen Staaten kamen keine oder nur 
vereinzelte Fälle vor. 




256 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Rotzeinschleppungen aus Rnßland fanden in 10 Fällen statt, 
davon entfallen 5 Fälle auf Ostpreußen und je ein Fall auf die 
Regierungsbezirke Posen, Oppeln, Liegnitz, Danzig und Stettin. 
Im Bezirk Danzig verursachte das eingeführte rotzkranke Pferd 
weitere Rotzausbrüche in 3 Kreisen. Aus Ungarn wurde Rotz 
in einem Falle in den Regierungsbezirk Liegnitz eingeschleppt, 
aus Österreich einmal in den Regierungsbezirk Oppeln, aus 
Großbritannien einmal nach Altona und aus Frankreich einmal 
nach Elsaß-Lothringen. Innerhalb des Reichs wurde die Rotz¬ 
krankheit zweimal verschleppt, aus Altona nach Lippe und aus 
Hessen nach Baden. In 25 Fällen kamen die Pferde bestimmt 
oder wahrscheinlich bereits rotzkrank oder infiziert in den Besitz 
der betreffenden Eigentümer. 

Die Ermittlung der Seuchenausbrüche fand statt in einem 
Fall in Schwaben bei der amtstierärztlichen Beaufsichtigung 
einer öffentlichen Auktion, in 9 Fällen in Roßschlächtereien und 
in 6 Fällen in Abdeckereien. 

In je einem Falle wurde eine Inkubationsdauer von 10 bzw. 
14 Tagen festgestellt. 

Eine Übertragung auf Menschen ist einmal bei einem Ab¬ 
decker im Regierungsbezirk Posen beobachtet worden. Der 
Mann starb nach 14 tägiger Krankheitsdauer. 

Impfungen mit Malleinum siccum (Foth) wurden in Württem¬ 
berg bei 63 Pferden ansgeführt. 4 Pferde wurden getötet. 
Ein Pferd, welches sich schon während des Lebens offensichtlich 
rotzkrank gezeigt hatte, hatte nur mit 0,9° über die unmittelbar 
vor der Impfung festgestellte Temperatur reagiert, zwei Pferde 
erwiesen sich bei der Sektion rotzfrei, von diesen war bei 
einem die Malei'nprobe negativ ausgefallen, das andere hatte 
mit Temperaturerhöhung über 2° reagiert, die erhöhte Temperatur 
fiel aber bereits wieder eine Stunde nach der höchsten Erhebung 
sehr rasch, davon mit einer indurativen narkotisierenden Euter¬ 
entzündung behaftet. Das 4. Pferd reagierte nur mit 0,4° Er¬ 
höhung. Nach der Tötung stellte zwar der beamtete Tierarzt 
die Diagnose Rotzkrankheit, bei der bakteriologischen und 
biologischen Untersuchung konnte jedoch diese Diagnose nicht 
bestätigt werden. Von den übrigen 59 nicht getöteten Pferden 
reagierten nur bei der zweiten Probe mit 2,7° Erhöhung ohne 
allgemeine organische Reaktion und mit schnellem Temperatur¬ 
abfall. Eine 6 Wochen später ausgeführte dritte Probe verlief 
negativ. Ein Pferd reagierte mit 1,4° Erhöhung, alle übrigen 
mit weniger als 1,4°. 

In Elsaß-Lothringen wurden in den Gruben des Fentsch- 
tales 264 Pferde malleinisiert, davon reagierten 31 typisch, 
*» atypisch und 227 gar nicht. 34 Pferde wurden getötet, diese 
erwiesen sich bis auf 2, bei denen der Befund ein zweifelhafter 
war, rotzkrank. Ein Pferd mit atypischer Reaktion war rotz¬ 
frei. In zwei anderen Fällen in Elsaß-Lothringen wurde das 
positive Impfergebnis durch die Obduktion bestätigt. 

Für auf polizeiliche Anordnung getötete bzw. nach An¬ 
ordnung der Tötung gefallene 504 Pferde wurden im Berichts¬ 
jahre 210179,56 M. Entschädigung gezahlt, 11583,60 M. 
weniger wie im Vorjahr. 

Die Tollwut. 

Die Tollwut ist im Jahre 1906 gegenüber dem Vorjahre 1905 
etwas zurückgegangen, es sind 21,5 Proz. Erkrankungsfälle 
weniger zur Anzeige gelangt, davon unter Hunden 17,8 Proz. 
Es sind erkrankt und gefallen oder getötet 681 Tiere und zwar 


610 Hunde, 5 Katzen, 9 Pferde, 49 Rinder, 5 Schafe, 1 Ziege 
und 2 Schweine. 

Es wurden in 6 Staaten 202 Kreise und 621 Gemeinden 
betroffen. Die meisten Fälle, 208, ereigneten sich im 2. Viertel¬ 
jahr, die wenigsten, 129, im vierten. 

Die meisten wutkranken Hunde wurden aus den Reg.-Bez. 
Breslau (76), Oppeln (74), Posen (53), Köslin (52), sowie aus 
den Kreisen Stolpe (24), Neiße (19) und Schlawe (17) gemeldet. 

Unter anderen Haustieren ereigneten sich die meisten Fälle 
in dem Reg.-Bez. Marienwerder (18), sowie in den Kreisen 
Schlochau (10) und Osterode i. Ostpr. (9). Die dem Jahres¬ 
bericht beigefügte kartographische Darstellung der Verbreitung 
der Seuche läßt erkennen, daß wiederum der Osten der Monarchie 
am stärksten von der Tollwut betroffen worden ist. Außerdem 
sind vereinzelte Tollwutfälle vorgekommen in mehreren Kreisen 
des Königreichs Sachsen, in Bayern, Hessen-Nassau und in der 
Rheinprovinz. Die betroffenen Kreise waren in der überwiegenden 
Mehrzahl Grenzkreise. Von den an Rußland angrenzenden 
Kreisen waren nur sehr wenige von der Tollwut verschont ge¬ 
blieben. An ansteckungsverdächtigen Hunden wurden 1357 ge¬ 
tötet (gegen 1601 in 1905), 166 Hunde wurden unter polizeiliche 
Beobachtung gestellt. Ferner wurden 147 herrenlose,wutverdächtige 
Hunde getötet, wovon 122 allein auf Preußen entfallen. 

Von ausländischen Staaten kommen für die Verbreitung der 
Tollwut besonders in Betracht: Österreich, hier waren die meisten 
Orte und Höfe in der dritten Maiwoche betroffen (50 bzw. 53), 
ferner Ungarn, die stärkste Verseuchung 146 Orte und 151 Höfe 
entfiel hier auf die zweite Augustwoche. In Rumänien erkrankten 
250 Tiere, darunter 200 Hunde und 39 Rinder. In Rußland 
erkrankten in 2412 Gemeinden 4566 Tiere, hiervon kommen 
4035 allein auf das europäische Rußland. In Bosnien und 
Herzegowina erkrankten 71 Hunde, in Serbien 36, in Bulgarien 
wurden 127 Ortschaften durch die Tollwut betroffen. In Italien 
erkrankten 339 Hunde, in Frankreich 2043, in Belgien wurde 
in 56 Gemeinden bei 68 Tieren Tollwut festgestellt, in den 
Niederlanden bei 51. Die anderen ausländischen Staaten, aus 
denen Seuchennachrichten vorliegen, sind wenig oder gar nicht 
durch Tollwut verseucht gewesen. 

Was die Anlässe zu den Seuchenausbrüchen betrifft, so sind 
mehrere Fälle auf Einschleppung aus dem Auslande zurück¬ 
zuführen; in den Kreis Neiße mehrere Male aus Österreich, in 
den Kreis Cleve aus Holland und in einem Falle aus Frankreich 
nach Elsaß-Lothringeu. Im Inlande wurde in einem Falle öine 
Einschleppung aus Bayern nach dem hessischen Kreis Erbach 
konstatiert. Im Kreise Stadt Aschaffenburg hatte ein aus einem 
Gehöft trotz Sperre entwichener wutkranker Hund die Seuche 
weiterverbreitet. 

Die Ermittlung der Tollwut fand in zwei Fällen in Ab¬ 
deckereien statt. 

Über Inkubationsfristen liegen 42 sicher beobachtete Mit¬ 
teilungen vor. Diese Fristen schwankten zwischen sechs und 
105 Tagen bei Hunden, 16 und 87 Tagen bei Rindern. Bei 
einem Schweine wurde eine Inkubationsfrist von 45 Tagen er¬ 
mittelt. Über Tollwuterkrankungen von Menschen liegen nur 
wenige Angaben vor. In Ostpreußen erkrankten und starben 
drei Personen, im Bezirk Aschaffenburg eine. In Oberfranken 
erkrankte ein von einem wutkranken Hunde gebissener Arbeiter 
trotz Impfung im Institut für Infektionskrankheiten in Berlin 
33 Tage nach dem Biß an Tollwut und starb 2 Tage später. 



2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


257 


Wutschutzabteilung am hygienischen Institut der Universität zu Breslau. 

Die Breslauer Wutschutzabteilung des hygienischen Instituts 
der Universität ist am 28. Juli 1906 eröffnet worden. Von da 
bis 31. März 1907 wurden 179 gebissene Personen behandelt. 
Die Impfung geschah nach einem von der Berliner Wutschutz¬ 
abteilung übernommenen Schema. 153 Personen waren von 
nachgewiesen wutkranken Tieren gebissen worden. Es ereigneten 
sich unter diesen zwei Todesfälle an Wut = 1,3 Proz. Im 
ersten Fall trat der Tod bereits am zehnten Tage der Behandlung 
ein, dieser Fall kommt demnach für die Beurteilung der Schutz¬ 
impfung nicht in Betracht; im zweiten Falle kam der Verletzte 
vier Tage nach dem Biß zur Behandlung, er erkrankte am 
15. Tage nach ihrer Beendigung und starb binnen zwei Tagen 
unter den Erscheinungen der rasenden Wut. 

Aus der Rede des Reichstagsabgeordneten Siebenbürger 
über das Abdeckereiwesen. 

(Reichstagssitzung vom 13. u. 20. Januar 1908, vgl. B. T. W. Nr. 5.) 

Herr Siebenbürger bezeichnete bei der ersten Beratung des 
Reichstags über die Viehseuchengesetznovelle zwei Bedingungen, 
von denen der Erfolg des Gesetzes abhängig sei: einmal scharfe 
Maßregeln gegen das Ausland, und zweitens eine roichsgesetzliche 
Ablösung der Abdeckereiprivilegien. Der Herr Minister v. Beth- 
mann hat darauf erwidert, daß eine reichsgesetzliche Ablösung 
natürlich nicht in Frage kommen könne, vielmehr der Landes¬ 
gesetzgebung zu überlassen sei, daß aber durch ein Reichsgesetz, 
welches gewisse Minimalforderungen für die Beseitigung von 
Kadavern fordere, die Angelegenheit in den Bundesstaaten in Fluß 
gebracht werden könne, und daß ein solches Gesetz zu erwarten 
sei. Offenbar hat auch Herr Siebenbürger weniger auf das 
Reichsgesetz als auf die Regelung an sich Wert gelegt und diese 
sehr entschieden und treffend begründet. Er sagte: 

Die Forderung der Ablösung der privilegierten Abdeckereien 
darf nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden. Schon hat 
der Abgeordnete v. Lente bei der Beratung des ersten Vieh¬ 
seuchengesetzes darauf aufmerksam gemacht: es ist aber in den 
27 Jahren nichts erfolgt, und der Gegenstand ist auch nie wieder 
im Reichstag berührt worden. Die Abdeckereibesitzer üben ihr 
Handwerk schikanös aus. Der Abgeordnete Fischbeck hat am 
17. April 1907 die Regelung dieser Materie verlangt. Es wäre erfreulich 
gewesen, wenn das Viehseuchengesetz nicht eher vorgelegt worden 
•wäre, als bis diese Regelung erfolgt war. (Darin wird man dem 
Herrn Abgeordneten nicht recht geben können, denn das Viehseuchen¬ 
gesetz ist immerhin doch viel wichtiger.) Gewiß sind die Abdecker 
ehrenwerte Männer, aber die Art ihres Betriebes ist meistens eine 
Schweinerei. So wurden aus der Abdeckerei in Staßfurt längere 
Zeit große Massen Fleisch als Nahrungsmittel für Menschen an Gast¬ 
häuser und Schlächter verkauft. Ist es vielleicht appetitlich, daß 
ein großer Teil der Fettschweine, die in Berlin auf den Markt kommen, 
mit Abgängen aus der Abdeckerei gemästet sind, die sich außer¬ 
dem mit umfangreichem Verkauf von Zuchtferkeln befassen. Der 
Abdecker verkauft außerdem Hundefutter und fabriziert allerlei 
Salben. Veterinärrat Schulze-Labes fand bei einer Revision einer 
Abdeckerei dort wenig Zeichen des Betriebes, dagegen in der 
städtischen Wohnung des Abdeckers eine vollständig eingerichtete 
Schlachthalle; in einen vorüberfließenden Bach wurde aller Unrat 
hineingeworfen; bei einer andern Revision fand Veterinärrat 
Schulze in einer Scheune eine Menge von Fässern, die mit teils 
verdorbenem, teils frischem Fleisch vollgepakt waren und offenbar 
zur menschlichen Nahrung Verwendung Anden sollten. Auch stehen 
die Leistungen der Abdecker mit ihrem Vorteil in gar keinem 
Verhältnis. Der Wert der Tierleichen ist enorm gestiegen. Auch 
erfüllen die Abdeckereien ihre Aufgabe nicht, durch einwandfreie 
Vernichtung Menschen und Tiere zu schützen. Man muß auch die 
Art und Weise anselien, wie der Abdecker mit dem gefallenen 
Vieh durchs Land zieht; die in manchen Polizeivorschriften ge¬ 
forderte Wagenbeschaffenheit ist höchst selten vorhanden. Die 


Bundesstaaten Baden und Hessen und auch die Provinz Schleswig 
Holstein haben diese Frage in großartiger Weise seit langem gelöst. 
Dort sind Kreis- und Verbandsabdeckereien gebildet, die ausgezeichnet 
wirken, die Verbreitung von Seuchen verhindern, die Verluste 
des kleinen Mannes mindern und die Kadaver vortrefflich ausnutzen; 
so daß der Erlös der Allgemeinheit zugute kommt. Die Ablösungs¬ 
kosten mögen jetzt hoch sein: aber sie werden mit jedem Jahr 
teurer, umsomehr als schon das Fleischbeschaugesetz den Ab¬ 
deckern enorme Werte zugewandt hat. Dieselben haben sich auch 
organisiert und besitzen ihr eigenes Fachblatt. Nach dem Wort¬ 
laut der Privilegien kann offenbar der Abdecker für einen nicht ab¬ 
gelieferten Kadaver nur ein Trinkgeld von 1 bis 2 Taler fordern. 
Auf Grund dieser Basis kann die Ablösung herbeigeführt werden. 
In der Neuzeit ergangene Gerichtsentscheidungen werden das er¬ 
leichtern. Nach einer Entscheidung des Kararaergerichts von 1906 
hat der Abdecker nur die Sätze des Publikandums zu fordern; An¬ 
spruch auf den Kadaver hat er überhaupt nicht. Dasselbe Gericht 
hat festgestellt, daß der Abdecker nur Anspruch auf Haare, Haut 
und Talg und auf Schweine überhaupt nicht hat. Der Abdecker 
holt Ferkel z. B. auch gar nicht ab, weil ihm das nicht lohnend er¬ 
scheint. Das Landgericht Stargard hat wiederholt entschieden, die 
Privilegien bezögen sich nur auf Tiere, die abgedeckt seien. Jeden¬ 
falls besteht aber auch hinsichtlich der Gerichtspraxis eine uner¬ 
trägliche Unsicherheit. Bis zum Reichsgericht läßt sich die Sache 
leider meist nicht durchführen, weil dazu ein Wert von 2 500 M. 
gehört. Jedenfalls muß die Ablösung eintreten, und wenn sie 
Millionen kostet, auch im Interesse der Seuchentilgung 

In bezug auf diese Ausführungen des Abgeordneten Sieben¬ 
bürger hat später der Abgeordnete Vogt (Württemberg) seine 
Verwunderung ausgesprochen, daß so etwas überhaupt in einem. 
Bundesstaat noch möglich sei. Der württembergische Abgeordnete 
weiß offenbar eben nicht, daß es sich um aus dem 18. Jahrhundert 
stammende Privilegien handelt, deren Beseitigung so einfach nicht 
ist. Es ist nun aber doch nach diesen energischen Anregungen im 
Reichstag, nach dem Hinweis des Herrn Ministers v. Bcthmann 
und wesentlich auch mit Rücksicht auf die neuesten und wichtigen 
Gerichtsentscheidungen zu hoffen, daß die längst erstrebte Be¬ 
seitigung der Übelstände endlich eintritt. S. 

Nachweisung Ober den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. März 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreiae (Oberamtabeiirke) nsw., eingeklammert die Gemeinden. 

Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 


fl 


Gegenüber d. 15. Febr. 

Kreise 

g 

'S 

i 

ÜS 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Königsberg .... 

2 

2 

2 

o 

- i 

_ 2 

Gumbinnen .... 

o 

o 

o 

- 1 

- 1 

- 1 

Allenstein .... 

1 

1 

1 

o 

o 

° 

Danzig. 

1 

1 

1 

o 

- i 

- 1 

Marienwerder . . . 

2 

9 

13 

— 2 

- 12 

- 19 

Posen . 

o 

o 

o 

— 1 

- 1 

- 1 

Bromberg .... 

o 

o 

0 

— 1 

- 1 

- 1 

Breslau. 

o 

o 

o 

— 1 

— 1 

— 1 

Aachen. 

0 

0 

0 

— 1 

— 1 

— 1 

Preußen zusammen 
Bayern: 

6 

! 13 

17 

- 7 

- 19 

— 27 

Oberbayern.... 

1 

1 j 

1 

— 6 

- 12 

— 22 

Niederbayern . . . 

o 

° 1 

o 

- 1 

1 — 1 

i _ 1 

Schwaben .... 

2 

3 

8 

— 1 

1 — 6 

; - 12 

Württemberg: 

i 

1 





Neckarkreis . . . 

o 

0 

o 

— 1 

i - 1 

— 1 

Schwarzwaldkreis . 

o 

° i 

o 

— 1 

, - 1 

— 1 

Donaukreis .... 

o 

° ! 

o 

— 4 

- 8 

- 10 

Zusammen 

9 1 

17 | 

26 

— 24 j 

- 48 i 

- 74 









258 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise » 
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Auf je 1000 1 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

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Ü 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg.... 

10 

34 

11 

Waldeck. 

3 

3 

Gumbinnen .... 

3 

13 

4 

Bayern: 



Allenstein .... 

4 

4 

2 

Oberbayern .... 

9 

16 

Danzig. 

3 

4 

3 

Niederbayern. . . 

9 

19 

Marienwerder . . 

11 

28 

12 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

1 

1 

1 

Oberpfalz. 

— 

— 

Potsdam. 

13 

98 

38 

Oberfranken . . . 

2 

3 

Frankfurt. 

18 

90 

33 

Mittelfranken. . . 

2 

4 

Stettin. 

7 

12 

6 

Unterfranken. . . 

1 

1 

Köslin. 

8 

22 

11 

Schwaben. 

1 

1 

Stralsund .... 

2 

3 

3 

Württemberg . 

1 

1 

Posen . 

24 

84 

25 

Sachsen. 

5 

11 

Bromberg. 

12 

77 

35 

Baden . 

10 

12 

Breslau. 

22 

238 

63 

Hessen. 

5 

5 

Liegnitz. 

18 

168 

56 

Meckl.-Schwerin 

7 

18 

Oppeln. 

7 

15 

5 

Meckl.-Strelitz . 

2 

2 

Magdeburg .... 

5 

17 

12 

Oldenburg . . . 

11 

21 

Merseburg .... 

9 

23 

10 

Saebs.-Weimar. 

2 

12 

Erfurt. 

5 

24 

41 

Sach s.-Meiningen 

1 

4 

Schleswig .... 

16 

45 

21 

Sach s.-Altenburg 

— 

— 

Hannover . 

9 

13 

21 

Sachs.-Kob.-Got. 

1 

3 

Hildesheim .... 

3 

10 

14 

Anhalt. 

2 

2 

Lüneburg . 

6 

15 

10 

Braunschweig 

— 

— 

Stade. 

8 

11 

15 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

6 

13 

23 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

— 

Münster. 

6 

16 

59 

Reuß j. L. 

2 

5 

Minden. 

4 

7 

14 

Sc h au mb.-Lippe 

2 

o 

Arnsberg. 

10 

19 

22 

Lippe-Detmold . 

4 

7 

Kassel. 

12 

41 

25 

Hamburg .... 

3 

3 

Wiesbaden .... 

10 

38 

4L 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 

9 

25 

24 

Bremen. 

1 

1 

Düsseldorf .... 

10 

33 

77 

Elsaß. 

— 

— 

Köln. 

3 

3 

10 

Lothringen . . 

1 

1 

Trier. 

4 

4 

4 




Aachen . 

3 

3 

8 





Rotz. 

Preußen: In den’ Reg.-Bcz. Königsberg, Allenstein, Stettin, 
Oppeln, Arnsberg je 1 (1), Cöln 1 (2), Stadtkreis Berlin 1 (5), in 
den Reg.-Bez. Breslau 2 (2), Marienwerder 8 (4), Gumbinnen 4 (4), 
Bromberg 5 (5), Posen 6 (6). 

Bayern: Im Reg.-Bez. Niederbayern 1 (1). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 4 (4). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 39 Gemeinden (42 am 15. Februar 1908), davon 33 
auf Preußen '38 im Februar). 

Lungenseuche. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Marienwerder, Potsdam, Frankfurt 
je 1 (1), Stadtkreis Berlin 1 (2), im Reg.-Bez. Broiuberg 3 (3). 

Sachsen: In den Kreishauptmannschaften Leipzig 2 (2), 
Chemnitz 4 (4). 

Zusammen 14 Gemeinden (9 am 15. Februar 1908), davon 8 auf 
Preußen (9 im Februar). 


Verfügung betr Schafräude in Preußen. 

Im Jahre 1907 ist in Preußen von der Anordnung eines Heil¬ 
verfahrens zur Tilgung der Schafräude in 17 Regierungsbezirken 
und 64 Kreisen Gebrauch gemacht worden. 

Insgesamt wurden 492 Bestände mit 47 862 Schafen einem 
solchen Verfahren unterworfen. 43 Bestände mit 449 Schafen 
wurden vor Einleitung eines Heilverfahrens abgeschlachtet. 


Das Badeverfahren hat bei 177 Beständen mit 18 875 Schafen 
Anwendung gefunden. Davon waren am Jahresschluß 147 Bestände 
mit 10 654 Schafen geheilt, bei 21 Beständen mit 6 429 Schafen 
war das Heilverfahren noch nicht beendet; 315 Schafe in 2 Be¬ 
ständen sind vor Beendigung des Verfahrens geschlachtet worden; 
22 Schafe sind bei dem Badeverfahren eingegangen. 

Bei 7 Beständen mit 1455 Schafen ist die Behandlung angeblich 
ohne Erfolg geblieben (davon 6 Bestände mit 1275 Schafen im 
Kreise Ziegenhain, Regierungsbezirk Kassel. 

In 129 Beständen kamen Kreolin-Bäder, in 16 Beständen Kresol-, 
in 2 Beständen Bazillol- und in 4 Beständen Arsenik-Bäder zur 
Anwendung. In 20 Beständen (davon 19 im Regierungsbezirk Kassel 
und 1 im Regierungsbezirk Erfurt) ist Therosot verwendet worden. 
Auch in diesem Jahre wird berichtet, daß das Therosot sich im 
allgemeinen gut bewährt habe. 

Der Schmierkur sind 315 Bestände mit 28 987 Schafen unter¬ 
worfen worden. Davon sind als geheilt gemeldet 152 Bestände mit 
12 220 Schafen, bei 149 Beständen mit 13 357 Schafen ist das Heil¬ 
verfahren noch nicht beendet, 2 Bestände mit 784 Schafen sind vor 
Tilgung der Räude abgeschlachtet, 12 Bestände mit 2461 ohne Er¬ 
folg geschmiert worden. Als Heilmittel kamen Kreolinimcnt, 
Tabakslauge, graue Quecksilbersalbe, Liquor cresolisaponatus als 
Liniment, Bacillolliniment, Septoform und Kreolinwasser zur Ver¬ 
wendung. 

Der Gesamterfolg der gegen die Schafräude ergriffenen Ma߬ 
nahmen erscheint nicht so zufriedenstellend, wie in den Vorjahren. 
Während in den ersten 3 Vierteljahren des Vorjahres 113 Gemeinden 
mit 291 Gehöften von der Seuche betroffen wurden, ist sie in dem 
gleichen Zeitraum des Berichtsjahres in 166 Gemeinden und 607 
Gehöften festgestellt worden. 

Am Schluß des Jahres blieben 98 Gemeinden und 346 Gehöfte 
verseucht gegenüber 69 Gemeinden und 157 Gehöften am Schluß 
des Jahres 1906. 

Selbst wenn man, wie das bisher geschehen ist, die Behandlung 
mit Therosot dem Badeverfahren zuzählt, so ist doch in der über¬ 
wiegenden Mehrzahl der Fälle von der Schmierkur Gebrauch ge¬ 
macht worden. 

Es scheint, als ob dadurch der Gesamterfolg der Behandlung 
ungünstig beeinflußt worden ist. Ich mache daher wiederholt darauf 
aufmerksam, daß die Schmierkur nur ausnahmsweise unter den in 
dem Erlaß vom 29. Mai 1904 — IGa533IIAng.— bezeichneten 
Voraussetzungen zugelassen ist Der Grund der Anwendung der 
Schmierkur ist auch fernerhin in jedem Einzelfall in der Nach¬ 
weisung II anzugeben. 

Die beamteten Tierärzte sind anzuweisen, die Art der Be¬ 
handlung in jedem Fall in der vierteljährlichen Seuchenstatistik 
unter Spalte 9, Bemerkungen, der Nachweisung Über Schafräude 
kenntlich zu machen. 

Hiernach erneuere ich die in den Erlassen vom 29. März 1903, 
19. März 1904 und 25. Februar 1905 für die Bekämpfung der Schaf¬ 
räude getroffenen Anordnungen in vollem Umfange auch für das 
laufende Jahr und weise namentlich wiederholt auf die Zweckmäßig¬ 
keit der unvermuteten Revisionen der Schafbestände in verseuchten 
und verdächtigen Bezirken durch die Kreistierärzte hin; in dem 
verflossenen Jahre haben diese Revisionen in zahleichen Fällen 
zur Ermittlung von Räude geführt. 

Der Feststellung des Heilerfolges sowie der sachgemäßen Des¬ 
infektion der Ställe ist seitens der beamteten Tierärzte besondere 
Sorgfalt zu widmen. Wo es irgend möglich ist, sind die infizierten 
Ställe während und nach Beendigung des Heilverfahrens längere 
Zeit nicht mit Schafen zu besetzen. 

Über das Ergebnis des Tilgungsverfahrens ist wiederum in der 
in dem Erlaß vom 19. März 1904 vorgeschriebenen Weise bis zum 
31. Dezember d. J. pünktlich zu berichten. 

Zur Verteilung an die beamteten Tierärzte der von der Schaf¬ 
räude hauptsächlich bedrohten Kreise füge ich eine entsprechende 
Zahl von Abdrücken dieses Erlasses bei. v. Arnim. 

























2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


259 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Die Bekämpfung der Bindertnberknlose und die Mit¬ 
wirkung der Molkereigenossensehaften dabei. 

Vortrag, gehalten auf dem 36. Verbandstag landwirtschaftlicher 
Genossenschaften für Ostpreußen in Cranz. 

Von Dr. 0. Müller, Direktor der „Bakteriologischen Versuchsanstalt“ 
der Landwirtschaftskammer, Königsberg i. Pr. 

(Königsberger Iand- und forstwirtschaftliche Zeitung. Jahrgang 1907, Nr 45. Souder- 
abdruck.) 

Nach einer allgemeinen Schilderung über die Tuberkulose 
und deren Bekämpfung legt Direktor Dr. Müller die Beteiligung 
der Meiereien an der außerordentlichen Verbreitung der Tuberku¬ 
lose dar. Dieser Teil des Vortrages besitzt auch für die Tier¬ 
ärzte ein hohes Interesse und sei deshalb hier eingehender 
wiedergegeben. Er behandelt zunächst die Übertragung der 
Tuberkulose auf die Kälber durch die Eutertuberkulose im all¬ 
gemeinen und dann durch Verteilung der Milch von den Meiereien 
aus. Müller hat in zahlreichen Fällen, in welchen die Misch¬ 
milchproben Tuberkelbazillen enthielten, die Kälber der be¬ 
treffenden Bestände, die in der kritischen Zeit mit der fraglichen 
Milch ernährt worden waren, der Tuberkulinprobe unterzogen 
und bei positivem Ausfall auch vielfach zur Kontrolle Schlach¬ 
tungen vornehmen lassen. Die Kälber derjenigen Bestände, bei 
denen die Mischmilch von Tuberkelbazillen frei befunden war, 
zeigten danach entweder überhaupt keine Reaktion oder dieselbe 
trat doch nur ganz vereinzelt auf, indem unter den gewöhnlich 
30 bis 70 Kälber umfassenden Jungviehbeständen ein auch zwei 
Tiere reagierten, nicht anders, als wie man dies mit Rücksicht 
a^uf die angeborene Tuberkulose allgemein erwarten muß. In 
den Beständen, wo die Gesamtmilch infiziert befunden war und 
als Ursache der Infektion Fälle von offener Tuberkulöse, aber 
keine Eutertuberkulose, ermittelt wurden, führten die Tuberkulin¬ 
impfungen der Kälber entweder zu denselben Resultaten, oder 
es konnten einige Reaktionen mehr, drei bis vier, in einem Falle 
sechs, beobachtet werden. In dem letzteren Bestände wurde 
eine Kuh mit Lungentuberkulose, zusammen mit Gebärmutter- 
und schwerer Darmtuberkulose ermittelt. 

Ganz anders aber fielen die Resultate in den Herden aus, 
in welchen Tiere mit Eutertuberkulose die Quelle der Milch- 
Infektion bildeten. Hier traten auffällig viele Reaktionen ein, 
ganz gleich, ob die Herden groß oder klein, ob die Milch der 
eutertuberkulösen Tiere stark oder weniger stark verdünnt war, 
die Virulenz einer solchen Mischmilch war so groß, daß einmal 
95 Proz., einmal sogar sämtliche Kälber, die mit der Milch 
mehr oder weniger lange Zeit gefüttert waren, auf Tuberkulin 
reagierten. Die Verdünnung der Milch von Kühen mit Euter¬ 
tuberkulose durch gesunde Milch ist also nicht von demselben 
die Virulenz herabsetzenden Einfluß, wie es offenbar bei der 
infizierten Milch von Kühen mit anderen Formen von offener 
Tuberkulose der Fall ist. Die Ursache dürfte der ungeheure 
Gehalt von Tuberkelbazillen bei Eutertuberkulose sein, so daß 
auch verdünnte Milch noch ansteckend wirkt. Eben so wenig 
vermag die Zentrifuge die Tuberkelbazillen so aus der Milch 
herauszunehmen, daß sie nicht mehr bemerkenswert infektiös 
ist. Es bleiben auch nach dem Zentrifugieren in der Mager¬ 
milch immer noch genügende Mengen zurück, um, wie Müller 
wiederholt feststellen konnte, 50 Proz. oder mehr der mit der 
betreffenden Milch gefütterten Kälber zu infizieren. Es geht 
dieses aber noch weiter. Ein einziger Fall von Eutertuberkulose 


ist imstande, auch die Milch einer ganzen Meierei zu infizieren, 
nicht nur die Vollmilch, sondern auch alle aus ihr gewonnenen 
Produkte. Nach der Verfütterung der Magermilch selbst aus 
größeren Meiereien, die durch einen Fall von Eutertuberkulose 
infiziert war, konnte Müller öfters 40 und 50 Proz. Reaktionen 
bei den betreffenden Kälbern beobachten. In einem Falle waren 
sogar nach der Verabreichung von Buttermilch aus einer kleinen 
Meierei, deren Milch auch durch eine Kuh mit Eutertuberkulose 
infiziert war, bei 60 Proz. der Kälber Reaktionen nachzuweisen. 

Durch die Eutertuberkulose sind daher ebenso wie die 
Schweine, auch die Kälber gefährdet und speziell diese Form 
der Tuberkulose bedingt die große Gefahr, welche die Meiereien 
hinsichtlich der Verbreitung der Tuberkulose bilden. Bei den 
Niederungskühen größerer und mittlerer Bestände war im Laufe 
eines Jahres im allgemeinen unter 3—400 Tieren einmal Euter- 
tnberkulose zu finden. Bei dem ausgedehnten Meiereibetriebe 
und unter Berücksichtigung der genannten Zahlen, wonach un¬ 
bedenklich angenommen werden kann, daß nahezu jede, wenigstens 
jede größere Meierei einmal oder öfters im Jahre durch einen 
Fall von Eutertuberkulose infiziert wird, kann es keinem Zweifel 
unterliegen, daß die Meiereien der Ausbreitung der Tuberkulose 
ungeheuren Vorschub leisten. Durch das Meiereiwesen ist es 
so weit gekommen, daß sich die Gefahren, welche von einer 
Kuh mit Eutertuberkulose ausgehen, nicht mehr auf einen 
Bestand beschränken, sondern daß sämtliche Teilnehmer der 
Meierei in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist hierdurch 
so weit gekommen, daß auf diese Weise ein Fall von Euter¬ 
tuberkulose imstande ist, die Nachzucht einer ganzen Gegend 
mit Tuberkulose anzustecken. 

Häutehandel und Novelle zum Reichsviehseuehengesetz. 

Der Verein Hamburger Reeder hat dem Reichstag bezüglich 
der Novelle zum Reichsviehseuchengesetz eine Eingabe unter¬ 
breitet, in der darauf hingewiesen wird, daß durch die getroffenen 
Bestimmungen der Import von Häuten und Fellen in Zukunft 
außerordentlich erschwert oder ganz unterbunden sein werde. 
Die Kontrolle der Grenzaufsichtsbehörden, insbesondere soweit 
es sich um den Verdacht der Seuchengefährlichkeit der einge¬ 
führten Ware handelt, dürfte Anlaß sein, daß entweder der 
Häutehandel bei dem Ankauf der ausländischen Ware zu be¬ 
sonderen kostspieligen Untersuchungen über die gesundheitliche 
Qualität der Ware im Auslande schreiten muß, oder daß er auf 
den Import ganz verzichtet. Der Häuteimport werde also durch 
die Novelle in eine außerordentliche Unsicherheit versetzt. Der 
über Hamburg gehende Import erstreckt sich nach den Dar¬ 
legungen im „Hamburger Fremdenblatt“ hauptsächlich auf die 
Einfuhr von südamerikanischen Produkten. Die Fassung der 
Novelle beschwört nun die Gefahr herauf, daß bei dem Ausbruch 
einer vielleicht auf einen kleinen Teil eines Ausfuhrlandes be¬ 
schränkten Seuche ganz allgemein ein deutsches Einfuhrverbot, z.B. 
für argentinische Häute, erfolgen könnte, und diese Gefahr be¬ 
deutet nicht nur eine Bedrohung und Beeinträchtigung des 
gesamten überseeischen Häutehandels, sondern auch der deutschen 
Seeschiffahrt, die an dem Häute- und Fellimport lebhaft interessiert 
sei. Insbesondere ist der Hamburger Hafen erheblich an dem 
Einfuhrverkehr mit Häuten und Fellen beteiligt, da im Jahre 
1906 von sämtlichen vom Auslande nach Deutschland importierten 
Fellen und Häuten etwa 66 Proz. über den Hamburger Hafen 
in das deutsche Zollgebiet gingen. Die Bedeutung dieses für 


260 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


den Hamburger Hafen wichtigen Einfuhrartikels ist noch um 
deswillen eine besondere, weil es sich um ein lohnendes, auf 
lange Strecken zu transportierendes Frachtgut handelt. 

Die Begründung der Novelle behauptet an keiner Stelle, 
daß bekannt geworden wäre, daß durch importierte Häute 
und Felle eine Seuche nach Deutschland eingeschleppt worden 
sei. Es sei dieses auch eine Unmöglichkeit; denn die meisten 
Felle, die vom Auslande über See eingeführt werden, seien 
gesalzen und dieselben kommen sowohl auf der Reise, als auch 
bei der Weiterverfracbtung mit der Eisenbahn nicht mit lebendem 
Vieh in Berührung, so daß eine Übertragung einer Seuche 
schlechterdings nicht denkbar wäre. 

Der Verein der Reeder petitioniert daher, der Novelle eine 
Fassung zu geben, daß der Häutehandel nicht geschädigt wird. 

Übernahme der Fleischbeschaugeböhren auf die Bundesstaaten. 

Eine vom Zentrum im Reichstage eingebrachte Resolution 
forderte eine Fassung des § 23 des Fleischbeschaugesetzes dahin, 
daß „die Kosten der amtlichen Untersuchung den Bundesstaaten 
zur Last fallen sollen und daß hiernach Gebühren von den nach 
§ 1 Verpflichteten nicht sollen erhoben werden dürfen.“ Die 
Resolution wurde mit großer Mehrheit angenommen. 

Schlachtviehversicherung. 

Eine Änderung des Gesetzes über die staatliche Schlachtvieh- 
versicheiung im Fürstentum Reuß j. L. ist von dem Landtage in 
Gera dahin beschlossen worden, daß in Zukunft auch kleine Schäden, 
die bei der Beanstandung von Teilen geschlachteter Tiere entstehen, 
von 3 M. an vergütet werden sollen. 

Private Schlachtvieh-Versicherungsvereine. 

Viehversicherungsvereine müssen bekanntlich ihre Satzungen 
einer versicherungstechnischen Prüfung unterziehen lassen. Nach 
einer Anordnung des Landwirtschaftsministeriums soll bei jeder 
Nengründung eines solchen Vereines an denselben ein Exemplar der 
Mii8tersatzungen ausgehändigt werden, die als Grundlage bei Auf¬ 
stellung des Statuts zu benutzen sind und in die etwa gewünschte 
Abänderungen einzutragen wären. Eventuell sollen die vom 
Kaiserlichen Aufsichtsamt für Privat-Viehversicherungsvereine ver¬ 
öffentlichten Satzungen verwendet werden. Die Ortspolizeibehörden 
haben Sorge zu tragen, daß diese Mustersatzungen zur Benutzung 
gelangen, und den Vorstand darauf hinzuweisen, daß anderenfalls 
die Prüfung und Genehmigung nicht in kurzer Zeit erfolgen könne. 

Einrichtungen gegen die Fleischteuerung vor 400 Jahren. 

Von Obertierarzt Direktor Dr. Tempel-Chemnitz. 

(Deutsche Fleischbeschftuer-Zeitung, 1907, Seite 145.) 

Gerade zur Jetztzeit bei den Versuchen, einer Fleischteuerung 
durch geeignete Maßnahmen vorzubeugen, dürfte die Schilderung 
von Einrichtungen weitergehendes Interesse bieten, die zu Beginn 
des 16. Jahrhunderts in Mitteldeutschland, namentlich im Erz¬ 
gebirge, getroffen wurden, um der Hochhaltung der Fleischpreise 
entgegen zu wirken. Der Rat der Stadt Chemnitz suchte dieses, 
wie Tempel nach „Zöllner, Geschichte der Fabrik- und Handels¬ 
stadt Chemnitz, 1888, Seite 2^7“ wiedergibt, vor allem durch Ein¬ 
richtung und strenge Überwachung einer Fleischtaxe zu erreichen. 
Einige Schatzherren erhielten den Auftrag im Verein mit Sach¬ 
verständigen das Fleisch zu schätzen und den Verkaufspreis nach 
der Güte desselben festzusetzen. Der Fleischer hatte diese ein¬ 
zuhalten und das Publikum konnte an den in deu Fleischbänken 
aushängenden Tafeln über Qualität und Preis das nähere entnehmen. 
Jede Steigerung und Herabminderung der Preise lag demnach in 
Händen des Rates. 

Fleischpreise und Fleischverbrauch. 

Nach dem „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs“ 
stellt die „Korrespondenz des Handelsvertragsvereins“ eine Durch- 
schnittsberechnuug der Fleischpreise aus 30 deutschen Marktstädten 
für die Jahre 1900—1907 auf. 

Der Doppelzentner Schlachtgewicht bei Rind und Schwein 
kostete danach durchschnittlich in den Monaten Januar bis September: 



Rindvieh 

Schweine 


M. 

M. 

1903 

130,5 

105,6 

1904 

133,0 

99,7 

1905 

136,1 

126,3 

1906 

146,2 

140,0 

1907 

151,4 

114,2 


Die Preise für Rindfleisch sind nach der Zusammenstellung also 
andauernd gestiegen, in vier Jahren um 8,3 Proz., diejenigen für 
Schweinefleisch schwankten beträchtlich und sind gegenüber 1906 um 
18,4 Proz. gefallen. 

Im Kleinhandel betrug der Mittelpreis aus 23 Marktorten von 
Januar bis September im Durchschnitt für das Kilogramm: 


Keule Bauch Schweinefl. Kalbfl. Hammelfl. 


1900 

1902 

1904 

1906 

1907 

135 

138 

143 

159 

162 

116 

118 

121 

136 

138 

131 

149 

131 

169 

150 

132 

137 

144 

163 

163 

130 

132 

142 

158 

162 

1907 -f- oder — 
gegen 1906 
gegen 1900 

0/ 

0 

+ 1.9 

+ 27,4 

% 

+ 1,5 
+ 19,0 

°/o 

— 11,2 
+ 14,5 

0/ 

Io 

+ 0,0 
+ 23,5 

°/ 

/O 

+ -2,5 
+ 24,6 


| Die Preise für Rindfleisch, Kalbfleisch und Hammelfleisch bewegten 

sich demnach dauernd in aufsteigender Richtung, während sich für das 
Schweinefleisch Schwankungen ergaben. Im Großhandel betrug der 
Abschlag hierbei gegen das Vorjahr 18,4 Proz., im Kleinhandel da¬ 
gegen nur 11,2 Proz.; demgegenüber ist die Steigerung des Klein¬ 
handelpreises beim Rindfleisch geringer als derjenige des Gro߬ 
handels. 

Aufhebung der Fleischsteuer. 

Die badische Regierung beabsichtigt die Fleischsteuer, welche 
jährlich etwa 800 000 M. cinbrachte, aufzuheben und hat der zweiten 
Kammer eine entsprechende Mitteilung zugehen lassen. Die fragliche 
Abgabe besteht außer in Baden nur noch im Königreich Sachsen 
und im Herzogtum Sachsen-Altenburg. 

Einwirkung auf die Fleischer zum Herabsetzen der Fleischpreise. 

Der Bürgermeister von Saarburg in Lothringen versammelte die 
Schlächter und eröffnete ihnen, daß die Schweinefleischpreise im 
Vergleiche zu den Viehpreisen zu hoch seien. Der Preis könne 
erst als angemessen gelten, wenn er um 8 Pfennig für das Pfund 
j herabgesetzt würde. 

Preistafeln in Leipzig. 

Das freisprechende Urteil des Schöffengerichts in Leipzig resp. 
die Ungültigkeitserklärung der Anordnung, daß seitens der Metzger 
Preistafeln auszuhängen seien, ist in der Berufungsinstanz auf¬ 
gehoben worden. Die Angeklagten wurden nunmehr zu geringer 
Geldstrafe verurteilt und die Verordnung für gültig erklärt, da die¬ 
selbe einen wohlfahrtspolizeilichen Zweck und Wert habe. 

Wert des Schlachtviehes. 

Im Jahre 1907 belaufen sich die gewerblichen Schlachtungen 
auf 3 539131 Rinder, 4 374 842 Kälber, 16 382 985 Schweine, 
2186113 Schafe, 489 743 Ziegen und 135 239 Pferde. Nimmt man 
den Wert eines Rindes mit nur 300, eines Schweines mit 100, eines 
Kalbes mit 50 und eines Schafes mit 25 M. an, so ergibt sich ein 
Wert von fast genau drei Milliarden Mark für das im Jahre 1907 
gewerbsmäßig geschlachtete Vieh. 

Schweinepreise im Auslande. 

Der Inhaber der bekannten Importfirma Schaub & Co. in Ham¬ 
burg Leubc äußerte sich in einem Vortrage über die inländischen 
und ausländischen Schweinepreise dahin, daß in Deutschland vor¬ 
aussichtlich ein Ansteigen der Preise zu erwarten sei, nachdem die¬ 
selben seit Jahresfrist gering gewesen wären. In Rußland sind 
die Preise für Schweine und alle Arten der Schlachttiere hoch, 
auch in Ungarn und Österreich, hier als Folge der Sperre gegen¬ 
über Serbien. In letzterem Lande kosten Schweine geschlachtet 
nur 36 M für den Zentner. Der Überschuß wird für den Export 
geschlachtet, wobei als Abnehmer besonders Frankreich für den 
Speck und Österreich und Deutschland für Schmalz in Frage 







2 April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


261 


kommen. In Italien kostet heute der Zentner Schlachtgewicht 
52—58 M. gegen 45 M. vor wenigen Jahren. In Frankreich herrscht 
eine außergewöhnliche Teuerung, in England kosten Schweine 
frisch geschlachtet mit Kopf und Füßen 50 M. für den Zentner. Dieses 
war auch der Durchschnittspreis im Jahre 1907 in Dänemark, wo 
fast 2 Mill. Schweine für den Export geschlachtet wurden. Jetzt ist der 
Preis auf 44 M. gesunken. Das hauptsächlichste Ausfuhrland für Däne¬ 
mark ist England. Wegen der hohen Futterpreise rechnet man auch 
in Dänemark wie in Deutschland mit einer Reduktion des Bestandes 
und einem Ansteigen der Preise. In Nordamerika, wo bis Oktober 1907 
die Preise für den Zentner Lebendgewicht 30 bis 34 M. betrugen, 
sind dieselben auf etwa 19 M. gesunken. Die ganze Lage auf dem 
Weltmärkte läßt in den meisten Staaten ein bedeutendes Anwachsen 
der Schweinepreise und damit der Schweinefleischprelse erwarten, 
wovon auch Deutschland nicht unberührt bleiben wird. 

Schweinemästereien in der Heide. 

Die ersten Haustiere, mit denen die urbar gemachten Heide¬ 
ländereien bevölkert zu werden pflegen, sind die Schweine und das 
Geflügel. Bahnbrechend für die Kultivierung der Heide sind die 
Unternehmungen Toepffers gewesen, der über die Urbarmachung 
der Heideländereien eine besondere Broschüre verfaßt hat. Toepffer 
selbst unterhält auf seinem Gute in'.Logau eine größere Schweinezucht. 
Eine Aktiengesellschaft wird nun in der hannoverschen Heide bei 
Geestemünde umfangreiche Kultivierungen vornehmen und man hat 
hier Stallungen für 3500 Schweine errichtet. Auch die Heidestrecken 
im südlichen Teile Oldenburgs sollen in ähnlicher Weise allmählich 
der Kultur gewonnen werden. 

Handel nach Lebendgewicht. 

Eine im Reichstag von konservativer Seite eingebrachte 
Resolution fordert, noch in dieser Session ein Gesetz vorzulegen, 
durch welches für solche Märkte und marktähnliche Veranstaltungen, 
welche dem Handel mit Schlachtvieh in größerem Umfange dienen, 
Anordnungen zu treffen sind, welche eine zuverlässige Feststellung 
der Viehpreise nach Lebendgewicht gewährleisten. 

Nachstehend bringen wir nach der „Vossischen Zeitung“ den 
Bericht über die Verhandlung. 

Abg. Wachhorst de Wente (ntl.) stimmt dem vom Grafen 
Schwerin-Löwitz begründeten Antrag zu. Die Viehpreise seien 
jetzt gering und nur die Fleischpreise hoch. Die Produzenten hätten 
eine wahre Überproduktion von Vieh geschaffen und die Konsumenten 
seien dem deutschen Bauern dafür noch nicht dankbar genug. 
(Beifall rechts) 

Abg. Fischbeck (Frs. Vpt) weist zu dem Antrag darauf hin, 
daß in Berlin die Schweinefleischpreise im Sinken begriffen sind. 
An einer zuverlässigen Preisstatistik ist auch die Linke interessiert 
Aber es ist doch sehr zweifelhaft, ob dieses Ziel durch die Preis¬ 
feststellung nach Lebendgewicht herbeigeführt wird. Diese Fest¬ 
stellung würde z. B. durch Verabfolgung schwer verdaulicher Futter¬ 
mittel leicht zu Unreellitäten im Viehhandel führen. Aus diesem 
Grunde sind auch die Fleischer die entschiedensten Gegner der 
Preisgestaltung nach Lebendgewicht Nun bezog sich Graf Schwerin 
auf Österreich. Er hat aber nicht erwähnt, daß nirgends so viele 
Klagen über eine mangelhafte Preisstatistik geführt werden, wie in 
Österreich. Redner äußert Bedenken gegen den Antrag vom Stand¬ 
punkt der Fleisch Versorgung. (Beifall links.) 

Abgeordneter Kobelt (wildliberal) (ist Fleischermeister) spricht 
gegen eine Preisstatistik nach Lebendgewicht vom Standpunkt des 
Fleischgewerbes. Nach Lebendgewicht ist schon deshalb eine 
Preisfestsetzung nicht möglich, weil nicht jedes Stück Fleisch 
gleichen Wert hat Nur das Schlachtgewicht berücksichtigt die 
verschiedenen Qualitäten des Fleisches. (Lebh. Bravo!) 

Damit schließt die Debatte. Die Resolution wurde angenommen. 

Durchschnittliches Schlachtgewicht. 

Der Deutsche Fleischerverband hat bei den Verwaltungen der 
deutschen Schlachihöfe um eine Mitteilung ersucht, wie hoch das 
Schlachtgewicht sich im Jahresdurchschnitt stellt. Die Angaben 
hierüber sind zurzeit so verschieden, daß bei Feststellung des Fleisch¬ 
konsums die Berechnung nur nach Schätzungen erfolgen kann. 


Bestimmung des 6ewlohte bei der Verzollung dee Viehs. 

Nach einer Mitteilung des Finanzministers hat sich bei der Be¬ 
nutzung der Wagen — ausgenommen der Zentesimal wagen — er¬ 
geben, daß die Bestimmung des zollpflichtigen Gewichts bis auf 
50 g entgegen der Vorschrift wegen der Unruhe der Tiere nicht 
möglich ist. Die Wagen sollen daher in Zukunft auch zugelassen 
werden dürfen, wenn sie bis auf 0,5 kg geeicht sind. 

Forderungen der Viehhändler. 

Der Bundestag des Bundes der Viehhändler Deutschlands hat 
beschlossen, nachstehende Wünsche den zuständigen Behörden vor¬ 
zutragen: 1. Schnellere Beförderung der Viehsendung und Ab¬ 
kürzung der Lieferfrist; 2 die Übergangsstationen haben für 
schnellere Weitergabe durchgehender Transporte mit der nächsten 
sich bietenden Gelegenheit Sorge zu tragen; 3. die Frachtkosten 
für nicht benutzte Quadratflächen sollen nicht allein vom Versender 
getragen werden; 4. beim Bau neuer Wagen von 15, 18 und 22 
Quadratmeter Bodenfläche sollen möglichst Bremsen eingebaut und 
für genügende Ventilation und Beleuchtung der Viehwagen gesorgt 
werden; 5. beim Verladen von Ferkeln ist nur die tatsächliche 
Stückzahl zu berechnen. 

Beförderung von Flelsohwaren als Eilgut zu Frachtgutsätzen. 

Ein Gesuch der Handelskammer zu Bielefeld an den Minister 
für öffentliche Arbeiten, daß Fleischwaren als Eilgut zu Frachtgut¬ 
sätzen befördert werden sollen, ist abgelehnt worden. Nach der 
Begründung ist ein allgemeines wirtschaftliches Bedürfnis für die 
Beförderung als Eilgut nicht vorhanden, da zu den Fleischwaren 
besonders sogenannte Dauerwaren, Würste, Schinken u. dgl. ge¬ 
hören, Artikel, die nicht leicht verderblich sind und eine be¬ 
schleunigte Beförderung daher nicht erfordern. 

Tranaportunfähige Tiere. 

Nach einer Anweisung der Eisenbahndirektionen sollen Tiere, 
gegen deren Transportfähigkeit Bedenken bestehen, nur dann zum 
Transport zugelassen werden, wenn letzterer nach tierärztlicher Be¬ 
scheinigung von dem Tiere ohne Nachteil ertragen werden kann. 

Kosten des Transports der Konflskate. 

Seitens der Abdeckerei in Altona wird für den Transport der 
Konflskate von den Schlachthäusern der Fleischer nach der Ab¬ 
deckerei eine jährliche Entschädigung von 400 Mark von der 
Fleischer-Innung verlangt. Die Inhaberin der Abdeckerei beruft 
sich dabei auf § 15 des preußischen Ausführungsgesetzes vom 
28. Juni 1902, welcher bekanntlich besagt, daß die sächlichen 
Kosten der Behandlung beanstandeten Fleisches dem Besitzer zur 
Last fallen. 

Jubiläum der Fleischbeschau. 

Am 16. März waren es 25 Jahre her, daß in Berlin die Schlacht¬ 
vieh- und Fleischbeschau eingeführt wurde. Mit Stolz kann die 
Berliner Fleischbeschau auf diese Spanne Zeit zurückblicken, ist 
sie es doch gewesen, die in Deutschland vorbildlich gewirkt hat, 
und haben doch zahlreiche Tierärzte, die heute in der Fleisch- 
hygiene tätig sind und selbst eine führende Rolle spielen, am 
Berliner Schlachthofe ihre Lehrjahre verbracht! 

Verbot der Einfuhr von Fleisch in die Stadt, das nicht von einem 
Tierarzt untersucht Ist. 

In Spandau hat man nicht eine Nachuntersuchung des von 
nichttierärztlichen Fleischbeschauern untersuchten Fleisches vor¬ 
gesehen, sondern die Einbringung von Fleisch, das nicht von einem 
Tierarzt untersucht wurde, nach einer Polizeiverordnung verboten. 
Diese Polizeiverordnung ist von dem Kammergericht anläßlich eines 
Übertretungsfalles für ungültig erklärt worden. 

Wünsche der Landwirte bei Ausdehnung der Fleischbeschau auf die 
Haussohlachtungen. 

Die Landwirtschaftskammer für die Provinz Schleswig-Holstein 
erkennt die Forderung auf Unterstellung der Hausschlachtungen 
unter die Fleischbeschau als berechtigt an, glaubt aber mit Rücksicht 
auf die erhöhte Belastung der Fleischproduzenten bei der Zu¬ 
stimmung vom landwirtschaftlichen Standpunkte aus folgende 
fordern zu sollen: 




262 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


1. Die für die Einführung ausländischen Pökelfleisches gewährte 
Erleichterung ist zu beseitigen; 

2. die Beschränkung der Beschau des ausländischen Schmalzes 
auf Stichproben ist zu beseitigen; • 

8. die Kosten der Beschau des inländischen Fleisches sind auf 
den Staat zu übernehmen; 

4. es ist für Preußen eine obligatorische, mit Staatsmitteln 
unterstützte Schlachtviehversicherung einzuführen. 

(Amtliche Zeitung des Deutschen Fleischer-Verbandes.) 

Sohlaehthofzwang für die Hauesohlachtungen. 

In Ohligs ist vorgeschrieben worden, daß anch alle Schlachtungen 
Privater nur im Schlachthause stattzufinden haben. Die Bestimmung 
ist von dem Bezirksausschuß genehmigt worden. 

Zollfreier Grenzverkehr. 

Der Vorstand des Deutschen Fleischer-Verbandes hatte in zwei 
Eingaben die Einschränkung des zollfreien Grenzverkehrs gefordert 
Im Aufträge des Reichkanzlers wurde ihm unter dem 19. Febr. 1908 
die Antwort zuteil, daß ein ausreichender Anlaß zur weiteren Ein¬ 
schränkung der vom Bundesrate bewilligten Vergünstigungen der 
zollfreien Fleischeinfuhr im kleinen Grenzverkehr nicht als gegeben 
anzusehen ist. 

Haushaltungsscheine. 

Um zu verhindern, daß für einen Haushalt im kleinen Grenz¬ 
verkehr mehr als 2 kg Fleisch täglich eingeführt werden, sind in 
den Grenzbezirken an der russischen Gienze vom 1. Februar ab 
„Haushaltungsscheine“ eingeführt. Auf diesen befindet sich die 
Haushaltungsbescheinigung der Ortsbehörde und ein Jahreskalender, 
in dem die Einbringung der Fleischer von den Kontrollbeamten 
jedesmal vermerkt wird. 

Die Strafen im Reichs-Fleischbesohaugeaetz. 

Der nichttierärztliche Fleischbeschauer Kl. in Liegnitz war zu 
200 M. Geldstrafe oder 50 Tagen Gefängnis verurteilt worden, weil 
er ein Kalb in den Verkehr gegeben hatte, bei welchem eine vom 
Nabel ausgehende Pyämie vorhanden war. Auf die eingelegte 
Berufung hob die Strafkammer das genannte Urteil des Schöffen¬ 
gerichts auf und erkannte auf Freisprechung, da der Angeklagte 
nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig gehandelt habe, ein fahr¬ 
lässiges Vergehen in dieser Richtung aber nicht von dem Fleisch¬ 
beschaugesetz geahndet werde. In der Tat sehen die §§ 26 und 27 
für die Verfehlung keine Strafe vor, indessen besagt der § 29 des 
Reichs-Fleischbeschaugesetzes, daß die Vorschriften des Nahrungs¬ 
mittel gesetzes unberührt bleiben und somit hätte nach diesem eine 
Verurteilung erfolgen können. 

Serumtheraple bol Fleischvergiftungen. 

Im Institut für Infektionskrankheiten in Berlin ist von Geheim¬ 
rat Prof. Dr. Wassermann ein Serum gegen Botulismus hergestellt, 
welches nach einer Bekanntmachung des Berliner Polizeipräsidiums 
an die Ärzte Berlins in den Fällen anzuwenden ist, in welchen es 
sich um toxische Wirkungen des Bacillus botulinus handelt. 

Fleischvergiftung. 

Nach dem Genuß von Schweinefleisch erkrankten in Viersen 
fünf Kinder einer Familie, wobei zw'ei Todesfälle vorkamen. 

Färben von Wursthüllen. 

In einem großen Teile Deutschlands wird das Färben mit 
Vesurinfarben, Kesselrot, Bismarckbraun, Kesselbraun bei Wursthüllen 
nicht beanstandet. Neuerdings aber wurden von seiten der beauf¬ 
tragten Chemiker schärfere Seiten aufgezogen. In Berlin wurden 
so vor kurzem noch eine ganze Reihe Metzgereiinhaber mit Strafen 
von 5—30 Mark bedacht. Einige Prozesse wurden noch verschoben. 
Neucstens nun erfolgte Freisprechung seitens des Altonaer Schöffen¬ 
gerichts, auf Grund dortiger Chemikergutachten. Man sieht also, 
wie hier die Gutachten auseinander gehen. Wo der Altonaer 
Chemiker sein „licet“ spricht, fällt in Berlin das „Quos ego“. Ein 
Wurstfabrikant in Altona hatte Wurst nach Oldenburg geschickt, 
wo sie beanstandet wurde. Der Direktor des chemischen Unter¬ 
suchungsamtes der Stadt Altona, Dr. Reinsch fand im Färben der 
Wursthüllen nichts Strafbares; cs würde dem Publikum keine 


stärkere Räucherung vorgetäuscht. Ebenso äußerte sich Gerichts¬ 
chemiker Dr. Langfurth-Altona. L>ie Kosten wurden der Staatskasse 
auferlegt. Wer hat nun recht? Berlin oder Altona? Dr. G. 

Eine Stempelklemme. 

Feuereißen bespricht in der „Zeitschrift für Fleisch- und 
Milchhygiene“ eine praktische Neuheit, eine Stempelklemme, die 
Tierarzt Heidrich in Augustusburg konstruiert hat. Mittelst der¬ 
selben kann jeder Stempel an einem beliebigen Stock (Spazierstock, 
Regenschirm und dgl. befestigt werden, so daß man bei Mitführung 
einer solchen Klemme in der Praxis jederzeit in der Lage ist, hoch¬ 
hängende Fleischteile ohne Benutzung von Trittleitern abstempeln 
zu können. Die Stempelklemme wird von der Firma Max Kor- 
mann in Augustusburg, Erzgebirge, in den Handel gebracht. 

Stern pelffitectuiag. 

Der Fleischer E. aus K. hatte eine Stempelfälschung dadurch 
begangen, daß er das Viereck des Minderwertigkeitsstempels von 
dem Fleische einer Kuh w^egschnitt und so einen „Tauglichkeits¬ 
stempel“ daraus herstellte. Er wurde dieserhalb in Elbing ver¬ 
urteilt. 

Ma8tviehau88tellung. 

Für .die im Oktober 1908 in Hamburg stattfindende dritte 
Mastviehausstellung hat der Kaiser eine goldene Medaille für die 
höchste Züchterleistung verliehen. 

Amerikanische GroDschlfiohtereien in Frankreich. 

Große amerikanische Gesellschaften beabsichtigen Etablissements 
für die Verarbeitung von Fleisch und den Fleisch-Engroshandel in 
Frankreich zu errichten. Nach einem Bericht der österreichisch- 
ungarischen Handelskammer in Paris sind, wie die „Deutsche 
Fleischer-Zeitung“ meldet, bereits Vorbereitungen getroffen, um bei 
Havre ein größeres Schlachthaus nebst Fabrikanlagen für die Kon¬ 
servierung von Fleisch, für die Erzeugung von Fleischkonserven 
und für die Verwertung der Nebenprodukte zu erbauen. Die Ge¬ 
sellschaft hofft, täglich 1000 Rinder und eine verhältnismäßige 
Anzahl vön Kälbern, Schafen und Schweinen zu schlachten. Der 
Transport des frischen Fleisches nach Paris und nach den anderen 
großen Städten ist entsprechend vorbereitet worden. Für die Ver¬ 
wertung der Nebenprodukte und Abfälle ist die Errichtung einer 
Talgsiederei, Seifenfabrik, Lederfabrik, Kunstdüngerfabrik usw. in 
Aussicht genommen. Bei Bordeaux wird eine andere amerikanische 
Gesellschaft in kürzester Zeit mit einem ähnlichen Baue beginnen. 

Viehhandel In Chicago. 

Im Jahre 1906 beziffert sich, nach dem Jahresbericht der Börse, 
die Zufuhr an Schweinen auf 7 808 856 Stück, an Rindern auf 
3 329 250 und an Schafen auf 4 805 449 Stück. Die Gesamtzufuhr 
hatte einen Wert von 317 467 535 Dollar. Diese Zufuhr bedeutet 
einen Rückgang gegenüber 1905. Geschlachtet wmrden 6 076 957 
Schweine und 3 464176 Schafe. Zur Anfuhr an ausgeschlachteten 
Rindern gelangten 353 286 580, zum Versand 1 138 027 285 Pfund, 
an Schmalz 80 397 434 bzw. 421 914 539 Pfund. An Schweinefleisch 
kamen 204 641 412 Pfund zur Anfuhr und 804 642 049 Pfund zum 
Versand. 

BDohsenflelsch. 

Die Ausfuhr von Büchsenfleisch aus den Vereinigten Staaten ist 
nach dem amtlichen Bericht in den letzten Jahren auf 2 */, Millionen 
Dollars Wertes gesunken, gegenüber 9V 3 Millionen im Vorjahre. 

Neue Nahrungsinittel-Ufitersuchungsanstatten. 

Im Kreise Mettmann-Vohwinkel wird ein Nahrungsmittel-Unter- 
suchungsamt eingerichtet. Der Vorsteher erhält ein Gehalt von 
6000 M. und wird auf 12 Jahre fest angestellt. 

Desgleichen winl die städtische Nahrungsmittel-Untersuchungs¬ 
anstalt für die Stadt München-Gladbach auf den Landkreis Greven¬ 
broich (mit Ausschluß der Gemeinden Rheindahlen und Odenkirchen; 
ausgedehnt; ferner wird die Nahrüngsmittel-Untersuchungsanstalt 
in Rheydt, die Gemeinden Wickrath in die Bürgermeistereien Rhein¬ 
dohlen und Odenkirchen in sich begriffen als öffentliche Unter¬ 
suchungsstelle im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes anerkannt. 

Im Regierungsbezirk Koblenz werden zwei Nahrungsinittel- 
ämtcr errichtet, und zwar je eins in Koblenz und Kreuznach. Koblenz 



2. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26:3 


erhielt Koblenz, Koblenz-Land, Adenau, Ahrweiler, Altenkirchen, 
Cochem, Neuwied, Zell, Kreuznach: Die Stadt Kreuznach, den 
gleichnamigen Kreis, Meisenheim, Simmern und St. Goar. 

Dr. G. 

Die Nahrungsmittelkontrolle im Reichstage. 

Über die Vornahme der Nahrungsmittelkontrolle seitens der 
Chemiker sprachen sich verschiedene Redner kürzlich mißbilligend 
aus, so der Zentrumsabgeordnete Geisler, der sich über die 
Nahrungsmittel-Untersuchunganstalt in Glatz beschwerte. Für die 
Bevölkerung sei eine große Belästigung und infolgedessen Auf¬ 
regung eingetreten. Die Sache sei am besten zu einem großen 
Teile der Polizei zu überlassen. Er bittet den Minister, dahin zu 
wirken, daß die Untersuchung weniger vexatorisch vor sich gehe. 

Desgleichen klagt Guehl (konservativ) über die zu rigorose 
Ausübung der Nahrungsmittelkontrolle; ferner Marx (Zentrum) über 
die dadurch entstandenen Lasten der Gemeinden. 

Über die Kontrolle der animalischen Nahrungsmittel durch Tier¬ 
ärzte hat sich bis jetzt niemand beklagt; ein erfreuliches Zeichen, 
daß die Tierärzte es verstanden haben, diese Kontrolle, da wo sie 
eingeführt ist, gewissenhaft aber ohne unnötige Schärfe auszuführen. 
Im Gegenteil können wir mit Befriedigung konstatieren, daß ein 
bedeutendes Fachorgan der Fleischer, die „Deutsche Fleischer¬ 
zeitung“, seinerzeit lebhaft für die Ausführung der animalischen 
Lebensmittelkontrolle durch geschulte Tierärzte statt durch Chemiker 
eingetreten ist. In ihrem unauffälligen Auftreten in den Geschäfts- 
läumen, ohne jede Polizeibegleitung, haben von jeher die Tierärzte 
es verstanden, auch dio Interessen des Geschäftsinhabers nicht zu 
verletzen, was obiges Fachblatt ja auch anerkennt. Dr. G. 

Verzeichnis von Nahrungsmittel-Anstalten. 

Auch den Polizeitierarzt dürfte ein Verzeichnis aller ein¬ 
schlägigen Anstalten interessieren. Das Buch gibt Aufschluß üb«r 
Besoldung, Verhältnisse, Tätigkeit der Beamten, die oft in Wett¬ 
bewerb mit dem Polizeitierarzt tätig sind. Das Buch nennt sich: 
di$ Anstalten zur technischen Untersuchung von Nahrungs- und 
Genußmitteln, sowie Gebrauchsgegenständen von Geh. Rat König 
und Prof. Dr. Juckenack (6 Mark, 300 Seiten). Dr. G. 

Milchkontrollvereine. 

In der Versammlung der Vorstände der Oldenburgischen Milch¬ 
kontrollvereine am 29. Oktober 1907 wurde der gegenwärtige Stand 
der Kontrollvereinsbewegung in Deutschland näher beleuchtet. Der 
Referent Pflugradt, Leiter der milchwirtschaftlichen Abteilung 
der Versuchsstation, legte dar, daß sich die Kontrollvereinsbewegung 
in Deutschland in aufsteigender Linie bewege. Im Jahre 1904 be¬ 
standen 85 Kontrollvereine, im Jahre 1906 waren dagegen bereits 
125 vorhanden. Der Wert der Kontrollvereine wird von den Land¬ 
wirten selbst verschieden beurteilt. Von einer Seite werden die¬ 
selben für ein wichtiges Förderungsmittel der Viehzucht gehalten, 
von anderer Seite wird betont, daß man die Kontrolle der Wirtschaft 
auch ohne den Verein selbst ausfUhren könne. Die Wahrheit 
dürfte nach dem Referenten wohl in der Mitte liegen. Als er¬ 
wünscht bezeichnete Pflugradt die Eintragungen der Leistungen 
der Kontrollvereinskühe in die Herdbücher, die Kenntlichmachung 
der Tiere und die Aussetzung von Zusatzprämien auf den Tierschauen. 

Tierärztliche Kontrolle der Marktmilch. 

Bei der polizeilichen Milchkontrolle in Hamburg hatte der 
Tierarzt bislang zwar den Nachweis der pathologischen Sekrete, 
pathogenen Bakterien, bakteriellen Zersetzungen, der Verschmutzung, 
des Vorhandenseins von abweichenden Gewichts- und Geschmacks¬ 
stoffen in der Milch zu führen, die Zuweisung der Proben erfolgte 
indessen nur, wenn ein besonderer Verdachtsgrund diese Unter¬ 
suchung erwünscht erscheinen ließ, sei es, daß das Publikum bei 
der gelieferten Milch einen solchen Fehler zu finden glaubte, sei 
es, daß der täglich Marktmilchproben einkaufende Polizeibeamte 
oder das chemische Untersuchungsamt entsprechende Abweichungen 
entdeckten. Sonst war die regelmäßige Untersuchung lediglich eine 
chemische auf Verfälschungen. Trotzdem wurden jährlich viele 
Milchproben tierärztlich geprüft und auch öfters Beanstandungen 
ausgesprochen. Gelegentlich einer Konferenz der zuständigen 
Sachverständigen bei der Nahrungsmittelkontrolle Ende vorigen 


Jahres hob Prof. Glage die Erweiterungsbedürftigkeit der Kontrolle 
hervor und befürwortete die wahllose regelmäßige Probenentnahme 
bei den Milchhändlern für Zwecke der tierärztlichen Untersuchung, 
ähnlich wie für die chemische, was allseitige Zustimmung fand. 
Es werden daher jetzt täglich einige Proben Mischmilch für die 
tierärztliche Untersuchung eingekauft und der bakteriologischen 
Station zugewiesen. Das chemische und das tierärztliche Unter¬ 
suchungsamt üben so nebeneinander eine Milchkontrolle auB, völlig 
selbständig, wobei nur nach Bedarf in Verdachtsfällen eine gegen¬ 
seitige Überweisung von Proben zur Ergänzung der Untersuchung 
stattfindet. 

Mark Brandenburg (Milchkontrolle). 

Die Landwirtschaftskammer hat den Stadtgemeinden das An¬ 
erbieten gestellt, die Untersuchung der in den Verkehr gelangenden 
Milch zu übernehmen und hierzu besondere Chemiker anzustellen. 
Die Städte sollten dafür eine Gebühr entrichten, die etwa 500 bis 
700 Mark für eine Mittelstadt ausmachte. Ob die Städte darauf ein- 
gehen werden, ist fraglich, da die schon vorhandenen Tierärzte 
gerne erbötig sein werden, regelmäßige Milchuntersuchungen vor¬ 
zunehmen, eventuell ohne Entgelt, wie ja in vielen Städten die 
sonstige animalische Kontrolle ebenfalls schon seitens der Tier¬ 
ärzte großenteils unentgeltlich vorgenommen wird. Leider scheint 
die Landwirtschaftskammer diesen einfachen Ausweg nicht ge¬ 
funden zu haben. Dr. G. 

Milohunfertuehungen in Leipzig. 

Speziell für die Ausführungen bakteriologischer Milchunter¬ 
suchungen hat die Stadt Leipzig die Einführung bakteriologischer 
Milchuntersuchungon in Aussicht genommen. Die Stadtverordneten 
werden demzufolge ersucht, für Anschaffungen zunächst 3000 M. 
und für Betriebskosten halbjährlich 4000 M. zu bewilligen. Es soll 
namentlich die Milch auf das Freisein von krankheitserregenden 
Keimen (besonders Tuberkulose und Eitererreger) untersucht 
werden. Dr. G. 

Dortmund. 

Die Gesundheitskommission beschloß die Errichtung eines 
städtischen Musterstalles zur Gewinnung von Milch für die städtische 
Säuglingsmilchküche. In der Tat dürfte die Aufsicht und auch die 
Auswahl der Kühe bei dieser Anordnung eine weit intensivere sein, 
als bei Städten, die die Milchlieferung einzelnen Interessenten über¬ 
tragen, die infolge ihres Einflusses es zu verhindern wissen, daß 
nur völlig einwandfreie Kühe eingestellt werden, wodurch mehr 
Schaden als Nutzen bei Säuglingsküchen gestiftet wird. Dr. G. 

Neuere Patentierungen. 

Herstellung einer Sfiuglingsmilch aus Kuhmiloh. 

Um das schwerverdauliche Kasein leicht verdaulich zu machen, 
muß die Methode so eingerichtet sein, daß die Milch auch nach dem 
Kochen leicht verdaulich bleibt. Nach Dr. H. Timpes Verfahren, 
D. R. Patent Nr. 190 838 wird die Kuhmilch zunächst von Sahne 
und fettfreier Magermilch getrennt und die letztere bei einer 
Temperatur von 20 bis 25 0 mit so viel einer konzentrierten Lösung 
von Na 4 P,0 7 (Natriumpyrophosphat) versetzt, daß auf ein Liter 
Magermilch 3 bis 6 g trocknes Pyrophosphat kommen. Nachdem 
die Milch gallertartig geworden ist, wird der Niederschlag durch 
Filtration oder Zentrifugieren von der Flüssigkeit getrennt und der 
letzteren die Sahne wieder hinzugefügt. Die einzige Veränderung 
der Milch besteht also darin, daß das Kasein ohne Hitze oder er¬ 
höhten Druck zerlegt und der dabei unlöslich gewordene kleinere 
Teil abgetrennt wird. Die Milch soll vollständigen Muttermilch¬ 
ersatz abgeben. Dr. G. 

Herstellung löslicher Trockenmilch. 

Bereits 3—4 Stunden alte Milch zeigt einen Milchsäuregehalt 
von 0,1 bis 0,14 Prozent; durch Eindampfen steigt der Säuregehalt 
entsprechend der Konzentration. Ebenso werden bei dem Erhitzen 
der Milch gleich nach dem Melken (behufs Hintanhaltung der Säure¬ 
entwicklung) die löslichen Kalksalze in unlösliche übergeführt 
Nach dem Patente wird nun der einzudampfenden Milch vorher 
eine genügende Ca-Menge zugeführt, wie sie der durch Erhitzen 
unlöslich gewordenen Kalkmenge und der durch Milchsäure aus¬ 
geschiedenen Kaseinmenge entspricht Da aber nur Kalkmilch Ge- 








264 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14. 


schmacks Veränderungen der Milch erzeugt, was z. B. bei Calcium- 
saccharat nicht der Fall ist (bekanntlich weiter nichts als eine 
Auflösung von Kalkhydrat in überschüssiger Zuckerlösung) so ist 
der Kalkzuckerzusatz in jeder Beziehung dienlich. Kalkzucker gibt 
an die sich entwickelnde Säure der Milch den Zucker ab, so daß 
kein fremder Stoff weiter nötig ist. Statt Oalciumsaccharat können 
Verbindungen des Calciums mit den höheren Alkoholen und Zucker- 
werten treten. D. R. Patent Nr. 193 264 der Universalmilk Porder 
Compagnie Ltd., London. Dr. G. 

Milch-Merkblatt. 

Das Kaiserliche Gesundheitsamt hat eine Druckschrift als Milch- 
Merkblatt herausgegeben, in der in gemeinverständlicher Form die 
wichtigsten Punkte hinsichtlich der Milcherzeugung, des Milch¬ 
verbrauchs, der Zusammensetzung der Milch, der gesundheitlichen 
Bedeutung, Gewinnung und Behandlung derselben und der Milchfehler 
behandelt werden. 

Mllchwlrt8chaftlicher Kongreß. 

Der IV. internationale milchwirtschaftliche Kongreß wird in 
Budapest abgehalten werden. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Kgl. Hoftierarzt, Korps¬ 
stabsveterinär a. D., Hofrat Ruoff zu Stuttgart der Titel und Rang 
als Geheimer Hofrat, dem Oberstabsveterinär Friedrich Ripke beim 
Kemontedepot Bärenklau der König!. Kronenorden IV. Klasse, dem 
Schlachthofdirektor S/icr-Wcsel die Landwehrdienstauszeichnung 
I. Klasse. 

Ernennungen: Tierärztliche Hochschule Berlin. Der Ab¬ 
teilungsvorsteher am Kgl. Institut für Infektionskrankheiten Ge¬ 
heimer Medizinalrat Professor Dr. Frosch ist als ctatsmäßiger Pro¬ 
fessor und Leiter des hygienischen Instituts berufen werden. — 
Tierärztliche Hochschule München: Der Anatom, Professor 
extraord. Dr. Stoß ist zum ordentlichen Professor befördert, . der 
Prof, extraord. Dr. Mayr, bisher Leiter der ambulatorischen Klinik 
als Nachfolger Kitts mit dem Lehrauftrag für allgemeine Pathologie, 
pathologische Anatomie und Seuchenlehre versehen, der Leiter des 
bakt. Institutes der Landwirtschaftskammer zu Stettin, Dr. Franz 
Schmitt als Professor extraord. berufen und an Stelle Mayrs mit j 
der Leitung der ambulatorischen Klinik, sowie der chirurgischen 
Abteilung der Klinik für kleine Haustiere und mit dem Unterricht 
in der gerichtlichen und polizeilichen Tierheilkunde beauftragt, der 
bisherige Prosektor Dr. Moser zum Professor extraord. ernannt und 
äls Nachfolger Ontenückers mit der Leitung der Lehrschmiede und 
dem Unterricht in Hufkrankbeiten und Theorie des Hufbeschlages 
betraut worden. — Veterinärbeamte: Definitiv zum Kreistierarzt 
der Tierarzt AJberi Rahne in Zeven; dem Tierarzt Dr. Hans Bohtx, 
wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Gesundheitsamt 
Berlin, wurde die Verwaltung der Kreis tierarztstelle in Tuchei über¬ 
tragen; die Tierärzte Albert Vierling aus Weiden und Dr. Ott aus 
Weitnau zu Distriktstierärzten in Hemau (Oberpf.) bzw. Unter¬ 
thingau; Oberveterinär Uhlich- Riesa und Tierarzt August Zettl- 
Postau mit den bezirkstierärztlichen Geschäften in Ohrdruf bzw. 
Dingolfing (Niederbayern) betraut. — Schlachthof Verwaltung: 
Der Tierarzt Hugo Borowy aus Mierunsken zum Schlachthofverwalter 
in Briesen. — Versetzt: Kreistierarzt AtsswfA-Tuchel nach Jüterbog. 

Niederlassungen: Die Tierärzte E. OerteU Leipzig in Dohna bei 
Dresden, Richard Biermann- Briesen in Pudewitz (Prov. Posen). — 
Verzogen: Die Tierärzte Dr. Hans Hartwig aus Corbach nach 
Leipzig, Körnerstraße 34 11., Theodor f/eften-Oberaudorf nach Frau¬ 
stadt (Posen), Hans Seuberling- Weßling nach Pfaffenhofen [Ilm] 
(Oberbayern). 

Promoviert: Die Tierärzte Hans Hartwig aus Corbach uud Matthias 
Fuchs in Altenburg zum Dr. phil. in Leipzig, Anton Zieger aus 
Strehla a. Elbe zum Dr. med. vet. in Bern, Kreistierarzt Hummel 
aus Nakel und die Tierärzte Jacob , Schellhase , Schulx und Schenker 
zum Dr. med. vet. in Gießen. 


Kuhmeister. 

Am milchwirtschaftlichen Institut zu Greifswald findet nach 
einer Anzeige in der Milchzeitung im Januar d. J. ein 9 tägiger 
Kursus zur Ausbildung von Kuhmeistern statt. Die Teilnehmer er- 
' halten Unterricht im Melken, in der Haltung und Pflege des Milch¬ 
viehs, über Geburtshilfe und das Verhalten bei Erkrankungen bis 
I zum Eintreffen des Tierarztes. 

Konserviertes Eigelb. 

In letzter Zeit kommt vieles Eigelb aus China, das um tropen¬ 
fest zu bleiben, mit Borsäure nnd Fluorsalzen versetzt ist. Manche 
i Fabriken sollen dieses Eigelb auch zu ihren Teigwaren verwenden. 
Wo solches nachzuweisen ist, ist demnach das Eigelb zu konfiszieren, 
i Bereits haben einige Polizeivcrwaltungen zeitgemäße Warnungen 
; ausgesprochen. Dr. G. 

Verbitterung von Fischen und Fisobabfillen. 

Der Landwirtschaftsminister hat die Landwirtschaftskammern um 
Berichterstattung ersucht, in welchem Umfange die Fütterung von 
; Schweinen mit Fischen und Fischabfällen stattfinde und ob Ver- 
I suche über die Zeitdauer bekannt seien, in welcher das Fleisch 
j den bekannten Fischgeruch und Fischgeschmack annebme. 


In der Armee: Preußen: Versetzt: Oberveterinär Dr. Albrecht 
im 2. Oberelsäss. Feldart.-Regt zum 1. Garde-Drag.-Itegt. — Ver¬ 
abschiedet: Remontedepot-Oberstabsveterinär Uartleb vom Remonte- 
depot Arendsee auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand 
versetzt. — Bayern: Kommandiert: Oberveterinär Karl Rcisencdcr 
im 2. Schweren Reiter-Regt in Landshut zum Remontedepot Graßl¬ 
fing (P. Olching) [Oberbay.].— Sachsen: Befördert: Stabsveterinär 
Blumentritt im Ulan.-Regt. Nr. 17 zum Oberstabsveterinär. — In der 
SchutztruppefürDeutsch - Südwestafrika: Ausgeschieden: 
Oberveterinär Joseph Rau behufs Rücktritt in K. B. Militärdienste. 

— Im Beurlaubtenstande: Den Stabsveterinären a.D. Naumann 
(Halberstadt), Moricinski (Frankfurt a. M.), Deseier (III Berlin) ist 
der Charakter als Oberstabsveterinär verliehen. 

Todesfälle: Veterinärrat Matthias Bongarix,' Kreistierarzt in 
Bonn, Grenz- und Kontrolltierarzt Joseph HTwutttiN/er-Tittmoning. 

Vakanzen. 

Stab8tierarztstelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch 
unbesetzt: Hamburg: Gehalt 9000 M., steigend bis 11000 M. 

Kreistierarztstelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Reg.-Bez. Potsdam: Jüterbog-Luckenwalde. — 
Aachen: Jülich. 

Bezirkotlerarztotelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Gotha: Stadt- und Landratsamtsbezirk Ohrdruf. 

Sohlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Treptow a. R.: 
Schlachthofdirektor zum 1. Juli. Gehalt 2400 M. bis 3600 M. Bew. 
bis 18. April a. d. Mag. b) Nach Ablauf der Meldefrist noch 
unbesetzt: Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Bremen: IV. Tier¬ 
arzt. 2400 M. bis 3900 M. — Duisburg-Meiderich: I. Tierarzt. 
3000 M. — Erfurt: Schlachthofstierarzt 3400 bis 4900 M. — Essen: 
Tierarzt. 3500 M. bis 5750 M. — Freienwalde: Tierarzt. — Gelsen¬ 
kirchen: Assistenztierarzt 2700M. — Harburg a. Elbe: Assistenz¬ 
tierarzt 2400 M. — Kattowitz: Schlachthofdirektor 8600 M. — 
Königsberg i. Pr.: Zwei Tierärzte. — Bad Kreuznach: Assistenz¬ 
tierarzt, 2400 M. — Landsberg a. W.: Assistenztierarzt. 2400 M. 

— Liegnitz: Assistenztierarzt. 2400 M. — Lippstadt: Verwalter. 
2500 M. bis 4000 M. — Lübeck: II. Tierarzt. 2400 M. — Osna¬ 
brück: II. Assistenztierarzt. 2100 M. — Plauen i Vogtl.: Amtstier¬ 
arzt und Stellvertreter des Direktors. 4200 M. bis 5700 M. — Prüm 
(Rhld.): Verwalter (Tierarzt). 1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw.— 
Pyritz: Schlachthofdirektor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus 
(Bez. Frankfurt a. O.): Schlachthofleiter. 2400 M. ■— Stettin: 
III. Tierarzt bei der Auslandfleischbeschaustelle. 2400 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 

Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Brilon 
(Westfalen). — Kemberg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Huns- 
I rück. — Langelsheim (Herzogt. Braunschweig). — S pangenberg. 


Verantwortlich fflr den Inhalt (ezkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung Ton Richard 8choets ln Berlin. — 

Druck Ton W. Bfixen*teln, Berlin. 






Dl« „Berliner Tlerftrstlicke Wochenschrift“ erechelnt 
wöchentlich !m Verlag« von Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, WilhelmBtr. 10. Durch jede» deutsche 
Poetamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4^8 für die Wochenschrift, IS Pf. für Bestellgeld) 
fk’«! ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preialtate Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Origlnalheiträge werden mit 60 Hk., ln Pet!t-«atz mit 
HO Bk. fitr den Bogen honoriert. Alle Manuskripte. 
Mitteilungen und redaktionelli n Anfragen beliebe man 
zu «enden an Prof. L»r. Selmi.iltz, Berlin, Ticrärzt 
liehe Hochschule. NW , Linooistrafle 5«. Korrekmrnn, 
Rezensions-Kxemplaro und Annoncen dagegen an die, 
Ve» l.igsbuc Handlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 


filage 

Veterinilrrat Dr. Lothes 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Prof. Dr. Peter Veterinärrat Peters 

Veterinärrat Preuße 

Dr. Richter 

ProfiMisor 

Departemeotstlerarzt 

Krei-Ii- rar*! 

Departeinentstiuriir/.t 

Uepnrtamentstiorar/t 

l'rofesHor 

Hamburg. 

Cöln. 

Angennünde. 

Bromber^. 

Danzig. 

Dresden. 


Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel ZUndel 

Professor Professor Profensor l.andestierar/.t v Bayern Krelstierarat 

Dresden. Freiburg i. Br. Dresden. München. Mülhausen i. E. 


Jahrgang 190$. 


M 15 . 


Ausgegeben am 9. April. 


Inhalt: Walther: A nwendung des Atoxyils in der Veterinärmedizin. — Wülfel: Ein Fall von atypisch verlaufender 
rasender Wut beim Hunde. — Holterbach: Gelberüben Vergiftung. — Zieger: Aus der Praxis für die Praxis. — 
Referate: Porcher: Über das osmotische Gleichgewicht im tierischen Organismus. Die Rolle des Kochsalzes. — Bartels: 
Beitrag zur Organisation der Rotlaufimpfungen aus Kreiskommunalmitteln. — Voß: Zur Diagnose von Fesselbeinfissuren hei 
Pferden. — Piorkowski: Die Opsonine in der modernen Therapie. — Kleine Mitteilungen. — Tageageachlchte: Schmnltz: 
Die Berliner Berufungen. — Die Lage der Tierärzte. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Anwendung des Atoxyls in der Veterinärmedizin. ; 

Von Korpsstabsveterinär Walther in Leipzig. 

Der Herr Geheime Medizinalrat Prof. Dr. Frosch iu Berlin 
hat im Kursus fiir Korpsstabsveterinäre die moderne Beurteilung 
und Bekämpfung der Infektionskrankheiten in büchst lehrreicher 
Weise anschaulich vorgetragen. Auch der Tätigkeit der deutschen 
Expedition in Südafrika zur Erforschung der Tropenkrankheiten 
der Menschen und Tiere, besonders der Schlafkrankheit, ge¬ 
dachte der Herr Geheimrat in etwa folgender Ausführung: Die 
Aofgabe der deutschen Expedition ist gelöst, nachdem Se. Ex¬ 
zellenz der Herr Geheimrat Prof. Dr. Koch gefunden hat, wie 
man der Schlafkrankheit der Menschen therapeutisch und pro¬ 
phylaktisch beikommen kann. Vor allem kommt es darauf an, 
die Leichtkranken durch Blutnntersnchnng, noch ehe Lymph- 
drüsenschwellung eintritt, ausfindig zu machen, ob Tripanosomen 
im Blute vorhanden sind. Ist das der Fall, dann maß der Be¬ 
fallene sich einer fortgesetzten Behandlung mit Atoxyl unter¬ 
werfen, welches sich allen anderen Mitteln bis jetzt als über¬ 
legen erwiesen hat. Selbst bei den Schwerkranken, sagt der 
Herr Geheimrat weiter, wurde die Mortalität durch Atoxyl auf 
mindestens den zehnten Teil herabgesetzt. Es bewährte sich, 
kleine Dosen in 3—10tägigen Paußen anzuwenden, denn starke 
Dosen hatten Nebenwirkungen, z. B. wurde die Sehkraft mehr 
oder weniger angegriffen. Während der Atoxylbehandlung ge¬ 
lang es, das Blut tripanosomfrei, seinen Träger also unschädlich 
zn machen. Außer der therapentischen Atoxylbehandlung kamen 
noch prophylaktische Maßnahmen in Betracht: Versetzung der 
Bevölkerung zn gewissen Jahreszeiten in die von Glossina pal- 
palis freien Gegenden, Vertreibung der Glossina durch Abholzen 
der betreffenden Stellen, Ausrottung der Krokodile, von deren 
Blut sich die Glossina palpalis nährt. Die Glossina palpalis ist 
mit unserer Stubenfliege verwandt und ähnlich; ihr Stich über¬ 
trägt die Tripanosomen, verursacht die Seuche, die tödlich ver¬ 
lief und dadurch wurde die ganze Gegend unwirtsam. Die 


; Tripanosomen sind tierische Parasiten und gehören zn den 
i Protozoen, welche die niederste Tierklasse darstellen. Der 
durch den Stich der Glossina palpalis in das Blut überführte 
Parasit vermehrt sich hier, wo er die Substanz der roten Blut¬ 
körperchen aufzehrt. 

Es ist hier nicht der Platz, auf die spezielle Tätigkeit 
Kochs näher einzugehen, nur so viel darf nicht unerwähnt 
bleiben, daß der geniale Forscher Gesundheit und Leben ein¬ 
gesetzt, um im Dienste des Vaterlandes dessen Kolonien von 
einer Seuche zu befreien, die sie zu entvölkern drohte. Seine 
Wirkung bestand darin: Die Ausbreitung der Schlafkrankheit 
in unseren Kolonien festzustellen, die Art der Übertragung zn 
ermitteln, die Wege zu ihrer Einschränkung und etwaigen Ver¬ 
nichtung zn finden nnd die in Betracht kommenden Behandlungs¬ 
methoden zu studieren. Dies hat, wie schon gesagt, Se. Exzellenz 
in vollkommener Weise gelöst. 

Diese günstigen Resultate ließen es als notwendig er¬ 
scheinen, das Atoxyl auch in der Veterinärmedizin anznwenden. 
Das Atoxyl ist eine Arsen-Anilinverbindung Metaarsensäure- 
anilid. Die Formel lautet richtig: 

NH »-\ >- As0 ONa. 

Um so mehr glaube ich das Mittel versuchen zn können, 
w weil der wirksame Bestandteil Arsen ist. Jeder Praktiker 
schenkt dem Arsen größeres Vertrauen; nicht allein weil es 
schon etwa 200 Jahre als Heilmittel im Gebrauch ist, sondern 
weil es auch in den verschiedenen Disziplinen der Veterinär¬ 
medizin schon von Gerlach, Haubner, Hartwig, 
Siedamgrotzky, Dieckerhoff u. a. empfohlen und mit gutem 
Erfolg angewandt worden ist. 

Die Darstellung des Atoxyls sowie dessen chemisch- 
physikalisches Verhalten soll uns hier nicht interessieren, nur 
so viel, daß das Präparat Im Durchschnitt 40mal weniger giftig 
ist als die Solutio Fowleri. 






206 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Von den Versuchen, die im diesseitigen Armeekorps aus¬ 
geführt wurden, möchte ich einige kurz anführen: 

Fall 1 und 2 betrifft Pferde mit Brustseuche. Mitte No¬ 
vember wurde ich zu einem kranken Pferde gerufen, welches 
seit zwei Tagen nicht fraß und sich nicht mehr legte. 
Temperatur 40,8° C, Pulse 04, Atemzüge 40 in der Minute, 
Atmung erschwert, starkes Heben der Rippen, Aufreißen der 
Nasenlöcher. Linkerseits untere Hälfte gedämpfter, rechterseits 
voller Schall. Auskultation: verstärktes Bronchial- und 
Vesikuläratmen. Husten trocken und schmerzhaft. Die sicht¬ 
baren Schleimhäute stark gelbrot gefärbt. Im allgemeinen war 
der Patient sehr matt und besonders schwach in der Hinter¬ 
hand. Futteraufnahme gering. Da am zweiten Tage auch das 
Nebenpferd erkrankte, wurde Brustseuche mit schwerem 
Charakter konstatiert. Die Behandlung geschah nach den be¬ 
kannten Grundsätzen. Die Krankheitserscheinungen beider 
Patienten waren ziemlich gleich. Die Innentemperatur stieg bis 
auf 41,2° C. Mit Einverständnis des Besitzers wurde Atoxyl 
in 2 prozentiger Kochsalzlösung subkutan angewandt. Verbraucht 
wurde in drei Tagen 1,35 g Atoxyl für beide Pferde. Die 
Lösung wurde vom Apotheker ausgeführt, was ich auch für 
ev. Versuche empfehlen möchte. Nach der Anwendung trat ein 
auffallender Erfolg nicht ein. Es konnte nur festgestellt 
werden, daß das Atmen ruhiger und der Blutumlauf gleich¬ 
mäßiger und kräftiger wnrde. Für den erfahrenen Veterinär 
hatte es den Anschein, als ob das Atoxyl seine Hanptwirknng 
im Blute entfalte, die anderseits dahin zu erklären ist, daß 
zweifellos das Atoxyl den roten Blutkörperchen, den Trägern 
des Sauerstoffs, eine größere Widerstandsfähigkeit verleiht. 
Der Verlauf der Krankheit sowie die Rekonvaleszenz war 
normal. 

Wenn ich mir auch wohl bewußt bin, daß mit den beiden 
Versuchen noch nichts für die Wirksamkeit de9 Atoxyls bei 
Brustseuche bewiesen ist, so ermutigen sie jedoch meines Er¬ 
achtens zu weiteren Versuchen. Besonders wären dieselben 
dort angebracht, wo der Blutumlauf unregelmäßig und schwach 
und die Respiration einen erschwerten Charakter einnimmt. 

Fall 3, Stabsveterinär Rudolph behandelt ein Pferd mit 
Hämoglobinnric. Dieser Patient fiel anfangs durch seine Müdig¬ 
keit auf. Er lag viel, stöhnte beim erschwerten Aufstehen und 
zeigte in der Nierengegend sowie im ganzen Hinterteil Schmerzen. 
Das Allgemeinbefinden war sonst nicht gestört. Am nächsten 
Tage setzte der Patient blutig rubinroten Harn ab, der in den 
nächsten Tagen eine dunkelbraune, trübgraue Farbe annahm. 
Die Behandlung geschah nach den bekannten Grundsätzen. Im 
weiteren Verlauf nahm die Affektion und die Schwäche im 
Hinterteil zu, so daß der Patient nur noch mit Unterstützung 
auf seinen Beinen gehalten werden konnte. Da eine Heilung 
aussichtslos erschien, so gelangte noch das Atoxyl in zweiproz. 
Lösung in täglich steigenden Dosen subkutan zur Anwendung. 
Der Patient wurde sorgfältig überwacht. Nach der ersten Ein¬ 
spritzung hatte es den Anschein als ob das Leiden günstig 
beeinflußt würde, in weiterem Verlaufe bestätigte sich diese 
Erscheinung nicht. Das Pferd starb am 9. Behandlungstage 
unter septischen Erscheinungen. Meinen Mißerfolg, sagt 
Rudolph, schreibe ich dem Umstande zu, daß das Atoxyl in 
einem ganz hoffnungslosen Zustande zur Anwendung kam, wo 
andere Mittel versagten. Ich hoffte mit Atoxyl noch Um¬ 
stimmung bzw. Heilung erzielen zu können. 


Die fügenden Versuche führte der Oberveterinär Fischer 
beim 2. Llanen-Regiment Nr. 18 an vier an Brustseuche er¬ 
krankten Pferden in folgender Weise aus: 

Fall 4 und 5. Bei 2 Pferden jüngerer Jahrgänge trat keine 
nachweisbare Wirkung ein. 

Fall 6. Bei diesem Patienten sank die Temperatur nach 
5 Stunden von 40,4 auf 39,5 0 C, um dann allmählich wieder 
anzusteigen. 

Fall 7, hier veränderte sich die Innentemperatur wie folgt: 

1. Injektion 0.2 keine, 

2. .. 2 X 0,2 von 40,9 nach 2 Std. auf 40,0 0 C, 


3. 


2 X 0,2 

.. 40,6 „ 2 „ 

„ 39,7° 

4. 


0,4 

,. 40,1 „ 5 „ 

, 39,5» 

5. 


0,4 

„ 39,7 ,. 4 

* 39,0« 

6. 


0,6 

39,3 * 3 „ 

„ 38,2« 


Der letzte Fall beweist besonders, daß das Atoxyl bei Brust¬ 
seuche imstande ist, in der 2. bis 5. Stunde nach der Injektion 
die Körpertemperatur um 0,6—1,1" C herabzusetzen. Weiterhin 
war ein Rückgang der Abendtemperatur nach sämtlichen In¬ 
jektionen zu konstatieren. 

Daß man aber auch dem Atoxyl skeptisch, wie allen neueren 
Mitteln gegenüber stehen muß, beweisen die Fälle 4 und 5, wo 
ein nachweisbarer Einfluß auf den Krankheitsverlauf nicht eintrat. 

Sämtliche Versuchspatienten wurden nach den bewährten 
Grundsätzen behandelt, die wahrscheinlich auch ohne Atoxyl die 
Krankheit glatt zur Heilung geführt hätten. Es darf aber nicht 
unbeachtet bleiben, daß der wirksame Bestandteil des Atoxyls 
ein allbewährtes Heilmittel ist, welches ohne jede Gefahr für 
die Pferde versucht werden kann. Die Kosten hierfür sind be¬ 
deutungslos. 

Ich bin immer der Meinung gewesen, daß die erprobten und 
bewährten Mittel in der humanen Medizin auch in der Veterinär¬ 
medizin nutzbringend angewandt werden können, und daß in 
Zukunft die Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier fast 
gleiche Bedeutung haben werden. 

{Aus dem Veterinärinstitut der Universität Breslau. Direktor: Prof 
Dr. Casper.] 

Ein Fall von atypisch verlaufender rasender Wut 
beim Hunde. 

Von Pr. Kurt Wülfel, 

I. Assistent des Insttstuta. 

Da die Zahl der Tollwutfälle, namentlich in den östlichen 
Provinzen, neuerdings recht erheblich ist, dürfte der folgende 
Fall von vollkommen atypisch verlaufender rasender Wut beim 
Hunde eines allgemeineren Interesses nicht entbehren. Er ist 
ein Beweis für die Schwierigkeiten, welchen der Tierarzt bei 
der Stellung der Tollwutdiagnose begegnen kann, zumal in der 
Praxis eine längere Diagnose der Patienten, wie in der hiesigen 
Klinik, nur ausnahmsweise durchführbar ist. 

Am 14. August dieses Jahres wurde ein vierjähriger brauner 
Jagdhund der hiesigen Poliklinik zugeführt. Derselbe hatte sich 
an der linken Oberlippe eine Bißwunde mit anschließender 
Phlegmone zugezogen. 

Bei Aufnahme des Vorberichts stellte sich heraus, daß der 
Hund drei Tage vorher einen anderen Hund des Besitzers ohne 
jede Veranlassung gebissen hatte, und hierauf, nachdem er sich 
losgerissen, etwa eine halbe Stunde herumgelaufen war. Au 





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seiner Irrfahrt wurde er von einem Manne, der ihn kannte, an- 
gebalten und dem Besitzer wieder zugeführt. Diesen Zeitpunkt 
benutzte der zweite Hund des Besitzers, um sich für erlittene 
Unbül zu rächen, und brachte ihm den oben erwähnten Biß bei. 
Seit dieser Zeit fraß der Hund sehr wenig und zwar nur dann, 
wenn ihm die Nahrung von der gesunden Seite des Maules aus 
verabreicht wurde. Bezüglich der Wasseraufnahme, des Kot¬ 
absatzes U8w. konnte durch den Vorbericht nichts festgestellt 
werden. 

Es stellte sich dann weiter heraus, daß der Hund erst zehn 
Tage im Besitze seines jetzigen Herrn war und aus einer 
Gegend stammte, in der in letzter Zeit verschiedentlich Tollwut 
vorgekommen war. 

Als nun dem Patienten zwecks Vornahme der Untersuchung 
das Maul zugebunden werden sollte, geriet ihm hierbei zufällig 
ein Stück des Bindfadens zwischen die Zähne, worauf er das¬ 
selbe mit großem Appetit auffraß. 

Obwohl die angeführten Erscheinungen zur Begründung des 
Verdachtes auf Tollwut nicht genügten, wurde der Hund dennoch, 
um ihn für alle Fälle unschädlich zu machen, zur Beobachtung 
in die Klinik eingestellt. 

Es ergab sich folgender Befund: 

„Der oben schon gekennzeichnete Hund ist stark abge¬ 
magert, der Hinterleib aufgezogen; die Haare stehen auf dem 
Rücken gesträubt. Die Augen liegen tief in den Augenhöhlen, 
so daß die unteren Augenlieder das Bild des Ektropiums zeigen. 
Dieselben sind höher gerötet; auf ihrer Oberfläche befindet sich 
ein schleimig-eitriges Sekret. Der Blick ist stier; es macht den 
Eindruck, als ob der Patient dem Blick des Untersuchers aus¬ 
zuweichen sucht. 

Im Käfig liegt der Hund teilnahmslos da, stiert nach irgend¬ 
einer Stelle und schnappt hie und da nach Fliegen. Da diese 
aber den Patienten zahlreich umschwärmen, so ist schwer fest¬ 
zustellen, ob es sich hierbei um Halluzinationen handelt. Auf 
Stockschläge reagiert der Patient in keiner Weise. Das ihm 
Vorgesetzte Futter (Reis mit Fleisch in reichlicher Menge) frißt 
er langsam aber vollständig auf. Wasseraufnahme und Kotabsatz 
sind normal, ebenso die Atmung. 

In der Nacht vom 14. zum 15. August hat der Hund nach 
Aussage des Dieners viel geheult. Am Tage bellt er sehr 
häufig längere Zeit, doch ist der Ton hierbei nicht heiser, 
sondern vollkommen normal. 

Als der Patient am 15. August zwecks Aufnahme eines 
ausführlichen Befundes aus dem Käfig genommen wird, macht 
er sich frei und Btürmt in den Hof hinaus. Hier jagt er, da 
aUe Ansgänge geschlossen, mit vorgestrecktem Kopf und stierem 
Blick hin und her. Mit Mühe wieder eingefangen, wird er sofort 
in den Käfig zurückgebracht, wo er sein Lager aufsucht und 
dasselbe Benehmen zeigt, wie am Tage vorher. 

In der Nacht vom 15. zum 16. August hat der Hund weniger 
geheult, auch läßt am 16. das immer noch normal klingende 
Bellen nach. Das Futter wird jetzt vollständig versagt. Es 
fällt aber am 17. August auf, daß sich das Stroh des Lagers 
erheblich vermindert hat. An diesem Tage bellt der Hund 
überhaupt nicht mehr. Er ist auch in der vorhergehenden Nacht 
ruhig gewesen. Der jetzt fast zum Skelett abgemagerte Hund 
kann an diesem Tage schlecht aufstehen und schwankt beim 
Laufen etwas hin und her. 


Am 18. August hat die Lähmung der Nachhand noch zu¬ 
genommen, so daß der Hund nur mit Mühe aufzustehen vermag, 
um sogleich wieder umzufallen. 

Abende 6 Uhr fand der Wärter den Hund tot im Käfig 
liegen. 

Das struppige, verkommene Aussehen des Hundes, der 
stiere Blick, die Indifferenz gegen Stockschläge, der Drang zum 
Entweichen, das Umherjagen des Patienten mit vorgestrecktem 
Kopf und stierem Blick, der perverse Appetit und der dem 
Beginn der Paralyse in wenig mehr als 48 Stunden folgende 
Tod, im Verein mit dem Vorbericht waren die Veranlassung 
die Diagnose auf Tollwut zu stellen, obwohl der Hund so gut 
wie keine Beißsucht gezeigt hatte, auch die sonst patho- 
gnostischen Erscheinungen einer Bulbärparalyse vollkommen 
fehlten, denn noch vier Stunden vor seinem Tode waren bei 
dem Patienten Schlingbeschwerden, Speichelfluß, Lähmung des 
Unterkiefers und Veränderung der Stimme nicht nachzuweisen. 

Die Sektion ergab bis auf den Magen einen negativen 
Befund. Im Magen befand sich eine reichliche Menge Stroh. 
Die Schleimhaut desselben war in nicht verstreichbare Fftlten 
| gelegt, auf deren Höhe Hämorrhagien nachzuweisen waren. 

Die in der hiesigen Tollwutstation ausgeführte Untersuchung 
des Gehirns ergab das Vorhandensein typischer Negrischer 
Körperchen. Die geimpften Kaninchen verendeten unter den 
Erscheinungen der stillen Wut. 

Es dürfte sich hier demnach um einen Fall der rasenden 
Wut handeln, bei der nach Friedberger und Froehner hier 
und da einmal die Erscheinungen der Beißsucht ausfallen können. 

Gelberiibenvergiftung. 

Von Tierarzt Holterbach-Offenburg. 

Gelegentlich meines in Nr. 32 dieser Zeitschrift veröffent¬ 
lichten Artikels über Vergiftung durch gelbe Rüben erhielt • ich 
von Herrn Kollegen Eugen Baß-Görlitz eine liebenswürdige 
Mitteilung, welche ich im Interesse der allzu mageren Kasuistik 
glaube bekannt geben zu sollen. 

Darnach hat Kollege Ludwig Böhm in der „Wochen¬ 
schrift für Tierheilkunde und Viehzucht“ 1883 Nr. 8 
über Vergiftung bei weißen Mäusen berichtet. Ich erinnere 
mich nun, daß es dieser Mann war, aus dessen Mund ich zum 
erstenmal als Student zu meiner großen Überraschung eine 
Warnung vor der „giftigen“ Gelberübe vernahm. Böhm, vor 
einigen Jahren gestorben, war zwar ein großer Pedant, aber 
ein äußerst gewissenhafter, sorgfältiger Beobachter, dessen An¬ 
gaben sicherlich nicht in Zweifel gezogen werden dürfen. 

Ferner soll, nach E. Baß, auch der verstorbene Prof. 
Thomassen-Utrecht in einer holländischen Zeitschrift der Ver¬ 
giftung von Pferden durch Mohrrüben gedenken und darauf 
hinweisen, daß derartige Fälle auch in Belgien beobachtet wurden. 

Wie man daraus ersieht, ist der Karotismus nur wenig be¬ 
kannt und wenig beachtet. Daß er aber weit verbreitet ist, 
beweist mir eine andere Zuschrift, in der ein Kollege mit ganz 
unleserlicher Handschrift (vielleicht hat er die Liebenswürdig¬ 
keit, mir in einer Postkarte seinen Namen lesbar zu nennen!) 
mir zustimmt, daß durch die Schwächung des Organismus der 
Tiere ein oft empfindlicher Schaden für die Viehbesitzer er¬ 
wachse: „Wenn bei uns eine Druseepidemie oder eine 
Influenza ausbricht, dann erliegen ihr die Gelberüben- 




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No. 15. 


pferde fast regelmäßig. Die Druse zieht sich lang hin 
und hinterläßt in vielen Fällen ein Kehlkopfpfeifen 
oder eine Schwäche der Lunge; die Influenza ist ent¬ 
weder tödlich oder endet mit Dampf. Auch Koliker 
sind dann stets bedenkliche Patienten, wenn ihre Ein¬ 
geweide und ihr Herz durch Gelberübenverfütterung 
desorganisiert sind, bei ihnen stelle ich die Prognose 
auch in leichten Fällen vorsichtig, weil schon oft nach 
anscheinend sicherer Besserung Bauchfellentzündung 
unerwartet den Patienten mitnahm.“ 

Es sollte mich freuen, wenn meine Anregung fruchtbaren 
Boden fände. Ich bin überzeugt, daß der Mißbrauch exzessiver 
Gelberübenfütterung weit einschneidendere Nachteile hat, als 
man heute noch weiß; wendet sich die Aufmerksamkeit der 
„praktischen“ Tierärzte erst einmal diesem Gegenstände zu, 
dann werden wir sicherlich überraschende Aufklärungen über 
manches noch dunkle Problem erlangen. 


Aus der Praxis für die Praxis. 

Von Tierarzt Zieger-Strchla a. Elbe. 

In letzter Zeit ist das Ferkelfressen der Schweine des 
öfteren zum Gegenstände von Abhandlungen gemacht worden. 
Die Ursachen dieser pathologischen Erscheinung sind unter 
anderem von Nörner, D. T. W. 1906, Nr. 10, eingehend er¬ 
örtert und darnach mannigfache Maßnahmen in Vorschlag gebracht 
werden. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß das Ferkel¬ 
fressen den perversen Geschmackszuständen zuzurechnen ist. 
Holterbach, B. T. W. 1906, Nr. 11, weist neben den von 
jeher geltenden Causae morbi des Ferkelfressens noch besonders 
auf nervöse Verstimmung und vorübergehende Störung des 
Bewußtseins hin. Er beobachtete diesen krankhaften Zustand 
bei bösartig veranlagten Mutterschweinen, die mit schmerzhaften 
Zuständen am Euter, in den Geburtswegen oder sonstwo behaftet 
waren. Broholm, Referat, B. T. W. 1907, stellt die in 
Deutschland weit verbreitete Ansicht, daß Wunden und Ver¬ 
letzungen oder andere schmerzhafte Leiden der Zitzen und des 
Euters die Sauen zum Ferkelfressen veranlasse, als unrichtig 
hin und sieht auf Grund seiner Beobachtungen überhaupt kein 
örtliches Leiden als Ursache des Ferkelfressens an. Die Neigung 
zum Ferkelfressen konstatierte er oft bei solchen Sauen, welche 
in bezug auf Euter, Zitzen, Magen und Gebärmutter sich der 
besten Gesundheit erfreuten. Broholm sieht das Ferkelfressen als 
ein Gehirnleiden der Muttertiere an und erkennt in der Raserei 
post partum eine Störung der Gehirntätigkeit. Er behandelt 
diese Tiere symptomatisch, indem er in großen, eventuell zu 
repetierenden Dosen — auf 100 Pfund Lebendgewicht 16—18,0 
Chloralhydrat — per os mittels eingeführten Magenrohrs 
verabreicht. 

Fast jedes Jahr werde ich dieses Leidens wegen konsultiert 
und habe des öfteren Gelegenheit genommen, solche Tiere genau 
zu beobachten und zu untersuchen. Auf Grund dieser Befunde 
kann ich Broholm in seinen Ausführungen nur beistimmen, 
indem ich pathologische Zustände weder des Magens, noch des 
Euters oder der Gebärmutter zu konstatieren vermochte. Im 
letzten Jahrgange fand ich Gelegenheit zwei derartige Fälle 
in Behandlung zu nehmen. Das eine Mutterschwein hatte den 
ersten, das andere den zweiten Wurf. Bei meiner Ankunft fand 
ich die Tiere außerordentlich unruhig und aufgeregt. Sie legten 


sich nicht, sondern liefen beständig im Stalle herum. In ihre 
Tröge geschüttetes Futter verzehrten sie hastig und mit großem 
Appetit. Es waren beide gut genährte und gut entwickelte Tiere. 
Das geringste Geräusch, das Ansichtigwerden von Personen, 
sowie jede Berührung versetzte sie in eine Art Tobsucht. Mit 
erhobenem Kopfe und stierem Blicke stießen sie abnorme, 
bellende Töne aus und vollzogen im Verhältnis zu ihrer Beleibt¬ 
heit auffallend schnelle Bewegungen, so daß ihnen schwer bei¬ 
zukommen war. Sie wurden sofort aggressiv und bissen rück¬ 
sichtslos in vorgehaltene Gegenstände. Der Besitzer des einen 
Tieres hatte ein totes Ferkel an eine Stange gebunden und 
hielt es über den Stall. Sobald das Muttertier das Ferkel sah, 
sprang es mit offenem Rachen danach wie ein Hund und zwar 
so lange, bis es atemlos zusammenbrach. Ein vorgeworfenes 
Ferkel fraß es mit einer derartigen Hast auf, daß es im Nu 
verschluckt war. Aus alledem war zu schließen, daß bei diesen 
Tieren das Bewußtsein gestört und Wahnvorstellungen vor¬ 
handen waren. 

Ein ähnlicher, aber mehr mit Depressionserscheinungen 
einhergehender pathologischer Zustand ist das Strohketschen 
der Mutterschweine ante partum und in partu, welches man in 
geringerem Maße des öfteren auch bei Mastschweinen beobachten 
kann. Die Mutterschweine tragen oft tagelang vor der Geburt 
mit einer gewissen Unruhe zu Neste und kauen dabei beständig 
Stroh, oder sie kauen erst während des Ferkelns binnen kurzem 
große Mengen Strohes und schlucken es ab. Hierdurch und 
durch die nachfolgende Futteraufnahme erweitert sich der 
Magen oft um das dreifache seiner natürlichen Größe. Bei 
diesem enorm gefüllten Magen vermag die mit den Wehen ein- 
setzende Bauclipresse derartig auf. das Geburtsgeschäft ein- 
zuwirken, daß dieses heroisch rasch erledigt wird und im 
Anschluß an die Ausstoßung des letzten Fötus der UteruB mit 
noch anhaftenden Plazenten in wenigen Minuten in toto prolabiert. 
Dies geschieht, wie ich beobachten konnte, zumeist im Anschluß 
an das Strohketschen und zwar fast ausnahmslos kurz nach 
vorausgegangener reichlicher Futteraufhahme. Bei der Fleisch¬ 
beschau findet man alsdann den uns mehrfach vergrößerten, 
stark gefüllten Magen oder auch eine bedeutende Anschoppung 
eingetrockneten Inhalts in den Poschen des Dickdarms. — Es 
ist daher ratsam, Tiere, die sich bereits zur Geburt anschicken, 
sorgfältig zu überwachen, ihnen bei eventuellem Strohketschen 
daB Stroh zu entziehen oder sie durch Einbinden eines kurzen 
Strickes ins Maul über dem Oberkiefer daran zu verhindern 
zu suchen, Analog dem Ferkelfressen direkt im Anschluß an 
die Geburt beruht auch daB Strohketschen der Mutterschweine 
ante partum und in parte nach meinen Beobachtungen auf nervöser 
Basis. In beiden Fällen sind Störungen des Zentralnerven¬ 
systems, insbesondere des Bewußtseins — Wahnvorstellungen — 
zu beobachten. Bei dem ersteren tritt die stille Wut (Erethisie), 
bei dem letzteren die Tobsucht und Raserei in den Vordergrund. 
— Gegen das Strohketschen sowohl als auch gegen das Ferkel¬ 
fressen der Mutterschweine wende ich seit Jahren mit prompten 
Erfolg Pulv. Rhiz. Veratri an, indem ich bis 5 g des Pulvers 
mit 1 a Liter siedenden Wassers auf brühen und als Clysma 
lauwarm auf ein- oder zweimal verabreichen lasse, ähnlich 
der von Kollege Holt erbach-Eigeltingen erwähnten Therapie, 
nur daß Holterbach 0,05 Veratri sulf. in 100,0 Aqua dest. als 
Clysma empfiehlt. Ich habe mich von der prompten Wirkung 
dieses Mittels in oben erwähnten zwei Fällen selbst überzeugt. 




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Nach Aufsetzen der Schweinebrerase applizierte ich das so 
bereitete Clysma selbst. Nach etwa 20 Minuten trat unter 
starker Erschütterung des ganzen Körpers der betreffenden 
Tiere mächtiges Erbrechen ein. Nach dem Brechakt legten 
sich die Tiere erschlafft nieder und verfielen in einen apathischen 
Zustand. Die herbeigebrachten Ferkel wurden zunächst gar 
nicht beobachtet und konnten ungestört das Sauggeschäft ver¬ 
richten. 

Die betreffenden Besitzer versicherten mir, daß die Mutter¬ 
schweine nach dem Erbrechen dauernd wie umgewandelt, vor¬ 
sichtig, ja zärtlich mit ihren Ferkeln umgingen. 

Ausgehend von der Tatsache, daß das Ferkelfressen mit 
starken Erregungszuständen der Muttertiere einhergeht, setzte 
ich vor Anwendung der Veratrintherapie große Hoffnung in das 
Chloralhydrat und habe es gleichfalls als Klysma in Leinschleim 
in wiederholten Dosen 10—20 g verabreicht ohne eine prompte 
Wirkung zu erhalten. Broholm wendet Chloral per os an, 
wodurch die Wirkung des Mittels eine entschieden zuverlässigere 
wird. Doch möchte ich auf Grund meiner Erfahrungen bei 
Rindern der Ansicht Broholms, daß Chloralhydrat möglichst 
gefahrlos sei, widersprechen. Ich beobachtete zu wiederholten 
Malen, daß Kühe, denen ich wegen beängstigenden, starken 
Drängens Retensio secundinarum Chloralhydrat in Leinschleim 
per os in Dosen von 50—75,0 eingeben ließ, bei der nach¬ 
folgenden Schlachtung zahlreiche, flächenhafte, subseröse 
Blutungen und ikterische Färbung der serösen Auskleidung der 
Brüste und Bauchhöhle zeigten. Schon aus diesem Grunde ist 
Vorsicht mit der Chloralhydrattherapie bei Schlachttieren nötig, 
ganz abgesehen davon, daß die Einführung des Magenrohres 
bei Schweinen. — insbesondere bei derartig aufgeregten —■ ganz 
erhebliche Hilfskräfte erfordert und daß trotz derselben bei der 
mangelhaften Fixierung des Kopfes diese Operation nicht als ge¬ 
fahrlos bezeichnet werden kann. Den Mutterschweinen und größeren 
Mastschweinen verabreiche ich Medikamente per os nur in Form 
von Latwergen derart, daß die Tiere nicht angerührt werden 
dürfen und in Ruhe mittelst Holzspatel den mit einem Ge- 
schmackskorrigens (Syrup) verrührten Brei in die Maulspalte 
und zwar am bequemsten von dem linken Maulwinkel aus ein¬ 
geschmiert erhalten. Mittelgroße Schweine bis zu etwa 
130 Pfund fixiere man bei dieser Prozedur in folgender Weise: 
Eine kräftige Person erfaßt das betreffende Schwein an den 
Ohren, steigt mit einem Bein über den Körper des Tieres, läßt 
es bis an eine Wand auf den Hinterfüßen rückwärts gehen 
und erfaßt, indem sie die Ohren losläßt, die Vorderbeine des 
Tieres. 

Auf diese Weise sind auch die in ihren Bewegungen außer¬ 
ordentlich raschen, mittelgroßen Schweine, die zu schwer sind, 
um an den Hinterbeinen von einer Person in die Höhe gehoben 
zu werden und bei denen des schmalen Rüssels wegen die 
Schweinebremse schlecht hält, bequem hinter den Ohren zu 
impfen. — Als Clysma wirkt das Veratrin in gleichen 
Dosen wie bei den vorerwähnten Leiden meiner Erfahrung nach 
auch vorzüglich bei der Kehlkopfbräune der Schweine. Der 
diese Tiere unaufhörlich quälende, trockene, schmerzhafte, oft 
bellende Husten und die damit verbundene Atemnot verschwinden 
zumeist nach dem Erbrechen sofort. Noch kurz möchte ich des 
Ferkeldurchfalls gedenken, dem nicht selten ganze Würfe zum 
Opfer fallen. Er tritt gewöhnlich auf, wenn die jungen Ferkel 
bei mangelhaftem Einstreuen sich erkälten, oder frühzeitig 


Jauche saufen, oder durch Verwöhnung des natürlichen Bornes 
der Muttermilch gezwungen sind, alsbald Mehlsuppen oder Kuh¬ 
milch zu nehmen. Außer Abstellung der Ursachen wende ich 
dagegen schon lange die Jodtinktur an, die den Ferkeln von 
den ersten Tagen ihres Lebens ohne jeglichen Schaden gegeben 
werden kann. 

Ich verabreiche Tinct. Jodi bis zu einem Teelöffel auf 
einmal bei Durchfall der Ferkel. Eine einmalige Gabe stopft 
den heftigsten Durchfall, ohne daß der Appetit dieser Tiere 
beeinträchtigt wird. — Bei den vielen mit großer Reklame an¬ 
gepriesenen neueren Mittel vergißt man leicht die altbewährten. 


Berichtigung. 

In dem Orginalartikel „Mitteilungen aus der Praxis“ von 
Train ist in Nr. 14, S. 245, im ersten Absatz der linken Spalte 
ein Wort ausgefallen. Es muß dort heißen: Von 6 Würfen 
sind 5 Ferkel im Wachstum zurückgeblieben. 


Referate. 

Über das osmotische Gleichgewicht im tierischen 
Organismus. Die Rolle des Kochsalzes. 

Von Porcher. 

(Journal de Lyon. Januar 1906.) 

Osmotischer Druck der Lösungen. Wird in ein Gefäß mit 
destilliertem Wasser ein anderes Gefäß mit halbdurchlässiger 
Wandung, das eine wässerige Lösung, z. B. eine Zuckerlösung 
enthält, hineingestellt, so steigt die Zuckerlösung bis zu einem 
bestimmten Niveau, weil Wasser aus dem ersteren Gefäße durch 
die Wandung des letzteren hin durch dringt. Diesen Vorgang 
heißt man in der Physik den osmotischen Druck, welcher nicht 
durch das Gewicht des gelösten Stoffes, sondern durch die Zahl 
der in der Lösung sich befindlichen Moleküle beeinflußt wird. 
Zwischen zwei Lösungen von gleichem osmotischen Druck findet 
kein Austausch statt und man sagt von ihnen, sie seien isotonisch. 
Ist aber die eine Lösung konzentrierter als die andere, so sagt 
man die erstere ist hypertonisch, während die letztere hypotonisch 
ist. Zwei isotonische Lösungen haben auch den gleichen Gefrier¬ 
punkt und dieser steht um so tiefer, je größer die Zahl der auf¬ 
gelösten Moleküle ist. Die Gesetze, welche die Phenomene, die 
durch die Variationen des osmotischen Druckes bedingt sind, 
regeln, sind auch anwendbar auf den physikalischen Mechanismus 
des Stoffwechsels. 

Das osmotische Gleichgewicht im Organismus, die ver¬ 
schiedenen Flüssigkeiten des Organismus, z. B. die Säfte oder 
Ergüsse, die Lymphe, die Gehirn- oder Rückenmarkflüssigkeit, 
das interstitielle Plasma, die Ödem- oder Ascitesflüssigkeit, die 
pleuralen Exsudate haben beinahe dieselbe Konzentration wie 
das Blutserum. Ihre chemische Zusammensetzung kann wohl 
eine verschiedene sein, aber die Anzahl der in Lösung sich 
befindlichen Moleküle ist bei allen beinahe eine gleich große, 
diese winzige Verschiedenheit der molekularen Konzentration 
zwischen dem Plasma einerseits und den andern Flüssigkeiten 
des Organismus andrerseits ist zum Leben unbedingt notwendig, 
denn ein absolutes Gleichgewicht würde den Tod bedeuten, da 
kein Austausch und infolgedessen auch keine Ernährung mehr 
stattfinden könnte. Die Osmose, die zwischen jeder Zelle und 
der sie umspülenden Ernährungsflüssigkeit statt hat, weist ganz 




270 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


geringe Schwankungen auf und steht sie in einem bestimmten 
Verhältnis zum Gefrierpunkt der Flüssigkeit, der beim Blut¬ 
serum —0,55° beträgt. Im Organismus findet ein Austausch 
der Moleküle nur statt zwischen Flüssigkeiten, die eine 
annähernde Konzentration haben. 

Welches sind die Stoffe, die zur Herstellung des osmotischen 
Gleichgewichts beitragen? Damit einer Substanz die Möglichkeit 
gegeben ist, auf den osmotischen Druck direkt eine Wirkung 
auszuüben und infolgedessen auch auf den Gefrierpunkt einer 
Flüssigkeit einzuwirken, muß diese gelöst sein. Die nicht oder 
nur scheinbar löslichen Substanzen, wie z. B. die Fette, die 
Colloidsubstanzen, die Eiweißkörper, üben eine äußerst geringe 
Einwirkung auf den Gefrierpunkt aus, hingegen wirken die 
Kristalloide, wie das Kochsalz, der Harnstoff, die Glykose, 
direkt auf. den Gefrierpunkt ein. Die Hauptrolle aber für die 
Regulierung der Osmose spielt das Kochsalz. 

Vom Durstgefühl. Das Durstgefühl ist hervorgerufen durch 
die Notwendigkeit, welche der Organismus in sich fühlt, die 
richtige Konzentration, die durch Wasserverlust infolge ver¬ 
schiedener Ursachen, z. B. durch Schweißabsonderung oder 
starke Diarrhöe alteriert worden ist, wieder herzustellen. Das 
gleiche Gefühl macht sich auch nach dem Trinken von stark 
konzentrierten Zucker- oder Salzlösungen bemerkbar. 

Das Kochsalz als hauptsächlichstes Regulierungsmittel des 
osmotischen Gleichgewichts. Kochsalz ist in den kreisenden 
Körperflüssigkeiten sehr reichlich vorhanden, zu ungefähr 5 bis 
6 pro Mille. Eine reine Kochsalzlösung, die den gleichen 
Gefrierpunkt wie das Blutserum (£ = —0,55°) hat, müßte im 
Liter 9,85 g NaCl enthalten. Das Kochsalz nimmt also 6 / 9 = 2 / a 
aller beim lebenden Wesen den osmotischen Druck aktivierenden 
Moleküle in Anspruch. 

Von der Aufnahme und der Ausscheidung des Kochsalzes. 
Wir nehmen das Chlor als NaCl auf und scheiden es in erster 
Linie durch den Harn, dann durch den Schweiß, die Tränen 
und auch etwas durch die Exkremente, besonders die diarrhöischen, 
wieder aus. Diese Ausscheidung steigt und fällt mit der Auf¬ 
nahme, so daß die Körpersäfte und die Gewebe immer die 
gleiche Menge enthalten, ob viel oder wenig Kochsalz auf¬ 
genommen wird. 

Die chemische und physikalische Rolle des Kochsalzes. 
Das Kochsalz wird im Magen in seine Bestandteile gespalten 
und es bildet sich daraus HCl für den Magensaft und NaOH 
für den Bauchspeichel und den Darmsaft. Aber sofort nach der 
Resorption bildet sich aus dem HCl und dem NaOH das NaCl 
wieder zurück und teilt sich dem Blut mit. Dort hat es ganz 
besonders eine physikalische Rolle zu erfüllen, nämlich die das 
osmotische Gleichgewicht allüberall im Organismus zu erhalten, 
was ihm durch seine leichte Löslichkeit, durch seine wegen 
seiner kleinen Moleküle außerordentlichen Beweglichkeit und 
seine Leichtigkeit, mit welcher es die lebenden Membrane durch¬ 
dringt, leicht möglich ist. Bilanz des Kochsalzes bei seinem 
Ein- und Austritt unter physiologischen Verhältnissen. 

Bei den Herbivoren, deren Nahrung kochsalzarm ist, und 
ihr Harn infolgedessen immer den gleichen Kochsalzgehalt auf¬ 
weist, ist eine Störung in der Kochsalzabsonderung durch die 
Nieren leicht festzustellen, jedenfalls viel leichter als beim 
Menschen, beim Hund und beim Schwein, bei denen die Koch¬ 
salzaufnahme, je nach der Nahrung, die genossen wird, sehr ver- ! 


schieden ist. Wird viel Kochsalz mit der Nahrung aufgenommen, 
so wrird der Harn auch kochsalzreicher und umgekehrt. 

Bei pathologischen Zuständen dagegen kann eine vermehrte 
Kochsalzaufnahme doch keine vermehrte Absonderung zur Folge 
haben. Das Kochsalz wird dann einfach zurückgehalten. 

Von der Hypochlorurie im Verlauf von Fieber. 

Bei vielen akuten Krankheiten vorzüglich bei Pneumonie 
tritt eine Hypochlorurie ein, so daß der ausgeschiedene Harn 
nur Spuren von Kochsalz enthalten kann, da dieses in den Ge¬ 
weben zurückgehalten wird. Man kann getrost behaupten, daß 
die Kochsalzausscheidung bei fieberhaften Krankheiten im um¬ 
gekehrten Verhältnis steht zur Fieberkurve, und tritt die poly- 
urische Krise im Moment der Konvaleszenz auf. Da das in den 
Geweben zurückgehaltene Kochsalz Wasser anzieht, so erklärt 
sich, daß bei fieberhaften Krankheiten trotz längerer Inanition 
eine Abmagerung des Kranken meist erst bemerkbar wird, wenn 
das Fieber vorüber und der Überschuß an Kochsalz ausge¬ 
schieden ist. 

Durchdringung der Gewebe mit Kochsalz. Pathogenie der 
Ödeme. 

Bei den chronischen Nierenerkrankungen und hauptsächlich 
bei der parenchymatösen Nierenentzündung sind die Nieren 
kaum oder gar nicht mehr imstande Kochsalz auszuscheiden. 
Wenn nun die Kochsalzzufuhr doch fortfährt, so häuft sich das¬ 
selbe an, und da die Molekularkonzentration des Plasmas die 
gleiche bleibt, so zieht es Wasser an, das in die Gewebe hinein¬ 
dringt, sie durchtränkt und aufquillt. Zuerst bildet sich dabei 
ein interstitielles Ödem, das nur durch die Gewichtszunahme 
des Kranken festzustellen ist. In einem weiteren Stadium ent¬ 
steht durch die fortdauernde Vermehrung des Kochsalzes ein 
sichtbares Ödem und schließlich Wassersucht. 

Von der Kochsalzdiät. 

Da bei einem an Kochsalzverhaltung leidenden Kranken, 
das Kochsalz schädlich wirkt, so muß die Therapeutik darauf 
ausgehen, das Kochsalz ganz von der Nahrung des Betreffenden 
auszuschließen. Reicht dies allein nicht aus, gibt man Diuretika 
und Purgiermittel noch dazu. Da die Milch sehr wenig Koch¬ 
salz enthält, so ist die ausscließliche Verabreichung von Milch 
bei solchen Kranken, die an der Brightschen Krankheit leiden, 
so erfolgreich. Die bei Herz- und Leberkranken auftretende 
Wassersucht ist die Folge von mechanischen Störungen und ist 
daher die Kochsalzdiät bei diesen Kranken nicht von solcher 
Wirkung wie bei den oben erwähnten, aber nichtsdestoweniger 
beeinflußt sie die Ödeme günstiger. 

Verwendung des künstlichen Serums als Heilmittel. 

Seit einigen Jahren wird die physiologische Kochsalzlösung 
bei größeren Blutverlusten oder bei stärkeren lang andauern¬ 
den Diarrhöen häufig unter die Haut oder in die Vene einge¬ 
spritzt. Dabei ist aber wohl darauf zu achten, daß 1. nur mit 
dem Blutserum isotonische Lösungen zur Verwendung kommen, 
denn eine hypotonische Lösung würde hämolytisch wirken. Die 
richtige Lösung ist 9,35 g Kochsalz auf 1 1 Wasser, die 
ihren Gefrierpunkt bei 0,55° hat. 2. Daß die Nieren auch für 
Kochsalz durchlässig sind. Aber in keinem Falle dürfte man 
Kochsalzlösungen solchen Kranken injizieren, die Wassersucht 
oder starke Ödeme oder auch entzündliche Ergüsse haben. 

Eine kochsalzarme Nahrung als Unterstützungsmittel ge¬ 
wisser Medikationen. 







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271 


Eine osmotisch mit Kochsalz gesättigte Zelle ist nicht gnt 
befähigt, andere Salze in sich aufzunehmen. Sobald aber durch 
Unterernährung an Kochsalz dem Gewebe ein Teil seines Koch¬ 
salzes entzogen wird, so hat es die Neigung, um das osmotische 
Gleichgewicht herzustellen, andere Salzmoleküle, die man ver¬ 
abreicht, beispielsweise die Bromsalze, zu bannen. In der 
Menschenmedizin ist eine Behandlung mit Bromsalzen verbunden 
mit Kochsalzentziehung bei gewissen Nervenleiden von sehr 
guter Wirkung. 

Das bei fieberhaften Krankheiten in den Zellen aufge¬ 
speicherte Kochsalz schützt diese gegen manche Gifte, die im 
Körper selbst gebildet Bind. Die Hypoehlorurie bei diesen 
Krankheiten ist ein Zeichen, daß sich der Organismus gegen 
die Gifte verteidigt, denn diese können sich in einer mit Koch¬ 
salz übersättigten Zelle nicht fixieren. Will man also den 
Organismus für eine giftige Substanz empfänglicher machen, so 
muß man vorher ein kochsalzarmes Regime durchführen. 

Helfer. 

Beitrag zur Organisation der Rotlaufiinpfungen aus 
Kreiskommunalmitteln. 

Von Kreistierarzt Dr. Bartels-Posen. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1908, Nr. 7.) 

In seinem früheren Wirkungskreise, Kolmar in Posen, 
standen dem Verfasser jährlich 300 M. aus Kreiskommunal¬ 
mitteln zum Zwecke der Impfung von Schweinen zur Verfügung. 
Da vor allen Dingen ärmeren Schweinebesitzern genützt werden 
sollte, wurde von Verwendung des Geldes zur Impfung gegen 
Schweineseuche abgesehen, denn diese Seuche kommt vorwiegend 
in größeren Schweinebeständen vor. In Rücksicht auf die be¬ 
schränkten Mittel wurde auch von der Rotlauf heil- und Rotlauf- 
notimpfung abgesehen, vielmehr entschied sich Bartels aus¬ 
schließlich für die Rotlaufschutzimpfung, und um den Vorteil 
der Impfung den wirtschaftlich Schwachen zugute kommen zu 
lassen, verfuhr Bartels in folgender Weise: Im Frühjahr 
wurden auf Veranlassung des Landratamtes durch Vermittlung 
der OrtBschulzen Listen in den Gemeinden, welche notorisch 
von Rotlauf heimgesucht wurden, herumgeschickt. In diese 
Listen wurden die Namen der Besitzer, sowie die Anzahl der 
zu impfenden Schweine eingetragen. Die Ortsschulzen liefern 
die Listen an das Landratsamt zurück und dieses verteilt die 
Listen an diejenigen Tierärzte, in deren Praxisbezirk die be¬ 
treffenden Gemeinden gelegen sind. Meistens werden so viele 
Impfungen überwiesen, daß sich für den Tierarzt eine besondere 
Reise lohnt. Andernfalls kann die Impfung gelegentlich mit 
vorgenommen werden, da es ja bei Schutzimpfungen auf einige 
Tage früher oder später in der Regel nicht ankommt. Nach 
der Impfung gehen die genau berichtigten Listen unter Be¬ 
rücksichtigung der etwa noch an Ort und Stelle nachträglich 
erfolgten Anmeldungen dem Landratsamte wieder zu. Auf diese 
Weise wurde jedem Besitzer in den gefährdeten Gemeinden 
Gelegenheit gegeben, seine Schweine in den Frühjahrsmonaten 
impfen zu lassen. Der Impfschutz reicht dann bis in den 
Herbst aus. Der Erfolg dieses Verfahrens war sehr gut, denn 
die sonst im zweiten und dritten Kalendervierteljahr stark 
verseuchten Gehöfte blieben vom Rotlauf meist ganz verschont; 
er trat nur da auf, wo die Besitzer nicht hatten impfen lassen. 

Bezüglich der Kosten Verteilung wurde wie folgt verfahren: 
Besitzer, die keine Ortsabgaben bezahlen, erhielten ihre Schweine 


gratis geimpft, Besitzer, die eine Ortsabgabe von 2,40 M. bis 
4 M. entrichten, zahlen 50 Pf. pro Schwein und Besitzer mit 
höheren Ortsabgaben 75 Pf. Die Einziehung der Gebühren 
und Abführung an die Kommunalkasse liegt den Ortsschulzen 
ob. Als Honorar für die Impfung eines Schweines erhält der 
Tierarzt 1 M. Reisekosten, Tagegelder, Auslagen für Serum 
werden nicht gezahlt. 

Durch die Zuzahlung der bemittelteren Besitzer erfährt der 
zur Verfügung gestellte Fond immer wieder eine Stärkung. Die 
ganze Rechnungslegung gestaltet sich einfach und die aus¬ 
geworfene Summe kommt in erster Linie den wirtschaftlich 
Schwachen zugute. So gelang es z. B. die Bestände der Inst- 
leute eines Dominiums durch Einführung der Impfung, ohne daß 
Kosten für die Besitzer erwuchsen, derart zu schützen, daß der 
Rotlauf, der dort früher stark grassierte, zur Seltenheit wurde. 
Selbstverständlich ist das Verfahren nur da am Platze, wo der 
Rotlauf stationär ist. Es empfiehlt sich nicht, dieses Verfahren 
da in Anwendung zu bringen, wu kein Rotlauf herrscht. 
Schließlich wendet sich Bartels noch gegen die Impfung durch 
Laien. Rdr. 

Zar Diagnose von Fesselbeinfissaren bei Pferden. 

Von Oberstabs veterinär Voß. 

(Zeitschrift f. Veterinär*. 1907. S. 494.) 

Bei Fesselfissuren ist die Lahmheit im Schritt meist unbe¬ 
deutend, im Trab auffallend stark. In der Ruhe wird das kranke 
Bein mitunter in Beugestellung gehalten, oft aber wie das 
gesunde belastet. An der Vorderfläche des oberen Endes des 
Fesselbeins besteht stets eine Verdickung, die diese Partie 
breiter und (von der Seite gesehen) stärker erscheinen läßt. 
Sie erstreckt sich gewöhnlich etwa bis zur Mitte des Fesselbeins 
und gestattet beinahe die Diagnose par distance. Bei der 
Untersuchung umspannt man an dem nach vorn herausgezogenen 
Bein das Fesselbein so, daß die Daumen vorn in der Mittellinie 
Regen. Durch Daumendruck am oberen Fesselbeinende wird 
bei bestehender Fissur heftiger Schmerz ausgelöst. Um die 
Fissurlänge festzustellen, führt man den Daumendruck zunächst 
am unteren Ende aus, dann nach oben gehend. Kommt man an 
den Anfang der Fissur, so zeigt sich Empfindlichkeit, die nach 
oben hin bis zum heftigen Schmerz wächst; letzteres ist für die 
Diagnose ausschlaggebend. — Bezüglich der Ursachen hält Voß 
die Ansicht von Peters für zutreffend, daß der keilförmige 
Fortsatz des Mittelfußknochens auf den Ausschnitt der oberen 
Fesselbeingelenkfläche nach Art eines Keiles trennend wirkt. 
Grobe Insulte scheinen zur Entstehung von Fesselbeinfissuren 
nicht notwendig zu sein. Bei einzelnen Pferden muß eine be¬ 
sondere Disposition angenommen worden; Voß hat Pferde 
gesehen, die abwechselnd an allen 4 Beinen erkrankten. Als 
häufige Ursache ist wohl ungeschicktes Fahren anzusehen; Voß 
hat Fahrer kennen gelernt, die mit langen Leinen fahrend, ihre 
Pferde nie in den Zügeln halten, und deren Pferde fast sämtlich 
an Fesselfissuren erkrankten. Mitunter leiden beide Vorderfüße 
zugleich, was das Bild des Verschlags Vortäuschen kann. Voß 
schildert einen solchen FaU näher. 

Was die Behandlung angeht, so hat sich zeitiges scharfes 
Einreiben am besten erwiesen; nicht so sicher sind Gipsverbände. 
Die Heilung erfolgt in 6—8 Wochen und führt in der Regel 
zur vollen Gebrauchsfähigkeit. 

Richter. 



272 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Die Opsonine in der modernen Therapie. 

Von Dr. Piorkowski. 

(Deutsche Tierärztl. Wochenschr. Nr. 11, 1908.) 

Nack Beschreibung der Technik für die Anwendung der 
Wrightsclren Opsoninmethode in der Humanmedizin, die in 
England vielfache Erfolge gezeitigt hatte, jetzt aber erst in 
Deutschland festen Fuß zu fassen beginnt — gibt Piorkowski 
seine diesbezüglichen Versuche bekannt, die er im Laboratorium 
angestellt hat, indem er die Opsonine der spezifischen Erreger 
von Schweineseuche, Kälberpneumonie und Kälberruhr untersuchte. 

Die Opsonine entsprechen allem Anschein nach den 
Amboceptoren Ehrlichs und werden dadurch gewonnen, daß 
von den spezifiscken Krankheitserregern Kulturen hergestellt, 
die dann bei 56° C abgetötet, in physiologischer Kochsalzlösung 
emulgiert und keimfrei gemacht werden. 

Natürlich waltet auch hier eine reiche Polyvalenz vor und 
die Laboratoriumsversuche wie die Erfahrungen aus der Praxis 
sind günstig ausgefallen. 

Für Immunisierungen sind subkutane Injektionen der Extrakte 
ausreichend, die simultan mit den spezifischen Seris zur An¬ 
wendung gelangen. Für Heilzwecke ist der Bakterienextrakt 
allein ausreichend. 

Muttertiere, rechtzeitig geimpft — übertragen die Immunität 
auf die Nachkommen. Autoreferat. 

Kleine Mitteilangen. 

Kalk und andere MineraletoffTe in Futtermitteln. 

Die vielfach ventilierte Frage, ob ein Kalkzusatz zum Futter, 
oder ein bestimmt hoher Gehalt in den Futtermitteln und welche 
spezifischen Kalksalze Einfluß auf den Tierkörper, die Milch in der 
Qualität und Quantität der Milch haben, hat Prof. Kellner in 
Möckern veranlaßt, auch seinerseits experimentell zu verfolgen. 
Er kommt zu der Überzeugung, daß die MineralstofFe samt und 
sonders in größerer Menge zugeführt, weder in Menge noch in Be¬ 
schaffenheit auf die Milch einen Einfluß ausüben. Kalkreiches 
Futter z. B. erhöht kaum den Kalkgehalt der Milch, was bis jetzt 
ja auch bekannt war. Aber auch zugeführte Phosphate in löslicher 
Form an Kühen verfüttert zeigt keine Veränderung der Milch an 
phosphorsauren Salzen. Höchstens einige Tausendstel Prozent 
waren in einigen Fällen Unterschied zu bemerken. Jedoch war 
ein bekannter Minimalgehalt von anorganischen Salzen stets nötig, 
um den Tierkörper vor Vereinigung mit diesen Stoffen zu schützen. 

Da in 10 Liter Milch etwa 18 Gramm Kalk, sowie 15 Gramm 
Phosphorsäure enthalten sind, und erfahrungsgemäß nur ein Drittel 
des Mineralstoffgehaltes in die Milch übergeht, so müssen also 
mindestens 35—60 Gramm Kalk und 30—40 Gramm H 3 Po 4 im 
Futter enthalten sein, so weit es zur Milchproduktion dienen soll. 
Rechnet man dazu noch den Teil anorganische Salze, der für die 
Erhaltung des Skeletts und der Muskulatur unbedingt nötig ist, 
nämlich 50 Gramm Ca und 25 Gramm H 3 Po 4 auf etwa 10 Zentner 
Lebendgewicht, so kommen nur für eine Milchkuh auf etwa 
100 Gramm Kalk und 70 Gramm Phosphorsäure. Fehlt dieses 
Quantum, so wird der Körper vor allem die Knochen daraufhin 
vom Körper extrahiert und wir erhalten die in manchen Gegenden 
autochtone Ossifragilitas der Kühe. Was den NaCl- Gehalt des 
Futters anlangt, so sind hierüber die krankmachenden Folgen der 
Kochsalzinanition bekannt. Neuerdings angestellte Versuche zeigten, 
daß bei NaCl-Mangel Kühe nach 14 Tagen bis 3 Wochen lecksucht¬ 
artige Tier noch Kochsalz zeigten, die sich allem bemerkbar machten, 
was in die Nähe der Tiere kam. Krippen, Wände, Kleider des 
Stallpersonals, Erde, Straßenschrautz, Pferdedttnger, wurden gierig 
beleckt. Der Zustand konnte 3 Wochen bis ein Jahr bestehen. 
Schließlich tritt ein poporöser Schwächezustand ein, glanzlose 
Augen, struppiges Haar, Sekretionsverminderung und Kräfteverfall 
trat ein. Sobald jedoch wieder NaCl gegeben wurde, erholten sich 
die Tiere rasch. Es ergab sich, daß 20 Gramm NaCl nötig sind pro 


die zur Erhaltung einer Kuh. Na-, Ka-, Mg-, Fe-, H 3 S0 4 -Mangel ist 
indessen beim Futter bis jetzt noch niemals beobachtet worden. 

Die Giftwirkung von Agrostenmn Glthago. 

Wiederholt wurde auf die toxischen Eigenschaften der Kornrade, 
aufmerksam gemacht Und doch scheint nicht immer eine tödliche 
Wirkung der Pflanze zustande zu kommen. Denn wenn man die 
überaus starke Verbreitung der Kornrade berücksichtigt, muß es 
eigentlich wundernehmen, daß nicht mehr nachteilige Wirkungen 
bekannt werden. Möglicherweise ist der Standort schuld, möglicher¬ 
weise das Befallensein von Pilzen; am meisten aber dürfte die 
Meinung Fuß fassen, daß Kühe nur in besonderen Fällen die Korn¬ 
rade verzehren, etwa wenn sie sehr hungrig sind. Dr. Bai er, 
Direktor des Nahrungsmittelamtes der Brandenburgischen Land¬ 
wirtschaftskammer schreibt in Beinern Tätigkeitsbericht 1906/07, daß 
ein Besitzer, der Kleievergiftung seiner Kuh vermutete, den Pansen¬ 
inhalt, sowie die betreffende Kleie ihm zur Untersuchung zugesandt 
hatte. Es wurde indessen keine nachteilige Beobachtung bei der 
Kleie gemacht. Als wahrscheinlich jedoch nahm Dr. Bai er an, 
daß die stark kornradehaltige Kleie die Todesursache der Kuh ge¬ 
wesen sei. Man muß danach annehmen, daß die Kühe die stehende 
Pflanze so viel wie möglich zu meiden suchen, weshalb man denn 
eigentlich selten von Vergiftungen mit Kornrade zu hören be¬ 
kommt. 

Darstellung eines Mittels gegen Knochenneubildungen (Antiperiostin). 

Nach dem D. R. Patent Nr. 193 219 von Dr. A. Klein-Berlin 
wird die Darstellung eines Mittels gegen Knochenneubildungen in 
der Veterinärmedizin folgendermaßen vorgenommen: 

Man behandelt neutralisierte Kantharidinsäure oder Kanthariden- 
tinktur mit einem großen Überschuß von Quecksilberchlorid (Sublimat) 
und gepulvertem Jod in der Hitze und befreit das Reaktionsprodukt 
von dem freien ungebundenen Jod. Z. B. setzt man zu 100 Gramm 
Kantharidentinktur allmählich ein inniges Gemisch von 50 Gramm 
Sublimat mit 25 Gramm Jodpulver. Dasselbe löst sich bald, setzt 
dann aber nach einigem Stehen einen weißen Niederschlag von 
kantharidinsaurem Quecksilber ab. Kocht man indessen das Gemisch 
auf, ehe sich das Kantharidat abscheidet, unter Vermeidung des 
Jodverlustes, so entsteht eine klare braune Flüssigkeit, aus der, 
wenn das ungebundene Jod mit unterschwefligsaurem Natrium ge¬ 
bunden wird, sofort ein gclblichweißer dicker Niederschlag von 
Quecksilber-Jod-Kantharidat ausfällt Dasselbe kann trocken oder 
feucht in Alkohol oder andern Mitteln gelöst Anwendung finden 
gegen Knochenneubildungen (Exostosen). 

Darstellung giftfreier Seife zum Gebrauch In der Veterinärmedizin. 

Das schwedische Patent Nr. 23 408 läßt Fett- und Harzsäure 
getrennt, oder gemischt mit Aloeextrakt versetzen, mischen und 
trocknen. Nach Bedarf kann noch Petroleum, Lavendelöl oder 
Alaun zugesetzt werden. Die Seife ist hauptsächlich als Parasiten¬ 
seife gedacht. 

Antistreptokokkenserum. 

Die Darstellung des Patents Nr. 191752 für die Farbwerke 
Meister, Lucius und Brüning in Höchst am Main betrifft ein 
Verfahren, wonach zunächst auf defibriniertem Menschenblute ge¬ 
züchtete Kulturen virulenter Streptokokken mehreremale durch 
Tiere gezüchtet werden, auf Nährbouillon weiter werden wachsen 
gelassen und dann mit diesen virulenten Kulturen größere Tiere 
zwecks Serumgewinnung behandelt werden. 

Neue Tuberkulo8emlttel. 

Ein Leberantitoxin, „Paratoxin“ genannt, haben G6rard und 
Lemoine zur Tuberkulosebehandlung empfohlen. Diese neue Be¬ 
handlungsart geht von der Anschauung aus, daß der Leber eine 
wichtige bakterizide und antitoxische Wirkung gegenüber Toxinen und 
Bakterien zukommt. Die Beobachtung, daß die Galle und die 
Gallensäuren, Sekrete der Leber Schlangengift neutralisieren und 
Cholestearin wie ein echtes Antitoxin auf Schlangengift wirkt, 
brachten Gärard und Lemoine auf den Gedanken, aus Galle 
durch Einwirkung von verschiedenen, nicht näher bezeichneten 
chemischen Substanzen ein Paratoxin genanntes Mittel herzustellen, 
das subkutan per os angewandt beim Menschen gute Erfolge gehabt 
haben soll. Nach D. M. Wochenschrift 1908, Nr. 3. 





9. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


273 


Tuberkel-Sozin. 

Edmund Kleba erzeugt „Tuberkel-Sozin“, indem er trockene 
4—6 Wochen autolysierte und entfettete Tuberkelbazillen bei 57° 
mit Glyzerin auszieht und das Glyzerinextrakt mit Natriumwismut¬ 
jodid ausfällt Klebs glaubt bei Tuberkulose das Präparat 
empfehlen zu dürfen. 

T uberfcel-Diagnosticum. 

Tuberkel-Diagnosticum-Höchst ist ein speziell der Tuberkulin- 
Ophthalmo-Reaktion dienendes Mittel. Es ist Alt-Tuberkulin 
(Tuberculinum-Kochii) versetzt mit 95proz. Alkohol, der Nieder¬ 
schlag vorsichtig getrocknet. Es kommt in Pulverform und ein¬ 
prozentiger Lösung in den Handel. 

Biooltin. 

Biocitin ist im wesentlichen reines Lecithin und enthält weitere 
Nährstoffe des Eies; es ist ein geruchloses als Tonikum bei den 
verschiedensten Krankheiten anzuwendendes Mittel. Dr. G. 


Tagesgeschichte. 

t 

Mathias Bongartz. 

Am 26. März er. verschied im Alter von 66 Jahren der 
Kreistierarzt und Dozent an der landwirtschaftlichen Akademie 
in Bonn-Poppelsdorf Veterinär-Rat Mathias Bongartz. Eine 
vor etwa Jahresfrist hervorgetretene Arteriosklerose hat seinem 
erfolgreichen Wirken vorzeitig ein Ziel gesetzt. 

Im Jahre 1868 approbiert, hat der Heimgegangene durch 
vier Dezennien in Bonn der tierärztlichen Praxis obgelegen 
und vom Jahre 1895 ab die durch das Ausscheiden Sch eil 8 
erledigte Kreistierarztstelle für den Stadt- und Landkreis Bonn 
verwaltet. Eminent tüchtig und unermüdlich tätig in seinem 
Berufe, ist er lange Zeit der gesuchteste Tierarzt der Rhein¬ 
provinz gewesen. Dabei ermöglichte es ihm sein Fleiß und 
seine große Begabung, trotz der angestrengten praktischen 
Tätigkeit auch auf wissenschaftlichem Gebiete stets auf der 
Höbe zu bleiben. Immer bemüht, sein Wissen zu erweitern 
und zu vertiefen, war sein ganzes Leben ein rastloses 
Vorwärtsstreben. 

Nach einer fast zwei Jahrzehnte langen praktischen Tätigkeit 
erwarb sich Bongartz noch das Fähigkeitszeugnis für die 
Anstellung als beamteter Tierarzt in Preußen. Wenige Jahre 
nach Beginn seiner amtstierärztlichen Tätigkeit übernahm der 
damals beinahe Sechzigjährige den Lehrauftrag für Tiermedizin 
an der landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf. Diese 
Tätigkeit gewährte ihm besondere Befriedigung. War doch 
Bongartz, der über eine vorzügliche Redegabe verfügte, auch 
bis dahin bestrebt gewesen, auf wissenschaftlichem Gebiete nicht 
nur der Empfangende, sondern auch der Gebende zu sein. Mit 
dem Feuereifer eines Jünglings trat er an die neuen Aufgaben 
heran, und seine Tätigkeit als Kreistierarzt sowie als tier¬ 
ärztlicher Lehrer der rheinischen Landwirte ist eine außer¬ 
ordentlich segensreiche gewesen. 

Besondere Verdienste erwarb sich Bongartz um den 
tierärztlichen Provinzialverein, in dem er lange Jahre das 
mühevolle Amt eines Schriftführers inne hatte. Erfüllt von nie 
ermattendem Eifer für seinen Stand und stets bereit, diesem zu 
dienen, wies er bei jeder Gelegenheit auf die Solidarität der 
tierärztlichen Standesinteressen und die Bedeutung der Vereins¬ 
organisationen hin. Er selbst bat. kaum jemals eine Versammlung 
des Provinzialvereins versäumt und war daher besonders berufen, 


die rheinischen Tierärzte zu lebhafterer Betätigung auf diesem 
Gebiete anzuregen. An den Debatten über wissenschaftliche 
und praktische Fragen nahm Bongartz stets regsten Anteil und 
mit besonderer Freude erfüllte es ihn, wenn er jüngeren Kollegen 
mit seinen reichen praktischen Erfahrungen an die Hand gehen 
konnte. Neben der Erfüllung seiner Berufspflichten bekundete 
der Heimgegangene ein sehr reges Interesse für kommunale 
Angelegenheiten. Seit einer langen Reihe von Jahren gehörte 
er dem Bonner Stadtverordneten-Kollegium an und erfreute sich 
— wie die Tagespresse anläßlich seines Todes rühmend hervor- 
liob — der vollen Sympathie seiner politischen Gegner. 

Mit Bongartz ist ein vorzüglicher Vertreter unseres Standes 
aus dem Leben geschieden, dessen hohe Begeisterung für den 
tierärztlichen Beruf vielfach vorbildlich gewirkt hat. Die 
rheinischen Tierärzte werden ihm ein ehrenvolles und dankbares 
Andenken bewahren. Lothes. 

Zu dem Poppelsdorfer Friedhofe, der über den Häusern 
erhaben sich idyllisch am Fuße des Kreuzberges hinzieht, schritt 
am 29. März d. J. ein großer Trauerzug. 

Vor dem Leichenwagen, den eine Fülle prachtvoller Kränze 
deckte, zogen mit wehenden Fahnen der Kriegerverein, der 
Männer-Gesangverein, der katholische Gesellenverein und die 
studentischen Vertreter der Rheno-Borussia. 

Unter den Leidtragenden, die den näheren Anverwandten 
folgten bemerkten wir als Vertreter der Regierung den Ober¬ 
regierungsrat Fink und den Departementstierarzt Dr. Lothes, 
von der Stadt die Herrn Beigeordneten und zahlreiche Mitglieder 
des Stadtverordnetenkollegiums, dem der Verblichene lange Jahre 
hindurch bis zum Tode angehört hatte, vom Landkreis der 
Landrat Graf von Galen, von der landwirtschaftlichen 
Akademie Poppelsdorf fast das ganze Lehrerkollegium und von 
der Lokalabteilung des landwirtschaftlichen Vereins, dessen 
II. Vorsitzender der Verstorbene lange war, der I. Vorsitzende, 
Rittergutsbesitzer Engels, und mehrere Vorstandsmitglieder. 
Ungefähr zwanzig Tierärzte waren aus nah und fern herbei¬ 
geeilt und gaben ebenso wie eine große Anzahl Bürger aus 
allen Ständen zu erkennen, welch hoher Achtung sich Bongartz 
allgemein erfreute. B. 

In der Stadtverordnetensitzung widmete Oberbürgermeister 
Spiritus dem Verstorbenen einen überaus ehrenvollen Nachruf. 
In demselben hob er hervor, daß der Verstorbene durch seinen 
Beruf besonders geeignet gewesen sei, in manchen wichtigen 
kommunalen Fragen hervorragend mitzuarbeiten. Durch diesen 
Beruf sei Bongartz mit weiten Kreisen von Stadt und Land 
in Beziehung getreten und die bekannteste und populärste Per¬ 
sönlichkeit geworden, deren Andenken dauernd werde geehrt 
werden. 

Hermann Jorns f. 

Am 25. März d. J. verschied in Kassel nach kurzer 
Krankheit der Oberstabsveterinär a. D. Hermann Jorns im 
75. Lebensjahre. 

Jorns war am 17. April 1833 zu Ottleben (Kr. Oschers- 
leben) geboren, besuchte das Friedrich-Werdersche Gymnasium 
in Berlin und bestand das tierärztliche Staatsexamen im 
Jahre 1859. In das Ostpr. Artillerie-Regt. Nr. 1 als Roßarzt 
eintretend, nahm er teil an den Feldzügen 1866 und 1870/71 
und wurde mit dem eisernen Kreuz dekoriert. Nach bestandenem 
Examen zum Oberroßarzt ernannt, wurde er 1875 auf ein Jahr 





274 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


als Inspizient zur damaligen Militär-Roßarztschnle kommandiert. 
Am 1. Mai 1892 schied er aus der Armee, in der er zuletzt 
dem Kurhess. Art.-Regt. Nr. 11 angehört hatte. 

Der Verstorbene war ausgezeichnet durch eine seltene 
Pflichttreue, eine unbedingte Zuverlässigkeit im Amte. In rast¬ 
loser Tätigkeit hat er sich bis in sein hohes Alter, bis zum 
Grabesrande seinem Berufe hingegeben. An allen tierärztlichen 
Standesangelegenheiten nahm er das regste Interesse, und wohl 
kaum hat eine Versammlung unseres Vereins stattgefunden, die 
ihn nicht unter den Anwesenden zählte. Möge er in Frieden 
ansruhen von einem arbeitsreichen Leben. 

Der Vorstand 

des Vereins kurhessischer Tierärzte. 

Joseph Imminger. 

Aus München kommt die Kunde vom Tode Professor 
ImmingerB! Am 2. April erlag er einem Schlaganfalle. Mit 
Imming er ist ein Mann von ungewöhnlicher Leistungsfähigkeit 
auf dem Gebiete der tierärztlichen Praxis aus dem Leben ge¬ 
schieden; ein Mann der Dank seiner bewundernswürdigen Be¬ 
obachtungsgabe, seiner praktischen Veranlagung, seines außer¬ 
gewöhnlichen Gedächtnisses, seiner Initiative und seiner uner- 
müdlichen Arbeitsenergie sich wie wenige zum Lehrer der 
Praxis eignete. Hunderte seiner Schüler werden sich zeitlebens 
dieses Mannes dankbar erinnern, dankbar, weil er es war, der 
sie so trefflich ausstattete, mit der für den praktischen Tierarzt 
einzigen haltbaren Rüstung des praktischen Könnens. 

So knorrig wie eine Eiche, war er doch innerlich von ebenso 
edlem Holz. Das müssen seine Schüler bekennen und alle, die 
die Gelegenheit hatten, etwas tiefer in den Mann zu schauen. 

Seine Familie und unser Stand trauern an seinem Grabe 
und auch die tierärztliche Hochschule in München hat einen 
schweren Verlust erlitten, einen Verlust, der sehr tief ein¬ 
schneidet! Für die tierärztliche Sache fällt er um so schwerer 
in die Wage, als es unserem hochverehrten Professor nicht mehr 
vergönnt war, seinen nun zu spät gefaßten Plan auszuführen, 
in meiner Gemeinschaft ein Lehrbuch der Chirurgie des 
Rindes zu verfassen. Gerade auf diesem Gebiete verfügte 
der Verstorbene über eine Fülle von Wissen und Erfahrung, 
die uns geschrieben nun leider nur sehr fragmentär erhalten 
geblieben sind. 

Wenn auch das Schicksal seiner Hand viel zu frühe Ruhe 
diktierte, der Segen seiner Arbeit ist mit dem Abschiede des 
Meisters nicht erloschen. — Ja, sie hat eines ganzen Mannes 
bedurft, drum ruhe nun aus, lieber Freund! Dr. N. 

Imminger war 1854 geboren, war als Tierarzt zunächst in 
Erkheim tätig, dann lange Jahre Bezirkstierarzt in Donauwörth, 
schließlich Kreistierarzt in Würzburg und seit acht Jahren Professor 
der Chirurgie in München. 

Am Sonnabend den 4. April 1908 wurde Imminger zu Grabe 
getragen. Den Trauerzug eröffneten mit umflorten Fahnen die Korps 
Normannia, Vandalia und Saxo Thuringia und die veterinär-wissen¬ 
schaftliche Verbindung Alemannia. Im Trauergefolge befanden 
sich neben den nächsten Angehörigen das gesamte Professoren¬ 
kollegium der tierärztlichen Hochschule mit Hofrat Professor 
Dr. Albrecht an der Spitze, als Regierungsvertreter Staatsrat 
von Schätz, Regierungsrat Landestierarzt Dr. Vogel und Kreis¬ 
tierarzt Schwarzmeier; von der Universität Gießen waranwesend 
Prof. Dr. Gmeiner; ferner Prof. Dr. Kronacher aus Weihen¬ 
stephan, viele Zivil- und Militär veterinäre, die Assistenten der 
tierärztlichen Hochschule. Hofrat Dr. Albrecht widmete dem 
Verstorbenen einen herzlich gehaltenen Nachruf. 


IX. Internationaler Tierärztlicher Koogrefi, September 1909. 

In Baden-Baden wird vom 9. bis 16. April der Ständige Ausschuß 
der Internationalen Tierärztlichen Kongresse im Verein mit Delegierten 
des Haager Exekutivkomitees unter dem Vorsitze des Vertreters 
Deutschlands über folgende Gegenstände beraten und Beschluß fassen: 

I. Bericht Uber die Tätigkeit der Geschäftsführung des Ständigen 
Ausschusses seit der letzten Tagung. Berichterstatter: Professor 
Dr. D. A. de Jong, Leiden. 

II. Beratung des Entwurfs eines Statuts der Internationalen 
Tierärztlichen Kongresse. Berichterstatter: Hofrat Prof. Dr. Hutyra 
und Prof. Dr. v. Ratz, Budapest. 

III. Beschlußfassung über den Termin der Abhaltung des 
IX. Internationalen Tierärztlichen Kongresses in Haag. Bericht¬ 
erstatter: Dozent W. G. Schimmel, Utrecht und Dr. D. A. de Jong., 
Leiden. 

IV. Aufstellung der Tagesordnung für den IX. Internationalen 
Tierärztlichen Kongreß in Haag. Berichterstatter dieselben. 

Lydtin. 

Die Berliner Berufungen. 

Von Professor Dr. Schmaltz. 

Die Besetzung der durch den Abgang Munks und Oster¬ 
tags verwaisten Lehrstühle und Institute ist nach halbjähriger 
Zwischenzeit durch die Berufung des Professors Dr. Abderhalden 
und nunmehr des Geheimrats Professor Dr. Frosch endlich 
erledigt, und zwar in einer Weise, daß die Tierärztliche Hoch¬ 
schule zu Berlin voll befriedigt sein darf. Die Erscheinungen 
aber, welche bei diesen Berufungen zutage getreten sind, legen 
eine Besprechung nahe. 

Wenn die Tierärztliche Hochschule auf früher nicht gekannte 
Schwierigkeiten gestoßen ist, ehe es gelang, die richtigen 
Männer zu gewinnen, so hat das zunächst nicht seinen Grund 
etwa in besonderen Verhältnissen unsrer Hochschule. Die letzten 
Jahre haben vielmehr gezeigt, daß es sich um eine allgemeine 
Erscheinung handelt, welche die große ruhmreiche Universität 
zu Berlin in ganz derselben Weise betrifft. Es wäre noch vor 
einem Dezennium undenkbar erschienen, daß ein Ruf der Berliner 
Universität auf eine ihrer vornehmsten Lehrkanzeln, z. B. an 
eine Klinik wie die Leydensche, die als eine erste Stelle in 
der ganzen Welt gegolten hat, abgelehnt worden wäre. Die 
Universität, insbesondere die medizinische Fakultät, hat dagegen 
neuerdings zweimal dieselbe Erfahrung machen müssen; sowohl 
die Beruftmg zur Leitung der Leydenschen Klinik, wie die 
Besetzung des pharmakologischen Instituts ist erst nach -mehr¬ 
fachen Ablehnungen gelungen. Die Gründe für diese auf den 
ersten Blick frappierende Erscheinung wurzeln offenbar im 
geistigen und gesellschaftlichen Leben der Großstadt und in dem 
veränderten Verhältnis derselben zur Provinz. Die Provinz, 
eine größere Zahl ihrer Städte, und namentlich die geistigen 
Zentren, die Universitätsstädte, haben sich, was nur mit Freuden 
begrüßt werden kann, zu hoher Blüte entwickelt, und die Haupt¬ 
stadt hat nicht mehr in gleichem Maße wie früher den 
Vorrang, namentlich auch im geistigen Leben. Auf der 
andren Seite greift das riesenhafte Getriebe der Weltstadt 
mehr und mehr auch in das Dasein der Männer der Wissenschaft 
ein, durch sein Getöse die Ruhe ihrer stillen Arbeit störend, sie 
zersplitternd durch immer vielseitigere Ansprüche, und sie fort¬ 
reißend in das allgemeine Hasten. Es ist wohl begreiflich, daß 
dem, der gewohnt war, sich mit Muße ganz seiner wissenschaft¬ 
lichen Tätigkeit hinzugeben, graut vor dem Lärm und vor den 
zahllosen Verpflichtungen, die ihm das Leben in Berlin not¬ 
wendigerweise auferlegen muß. Berlin ist ein besserer Platz 
für solche, die sich schon zur Höhe hinaufgearbeitet haben, als 
für junge Kräfte, die noch ihren ganzen Ehrgeiz in die 



9. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


275 


Produktion setzen. Andererseits mag auch manchem, der in 
einer kleinen Universitätsstadt zur Größe emporgestiegen ist, 
bange werden, ob er in dem Gewimmel der Sterne des Berliner 
Himmels seinen eigenen Glanz so wird behaupten können. Wer 
es mit ansieht, wie die führenden Männer des geistigen Berlins, 
in erster Linie der Universität, durch repräsentative Ver¬ 
pflichtungen fast zerrissen werden, wer an den Strom der 
Besucher denkt, der alljährlich die Reichshauptstadt zu über¬ 
schwemmen pflegt und der nicht geringe Anforderungen an die 
Zeit derjenigen stellt, deren Name viele Besucher anzieht, der 
wird ein gewisses Sehnen nach der Beschaulichkeit einer stilleren 
Stadt und eine gewisse Scheu vor der Weltstadt begreifen lernen. 
Dazu kommt auch noch, daß die pekuniäre Seite eine viel größere 
Bedeutung gewonnen hat als früher, und daß auch in dieser Hin¬ 
sicht Berlin besonders hohe Anforderungen stellt. 

Von diesen ganz allgemeinen Verhältnissen sind offenbar 
auch die Berufungen an die Tierärztliche Hochschule zu Berlin 
stark beeinflußt worden. Dies ist namentlich unverkennbar her¬ 
vorgetreten bei der Besetzung des hygienischen Instituts. Wenn 
der Altmeister Kitt sich nicht hat entschließen können, seine 
geliebte Vaterstadt München zu verlassen, so wird man das be¬ 
greiflich finden. Daß aber junge Kräfte wie Joest und 
Casper einen Ruf abgelehnt haben, das wäre früher nicht 
denkbar gewesen. Neben jenen allgemeinen Gründen hat 
hier offenbar insbesondere auch eine gewisse Scheu mitgewirkt, 
die Gesamtheit der Aufgaben zu übernehmen, deren Bewältigung 
Ostertag bisher gelungen war, und es liegt daher nicht zuletzt 
auch in jenen Ablehnungen eine Anerkennung der Vielseitigkeit 
und der Summe der Leistungen dieses ausgezeichneten bisherigen 
Mitgliedes unserer .Hochschule.... 

Eine besondere Erörterung fordert es aber heraus, daß 
beide Lehrkanzeln nicht mit Tierärzten, sondern mit 
Ärzten besetzt worden sind. 

In der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift hat Herr 
Malkmus darüber folgendes gesagt: „Wenn in früheren Jahren 
einmal die Berufung eines Humanmediziners an eine tierärztliche 
Hochschule in Frage kam, so erfolgte gerade von der Stelle 
aus, die heute derartige Berufungen fördert, eine heftige Kanonade. 
Und heute? Ja, eines schickt sich nicht für alle.“ 

Daß Herr Malkmus diesen Satz auf mich bezieht, ist 
nicht zweifelhaft. Ich erinnere mich nun allerdings nur eines 
einzigen Falles, wo ich öffentlich gegen die Berufüng eines 
Mediziners gesprochen habe; dieser Fall bezog sich auf die 
Tierärztliche Hochschule in München, von der ich annahm, daß 
man ihr gegen ihren Willen einen Mediziner oktroyieren w’olle. 
Ich habe erst später erfahren, daß diese Annahme irrtümlich 
war, und habe mich seit der Zeit davon zurückgehalten, die 
Berufungen anderer Hochschulen zu besprechen. Das aber ist 
vollkommen richtig, daß ich immer der Ansicht gewesen bin, 
die Professuren an den tierärztlichen Hochschulen seien mit 
tierärztlich vorgebildeten Lehrern zu besetzen; ich hege diese 
Ansicht auch heute noch. Aber auch das ist tatsächlich richtig: 
eines schickt sich nicht für alle — Zeiten. Eine Ansicht darf 
nicht erstarren und zum bedingungslosen Vorurteil werden; nur 
der Tor bleibt „unentwegt“ auf seinem Standpunkt stehen, während 
rings umher die Ereignisse ihn übereilen, die Menschen sich ändern 
und die Umgebung jenes Standpunktes sich verschiebt. 

Kürzlich brachte in der Münchener „Jugend“ Otto Ernst 
eine reizvolle Besprechung über Theodor Fontane, in der sich 


ein Satz findet, den zu zitieren ich mir hier nicht versagen kann, 
weil er in diese Erörterung vortrefflich hineinpaßt. „Dieser 
konservative Redakteur der Kreuzzeitung“, sagt Ernst von 
Fontane, „war eben ein wahrhaft freisinniger und freidenkender 
Mann, und wie bei jedem wahrhaft freien Geiste haben sich seine 
Anschauungen im Laufe des Lebens gewandelt. Er ärgert und 
entrüstet sich über Verschraubtheiten und Eigensinnigkeiten, die 
sich Recht oder Prinzip oder Konsequenz nennen, und sagt: Wie 
niedrig stehen doch alle diese Dinge, und wie himmelhoch daneben 
steht die heitere Freiheit, die heute dies tut und morgen das, — 
bloß immer das richtige.“ 

Ich denke, diese Sätze wird man unterschreiben dürfen. 
Auch für uns haben sich die Zeiten gewandelt. 
Seit 1902 sind wir — wer wollte das verkennen — in 
eine neue Epoche eingetreten, und nicht alles mehr trifft zu 
für diese, was für die Vergangenheit mit vollem Recht gegolten 
hat. Wir Tierärzte stehen nicht mehr draußen vor dem Tempel 
der Wissenschaft, um den Einlaß kämpfend; wir sind heute 
Mitglieder der wissenschaftlichen Gesellschaft, und die Hoch¬ 
schulen können vollberechtigt in den Kreis der anderen treten; die 
größere Stärke erlaubt uns, manches zu tun, was früher hätte 
mißdeutet werden können. Wenn wir heute den Versuch machen, 
mit der Medizin zusammen zu arbeiten, so ist es für jeden ver¬ 
nünftigen Mediziner ausgeschlossen, uns noch eine Handlanger¬ 
rolle zuweisen zu wollen. In Frankreich hat sich das gleich¬ 
berechtigte Zusammenarbeiten schon vor einiger Zeit vollzogen 
unter Führung Nocards. Der Unterschied zwischen dort und 
hier ist auch manchem unserer medizinischen Größen schon 
aufgefallen. An diesem Unterschied waren nicht wir schuld, 
sondern ein gewisser Hochmut auf medizinischer Seite. Daß 
dieser sich aber nur noch als rückständig erweist — sowohl 
jenem Zusammenarbeiten in Frankreich als unsrer eigenen Ent¬ 
wicklung gegenüber — das haben die Führer doch wohl ein¬ 
gesehen. Es ist daher wohl an der Zeit, nunmehr den Versuch zu 
gemeinsamem Wirken zu machen und dazu darf die Hand auch von 
uns geboten werden, denn es ist nicht mehr die eines Bittenden. 

Namentlich aber hat die neueste Zeit uns einen ganz neuen 
Gesichtspunkt gebracht: wir streben — und die Verhandlungen 
| darüber sind in vollem Gange — nach der vollen akademischen 
Gleichstellung durch Verleihung des Promotionsrechtes. Wir 
wollen (hier dürfte Sachsen die einzige Ausnahme machen) 
dieses Recht nicht mit Unterstützung der Universität, und wenn 
bei diesen Promotionen Mediziner mitwirken, so sollen sie ganz 
zu uns gehören und uns nicht Fremde sein. Wenn wir zeigen, 
daß wir bei unseren Berufungen der neuzeitlichen Entwicklung 
der tierärztlichen Hochschulen voll Rechnung tragen, daß wir 
nur fragen nach der Höhe des Könnens und nicht nach 
dem Woher, dann entwinden wir auch etwaigem Widerspruch 
die letzten Scheingründe, an die er sich klammern könnte. 
Wenn wir uns als vorurteilslos erweisen und jetzt, wo wir 
es tun können, ohne uns etwas zu vergeben, Männer von 
den Universitäten in unsere Reihen stellen, dann können auch 
die Universitäten sich nicht kleiner zeigen und ein Vorurteil 
uns gegenüber gelten lassen. In diesem Lichte betrachtet 
werden die beiden neuen Berliner Berufungen vielleicht von 
nicht zu unterschätzender Wirkung sein. 

Es ist auch nicht mehr zu befürchten, daß die Mediziner, 
welche zu uns kommen, die tierärztliche Hochschule bloß als 
Übergang zur Universität benutzen oder daß unsere Lehrkanzeln 





276 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


nur von solchen umworben würden, die anderwärts nicht Unter¬ 
kommen können. Gäbe es andrerseits einen klareren Beweis dafür, 
welche Bedeutung z. B. das hygienische Institut der Tierärztlichen 
Hochschule auch in den Augen der Mediziner durch Ostertags 
Arbeit erlangt hat, als daß ein Löffler ernsthafter Kandidat 
für diese Stelle war? Gegenüber den zahlreichen Gerüchten, 
welche öffentlich und namentlich im persönlichen Verkehr der 
Tierärzte aufgetaucht sind, möchte ich hier konstatieren, daß 
die sachlichen Bedingungen für die Berufung Löfflers auf beiden 
Seiten erfüllt waren, daß namentlich die Annahme, Löffler habe 
abgelehnt, weil ihn die Universität nicht gleichzeitig zum 
Professor machen wollte, nicht zutrifft, und daß schließlich seiner 
Berufung im letzten Augenblick ein rein persönliches Hindernis, 
das sich nicht überwinden ließ, entgegengetreten ist. Alle 
früheren Zeitungsmeldungen waren falsch.* ) 

Vor allem entscheidend ist meiner Ansicht nach allein dies: 
die Einführung der Universitätsreife und die Aussicht auf die vollen 
akademischen Rechte stellen an die tierärztlichen Hochschulen 
neue Anforderungen, denen ihre bisherigen Einrichtungen 
noch nicht in allen Punkten entsprechen. Das ist auch das 
Gefühl der Tierärzte im Lande, wenn freilich auch dieses Ge¬ 
fühl sich vielfach in sehr unrichtiger, ungerechter und über¬ 
triebener Weise äußert. Und deshalb dünkt mich, daß gerade 
unter den Tierärzten die neuen Berufungen nicht den Wider¬ 
spruch finden werden, den man vielleicht sonst hätte erwarten 
können. Man sieht ein, daß bei den Berufungen bisher 
nicht in allen Fällen die einzige Rücksicht entschieden hat, 
welche entscheiden sollte: das ist die Rücksicht auf die volle 
Fähigkeit des zu Buufenden als Forscher und als Lehrer. In 
Zukunft muß davor sogar die Frage zurücktreten, ob der neu zu 
berufende Professor tierärztliche Vorbildung hat oder nicht.**) 

Bei der Vakanz des physiologischen Instituts 
bestand von vornherein nur geringe Aussicht, eine speziell tier¬ 
ärztlich vorgebildete Kraft zu gewinnen. Es mangelt uns an 
einem Nachwuchs auf keinem Gebiete so wie auf diesem. Der 
Mangel konnte nicht dadurch behoben werden, daß dem Ordinarius 
einer andern Hochschule die Berliner Stelle angeboten wurde; 
dadurch wäre die Lücke nur an einer Stelle geschlossen worden, 
um sie an der andern aufzureißen. Es wurde von vornherein 
als Ziel ins Auge gefaßt, in Berlin eine tierärztliche Physiologen¬ 
schule zu begründen, und als Begründer derselben mußte man 
eine junge Kraft von zweifelloser Bedeutung zu gewinnen 
suchen. Zwei gleich ausgezeichnete Namen standen an erster 
Stelle: Durig und Abderhalden.***) Es ist nicht gelungen, D urig 

*) Widersprochen werden muß auch einer Darstellung in der 
Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift, welche über die Kandidatur 
Löfflers folgendes schreibt: 

Der Initiative der tierärztlichen Hochschule entsprang diese 
Kandidatur nicht, das Kollegium war vielmehr unbeteiligt. Seit¬ 
dem den tierärztlichen Hochschulen in Preußen das Recht xu¬ 
gestanden ist , bei Neuberufungen Vorschläge zu machen , dürfte 
dies der erste Fall sein , daß mit einem Herrn verhandelt icurde , der 
von der Hochschule nicht in Vorschlag gebracht war. Hoffentlich 
bekommt nunmehr die Hochschule wieder die Führung bei den Ver¬ 
handlungen in die Hand usw. 

Es ist nicht Brauch, die inneren Vorgänge bei einer Berufung 
zu erzählen, es genügt daher, hier festzustellen, daß auch bei der 
Kandidatur Löfflers weder ein Recht der tierärztlichen Hochschule 
noch irgendein akademischer Brauch verletzt worden oder sonst 
etwas „noch nicht Dagewesenes“ geschehen ist. Schmaltz. 

**) Von tierärztlicher Seite ist der B. T. W. soeben ein Artikel 
zugegangen, welcher einen anderen Standpunkt vertritt. Der 
Artikel ist anonym und daher zur Veröffentlichung ungeeignet. Eine 
Anonymität der Redaktion gegenüber muß diese ablehnen. 

***) An zweiter Stelle waren genannt der erste Assistent von 
Zuntz, Dr. Caspary und Prof. Levy-Berlin. 


zu gewinnen, der uns als Schüler von Zuntz und als Professor 
an der Hochschule für Bodenkultur in Wien näher stand. Aber 
Abderhalden wird nicht minder das oben bezeichnete Ziel für 
uns erreichen; über seine allgemeine wissenschaftliche Bedeutung 
besteht in Fachkreisen längst kein Zweifel mehr. Es werden 
in Berlin an dem hoffentlich bald erstehenden neuen physiologischen 
Institut junge Tierärzte die ausgezeichnetste Gelegenheit haben, 
auf dem für uns so wichtigen Gebiet der chemischen Physiologie 
zu arbeiten. Mögen sie diese Gelegenheit ausnutzen! 

Anders als bei der physiologischen Vakanz lagen von vorn¬ 
herein die Verhältnisse bei der Besetzung der veterinär- 
hygienischen Professur. Hier hatte die Berliner Hochschule 
ohne weiteres angenommen, unter den tierärztlichen Forschern 
einen Ersatz für Ostertag zu finden. Wenn ein dreimaliger 
Versuch in dieser Richtung fehlgeschlagen ist, so darf man, ohne 
die Gründe dieser Fehlschläge zu untersuchen, mit gutem Ge¬ 
wissen sagen, daß die Tierärztliche Hochschule gegenüber dem 
tierärztlichen Stande ihre Pflicht, wenn wir von einer 
solchen sprechen wollen, vollauf erfüllt hatte. Wenn manche 
glaubten, noch auf den oder jenen hinweisen zu müssen, so ist zu 
| bedenken, daß man manchen nicht von einem Platze nehmen kann, 
ohne eine Sache zu schädigen, — vor allem, daß jemand, der an 
einem Platz tüchtiges leistet, noch lange nicht an jeden andern Platz 
paßt, namentlich nicht zum Lehrer, denn wer lehren will, muß 
selber Schule haben. Die Zeit der Autodidakten ist für uns ebenso 
vorüber, wie der früher übliche Übergang von einem Lehrfach zu 
einem ganz anderen und ähnliche Erscheinungen? Die Hoch¬ 
schule konnte angesichts des Mißerfolges, wenn sie sich 
nicht selbst aufgeben wollte, unmöglich ihre Ansprüche 
vermindern; sie hat die allein richtige Antwort mit 

einer Steigerung der Ansprüche gegeben. Wenn sich 

dabei ihre Blicke zunächst auf Löffler und Wassermann 
gerichtet haben, so lag dies besonders nahe, weil beide durch 
ihre Forschung schon zu uns gehörten; gegen den Doctor 
medicinae veterinariae honoris causa Löffler hätte übrigens 
auch das empfindlichste tierärztliche Standesgefühl nichts ein¬ 
wenden können. Geheimrat Frosch steht uns in dieser Hinsicht 
etwas ferner, aber er ist einer der bevorzugtesten Schüler Robert 
Kochs. Er bringt in sein neues Amt die ganze Koohsche Schule 
mit, und wir dürfen uns der sicheren Hoffnung hingeben, daß aus 
dieser Schule zahlreiche junge Tierärzte hervorgehen werden, 
die, mit dem vollen methodischen Rüstzeug ausgestattet, der 
Zukunft Erfolge auf dem Gebiete der Seuchenforschung abringen 
werden. Geheimrat Frosch wird es dabei leichter haben als 
Ostertag. Einmal wird von seiner Lehraufgabe die Nah¬ 
rungsmittelkunde abgezweigt und selbständig einem Abteilungs- 
Vorsteher übergeben;*) andererseits ist nicht zu bezweifeln, daß 
ein großer Teil der wissenschaftlichen Aufgaben, die namentlich 
auch das Ministerium gerade dem Berliner hygienischen Institut 
stellen mußte und die die Zeit Ostertags außerordentlich in Anspruch 
nahmen, mit Ostertag in das kaiserliche Gesundheitsamt über¬ 
siedeln. Sein Nachfolger wird daher seine ganze Kraft in den 
Dienst des Unterrichts stellen können. 

*) Auch hierzu bringt die Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 
eine falsche Nachricht Sie schreibt: „Wie uns mitgeteilt wird, 
ist als Nachfolger von Ostertag auf den Lehrstuhl für Nahrungs¬ 
mittelkunde Obertierarzt Henschel in Berlin in Aussicht genommen.“ 
Der Inhalt dieser Mitteilung ist einfach aus der Luft gegriffen. 
Die Vorschläge sind dem Herrn Minister kürzlich unterbreitet 
worden. Der Name He ns ch eis ist bei dieser Angelegenheit hier 
niemals genannt worden. 





9. April 1908. 


277 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Zur Lage der Tierärzte. 

Dem Staatshandbuche für 1908 entnehmen wir folgende 
Zahlen; 


Regierungsbezirk 

(Staat) 

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3 

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Gumbinnen . . . 

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3 

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1 

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_ 

3 

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1 

7,1 

Potsdam .... 

1 


2 

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_ 

— 

9 

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2 

13,3 

Frankfurt. . . . 

1 

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2 

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_ 

9 

52,9 

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Berlin. 

1 

— 

4 

40,0 

— 

_ 

4 

40,0 

2 

33,3 

Stettin. 

1 

— 

3 

23,0 

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— 

0 

47,0 

_ 

_ 

Cöslin. 

— 

— 

_ 

— 

_ 

_ 

3 

27,2 

1 

8,3 

Stralsund.... 

1 

— 

1 

25,0 

— 

_ 

3 

75,0 

_ 

_ 

Posen. 

1 

— 

3 

10,7 

— 

_ 

8 

28,5 

3 

11,5 

Bromberg . . . 


— 

— 

— 

— 

— 

2 

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1 

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Breslau 

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13 

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5 

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2 

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Oppeln .... 


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1 — 

— 


13 

65,0 

3 

16,6 

Magdeburg . . . 

— 

— 

3 

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— 

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6 

40,0 

3 

20,0 

Merseburg . . . 

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3 

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— 


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44,4 

3 

18.7 

Erfurt. 

— 

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25,0 

— 

— 

4 

50,0 

— 

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Schleswig . . . 

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10 

50,0 

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Hannover. . . . 

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2 

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3 

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Hildesheim . . . 

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Lüneburg. . . . 

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Stade . 

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Osnabrück . . . 

1 

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1 

12,3 

Aurich. 

1 

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2 

40,0 

Münster v'. . . 

1 

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3 

30,0 

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1 

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6 

66,6 

2 

22,2 

Arnsberg .... 

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5 

26,3 


— 

4 

21,0 

1 

1 7,1 

Cassel. 

— 

— 

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7 

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4 

19,0 

Wiesbaden . . . 

1 

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4 

23,5 

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— 

6 

35,3 

1 

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Coblenz .... 

1 

— 

2 

14,2 

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— 

4 

28,5 



Düsseldorf . . . 

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1 

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1 

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1 

— 

— 

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— 

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Staat: 

22 

59,4 

49 

10,0 

- 

| - 

200 

(40,5 

64 

13,5 


Man behauptet nun zwar, daß mit Zahlen alles bewiesen 


werden könne. In der Regel trifft dies auch zu; wenn aber die 
Zahlen eine so deutliche Sprache reden, wie in obiger Tabelle, 
beweisen sie nur Eins: daß die beamteten Tierärzte 
gegenüber den beamteten Ärzten bis jetzt sehr schlecht 
abgeschnitten sind. Zur Orientierung sei erwähnt, daß den 
Departementstierärzten ebenso wie den Reg.-Medizinalräten und 
Kreisärzten die Möglichkeit geboten ist, den Charakter als Ge¬ 
heimer Rat zu erwerben, nur mit dem Unterschiede, daß dieser 
Titel an die Departementstierärzte nur vereinzelt und in besonderen 
Fällen als Auszeichnung verliehen werden soll, wogegen solche ein¬ 
schränkenden Bestimmungen für die Medizinalbeamten nicht be¬ 
stehen. Tatsächlich kommt es auch nur äußerst selten vor, daß 
Reg.-Medizinalräten oder Kreisärzten, welche die vorgeschriebene 
Anzahl von Dienstjahren zurückgelegt haben, der Charakter als 
Geh. Med.-Rat vorenthalten wird. Hierbei sind die Kreistierärzte 
ganz außer acht gelassen, weil die Möglichkeit, daß sie auch 
einmal Geheime Veterinärräte werden können, noch in weiter, 
weiter Ferne liegt. Und doch dürfte die Mehrzahl der Kreis¬ 
tierärzte eine solche Auszeichnung nicht minder verdienen als 
der Durchschnitt der Kreisärzte, denn sie stehen jenen in bezug 


auf Pflichttreue und tatsächliche Leistungen keineswegs nach. 
Natürlich kann ein jeder nur dort seine Wirksamkeit entfalten, 
wo ihn das Schicksal hingestellt hat, ob dies aber in einer Stube 
oder in einem Stalle geschieht, dürfte an sich und für jeden 
einsichtsvollen Menschen vollkommen gleichgültig sein. 

Die ungleiche Behandlung der Kreisärzte und Kreistierärzte 
in bezug auf Verleihung von Titeln fällt noch mehr auf, wenn 
man berücksichtigt, daß die Kreisärzte bei ihrer Ernennung 
zum Medizinalrat den Rang der Räte IV. Klasse, die Kreistierärzte 
aber bei ihrer Ernennung zum Veterinärrat nur den Rang der 
Räte V. Klasse erhalten, so daß, wenn ein Unterschied in der 
Bewertung dieser beiden Beamtenklassen durchaus bestehen soll, 
dieser schon durch obige Rangunterschiede genügend zum Aus¬ 
druck kommen dürfte, ohne daß auf die Hervorkehrung des 
numerischen Unterschieds ein so großes Gewicht gelegt zu 
werden brauchte. 

Ähnlich wie mit den Titeln verhält es sich mit den Ordens¬ 
auszeichnungen. In nachstehender Tabelle sind die Medizinal- 
und Veterinärbeamten in bezug auf Ordensdekorationen mitein¬ 
ander verglichen. Die Angaben sind ebenfalls dem Staatshand¬ 
buche für 1908 entnommen, enthalten also noch nicht die aus Anlaß 
des diesjährigen Ordensfestes an die Medizinal- und Veterinär¬ 
beamten verliehenen Orden. 





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7 Kreisärzte und 


5 Kreistierärzte. 















278 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Obiger Tabelle entnehmen wir die überraschende Tatsache, 
daß 2,0 Proz. der Medizinalbeamten und nur 0,6 Proz. der 
Veterinärbeamten den Roten Adler- bzw. Kronen-Orden 3. Kl., 
83 Proz. der Regierungsmedizinalräte und nur 27 Proz. der 
Departements!ierärzte, sowie 14,8 Proz. der Kreisärzte und nur 
3,6 Proz. der Kreistierärzte den Roten Adler-Orden IV Kl. be¬ 
sitzen. Angesichts dieser Tatsache wird selbst den Optimisten 
unter den Tierärzten allmählich zu Bewußtsein kommen, daß wir 
noch vieles zu erkämpfen haben, ehe wir den Angehörigen der 
übrigen Berufe*) auch nur annähernd gleich gestellt sind, und 
erinnert man sich hierbei gleichzeitig auch daran, daß die Privat- 
und Schlachthaustierärzte bis jetzt überhaupt noch keine Aus¬ 
sichten auf Titel und Orden haben, wie dies in anderen freien 
Berufen von ähnlicher Bedeutung schon längst der Fall ist, ob¬ 
schon sie für die Allgemeinheit schließlich dasselbe wie 
die beamteten Tierärzte leisten und deshalb Auszeichnungen 
ebenso verdienen wie jene, sö kann man sich nur darüber 
wundern, daß die beamteten und Privattierärzte, anstatt sich 
zum gemeinsamen Kampfe um die Hebung ihres Ansehens und 
ihrer Stellung zusammen zu schließen, sich schon seit Jahren 
aufs heftigste befehden. Eine von beiden Parteien wird in 
dem Streit sicher obsiegen, ob der Stand als solcher aber 
liieraus Nutzen ziehen wird, erscheint mindestens zweifelhaft. 
Allerdings läßt sich nicht bestreiten, daß die Sympathien der 
meisten Tierärzte auf seiten der Privattierärzte sind, und daß 
letztere nicht nur mutig vorgegangen, sondern auch die geeig¬ 
neten Schritte zur Wahrung ihrer Interessen an der richtigen 
Stelle und zur richtigen Zeit unternommen haben, weshalb ihnen 
der Lohn hierfür voraussichtlich nicht vorenthalten bleiben wird, 
indessen tut uns Tierärzten gegenwärtig nichts mehr 
not, als Einigkeit. 

Was könnte und w r as sollte nun zur Beseitigung 
der vorhandenen Mißstände und zur Hebung des tier¬ 
ärztlichen Standes geschehen? 

In erster Linie müssen wir darauf hinwirken, daß den Tier¬ 
ärzten sowohl bei der Zentral- als auch bei der Provinzialinstanz 
eine angemessene Vertretung eingeräumt wird. Auf die Be¬ 
deutung, die ein Tierarzt in der Stellung eines Vortragenden 
Rats im Ministerium für die weitere Entwicklung unseres 
Standes haben würde, ist bereits wiederholt hingewiesen worden. 
Die zurzeit in der Veterinärabteilung des preußischen Landwirt¬ 
schaftsministeriums befindlichen Herrn Juristen erfreuen sich 
zwar wegen ihrer Liebenswürdigkeit und der nachsichtsvollen Be¬ 
urteilung unserer Schwächen, die wir natürlich ebenso wie alle 
übrigen Stände haben, allgemeiner Beliebtheit und Verehrung 
seitens der Tierärzte, indessen hängt hiervon allein das Ge¬ 
deihen eines Standes leider nicht ab, denn sonst würden wir 
Tierärzte mit zu den glücklichsten Menschen auf Erden zählen. 
Wenn wir in dem Tempo, wie wir es wünschen müssen, weiter 
kommen wollen, muß unsere Sache auch von oben kräftig ge¬ 
fördert werden, und dazu gebrauchen w r ir unbedingt einen das 
volle Vertrauen seiner Kollegen besitzenden Tierarzt als Vor¬ 
tragenden Rat im Ministerium. 

Die Vertretung der Tierärzte bei der Provinzialinstanz 
kann nur dann als angemessen bezeichnet werden, wenn die 

*) Ein Vergleich der Veterinärbeamten mit anderen Beamten¬ 
kategorien würde ungefähr dasselbe Bild ergeben. Die Medizinal¬ 
beamten sind hier nur deshalb herausgegriffen, weil ihre Tätigkeit 
derjenigen der Veterinärbeamten am meisten entspricht. 


Departementstierärzte Regierungs- und Veterinärräte geworden 
sind. Über die Notwendigkeit dieser Reform ist schon von berufener 
Seite wiederholt geschrieben worden, und die zu ihrer Unterstützung 
angeführten Gründe sind so stichhaltig, daß es „Eulen nach 
Athen tragen“ hieße, wollte man hierüber noch weitere Worte 
verlieren. Man sollte übrigens annehmen, daß die Erreichung 
dieses Zieles den Departementstierärzten nicht allzuschwer fallen 
könnte, sofern sie nur selber ihre Sache mit dem nötigen Nach¬ 
druck und der nötigen Zähigkeit betreiben wollten. Von selbst 
ist noch niemandem von uns etwas in den Schoß gefallen. 

Den Kreistierärzten als den Vertretern bei der Lokalinstanz 
muß unbedingt der Rang der Räte V. Klasse verliehen werden, 
wenn sie die Stellung einnehmen sollen, die ihnen sowohl nach 
ihrer Vorbildung als auch nach ihren Leistungen in der Beamten¬ 
schaft gebührt. Die jetzige Zwitterstellung zwischen der V. und 
VI. Klasse hat das Ansehen der Kreistierärzte unseres Wissens 
um nichts gefördert, sie werden nach wie vor zu den Subaltern¬ 
beamten gerechnet, obschon man an höherer Stelle anderer 
Ansicht zu sein scheint, was unter anderm auch daraus hervor¬ 
geht, daß den Kreistierärzten der Provinz Posen nach dem 
| 1. Juli 1905 die ihnen bis dahin gewährte, nur Subaltern¬ 
beamten gezahlte Ostmarkenzulage entzogen worden ist. An 
sich war die Entziehung dieser Zulage für die beteiligten Kreis¬ 
tierärzte wenig erfreulich, da es sich hierbei um 300 M. jährlich 
handelte, aber immerhin ist in diesem Falle zum Ausdruck ge¬ 
kommen, daß die Kreistierärzte wenigstens nach der Auffassung 
des Herrn Finanzministers nicht mehr zu den Subalterabeamten 
zählen. Wie uns indes von vielen Seiten bestätigt wird, wird 
diese Auffassung nur sehr vereinzelt geteilt, da die höheren 
Beamten gewöhnlich erst bei der V. Rangklasse beginnen und 
jeder, der sich nicht mindestens in der V. Klasse befindet, im 
allgemeinen als Subalterabeamter gilt. Die Referendare können 
hierbei nicht in Vergleich gezogen werden, weil sie eine Aus¬ 
nahmestellung einnehmen und nur vorübergehend in dieser 
Stellung verbleiben, um dann sofort in die V. Beamtenklasse 
einzurücken. Außerdem gehören sie dem bevorzugten Stande 
der Juristen an und würden, selbst wenn sie die niedrigste 
Rangstufe bekleideten, deshalb doch die feudalen Herren mit den 
höchsten Chancen für die Zukunft bleiben. Man wird daher 
aus der Tatsache, daß die Kreistierärzte offiziell noch vor den 
Referendaren rangieren, nicht darauf zu schließen berechtigt 
sein, daß sie nun auch mindestens das gleiche Ansehen im 
Publikum genießen, wie die Referendare. Die Qualität als 
höherer Beamter wird vielmehr nur durch Verleihung der 
V. Rangklasse beigelegt, eine Tatsache, über die nichts, auch 
nicht die Entziehung der Ostmarkenzulage, hinwegtäuschen kann. 

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die für die Kreisärzte 
schon im bevorstehenden Etatsjahre geforderte Pauschalierung 
für die Kreistierärzte nicht mehr lange auf sich warten lassen, 
vielleicht noch 2, höchstens 3 Jahre, aber dann wird sie wohl 
sicher kommen. Sollte die finanzielle Tragweite der Frage 
einer angemessenen Rangerhöhung der Kreistierärzte bis jetzt 
entgegengestanden haben, so würde dieses Hindernis durch die 
Pauschalierung beseitigt werden, und wenn die Pauschalierung 
der Preis für die Einrangierung der Kreistierärzte in die 
V. Rangklasse sein sollte, so würde man deren recht baldige 
Einführung nur dringend wünschen können. Wenn aber die 
Kreistierärzte, wie bisher, die Hände in den Schoß legen und 
sich nicht tatkräftig rühren, wird die Pauschalierung wahr- 








9. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


279 


scheinlick auch kommen, ohne daß irgend etwas an der bisherigen 
RangsteUung der Veterinärbeamten geändert wird. Das sollten 
die Kreistierärzte sich merken! 

Die einzigen, die sich in letzter Zeit tatkräftig gerührt und aücli 
einen Erfolg zu verzeichnen haben, sind die Privattierärzte. Bis 
jetzt ist dieser Erfolg allerdings mehr moralischer als positiver 
Natur, aber auch damit ist schon viel gewonnen, da sich 
die Reichsregierung den Wünschen des Reichstages bezüglich 
der Zulassung von Privattierärzten zu den im Seuchengesetz 
vorgesehenen Amtsverrichtungen der Tierärzte nicht verschließen 
wird. Die Frage, auf wessen Seite das Recht in dem Streit 
zwischen den Privat- und Kreistierärzten liegt, kann hier un¬ 
berührt bleiben. Jedenfalls muß man anerkennen, daß die 
Privattierärzte bislang sehr stiefmütterlich behandelt worden sind, 
und wenn sie sich nun zusammengeschlossen haben, um gemein¬ 
schaftlich Schritte zur Verbesserung ihrer Lage zu unternehmen, 
so wird man dies nur mit Freuden begrüßen können. Abgesehen 
aber davon verdienen die Privattierärzte auch noch deshalb 
Sympathie, weil sie — wie bereits erwähnt — den Mut der 
Überzeugung haben und keine Mühe scheuen, ihr Ziel zu er¬ 
reichen. Zu dieser Energie kann man ihnen nur Glück wünschen, 
denn sie’ haben noch vieles, vieles nachzuholen. Sie müssen 
ihr Augenmerk auch darauf richten, ebenso wie die Angehörigen 
anderer freier Berufe, durch Titel ausgezeichnet zu werden, 
weil dadnrch ihr Ansehen im breiten Publikum erheblich steigen 
würde. Kein billig denkender Kollege wird leugnen wollen und 
können, daß den ältern verdienten Privattierärzten der Titel 
„Veterinärrat“ ebenso gebührt, und daß sie diesen Titel nicht 
minder verdienen, wie die Kreistierärzte: Beide ziehen an dem¬ 
selben Strange, beiden liegt in letzter Linie die Pflicht ob, für 
die Gesunderhaltung unserer Viehbestände und die Rentabilität 
unserer Viehzucht Sorge zu tragen. 

Wollen die Tierärzte insgesamt ihre Lage verbessern, so 
müssen sie sich in erster Linie darüber klar werden, welche 
Mittel andere Stände, die z. T. in den letzten Jahren viel er¬ 
reicht haben, bei der Verfolgung ihrer Ziele angewandt haben, 
denn wie in vielen anderen Dingen, ist auch hier die Geschichte 
eine gute und zuverlässige Lehrmeisterin. In dieser Hinsicht 
können wir von den Oberlehrern und Ärzten manches lernen, 
und wenn wir die Ursachen der Erfolge dieser beiden Stände 
ergründen, so finden wir namentlich folgendes: 

1. Beide Stände sind vorzüglich organisiert und wenden 
nicht unerhebliche finanzielle Mittel zur Vertretung ihrer An¬ 
sprüche auf; 

2. beide Berufe haben sich in den letzten Jahren kräftig 
gerührt und zur Geltendmachung ihrer manchmal gerade nicht 
allzu bescheidenen Forderungen fleißig die politische Presse 
benutzt; 

3. beide Berufe haben zeitweise dafür gesorgt, daß der 
Andrang zu dem betreffenden Studium gehemmt wurde. 

Zu 1: Die Organisation ist namentlich bei den Ärzten 
mustergültig. Man denke nur an die Sperrung von Arztstellen 
aus Anlaß des umfangreichen und langdauernden Streits mit 
den Krankenkassen, sowie neuerdings an die Sperrung der 
Stellen von Vertrauensärzten. Ohne mustergültige Organisation 
wäre eine solche Maßnahme nicht durchführbar gewesen. Aus 
diesem Vorgehen der Ärzte könnten insbesondere die Schlacht¬ 
haustierärzte eine Lehre ziehen. Wenn sie sich mit den Privat¬ 
tierärzten in Verbindung setzten und solche Stellen, die ihrer 


Meinung nach in standesunwürdigcr Weise dotiert sind, bei 
etwaigen Vakanzen ebenfalls sperrten, würden sie hierdurch 
mehr erreichen als mit Petitionen an die Staatsbehörden, die 
bei dem Selbstverwaltungsrecht der Städte im großen und 
ganzen nur geringen Einfluß auf die Gestaltung der Stellung 
der Schlachthoftierärzte auszuüben vermögen. Mit Hilfe der 
Sperrung würden die Schlachthoftierärzte voraussichtlich sehr 
bald und gründlich zum Ziele gelangen. 

Nicht minder gut als die Organisation der Ärzte, ist die 
Organisation der Oberlehrer. Sie haben seinerzeit durch Samm¬ 
lung von Beiträgen eine hohe Summe aufgebracht und diese 
für ihren damaligen Vorkämpfer Schröder sicher gestellt 
für den Fall, daß ihm etwas Menschliches bei der Agitation für 
seine Kollegen zustoßen sollte. Es ist neulich seitens des 
Kollegen Krüger-Posen der Gedanke angeregt worden, ein 
Agitationsbureau zu errichten. Diese Anregung verdient vollste 
Beachtung und sollte nicht ohne weiteres fallen gelassen werden. 
Nur dürfte die Leitung eines solchen Bureaus nicht, wie Krüger 
vorgeschlagen hat, einem Juristen, sondern einem Tierarzte zu 
übertragen sein, da nur ein solcher das richtige Verständnis 
für die uns bewegenden Fragen haben kann. Jedenfalls ver¬ 
dient aber . der Vorschlag, seitens des Deutschen Veterinärrats 
und der Zentralvertretung beraten zu werden. 

Zu 2: .Wie sehr sich die Oberlehrer und die Ärzte in 
letzter Zeit gerührt haben, dürfte allgemein bekannt sein, und 
wie diese Bewegung sowohl den Oberlehrern wie den Ärzten 
genutzt hat, wird sich bei der nächsten Gehaltsaufbesserung 
zeigen, ist aber auch dadurch bereits zum Ausdruck gekommen, 
daß den Oberlehrern vor nicht langer Zeit zur Hälfte der Titel 
„Professor“ mit dem Rang der Räte IV. Klasse beigelegt worden 
ist, eine Auszeichnung, die den meisten Oberlehrern bei dem 
heutigen Mangel an Lehrkräften durchschnittlich schon mit dem 
40. bis 42. Lebensjahre zuteil wird. 

Seitens der Tierärzte ist dagegen in den letzten Jahren 
recht wenig zur Hebung ihrer Stellung unternommen worden. 
Wenn hier und da auch vereinzelte Stimmen laut geworden 
sind, die eine Verbesserung unserer Stellung anstrebten, so 
fehlte nnserm Vorgehen doch das Planmäßige und System. 
Wollen wir aber etwas erreichen, so müssen wir unbedingt 
einheitlich und nach einem bestimmten Plane Vorgehen, 
denn ebenso, wie eine Truppe ohne einheitliche Führung nie 
siegen kann, werden auch unsere Bestrebungen im Sande verlaufen, 
wenn — wie dies leider jetzt der Fall ist — die einen hierhin, 
die anderen dorthin ziehen.. Zur Leitung unseres Vorgehens 
würde sich die oben erwähnte Agitationsstelle vorzüglich eignen. 

Wer die politische Tagespresse studiert, ein Studium, das 
heutzutage jeder gebildete Mensch betreiben soll, wird bald in 
dieser, bald in jener großen Zeitung Abhandlungen über die 
Lage und Wünsche der einzelnen Berufsklassen finden und aus 
der.Sachkenntnis, mit der die betreffenden Artikel geschrieben 
sind, entnehmen können, daß die Verfasser Berufsangehörige 
sein müssen. Über die Tierärzte liest man nur äußerst 
selten etwas in den Zeitungen, und wenn einmal ein Bericht 
über eine Hochschulfeier, einen Kongreß oder dgl. in einer 
Zeitung erscheint, so ist er meist so knapp und häufig so un¬ 
sachgemäß gehalten, daß man fast wünschen möchte, der Artikel 
wäre lieber unterblieben. Würden die Tierärzte in ihren eigenen 
Reihen Berichterstatter für die Tagespresse halten, so würde 
diesem Mangel voraussichtlich abgeholfen sein. Man kann sich kaum 



280 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


denken, daß die größeren Zeitungen nur Verständnis und Inter¬ 
esse für die Lage der übrigen Stände, nicht aber auch für die 
der Tierärzte haben sollten, vielmehr wird man annehmen 
müssen, daß der Grund für dieses mangelhafte Verständnis der 
Presse für tierärztliche Angelegenheiten an uns selber liegt. 
Wenn wir aber überhaupt etwas erreichen wollen, erscheint 
eine ausgiebigere Benutzung der Tagespresse nötig, und dieser 
Aufgabe würde wiederum eine Agitationsstelle in erster Linie 
gerecht werden können. Außerdem gibt es aber noch andere 
Mittel, die Presse für uns zu interessieren, Mittel, die gar nicht 
als unerlaubt bezeichnet werden können. Wenn man sich z. B. 
einzelnen Redaktionen gegenüber bereit erklärte, die Tierärzte 
darauf hinzuweisen, daß bestimmte Zeitungen es übernommen 
haben, über wichtige tierärztliche Angelegenheiten ausführlich 
zu berichten, und sie zum Abonnement auf diese ZeituDgen auf¬ 
zufordern, würde sich kaum eine Zeitung weigern, unsern Wünschen 
zu entsprechen, und es würde ferner kaum viele Tierärzte geben, die 
einer Aufforderung zum Abonnement auf die betreffende Zeitung 
nicht Folge leisteten. 

Zu 3: Vor nicht langer Zeit brachten die Grenzboten ein 
Referat über den Mangel an Ärzten in der Armee. In diesem 
Referat war ausgeführt, daß verfügen 

1. das Sanitätskorps über 1,1 Proz. Stellen mit Obersten- 
und 0,3 Proz. Stellen mit Generalsrang, 

2. die Militärjustizbeamten über 6.7 Proz. Stellen mit 
G eneralm a j orsran g, 

3. die Intendanturbeamten über 20 Proz. Stellen, die im 
Endziel Generalinajorsrang und mehr erreichen und 

4. das preußische Offizierkorps über 2,6 Proz. Stellen 
für Regimentskommandeure und 1,6 Proz. Stellen für 
Generale. 

Die Benachteiligung der Sanitätsoffiziere gegenüber den 
übrigen Offizieren und höheren Militärbeamten, wurde in dem 
Referat als Grund dafür angeführt, daß der Bedarf der Armee 
an Ärzten nicht gedeckt werde, und ferner wurde zur Behebung 
dieses Manquements die völlige Gleichstellung der Militärärzte 
mit den übrigen Offizieren gefordert. 

Der Verfasser jenes Artikels ist ein kluger Mann, er weiß, 
daß man, sobald sich ein Mangel an Personal bemerkbar 
macht, Forderungen stellen kann und auch bewilligt erhält. 
Das lehrt u. a. auch zur Evidenz die Geschichte der ver¬ 
schiedenen Streiks. Für uns Tierärzte folgt hieraus als wichtigste 
Lehre, daß wir vor allen Dingen dafür sorgen müssen, daß sich 
möglichst bald ein Mangel an Personal bei uns bemerkbar macht. 
Wer könnte auch einem jungen Manne mit dem Zeugnisse der 
Reife bei den Aussichten, wie sie der tierärztliche Beruf heute 
bietet, aus ehrlicher Überzeugung dazu raten, Tierheilkunde 
zu studieren ?! — Sorgen wir dafür, daß der Zudrang zum 
tierärztlichen Studium eine Zeitlang aufhört, sobald ein Mangel 
an Studierenden und Tierärzten eintritt, wird man sich unbe¬ 
dingt dazu bequemen müssen, unseren Ansprüchen mehr als 
bisher entgegenzukommen. An diesem Punkte liegt unsere 
Hauptstärke. Hat man anerkennen müssen, daß das 
tierärztliche Studium als Vorbedingung da’s Abitu¬ 
rientenexamen erfordert, so soll man sich auch nicht 
scheuen, die Konsequenzen hieraus zu ziehen! 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Tierarzt und Direktor 
der Zentrallehrschmiede Ottomar Oc^-Hannover der Rote Adlerorden 
IV. Klasse, dem Tierarzt Hcnnieh Frendenberg - Gartz a. 0. der 
KÖnigl. Kronenorden IV. Klasse. Prof, extraord. Dr. Caspcr Breslau 
zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Der Tierarzt 
Kd. tunk aus Landshut zum Prosektor am Anatom. Institut der 
Tierärztl. Hochschule München. — Veterinärbeamte: Die Tier¬ 
ärzte Dr. Richard Imnulmann , Hermann Skeido definitiv zu KreL- 
tierärzten und Friedrich Wulff definitiv zum zweiten Kreistierarzt 
in Naugard bzw. Bremervörde bzw. Schleswig. - Versetzt: Die 
Bezirkstierärzte Adolf Sfeger-Wegscheid nach Bad Tölz, Robert Streif- 
ftc;v/-Naila nach Arnberg. In den Ruhestand: Veterinärrat Lütkc- 
miilUr , Kreistierarzt in Ratibor zum 1. Mai 1908; Bezirkstierarzt 
Joseph Kaut in Schrobenhausen. — Schlachthof Verwaltung: 
Schlachthofinspektor Oenther- Rathenow zum Direktor, Qoslar- Aachen 
zum Obertierarzt ernannt. Die Tierärzte Friedr. Schlieeker zum 
Schlachthofverwalter in Lippstadt, Hugo Pohl- Stettin zum Schlachthof- 
Assistenten in Harburg a. Elbe. 

Verzogen: Die Tierärzte Dr. Albert J/ö7/er-Düsseldorf als stell¬ 
vertretender Distriktstierarzt nach Alpirsbach, Fritz Slolyer- Tilsit 
als Assistent am Seruminstitut der Landwirtschaftskammer für die 
Provinz Brandenburg nach Prenzlau, Joseph Keller - Bremen 
(Schlachthof) nach Herzogenaurath. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Oberveterinär Stielx im 
Drag -Reg. Nr. 14 zum Stabsveterinär: der Studierende Hause von 
der Militär-Veterinär-Akademie im Feldart.-Reg. Nr. 23 unter gleich¬ 
zeitiger Kommandierung auf 6 Monate zur Militär-Lehrschmiede zum 
Unterveterinär. — Versetzt: Oberstabsveterinär bergin im Feld¬ 
art.-Regt. Nr. 36 zum Kür.-Ilegt. Nr. 2: die Stabsveterinäre, HoV/rr im 
Fcldart.-Rcgt. Nr. 38 und Rips im Drag.-Regt. Nr. 11 gegenseitig, 
Dernbach vom llemontedepot Jurgaitschen zum Remontedepot Arend- 
see, (iicsenschlay vom Remontedepot Kattenau zum Remontedepot 
Jurgaitschen; die Oberveterinäre Vogler im Train-Bat. Nr. 11 zum 
Feldart.-Reg. Nr. 36 zur Wahrnehmung der Stabsveterinärgeschäfte, 
Oder/rald im Feldart -Regt. Nr. 8 zum Train-Bat. Nr. 11, Qröfx 
Assistent bei der Militär-Lehrschmiede Frankfurt a. M. zum Train- 
Bat Nr. 7, Kühn im Train-Bat. Nr. 7 zum Kür.-Regt. Nr. 4, Keren 
im Hus.-Regt Nr. 16 als Assistent zur Militär-Lehrschmiede in 
Frankfurt a. M., Hark im Hus.-Regt Nr. 15 zum 2 Garde-Feldart -Regt., 
Schtecbs im Feldart.-Regt. Nr. 41 zum Fcldart.-Regt. Nr. 25 (Standort 
Graudenz), Biesterfeld im Ulan.-Regt Nr. 14 und Altmann im Drag- 
Regt. Nr. 2 gegenseitig, Perl im Drag.-Regt Nr 17 zum Feldart - 
Regt. Nr. 34, Dr. Perkuhn im 3. Garde-Feldart.-Regt. unter Rück¬ 
tritt vom Kommando zur Tierärztlichen Hochschule Berlin zuni 
2. Garde-Dragoner-Regiment, Leanhardt im Husaren-Regiment 
Nr. 15 zum Jäger-liegt. zu Pferde Nr. 2, dieser mit Wirkung vom 

1. Mai 1908. — In eine etatsmäßige Oberveterinärstelle eingerückt: 
Oberveterinär flcnnig im Feldart -Regt. Nr. 20; die Unterveterinäre 
Bauch im Feldart.-Regt. Nr. 19 zum Hus.-Regt. Nr. 15, Stresow im 
Feldart.-Regt. Nr. 23 zum 1. Garde-Ulan.-Regt., dieser nach Ablauf 
des Kommandos zur Militär-Lehrschmiede in Berlin, Berndl im 
Feldart.-Regt. Nr. 54 zum Drag.-Regt Nr. 17, Stummer im Ulan.-Regt. 
Nr. 11 zum Hus -Regt. Nr. 14, Warmbrunn im Hus.-Regt. Nr. 14 zum 
Feldart.-Begt. Nr. 54, Bork im 1. Garde-Ulan -Regt, zum Feldart.- 
Regt. Nr. 51. — Kommandiert: Oberveterinär Dr. Hobst Her im 

2. Garde-Drag.-llegt. als wissenschaftlicher Assistent zum Patholog. 
Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin. Zur 1. Remontierungs¬ 
kommission: Oberveterinär Rode im Train-Bat. Nr. 9; zur 2. Remon¬ 
tierungskommission: Oberveterinär Mohr im Drag.-Regt. Nr. 20; zur 

3. Remontierungskommission: Oberveterinär Brilliny im 1. Leib.-Hus.- 
Regt. Nr. 1: zur 4. Remontierungskommission: Oberveterinär Dr. Dreyer 
im Feldart -Regt. Nr. 70; zur 5. Remontierungskommission: Ober- 
veterinär Heydt, im Train-Bat. Nr. 15. — Bayern: Wieder an¬ 
gestellt: Oberveterinär Rau von der Kaiserlichen Schutztruppe 
für Deutsch-Südwestafrika im 8. Feldart.-Regt. — Versetzt: 
Oberveterinär Dr. Maier im 8. Feldart.-Regt. als Assistent zur 
Militär-Lehrschmiede. — Sachsen: Versetzt: Die Unter- 
veterinäre Susfmann im Ulan.-Regt. Nr. 18, kommandiert als Repe¬ 
titor bei der Militärabteilung der Tierärztlichen Hochschule und 
Emshoff im Hus.-Regt. Nr. 18 gegenseitig zum 1. Juli 1908. 
In der Schutztruppe für Deutsch - Südwestafrika: Aus¬ 
geschieden und in der Armee wieder angestellt: Die Oberveterinäre 
Brühlmeyer im Feldart.-Regt. Nr. 7 (Standort Düsseldorf) und Hatcich 
im Feldart.-Regt. Nr. 40, Bertram, behufs Übertritts zu den Veteri¬ 
nären der Reserve. — Im Beurlanbtenstando: Befördert: Unter- 
veterinär der Reserve Dr. Friedrichs vom Bezirkskommando III 
Berlin zum Oberveterinär. 

Todesfall: Professor an der Tierärztlichen Hochschule Josef 
Z/nwin^cr-München. _ 

Vakanzen. (Vgi. Nr. u.) 

Schlaohthofstelje: Halle a. S.: Assistenzarzt sofort, Gehalt 
200 M. p. Monat und freie möbl. Wohnung. Angebote an die Ver¬ 
waltung des städt. Schlacht- und Viehhofes. 

Besetzt: Die Schlachthofstellen in Harburg und Lippstadt. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Sclinialtz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoets in Berlin. —• 

Druck von W. BUxenntein, Berlin. 




Di« „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilbeimstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5.— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeltungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk., fn Petitsata xnh 
00 Bk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., UuisenstraOe 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Vurl.igsbucMiandlitug. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 
Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor 

Dresden. 


Veterinärrat Dr. Lothes 

Departementstierarzt 

Cöln. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Freiburg i. Br. 


Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 
Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 


Veteriuärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 
Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestirrarzt v Bayern 

München. 


Veterinärrat Preuße 

Departementstierarzt 

Danzig. 

Wehrle 

Kaiser;. Regiernngsrgt 

Berlin. 


Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

ZOndel 

Kreistierarzt 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


,M. 16 . Ausgegeben am 16. April. 


Inhalt: Reimers: Zur Kastration. — Bernhardt: Ein merkwürdiger Fall. — Schaaf: Zur Behandlung des ansteckenden 
Scheidenkatarrhs mit Bissulin. — Goldbeck: Die Raebigersche Salbenspritze in der Praxis. — Cornelius: Jodipin 
bei Lungenentzündung des Pferdes. — Kyl6n: Eine neue Nasenbremse. — Hennig: In Schnee und Eis. — Referate: 
Sieber: Tropenhygiene und Protozoenkrankheiten. — Aus der medizinischen Literatur. — Rißling: Beitrag zur Biologie 
normaler Tiersera. —Tagesgeechlchte: Goldbeck: Die Gestüts-Karriere. — Zum Kapitel: „Der Tierarzt beim Körgeschäft“.— 
Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins der beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 
1. Dezember 1907 (Fortsetzung). — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Zur Kastration. 

Von Kreistierarzt Reimers, Freiburg-Elbe (Kr. Kehdingen). 

Die Kastration unserer männlichen Haustiere wird wohl am 
einfachsten mittelst, des EmaskulatorB aasgeführt. Aber es 
können bei dieser Methode doch allerlei Bedenken sich er¬ 
gebeirr man hat auch bei dem ganz korrekt - gearbeiteten 
Emasknlator niemals den Grad der Gefäßquetschung in der 
Hand, ans dem einfachen Grunde, weil das Spatinm zwischen 
Qnetsclihacke und Hakenschneide beim Instrument festgelegt ist. 

So kommt es, daß häufig hei kleinen Tieren, also bei wenig 
umfangreichen Samensträngen, keine genügende Qnetschnng 
und somit eine Nachhlntnng 
entsteht, während hei star¬ 
ken Samensträngen der Sa¬ 
menstrang nicht in den 
Qnetschranm hineingepreßt 
werden kann und hei stark 
ansgeübten Druck derselbe 
zerquetscht oder zerrissen 
wird, und so wieder eine 
Blutung entsteht. Um nun 
diese mit Hecht als sehr un¬ 
bequem angesehenen Nach¬ 
blutungen zu vermeiden, wurde außer dem Emasknlator eine 
SandBche Zange als Fixations- and Kompressionszange ange¬ 
wandt. Diese Methode wird wohl von den meisten Tierärzten 
in der Praxis angewandt, und ich habe auch dieselbe seit Jahren 
als gut schätzen gelernt. 

Ganz abgesehen aber von der Unbequemlichkeit, immer 
zwei Instrumente zum Entfernen des Testikels nötig zu haben, 
ist mir als Übel stand die große Quetschmanschette des 
Samenstr&ngstampfes aufgefallen. 

Wenn auch ein größerer gequetschter Samenstrangstumpf 
vor Blutungen vielleicht eher schützen mag, so bildet er aber 
auch ein größeres Hindernis zur glatten Abheilung und damit 


eine günstigere Bedingung zur nachträglichen Infektion. So konnte 
ich häufig beobachten, daß in den ersten drei bis vier Tagen 
nach der Operation die Kastraten sich munter und lebhaft ver¬ 
hielten, als wenn „nichts passiert“ war. Erst nach zirka acht 
bis vierzehn Tagen stellten sich hei einigen Kastraten 
Schwellung, gespannter - Gang, getrübtes Allgemeinbefinden, 
also Zeichen einer Infektion ein. Durch die erste Kom¬ 
pressionszange wird sicherlich immer znr Hauptsache die Blut¬ 
stillung erfolgen. Es lag deshalb der Gedanke nahe, daß eine 
gute Quetschzange, mit einer Schneidevorrichtnng versehen, 
bessere und sichere Dienste leisten würde. 

Mit der Konstruktion 
der hier ahgebildeten Zange 
ist der Gedanke verwirklicht. 
Das Instrument ist von der 
Firma Hanptner nach 
meinen Angaben hergestellt. 
In der ahgebildeten Zange 
hat znr Konstruktion der 
Qnet8chvorrichtnng das Mo¬ 
dell der Masensehen Zange 
gedient, ein dritter Hebel, 
welcher mit dem einen Arm 
der Zange durch eine Feder verbunden ist, wirkt als Schneide. 

Bei der Ausübung der Operation wird also der bloßgelegte 
Samenstrang zuerst gequetscht, dann wird durch einen leichten 
Druck auf den dritten Hebel der Testikel glatt abgeschnitten, 
indem man darauf achtet, daß die kleine Flügelschranhe den 
Banchdecken des Tieres zngewandt ist. 

Bei einiger Übung ist die Zange sehr handlich, so daß man 
gut mit einer Hand die Zange anlegen und die Kompression 
der beiden Hanptschenkel ansführen kann. 

Die Zange bietet den Vorteil, daß sie hei kleinen und 
großen Tieren gleich sicher wirkt, da immer eine genügende 
Quetschung der Gefäße hervorgebracht werden kann. Weiter 







282 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


ist es äußerst bequem, nach Öffnung des Skrotums und Frei¬ 
legen der Testikel mit einem Instrument die Operation voll¬ 
enden zu können, zumal einem in der Praxis häufig nur wenig 
Hilfspersonal zur Verfügung steht Besonders habe ich dies 
empfunden bei der Kastration der Bullen, welche ich nicht 
niederlegen lasse; bei dem Hin- und Hertrippeln unruhiger Tiere 
fällt es schwer, nach dem Fixieren des Samenstranges ein anderes 
Instrument, Schere oder Emaskulator aus einem Behälter zu 
nehmen, wenn ein Gehilfe zum Darreichen fehlt, und man die 
Kompressionszange zwecks Vermeidung von Zerrungen auch 
nicht freigeben darf. 

Weiter ist ein Vorteil, daß der gequetschte Samenstrang¬ 
stumpf nicht allzu groß ist, ohne daß die Gefahr einer Blutung 
erheblicher ist als bei anderen Methoden. 

Ich habe mit dieser Zange vielfach Kastrationen ansgeführt 
bei Bullen im Alter von acht Wochen bis zu eindreiviertel Jahren 
und bei jüngeren Hengsten; bei allen Tieren ist die Operation 
ohne Nachblutung verlaufen und die Heilung ist glatt erfolgt. 

Die Konstruktion der Zange trägt einer leicht ausführbaren 
Reinigung Rechnung, indem sie sehr schnell und bequem in ihre 
einzelnen Teile zerlegt werden kann. Nach Entfernung der 
Flügelmutter setzt man ein kleines Metallstäbchen in eine An¬ 
körnung des Verbindungsbolzens, bei einem leichten Schlage auf 
das Stäbchen gleitet der Bolzen heraus und die Schenkel der 
Zange sind frei. 

Die Zange wird hergestellt von der Instrumentenfabrik 
H. Hauptner-Berlin. 


Ein merkwürdiger Fall. 

Von Dr. Bernhardt - Offenhausen. 

Am 26. Oktober 1907 wurde ich zu J. F. R. in G. gerufen, 
mit dem Bericht, eine Kuh von ihm habe einen kranken Fuß 
und fresse seit Mittag nicht mehr. Einige Minuten nach 4 Uhr 
nachmittags kam ich in das betreffende Haus. Beim Betreten 
des Stalles lag die betreffende Kuh auf der linken Seite dicht 
an der Wand, den Kopf lang ausgestreckt, ruhig da, so daß 
ich schon glaubte, das Tier sei verendet. Der linke Vorderfuß 
war gerade ausgestreckt, der rechte an den Leib herangezogen, 
während die Hinterfüße steif zur Seite gestreckt waren. Da 
auf Aufmunterung mit der Peitsche das Tier nicht zum Auf¬ 
stehen zu bewegen war, ließ ich die Halskette lösen und durch 
einige Mann die Kuh auf die andere Seite überwälzen. Da lag 
sie nun mit steif ausgestrekten Beinen, lang ausgestrecktem 
Kopf, mit zurückgezogenen Augen, offenem Maul, dessen Unter¬ 
kiefer in eigentümlicher Weise nach rechts gezogen war. Die 
linke Hungergrube war stark vorgewölbt, aber nicht gespannt. 
Das Atmen ging so ruhig vor sich, daß man es kaum bemerkte. 
Temperatur 38,9° C. Puls kräftig und gleichmäßig 60. Beim 
Herausziehen des Thermometers aus dem Mastdarm war derselbe 
mit Blut beschmiert, ebenso war der After blutig, was beim 
Einfuhren des Thermometers, das ich selbst mit Leichtigkeit in 
den schlaffen Mastdarm besorgte, nicht zu bemerken gewesen war. 

Nach einer Weile fing das Tier an zu schnarchen und lag 
da, regungslos, wie schwer betrunken. Mittelst Endophonoskop 
untersuchte ich nun das Herz und konnte feststellen, daß der 
Herzschlag rhythmisch und kräftig war, beide Herztöne konnte 
man deutlich und ohne Nebengeräusche hören, die Zahl der 
Herzschläge in der Minute betrug 60. Nachdem ich mich so 


vergewissert hatte, daß ein letaler Ausgang nicht überraschend 
eintreten konnte, erkundigte ich mich bei dem Eigentümer nach 
den näheren Umständen. Man sagte mir, daß das Tier gestern 
noch ganz munter gewesen sei, heute morgen, als es zum 
Brunnen getrieben wurde, habe es dort nicht getrunken, dagegen 
nachher im Stall. Beim Heimgehen vom Brunnen sei die Kuh 
mit dem linken Hinterfuß immer nach der Seite getreten. Das 
Mittagsfutter habe sie dann nicht angenommen. Ihr letztes 
Kalb hatte sie vor 1 Va Jahren, unterdessen hat sie sehr oft ge¬ 
rindert. Zeichen von Schreckhaftigkeit, von abnormer Kopf¬ 
haltung, von Unregelmäßigkeiten im Gang hatten die Leute 
bisher nicht bemerkt. Das ganze Krankheitsbild glich dem 
einer Kuh mit Kalbefieber. Ich schickte nun nach meinem 
Instrumentenkasten, um eine Luftinfusion ins Euter zu machen 
und den Erfolg davon zu beobachten. Während der Bote nach 
meiner 20 Minuten entfernten Wohnung ging, untersuchte ich 
den Puls. Ich konnte jetzt 72 Pulsschläge in der Minute 
zählen; dabei fiel mir auf, daß einzelne Pulsschläge beinahe 
unfühlbar waren. Ich untersuchte nun wieder das Herz mittelst 
Endophonoskop und bemerkte, daß der Herzschlag hie und da 
aussetzte. Unterdessen erwacht das Tier aus seiner Somnolenz, 
und ein krampfartiges Zucken ging durch die Glieder und den 
ganzen Körper, besondere auch durch die Muskeln des Halses. 
Als ich den Herzschlag wieder untersuchte, haben die Herz¬ 
töne ihre Reinheit ganz verloren, der Herzschlag klingt 
folgendermaßen: — 00 —, zwischen den beiden stark aus¬ 
geprägten Herztönen bat sich ein gespaltener Ton eingeschoben, 
der wie zwei kurze, schnell aufeinander folgende schwache 
Schläge klingt. Die krampfartigen Bewegungen wiederholen 
sich öfter. Bei nochmaligem Untersuchen des Herzens ist über¬ 
haupt kein Herzschlag mehr zu hören, sondern nur noch ein 
undeutliches wahnsinniges Pochen. Ich mache den Besitzer auf 
den Emst der Lage aufmerksam. Er läßt sofort den Metzger 
holen. Noch einmal geht ein krampfhaftes Schütteln durch den 
ganzen Körper und der Metzger konnte gerade noch das Tier 
abstechen, als ich das letzte Herzgeräusch vernehme. 

Sektionsbefund: Netz mit Perlknoten besetzt von Haselnuß- 
bis Kastaniengröße. Herzbeutel innen mit einigen Tuberkel¬ 
knoten von Haselnuß- bis Kastaniengröße belegt. Klappen¬ 
apparat des Herzens vollständig intakt, Zipfel- und Halbmond¬ 
klappen dünn und gut schließend; vordere Mittelfelldrüse stark 
mannsfaustgroß, auf dem Durchschnitt gelbtrocken, hart, beim 
Einschneiden knirschend, hintere Mittelfelldrüse sulzig gallertig, 
graurot, in den Lungen keine größeren tuberkulösen Herde; 
Fleischlymphdrüsen, Leber, Milz, Nieren ohne pathologische Ver¬ 
änderungen. Zu meinem Bedauern war das Hirn bei der Aus¬ 
schlachtung, der ich nicht beiwohnen konnte, vom Metzger in 
sehr ungeschickter Weise herauBgenommen worden. Man konnte 
aber bemerken, daß die harte Hirnhaut an manchen Stellen 
verdickt war und auf der Organseite sehr feine rote Wärzchen 
aufwies, wie Grieskörner, so daß man beim Darüberstreichen mit 
dem Finger das Gefühl hatte, als habe man feine Rauheiten 
unter demselben. Die Oberfläche des Kleinhirns war mit etwa 
3 mm dicken dunkelroten Blutgerinnseln flächenförmig bedeckt, 
die der Unterlage ziemlich fest anhafteten. An der Großhim- 
oberfläche konnte nichts Derartiges wahrgenommen werden. Da 
das Tier durch Bruststich getötet worden war, so ist mit Sicher¬ 
heit anzunehmen, daß die Blutgerinnsel auf der Oberfläche des 
Kleinhirns bereits im Leben vorhanden waren und durch Druck 



16. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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die beobachtete Bewegungsstörung des linken Hinterfußes und 
das oben beschriebene eigentümliche schiefe Verziehen des 
Manies hervorriefen, ebenso ist der soporöse Znstand wohl auf 
eine Gesamtreiznng des Gehirns zurückzufiihren. Dagegen glanbe 
ich, daß die beobachtete Störung der Herzfimktion dnrch den 
Druck zn erklären ist, den die stark vergrößerte und verhärtete 
vordere Mittelfelldrüse auf die großen Herzgefäße ausübte, eine 
Möglichkeit, welche wahrscheinlich durch die Lage des Tieres 
zustande kam. 


Zur Behandlung des ansteckenden Scheidenkatarrhs 
mit Bissulin. 

Von Tierarzt W. Schaar, Hochheim am Main. 

Die günstigen Resultate, die in der Humanmedizin bei Er¬ 
krankungen von Schleimhäuten, insbesondere auch bei Geschlechts¬ 
krankheiten mit den Sozojodol-Salzen erzielt wurden, sind wohl 
darauf zurückzuführen, daß diese Präparate zwei sehr wirksame 
Arzneistoffe, Jod und Karbolsäure, in einer zweckmäßigen Ver¬ 
bindung enthalten. Im Handel sind Sozojodol-Acidum (Para¬ 
phenolsulfonsäure-Jodid), S.-Hydrargyrum, -Kalium, -Natrium und 
-Zincum. Sie alle besitzen eine stark antiseptische und bak¬ 
terizide Wirkung, wobei in erster Linie S.-Zincum und S.-Hydrar- 
gyrum, das übrigens an Giftigkeit bedeutend hinter anderen 
Quecksilberverbindungen (z. B. Sublimat) zurückbleibt, genannt 
sein mögen. Einerseits die günstigen Erfolge mit diesen 
Präparaten in der Humanmedizin, andrerseits die vielfachen 
Mißerfolge bei der Behandlung des ansteckenden Scheiden¬ 
katarrhs .mit den bisher empfohlenen Mitteln ließen es erwünscht 
erscheinen, die Sozojödblsalze, die nebenbei den Vorteil der 
Geruchlosigkeit besitzen, gegen diese schwer heilbare Seuche 
zu versuchen. 

Die chemische Fabrik H. Trommsdorff in Aachen stellte 
mir auf mein Ersuchen bereitwilligst zu Versuchszwecken Sozo- 
jodolsalze, sowie nach meinen Angaben gefertigte S.-Vaginal- 
stangen und S.-Pulver zum Einblasen zur Verfügung. Ich zog 
jedoch nur S.-Hydrargyrum und S.-Zincum in den Bereich 
meiner Untersuchungen und verwandte zunächst als Pulver zum 
Einblasen 0,25 Proz. und 0,5 Proz. S.-Hydrargyrum und 1 Proz. I 
und 2 Proz. S.-Zincum mit Talkum, und daneben 0,25 Proz. und 
0,5 Proz. S.-Hydrargyrum und 1 Proz. und 2 Proz. S.-Zincum- 
Vaginalstangen. Von Ausspülungen und der Tamponade mit 
wäßrigen Lösungen glaubte ich nach den allgemeinen Erfahrungen 
der Praxis Abstand nehmen zu können. Die Vorbehandlung — 
möglichste Absonderung der gesunden Tiere von den erkrankten, 
Stalldesinfektion, desinfizierende Abwaschungen usw. — war bei 
allen Versuchen die gleiche wie bei der seitherigen Behandlung. 

Ich gebrauchte zunächst in zwei verschiedenen, von ihren 
Besitzern gut gehaltenen Ställen mit ungefähr je zehn Stück 
Kühen und Rindern, welche mehr oder weniger alle erkrankt 
waren, unter Benutzung des Pulverbläsers Nr. 3357 von 
H. Hauptner-Berlin oben genannte Pulver zum Einblasen, und 
nebenherlaufend in zwei ähnlichen Ställen die oben beschriebenen 
Vaginalstangen. Die Behandlung geschah zunächst in dem Zeit¬ 
maß, welches Ritzer für Bazillol vorgeschrieben hat, also fünf 
Tage lang täglich, die nächsten zehn Tage jeden zweiten Tag 
usw. Der Erfolg (die Fälle einzeln anzuführen, halte ich für 
zu weitläufig) war ein recht verschiedener. Während ich mit 
der Pulverbehandlung erst nach 4—5 Wochen, und auch da nur 


teilweise Besserung feststellen konnte, hatte ich mit der An¬ 
wendung der Salbenstangen bereits nach vier Wochen bei etwa 
75 Proz. Heilung, und nach weiteren ein bis zwei Wochen war 
es möglich, den Stall frei zu geben, d. h. die Tiere durften 
wieder zum Deckakt geführt werden, wobei ich betone, daß in 
diesen Ställen neben Kühen nur trächtige Rinder vorhanden 
waren. Ich führe dies besonders an, zumal ich Richters*) 
Angaben bestätigen kann, daß die Krankheit bei Rindern viel 
schwerer heilbar ist als bei Kühen, und meiner Beobachtung 
nach gerade bei solchen Rindern, bei welchen die Infektion 
nicht durch den Deckakt erfolgt ist. Ich gab dann in den 
ersten zwei Ställen die Pulverbehandlung auf und wandte die 
Salbenstangen auch hier mit gleich gutem Erfolge an. Aller¬ 
dings ließ ich zwei Kühe, die schon früher verkalbt und auch 
Bchon verschiedene Male umgerindert hatten, als unheilbar zur 
Mast aufstellen und der Schlachtbank zuführen. 

Reizerscheinungen sind in keinem Falle aufgetreten, Ver- 
kalben ist weder während der Behandlung, noch auch nach 
dieser mehr vorgekommen. Bei diesen Versuchen blieb es sich 
gleich, ob ich die Mittel in der oben angeführten höheren oder 
niederen Dosierung, ob ich S.-Zincum oder S.-Hydrargyrum an¬ 
wandte, weshalb ich die Versuche nur noch mit 1 Proz. S.-Zincum- 
und 0,25 Proz. S.-Hydrargyrum-Salbenstangen und schließlich, 
weil in der Herstellung billiger, nur noch mit letzteren fort¬ 
setzte. Bei der Einführung der Salbenstangen verführ ich so, 
daß ich erst einen Teil des betreffende^ Stückchens auf den 
sichtbaren Knötchen der Scheidenschleimhaut verrieb und dann 
erst den Rest in die Tiefe führte. Trotz der teilweise über¬ 
raschenden Erfolge nahm ich sofort nach den ersten Versuchen 
eine längere Behandlungszeit als die bei Bazillol vorgeschriebene 
an und behandelte in der Weise, daß ich 7 Tage lang täglich, 
die nächsten 14 Tage jeden zweiten Tag und die nächsten drei 
Wochen jeden dritten Tag ein Salbenstückchen einführte oder 
einführen ließ. Bei leichter Erkrankung kam ich mit etwa 
15 Salbenstangenstückchen zum Ziele, während ich in schweren 
Fällen 20 und noch mehr gebrauchte. Im Durchschnitt kamen 
auf das Tier 15—20 Stückchen bei einer Behandlungsdauer im 
allgemeinen 'von 4—6 Wochen. 

So habe ich im Laufe der letzten acht Monate über 300 
Kühe und Rinder behandelt und zwar sämtlich mit gleichem 
Erfolge, wobei ich aber immer daran festhielt, unheilbar er¬ 
scheinende Fälle möglichst schnell aus dem Stalle zu entfernen. 
Was die Beurteilung der Heilerfolge anlangt, so pflichte ich 
Richters Ausführungen bei, daß die Heilung eingetreten ist, 
wenn „keine entzündliche Rötung und Schwellung mehr vor¬ 
handen ist, keine Sekretion seitens der Scheidenschleimhaut 
mehr stattfindet und Knötchen nur noch hellfarbiger Art in die 
sonst normal sich darbietende Schleimhaut eingelagert sind“. 

Die Fabrik vervollkommnete dann noch die Salbenmasse 
und kam zur Herstellung eines Zäpfchens, das von genügender 
Festigkeit ist und doch bei Körpertemperatur schnell schmilzt. 
Diese 0,25 proz. S.-Hydrargyrum-Zäpfehen werden von der 
Fabrik neuerdings unter dem Namen „Bissulin“ hergestellt, sind 
von praktischer Form und bequem einzuführen. Für die Be¬ 
handlung der Bullen werden dünnere Bissulin-Stifte hergestellt, 
welche in dem oben für die Kühe angegebenen Zeitmaß in die 
Vorhaut eingeschoben werden. Der Preis der „Bissulin“- 

*) Prof. Dr. Richter. Über ansteckenden Scheidenkatarrh der 
Rinder. R. T. W. Nr. 43. 1907, 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


Zäpfchen für Köhe 100 Stück 12,50 M. nnd der „Bi8sulin“-Stifte 
für Bullen 100 Stück 10,00 M. (Tierärzten 40 Proz. Rabatt) 
erscheint mir ein angemessener. 

Um einer Reinfektion der Bestände vorzubeugen, lasse ich 
das Handelsvieh vor seiner Einstellung erst untersuchen, stelle 
die Bullen erst wieder in Dienst, nachdem sie durch einen 
Probesprung ihre wiedererlangte Gesundheit bewiesen haben 
(desgl. bei Neuaufstellung der Bullen), und lasse außerdem so¬ 
wohl dem männlichen wie dem weiblichen Tiere etliche Stunden 
nach dem Sprung und wiederholt in den nächsten Tagen je ein 
Bissulin-Zäpfchen bzw. Stift einführen. 

Es erübrigt nur noch, nochmals auf die relative Ungiftigkeit 
des S.-Hydrargyrum hinzuweisen, wie ja auch nach Creutzer 
ein anderes Quecksilberpräparat, das Sublamin von den Rindern 
gut vertragen wird. Es ist niemals eine auffällige Reiz¬ 
erscheinung nach Bissulin aufgetreten; ein weiterer, nicht zu 
unterschätzender Vorzug des Mittels ist seine Geruchlosigkeit, 
da gerade der dem Bacillol anhaftende Geruch seine Ver¬ 
wendung in manchen Fällen beeinträchtigt. Verkalben ist, so¬ 
weit ich in Erfahrung bringen konnte, seither nicht mehr auf¬ 
getreten, die Kühe haben normal gekalbt, Nachgeburten sind 
allerdings des öfteren zurückgeblieben, wobei jedoch in diesen 
Fällen nicht entschieden werden kann, ob der ansteckende 
Scheidenkatarrh die Ursache ist. Es haben nur noch selten 
Rinder und Kühe umgerindert, nnd diese sind später doch stets 
t rächtig geworden. ^ 

Trotz aller dieser Maßnahmen kann man des öfteren bei 
dem tückischen Charakter der Seuche nach gewisser Zeit bei 
manchen Tieren Kennzeichen des ansteckenden Scheidenkatarrhs 
wieder entdecken, und ich stimme deshalb,,Rifthter3 Schlu߬ 
folgerung ganz bei, in der er sagt: „Bei der Mühe und den 
dem Besitzer auferlegten Kosten ist es zweckmäßig, periodische 
Behandlung des gesamten Bestandes von etwa sechswöchent¬ 
licher Dauer halbjährlich vornehmen zu lassen.“ In diesem 
Falle dürfte dann meines Erachtens eine Behandlung an jedem 
dritten Tage genügen. 

Mit diesen Ausführungen will ich kein endgültiges Urteil 
über Bissulin fällen, da mir die Zeit der Untersuchung noch zu 
kurz und die Zahl der damit behandelten Tiere noch zu gering 
erscheint, sondern ich möchte nur durch diese Zeilen die Herren 
Kollegen auf Bissulin aufmerksam machen und zu weiteren 
Versuchen anregen. 


Die Raebigereche Salbenspritze in der Praxis. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck-Schwedt. 

Bei der Bekämpfung des ansteckenden Scheidenkatarrhs der 
Kühe, Bullen und Kälber macht man bald die unangenehme Er¬ 
fahrung, daß die Besitzer in der Energie der Behandlung schon 
nach einigen Wochen nachlassen. Es liegt dies naturgemäß 
darin begründet, daß die direkten Erfolge der Behandlung nicht 
so klar zutage treten, wie bei anderen Erkrankungen und daß 
den Besitzern die ewige Wiederholung in der Anwendung der¬ 
selben Arznei langweilig wird. Hier muß der praktische Tier¬ 
arzt, der seinen Namen mit Recht führen will, eingreifen, indem 
er einen gewissen Wechsel in dem Arzneimittel eintreten läßt. 

Darüber muß man sich von vornherein klar sein, mit einer 
Behandlung von einigen Wochen ist bei diesem Leiden nichts 
zu erreichen, Nach 5—7 Wochen ist man zwar hei energischer 


Behandlung meist so weit, daß die unangenehmen Nebenerschei¬ 
nungen (starker Ausfluß, Verkalben usw.) nachlassen; wer aber 
in diesem Stadium mit der Behandlung auf hört, wird bald die 
Beobachtung machen, daß das Leiden keineswegs abgeheilt ist 
oder daß, wie man so gern behauptet, die Erscheinungen so 
geringfügig werden, daß eine Schädigung des Züchters usw. durch 
den Katarrh nicht entsteht. 

Unmöglich ist es, meines Erachtens, bei der Behandlung 
zwischen erkrankten und gesunden Tieren zu trennen. Das 
wäre möglich, wenn die Seuche lediglich durch den Deckakt 
verbreitet würde; ich habe aber in Schlesien oft genug gesehen, 
daß ungedeckte Färsen, sogar Kälber ebensoschwer erkrankten, 
als ältere, gedeckte Kühe. Meist leiden sogar Kälber besonders 
stark, magern zuweilen ab und vor allen Dingen macht hier, 
bei der Enge der Scheide, die Behandlung besondere Mühe und 
zeigt nur langsam Fortschritte. 

Der oben angedeutete Wechsel der Arzneien, welcher sowohl 
zur Anregung des Interesses des Besitzers, als auch zur 
Bekämpfung des Leidens selbst wünschenswert ist, läßt sich 
leicht durchfuhren, solange man ausschließlich mit Ausspülungen 
der Scheide arbeitete. Das Umständliche dieses Verfahrens, die 
notwendigerweise hierdurch herbeigeführte Beschmutzung des 
Stalles, die doch nicht zur Desinfektion ausreichte, führte zur 
Einführung der allen Praktikern wohlbekannten „Salbentherapie“. 
Ich selbst konstruierte mir eine einfache Holzspritze nach Art 
der Pusterohre der Kinder, später benutzte ich fast ausschließlich 
in Gelatinekapseln befindliche Salbenpillen. Die Deckung der¬ 
selben ist zweifelsohne eine sehr gute, aber man beobachtete 
auch Nachteile. Das Einfuhren der Pillen konnte unmöglich 
stets selbst von dem Tierarzt ausgeführt werde»,* auf größeren 
Gütern war man also genötigt, sich eine Hilfe anzulernen. 
Persönlich benutzte ich meist Frauen, wegen ihrer kleineren, 
geschmeidigeren Hand und der geringeren Gefahr späterer 
Kurpfuscherei. Geschieht nun das Einlegen der Pillen nicht 
sehr sorgfältig, so sieht man zuweilen, wie einzelne meist 
bestimmte Tiere die ganze Pille herausdrückten. Dann war 
Erfolg natürlich nicht zu erwarten. Bei kleinen Tieren, Kälbern 
geht auch das Einschieben gar nicht so leicht, trotzdem die 
Frauen gute Routine bekommen und endlich — das ist meines 
Erachtens die Hauptsache — muß mit der Hand der Frau 
immer wieder das Leiden von neuem übertragen werden. 

Selbstredend erteilte ich jedesmal die Vorschrift, daß nach 
jedem Einlegen bei einer Kuh die Hände in bereitstehendem 
Bazillol-usw. Wasser zu desinfizieren seien. Nominell geschah 
dies auch, aber welche Zeit wäre wohl erforderlich gewesen, 
um nach jeder Kuh die Hand streng zu desinfizieren? 

Verletzungen der Scheide habe ich bei dieser Behandlung 
nie gesehen, auch sind die Erfolge, trotz der angegebenen Mängel 
zweifelsohne gute, aber der Besitzer sieht immer nur dieselbe 
Pille, selbst wenn die Salbenzusammensetzung gewechselt wird. 
Ich wandte neben Bazillol mit bestem Erfolge eine Sapoform- 
aldehydsalbe nach Bengen & Co., Hannover, an, die man in viel 
stärkerer Konzentration benutzen kann, als Bazillol. 

Nach alledem halte ich die Anwendung der Salbenspritze 
nach Raebiger (vgl. B. T. W. 1906, Seite 257 ff. und 639), 
besonders in ihrer neuen, zusammenlegbaren Form, für einen 
erheblichen Fortschritt der Therapie. Die Anwendung derselben 
ist so einfach, daß sie keiner Erläuterung weiter bedarf, die 
Spritze selbst ist sehr haltbar und bequem raitzofü^ren; es ist 






16. April 1906. 


ein leichtes, sie nach jedem Gebrauch bei jeder Kuh zu 
desinfizieren. Sodann hat sie noch drei erhebliche Vorteile: 

1. Die Arzneien stellen sich sehr viel billiger, so daß der 
Preis für die Spritze bald bezahlt ist. 

* 2. Der Besitzer bemerkt den Wechsel der Arzneien und wird 

angeregt, die Behandlung energisch fortzusetzen. 

3. Bei Neuerkrankungen werden die Besitzer eher den Tier¬ 
arzt konsnltieren, als sich eine Spritze zuzulegen, die doch 
immerhin 22 M r kostet. Auch die Pfuscher werden hierdurch 
etwas abgehalten. 

Jodipin bei Lungenentzündung des Pferdes. 

Von Bezirkstierarzt Dr. Cornelius- Dermbach. 

Das in der tierärztlichen Literatur neuerdings mehrfach 
erwähnte Jodipin habe ich bei veralteter Lungenentzündung eines 
Pferdes angewendet. Da das Resultat vielleicht für manche 
Kollegen von Interesse sein dürfte, gebe ich den Fall nach¬ 
stehend bekannt. 

Am 9. August v. J. wurde mir eine achtjährige Stute zur 
Behandlung vorgeführt. Das Pferd litt an Atemnot und war 
sehr abgemagert, obgleich es nach Angabe des Besitzers seine 
Futterrationen verzehrte. Ich stellte bei dem Tiere eine ausge¬ 
breitete Lungenentzündung (Broncho-Pneumonie) fest, die mit 
Rücksicht auf den Befund und den Vorbevicht mindestens schon 
14 Tage bestanden haben mußte. Ich verordnete Inhalationen 
von Terpentindämpfen, Prießnitzsche Packungen und Einreibungen 
mit Senfspiritus. Am 15., 20. und 24. August nahm ich aber¬ 
mals Untersuchungen des Patienten vor, konnte jedoch keine 
Aenderung konstatieren, weshalb ich dann einen Versuch mit 
-Jedipin vornahm.. Das Pferd erhielt. am, 2. und 7. September 
je 75 Gramm 25proz. Jodipin pro us. vet. subkutan; Prießnitzsche 
Umschläge und Einreibungen wurden nicht fortgesetzt. 

Am 11. September war insofern eine Besserung eingetreten, 
als die Atemfrequenz von 42 auf 18 Atemzüge in der Minute 
zurückgegangen war. Die cyanotische Verfärbung der Kon¬ 
junktiven war verschwunden, das Haarkleid wieder glatt und 
glänzend, und unter kräftigem Husten wurde reichlicher, 
schleimiger Auswurf entleert; es wurden nun nochmals 50 Gramm 
Jodipin injiziert und tägliche Bewegung im Freien verordnet. 

18. September: Das Pferd ist gesund. Atemzüge 14 in der 
Minute, keine Rasselgeräusche in den Lungen, Husten nur noch 
künstlich durch Druck auf den Kehlkopf zu erzeugen; Verord¬ 
nung: langsames Gewöhnen an leichte Feldarbeit und täglich 
18 Pfund Hafer. 

2. Oktober: Pferd ist gut genährt, die Untersuchung auf 
Dämpfigkeit fällt negativ aus. 

Ich bin der Überzeugung, daß das Tier ohne Jodipinbehand- 
lung verendet oder doch mindestens hochgradig dämpfig ge¬ 
worden wäre. 


Eine neue Nasenbremse. 

Von Kreistierarzt E. Kylön, Falköping, Schweden. 

Im Jubiläums-Kataloge der Instrumentenfabrik H. Hauptner 
in Berlin ist eine yon mir konstruierte Nasenbremse mit Kette 
abgebildet (Seite 10, Nr. 284). Diese Bremse besitzt mehrere 
Vorteile vor den bis jetzt gebrauchten und zwar: 

1. Sie ist leicht anzulegcn. 

2. Der Druck wird gleichförmig um die ganze Lippe herum 
ausgeübt. 


285 


3. Das Tier fühlt gar nichts, bis die Bremse in Wirksamkeit 
tritt. 

4. Meine Bremse ist äußerst wirksam; sie ist ferner von größter 
Haltbarkeit, dabei aber im Aussehen fein und zierlich. 

5. Sie ist leicht zu reinigen und zu desinfizieren. 

(>. Sie ist leicht zu transportieren und auch bequem in der 
Tasche zu tragen. 

7. Sie hat das Aussehen eines tierärztlichen Instrumentes. 



Die Handhabung betreffend, bemerke ich, daß nach Schluß 
der Bremse der Knebel links herum gedreht werden muß. 

Ich gestatte mir hiermit, den Herren Kollegen in Deutsch¬ 
land meine Bremse zu empfehlen, in der Überzeugung, daß sie 
jeder, der sie einmal angewendet hat, nicht mehr wird missen 
wollen. 


ln Schnee und Eis. 

Von Tierarzt Hermann Hennig-Bukowitz (Kreis Schwetz). 

Am Nachmittage des 6. Januar d. J. war auf einem Gute 
des Kreises Schwetz ein vier Tage altes Kalb, als es in einen 
anderen Stall gebracht werden sollte, dem damit beauftragten 
Mann entlaufen und in ein nahes Wäldchen geflüchtet. Trotz 
sofortigen Absuohens war das Kalb nicht zu finden, und das 
Suchen mußte bei der schnell hereinbrechenden Dunkelheit auf¬ 
gegeben werden. Am nächsten Tage war von dem Kalb nichts 
mehr zu spüren; es war inzwischen frischer Schnee gefallen. 
Der Besitzer gab das Kalb verloren. Er hoffte höchstens, daß 
es inzwischen von anderer Seite aufgegriffen worden war. Aber 
erst 6 Tage später am Sonnabend, den 11, Januar, wurde es 
gefunden. Das Kalb war nach einem nahen Gebüsche etwa 
eine Meile weit gelaufen und hatte sich dort niedergetan. Von 
einem Besitzer war es fast jeden Tag nachmittags bemerkt und 
für ein Reh gehalten worden. Dem Betreffenden war schließlich 
aufgefallen, daß das Reh immer genau an derselben Stelle stand 
und bei näherem Zusehen bemerkte er das Kalb. 

Das junge Tier ist an 6 Tage draußen gewesen, starkem 
Frost von zeitweise 18° C, kalten Winden und starkem Schnee¬ 
fall ausgesetzt. Wie mir der Besitzer raitteilte, wäre das Kalb 
sehr abgemagert, nur noch „Haut und Knochen“ gewesen und 
hätte an starkem stinkenden Durchfall gelitten. Er hätte das 
Tier aufgegeben. Es erholte sich aber bald und hat weiter 
keinen Schaden genommen als den halben Schwanz infolge Er¬ 
frierens verloren. 


Referate. 

Tropenhygiene und Protozoenkr&nkhetten. 

Von Dr. Sicbor -Hamburg. 

Koch, R. Schlußbericht Ober die Tätigkeit der deutschen Expedition zur 
Erforschung der Schlafkrankheit. 

(Deutsch, med. Woclienschr. 1907, Nr. 46.) 

Die Atoxylbehandiung bringt die- bei der Schlafkrankheit 
stark geschwollenen Halslymphdrüsen so znm Schwinden, daß 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


♦* 





286 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


sich die Drüsen nach wenigen Wochen nicht mehr zur Punktion 
zwecks Stellung der Diagnose eignen. 

Die Trypanosomen sind noch in der Blutbahn zu finden, 
doch mußte erst eine spezielle Methode zum schnellen und 
ständigen Nachweis der Parasiten im Blute erprobt werden. 

Das Atoxyl wurde i. R. in Dosen von 0,5 in zehntägiger 
Pause verabreicht. Größere Dosen hatten in einigen Fällen 
Erblindung zur Folge. 

Die „Kranken, bei denen sich während der Behandlung mit 
ungenügenden Dosen Trypanosomen im Blute wieder eingestellt 
hatten, verloren dieselben sofort und dauernd, wenn wir zur 
Subkutanbehandlung mit Halbgrammdosen und Doppelinfektion 
übergingen“. 

Andere Arsenikpräparate, wie arsenige Säure, Nucleogen, 
Arsenferratin u. a. konnten wegen der geringen Wirkung als 
Atoxylersatz nicht in Frage kommen. Farbstoffe, wie Afridol- 
blau, Afridolviolett, ölsaures Pararosanilin, Parafuchsin-Acetat 
und Trypanrot, verursachte nach den Injektionen derartige 
Schmerzen, daß von ihrer Anwendung abgesehen werden mußte. 

Gelegentlich der Blutuntersuchungen wurden auch andere 
Blutparasiten, wie Filaria perstans, Recurrensspirochaeten Malaria¬ 
parasiten, gefunden. 

Die Seuche ist auf deutschem Gebiet am Viktoria-Nyanza 
im Shirati- und im Bukota-Bezirk (Landschaft Kisiba) vorhanden. 

Koch schließt aus dem Umstande, daß sich in Kisiba, wo 
die trpyanosomenübertragenden Glossinen nicht Vorkommen, 
15 Frauen infizierten, welche mit bereits (in Uganda) infizierten 
Männern verheiratet waren, daß die Infektion (wie bei der 
Dourine!) nur durch den ehelichen Verkehr bewirkt 
sein kann. 

Koch faßt seine Ergebnisse bezüglich der Therapie und der 
Prophylaxis dahin zusammen, daß man imstande ist, Trypanosomen¬ 
kranke mindestens 10 Monate lang trypanosomenfrei zu halten 
und damit die Weiterinfektion durch Glossinen zu verhindern. 

Schwachinfizierte werden durch eine 4—6 monatliche Atoxyl- 
kur dauernd von Trypanosomen befreit, bei Schwerkranken 
schwanken die Erfolge nach der Dauer der Behandlung, jeden¬ 
falls wird auch hier die Mortalität (bis auf 8 Proz.) herabgesetzt. 

Die Bekämpfung der Schlafkrankheit muß sich auf die Auf¬ 
findung und Behandlung der Leichterkrankten und zwar in einem 
gloB8inenfreien Lager erstrecken. Die Kranken sollen nur dann 
aus dem Lager entlassen werden, wenn wiederholte Blutunter¬ 
suchungen trypanosomennegativ verlaufen. 

Die Glossinen selbst kann man durch Abholzen oder durch 
Abschneiden der Nahrungszufuhr vertreiben. Am Viktoria-Nyanza 
leben sie fast ausschließlich von Krokodilblut. Die Krokodile 
können am besten durch Eingeborene ausgerottet werden, für 
welche Prämien für das Sammeln der Krokodileier und die 
Ablieferung derselben ausgesetzt werden. In den Gegenden, in 
welchen sich die Glossinen von Menschenblut nähren, würde sich 
das Abholzen auf die Umgegend der Flußtibergänge, Wasser¬ 
stellen usw. erstrecken. 

A. Breindl. On tbe morphology and life history of Spirochaeta Duttoni. 

(Annals of Trop. Med. and Parasit, Vol. I, Nr. 8. November 1907.) 

Die Spiroch. Duttoni besitzt einen dunkelgefärbten zentralen 
Kern, der von einem leicht gefärbten Periplast umgeben ist. Die über 
das zentrale Mark reichende Scheide ist in einen dünnen Faden 
ausgezogen, der von verschiedenen Beobachtern als Endgeißel 
beschrieben wurde, keine peritrischen Geißeln. Die Färbung 


des Zentralkerns ist nicht gleichmäßig, bei einigen Spirochaeten 
wechseln dunkle und hellere Stellen ab. Eine undulierende 
Membran konnte nicht festgestellt werden. Bevor die Spirochaeten 
aus dem Blute verschwinden, erscheint das zentrale Mark in 
eine unregelmäßige Anzahl von Granula zu zerfallen. In diesem 
Stadium kann man eine oder mehrere Ansschwellungen an der 
Spirochaete beobachten. Transversale Teilung ist die Regel, 
doch wurde auch, besonders, wenn die Parasiten aus dem Blute 
verschwinden, longitudinale Teilung beobachtet Aus dem Um¬ 
stande, daß zuweilen zwei Spirochaeten dicht beieinander liegend 
gefunden wurden, schließt Verf. das Vorhandensein einer Kon¬ 
jugation. Verf. konnte auch vor Beginn der Krisis in seltenen 
Fällen, intrazelluläre Stadien beobachten. Hierbei war das 
Blut reich an Spirochaeten, die etwas geschwollen zu sein 
schienen, oder sich aufgeknäuelt hatten. Die Mehrzahl der Spiro¬ 
chaeten wurde in der Milz phagozytiert, so daß die Milz z. Z. 
der Krisis vollgestopft von degenerierten Formen erschien. 
Einige der Parasiten zeigten merkwürdige Veränderungen: Der 
Parasit umgab sich mit einer dünnen Cystenwand; die Cyste 
selbst war mit einem sich schwach färbenden Plasma erfüllt. 

Die Entwicklung der Spirochaeten verläuft nach Verfasser 
folgendermaßen: Bevor die Krisis die Spirochaeten zerstört, 
knäueln sich einige zu Schlingen auf, während die Mehrzahl in 
der Milz gefressen wird. Einige von ihnen incystieren sich und 
zerfallen in sehr kleine Körperchen, aus denen sich die neue 
Spirochaetengeneration entwickelt. 

Leupold. Piroplasma canis im Bezirk Uaambara in Deutscb-Ost-Afrika. 

(Arch. f. Schiff«- und Tropenhygiene 1908, TT. 1.) 

Verfasser beobachtete im Bezirk Usambara eine auffallende 
Sterblichkeit der Hunde (besonders jünger)' europäischer Ab¬ 
stammung, welche teils im Bezirk selbst geboren, teils aus den 
Nachbarbezirken Bukoba und Udjidji importiert waren. Die 
Untersuchung des Blutes ergab fast ausnahmslos die Anwesenheit 
von Piroplasma (richtiger Babosia) canis. Von neun Fällen 
kam ein einziger zur Heilung. 

Auch einheimische Hunde sollen häufig an dem „Homa“- 
Fieber, wie die Eingeborenen berichten, erkranken und ein- 
gelien. (VgV auch Christophers. Referat in vorl. Nummer.) 

Stolowsky. Trypanosoma Theileri im südlichen Deutsoh-Ost-Afrika. 

(Arch. f. Schiffs- und Tropenhygiene 1908, H. 1, S. 80.) 

Stolowsky fand bei naganakranken Rindern in Station 
Mahenge (D.-O.-A.) neben den gewöhnlichen Formen des Tryp. 
brucei* auch solche, die sich durch ihre ungewöhnliche Größe 
— dreimal so groß und entsprechend dicker — auszeichneten, 
also Tryp. Theileri. — Das Vorkommen von Tryp. Theileri wurde 
vorher schon von Panse in D.-O.-A. nachgewiesen. 

Die Rinder zeigten sonst die Symptome der Tsetse¬ 
krankheit, an der sie auch verendeten. Die Fälle zeigen, daß 
die Tryp. Theileri als komplikatorischer Nebenbefund beobachtet 
werden können, ohne selbst Schädigungen hervorzurufen. 

Panse. Piroplasmose bei ostafrikanischen Ziegen. 

(Arch. f. Schiffs- und Tropenhygiene 1908, Heft 1.) 

Panse fand bei Ziegen in Tanja im Blutausstriche kleine 
ring- und stäbchenförmige endoglobuläre Parasiten, die sich 
nicht auffallend von den bei den dortigen Rindern vorhandenen 
sogenannten Jugendformen der Piropl. bigeminum unterschieden. 
Über Krankheitserscheinungen, Sektionsbefund, Übertragungs¬ 
modus ist ihm nichts bekannt geworden. 






16. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Christophen. Prelfniinary note on the development of plroplasma oanis 
in the tick. 

(Brit. Med. Journ., 12. Januar 1907.> 

Die Piroplasma des Hundes wird in Südafrika dnrch 
Haemophysalis leachi, in Madras durch Rhipicephalns sanguineus 
übertragen. Die Infektion erfolgt durch Nymphen und Imagines, 
die von infizierten Mutterzecken stammen. 

Im Darme sowohl von Nymphen als von erwachsenen 
Zecken, die pirosomenhaltiges Blut gesogen haben, findet man 
Formen, die denen ähneln, welche sonst in den Blutkörperchen 
eingeschlossen sind. Diese gehen in große runde Parasiten mit 
deutlichem Chromatinkern über und werden schließlich keulen¬ 
förmig (ähnlich, wie sie R. Koch beschrieb). Die nun be¬ 
weglichen Formen wandern aus dem Darme in die Ovarien und 
finden sich in der Folge auch in den Speicheldrüsen den hereditär 
oder direkt infizierten Nymphen. Aus der Teilung der Keulen¬ 
formen können birnenförmige Parasiten entstehen, die den in den 
Blutkörperchen anftretenden ähnlich sind. 

Boyoe. The ftreatment of oleeping sioknoss and other Tryp/by the Atoxyl 
and Mercury method. 

(Brit. Med. Journ., 14. September 1907.) 

Therapeutische Seisuere an Ratten, die mit Tsetse- 
Trypanosomen (Nagana) infiziert waren. Von der Annahme 
ausgehend, daß die verschiedenen Entwicklungsformen der 
Trypanosomen mit verschiedenen Medikamenten behandelt werden 
müßten, injiziert B. gegen in die peripherem Blute kreisende 
Trypanosomen Atoxyl, während er gegen die Dauerformen, die 
sich während einer sogenannten trypanosomenfreien Periode im 
Organismus befinden, Sublimat anwendet. 

Die so behandelten Ratten blieben am Leben, während die 

nur mit'Atoxyl behandelten alle eingingen.. 

Buchanan. Tho carriage of tnfection by flies. 

(Lance! 1907, Nr. 4388.) 

Verfasser erbringt den Nachweis, daß Infektionskeime, wie 
Milzbrand-, Typhus- und Tuberkelbazillen durch Fliegen über¬ 
tragen werden können. 

Spfelmeyer. Experimentelle Tabes bei Hunden (Trypanosomen Tabes). 

(Münch. Med. Wocbenscbr. Nr. 48.) 

Die Beobachtung, daß die Schlafkrankheit der postsyphi¬ 
litischen Paralyse sowohl klinisch wie pathologisch-anatomisch 
in vieler Hinsicht ähnelt, veranlaßte Verf. zu den beschriebenen 
Untersuchungen. Spielmeyer übertrug nach zahlreichen Ver¬ 
suchen an Meerschweinchen, Ratten usw. Trypanosome brucei 
auf Hunde, welch letztere die Infektion längere Zeit überstanden. 
Es gelang ihm, bei diesen Hupden im Zentralnervensystem 
frische degenerative Veränderungen nachzuweisen, die denen der 
postluetischen Tabes vollkommen glichen. 

Der Degenerationsprozeß ist ähnlich, wie bei der Tabes, aus¬ 
schließlich an das Hinterviertelsystem gebunden und beschränkte 
sich hauptsächlich auf das Halsmark. Periphere Nerven zeigten 
keine Degenerationserscheinungen, Auch die sensible Wurzel des 
Trigeminus und der Opticus wiesen degenerative Prozesse auf. 
Verf. bezeichnet wegen der ähnlichen Befunde bei Tabes den 
pathologisch-anatomischen Prozeß als Trypanosomen Tabes. 

Ans der medizinischen Literatur* 

Ein Vorschlag zur Therapie der Tuberkulose. 

Von Medizinalrat Dr. G. Schrakamp zu Schönberg i. Mecklbg. 

(Fortschritte der Medisin, 1907, Heft 35.) 

Für die Tatsache, daß Bauchfelltuberkulose beim Menschen 
durch die einfache Laparatomie geheilt werden kann und sogar 


tuberkulöse Veränderungen anderer Organe sich durch die ge¬ 
nannte Operation günstig beeinflussen lassen, fehlt bis jetzt eine 
ausreichende Erklärung. Die Entfernung des Exsudats, die 
durch die Wundheilung entstehende Hyperämie, das blutige 
Exsudat, das Eindringen von Luft und Licht können allein die 
Heilwirkung nicht erzielen. Alle diese Faktoren sind bei der 
Hauttuberkulose gegeben oder leicht herbeizuführen, genügen 
aber nicht zur Heilung. Die besondere Heilkraft, die sonach 
vorhanden sein muß, vermutet der Verfasser in dem nach der 
Operation in der Bauchhöhle sich bildenden Exsudat. Er nimmt 
an, daß das tuberkulös erkrankte Bauchfell im Laufe der Krank¬ 
heit eine besondere Empfindlichkeit gegen Tuberkelbazillen 
erwirbt, wie es z. B. auch auf das Tuberkulin reagiert. Mit 
dieser Empfindlichkeit hängt es vielleicht zusammen, daß das 
tuberkulöse Bauchfell tuberkulöses Exsudat nicht resorbiert. 
Wird nun der Bauchschnitt gemacht, so ist es unvermeidbar, 
daß trotz exakten Vernähens einige frische Wundflächen der 
Bauchhöhle zügekehrt bleiben. Letztere besitzen aber keine 
besondere Empfindlichkeit gegen das tuberkulöse Exsudat, sondern 
lassen es durch — es wird von der Wundfläche aufgesaugt. 
Das Exsudat verhält sich. ähnlich wie ein unter die Haut ge¬ 
spritztes Serum. 

Die Laparotomie bewirkt sonach, daß tuberkulöses Exsudat 
vom Körper aufgesaugt wird, was vor der Operation nicht 
möglich war. Da im Anschluß an den Bauchschnitt bei 
etwa 25 Proz. der Fälle Heilung beobachtet wird, muß der 
Heilfaktor im Exsudat vorhanden sein. Das führt zu dem ver¬ 
heißungsvollen Satz: „Die Bauchfelltuberkulose wird durch ihr 
eigenes Exsudat geheilt“. 

Das serös-tuberkulöse Exsudat enthält Tuberkelbazillen, 
deren Stoffwechsel- und Zerfallsprodukte und endlich Bestandteile, 
wie sie von jeder Serosa unter irgendwelchen Reizungsvorgängen 
abgesondert werden. Die wissenschaftliche Forschung hat zu 
entscheiden, ob das ganze Exsudat für den Heil Vorgang in 
Betracht kommt oder ob nur einzelne seiner Bestandteile daran 
beteiligt sind; schließlich besteht auch die Möglichkeit, daß 
etwa in dem Exsudat fertige Sera vorhanden sind. 

Der Heilungsprozeß bei der Bauchfell tuberkulöse würde sich 
nunmehr dahin erklären, daß aufgelöste Tuberkelsubstanz durch 
die Bauchwunde resorbiert wird, in die Blutbahn gelangt, und 
den Organismus zur Bildung von Antikörpern anregt. Die 
Antikörper verhindern die Bildung neuer Tuberkel; die alten 
Tuberkel zerfallen, und die Tuberkelbazillen werden durch die 
Leukocyten entfernt oder sterben ab. 

Die bisherigen Bemühungen, durch den Tuberkelbazillus 
selbst oder durch Präparate aus T.B.-Kulturen den Körper zu 
immunisieren, waren wenig erfolgreich. Der Vorschlag, den 
Kampf auf anderem Wege und zwar vom Tuberkel aus auf¬ 
zunehmen, erscheint des Versuches wert. Bei Bauchfell¬ 
tuberkulose ohne flüssiges Exsudat müßte man die Wundflächen 
möglichst groß machen, und zu diesem Zweck das tuberkulöse 
Peritoneum mehrfach erheblich bis ins gesunde einschneiden und 
offen lassen. Ist Exsudat vorhanden, dann könnte man es durch 
Punktion entnehmen, durch Filtration von Bazillen befreien und 
demselben Menschen in erfahrungsgemäß ermittelten Tagesdosen 
subkutan einverleiben. Von tuberkulösen Tieren gewonnenes 
Exsudat würde als Heilserum dienen. Aus Perlsuchtknoten des 
Rindes ließe sich ein Präparat hersteilen, daß unter Umständen 
als Schutz- oder Heilmittel bei Rindertuberkulose Verwendung 


2h 8 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


linden könnte. Mit diesen Vorschlägen ist auf der Grundlage 
deB operativen Erfolges bei der Bauchfelltuberkulose ein Weg 
gezeigt, auf dem das Problem der Heilung der Tuberkulose 
seiner Lösung vielleicht näher gebracht werden kann. Möchten 
die theoretischen Erwägungen sich praktisch bestätigen! 

W. 

Das Vorkommen der Rotlaufbazillen In der Gallenblase von Schweinen, 
die die Infektion Uberstanden haben. 

Von Dr. W. Pitt, städtischem Tierarzt in Königsberg i. Pr. 

(Zentr&lbl. für Bakteriologie, Paraaitcnkunde und Infektionskrankheiten 1. Abteil. 

Originale 46 Bde, S. 400.) 

Die Ansiedlung der Typhusbazillen in der Gallenblase 
scheiilt die eigentliche Ursache der andauernden Bazillen¬ 
ausscheidung bei sogenannten „gesunden Typhusbazillenträgern“ 
zu sein. Dies veranlaßte den Verfasser zu untersuchen, ob 
ähnliche Verhältnisse auch bei Rotlauf der Schweine vorliegen, 
d. h* ob die Gallenblase ein Lieblingssitz der Rotlaufbazillen 
während und nach der Krankheit bei Schweinen sei. Die Unter¬ 
suchungen ergaben folgendes: 

1. Die Gallenblase kann bei Schweinen, die den. Rotlaut 
(leichte und schwere Form) überstanden haben, eine Aufenthalts¬ 
stätte der Erreger dieser Krankheit Bein; 

2. sie können sich daselbst sehr lange halten; 

3. sie sind lebensfähig und virulent. 

Über den Ursprung des diastatlschen Fermentes im Blut und Ober seine 
Beziehungen zum Diabetes mellitus. 

Von Privatdozent Dr. W. Schlesinger in Wien. 

(Deut«c'..e Medlz. Wochenschrift 34. Jabrg. S. 6930 

Verfasser hat systematische Versuche über die vorstehenden 
Fragen in größerem Umfang aufgenommen und kommt in einem 
vorläufigen Bericht über deren Ergebnis zu folgenden Schlüssen: 
Das diastatische Ferment des Blutes stammt zum größeren Teil 
aus dem Pankreas. Einfache Beziehungen zwischen Ver¬ 
mehrung diastatischen Fermentes im Blut und Glykosurie im 
Sinne nach einer vermehrten Glykogenausscheidung sind nicht 
nachweisbar. W. 

Beitrag zur Biologie normaler Tiersera. 

Inaugural-Dissertation, Leipzig. 

Von Tierarzt Paul Rißling aus Staßfurt. 

Die sehr umfangreiche und eingehende Arbeit zerfällt in 
zwei Hauptabschnitte und beschäftigt sich zunächst mit den 
physiologischen Schwankungen des osmotischen Druckes im 
normalen Tierserum mit besonderer Berücksichtigung der 
osmotischen Verhältnisse der intraokulären Flüssigkeiten. Speaell 
hat Verfasser hier einen Beitrag zur Lösung der Streitfrage zu 
erbringen gesucht, ob der osmotische Druck im Serum derselbe 
ist wie in den intraokulären Flüssigkeiten (Kammerwasser, 
Glaskörperflüssigkeit) oder ob größer oder kleiner. Nach der 
einen Meinung soll der osmotische Druck der intraokulären 
Flüssigkeiten größer sein als der des Serums, nach der andren 
sollen beide gleich sein, während die dritte Ansicht dahin geht, 
daß beide meist gleich sind, daß jedoch auch Schwankungen 
Vorkommen. Rißling hat diese Verhältnisse bei einer Anzahl 
größerer Schlachttiere mit Ausnahme des Rindes einer näheren 
Untersuchung unterzogen. Von den fünf für die Bestimmung 
des osmotischen Druckes ausgearbeiteten Methoden ist zur Ver¬ 
wendung gelangt die Blutkörperchenmethode nach Hamburger, 
worunter mau folgende versteht: Man untersucht, mit wie viel 
Wasser z. B. das Serum verdünnt werden muß, um aus den 


zugesetzten Blutkörperchen beginnenden Farbenaustritt herbei¬ 
zuführen. Macht man nun noch die Konzentration der NaCl- 
Lösung ausfindig, in der dasselbe geschieht, so ist diese NaCl- 
Lösung isotonisch mit dem verdünnten Serum. Es ist dann 
leicht zu berechnen, mit welcher NaCl-Lösung das ursprüngliche 
unverdünnte Serum isotonisch ist. 

Die zahlreichen Untersuchungen Rißlings haben folgende 
Ergebnisse gezeitigt: 

1. Bei Untersuchungen über den osmotischen Druck einer 
Flüssigkeit von mehreren Tieren muß man Flüssigkeit 
und Reagens stets von demselben Tiere benutzen. 

2. Bei Vergleichung des osmotischen Druckes zwischen intra¬ 
okulärer Flüssigkeit und Serum muß man stets die 
Flüssigkeiten vom gleichen Tiere benutzen. 

:». Der osmotische Druck des Serums mehrerer Tiere einer 
Art ist nicht bei allen gleich, sondern Schwankungen 
unterworfen; ähnlichen Schwankungen unterliegt auch die 
intraokuläre Flüssigkeit. 

4. Bei ein und demselben Tier kann der osmotische Druck 
der intraokulären Flüssigkeit gleich, größer oder kleiner 
sein wie der des Serums. 

Der zweite Abschnitt enthält Untersuchungen über den 
Gehalt normaler Tiersera an Antikörpern, welche sich auf 
Bakterienagglutinine, Hämagglutinine und Hämolysine erstrecken. 

Bezüglich der Bakterienagglutinine findet Rißling für die 
Sera von Pferd, Rind, Schaf und Schwein, daß dieselben Bchon 
normaliter oft eine große Menge von Agglutininen auf ver¬ 
schiedenen Bakterienarten enthalten, und daß das Agglutinations¬ 
vermögen gegen eine Bakterienart unabhängig von dem gegen¬ 
über einer anderen Bakterienart ist. Ein Vorherrschen einer 
Bakterienart im Agglutinationscharakter der normalen Sera hat 
Rißling nicht erkennen können, ebensowenig wie bestimmte 
Sera einen ausgesprochenen Einfluß auf gewisse Bakterienarten 
aubüben; es hat sich vielmehr eine — vielleicht scheinbar nur — 
wahllose Einstellung auf verschiedene Bakterienarten ergeben. 

Nicht agglutiniert wurden in Verdünnung von 1: IQ und 
höher: 

a) von normalem Pferdeserum: Staphylococcen, Geflügel¬ 
cholerabakterien und einmal Cholera Vibrionen; 

b) von normalem Rinderserum: alle Bakterien; 

c) von normalem Schafserum: Staphylococcen, Strepto¬ 
coccen, Milzbrandbakterien, Geflügelcholerabakterien; 

d) von normalem Schweineserum: Staphylococcen,Strepto¬ 
coccen, Bazillus Proteus, Geflügelcholerabakterien und 
Cholera Vibrionen. 

Betreffs des AgglutinationsVermögens von Tuberkelbazillen- 
8ind Versuche angestellt mit einer Testflüssigkeit in Konzentration 
von 1 :10 000 und 1:1000. Dabei hat sich die höhere Kon¬ 
zentration von 1:1000 als für die Beobachtung zuverlässigere 
ergeben, da bei der starken Verdünnung von 1:10000 zuweilen 
die Entscheidung darüber sehr schwierig ist, ob eine Agglu¬ 
tination Btattgefunden hat oder nicht. Das Resultat der mit 
Serum von Pferden, Rindern, Schweinen und Schafen angestellten 
Untersuchungen ist teils positiv, teils negativ. Jedenfalls ist 
auch nach Rißling die Agglutination der Tuberkelbazillen als 
diagnostisches Mittel analog der Rotzbazillenagglutination, wie 
sie seinerzeit Arloing und Courmont an Stelle der Tuberkulin¬ 
impfung empfohlen haben, nach den bisherigen Ergebnissen nicht 
verwendbar. 



16. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


289 


Untersuchungen Rißlings über Hämagglutinine haben 
gezeigt, daß Blutkörperchen einer Tierart von einem oder 
mehreren, bisweilen von allen Serie der übrigen Tierarten agglu- 
tiniert werden, mit Ausnahme der Blutkörperchen des Rindes, 
auf die kein Serum der anderen Tierarten einen agglutinierenden 
Einfluß ausübt. Zur Verwendung ist gelangt Blut von Mensch, 
Pferd, Rind, Schwein, Schaf, Kaninchen, Meerschweinchen, Gans, 
Ente, Huhn. 

Nach Absorption eines Serums mit einer Blutart bleibt der 
eventuelle Agglutinationstiter dieses Serums für andere Blut¬ 
arten derselbe. Daraus schließt Rißling, daß bei dem Phänomen 
der Agglutination nicht einheitliche Substanzen, sondern eine 
Reihe verschiedener Arten von Agglutininen in Aktion treten, 
die auf jede Blutkörperchenart spezifisch abgestimmt sind. 

Die Bindung der Agglutinine seitens der Blutkörperchen 
erfolgt in einem vielfachen von der eigentlich zur Agglutination 
erforderlichen Agglutininmenge, und zwar vermögen die Zellen 
der verschiedenen Tierarten das ca. 3—40 fache der eigentlich 
erforderlichen Agglutininmenge zu binden. 

Iso- oder Autoagglutinine hat Rißling in keinem Falle 
nachzuweisen vermocht. 

Hämolysine sind von Rißling in allen untersuchten Serum¬ 
arten mit Ausnahme des Pferdeserums gefunden worden, und 
zwar erstreckt sich die hämolytische Wirkung auf eine oder 
mehrere Blutkörperchenarten in verschiedenem Grade. Ein Serum 
allein jedoch vermag nicht alle Blutkörperchenarten zu lösen. 
Weiterhin wird Gänse- und Entenblut von keinem Serum 
hämolytisch beeinflußt. 

Der von Gürber und Hoeber vertretenen Ansicht, daß 
niemals Blutkörperchen einer Blutart, deren Serum die Blut¬ 
körperchen einer andern Blutart zerstört, von dem Serum eben 
dieser anderen Blutart aufgelöst werden, kann sich Rißling nicht 
anschließen. Sie trifft nur für die Mehrzahl der Fälle zu. Im 
übrigen ist auf das Original der äußerst interessanten Arbeit 
zu verweisen. Schmidt-Tetzlaff. 


Tagesgeschichte. 

Die Gestüts-Karriere. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck-Schwedt. 

Über die Karriere in der preußischen Gestütsverwaltung 
sind in letzter Zeit verschiedene Veröffentlichungen erfolgt, die 
zu kennen für den Veterinär von Interesse sein dürfte. Es ist 
vielleicht zweckmäßig, erst einmal zu sehen, wie unsere west¬ 
lichen Nachbarn ihre Gestütsbeamten ausbilden. 

In Frankreich besteht eine von anderen staatlichen Anstalten 
vollkommen getrennte Gestütschule, l’Ecole des Haras du Pin 
in dem Orte Le Pin. Dieselbe bildet drei Klassen von Schülern 
aus: In der oberen Klasse die oberen Gestütsbeamten, in der 
mittleren die unteren Gestütsbeamten, in der untersten Klasse 
die Stallbediensteten. Jeder höhere Beamte der Staatsgestütc 
muß den vollen Kursus dieser Anstalt absolviert haben. 

Die Bedingungen zur Aufnahme sind folgende: 

„Die Schüler des höheren Kursus (les öleves officiers de 
l’ecole) rekrutieren sich aus den diplomierten Schülern (les 
Cleves diplomös) des agronomischen Instituts (Institut Agro- 
nomiqne de France). 

Sie dürfen ein Alter von höchstens 25 Jahren haben. Vor 
ihrer Zulassung müssen sie sich einer Prüfung hinsichtlich ihrer 


körperlichen Beschaffenheit und ihrer Ausbildung in der Reit¬ 
kunst unterziehen. Junge Leute, die untüchtig zum Militärdienst 
sind, werden nicht zugelassen.“ 

Da nur drei Schüler jährlich eingestellt werden, kann man 
bei der Auswahl der Aufzunehmenden äußerst streng Vorgehen. 
Der Kursus für diese Stufe dauert zwei Jahre, dabei erhalten 
die sogenannten „studierenden Offiziere“ einen jährlichen Kosten¬ 
zuschuß von 1000 Francs neben Unterricht und Wohnung. Ist 
die Abgangsprüfung gut bestanden, so werden die Eleven sofort 
in die Gestüts Verwaltung als Beamte übernommen, und zwar 
als sogenannte „surveillants“ mit einem Gehalt von 2100 Francs 
jährlich. Die Beköstigung haben die Studierenden selbst zu 
beschaffen. Daneben besteht eine Anzahl freier Schüler, welche 
nicht in der Anstalt wohnen und auch Ausländer sein können. 
Der Unterricht selbst ist ein verhältnismäßig einfacher, teils 
theoretischer, teils praktischer. Es werden gelehrt: 

1. Anatomie, Physiologie, Exterieur, Hufbeschlag, Fütterungs¬ 
lehre usw. 

2. Hippologische Wissenschaft (besonders Züchtungskunde). 

3. Gestüt-Verwaltungswesen, Rechnungswesen. 

4. Reit- und Fahrkunst, Dressierkunde usw. 

5. Zeichnen. 

6. Englisch. 

In Deutschland haben wir bekanntlich eine ähnliche Ein¬ 
richtung nicht. Hier ergänzen sich die Leiter der Gestüte aus¬ 
schließlich aus ehemaligen Offizieren berittener Truppen. Der 
erste, welcher meines Wissens in beweiskräftiger Form eine 
Änderung dieses Verfahrens vorgeschlagen hat, ist Gustav Rau 
in seinem Buche „Die Not der deutschen Pferdezucht, Stuttgart, 
1907, Verlag von Schickhardt & Ebner (Konrad Wittwer).“ 

Denjenigen Kollegen, welche Rau noch nicht kennen, empfehle 
ich, auf diesen interessanten Mann etwas zu achten. Rau ist 
Redakteur eines unserer vornehmsten Sportzeitungen, der „Sport- 
Welt Berlin“. Die sachgemäße Art, in der dieses Blatt redigiert 
wird, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, daß die 
„Sport-Welt“ stets den Bestrebungen der Tierärzte ihr vollstes 
Interesse und oft genug sachgemäße Unterstützung gewidmet hat. 
Selbst denjenigen Kollegen, welchen der eigentliche Sportbetrieb 
fremd ist, werden hin und wieder in den tierärztlichen Zeit¬ 
schriften Notizen aus der „Sport-Welt“ aufgefallen sein, welche 
stetB veterinärfreundliche Tendenz atmeten. Vor einigen Jahren 
brachte diese Zeitung auch einen Sportroman mit recht inter¬ 
essantem Inhalt, dessen Held ein Tierarzt war und der auf 
gute Kenntnis und genaue Beobachtung der tierärztlichen Ver¬ 
hältnisse besonders des Fachstudiums schließen ließ. Der Ver¬ 
fasser war nicht gezeichnet, doch gehen wir wohl nicht fehl, 
wenn wir den genannten Redakteur Rau als solchen aus¬ 
sprechen. 

In dem lesenswerten Buche „Die Not der deutschen Pferde¬ 
zucht“ führt Rau kurz aus, daß die Ausbildung der höheren 
Gestütsbeamten Preußens nicht allein durch den Kavalleriedienst 
geschehen dürfe. Von sämtlichen Dirigenten der preußischen 
Haupt- und Landgestüte sei nur ein einziger nicht Offizier gewesen 
(Landstallmeister Gratfensee, Celle, Tierarzt). Rau erkennt 
an, daß der Militärdienst den künftigen Gestütsbeamten wohl 
in bezug auf Exterieurkenntnisse und auf den Gebrauchswert des 
Pferdes vorbereiten könne, daß er ihm aber nicht das Maß viel¬ 
seitiger Kenntnisse verschaffe, die zum erfolgreichen Wirken 
auf einem selbständigen Posten in der Pferdezucht erforderlich 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


seien. Die kurze Studienzeit, welche man den sich für eine 
eventuelle Verwendung im Gestütsdienst Meldenden an einer 
tierärztlichen Hochschule absolvieren lasse, könne bei dem Mangel 
eines genau vorgeschriebenen Lehrganges einen Einblick in die 
veterinär-medizinische Wissenschaft nicht gewinnen lassen. Dem 
Übertritt in den Gestütsdienst gehe keine Prüfung voran, die 
beweisen könne, ob die zum Studium der Materie zur Verfügung 
gestellte Zeit auch umordentlich ausgenützt worden sei und 
ob ein genügendes Maß von Kenntnis vorhanden ist. Rau ver¬ 
langt für die Landgestüts-Dirigenten möglichst selbständige Arbeit, 
die Vollmacht, auf die in dem betreffenden Landesteile auftretenden 
Wünsche einzugehen oder sie unter sachgemäßer Prüfung weiter 
zu reichen, gleichzeitig sei aber auch die Vorbildung zu vertiefen. 
Er erklärt dann wörtlich folgendes: 

„Die Tierärzte verlangen seit langem, daß man sie, wie in 
früherer Zeit, bei der Besetzung der höheren Gestütsstellen 
heranziehe. Der einzige Gestütsdirigent in Preußen, der nicht 
Offizier gewesen ist, war Tierarzt. Er hat aber seine großen 
Erfolge in zwei Provinzen mit ganz entgegengesetzten Zucht¬ 
richtungen nicht erzielt, weil er Tierarzt war, sondern weil er 
die besondere Gabe, alle jene Eigenschaften, die den Züchter 
machen, besessen hat. Man kann ein großer Veterinär-Mediziner 
und für die Leitung eines Landgestüts doch gänzlich ungeeignet 
sein, wenn man nicht aus dem engen Rahmen der Wissenschaft 
heraustritt. Sicher ist aber, daß veterinär - wissenschaftliche 
Kenntnisse für einen Gestütsbeamten unerläßlich sind, und er 
wird je eher bestehen können, desto mehr anatomische und 
physiologische Kenntnisse er besitzt. Tatsache ist, daß Tier¬ 
ärzte, wo sie an leitende Stellen des Gestüts wesens gelangt sind, 
Hervorragendes geleistet haben. Überall, wo es im Zusammen-* 
hange mit dem Pferde etwas zu leisten gab, haben sie sich aus¬ 
gezeichnet. Zwei der größten deutschen Reitmeister, Stein¬ 
brecht und Seeger, waren Tierärzte. Man kennt sie in 
Deutschland kaum noch. Auch die ganze alte liippologische 
Literatur, die so viel Vorzügliches enthält, wird kaum mehr 
beachtet. Es könnte viel nützen, wollte man auf sie zurück¬ 
greifen.“ 

Rau hält es für gleichwertig, ob der betreffende Gestüts¬ 
aspirant sich seine Kenntnisse als Offizier, als Landwirt, als 
Tierarzt oder sonstwo erworben hat, nur muß der Nachweis 
erbracht werden, daß sie vorhanden sind. Zu diesem Zwecke 
verlangt er die schriftliche Bearbeitung eines züchterischen 
Themas und eine Prüfung, abzuhalten vor einer Kommission, 
bestehend aus dem Oberlandstallmeister, einem Professor der 
Veterinär-Medizin, einem Professor der landwirtschaftlichen 
Hochschule und einigen Sachverständigen der verschiedenen 
deutschen Zuchten, etwa Vorstandsmitglieder landwirtschaftlicher 
Gesellschaften oder bedeutende Privatzüchter. Vor dieser 
Kommission hätte der künftige Gestütsmann auch eine mündliche 
Prüfung zu bestehen, die sich über Züchtungskunde, Rassen¬ 
kenntnis, Geschichte der Pferdezucht, Anatomie, Physiologie, 
Botanik, Bodenkunde erstrecken könnte. Sodann wäre erforder¬ 
lich, daß der Gestütsbeamte nicht fast gänzlich unvermittelt in 
die Zucht eintritt, sondern vorher durch Jahre hindurch Ge¬ 
legenheit gehabt hat, sich mit der Zucht zu beschäftigen, und 
zwar bereits als Gestütsbeamter, als Adjunkt der Direktion oder 
in einer ähnlichen Stellung. 

Rau konzentriert seine Ausführungen in folgenden Vor¬ 
schlägen : 


1. Dem Oherlandstallmeister einen Vize-Oberlandstallmeister 
oder zwei General-Inspektoren für Warmblut- und Kaltblut¬ 
zucht beizugeben. 

2. Jedem Gestütsdirektor einen Unterdirektor und einen 
Direktor-Aspirant beizugeben. Diese Einrichtung soll Beamte 
schaffen, die mit den züchterischen Verhältnissen des Landes 
aufs höchste vertraut sind und sich durch jahrelange Arbeit 
auf ihre Tätigkeit als Gestütsdirigenten vorbereiten. Außerdem 
aber wird es möglich, mehr auf die Züchter einznwirken und 
dem Staate einen größeren Einfluß zu sichern. 

3. Die Zulassung zur Lautbahn der höheren Gestütsbeamten 
von einer Prüfung abhängig zu machen, in der die Vorkenntnisse 
für eine Tätigkeit in der Pferdezucht nachzuweisen sind. 

4. Zur Laufbahn der höheren Gestütsbeamten nicht nur 
Offiziere heranzuziehen, sondern jeden, der hierzu Talent hat, 
denn nur angeborenes Geschick und Verständnis für die Zucht 
und ein guter Blick für deren Bedingungen lassen ein erfolg¬ 
reiches Wirken in der Pferdezucht erwarten. 

Genau in dem angedeuteten Sinne sprach sich gelegentlich 
der Verhandlung über den Gestütsetat im Preußischen Ab¬ 
geordnetenhause der Abgeordnete von Dirksen aus; derselbe 
faßte seine Ausführungen nicht in einem besonderen Anträge 
zusammen, sondern bat nur, dieselben an zuständiger Stelle zu 
prüfen, damit man vielleicht bei der nächsten Etatsdebatte 
darauf zurückkommen könne. 

Zum Kapitel: „Der Tierarzt beim KörgescMft“. 

Laut Körordnung für das Fürstentum Schwarzburg-Rudol¬ 
stadt besteht die Prüfungskommission für Zuchtstiere aus dem 
zuständigen Bezirkstierarzt' als Vorsitze/iideN üttd"zWör Vtttai 
Landrate zu ernennenden praktischen Landwirten. 

Alle Jahre findet eine kostenlose „ordentliche“ Prüfung 
sämtlicher Zuchtstiere, welche öffentlich vorgehalten werden, 
statt; wird inzwischen ein Stier neueingestellt, so begutachtet 
der Tierarzt denselben allein. 

Im Anfänge meiner hiesigen Tätigkeit vor 18 Jahren suchte 
jedes Kommissionsmitglied nach Empfang deB Verzeichnisses 
allein und nach Belieben die Stiere in ihren Ställen auf. Nach 
Beendigung der Reisen trat die Kommission zur Beratung und 
Abstimmung zusammen. 

. Die Mißstände dieses Verfahrens traten mir im ersten Jahre 
sofort grell entgegen und im zweiten wurde der Kommission 
seitens der Behörde ein Wagen zur Verfügung gestellt, so daß 
sie nun geschlossen auftreten und die Stiere in ihren Ställen 
besuchen konnte. 

Aber auch dieses Verfahren hatte seine Übelstände, namentlich 
in bezug auf die Festsetzung der Abstuftmg in der Qualität der 
einzelnen Tiere behufs Prämiierung. 

Jetzt werden alljährlich im Mai die Stiere mehrerer Dörfer 
in einem in der Mitte gelegenen Orte zu einer Gruppe zusammen¬ 
gezogen und die Kommission übt ihr Geschäft in Gegenwart 
erschienener Interessenten öffentlich aus. Nachdem die zu¬ 
getriebenen Stiere gemessen, begutachtet, nach ihrer Qualität 
rangiert und die Nationale aufgenommen sind, gibt der Vor¬ 
sitzende das Ergebnis öffentlich bekannt. — (Allen Beschwerden 
und Verdächtigungen über Parteilichkeit und Bevorzugung 
einzelner Besitzer ist durch dieses Verfahren der Beden ent¬ 
zogen.) —- Diejenigen Besitzer, welche ihre Stiere der öffent¬ 
lichen Besichtigung entziehen, verlieren etwaige Ansprüche auf 





16. April 1908. 


BERLINER TtERiRZTLICHE WOCHENSCBRIf i. 


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Prämien und haben für die nun notwendig werdende „außer¬ 
ordentliche“ Prüfung für den Kopf 3 Mark zu entrichten. 

Diese öffentlichen Vorführungen haben aus leicht erklärlichen 
Gründen günstig auf die Besserung des männlichen Zuchtmaterials 
eingewirkt. Unglücksfälle, die anfangs beim Führen über Land 
befürchtet wurden, sind nicht vorgekommen und die ursprüngliche 
Abneigung der Stierhalter gegen diese Einrichtung ist jetzt fast 
beseitigt. Allzuweit abgelegene Orte sucht die Kommission 
nach wie vor auf. 

Meine ursprüngliche Absicht, mit diesen Tierschauen kleine, 
kurze Vorführungen von guten Kühen zu verbinden, hat sich in 
einigen Fällen zur Zufriedenheit der Landwirte verwirklicht* 
Es konnten mehrfach zwei bis drei Generationen guter Milch¬ 
kühe zur Anschauung gebracht werden. 

Dem Herrn Landrat von Baumbach bin ich Dank schuldig 
für sein bereitwilliges Eingehen auf meine Vorschläge. 

Eber werden im Fürstentume nicht geprüft und für Pferde¬ 
zucht eignet sich das Gelände nicht gut; der einzige Deckhengst 
in der Oberherrschaft, welcher auch staatliche Unterstützung 
genießt, steht unter meiner Aufsicht. Maximilian. 

Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

Fortsetzung (statt Schluß) aus Nr. 13, S. 240.*) 

Lage und Bestrebungen der Privattierärzte. 

Unter dem Losungswort „Ein gefährdeter Stand.“ eröffnete 
der Schlachthausinspektor La uff-Merzig in Nr. 11 d. „B. T. W.“ 
d. Jahrg. einen Wortstreit, in dem die Bedrängnis der praktischen 
Tierärzte dargetan wird; - In der näohsten Nummer folgte .ein 
Aufsatz von Stietenroth und in den späteren Ausgaben der 
genannten Zeitschrift reihte sich ein Artikel an den andern über 
das gleiche Thema von den verschiedensten Verfassern. 

Ais Hauptursache dieser mißlichen Lage der Privattierärzte 
wurden die Kreistierärzte und insonderheit der Umstand hin¬ 
gestellt, daß die Neigung bestehe, immer mehr Krankheiten der 
Haustiere unter die Herrschaft des Seuchengesetzes zu stellen. 
Dieses Vorgehen führe dahin, daß schließlich die ganze Tier¬ 
heilkunde verstaatlicht und die Privattierärzte ausgeschaltet 
werden. 

Die beiden ersten Aufsätze von Lauff und Stietenroth 
trugen den Charakter einer nicht zu billigenden scharfen 
Provokation, denn sie verfolgten die Methode, Kreistierärzten 
arge Fehler ln der Diagnose, also Unwissenheit und Unfähigkeit 
vorzuwerfen, um sich selbst ein schönes Relief zu geben. 

Gegen dieses bedauernswerte Beginnen habe ich mich als 
Vorsitzender d. V. b. T. verpflichtet gefühlt, zuerst das Wort 
zu ergreifen. 

Meine Ausführungen in Nr. 14 d. B. T. W. sind nicht 
gerade mild ausgefallen, denn wie man in den Wald hinein¬ 
schreit, so schallts heraus. Sie hatten hauptsächlich den Zweck, 
zu verhüten, daß bei der zu erwartenden weiteren Polemik in 
der Verkleinerung des tierärztlichen Ansehens, das ein gegen¬ 
seitiges Vorhalten von Schwächen und Fehlern in der Öffent¬ 
lichkeit erzeugt, fortgefahren würde. 

*) Die Raumverhältnisse in Nr. 14 und die Notwendigkeit, in 
Nr. 15 zwei längere tagesgeschichtliche Artikel zu veröffentlichen, 
haben eine Unterbrechung der Veröffentlichung des Berichtes not¬ 
wendig gemacht, der erst in Nr. 17 zu Ende geführt werden kann. 


In den Erwiderungen der beamteten Tierärzte ist keiner 
auf diesen Ton eingegangen und ich habe die Genugtuung 
gehabt, daß alle nachfolgenden Veröffentlichungen der Privat¬ 
tierärzte das persönliche Gebiet ebenfalls vermieden haben. 
Meine Bemerkungen trugen mir aber ein paar Entgegnungen 
in der Tierärztlichen Rundschau ein, die in einem Falle durch 
ihre Verworrenheit in Erstaunen setzten, im anderen durch 
unfreiwillige Komik belustigten. Es schien, als wenn man mich 
— sei es absichtlich oder unabsichtlich — nicht verstanden 
hätte. Jedenfalls ist aber diese Reaktion der Indikator für die 
Erregung, welche durch die ersten Artikel in den Kreisen der 
Privattierärzte zum Ausbruch gekommen war. 

Auf diese ganze Preßfehde im einzelnen einzugehen, ist 
nicht meine Absicht. 

Ich will nur feststellen, was durch diese Bewegung zutage 
gekommen ist, und das ist wichtig genug, daß wir uns darum 
kümmern. Ich bin daher der Ansicht, daß der Streit in der 
Fachpresse im allgemeinen dem Stande nicht geschadet, sondern 
vielmehr Nutzen gestiftet hat. Er wird einen Ausgleich in der 
Spannung zwischen Privat- und beamteten Tierärzten herbei¬ 
führen, so daß sie sich nicht als Feinde gegenüberstehen, wie 
es leider anscheinend häufig vorkommt, sondern nebeneinander, 
einer dem andern helfend, zum eigenen Wohie des Ganzen 
tätig sind. 

Es ist müßig, zu fragen, wer den Streit begonnen und 
welcher Umstand ihn zum Ausbruch gebracht hat. So viel steht 
fest, kommen mußte diese Bewegung der Privattierärzte früher 
oder später. Wer kann es ihnen verdenken, daß sie sich zu¬ 
sammengetan haben, um ihre Interessen zu schützen! Ver¬ 
binden! .skh doch heute .alle Volksklassen zu diesem Zweck. Der 
einzelne ist in unserer Zeit nicht imstande, den Kampf ums 
Dasein mit Erfolg zu führen, sondern nur die Vielheit. Wir 
können deshalb die Organisation der Privattierärzte zur Geltend¬ 
machung ihrer Bestrebungen nur billigen. Aber ich muß sagen, 
was sie jetzt begonnen haben, geschieht unter völliger Ver¬ 
kennung ihrer Vorteile und ihrer Ziele. 

Die Lage der Privattierärzte ist ja in der Tat in mancher 
Beziehung nicht beneidenswert. In vielen Gegenden hat sich 
ihre Zahl so vermehrt, daß sie unter Anwendung wenig kollegialer 
Mittel einander Konkurrenz machen. Dabei hat die Neuzeit 
die Praxis trotz Zunahme des Viehstandes nicht vermehrt, sondern 
vermindert. 

Jeder Landwirt, der eine Fachschule besucht hat, wird 
heute nicht als vollkommen ausgebildet betrachtet, wenn er 
nicht verstellt, mit der Injektionsspritze und auch mit dem 
Messer zur Behandlung von Tieren umzugehen. Der Gro߬ 
grundbesitzer oder Gutspächter hat es bei seinen landwirt¬ 
schaftlichen Studien in der Universität gelernt und führt es gern 
selbst aus, denn so ein bißchen Quacksalbern hat Reiz und 
spart den Tierarzt. Übt es der Herr nicht selbst aus, so wird’s 
vom Inspektor oder vom herrschaftlichen Kutscher oder von 
sönst einem heilbegnadeten Kuh-, Schaf- oder Schmiedemeister 
verlangt. Es ist eigentümlich, daß diese Sucht zum Selbst¬ 
kurieren bei vielen gebildeten Landwirten nicht auszurotten ist, 
auch wenn die damit erzielten Verluste am Geldbeutel empfindlich 
fühlbar werden. 

Die Verkürzung der tierärztlichen Praxis erfolgt weiterhin 
durch die überhandnehmende gewerbsmäßige Kurpfuscherei, 
z. B. die Ausführung der Serumimpfung gegen Rotlauf, der 





292 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 . 


Geburtshilfe usw. von Laien, die billiger arbeiten, wie viel auch 
Werte bei der Ausführung verloren gehen mögen. 

Es kann mithin nicht wundernehmen, daß die Einnahmen 
der praktischen Tierärzte gegen früher bedeutend zurückge- 
gangen sind. 

Aber nicht allein die materielle Lage führt die Unzufrieden¬ 
heit der praktischen Tierärzte herbei, sondern sie beklagen 
sich auch über ihr geringes Ansehen im Vergleich zu den 
Kreistierärzten. 

Die Stellung der Kreistierärzte hat sich in den letzten 
zphn Jahren erfreulich gehoben, und sie haben gegenüber den 
Privattierärzten einen Vorsprung erlangt, der diesen empfindlich 
fühlbar wird. Sie sehen außerdem, wie die Militär- und Schlacht¬ 
haustierärzte in der Lebeüsstellung und Haltung vorwärts¬ 
schreiten, während sie Zurückbleiben. 

Daß sich aus diesen Beobachtungen und Erfahrungen ein 
bitteres Gefühl entwickeln muß, liegt auf der Hand. 

Wir wollen es deshalb den Kollegen nicht nachtragen, 
wenn sie, beherrscht von diesen Empfindungen, uns als die 
Nächststehenden angegriffen haben. Wir wollen vielmehr, so 
weit wir können, helfend an ihre Seite treten. 

Es heißt im Leben, daß sich jedermann die Stellung selbst 
mache und das gilt auch von einem ganzen Stand. 

Wenn sich zwei Kollegen, die ein gemeinsames Praxisfeld 
haben, gegenseitig bei ihrem Publikum nicht nur üble Dinge 
nachsagen, sondern sich einer bei der Klientel des andern durch 
Wort und Schrift unterbietet, so trägt dieses der Würde des 
Standes entgegenstehende Verhalten nicht dazu bei, das Ansehen 
und die Stellung zu heben. Meine Herren, solche Fälle werden 
nifcht nur rtür, sondern vielen Krefstierärzten vorgekommen 
sein, daß sich aus diesen Gründen ein Kollege über den andern 
bei Ihnen beschwert hat. Die Erfahrung ist vielfältig gemacht 
worden, daß sich die Privattierärzte untereinander viel mehr 
Schaden zufügen, als sie ein Kreistierarzt jemals geschädigt hat. 

Das alte Wort „medicus medicum odit“ wird ja nie seine 
Bedeutung verlieren, trotz aller Kammer- und Vereinsarbeit (in 
der wir das Heil erblicken), aber bei allen Konflikten müssen 
die Formen nach außen hin gewahrt bleiben. Daran fehlt es 
uns, leider Gottes, gestehen wir es doch offen ein, an allen 
Ecken und Enden. 

Ein Kollege sagte neulich im Gespräch pessimistisch zu 
mir: „Wären wir besser, so ging’s uns besser.“ Wir wollen 
uns doch dieses Wort vor Augen halten. 

Zu den Formen, die notwendig sind, gehört allgemein die 
korrekte öffentliche Haltung, nicht nur in der einwandfreien 
.Lebensführung. Man beurteilt uns nach unserm Verkehr, selbst 
nach unserer Kleidung. 

Dem Tierarzt stehen ja nicht wie dem Offizier, Richter, 
Rechtsanwalt, Arzt, Oberförster, Philologen, Apotheker usw. 
von vornherein alle Zirkel offen; nein, er muß vorläufig immer 
noch erst beweisen, daß er ein Mensch ist, den man seines 
Verkehrs würdigen kann. So geht’s nicht allein dem Privat- 
tierarzt, sondern auch dem Kreistierarzt, wie der vom Herrn Dralle 
angeführte Fall genügend darlegt. Ich bin aber Bicher, daß der 
Wunsch des betreffenden Kollegen hinsichtlich Anerkennung 
seiner gesellschaftlichen Qualifikation, mit der Zeit erfüllt wird, 
wenn die erwähnten Voraussetzungen bei ihm vorhanden sind. 
Warum sollte dies nicht auch dem Privattierarzt unter den 


gleichen Vorbedingungen gelingen? Es gibt viele darunter, die 
in hocbange8ebener Stellung leben. 

Es ist wahr, daß das Seuchengesetz den beamteten Tierarzt 
aus dem Gros der Tierärzte herausgehoben und ihm erleichtert 
hat, sich eine Stellung zu schaffen. Die Herren dürften aber 
doch' nicht vergessen, daß der ganze Stand noch in der Ent¬ 
wicklung, im Werden ist, und daß die Hemmung des etwas 
größeren Fortschrittes einer Gruppe seiner Angehörigen einen 
Rückschritt für den ganzen Stand bedeuten würde. Wenn sie 
uns der wohl erworbenen heutigen Beamtenqualifikationen ent¬ 
kleiden und sich damit schmücken wollten, würden sie doch 
nicht den Erfolg haben, sich den heutigen Kreistierärzten gleich 
gestellt zu sehen, sondern doch höchstens den Schatten der¬ 
selben, die übrig bleiben würden, nachdem sie der Stellung ihre 
Bedeutung genommen haben. Also, was nützt ihnen dies Bestreben. 

Die ins Feld geführte Behauptung, daß wir den Privat¬ 
tierärzten bei unserer amtlichen Tätigkeit die Praxis wegnehmen, 
ist nicht zutreffend und oft widerlegt. Ich will die durch die 
praktische Erfahrung diktierten Gründe liier nicht wiederholen, 
sondern nur erwähnen, daß dieses Zugeständnis mir, der umfang¬ 
reiche Praxis betreiben muß, von praktischen Tierärzten meines 
Kreises rückhaltlos gemacht worden ist. Sollte diese offene 
Anerkennung nur für meine Person zutreffen? Ich glaube, 
das läßt sich vom allergrößten Teil von uns im gleichen 
Maße sagen. 

Trotz dieser Anerkennung, die wir wahrscheinlich alle mit 
wenigen Ausnahmen besitzen, wollen wir doch noch mehr tun 
und uns selbst gegen den Schein verwahren, daß wir die Pri vat- 
kollegen bei der Amtstätigkeit schädigen könnten. 

Wir wollen sie,, wie von ihren Vorkämpfern verschiedentWch 
verlangt worden ist, da, wo wir wissen, daß sie die Praxis 
ausüben, bei der amtlichen Untersuchung oder Obduktion der 
verdächtigen Tiere zuziehen. Ja, wir wollen ihnen versprechen, 
die Behandlung derselben nicht anzunehmen, vorausgesetzt, daß 
ihr Besitzer nicht überhaupt beabsichtigt hat, einen Wechsel in 
der tierärztlichen Beratung eintreten zu lassen. Die Annahme 
der Behandlung wäre ferner noch davon abhängig zu machen, 
daß der Besitzer seine Absicht dem bisherigen Tierarzt mitteilte. 

Meine Herren, das ist nur eine allgemeine Richtschnur. 
Es gibt natürlich dringende Fälle, in denen der anwesende Tier¬ 
arzt die reklamierte Hilfe nicht versagen kann, in allen anderen 
Fällen dagegen müßte sein therapeutisches Eingreifen von dem 
Einverständnis, sagen wir mit dem Haustierarzt, abhängen. 
Diese Haltung hat natürlich zur Voraussetzung, daß wir in der 
Privatpraxis von der andern Seite mit gleicher Rücksichtnahme 
behandelt werden. 

Bei diesem Verfahren sollte ich meinen, müßte das Ver¬ 
langen der Privatkollegen gegenstandslos werden. Denn es geht 
ihnen durch, unsere Tätigkeit nichts verloren. 

Wie große Summen einträglichen ErwerbB stehen sie da¬ 
gegen im Begriff, auf andern Gebieten zu verlieren. 

Ich erinnere an die Rotlaufimpfung, eine Einnahmequelle, 
die ihnen doch zu Siebenachtel zufließt. Warum wenden sie 
nicht ihre Kräfte Schulter an Schulter mit uns gegen die fort¬ 
gesetzt drohende Gefahr der Laienimpfung? Ich möchte noch 
einmal feststellen, daß unsere Bestrebungen zugunsten einer 
Organisation der Impfungen hauptsächlich den Einnahmen der 
Privattierärzte zugute kommen. Und ist es nicht in gleichem 
Maße der Fall bei der Tätigkeit des Vereins zur Erlangung 







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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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einer angemessenen Belohnung für die Reisen bei der Er- 
gänzungsbeschau ? 

Das Fleisohbeschaugesetz hat dem praktischen Tierarzt die 
großen Summen in den Schoß geworfen, dem Kreistierarzt ge¬ 
ringe Sporteln aus der Prüfung und Überwachung der Beschauer. 
Manche Existenz eines praktischen Tierarztes hat erst durch den 
Erwerb aus der Fleischbeschau einen festen Rückhalt bekommen. 
Einige andere Forderungen, betreffend die Betonung und Be¬ 
rücksichtigung der Stellung des Tierarztes gegenüber dem Be¬ 
schauer, müssen ohne weiteres anerkannt und von uns in 
kollegialer Weise unterstützt werden. Freilich kann die Unter¬ 
stützung nur eine moralische sein, da wir auf diese Dinge ganz 
wenig und nur indirekten Einfluß haben. 

Ein weiteres Unternehmen, bei welchem wir den praktischen 
Tierärzten mindestens ebensoviel gute Dienste leisten als uns 
selbst, ist der Kampf gegen das Pfuschertum, den wir auch auf 
unsere Fahne geschrieben haben. 

Meine Herren! Wir werden ja nachher noch Ausführliches 
über die Ursachen des Pfuschertums hören. Aber auf einen 
Punkt möchte ich mir doch nicht versagen, die Aufmerksamkeit 
hinzulenken. 

Für diejenigen praktischen Tierärzte, die etwas tun wollen 
und können, finden sich trotz der Zunahme unserer Kopfstärke, 
wie ich in meiner Erwiderung in der B. T. W. auch schon be¬ 
merkt habe, auf dem platten Lande noch Auftraggeber, die 
unsern Rat für wertvoll genug halten, um dafür zu bezahlen. 
Bei den früher geschilderten Kenntnissen des Landwirtes von 
tierärztlichen Verrichtungen kommt es aber gar nicht selten vor, 
•daß •die. Worte fallen,, soviel - .wie >der Tierarzt. X. verstehe ich 
selber. Die Folge von diesem Raisonnement ist, daß X. nicht 
geholt wird. Das ist ja, wie bereits ausgeführt, in den meisten 
Fällen nur eine Einbildung des studierten Landwirtes, aber in 
manchen Fällen hat dieser Ausspruch, was praktische Dinge 
anbelangt, eine bedauerliche Berechtigung. Denn man stößt 
-doch zuweilen auf bedenkliche Lücken in der tierärztlichen 
Kunst. Man möge mir verzeihen, daß ich mir erlaube, auf das 
Gebiet der Lahmheiten hinzuweisen, insbesondere der Huf- und 
Klauenlahmheiten, die ja bei weitem am häufigsten sind. Es 
fehlen hinreichende Würdigung der Huffunktion, der Huf- und 
Klauenformen, die richtige Handhabung der Untersuchungszange, 
des Huftoessers e tutti quanti. Über Pflege, Fütterung, Haltung, 
Beschirrung, Zäumung der Tiere oft nur geringer Schimmer! 

Ja, meine Herren, solch ein Praktiker ist hilflos, wie ein 
Theoretiker der Schwimmknnst im tiefen W T asser. Es gehören 
zum Praktiker auch Körperkräfte und eine robuste Gesundheit, 
er muß unbedingt chirurgische Fertigkeiten haben und sich nicht 
vor den landläufigen Operationen scheuen oder fürchten, daß die 
Weichheit der Hände durch zu häufige Berührung mit Wasser 
und Desinfektionsmitteln leide. Ich wollte nur einmal in groben 
Umrissen darstellen, aus welchen einzelnen Bestandteilen ein 
Praktiker zusammengesetzt sein muß. Wenn diese Mischung 
noch durch einen vornehmen gebildeten Stil und sicheres, aber 
bescheidenes, keineswegs unterwürfiges Auftreten gehoben, also 
gentlemanlike ist, wird dieser Praktiker sein Publikum stets 
finden und nie von ihm verlassen werden. 

Um die Notwendigkeit einer besonderen Einführung des 
jungen Tierarztes in die Praxis ins Rampenlicht zu rücken, hat 
der Vorstand einen entsprechenden Vortrag auf seine Tages¬ 


ordnung gesetzt. Das ist doch eigentlich auch nur im Interesse 
deB praktischen Tierarztes. 

Meine Herren, so gern wir in diesem vielfachen Sinne an 
der Besserung der Lage der Privattierärzte arbeiten wollen, so 
können wir jedoch ihren Bestrebungen nicht folgen, mit uns die 
Seuchentilgung zu teilen. 

Das Ausland strebt danach, sich eine Organisation nach 
unserm Vorbild zu schaffen und Deutschland sollte sie lockern? 
Das scheint mir nicht denkbar. 

Wohin die Zustände treiben können ohne diese bei uns vor¬ 
handene staatliche Form der ganzen Einrichtung zeigt in 
Frankreich das krasse Beispiel des maire d’Astaffort und des 
vüterinaire Vidalon, das Jeder in der D. T. W., Nr. 36 d. Jahrg. 
nachlesen kann. Durch# die vom Tierarzt Ory im Palais 
Bourbon aufgedeckten Mängel und Schäden der Seuchentilgung 
ist in Frankreich anerkannt worden, daß der Dienst von einem 
Zentralbureau für das ganze Land einheitlich verwaltet und 
gestaltet werden muß und daß die Sanitätstierärzte als Beamte 
der Republik unabhängig von dem Belieben der Präfekten 
gemacht werden müssen. 

In Italien hat man seit 1902 ein Seuchengesetz nach dem 
Muster des deutschen, aber anscheinend nur auf dem Papier. 
Denn der landwirtschaftliche Verein in Mailand faßte in seiner 
Sitzung am 5. Januar 1907 den dringlichen Beschluß, eine starke 
Agitation zu entfalten, um von der Regierung eilige und wirk¬ 
same Schutzmaßregeln gegen das Eindringen und die Verbreitung 
der Maul- und Klauenseuche zu erlangen. Das zuständige 
Ministerium hatte anfangs jede Schutzmaßregel verweigert, da 
es sich nur um vereinzelte Fälle handelte, die beim Auftrieb des 
Weideviehes in die Alpen auftauchten. Darauf kam eine enorme 
Verbreitung der Seuche zustande, als die Rinder im Herbst von 
den Alpen zurückgebracht wurden. Ans den zu diesem Thema 
in der Versammlung gehaltenen Reden war als Grundton zu 
hören, daß die Regierung zu tadeln sei, weil sie nichts getan 
hätte, um die beklagenswerte Ausdehnung der Seuche zu ver¬ 
hindern. (Clinica vet. 1907, 12. Januar.) 

Meine Herren! An solchen Zuständen in den Nachbarländern 
sollten sich diejenigen einmal ein Exempel nehmen, welche hier 
eine, so weittragende Umgestaltung des Modus der Seuchen¬ 
tilgung zu ihren Gunsten verlangen. Wir sehen daraus, daß es 
ohne eine feste zielbewußte Zentralleitung einerseits und ohne 
einem wohlorganisierten Stab von verantwortlichen Beamten 
anderseits nicht geht. 

Höher als das eigene Interesse steht das Staatswohl: Ich 
erinnere an die Worte Lydtins in Düsseldorf, dessen universelle 
und alte Erfahrung und Kompetenz auf diesem Gebiete wohl 
nicht ihres gleichen haben. L. sagt: „Kein Staat kann, falls 
er in der Seuchentilgung Erfolg haben will, auf ein dizipliniertes, 
ihm fortwährend zur Verfügung stehendes Korps von Tierärzten, 
dessen Tätigkeit streng überwacht wird, verzichten.“ 

Meine Herren! Diesen Standpunkt können wir nicht ver¬ 
lassen und er wird, darüber bin ich nicht im Zweifel, bei den 
verantwortlichen Leitern der Seuchenangelegenheiten unseres 
Landes seine Geltung behalten. Jene allein nicht wir, haben 
' endgültig darüber zu bestimmen, was zur Wohlfahrt der Land¬ 
wirtschaft am besten dient. 

, Der ganze Streit zwischen Privat- und Kreistierärzten ist 
deshalb müßig und wir können darob getrost die Streitaxt 
begraben. 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


Damit die Kollegen aber sehen, daß wir auch ein Herz für 
ihre Klagen haben und daß in demselben die Gefühle werk* 
tätiger Kollegialität wohnen, bitte ich nm Annahme nachstehenden 
Antrages: 

Die heute versammelten beamteten Tierärzte erkennen die 
schwierige Lage der Privattierärzte an und erklären sich bereit, 
an ihrer Verbesserung hilfreichen Anteil zu nehmen. Die Be¬ 
teiligung der Privattierärzte an der Seuchentilgung müssen wir 
dagegen ablehnen. (Beifall.) 

(Fortsetzung folgt.) 

Protokoll 

der 71. Versammluug des Vereins Thüringer Tierärzte 

am 3. November 1907 im Hotel Silber zu Erfurt. 

Der Vorsitzende, Veterinärrat Walllnann, eröffnet unter herz¬ 
licher Begrüßung der erschienenen Kollegen um 11 Uhr die Ver¬ 
sammlung. Es sind anwesend 24 Mitglieder und als Gäste Ober- 
stabsveterinär Körner, Oberveterinär Voll and, Oberveterinär z. D. 
Gräbenteich; die Tierärzte Büttner und Dr. John, sämtlich 
aus Erfurt. Ihr Fernbleiben hatten entschuldigt Geheimrat Professor 
Dr. Esser, Kreistierarzt Voerckel, Hoftierarzt Waith er-Weimar 
und die Oberveterinäre Pfefferkorn und Lehmann-Langensalza. 

Dem Kollegen Hesse in Stotternheim, Ehrenmitglied des Vereins, 
der im Mai d. J. sein SOjäbriges Berufsjubiläum gefeiert hat, werden 
nachträglich telegraphisch die Glückwünsche des Vereins übersandt 
Es wird ferner beschlossen, Herrn Hesse nachträglich ein Geschenk 
zu überreichen. Mit den Vorbereitungen zur Feier des 50jährigen 
Berufsjubiläums des Kollegen Kleinschmidt, Erfurt, welches auf 
den 10. Mai 1908 fällt, wird der Vorstand beauftragt. Zur Feier 
der goldenen Hochzeit des Kollegen Reich, Gotha, die am 25. April 
1908 stattfindet, soll eine Deputation, bestehend aus den Kollegen 
Wallmann, Krüger und Oppel, zur Gratulation nach Gotha ent¬ 
sendet werden. Bei der nun stattfindenden Vorstands wähl werden 
die- zuletzt im Vorstand tätigen Mitglieder wiedergewählt. Es ist 
demnach Departementstierarzt Veterinärrat Wallmann erster Vor¬ 
sitzender, Schlachthofdirektor Dr. Massig Schriftführer, Kreistierarzt 
Ruhe stellvertretender Schriftführer und Bezirkstierarzt Oppel 
Kassierer. 

In dem Vortrage „Standesinteressen“ führt Kreistierarzt Löwel 
ungefähr folgendes aus: ln den Fachzeitschriften war im Früh¬ 
jahr 1907 ein Federkrieg zwischen Privattierärzten und beamteten 
Tierärzten dadurch entstanden, daß die ersteren die Mitwirkung an 
der Seuchentilgung erstreben, während die letzteren dieses Gebiet 
für sich allein glauben in Anspruch nehmen zu müssen. Obgleich 
Referent das Bestreben der Privattierärzte, ihr Arbeitsgebiet zu 
erweitern, für berechtigt hält, so bezeichnet er es doch andererseits 
für ein Unrecht, in den Wirkungskreis anderer eindringen zu wollen. 
Denn die Kreistierärzte gelangen erst nach der Absolvierung einer 
schwierigen und kostspieligen Prüfung in ein Amt, in dem häufig 
die persönlichen und privaten Interessen denen des Staates hintenan¬ 
gesetzt werden müssen. Sie verlören häufig ihre Praxis in Ort¬ 
schaften, in denen sie veterinärpolizeilich tätig seien. Für den 
Staat sei es ferner von Wichtigkeit, Organe für die Ausführungen 
seiner Verordnungen und Vorschriften zu besitzen, die ihm stets 
zur Verfügung stehen und über der er Disziplinargewalt besitzt. 
Referent hält es demnach nicht für gerechtfertigt und auch für un¬ 
zweckmäßig, die Privattierärzte im allgemeinen zur Seuchen¬ 
tilgung heranzuziehen. 

Was nun die Stellung der Tierärzte betrifft, so glaubt Referent 
daß in den letzten Jahren vieles erreicht ist, daß wir jedoch weiter 
bestrebt sein müßten, unsere Stellung den gestellten Anforderungen 
gemäß zu heben. Besonders ließe die Stellung der in kommunalen 
Diensten stehenden Tierärzte viel zu wünschen übrig, und es 
wäre die Pflicht der gesamten Tierärzte hier helfend und 
fördernd einzugreifen. Wenngleich der Verein der Schlachthof¬ 
tierärzte rührig für seine Mitglieder arbeite, so könne er doch 
allein nicht durchdringen, sondern hier müsse die Gesamtheit der 
Tierärzte einspringen. Um hier eine wirkungsvolle Tätigkeit ent¬ 
falten zu können, empfiehlt Referent den Zusammenschluß sämtlicher 


Tierärzte zu einem Verbände, wie er unter den Ärzten mit dem 
Sitz in Leipzig bereits besteht Zum Schluß spricht Referent über 
die Konkurrenz der Tierärzte. Ebenso wichtig wie er die Konkurrenz 
auf allen Gebieten des Wissens, des Handels und der Industrie 
hält, ebenso verurteilt er ihre Auswüchse. Zunächst wäre es 
wichtig, mit allen gesetzlichen Mitteln gegen das Pfuschertum vor¬ 
zugehen. Es dürfte nieht Vorkommen, daß ein Tierarzt einen 
Pfuscher bittet, ihm Ratschläge aus seinem reichen Schatz von 
Erfahrungen mitzuteilen oder ihm altbewährte Rezepte zu über¬ 
lassen oder daß er mit ihm gemeinschaftlich Patienten behandelt 
Man stelle sich damit auf dieselbe Stufe mit den Pfuschern und 
schade außerordentlich dem ganzen tierärztlichen Stande. Ebenso 
verwerflich sei es, in marktschreierischer Weise seine Dienste den 
Tierbesitzern anzubieten oder sich mit den Hirten und Hutleuten 
in die Kneipe zu setzen, um von ihnen zu erfahren, wo kranke 
Tiere sich befinden. Auch die im Inseratenteil der tierärztlichen 
Zeitschriften unter der Überschrift „cavete“ jetzt häufig vor¬ 
kommenden Warnungen vor Übernahme einer Stelle hätten nur 
den Zweck, die Konkurrenz auszuschalten. Der Herr Einsender 
des Inserats möchte der alleinige Bewerber um die betreffende 
Stelle sein. Um diesen und ähnlichen Auswüchsen der Konkurrenz 
besser entgegentreten zu können, tritt Referent nochmals für die 
Bildung von Tierärztekammern ein. 

Die inzwischen stattgehabte Revision des Kassenbestandes 
| durch die Kollegen Krüger und Oberländer gibt zu Erinnerungen 
keine Veranlassung; es wird dem Kassierer Oppel Entlastung 
erteilt. 

In dem zweiten Vortrage „Diagnostik und Behandlung der 
Kolik“ sagt Referent, Bezirkstierarzt Oppel, daß es für den Prak¬ 
tiker von der allergrößten Wichtigkeit sei, vor Einleitung der Be¬ 
handlung die Diagnose sicher zu stellen und die Ursache der Kolik 
zu ergründen. Er unterscheidiet 1. als die am häufigsten vor¬ 
kommende Form, die Krampfkolik. Die Diagnose ist meistens 
nicht schwer. Sie tritt häufig während der Arbeit ein. Das Pferd 
zeigt große Schmerzen, hat Schweißausbruch, klingende Darm- 
geräusche und häufigen Mistabsatz. 2. Überfütterungskolik. Das 
Pferd ist sehr voll; der Leib ist in der Rippengegend aufgetrieben 
dagegen nicht in der Flankengegend; es treten Unruheerscheinungen 
auf; es trippelt hin und her und wirft sich heftig nieder, um bald 
wieder aufzustehen. 3. Bei der Verstopfungskolik sind die Schmerzen 
in der Regel nicht so groß. Der Puls ist voll, aber wenig be¬ 
schleunigt, die Darmtätigkeit ist unterdrückt. Die Pferde nehmen 
eine gestreckte Stellung ein, ähnlich der eines Schaukelpferdes, 
während Schweißausbruch meistens fehlt. Bei der Untersuchung 
durch den Mastdarm, die Referent in allen Fällen für unbedingt 
erforderlich hält, stößt man auf prall gefüllte Darmabschnitte. 
4. Bei der durch Darmverschlingung bervorgerufenen Kolik zeigt 
Patient heftige Schmerzen und drahtförmigen Puls. Das Tier sieht 
sich häufig nach der erkrankten Bauchseite um. Bei Dickdarm¬ 
verlagerungen kommt dann noch eine starke Auftreibung des Hinter¬ 
leibs dazu. 5. Die Wurmkolik, die hauptsächlich bei Fohlen vor¬ 
kommt und 6. die Steinkolik sind, falls Würmer resp Steine in den 
Fäces sich nicht bemerkbar machen, schwer zu diagnostizierende 
Formen. 7. Darmentzündung, die nicht sehr häufig vorkommt; zur 
Feststellung derselben ist der Vorbericht sehr wichtig. Symptome: 
Starker Schweißausbruch, große Schmerzen, zunächst starker Durch¬ 
fall, dann Stuhlverhaltung; der Hinterleib ist nicht aufgetrieben. 

Für die Behandlung ist die Feststellung der Art der Kolik 
unerläßlich, da eine jede Form anders behandelt werden müsse. 
Bei der Krampfkolik gibt Referent 75 g Opiumtinktur in einer 
Dosis. Bei Überfütterungskolik, die in der Regel mit Gasansammlung 
im Magen verbunden ist, .hat Referent bei Sektionen den Pylorus 
geöffnet, den Zwölffingerdarm dagegen krampfhaft geschlossen 
gefunden. Referent empfiehlt deshalb zunächst die Verabreichung 
von 75 g Opiumtinktur, um den Krampf im Zwölffingerdarm zu lösen 
und dann ein Abführmittel am besten ein Liter Rizinusöl. Die 
Verstopfungskolik ist nur mit Abführmitteln zu beheben. Häufig 
würde hier der Fehler begangen, daß man gleich mit sehr schnell 
und kräftig wirkenden Arzneimitteln vorginge, um den Patienten 
möglichst bald hcrzustellen. Durch Einspritzungen von Eserin, 
Pylocarpin, Baryum chloratum usw. versuchten viele Tierärzte dio 





16. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


295 


Verstopfung in einer halben Stunde oder noch kürzerer Zeit zu 
beseitigen; dies sei aber durchaus fehlerhaft. Man müsse erst die 
Wirkung der per os verabreichten Arzneimittel abwarten. Bei Darm¬ 
verlagerung sei es ratsam, den Darmstich zu machen; derselbe sei 
viel ungefährlicher, als man in der Regel annehme. Die Kanüle 
darf jedoch nicht liegen bleiben. Nach der Gasentleerung gibt 
Referent den Patienten Gelegenheit zum Wälzen. Später wird Rizinusöl 
verabfolgt. Wurmkolik und Steinkolik ist wie die Verstopfungs¬ 
kolik zu behandeln. Die Darmentzündung behandelt Referent mit 
großen Mengen Tinct. Opii simpl. Bisweilen werden an einem 
Tage, natürlich in mehreren Portionen, bis 375 g davon verabreicht. 
Die Stuhlverhaltung bei der Darmentzündung sei kein ungünstiges 
Symptom; es vergingen häufig mehrere Tage, bevor der Abgang 
von Exkrementen wieder eintrete. 

Der Vorsitzende, Veterinär Wallmann, dankt beiden Vor¬ 
tragenden im Namen der Versammlung und zeigt alsdann Gyps- 
abdrücke von Pferdeschneidezahngebissen, die er persönlich her¬ 
gestellt hatte. Er erwähnt dabei, daß er öfters Gelegenheit gehabt 
hätte, bei Prozessen, die das Zahnalter von Pferden beträfen zur 
ev. Sicherung des Beweises bzw. Abgabe eines Obergntachtens 
dem Gericht derartige Abdrücke vorzulegen. Dieselben wären stets 
mit großem Interesse entgegengenommen worden. Um einen Gyps- 
abdruck herzustellen, sei es nötig, die Zähne mit einer Bürste 
gründlich zu reinigen und mit Öl zu bestreichen. Auf das so vor¬ 
bereitete Gebiß ist dann eine Kittmasse — Glaserkitt, Wachs, besser 
dagegen sog. Modellkitt — aufzudrücken. In diesen Abdruck wird 
nun der Gyps hineingegossen. Die vorgelegten Modelle waren sehr 
naturgetreu hergestellt und konnte das Alter der betreffenden 
Pferdes daran leicht festgestellt werden. 

Um l 3 / 4 Uhr wurde die Versammlung durch den Vorsitzenden 
geschlossen. 

Das sich hieran schließende Mittagessen war auch von den 
Damen besonders gut besucht Vorträge, Tanz und Gesellschafs¬ 
spiele hielten die Beteiligten bis in die späten Abendstunden zu¬ 
sammen. 

Wallmann, Dr. Massig, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Beratung des Vieh8euohengesetze8. 

Die Anberaumung der nächsten Sitzung der Viehseuchenkom¬ 
mission des Reichstags wird, wie der Vorsitzende der Kommission 
Rimpan erklärte, davon abhängen, ob der Reichstag noch nach 
Ostern Zusammentritt. Abgeordneter Rimpan ist bekanntlich als 
Schriftführer Mitglied des Reichstagspräsidiums; man darf da¬ 
nach wohl schließen, daß mit der Herbstvertagung des Reichs¬ 
tages vor Ostern ernstlich gerechnet wird. — Die Kommission 
erledigte bisher die §§ bis 29c des Gesetzes. Während der 
Vertagung wird die Regierung eine Aufstellung über die 
Seuchen machen. (Berl. N. N.) 

Aus dem österreichischen Abgeordnetenhause. 

In der Sitzung vom 26. März d. J. beantragte Abgeordneter 
Wolf eine Resolution, in der die Regierung aufgefordert wird, 
dem Abgeordnetenhause in kürzester Frist, spätestens vor Ab¬ 
lauf dieses Halbjahres, einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem 
die Lostrennung der tierärztlichen Hochschule vom Reichskriegs¬ 
ministerium und die Unterstellung derselben unter das Unter¬ 
richtsministerium ausgesprochen wird. Ferner befürwortete Wolf 
die Verleihung aller den übrigen Hochschulen eingeordneten 
akademischen Rechte an die tierärztliche Hochschule und einen 
Neubau derselben. 

Den vom Abgeordneten Wolf hinsichtlich der Ausgestaltung 
der tierärztlichen Hochschule in Wien geäußerten Wünschen 
gegenüber hat im Budgetausschuß der UnterrichtBminister ge¬ 
äußert, er stimme im allgemeinen zu, obschon er nicht ver¬ 
schweigen könne, daß die Überführung in das Ressort des 


Unterrichtsministeriums gewissen finanziellen Schwierigkeiten 
begegne. Doch sei die Unterrichtsverwaltung ernstlich bemüht, 
und finde auch bei der Kriegsverwaltung Entgegenkommen, eine 
modernere Ausgestaltung der Anstalt in pädagogisch-didaktischer 
Richtung durchzuführen. Was das Promotionsrecht be¬ 
trifft, so habe die Unterrichtsverwaltung dessen Ein¬ 
führung für die tierärztlichen Hochschulen in Wien 
und Lemberg für das Studienjahr 1908—09 bereits in 
Aussicht genommen. 

Erklärung. 

In Nr. 14, S. 251 der B. T. W. war eine Erklärung der 
Tierärztlichen Hochschule zu Berlin gegen eine von Professor 
Malkmus aufgestellte Behauptung veröffentlicht. Es wird richtig 
sein, wenn die Leser der B. T. W. auch erfahren, was der 
Genannte dazu zu sagen hat. Er schreibt in der Deutschen 
tierärztlichen Wochenschrift anschließend an das Zitat der 
Erklärung folgendes: 

„Nach dieser Erklärung könnte es scheinen, als ob ich meine 
obige Behauptnng aus der Luft gegriffen hätte; dem ist aber 
nicht so. 

Direktor und Professoren-Kollegium der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover haben vor mehreren Jahren an das Vorgesetzte 
Ministerium einen begründeten Antrag um Zulassung von Privat¬ 
dozenten an unserer Hochschule eingereicht; ein schriftlicher Be¬ 
scheid ist darauf nicht gekommen. Eb ist mir aber aus zuverlässiger 
Quelle gesagt worden, unserm Anträge werde nicht stattge¬ 
geben, weil die Berliner Hochschule nicht zustimmt. Näheres 
habe ich nicht erfahren, auch war mir nicht bekannt, daß die 
Berliner Hochschule in einem Entwurf eines endgültigen Statuts 
in der ihr notwendigen erscheinenden Begrenzung das Institut des 
Privatdozenten vorgeschlagen hat. Ich war demnach wohl be¬ 
rechtigt, diese mir berichtete Nicht-Zustimmung 4ls einen Wider¬ 
spruch zu bezeichnen. 

Nun dürfte die Sache aber nach der Erklärung der Berliner 
Hochschule klar sein. Es liegen eben zwei Anträge vor: Der 
Hannoversche ist der weitergehende, er erstrebt die sofortige Zu¬ 
lassung von Privatdozenten, ohne dabei Einschränkungen zu machen, 
der Berliner Antrag dagegen will das Institut der Privatdozenten 
in Verbindung mit dem definitiven Hochschulstatut und auch nur 
in einer der Hochschule notwendig erscheinenden Begrenzung. Es 
besteht demnach zwischen den beiden Anträgen keine Übereinstim¬ 
mung; wie weit sie auseinandergehen, läßt sich nicht ermessen, 
ohne die Einschränkung zu kennen, welche der Berliner Hochschule 
notwendig erschien, es ist ja denkbar, daß sie Boweit geht, daß das 
Institut der Privatdozenten zu einem Nichts zusammenfällt. Wer 
die Verhältnisse der preußischen tierärztlichen Hochschulen kennt, 
weiß auch die Schwierigkeiten zu ermessen, die dem mit einem 
definitiven Hochschulstatut verknüpften Berliner Anträge entgegen¬ 
stehen. Sie sind sehr schwerwiegend, um nicht zu sagen, zurzeit 
unüberwindlich. Nun ist es zu begreifen, wenn unser vorgesetztes 
Ministerium bei dem Auseinandergehen der beiden Anträge die 
ganze Sache vorläufig ad acta legt. 

Nach meinem Empfinden lag nach alledem für Rektor un(j 
Lehrerkollegium der Tierärztlichen Hochschule in Berlin nicht „die 
Notwendigkeit“ vor, in der Öffentlichkeit meine Behauptung als 
„unwahr“ zurückzuweisen, denn sie ist nicht unwahr. Sie ist nur 
insofern nicht zutreffend, als die Berliner Hochschule nicht „unserm 
Anträge widersprochen“ hat, sondern in einem selbständigen Anträge 
etwas anderes vorgeschlagen hat, was für unsere Hochschule nicht 
anwendbar ist. 

Ziehen wir doch eine Lehre aus dem Vorgänge. Das vereinzelte 
Vorgehen der Hochschulen führt selten zum vollen Ziele; die Hoch¬ 
schulen müssen in gemeinsamen Beratungen ihre Wünsche formu¬ 
lieren und übereinstimmend den maßgebenden Behörden übermitteln. 
Die vor einem Jahre in Eisenach abgehaltene Hochschulkonferenz 
hat eine neue Prüfungsordnung in Fluß gebracht, die Beratung des 



296 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


Instituts der Privatdozenten konnte leider wegen Mangel an Zeit 
nicht zu Ende geführt werden. Das Ergebnis der ersten Konferenz 
aber ist wohl ermutigend, bald wieder eine erneute zu berufen, um 
die noch ausstehenden Fragen zu beraten.“ 

Ostertag-Feier. 

Die Abrechnung der Ostertag-Feier hat einen Überschuß von 
33,33 M. ergeben, nachdem allen Herren, welche sich angemeldet 
hatten, nachträglich aber an der Teilnahme behindert worden waren, 
ihr eingezahlter Beitrag zurückgegeben worden war. Der Überschuß 
ist dem Unterstützungsverein für Tierärzte zugewiesen worden. 

Naturforscher-Versammlung. 

Die diesjährige Naturforscher-Versammlung findet zu Cöln 
am Rhein (wie 1889) in der Zeit vom 20. bis 26. September 
statt. Die einzelnen Sektionen versenden bereits ihre Auf¬ 
forderungen. 

Verein der Schlaohthoftierärzte der Rheinprovinz. 

32. Vereinsversammlung am 16. und 17. Mai 1908 zu Trier 
Sonnabend, den 16. Mai, nachmittags 4 Uhr, 
im städtischen Schlachthofe, 

Tagesordnung: 

1. Demonstration folgender feuerungstechnischer Apparate und 
Nebenanlagen beim Dampfkesselbetrieb durch Dr. Bützler- 
Trier: 

a) Wassermesser für das Kesselspeisewasser, b) Vorwärmer 
für dasselbe, c) rauchschwache Feuerung, d) Aschenfall, 
e) Wasser-Reinigungsapparat, f) Überhitzer, g) Heizeffekt¬ 
messer, h) Wasser-Kochapparat verbunden mit Speisen- 
wärmer im Kesselhause. 

2. Wie werden die Betriebskosten in den Schlachthöfeb ver¬ 
ringert? Berichterstatter: Niens-Oberhausen. 

Abends 7 Uhr: Gesellige Zusammenkunft im „Restaurant auf 
dem Weißhaus“ bei Trier. 

Bonntag, den lt. Mai, vormittags 11 Uhr, 
im Kasino, Kornmarkt 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Angelegenheiten. 

2. Beurteilung tuberkulöser Schlachttiere nach den neuen gesetz¬ 
lichen Bestimmungen. Berichterstatter: Haffner-Düren. 

3. Die städtische Milchkontrolle. Berichterstatter: Plath- 
Viersen. 

4. Mitteilungen aus der Praxis der Fleischbeschau. 

5. Tag und Ort der nächsten Versammlung. 

Nach der Sitzung, um 2 Uhr nachmittags, gemeinschaftliches 
Mittagsmahl im Gartensaale des Kasinos. Gedeck 3 Mark. Die 
Herren Kollegen werden gebeten, unter Benutzung beiliegender 
Karte bis zum 12. Mai die Teilnahme am Mittagessen im Kasino 
mitzuteilen und zu demselben sowie zu der Zusammenkunft auf dem 
Weißhaus ihre Damen mitzubringen. 

Gäste sind sehr willkommen. 

Trier, den 1. April 1908. Der Vorstand. 

I. A.: Dr. Bützler, 1. Schriftführer. 

Centralverband zur Bekämpfung des Älkoholiosnus. 

Der Centralverband zur Bekämpfung des Alkoholismus zu 
Berlin veranstalet auch in diesem Jahre wissenschaftliche Vor¬ 
lesungen zum Studium des Alkoholismus. Dieselben werden vom 
21. bis 25. April im Landeshause, Berlin W., Matthäikirchstr. 20, 
stattfinden. Die moderne Alkoholfrage ist ja weit hinaus gegangen 
über die alte Trunksuchtsfrage; es handelt sich heute nicht allein 
darum, wie behandeln wir den Trinker, sondern wie beugen wir 
dem Alkoholismus als individuellem und sozialem Übel vor. Die 
Alkoholfrage im modernen Sinne ist ungemein reich verzweigt und 
aufs engste mit allen brennenden Fragen der Gegenwart verbunden. 
Die Alkoholfrage ist eine medizinisch-hygienische, sie ist aber auch 
untrennbar von den nationalökonomischen Fragen, wie sie auf das 


innigste auch mit den sittlichen Problemen zusammenhängt. Die 
wissenschaftlichen Vorlesungen des Centralverbandes werden die 
verschiedenen Seiten der Alkoholfrage zur Erörterung bringen. 
Für den Arzt sind aber diesmal zwei Themata von ganz besonderer 
Bedeutung. Professor Kassowitz wird über den theoretischen 
Nährwert des Alkohols und Dr. Wolf Uber „Alkohol und Geschlechts¬ 
krankheiten“ sprechen. Während wir alle darin einig sind, daß 
der Alkohol in praktischer, also in volkswirtschaftlicher Hinsicht 
als Nahrungsmittel völlig außer Betracht kommt, gehen die 
Meinungen noch auseinander, ob er in rein theoretischer Hinsicht 
noch ein Nahrungsstoff genannt werden darf. Es wird daher sehr 
interessant sein, gerade Kassowitz zu hören, der auf Grund seiner 
Studien dem Alkohol auch jede theoretische Bedeutung als Nahrungs¬ 
mittel bestreitet. Auf die Vorlesungen von Gruber - München 
über Volkswirtschaft und Alkohol machen wir noch besonders auf¬ 
merksam. 

Eintrittskarte für den 18stündigen Kursus wird nur 5 M. be¬ 
tragen, für die Einzelstunde 50 Pf., für die Doppelstunde 75 Pf. 
Anfragen, Bestellungen usw. sind an die Geschäftsstelle des Central¬ 
verbandes zur Bekämpfung des Alkoholismus (Berlin) z. H. von 
Frau Gerken-Leitgebel, Friedenau bei Berlin, Rubensstr. 37, 
zu richten. 


Personalien. 

Auszeichnung: Es wurde verliehen dem Oberamtstierarzt Theurer- 
Ludwigsburg das Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens der Württem- 
bergischen Krone. 

Ernennungen: Tierarzt Bruno Ha/wer-Karlsruhe zum Assistenten 
am Tierhygienischen Institut in Freiburg, Tierarzt Georg Schnotx 
aus Ansbach, bisher zu Frankfurt a. M., als Tierzuchtinspektor¬ 
assistent beim Zuchtverband für gelbes Frankenvieh mit dem Sitz 
in Gunzenhausen (Mittelfranken'. 

Niederlassungen: Tierarzt Johann Franxen in Haaren bei Aachen. 
— Verzogen: Die Tierärzte Adolf Anxenhofer- Wertingen und Viktoj 
Helfferieh- Pirmasenz als bezirkstierärztliche Assistenten nach Kulm¬ 
bach (Oberfr.) bzw. Eppingen, Gerhard SrAmt'dJ-Sinsheim nach 
Stuttgart. 

Approbiert: Die Herren Franx Abromeit aus Gumbinnen, Peter 
Conradi aus Elbingen, Emst Lange aus Schirwindt, Otto Sehunk 
aus Nassau, Albert Werk aus Pristam, Bruno Wolff aus Berlin in 
Berlin; Paul Kurt Albert aus Plauen i. Vogtl. in Dresden. 

In der Armee: Wiederanstellung: Oberveterinär Laubü, 
bisher in der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika, als über¬ 
zählig im Feldart.-Regt. Nr. 13. — Verabschiedet: Oberveterinär 
Hitxe im Feldart.-Regt. Nr. 22 auf seinen Antrag mit Pension in 
den Ruhestand versetzt. — Im Beurlaubtenstande: Abgang: 
Stabsveterinär Haas, Landw. 2. Aufgeb. (Calw), der Abschied 
bewilligt. 

Todesfall: Schlachthofdirektor Karl ÄcÄöniret/er-Pforzheim. 

0 _ 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 14.) 

Tierhygienische Abteilung des Kaiser Wilhelm-instltuts zu Bromborg: 

Bakteriologisch geschulten Assistenten zum 1. Juli er. Gehalt 
1800—2000 M. Bewerb, an den Vorsteher der Abteilung. 

Schlachthofstellen: Bremen: IV. Tierarzt zum 1. Juli er. Gehalt 
2400 bis 3900 M. Bew. bis 30. April an den ersten Tierarzt für 
den Schlachthof. — Pforzheim: Direktor, Gehalt 3600—6000 M. 
und freie Wohnung usw. Bewerb, bis 5. Mai an den Stadtrat. — 
Plauen i. Vgtl.: II. Tierarzt baldigst Gehalt 2300—3200 M. 
Meldungen umgehend an die Direktion. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 
Mengede (Kr. Dortmund): Fleischbeschautierarzt zum 1. Juni er. 
Gehalt 3000 M, Wohnungsgeld 300 M., Wegegeld 300 M. Meldungen 
bis 1. Mai an den Amtmann, 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inaeratenteil): Prof. Dr. Schraalta in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Sohoeta ln Berlin. — 

Druck von \V. Büxenateln, Berlin. 








Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift* erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard 8ohoets ln 
Merlin 8W. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (11.4,88 für die Wochenschrift, 18 PC fUr Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Orlginalbeiträge werden mit 60 Mit,, In Petitsata m|. 
00 Ult. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragou beliebe mau 
zu senden an Prof. Dr. Schmält*, Berlin, Tierirzt- 
liehe Hochschule, NW., Luisenstraße 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schm&ltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


6lage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Departementstierarzt 

Cöln. 

Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 

Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Departementsliorarzt 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Freiburg i. Br. 

Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Laudestierarzt v. Bayern 

München. 

Wehrle 

Kaiser!, Regiemngsrat 

Berlin. 

Zünde! 

Kreistierarzt 

Mülhausen i. EL 


Jahrgang 1908. tJ \°. 17 . Ausgegehen am 23. April. 

Inhalt: Holterbach: Brennesselvergiftung. — Hleronymi: Ein Fall von Blasensteinbildung beim Wallach, kompliziert 
mit eiterig-dipbtheritischer Cystitis. — Dvoracek: Bericht über die erzielten Erfolge mit dem Ilundestaupe- 
serum von dem Pharmazeutischen Institut L. W. Gans in Frankfurt a. M. — Pfeil: Durchschlagender Erfolg 
mit keimfreiem Schweineseuchebazillenextrakt. — Referate: Cadeac: Allgemeine Betrachtungen über die Darm¬ 
entzündungen. — Lungwitz: Neue Beweise für die Tragranderweiterung belasteter gesunder Hufe. — Hugentoblcr: Die 
Veränderungen des Hufknorpelfesselbeinbandes und der Zchenbinde, sowie ihre Beziehungen zur Schalenbildung und Ver¬ 
knöcherung der Hufknorpel. — Schaffner: Über Heilung und Prophylaxis der Schweinepest, Schweineseuche und Misch¬ 
infektion. —- Kleine Mitteilungen. — Tagesgeschichte: Krekel er: Pflichten und Rechte der Schlachthoftierärzte. — Bericht 
über die VII. Hauptversammlung des Vereins der beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907 
(Fortsetzung). — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Brennesselvergiftung. 

Von Heinrich Holterbach, Tierarzt in Offenburg i. B. 

Der französische Militärveterinär, Major Rohr, macht Mit¬ 
teilung von einem Leiden, welches in der Fachliteratur nur 
selten erwähnt wird, nicht weil es tatsächlich so selten vor¬ 
kommt, sondern weil es so selten erkannt wird. Ich meine die 
(besonders bei Jagdhunden vorkommende) Brenn.efcsel Vergiftung: 

In den Monaten September und Oktober 1905 gingen in 
der Umgebung von La Fe re ungefähr zehn Hunde und einige 
Frettchen plötzlich unter Erscheinungen ein, welche an eine 
akute Vergiftung durch ein heftig wirkendes Gift erinnerten 
und die Jäger veranlaßten, die Eingeweide dem Laboratorium 
der Faculte de Medecine in Paris zur Analyse zu über¬ 
senden. Dort wurde ermittelt, daß die Todesursache in einer 
akuten Brennesselvergiftung zu suchen war, mithin eine Ver¬ 
giftung ganz anderer Art vorlag, als der Argwohn der Nimrode 
vermutet hatte, welche bei der Raubzeugvergiftung mit Strychnin 
umzugehen gewohnt sind. Nun erinnerte man sich auch, daß 
diese Tiere in ihrem Jagdeifer ein Brennesselgebüsch ab¬ 
gesucht hatten, welches im August durch ein Hagel¬ 
wetter vollständig zerschlagen worden war, neu 
ausgetrieben hatte und zur Zeit der Jagd im üppigsten 
jungen Wachstum stand. Rohr, der dann zur Klarlegung 
dieser Verhältnisse verschiedene „Experimente“ angestellt hatte, 
kommt zu folgender These: 

„Die jungen Triebe der Urtica dioica können bei 
Hunden und Frettchen eine sehr akut und tödlich ver¬ 
laufende Vergiftung erzeugen, welche besonders jungen 
und glatthaarigen Hunden verderblich wird.“ 

Rohrs Erklärung dieses Vorgangs ist etwa folgende: 

Wenn die Hunde die Brennesseln durchstreifen, dann dringen 
die Brennborsten in die Haut ein (besonders am Bauch und 
den Sohlen) und erzeugen dort sofort ein brennendes Gefühl, 
das unerträglich werden kann und die Hunde zum Lecken ver¬ 


anlaßt. Dadurch gelangen die Brennborsten in die Rachenhöhle 
und lösen dort eine heftige, bis über den Pharynx reichende 
Entzündung aus; auch die oberen Luftwege werden unter 
Umständen (man denke an das keu¬ 
chende Atmen der eifrig suchenden 
Hunde während der heißen Sommer¬ 
monate !) von den Brennborsten besät, 
ihre Schleimhaut schwillt an, die Re¬ 
spiration wird mühsam, es tritt 
Dyspnoe und Asphyxie ein.“ 

Dieser kurze Erklärungs¬ 
versuch Rohrs scheint mir mi߬ 
raten zu sein; so einfach ist 
der Mechanismus der Brenn- 
nesselvergiftung nicht. Ich will, 
bei allem schuldigen Respekt vor 
einem „Veterinaire-major“ und einer 
„Faculte de Medecine“, den Versuch, 
wagen, eine bessere Erklärung zu 
geben und beginne mit der Betrach¬ 
tung des anatomischen Baues der 
„Brennborste“: 

Die als feines haarförmiges Ge¬ 
bilde erkennbare Brennborste sitzt 
dem Blatt (Stengel) der Brennessel 
nur ganz lose auf, indem eine Schicht 
von zwei Zellenlagen die ganze Ver¬ 
bindung herstellt; es ist ja einleuch¬ 
tend, daß diese Verbindung beim 
leichtesten Druck stengelabwärts 
zerreißen muß. Stengelabwärts! Denn 
geschieht der Druck in der Richtung stengelaufwärts, dann legt 
sich die Borste, wie aus ihrer Stellung in sehr spitzem Winkel 
zum Stengel hervorgeht, an diesen ohne abzubrechen an und 



Brennborate der „Urtica dioica 4 *. 

(Vergrößerung: 85 mal.) 

a) Obere Zellschichte dea Bronn* 
neaselblattes; 

b) Dünne Verbindung der Brenn¬ 
borate (B) mit dem Blatte; 

c) Blaaenförinige Anschwellung 
der Brenuborste, in welcher 
sich ein flüssiges Gift befindet; 

d) Kanal der Brennborate; 

e) Knöpfehenförmiger Verschluß 
der Brennborate. 



Köpfchen der Bronn¬ 
borate (150 mal vergr.) 

Bei a Einknickung, 
welche das Abbrechen 
bedingt. 







BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


richtet sich wieder auf. sobald der Druck nacbläßt. Erleichtert 
wird dieses Abbrechen wesentlich durch den Umstand, daß die 
Borste stark „verkieselt“ ist und dadurch einen hohen 
Grad von Sprödigkeit besitzt. Dieser Kieselgehalt ist ferner 
wichtig, weil er der Spitze den Charakter einer 
„Schneide“ verleiht und sie befähigt, leicht in die 
Haut einzudringen. 

An der Stelle, wo das Köpfchen der Brennborste, diese ab- 
und verschließend, aufsitzt, ist seine Wand durch eine Ein¬ 
knickung so stark verdünnt, daß es abbrechen muß, 
sobald es in die Haut eingedrungen ist. Dadurch wird 
der Kanal (denn einen solchen stellt die Brennborste 
dar) geöffnet und der Inhalt, welcher in Form einer 
klaren Flüssigkeit die blasenförmige Anschwellung 
anfüllt, ergießt sich in die Wunde. 

Das ist der Mechanismus der Brennesselvergiftung; er 
ist einfach und klar. Um so komplizierter ist der Chemismus. 

Man weiß schon lange, daß die Brennessel „Ameisen¬ 
säure“ enthält. Allein diese ist nur der eine Bestandteil des 
Giftes, welches die blasenförmige Anschwellung in sich birgt. 
Und zwar ist sie der harmlosere Bestandteil. Sie verursacht I 
das „brennende“ Gefühl, welches mit dein Stich der jungen, 
im Saft stehenden Brennessel verbunden ist. Ältere Triebe 
scheinen das Vermögen der „Giftabsonderung“ verloren zu haben 
und ungefährlich zu sein. Wenn man aber die außer¬ 
ordentlich heftige Reaktion erwägt, welche schon der 
Stich einer einzigen Brennborste hervorruft, wenn 
man ferner bedenkt, daß dabei nur der Inhalt der 
blasenförmigen Anschwellung, d. h. eine winzige, nicht 
mehr meßbare Menge für diese heftige Reaktion ver¬ 
antwortlich ist, dann muß man zu dem Schluß kommen, 
daß dabei noch ein außerordentlich heftiges Gift mitwlrken muß, 
ein Gift, das schon in kleinster Dosis heftige Ent¬ 
zündung hervorrufen kann. Und in der Tat hat die ver¬ 
gleichende Forschung der Pflanzenchemie festgestellt, daß neben 
der Ameisensäure noch ein dem Schlangengift nahe ver¬ 
wandtes, mit ihm vielleicht identisches Ferment 
(Enzym) in der klaren Flüssigkeit der blasenförmigen 
Anschwellung enthalten ist. Und dieses Ferment verursacht 
die heftige Entzündung, welche man sich durch die Einwirkung 
der Ameisensäure ja niemals erklären könnte. Nun wird uns 
begreiflich, daß unter den Tropen (ganz wie bei den Schlangen) 
die Brennesseln (z. B. die Urtica Stimulans in Java oder die 
Urtica crenulata in Indien und vor allem die Urtica mentissima 
auf Timor) die heftigsten Symptome auslösen, welche direkt an 
Schlangenbisse und ihren Folgen erinnern und kaum weniger 
gefährlich und gefürchtet sind, da sie unter Starrkrampf¬ 
erscheinungen in kurzer Zeit zum Tode führen. 

Damit ist auch das Wesen der Brennesselvergiftung er¬ 
klärt. Nicht die lokale, durch die Reizung der Borsten als 
solche bedingte Entzündung führt zum Tode, nicht durch die 
Anschwellung der Luftwege kommt es zur Asphyxie. Diese 
Vorstellung ist zu naiv, als daß sie den Ansprüchen der 
Wissenschaft genügen könnte. Es handelt sich vielmehr 
um eine allgemeine Vergiftung, bedingt durch das 
Eindringen eines furchtbaren Giftes in den Saftstrom 
des Körpers. 

Ist die Brennessel Vergiftung häufig? Eine Frage, die ich 
nicht beantworten kann. Dem Tierarzt, der in ruheloser, mühe¬ 


voller, schlechtlohnender Praxis seine beste Kraft verbrauchen 
muß, ist selten der Luxus einer wohlausgestatteten Fach¬ 
bibliothek möglich. In der mir zur Verfügung stehenden 
Literatur finde ich nichts, was zur Beantwortung meiner Frage 
dienen könnte. Ich muß also annehmen, daß die Brennessel- 
vergiftung selten ist, oder, was der Wahrheit sicherlich näher 
kommt, daß sie selten als solche erkannt wird. 

Man wird in den meisten Fällen bei einiger Aufmerksam¬ 
keit erkennen, daß eine Vergiftung vorliegt; doch wird man bei 
der Anamnese und dem Sektionsbefund vor einem Rätsel stehen. 
Ich erinnere mich einiger solcher Fälle, in denen ich bei Jagd¬ 
hunden nicht imstande war, den Charakter des Leidens und 
seine Ätiologie zu bestimmen. Sie haften lange im Gedächtnis, 
weil man stets wieder auf sie zurückkommt und sich in Gedanken 
mit ihnen beschäftigt. Wenn ich von einem Falle absehe, der 
mir 1889 als neugebackenem Tierarzt vorkam und sicherlich 
Brennesselvergiftung war, ist es besonders ein Vorkommnis, auf 
welches jetzt durch die Anregung Rohrs ein Licht fällt, welches 
ich bis jetzt dafür vergeblich gesucht habe. Ein junger (acht 
Monate alter) Teckel wurde mir nach der Jagd in moribundem 
I Zustand gebracht, mit der Angabe, das Tierchen habe fleißig 
gesucht und sei bis zum Mittag am Rendezvousplatz noch ganz 
munter gewesen. Um 5 Uhr habe man es vermißt. Da der 
Tag sehr heiß war (September), habe man ihm an einem Fuchs¬ 
bau, an welchem die letzte Jagd Btattgefunden hatte, nach¬ 
gespürt, in der Annahme, es sei müde geworden. Gegen 6 Uhr 
brachten es Bauern; sie hatten den Hund auf einem Feld liegend 
angetroffen, er konnte sich nur taumelnd bewegen und war von 
Krämpfen geschüttelt, d. h. er fiel stets auf die Seite. 

Ich fand den Patienten tieberlos (38,3), er liegt am Boden 
und hat anscheinend die Herrschaft über seine Muskeln verloren. 
Die Pupille ist ad maximum erweitert, der Blick starr; der Kopf 
kann nicht willkürlich aufgerichtet werden und fällt, wenn man 
ihn aufhebt, „wie ein Klotz zu Boden“ und beharrt dann in der 
Lage, die er gerade einnimmt. Krämpfe sind nicht vorhanden. 
Aus dem Maul spinnt sich ein glasiger Schleim. Die Atmung 
ist verlangsamt und wird während der Untersuchung immer 
langsamer, bis nach 15 Minuten der Tod eintritt. 

Die Sektion ergab: Die Schleimhaut der Rachenhöhle bis 
zum Pharynx ist diffus höher gerötet und leicht geschwollen. 
Schlund- und Magenschleimhaut vollkommen normal. Beide 
Lungen im Zustand einer starken Kongestion; der Herzbeutel 
enthält auffallend viel Wasser. Sonstige Veränderungen be¬ 
standen in Brust-, Bauch- und Beckenhöhle nicht. Leider wurde 
das Abhäuten des Hundes nicht gestattet; ebensowenig eine 
Einsendung des Kadavers an ein Laboratorium. Als Ursache 
nahm man eine „Vergiftung mit einer ätzenden Substanz“ an, 
dachte auch daran, ob der Hund nicht vielleicht „giftige Raupen 
gefressen haben könnte“. In meinem Tagebuch, in das ich 
während der Sektion den Befund eintrug, steht die Bemerkung: 
„Todesursache sicherlich eine Vergiftung. Aber welche? Vielleicht 
ein Schlangenbiß!?“ 

Der Artikel Rohrs hat mich eine Woche lang angenehm 
und anregend beschäftigt. Ich bin nun sicher, künftighin in 
einem so zweifelhaften Fall die Möglichkeit einer Brennessel¬ 
vergiftung nicht zu übersehen. Und dafür dürfen wir dem 
französischen Kollegen aufrichtig danken, daß er uns wieder 
auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht hat, wenn auch seine 
Erklärung das Wesen der Krankheit nicht entschleierte. 



23 April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


21)9 


Zum Sehluß ein Wort Uber die eventuell einznsclilagende 
Therapie: 

Ich würde neben Exzitantien (Kampfer subkutan) auch Kali 
hvperraanganicum per os (lproz. Lösung) versuchen. 


Aus dem Veterinärinstitut der Universität Breslau. 

(Direktor Prof. Dr. Casper.) 

Ein Fall von Blasensteinbiidung beim Wallach, 
kompliziert mit eiterig-diphtheritischer Cystitis. 

Von Erich Hleronymi, II. Assistent. 

Am 14. September 1907 wurde in die Klinik des hiesigen 
Veterinärinstitutes ein Pferd eingeliefert mit der tierärztlichen 
Diagnose Blasensteinbildung. 

Die Anamnese ergab, daß das Pferd, Wallach, Halbblut, 
ca. 7 Jahre alt, seit ungefähr einem halben Jahr bei angestrengter 
Arbeit in schnellerer Gangart lebhaften Harndrang mit schmerz¬ 
haftem, tropfenweisem, blutigem Harnabsatz zeigt, also die 
Erscheinungen der Dysurie und Strangurie. Während der Stall¬ 
ruhe, die dem Pferde häufig gegeben werden mußte, weil es 
nach einem derartigen Anfall arbeitsunfähig war, wurden 
Störungen im Harnabsatz und Veränderungen der Harnbeschaffen¬ 
heit nicht beobachtet. Ein vom Besitzer zugezogener Tierarzt 
konstatierte Steinbildung in der Harnblase. Das Pferd wurde 
auf seinen Rat der hiesigen Klinik zur Operation überwiesen. 

Der Aufnahmebefund ergab gutgenährtes Pferd mit gesunden 
Organen. 

Die Lokaluntersuchung der Harnblase wurde durch rektale 
Palpation vorgenommen. Nach Einführung der Hand bis ungefähr 
zur Mitte des Vorarmes in den Mastdarm, fühlt man durch 
dessen untere Wand die schlaffe, halbgefüllte, fluktuierende 
Harnblase. Bei streichender Bewegung unter leichtem Druck 
auf die nicht verdickte Blasenwand, ist unter der Hand ein 
harter, kugliger, sehr leicht verschiebbarer Körper fühlbar. 
Bisweilen entgleitet er der tastenden Hand und ist erst nach 
längerem Suchen wieder palpabel. Mit dem benachbarten Gewebe 
scheint er nicht im Zusammenhänge zu stehen. Die Größe und 
Form dieses frei beweglichen Körpers ist ungefähr die eines 
Hühnereies, die Konsistenz knochenhart. Die Beschaffenheit 
der Oberfläche ist nicht zu eruieren. Schmerzen sind bei Druck 
nicht auszulösen. 

Die Diagnose lautete Harnblasenstein. 

Die am nächsten Tage vorgenommene Operation wurde am 
liegenden Tier, Rückenlage, in Chldralhydratnarkose, intravenös 
40 g, kombiniert mit Chloroform, ausgeführt und zwar als 
Sectio perinealis. Nach Füllung der Blase mittelst Katheters 
mit warmer Lysollösung, 0,25:100,0, wurde nach der üblichen 
Methode verfahren, die Harnröhre vom Perineum aus geöffnet, 
und so der Zugang in das Blaseninnere erschlossen. Zunächst 
wurde die Extraktion des Steines in toto angestrebt, und zwar 
wurde dazu eine Geburtszange für kleinere Haustiere an¬ 
gewendet. Da der Stein sich aber zur Totalextraktion als zu 
groß erwies, mußte die Lithotripsie in der Blase vorgenommen 
werden. Es gelang, mit der Zange den Stein in mehrere 
haselnußgroße Stücke und zahlreiche kleinere Stückchen zu zer¬ 
trümmern, die partiell entfernt werden konnten. Zur besseren 
Fixierung des Steines wurde bei der Zertrümmerung ein Gegen¬ 
druck vom Mastdarm aus mit der Hand ausgeübt. Die Blase 


wurde während der Operation ständig leicht gefüllt erhalten. 
Nach der Entfernung des Steines wurden die kleineren Stein¬ 
partikel durch Spülung aus.der Blase herausgeschwemmt. Nach 
Beendigung der Operation, die ungefähr lVa Stunden dauerte 
und die der 1. Assistent, Herr Dr. Wölfel, ausführte, wurde die 
Wunde desinfiziert, aber nicht genäht, da beabsichtigt war, 
tägliche Blasenspülungen zur Nachbehandlung vorzunehmen, die 
sich, im voraus bemerkt, über 28 Tage post operationem 
erstreckte. 

Das Allgemeinbefinden des Patienten entsprach in den 
nächsten Tagen nach der Operation der Schwere des Eingriffes 
und der gleich zu beschreibenden, den Heilungsverlauf protra- 
hierenden Cystitis. Die Futteraufnahme war vollkommen sistiert, 
Patient nahm nur Kleientränke zu sich. Die Temperatur be¬ 
wegte sich zwischen 38.G 0 —39.6 11 C. Der Puls war dauernd 
gut, kräftig; seine Schlagzahl belief sich nie auf mehr als 
50 Schläge in der Minute. 

Da beobachtet wurde, daß bei täglich einmal ausgeführter 
Blasenspülung regelmäßige abendliche Fieberexacerbationen auf¬ 
traten, w'urde zu einer zweimal am Tage vorgenommenen 
Irrigation geschritten,* mit dem Erfolge, daß die Temperatur 
nicht mehr über 38.0" C stieg. 

Der Harn wurde durch die Operationswunde häufig in 
kleinen Mengen unter Stöhnen und Drängen des Patienten ab¬ 
gesetzt. Aus der Harnröhrenmündung floß der Harn beim 
Urinieren nur tropfenweise ab. Die Harnuntersuchung ergab 
folgendes Bild: 

Die Konsistenz des dunkelgelben, nicht übelriechenden Harnes 
ist dickschleimig. Beim Ausgießen ist er nicht nur fadenziehend, 
es fließen über den Rand des Untersuchungsgeflißes förmliche 
Gallertklumpen ab. Es besteht eine diffuse, flockige, gelblich¬ 
graue Trübung, die von blutigen Streifen durchzogen ist. 
Suspendiert sind im Harn kleine bräunliche Gewebsfetzen, 
Schleimklümpchen und sandkorngroße Steinreste. Beim Zentri¬ 
fugieren des Harnes läßt sich in der Spritze des Zeutrifugen- 
röhrchens eine gelblichweiße Schicht gewinnen, die sich bei 
mikroskopischer Betrachtung als aus weißen Blutkörperchen 
bestehend erweist. Über dieser Schicht lagert ein roter Streifen, 
der aus Erythrocyten besteht. Im ungefärbten Präparat sieht 
man unter dem Mikroskop fast nur Leukocyten und rote Blut¬ 
körperchen, ganz vereinzelt Plattenepithelien. Das mit Methylen¬ 
blau tingierte Trockenpräparat zeigt Unmengen von Staphylococcen 
und kurzgliedrigen Streptococcen, die extracellulär liegen. Die 
Reaktion des Harnes ist sauer, das spezifische Gewicht beträgt 1035. 
Die Untersuchung auf Eiweiß wurde absichtlich unterlassen, da 
der positive Ausfall der Reaktion kein Beweis für Albuminurie 
gewesen wäre, sondern nur eine Albuminuria spuria vorge¬ 
täuscht hätte. 

Zur Behandlung dieser die Operation komplizierenden 
Cystitis purulenta et dipktheritica wurden zur Lokalbehandlung 
Lysolirrigationen 0,25: 100,° von ca. 35° C ausgeführt. Nach 
vier Tagen wurde nach dem Vorgänge Gmeiners zur Spülung 
mit Hydrargyrum oxycyanatum 0,5:1000,° übergegangen, das 
nach 20 tägigem Gebrauch, als die Eiterabsonderung der Blasen¬ 
schleimhaut sich verringert hatte, mit Kalium permanganicum 
1:1000 vertauscht wurde. Gleichseitig wurde eine interne 
Medikation eingeleitet zum Zweck der Desinfektion der Harn¬ 
wege und des Harnes und um der Gefahr einer oscendierenden 



300 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Nephritis vorzubeugen. Eß wurde das ebenfalls von Gmeiner 
vorgeschlagene Hexamethylentetramin (Urotropin) verabreicht 
und zwar in Gaben von 10 g pro die. Die Behandlung der 
Operationswunde erstreckte sich auf Waschungen mit dem jeweils 
benutzten Blasendesinficiens. Im Anfang wurden die Wund¬ 
ränder zur Anregung der Granulationen leicht mit Jodtinktur 
touehiert. 

Die täglich vorgenommenen Harnuntersuchungen ergaben 
im Verlauf der nächsten vier Wochen ein deutliches, wenn auch 
ganz allmähliches Abklingen der Cystitis. Die Zahl der Leukc- 
cyten nahm ab; es traten im mikroskopischen Bild vereinzelte 
polygonale Plattenepithelien um die der tieferen Epithelschicht 
der Blasenschleimhaut angehörigen geschwänzten Ephithelzellen 
auf. Nierenepithelien oder Zylinder wurden nie gefunden. Die 
(,'occen im gefärbten Deckglaspräparat verschwanden und lagen 
größtenteils intracellulär, ein Zeichen, daß eine lebhafte Phago- 
cytose eingesetzt hatte. 

Mit dem Fortschreiten der Heilung des Blasenkatarrh 
besserte sich auch der Allgemeinzustand und der Appetit stellte 
sich wieder ein. Die Verabreichung von Urotropin wurde, als 
Patient im ganzen 200 g erhalten hatte, ausgesetzt, da sich 
wiederholt Aufregungserscheinungen einstellten, die mit 
Depressionserscheinungen (dummkollerartigem Benehmen) ab¬ 
wechselten und die vielleicht mit der Urotropinbehandlung in 
Zusammenhang zu bringen waren. 

Die äußere Wunde zeigte von Anfang an gute Heilungs¬ 
tendenz. Eine R. aktion der Wunde gegen die ständige Be¬ 
spulung mit Harn wurde in keiner Weise beobachtet. Nach 
30 Tagen hatten sich die Harnröhrenöffnung und die Hautwunde 
so weit geschlossen, daß gerade noch ein Katheter (zum 
menschenärztlichen Gebrauch Nr. 21) eingeführt werden konnte. 

Vier Tage vor der Entlassung des Patienten wurde von 
jeder Behandlung abgesehen und nur die Harnbeschaffenheit 
geprüft, um das Heilresultat feststellen zu können. Der Harn 
wurde jetzt nur noch durch die Harnröhrenmündung abgesetzt, 
er reagiert alkalisch, besitzt die normalen Durchsichtigkeits¬ 
verhältnisse, enthält keine Albuinen, keine Leukozyten und roten 
Blutkörperchen, selbst nach längerem Zentrifugieren nicht. 
Nierenelemente fehlen, spezifisches Gewicht 1036. Eine genaue 
Untersuchung der Harnblase per rectum wies keine Konkremente 
mehr in ihr nach. 

Die extrahierten Stücke des Blasensteines zeigten eine 
warzige, zerklüftete, korallenartige Oberfläche von schmutzig 
graubrauner Farbe, so daß man nach Beurteilung der Oberfläche 
den Stein als Oxalatstein aussprechen konnte. Jedoch war die 
Konsistenz brüchig. Eine Schlichtung war auf der Bruchfläche 
nicht nachzuweisen. Die chemische Untersuchung des Steines 
ergab als Hauptbestandteil, zu 85 Proz., kohlensauren Kalk. 

Patient wurde nach einer Krankheitsdauer von 35 Tagen 
als geheilt entlassen. 

Der Fall erscheint insofern interessant, als die mit kopiöser 
Eiterabsonderung, Blutung und Diphtherie der Schleimhaut ver¬ 
laufenden Cystitiden nur selten eine restituto ad integrum zeigen, 
sondern entweder zur Chronizität und Komplikation mit Nephritis 
neigen und unheilbar sind, oder schnell zum Exitus letalis durch 
Sepsis führen. 


Bericht über die erzielten Erfolge mit dem Hunde¬ 
staupeserum von dem Pharmazeutischen Institut 
L. W. Gans in Frankfurt a. M. 

Verfaßt von Fr. Dvof&'ek, Amtstierarzt der Künigl. Hauptstadt Prag. 

1. Am 5 September 1. J. bekam ich einen 5 Monate alten 
deutschen Vorstehhund in Behandlung. Die Körpertemperatur 
war 41,7° C, Puls auf 160 und das Atmen geschah oberflächlich 
in 90 Zügen. Der Perkussionsschall war beiderseits in den 
unteren Partien fast tympanitiscli, in den oberen überlaut. Die 
Auskultation ergab in den unteren Partien der Lunge ein 
unbestimmtes, in den oberen ein verschärftes Atmen und unten 
waren zahlreiche klein und mittelblasige, feuchte Rasselgeräusche 
zu hören. Der Hund lag vollkommen teilnahmlos, hatte bereits 
vier Tage nichts gefressen und litt sehr an einem starken und 
übelriechenden Durchfall. 

Diagnose: Katarrhalische Hundestaupe im sehr vorgeschrittenen 
Stadium. Der Hund wurde an selbem Tage mit 10 ccm Hunde¬ 
staupeserum geimpft und bekam außerdem einstündlich einen 
Kaffeelöffel von Pepsini 1,0, acidi muriatici 3,0, aq. foeniculi 
200,0 und syrup. rubi idaei 30 g. Am folgenden Tage früh war 
K. T. gesunken auf 40,5 ll C, P. auf 140 und das Atmen auf 60. 
Dem Hunde gab man einige Löffel Rindsuppe mit Eidotter. 
Nachmittags zeigte der Hund Freßlust und bekam etwas geschabtes 
Rindfleisch mit Eidotter gemischt. Durchfall hat ein wenig 
nachgelassen und K.T, war 41° C, Puls und Atmen wie vor¬ 
mittags. Über Nacht hat sich der Gesundheitszustand des 
Hundes bedeutend gebessert, K.T. sank auf 39,2° C, P. 120 und 
A. 50. Der Hund bewegte sich, zeigte bedeutende Freßlust 
und bekam deshalb dreimal im Tage geschabtes Rindfleisch 
mit Eidotter und einen Liter guter abgekochter Milch als 
Getränk. Sein Gesundheitszustand besserte sich zusehends und 
am folgenden Tage waren die Krankheitserscheinungen fast voll¬ 
kommen verschwunden; Puls, K.T. und A. fast normal, nur ein 
schwacher, mit Auswurf verbundener Husten war noch zugegen. 
Der Hund wurde gefuttert wie gewöhnlich mit Reissuppe und 
einem Stück gekochtem Rindfleisch nebst Grünzeug, was er 
hastig aufnahm, und wurde am selben Tage aus der Behandlung 
entlassen. 

Der durch diesen sehr guten Erfolg überraschte Eigentümer 
ließ seine weiteren zwei Welpen, welche bereits einen Mangel 
an Freßfust zeigten und an Hustenanfällen und Verstopfung 
litten, auch mit dem Staupeserum impfen und teilte mir drei 
Tage nach der Impfung mit, daß alle seine Hunde vollkommen 
gesund seien. 

2. Ein Foxterrier-Rüde, acht Monate alt, war mit sehr 
starker nervöser Staupe behaftet. Selbiger lag vollkommen im 
Hinterteile gelähmt da. Puls war sehr schwach, kaum fühlbar, 
das Atmen ziemlich langsam und die Körpertemperatur 39,5° C. 
Da der Eigentümer den Hund nicht impfen lassen wollte, ver- 
ordnete ich Bromnatrium, B. Ammonium und B. Kalium ää 5 g 
in 200 g aq. foeniculi gelöst, jede Stunde ein Kaffeelöffel dem 
Hunde zu geben, das Hinterteil mit Kampferspiritus einzureiben 
und mit Prießnitzumschlägen zu bedecken. Diese Behandlung 
wurde durch zwei Tage fortgesetzt, aber ohne jeden sichtbaren 
Erfolg. Deswegen benutzte ich am dritten Tage die Ab¬ 
wesenheit des Eigentümers und impfte den Hund mit 10 ccm 
Staupeserum. Der Erfolg war überraschend. Am nächsten 
Tage machte der Hund bereits Versuche aufzustehen und nahm 




23. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


801 


auch etwas rohes geschabtes, mit Eidotter gemengtes Rindfleisch 
auf. Am folgenden Tage nachmittags war er bereits imstande, ■ 
sich zu erheben, konnte aber noch keine Bewegung machen. 
Deshalb impfte ich ihn noch einmal mit 10 ccm Staupeserum. 
Am nächsten Tage nach der zweiten Impftmg nachmittags ging 
der Hund bereits im Zimmer — obzwar er dabei noch ein wenig 
im Hinterteile schwankte — herum und zeigte große Freßlust 
und erhöhte Aufmerksamkeit. Mit der Angabe, wie er zu füttern 
und pflegen sei, ließ ich den Hund aus der Behandlung, und, 
wie mir der Eigentümer vor kurzer Zeit mitteilte, ist der Hund 
jetzt vollkommen gesund, nur beim stärkeren Laufen oder beim 
Springen zeigt sich bei ihm noch eine gewisse Schwäche im 
Hinterteile. 

3. In diesem Falle erzielte ich mit dem Staupeserum keinen 
Erfolg. Am 10. September 1. J. bekam ich einen drei Monate 
alten Collie in Behandlung, welcher fast am ganzen Körper 
gelähmt, jede halbe Stunde sehr starke Krämpfe bekam. Der 
Überbringer teilte mir mit, daß der Hund schon länger als drei 
Wochen krank liege, und, weil ich damals auf Urlaub war, 
er ihn von einem anderen Kollegen behandeln ließ, welcher aber 
jede Hoffnung auf seine Genesung aufgab. Aus den mir vor¬ 
gewiesenen Rezepten entnahm ich, daß die Behandlung aus¬ 
schließlich in der Verabreichung von Brompräparaten bestand. 

Nach der durchgeführten Untersuchung sagte ich dem 
Überbringer offen, daß auch von der Impfung mit Staupeserum 
kein günstiger Erfolg zu erwarten sei, und, nachdem der Be¬ 
treffende den Hund doch geimpft zu haben wünschte, impfte ich 
ihn mit 10 ccm Staupeserum, aber der Hund verendete am 
selben Tage abends unter starken Krämpfen. 

Dieser Mißerfolg ist aber nur dem sehr vorgeschrittenen 
Krankheitszustande zuzuschreiben. 

4. Noch über einen ungünstigen Erfolg muß ich berichten. 
Am 30. September 1. J. wurde ich zu einem sechs Monate alten 
Irishsetter gerufen und konstatierte bei ihm sehr umfangreiche 
beiderseitige Lungenentzündung. Auf die Frage, warum ich 
erst so spät gerufen werde, teilte mir der Eigentümer mit, daß 
der Hund bereits 14 Tage krank und in der Behandlung eines 
Tierarztes sei, welcher aber nur Diät anordnete und demselben 
gewisse Tropfen gab. Der Gesundheitszustand des Hundes 
verschlimmerte sich trotz dieser Behandlung so, daß der Kollege 
jede Hoffnung auf Genesung aufgab und den Eigentümer zu 
mir schickte, um den Hund mit Staupeserum zu impfen. Dem 
Wunsche des Eigentümers Folge leistend, obzwar ich ihn auf 
die Erfolglosigkeit der Impfung nach der durchgeführten Unter¬ 
suchung des Hundes aufmerksam machte, impfte ich den Hund 
noch am selben Tage mit 10 ccm Staupeserum. Der Hund 
verendete aber in der darauffolgenden Nacht. Bei der Sektion 
fand ich beiderseitige Lungenentzündung im Stadium der 
grauen Hepatisation und in den ergriffenen Lungen zahlreiche 
Eiterknoten, deshalb kam ich zu der Überzeugung, daß der 
Hund von Anfang an schlecht behandelt war, denn wenn nur 
diejenigen Medikamente und Maßnahmen, welche bei der Lungen¬ 
entzündung gewöhnlich angewendet werden, in diesem Falle 
benutzt worden wären, hätte sich niemals der Krankheitsprozeß 
so entwickeln können, wie bei diesem Hunde. Ich bin über¬ 
zeugt, daß auch bei dieser Form der Staupe eine zur richtigen 
Zeit durchgeführte Impfung mit dem Staupeserum von gutem 
Erfolg begleitet gewesen wäre, wie aus dem folgenden Falle 
zu ersehen ist. 


5. Am 13. Oktober 1. J. wurde ich zu einem 9 Monate alten, 
kurzhaarigen deutschen Vorstehhund gerufen, welcher bereits 
6 Tage nichts gefressen hatte, vollkommen teilnahmlos lag und 
an einem starken, oft mit Blut gemischten Durchfall litt. Bei 
der Untersuchung konstatierte ich Hundestaupe und zwar zugleich 
gastrische und pulmonale Form, hauptsächlich äußerte sich 
letztere in beiderseitiger Lungenentzündung im Stadium der 
Hepatisation. Ich impfte den Hund sofort mit 10 ccm Staupe¬ 
serum und verordnete zweistündlich einen Kaffeelöffel 3 g tinct. 
digitale gelöst in 150 g aq. foeniculi, nachdem zuerst dem 
Hunde mit Zucker 0,1 g Kalomel gegeben wurde. Am. nächsten 
Tage* zeigte sich in der Lunge eine bedeutende Besserung, der 
Hund nahm etwas rohes, geschabtes, mit Eidotter gemengtes 
Fleisch auf und trank etwa l U Liter Milch. Nur um. eines guten 
Erfolges gewiß zu sein, impfte ich diesen Hund noch einmal 
mit 10 ccm Staupeserum. Bei der Untersuchung am nächsten 
Tage war die Resorption in der Lunge sehr weit vorgeschritten 
und die Magen- und Darmaffektion bereits vollkommen ver¬ 
schwunden. Der Hund ging im Zimmer lustig herum und zeigte 
eine sehr gute Freßlust, so daß ich ihn aus der Behandlung 
entlassen konnte. 

Die übrigen Dosen des Staupeserums habe ich zur Schutz¬ 
impfung von Welpen verwendet und kann berichten, daß bis 
jetzt keine von ihnen auch nicht kleinste Symptome der Staupe 
gezeigt haben. 

Aus den Erfolgen, die ich mit dem .Staupeserum, welches 
ich von dem Pharmazeutischen Institut L. W. Gans in Frank¬ 
furt a. M. bezogen, erzielt habe, kann ich schließen, daß selbes 
ein vorzügliches Heil- und Schutzmittel gegen alle, hauptsächlich 
aber gegen die katarrhalische Form der Hundestaupe bietet. 
Eins muß nur beachtet werden! Auf die vollkommene Genesung 
eines mit der Staupe behafteten Hundes kann man nur dann 
mit Bestimmtheit rechnen, wenn die Impfung so bald als möglich 
im Anfangsstadium der Krankheit vorgenommen werden kann. 
Aber auch vernachlässigte Fälle der katarrhalischen Hunde¬ 
staupe lassen sich mit diesem Serum bewältigen, w r enn man die 
Impfung wiederholt. 


Durchschlagender Erfolg mit keimfreiem Schweine¬ 
seuchebazillenextrakt. 

Von Tierarzt Pfeil-Lechenich. 

Ich möchte hier über eine neue Impfmethode bei Schweine- 
seuche berichten, die ich in der Lage war auszuprobieren und 
die, richtig angewendet, mir von der gleichen Sicherheit zu 
sein scheint, wie die Rotlauflmpfung. 

Der Schweinebestand, in welchem geimpft- wurde, hatte 
schon lange Zeit sehr stark unter Schweineseuche zu leiden. 
Abgesehen davon, daß im Anfang ältere Schweine vereinzelt 
daran eingingen, erkrankten die jungen Tierchen regelmäßig 
unter den typischen Erscheinungen der verheerenden Seuche 
und zwar so, daß viele in der ersten Lebenswoche plötzlich 
eingingen, oder daß die meisten nach zirka 4— 5 Wochen oder 
schon früher unter Husten und Abmagerung den bekannten 
HautauBSchlag bekamen und trotz guter Fütterung kümmerten. 

Am 30. Juli 1907 wurden 7 Stück 3 Tage alte Schweinchen 
mit polyvalentem Schweineseucheserum und keimfreiem Schweine¬ 
seuchebazillenextrakt (beides von dem pharmazeutischen Institut 
Ludwig Wilhelm Gans) geimpft, zwei Konfrontiere, die 



302 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


weder Semm noch Extrakt 'bekommen hatten, erkrankten nach 
4—5 Wochen an dem chronischen Ekzem, hasteten and kümmerten, 
wie die zuvor nicht geimpften, während die geimpften alle 
gesund blieben und gut voran gingen. 

Am 27. September wurden 19 Stück, 

„ 4. Oktober „ 9 „ 

» ,, ,, 11 ,, 

„ 11. Dezember „ 6 „ 

wie vorstehend geimpft, die alle gesund blieben. 

In die Zeit vom 15. Oktober bis 11. Dezember fielen zwei 
Würfe, die der Besitzer nicht impfen ließ; dieselben erkrankten 
sofort unter den typischen Erscheinungen der chronischen 
Schweineseuche, einige davon gingen in den ersten Lebens¬ 
wochen ein. 

Aus diesen Impfversuchen geht zur Evidenz hervor, daß 
diese neue Impfmethode den jungen Tierchen einen sicheren 
Schutz gegen die Ansteckung der Schweineseuche verleiht und 
dürfte mit diesem Fortschritt der Schweineseuche der Schrecken 
genommen sein. 

Berichtigung. 

In dem Originalartikel „Aus der Praxis für die Praxis“ von 
Zieger in Nr. 15, S. 268, muß es im dritten Absatz der rechten Spalte 
heißen: Bei diesem tritt die stille Wut (Erethisie), bei jenem die 
Tobsucht und Raserei in den Vordergrund. S. 269 im 4. Absatz 
der linken Spalte ist ein Wort ausgefallen und ein Druckfehler — 
anstatt Brust — Brüste — unterlaufen. Es muß dort heißen: Ich 
beobachtete zu wiederholten Malen, daß Kühe, denen ich wegen 
beängstigenden, starken Drängens bei Retensio secundinarum Chloral- 
bydrat in Leinschleim per os in Dosen von 50,0—75,0 eingeben ließ, 
bei der nachfolgenden Schlachtung zahlreiche, flächenhafte, sub¬ 
seröse Blutungen und ikterische Färbung der serösen Auskleidung 
der Brust- und Bauchhöhle zeigten. Desgleichen muß es heißen 
wie im gleichen Absatz vorher: In partu anstatt in parto. S. 269 
rechte Spalte ist Verwöhnung anstatt Verwährung des natürlichen 
Bornes der Muttermilch gedruckt worden. 


Referate. 

Allgemeine Betrachtungen Aber die Darmentzündungen. 

Von 

Prof. Cadöac. 

(Journal de Lyon. 30. September 1907.) 

Die Darmentzündungen sind entweder partielle oder meistens 
generelle Entzündungen der Darmschleimhaut, von denen erstere 
das Werk von Parasiten oder Fremdkörpern, letztere dasjenige 
von Bakterien oder ihren Toxinen sind. Die verschiedenen 
reizenden Gifte haben ihre Wirkung größtenteils schon ein¬ 
gebüßt, bis sie in den Darm gelangen, so daß die Darmepithelien 
nur oberflächlich von ihnen affiziert werden, aber doch noch so, 
daß sie den Boden für sekundäre Infektionen vorbereiten, 
nämlich für die toxisch-infektiösen Darmentzündungen. Die 
Pflanzengifte bringen es gewöhnlich zu einer allgemeinen Ver¬ 
giftung, die sich mehr auf das Nervensystem, als auf den Ver¬ 
dauungsapparat erstreckt. Die Hauptrolle bei der Darment¬ 
zündung spielen die Bakterien, die sich, sobald der Boden 
durch Fremdkörper, Parasiten, Gifte usw. vorbereitet ist, 
ansiedeln. 

Physiologisch ist der Darm gegen diese Eindringlinge gut 
geschützt; das Epithel, der reichlich sezernierte Schleim, die 
antiseptisch wirkende Galle, der reiche Lymphapparat der Darm- 
schleimhaut, die Phagozythen und die Darmperistaltik, welche 
die reizenden Stoffe schnellstens fortzuschaffen sucht, leisten den 
im Darm so massenhaft vorhandenen Bakterien den Haupt¬ 
widerstand. Diese leben hier gewöhnlich als ganz harmlose 


Saprophyten und ist es eine physische, chemische oder dynamische 
'Störung des Organismus, die es ihnen ermöglicht, in ihn ein¬ 
zudringen. Erkältung, reizende Mittel, wie der Brechweinstein, 
Entkräftung durch Überarbeitung schwächen die den Bakterien 
entgegenstehenden Schutzmittel ab und lassen so die Tür für 
die Darmentzündungen und ihre Folgen, die Allgemeininfektionen, 
auf. Organische und nervöse Störungen, Verstopfüngen und 
Darmverlagerungen bilden die Ursache der Einwanderung der 
Keime vom Darm aus in den Organismus, der, obwohl fort¬ 
während von ihnen bedroht, doch so lange Sieger bleibt, als 
nur eine geringere Zahl in ihn eindringt. Wird er aber von 
ihnen überschwemmt oder liegt der Phagozythismus darnieder, 
so muß er unterliegen. 

Mit dem Alter des Tieres verlieren die Darminfektionen an 
Intensität, d. h. sie treten um so heftiger auf, je jünger das 
Tier ist; es scheint sich daher der Organismus an die von ihm 
beherhergten Keime zu gewöhnen. Die Akklimatisation ist 
nichts anderes als die Angewöhnung des Menschen oder des 
Tieres an die Bakterien eines Landes. 

Als Bakterienflora des Darms kommen folgende vier 
Familien hauptsächlich in Betracht: die Staphyloooccen, die 
Streptococcen, die Kolibazillen und das bipolare Bakterium, zu 
welchem sich noch der NekroBebazillus gesellen kann. Alle 
diese hausen gewöhnlich als Saprophyten, sind aber jederzeit 
bereit, auch pothogen zu wirken und ist die Enteritis das erste, 
aber nicht das einzige Anzeichen dieser Änderung, denn sie 
durchwandern auch den Darm und können Läsionen in allen 
Organen hervorrufen. Oft auch durchwandern sie den Darm 
ohne gerade eine hochgradigere Entzündung darin hervorgerufen 
zu haben, so daß die Enteritis sowohl die Folge als auch das 
Vorspiel von lokalen oder generellen Infektionen des Organismus 
sein kann. Die auf die Enteritis einsetzende Diarrhöe übt eine 
heilsame Wirkung auf den Organismus aus, weil durch sie die 
toxischen Stoffe mitsamt den Bakterien ausgeschieden werden. 
Zu jeder Blutinfektion kann die Enteritis als Komplikation hin¬ 
zutreten; diese neue Entzündung bereitet ihrerseits den Boden 
für weitere Blutinfektionen vor durch Auflockerung der Epi- 
thelien und Erweiterung der Blutgefäße, welche Zustände die 
Resorption von toxischen Stoffen und Bakterien erleichtern. Es 
bildet sich also zwischen der Blutinfektion und der Enteritis 
ein Circulus vitiosus aus. Die Infektion des Pfortaderblutes 
hat eine toxische Hepatitis zur Folge, die sich vorerst durch 
ikterische Färbung der Schleimhäute kennzeichnet. Dauert der 
Zustand fort, so tritt zu den verschiedenen Autointoxikationen 
noch die Autointoxikation durch die Galle, d. i. der toxische 
Ikterus hinzu, der sich beim kranken Tiere durch Ab¬ 
stumpfung, nervöse Depression, Muskelschwäche, Seh- und 
Zirkulationsstörungen dokumentiert. Weiterhin treten sekundäre 
Störungen an den Nieren (Albuminurie), Lungen, Pleuren und 
Gelenken auf. 

Die aus den bakteriellen Gärungen sich bildenden toxischen 
Stoffe sind nicht allein die Urheber der Autointoxikation des 
Darmes, es kommt noch eine weitere Vergiftung hinzu, die in 
der Insuffizienz der Darmdrüsen ihre Ursache hat, da die Darm¬ 
wand auch toxische Stoffe ausscheidet. Wird die Darmtätigkeit 
unterdrückt, so sind die Darmdrüsen in ihrer Arbeit gestört, 
und hat dies die gleiche Folge wie wenn andere drüsige Organe 
ausgeschaltet werden. Die verschiedenen Autointoxikationen 
des Darms rühren zugleich von dieser Drüseninsuffizienz, von 





23. April im 


ßEfiLlNEB TIErAbZTLICSE WOCHENSCBfilPT. 


den ans der Nahrung stammenden Giften die sich zn den vier 
schon angegebenen und näher zu besprechenden Bakterien¬ 
familien und ihren Toxinen hinzugesellt haben, her. 

1. Der Streptococcus darf ganz gut als „das Bakterium 
für alles“ benannt werden. Schon einige Stunden nach der 
Geburt tritt er im Darm auf, um ihn nie mehr zu verlassen. 
Jedes Tier reagiert auf ihn je nach seinem mehr oder weniger 
günstigen Gesundheitszustand d. h. er gewinnt um so mehr an 
EinwirkungBkraft als der Darm an Widerstandsfähigkeit verliert. 
Seine verschiedenen Typen sind imstande auch verschiedenartige 
klinische Enteriten hervorzurufen. 

2. Der Staphylococcus pyogenes mit seinen verschiedenen 
Varietäten bildet eine Familie, deren Virulenz sich leicht erhöht. 
Er produziert Stoffe, welche die Infektion dank einer sofortigen 
toxischen Wirkung, die eine Lähmung der Vaso-Dilatatoren er¬ 
zeugt, begünstigen. Seine pathologische Wirkung ist sehr ver¬ 
schiedenartig. 

3. Das Bakterium coli commune oder der Kolibazillus ist 
der Vertreter der im Darme die Herrschaft ausübenden Bakterien¬ 
familie, soll doch der Hund und besonders der Mensch 12 bis 
15 Millionen jeden Tag durch den Darm ausscheiden. Mit dem 
ersten Schluck Milch zieht er in diesen ein um ihn nie mehr 
zu verlassen. Er ist sehr polymorph, lebt sowohl aerob als 
auch anaerob, produziert Toxine und erzeugt Auto-Intoxikationen 
und Infektionen, welche letztere bei allen Tierarten sich durch 
diarrhöische und ruhrartige Enteriten kennzeichnen, und sich 
vom Darme aus auch auf die Leber und alle anderen Organe 
erstrecken können, während die Gelenke jederzeit von ihnen 
verschont bleiben. 

,, Die durch seine Toxine bewirkte Auto-Intoxikation ist noch 
viel gefährlicher. Auf experimentellem Wege ruft sie beim 
Kaninchen Symptome hervor die in zwei Phasen auftreten. Die 
erste Phase ist gekennzeichnet durch Muskelschwäche mit Muskel¬ 
zittern, Mydriasis, Anästhesie der Haut, fortschreitende Somnolenz 
bis zum Koma, die zweite außerdem noch durch konvulsivische 
Zuckungen, durch reflexe Überreizung und durch Diarrhöe, ja 
man kann sogar oft eine zum Tode führende tetanische Krisis 
beobachten. Seine Toxine wirken sehr schädigend auf den Darm 
und weisen diejenigen Tiere, die an der von jenen verursachten 
Blutvergiftung eingegangen sind, eine ausgesprochene Darm¬ 
entzündung auf, die von Geschwüren und Schorfen durchsetzt 
ist. Der Kolibazillus hat nicht nur die Fähigkeit, den Organismus 
zu infizieren und zu vergiften, er kann auch die durch die 
Darmepithelien dargestellte Schutzwehr zerstören, sich zu allen 
anderen Infektionen hinzugesellen und neuen den Weg bereiten. 

4. Die ovoiden oder bipolaren Bakterien oder Pasteurella 
sind gewöhnlich saprophytische Darmbewohner, stammen alle 
von einem einzigen Bakterium ab, können pathogen werden, und 
durch Passagen durch den lebenden Organismus an Virulenz 
gewinnen und je nach der Tierart, bei der sie sich angesiedelt 
haben, ein besonderes Aussehen annehmen. Eigentlich greifen 
sie den Darm nie direkt an, sie haben aber eine besondere Vor¬ 
liebe für das Blut und die Synovialhäute der Gelenke und der 
Sehnen. Sie treten zwar nicht gleich so ohne weiteres in 
Szene, sondern passen mehr wie alle anderen Bakterien den 
günstigen Moment der aus physischen, chemischen oder bak¬ 
teriellen Ursachen resultierenden Depression des Organismus 
ab, um ihn zu überfallen. Besonders gefährlich sind ihre.Toxine. 


303 


Wie gezeigt, sind diese pathogen gewordenen Saprophyten 
die hauptsächlichsten Infektionsquellen für den Darm, die Organe 
und den ganzen Organismus. Alle Bedingungen, welche die 
Invasion dieser Darmbakterien gewährleisten, sind die Ge¬ 
legenheitsursachen der Darmentzündungen, der Darm-, Leber¬ 
entzündungen und verschiedener anderer Krankheiten. Die 
lebenden Ursachen dieser Krankheiten dagegen sind die be¬ 
ständigen Bewohner des Darms. Der Verdauungsschlauch ent¬ 
hält also selbst die Keime vieler Krankheiten, die je nach dem 
Grade und der Art der Prädisposition unter den verschiedensten 
Formen ausbrechen, jedesmal wenn der Mensch oder das Tier 
infolge eines Schwächezustandes die Infektion zuläßt. Es be¬ 
steht ein fortwährender Kampf zwischen diesen Bakterien und 
dem Organismus und können fast jeden Tag Darmentzündungen 
und generelle Infektionen ansetzen, die meistens bald wieder 
verschwinden, sobald die Diffusion der saphrophytischen oder 
pathogenen Keime aufhört. Es sind weder das äußere Milieu 
noch die Nahrung und die Getränke, die man im allgemeinen 
als Ursache dieser sporadischen und endemischen Krankheiten 
anklagen muß, sondern der Organismus selbst, denn er trägt 
fortwährend ihre Keime in sich und deren Entwicklung hängt 
nur von ihm ab, die Gelegenheitsursachen von früher sind die¬ 
jenigen Ursachen, welche heute die Infektion vorbereiten und 
sehen wir uns infolgedessen gezwungen, die Lehren der alten 
Pathologie wieder zu ihrem Hechte kommen zu lassen. 

Helfer. 

Nene Beweise für die Tragranderweiternng belasteter 
gesunder Hofe. 

Von Prot Dr. Lungwitz in Dresden. 

(Monatabefte f. praktische Tierheilkunde, XIX Bd. 4. Heft) 

Um die von manchen Seiten angezweifelte Erweiterung des 
belasteten Hufes am Tragrande in der hinteren Hälfte auf noch 
andere Weise als wie mit dem elektrischen Klingelapparat zu 
beweisen, hat Lungwitz einen Apparat konstruiert, der die 
Bewegungsveränderungen des Hufes vergrößert. Der Apparat 
besteht aus einem aus Aluminiumschienen zusammengesetzten 
Rahmen, der sich um den Huf herumlegen läßt. An den beiden 
Enden des Rahmens befindet sich je ein Ansatzstück mit stumpfer 
Spitze, und zwar zeigen diese Spitzen auf den Tragrand. Die 
eine Spitze kann der Länge nach in beliebiger Stellung fest¬ 
geschraubt werden. Die andere befindet sich an einer ver¬ 
schiebbaren Zahnstange, welche schlittenartig gepaßt ist und 
durch zwei Federn in Spannung gehalten wird. Sie gibt auf 
Druck nach und kehrt von selbst in die frühere Stellung zurück. 
Dem Endstück der Schlittenschiene sitzt eine Scheibe auf, die 
durch Teilstriche in zehn gleiche Teile geteilt ist Jeder dieser 
Teile ist wieder in 20 gleiche Teile durch Striche geteilt, so 
daß also die ganze Scheibe 200 Teilstriche zeigt. Die Achse 
im Mittelpunkt der Scheibe ist unter der Scheibe mit der vorhin 
erwähnten Zahnstange mittelst Zahntriebes verbunden, während 
der oberhalb der Scheibenfläche heransragende Teil der Achse 
einen Zeiger trägt, der mittelst Stellschräubchens festgehalten 
wird. Gibt nun die Zahnstange (unterhalb der Scheibe) um 
1 mm nach, so läuft der Zeiger auf der Scheibe um 20 Teil¬ 
striche vorwärts. 

Mittelst besonderer Steckzwecken, die in die Hufwand ein¬ 
geschlagen werden, wird der Apparat am Hufe befestigt und 
die vorhin erwähnten Spitzen werden angesetzt. Lungwitz 





304 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17, 


gibt ausführlich an, wie dieses Ansetzen zu erfolgen hat. Dies 
geschieht zunächst am aufgehobenen Hufe. Nun liest man den 
Zeigerstand ab. Hierauf wird der Apparat wieder abgenommen 
und an den entsprechenden Stellen am belasteten Huf wieder 
angelegt. Der Unterschied der Zeigerstellung ergibt nun, ob 
eine Verengerung oder Erweiterung des Hufes stattgefimden 
hat. Der Apparat kann übrigens gleich gut bei beschlagenen 
als unbeschlagenen Hufen angewendet werden. Lungwitz hat 
drei Gruppen von Versuchen angestellt. I. Versuche zur Fest¬ 
stellung des Unterschiedes der Hufweite am Tragrande der 
Trachtengegend an der entlasteten und belasteten Gliedmaße. 
U. Versuche zur Feststellung des Einflusses des Hornstrahles 
auf das Tragrandverhalten am Hufe. HI. Versuche am vorwärts¬ 
schreitenden Pferde. Die Versuche haben ergeben, daß 

1. der gesunde Huf sich in der Tragrandgegend der 
hinteren Hufhälfte bei der Belastung erweitert. 

2. Die Erweiterung beträgt am stehenden und schritt¬ 
gehenden Pferde im Durchschnitt 1 mm. 

3. Bei unbeschlagenen und jungen Pferden ist sie größer 
als bei beschlagenen und älteren Tieren. 

4. Das Mitsttitzen des Hornstrahles begünstigt die Huf¬ 
erweiterung am Tragrande. 

5. Die Erweiterung ist in der Eckwandgegend am größten, 
sie verringert sich nach vorn zu und verliert sich ungefähr dort, 
wo der Huf am Tragrande die größte Weite hat, d. i. in der 
Mitte. Zuweilen reicht sie um ein geringes weiter nach vorn 
über die Mitte hinaus. 

6. Beim Abschwingen kehrt der am Tragrande erweiterte 
Huf beim schrittgehenden Pferde entweder in seine Ruhelage 
zurück, oder er verengert sich geringgradig in seiner hinteren 
Hälfte, um die Ruhelage erst unmittelbar nach dem Abschwingen 
wieder einzunehmen. 

7. Es ist bestimmt anzunehmen, daß diese Bewegungen bei 
gesunden Hufen trabender und galoppierender Pferde er¬ 
heblicher sind und daß sie, wenn auch nicht in allen, so doch 
in den meisten Fällen, sich so verhalten, daß beim Stützen der 
Tragrand seine Ruhelage verläßt und sich nach außen bewegt, 
beim Abwickeln über die Ruhelage hinaus nach innen geht 
und unmittelbar nach dem Abwickeln erst in seine Ruhelage | 
zurückkehrt. 

8. Die Ansicht, daß sich bei der Hufbelastung die Huf¬ 
sohle, besonders der Strahl, senkt, findet in den Versuchen 
Bestätigung. 

9. Die in der Hufbeschlagspraxis bewährte Theorie, bei 
gesunden wie kranken Hufen möglichst viel Punkte zum Tragen 
heranzuziehen, besteht nach den ausgeführten Untersuchungen 
zu Recht. Die mit dem geschlossenen Hufeisen und den Huf¬ 
unterlagen sowohl wie die mit der Schonung des gesunden 
Strahles in der Hufzubereitung gemachten guten Erfahrungen 
finden in diesen Untersuchungen aufs neue ihre Erklärung. 

Lungwitz kommt zum Schluß noch darauf zu sprechen, 
daß den Scheuerstellen an den Schenkelenden der Hufeisen eine 
besondere Beweiskraft nicht beizulegen ist. Was das Verhalten 
der Hufbeinbeugesehne gegenüber den Hufbewegungen an¬ 
belangt, so ist dies nach Lungwitz, Meinung bisher falsch ge 
deutet worden. 

Es wird ganz richtig behauptet, daß, sobald die Sehne des 
Flexor profandus angespannt wird, am Tragrande des Hufes 
der „äußere Rand jeder Seite unter dem Ansteigen der Eck¬ 


streben wand- und Sohlenteile, sowie unter gleichzeitiger Ver¬ 
engerung und Hebung der hornigen Strahlschenkel und Ver¬ 
dichtung des zeitigen Strahles gegen die Medianlinie des Hufes 
tritt, das ist sich verengert“. — Diese Bewegungen sollen nun 
im Momente des stärksten Durchtretens im Fessel eintreten 
(Lechner). Das Umgekehrte ist aber der Fall! Die genannte 
Anspannung der Sehne erfolgt am stärksten im Momente des 
Abstemmens. Beim Durchtreten im Fessel wird die tiefe Beuge¬ 
sehne entspannt.*) Das, was also die Anhänger der sogen. 
Hufrotationstheorie als Beweis für die Tragrandverengerung 
bei der Hufbelastung anführen, ist Beweis für die Tragrand¬ 
verengerung im Zustande des Abstemmens bzw. Abschwingens, 
also eine Bestätigung des Hufverhaltens im Sinne der oben an¬ 
gegebenen Versuche. Rdr. 

Aus dem veterinär-chirurgischen Institut der Universität Zürich. 

Die Veränderungen des Hnfknorpelfesselbeinbandes and 
der Zehenbinde, sowie ihre Beziehungen zur Schalen- 
bildung und Verknöcherung der Uufknorpei. 

Von Dr. Jean Hugentobler, Tierarzt, Henau (St. Gallen). 

(Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 49. Bd., Heft 3 und 4.) 

In dieser sehr umfangreichen, interessanten Arbeit, welche 
zu einem kurzen Referat kaum geeignet ist, schildert H. unter 
Erwähnung aller früheren Theorien und Behauptungen seine 
zahlreichen Untersuchungen (ca. 250 Pferde dienten als klinisches 
Material). Elf sehr gut ausgeführte Tafeln liefern dem Leser 
den wünschenswerten Aufschluß über normale und pathologische 
Hufstellung, sowie Beschaffenheit der Zehenbinde und des Huf¬ 
knorpelfesselbeinbandes. Aus des Verfassers Schlußfolgerungen 
dürften nachstehende das meiste praktische Interesse besitzen: 

Die Hufknorpelfesselbeifibänder und die Zehenbinde erfahren 
beim Abwickeln oder Abrollen des Hufes eine mehr oder weniger 
starke Anspannung. Letzere ist ungleich und übermäßig groß 
bei steiler Fesselstellung, langen Hufen mit- niedrigen Trachten, 
Abweichung der Fußachse. Wiederholte abnorm starke Bean¬ 
spruchung führt zur Verdickung dieser Bänder. Mit der Ver¬ 
knöcherung des Hufknorpels erhält das Hufknorpelfesselbeinband 
sowohl an seiner unteren, als auch an seiner oberen Ansatzstelle 
am Hufknorpel eine solidere Insertion und weiterhin hochgradige 
Verdickung. 

Die Zugwirkung des veränderten und dadurch weniger 
elastischen Hnfknorpelfesselbeinbandes wie der Zehenbinde führt 
an den Fesselbeinansatzstellen zu einer Periostitis mit Knochen¬ 
neubildung. Der Exostosenbildung muß eine Bandverdickung 
vorausgehen; auch Osteophyten können sich einstellen. Dieselben 
bilden dann jene Auftreibungen, welche wir als Leist oder Schale 
bezeichnen. 

Mit der Zunahme des Eigengewichtes des Pferdes und dem 
vermehrten Gebrauch desselben zum schweren Zuge nehmen die 
Bandveränderungen zu. Ganz schwere Lastpferde, die nur zum 
Schrittdienst verwendet werden, sind am häufigsten mit solchen 
Bandverdickungen an einer oder mehreren Gliedmaßen behaftet 
In der Regel findet man bei zehenenger Stellung das laterale 
und bei der zehenweiten Stellung das mediale Hufknorpelfessel¬ 
beinband stark verdickt. 

Beim raschen Abwickeln des Hufes im Trabe wird der be¬ 
sprochene Bandapparat weniger und nur kurz angespannt als 

*) Das kann unmöglich richtig sein, denn die Sehne ist in 
diesem Augenblick belastet. Schmaltz. 



23. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


305 


beim langsamen Abrollen im Schritt während des schweren 
Zages. Vor allem führt auch die diagonale Verschiebung des 
Körpergewichtes zu Zerrungen der lateralen Hufknorpelfessel* 
beinbänder. Diese Verschiebung beginnt im Momente, wo der 
Rumpf auf dem stützenden Fuße nach der noch unbelasteten 
Gliedmaße balanziert wird. Sie ist besonders bei schwerziehenden 
Pferden mit breiter Brust und entsprechend weiter Gliedmaßen* 
Stellung, im langsamen Schritt auf ansteigender Straße deutlich 
sichtbar. Infolge dieser Art der Körperbewegung geschieht bei 
der zehenengen Stellung das Abwickeln nicht direkt über die 
laterale Seitenwand, sondern über die Hufzehe oder bei boden¬ 
weitem Fußen sogar über die innere Seitenwand, wodurch die 
Zerrung der lateralen Bandstränge begünstigt wird. 

Soll den Veränderungen von Hufknorpelfesselbeinband und 
Zehenbinde vorgebeugt werden, so sind abnorme Zerrungen und 
Dehnungen derselben möglichst zu vermeiden. Durch richtiges 
Beschneiden der Hufe und Anbringungen eines rationellen Be¬ 
schlages soll möglichst regelmäßiges Fußen und Abrollen zu er¬ 
zielen gesucht werden. Diese Bedingungen erfüllt natürlich einzig 
der glatte Beschlag. Griff- und Stolleneisen können nur ungünstig 
einwirken; Zekenricktung am Vordereisen übt günstigen Einfluß aus. 

Die beschriebenen Band- und Knochenveränderungen stellen 
Berufskrankheiten dar. Sie können nicht völlig verhütet werden, 
weil sich weder die Gebrauchsart der Zugpferde noch auch 
deren Stellungsanomalien wirksam ändern lassen. Die durch die 
genannten Leiden eventuell hervorgerufenen Lahmheiten sind 
analog den chronischen Sehnenentzündungen zu behandeln. 

J. Schmidt. 

Über Heilung und Prophylaxis der Schweinepest, 
Schweineseuche und Mischinfektion. 

Von V. Schaffner, Tierarzt im Hus.-Regt. Nr. 3 in Jaworow. 

(Öaterr. Monatsschr. f. Tierheilk. 1907, 8. 347.) ’ 

Schaffner gibt seine Behandlungsmethode bekannt, die in 
der Verabreichung von Formal in besteht. Behandlung von 
Saugferkeln im Alter von 2 Tagen bis 6 Wochen: Am ersten 
Tage für ein Stück 7a 1 Kuhmilch mit Wasser verdünnt (4:1); 
diesem Quantum werden 14 g Formalin (40 Proz.) zugesetzt; 
das Gemisch wird (bei 37° C) mit der Saugflasche verabreicht; 
Formalin wird jeden zweiten Tag zugesetzt. Bis zu drei 
Wochen wird die Menge allmählich auf 2 1 erhöht. 

Behandlung von 2—6 Monate alten Schweinen: Es wird 
Kleie- oder Schrottrank mit 7a Proz. Formalinlösung, 74 1 P ro 
Schwein und Tag, als Heilmittel und als Prophylaktikum zwei¬ 
mal in der Woche verabreicht. Schweinen, welche kein Futter 
mehr aufnehmen, wird 7 4 1 der Lösung eingegeben. — Alle 
Tiere, die nicht über 41,5° C Innentemperatur aufwiesen, 
wurden nach durchschnittlich 8 Tagen als geheilt befunden. 

Bei mehr ausgesprochener Schweinepest ist die Behandlungs¬ 
dauer 3—5 Tage, bei Schweineseuche 5—8 Tage und darüber. 
Der Heilerfolg ist bei der Schweineseuche nicht so günstig. 
Im Anfang erzielte Schaffner infolge Verwendung schwächerer 
Konzentrationen weniger gute Resultate. Richter. 

Kleine Mitteilungen. 

Gefährliche Nebenwirkungen bei Yohimbin. 

Abermals werden nachteilige Wirkungen bei Anwendung von Yo¬ 
himbin bekanntgegeben. Daeis fand durch Tierexperimente, daß in der 
Darmwand Hämorrhagien hervorgerufen werden, daß hämorrhagische 
Blutungen entstehen können. Eine Brunst erzeugende Wirkung konnte 
vom Verfasser nicht nachgewiesen werden, wohl aber sei das Präparat 


imstande die Brunst zu erhöhen und zu verlängern. In der 
Humanmedizin habe sich das Yohimbin bei Hebung menstrueller 
Störungen bewährt. B. Kl. W. 1907, Nr. 42. Dr. G. 

Gefahr beim Arbeiten mit Karzinomen. 

In Brüssel starb der Krebsforscher Roguette durch Karzinom¬ 
infektion; vor einiger Zeit war ein Mitarbeiter von Roguette 
ebenfalls an Karzinomatose infolge Ansteckung gestorben. Dr. G. 


Tagesgeschichte. 

Pflichten und Rechte der Schlachthoftierärzte. 

Vortrag, gehalten auf der Versammlung des Vereins der Schlachthof¬ 
tierärzte Westfalens am 1. Dezember 1907 zu Hagen von Schlachthof- 
Direktor Krekeler- Recklingshausen. 

Verehrte Herren! In meinem Vortrage möchte ich etwaB 
näher auf unsere Stellung als städtische Beamte eingehen. 

Die Pflichten, die wir als städtische Schlachthoftierärzte zu 
erfüllen haben, sind ohne Zweifel recht viele und schwere. 

Als Leiter der Schlachthöfe haben wir eine große Ver¬ 
antwortung für die Untersuchungen der zahlreichen Schlacht¬ 
tiere, für die Tätigkeit der Trichinenschauer, der Hallenmeister, 
Maschinenmeister und des sonstigen Schlachthofpersonals, für 
den ordnungsmäßigen Zustand an und in den Gebäuden und 
Räumen des Schlachthofes, für die Maschinen und Apparate, 
für ordnungsmäßiges Verhalten der Metzger und des Publikums 
in den Schlachthofräumen, für die Buchführung, für die 
Schlachthofkasse usw. 

Auch die übrigen an dem Schlachthof angestellten Tierärzte 
haben für die zahlreichen Untersuchungen der Schlachttiere und 
als zeitweilige Vertreter des Schlachthofdirektors eine erhebliche 
Verantwortung. Dann ist die Stellung der Tierärzte am 
Schlachthof eine recht unangenehme dadurch, daß wir die Pflicht 
haben, in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit zu ver¬ 
treten, welches mit dem Spezialinteresse der Metzger nur allzu 
oft im Widerspruch steht. Für Erfüllung dieser Pflicht ernten 
wir sehr oft Haß und Feindschaft bei den Metzgern. 

Ferner ist der lange Dienst von des Morgens früh bis 
Abends in den nassen, kalten, zugigen und geräuschvollen 
Räumen der Schlachthöfe, besonders in den Wintermonaten, sehr 
aufreibend und ungesund, so daß eine frühe Invalidität des 
Schlachthoftierarztes unausbleiblich ist. Jeder Kollege, welcher 
längere Jahre Schlachthofdienst gemacht hat, wird das durch 
eigene Erfahrung bestätigen können. 

Endlich haben wir, um eine Schlachthoftierarztstelle be¬ 
kleiden zu können, ein langes, kostspieliges Studium durch¬ 
zumachen und mußtefl vor diesem Studium bis 1903 die Prima- 
reife und seit 1903 die Universitätsreife erlangt haben. Auch 
wird bei der Anstellung als Schlachthoftierarzt verlangt, daß 
sich der Bewerber schon in anderen tierärztlichen Stellen 
tüchtig bewährt hat; besonders an den leitenden Schlachthof¬ 
tierarzt in einer Mittel- und Großstadt werden bei Besetzung 
der Stelle hohe Ansprüche gestellt. Fragen wir nun: Stehen 
mit diesen Pflichten und Anforderungen der Rang, die Besoldung 
und sonstigen Rechte im Einklang? Leider müssen wir darauf 
antworten: Nein; bis jetzt durchaus nicht. 

Alle übrigen städtischen Beamten, die ein ähnlich langes 
Studium wie wir Tierärzte durchgemacht haben, haben eine 
wesentlich* bessere Stellung als die städtischen Tierärzte. Wenn 
fler städtische Tierarzt ansehen muß, wie Juristen, Polytechniker 
usw. nach eben bestandenem Staatsexamen in städtischen 
Stellen sehr hohe Gehälter beziehen, Anfangsgehalt meistens 



306 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


6000 M., ohne weiteres als städtische Oberbeamte gelten, ja 
meistens zum Magistrat gehören, und wie wiederum städtische 
Mittelbeamte, Polizeibeamte, Bureaubeamte, Kassenbeamte ohne 
besondere Mühe und Kosten, in der Regel mit Elementarschul¬ 
bildung dieselbe Gehaltsskala oder noch eine höhere erreichen, 
als der städtische Tierarzt, so muß er sich doch sehr zurück- 
gesetzt und in seiner Ehre gekränkt fühlen und einsehen, daß 
das lange Studium und das viele Geld, welches er dafür hat 
opfern müssen, doch eigentlich ganz umsonst gewesen ist. 

Unsere lange Tor- und Ausbildung, sowie unsere große 
dienstliche Verantwortung wird doch viel zu wenig berücksichtigt. 
Es besteht ohne Zweifel für die städtischen Tierärzte ein großes 
Mißverständnis zwischen Leistung und Lohn, wie es bei den 
übrigen städtischen Beamten nicht der Fall ist; im Gegenteil, 
die Städte bezahlen im allgemeinen in der Industriegegend besser 
als der Staat. 

Welches mögen nun die Gründe sein, weshalb die städtischen 
Tierärzte so unangemessen besoldet werden ? Stichhaltige Gründe 
sind meines Erachtens gar nicht vorhanden. Vor einer Reihe 
von Jahren waren die Schlachthoftierärzte keine vollbesoldeten 
Beamte. Die Städte rechneten bei der Gehaltsfestsetzung für 
den Schlachthoftierarzt mit der Aussicht, daß der Schlachthof¬ 
tierarzt noch erhebliche Einnahmen aus der Privatpraxis haben 
würde. Sie verlangten auch nicht, daß der Tierarzt während 
der Schlachtstunden am Schlachthof anwesend war, sondern er 
sollte in der Hauptsache die Oberaufsicht im Schlachthof aus¬ 
üben und die Ergänzungsbeschau. Wegen Unzuträglichkeiten, 
die durch Ausübung der Privatpraxis sich vielfach herausge¬ 
stellt hatten, und damit der Tierarzt sich ganz dem städtischen 
Dienste widmen sollte, ist es später üblich geworden, den 
Schlachthoftierärzten in den Mittel- und Großstädten die Privat¬ 
praxis zu verbieten. Außerdem ist durch die Bestimmungen 
des Fleischbeschaugesetzes die dienstliche Arbeit des Schlacht¬ 
hoftierarztes derartig gewachsen, daß die Kräfte derselben jetzt 
durch den Schlachthofdienst fast vollständig in Anspruch ge¬ 
nommen sind und oft sogar übermäßig angestrengt werden. 

Die früheren Einnahmen aus der Privatpraxis sind daher 
in den Mittel- und Großstädten fast überall in Fortfall ge¬ 
kommen, der Schlachthoftierarzt ist jetzt einzig und allein auf 
sein Gehalt angewiesen. 

Er ist vollbesoldeter Beamter geworden und hätte dement¬ 
sprechend auch das Gehalt ein angemessenes werden müssen. 
Das ist nun leider nicht geschehen. Die städtischen Verwal¬ 
tungen haben sich mit ganz wenigen Ausnahmen bis heute noch 
nicht dazu verstehen können, dem Schlachthoftierarzt ein Gehalt 
zu geben, wie es seiner dienstlichen Verantwortung und seinem 
Bildungsgang entsprechend angemessen wäre. 

Der Einwand kann nicht gemacht werden, daß die Mittel 
für eine angemessene Besoldung fehlen. Bei den anderen Be¬ 
amten wird für die Mittel zur angemessenen Besoldung derselben 
gesorgt, dasselbe dürfen die städtischen Tierärzte auch bean¬ 
spruchen. Gerade für die Schlachthoftierärzte sind am aller¬ 
leichtesten die Mittel zu beschaffen, ohne die Kommunalsteuern 
erhöhen zu müssen, da die Städte Gebühren für die Schlachtungen 
und Untersuchungen erheben. Sie können ja nach Bedarf die 
Gebühren erhöhen und ermäßigen. Ob in einem Schlachthof 
z. B. 80000 Mark oder 81000 Mark zur Bestreitung der Aus¬ 
gaben aufgebracht werden müssen, macht fast gar keinen Unter¬ 
schied in den Gebühren bei den zahlreichen Schlachtungen. Bei 


Festsetzung des Schlachthofetats werden die voraussichtlichen 
Einnahmen in der Regel knapp und die Ausgaben reichlich ver¬ 
anschlagt, so daß meistens jährlich mehrere Tausend Mark 
Überschuß vorhanden sind, aus denen die Mittel zu einer ange¬ 
messenen Besoldung des Tierarztes genommen werden können. 
Auch sind die Schaugebühren in den Schlachthöfen äußerst gering 
gegenüber den Schaugebühren außerhalb der Schlachthöfe, wenn 
man rechnet, wie viel Tiere der Schlachthoftierarzt für sein 
Gehalt untersuchen muß. Die Gebühren können mit Leichtigkeit 
um 5 bis 10 Pfennig pro Stück erhöht werden, was bei den vielen 
Schlachttieren im Jahre eine erhebliche Summe ausmacht. Das ist 
aber in den meisten Schlachthöfen gar nicht einmal nötig, da ohne¬ 
dies Überschüsse erzielt werden mit den bestehenden Gebühren. 

Es fehlt demnach durchaus nicht an Mitteln. Die starke 
Konkurrenz bei Besetzung von Schlachthoftierarztstellen kann auch 
kein Grund für eine unangemessene Besoldung sein. Es wäre 
ja besser, wenn die Konkurrenz schwächer wäre. Viele Kollegen 
melden sich,- die noch gar nicht oder doch nur ganz kurze Zeit 
an einem Schlachthof tätig waren und daher keine Aussicht 
haben, die Stelle zu bekommen. Dieselben vermehren oft unnötig 
die Zahl der Bewerbungen. Andere Kollegen wieder, welche 
sich melden, haben gar nicht die ernste Absicht, die Stelle anzu¬ 
nehmen, daher öfters die große Zahl der Bewerbungen. 

Bei anderen städtischen Stellen geht es aber genau so. Ist 
eine städtische Stelle für einen Juristen, Techniker oder Mittel¬ 
beamten ausgeschrieben, so melden sich regelmäßig eine ebenso 
große Menge Bewerber. Die Konkurrenz bei anderen städtischen 
Stellen ist mindestens ebenso stark wie bei den tierärztlichen 
Stellen. 

Die Einwendung wird vielfach gemacht, daß die Schlacht¬ 
hoftierärzte in den Nachbarstädten auch keine besseren Gehälter 
hätten und daß aus diesem Grunde sich eine bessere Besoldung 
nicht genügend begründen lasse, da es üblich sei, bei Gehalts¬ 
festsetzungen die Gehälter der Nachbarstädte als Maßstab an¬ 
zulegen. Dies scheint tatsächlich das Haupthindernis zu sein, 
weshalb es mit der Besoldung nicht besser wird. Keine Stadt 
will den Anfang machen mit einer angemessenen Besoldung des 
Schlachthoftierarztes. Diejenigen Städte, die sich zu einer an¬ 
gemessenen Besoldung und Rangstellung des Schlachthoftierarztes 
bereit gefunden haben, sind leider noch äußerst wenige. Er¬ 
freulicherweise läßt sich aus der letzten Zeit melden, daß die 
Stadt Remscheid mit gutem Beispiel in dieser Richtung voran¬ 
gegangen ist, indem sie dem Schlachthofdirektor vor einiger Zeit 
ein angemessenes Gehalt bewilligt hat: ein Anfangsgehalt von 
6000 Mark und ein Endgehalt von 7000 Mark, außerdem freie 
Wohnung, Licht und Brand. 

In kleineren Städten von etwa 6000 bis 15 000 Einwohnern 
läßt sich wegen der geringeren Zahl der Schlachtungen aus den 
Schlachthofgebühren öfters allein nicht gut ein ausreichendes 
Gehalt für den Schlachthoftierarzt aufbringen. In diesen Städten 
ist der Tierarzt ein nicht voll besoldeter Beamter, vorausgesetzt, 
daß die betreffende Stadt dem Schlachthoftierarzt die Privat¬ 
praxis nicht verbietet, sondern dafür sorgt durch Beschränkung 
der DienBt8tunden auf etwa 3—4 Stunden täglich, daß dem¬ 
selben genügend Zeit zur Privatpraxis zur Verfügung steht. 
Andernfalls müßte dort der nötige Zuschuß aus der Stadtkasse 
zu einer ausreichenden Besoldung gewährt werden. 

In Mittel- und Großstädten, wo die Arbeit des Schlachthof¬ 
tierarztes so groß ist, daß seine ganze Kraft in Anspruch ge- 



23. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


307 


nommen wird, und wo Privatpraxis er nicht ausüben kann und 
darf, da muß das Gehalt so beschaffen sein, daß er „Standes- 
gemäß“ davon leben kann. Ferner muß das Gehalt in richtigem 
Verhältnis stehen zu dem Gehalt der anderen städtischen Be¬ 
amten derselben Stadt. Die offizielle Unterscheidung in Ober-, 
Mittel- und Unterbeamte kennt man in vielen Städten nicht 
An der Gehaltsskala des voll besoldeten städtischen Tierarztes 
sieht man, welchen Rang er unter den anderen städtischen Be¬ 
amten einnimmt. Die Gehaltsskala muß unter allen Umständen 
höher sein als die derjenigen städtischen Beamten derselben 
Stadt, die sonst allgemein beim Staat und in anderen Städteu 
zu den Mittelbeamten gerechnet werden; z. B. Obersekretäre, 
Rendanten, Polizeiinspektoren usw., denn ohne Zweifel richtet 
sich bei einem voll besoldeten Staats- und städtischen Beamten 
das Gehalt nach dem Rang und umgekehrt der Rang nach dem 
Gehalt. 

Für einen vollbesoldeten, den Schlachthof leitenden Tierarzt 
in einer Mittelstadt dürfte, wenn man die Besoldung anderer 
akademischer, städtischer Beamten und die der städtischen 
Mittelbeamten in Berücksichtigung zieht, ein Anfangsgehalt von 
4500 Mark und ein Endgehalt von 6500 Mark, Steigerung jähr¬ 
lich 100 bis 150 Mark neben freier Dienstwohnung ein ange¬ 
messenes sein. 

Ein solches Gehalt würde dann in der Regel immer noch 
um etwa 1000 Mark hinter dem Anfangs- und Endgehalt anderer 
städtischer Oberbeamten—städtischer Bauinspektoren, Assessoren, 
usw. — Zurückbleiben und etwa um 1000 Mark dem Anfangs¬ 
und Endgehalt der ersten städtischen Mittelbeamten voraus sein; 
wenigstens sind diese Verhältnisse so in den Industriestädten 
Westfalens. 

i Auch müßten die Reisekosten und Tagegelder bei Dienst¬ 
reisen schon des Ansehens wegen die der Oberbeamten und 
nicht die der Mittelbeamten sein, wenn man den Bildungsgang 
des städtischen Tierarztes berücksichtigt, was auch um so 
leichter geschehen kann, da Dienstreisen bei dem städtischen 
Tierarzt zu den größten Seltenheiten gehören. Es kommt vor, 
daß derselbe mehrere Jahre keine einzige Dienstreise macht. 

Was ferner die Pensionsverhältnisse des städtischen Tier¬ 
arztes anbetrifft, so sieht es damit noch ungünstiger aus. Die 
meisten Schlachthoftierärzte kommen erst mit dem 30. bis 
35. Lebensjahre in eine etatsmäßige städtische Stelle. Um sich 
erst genügend im tierärztlichen Fach auszubilden und auf Grund 
dessen eine Schlachthoftierarztstelle aasfüllen zu können, sind 
viele Schlachthoftierärzte erst 5 bis 10 Jahre lang* in der 
Privatpraxis tätig gewesen, was für die Tätigkeit am Schlacht¬ 
hof sehr nützlich ist. Diese Jahre werden aber bei der Pen¬ 
sionierung gar nicht angerechnet, trotzdem die Städte doch 
großen Nutzen davon haben, wenn sich die Tierärzte erst ge¬ 
nügend Erfahrung im tierärztlichen Fach gesammelt haben. 
Dieser Übelstand ist sehr zu beklagen. Die städtischen Tier¬ 
ärzte kommen auf diese Weise um 5 bis 10 Jahre den anderen 
städtischen Beamten gegenüber im Dienstalter zu kurz. 

Bei den Juristen z. B., welche bei den Städten angestellt 
sind, zählen schon die Referendarjahre bei der Pensionierung 
mit, bei den Bureaubeamten die Assistentenjahre, gleichgültig, 
wo die Betreffenden in diesen Jahren tätig gewesen sind. Bei 
den meisten städtischen Beamten zählt das 22. bis 25. Lebens¬ 
jahr schon als erstes Dienstjahr. Diese Beamten erreichen mit 
Leichtigkeit drei Viertel des Gehaltes als Pension, während der 


städtische Tierarzt bei der späten Anstellung und bei der frühen 
Invalidität, die bei dem aufreibenden und ungesunden Schlacht - 
hofdienste in sicherer Aussicht steht, in der Regel kaum einhalb 
bis ein Drittel des Gehalts als Pension erreichen wird. Ist nnü 
das Gehalt ein unangemessenes, so fällt die Pension und bei 
Todesfall die Reliktenversorgung noch viel ungünstiger ans. 

Es ist daher dringend nötig, daß das Gehalt ein ange¬ 
messenes wird und daß wegen der späten Anstellung namentlich 
auch das Anfangsgehalt nicht zu niedrig ist. 

Bekanntlich gibt es nun auch noch verschiedene andere er¬ 
hebliche Übelstände in der Stellung der städtischen Tierärzte, 
die ich heute nicht weiter erwähnen will, da die Gehalts- und 
Rangfrage zurzeit die wichtigste ist. 

Wie sollen wir nun diese ungünstigen Besoldungsverhält¬ 
nisse, welche für die städtischen Tierärzte fast überall noch 
bestehen, beseitigen ? 

Erfreulicherweise ist in den letzten zwei Jahren von den 
Schlachthoftier&rzten schon vieles getan, um hierin Wandel zu 
schaffen. Ein kleiner Fortschritt ist in einzelnen Städten auch 
schon zu bemerken. In den meisten Städten ist aber bis heute 
noch wenig oder gar nichts erreicht. Der Verein preußischer 
Schlachthoftierärzte hat eine Denkschrift an den Herrn Land¬ 
wirtschaftsminister und die Königlichen Regierungen gesandt, 
worin auch auf die schlechte Besoldung der Schlachthoftierärzte 
hingewiesen ist. Dieses Rundschreiben scheint von den hohen 
Behörden durchweg gut aufgenommen und die darin vorge¬ 
tragenen Wünsche als berechtigt anerkannt zu sein. 

Ferner sind ähnliche Rundschreiben den königlichen 
Regierungen und den städtischen Verwaltungen von dem west¬ 
fälischen, rheinischen und schlesischen Schlachthoftierärzteverein 
zugegangen. 

Vom Verein aus kann daher meiner Ansicht nach nichts 
wieder augenblicklich nach dieser Richtung hin unternommen 
werden. Jetzt ist die Reihe an jedem einzelnen Kollegen in 
seiner Stadt danach zu streben, daß das, was in dem Rund¬ 
schreiben gewünscht wird und zur Kenntnis der Behörden 
gebracht ist, in die Wirklichkeit umgesetzt wird. Ohne Anträge 
und ohne Anregrungen des einzelnen Kollegen in seiner Stadt 
werden die Rundschreiben allmählich wieder in Vergessenheit 
geraten. 

Es war hohe Zeit, daß die städtischen Verwaltungen darauf 
aufmerksam gemacht wurden, daß die jetzigen Besoldungs- und 
Rangverhältnisse der städtischen Tierärzte in Rücksicht auf ihren 
Bildungsgang, ihre amtliche Tätigkeit und ihr Verhältnis zu den 
anderen städtischen Beamten sehr unwürdige sind. Das Ansehen 
der städtischen Tierärzte hat unter den ungünstigen Besoldungs¬ 
verhältnissen schon sehr gelitten. 

Auf die andern Beamten des Schlachthofs, die Metzger, 
die anderen Staats- und städtischen Beamten und auf die Be¬ 
wohner der Stadt und Umgegend macht es einen sehr schlechten 
Eindruck, wenn die Besoldung des städtischen Tierarztes im 
Vergleich zu den anderen städtischen Beamten so auffallend 
niedrig ist. Bei Gelegenheit von Stadtverordnetenbeschlüssen 
betreffend Besoldungsordnung der städtischen Beamten pflegen 
von Zeit zu Zeit die Gehälter der städtischen Beamten öffentlich 
in den Lokalblättern zu stehen und es kann dann jeder Bewohner 
der Stadt und Umgegend sehen, welche Stelle der städtische 
Tierarzt mit seiner Gehaltsskala unter den anderen städtischen 
Beamten einnimmt. 





308 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Daß andere städtische Oberbeamte, welche um mehrere 
Tausend Mark dem städtischen Tiearzt sowohl im Anfangs- als 
auch Endgehalt voraus sind, tief auf diesen herabsehen müssen, 
ist doch ganz natürlich und ebenso, daß die ersten städtischen 
Mittelbeamten meist mit Elementarschulbildung, Obersekretäre, 
Rendanten usw., die eine gleich hohe oder noch höhere Gehalts¬ 
skala haben, als der Schlachthofdirektor, sich ranglich demselben 
gleich oder noch für mehr halten müssen und auch vom 
Publikum und anderen Beamten dafür gehalten werden, ist 
ebenso leicht erklärlich. Ein solches Mißverhältnis muß für das 
allgemeine Ansehen des Tierarztes ohne Zweifel sehr schädlich 
sein und auch ungünstig auf die amtliche Stellung desselben 
einwirken. Da nun die eine Stadt sich in ihren Einrichtungen, 
besonders was Gehälter betrifft, sich immer nach Nachbarstädten 
zu richten pflegt, so ist jeder Erfolg eines Kollegen in einer 
Stadt immer ein Gewinn für alle anderen, besonders für die 
Nachbarstädte. Es wäre daher zweckmäßig, wenn Kollegen, 
welche einen Erfolg erzielt haben, das alsbald in einer tier¬ 
ärztlichen Fachzeitung mitteilen oder doch wenigstens dem 
Vereinsvorstand anzeigen wollten, damit die Tierärzte in anderen 
Städten Kenntnis davon erhalten und diesen Fortschritt bei 
eventuellen Anträgen verwerten können. Die großen Städte 
Westfalens dienen den anderen westfälischen Städten in der 
Regel als Beispiel und wäre es daher von großem Vorteil, wenn 
in diesem möglichst bald die für einen Tierarzt angemessenen 
Rang- und Gehaltsverhältnisse geschaffen würden. So lange 
dort noch nichts Befriedigendes erreicht ist, haben die Tierärzte 
in den Mittelstädten auch wenig Aussicht. Bei der Regelung 
ist meiner Ansicht nach das Hauptgewicht darauf zu legen, daß 
der vollbesoldete städtische Tierarzt mit seiner Gehaltsskala 
unter allen Umständen über die ersten städtischen Mittelbeamten: 
Rendanten, Polizeiinspektoren, Obersekretäre usw. kommt und 
nicht zu weit von anderen städtischen Oberbeamten derselben Stadt. 

In der Hoffnung, daß die städtischen Tierärzte aus den 
ungünstigen und unangemessenen BesolduUgsverhältnissen heraus¬ 
kommen, schließe ich meinen Vortrag. 

Bericht Aber die VII« Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907. 

Fortsetzung aus Nr. 16, Seite 291—294. 

Lage und Bestrebungen der Privattierflrzte. (Fortsetzung.) 

Die maßvollen Ausführungen des Referenten (Prof. Peter) 
fanden allgemeine Zustimmung. Die empfohlene Resolution 
wurde einstimmig zum Beschluß erhoben. 

Hierauf erhielt unter allgemeiner Spannung der Vertreter 
der Privattierärzte, Herr Arnous-Berlin, das Wort. 
Der Redner sagte etwa folgendes: 

„Zunächst möchte ich meinen besten Dank dafür zum Aus¬ 
druck bringen, daß Ihr verehrlicher Verein meiner Bitte, an 
Ihrer Sitzung als Gast teilnehmen zu dürfen, Gewähr gegeben 
hat und ich danke dem Herrn Vorsitzenden für seine freund¬ 
lichen Worte der Begrüßung, die er so liebenswürdig war, an 
mich zu richten. Daß Sie, meine geehrten Herren, mich als 
den Vorsitzenden des Verbandes der Privattierärzte in Preußen 
mit einer Einladung zu Ihrer Sitzung beehrt haben, wird auch 
in dem Verbände, dem ich angehöre, nicht ohne günstige 
Wirkung auf die Beruhigung der leider zu erregten Gemüter 
bleiben. Es ist wirklich für unsern ganzen Stand sehr zu be¬ 


klagen, daß von beiden Seiten so heftige Worte gefallen sind, 
das liegt aber einzig und allein daran, daß es eben nicht allen, 
denen das Wohl und Wehe unserer Sache am Herzen liegt, 
glückt, sich rede- und federgewandt zu äußern. Viele der nun 
schon fast zum Stichwort gewordenen Redewendungen, wie z. B. 
„der gefährdete Stand“, sind eben gar nicht so böse gemeint, 
wie es im ersten Augenblicke scheint. Meine Herren! Lassen 
wir nun endlich die Streitaxt ruhen, seien wir eingedenk, daß 
wir alle einem geachteten Stande angehören und daß wir nur 
durch festen Zusammenschluß Ersprießliches für uns und für die 
Allgemeinheit erreichen können. Wenn ein Unbeteiligter unsere 
Preßfehden verfolgt, so muß er unwillkürlich zu der Auffassung 
kommen, daß der beamtete Tierarzt etwas ganz anderes als 
ein praktischer Tierarzt, daß er aus anderen Bornen Wissen¬ 
schaft geschöpft habe, die dem Praktiker verschlossen blieben. 
Wir sind alle Tierärzte, nur gemeinsame Arbeit kann uns 
vorwärts bringen. Es ist auch nicht etwa bei den Privat¬ 
tierärzten ein Mißgönnen den beamteten Tierärzten gegenüber 
die Veranlassung zu allen Differenzen gewesen, auch nicht die 
Sorge um den Erwerb allein, darüber werden ja Klagen in 
jedem Stande laut, das ist alles nicht der treibende Punkt bei 
der ganzen Bewegung, sondern das Gefühl, daß der Privat¬ 
tierarzt in seinem Ansehen herabgedrückt wird, wenn immer 
mehr und mehr bei allen möglichen Anlässen der beamtete 
Tierarzt zugezogen wird — nicht durch Schuld des Betreffenden, 
sondern durch einen gewissen Akt der Gewöhnung. Das muß 
im Publikum falsche Vorstellungen erwecken, und darunter leidet 
das Ansehen des ganzen Standes und des Praktikers ganz be¬ 
sonders. Wir wollen den beamteten Tierärzten absolut nicht 
das nehmen, was sie besitzen, wir möchten nur, daß die be¬ 
amteten Herren Kollegen unsere Interessen an maßgebender 
Stelle nachdrücklicher vertreten wie bisher. Es soll nicht bei 
jeder Gelegenheit für den Beamten das reserviert werden, was 
eben so gut von einem Privattierarzt besorgt werden kann. 
Der Hauptzweck aller unserer Bestrebungen muß eben dahin 
gerichtet sein, daß der beamtete und der Privattierarzt seine 
durch fachwissenschaftliches Studium erworbenen Kenntnisse 
nach bestem Wissen zu Nutz und Frommen der Allgemeinheit 
anwendet, dann kann der Erfolg nicht ausbleiben. Und nur, 
wenn wir geschlossen Schulter an Schulter marschieren, werden 
wir eine weitere Hebung unseres Standes erreichen, so daß wir 
unseren schweren Beruf freudigen Herzens ausüben können.“ 

Diese versöhnliche Erwiderung, die sich harmonisch der ge¬ 
faßten Resolution anschloß, fand den ungeteilten Beifall der 
Versammlung, den der Referent in warmen, entgegenkommenden 
Worten Ausdruck verlieh. 

ßesohfiftliohes. 

Dieser übernahm nun wiederum den Vorsitz und bat den 
Vereinskassierer, Veterinärrat Ziegenbein-Oschersleben, um 
Erstattung des Kassenberichts, der folgendes ergab: 


1. Einnahme bis zum 27. November 1907 . . 3311,26 M. 

2. Ausgaben für Vereinszwecke. 1326,54 „ 

mithin Bestand 1984,72 M. 
Dieser setzt sich zusammen aus: 

1. Habelschwerdter Sparkasseneinlage . . . 1525,34 M. 

2. Oscherslebener Sparkassenannahme . . . 400,00 „ 

3. Barbestand. 59,38 „ 

zusammen 1984,72 M. 


Hierzu kommen noch die Zinsen aus Habelschwerdt für 1907 
und gegen 350 Mitgliederbeiträge für 1907, so daß die 





23. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


309 


finanziellen Verhältnisse des Vereins als gute bezeichnet werden 
können. 

Die Kassenrevision wurde von den Herren Fisch und 
Vollmer vorgenommen, alles in bester Ordnung und Richtigkeit 
befunden und daraufhin dem Hexrn Kassierer mit herzlichem 
Dank für die große Mühewaltung und seine tadellose Buch¬ 
führung die Entlastung erteilt. 

Dann gab der Vorsitzende bekannt, daß das Vereinsmitglied, 
Herr Kreistierarzt Veterinärrat Roskowski zu Fraustadt heute 
sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum begehe und daß an 
den Jubilar ein herzliches Glückwunschtelegramm zur Ab¬ 
sendung gelangen solle. (Allgemeine Zustimmung und Beifall.) 
Die anschließende Aufnahme einer Reihe von neuen Mitgliedern 
hatte das erfreuliche Resultat, daß nun der Verein die Kopf¬ 
zahl von 400 besitzt. 

Nach der früher genehmigten Absetzung der Punkte 11 
nnd 12 von der Tagesordnung konnte die Sitzung um 5 Uhr 
nachmittags geschlossen werden. Wenn sonst das Programm 
trotz allen Fleißes nicht ganz erledigt werden konnte, war doch 
das Ziel erreicht, das sich der Vorstand in der Hauptsache 
gesteckt hatte. 

In seinen Schlußworten rühmte der Vorsitzende die Aus¬ 
dauer und das Interesse, die alle Teilnehmer während der Ver¬ 
handlungen bekundet hätten. Es sei für alle Mühen der schönste 
Lohn, konstatieren zu können, daß die Tagung einen so würdigen 
und anziehenden Verlauf genommen habe. Der Dank dafür 
gebühre in erster Linie den Referenten, die der Aufforderung 
des Vorstandes bereitwilligst entsprochen und die mühevolle 
Bearbeitung der Vorträge übernommen hätten. Er fühle sich 
aber auch verpflichtet allen denjenigen zu danken, die sich an 
der Besprechung beteiligt und schließlich allen Mitgliedern, die 
durch ihre Gegenwart zu dem glänzenden Erfolg des Tages 
beigetragen hätten. 

Im Anschluß an das Protokoll der Hauptsitzung soll das 
mündlich nicht erstattete Referat „das praktisch eJahr“ von 
Bischoff, Falkenberg O.-S. angefügt werden (siehe unten). 

Herr Räbiger verzichtete auf Veröffentlichung seines gleich¬ 
falls in der Sitzung unerledigten Referats und Protokolls und 
erklärte sich bereit, über den gleichen Gegenstand in der näch¬ 
sten Hauptversammlung zu referieren. 

Das praktische Jahr. 

Referat von Kreistierarzt Bischoff-Falkenberg. 

Meine Herren! Meine Ausführungen über das praktische 
Jahr sollten im wesentlichen eine Ergänzung des Referates vom 
Herrn Kollegen Peter darstellen. Zu meiner Freude kann ich 
mich kürzer fassen, als ich wollte, da die Herren Referenten 
vor mir schon eine Reihe von Punkten berührt hatten, die auch 
mir zur Besprechung nötig erschienen. So kann ich das Kapitel 
vom „Schwimmen im Golde und übertriebener Selbsteinschätzung“, 
welches fast sämtliche Herren gebührend abweisend kritisiert 
haben, ganz überschlagen. Die gefaßte Resolution und die 
freundlichen, sachlichen Worte des Herrn Vertreters der Privat¬ 
tierärzte lassen nun hoffen, daß dem Zeitungskampf, der ent¬ 
schieden nicht zu unserm Vorteil gewirkt hat, endlich ein Ein¬ 
halt getan wird. Doch glaube ich Dicht, daß wir mit Re¬ 
solutionen allein etwas erreichen. Ich bin der Ansicht, daß 
man die Ursache des Übels aufsuchen und diese gemeinsam be¬ 
kämpfen soll, um so eine langsamere, aber um so sicherere Sa¬ 


nierung dieser ungesunden Verhältnisse zu erreichen. Daß nach 
dieser glücklichen Annäherung der beiden streitenden Parteien 
sofort eine Besserung eintreten wird, dürfte wohl niemand er¬ 
warten, denn zunächst bleiben die bestehenden Verhältnisse und 
Vorbedingungen dieselben: Die sogenannten guten Stellen sind 
besetzt, und bleiben es, und Jahr um Jahr steigt die Zahl der 
approbierten Tierärzte. Zwar werden nach der Einführung der 
Pensionierung der Beamten, der zahlreichen Schlachthoftierärzte, 
diese Kollegen nicht mehr wie bisher als hochbetagte Greise 
in den Sielen sterben und wird so eine etwas raschere Ver¬ 
jüngung eintreten, die aber den Verhältnissen kaum genügen 
dürfte. Denn die jährliche Mehrproduktion an Tierärzten, gegen 
die sich nichts machen läßt, übersteigt reichlich die freiwerden¬ 
den Stellen. Daß mithin der Kampf ums Dasein auch in unserem 
Stande schwerer w'erden muß, ist erklärlich und dem schönen, 
verlockenden Wunsch, bald große Einnahmen zu erzielen und 
dieselben Ansprüche an die Annehmlichkeiten des Lebens zu 
stellen, als Kollegen, die schon jahrzehntelang gekämpft und 
gearbeitet haben, wird keine Organisation, kein System gerecht 
werden können. Ist einerseits der Grund der schwieriger 
I werdenden Verhältnisse in einer allmählich fühlbar werdenden 
Überfüllung unseres Faches zu suchen, so finde ich einen weiteren 
schwer in die Wagschale fallenden Grund vor allem in der weit 
beschwerlicheren und aufreibenderen Ausübung der praktischen 
Tierheilkunde — im Gegensatz zur Beamtentätigkeit und Fleisch¬ 
beschau — ferner in der Scheu vor der Aufnahme des Kon¬ 
kurrenzkampfes und der hieraus resultierenden Landflucht nach 
den großen Städten. 

Der Ergründung des „Warum“ dieser gerade für den tier¬ 
ärztlichen Beruf befremdlichen und bedenklichen Erscheinung 
und deren Bekämpfung sollen meine weiteren Ausführungen 
dienen. 

Bei dieser Gelegenheit muß nun aufs neue nachdrücklich 
betont werden, daß die praktische Tierheilkunde das Rückgrat 
der gesamten tierärztlichen Wissenschaft sein und bleiben muß, 
wenn wir nicht verlieren wollen, und daß die Vertreter dieser 
Richtung gerade die Pfeiler des tierärztlichen Standes sind. 

Was würde der Landwirtschaft, von der ja alle drei Gruppen 
der Tierärzte leben, ein hervorragend in der Veterinärpolizei, 
pathologischen Anatomie, Bakteriologie und Fleischbeschau ge¬ 
bildeter Tierarzt nützen, der keine Geburtshilfe leisten, keinen 
Uterus reponieren, nicht operieren, und keine sichere Diagnose 
intra yitam stellen kann?! 

Der Landwirt verlangt mit vollem Recht Tierärzte, die in 
jeder Hinsicht praktisch ausgebildet sind, zu fassen, und seinem 
erkrankten Tierbestand Hilfe bringen können. Vor dem be¬ 
amteten und die Fleischbeschau ausübenden Tierarzt hat er gewiß 
alle Hochachtung. Man kann es ihm aber nicht verargen, wenn 
er diesen Kollegen lieber gehen wie kommen sieht, da es sich 
hierbei um Durchführung gesetzlicher Maßregeln, damit ver¬ 
bundener Einschränkung 'der Bewegungsfreiheit usw. handelt, 
die von dem Betroffenen meist als drückend und lästig empfunden 
werden. 

Eine Landwirtschaft, die leistungsfähig ist, deren Viehstapel 
der Erhaltung wert sind, ist die Grundlage, auf der unser Beruf 
basiert. Sorgen wir daher vor allem dafür, daß die Landwirt¬ 
schaft volles Vertrauen zu unseren praktischen Leistungen hat 
und daß sie die überhandnehmende Kurpfuscherei an den Nagel 
! hängt, dann wird sich für uns alles zum besten wenden. 



310 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Es muß doch zu denken geben, daß die Landwirtschaft, an 
ihrer Spitze die Kammern, nach Geburtshelfern und anderen 
Surrogaten für Tierärzte rufen! 

Glauben Sie, daß das nur aus Verbilligungsrücksichten oder 
wegen Mangel an Tierärzten geschieht? Ich nicht, und die 
Herren, die junge Vertreter gehabt haben, gewiß auch nicht. 

Die minimale praktische Ausbildung, die der junge 
approbierte Tierarzt aus der Studienzeit mit ins praktische 
Leben hinübernimmt, ist ein Hauptmoment für die Abnahme der 
Lust und Liebe zur Ausübung der praktischen Tierheilkunde. 
Der junge Anfänger kennt das meiste nur aus Büchern, ist in 
der Rindvieh- und Schweinepraxis fast jeder praktischen Übung 
bar, er ist daher zaghaft und unentschlossen, kurzum, er ist 
dem Konkurrenzkampf nicht gewachsen. Und da in demselben 
heute auf keine Schonung mehr zu rechnen ist — denn die 
Kollegialität wächst bei den Ärzten und Tierärzten sprich¬ 
wörtlich im Quadrat der Entfernung — so muß der unerfahrene 
junge Kollege ohne jede praktische Schulung im Konkurrenz¬ 
kampf unterliegen. 

War das früher auch so? Mehr oder weniger ja. Aber 
Kammern, Tages- und Fachzeitungen beschäftigten sich noch 
nicht so eingehend mit den tierärztlichen Fragen und die Fort¬ 
schritte der Wissenschaft, die sich in den letzten Dezennien 
überstürzten, hatten ein langsameres Tempo. Auch war die 
Besetzung des Landes mit Tierärzten eine dünnere, die Werte 
der zu behandelnden Objekte noch geringere, so daß man über 
die Klippe des Anfanges, des „Sicheinarbeitens“ leichter hin¬ 
wegkam. 

Heute ist das ganz anders! Tierärzte in Menge, ständiges 
Steigen der Werte, überall Belehrung und Unterricht in tier¬ 
ärztlichen Dingen, durch die Presse, Kammern, Winterschulen usw. 
Der gut orientierte Landwirt verlangt sofort eine tüchtige Kraft 
und läßt alles andere ihm nicht sogleich Genügende beiseite liegen. 

Es muß daher der junge Kollege, wenn er heute in die 
Praxis tritt, auf jedem Gebiet, besonders dem kurativen, gründ¬ 
lich bewandert und praktisch geschult sein, wenn er draußen 
seinen Mann stehen soll. 

Und hier liegt vieles im Argen. 

Unsere tierärztlichen Hochschulen, deren wissenschaftliche | 
Leistungen höchst anerkennenswerte sind und deren Ruf weit 
über die Grenzen des Vaterlandes hinaus geht, geben jedem 
Jünger der Veterinärmedizin ein überreiches Maß von Wissen¬ 
schaft mit auf seinen weiteren Weg. Uud hierauf können wir 
stolz sein und blicken dankerfüllt auf unsere Alma mater. 

Das, was sie aber nur im minderen Maße oder gar nicht 
mitgeben oder nur in einzelnen Zweigen, was sie vielleicht zur¬ 
zeit auch nicht mitgeben können, das ist die praktische Be¬ 
tätigung dessen, was sie lehren, die praktische Schulung eines 
jeden einzelnen. 

Hier ist nicht der Platz dazu, und ich fühle mich auch 
nicht dazu berufen, darüber zu polemisieren, welche Hochschule 
mehr für die praktische Ausbildung sorgt und ob diese Frage 
auf die Frequenz der Hochschulen von Einfluß ist. 

So viel steht aber fest und lehrt täglich die Erfahrung 
draußen, daß wir das praktische Jahr oder sonst ein Über- 
gangsstadium zwischen Studienzeit und Praxis, wie es die 
Mediziner auch notgedrungen einführen mußten, mehr bedürfen 
denn je. Es ließe sich hierfür eine große Zahl krasser Bei¬ 
spiele anführen. 


Nur wenn wir die praktische Seite unseres Berufs mehr 
zur Geltung kommen lassen - sei es während der Studienzeit 
oder nach vollendetem Staatsexamen — ist ein heilsamer Fort¬ 
schritt auch hach der gewinnbringenden Seite, die doch schließlich 
als die lebenserhaltende die ausschlaggebende ist, zu erwarten. 

Hier sind die Wege geboten, um dieses Ziel zu erreichen. 

1. Die Schaffung einer besonderen Professur für die Schulung 
auf praktischem Gebiete durch einen anerkannten, draußen groß 
gewordenen Praktiker. Seine Stellung müßte die denkbar freieste 
sein, nicht verknüpft und eingeengt durch andere Materien. 
Eigene Lust und Liebe zur Landpraxis müßte er besitzen, um 
sie auf die Jugend überzuimpfen. 

2. Die Einführung eines praktischen Semesters oder Jahres. 

a) Unter Überweisung an ausgewählte, anerkannte Land¬ 
praktiker oder auf dem Lande praktizierende Beamte bzw. Schlacht¬ 
hofleiter (Dezentralisation); 

b) unter Überweisung an ein auf dem platten Lande zu 
errichtendes Institut unter gleicher Leitung (Zentralisierung). 

Diese beiden Formen, von denen das der Dezentralisation 
bei richtig getroffener Auswahl entschieden den Vorzug ver¬ 
dient, denn nicht in einem Institut, sondern auf dem platten 
Lande beim Landpraktiker, lernt man Landpraxis, während die 
Zentralisation mit Internat und Massenbetrieb eben aus diesem 
Grunde sich weniger empfiehlt, setzen aber größere Kosten für 
den Staat und für die Eltern der Studierenden voraus. 

Es ist daher zurzeit wenig Aussicht vorhanden, etwas Der¬ 
artiges zu erreichen. Denn nach Einführung der Maturitas 
will man nicht schon wieder neue Anforderungen stellen. Und 
doch will mir eine derartige Belastung des Staatssäckels und 
des elterlichen Geldbeutels billiger erscheinen, wie ein beständiger 
Wechsel der Anfangsstellung, eine Irritierung des Publikunis, 
eine verunglückte Karriere, die enttäuscht, verbittert und — 
abschreckt. 

Sollte, wie vorauszusehen, auf diesen Wegen nichts zu 
erreichen sein, dann müßten wir an dritter Stelle noch einmal 
an den allbewährten Korpsgeist der deutschen Tierärzte 
appellieren, der bisher nie versagt hat. 

Denn ich kann es mir nicht denken, daß sich nicht tüchtige 
| Privatpraktiker oder praktizierende Beamte und Schlachthofleiter 
finden würden, die unentgeltlich junge Kollegen acht Wochen 
in die Praxis und vier Wochen in die praktische Fleischbeschau 
einführen würden. Ein dürftiger Notbehelf, aber doch etwas! — 
Hierbei wäre vorauszusetzen, daß sich die einzuführenden 
Herren selbst einlogieren, beköstigen, sich den Anordnungen 
des Einführenden willig fügen und die Verpflichtung eingehen, 
sich im Bereiche der Praxis desselben nicht niederzulassen. 

Nur in der Praxis kann man die Praxis lernen. Hier 
könnte der Anfänger mit eigenen Augen sehen, was ihm gelehrt 
worden ist; hier lernt er alle die kleinen Praktiken und Hilfs¬ 
griffe kennen, die die Praxis ohne Laboratorium und Wärter 
benötigt. Hier lernt er den Verkehr mit den Kollegen und dem 
Publikum, die richtige Zeiteinteilung, die Buchführung, das 
Selbstdispensieren, die richtige Ausstattung für eine Landpraxis. 
Vor allem aber lernt er seine eigene Kunst schätzen und lernt 
das eiserne Pflichtgefühl und das Standesbewußtsein kennen, 
das den älteren Kollegen innewohnt und innewohnen muß, wenn 
er es zu etwas bringen will. 

In dieser Zeit würde sich auch jeder bewußt werden, ob 
er sich zur Land- oder Schlachthofpraxis eignet. Denn ich 







23. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


311 


habe viele Herren kennen gelernt, denen eine falsche Wahl 
schweres Geld gekostet hat. 

Den Hochschulleitungen wäre anheimzustellen, eine Auswahl 
unter den sich freiwillig zur Verfügung stellenden Herren zu 
treffen und hei dem Abgänge der jungen Kollegen die freiwillige 
Übernahme einer zunächst nur vierteljährlichen Volontärzeit 
warm zu empfehlen. 

Bei einer derartigen praktischen Ausbildung würde sicher 
eine Gesundung der Verhältnisse eintreten, da durch die prak¬ 
tische Schulung die Abneigung und Scheu vor der Praxis und 
die Furcht vor der Erfolglosigkeit im Konkurrenzkampf für 
den Anfänger überwunden ist. Heben wir die Praxis wieder 
mehr aufs Schild, bei voller Höhe der Wissenschaft, dann 
werden wir nicht nur unserem Nachwuchs und dem ganzen 
Stande, sondern auch der deutschen Landwirtschaft, auf der wir 
fußen, unendlichen Nutzen bringen. 

Noch ist es Zeit! Lassen wir erst einmal die Pioniere des 
Kurpfuschertums in unsere, von unserem Ministerium in hoch 
anzuerkennender Weise stets gehaltene Position Bresche legen, 
dann vae victis. 

Lassen Sie mich daher meine Resolution, die ich Ihnen 
zur Annahme empfehle, ganz kurz dahin zusammenfassen: 

Die Einführung des praktischen Jahres oder eines vor¬ 
läufigen anderen Übergangsstadiums zwischen Studium und 
Praxis ist zur Förderung der Ausübung der praktischen Tier¬ 
heilkunde und zur erfolgreichen Bekämpfung des Kurpfuschertums 
dringend geboten. (Schluß folgt.) 

Erleichterung de« Eintritte« der Militärveterinäraspiranten. 

Die Militärveterinäraspiranten hatten bisher grundsätzlich 
am 1. Oktober einzutreten. Sie können sich dabei den Truppen¬ 
teil wählen. Unter besonderen Umständen darf der Zeitpunkt 
des Eintrittes bis zu 14 Tagen überschritten werden. Nunmehr 
ist bestimmt, daß Bewerber, welche die Reifeprüfung im Früh¬ 
jahr abgelegt haben, auch in der Zeit vom 1. bis 14. April des¬ 
selben Jahres eingestellt werden können. Der Eintritt darf 
nur als Einjährigfreiwilliger erfolgen, und zwar bei einem 
Truppenteil, der von der Inspektion des Militärveterinärwesens 
auf ein entsprechendes Gesuch an diese bezeichnet wird. Die 
Kommandierung zur Lehrschmiede in Berlin und die Übernahme 
zur Akademie wird künftig halbjährlich erfolgen. In dieser Ab¬ 
änderung liegt eine wesentliche Verbesserung der Eintritts¬ 
bedingungen, die mit Freuden zu begrüßen ist. 

Verband der Privattierärzte in Preußen. 

Die seinerzeit für den 26. April 1908 festgesetzte General¬ 
versammlung ist auf einen späteren, noch bekannt zu gebenden 
Termin verlegt worden. J. B. Arnous. 

Genossenschaftliches. 


Der Stand und Umsatz der Wirtschaftsgenossenschaft deutscher 
Tierärzte, E. G. m. b. H. zu Posen, gestaltete sich im ersten Viertel¬ 
jahr 1908 gegenüber dem in 1907 wie folgt: 


Monat 

Zahl der 
Mitglieder 

Zahl der 
Warenausgänge 

1907 | 1908 

Wert der 
Warenausgänge 

1907 

1908 

1907 i 1908 

Januar . . 

340 

443 

369 

526 

10 444,78! 11 527,24 

Februar . . 

347 

448 

421 

, 517 

10 321,20i 15 927,36 

März . . . 

355 

457 

534 

| 571 

15 554,52 116 893,79 

Im ganzen . 

355 1 

457 

1324 

1614 

36 320,50 | 44 348,39 


Marks-Posen. 


Verein Rheinischer Tierärzte. 

Frühjahrsversammlung am Sonnabend, den 2. Mai d. J., 
vormittags 11 Uhr, im Restaurant des „Zoologischen Gartens“ 
liierselbst. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen • 

2. Vereinsangclegenhciten: Aufnahme neuer Mitglieder, Neuwahl 
des Schriftführers, Neuwahl des Vorstandes der Schell- 
stiftung u. a. m. 

3. Vortrag des Polizciticrarztes Dr Peters über: „Die kon- 
junktivale Tuberkulinreaktion bei Rindern“. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Um 2 Uhr gemeinsames Mittagessen. 

Köln, den 11. April 1908. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Lothes. 

Frfihjahr8ver8ammlung des Vereins der Tierärzte im Reg.-Bez. Düsseldorf 

am Sonntag, den 3. Mai, mittags 12 Uhr, im Hotel Heck 
zu Düsseldorf, Blumenstraße. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

3. Bericht der Kommission über den eventuellen Abschluß mit 
einer Haftpflichtversicherung. 

4. Bericht der Kommission betreffend Aufstellung einer neuen 
Gebührenordnung im Regierungsbezirk Düsseldorf. 

5. „Milchgewinnung“, Vortrag des Herrn Dr. Bettendorf. 

6. Mitteilungen aus der Praxis. 

In Anbetracht der Wichtigkeit der Tagesordnung, namentlich 
des Punktes 5, bittet der Vorstand um recht zahlreichen Besuch. 
Nach Schluß der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen, zu 
welchem die Damen der Kollegen recht freundlichst eingeladen sind. 

I. A.: Bettelhaeuser, Schriftführer. 

80. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Köln 1908. 

Die 80. Naturforscherversammlung findet, wie bereits in voriger 
Nummer mitgeteilt werden ist, in diesem Jahre in der Zeit vom 
20. bis 26. September in Köln statt. Vorsitzende sind Professor 
Dr. Tielmann und der Stadtverordnete Chemiker Theodor Kyll. 
Die allgemeinen Sitzungen werden auf Montag und Freitag den 21. 
und 26. anberaumt. Vorträge werden dabei halten Professor Heim- 
Zürich über Deckenbau der Alpen, Major v. Parsefal-Berlin über 
Motorballons, Professor Stadler-München über Albertus Magnus 
als Naturforscher, Professor Hassert-Köln und Professor Rubner- 
Berlin. Donnerstag den 24. findet eine Gesamtsitzung der beiden 
wissenschaftlichen Hauptgruppen statt, wobei Professor Wiener- 
Leipzig und Professor Doflein-München über Trypanosomen 
sprechen werden. Die Abteilungssitzungen sollen am 21. nachmittags 
und am 22. und 23. vor- und nachmittags stattfinden. 

In der 31. Abteilung (praktische Veterinärmedizin) sind Ein¬ 
führende Veterinärrat Dr Lothes, Schlachthofdirektor Kühn au 
und Tierarzt Nehrhaupt; Schriftführer Kreistierazt Frank, Tier¬ 
ärzte Heyden und Dr. Rusche. Dr. Lothes (Käsenstr. 8) bittet, 
Vorträge und Demonstrationen bis zum 10. Mai bei ihm anmelden 
zu wollen; bei späterer Anmeldung kann eine Gewähr, daß der 
Redner zum Wort kommt, nicht mehr übernommen werden. Ganz 
besonders dankbar w äre man für Vorträge über Gegenstände, welche 
sich zur Besprechung in kombinierten Sitzungen verwandter Ab¬ 
teilungen eignen. 

Von der Universität Freiburg i. B. 

Verzeichnis der Vorlesungen und Übungen des Vorbereitungs¬ 
kurses für den staatstierärztlichen Dienst, welcher im Sommer¬ 
semester 1908 am tierhygienischen Institut der Universität Freiburg 
abgehalten wird. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Schottenus: Desinfektionspraxis, ein- 
stündig; Donnerstag von 10—11 Uhr. 

Prof. Dr. Schlegel: Seuchenlehre, dreistündig; Montag und 
Mittwoch von 3—4 Uhr, Samstag von 9—10 Uhr; Demonstrationen 
und Übungen in der Feststellung von Seuchenfällen, zweistündig; 
Donnerstag von 2—4 Uhr; Übungen in der Abfassung von Gut¬ 
achten und Berichten, einstündig; Samstag von 10—11 Uhr; Kurs 
der Bakteriologie, fünfstündig; Mittwoch und Freitag von 9 bis 






312 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


11 1 /, Uhr; Technik der diagnostischen, sowie der Schutz- und 
Heilimpfungen, einsttindig; Montag von 9—10 Uhr: Animalische 
Nahrungsmittelkunde, zweistündig; Dienstag von 10—11 Uhr und 
Donnerstag von 9—10 Uhr. 

Amtmann Dr Klotz: Veterinärpolizeiliche Verweltungskunde 
und Veterinärgesetzgebung, zweistündig; Montag und Donnerstag 
von 5—6 Uhr. 

Zuchtinspektor Hink: Staatliche und genossenschaftliche Ein¬ 
richtungen zur Förderung der Tierzucht, einstündig; Montag von 
10—11 Uhr; Gesundheitspflege der Haustiere, einstündig; Mittwoch 
von 4—5 Uhr. 

Bezirkstierarzt Schuemacher: Anleitung und Übung in der 
Beurteilung der Zucht- und Nutztiere, einsttindig; Montag von 8 
bis 9 Uhr. 

Schlachthausyerw'alter Motz: Praktische Anleitung zur Aus¬ 
übung der Fleischbeschau, zweistündig; Dienstag von 3-4 Uhr und 
Freitag von 2—3 Uhr. 

Ökonomierat A. Schmid: Enzyklopädie der Landwirtschaft, 
zweistündig; Dienstag von 9—10 Uhr und Mittwoch vou 8—9 Uhr. 

Fakultative Hilfsdisziplinen: Hygiene, zweistündig; Montag und 
Freitag von 4—5 Uhr; Allgemeine Pathologie, fünfstündig; Montag 
bis Freitag von 11—12 Uhr, Mittwoch von 12—1 Uhr. 

Das Sommersemester beginnt am 1. Mai und schließt am 
31. Juli 1908. 

Die Vorlesungen und Übungen finden im neuen tierhygienischen 
Institut, Bismarckstraße 26, statt und werden zu denselben auch 
Ausländer (Nichtbadener) zugelassen. 

Auch ein Standesheber? 

Aus Gönnern a Saale wurde mir folgende Annonce übersandt: 

Habe mich in Gönnern als praktischer Tierarzt 
niedergelassen. 

Vorläufige Wohnung Poststr. 7, Tel.-Nr. 16. 

Emil Honigmann, approb. Tierarzt. 

Das wäre nichts Besonderes, wenn das Haus Poststr. 7 nicht 
von einem gewissen Schlenstedt bewohnt w’ttrde und die Tel.- 
Nr. 16 nicht auch die seinige wäre. Dieser Schlenstedt, der die 
Tierheilkunde seit Jahren ausübt, ohne jemals die Approbation er¬ 
worben zu haben, in unserem Sinne also Kurpfuscher ist, ist der¬ 
selbe, der es schon fertig gebracht hat, einen Tierarzt als Assistenten 
zu engagieren, ohne ihm mitzuteilen, daß er selbst nicht Tierarzt 
sei, und gegen den der Vorstand des Vereins für den Regierungsbezirk 
Merseburg schon einmal eine Warnung in der B. T.W. veröffentlichte. 

Der erst in letzter Zeit approbierte Tierarzt Herr Emil Honig¬ 
mann aus Alsleben a. S., dem dies alles und noch manches andere 
nicht unbekannt sein kann, da er schon früher vielfach mit Schlen¬ 
stedt verkehrte und auch schon vor Erlangung der Approbation 
die Absicht hatte, sich mit Schlenstedt zur Ausübung der Praxis 
zusammen zu tun, hat nun keinen Anstand genommen, bei diesem 
Wohnung zu nehmen, dessen Telephon als das seinige zu betrachten 
und dies auch zu veröffentlichen. 

Herr Honigraann hat zw\ar seine Niederlassung in Gönnern 
als praktischer Tierarzt vorschriftsmäßig angezeigt, wie weit seine 
Gemeinschaft mit Schlenstedt aber geht, ergibt sich aus folgendem: 

1. Der Schw’eine-Versicherungsverein in Gönnern hatte die 
Impfung der versicherten Schweine gegen Rotlauf dem Schlen¬ 
stedt übertragen. Dieser durfte sie nach einer für den Regierungs¬ 
bezirk Merseburg erlassenen landespolizeilichen Anordnung nicht 
vornehmen, sie wurde daher von dem Tierarzt Honigmann und 
zwar mit dem Kutscher des Schlenstedt zusammen ausgeführt. 

2. Der Tierarzt Honigmann benutzt das Fuhrwerk des Schlen¬ 
stedt; er fährt und geht mit diesem zusammen zur Praxis. 

3. Der Tierarzt Honigmann besucht mit Schlenstedt öffent¬ 
liche Lokale und wird von ihm als sein Assistent bzw. Vertreter 
vorgestellt! 

Kommentar überflüssig! 

Der Vorsitzende des tierärztlichen Vereins 
für den Regierungsbezirk Merseburg. 

Dr. Fel i sch-Merseburg. 


I Anmerkung. 

I Ich habe, meinem allgemeinen Grundsatz folgend den obigen 
Artikel des Herrn Departementstierarztes Veterinärrats Dr. Felisch 
aufgenommen, obwohl derselbe einen Angriff auf einen Kollegen 
enthält, dem ich in dieser Form und Schärfe nicht beitreten kann. 
Der Umstand, daß dieser Kollege erst vor kurzer Zeit die Tier¬ 
ärztliche Hochschule zu Berlin verlassen hat, und daß er mir hier als 
ein honoriger und besonders tüchtiger Student erschienen ist, gibt 
mir Veranlassung, den Lesern der B. T. W. auch die ganz eigen¬ 
artigen Umstände dieses Falles mitzuteilen, da zur eigenen Be¬ 
urteilung desselben die Kenntnis jener Umstände meiner Ansicht 
nach denn doch unerläßlich ist. 

Der von Herrn Dr. Felisch benannte Herr Schlenstedt 
betreibt zu Gönnern eine umfangreiche Praxis, ohne die tierärztliche 
Approbation erworben zu haben. Trotzdem kann das Wort „Pfuscher“ 
auf ihn schlechtweg nicht angewandt werden, weil er tatsächlich 
Tiermedizin studiert hat. Er hat zu Berlin und, wenn ich nicht 
irre, auch zu Stuttgart den vorgeschriebenen Studiengang voll¬ 
ständig durcbgemaCht, ist in das Staatsexamen eingetreten und hat 
lediglich die Schlußprüfung nicht bestanden; er hat dann leider 
infolge widriger Familienverhältnisse die Beendigung des Examens 
unterlassen. Er ist bei dem Korps Salingia aktiv gewesen, und 
obwohl ihm selbstverständlich die Würde eines A. H. nicht 
hat zuteil werden können, haben seit jeher Angehörige 
dieser angesehenen Verbindung mit Herrn Schlenstedt 
verkehrt, der sich im bürgerlichen Leben nichts hat zuschulden 
kommen lassen und sich jetzt in einer, dem Vernehmen nach, guten 
Situation befindet. Auch Herr Honigmann ist bei der Salingia 
aktiv gewesen; er stammt außerdem, wenn ich nicht irre, aus der 
nächsten Nachbarschaft des Ortes Cönnern. Dadurch finden seine 
Beziehungen zu Herrn Schlenstedt eine an sich sehr natürliche 
Erklärung. In der Betätigung dieser Beziehungen an sich kann ich 
unter den obwaltenden Umständen noch keine Verletzung der 
Standesehre erblicken. Meiner Ansicht nach wird abzuwarten sein, 
was Herr Tierarzt Honigmann beabsichtigt. Vielleicht will er an 
Stelle des Herrn Schlenstedt treten. Wenn er damit dessen nicht- 
approbierte Tätigkeit beendete, so könnte das ja womöglich noch 
als ein gutes Werk ausgelegt werden. Schmaltz. 


Personalien. 

Auszeichnung : Es wurde verliehen dem Oberveterinär a. D. 
A T <?ttrwcr»m-Wismar das Mecklenburgische Militär -Verdienstkreuz 
II. Klasse «am roten Bande, dem Tierarzt Lfe/tclhäuscr-Duisburg die 
Landwehr-Dienstauszeichnung I. Klasse. 

Ernennungen: Distrikts- und Grenztierarzt Eduard Diem-l&wrg- 
hausen zum Bezirkstierarzt in Dingolfing, die Tierärzte Franz, 
«Sr/m/ir-Herzogenaurach zum Distriktsticrarzt in Bischofsheim [Rhön] 
(Unterfr ) Dr. Albert A/ö/fer-Düsseldorf zum stellvertretenden Distrikts¬ 
tierarzt in Alpirsbach (Württ.), C. Haupt zum städt. Tierarzt am 
Schlachthof I in Gelsenkirchen. — Versetzt: Bezirkstierarzt Emil 
HW/fyärder-Nabburg auf Ansuchen nach Hofheim. — Ruhestands¬ 
versetzung: Bezirkstiorarzt Otto Bc^/wau/i-Vohenstrauß in den 
djiuernden Ruhestand. 

Niederlassungen: Tierarzt Wilhelm Tr aufm arm aus Wimpfen in 
Stühlingen (Baden). — Verzogen: Amtstierarzt Dr. A. bennstctll 
von Dohna i. S. nach Weimar, Hummelstr. 1. 

Approbiert: Die Herren Oskar Banwwsky aus P.akuß, Arthur 
Locire aus Widminnen in Berlin. 

In der Armee: Im Beurlaubtenstande: Abgang: Ober- 
veterinär der Reserve Friedrich Voltx (Landwehr 2. Aufgebots, 
Nürnberg) der Abschied bewilligt. 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 14.) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmalta in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Scboeti in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 







Die „Berliner Herbstliche Wochenschrift* erscheint 
wöchentlich im Verlege tob Richard Schoets in 
Berlin 8W. 48, WUhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe mm Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich QL 4,88 für die Wochenschrift, 12 PI für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 80 Mu, fn Petltsats mfc 
00 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte^ 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
su senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierirst» 
liebe Hochschule. NW., Luisenstrafie 50. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr, Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Departementstlerarxt 

Cöln. 

Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 

Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Departementstierarzt 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Freiburg i. Br. 

Dr. j. Schmidt 

Professor 

Dresden. 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt v. Bayern 

München. 

Wehrte 

Kaiser!. Regienmgsrat 
Berlin. 

ZUndel 

Kreistierarzt 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


tM. 18 . Ausgegeben am 30. April. 


Inhalt: Reinecke: Ein Beitrag zur kutanen und konjunktivalen Tuberkulinreaktion beim Rinde. — Tagesgeschlchte: Die 
Ablehnung der Anerkennung des Schweizer Dr. med. vet in Sachsen. — Bericht über die VII. Hauptversammlung des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens am 29. und 30. November und 1. Dezember 1907 (Schluß). — IX. Internationaler Tierärztlicher 
Kongreß im Haag, 14.—19. September 1909. — Storch: Tierschutz und Tierschutzverein. — Staats veterinär wesen: Wenzel: 
Der infektiöse Scheidenkatarrb und seine Bedeutung für die nassauische Viehzucht — Viehseuchenkommission. — Tierseuchen 
in Deutschland 1906. — Wild- und Rinderseuche. — Maßregel zur Bekämpfung der Geflügelcholera. — Verschiedenes. — 
Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Helfer: Unzulässigkeit des Kürzung der Fleischheschaugehühren durch die 
Gemeinden. — Deutschlands Vieh- und Fleischeinfuhr im Jahre 1907. — Bericht über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
im Königreich Sachsen für das Jahr 1906. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Besprechungen. — Personalien.— 
Vakanzen. * 


(Aus dem Veterinärinstitut der Universität Leipzig.) 

Ein Beitrag zur kutanen und konjunktivalen Tuber¬ 
kulinreaktion beim Rinde. 

Von Obenneterinär Reinecke. 

Obwohl" uns durch die bedeutsame Eptcfeckung R.' Kochs 
ein wirksames diagnostisches Hilfsmittel für die Erkennung der 
Tuberkulose gegeben ist, haben sich in der Humanmedizin die 
diagnostischen Tuberkulininjektionen als zu gefährlich nicht 
einbürgern können. In neuerer Zeit scheint nun, nachdem durch 
von Pirquet eine neue Art der Applikation angegeben ist, 
auch jener hadernde Umstand beseitigt zu sein. 

Das Prinzip der allerneuesten Reaktion, von welcher seit 
etwa zehn Monaten in der medizinischen Literatur die Rede ist, 
und welche nach ihrem Entdecker die von Pirquetsche 
Tuberkulinreaktion benannt ist, basiert auf den klinischen 
Studien des genannten Forschers über „Vaccination und 
vaccinelle Allergie“.*) Er ging von Beobachtungen, die er bei 
der Kuhpockenimpfang gemacht, aus und stellte fest, daß bei 
der ersten Vaccination eine andere Reaktion eintritt als bei der 
Revaccination. Die Ansischt, daß einige Jahre nach der Erst¬ 
impfung vollständige Immunität bestehe, sei nicht ganz richtig, 
und die Reaktionslosigkeit einer in diesem Zeiträume wieder¬ 
holten Impfung werde dadurch vorgetäuscht, daß man ge¬ 
wöhnlich erst nach acht Tagen den Impfbefund revidiere. 
Nehme man aber die Untersuchung bereits in den ersten vier¬ 
undzwanzig Stunden nach der Impfung vor, so finde man bei 
schon früher geimpften Individuen regelmäßig eine schwache 
Reaktion in Gestalt einer kleinen Papel. Es handelt sich hier¬ 
bei sicherlich um eine spezifische Antikörperreaktion. Bei 
Personen, die früher noch nicht geimpft waren r trete diese 
Reaktion hingegen niemals ein. v. Pirquet schließt hieraus, 

*) C. von Pirquet: Klinische Studien über Vaccination und 
vaccinelle Allergie (Franz Deutike. Leipzig-Wien 1907.) 


daß diese ganz regelmäßig auftretende Erscheinung umgekehrt 
darauf schließen lasse, daß bei Eintritt der Frühreaktion der 
Organismus schon einmal geimpft oder mit anderen Worten 
infiziert wurde und darum Antikörper beherberge. 

Dasselbe .was für -die Vaccination gesagt ist, gelte auch 
für die Tuberkulose.*) Der schon einmal infizierte Körper gebe 
auf die Applikation eines kleinen Quantums Tuberkulin ebenfalls 
eine solche Frühreaktion, der gesunde Organismus nicht. Damit 
sei ein Diagnostikum für die Tuberkulose gegeben, das aller¬ 
dings mit dem Alter der Untersuchten immer mehr an Wert 
verliere, da unter Erwachsenen beinahe jeder Mensch einmal 
mit Tuberkulose infiziert worden sei. 

Die Anwendung des Tuberkulins zu dem bezeichneten Zwecke 
ist einfach und ungefährlich. Man bringt einige Tropfen verdünntes 
Tuberkulin (meist wird eine 25prozentige Lösung von Kochschem 
Alttuberkulin benutzt) auf die Haut des Armes und ritzt diese 
dann leicht an, so daß das Tuberkulin eindringen kann. Nach 
ein bis zwei Tagen entsteht bei tuberkulösen Individuen eine 
flache Papel, bisweilen mit Urticaria oder Bläschenbildung. 
Eontrollimpfungen mit einigen Tropfen steriler physiologischer 
Kochsalzlösung oder einer öprozentigen Glyzerin- und 0,1 proz. 
Karbolsäurelösung (entsprechend der Glyzerin-Karbolsäurekon¬ 
zentration der Tuberkulinlösung) ermöglichen es, durch Vergleich 
der etwa auftretenden meist minimalen Wundreaktionen mit der 
spezifischen Reaktion ein einwandfreies Bild zu gewinnen. Die 
zu setzenden Skarifikationen sollen möglichst oberflächlich sein, 
da sonst sich etwa bildende stärkere Blutkrusten die spezifische 
Reaktion verdecken können. 

Autor hat mehrere hundert Impfungen ausgeführt und fest¬ 
gestellt, daß 88 Proz. der geimpften tuberkulösen Kinder positiv 
reagierten, 12 Proz. dagegen nicht. Bei letzteren handelt es 

*) C. v. Pirquet. Über eine neue Methode der Tuberkulose¬ 
diagnose. Berliner medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 
8. Mai 1907. 







314 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


sich um kachektische und miliartuberkulöse Individuen. Bei 
Skrofulöse, Knochen- und Gelenktuberkulose soll die Reaktion 
meist lebhafter sein, desgleichen nach wiederholten Impfungen. 

- Durch eine Reihe von Sektionen ist der Ausfall dieser 
„Allergieprobe“ kontrolliert worden. 

Die Angaben v. Pirquets sind dann von mehreren deut¬ 
schen und französischen Autoren nachgeprttft und bestätigt 
worden. Fehldiagnosen bei dem Vorhandensein anderer Leiden 
konnten beispielsweise in Fällen von skrofulösem Ekzem und 
Keratitis nach Masern beobachtet werden. Bei Erwachsenen 
soll, wie P. Abrami und Et. Burnet*) an einer großen An¬ 
zahl von Fällen konstatierten, die Reaktion unregelmäßig in 
ihrem Auftreten und ihrer Intensität, daher keineswegs zur 
Diagnose der Tuberkulose verwendbar oder den klinischen Hilfs¬ 
mitteln gleich zu erachten sein. Ähnliche Beobachtungen hat 
auch v. Pirquet gemacht. Bei seinen Versuchen reagierten 
Erwachsene und größere Kinder, die frei von Tuberkulose waren. 

Die günstigen Resultate, welche diese neue Methode in 
der Tuberkulosediagnose anscheinend gezeitigt, haben dann zu 
weiteren Experimenten in der Lokalanwendung des Tuberkulins 
geführt Nicht lange nach den Veröffentlichungen v. Pirquets, 
bereits am 15. Mai des vergangenen Jahres, machte Wolff- 
Eisner in der Sitzung der Berliner medizinischen Gesellschaft 
die Mitteilung, daß durch Einträufeln einer lprozentigen 
Tuberkulinlösung in den Lidsack bei tuberkulösen Individuen 
nach 6 bis 24 Stunden eine Reaktion auftritt, die sich in mehr 
oder weniger stärkerer Rötnng der Konjunktivs, in stärkeren 
Graden von Schleim- bzw. Fibrinexsudationen und sogar Auf¬ 
lockerung der Konjunktivs mit starker seröser Durchtränkung 
der Schleimhaut (Chemosis) präsentiert. Dieser Vorgang wurde 
von ihm als „Konjunktlvalreaktion“ bezeichnet. 

Unabhängig hiervon hat der französische Forscher Calmette 
nach Applikation 1 prozentiger Tuberkulinlösung auf die Augen¬ 
schleimhaut dieselben Beobachtungen gemacht und die Methode 
an einer Reihe tuberkulöser sowie gesunder Individuen durch¬ 
geprüft. Von ihm wurde die Bezeichnung „Ophthalmoreaktion“ 
eingeführt. 

Auch diese neue Methode ist von verschiedenen Seiten nach¬ 
geprüft und als brauchbares diagnostisches Hilfsmittel bei 
Tuberkulose empfohlen worden. Weiterhin wird die Unschäd¬ 
lichkeit hervorgehoben. Eine Störung des Allgemeinbefindens 
wurde in keinem Falle beobachtet. 

Diese nur kurz skizzierten Ausführungen über die Ent¬ 
stehung der Kutan- und Ophthalmodiagnose der Tuberkulose 
sowie ihre Anwendung in der Humanmedizin dürften wohl zur 
allgemeinen Orientierung genügen. Die Literatur**) über diese 
neuesten Ergebnisse der Tuberkuloseforschung ist in der kurzen 
Zeit seit der Entdeckung bereits derartig angeschwollen, daß 
eine ausführliche Zusammenstellung den Rahmen dieser Ab¬ 
handlung überschreiten würde. 

Für uns dürften die Verwendung der Reaktionen in der 
Tierheilkunde und die Ergebnisse der an tuberkulösen und 
tuberkulosefreien Tieren vorgenommenen Impfungen von größerem 
Interesse sein. Zuerst sind es französische Forscher gewesen, 
welche kurz nach den Veröffentlichungen v. Pirquets und 

*) Societe de biologie. Sitzung vom 13. und 20. Juli 1907. 

**) Eine ausführliche Abhandlung findet sich in den Beiträgen 
zur Klinik der Tuberkulose. Band IX. Heft 1: Wolff-Eisner, 
Die Opbthalmo- und Kutandiagnose der Tuberkulose. 


Wolff-Eisners die Methoden bei Haustieren in Anwendung 
gebracht haben. So berichtet Valide (1), daß er Untersuchungen 
an Rindern, Pferden und Meerschweinchen vorgenommen habe>. 
Zunächst wurde mit solchen Tieren experimentiert, die frei von 
Tuberkulose waren. Er trug mit einem kleinen, weichen Pinsel 
einige Tropfen Rohtuberkulin, das mit der gleichen Menge ge¬ 
kochten Wassers verdünnt war, auf eine rasierte und skarifi- 
zierte Hautstelle auf. Es traten meist keine nennenswerten 
Reaktionen ein. Ganz ausnahmsweise entstand eine oberfläch¬ 
liche Entzündung an den Rändern der skarifizierten Stelle, die 
übrigens sehr schnell vorüberging. Er macht besonders darauf 
aufmerksam, daß eine Gegend des Tierkörpers gewählt werden 
müßte, welche von den Tieren weder mit den Zähnen, noch den 
Füßen oder Hörnern erreicht werden könne. Am besten eignen 
sich als Operationsfelder die Flächen des Widerristes. 

Im Gegensatz hierzu hat V. indem er unter derselben Be¬ 
dingung 25 tuberkulöse Tiere prüfte, nach 24 Stunden eine sehr 
deutliche kutane Reaktion erhalten. Die Haut war in einer 
Ausdehnung von mehreren Millimetern an den skarifizierten 
Rändern verdickt und zeigte Erhabenheiten, die je nach der 
Intensität der Reaktion schmerzhaft und dunkelrot waren. 
Lagen die Skarifikationen nahe genug nebeneinander, so ent¬ 
stand bisweilen eine kutane Quaddel, die bei Palpation schmerz¬ 
haft war. Am deutlichsten trat die Reaktion zwischen der 
36. und 48. Stunde in Erscheinung und war noch ausgeprägt 
nach 4 bis 5 Tagen. 

Valide schlägt für dieses Phänomen die Bezeichnung 
„Cutirdaction“ vor. Merkliche Temperatursteigerungen hat 
er im Verlaufe der Probe nicht feststellen können. Die Re¬ 
aktionen traten am deutlichsten auf, wenn die Skarifikationen 
die Oberhaut und eine dünne Schicht der Haut derart'betitafen, 
daß ein leichtes Aussickern von Blut stattfand. In einzelnen 
Fällen kam es nach Verlauf von 36 Stunden zur Bildung sehr 
schöner ödematöser Quaddeln, welche später einen mehr papu¬ 
lösen Charakter annahmen. Nach dem Zusammenfällen ließen 
die Papeln fest anhaftende Epidermismassen zurück, deren Ent¬ 
fernung schmerzhaft war und dann in den nackten Teilen eine 
nässende Stelle zeigten. Diese Erscheinungen sollen häufig 
mehrere Tage fortbestanden haben und die Reaktion dann 10, 
15 oder 20 Tage lang deutlich erhalten geblieben sein. Wurde 
das Tuberkulin in die tieferen Schichten der Haut eingeimpft, 
so herrschte eine ödematöse Schwellung der skarifizierten 
Haut vor. 

Das Aufträgen von Tuberkulin auf stark rasierte Haut¬ 
stellen (ohne Skarifizierung) scheint die Reaktion nicht Zustande¬ 
kommen zu lassen. 

Weiterhin wird hervorgehoben, daß die Intensität der 
Kutireaktion bei tuberkulösen Tieren keineswegs stets im direkten 
Verhältnis steht zur Schwere der tuberkulösen Veränderungen. 
So erhielt Valide bei 7 Rindern, die nur mit einer leichten 
Tuberkulose der Eingeweide behaftet waren, an Intensität 
ebenso deutliche Reaktionen wie bei Rindern, welche seit zwei 
und drei Jahren sowohl Träger ausgebreiteter tuberkulöser 
Läsionen als offener Lungentuberkulose waren. 

Versuche bei gleichzeitiger Anwendung der subkutanen 
Tuberkulininjektion und der Kutireaktion zwecks Feststellung 
der Temperaturverhältnisse ergaben, daß die Reaktions¬ 
erscheinungen seitens der Haut sehr undeutlich waren oder 
vollkommen ausblieben. Desgleichen verhinderten zwei oder 





30. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


315 


drei Tage vor der Kntireaktion ausgeführte Tuberkulininjektionen 
die Manifestation der ersteren. Im Gegensatz hierzu soll bei 
einigen tuberkulösen Rindern, welche seit fünf Tagen in voller 
Kntireaktion standen, die subkutane Injektion von Tuberkulin 
glänzende thermometrische Reaktionen geliefert haben. Wurde 
die Kntireaktion mehrere Wochen nach erfolgter subkutaner 
Injektion von Tuberkulin wiederum vorgenommen, so trat sie 
stets in der typischen Form auf, und zwar nicht nur nach ein» 
maliger Injektion innerhalb dieser Zeit, sondern auch nach mehr¬ 
maliger Verabfolgung größerer Mengen, in einem Falle bis zu 
500 ccm Rohtuberk ulin. 

Die weiteren. Versuche des genannten französischen Forschers 
an Haustieren bestätigen auch das Resultat, welches Wolff- 
Eisner mit der Ophthalmoreaktion bei tuberkulösen Menschen 
erhalten hat. Er verdünnte einen Teil Tuberkulin mit 10 Teilen 
physiologischer Kochsalzlösung und instillierte von dieser Lösung 
gesunden Tieren 2 oder 3 Tropfen in das Auge. Es trat hier¬ 
auf keine wahrnehmbare Reaktion ein. 

Derselbe Versuch, bei tuberkulösen Tieren ausgeführt, ließ 
von der 6., 8. oder 12. Stunde ab eine typische Reaktion hervor¬ 
treten. Erscheinungen: Tränenfluß, leichte Ptosis, lebhafte I 
Kongestion und häufig Ödem der Konjunktiva und besonders 
des Blinzknorpels. Die Reaktion war bisweilen so heftig, daß 
kleine submuköse Eccliymosen entstanden. Nach 22 bis 24 Stunden 
wurde das Vorhandensein eines schleimig-eitrigen Sekretes 
konstatiert. Diese Erscheinungen waren wie bei der Kuti- 
reaktion noch nach 36, 48 Stunden und selbst 3—4 Tagen zu 
sehen. Deutliche Temperatursteigerungen wurden nicht beob¬ 
achtet. Es wird empfohlen, zum Vergleich jedesmal das nicht¬ 
geimpfte Auge mit zu untersuchen. 

Am Schlüsse seiner Ausführungen hebt Vallöe hervor, daß 
die Erscheinungen der Kntireaktion gegenüber denjenigen der 
Ophthalmoreaktion dauerhafter seien, und die letzteren in der 
Praxis leicht vorgetäuscht werden könnten. 

Ähnliche Resultate wie Vallee haben auch Moussu (2) und 
Ligniäres (3) erhalten. Ersterer hat die Hautprobe bei gesunden, 
tuberkulösen und solchen Rindern vorgenommen, welche an 
chronischem Durchfall, eitrigen Entzündungen und Aktinomykose 
litten. Bei letzteren Krankheiten stellte er den Versuch 
aus dem Grunde an, weil nach subkutanen Tuberkulininjektionen 
hier bisweilen Reaktionen wie bei dem Vorhandensein von 
Tuberkulose beobachtet sind. 

Das Ergebnis seiner Versuche war folgendes: Bei gesunden 
Rindern traten keinerlei Reaktionen auf, während bei solchen 
Tieren, die mit Tuberkulose behaftet waren, im allgemeinen die 
bereits von Vallöe geschilderten Erscheinungen sich zeigten. 
Es blieb die Reaktion völlig aus bei zwei an klinischer Tuberkulose 
erkrankten Rindern. Bei Tieren mit feiner pigmentfreier Haut 
waren die Reaktionserscheinungen prägnanter, als bei solchen 
mit grober und pigmentierter Haut. Die an chronischen 
Diarrhöen und eitrigen Entzündungen leidenden Tiere rea¬ 
gierten nicht, während bei einem an Aktinomykose erkrankten 
Rinde eine zweifelhafte Reaktion eintrat. 

Versuche an drei tuberkulösen Hunden fielen negativ aus. 

Brachte Moussu reines oder verdünntes Glyzerin, sowie 
Terpentinöl auf skarifizierte Hautstellen, so zeigten sich keinerlei 
Reaktionserscheinungen, wie man sie bei Tuberkulose findet 

Das Ergebnis der Versuche Ligniäres (4) stimmt im End¬ 
resultat auch mit denjenigen Vallöes überein. Dieser Autor ist 


jedoch insofern von dem ursprünglichen v. Pirquetschen Ver¬ 
fahren abgewichen, als er im Gegensatz zu der bisher üblichen 
Methode des Skarifizierens der Haut, diese letztere Manipulation 
nicht als Grundbedingung für das Gelingen der Probe be¬ 
trachtet. Nach seinen bisherigen Untersuchungen tritt die 
Reaktion bei tuberkulösen Rindern noch konstanter in Er¬ 
scheinung, wenn in die frisch rasierte Haut 5 bis 6 Tropfen 
Rohtuberkulin etwa l f 2 Minute lang eingerieben werden. Die 
Reaktions erscheinungen glichen den bereits von Valide be¬ 
schriebenen. Seine Methode, welcher er die Bezeichnung: 
„dermo - röaction“ gibt, soll sich der Kutanreaktion gegenüber 
noch insofern auszeichnen, als sie ohne Mißerfolg selbst in 
Zwischenräumen von 24 Stunden wiederholt werden kann. 
In dieser Abhandlung führt Lignieres dann noch aus, daß er, 
ohne die subkutanen Tuberkulininjektionen, welche immer noch 
als gutes diagnostisches Hilfsmittel bestehen bleiben werden, 
verwerfen zu wollen, doch glaubt, daß eine gleichzeitige An¬ 
wendung der „ophthalmo-cuti-dermo-rdaction“ in gewissen Fällen 
infolge ihrer Einfachheit in der Applikation, des schnellen Er¬ 
gebnisses und der Zuverlässigkeit die klassischen Tuberkulin- 
I injektionen verdrängen wird. 

Hinsichtlich der Bewertung der Ophthalmoreaktion steht er 
ebenfalls auf dem Standpunkte Vall4es. Bei seinen Versuchen 
wurde ein Tropfen Rohtuberkulin in den Konjunktivalsack ein¬ 
geträufelt. Die Herstellung einer Verdünnung hält er für über¬ 
flüssig, da sich das Tuberkulin sofort mit der Tränenflüssigkeit 
mischt. Weder die cuti-röaction noch die cuti-dermo-röaction 
sollen das Zustandekommen der Augenreaktion, sowie der 
klassischen Tuberkulinreaktion hindern. Ligni&res ist der 
Ansicht, daß sich die Kuti- und Ophthalmoreaktion bei der 
praktischen Anwendung gegenseitig kontrollieren und ergänzen. 
Die bezeichneten Methoden lieferten immer ein positives Er¬ 
gebnis bei tuberkulösen Tieren, ein negatives dagegen stets bei 
solchen, die frei von Tuberkulose waren. Bei Aktinomykose 
können nach seinen Erfahrungen sowohl die subkutane Tuber¬ 
kulinprobe als auch die ophthalmo-cnti-dermo-röaction ein 
positives Resultat abgeben. 

Im Anschluß an diese mehr detaillierten Ausführungen möchte 
ich nun noch kurz einen Versuch anführen, den Guerin (5) 
bzw. Guörin und Delattre (6) über die Ophthalmoreaktion an¬ 
gestellt haben. Es handelte sich darum, auf einer Pachtung, die 
einen Bestand von 15 Rindern hatte, die Ausbreitung der 
Tuberkulose festzustellen. Von neun mit Tuberkulin subkutan 
geimpften Rindern reagierten vier, wovon eins mit klinischer 
Tuberkulose behaftet war. Sechs Tage später wurden alle 
fünfzehn Tiere der Augenprobe unterworfen. Verwendet wurde 
hierzu Tuberkulin, das mit der gleichen Menge destillierten 
Wassers verdünnt war. Von dieser Flüssigkeit wurde mit einem 
Pinsel etwas in das Auge eingetragen. In der Folge stellten 
sich von der achten Stunde ab bei den vier Rindern, welche 
reagiert hatten, die bekannten Erscheinungen an den Augen ein. 
Bei dem mit klinischer Tuberkulose behafteten Tiere war die 
Reaktion gering. Bei den sechs übrigen nicht vorgeprüften 
Rindern war der Ausfall der Augenprobe positiv in einem 
Falle, zweifelhaft in einem weiteren und negativ in den vier 
anderen Fällen. Auf .die später bei diesen sechs Tieren vor¬ 
genommene subkutane Injektion von Tuberkulin reagierte nur 
das erstere, welches positive Augenreäktion gezeigt hatte. 

Ganz anders als durch die angeführten Autoren wird der 


816 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18, 


Wert der Lokalreaktionen von Arloing (7) und Vander¬ 
heyden (8) beurteilt. 

Arloing untersuchte Rinder, Ziegen, Hunde, Kaninchen und 
Meerschweinchen, die auf subkutane Tuberkulininjektionen rea¬ 
giert hatten. Das Auftreten einer spezifischen Reaktion konnte 
er weder nach Vornahme der Haut — noch der Augenprobe 
feststellen und erhielt auch keine anderen Resultate als er ver¬ 
schiedene Tuberkulinsorten verwendete. 

Hierauf erwiderte Valide, daß Arloing in 12 von 19 
Fällen andere Tierspezies zu seinen Versuchen benutzte als er, 
und daß die Reaktion nur bei natürlich infizierten, dagegen 
nicht bei experimentell infizierten Tieren positiv ausfiele. 

Dieser letztere Einwand Valides erscheint, wie auch 
Wolff-Eisner bemerkt, nicht berechtigt, da es keinen Grund 
dafür gibt, warum bei experimentell infizierten Tieren die Re¬ 
aktion anders auBfallen sollte als bei natürlicher Infektion. 
Nach Valide sollten weiterhin die Versuche Arloings insofern 
nicht ganz einwandfrei sein, als letzterer nur die oberfläch¬ 
lichen Schichten der Haut skarifizierte, während er Wert darauf 
legte, daß eine leichte Blutunterlaufung zustande kam. Dieser 
Widerspruch steht aber den Ergebnissen, die Lignieres mit 
der Dermor^action erzielte, diametral gegenüber. 

Zu demselben negativen Ergebnis wie Arloing gelangte 
auch Vanderlieyden bei Prüfung der Methoden auf ihren 
praktischen Wert hin. Seine Versuche sind an Milchkühen an¬ 
gestellt und in folgender Weise gegliedert: 

Gruppe 1. 

Prüfung der skarifizierten Haut ohne Verwendung von 
Tuberkulin. 

Gruppe 2. 

Prüfung der skarifizierten Haut tuberkulosefreier Tiere 
unter Anwendung von Tuberkulin. 

Gruppe 3. 

Prüfung der skarifizierten Haut tuberkulöser Tiere 
unter Anwendung von Tuberkulin. 

Es wurde in allen Versuchsreihen die Haut, nachdem sie 
rasiert und gründlich desinfiziert war, an verschiedenen Stellen 
des Körpers wie dem Grunde der Ohren, der Backe, der Wamme, 
dem Euter und der Widerristgegend durch 3—4 Einschnitte 
skarifiziert Das für den Versuch gebrauchte Tuberkulin war 
von Professor Heymans aus Gent und Dr. Poels aus 
Rotterdam bezogen. Die teils tief, teils flach angelegten 
Skarifikationen wurden in einigen Fällen mit Rohtuberkulin, in 
anderen mit verdünntem Tuberkulin behandelt. Die Besich¬ 
tigung der Impfstellen fand nach 24 und 48 Stunden statt 

In allen drei Versuchsreihen stimmten die Hauterscheinungen 
mit geringgradigen Schwankungen überein, und zwar zeigte sich 
in den meisten Fällen nach 24 Stunden leichte Schwellung der 
Wundränder, die bei tiefen Schnitten intensiver war. Sonst 
konnte weder eine Verdickung noch erhöhte Empfindlichkeit 
an den skarifizierten Hautstellen nachgewiesen werden. Nach 
48 Stunden waren die Schnittwunden hier und da mit einer 
feinen braunroten Kruste bedeckt und nach Verlauf von drei 
bis vier Tagen war kaum noch etwas zu sehen. Sonst wurden 
keinerlei der früher beschriebenen Reaktionserscheinungen weder 
bei gesunden noch tuberkulösen Kühen beobachtet Im all¬ 
gemeinen schien das Tuberkulin Poels einen etwas stärkeren 
Reiz auf die Wunden auszuüben als das Hey man sehe Präparat. 


Die in Gruppe 3 geprüften Tiere hatten zuvor auf sub¬ 
kutane Injektion von Tuberkulin reagiert, zwei derselben waren 
mit klinisch nachweisbarer Tuberkulose behaftet 

In ähnlicher Anordnung wie in den vorstehenden Versuchen 
hat Vanderheyden auch die Augenprobe angewandt und ist 
hierbei ebenfalls zu einem absolut negativen Resultat gekommen. 
Die Tuberkulinlösungen, von welchen je 3 Tropfen in das zu 
prüfende Auge eingeträufelt wurden, waren aus einem Teile 
Tuberkulin Poels mit 10 Teilen Wasser bzw. einem halben Teile 
Tuberkulin Heymans mit 10 Teilen Wasser bergestellt Die 
Besichtigung sämtlicher Versuchsrinder geschah nach 6, 9 und 
24 Stunden. 

Nur bei einer nichttuberkulösen Kuh, welche Tuberkulin 
Poels in der angegebenen Verdünnung erhalten hatte, zeigte 
sich vorübergehend schwacher Tränenfluß und leichte Entzündung 
der Konjunktiva. 

Auf Grund seiner Versuche glaubt Vanderheyden sich 
zu der Schlußfolgerung berechtigt, daß weder die Haut- noch 
die Augenprobe einen praktischen Wert für die Feststellung der 
Tuberkulose habe. 

Faßt man die Resultate, welche aus den soeben näher 
skizzierten Literaturangaben hervorgehen, zusammen, so muß 
man zu der Überzeugung gelangen, daß sich bis heute schwerlich 
ein abschließendes Urteil über den Wert der kutanen und kon- 
junktivalen Tuberkulinreaktionen beim Rinde gewinnen läßt. 

Den Vorteil würden allerdings die Lokalreaktionen bieten, 
daß sie das ganze Verfahren der Tuberkulosediagnose wesent¬ 
lich vereinfachten, wohingegen als Nachteil in Betracht käme, 
daß leicht Fehldiagnosen bei sonst vollständiger Sicherheit der 
Reaktionen durch traumatische Einwirkungen oder Verunreini¬ 
gungen, welche die skarifizierte Haut oder das Auge betreffen, 
hervorgerufen werden können. 

Bei den sich widersprechenden Urteilen erschien es 
wünschenswert, die beiden Methoden selbst einmal auf ihren 
praktischen Wert hin nachzuprüfen, und sei es mir nun noch 
gestattet, kurz über einige Versuche zu be¬ 
richten, die ich im Aufträge des Herrn 
Professor Dr. Eber, dem ich auch an dieser 
Stelle für seine gütige Unterstützung danken 
möchte, ausgeführt habe. 

Die Skarifikationen wurden bei den ersten 
Versuchen mit einer kleinen Impflanzette, 
später mit einem besonders hierzu konstruierten 
Instrumente, das nach Art eines Schneppers 
aus acht aneinandergereihten kleinen Lanzetten 
angefertigt war, vorgenommen. Die einzelnen 
Messerchen liegen 5 Millimeter von einander 
entfernt, und es läßt sich durch eine ver¬ 
stellbare Metallplatte die Länge der Schneiden 
regulieren. Dieses Instrument bietet den 
Vorteil, daß man mit einer Operation 8 Impf- 
sebnitte gleichzeitig setzen kann und sich 
letztere nach Belieben verschieden tief aus¬ 
führen lassen. 

Als Impfstelle wurde bei der Haut¬ 
impfung die Gegend des Widerristes be¬ 
nutzt und nach Möglichkeit eine weiße Hautstelle gewählt. Die 
Impfung geschah, nachdem die Haut sorgfältig rasiert und mit 
Alkohol gereinigt und Äther entfettet war. Zur Unterstützung 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


317 


bei dem Impfgeschäft bedurfte es nur eines Gehilfen, welcher 
den Kopf des Tieres fixierte. Die Skarifikationen wurden in den 
einzelnen Versuchsreihen verschieden tief angelegt. Bei der 
größeren Zahl der Impflinge wurde die Haut derartig geritzt, 
daß einige Tropfen Blut aus den Schnittwunden heraussickerten. 

Das Tuberkulin, welches mit Hilfe eines sterilen Pinsels 
in die Wunde eingetragen wurde, war mit der gleichen Menge 
gekochten Wassers verdünnt. Zur Verwendung gelangte 
Tuberkulin, das vom Veterinärinstitut zu Leipzig und von den 
Höchster Farbwerken hergestellt war. 

Für die Augenprobe wurde das Tuberkulin im Verhältnis 
2 : 10 und 3; 10 mit 0,75 Proz. Kochsalzlösung verdünnt und 
hiervon 7 bis 8 Tropfen mit Hilfe einer Tropfflasche in das 
Äuge eingeträufelt. 

Die Besichtigung der geimpften Tiere erfolgte bei der Augen¬ 
probe 7—8, 24 und 48 Stunden nach Instillation der Tuberkulin¬ 
verdünnung, bei der Haut probe meist 24, 48 und 62 Stunden 
nach der Impfung. 

Zur Untersuchung gelangten insgesamt 30 Rinder verschie¬ 
denen Alters und zwar wurden 24 davon der Hautprobe mit 
Tuberkulin, vier gleichzeitig der Haut- und Augenprobe mit | 
Tuberkulin und je eins gleichzeitig der Augenbrobe mit Tuber¬ 
kulin und der Hautprobe mit abgekochtem Wasser unterworfen. 
Ein Kontrolltier erhielt nur abgekochtes Wasser auf die skari- 
fizierte Haut. Bei der Augenprobe ist jedesmal das linke Auge 
für den Versuch mit der Tuberkulinverdünnung benutzt, w ährend 
das rechte Auge in jedem Falle nach Instillation der gleichen 
Menge physiologischer Kochsalzlösung zur Kontrolle diente. Wie 
aus den Tabellen ersichtlich ist, wurde bei Rind Nr. 1, 2 
und 4 bis 11 Tuberkulin L. (im Veterinärinstitut der Universität 
Leipzig hergestellt), bei Rind Nr. 12 bis 31 Tuber¬ 
kulin H. (in den Höchster Farbwerken hergestellt) benutzt. 

Von den Versuchsrindern waren zwei (Nr. 9 und 14) mit 
klinisch feststellbarer Tuberkulose behaftet. Zwei Jungrinder 
(Nr. 10 und 11) waren vor längerer Zeit im Veterinärinstitut 
mit tuberkulösem Material, das vom Menschen stammte, infiziert 
worden. Die übrigen Tiere zeigten keinerlei Erscheinungen, 
welche auf das Vorhandensein von Tuberkulose schließen ließen. 
Ton sämtlichen geimpften Rindern erwiesen sich bei der 
Schlachtung sechs als tuberkulös und weitere sechs Rinder hatten 
auf später ausgeführte subkutane Tuberkulininjektionen positiv 
reagiert. 

Die Kontrolle wurde bei Rind Nr. 1 bis 19 durch Schlachtung, 
bei Nr. 20 bis 31 durch nachfolgende Tuberkulininjektion aus¬ 
geübt. 

Von den 25 der Hautprobe allein unterworfenen Rindern 
zeigte keines eine typische Reaktion. Bei einem Rinde (Nr. 10) 
wurde leichte Schwellung der Haut und der Schnittränder, bei 
drei anderen (Nr. 5, 23 und 28) leichte Rötung der rasierten 
Hautstellen wahrgenommen. Diese vier Rinder erwiesen sich 
bei der Schlachtung bzw. subkutanen Tuberkulinprobe als frei 
von Tuberkulose. Von den 21 keinerlei Reaktion zeigenden 
Tieren wurden zwei auf Grund des Schlachtbefundes und sechs 
auf Grund einer späteren subkutanen Tuberkulinprobe als tuber¬ 
kulös erkannt. 

Von den fünf Rindern, bei welchen die Au gen probe zur 
Anwendung gelangte, zeigten zw r ei (Nr. 14 und 15) auf dem 
mit Tuberkulin behandelten Auge leichten Tränenfluß und Rötung 
der Lidbindehaut, bei einem dritten Rinde (Nr. 11) war Tränen¬ 


fluß, leichte Rötung und Schwellung der Konjunktivalschleimhaut 
einschließlich der Schleimhaut der palpebra tertia zu konstatieren. 
Die Erscheinungen waren jedoch sehr flüchtig und durchweg 
nach ca. 24 Stunden verschwunden. An den zur Kontrolle mit 
physiologischer Kochsalzlösung behandelten Augen waren keinerlei 
entzündliche Erscheinungen anfgetreten. Die bei Nr. 12, 14, 
15 und 16 gleichzeitig mit Tuberkulin vorgenommene Hautprobe 
war vollkommen negativ ausgefallen. 

Von diesen fünf Versuchsrindern erwiesen sich nach der 
Schlachtung vier als tuberkulös und zwar fanden sich bei Nr. 11 
und 14 ausgebreitete, bei Nr. 12 und 16 geringgradige tuber¬ 
kulöse Veränderungen vor. Demnach hatten zwei der mit 
Tuberkulose behafteten Rinder (Nr. 11 und 14) leichte Reaktions¬ 
erscheinungen gezeigt, während die beiden anderen ebenfalls 
tuberkulösen Tiere (Nr. 12 und 16) nicht reagierten. 

Eine Kuh (Nr. 15), bei welcher sich in gleicher Weise 
Rötung der Konjunktivalschleimhaut und Tränenfluß gezeigt 
hatten, erwies sich nach der Schlachtung als tuberkulosefrei. 

Das Gesamtresultat war demnach folgendes: Von 25 der 
Hautprobe allein unterworfenen Rindern hatte eins leichte 
| Reaktionserscheinungen seitens der Haut gezeigt. Dieses Tier 
war längere Zeit zuvor mit tuberkulösem Material, das vom 
Menschen stammte, infiziert worden, erwies sich aber nach der 
Schlachtung als frei von Tuberkulose. Mit Tuberkulose be¬ 
haftet waren von den übrigen keine Reaktion zeigenden 24 Tieren 
acht Tiere und zwar zwei auf Grund des Schlachtbefundes, die 
sechs anderen auf Grund der Nachprüfung durch subkutane 
Tuberkulinjektion. 

Von fünf Rindern, bei denen die Augenprobe (in vier Fällen 
kombiniert mit der Hautprobe) vorgenommen war, hatten drei 
leichte Entzündung der Konjunktivalschleimhaut auf dem mit 
Tuberkulin behandelten Auge gezeigt. Hiervon waren auf Grund 
des Schlachtbefundes tuberkulös zwei Tiere. Zwei Rinder, 
welche ebenfalls bei der Schlachtung tuberkulös befunden 
wurden, hatten keinerlei Reaktion gezeigt. Interessant ist, daß 
bei dem einzigen gesunden Tiere ebenfalls die entzündlichen 
Erscheinungen am Auge auftraten. Die Hautimpfung lieferte 
in allen Fällen ein vollkommen negatives Resultat. 

Die in den eigenen Versuchen erzielten Resultate 
lassen es somit zweifelhaft erscheinen, daß die ku¬ 
tane und konjunktivale Tuberkulinprobe für die 
Diagnose der Rindertuberkulose eine ähnliche Be¬ 
deutung erlangen wird wie die subkutane. 

Literatur. 

1. Valiec, Sur un nouveau procede de diagnostic experimental de 
la tuberculose et de la morve. Bulletin de la Societe de M6de- 
cinc veterinaire. Juni 1907. Pag. 308 et 326. 

2 Moussu, Sur la cuti-r£action ä la tuberculine. Bulletin de la 
Societe de M6decine veterinaire. Juillet 1907. Pag. 373. 

3. Lignieres, Sur un nouveau mode de r&iction de la peau a 
la tuberculine et son utilisation dans lediagnostic de la tuber¬ 
culose. Bulletin de la Societe de Medecinc veterinaire. No- 
vembre 1907. Pag. 514. 

4. Lignieres, Le diaguostik de la tuberculose des animaux, 
notamment des bovides, par l’emploi simultane de l’ophthalmo 
et de la cuti-dermo-rüaction. Bulletin de la Societe de Mede- 
cine veterinaire. Novembre 1907. Pag. 517. 

5. Guerin, Receuil de M6decine veterinaire d’Alfort. Aout 1907. 

6. Guerin et Delattre, Note sur Tophthalmo-reaction ä la 
tuberculine. Bulletin de la Societe de Medccine veterinaire. 
Juillet 1907. Pag. 375. 

7. Arloing, Societe de Biologie. 1907 No. 27. 



318 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


8. Vanderheyden, La cutirgaction et rophthalmor£action ä la 
tuberculine chez la bete bovine. Annales de Mgdecinc vetgri- 
naire. 56 E. Annöe 1907. Pag. 611. 

(Die Tabellen folgen in nächster Nummer). 

Vorläufige Mitteilung. 

Auch Herr Kreistierarzt Sahn er-Homburg hat Anfang März in einem 
größeren Viehbestände Versuche mit der Ophthalmoreaktion vor- 
genommen. Ein Bericht hierüber wird binnen kurzem erscheinen. 

Ebenso liegt über den gleichen Gegenstand eine Arbeit von 
Herrn Dr. Wülfel, Assistenten am Veterinär-Institut der Universität 
Breslau, bereits im Satz vor. 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 20. März 1008 verschied in dem hohen Alter von beinahe 
85 Jahren der Tierarzt Hinrich Sindt in Nortorf-Holstein 

Am 21. April 1823 als Landmannssohn in Stronsdorf-Holstein 
geboren, konnte ihm bis zn seiner Konfirmation nur Volkssclml- 
unterricht zuteil werden. Durch späteren Privatunterricht er¬ 
reichte er 1842 die Reife, als Eleve der Tierarzneischule zu 
Kopenhagen eingeschrieben zu werden. Nach bestandenem 
Staatsexamen und Absolvierung des praktischen Halbjahres 1845 
ließ er sich als approbierter Tierarzt zunächst in seinem Ge¬ 
burtsorte nieder, um schon 1847 nach Nortorf zu übersiedeln. 
Während des Feldzuges 1849/50 unterbrach er die Praxis, um 
als Freiwilliger bei der Artillerie einzutreten. Nach Beendigung 
des Krieges hat er seine tierärztliche Tätigkeit in Nortorf 
wieder aufgenommen und während weiterer 55 Jahre durch 
seine ruhigen, besonnenen Umgangsformen eine ausgedehnte 
und erfolgreiche Praxis inne gehabt. 

Die Mitbegründung des tierärztlichen Vereins in Holstein 
hat Sindt mit erlebt, später zur Erweiterung des Vereins¬ 
gebietes auf Schleswig mitgewirkt und namentlich an der Ein¬ 
richtung der Unterstützungskasse für Hinterbliebene von Kollegen 
tätigen Anteil genommen. Wenn der Verstorbene auch, mit 
Rücksicht auf sein Alter, seit einigen Jahren von der Privat¬ 
praxis hat zurücktreten müssen, dem Vereine ist er bis zu 
seinem Lebensende als Mitglied treu geblieben und hat seiner 
Zeit alljährlich die Generalversammlungen besucht. 

Dem Verschiedenen ist auch die Pension der vormärzlichen 
Offiziere zunutzen gekommen und ihm nicht allein vergönnt 
gewesen, daß 60 jährige Jubiläum als Tierarzt, sondern auch 
mit seiner Lebensgefährtin das Fest der goldenen Hochzeit zu 
feiern, aus welchem Anlaßse die Ehejubiläumsmedaille dem Paare 
verliehen worden ist. In Ehren sein Andenken! 

Per Vorstand des tierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein. 

I. A.j Eil er, Schriftführer. 

t 

Verspätet. 

Am 3. März d. J. starb in seiner Vaterstadt Pyritz in 
seinem 91. Lebensjahre und im Kreise seiner Familie unser 
lieber Freund und ehemalige Kollege, der Königl. Kreistierazt 
a. D. Herr Friedr. Rathke, Ritter des Königl. Roten Adler¬ 
ordens IV. Kl. und des Königl. Kronenordens III. Kl. 

Anno 1841 als Tierarzt approbiert wurde Rathke nach 
Erlangung des Fähigkeitszeugnisses das Amt als Königl. Kreis¬ 
tierarzt des Kreises Pyritz übertragen, welches derselbe lange 


Jahre hindurch verwaltet hat. 1891 feierte Rathke im Kreise 
seiner Vereinsgenossen, seiner städtischen Behörden und der 
Spitzen des Kreises Pyritz sein 50jähriges Jubiläum als Tier¬ 
arzt, wobei ihm der Königl. Rote Adlerorden IV. Kl. verliehen 
und ihm von seinen Freunden und Kollegen zum Andenken ein 
silberner Pokal dediziert wurde. 

Außer seiner erfolgreichen tierärztlichen Tätigkeit hat sich 
Kollege Rathke langjährige große Verdienste um seine Vater¬ 
stadt Pyritz bis in sein hohes Alter hinein als Stadtverordneten- 
Vorsteher und um den Kreis Pyritz als Kreistagsdeputierter 
unter allgemein anerkannten Erfolgen erworben, war deshalb 
auch von den gesamten Insassen der Stadt und des Kreises 
hochgeachtet und geehrt. Dem ehemaligen tierärztlichen Verein 
Stettin-Stralsund war Rathke ein eifriges tätiges Mitglied, be¬ 
teiligte sich sehr oft mit seinen bedeutenden Erfahrungen an 
den sachgemäßen Debatten und war seinen Standesgenossen 
jederzeit ein liebenswürdiger Kollege und pflichttreuer Berater 
in allen Lebensverhältnissen. 

Sein Andenken wird seinen Standesgenossen stets in ehren¬ 
der Erinnerung verbleiben. 

Möge der liebe dahingeschiedene Freund und Kollege unter 
Gottes Schutz sanft in der Muttererde ruhen. C. M. 

Denkmal für Professor M. G. de Bruln. 

In Holland hat sich ein Komitee gebildet, um dem um die 
Tierheilkunde hochverdienten Professor M. G. de Bruin ein 
Denkmal zu errichten. 

Beiträge für dasselbe sind an Herrn Stabsveterinär 
A. Frederikse in Amersfoort zu übermitteln. 

Ich hoife, daß sich auch recht viele deutsche Kollegen an 
dieser Sammlungbeteiligen, damit dem verstorbenen berühmten, vor¬ 
trefflichen Lehrer und Mensch ein ihn und die Nachwelt ehren¬ 
des Denkmal gesetzt werden kann. A. Hoefnagel. 

Die Ablehnung der Anerkennung des Schweizer 
Dr. med. vet. in Sachsen. 

Im Leipziger Tageblatt vom 31. März findet sich ein 
Artikel über den Dr. med. vet., der folgendes ausführt: 

In der Finanzdeputation der Zweiten Kammer ist die Frage 
angeregt worden, ob nicht denjenigen Tierärzten, die in Deutsch¬ 
land die Approbation, dagegen in Ermangelung der Universitäts¬ 
reife in Bern oder Zürich die Promotion erreicht haben, der 
Dr. med. vet. anerkannt werden sollte. Zur Unterstützung 
dieser Anregung wurde zweierlei angeführt: einmal daß der 
Doktortitel in der Schweiz doch unter ganz vollwertigen, den 
in Deutschland ähnlichen Bedingungen erworben werde, wenn 
auch der Dispens von der Universitätsreife zulässig sei; zweitens, 
daß die Universität zu Leipzig es geradezu abgelehnt habe, 
einen Tierarzt, der in der Schweiz bereits den Dr. med. vet, 
erworben und dann nachträglich die Keifeprüfung abgelegt hatte, 
nochmals zum Dr. med. vet. zu promovieren, mit der Begründung, 
daß die Wiederholung der Promotion eine Beleidigung der 
Universität Bern sein würde. (Sehr gut! S.) Die Anerkennung 
soll auch nur für diejenigen in Frage kommen, die bis zum 
Schluß des Jahres 1908 promovieren, während für spätere 
Promotionen die Anerkennung ausdrücklich von vornherein aus¬ 
geschlossen sein soll. (Sehr richtig! S.) 

Das sächsische Kultusministerium hat sich aber 
gegen die Anerkennung ausgesprochen, wie in dem Be¬ 
richt der Finanzdeputation des Näheren, aus^eführt wird. Daa 



30. April 1908. 


fefcbtlüEfc tüSfeifizTtictife WöcäENseiüttff. 


31Ö 


Kultusministerium hat zur Begründung unter andern folgendes aus¬ 
geführt: Nach den Verordnungen vom 27. 12. 1878 und 14. 6. 1879 
dürfen in Sachsen die auf Universitäten des Deutschen 
Reiches erworbenen akademischen Würden ohne weiteres, die 
im Auslände erworbenen nur mit besonderer Genehmigung des 
Kultusministeriums geführt werden. Seit langem ist der Grund¬ 
satz befolgt worden, die Führung ausländischer Doktortitel nicht 
zu gestatten, wenn sie unter Verhältnissen erlangt worden sind, 
die ihre Erwerbung an der Landesuniversität unmöglich gemacht 
hätten. In Verfolg dieses Grundsatzes ist vor mehreren Jahren 
mit den Unterrichtsverwaltungen der meisten deutschen Hoch¬ 
schulstaaten die Abrede getroffen worden, daß man die Er¬ 
laubnis zum Gebrauche solcher akademischer Würden, die von 
reichsdeutschen Hochschulen nicht verliehen werden, versagen und 
auch mit der tierärztlichen Doktorwürde, obgleich sie an 
einer reichsdeutschen Universität, nämlich in Gießen, 
schon seit langer Zeit verliehen wird, keine Auenahme(ü?) 
machen wolle. Sind demgemäß bisher die in der Schweiz zu 
Doktoren der Tiermedizin promovierten sächsischen Tierärzte 
mit ihren Gesuchen um Erlaubnis zur Führung ihres Doktor¬ 
titels schon deshalb, weil dieser Titel in Sachsen (!!) weder 
existierte, noch erworben werden konnte, ausnahmslos abgewiesen 
worden, so wird allerdings nach Einführung der inländischen 
Veterinärpromotion ein schlechthin ablehnender Standpunkt nicht 
mehr festzuhalten, die Führung des Titels vielmehr in der Hegel 
dann zu gestatten sein, wenn dieser nicht unter leichteren als 
hierzulande vorgeschriebenen Bedingungen erworben wurde. Des 
weiteren wird dann ausgeführt, daß allerdings die philosophische 
Fakultät zu Leipzig Dispense erteile, daß daher auch in ge¬ 
eigneten Fällen ein im Auslande von Immaturen er¬ 
worbener Dr. phil. anerkannt worden ist, daß dagegen die 
Promotionsordnung der drei anderen Fakultäten Dispense grund¬ 
sätzlich nicht kenne und daher ein ausländischer Doktor, der im 
Inlande von der medizinischen Fakultät verliehen wird, nur beim 
Vorhandensein des Reifezeugnisses anerkannt werden könne. — 

Der Artikel des Leipziger Tageblatts findet die Haltung 
des sächsischen Kultusministeriums ganz konsequent und sehr 
richtig. Darüber kann man wohl verschiedener Meinung sein. 
Jedenfalls ist es doch bemerkenswert und höchst auffällig, das 
zwischen dieser Auffassung des sächsischen Kultusministeriums 
und derjenigen der sächsischen Landesuniversität ein ganz unlös¬ 
barer Widerspruch besteht; denn die medizinische Fakultät 
hat in überaus charakteristischerWeise den Doktor der 
Veterinärmedizin von Bern als innerlich gleichwertig 
anerkannt. Ebenso besteht ein völliger Gegensatz zwischen der 
Auffassung des sächsischen Kultusministeriums und der des 
preußischen Kultusministeriums. Das preußische Kultusministerium 
hat bekanntlich durch den Mund mehrerer seiner Vertreter 
die unzweideutige Absicht zu erkennen gegeben, daß, wenn erst 
In Preußen selbst der Doktor der Veterinärmedizin werde ver¬ 
liehen werden, man dann auch denjenigen, welche ihn früher 
in der Schweiz erworben hatten, die Anerkennung nicht mehr 
grundsätzlich versagen werde. Ich finde diesen Standpunkt 
zwar nicht konsequenter, aber jedenfalls viel humaner. 

Man sollte meinen, dass die Unterrichtsverwaltungen selbst 
alle den Wunsch haben sollten, aus dieser Angelegenheit endlich 
herauszukommen; denn sehr schön sind die Gründe nicht, 
mit denen man den Dr. med. vet. trotzdem er In Deutschland 
das Bürgerrecht seit langem hatte, zu erdrosseln versucht hat. 


In den von der Finanzdeputation berichteten Ausführungen, 
die anscheinend auf das sächsische Kultusministerium zurück- 
ztiführen sind, wird ja mit erfreulicher Offenheit zugegeben, mit 
welcher Art von Logik der Dr. med. vet. behandelt 
worden ist. Es wird zunächst festgestellt, daß man sich ver¬ 
abredet habe, die Doktortitel nicht zu genehmigen, welche von 
reichsdeutschen Hochschulen nicht verliehen werden; und 
dann wird sehr nett gesagt, daß man auch mit dem tierärzt¬ 
lichen Doktortitel keine Ausnahme machen wolle, obgleich er 
an einer reichsdeutschen Universität (Gießen) verliehen werde. 
In Wirklichkeit ist damit also zugegeben: man hat mit dem 
tierärztlichen Doktortitel, im Gegensatz zu allen 
anderen, eine Ausnahme gemacht, denn man hat seine 
Genehmigung grundsätzlich versagt, obwohl er an einer deutschen 
Universität erworben werden konnte. Es wiederholt sich dann 
dasselbe Spiel, welches auch einmal im preußischen Abgeordneten¬ 
hause stattfand; nachdem ausdrücklich festgestellt ist, daß die 
Verabredung der Unterrichtsverwaltungen sich auf die Un¬ 
möglichkeit des Erwerbes in Deutschland gründe, wird im 
nächsten Absatz ganz harmlos, als ob das kein Gegensatz wäre, 
plötzlich die Begründung auf die (frühere) Nichtverleihung in 
Sachsen gestützt. Mit keinem Worte ist doch in jenem Ab¬ 
kommen davon die Rede gewesen, daß ein Doktortitel, um die 
Anerkennung zu erlangen, auch in jedem einzelnen Bundes¬ 
staat müsse erworben werden können. 

Genug von dieser Begründung, die keine ist. Nur den 
Wunsch möchten wir aussprechen, daß die am tierärztlichen 
Unterrichts wesen beteiligten Bundesregierungen jene leidige 
Verabredung zu unsern Ungunsten recht bald durch ein Über¬ 
einkommen zu unseren Gunsten gut machen mögen, wodurch 
den tierärztlichen Hochschulen das selbständige Promotions¬ 
recht und danach den früher in der Schweiz auf Grund guter 
Dissertationen promovierten Tierärzten die Anerkennung zu¬ 
teil wird. Schmaltz. 


Bericht Ober die VII. Hauptversammlung des Tereius 
der beamteten Tierärzte Preußens 
am 29. und 30. November nnd 1. Dezember 1907. 

(Schluß). 

Der Hauptsitzung schloß sich sofort das Festmahl an, das 
einige 70 Teilnehmer vereinigte. Der Vorsitzende brachte das 
Kaiserhoch aus. Schriftführer Bischoff begrüßte teils in stark 
pointierten, teils launigen Worten die Gäste: Geheimer Regierungs¬ 
rat Prof. Dr. Ostertag, Veterinärräte Buch und Klebba, 
den Vertreter der Privattierärzte Kollegen Arnous und den 
Zuchtdirektor Marks-Posen. Aus dem Rahmen des Vereins 
griff er Herrn Veterinärrat Nevermann heraus, dem sich die 
Kreistierärzte als einzigen Fachvertreter im Ministerium rack¬ 
haltslos anvertrauten, besonders da er bei seiner verantwort¬ 
lichen Stellung Dienst und wirkliche Kollegialität in schätzens¬ 
werter Weise zu wahren und zu trennen wisse. Redner sprach 
die Hoffnung und den Wunsch aus, daß der Kollege Never¬ 
mann den Kreistierärzten dauernd in seiner Stellung erhalten 
bleiben möge. In sein Hoch auf die Genannten schloß dann 
Sprecher noch die 3 anwesenden Damen ein. 

Geheimrat Ostertag erwiderte dann in seiner bekannten, 
herzlichen Weise. Er ließ vor seinem geistigen Auge den 






320 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


Entwicklungsgang der tierärztlichen Beamtenlaufbahn vorüber¬ 
ziehen. Seine Freude über die erzielten Fortschritte zum Aus¬ 
druck bringend und die hohe Verantwortlichkeit dieses Dienst¬ 
zweiges besonders würdigend, gab er der festen Hoffnung Raum, 
daß mit der Zeit auch noch die weiteren Wünsche der Kreis¬ 
tierärzte in Erfüllung gehen würden. Er werde sich jederzeit 
auch in seiner neuen Stellung als einer der unsrigen betrachten 
und fühlen, wie bisher. Sein Hoch galt dem neuen Vorstande, 
der heute seine Feuerprobe bestanden habe und dessen Tätig¬ 
keit im verflossenen Vereinsjahr gewiß allgemeine Anerkennung 
gefunden haben würde. 

HerrVeterinärratNev ermann dankte für die gute Beurteilung 
seiner Tätigkeit und widmete dem Vorsitzenden freundliche 
Worte, dessen Wohl zu trinken er die Tischgesellschaft aufforderte. 

Herr Arnous trank in scherzhafter, aber aufrichtig gemeinter 
Rede auf ein baldiges gutes Einvernehmen zwischen beamteten 
und pr ivaten Tierärzten, zu dem ja heute zu aller Freude und im 
Interesse des ganzen Standes die Wege gebahnt und geebnet seien. 

Nach 7 Uhr löste die beginnende Theaterstunde die gemein¬ 
same Tafel auf und hielt nur einige kleine Gruppen weiter zum 
leisen Abtrunk zusammen. 

Sonntag, den 1. Dezember 1907, vormittags 11 Uhr, fanden 
sich die Teilnehmer fast vollzählig im hygienischen Institut der 
Tierärztlichen Hochschule zu dem Vortrage des Herrn Geheim¬ 
rats Ostertag ein. Keiner wollte sich die Gelegenheit ent¬ 
gehen lassen, den beliebten Dozenten, dessen Lehrtätigkeit an 
der Hochschule bekanntlich durch die Berufung ins Kaiserliche 
Gesundheitsamt ihren Abschluß gefunden hat, noch einmal zu 
hören. Seine trefflichen Ausführungen, über Milchhygiene 
und Milchuntersuchung, in denen sich Ostertag wieder als 
Meister des jeden Zuhörer unwillkürlich begeisternden Vortrags 
zeigte, soll hier nicht veröffentlicht werden, sondern gewisser¬ 
maßen als ein Erinnerungsblatt an diese uns von Ostertag ge¬ 
haltene letzte Vorlesung allen Kreistierärzten im Sonderdruck 
zugehen. Am Schluß des Vortrags feierte der Vorsitzende den 
hochverehrten Lehrer und Freund der beamteten Tierärzte in 
herzlichen Worten. Er dankte zunächst für die meisterhafte 
Behandlung des exekutierten Themas. Mit Spannung sei die 
Versammlung seinen lichtvollen Worten und Demonstrationen I 
gefolgt. Jeder unter uns schätze sich glücklich und erinnere 
sich mit Freude, früher in diesem Institut unter Ostertags 
Leitung wissenschaftliche Arbeit betrieben und gelernt zu haben. 
Mancher habe hier auch in schwierigen Fällen vertrauensvoll 
Rat gesucht und stets in zuvorkommendster Weise erhalten. Ein 
inniges Bedauern mache sich daher geltend bei dem Gedanken, 
daß diesem angenehmen Verhältnis ein Ende bereitet sei. In 
eine neugeschaffene, für die Tierärzte wichtige Reichsstelle be¬ 
rufen, stände Geheimrat Ostertag im Begiff, diese Stätte seiner 
Entwicklung und Erfolge zu verlassen. Die Spuren seines 
Wirkens würden aber an der Hochschule Zurückbleiben. Denn 
wo er Hand angelegt habe, sei Neues entstanden. Mit seinen 
Schöpfungen, besonders mit diesem Institut werde der Name 
Robert Ostertag für immer verbunden sein. Wenn nun auch die 
beamteten Tierärzte den Rücktritt des Professors Ostertag von 
seinen Lehramt als einen Verlust empfänden, so sei es doch tröstlich 
zu wissen, daß der Geheimrat Ostertag keineswegs ihnen ent- 
sondem vielmehr nähergerückt sei. „Wir bearbeiten jetzt das¬ 
selbe Gebiet und wollen Zusammenarbeiten,“ habe er 
gestern abend in seiner Tischrede selbst gesagt. Das sei ein Wort, 


das wir uns alle einprägen und beherzigen wollen. „Wir zweifeln 
nicht,“ so schloß der Sprecher, „daß Sie in Ihrer neuen Stellung 
durch Ihre glänzenden Gaben und unerschöpfliche Arbeitski aft 
der Wissenschaft und dem tierärztlichen Ansehen große Dienste 
leisten werden. Unsere herzlichsten Wünsche mögen Sie auf 
diesem ehrenvollen Wege begleiten, die wir bekräftigen wollen 
durch den Ruf: unser verehrter Herr Geheimrat Ostertag 
lebe hoch!“ 

Die Versammlung gab dem Ruf dreimal begeisterten Wieder¬ 
hall, mit dem diese spontane, von Herzen kommende Abschieds¬ 
ovation ausklang. Zur allgemeinen Freude durften wir den 
Gefeierten zum Frühschoppen im Pschorrbräu begleiten, wo wir 
in ungezwungener fröhlichster Laune noch einige Stunden zu- 
saramenblieben. 

Hiermit fand die VII. Hauptversammlung ihren Abschluß. 
Wir glauben annehmen zu dürfen, daß alle Teilnehmer mit 
Befriedigung die Heimreise angetreten haben und wünschen, 
daß der Vereinsleitung die vielseitig gewährte Unterstützung auch 
weiterhin zuteil werden möge. 

Dr. Peter, Bisclioff, 

Vorsitzen der. Schriftführer. 

Anhang. 

Gesuch des Vereins beamteter Tierärzte Preußens um Erlangung der 
Stimmberechtigung bei den Hengstkörungen. 

Angermünde, den 28. Juni 1907. 
Seiner Exzellenz dem Königlichen Staatsminister und Minister 
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

Herrn v. Arnim-Criewen. 

Euer Exzellenz erlaubt sich der Unterzeichnete Vorstand 
des Vereins beamteter Tierärzte Preußens nachstehende Bitte 
ganz gehorsamst zu uhterbreiten. 

Durch die ( jüngsten Verhandlungen des Abgeordnetenhauses 
beim landwirtschaftlichen Etat ist zur öffentlichen Kenntnis 
gelangt, daß eine Neuregelung des Körungswesens bevorsteht, 
und daß, zur Beratung der Grundlagen dieser Maßnahmen eine 
Kommission eingesetzt werden soll. 

' Den übrigen fünfgliedrigen Schauämtern zur Körung der 
Hengste ist den Tierärzten bisher im Gegensatz zu den übrigen 
Mitgliedern nur eine beratende Stimme eingeräumt worden. 

Im Interesse des erfolgreichen Zusammenwirkens aller 
Kommissionsmitglieder und der möglichst treffsicheren Erreichung 
der vorgesteckten Zuchtziele liegt es jedoch, daß die verschieden¬ 
artigen Kenntnisse, welche die Tierzucht erfordert, unabhängig 
und gleichwertig zur Geltung kommen. 

Eure Exzellenz bitten wir daher ganz gehorsamst, bei den 
kommissarischen Vorberatungen dahin wirken zu wollen, daß 
den beamteten Tierärzten in Zukunft die Stimm¬ 
berechtigung in den Schauämtern zuerkannt werden 
möge. 

Die Aufgabe des Tierarztes bei den Hengstkörungen besteht 
hauptsächlich darin, die Gesundheit und Widerstandskraft 
der Zuchttiere zu ermitteln. Auf die Feststellung dieser 
Eigenschaften ist ein um so höherer Wert zu legen als die 
Verbesserung der Rassen und Schläge nicht selten durch Inzucht 
angestrebt werden muß. Selbst wenn der tierärztliche Einfluß 
auf die Körungen mit der bezeichneten Aufgabe sein Bewenden 
haben soll, ist sie doch ein hinreichend wichtiger Faktor, um 
bei dem Gesamtvotum mit einer vollwertigen Stimme betont zu 
werden. 




30. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRß 1. 


321 


Die Tierärzte sind aber verlüde ihrer Fachausbildung 
weiter befähigt, gleich wie die andern Mitglieder des Schauamts, 
die speziellen Merkmale eines Zuchttieres zu erkennen 
und richtig einzuschätzen, so daß ihre Stimme auch nach 
dieser Richtung ins Gewicht fällt. 

Der zutreffende Einwand, daß die Mitbestimmung des Zucht¬ 
zieles einer Gegend nicht Sache des Tierarztes ist, dürfte unserer 
Bitte nicht entgegenstehen. Denn diese Frage kommt bei den 
Körungen des Privatdeckhengstes nicht wesentlich in Betracht, 
sondern ihre Beantwortung ergibt sich in erster Linie aus den 
Erfordernissen des Staates und der Landwirtschaft, nach denen 
sich die Schauämter notwendigerweise richten müssen. 

Indes auch die von einem Schauamt selbst gewollte Auf¬ 
stellung einer besonderen Zuchtrichtung würde durch die etwa 
entgengesetzte Meinung des Tierarztes bei dem in den übrigen 
Mitgliedern vorhandenen starken Gegengewicht nicht im geringsten 
angefochten werden können. 

Es dürfte mithin ein triftiger Grund, den Tierärzten die Stimm¬ 
berechtigung in den Schauämtern zu versagen, kaum vorliegen. 

Andererseits würden wir in der Förderung und Verwirk¬ 
lichung unseres ehrerbietigst vorgetragenen Wunsches eine volle 
Anerkennung der tierärztlichen Mitwirkung erblicken und des 
drückenden Gefühls enthoben werden, bei den Körungen eine 
nebensächliche Rolle zu spielen. 

Der Vorstand des Vereins beamteter Tierärzte Preußens 
Prof. Dr. Peter, Kreistierarzt-Angermünde, 
Vorsitzender, 

Rust, Kreistierarzt-Breslau, Nutt, Kreistierarzt-Brakel, 

Bi sch off, Kreistierarzt-Falkenberg Ob./S., 

Dr. Bartel, Kreistierarzt-Colmar, 

Veterinärrat Ziegenbein-Oschersleben, Kreistierarzt a. D. 
Auf diese Eingabe ist am 25. Februar er. die nachstehende 
Antwort eingegangen: 

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten. Geschäft s-Xr. I A a 1-20. 

Berlin W. 9, den 19. Februar 1908. 
Erlangung der Stimmberechtigung der beamteten 
Tierärzte bei den Hengstkörungen. 

Gesuch vom 28. Juni 1907. 

Dem Vorstande erwidere ich auf die Eingabe vom 28. Juni 
v. J. ergebenst, daß bei der Beratung des Körwesens in der 
Sitzung der Bundespferdezuchtkommission vom 25.—26. Oktober 
v. J. fast Einstimmigkeit darüber geherrscht hat, daß eine 
gesetzliche Regelung dieser Materie nicht zu empfehlen ist. 
Ich beabsichtige daher nicht, dieser Frage näher zu treten; 
auch muß ich wegen der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse 
in den einzelnen Provinzen davon absehen, einzelne das Kör¬ 
wesen betreffende Angelegenheiten durch Erlaß von Normativ¬ 
bestimmungen zu regeln. I. V.: v. Conrad. 

An dem Vorstand des Vereins der beamteten Tierärxtc l'rcußms, H. seines Vorsitzenden, 
des Herrn Professor Dr. Feier in Angermünde. 

IX. Internationaler Tierärztlicher Kongreß im Haag, 
14.—19. September 1909. 

II. Tagung des ständigen Ausschusses vom 14.—16. April 1908 
in Baden-Baden. 

Erschienen waren: 

von Frankreich: Herr Prof. Arloing-Lyon, Direktor der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Lyon; 


von Österreich: Herr Ministerialrat Binder im Ackerbauministerium 
Wien; 

von Belgien: Herr Prof. Degive, Direktor der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Brüssel; 

von Rußland: Herr Staatsrat Prof. Dr. Happich an der Universität 
zu Jurjew (Dorpat); 

von der Schweiz: Herr Sanitätsrat Prof. Dr. Heß an der Universität 
in Bern; 

von Ungarn: Herr Hofrat Prof. Dr. Hutyra, Rektor der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Budapest; 
von Holland: Herr Prof. Dr. de Jong von der Universität Leiden 
(Holland); 

von Schweden: Herr Medizinalrat Kjerulf in Stockholm; 
von Deutschland: Herr Geheimer Oberregierungsrat Dr. Lydtin, 
Baden-Baden; 

von Norwegen: Herr Direktor Dr. Malm, Kristiania; 
von Italien: Herr Prof. Dr. Perroncito an der Universität Turin; 
von Ungarn: Herr Prof. Dr. von Rasz, Budapest; 
von Holland: Herr Prof. Schimmel von der Tierarzneischule zu 
Utrecht; 

von Bulgarien: Herr Ministerialrat Tuleff, Sofia. 

Außerdem wohnte der österreichische Veterinärkonsulent 
Hanka von München den Verhandlungen als Gast bei. 

Entschuldigt hatten sich die Delegierten von Dänemark, 
England und der Kapkolonie. 

Als Mitglieder des Organisationskomitees des Haager Kon¬ 
gresses waren die Ausschußmitglieder, die Herren Dr. de Jong 
und Schimmel, letzterer an Stelle des leider zu früh ver¬ 
storbenen Thomassen, erschienen. Zur Verhandlung über die 
zootomische Nomenklatur war auch Herr Prof. Dr. von Sußdorf- 
Stuttgart eine Zeitlang anwesend. 

Nach Begrüßung der Mitglieder des Ausschusses durch den 
deutschen Vertreter, zugleich Vorsitzenden, wurde, im Anschluß 
an den von dem Vorsitzenden und dem Generalsekretär er¬ 
statteten Geschäftsbericht, eine Kommission, bestehend aus den 
Herren Binder-Wien und Leclainche-Toulouse, erwählt, 
um ein einheitliches Formular für die internationalen Seuchen¬ 
nachweise dem nächsten Kongresse zur Beschlußfassung vorzu¬ 
legen. Nach dem Geschäftsbericht sind sämtliche Regierungen 
der zivilisierten Staaten von den Satzungen und von der Kon¬ 
stituierung des Ständigen Ausschusses in Kenntnis gesetzt 
worden» Außerdem erhielten sie den Bericht über den achten 
Kongreß und die daselbst gefaßten Resolutionen, einschließlich 
derjenigen über die Doktoratspromotion. Die in der ersten 
Tagung des Ausschusses genehmigten Satzungen sind in den 
drei Kongreßsprachen gedruckt, versendet und verteilt worden. 
Weiter ist aus dem Geschäftsbericht hervorzuheben, daß eine 
Umfrage über die auf die Tagesordnung des Haager Kongresses 
zu stellenden Verhandlungsgegenstände stattgefunden hat. Zum 
ehrenden Andenken an den durch Tod ausgeschiedenen Prof. 
Dr. Thomassen erhob sich die Versammlung von den Sitzen. 

Hutyra berichtete dann über den von ihm und seinem 
Kollegen von Rasz ausgearbeiteten Entwurf der Satzungen 
der internationalen tierärztlichen Kongresse. In der Haupt¬ 
sache wurde der Entwurf genehmigt, jedoch die vorgesehene 
Bildung von Sektionen dahin abgeändert, daß, unter Aufrecht¬ 
erhaltung der Beschlüsse des VIII. Kongresses, die Bildung der 
einzelnen Sektionen nach Zahl und Benennung dem Organisations¬ 
komitee der jeweiligen Kongresse zu überlassen sei. Die be¬ 
schlossenen Satzungen werden in den drei Kongreßsprachen im 
Laufe des nächsten Vierteljahres allgemein bekannt gegeben 
werden. 







322 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


Längere Verhandlungen veranlaßten die Vorschläge des 
Haager Organisationskomitees über die Gegenstände, welche 
auf die Tagesordnung des nächsten Kongresses gesetzt werden 
sollten. Das Haager Komitee hatte 50 Themata vorgesehen, 
gegen 11 in Baden und 26 in Budapest. Wie leicht ver¬ 
ständlich, waren hier Streichungen vorzunehmen. Der Ausschuß 
einigte sich schließlich mit dem Haager Organisationskomitee 
dahin, daß etwa 10 Fragen allgemeiner Bedeutung auf der 
Tagesordnung der Plenarversammlungen erscheinen sollten. Im 
übrigen wurde dem Organisationskomitee freie Hand gelassen, 
die vom ständigen Ausschuß genehmigten oder auch andere 
Fragen in die Plenar- oder Sektionssitzungen zu verweisen, 
vorausgesetzt, daß die Zahl der Fragen in Einklang mit der 
Zeit zu deren Verhandlungen gebracht werde. Die Beschlu߬ 
fassung über zootomische Nomenklatur wurde wegen finanzieller 
Schwierigkeiten vertagt. 

Der Kongreß soll in der Woche vom 14.—19. September 
1909 im Haag tagen. Man erwartet eine große Beteiligung. 
Über die Höhe des Mitgliederbeitrages konnte das Organisations- 
koraitee Bestimmtes noch nicht mitteilen. Der Ausschuß 
empfahl, über den Betrag von 20 M. nicht hinauszugehen. 

Am Schluß der Tagung dankte der Vorsitzende den Herren 
Berichterstattern für deren Mühewaltung, besonders den Herren 
Hutyra und von Rasz, ferner dem Herrn Generalsekretär 
Dr. de Jong. 

Dem Vorsitzenden dankte Herr Hutyra für die geschickte 
und förderliche Leitung der Verhandlungen. 

Von der Stadt Baden hatten die Herren Mitglieder Frei¬ 
karten zum Besuch der Promenade, des Konversationshauses, 
der Konzerte usw. erhalten. Der Ausschuß verfehlte nicht, 
dafür zu danken. 

Unterstatzungsverein für Tierärzte. 

Anfügend erlauben wir uns den Jahresbericht des Unter¬ 
stützungsvereins für Tierärzte zur gefälligen Kenntnisnahme er¬ 
gebenst zu überreichen. 

Der Verein besteht seit dem Jahre 1899. ■ 

Sein Zweck ist die Unterstützung bedürftiger Tierärzte, 
sowie an Hinterbliebene solcher. Er bildet eine Abteilung der 
Zentral Vertretung der preußischen tierärztlichen Vereine, steht 
jedoch mit dieser nur in losem Zusammenhang. Jeder im 
Deutschen Reich approbierte Tierarzt ist zur Mitgliedschaft 
berechtigt. Zur Zeit gehören dem Verein etwas über 500 Tier¬ 
ärzte an, das sind 16—17 Prozent der preußischen Tierärzte, 
er ist also noch sehr erweiterungsfähig. Die Leistungen des 
Vereins sind zwar schon recht ansehnliche, doch sind die Mittel 
immer noch sehr beschränkt und wäre die Beteiligung möglichst 
aller preußischen Tierärzte sehr erwünscht, wenn er das Ziel 
erreichen soll, welches er sich gestellt hat. In dankenswerter 
Weise sind dem Verein bereits viele Zuwendungen gemacht 
worden, u. a. auch von nichttierärztlicher Seite. Wer Mitglied 
zu werden wünscht, wird gebeten, sich an eines der Vorstands¬ 
mitglieder zu wenden. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 5 M. p. a. 
Dem Vorstand des Unterstützungsverein gehören zur Zeit an: 
Veterinärrat Preuße in Danzig als Vorsitzender, Veterinärrat 
Heyne in Posen als Schatzmeister, Geh. Rat Prof. Dr. Esser 
in Göttingen, Prof. Dr. Schmaltz in Berlin und Veterinärrat 
Dr. Arndt in Berlin als Beisitzer. 

Hochachtungsvoll 

Der Vorstand. I. A.: Preuße. 


iahresreohnung des Unterstützuigsvefeins für Tierärzte für 1907. 

Bestand am Beginn des Jahres 1907. 


Konto I Stammkapital.M. 12 352,95 

Konto II Reservefonds.„ 2 693,— 

Konto III laufender Bestand. „ 161,59 

M. 15 207,54 

Einnahmen im Jahre 1907. 

Mitglicdsbeiträge (444) 4 5 M.M. 2 220,— 

Zuwendungen und Schenkungen. 906,20 

Zinsen. 552,61 

Rückeinnahmen an Porti.„ 55,40 

Überschuß beim Ankauf eines Wertpapieres . „ 57,40 _ 

M. 3 791,61 

Ausgaben im Jahre 1907. 

Unterstützungen.M. 1085,— 

Bankspesen und Kursverluste.„ 14,65 

Portoauslagen. 76,69 

Rechnungslegung und Formulare. „ 38,85 _ 

M. 1215,96 


Mithin Überschuß „ 2 576,42 

Vermögensbestand am Ja hresbeginn „ 15 207,54 
Vermögensstand am Jahresschluß M. 17 783,% 


Konto 1 Stammkapital. 


Bestand am Beginn des Jahres.M. 12 352,95 

Zugang. . \ 595,75 

Mithin Stand des Konto I M. 13 948,70 
Dieser Bestand ist wie folgt angelegt: 

3*/a °/o Essener Stadtanleihe Nennwert . . . M. 2 500,— 

4 °/ 0 Krotoschiner Stadtanleihe Nennwert . . „ 1 000,— 

3Y a % Münchener Stadtanleihe Nennwert. . „ 1 000,— 

3V 2 % Posener alte Pfandbriefe Nennwert . „ 3 000,— 

4% Hagener Stadtanleihe Nennwert . . . „ 2000,— 

37 3 % Oppelener Stadtanleihe Nennwert . . „ 2000,— 

Barbestand.„ 2 448,70_ 


M. 13948,7ü 

fhr 2Ötiti M. werden*neue Wertpapiere gekauft werden. 

Konto II Reservefonds. 

Bestand am Beginn des Jahres.M. 2 693,— 

Zugang. „ 341,40 

Kontobestand am Jahresschluß M. 3 034,40 
Der Bestand ist angelegt: 

in 37a % Münchener Stadtanleihe Nennwert. M. 2 000, - 

Barbestand. „ 1 034,40 _ 

M. 3034,40 

für 1000 M. soll ein weiteres Wertpapier gekauft werden. 

Die 3000 M. übersteigenden 34,40 M. werden auf den 
laufenden Bestand per 1908 übertragen. 

Konto III laufender Bestand. 


Bestand am Beginn des Jahres . . . . . . M. 161,59 
Rest des nicht zum Stammkapital und Reserve¬ 
fonds zugeschlagenen Überschusses . . . „ 639,27 


Bestand am Jahresschluß M. 800,86 
Hiervon werden gemäß dem Beschluß der General¬ 
versammlung 500 M. dem Stammkapital zugeführt und 
300 M. auf die Rechnung für 1908 übertragen. 

Wiederholung. 


Konto 1 Stammkapital . . 
Konto II Reservefonds . . 
Konto III laufender Bestand 


M. 13 948,70 
ff 3 034,40 
„ 800,86 


Mithin Vermögensstand am Jahresschluß M. 17 783,96 
Preuße, Vorsitzender. Heyne, Schatzmeister. 


Tierschutz und Tierschutzverein. 

Von Dr. Storch-Schmalkalden. 

Wer sich über die Gesamtheit derjenigen Bestrebungen, 
deren Zweck es ist, einerseits die Tierquälereien zu verhindern, 
anderseits gewissen, der Verfolgung seitens der Menschen be¬ 
sonders ausgesetzten Tierarten Schutz angedeihen zu lassen, 
























30. April 1908. 


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uniformieren will, der lese den hochinteressanten Vortrag „Tier¬ 
schutz und Tierschutzverein“ von Kreistierarzt Dr. Storch in 
Schmalkalden. Die kleine Broschüre hat in mustergültiger und 
populärer Form wohl alle Bestrebungen des Tierschutzes, die 
einer sittlich humanen Quelle entspringen, zusammengestellt und 
von A bis Z besprochen, wie: Angeln, Anketten der Hunde 
Aufsatzzügel, Aussetzen von Hunden und Katzen ... bis Zieh¬ 
hunde. Auch nichts ist vergessen von dem großen Leidens¬ 
register unserer Tiere. Jedes Wort kann man unterschreiben 
was der Verfasser über Bahntransport der Tiere, über Insekten¬ 
sammlungen, über Modetorheiten, Polkaschlächter und noch 
andere mehr trefflich ausführt. Selbst dem Dohnenstieg spricht 
der Autor das rechte Wort ganz in dem Sinne der Mehrheit 
unserer Reichstagsabgeordneten, von denen einer bei dem am 
10. Januar zur Beratung gestandenem Vogelschutzgesetz sehr 
richtig sagte: „Wer es fertig bringt, sich für den Fang der 
Vögel im Dohnenstieg auszusprechen, den soll man eine Viertel¬ 
stunde lang in einer solchen Schlinge — er zieht eine Kramts- 
vogelschlinge aus der Tasche — an den Beinen aufhängen und 
baumeln lassen.“ Es sind herrliche Worte, welche die Behand¬ 
lung der Zugtiere, deren zweckmäßigste Haltung und Benutzung, | 
die Verhinderung des gewerbsmäßigen Vogelfanges, die Ver¬ 
wendung tierquäleri8cher Fangvorrichtungen, Überwachung des 
Mästens und Tötens des Geflügels, der Fische, Frösche usw. 
behandeln. 

Die Tierschutzbestrebungen können gar nicht besser ge¬ 
fördert werden, wenn diese Storch sehe Broschüre die weiteste 
Verbreitung erführe. (Preis 30 Pf.) An allen Schulen, besonders 
an landwirtschaftlichen, in allen Schulbibliotheken verdient das 
Buch eine Heimstätte. Wahrlich, jeder Lehrer, der in der 
Schule, sei es beim Religionsunterricht, T sei es in der Natur¬ 
geschichte, die Pflichten gegen die Tiere behandelt, er kann 
sich nicht besser für dieses Kapitel vorbereiten, wenn er 
vorher die Storch sehen Ausführungen über Tierschutz sich zu 
eigen macht. Dr. Helmich-Northeim. 

Personalien. 

Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Ostertag hat nun¬ 
mehr seine Ernennung zum Direktor der Veterinärabteilung 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt erhalten. Bekanntlich bestand 
für diese Abteilung bisher eine Direktorstelle nicht; dieselbe ist 
erst durch den am 1. April 1908 in Kraft getretenen Etat 
geschaffen worden. Das Veterinärwesen im Gesundheitsamt hat 
damit einen bedeutsamen Schritt vorwärts getan. Freilich 
genügt diese organisatorische Verbesserung noch nicht; es muß 
vielmehr nunmehr auch der Veterinärabteilung ihr wissenschaft¬ 
licher Wirkungskreis zugewiesen werden. Alle deutschen Tier¬ 
ärzte werden sich in dem Wunsche vereinigen, daß es der 
Energie des nunmehrigen Abteilungsdirektors gelingen möge, 
dieses Ziel zu erreichen. 

Im preußischen Ministerium ist der ständige veterinär¬ 
technische Hilfsarbeiter Veterinärrat Nevermann zum 
Regierungs- und Veterinärrat befördert worden. Auch diese 
Ernennung hat eine allgemeine und grundsätzliche Bedeutung. 
Zunächst geht aus derselben hervor, daß der jetzige Inhaber 
der Hilfsarbeiterstelle nicht allein endgültig im Ministerium 
verbleibt, sondern auch, daß er die sichere Anwartschaft hat, 
in die Stellung* eines Vortragenden Rats aufzurücken. Damit 
wird ein alter Wunsch der Tierärzte erfüllt werden. Die Er¬ 
nennung des ersten Regierungs- und Veterinärrats in Preußen 


ist aber nicht nur für diesen allein, sondern auch für die 
preußischen Departementstierärzte erfreulich; denn man darf 
wohl sagen, daß damit der Bann gebrochen ist, und die Hoffnung 
aussprechen, daß die Umwandlung der Stellung der Departements¬ 
tierärzte in die von Regierungs- und Veterinärräten damit eiu- 
geleitet ist. 

Von einer dritten Ernennung, die ebenfalls des allgemeinen 
Interesses nicht entbehrt, ist aus dem Auslande, und zwar aus 
Holland zu berichten. Der bekannte Direktor des Schlachthofes 
zu Leiden, Sekretär des künftigen internationalen tierärztlichen 
Kongresses, Dr. de Jong, ist unter Beibehaltung seines 
Amte8 zum außerordentlichen Professor für allgemeine Patho¬ 
logie an der Universität Leiden ernannt worden. 

Dresden. Tierärztliche Hochschule. 

Als Mitglieder des Senats für die Zeit vom 1. Mai 1908 
bis 30. April 1909 wurden gewählt die ordentlichen Professoren 
Obermedizinalrat Dr. Müller, die Medizinalräte Dr. Röder 
und Dr. Kunz-Krause. 

An dem Fortbildungskursus für praktische Tierärzte, der 
in der Zeit vom 6.—16. April d J. stattfand, beteiligten sich 
38 Tierärzte. 

Nach einem Bericht der Deutschen Tierärztlichen Wochen¬ 
schrift sind im Staatshaushaltsetat für die Tierärztliche Hoch¬ 
schule zu Dresden Mittel zur Einrichtung eines opsonischen 
Laboratoriums ausgeworfen. Der Forderung ist folgende Er¬ 
läuterung beigefügt worden, die auch den tierärztlichen Lesern 
zur Aufklärung großenteils nicht unerwünscht sein dürfte. 
Neben den baktericiden und antitoxischen Substanzen des Blut¬ 
serums gibt es nach den Forschungen namentlich von Wright 
noch eine dritte Art von Schutzstoflfen, welche die eigentümliche 
Wirkung haben, die Phagocytose zu fördern. Das geschieht 
offenbar dadurch, daß sie die Bakterien in einer bestimmten 
Weise beeinflussen, sie gewissermaßen mundgerecht für die 
Phagocyten machen. Daher sind diese Stoffe OpsoniDe genannt 
worden von bxptovtiv: zum Mahle bereiten. Jede Bakterienart 
verlangt ein spezifisches Opsonin, und die Erkennung und 
künstliche Erzeugung desselben ist die Aufgabe des opsonischen 
Instituts. 

Fortschritte der Zahnärzte. 

In Berlin hat kürzlich die Generalversammlung des Vereins¬ 
bundes Deutscher Zahnärzte stattgefünden. Es wurde dabei 
offiziös bekannt gegeben, daß die Einführung einer neuen Studien- 
ordnung auf den 1. April 1909 festgesetzt ist. Von da ab wird 
verlangt werden die Universitätsreife, ein siebensemestriges 
Studium und eine vorbereitende praktische Tätigkeit von einem 
Semester. Damit werden die Zahnärzte, neben denen freilich die 
Zahntechniker immer werden bestehen bleiben müssen, die ihnen 
längst gebührende Stellung als ärztliche Spezialisten erreichen. 
Von tierärztlicher Seite kann man ihnen dazu nur Glück wünschen; 
denn der Widerstand, auf den die Zahnärzte bei ihrem berech¬ 
tigten Vorwärtsstreben gestoßen sind, hat viel verwandtes mit 
den Hindernissen, die auch die Tierärzte haben nehmen müssen. 

Die Tagung nahm ferner den Entwurf der Einführung eines 
Ehrengerichtes einstimmig an. Nachdem die Ärzte und die 
Apotheker längst ihre staatliche Standesorganisation erhalten 
haben, ist es selbstverständlich, daß auch die Zahnärzte wie 
die Tierärzte eine solche anstreben. Hoffentlich erfolgt die 
Einführung derselben für beide recht bald. 


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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


Kolonialinstltut zu Hamburg. 

In Hamburg wird am 1. Oktober ein Kolonialinstitut 
errichtet. Die Verhandlungen zwischen Hamburg und dem 
Reichskolonialamt habeu zu einer Übereinstimmung bezüglich 
der Aufgaben und des Aufbaus dieses Instituts geführt. Staats¬ 
sekretär Dernburg hat in einem Schreiben an den Senat aus¬ 
gesprochen, daß zwar rein wissenschaftliche Institute auch in 
anderen größeren Städten des Binnenlandes gegründet werden 
könnten, daß hier aber der Hintergrund des großen Handels¬ 
und Verkehrsbetriebes fehle, und daß daher Hamburg der ge¬ 
eignetste Platz für die Vorbildung von Privatpersonen und Be¬ 
amten sei. Als Lehrgegenstände sind in Aussicht genommen: 
Astronomie, Botanik, Zoologie, Geographie, Geologie, Rechts¬ 
wissenschaft, Völkerkunde, Volkswirtschaft, Tropenmedizin. 
Die Vorlesungen werden von Dozenten der Hamburger Lehr¬ 
anstalten abgehalten werden; nur einzelne Professoren müssen 
von auswärts berufen werden. Karl Hagenbeck hat dem 
Institut seinen Tierpark zu Vorträgen über die Nutz- und Haus¬ 
tiere der Tropen zur Verfügung gestellt, während die Hamburg- 
Amerikalinie Vorträge über Reederei und Kaibetrieb zugesagt hat. 

Deutsche tropenmedizinische Gesellschaft. 

Nach Zeitungsmeldungen ist eine tropenmedizinische Gesell¬ 
schaft begründet worden, die in der Zeit vom 14. bis 16. April 
zum erstenmale in Hamburg getagt hat. Auf der ziemlich 
reichen Vortragsliste befand sich ein tierärztlicher Vortrag 
nicht. Es wäre doch erwünscht, wenn die Kollegen, denen es 
ihre Erfahrung gestattet, sich dieser Gesellschaft, anschließen 
wollten, weshalb auf ihre Begründung hier hingewiesen werden 
soll. Die Versammlung wählte übrigens ihren stellvertretenden 
Vorsitzenden Professor Nocht und Professor Plehn (Berlin) 
zu Delegierten bei den Londoner Beratungen über die Organisation 
der internationalen tropenmedizinischen Gesellschaft, deren 
Tagung im Sommer oder Herbst in London stattfindet. 

Verurteilung eines Tierarztes wegen Tierquälerei. 

Der Tierarzt muß eigentlich selbstverständlich Tierfreund sein; 
man versteht sonst nicht recht, wie er sich mit Tierheilkunde zu 
schaffen machen kann. Deswegen ist es selbstverständlich, daß 
die Verurteilung eines Angehörigen des tierärztlichen Standes wegen 
Tierquälerei allgemeines Aufsehen machen und in diesem Stande 
als ein Nachteil empfunden werden muß. Dieser Fall ist neulich 
eingetreten. Das Schöffengericht zu Perleberg hat gegen den Tier¬ 
arzt He ege in Kletzke auf eine Strafe von 75 M erkannt, weil 
He ege in fünf selbständigen Handlungen Tiere in Ärgernis 
erregender Weise und roh mißhandelt habe. 

„Tierarzt“ Ludwig in Habelschwerdt. 

Der Name des Herrn Ludwig aus Habelschwerdt ist den tier¬ 
ärztlichen Lesern der B. T. W. nicht unbekannt; zuletzt hat Räbiger 
(B. T. W. Nr. 6 S. 104) dem Herrn ja einen besondem Artikel ge¬ 
widmet. Wieweit der Mißbrauch mit dem tierärztlichen Prädikat 
in jener Gegend getrieben wird, ergibt sich aus einer gedruckten 
Bekanntmachung der gräflichen Gutsverwaltung zu Altwaltersdorf; 
dieselbe versendet die gedruckten Bestimmungen für mietweise 
Vieheinstellung auf ihre Jungviehweide und schreibt in § 5: „Der 
Eigentümer des Viehs hat dasselbe in der Weideviehversicherung 
Hallensia zu Halle zu versichern. Agent: Herr Tierarzt Ludwig 
in Habelschwerdt.“ Dieser Mißbrauch des tierärztlichen Prädikats 
durch eine gräfliche Gutsverwaltung soll hier doch öffentlich 
gerügt werden. 

Besichtigung der Berliner städtischen Anstalten. 

Der Berliner Magistrat hat die Abgeordneten des Reichstages 
zu Besichtigungen der städtischen Anstalten eingeladen Es sind 
sieben Führungen geplant, deren erste dem Rudolf Virchow-Krank^n- 
haus und dem Vieh- und Schlachthof gegolten haben. 


Vermittlungsstelle für Vertretungen im Schiachthofdienst 

Der Verein sächsischer Gemeindetierärzte hat in seiner 
letzten Sitzung zu Chemnitz beschlossen, eine Vermittlungsstelle 
für Angebot und Nachfrage in Vertretungsangelegenheiten zu 
schaffen. Bis auf weiteres hat diese Vermittlung Herr Schlacht¬ 
hofdirektor Gänsehals in Großenhain. 

Internationaler Kongreß für historische Wissenschaften. 

In Berlin findet vom 6. bis 12. August d. J. ein internationaler 
Kongreß für historische Wissenschaften statt, der sich in folgende 
acht Sektionen gliedert: Geschichte des Orients; Geschichte von 
Hellas und Rom; politische Geschichte des Mittelalters und der 
Neuzeit; Kultur- und Geistesgeschichte des Mittelalters und der 
Neuzeit; Rechts- und Wirtschaftsgeschichte; Kirchengeschichte; 
Kunstgeschichte; endlich historische Hilfswissenschaften: Archiv- 
und Bibliothek wesen, Chronologie, Diplomatik, Epigraphik, 
Genealogie, historische Geographie, Heraldik, Numismatik, Paläo¬ 
graphie und Sphragistik. Der geschäftsführende Ausschuß setzt 
sich zusammen aus dem Generaldirektor der Königlichen Staats¬ 
archive Ihr. Köhler, den Universitätsprofessoren Eduard Meierund 
U. v. Wilamowitz-Möllendorff, den Privatdozenten Dr. Kasper, 
Dr. Schiff und dem Geheimen Kommerzienrat Koppel. 

Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin. (E. V.) 

Einladung zur Sitzung am Montag, den 4. Mai 1908, abends 
8 Uhr pünktlich. Demonstrationsabend in der chirur¬ 
gischen Klinik der tierärztlichen Hochschule. 

I. Vereinsangelegenheiten: Verschiedenes. 

II. Vorträge und Demonstrationen: 

1. Herr Dr. Gasse: „Über das Verhalten der Blutkörperchen 
bei chirurgischen Krankheiten der Pferde“. 

2. Herr Dr. Silbersiepe: „Die Fesselbeinfrakturen des Pferdes 
und ihre Behandlung“. 

3. Herr Dr. Schenker: „Über Atrophie und Phthisis bulbi des 

Pferdes“. , 

4. Herr Dr. Adloff: „Die eitrige Entzündung des Hufgelenkes 
der Pferde und ihre Behandlung“. 

5. Herr Prof. Dr. Eberlein: „über Lenicet, ein neues Tonerde¬ 
acetat“. 

(>. Herr Prof. Dr. Eberl ein: „Demonstration einiger wichtiger 
Krankheitsfälle“. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Goldstein, Schriftführer. 

72. Versammlung des Vereins Thüringer Tierärzte 

und Feier des 50jährigen Berufsjubiläums des Schlachthaus¬ 
direktors a. D. Albert Kleinschmidt am 10. Mai d. J. in Erfurt 
in den Festsälen der „Ressource-Gesellschaft“. Beginn der Ver- 
I Sammlung 10 */ a Uhr. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches (Eingänge, Aufnahme neuer Mitglieder usw.). 

2. Vortrag: Die Lokalanästhesie, ihre Anwendung und Bedeutung 
für die Veterinärpraxis. Referent: Herr Professor Dr. Kärn- 
bach-Berlin. 

3. Verschiedenes (Besprechung über Betäubungsmethoden bei 
Schlachttieren. (Eingcleitet von Veterinärrat Wall mann.) 

17a Ehr Festessen mit Damen. Gäste willkommen. 

Der Vorstand. I. A.: Veterinärrat Wall mann. 

Mittelmeerfahrt. 

Die Freie Deutsche Reisevereinigung (unter Geschäftsführung 
des Herrn Redakteurs Baum in Duisburg) veranstaltet eine Mittel- 
meerfahrt vom 16. August bis 3. September für 350 M. In diesem 
Preise ist volle Verpflegung usw. einbegriffen; doch ist damit die 
Benutzung gemeinsamer Schlafräume verbunden; wer eine eigene 
Kabine für ein Bett haben will, hat 120 M., wer eine Kabine von 
zwei bis drei Betten belegt, 90 M. zuzuzahlen. Die Fahrt ist kein 
geschäftsmäßiges Unternehmen, da ein etwaiger kleiner Überschuß 
der Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller zu 
München bestimmungsgemäß zugeführt werden muß. Hauptpunkte 
der Fahrt sind Marseille, Barcelona, Balearen, Algier, Tunis, 
Karthago, Palermo, Taormina, Neapel, Kapri, Monte Karlo, Genua. 
Die Reise nach Marseille und von Genua ist nicht im Preise ein¬ 
begriffen. 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Staat8veterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat PreuBe. 

Der infektiöse Seheidenkatarrh und seine Bedeutung 
für die nassauische Viehzucht. 

Von Kreistierarzt Wenzel-Limburg. 

Vortrag in der Versammlung der beamteten Tierärzte vom 
16. November 1907. 

(Amtsblatt der Landwlrtschaltskammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden.) 

Der Vortragende besprach zunächst einleitend das Wesen 
des Scheidenkatarrhs, das hier als bekannt vorausgesetzt werden 
kann, und ging dann auf die wirtschaftliche Bedeutung der 
Krankheit ein. Infolge der mangelhaften Futterverwertung ver¬ 
liert, wie der Landwirt sagt, das Vieh den ganzen Schein. Die 
Nebenerscheinungen und Folgezustände der Seuche schädigen 
den Züchter auf das Schwerste. Hierzu gehört: der Mangel 
oder die Verzögerung der Konzeption, der gewaltige Ausfall an 
Kälbern, Milch und Butter; die Tiere kommen vielfach zu einer 
Zeit zum Kalben, wo sie (in dortiger Gegend) zur Arbeit ge¬ 
braucht werden; Abortus und Zurückbleiben der Nachgeburt 
häufen sich; Brüllerkrankheit, Euterentzündungen, vielleicht auch 
Nabelentzündungen zählen zu den Folgezuständen. Da täglich 
ungezählte Mengen von Kokken ausgeschieden werden, so ver¬ 
breitet sich die Seuche in kürzester Zeit, da ja nicht nur die 
Bullen, sondern allerlei verunreinigte Gegenstände sie ver¬ 
schleppen, so daß manchmal plötzlich der ganze Bestand vom 
jungen Kalb ab verseucht ist. Auch mit den Stiefeln werden 
die im Urin enthaltenen Keime von Stall zu Stall vertragen. So 
ist denn hier die Hälfte aller Rinder an chronischem Scheiden¬ 
katarrh erkrankt, 5—10 Proz. an akutem. 

Die landwirtschaftliche Buchführung, die ja mehr oder 
weniger in Aufnahme gekommen ist, hat enorme Verluste er¬ 
geben. Eine Limburgische Gemeinde, die eine Hochburg edelster 
Lahnviehzucht ist, hat z. B. bei einer ersten Untersuchung des 
Vortragenden nach etwa 6 monatelangem Bestehen der Seuche 
150 Patienten aufgewiesen; in der ganzen Zeit war fast keine 
Kuh trächtig geworden. Von dem Bestände waren etwa 
100 Stück zuchtreif; setzt man alle drei Jahre zwei Kälber im 
Werte von nur 60 M., so berechnet sich der Verlust für das 
Semester auf 10 M., bei 100 Tieren demnach auf 1000 M. 
Durch schlechte Futterverwertung verlor jedes Tier nachweis¬ 
lich 50 M.; macht bei 150 Tieren 7500 M. Nach dem Melk¬ 
register gibt eine Kuh in dem betreffenden Ort schlecht ge¬ 
rechnet 3000 1 durchschnittlich im Werte von 500 M., für das 
Halbjahr also von 250 M. oder, wenn man noch etwas Milch¬ 
ertrag abrechnet, 200 M., und es verbleibt bei den 100 nicht 
trächtig gewordenen Kühen ein Schaden von mindestens 20000 M. 
Hiernach kann man schon, abgesehen von den Nebenkosten für 
Behandlung, Arzneien usw. dieser einen Gemeinde einen Schaden 
von 30000 M. in einem halben Jahre infolge der Seuche heraus¬ 
rechnen. 

Für den Bezirk Wiesbaden wären als zweckmäßige Ma߬ 
regeln vorzuschlagen, daß bei einem Entwurf zur staatlichen 
Bekämpfung zunächst die Anzeigepflicht bei akuten Formen und 
bei jeder verdächtigen Geschlechtserkrankung eines Zuchtbullen 
gefordert würde, daß für erkrankte und verdächtige Tiere ein 
absolutes Deckverbot erlassen und die Zwangsbehandlung vor¬ 
geschrieben würde wie bei der Schafräude, während jede Sperr¬ 
maßregel zu verwerfen wäre. Da nun aber ein staatliches Ein¬ 
greifen. zunächst nicht in Aussicht steht, mithin mit eigenen 


Hausmitteln gearbeitet werden muß, so sind folgende Gesichts¬ 
punkte aufzustellen: Bekämpfung der Seuche durch das Kör¬ 
gesetz und die Bullenhaltungsverträge, Mitwirkung der Land¬ 
wirtschaftskammer und Selbsthilfe der Landwirte. 

Das für Nassau gütige Körgesetz vom 15. Januar 1829, 
welches sich den süddeutschen Zuchtprmzipien völlig anpaßt, 
bestimmt, in welcher Form sich die anzukörenden Bullen be¬ 
finden müssen. Der Kreistierarzt hat das zu begutachten; er 
darf sich nicht mit einer Beurteilung der äußeren Form be¬ 
gnügen, sondern hat auch eine genaue Untersuchung vorzu¬ 
nehmen. Diese muß sich erstrecken auf Entwicklung und 
Stellung der Beine, auf die Augen, auf Herz, Lunge und 
Verdauungsorgane, besonders aber auf die Geschlechtsorgane. 
Diese genaue Körperuntersuchung muß das erste Gebot für eine 
Körung sein. Die gesunde Organbeschaffenheit des Bullen ist nicht 
nur wegen der Vererbung zu fordern, sondern auch mit Rücksicht 
aufdas Tier, das bei der Zuchtverwendung einen erheblichen 
Kräfteverbrauch erfährt ; dieser Verbrauch ist bei der Ausführung 
der Begattung, beim Aufsteigen und Einstürmen eines Hengstes 
oder der Bullen ganz enorm, muß doch ein kolossales Gewicht 
durch eine bestimmte Muskelgruppe bei angestrengter Herz- 
und Lungentätigkeit gehoben werden. Leider werden häufig 
die Jungbullen zu zeitig im Decken probiert, ohne daß eine 
Untersuchung der zugeführten weiblichen Tiere stattgefunden 
hat; so kommt es, daß ein Bulle oft durch frühzeitigen Sprung 
infiziert und verdorben wird, während Stallinfektion selten ist. 
Zweckmäßig wäre es immerhin, wenn die Körung von Jung¬ 
bullen im Stalle des Züchters stattfände, so daß man gleichzeitig 
die Seuchenfreiheit des Bestandes feststellen, aber auch die 
Mutter kennen lernen und sich überhaupt ein Gesamtbüd von 
der ganzen Zucht machen könnte. In den Kaufverträgen, die 
eine Gemeinde mit einem Verkäufer abschließt, muß bemerkt 
werden, daß der Verkäufer für jede Geschlechtserkrankung des 
Bullen mindestens 14 Tage haftet. Der Bullenhalter müßte 
sich von dem Resultat der ersten Probesprünge überzeugen und 
in Verdachtsfällen den Kreistierarzt zuziehen. Sehr zu be¬ 
grüßen ist, daß die Landwirtschaftskammer in den verschiedenen 
Jungbullenaufzuchtstationen Tiere heranzieht, die nicht allein 
zweifellos seuchenfrei sind, sondern auch gediegenes Zucht¬ 
material versprechen. 

Das Körgesetz gibt weiter die Handhabe, erkrankte Tiere 
von der Zucht auszuschließen. Die Forderung des Deckverbotes 
läßt sich also schon erfüllen; der Landrat ist dazu auf das 
Gutachten des Kreistierarztes hin berechtigt. Das Deckverbot 
für den Bullen schließt das Deckverbot der Kühe ein. Die 
Zwangsbehandlung, das zweite Postulat, tritt dann ganz von 
selbst und mindestens halb freiwillig in Kraft, da* unter dem 
Druck des Deckverbotes jeder Besitzer ein Interesse daran hat, 
seine Tiere wieder deckzulässig zu sehen. Das Körgesetz hat 
also ganz ausgezeichnet vorgearbeitet; es garantiert das Deck¬ 
verbot, die Zwangsbehandlung und die Anzeigepflicht mindestens 
des Bullenhalters. Viel mehr kann uns ein Seuchengesetz auch 
nicht bieten. 

Das Körgesetz sieht des weiteren vor, daß in jedem Frühjahr 
eine Revision der Bullen- und Eberstationen stattfindet. Diese 
Rundreise hat eine enorme Bedeutung, da sie die einzige offizielle 
Besichtigung darstellt, bei der dann meist auch aües klappt bis 
auf die Sprungbticher, die meist nicht so ernstlich geführt 
werden, wie sie es als Urkunden verlangten. Nach der Besieh- 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


tigung fängt dann wieder der alte Schlendrian an; eine zweite 
unvermutete Untersuchung im Laufe des Jahres wäre daher 
außerordentlich geeignet, das Gewissen der Bullenhalter zu 
schärfen. Verschiedene Kreise, z. B. der Oberlahnkreis, haben 
eine solche zweite Revision auch mit sehr gutem Erfolge eingeführt. 
Leider fehlt im Körgesetz eine strenge Instruktion des Bullen¬ 
halters, die Kühe vor dem Decken auf Geschlechtskrankheit zu 
untersuchen. Von dem Bullenhalter muß daher die Kenntnis der 
Symptome verlangt werden. Die Landespolizei hat dafür zu 
sorgen, daß diese Vorbedingung im Bullenhaltungsvertrag zum 
Ausdruck kommt. Die volle Durchführung der Maßnahmen ist 
allerdings nur möglich, wenn der Deckakt auf die Tagesstunden 
beschränkt wird, wie dies in Herborn und Kamberg geschehen ist. 

Jedenfalls ergibt sich, daß das nassauische Körgesetz mit den 
ihm angegliederten BullenhaltungsVerträgen einen ausgezeichneten 
Ersatz für die reichsgesetzliche Bekämpfung des Scheidenkatarrhs 
gewährt. Die Kreistierärzte müssen dafür sorgen, daß die An¬ 
forderungen jenes Gesetzes erfüllt werden. Gewissenhafte 
Durchführung wird absolut sicher dazu führen, daß jener Feind 
der Rinderbestände an Boden verliert, ganz abgesehen von der 
Verpflichtung, das Bullenmaterial auf der Höhe zu erhalten. | 
In dieser Hinsicht kommt für die Unterstützung bei der Seuchen- 
tilgung die Land Wirtschaftskammer selbst in Frage; sie ist mit 
Hilfe ihrer Tierzuchtinspektoren aufs beste bemüht, ein den 
örtlichen Verhältnissen entsprechendes mustergültiges Rind zu 
züchten; sie hat dann auch die Pflicht, daran mitzuwirken, daß 
dieser Bestand nicht durch den Scheidenkatarrh wieder zum Verfall 
gebracht wird. Instruktionskurse für die Bullenhalter haben sich 
bestens bewährt; die Kammer sollte dafür finanzielle Beihilfe 
gewähren und ebenso dahin wirken, daß die Gemeinden ihre 
Ballen in eigene Zuchtställe in Selbstverwaltung übernehmen. 
Zuschüsse an ärmere Gemeinden zur Seuchentilgung und kleinere 
Preise an gewissenhafte Bullenpfleger wären ebenfalls empfehlens¬ 
wert. Die Viehzüchter endlich müssen aufgefordert werden, 

mit dem System der Verheimlichung zu brechen. Die Krankheit 
ist heilbar; die Behandlung darf aber nur unter der Aufsicht 
eines Tierarztes geschehen, da nur dieser die einzelnen Stadien 
und die entsprechenden Mittel beurteilen kann. Vor allem aber 
soll auch der Viehzüchter größeren Wert auf Sauberkeit im 
Stall legen und öfterere Desinfektionen ausfüliren lassen. 
Herrscht Sauberkeit im Betriebe, werden die Anordnungen des 
Tierarztes befolgt, wird beim Verkauf mit Sorgfalt verfahren 
und nicht ein rücksichtsloses Decken bereits erkrankter Tiere 
erzwungen, dann hat auch der Viehbesitzer bei der Seuchen¬ 
bekämpfung sein Möglichstes getan. Wirken alle drei: Aufsichts¬ 
behörde, Landwirtschaftskammer und Züchter als Verbündete, 
dann muß ein Erfolg erzielt werden, der dem Regierungsbezirk 
Hunderttausende von Mark jährlich erhält. 

Yiehsenchenkommission. 

Die Beratungen in der Viehseuchenkommission des Reichs¬ 
tages gehen in dem gleichen Schneckentempo vorwärts. Ob¬ 
gleich die Kommission bereits seit einem Vierteljahr tagt, hat 
sie doch erst kaum die Hälfte des Gesetzes erledigen können. 
Wenn es nach dem Grundsatz ginge: „Was lange währt, wird 
gut“, müßte ein geradezu ideales Viehseuchengesetz zustande 
kommen. Nach alledem, was über die Verhandlungen der 
Kommission an die Öffentlichkeit kommt, scheint dies nicht der 
Fall zu sein. Ich habe bereits in Nr. 14 der B. T. W. darauf 


hingewiesen, welche Schwierigkeiten bisher gerade von 
konservativer Seite bei der Durchberatung des Gesetzes ge¬ 
macht worden sind. An dem meines Erachtens sowohl inhalt¬ 
lich wie redaktionell so vorzüglichen Gesetzentwurf werden 
fortdauernd Änderungen vorgenommen, von denen man vielfach 
nicht gerade behaupten kann, daß sie eine Besserung des Ent¬ 
wurfs bedeuten. Die Kommissionsberatungen sind bis zum 
§ 29 a gediehen. Am 8. April ist der Reichstag in die Ferien 
gegangen; nach Ostern tritt er am 28. April wieder zusammen. 
Sehr lange wird die Tagung des Reichstages im Früh¬ 
jahr nicht mehr dauern. Wichtige Bestimmungen des 
neuen Gesetzentwurfs stehen noch aus, es ist daher nicht 
anzunehmen, daß die Kommissionsberatungen noch im Frühjahr 
beendet werden können. Von den beantragten und zur An¬ 
nahme gelangten Änderungen sind folgende bemerkenswert: 
Im § 18 ist festgesetzt worden, daß bei Anwendung veterinär¬ 
polizeilicher Maßnahmen, wie sie hier vorgesehen sind, außer 
den beteiligten Verkehrsinteressen auch noch die wirtschaft¬ 
lichen Interessen berücksichtigt werden sollen. Dieser Zusatz 
dürfte unbedenklich sein. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind 
| doch auch bisher stets berücksichtigt worden, so weit die 
veterinärpolizeilichen Interessen dies zuließen. Der § 19 des 
Entwurfs schreibt Beschränkungen des Personenverkehrs inner¬ 
halb der Räumlichkeiten (Gehöft, Stall, Standort, Hofraum, 
Weidefläche, Viehausstellung, Marktplatz usw.), in dem sich Tiere 
befinden, vor. Die Kommission will diese Beschränkung des 
Personenverkehrs auch auf öffentliche Wege ausdehnen. Der 
§ 21 des Entwurfs sieht in Abs. 2 ein Verbot des freien Umher¬ 
laufens der Haustiere (bisher nur Hunde) vor. Die Kom¬ 
mission will hiervon Hunde, Katzen und Geflügel ausgenommen, 
wissen. Daß durch "<dhs freie Umherlaufen der Hunde und 
der Hühner die Maul- und Klauenseuche verschleppt werden 
kann, ist wohl zweifellos. Der Kommissionsbeschluß be¬ 
deutet daher gerade keine Verbesserung des Entwurfs. 
Von nationalliberaler Seite wurde noch ein Antrag 

zu den allgemeinen Bestimmungen eingebracht, wonach 
während des Herrschens einer Seuche in einem Bezirk Vieh¬ 
ankäufe in nicht gesperrten Gehöften nicht verboten sein sollen, 
wenn der Besitzer schon drei Monate lang Eigentümer des be¬ 
treffenden Tieres ist. Dieser Antrag wurde angenommen, während 
weitere Anträge der Konservativen abgelehnt wurden. Ob vor¬ 
stehender Antrag als ein besonders glücklicher bezeichnet werden 
kann, möchte ich bezweifeln, meines Erachtens ist er geeignet 
Umgehungen des Gesetzes und seiner Ausführungsvorschriften 
Tür und Tor zu öffnen. Pr. 

Tätigkeit der Wutschutzabteilung des Institutes für 
Infektionskrankheiten in Berlin in der Zeit vom 
1. Januar 1905 bis 31. März 1906. 

(Klinisches Jahrbuch 18. Bd , S. Heft.) 

In der vorerwähnten Zeit wurden auf der Wutschutzabteilung 
in Berlin 534 Personen gegen Tollwut nach der Pasteurschen 
Methode schutzgeimpft. Hiervon sind 4 = 0,75 Proz. an Wut 
gestorben, von diesen waren drei bereits erkrankt, noch bevor 
die Impfung bis zu Ende durchgeführt werden konnte. 
361 Personen waren durch Tiere gebissen worden, bei 
denen die Krankheit durch künstliche Übertragung auf 
Tiere festgestellt worden war. 94 Proz. aller Patienten 
waren durch Hnnde gebissen worden, die übrigen von anderen 



30. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


327 


Tieren. Fünf Personen hatten sich an Menschen infiziert. Unter 
den behandelten gebissenen Personen befanden sich auch 18 Tier¬ 
ärzte, von denen sich neun bei der Sektion wutkranker Tiere 
verletzt hatten. Die meisten Patienten stammten aus Schlesien 
und der Rheinprovinz. In 21.5 Proz. der Fälle war eine lokale Be¬ 
handlung eingeleitet worden. Die Schutzimpfung selbst wurde 
nach dem bisher üblichen Schema ausgeführt, sie dauerte 
stets 21 Tage, und in besonders schweren Fällen folgte einen 
Monat nach der ersten Impfung eine zweite von 14 tägiger 
Dauer. Die vier verstorbenen Patienten kamen am 2., 3., 6. 
und 11. Tage in Behandlung, nur bei zwei derselben war der 
Beginn der Schutzimpfung als rechtzeitig zu bezeichnen. Bei 
den beiden anderen Patienten war die Behandlung zu spät ein¬ 
geleitet worden. Von Todesfällen nicht behandelter Personen 
sind sechs bekannt geworden, der Tod erfolgte ein bis vier 
Monate nach der Verletzung. Im Jahre 1005 wurden 478 ein¬ 
geschickte Tiergehirne untersucht, von diesen eigneten sich 442 
zur Untersuchung, bei 280 der letzteren = 02.6 Proz. wurde 
Tollwut festgestellt. 

Im ersten Vierteljahr 1906 wurden 110 Personen schutz¬ 
geimpft, von diesen starb eine. 

In den acht Jahren des Bestehens der Wutschutzabteilung 
wnrden 2900 Personen behandelt, an denen 25 trotz Schutz¬ 
impfung starben = 0,86 Proz. 

Tierseuchen in Deutschland 1906. 

Aus dem Jahresbericht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

(Berlin, Verlag von Julius Springer.) 

Die Maul- und Klauenseuche im Jahre 1906. 

Die Seuche hatte gegenüber dem Jahre 1905 im Berichts¬ 
jahre eine etwas größere Ausbreitung gehabt. Es sind ins¬ 
gesamt 397 Gehöfte mit 9428 Stück Rindvieh, 8198 Schafen, 
7550 Schweinen und 254 Ziegen betroffen worden (gegen 
337 Gehöfte in 1905), also 18 Proz. mehr. Die größten Be¬ 
stände an erkrankten und verdächtigen Klauentieren wiesen auf 
die Reg.-Bez. Stralsund (10 459 Stück), Posen (6315), Magde 
bürg (1891) und Erfurt (1770), sowie die Kreise Greifswald 
(5113), Rügen (2675), Kosten (2238) und Erfurt (1770). Im 
übrigen ist in betreff der Verbreitung der Maul- und Klauen¬ 
seuche im Jahre 1906 bereits im Jahrgang 1907 B. T. W., S. 241 
eingehend referiert worden. 

Von ausländischen Staaten sind durch Maul- und Klauen¬ 
seuche besonders betroffen gewesen: Österreich; hier herrschte 
sie anfangs des Jahres nur in drei Orten und drei Höfen, im 
Frühjahr nahm die Seuche etwas zu, ging jedoch im Laufe des 
Monats Mai wieder stark zurück. In den darauf folgenden 
Monaten erfolgte dann wieder eine rapide, sehr erhebliche Zu¬ 
nahme der Seuchenfälle, die größte Verbreitung zeigte die Seuche 
in den Monaten Juli und August. Ende Juli waren 50 Ge¬ 
meinden und 403 Höfe betroffen, Mitte August 35 Gemeinden und 
530 Höfe, in der Folgezeit ging die Seuche wieder langsam 
zurück, am Jahresscbluß waren 15 Gemeinden und 225 Höfe 
betroffen. In Ungarn nahm die Seuche einen ähnlichen Verlauf; 
hier waren am Anfang des Jahres 20 Orte und 21 Höfe be¬ 
troffen, auf diesen Status hielt sich die Seuche bis in den Mai 
hinein; im Juni und Juli erfolgte auch hier eine rapide Zunahme, 
die höchste Zahl der betroffenen Orte und Höfe (59 und 396) 
fiel in die 3. Augustwoche. Im letzten Jahresviertel nahm die 
Seuche wieder sehr stark ab, am Jahresschluß waren 5 Orte 
und 11 Höfe betroffen. In Rußland waren im Jahre 1906 


3078 Gemeinden verseucht, die Zahl der erkrankten Tiere be¬ 
trug 246 035, hiervon entfallen auf das europäische Rußland 2705 
Gemeinden mit 197 538 Tieren, also fast 9 / 10 . In Italien betrug 
die Zahl der erkrankten Tiere 94 670, in der Schweiz 1318 bei 
110 Seuchenausbrüchen. In Frankreich herrschte die Maul- und 
Klauenseuche am Jahresanfang nur ganz geringgradig, später 
erlosch sie gänzlich. Im Mai traten wieder einige Fälle auf, 
die sich rapide bis zum Jahresschluß vermehrten. Im Dezember 
waren 863 Gemeinden und 2110 Ställe betroffen. In Belgien 
waren während des Jahres 1906 243 Gemeinden betroffen worden, 
in den Niederlanden ereigneten sich nur 11 Ausbrüche, in 
Luxemburg 13. In Großbritannien, Dänemark, Schweden und 
Norwegen ist die Maul- und Klauenseuche nicht aufgetreten. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen. 

Einschleppungen der Seuche aus dem Auslande haben statt¬ 
gefunden in drei Fällen aus Rußland nach Ostpreußen, aus 
Luxemburg einmal in der Umgebung Trier, aus Frankreich durch 
Personenverkehr und Gespannvieh nach Elsaß-Lothringen, aus 
der Schweiz nach Elsaß-Lothringen vermutlich durch Abfuhr 
infizierten Düngers aus dem Baseler Schlachthaus. Mehrfach 
kamen auch Verschleppungen aus einem in den andern Bundes¬ 
staat vor: aus Preußen sechsmal nach Sachsen, darunter vier¬ 
mal vom Magerviehhof in Friedrichsfelde, je einmal nach Hessen, 
Braunschweig und Elsaß-Lothringen, aus Bayern je einmal nach 
Sachsen und Württemberg, aus Mecklenburg und aus Oldenburg 
je einmal nach Sachsen, aus Baden einmal nach Elsaß- 
Lothringen und aus Elsaß-Lothringen dreimal nach Baden. 
In 40 Fällen waren die Tiere beim Besitzwechsel bestimmt oder 
wahrscheinlich schon erkrankt oder infiziert. 

In der Provinz Posen wurde in einem Falle die Seuche 
durch unerlaubte Überführung eines Kalbes aus einem verseuchten 
Gehöft in einen fremden Stall verschleppt. Durch Nicht¬ 
beachtung von Sperrmaßregeln, die sich auf den Personenverkehr 
bezogen, wurde in Sachsen die Seuche aus einem Gehöft in 
drei weitere verschleppt. In Elsaß-Lothringen hat in fünf 
Fällen Unterlassung der Anzeige die Seuche verbreitet. 
Der Personenverkehr war wiederholt die Veranlassung 
zur Weiterverbreitung der Maul- und Klauenseuche. In 
zwei Fällen in der Provinz Posen haben vermutlich Schul¬ 
kinder den Anlaß hierzu gegeben, in einem Falle auch Kirch¬ 
gänger. Im Reg. - Bez. Magdeburg übertrug ein in einem 
Seuchengehöft beschäftigtes Mädchen die Seuche nach dem 
elterlichen Hof. Im Bez. München wurde in einem Falle die 
Seuche durch Verleihung der Jauchepumpe aus einem ver¬ 
seuchten Gehöft verschleppt. In einem Falle im Reg.-Bez. 
Oberpfalz ist der Wiederausbruch der Seuche auf ungenügende 
Desinfektion des Stallbodens zurückznführen. 

Die Ermittlung der Maul- und Klauenseuche erfolgte in 
sieben Fällen bei der Beaufsichtigung von Viehmärkten, mehr¬ 
fach in Schlachthäusern, in Berlin, im Reg.-Bez. Potsdam, in 
Landsberg in Bayern, in München, Leipzig, Chemnitz und 
Stuttgart, auf offener Straße einmal im Kreise Posen-Ost und 
einmal in einer Abdeckerei im Reg.-Bez. Schwaben. 

In über 50 Fällen wurden Seuchenausbrüche durch polizei¬ 
lich angeordnete Untersuchung der von der Seuche gefährdeten 
Tiere festgestellt. Die sicher ermittelten Inkubationszeiten 
schwankten zwischen 24 Stunden und 13 Tagen. Künstliche 
Übertragungen des Ansteckungsstoffes der Maul- und Klauen¬ 
seuche auf die im Seuchengehöft vorhandenen gesunden Rinder 



328 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


haben vielfach stattgefunden mit dem Erfolg eines schnelleren 
und leichteren Durchseuchens. 

Im Reg.-Bez. Magdeburg wurden 42 Ochsen einer 
Firma, von deren vier Gehöften drei verseucht waren, 
mit Löfflerschem Serum geimpft. Die Tiere waren 
abseits vom Seuchengehöft, in einer Feldscheune untergebracht 
worden, sie erhielten dreimal je 20 g Serum. Die Impflinge 
blieben von der Seuche verschont. Ob sie aber überhaupt mit 
dem Seuchenkontagium in Berührung gekommen waren, blieb 
zweifelhaft. 

Das Verbot der Viehmärkte hat sich als ein erhebliches 
Hilfsmittel zur Seuchentilgung erwiesen. Schädigungen auf 
wirtschaftlichem Gebiete waren aber hierbei nicht immer zu 
vermeiden. Von dem Marktverbot ist in sehr umfangreichem 
Maße Gebrauch gemacht worden. 

An Entschädigungen sind in Württemberg nur für ein Stück 
Rindvieh 220 M. gezahlt worden. 

Die Lungenseuche des Rindviehs. 

Fälle von Lungenseuche sind im Berichtsjahr nicht auf¬ 
getreten. Es wurden acht verdächtige Tiere in seuchefreien 
Gehöften getötet, welche sich bei der Sektion jedoch frei von 
Lungenseuche zeigten. Hierfür wurden 1871,81 M. an Ent¬ 
schädigungen gezahlt. 

In Rußland erkrankten in 1106 Gemeinden 10 230 Rinder 
an Lungenseuche, davon 2825 im europäischen Rußland. 

Die Pockenseuche der Schafe. 

Die Schafpocken traten in vier Gemeinden und vier Ge¬ 
höften des Reg.-Bez. Allenstein (Ostpr.) auf, gegen 22 Ge¬ 
meinden und 32 Gehöften im Vorjahre. In den verseuchten 
Gehöften befanden sich insgesamt 443 Schafe, von welchen 102 
gefallen sind. Die Seuche ist also wieder erheblich zurück¬ 
gegangen. 

Im Ausland herrschte die Pockenseuche ziemlich stark 
in Ungarn, hier besonders in der zweiten Jahreshälfte. Am 
24. Oktober waren hier 121 Gemeinden und 196 Gehöfte be¬ 
troffen, gegen Schluß des Jahres ging die Seuche wieder etwas 
zurück. In Rumänien erkrankten im Laufe des Jahres 1906 
66 486 Schafe an Pocken, von diesen fielen 836 = 1,3 Proz. 
In Rußland wurden 1290 Gemeinden betroffen, es erkrankten 
75 692 Schafe, von welchen 22 073 fielen, gleich 20 Proz. Hiervon 
entfallen 1203 Gemeinden mit 64 569 Erkrankungen auf das 
europäische Rußland, also über 93 Proz. aller verseuchten Orte. 
In Bulgarien wurden im Jahre 1906 417 Ortschaften durch Schaf¬ 
pocken betroffen. In Frankreich verseuchten 200 Herden, die 
meisten Seuchenfälle fielen hier in den Monat Juni. Es ist 
hieraus ersichtlich, daß die Schafpocken im Auslande noch in 
erheblicher Ausdehnung herrschen, besonders auch in den an 
Deutschland angrenzenden Ländern Rußland und Frankreich. 
Es darf daher auch nicht wundemehmen, wenn sie immer 
wieder von neuem nach Deutschland eingeschleppt werden. Die 
vier im Reg.-Bez. Allenstein festgestellten Pockenausbrüche sind 
alle durch Einschleppung aus Rußland veranlaßt worden. 

BISschenausschlag der Pferde und der Rinder. 

Diese Seuche hat gegenüber dem Vorjahr bei den Pferden 
etwas zu, bei den Rindern etwas abgenommeu. Es erkrankten 
306 Pferde gegen 224 im Vorjahre und 6308 Rinder gegen 7338. 
Die Seuche ist in 1493 Gemeinden und 5932 Gehöften aufgetreten. 
Es blieben verschont Mecklenburg-Strelitz, Braunschweig, Anhalt, 


Schwarzbnrg-Sondershausen, Reuß ä. L., Schaumburg-Lippe, 
Lübeck und Hamburg. Die Seuche trat am stärksten im 
2. Vierteljahr, demnach im 1. und am schwächsten im 4. Viertel¬ 
jahr auf, in letzterem wurden viermal weniger Ausbrüche 
ermittelt, wie im 2. Vierteljahr. Die stärkste räumliche Ver¬ 
breitung hatte die Seuche im Reg.-Bez. Neckarkreis (118 Ge¬ 
meinden und 414 Gehöfte), im Schwarzwaldkreis (07 und 766), 
im DonaukreiB (89 und 351), in Unterfranken (85 und 467), 
die stärkst betroffenen Kreise waren Weimar (19 und 95), Roda 
(18 und 55), Hammelburg (17 und 205), Meiningen (17 und 
175), Backnang (17 und 36) und Laupheim (17 und 36). Dem¬ 
entsprechend entfallen auch die höchsten Erkrankungsziffern auf 
den Schwarzwaldkreis (638) und den Neckarkreis (429). Von 
je 10000 Pferden nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 
erkrankten im Reich 0,7, von Rindern 3,3. 

Verschleppungen der Seuche aus einem Bundesstaat in den 
anderen fanden mehrfach statt: nach Preußen aus Sachsen- 
Weimar, Hessen, Elsaß-Lothringen und Württemberg, nach 
Sachsen und Preußen, nach Sachsen-Weimar gleichfalls aus 
Preußen. In sieben Fällen waren die Tiere beim Übergang in 
neuen Besitz bereits erkrankt oder angesteckt. Ermittelt wurde 
die Seuche einmal in einem Schlachthause, einmal gelegentlich 
einer Stierkörung und einmal in einer Abdeckerei. In 71 Fällen 
wurde die Seuche durch polizeilich angeordnete Untersuchung 
gefährdeter Tiere am Seuclienort ermittelt. In Württemberg 
erfolgte die Seuchenfeststellung in 171 Fällen auf Grund der 
Sprungregister. Die sicher beobachteten Inkubationsfristen 
schwankten zwischen einem und 14 Tagen. 

Wild- and Binderseache. 

Vor zwei Jahren hatte der Herr Minister für Landwirt¬ 
schaft angeordnet, daß zum Zwecke wissenschaftlicher Unter¬ 
suchungen über die Wild- und Rinderseuche bei vorkommenden 
Fällen dieser Seuche seitens der beamteten Tierärzte 1 Kilo¬ 
gramm schwere Muskelstücke und die Milz an das Hygienische 
Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin einzusenden 
sind. Auf Grund dieser Anordnung sind, wie ein neuerlicher 
Erlaß des Herrn Landwirtschaftsministers bekannt gibt, dem 
Hygienischen Institut verschiedene Einsendungen zugegangen, 
bei denen jedoch die Nachprüfung nur zu einem verhältnis¬ 
mäßig kleinen Teil Wild- und Rinderseuche ergeben hat. Zur 
Sicherung der hiernach anscheinend schwierigen Feststellung der 
Seuche hat der Herr Minister die beamteten Tierärzte an¬ 
gewiesen, in Verdachtsfällen ihr Urteil nur auf Grund der 
Impfung von je zwei Kaninchen abzugeben. Diese Tiere sind 
für die Erreger der Wild- und Rinderseuche sehr empfänglich. 
Sie sterben schon nach Einimpfung kleiner Blutproben erkrankter 
Rinder in kurzer Zeit, gewöhnlich binnen 24 Stunden. Der Herr 
Minister gibt sodann Anweisung, wie die Impfung auszuführen ist. Die 
Beschaffung der Versuchstiere kann zu Lasten der Staatskasse 
erfolgen. Abgesehen von diesen Impfungen sind nach wie vor 
von allen Tieren, bei denen bis zum 31. März 1909 Wild- und 
Rinderseuche festgestellt wird, ein je 1 Kilogramm schweres 
Muskelstück und die Milz an das Hygienische Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Berlin einzusenden. 

Maßregeln zur Bekämpfung der Oeflfigelcliolera. 

Für den Regierungsbezirk Posen ist im Hinblick auf die 
zurzeit im Bezirk, in den benachbarten Bezirken und im be¬ 
nachbarten Rußland herrschende Geflügelcholera angeordnet 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFf. 


329 


30. April 11)08. 

worden, daß Händler und Mäster, welche in den Regierungs¬ 
bezirk Gänse und Enten einführen, verpflichtet sind, a) die mit 
der Eisenbahn eingehenden, durch den Bahntransport der Seuchen¬ 
gefahr ausgesetzten Tiere bei der Ausladung; b) die über die 
Landesgrenze auf dem Landwege eingeführten, wegen ihrer 
Herkunft zur Seuchenverschleppung geeigneten Tiere, die mit 
der Eisenbahn weiterbefördert werden sollen, vor der Verladung 
durch den zuständigen Kreistierarzt untersuchen und sich eine 
Bescheinigung über deren Gesundheitszustand ausstellen zu 
lassen. 

Dem Kreistierarzt ist die Ankunft der Tiere 
— wenigstens 24 Stunden vorher — anzuzeigen. Die 
Ausladung darf nur in Gegenwart des Kreistierarztes er¬ 
folgen. Letzterem ist über die Herkunft der Sendung jede 
gewünschte Auskunft zu geben. Der Kreistierarzt muß über 
die Untersuchungen der einzelnen Sendungen Buch führen. 
Wird bei der Untersuchung eine Seuche festgestellt, so ist die 
vorläufige Einsperrung und Absonderung der kranken und ver¬ 
dächtigen Tiere, nötigenfalls auch deren Bewachung anzuordnen. 
Hierüber ist ein Protokoll aufzunehmen. Die Kosten der 
Untersuchung von Sendungen, welche bereits an Mäster ver¬ 
kauft oder von Mästern fest bestellt sind, trägt die Staats¬ 
kasse. Die Kosten der zum öffentlichen Verkauf zusammen¬ 
gebrachten Sendungen fallen dem Besitzer (Händler, Be¬ 
gleiter usw.) zur Last. 

Milzbrand und Notschlachtungen. 

Das Königl. sächsische Ministerium des Innern hat unter dem 
27. November v. J. die nachstehende Verordnung an die Königl. 
Kreishauptmannschaften erlassen: 

„Nach § 31 des Reichsviehseuchengesetzes vom ^. Un ' 

J • M tll 1 

(Keichsgesetzblatt S. 410) ist die Schlachtung — d. h. die Tötung 
mit Blutentziehung — von milzbrandverdächtigen Tieren verboten. 
Dem entspricht es, daß solche Tiere vom Fleischbeschauer auf 
Grund der Lebendbeschau von der Schlachtung zurückgewiesen 
werden, wie sie ja auch nach § 1, 1 a des Gesetzes über die 
staatliche Schlachtviehversicherung vom 25. April 1906 (Gesetz- und 
Verordnungsblatt S. 74) von dieser Versicherung ausgeschlossen sind. 

Nun kommt, wenn auch nicht häufig, so doch zuweilen der 
Fall vor, daß die Annahme des Milzbrandverdachtes irrig war, 
sondern das Tier an einer Krankheit leidet, die wenn sie richtig 
erkannt worden wäre, weder zur Zurückweisung von der Schlachtung, 
noch zum Ausschlüsse von der Versicherung geführt hätte. Tötet 
nun der Besitzer das Tier nicht wegen des ausgesprochenen Milz¬ 
brandverdachtes, sondern es stirbt an der Folge seiner wirklichen 
Krankheit, so kann der Besitzer keine Entschädigung auf Grund 
des Gesetzes vom 17. März 1886, § 1 (Gesetz- und Verordnungs¬ 
blatt S. 63) erhalten, und zwar erleidet er diesen Schaden nur in¬ 
folge der irrigen Erkenntnis des Fleischbeschauers, da er andernfalls 
das Tier ganz oder teilweise als Schlachtstück hätte verwerten 
können. . | 

Daß diesem Mißstande abgeholfen werde, ist um so mehr er¬ 
wünscht, als er gerade den gewissenhafteren Viehbesitzer trifft, den 
weniger gewissenhaften aber zu dem Versuche veranlaßt, dem Übel, 
das bei der gewissen Schwierigkeit der Erkenntnis des Milzbrandes 
jeden treffen kann, durch Notschlachtung des ihm milzbrand¬ 
verdächtigen Tieres zu entgehen. 

Da hiermit erhebliche veterinärpolizeiliche Bedenken verbunden 
sind, es auch überhaupt im Interesse der Seuchenverhütung liogt, 
daß milzbrandverdächtige Tiere getötet werden, so will das 
Ministerium des Innern versuchsweise hiermit anordnen, daß in 
allen Fällen, in denen milzbrandverdächtige Tiere zur Schlachtung 
gebracht werden, den Besitzern unter Hinweis auf die vorerwähnten 
möglichen Folgen durch den wissenschaftlichen Fleischbeschauer 
empfohlen werde, das Tier alsbald töten zu lassen. Eine aus¬ 


drückliche Anordnung der Tötung darf jedoch nicht erfolgen, da 
sie das Viehseuchengesetz für Milzbrand nicht vorsieht 

Ist in solchen Fällen die Tötung wegen eines von einem Tier¬ 
ärzte nach gewissenhafter Überzeugung ausgesprochenen Milzbrand¬ 
verdachtes erfolgt, so wird das Ministerium des Innern, solange 
diese Anordnung besteht, die Gewährung von Entschädigung gemäß 
§ 1 des Gesetzes vom 17. März 1886 auch für solche Fälle anweisen, 
in denen sich der Milzbrandverdacht nicht bestätigt hat.“ 

Nachwei8ung Uber den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. April 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreise (OberamUbezirke) u«w. { eingeklammert die Gemeinden. 

Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

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Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg .... 

9 

21 

7 

Waldeck. 

2 

2 

Gumbinnen .... 

3 

10 

3 

Bayern: 



Allenstein .... 

4 

6 

3 

Oberbayern .... 

9 

13 

Danzig. 

4 

5 

4 

Niederbayern. . . 

5 

11 

Marienwerder . . 

11' 

27 

12 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

— 

— 

— 

Oberpfalz. 

1 

1 

Potsdam. 

13 

110 

43 

Oberfranken . . . 

1 

2 

Frankfurt. 

16 

123 

45 

Mittelfranken. . . 

3 

3 

Stettin. 

8 

18 

10 

Unterfranken. . . 

3 

3 

Köslin. 

9 

24 

12 

Schwaben. 

2 

2 

Stralsund .... 

— 

— 

— 

Württemberg . 

3 

3 

Posen . 

25 

72 

23 

Sachsen. 

5 

7 

Bromberg. 

12 

86 

39 

Baden . 

10 

11 

Breslau. 

23 

237 

62 

Hessen. 

6 

8 

Liegnitz. 

19 

204 

72 

Meckl.-Schwerin 

5 

11 

Oppeln. 

9 I 

25 

9 

Meckl.-Strelitz . 

2 

3 

Magdeburg .... 

5 

13 

9 

Oldenburg . . . 

9 

21 

Merseburg .... 

12 

27 

12 

Sachs.-Weimar. 

2 

11 

Erfurt. 

4 

19 

32 

Sachs.-Meiningen 

1 

3 

Schleswig .... 

12 

38 

18 

Sach s.-Altenburg 

1 

2 

Hannover. 

7 

12 

19 

Sachs.-Kob.-Got. 

— 

— 

Hildesheim .... 

6 

16 

22 

Anhalt. 

2 

5 

Lüneburg . 

6 

19 

13 

Braunschweig 

5 

19 

Stade. 

5 

11 

15 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

5 

11 

20 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

1 

1 

Münster. 

8 

19 

71 

Reuß j.L. 

2 

2 

Minden. 

6 

13 

25 

Sch au mb.-Lippe 

2 

3 

Arnsberg. 

13 

21 

25 

Lippe-Detmold . 

4 

7 

Kassel. 

13 

34 

20 

Hamburg .... 

4 

5 

Wiesbaden .... 

11 

40 

43 

Lübeck . . . . . 

— 

— 

Koblenz. 

7 

16 

15 

Bremen. 

— 

— 

Düsseldorf .... 

8 

28 

65 

Elsaß. 

’i 

1 

Köln. 

7 

11 

37 

Lothringen . . 

l 

3 

Trier. 

7 

12 

11 




Aachen . 

5 

6 

15 





Rotz. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Königsberg, Köslin, Düsseldorf je 

1 (1), Köln 1 (2), Stadtkreis Berlin 1 (5), in den Reg.-Bez. Marien¬ 
werder, Oppeln je 2 (2), Gumbinnen, Posen je 4 (4), Bromberg 8 (9). 

Bayern: Im Reg.-Bez. Niederbayern 2 (2). 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 36 Gemeinden (39 am 15. März 1908), davon 31 auf 
Preußen (33 im März). 

Lungenseuche. 

Preußen: Im Stadtkreis Berlin 1 (2), in den Reg.-Bez. Posen 

2 (2), Bromberg 3 (3). 


























330 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. i8. 


Sachsen: In (len Kreishauptmannschaften Chemnitz 1(1), 
Leipzig 2 (2). 

Sachsen-Koburg-Gotha: Herzogtnm Gotha 1 (1). 

Zusammen 11 Gemeinden (14 am 15. März 1908), davon 9 auf 
Preußen (8 im März). 


Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 

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Gegenüber d. 15. März 

Kreise 

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Preußen: 







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Allenstein .... 

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Marienwerder . . . 

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Düsseldorf .... 

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3 

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Preußen zusammen 

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Bayern: 


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Influenza unter den Pferden der Zivilbevölkerung In PreuBen. 

A. Bewegung der Seuche und Zahl der gefallenen Pferde. 


Die Seuche trat auf in den Monaten und 
Gehöften: 


Bezirke 

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Februar 

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April 

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Juni ] 

Juli \ 

August 

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Zahl der 
gefallenen Pf 

Königsberg . . 

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5 

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19 

22 

30 

20 

207 

Gumbinnen. . . 

28 

23 

19 

18 

8 

8 

8 

7 

4 

12 

9 

10 

116 

Allenstein . . . 

21 

35 

31 

20 

13 

11 

3 

5 

8 

5 

20 

27 

122 

Danzig. 

3 

7 

7 

3 

3 

4 

3 

11 

6 

18 

24 

31 

16 

Marienwerder . 

1 

5 

2 

4 

2 

5 

8 

4 

5 

6 

8 

16 

37 















Potsdam .... 

5 

5 

6 

5 

5 

6 

1 

1 

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2 

4 

Frankfurt a. 0. 

15 

8 

5 

2 

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2 

1 

1 

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1 

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13 

Stettin. 

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1 

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1 

1 

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1 

1 

Köslin. 

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1 

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2 

2 

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10 

Stralsund.... 

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Posen. 

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1 

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3 

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7 

7 

14 

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Bromberg . . . 

6 

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3 

1 

2 

1 

10 

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2 

3 

2 

7 

23 

Breslau. 

10 

3 

10 

7 

6 

2 

3 

1 

2 

2 

3 

1 

35 

Liegnitz .... 

1 

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1 

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1 

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1 

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Oppeln. 

9 

5 

10 

2 

6 

6 

2 

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1 

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17 

Magdeburg. . . 

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1 

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2 

Merseburg . . . 

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1 

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2 

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11 

Erfurt. 

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7 

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3 

Schleswig . 

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2 

2 

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1 

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10 

4 

8 

9 

16 

Hannover . . . 

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— 

— 

1 

1 

2 

4 

Hildesheim. . . 

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1 

1 

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1 

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3 

Lüneburg. . . . 

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Stade . 



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Osnabrück . . . 

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Münster. 


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Arnsberg .... 

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Kassel. 

3, 

1, 

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2 

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2 

Wiesbaden. . . 

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Koblenz .... 


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Düsseldorf . . . 

2 1 

5: 

4 

3 

4 

2 

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4 

4 

3 

4 

3 

8 

Köln. 

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1 

4 

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1 

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Aachen . 

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Sigmaringen . . 



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1 

1 

— 

2 


1 


— 

1 

Summa 

162 

147 130| 99 

79 

72 

601 

76 

69 

95 

131 

155 

746 


Brust- und Rotlaufseuche unter den Pferden der Militärverwaltung. 

A. Bewegung der Seuchen und Zahl der gefallenen Tiere. 


Armeekorps-Bezirke 

und 

Remontedepots 

Januar ' 

Die Seuche trat auf in den 
Monaten und Quartieren: 

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Zahl der 

gefallenen Pferde 

I. Armeekorps-Bezirk 

10 

7 4! 

1 


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3 

6 

10 

H. 

3 

5' 4 

3 

2 

2 2 2 

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11 

Garde-u. III.,, 

14 

11 7, 

5 

4 

2 3 7 

6; 8 

7 

4 

22 

IV. 

1 

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1 


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8 

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6 

V. 

3 

3 4 

3 

2 

1 1 2 

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1 

2 

10 

VI. 

7 

9 9 

7 

o 

5 3 3 

2 2 

2 

1 

17 

VII. 

7 

9 6 

f, 

6 

5 3 2 

2 1 

1 

2 

5 

IX. 

1 

1 — 

1 

— 


— — 

— 

— 

— 

X. 

4 

4: 2 

3 

1 

1 - 1 1 

ij 2 

4 

3 

3 

XI. 

4 

5 1 3 

2 

— 

- 1 1 

1 2 

2 

1 

7 

XVII. 

8 

8 10 

10 

5 

5 5 2 

2 7 

6 

6 

27 

XVIII. 

— 


1 

1 

1 2 2 

1, 1 

— 

— 

5 

Remontedepots: 
Keg.-Bez. Gumbinnen . . . 

2 

1 

2: 2 

2 

1 

1 1 1 

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13 

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16 

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Magdeburg . . . 


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1 

1 

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Summa 

66 

67 54 

45 

27 

25 23 33 

284442 

37 

177 


Verfügung, betreffend Viehseuchenstatistik. 

Allgemeine Verfügung Nr. 8 für 1908. 

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

Geschäfts-Nr. I A nie 833. 

Berlin, den 4. Februar 1908. 

An sämtliche Herren R^gierungs-Präsidenten und den Herrn Polizei- 
Präsidenten in Berlin. 

Es ist mir erwünscht, in der vierteljährlichen Viehseuchen¬ 
statistik eine Übersicht über die von Schweinepest neubetroffenen 
Bestände zu erhalten. 

Euer Hochwohlgeboren ersuche ich, die beamteten Tierärzte 
anzuweisen, in Zukunft die durch Schweinepest neu verseuchten 
Gehöfte in der aus der Anlage ersichtlichen Weise mit roter Tinte 
in der Spalte Bemerkungen kenntlich zu machen. (Formular A.) 

Bestände, in denen neben der Schweinepest auch Schweine¬ 
seuche herrscht, sind in der Statistik als mit Pest verseucht zu 
behandeln. 

Die Angaben sind in entsprechenderWeise von den Departements¬ 
tierärzten in die Generaltabellen zu übernehmen. (Formular B.) 

Die Vorschrift tritt zum erstenmal in der Statistik für das 
I. Vierteljahr 1908 in Kraft. 

Jm Aufträge: Küster. 

Einfuhrverbot. 

Wegen der Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche in 
Belgien *und den Niederlanden wird die Einfuhr von Heu 
und Stroh aus diesen Ländern durch die Regierungspräsidenten 
der Grenzbezirke verboten. 

Abdeckerei-Verhältnisse in Mecklenburg. 

Nach einer Erklärung der Schweriner Regierung im Landtage, 
unterliegt dem Fronereizwange in Mecklenburg nur das Hauptvieh 
(Pferde, Rinder und Kälber), dagegen nicht das Kleinvieh (Schweine, 
Schafe und Ziegen), ersteres, wenn es gefallen oder getötet wurde, 
geschlachtetes nur insoweit, als das Fleisch zum menschlichen 
Genuß als untauglich anzusehen ist oder für Menschen keine Ver¬ 
wendung finden soll. 

















































30. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


331 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Unzulässigkeit der Kürzung der Fleischbeschau¬ 
gebühren durch die Gemeinden. 

Von Helfer. 

(Deutsche Fletschbeschauer-Zeilung, 1908, Seite 17.) 

In der Klagesache der Fleischbeschauer in Masraünster 
gegen die Gemeinde wegen Einbehaltung eines Teiles der 
Fleischbeschaugebühren (vgl. B. T. W. 1907, Seite 901) ist jetzt 
durch das Kaiserl. Landgericht in Mülhausen i. E. das Urteil 
gesprochen worden und zugunsten der Fleischbeschauer aus¬ 
gefallen. 

Dem Streit liegt nachstehender Sachverhalt zugrunde. Bis 
1903 bezog der Fleischbeschauer die Gebühren direkt von den 
Metzgern, bis am 10. Juli 1903 der Gemeinderat den Beschluß 
faßte, daß die Gebühren in die Gemeindekasse zu fließen hätten 
und dem Fleischbeschauer 800 M. Gehalt zu zahlen seien, von 
welcher Summe er noch 250 M. an den Stellvertreter und 50 M. 
an den Schlachthausaufseher abzugeben habe, so daß ihm nur 
500 M. verblieben. Trotzdem zog der Fleischbeschauer bis zum 
31. Dezember 1904 die Gebühren im Betrage von 1500—1600 M. 
jährlich für sich selbst ein, erst vom 1. Januar 1905 ab besorgte 
die Gemeinde die Einziehung im Sinne obigen Beschlusses. Am 
18. Juli 1907 erhob der Fleischbeschauer wegen Auszahlung der 
vollen Gebühren Klage. Die Gemeinde machte dagegen geltend, 
daß sie nur die erwähnten 800 M. jährlich zu zahlen habe. Der 
klagende Fleischbeschauer sei kein Beamter, sondern stehe in 
einem Privatverhältnis zu der Gemeinde. Falls er jedoch als 
Beamter anzusehen sei, bekleide er ein Gemeindeamt, dessen 
Besoldung vom Gemeinderat jederzeit geregelt werden könne. 

Zu dieser prinzipiell wichtigen Streitsache hat das Kaiserl. 
Landgericht in dem Urteil vom 11. Februar d. J. folgendermaßen 
Stellung genommen: 

Die Untersuchung der im Fleischbeschaugesetz genannten 
Schlachttiere vor und nach dem Schlachten ist ein Akt der 
staatlichen Medizinalpolizei, insofern sie dem Schutz der mensch¬ 
lichen Gesundheit dient, und sie erfolgt durch Polizeiorgane, 
denen weitreichende Befugnisse zustehen (Laband, Reichs- 
staatsrecht 1907, Bd. I, S. 276). Diese Polizeiorgane führen 
die Bezeichnung „Beschauer“ und sind zu solchen approbierte 
Tierärzte oder andere Personen, welche genügende Kenntnisse 
nachgewiesen haben, zu bestellen. In Elsaß-Lothringen sind 
für die Bestellung der Beschauer die Kreisdirektoren zuständig, 
welche auch die Beschauer auf ihre Obliegenheiten zu ver¬ 
pflichten haben. (R.-G. vom 3. Juni 1900, §§ 1, 2, 5, 23, Aus¬ 
führungsbestimmungen des Bundesrats hierzu vom 30. Mai 1902, 
Beilage 22 des Zentralblattes für das Deutsche Reich A §§ 2, 46, 
Verordnung des Ministeriums vom 21. Januar 1903, § 1.) Aus 
dem Gesagten ist zu folgern, daß die auf Grund des Reichs¬ 
gesetzes bestellten Fleischbeschauer als öffentliche Beamten 
anzusehen sind. (Vgl. Landmann, Gewerbeordnung, § 36 
Anmerkung 7, Reichsgericht 20. September 1881, Raeger, S. 133, 
Bruech, Gemeindeordnung, § 16, Bern. 22.) Da die Fleisch¬ 
beschauer Beamte sind, stehen sie in keinem Privatrechts¬ 
verhältnis zu ihrer Anstellungsbebörde, sondern ihr Verhältnis 
ist öffentlich rechtlicher Natur. Wenngleich sich das Feld ihrer 
polizeilichen Tätigkeit nnr auf einzelne oder eine geringe Anzahl 
von Gemeinden erstreckt, sind sie nicht Gemeindebeamte 
im Sinne der Gemeindeordnung, sondern Staatsbeamte, die 


aber, da die in Frage stehende Polizeiangelegenheit schon durch 
das Gesetz vom 16. und 24. August 1790 (Titel XI, Art. 3 
Nr. 4) den Gemeinden anvertraut ist, in Ausübung der Fleisch¬ 
beschau als Ortspolizeibeamte handeln. Daher bezeichnet 
die Ministerialverfügung vom 21. Januar 1903 die Ausführung 
der Schlachtvieh- und Fleischbeschau mit Recht als einen Gegen¬ 
stand der örtlichen Polizeiverwaltung (vgl. Bruech, Gemeinde¬ 
ordnung, § 18, Bern. 10). 

Gemäß § 23 des Reichsgesetzes ergibt sich nach Landes¬ 
recht, wem die Kosten der amtlichen Untersuchung zufalleD 
und bestimmt im Anschluß hieran § 2 der Verordnung des Bezirks¬ 
präsidenten des Ober-Elsaß vom 26. März 1903, daß die Gebühren 
des beschauten Schlachttieres oder Fleisches zu erheben sind. 
Auf der andern Seite bestimmt § 65 Ziffer 6 der Gemeinde¬ 
ordnung vom 6. Januar 1895, daß die sämtlichen Kosten der 
örtlichen Polizeiverwaltung, in so weit sie nicht aus Landesraitteln 
gedeckt werden, Pflichtausgaben der Gemeinden sind und § 2 
Absatz 7 der Bezirksverordnung vom 26. März 1903 spricht aus, daß 
die Vergütung der Fleischbeschauer in der Regel aus der Ge¬ 
meindekasse zu erfolgen hat. Aus § 2 Absatz 6, welcher lautet: 
„Die erststehend unter 1 für Laienbeschauer festgesetzten Sätze 
können mit Ausnahme derjenigen für Reisekosten unterbesonders 
gelagerten Verhältnissen durch Beschluß des Gemeinderats 
herabgesetzt werden.“ Ein solcher Beschluß bedarf der Ge¬ 
nehmigung der Aufsichtsbehörde und aus Absatz 4, welcher 
lautet: „Muß der Fleischbeschauer zur Vornahme der Beschau 
eine Reise außerhalb der Gemeinde seines Amtssitzes machen, 
so stehen ihm für jeden zurückgelegten Kilometer 0,10 M. Ent¬ 
schädigung zu,“ hat das Gericht entnommen, daß durch den 
Absatz 7 eine sachliche Änderung nicht bezweckt war. Die 
Überzeugung des Gerichts gründet sich einerseits darauf, daß 
dem Fleischbeschauer („ihm“) die Reiseentschädigung zusteht, 
andrerseits darauf, daß Absatz 6 von den Sätzen spricht, die 
„für“ Laienbeschauer festgesetzt sind, hätte die Gebühr dem 
Beschauer nicht zufallen sollen, so hätte voraussichtlich die 
Verordnung eine andere Wendung, wie die angewandte gewählt, 
z. B. die „für die durch Laienbeschauer vorgenommene Beschau.“ 
Auch daraus, daß die Verordnung die Reisekosten des Fleisch¬ 
beschauers „zu den, für Laienbeschauer festgesetzten Sätzen“ 
rechnet, geht hervor, daß der Fleischbeschauer einen Anspruch 
auf die volle Gebühr hat, denn dadurch, daß die Reisekosten, 
die „ihm, dem Fleischbeschauer, zustelien“, zu den für die Laien¬ 
beschauer festgesetzten Sätzen gerechnet werden, wird klar, 
daß der Gesetzgeber die Gebühren als etwas dem Beschauer 
Gebührendes behandelt wissen will, in gleicher Weise wie die 
Reisekosten. Demnach haben die Fleischbeschauer von den 
Gemeinden keinen Gehalt zu fordern, sondern sie haben einen 
Anspruch auf die von den Tierbesitzern entrichteten oder zu 
entrichtenden Gebühren. Dagegen ist das Gericht der Ansicht, 
daß durch den streitigen Absatz 7 eine formelle Änderung in 
dem bisherigen Verfahren herbeigeführt werden solle. Während 
bisher der Beschauer von den Metzgern die Gebühr unmittel¬ 
bar erhob und ungefähr die Stellung eines Beauftragten nach 
§ 695 B. G. G. einnahm, sollte durch die neue Bestimmung der 
Beschaugebühr ein öffentlich rechtlicher Charakter verliehen 
werden und sollte sie fortan als Gefälle gelten. Diese Änderung 
erfolgte im Interesse der Beschauer, denn jetzt konnten die 
Gebühren wie die Gefälle beigetrieben werden. Dadurch wuchs 
aber gleichzeitig die Autorität des Fleischbeschauers und 



332 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


minderte sich seine wirtschaftliche Abhängigkeit von den Vieh¬ 
händlern und Metzgern. Formell ist danach die Gemeinde 
Masmttn8ter Gläubigerin der von den Tierbesitzern geschuldeten 
Gebühren, in Wirklichkeit ist sie nur eine Zahlungsstelle, 
die das von ihr vereinnahmte Beschaugeld an die Beschauer 
abliefern muß (siehe auch Art. 2 des Dekrets vom 1. August 1804). 

Aus dem Gesagten ergaben sich vier Folgerungen: 

1. Durch das neue Verfahren sollen den Gemeinden keine 
neuen Lasten auferlegt werden. Insoweit durch dasselbe Un¬ 
kosten entstehen, sind sie von demjenigen zu tragen, der die j 
Vorteile von dieser Zahlungsart genießt, d. h. von den Fleisch¬ 
beschauern. Sind mehrere Bezugsberechtigte vorhanden, dann ! 
fallen die Kosten anteilmäßig den einzelnen zur Last. 

2. Nur insoweit die Gebühren bei der Gemeindekasse ein- 
gehen oder von derselben beigetrieben werden können, sind sie 
an die Beschauer abzuliefern und erleiden die Beschauer, nicht 
die Gemeinden den Ausfall, wenn geschuldete Gebühren nicht 
beigetrieben werden können. 

3. Die Gemeinden haben auf das Einkommen der Fleisch¬ 
beschauer nur insofern einen Einfluß, als durch Beschluß des 
Gemeinderats die Beschaugebühren als solche herabgesetzt und 
dadurch die Einnahmen der Beschauer gemindert werden können. 
Jede andere Einwirkung, die die Vergütung der Beschauer betrifft, 
ist unzulässig. Dieser Beschluß bedarf aber die Genehmigung 
der Aufsichtsbehörde. 

4. Falls für einen an der Ausübung seines Amtes ver¬ 
hinderten Fleischbeschauer dessen Vertreter die Beschau vor¬ 
nimmt, stehen ihm die Gebühren des § 2 zu. Nach dem Gesetz 
besteht zwischen dem Beschauer und dessen Stellvertreter 
keinerlei Privatverhältnis. Durch die gesetzliche Vorschrift 
sollen einerseits die Stellvertreter eine selbstständige, wirtschaft¬ 
lich von den Hanptbeschauern unabhängige Stellung erhalten 
andererseits soll verhindert werden, daß die Hauptbeschauei 
die ihnen obliegende Arbeit auf die Stellvertreter abwälzen, 
dagegen die Gebühren für sich behalten. Nur durch einen be¬ 
sonderen Vertrag, inhaltlich dessen der Vertreter dem Haupt¬ 
beschauer seinen Anspruch ganz oder teilweise überträgt, könnte 
ein Ergebnis herbeigeführt werden, welches dem bisherigen Zu¬ 
stande Rechnung trägt. 

Überträgt man das unter 1—4 Ausgeführte auf den vor¬ 
liegenden Rechtsstreit, so müßte die Beklagte berechtigt sein, 
an der dem Kläger geschuldeten Summe die ihr durch die Ge¬ 
bühreneinnahme- und Ausgabe entstandenen Kosten in Abzug 
zu bringen und sie brauchte dem Kläger nur die Beträge aus¬ 
zuantworten, die aus der vom Kläger in Person vorgenommenen 
Beschau ihr eingegangen sind; damit ihre Unkosten von dem 
klägerisehen Guthaben in Abzug gebracht würden, hätte die 
Beklagte diese spezialisieren müssen. Da sie dies nicht getan 
hat, können von Gerichtswegen diese Unkosten nicht weiter be¬ 
rücksichtigt werden. 

Es könnte noch fraglich erscheinen, ob für den gegen¬ 
wärtigen Rechtsstreit der Rechtsweg überhaupt zulässig ist, 
da der Kläger die Beklagte nicht als seine Anstellungsbehörde, 
sondern wie jeden andern Privaten, der fremde Gelder erhoben 
hat, in Anspruch nimmt, so hält das Gericht den Rechtsweg 
für zulässig. 

Ohne daß es auf Beweise noch hätte ankommen können, 
war wie geschehen, mit Kostenfolge aus § Hl C.P.O. zu erkennen, 
gez. Vogt, Eisemann, Dr. Levy. 


Parlamentarische Studienreise nach österreichischen Viehmirfcteu. 

Eine Kommission des preußischen Landtages hat eine Reise 
nach Wien, Budapest und Graz angetreten, um die dortigen Ein¬ 
richtungen der Viehmärkte zu besichtigen und zu prüfen, ob der 
Handel des Viehes nach lebendem (Je wicht statt nach Schlacht¬ 
gewicht, Vorteile bietet. An der Reise nimmt auch der Abgeordnete 
j Stadtrat Fischbeck, der städtische Dezernent für den Berliner Vieh- 
1 und Schlachthof, mit noch sechs anderen Herren teil. Zuerst be- 
j suchen die Herren Wien, dann Graz und zuletzt Budapest. 

Deutschlands Vieh- und Fleischeinfuhr im Jahre 1907. 

Nach den „Monatlichen Nachweisen über den auswärtigen Handel 
Deutschlands“ sind im Jahre 1907 in das Zollgebiet eingeführt: 
Schlachtpferde 11, Kälber unter 6 Wochen 6721, Jungvieh von 

6 Wochen bis zu l 1 ., Jahren 13320, männliches Jungvieh über l 1 /.. 
bis zu 2 1 ,Jahren 40424, weibliches Jungvieh über 1*/, bis zu 2 1 /., 
Jahren 19373, Kühe 69328, Bullen 8863, Ochsen 47843, Lämmer 228, 
Schafe 10671, Ziegen 1060, Spanferkel 1129, Schweine 79502, Gänse 

7 207373, Hühner aller Art 107207, Enten 27371, Tauben nsw. 3293. 
Davon stammten aus: 



Niederlande 

Österreich- . 
Ungarn ' 

Schweiz 1 

Dänemark 

Rußland in 
Europa 

Italien 

Schlachtpferde . . 

4 

_ 




Kälber 



i 



unter 6 Wochen . 

— 

4 259 

2148 

_ 

_ 

Jungvieh von 6 
Wochen bis zu 



i 



1 1 /._> Jahren . . . 
Männliches .Jungvieh 
über l 1 /., bis zu 

— 

8 201 

2124 2 889 

_ 

_ 



, 



2';., Jahren . . . 

— 

8 628 

521 31 161 

— 

_ 

Weibliches Jungvieh 
über 1 1 .j bis zu 






2' ., Jahren . . . 

— 

8 360 

2646 8177 

_ 

_ 

Kühe. . .' . . ‘ 

n _ 

14 974 

6670 47 513’ 

_ 

_ 

Bullen. 

— 

1 930 

609 6 299 

— 

_ 

Ochsen . . . . 

— 

44 242 

— 3 448 ! 

_ 

_ 

Lämmer. 

— ; 

149 

— — 1 

_ 

_ 

Schafe. 


9 199i 

— 776 

_ 

, _ 

Ziegen. 

— 

455 

588 - 

— 

_ 

Spanferkel .... 

— 

— ! 

— — 

— 

— 

Schweine .... 

— ! 

478 

— — 

78 848 l 

_ 

Gänse. 

40 492 

946 824 

— ' — | 

6 124 016 

' 87 667 

Hühner. 

19101 j 

39 727 i 
9 439; 

1984 — ! 

34 857 

10 673 

Enten. 

— ■ 

_ _ , 

15 350 

, 2 199 

Tauben usw. . . . 

1 

1 

1 105 l 


1 439 



Die Ausfuhr betrug demgegenüber: Schlachtpferde 4398, Kälber 
unter 6 Wochen 145, Jungvieh von 6 Wochen bis zu P/j» Jahren 221, 
männliches Jungvieh über l 1 A. bis zu 2'/.. Jahren 51, weibliches 
Jungvieh über 1 bis zu 2'A, Jahren 188, Kühe 422, Bullen 163, 
Ochsen 242, Lämmer 12409, Schafe 43360, Ziegen 352, Spanferkel 1889, 
Schweine 25 039, Gänse 53 440, Hühnei 536, Enten 71, Tauben 533. 

Die Einfuhr von frischem und zubereitetem Fleisch betrug in 
derselben Zeit in Doppelzentnern (100 kg) an Rind-(Kalb-)Fleisch, 
frisch 131529, Rind-(Kalb-)Floisch, einfach zubereitet 28256, Schweine¬ 
fleisch frisch 23 787, Schweinefleisch einfach zubereitet, auch Herz¬ 
schläge 23 908; Schweineschinken (Vorder- und HinterschinkenA ge¬ 
pökelt, geräuchert 7134, Hammelfleisch, frisch oder einfach zu¬ 
bereitet 2615, Ziegen- usw. Fleisch; zum feineren Tafelgenussc zu- 
bcrcitctes Fleisch 140; Schweinespeck, Irisch oder einfach zubereitet, 
Paprikaspeck 11128; Gänsebrüste,-keulen-,-lebern 1580; Federvieh, 
geschlachtet usw. 70 746, Haarwild (Hasen, Kaninchen, Renntiere, 
Wildschweine usw.), nicht lebend 10 754, Federwild, nicht lebend 
5097, FleiBchextrakt, Fleischbrühtafeln, Fleischbrühe, Fleischpepton 
10 315, Suppentafeln 6, Fleisehwürste 218, Schmalz von Schweinen 
1 048 051, Oleomargarine 315 350, Schmalz von Gänsen, Rindennark 
und andere schmalzartige Fette 5590, Schweine- und Gänsefett 
roh 279. Schweineflomen (Fliesen, Liesen, Schmer) 6), Premier jus 
59 508, Talg von Rindern und Schafen; Prcßtalg 216 638, Knochen- 
fett; Abfallfette 45 367. Davon kamen aus: 












80. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


883 



Dänemark 

Frankreich 

Groß- | 

britannien : 

Niederlande 

Österreich- 

Ungarn 

Vereinigte 1 
Staaten 1 

Rußland 
in Europa 

Belgien 1 

Italien 

Rind- (Kalb-) 

.Fleisch, frisch 

62 703 

1407 

6165 

55 234 

4668 





Rind- (Kalb-) 

Fleisch, einfach 
zübereitet .... 

1494 





25 011 




Schweinefleisch, 
frisch. 




10 248 

1427 


11019 



Schweinefleisch, 
einfach zube¬ 
reitet, auch Herz¬ 
schläge . 

18 476 

! 

1920 



1 2 259 




Schweineschinken 
'Vorder- und 
Hinterschinken), 
gepökelt, ge¬ 
räuchert . 

981 

i 

j 

l 

1 832 

j 

1 

38541 

i 




Hammelfleisch, 
frisch oder ein¬ 
fach zubereitet. 

1242 

! 

i 


I 

586 

! 

567 





Ziegen- usw. 
Fleisch, zum 

feineren Tafel- 
genusse zuberei¬ 
tetes Fleisch . . 


i 

! 

1 

1 

1 

i 

_ 

i 

| 

i 

i 

ui 

1 

j 

113, 




Schweinespeck, 
frisch oder ein¬ 
fach zubereitet; 
Paprikaspeck . . 

1773 

1 

j 

l 

_ 

1 

i 

1 

7 649 

- 

- 

- 


Bericht Ober die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
im Königreich Sachsen für das Jahr 1906. 

Den Abschnitt über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau hat 
in dem „Bericht über das Veterinärwesen .im Königreich Sachsen“ 
för das Jahr 1906 der Landestierarzt Medizinalrat Prof. Dr. 
Edelmann bearbeitet. Die Zahl der öffentlichen Schlachthöfe 
ist auf 35 angestiegen, an neuen Freibänken wurden 8 errichtet, 
so daß die Zahl derselben nunmehr 960 beträgt. Die Schlachtungen 
der Jungrinder, Ziegen, Pferde und Hunde haben zugenommen, bei 
den übrigen Tieren abgenommen. In Prozenten ergab sich 
bei Pferden eine Zunahme von 1,90 Proz., bei Jungrindern von 
30,61, bei Ziegen 7,66 und bei Hunden von 3,74 Proz. Die Ab¬ 
nahme bei den Rindern betrug 1,94, bei den Kälbern 2,45, bei den 
Schweinen 0,53 und den Schafen 3,15 Proz. Geschlachtet sind 
12 930 Pferde, 233 325 Rinder, 404 372 Kälber, 1112 599 Schweine, 
206068 Schafe, 74 153 Ziegen und 3738 Hunde. Notschlachtungen 
ergaben sich, auf 100 Schlachtungen berechnet, bei Pferden 4,97, 
Ochsen 0,16, Bullen 0,19, Kühen 0,90, Jungrindern 1,39, Kälbern 
0,36, Schweinen 0,29, Schafen 0,14, Ziegen 1,37 und Hunden 3,02. 
Die Verteilung der Beschau auf die Tierärzte und die Fleiscb- 
beschauer war die gleiche wie im vorigen Jahre. 

Von den Schlachttieren stammten. 60,15 Proz. Rinder und 
58,76 Proz. der Schweine aus dem Königreiche Sachsen. In 
Schlachthöfen wurden geschlachtet 67,33 Proz. der Pferde, 51,40 
Proz. der Rinder, 63,37 der Kälber, 48,82 der Schweine, 77,71 
der Schafe, 9,50 der Ziegen und 35,04 Proz. der Hunde. 

Tuberkulose wurde ermittelt bei 34,94 Proz. der Ochsen, 31,74 
Proz. der Bullen, 42,61 der Kühe und 17,71 Proz. der Jungrinder. 

Von dem Auslande eingeführt sind 25227 kg frisches Schweine¬ 
fleisch und 6759 kg sonstiges frisches Fleisch, 10018 kg zubereitetes 
Rind- und Kalbfleisch, 284719 kg zubereitetes Schweinefleisch, 
492 kg Speck, 1223 kg sonstiges Schweinefleisch, 315358 kg Därme, 
1400 kg Schweineschmalz, 185532 kg Oleomargarine, 12038 kg 
Margarine und 9215 kg sonstiges Fett warmblütiger Tiere. 

An Seuchen wurden bei der Fleischbeschau ermittelt: Milz¬ 
brand 144-, Rauschbrand 14-, Rotz 1-, Maul- und Klauenseuche 18- 
Räude der Schafe 1-, Schweinerotlauf 1765-, Schweineseuche 1464- 
und Schweinepest 52 mal. 

Von den seit Erlaß der Verordnung vom 17. August 1906 auf¬ 
gefundenen 38 trichinösen Schweinen waren in Sachsen 11, außer¬ 
halb Sachsen 27 Schweine mit Trichinen angesteckt worden. 


Ein als Anhang beigefügter Rückblick auf die ersten fünf 
Jahre der allgemeinen Fleischbeschau läßt besonders erkennen, daß 
die Beanstandungen der versicherten Rinder und Schweine von 
Jahr zu Jahr zugenommen haben und zwar recht beträchtlich. Die 
Zahlen betrugen für männliche Rinder 1900 1,98 Proz., 1905 aber 
4,21 Proz., fiir weibliche Rinder 1900 8,39 Proz., 1905 14,69 Proz., 
für die Schweine 1900 0,92 Proz. und 1905 1,96 Proz. Der Grund 
hierfür liegt zwar einmal in der genauer gewordenen Untersuchung, 
aber auch in einer tatsächlichen Zunahme der erkrankten Tiere. 
Beides kommt besonders bei den tuberkulösen und finnigen Rindern 
in Betracht. Bemerkenswert ist das Ansteigen der Beanstandungen 
wegen abnormen Fleischgeruchs, Wässerigkeit, Gelbsucht und 
mangelhafter Ausblutung. 


Besprechung im Reichs&mt des Innern 
über zweifelhafte Punkte, die bei der Durchführung dea Schlachtvieh- 
und Flelechbeechaugeeetzes sich ergeben haben. (17. Sitzung am 9.12. 07.) 

I. 

Es sind Zweifel darüber entstanden, ob getrocknetes Blut als 
Fleisch im Sinne des § 4 des Fleischbeschaugesetzes anzusehen ist 
und demnach vor der Einfuhr in das Zollinland einer Untersuchung 
durch das Fleischbeschauamt unterliegt. Das aus dem Auslande 
kommende getrocknete Blut wird dem Vernehmen nach durch 
Trocknen frischen Blutes an der Luft oder durch Einwirkenlassen 
künstlich erzeugter Hitze gewonnen und fast ausschließlich als 
Viehfutter oder als Düngungsmittel verwendet. 

Nach eingehender Erörterung der Angelegenheit sprach sich 
die Kommission über die fleischbeschautechnische Behandlung des 
in das Zollinland eingehenden Blutpulvers übereinstimmend folgender¬ 
maßen aus: 

Das bei einer Temperatur von über 70° C getrocknete Blut 
kann als Fleisch im Sinne des § 4 des Fleischbeschaugesetzes nicht 
angesehen werden, weil es zum Genüsse für Menschen nicht ge¬ 
eignet ist; dagegen ist das an der Luft oder bei Hitzegraden unter 
70° C getrocknete defibrinierte Blut als Fleisch zu betrachten. 
Bedenklich bleibt die Verwendung ausländischen getrockneten 
Blutes stets, weil ein genaues Urteil darüber, ob die Erhitzung ge¬ 
nügt hat, etwa im Blute vorhandene krankheitserregende Keime 
abzutöten, nicht gewonnen werden kann. Da aber nach dem, was 
bis jetzt bekannt ist, kein Anlaß zu der Vermutung vorliegt, daß 
getrocknetes defibriniertes Blut, falls es überhaupt zur Einfuhr in 
das Zollinland gelangt, zur Herstellung von Nahrungsmitteln für 
Menschen Verwendung findet, so bestehen gegen die Einfuhr einer 
derartigen Ware ohne Untersuchung vorläufig grundsätzlich keine 
Bedenken. Es wird jedoch empfohlen, daß die Einlaßstellen ins¬ 
besondere darauf achten, an welche Firmen getrocknetes Blut ge¬ 
liefert wird. Ergibt sich dabei der Verdacht, daß die Ware als 
Nahrungsmittel für Menschen und zu Arzneizwecken verwendet 
werden soll, so ist ihre fleischbeschautechnische Untersuchung 
— auch auf etwaigen Gehalt an krankheitserregenden Mikroorga¬ 
nismen — zu veranlassen. Ferner ist es erwünscht, daß von den 
Einlaßstellen auch ohne Vorliegen eines Verdachts von Zeit zu 
Zeit Proben an die zuständigen Fleischbeschaustellen zur Unter¬ 
suchung abgegeben werden. Letztere soll nach dem Vorschläge 
des Gesundheitsamts daraufhin erfolgen, ob die Ware mit Wasser 
vermischt eine dem frischen Blute ähnliche, rote, eiweißhaltige 
d. h. beim Schütteln schäumende und beim Kochen Gerinsel aus¬ 
scheidende Flüssigkeit ergibt. Wenn die Probe positiv ausfällt, 
würde das Blutpulver als Fleisch zu gelten haben und nach den 
Vorschriften für frischeB Fleisch zu behandeln sein. 

n. 

Eine Fleischimportfirma hat in Eingaben wegen Abänderung 
des § 11 der Anlage a zu den Ausführungsbestimmungen D zum 
Fleischbeschaugesetze behauptet, daß durch das Ausschneiden der 
Kniekehlendrüsen beim Schweine einer der wertvollsten Teile des 
Tierkörpers, der Schinken, für seine Zwecke unbrauchbar gemacht 
werde. Der tiefe Einschnitt, der durch die äußere Schwarte in das 
Fleisch gelegt werden müsse, mache die spätere Verarbeitung der 
Schinken zu Salz- und Räucherschinken unmöglich. Die Schinken 




334 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


seien in dieser Beschaffenheit unverkäuflich und nur noch als 
Material zur Wurstfabrikation geeignet. 

Es wurde empfohlen, die Fleischbeschaustellen mit einer An¬ 
weisung dahin zu versehen, daß bei ausländischem Schweinefleisch 
daB Ausschneiden nur der oberflächlichen Kniekehlendrttsen genüge. 
Falls sich diese Drüsen bei Pökelfleisch (Schinken) durch den ersten 
kunstgerecht angelegten Schnitt etwa nicht auffinden ließen, sei 
von einer weiteren Untersuchung abzusehen, da dann die Annahme 
begründet sei, daß die Drüsen von regelmäßiger (geringer) Qröße 
und daher gesund seien; denn wären sie krank, so würden sie an- 
geschw'ollen, mithin vom Sachverständigen unschwer zu ermitteln sein. 

III. 

Untersuchungen, w r elche auf Veranlassung bzw. auf Anregung 
des Königlich Preußischen Herrn Ministers für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten bei mehreren preußischen und außerpreußischen 
Auslandsfleischbeschaustellen 4 Wochen hindurch an den eingehenden 
Darmsendungen auf ihre Behandlung mit verbotenen Stoffen vor¬ 
genommen worden sind, haben das Ergebnis gehabt, daß von 
651 untersuchten Sendungen 25 Sendungen beanstandet worden sind. 

Die Kommission war in ihrer überwiegenden Mehrheit der An¬ 
sicht, das die gemachten Beobachtungen es gerechtfertigt erscheinen 
ließen, der unzulässigen Behandlung der Därme in weiterem Maße 
nachzugehen. Zu diesem Zwecke seien gelegentlich in geeigneten 
Fällen (etwa bis zu 5 %) die eingehenden Darmsendungen auch 
ohne das Vorliegen eines besonderen Verdachts auf verbotene Kon¬ 
servierungsmittel in erster Linie auf Borsäure zu untersuchen; es 
genüge die Untersuchung je einer Stichprobe bei jeder Sendung. 
Hierbei wurde eB als selbstverständlich erachtet, daß die Kosten 
dieser Untersuchungen der Staatskasse zur Last fallen, falls nicht 
verbotene Stoffe gefunden werden. 

IV. 

Ein Hauptsteueramt hat eine aus Belgien eingegangene Sendung 
von Hundefutter (Special Hound Meal, nourriture concassöe pour 
chiens) an den Adressaten nicht herausgegeben, vielmehr die Rück¬ 
sendung der Ware in das Ausland veranlaßt, weil für eine ähnlich 
beschriebene Ware, nämlich für ein loses Gemenge von gewöhnlichem 
Backw r erk (zerbröckelten Schiffscakes) mit gekochten und hierauf 
getrockneten Muskelstückchen, Bindegewebsfetzen, Blutgefäßen, 
Lymphdrüsen und Knochenteilen von warmblütigen Tieren, durch 
Verfügung des Königlich Preußischen Herrn Finanzministers vom 
1. August 1906 die Einfuhr in den freien Verkehr für unzulässig 
erklärt worden sei. 

Bei der Erörterung der Angelegenheit herrschte ein Verständnis 
darüber, daß Hundefutter, bei dem die Fleischteile mit für den 
menschlichen Genuß untauglichem Backwerk nicht lose vermischt, 
sondern verbacken seien (sogenannten Hundekuchen), in das Zoll¬ 
inland eingeführt werden dürfe, da das verbackene Fleisch sich als 
Nahrungsmittel für Menschen nicht eigne. Dagegen war man der 
Ansicht, daß es im allgemeinen nicht zu beanstanden sei, wenn 
Hundefutter, das aus einem losen Gemenge von Backwerk mit 
getrockneten Flcischstiickchen bestehe, von der Einfuhr ausge¬ 
schlossen werde, da, wenn auch nicht die Wahrscheinlichkeit, so 
doch die Möglichkeit gegeben sei, daß in geeigneten Fällen die 
Fleischstückchen von dem Backwerke getrennt und zu Speisezwecken 
verwendet würden. 

Polizeitierärzte und Fleischkontrolle. 

Die von der Behörde geplante Einführung einer schärferen 
Kontrolle der Fleischverkaufsstätten hat eine Neuregelung des 
Dienstes der Polizeitierärzte notwendig gemacht. Bisher wmrden den 
auf dem hiesigen Viehofe tätigen Polizei- und Hilfs-Polizeitierärzten 
für die Person und für den Tag 9 M. Diäten erstattet. Aus diesem 
Bauschbetrage hat der Polizeipräsident nach einer ministeriellen 
Anordnung an die Polizeitierärzte monatige Vergütungen von 
275, 300 und 340 M., an die Hilfspolizeitierärzte Tagegelder von 
6,50 M., 7,50 M. und 8 M. gezahlt. Nach Festsetzung des Ent¬ 
wurfs zum diesjährigen Haushaltsetat batte der Polizeipräsident 
dem Magistrat mitgeteilt, daß er im Zusammenhang mit der Ein¬ 
führung einer regelmäßigen Kontrolle der Fleischverkaufsstätten 
und Fleischerläden eine audenveitige Regelung des Dienstes der 
Polizeitierärzte unter Gewährung einer festen Besoldung vor¬ 


zunehmen beabsichtige. Er schlug vor, an Stelle der oben auf¬ 
geführten monatlichen Bezüge und Tagegelder Gehälter nach den 
mit dem Dienstalter steigenden Stufen in Höhe von 3200, 3600 und 
4200 M. jährlich mit der Maßgabe festzusetzen, daß fünf Tierärzte 
ein Gehalt von 3200, fünf ein solches von 3600 und vier 4200 M. 
beziehen, und daß ein Aufrücken in eine höhere Stufe nach etwa 
fünf Jahren zu erfolgen hat. Die Regelung der Besoldung würde 
eine Summe von 50 800 M. beanspruchen. Hierzu treten noch 
4490 M. für die Assistenz des Kreistierarztes, für die beiden Aus¬ 
hilfen, ferner die Vergütung für die Entschädigung der be¬ 
amteten Kreistierärzte, so daß sich ein Gesamtbetrag von 55 290 M. 
ergibt. Da im Etat 1908 nur 41000 M. für Polizeitierärzte aus¬ 
geworfen w'aren, muß jetzt der Rest nachträglieh bewilligt werden. 
Der Magistrat ist mit diesem Arrangement einverstanden und 
ersucht die Stadtverordnetenversammlung ebenfalls um ihre Zu¬ 
stimmung. 

Schärfere Untersuchung der Fleischsendungen in Berlin. 

Polizeipräsident v. Stubenrauch beabsichtigt nach Zeitungs¬ 
meldungen, die Untersuchung des von auswärts eingesandten 
Fleisches neu zu regeln. In der Zeitung wird das so dargestellt, 
als ob sich diese Neuregelung gegen die Freizügigkeit des 
Fleisches richten und auf die begrabenen Wünsche der Großstädte 
hinsichtlich nochmaliger Untersuchung des schon tierärztlich 
untersuchten Fleisches zurückkommen könnte. Das ist selbst¬ 
verständlich ausgeschlossen, und Herr v. Stubenrauch würde wohl 
der letzte sein, um die Frage in diesem Sinne zu betreiben. 

Michkontrolle In Brandenbung. 

Die Landwirtschaftskammer der Provinz Brandenburg hat die 
Initiative ergriffen, um eine einheitliche Milchkontrolle in der 
Provinz herbeizuführen, indem sie den Stadtgemeinden das An¬ 
erbieten gemacht hat., die Untersuchung der in Verkehr kommenden 
Milch durch besondere Chemiker zu übernehmen, w'enn die Städte 
dafür eine nach ihrer Einwohnerzahl zu berechnende Gebühr 
entrichten, die für Mittelstädte etwa 1000 M. betragen würde. Der 
Gedanke ist jedenfalls sehr beachtenswert. 

Deutsche Seefischerei. 

Nach einem Vortrag des Fischereidirektors Lübbert im Nau¬ 
tischen Verein zu Hamburg hat sich die deutsche Seefischerei erst 
in den letzten 20 Jahren aus einem Kleinbetriebe zum Großbetriebe 
entwickelt. Sie zerfällt heute in drei Teile: Die Seefischerei mit 
140 Kuttern und Ew'ern, den Frischfischfang mit Dampfern, von 
denen mehr als 200 in Dienst sind, und die Heringsfischerei, aus¬ 
geübt von 230 Fahrzeugen, größtenteils Segelschiffen. Dazu kämen 
noch etwa 20 Schiffe mit Hilfsmaschinen und dgl. Die Segelfischerei 
erstreckt sich auf die Nordsee, besonders in der Nähe der Küsten, 
und lag dem in früheren Jahren sehr lohnenden Fang von Sprotten 
und Heringen an der Elbemttndung ob. Diese Fische sind hier seit 
vier Jahren ausgeblieben, was den Ruin dieser Form der Fischerei 
bedeuten dürfte. Die Fischdampfer, welche in Geestemünde v Bremer¬ 
haven, Nordenham, Hamburg und Altona beheimatet sind, befischen 
hauptsächlich den östlichen Teil der Nordsee, das Skagerak und 
Kattegat, die isländischen Gewässer, das weiße Meer und den At¬ 
lantischen Ozean bis Marokko. Sie benutzen das Schaarnetz, ein 
Grundschleppnetz. Die Heringsfischerei hat ihr Fanggebiet im nörd¬ 
lichen und westlichen Teile der Nordsee. Die Heringsschwärme er¬ 
scheinen hier zuerst im Juni jeden Jahres in der Nähe der Shet¬ 
landinseln, gehen Bpäter nach dem Süden, bis sie im November 
und Dezember im sttdw-estlichen Teile der Nordsee an der englischen 
Küste zu finden sind. Das Fischen erfolgt mit 3—5000 Meter langen 
Treibnetzen, die 15 Meter hohe Netzwände bilden. Die Heringe 
bleiben mit den Kiemen in den Maschen des Netzes hängen. 
Deutschland verbraucht jährlich für etwa 100 Mill. Mark Seefische 
und deren Produkte, der eigene Fang beträgt aber nur 25 Mill. 
Mark Wertes. Schon aus volkswirtschaftlichen Gründen ist deshalb 
eine beträchtliche Erweiterung der Seefischerei zu erstreben. 

Internationaler Kongreß der Kälteindustrie. 

Der erste internationale Kongreß der Kälteindustrie wird Ende 
Juni 1908 in Paris stattfinden, und bei der universellen Bedeutung 







30. April 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


335 


dieser Industrie rocbnet man auf eine außerordentliche Beteiligung 
aus allen Weltteilen. Der Kongreß steht unter dem Schutz der 
französischen Regierung und wird von den Ministern der Land¬ 
wirtschaft, des Handels und der Industrie, der Kolonien und der 
öffentlichen Arbeiten protegiert. Ehrenpräsidenten sind der ehe¬ 
malige Präsident der Republik Loubet der ehemalige Minister 
de Freycinet Den Vorsitz hat der ehemalige Minister des 
Handels und der Kolonien Andr6 Lebon übernommen. Die rege 
Beteiligung des Auslandes an dem Unternehmen ist bereits aus den 
allenthalben stattfindenden Vorarbeiten ersichtlich. Z. B. hat 
England ein Komitee von über 80 Mitgliedern gebildet, aus dem ein 
Arbeitsausschuß von 20 Mitgliedern gewählt wurde. In Amerika 
vereinigten sich die 12 bestehenden Vereine und Verbände der 
Kälteindustrie zu einem großen Gesamtverband, der dann die 
Teilnahme am Pariser Kongreß organisieren wird. Italien hat 
ebenfalls ein Komitee unter dem Protektorat der Regieruug gebildet 
ebenso Rußland und noch etwa 15 andere Länder. 

Der deutsche Ausschuß wurde am 5. November in einer zu 
diesem Zweck vom Verein deutscher Ingenieure einberufenen Ver¬ 
sammlung gewählt. Den Vorsitz hat Herr Dr. ing. Carl von Linde, 
Professor an der technischen Hochschule in München übernommen, 
als Schriftführer wurde Herr Ingenieur Constanz Schmitz in 
Berlin gewählt. Der Ausschuß bildete 6 Abteilungen mit 22 Mit¬ 
gliedern und hat die Vorbereitungen für den Kongreß eifrig in die 
Hand genommen. Die Drucksachen stehen auf Wunsch jedem zur 
Verfügung, der sich über die Arbeiten des Kongresses unterrichten 
möchte. Man wende sich hierfür an die Geschäftsstelle des Aus¬ 
schusses unter der Adresse: Constanz Schmitz, Ingenieur, 
Berlin NW. 52, Calvinstr. 24. Von Tierärzten befindet sich in 
dem Ausschuß der Direktor des Schlachthofes zu Straubing Heiß. 


Fleischpreise der eäehtisohen SoMaohtviehversicherung. 

(Vergl. Nr. 2, S. 47.) 


Gemäß § 14 des Gesetzes, 
_ , 2. Juni 1898 

betreffend, vom 24- Aprll 1906 


die staatliche Schlachtviehversicherung 
sind vom Verwaltnngsausschnsse der 


Unterzeichneten Anstalt hinsichtlich der in der Zeit vom 1. April 
bis 30. Juni 1908 stattfindenden Schlachtungen die der Er¬ 
mittlung der Entschädigungen nach § 2 des angeführten Gesetzes zu¬ 
grunde zu legenden Durchschnittspreise für die einzelnen Fleisch- 
gattungen für je 50 kg Schlachtgewicht wie folgt festgesetzt 
worden: 


A. Ochsen: (1 kg demnach) 

M M 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 
wertes bis zu 6 Jahren. 77,50 1,55 

2. junge fleischige — ältere auBgemästete . . . . 73,50 1,47 

3. mäßig genährte junge — gut genährte ältere 67,50 1,35 


4. gering genährte jeden Alters. 

5. a) magere. 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziflf lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind. 

B. Kalben und Kühe: 

1. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten 

Schlachtwertes. 

2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten 

Schlacht wertes bis zu 7 Jahren . 

3. ältere ansgemästete Kühe und gut entwickelte 

jüngere Kühe und Kalben. 

4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 

5. gering bzw. mäßig genährte Kühe und gering 

genährte Kalben. 

6. a) magere dergl. 

b) abgemagerte dergl., soweit sie nicht nach § 1 

Ziff. lb des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind. 

G. Bullen: 

1. vollfleischige höchsten Sch lach twertes .... 

2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 

3. gering genährte. 

4. a) magere. 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind. 

D. Schweine: 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 

wertes und zwar der feineren Rassen und deren 
Kreuzungen im Alter bis zu l l / t Jahren . . 

2. fleischige. 

3. gering entwickelte Mastschweine, sowie aus¬ 

gemästete Schnitteber (Altschneider) und aus¬ 
gemästete Sauen . 

4. nicht ausgemästete Sauen, Schnitteber (Alt¬ 
schneider), Zuchtsauen und Zuchteber .... 

5. a) magere bzw. im Ernährungszustände zurück¬ 

gebliebene Tiere . 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 
des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind. 


M. 

(1 kg demnacU 
M. 

60,— 

1,20 

48 ,— 

—,96 

35,— 

—,70 

73,50 

1,47 

71,— 

1,42 

06, - 

1,32 

59,— 

1,18 

49,50 

— ,99 

40,— 

—,80 

30- 

—,60 

71,— 

1,42 

67, - 

1,34 

62,— 

1,24 

45,— 

— ,90 

40, 

—,80 

59,50 

1,13 

56,50 

1,91 

62,50 

1,05 

40,- 

—,80 

30,- 

—,60 

28,— 

—,56 


, Angebliche Mißstände bei der Flei8chlieferung im franzitaischen Heer. 

Nach einer Zeitungsmeldung soll ein Beamter des Kriegs- 
ministeriuras entdeckt haben, daß bei der Viehlieferung für die 
östlichen Garnisonen %robe Mißbräuche bestehen. Durch Detektive 
wurden die Schleichwege dieses unsauberen Handels aufgedeckt. 
Große Mengen tuberkulösen und wegen sonstiger Krankheiten be¬ 
mängelten Viehs sollen vom Pariser Schlachtviehmarkte nach den 
Vogesengarnisonen befördert worden sein, denen man sogar frecher¬ 
weise den Namen „Friedhöfe des Ostens“ beilegte. 


Berlin: Auszug aus dem Fleischbeschaubelicht für die Monate Januar bis März 1908. 




A. 

Schlachthof 


B. Untersuchungsstationen 

* 

Rinder 

Jung¬ 

rinder 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht. 

34030 

6 983 

41327 

113160 

307 237 

11 776 

15 627 

971 

13082 

Es wurden beschlagnahmt: ganz. 

1033 

182 

162 

60 

1970 

72 

' 159 

25 

45 

„ „ „ teilweise . . . 

14 714 

1143 

447 

11110 

63 400 

— 

— 

— 

— 

In der Zahl der beschlagnahmten ganzen Tiere 
sind nicht enthalten: 

a) verendete Tiere. 



2 

5 

30 





b) ungeborene Tiere. 

- 

- 

37 

- 

- 

- 

- 

- 

-- 

Wegen Tuberkulose teilweise beanstandet: 

„ „ minderwertig . . . 

272 

24 

6 


824 

3 



2 

„ „ bedingt tauglich. . 

208 

27 

21 

4 

375 

9 

— 

— 

! 

„ „ untauglich .... 

47 

7 

2 

1 

23 

8 

— 

— 

2 

Fleischviertel, verschieden beurteilt.... 

133 

10 

13 

1 * — 

88 

— 

— 

- 

- 

Wegen Finnen minderwertig . 

23o | 

44 

— 


7 

— 

— 

— 

— 

„ „ bedingt tauglich . 

50 ) 

16 

4 


9 

— 

— 

— 

1 — 

„ „ untauglich . 

• 1 


1 

: 

16 

- 

- 

- 

; - 

Wegen Trichinen bedingt tauglich .... 

— 

— 

— 

— 

9 

— 

— 

— 

1 

„ „ untauglich . 

— 

— 

— 

— 

15 

— 

— 

— 

— 








































BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


888 


Bücheranzeigen und Besprechungen. 

Neue Eingänge (Besprechung Vorbehalten). 

Profe88or Dr. Uhlenhirth, Dr. HUbener, Dr. Xylander und Dr. Bohtz, 

Untersuchungen über das Wesen und die Bekämpfung 
der Schweinepest. (Sonderabdruck aus „Arbeiten aus dem 
Kaiserlichen Gesundheitsamte“, Band XXVII, Heft 3.) Julius 
Springer, Berlin 1908. Preis 9 M. 

Parzer-MUhlbacher, Röntgenphotographio. Anleitung zu 
leicht auszuführenden Arbeiten mit statischer und galvanischer 
Elektrizität unter besonderer Berücksichtigung der Influenz- 
Elektrisiermaschine. 2. neubearbeitete Auflage. Mit 8 Tafeln und 
29 Figuren im Text. GuBtav Schmidt, Berlin 1908. Preis 2,50 M # 

Eichmann, Photographische Belichtungstabelle Helios. 
Gustav Schmidt, Berlin 1908. Preis 2,50 M. 

J. Bongert, Bakteriologische Diagnostik mit besonderer 
Berücksichtigung der Immunitätslehre, der Sero¬ 
diagnostik und der Schutzimpfungen für Tierärzte und 
Studierende. Zweite, stark vermehrte und verbesserte Auflage. 
Mit 16 Abbildungen, 1 Farbendrucktafel im Text sowie 20 Lichtdruck¬ 
tafeln, enthaltend 111 vom Verfasser hergestellte Photogramme. 
Otto Nemnich, Leipzig 1908. Preis geb. 12 M. 

Prof. Dr. Zwick, Schema des Blutkreislaufs und Schema 
des Blut- und Lymphstroms. 2 Wandtafeln. Verlagsbuch¬ 
handlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. Preis je 7,50 M. 

Die Ergebnisse der Schlachtvieh-und Fleischbeschau im 
Deutschen Reiche im Jahre 1905. Bearbeitet im Kaiserlichen Ge¬ 
sundheitsamte. Julius Springer, Berlin 1908. Preis 7,50 M. 

Apparate und Transportwagen zur Verwertung und Beseitigung von 
Tierkadavern und Scblachthofkonfiskaten. Prüfungsbericht erstattet 
vom Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Fränkel, Prof. Dr. Fischer, Prof. 
Dr. Stutzer, Dr. H. Thiesing, Ökonomierat Vibrans; mit einer 
Einleitung von Dr. M. Hoffmann. (35 Abbildungen.) (Separat¬ 
abdruck aus „Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft“, 
Heft 139.) Berlin 1908. Preis 3 M. 

Prof. Dr. ßmeiner, Klinische Untersuchungen über die 
Wirkung modifizierter Salizylsäuren auf die Harnorgsnej 
Arbeiten aus der Medizinischen Veterinärklinik der Universität 
Gießen. (Separat-Abdruck aus Folia Urologica I. Band Nr. 7.) Dr. 
Werner Klinkhardt, Leipzig 1908. ' 

Dr. Adolf Benneoke, Studien über Gefäßerkrankungen 
durch Gifte. (Habilitationsschrift der Universität Rostock.) Georg 
Reimer, Berlin 1908. 

The Philippine Journal of Science. Vol. II. Nr. 6. Dezember 1907. 
Bureau of Printing, Manila 1907. 

E. Merck, Bericht über Neuerungen auf den Gebieten 
der Pharmakotherapie und Pharmazie. XXI. Jahrg. 1907. 
DarmBtadt 1908. 

Inaugural-Dlssertationen. 

Max Httcke, Beiträge zur vergleichenden Histologie des 
Pankreas der wichtigsten Haussäugetiere (Hund, Katze, 
Schwein, Schaf, Ziege, Rind, Pferd) mit besonderer Berücksichtigung 
des „Ausführenden Apparates“ und der „Pankreasinseln“. (Veterinär¬ 
medizin. Fakultät, Zürich.) Mit 25 Abbild. Zürich 1907. 

Paul Krage, Vergleichende histologische Untersuchungen 
über das Präputium der Haussäugetiere. (Veterinär-medizin. 
Fakultät, Zürich.) Mit 4 Tafeln. Zürich 1907. 

Paul Schumann, Beiträge zur vergleichenden Histologie 
des Enddarmes und des Überganges des Mitteldarmes in den 
Enddarm der Haussäugetiere. (Veterinär-medizin. Fakultät, 
Zürich.) Mit 4 Tafeln. Dresden 1907. 

Alfred Trautmann, Beiträge zur vergleichenden Histologie 
des Dünndarmes der Haussäugetiere. (Veterinär-medizin. 
Fakultät, Zürich.) Mit 7 Tafeln. 

Max Hafemann, Erlischt das Leitungsvermögen moto¬ 
rischer und sensibler Frosch nerven bei derselben Tempe¬ 
raturerhöhung. (Philosoph. Fakultät Leipzig) 1908. 

Armlnius ßoedecke, Über die Wirkung einiger Salze bei 
subkutaner und intravenöser Anwendung. (Veterinär¬ 
medizin. Fakultät Bern.) 


August Schröder, Untersuchungen über den Einfluß der 
Kühlung auf die Haltbarkeit und den Keimgehalt der 
Milch. (Veterinär-medizin. Fakultät Leipzig.) Leipzig 1908. 

Oskar Pröscholdt, Papillärer Akanthom auf der Innen¬ 
fläche des Pferdeohres. Veterinärmedizin. Fakultät Bern.) 
Mit 9 Figuren auf 8 Tafeln. 

Josef Kftppeli, Beiträge zur Anatomie und Physiologie 
der Ovarien von wild lebenden und gezähmten Wieder¬ 
käuern und Schweinen. Philosoph. Fakultät, Bern.) Bern 1908. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Schlachthofdirektor 
Lery-Brühl die Landwehr-Dienstauszeichnung 1. Klasse. 

Ernennungen: Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Oslertag , 
bisher Abteilungsvorsteher im Kaiserlichen Gesundheitsamt, zum 
Direktor der Veterinärabteilung, der Hilfsarbeiter im preußischen 
Ministerium für Landwirtschaft usw., Veterinärrat Nevermann , zum 
Regierungs- und Veterinärrat, Stadttierarzt Franz Bein-Giengen zum 
Distriktstierarzt in Altdorf bei Nürnberg, Amtstierarzt Dr. Feuer- 
eißen , Stadttierarzt und Leiter der städtischen Fleischbeschau in 
Chemnitz, zum 1. Juni zum städtischen Amtstierarzt und stellver¬ 
tretenden Schlachthof direktor in Plauen i. V., städtischer Tierarzt 
Dr. Klawittcr-heipzig zum 1. Juni zum Amtstierarzt und Leiter der 
städtischen Fleischbeschau in Chemnitz, Tierarzt Julius Johannsen , 
bisher am Schlachthof zu Göttingen, zum Volontärassistenten am 
Veterinärinstitut daselbst, Kreistierarzt Trieur von Jarotschin nach 
Berlin (Zentralviehhof) versetzt. 

Niederlassungen: Tierarzt A. Tapper in St Johann a. Saar. — 
Verzogen: Tierarzt Dr. K. Oerspach , 1. Assistent am tier¬ 

hygienischen Institut der Universität Freiburg, als Vertreter des 
Großh. Bezirkstierarztes nach Rastatt i. Bd. 

In der Armee: In Sachsen: Im Beurlaubtenstande: Ab¬ 
gang: Oberveterinär Dr. Pflücke , Landw. 1. Aufgebots (Dresden II) 
der Abschied bewilligt 

Todesfälle: Kreistierarzt a. D. Rathke- Pyritz, Tierarzt Hinrich 
iSiraft-Nortorf. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstelle: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Reg.-Bez. Aachen: Jülich. 

Tierhygienische Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts zu Bromberg: 

Bakteriologisch geschulten Assistenten zum 1. Juli er. Gehalt 
1800—2000 M. Bewerb, an den Vorsteher der Abteilung. 

Schlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Bremen: 
IV. Tierarzt zum 1. Juli er. Gehalt 2400 bis 3900 M. ßew. bis 
30. April an den ersten Tierarzt für den Schlachthof. — Halle 
a. S.: Assistenzarzt sofort. Gehalt 200 M. p. Monat und freie möbl. 
Wohnung. Angebote an die Verwaltung des städt. Schlacht- und 
Viehhofes. — Pforzheim: Direktor. Gehalt 3600 bis 6000 M. und 
freie Wohnung usw. Bewerb, bis 5. Mai an den Stadtrat. — 
Plauen i. Vgtl.: II. Tierarzt baldigst. Gehalt 2300—3200 M. 
Meldungen umgehend an die Direktion. — Treptow a. R.: 
Schlachthof direktor zum 1. Juli. Gehalt 2400 M. bis 3600 M. Bew. 
bis 18. April a. d. Mag. b) Nach Ablauf der Meldefrist noch 
unbesetzt: Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Bremen: IV. Tier¬ 
arzt. 2400 M. bis 3900 M. — Duisburg-Meiderich: I. Tierarzt. 
3000 M — Erfurt: Schlachthofstierarzt 3400 bis 4900 M. — Essen: 
Tierarzt. 3500 M. bis 5750 M. — Freien walde: Tierarzt. — Katto- 
witz: Schlachthofdirektor. 3600 M — Königsberg i. Pr.: Zwei 
Tierärzte. — Bad Kreuznach: Assistenztierarzt. 2400M. — Lands¬ 
berg a. W.: AssisteDZtierarzt. 2400 M. — Liegnitz: Assistenztier¬ 
arzt. 2400 M. — Lübeck: II. Tierarzt. 2400 M. — Osnabrück: 
II. Assistenztierarzt. 2100 M. — Prüm (Rbld.): Verwalter (Tierarzt). 
1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — Pyritz: Schlachthor- 
direktor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus (Bez. Frankfurt 
a. 0.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: Öl. Tierarzt bei 
der Auslandfleischbeschaustelle. 2400 M. 

Stellen fflr ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 
a) Neu ausgeschrieben: Mengede (Kr. Dortmund): Fleisch¬ 
beschautierarzt zum 1. Juni er. Gehalt 3000 M, Wohnungsgeld 300 M., 
Wegegeld 300 M. Meldungen bis 1. Mai an den Amtmann. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Brilon 
(Westfalen). — Kemberg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Huns- 
rück. — Langelsheim (Herzogt. Braunschweig). — Spangenberg. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoets ln Berlin. — 

Druck von W. B dz enstein, Berlin. 



JW* „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
vttichentlicb im Verlage von Richard Schoeta ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmatr. 10. Darcli jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe com Preise von M. 5,— viertelj&hr- 
lieh (M. 4,88 fllr die Wochenschrift, 18 PI fUr Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliate Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) # 


Berliner 


Origlnalbeitrftge werden mit 60 Mk„ fn Petitaata mt, 
00 Mk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte^ 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
au senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstrafie 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncun dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Sckmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothes 
Departementstierarzt 
Cöln. 

Prof. Dr. Peter 

Kreisticrarzt 

Angermünde. 

Veterinärrat Peters 

Departcmoutstiurarzt 

Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Dep&rtementstierarat 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Qr. Reeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Freiburg i. Br. 

Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt v. Bayern 

München. 

Wehrle 

Kaiser!. Kcgierungsrat 
Berlin. 

ZUndel 

Kreistierarat 

Mülhausen i. EL 


Jahrgang 1908. _ M 19 . _ Ausgegeben am 7. Mai. 

Inhalt: Disselhorst: Artverwandtschaft und biologische Reaktion. — Fenner: Beitrag zu „Anschauungen über die Be¬ 
kämpfung der Influenza der Pferde“. — Barnick: Ein neuer Verbandhalter. — Reinecke: Ein Beitrag zur kutanen 
und konjunktivalen Tuberkulinreaktion beim Rinde. (Tabellen.) — Referate: Fehse: Experimentelle Untersuchungen 
und klinische Erfahrungen über die Verwendbarkeit des Novokains in der Veterinärmedizin. — Levy, Blumenthal imd 
Marxer: Über Immunisierung gegen die Rotzkrankheit. — GA1: Die immmunisierende Wirkung des Sobernheimschen Serums 
bei milzbrandkrankem Hornvieh. — Theiler: Das Katarrhaitieber der Schafe in Südafrika. — Notz: Gelenkwunden. — Aus 
der medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Deutscher und Schweizer Dr. med. vet. — Erwiderung. — Brauch und Mi߬ 
brauch. — Verschiedenes. — Literarische Notizen. — Personalien. — Vakanzen. 


Artverwandtschaft und biologische Reaktion. 

Vortrag, gehalten in der 64. Sitzung des tierärztlichen Zentralvereins 
der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thüringischen Staaten, 
am 8. Dezember 1907*) 
vom 

Vorsitzenden Professor Rudorf Disselhorst, 

Direktor der anatom.-physiolog. Abt. am landvr. Inst, der ITniv. Halle a. S. 

Hertwig widmet in seinem Werke über allgemeine 
Biologie der artgleichen Vereinigung von Zellen zu einem höher 
organisierten Individuum ein ganzes Kapitel. Diese Betrachtungen 
schließen zugleich in sich die Lehre von der vegetativen 
Affinität, wie man die Verwandtschaft der Gewebszellen zu 
einander bezeichnet, im Gegensatz zur sexuellen Affinität, 
worunter die Verwandtschaft speziell der Keim- oder Fort¬ 
pflanzungszellen verstanden wird. Artgleich und vegetativ ver¬ 
wandt sind naturgemäß am meisten diejenigen Zellen, welche 
von einer gemeinsamen Mutterzelle abstammen; wir sehen 
daher, daß die Eigenschaft der Zelle, sich auf dem Wege 
der Fortpflanzung zu vermehren, nicht nur Bedingung ist für 
die Erhaltung der Art, sondern für die Erschaffung höherer 
Organismen überhaupt. Aus selbständigen Artzellen werden 
sie durch gegenseitigen Verband zu Gewebszellen einer höher 
organisierten Individualität, und zwar auf Grund ihrer vege¬ 
tativen Affinität. 

Wie man sich nun in das Wesen der sexuellen Affinität 
einen Einblick verschaffen kann durch Kreuzung der Gesohlechts- 
prodnkte verschiedener Art, so in das der vegetativen durch 
das Experiment des Pfropfens oder anderweitiger Verbindung 
zweier vegetativer Körper derselben oder verschiedener Art. 
Wir wissen ans der Botanik, daß ein Reis, wenn es auf ein 
Individuum derselben Art überpfropft wird, mit diesem selbst 
dann durch Verwachsung einen einheitlich funktionierenden 
Organismus bildet, wenn wir es in abnormer Stellung auf den 

*) Das Protokoll wird demnächst hier veröffentlicht. 


Grundstock aufpflanzen oder gar, wenn beide Teile überhaupt 
nicht zusammengehören, wie z. B. Wurzel und Blatt. 

Dem entgegen ist bekanntlich der Erfolg unsicher, ja aus¬ 
sichtslos, wenn Stücke zweier verschiedener Arten miteinander 
verbunden werden; hier darf man nur selten auf einen Erfolg 
rechnen, gegebenenfalls um so eher, je näher die zu verbindenden 
Arten sich im System stehen. Es läßt sich hieraus mit Recht 
die Folgerung ziehen, daß die vegetative Affinität durch 
den Grad der systematischen Verwandtschaft be¬ 
stimmt wird. 

Dabei ist nun aber besonders hervorzuheben, daß die 
äußeren Merkmale der Pflanzenarten, wie man so oft annimmt, 
keinen vollkommen zuverlässigen Maßstab für den Grad der 
inneren Verwandtschaft, für die vegetative und sexuelle Affinität, 
abgeben. So konnte beispielsweise Vöchting in Tübingen den 
Nachweis führen, daß die Rassen des Birnbaums mit dem 
derselben Gattung angehörigen und nahe verwandten Apfelbaum 
sich nur schwer durch Pfropfen vereinigen lassen, während die 
meisten auf der Quitte, welche doch einer verschiedenen Gattung 
angehört, vortrefflich gedeihen. Auch die sexuelle Affinität wird 
bei diesen Versuchen vermißt, denn Apfel- und Birnbaum lassen sich 
durch Übertragung des Pollens nicht miteinander bastardieren. 

Vöchting unterscheidet nach diesen und ähnlichen Er¬ 
fahrungen harmonische und disharmonische Verbindungen, und 
versteht unter den letzteren solche, bei denen sich zueinander 
passende Fflanzenteile von vornherein abstoßen, so daß es zu 
einer Verwachsung nicht kommt. Doch können hierbei Ab¬ 
stufungen Vorkommen, indem zuweilen eine Verwachsung zwar 
zunächst zustande kommt, aber nicht von Dauer ist; nach 
längerer oder kürzerer Dauer treten Störungen auf, welche all¬ 
mählich zum Zerfall fuhren. In manchen Fällen läßt sich die 
Disharmonie zweier Arten dadurch überwinden, daß man als 
Mittelglied eine dritte Art einschiebt, welche zu den unter¬ 
einander disharmonischen Arten eine vegetative Affinität besitzt; 



338 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


so wird ein aas Stücken dreier Arten zusammengesetzter, ein¬ 
heitlicher Organismus dargestellt. 

Bei den Tieren, bei welchen Pfropfungen und Transplan¬ 
tationen schwieriger ausgeführt w r erden können, bestehen in 
dieser Hinsicht gleichwohl ähnliche Gesetzmäßigkeiten wie bei 
den Pflanzen. So lassen sich Stücke von Polypen verschiedener 
Art in verschiedener Weise auch für dauernde Zeit lebensfähig 
zusammenpfropfen, ebenso geeignete Teilstücke von Frosch¬ 
embryonen der gleichen Art. Auch bei artungleichen konnte 
Born dieselben Ergebnisse zeitigen, so zwischen Rana fusca, 
Rana arvalis und Rana esculenta, ja sogar zwischen den 
gattungsverschiedenen Rana esculenta und der Feuerunke 
(Bombinator igneus). Letztere Verschmelzungsprodukte gingen 
jedoch nach längerer Zeit zugrunde, sei es wegen mangelnder 
vegetativer Affinität der Zellen oder aus anderen Ursachen. 
Nicht im gleichen Maß befriedigend fielen die Versuche Jo es 18 
mit verschiedenen • Arten von Regenwürmem aus. Zwar alle 
artgleichen Vereinigungen gelangen leicht und waren auch von 
Dauer; allein bei 59 Versuchen mit artungleichen blieben die 
Stücke nur kurze Zeit vereinigt, um sich dann zu trennen und 
zugrunde zu gehen. Nur sehr wenige artungleiche ließen sich 
dauernd vereinigen, so daß man diese in analoger Weise, wie 
bei den Pflanzen, disharmonische nennen könnte. 

Daß man Zellen und kleine Gewebsstücke zwischen Indi¬ 
viduen derselben Art von einem auf das andere mit Erfolg 
verpflanzen kann, ist in der Chirurgie seit langem bekannt und 
von großer Bedeutung; geschieht die Übertragung dagegen auf 
Individuen einer anderen Art, z. B. vom Hund auf die Katze, 
das Kaninchen, die Ziege, das Kamel und umgekehrt, so werden 
die verpflanzten Gewebsstücke einfach resorbiert oder gehen in 
anderer Weise zugrunde. Auch bei demselben Individuum kann 
man nur die gleichen Gewebe von einer Stelle auf die andere 
verpflanzen, so Haut auf Haut, Knochen auf Knochen usw. 
Würde man aber beispielsweise ein Stück Beinhaut in die Lunge 
oder ein Stück Haut auf einen Knochen verpflanzen, so würde 
zwar seine Verwachsung möglich sein, aber das fremde Gewebe 
würde nach verhältnismäßig kurzer Zeit durch Resorption ver¬ 
schwinden. Bei bösartigen Geschwülsten ist es anders: hier 
wachsen verschleppte Geschwulstkeime (Krebse) in allen Geweben 
des befallenen Individuums weiter und ziehen dasselbe mit in 
den Bereich der Zerstörung. Dagegen gelingt es bisher nicht, 
Geschwulstpartikel auf ein art ungleiches Individuum mit 
Erfolg zu übertragen und zum Wachsen zu bringen; so sind bei¬ 
spielsweise die Transplantationen von menschlichem Krebs auf 
Hunde, so oft sie auch versucht wurden, ergebnislos geblieben, 
und umgekehrt würde es sich geradeso verhalten. Dieses alles 
auf Grund der Artungleichheit der Zellen. 

Dagegen ist es P. Bert in neuerer Zeit gelungen, ganze 
Körperteile desselben Tieres auf eine andere Stelle des Körpers 
zu transplantieren, ohne daß sie zugrunde gehen; er konnte das 
3 cm lange Schwanzstück einer Ratte dieser unter die Haut 
verpflanzen: es war nach 3 Monaten zu einer Länge von 9 cm 
ausgewachsen. Hierzu im Gegensatz fielen die Ergebnisse bei 
Verpflanzung von einer auf die andere Art abweichend aus; sie 
glückten nur bei naher systematischer Verwandtschaft. So 
zwischen Haus- und Wanderratte, nicht aber zwischen Mus 
sylvaticus und der Hausratte. 

Wenn schon diese Versuche für die Festlegung der Artzu¬ 
gehörigkeit der Tiere von großem Interesse sind, so ist hierfür 


I von geradezu fundamentaler Bedeutung das Verhalten des 
Blutes von verschiedenen Tieren bei seiner Ver¬ 
mischung. Auch hier könnte man harmonische und dishar¬ 
monische Verbindungen unterscheiden. Es ist bekannt, daß die 
Überleitung (Transfusion) von Blut zwischen'Individuen derselben, 
oder nahestehender Arten ohne Schaden ausführbar ist; zwischen 
ungleichartigen Tieren aber ist sie schon bei geringen Blutmengen 
lebensgefährlich, oft tödlich, gleichgültig, ob das Blut direkt 
aus dem Gefäßsystem des einen Individuums in das des anderen 
überleitet wird oder ob es vorher von seinem Gerinnungsstoff 
(Fibrin) befreit wird. Und zwar deshalb, weil durch die Zu¬ 
führung fremdartigen Blutes die roten Blutzellen des also be¬ 
handelten Tieres zerfallen, wobei Blutharnen und schwere 
Störungen anderer Art auftreten. Auch hier sehen wir wieder 
das feindselige Verhalten artungleicher Zellen zu einander. 

Man sollte nun erwarten, daß bei so auffälligen Artunter¬ 
schieden der Zellen auch gewisse anatomische oder morphologische 
Unterscheidungsmerkmale an ihnen nachweisbar wären; das ist 
aber mit unseren heutigen Hilfsmitteln wenigstens durchaus 
nicht der Fall. Vielmehr sehen sich gleichartig funktionierende 
Gewebe bei den verschiedensten Arten und Organismen durchaus 
gleich, und auch mit den vorzüglichsten Instrumenten sind 
Unterschiede zwischen ihnen nicht wahrnehmbar. Man darf sich 
demnach durch die äußerliche Ähnlichkeit der Struktur und 
durch Übereinstimmung in der Funktion nicht verleiten lassen, 
auch eine innere Ähnlichkeit zwischen gleichaussehenden Zellen 
und Geweben anzunehmen. Die roten Blutzellen eines Hundes 
sind von denen eines Pferdes oder Menschen beispielsweise in 
ihrer äußeren Gestaltung nicht zu unterscheiden; sie erfüllen 
bei allen Säugetieren die gleiche Funktion, nämlich den Sauer¬ 
stoff zu binden. Dennoch ist das Hämoglobin, der rote Blut¬ 
farbstoff, welcher diese Bindung eingeht, wohl bei keinem Säuger 
die gleiche Substanz! Und ebenso haben die roten Blutzellen 
Arteigenschaften, die wir bisher nfcht festlegen können, und 
eben dasselbe gilt für alle anderen Zellarten des Körpers. 

Diese von Hertwig zum ersten Male in breiterer Aus¬ 
führung dargelegten Verhältnisse haben in den letzten Jahren 
in der vielfach angewandten Serumtherapie eine wertvolle 
Bestätigung gefunden. Die eingehende Beschäftigung mit dem 
Blutserum und den Körpersäften hat nämlich gelehrt, daß diese 
bei den einzelnen Tierarten hohe Eigentümlichkeiten 
besitzen, so daß sie für jede Art ganz spezifische und 
charakteristische „biologische Reaktionen“ zeigen. Einige Bei¬ 
spiele mögen dies dartun. 

Spritzt man einem Säugetier artfremdes Blut ein, z. B. 
einem Kaninchen Rinderblut, und entnimmt von dem so vor¬ 
behandelten Kaninchen nach einigen Tagen eine Portion Blut, 
so gewinnt man aus diesem nach Ausscheidung des Gerinnstoffes 
das Serum. Setzt man diesem nun Rinderblut oder Serum von 
reinem Rinderblut zu, so erfolgen zwei typische Reak¬ 
tionen: erstens löst das letztere die roten Blutzellen 
im Rinderblut auf; ferner aber erfolgt im Rinder¬ 
serum ein feiner Niederschlag von Eiweißkörpern, ein 
Präzipitat. 

Die Reaktionen sind so fein und zuverlässig, daß man mit 
ihrer Hilfe die Herkunft alter eingetrockneter Blutflecke mit 
Sicherheit bestimmen kann, daher sie in der gerichtlichen 
Medizin eine große Bedeutung haben. 





7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Zugleich besitzen beide Reaktionen, sowohl die Auflösung 
roter Blutzellen als auch die Ausfällung des Eiweißpräzipitates 
einen durchaus spezifischen Charakter; denn wenn man 
dem in der gedachten Weise gewonnenen Kaninchenserum anstatt 
Rinderblutserum solches vom Pferd, Hund, Schaf, Meer¬ 
schweinchen oder anderer Tiere beimischt, so bleiben sie aus. 
Nur das Blut nahverwandter Tierarten, in diesem Falle 
nur solches von Bovinen verhält sich bei der Fällungs¬ 
reaktion gleich. So konnte Nutall (nach Hertwig) fest¬ 
stellen, daß das Blutserum eines Kaninchens, welchem Hundeblut¬ 
serum injiziert war, mit dem Blute von acht verschiedenen Caniden 
Fällung ergab. Eine vollkommene Übereinstimmung in diesen 
Reaktionen findet sich auch zwischen Menschen und menschen¬ 
ähnlichen Affen (Anthropoiden), zwischen Pferd-, und Eselblut¬ 
serum, zwischen Hund und Wolf. 

Aber nicht nur das Blut der einzelnen Tierarten, nein, 
auch deren gesamte Körpersäfte und Sekrete sind von¬ 
einander unterschieden. So z. B. läßt sich durch Einspritzung von 
Kuhmilch aus einem Versuchstier ein Serum gewinnen, welches 
Kuhmich fällt, und die roten Blutzellen des Rindsblutes auflöst, 
auch im Serum des letzteren eine Fällung hervorruft, nicht aber 
im Blutserum irgendeines anderen Säugetieres. Auch durch 
Injektion von verriebenen Organ- und Gewebsteilen, von Samen¬ 
fäden, von Zellen aller Art kann man dieselben Ergebnisse ge¬ 
winnen, nämlich von den so behandelten Tieren Serum abziehen, 
mit denen das Serum artgleicher die beschriebenen Reaktionen 
gibt. Man nimmt an, daß durch die Einführung artfremder 
Stoffe in die Versuchstiere im Blute derselben neue chemische 
Körper gebildet werden, und nennt dieselben, wenn sie Blut¬ 
zellen aufiösen, Hämolysine, und wenn sie im Serum Fällung 
erzeugen, Präzipitine. 

Es bedarf kaum des Hinweises, daß man in der sinngemäßen 
Benutzung der beschriebenen Reaktionen auch ausgezeichnete 
Hilfsmittel hat, Verfälschungen tierischer Nahrungsmittel nach¬ 
zuweisen; für unsera Zweck ist aber bedeutungsvoller, daß 
sie (das sogenannte B erdet sehe Verfahren) in hohem Maße 
geeignet erscheinen zum experimentellen Nachweis 
von Blutverwandtschaft der einzelnen Tierarten. 
Hierauf hat schon Friedenthal aufmerksam gemacht, und 
man darf die Prophezeiung Abderhaldens ernst nehmen, 
wenn er meint, „daß ein planmäßiger Ausbau der erst be¬ 
gonnenen Forschung noch weitere, die „Art“ und das „Einzel¬ 
individuum“ charakterisierende Merkmale zutage fördern werde, 
und daß die vergleichend biologisch-chemische Forschung auch 
berufen sein werde, in Frage der stammesgeschichtlichen Ver¬ 
wandtschaft die führende Rolle zu spielen“. 

Auch Hamburger bekommt bezüglich der großen Bedeutung 
dieser Entdeckungen in einer Schrift „Arteigenheit und As¬ 
similation“ zu ähnlichen Schlüssen, und bezeichnet das Ergebnis 
als „das Gesetz von der biochemischen Arteinheit und Art¬ 
verschiedenheit“. Nach seinen Ausführungen besitzen die ver¬ 
schiedenen Zellen und Körperflüssigkeiten derselben Spezies 
Atomkomplexe, welche Träger der Arteigenheiten sind, die ihnen 
allen als Angehörigen eben dieser Spezies zukommen und durch 
welche sie sich von allen andern Spezies unterscheiden. 

In Zukunft werden wir demnach nicht umhin können, in 
tierzüchterischer und allgemein wissenschaftlicher Beziehung 
diesen Versuchen die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden; wir 
werden sie, die an Feinheit und Zuverlässigkeit nicht über¬ 


troffen werden können, auch in vergleichende und kontrollierende 
Beziehungen zu den bisherigen Kreuzungsversuchen setzen 
müssen, welche ja zum Teil denselben Zweck verfolgen, nur 
daß sie naturgemäß unendlich kostspieliger und langwieriger 
sind. Hätte man die sich im Blute und den Geweben so gesetz¬ 
mäßig ausgesprochenen Artunterschiede früher gekannt, so wären 
vielleicht mühevolle Kreuzungsversuche, wie sie mit unendlichen 
Kosten seit vielen Jahren unternommen werden, sofern sie nur 
dem Zwecke der Artzugehörigkeit dienen sollen entbehrlich ge¬ 
wesen. Denn es scheint schon jetzt, daß die Artverwandtschaft 
der Tiere mit der neuen Methode in viel größerem Umfang und 
größerer Zuverlässigkeit festgestellt werden kann, als durch 
Kreuzung: wie oben erwähnt, konnte Nutall durch sie die 
Artzugehörigkeit von acht verschiedenen Caniden nach weisen, wäh¬ 
rend es durch Kreuzung anscheinend bisher nicht gelingen will, 
auch nur den Hund mit dem nahestehenden Fuchs zu paaren. 
Wenn erst einmal die Ergebnisse der langjährigen Versuche 
Ktihns veröffentlicht werden, so wird sich heraussteilen, bis 
zu welcher Grenze die Artverwandtschaft zwischen den einzelnen 
Tieren durch Kreuzung hat festgestellt werden können; es wird 
sich dann auch zeigen, ob sie für solche, bei denen Kreuzungen 
aus irgendwelchen Gründen bisher nicht gelangen, durch das 
Serumverfahren nicht dennoch zu erweisen ist. 


Beitrag zu „Anschauungen Uber die Bekämpfung 
der Influenza der Pferde“ 

in Nr. 3 der B. T. W. 1908, Seite 49. 

Von Fenner-Lttbeck. 

Bekannt ist, daß seit uralten Zeiten Räucherungen mit 
Wachholderbeeren und Wachholderbusch gegen Menschen- und 
Tierkrankheiten sowie gegen unreine Luft in Räumen ange¬ 
wendet sind. Daß durch Wachholderbeerenräucherungen Pferde¬ 
influenzakeime unschädlich zu machen oder dadurch Influenza¬ 
infektionen zu verhindern sind, dürfte meines Erachtens durch 
die Bekanntgabe des Herrn Oberst Fischer nicht als erwiesen 
anzusehen sein. Interessant wäre, ein sachliches Urteil von 
seiten der beteiligten Herren Tierärzte bei den von dem Herrn 
Oberst veröffentlichten Fällen zu erfahren. 

Sagt doch schon im Jahre 1863 Professor Dr. Hertwig 
in seinem Handbuch der praktischen Arzneimittellehre für Tier¬ 
ärzte, S. 164, daß durch den empyreumatischen Rauch der 
Wachholderbeeren die Luft in den Ställen zwar verbessert 
wird, Ansteckungsstoffe aber nicht zerstört werden. 

Diese Angaben Hertwigs stimmen mit meinen eigenen, hier 
in Kürze folgenden Erfahrungen betreffs Influenza der Pferde 
überein: 

Vor etwa 28 Jahren wurden in mehreren Ställen des 
Husaren-Regiments, Kaiser Franz Josef von Österreich, König 
von Ungarn, Schleswig-Holsteinisches Nr. 16 in Schleswig gegen 
die Influenza der Pferde Räucherungen mit Wacholderbeeren 
auBgeführt, welche vermittelst eines seitlich durchlochten Koch¬ 
geschirrs mit Drahtbügel in derselben Weise bewerkstelligt 
wurden, wie sie Herr Oberst Fischer beschrieben hat. Diese 
Räucherungen wurden auch durchgeführt in noch nicht infizierten 
Ställen. 

Das Resultat war, daß hierdurch weder eine Weiter¬ 
verbreitung der Seuche verhindert ist, noch schnellere Ge¬ 
nesungen und leichtere Erkrankungen erzielt worden sind. 



340 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Recht häufig habe ich in meiner früheren privaten Praxis 
Wachholderbeerenräucherungen in dumpfen Pferdeställen vor¬ 
nehmen lassen und in keinem Falle mit dem sogenannten Mittel 
einen Erfolg in der Bekämpfung der Influenza der Pferde gesehen. 

Wohl aber habe ich feststellen können, daß der wohl¬ 
riechende Wachholderbeerenrauch imstande ist, eine vorüber¬ 
gehende bessere Luft in Pferdeställen zu erzeugen. 

Eine Schutz- und Heilkraft gegen die Influenza der Perde 
habe ich also mit Wachholderbeerenräucherungen nicht hervor- 
rufen können, halte solche Wirkung hiermit nach dem heutigen 
Stande der Veterinärmedizin auch für ausgeschlossen. 


Ein neuer Verbandhalter. 

Von Oberstabsveterinär Barnick. 

Als eine empfindliche Lücke im Instrumentarium ist wohl 
das Fehlen eines Apparates anzusehen, welches es dem Tierarzt 
ermöglicht, an Körperstellen, die sich nach unten zu spitzen, 
einen festliegenden und dabei leicht abzunehmenden Verband 
anzubringen. Beispielsweise am Unterschenkel, Vorarm, dem so 
beweglichen Vorderfußwurzel- und Sprunggelenk. — Viel hängt 



oft davon ab, bei geöffneten Sehnenscheiden, Gelenkkapseln wie 
überhaupt an Stellen, welche der Einwirkung der Luft entzogen 
werden sollen und müßten — einen gutliegenden Verband anzu¬ 
bringen, der mit antiseptischen adstriegierenden oder ätzenden 
Wundmitteln versehen, die Wundränder fixiert, bzw. starke 
Schwellung und Wucherungen nicht aufkommen läßt. Mit Auf¬ 
wand von viel Mühe — und einer Unmenge von Verbandmaterial 
— wird sorgfältig der sich auf das untere Gelenk stützende 
Verband angelegt — am nächsten Tage hat derselbe sich nach 
einigen unruhigen Bewegungen des Patienten jedoch derartig 
gelockert,.daß die betreffende Stelle wieder vollständig freiliegt. 

Zu Boden fiel die ganze Kunst, 

Der Arzt in des Besitzers Gunst! 

Derartigen Situationen abzuhelfen, ließ ich einen äußerst 
einfachen, leicht transportablen Apparat anfertigen. — Derselbe 
hat in der Praxis seine Feuerprobe bestanden und stehe ich 
nicht an, ihn der Öffentlichkeit „zu Nutz und Frommen“ zu 
übergeben. 

Der Apparat besteht aus einer gepolsterten Lederwulst, die 
ringförmig oberhalb desjenigen Gelenkes angelegt wird, welches 
sich unterhalb der kranken Stelle befindet. An der äußeren 
Seite der Wulst ist eine Tasche angebracht, in welche eine 
50—60 cm lange, mit Leder überzogene und weichgepolsterte 
Schiene von Bandeisen gesteckt wird, auf welche an der Außen¬ 
seite in ca. 8 cm Entfernung Knöpfe aufgenietet sind, die das 
Herunterrutschen der Bindentouren sicher verhindern, sobald die 
Schiene miteingewickelt wird. — Bei einer Verletzung am 


Sprungbein wie auch am Sprunggelenk, Vorderfußwurzelgelenk 
und am Vorarm unter dem Ellbogengelenk leistete der Apparal 
vorzügliche Dienste, nur ist es nötig, bis zum Eintritt der ersten 
Vernarbung die Patienten durch Hochbinden am Hinlegen zu 
verhindern. Angefertigt wird der vollständige Apparat von dei 
Universal-Firma H. Hauptner-Berlin. 


(Aus dem Veterinärinstitut der Universität Leipzig.) 

Ein Beitrag zur kutanen und konjunktivaien Tuber¬ 
kulinreaktion beim Rinde. 

Von Oberveterinär Reinecke. 

Tabelle. 

Nr. 1 — 8 geimpft am 9. Dezember 1907. Hautimpfung 
mit Tuberkulin L. exkl. No.3. Ernährungszustand mittel¬ 
mäßig. Keinerlei Symptome, die auf das Vorhandensein 
von Tuberkulose schließen lassen. 

1. Schwarzbuntes, männliches Niederungsrind, 9 Monate alt. 
Zustand nach 24 Stunden: Ränder der Schnittwunden verklebt 

und mit feinen braungelben Krusten bedeckt. EntzündungB- 
erscheinungen oder erhöhte Empfindlichkeit an der Impfstelle 
nicht nachweisbar. Zustand nach 48 Stunden: Unverändert. 
Zustand nach62Stunden: Impfschnitte kaum noch wahrnehmbar. 
Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

2. Schwarzbuntes, männliches Niederungsrind, 10 Monate alt. 
Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 

Entzündungserscheinungen. 

Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

3. Schwarzes, männliches Niederungsrind, 8 Monate alt, Hautimpfung 

mit gekochtem Wasser, dient als Kontrolltier. 

Zustand nach 24 Stunden: Schnittwunden stellenweise mit rot¬ 
brauner Kruste bedeckt. Entzündungserscheinungen oder er¬ 
höhte Empfindlichkeit an der Impfstelle nicht nachweisbar. 
Zustand nach 48 und 62 Stunden unverändert. 

Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

4. Grauweißes, männliches Niederungsrind, 9 Monate alt. 

Nur der untere Teil der Impfschnitte ist mit feinen braungelben 
Krusten bedeckt. Befund nach 24, 48 und 62 Stunden, sonst 
wie bei Nr. 1. 

Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

5. Schwarzbuntes, männliches Niederungsrind, 9 Monate alt. 
Zustand nach 24 Stunden: Haut leicht gerötet. Wundränder 

zeigen durchweg geringe Schwellung und sind mit rotbrauner 
Kruste bedeckt. Es besteht erhöhte Empfindlichkeit der 
Impfstelle. 

Zustand nach 48 Stunden: Haut immer noch leicht gerötet. 
Schwellung verschwunden. Zustand nach 62 Stunden: Keiner¬ 
lei Entzündungserscheinungen mehr nachweisbar. 

Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

Die Impfschnitte sind hier etwas tiefer gelegt.. Sie betreffen 
etwa die halbe Stärke der Haut. 

6. Weißschwarzes (weibliches Niederungsrind. 8 Monate) alt. 
Zustand nach 24 Stunden: Wundränder verklebt Keinerlei Ent- 

zündungserscheinungen vorhanden. Zustand nach 48 und 62 
Stunden ohne Besonderheiten. 

Am 12. 12. 07 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig 
geschlachtet. Frei von Tuberkulose. 

Die Impfschnitte sind hier etwas flacher angqjogt Sie betreffen 
nur die Epidermis und eine oberflächliche Schicht der Haut. 

7. Schwarzbuntes (männliches Niederungsrind. 10 Monate) alt. 
Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 

Entzündungserscheinungen. 

Am 12. 12. 07 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose, 





7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


341 


8. Schwarzbuntes (männliches Niederungsrind. 9 Monate) alt. 

Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 

Entzündungserscheinungen. 

Am 12. 12. 07 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

9. Schwarz graues w r eibliches Niederungsrind. 7 Jahre alt. 

Ernährungszustand schlecht. Haarkleid rauh und ohne 

Glanz. Tier hustet häufig. 

Hautimpfung mit Tuberkulin L. 9. 12. 07. 

Zustand nach 24 Stunden: Wundränder miteinander verklebt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen zugegen. Befund nach 
48 Stunden ohne Besonderheiten. Nach 62 Stunden sind die 
Impfschnitte kaum noch bemerkbar. 

Am 12. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Befund: Ansgebreitete Tuberkulose der Lungen, 
Leber, linken Niere und der Gekröslymphdrüsen. 

No. 10 und 11 geimpft am 29. November 1907. Versuchs¬ 
rinder No. 56 und 55 des Veterinärinstituts. Ernährungs¬ 
zustand gut. Keinerlei Symptome, die auf das Vor¬ 
handensein von Tuberkulose schließen lassen. 

10. Weißes weibliches Niederungsrind. 14 Monate alt. 

Hautimpfung mit Tuberkulin L. 

Zustand nach 24 Stunden: Es besteht geringgradige Schwellung 
und Rötung der rasierten Haut im Bereiche der Skarifikationen. 
Schnittränder etwas geschwollen und mit braungelbem ein¬ 
getrockneten Exsudate bedeckt. Beim Berühren der Impf¬ 
stelle läßt sich erhöhte Empfindlichkeit leststellen. Zustand 
nach 48 Stunden: Hautrötung noch vorhanden. Schwellung 
kaum noch merklich. Zustand nach 72 Stunden: Entzündungs¬ 
erscheinungen völlig verschwunden. 

Am 10. 12. 07 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

Das Tier war am 24. 4. 07 mit Milz und Portaldrüse eines tuber¬ 
kulösen Meerschweinchens (Menschentuberkulose) subkutan 
infiziert worden und hatte noch am 5. 11. 07 auf subkutane 
Tuberkulininjektion reagiert. Zwei Meerschweinchen, welche 
mit Bugdrüse subkutan geimpft und 4 Wochen später ge¬ 
tötet wurden, erwiesen sich tuberkulosefrei. 

11. Grauweißes weibliches Niederungsrind. 14 Monate alt. 

Hautimpfung mit gekochtem Wasser. Augenprobe linkerseits 

mit 7 Tropfen verdünntem Tuberkulin L. (2 Teile Tuber¬ 
kulin, 10 Teile physiolog. Kochsalzlösung), rechterseits mit 
gleicher Menge physiolog. Kochsalzlösung zur Kontrolle. 

Zustand nach 8 Stunden: Linkes Auge zeigt etwas Tränenfluß. 
Schleimhaut der Conjunctiva palpebralis leicht gerötet, die 
der palpebra tertia außerdem aufgequollen. An der Schleim¬ 
haut des rechten Auges ist nichts Anormales zu bemerken. 
Zustand nach 12 Stunden: Befund derselbe. Zustand nach 
24 Stunden: Schleimhaut des linken Auges noch ein wenig 
höher gerötet wie rechterseits. Tränenfluß besteht nicht 
mehr. Zustand nach 36 Stunden: Entzündliche Erscheinungen 
nicht mehr vorhanden. An der skarifizierten Haut war keinerlei 
Entzündung nachweisbar. 

Am 10. 12. 07 im Veterinärinstitut getötet und obduziert. Befund: 
Chronische Tuberkulose des Bauchfells und beginnende 
Tuberkulose des Herzbeutels und der Pleura. 

Das Tier war am 24.4. 1907 mit tuberkulösem Material von einem 
Meerschweinchen (Menschentuberkulose) subkutan und intra¬ 
peritoneal infiziert worden. 

No. 12—16 geimpft am 7. Februar 1908. Hautimpfung 
mit Tuberkulin H.; Augenprobe linkerseits mit 8 Tropfen 
verdünntem Tuberkulin H (3 Teile Tuberkulin, 10 Teile 
physiologischer Kochsalzlösung) rechterseits Kontrolle 
mit gleicher Menge physiologischer Kochsalzlösung. Bei 
No. 13 nur Hautimpfung. Mit Ausnahme von No. 14 zeigen 
die Tiere keinerlei Erscheinungen, die auf das Vor¬ 
handensein von Tuberkulose schließen lassen. 

12. Rotbunter Zugochse (Simmenthaler Abstammung). 6 Jahre alt. 

Ernährungszustand mittelmäßig. 


Weder an der skarifizierten Haut noch an den Augen irgend¬ 
welche entzündlichen Erscheinungen wahrnehmbar. Die Be¬ 
sichtigung geschah nach 7, 48 und 62 Stunden. 

Am 10. 2. 08 auf dem städt. Schlachthofe zu Leipzig geschlachtet. 
Befund: In der linken Bronchialdrüse etwa zwei hanfkorngroße 
tuberkulöse Knötchen, außerdem in der linken Lunge ein etwa 
faustgroßer verkäster tuberkulöser Herd. 

13. Rotgelber Zugochse (Höhenschlag). 5 Jahre alt. 

Ernährungszustand gut. 

7. 2. 08 nur Hautimpfung mit Tuberkulin H. 

Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 
Entzündungserscheinungen. 

Am 10. 2. 08 auf dem städt Schlachthofe zu Leipzig geschlachtet. 
Frei von Tuberkulose. 

Die Impfschnitte sind hier etwas flacher angelegt gleich Nr. 6. 

14. Rotbunter Zugochse. (PinzgauerAbstammung). 8 Jahre alt. 

Ernährungszustand dürftig. Haarkleid rauh und ohne Glanz. 

Tier hustet häufig. 

Zustand nach 7 Stunden: Rötung der Konjnnktivalschleimhaut 
des linken Auges und Tränenfluß. Zustand nach 24 Stunden: 
Die Schleimhaut des linken Auges ist noch ein wenig höher 
gerötet wie rechterseits. An der skarifizierten Haut keine 
Entzündungserscheinungen aufgetreten. Zustand nach 48 und 
62 Stunden: Beim Vergleich des linken Auges mit dem 
rechten, lassen sich keine Unterschiede mehr feststellen. 

Am 10. 2. 08 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Befund: Ausgebreitete Tuberkulose der Lungen 
und Pleura. Portaldrüse vergrößert mit stecknadelkopfgroßen 
graugelben tuberkulösen Knötchen. Hochgradige Tuberkulose 
der Mesenteriallymphdrttsen. 

15. Schwarzbuntes weibliches Niedorungsrind 5 Jahre alt. 

Ernährungszustand gut. 

Zustand nach 7 Stunden: Schwache Rötung der Konjunktival- 
schleimhaut des linken Auges und leichter Tränenfluß. Zu¬ 
stand nach 24 Stunden: Es sind noch dieselben Erschei¬ 
nungen vorhanden. Zustand nach 48 Stunden: Jetzt ist nichts 
Anormales am linken Auge mehr zu konstatieren. An der 
skarificierten Haut waren bis zur 62ten Stunde keine Ent- 
ztindungserscheinungen aufgetreten. 

Am 10. 2. 08 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

16. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind. 6 Jahre alt. 

Weder am Auge noch an der skarificierten Hautstelle haben 

sich irgendwelche entzündlichen Erscheinungen gezeigt. Die 
Besichtigung geschah nach 7, 24, 48 und 62 Stunden. 

Am 10. 2. 08 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Befund: In der oberen Mittelfelldrüse 3 etwa 
hirsekorngroße tuberkulöse Herde. 

No. 17—31, Tiere des Rittergutes Mühlbach bei Wurzen 

(die Bestandsnummern sind unten in Klammern beigefügt) 

geimpft am 21. Januar 1908. Hautimpfung mit Tuberkulin H. 

Ernährungszustand gut. Keinerlei Erscheinungen, die 

auf das Vorhandensein von Tuberkulose schließen las sen. 

17. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind (Nr. 74). 6 Jahre alt. 

Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 

Entzündungserscheinungen. 

Am 27. 1. 08 auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

18. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind (Nr. 42). 5 Jahre alt. 

Zustand nach 24, 48 und 62 Stunden wie bei Nr. 1. Keinerlei 

EntzUndungserschcinungen. 

Ara 27. 1. OS auf dem städtischen Schlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Befund: In der unteren Bromhialdrüse mehrere 
etwa hirsekorngroße graugelbe tuberkulöse Knötchen. 

19. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind (Nr. 75). 

Schnittwunden mit stärkerer rotbrauner Kruste bedeckt. Skari¬ 
fikationen ohne Entzündungserscheinungen. Besichtigung 
nach 24, 48 und 02 Stunden. 





342 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Am 27. 1. 08 auf dem städtischen Sehlachthofe zu Leipzig ge¬ 
schlachtet. Frei von Tuberkulose. 

Die Impfschnitte sind hier etwas tiefer angelegt gleich Nr. 5. 

20. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind (Nr. 54). 

Keinerlei Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 48 
und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 mit 10 cbcm Tuberkulinlösung, enthaltend 1 cbcm 
Rohtuberkulin H, subkutan, geimpft. Reaktion positiv 
(38,4-41,0° C). 

21. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 68), 5 Jahre alt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 

48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 26. Reaktion positiv. (39,0—40,5° ('.) 

22. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 90), 5*/ 2 Jahre alt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 48 

und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. Reaktionpositiv. (38,8 — 40,2° (•.) 

23. Weißschwarzes, weibliches Niederungsrind (Nr. 72), 6 Jahre alt. 
Die rasierte Hautstelle ist leicht gerötet. An den Schnittwunden 

sonst keinerlei Entzündungserscheinungen nachweisbar. Be¬ 
sichtigung nach 24, 48 und 62 Stunden. Hautrötung nach 
48 Stunden verschwunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüpft 
wie Nr. 20. Reaktion positiv. (38,7—40,4° C.) 

24. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 76), 6 Jahre alt. 
Schnittwunden mit feiner braunroter Kruste bedeckt. Keinerlei 

Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 48 und 
62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. Reaktion positiv. (38,7—41,1° C.) 

25. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 164b), 5 Jahre alt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 

48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. Reaktion nicht aufgetreten. 

26. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 166b), 7 Jahre alt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen. Besichtigung nach 24, 48 

und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. Reaktion nicht aufgetreten. 

27. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 73), 6 Jahre alt. 
Schnittwunden mit feiner braunroter Kruste bedeckt. 

Keinerlei Entzündungserscheinungen. 

Besichtigung nach 24, 48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. 

Reaktion nicht aufgetreten. 

28. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 86), 7 Jahre alt. 
Die rasierte Hautstelle ist leicht gerötet. 

Die Skarifikationen zeigen jedoch weder Schwellung der 
Wundränder, noch sind sie schmerzhaft boim Berühren. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nacbgeprüft 
wie Nr. 20. 

Reaktion nicht aufgetreten. 

29. Schwarzbunte^, weibliches Niederungsrind (Nr. 102), 6 Jahre alt. 
Keinerlei Entzündungserscheinungen. 

Besichtigung nach 24, 48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 20. 

Reaktion positiv (38,6 bis 41,0° C.). 

30. Schwarzbuntes, weibliches Niederungsrind (Nr. 14), V. J., 3 1 /., Mo¬ 

nate alt. 

Keinerlei Entzündungserscheinungen. 

Besichtigung nach 24, 48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
5 ccm Tuberkulinlösung, enthaltend 0,5 ccm Rohtuberkulin 
H. Reaktion nicht eingetreten. 


31. Schwarzbuntes weibliches Niederungsrind (Nr. 15), V. J., 3 Mo¬ 
nate alt. 

Keinerlei Entzündungserscheinungen. 

Besichtigung nach 24, 48 und 62 Stunden. 

Am 14. 2. 08 durch subkutane Tuberkulininjektion nachgeprüft 
wie Nr. 30. 

Reaktion nicht eingetreten. 

Die Impfschnitte sind hier etwas flacher angelegt gleich Nr. 6. 


Referate. 

Experimentelle Untersuchungen und klinische Er¬ 
fahrungen Aber die Verwendbarkeit des Novokains in 
der Veterinärmedizin. 

Inaugural-Dissertation Gießen, vorgelegt von Tierarzt 
Andreas Fehse aus Vahldorf. 

In vorliegender Arbeit hat Fehse es sich zur Aufgabe 
gemacht, das Novakain, ein Ersatzpräparat des Kokains, auf 
seine Anwendbarkeit in der Veterinärmedizin zu prüfen. In¬ 
folge der günstigen Resultate, welche man in der Humanmedizin 
mit diesem Präparate erzielt hat, speziell wegen der relativen 
Ungiftigkeit und des billigen Preises, mußte die Verwertbarkeit 
des Novokains in der Veterinärmedizin besonders wertvoU 
erscheinen. 

Das Novokain ist entdeckt im Jahre 1905 von Einhorn und 
wird synthetisch dargestellt von den Höchster Farbwerken, vor¬ 
mals Meister, Lucius & Brüning. Nach Angabe der Höchster Farb¬ 
werke ist es das Monochlorhydrat des Para-Aminobenzoyldiäthyl- 
aminoäthanols und besitzt die Formel Cj^COO.CaH^N-^H^. 

Aus Alkohol kristallisiert, stellt es farblose Nüdelchen vom 
Schmelzpunkt 156 °C daT, die ohne Zersetzung zu erleiden, bis 
auf 120° C erhitzt werden können. Im Wasser ist es im Verhältnis 
1:1, in kaltem Alkohol von 1:30 löslich. Ätzende und kohlen¬ 
saure Alkalien fällen aus wäßrigen Lösungen die freie Base als 
farbloses, bald kristallinisch erstarrendes Öl aus; mit Natrium 
karbonat läßt sich dagegen die wäßrige Lösung ohne Trübung 
mischen. Die freie Base kristallisiert aus verdünntem Alkohol 
mit 2 Molekülen Kristallwasser, aus Äther oder Ligroin in 
wasserfreien, glänzenden Prismen. Der Schmelzpunkt der 
wasserhaltigen Base liegt bei 51° C., der der wesserfreien bei 
58—60° C. Alkaloidreagenzien, wie Kaliumquecksilberjodid, Jod¬ 
jodkalium und Pikrinsäure erzeugen selbst in stark verdünnten, 
wäßrigen Lösungen Niederschläge. 

Die Untersuchungen Fehs es erstrecken sich einmal auf die 
toxische Wirkung des Novokains im Vergleich zum Kokain, wo¬ 
bei Fehse an zahlreichen Tierversuchen festgestellt hat, daß das 
Kokain bedeutend giftiger ist als das Novokain. 

Die toxische Dosis des Kokains beträgt bei Fröschen 0,035, 
bei Meerschweinchen 0,015 und bei Hunden 0,018 pro kg Körper¬ 
gewicht; die niedrigste tödliche Dosis des Kokains beträgt bei 
Fröschen 0,42, bei Meerschweinchen 0,045, bei Hunden 0,035 g 
pro kg Körpergewicht. Im Vergleich hierzu ruft das Novokain 
erst Vergiftungserscheinungen hervor bei Fröschen in der Dosis 
von 0,095, bei Meerschweinchen in der Dosis von 0,07 und bei 
Hunden in der Dosis von 0,05 g pro kg Körpergewicht, und es 
starben regelmäßig Frösche nach Injektion von 1,10, Meer¬ 
schweinchen nach 0,7 und Hunde nach 0,35 g Novokain pro kg 
Körpergewicht. 

Hieraus ergibt sich, daß das Kokain, auf die toxische 
Dosis berechnet, bei Meerschweinchen und Hunden ca. 






7 Mai 1908. 


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2 1 /*—5 mal, auf die tödliche Dosis berechnet, beim Hunde ca. 
10 mal giftiger ist als das Novokain. 

Was nun die anästhesierende Wirkung des Novokains an- 
betrifft, so ist bei letzterem nur die Dauer der Anästhesie etwas 
kürzer als beim Kokain. Das Novokain läßt sich sehr gut mit 
Suprarenin kombinieren, wodurch die Wirkung sogar beträchtlich 
erhöht wird. Als besonders praktisch erweisen sich hierbei die 
von den Höchster Farbwerken in den Handel gebrachten 
Tabletten B (1 Tabl. = 0,1 g Nov. -f 0,00045 g Suprarenin. bor.). 

Für gewöhnliche Operationen genügen 1—2proz. Lösungen 
subkutan oder endermatisch injiziert, während bei Augen¬ 
operationen 5—lOproz. Lösungen am empfehlenswertesten sind. 
Der Eintritt der Anästhesie erfolgt nach 5—15 Minuten. Irgend¬ 
eine Reizerscheinung am Gewebe oder sonstige Beeinträchtigungen 
der Wundheilung hat Fehse niemals beobachtet. Novokain in 
Substanz auf die Cornea gebracht, bewirkt nach Fehse nur 
eine vorübergehende Gefäßinjektion. 

Die praktischen Versuche sind hauptsächlich an Hunden 
ausgeführt worden, welche in der Klinik für kleinere Haustiere 
der Tierärztlichen Hochschule in Berlin eingestellt waren. Aber 
auch bei Pferden hat sich nach Fehse das Novokain gleich 
gut bewährt und ist namentlich bei diagnostischen Injektionen 
dem Kokain infolge seiner relativen Ungiftigkeit bei weitem 
vorzuziehen. Seit dem Sommer 1906 wird in der Klinik für 
kleinere Haustiere bei sämtlichen Operationen, wo lokale 
Anästhesie erwünscht ist, ausschließlich das Novokain an¬ 
gewandt, zuweilen noch in Verbindung mit allgemeiner Narkose, 
und es hat bisher noch in keinem Falle versagt. Auch toxische 
Erscheinungen sind niemals zur Beobachtung gelangt. Ich selbst 
habe während meiner Tätigkeit als Repetitor an der Klinik für 
kleinere Haustiere persönlich die lokale Anästhesie in letzter 
Zeit speziell bei Entropiumoperationen mit ausgezeichnetem Er¬ 
folge verwandt, da eine allgemeine Narkose mit Morphium in 
der Regel nicht ausreicht und bei empfindlichen Tieren die Aus¬ 
führung der Operation dann infolge der Ungeberdigkeit der 
Tiere sehr erschwert wird. Hierbei ist aber eine öproz. Lösung 
am Platze, da man nur wenig Flüssigkeit injizieren darf. Von 
einer öproz. Lösung genügt die geringste Menge, um fast 
augenblicklich eine vollständige Anästhesie herbeizuführen. Auf 
die Wundheilung übt auch eine derartige konzentrierte Lösung 
nicht den geringsten ungünstigen Einfluß aus. Bei Operationen 
in gefäßreichen Gegenden ist die Möglichkeit eines Suprarenin- 
zusatzes von großem Wert, da die kapilläre Blutung hierdurch 
fast völlig ausgeschaltet werden kann, was dem Operateur den 
Vorteil einer größeren Übersichtlichkeit über das Operationsfeld 
gewährt. 

Weitere Vorteile des Novokains sind einmal die lange Halt¬ 
barkeit der wäßrigen Lösungen, allerdings nur derjenigen ohne 
Suprareninzusatz, und ferner der Umstand, daß man die Lösungen 
jederzeit durch Aufkochen sterilisieren kann. Erst nach zirka 
5 Monaten tritt in den wäßrigen Novokainlösungen eine schwache 
Gelbfärbung ein, ohne daß jedoch die anästhesierende Wirkung 
beeinflußt wird. 

Berücksichtigt man nun noch den bedeutenden Preis¬ 
unterschied zwischen Kokain und Novokain — das Novokain ist 
etwa um die Hälfte billiger als das Kokain — so ist das 
Novokain dem Kokain zum mindesten als ebenbürtig an die 
Seite zu stellen, und es wird sich wohl auch infolge seiner 


relativen Ungiftigkeit und des niedrigen Preises in der Veterinär¬ 
chirurgie bald den ihm gebührenden Platz erobern. 

Schmidt. 

Über Immunisierung gegen die Botzkrankheit. 

Von Prof. Dr. Levy, Dr. Blumenthal und Dr. Marxer. 

(Zeitschrift für Infektionskr., paras. Krankh. und Hygiene der Haut, B I. III, 8, 294.) 

Die Autoren teilen ihre Versuchsergebnisse über Immuni- 
sation gegen Rotz mittelst abgeschwächter und abgetöteter 
Bazillen mit. Zunächst kommt es darauf an, festzustellen, 
innerhalb welcher Zeit die Rotzbazillen durch die verwendeten 
Stoffe abgetötet werden, ferner wann sie so weit abgeschwächt 
sind, daß sie zwar noch auf Nährböden wachsen aber Meer¬ 
schweinchen nicht mehr töten. Es wurde zunächst das Glyzerin 
versucht, und zwar in 80proz. Lösung, welche sich als die ge¬ 
eignetste Konzentration erwies. Die Wirksamkeit des Glycerins fiel 
verschieden stark ans, je nach der Menge der zugesetzten Bakterien. 
So werden Rotzbazillen durch Schütteln in 80proz. Glyzerin 
in einer Konzentration von 0,1 g Bazillen auf 4 ccm Flüssigkeit 
in 14 Stunden abgetötet, während bei einer Konzentration von 
0,001 g Bazillen auf 1 ccm Flüssigkeit schon nach 7 ! / 2 Stunden 
die Bakterien vernichtet sind. — Bei den dichteren Emulsionen 
werden mehr Stoffe aus den Bazillen herausgeschüttelt, die das 
Tier vor den noch lebenden abgeschwächten Mikroben aktiv 
schützen; diese Stoffe enthalten subkutan ihre Wirksamkeit 
mehr als intraperitoneal. — Weiterhin wurden entsprechende 
Versuche mit Harnstofflösungen vorgenommen. 

Die Immunisierungsversuche erstreckten sich zunächst 
auf Meerschweinchen. Die Immunisierung gelingt sowohl mit 
kleinen als auch mit großen Dosen abgetöteter Bazillen. — 
Die Schutzimpfung mit abgeschwächten Bazillen erwies sich 
als eine sehr schwierige. Große Dosen eignen sich nicht; aber 
auch ganz kleine Mengen geben keine konstanten günstigen 
Resultate. Die Resultate waren um so besser, je näher man 
der Abtötungsgrenze kam. Viel regelmäßiger waren die 
Resultate, wenn zur Immunisierung nur abgetötete Bazillen 
benutzt wurden. 

Bei den folgenden Immunisierungsversuchen an Pferden 
machten die Autoren die interessante Erfahrung, daß sich das 
Pferd ungleich empfindlicher gegen den verwendeten Rotzstamm 
wendet als das Meerschweinchen. Wie in zahlreichen Versuchen 
fefltgestellt wurde, betrug die sicher tödliche Dosis für Meer- 
schweichen Vinooo Öse einer Agarkultur; dieselbe Dosis tötete 
aber auch Pferde innerhalb drei Wochen an akutem Rotz. Zum 
Schluß brachten die Autoren noch über Immunisierungsversuche 
mit durch Glyzerinlösungen abgetöteten Bazillen an Pferden, 
bei denen es gelungen ist, einen vollständigen Schutz gegen die 
nachherige Infektion zu erzielen. Zwei Kontrollpferde erlagen 
einer subkutanen Injektion; der pathologische Befund wurde 
durch Kultur und Tierversuch bestätigt. Andererseits blieben 
die mit Organen der getöteten Immunpferde geimpften Meer¬ 
schweinchen gesund und zeigten nach der späteren Tötung 
keinerlei Veränderungen. — Tabellen und Kurven vervoll¬ 
ständigen die Arbeit. Richter. 

Die immunisierende Wirkung des Sobernheimschen 
Serums bei milzbrandkrankem Hornvieh. 

Von Kgl. ung. Tierarzt Rudolf Gäl-Nemesöcsa. 

(All&torvosi hapok 1907, Nr. 45.) 

Gäl wurde zur Sektion einer plötzlich verendeten Kuli ge¬ 
rufen, bei welcher er Anthrax feststellte. Das übrige Hornvieh 





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No. 19. 


(33 an der Zahl) wurde dann der Pastenrsehen Schutzimpfung 
unterworfen. Am dritten Tag nach der ersten Impfung er¬ 
krankten drei Tiere: die Temperatur stieg auf 40,8—41° C, 
Appetitlosigkeit und Mattigkeit, Puls 80—100 pro Minute, 
Atemfrequenz 40—50, das Atmen erschwert; an einem Tier ist 
an der Flanke eine kopfgroße Anschwellung entstanden. Diese 
Erscheinungen und die Anamnese wiesen auf Anthrax bin. Nun 
ließ G«41 telegraphisch das Sobernheimsche Rapidserum be¬ 
stellen, welches er auf 37,5° erwärmt den drei kranken Tieren 
in entsprechender Menge (30— 50 cm 3 ) injizierte, das übrige 
Hornvieh bekam je 10 cm 3 subkutan. Die Wirkung des Serums 
war eine sehr gute, denn schon in vier Stunden nach der Injektion 
konnte man eine Besserung wahrnehmen, die Körpertemperatur 
war mit 1° gesunken, die Mattigkeit ließ nach und am nächsten 
Tag sind alle drei Tiere genesen, die Anschwellung ist auch 
vollkommen verschwunden. Neuere Erkrankungen sind seitdem 
nicht vorgekommen. Dr. Z. 

Das Katarrhalfieber der Schafe in Südafrika. 

Von Dr. A. Th eil er, Pretoria, Transvaal. 

(Zeitschrift für Tiermedizin. XI. Band. 4/5 Heft.) 

Unter den Schafen in Südafrika kommt während der Regen¬ 
periode besonders in tiefgelegenen, feuchten Örtlichkeiten eine 
Art von Katarrhalfieber vor, welches nicht identisch ist mit dem 
in Europa beobachteten. Es ist keine kontagiöse Krankheit, 
denn kranke Tiere vermögen danebengestellte Tiere nicht zu 
infizieren, wolil aber kann die Krankheit durch Verimpfen von 
frischem wie auch defibriniertem Blut kranker Tiere übertragen 
werden. Das krankmachende Agens ist filtrierbar und ultravisibel. 
Da die Schafe nur nachts auf der Weide infiziert werden, hin¬ 
gegen gesund bleiben, wenn sie abends vor Sonnenuntergang 
in den Stall gebracht und früh nach Sonnenaufgang erst wieder 
ausgetrieben werden, so muß angenommen werden, daß der 
Träger des Infektionsstoffes ein fliegendes und blutsaugendes 
Nachtinsekt, wahrscheinlich eine Mosquitoart ist. Die Bedingungen 
des Auftretens des Katarrhalfiebers der Schafe sind im allgemeinen 
dieselben, unter welchen die Pferdesterbe beobachtet wird, auch 
ist das Verbreitungsgebiet nahezu dasselbe, so daß die land¬ 
läufige Meinung besteht, beide Krankheiten seien identisch. 
Gegenseitige Infektionen mit Schaf- und Pferdeblut — selbst¬ 
verständlich von kranken Tieren auf gesunde überimpft — 
blieben jedoch erfolglos, nur Schafe sind empfänglich. 

Nach einer unbestimmten Inkubationsperiode (nach künst¬ 
licher Infektion etwa vier Tage) stellt sich Fieber ein. Die 
Schafe lecken periodisch die Lippen, der zahnlose Oberkiefer¬ 
rand, das Zahnfleisch, der Rand der Lippen sind gerötet, es 
kann sogar zur Losstoßung großer Epithelfetzen an diesen 
Stellen kommen, auch findet man Exkorrationen und Schwellung 
der Lippen. Die Mucosa nimmt eine bläuliche Farbe an, die 
Zunge schwillt und es kommt zu blutigeiterigem Nasenansfluß, 
der an den Nasenlöchern anklebt und ein schnarchendes Atmen 
verursacht. Vorkopf und Kehlgangsgegend werden ödematös. 
Gelegentlich stellt sich auch Durchfall ein. Pathognomisch ist 
die Entzündung der Lederhaut der Klauen, die sich aber erst 
einstellt, wenn die Veränderungen im Maule im Abheilen sind. 
Die Krankheit endet in der Regel nicht letal, wohl aber 
magern die Tiere schnell ab und werden anämisch. Nur unter 
ganz ungünstigen Verhältnissen kann die Hälfte der erkrankten 
Schafe zugrunde gehen. 


Bei der Sektion finden sich meist katarrhalische Er¬ 
scheinungen im Verdauungsschlauch. Fast stets findet man 
auf dem Endokard des linken Ventrikels, auch auf dem Epikard 
Blutpunkte. Mit dem Überstellen der Krankheit werden die 
Schafe Immun. Wiederholte Einspritzungen von virulentem 
Blut in immune Schafe führt zur Produktion eines Serums, 
welches bei der Simultanimpfung mit Virus zusammen die Seuche 
zum Stillstand zu bringen vermag. Rdr. 

Gelenkwunden. 

Von Bezirksticrarzt Max Notz, Freising. 

(WochciiBchr. f. Tieiheilk. u. Viehzucht, 1907, Nr. 51 u. 52.) 

Verfasser übergibt seine mit der Behandlung von Gelenk¬ 
wunden erzielten Resultate den in der Praxis stehenden Kollegen 
mit der Bitte um Nachprüfung. Das von ihm eingeschlagene 
Verfahren besteht in der üblichen gründlichen Reinigung der 
Wunde und deren Umgebung, sodann in der Desinfektion mit 
lauwarmem Sublimatw asser (1:1000) und unmittelbar darauf mit 
lauwarmer Jod-Jodkalilösung (1:5:1000). Die alleinige An¬ 
wendung der Sublimatspülung genügt nach Notz nicht, um 
eine phlegmonöse Entzündung zu verhüten, ebensowenig als 
durch bloße Abspritzung mit Lugol scher Lösung eine Tötung 
der Eiterbakterien zu erzielen ist. Gegen Phlegmone ist das 
sicherste Schutz- und Heilmittel die Jodlösung, gegen Eiterung 
das Sublimat. Nach der Desinfektion wird bei größeren Wunden 
vernäht unter Belassung von genügend Öffnung für den Abfluß 
von Wundsekret. Bei eiternden Gelenkwunden und solchen 
Verletzungen, die nicht gut mit einem Verband geschlossen 
werden können, empfiehlt Notz Natrium bicarbonicum, ev. mit 
Zusatz von Jodoform (1:100). Dieses Pulver ist täglich 4—6 mal 
die Wunde einzubringen und nötigenfalls mit Watte und Heft¬ 
pflaster in der Lage zu erhalten. Sehr unterstützend sollen 
auch noch bei Huf- oder Fessel wunden 2proz, warme Soda- 
bäder wirken. Hisichtlich der Anwendung des Natr. bicarbon. 
als Wundheilmittel ist darauf zu achten, daß dasselbe stets in 
genügender Menge auf die Wunde aufgetragen werde, damit die 
sich bildende Lösung nach und nach die ganze Wunde durch¬ 
dringt. Manchmal ist es sogar geboten, das zu behandelnde 
| Tier niederzulegen, wenn am stehenden Tier keine Tiefenwirkung 
zu erzielen ist, und es auf die Dauer von 24—30 Stunden in 
einer geeigneten Lage zu erhalten und diese Prozedur mehrere 
Male mit entsprechenden Pausen zu wiederholen. Eine aus¬ 
führliche Beschreibung eines trotz seiner Schwere geheilten 
Krankheitsfalles illustriert die dem Natr. bicarbon. von Notz 
nachgerühmte gute Wirkungsweise. J. Schmidt. 

Aas der medizinischen Literatur. 

Deutsche medizinische Wochenschrift, 34. Jahrgang , Nr. 15, S. 038. 

Über zeitweilige partielle Hyposystolie der Kammern des Säugetier¬ 
herzens von Prof. H. E. Hering. (Aus dem Institut für experi¬ 
mentelle Pathologie und der propädeutischen Klinik der deutschen 
Universität, in Prag.) Zusammenfassung. 

1. Während Inkongruenzen in der Tätigkeit der beiden 
Kammern des Säugetierherzens sehr oft schon beobachtet worden 
sind, fehlt für das Vorkommen von Hemiextrasystolie und Hemi- 
alternans vorläufig noch der Nachweis. 

2. Es gibt Kammeralternans des Säugetierherzens, welcher 
auf zeitweiliger partieller Hypo-, eventuell Asystolie der Kammern 
beruht. 



7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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3. An den Kammern eines im Altemans schlagenden Sänge¬ 
tierherzens können auch Extrasystolen auf einer zeitweiligen 
partiellen Hypo-, eventuell Asystolie der Kammern beruhen. 

4. Die bei Vagusreizung zu beobachtende Kammerbyposystolie 
des Säugetierherzens betrifft beide Kammern, wobei die Hypo- 
systolie der einen Kammer anscheinend größer sein kann als 
die der andern. 

5. Sollte für das Vorkommen von Hemiextrasystolie bei 
Vagusreizung oder bei einem im Alternans schlagenden Herzen 
auch der Beweis erbracht werden, so könnte jedoch beides zur 
Erklärung des bekannten, auf Herzbigeminie beruhenden und 
unzutreffend als Hemisystolie gedeuteten klinischen Symptomen- 
komplexes nicht herangezogen werden, da es sich in diesen 
klinischen Fällen weder um eine derartige Vagusreizung noch 
um Alternans handelt. 

Dieselbe Zeitschrift S. 041. 

Nadel im linken Bronchus; von Dr. H. v. Schrott er. (Aus der 
in. med. Klinik der Universität in Wien.) Bei einem zwölf¬ 
jährigen Mädchen wurde eine vor 21 Tagen in den linken 
Bronchus — mit ihrem Kopfe (D. = 9 mm) voraus — einge¬ 
drungene Nadel von ungewöhnlicher Länge (74 mm) im Wege der 
direkten Methode (Tubus L. = 21 cm, D. = 8,5 mm) in einer 
Sitzung unter Lokalanästhesie mittelst eingeführter Pinzette 
glatt entfernt; keine Reaktionserscheinungen, dauerndes Wohl¬ 
befinden. Der Sitz der Nadel war durch radioskopische Durch¬ 
leuchtung genau festgestellt worden. 

Dieselbe Zeitschrift S. 647. 

Über den diagnostischen Wert der Ophthalmoreaktion bei Typhus 
abdominalis; von Dr. Oskar Orszag. (Aus der I. med. Klinik 
der Universität in Budapest.) Die von Chantemesse zur Diagnose 
bei Typhus ausgearbeitete Untersuchungsmethode der Ophthal¬ 
moreaktion beruht auf der Reaktionsfähigkeit des Kranken 
gegen Typhustoxine. 2 bis 3 Stunden nachdem der Kranke 
einen Tropfen Typhustoxinlösung auf die Innenfläche des unteren 
Augenlids erhalten hat, werden bei positiver Reaktion an dem 
betreffenden Auge Rötung, Tränen, Gefühl von Wärme, Jucken 
an der Bindehaut und fibröses Exsudat beobachtet. Verf. faßt 
seine über den Wert der Ophthalmoreaktion gesammelten Er¬ 
fahrungen wie folgt zusammen. 

1. Die Chantemessesche Ophthalmoreaktion ist derzeit für 
praktische Zwecke nicht verwendbar, da wir über kein be¬ 
ständiges Typhustoxin mit gleicher Intensität verfügen. 

2. Die Ophthalmoreaktion kann sich nach 0 Stunden nich 
nur bei Typhösen, sondern auch bei anders Erkrankten positiv 
erweisen. Die positive Reaktion ist also in diesem Zeitpunkt 
für Typhus abdominalis nicht charakteristisch. 

3. Nach 24 Stunden geben die meisten Fälle von Typhus 
abdominalis positive Reaktion. Negative Reaktion ist bei 
Fiebernden mit größter Wahrscheinlichkeit gegen Typhus abdo¬ 
minalis zu verwerten. 

4. Rekonvaleszenten reagieren etwa in der Hälfte der 
Fälle positiv. 

5. Bei anderen Krankheiten ist die Reaktion nach 
24 Stunden in den meisten Fällen negativ, positive Reaktion 
wurde jedoch auch beobachtet. 

6. Die Kutanreaktion ist für die Diagnose unbrauchbar. 
Therapeutische Monatshefte. 22. Jahrg. Heft 4 , S.175. 

Zur Frage nach dem Wert und den Gefahren der Ophthalmoreaktion. 
Prof. A. Siegrist, Direktor der Universitätsaugenklinik in 


Bern, mißt der genannten Reaktion vom Standpunkte des Augen¬ 
arztes nicht nur geringen Wert bei, sondern hält sie direkt fiir 
gefährlich. Denn ein positiver Ausfall der Reaktion gibt keinerlei 
Sicherheit, daß das vorhandene Augenleiden tuberkulöser Natur 
ist, sondern besagt nur, daß sich irgendwo im Körper ein tuber¬ 
kulöser Herd befindet. Ferner kann ein krankes Auge durch 
die Anstellung der Ophthalmoreaktion heftigen Schaden nehmen. 
Für den inneren Arzt und den Chirurgen liegt die Sache so, 
daß nach den bis jetzt erschienenen Arbeiten mit ziemlicher 
— wenn auch nicht absoluter — Sicherheit der positive Ausfall 
der Reaktion für das Vorhandensein von aktiver Tuberkulose, der 
wiederholt negative Ausfall, auch wenn stärkere Lösungen benutzt 
wurden, für das Fehlen einer solchen Tuberkulose im Organismus 
spricht. Die weitere Frage, ob die O-Reaktion einem gesunden 
Auge schaden kann, muß nach dem bisher veröffentlichten 
Material bejaht werden. 

In derselben Zeitschrift S. 177 

nimmt Dr. P. Schultz-Zehden in Berlin zu der gleichen Sache 
Stellung. — Nachdem Wolff-Eisner im Mai 1907 die Mitteilung 
gemacht hatte, daß die Einträufelung einer 1 proz. Tuberkulin¬ 
lösung in den Bindehautsack bei Tuberkulösen häufig lokale 
Reaktionen hervorruft, hat Vallee diese Beobachtung in der 
Veterinärpraxis nachgeprüft, aber wegen der stürmischen Ent¬ 
zündungserscheinungen, die er beobachtete, zunächst wieder ver¬ 
lassen. Von ihm stammt die Bezeichnung „Ophthalmoreaktion“ 
Calmette fand, daß die genannte Reaktion, die beim Menschen 
nach Einträufelung von 1 proz. Tuberkulinlösung eintrat, so mild 
verlief, daß er sie zu diagnostischen Zwecken empfehlen konnte. 
Seitdem ist der Streit um Wert oder Unwert der Ophthalmo¬ 
reaktion entbrannt. Sobald feststeht, daß bei der Anwendung 
der Reaktion ernste Schädigungen entstehen können, muß schon 
nach dem obersten Grundsatz „primum non nocere“ vom augen¬ 
ärztlichen Standpunkte gegen dieses Diagnosticum Front gemacht 
werden. Verfasser hat sich deshalb die Aufgabe gestellt, an einem 
größeren Material vor allem die Frage zu beantworten, ob durch 
die O.-Reaktion Schädigungen des Auges verursacht werden 
können und ob diese derart sind, daß man unbedingt vor der 
Instillation von Tuberkulin warnen müsse. 

Von 150 Fällen in denen der Verfasser das Kochsche Alt- 
tnberkulin in lproz. Lösung zur Augenreaktion angewendet 
hat, sind 148 ohne jede Schädigung verlaufen. Vorübergehend 
sind zwei Patienten durch die Reaktion geschädigt worden. 
Mithin kann die konjunktivale Reaktion wegen etwa damit ver¬ 
bundener Gesundheitsschädigung nicht verdammt werden. Auch 
kann Sch. aus seiner Erfahrung heraus die These, daß alle 
Augenerkrankungen eine Kontraindikation gegen die Ophthalmo¬ 
reaktion bilden, nicht anerkennen. Der größte Wert ist auf 
die Wahl des Präparates zu legen. Zu den für das Auge 
schädlichen Tuberkulinpräparaten rechnet der Verf. 1. das Cal- 
mettesche Trockenpräparat; 2. das von den Höchster Farb¬ 
werken nach den Angaben von Calmette hergestellte trockene 
glyzerin- und alkoholfreie Tuberkulin in lproz. Lösung. Ein 
abschließendes Urteil über den Wert der Ophthalmoreaktion als 
Diagnostikum bei Tuberkulose ist nur mit Hilfe eines einheit¬ 
lichen Präparates zu gewinnen. 

Münchener medizinische Wochenschrift. 55. Jahrgang, Nr. 14, S. 72S. 

Zur Prüfung des Eiters mit Milions Reagens; von Dr. L. Dreyer. 
(Aus der Breslauer chirurgischen Klinik.) — Nach einer von 
Eduard Müller angegebenen Methode lassen sich mit Hilfe 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


des Millonsclien Reagens (Lösung von Quecksilber in Salpeter¬ 
säure, die etwas salpetrige Säure enthält) Eiterproben tuber¬ 
kulöser und anderer Natur sicher unterscheiden. Hierzu werden 
kleine Porzellanschälchen fast bis zum Rande mit Millon scher 
Lösung gefüllt. Ein durch gewöhnliche Eitererreger hervor¬ 
gerufener Eitertropfen bildet in der Flüssigkeit eine zerfließliche 
Scheibe, ein Tropfen tuberkulösen Eiters aber ein festes 
Häutchen. Einige Minuten später bis längstens nach einer 
Viertelstunde färbt sich bei gewöhnlichem Eiter das Millonsche 
Reagens lebhaft rot, während es beim tuberkulösen Eiter un¬ 
gefärbt bleibt. Das Prinzip der Methode erklärt sich aus der 
chemischen Eigenart des tuberkulösen und des gewöhnlichen 
Eiters. Dreyer hat die Müll er sehe Methode an einem großen 
Material nachgeprüft und vollauf bestätigt gefunden. Der zu 
untersuchende Eiter muß möglichst frei von Blutbeimengung 
und gut tropfbar sein. 

Dieselbe Zeitschrift, S. 7.33. 

Perhydra8emilchagar, ein neuer Bakteriennfihrboden; von 

E. Fraenkel und H. Much. (Aus dem Allgemeinen Kranken¬ 
haus Hamburg-Eppendorf.) — Bei der Ausschau nach einem 
neuen Nährboden, der ähnlich wie die Blutagarnährböden genuine 
Eigenschaften enthalten sollte, kamen die Verfasser dazu, aus 
steriler Rohmilch, wie die von Römer und Much angegebene 
Perhydrasemilch sie darstellt, Nährböden herzustellen. 

Die Milch wird so gewonnen, daß vor dem Melken in die 
dazu geeigneten Melkgefäße 4 ccm Perhydrol Merck pro Liter 
gegeben wird. Dann wird die Milch in so mit Perhydrol be¬ 
schickte Gefäße gemolken und bleibt bis zur Benutzung (selbst 
monatelang) mit dem Perhydrol zusammen. Vor der Benutzung 
wird die Perhydrol milch durch die Katalase Hepin von dem 
Perhydrol befreit und heißt dann Perhydrasemilch und schmeckt 
wie tadellose Rohmilch. 

Zur Herstellung der Nährböden wird Perhydrolmilch zen¬ 
trifugiert; nach Entfernung der oberen Rahmschicht erhält die 
übrige Milch einen Zusatz von Hepin. Eine Viertelstunde nach 
dem Hepinzusatz ist die Milch vom Perhj'drol befreit. Von 
dieser Perhydrase-(Mager-)Milch werden alsdann 2 ccm zu 
einem flüssigen Glyzerinagarröhrchen von 45—50° C hinzu¬ 
gesetzt. Bei vergleichenden Untersuchungen stellten die Ver¬ 
fasser vier verschiedene Typen von Bakterienwachstum auf 
Perhydrasemilchagar fest. Ein ganz vortreffliches Nährsubstrat 
bildet er für den Streptococcus mucosus, der schwer züchtbare 
Influenzabazillus läßt sich darauf zum Wachstum bringen und 
auch für die Züchtung von Typhus- und Paratyphusbazillen ist 
er nicht ungeeignet. 

Dieselbe Zeitschrift S. 735. 

Ein einfacher Nährboden für 6onococcen; von Dr. Piorkowski- 
Berlin. Ein Liter frischer Milch wird mit 5 ccm verdünnter 
Salzsäure (1:4) versetzt und bei 37° C auf bewahrt, bis das 
Kasein ausgefallen ist (16—20 Stunden); statt dessen kann die 
Milch auch aufgekocht werden. Dann wird filtriert und das 
Filtrat mit lOproz. Sodalösung neutralisiert. Darauf wird zwei 
Stunden im Dampf bade gekocht, die Neutralisation von neuem 
eingestellt und abermals filtriert. Der Nährboden wird sodann 
in Kolben oder Reagenzgläser gefüllt und eine Stunde bei 
100° C sterilisiert. Dieser Nährboden kann in flüssigem Zu¬ 
stand mit gleichen Teilen Bouillon versetzt oder in fester Form 
im Verhältnis von 1 Teil mit 2 Teilen Agar-Agar (3 Proz.) 
verwendet werden. Der Milchserumnährboden ist außer für 


Gonococcen auch für Meningococcen und besonders für Pneumo- 
coccen geeignet. 

Deutsche Medixinal-Zeitung, 29. Jahrgang, Nr. 29 , S. 317. 

Subkutane Ölseifeninjektionen; von Dr. W. Zeuner in Berlin. 
Die reinigende und desinfizierende Wirkung der Seifenlösung 
ist bekannt. Anch gegen skrophulöse Lymphdrüsen und Gelenk¬ 
tuberkulose wird Seife äußerlich mit Erfolg angewendet. 
Senator hat methodische Einreibungen von Kaliseife als Mittel 
zur Förderung der Resorption von Exsudaten in serösen Höhlen 
empfohlen. Die Einverleibung größerer Dosen von Seifenlösung 
per 08 stört den Chemismus der Verdauung und verursacht 
Übelbefinden, Erbrechen und Durchfall; die Injektion von 
ölsaurem Natron (l: 10—100 Aqu.) in das Blut bewirkt nach 
Kobert und Raßmann einen komatösen Zustand und Still¬ 
stand des Herzens. Dagegen wird die subkutane Seifeninjektion, 
wie Verfasser durch Versuche an Kaninchen nachgewiesen hat, 
vom Tierkörper gut ertragen, ist anscheinend schmerzlos und 
gestattet die Einverleibung ganz erheblicher Mengen von Seife. 
(Ein Kaninchen von 1543 g Gewicht erhielt innerhalb drei 
Tagen zweimal je eine Pravazspritze voll unter die Haut ge¬ 
spritzt.) Es dürfte sich lohnen, durch Tierversuche festzustellen, 
ob nicht durch subkutane Injektion von Seifenlösung bei Tuber¬ 
kulose, Pleuritis, sowie bei anderen Injektionskrankheiten, 
namentlich Pyämie und Septikämie, Heilung erzielt werden 
könnte. W. 


Tagesgeschichte. 

t 

Verspätet 

Im Alter von annähernd 84 Jahren verschied, an den Folgen 
eines Influenzaanfalles, am 20. März 1908 in Meldorf-Holstein 
der Tierarzt und Kreistierarzt a. D. Claus Haß. 

Zu Burg im Dithmarschen am 9. Juni 1825 geboren, wandte 
er sich bald nach der Konfirmation dem Studium der Tierheilkunde 
zu und bezog die Tierarzneischule in Kopenhagen. Nach be¬ 
standenem Staatsexamen und Absolvierung des praktischen Halb¬ 
jahres erlangte er die Approbation als Tierarzt am 29. Oktober 1847 
mit dem ersten Charakter. Bei der Erhebung Schleswig-Holsteins 
trat er freiwillig als Tierarzt bei der Artillerie ein, wurde aber 
schon im nächsten Jahre, 1849, wegen hervorragender Leistungen 
ins Hauptquartier berufen, bei welchem er während des ferneren 
Feldzuges und bis zur Auflösung der Armee, 1851, tätig ge¬ 
wesen und später mit der Kriegsdenkmünze bedacht wurde, wie 
ihm auch die Pension der vormärzlichen Offiziere zugebilligt 
worden ist. 

Hiernach hat Haß sich als praktischer Tierarzt in Meldorf 
niedergelassen, erwarb 1870 das Fähigkeitszeugnis als beamteter 
Tierarzt und wurde ihm 1871 die Kreistierarztstelle für Süder¬ 
dithmarschen übertragen, die er bis zu seiner freiwilligen 
Pensionierung 1905 verwaltet hat. Nach einer umfangreichen 
und verdienstvollen Tätigkeit wurde ihm 1902 der Rote Adler¬ 
orden vierter und beim Übertritt in den Ruhestand der Kronen¬ 
orden dritter Klasse Allerhöchst verliehen. 

1901 konnte Haß mit seiner noch lebenden Lebensgefährtin 
das Fest der goldenen Hochzeit in aller Stille feiern und ist es 
ihm vergönnt gewesen, sein 60 jähriges Jubiläum als Tierarzt 
zn begehen. 






7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


347 


Dem tierärztlichen Vereine in Schleswig-Holstein hat er bis 
zu seinem Lebensende als Mitglied angehört und in früheren 
Jahren anch tätigen Anteil an den Verhandlungen genommen. 

Ehre seinem Andenken! 

Der Vorstand des tierärztlichen Vereins 
in Schleswig-Holstein. 

I. A.: Eiler, Schriftführer. 

Deutscher und Schweizer Dr. med. vet. 

Nachdem nunmehr fast alle deutschen Universitäten den 
immatnren Tierärzten den Weg zur Promotion verschlossen 
oder doch mit fast unüberwindlichen Schwirigkeiten verbarrika¬ 
diert haben, scheint denselben Gelegenheit geboten zu werden, 
das heiß erstrebte Ziel doch zu erreichen, das ist die Promotion 
zum Dr. med. vet. in der Schweiz, und ein Blick in die Pro¬ 
motionsnachrichten der Fachblätter zeigt, wie viele Kollegen 
fast täglich diesen Weg mit Erfolg beschritten haben. An¬ 
scheinend muß wohl diesen Herren von höheren mit der Re¬ 
gierung in Fühlung stehenden Kreisen die nahe Anerkennung 
dieser Doktorwürde als Ermutigung mit auf den Weg gegeben 
worden sein, sonst würden wohl viele vor dem Risiko zurück¬ 
geschreckt haben. An und für sich betrachtet wäre die Aus¬ 
sicht für den allgemeinen tierärztlichen Stand wünschenswert 
und freudig zu begrüßen, aber ihr fehlt auch die Schattenseite 
nicht, und das ist die ideale Konkurrenz, in die sie mit dem 
deutschen (Leipzig und Gießen) Dr. med. vet. treten wird, und 
aus der, eine — sit venia verbo — Degradierung, dieser bis 
jetzt mit Recht den übrigen deutschen Fachdoktorgraden voll¬ 
ständig gleichbewerteten und stehenden Doktorwürde resultieren 
wird. Die Allgemeinheit, die überhaupt den im Auslande er¬ 
worbenen Doktortiteln, ob mit Recht oder Unrecht bleibe dahin¬ 
gestellt, skeptisch gegenüber steht, wird alsdann zwischen 
deutschen und Schweizern Dr. med. vet. in Bälde keinen Unter¬ 
schied mehr machen, zumal der Dr. med. vet. bei seiner rela¬ 
tiven Seltenheit und Jugend für viele doch etwas Fremdes hat, 
und sie wird beide gleich bewerten, d. h. als inferiore Grade 
betrachten. Unter diesen Gesichtspunkten wird, wie ich fürchte, 
die Anerkennung des Schweizer Dr. med. vet. für den Teil der 
deutschen Tierärzte, die die deutsche Doktorwürde besitzen, 
zum Danaergeschenk werden, dessen Tragweite bei dem nun¬ 
mehr ständig wachsenden Prozentsätze dieser Kollegen von 
nicht zu unterschätzender Bedeutung sein dürfte. Drum videant 
consnles! Wir haben ein Recht und die Pflicht, und es ist nur 
ein billiges Aequivalent, das man uns für eine um 2 Jahre 
längere Vorbildung wohl zugestehen darf, von der deutschen 
Regierung zu fordern, daß sie, falls der schweizer Dr. med. vet. 
allgemein zur Anerkennung gelangt (die kleinen Bundesstaaten, 
in denen dies bis jetzt schon der Fall gewesen ist, sind für die 
Allgemeinheit bedeutungslos), dieses nur in einer solchen Form 
geschehen läßt, die seinen Ursprung deutlich erkennen läßt. 

Dr. med. vet. Jonas-Gelsenkirchen, Städt. Tierarzt. 

Anmerkung. 

Den obigen Artikel habe ich aufgenommen nach dem Grund¬ 
satz, jede Meinung zu Wort kommen zu lassen. Ich kann ihn 
aber nicht veröffentlichen, ohne ihm einige Bemerkungen hinzu¬ 
zufügen. 

Der Übergang von einer älteren zu einer neuen Epoche, 
dessen Markstein für uns die Einführung der Universitätsreife 
unzweifelhaft ist, hat überall seine Schwierigkeiten. Um sie 


zu überwinden, ist hüben und drüben der entschiedene Wille 
notwendig, zu vermitteln. Die Tierärzte, welche vor 1903 in 
das tierärztliche Studium eingetreten sind, dürfen nicht in 
Gegensatz geraten zu denen, welche später gekommen sind. Die 
ersteren dürfen sich nicht auf den Standpunkt stellen wollen, 
daß die zwei Jahre Primanerbildung keine Bedeutung hätten; die 
letzteren dürfen nicht glauben, daß sie dadurch von vornherein 
die Überlegenheit besäßen. Auch in der Promotionsfrage muß 
ein Ausgleich geschaffen werden. Ich habe von vornherein die 
grundsätzliche Nichtanerkennung des in der Schweiz erworbenen 
Dr. med. vet. sehr bedauert. Ich habe ebenso bedauert, daß aus 
den hierdurch betroffenen Kreisen gewissse Äußerungen hervor¬ 
gingen mit der Tendenz, den in Gießen seit langem ohne An¬ 
fechtung erworbenen Dr. med. vet. gewissermaßen in diese 
Schwierigkeiten hineinzuziehen. Ich kann aber ebensowenig zu¬ 
stimmen, wenn man neben diesem letztgenannten Doktortitel den 
in der Schweiz erworbenen derartig auf eine zweite Stufe rücken 
wollte, wie dies der Herr Verfasser des obigen Artikels tut. 
Gewiß ist es richtig, daß der in Gießen und neuerdings auch 
der in Leipzig zu erwerbende Dr. med. vet. unbedingt an die 
Universitätsreife geknüpft ist. Das Gerücht von Ausnahmen in 
Gießen hat sich als haltlos und unwahr erwiesen; denn trotz 
meiner Nachforschungen hat man Belege für die behaupteten 
Fälle nicht beizubringen vermocht. Es ist auch richtig, daß das 
Ansehen eines Doktortitels im allgemeinen mit der Schärfe seiner 
Bedingungen zunimmt, und daß dieser deutsche Dr. med. vet. 
sich sogar unter den übrigen deutschen Doktortiteln, den medi¬ 
zinischen nicht ausgenommen, in dieser Hinsicht einer exklusiven 
Stellung erfreut. Das Ansehen dieses deutschen Dr. med. 

vet., der ja in naher Zukunft von sehr vielen Tierärzten 

getragen werden wird, kann aber für keinen Objektiven 

dadurch irgendwie beeinträchtigt werden, daß sich in 

ganz Deutschland etwa 150 Kollegen finden, die ihren Doktor¬ 
titel unter etwas milderen Bedingungen in der Schweiz, die doch 
auch vollwertiges deutsches Kulturland ist, erworben haben. 
Der Meinung bin ich allerdings, daß diese Promotion in der 
Schweiz, sobald erst das tierärztliche Promotionsrecht in größeren 
Teilen Deutschlands als bisher geregelt ist, aufhören sollte. 
Wer von den Herren, die das Abiturientenexamen noch nicht 
nachzuweisen brauchten, promovieren wollte, der kann es bis¬ 
lang getan haben oder mag es noch schnell tun vor Tores¬ 
schluß; dann aber muß das aufhören, wenn nicht geradezu zwei 
Klassen von Doktorveterinären nebeneinander entstehen sollen. 
Aber wenn den bisher promovierten, verhältnismäßig doch 
wenigen Herren die von ihnen so redlich und tapfer erkämpfte 
Anerkennung endlich wird, so kann das, wie gesagt, den in 
Deutschland promovierten Kollegen keinen Abbruch tun. Und 
wenn selbst mißgünstige Leute sich bemüßigt sehen sollten, 
gelegentlich darauf hinzuweisen, daß unter diesen deutschen 
Doktorveterinären sich auch solche befänden, welche den Doktor 
im Auslande und ohne Universitätsreife erworben haben, so 
könnte man ihnen von oben herab erwiedern, daß erstens dieses 
Ausland ein anständiges Nachbarland ist, wo es keinen Schwindel 
gibt, und daß zweitens die Doktoren sämtlicher deutscher Fakul¬ 
täten solche Mischungen aufweisen, die der philosophischen 
Fakultät wohl noch in etwas stärkerer Durchsetzung mit Nicht¬ 
abiturienten wie die Doctores med. vet. 

Und wenn wirklich eine gewisse Exklusivität unsres Doktor¬ 
titels damit verloren geht, nun, so muß sie eben einfach zum 



348 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Opfer gebracht werden. I )as Solidaritätsgefühl in unserm Stande 
muß uns über derartiges hinweg helfen. Die Herren, welche 
jetzt mit leichter Mühe promovieren, wollen nicht vergessen, 
daß diejenigen, welche ohne Universitätsreife promoviert haben, 
unvergleichlich viel größere Opfer an Zeit und Mühe und damit 
für diese Dekoration eigentlich eine große Leistung aufgewendet 
haben. Wenn wir nur innerhalb unsres Standes selbst keine 
Unterschiede machen, dann wird für das Publikum ein Unter¬ 
schied auch nicht bemerklich werden. 

Der Herr Verfasser des obigen Artikels geht an sich von 
einem richtigen Standpunkt aus, ist aber eben m seiner Folgerung 
zu scharf. In einem Punkte hat er recht: wenn die Frage 
des tierärztlichen Promotionsrechts innerhalb Deutschlands ent¬ 
schieden ist, dann muß die Anerkennung ähnlicher im Auslande 
erworbener Titel von Stund ab aufhören. Auf der andern Seite 
aber müssen wir dann erst recht mithelfen, daß die bis dahin 
in der Schweiz promovierten Angehörigen unsres Standes die 
ihnen grundsätzlich gebührende Anerkennung erlangen. Wir 
können das tun, ohne irgendwelche Befürchtungen hegen zu 
müssen, und ich hoffe, daß auch Herr Dr. Jahn bei weiterer 
Erwägung sich an meinen Standpunkt wird anschließen können. 

Schmaltz. 

Erwiderung 

auf die Anmerkung de« Herrn Professors Dr. Schmaltz zu dem Eingesandt 
„Auch ein Standesheber ?“ in Nr. 17 der B. T. W. 

Die betr. Veröffentlichung ist von mir nicht in meiner Eigen¬ 
schaft als Departementstierarzt, sondern als Vorsitzender des tier¬ 
ärztlichen Vereins für den diesseitigen Bezirk erfolgt. Ich habe 
sie auch vor der Einsendung gelegentlich eines Kollegen-Abends 
hier, auf dem etwa 25 Herren anwesend waren, verlesen und fand 
sie dabei allgemeinen Beifall. Dies konnte nicht anders sein, 
lautet doch der $ 1 der Satzungen des Vereins: 

„Der Zweck des Vereins istFörderung der tierärtztlichen 
Wissenschaft und der Standesinteressen.“ 

Daß es sich in der Angelegenheit um ein endinentes Standes¬ 
interesse handelt, wird niemand in Abrede stellen können. 

Wenn Herrr Professor Dr. Schmaltz die Veröffentlichung von 
Tatsachen einen Angriff auf einen Kollegen nennt, dem er in dieser 
Form und Schärfe nicht beitreten könne, und wenn er dann das 
Handeln des Tierarztes Herrn Honigmann und das Verfahren des 
Schienste dt zu erklären und zu entschuldigen sucht, so wird 
er auch gestatten, daß die Tierärzte des diesseitigen Bezirks und 
wie ich glaube annehmen zu dürfen, auch die gesamten 
übrigen Tierärzte anderer Ansicht darüber sind als er. Wir, die 
wir hier das Treiben des Schlenstedt und die ihm von Tierärzten 
und Studierenden zuteil gewordene Unterstützung seit Jahren zu 
beobachten Gelegenheit hatten, sind darüber doch wohl besser 
unterrichtet als der Gewährsmann des Herrn Professor Dr. Schmaltz, 
auch dürfen wir für unsere Angaben die gleiche Glaubwürdigkeit in 
Anspruch nehmen, als sie Herr Professor Dr. Schmaltz seinem 
Gewährsmann zuteil werden läßt. 

Solange in Gönnern a. S. ein Tierarzt nicht vorhanden war, 
hatte der Verein keine Veranlassung, sich um Schlenstedt zu 
kümmern. Als sich aber im Herbst 1905 Herr Tierarzt Klimm eck 
behufs Übernahme der Fleischbeschau dortselbst niederließ — er 
ist auch noch in Gönnern und denkt meines Wissens nicht an ein 
Fortgehen —, wurde manches bekannt, wogegen eingeschritten 
werden mußte, um Schlenstedt in die durch Gesetz festgesetzten 
Schranken zu weisen. Dabei wurde gerichtsseitig festgestellt: 

1. Daß Schlenstedt sich in zahllosen Fällen Tierarzt genannt 
hatte und er diesen Titel nicht führen dürfe; 

2. daß er gelegentlich seiner Verheiratung in das .Standesamts¬ 
register als Tierarzt eingetragen war und dieses zu be¬ 
richtigen sei; 


3. daß er in Übertretung einer für den diesseitigen Bezirk 
erlassenen landespolizeilichen Anordnung Schweine mit 
Kulturen gegen Rotlauf geimpft hatte. 

Dazu kommt noch: 

4. Die bereits bekannte Tatsache, daß Schlenstedt einen 
jungen Kollegen aus Süddeutschland als Assistenten engagiert 
hatte, ohne ihm mitzuteilen, daß er selbst nicht Tierarzt sei. 

Wie Herr Professor Dr. Schmaltz in Anbetracht dessen noch 
schreiben kann, daß auf Herrn Schlenstedt, trotzdem er die 
tierärztliche Approbation nicht erworben habe, das Wort „Pfuscher“ 
schlechtweg nicht angewandt werden könne, weil er tatsächlich 
Tiermedizin studiert hat, ist uns hier im Bezirk unverständlich 
und wird es auch wohl allen übrigen Kollegen sein. Für uns gibt 
es nur eine Art von Pfuscher und zwar sind solche alle Personen, 
die die Tierheilkunde gewerbsmäßig ausüben, ohne die Approbation 
erworben zu haben; ob sie Tiermedizin studiert haben oder nicht, 
ist dabei ganz gleichgültig. Auf diesen Standpunkt hat sich auch 
die Reichsregierung in dem bereits veröffentlichten „Vorläufigen 
Entwurf eines Gesetzes, betr. die Ausübung der Heilkunde durch 
nicht approbierte Personen und den Gehciramittelverkehr“ gestellt 
Nach § 1 des Entwurfs fallen unter das Gesetz: Personen, welche 
sich gewerbsmäßig mit der Behandlung von Krankheiten, 
Leiden oder Körperschäden an Menschen oder Tieren 
befassen, ohne die entsprechende staatliche Anerkennung 
(Prüfungszeugnis, Approbation) erbracht zu haben. 

Diese Definition des Wortes „Kurpfuscher“ ist so klar, daß 
daran nicht zu rütteln ist, und sobald der Entwurf Gesetz geworden 
ist, unterliegt auch Schlenstedt den Bestimmungen desselben. 
Wohin sollte es auch führen, wenn man zweierlei Kurpfuscher 
unterscheiden wollte, und wenn wir diejenigen, die den vor¬ 
geschriebenen Studiengang durchgemacht, die Approbation aber 
nicht erworben haben, gewissermaßen als Kollegen betrachten 
sollten? Dazu wird sich der tierärztliche Stand meiner festen 
Überzeugung nach niemals verstehen! 

Daß Schlenstedt auf mehreren tierärztlichen Hochschulen 
als Student immatrikuliert war, ist hier wohl bekannt. Darauf, 
weshalb er das Staatsexamen nach Beendigung des Studiums nicht 
abgelegt hat, braucht hier nicht eingegangen zu worden. Er hat 
es aber auch später, als er wohl dazu in der Lage war und der 
verstorbene Professor Dr. Putz Halle a S. ihm zur Ablegung des 
Examens die Wege bestens geebnet hatte, nicht nachgeholt. 

Ebenso bekannt war hier, daß Schlenstedt bei dem Korps 
Salingia aktiv gewesen ist. Es ist bisher absichtlich von hier aus 
vermieden worden, dieses Korps öffentlich mit der Angelegenheit 
Schlenstedt in Verbindung zu bringen. Nachdem Herr Professor 
l)r. Schmaltz dies getan bat, liegt nunmehr für uns kein Grund 
mehr vor, auch ferner mit Schweigen darüber hinwegzugehen. Hätte, 
wie Herr Professor Dr. Schmaltz annimmt, die Verbindung nur 
in einem Verkehr der Mitglieder des Korps mit Schlenstedt be¬ 
standen, so wäre darüber kein Wort zu verlieren. Leider ist dem 
nicht so. Es ist hier vielmehr allgemein bekannt, daß seit der 
Zeit, zu der sich Herr Tierarzt Klimm eck in Gönnern niederließ, 
sowohl Studierende als auch Tierärzte, die dem Korps Salingia 
angehören, für Schlenstedt wiederholt solche tierärztlichen Ver¬ 
richtungen Vornahmen, die dieser, um sich nicht strafbar zu machen, 
selbst nicht ausführen durfte. Von einem Tierarzt sind dem 
Schlenstedt sogar Rotlaufkulturen, die dieser nicht mehr direkt 
beziehen konnte, auf sehr eigenartige Weise verschafft worden. 

Bei aller Hochachtung vor dem Korpsgeist der Mitglieder der 
Salingia wird doch kein unbefangen urteilender Tierarzt eine 
derartige Unterstützung eines Pfuschers im Kampfe gegen einen 
Tierarzt, deren Zweck doch nur war, dem letzteren die Existenz 
zu untergraben und so für Schlenstedt wieder freie Bahn zu 
schaffen, billigen können. Wenn wir im Interesse unseres Standes 
und besonders in dem der jungen, um ihre Existenz ringenden 
Kollegen das Kurpfuschertum auf der einen Seite mit allen er¬ 
laubten Mitteln bekämpfen, können wir auf der anderen keine 
Ausnahme davon zugunsten einer Person machen, die zufällig 
einmal bei einem Korps aktiv war. 

Die Annahme des Herrn Professor Dr. Schmaltz, daß Herr 
Tierarzt Honigmann vielleicht einmal an die Stelle des 








7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


349 


Schienste dt treten will, könnte, selbst wenn sie Tatsache würde, 
die jetzt von Herrn Tierarzt Honigmann mit Schienste dt ein¬ 
gegangene Gemeinschaft auch nicht rechtfertigen. Ein Arzt würde 
es heute überhaupt nicht mehr wagen, sich auf solche Weise eine 
Praxis zu verschaffen, und versuchte er es dennoch, so würde das 
Ehrengericht ihu derartig strafen, daß er zeitlebens daran denken 
müßte. Und ich meine, wir Tierärzte wollen doch hinsichtlich der 
Hochhaltung unserer Standesehre nicht hinter den Ärzten zurück¬ 
stehen. Deshalb wird der Verein auch mit aller Energie das Kur¬ 
pfuschertum dort bekämpfen, wo es einem Kollegen in den Weg 
tritt, und dazu muß er sich, so lange wir keine Ehrengerichte haben, 
besonders in einem Falle wie dem vorliegenden, der Fachpresse 
bedienen. 

Der Vorsitzende des tierärztlichen Vereins für den Regierungsbezirk 

Merseburg. 

Dr. Felisch-Merseburg. 

Anmerkung. 

Obwohl ich es nicht für sachlich notwendig halte, die An¬ 
gelegenheit, auf die sich obige Erwiderung bezieht, weiter in der 
Presse zu behandeln, habe ich doch diese Erwiderung, um mich 
ihr gegenüber völlig objektiv zu zeigen, wiederum aufgenommen, 
muß aber meinerseits, übrigens zum letzten Male, folgendes hin¬ 
zufügen. 

Zunächst verwahre ich mich bezüglich der Worte: „Auch 
dürfen wir für unsere Angaben die gleiche Glaubwürdigkeit in An¬ 
spruch nehmen, als sie Herr Professor Dr. Schmaltz seinem Ge¬ 
währsmann zuteil werden läßt“, mit Nachdruck dagegen, daß ich 
diese Glaubwürdigkeit irgendwie angezweifelt habe. Das kann aus 
meiner Notiz in Nr. 17 unmöglich irgend jemand herauslesen. Ich 
vermag nur aus den gemachten tatsächlichen Angaben meinerseits 
nicht zu dem gleichen Urteil zu kommen, wie Herr Veterinärrat 
Dr. Felisch; ich hielt es daher für notwendig, den Lesern der 
B. T. W. neben jenen Angaben auch solche ebenfalls tatsächliche 
mitzuteilen, die meiner Ansicht nach geeignet sind, die notwendige 
Ergänzung des Tatbestandes zu objektiver Beurteilung herbei¬ 
zuführen. 

Ich habe gar keine Veranlassung, Herrn Schlenstedt, den 
ich nie gesehen habe, zu entschuldigen; ich bedaure, daß er das 
Examen nicht vollendet hat, und kann nicht billigen, wenn er sich 
Tierarzt nennt, ohne es zu sein. Für mich handelt es sich aber 
nicht um Herrn Schlenstedt, sondern um den jungen Kollegen 
Honigmann, den in Schutz zu nehmen ich mich für berechtigt 
halte, da ich ihn kenne. Ich kann die Veröffentlichungen des 
Herrn Veterinärrat Dr. Felisch als Erklärungen des Merseburger 
Vereins nicht akzeptieren, da sie aus einer Beschlußfassung dieses 
Vereins nicht hervorgegangen sind. Ganz sicher unrecht aber hat 
Herr Felisch mit der Annahme, daß alle Tierärzte sich seinem 
harten Urteil anschließen würden. Anders denkt zunächst, wie ich 
dagegen behaupte, der ganze R. S. C. — und er hat ja wohl in 
der tierärztlichen Gesellschaft eine Stellung und mit seiner Meinung 
ein Gewicht. Wenn der R. S. C. Herrn Bruno Schlenstedt, den 
ehemaligen Burschen des Korps Salingia, für einen gewöhnlichen 
Pfuscher ansähe, dann würde in der fünften Quittung über die 
Beiträge zum Rudolstädter Denkmal unter Nr. 302 der Beteiligten 
nicht stehen: „Bruno Schlenstedt-Cönnern, Salingiae, 30 M.‘‘ 
In dieser Angelegenheit hat also zunächst gegenüber Herrn Vetcrinär- 
rat Dr. Feilsch und Herrn Tierarzt Klimmeck-Cönnern der R. S. C. 
das Wort. 

Ich für meine Person möchte nur bemerken, daß man den vor¬ 
liegenden Fall durch Hinweis auf die gesetzliche Definition des 
Pfuschertums eben nicht schlichtweg erledigen kann. Es steht auch 
geschrieben, daß vor dem Gesetz alle Preußen gleich sind, und das 
hindert uns nicht im mindesten, zwischen ihnen gesellschaftliche 
Unterschiede zu machen. Und so bleibt für mich zwischen dem, 
der rite ein Studium vollendet hat, und dem medizinisch 
ungebildeten Charlatan ein Unterschied bestehen. Ich weiß nicht, 
ob es wahr ist, was erzählt wird, daß auch der Vorsitzende eines 
Gerichtshofes in dortiger Gegend den gegenüber Herrn Schlenstedt 
angewandten Ausdruck Pfuscher mit dem Bemerken zurückgewiesen 
hat, daß diese Bezeichnung hier durchaus nicht am Platze sei, da 


es sich um einen gebildeten Mann handele. Demnach scheinen die 
Ansichten über diesen Fall doch geteilter zu sein, als Herr 
Veterinärrat Dr. Felisch annimmt. Das beste wäre schon, wenn 
Herr Schlenstedt noch jetzt das Restchen Examen, was er da¬ 
mals versäumt hat, nachholen wollte. Daß man ihn auch heute 
noch für würdig erachten würde, in den tierärztlichen Stand ein¬ 
zutreten, geht ja auch aus Felisch’s obiger Mitteilung hervor, daß 
kein geringerer als der untadelige Pütz sich seinerzeit dafür 
interessiert hat. 

Im übrigen bedaure ich, Herrn Dr. Felisch, dessen Verdienste 
um die Hebung des tierärztlichen Standes ich voll anerkenne, in 
diesem einzelnen Punkte widersprechen zu müssen. 

Schmaltz. 

Brauch und Mißbrauch. 

Im Laufe der Jahre ist der B.T.W. eine große Zahl von 
Einsendungen zugegangen, die sich auf Fälle beziehen, in denen 
ein Tierarzt durch das oder jenes gegen die Standesinteressen 
oder die Standessitte verstoßen haben soll. Der eine soll sich 
in ungehöriger Weise Praxis gesucht haben; der andere hat 
ein reklamehaftes Schild an seine Tür genagelt; der hat Sprech¬ 
stunden angezeigt an einem Orte, wo er nach der Meinung 
eines anderen Kollegen nichts zu suchen hatte; jener hat in den 
Gasthäusern der Dörfer seine Adresse ausgestellt, und so fort. 
Ich habe diese Einsendungen im allgemeinen öffentlich nicht 
berührt, das Material aber sorgfältig angesammelt. Meiner 
Ansicht nach ist es noch nicht an der Zeit, diese Fälle von 
angeblichen aber verhältnismäßigen geringfügigen Verstößen 
öffentlich zu beurteilen. Wenn man Verstöße gegen die Standes¬ 
sitte feststellen will, so muß vor allen Dingen erst feststehen, 
was Standessitte ist, und hierüber dürften die Meinungen in 
einer großen Zahl von Fällen doch noch durchaus unklar sein. 
Das ist keineswegs ein Mangel im tierärztlichen Stande. Wissen 
wir doch, daß die ärztlichen Ehrengerichte Jahre hindurch ihre 
meiste Zeit eigentlich dazu verwendet haben, über die Größe 
von Türschildern und dergleichen Kleinigkeiten Urteile abzu¬ 
geben. Unzweifelhaft gibt es eine ganze Anzahl von Punkten — 
ich errinnere nur an die Betätigung der Tierärzte im Tierhandel 
und das Verhalten zum benachbarten Kollegen —, für welche 
erst Normen aufgestellt werden müssen. Diese Normen können 
nur dann zur allgemeinen Gültigkeit gebracht werden, wenn sie 
von einer maßgebenden Organisation aufgestellt werden, und 
dazu sind nur die Tierärztekammern geeignet. Wir wollen 
daher die Be- und Verurteilung jener angeblichen oder wirklichen 
Verstöße gegen die Standessitte, die nicht ganz klar und kraß 
liegen, doch so lange verschieben, bis die Tierärztekammern 
geschaffen sind und sozusagen Gesetze gegeben haben. Diese 
Gesetze müssen erst da sein, sie müssen erst Zeit zur Ein¬ 
wirkung haben, und dann erst wird man in der Lage sein, 
Übertretungen aufzugreifen, zu verfolgen und zu bestrafen. 
Deshalb bin ich auch der Meinung, daß es durchaus kein Mangel 
ist, wenn die Tierärztekammern in Preußen vorläufig ohne 
Ehrengerichte eingeführt werden. Die Rechtsprechung der 
Ehrengerichte müßte ja doch eine völlig Willkürliche sein. Ein 
Gericht muß doch Gesetze vorfinden, und wir haben kein Standes¬ 
gesetz. Mit dem Hinweis auf die allgemeine Bürger- und 
Anstandspflicht kommt man bei sehr vielen Spezialfragen eines 
bestimmsen Standes nicht aus. Ja, ich würde aus diesem 
Grunde es sogar für einen Fehler halten, wenn man die Tier¬ 
ärztekammern gleich mit dem Ehrengericht bepacken würde. 
Dieses Ehrengericht würde sofort von einer Unmasse von Klagen 
überschwemmt werden, von denen 99 Prozent die angebliche 



350 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Inkollegialität eines konkurrierenden Nachbars znm Gegenstand 
haben würden. Die Ehrengerichte würden ihre Zeit mit einer 
Menge unfruchtbarer Untersuchungen verschwenden, vielleicht 
auch manche Fehlsprüche fällen. Schaffen wir uns also erst 
die festen Formen, und dann mögen wir zusehen, daß jeder 
innerhalb derselben verbleibe. S chm alt z. 

Fünfzigjähriges Dienstjubiläum. 

Am 10. Mai feiert (vgl. Ankündigung des Thüringer 
Vereins Nr. 16, S. 294) ein ehrwürdiger Veteran des tierärzt¬ 
lichen Standes sein fünfzigjähriges Jubiläum als Tierarzt — 
Herr Schlachthofdirektor a. D. Albert Kleinschmidt zu 
Erfurt. Geboren am 18. August 1833, erwarb er 1858 die Appro¬ 
bation als Tierarzt I. Kl., diente in den nächsten Jahren unter 
den damaligen primitiven Verhältnissen (mit nenn Jahre Monats¬ 
sold) bei der Truppe in Liebenwalde und Belgard und wurde 
1867 Bezirkstierarzt in Apolda. Als im Jahre 1880 der neue 
Schlachthof zu Erfurt eröffnet wurde übernahm er die Leitung, 
zunächst als Inspektor und dann als Direktor, und behielt sie 
bis znr Pensionierung im Jahre 1901. 

Es ist dem jetzt im 75. Lebensjahre stehenden Kollegen 
vergönnt, sein Jubiläum in vorzüglicher geistiger und körper¬ 
licher Frische im Kreise seiner Freunde und Kollegen zu be¬ 
gehen, und wenn er seit seiner Pensionierung mit den jüngeren 
Kollegen auch weniger in Berührung gekommen und bekannt 
geworden sein mag, so ist er den älteren Kollegen um so be¬ 
kannter. Denn er ist stets mit großem Eifer für den tierärzt¬ 
lichen Stand, seine Bestrebungen, seine Anerkennung und 
Hebung eingetreten. Vor allem hat seine rege Tätigkeit für 
die Erbauung neuer Schlachthöfe in den Städten und die domi¬ 
nierende Stellung der Tierärzte in ihnen gesorgt, und so manchen 
Schlachthofplan hat er durchgearbeitet und eine größere Zahl 
von Tierärzten in den Schlachthofbetrieb und die praktische 
Ausübung der Fleischbeschau eingeführt. Bei seinem klaren 
Einblick in alle einschlägigen Verhältnisse war es ihm möglich, 
jungen Kollegen über alle möglichen Fragen wertvolle Auskunft 
zu geben und praktische Ratschläge zu erteilen. Man darf 
sagen, daß der alte Kleinschmidt zu den Bahnbrechern gehört 
hat, welche die Schlachthöfe für die Tierärzte erobert haben. 
Kleinschmidt hat aber auch sonst nicht untätig zur Seite 
gestanden, sondern weit über seinen engeren Wirkungskreis 
hinaus mitgewirkt an der Fortentwicklung des tierärztlichen 
Standes. Deshalb sei ihm auch an dieser Stelle ein herzlicher 
Glückwunsch dargebracht zur ehrenvollen Vergangenheit und 
für einen durch das Bewußtsein treuer Pflichterfüllung ver¬ 
schönten Lebensabend. Schmaltz. 

Einführung der Pauschalierung In Preußen. 

Die Pauschalierung der Reisekosten und Tagegelder der 
preußischen KreiBtierärzte ist in aller Stille vorbereitet und 
sozusagen über Nacht zur Tatsache geworden. Obwohl sie mit 
der Beamtenbesoldungsvorlage verknüpft ist, da eine Gehalts¬ 
aufbesserung ihre grundsätzliche Voraussetzung gebildet hat, so 
hat man doch auf jene Vorlage nicht warten wollen und aus Zweck¬ 
mäßigkeitsgründen die Pauschalierung schon mit Beginn des neuen 
Etatsjahres eingeführt, denn der Ministerialerlaß, welcher in 
nächster Nummer veröffentlicht und besprochen werden soll, gibt 
ihr rückwirkende Kraft vom 1. April dieses Jahres. 

So ist diese einschneidende Maßregel rascher gekommen, 
als man geglaubt hat, und vielleicht wird man sich auch rascher 


und leichter damit abfinden, als nach dem überwiegenden Wider¬ 
spruch gegen ihre Einführung angenommen werden konnte. 
Jener Wiederspruch war im Grunde berechtigt, denn es ist 
offenbar das gesundeste Prinzip, bei Dienstverrichtungen, deren 
Umfang sich jeder Vorausberechnung entzieht, das einzelne ent¬ 
stehende Geschäft zu bezahlen. Es bleibt abzuwarten, ob die 
Pauschalierung nicht Nachteile im Sinne des Dienstinteresses 
bringen wird und ob zutreffendenfalls solche von Aufsichts¬ 
wegen so einfach zu veriiindem sein werden. Aber andererseits 
geben die Männer der Praxis offen zu, daß auch das bisherige 
System Nachteile für den Dienstbetrieb hatte, die auch nicht 
zu verhindern waren. Vor allem hatte man sich aber schon mit 
dem Gedanken vertraut gemacht, daß nach dem Vorgang der 
Ärzte die Maßregel doch unvermeidlich geworden war. Es kam 
also nur noch darauf an, wie dabei das berechtigte wirtschaft¬ 
liche Interesse der Kreistierärzte gewahrt werden würde. Und 
da muß man wohl zugeben, daß dies, wohl über Erwarten, ge¬ 
lungen ist. Die Kreistierärzte, welche man erfreulicherweise 
nicht versäumt hatte ins Vertrauen zu ziehen, sind dem Ver¬ 
nehmen nach durchaus befriedigt. Auf die Einzelheiten wird 
die Besprechung in nächster Nummer eingehen. Schmaltz. 

Gebühren für Zeugen und Sachverständige. 

Nach Zeitungsmeldungen wird vom Reichsjustizamt und 
Preuß. Justizministerium eine Umarbeitung der Gebührenordnung 
für Zeugen und Sachverständige vorbereitet. Da werden die 
tierärztlichen Standes Vertretungen rechtzeitig auch ihre Wünsche 
Vorbringen müssen. Sind die Sachverständigen-Gebühren doch 
fast ausnahmslos bundesstaatlich besonders festgesetzt, so bedarf 
die Bemessung der. Zeugengebühren für Tierärzte um so mehr 
einer angemessenen einheitlichen Regelung. 

Anerkennung des Schweizer Doktor-Titels. 

Dem Oberveterinär im 2. Bad. Dragoner-Regiment, Alfred 
Hoffmann zu Schwetzingen in Baden, ist von der Regierung 
seines Heimatstaates Schwarzburg-Rudolstadt die Genehmigung 
zur Führung des in Bern erworbenen Doktor-Titels erteilt. Die 
Großherzogi. badische Regierung hat ihm daraufhin die gleiche 
Genehmigung innerhalb Badens erteilt. 

Personalien. 

Zum Staatstierarzt von Hamburg ist der Professor 
Dr. Peter, preußischer Kreistierarzt zu Angermünde und 
derzeitiger Vorsitzender des Vereins der beamteten Tierärzte 
Preußens, ernannt worden. Die Wahl dürfte eine recht glückliche 
sein. Die Verhältnisse der vielbegehrten Stelle hatten sich in 
letzter Zeit durch persönliche Umstände schwieriger gestaltet. 
Diese Schwierigkeiten werden sich nur allmählich wieder ein- 
ebnen lassen und die Durchführung einer solchen Aufgabe ist 
wesentlich wenn nicht allein von persönlichen Eigenschaften 
abhängig. Der neue Staatstierarzt dürfte gerade diese Eigen¬ 
schaften besitzen. 

Sehr erfreuliche Auszeichnungen sind einigen süddeutschen 
Kollegen zuteil geworden, die Landestierärzte von Bayern, 
Württemberg und Baden haben das Komturkreuz des öster¬ 
reichischen Franz Joseph-Ordens erhalten. 

Der zum Professor in München ernannte Dr. Schmitt- 
Stettin hat auf die Übernahme der Professur verzichtet. Es ist 
dies binnen kurzem der zweite Fall, daß in München eine voll¬ 
zogene Berufung nachträglich sich nicht verwirklicht. 



7. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


351 


Anonyme Kritik. 

Die Deutsche Tierärztliche Wochenschrift bringt in Nr. 18 
eine Auslassung über die Berliner Berufungen, welche sich 
gegen meinen Artikel in Nr. 15 der B. T. W. wendet. Der 
Artikel trägt die Unterschrift: Tierarzt“ und ist stark 

persönlich gegen mich gerichtet. Meiner Auffassung nach deckt 
ein Gentleman derartige Angriffe mit seinem Namen. Da im 
vorliegenden Falle die geäußerten Ansichten und Trugschlüsse 
ans verdeckter Quelle fließen, so entziehen sie sich der Be¬ 
achtung. Schmaltz. 

R. S. C.-Denkmal. 

Wie früher mitgeteilt worden ist, beabsichtigen die Ange¬ 
hörigen des Rudolstädter Seniorenkonvents in Rudolstadt, dem 
Ort ihrer jährlichen Zusammenkünfte, ein Wahrzeichen zu er¬ 
richten. Dasselbe soll bestehen in der Bronzefigur eines 
Studenten, die in angemessener Umgebung aufgestellt werden 
soll. Das Denkmal ist bereits fertig, und man hofft bestimmt, 
daß die Enthüllung bei der diesjährigen Tagung des R. S. C. 
wird stattflnden können. In dieser Angelegenheit hat kürzlich 
Professor Dr. Eberlein-Berlin (Teutoniae) in Rudolstadt ge¬ 
weilt. Er ist aus diesem Anlaß von Seiner Durchlaucht dem 
Fürsten zur Tafel gezogen worden. Seine Durchlaucht hat sein 
warmes Interesse an der Errichtung des Denkmals bekundet und 
bei der Enthüllungsfeier sein und seiner Gemahlin Erscheinen 
in Aussicht gestellt. Von den auf 15 000 M. zu schätzenden 
Kosten sind zwei Drittel durch die bisherigen Sammlungen ge¬ 
deckt. Es wäre wünschenswert, wenn auch der Rest möglichst 
schnell aufgebracht werden würde. Daß er zusammenkommt, 
daran ist sowieso ja nicht zu zweifeln. S. 

Die Wiener tierärztliche Hochschule. 

Überaus betrübende Mitteilungen bringen die Zeitungen aus 
Wien von der tierärztlichen Hochschule. Nach dem Bericht 
der „Berl. N. N* demonstrierten die Studierenden, etwa 200 an 
der Zahl, und verhinderten durch Lärm die Vorlesungen. Die 
Studenten überreichten dem Rektor folgende Forderungen: Unter¬ 
stellung unter das Unterrichtsministerium, Entfernung der Kur¬ 
schmiede von der Hochschule und Genugtuung für Beleidigung 
der Studenten durch diensttuende Wachtmeister. Die Demon¬ 
stranten schrien: „Weg mit dem Militär, weg mit dem Kriegs¬ 
ministerium!“ Der kommandierende Rittmeister ließ zwei 
Bataillone Infanterie requirieren, die mit gefälltem Bajonett die 
Studenten auf die Straße trieben. Die Vorlesungen wurden bis 
auf weiteres eingestellt. — 

Dieser Vorgang ist für eine Hochschule unter allen Um¬ 
ständen eine Schmach. Man muß das Vorgehen der Studenten 
auf das schärfste mißbilligen. Aber die größere Schuld und 
die Verantwortung wird man trotzdem der Verwaltung zuschieben, 
die jahrelang handgreiflichen Mißständen zusieht, die die fort¬ 
währenden Klagen ungehört verhallen läßt und den schon lange 
hervorgetretenen Zuckungen wachsender Erregung gegenüber 
nicht schleunige Maßregeln, so oder so, ergreift. Mit tiefem 
Befremden wird die ganze akademische Welt, wird das gebildete Aus¬ 
land vernehmen, daß Studenten dem Rektor einer Hochschule in un¬ 
gehöriger Form Forderungen stellen und daß nicht etwa der Rektor 
für berechtigte Zurückweisung sorgt, sondern daß „der 
kommandierende Rittmeister“ eingreift. Man wird daraus den 
Schluß ziehen, daß der Rektor dieser Hochschule zur völligen 
Ohnmacht verurteilt ist und daß er in Dingen, die an den 


Lebensnerv seiner Hochschule greifen, das Ermessen eines Ritt¬ 
meisters schalten lassen muß. Mit Bedauern oder Entrüstung, 
je nach der politischen Anschauung, wird man lesen, daß dieser 
Kommandant einer Hochschule gegen lärmende Studenten 
eine Militärmacht auf bietet, eine Maßregel, die man heutzutage 
selbst gegenüber ernstlich revoltierenden Massen auf der Straße 
solange als irgend möglich vermeidet und die sogar im viel 
verlästerten Rußland nur bei den ärgsten akademischen Exzessen 
zur Anwendung gebracht worden ist. 

Angesichts dieses überaus traurigen Vorkommnisses kann 
man nur den ehrlichen und teilnehmenden Wunsch aussprechen: 
Möge die Studentenschaft zur Ordnung zurückkehren. Möge aber 
nun auch endlich die österreichische Staatsregierung schleunig den 
unhaltbaren Zuständen, die im Auslande seit einem Menschenalter 
schon überwunden sind, ein Ende machen. Das Vorgehen der 
Studenten wird man mißbilligen, ihre Forderungen von ganzem 
Herzen billigen, auf allen hohen Schulen des In- und Auslandes. 
Das k. k. Kriegsministerium hat hinreichend bewiesen, daß es die 
bessernde Hand — aus welchem Grunde auch immer — an 
die Wurzel des Übels nicht legt. Möge endlich das 
Unterrichtsministerium an seine Stelle treten, möge dann 
die Sorge für Ordnung von dem „kommandierenden Rittmeister“ 
auf den akademischen Rektor übergehen. Möge vor allem die 
Hochschule endlich von dem Anhängsel befreit werden, das zu 
ihr nun einmal nicht paßt; möge man für die Ausbildung der 
Kurschmiede eine recht schöne Sonderanstalt bauen. Der Wacht¬ 
meister gehört tatsächlich nicht auf die Hochschule. Das empfindet 
die ganze akademisch-gebildete Welt. Schmaltz. 

XXXXVill. Generalversaminh»| des Vereins der Tierärzte des Reg.-Bezirks 
Wiesbaden 

am Samstag, den 23. Mai 1908, im Hotel „Alte Post“ zu Limburg 
Beginn der Versammlung vormittags ll 1 /, Uhr. 

Tagesordnung: 

1. Vcreinsangelegenheiten. (Eingänge, Kassenbericht, Vorstands¬ 
wahl.) 

2. Vortrag: „Südafrikanische Tierseuchen und ihre Bekämpfung“. 
(Herr Veterinärrat Rickmann-Höchst.) 

3. Mitteilungen aus der Praxis. 

4. Anträge und Wünsche. 

Um 2 Uhr: Gemeinsames Mittagsmahl unter erwünschter Be¬ 
teiligung der Damen. Abends: Musikalische Vorträge. — Tanz. 
Gäste sind willkommen. 

I. A.: Simmerraacher, Schriftführer. 

Westpreußisohe Landwirtschaftskammer. 

Im Graudenzer Geselligen (Nr. 85 vom 9. April 1908) wird eine 
Bekanntmachung der westpreußischen Landwirtschaftskammer mit¬ 
geteilt, welche Bich auf die Vornahme von Rotlaufimpfungen durch 
die von der Kammer beauftragten Tierärzte und auf die Anmeldung 
dieser Impfungen usw. bezieht. Darin heißt es unter anderem: 
„Hierbei macht die Landwirtschaftskammer darauf aufmerksam, daß 
fast alle an Rotlauf erkrankten Schweine bei sofortiger Heilimpfung 
mit Rotlaufserura gerettet werden. Die Kammer empfiehlt deshalb 
allen Schweinebesitzern, sich eine Impfspritze und Rotlaufserum 
vorrätig zu halten, das, küld aufbewahrt, mindestens ein Jahr lang 
seine volle Wirkung behält. 


Literarische Notizen. 

Die B T. W. hat sich seit laugem einer Verpflichtung nicht 
genügend zn entledigen vermocht, die in der Veröffentlichung von Be¬ 
sprechungen zugesandter Werke besteht. Es gehört zu den erfreulichen 
Erscheinungen für eine Redaktion, wenn der Stoff stets in über¬ 
reichlicher Fülle vorhanden ist; aber es ist nicht immer leicht, diesem 
Umstande gerecht zu werden, und wir sind seit Jahren genötigt, mit 
fast fortgesetzten Verstärkungen des ursprünglich festgestellten Um- 


352 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


fange» zu arbeiten. Namentlich stellt bei der regen Entwicklung, die 
sich in unserm Stande vollzieht, das tagesgeschichtliche Material große 
Anforderungen an den Raum. So ist es erklärlich, wenn minder 
Wichtiges schließlich immer wieder zurück gestellt wird. Daß aber im 
Interesse der Leser längere Besprechungen von Büchern hinter anderem 
Stoff zurückstehen, kann man füglich nicht bezweifeln. Es kommt 
dazu, daß fast alle Rezensenten dazu neigen, in dem an sich richtigen 
Bestreben, den Lesern ein vollkommenes Bild zu geben, ihre Be¬ 
sprechungen stark auszudehnen. Andrerseits ist allgemein anerkannt, 
daß der Wert der Bücherbesprechungen nur ein bedingter ist, da sie 
sich nur teilweise als wirklich überlegene und überlegte Kritiken dar- 
stellen und darstellen können. So sind schon angesehene Zeitschriften 
zu dem Brauch übergegangen, überhaupt nur noch kurze Selbstanzeigen 
zu veröffentlichen. Auch die B. T. W. ist gezwungen, der chronischen 
Ansammlung verspäteter Rezensionen ein Ende zu machen. Wir haben 
seit langem schon jlie neuen Erscheinungen kurz erwähnt. Es sollen 
in Zukunft mit tunlichster Beschleunigung bei den geeigneten Büchern 
Besprechungen veröffentlicht werden, die sich jedoch auf das kürzeste 
Maß zu beschränken haben. Dem Interesse der Leser der B.T. W. dürfte da¬ 
durch genügt sein, daß die neuen Erscheinungen ihnen mitgeteilt und 
immerhin kurz charakterisiert werden. Wenn die Verlagsbuchhandlungen 
dadurch ihr Interesse nicht genügend gewahrt glauben, so ist es ihnen 
unbenommen, von Einsendungen abzusehen. Daß auch die Verlags¬ 
buchhandlung der B. T. W. selbst durchaus nicht bevorzugt worden ist, 
ergibt die hierunter folgende Zusammenstellung von Erscheinungen 
dieses- Verlages. Die Redaktion. 

1. Farbige Tierbilder von Wilhelm Kuhnert. 10 Lieferungen 
mit 60 Bildern. Preis 20 M. mit Sammelmappe. Berlin. Verlag von 
Martin Oldenbourg. 

Vor mehreren Jahren ist ein prachtvolles Werk von Haacke und 
Kuhnert unter dem Titel: „Das Tierleben der Erde“ veröffentlicht 
worden. Es ist ein Ersatz filr das berühmte Werk von Brehm. Der 
wissenschaftlich hervorragende Text zeichnet die Lebensbilder der Tiere 
iu anziehendster Form, und diese Zeichnung wird wirkungsvoll unter¬ 
stützt durch die beigegebenen Abbildungen, welche Kunstwerke des 
berühmten Tiermalers Wilhelm Kuhnert in wundervollem Dreifarben¬ 
druck wiedergeben. Jenes Werk ist sehr teuer (Preis der 4 Bände 
ca. 80 M). Die Verlagsbuchhandlung hat daher den Plan gefaßt, eine 
Auswahl jener Bilder gesondert mit einem ganz kurzen Text auszugeben. 
Ausgewählt sind Säugetiere und Vögel .aller Erdteile. Die Bilder sind 
alle von höchster Vollendung, wohl das Schönste, was auf diesem Ge¬ 
biete bisher geboten ist. Bilder wie das Eichhorn und der Baummarder 
müssen das Auge jedes Künstlers wie jedes Tierfreundes entzücken, 
sowohl durch die Tiergestalten wie durch die landschaftliche Um¬ 
gebung. Die Bilder sind viel zu schade, um in einer Mappe zu ver¬ 
schwinden; sie verdienen, zum großen Teil wenigstens, als Zimmer- 
schmuck das Auge täglich zu ergötzen; sie sind dafür auch wirkungs¬ 
voll auf grauem Karton montiert. Ihr Zweck würde noch besser 
erreicht sein, wenn die Auswahl vielleicht nach einem andern Prinzip 
erfolgt wäre, indem z. B. die Tiere des deutschen Waldes für sich zu- 
sammengestellt wären, die man gern an der Wand sehen wird, während 
der Flamingo oder das Känguruh dazu weniger anreizen. Die Samm¬ 
lung bietet ein hervorragendes Anschauungsmaterial für Schüler, und 
für diese ist anch der kurze Text zugeschnitten, der nicht ganz dem 
Niveau der Bilder entspricht. Aber jedenfalls ist diese Sammlung mehr 
als ein Werk für die Jugend. Der Preis ist in Anbetracht der Schön¬ 
heit und des Wertes der Bilder ein sehr mäßiger zu nennen. 

2 . Das Veterinflrwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, 
Reisestudie vom Professor Dr. Ostertag. Berlin. Verlagsbuchhandlung 
von Richard Schoctz. Preis 6 M. 

Ostertag hat die Gelegenheit erhalten, gelegentlich der Welt¬ 
ausstellung zu St. Louis, Nordamerika zu bereisen, und hat mit dem 
Auge des Sachverständigen das weite Gebiet nach den Erscheinungen 
des Veterinärwesens durchforscht. Das Buch bietet, in anziehendster 
Weise geschrieben, außerordentlich viel Wissenswertes. Es behandelt 
viel Wissenswertes. Es behandelt das Bildungswesen, die Veterinär¬ 
institute, die staatliche Organisation, die wichtigsten Seuchen und ihre 
Bekämpfung und gibt in der zweiten Hälfte eine außerordentlich 
wertvolle Übersicht über Viehverkehr, Vieh- und Schlachthöfe, Fleisch¬ 
beschauwesen und Milchverkehr. 

3. Opefationskursus für Studierende und Tierärzte. Von Dr. Pfeiffer, 

ordentlichem Professor der Tierheilkunde an der Universität Gießen. 
Vierte vermehrte Auflage mit 65 Abbildungen. Ebenda. Preis 4 M. 

Der durch seine Kürze und Klarheit sowie durch seine instruktiven 
Abbildungen ausgezeichnete Operationskursus hat sich eine besondere 
Beliebtheit erworben, was auch die vier Auflagen innerhalb zehn Jahren 
beweisen. In der vorliegenden Auflage sind namentlich eine Anzahl 
von Operationen neu aufgenommen, welche dem Zwecke der lokalen 
und allgemeinen Narkose dienen. Der Verfasser bemerkt dazu sehr 
mit Recht: „Das erfreuliche Verständnis für die reale und ideale 
Bedeutung gerade der schmerzlosen Ausführung von Operationen auch 
bei Tieren, das in immer weitere Kreise des interessierten Publikums 
dringt, erleichtert nicht nur dem praktischen Tierarzt die Anwendung 
der dankbaren Anästhesierungsmethoden, sondern macht sie ihm in 
steigendem Maße zur Pflicht.“ 


4. Die tierpathogenen Protozoen. Von Paul Kästner, Tierarzt in 
Berlin. 161 Seiten Oktav. Ebenda. Preis 5 M. 

Der Verfasser, der längere Zeit in Deutsch-Südwestafrika tätig 
gewesen ist und dann Assistent im hygienischen Institut der tierärzt¬ 
lichen Hochschule zu Berlin war, hat es unternommen, eine Lücke in 
der veterinärmedizinischen Literatur auszufiillen, welche bisher kein 
Werk aufwies, das die durch Protozoen bedingten Tierseuchen in zu¬ 
sammenhängender und moderner Weise behandelte. Das Werk dürfte 
seinem Zweck, die Kenntnis speziell der tropischen Tierkrankheiten 
und das Interesse dafür zu fördern, durchaus gerecht werden. 

5. Viehseuchen und Herdenkrankheiten in Deutsch-SfldwestafHka. 
Ein Leitfaden für Tierärzte, Offiziere und Farmer von H. iakobsen, 
Oberveterinär in der kaiserlichen Schutztrappe. 104 Seiten Kleinoktav. 
Ebenda. Preis 2,50 M. 

Der Verfasser bespricht in Kürze die in Deutsch-Südwestafrika 
vorkommenden Infektionskrankheiten und die in den praktischen Ver¬ 
hältnissen dort anwendbaren Mittel zur Verhütung und Bekämpffing. 
Den Wert des Buches vermag nur ein Kenner Afrikas zu beurteilen, 
und es sind von solchen verschiedene Urteile ausgesprochen worden. 
Doch mag auch dieses Werkchen dazu dienen, die Beachtung des 
Veterinärwesens in den Kolonien auch iui Heimatlande zu fordern. 

6. Symptome, Wesen und Behandlung der Malaria. Im amtlichen 
Aufträge bearbeitet von Dr. Erich Martini, Marineoberstabsarzt. 
39 Seiten. Ebenda. 

Das Werkchen gibt in vorzüglicher populärer Darstellung ein Bild 
von dem Wesen des Wechselfiebers. 

7. Professor Dr. Zwick: Schema des Blutkreislaufs beim Rinde, 
sowie Schema des Blut- und Lymphstroms beim Rinde. Zwei Wand¬ 
tafeln im Format von 80:110. Ebenda. Preis je 7,60 M. 

Die erste Tafel gibt eine zweckmäßig schematisierte Darstellung 
des Blutkreislaufs des Rindes, die zweite zeigt den Blut- und Lymph- 
strom in den Körper des Rindes eingeschaltet, halbschematisch, und 
gibt namentlich eine instruktive Übersicht anch über die Lage der 
wichtigsten Lymphdrüsen. Beide Tafeln sind im Charakter einer 
populären Darstellung gehalten. 

Das Zurüokhalten der Nachgeburt beim Rinde von Dr. C. Pomayer, 

Distriktstierarzt zu Obergiinzburg im Allgäu. 64 Seiten mit 9 Ab¬ 
bildungen. Ebenda. Preis 2,50 M. — Eine sehr fleißige und gründliche, 
für den Praktiker lesenswerte Studie. Sch mal tz. 

8. Akademische Freiheit und Vaterlandsliebe. Festrede von 

Professor Dr. Schmaltz. Ebenda. Sch mal tz. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Wirklichen Ober- 
Regierungsrat Hugo Bi ?/?aö//pe; -Stuttgart, dem Ober-Regierungsrat 
Hafner- Karlsruhe und dem Landestierarzt Regierungsrat Dr. Vogcl- 
München das Komturkreuz des Kaiserlich Österreichischen Franz 
Joseph-Ordens, dem Kreistierarzt a. D. Veterinärrat LiUkemüUer der 
Rote Adierorden IV. Klasse, ferner dem Schlachthofinspektor 
Ticmann zu Siegen der Titel Direktor. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt Schröter- 
Ehe zum Dozenten an der deutschen Kolonialschule in Witzen- 
hausen. — Der zum Professor extraord. an die Tierärztliche Hoch¬ 
schule in München berufene Leiter des bakteriologischen Instituts 
der Landwirtschaftskammer Stettin Dr. Franx Schmitt hat auf die 
ihm übertragene Professur Verzicht geleistet. — Veterinär beamte: 
Tierarzt Emst Starfinger definitiv zum Kreistierarzt in Darkehmen, 
Distriktstierarzt Fr. Rehaber zum Grenztierarzt in Tittmoning. — 
Schlachthof Verwaltung: Die Tierärzte Dr. Ji. Höfling-Lübeck zum 
städt. Tierarzt in Bad Oldesloe (Holstein), Chr. Aug. Crohn zum 
Schlachthoftierarzt in Lübeck. — Versetzt: Kreistierarzt l*rieur- 
Jarotschin in die Krcistierarztstelle auf dem städt. Schlacht- und 
Viehhofe in Berlin, Distriktstierarzt PocA/wa»m-Baunach in gleicher 
Eigenschaft nach Fürstenzell. 

Verzogen: Die Tierärzte Theodor J/ac/rens-Salzhausen nach Elze 
(Hannover), Heinrich ZHluff- Wehr nach Durmersheim (Baden), IU. Franx 
von Ebeleben nach Oetzsch bei Leipzig und H. Mummenthey nach 
Ebeleben. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Stabsveterinär a. D. Holle 
zum Marstall- Oberveterinär in Potsdam mit der ausdrücklichen Ge¬ 
nehmigung des Ministeriums, den Titel „Stabsveterinär“ weiterführen 
zu dürfen. — Verabschiedet: Marstall-Oberveterinär, Veterinärrat 
Thinius- Potsdam mit vollem Gehalt in den Ruhestand versetzt. — 
Sachsen: Stabsveterinär Rwlolph im Feldart.-Regt. Nr. 77 zum 
Oberstabsveterinär. — In der Schutztruppe für Deutpch- 
Südwestafrika: Abgang: Oberveterinär Gräbenteich behufs 
Wiederanstellung im Bereiche der Kgl. Preuß. Heeresverwaltung. 

Todesfall: Kreistierarzt a. D. Claus Haß in Meldorf. 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 18.) 


Verantwortlieb für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung ton Richard Scboetz in Berlin. — 

Druck ton W. Büxenstein, Berlin. 




Inhalt: Bugge: Intravenöse Injektion und Aderlaß durch eine Hohlnadel mit Stilett. — Hoerauf: Seuchenhaftes Auf¬ 
treten von akutem Magen-Darmkatarrh bei Wiederkäuern in und bei Otjiinbingwa in Deutschsüdwestafrika 
Februar 1907. — Grabe: Eine bisher noch nicht erforschte Schlafkrankheit. — Suckow: Gelberübenvergiftung. 
Leefa: Melanosis maculosa der Kalbslunge. — Überfruchtung (Superfoetatio) bei einer Sau.) — Referate: 
Ondrafek: Erfahrungen über die Bovovaccination der Kälber gegen Tuberkulose nach Dr. v. Behring. — Zschokke: Zur 
Tuberkulosebekämpfung. — Frohner: Tuberkulose kompliziert mit Brustseuche. — Vajda: Dürfen Hühner zwischen Schweinen 
gehalten werden? — Dröge: Untersuchungen über das künstliche Kreuzen der Vorderschenkel und die Unempfindlichkeit 
beim Treten auf die Krone. — Zimmerraann: Zur Geschichte des Hufeisens in Ungarn (mit Bezugnahme auf die Grabfunde 
aus der Arpädenzeit). — Lechner: Der Hufbeschlag und die Schlagfertigkeit der Armee — Zusammensetzung einiger Geheim¬ 
mittel. — Aus der medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Pauschalvergütung für die Dienstreisen der Tierärzte. — Das 
' neue Beamtengesetz in Bayern. — Gebhardt: Tierärzte I. und II. Klasse? — Tierärzte im Meiereiwesen. — Verschiedenes. — 
Literarische Notizen. — Personalien. — Vakanzen. 


Intravenöse Injektion und Aderlaß durch eine j ül)er die Händedesinfektion gezeigt haben, ist eine Sterilisation 
Hohlnadel mit Stilett. I der Hände fast unmöglich. Außerdem ist zu bedenken, daß 

Von Dr Bugge, Kiel. diese Injektionen im Stalle vorgenommen werden, und der 

Gelegentlich der Immunisierungsversuche von Pferden, Rindern Operateur im letzten Moment oft selbst verschiedene Handgriffe 
und Eseln mit verschiedenen Bakterienarten, gelegentlich zahl- leisten muß, wodurch die Sterilität der Hände und der Injektion 
reicher intravenöser Impfungen der Kälber gegen Tuberku- noch mehr in Frage gestellt wird. 

lose mit Bovovaccin und Tauruman und der Blutentnahmen bei Mit den Aderlaß-Hohlnadeln von Dieckerhoff und Casper 

Serumtieren war mir häufig aufgefallen, daß, obwohl die ge- wurden bei der Blutentnahme von Serumtieren ähhliche Er- 

spannte Jugularis mit der Impf- _ fahrungen gemacht. Hier wurden 

nadel getroffen war, aus der 
sauberen und nicht engen Kanüle 
Blut nicht abfloß, oder zuweilen 
das Blut nur tropfenweise und 
langsam hervorquoll. Wenn auf 
eine Drehung der Kanüle dann 
das Blut nicht im Strahle hervor¬ 
schoß, zog ich, ohne noch auf die 
Vene zuzustechen, die Impfnadel 
heraus. Stets konnte dann in 
dem Anfangsteil der Kanüle ein 
kleines Hautstück oder Geweb- 
stiiek festgestellt werden, das bei 
dem Stich durch die Haut und 
das darunter liegende Gewebe wie 
mit einem Locheisen herausge- aus der Haut heraus. Hierauf er- 

stanzt war und sich in der Kanüle festgekeilt hatte. In solchen folgte meist eine umfangreiche Blutung aus der mehrfach durcli- 
Fällen traten, ohne daß der Zweck des Versuches gelungen war, stoßenen Venenwand in die Umgebung der Vene, in das lockere 
oft Blutungen in die Unterbaut und aus dem Loch der Haut auf Gewebe und die Stoßkanäle der Muskeln usw. Selbst aus der 
die Oberfläche derselben auf. Bei einer derartigen Injektion konnte runden Einstichstelle traten größere Blutmengen hervor. Man 
die Sterilität nicht immer gewahrt werden, weil man auf das hielt deshalb häufig die intravenöse Injektion für ein besonderes Ge- 
Ende der Impfkanüle (Ansatzstück für den Spritzenkonus) den schicklichkeitskunststück; obwohl man die Vene zu treffen imstande 
zwar desinfizierten Daumen der rechten Hand bringen mußte, war, wie die Blutungen aus der Vene in ihre Umgebung bewiesen. 
Von Bayer und Pfeiffer wird diese Anordnung für die intra- Infolge einer Injektion, bei welcher nach dem Einstich 

venöse Injektion angegeben. Wie nun aber die Untersuchungen das Blut nur tropfenweise aus der Nadel abfloß, und bei Be- 


oft recht bedeutende Gewebstücke 
aus der Haut, Unterhaut, Muskula¬ 
tur ausgestanzt, die dann entweder 
die Hohlnadeln völlig oder teil¬ 
weise verschlossen. In solchen 
Fällen glaubte man häufig die 
Vene nicht oder nicht recht ge¬ 
troffen zu haben und versuchte 
nochmals mit der unter der Haut 
befindlichen Kanülenspitze die 
Vene anzustechen. Wenn nach 
mehreren diesbezüglichen Ver¬ 
suchen aus der verstopften Hohl¬ 
nadel kein Blut abfloß, so zog 
man enttäuscht die Nadel völlig 








354 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


wegung der Hohlnadel die Vene folgte, — also die Hohlnadel 
sich in der Vene befand, — ging mir ein Kalb an nekrotisierender 
Lungenentzündung infolge eines eingespritzten ausgestanzten 
Hautstückes ein. Bei diesem Tiere war, wie bei den übrigen 
Impflingen des Bestandes, die Impfstelle sauber geschoren, 
gründlichst gereinigt und desinfiziert worden. 

Diese Gründe veranlaßten mich, für die intravenöse Impfung 
und für den Aderlaß Impf- und Hohlnadeln zu konstruieren, bei 
denen das Herausreißen von Gewebstücken aus der Haut und 
Muskulatur usw. und dadurch eine Verstopfung der Kanüle aus¬ 
geschlossen ist. Es wurde in die Kanüle ein Stilett eingefügt, 
das am oberen Ende der Kanüle entsprechend dem Anschliff 
der Hohlnadel angeschliffen war, und das am unteren Ende eine 
Daumenplatte trug. Die Aderlaß-Hohlnadeln enden in eine Olive, 
die zur Befestigung eines Schlauches für die sterilen Entnahme 
größerer Blntmengen dienen soll. An dem Konus oder der Olive 
befindet sich gegenüber dem Anschliff der Hohlnadel eine kleine 
Vertiefung, in welche eine Nase von der Daumenplatte eingreift. 
Durch das Eingreifen der Nase in die Vertiefung ist Sicherheit 
geboten, daß der Anschliff der Hohlnadel und des Stiletts über¬ 
einstimmt. 

Dieses Instrument teilt auf Druck keilartig das Gewebe 
auseinander, erzeugt also einen Stich und setzt nur Gewebs- 
trennungen. Mit der offenen Kanüle werden häufig Gewebs- 
zerreißungen erzeugt, die das Eindringen der Kanülen 
in die Haut und in das darunter befindliche Gewebe 
sehr erschweren. Oft genügt nicht der Druck mit dem 
Daumen, sondern es muß bei der dicken Haut unserer 
Haustiere, besonders der Pferde und Kinder, der Hand¬ 
teller zur Unterstützung herangezogen werden. Dadurch 
und durch die Zerreißung mancherlei Gewebes- und 
Nervenfasern beim Durchtreiben der offenen Kanülen 
entstehen erhebliche Schmerzen dem Tier. Bei den abge¬ 
bildeten Kanülen und Hohlnadeln ist ein bedeutend geringerer 
Druck notwendig, da eine Zerreißung von Gewebsfasern nicht 
stattfindet. Die spitzen Kanülen gleiten leicht durch die Haut. 
Die intravenöse Injektion oder der Aderlaß läßt sich meist ohne 
besondere Bremsvorrichtung an dem Tiere vornehmen. Selbst 
Serumtiere, bei denen in jeder Woche Injektionen usw. 
folgen, stehen ohne Bremse. Ochsen habe ich ohne Aderla߬ 
schnur, nur durch Kompression der Venen mit dem 
Daumen bei Festhalten im Ringe oder mit der Nasen¬ 
zange Blut mit einer 1,5 mm starken Kanüle entnommen. Der 
Schmerz des Stiches ist ohne jeden Zweifel unter diesen 
Umständen ganz bedeutend vermindert. Nach dem Her¬ 
ausziehen der Hohlnadel schließen die Ränder des Stich¬ 
kanals vollständig aneinander. Nachblutungen, wie sie bei den 
offenen Hohlnadeln wegen der Substanzdefekte in der Haut, 
Unterhaut, Muskulatur und Venenwand Vorkommen, sind ausge¬ 
schlossen. 

Bei Herstellung der Kanülen braucht die Wand des Rohres bei 
weitem nicht, so stark genommen zu werden, wie es bei den 
offenen Kanülen der Fall sein muß. Die Verringerung der Wand¬ 
stärke bedingt ein großes Lumen und deshalb sind mit Kanülen 
von geringerem Durchmesser recht beträchtliche Blutmengen in 
kurzer Zeit zu entnehmen. 

Natürlich muß der Aufbewahrung derartiger Kanülen und 
Hohlnadeln einige Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es dürfen 
in keinem Falle Kanüle und Stilett nach einer Injektion oder 


Blutentnahme in einander geschoben und in diesem Zustande bis 
zur nächsten Benutzung gelassen werden. Eine solche Be¬ 
handlung der Instrumente entspricht auch in keiner Hinsicht unserer 
hygienischen Erkenntnis. Nach jeder Injektion ist die Kanüle 
mit desinfizierenden Flüssigkeiten auszuspülen und mit einem 
Stückchen Watte auszuschieben. Die Kanüle wird darauf nach- 
getrocknet und schließlich mit Vaseline eingerieben. Bei einer 
derartigen Behandlung werden die Instrumente sich stets in 
gebrauchsfähigem Zustande befinden und können durch Aus¬ 
kochen in Wasser oder noch zweckmäßiger in Paraffinöl leicht 
sterilisiert und mit Öl versehen werden. 

Die Anfertigung und der Vertrieb der durch D. R.-Gebrauchs- 
muster geschützten Kanülen ist der Firma H. Hauptner, Berlin, 
Luisenstr. 53, übertragen. 


Seuchenhaftes Auftreten von akutem Magen-Darm- 
katarrh bei Wiederkäuern in und bei Otjimbingwa 
in Deutschsüdwestafrika Februar 1907. 

Von Obervetcrinär W. Hoerauf. 

Geschichtliches. Im Jahre 1891 soll eine ähnliche oder 
dieselbe Erkrankung der Tiere (Rinder und Schafe) aufgetreten 
sein, wie alte Ansiedler berichten. Gleich dem Jahre 1907 soll 
1891 ein großes Heuschreckenjahr gewesen sein (hauptsächlich 
bei Omburo und Waterberg [Gewährsmann Herr Missionar 
Bernsmann u. a.]. Viele Tiere seien damals eingegangen. 
Die Herero nennen die Krankheit Okapirauka, auch Okaplauka. 

Anfang 1907 wird von Omaruni dasselbe gemeldet, jedoch 
größtenteils gutartiger Verlauf. 

In Otjimbingwa ist die Krankheit zuerst am 5. Februar 1907 
aufgetreten und zwar unter 10 Ochsen der Polizeistation, die 
alle zehn erkrankten, jedoch meist nach 2—4 Tagen wieder 
genasen. Eingegangen bei der Polizei nichts. 

Von zirka 11 Beständen waren in Otjimbingwa bis 
20. Februar 1907 gegen 70 Tiere erkrankt. 

Vorkommen. Vorwiegend bei Rindern und Schafen, seltener 
bei Ziegen. 

In Otjimbingwa sind sowohl Kinder wie Erwachsene an 
Durchfall nebst Brechreiz und Erbrechen erkrankt infolge Milch¬ 
genusses von Tieren der ergriffenen Bestände, jedoch ohne 
weitere schlimme Folgen bis jetzt. Eine Farmersfrau teilt mit, 
daß ihr die Milch von solch erkrankten Tieren bereits nach 
1—2 Stunden gerinne. Verfüttern solcher Milch an Hühner 
habe ebenfalls Durchfall erzeugt und das Eierlegen aufgehoben. 

Ätiologie. Die Ansiedler nehmen zweierlei an: 

1. Einmal, daß das Gras infolge von Regenmangel und 
Sonnenhitze in unreifem Zustande abwelke und so eine Ent¬ 
zündung im Magen und Darme hervorrufe, ausgehend von der 
Reizung der Schleimhaut durch zu hohe oder zu niedrige 
Temperatur, dann auch durch Fäulnis, Gärung, giftige Be¬ 
schaffenheit, Unverdaulichkeit oder Schwerverdaulichkeit der 
Fnttersubstanzen, schließlich durch raschen Übergang von der 
Trocken- zur Grünfütterung und umgekehrt. 

2. Die zweite Ansicht ist die, daß das massenhafte Zugrunde¬ 
gehen von Heuschrecken und eine mutmaßliche Pilzentwicklung 
dabei die Krankheitssymptome verursachten. Auch könnten die 
Heuschrecken beim Abfressen von Gräsern Krankheitsstoffe ab¬ 
setzen. Noch wurde eine Zersetzung ihrer Exkremente oder 
Abgehen von Krankheitserregern mit dem Kote in Betracht 






14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


855 


gezogen. Häutig wird dabei einer sogenannten „roten Heu¬ 
schrecke“ Erwähnung getan. 

Symptome. Störungen in der Verdauung: Seltenes Wieder¬ 
käuen, Wiederkäuen teilweise aufgehoben, verlangsamte oder 
unterdrückte Pansenbewegung, verzögerter Kotabsatz. Kot mehr 
oder weniger fest und oft mit blutigem Schleim überzogen. 
Wechselnde Hauttemperatur. Flotzmaul weniger feucht. Häufig 
Nasenausfluß. Verminderte, selbst fehlende Freßlust. Teilweise 
gekrümmte Stellung. Zeitweise sind die Tiere aufgebläht. Kopf 
und Vordergliedmaßen häufig leicht angeschwollen, seltener 
Kehlgang, letzteres häufiger bei Kleinvieh. (Bei Schafen Kopf 
oft stark angeschwollen. Trinken erschwert.) Gespreizte 
Stellung. Manchmal auch Zittern am ganzen Körper. Temperatur 
meist nicht und in selteneren Fällen wenig fieberhaft erhöht. 
Mattigkeit. Sichtbare Schleimhäute unverändert. (Bei Schafen 
auch Bindehautkatarrh, sowie zeitweise starkes Aufblähen und 
Flankenschlagen, desgleichen leichte Temperaturerhöhungen.) 

Zu bemerken ist hier noch, daß in Otjimbingwa von 
Kleinvieh fast ausschließlich Schafe erkrankten, die erst sei 
Oktober 1906 aus Kapstadt importiert waren, also noch keine 
Regenzeit, Graswechsel usw. in dieser Gegend mitgemacht 
hatten, und der Nachweis von zahlreichen Piroplasmen im Blute 
der Schafe zur Annahme einer Komplikation mit Piroplasmose 
berechtigt. 

Prognose. In der Regel günstig. Dauer etwa 2—4 Tage. 
In schweren Fällen und bei hoher Temperatur Ausgang in 
chronischen Katarrh, auch Tod, desgleichen bei Komplikationen 
mit anderen Krankheiten. 

Pathologische Anatomie. Kaput gegangen sind am 
15. Februar 1907 bei Frau Kronewitter ein Bullkalb und eine 
2‘/ ä jährige Färse. (Sonst bis 20. Februar 1907 keinerlei 
Verluste.) 

Die Sektion ergab am 18. Februar 1907 bei der Färse 
Löserverstopfung. Pansen ausgedehnt durch Gase und trockene 
Futtermassen; im Löser trockenes Futter zwischen den Blättern. 
Schleimhaut mit leicht ablösbarem Epithel ausgebreitet oder 
fleckig gerötet, verdickt, von Blutungen durchsetzt. Im Lab¬ 
magen wenig Futterbrei, Schleimhaut verdünnt, streifig oder 
fleckig, schiefergrau pigmentiert. Im Dünndarm schleimiger 
Inhalt, im Dickdarm trockener Kot. Dünndarmschleimhaut höher 
gerötet oder schiefergrau pigmentiert, die Peyersehen Follikel 
areoliert. 

Blutausstriche. Das Material, dem die Ausstriche am 
18. Februar entnommen sind, stammt von der am 15. Februar 
verendeten 27a jährigen Färse und läßt infolge teilweise ein¬ 
getretener Verwesung keine Schlüsse zu, da es in dem Präparate 
von Mikroorganismen aller Art wimmelt. 

Das Material vom Schafe ist vom lebenden Tiere aus dem Ohre. 

Giemsafärbung: In den roten Blutkörperchen zahlreiche 
Piroplasmen von 1—4 Stück in einem Blutkörperchen: 

Diagnose. Akuter Magen-Darmkatarrh, der bei der 
27a jährigen Färse in chronischen Katarrh, resp. in Löser- 
ver8topfung übergegangen ist und dadurch zum Tode führte. 

Bei den Schafen akuter Magen-Darmkatarrh verbunden mit 
Piroplasmose. 

Differentialdiagnose. 1. Von einer roten Ruhr der 
•Rinder zur Zeit der Grasfütterung (Sommer und Herbst) be¬ 
richten Zschokke und Heß (Schweiz), die sie auf Coccidien- 
Invasion zurückführen bei blutig wäßriger Diarrhöe mit Bildung 


diphterischer Membranen. Die Aufnahme der Coccidien erfolgte 
mit Futter und Wasser, welches durch sporenhaltigen Kot ver¬ 
unreinigt ist. Inkubation drei Wochen. Verlauf meist akut, 
selten perakut. In leichteren Fällen tritt nach acht Tagen, in 
schweren mit blutigem Durchfall nach 2—3 Wochen Heilung ein. 

2. Bei Texasfieber oder redwater durch Piroplasma bovis 
auch bigeminum setzt nach zehntägigem Inkubationsstadium 
stetig steigende, fieberhafte Erhöhung der Körpertemperatur 
ein bis auf 41—42°, welohe sich bis zirka zum fünften Tage, 
dem Eintreten der Krisis, auf der einmal erreichten Höhe 
konstant erhält. 

3. Afrikanisches Küstenfieber (Rhodesian redwater): Das 
Inkubationsstadium des Küstenfiebers währt zirka 14 Tage und 
ebenso lange der fieberhafte Verlauf der Krankheit selbst. 
Mortalität = 90 Proz. 

4. Bei Rinderpest ist hohes, nicht aussetzendes Fieber 
(41—42 Grad vorhanden, desgleichen wäßrig-schleimiger Aus¬ 
fluß aus Augen, Nase und Scham, außerdem fleckige Rötung 
der sichtbaren Schleimhäute, Durchfall, dünnflüssiger, meist mit 
Blut vermischter, sehr übelriechender Kot. 

5. Bei bösartigem Katarrhalfieber herrscht die Erkrankung 
der Augen und Atmungsorgane vor. 

6. Bei Ruhr, Durchfall, hohes Fieber, dünne übelriechende 
blutige Exkremente. Tod häufig. 

7. Bei Wild- und Rinderseuche Erstickungsanfälle. Blut¬ 
austritt auf die sichtbaren Schleimhäute. Abgang kruppöser 
Häute. 

Therapie. Herabsetzen der Futterration. Hartes Futter 
in kleinen Portionen. Massage des Pansens. Klistiere lauwarm. 
Salzsäure. Bei Verstopfung leichte Abführmittel. Glaubersalz, 
Darmdesinfizientien. 

Prophylaxe. Absondern der kranken Tiere. Verbrennen 
des Kotes. Desinfizieren der Tränkevorrichtungen, der Melk¬ 
gefäße und der Kraale! 

NB! Da ich in Otjimbingwa nur auf der Durchreise von 
Gibeon nach Deutschland war, fehlten Instrumente und 
Gelegenheit zu intensiveren Studien. Zwei Tage konnte ich 
beobachten. Vorstehendes soll deshalb lediglich als Unterlage 
zu weiterem dienen. 


Eine bisher noch nicht erforschte Schafkrankheit. 

Von A. Grabe, Tierarzt, Wittstock (Dosse). 

Die in Deutschland immer • mehr abnehmende Schafhaltung 
bringt es einerseits mit sich, daß heutzutage, wenigstens in den 
meisten Gegenden, die Tierärzte kaum noch zur Behandlung 
kranker Schafe zugezogen werden, es sei denn, daß Seuchen 
oder sonstige, dem Besitzer oder Schäfer unerklärliche Massen¬ 
erkrankungen die Herden zu verwüsten drohen; andererseits 
wird mit einzelnen kranken Schafen meistens kurzer Prozeß 
gemacht: es wird schleunigst geschlachtet. Im eigenen Haus¬ 
halte, besonders auf den Gütern, ist ja immer Verwendung für 
Fleisch, daher wird der Ergänzungsbeschauer recht selten zur 
Untersuchung eines notgeschlachteten Schafes herangezogen, 
wovon die Beschaubücher ja den besten Beweis liefern. Hat 
man schon während der klinischen Ausbildung an unseren Hoch¬ 
schulen kaum Gelegenheit, Schafkrankheiten zu sehen oder gar 
zu behandeln, so wird dies später in der Praxis auch nicht 
besser, denn ein Schaf ist eben, sofern es nicht gerade ein wert¬ 
volles Zuchttier ist, ein zu geringes Objekt, als daß der Besitzer 



356 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


sich für dasselbe große Kosten macht; der Schäfer „kuriert“ 
allein, und hilft seine Kur' nicht, so wird kurzer Hand ge¬ 
schlachtet. Die Gelegenheit aber, wenigstens die pathologisch¬ 
anatomischen Kenntnisse über Schafkrankheiten zu erweitern, 
ist, wie schon gesagt, eine sehr seltene. 

So war es auch für mich eine große Seltenheit, als ich im 
Herbste v. J. nach dem Rittergute G. gerufen wurde, damit ich 
feststellen sollte, welches die Todesursache bei einigen ganz 
plötzlich verendeten Schafen wäre. Der Administrator des 
Gutes, ein erfahrener, älterer Herr, glaubte Verdacht auf schon 
häufig, wenn auch nicht unter der Herde in G., gesehenen Milz¬ 
brand haben zu müssen, doch wurde dieser durch die kreistier¬ 
ärztliche Untersuchung nicht bestätigt. 

Die Symptome der mir völlig unbekannten Erkrankung 
waren folgende: Die Schafe zeigten ganz plötzlich, ohne daß 
vorher irgendwelche Krankheitserscheinungen oder sonstige Auf¬ 
fälligkeiten zu bemerken gewesen wären, sehr große Mattigkeit, 
welche nach einigen Minuten in Koma überging; schon nach 
einer halben bis längstens einer Stunde trat der Tod ein. Jed¬ 
wedes andere Symptom fehlte. Derartige Fälle, welche bis 
auf einen bald wieder in Genesung übergehenden alle tödlich 
verliefen, traten fast täglich ein, so daß bis zum Winter im 
ganzen etwa vierzig Tiere starben, während seitdem nur noch 
ganz vereinzelte Krankheits- bzw. Todesfälle vorkamen. Eine 
medikamentöse Behandlung konnte bei dem so überaus schnellen 
Verlaufe nicht erst eingeleitet werden. 

Die Obduktion einiger Kadaver hatte übereinstimmend 
folgendes Ergebnis: An den Organen der Bauchhöhle waren mit 
dem bloßen Auge keine pathologischen Veränderungen wahr¬ 
zunehmen, dagegen sehr auffällige in der Brusthöhle; die 
Pleura, besonders jedoch das Mediastinum, war mit einer gelb¬ 
lich-weißen Flüssigkeit durchtränkt und durch dieselbe stark 
aufgequollen, der Herzbeutel mit ebensolcher gefüllt. Die Herz¬ 
muskulatur war schlaff und mürbe. Auffällig war das schnelle 
Übergehen des Kadavers in Fäulnis. 

Da ich aus den angeführten klinischen und anatomischen 
Symptomen einen Schluß auf die Art der Krankheit nicht ziehen 
konnte, da ferner die mir zu Gebote stehende Literatur auch 
keinen Aufschluß gab, die Art und Beschaffenheit des Futters 
meines Erachtens ebenfalls nicht als Ursache anzusehen war, 
veranlagte ich die Einsendung mehrerer Kadaver an das 
Hygienische Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule mit 
der Bitte um Untersuchung bzw. um Feststellung der Krankheit. 
Herr Kollege Dr. Knuth, der Vorsteher der Abteilung für 
Tropenhygiene, glaubte anfangs annehmen zu können, daß es 
sich um das bisher in Deutschland noch nicht beobachtete 
Heartwater Süd-Afrikas handelte, und erbat sich zu Impfzwecken 
Blut von frisch erkrankten Tieren; leider war es jedoch nicht 
möglich, solches bei dem stürmischen Verlaufe der Krankheit zu 
beschaffen, ich konnte nur Blut von dem schon erwähnten wieder 
genesenen Schafe einsenden. Wie mir Herr Dr. Knuth nun 
freundlichst mitteilte, waren Impfversuche an Schafen sowohl 
mit diesem Blute wie mit filtriertem Materiale von einem der 
eingesandten Kadaver insofern negativ, als lediglich leichte 
Temperatursteigerungen zu verzeichnen waren. Bei anderen, 
aus Mecklenburg und Vorpommern eingesandten Schafen, welche 
unter ähnlichen Symptomen sehr schnell verendet sein sollten, 
hat Herr Dr. Knuth Bradsot bzw. bradsotälmliche Gebilde nach¬ 
gewiesen, doch muß diese Krankheit bei den Schafen des 


Gutes G. wohl ausgeschaltet werden, wenigstens hat sich, soviel 
ich weiß, Bradsot bei diesen nicht nachweisen lassen. Das 
Wesen der Erkrankung konnte also bisher noch nieht festgestellt 
werden, und es rechtfertigte sich meine Annahme, daß in G. eine 
neue oder doch bis jetzt unbekannte Schafkrankheit aufgetreten 
ist. Hoffentlich gelingt es jedoch bald, Licht in das Dunkel 
zu bringen. 

Der Zweck meiner Zeilen soll nun nicht etwa der sein, 
allen Kollegen etwas neues zu berichten, denn es wird vielleicht 
mancher schon die beschriebenen oder ähnliche Symptome 
beobachtet haben; ich will vielmehr anregen, solchen insofern 
Beachtung zu schenken, als dem Hygienischen Institute möglichst 
viel und frisches Material übersendet und so zur Aufklärung 
beigetragen werde. Wenn die von mir beobachtete und kurz 
beschriebene Krankheit vielleicht auch in Deutschland nicht neu 
ist, so ist sie bisher doch noch nicht beschrieben und erforscht, 
und deswegen ist der Kampf gegen dieselbe nutzlos bzw. eine 
Prophylaxe unmöglich. 

Sollten sich Kollegen für meine Mitteilungen interessieren, 
so bin ich gern bereit, auf Anfragen nach besten Kräften zu 
antworten; andererseits wäre ich für Nachrichten über Auftreten 
der Krankheit in anderen Gegenden sehr dankbar. 


Gelberübenvergiftung. 

Von Gestütdirektor a. D. Tierarzt Suckow-Berg.-Gladbach. 

Mit großem* Interesse lese ich die diesbezügliche Notiz in 
Nr. 15 der B. T. W. 

Ich möchte folgendes Wissenswerte hinzufügen, unter der 
Devise „suum cuique“, und unter Beantwortung der Frage, wem 
das Verdienst, zuerst bei Pferden darauf hingewiesen zu haben; 
gebührt. Nicht von Tierärzten, auch nicht von Landwirten, bin 
ich hierüber in meinem Wissen bereichert worden, sondern von 
einem meiner Lehrer, dem ich so eminent vieles für die Praxis 
verdanke und dessen Wissen und dessen Art des Vortrags be¬ 
züglich der hippologischen Disziplin ich in gewisser Beziehung 
mit dem allgemeinen Wissen unseres unvergeßlichen, alten 
Dieckerhoff vergleichen möchte, wenn man auch gegen meine 
Ansicht anstürmen wird. Es ist dies unser Oberlandstallmeister 
Exz. Graf Lehndorff. 

Im Jahre 1893 besuchte der Graf anläßlich der großen 
Lupinschen Auktion alle um Paris gelegenen Gestüte, und ich 
hatte die Ehre, den Grafen auf diesen hochinteressanten Ex¬ 
kursionen begleiten zu dürfen. Als derselbe das mir unterstellte 
Gestüt Bel-Ebat bei Bougival-La Celle-St. Cloud besichtigte, 
fielen ihm in der Futterkammer einige hübsche Futterkörbe auf. 
Auf seine Frage, was macht Ihr denn damit, erwiderte ich: 
Darin trägt irgend ein Hofbeamter oder ein Kammerdiener der 
Königin die Gelberüben, die Ihre Majestät bei ihren täglichen 
Besuchen sämtlichen Pferden, seien es Hengste, Stuten oder 
Fohlen, selbst verfüttert. Hierauf meinte Graf Lehndorff, ich 
möchte die Königin bezüglich der Verabreichung von Gelberuben 
an hochtragende Stuten warnen, weil dieselben hiernach leicht 
abortieren können, wenn dieselben auch sonst reichlich beige¬ 
füttert würden. Letzteres geschah damals. Graf Lehndorff 
erwähnte, daß schon im Mittelalter bei Menschen mit konzen¬ 
triertem Gelberübensafte verbrecherische Manipulationen aus¬ 
geübt worden seien. Einige Gestütleiter, die mit meinem Ge¬ 
stüte hinsichtlich des Auswechselns von Stuten und Fohlen im 






14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


357 


Konnex standen, und die auf Anordnung ihrer Herren reichlich 
Gelberüben beizufüttern hatten, glaubten aus meinem Gestüt 
vor meiner Zeit den periodisch seuchenhaften Abortus in ihre 
Bestände bekommen zu haben. Es handelte sich um zwei Ge¬ 
stüte in der Normandie und um ein Nachbargestüt. Ich teilte 
den Herren Besitzern und den Gestütleitern mit, worüber Graf 
Lehndorff mich belehrt hatte, und zwar mit dem Resultate, 
daß mit dem Momente, wo Gelberüben (Mohrrüben) 
weniger und an tragende Mutterstuten gar nicht mehr 
verabfolgt wurden, überall der unheilvolle Abortus 
gänzlich aufhörte. Wie oft mögen demnach in den vielfach 
von „blanken Laien“ geleiteten wertvollen Gestüten Verwechs¬ 
lungen der Ursachen vorgekommen sein! 


Melanosis maculosa der Kalbslunge. 

Von Tierarzt Leeb-Wurzen. 

Bei einem ca. 3 Wochen alten, sehr gut genährten Kalbe 
der Niederungsrasse, das im Leben frisch und munter war, fand 
ich bei der Fleischbeschau ein äußerst hübsches Bild von 
Melanosis maculosa der Lunge, während an den anderen Organen 
sowie am Tiere selbst nicht die leisesten Veränderungen fest¬ 
zustellen waren. So ziemlich über die ganze Lunge verbreitet 
fanden sich scharf abgegrenzte, ungefähr 5—50 Pfennigstück 
große, tiefschwarze, meist ganz runde Stellen, die sich nicht 
über die Oberfläche wie Geschwülste und dergleichen erhoben. 
Auf der sonst schön gelblich - roten Lunge hoben sich die 
schwarzen Flecken and ffallen und in die Augen springend ab. 
An zwei Stellen schienen mehrere solcher Flecken ineinander 
verflossen zu sein, da sie ungefähr 2 cm breite und 4 cm lange 
Streifen bildeten, die jedoch nicht so tiefschwarz waren, sondern 
mehr schwarzbraun bis grau. Ich habe diesen Fall zum ersten 
Male gesehen bei Tausenden von untersuchten Kälbern. 


Überfruchtung (Superföetatio) bei einer Sau. 

Auf dem Rittergute Hohencamern des Herrn Rittmeister 
v. Katte warf eine Sau am 23. Februar d. J. 10 Ferkel, von 
denen sie eins erdrückte. Die Ferkel waren völlig entwickelte, 
kräftige Tiere. 

21 Tage später — am 16. März d. J. — warf dieselbe Sau 
nochmals 9 Ferkel, ebenfalls gesunde, kräftig entwickelte Tiere. 
Diese Ferkel des zweiten Wurfes wurden getötet, da bei einem 
event. Versuche der Ernährung durch die Mutter das Gedeihen 
der Ferkel des ersten Wurfes in Frage gestellt worden wäre. 

Die Ferkel des ersten Wurfes entwickelten sich anfänglich 
gut, fingen aber nach 14 Tagen an zu kränkeln, um sich darauf 
wieder gänzlich zu erholen. 

Es liegt hier der seltene Fall von Überfruchtung vor, wo 
beide Serien von Früchten vollkommen ausgetragen wurden. 

__ D. 

Referate. 

Erfahrungen über die Bovovaccination der Kälber 
gegen Tuberkulose nach Pr. von Behring. 

Von Stadt-Obertierarzt Franz Ondracek in Göding. 

(TicÄratliche* Zentralhiatt 1907, Nr. 11.) 

In dem Rinderbestande des k. u. k. Familiengutes Göding 
konnte das Bangsche Tuberkulose-Tilgungsverfahren nur teilweise 
durchgeführt werden. Upi aber den tpit Sorgfalt aufgezogenen 


Jungviehbestand möglichst vor der Tuberkulose zu sichern, 
wurde vom Juni 1904 an das Behringsche Immunisierungs¬ 
verfahren allerdings nicht nur bei Absatzkälbem bis zu 3 Mo¬ 
naten, sondern auch bei Kalbinen bis zu 2 Jahren angewendet, 
nachdem sich diese Tiere vorher bei der Tuberkulinprobe als 
unverdächtig erwiesen hatten. Absichtlich wurden auch eine 
D/ojährige Kalbin und ein 6 Monate alter Jungstier, die beide auf 
Tuberkulin reagiert hatten, der Bovovaccination unterworfen. 
Beide Tiere reagierten auf die Vaccination sehr heftig und die 
Kalbin ging nach etwa 5 Wochen an Marasmus ein. Bei der 
Sektion fand sich hochgradige Tuberkulose der enorm ver¬ 
größerten Bronchialdrüsen im Stadium der Verkalkung und ein 
akuter Nachschub von Tuberkulose in der Bauchhöhle. Der 
Jungstier fieberte acht Tage lang stark, dann sank aber die 
Temperatur allmählich und er erholte sich. Nach 3 Monaten 
wurde er der Zweitimpfung mit 5 I. E. unterzogen, wobei keine 
Reaktion mehr eintrat. 

In dem Rinderbestande wurde sowohl die Tuberkulinprobe 
nach Koch, wie auch die Bovovaccination nach Behring fort¬ 
gesetzt, so daß bis zum 30. Oktober 1906 insgesamt 247 Stück 
Jungvieh der Bovovaccination unterzogen worden waren. Bei 
der Erstimmunisierung wurden bei 5 Kälbern gefahrdrohende 
Symptome (Lungenödem, Schweratmigkeit) beobachtet, die darauf 
zurückzuführen sind, daß der Impfstoff erst am 2. Tage nach der 
Zubereitung verbraucht wurde, und daß sich wahrscheinlich in der 
Emulsion Chlornatriumkristalle ausgeschieden hatten, die sich 
in den Kapillaren des kleinen Kreislaufs festgesetzt hatten. 
Indessen trat auch bei vollkommen vorschriftsmäßigem Verfahren 
bei einzelnen Tieren Schüttelfrost, Steigerung der Pulsfrequenz 
und beschleunigtes Atmen auf, was jedoch binnen 2 Stunden 
ohne jede Behandlung verschwand. 

Bei der am 30. Oktober durchgefiihrten Tuberkulin-Kontroll- 
impfung des ganzen Milchvieh- und Jungviehbestandes reagierten 
insgesamt 8 Tiere und zwar 4, welche vor 2 1 / 2 und 4, welche 
vor 1V 2 Jahren immunisiert worden waren. 0. berichtet 
dann noch über einen weiteren unangenehmen Fall nach dem 
30. Oktober 1906. Es erkrankte eine 9 Monate alte Kalbe 
am 18. Tage nach der Bovovaccination und verendete 
5 Tage später. Bei der Sektion wurde akutes Lungenödem, 
Rippenfellentzündung, Gehirnödem und enorme Schwellung der 
Gekröslymphdrüsen gefunden, in welchen hirse- bis hanfkom- 
große weiße Knötchen enthalten w r aren. 0. hielt diese Knötchen 
für frische Tuberkeln. 

Auf Grund der in Göding gemachten Erfahrungen kommt. 
0. zu folgenden Schlüssen: 

1. Die bisher vorgenommene y 4 jährliche klinische Unter¬ 
suchung des Milchviehbestandes ist beiznbehalten, um Fälle 
offener Tuberkulose rechtzeitig aufzudecken. 

2. Die diagnostische Tuberkulinisierung des ganzen Kinder¬ 
bestandes ist alljährlich vorzunehmen, um latente Fälle zu er¬ 
mitteln. 

3. Die Bovovaccination der Kälber ist bis auf weiteres ein¬ 

zustellen und der Ausbau der ■wissenschaftlichen Forschungen 
abzuwarten. Rdr. 

Zur Tuberkulosebekämpfung. 

. Von Prof. Dr. Zschokke-Zürich. 

(Schweizer Archiv f. Tierhcilk., 49 Bd., 3. Heft) 

Zurzeit befindet sich die Tuberkulosebekämpfung immer 
noch in einem wenig erfreulichen Stadium. Die Schwierigkeiten, 





358 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


einen wirklich praktischen Weg zu linden, sind bekanntlich 
außerordentlich groß. Nach Zschokke leiden die Verfahren 
von Bang und Ostertag daran, daß sie entweder praktisch 
noch nicht durchführbar sind oder eines ersichtlichen Erfolges 
ermangeln. Die Schutzimpfung nach Behring oder Schütz 
ist noch nicht genügend erprobt, so daß sie nicht allgemein ein¬ 
geführt werden kann. Auch die von Nuesch in seiner Mono¬ 
graphie über Tuberkulose (Verlag von L. Kirsch ne r, St. Gallen) 
gemachten Vorschläge sind für die Praxis nicht recht passend, 
weil sie zu radikal sind, obwohl sie allerdings als recht be¬ 
achtlich zu beurteilen sind. 

Im Kanton Zürich sind nun aber Maßnahmen getroffen 
worden, welche nach Zschokke recht gute sind. Das wesent¬ 
lichste derselben dürfte folgendes sein: 

Die Anzeigepflicht ist so geordnet, daß die Fleischbeschauer 
von jedem Tuberkulosefall, der zur Beanstandung des Fleisches 
führt, den örtlichen Gesundheitskommissionen, diese wiederum 
den Viehassekuranz Vorständen Kenntnis zu geben haben. Nun¬ 
mehr erfolgt eine Untersuchung des Viehbestandes durch einen 
Tierarzt, der über die Gesundheitsverhältnisse zu berichten hat. 
Somit ist es ermöglicht, Tuberkuloseherde zu entdecken und 
einer Bekämpfung zugänglich zu machen. Letztere besteht aus: 
Tötung der klinisch tuberkulösen Rinder (Tuberkulinreaktion 
allein genügt nicht), staatlicher Entschädigung für dieselben, 
Absonderung der verdächtigen Tiere (in Ermanglung eines be¬ 
sonderen Stalles genügt ein Bretterverschlag), tierärztlicher 
Beaufsichtigung der letzteren. Milch von Tieren mit tuber¬ 
kuloseverdächtiger Mastitis darf bis zur Feststellung der 
Diagnose nur in gekochtem Zustand verwendet werden. 

Neben diesen allgemeinen Maßregeln sind noch folgende ge¬ 
geben: Aufklärung der Landwirte durch Vorträge und Schriften 
über den Einfluß der Stallverhältnisse, Aufzucht und Pflege der 
Tiere, Auftreten der Tuberkulose, schärfere Bestimmungen bei 
der Aufnahme importierter Tiere in die Versicherung, staatliche 
Subvention der Tuberkulinimpfung, Versuche über dieBehringsche 
Impfung. J. Schmidt. 

Tiiberkiilose komplfzert mit Brustseuche. 

(Mitteilungen aus der Berliner medizinischen Klinik.) 

Von Professor Dr. Fröhner in Berlin. 

('Monatshefte für praktische Tierheilkunde, XVJII. Band, 3/4. Heft, 8. 145) 

Die bei Pferden sehr seltene Komplikation der Tuberkulose 
mit Brustseuche sah Fr. bei einem 8 jährigen Wallach, der der 
Klinik wegen Brustseuche zugeführt worden war. Binnen 
wenigen Tagen magerte der Patient rapid ab. Es bestand hohes 
Fieber und unstillbarer Durchfall. Der Tod trat unter den Er¬ 
scheinungen der Kachexie ein. Die Sektion ergab ausgebreitete 
Tuberkulose des Bauchfells und des Brustfells (Perlsucht), tuber¬ 
kulöse Knoten in der Leber und in den portalen Lymphdrüsen, 
in der Milz, tuberkulöse Knoten und Höhlen in beiden Lungen, 
sowie als besonders seltenen Befund frische Tuberkel und tuber¬ 
kulöse Geschwüre in der Schleimhaut des Blinddarms und Grimm¬ 
darms. Durch diese wird auch der profuse, unstillbare Durch¬ 
fall und der rasche Kräfteverfall erklärt. Der Mitteilung ist der 
Sektionsbefund in extenso angefiigt. Rdr. 

Dürfen Hühner zwischen Schweinen gehalten werden? 

Von Tierarzt Dr. Vajda-Temesvär. 

(AUatorvoai bapok. 1907. Nr. 44.) 

Öfters wurde schon darauf hingewiesen, daß es nicht rat¬ 
sam sei, das Geflügel in Schweineställe unterzubringen oder dort¬ 


hin zu lassen, da die Hühner von der Schweineseuche angesteckt 
werden könnten oder aber die Geflügelcholera die Schweine an¬ 
steckt, denn es ist bereits nachgewiesen, daß die bei verschiedenen 
Septikämien ursächlich wichtigen bipolaren Bakterien nahe ver¬ 
wandt und gelegentlich ineinander übergehen können. Klee be¬ 
hauptet aber, daß Schweine sehr oft an Cholera eingegangene 
Geflügel gefressen haben, ohne jede üble Folgen. Nach den 
neueren Untersuchungen spielt der Bacillus suisepticus überhaupt 
nur eine mindere Rolle beim Entstehen der Schweineseuche und 
soll nur in den durch ultravisiblen Krankheitserregern erkrankten 
Körpern’ schadhaft wirken. Es liegt übrigens der Gedanke nahe, 
daß die bisher als pathogen bekannten Bakterien im gesunden 
Körper nicht pathogen wirken, sondern nur nach Erkältung, bei 
traumatischen Einflüssen usw. Es wäre deshalb auch nicht billig, 
das gesunde Geflügel von den gesunden Schweinen vollkommen 
fernzuhalten, denn diese üben keinen schädlichen Einfluß auf¬ 
einander. Sowie aber eines oder das andere krankhafte Er¬ 
scheinungen (Appetitlosigkeit, Mattigkeit usw.) zeigt, muß es 
sofort entfernt werden, denn die bisher als Saprophyten lebenden 
pathogenen Bakterien wirken krankheitserregend, ihre Virulenz 
steigert sich und können auf diese Weise auch für die übrigen 
Tiere gelegentlich gefährlich werden. Dr. Z. 


Untersuchungen über das künstliche Kreuzen der 
Vorder Schenkel und die Unempfindlichkeit beim Treten 
auf die Krone. 

Von Unterveterinär Dröge. 

tZeitfchrift für Yeterin&rkuade 1907, Seite 496.) 

Dröge hat Untersuchungen darüber angestellt, ob auch 
gesunde Pferde sich die Vorderschenkel kreuzen lassen und 
längere Zeit in dieser Stellung beharren, und ferner ob auch 
bei gesunden Pferden Empfindungstörungen beim Treten auf 
die Krone vorhanden sind. Das Ergebnis war folgendes: 

Von 372 untersuchten Artilleriepferden verharrten 

2 Pferde 3 Minuten 

3 „ 2 „ 

1 Pferd li/ 2 * 

17 Pferde 1 Minute 


25 „ V 2 * 

in der gekreuzten Beinstellung. Ein Pferd, eine Remonte, 
behielt diese Beinhaltung sogar 4 Minuten bei; während der 
letzten 2 Minuten bewegte diese Remonte den Kopf frei nach 
allen Seiten, nachdem sie vorher an der Halfterkette festgeb alten 
worden war und nahm Heu aus der Hand, ohne ihre Stellung 
zu ändern; wiederholt wurde sie auf die Krone getreten, bis sie 
nach 4 Minuten ihre normale Beinstellung wieder einnahm. 

Was die Störung der Empfindung beim Treten auf die 
Krone betrifft, so konnte auch solche bei 1)0 Pferden nach¬ 
gewiesen werden. Unter diesen 90 Pferden zeigten 14 nur an 
den Vorderbeinen, 26 nur an den Hinterbeinen Empfindungs- 
Störungen, während 50 sowohl an der Vorder- als auch an der 
Hinterkrone empfindungslos waren. 

Unter den 90 Pferden befanden sich 32, die auch in der 
künstlich beigebrachten gekreuzten Stellung der Vorderschenkel 
kürzere oder längere Zeit verharrten. 

Von Interesse ist es, daß der Prozentsatz der gesunden 
Pferde, die sich die Vorderschenkel kreuzen und sich auf die 
Krone treten lassen, im Winter niedrig (ca. 11 Proz. ist, im 
Sommer dagegen viel höher ansteigt (ca. 30 Proz.). 

Richter. 



14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


359 


Zur Geschichte des Hufeisens in Ungarn (mit Bezug¬ 
nahme auf die Grabfunde aus der Arpädenzeit). 

Von Dozent Dr. A. Zimmermann in Budapest. 

Mit 5 Figuren im Text. 

(Zeitschrift für Tiermedisin XI, Bsnd 4, 16. Heft) 

Die Erfindung des Hufeisens wird von manchen Autoren 
den keltischen Völkern zugesprochen, andere Autoren suchen 
den Ursprung des Hufeisens bei den Germanen, andere bei den 
Assyrern und Ägyptern, manche auch bei den Völkern turanischer 
Abstammung (Skythen, Hunnen). Unter Berücksichtigung der 
vorhandenen Literaturangaben und der Form der in Ungarn 
hier und da ausgegrabenen Hufeisen kommt Zimmermann zu 
den Schlüssen, daß 

1. das Hufeisen nicht turanischen Ursprungs ist; 

2. in den avarischen und ungarischen Grabungen aus der 
Zeit der Landnahme (= Besitznahme Ungarns) kommt das 
Hufeisen, mit Ausnahme von ein bis zwei Funden — deren 
Form aber ihre Benutzung (als Hufeisen) als sehr problematisch 
erscheinen läßt — nicht vor, während Steigbügel und Gebisse 
kaum fehlen; 

3. die den Ungarn verwandten oder in ähnlichen Lebens¬ 
verhältnissen, wie die Ungarn in ihrer Urheimat gelebt haben, 
lebenden mittelasiatischen Nomadenvölker gebrauchen auch gegen¬ 
wärtig nicht den Hufbeschlag und so kann man annehmen, daß 
in ihrer Urheimat das Hufeisen unbekannt war; die ungarische 
Bezeichnung des Hufeisens (patkö) ist slawischen Ursprungs; 

4. die Hufeisen aus dem Funde der späteren Arpädenzeit 

zeigen den germanischen Typus; den Hufbeschlag lernten die 
Ungarn höchstwahrscheinlich dann kennen, als sie mit der 
deutschen Kultur in Berührung kamen. Rdr. 

Der Hnfbeschlag und die Schlagfertigkeit der Armee. 

Entgegnung zum Flußerschen „Plattenhufeisen“ als Armeebeschlag 
von Hofrat Professor Dr. J. Lephner in Wien. 

(Tierärztliches Zentralblatt, 1908, Nr. 0.) 

Professor Lechner wendet sich in scharfer Polemik gegen 
Flußer, welcher der Meinung ist, daß durch ein von ihm er¬ 
fundenes Plattenhufeisen die Schlagfertigkeit der Armee wesentlich 
gestärkt werde. Lechner hat ein Flußersches Original- 
Mustereisen auf mehrere Dutzend Hufe aufprobiert und es war 
nicht möglich gewesen, auch nur drei Nagellöcher auf die weiße 
Linie zu bringen. Lechner widerlegt die Ansichten Flußers und 
weist nach, daß die Erfindung wertlos ist. Der nachfolgende 
Satz charakterisiert die Stellung Lechners za dieser „Erfindung“: 
„Das Plattenhufeisen Flußers ist das Monströseste, was an 
Hufeisenerfindnngen bisher überhaupt vorgekommen ist. Jedem 
Sachkundigen wird bei dem Anblick desselben ein fachlicher 
Schauer überrieseln und es ist geradezu unfaßbar, ein solches 
Unding von Hufeisen zur Hebung der Schlagfertigkeit unserer 
Armee anzupreisen.“ Prof. Lechner zitiert schließlich auch noch 
das Urteil, welches in der Dresdener Fachzeitschrift „Der Huf¬ 
schmied“ (redigiert von Prof. Lungwitz) enthalten ist. Im 
„Hufschmied“ heißt es nämlich: „Ob wohl der Erfinder wirklich 
glaubt, daß sich dieses Platteneisen einführt?“ Rdr. 

Zusammensetzung einiger Geheimmittel. 

Der bekannte Poudre utärine de Roux (von Veterinär 
Roux in Gränoble) ist ein grünliches Pulver, bestehend aus Arte¬ 
misiakraut (Beifuß) und Ruta graveoleus (Raute, Weinraute) je 
60 Gramm, Inula Helenium (Alantwurzelpulver) etwa 20 Gramm, 
10 Gramm Kampfer, 10 Gramm Kochsalz. 


BirkmortSs Wundkur ist Schwefel-Boraxsalbe, mit Indigo 
blau gefärbt und ausschließlich für Pferde und Rindvieh bestimmt. 

Bovino enthält zerkleinertes Johannisbrot, Stärkekörner, Linsen, 
Hirse, Reis, Mais und diverse Schalenprozente. 

Blutmehl ist getrocknetes Tierblut und Torfmull; es soll noch 
mit Melasse gemischt werden, ehe es verwendet wird. 

Glorein Kießmers diätetischer Futtertrank ist ein wässeriger 
Auszug von Malzgerste und Schafgarbe, sowie diversen aromatischen 
Kräutern; ferner ist etwas Kochsalz und Holzkohle zugesetzt. 

Harlemer Öl ist 50 Gramm Terpentinöl, 35 Gramm sulfuriertes 
Leinöl, 15 Gramm Schwefel. 

Grape-Nuts sind geröstete Weizen und Gerste, die vorher 
schwach eingemälzt waren. 

Hornviehpulver ist Red Althaeae, Tinct. Juniperi Cumm. ar. 
Sulfur., Red. Gentian, Magnes. sulf., Stib. sulf. nigr., Sun Foenu. 
Graeci. 

Hundc-Antipourine oder Furunculine sind getrocknete 
Hefezellen mit einem starken Prozentsatz Kartoffelmehl. Sie haben 
infolge des Eintrocknens eine bedeutend schwächere Lebenstätigkeit 
als frische Hefepilze. 

St. Jacobs Balsam ist 27,0 01. Cakao, 60,0 01. Sesami, 
3,0 Phenol, 10,0 Zinc. Hoxydat. 

Jerusalemer Balsam ist zusammengesetzte Benzoetinktur. 

Balsamisches Kreosotliniment ist Jodkalium in Hoffmanns- 
balsam aufgelöst mit Zusatz von Lavendelspiritus. 

Euthymol ist Eucalyptus, Thymian, Pfefferminz, Wintergrunol 
und Borsäure in Spiritus vermischt. 

GermicidalSoap ist blaue Seife zu Desinfektionszwecken 
enthaltend Berliner Blau und Jodquecksilber. 

Spezial Food, für das viele Reklame in letzter Zeit gemacht 
wird, ist natürlich amerikanischer Herkunft und besteht aus Hafer¬ 
hülsen, Haferkleie, Weizenkleie und Gerstenspelzen. 

Maisolin sind die Rückstände der Maisstärkefabrikation und 
sollen als Viehfutter dienen. 

Das bekannte und teure Naphtalan ist weiter nichts als 95Proz. 
gereinigte Rohnaphtha mit 5 Proz. Seife (neutrale). Also Seifen¬ 
wirkung in homöopathischer Verdünnung! 

Nutriline ebenfalls ein Viehnährmittel ist eine Mischung aus 
Maisschalen, Maisschrot, Reisspclzen in ziemlich zerkleinertem Zu¬ 
stande. 

Pferde- und Rehepulver ist Rad. Asari, Rad. Imperatoriae 
(Haselwurz, Meisterwurz und Lorbeeren, Chlorammonium, Schwefel, 
Sun Foenugraeci (Bockshornpulver), Enzian, Bittersalz und 
schwarzen Spiesglanzerz. 

Phenol Babeuf ist Steinkohlenteerkreosot (alkalische Lösung 
von Steinkohlenteerprodukten). 

Pinol ist eine Mischung von rohem Kiefernharz, das mit 
schwefelhaltigen Substanzen behandelt ist und Harzseife. 

Futtermehl aus „Java“ sind Rückstände der Sagofabrikation, 
vermischt mit Melasseschlempe. 

Dr. Waites lokaler Schmerztöter enthält Cocain, Kreosot in 
Glycerinwasser aufgelöst. 

Insecticide liquide enthält Seife und Nikotin (schäumt beim 
Schütteln) parfümiert mit Melissenöl. 

Insecticide Quassin ist eingedickte wässerige Quassiaholz- 
tinktur. 

Mäuse-Virus sind — Kulturen von Mäusetyphusbazillen, die 
in Fleisehbrühe-Agar-Agar gezüchtet sind. Dr. G. 

Aus der medizinischen Literatur. 

Zentralbl. f. Bakl. usw. 1. Abt. Originale, Bd. 40, Heft 6 , S. 402. 

Geflügeltuberkulose und Säugetiertuberkulose. (Arbeit aus dem 
Laboratorium des Prof. Dr. B. Bang in Kopenhagen.) Von 
Tierarzt OlufBang. — Die widerstreitenden Anschauungen 
bezüglich der genannten Tuberkulosearten haben den Verfasser 
zu Untersuchungen angeregt über a) das Verhältnis des Ge¬ 
flügels gegenüber der Säugetiertuberkulose und b) dasjenige 
der größeren Säugetiere gegenüber der Geflügeltuberkulose. 
Die zu a) gestellte Aufgabe ergab, daß 12 von 18 der ver- 





3G0 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


wendeten Tuberkelbazillenstämme, unter denen 1 von einem 
Pferd, 11 von Rindern, 2 von Papageien und 4 von Menschen 
stammten, sich fähig erwiesen, bei intravenöser oder subkutaner 
Impfung Tuberkulose bei Hühnern zu erregen. Bei 6 Stämmen 
konnte der Verfasser die Angaben Nocards bestätigen, daß 
Säugetier-Tuberkelbazillen durch Hühnerpassage mit Geflügel- 
Tuberkelbazillen identisch werden, indem sie alle morphologischen 
Eigenschaften annehmen, welche die letzteren auszeichnen; 
ferner daß die Säugetierbazillen für Hüliner stark virulent 
werden und allmählich ihre Virulenz für Meerschweinchen ver¬ 
lieren. 

Zur Lösung der zweiten Aufgabe hat der Verfasser 
Fütterung8versuche mit Hühnertuberkelbazillen an 2 Pferden, 
1 Füllen, 3 Kälbern, 2 jungen Ziegen und 7 Zicklein angestellt. 
Hierbei zeigte es sich, daß das Alter der Tiere für das Ver¬ 
suchsergebnis maßgebend ist. Ältere Tiere sind sehr widerstands¬ 
fähig gegen Fütterung mit Tuberkelbazillen, während sämtliche 
ganz jungen Tiere an akuter Tuberkulose zugrunde gehen, 
namentlich unter heftiger Erkrankung von Darm- und Gekrös- 
drüsen. 

Die von den meisten Forschern bestrittene Umbildung von 
Geflügeltuberkelbazillen in Säugetiertuberkelbazillen hält der 
Verfasser für möglich, vermag aber aus seinen bisherigen Ver¬ 
suchen entsprechende Schlußfolgerungen noch nicht zu ziehen. 
Dieselbe Zeitschrift S. 488. 

Veränderung der Bakterien im Tierkörper. II. Die Kapsel- 
bildung von Milzbrandbazillen. (Aus dem hyg. Institut der Universität 
Prag, Vorstand Professor Hueppe.) Von Professor Dr. Oskar 
Bail. — Der Milzbrandbazillus im Tierkörper sieht anders aus 
als der auf künstlichen Kulturen gezüchtete. Eines der auf¬ 
fälligsten Merkmale der „tierischen Bazillen“ d. h. jener Bazillen, 
die die Charaktere der in infizierten Tieren herangewachsenen 
Generationen angenommen haben, ist die Ausbildung einer 
Kapsel. Auf ihr Vorhandensein führt man die physiologischen 
Besonderheiten der tierischen Bazillen zurück, namentlich ihre 
Widerstandskraft gegenüber der bakteriolytischen Wirkung der 
Körpersäfte und der pliagocytären der Körperzellen. Die Kapsel¬ 
bildung kommt nicht regelmäßig vor; namentlich in infizierten 
Kaninchen finden sich mit Kapseln versehene neben kapselfreien 
Bazillen. Häufig findet man im Blute Kapselbazillen in weitaus 
überwiegender Menge, in der Milz bilden sie noch einen großen, 
in der Leber dagegen oft nur einen kleinen Teil der Gesamt¬ 
bazillenmenge. Durch Versuche ist bewiesen, daß die Körper¬ 
säfte den Milzbrandbazillus veranlassen, in den tierischen Zu¬ 
stand überzugehen. Man ging von der Annahme aus, daß 
immunkörperartige Stoffe mit der Kapselbildung in Zusammenhang 
stehen müßten, konnte aber schon aus den ersten Experimenten 
erkennen, daß die Kapselbildung der Milzbrandbazillen außerhalb 
des Tierkörpers zwar an die Wirkung des Serums gebunden 
ist, daß für sie aber weder Immunkörper noch Komplement eine 
Rolle spielen. Aus diesem Teil der Untersuchungen ergab sich, 
daß die Körpersäfte aller verwendeten Tiere die Fähigkeit haben, 
eine Zustandsänderung von Milzbrandbazillen herbeizuführen, 
die morphologisch leicht kenntlich ist und zur Ausbildung einer 
Kapsel führt. Ausnahmen davon können beim normalen Tiere 
Vorkommen, sind aber jedenfalls selten. Die etwa vorhandenen 
bakteriziden Fähigkeiten der Körpersäfte sind dafür bedeutungslos. 
Auch der Gehalt an Immunkörpern kann nicht als Ursache 
dieser Säftewirkung angesehen werden. 


In einem zweiten Teil der Untersuchungen wurde die Frage 
geprüft, ob nur die Körpersäfte die eigenartige Zustandsänderung 
der Bazillen hervorbringen oder ob auch Körperzellen die 
Fähigkeit dazu haben. Die Annahme, daß die Leukozyten in 
irgendeiner Weise mit der Kapselbildung in ursächlichem Zu¬ 
sammenhang stehen, ist durch die Versuche widerlegt worden. 
Isolierte, in physiologischer Kochsalzlösung oder verdünnter 
Bouillon aufgeschwemmte Leukozyten vermochten niemals Kapsel¬ 
bildung oder auch nur einen Übergang zu dieser hervorzubringen. 
Dieselbe Zeitschrift 8. 486. 

ÜbertraBungsversuche der Spiroehaete gallinarum durch Argas 
reflexus Fahr. (Aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt.) Von Dr. phil. 
C. Schellack. — Fülleborn und Mayer haben festgestellt, 
daß die Spiroehaete gallinarum in dem Verbreitungsgebiet der 
Krankheit durch die amerikanische Zecke Argas miniatus ver¬ 
breitet wird, und daß im Versuch auch durch die afrikanische 
Zecke Ornitliodorus moubata das Zeckenfieber auf Hühner über¬ 
tragen werden kann. Eine Argasart und zwar Argas reflexus 
kommt nach Dönitz in ganz Europa vor, soll aber in Deutsch¬ 
land sehr selten geworden sein. Diese Zeckenart geht auf 
Geflügel, namentlich Hühner und Tauben, und wird volkstümlich 
„Lederwanze“ genannt. Die Versuche, über die noch eine ein¬ 
gehende Abhandlung erfolgen soll, ergaben, daß die Spiroehaete 
gallinarum auch durch Argas reflexus übertragen werden kann; 
die Zecken waren nach G4 Tagen noch infektiös. Im Falle 
einer Einschleppung der Hühnerspirochaete nach Deutschland 
wäre sonach eine Verbreitung der Seuche durch die in Hühner- 
und Taubenställen vorkommende Zecke Argas reflexus trotz 
deren angeblicher Seltenheit nicht unmöglich. 

Münchener Medixinische Wochenschrift , 55. Jahrgang, Nr. 16, S. 84 7. 

Über biologische Milchdifferenzierung. (Aus der akad. Klinik 
für Kinderheilkunde zu Düsseldorf, Direktor Professor Dr. 
Schloßmann.) Von Dr. J. Bauer. — Verfasser benutzte das 
Komplementablenkungsverfahren zum Nachweis der Verfälschung 
einer Milch mit Milch einer anderen Art. Während durch die 
Präzipitation mit Laktoserum höchstens Verdünnungen der Milch 
im Verhältnis 1: 1000 nachgewiesen werden konnten, gab die 
Komplementablenkung noch bei 1:1000000 einen Ausschlag. 
Die Methode beruht im wesentlichen auf der Tatsache, daß durch 
das Zusammenwirken von Laktoserum und der betreffenden Milch 
Komplement gebunden wird, das hierdurch später zugesetztem, 
mit spezifischem Ambozeptor beladenem Blut entzogen wird. 
Mit der Komplementablenkungsmethode läßt sich nicht allein die 
Milcbverfäl8chung als solche nacliweisen, sondern mit Hilfe eines 
austitrierten Serums auch die Menge der in betrügerischer 
Absicht zugegossenen Milch annähernd bestimmen. W. 


Tagesgeschichte. 

Pauschal Vergütung für die Dienstreisen der 
Kreistierärzte. 

Nun ist sie eingetroffen, eher als wie erwartet wurde, die 
Pauschalierung der Kreistierärzte, und zwar mit Wirkung vom 
1. April d. J. ab. Durch Erlaß des Herrn Ministers für Land¬ 
wirtschaft usw. vom 31. März 1908 soll zur Bestreitung der 
Kosten für die Dienstreisen der Kreistierärzte und Kreistierarzt¬ 
assistenten von dem allgemeinen Reisekostenfonds für das 
Rechnungsjahr 1908 ein Anteil abgezweigt werden. Später, 
d. h. also vom nächsten Etatsjahr ab, wird hierfür ein besonderer 





14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


361 


Fonds im Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung bereit 
gestellt werden. 

Aus diesem von dem allgemeinen Reisekostenfonds ab¬ 
gezweigten Anteil, bzw. später aus dem besonders hierzu ge¬ 
bildeten Fonds sollen vom 1. April d. J. ab den Kreistierärzten, 
einschließlich der nebenamtlichen Verwalter von Kreistierarzt¬ 
stellen und den Kreis-(Grenz-)tierarztassistenten für die von 
ihnen innerhalb ihres Amtsbezirks, jedoch außerhalb ihres Wohn¬ 
orts in größerer Entfernung als 2 km auszuführenden Dienst¬ 
reisen, deren Kosten der Staatskasse zur Last fallen, Pausch- 
vergütungen gewährt werden. Die Festsetzung derartiger 
Pauschvergütungen ist nach Artikel III des Gesetzes be¬ 
treffend die Tagegelder und Reisekosten der Staatsbeamten vom 
21. Juni 1897 zulässig. Zu diesem Behufe ist durch den Herrn 
Finanzminister den Regierungspräsidenten vorläufig für die Zeit 
vom 1. April bis 30. September 1908 eine bestimmte Summe 
überwiesen worden. Den Regierungspräsidenten bleibt es über¬ 
lassen, diese Summe entsprechend dem Bedarf der einzelnen 
Kreistierarzt- und Assistentenstellen zu verteilen. Diejenigen 
beamteten Tierärzte, deren Dienstbezirk sich nicht über ihren 
Wohnort hinaus erstreckt, sind dabei unberücksichtigt zu lassen. 

Die überwiesenen Summen sind nach den tatsächlichen 
Reisekostenaufkommen des Jahres 1906 berechnet. Es geschah 
dies deshalb, weil das Jahr 1906 das erste abgeschlossene 
Rechnungsjahr nach dem Inkrafttreten der neuen Reisekosten- 
und Tagegeldersätze war. Die den einzelnen Regierungs¬ 
präsidenten zugewiesenen Summen stellen die Hälfte des Reise¬ 
kostenaufkommens des ganzen Jahres dar, abzüglich 10 Proz., 
welche zur Bildung eines Zentralfonds benutzt werden. Letzteren 
hat sich der Herr Landwirtschaftsminister Vorbehalten, um 
daraus einmalige Zulagen beim Nachweis einer nicht unerheblich 
gesteigerten Diensttätigkeit für das abgelaufene Rechnungsjahr 
gewähren zu können. Für die zweite Hälfte des Rechnungs¬ 
jahres 1908 hat sich der Herr Minister endgültige Bestimmungen 
Vorbehalten. Sofern sich die überwiesene Summe als erheblich 
vom Bedarf abweichend erweisen sollte, wird für die zweite 
Jahreshälfte ein Ausgleich geschaffen werden. Die den einzelnen 
Beamten überwiesenen Anteile belaufen sich also auf etwa 
90 Proz. der Hälfte der im Rechnungsjahr 1906 ihnen für 
Dienstreisen aus der Staatskasse gezahlten Reisekosten und 
Tagegelder. 

Der schon vollständig oder doch zum größten Teil bereits 
bekannte Abschluß des Rechnungsjahres 1907 soll aber nicht 
unberücksichtigt bleiben, insbesondere dann, wenn sich wesentliche 
Verschiebungen gegenüber dem Umfang der Reisen und der Höhe 
der Reisekosten usw. des Vorjahres heraussteilen sollten. Sofern 
nicht anderweitige Umstände eine abermalige Verschiebung für 
das nächste Rechnungsjahr wahrscheinlich machen und deshalb 
die Wahl eines anderen Verteilungsmaßstabes rechtfertigen, wird 
empfohlen, den Durchschnitt der Einnahmen der letzten beiden 
Rechnungsjahre an Reisekosten der Verteilung zugrunde zu 
legen. Zur Verteilung gelangt der ganze den einzelnen 
Regierüngspräsidenten überwiesene Betrag. Die Pausch¬ 
vergütungen werden in monatlichen Teilbeträgen im voraus 
gezahlt. 

Bei Vertretungen der beamteten Tierärzte w r egen Urlaubs 
oder sonstiger Behinderung soll hinsichtlich der Entschädigung 
für den Stellvertreter nach § 8 Abs. 2 des Gesetzes vom 
24. März 1870 verfahren werden, dies gilt auch für den Fall, 


daß die Vertretung durch benachbarte Kreistierärzte erfolgt, 
d. h. also, der vertretene Beamte hat selbst für angemessene 
Entschädigung seines Vertreters zu sorgen. Hierbei wird zu 
berücksichtigen sein, daß die von einem benachbarten Kreis¬ 
tierarzte zurückzulegenden Entfernungen in der Regel größere sein 
werden, als die von dem Stelleninhaber innerhalb seines 
Dienstbezirks zurückgelegten. In einer solchen Berücksichtigung 
liegt keine Benachteiligung der Vertretenen, da in den über¬ 
wiesenen Summen auch die früher bereits gezahlten Vertretungs¬ 
kosten, insbesondere des Jahres 1906, enthalten sind. Bei 
erledigten Stellen haben die Regierungspräsidenten vorerst 
selbständig über die Verwendung der Pauschvergütung zu 
befinden. 

Die Kosten der Reisen von Tierärzten, die bei größeren 
Seuchenausbrüchen oder aus sonstigen besonderen Gründen den 
Kreistierärzten zur Hilfeleistung überwiesen werden, werden 
nicht aus den Pauschvergütungen bestritten, hier hat sich der 
Herr Minister Vorbehalten, für jeden Fall Bestimmungen zu 
treffen. Ebenso fallen nicht unter die Pauschvergütungen Reisen 
bei Versetzungen oder die auf Grund besonderen Auftrags außer¬ 
halb der Dienstbezirke gemacht werden. Sofern z. B. bei Grenz¬ 
tierarztassistenten ein bestimmter Dienstbezirk nicht abgegrenzt 
sein sollte, muß dies nachgeholt werden oder es müssen die 
regelmäßig wiederkehrenden Dienstreisen zwischen bestimmten 
Orten bezeichnet werden, deren Kosten durch die Pausch¬ 
vergütungen zu decken sind. Die Departementstierärzte er¬ 
halten ebenfalls Pauschvergütungen, sofern sie Kreistierarztstellen 
nebenamtlich verwalten und auch nur für die im kreistierärztlichen 
Amtsbezirk ausgeführten Dienstreisen. Die departementstier¬ 
ärztlichen Dienstreisen werden nach wie vor einzeln vergütet. 

Hinsichtlich der Tagegelder und Reisekosten in gerichtlichen 
Angelegenheiten tritt eine Änderung nicht ein, ebenso nicht für 
Amtsgeschäfte, deren Kosten nicht aus der Staatskasse zu 
vergüten sind. 

Der Erlaß weist sodann darauf hin, daß eine Kontrolle 
darüber auszuüben ist, daß die Kreistierärzte usw. ihre Reise¬ 
tätigkeit nunmehr nicht in einer die dienstlichen Interessen be¬ 
einträchtigenden Weise einschyänken. Der Herr Minister setzt 
zwar ohne weiteres voraus, daß die für die Seuchenbekämpfung 
und für die Tieruntersuchungen an der Grenze notwendigen 
Dienstreisen nach wie vor mit der gebotenen Beschleunigung 
zur Ausführung gelangen und daß Zusammenlegungen von ver¬ 
schiedenen Dienstgeschäften zu Rundreisen nur insoweit erfolgen, 
als darunter die im Interesse der Viehbesitzer notwendige 
Schnelligkeit des veterinärpolizeilichen Einschreitens nicht bindet, 
er macht jedoch darauf aufmerksam, daß es notwendig ist, auch 
die sonstigen im dienstlichen Interesse gebotenen Reisen, auch 
wenn sie durch die Pauschvergütung abgehalten sind, z. B. 
Revisionen von Viehbeständen, Kontrolle der Fleischbeschauer 
u. dgl. mit der erforderlichen Vollständigkeit und Gründlichkeit 
zu erledigen. Von der Höhe der auch fernerliin nachzuweisenden 
Reisekosten wird nicht nur die Gewährung von Zulagen aus 
dem Zentralfonds, sondern auch die Bemessung der Pausch¬ 
vergütung für jedes folgende Jalir wesentlich beeinflußt werden. 

Über die Führung vereinfachter Tagebücher (Reiselisten) 
hat sich der Herr Minister die Bestimmung Vorbehalten. Vor¬ 
läufig sind bis auf weiteres die zurzeit vorgeschriebenen 
Forderungsnachweise in der gleichen Form wie bisher aufzustellen 
und einzurichten. Die Festsetzung dieser Nachweise unterbleibt 





362 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


jedoch, es ist nur eine allgemeine Prüfung notwendig. Hierbei 
entdeckte Verstöße gegen die gegebenen Vorschriften sind er¬ 
forderlichenfalls nach Anhörung der Beamten zu beseitigen. 

Über die Untereinteilung der den Regierungspräsidenten 
überwiesenen Summen wünscht der Herr Minister Bericht. Mit 
diesem Bericht ist eine Nachweisung der im Rechnungsjahr 1907 
für jede einzelne Stelle und an jeden einzelnen Beamten ge¬ 
zahlten oder doch an ihn liquidierten Resekostenbeträge, soweit 
sie nunmehr aus der Pauschvergütung zu decken sind, ein¬ 
zureichen. 

Die Regierungspräsidenten haben sich in ihren Berichten 
auch über die Angemessenheit der ihnen überwiesenen Pausch- 
vergütungen zu äußern, ob und welche Änderungen etwa er¬ 
forderlich sind und ob die gegebenen Vorschriften für die 
Pauschalierung ausreichend und sachgemäß oder nach welchen 
Richtungen sie ergänzungs- oder abänderungsbedürftig erscheinen. 
Hierbei sind die Fälle der Vertretung beurlaubter oder sonst 
verhinderter Kreistierärzte und die Verhältnisse der Assistenten 
besonders zu berücksichtigen. 

Daß eine Pauschalierung der Kreistierärzte kommen würde, 
daran hat wohl niemand mehr gezweifelt. Es konnte dies aus 
den Worten des Herrn Geh. Ober-Reg.-Rats Schröter in der 
Sitzung des Vereins beamteter Tierärzte am 30. November v. J. 
entnommen werden. Hieran vermochte auch der Beschluß des 
Vereins, welcher die Pauschalierung prinzipaliter ablehnte, 
nichts mehr zu ändern. Jetzt, nachdem sie zur Tatsache ge¬ 
worden ist, müssen wir uns damit abflnden. Es entsteht nun 
die Frage, ob sie in der vorliegenden Form den Kreistierärzten 
Vorteile oder Nachteile bringen wjrd. Vorteile bringt sie inso¬ 
fern, als das Liquidationsverfahren leichter und einfacher ge¬ 
macht wird. Der Kreistierarzt braucht sich nicht mehr bei jeder 
Reise zu fragen wie er sie am vorteilhaftesten für das Inter¬ 
esse der Staatskasse einrichten soll. Die umständliche Ver¬ 
rechnung mit den Kosten anderer Dienstreisen, welche nicht die 
Staatskasse zu tragen hat, kommt in Fortfall und schließlich 
braucht der Kreistierarzt nun auch nicht mehr die Erinnerungen 
der Oberrechnungskammer zu furchten. Wenn wir uns nun die 
Frage vorlegen, ob die Kreistierärzte durch die Pauschalierung 
finanzielle Nachteile erleiden werden, so läßt sich jetzt, wo es 
sich um eine vorläufige Festsetzung für das Halbjahr April- 
September 1908 handelt, diese Form weder bestimmt bejahen 
noch verneinen. Herr Geh.-Rat Schröter hat in der 
Sitzung am 30. November v. J. gesagt, daß das Sparsystem 
nicht die treibende Kraft für die Festsetzung von Pauschal¬ 
vergütung sein wird. Dieses ist insofern eingetroffen, als die 
Pauschal Vergütung nach einem Jahresaufkommen an Reise¬ 
kosten usw. festgesetzt worden ist, welches für die Kreistierärzte 
ziemlich allgemein als ein günstiges zu bezeichnen war, sofern 
man den Durchschnitt in den letzten 5 Jahren in Betracht zieht. 
Die Kreistierärzte erhalten zwar nur 90 Proz. dieses Auf¬ 
kommens, die Testierenden 10 Proz. sollen jedoch als Ausgleichs¬ 
fonds dienen, welcher Denjenigen zugute kommen soll, die 
durch die Pauschalierung im Ertrage durch besondere Umstände 
verursachte erhöhte Diensttätigkeit im abgelaufenen Rechnungs¬ 
jahre benachteiligt werden. Hieraus geht hervor, daß durch 
die Pauschalierung in der jetzt vorliegenden Form eine Benach¬ 
teiligung der Kreistierärzte nicht herbeigeführt werden soll. 

Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß die Pauschal- 
vergütnng für das Sommerhalbjahr 1908 nicht nach dem Auf¬ 


kommen des Sommerhalbjahres 1906 festgesetzt worden ist, 
sondern nach der Hälfte des ganzen Jahresaufkommens dieses 
Jahres. Dieses ist keineswegs dasselbe. Da die Diensttätigkeit 
der Kreistierärzte in dem Sommerhalbjahr meist eine wesentlich 
größere ist, wie im Winterhalbjahr, so würde bei der Berechnung 
nach dem Aufkommen in den sechs Monaten April bis September 
eine größere Pauschalvergtitung herausgekommen sein, wie dies 
jetzt der Fall ist. Nun kann man ja sagen, dies gleicht sich 
im Winter wieder aus, jedoch aber nur dann, wenn die für den 
Winter gewährten Vergütungen dieselben bleiben wie für den 
Sommer. Für das nächste Winterhalbjahr hat sich der Herr 
Minister endgültige Bestimmungen über die Bemessung der Ver¬ 
gütungen Vorbehalten. Ob diese dann auch nach der Höhe der 
Reisekosten im Rechnungsjahr 1906 oder nach dem Durchschnitt 
der beiden Jahre 1906/07 bemessen werden, muß vorläufig dahin 
gestellt bleiben. Vorläufig können die Kreistierärzte mit den 
ihnen gewährten Vergütungen im allgemeinen zufrieden sein. 

Was die Vertretungen anbetrifft, so kommen diejenigen 
Kreistierärzte am besten weg, welche im Jahre 1906 beurlaubt 
gewesen sind und sich durch einen benachbarten Kreistierarzt 
haben vertreten lassen. Das durch die vermehrten Reisekosten 
erhöhte Jahresaufkommen kommt den beurlaubt gewesenen Kreis¬ 
tierärzten jetzt bei der Festsetzung der Pauschalvergütung zu¬ 
gute. Im Falle si6 sich im laufenden Jahre wieder beurlauben 
lassen, werden sie durch die erhöhten Aufwendungen für den 
Vertreter nicht benachteiligt. Anders steht es mit den Kreis- 
tierärzten, welche sich im Jahre 1906 nicht haben vertreten 
lassen. Diese würden eine Benachteiligung erfahren, wenn sie 
im Jahre 1908 eine Vertretung durch einen benachbarten Kreis¬ 
tierarzt nötig hätten. Es steht jedoch den Kreistierärzten frei, 
"Sich in betreff der Vertretungskösten mit ihren Nachbarn zu 
einigen, was ja nun wohl auch in den meisten Fällen ge¬ 
schehen wird. Es muß hier noch einmal hervorgehoben werden, 
daß sich die Pauschierung nur auf Dienstreisen innerhalb 
des Amtsbezirks erstreckt, auf diese aber sämtlich, sofern sie der 
Staatskasse zur Last fallen. Reisen außerhalb des Amtsbezirks 
bei Versetzungen, Teilnahme an Versammlungen, Fortbildungs¬ 
kursen usw. werden nach wie vor besonders liquidiert. 
Ebenso werden nach »wie vor besonders liquidiert die 
Reisen der Departementstierärzte, die sie als solche im Bezirk 
zu machen haben. Sind diese im Nebenamt Kreistierarzt und 
erhalten sie dieserhalb Pauschvergütung, so sind die Kosten der 
Reisen, die sie als Departementstierarzt innerhalb ihres kreis¬ 
tierärztlichen Bezirks auszuführen haben, nicht aus dieser zu 
bestreiten. Dieses trifft z. B. zu für die Reisen zu den Revisionen 
die Beschautätigkeit der Tierärzte, Hufbeschlagsprüfungen usw. 

Gegen die Gewährung von Pauschvergiitungen für Dienst¬ 
reisen der Kreistierärzte ist angeführt worden, daß hierdurch 
die Reisetätigkeit mehr eingeschränkt werden könnte, als dies 
im veterinärpolizeilichen Interesse wünschenswert wäre. Diesem 
hat der Herr Minister dadurch einen Riegel vorgeschoben, daß 
er angeordnet hat, daß die ausgeführten Dienstreisen nach wie 
vor in der bisher vorgeschriebenen Weise nachgewiesen werden 
müssen und daß von der Höhe der nachgewiesenen Reisekosten 
die Gewährung von Zulagen aus dem Zentralfonds, sowie die 
Bemessung der Pauschvergütungen für jedes folgende Jahr 
wesentlich beeinflußt werden wird. Wer alßo jetzt glaubt, seine 
Reisetätigkeit einschränken zu können, schneidet sich in das 
eigne Fleisch. Aus letzterer Bemerkung scheint übrigens hervor- 



14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


363 


zugehen, daß der Herr Minister beabsichtigt, alle Jahre eine 
Neufestsetzung der Pauschvergütungen eintreten zu lassen. Im 
Hinblick darauf, daß demnächst noch weitere Seuchen den 
anzeigepflichtigen zugerechnet werden sollen (Brustseuche, 
Tuberkulose), erscheint dieses nur gerechtfertigt. Pr. 

Das nene Beamtengesetz in Bayern. 

Der bayerischen Kammer ist ein neues Gesetz, betreffend 
Regelung der Verhältnisse der Beamten vorgelegt worden. 
Beamte sind solche, die vom König oder von einer durch den 
König ermächtigten Behörde ernannt sind. Das Dienstverhältnis 
der etatsmäßigen Beamten ist im allgemeinen unwiderruflich, 
jedoch nur bei bestimmten Kategorien sofort, bei den meisten 
erst nach einer dreijährigen, bei anderen sogar erst nach einer 
zehnjährigen etatsmäßigen Dienstzeit. Zu denjenigen Beamten¬ 
klassen, welche nach dreijähriger etatsmäßiger Dienstzeit 
definitiv angestellt sind, zählen unter anderen der Landestierarzt, 
der Landesinspektor für Tierzucht, die Landstallmeister, Gestüt¬ 
direktoren und -Tierärzte, die ordentlichen Professoren an der 
Universität, Technischen und Tierärztlichen Hochschule und 
Akademie für Landwirtschaft, die Bezirksärzte und -Tierärzte, 
die Korpsstabs-, Oberstabs- und Stabsveterinäre — mit anderen 
Worten fast alle beamteten Tierärzte. Der unwiderrufliche 
Beamte kann die Pensionierung beanspruchen, wenn er das 
65. Lebensjahr vollendet hat oder schon früher zur Erfüllung 
seiner Pflicht unfähig geworden ist. Aus den gleichen Gründen 
kann er auch ohne sein Gesuch in den Ruhestand versetzt 
werden. Die Versetzung in den Ruhestand kann auf eine be¬ 
stimmte Zeit erfolgen, wenn der Wiedereintritt der Dienst¬ 
fähigkeit nicht ausgeschlossen erscheint. Die Pension darf 
Dreiviertel des pensionsfähigen Diensteinkommens nicht über¬ 
steigen, beträgt nach 10 Jahren 35 Proz. und steigt mit jedem 
Jahre bis zum 20. um 2, von da ab um 1 Proz. des Dienst¬ 
einkommens; demnach kann die höchste Pension mit 40 Dienst¬ 
jahren erreicht werden wie in Preußen. Das Witwengeld be¬ 
trägt 40 Proz. der Pension des Beamten, das Waisengeld für 
jedes Kind Vs des Witwengeldes, wenn aber auch die Mutter 
nicht mehr lebt V 3 . Das Gesetz soll am 1. Januar 1909 in 
Kraft treten. 

Tierärzte I. and II. Klasse? 

Von Kreistierarzt Gebhardt-Vohwinkel (Rhld.). 

Die Geschichte des Küken, das mehr sein will als die 
Henne, weil es eine bunte Feder mehr hatte, kam mir in den 
Sinn, als ich den Notschrei des Herrn Dr. med. vet. (made in 
Germany) Jonas an die Regierung las, seinen Dr. med. vet. 
vor Verwechslungen mit dem in der Schweiz erworbenen zu 
schützen. Was muß Herr Dr. Jonas in seiner langen Doktor¬ 
laufbahn (nach Verzeichnis 1907/08 im Jahre 1906 approbiert und 
noch nicht als Doktor geführt) doch schon für unangenehme Ver¬ 
wechslungen erlebt haben! Hat man von den Besitzern des 
Dr. phil. u. a., die doch bei weitem nicht in dem engen 
kollegialen Verhältnis standen, wie die des Dr. med. vet., gehört, 
daß sie verlangten, der im Auslande erworbene und nach Prüfung 
der Dissertation für Deutschland genehmigte Doktor sollte noch 
durch eine besondere Bezeichnung kenntlich gemacht werden? 
Weshalb bei uns diese Forderung? Wäre es denn zu verwundern 
oder wäre es nicht vielmehr selbstverständlich, wenn nunmehr 
sämtliche Tierärzte mit Maturum an die Regierung das Verlangen 
richteten, sie solle Beziehungen schaffen, daß Verwechslungen 


mit Tierärzten ohne M. nicht zu befürchten wären? Oder ist 
die Forderung des Herrn Dr. Jonas nicht schon gleichbedeutend 
mit solchem Verlangen, leuchtet da nicht schon die Befürchtung 
durch, mit einem immaturen Tierarzte in gleichen Topf ge¬ 
worfen zu werden? 

Deshalb kann ich dieses Verlangen nur als ersten Schritt 
zur Spaltung der Tierärzte in zwei Klassen, mit und ohne 
Reifezeugnis, erachten, und als solcher scheint er mir überaus 
ernst und schwerwiegend zu sein. Denn wer wollte es den 
Herren verdenken, wenn sie so bald wie möglich nach Ein¬ 
führung des tierärztlichen Doktortitels in Preußen den Herrn 
Minister veranlassen, bei den Kreistierärzten, ähnlich wie bei 
den Kreisärzten, eine Bestimmung zu erlassen, wonach nur 
Derjenige, der in Preußen resp. Deutschland zum Dr. med. vet. 
promoviert hat, zum Kreistierarzt ernannt werden kann. Den 
Kollegen ohne Maturum wäre damit die staatliche Karriere ver¬ 
schlossen, und wir hätten wieder Tierärzte I. und II. Klasse. 
Daß die Folgen solcher Spaltung für den tierärztlichen Stand 
überaus traurige sein würden, mag wohl niemand bestreiten! 
Warum überhaupt will man die Tierärzte ohne Maturum aus¬ 
schließen von der Erwerbung des Dr. med. vet. in Deutschland, 
zu einer Zeit, wo durch die Leichtigkeit, die Doktorwürde zu 
erwerben, der Doktortitel doch nur noch von Laien und weib¬ 
lichen Personen als etwas Außerordentliches angesehen wird? 
Weshalb sogar will man diesen Tierärzten den einzig gang¬ 
baren Weg, die Erwerbung im Ausland, verlegen? In den 
nächsten Jahren werden ja doch so viele junge Tierärzte den 
Dr. med. vet. in Deutschland erwerben, daß der Schweizer 
Dr. med. vet. kaum noch in Betracht kommt. Die meisten 
immaturen Tierärzte, die großen Wert darauf legen, haben 
denselben bereits erworben, warum den wenigen Nachkommenden 
den einzigen Ast, über den es noch möglich ist, rasch absägen V 

Weshalb wegen dieser verschwindenden Zahl das Für und 
Wider mit mehr oder weniger Entstellung dem Kadi unterbreiten, 
damit ja jede unserer Schwächen in der Öffentlichkeit breit¬ 
getreten wird zum Gaudium unserer Neider? Und dabei, meine 
Herren Maturi, seid Ihr nach unsäglichen Anstrengungen und 
großen Schmerzen von den Immaturi geboren, doch vergessen 
ist jede Dankbarkeit; jetzt das eigene Ich in den Vordergrund! 
Ja, weshalb habe ich zwei Jahre länger die Schulbank gedrückt, 
wenn ich nicht dadurch für mein ganzes Leben mehr sein soll 
als Du? Den Hauptausweis, die Fachprüfung, hast Du zwar 
besser oder ebenso gut abgelegt als ich, doch das iBt Neben¬ 
sache, ich habe zwei Jahre länger Klassiker gelesen, deshalb 
bin ich befähigter als Du, eine Kreis- oder Departements¬ 
tierarztstelle auszufüllen! 

Solche Reibereien werden in Zukunft eintreten, wenn nicht 
schon jetzt jeder Anlaß dazu vermieden wird. Und da kommt 
allerdings als erster Anlaß die Promotion in Frage. Warum 
sollte es nicht möglich sein, in der Promotionsordnung die 
Zulassungsbestimmung so zu fassen: Zum Dr. med. vet. können 
nur diejenigen promoviert werden, welche die Approbation als 
Tierarzt in Deutschland erlangt haben. Da die Erteilnng der 
letzteren seit 1903 ohne Ausnahme an das Maturum geknüpft 
ist, wäre diese Bestimmung also gleichbedeutend damit, und es 
brauchte nicht erst bei jedem Kandidaten in der Kinderstube 
betreffs der Vorbildung nachgeforscht zu werden! 

Und wäre es denn wirklich allzu schlimm, wenn durch 
diese Tür eine Anzahl älterer Tierärzte, die eben früher das 





364 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


Abiturientenexamen zum Studium noch nicht brauchten, durch¬ 
schlüpften V Hat es nicht bei fast allen Fakultäten solche Türen 
gegeben, warum sollen wir gerade uns auf den extremsten 
Standpunkt stellen? Ist es sogar nicht mehr anzuerkennen, 
wenn ein älterer Herr auf Grund eigener Erfahrung eine 
Dissertation liefert, als wenn ein eben neugebackener Tierarzt 
dieselbe im Institut ausarbeitet? Sollten dann in der ersten 
Zeit seitens anderer Fakultäten mißgünstige Äußerungen fallen, 
so wäre denen leicht zu begegnen, indem man sie höflichst 
bäte, ihre eigene schmutzige Wäsche, an der wohl überall kein 
Mangel ist, zu waschen. In einigen Jahren würde niemand 
mehr daran denken, daß eine Reihe älterer Tierärzte ohne 
Maturnm promoviert hätten, und es würde für den Stand von 
unschätzbarem Werte sein, daß eine tiefe Spaltung unter den 
Tierärzten vermieden wäre. Außerdem würde der doktorlose 
Tierarzt viel eher von der Bildfläche verschwinden, was eben¬ 
falls von nicht zu unterschätzender Bedeutung wäre. 

Auch diese Betrachtungen erlaube ich mir den maßgebenden 
Kreisen zu unterbreiten. 

Den Kollegen ohne Abiturientenexamen aber rufe ich zu: 

„Haltet die Augen offen, daß Ihr nicht eines Tages als 

Tierärzte II. Klasse erwacht!“ 

Tierärzte im Meierei wesen. 

Vor einiger Zeit (Nr. 49 der B. T. W. 1907) schrieb ich 
einige Worte über die Verwendung von Tierärzten im Meierei¬ 
wesen. Ich suchte die Kollegen auf diesen dem Schlachthof¬ 
betriebe ganz ähnlichen Beruf aufmerksam zu machen und be¬ 
sonders junge Herren, die direkt von der Hochschule kommen, 
dafür zu interessieren. Nach meinen eigenen Erfahrungen sind 
in vieler Beziehung die Verhältnisse günstiger als in dem allfein 
von Tierärzten bisher in Anspruch genommenen ähnlichen 
Schlachthof betriebe. Der Meierei-Molkereibetrieb ist, wenn er 
nicht als Zweigbetrieb geführt wird, ein lukrativer, die Zahl 
der großen Betriebe in stetem Wachsen. Der Reinverdienst 
wird an die Genossen geteilt; die Bilanzführung muß genau 
sein. Die vom Verein sächsischer Tierärzte in den dortigen 
Innungs - Schlachthöfen bemängelten an die Stadtkassen ab¬ 
zuführenden hohen Überschüsse kommen hier nur den Genossen 
des Betriebes zugute: daher die gute Bezahlung sehr vieler 
Molkereidirektoren im Verhältnis zu ihrer Vorbildung. Nimmt 
man hinzu, daß in letzter Zeit viele junge Chemiker sich ebenfalls 
dem Berufe der Milchverarbeitung widmen (die Zeitungen bringen 
öfter Stellengesuche), so kommt man zum Schlüsse, daß hier in 
größeren Betrieben ein den Tierärzten sehr nahestehender 
Beruf, persönliche Tüchtigkeit vorausgesetzt, eigentlich bis jetzt 
noch w'enig von ihnen frequentiert wird. Eine ganze Anzahl 
von Betrieben wird von approbierten Apothekern geleitet, die 
sich gut in die Materie eingearbeitet hatten. Die reinen 
Sanitätsmolkereien und Backhausanstalten befinden sich z. B. 
zum großen Teile im Besitze von solchen; aber auch Molkereien 
haben als Leiter und Besitzer des öfteren Chemiker und 
Apotheker. — Um so mehr ist zu verwundern, wenn einem 
Anonymus der Hildesheimer Molkereizeitung nebst Ableger, dem 
„Milchwirtschaftlicher Anzeiger“, meine Zeilen mißbehagten. 
Nach dem bis zum Überdruß in letzter Zeit verbrauchten 
„Dar’ lach ich öwer“ Bismarcks hatte ich vermieden, eine 
Glossierung des Anonymus vorzunehmen: weil nun aber 
die „Illustrierte üandwirtschaftszeitung“ einen Abdruck mit 


ausdrücklicher Neutralstellung ihrerseits bringt, glaubte ich 
auch den Kollegen zeigen zu müssen, daß man anderweitig 
Angst vor Konkurrenz der Tierärzte hat, also überzeugt ist, 
daß die Tierärzte allenthalben Tüchtiges leisten. Die gute 
„Hildesheimer Molkereizeitung“ hat demnach einfach Anfang und 
Ende meines Berichtes weggelassen und die Mitte aufgenommen, 
soweit sie ihr in den Kram paßte, wobei gegen die Eigenschaft der 
Tierärzte, dem Betriebe vorzustehen, zn guter Letzt das Bekenntnis 
kommt, „da hätte man nicht nötig, erst Veterinärmedizin 
zu studieren. Ganz gewiß, man braucht auch weder Chemiker 
noch Apotheker zu sein, ebenso gewiß, wie z. B. ein Redakteur 
kein Jurist zu sein braucht. Daß er es aber ist, wird in den 
meisten Fällen bei großen Zeitungen ein Vorteil sein, weshalb 
sich auch in letzter Zeit Juristen hin und wieder Zeitungs¬ 
unternehmen kaufen und damit reüssieren, abgesehen davon, 
daß das Blatt hierdurch ohnehin schon mehr Ansehen gewinnt. 
(Der vielverehrte Professor Fleisch mann ist von Hause 
Philolog bzw. Chemiker, hat seine ersten Erfahrungen im 
Allgäu gesammelt.) Die gleichfalls von mir gehaltene 
„Berliner Molkereizeitung“ wehrt sich nicht gegen die Ver¬ 
wendung von Tierärzten im Molkereifache; sie zeigt dadurch, 
daß sie moderner denkt. In den großen deutschen Schlacht¬ 
höfen hatte es seinerzeit ebenfalls Mühe, die Konkurrenz von 
Offizieren, ausgedienten Schutzleuten usw. als Direktoren abzu¬ 
wehren, in einzelnen sind ja heute noch Laien als Leiter tätig. 
Der Unterschied von damals gegen die heutigen Schlachthöfe 
ist der von Tag und Nacht. Wenn deswegen Tierärzte Lust 
und Liebe haben, in einem — vorbildlich für die ganze Welt! 
— verwandten Fache tätig zu sein, ohne auf die Praxis 
verzichten zu müssen, werden sie schon Mittel und Wege finden, 
sich zu betätigen; auf den Segen der Hildesheimerin, resp. des 
Herrn Anonymus derselben werden sie allerdings verzichten 
müssen; es bleiben noch Fachblätter genug, die den Eintritt 
von Tierärzten in ein verwandtes Fach ertragen können, ohne 
fürchten zu müssen, daß ihr Leserkreis Schaden leidet. Im 
Gegenteil, sie werden erfreut sein. Mancher Milchfehler wird 
sich aufklären, wenn ein allezeit bereiter Tierarzt imstande 
sein wird, hier Abhilfe zu treffen und eventuell sofort den Stall 
zu untersuchen. Auch im Kühlwesen haben die Tierärzte von 
der empfindlichen Fleischbehandlung her eingehende Erfahrung, 
die gerade so gut der Butter zugute kommen kann. Die Hand¬ 
habung der Feuchtigkeitsmesser, die Sorge für das in den Kühl¬ 
hallen aufgehängte Fleisch ist gemeiniglich größer als die für 
die immerfort versandbereite Butter. Überhaupt haben die Tier¬ 
ärzte der Säuglingsmilchanstalten eingehende Erfahrung. Schließlich 
wird der Tierarzt als treuer Berater der Genossen diesen zur 
Verfügung stehen, — ebenfalls ein großer Vorteil. Die heutige 
Milchviehhochzucht mit ihren großangelegten Werten braucht 
heute einen Tierarzt nötiger als vor 20 und mehr Jahren. 
Manche Gegend, die sich noch keinen Tierarzt leisten kann, 
würde durch die Übertragung der Molkereidirektorstelle mit einem 
Schlage diese Sorge los. Ein großer Prozentsatz von Tierärzten 
stammt aus dem Lande; er hat hier seine erste Erziehung 
genossen und er weiß mit der Landwirtschaft Bescheid; in vielen 
Gegenden ist er sogar selbst ausübender Landwirt und es wird 
ihm daher leicht sein, in abgeschlossenen Gegenden für die 
Errichtung von Molkereianstalten sein Wort einzulegen. Auch 
in diesem Sinne kann ein tüchtiger Tierarzt Gutes wirken. 
Vorderhand wird es aber immerhin noch Leute geben, die in 





14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHEN8CHRIFT. 


365 


irgendwelcher Tätigkeit der Tierärzte ein Haar finden, sei es 
Nahrungsmittelkontrolle, sei es Pferdezucht, sei es Meierei- und 
Molkereiwesen. Den Leuten ist eben nicht zu helfen. Man 
muß sich aber darum zu trösten wissen. Dr. G. 

Nachklänge zu dem „gefährdeten Stand“. 

Von Tierarzt Lauff, 

Schlachthofdirektor in Merzig (Saar). 

In Nr. 37 der B. T. W., Jahrgang 1907, hatte der Kreistierarzt 
Herr Herrraann einen Fall von Maul- und Klauenseuche erwähnt, 
den ein Schlachthofdirektor auf dem Schlachthof festgestellt hatte 
Gemeint konnte nach dem Tone des Il.schcn Artikels nur der 
Schlachthofdirektor Lauff sein. Die Schlußsätze des Falles 
lauteten folgendermaßen: „Der betr. Schlachthofdirektor hatte sich 
nach Feststellung der Seuche telephonisch sofort mit dem Händler 
in Verbindung gesetzt und mit umschriebenen Redewendungen ihm 
den Rat erteilt, den noch vorhandenen Restbestand seines Viehes 
so schnell als möglich zu beseitigen. Dies hatte dem Mann genügt, 
und hatte er den ihm gegebenen Wink schnell aufgefaßt, wie der 
Erfolg es zeigte. 

Ich glaube daher nicht zu weit zu gehen mit der Behauptung, 
daß etwas Gleiches von einem Staatsbeamten ausgeschlossen sei.“ 

Ich beantragte sofort Einleitung eines Disziplinarverfahrens 
gegen mich und stellte Strafantrag gegen den Kreisticrarzt 
Herr mann durch meine Behörde. Die nächste Folge war die 
Aufforderung der Königlichen Regierung in Trier an mich, gegen 
den hiesigen Händler Eugen Salomon Strafantrag zu stellen 
wegen verleumderischer Beleidigung im Sinne des § 187 Str. G. B., 
da sich der dem Schlachthofdirektor Lauff gemachte Vorwurf 
nicht aufrecht erhalten ließe. Zeugo sollte der Kreistierarzt 
Herrmann sein, der nach wie vor behauptete, Salomon haboihm 
die Mitteilung gemacht. Salomon wurde vor dem Königlichen 
Schöffengericht freigesprochen, weil Herrmann nach seiner Eides¬ 
leistung erklärte, nicht mehr zu wissen, ob der Händler den Namen 
„Lauff“ oder die Bezeichnung „Schlachthofdirektor“ gebraucht 
habe. In seinem Schreiben an dio Königliche Regierung habe 
Herr H. den Anfang des überhaupt nicht stattgefundenen Telephon¬ 
gesprächs wie folgt angegeben: „Hier Schlachthof Merzig, Lauff“. 
Als die eidliche Vernehmung erfolgte, gab er obige Aussage ab. 
Auf Grund dessen mußte der Angeklagte vor dem Königlichen 
Schöffengericht freigesprochen werden. 

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hin wurde in der 
Sache am 27. April 1908 vor der Strafkammer in Trier nochmals 
verhandelt. Hierüber bringt der Berichterstatter der Trierschen 
Zeitung folgenden Bericht: 

„Der im gestrigen Abendblatt enthaltene Strafkammerbericht be¬ 
handelte u. a. die gegen einen Merziger Handelsmann wegen 
Beleidigung des Schlachthofdirektors Tierarztes Lauff erhobene Offizial¬ 
klage. Hierzu sei nachgetragen: Der Handelsmann hatte im Dezember 1904 
einen Waggon Vieh von auswärts bezogen, als man behördlicherseits 
Maßregeln gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche er¬ 
greifen wollte. Er soll nun telephonisch vom Schlachthofe aus davon 
unterrichtet worden sein, daß nach der angedeuteten Richtung hin eine 
besondere Stallrevision stattfinden werde. Dabei sei ihm der Rat er¬ 
teilt worden, den Stall möglichst bald zu räumen, andernfalls setze er 
sich der Gefahr einer Sperre aus. Es verbreitete sich dann das 
Gerücht, Schlachtdirektor Lauff persönlich habe dem Angeschuldigten 
die Warnung ztigehen lassen. Dem Schlachthofdirektor ist die Aus¬ 
übung der Privatpraxis gestattet worden. Um so empfindlicher berührte 
ihn das Gerücht, das wohl geeignet war, sein Ansehen in der öffent¬ 
lichen Meinung herabzuwürdigen. Wäre es richtig gewesen, so hätte 
man annehmen können, gerade wegen der Privatpraxis wolle der 
Schlachthofdirektor sich um die Gunst der Handelsleute bewerben. Das 
Schöffengericht in Merzig sprach den Handelsmann frei, da nicht nach¬ 
gewiesen erschien, daß er in Beziehung auf den Schlachthofdirektor 
eine derartige Äußerung gemacht hatte. Die vom Nebenkläger er¬ 
hobene Beruffing mußte mit der gleichen Begründung znrückgewiesen 
werden. Durch die Verhandlung ist aber auch festgestellt 
worden, daß der Schlachthofdirektor persönlich dem Be¬ 
klagten niemals eine Warnung in der eingangs erwähnten 
Weise hat zugehen lassen.“ 

Auch bei dieser Verhandlung wurde dem Kreistierarzt Herrn 
Herrmann seitens des Vorsitzenden vorgehalten, daß er früher 
stets behauptet und der Königlichen Regierung mitgeteilt habe, 


das Telephongespräch — von dem außer Herrmann niemand 
etwas wußte — habe gelautet: „Hier Schlachthof Merzig, Lauff“. 
Auch hier hielt er seine Behauptung, auf Grund deren die ganze 
Anklage erhoben war, nicht aufrecht. Es mußte daher Freisprechung 
des Angeklagten Salomon erfolgen. 

Veterinär-medizinische Sektion der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz. 

II. Wintersitzung am 8. März 1908. 

Nachdem nachmittags von Uhr die eingetroffenen Herren 

Gäste und Kollegen der Sektion dio reichen Sammlungen der Ge¬ 
sellschaft unter liebenswürdiger Führung des Museumsdirektors 
Herrn Dr. v. Rabenau besucht hatten, begrüßte der Sektions- 
Vorsitzende Herr Veterinärrät Borchardt die erschienenen Herren, 
zu denen auch das Präsidium der Naturforschenden Gesellschaft 
gehörte, welches den Arbeiten der Sektion weiteres frohes Gedeihen 
uud Weiterentwicklung wünschte, Herr Sanitätsrat Dr. Preise hieß 
besonders den Redner dos Tages, Herrn Medizinalrat Professor 
Dr. Roeder-Dresden, willkommen. 

Es waren erschienen 19 Tierärzte und 9 Mitglieder anderer 
Sektionen. 

1. Die Beschlüsse des tierärztlichen Provinzialvereins für 
Schleswig-Holstein (betr. Milchkontrolle) wurden zustimmend an¬ 
genommen. 

2. Vom Vorstand wird bekannt gegeben, daß in der Zeit vom 
6.—16. April ein Fortbildungskursus an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Dresden stattfindet. Herr Medizinalrat Professor 
Dr. Roeder gibt dazu Erläuterungen. 

3. Vortrag des Herrn Medizinalrat Professor Dr. Roeder- 
Dresden: „Über die Fortschritte in der Technik der Kastra¬ 
tion der Pferde“. 

Der hochgeschätzte Herr Redner führte etwa folgendes aus: 
Die Kastration ist eine uralte Operation und wird schon in der 
Bibel erwähnt (3. Mosis 22); auch bei Hesiod und Xenophon finden 
sich darauf bezügliche Stellen; in der Römerzeit schreibt Plinius 
über die Kastration der männlichen Kamele, Vogetius kennt das 
Abbrennen der Hoden bei Pferden und die Kluppen. Heinrich VII. 
von England erläßt ein Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges, 
im Mittelalter ritt kein Ritter einen Wallach. 

Was die Operation angeht, unterscheiden wir Abkluppen mit 
bedeckter und mit unbedeckter Scheidenhaut, ferner Unterbinden 
des Samenstranges mit bedeckter und mit unbedeckter Scheidenhaut, 
bekannt ist die Unterbindung der Samenarterien, das Abbrcnnen 
der Hoden ist nahezu verlassen; die jetzt herrschende Methode ist 
das Abdrehen und das Abquetschen. 

Unter Vorlage der verschieden konstruierten Instrumente wies 
der bekannte Praktiker auf die Vorteile und Nachteile der ver¬ 
schiedenen Emaskulatoren hin und faßte am Schluß seiner spannen¬ 
den und interessanten Rede seine praktischen Erfahrungen dahin 
zusammen, daß der Emaskulator nach Bertschy der beste sei, seiner 
Einführung jedoch der hohe Preis von 60 Mark im Wege stehe. 

Reicher einstimmiger, aufrichtiger Beifall zeigte dem geschätzten 
Redner, daß er von allen dankbar verstanden worden sei. 

Diese Dankbarkeit sprach auch der Vorsitzende unter noch¬ 
maligem Beifall der Versammlung aus. 

Die folgende Diskussion gab reiches Material, alle Anfragen 
wurden beantwortet und Zweifel zerstört 

4. Der Schriftführer referiert über eine Preisarbeit, die an¬ 
läßlich des 100jährigen Jubiläums der Gesellschaft im Jahre 1911 
von allen Sektionen geleistet werden soll. Auf Vorschlag des Herrn 
Veterinärrat Wilhelm-Zittau beschließt die Sektion, sich an den 
Arbeiten zu beteiligen und wählt einen Ausschuß, welcher die 
Angelegenheit im Auge behält. 

5. Die Sommersitzung findet Sonntag, den 21. Juni, in Form 
eines Ausfluges nach dem herrlichen Oybin bei Zittau statt. 
Abfahrt Görlitz 8 6;i vormittags. 

6. Es wird bekannt gegeben, daß der beliebte Herrenabend der 
Gesellschaft dieses Jahr in Form eines bayrischen Abends Sonnabend, 
den 11. April, im Sitzungssaal stattfindet. Zahlreiches Erscheinen 
erwünscht. Einladungen ergehen von der Gesellschaft. — Schluß 
der Sitzung um 7 Uhr. 





366 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


Eine Nachsitzung vereinigte die Herren Kollegen bei fröhlicher 
Stimmung noch kurze Zeit und nur zu bald führte die Eisenbahn 
die Herren den heimischen Penaten zu. 

Auf Wiedersehen! L. 

Versammlung der Gruppe Rheinland des Verbandes der Privattierärzte 
In Preußen. 

Abgehalten zu Düsseldorf im Artushof, nachmittags 2 '/ 3 Uhr. 

Anwesend sind die Herren, 1. Bettelhäuser-Duisburg, 

2. Dr. Flatten-Köln, 3. Weinberg-Aachen, 4. Staehler-Frechen, 
5. Wirtz-Kerpen, 6. Dr. Zanders-Viersen, 7. Graf-Wald (Rhld), 
8. Brauner-Solingen, 9. PIaten-Wevelinghoven, 10. Kuhl-Bur- 
scheid, 11. Dürnrnel-Osterath, 12. Thal-Dülken, 13. Althof- 
Betzdorf, 14. Schulte-Borbeck, 15. Lüne mann-Stoppenberg, 
16. C. Möllhoff-Essen, 17. Beckedorf-Krefeld, 18. Winter- 
Wesel, 19. Schick-Rheinberg, 20. Tacke-Ratingen, 21. Wigge- 
Düsscldorf, 22. Diekmann-Remscheid, 23. Friedheim-Solingen, 
24. Dr. Kallenbach-Kevelaer, 25. Dr. Wolff-Cleve, 26. Benne¬ 
witz-Doveren, 27. Brandmann-Benrath, 28. von Betteray- 
Kcvelaer. 

Der Vorsitzende Dr. Flatten eröffnet die Sitzung und begrüßt 
die erschienenen Herrn. 

Nach Verlesung des Protokolls über die Versammlung vom 
1. Dezember 1907, das nach Form und Inhalt genehmigt wird, be¬ 
richtet der Vorsitzende eingehend über die Generalversammlung 
in Berlin vom 8. Dezember 1907. 

Auf Anfrage des Kassierers, betreffend Eintrittsgeld, stellt 
Bettelhäuser aus den Statuten fest, daß von jedem neuen Mitglied 
5 M. Eintrittsgeld zu erheben sei, unabhängig von den Umlagen 
der Gruppe. 

Vor Neuwahl des Gruppenvorstandes erklären Wigge und 
Bettelhäuser, unter keiner Bedingung wieder ein Mandat an¬ 
nehmen zu können, da sie mit Arbeit, z. T. anderweitiger Vereins¬ 
arbeit überbürdet seien. Aus der Versammlung heraus wird an den 
Vorstand der Wunsch gerichtet, insgesamt im Amte zu bleiben, 
dem Wigge und Bettelhäuser jedoch aus dem angegebenen 
Grunde nicht willfahren zu können erklären. 

Aus der Zahl der von der Versammlung vorgeschlagenen 
Herren werden als Gruppen Vorstand erwählt: Dr. Flatten, 
Beckedorf, Staehler und Althof, von denen durch besondere 
Wahl mit 22 von 28 abgegebenen Stimmen Dr. Flatten als 
1. Vorsitzender wiedergewählt wird, nachdem von verschiedenen 
Seiten die Versammlung aufgefordert ist, durch ihr Votum dem 
bisherigen 1. Vorsitzenden, Dr. Flatten, ihr besonderes Vertrauen 
auszudrückcn. Die gewählten Herrn nehmen die Wahl an. 

Zu Delegierten für den Verbandsausschuß werden bestimmt: 
Dr. Flatten-Köln, Beckedorf-Crefeld, Althof-Betzdorf. 

Auf Anregung des Vorsitzenden beschließt die Versammlung 
folgenden Antrag an den Ausschuß für die Tagesogdnung der 
nächsten Generalversammlung am 26. April 1908 gelangen zu lassen. 

„Die Gruppe Rheinland des Verbandes der Privattierärzte in 
Preußon bittet, einen Beschluß herbeizuführen, nach welchem der 
Verbandsvorstand auf die Dauer von drei Jahren gewählt wird.“ 

Weiterhin findet ein Antrag des Dr. Zanders-Viersen ein¬ 
stimmig Annahme, der ebenfalls dem Ausschuß für die Tages¬ 
ordnung der nächsten General Versammlung überwiesen werden soll. 

„Bei Ausbruch von Maul- und Klauenseuche und Tollwut ist 
verschiedentlich durch Bekanntmachung angeordnet worden, daß 
die Untersuchung der zur Ausführung aus dem Sperrbezirk be¬ 
stimmten Tiere dem Kreistierarzt Vorbehalten sei. Da nach § 59, 7 
der Bundesratsinstruktion zum Reichsviehscuchengesetz nur tier¬ 
ärztliche Untersuchung vorgeschrieben ist, so beantragt die Gruppe 
Rheinland, daß der Verband der Privattierärzte in Preußen gegen 
jeden derartigen Fall zur Wahrung der Interessen der Privattier¬ 
ärzte eintritt.“ 

Wigge-Düsseldorf bespricht die in absehbarer Zeit bevor¬ 
stehende Bildung der Tierärztekammer und bittet, sich doch jetzt 
schon innerhalb der Gruppe auf Vertreter für dieselbe zu einigen. 
Die Versammlung bezeichnet als in erster Linie in Betracht kommend 
die Herren Bettelhäuser-Duisburg, Dr. Flatten-Köln und 
Wigge-Düsseldorf, zu denen noch weitere Herren in Vorschlag 


kommen sollen für den Fall, daß die Gruppe Rheinland mehrere 
Vertreter zu entsenden hat. 

Auf Antrag Wirtz-Kerpen beschließt die Versammlung, vor 
der Wahl zur Tierärztekammer eine besondere Gruppenversammlung 
anzuberaumen. Ein zweiter Antrag Wirtz wird ebenfalls an¬ 
genommen, demzufolge jährlich zwei Gruppenversammlungen ab- 
gchalten werden, von denen die Frühjahrs-Versammlung in Düssel¬ 
dorf stattfindet, auf der dann jedesmal der Ort für die Herbsttagung 
festgesetzt wird. Als Ort für die diesjährige Herbsttagung wird 
Köln bestimmt, wobei möglichst die Zeit der Oktober-Rennen ge¬ 
wünscht wird. 

Nachdem noch verschiedene Kollegen aus der Kleinprovinz 
namhaft gemacht sind, um zum Beitritt zum Verbände auf gefordert 
zu werden, schließt der Vorsitzende die Versammlung. 

Die Mitgliederzahl der Gruppe beläuft sich zurzeit auf 80. 

Der Gruppenvorstand: 

I. A. Althoff, Schriftführer. 

IX. Internationaler Tierärztlicher Kongreß In Haag, 
vom 14.—19. September 1909. 

Dem Berichte über die Sitzung des Ständigen Ausschusses der 
Internationalen Tierärztlichen Kongresse vom 14.—16. April 1908 
ist anzufügen, daß außer dem Herrn Ministerialrat Binder-Wien 
und Herrn Professor Leclainche in Toulouse Herr Geheimrat 
Professor Dr. Ostertag-Berlin, Direktor der Veterinärabteilung im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt, zum Mitglied der Kommission zur 
Ausarbeitung eines einheitlichen Schemas für die periodischen 
Veterinär-Aus weise erwählt wurde. Herr Geheimrat Dr. Ostertag 
hat die Wahl angenommen. 

Ferner hat sich nach Beginn der Verhandlungen ein Deutscher 
Ausschuß für Anregung zur Beteiligung an dem IX. Internationalen 
Tierärztlichen Kongreß gebildet. Er setzt sich zusammen aus dem 
Ausschüsse des deutschen Veterinärrates, dem Herrn Geheimrat 
Professor Dr. Esser-Göttingen, Herrn Oberregierungsrat Bciß- 
wänger-Stuttgart, Herrn Prof. Dr. Schmaltz, Rektor der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule Berlin, Herrn Kreistierarzt Zündel-Mül- 
hausen i. E, Herrn Veterinärrat Heyne, Departementstierarzt zu 
Posen und Herrn Mölter, Obertierarzt am Schlachthofe in München, 
denen sich Herr Geheimrat Prof. Dr. Ostertag, Direktor der 
Veterinärabteilung im Kaiserlichen Gesundheitsamte Berlin und 
Herr Geheimer Oberregierungsrat Dr. Lydtin-Baden-Baden, letzterer 
als Vorsitzender, angeschlossen haben. 

In den nächsten Tagen wird ein Aufruf des Ausschusses an 
die deutschen Tierärzte ergehen. 

42. Generalversammlung des Tierärztlichen Provinzialvereine für Posen 

am 24. Mai 1908, vormittags ll’/a Uhr, 

in Mylius Hotel Stadt Dresden zu Posen, Wilhelmstr. 23. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen. 

2. Bericht des Rendanten über den Stand der Vercinskasse. 

3. Die Bacteriotropine und Opsonine und ihre Bedeutung für die 
Veterinärmedizin. Referent Herr Dr. Mießner, Abteilungs¬ 
vorsteher im Kaiser Wilhelm-InBtitut zu Bromberg. 

4. Die Bekämpfung der Trichinose der Schweine durch Ver¬ 
nichtung der Ratten mittelst Ratin. 

5. Wahlen zum Veterinärrat und zur Zentral Vertretung. 

Um 3 Uhr findet ein gemeinsames Mittagessen statt (Kouvert 
3 Mark), zu welchem die Herren Mitglieder des Vereins und deren 
Damen mit der Bitte eingeladen werden, gefälligst die ZaRl der 
gewünschten Kouverts bis spätestens 20. Mai d. J. dem Unter¬ 
zeichneten angeben zu wollen. 

Der Tierärztliche Provinzial verein für Posen 
Heyne, Veterinärrat 

Verein kurhessischer Tierärzte. 

44. General-Versammlung am Sonntag, den 31. Mai 1908, 
vormittags lO'/a Uhr, im Grand-Hotel (Stecker) zu Wilhelmshöhe. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches. 

2. Einführung einer Minimaltaxe für die Tierärztliche Praxis. 
Referent: Tierarzt Dr. Kobel-Volkmarsen. 



14. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


367 


3. Beobachtungen über das Vorkommen von Schweineseuche 
unter dem Schwarzwild im Reinhardswald. Referent: 
Veterinärrat Tietze-Kassel. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Nach der Sitzung (gegen l'/ 4 Uhr) gemeinsames Mittagessen 
mit Damen im Grand-Hotel. 

Um 3 Uhr Aufbruch zur.Besichtigung der Wasserkünste. Sammel- 
pui!kt um 3 l / 9 Uhr am Fuße der Kaskaden. 

Nach Schluß der Wasserfälle (ungefähr 5 Uhr) treffen sich die 
Herren Kollgen mit den Damen im Konzertgarten des Grand-Hotel 
zum Kaffee. 

Um zahlreiches Erscheinen wird höflichst gebeten. Gäste sind 
aufs Herzlichste willkommen. 

Wegen der Vorbereitungen zum Mittagessen w r erden Anmeldungen 
zur Teilnahme unter Angabe der Personenzahl bis spätestens den 
25. Mai an den Unterzeichneten erbeten. Wer nicht absagt — kommt. 

Der Vorsitzende: 

- Veterinärrat Tietzc, 
Cassel, Parkstr. 9. 

Verain der Tierärzte des Reg.-Bez. Aachen. 

Frühjahrs Versammlung 

am 24. Mai, morgens 11 Uhr, auf dem Schlachthof zu Aachen. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten ev. Änderung der Statuten. 

2. Neuwahl des Vorstandes. 

3. Vortrag des Herrn Schlachfhofdirektors Bockeimann. 
Thema: a) Ein Ausflug in das Gebiet der Bakteriologie unter 

besonderer Berücksichtigung der tierpathogenen 
Mikroorganismen mit Lichtbildern, 
b) Demonstration lebender Bakterien in der Dunkel¬ 
feldbeleuchtung. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Nach der Sitzung gemeinschaftliches Diner. Zahlreiche Be¬ 
teiligung ist dringend im Vereinsinteresse erwünscht. 

Aachen, 8. Mai 1908. Der Vorstand:. Dr. Schmidt. 

The international Congress on Tuberculosis. 

Der Preis aus dem Hodgkins Fund in der Höhe von 1500 Pfund 
wird von dem Smithsonischen Institute in Washington gemäß* nach¬ 
folgender Ankündigung ausgesetzt. Im Oktober 1891 hat Hodgkins 
dem Smithsonischen Institut eine Schenkung gemacht, deren Ertrag 
verwendet werden soll, um eine genauere Kenntnis der Natur und 
Eigenschaften der atmosphärischen Luft im Zusammenhang mit 
der Wohlfahrt der Menschen zu verbreiten. Das Institut setzt daher 
im Sinne des Spenders von Zeit zu Zeit Preise aus, verteilt Medaillen 
und Unterstützungen zu Forschungszwecken. Im Zusammenhang 
mit dem bevorstehenden internationalen Kongreß zur Bekämpfung 
der Tuberkulose, welcher vom 21. September bis 12. Oktober 1908 
in Washington tagen wird, wird ein Preis von 1500 Pfund für die 
beste Abhandlung ausgesetzt, welche jenem Kongreß über die Be¬ 
ziehung der athmosphärischen Luft zur Tuberkulose vorgelegt 
werden wird. Für die Abfassung sind zulässig die deutsche, eng¬ 
lische, französische und italienische Sprache. DaB Institut behält 
sich das Recht vor, die preisgekrönte Abhandlung zu veröffentlichen. 
Bewerbern wird weitere Auskunft erteilt von Charles Walcott, 
Sekretär des Instituts. 

Aufhebung einer Ordnungsstrafe gegen einen Schlachthofdirektor. 

Der vor längerer Zeit aus seiner Stellung ausgeschiedene 
Schlachthofdirektor Janssen zu Elberfeld war von dem Oberbürger¬ 
meister in eine Ordnungstrafe von 20 M. genommen worden, weil 
in zwei Fällen die Futterordnung für den Schlachthof, wonach Tiere 
vor Beginn des Marktes nicht getränkt werden dürfen, nicht be¬ 
achtet worden war. Der Schlachthofdirektor erhob Beschwerde beim 
Oberpräsidenten der Rheinprovinz, der jedoch nicht Folge gegeben 
wurde. Gegen den Bescheid strengte der Bestrafte die Klage auf 
Aufhebung der Bestrafung durch den Oberbürgermeister beim Ober¬ 
verwaltungsgericht an. In der Verhandlung hat der beschuldigte 
Direktor folgendes ausgeführt: Eine reelle Firma habe im Mai die 
auf den Viehhof gebrachten Kälber früh um 5 Uhr tränken lassen, 
um sie vor dem Verenden zu bewahren. Der Direktor habe erst um 


8 Uhr auf dem Vichhof zu erscheinen; bis dahin unterstehe das 
Vieh der Aufsicht anderer Funktionäre, die ihm keine Mitteilung 
gemacht hätten. In einem andern Falle habe er wegen herrschender 
großer Hitze die Erlaubnis zum Tränken von Schweinen erteilt, um 
einen großen Schaden abzuwenden, den die Stadt später zu er¬ 
setzen gehabt haben würde. Das Oberverwaltungsgericht hat dar¬ 
aufhin der Berufung entsprochen und anerkannt, daß die Nicht¬ 
kenntnis des Vorganges im Mai kein disziplinäres Versehen sei, 
und daß der Kläger auch nicht nötig hatte, für die zweite be¬ 
gründete Maßnahme die nachträgliche Genehmigung einzuholen. 
Aus diesen Gründen mußte der Bescheid des Oberpräsidenten und 
die festgesetzte Ordnungsstrafe aufgehoben werden. 

Betätigung von Tierärzten in den Kommunalverbänden. 

Da vor einiger Zeit mit Recht in der „B. T. W.“ der Wunsch 
ausgesprochen worden ist, die Tierärzte, namentlich in kleineren 
Orten, möchten sich an dem kommunalen Leben beteiligen, so soll 
hier auch gelegentlich mitgeteilt werden, wo dies geschieht. So 
ist z. B. in Schafstedt (Reg.-Bez. Merseburg) der dortige Tierarzt 
Meißner stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher gewesen und 
zu Beginn dieses Jahres zum Stadtverordnetenvorsteher gewählt 
worden. Es versteht sich von selbst, daß er auch Mitglied der 
Sanitätskommission ist; ebenso ist er Mitglied der Baukommission 
und der Bepflanznngskommission. 

Ein niedlicher Druckfehler. 

Die Rheinisch-Westfälische Zeitung berichtet in ihrer Nummer 
vom 7. d. M. aus Berlin: „Im preußischen Landwirtschaftsministerium 
ist der ständige veterinärtechnische Hilfsarbeiter Konsistorialrat 
Nevermann zum Regierungs- und Veterinärrat befördert worden. 
Der Ernennung wird grundsätzlicher Wert beigelegt.“ 

Das glauben wir auch, daß eine derartige Verbindung dieser 
beiden Fakultäten grundsätzliche Bedeutung hätte. 

Rennsleg. 

Nach einer Notiz in der Wochenschrift für Tierheilkunde hat 
am Ostermontag beim Herrenfahren des Münchener Trabrenn- und 
Zuchtvereins Tierarzt Volkmann, Assistent am Institut für Tier¬ 
zucht an der Tierärztlichen Hochschule, den zweiten Platz helegt. 

Der Schweizer Dr. med. vet. 

Dem Vernehmen nach hat die veterinärmedizinische Fakultät 
der Universität Bern sich nunmehr mit dem preußischen Kultus¬ 
ministerium direkt in Verbindung gesetzt, um eine andere Be¬ 
handlung des in Bern erworbenen Doctor medicinae veterinariae 
zu erreichen. 

Kolonialschule in Witzenhausen. 

Tierarzt Schröter in Elze ist zum Lehrer an der Kolonial¬ 
schule ernannt worden. Diese Schule ist bekanntlich eine Privat- 
anstalt mit staatlicher Subvention, die jedoch bei normaler Ent¬ 
wicklung wohl dereinst zu einem Staatsinstitut werden dürfte. 

Lyon. 

Professor Galtier, Lehrer für gerichtliche Tiermedizin und 
Veterinärpolizei, ist gestorben. 

Freistudentenschaft. 

Mit dem 1. Mai d. J. tritt ein „Verband ehemaliger freier 
Studenten der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin“ ins 
Leben. Er bezweckt eine Förderung der freistudentischen Gedanken 
im akademischen Leben, insbesondere aber eine Unterstützung der 
freien Studentenschaft der Berliner Hochschule, aus deren früheren 
Angehörigen sich seine Mitglieder zusammensetzen. Seine Auf¬ 
nahme in den freistudentischen Bund, der die entsprechenden 
Organisationen der Universitäten, Technischen Hochschulen usw. 
umfaßt, ist gesichert 

Erklärung. 

Die Direktion der Halensia, Versicherungsgesellschaft auf 
Gegenseitigkeit in Halle a. S., sendet folgende Zuschrift: 

Der Nr. 18 Ihrer geschätzten Zeitschrift entnahmen wir den 
Artikel: 

„Tierarzt“ Ludwig in Habelschwerdt (vgl. B. T. W. 
Nr. 18, S. 324). 





368 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


Zur Aufklärung möchten wir bemerken, daß der Herr Ludwig 
weder Vertreter unserer Gesellschaft ist, noch sich uns gegenüber 
als Tierarzt bezeichnete. Des ferneren ist uns von einem 
Ökonomen mit der gräflichen Gutsverwaltung zu Alt-Waltersdorf 
nichts bekannt. Um Irrtümern vorzubeugen, bitten wir, vorstehende 
Berichtigung in Ihrer geschätzten Zeitschrift gütigst aufnehmen 
zu wollen. 

Geheimmittelanzeige. 

Neuerdings hat eine Anzeige Aufsehen erregt, die in ver¬ 
schiedenen Zeitungen erschienen ist und mir von mehreren Seiten 
mit dem Ersuchen um Bekanntgabe zugesandt worden ist. Ich 
begnüge mich, diesem Verlangen ohne Kommentar zu entsprechen. 
„Mittel gegen Kälberruhr. Gegen Einsendung von 4,50 M. versende 
durch eine hiesige Apotheke ein probates Mittel nebst Gebrauchs¬ 
anweisung gegen Kälberruhr. Staatstierarzt a. D. D. Völlers, 
Hamburg-Eimsbüttel, Bismarckstraße 5.“ 


Literarische Notizen. 

Gustav Rau: Die Not der deutschen Pferdezucht Eine kritische 
Darstellung der bestehenden Verhältnisse und Vorschläge zu einer 
Verbesserung. Stuttgart 1907. Verlag von Schickhardt & Ebner 
(Konrad Wittwer). Geheftet 4 M., geb. 4,80 M. 

Ein hochinteressantes Buch. Es behandelt in ausführlicher 
Darstellung die brennendsten Fragen der deutschen Pferdezucht, 
übt an den einschlägigen Förderungsmaßnahmen freimütige Kritik 
und bringt eine Reihe von sehr beachtenswerten Verbesserungs¬ 
vorschlägen, darunter auch solche hinsichtlich der Ausbildung von 
Gestütsbeamten. Auch wenn man mit dem Verfasser nicht in allen 
Punkten übereinstimmt, wird man aus dem Buch eine Fülle von 
Anregungen schöpfen. Ich empfehle das Studium des Werkes allen 
Kollegen bestens, Vogel. 

Meyer« Kleines Konversationslexikon. 7. Auflage in 6 Bänden 
mit 130000 Artikeln und Stichworten, 520 Tafeln, Karten und Plänen 
und etwa 100 Textbeilagen. Band 1 und 2, A bis Galizien. Zusammen 
2000 Seiten in Halbfranz gebunden. Preis jedes Bandes 12 M. 

Das große Meyersche Konversationslexikon ist rühmlichst bekannt. 
Es bietet eine enorme Fülle der Belehrung, nnd seine Artikel sind so 
eingehend gestaltet, daß sie zuni großen Teil weit über den Bedarf 
des gebildeten Laien hinausgehen und eine wirklich fachmännische 
Orientierung gewähren. Die Verlagsbuchhandlung hatte seit langem 
neben diesem Großen Lexikon ein Kleines herausgegeben, welches 
durch seinen bescheidenen Preis weiteren Kreisen zugänglich sein und 
gleichzeitig doch dem Zweck der allgemeinen Belehrung genügen sollte. 
Diesem letzteren Zwecke vermochte jedoch der Inhalt des auf drei 
Bände zusammengedrängten Kleinen Konversationslexikons immerhin 
nur oberflächlich zu genügen. Um das hier speziell Interessierende 
lierauszugreifen, so war das Veterinärwesen in diesem Kleinen Lexikon 
z B. recht ungenügend behandelt. Die Verlagsbuchhandlung wird er¬ 
kannt haben, daß diese kleine Ausgabe doch nicht hinreichend sei, um 
die heute allgemein anerkannte Aufgabe eines Konversationslexikons zn 
erfüllen. Sie hat daher an die Stelle jenes Kleinen Lexikons gewisser¬ 
maßen eine mittlere Ausgabe treten lassen, welche den doppelten Um¬ 
fang erhält, ohne daß dadurch der Preis den heute üblichen Aufwand 
für ein gutes Buch übersteigt. Die beiden vorliegenden ersten Bände 
legen Zeugnis davon ab, daß es bei dieser Bemessung deB Raumes dem 
gleichzeitig überall erkennbaren Streben aller Mitarbeiter nach Knapp¬ 
heit und Schärfe der Darstellung möglich ist, eine wirklich gründliche 
Belehrung zu bieten in einer Form, die dem Bedarf des Laien vielleicht 
sogar mehr entgegenkommt, als dies die sehr eingehenden Artikel des 
Großen Lexikons tun. Der Reichtum an schmückenden und instruktiven 
Bildern, die zum Teil, namentlich was die Tafeln angeht, dem Großen 
Lexikon entnommen sind, ist ein außerordentlicher. Das nunmehrige 
Kleine Meyersche Konversationslexikon verdient daher die beste 
Empfehlung nnd weiteste Verbreitung Schmaltz. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen den Oberveterinären Bawich 
im Feldart.-Regt. Nr. 40, Wolff im Feldart.-Regt. Nr. 15, Schmidt im 
Ulan.-Regt. Nr. 6, Rau im Feldart.-Regt. Nr. 8 der Königl. Kronen¬ 
orden vierter Klasse mit Schwertern am weißen Bande mit schwarzer 
Einfassung; dem Schlachthofdirektor Jakob A/a</m-Mflnchen das 
Ritterkreuz des Österreichischen Franz Joseph-Ordens. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierärztliche 
Hochschule Berlin: Die Tierärzte Dr. Robert Hinixe und Dr. 
Ludwin Seibel zu Repetitoren, Oberveterinär Dr. Hobstetter zum 
Assistenten und Dr. Willy Pfeiler zum wissenschaftlichen Hilfs¬ 


arbeiter am Pathologischen Institut; Julius Döbrieh zum Assistenten 
am Anatomischen Institut; Paul Meyer aus Zöberitz zum Assistenten 
an der Poliklinik für kleine Haustiere; Dr. Pincussohn zum 
Assistenten und Dr. Adloff zum Hilfsarbeiter am Physiologischen 
Institut. — Hygienisches Institut der Universität Rostock 
i. Meckl.: Tierarzt Curt Preßlcr vom Schlachthof zum Volontär¬ 
assistenten bei der Abteilung zur Erforschung von Tierkrankheiten. 
— Schlachthof Verwaltung: Schlachthof inspektor F. Hensler- 
Demmin zum Schlachthofdirektor, Polizeitierarzt Dr. Karl Oestem- 
Hamburg zum Obertierarzt am Schlacht- und Viehhof in Essen 
(Ruhr), die Tierärzte Carl Bolle und Johann Mrotik zu Assistenz¬ 
tierärzten am städtischen Schlachtbof in Rostock, Tierarzt Max 
Gruber- Gerabronn zum Stadttierarzt in Murrhardt — Versetzt: 
Kreistierarzt Dope-Lingen in gleicher Eigenschaft nach Neuenhaus, 
Kreis Grafschaft Bentheim. 

Niederlassungen: Die Tierärzte R. Killisch in Rastenburg, Rhein- 
heimer in Lambsheim (Pfalz). — Verzogen: Polizeitierarzt Theodor 
Huyel- Hamburg als bezirßstierärztlicher Assistent nach Mosbach 
(Baden), die Tierärzte Karl Afatf-Glan-Münchweiler nach Lambsheim 
(Pfalz), Ludwig Schlägel- Gießen nach Freiburg (Breisgau). 

Promoviert: Die Tierärzte Ludwig Antfcrs-Lalnschin und Hans 
Jocmcte-Dresden zum Dr. med. vet. in Bern bzw. Zürich. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Stabsveterinär Richter im 
Grenadier-Itegt. zu Pferde Nr. 3 zum Oberstabsveterinär; die 
Studierenden der Militär-Vcterinär-Akademie Schiunk im Feldart- 
Regt. Nr. 15, Tjinyc im Feldart.-Regt. Nr. 70, Abromeit im Feldart.- 
Regt. Nr. 37 zum Unterveterinär, sämtlich unter gleichzeitiger 
Kommandierung auf sechs Monate zur Militär-Lehrschmiede. — 
Versetzt: Die Unterveterinäre Witxki im Hus.-Regt. Nr. 8 von 
Paderborn nach Neuhaus, Borcherdt im Feldart.-Regt. Nr. 31 zum 
1. Garde-Drag-Regt. — Kommandiert: Die Oberveterinäre Pfeffer¬ 
korn im Jäger-Regt. zu Pferde Nr. 2 und Neumann im Feldart.- 
Regt. Nr. 75 zu einer sechsmonatigen Probedienstlcistung zu dem 
Remontedepots Kattenau bzw. Jurgaitschen, Amann im Feldart.- 
Regt. Nr. 30 als Hilfsinspizient zur Militär-Veterinär-Akademie, 
Lührs im 1. Garde-Feldart.-Regt unter Rücktritt vom Kommando 
als Hilfsinspizient zur Militär-Veterinär-Akademie, als Hilfsassistent 
zur Militär-Lehrschmiede Berlin. — Zugang: Oberveterinär 
Gräbenteich, früher in der Schutztruppe, im Feldart.-Regt Nr. 30 
wiederangestellt. — Verabschiedet: Die Oberveterinäre Hüte 
im Feldart.-Regt. Nr. 22, Braun und Kleineidamm im Ulan.-Regt. 
Nr. 1, Lemke im Feldart.-Regt. Nr. 7 auf Antrag mit Pension in 
den Ruhestand versetzt. 

Im Beurlaubtenstande: Preußen: Befördert: Die Stabs¬ 
veterinäre a. D. Mrvyouski (Boz.-Kdo. Halberstadt), Tragisch, 
Hermann Schröder (Bez.-Kdo. III Berlin), Schlacgel (Bez.-Kdo. 
Potsdam) zum Oberstabsveterinär, Oberveterinär Stier , Garde-Landw. 
1. Aufgeb. vom Bez.-Kdo. Wesel zum Stabsveterinär, Unterveterinär 
der Garde-Reserve Stempel vom Bez.-Kdo. Neustettin zum Ober¬ 
veterinär, der Unteroffizier der Reserve Tierarzt Jülimj zum Unter- 
veterinär. — Abgang: Den Oberveterinären der Reserve Dillhoff 
(Bez.-Kdo. Osnabrück), Meyer (Bez.-Kdo. Soest), Kneip (Bez.-Kdo. 
St. Johann), Koscltwald (Bez.-Kdo. m Berlin), Sturm (Bez.-Kdo. 
Bernburg) der erbetene Abschied bewilligt — Bayern: Abgang: 
Den Oberveterinären Sebastian Schütx von der Landw. 2. Aufgeb. 
(Amberg), Friedrich Voltx von der Landw. 2. Aufg. (Nürnberg) der 
erbetene Abschied bewilligt. 

Todesfall: Tierarzt />*wtt6«i«T-Allershausen bei Freising. 


Vakanzen. (v g i. Nr. is.) 

Kreistierarztstelle: Reg.-Bez. Osnabrück: Lingen. Bewerb, 
innerhalb drei Wochen an den Regierungspräsidenten; Reg.-Bez. 
Posen: Kosehmin. Bewerbungen innerhalb drei Wochen an den 
Regierungspräsidenten. 

Bakteriologisches Institut der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Sachsen: Bakteriolog. geschulter Tierarzt als 4. Assistent, bald. 
Gehalt 2400 M. Bewerb, umgehend. 

Schlachthofstelle: Barmen (Rhld.): 1. ABsistenztierarzt, zum 
1. August. Gehalt 2400 M. bis 4500 M., freie Wohnung usw. Be¬ 
werbungen bis 1. Juni an das Oberbürgermeisteramt. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbmalts in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung ron Richard Scboets in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 








Oi« „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ ersehe! it 
'.»öchentllch im Verlege ron Rlcherd ßchoetz In 
Herl in SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (II. 4,88 für die Wochenschrift, 12 PC, für Bestellgeld) 
frei 1ns Heus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Origin alb etträge werden mit 60 Mk. ( in Petltsats ml, 
60 Mk. för den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Herl in, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW, Luiscnstrafio 56. Korrekturon, 
Resensions-Exemplaro und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Vetcrinürrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Vetcrinärrat Preuße 

Dr. Richter 

Professor 

Departementstlerarzt 

Kreistierarzt 

Departementstlerarzt 

Departementstierarzt 

Professor 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Wehrle 

Zündel 

Profesaor 

Professor 

Professor 

Landestierarzt ▼. Bayern 

Kaiser!. Regierungsrat 

Kreistierarzt 

Dresden. 

Freiburg l. Br. 

Dresden. 

München. 

Berlin. 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


21 . Ansgegeben am 21. Mai. 


Inhalt: Wölfel: Die konjunktivale Tuberkulinreaktion beim Rind. — Leistlkow: Dio neuere Art der Bekämpfung der 
Maul- und Klauenseuche. — Referate: Moussu: über die Behandlung von scheintoten Neugeborenen. — Edelmann: 
Mitteilungen aus den Berichten der Bezirkstierärzte auf das Jahr 1906. — Tageegeochlchte: He in ick: Deutscher und Schweizer 
Dr. med. vet — Die bisher genehmigten Dr. med. vet. der Schweiz. — Tiersenchengesetz statt Viehseuchengesetz. — Roßarzt 
Rietzei. — Der Wiener Studentenkrawall. — Über den Versicherungsvertrag. — Protokoll über die 62. Generalversammlung 
des Tierärztlichen Zentralvereins für die Provinz Sachsen, die Anhaitischcn und dio Thüringischen Staaten. — Verschiedenes. — 
Literarische Notizen. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus dem Veterinärinstitut der Universität Breslau. 

Direktor: Professor Dr. Casper.) 

Die konjunktivale Tuberkulinreaktion beim Rind. 

Von Dr. Kurt Wölfel, 

I. Assistent des Instituts. 

Am 3. Juni 1907 teilte Wolff-Eisner (1) in der Berliner 
Medizinischen Gesellschaft mit, daß es ihm gelungen sei, durch 
Einträufeln einer zehnprozentigen Lösung von Tuberkulin bei 
Tuberkulösen eine Konjunktivitis zu erzeugen. Calmette (2) 
bildete diese Methode beim Menschen weiter ans und nannte 6ie 
Ophthalmoreaktion, während Valide (3) die ersten Versuche an 
Tieren ansführte. 

Valide benutzte dazu tuberkulöse Pferde, Rinder und Meer¬ 
schweinchen und erhielt bei den beiden zuerst genannten Tier¬ 
arten deutliche konjunktivale Reaktionen. 12—24 Stunden, nach¬ 
dem er den Tieren das Tuberkulin in ein Auge geträufelt hatte, 
das andere zur Kontrolle benutzend, trat bei diesen eine leichte 
Ptosis, Tränenfluß, Ödem, und lebhafte höhere Rötung der Kon- 
jnnktiva auf. Zuweilen konnte er auch Ekchymosen, oft die Ab¬ 
sonderung eines schleimig-eitrigen Sekrets nacliweisen. 

Während bei sämtlichen tuberkulösen Pferden und Rindern 
eine deutliche Reaktion anftrat, war diese bei den Meerschweinchen 
sehr undeutlich. 

Später teilte Valide (3) mit, daß die Reaktion schon nach 
6, 8 und 12 Stunden, selten später anftritt und nach lVa bis 
4 Tagen noch zu sehen ist. Gleichzeitig stellte er fest, daß 
die konjunktivale Reaktion von einer Temperaturerhöhung nicht 
begleitet wird. 

Lignit* res (5) verwandte für seine Versuche konzentriertes 
Tuberkulin. Er vei langt, daß die Konjunktivitis von der Ab¬ 
sonderung eines Sekrets begleitet ist, welches hauptsächlich aus 
polynukleären Leukozyten besteht. Tränenfluß, selbst geringe 
Schwellung der Augenlider und leichte Entzündung der Kon- 


junktiva genügen ihm nicht, um die konjunktivale Reaktion als 
positiv erscheinen zu lassen. 

Nach ihm erscheint die Reaktion schon vor Ablauf der 
dritten Stunde nach dem Einträufeln und dauert 12 Stunden, 
zuweilen länger an. In manchen Fällen hat er das Auftreten 
der Reaktion erst nach 24 Stunden beobachtet. 

Er hat bei 200 tuberkulösen Tieren stets eine deutliche 
konjunktivale Reaktion erhalten, niemals hei gesunden. Auch 
haben sämtliche Tiere, welche auf die subkutane Injektion von 
Tuberkulin reagierten, eine deutliche konjunktivale Reaktion 
gegeben. 

Vanderheyden (6) hatte nicht so günstige Resultate. Er 
hat bei 11 Tieren, die teils klinisch verdächtig waren, teils auf 
Tuberkulin reagiert hatten, keine deutliche konjunktivale Reaktion 
erhalten und spricht deshalb dieser Methode einen praktischen 
Wert ab. 

Auch Valide (7) scheint nach seinen neuesten Veröffent¬ 
lichungen nicht so glänzende Resultate gehabt zu haben, wie 
vorher, erwähnt er doch Tiere, welche tuberkulös waren, aber 
keine konjunktivale Reaktion gaben. 

Bei seinen neuesten Versuchen hat er hauptsächlich die 
subkutane Tuberkulinprobe mit der konjunktivalen verglichen. 
Es haben ihn wohl hierzu die Erfahrungen von Irr und Claude 
und Morrel veranlaßt, welche feststellten, daß gewisse Tiere, 
welche auf die subkutane Injektion reagierten, keine konjunktivale 
Reaktion gaben. Er konnte diese Tatsache bestätigen, fand 
aber auch, daß manche Tiere, die bei der subkutanen Tuberkulin¬ 
probe nicht reagierten, eine positive konjunktivale Reaktion 
gaben. 

Ferner stellte er fest, daß durch wiederholtes Einträufeln 
die Empfindlichkeit der Konjunktiven erhöht wird. „Es scheint“ 
ihm aber, daß bei tuberkulösen Tieren, welche die konjunktivale 
Reaktion von vornherein nicht geben, diese auch durch wieder¬ 
holtes Einträufeln in dasselbe Auge nicht hervorzurufen ist. 






370 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Schließlich hebt Vallee (7) in seiner neuesten Mitteilung 
hervor, daß die konjunktivale Reaktion durch eine vorhergehende 
subkutane Injektion von Tuberkulin nicht behindert wird, wie 
dies bei der letzteren der Fall ist. Er hat dies bei 10 tuberkulösen 
Kühen festgestellt, welche 48 Stunden nach der subkutanen 
Injektion eine deutliche konjunktivale Reaktion gaben. 

Er glaubt in der konjunktivalen Reaktion ein sehr gutes 
Mittel gefunden zu haben, um betrügerische Manipulationen 
aufzudecken, und hält dieses Mittel für besser, als die bisherige 
Methode der Einspritzung einer doppelten Dosis Tuberkulin. 

Veranlaßt durch die günstigen Resultate, welche die Human¬ 
mediziner erzielten, und durch die ermutigenden Mitteilungen 
Lignieres, habe ich seit Anfang dieses Jahres Versuche mit 
der konjunktivalen Reaktion gemacht. 

Gelegenheit hierzu boten mir die klinischen Untersuchungen, 
die ich im Aufträge der Seuchenschutzstelle der Landwirtschafts¬ 
kammer für die Provinz Schlesien ausführte. Zu besonderem 
Danke bin ich dem fürstl. Hohenloheschen Ökonomie-Direktor 
Herrn Liebner verpflichtet, welcher die Liebenswürdigkeit hatte, 
mir das Material zu dem unten eingehend beschriebenen Versuche 
zu überlassen. Ich versäume deshalb nicht, demselben auch an 
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

Leider war es mir nicht möglich, meine Befunde durch die 
Sektion zu kontrollieren, ich mußte mich darauf beschränken, 
bakteriologisch oder klinisch als krank erkannte bzw. verdächtige 
Rinder für meine Versuche zu benutzen. 

Durch an 57 Rindern angesteilte Versuche konnte ich fest¬ 
stellen, daß man mit einer 1—5 prozentigen Lösung von Alt¬ 
tuberkulin Koch eine deutliche Reaktion nur in seltenen Fällen 
erhält. Mit einer 7 prozentigen Lösung waren die Resultate 
schon bedeutend besser, während man mit einer 10 prozentigen 
gute Reaktionen erzielt. Nachdem mir die Arbeit Lignieres, 
welcher konzentriertes Tuberkulin benutzte, bekannt geworden 
war, ging ich ebenfalls dazu über das Alttuberkulin Koch, sowie 
es aus Höchst-Main bezogen wurde, d. h. unverdünnt, anzuwenden. 
Von 10 derartig behandelten Kühen, reagierten eine kranke und 
3 verdächtige deutlich, 2 verdächtige reagierten zweifelhaft, eine 
verdächtige nicht, von 8 klinisch unverdächtigen Tieren reagierte 
eins deutlich, zwei nicht. 

Nach Anstellung dieser Vorversuche, bot sich mir Gelegenheit 
anl3klinisch als krank erkannten Kühen der fürstl. Hohenloheschen 
Güterdirektion Ponischowitz, einen eingehenden Versuch zu 
machen. 

Es kam mir hierbei hauptsächlich darauf an, die bekannte 
subkutane Tuberkulinprobe mit der konjunktivalen zu vergleichen 
und festzustellen, welchen Einfluß die Injektion von Tuberkulin 
auf eine später folgende konjunktivale Reaktion hat. Gleich¬ 
zeitig wollte ich nachprüfen, ob die konjunktivale Tuberkulin¬ 
probe einen Einfluß auf das Allgemeinbefinden ausübt und eine 
Temperaturerhöhung zur Folge hat und feststellen, welches 
der geeigneteste Zeitpunkt für die Kontrolle der behandelten 
Augen ist. 

Der Versuch wurde in folgender Weise ausgeführt: Am 
16. März wurde 13 kranken Kühen und 3 unverdächtigen Ochsen 
morgens zwischen */ a 7 und 7 Uhr je ein Tropfen Alttuberkulin 
Koch unverdünnt in das rechte Auge geträufelt. Zu diesem 
Zwecke wurde der Kopf mit Hilfe von zwei Männern, von 
denen der eine die Hörner der andere die Nase hielt, so 
gedreht, daß das rechte Auge nach oben sah. Darauf wurde 


ein Tropfen von unverdünntem Alttuberkulin Koch in die Nähe 
des äußeren Augenwinkels eingeträufelt. Sofort nach dem Ein¬ 
träufeln wurde das untere Augenlid etwas vom Augapfel ab¬ 
gezogen, um zu verhindern, daß das Tuberkulin teilweise mit 
der Tränenflüssigkeit wieder aus dem Lidsack ausgespült wurde. 
Nach drei Stunden wurden dann die Augen untersucht und 
diese Kontrolle zweistündlich bis x fß Uhr abends fortgesetzt. 

Vor dem Einträufeln des Tuberkulins und bei jeder Be¬ 
sichtigung der Augen wurden die Temperaturen im Mastdarm 
gemessen. Abends zwischen 3 /i9 und 9'/ 4 Uhr wurde jedem 
Tiere 5,0 g einer zehnprozentigen Tuberkulinlösung unter die 
Haut gespritzt. Am 17. früh 8 Uhr wurden die Messungen 
wieder begonnen und um 8, 10, 12 und 3 Uhr wiederum in 
Verbindung mit der Kontrolle der Augen wiederholt. 

Acht Tage später am 25. wurde die konjunktivale Reaktion 
zum zweiten Male ausgeführt. Hierbei konnte ich feststellen, 
daß bei keinem der benutzten Augen irgendwelche krankhaften 
Folgezustände zurückgeblieben waren. Es wurde dieses Mal das 
linke Auge benutzt, da nach den letzten Mitteilungen Vallöes 
die Empfindlichkeit der Konjunktiva bei wiederholtem Ein¬ 
träufeln in dasselbe Auge erhöht wird. 

In der unten angeführten Tabelle unterscheide ich folgende 
Arten der Reaktion: 

Sehr deutlich nannte ich die konjunktivale Reaktion dann, 
wenn sie in Form einer heftigen Konjunktivitis im Verein mit 
starker Injektion der episcleralen Gefäße auftrat. Die Ent¬ 
zündung der Lidbindehäute war in diesen Fällen derart, daß in 
ihnen Petechien auftraten und vor allem eine reichliche Menge 
Sekret abgesondert wurde, welches überwiegend polynukleäre 
Leukozyten, etwas Schleim und vereinzelte Plattenepithelien 
enthielt. 

Als deutlich habe ich diejenigen Reaktionen bezeichnet, 
welche zwar auch eine heftige Konjuntivitis, meist auch 
Injektion der Episcleralgefäße zeigten, bei denen aber die 
Petechien fehlten und die Sekretion nur ziemlich reichlich, zu¬ 
weilen sogar nur spärlich war, das abgesonderte Sekret aber 
überwiegend aus polynukleären Leukozyten bestand. 

Als zweifelhaft wurden die Reaktionen angesehen, bei 
denen eine schwache Konjunktivitis auftrat und nur sehr 
spärliche Mengen oder nur Spuren eines Sekrets abgesondert 
wurden, welches zwar polynukleäre Leukozyten, außerdem aber 
auch reichliche Mengen von Schleim und zahlreiche Epithelien 
enthielt. 

Negativ waren diejenigen Reaktionen, bei denen entweder 
nur eine höhere Rötung der Konjunktiva auftrat, oder auch 
Spuren von Sekret abgesondert wurden, dieses Sekret aber 
noch weniger polynukleäre Leukozyten enthielt, als das bei den 
zweifelhaften Reaktionen auftretende. 

Aus der nebenstehenden Tabelle ist folgendes zu entnehmen: 

Die Bubkutane Tuberkulinprobe fiel bei allen 15 geimpften 
Tieren, auch bei den klinisch unverdächtigen, positiv aus. 

Auf die konjunktivale Applikation reagierten bei dem ersten 
Versuch von den 16 benutzten Rindern 11 deutlich bzw. sehr 
deutlich, die drei klinisch unverdächtigen Ochsen zweifelhaft, 
während zwei Kühe überhaupt keine Reaktion zeigten. 

Acht Tage nach der subkutanen Impfung mit Tuberkulin 
reagierten von den 15 so vorbehandelten Rindern 11 deutlich, 
2 zweifelhaft und 2 nicht. 



21. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


371 


Nr. 

Geschlecht 

Klinischer Befund 

Subkutane 

Tuberkulin¬ 

probe 

Konjunk¬ 
tivale Reak¬ 
tion 

am 16. März 

Eintritt 

der 

Reaktion 

nach 

Ver¬ 

schwinden 

der 

Reaktion 

nach 

Befund nach 
33 Stunden 

Konjunk¬ 
tivale Reak¬ 
tion 

am 25. März 

Tempera¬ 

turen 

am 16. März 

1. 

Kuh 

Husten, struppiges Haarkleid, 
Abmagerung, trüber Blick. 
Im Rachenschleim Tuberkel¬ 
bazillen. 

nicht ange¬ 
stellt 1 ) 

sehr deutlich 

9 Stunden 


Reaktion 
dauert fort 

sehr deutlich 

38,4-39,8. 

2. 

Kuh 

Husten, brummende Atmung 
rechts. 

positiv 

negativ 


- 


negativ 

38,3-38,6. 

3. 

Kuh 

Husten, giemende Atmung 
beiderseits. 

positiv 

deutlich 

7 Stunden 

33 Stdn. 

- 

deutlich 

38,4—38,8. 

4. 

Kuh 

Husten brummende Atmung 
beiderseits. 

positiv 

sehr deutlich 

7 Stunden 


dauert fort 

deutlich 

38,4-38,8. 

5. 

Kuh 

Husten, giemende Atmung 
rechts, verschärftes Vesicu- 
läratmen links. 

positiv 

i 

sehr deutlich.3 Stunden 

1 

l 

— 

im Ver¬ 
schwinden 

deutlich 

38,5-38,7. 

6. 

Kuh 

Husten, giemende Atmung 
rechts. 

positiv 

sehr deutlich 5 Stunden 

' 

1 

_ 

im Ver¬ 
schwinden 

deutlich 

38,3-38,8. 

7. 

Kuh 

Husten, giemende Atmung 
links. 

positiv 

deutlich 

7 Stunden 

- 

im Ver¬ 
schwinden 

deutlich 

38,4-38,7. 

8. 

Kuh 

Husten, giemende Atmung 
beiderseits. 

positiv 

deutlich 

3 Stunden 

i 

im Ver¬ 
schwinden ; 

deutlich 

i 38,5-39,0. 

9. 

Kuh 

Husten, brummende Atmung 
rechts. 

positiv 

negativ 


j 

- ; 

negativ 

38,G—38,9. 

10. 

Kuh 

Husten, brummende Atmung 
links. 

positiv 

deutlich 

7 Stunden 

- 

dauert fort ! 

deutlich 

38,2-38,5. 

11. 

Kuh 

Husten, verschärftes Vesicu- 
täratmen rechts. Im Rachen¬ 
schleim Tuberkelbazillen. 

positiv 

deutlich 

9 Stunden 

— 

im Ver¬ 
schwinden 

1 

deutlich 

38,3-38,6. 

12. 

Kuh 

Husten, brummende und gie¬ 
mende Atmung beiderseits. 

positiv 

deutlich 

5 Stunden 

- 

! 

dauert fort 

deutlich 

38,6-39,0. 

13. 

Kuh 

Hustenanfälle, verschärftes 

Vesiculäratmen rechts und 
Brummen links. 

positiv 

sehr deutlich 5 Stunden — 

j ' | 

dauert fort 

1 

sehr deutlich 

38,3-38,5. 

14. 

Ochse 

unverdächtiger Husten. 

positiv 

zweifelhaft 

9 Stunden 

- 

dauert fort 

zweifelhaft 

38,6-39,0. 

15. 

Ochse 

negativ. 

positiv 

zweifelhaft 

23 Stdn. 


dauert fort 1 

1 

sehr 

deutlich a ) 

38,4-38,6. 

16. 

Ochse 

negativ. 

i positiv 

zweifelhaft 

- 3 ) 

- 

i 

zweifelhaft 

38,4 -38,6, 


*) Ua die Kuh am 16. III. abends 39,8 Temperatur hatte, wurde die subkutane Injektion unterlassen. — *) Da das linke Auge 
höher gerötet war, mußte beim zweiten Versuch wiederum das rechte Auge benutzt werden. — 3 ) Bei diesem Tier trat nach 11 Stunden 
höhere Rötung beider Augen auf, weshalb der erste Versuch unrein ist. 


Die Zahlen haben sich im Vergleich zum ersten Versuch 
etwas verschoben, da zunächst die Kuh 1. nicht subkutan mit 
Tuberkulin geimpft worden ist, und deshalb für die zweite Ver¬ 
suchsanstellung nur als Kontrolltier in Betracht kam. Das linke 
Auge reagierte bei dieser Kuh in derselben heftigen Weise, wie 
das rechte 8 Tage zuvor. Ferner hat von den drei im ersten 
Versuch zweifelhaft reagierenden Ochsen Nr. 15 das zweite Mal 
sehr deutlich reagiert. Man muß in diesem Falle berücksichtigen, 
das bei diesem Tier die zweite konjunktivale Reaktion an dem¬ 
selben Auge vorgenommen wurde, wie die erste. Nach 
v. Pirquet (8) haben aber die auf nochmaliges Einträufeln 
eintretenden Reaktionen einen sehr zweifelhaften Wert, da Kohn 
und Klemperer bei nicht tuberkulösen Menschen eine Über¬ 
empfindlichkeit durch wiederholtes Einträufeln erzeugt haben. 

Daß die Empfindlichkeit der Konjunktiva bei tuberkulösen 
Rindern nach Ablauf einer konjunktivalen Reaktion erhöht ist, 
konnte ich in Übereinstimmung mit Valide feststellen. Einer 


Kuh träufelte ich beim zweiten Versuch in beide Augen Tuber¬ 
kulin. ’ Das rechte, wiederholt benutzte Auge reagierte deutlich 
heftiger als das linke. 

Die konjunktivalen Reaktionen begannen frühestens nach 
3 Stunden, meist aber erst nach 7—9 Stunden und wurden 11—13 
Stunden nach dem Einträufeln am deutlichsten. Nur bei dem 
zweifelhaft reagierenden Ochsen 15 trat eine schwache Reaktion 
erst nach 23 Stunden auf, dieselbe war nach 33 Stunden noch 
vollkommen unverändert und erfüllte die Bedingungen nicht, die 
man an eine deutliche Reaktion stellen muß. Bei den übrigen 
reagierenden Rindern war die Konjunktivitis nach 33 Stunden 
teils noch deutlich ausgeprägt, teils im Verschwinden begriffen, 
nur bei einer Kuh war sie verschwunden. 

Eine Temperaturerhöhung oder sonstige Störung des Allge¬ 
meinbefindens konnte bis auf die Kuh 1 nicht festgestellt werden. 
Ob bei dieser die Temperaturerhöhung auf die konjunktivale 
Reaktion zurück Zufuhren ist, bleibt sehr zweifelhaft, da die 







372 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Temperatur schon am andern Morgen auf die Norm zurückging, 
während die Konjunktivitis in derselben Heftigkeit fortdauerte. 

Zusammenfassung. Ich konnte somit feststellen: 

Nicht alle Tiere, welche auf die subkutane 
Tuberkulinprobe reagieren, geben eine konjunktivale 
Reaktion. 

Die subkutane Tuberkulininjektion übt auf eine 
folgende konjunktivale Reaktion keinen erheblichen 
Einfluß aus. 

Die beste Zeit für die Beobachtung ist die Zeit 12 
bis IS Stunden nach dem Einträufeln. 

Eine Temperaturerhöhung tritt infolge der 
konjunktivalen Reaktion nicht ein. 

Die obigen Resultate stimmen im wesentlichen mit den von 
Vallee in seiner neuesten Arbeit veröffentlichten überein. 
Trotzdem kann ich mich der Ansicht Vallees, daß 
die konjunktivale Reaktion eine größere praktische 
Bedeutung zu erlangen verspricht, nicht anschließen. 

Abgesehen davon, daß schon die frühere subkutane Tuber¬ 
kulinprobe keine einwandfreien Resultate liefert und die kon¬ 
junktivale Reaktion zum mindesten nicht besser zu sein scheint, 
dürfte sie auch aus verschiedenen anderen Gründen für die 
Praxis wenig geeignet sein. 

Zunächst ist es sehr schwierig, beim Einträufeln des Tuber¬ 
kulins zu verhindern, daß dasselbe sofort wieder aus dem Lid¬ 
sack herausgedrückt oder mit der Tränenflüssigkeit ganz oder 
zum Teil herausgespült wird. Man weiß daher niemals genau, 
wieviel von dem eingeträufelten Tuberkulin lange genug im 
Auge bleibt. 

Weiter hängt die Diagnose zu sehr von der subjektiven 
Auffassung des Beobachters ab. Wie schon aus meiner Ein¬ 
teilung der positiven Reaktionen in sehr deutliche, deutliche 
und zweifelhafte hervorgeht, treten dieselben in mannigfaltigen 
Variationen auf. Zwischen zweifelhaft und sehr deutlich be¬ 
stehen viele Übergänge. Teils tritt bei den Tieren eine sehr 
starke Rötung der Konjunktiva und Injektion der Episkleral- 
gefäße auf, während nur spärliches Sekret abgesondert wird, 
welches man allein auf Grund der mikroskopischen Untersuchung 
als Eiter erkennen kann. Teils ist die Sekretion eine reichliche, 
obwohl die Rötung eine geringere ist und die Injektion der 
episkleralen Gefäße oft fehlt. 

Bei diesen mannigfaltigen Variationen ist es sehr leicht 
möglich, daß in gerichtlichen Fällen ein Sachverständiger eine 
Reaktion für positiv ansieht, während der andere sie für zweifel¬ 
haft oder gar für negativ hält. Auch die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Sekrets dürfte in solchen Fällen nicht immer über¬ 
zeugend sein, da natürlich auch bezüglich der Anhäufung von 
polynukleären Leukozyten im Sekret Übergänge bestehen. 

Ferner muß man, worauf auch Lignieres(5) hinweist, 
berücksichtigen, daß ein skrupelloser Interessent betrügerischer¬ 
weise bei den strittigen Tieren auf andere Art eine eitrige 
Konjunktivitis erzeugen kann. 

Der Vorteil, daß die Tiere bei der konjunktivalen Reaktion 
viel kürzere Zeit als bei der subkutanen beobachtet zu werden 
brauchen, wird durch den Umstand erheblich vermindert, daß 
auch bei der ersteren eine wiederholte Untersuchung stattfinden 
muß. Man kann sonst leicht Fehldiagnosen stellen. Ist es mir 
doch vorgekommen, daß bei einer Kuh das Sekret, welches sich 
im inneren Augenwinkel in ziemlich reichlicher Menge vorfand, 


eine halbe Stunde später verschwunden war. Das Tier hatte 
sich dasselbe offenbar abgewischt. Da aber der Nachweis eines 
eitrigen Entzündungsprodukts für die Diagnose sehr wichtig ist, 
so hätte man in dieser Zeit bei nur einmaliger Untersuchung 
sehr leicht die Reaktion Für negativ ansehen können. 

Diesen Mängeln der konjunktivalen Tuberkulinprobe steht 
der große Vorzug gegenüber, daß die Wirkung einer betrügerischer¬ 
weise vorgenommenen Vorimpfung mit Tuberkulin in vielen 
Fällen ausgeschaltet werden kann, und daß durch dieselbe eine 
Störung des Allgemeinbefindens insbesondere eine Temperatur¬ 
erhöhung nicht hervorgerufen wird. Deshalb erscheint es der 
Mühe wert, Mittel und Wege zu finden, die oben angeführten 
Mängel zu überwinden. 

Ich möchte nicht schließen, ohne meinem verehrten Chef, 
Herrn Prof. Dr. Casper, für die Liebenswürdigkeit zu danken, 
mit der er mir bei Ausführung meiner Versuche stets mit Rat 
und Tat zur Seite gestanden hat. 

Nachtrag. Garth, Kranich und Griinert(9) scheinen, 
wie aus ihrer nach Beendigung dieser Arbeit erschienenen Ver¬ 
öffentlichung hervorgeht, ein Mittel gefunden zu haben, welches 
die konjunktivale Reaktion bei tuberkulösen Tieren mit Sicher¬ 
heit hervorruft. Es darf aber nicht übersehen werden, daß diese 
Autoren auch bei Tieren, bei denen durch die Sektion tuber¬ 
kulöse Veränderungen nicht nachgewiesen werden konnten, 
Reaktionen beobachteten. 

Wie aus den Tabellen der genannten Autoren hervorgeht, 
haben auch sie verschieden starke Reaktionen erhalten, so daß 
meine gegen die konjunktivale Reaktion erhobenen Bedenken 
leider auch bei der Anwendung des Bovo-Tuberkulol D (Merck) 
Solutio 1 zu Recht bestehen dürften. 

Literatur! 

1. Wolff-Eisner, Berliner klinische Wochenschrift 1907, S. 700. 

2. ('almette, C'omptes rendns de l’Acadämie des Sciences de 
Paris 1907. No. 24. 

3. Val 16c, Ebenda S. 1383. 

4. Derselbe, Bulletin de Medie vct. 1907, S. 326. 

. 5. Ligniöres, Ebenda S. 517. 

6. Vanderheyden, Annales de Müdic. v6t. November 1907. 

7. Yall6e, Revue g6n£rale de MOdic. v6t. 1908, S. 318. 

| 8. v. Pirquet, Handbuch der Technik und Methodik der Immunitäts¬ 
forschung, Jena 1908, S. 1042 

9. Garth, Kranich und Grünert, Deutsche tierärztliche Wochen¬ 
schrift 1908, Nr. 14. 


Die neuere Art der Bekämpfung der Maul- und 
Klauenseuche. 

Vortrag, gehalten in der 64 Sitzung des tierärztlichen Zentralvereins 
der Provinz Sachsen,- der Anhaitischen und Thüringischen Staaten, 
am 8. Dezember 1907. 

Von Veterinärrat Leistikow-Magdeburg. 

Meine Herren! Es ist Ihnen bekannt, daß alle bisherigen 
wissenschaftlichen Bemühungen, den Erreger der Maul- und 
Klauenseuche aufzufinden und seine Lebensbedingungen zu 
studieren, vergeblich gewesen sind. 

Ebenso haben alle Arbeiten zur Ermittlung eines Immu¬ 
nisierungsverfahrens bei den gefährdeten Tieren bisher keinen 
praktischen Erfolg gehabt. Herr Kollege Hecker damals in 
Ermsleben glaubte ausgangs des vorigen Jahrhunderts ein 
solches Verfahren gefunden zu haben; bei den damit angestellten 
Versuchen ergab es sich aber, daß die behandelten Tiere nicht 








BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


373 


21. Mai 1908. 


nur nicht geschützt waren gegen die Ansteckung, sondern daß 
sie durch das Verfahren selbst angesteckt wurden, so daß die 
Seuche dadurch auf bisher gesunde Bestände übertragen wurde. 

Neuerdings ist von Geheimrat Löffler in Greifswald ein 
Serum hergestellt worden, welches bei dreimaliger in mehr¬ 
wöchigen Zwischenzeiten ausgeführter Einspritzung unter die 
Haut den betreffenden Tieren auf einige Monate völlige Wider¬ 
standsfähigkeit gegen die natürliche Ansteckung verleihen soll. 
Durch die wiederholten Einspritzungen wird dies Verfahren 
aber für eine allgemeinere Anwendung zu umständlich und zu 
teuer. Auch scheint der Erfolg noch nicht genügend erprobt 
zu sein. Im vorigen Jahre ist dies Verfahren zwar in Oschers- 
leben bei 42 Zugochsen einer größeren landwirtschaftlichen 
Firma zur Anwendung gekommen. Die Tiere sind auch von 
der Seuche verschont geblieben. Da man aber nebenbei auch 
sorgfältig darauf bedacht war, die Ochsen vor der natürlichen 
Ansteckung zu schützen, kann nicht beurteilt werden, ob die 
Tiere durch die Serumeinspritzungen Immunität erlangt haben. 

Es ist nicht anzunehmen, meine Herren, daß uns die 
Wissenschaft in absehbarer Zeit eine neue und brauchbare 
Waffe zum Kampfe gegen die Maul- und Klauenseuche in die 
Hand geben wird. Wir werden daher darauf angewiesen 
bleiben, die bisherigen mehr empirischen, veterinärpolizeilichen 
Bekämpfungsmaßregeln weiter zu verwenden nnd möglichst zu 
vervollkommnen. 

Es ist Ihnen weiter bekannt, meine Herren, daß die Maul¬ 
und Klauenseuche in früheren Jahren besonders im letzten 
Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts und bis zum Jahre 1901 
einschließlich ständig in großer Verbreitung herrschte, und daß 
die in jener Zeit zur Anwendung gebrachten veterinärpolizei¬ 
lichen Maßregeln nur sehr geringen oder gar keinen Erfolg hatten. 

Ich möchte mir gestatten, einige kurze statistische Notizen 
über die Verbreitung der Seuche im Regierungsbezirk Magdeburg 
vom Jahre 1898 an mitzuteilen, um darzutnn, in welch erheb¬ 
licher Weise diese Geißel der Landwirtschaft seit dem Jahre 1902 
zurfickgegangen ist. 

Ich bemerke dabei, daß eine verhältnismäßig ganz ähnliche 
Verbreitung auch im übrigen Deutschland beobachtet worden ist. 

1898. Die Seuche herrschte während des ganzen Jahres 

in sämtlichen Kreisen des Bezirks in 294 Gemeinden, 1101 Ge¬ 
höften mit 27 515 Rindern, 52 492 Schafen, 274 Ziegen und 
7468 Schweinen. 

1899. Die Seuche herrschte während des ganzen Jahres 

in sämtlichen Kreisen. Betroffen waren 635 Gemeinden, 4022 
Gehöften mit 73 768 Rindern, 136 213 Schafen, 1309 Ziegen 
nnd 23 010 Schweinen. 

1900. Verseucht waren alle Kreise während des ganzen 
Jahres, 486 Gemeinden, 1743 Gehöften mit 35 189 Rindern, 
49 919 Schafen, 396 Ziegen, 23 076 Schweinen. 

1901. Die Seuche herrschte während des ganzen Jahres. 

Betroffen wurden 14 Kreise, 50 Gemeinden, 80 Gehöften mit 

3685 Rindern, 8128 Schafen, 23 Ziegen, 1480 Schweinen. 

1902. Verseucht waren im 1., 2. und 4. Vierteljahr zu¬ 
sammen 6 Kreise, 7 Gemeinden, 38 Gehöfte mit 1023 Rindern, 
1612 Schafen, 1 Ziege, 299 Schweinen. 

1903. Im 1. und 2. Vierteljahr waren 2 Kreise, 3 Gemein¬ 
den, 4 Gehöfte mit 386Rindern, 976 Schafen, 4 Ziegen, 31 Schweinen 
verseucht. 


1904. Im 1. und 2. Vierteljahr wurden 7 Kreise mit 18 Ge¬ 
meinden. 40 Gehöften, 2087 Rindern, 5510 Schafen, 29 Ziegen, 
596 Schweinen von der Seuche betroffen. 

1905. Im 1. Vierteljahr war in einem Kreise 1 Gemeinde, 

1 Gehöft mit 32 Rindern und 7 Schweinen verseucht. 

1906. Im 4. Vierteljahr waren 9 Kreise, 16 Gemeinden, 
25 Gehöften mit 820 Rindern, 784 Schafen, 4 Ziegen und 
283 Schweinen verseucht. 

1907. Im 2. Vierteljahr wurden 3 Gemeinden, 4 Gehöfte 
mit 101 Rindern, 269 Schafen, 1 Ziege, 167 Schweinen betroffen. 
Zur Zeit ist der Bezirk seuchenfrei. 

Die bis zum Jahre 1901 beobachteten Mißerfolge bei der 
Bekämpfung der Seuche durch polizeiliche Maßregeln führten 
so wohl bei Landwirten und Tierärzten, als auch bei Verwaltungs¬ 
beamten zu der Ansicht, daß die Veterinärpolizei überhaupt nicht 
imstande sei, der Maul- und Klauenseuche wirksam zu begegnen. 
Es wurde der Wunsch laut, diese Seuche aus dem Reichsvieh¬ 
seuchengesetz zu streichen, weil die wirtschaftlichen Betriebe 
durch die — übrigens nutzlosen —Sperrmaßregeln undVerkehrsbe- 
schränkungen noch mehr geschädigt würden, als durch die 
Seuche selbst. 

Glücklicherweise ist diese pessimistische Auffassung später 
durch die Tatsachen widerlegt worden. 

Es dürften aber die Fragen berechtigt sein: Woran liegt, 
es, daß die Maul- und Klauenseuche seit 1901 so auftällig 
zurückgegangen ist, und daß sie, wenn sie später aufgetreten 
war, keine größere Verbreitung mehr erlangte, sondern regelmäßig 
nicht über die ersten Herde hinausgegaugen ist? 

Ist die Veterinärpolizei berechtigt, sich diesen Rückgang 
der Seuche als Erfolg ihrer Tätigkeit gutzuschreiben oder ist 
er durch andere Umstände verursacht worden? 

Man könnte gegen die Annahme des Erfolges der Veterinär¬ 
polizei zweierlei Einwendungen machen: 

Einmal könnte behauptet werden, durch das weitverbreitete 
Herrschen der Seuche bis zum Anfang dieses Jahrhunderts sind 
fast sämtliche Viehbestände betroffen worden, die erkrankten 
und wieder genesenen Tiere haben Immunität erlangt, sie er¬ 
kranken in absehbarer Zeit nicht wieder an der Seuche, sie 
bilden also einen natürlichen Schutzwall gegen die Verbreitung 
der Seuche, welcher es an Nahrung fehlt und die deshalb er¬ 
löschen muß. 

Zweitens könnte vermutet werden, daß der, wie schon 
erwähnt, noch unbekannte Ansteckungsstoff der Maul- und Klauen¬ 
seuche sich in seinen Eigenschaften geändert hat, daß seine 
Virulenz geringer geworden ist, so daß nur noch Tiere mit 
besonders starker Empfänglichkeit angesteckt werden. 

Beide Einwände müssen aber als unzutreffend bezeichnet 
werden. 

Bei dem im Reg.-Bez. Magdeburg so außerordentlich regen 
Viehwechsel wird ohne weiteres angenommen werden können, 
daß während der letzten sechs Jahre mit günstigem Seuchen¬ 
stand mehr als die Hälfe der früher durchseuchten, immunen 
Rinder abgeschafft und geschlachtet ist. In den landwirtschaft¬ 
lichen Betrieben der Börde dürften wohl überhaupt keine Tiere 
mehr vorhanden sein, welche vor 1902 die Seuche überstanden 
haben. Schweine und Schafe sind aus jener Zeit sicher nicht 
mehr vorhanden. 

An den seit dieser Zeit geborenen und herangewachsenen 
Wiederkäuern und Schweinen würde der Anstecknngsstoff 






374 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


ausreichende Nahrung und die beste Gelegenheit zur Aus¬ 
breitung linden, wenn er nicht auf andere Weise daran ver¬ 
hindert würde. Ebensowenig kann eine Milderung des An¬ 
steckungsstoffes, eine Herabsetzung der Virulenz als Grund des 
selteneren Vorkommens der Seuche in Betracht kommen, denn 
in den während der letzten Jahre von der Seuche betroffenen 
Beständen konnte beobachtet werden, daß regelmäßig die der 
Ansteckung ausgesetzten Tiere genau in derselben Weise 
erkrankten, wie früher, daß Nachkrankheiten nicht ausblieben 
und, namentlich bei jungen Tieren, auch Todesfälle eintraten. 

Wir können demnach mit Fug und Recht behaupten, daß 
der in den letzten Jahren eingetretene Rückgang in der Ver¬ 
breitung der Maul- und Klauenseuche einzig und allein die 
Folge des wirksamen Eingreifens der Veterinärpolizei ist. 

Es entsteht nun die weitere Frage: 

Wie kommt es, daß die veterinärpolizeilichen Maßregeln 
in neuerer Zeit so erfolgreich gewesen sind, während sie früher 
so gut wie nichts genutzt haben? 

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß die Maul- und 
Klauenseuche bei uns nicht heimisch ist, daß sie nicht von 
selbst entsteht und daß alle Ausbrüche durch Einführung des 
Ansteckungsstoffes hervorgerufen werden. Wenn in verschiedenen 
Teilen des Deutschen Reiches nach vollständiger Tilgung der 
Seuche stets wieder neue Seuchenherde auftreten, so sind sie 
meist auf Einschleppung des Kontagiums aus dem Auslande 
zurückzuführen. Wenn auch die Grenzen gegen die Einführung 
von Vieh gesperrt sind, so wissen wir doch, daß das leicht 
übertragbare Virus durch Personen und andere Zwischenträger 
verschleppt werden kann. Daraus geht hervor, daß in erster 
Linie die Grenzbezirke ständig in Gefahr sind, zu verseuchen, 
während die übrigen Bezirke, wie der nnsrige, erst in zweiter 
Linie von den Grenzen aus bedroht sind. 

Es muß ohne weiteres einleuchten, daß für uns die Gefahr 
um so geringer ist, je strenger die Grenzsperre durchgeführt 
wird und je schneller und energischer die in den Grenzbezirken 
auftretenden Seuchenherde getilgt werden. Tatsächlich erfolgt 
die Bekämpfung der Seuche in den Grenzbezirken mit großer 
Energie und bestem Erfolge. Hierin liegt zweifellos einer der 
Gründe, weshalb die Seuche bei uns nicht mehr so häufig ist, 
als früher. 

Es kommt aber hinzu, daß auch in den inneren Bezirken 
gegenwärtig in anderer Weise vorgegangen wird als früher. 

Bei dem Ihnen allen, m. H., bekannten Charakter der Maul¬ 
und Klauenseuche, besonders bei der leichten Verschleppbarkeit 
des Ansteckungsstoffes durch die verschiedenartigsten Zwischen¬ 
träger können die veterinärpolizeilichen Maßregeln nur Erfolg 
haben, wenn sie mit größter Beschleunigung, nach einheitlichem 
Plane und in umfassender Weise getroffen werden. 

Gegen diese Grundsätze ist früher, als die Bekämpfung 
der Seuche ausschließlich in den Händen der Ortspolizei¬ 
behörden lag, vielfach verstoßen worden. Den leitenden Polizei¬ 
beamten fehlte häufig das richtige Verständnis für die große 
Bedeutung der Maul- und Klauenseuche mit Bezug auf die Ge- 
samtinteressen der Landwirtschaft. Viele waren dem Pessimismus 
verfallen und meinten, gegen die Maul- und Klauenseuche seien 
jegliche Maßregeln nutzlos und daher überflüssig. Manche 
glaubten auch, Sperrmaßregeln seien nicht erforderlich, w'enn 
die Erkrankung der befallenen Tiere recht milde verlief, diese 


bald wieder hergestellt waren, und direkte Verluste durch Tod 
infolge der Seuche oder von Nachkrankheiten nicht eintraten. 

Über die Art der Bekämpfung der Seuchen in den Grenz¬ 
bezirken der Provinzen Bosen und Ostpreußen hat Veterinärrat 
Nevermann im 1. Teil seiner Veröffentlichungen aus den 
Jahresveterinärberichteil der beamteten Tierärzte Preußens für 
das Jahr 1904, Seite 75, sehr eingehende und interessante 
Mitteilungen gemacht. Die dort gesammelten Erfahrungen bilden 
die Grundlage der neuen Art der Bekämpfung auch in den 
inneren Bezirken. 

Die zu treffenden Maßregeln liegen nicht mehr ausschließlich 
in der Hand der Ortspolizeibehörden, sondern werden unter 
spezieller Aufsicht des Herrn Regierungspräsidenten in der 
Hauptsache von den Landräten angeordnet. 

Dem Herrn Landwirtschaftsminister wird über jeden neuen 
Seuchenfall sofort eingehender Bericht über den Umfang der 
Verseuchung deil Ursprung und die ergriffenen Maßregeln vom 
Herrn Regierungspräsidenten erstattet. Die Herren Kreis¬ 
tierärzte haben dem Herrn Minister und dem Herrn Regierungs¬ 
präsidenten jedeti festgestellten Ausbruch der Maul- und Klauen¬ 
seuche telegraphisch anzuzeigen. (Erlaß vom 17. Februar 1906 
— Verf. vom 2. März 1906, I. J. 344.) 

Weitere allgemeine Vorschriften für die Bekämpfuug der 
Seuche sind auf ministerielle Anregung vom Herrn Regierungs¬ 
präsidenten arii 20. November 1906 erlassen worden. Nach 
dieser Verfiigtibg sind Sperrbezirke und Beobachlungsgebiete 
einzurichten. Der Sperrbezirk umfaßt den verseuchten Ort, 
dazu gehörige Vorwerke und mit ihm im Gemenge liegende Ort¬ 
schaften, unter Üinständen auch sehr nahe liegende stark ge¬ 
fährdete Orte. Nur bei sehr großen Orten kann der Sperrbezirk 
auf Ortsteile beschränkt werden. 

Das Beobachtungsgebiet wird um den Sperrbezirk gebildet. 
Welche Ortschaften dem Beobachtungsgebiet anzugliedern sind, 
ist nach Prüfung der örtlichen Verhältnisse zu bestimmen. 
Dabei ist besonders der Verkehr zwischen dem Seuchenorte und 
den Nachbarorten, durch Fuhrwerk, Personen, z. B. Kirchen¬ 
besuch, Sclmlgang der Kinder usw., zu berücksichtigen. Sehr 
wichtig ist auch d6t* Verkehr mit Milch, besonders zu und aus 
einer Sammelmolkerei. Daß gerade ^durch Milch sehr häufig 
Seuchenverschleppnügen Vorkommen, ist bekannt. Als Regel 
wird hingestellt werden können, daß, falls in dem Lieferungs¬ 
bezirk einer Sammeliholkerei die Seuche ausbricht, alle Orte 
aus welchen Milch itt diese Molkerei geliefert oder in welche 
solche aus der Molkerei bezogen wird, den Maßregeln des 
Beobachtungsgebietes Unterworfen werden müssen. In dem 
Seuchengehöft und dem Sperrbezirk sind alle Vorkehrungen 
zu treffen, welche die Verschleppung des Ansteckungsstoffes 
verhindern können. 

Dahin gehört zunächst! 

Die Stallsperre für sämtliche Wiederkäuer und Schweine 
in den verseuchten und den Unverseuchten Gehöften des Sperr¬ 
bezirks. Für letztere erscheint diese Maßregel vielleicht etwas 
hart, sie ist aber erforderlich, um die noch unverseuchten Ge¬ 
höfte vor der Ansteckung durch die mannigfachen unkontrollier¬ 
baren Zwischenträger möglichst ÄÜ schützen. Im Interesse einer 
schleunigen Seuchentilgung liegt fes, auch quantitativ die Er¬ 
zeugung von Ansteckungsstoff möglichst einzuschränken, denn 
je mehr Ansteckungsstoff erzeugt wird, desto leichter möglich 
ist die Verschleppung. 





21. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


375 


Eine weitere wichtige Maßregel ist möglichste Rein¬ 
haltung der Seuchengehöfte. Der Dünger ist so selten 
als möglich aus d^ 11 Seuchenställen zu entfernen, es empfiehlt 
sieb, ihn dort so lange als irgend angängig liegen zu lassen. 
Muß er hinausgebracht werden, so hat dies möglichst schnell 
zu geschehen. Der Seuchendünger ist dann mit Pferdedünger, 
Erde, Laub oder Stroh u. dgl. dicht zu bedecken, damit 
Vögel und andere Tiere nicht mit dem Ansteckungsstoff in Be¬ 
rührung kommen können. Die Gehöfte sind außerdem durch 
Abfegen des gepflasterten und Abharken des nichtgepflasterten 
Fußbodens stets sauber zu halten. Die Gehöftseingänge und die 
Plätze vor den Stalltüren sind täglich mindestens einmal mit 
Kalkmilch zu übergießen oder — im Winter — mit Ätzkalk- 
pulyer zu bestreuen (Nevermann). 

Personen, welche Seuchengehöfte verlassen wollen, 
müssen vor dem Austritt das Schuhwerk desinfizieren und die 
Kleider reinigen; haben sie in Seuchenställen zu tun gehabt, 
so werden am besten die Kleider gewechselt. Tierärzte sollten 
die Seuchenställe nur betreten, wenn dies unvermeidlich ist; zur 
Untersuchung sind die erkrankten oder verdächtigen Tiere 
herauszuführen. j 

Für die Desinfektion des Schuhwerks müssen an den Aus¬ 
gängen der Gehöfte desinfizierende Flüssigkeiten, Lysol-, Kresol-, 
Kreolinlösungen, in Fässern oder sonstigen Gefäßen mit reinen 
Lappen und Bürsten bereitgehalten w r erden. 

Um die Verschleppung des Ansteckungsstoffes durch Pferde¬ 
gespanne zu verhüten, wird sehr zweckmäßig an den Toren in 
ihrer ganzen Breite Torfstreu in dicker Schicht und mindestens 
ein Meter Länge aufgeschüttet und mit Kreolin-, Lysol-, Bazillol- 
oder ähnliche^ Lösungen so stark angefeuchtet, daß ein dicker 
Brei entsteht, durch welchen beim Passieren Pferdehufe und 
Wagenräder selbsttätig desinfiziert werden. 

Geflügel und Hunde sind auf den Gehöften festzuhalten. 
Auch Tauben müssen eingesperrt werden. Wenn auch infolge¬ 
dessen einige zugrunde gehen sollten, so ist dieser Schaden 
gering im Verhältnis zu der Gefahr der weiteren Verbreitung 
der Seuche durch diese Tiere. 

Finden sich, wie dies stellenweise noch vorkommt, die 
Tanbennester in den verseuchten Viehställen selbst, so müssen 
die Tauben getötet und die Nester zerstört werden. Große Be¬ 
achtung ist auch anderen Vogelnestern in den Seuchenställen 
zu schenken. Auch sie müssen zerstört w r erden. 

Bei dem letzten Seuchengange im Kreise Grafschaft 
Wernigerode ist der begründete Verdacht hervorgetreten, daß 
Schwalben die Seuche von der zuerst verseuchten Domäne 
Lrübeck aus in andere Gehöfte dieses Ortes und in ein Gehöft 
des nur ein Kilometer entfernten Dorfes Altenrode verschleppt 
haben. Sie hatten damals junge Brut, welche, wie bekannt, 
sehr viel Nahrung beansprucht, die von den Alten herbeigeschafft 
werden muß. Ich nehme an, daß Schwalben aus noch seuchen¬ 
freien Gehöften in den verseuchten Rinderstall geflogen sind 
und daselbst Fliegen geholt haben, welche mit Kontagium be¬ 
laden waren. Sehr wesentlich wird diese Annahme dadurch 
unterstützt, daß in sämtlichen verseuchten Gehöften Schwalben¬ 
nester mit Jungen vorhanden waren, und daß eine andere Art 
der Seuchenübertragung in keinem einzigen Falle zu ermitteln 
war. Der Herr Regierungspräsident verfügte darauf die sofortige 
Zerstörung der Vogelnester in den verseuchten Ställen. Die 


Besitzer unverseuchter Gehöfte wurden auf die Gefahr auf¬ 
merksam gemacht und aufgefordert, die Nester in ihren Vieli- 
stallungen zu vernichten. Ob und wieviel Besitzer dieser Auf¬ 
forderung nachgekommen sind, kaun ich nicht angeben. Weitere 
Seuchenausbrüche sind aber später nicht mehr vorgekommen. 

Die Anordnung der Zerstörung der Nester in den ver¬ 
seuchten Ställen rechtfertigt sich schon damit, daß sie als 
„giftfangende Sachen“ bei der Desinfektion nach Abheilung der 
Seuche sowieso vernichtet werden müssen. 

Es kommen ferner für den Sperrbezirk noch in Betracht 
das Verbot der Abgabe ungekochter Milch aus verseuchten Ge¬ 
höften, das Verbot des Betretens der Seuchenställe durch 
Unbefugte, des Betretens der Seuchengehöfte durch Viehhändler 
und Fleischer, der Einfuhr für die Seuche empfänglicher Tiere 
in den Sperrbezirk, die sorgfältige Feststellung des Abheilens 
der Seuche durch Untersuchung jedes einzelnen Tieres des be¬ 
treffenden Bestandes, sowie die gründliche Desinfektion, welche 
sich auch auf die Tiere selbst erstrecken muß. 

Ganz besonders notwendig ist aber die dauernde Beauf¬ 
sichtigung aller angeordneten Maßregeln durch Polizeibeamte, 
am besten durch Gendarmen, welche in den Seuchenorten 
stationiert und von allem anderen Dienst entbunden sein müssen. 

Ganz kurz möchte ich noch die Abfuhr des Düngers 
berühren, welcher während des Herrschens der Seuche in den 
Seuchenställen gelegen hat. Nach g 62 Abs. 3 der Bundesrats¬ 
instruktion vom 27. Juni 1895 darf dieser Dünger auf solchen 
Wegen, welche von seuchefreien Wiederkäuern oder Schweinen 
ans anderen Gehöften betreten werden, nicht abgefahren werden. 
Kann die Abfuhr des Düngers demgemäß nicht bewirkt werden, 
so darf sie nur unter Einhaltung der für einen solchen Fall 
anzuordneuden polizeilichen Sicherheitsmaßregelu erfolgen. Beim 
Abfahren des Seuchendüngers werden leicht einzelne Teile ver¬ 
streut, welche, wenn der Dünger noch ansteckungsfähig ist, auf 
anderes Klauenvieh direkt oder durch Zwischenträger übertragen 
werden und Erkrankungen an der Seuche hervorrufen können. 
Demgegenüber ist bekannt, daß der feucht in Haufen auf¬ 
geschichtete Dünger durch Zersetzungsvorgänge eine erhebliche 
Erhitzung erfährt, durch welche das Virus der Seuche getötet 
wird. Hierzu sind nach den bisherigen Erfahrungen mindestens 
drei Wochen erforderlich, dann ist der Dünger unschädlich. Wo 
nicht zwingende Gründe entgegenstehen, empfiehlt es sich 
dringend, den Dünger auf den Seuchengehöften in Haufen, die 
mit nichtinfiziertem Material zu bedecken sind, bis zum Ablauf 
von drei Wochen, vom Tage der Abnahme der Desinfektion der 
Stallungen und Tiere an gerechnet, liegen zu lassen. Es ent¬ 
fallen dann bei der Düngerabfulir alle anderen lästigen und 
umständlichen Maßnahmen, als Desinfektion der Wagenräder 
und Pferdehufe, der benutzten Wege usw. 

Die Schutzmaßregeln, welche für das Beobachtungsgebiet 
zu treffen, sind teils fakultativ, teils obligatorisch vorgeschrieben. 

Die Viehmärkte im Beobachtungsgebiet, der Durchtrieb von 
Wiederkäuern und Schweinen und das Treiben derartiger Tiere 
auf öffentlichen Straßen können verboten werden. 

Der Auftrieb von Wiederkäuern und Schweinen aus dem 
Beobachtungsgebiet auf Märkte, die Ausfuhr von Wiederkäuern 
und Schweinen ohne Erlaubnis des Landrats und die Weggabe 
von Magermilch, Buttermilch und Molken aus Sammelmolkereien 
sind verboten. 




376 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Eingehender ist noch eine Maßregel zu besprechen, welche 
auf Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete zugleich Anwendung 
findet, das sind die Revisionen der verseuchten und unverseuchten 
Gehöfte durch Tierärzte. 

Die tierärztliche Untersuchung der am Seuchenorte oder in 
dessen Umgebung vorhandenen, von der Seuche gefährdeten 
Tiere ist nach § 20 des Reichsviehseuchengesetzes zulässig. 
Von dieser Befugnis wird auch erst in neuerer Zeit umfangreicher 
Gebrauch gemacht. Die Revisionen der im Sperrbezirk und im 
Beobachtungsgebiet vorhandenen, als seuchenfrei geltenden Vieh¬ 
bestände hat sich als durchaus notwendig erwiesen, nachdem 
erfahrungsmäßig festgestellt war, daß einzelne Viehbesitzer die 
Anzeige vom Ausbruch oder vom Verdacht der Seuche unter 
ihrem Vieh entweder gar nicht oder zu spät erstatteten und 
dadurch den Erfolg der veterinärpolizeilichen Tilgungsmaßnegeln 
überhaupt in Frage stellten. Die gegen diese Viehbesitzer ein¬ 
geleiteten gerichtlichen Strafverfahren hatten nur selten den 
gewünschten Erfolg, häufig erfolgte Freisprechung, weil nicht 
einwandfrei zu erweisen war, ob den Angeschuldigten die Er¬ 
krankung ihrer Tiere an der Seuche bewußt geworden war, in 
den meisten übrigen Fällen erfolgten die Verurteilungen nach 
dem geringsten zulässigen Strafmaß von 10 M. Augenscheinlich, 
weil sich die Gerichte über die Bedeutung der Seuchenverheim¬ 
lichungen nach der veterinärpolizeilichen und allgemein wirt¬ 
schaftlichen Seite hin nicht genügend klar geworden waren. 
Die Mißerfolge der früheren Art der Bekämpfung der Seuche 
sind zum großen Teil auf diese Übelstände mit zurückzuführen. 

Die in Zwischenzeiten von l f 2 bis 1 Woche auszuführenden 
Revisionen haben einen doppelten Nutzen, einmal, versteckte 
Seuchenherde aufzudecken und zweitens die Viehbesitzer selbst 
zur schleunigen Anzeige der Erkrankung ihres Viehs zu ver¬ 
anlassen. Denn die Verheimlichung ist aussichtslos und kann 
höchstens Strafe bringen. 

Der Herr Minister hat in den letzten Jahren in dankens¬ 
werter Weise zur Unterstützung der Kreistierärzte bei den 
Revisionen auswärtige Tierärzte zur Verfügung gestellt. Es 
hat sich zweckmäßig erwiesen, diesen Tierärzten die Unter¬ 
suchungen im Beobachtungsgebiet zu übertragen, während der 
Kreistierarzt im Sperrbezirk untersucht. Hierbei wird letzterer 
nach Beendigung der Untersuchung in den seuchenfreien Gehöften 
auch zu kontrollieren haben, ob die allgemein und für die 
Seuchengehöfte besonders getroffenen Maßregeln genügend befolgt 
werden und ob weitere Anordnungen zu treffen sind. Es 
empfiehlt sich bei den Revisionen die leicht zu reinigenden 
Gummischuhe über dem Schuhzeug und einen waschbaren Leinen¬ 
mantel über der Kleidung zu tragen. Eingehende Reinigung 
nach der Beendigung der Untersuchung eines jeden Bestandes 
und vor dem Verlassen .des Gehöfts, auch wenn nichts ver¬ 
dächtiges gefunden ist, ist selbstverständlich. 

Wird in einem Bestände die Seuche oder deren Verdacht 
festgestellt, so ist das Betreten weiterer Gehöfte zur Vermeidung 
der Seuchenübertragung zu unterlassen, die Revision abzubrechen 
und erst nach vollständiger Desinfektion der Kleidung, der 
Hände und des Schuhwerks, am besten erst am folgenden Tage 
w ieder fortzusetzen. 

Mehrere von Ihnen, meine Herren, haben im verflossenen 
Jahre ausgiebige Gelegenheit gehabt, über die Wirksamkeit der 
neuen Bekämpfungsart eingehende Erfahrungen zu sammeln. 


Es ist Ihnen bekannt, daß im vorjährigen Herbst von dem 
Institut des Geheimrats Löffler in Greifswald aus, wo an 
einem Verfahren zur Immunisierung gegen die Seuche gearbeitet 
wurde und wo deshalb ständig seuchenkranke Tiere gehalten 
werden mußten, die Seuche in einige Gehöfte in Greifswald 
übertragen wurde und daß sich hieran eine weitere Verbreitung 
anschloß. Verseuchte Schweine gelangten auf den Schlacht¬ 
viehhof in Berlin und infizierten diesen. Von Berlin aus ge¬ 
langten angesteckte Schweine am 14. Oktober auf den Magdeburger 
Viehhof und bewirkten hier den Seuchenausbruch vom 17. Oktober. 
Die Seuche konnte zwar auf dem hiesigen Viehhof bald getilgt 
werden, von dem Tags vorher abgehaltenen Viehmarkt aber 
waren zahlreiche Schweine in die benachbarten Kreise ausge¬ 
führt worden, wodurch 8 Seuchenausbrüche veranlaßt wurden. 
Nach Oschersleben gelangte die Seuche durch infizierte Schweine 
vom Berliner Viehhof direkt, in mehrere Orte der Grafschaft 
Wernigerode durch Rinder, welche auf einem verseuchten Nutz¬ 
viehmarkt in Elbingerode gekauft waren. Im ganzen wurden, 
wie bereits erwähnt, 9 Kreise mit 16 Gemeinden und 25 Ge¬ 
höften von der Seuche betroffen. 

In allen Fällen wurden die von mir besprochenen Maßregeln 
in ganzer Strenge zur Anwendung gebracht, obgleich gerade zu 
jener Jahreszeit die Stallsperre für die Rinder der verseuchten 
Orte und das Verbot des Durchtriebs von Klauenvieh dort, wo 
sich Zuckerfabriken befanden, als besonders schwere Schädigungen 
seitens der beteiligten Landwirte empfunden wurden. Denn die 
zahlreich vorhandenen Rindviehgespanne konnten weder zur An¬ 
lieferung von Rüben in gesperrte Orte mit Zuckerfabriken noch 
auch — in gesperrten Orten — zur Bestellung der Wintersaat 
benutzt werden. Es wurden mehrfach Stimmen laut, welche 
behaupteten, polizeiliche Maßregeln von solcher Schärfe seien 
wohl in den östlichen Bezirken angezeigt und durchführbar, 
nicht aber in der landwirtschaftlich so hoch entwickelten Pro¬ 
vinz Sachsen mit ihrem starken Viehverkehr. Manche der be¬ 
troffenen Besitzer stellten auch Entschädigungsklagen gegen den 
Staat in Aussicht. Ob solche angestrengt worden sind, weiß 
ich nicht. Jedenfalls sind aber die Klagen über zu harte Ma߬ 
regeln sehr bald verstummt, nachdem der gute Erfolg auch den 
Landwirten erkennbar geworden war. Tatsächlich ist eine Ver¬ 
schleppung von dem zuerst betroffenen Gehöft aus im Seuchen¬ 
orte selbst nur in drei Fällen eingetreten, Verschleppungen in 
andere Orte gar nicht. 

Auch im Sommer d. J. haben sich die strengen Maßregeln 
in * der .Grafschaft Wernigerode im ganzen gut bewährt. Es 
traten allerdings von dem zuerst betroffenen Gehöft Ver¬ 
schleppungen in drei weitere Gehöfte ein. Den Anlaß hierzu 
haben meiner Ansicht nach, wie schon erwähnt, die damals hier 
anwesenden Schwalben gegeben. Die vollständige Seuchentilgung 
gelang aber auch hier in verhältnismäßig kurzer Zeit. 

Meine Herren! Zum Schluß kann ich nicht unterlassen, 
noch einen wesentlichen Faktor zu erwähnen, welcher die 
Seuchentilgung sehr günstig beeinflußt hat, das ist das rege 
Interesse des Herrn Regierungspräsidenten für die Veterinär¬ 
polizei und sein persönliches Eingreifen bei Anordnung der er¬ 
forderlichen Maßregeln. Wir Tierärzte, besonders aber auch 
die Landwirte des Bezirks, haben alle Ursache, dem Herrn 
Präsidenten hierfür besonders dankbar zu sein. 



21. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


377 


Referate. 

Über die Behandlung yon scheintoten Neugeborenen. 

Von Professor Moussu. 

(La Semaine Vitßrinoire, 13. Oktober 1907.) 

Nach schweren und sogar nach leichten Geburten kommt 
es vor, daß Fohlen, Kälber, Lämmer, Ferkel usw. wie tot zur Welt 
kommen, ohne zu atmen und ohne sich zu bewegen, daliegen, 
und dabei nicht tot, sondern nur scheintot sind. Um den 
Scheintod vom wirklichen Tod sofort unterscheiden zu können, 
betastet man das Herz, so daß man die flache Hand hinter dem 
linken Ellbogengelenk der Brustwand auflegt, und solange man 
die Herzschläge, wenn auch noch so schwach, fühlt, so ist das 
Leben noch nicht ganz erloschen. Werden nun nicht sofort 
Mittel angewendet, um den ersten Atemstoß auszulösen, so wird 
das scheintote Tier auch bald wirklich tot sein. Es gibt ver¬ 
schiedene Mittel, von denen gegebenenfalls kein einziges außer 
acht zu lassen ist. 

Das erste, was man tut, ist die Herzmassage, die so aus- 
gefiihrt wird, daß man den unteren Teil des Brustkorbs in der 
Ellbogengegend in eine oder beide Hände nimmt und ihn regel¬ 
mäßig und rhythmisch etwa 15—20 mal in der Minute zusammen¬ 
drückt. Wird diese Manipulation einige Minuten lang aus¬ 
geführt, so fühlt man, daß sich das Herz bald kräftiger 
zusammenzieht, und die Respiration setzt von selber ein. 

Um bei einem Fohlen oder Kalb die Respiration künstlich 
auszulösen, so faßt man das oben liegende Vorderbein über dem 
Knie und bewegt es nach vor- und aufwärts bis zur Höhe des 
Seitenrandes des Halses und nachher nach rückwärts bis in die 
Flankcngegend. Durch die erste Bewegung werden die Schulter 
und der Oberarm merklich vom Körper abgehoben, wodurch sich 
die Rippen ansdehnen, durch die letztere führt man die Schulter 
und den Oberarm wieder zum Brustkorb zurück, drückt dadurch 
die Rippen zusammen, und stößt die etwa in die Lunge ein¬ 
getretene Luft wieder heraus. Diese Hin- und Herbewegungen, 
welche den Atembewegungen nachgemacht werden, lassen 
mechanisch Luft in die Lungen eindringen. Um einen Erfolg 
zu haben, müssen sie oft eine Viertelstunde lang durchgeführt 
werden. 

Sind die Atmungswege vom Schleim verstopft, so führt 
man die Finger tief in das Maul bis in den Rachen hinein, um 
den Schleim herauszuholen, reichen die Finger nicht aus, so 
wischt man die ganze Maul- und Rachenhöhle mit einem feinen 
Tuche aus. Sollte das nichts nützen, so öffnet man das Maul, 
ergreift die Zunge mit den Fingern oder noch besser mit einem 
Schnupftuche an der Zungenspitze und zieht sie kräftig aus 
dem Maule heraus und läßt sie, ohne sie loszulässen, wieder ins 
Maul zurückgehen. Diese Bewegung wird 12—15 mal in der 
Minute gemacht. 

Man versucht auch durch Reiben der Haut mit Strohwischen 
oder mit einer harten Bürste das Nervensystem anzuregen, um 
das Atmen reflektorisch auszulösen. Die gleiche Wirkung übt 
das Einschütten von einigen Tropfen Essig in die Nasenhöhle 
oder das Kitzeln der Nasenschleimhaut mit einem Strohhalm* 
den man in den Nasenlöchern rotierend herumführt. Das da¬ 
durch bewirkte Prickeln oder der Reiz führt zum Niesen, was 
seinerseits die Atembewegungen hervorrufen kann. 

Ein sehr gutes Mittel ist auch das Einblasen von Luft 
mittelst eines Blasebalgs in die Lunge, wobei natürlich mit der 
nötigen Vorsicht vorgegangen werden muß. Helfer. 


Mitteilungen aus den Berichten der Bezirkstierärzte 
auf das Jahr 1906. 

Von Landestierarzt Med.-Rat Prof. Dr. Edelmann in Dresden. 

(Bericht Ober d. Vetrinärw. im Kgr. Sachsen, öl. Jahrgang, S. 18.) 

Aus den Berichten der Sächsischen Bezirkstierärzte über 
das Vorkommen von Seuchen sei folgendes mitgeteilt: 

Im Auftreten des Milzbrandes hat sich gegenüber dem 
Vorjahre ein Ansteigen um rund 25 Prozent gezeigt. Man wird 
nicht fehlgehen, wenn man den zahlreichen Notschlachtungen 
eine größere Bedeutung bei der Verbreitung der Seuche beimißt. 
Die Milzbrandfälle verteilen sich auf 245 verendete und 215 not¬ 
geschlachtete Rinder. — In einem Gehöft waren 5 Ferkel an 
Milzbrand erkrankt. Bezirkstierarzt Eichorn-Rochlitz vermißte 
bei diesen Tieren beim Obduktionsbefund Milztumor. Die 
bakteriologische Untersuchung des Blutes und der Milz ergab 
keine Bakterien, dafür wurden aber massenhafte Milzbrand¬ 
bazillen in den Halslymphdrüsen gefunden. 

* Die Zahl der Rauschbrandfälle ist ungefähr dieselbe wie 
im Vorjahre gewesen. Bezüglich der Diagnose dürfte die von 
Eichhorn-Rochlitz wiederholt gemachte Erfahrung nicht un¬ 
richtig sein, daß die Rauschbrandbazillen in ihrer charakte¬ 
ristischen, sporenhaltigen Form am zahlreichsten im Zentrum 
der veränderten Muskelstellen, d. h. an den am stärksten 
schwarzrot verfärbt erscheinenden Teilen, zu finden sind, 
während die Peripherie mehr die Stäbchen ohne Sporen enthält. 

Bei Behandlung dss Bläschenausschlags hat Bezirks¬ 
tierarzt Robert-Annaberg Sublimatlösung 1:2000 bei männ¬ 
lichen und weiblichen Rindern mit vorzüglichem Erfolg an¬ 
gewandt. Die schwersten Fälle und ansgebreitete Geschwürs¬ 
bildung am Penis heilten innerhalb 10 Tagen ab, während bei 
Verwendung von Alaunlösung hierzu drei bis vier Wochen er¬ 
forderlich waren. 

Geflügel Cholera. Wie langsam und schleppend der 
Seuchenverlauf sein kann, zeigt ein Ausbruch, bei dem nach 
der Beobachtung von Bezirkstierarzt Freytag-Plauen innerhalb 
von vier Wochen unter 300 Gänsen nur 12 Todesfälle eintraten. 
Die pathologischen Veränderungen bestanden in einer schweren 
kruppösen Entzündung des gesamten Darms und in zahlreichen 
epikardialen Blutungen; der Darminhalt war meist ein gall¬ 
artiger, mit Schleimhautfetzen vermischter blutiger Brei. — 
Bezirkstierarzt De ich-Ölsnitz berichtet: Bei einem vom Aus¬ 
land kommenden Gänsetransport konnte sich der Besitzer zu¬ 
nächst nicht zur Impfung entschließen, sondern verkaufte die 
Tiere geschlachtet. Endlich ließ er die letzten 300 noch ge¬ 
sunden und 20 bereits sichtbar kranken Gänse mit Septicidin 
impfen. Obwohl nun vor der Impfung täglich Gäuse starben, 
war dies vom Augenblick der Impfung an nicht mehr der Fall. 
Von den 20 geimpften kranken Gänsen starb am Tage nach 
der Impfung eine, die anderen genasen. 

Die Gehirn-Rückenmarksentzündung der Pferde hat 
um 19,3 Proz. der Erkrankungsfälle nachgelassen. — Uber die 
Wirkung der durch die Verordnung vom 15. Dezember 1904 
erlassenen Maßregeln zur Bekämpfung der Seuche lautet das 
Urteil im allgemeinen günstig. — Das von Fambach- 
Glauchau beschriebene Vorkommen eines vesikulösen Ekzems 
im Rekonvaleszenzstadium wurde in mehreren Fällen beob¬ 
achtet. — Wie bereits früher, so gelangte vom Bezirkstierarzt 
Kuhn-Flöha wieder ein Fall zur Beobachtung, in dem zu¬ 
nächst scheinbar nur ein Katarrh der oberen Luftwege vor- 






BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


378 


lag, den der zugezogene Tierarzt entsprechend behandelte. 
Die später angestellten Nachforschungen ergaben, daß das be¬ 
treffende Pferd auch nicht im Verhältnis zu dem leichten Katarrh 
stehende Abgestumpftheit und Trägheit gezeigt, nicht mehr so 
willig angezogen und auf der Nachhand bergab leicht geschwankt 
habe. Erst als die Erscheinungen der Genickstarre hochgradig 
hervortraten, wurde Anzeige erstattet. Das Entstehen dieser 
katarrhalischen Erscheinungen ist vielleicht als Folge einer 
zunächst geringgradigen, noch nicht in die Augen fallenden 
Lähmung der Schlnßmuskeln anzusehen. 

Hinsichtlich der Behandlung des ansteckenden Scheiden¬ 
katarrhs die nur bei energischem Vorgehen Erfolg verspricht, 
scheint sjch die Bazillolsalbenbehandlung nach Räbiger am 
besten bewährt zu haben; doch liegen auch gegenteilige Beob¬ 
achtungen vor. — Bei der Kälberruhr sah Zietzschmann- 
Kamenz nach Verabreichung von Formalinmilch und adstrin¬ 
gierenden Mitteln (Acid. tannic., Tinct. Op. aa 30,0, Ti net. 
Strychn. 60,0) neben ausgiebiger Stalldesinfektion, Absonderung 
der hochträchtigen Tiere und peinliche Nabelpflege den 
gewünschten Erfolg. — Lange-Dippoldiswalde erzielte durch 
energische Nabelpflege nach Pfeiffer in drei Beständen Auf¬ 
hören der Kälberruhr. — Nach Pretz sch-Grimma hilft die 
Prophylaxe durch Umstellen der trächtigen Muttertiere nach 
sorgfältigster Körperdesinfektion in einen reinen Stall einige 
Zeit vor dem Kalben noch am meisten. — Steffani-Bautzen 
und Sch all er-Zwickau loben die Serumtherapie, während 
Eichhorn-Rocklitz in der letzten Zeit vielfach erfahren mußte, 
daß ihn das polyvalente Serum, das früher recht Gutes leistete, 
im Stich gelassen hat. Richter. 


Tagesgeschichte. 

Deutscher und Schweizer Dr. med. vet. 

Von Heinick-Pudewitz. 

Unter dieser Überschrift hat Herr Dr. med. vet. Jonas 
seinem bedrängten Herzen in einer Weise Luft gemacht, die 
allen kollegialen Rücksichten einfach Hohn spricht. Die ge¬ 
bührenden Abfuhren sind ihm denn auch nicht erspart geblieben. 
Noch weiter auf diesen Artikel einzugehen, hieße demselben 
denn doch zu viel Bedeutung beimessen. 

Nur zu den nachfolgende^ Ausführungen des Herrn Prof. 
Dr. Schmaltz habe ich noch einiges zu erwidern. Wenn der¬ 
selbe nämlich die Ansicht vertritt, daß in den Kreisen der 
Schweizer Doktoren die Tendenz vorherrsche, den in Gießen seit 
langem ohne Anfechtung erworbenen Dr. med. vet. gewissermaßen 
in diese Schwierigkeiten mit hineinzuziehen, so kann ich diese 
Auffassung unmöglich teilen. Ich habe vielmehr die Beobachtung 
gemacht, daß die Schweizer veterinärmedizinischen Promotionen 
sehr vielen Gießener Herren ein Dorn im Auge sind. Des 
öfteren habe ich von solchen Kollegen* im Laufe des Gesprächs 
und noch ehe sie wußten, daß ich an der Frage interessiert war, 
die abfälligsten und grundlosesten Kritiken hören müssen. Man 
scheute nicht zurück, die absurde Behauptung aufzustellen, daß 
durch den schweizerischen Dr. med. vet. das alte, ehrwürdige 
Diplom von Gießen in Mißkredit gebracht würde. 

Die Herren scheinen da ganz zu vergessen, daß man nicht 
nur in Gießen, Leipzig bzw. Dresden, Berlin usw., sondern noch 
an manchen anderen Orten der Welt sehr gediegene tierärztliche 
Bildung verzapft. 


Wenn nun die Exklusivität des deutschen Veterinär-Doktor¬ 
titels so speziell betont wird, so weiß ich nicht, ob man 
das wirklich als ein ephiteton ornans auffassen kann. Muß 
man doch nicht außer acht lassen, daß es sich da um einen 
höchst sonderbaren und für uns sehr wenig rühmlichen Zustand 
gehandelt hat. Eine rein tierärztliche akademische Würde blieb 
bis vor wenigen Jahren 1 , /V i der gesamten deutschen Tierärzte¬ 
schaft unerreichbar. Der Dr. med. vet. war bereits so exklusiv 
geworden, daß 90% aller Akademiker noch vor kurzer Zeit keine 
Ahnung hatten, daß es einen solchen Dr.-Grad überhaupt gibt, 
und daß er in Gießen erworben werden kann. 

Übrigens scheint man auch dort gar nicht so exklusiv ge¬ 
wesen zu sein, denn Ausnahmen sind doch wiederholt gemacht 
worden und noch dazu an Stellen, wo man solche hätte am 
wenigsten hätte erwarten müssen, wenn anders wir uns nicht 
Sand in die Augen streuen wollen. Der § 19 der Promotions¬ 
ordnung besagt nämlich wörtlich: 

„Einem an das vet.-medizinische Kollegium der Landes¬ 
universität berufenen Gelehrten, der den vet. - medizinischen 
Dr.-Grad nicht besitzt, kann die Fakultät diesen verleihen, 
ohne die für die Bewerber geltenden Bestimmungen anzu¬ 
wenden. Doch haben Rektor und Dekan in der allgemein 
vorgeschriebenen Weise mitzuwirken.“ 

Es haben doch somit wiederholt immature Tierärzte diese Würde 
erhalten. (Quod erat demonstrandum.) Daß es eich dabei nicht um 
eine promotio honoris causa handelt, geht deutlich aus dem nächsten 
§ 20 hervor, der speziell von den Ehrenpromotionen spricht. 

Wenn man in diesen Fällen aus der Not eine Tugend 
gemacht hat, so ist das ja ganz verständlich. Unter den 
damaligen wenigen maturen Tierärzten waren zum Lehrberuf 
befähigte Personen in genügender Zahl aber nicht'vorhanden. 
Aber dann soll man sich doch auch nicht zu sehr in die Brust 
werfen und so tun, als ob zwischen Bern und Gießen ein 
himmelweiter Unterschied w r äre 

Selbstverständlich hat es sich ganz von allein ergeben, daß 
wir bei unseren Rücksprachen im Kultusministerium auf die 
ähnlichen Verhältnisse in Gießen hingewiesen haben. Da hat 
nun Herr Geh. Ober-Reg.-Rat Schmidt mir im Sommer des 
Jahres 1903 klipp und klar eröffnet, daß die prinzipielle Ver¬ 
sagung der Genehmigung nicht etwa wegen fehlender Maturitas 
erfolge, sondern weil ein Dr. med. vet. in Preußen unbekannt 
sei. Gießen bilde eine höchst bedauerliche Singularität, gegen 
die das preußische Kultusministerium — das sei nur eine Frage 
der Zeit — ganz energisch Front machen werde. Ein Jahr 
später hat mir ein anderer Regierungsrat, zwar etwas weniger 
abweisend, aber inhaltlich ganz dasselbe erklärt. In ähnlichem 
Sinne hatte sich ja in Sachsen dann auch Herr Geh. Rat 
Prof. Dr. Vach geäußert. Daß so wenig wohlgesinnte Kund¬ 
gebungen uns mindestens so tief schmerzen wie die Herren aus 
Gießen, brauche ich wohl nicht besonders zu betonen. Als ich 
dann im Sommer des Jahres 1906 nochmals im Kultusministerium 
vorsprach und Herrn Geh. Rat Dr. Eilsberger direkt fragte, 
ob die Genehmigung eher erteilt werden könnte, wenn die 
betreffenden Kollegen sich entschließen würden, das Abiturienten¬ 
examen nachzumachen, entgegnete er mir, daß für die Be¬ 
urteilung der Genehmigungsfrage der Nachweis des Reife¬ 
zeugnisses ganz belanglos sei. Es komme lediglich darauf an, 
daß dieser Titel auch in Preußen werde zu erwerben sein. Es 
I folgten schließlich noch die Worte: 



21. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


379 


„Nur will es scheinen, meine Herren, als ob Sie dem 
Abiturienten-Examen doch einen übertrieben großen Wert 
beimessen, schätzen Sie denn Ihre Examina so niedrig ein. 
Das Leben ist viel zn ernst und auch zu kurz, als daß ich 
ältere Herren, die schon mehrere bis viele Jahre in der 
Praxis stehen, noch zu solchen Schritten raten könnte.“ 

Sollte das nicht auch für uns alle eine Mahnung sein. Es 
ist doch klar, daß wir bis zum Jahre 1902 das Abiturienten- 
Examen als erstrebenswertestes Ziel auf unsere Fahnen geschrieben 
haben. Aber jetzt, wo die Würfel zu unseren Gunsten gefallen 
sind, können wir doch wieder zusammenrücken und mit ver¬ 
einten Kräften neuen Aufgaben zu6treben, denn sonst haben wir 
— auch ich kann mich dieser Befürchtung trotz gegenseitiger 
Versicherung unseres verehrten Herrn Prof. Schmaltz nicht 
erwehren — über kurz oder lang doch zwei Klassen von Tier¬ 
ärzten. Die deutschen Doctores med. vet. aber möchte ich zu 
ihrer Beruhigung daran erinnern, daß es überhaupt nur eine 
Frage der Zeit ist, bis auch den letzten immaturen Tierarzt die 
kühle Erde deckt. 

Wenn ich nun zum Schluß noch auf den Artikel des 
Leipziger Tageblattes vom 31. März er. zurückkomme, in dem 
das ablehnende Verhalten des sächsischen Kultusministeriums 
als durchaus konsequent und folgerichtig bezeichnet wird, so 
scheint genanntes Blatt gar nicht daran gedacht zu haben, daß 
in der theologischen, medizinischen und juristischen Fakultät 
schon zum Studium seit langer Zeit das Abiturientenexamen 
obligatorisch ist. Nur aus diesem einzigsten Grunde sind Gesuche 
um Zulassung zur Promotion unter Dispens vom Reifezeugnis 
an diese Fakultäten nur selten oder gar nicht gerichtet worden. 
Umgekehrt ist jedoch in verschiedenen Fällen solchen Anträgen 
ausnahmsweise Folge gegeben worden. 

In den philosophischen Fakultäten liegen die Verhältnisse 
wesentlich anders und sind ja hier, wie allgemein bekannt, auch 
tatsächlich zahlreiche Dispense erteilt worden, bzw. werden sie 
noch erteilt. Die Universitäten haben damit doch jedenfalls zu 
erkennen gegeben, daß sie unter besonderen Voraussetzungen 
auch das Primanerzeugnis, wie es bei uns bis 1903 zur Approbation 
vorgeschrieben war, als genügend zur Promotion erachten. 
Diesen besonderen Fällen möchte ich auch die schweizerischen 
Diplome zugerechnet wissen. 

Es ist eben sehr zu bedauern, daß Gießen sich auf einen 
so einseitig extremen Standpunkt festgelegt hat. Geradezu un¬ 
verzeihlich jedoch ist es, daß man in Leipzig nicht liberaleren 
Prinzipien hat Geltung verschaffen können. Da hätte die Hoch¬ 
schule als unsere Alma mater mit allem Nachdruck sich dagegen 
wehren müssen, daß die immaturen Tierärzte ganz aus¬ 
geschaltet wurden. 

Es handelt sich, wie gesagt, nur um ein Übergangsstadium, 
und da muß unbedingt die Möglichkeit offen gehalten werden, 
daß auch immatnre Tierärzte, und wenn auch nur in be¬ 
schränkter Zahl und ausnahmsweise, zur Dr. med. vet.-Promotion 
zugelassen werden, wenn anders die betr. Instanzen nicht selbst 
dazu die Hand bieten wollen, wieder zwei Klassen von Tier¬ 
ärzten zu schaffen. Ausnahmen haben sehr viele Fakultäten 
gemacht, warum wollen wir gerade wieder katholischer sein 
als der Papst. Die Frage der Schaffung einer Promotions¬ 
möglichkeit für Tierärzte in Preußen wird jetzt zwischen den 
beteiligten Ministerien akut, da heißt es, den rechten Augen¬ 
blick nicht zu verpassen. 


Eine Regelung der Promotionsfrage in dem von mir an¬ 
gedeutetem Sinne würde unendlich viel zur Überbrückung der 
Kluft und zum Ausgleich der sich jetzt schroff gegenüber¬ 
stehenden Meinungen beitragen. Ganz abgesehen davon, daß 
hiermit nur durchaus gerechtfertigte Ansprüche zur Erfüllung 
kämen, würde das einen kleinen Dank für die vielen Mühen 
und Entsagungen der älteren Tierärzte bedeuten. Darum rufe 
ich ebenfalls: „Videant consules“, damit es nicht auch bei uns 
heißt „Undank ist der Welt Lohn“. 

J)ie bisher genehmigten Dr. med. vet. der Schweiz. 

Die eigenartigen Ausführungen*) des sehr jungen Herrn 
Kollegen Dr. med. vet. Jonas-Gelsenkirchen sind von Herrn 
Professor Dr. Schmaltz in nicht mißzuverstehender Weise 
besprochen worden. Wir werden darauf auch noch zurück¬ 
kommen. Wenn nun der Herr Dr. med. vet. Jonas aber sagt: 
„die kleinen Bundesstaaten, in denen die Genehmigung bis jetzt 
schon der Fall gewesen ist, sind für die Allgemeinheit bedeu¬ 
tungslos“, so möchte ich ihm erwidern, daß er die tatsächlichen 
Verhältnisse überhaupt nicht kennt und auch nicht kennen kann. 
So bedeutungslos, wie der Herr Dr. med. vet. Jonas meint, 
ist die Zahl der bisher genehmigten Dr. med. vet. denn doch 
nicht; im Gegenteil, die Genehmigungen sind schon sehr zahl¬ 
reich und mehren sich beinah von Tag zu Tag. Nach dem von 
mir seit 1V 8 Jahren gesammelten Material, das schon zu einem 
starken Aktenbündel angeschwollen ist, beträgt die Zahl der in 
der Schweiz zum Dr. med. vet. promovierten Tierärzte 140 
Herren. Nach den bei den Akten befindlichen Urkunden und 
persönlichen Zuschriften haben die offizielle Genehmigung ihrer 
Regierung zur Führung des Schweizer Dr. med. vet.: 24 Bayern, 
(“> Hamburger, 5 Elsässer, 4 Badenser, 1 Reuß, 1 Oldenburg, 
1 Sachsen - Meiningen, 1 Schwarzburg - Rudolstadt = 43; dazu 
kommen noch 19 Bayern, 5 Elsässer, 2 Badenser = 26; von 
diesen letzteren habe ich bisher keine persönliche Zuschriften. 
Aber nach den übereinstimmenden Äußerungen, die mir zur 
Verfügung stehen, wird ja in Bayern, Elsaß, Baden und Hamr 
bürg der Schweizer Dr. med. vet. anstandslos genehmigt. Mit¬ 
hin haben von 140 Dr. med. vet. 69 die Genehmigung. Das ist 
die Hälfte aller Dr. med. vet. Da noch eine große Anzahl 
von Antworten auf unsere drei Rundschreiben ausstehen, bin ich 
fest davon überzeugt, daß die Zahl der bisher genehmigten 
Dr. med. vet. eine noch größere ist. Daß auch in Preußen 
die Genehmigung nicht mehr fern ist, habe ich bei den drei 
Audienzen (Mai 07, Dezember 07, März 08) im Kultusministerium 
gehört. Besonders wurde dies mir gegenüber im März in einer 
'/^ständigen Unterredung mit den Worten betont: „Genehmigt 
wird er sicher!“ 

Der Ausschuß für den Dr. med. vet. der Schweiz. 

I. A.: Kunibert Müller, Treptow a. R. 

Tierseuchengesetz statt Viehsenchengesetz. 

Eingabe des Deutschen Veterinirrates an den Reichstag. 

Dem Hohen Reichstag beehrt sich der Deutsche Veterinärrat: 
die Vertretung sämtlicher deutschen tierärztlichen Vereine, die 
Bitte auszusprechen, bei der Beschlußfassung über die Novelle 
des Gesetzes zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen 
sowohl im Titel des Gesetzes wie auch im Texte das Wort 
Viehseuche in Tierseuche abändern zu wollen. 

Zur Begründung dieses Wunsches ist folgendes anzufiiliren. 


*) B. T. W. Nr. 19. 







380 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Der wissenschaftliche Charakter der Tiermedizin, die ge¬ 
deihliche Entwicklung des tierärztlichen Standes und die 
öffentliche Bedeutung des Veterinärwesens sind allgemein an¬ 
erkannt. Es steht damit in Widerspruch und muß namentlich 
auch die Tierärzte unangenehm berühren, w r enn noch vielfach, 
und oft nicht ohne eine gewisse Neigung zur Herabsetzung, von 
Vieharzneikunde gesprochen wird, woraus dann bei einer ge¬ 
wissen Lässigkeit oder Böswilligkeit des Ausdrucks sogar die 
Bezeichnung „Viehdoktor“ nicht selten folgt. 

Diese üble Gewohnheit wird durch den Gebrauch des Wortes 
Vieh statt Tier im amtlichen Veterinärwesen gestützt. Es be¬ 
steht daher ein tierärztliches Interesse an der Beseitigung. 

Wenn ferner dem Worte Vieh auch nicht von vornherein 
eine verächtliche Bezeichnung innewohnt, so wird sie doch vielfach 
hineingelegt. Von Vieh wird namentlich auch dann gesprochen, 
wo man beabsichtigt, den Tiefstand des tierischen Geschöpfes 
gegenüber dem Menschen zum Ausdruck zu bringen. Bei den zur 
Gesundheitspflege dienenden Einrichtungen handelt es sich aber 
nicht darum, sondern um das Geschöpf, dessen Leiden ebenso wie 
die des Menschen der Hilfe bedürfen. Wenn in der Neuzeit er¬ 
freulicherweise die Bestrebungen zum Schutz des Tieres an Boden 
gewinnen, so wird eine gerechte Würdigung des Tieres die beste 
•Grundlage für das Gedeihen auch dieser Bestrebungen bilden. 
Auch in diesem Sinne wird es nützlich sein, einen Ausdruck, der 
einen verächtlichen Anklang besitzt, allmählich zu verdrängen. 

Endlich kann nicht verkannt werden, daß in dem vor¬ 
liegenden Gesetz die Bezeichnung Viehseuchen auch sprachlich 
nicht zutreffend ist. Denn das Gesetz bezieht sich auf Tiere, 
die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nirgends unter das 
Vieh schlechthin gerechnet werden. Unter Vieh wird in der 
Regel nur das Klauenvieh verstanden. Pferde werden fast 
überall aus jenem allgemeinen Begriff abgesondert, und ebenso 
pflegt man Hunde und Geflügel nirgends unter das Vieh zu 
rechnen. Dies hat denn auch im § 1 des Entwurfes eine be¬ 
sondere Definition des Begriffes Vieh nötig gemacht, die in 
Wegfall kommen könnte. Der Ausdruck Tierseuche ist also 
nicht allein der ästhetisch befriedigendere, sondern auch der 
begrifflich umfassendere und daher in dem Gesetz zu bevor¬ 
zugen. Bemerkt kann noch werden, daß z. B. auch im B. G. B. 
von der Haftung des Tierhalters die Rede ist. Ebenso würde 
sich empfehlen, die an mehreren Stellen gebrauchte Bezeichnung 
„Rindvieh“ durch „Rinder“ zu ersetzen. 

Der Deutsche Veterinärrat hat im Anfangsstadium der 
Vorbereitung der jetzt vorliegenden Novelle Gelegenheit ge¬ 
nommen, der Reichsregierung seine Wünsche betreffs der Ge¬ 
staltung des Gesetzentwurfes vorzutragen. Diese Wünsche 
sind in dem vorliegenden Entwurf sämtlich berücksichtigt. Es 
ist wahrscheinlich, daß auch ein die Bezeichnung des Gesetzes 
betreffender Wunsch Berücksichtigung gefunden hätte, der 
damals nicht ausgesprochen worden ist, weil sich der Umfang 
der Abänderung noch nicht übersehen ließ. Da aber jetzt die 
ursprüngliche Bezeichnung des Gesetzes durch die Vorlage selbst 
verändert wird, so ist die Gelegenheit zur Abänderung auch des 
Wortes „Viehseuchen“ damit gegeben. Der Deutsche Veterinär¬ 
rat hofft daher, durch seine an das Hohe Haus gerichtete Ein¬ 
gabe diese Änderung nachträglich veranlassen zu können. 

Im Aufträge des Deutschen Veterinärrates: 

Der Schriftführer: Dr. Schmaltz, 

Professor an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 


Roßarzt Rietzei. 

Zu dem Artikel in Nr. I dieser Zeit über den Roßarzt 
Rietzei kann ich als derzeitiger Oberveterinär seiner alten 
Batterie einige Ergänzungen liefern, die ich beim Studium der 
Regimentsgeschichte in den für seine Kinder bestimmten Auf¬ 
zeichnungen des jetzigen Generals der Artillerie von Planitz 
fand und die ich mit gütiger Erlaubnis Sr. Exzellenz hier zur 
weiteren Kenntnis bringen möchte. Er charakterisiert Rietzei 
folgendermaßen: „Roßarzt Rietzel, dem ich ein ganz besonders 
ehrendes Zeugnis ausstellen muß, war schon bejahrt, hatte schnee¬ 
weißen Kopf und Bart, war voller Hingabe für seinen Dienst 
und voller Sorgsamkeit für alle, besonders auch für die Offiziere. 
Er hatte immer erklärt, „wenn es einmal gegen die Franzosen 
geht, dann mache ich unter allen Umständen mit“, und schimpfte 
auf seine Kollegen, daß mehrere von ihnen beim Ausbruch des 
Krieges sich für felddienstunfähig erklären ließen, nur um ihre 
gute Praxis, nicht zu verlieren. Auch er hatte eine große 
Praxis, besonders bei den Infanterieoffizieren vom General bis 
zum Leutnant und war bei deren Pferdeangelegenheiten ihr 
Vertrauter. Neben seinen dienstlichen Funktionen sorgte er für 
die Verpflegung und das Wohl der Offiziere und des Stabes. Er 
schlug die Zelte für die Offiziere und den Stab mit einigen 
Reservemannschaften auf und ab, kochte früh den Kaffee und 
später die Mahlzeiten, und es war ein köstliches Bild, wenn 
er, in einen langen, grauen Schlafrock gehüllt, am Kochfeuer mit 
einem Kochlöffel die Burschen dirigierte, die ihm zur Hand 
gehen mußten. Er war bald auch in der Dragoner-Brigade, mit 
der wir zusammen kamen, ganz bekannt, und die Offiziere der¬ 
selben nannten ihn ebenso wie die der Batterie bald „alter 
Onkel“, und selbst der sehr förmliche Graf Brandenburg 
fragte mich zu wiederholten Malen „was macht der alte Onkel?“ 
Er und Feldheim (Wachtmeister) aßen stets mit uns Offizieren 
zusammen, auch später, als wir vor Paris lagen, mit dem Ab¬ 
teilungsstabe und den Offizieren der 3. reitenden Batterie.“ 
Weiterhin wird Rietzel denn des öfteren in einer sehr 
anerkennenswerten Weise erwähnt. Folgende Stelle zeugt von 
der großen Beliebtheit, der sich Rietzel auch sonst erfreute: 
„Rietzel las die Fahrzeuge unterwegs auf und führte sie nach. 
Dabei kamen ihm seine Bekanntschaft und Beliebtheit bei den 
älteren Infanterie-Offizieren zustatten, die ihn ungehindert bei 
sich vorbeimarschieren ließen.“ 

Eine für den Feldzug charakteristische Szene ist folgende: 
„Als unser Rietzel die Zelte aufschlagen wollte, lag auf dem 
dazu ausgewählten Platz ein deutscher Soldat, und in der 
Meinung es sei einer unserer Leute, der sich aus Erschöpfung 
hingelegt habe, stieß er ihn mit dem Fuße an und sagte, nun alter 
Kronensohn (sein Lieblingsausdruck) drücke dich mal gefälligst 
von hier weg“. Er tat dies aber nicht und nun merkte man, daß es 
ein preußischer Soldat war, der hier seinen Tod gefunden hatte.“ 
Auch von der Berufstätigkeit des damaligen Roßarztes 
wird im folgenden Erwähnung getan: „Die mitgenommenen 
Reserveeisen waren bald aufgebraucht, und um neben dem 
ordentlichen Beschläge wieder eine gehörige Anzahl von Reserve¬ 
eisen zu beschaffen, wurde dem tätigen Rietzel gestattet, das 
schmiedeeiserne Gitter des Kirchhofes nach und nach abzu¬ 
nehmen und zu Eisen zu verarbeiten. Mein alter Rietzel hatte 
alle Hände voll zu tun und bewährte sich aufs neue.“ 

Während des Feldzuges leistete Rietzel der Batterie in 
mannigfacher Hinsicht so gute Dienste, daß sein ehemaliger 



21. Mai 1908. 


BERLINEU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


381 


Batteriechef ihm — besonders nachdem Rietzel in einer Nacht vor 
einem Alarm dafür gesorgt hatte, daß die Pferde seines Chefs mit 
scharfen Eisen beschlagen wurden — folgenden Nachruf widmet: 

„Ich erw r äline dies, um hier der Pflichttreue und Gewissen¬ 
haftigkeit meines vortrefflichen Rietzel ein Denkmal treuer 
und dankbarer Anerkennung zu setzen.“ 

Erwähnen möchte ich denn noch, daß auf dem Flur der 
Batterie eine Vergrößerung einer Photographie der damaligen 
Offiziere der Batterie hängt, die während des Feldzuges in 
Beauvais aufgenommen ist, auf der sich auch Rietzel befindet. 

Man sieht also auch aus diesen Zeilen, die ein ehemaliger 
Batteriechef nach 36 Jahren (die Aufzeichnungen datieren von 
1906) seinem Roßarzt widmet, daß der damalige Veterinär sich 
trotz Stellung und Uniform einer gewissen Wertschätzung er¬ 
freute und jeder bekannte Offizier sich seiner mit Wohlwollen 
und Freude erinnert. Lahrs. 

Der Wiener Studentenkrawall. 

Im Österreichischen Tierärztlichen Zentralblatt findet sich 
ein Bericht über die auch in der B. T. W. besprochenen Vor¬ 
gänge an der Tierärztlichen Hochschule zu Wien. Obwohl 
derselbe für den Fernstehenden die Ursachen und den Verlauf 
der Studentenbewegung nicht klar erkennen läßt, so ist doch 
vor allem bemerkenswert die Hoffnungsfreudigkeit, die der Bericht 
erkennen läßt. Es scheint als sicher angenommen zu werden, 
daß das Ereignis, welches, wie man sich denken kann, in ganz 
Wien Aufsehen gemacht hat, eine Wirkung im Sinne der 
Demonstranten haben werde. Nach dem Bericht hat der 
kommandierende Offizier gesagt: „Hier ist kein akademischer 
Boden“. Der Bericht erkennt an, daß diese schlichten Worte 
in erfreulicher Offenheit eine Situation gekennzeichnet haben, 
wie sie tatsächlich bestand und von den österreichischen Tier¬ 
ärzten lebhaft beklagt wurde. Die Tierärzteschaft Nieder¬ 
österreichs hat ihre Sympathie mit den Forderungen der 
Studierenden erklärt. Im Abgeordnetenhause ist die Regierung 
interpelliert worden; die Interpellanten verlangten: Befreiung 
der Tierärztlichen Hochschule vom militärischen Regime und 
die nötige Satisfaktion für das Professorenkollegium und die 
Hocli8cküler. Der Abgeordnete Kotlar, bekanntlich Tierarzt, 
fragte zugleich, ob die Regierung geneigt sei, zur Entlastung 
der Hochschule in Wien eine Tierärztliche Hochschule mit 
tschechischer Unterrichtssprache in Prag zu errichten. Herr 
Kotlar teilte mit, daß er sich selbst davon überzeugt habe, daß 
im Gebäude der Hochschule die Soldaten mit aufgepflanzten 
Bajonetten lagern und die Hörer nicht hereingelassen werden. 
Die Frage der Ausscheidung der Tierärztlichen Hochschule aus 
dem Ressort des Reichskriegsministeriums sei nunmehr brennend 
geworden. Vertreter der Studierenden wurden von den Ab¬ 
geordneten Wolff und Kotlar zum Ministerpräsidenten und 
zum Unterrichtsminister, Dr. March et, geführt. Letzterer ver¬ 
sprach, die Wünsche der Studentenschaft zu unterstützen, und 
fügte hinzu, daß auch das Kriegsministerium einer Abtrennung 
nicht hinderlich sein wolle; die an ihn gerichtete Interpellation 
werde er ehestens beantworten. Der Ministerpräsident sprach 
sein Bedauern aus, daß die Demonstration in Gewalttätigkeit 
ausgeartet sei, erklärte sich aber bereit, im Krieg6ministerium 
wegen Abzuges des Militärs zu intervenieren, wenn seitens der 
Studierenden Ruhe garantiert w f erde, was von den Studenten¬ 
vertretern ehrenwörtlich versichert wird. Das Militär ist 
inzwischen zurückgezogen und die Ruhe wiederhergestellt. 

Der Rektor der Tierärztlichen Hochschule gab einen Erlaß 
des Kriegsministers bekannt, aus dem folgendes hervorgeht: Der 
ünterrichtsminister wird in kürzester Zeit mit dem Kriegs¬ 


minister in Verbindung treten, um die baldigste Regelung der 
Hochschulfrage anzubahnen. Nachdem schon vor vier Jahren 
Verhandlungen wegen der Übernahme der Hochschule in die 
Verwaltung des Unterrichtsministeriums stattgefunden haben, 
werden diese Verhandlungen wieder aufgenommen und behufs 
ehester Erzielung des Erfolges gefördert werden. Die be¬ 
gründeten Wünsche wegen Ausgestaltung der Hochschule hin¬ 
sichtlich der Lehrkräfte und Lehrmittel werden wohlwollendste 
Berücksichtigung finden. Die Verleihung des Promotionsrechtes 
an die Tierärztlichen Hochschulen ist im Prinzip beschlossen 
und steht für das nächste Studienjahr bevor. Eine durchgreifende 
Revision des Studienplanes wird durchgeführt worden. Die 
übrigen geäußerten Wünsche werden vom k. k. Reichskriegs¬ 
ministerium auch geregelt werden. 

Im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses sprach der 
Abgeordnete Kotlar noch den Wunsch aus, daß die Tierärztliche 
Hochschule dem Ackerbauministerium unterstellt werden möchte. 
Der Ackerbauminister Dr. Ebenhoch erklärte, daß auch er 
eine solche Übertragung für außerordentlich wünschenswert 
halte, und daß er im übrigen eine weitere Ausgestaltung des 
staatlichen Veterinärdienstes beabsichtige, auch ein neues Tier¬ 
seuchengesetz festgestellt habe. (Österr. Tierärztl. Zentralblatt.) 

Über den Versicherungsvertrag. 

Der auch in der B. T. W. vielfach und mit Recht erörterte 
Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag wurde in der 
Sitzung vom 1. Mai en bloc nach den Beschlüssen der Kommission 
vom Reichstag angenommen. Hoffentlich werden die Versicherer 
(Gesellschaften usw.) von der ominösen Bestimmung bzw. Er¬ 
laubnis des Beizugs von sog. „Sachkundigen“ in Krankheits¬ 
fällen bzw. bei Begutachtungen in ihrem eigenen Interesse 
möglichst wenig Gebrauch machen. 

Im übrigen haben sich fast zu gleicher Zeit auch die 
parlamentarischen Körperschaften der Schweiz, Ständerat sowohl 
wie Nationalrat, mit einem Bundesgesetz über den Versicherungs¬ 
vertrag beschäftigt und den letzteren in der Sitzung vom 
2. April einstimmig angenommen. Im Gegensatz zu dem 
deutschen Gesetz sind die Schweizer Bestimmungen ziemlich 
einfach gehalten. Von Vorschriften über den Beizug von sog. 
Sachkundigen ist daselbst wrie überhaupt über die Art des tier¬ 
ärztlichen Eingreifens bei der Vieh Versicherung — jedenfalls 
als überflüssig — auch nicht die geringste Rede. 

§ 64 sagt hinsichtlich der Viehversicherung nur folgendes: 
„Bei der Vieh Versicherung ist der Wert zur Zeit der Erkrankung 
oder des Unfalls des Tieres maßgebend.“ 

Unsere deutschen Gesetzgeber sind, wie ersichtlich, viel 
besorgter. 

Die Referendumsfrist (Volksabstimmung) des am 8. April 
veröffentlichten Schweizer Gesetzes läuft am 7. Juli 1908 ab. 

Ad. Maier-Konstanz. 

Protokoll über die 62. General Versammlung des Tier¬ 
ärztlichen Zentral Vereins für die Provinz Sachsen, 
die Anhaitischen und die Thüringischen Staaten, 

am Sonntag, den 8. Dezember 1907, 
zu Magdeburg, im Restaurant „Hohenzollem“. 

Die Präsenzliste wies folgende Herren Mitglieder auf: Leistikow, 
Gundelaqh, Colberg, Ristow, Blau, Michalski, Gaedke, 
sämtlich aus Magdeburg, Disselhorst und Räbiger aus Halle a. S., 
Ziegenbein-Wolmirstedt, Schlemmer - Gröbzig, Meyer und 
Jonske aus Stendal, Ernst und Witte aus Quedlinburg, 
Thunecke - Kalbe a. S., Geldner-Burg b. M., Schulz-Neu¬ 
haldensleben, Oppermann -Wanzleben, Haferburg -Eichenbarleben, 



382 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Friedricha-Barleben, Siebert-Osterburg, Dolle und Volmer- 
Oschersleben und Bunge-Zerbst. 

Ihr Ausbleiben entschuldigt haben die Herren: Geh. Reg-Rat 
Prof. Dr. Esser-Göttingen, Exzellenz Kühn-Halle a. S., Vet.-Rat 
Sickert-Egeln, Vet.-Rat Pirl-Dessau, Kreistierarzt Friedrich- 
Halle a. S., Kreistierarzt Rößler-Köthen (Anh.) und die Tierärzte 
Schumra-Naumburg, Meißner-Schafstedt, Ude-Wittenberg und 
Koch-Magdeburg. 

Als Gäste haben die Versammlung durch ihr Erscheinen er¬ 
freut die Herren Korps-Stabsveterinär Thietz, Dr. Lucius und 
Herffurth - Magdeburg, Dr. Petschelt - Sommersdorf und Dr. 
Burow-Halle a. S. 

Wie so oft gedenkt auch diesmal wieder Herr Vet.-Rat Müller- 
Stettin durch Übersendung eines Begrüßungstelegramms unseres 
Zentralvereins. 

Der Vorsitzende eröffnet um %12 Uhr die Versammlung und 
begrüßt die erschienenen Gäste und Mitglieder. Infolge der Tagung 
anderer Verbände, denen unsere Mitglieder zum Teil angehören, ist 
die Versammlung diesmal leider weniger besucht als die letzte 
Sitzung in Dessau. 

Prof. Disselhorst gibt weiterhin eine Erklärung darüber ab, 
daß im Hinblick auf das bevorstehende Gesetz zur Bekämpfung der 
Rindertuberkulose dem Beschlüsse der vorletzten Versammlung ent¬ 
gegen die Dessauer Versammlung ohne Damen abgehalten worden 
sei. Die Sitzung war speziell der Tuberkulose und ihrer Bekämpfung 
gewidmet. Der Vorsitzende gedenkt mit Worten des Dankes der 
ausgezeichneten Referate über die Tuberkuloseforschung, unter 
denen besonders der Vortrag des Herrn Geheimrat Dammann den 
Glanzpunkt der Verhandlung bildete. 

Zu Punkt 1 der Tagesordnung wird auf Antrag des Vorsitzenden 
beschlossen, die Versammlungen in Magdeburg erst um 127 4 Uhr 
mittags anzusetzen, damit die Kollegen aus den einzelnen Teilen 
der Provinz bequemere Züge nach Magdeburg benutzen könnten, 
als es bisher der Fall war. 

Zur Aufnahme melden sich der praktische Tierarzt Dr Petschelt- 
Sommersdorf (Kreis Neuhaldensleben) und der Leiter des Milzbrand¬ 
serum-Instituts, Tierarzt Dr. Burow-Halle a. S. Die Aufnahme der 
Herren erfolgt einstimmig. 

Herr Kollege Ziegenbein-Wolmirstedt regt sodann eine Dis¬ 
kussion an über die Festsetzung der Preise für die praktische 
Tätigkeit, an der sich die Herren Leistikow, Disselhorst, 
Thunecke und Colberg beteiligen. Auf den Antrag Leistikows, 
der an das Vorgehen der Kollegen in Westfalen erinnert (Nr. 30, 1907 
der B. T.W.), wird die Angelegenheit vertagt und die Referate über 
diese Frage den Herren Leistikow-Magdeburg, Ziegenbein- 
Wolmirstedt und Friedrichs - Barleben übertragen. Bei dieser 
Gelegenheit wurde die Einsetzung eines Ehrenrates einer Be¬ 
sprechung unterzogen. Hierauf verliest der Vorsitzende den Be¬ 
schluß des Tierärztlichen Provinzial-Vereins für Schleswig-Holstein 
vom 10. Oktober 1907, betr. die Überwachung der Milchgewinnung 
und des Verkehrs mit Milch durch Tierärzte, und empfiehlt im 
Interesse der tierärztlichen Sache volle Unterstützung seitens 
unseres Vereins. Die Versammlung beauftragt den Vorstand, Herrn 
Veterinärrat Dr. Foth in .Schleswig, als Vorsitzenden des Tierärzt¬ 
lichen Provinzial-Vereins für Schleswig-Holstein, in einem besonderen 
Schreiben mitzuteilen, daß der diesseitige Zentralverein den Leit¬ 
sätzen des Schleswig-Holsteiner Vereins nach jeder Richtung hin 
zugestiramt hat. 

Herr Kollege Ziegenbein-Wolmirstedt empfiehlt auf Grund 
des Vortrages, den Herr Geheimrat Ostertag auf der letzten Ver¬ 
sammlung des Vereins der beamteten Tierärzte in Berlin gehalten 
hat, daß die Kollegen in den landwirtschaftlichen Vereinen häufiger 
über die Milchhygiene und Milchkontrolle referieren möchten. Herr 
Kollege Meyer-Stendal erklärt sich bereit, auf der Frühjahrs¬ 
versammlung über die Regelung der Milchkontrolle in der Provinz 
Sachsen zu sprechen. 

Sodann werden für zwei Hinterbliebene von Mitgliedern auf 
einstimmigen Vereinsbeschluß hin als Unterstützung für Weihnachten 
30 bzw. 90 M. bewilligt. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung referierte Herr Veterinärrat 
Leistikow-Magdeburg über „Neue Erfahrungen bei der Be¬ 


kämpfung der Maul- und Klauenseuche“. Der Vortrag ist in dieser 
Nummer der B. T. W. Seite 372 veröffentlicht. An der Diskussion 
beteiligten sich die Herren Gundelach, Michalski, Ziegenbein, 
Geldner und Dies eihorst. 

Zu Punkt 3 entschuldigt sich der Vorsitzende, sein Referat 
über „Die feineren Vorgänge bei der Befruchtung und Vererbung“ 
ohne Kartenmaterial nicht erstatten zu können und spricht an 
Stelle dieses Themas über „Biologische Reaktionen“. Auch dieser 
Vortrag ist unter den Abhandlungen der B. T. W. (Nr. 19) ver¬ 
öffentlicht. 

Zu Punkt 4 kommt Herr Kollege Ziegenbein-Wolmirstedt 
auf die Rotlauf-Entschädigungen zu sprechen und weist besonders 
auf die Entschädigungen der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Sachsen hin. Er empfiehlt die Rotlauf Impfstoffe aus dem bak¬ 
teriologischen Institut der Landwirtscbaftskammer für die Provinz 
Sachsen zu Halle a. S. zu beziehen, da z. B. die Firma L. W. Gans- 
Frankfurt a. M. sich bei der Entschädigungfrage um die Diagnose der 
Kreistierärzte nicht kümmere. Hierauf streift Redner einen Fall aus 
der Fleischbeschau, in dem Betrügereien mit Stempeln getrieben 
worden sind, und ermahnt zur Belehrung der Amtsvorsteher über 
das Gesetz betr. die Fleischbeschau. 

An der Diskussion in dieser Angelegenheit beteiligt sich vor 
allem Herr Veterinärrat Leistikow, der unter anderem darauf hin¬ 
weist, daß bedingt taugliches und minderwertiges Fleisch nur dann 
noch verwendet werden darf, wenn die Erlaubnis dazu vorliegt und 
der Ort eine Freibank besitzt. 

Am Schlüsse der Versammlung ladet der Vorsitzende die Herren 
Mitglieder zur nächsten Vereinsversammlung nach Halle a. S. und 
zur Besichtigung des Bakteriologischen Instituts daselbst ein. Die 
Einladung wird unter allgemeiner Zustimmung angenommen. 

Nach den Verhandlungen vereinigten sich die Teilnehmer der 
Versammlung zu einem gemeinsamen Essen im Saale des Restaurants 
und Caf6 „Hohenzollem“. 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer: 

Disselhorst. H. Raebiger. 

Frühjahrsversammlung (97.) des Vereins schlesischer Tierärzte 

zu Breslau am 31. Mai 1908. 

Die Versammlung findet im Konzerthaus, Gartenstraße 39/41, statt. 

I. Vorstandssitzung 10 Uhr (Saal im 1. Obergeschoß). 

II. Gruppensitzungen lO’/.j—117a Uhr 

(Die Gruppe der beamteten Tierärzte tagt im Saale dos 1. Ober¬ 
geschosses, die Gruppen der Schlachthoftierärzte und der Privat¬ 
tierärzte in den beiden Nebenräumen des Kammermusiksaales.) 

III. Hauptversammlung 117a Uhr (im Saale des 1. Obergeschosses). 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Eingänge und Mitteilungen, 

b) Abgang und Aufnahme von Mitgliedern, 

c) Kassenbericht. 

2. Vorträge und Besprechungen: 

a) Stellungnahme zu wichtigen Tagesfragen. 

1. Resolution des tierärztlichen Vereines in Schleswig- 
Holstein betr. die tierärztliche Überwachung der Milch¬ 
gewinnung und des Verkehrs mit Milch. 

2. Resolution der Tierärztlichen Gesellschaft in Berlin 
betr. die tierärztliche Überwachung des Marktverkehrs 
mit animalen Nahrungsmitteln, sowie die Schaffung 
eines besonderen Lehrauftrages hierfür an den Tier¬ 
ärztlichen Hochschulen. 

Referent zu 1 und 2: 

Herr Obertierarzt Dr. Marschner-Breslau. 

b) Über tierärztliche Geburtshilfe. Ein volkstümlicher Vor¬ 
trag in Wort und Bild, zur Bekämpfung des Kurpfuscher¬ 
tums. 

Referent: Herr Kreistierarzt Bischoff-Ratibor. 

c) Mitteilungen aus der Praxis. 

Referent Vorbehalten. 

Um 2 Uhr gemeinsames Essen. (Um Beteiligung der Damen 
am Mahle wird ergebenst gebeten.) 

Der Vorstand. I. A.: Ri eck. 








21. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


383 


Der „Fall Schlennstedt“. 

Zu dem in der B. T. W. von Herrn Veterinärrat Felisch 
mitgeteilten, von mir abweichend beurteilten „FallSchlennstedt“ 
protestiert in der Deutschen tierärztlichen Wochenschrift Herr 
Professor Malkmus gegen meine Äußerung: „Anders denkt 
zunächst, wie ich dagegen behaupte, der ganze R. S. C. w . Sodann 
ist mir aus Hannover folgende Erklärung zur Veröffentlichung 
übersandt worden: 

Erklärung. 

In der Nr. 19 der B. T. W. hat Herr Prof. Schmaltz zur 
Erwiderung auf den Artikel „Auch ein Standesheber“ geäußert: 
„Ganz sicher Unrecht hat aber Herr Felisch mit der Annahme, 
daß alle Tierärzte sich seinem harten Urteil anschließen würden. 
Anders denkt zunächst der ganze R. S. C. . . .“ 

Um dem vorzubeugen, daß in weiteren Kreisen eine irrige 
Ansicht über den R. S. C. Platz greift, möchte der Hannoversche 
S. C. hier erklären, daß er sich den Ansichten des Herrn Prof. 
Schmaltz durchaus nicht anschließen kann, und daß er diese 
Angelegenheit auf dem Pfingsten in Rudolstadt tagenden 25. R.S.C. 
zur Sprache bringen wird, um dann die Ansicht des gesamten 
R. S. C. auszusprechen. 

Der S. C. der Königl. Tierärztl. Hochschule 
zu Hannover. 

I. A.: Willy Bennewitz (Hannoveraniae X)- 

Hierzu möchte ich folgendes bemerken: Zunächst war meine 
Äußerung überhaupt Dicht wörtlich zu nehmen, vielmehr dabei 
offenbar Übertreibung gegen Übertreibung gesetzt, gegen „alle“ 
Tierärzte der „ganze“ R. S. C. Nichtsdestoweniger zeigen aber 
jener Protest und jene Erklärung, daß die Auffassung des 
Falles innerhalb dieses Kreises stärker geteilt ist, als ich 
angenommen habe. Daß aber „ein großer Teil“ seiner Mit¬ 
glieder so, Wie ich annahm, denken muß, das ist keine Unter¬ 
stellung einer Meinung, sondern ein logischer Schluß aus 
der einfachen Tatsache der Beitragsannahme, die weder 
von dem (doch für den R. S. C. handelnden) Denkmals¬ 
komitee noch von der Redaktion des offiziellen Organs bean¬ 
standet worden ist und die unmöglich wäre, wenn man Herrn 
Schlennstedt der Kategorie der Pfuscher zuzählte. 

Im übrigen bin ich gebeten mitzuteilen, daß das Corps 
Salingia die Angelegenheit seinerseits in die Hand genommen 
hat und in der entsprechenden Weise zum Austrag bringen 
wird. Die Streitfrage wird daher in erster Linie von dieser 
nächstbeteiligten Seite vor das Forum des R. S. C. gebracht 
werden, wo auf alle Fälle eine Klärung und eine Feststellung der 
überwiegenden Meinung stattfinden wird. Damit ist der „Fall“ 
in ein richtiges Fahrwasser geleitet und wird zugleich zu einer 
studentischen Angelegenheit. Zunächst war sie das nicht, wie 
ich gegenüber einem Leser der B. T. W. bemerken möchte, der 
sich darüber beschwert hat, daß „R. S. C. Angelegenheiten“ 
in der B. T. W. erörtert würden, wo sie nicht hingehörten. 
Es handelte sich nicht darum, sondern um eine Standesangelegen¬ 
heit, nämlich um die Besprechung eines schweren Vorwurfs, 
der einem jungen Kollegen gemacht worden war. Daß dieser 
Kollege dem R. S. C. angehörte, war eine rein zufällige Neben¬ 
sache, die allerdings nach Lage der Umstände zur Sprache 
kommen mußte. Schmaltz. 

Maul* und Klauenseuche 

Die Seuche ist auf dem Viehhofe zu Nürnberg am 12. d. M. 
ausgebrochen. In den Kreisen Stolp-Schlawe (Pommern) ist 
ein Ausbruch erfolgt. 


Pfingstrelse. 

Unter der Bezeichnung „Studienfahrt Pfingsten 1908“ wird 
durch Herrn M. v. Schleusen (Berlin-Schöneberg, Stubenrauch- 
straßc 4) ein Prospekt versandt, dem folgendes zu entnehmen ist: 
Die Reiso soll am 31. Mai morgens in Basel beginnen und am 
15. Juni ebenda enden. Sie gilt hauptsächlich Rom und Neapel 
mit je 5 Tagen; ferner werden auch Mailand, Genua und Florenz 
besichtigt. Der Preis ist, da es sich um kein geschäftliches Unter¬ 
nehmen handelt, für die 16tägige Reise auf 320 M. festgesetzt, 
und es sind darin sämtliche gemeinsame Ausgaben für Eisenbahn 
(II. Klasse), Schiff, Wagen, Barken, Hotels und Verpfleguug mit 
Wein enthalten. 


Literarische Notizen. 

Besprechungen. 

Die Dauerweiden, Bedeutung, Anlage und Betrieb derselben unter 
besonderer Berücksichtigung intensiver Wirtschaftsverhältnisse. 
Von Dr. Friedr. Falke, Professor der Landwirtschaft an der Univer¬ 
sität Leipzig, unter Mitwirkung von W. Oetkon, Assistent am 
landwirtsch. Institut der Universität Leipzig. Hannover. Verlag von 
M. & G. Schaper. 1907. Gebunden M. 6. 

Angesichts der Bedeutung des sachgemäßen Weideganges für 
die Heranzüchtung und die Haltung gesunder leistungsfähiger Nutz- 
tierbestände ist jede Veröffentlichung zu begrüßen, die unsere 
Kenntnisse auf diesem hochwichtigen Wirtschaftsgebiete sammelt, 
ergänzt und vertieft. Dem Falk eschen Buche kommt diese Eigen¬ 
schaft in hervorragendem Maße zu. An der Hand sorgsamen Lito- 
raturstudiums und praktischer Erfahrung schildert es ausführlich 
und klar die allgemeine Bedeutung des Weideganges, die Anlage 
und den Betrieb der Weiden sowie die Einrichtung von Genossen¬ 
schaftsweiden. Das auch buchhändlerisch sehr gut ausgestattete 
Werk kann sowohl dem Tierzüchter wie seinen Beratern bestens 
empfohlen werden. Dr Vogel. 

Köoigl. Sächtu Gesetz, betreffend die Unterhaltung und Körung der 
Zuchtbullen, vom 30. April 1906 nebst Ausführungsverordnung vom 
30. November 1906. Herausgegeben und mit Erläuterungen versehen 
von Dr. G. Lantzsch, Oberregierungsrat im K. Ministerium des Innern. 
Leipzig 1907, Roßbergsche Verlagsbuchhandlung. Preis M. 1,40. 

Ein sehr guter, kurz gefaßter und doch erschöpfender Kom¬ 
mentar zu den neuen Vorschriften über die Unterhaltung und 
Körung der Zuchtbullen im Königreich Sachsen. Dr. Vogel. 

F. Stuhlmann. Beiträge zur Kenntnis der Tsetsefliege (Glossina 
fusca und Gl. tachinoides). Sonderabdruck aus „Arbeiten aus 
dem Kaiserlichen Gesundheitsamte“, Band XXVI, Heft 3. Berlin 1907. 

Der langjährige, verdienstvolle Direktor des Biologisch-Land¬ 
wirtschaftlichen Institutes zu Amani (Deutsch-Ostafrika) hat die 
Anatomie und Biologie der am Fuße des Usambara-Gebirgcs häufig 
vorkommenden Glossina fusca und tachinoides zum Gegenstände 
eingehender Studien gemacht. Besondere Berücksichtigung haben 
diejenigen Organe der F)iege gefunden, welche für die Entwicklung 
des Erregers der Tsetsekrankheit (Trypanosoma brucei) in Frage 
kommen — nämlich der gesamte Darmtraktus. Auch über die 
Abhängigkeit der Glossinen von äußeren Einflüssen hat der Ver¬ 
fasser sehr bemerkenswerte Angaben gemacht. Der Arbeit sind 
eine größere Anzahl vorzüglicher Abbildungen beigegeben worden. 

Zlemann. Schutzpockenimpfung In dA Kolonien. Sonderabdruck 
aus der Berliner klinischen Wochenschrift. 1908 Nr. 3. 

Enthält eine Reihe praktischer Vorschläge, um die Schutz¬ 
pockenimpfung in den Kolonien besser wie bisher zu organisieren. 

Zlemann. Wie erobert man Afrika für die weifte und farbige Rasse? 
Beihefte zum Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene Band XI. 

Verfasser schildert die Schwierigkeiten, welche sich bisher bei 
der Eroberung des tropischen Afrikas ergeben haben, nämlich die 
Besonderheiten des tropischen Klimas, die den Tropen eigenen 
Krankheiten sowie sonstige Umstände, welche für die weiße und 
farbige Rasse schädlich sind. Ziem an ns Vorschläge verdienen 
weitgehendste Beachtung. 



384 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Sander und Hennig. Tropische und subtropische Viehseuchen. 8on- j 

derabdruck ans dem Handbuch der Tropenkrankheiten Band III. 
Herausgegeben von Dr. C. Men so. Leipzig 1906. 

Ausführlich besprochen sind die durch Trypanosomen und 
Babcsien bedingten Tierseuchen, die südafrikanische Pferdesterbc, 
das Herzwasser, die Gallseucbe und die Rinderpest. Den einzelnen 
Kapiteln sind ausführliche Literaturverzeichnisse beigegebon. 

Theller. Report of the Government Vcterinary Bacteriologist. 
Transvaal Department of Agriculture. 1905—190(3. 

Aus dem Jahresbericht des verdienstvollen Leiters des Regie- 
rungs-Veferinärlaboratoriums in Pretoria seien besonders hervor¬ 
gehoben die eingehenden Studien über das Piroplasma mutans, über 
die Beziehungen zwischen Pferdesterhe und Herzwasser, über die 
Pferdepiroplasmosc, über Schweinescuche und Schweinepest und 
über die Übertragbarkeit der Pferdesterbe auf Hunde. 

von Waslelewskl. Studien und Mikrophotogramme zur Kenntnis der 
pathogenen Protozoen. Zweites Heft. Untersuchungen über Blut¬ 
schmarotzer. Leipzig 1908. 

Verfasser bespricht zunächst die Verbreitung der tierischen 
Blutparasiten in Deutschland und gibt wertvolle Ratschlägo, wie 
und wo man sich das erforderliche Untersuchungsmaterial ver¬ 
schaffen kann. Nach einer allgemeinen Abhandlung über die blut- 
schmarotzenden Nematoden, Mastigophoren und Sporozoen ist 
besonders eingehend Plasmodium vivax und Laverania malariae 
bearbeitet. Bei weitem der größte Teil des vorliegenden Heftes ist 
aber dem Plasmodium praecox, dem Haemoproteus danilewskyi 
und dem Lcukozytozoon ziemanni gewidmet. Besonders dieser 
Abschnitt enthält eine Fülle sorgsam gesammelter Beobachtungen, 
welche auch für Tierärzte von großem Interesse sind. Eine Reihe 
instruktiver Photographien gereichen dem Ganzen zur Zierde. 

Griffin. Memoria. Universitad nacional de la Plata. Facultad 
de Agronomia y veterinaria. 

In der vorliegenden Arbeit gibt der Dekan der landwirtschaft¬ 
lichen und tierärztlichen Fakultät der Universität zu La Plata in 
Argentinien einen ausführlichen Jahresbericht über die seiner Leitung 
unterstellten Institute in La Plata und Santa Catharina. Es ist 
erfreulich zu lesen, daß jetzt der schon seit langem bestehende 
Plan, die landwirtschaftliche und tierärztliche Hochschule in La 
Plata im modernen Sinne auszubauen, zur Ausführung gekommen 
ist. Man kann den argentinischen Tierärzten hierzu Glück wünschen. 

Knut h. 

Neue Eingänge (Besprechung Vorbehalten). 

Prof. Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Günther, Grundriß der ver¬ 
gleichenden Histiologie der Haussäugetiere. III. umgearbeitete und 
vermehrte Auflage. Mit 572 Abbildungen. Berlin 1908, bei Paul 
Parey. Preis 13 M. 

P. Cornelius, Das Oldenburger Wesermarschrind. Heraus¬ 
gegeben vom OldenburgerWesermarsch-Herdbuchverein. Mit2Karten, 
einer farbigen und 6 schwarzen Tafeln und 68 Abbildungen im Text. 
M. & H. Schaper, Hannover 1908. 

A. Hink, Zuchtinspektor, Die erworbenen Eigenschaften 
und das Vererbungsproblem. Eine züchtungsbiologische und 
naturphilosophische Studie. M. & H.Schaper, Hannover 1908. Preis IM. 

Dr. Xylander, Der Ratinbazillus als Rattenvertilgungs¬ 
mittel. (Sonderabdruck aus „Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheits¬ 
amte“, Bd. XXVIII, Heft 1. 1908.) Julius Springer, Berlin. 

Dr. Franz Schröder, Über den Nachweis und die quanti¬ 
tative Bestimmung von Reißpilzen in Futtermitteln. 
(Sonderabdruck aus „Arfeten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte“, 
Bd. XXVIII, Heft 1. 1908.) Julius Springer, Berlin. 

Dr. Julius Ephraim, Patentanwalt, Der Entwurf des Ge¬ 
setzes über den Geheimmittelverkehr und die chemische 
Industrie. (Sonderabdruck aus „Die chemische Industrie“,Bd.XXXI, 
Nr. 6. 1908.) Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Berlin. 

Russische Medizinische Rundschau, Monatsschrift für die gesamte 
russische medizinische Wissenschaft und Literatur. Herausgegeben 
von Dr. Semjan Lipliawsky und Dr. S. Weißbein. VI. Jahrgang, 
Heft 2. Ad. Haußmann, Berlin 1908. 


Dr. H. Tlemann, Tätigkeitsbericht der Versuchsstation 
und Lehranstalt für Molkerei wesen zu Wreschen vom 
April 1907 bis 31. März 1908. (Sonderabdruck aus dem Jahres¬ 
bericht der Landwirtschaftskammer für die Provinz Posen.) 
Posen 1908. 

J. K. Njegotin, Elektromagnetischer Respirationsapparat 
für kleine Tiere. (Sonderabdruck aus der Deutschen Mechaniker- 
Zeitung 1908, Heft 7, S. 61 u 62. Julius Springer, Berlin. 

Edm. Suckow, Schiachthofdirektor, Die Bedeutung der 
kommunalen Kinder- und Kurmilchanstalten und die Be¬ 
deutung der Tierärzte für die Leitung dieser Wohlfahrts- 
einrichtungen. 

Verhandlungen des Landwirtschaftsrats für Elsaß-Lothringen. 
Session 1907 (XXIII Tagung). Straßburg 1908. 

Erich Silber8iepe, Die Fesselbeinfrakturen des Pferdes mit 
besonderer Berücksichtigung der Architektur des Fesselbeins und 
der Transformationen der äußeren Form und der inneren Architektur 
dieses Knochens infolge von Frakturen. (Inaug.-Dissertatiou der 
Philosoph. Fakultät Leipzig.) Mit 16 Abbildungen auf Tafel I-IV. 
(Separatabdruck aus „Monatshefte für praktische Tierheilkunde“ 
XIX. Band.) Union Deutsche Vcrlagsgesellschaft, Stuttgart 1908. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Schlachthofdirektor 
Bwr^wami-Osnabrück anläßlich seiner Pensionierung der Kronen¬ 
orden IV. Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: München: Dom 
ordentl. Professor der Tierärztlichen Hochschule München Dr. Joseph 
Mayr wurde unter Enthebung von seinen bisherigen Lehrfächern 
als Lehraufgabe Chirurgie und Geschichte der Tierheilkunde, sowie 
die Leitung der chirurgischen Klinik für große und kleine Haus¬ 
tiere übertragen; dem ordentl. Professor a. D. Dr. 77/. A»'tf-München 
wurde die Vertretung der Professur für allg. Pathologie, patholog. 
Anatomie und Seuchenlehre bis zur Wiederbesetzung der Stelle 
übertragen. — Berlin: Dem Polizeitrcrarzt Borchmqnn zu Berlin 
wurde, zunächst nebenamtlich, die Stelle eines Abteilungsvorgtehers 
mit dem Lehrauftrage für Nahrungsmittelkunde an der Tierärztlichen 
Hochschule zu Berlin übertragen. — Veterinärbeamte: Tierarzt 
Dr. August Friedrichs aus Barmen wurde mit den kreistierärztlichen 
Geschäften in Jülich betraut; Tierarzt Viktor Iseonhardt aus Sindei- 
fingen zum Stadttierarzt in Weilheim a. d. Teck (Württ.). — 
Schlachthof Verwaltung: Schlachthoftierarzt Otto Eogelmann- 
Frankfurt a. M. zum II. Schlachthaustierarzt in Osnabrück. — 
Versetzt: Kreistierarzt Lan^e-Koschmin in die Krcistierarztstclle 
zu Jarotscbin. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Sickendiek aus Dissen in Bissen¬ 
dorf, Landkr. Osnabrück, Korten aus Sögel in Börger, Kr. Hümmling, 
Alois Oeller aus München in Holzkirchen (Oberbay.), Rheinheitner 
aus Kaiserslautern in Worms. — Verzogen: Schlachthofverwalter 
6’M/?£c/-Berchte8gaden nach Garz (Rügen), Ludwig Acfam-Münnerstadt 
als Assistent des Gr. Bezirkstierarztes nach Stockach, Engelbert 
Ganter -WalIdorf nach Ostrach, Alois Rechl- Emmendingen nach 
München. 

Promoviert: Prof. Dr. med. vet. Gmeiner- Gießen zum Dr. med. 
an der medizinischen Fakultät der Universität München. 

Approbation: ln Berlin Herr Joseph Olinger aus Niederkontz. 

In der Armee: Verabschiedet: Oberveterinär Uhlich im 
Feldart.-Rgt. Nr. 32 mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Todesfälle: Veterinärrat Kreistierarzt Winter in Neuenhaus, 
Tierarzt Peter Schneie in Diepoldshofen. 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 18.) 

Kaiser Wilhelms-Institut zu Bromberg: Assistent für die tier- 
hvgienische Abteilung zum 1. Juli er. Gehalt 1800 M. Meldungen 
an den Vorsteher der Abteilung. 


Verantwortlich für den Tnhalt (oxkl. Inseratenteil): Prof. Dr. ßchmaltr in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetx ln Berlin. — 

Druck tod W. Blxenitcin, Berlin. 






ftie „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ ersehet lt 
wöchentlich im Verlege von Richard 8choets ln 
Berlin SW. 48, Wflhelmetr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe imn Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zciiuu,.*- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 80.) 


Berliner 


Originalbefträge werden mit 60 Hk«, tn Petitsats ml 
00 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. SchmnUs, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschal«. NW., Luisenstrafie 66. Korrekturen, 
Rezunsions-Bxetnplsro und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Glage 

Professor 

Hambarg. 
Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 
Veterinärrat Dr. Lithes Prof. Dr. Peter Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt Kreistierarzt Departementstierarzt 

Cöln. Angermünde. Bromberg. 

Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel 

Professor Professor Landestierarzt v. Bayern 

Freiburg i. Br. Dresden. München. 


Veterinärrat Preufte 

Departem entsti erarzt 

Danzig. 

Wehrte 

Kaiser. Regiernngsrat 

Berlin. 


Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Zündet 

Kreistierarzt 

Mülhausen l. E. 


Jahrgang 1908. J\s. 22 . Ausgegeben am 28. Mai. 

Inha 11 fStrelinger: Fünfjährige Erfahrungen über die Schutzimpfung gegen die Tuberkulose der Rinder nach 
v. Behring. — Mucha: Heilung an akuter Schweineseuche schwer erkrankter Ferkel durch Verimpfung eines 
neuen, von Professor Dr. Wassermann-Berlin angefertigten Impfstoffes für „Heilzwecke bei Sehweine- 
seuebe“. — Referate: Bongert: Beiträge zur Lehre von der Entstehung der Tuberkulose. — Lenhoss6k: Die Entwicklung 
der peripheren Nervenfasern. — Pitt: Beiträge zum regelmäßigen Vorkommen der Rotlaufbazillen auf der Darmschleimhaut 
und in den Tonsillen gesunder Schweine. — Puttkammer: Impfversuche zur Bewertung zweier Hundestaupesora. — 
Piorkowski: Ein einfacher Nährboden für Gonococcen. — Wolffbügel: Ein Fall von Sarkoptesräude des Rindes (Sarcoptes 
scabiei Latr). — Tan tos: Durchschneidung der Sehne des oberflächlichen Zehenbeugers am linken Hinterfuß. Heilung. — 
Aus der medizinischen Literatur. — Tageegeechichte: Schmaltz: Zur Lage der Tierärzte. — Zur Lage der Schlachthoftierärzte. — 
Haupt: Ein Wort zur „Degradierung“ des Dr. med. vet. — Zum „Dr. med. vet“ — Zur Erweiterung des Promotionsrechtes 
in Preußen. — Tierärzte und Zahnärzte. — Sitzungsbericht über die 96. Herbst-Versammlung des Vereins Schlesischer Tier¬ 
ärzte. — Verschiedenes. — Literarische Notizen. — Personalien. — Vakanzen. 


Fünfjährige Erfahrungen über die Schutzimpfung 
gegen die Tuberkulose der Rinder nach v. Behring. 

(Durchgeführt auf den Gütern Sr. Königl. Hoheit des Prinzen 
Ludwig von Bayern zu Sdrvär in Ungarn). 

Von Dr. med. Strelinger als Leiter der Schutzimpfungen. 

Der allgemeine Kampf gegen die verbreitetste aller In¬ 
fektionskrankheiten, die Tuberkulose, macht es jedermann zur 
Pflicht, alle Mittel und Wege, durch welche der Weiter¬ 
verbreitung dieser Volkskrankheit vorgebeugt werden kann, in 
Anwendung zu bringen. In diesem Kampf werden wir nur dann 
zum Ziel kommen, wenn Human- und Veterinärärzte Hand in 
Hand arbeiten, indem sie, sich gegenseitig ergänzend, alle im 
Laufe der Jahre gesammelten Erfahrungen in der Praxis 
verwerten. 

Daß nur ein gemeinsames Vorgehen der beiden medizinischen 
Disziplinen einen Erfolg bringen kann, geht schon daraus her¬ 
vor, daß die Erreger der menschlichen wie der tierischen 
Tuberkulose gleichartig sind. Mögen auch die einzelnen 
Tuberkelbazillentypen in ihren kulturellen Eigenschaften und in 
ihrer Virulenz Unterschiede zeigen, so sind doch die durch sie 
im menschlichen oder tierischen Organismus hervorgerufenen 
pathologischen Veränderungen mehr oder weniger dieselben. 
Ferner sind sowohl im kindlichen Organismus als auch im er¬ 
krankten Organismus Erwachsener Perlsuchtbazillen häufig 
naebgewiesen worden. Diese Tatsache hat durch den Nachweis 
„atypischer“ Tuberkelbazillenformen*) an Bedeutung gewonnen, 
da diese atypischen Formen als sogenannte Übergangsformen 
sich allmählich dem Organismus des Individuums anpassen, das 
sie beherbergt, indem die fremdartigen Tuberkelbazillen nach 
und nach die Eigenschaften und Formen derjenigen Bazillen 
annehmen, die* gewöhnlich in diesem Organismus Vorkommen. 

*) Tuberkulosis, August 1907: „Zum gegenwärtigen Stand der 
Tuberkuloseforschung“ von Lydia Rabinowjtsch. 


Hierdurch dürfte vielleicht der verschiedene Virulenzgrad ver¬ 
schiedener Tuberkelbazillentypen eine Erklärung finden. 

Die Infektion mit Tuberkelbazillen kann bekanntlich auf 
verschiedene Weise erfolgen. Besonders häufig wird dieselbe 
durch den Verdauungstraktus zustande kommen, so daß die 
größte Infektionsgefahr im Kindesalter im Genuß infizierter 
Milch zu suchen ist. Wenn im Säuglingsalter verhältnismäßig 
wenig ausgesprochene Tuberkulose Vorkommt, während sich die 
Tuberkulosefälle im zunehmenden Alter mehren, so gewinnt die 
Auffassung an Wahrscheinlichkeit, daß die in den Säuglings¬ 
organismus gelangten Tuberkelbazillen daselbst längere Zeit 
latent verbleiben können, und daß es erst besonderer dis¬ 
ponierender Momente bedarf, um die Tuberkulose zum Ausbruch 
zu bringen. 

Die schönen Arbeiten Pirquets über sogenannte Früh¬ 
diagnose der Tuberkulose werden gute Dienste leisten zur Fest¬ 
stellung, daß die Tuberkuloseinfektion in den meisten Fällen 
auf Infektionen im frühesten Kindesalter zurückzuführen ist. 
Die durch Pirquet konstatierte Überempfindlichkeit des infizierten 
kindlichen Organismus gegenüber seiner Impfmethode wird auch 
in den Fällen die stattgefundene Tuberkuloseinfektion nach- 
weisen, wo bisher selbst bei der Obduktion eine makroskopische, 
also klinisch offenkundige Tuberkulose noch nicht nachweisbar 
war. In diesen Fällen dürften gewiß bald Kulturanlagen und 
Tierversuche das Phänomen der Überempfindlichkeit und damit 
gleichzeitig die Latenz der Tuberkelbazillen erklären. Vielleicht 
kann zur Klärung dieser Frage die von Much nachgewiesene 
granuläre, nach Zielil nicht färbbare Form des Tuberkulose¬ 
virus mit beitragen.*) 

Unter Berücksichtigung des in vorstehendem Gesagten ist 
es eine Freude für mich, die Resultate der seit 5 l /2 Jahren bei 
uns durchgeführten Bovovaccin-Schutzimpfung mitteilen zu können. 

*) Brauers Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. VIII, Heft 1. 







386 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


Ich hoffe, durch den streng objektiv gehaltenen Bericht dieser 
so wichtigen Frage nützlich sein zu können. 

Es wurde bei uns mit den Bovovaccin- Impfungen am 
15. September 1902 begonnen. Nachdem sich die Gutsleitung 
von dem Wert des Verfahrens glaubte überzeugt zu haben, 
wurde angeordnet, daß die Schutzimpfung nach und nach in 
allen Höfen der Herrschaft eingeführt werden sollte. Bei der 
Durchführung der Schutzimpfung richtete man sich bei uns 
jederzeit aufs genaueste nach den Anordnungen Exzellenz 
v. Behrings. 

Wir beobachteten bei der Durchführung der Bovovaccination 
folgendes: 

* Zu den Schutzimpfungen wurden gewöhnlich nur solche 
2—3 Wochen alte Kälber herangezogen, welche bei der tier¬ 
ärztlichen Untersuchung als gesund befunden wurden. Drei 
Monate nach der Erstimpfung kamen die Kälber zur Zweit¬ 
impfung. Vor jeder Impfung wurden die Kälber 1—2 Tage 
beobachtet und ihre Temperatur gemessen. Nach der Impfung 
wurden die Temperaturmessungen zumeist noch 8—10 Tage 
fortgesetzt. Gewichtsbestimmungen fanden ungefähr jeden Monat 
statt. Der Impfstoff wurde ausschließlich vom Behringwerk 
Marburg a. Lahn bezogen. Die bei der Impfung in Gebrauch 
kommenden Instrumente und Geräte wurden unmittelbar vor 
dem Gebrauch derselben in einem zweckmäßig konstruierten 
Sterilisator durch Kochen in 2 proz. Lysollösung sterilisiert 
Während der Dauer dieser Sterilisierung wurde der Impfstoff 
in entsprechender Menge in 1 proz. steriler Kochsalzlösung zu 
einer möglichst gleichmäßigen Emulsion verrieben.*) Wie 
bekannt, kommt zur Erstimpfung 1 Immunitäts-Einheit (= I. E.) 
und zur Zweitimpfung 5 I. E. zur Anwendung. Für gewöhnlich 
wurde zur intravenösen Injektion die linksseitige Vena jugu- 
laris benutzt. Vor Einspritzung der Emulsion wurde die be¬ 
treffende Halsstelle zuerst mit der zur Verfügung stehenden 
2 proz. warmen Lysollösung abgewaschen und nachträglich mit 
absolutem Alkohol gut abgerieben. 

Sämtliche auf diese Art geimpften Tiere werden jährlich 
tierärztlichen klinischen Untersuchungen und Tuberkulinprüfungen 
unterzogen. Zur Tuberkulinprüfung gelangen jedoch nur Tiere, 
bei denen nach der letzten Impfung mindestens ein Jahr ver¬ 
flossen ist. 

Bei den jährlichen Tuberkulinprtifungen wurde ausnahmslos 
in folgender Weise verfahren: 

1. Die zur Tuberkulinprüfung gelangenden Tiere werden 
1—2 Tage vor der Impfung am gewöhnlichen Standorte belassen 
und die Temperatur derselben wird täglich 3 mal gemessen. 
Das Resultat der Temperaturmessungen und der tierärztlich- 
klinischen Befunde werden in die Tuberkulinimpftabellen ein¬ 
getragen. 

2. Die Impfung selbst geschieht gewöhnlich in den Abend¬ 
stunden. Junge, bis 2 Jahre alte Tiere bekommen die Dosis 
von 0,3 ccm, von diesem Alter aufwärts 0,5 ccm Tuberkulin 
subkutan eingespritzt. 7—8 Stunden nach der Impfung werden 
die Temperaturmessungen angefangen und in 3 stündlichen Inter¬ 
vallen wird 6 mal gemessen. 

3. Zur Beurteilung der hierbei erzielten Resultate wird 
die höchste Temperatur vor der Impfung genommen, wobei die 
allbekannte Tatsache berücksichtigt wurde, daß schon diß 

*) Seit einiger Zeit wird vom Behringwerk in Marburg auch 
fertige Emulsion abgegeben, 


Anfangstemperatur junger noch unentwickelter Tiere 39,5° zu 
sein pflegt. 

4. Das Tuberkulinimpfungs-Re8ultat teilten wir bis jetzt in 
4 Klassen ein, und zwar bekommt das Tier die Klassifikation:: 

0 — wenn die Temperatur nach der Impfung rmgefähr 
normal blieb, 

I = wenn dieselbe nicht über 0,5° C stieg, 

II = wenn die Temperatursteigerung unter 1,0° C bleibt 

und bei jungen Tieren 40° nicht übersteigt, 

III = bekommt jedes Tier, bei welchem die Temperatur 40° C 
übersteigt. 

Als Reaktion wurden alle unter II und III fallenden 
Temperatursteigerungen registriert. 

Diese Prinzipien vor Augen haltend, erhielten wir mit Ende 
des Vorjahres und Anfang dieses Jahres folgendes 
Tuberkulinimpfungsresultat: 

Mit Ende 1907 und Anfang 1908 kamen insgesamt 686 Tiere 
zur Tuberkulinprtifung; die ältesten waren schon vor etwa 
51/2 Jahren geimpft, bei den jüngsten waren über 2 Jahre 
seit der Bovovaccinschutzimpfung vergangen. 

Es reagierten insgesamt 66 Tiere und betrug daher das 
Reaktionsergebnis 9,6 Proz. 

Die Tiere nach dem Zeitpunkt der Schutzimpfung in Jahr¬ 
gänge getrennt, ergab die Tuberkulinprüfung folgende Resultate: 

I. Unter 59 vor 5 l /2 Jahren schutzgeimpften Tieren reagierte* 
6 Stück oder 10 Proz. 

II. Unter 173 vor 4 Jahren schutzgeimpften Tieren reagierten 
24 Stück oder 13,8 Proz. 

III. Unter 305 vor 3 Jahren schutzgeimpften Tieren reagierten 
22 Stück oder 7,2 Proz. 

IV. Unter 149 vor 2 Jahren schutzgeimpften Tieren reagierten 
14 Stück oder 9,4 Proz. 

Aus diesen Daten ergibt sich, daß unsere ältesten, bereits 
seit 5 V 2 Jahren schutzgeimpften Tiere - trotz der bei uns in 
reichem Maße gegebenen Infektionsgelegenheit — imstande waren, 
mit sehr schönem Erfolg die erlangte-Widerstandsfähigkeit zu 
bewahren, welcher Tatbestand für uns um so wichtiger erscheint, 
da wir aus eigener Erfahrung wissen, daß vor Einführung 
der Schutzimpfungen selbst von künstlich aufgezogenen 
2 jährigen Tieren bereits 50% Reaktion zeigten und daß 
diese bedeutenden Infektionsverhältnisse proportional mit dem 
Alter der Tiere noch Zunahmen. 

Zur Beurteilung obigen Resultats kommt noch die praktisch 
so wichtige Tatsache, daß die geimpften Tiere ohne Rücksicht 
der Infektionsverhältnisse und ohne die geringsten Schutz¬ 
maßregeln von einem Hof in den andern transferiert wurden 
was für die landwirtschaftliche Praxis von großer Bedeutung ist. 

Zur Erzielung derartig günstiger Ergebnisse ist es un¬ 
erläßlich, daß man sich bei der Ausführung der Schutzimpfung 
auf das Genaueste an die den Bovovaccinsendungen stets bei¬ 
gegebene Gebrauchsanweisung hält. 

* 

Außer den vorstehend mitgeteilten Resultaten der Tuberkulin¬ 
prüfung will ich im Folgenden noch einige andere für die Be¬ 
urteilung der Schutzimpfung wertvolle Beobachtungen mitteilen, 
die wir dank der Opferwilligkeit unserer Herrschaft machen 
konnten. 

Ich muß hier, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die 

Mitteilungen v^fwpisen, die ich gelegentlich des im Jahre 1905 



28. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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in Budapest stattgefundenen internationalen tierärztlichen Kon¬ 
gresses veröffentlicht habe und will an dieser Stelle nur das 
Wichtigste hervorheben. 

I. Eine Tiergmppe schntzgeimpfter Tiere kam zur Schlachtung 
und sachkundiger Sektion. Fünf in verschiedener Zeit nach der 
Schutzimpfung geschlachtete Tiere erwiesen sich als vollständig 
gesund. Das sechste Tier (107—516), welches von einer stark 
reagierenden Mutter stammte, zeigte schon bei der ersten 
Schutzimpfung eine starke Reaktion. Sechs Monate nach der 
Schutzimpfung traten allgemeine Drüsengeschwülste auf und 
bei der Schlachtung zeigte sich allgemeine subakute Lymph- 
drüsentuberkulose. Als Ausgangspunkt und als älteste Herde 
erwiesen sich die schon in hohem Grade veränderten Peri¬ 
bronchialdrüsen und diese Veränderungen sind mit großer 
Wahrscheinlichkeit auf die Zeit vor der Schutzimpfung zurück¬ 
zuführen. Es erscheint wahrscheinlich, daß in diesem Falle 
•eine bereits vorhandene latente Tuberkulose durch die Schutz¬ 
impfung in ein akutes Stadium übergetreten ist. Diese 
Beobachtung veranlaßt mich, von neuem darauf aufmerksam zu 
machen, daß der Vorschrift für die Ausführung der Schutz¬ 
impfung entsprechend, möglichst nur ganz junge und gesunde 
Tiere der Bovovaccination unterzogen werden sollen. 

II. Zu Vergleichszwecken wurden zwei Tiergruppen in einer 
unserer am stärksten infizierten Stallungen untergebracht und 
dort neun Monate lang gemeinsam mit dem alten Viehbestand 
gehalten. Nach Verlauf dieser Zeit erwiesen sich die schutz¬ 
geimpften Tiere durchweg gesund, von den nichtgeimpften, 
jedoch auch künstlich aufgezogenen Kälbern, reagierten dagegen 
50 Proz. auf Tuberkulin. Über das weitere Geschick dieser 
zwei Tiergruppen ist mitzuteilen, daß bei der jetzt vorgenommenen 
Tuberkulinprüfung die nicht schutzgeimpften Tiere außer einem 
alle reagierten, während unter der schutzgeimpften Tiergruppe 
jetzt ein Tier (Rind Nr. 375) Reaktion zeigte. Dies reagierende 
Tier wurde am 15. September 1902 geimpft und zwar wurde 
<es als eines der ersten unserer geimpften Tiere nur einer 
Schutzimpfung unterzogen. 

III. An diese Beobachtung schließt sich eine in letzter Zeit 
gemachte ähnliche Erfahrung an. Aus äußeren Gründen ge¬ 
langten 5 Tiere nicht zur Schutzimpfung, dagegen wurden aus 
demselben Bestand 15 andere Tiere der regelrechten Schutz¬ 
impfung unterzogen. Bei der letzten Tuberkulinprüfung ergab 
es sich, daß die ungeimpft gebliebenen fünf Tiere ausnahmslos 
reagierten, während die schutzgeimpften 15 Kühe vollständig 
reaktionslos blieben. 

IV. Eine weitere Tiergruppe wurde aus experimentellen 
Gründen durch hochvirulente Perlsuchtkulturen intravenös in¬ 
fiziert. Zwei Tiere dieser Gruppe waren höher immunisiert, 
drei waren der typischen Bovovaccination unterzogen. Die 
ersteren zwei Kühe erwiesen sich jetzt — 5 Jahre nach der 
Infektion — vollständig gesund und reaktionslos, zwei von den 
in gewöhnlicher Weise immunisierten Tieren, die ein Jahr nach 
der Infektion zur Schlachtung kamen, waren hochgradig tuber¬ 
kulös, das dritte Tier dieser Gruppe wurde weiter beobachtet; 
Im ersten und zweiten Jahre nach der Infektion fiel die Tuberkulin¬ 
prüfung positiv aus, in den letzten drei Jahren reagierte es nicht 
mehr auf Tuberkulin, es erwies sich bei klinischer Untersuchung 
als gesund und hat wiederholt gesunde Kälber gebracht. 

V. In einem unserer ältesten und am stärksten infizierten 
noch vorhandenen Kuhbestand wurden 21 Stück junge Kühe 


dauernd untergebracht, teils aus wirtschaftlichen Gründen, teils 
um zu beobachten, wie sich die schutzgeimpften Tiere dieser 
starken Infektionsgefahr gegenüber verhielten. Bei unserer 
letzten Tuberkulinprüfung zeigten zwei dieser Tiere leichte 
Reaktion, klinisch war aber auch bei diesen nichts nachweisbar. 

VI. Auf dem Hofe R. Sömjün wurden die Kälber unter 
ganz natürlichen Verhältnissen aufgezogen, indem sie im in¬ 
fizierten Stall neben den reagierenden Mutterkühen, durch welche 
die Kälber auch ernährt wurden, stehen blieben. Der einzige 
Schutz, den wir diesen Kälbern angedeihen ließen, war der, daß 
sie möglichst frühzeitig schutzgeimpft wurden. Das Ergebnis 
der Tuberkulinprüfung bei diesen Tieren war ein ebenso günstiges, 
wie in anderen Höfen, wo die Aufzucht der Tiere künstlich 
durchgeführt wurde. 

* 

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen, die einen günstigen 
Einfluß der Bovovaccination gegenüber der Gefahr der tuber¬ 
kulösen Infektion dartun und aus denen hervorgeht, daß das 
Schutzimpfungsverfahren unter den gewöhnlichsten landwirt¬ 
schaftlichen Verhältnissen leicht und mit Erfolg durchgeführt 
werden kann, erscheint es in hohem Maße angebracht, das 
Interesse aller beteiligten Kreise immer wieder von neuem auf 
die Behringsche Schutzimpfung hinzulenken. 

Unsere Erfahrungen lehren, daß die Bovovaccination durch 
5 l /a Jahre hindurch den Rindern einen erheblichen Schutz gegen 
die Infektion verleiht, indem bei uns, wie oben hervorgehoben, 
durch die Bovovaccination der Prozentsatz der auf Tuberkulin 
reagierenden 57a jährigen Tiere auf ca. 10 Proz. herunter¬ 
gedrückt worden ist, während vor Einführung der Schutzimpfung 
von zweijährigen, künstlich aufgezogenen Tieren 50 Prozent 
Tuberkulinreaktion zeigten. 

Wenn man ferner berücksichtigt, daß wir solche günstigen 
Resultate auch in Beständen erzielten, in denen die vorschrifts¬ 
mäßig geimpften Kälber dauernd mit hochgradig tuberkulösen 
Kühen zusammengehalten wurden, so geht daraus hervor, daß 
die Schutzimpfung auch unter den gewöhnlichen landwirtschaft¬ 
lichen Verhältnissen mit Aussicht auf günstigen Erfolg durch¬ 
geführt werden kann, und man wird ferner danach wohl zu der 
Annahme berechtigt sein, daß die den Tieren durch die Bovovacci¬ 
nation gegebene Widerstandsfähigkeit gegen tuberkulöse Infektion, 
nachdem sie über fünf Jahre vorgehalten hat, auch noch einige 
weitere Jahre bestehen bleiben wird. 

Nach alledem halte ich die neuerdings von verschiedenen 
Seiten empfohlene jährliche Wiederholung der Schutzimpfung 
für absolut überflüssig. Meines Erachtens muß sogar eine 
Wiederholung der Impfung unter allen Umständen 
unterbleiben, um jede Möglichkeit einer Infektion mit der 
Milch vollständig auszuschließen. 

An Stelle der Wiederholung der Impfung möchte ich, so weit 
es wirtschaftlich durchzuführen ist, geeignete hygienische Ma߬ 
nahmen empfehlen und komme in folgendem mit einigen Worten 
auf die bisher in der Praxis erprobten, auf hygienischen 
Grundsätzen beruhenden Perlsuchtbekämpfungsmethoden, das 
Bangsche und das Ostertagsche Verfahren, zu sprechen. 

Durch das Bangsche Verfahren sind in der Tat sogenannte 
reine Viehbestände erzielt worden, jedoch halten sich diese nur 
so lange frei von Tuberkulose, als dieselben vor Berührung mit 
tuberkulösen Tieren ferngehalten werden. Werden aus solchen 
reinen Beständen Zuchttiere mit anderen Tierbeständen zu- 




888 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


sammengebracht, so verfallen sie sehr bald der Tuberkulose. 
Die große wirtschaftliche Schwierigkeit und die materiellen 
Opfer, welche das Bang sehe Verfahren beansprucht, mögen 
wohl der Grund sein, daß der geniale Gedanke Bange sich in 
der Praxis nur langsam Bahn bricht, und daß die Land¬ 
wirtschaft in immer gesteigertem Maße Interesse für das 
0stertagsche Verfahren kund gibt, da letzteres einfachere und 
praktisch leichter durchführbare Bedingungen stellt. 

Ohne auf Einzelheiten einzugehen, hebe ich als wichtigste 
Prinzipien des Osterstag sehen V erfahrens hervor, daß durch 
systematische exakte klinische Untersuchungen die wirklich tuber¬ 
kulösen Tiere herauszusuchen und zu entfernen sind, daß die Kälber 
künstlich aufgezogen werden müssen und daß die Tuberkulin¬ 
prüfung nur bei den Kälberbeständen durchzuführen ist. Der 
oben erwähnte Nachteil des Bangschen Verfahrens, der in der 
Infektionsgefahr der Tiere aus tuberkulosefreien Beständen nach 
ihrer Überführung in andere Bestände liegt, ist naturgemäß 
auch bei dem Ostertagschen Verfahren vorhanden und es wird 
von großer Bedeutung sein, wenn man die Rinder nicht nur vor 
tuberkulöser Infektion schützen, sondern ihnen auch eine aktive 
Widerstandsfähigkeit geben kann. Letzteres wird durch die 
Bovovaccination erreicht und es liegt nach dem Gesagten nahe, 
eine Kombination des Ostertagschen Verfahrens mit der 
Behring sehen Bovovaccination zu erstreben. Ich will ver¬ 
suchen, in folgendem das Hauptsächlichste eines solchen 
kombinierten Verfahrens anzudeuten. 

I. Als Hauptbedingung betrachte ich, daß die Bovo¬ 
vaccination aufs sorgfältigste und genau den Behringschen Vor¬ 
schriften entsprechend durchgeführt wird. 

II. Die bis jetzt allgemein übliche Tuberknlinprüfung der 
nach v. Behring geimpften erwachsenen Tiere dürfte weg¬ 
fallen und nur für ganz spezielle Fälle Vorbehalten bleiben, da¬ 
gegen müssen exakte klinische Prüfungen des ganzen Vieh¬ 
bestandes in gewissen Zwischenräumen durchgeführt werden. 

III. Die Tuberkulinprüfung des Kälberbestandes nach 
Ostertag kann bei dem kombinierten Verfahren wegfallen, da 
schon die Bovovaccininjektionen Tuberkulinwirkung äußern. 
(Ich bemerke hierzu, daß wir häufig die Erfahrung gemacht 
haben, daß Kälber, die bei der Schutzimpfung typisch reagierten, 
sich später als infiziert erwiesen haben.) 

IV. Bei Kombination beider Verfahren wird auch die von 
Ostertag gewünschte allgemeine Durchführung der künstlichen 
Aufzucht der Kälber wegfallen können, da unsere Erfahrungen 
ergeben haben, daß Kälber unter gewöhnlichen landwirtschaft¬ 
lichen Verhältnissen sich ebenso günstig entwickeln wie Kälber¬ 
bestände künstlicher Aufzucht, wenn dieselben in früher Jugend 
der Schutzimpfung unterzogen werden. Es scheint mir dies ein 
nicht zu unterschätzender Vorteil des kombinierten Verfahrens 
zu sein, da in vielen Fällen der landwirtschaftlichen Praxis die 

künstliche Aufzucht schwer durchzuführen ist. 

* 

Wenn ich in Vorstehendem das Hauptschema zur Durch¬ 
führung der Kombination beider Verfahren skizziert habe, so 
bleibt mir nur noch übrig, als weitere wichtige Aufgabe zur 
Erreichung des Zieles, tuberkulosefreie Rinderbestände zu er¬ 
halten, hervorzuheben, daß die Stallungen möglichst allen 
hygienischen Anforderungen anzupassen sind und daß die Tiere, 
so weit es die landwirtschaftlichen und Witterungsverhältnisse 
gestatten, im Freien gehalten werden. 


Heilung an akuter Schweineeeuche schwer erkrankter 
Ferkel durch Verimpfung eines neuen, von Professor 
Dr. Wassermann - Berlin angefertigten Impfstoffes 
für „Heilzwecke bei Schweineseuche“. 

Von Tierarzt Mucha-Kranowitz. 

Unter dem Ferkelbestande — säugenden, wie bereits ab¬ 
gesetzten Ferkeln — des Dominiums B. brach Ende Januar d. J. die 
Schweineseuche in der heftigsten Form aus; bläuliche Verfärbung 
der feinen Hautpartien, sehr schneller körperlicher Verfall der 
sonst munteren und bestens genährt aussehenden Tiere waren 
die hauptsächlichsten klinischen Merkmale ihrer schweren Er¬ 
krankung. 

Bei der Obduktion zwecks sicherer Feststellung der Krank¬ 
heit konnte bei fünf getöteten Ferkeln eine schwere Erkrankung 
— bestehend in roter Hepatisation — teils der vorderen Lungen¬ 
abschnitte, teils der tiefst liegenden Abschnitte des hinteren 
großen Lungenlappens mit noch anderen in demselben ver¬ 
sprengten bis talerstückgroßen hepatisierten Herden festgestellt 
werden. Entzündliche Veränderungen der Darmschleimhaut, 
welche auf das Mitvorhandensein von Schweinepest hätten 
schließen lassen können, konnten trotz genauester Untersuchung 
des ganzen Darmtraktus nicht wahrgenommen werden. 

Auf Grund umstehenden Befundes entschloß ich mich, alle 
20 kranken Ferkel — schwer wie leicht erkrankte — mit 
Suptol zu impfen, in der Hoffnung, wenigstens die leicht er¬ 
krankten vor dem tödlichen Untergange zu bewahren. Sämtliche 
sechs im schwer kranken Zustande mit Suptol geimpften Ferkel 
gingen zwei bis drei Tage nach der Suptolimpfung ein; beijlen 
übrigen 14 Ferkeln konnte, trotz meines Dafürhaltens, nach 
rechtzeitiger Impfung mit Suptol eine Verschlimmerung der 
Krankheit nicht verhindert werden. 

Einige Tage nach der Suptolimpfung besuchte mich Herr 
Tierarzt Weidlich von der Firma Gans in Frankfurt a. M.; im 
Laufe unseres Gesprächs erzählte ich Herrn Weidlich von 
dem Ausbruch der Schweineseuche auf dem Dominium B. Dieser 
Umstand gab Herrn Weidlich Gelegenheit, mich mit einem 
neuen Impfstoff: „Impfstoff für Heilzwecke bei Schweineseuche“, 
den er zu gelegentlichen Versuchsimpfungen mit sich führte, 
bekannt zu machen. 

Durch das freundliche Entgegenkommen der Verwaltung 
des Dominiums B. war es Herrn Weidlich möglich, Versuchs¬ 
impfungen mit dem neuen Impfstoff an kranken Schweinen vor¬ 
zunehmen. 

Um nun den wirklichen Wert dieses neuen Impfstoffes den 
dabei Interessierten klar und einwandfrei vor Augen zu führen, 
wurden die Versuchsmessungen von Herrn W. in der Weise 
durchgeführt, daß nur offensichtlich an Schweineseuche erkrankte 
Tiere zu dieser Impfung verwendet wurden, während zu 
Kontrollieren leichter kranke Ferkel benutzt wurden. 

Im folgenden führe ich die einzelnen Versuchsreihen an: 

1. Geimpft wurden sechs Ferkel mit je 10 ccm I. f. H. b. 
Schws., davon war ein Tier zur Zeit der Impfung besonders 
schwer erkrankt, dieses Tier starb, während die übrigen fünf 
Ferkel von der Schweineseuche geheilt wurden. Die drei Kontroll¬ 
iere gingen ein. 

2. Drei Ferkel wurden mit je 10 ccm I. f. H. b. Schws. 
geimpft. Ein Impfling starb, ebenso die zwei Kontrolliere. 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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3. Drei Ferkel erhielten je 10 ccm I. f. H. b. Schws. 
injiziert, ein Ferkel zur Kontrolle blieb ungeimpft. Die drei 
geimpften Tiere wurden gesund, während das Kontrollier starb. 

4. Von acht Ferkeln, welche bereits mit Suptol geimpft 
waren, wurden drei Ferkel, deren Zustand besonders schlecht 
war, mit dem I. f. H. b. Schws. geimpft, während die übrigen 
fünf Ferkel als Kontrolliere nicht geimpft wurden. Eins der 
drei geimpften Tiere starb, ebenso alle fünf Kontrolltiere trotz 
vorangegangener Suptol-Impfung. 

5. Von sechs ebenfalls vorher mit Suptol geimpften Ferkeln 
wurden vier Ferkel mit je 10 ccm I. f. H. b. Schws. geimpft. 
Die vier geimpften wurden gesund, während die zwei ungeimpften 
starben. 

6. Sechs schwer kranke Ferkel erhielten je 10 ccm I. f. H. 
b. Schws. Ein geimpftes Ferkel starb, während die übrigen 
fünf schnell genasen. Von den zwei Kontrollieren blieb ein 
Ferkel am Leben. 

Eine tabellarische Übersicht diene zur schnelleren Orientierung 
über das Resultat der Versuchsimpfungen mit dem I. f. H. b. Schws. 


Ver¬ 

suchs¬ 

reihe 

Be¬ 

stand 

Geimpft mit 
I.f.H. b. Schws. 

Ungeimpft 

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Von den ge¬ 
impften Ferkeln 

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Der Erfolg der Impfung mit dem I. f. H. b. Schws. war 
mithin ein ganz überraschend günstiger, da von 25 geimpften 
Ferkeln 21—84 % von der Schweineseuche geheilt wurden, 
während von den 15 ungeimpft gebliebenen Kontrollieren 
14 = 93 % starben und nur ein Kontrollier am Leben ge¬ 
blieben ist. 

Es verdient daher dieser neue Impfstoff die größte Be¬ 
achtung der landwirtschaftlichen und tierärztlichen Kreise. 

Ganz besonders möchte ich noch die Versuchsreihe VI her¬ 
vorheben, da der Zustand der sechs geimften Ferkel ein so 
schlechter war, daß jedermann von vornherein an einem Auf¬ 
kommen derselben ernstlich zweifeln mußte. 

Charakteristisch für diesen neuen Impfstoff ist, daß die 
geimpften Ferkel, wirkliche Todeskandidaten, sich in kürzester 
Zeit — zwei bis vier Tage — so vollends erholt hatten, daß 
aus ihrer so schnell wieder erlangten Munterkeit, Freßlust und 
Körperfülle man ilie auf eine erst jüngst überstandene tödtliche 
Erkrankung hätte schließen wollen. 

Merkwürdigerweise kam nach der Impfung dieser 25 Tiere 
die Seuche in dem verseuchten Stalle zum Stillstand; die nach¬ 
geborenen Ferkel erkrankten nicht mehr. 

Auf einem anderen Dominium derselben Herrschaft impfte 
ich wegen schlechten Aussehens 24 acht Wochen alte Ferkel 
mit dem I. f. H. b. Schws. Die Tiere erlangten in kurzer Zeit ein 
schönes Aussehen; selbst ein Ferkel, das man wegen Spitz- 

*) Mit Suptol geimpft. 


rückigkeit und pumpender Atmung bereits isoliert hatte, blieb 
infolge der Impfung mit dem I. f. H. b. Schws. am Leben und 
hat jetzt, wie ich mich kürzlich davon überzeugen konnte, fast 
das gleiche Aussehen wie die übrigen gleichzeitig mit ihm 
geimpften 23 Ferkel. 


Referate. 

Beiträge zur Lehre von der Entstehung der Tuberkulose. 

Von J. Bongert, stellvertr. städt. Obertierarzt und Leiter 
des bakteriolog. Laboratoriums des städt Schlachthofes zu Berlin. 

(Doutsche Tierärztl.Woc' enscbr. 1906 Nr. 20, 1907 Nr. 28 u. 29.) 

Bongert erörtert zunächst die Identitätsfrage derMenschen- 
und Rindertuberkulose. Die Koch sehe Schlußfolgerung, daß 
die menschliche Tuberkulose von der Rindertnberkulose art- 
verschieden ist und nicht auf das Rind übertragen werden kann, 
ist durch zahlreiche Nachprüfungen der Koch-Schütz sehen 
Versuche widerlegt worden. Es steht auch fest, daß die Tuber¬ 
kulose des Rindes beim Menschen sowohl von der Haut, wie 
auch von dem Verdauungstraktus aus haftet. Dies beweisen 
zunächst die an den Händen besonders bei Fleischern nnd Tier¬ 
ärzten vorkommenden Hauttuberkel (Dermatitis verrucosa tuber- 
culosa). Es haftet also der Rindertuberkelbazillus selbst in 
dem straffen Gewebe der menschlichen Haut, woselbst übrigens 
die niedrigen Temperaturverhältnisse in der äußeren Körper¬ 
decke nicht gerade günstige Wachstumsbedingungen für die 
Tuberkelbazillen bieten. Was dann die Übertragung der Tuber¬ 
kulose vom Rind anf den Menschen vom InteBtinaltraktus aus 
durch bazillenhaltige Milch von tuberkulösen Kühen anbelangt, 
so wird die Möglichkeit derselben neuerdings ja auch von den 
Anhängern Kochs, wenn auch unter Einschränkung, zugegeben. 
Nur deswegen ist die Übertragung der Tuberkulose vom Rinde 
auf den Menschen durch die Milch und das Fleisch tuberkulöser 
Tiere weniger zu fürchten, wie die Infektion von Mensch zu 
Mensch, weil wir durch zweckmäßige prophylaktische Maßnahmen 
diese Gefahr vollständig beseitigen können. Da die meisten 
Autoren sich für die Identität der Menschen- und Rindertuber¬ 
kulose ausgesprochen haben, so sind auch weiterhin die bisher 
angewandten prophylaktischen Maßnahmen gegen die Übertragung 
der Tuberkulose vom Rind anf den Menschen in Anwendung 
zu bringen. Den von Kossel, Weber und Heuß im Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamte angestellten Versuchen macht Bongert 
den Vorwurf, daß zu wenig Rindertuberkulosestämme, nämlich 
nur 8, verwendet worden waren, während 41 Stämme von 
menschlicher Tuberkulose zum Vergleich benützt wurden. Wenn 
statt 8 noch mehr Rindertuberkulosestämme benützt worden 
wären, würde jedenfalls ein erheblich höherer Prozentsatz für 
das Rind wenig virulenter Tuberkelkulturen bovinen Ursprungs 
festgestellt worden sein. Bongert vertritt die Meinung, daß 
die Abschwächung der Virulenz der im Rinderorganismus vor¬ 
kommenden Tuberkelbazillen bis fast zur vollkommenen Avirulenz 
gehen kann. Als Beweis führt er jene eigenartige Darm¬ 
erkrankung des Rindes an, die zuerst von Johne und 
Frothingham 1895 beschrieben worden ist. 

Nachher ist sie noch von Rieck, Markus, Korrevaar u. a. 
beschrieben worden. Es handelt sich um eine gleichmäßige 
enorme Verdickung und Faltenbildung der Darmschleimhant mit 
dem mikroskopischen Befund von kleinen säurefesten Stäbchen 
in ungeheurer Menge in den Abstrichen des Darmschleimes und 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


der Darmschleimhaut selbst. Dabei ist die Bildung von käsigen 
Knötchen und Ulzerationen nirgends nachzuweisen. Bongert, 
welcher die Krankheit selbst öfters beobachtet hat und welcher 
sie in Übereinstimmung mit Johne, Markus und Korrevaar 
als eine diffuse tuberkulöse Infiltration auffaßt, gibt weiter eine 
ausführliche Beschreibung des mikroskopischen bez. bakteriolo¬ 
gischen Befundes. 

In der nach Jahresfrist erschienenenFortsetzung(D.T.W. 1907, 
Nr. 28 und 29) beschäftigt sich Bongert eingehend mit der 
Frage, wie sich Ratten gegenüber der Säugetier- und Geflügel- 
tuberkulöse verhalten. Durch seine Untersuchungen ist er zur 
vollen Überzeugung gekommen, daß weiße und graue Ratten 
gegen die Übertragung der Tuberkulose, sowohl der Säugetier-, 
wie der Geflügeltuberkulose eine große Resistenz besitzen. Durch 
wiederholte Fütterung mit Reinkulturen von Geflügeltuberkulose 
und mit erkrankten Organen tuberkulöser Hühner gelang es 
Bongert nicht, Ratten tuberkulös zu machen. Die Ratten 
können demnach nicht die Bedeutung für die Verbreitung der 
Geflügeltuberkulose haben, die ihnen L. Rabino witsch zuspricht. 

Die Infektionsversuche mit den für Tuberkelbazillen wenig 
empfänglichen Ratten haben aber auch ergeben, daß es bei 
intraperitonealer und bei subkutaner Impfung irfit Tuberkel- 
bazillen an der Schwanzwurzel oder an der inneren Schenkel¬ 
fläche gelingt, eine isolierte Lungentuberkulose zu erzeugen. 
Dieser auffallende Befund steht im Widerspruch mit dem von 
.Correl und Baumgarten eifrig verfochtenen Lokalisations¬ 
gesetz. Bongert schließt sich auf Grund seiner Versuche an 
Ratten und an Kaninchen den Schlußfolgerungen Bartels an, 
daß nämlich die aus der Blutbahn in die Lymphspalten ab¬ 
filtrierten Tuberkelbazillen in den Lymphdrusen zurückgehalten 
Und abgefangen werden und in den Lymphdrüsen — nicht im 
Blute, wie man bisher annahm — auch allmählich zugrunde 
gehen. Diese bei Ratten und Kaninchen gewonnenen Resultate 
lassen den Schluß zu, daß nicht nur bei Tieren mit angeborener 
erhöhter Resistenz gegen die Tuberkulose, sondern auch bei 
solchen mit künstlich erhöhter Resistenz die tuberkulöse Infektion 
einen von dem üblichen Modus abweichenden Verlauf nehmen 
kann, daß bei solchen Tieren die Tuberkelbazillen von den 
lymphatischen Apparaten resorbiert werden können, ohne in diesen 
tuberkulöse Prozesse zu erzeugen, alsdann in die Blutbahn 
gelangen und erst in den Lungen zur Entstehung von tuber¬ 
kulösen Herden Veranlassung geben. Nach Bartel ist der an 
vaccinierten Kaninchen festgestellte Befund sehr wohl mit dem 
Lokalisationsgesetz in Einklang zu bringen, sobald man dieses 
nicht lediglich auf die spezifisch tuberkulösen Veränderungen 
an wendet, sondern auch tuberkulöse Veränderungen nicht spezi¬ 
fischer Natur anerkennt, vor allen Dingen die lymphoide Schwellung, 
die ja in der praktischen Fleischbeschau bei der Beurteilung 
tuberkulöser Tiere schon längst berücksichtigt wird. 

Die Ansicht, daß überall da im empfänglichen Organismus, 
wo Tuberkelbazillen hingelangen, auch tuberkulöse Herde ent¬ 
stehen müssen, ist nicht richtig. Die Lunge ist jedenfalls besonders 
disponiert, aber nicht etwa wegen des möglichen direkten Im¬ 
portes der Tuberkelbazillen durch Inhalation und durch Aspiration 
von der Rachenhöhle her, sondern auch wegen des bisher in 
seiner Bedeutung viel zu wenig gewürdigten indirekten Importes 
von Tuberkelbazillen und anderen primär infizierten Organen ist 
die Lunge von vornherein das für die tuberkulöse Lokalisation 
am meisten gefährdete Organ. Dazu kommt aber auch noch 


eine besondere Organdisposition des Lungengewebes, worauf 
besonders Orth, Baumgarten und in letzter Zeit auch Bartel 
hingewiesen haben. Rdr. 

Die Entwicklung der peripheren Nervenfasern. 

Von M. Lenhossek. 

Sitzungsbericht der Ungar. Akademie der Wissenschaften 1905, III. 

Über die Entwicklung der Nervenfasern ist hauptsächlich 
die Anschauung von His akzeptiert, der gemäß diese Nerven¬ 
fasern aus den jungen Nervenzellen des Zentralnervensystems, 
aus den Neuroblasten durch Herauswachsen entstehen, daß also 
jede Nervenfaser der zu ungewöhnlicher Länge ausgewachsene 
Nervenfortsatz je einer Zelle ist. Demgemäß entwickelt sich 
jede Nervenfaser aus einer einzigen Zelle und hängt auch 
späterhin an ihrem einen Ende bloß mit dieser einzigen Zelle 
zusammen, während ihr anderes Ende in eine freie Spitze aus¬ 
läuft. Diese entwicklungsgeschichtliche Lehre ist eine der 
wichtigsten Grundlagen der Neuron-Theorie. 

Dieser „Auswachsungstheorie“ steht die Kettentheorie 
gegenüber, welche die Entstehung der Nervenfasern aus dem 
| serienweisen Ineinänderschmelzen zahlreicher nervenbildender 
Zellen erklärt und so die Nervenfaser al 60 nicht als das Produkt 
einer einzelnen Zelle, sondern als multicelluläres Gebilde auffaßt. 
Diese Theorie, welche schon im Jahre 1839 von Schwann auf¬ 
gestellt wurde, hatte immer ihre Anhänger, doch traten ihre 
Verfechter erst in der letzten Zeit energisch für dieselbe ein, 
nachdem der Kampf der beiden entgegengesetzten Anschauungen 
mit einer der wichtigsten Streitfragen der Histologie verbunden 
wurde: mit dem Problem der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der 
Neuron-Theorie. 

Lenhossek untersuchte die Entwicklung der Nervenfasern 
an den Serien von Hühnerembryonen in den Zeitabschnitten 
vom Beginn des dritten Tages bis zum Ende des neunten Tages 
der Entwicklung. In der Arbeit wurde bloß die Entwicklung 
der Fasern der Vorderwurzeln in Betracht gezogen. Den 
Beobachtungen L.s gemäß beginnt die Entwicklung erst am 
Anfang des dritten Tages damit, daß in der Gegend der 
späteren Vorderhörner aus den Nervenzellen des Markschlauches 
feine kernlose Fäden herauswachsen und in das umgebende 
lockere Mesenchym gegen den Urabschnitt zu eindringen: 
das sind die ersten Spuren der peripheren Nervenfasern. 

Diese Fäden liegen frei und nicht im Protoplasma 

anderer Zellen, wie das Bethe behauptete. Die Ver¬ 
hältnisse komplizieren sich alsbald dadurch, daß in der 

Umgebung der jungen Fasern eigentümliche große Zellen 
auftauchen, welche sich enge an die Fässern anlegen und 
scheinbar mit denselben verschmelzen. Das sind jene Zellen, 
welchen von den Anhängern der Kettentheorie eine so große 
Bedeutung zugeschrieben wird und welche .zur Bildung der 
Fasern beitragen sollen. Nach der Überzeugung Lenhossek 
sind diese Zellen bloß Elemente von sekundärer Bedeutung, 
scheidenbildende Zellen, Lemmoblasten, welche sich dereinst zu 
der den Achsenzylinder umgebenden Sch wann sehen Scheide 
umgestalten. Von diesem Standpunkte aus betont Lenhossek, 
daß jener seiner Beobachtung eine große Wichtigkeit zukommt, 
daß einzelne der Lemmoblasten anfangs nicht fest den Nerven¬ 
fasern anliegen, sondern bloß in deren Nähe in freier Anordnung 
zu finden sind und sekundär mit der Nervenfaser in rege 
Berührung kommen. Am vierten Tage nehmen die Lemmo- 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


blasten in auffallender Weise an Zahl zu, jedoch bloß an einer 
umschriebenen Stelle, unmittelbar neben dem Markschlauche, um 
den Beginn der austretenden Wurzel herum; hier formieren die 
Elemente einen rundlichen Zellhaufen, welcher aus 15—20 und 
mehr Zellen besteht und in welchem wir lebhafte Zellteilungs- 
Vorgänge beobachten können. Jenseits der Zellanhäufung ist 
das junge, dünne Nervenbündelchen fast ganz frei von Zellen, 
es besteht bloß aus Achsenzylindern. 

An den folgenden Tagen verschwindet der Zellhaufen immer 
mehr, da seine Elemente in die peripheren Teile des Nerven¬ 
bündels einwandern. Vom achten Tage an sind an den zwischen 
die Fasern eingebetteten spärlichen Lemmoblasten Vermehrungs¬ 
vorgänge zu beobachten, infolgederen die bis dahin sehr 
zellarmen und kernlosen Nervenbündel immer mehr und mehr 
von Zellen bevölkert werden. 

Lenhoss^k nimmt mit Harrison an, daß es am aller¬ 
wahrscheinlichsten sei, daß die Lemmoblasten aus den Ganglien- 
Kolonien entstünden, daß sie also Elemente ektodermalen Ursprungs 
darstellen. Das würde auch jene Tatsache erklären, daß diese 
Zellen mit dem Achsenzylinder, der ebenfalls ektodermalen 
Ursprungs ist, in so nahe Berührung und in ein so inniges 
Verhältnis zu treten imstande sind. Auch würde auf diese 
Weise die Möglichkeit verständlich werden, daß die Schwann sehen 
Zellen bei Verletzungen des Achsenzylinders imstande sind, zu 
dessen Regeneration beizutragen, was jedoch bisher durchaus 
nicht in einer über jeden Zweifel erhabenen Weise dargetan 
und bewiesen ist. 

Der Haupterfolg der Untersuchungen Lenhosseks ist, 
festgestellt zu haben, daß die Nervenfasern in der Weise 
entstehen, wie das Harrison beschrieben: durch Ver¬ 
längerung je eines Nervenfortsatzes zu einer langen 
Faser, und daß die Kettentheorie weit von der Wirklichkeit 
entfernt ist. 

Die Lehre der Harrisonschen Neuroblasten steht heute 
fester als je, und mit ihr besteht auch die Neurontheorie, 
welche in voller Unversehrtheit aus den heftigen Angriffen 
hervorgegangen ist, welche ihr in letzter Zeit zuteil wurden. 

Dr. Zimmermann. 

Beitrage zum regelmäßigen Vorkommen 
der Botlaufbazillen auf der Darmschleimhaut und 
in den Tonsillen gesunder Schweine. 

Inaugural-Dissertation, Gießen. 

Von Willy Pitt, Städt. Tierarzt in Königsberg. 

Nachdem zunächst Olt im Jahre 1901 nachgewiesen hat, 
daß das Schwein regelmäßig in seinem Darmtraktus Rotlauf¬ 
bazillen beherbergt, ist in demselben Jahre noch von Bauer¬ 
meister ein derartiges Schmarotzertum der Rotlauferreger 
auch in den Tonsillen der Schweine beobachtet worden. Die 
Arbeiten Olts und Bauermeisters sind von C. 0. Jensen 
in einer großen Reihe von Versuchen nachgeprüft und in vollem 
Umfange bestätigt worden. Nun ist es Heinik, im Gegensatz 
zu Olt und Jensen, nicht gelungen, im Darm gesunder 
Schweine Rotlaufbazillen nachzuweisen. Da Heinicks Unter¬ 
suchungen sich speziell auf Tiere aus der Provinz Posen er¬ 
streckt haben, erscheint obiges Resultat um so wunderbarer, als 
doch in der Provinz Posen der Rotlauf bei Schweinen eine sehr 
häufige Erscheinung bildet. Angesichts dieser einander gegen¬ 
stehenden Untersuchungsergebnisse hat sich nun der Verfasser 


891 


die Aufgabe gestellt, die in der Literatur über das Vorkommen 
der Rotlaufbazillen auf den Schleimhäuten gesunder Schweine 
niedergelegten Beobachtungen nachzuprüfen und eventuell weiter 
zu erhärten. Pitt ist es gelungen, in ca. 50 Proz. aller Fälle bei 
gesunden Schweinen sowohl im Darm als in den Tonsillen die 
Rotlauferreger mit Sicherheit nachzuweisen. Somit hat Pitt 
die Untersuchungsergebnisse Olts, Bauer meisters und 
Jensens vollauf bestätigen können, so daß die Streitfrage nun- 
als geklärt zu betrachten sein dürfte. Das negative Resultat 
der Heinickschen Untersuchungen begründet Pitt mit der 
von He in ick angewandten Technik. Da nämlich die Anlegung 
primärer Reinkulturen infolge des Vorwiegens anderer Mikro¬ 
organismen nur selten gelingt, ist die Tierpassage erforderlich. 
Hierbei ergibt sich der Übelstand, daß die verwendeten Versuchs¬ 
tiere (Mäuse) in der Mehrzahl der Fälle einer Mischinfektion 
erliegen, ehe eine Vermehrung der Rotlauf bazillen im Tierkörper 
stattfindet. Pitt hat bei allen derartig verendeten Tieren, bei 
denen an der Impfstelle bakteriologisch rotlaufälinliche Stäbchen 
nachzuweisen waren, von hier aus Weiterimpfungen angestellt, 
welche fast stets typische Rotlaufseptikämie hervorgerufen haben. 
Auf die Unterlassung der bakteriologischen Nachprüfung der 
Impfstellen sowie der eventuellen Weiterimpfung sind die 
Heinickschen Ergebnisse in der Hauptsache zuiüekzufiihren. 
Da trotz peinlichster Ausführung der technischen Regeln doch 
noch negative Impfergebnisse nicht ganz zu vermeiden sind, so 
wäre in Wirklichkeit der oben angegebene Prozentsatz noch 
etwas höher anzunehmen. Jedenfalls dürfen die Rotlauferreger 
als weit verbreitete Bewohner der Schleimhäute gesunder 
Schweine zu betrachten sein und im Hinblick hierauf doch der 
Wert der prophylaktischen Maßnahmen sehr zweifelhaft erscheinen. 

Schmidt. 

(Aus der Klinik für kleine Haustiere, Tierärztl. Hochschule in Berlin.) 

Impfversuche zur Bewertung zweier Hundestaupesera. 

Von Tierarzt Dr. Puttkamm er-Heilsberg, Ostpr. 

(Archiv fllr wissenschaftlich« und praktische Tierheilkunde, Ud. 33, H. (>.) 

Verfasser hat eine größere Anzahl von Versuchen an¬ 
gestellt, um die Wirksamkeit des Staupeserums Piorkowski und 
des Serums „G M (von einer pharmazeutischen Fabrik übersandt) 
zu prüfen. Es wurde hierbei zwischen Heil- und Immunisiernngs- 
impfung streng unterschieden. Zur Infektion bei letzterer diente 
lediglich das Verbringen der Impflinge in die sog. Staupe- 
Abteilung der Klinik. Das Resultat der Versuche, hinsichtlich 
deren Einzelheiten auf das Original verwiesen wird, gipfelt 
darin, daß beide Impfstoffe weder irgendein Symptom der 
Staupeerkrankung günstig beeinflussen, noch auch die jungen 
Hunde vor der Staupe-Infektion zu schützen vermögen. 

J. Schmidt. 

Ein einfacher Nährboden für Gonococcen. 

Von Dr. Piorkowski, Berlin. 

(Mhnchener Medixinischo Wochenschrift Nr. 14, 1!H»8.) 

Um den Schwierigkeiten zu begegnen, die sich der Kul¬ 
tivierung von Gonococcen entgegenstellen, die ja bekanntlich am 
besten wachsen, wenn sie eine körperliche Flüssigkeit als Zusatz 
zum Agar enthalten, hat Piorkowski einen Nährboden kon¬ 
struiert, der das Wachstum der Gonococcen reichlich und gut 
gedeihen läßt, und der folgendermaßen zusammengesetzt ist: 

Ein Liter frischer Milch wird mit 5 ccm verdünnter Salz¬ 
säure (1:4) versetzt und bei 37° C auf bewahrt, bis das Kasein 



392 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


ausgefallen ist (16—20 Stunden) — (statt dessen kann die Milch 
auch aufgekocht werden). Dann wird filtriert und das Filtrat 
mit lOproz. Sodalösung neutralisiert. Darauf wird 2 Stunden 
im Dampfbad gekocht, die Neutralisation wieder von neuem ein¬ 
gestellt und abermals filtriert. Der Nährboden wird nunmehr 
in Kolben oder in Reagensgläser gefüllt und eine Stunde bei 
100° C sterilisiert. 

Der so fertiggestellte Nährboden kann in flüssigem Zustande 
mit gleichen Teilen Bouillon versetzt oder in fester Form im 
Verhältnis von 1 Teil mit 2 Teilen Agar-Agar (3 Proz.) gemischt 
verwendet werden. 

Dieser eben beschriebene Nährboden ergibt sich neben der 
Züchtung von Gonococcen besonders gut auch für Meningococcen 
und Pneumokokken. Weitere Versuche behufs Differenzierung 
von Tierseuchenbakterien sind im Gange. 

Ein Fall von Sarkoptesräude des Rindes (Sarcoptes 
scabiei Latr.). 

Von Prof. Dr. K. Wolffhügel. 

{Zeitsehr. f. Infektion skr., paras. Krankh. u, Hyg. d. Haust., Bd. III, S. 35-L) 

Auf einer Estancia in der Provinz Buenos Aires sah W. 
einen Shorthornbullen, dessen Haut an folgenden Körperstellen | 
mit Epideraiskrusten bedeckt war: Schultergegend, Seitenbrust, 
Hinterbacken, Oberschenkel, Hodensack und Schlauch. Die 
Haut der Hinterbacken und Oberschenkel war am stärksten 
verändert; die Borken waren Va cm dick, tiefe Schrunden und 
Risse fanden sich in der gewulsteten Haut. In jedem mikro¬ 
skopischen Präparat waren einige Sarkoptesmilben und viele Eier 
in verschiedenen Entwicklungsstadien auffindbar. — Auf der 
Estancia sollen noch weitere Rinder derartig räudig gewesen sein. 

Richter. 

llnrchschneidung der Sehne des oberflächlichen Zehen¬ 
beugers am linken Hinterfuß. Heilung. 

Von Josef Tan tos in Temesvär. 

(Österreichlache Monatsschrift für Tierheilkunde 1908, S. 103.) 

Ein Pferd hatte sich an einer Flasche eine Schnittwunde 
zugezogen, 10 cm unter dem linken Sprungbeinhöcker; beim 
Heben des Fußes tritt aus der 5 cm breiten Wunde ein ca. 

5 cm langes Stück der scharfdurchtrennten oberflächlichen 
Beugesehne. Die Hautwunde wurde genäht und ein Gips¬ 
verband in leichter Beugestellung angelegt, der nach einigen 
Tagen durch Blauebinden (apr. Organtinbinden) ersetzt wurde. 

Nach sieben Wochen wurde Patient probeweise aus dem 
Stalle genommen, trat aber noch so stark im Fessel durch, 
daß sofort ein neuer Verband gelegt wurde, der wegen einiger 
nekrotischer Stellen in der Fesselgegend öfters erneuert werden 
mußte. Die Wunde war geheilt; die Verwachsungsstelle zeigte 
sich als halbhühnereigroße Narbe; diese wurde durch Massage 
(Jodsalbe) bedeutend verkleinert. Nach elf Wochen war die 
Schenkelstellung zufriedenstellend; nach ca. fünf Monaten konnte 
Patient wieder etwas galoppieren. Richter. 

Ans der medizinischen Literatnr. 

Deutsche Medizinische Wochenschrift , 34. Jahrg. 1908. Nr. 10, 8. 085. 

Der lokale Tetanus und seine Entstehung; von Stabsarzt Dr. 
Conrad Pochhammer. (Aus dem hygienisch-chemischen 
Laboratorium der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militär¬ 
ärztliche Bildungswesen. Vorstand: General-Oberarzt Prof. Dr. 
Pfuhl.) — Örtlicher Tetanus im Bereiche der Eintrittsstelle 
des Starrkrampferregers (Wunde, Impfstelle) geht beim Tier¬ 
versuch in der Regel dem allgemeinen Tetanus voraus. Beim 


Menschen und den größeren Haustieren wird er seltener 
beobachtet. Verfasser stellte sich die Aufgabe, auf kritisch¬ 
experimentellem Wege die Frage zu lösen, ob sich die Ent¬ 
stehung des lokalen tetanischen Krampfes lediglich durch die 
Tatsache der Aufnahme des Tetanustoxins durch die peripherischen 
Nervenfasern erklären läßt. Zusammenfassung: Die lokale 
Muskelstarre beim Tetanus beruht nicht auf einer Intoxikation 
des Zentralnervensystems oder einer direkten Einwirkung des 
Tetanusgifts auf die Muskeln (Znpnik), sondern auf einer 
Intoxikation der peripherischen Nerven. Das Tetanustoxin wird 
nicht in den Achsenzylinderfortsätzen der peripherischen Nerven 
„fortgeleitet“, sondern in der Substanz der Markscheiden der 
Nervenfasern abgelagert und gebunden (chemische Affinität). 
Das Zustandekommen des Starrkrampfes ist durch Störung der 
Isolierung zwischen sensiblen und motorischen Nervenfasern in 
den gemischten peripherischen Nervenbahnen infolge Veränderung 
der Marksubstanz durch das Tetanustoxin zu erklären. Die 
Substanzen der Markscheide (Lipoide) wirken in der Blutbahn 
kreisend antitoxisch. Entstehung der Antitoxine und Erklärung 
der immunisierenden Wirkung des Gehirnbreies (Versuche von 
Wassermann und Takaki). Nach Ausbruch des Starrkrampfes 
ist ein Nutzen von der Antitoxinbehandlung nicht zu erwarten. 
Der Wert aller Serumtherapie beruht in der Prophylaxe. 

Dieselbe Zeitschrift S. 095. 

Über die praktische Bedeutung der Barberloschen Spermareaktion; 

von Paul Fraenckel und Rudolf Müller. (Aus der Unter¬ 
richtsanstalt für Staatsarzneikunde der Universität in Berlin, 
Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. F. Straßmann.) 

Barberio hat im Jahre 1895 entdeckt, daß eine gesättigte 
PikrinsäurelöBung im menschlichen Sperma sofort nach dem 
Znsammenbringen einen Niederschlag aus mikroskopisch kleinen 
gelben Kristallen hervorbringt. Da die Reaktion auch am 
spermatozoenfreien Samen erhalten wurde, schien die wichtige 
Aufgabe der gerichtlichen Medizin, azoospermischen Samen nach- 
zuweiseu, ihrer Lösung nahergerückt zu sein. 

Um eine für den Menschen spezifische Reaktion konnte es 
sich von vornherein nicht handeln, da schon nach der Beob¬ 
achtung des Entdeckers sehr ähnliche Kristalle auch aus Spermin- 
Poehl, einem aus Tierhoden gewonnenen Präparat, zu erhalten 
sind. Das Ergebnis eingehender Prüfung der Reaktionsmethode 
in klinischer und forensischer Beziehung fassen die Autoren wie 
folgt zusammen: Die bei der Barberioschen Reaktion aus¬ 
fallenden Pikratkristalle sind so wenig charakteristisch, daß 
ihre Form allein zur Diagnose nicht ausreicht. Man sieht 
ähnliche auch bei der Prüfung der Lösung anderer Stoffe als 
menschlicher Samen- und Prostataflüssigkeit auftreten. Von 
einer positiven Reaktion muß verlangt werden, daß die scharf 
lichtbrechenden, gelben, ovoidalen oder nadelförmigen Kristalle 
sofort reichlich und im Überschuß des Lösungsmittels 
auftreten, in dem sie sich allmählich vergrößern. Unter dieser 
Bedingung ist die Reaktion allerdings bisher nur im mensch¬ 
lichen Samen oder Prostatasekret und im Sperminum Poehl 
erhalten worden; sie kann daher klinisch zur Erkennung von 
Prostatasekret und azoospermischem Sperma empfohlen werden 
und auch unter Umständen den gerichtlichen Nachweis von 
Spermaflecken wesentlich stützen. Die für ein forensisches 
Diagnosticum erforderliche Sicherheit besitzt sie aber nicht und 
auch als Vorprobe steht sie der Florenceschen in mehrfacher 
Hinsicht nach. Ein negativer Ausfall schließt Sperma nicht aus. 



28. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


393 


Münchener Medizinische Wochenschrift, 55. Jahrgang 1908. Nr. 15, 
S. 779. 

Die praktische Verwertbarkeit des opsonischen Index; von Dr. 

Saathoff. (Aus der II. medizinischen Klinik in München, 
Direktor Professor Fr. v. Müller.) — Die Kernpunkte der 
\Vright8chen Theorie über die opsonische Kraft des Blutserums 
lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Im Serum des 
normalen Blutes sind Stoffe vorhanden, die auf eingedrungene 
Bakterien so wirken, daß sie von den Leukozyten aufgenommen 
und eventuell vernichtet werden: die Opsoninie. 2. Bei gewissen, 
vor allem chronischen, Infektionen ist die Widerstandskraft des 
Blutes gegen den betreffenden Erreger herabgesetzt, was sich 
in einer Erniedrigung des opsonischen Index ausspricht. Um¬ 
gekehrt kann man aus dem niedrigen Index auf die Infektion 
schließen. 3. Daraus ist für die Therapie der Hinweis gegeben, 
daß es nötig ist, die opsonierende Kraft des Blutes zu erhöhen. 
Das geschieht durch Einverleibung der spezifischen Erreger in 
abgetötetem Zustande, wodurch sich im Serum spezifische 
Reaktionskörper vom Charakter der Opsonine bilden, die eine 
Steigerung des opsonischen Index herbeiführen. 

Verfasser hat die Befunde Wrights nachgeprüft und kommt 
bezüglich der klinischen Verwertbarkeit der Methode zu nach¬ 
stehenden Schlüssen: 1. Wegen der Kompliziertheit und äußerst 
schwierigen Technik kommt die Methode nur für einzelne 
Institute in Betracht, die womöglich in der Lage sind, einen 
eigenen Untersucher dafür zu halten. Dadurch büßt sie schon 
viel von ihrem Werte ein. 2. Wegen der großen und un¬ 
berechenbaren Fehlerquellen, die der Aufstellung des opsonischen 
Index anhaften, ist die Methode nur in den seltenen Fällen von 
Wert, bei denen die Anschläge sehr groß sind. 3. Für die 
therapeutische Anwendung ist der opsonische Index aus den 
eben genannten Gründen eine unzuverlässige Richtschnur. Der 
Wert und die weitere Ausbildung der aktiven Immunisierung 
bleibt dadurch unberührt. 

Dieselbe Zeitschrift S. 795. 

Die Zusammensetzung der Walfischmilch von Prof. Dr. A. S ch e i b e 

(Aus dem agrik.-chem. Laboratorium der Technischen Hochschule 
in München, Prof. Dr. v. Soxhlet.) — Verfasser hatte Gelegen¬ 
heit, die Milch eines bei Spitzbergen samt seinem 12 Monate 
alten Jungen erlegten Bartenwals zu untersuchen. Sie war 
schwachrötlich gefärbt und hatte einen stark fischigen Geruch. 
Sie enthielt: Wasser 69,80 Proz., Trockensubstanz 30,20, 
Fett 19,40, Eiweiß 9,43, Asche 0,99 Proz. Die Walfischmilch 
ist frei von Milchzucker oder sonstigen Zuckerarten; auch andere 
Kohlehydrate sind in nennenswerter Menge darin nicht ent¬ 
halten. Das gelbe Fett der Walfischmilch riecht nach Tran, hat 
etwa die Konsistens des Kuhmilchfettes und folgende Merkmale: 
Schmelzpunkt 32,0° C., Erstarrungspunkt 21,0° C., Gehalt an 
flüchtigen Fettsäuren (Reichert Meisslzahl) 1,6, Verseifungs¬ 
zahl 195, Jodzahl 95,9. Aus dem geringen Gehalt der Wal- 
fi8chmilch an flüchtigen Fettsäuren ergibt sich der sehr hohe 
Wärmewert des Walfischmilchfettes, der dem Wärmebedürfnis 
des Jungen zugut kommt. 

Dieselbe Zeitschrift S. 802. 

Augenerkrankung infolge Arbeit mit einem künstlichen Düngemittel 

von Dr. M. Bon di. (Aus der Augenabteilung des allgemeinen 
öffentlichen Krankenhauses in Iglau, Mähren.) — Obwohl seit 
der vor über 50 Jahren von Justus von Liebig aufgestellten 
Mineraltheorie die Anwendung von künstlichen Düngemitteln fort¬ 


während zunimmt, war außer einem von Augst ein in den Klin. 
Monatsbl. für Augenheilkunde 1907, S. 563 mitgeteilten Falle 
von Erblindung infolge Einwirkung von „Superphosphat“ über 
Augenunfälle durch künstliche Düngemittel in der Literatur 
nichts bekannt. Augst ein hat die Wirkung von einigen der 
gebräuchlichsten Düngemitteln auf Kaninchenaugen geprüft. 
Thomasmehl wurde am besten ertragen; Kainit rief größere 
Reizung mit oberflächlicher Trübung der Hornhaut hervor. 
Stark schädigend wirkte nur Superphosphat, so daß Augst ein 
hieraus schloß, daß dieses Düngemittel als das hauptsächlichste, 
vielleicht allein schädigende anzusehen sei. Diese Auffassung 
erzänzt Bon di dahin, daß auch das unvorsichtige Hantieren 
mit „Chilisalpeter“ schwere Augenerkrankung verursachen kann. 
In dem von ihm beschriebenen Falle handelt es sich um eine 
Augenentzündung mit den Erscheinunngen schwerer Verätzung 
bei einer Feldarbeiterin, die sich beim Ausstreuen von Chili¬ 
salpeter das Auge mit unreinen Fingern gerieben hatte. 

_ W. 

Tagesgeschichte. 

Zar Lage der Tierärzte. 

Von Prof. Dr. Schmaltz. 

Über die Lage der Tierärzte hat in Nr. 15 (S. 277 ff.) ein 
ungenannter Autor einen Artikel veröffentlicht, der viele Vor¬ 
züge besitzt und in mehr als einer Hinsicht bemerkenswert ist. 
Rühmenswert ist namentlich das Streben, allen Teilen des tier¬ 
ärztlichen Standes gerecht zu werden, insonderheit auch der 
Lage der Privattierärzte (in deren Reihen der Verfasser 
nicht zu suchen ist). Offenbar verfügt auch der Verfasser 
über eine gründliche Kenntnis der wirklichen Verhältnisse sowohl 
im tierärztlichen Stande wie in anderen Ständen. 

Nur einen Punkt in dem Artikel vermag ich nicht völlig ohne 
Widerspruch zu lassen; das ist der am Schluß gemachte Vor¬ 
schlag, dem Bestand des tierärztlichen Standes Abbruch zu tun 
oder seiner Ergänzung Einhalt zu gebieten. Ich muß dem 
Verfasser darin vollkommen beistimmen, daß nach den Er¬ 
fahrungen der letzten Jahrzehnte in der Tat eine energische 
Aufbesserung der Verhältnisse eines Standes mit Sicherheit 
nur dann vorgenommen worden ist, wenn sich Menschenmangel 
in demselben beängstigend zu zeigen begann. Trotzdem würde 
ich mich nicht dazu entschließen können, einen solchen Mangel 
künstlich zu fördern; nicht einmal als ultima ratio erscliiene 
mir dieses Mittel richtig. Ich komme zu diesem Standpunkt 
nicht etwa durch die Besorgnis vor einer Verödung der tier¬ 
ärztlichen Hochschulen. Wenn eine solche Verödung durch die 
Verhältnisse tatsächlich gerechtfertigt wäre, so hätten die Hoch¬ 
schulen kein Recht, sich darüber zu beklagen. Es sind viel¬ 
mehr ganz allgemeine Griinde r die uns von diesem Gedanken 
zurückhalten müssen. Es wäre eine Art von Streik, der Streik 
ist ja Mode und mag auch wirksam sein, aber schön ist er 
nicht und es gibt doch Unterschiede zwischen Berufsständen 
und Gesellschaftsklassen, Unterschiede, die dem einen verbieten 
zu tun, was der andere für erlaubt hält. Ich meine, wir 
dürften nicht streiken; wir müßten mit anderen Mitteln und 
positiven inneren Kräften zum Ziele kommen. Ist unsere Sache 
gut, so werden wir auch so das Ziel erreichen, mag es auch 
etwas länger dauern. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß die 
tierärztliche Gesellschaft eine Verpflichtung übernommen hat, 
als es sich um die Einführung des Abiturientenexamens handelte. 





394 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


Damals haben die Führer die Versicherung abgegeben, sie 
haben gewissermaßen sich stark gemacht dafür, daß ein der 
Landwirtschaft nachteiliger Mangel an Tierärzten nicht ein- 
treten werde, und da würde es nicht recht sein, wenn man 
jetzt diesen Mangel, selbst wenn berechtigte Gründe zur 
Unzufriedenheit existieren, künstlich herbeiführen würde. 

Von diesem einen Punkt abgesehen, wird man auch in den 
Einzelheiten dem Herrn Verfasser zustimmen müssen. Was er 
übrigens von der Benachteiligung in bezug auf Titel Verleihungen 
sagt, das trifft beispielsweise nicht bloß für die beamteten Tier¬ 
ärzte, sondern ebenso für die Professoren zu. Wenn die Tier¬ 
ärztliche Hochschule zu Hannover, die gegenüber derjenigen zu 
Berlin gewiß eher bevorzugt als zurückgesetzt ist, nur einen 
einzigen Geheimrat im Profe6Sorenkollegium *hat, so kann 
das freilich nicht- wohl anders erklärt werden, als daß die 
Prärogative des Direktors auch in bezug auf die Titulatur ge¬ 
wahrt werden. Aber auch an der Tierärztlichen Hochschule zu 
Berlin zeigt sich der Gegensatz gerade jetzt recht originell, 
indem der bisherige Abteilungsvorsteher am Institut für Infektions¬ 
krankheiten, Professor Frosch, mit einem Dienstalter von Ende 
der 90 er Jahre als Geheimer Medizinalrat in das Professoren- 
Kollegium eintritt, während Professoren mit einem Dienst¬ 
alter aus den 80 er Jahren diesen Titel nicht besitzen. 

Bei dieser gelegentlichen Erwähnung der Titelfrage mag 
übrigens auf eine Bemerkung zurückgegriffen werden, die vor 
Jahren Herr Kollege Peters-Bromberg in der B. T. W. gemacht 
hat. Anläßlich der Einführung des Titels Veterinärrat bzw. 
Geheimer Veterinärrat für beamtete Tierärzte, erklärte er es 
für selbstverständlich, daß nunmehr auch den Professoren der 
Charakter nicht mehr als Geheimer Regierungsrat, sondern als 
Geheimer Veterinärrat verliehen werden möge. Ich glaube, 
damit werden die Professoren nicht einverstanden sein. Man 
lasse jedem, was er bereits hat. Ich gestehe offen, daß mir 
der Titel „Geheimer Regierungsrat“ besser gefällt. Ich kann 
mich darauf berufen, daß ich diese Ansicht vor vielen Jahren 
schon einmal ausgesprochen habe, als man es auffällig gefunden 
hatte, daß an den Tierärztlichen Hochschulen nicht mehr der 
Charakter als Geheimer Medizinalrat, sondern als Geheimer 
Regierungsrat verliehen wurde; auch gegenüber dem Titel 
Geheimer Medizinalrat gab ich damals für die Professoren der 
Tierärztlichen Hochschulen dem Prädikat Geheimer Regierungs¬ 
rat den Vorzug. Meine Ansicht richtet sich also keineswegs 
gegen den Geheimen Veterinärrat. Für unsere Professoren ist 
die Bezeichnung als Geheimer Regierungsrat schon deswegen 
durchaus am Platze, weil sich die Kollegien ja keineswegs nur 
aus Tierärzten zusammensetzen und sich vielleicht in Zukunft 
noch mehr mit Botanikern, Zoologen usw. mischen werden, es 
aber doch nicht wohl angeht, dem einen diesen und dem andern 
jenen Titel zu verleihen, wie auch innerhalb einer Fakultät 
(denn einer solchen entsprechen wir) gleichmäßige Titel ver¬ 
liehen werden. Es besteht auch gar kein Grund zur völligen 
Gleichheit zwischen Veterinärbeamten und Professoren; diese 
Gleichheit ist ja auch in anderen Dingen nicht vorhanden, z. B. 
im Einkommen, in dessen Gesamthöhe die meisten Departements¬ 
tierärzte wohl nicht mit den Professoren tauschen würden. 

Was der Verfasser über die Notwendigkeit, die 
Departementstierärzte zu Regierungs- und Veterinär¬ 
räten zu machen, sagt, ist ebenso selbstverständlich 
berechtigt wie der Wunsch, daß die Kreistierärzte, was 


sich ja nicht sofort hat ermöglichen lassen, möglichst 
bald in die V. Rangklasse aufrückeu möchten. Denn 
man wird das, was der Verfasser über die gegenwärtige Stellung 
sagt, nur bestätigen können. Der Hinweis auf die Pauschalierung 
der Reisekosten und Tagegelder ruft übrigens eine Erinnerung 
wach. Es hieß vor einigen Jahren einmal, daß, wenn die Kreis¬ 
tierärzte die Pauschalierung annähmen oder befürworteten, sie 
dafür die V. Klasse eintauschen könnten; als ich dies empfahl, 
stieß ich auf eine geharnischte Gegenerklärung. Jetzt ist 
die Pauschalierung gekommen ohne die Rangerhöhung; hoffentlich 
folgt diese bald. 

Recht bemerkenswert ist das, was der Verfasser über den 
Stand der Ärzte und Oberlehrer und die in diesen Ständen in 
den letzten Jahren entfaltete, in der Tat sehr energische und 
erfolgreiche Agitation sagt. Aber wir wollen uns doch auch 
nicht schlechter machen, als wir sind. Daß in den letzten 
Jahren unter den Tierärzten recht wenig geschehen sei, das 
kann man doch wohl nicht sagen; oder vielmehr: wenn gerade 
in den allerletzten Jahren weniger große Fragen aufgeworfen 
worden sind, so liegt das doch nur daran, daß wir unmittelbar 
vorher außerordentlich viel erreicht haben. Diejenigen, die etwa 
20 Jahre zurückzudenken vermögen, werden heute anerkennen 
müssen, daß alles das. was wir damals für groß, für erstrebens¬ 
wert, aber, ehrlich gestanden, kaum für möglich hielten, heute 
erreicht oder im Begriff ist, sich zu vollziehen: die Hochschule, 
die akademische Ausgestaltung derselben, das Abiturienten¬ 
examen, die immerhin doch würdige Stellung der Veterinär¬ 
beamten, die Beseitigung der krassen Übelstände in der Armee, 
das Veterinäroffizierkorps. Ich denke, auch wir können 
zufrieden sein. 

Damit ist nun freilich durchaus nicht gesagt, daß nicht 
auch in der nächsten Zukunft viel zu tun und zu wünschen 
übrig bliebe, daß alles das, was im Prinzip erreicht ist, nicht 
noch des weiteren Ausbaus bedürfte, daß nicht gerade in dieser 
Richtung ein längeres Ansruhen von nachteiligster Wirkung 
sein würde. Und deshalb kann dem Grundgedanken vollständig 
zugestimmt werden, daß der tierärztliche Stand jetzt erst recht 
seine Kräfte spannen und seine Bestrebungen konzentrieren maß. 
Auch der Verfasser des hier besprochenen Artikels stimmt dem 
zuerst von Krüger öffentlich vertretenen Gedanken zu, 
eine Art tierärztliches Zentralbureau zu schaffen; ich kann 
mich als Dritter diesem Gedanken nur anschließen. Von dieser 
Frage wird aber am besten ein andermal ausführlicher gesprochen. 

Zar Lage der Schlachthoftierärzte. 

Die Lage der Schlachthoftierärzte in kleinen Städten ist 
vielfach eine außerordentlich bescheidene. Das Einkommen 
macht es unbedingt erforderlich, daß der Stelleninhaber Ein¬ 
nahmen aus der Privatpraxis habe. Bei zweckmäßiger Regelung 
des Dienstes ist ihm das Praktizieren auch durchaus möglich. 
Unter solchen Umständen ist es unberechtigt, wenn die Kommunal¬ 
verwaltungen an solchen Plätzen den Betrieb der Praxis ver¬ 
bieten wollen. Es scheint dieser Brauch immer mehr überhand 
zu nehmen, und es muß dagegen im Interesse der angemessenen 
Stellung der Schlachthoftierärzte protestiert werden. 

Ein Wort zur „Degradierung“ des Dr. med. vet. 

Von Haupt, städtischer Tierarzt in Gelsenkirchen. 

Dem feinfühligen tierärztlichen Leser des Artikels des 
Herrn Dr. med. vet. Jonas - Gelsenkirchen, „Deutscher und 









28. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


395 


Schweizer Dr. med. vet.“ in Nr. 19 der B. T. W., hat es sicher 
einen kleinen Stich im fünften linken Interkostalraum gegeben, als 
er von der „Degradierung“ des deutschen tierärztlichen Doktortitels 
und von dem „Danaergeschenk“ für die maturen Tierärzte las. 

Herrn Dr. Jonas ist es natürlich selbstverständlich, daß 
der deutsche Dr. med. vet. nur den maturen Tierärzten er¬ 
reichbar bleibt, was er ja vorläufig in Gießen und Leipzig ist, 
und falls, was wohl kanm vorauszusehen ist, die zu schaffende 
Promotionsordnung für die beiden preußischen tierärztlichen 
Hochschulen keine Änderung bringt, auch bleiben wird. 

Es ist schon von berufeneren Seiten genügend klargestellt, 
daß ein Ausschluß der immaturen Tierärzte von der Promotion 
eine Ungerechtigkeit ist. — Daß aber diese ungerechte Ansicht 
in den jüngeren tierärztlichen Kreisen vorherrscht, finde ich be¬ 
dauerlich, und das läßt mich zu dieser vielumstrittenen Frage 
nochmals das Wort ergreifen. 

Der tierärztliche Doktortitel ist (abgesehen von dem alten 
Gießener Vorrecht) eine neue Errungenschaft der deutschen 
Tierärzte, die mit der gesamten „Standeserhöhung“ Hand in 
Hand geht. Fragen wir uns nun, wem haben wir Tierärzte 
diese „Standeserhöhung“ zu verdanken? 

Die seit 1903 studierenden Abiturienten scheinen sich 
bzw. ihre bestandene Reifeprüfung dabei etwas sehr hoch ein- 
zuscliätzen, es scheint ihnen wenig bewußt zu sein, daß die 
Leistungen auf den Gebieten der Veterinärwissenschaft den 
alten Tierärzten zu verdanken sind, die übrigens wohl zumeist 
ohne das allein seligmachende Reifezeugnis waren und zum 
Teil noch sind. 

Fortschritte und Ausdehnung der tierärztlichen Wissenschaft 
und ihre nützliche Anwendung durch die alten immaturen Tier- ' 
ärzte haben die Erfolge geschaffen, die die „Standeserhöhung“ 
der Tierärzte nach sich zogen, und einer dieser Erfolge war 
zum Teil die Einführung des Reifezeugnisses für das Studium. 

Nun wollen Sie, Herr Dr. Jonas, den immaturen Tier¬ 
ärzten, die dasselbe Staatsexamen gemacht haben, wie Sie, und 
die in Zürich oder Bern unter viel größeren Bemühungen eine 
Doktorarbeit und -Prüfung gemacht haben, die der Gießener 
oder Leipziger durchaus äquivalent sind, einen, bildlich 
ausgedrückt, Schwanz an ihren Titel hängen, lediglich, damit 
jeder Eingeweihte (und vor allem wohl jeder mature Tierarzt) 
sofort sehen kann: „Ah, einer von den Alten!“ 

Glauben Sie nicht, daß ein immaturer Tierarzt, der bis, 
oft auch in Prima gesessen hat, während seines Studiums Ge¬ 
legenheit genommen hat, die Lücken in seinem Wissen zu 
ergänzen? Und halten Sie wirklich so wenig von dem tier¬ 
ärztlichen Approbationsexamen, daß Sie von einer D egradierung 
des an einen approbierten Tierarzt verliehenen Doktortitels 
sprechen? 

Da haben wohl z. B. Professoren der Leipziger Universität 
andere Ansichten von den Leistungen und dem wissenschaft¬ 
lichen Betätigungstrieb immaturer Tierärzte, wenn sie die 
Äußerung tun konnten: „Schicken Sie uns mehr Tierärzte zum 
promovieren, ihre Arbeiten sind vorzüglich — — — —“ 

Und, um sich von der Richtigkeit dieses Ausspruches zu 
überzeugen, vergleichen Sie, bitte, die Arbeiten der von der 
Leipziger philosophischen Fakultät promovierten Tierärzte mit 
z. B. Dissertationen von Medizinern, die sich oft auf die bloße 
Beschreibung eines Krankheitsbildes oder auf einen ausführlichen 
Sektionsbericht beschränken. 


Was will denn die sogen. Fachdoktorprüfung? Sie verlangt 
eine Dissertation, in der der Betreffende nachweisen soll, daß 
er über einen ausgewählten Stoff seines Faches berichten und 
in diesem Bericht Beweise logischen Denkens geben kann! 
Die mündliche Prüfung ist eine ungefähre großzügige Wieder¬ 
holung der Fachprüfüng. 

Diese Bedingungen wird wohl jeder, der sein tierärztliches 
Studium mit Erfolg abgeschlossen hat, erfüllen können. Nun 
sind aber nach Ihrer Meinung diejenigen Ihrer Kollegen, die 
das Zeugnis der Reife nicht schwarz auf weiß wohlverwahrt in 
der Tasche tragen, nicht reif, eine solche Prüfung abzulegen, 
und wenn sie sie unter den Ausnahmegesetzen der Schweiz 
abgelegt haben und in Deutschland die Genehmigung zur Führung 
des Titels Dr. med. vet. erhalten sollen, so fühlen Sie, Herr 
Dr. med. vet. Jonas, sich degradiert in Ihrem eigenen Titel! 
Dann könnten Sie sich auch durch Ihren Berufstitel „Tierarzt“ 
degradiert fühlen, den Sie ja mit Hunderten von immaturen 
Menschen, ja, horrible dictu, mit alten „gelernten Hufschmieden“ 
aus Olims Zeiten teilen. 

Doch lassen Sie sich zum Trost gesagt sein, daß es auch 
andere Titel und Berufe gibt, in denen ähnliche „Degradierungen“ 
Vorkommen! Denken Sie an den Dr. phil., der von Apothekern, 
Landwirten, kurz, der gesamten „wissenschaftlichen Halbwelt“, 
wie sich der „Simplicissimus“ auszudrücken beliebte, erworben 
wurde, und der trotzdem zu den angesehensten Doktortiteln 
zählt; denken Sie an den Beruf der Chemiker, wo sich der 
mature Chemiker Dr. phil. in nichts, weder in seinen Fach¬ 
kenntnissen, noch auf der Visitenkarte von dem immaturen 
Chemiker Dr. phil. unterscheidet.- 

Der Abiturient aber, dem es peinlich wird, denselben Titel 
wie ein Immaturer zu führen, hätte sich von jedem so „zwei¬ 
deutigen akademischen Berufe“ abwenden und einen solchen 
erwählen müssen, in dem ihm nie eine Degradierung oder ein 
Danaergeschenk in Gestalt eines gemeinschaftlichen Doktortitels 
zuteil werden konnte. 

Versetzen Sie, Herr Dr. Jonas, sich, bitte, zum Schluß 
einmal einen Augenblick in die gepeinigte Seele eines immaturen 
Tierarztes, vielleicht regt sich in irgend einer kollegialen 
Bucht Ihres Herzmuskels ein leises Gerechtigkeitsgefühl, so 
daß Sie dem Wunsche immaturer Tierärzte nach Übergangs¬ 
bestimmungen in der tierärztlichen Promotionsordnung 
eine gewisse Berechtigung nicht absprechen, Übergangsbe¬ 
stimmungen, die auch immaturen Tierärzten die Möglichkeiten 
gewähren, den Doktortitel zu erwerben; Übergangsbestimmungen, 
wie sie für die sächsische Promotionsordnung für Leipzig- 
Dresden nach einem Ausspruch eines Professors (Nichttierarztes) 
der Leipziger Universität erwartet wurden! 

Und gewähren Sie uns das nicht, so gönnen Sie wenigstens 
den in der Schweiz ernannten Doctoribus medicinae veterinariae 
ihren schönen Titel unverkürzt und unverlängert. Ich glaube 
nicht, daß das Ansehen aller anderen maturen DDr. med. vet. 
darunter leiden oder degradiert wird. 

Zum „Dr. med. vet.“ 

Von Kurtzwig-Verden (Aller). 

Die Erörterungen über die „Doktorfrage“ werden die 
maturen Tierärzte mit geteilten Gefühlen aufgenommen haben, 
und ganz besonders diejenigen unter ihnen, die die Maturität als 
Extraneus nacherworben haben. Was bedeutet ihre Zurück- 



396 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


haltung in dieser Frage? Muß es doch bei jedem Abiturienten 
Unzufriedenheit erwecken, wenn auch bei uns, wie in Sachsen 
früher, die Forderung erhoben wird, immaturen Tierärzten im 
In- oder Auslande eine Tür zur Promotion als Dr. med. vet. 
offen zu lassen! Wie viel mehr müssen diejenigen eine solche 
Möglichkeit ungerecht empfinden, die noch einmal mitten aus 
ihrem Beruf heraus in mühsamer Arbeit den gewaltigen Lern¬ 
stoff der Schule als Extraneus bewältigten, um allen Unbequemlich¬ 
keiten zu entgehen. Die Zahl dieser Kollegen ist nicht gering, 
wahrscheinlich nicht viel geringer als die Menge der in Preußen 
noch nicht bestätigten Schweizer Dr. med. vet. Ihre Arbeit 
geschah doch nicht nur des späteren Doktortitels wegen, sondern 
auch um ein zeitgemäßes Standesprinzip, um das Abitur für 
Tierärzte wie für jeden akademischen Beruf. Und wenn auch 
der Schweizer Dr. med. vet. schwierig ist und seine Anerkennung 
verdient, so ist es doch angenehmer, für ihn wissenschaftlich 
zu arbeiten, als sich mit dem entlegenen Schulpensum ab¬ 
zuquälen. 

Die Gerechtigkeit verlangt, daß in Preußen die 
bisher erworbenen Schweizer Dr. med. vet. ebenso wie 
in den anderen Bundesstaaten genehmigt werden. Jede 
Zahlvermehrung der tierärztlichen Doktortitel ist 
zurzeit in Preußen zu begrüßen, und für den tierärztlichen 
Stand ist es besser, wenn der Laie keinen Unterschied machen 
kann zwischen tierärztlichen Doktoren, die in Deutschland oder 
in der Schweiz promoviert sind. Unberechtigt wären deshalb 
die gegen den Schweizer Dr. med. vet. erhobenen Bedenken, 
wenn fortan diese Promotionsmöglichkeit den Immaturen auch 
tatsächlich sich verschließen würde. Hoffentlich führen 
die Verhandlungen der beiden Regierungen bald zu diesem 
Ergebnis. Das Übergangsstadium hat lange genug ge¬ 
dauert. Jeder mußte den Ausgang kennen und konnte sich 
beizeiten den Dr. med. vet. in der Schweiz holen. Wer es 
versäumt hat, hat überhaupt nicht die Absicht zu promovieren 
oder kann noch zum Dr. phil. promovieren. Nicht Undank, 
sondern Dank gegen die ältere Generation ist es, wenn sich 
die jüngere Generation bestrebt, das von den Vätern Ererbte 
hochzuhalten. Es möge sich deshalb niemand aufregen und das 
Gespenst vom Tierarzt II. Klasse sehen. Wer seinen Mann 
steht, wird nicht degradiert, zumal die älteren die besseren 
Stellen innehaben. Schließlich hat doch der Dr. med. vet. nicht 
mehr Bedeutung als eine neue Fassade für das alte Haus, das 
durch das Abitur ein neues Fundament bekam. Das Aussehen 
des Ganzen aber muß untadelig mit dem anderer Fakultäten 
wetteifern und dazu gehört, daß baldigst, spätestens aber mit 
Einführung des Promotionsrechtes für Tierärzte in Preußen, 
auch in der Schweiz nur noch Abiturienten zum Dr. med. vet. 
promoviert werden. 

Zur Erweiterung des Promotionsrechtes in Preußen. 

Das Berliner Tageblatt bringt in seiner Abendausgabe 
vom 18. April 1908 eine Mitteilung, die zwar auf ihre Richtig¬ 
keit nicht geprüft werden kann, die aber immerhin interessant 
ist. Es heißt dort, daß die tierärztlichen und die landwirtschaft¬ 
lichen Hochschulen nach dem Promotionsrecht strebten. Der Mit¬ 
arbeiter des B. T. soll nun an zuständiger Stelle erfahren haben, 
daß zwar noch keine amtlichen Verhandlungen begonnen hätten, 
daß aber Besprechungen zwischen dem Kultusministerium und 
dem Landwirtschaftlichen Ministerium stattfänden. Das in Sachsen 


ergriffene Auskunftsmittel dürfte für Preußen unanwendbar 
sein, zumal die medizinische Fakultät der Berliner Universität sich 
entschieden gegen ein derartiges Verfahren bei der Erwerbung 
der Doktorwürde ausgesprochen hat. (Diese Tatsache ist richtig 
und mit Freuden zu begrüßen. D. R.) Es bliebe daher in 
Preußen nur übrig, den beiden Tierärztlichen Hochschulen 
Berlin und Hannover das Promotionsrecht zu verleihen. Was 
die landwirtschaftlichen Hochschulen anlange, so können die 
Agronomen den philosophischen Doktor (sofern sie im Besitz 
der Maturität sind) in Berlin oder Bonn, Halle, Breslau, Königs¬ 
berg und Göttingen machen, wo ihnen die Möglichkeit gegeben 
ist, Landwirtschaft zu studieren. Auch hier würde die Ver¬ 
leihung des Promotionsrechtes an die selbständigen Hochschulen 
in Berlin und Poppelsdorf in Frage kommen. „Im Kultus¬ 
ministerium“, heißt es dann wörtlich, „sieht man allerdings 
diesen Bestrebungen mit gemischten Gefühlen entgegen, ist aber 
der Meinung, daß die Regierung sich nicht ablehnend wird 
verhalten können.“ 

Tierärzte und Zahnärzte. 

Die neue Studienordnung für die Zahnärzte, die am 
1. April 1909 laut Mitteilung des Kultusministeriums ins Leben 
treten soll, bringt für dieselben, die verlängerte Gymnasialzeit 
ungerechnet, eine Ausbildungsdauer von sechs Semestern mehr 
als bisher. Statt Primareife muß der künftige Zahnarzt 
Abiturium besitzen, statt bisher nur vier Semester Studium wird 
er deren sieben hinfort zu absolvieren haben. Verkürzt wird 
nur die bisherige Lehrzeit von einem Jahr auf ein halbes Jahr, 
wenn die Angaben des Kultusministeriums richtig wiedergegeben 
sind. Die Zahnärzte hatten bisher kein Physikum in ihrem 
Bildungsgang aufzuweisen; ihrer Ausbildungszeit an der 
Universität ging ähnlich den Apothekern eine praktische, wenn 
auch nur einjährige Lehrzeit voraus. Das alles soll jetzt anders 
werden. Das Lehrjahr ist in ein sogenanntes praktisches halbes 
Jahr verwandelt, ein naturwissenschaftliches Examen dürfte ein¬ 
geschoben werden. Die Prüfungsvorschriften, bei denen sichtlich 
die schriftlichen Arbeiten bisher in den Vordergrund traten, 
werden denen der Vollmediziner angepaßt und demnach diejenigen 
Lügen gestraft, die annehmen, daß für die Zahnheilkunde eine 
wesentlich praktische Ausbildungsweise genügend sei, sintemal 
doch die Neuorganisation der Zahnplastik und Zahnbehandlung 
doch aus dem Lande der Allerweltsmöglichkeiten, nämlich aus 
Amerika stamme. — Das Studium des zukünftigen deutschen 
Zahnarztes soll dann mit dem Doktor med. dent. abgeschlossen 
werden, so daß auch hierin Amerika, das Freund und Feind 
nämlich Zahnarzt und Zahntechniker oftmals den Dr. dental- 
surgeon lieferte, aus dem Bereich der Ausbildungsmöglichkeiten 
gestrichen sein wird, wenigstens für die deutschen Zahnärzte, die 
jetzt in Deutschland samt und sonders promovieren werden können. 
— Mit diesem Ausbildungsmodus haben die Zahnärzte aber auch 
die Tierärzte hinsichtlich der Ausbildungsdauer um ein Semester 
geschlagen; d. h. eigentlich um ein ganzes Jahr, da sie nicht 
wie die Tierärzte nur allein das Maturium erlangen werden, 
sondern auch ihre Studienzeit, die gleich der der Apotheker 
vier Semester betrug, gleich auf sieben Semester erhöhen. Das 
läßt aber „saborsch“ ausgedrückt „tief blicken“. Die Zahnheil¬ 
kunde kann und darf nur ein „Teil“medizinstudium darstellen; 
ist aber hier schon eine Studienzeit von mindestens 8 Semestern 
nötig, um diesen Teil der Medizin geistig zu verarbeiten, um 







EKRLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


397 


28. Mai 1908. 


wie viel mehr wird es nötig sein zur Ausbildung in der Tier¬ 
medizin, die doch eine Gesamtmedizin darstellt und zudem gar 
noch eine vergleichende Medizin, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, sintemal sie nicht nur wie die Humanmedizin nur den 
„Homo sapiens“ zum Gegenstand ihres Studiums macht. Für 
die Humanmediziner ist aber eine Zeit von 10 + 2 = 12 Semestern 
zurzeit Mindestmaß der Ausbildungszeit. Will daher die" Tier¬ 
medizin als Veterinär-Ganzmedizin auf der Höhe bleiben, so 
dürften zurzeit mindestens 9 -{- 2 = 11 Semester (inkl. ein Jahr 
praktischer Weiterbildung) nötig sein, um dem Ausbau unseres 
Faches folgen zu können. Ein großer Teil wenigstens der in 
philosophischen Fächern promovierten Kollegen hat bereits eine 
solche an und für sich verlängerte Studienzeit hinter sich. Der 
tierärztliche Stand, der sich prozentualiter mit den Zahnärzten 
zugleich in den letzten Jahren am stärksten vermehrt hat, kann 
sich sehr gut eine verbesserte Grundlage leisten, ohne an 
Personal für die Zukunft Einbuße zu leiden befürchten zu 
müssen. Dr. G. 

Sitzungsbericht über die 96. Herbst-VerSammlung des 
Vereins Schlesischer Tierärzte 

in Breslau am 20. Oktober 1907. 

Anwesend waren: a) Ehrenmitglieder: 1. Ri edel-Neiße; 
b) Mitglieder: 2. Anders-Trebnitz, 3. Angenheister-Breslau, 
4. Apffel-Reichenbach, 5. Arndt-Landeshut, 6. Bischoff-Falken- 
berg, 7. Bröske-Zabrze, 8. Prof. Dr. Casper-Breslau, 9. Dinter- 
Münsterberg, 10. Eekelt-Trachenberg, 11. Dr. Francke-Breslau, 
12. Fülbier-Freiburg, 13. Gerlach-Liegnitz, 14. Goed ei -Strehlen, 
15. Haertel-Groß-Wartenberg, 16. Ha mann-Schweidnitz, 17. Hent- 
schel-Öls, 18. Herwig-Quaritz, 19. Hielschenz-Poln.-Neukirch, 
20. Hirsch-Grottkau, 21. Hey-Namslau, 22. Jungmann-Festen¬ 
berg, 23. Keller-Glogau, 24. Kindler-Canth, 25. Klingelstein- 
Löwenberg, 26. Klipstein - Jauer, 27. Ko 1 be - Rosenberg, 28. 
Köiling-Neurode, 29. Lindner-Frankenstein, 30. Lux-Beuthen 
O.-S., 31. Machnig-Habelschwerdt, 32. Mahlendorff-Breslau, 
33. Manasse-Lähn, 34. Morschhäuser-Nimptsch, 35. Müller- 
Glatz, 36. NitzBchke-Cosel, 37. Östreich-Kattowitz, 38. Ort¬ 
mann-Domslau, 39. Prasse - Kühnem, 40. Proske - Obemigk, 
41. Quatscha-Glatz, 42. Rieck-Breslau, 43. Richter-Lublinitz, 
44. Riedel-Ohlau, 45. Römer-Glatz, 46. Dr. Roth-Breslau, 47. 
Rtickner-Brieg, 48. Ruppert - Brockau, 49. Rust - Breslau, 
50. Sage-Lauban, 51. Scharsich - Striegau, 52. Schirmeisen- 
Rosenberg, 53. Schmidt-Oppeln, 54. Schmidt-Hirschberg, 55. Dr. 
Schmidt-Breslau, 56. Schönfeld - Leobschütz, 57. Schramm- 
Gleiwitz, 58. Schüler-Hundsfeld, 59. Schwintzer-Öls, 60. Siegert- 
Tarnowitz, 61. Dr. Löhngen-Wohlau, 62. Stöcker - Lüben, 63. 
Strähler-Breslau, 64. Süssenbach-Wohlau, 65. Tappe-Beuthen 
O.-S., 66. Wierzba-Zabrze, 67. Dr. Wölfe 1-Breslau; c) Gäste: 
68. Dr. Buhrow- Halle a. S., 69. Dr. Grabert - Breslau, 70. 

Hieronymi - Breslau, 71. Hoffmann - Breslau, 72. Ledschbor- 
Breslau, 73. Marx-Posen. 

Nach Erledigung der Vorstands- und Gruppensitzungen, welche 
in der Zeit von 10 bis lV/ 2 Uhr stattfanden, eröffnete der Vorsitzende 
um 12 Uhr die Hauptversammlung und begrüßte die vorstehend 
erschienenen Mitglieder nnd Gäste. 

Zu Punkt la der Tagesordnung teilt der Vorsitzende mit, daß 
von dem Ehrenmitgliede Herrn Prof. Dr. Sch maltz ein Schreiben 
eingelaufen ist, in welchem er sein Fernbleiben entschuldigt. 
Alsdann widmet der Vorsitzende unserem ältesten lieben Vereins¬ 
und Ehrenmitgliede Herrn Kreistierarzt a. D. Ri edel-Neiße herzliche 
Glückwünsche aus Anlaß seiner zweiten silbernen Hochzeit, worauf 
der Jubilar in bewegten Worten seinen Dank aussprach. 

In Erledigung zu lb werden die Herren Dr. Franke-Breslau 
nnd Klein-Wildschütz in den Verein neu aufgenommen; durch 
Verzug ist Herr Sturm-Rybnik aus dem Verein ausgeschieden. 

Darauf ging der Vorsitzende zu Punkt 2 der Tagesordnung über 
und erteilte Herrn Kreistierarzt Anders-Trebnitz das Wort zu dem 


Referat: „55 bakteriologisch nachgeprüfte Milzbrand-Ob¬ 
duktionsergebnisse.“ Auf das Referat selbst soll hier nicht 
eingegangen werden, da dasselbe von Herrn Anders in der 
B. T. W. in extenso veröffentlicht werden wird. Am Schluß des 
Referates glaubt Redner folgerichtig behaupten zu dürfen, daß zur 
Feststellung der Milzbranddiagnose die bakteriologische Nach¬ 
prüfung in jedem Falle unerläßlich und das Obduktionsergebnis 
nicht maßgebend sei. An der darauf folgenden Diskussion be¬ 
teiligten sich besonders die Herren Rust und Bi sch off, welche 
auf Grund ihrer Erfahrungen einen entgegengesetzten Standpunkt 
einnehmen und daher auch die bakteriologischen Nachprüfungen 
als obligatorische nicht empfehlen könnten. 

Hierauf hielt Herr Tierarzt Süßenbach-Wohlau einen Vortrag 
über: „Die paralytische Hämoglobinäraie“. Nach einem geschicht¬ 
lichen Rückblick über die verschiedenen Theorien, die über das 
Wesen und die Ursachen der paralytischen Hämoglobinämie auf¬ 
gestellt sind, referiert der Vortragende eingehend über die 
Schl ege Ischen Arbeiten über die infektiöse Rückenmarksentzündung 
und die schwarze Harnwinde. Beide Krankheiten wurden von 
Schlegel für identisch gehalten und als ihre Ursache der Strepto¬ 
coccus melanogenes angesehen. Der Redner begründet in aus¬ 
führlicher Darlegung, daß ihm der lückenlose Beweis für die Identi¬ 
tät beider Krankheiten noch nicht erbracht zu sein scheine und 
kommt auf Grund klinischer Beobachtungen zu dem Schlüsse, daß 
es sich doch wohl um zwei verschiedene Krankheitin handele. 
Gleichwohl aber erscheine es höchst wahrscheinlich, daß die para- 
litische Hämoglobinämie eine Infektionskrankheit sei, auf welche 
Möglichkeit schon Dieckerhoff, der eifrige Verfechter der Auto¬ 
intoxikationslehre, hingewiesen habe. Die Auffindung und genauere 
Erforschung des Infektionsstoffes biete der Bakteriologie noch ein 
reiches Arbeitsfeld. 

Bei der Bekämpfung müsse der Hauptwert auf die Prophylaxe 
gelegt werden. Die Krankheit lasse sich durch knappe Fütterung 
bei ein- oder mehrtägiger Stallruhe fast absolut sicher verhindern. 
Dagegen sei aber dem Vorschlag Schlegels, zur Bekämpfung der 
Krankheit veterinärpolizeiliche Maßnahmen zu treffen, auf das 
entschiedenste entgegenzutreten. 'So lange die Tierbesitzer sich 
selbst gegen Krankheiten schützen könnten, hätten sie kein Recht 
auf Staatshilfe und die beamteten Tierärzte dürften nicht Erweiterung 
ihres Arbeitsfeldes auf Kosten der übrigen Tierärzte beanspruchen. 
Die Verstaatlichung der Tiermedizin liege jedenfalls nicht im Inter¬ 
esse der Allgemeinheit. Zudem würden noch strenge polizeiliche 
Maßnahmen die Tierbesitzer härter treffen als die Krankheit selbst. 

Nach seinen Behandlungserfahrungen sei als das erste und 
wichtigste therapeutische Eingreifen das Aufheben der erkrankten 
Tiere anzusehen, ln der Praxis, wo die Anwendung von Flaschen¬ 
zügen nur selten möglich sei, geschehe das Aufheben am besten 
mit unter den Bauch geschobenen umhüllten Stangen, nicht mit 
Gurten, wie in den Lehrbüchern vielfach empfohlen wird. Falls 
das Aufheben nicht gleich gelingen sollte, so sei es nach einigen 
Stunden von neuem zu versuchen, da längeres Liegenlassen den 
Patienten sicher schade, wie im Gegensatz zu den Behauptungen 
in den Lehrbüchern hervorzuheben sei. Ein ergiebiger Aderlaß sei 
oft von sehr günstigem Einfluß; desgleichen sei die Anwendung des 
Chlorbariums in kleinen Dosen — 0,25:15 — intravenös von be¬ 
sonderem Vorteil, da man außer der abführenden Wirkung noch 
auf das Herz die Bariumwirkung habe, die den Blutdruck steigere. 
Grundsätzlich zu verwerfen seien die’ vielfach angewandten Ein¬ 
reibungen der Haut auf der Kruppe usw, weil infolge der scharf 
reizenden Wirkung die Tiere beunruhigt und ihr Zustand ver¬ 
schlimmert, namentlich das Eintreten des Decubitus beschleunigt 
werde. Sodann wurde von dem Vortragendem die Anwendung von 
Damholid dringend empfohlen. Dieses Mittel scheine die Krankheit 
günstig zu beeinflussen. Ob ihm gegen die Hämoglobinämie tat¬ 
sächlich ein besonderer Heilwert innewohne, darüber könnten nur 
die Erfahrungen zahlreicher Tierärzte Aufschluß geben. Die Kollegen 
möchten daher mit der Veröffentlichung ihrer Erfahrungen nicht 
zurückhalten. Das Präparat habe den Vorzug der Billigkeit und der 
bequemen Anwendung. Es sei innerlich, in keratinierten Gelatine¬ 
kapseln stündlich 20 - 40,0 g zu geben oder intravenös 100—500 ccm 
einer lOproz. Damholidlösung in 0,25 %o Itrolwasser. 


.398 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


Das mit großer Reklame von Raebiger empfohlene Lumbagin, 
das eine Chinin-Antipyrin- oder Chinin-Jodkalilösung*) zu sein 
scheine, habe in der Praxis ganz und gar versagt Nach einigen 
günstigen Berichten von drei Tierärzten sei später in der Fach¬ 
presse nur noch Nachteiliges bekannt gegeben worden. Alle Be¬ 
richterstatter stimmten einmütig darin überein, daß Lumbagin nicht 
nur ein unwirksames, sondern ein direkt schädliches Mittel sei, das 
durch zuweilen hervorgerufenc Öhnraachtsanfälle oder durch Throm¬ 
bosierung der Jugularis den Patienten lebensgefährlich werde. Das 
Präparat verdiene daher nicht länger in unserem Arzneischatze zu 
verbleiben; die schlimmen Erfahrungen mit Lumbagin werden hoffent¬ 
lich die Veranlassung sein, daß die Tierärzte fortan Geheimmittel 
grundsätzlich selbst dann nicht versuchen, wenn sie auch nach Vor¬ 
schrift von Kollegen angefertigt und empfohlen werden. 

Die folgende Diskussion ergab, daß wir im allgemeinen der 
Hämoglobinämie zur Zeit therapeutisch noch ziemlich machtlos 
gegenüber stehen. 

Hierauf erbat sich Herr Direktor Marks-Posen von dem Vor¬ 
sitzenden das Wort und gab einen kurzen Rückblick über die bis¬ 
herige Tätigkeit der Wirtschafts genoss enschaft deutscher 
Tierärzte, welche von Jahr zu Jahr an Mitgliederzahl und auch 
an Umsatz erhebliche Zunahme aufzuweisen hat. Ein geplantes 
Institut für Impfstoffe konnte anfänglich wegen Geldmangel nicht 
gegründet werden, jetzt stehen einer solchen Gründung andere, 
wichtige Bedenken entgegen. 

Mit dem Dank der Versammlung schloß der Vorsitzende die 
Ausführungen der Herren Redner sowie die Sitzung selbst um 2 Uhr. 

Ein gemeinsames Mittagsmahl vereinigte noch die meisten Ver¬ 
sammlungsbesucher im Kammermusiksaal des Konzerthauses. 

Ri eck, Vorsitzender. Kindler, Schriftwart. 

80. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. 

20.—26. September 1908. 

Der Unterzeichnete Vorstand der Abteilung für praktische 
Veterinärmedizin gibt sich die Ehre, zu der in derZeit vom 20. 
bis 26. September d. J. in Köln stattfindenden 80. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Ärzte ergebenst einzuladen. 

Da den späteren Mitteilungen über die Versammlung, die im 
Juni zur Versendung gelangen, bereits ein vorläufiges Programm 
der Verhandlungen beigefügt werden soll, so bitten wir, Vorträge 
und Demonstrationen — namentlich solche, die hier größere Vorbe¬ 
reitungen erfordern — bis zum 10. Mai bei dem mitunterzeichneten 
Einführenden, Veterinär-Rat Dr. Lothes, Köln, Kaesen- 
straße 8, anmelden zu wollen. Vorträge, die erst später, insbe¬ 
sondere erst kurz vor oder während der Versammlung angemeldet 
werden, können nur dann noch auf die Tagesordnung kommen, wenn 
dafür nach Erledigung der früheren Anmeldungen Zeit bleibt; eine 
Gewähr hierfür kann daher nicht übernommen werden. 

Die allgemeine Gruppierung der Verhandlungen soll so statt¬ 
finden, daß Zusammengehöriges tunlichst in derselben Sitzung zur 
Besprechung gelangt; im übrigen ist für die Reihenfolge der Vor¬ 
träge die Zeit ihrer Anmeldung maßgebend. 

Ganz besonders dankbar wären wir für Vorträge über Gegen¬ 
stände, welche sich zur Besprechung in kombinierten Sitzungen 
zweier oder mehrerer verwandter Abteilungen eignen, da es dem 
universellen Charakter der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und 
Ärzte, in welcher im Gegensatz zu den zahlreichen, alljährlich statt¬ 
findenden Spezialkongressen sämtliche Zweige der Naturwissen¬ 
schaften und Medizin vertreten sind, entspricht, daß gerade solche, 
mehrere Abteilungen interessierende Fragen zur Verhandlung gelangen. 

Die Einführenden: 

Schlachthofdirektor Ktthnau, Veterinär-Rat Dr. Lothes, 
Tierarzt Nehrhaupt. 

Die Schriftführer: 

Kreistierarzt Franke, Tierarzt Heyden, 
Schlachthoftierarzt Dr. Rusche. 

*) cf. Orig.-Art. Dr. Herrn ans, Walbeck. D. T. W. Nr. 4 und 
5, 1908. 


VII. allgemeine VereiMverMunmlung de« Verein« preuilsober ScMachthsf 
tlerirzte 

am 20. und 21. Juni 1908 in Berlin. 

A. Samstag, den 20. Juni 1908. 

1. Nachmittags 5 Uhr: 

Besichtigung der städtischen Fleischvernichtungs- und Ver¬ 
wertungsanstalt in Rüdnitz. 

* 2. Abends 8 Uhr: 

Versammlung im Ratskeller zu Berlin zur Erledigung des 
Geschäftlichen: a) Geschäftsbericht des Vorstandes, b) Kassen¬ 
bericht, c) Aufnahme neuer Mitglieder, d) Mitteilungen aus der 
Schlachthofpraxis. 

B. Sonntag, den 21. Juni 1908. 

1. Vormittags 10 Uhr: 

VII. allgemeine Hauptversammlung im Hörsaal des hygienischen 
Instituts der Königlichen Tierärzlichen Hochschule zu Berlin, 
Luisenstraße 56 

Tages-Ordnung: 

1. a) „Der maschinelle Betrieb auf Schlacht- und Viehhöfen 

unter Berücksichtigung der Anwendbarkeit der ver¬ 
schiedenen Kraftquellen“. Referent: Herr Ingenieur Mus¬ 
mac her-Cöln. 

b) „Über die verschiedenen Kraftquellen für die Schlacht- 
und Viehhofbetriebe“. Referent: Herr Prof. L. Klein 
der Königl. Technischen Hochschule Hannover. 

c) „Die Anwendbarkeit der verschiedenen Kraftquellen für 
den Betrieb der maschinellen Anlage der Schlacht- und 
Viehhöfe“. Referent: Herr Privatdozent Dr. Ingenieur 
H e i n e 1 der Königl. Technischen Hochschule Charlottenburg. 

2. „Bericht über die im Reichstage gepflogenen Beratungen des 
Reichs-Viehseuchengesetzes“. Referent: Herr Schlachthof¬ 
direktor Goltz-Berlin. 

3. Ort und Zeit der nächsten Versammlung. 

2. Nachmittags 3 Uhr: 

Gemeinschaftliches Mittagessen im Restaurant „Kaiserkeller“, 
Katsstube, Friedrichstraße 178. — Preis des Gedecks 3,50 M. Be¬ 
teiligung der Damen der Mitglieder erwünscht. 

Der Vorstand des Vereins preuß. Schlachthoftierärzte. 

Goltz, KUhnau, 

Verwaltungs-Direktor des städt. Direktor des städt. Schlacht¬ 
vieh- und Schlachthofes und Viehhofes 

in Berlin 0. 67, in Köln am Rhein, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Klage gegen Geheimrat Professor Dr. Löffler. 

Bekanntlich war im Kreise Greifswald die Maul- und Klauen¬ 
seuche ausgebrochen, deren Ursprung sich auf das Institut zurück¬ 
führen ließ, in welchem Professor Löffler seine Versuche aus¬ 
führte, ein Mittel zur Immunisierung gegen die Maul- und Klauen¬ 
seuche zn finden. Dem Leiter des Instituts wurde ein Verschulden 
zur Last gelegt, und der Gutspächter S., dessen Viehbestand 
infiziert worden war, hat beim Landgericht zu Greifswald eine 
Klage angestrengt mit dem Anträge, den preußischen Fiskus und 
Professor Löffler als Gesamtschuldner zum Schadenersatz von 
7000 M. zu verurteilen. Dagegen hat der Herr Landwirtschafts¬ 
minister auf Grund des Gesetzes vom 18. Februar 1854 den Konflikt 
zugunsten des Professors Löffler erhoben. Das Oberverwaltungs¬ 
gericht hat nunmehr erkannt, daß der erhobene Konflikt unbegründet 
und dem gerichtlichen Verfahren Fortgang zu geben sei. Man darf 
auf den Ausgang dieses Prozesses gespannt sein. Es wäre in jedem 
Falle außerordentlich bedauerlich, wenn ein Gelehrter für seine 
mühsamen und verdienstlichen Arbeiten, selbst wenn ein Versehen 
vorläge, mit seinem Vermögen büßen sollte. S. 

Dresden. Tierärztliche Hechsehule. 

Anläßlich des Geburtstages Seiner Majestät des Königs: 
von Sachsen fand am 25. Mai in der Tierärztlichen Hochschule 
eine Festfeier statt, wobei Professor Dr. Lüngwitz die Fest¬ 
rede hielt über die Bedeutung des Hufbeschlages für die Ver¬ 
hütung und Heilung von Lahmheiten. Der Feier wohnten u. a. 



28. Mai 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


399 


bei der Ministerialdirektor Wirkl. Geheimer Rat Merz, Ex., sowie 
Vertreter der Technischen Hochschule nnd der Stadt Dresden. 

Seine Majestät der König verlieh den ordentlichen Professoren 
DDr. Pusch, Schmidt und Lungwitz und dem außerordent¬ 
lichen Professor Dr. Biedermann Auszeichnungen. 

Nachfolge von HQfhers. 

Um den einzigen Lehrstuhl der physiologischen Chemie, die 
als ordentliche Professur in Tübingen der philosophischen Fakultät 
angehören muß, ist ein kleiner Streit zwischen Ärzten und 
Chemikern entbrannt. Die Mediziner erklären Hüfner als den 
ihrigen und wollen wieder einen Arzt, die Chemiker dagegen einen 
Chemiker als Nachfolger. Bedauerlicherweise war den Tierärzten 
keine Gelegenheit gegeben, in physiologischer Chemie in Tübingen 
zu arbeiten, obwohl der Gedanke sehr nahe gewesen wäre, zumal 
zum Tierexperiment doch in erster Linie ein Tierarzt befugt wäre. 
InHüfners Laboratorium arbeiteten dagegen jahraus jahrein einige 
reiche Engländer. Nun an der Berliner Tierärztlichen Hoch¬ 
schule ein physiologischer Chemiker ebenfalls als Arzt in Lehr¬ 
tätigkeit Ist, dürfte es den Tierärzten leichter sein, in dem so 
wichtigen Fache der physiologischen Chemie weiter zu arbeiten. 
Wie sagte doch ein vor einer Anzahl von Jahren verstorbener 
Heidelberger Geheimer Hofrat zu einem Tierarzt, der bei ihm 
arbeiten wollte: „Bedaure, Tierärzte nehme ich prinzipiell nicht 0 . 
Und als der Tierarzt darauf replizierte: „Sie haben doch so viele 
Ausländer im Laboratium?“ „Ja, mein Herr, wir sind als Professoren 
gewissermaßen auch international.“ Dr. G. 

Schutz gegen Insekten. 

Die Firma Jenkins in Hamburg, Technisches Zentralbureau 
■der vereinigten Spezialfabriken für Elektrotechnik und Maschinen¬ 
bau (Künig3tr. 7), empfiehlt in einem längeren Schreiben eine von 
ihr hergestellte Art von Zimmerventilatoren. Das Schreiben nimmt 
insbesondere Bezug auf die Bekämpfung der Schlafkrankheit und 
den Schutz gegen infektiöse Insekten;' doch hat der Apparat 
namentlich angesichts der allgemein verbreiteten Mttckenplage t 
vorigen Jahres, wohl auch unter heimischen und harmlosen Ver¬ 
hältnissen so viel Interesse, daß hier darauf aufmerksam gemacht 
werden soll. Es handelt sich um eine neue Art von Saug-, Decken- 
und Tischventilatoren, genannt Jost - Lampenventilator. Diese 
Ventilatoren brauchen nicht elektrisch betrieben zu werden, sondern 
werden durch eine Lampe in Betrieb gesetzt, die mit Spiritus oder 
Petroleum gespeist wird und nach der Angabe der Firma so sparsam 
brennt, daß der Betrieb sich auf weniger als einen Pfennig in der 
Stunde stellt. Bekanntlich ist die Erzeugung von Zug das sicherste 
Mittel, um Mücken und derartiges Getier zu verscheuchen. Die Venti¬ 
latoren waren auf der sog. Damuka, d. h. der Deutschen Armee-, 
Marine- und Kolonialausstellung zu Friedenau bei Berlin aufgestellt 

Schutz der Pferde vor der Insektenplage. 

Die außergewöhnliche Entwicklung, welche der regenreiche 
Sommer vorigen Jahres allem möglichen lästigen Geschmeiß gebracht 
batte, hat ganz besonders oft Veranlassung dazu gegeben, sich nach 
Mitteln umzusehen, welche geeignet wären, die armen Pferde vor 
ihren Peinigern und damit den Reiter vor Gefährdung durch die 
fortwährende Unruhe zu schützen. Es ist daher vielleicht am 
Platze, aufmerksam zu machen auf ein Präparat, welches nach 
einer mündlichen Mitteilung in diesem Jahre mit gutem Erfolg bei 
den Pferden des kaiserlichen Marstalles zur Anwendung gelangt ist. 
Das Präparat wird hergestellt von der chemischen Fabrik des 
Dr. Nördlinger in Flörsheim am Main und führt die Bezeichnung 
„Floriafliegenöl A“. Es hat eine verhältnismäßig recht andauernde 
Wirkung entfaltet, belästigt nicht durch Geruch usw. und ist bequem 
zu applizieren. 

Bemerkt mag dabei werden, daß außerdem edlen oder etwas 
nervösen Pferden, um sie zu beruhigen, Kalium bromatum verabreicht 
worden ist. Die beruhigende Wirkung hat in allen Fällen be¬ 
friedigt, ohne daß Nachteile bemerkbar geworden wären. Man gibt 
25 g auf den Tag in wässeriger Lösung vier Tage hintereinander, 
worauf die Wirkung sich lange erhält. Bekanntlich wird dieses 
Mittel auch seit längerer Zeit schon Pferden verabfolgt, die siel) 
nicht beochlagen lassen wollten. B. 


Ergötzliche Tierquälerel-Dtekueslon. 

Die Münchener amtliche Milchuntersuchungsstelle braucht für 
ihren zu errichtenden Versuchsstall zwecks Vornahme von Impfungen 
650 M. und stellte einen dahin gehenden Antrag an die Stadt München. 
Dabei wurde laut A. A. Zeitung in der elften Sitzung des Kollegiums 
der Gemeindebevollmächtigten der Vorwurf der Tierquälerei der 
Leitung der Untersuchungsstelle gemacht, gegen welchen sich 
Obertierarzt Schneider wandte. Die übliche Debatte, die an den 
Gegenstand schloß, rief auch den Gcmeindebevollmächtigten 
Stadlmayr von der Zentrumspartei auf die Schanzen, der als be¬ 
sonders abschreckendes Beispiel, wie die Vivisektion in München 
betrieben wird, die Tatsache anfügte, daß einem Hunde das 
Gehirn herausgenommen worden und das Tier wieder 
laufen gelassen worden sei. Diese Begebenheit verdientauch 
anderwärts bekannt zu werden. Die A. A. Zeitung fügt hinzu, wer 
die Stadlmayrschen Angaben glauben wollte, „dem sei auch 
offenbar erst vorher das Gehirn herausgenommen worden, nach 
langem Suchen nämlich“. Weiterer Kommentar unnötig. Dr. G. 

Elberfeld. 

Im Anschluß an eine Verfügung des Ministers hat der 
Wuppertaler Tierschutz verein Tierschutzlehrstunden für 
Polizeibeamte in Aussicht genommen. Eine geeignete Person ist 
zur Unterrichtserteilung bestellt. In besonderen Instruktions¬ 
stunden soll nun den Polizeibeamten Unterricht im Tierschutz 
erteilt werden. 


Literarische Notizen. 

Aus der anatomischen Literatur. 

Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. Von Ellen¬ 
berger und Baum. 1000 Seiten mit 666 Abbildnngen. Berlin, Verlag 
von August Hirschwald. Preis 26 M. 

Von diesem ältesten deutschen Handbuche sind unter der Neu¬ 
bearbeitung von Ellenberger und Baum eine Reihe von Auflagen 
in verhältnismäßig sehr kurzer Zeit erschienen. Die jetzt vorliegende 
elfte ist im Jahre 1006 berausgekominen, und vermutlich wird die 
zwölfte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Das Werk hat 
durch die letzten Auflagen eine vollständige Umgestaltung erfahren, 
die es zur Vollkommenheit geführt hat. Auch die vorliegende Auflage 
beweist die unablässige Verbesserung nnd Vervollkommnung durch die 
Verfasser, die sich erat bei längerem Gebrauche des Werkes in allen 
Teilen voll übersehen läßt, ln der neuen Auflage sind wiederum etwa 
150 modernen Anforderungen entsprechende Abbildungen hinzugetreten, 
so daß aus der alten Periode jetzt nur noch ein kleiner Rest von Bildern 
stammt, der hoffentlich bei der neuen Auflage auch noch verschwindet; 
nicht, weil diese Bilder unpraktisch oder unrichtig wären, sondern weil 
sie immerhin zu sehr gegen die Mehrzahl abstechen. Persönlich be¬ 
grüße ich, daß die Verfasser sich, gemäß einer von mir geäußerten 
Ansicht, entschlossen haben, die Beschreibung der Venen mit denen der 
Arterien in Einklang zu setzen. Zur Empfehlung des Buches braucht 
kaum mehr etwas gesagt zu werden. Ich brauche nur darauf hin¬ 
zuweisen, daß dasselbe, obwohl seine Bearbeitung von Berlin auf 
Dresden übergegangen ist, auf der hiesigen Hochschule ausschließlich 
in Gebrauch ist. 

Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. Von Professor Strueka-Wien. 

Über 800 Seiten mit 164 Bildern. Wien und Leipzig bei Wilhelm 
Braumüller. Preis 20 M. 

Auch die Wiener Hochschule hat von alters her ein eigenes Lehr¬ 
buch der Anatomie in dem Werke von Franz Müller besessen. Da 
dasselbe im Buchhandel fehlte, so hat der derzeitige Ordinarius der 
Anatomie in Wien als neue Auflage des Müll ersehen Lehrbuchs ein 
tatsächlich neues Lehrbuch geschaffen. An demselben sind ebensowohl 
die einfachen, aber gut ausgerührten Abbildungen, wie die klare, 
einfache Darstellung hervorzuheben Das Pferd ist in den Vordergrund 
gestellt, die übrigen Haustiere sind angeschlossen. Das anerkennens¬ 
werte Streben, den Umfang des Boches zu beschränken, würde noch 
dadurch unterstützt worden Bein, wenn der allerdings kurze Abriß über 
die Gewebelehre fortgelassen wäre, wie dies nenerdings die ana¬ 
tomischen Handbücher durchweg getan haben. Dieser Stoff gehört nun 
einmal in besondere Werke und ist für die anatomische Darstellung 
entbehrlich. 

Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte. Von Professor Dr. Robert 
Bonnet. 460 Seiten mit 341 Abbildungen. Berlin bei Paul Parey. 
Preis geb. 14 M. 

Robert Bonnet hatte als Professor an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in München der tierärztlichen Literatur ein Werk beschert, 
welches, durchaus auf eigenen Forschungen aufgebaut, eine wirkliche 
Lücke ausfüllte; es war dies sein „Grundriß der Entwicklungsgeschichte 
4er Haustiere“, im Verlage von Paul Parey 1901 in Stärke von 




400 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


270 Seitm mit 200 Abbildungen erschienen. Dieses Werk ist ver¬ 
griffen und soll anscheinend nicht neu aufgelegt werden. An seine 
Stelle ist vielmehr das vorliegende neue Werk getreten, das einen 
wesentlich anderen Charakter hat und sich auch äußerlich nicht als 
Fortsetzung jenes Grundrisses darstellt, da es nicht als zweite Auflage 
bezeichnet ist. Nach dem Vorwort soll es den Studierenden der 
Medizin die wichtigsten Ergebnisse der Entwicklungsgeschichte des 
Menscheu verständlich machen; zur Ausfüllung der in dieser Ent¬ 
wicklungsgeschichte bestehenden Lücken sind auch die Haustiere heran¬ 
gezogen; die Berücksichtigung der Haustiere „macht das Buch vielleicht 
auch für Studierende der Tierheilkunde brauchbar“. Durch diese wenigen 
Sätze ist die grundsätzliche Veränderung klar genug hervorgehoben. 
Das Buch will dein Studierenden der Medizin dienen und kann nebenbei 
vielleicht auch für Studierende der Tierheilkunde brauchbar sein. Wir 
möchten doch die Frage aufwerfen, ob es sich nicht rür die Verlags¬ 
buchhandlung wie für den Herrn Autor gelohnt hätte, neben diesem 
neuen Werke, das die Haustiere nur nebenbei berücksichtigt, auch in 
entsprechend erweiterter Form die spezielle Entwicklungsgeschichte der 
Haussängetiere fortbestehen zu lassen. Es sollte mich freuen, wenn 
dieser Wunsch nicht umsonst hier ausgesprochen • wäre. Im übrigen 
ist das vorliegende Werk vortrefflich. Mangels eines eignen Werkes 
über die Haustiere wird cs allerdings für die Studierenden auch der 
Tiermedizin brauchbar sein; denn es gibt ja die Entwicklungsgeschichte 
des Säugetiers, um den Menschen hier mit einzurechnen, und hat da¬ 
durch, sowie durch die ganze Art der Darstellung, einen wesentlichen 
Vorzug vor jenen, zum Teil größeren Werken, welche in wesentlichen 
Punkten auf die Entwicklungsvorgänge bei anderen Tieren zurückgreifen. 

Immanuel Munks Lehrbuch der Physiologie des Menschen und der 
Säugetiere. Berlin, Verlag von A. Hirschwald. Preis 14 M. 

Auch auf dem Gebiet der Physiologie verfügen die Tierärztlichen 
Hochschulen über kein eigentliches Spczialwerk. Immerhin hat sich hier 
Immanuel Munks Lehrbuch eine weite Verbreitung gewonnen. Nach 
dem Tode des Verfassers hatte dasselbe in der 7. Auflage eine weitgehende 
Umarbeitung und Vervollständigung durch Prof. Dr. Schulz, Abteilnngs- 
vorsteher am Physiologischen Institut zu Berlin, erfahren. Nachdem 
auch diesen Autor der Tod dahingerafft hajte, ist inzwischen die achte 
Auflage erschienen und von Prof. Dubois-Reymond neu bearbeitet 
worden. Auch diese Bearbeitung hat dem Buche zu seinen alten Vor¬ 
zügen neue hinzngefügt, wenn auch die Wünsche, die speziell die 
Veterinärmedizin an ein solches Lehrbuch stellen muß, keineswegs alle 
erfüllt sind. Es soll daher auf die vorliegende moderne Bearbeitung 
empfehlend hingewiesen werden. 

Anatomie und Physiologie der großen Haustiere, mit besonderer 
Berücksichtigung der Beurteilungslehre des Pferdes. Für Landwirte 
und Tierzüchtcr bearbeitet vom Prof. I)r. Disselhorst-IIalle. 380 Seiten 
mit 373 Abbildungen. Berlin bei Paul Parey. Preis 12 M. 

Daß es für den gebildeten Landwirt wünschenswert ist, sich eine 
Kenntnis vom Körper des Tieres und von den Grundsätzen seiner 
Lebenstätigkeit zu verschaffen, ist selbstverständlich. Eine derartige 
Ausbildung kann namentlich tierärztlicherseits nur gewünscht werden, 
da sie das Verständnis auch für die Aufgaben der Veterinärmedizin 
nur erschließen kann. Wer Gelegenheit hat, derartige Vorträge für 
Landwirte zu halten, wird immer wieder darum angegangen sein, ein 
Lehrbuch zur Unterstützung der Vorlesung zu bezeichnen. Unter den 
vorhandenen Werken eine Auswahl zu treffen, war schwer; teils waren 
dieselben zu nmfangreich, teils wieder zu einfach gestaltet, oder aber 
sie verfolgten nicht den speziellen Zweck, den Studierenden der Land¬ 
wirtschaft zu unterrichten. Man kann sagen, daß das Werk von 
Disselhorst einem wirklichen Bedürfnis entgegenkommt. Der Ver¬ 
fasser beschränkt sich mit Recht ausschließlich auf seinen eigentlichen 
Zweck. Er behandelt den Stoff wissenschaftlich, in Kürze und unter 
Betonung der praktischen Richtung. Die anatomische Darstellung be¬ 
rücksichtigt die Benrteilungslehre des Pferdes, wenn sie auch freilich 
in dieser Hinsicht keineswegs Vollständiges bietet. Mein Urteil über 
das Werk ergibt sich daraus, daß ich dasselbe meinen Hörern an der 
Landwirtschaftlichen Hochschule ausschließlich empfehle. 

Anatomie und Physiologie der Haussfiugetiere. Von Prof. Dr. Kaiser- 
Hannover. 170 Seiten mit 180 Abbildungen. Berlin bei Paul Parey. 
Preis 4 M. 

Auch dieses kleine Werk will dem Unterricht der Landwirte in 
der Anatomie und Physiologie dienen, ist aber für bescheidenere Ver¬ 
hältnisse berechnet. Dem Studierenden, der sich gründlich ausbildcn 
will, wird es nicht genug bieten; für einen beschränkteren Unterricht 
dagegen an landwirtschaftlichen Schulen kann es, namentlich auch 
wegen seiner vielen und guten Abbildungen, die Parey seinem reichen 
Bilderstaude entnommen hat, durchaus empfohlen werden. 

Aus dem Auslande. 

Chauveau, Arloing und Lesbre: Traltä d’Anatomie comparee des 
animaux domestiques. Paris bei Bailliere. 

Die französische tierärztliche Literatur verfügt über ein vor¬ 
zügliches Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, welches von Chauveau 
begründet worden ist. Dieses Werk ist in die erste Reihe der Hand¬ 
bücher der Veterinäranatomie zu stellen und hat gewisse unerreichte 
eigenartige Vorzüge. Es ist streng wissenschaftlich und außerordentlich | 


gründlich, bietet die zuverlässigste Auskunft auch in Einzelheiten, und 
führt den Vergleich zwischen den Haustieren sehr vollständig durch; 
es berücksichtigt namentlich sehr eingehend auch den Menschen. Daß 
auch das Kamel unter den Haustieren aufgeführt wird, erklärt sich 
aus dem Bedarf von Afrika. Das Werk ist zuletzt in fünfter Auflage 
erschienen, an deren Bearbeitung, offenbar hervorragend, Professor 
Lesbre-Lyon beteiligt ist. Gegenüber der vierten Auflage, welche 
Arloing herausgegeben hatte, weist diese letzte Auflage eine erhebliche 
Umfangvermehrung auf; sie besteht aus zwei Bänden von zusammen 
1400 Seiten mit 745 Abbildungen. Die Abbildungen sind größtenteils 
höchst charakteristisch, obwohl die Reproduktion und Manier zum Teil 
etwas primitiv wirken. Für vergleichendes anatomisches Studium ist 
dieses Werk von größtem Wert. 

Professor Lesbre hat auch ein Lehrbuch der Histologie verfaßt 
unter dem Titel: Elöments d’Hlstologle et de Technique microscoplque. 

(Paris, Asselin et Houzeau.) Auch dieses Werk stellt sich als eine 
zweite Auflage bzw. eine Neubearbeitung eines Arloingschen Buches dar. 

The Surgical Anatomy of the Horse. Von Share-Jones, Lehrer der 
Veterinäranatomie an der Universität zu Liverpool und am Royal 
Veterinary College zu London. London bei Williams und Norgate. 

Der Verfasser hat es unternommen, ein umfangreiches Werk über 
die chirurgische Anatomie des Pferdes zu schaffen, von welchem der 
erste und der zweite Band vorliegen; der erste behandelt Kopf und 
Hals, der zweite die Brustgliedmaßen Text und Abbildungen nehmen 
etwa die gleiche Stellung ein: der Text ist verhältnismäßig kurz, die 
Abbildungen sind zahlreich, in einfacher und flotter Manier, großenteils 
farbig und jedenfalls sehr instruktiv gegeben. Gerade auch der Ab¬ 
bildungen wegen wird das Werk auch für denjenigen, der die englische 
Sprache nicht vollkommen beherrscht, Interesse haben. Der erste Band 
umfaßt 150 Seiten und 33 Tafeln, der zweite 180 Seiten und 34 Tafeln. 
Das Werk darf seiner ganzen Anlage nach als ein bedeutendes be¬ 
zeichnet werden. 

Trattato di Teonica e Therapeutica Chlrurgloa generale e speciale 
degli Animal! domestici. Von Lanzllotti-Buonsanti, Professor an der 
Tierärztlichen Hochschule in Mailand. Como. 

.LanzilottU großes chirurgisches Werk ist bei dem dritten Bande 
angelangt, welcher die Extremitäten behandelt. Die erste Abteilung 
dieses Bandes umfaßt die allgemeine chirurgische Technik der Extremi¬ 
täten, die zweite Abteilung, deren Anfang vorliegt, wird die spezielle 
Chirurgie der Brustgliedmaßen behandeln. In der allgemeinen Abteilung 
fallen besonders auf die zahlreichen und originellen Darstellungen der 
Bewegungsphasen und gewisser Bewegungsstörungen. 

Schmaltz. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: In Preußen dem Korps 
Stabsveterinär des V. Armeekorps Mü'lersknwski-Posen, sowie dem 
Schlachthofdirektor a. D. Alb. Kleinsrhmidf -Erfurt der Rote Adlerorden 
IV. Klasse, dem Kreistierarzt Dr. Achilles -Wernigerode der Charakter 
als Veterinärrat; in Sachsen dem Landestierarzt Dr. Edelmann und 
dem Professor Dr. Pusch der Charakter als Obermedizinalrat, sowie 
den Professoren DDr. Eher in Leipzig, Biedermann, Lungwitx und 
Schmidt in Dresden, dem Schlachthofdirektor Bezirkstierarzt a. D. 
Hengst -Leipzig und den Bezirkstierärzten /for/w-Löbau und Harten- 
«fetn-Döbeln das Ritterkreuz I. Klasse des Albrechtsordens. 

Ernennungen: Veterinärbeamte: Dr. med. vet. Willi es, bisher 
Assistent am Bakteriologischen Institut der Landwirtschafts¬ 
kammer zu Kiel, zum Polizeitierarzt in Hamburg, Hans Rotkemund- 
Schnaitsee zum Distrikts- und Grenztierarzt in Burghausen (Ober¬ 
bayern). — Schlachthof Verwaltung: Schlachthofinspektor 
Friedrich JAngrich -Rostock i. M. zum Schiachthofdirektor daselbst. 
— Versetzt: Die Kreistiorärzte 7W«?er-Belgard nach Berlin, Orebc- 
Rheinbach in die Kreistierarztstelle zu Bonn. 

Niederlassung: Dr. med. vet. Richard Standfuß aus Breslau in 
Reinerz (Grafschaft Glatz). — Verzogen: Die Tierärzte Joh. Kekcr- 
Eilenburg nach Zweibrtteken (Rheinpralz), Franz Nachreimer-Ge'iB- 
lingen nach Emmendingen (Baden). 

Examina: Das Examen als beamteter Tierarzt haben be¬ 
standen in Preußen die Tierärzte Oberveterinär Dr. Adolf Albrecht- 
Berlin, Dr. Paul. Dieckmann -Berlin, Paul //«as-Hannover, August 
il/wc/ta-Hamborn, Dr. Paul Nehte- Berlin, Dr. Viktor Oe/A-^-Wittingen, 
Walther Racther- Berlin, Dr. Leonhard Schmidt- Breslau, Wilhelm 
Schmidt - Hannover, Oberveterinär Wilhelm Wenderhold - Berlin, 
Dr. Kurt HöZ/eZ-Breslau. — Approbiert wurden in Dresden die 
Herren Hermann Melzer und Clemens Hans Grunert. 

Approbiert: Die Herren Otto Heymanns aus Jülich, Edwin 
Lehnert aus Mehlauken in Hannover. 

Todesfall: Tierarzt Emil NcAm^e-Muggensturm (Baden). 


Vakanzen. (v g i. Nr. is.) 

Kreistierarztstelle: Reg.-Bez. Köslin: Beigard. Bewerbungen 
innerhalb drei Wochen an den Regierungspräsidenten. 


Verantwortlich für den Inhalt (ezkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagebnchhandlang von Richard Schnets in Berlin. — 

Druck von W. ßOxetulein, Berlin. 








Die „Berliner Tier;«milche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verla (je ron Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilholtnatr. 10. Durch jedes d«Mitsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitimgs- 
Preisiiate Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeitriige werden mit 60 Mit., In Petitsatz mit 
00 31k« ftlr den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstraße 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothe8 

Departeinentstlerarzt 

Cöln. 

Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 

Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Departementsliorarzt 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Frei bürg i. Br. 

Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Lande’itierarzt v. Bayern 

München. 

Wehrle 

Kauer! Regierungsrat 

Berlin. 

Zündel 

Kreistierarxi 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. Jfä 23 . Ausgegeben am 4. Juni. 


Inhalt: Marxer: Eine aktive Immunisierung gegen Schweinepest mit abgetötetem Virus. — Cämmerer: Schweine¬ 
seucheserum. — Berger: Behandlung der Schweineseuche mit Suptol. — Referate: Uhlenhuth, Xylander, 
Hübener und Bohtz: Untersuchungen über das Wesen und die Bekämpfung der Schweinepest. — Forssel: Diagnose und 
Behandlung der Kolonverdrehung (Torsio coli) beim Pferd. — Krüger: Die örtliche Empfindungslosigkeit (Lokalanästhesie) 
in der Veterinärchirurgie. — Imminger: Über Krankheiten des Hornes und der Stirngegend beim Kinde. — Moussu: Be¬ 
handlung der Akarusräude des Hundes. — Tagesgeschichte: Aufruf an sämtliche Tierärzte und tierärztlichen Vereine Deutsch¬ 
lands. — Eintritt in die Militärveterinärlaufbahn. — Matnre und immature Tierärzte. — Auszug aus dem Protokolle der 
ordentlichen Generalversammlung des „Tierärztlichen Vereins Schleswig-Holsteins“. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen 
Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht in Deutsch-Südwestafrika und zur Bekämpfung der afrikanischen Viehseuchen. — 
Abdeckereiwesen. — Ein langwieriger Seuchenprozeß. — Verschiedenes. — Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: 
Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau im Deutschen Reiche (Preußen) für das Jahr 1904». — Die Ergebnisse der 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachtungen im preußischen Staate für das Jahr 1900. — Verschiedenes. — 
Personalien. — Vakanzen. 


Eine aktive Immunisierung gegen Schweinepest 
mit abgetötetem Virus. 

Von Dr. med. vet. A. Marxer. 

(Aus der bakteriologischen Abteilung der chemischen Fabrik auf Aktien [vorm. 

E. Schering] zu Berlin.) 

Durch die Nachprüfung von Oster tag und Stadie *) und 
später von Uhlenhuth, Hübener, Xylander und Bohtz-) ist 
wohl jetzt außer Zweifel, daß die Schweinepest in Deutschland eben¬ 
falls durch ein ultravisibles Agens verursacht wird, welches die 
Fähigkeit besitzt, Tonkerzen zu passieren, und daß die deutsche 
Schweinepest wohl identisch ist mit der amerikanischen, wie 
sie de Schweinitz und Dorset 3 ) anläßlich einer Epidemie 
unter Schweinen im Staate Jova beschrieben haben. Hutyra 4 ) 
konnte die amerikanischen Resultate für Ungarn bestätigen. Wie 
in Amerika**) wurden auch in Europa von den Forschern mit der 
Feststellung der Ätiologie dieser verheerenden Infektionskrankheit 
Immunisierungsversuche vorgenommen. In Amerika führte eine 
aktive Immunisierung zn keinem befriedigenden Ergebnis. Auch 
Uhlenhuth 2 ) und seine Mitarbeiter resümieren am Schlüsse 
ihrer Versuche über eine aktive Schutzimpfung, daß ein abge¬ 
tötetes Virus für die Immunisierung nicht geeignet ist, ein ab¬ 
geschwächtes aber zu gefährlich ist, da es unter Umständen 
krank macht. 

Meine Versuche begann ich in der Absicht, mit abgetötetem 
Schweinepestvirus eine Immunität zn erzielen. Als Immunisierungs¬ 
methode wandte ich die von E. Levy, Franz Blumenthal 
und A. Marxer <w> ) bei anderen Infektionskrankheiten (Tuber¬ 
kulose, Rotz, Typhus) mit Erfolg verwendete Schutzimpfungsart 
an, durch Behandlung der Infektionserreger mit chemisch indiffe¬ 
renten Mitteln. Von den Stoffen, die zu ihren Untersuchungen 
Verwendung fanden, hielt ich den Harnstoff als geeignetstes 
Abtötungsmittel. Die Harnstofflösungen bedingen nämlich ein 
fast momentanes Austreten des Blutfarbstoffes, indem sie, ähnlich 
wie destilliertes Wasser, in die Maschen des Stromas der roten 


Blutkörperchen eindringen, ohne eine Schrumpfung der roten 
Blutkörperchen zu verursachen 10 ). Ich mußte also annehmen, 
durch diese Eigenschaft der HarnstofHösungen das Virus gleich¬ 
mäßig beeinflussen zu können. Bezüglich der Wirkungsweise 
der HarnstofHösungen verweise ich auf die Arbeiten von 
E. Levy, Franz Blumenthal und A. Marxer. 

Das Ausgangsmaterial zu meinen Untersuchungen ist mir 
in liebenswürdiger Weise von Herrn Geheimrat Ostertag zur 
Verfügung gestellt worden. Dasselbe stammte von Schweinen, 
welche wegen schwerer Erkrankung an Schweinepest not¬ 
geschlachtet worden waren. 

Ferkel 1 wurde am 17. Oktober 1 ccm dieses Serums, fil¬ 
triert, unter die Haut injiziert. Am 28. Oktober erhielt das 
bereits kranke Ferkel noch einmal 8 ccm desselben Materials 
subkutan, um ein möglichst wirksames Virus von diesem Tier zu 
erhalten. Am 30. Oktober wurde das Ferkel in der Agone ge¬ 
schlachtet. Sektion: Rote Flecken auf der Haut am Hals, am 
Bauche und an der Innenfläche der Schenkel. Die Spitzenlappen 
der Lungen beiderseits und der Zwerclifelllappen teilweise grau¬ 
rote Hepatisation. Die Schleimhaut des Magens und Darmes ist 
geschwollen, ihre Drüsen desgleichen. Im Cöcum finden sich drei 
umschriebene blntige Herde. Die Rindenschicht der Nieren weist 
Petechien auf, die Markschicht ist gerötet. Trübe Schwellung der 
Körperparenchyme. Am 2f>. Oktober wurden zu diesem Ferkel 
Ferkel II und III hinzugesetzt. Diese hatten am 17. Oktober das 
erstere 1 ccm, letzteres 5 ccm desselben Serums wie Ferkel I 
subkutan injiziert erhalten, nachdem es 2 Tage mit lOproz. Harn¬ 
stoff bei 37° geschüttelt war. Als Kontrolle kam am 28. Oktober 
das unbehandelte Ferkel IV hinzu. Ferkel II mußte am 2. November 
schwer krank getötet werden. Sektion: Die Haut am Rüssel, 
auf dem Rücken, an der Brust und am Bauch war gerötet. Die 
Schleimhaut des Darmes war entzündet. Darmdrüsen teils blutig, 
teils markig geschwollen. Leber und Herz zeigten trübe 
Schwellung, die Nieren hämorrhagische Entzümlnngsherde. 










402 


Lungen hatten keine Veränderungen. Kontrollferkel IV wurde 
am 19. November morgens tot aufgefunden, nachdem es schon 
am Tage vorher jedes Futter verweigert hatte. Ferkel III 
zeigte bis zum 18. November keine Krankheitserscheinungen. 
Es wurde deshalb an diesem Tage eine verstärkte Infektion 
vorgenommen. Es erhielt die mit einer Fleischhackmaschine 
zerkleinerten Organe eines wegen Pest getöteten Ferkels unter 
das Futter gemischt. Dieser Infektion konnte das Tier nicht 
widerstehen. Es wurde am 23. November schwer krank 
getötet. Ferkel II und III waren, wie sich nachher heraus¬ 
stellte, mit abgeschwächtem ViruÄ immunisiert worden. Mehrere 
Ferkel, die in denselben Stall gesetzt wurden, in dem die 
beiden vorbehandelten Tiere vorher waren, erkrankten nach 
einem Inkubationsstadium von 5 Tagen an Symptomen der 
Schweinepest. Die mit dem abgeschwächten Virus injizierten 
Ferkel hatten also, ohne selbst krank zu werden, doch 
infektionstüchtiges Virus ausgeschieden. Infolgedessen änderte 
ich meine Versuchsanordnung in der Weise, daß ich zu den 
behandelten Schweinen immer ein .unbehandeltes setzte, als 
Kontrolle, daß eine Infektiosität der geimpften Ferkel nicht 
bestand. 

Während ich zu diesem Versuche Serum mit 10 proz. 
Harnstoff geschüttelt hatte, verwandte ich zu den übrigen 
defibriniertes Blut zum Schütteln mit Harnstoff. Ich hoffte, auf 
diese Weise ein wirksameres Präparat zu erhalten, da beim 
Ausscheiden des Serums mit den roten Blutkörperchen nicht 
unbeträchtliche Mengen Virus sich im Gerinnsel wohl absetzten. 
Diese Erwartung wurde nicht getäuscht. Drei Ferkel, welche 
mit Virus, welches drei Tage lang mit 10 proz. Harnstoff 
behandelt war, in Mengen von 2,5 und 10 ccm gespritzt wurden, 
gingen am zweiten Tage an Pest zugrunde. Das Virus ist im 
defibrinierten Blute erst nach 4 tägigem Schütteln mit 10 proz. 
Harnstoff Bicher für die geimpften wie für die unbehandelten 
Tiere in demselben Baum unschädlich. 

Bevor ich auf die Versuche mit abgetötetem Virus näher 
eingehe, möchte ich noch einige Untersuchungen erwähnen, 
welche den Zweck hatten, darzutun, ob es möglich ist, Tiere, 
die der Infektion sofort ausgesetzt werden, durch Behandlung 
mit abgeschwächtem Virus zu schützen, und solche, die bereits 
krank sind, zu heilen. Ferkel V erhielt am 7. November 5 ccm 
2 tägiges Virus, Ferkel VI 5 ccm 3 tägiges Virus. Dieselben 
wurden sofort in einen verseuchten Stall gesetzt mit dem 
Kontrollferkel VII. Ferkel V mußte am 15. November, Ferkel VI 
am 23. November, Kontrollferkel VII am 21. November wegen 
Pestsymptomen geschlachtet werden. Ferkel X erhielt am 

18. November schwer krank J / 2 ccm 1 tägiges Virus. Ferkel XI, 
XH und XIII wurden in der gleichen Weise behandelt. Es konnte 
keines der Tiere gerettet werden. 

Ferkel V: 

7. Nov. 5 ccm Virus II subkutan und in den Seuchenstall 
gesetzt. 

14. Nov. Diarrhöe, Rötungen der Haut. 

15. „ getötet : septikämische Form der Pest. 

Ferkel VI: 

7. Nov. 5,0 Virus III subkutan und in den Seuchenstall 
gesetzt. 

23. r getötet: wie V. 


No. 23. 


Ferkel VII (Kontrolle): 

7. Nov. in den Seuchenstall gesetzt. 

21. „ getötet: wie V und Seuche.*) 

Ferkel X: 

11. Nov. in den Seuchenstall gesetzt. 

18. „ schwerkrank 0,5 ccm Virus I subkutan. 

21. ,. getötet: wie V und Seuche. 

Ferkel XI: 

11. Nov. wie X. 

18. r „ X. 

22. getötet wie V. 

Ferkel XII: 

11. Nov. wie X. 

18. r anscheinend gesund wie X. 

28. „ wie V. 

Ferkel XIII: 

11 . Nov. wie X. 

18. , „ X. 

19. „ getötet: wie V. 

Zur sicheren Abtötung des Virus im defibrinierten Blute von 
verschiedenen Schweinen genügte ein viertägiges Schütteln bei 
37° mit 10 proz. Harnstoff, Ferkel 15 und 16 bewiesen die 
Unschädlichkeit des Virus von Ferkel 8, 9 und 13 (Sammelvirus I) 
nach viertägiger Behandlung mit Harnstoff, Ferkel 21 die des 
Virus von Ferkel 1, Ferkel 19, 23, 25, 26, 28, 29, 31 die des Sammel¬ 
virus II, (Dies bestand aus drei Sorten viertägigem Virus, von 
Ferkel 8, 9,13, von Ferkel 3 und 12, von Ferkel 6, 7,10.), Ferkel 34 
die Unschädlichkeit des viertägigen Virus von Ferkel 30. Daß 
die so immunisierten Schweine auch wirklich abgetötetes Material 
erhalten hatten, zeigte sich auch noch dadurch, daß die zu den. 
einzelnen Versuchen hinzugesetzten unbehandelten Tiere vor 
der Ansteckung bewahrt blieben. Die Ferkel, die derartig 
behandeltes Virus erhalten hatten, wurden 1—3 Wochen nach 
der Injektion in einen verseuchten Raum gebracht und damit 
der natürlichen Infektion ausgesetzt. Als Seuchenstall wurde 
während der ganzen Versuche der Raum benutzt, in welchem 
Ferkel I mit filtriertem Pestvirus infiziert worden war. In 
| folgenden Versuchstabellen werden die Ergebnisse, die mit ab¬ 
getötetem Virus erzielt wurden, dargetan. 

I. Versuch. 

Ferkel 15: 

6. Dez. 10 ccm Sammelvirus IV**) Nr. 1 subkutan. 

30. Dez. in den Seuchenstall gesetzt. 

4. März 20 ccm Virus Ferkel 18 subkutan. 

17. März verstärkte Infektion (*= frisches Virus verfüttert-}. 

23. März verstärkte Infektion. 

Bleibt gesund. 

Ferkel XVI: 

6. Dez. 2 ccm Sammelvirus IV Nr. 1 subkutan. 

20. Dez. in den Seuchenstall gesetzt. 

1. Febr. tot: Pest und Seuche. 


*) In den Lungen dieser Ferkel wurden Veränderungen nach¬ 
gewiesen, w'ie sie bei der chronischen Form der Schweineseuche 
vorzukommen pflegen. 

**) Die Zahl hinter dem Virus bedeutet die Anzahl der Tage, 
während deren das Blut mit der Abtötungsflüssigkeit geschüttelt 
wurde. Als Abtötungsmittel wurde, wo nichts anderes vermerkt 
ist, 10 proz. Harnstofflösung benutzt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


403 


4. Juni 1908. 

Ferkel 21; 

14. Dez. 5 ccm Virus 4 Ferkel 1 subkutan. 

31. Dez. in den SeuchenstaU gesetzt. 

27. Febr. geschlachtet: ohne pestartige Veränderungen. 

Ferkel 30 (Kontrolle): 

15. Jan. in den Seuchenstall gesetzt. 

31. Jan. frißt nicht mehr und steht nur beim Anstoßen auf. 
1. Febr. getötet: Pest* 

Ferkel 37 (Kontrolle zu 15): 

13. März 2 ccm Virus Ferkel 18 subkutan. 

21. März tot: Pest (Geschwüre). 

Ferkel 4 (Kontrolle): 

28. Okt. in den Seuchenstall gesetzt. 

19. Nov. tot: ganz abgemagert. Pest und Seuche. 

Ferkel 7 (Kontrolle): 

7. Nov. in den SeuchenstaU gesetzt. 

21. Nov. getötet: Pest und Seuche. 

In diesem Versuch sind Ferkel 15 und 16 mit verschiedenen 
Mengen desselben Virus vorbehandelt. Ferkel 16 ging etwa 
einen Monat nach erfolgter Infektion zugrunde. Die Sektion 
ergab fibrinöse Epi- und Perikarditis, fibrinöse Pleuritis, morti- 
fizirende fibrinöse Pneumonie. Im Dickdarm sind zahlreiche 
käsige Geschwüre im Bereiche der Pey er sehen Platten. Darm¬ 
drüsen sind markig geschwoUen, zum Teil vollständig verkäst. 
Das Myokard, die Leber, die Nieren zeigen trübe Schwellung. 
Müz ist geschwoUen. 2 ccm konnten also das Tier vor der 
Pestinfektion nicht bewahren. Das mit 10 ccm gespritzte Ferkel 15 
ist bis jetzt immer gesund und entwickelt sich wie ein normales 
Schwein, trotzdem es am 4. März noch 20 ccm voll virulentes 
Virus unter die Haut bekam, die zehnfache Menge der Dosis, 
welcher Kontrollferkel 37 in 7 Tagen erlegen ist. Am 17. März 
wurden den Ferkeln im verseuchten StaUe die zerhackten Organe 
von dem an Pest verendetem Ferkel 27 in das Futtergemischt, am 

23. März in der gleichen Weise die Organe von Ferkel 37. 
Ferkel 21, welches mit 5 ccm 4 tägigem Virus von Ferkel 1 subkutan 
immunisiert worden war, blieb ebenfaUs gesund. Am 27. Februar 
Heß ich das Tier schlachten und konnte, außer einigen grauroten 
Herden von festweicher Konsistenz im rechten Spitzenlappen 
der Lunge, Veränderungen nicht nach weisen. Kontrollferkel 30 I 
wurde 14 Tage nach erfolgter Infektion schwer krank getötet 
und zeigte bei der Sektion die septikämische Form der Pest. 
Die beiden anderen Kontrollferkel sind ebenfaUs nach zwei und 
drei Wochen der natürlichen Infektion erlegen. 

2. Versuch. 

Ferkel 25: 

19. Jan. 10 ccm Sammelvirus 4 Nr. n subkutan. 

10. Febr. in den SeuchenstaU gesetzt. 

17. März verstärkte Infektion (frisches Virus verfüttert). 

23. ,, „ ,) 

Bleibt gesund. 

Ferkel 26: 

19. Jan. 5 J /2 ccm > w * e Ferkel 25. 

10. Febr. „ „ 25. 

17. März ., ,, 25. 

23. „ r, j7 25. 

Bleibt gesund. 

Ferkel 28: 

17. Jan. 2 ccm, wie Ferkel 25. 

10. Febr. ,, „ 25. 

12. „ schwerkrank, getötet: Seuche und Pest. 


Ferkel 29: 

17. Jan. 5 1 /» ccm, wie Ferkel 25. 

10. Febr. „ „ 25. 

17. März .. „ 25. 

28. * „ „ 25. 

Bleibt gesund. 

Ferkel 31: 

19. Jan. 3 12 ccm, wie Ferkel 25. 

10. Febr. wie Ferkel 25. 

19. „ schwerkrank getötet: Seuche und Pest. 

Ferkel 36 (Kontrolle): 

6. März in den SeuchenstaU gesetzt. 

23. „ frißt nicht mehr. 

24. „ geschlachtet: Pest. 

Die Tiere dieser Versuchsreihe sind mit verschiedenen 
Mengen desselben Virus geimpft. Wie im ersten Versuche 
gingen die mit weniger als mit 5 ccm vorbehandelten Tiere 
ebenso wie die KontroUen nach der Überführung nach dem 

SeuchenstaU an Pest ein. Die mit größeren Dosen geimpften 
Tiere blieben trotz der verstärkten Infektion dauernd gesund. 
III. Versuch. 

Ferkel 23: 

25. Jan. 3 ccm Sammelvirus 4 Nr. II. subkutan. 

7. Febr. 57» ccm Virus 4 Ferkel 30 (25 proz. Galaktoseblut) 

subkutan. 

17. Febr. in den SeuchenstaU gesetzt. 

17. März wie Ferkel 15. 

23. März wie Ferkel 15. 

Bleibt gesund. 

Ferkel 24; 

14. Febr. 10 ccm Virus 3 Ferkel 24a (25 proz. Galaktose¬ 
blut) subkutan. 

24. Febr. in den SeuchenstaU gesetzt. 

17. März wie Ferkel 15. 

23. März wie Ferkel 15. 

Bleibt gesund. 

Ferkel 34: 

14. Febr. 10 ccm Virus 4 [Ferkel 30 (10 proz. Harnstoff¬ 
blut) subkutan. 

24. Febr. in den SeuchenstaU gesetzt. 

17. März wie Ferkel 15. 

23. März wie Ferkel 15. 

Bleibt gesund. 

KontroUen siehe Ferkel 36, 30, 4, 7. 

In Versuch 3 ist außer mit 10 proz. Harnstoffvirus noch ein 
Ferkel mit Material, welches vier Tage mit 25 proz. Galaktose¬ 
lösung bei 37° geschüttelt war, immunisiert worden. Das Blut 
von Ferkel 24a ist nur drei Tage mit 25 proz. Galaktoselösung be¬ 
handelt. Die Immunität bei Ferkel 23 kann nicht durch die erste 
Injektion von 3 ccm viertägigem 10 proz. Harnstoffvirus her¬ 
rühren, wie die aus den Versuchen 1 und 2 mit ebenso geringen 
Dosen vorbehandelten Ferkel zeigen. Das Virus wird also auch 
in hochprozentigem Galaktoseblut in schonender Weise abge¬ 
tötet und bleibt für die Immunisierung geeignet, wie dies auch 
Ferkel 24, welches nur mit 25 proz. Galaktoseblut gespritzt 
war, beweist. Sämtliche Ferkel blieben auch in diesem Ver¬ 
suche gesund und entwickelten sich in normaler Weise. 

Ich konnte also das Virus der Schweinepest durch 
Schütteln mit Harnstoff- und Galaktoselösungen un- 



404 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


schädlich machen und in einen Impfstoff umwandeln, 
mit dem sich Ferkel leicht gegen Schweinepest 
immunisieren lassen. 

Da es für die Abtötungszeit des Virus und für den daraus 
resultierenden Schutzwert von großer Wichtigkeit ist, in welchen 
Mengen dasselbe im Blute vorhanden ist, hielt ich es für nötig, 
durch Mischen des Blutes von mehreren Schweinen für eine größt¬ 
möglichste Gleichmäßigkeit des Impfstoffes zu sorgen. Derselbe 
müßte auch vor der jedesmaligen Abgabe auf seine Unschädlich¬ 
keit in der oben beschriebenen Art geprüft werden, daß man 
unbehandelte Tiere zu den vaccinierten Ferkeln zusetzt, um 
festzustellen, daß sie keine Infektion bewirken können. 

Etwa die Hälfte der Ferkel, die bei den Versuchen zur 
Sektion gelangten, hatten Veränderungen der Lungen, wie 
wir sie bei der chronischen Form der Schweineseuche zu sehen 
gewohnt sind. Auch von den Ferkeln, welche nicht zugrunde 
gingen, hustete ein großer Teil, ohne aber sonstige Krankheits¬ 
merkmale erkennen zu lassen oder in der Entwicklung zurück¬ 
zubleiben. Nachdem ich die Tiere etwa 8—10 Tage in einem 
Stalle, in dem nie Schweine waren, oder der gründlich des¬ 
infiziert worden war, zur Beobachtung gelassen hatte, unterzog 
ich sie der Schutzimpfung. In keinem einzigen Falle sah ich 
ein Akutwerden der Schweineseuche durch die Impfung mit 
abgetötetem Pestvirus. Wohl aber entwickelten sich bei 2 Fer¬ 
keln (Ferkel 14 und 16), welche nicht genügend geschützt 
waren, sowohl ausgedehnte Veränderungen der Lungen und der 
Brusthöhle als auch des Darmes. Diese Ferkel hatten allerdings 
über einen Monat der Infektion stand gehalten. Durch die 
Schutzimpfung waren die Tiere nicht beeinträchtigt worden, erst 
infolge der natürlichen Infektion mit Pestvirus wurde die chro¬ 
nische Seuche akut und bedingte fibrinöse Pneumopleuresie. Von 
den übrigen Ferkeln, die w’ährend der Versuche infolge Infektion 
mit Pestvirus rascher zugrunde gingen, hatten die Ferkel 
1, 4, 7, 8, 10, 13, 27, 28, 31 in den Lungen nur vereinzelte 
Stellen von festweicher Konsistenz mit feuchter glatter Schnitt¬ 
fläche von grauroter Farbe (schlaffe Hepatisation). Ferkel 21, 
welches die Pestinfektion überstanden hatte und immun war, 
wurde geschlachtet und zeigte ebenfalls Veränderungen der Lun¬ 
gen der eben beschriebenen Art. Ferkel 2, 3, 5, 6, 9, 11, 12, 
17, 18, 22, 30, 35, 36, 37 hatten nur Darmveränderungen. 

Als Infektionsmaterial zum Beginne dieser Untersuchungen 
diente mir filtriertes Serum von Schweinen, welche wegen Aus¬ 
bruchs einer Epidemie von Schweinepest notgeschlachtet waren. 
Ich erzielte damit bei Ferkel 1 die septikämische Form der Pest. 
Durch Zusammenleben mit diesem erkrankten Ferkel 2 und 4, 
das erstere an der chronischen, letzteres an akuter Pest. In dem 
Stalle, in welchem die Tiere untergebracht waren, sind seit 
mehreren Jahren keine Schweine gewesen. Eine Kultur von 
Bacillus suipestifer ist nie zur Verwendung gekommen. Mit 
dem Blute der an Pest erkrankten Tiere konnte ich durch 
Schütteln mit Harnstoff einen Immunstoff gewinnen, mit dem 
sich gegen die Krankheit schutzimpfen ließ. Wie oben erwähnt, 
ist das Blut erst nach 4 tägiger Behandlung mit 10 proz. Harn¬ 
stoff unschädlich. Nun hat aber Stilling 11 ) festgeBtellt, daß 
der Bacillus suipestifer in einer Konzentration von 0,1 g Bazillen 
auf 4 ccm 10 proz. Harnstofflösung bereits nach 23 Stunden 
durch Schütteln bei 37° abgetötet ist. Ich habe allerdings nicht 
das Blut sämtlicher Ferkel, das zur Verwendung gelangte, auf 
Bacillus suipestifer untersucht, fand aber in den von mir unter¬ 


No. 23. 

suchten Fällen das Blut steril. Selbst wenn nun im. Blute der 
anderen Tiere der Bacillus suipestifer gewesen wäre, was ja 
immerhin möglich wäre, da ja Grabert 12 ) und Uhlenhuth 2 ) 
ihn bei gesunden Schweinen im Darme gefunden haben, von wo 
er bei schwerer Erkrankung der Ferkel in der Agonie in das 
Blut gelangt sein könnte, so ist er sicher nicht in der Konzen¬ 
tration darin enthalten gewesen, wie sie beiden Stillingschen 
Versuchen angewendet wurde. Stilling brauchte aber nur 23 
Stunden zur Abtötung des Bac. suipestifer, während ich 4 Tage 
schütteln mußte, um Pestvirus unschädlich zu machen. Eine 
Vermehrung der Bazillen im Blute ist bei meinen Versuchen 
ausgeschlossen, da das Blut sofort mit 10 proz. Harnstoff ver¬ 
setzt wurde oder mit 5 proz. Harnstoff im Kühlen aufbewahrt 
wurde. Ich kann somit wohl behaupten, daß meine Immunisierungs¬ 
versuche, abgesehen von der Selbstverständlichkeit der Versuche 
an den ersten 4 Ferkeln dafür, in ihrem ganzen Verlaufe eine 
weitere Bestätigung der ätiologischen Untersuchungen der deut¬ 
schen Schweinepest, wie sie die oben genannten Forscher aus- 
gefuhrt haben, darstellt. 

Literatur. 

1. Ostertag und »Stadie, Zeitschr. f. Infektionskrankh. usw. 
der Haustiere, Bd. II, 2. 3. u. 6. Heft. 

2. Uhlenhuth, Diese Zeitschrift 1907, Nr. 44. 

3. de Schweinitz und Dorsct, U. S. Bureau of animal 
Industry. Washington 1904. 

4. Hutyra, Zeitschr. f. Infektionskrankh. usw. der Haustiere, 
Bd. II, 4./5. Heft. 

">. Ostertag, Das Veterinärwesen von Nordamerika 1906. 

6. Levy, Blumenthal, Marxer, Zentralbl. f. Bakteriol., 
Bd. 42. 1906. 

7. Dieselben, Zeitschr. f. Infektionskrankh. usw. der Haustiere. 
Bd. III. 1907. 

8. Dieselben, Zentralbl. f. Bakteriol., Bd. 46. 1903. 

9. A. Marxer. Diese Zeitschrift Nr. 13, 1908. 

10. Abderhalden, Lehrbuch der physiol. Chemie 1906. 

11. Stilling, Mediz. Dissertation. Straßburg i. Eis. 1907. 

12. Grabert, Zeitschr. f. Infektionskrankh. usw. der Haustiere, 
Bd. III. 


Schweineseucheserum. 

Von Tierarzt Cfimmerer-Rehden i. Westpr. 

Mir wurden 2000,0 Schweineseucheserum, hergestellt in den 
Farbwerken zu Höchst a. M., zu Versuchszwecken in liebens¬ 
würdiger Weise zur Verfügung gestellt; ich quittiere dankend 
für das erhaltene Material. Mehrfach habe ich Gelegenheit 
gehabt, dieses Serum zu verwenden. In aller Kürze bringe ich 
die Fälle zur allgemeinen Kenntnis. 

Meine Versuche sind natürlich fragmentarisch. Für später 
behalte ich mir vor, über Einzelheiten zu berichten. Die Er¬ 
folge, die ich mit dem Serum hatte, waren so überraschend, daß 
ich hoffe, in Zukunft Seuchenausbrüchen gegenüber nicht ganz 
hilflos zu sein. 

Zu dem Gemeindevorsteher D. in S. wurde ich gerufen, um 
Schweine im Alter von 10 Wochen bis 1 y 2 Jahr zu impfen, 
weil sie die „rote Krankheit 14 hätten. Der Sektionsbefund be¬ 
stätigte Rotlauf nicht, wohl aber akute Schweineseuche. Geimpft 
wurden schwer kranke* Tiere. Nach der Impfung fiel kein 
Tier mehr. 

Beim Amtsvorsteher T. in 0. immunisierte ich 30 Ferkel 
gegen Rotlauf. Auf diesem Gehöft herrscht seit Jahren unter 
den Schweinen die Seuche. Sie ist chronisch, aber auch akut 



4. Juni 1903. 


verlaufen. Einmal fiel nach Rotlaufimmunisierung der ganze 
Bestand, nicht an Rotlauf, sondern an Schweineseuche. 

Wir beobachten hier im Osten, ja nicht zu selten, die 
Katastrophen nach der Rotlanfimpfung. Die latente, chronische 
Schweineseuche wird nach Verimpfung von Rotlaufserum und 
Kultur akut und dezimiert die Bestände. Die Gründe hierfür 
harren noch ihrer Klärung. Bei dem in Frage stehenden Fall 
waren die Ferkel 12-15 Wochen alt, von ausgezeichneter 
Körperbeschaffenheit; Kümmerer und Huster waren nicht darunter. 
24 Stunden nach erfolgter Immunisierung gegen Rotlauf wurde 
mir telephonisch mitgeteilt, daß sämtliche Tiere todkrank und 
eins tot sei. Mir ist ein solcher Mißerfolg bei der Impfung 
noch nicht oft passiert, weil ich es bis jetzt vermieden habe, 
an nicht intakte Bestände Kultur zu verimpfen. Zur Unter¬ 
suchung auf Impfrotlauf sandte ich Material an das Kaiser 
Wilhelm-Institut nach Bromberg. Rotlauf wurde nicht festgestellt. 
Es war Schweineseuche in ihrer unheimlichen Form. Das 
Krankheitsbild war folgendes: die Tiere machen einen be¬ 
nommenen Eindruck. Die Atmung ist krampfhaft, pumpend, 
die sichtbaren Schleimhäute sind zyanotisch. Die Haut zeigt 
einen bläulichen, violetten Farbenton. Bei zwei Tieren ist der 
Zustand hoffnungslos. Der Exitus letalis ist jeden Augenblick 
zu erwarten. Einen Effekt versprach ich mir von der Impfung 
nicht, da ich bis dato mit den verschiedensten Schweineseuche- 
seris nur negative Erfolge gesehen habe. Die Tiere wurden 
sämtlich gesund, zu meiner und des Besitzers Verwunderung. 

Ein Gutsbesitzer hatte mehrere Male seinen Bestand durch 
Schweineseuche nach Rotlanfimpfung verloren. Er war so 
skeptisch gegen Rotlaufimpfung, daß er auf sie verzichtete. 
Die Erklärung, die er mir abgab, war entschieden logisch: 
„Lasse ich impfen, krepieren die Tiere an der Seuche, lasse ich 
nicht impfen, krepieren die Tiere an Rotlauf, infolgedessen lasse 
ich gar nicht impfen und spare die tierärztlichen Kosten.“ 
JO Ferkel des Besitzers impfte ich mit 6,0 Sencheserum. 
14 Tage später immunisierte ich gegen Rotlauf. Verimpft 
wurden 0,5 Kultur und 4,0 Serum. Bei zwei Kontrollieren, 
die mir als „Huster“ bezeichnet wurden, gab ich sogar 
0,75 Kultur. Verluste traten nicht ein. Dieser Versuch ist 
nicht absolut beweisend, weil erfahrungsgemäß bekannt ist, daß 
man nicht jedes Jahr auf den sogenannten Seuchehöfen, wenn 
ich mich so ausdriicken darf, Katastrophen nach der Rotlauf¬ 
immunisierung hat. Manche Generationen mit chronischer 
Schweineseuche vertragen anstandslos Rotlaufkulturen. 

Ich habe einen Bestand Ferkel von erbärmlichem Exterieur, 
mit starkem Husten behaftet, mit 10,0 Seucheserum geimpft. 
Der Besitzer erklärte mir später, der Husten hätte auffällig 
nachgelassen, der Näbrzustand der Tiere hätte sich ganz be¬ 
deutend gehoben. Es liegt mir selbstverständlich fern, ein 
Urteil zu fällen, Massenversuche werden ja die endgültige 
Kritik sprechen, aber die Hoffnung besteht, daß das Rotlauf¬ 
serum ein würdiges Pendant im Schweineseucheserum erhält. 


Behandlung der Schweineseuche mit Suptol. 

Von Kreistierarzt Berfler-Rummelsburg i. P. 

Auf dem Gute M. hiesigen Kreises wurde im Frühling 
vorigen Jahres chronische Schweineseuche festgestellt. Nach 
dem Berichte des Besitzers seien im Laufe des Jahres vorher 
fast alle Ferkel im Alter ron 2 — 6 Wochen, im ganzen über 


405 


50 Ferkel, nach und nach verendet, nur vier oder fünf Ferkel 
seien am Leben geblieben. 

Vom Mai vorigen Jahres an wurden sämtliche neugeborene 
Ferkel in den ersten Tagen, darauf zum zweiten Male nach 
8 14 Tagen mit Suptol-Burow behandelt. Die kleinen, fast 

durchweg elenden Ferkel zeigten schon nach der ersten Injektion 
meist eine Besserung, nach der zweiten Injektion ein sichtbares 
Wohlbefinden. Der Husten nahm ab, die schorfbedeckten 
Tierchen reinigten sich. 

Im ganzen wurden im Laufe des vorigen Sommers einige 
50 Ferkel behandelt, von denen nur drei Tierchen eingingen. 
Sämtliche geimpften Schweine zeigen heute, nach V-i bis a U Jahren, 
nicht die geringsten Krankheitserscheinungen mehr, haben sich 
vielmehr zur vollen Gesundheit entwickelt. 

Betrachtet man die großen Verluste vor der Behandlung 
mit Suptol-Burow, so ist bei gleicher Haltung und Fütterung 
der Schweine wie vorher die außerordentlich günstige Wirkung 
des Suptols nicht zu verkennen. 


K e f e r a t e. 

Untersuchungen über das Wesen und die Bekämpfung 
der Schweinepest. 

(Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt, Band 27, Heft 3.) 
Von Prof. Dr. Uhlenhuth, Dr. Xy Länder, Dr. Hü heuer und 
Dr. Bolitz. 

Die Arbeit bildet das Ergebnis eines Teils der Unter¬ 
suchungen über Schweinepest, die im Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amt in größerem Umfange ausgeführt sind und noch fortgesetzt 
werden. Sie erstrecken sich auf die Technik dar Gewinnung 
uni Verimpfung keimfreien Impfmaterials und die damit er¬ 
zielten Impfergebnisse, sodann auf die bakteriologischen Be¬ 
funde, die Eigenschaften des Virus, dessen Aufnahme und Aus¬ 
scheidung, ferner auf die klinischen Erscheinungen und patho¬ 
logischen Veränderungen der Schweinepest, ihre Beziehungen 
zur Schweineseuche und die Immunitätsverhältnisse. Das Er¬ 
gebnis der bisherigen Untersuchungen ist in folgenden Schlu߬ 
sätzen zusammengefaßt. 

1. Die deutsche Schweinepest ist wie die amerikanische 
Hogcholera ätiologisch auf ein tiltrierbares ultravisibles Agens 
zurückzufiihren. Einspritzungen von Material (Serum, Blut, 
Organextrakt) schweinepestkranker Tiere, das durch Berkefeld-, 
Pukall- oder Heimische Filter filtriert und bakterienfrei ist, ver¬ 
ursachen bei gesunden Ferkeln eine der Schweinepest in 
klinischer und pathologisch - anatomischer Beziehung völlig 
gleichende, oft tödlich endende Krankheit. Subkutane, intra¬ 
venöse, intrathorakale Einspritzungen haben dabei keinen er¬ 
kennbaren unterschiedlichen Einfluß auf die Dauer der Inkubation 
und Schwere der Erkrankung. 

Die so hervorgerufene Krankheit beruht auf der Anwesen¬ 
heit eines spezifischen, belebten Virus. 

2. Die durch filtriertes bakterienfreies Material erzeugte 
Krankheit ist kontagiös. Gesunde Tiere zu künstlich mit 
Filtrat geimpften Tieren gesetzt, erkranken unter dem Bilde 
der Schweinepest. 

3. Filtriertes Material von künstlich infizierten und er¬ 
krankten Tieren durch Generationen (vier) von einem Schwein 
auf ein anderes in immer gleicher Weise übertragen, ruft die 
Krankheit hervor. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



406 


4. Ferkel, welche die künstliche Infektion überstanden 
haben, sind immun, sowohl gegen eine natürliche Ansteckung 
wie künstliche Infektion. 

5. Ferkel, welche die natürtiehe Ansteckung überstanden 
haben, sind gegen künstliche und natürliche Ansteckung immun. 

6. In fünf verschiedenen Fällen von Seuchenausbrüchen 
konnte stets das filtrierbare Virus nachgewiesen werden. 

* 7. Die Schweinepest konnte auch hervorgerufen werden 
durch Verimpfung filtrierten Materials aus verseuchten Be¬ 
ständen stammender Tiere, die bis auf allgemeine Kachexie 
bei der Sektion keine Veränderungen an den Organen zeigten 
(Kümmerer). 

8. Das Kümmern der Schweine kann ein Folgezustand der 
Schweinepest sein. 

9. Andererseits ist es nicht geglückt, bei Verfütterung von 
unfiltriertem Material eines aus einem mit Schweinepest ver¬ 
seuchten Bestände stammenden Ferkels, das pathologisch- 
anatomisch scheinbar nur geringe Folgezustände einer statt¬ 
gehabten Schweinepesterkrankung, aber klinisch das aus¬ 
gesprochene Bild des Kümmerers zeigte, wieder Schweinepest zu 
erzeugen. 

10. Durch Einspritzung von Kulturfiltration des B. suipestifer 
oder des Filtrats von Serum oder Organextrakt gesunder 
Schweine konnte eine Krankheit nicht erzeugt werden. 

11. Die Verimpfung filtrierten Materials von zwei ander¬ 
wärts mit Kulturen des Bazillus enteritidis Gaertner künst¬ 
lich infizierten Ferkeln, von denen eins für Schweinepest 
charakteristische Darmläsionen aufwies, erzeugte keine Krank¬ 
heit. Ein mit Kulturen des B. enteritidis Gaertner infiziertes 
Ferkel erkrankte nicht. 

12. Der B. suipestifer ist ein im Darm gesunder Schweine 
vorkommender Saprophyt und ist nicht der eigentliche Erreger der 
Schweinepest. Es wurde von uns bei 600 gesunden Schweinen 
51 mal im Darminhalt bei einmaliger Untersuchung gefunden. 

13. Er wird sehr häufig in den Organen schweinepest¬ 
kranker Tiere angetroffen, von uns wurde er 76malin 171 Fällen 
gleich 44,4 Proz. isoliert. 

14. Durch subkutane und stomachale Einverleibung von 
Suipestiferkulturen gelang es in den allerdings nur in geringer 
Anzahl angestellten Versuchen nicht, Ferkel krank zu machen, 
wohl aber durch intravenöse Injektion großer Kuiturmengen. 

15. Die mit dem B. suipestifer vorbehandelten Ferkel waren 
gegen künstliche Infektion mit Schweinepestvirus nicht immun. 

16. In den Organen künstlich mit keimfreiem Filtrat in¬ 
fizierter Ferkel fanden sich häufig auch andere Bakterien, be¬ 
sonders Bakterien der Koligruppen und sogenannte Varietäten 
des B. suipestifer, der B. pyocyaneus und Paratyphus A ähn¬ 
liche, außerdem Coccennarten. 

17. Der B. suipestifer läßt sich bis jetzt vom Paratyphus B 
uud bestimmten Fleischvergiftern sowie vom Mäusetyphus und 
Psittakosisbazillus nicht unterscheiden. 

18. Die aus Organen schweinepestkranker Ferkel heraus¬ 
gezüchteten Schweinepeststämme wurden, so weit sie geprüft 
wurden, weder von dem Serum ihrer Träger, noch anderer pest¬ 
kranker Schweine, agglutiuiert. 

19. Der B. suipestifer bildet in vierzehntägigen Bouillon¬ 
kulturen ein hitzebeständiges, für Mäuse bei subkutaner und 
intraperitonealer Einverleibung von 0,5 ccm der sterilen Kultur¬ 
flüssigkeit schnell tödlich wirkendes Toxin. 


No. 23. 


20. Die Infektion der Schweinepest erfolgt unter natür¬ 
lichen Verhältnissen höchst wahrscheinlich am häufigsten per os. 
Bei der Ausbreitung der Seuche spielt die Kontaktinfektion eine 
ausschlaggebende Rolle. Durch Verfütterung virushaltigen 
Materials gelingt sicher eine Infektion. Direkt in die Speise¬ 
röhre auf nüchternen Magen eingeführte virushaltige Flüssig¬ 
keiten, die bei subkutaner Injektion und Verfütterung sicher 
krankmachend wirkten, riefen in drei Fällen unter sechs keine 
Erkrankung hervor. 

21. Das Virus findet sich innerhalb des Körpers im Blut 
und in allen vom Blut durchströmten Organen, in der Galle und 
im Harn. 

22. Das Virus wird durch die Nieren mit dem Harn aus¬ 
geschieden. Der Harn pestkranker Schweine ist höchst infektiös. 

23. Im Gegensatz zu den Nieren scheint eine regelmäßige 
Ausscheidung durch den Darm, selbst bei dem Bestehen 
schwerer Veränderungen der Darmwaud nicht immer statt¬ 
zufinden, oder, falls sie stattfindet, scheint eine schnelle Ver¬ 
nichtung des Virus vor sich zu gehen. Filtrierter Darminhalt, 
der von schweinepestkranken, mit schweren diphtherischen Darm¬ 
läsionen behafteten Ferkeln stammte, war in vier von uns unter¬ 
suchten Fällen nicht infektiös. 

24. Das Virus wurde durch 23 Tage langes Aufbewahren 
im Eisschrank und 10 Wochen langes Auf bewahren bei Zimmer¬ 
temperatur nicht abgetötet. 

25. Es vertrug einige Male in flüssigen Medien (Serum und 
Organsaft) eine zweistündige Erhitzung auf 58°, nicht dagegen 
eine einstündige Erhitzung auf 78°, 24stündiges Einfrieren virus¬ 
haltigen Blutes bei 18° tötete nicht ab. 

24 ständiges Antrocknen von virushaltigem Blut und Serum 
bei 37° vernichtete den Ansteckungsstoff nicht. So vor¬ 
behandeltes Material verträgt einstündiges Erhitzen auf 150°, 
100°, 76,5° und 72° nicht. Die Grenze scheint bei zirka 60° 
zu liegen. 

27. Chemischen Agentien gegenüber scheint das Virus wider¬ 
standsfähig zu sein. Sublimat in einer lprom. Lösung in einem 
Verhältnis von 1:2 und 5 proz. Karbolglyzerinlösung in einem 
Verhältnis von 2:5 zu virushaltigem defibriniertem Blut ge¬ 
setzt, tötete innerhalb acht Tagen nicht ab, doch kann hier 
durch die Gerinnung des Blutes das Virus der desinfizierenden 
Einwirkung entgangen sein. 

28. Das Virus wurde in Organen, welche durch Vergraben 
in die Erde der Fäulnis und Verwesung ausgesetzt wurden, 
innerhalb vier, zwei und eine Woche vernichtet. 

29. Pferde, Rinder, Esel, Ziegen, Hunde, Katzen, Hühner, 
Tauben, Kaninchen, Meerschweinchen, wilde und zahme Ratten, 
graue und weiße Mäuse sind für das Schweinepestvirus nicht 
empfänglich. 

30. Subkutane Einspritzungen von 24 Stunden lang bei 
37 0 angetrocknetem und in Kochsalzlösung wieder aufgelöstem 
Blut, das vor der Antrocknung sehr virulent war, erzeugten in 
einigen Fällen keine sichtbaren Krankheitserscheinungen, aber 
Immunität; in anderen Fällen wirkte solches Material krank¬ 
machend. 

31. Durch dreimalige Einspritzungen von angetrocknetem 
und im trockenen Zustand auf 72°, 76,5°, 100° und 150° er¬ 
hitztem und dann in Kochsalzlösung aufgelöstem virushaltigen 
Blut gelang es nicht, Ferkel zu immunisieren. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



407 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4. Juni 1908. 


32. Das Serum von Eseln und Pferden, welche mit wieder¬ 
holten intravenösen Einspritzungen virushaltiger Flüssigkeiten 
vorbehandelt waren, hatten weder eine schützende noch heilende 
Wirkung. Ob bei Höhertreibung der Tiere eine Steigerung der 
Antikörperproduktion sich wird erzielen lassen, muß abgewartet 
werden. 

33. Das Serum von Schweinen, welche die Schweinepest 
überstanden und danach in bestimmten Zwischenräumen große 
Mengen virushaltigen Materials eingespritzt hekommen hatten, 
zeigt eine starke Schutzkraft. 

34. Es gelang, Ferkel durch subkutane Einspritzungen 
solchen Serums vor einer sichtbaren Erkrankung an Schweine¬ 
pest, der die Eontrolltiere erlagen, zu schützen. 

35. Lungenveränderungen gehören zu den Begleiterscheinungen 
der Schweinepest und somit zu den charakteristischen Merk¬ 
malen derselben. Besonders gilt das von der Bronchitis und 
den im engsten Zusammenhang mit ihr stehenden Lobulär¬ 
pneumonien. 

36. Filtriertes Material (Lungensaft und Serum) von Ferkeln 
aus einem mit Schweinepest verseuchten Bestände, die bei der 
Obduktion nur Lungenveränderungen zeigten, erzeugte klinisch 
und pathologisch-anatomisch das typische Bild der Schweinepest. 

37. Die in Pestausbrüchen häufig beobachteten Pneumonien 
sind in den meisten Fällen Folgewirkungen der Infektion mit 
Schweinepest und nicht Folgen einer gleichzeitig stattgehabten 
Infektion mit einer zweiten, ansteckenden seuchenhaften Krank¬ 
heit, der Schweineseuche. 

38. Die sogenannten Sputumbakterien lassen sich von dem 
Erreger der Schweineseuche, dem B. suisepticus, weder morpho¬ 
logisch, noch kulturell, noch biologisch unterscheiden. Sie sind 
unter 116 Fällen 53mal, also in 50Proz., in dem Nasenschleim 
gesunder Schweine von uns gefunden worden. 

39. Die Möglichkeit, daß es eine primäre reine Schweine¬ 

seuche im Löffler-Schützschen Sinne gibt, soll nicht in Ab¬ 
rede gestellt werden. Die bisher als Mischinfektion bei Schweine¬ 
pest bezeichnete, in Gestalt von Pneumonien auftretende Schweine¬ 
seuche ist wohl ausnahmslos primär auf Schweinepest zurück¬ 
zuführen. W. 

Diagnose und Behandlung der Kolouverdrehung 
(Torsio coli) beim Pferd* 

Von G. Forssell, 

Adjunkt an der Tierärztl'chen Hochschule au Stockholm. 

(Zeitschrift für Tiermediain XI. Band, 6. Heft.) 

Nach Jelkmann erkennt man die Grimmdarmdrehungen 
bei der rektalen Untersuchung daran, daß das Rektralgekröse, 
statt von oben nach unten zu verlaufen, in der Richtung schräg 
nach unten links verschoben und Btark gespannt ist, und daß die 
Berührung desselben dem Tiere Schmerzen verursacht. Ferner 
soll man an der linken Seite in der Bauchhöhle einen stark 
gespannten Strang (Bandstreifen des Kolon) fühlen. In dem 
Lehrbuch der speziellen Chirurgie von Möller und Frick wird 
als sicheres Zeichen einer Kolonverdrehung angegeben, daß die 
Bandstreifen an der linken unteren Lage des KoIods als spiral¬ 
förmig gehend gefühlt werden. Bei der Rechtsdrehung sollen 
sie von vorn und links nach hinten und rechts, bei Linksdrehung 
in umgekehrter Richtung verlaufen. Diese Regel trifft jedoch, 
wie auch Hutyra und Marek in ihrer Pathologie bemerken, 
nicht ganz zu, denn es kommt vor, daß eine Drehung vorliegt, 
ohne daß man die Bandstreifen spiralförmig gehen fühlt oder 


man fühlt eine schwache Spirale und es besteht nur eine 
gewöhnliche Gasansammlung in den linken Kolonlagen. 

Der Verfasser bespricht dann eingehend die normalen Lage¬ 
verhältnisse des Darmkanales und speziell des Kolons und die 
Ursachen und den Krankheitsverlauf der Kolonumdrehung. Unter 
Zugrundelegung von acht Krankheitsfällen, die durch sieben 
schematische Zeichnungen mit erläutert werden, stellt der Ver¬ 
fasser folgende Regeln auf: 

1. Liegt die linke obere, glatte Lage rechts von der unteren 
Unken Lage und geht sie hier in der Richtung schräg nach vom 
und oben und links, so liegt eine Rechtsdrehung vor. Geht die 
linke obere Lage in der Richtung schräg nach vorn und unten 
links, so liegt Linksdrehung vor. 

2. Fühlt man die linke obere Lage links von der unteren 
linken Lage und geht sie in der Richtung schräg nach vorn und 
unten und rechts, so liegt Rechtsdrehung vor, geht sie schräg 
nach vom nach oben und rechts, so besteht eine Linksdrehung. 

3. In den seltenen Fällen, wo die untere Unke Lage die 
obere Unke vollständig bedeckt, hat man als Anhaltspunkt für 
die Stellung der Diagnose teils die Spirale, die die Bandstreifen 
bilden, teils etwaige dort vorkommende Einbuchtungen der 
linken unteren Lage. 

Die Behandlung ist außerordentlich einfach und bestellt im 
Wälzen des Pferdes in der Richtung der Umdrehung, wie bei 
der Torsio uteri. Die Fixierung des Darmes geschieht hierbei 
entweder durch seine eigene Schwere, sein Beharrungsvermögen, 
die Forssell durch möglichst schneUes Wälzen und durch Ver¬ 
minderung der Friktion zwischen der Bauchwand und dem Darm 
mittelst Punktion des letzteren unterstützt. Teils sucht Forssell 
die Beckenflexur zu fixieren, indem er den einen Arm in den 
Mastdarm führt und die Beckenflexur sozusagen auf die Finger 
nimmt, jedoch kann der Arm nicht während der ganzen Zeit 
des Wälzens im Mastdarm verweilen, weil sonst leicht eine 
Mastdarmruptur entstehen könnte. Zum Zwecke des Wälzens 
bietet die Stuttgarter Wurfmethode insofern Vorteile, als hierbei 
die Beine des Pferdes gegen den Bauch gezogen sind und das 
Wälzen weniger Schwierigkeit bietet. In dem einen Falle 
mußte das Pferd neunmal gewälzt werden, ehe die Retorsion eintrat. 

Diese von Forssell empfohlene Behandlung soll beinahe 
stets ein befriedigendes Resultat ergeben. 

Die Jelkmannsche Methode hält Forssell nicht für 
empfehlenswert. Er meint, daß man nur in Fällen geringerer 
Drehung der Beckenflexur manchmal damit zum Ziele kommt. 
Jedenfalls riskiert man stets eine Mastdarmruptur. .Rdr. 

Die örtliche Empfindungslosigkeit (Lokalanästhesie) 
in der Veterinärchirurgie. 

Von Stabsveterinär Ernst Krüger. 

(Zeitschr. f. Veterinä k. 1?08, S. II.) 

Nach kurzem geschichtlichen Überblick bespricht Krüger 
die zur Lokalanästhesie von ihm verwandten Mittel Kokain, 
Eukain und Alypin. Enkain erreicht die anästhesierende 
Wirkung des Kokains nicht; ein Unterschied in der Giftigkeit 
besteht nicht. Durch Alypin wird die örtliche Empfindungs¬ 
losigkeit schon nach 10 Minuten erreicht, während nach Kokain¬ 
injektion 25 bis 30 Minuten vergehen; die Kokainwirkung hält 
aber länger vor als nach Alypin. 

Sehr wichtig ist die Tatsache, daß durch Unterbrechung 
des Blutstroms, beispielsweise durch Abschnürung eines Körper¬ 
teiles, die anästhesierende Wirkung des Kokains infolge der 



No. 23. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


408 

dadurch erzielten Verzögerung der Resorption größer wird und 
zugleich eine Herabsetzung der allgemeinen Gift Wirkung statt¬ 
findet. Eine Einspritzung von 0,5 Kokain: 20,0 Wasser ist für 
mittelschwere Pferde in der Regel unschädlich und geht sogar 
ohne die geringste Spur einer zentralen Wirkung vorüber, wenn 
man kurz nach der Einspritzung durch Anlegen einer Gummi¬ 
binde den Blutstrom unterbricht. Dagegen treten vielfach all¬ 
gemeine Störungen am Zentralnervensystem (Aufregung, Speicheln, 
erhöhte Puls- und Atemfrequenz) auf, wenn diese Vorsicht nicht 
geübt wird. In letzterem Falle können sich diese Erscheinungen 
in beängstigender Weise steigern, wenn 0,5 Kokain nur in 10 
oder sogar 5 g Wasser gelöst auf einmal eingespritzt werden; 
durch Unterbrechung des Blutkreislaufes läßt sich die Vergiftung 
verhüten. 

Krüger hat außer vielen poliklinischen Fällen über 400 
zum Teil recht eingreifende Operationen am Fußende des 
stehenden Pferdes unter Lokalanästhesie ausgeführt (140 Huf¬ 
knorpelfisteln, OO eiternde Steingallen, 27 Nageltritte usw.). 
Von allen diesen Patienten brauchte er nur 7 abzuwerfen. 

Krüger hat selten unangenehme Nebenwirkungen — Ver¬ 
giftungserscheinungen — gesehen, aber nur, wenn die Glied¬ 
maße unabgeschnürt geblieben war. Nach den vielen Hunderten 
von Kokaininjektionen hatte Krüger nur einen Todesfall zu 
beklagen; ein über 20 Jahre altes Pferd, welches wegen 
eiternder Steingalle operiert werden sollte, brach etwa 10 Minuten 
nach der Einspritzung (0,5: 20,0) plötzlich zusammen und ver¬ 
endete unter Erstickungssymptomen. Die Obduktion ergab einen 
1 cm langen Riß in der Aortenwand dicht an der Abzweigung 
der Kranzarterie und Verblutung in den Herzbeutel. — Es 
empfiehlt sich, den Patienten vor der Einspritzung auf Herz¬ 
fehler zu untersuchen und den Besitzer auf eventuelle ungünstige 
Folgen aufmerksam zu machen, obgleich durch Abwerfen und 
die allgemeine Narkose die Gefahr für den Patienten eine 
ungleich größere ist. 

Gefäßverengende Mittel ( Adrenalin usw.) sowie Abkühlung 
der Gewebe durch Äther- und Chloräthylspray werden be¬ 
sprochen. Richter. 

Über Krankheiten des Hornes und der Stirngegend 
beim Rinde. 

Von Professor Iniininger-München. 

(Wocheuscluift für Tierheilkunde und Viehzucht, .'.2. Jahrg., Nr. 1 und 2.) 

Eines der häufigsten Vorkommnisse ist das Abziehen der 
Hornscheide, wobei die Hornlederhaut und Stirnzapfen voll¬ 
kommen intakt bleiben können. Der weitere Verlauf besteht 
entweder in Heilung durch Bildung eines neuen Hornes oder 
in Entzündung mit Eiterung. Dieser Krankheitsprozeß wird 
ebenso wie erhebliche Verletzungen der Hornmatrix 
nach Verlust der Hornscheide am zweckmäßigsten wie folgt 
behandelt: Die freigelegte Hornlederhaut bepudert Imminger 
sehr stark mit 2 proz. Pyoctaninum coeruleum, sodann legt er 
über den Hornzapfen 2- 3 Stück feuchte Gaze, welche mit 
einer 10 m langen und 10 cm breiten guten Mullbinde ohne 
Verwendung von Watte am verletzten Horn befestigt werden. 
Um dem Verbände für die Dauer mehr Halt zu geben, läßt man 
einige Touren der Binde um das gesunde Horn herumgehen. 
Bei freigelegter bzw. abgebrochener Spitze des hohlen Stirn¬ 
zapfens muß die Öffnung gut mit Gaze geschlossen werden, 
worauf erst die Anlage des Verbandes erfolgen darf. 


Gelegentlich der Korrektur unschön wachsender Hörner 
machen die Tierbesitzer häufig Einschnitte in das betreffende 
Horn, um die Wirkungsweise des sogenannten Hornleiters zu 
unterstützen. Nicht selten können durch die Säge, wenn 
sie zu tief geführt wird, Verletzungen der Matrix mit 
nachfolgender Infektion durch Eiterbakterien ent¬ 
stehen. Die sich hierbei mitunter zeigenden Allgemeinstörun¬ 
gen bestehen in Fieber, Appetitmangel, Senken des Kopfes, 
starker Temperaturerhöhung des erkrankten Hornes. Zur Be¬ 
handlung ist es nötig, das Horn so weit zu entfernen, daß die 
erkrankte Matrix freigelegt und nunmehr der Applikation eines 
Wundverbandes zugänglich gemacht wird. Bei ausgedehnter 
Entzündung muß das ganze Horn durch Amputation mittels 
Säge abgetragen werden. 

Die am Grunde der Hörner vorkommenden Frakturen 
des knöchernen Stirnzapfens können einfache oder kompli¬ 
zierte sein. In letzterem Falle ist die äußere Haut mit verletzt. 
Oft zeigen die Tiere Schmerzen bei Berührung des Hornes und 
blutige Entleerungen aus dem Nasenloch der entsprechenden 
Seite. Zuweilen sind auch Teile des Stirnbeins mitfrakturiert. 
Beim Intakt bleiben des Integumentes kann Heilung auch ohne 
Behandlung eintreten, jedoch bleibt dann das Horn beweglich. 
Niemals hat Imminger gesehen, daß eine Selbstheilung mit 
Unbeweglichkeit des Horns eingetreten wäre. Ab und zu bilden 
sich an der Bruchstelle in der Nähe der Hornwurzel Fisteln; 
der Stirnzapfen füllt sich in manchen Fällen mit speckigen 
Massen aus, die von kleinen Fistelkanälen durchzogen werden. 

Abszesse in der Stirnhöhle bedingen fieberhaftes 
Allgemeinleiden mit Depressionserscheinungen; durch das Fehlen 
von Temperaturerhöhung des Hornes unterscheiden sich die 
Abszesse von der eitrigen Hornmatrixentzündung find vom 
Katarrhal lieber. Das Rind ist von sämtlichen Haustieren 
Eiterungsprozessen in der Stirnhöhle gegenüber am empfind¬ 
lichsten und reagiert am schnellsten durch sensorielle Störungen. 
Der Verfasser rät daher, Öffnungen in der Stirnhöhle so bald 
als möglich durch einen Verband zu schließen, und gibt folgende 
Maßnahmen an: Nach Entfernung der Blutkoagula und nach 
gründlicher Durchspülung der Stirnhöhle wird die Öffnung mit 
einem in Gaze eingewickeltcn Wattetampon verschlossen. Darüber 
ist ein desinfizierender Verband zu legen, welcher durch 
ca. zehn Tage hindurch alle 24 48 Stunden erneuert wird. 
Treten keine Temperaturschwankungen mehr ein, können die 
Verbände länger liegen bleiben und durch den betr. Tierbesitzer 
selbst au8gefiihrt w r erden. 

Weiterhin tritt in manchen Beständen die Furunkulosis 
der Haut des Nackens und besonders der Stirn auf. Bevor¬ 
zugt werden von diesem Leiden jene Stellen, auf welchen das 
Joch aufzuliegen pflegt, mitunter wird die Haut unterminiert 
und siebartig durchlöchert. Der AnsteckungsstofF ist sehr wider¬ 
standsfähig und trotzt den meisten Desinfektionsmitteln. Für 
das beste Arzneimittel erklärt Imminger Aqjdum carbolicum 
crudum anglicum in Verbindung mit grüner Seife (1: 10). Diese 
Karbolseife wird nach Reinigung der erkrankten Hautpartie 
unter Zusatz von etwas Wasser auf die Haut gut eingerieben. 
Der entstandene Schaum bleibt 24 Stunden liegen. Sodann 
können die nekrotischen Teile mit dem scharfen Löffel leicht 
entfernt werden. Eventuell ist die Einreibung noch einmal zu 
wiederholen. 

Nicht allzuselten kann ferner bei stark entwickelter Stirn- 



4. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


gräte Drucknekrose der Haut mit Absterben der Faszien 
der Stirnbeine Vorkommen. Abkratzen mit dem scharfen Löffel, 
sowie Bepudern mit Pyoktaninstreupulver führt rasche Heilung 
herbei. 

Geschwulstbildungen an den Hörnern hat Imminger 
niemals gesehen. Hinsichtlich des zuweilen sich zeigenden 
Juckreizes am Grund der Hörner, der Anlaß zum be¬ 
ständigen Reiben an festen Gegenständen gibt, ist der Autor 
der Meinung, daß die Stallhaltung die Ursache bildet. 

J. Schmidt. 

Behandlung der Akarusräude des Hundes. 

Von Prof. Moussu. 

(Recueil d’Alfort, 29. Februar 1908.) 

In bezug auf die Heilbarkeit der Akarusräude pflichtet der 
Verfasser vollauf der Ansicht von Crasbot bei, welcher äußerte: 
So lange die Akarusräude lokalisiert ist, so tritt eine Heilung 
in der Regel ein, falls eine dahingehende Behandlung richtig 
durchgefiihrt wird. Ist die Räude ausgedehnt oder sogar 
generalisiert, so kann die Heilung, bei der squamösen Form 
derselben, durch eine monatelange genaue Applikation der ge¬ 
wöhnlichen Räudemittel, z. B. durch Schwefelbäder und Frottieren 
mit harten Bürsten, erreicht werden. Liegt aber bei den 
generalisierten Fällen die pustulöse Räudeform vor, d. i. die¬ 
jenige Form, welche mit Bildung von zahlreichen kleinen 
Abszessen der Haartaschen und der Talgdrüsen einhergeht, so 
tritt die Heilung nur sehr schwer oder gar nicht ein. 

Das von Professor Cadeac empfohlene Ausschneiden der 
affizierten Hautstellen ist bei ausgedehnter Akarusräude nicht 
durchzufnhren, und dürfte das auch von ihm empfohlene 
Skarifizieren dieser Stellen, von dem in dieser Zeitschrift 
seinerzeit berichtet wurde, bei generalisierter Räude dem Hunde 
zu viel Schmerzen verursachen und daher auch nicht gut durch¬ 
führbar sein. 

Der Verfasser hat bei mehreren Hunden, bei denen er alle 
medikamentösen Behandlungsmethoden erfolglos durchprobiert 
hatte, das von Cessier gegen die Schafräude bekannt gegebene 
Arsenikräudebad mit vollem Erfolg angewandt. Das Räudebad 
ist von Cessier für 100 Schafe folgendermaßen zusammen¬ 
gesetzt worden. 

Rp.: Acid arsenicos 1500,0 
Ferr. sulfuric. 10 kg 
Aqu. 100 „ 

Das Ganze wird 10 Minuten lang gekocht. Für seine Fälle 
hat es der Verfasser lauwarm mit einer Temperatur von 35 bis 
38° angewandt und die Hunde dann mit einer Wurzelbürste 
2—3 Minuten lang frottiert. Schon nach einem Monat waren 
die Hunde geheilt. 

Um einer Arsenikvergiftung vorzubeugen, muß der Hund 
auf alle Fälle nach dem Bade am Lecken verhindert werden. 
Auf den affizierten Hautstellen wirkt das Bad kaustisch, so daß 
diese bald abtrocknen und sich Borken darauf bilden. In kurzer 
Zeit sprossen auch die Haare wieder hervor. Helfer. 


Tagesgesclüchte. 

Aufruf an sämtliche Tierärzte und tierärztlichen 
Vereine Deutschlands. 

Der IX. Internationale Tierärztliche Kongreß wird voraus¬ 
sichtlich am Montag, den 14. September des künftigen Jahres (1909) 


409 


in der niederländischen Residenzstadt, im Haag, eröffnet und 
Samstag, den 19. des nämlichen Monats geschlossen werden. 
S. K. H. Prinz Heinrich der Niederlande, Herzog von 
Mecklenburg, der Gemahl Ihrer Majestät der Königin 
Wilhelmine, hat das Protektorat des Kongresses übernommen. 
An der Spitze des Ehrenkomitees steht der Niederländische Herr 
Minister für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe. 

Zum Präsidenten des Exekutivkomitees wurde W. C. S ch i m m e 1, 
Dozent an der Tierarzneischule zu Utrecht, und zum General¬ 
sekretär Prof. Dr. D. A. de Jong, Leiden, beide Mitglieder 
des Ständigen Ausschusses der Internationalen Tierärztlichen 
Kongresse, erwählt. Die Kassenführung hat D. F. vanEsveld, 
Dozent an der Reichs-Tierarzneischule zu Utrecht übernommen. 

Die Geschäftsleitung des Kongresses hat sich zur Aufgabe 
gestellt, für die Unterkunft und Verpflegung der Kongreßteil¬ 
nehmer im Haag und in Scheveningen bei mäßigen Preisen 
Sorge zu tragen. 

Der Kongreßleitung sind von seiten der Niederländischen 
Staatsregierung, sowie anderer Behörden und Standesvertretungen 
reichliche Mittel zur Bestreitung der Kongreßkosten zur Ver¬ 
fügung gestellt. Der Haag, die Königliche Niederländische 
Residenzstadt wird die Kongreßteilnehmer gastfreundlich 
empfangen. 

Außer der feierlichen Eröffnungs- und Schlußsitzung, in 
Anwesenheit des hohen Protektors und der Niederländischen 
Staatsbehörden, werden an vier Vormittagen Plenarsitzungen 
stattfinden. Die Sektionssitzungen sind auf die Nachmittage 
verlegt. 

Als Verhandlungsgegenstände von allgemeiner Bedeutung 
sind sämtliche aktuelle Fragen, wie staatliche Bekämpfung der 
Tuberkulose und der Schweineseuchen auf Grund der neuesten 
Erfahrungen, die staatliche Organisation der Kontrolle über die 
Erzeugung und den Verkehr von animalischen Nahrungsmitteln 
einschließlich der Schlachtviehversicherung, die unschädliche 
Beseitigung der Tierkadaver und der Konfiskate der Fleisch¬ 
beschau, der staatliche Schutz für die Ausübung der Tiermedizin, 
die Verwendung von Tierärzten in zootechnischen Ämtern, sowie 
die staatliche Kontrolle der Produktion und des Verkehrs von 
Sera- und Bakterienprodukten usw. in Aussicht genommen.*) 

Eine größere Anzahl von Gegenständen aus der tierärzt¬ 
lichen Klinik, welche hauptsächlich den praktischen Tierarzt 
interessieren, sind für die Sektionssitzungen Vorbehalten. An 
praktischen Vorführungen und Demonstrationen der Anwendung 
neuerer Verfahren und Instrumente wird es nicht fehlen. 

Wie für die vorausgegangenen Kongresse, ist auch für die 
Haager Versammlung die frühzeitige, in die Zeit vor der Er¬ 
öffnung des Kongresses fallende Mitteilung gedruckter Berichte 
der ernannten Referenten an sämtliche Herren, welche sich als 
Kongreßteilnehmer angemeldet haben, vorgesehen. Die Berichte 
werden in den drei Kongreßsprachen (deutsch, französisch und 
englisch) erscheinen. Die Verhandlungen werden in denselben 
Sprachen geführt werden. 

In allen zivilisierten Ländern der Welt sind bereits 
Nationalkomitees gebildet, um Tierärzte, Ärzte, Landwirte, 
tierärztliche, ärztliche und landwirtschaftliche Vereinigungen 
und Vertretungskörper, Hochschulen, Akademien usw. zur Be¬ 
teiligung an dem Kongresse, dem auch die Vertreter vieler 

*) Programm wird demnächst veröffentlicht werden. 


*** 



410 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 23. 


Staatsregierungen anwolmen werden, anzuregen. So hat es 
auch, auf das Ersuchen des Haager Exekutivkomitees, ein 
deutsches Nationalkomitee unternommen, das aus dem Präsidenten 
und den Ausschußmitgliedern des Deutschen Veterinärrates unter 
Mitwirkung des Geheimrats Prof. Dr. Ostertag, Direktor der 
tierärztlichen Abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, und 
des deutschen Delegierten zum Ständigen Ausschuß der Inter¬ 
nationalen Tierärztlichen Kongresse, Herr Geheimer Ober¬ 
regierungsrat Dr. Lydtin-Baden-Baden, zusammengesetzt ist, 
die Beteiligung Deutschlands an dem Kongresse zu fördern. 
Auf den Wunsch der andern Herren des Komitees hat Dr. Ly dtin 
den Vorsitz übernommen. 

Nachdem die Bedeutung und der Einfluß der Internationalen 
Tierärztlichen Kongresse auf die Entwicklung des Veterinär¬ 
wesens und die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, seit Bern, 
Baden und Budapest unverkennbar hervorgetreten ist, werden 
sich wohl die Tierärzte aller Nationen angeregt fühlen, bei dem 
künftigen Kongreß im Haag nicht zu fehlen. Für die deutschen 
Tierärzte liegen die Verhältnisse für die Beteiligung sehr 
günstig, da der Kongreß in einem Deutschland benachbarten 
Staate stattfinden wird. Die deutschen Tierärzte haben ferner 
deshalb noch ein besonderes Interesse, im Haag zu erscheinen, 
weil das deutsche Veterinärwesen, das mit zu den in seiner 
Entwicklung vorgeschrittensten gehört, auf dem Haager Kongreß 
seinen mächtigen Einfluß auf die Entwicklung des Veterinär¬ 
wesens und der Veterinärwisscnscliaft auszuüben verpflichtet 
ist, um Mängel und Rückständigkeiten des Veterinänvesens in 
anderen Staaten ans Licht zu ziehen und beseitigen zu helfen. 
Andererseits haben aber außerdeutsche Nationen in manchen 
Hinsichten Fortschritte zu verzeichnen, über deren Wert sich 
die deutschen Tierärzte im Haag ein richtiges Urteil bilden 
und die sie gegebenenfalls nachholen können. „Geben und 
empfangen“ wird daher auch im künftigen Kongreß das Fazit 
für die deutschen Tierärzte, für sämtliche Tierärzte der Welt 
aber einen kräftigen Ruck nach vorwärts bilden im Interesse 
der Landwirtschaft und der öffentlichen Gesundheit, somit des 
größten Teils des Allgemeinwohls. 

Der Mitgliederbeitrag ist auf 10 fl. (holländisch) = 17 M. 
festgesetzt. Anmeldungen zur Mitgliedschaft sind unter Über¬ 
sendung des oben genannten Beitrages zu richten: An Herrn 
D. F. van Esveld, Dozent an der Rcichs-Tierarzneischule zu 
Utrecht. 

Baden-Baden, Berlin, Göttingen, Stuttgart, Mülhausen i. E„ 
Posen und München, den 19. Mai 1908. 

Dr. Lydtin, Dr. Esser, Beißw r änger, Heyne, Mölter, 
Dr. Ostertag, Dr. Schmaltz, Zundel. 

Eintritt in die Militärveterinärlanfbahii. 

An der Militärveterinärakademie zu Berlin beginnt sich 
immer mehr eine erfreuliche Besserung der Verhältnisse der 
Studierenden bemerklich zu machen. Von nicht zu unter¬ 
schätzender Bedeutung ist auch die letzte Abänderung (vgl. 
B. T.W. Nr. 17, S. 310) der Bedingungen des Eintritts in die 
Militärveterinärlaufbahn. Es werden jetzt nicht bloß mehr im 
Oktober, sondern auch im April Abiturienten zum Eintritt als 
Militärveterinäraspirauten angenommen. Es steht zu erwarten, 
daß gerade im Frühjahr die Zahl der Bewerber gioß sein 
wird. Gerade dies macht die Verbesserung zu einer doppelten: 
denn dieselbe liegt nicht allein darin, daß zu Beginn jedes 


Semesters Aspiranten ihr Studium beginnen können, sondern 
auch darin, daß die im April Eintretenden als Einjährigfrei- 
w'illige eintreten müssen, wodurch die Zahl derjenigen, welche 
nicht als Einjährigfreiwillige eintreten, eine weitere Verminde¬ 
rung erfahren wird. 

Als die Entscheidung über das Abiturientenexamen und die 
damit verbundenen militärischen Änderungen getroffen wurde, 
wußte man noch nicht (obwohl es Kundige schon damals richtig 
voraussagten), ob unter den neuen Bedingungen genügender 
Zuzug vorhanden sein werde. Es mag daher berechtigt ge¬ 
wesen sein, damals die Möglichkeit, als Zwei- oder Dreijährig- 
freiwilliger unter geringerem Kostenaufwand in die militärische 
Laufbahn einzutreten, noch offenzubalten; die Hauptsache war, 
daß der unabweisliche Wunsch der Tierärzte befriedigt wurde, 
daß die Aspiranten als Einjährigfreiwillige eintreten konnten. 
Jetzt ist jener Zweifel hinsichtlich des Zuzuges behoben. Dem 
Vernehmen nach ist die Zahl der Anmeldungen eine so reich¬ 
liche, daß keineswegs alle Bewerber berücksichtigt werden. 
Auch das ist sehr erwünscht; denn nun kann eine Auswahl 
getroffen worden, sowohl nach den Schulzeugnissen, als auch, 
was für das Veterinäroffizierkorps notwendig ist, bis zu einem 
gewissen Grade hinsichtlich der Herkunft. 

Bei dieser Sachlage darf man die Hoffnung aussprechen, 
daß in naher Zukunft der Eintritt als Einjährigfreiwilliger 
obligatorisch gemacht wird. Bei der außerordentlichen Billigkeit 
des nachherigen Studiums muß der Aufwand für das Einjährig¬ 
freiwilligenjahr, das ja der Veterinäraspirant selbstverständlich 
mit viel bescheideneren Ansprüchen als der Durchschnitts¬ 
freiwillige der Kavallerie absolvieren kann, sich beschaffen 
lassen. Der ausschließliche Eintritt als Einjährigfreiwilliger 
ist für das Ansehen der Laufbahn, für die im Oftizierkorps 
wünschenswerte Gleichartigkeit doch schließlich unentbehrlich. 
Für diejenigen Aspiranten, welche als Zwei- oder Dreijährig¬ 
freiwillige eintreten, gestalten sich die Verhältnisse überdies 
recht unangenehm. Die Eltern, welche ihre Söhne zu dieser 
Form des Eintrittes aus Sparsamkeitsrücksichten veranlassen 
wollen, wissen das wahrscheinlich großenteils nicht, weshalb 
hier einmal auf Grund sachkundiger Auskunft auf folgendes 
hingewiesen worden mag: 

Der nicht einjährigfreiwillige Aspirant hat bis zu seiner 
Einberufung zur Lehrschmiede auf einer Mannschaftsstube zu¬ 
sammen mit den übrigen Leuten zu wohnen. Er kann zwar 
nach Ablauf der ersten sechs Wochen vom Stalldienst dispensiert 
worden, doch braucht das nicht zu geschehen. Es existieren 
keinerlei Bestimmungen, daß ihm gegenüber den anderen Mann¬ 
schaften irgendwelche Vorrechte eingeräumt werden müßten; 
er würd deshalb auch wie ein Gemeiner behaudelt. Der Zustand 
der ihm zu liefernden Uniformen läßt sehr häufig den Wunsch 
empfinden, sich wonn irgend möglich aus Privatmitteln eine 
Dienstuniform zu verschaffen. 

Wenn man andrerseits den Verbrauch eines einjährigfrei¬ 
willigen Veterinäraspiranten berechnen will, so ist ja von vorn¬ 
herein auszuschließen, daß dieser mit dem reichen Einjährig- 
freiwilligen der Kavallerie sich auf eine Stufe stellen sollte; 
er verfolgt von vornherein einen besonderen Zweck und kann 
sich daher unterscheiden, ohne sich irgend etwas zu vergeben. 
Die Einkleidung wird während des ersten halben Jahres den 
Betrag von 300 M nicht übersteigen. Die Ausgaben für 
Wohnung, Verpflegung. Putzer worden mit 200 M monatlich 



4. Juni 1908. 

reichlich hoch geschätzt sein. Demnach wird der einjährig- 
freiwillige Aspirant in dem halben Jahre des Waffendienstes 
keinesfalls über 1503 BI gebrauchen. Wenn diese Summe irgend 
zu erschwingen ist, so ist damit die Vermeidung der vielfach 
bitteren Konsequenzen des Eintritts als Zwei- oder Dreijährig¬ 
freiwilliger nicht zu teuer bezahlt. Schmaltz. 

Militär-Yeterinär-Ordnung. 

Zur Militär-Veterinär-Ordnung sind neue Deckblätter aus¬ 
gegeben worden, welche einige interessante Veränderungen ent¬ 
halten, worauf gelegentlich zurückgekommen wird. 

Mature und immature Tierärzte. 

An und für sich bietet der Artikel „Deutscher und Schweizer 
Dr. med. vet.“ des Herrn Dr. med. vet. Jonas in Nr. 19 dieser 
Zeitschrift keinen Anlaß für immature Tierärzte, sich besonders 
aufzuregen. Die darin zum Ausdruck gelangende Gesinnung ist 
leider nichts ganz Seltenes mehr. Da aber auch sonst von 
maturen Tierärzten unbegründete Ansprüche erhoben werden, die 
die schärfste Zurückweisung verdienen, möchte ich über „Mature 
und immature Tierärzte“ doch noch einiges sagen. Ich hoffe 
dabei auch den Interessen der maturen Tierärzte durchaus 
gerecht zu werden und nicht etwa nur einen einseitigen Partei¬ 
standpunkt zu vertreten, wie dies Herr Dr. med. vet. (Gießen) 
Jonas getan hat. 

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß ein Kollege den, 
sagen wir, Mut besitzen würde, einen Standpunkt öffentlich zu 
vertreten, wie ihn Herr Dr. med. vet. (Gießen) Jonas einnimmt. 
Daß eine derartige Stellungnahme eines Kollegen, die ja 
wenigstens den Vorzug der Aufrichtigkeit hat, die äußerste Er¬ 
bitterung aller Immaturen hervorrufen muß, ist ohne weiteres 
klar. Die Anerkennung des Schweizer Doktortitels findet sowieso 
schon in nicht-tierärztlichen Kreisen genügend Widerstand, so daß 
wahrhaftig nicht auch noch Kollegen, von denen man doch 
wirklich etwas mehr Einsicht und Entgegenkommen verlangen 
könnte, den Immaturen in den Rücken zu fallen brauchten. 

Aber vielleicht ist diese Stellungnahme einiger maturer 
Herrn wohl begründet, wenn auch schmerzlich für die Betroffenen. 
Prüfen wir daher das Für und Wider. 

Ich will gerne zugestehen, daß die zwei Jahre Primaner¬ 
bildung Bedeutung haben, aber — nur für die Betreffenden selbst. 
Diese hatten dadurch die Möglichkeit, sich ein beliebiges 
Studium auszuwählen, sie waren zwei Jahre älter, als sie ihr 
Studium begannen und hatten wohl auch einige Vorkenntnisse 
mehr. Sicherlich ist ihnen dadurch das Studium der Veterinär¬ 
medizin leichter geworden, sie brauchten vielleicht nicht so viel 
Mühe und Zeit aufzuwenden wie ein Immaturer, um dieselben 
Prüfungen zu bestehen. Das sind sicherlich nicht unwesentliche 
Vorteile. Dazu kommt noch, daß die maturen Tierärzte wohl 
oder übel von jedermann als den andern nichttierärztlichen 
Akademikern ebenbürtig betrachtet werden müssen, während die 
Immaturen vielfach doch noch über die Achsel angesehen werden. 
Sollen die Maturen nun aber außerdem noch von den Kollegen 
als bessere Hälfte betrachtet und dementsprechend bevorzugt 
werden? Sicherlich ist dies ein ganz grundloses Verlangen*); 
denn für die Berechtigung zu tierärztlichen Stellen können 
einzig und allein nur tierärztliche Prüfungen maßgebend 
sein. Nur sie geben doch Auskunft über die Befähigung zum 

*) Dieses Verlangen ist aber meines Wissens auch noch nirgends 
erhoben worden. S. 


411 


tierärztlichen Fach, über das tierärztliche Können. An andern 
Kenntnissen als solchen, die zur Ausübung der tierärztlichen 
Tätigkeit notwendig sind, haben die Prüfungs- und Anstellungs¬ 
behörden kein Interesse, so nützlich sie auch für den glücklichen 
Besitzer sein mögen. Mit dem Moment nun, in dem ein 
Immaturer die Prüfungsvorschriften erfüllt, sich über den Besitz 
der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten ausweist, hat er 
genau denselben Anspruch, als Voll-Tierarzt anerkannt zu 
werden, wie irgendein Maturer. Der Mature hat nunmehr nicht 
den geringsten Anspruch auf Bevorzugung, denn die größere 
Mühewaltung, die er auf dem Gymnasium leistete, mußte der 
Immature beim Fachstudium aufbringen. Wenn daher manche 
mature Tierärzte fordern, das Abiturium bei Bewerbungen extra 
angerechnet*) zu bekommen, so dürfte jetzt klar sein, daß dieser 
Anspruch vollständig unbegründet ist, ganz abgesehen von dem 
Mangel an Dankbarkeit, die in diesem Verlangen zum Ausdruck 
kommt, Mangel an Dankbarkeit gegen die meist immaturen 
Professoren, die ihnen die Resultate tierärztlicher, meist von 
Immaturen geleisteter Forschung vermitteln und sie so in den 
Stand gesetzt haben, im Kampf ums Dasein zu bestehen. So 
wenig gerechtfertigt eine Bevorzugung der Maturen ist, so 
j wenig nötig ist sie und ebensowenig klug, 
j Nicht nötig: Bei ihrer besseren Vorbildung muß es doch den 
| maturen Kollegen ein leichtes sein, bessere Examina zu machen 
als die immaturen und dadurch eo ipso Anspruch auf Bevor¬ 
zugung zu erlangen, ohne sich auf ihr gymnasiales Stempelpapier 
zu berufen. Wenig klug ist sie: Die Tierärzte werden dadurch 
in zwei feindliche Lager geschieden, und die uns so nötige ein¬ 
heitliche Organisation nach dem Vorbild der Ärzte, die einzig 
und allein auch den Maturen die gewünschten, dringend not¬ 
wendigen Verbesserungen in Einkommen, Dienststellung usw\ 
verschaffen kann, wird unmöglich. 

Bei der Frage der Anerkennung des Schweizer Doktortitels 
könnte man aber vielleicht noch andere Gründe zur Bevor¬ 
zugung der Maturen anführen, als bisher geschehen, so z. B. die 
angeblich milderen Bedingungen der Promotion. Die milderen 
Bedingungen sind aber durchaus nur formelle, die mit der Haupt¬ 
sache, den fachwissenschaftlichen Leistungen gar nichts zu tun 
haben, nämlich der Erlaß des Abiturientenzeugnisses. Die rein 
wissenschaftlichen und meines Erachtens für die Bewertung des 
Doktortitels allein ins Gewicht fallenden Vorbedingungen sind 
in Zürich z. B. schärfer als in Leipzig, insofern nämlich dort 
außer der Dissertation eine schriftliche Klausurarbeit verlangt 
wird und die mündliche Prüfung sich auf alle tierärztlichen 
Fächer erstreckt, während in Leipzig keine Klausurarbeiten ge¬ 
stellt und nur drei Fächer geprüft werden. 

Weiter könnte man aber sagen: Zur Verleihung des Doktor¬ 
grades genügt fachwissenschaftliche Leistung allein nicht, sondern 
es muß auch noch eine entsprechende Allgemeinbildung von den 
Doktoranden verlangt werden, und diese ist eben nur durch den 
regelrechten Abschluß der Vorbildung, durch das Abiturium ge¬ 
währleistet. 

So sehr ich den Vordersatz billige, so entschieden muß ich 
den Nachsatz verwerfen. Entweder hält man die für die not¬ 
wendige Allgemeinbildung, die den Studenten befähigt, den Vor¬ 
lesungen zu folgen, die Prüfungen zu bestehen, eine wissen¬ 
schaftliche Arbeit zu machen — dann hat aber der Doktorand 

*) Berechtigt aber würde es sein, die zwei Jahre Zeitaufwand 
in der Prima sozusagen auf die Anciennitat anzurechnen. S. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



No. 23. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


412 

bereits durch das Bestehen des Fachexamens, die Anfertigung 
seiner Promotionsarbeit den Beweis erbracht, daß er die nötigen 
philologischen, logischen und methodologischen Vorkenntnisse 
besitzt und es bedarf nicht noch einer eigenen Bescheinigung, 
oder aber man faßt den so oft mißverstandenen Begriff der 
Allgemeinbildung, wie es sein sollte, als universelle Bildung — 
dann muß man verlangen, daß sie den Besitzer befähigt, die 
Hauptströmungen von Wissenschaft, Kunst und Leben zu ver¬ 
stehen und sich darüber ein eigenes Urteil zu bilden. Daß nun 
diese Allgemeinbildung das Abiturium nicht gewährleistet, 
wird niemand bestreiten, daß es von vornherein nicht jeden 
dazu befähigt, wird jeder Einsichtige zugeben, daß die jetzige 
Gymnasialbildung vielmehr zu ihr fast unfähig macht*), um so mehr, 
je intensiver sie aufgenommen wurde, je länger man ihr aus¬ 
gesetzt war, wird keiner bezweifeln, der die moderne Literatur, 
moderne Pädagogik, Biographien von Männern wie Darwin, 
Haeckel, Liebig usw.Jkennt. Da also das Abiturientenzeugnis 
gar nichts besagt über das Vorhandensein einer solchen Allge¬ 
meinbildung, auf Grund deren allein, wenn man es streng nimmt, 
das Prädikat „Doktor“ verliehen werden sollte, kann sein 
Nichtbesitz keinen Grund bilden, die Erteilung oder in unserm 
Falle die Anerkennung zu versagen. Größere Bedeutung hätten 
die zwei Jahre Primanerbildung eben nur dann, wenn sie erst 
das Hauptziel jeder Erziehung brächten, nämlich die Befähigung 
zur selbständigen Denkarbeit auf allen wichtigsten Gebieten von 
Wissenschaft, Kunst und Leben, wenn sie erst das Merkmal 
wahrer Bildung aufprägten, nämlich das unstillbare Bildungs¬ 
bedürfnis. Daß sie dies nicht tun, ebensowenig wie die vorher¬ 
gehenden sieben Jahre, erfährt jeder Unbefangene, wenn er mit 
diesem Maßstabe unsere sogenannten Gebildeten, in der Haupt¬ 
sache doch Mature, mißt. Wahrhaft vernichtend wird sein 
Urteil sein über den Stand deren allgemeiner Bildung, über den 
Wert der Bildungsanstalt Gymnasium. Und wenn er moderne 
Pädagogen, Literaten, Naturforscher und Philosophen befragt, 
wird ihm dieses Verdikt nur um so gewisser, um so unumstö߬ 
licher. Liest man dann den Artikel des Herrn Dr. med. vet. 
(Gießen) Jonas, der in der Forderung gipfelt: Der Staat möge 
eine deutliche Unterscheidung treffen zwischen maturen und 
inmatnren Veterinärdoktoren, dann kann man sich eines herzhaften 
Lachens nicht erwehren. 

Indessen möchte ich doch nicht alle Hoffnung fahren lassen, 
daß selbst Herrn Dr. med. vet. (Gießen) Jonas bei weiterer 
Entwicklung die ungeheure Kluft erkennt, die zwischen der 
durchs Maturitätszeugnis festgenagelten Bildung besteht und 
einer wirklichen Allgemeinbildung. Dann wird er wohl eine 
Umwertung des Wortes Gymnasialmaturität vornehmen und 
friedlich und schiedlich mit immaturen Doktoren (horribile dietu) 
als gleichberechtigt Zusammenleben. Habeat Bibi. 

Max Seber, städt. Tierarzt, Dresden. 

Auszug aus dem Protokolle der ordentlichen General- 
versamlung des „Tierärztlichen Vereins Schleswig- 
Holsteins“ 

am 31. August und 1. September 1907 in Kiel, Holst’ Hotel. 

Erster Tag. Der Herr Vorsitzende, Vet.-Rat Dr. Fo t li¬ 
sch I es wig, eröffnete um 7 l / 9 Uhr abends die Vorversammlung, be- 

*) Derartigen Behauptungen muß aber denn doch auch ent¬ 
schieden widersprochen werden. Gründliche geistige Erziehung — 
und die leisten unsere Gymnasien trotz ihrer Mängel — wird überall 
die vorhandenen Anlagen und Fähigkeiten steigern, namentlich 
auch die kritischen, was selbst Darwin und Haeckel gegenüber 
nützlich ist. S. 


grüßte die zahlreich erschienen Kollegen (85), wies auf die große 
Wichtigkeit der auf der Tagesordnung stehenden Themata hin, 
bemerkte, daß der Referent für das Thema „über Notschlachtungen“ 
nicht erscheine, und daß er deshalb dem Herrn Dr. Bugge-Kiel 
das Wort erteilen werde zu seinem Vortrage „Fleischvergiftungen“. 

Redner bemerkt zunächst, daß die Fleischvergiftungen innig 
sich anschließen an die Notschlachtungen und daß die angekündigten 
Demonstrationen erst morgen in dem bakteriologischen Institute 
stattfinden könnten. 

Referent teilt die Fleischvergiftungen in drei Gruppen, wovon 
die eine diejenigen Gifte umfaßt, die in dem frischen Fleische noch 
nicht vorhanden, sich bei der Zubereitung erst bilden, die so¬ 
genannten „Wurstgifte“ und hervorragend Lähmungserscheinungen 
nach dem Genüsse hervorrufen — Botulismus. In eine zweite 
Gruppe sind die Schädlichkeiten zu bringen, die schon im lebenden 
Tiere vorhanden, durch den Genuß von solchem Fleische im rohen 
Zustande im Menschen sich vermehren, hochgradige Fieber hervor¬ 
rufen und Lebensgefahr bringen, jedoch meistens durch den vor¬ 
herigen Kochprozeß unschädlich gemacht werden können. 

Eine dritte Gruppe bildet sich in dem lebenden Tiere langsam, 
schleichend, setzt sich meistens aus den sogenannten Stoffwechsel¬ 
produkten zusammen, die durch Kochen nicht unschädlich zu machen 
sind, diese sind insofern die bedeutungsvollsten Fleischvergiftungen, 
weil sie häutig aus Notschlachtungen hervorgehen, wie nach Ruhr, 
Metriten, Mastiten, Puerperalfieber, Polyarthriten; an dem Fleische 
meistens nichts Verdächtiges hervortritt, aber der Genuß Erbrechen, 
Durchfall, Benommenheit und häufig den Tod des Menschen ver¬ 
ursacht. Um dem Tierarzte bei der Beschau in diesen Fällen 
helfend zur Seite zu stehen, hat die Landwirtschaftskammer das 
Tierseucheninstitut zur Abbenutzung angeboten und kann durch 
Einsendung von Fleisch notgeschlachteter Tiere innerhalb 
12—15 Stunden dem betreffenden Tierärzte Auskunft über den 
Befund zukommen. 

Hierzu wird jedoch bemerkt, daß das Institut über die Genu߬ 
tauglichkeit des Fleisches nicht entscheidet, sondern für die Be¬ 
urteilung nur ein Hilfsmittel in die Hand gibt, ob pathogene Bakterien 
vorgefunden sind. 

In der hieran sich anschließenden Diskussion heben Witt- 
Iladersleben und Kreutzfeld-Eutin die große Bedeutung der 
bakteriologischen Untersuchung der eingesandten Fleischproben 
hervor, da es sich erwiesen, daß parenchymatöse Schwellungen 
von Organen nicht immer Grund zum Verwerfen des Fleisches ab¬ 
geben, während Petersen-Segebcrg dem makroskopischen Befunde 
allein den Vorzug zu geben wünscht, denn die Verantwortung trage 
der abstempelnde Tierarzt allein und sei äußerste Vorsicht geboten. 

Herr Dr. Foth warnt einerseits davor, von den tierärztlichen 
Beobachtungen und Anschauungen abzulassen, aber empfiehlt andrer¬ 
seits bei Notschlachtungen zweifelhafter Natur das Institut gleich¬ 
zeitig mit in Anspruch zu nehmen, um mit dazu beizutragen, daß 
diese Neuerung zu immer festeren Grundsätzen gelangt. 

Herr v. Werder-Flensburg bittet die Kollegen, mit dafür 
wirken zu wollen, daß die, den Tierärzten noch allgemein bei¬ 
gelegte Titel, als Beschauer, Ergänzungsbeschauer nicht geduldet, 
namentlich die Schriften gemieden werden, worin solche Titulatur 
noch hervortritt. 

Mitteilungen aus der tierärztlichen Praxis. 

Es werden mehrere Fälle von Vergiftungen bei Rindern erwähnt 
und von Dr. Bugge auch der zu reichliche Genuß von Tarnacetin 
vulgare, Rainfarn, der reichlich Tarnacetin enthalte, als Ursache 
beschuldigt. 

Witt-Hadersleben bringt die innere Verblutung durch Milz¬ 
ruptur bei Rindern zur Sprache, die auch von Dr. Foth, 
Warringsholz und Eiler beobachtet ist. Eilers Anschauung, 
daß die Ursachen hierzu in der Aufnahme von Kohlenwasserstoff¬ 
gas, Malarialuft, zu suchen seien, wird von Hasch-Wilster bestritten 
und nimmt Petersen-Segeberg Thrombosis an. 

Über die Verwertung des Fleisches solcher, teils verendeter 
Tiere, zum Genüsse für Menschen gehen die Meinungen auseinander, 
Ruser-Kiel hält eine solche nicht mehr für zulässig. 

Thayssen-Schotzbitll beschreibt einen Fall von rheumatischem 
Fieber mit nachheriger Zerreißung der Beugesehnen am Vorderbein. — 




4. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


418 


Die Behandlung der Mastiten vermittelst des Bi er sehen Apparates 
scheint nach Mitteilung mehrerer (Rodewald, Jansen) sich nicht 
bewährt zu haben, wogegen Herr v. Werder durch Einspritzung 
von Jodvasogen und Har ms-Elmshorn mit Borsäure gute Erfolge 
gehabt haben. Die Massage des erkrankten Euterviertels und das 
Ausstrippen der betreffenden Zitze werden auch nur geteilt günstig 
beurteilt. 

Petersen-Segeberg empfiehlt als Yorbeugungsmittel bei Fett- 
gräsung die Einreibung mit 01. animale 2 mal wöchentlich. Von 
den andern Heilmitteln wird Tallianin bei der Pferderhehe sehr 
gerühmt, mit der Verwendung von Lumbagin sind schlechte 
Resultate erzielt; das Staupeserum ist teils mit gutem, teils mit 
unbefriedigendem Erfolge, sowohl als Heilmittel, wie als Schutz¬ 
mittel verwendet worden und wird die Ursache dafür der Bezugs¬ 
quelle zugeschrieben. 

Das Damholid wird gegen das Blutharnen der Rinder gerühmt, 
doch wird vor der intravenösen Einspritzung desselben gewarnt, 
da das Material nicht immer einwandfrei und durch die Entstehung 
von malignem Ödem der Tod herbeigeführt werden kann (Bugge). 

Das Tetanus-Antitoxin nach B e h r i n g wird von M a 8 c h und Witt 
für zuverlässig gehalten, doch sei es verschieden. Hierzu bemerkt 
Dr. Bugge, daß die Herstellung sehr schwierig sei und leicht ein 
minderwertiges Produkt gewonnen werden könnte. 

Die Impfung gegen Schweineseuche mit Euman hat sich nur 
teilweise bewährt, wozu Marten-Neustadt bemerkt, daß stets die 
Bedingungen vorweg festzustellen, unter denen überhaupt geimpft 
werden darf und dann dieselben auch durchzuführen. Herr Dr. Foth 
empfiehlt wieder Versuche folgen zu lassen. Dr. Bugge erwähnt 
noch, daß das Rotlaufserum sehr leicht herzustellen und daß die 
Rotlaufkultur nur Bazillen am Boden lagernd enthalten dürfe. 

Zweiter Tag: Hauptversammlung am 1. September. 
Am Morgen wurde von Dr. Bugge, nach einer kurzen Klarlegung 
des Tuberkulosetilgungs-Verfahrens nach Professoren Bang und 
Ostertag, auf dem Schlachthofe praktisch die Entnahme von 
Lungenauswurf an einem lebenden Rinde vorgeführt. Danach fand 
eine Besichtigung des bakteriologischen und Tierseuchen-Instituts 
der Landwirtschaftskammer unter Führung des Herrn Dr. Bugge 
und dessen Assistenten statt, wo auch verschiedene frische 
Präparate von seuchenkranken Tieren zur Anschauung gelangten. 

Um ll 3 /i Uhr eröffnete der Herr Vorsitzende die Haupt¬ 
versammlung in Holst’ Hotel, wo reichlich 75 Kollegen anwesend 
waren. Zunächst wird der Geschäftsbericht von dem Herrn Vor¬ 
sitzenden damit eingeleitet, daß ein Dankschreiben des Ehren¬ 
mitgliedes Geh. Reg.-Rat Dammann-Hannover und des Tierarztes 
Schmidt-Kolding, sowie eine Eingabe des Brandenburger Tier¬ 
ärztlichen Vereins über Errichtung einer Tierärztekammer verlesen, 
an letzteres, nach kurzer Klarlegung des Sachverhaltes, der Wunsch 
geknüpft, die Angelegenheit im nächsten Jahre wieder vorzutragen. 
Alsdann wird bemerkt, daß der Anfang mit Anlegung eines 
Instrumentariums gemacht, daß Drucksachen über die Verhandlungen 
des Veterinärrates zur Verteilung gelangt, und daß auf den Geheim¬ 
mittelschwindel ein wachsames Auge von der gewählten Kommission 
zu richten angebahnt ist, ferner, daß die Mitgliederzahl am 1. Juli 127, 
außer drei Ehrenmitgliedern, betragen, daß drei Kollegen, Koch- 
Borby, Braasch-Thürk und Diedrichsen-Bistoft, mit Tode ab¬ 
gegangen, zu deren Andenken die Anwesenden sich von ihren 
Sitzen erheben; — der vorjährige Beschluß über die Entrichtung 
einer Eintrittsgebühr von 4 M. trete jetzt in Kraft, der Jahresbeitrag 
dagegen sei postnumerando zu zahlen und nach dem 1. Oktober 
jeden Jahres, wenn nicht entrichtet, dieser durch Postauftrag 
einzuziehen. 

Die Rechnungslegung wird vom Kassierer erläutert und da bei 
der Revision nichts zu erinnern gefunden, Decharge erteilt. Das 
Unterstützungsvermögen beträgt 9038,63 M., Einnahmen und Aus¬ 
gaben bilanzieren mit 1306,75 M. und ist ein Kassenbestand von 
55,40 M. vorhanden. Es wird vom Vorsitzenden noch dazu bemerkt, 
daß 550 M. an Unterstützungen gewährt und daß 217 M. für Instru¬ 
mente ausgegeben sind. 

Es werden hierauf 12 Kollegen als Mitglieder statutgemäß in 
den Verein aufgenommen. 


Zum 1. Schriftführer wird Vet.-Rat Eiler-Flensburg wieder¬ 
gewählt, als Revisoren haben Boje-Itzehoe und Masch-Wilster 
zu fungieren. 

V erschiedcnes. 

Der Herr Vorsitzende empfiehlt den Beitritt zur Wirtschafts¬ 
genossenschaft deutscher Tierärzte, der sämtliche Kreistierärzte der 
Provinz schon angehörten; Formulare zum Zeichnen liegen aus. 

Zu dem Ende September in Berlin stattfindenden Kongreß für 
Hygiene und Dermographie wurden die Herren Dr. Foth, Schlacht¬ 
hofdirektor Ruser und Tierarzt Jansen-Meldorf als Delegierte zu' 
entsenden gewünscht. 

Gegen den abschlägigen Bescheid des Oberlandesgerichts¬ 
präsidenten in Kiel wird beschlossen, eine Eingabe an den Herrn 
Justizminister zu richten, betreffend die Wiedererhöhung der Ge¬ 
bühren für Tierärzte vor Gericht. 

Für die weitere Anschaffung von tierärztlichen Instrumenten 
wurden 150 M. bewilligt. 

Es wird zur Sprache gebracht, daß aus Nordschleswig junge 
Leute, ohne ordentliche Vorbildung, auf die Hochschule in Kopen¬ 
hagen gehen, daselbst als Hospitanten einen längeren Kursus durch¬ 
machen und dann sich hier als Pfuscher niederlassen. Es wird 
gewünscht, diesem Treiben Einhalt zu tun und zu dem Ende Er¬ 
kundigungen direkt an der Kopenhagener Hochschule einzuziehen. 

Es kommt ferner ein Antrag zur Annahme, Material über die 
sogenannten wilden Impfungen zu sammeln, um dem entgegen 
wirken zu können, daß Seruminstitute das Impfmaterial direkt an 
die Landwirte abgeben. 

Herr Vet.-Rat Dr. Foth hielt hierauf einen Vortrag über „Milch- 
kontrolle“ (der für sich vom Herrn-Referenten veröffentlicht werden 
wird). 

In der hieran sich anschließenden Diskussion wurde darauf auf¬ 
merksam gemacht, daß die tierärztliche Kontrolle als Reklame in 
dem Milchverkaufe häufig unberechtigterweise diene, dem entgegen¬ 
getreten werden müßte, auch müßten die Fälle zur Anzeige gebracht 
werden, wo der Tierarzt Gelegenheit habe, die Übertragung der 
Tiertuberkulose auf Menschen zu beobachten, und daß es erwünscht 
sei, für den tierärztlichen Stand, sich mit der Milchkontrolle mehr 
zu beschäftigen, als bisher geschehen, deshalb diese Angelegenheit 
in der Tagesordnung der Tierärztlichen Versammlungen stets wieder¬ 
zukehren habe. 

Als Delegierte für die Zentralvertretung preußischer Tierärzte 
werden wiedergewühlt, und zwar für die folgenden 3 Jahre, die 
Herren Dr. Foth, Ruser und Warringsholz und als Stellver¬ 
treter Kreutzfeld-Eutin, v. Werder-Flensburg und Janssen- 
Meldorf. 

Die nächstjährige Versammlung findet wiederum in Kiel statt. 

Nach Schluß gemeinschaftlicher Tischgang mit Damen. 

I. A.: Eiler, Schriftführer. 

Grundsteinlegung zum RSC.-Denkmai. 

Am Donnerstag, den 28. Mai (Himmelfahrtstag), hat unter 
der Teilnahme einer größeren Anzahl vön Aktiven und Alten 
Herren der Korps in Rudolstadt die feierliche Grundsteinlegung 
zum RSC.-Denkraal stattgefnnden. Im Aufträge des Fürstlichen 
Staatsministeriums waren Herr Geheimer Staatsrat Dr. Körbitz, 
als Vertreter der Residenzstadt Rudolstadt die Herren Bürger¬ 
meister Doflein und Frenzel, sowie mehrere Mitglieder des 
Stadtrats, als Vertreter des Rudolstädter-Abends dessen Vorstand 
erschienen. 

Der Vorsitzende des Festausschusses, Prof. Dr. Eberlein, er¬ 
öffnete die Feier mit einer Festrede, in welcher er in kurzen 
Zügen die Entstehung des RSC.-Denkmals entwickelte und der 
Hoffnung Ausdruck gab, daß das RSC.-Denkmal nicht allein 
ein Markstein in der Geschichte des RSC., sondern auch immerdar 
sein möge ein Wahrzeichen der unerschütterlichen Treue gegen 
unsem geliebten Kaiser und die ihm verbündeten Fürsten, der 
unverbrüchlichen Liebe zu unserm Vaterlande, ein äußeres 





414 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


Symbol der Stärke und Einigkeit im RSC., ein Ansporn zur 
Pflege studentischen Geistes, echter Freundschaft und edlen 
Rittersinns. 

Alsdann füllte der Vorsitzende die für den Grundstein be¬ 
stimmte Urne (Kapsel) mit den auf die Stiftung des RSC.- 
Denkmals bezüglich Dokumenten, den Bändern aller im RSC. 
vereinigten Korps sowie der von den anwesenden Vertretern 
der Korps vollzogenen Stiftungsurkunde, fügte die von Sr. Durch¬ 
laucht dem Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt huldvollst 
gestiftete Denkmünze, sowie die von dem Fürstlichen Staats¬ 
ministerium und der Residenzstadt Rudolstadt gewidmeten Ur¬ 
kunden hinzu und ließ dann die Urne verlöten und in den 
Grundstein einmauern. 

Hiernach folgte die eigentliche Weihe. Nachdem Herr 
Geheimer Staatsrat Dr. Körbitz und Herr Bürgermeister 
Doflein im Namen des Fürstlichen Staatsministerims und der 
Residenzstadt Rudolstadt mit den ersten drei Hammerschlägen 
herzliche Glück- und Segenswünsche dargebracht hatten, traten 
nacheinander die Mitglieder des Festausschusses, sowie alle 
Vertreter der Korps an den Grundstein heran, taten die üblichen 
drei Hammerschläge, mit welchen sie einen markigen Hammer¬ 
spruch verbanden. Den Schluß bildete der Dank des Vorsitzenden 
an alle zur Feier Erschienenen. 

Die Enthüllung des Denkmals wird bereits am 14. Juni 
stattflnden. 

Erklärung. 

Unterfertigtes Korps gestattet sich den verehrlichen Lesern 
der B. T. W. in weiterer Erledigung der gegen Angehörige des 
Korps Salingia erhobenen Beschuldigungen geziemend folgendes 
zu unterbreiten. 

Herr Schlenstedt ist seit seiner Studienzeit Angehöriger 
unseres Korps gewesen und es hat bisher nach unserer Ansicht 
kein Grund Vorgelegen, Herrn Schlenstedt das Band zu ent¬ 
ziehen, da er sich nach unseren bisherigen Erkundigungen 
sowohl in akademischen wie auch in anderen Kreisen einer sehr 
guten gesellschaftlichen Stellung erfreut. Es ist in dortiger 
Gegend allgemein bekannt, daß Herr Schlenstedt die Appro¬ 
bation nicht erworben hat, trotzdem sieht ihn die Allgemeinheit 
nicht als Pfuscher an. Es ist daher wohl verständlich, daß seit 
jeher Angehörige des Korps bei Schlenstedt verkehrt und ihn 
in seiner Praxis unterstützt haben, um so mehr als uns Ver¬ 
fehlungen in der Praxis von seiten Schlenstedts nicht zu 
Ohren gekommen sind. In Verfolgung dieses Prinzips hat Herr 
Honigmann keinen Anstand genommen, sich zwecks gemein¬ 
samer Ausübung der Praxis in Cönnern niederzulassen und hat 
sich hierbei unserer festen Überzeugung nach Verfehlungen 
gegen die Standesinteressen in keiner Weise zu Schulden 
kommen lassen. 

Die Beleidigungen, die Herr Dr. Fe lisch in seinen Artikeln 
Angehörigen unseres Korps gegenüber gebraucht hatte, suchten 
wir durch persönliche Verhandlungen mit Herrn Dr. Felisch 
zu regeln, was jedoch nicht gelang, da selbiger sich — unserer 
Überzeugung nach ungerechtfertigt — mit seiner Eigenschaft. 
als Beamter deckte. Als später ein Herr, im persönlichen Auf¬ 
träge der beleidigten Herren, Herrn Dr. Felisch zu sprechen 
wünschte, hielt dieser es trotz aller Bemühungen für überflüssig, 
den Besuch zu empfangen. Zwecks endgültiger Regelung der j 
Angelegenheit wird nunmehr der Klageweg beschritten und wir I 


überlassen es dem Gericht, über die angeführten Beschuldigungen 
die nötige Klarheit zu schaffen. 

In Nr. 19 der B. T. W. sind praktische Tierärzte, die An¬ 
gehörige unseres Korps sind, wegen ihrer Tätigkeit in der 
Praxis des Herrn Schlenstedt angegriffen worden. Wir er¬ 
klären hiermit auf Grund ehrenwörtlicher Aussagen dieser 
Herren, daß Herr Dr. Felisch in diesen Fällen von seinen 
Gewährsmännern falsch unterrichtet war, was Herrn Dr. Felisch 
auch durch persönliche Schreiben dieser Herren mitgeteilt 
worden ist. 

Das Korps Salingia. 

I. A.: Max Schulz, Salingiae X. 

Resolution. 

Der tierärztliche Verein für den Reg.-Bez. Merseburg 
erklärt: 

„daß er das Vorgehen seines Herrn Vorsitzenden gegen 
Herrn Tierarzt Honigmann billigt.“ 

gez. Friedrich, Enders, 

stellv. Vorsitzender. Schriftführer. 

Zu dem Artikel „Roßarzt Rietzei“. 

Beim Lesen des Artikels „Roßarzt Rietzei“ in Nr. 21 dieser 
Wochenschrift ist w r ohl vielen Kollegen der Wunsch aufgestiegen, 
die Veröffentlichung genannter Zeilen wäre besser unterblieben, nicht 
aus Pietätlosigkeit gegen unsere Vergangenheit, sondern weil man 
über gew isse Perioden, die wohl fast keinen, auch den akademischen 
Berufsklassen erspart geblieben sind, politisches Stillschweigen 
bewahrt. Die Zeiten, wo der Veterinär offen in einem Atemzuge 
mit dem Wachtmeister genannt wurde, sind noch zu sehr in der 
Erinnerung, als daß man an diesen Tatsachen, wenn auch un¬ 
absichtlich, rühren darf, ohne in anderen Kreisen — die Berliner 
Tierärztliche Wochenschrift wird bekanntlich nicht allein von Tier¬ 
ärzten gelesen — ein gewisses Gefühl der Befriedigung hervorzurufen. 
Der von Herrn Prof. Dr. Schmaltz in dem früheren Artikel so 
treffend gebrauchte Ausdruck „Faktotum“ hätte genügen sollen, 
diese Bezeichnung für den als „Tierarzt“ dienenden Roßarzt 
Rietzei nicht noch durch weitere Beiträge beglaubigend zu 
unterstreichen. Unus pro multis. 

Anmerkung. Ich gebe dieser Ansicht Raum, ohne sie zu 
teilen. Was fast 40 Jahre hinter uns liegt, kann wohl offen be¬ 
urteilt werden. Schmaltz. 

Neuregelung der Gehälter der höheren Schulanstalten Sachsens. 

Nachdem im Königreich Sachsen die Volksschullehrer, die 
Geistlichen, Richter und Staatsbeamten (Ärzte usw’; eine größere 
Gehaltserhöhung erhalten haben, sind sämtliche Kategorien der dem 
Geschäftsbereiche des Kultusministeriums unterstellten höheren 
Lehrer einer Gehaltserhöhung teilhaftig geworden, insofern die 
Gehälter denjenigen der auf gleicher Bildung stehenden Staatsdiener¬ 
gruppen genähert worden sind unter Beibehaltung der Höchst¬ 
gehalte des jetzigen Status. Das Höchstgehalt wird allgemein auf 
6603 M. festgesetzt; es soll jedoch in kürzerer Zeit als bisher 
schon erreicht werden, das heißt längstens mit einer Gesamtdienst¬ 
zeit von 24 Jahren. Obige Gehaltsangabe wird als das mindeste 
angesehen, was der Staat leisten muß, um hinreichende und 
tüchtige Kräfte in Sachsen zu erhalten. Rektoren sollen bis 7500 M. 
steigen. Anfangsgehalt ist 2800 M. Nach drei Jahren finden je 
viermal 500 M., dann dreimal je 400 M., zuletzt einmal 600 M. 
Steigerungen statt. Das Anfangsgehalt wird von einem Lebens¬ 
alter von 25 Jahren an gezahlt. — Vielleicht kommt die Zeit, wo 
auch die Kommunen und nicht allein in Sachsen für ihre Tierärzte 
bessere Bezahlung einführen werden, sintemal sie auch Akademiker 
sind mit gleicher Studienzeit wie die Philologen! Dr. G. 

Ärztestreik in Köln. 

Nachdem bereits 1904 mit Mühe und Not der Ärztestreik in 
Köln mit Hilfe des früheren Oberbürgermeisters sich gelegt hatte, 
i ist er abermals entbrannt. Die Ortskrankenkasse sucht demnach 








4. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


415 


durch Zeitungen eine Anzahl Ärzte auf etwa fünf Jahre fest, mit 
einem Gehalte von 8000 M., Privatpraxis ist dabei noch frei. Durch 
die 1904 festgelegte freie Ärztewahl wurden nämlich die 
Medikamcntenkosten zu hoch; daher die Differenzen. Dr. G. 

Besserung der Stellung der Kreisärzte. 

Die preußischen Kreisärzte sollen, ähnlich ihren sächsischen 
Kollegen, eine Gehaltsaufbesserung erfahren. Und zwar die voll¬ 
besoldeten sowohl wie die nicht voll besoldeten. Auch die Dienst¬ 
aufwandsentschädigung soll erhöht werden. Den nicht voll be¬ 
soldeten Kreisärzten soll als Grundlage für die Pension der Satz 
von 2250 M. gelten. Dr. G. 

Handelsgesellschaft Deutscher Apotheker. 

D. H. G. D. A. (Hageda) verteilt eine Dividende von 7 Proz. 
w ie in den Vorjahren für ihre Mitglieder. (Die Handelsgesellschaft 
ist eine Einkaufsgescllschaft ähnlich der der Wirtschaftsgenossen¬ 
schaft der Tierärzte.) Eine größere Summe des Kapitals soll vor¬ 
übergehend nutzbringend als Baugeld für das Vereinshaus deutscher 
Apotheker angelegt werden. Dr. G. 

Freie Vereinigung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. 

Folgende uns interessierende Gegenstände wurden auf der 
VII. Hauptversammlung der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungs¬ 
mittelchemiker am 29. und 30. Mai in Bad Nauheim verhandelt: 

Untersuchung und Beurteilung der Milch. Berichterstatter: 
Prof. Dr. Weigmann-Kiel. 

Über refraktometri8che Milchuntersuchung: C. Mai-München. 

Über den Wassergehalt der Margarine: A. Berthien-Dresden. 

Über den Naclnveis von Fermenten mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Milch. Von S. Rothenfüßer-München. 


Lber den Nachweis und die Beurteilung von Zuckerkalkzusatz 
zu Milch und Rahm. Von E. Baier-Berlin. 

Die Lebensmittelgesetzgebung in den Vereinigten Staaten 
von Nord-Amerika. Von €. A. Neufeld. 

Welche Geldstrafen stehen den Kassen zu, die Öffentliche 
Anstalten zur Untersuchung von Nahrungsmitteln unter¬ 
halten und welche Untersuchungsgebühren sind den rechts¬ 
kräftig Verurteilten zugunsten der Polizeikassen aufzn- 
IcgenV Dr. G. 

Mittelmeerfahrt 

Die heurige 4. Deutsche Mittelmeorreise unter Leitung 
von Prof. Dr. Miller in Stuttgart vom 3. bis 20. August bietet die 
doppelte Gelegenheit, sowohl Ägypten als Palästina auf die 
angenehmste und billigste Weise kennen zu lernen. Die Überfahrt 
erfolgt mit dem herrlichen neuen Luxusdampfer Cairo, welcher 180 m 
Länge, 12 000 t Gehalt, 18 00O Pferdekräfte und 7 Decks über ein¬ 
ander hat. Der Aufenthalt in Ägypten dauert 12 Tage und führt 
bis Assuan und zum ersten Katarakt. Man kann aber auch statt 
Ober-Ägypten Palästina einsetzen und hat in diesem Falle 5 Tage 
in Ägypten, 7 in Palästina zur Verfügung, kann Jaffa, Jerusalem, 
Bethlehem, Jericho, das Tote Meer und den Jordan mit Muße 
besuchen und hat, wenn man von Jericho absieht, auch von der 
Hitze gar nichts zu fürchten. Auf der Heimreise w'ird 2 Tage in 
Neapel und 2 Tage in Rom gerastet. Die Kosten dieser ganzen 
Reise können schon mit 520 Mark und einem kleinen Taschengelde 
bestritten werden. Wer größere Bequemlichkeit liebt, setzt noch ein 
paar Hundert Mark zu und fahrt 1. Klasse. Seekrankheit ist in dieser 
Jahreszeit und mit einem solchen Dampfer ganz ausgeschlossen. 
Näheres ist aus den Prospekten zu ersehen. Anmeldungen 
möglichst bald an Prof. Miller, Stuttgart. Staffierberg 54, erbeten. 


Staatsyeterinärwesen. 

Redigiert von Voterinärrat Preuße. 

Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht in Deutsch- 
Süd westafrika und zur Bekämpfung der afrikanischen 
Viehseuchen. 

Wie bereits in Nr. 14 der B. T. W. mitgeteilt wurde, stand 
das vorgenannte Thema auf der Tagesordnung der diesjährigen 
Plenarversammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates. Da 
mir damals ein ausführlicher Bericht über diese Verhandlungen 
nicht vorlag, konnte ich hierauf noch nicht näher eingehen. 
Herr Veterinärrat Rick mann hatte nun die Freundlichkeit, 
mir den offiziellen Bericht zur Verfügung zu stellen. Ich bin 
daher jetzt in der Lage, einen Auszug aus den Verhandlungen 
über das vorstehende Thema zu veröffentlichen. Als erster 
hielt Wirkl. Geh. Rat Prof. Dr. Robert Koch einen Vortrag 
über die ostafrikanischen Viehseuchen. Wie Referent vor 
10 Jahren nach Deutsch-Ostafrika kam, fand er sehr ungünstige 
Verhältnisse in betreff der Viehseuchen vor. Die aus dem Innern 
nach der Küste gebrachten Tiere gingen fast alle zugrunde. 
Man glaubte allgemein an Rinderpest, welche einige Jahre vorher 
in Ostafrika arg gehaust hatte. Koch fand, daß die Sterblichkeit 
des Viehs durch zwei ganz bestimmte Krankheiten bedingt war, 
das Ktistenfieber und die Tsetsekrankheit. Das erstere kommt 
in einem ganz schmalen Strich an der Küste vor. Es ist bedingt 
durch einen Blutparasiten, ein Protozoon. Die Krankheit ist 
sehr gefährlich, die Sterblichkeit einer befallenen Herde beträgt 
90 Proz. Die wieder gesundeten Tiere sind immun „gesalzen“. 
Auch die Nachkommen gesalzener Tiere haben einen geringen 
Grad von Immunität. Die durchseuchten Tiere bilden eine 
Gefahr für die gesunden „ungesalzenen“.*) Eine unmittelbare 

*) Dies wird von Th ei ler für unrichtig erklärt, nach dessen 
Ansicht können die Genesenen die Krankheit nicht auf die Unge¬ 
salzenen übertragen. 


Berührung ist für die Übertragung nicht notwendig. Durchseuchte 
Tiere brauchen nur über eine Weide zu gehen, wodurch diese auf 
Wochen hinaus für gesunde und empfängliche Tiere infiziert 
wird. Referent erwähnt hierzu einige Beispiele. Man kann 
auch gesunde Tiere mit dem Blut gesalzener Tiere künstlich 
immunisieren. Diese künstlich immunisierten können aber auch 
gesunde Tiere anstecken. Die Schutzimpfung ist daher für die 
Tilgung des Küstenfiebers nicht zu empfehlen. Hier helfen 
nur veterinärpolizeiliche Maßnahmen. Die Schutzimpfung bleibt 
nur ein Notbehelf. Das wichtigste ist, daß man alle Tiere, 
welche den Blutparasiten beherbergen, beseitigt. 

Das Küstenfieber breitet sich immer mehr aus, der ver¬ 
seuchte Küstenstrich wird immer breiter, auch sind schon 
mehrere Stationen im Innern verseucht. 

Bei einem im Jahre 1905 wiederholten Besuch in Ostafrika 
überzeugte sich Koch, daß zwar eine Anzahl von Stationen im 
Innern bereits durch Küstenfieber verseucht waren, daß diese 
Krankheit jedoch in anderen großen weiten Gebieten noch nicht 
aufgetreten war. Als man nun anfing, diese Seuche ernstlich 
zu bekämpfen, kam der Aufstand dazwischen, dieser hat noch 
zu ihrer Weiterverbreitung beigetragen. Nachdem der Aufstand 
beendet ist, muß gegen das Küstenfieber energisch eingeschritten 
werden. Die verseuchten Herden sind von jedem Verkehr mit 
gesundem Vieh abzuschließen, es darf kein Vieh von der Küste 
nach dem Innern transportiert w r erden. Das Umherziehen von 
Händlern mit ganzen Viehherden und das Verteilen von Beute¬ 
vieh an Eingeborene und Ansiedler ist zu inhibieren. Das Vieh 
ist einzufriedigen, Milchkühe sind in Ställen zu halten. Vor 
allem müssen mehr Sachverständige in der Kolonie zur Ver¬ 
fügung stehen. Koch hält die Anstellung von mindestens 
sechs Tierärzten für erforderlich.*) 

*) Rick mann hält diese Zahl für völlig unzureichend. 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


4 H» 


Die zweite Rinderseuche von Deutsch-Ostafrika ist die 
Tsetsekrankheit, welche ebenfalls durch einen Blutparasiten, 
ein Trypanosoma, verursacht wird. Die Übertragung dieses 
Parasiten geschieht durch eine Stechfliege, GlosBina. Die 
Glossinen sind nicht über die Kolonien gleichmäßig verbreitet, 
sie kommen nur strichweise vor, besonders am Fuße von 
Gebirgen, wo Wald und WaBser miteinander verbunden Vorkommen. 
Dort, wo Glossinen Vorkommen, ist jede Viehzucht unmöglich. 
Gegen die Tsetsekrankheit gibt es keine natürliche Immunität, 
wohl aber eine künstliche. Trypanosomen, welche Hunde und 
Ratten passiert haben, können, auf Rinder verimpft, diese gegen 
die Krankheit schützen. Das Schutzimpfverfahren hat jedoch 
die auf dasselbe gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. Der 
Impfschutz ist ein verhältnismäßig kurzer. Die Krankheit 
wird durch das Schutzimpfverfahren auch konserviert. Koch 
empfiehlt zur wirksamen Bekämpfung der Tsetsekrankheit die 
Ausrottung des sogenannten großen Wildes: Antilopen, Büffel usw. 
in den Gegenden, in denen Glossinen Vorkommen. Nach Koch 
kommt es nicht darauf an, die Gebiete, die jetzt durch die 
Tsetse verseucht sind, für die Viehzucht freizumachen, sondern 
besonders auch auf die Schaffung unverseuchter Transportwege 
vom Innern nach der Küste. Solche Transportwege sind 
möglichst frei von allen Tieren zu machen, die den Glossinen 
die Nahrung liefern. Die sichersten Transportwege sind die 
Eisenbahnen. Koch empfiehlt, nicht mit diesen Maßnahmen 
schon jetzt im großen und ganzen vorzugehen, er schlägt vor, 
zunächst versuchsweise in einem einigermaßen großen Gebiet 
die Glossinen und damit die Tsetsekrankheit wegzubringen. Er 
hält hierfür das Usambaragebirge für geeignet. Die von Koch 
vorgeschlagenen Leitsätze sind bereits auf S. 155 B. T. W. 
veröffentlicht worden. 

Die Koch sehen Leitsätze fanden nicht durchweg allgemeine 
Anerkennung. Besonders das Verlangen der Ausrottung des 
sämtlichen großen Wildes blieb nicht unwidersprochen. In der 
auf den Koch sehen Vortrag folgenden Diskussion führte der 
frühere Gouverneur Graf Götzen aus, daß der von Koch 
gemachte Vorschlag, so berechtigt er vom Standpunkt des Vieh¬ 
züchters aus erscheinen möge, in dieser Allgemeinheit nicht 
durchführbar sei. Er empfahl daher die Maßregel, Ausrottung 
des großen W T ildes, auf die Besiedlungsgebiete zu beschränken. 
Es wurde beschlossen, die Kochschen Leitsätze mit dieser 
Beschränkung dem Reichskanzler, zur Beachtung zu empfehlen. 

Der zweite Referent, Kaiserl. Veterinärrat Rick mann, 
referierte über Tierzucht und Tierseuchenbekämpfung in Deutsch- 
Südwestafrika. Er gab zunächst eine Darstellung der Ent¬ 
wicklung der Pferde-, Rindvieh- und Kleinviehzucht in diesem 
Lande und beschäftigte sich sodann eingehend mit der Frage, 
in welcher Weise die Tierzucht dortselbst gefördert werden 
könne. Hierzu empfahl er zunächst die Schaffung von Zucht¬ 
verbänden innerhalb der einzelnen Farmervereine, welche durch 
Körkommissionen einen dauernden Einfluß auf die rationelle 
Tierzucht auszuüben imstande sind. Um aber nicht Zucht¬ 
zersplitterungen oder eine zu hohe Veredelung der Haustiere 
herbeizuführen, empfiehlt Referent die Mitwirkung der Regierung 
durch Aussetzung von Prämien für die zweckmäßig gezüchteten 
Tiere bestimmter Rassen, auch sind Einfuhrprämien für jedes 
zu Zuchtzwecken importierte und den allgemein gültigen Zucht- 
tauglichkeitsbestimmungeu genügende Tier zu gewähren. Die 
Einfuhr darf nicht von der Regierung ausgehen, sondern von 


den Farmern selbst. Die regierungsseitige Vieheinfuhr hat 
sich auch mit Rücksicht auf die Seuchenbekämpfung nicht be¬ 
währt, da, sofern in einem großen Posten regierungsseitig ein¬ 
geführten Viehs einmal eine Seuche ausbricht, dieses jahrelang 
gehalten werden muß, bevor es an die Farmer zur Verteilung 
kommen darf. Die Einführung von Vieh durch die Farmer 
geschieht aber in kleinen Trupps, bricht in einem solchen eine 
Seuche aus, so ist sie leichter zu bekämpfen. 

Was die Seuchen betrifft, so kommt zunächst die Rinder¬ 
pest in Betracht. Seit 181*7 haben zwei Ausbrüche dieser Seuche 
stattgehabt, welche mit Hilfe der Kochschen Serumimpfung 
wirksam bekämpft werden konnten ohne Anwendung der 
rigorosen Bestimmungen des Rinderpestgesetzes. Die Gefahr 
des Wiederausbruchs besteht aber trotzdem. 

Das Küstenfieber, welches Geh. Rat Koch näher erörtert 
hat, besteht in Deutsch-Südwestafrika nicht, es fehlen auch die 
Zecken, die als Überträger der Seuche in Betracht kommen 
können. Trotzdem sind Maßregeln an den Grenzen notwendig, 
welche verhindern sollen, daß küstenfieberkranke oder durch¬ 
seuchte Rinder eingeführt werden, auch ist eine Zeckenvertilgung 
an den Grenzen zu fordern. 

Des ferneren ist die Tuberkulose zu erwähnen. Diese 
wurde vor dem Kriege in Deutsch-Südwestafrika nicht beobachtet. 
Sie wurde erst während des Krieges mit Vieh aus Kapstadt 
und der Kapkolonie eingeschleppt bzw. bei solchen festgestellt. 
Es müssen an den Grenzen Maßnahmen zur Abwehr der Ein¬ 
schleppung aus dem Auslande getroffen werden. Sollte unter 
einem Bestände Tuberkulose festgestellt werden, so ist sofort 
rücksichtslos einzuschreiten. 

Von den im Inlande herrschenden chronischen Seuchen sind 
zu erwähnen die Lungenseuche, der Rotz und die Räude des 
Kleinviehs. Als Referent 1894 in die Kolonie kam, war wohl 
keine Farm lungenseuchefrei. Durch veterinärpolizeiliche Ma߬ 
nahmen, durch Notimpfung und durch fortdauernde Belehrung 
war die Lungenseuche kurz vor den Aufständen bis auf zwei 
Farmen getilgt. Während des Krieges wurde durch Viehraub 
die Seuche von diesen beiden Farmen wieder weitergetragen 
und nahm sie dann durch Verteilung von Zuchtvieh allmählich 
j wieder eine enorme Ausbreitung an. Jetzt wird es wohl wieder 
gelingen, die Seuche allmählich zu beseitigen. Die Lungen¬ 
seuche ist aber für Südafrika eine der gefährlichsten Rinder¬ 
seuchen. 

Die Rotzkrankheit war vor den Aufständen nicht vorhanden, 
sie wurde während des Krieges aus der Kapkolonie eingeschleppt, 
da die Vorsichtsmaßregeln, wie sie früher gehandhabt wurden, 
nicht mehr durchgeführt werden konnten. Es wurde unterlassen,, 
den ersten rotzkranken Trupp unschädlich zu beseitigen. Referent 
fand bei seiner Besichtigung bereits 75 Proz. desselben offen¬ 
sichtlich rotzkrank. Diejenigen Pferde, welche noch keine 
Erscheinungen zeigten, mußten aber ins Land hineingeschickt 
werden, da dies die Kriegsnotwendigkeit verlangte. Es ist nur 
gelungen, das Gouvernementsgestüt Vauchus und einige Privat¬ 
gestüte vor Rotz zu bewahren. Die völlige Tilgung dieser 
Seuche wird auf große Schwierigkeiten stoßen, Mallein und 
Agglutinationsverfahren müssen hier als Hilfsmittel dienen. 

Die Räude des Kleinviehs ist in Südafrika sehr verbreitet. 
Obschon besondere Gesetze erlassen worden sind, ist man doch 
dieser Krankheit nicht Herr geworden, trotzdem sind besondere 
Bestimmungen zur Räudetilgung notwendig. Die Räudebäder 


4. Juni 1908. 


BERLIN KU TIERÄRZTLICHE WO( IIKNSCHEUT. 


417 


müssen gesetzlich vorgeschrieben und unter veterinärpolizeilicher 
Aufsicht durchgeführt werden; in den beiden heißen Monaten 
des Jahres ist jeder Vertrieb von Kleinvieh zu untersagen, diese 
beiden Monate sind besonders zur Räudetilgung zu benutzen. 

Von sehr großer Wichtigkeit ist die Entschädigungsfrage, 
zurzeit bestehen hierüber keine besonderen Bestimmungen, daher 
muß diese Frage gesetzlich geregelt werden. Dies würde zur 
Seuchentilgung wesentlich beitragen. 

Die Frage der Umzäunungen hält Referent vorläufig nicht 
fiir so wichtig, eine Umzäunung kostet viel Geld, welches lieber 
für Anschaffung von Muttervieh verwendet werden kann. 
Höchstens könne im Falle des Ausbruchs von Küstenfieber eine 
Umgrenzung des verseuchten Weidegebietes in Betracht kommen. 

Ein sehr wichtiger Punkt für die Seuchenbekämpfung ist 
ferner die Wasserfrage. Die meisten Farmer besitzen nur eine 
Wasserstelle. An dieser kommt alles Vieh zusammen, hier geht 
dann die Ansteckung vor sich. Es ist daher dafür zu sorgen, 
daß die Farmer neben den Hauptwasser- auch Neben Wasser¬ 
stellen herrichten und zwar durch Brunnenbohrungen oder Her¬ 
stellung von Staudämmen, die in der Regenzeit das Wasser auf¬ 
fangen und ansammeln. 

Zum Schluß kommt Referent auf die Organisation des 
Veterinärwesens zu sprechen. Für Deutsch-Südwestafrika, ein 
Tierzuchtgebiet par excellence, sind Tierärzte mindestens ebenso 
notwendig, wie für Ostafrika. Es genügt nicht Tierärzte hinaus- 
zuschicken, welche soeben ihr Staatsexamen gemacht haben, 
diese besitzen nicht die nötige Erfahrung. Die nach Südwest¬ 
afrika entsandten Tierärzte müssen vorher in Deutschland in 
geeigneter Weise ausgebildet werden, auch müssen sie in der 
Heimat bereits Praxis getrieben haben. Es ist weiter erforderlich, 
daß die Tierärzte sich vorher das Fähigkeitszeugnis zur An¬ 
stellung als beamteter Tierarzt erworben haben, da für 
sie in Afrika nur Beamtenstellungen in Betracht kommen. Der 
Kolonialtierarzt hat in erster Linie die Aufgabe, die Tierseuchen 
zu bekämpfen. Privattierärzte können drüben nicht 
existieren, da die Farmen weit auseinanderliegen und die Ver¬ 
hältnisse derartig teuer sind, daß ein Tierarzt lediglich von 
Privatpraxis nicht leben kann. 

Zur Verwirklichung der für Südwestafrika gestellten Forde¬ 
rungen gehört vor allen Dingen viel Geld. Referent bittet, den 
Landwirtschaftsrat seinerseits mit dafür zu wirken zu suchen, 
daß der Regierung die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt 
werden. Es hat bisher in Südwestafrika auch an tüchtigen 
jüngeren Landwirten gefehlt. Es sollten nur gute Elemente 
hinübergehen. Referent schlägt folgende Resolution vor: 

„Der Deutsche Landwirtschaftsrat wird es sich angelegen 
sein lassen, auch die Interessen der deutschen Landwirtschaft 
in den deutschen Kolonien zu vertreten.“ 

Als dritter Referent macht Herr Dr. Paul Rohrbach 
eingehende sehr interessante Mitteilungen über die klimatischen 
Vegetations- und Bodenverhältnisse Deutsch-Südwestafrikas, auf 
welche hier nicht näher eingegangen werden kann. 

Sehr interessant gestaltete sich auch die darauffolgende 
Diskussion, in welcher verschiedene erfahrene Afrikaner zu 
Worte kamen. Sehr eingehend äußerte sich der Unterstaats¬ 
sekretär im Reichskolonialamt, Dr. von Lindequist, über die 
südwestafrikanischen Verhältnisse, soweit die Tierzucht in 
Betracht kommt. Er wies besonders darauf hin, daß sich Süd¬ 
westafrika außer für die Zucht des Wollschafes, des Fettschwanz¬ 


schafes, der Angoraziege, auch für die Zucht des aus der 
Bucharei stammenden Karakulschafes eigne. Letzteres liefert 
das wertvolle Persianerpelz werk. Züchtungs versuche mit diesen 
Schafen haben zu einem guten Resultat geführt. Gegenüber 
den Ausführungen des Herrn Rickmann verteidigt der Unter¬ 
staatssekretär die regierungsseitig erfolgte Einfuhr von Zucht¬ 
vieh nach Deutsch-Südwestafrika. Ohne diese Einfuhr würde 
nach seiner Meinung nicht ein Viertel von demjenigen Zuchtvieh, 
welches augenblicklich im Schutzgebiet ist, wieder dort sein. 
Den Mangel an Tierärzten bedauert der Unterstaatssekretär 
gleichfalls, bei welcher Gelegenheit er Herrn Rick mann seine 
volle Anerkennung für die Verdienste, die er sich zum Wohl 
des Schutzgebiets erworben hat, ausspricht. Er Bält die 
Personenauswahl mehr oder weniger für eine Geldfrage. Solange 
die Beamten draußen nicht besser bezahlt werden, dürfte es 
nicht gelingen, darin einen Wandel zu schaffen. Der Unter¬ 
staatssekretär hält es entgegen Herrn Rick mann nicht für 
ganz ausgeschlossen, daß auch Privattierärzte in das Schutz¬ 
gebiet hineingezogen werden könnten. Ebenso wie sich schon 
Ärzte im Schutzgebiet niedergelassen haben, würden dies auch 
Privattierärzte tun können, welchen nebenamtlich auch 
Regierungsfunktionen zugewiesen werden könnten. Über kurz 
oder lang dürfte dies auch eintreten.*) 

Des weiteren behandelte der Herr Unterstaatssekretär die 
Frage, ob sich Deutsch-Südwestafrika mehr für Großfarmbetrieb 
oder für Kleinsiedlungen eigne. Hierauf näher einzugehen, 
würde zu weit führen. Der Präsident der Deutschen Farm¬ 
gesellschaft, von Mallinckrodt, Mitglied des Direktoriums der 
Liebig-Kompagnie, macht nähere Mitteilungen über die Absichten 
dieser Gesellschaft in Deutsch-Südwestafrika. „Die wirtschaft¬ 
liche Betätigung soll vorerst nicht in der Fleisch Verwertung 
bestehen, sondern zunächst in der Einrichtung von Mutter¬ 
farmbetrieben und der praktischen Erfahrungen, welche sie in 
der Bekämpfung der Viehseuchen in Südamerika erworben hat. 
Die Liebig-Kompagnie hat in dieser Richtung hin die Studien 
der deutschen Forscher von jeher unterstützt und eine große 
Anzahl Vieh zu Impfzwecken zur Verfügung gestellt. Die 
Gesellschaft beabsichtigt, das in Südamerika erprobte System 
eingefriedigter Farm auch in Südwestafrika zur Anwendung zu 
bringen. Der wichtigste Grund, weshalb die Gesellschaft noch 
nicht zur Fleischverwertung übergehen kann, ist der hohe Vieh¬ 
preis; dieser beträgt in Südw r estafrika 200 bis 250 M., in Süd¬ 
amerika für dasselbe Vieh 60 bis 80 M. Es muß daher erst 
noch ein Ausgleich erfolgen; sobald dieser eingetreten ist, wird 
die Liebig-Kompagnie ihren Schlachtbetrieb auch in Südwest¬ 
afrika aufnehmen.“ 

Sehr bemerkenswert sind die Auslassungen des Domänen¬ 
rats Brödermann-Knegendorf. Dieser Herr regt sich darüber 
auf, daß Herr Rick mann unter den Funktionen des Tierarztes 
im "Schutzgebiet auch die Tierzucht genannt hat. Er entwickelt 
hierbei eine etwas sonderbare Logik. Ihm ist bekannt, daß 
in Süddeutschland überall die Tierzucht mit zu den Funktionen 
der Tierärzte gehört; da dies in Norddeutschland nicht der 
Fall sei, so dürfe der Deutsche Landwirtschaftsrat dies auch 
in bezug auf die Tierärzte im Schutzgebiet nicht aussprechen, 

*) Herr Rickmann bemerkt hierzu, daß Tierärzte, die auf 
Praxis allein angewiesen wären, in Südwestafrika bald verhungern 
müßten. Dagegen könnten Tierärzte, die sich als Farmer nieder¬ 
ließen, sehr wohl nebenher private tierärztliche Tätigkeit ausüben, 






418 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


man müsse es den Farmern überlassen, ob sie ihre Tierzucht 
durch Tierärzte regeln wollen oder durch Tierzuchtinspektoren. 
Herr Brödermann beantragte daher, das Wort „Tierzucht“ 
unter den Funktionen des Tierarztes zu streichen. Der Eifer, 
mit dem unsere norddeutschen Agrarier bemüht sind, die Tier¬ 
ärzte von allem, was mit der Tierzucht zusammenhängt, selbst 
wenn es sich auch um Afrika handelt, fernzuhalten, fängt bei¬ 
nahe an komisch zu wirken. Im übrigen hat Herrn Bröder¬ 
mann sein Protest nichts genutzt, das Wort „Tierzucht“ ist in 
den Rickmannschen Leitsätzen stehen geblieben. Es wurde 
beschlossen, letztere mit einigen Abänderungen dem Reichs¬ 
kanzler als Material zu übergeben. 

Es dürfte sich erübrigen, die Leitsätze des Herrn 
Veterinärrat Rickmann hier in ihrem ganzen Wortlaut wieder- 
zugeben, sie bilden in der Hauptsache eine auszugsweise 
Wiederholung seines Referates. Pr. 

Abdeckereiwesen. 

Die Abdeckereibesitzer Ulrich und Genossen haben beim 
Abgeordnetenhause petitioniert. 1. Die Ablösung der Abdeckerei¬ 
privilegien in die Wege zu leiten. 2. Die Staatsregierung zu 
ersuchen, Massenagitationen, wie die der Brandenburger Land¬ 
wirtschaftskammer, welche die allgemeine Nichtbeachtung und 
Entwertung der Abdeckereiprivilegien bezwecken, zu verhindern, 
und 3. Vorbereitung eines Gesetzentwurfs zur Festlegung der 
Gültigkeit der Abdeckereiprivilegien. Diese Petition gelangte 
am 3. April d. J. in der Agrarkommission zur Verhandlung. 
Der Berichterstatter hob hervor, daß während das Kammer¬ 
gericht früher den Abdeckern für Vorenthaltung eines Kadavers 
die Sätze des Publikandupis von 1772 zuerkannt hatte, es nun¬ 
mehr einen anderen für die Abdecker günstigeren Standpunkt 
einnehme. Die vielen Prozesse, die in den letzten Jahren 
infolge des Vorgehens der Brandenburger Landwirtschafts¬ 
kammer anhängig gemacht wurden, haben die Justizverwaltung 
genötigt, alle Abdeckereiprozesse, soweit sie vor das Kammer¬ 
gericht kommen, einem besonderen Senat zu übergeben. Dieser 
Senat nimmt den Standpunkt ein, daß die Abdecker ein Anrecht 
auf Ersatz des Schadens in seinem vollen Umfange hätten, ohne 
Rücksicht auf die Entschädigungssätze des Publikandums, also 
auf Ersatz des Wertes, den heute der ganze Kadaver für sie 
habe. Von seiten der Staatsregierung wurde in der Kommission 
die Erklärung abgegeben, daß in betreff des Punktes 1 der 
Petition ein Bedürfnis wohl anzuerkennen sei. Ohne Änderung 
der Gewerbeordnung könne jedoch eine Lösung dieser Frage 
nicht erfolgen. Das Material sei dem Reichskanzler bereits 
vorgelegt, dessen Stellungnahme bleibt abzuwarten. Der Punkt 2 
der Petition sei schon Gegenstand von Gesuchen an das 
Ministerium gewesen. Die Petenten seien auf den Rechtsweg 
verwiesen worden. 3. Ein Bedürfnis für ein sofortiges Ein¬ 
schreiten der Gesetzgebung zum Zwecke' der provisorischen 
Regelung der Rechtsverhältnisse der Inhaber der Abdeckerei¬ 
privilegien erkenne die Staatsregieruug nicht an. Mit Rücksicht 
auf diese Erklärung des Regierungsvertreters beschloß die 
Agrarkommission, die Absätze 1 und 3 der Petition der Staats¬ 
regierang als Material zu überweisen, dagegen über Absatz 2 
zur Tagesordnung überzugehen. 

Die Abdeckereibesitzer in der Provinz Brandenburg führen 
schon seit längerer Zeit eineu erbitterten Kampf gegen die Land¬ 
wirtschaftskammer, welche den privilegierten Abdeckern das 


Recht, die Herausgabe der Kadaver von gefallenem Vieh zu 
erzwingen, abstreitet, sie hätten höchstens nur einen Anspruch 
auf Herausgabe der Haut, des Talges und der Haare. Der 
Eigentümer des Tieres, der auch diese Teile nicht herausgebe, 
sei nur zur Zahlung von Entschädigung verpflichtet. Diese Auf¬ 
fassung hat die Kammer allen landwirtschaftlichen Vereinen 
durch Zirkular zukommen lassen. Die Folge war ein ganzer 
Rattenkönig von Prozessen, die zum Teil zugunsten der einen, 
zum Teil zugunsten der andern Partei entschieden worden sind. 
Schließlich haben die Abdeckereibesitzer in einem großen Prozeß, 
den sie in ihrer Gesamtheit gegen die Brandenburger Land¬ 
wirtschaftskammer angestrengt hatten, in letzter Instanz vor 
dem Kammergericht obgesiegt. Die Kammer ist bei Vermeidung 
einer Strafe von 300 M. in jedem Falle vorläufig verurteilt 
worden, a) die Behauptung zu unterlassen, daß die Abdecker 
ein Recht, die Herausgabe des Kadavers von gefallenem Vieh 
zu erzwingen, überhaupt nicht haben, ihnen vielmehr höchstens 
ein Anspruch auf Herausgabe der Haut, des Talges und der 
Haare zusteht, b) sich der Aufforderung zu enthalten, die 
Kadaver von gefallenem Vieh oder deren Bestandteile nicht an 
die Abdeckerei abzuliefern. Weiter ist die Kammer verurteilt 
worden, sich bei Vermeidung der angedrohten Strafe der Auf¬ 
stellung und Verbreitung der Behauptung zu enthalten, daß die 
Abdecker ein Anrecht auf Schweine überhaupt nicht hätten. Im 
übrigen bleibt noch ein Endurteil abzuwarten. 

Infolge dieser durch Gerichtsentscheidung geschaffenen, für 
die Landwirtschaftskammer ungünstigen Sachlage hat sich diese 
veranlaßt gesehen, den landwirtschaftlichen Vereinen von Ab¬ 
deckereiprozessen abzuraten und sie aufgefordert, die Kadaver 
den Abdeckern ausznliefern. Pr. 

Ein langwieriger Seucbenprozeß. 

Gegen den Gutsbesitzer Otto Freitag, Amtsvorstehcr in 
Dodendorf, und den Tierarzt Felix Rhein in Langen weddingen 
war Anklage erhoben worden wegen Übertretung des § 9 Abs. 1 
des Scuchengesetzes. Das Schöffengericht zu Magdeburg-Buckau 
hatte den Angeklagten Freitag zu 10 M. verurteilt, den Angeklagten 
Rhein freigesprochen. Der in der Schöffengerichtsvcrhandlung 
fcstgestellte Tatbestand ist folgender. 

Mitte Oktober 1905 besaß Freitag 21 Enten und 73 Hühner. 
Von den Enten gingon 10 in kurzer Zeit ein, die übrigen wurden 
geschlachtet. Als dann auch unter dem Hühnerbestand Todesfälle 
auftraten, sandte Freitag am 26. Oktober 1905 eins dieser Hühner 
an die Landwirtschaftskammer in Halle und erhielt am 29. die 
Diagnose Geflügelcholera mit dem Rat, die übrigen Tiere mit 
Serum impfen zu lassen. Freitag ersuchte nun den Tierarzt 
Rhein, die Impfung vorzunehmen. Dieser erhielt das Ersuchen 
am 5. November, verschrieb telegraphisch das Serum und nahm am 
7. die Schutzimpfung der Hühner vor. Dabei erstattete Rhein 
noch am selben Tage mündlich dem Angeklagten Freitag in seiner 
Eigenschaft als Amtsvorsteher die Anzeige vom Verdacht des 
Ausbruchs der Geflügelcholera; gleichzeitig benachrichtigte Rhein 
den Kreistierarzt in einer nicht amtlichen Karte von diesem Ver¬ 
dacht. Am selben Tago hat nun auch der Angeklagte Freitag 
die Anzeige erstattet, indem er sie in Abwesenheit des stell¬ 
vertretenden Amtsvorstehers in das Amtsjournal eintrug; er nahm 
auch- sofort Desinfektion und Absperrung vor, noch ehe Kreis¬ 
tierarzt Sickert auf die ortspolizeiliche Requisition vom 12 November 
im Wohnort eintraf. 

Nach § 9 des Reichsvichseuchengesetzes war der Angeklagte 
Freitag als Besitzer verpflichtet, von dem im Oktober erfolgten 
Seuchenausbruch binnen 24 Stunden Anzeige zu erstatten; da er 
selbst Amtsvorsteher ist, mußte die Anzeige dem stellvertretenden 
Amtsvorstehcr erstattet werden. Dies ist erst verspätet erfolgt, 
worin eine Übertretung liegt. Da ein böser Wille ausgeschlossen 



4. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


419 


ist, wird auf die gesetzlich niedrigste Strafe erkannt. Der Mit¬ 
angeklagte Rhein war zur sofortigen Anzeige verpflichtet, wenn 
er vor dem polizeilichen Einschreiten vom Ausbruch der Geflügel¬ 
cholera Kenntnis eilangte. Nun hat er am 5. November durch das 
Schreiben Freitags und das mitgesandte Schreiben der Landwirt¬ 
schaftskammer diese Kenntnis erhalten. Das Gericht ist aber der 
Ansicht, daß diese nicht auf eigne Wahrnehmung begrün¬ 
dete Kenntnis ihn nicht zur Anzeige verpflichtete; denn 
sonst müßte der Tierarzt, dem schriftlich von dem Auftreten eines 
Seiichenverdachtes von irgendeinem Laien Nachricht zugeht, ja 
auch verpflichtet sein, auf solche Mitteilung hin Anzeige bei der 
Ortspolizeibehörde zu erstatten. Dies ist aber offenbar nicht die 
Meinung des Gesetzgebers gewesen, vielmehr ist die Anzeigepflicht 
dem Tierarzt mit Rücksicht darauf auferlegt worden, daß er ver¬ 
möge seiner Eigenschaft als Sachverständiger in der Lage ist, 
selbst maßgebende Beobachtungen zu machen. In dieser Hinsicht 
hat er seiner Anzeigepflicht genügt. 

Gegen dieses Erkenntnis hat bezüglich des Tierarztes Rhein 
die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Das Landgericht zu 
Magdeburg hat in der Sitzung vom 16. August 1906 diese Berufung 
verworfen. Aus den Gründen ist folgendes hervorzuheben: Die 
Staatsanwaltschaft hat ihre Berufung damit gerechtfertigt, daß 
Rhein bereits am 5. November vom Ausbruch der Geflügelcholera 
Kenntnis erhalten habe, und daß die Mitteilung der Landwirtschafts¬ 
kammer mindestens den Verdacht gerechtfertigt habe, die Tierärzte 
aber nach § 9 Abs. 3 des Reichsviehseuchengetzes und § 1 der 
landespolizeilichen Anordnung vom 12. November 1903 nicht bloß auf 
Grund eigener sachverständiger Feststellungen, sondern auch schon 
dann Anzeige machen sollten, wenn sie von Erscheinungen, welche 
den Verdacht begründen, irgendwie Kenntnis erhielten. Das Land¬ 
gericht hat sich diesen Ausführungen nicht anschließen können, 
stellt sich vielmehr auf den Standpunkt des Schöffengerichts, daß 
ein Tierarzt durch die Mitteilungen von Wahrnehmungen anderer 
über den Verdacht des Seuchenausbruchs noch nicht zur Anzeige 
verpflichtet wird, sondern daß die Anzeigepflicht nach § 9 Abs. 3 
ihn erst dann trifft, wenn er bei der Behandlung der erkrankten 
Tiere auf Grund eigener Wahrnehmungen von entsprechenden 
Erscheinungen Kenntnis erhält. Er mußte den Ausbruch der Seuche 
anzeigen, nachdem er am 7. November die Schutzimpfung vorge¬ 
nommen hatte. Von dieser Pflicht wurde er nicht entbunden durch 
die Erwängung, daß bereits der Tierarzt der Landwirtschaftskammer, 
dem unzweifelhaft in erster Linie die Anzeigepflicht oblag, dieser 
Pflicht genügt habe. Die Anzeigepflicht der in § 9 genannten 
Personen ist vielmehr eine kumulative; jeden trifft die Ver¬ 
antwortung; wenn niemand der Verpflichtung nachkommt, hat jeder 
die eigne Pflicht verletzt. Rhein hat nun am 7. November den 
Seuchenausbruch dem Geschädigten selbst in seiner Eigenschaft 
als Amtsvorsteher mündlich angezeigt. Die Berufung der Staats¬ 
anwaltschaft führt aus, daß die mündliche Anzeige nicht genüge, 
und daß der Tierarzt habe wissen müssen, daß Freitag wegen 
Kollision der Interessen an der Entgegennahme der Anzeige ver¬ 
hindert war, daß er also die Anzeige dem stellvertretenden Amts¬ 
vorsteher hätte erstatten müssen. Es ist unzweifelhaft richtig, daß 
der Amtsvorsteher Freitag für die Entgegennahme der Anzeige 
unzuständig war, daß der Angeklagte Rhein die Anzeige deshalb 
beim Stellvertreter hätte Vorbringen müssen, und zwar schriftlich, 
wenn eine mündliche Anzeige untunlich war. Das Gericht hat in= 
dessen dem Angeklagten geglaubt, daß er wegen der Äußerung des 
Freitag, er solle die Anzeige bei ihm Vorbringen, weil der Stell¬ 
vertreter verreist sei, dieson für berechtigt gehalten habe. Das ist 
ein Rechtsirrtum, aber kein strafrechtlicher, sondern ein Irrtum über 
eine Norm des Verwaltungsrechts. 

Auch gegen dieses Erkenntnis hat die Staatsanwaltschaft Be¬ 
rufung beim Kammergericht eingelegt. Der erste Strafsenat des 
Kammergerichts hat in seiner Sitzung vom 5. November 1906 
folgenden Beschluß gefaßt: 

In Erwägung, daß die Norm, deren Übertretung dem Ange¬ 
klagten Rhein zur Last gelegt wird, in § 9 Abs. 3 des Reichs¬ 
viehseuchengesetzes in Verbindung mit der Bekanntmachung des 
Reichskanzlers vom 15. Juli 1903 und die anzuwendende Straf- 
Vorschrift in § 65 Nr. 2 des gleichen Gesetzes enthalten ist, 


daß auch nur diese Vorschriften in den Urteilen erster und 
zweiter Instanz als vom Angeklagten Rhein übertreten bezeichnet 
werden und in der Revision lediglich Verletzung des § 9 Abs. 3 
durch Nichtanwendung behauptet wird, 

daß die landespolizeiliche Anordnung des Regierungspräsi¬ 
denten, so weit sie hier überhaupt in Frage kommt, lediglich die 
gesetzliche Vorschrift bezüglich der Anzeigepflicht wiederholt 
und deshalb nicht angewendet werden kann, 

daß somit nicht eine nach Landesrecht, sondern lediglich 
eine nach Reichsrecht strafbare Handlung den Gegenstand der 
Untersuchung bildet, 

wird beschlossen: das Kammergericht ist zur Entscheidung 
in der vorliegenden Sache unzuständig; zuständig ist das Ober- 
landcsgericht zu Naumburg. 

Nunmehr hat das Oberlandesgericht zu Naumburg durch Urteil 
vom 12. Januar 1907 das Urteil des Landgerichts zu Magdeburg 
aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung in die Vorinstanz 
zurückverwiesen mit folgender Begründung: Die Staatsanwaltschaft 
hat ausgeführt, daß die vom Berufungsgericht gegebene Auslegung, 
wonach die Anzeigepflicht des Tierarztes stete erst auf Grund 
eigner Wahrnehmung gegeben sei, in den Worten des Gesetzes 
keine Stütze finde; die Anzeigepflicht läge vielmehr auch schon 
dann vor, w^enn dem Tierarzt der .Seuchenausbruch von einer 
Person mitgeteilt werde, deren Sachkunde, wie im vorliegenden 
Falle die der Landwirtschaftskammer, nicht in Zweifel gezogen 
werden könne. Die Revision ist als begründet zu erachten. Nach 
§ 9 Abs. 3 in Verbindung mit § 65 des Reichsviehseuchengesetzes 
ist der Tierarzt zur sofortigen Anzeige, d. h. binnen 21 Stunden 
verpflichtet, sofern er von Erscheinungen, welche den Verdacht 
begründen, Kenntnis erhält. Diese Kenntnis ist dem Angeklagten 
zweifellos bereits durch das Schreiben des Geflügelbesitzers Freitag 
am 5. November geworden; denn er wußte in seiner Eigenschaft 
als Tierarzt, daß dieses Schreiben das Ergebnis einer bakterio¬ 
logischen Untersuchung war. Ein begründeter Verdacht im Sinne 
des Gesetzes ist keineswegs erst dann vorhanden, wenn er auf 
eigenen Wahrnehmungen des Tierarztes beruht, die Kenntnis liegt 
vielmehr insbesondere auch dann vor, wenn ein andrer Sachkundiger 
die Untersuchung vorgenommen hat und der zur Anzeige ver¬ 
pflichtete Tierarzt von dem die Seuche bestätigenden Ergebnis 
dieser Untersuchung zuverlässige Mitteilung erhält Wollte man 
den Ausführungen der Vorderrichter folgen, so würde in zahlreichen 
Fällen der Zweck jener Anzeigepflicht, dem heimischen Viehstande 
größtmöglichen Schutz zu gewähren, vereitelt werden. Hiernach 
hat der Angeklagte verspätet Anzeige erstattet, von den andern 
Mängeln der Anzeige abgesehen. Daß der Angeklagte aber bereite 
am 5. November sich in dem an sich entschuldbaren verwaltungs¬ 
rechtlichen Irrtum befunden habe, er brauche Anzeige nicht mehr 
zu erstatten, weil der Briefschreiber zugleich Amtsvorsteher sei, 
ist vom Berufungsrichter nicht festgestellt worden. Das Revisions¬ 
gericht konnte daher auch nicht erörtern, ob dem Angeklagten 
etwa nach dieser Richtung hin die subjektive, die strafrechtliche 
Verantwortlichkeit erst begründende Verschuldung gefehlt hat. 

Nun endlich hat eine letztmalige Verhandlung vor dem Land¬ 
gericht zu Magdeburg am 22. Februar 1907 stattgefunden, in der 
die Berufung der Königl. Staatsanwaltschaft endgültig verworfen 
worden ist. Das Urteil stützt sich auf den in der Entscheidung 
des Oberlandesgerichts hervorgehobenen Punkt, indem es annimmt, 
daß der Angeklagte zwar bereite auf Grund der ihm gewordenen 
schriftlichen Mitteilung vom 5. November zur Anzeige verpflichtet 
gewesen ist, daß er sich jedoch in dem durchaus entschuldbaren 
und eine Übertretung nicht begründenden verwaltungsrechtlichen 
Irrtum befunden habe, die Anzeige erübrige sich dadurch, daß der 
ihm die Mitteilung machende Tierbesitzer zugleich der Amts¬ 
vorsteher und als solcher zur Entgegennahme der Anzeige berechtigt 
sei. Der Irrtum ist entschuldbar auch schon deshalb, weil die 
Kürze der Anzeigefrist dem Angeklagten nicht genügende Zeit ließ, 
sich bei etwa aufstoßenden Zweifeln Aufklärung durch Befragen 
eines Rechtskundigen zu verschaffen. Das Gericht hat deswegen 
nicht festzustellen vermocht, daß den Angeklagten ein Ver¬ 
schulden trifft. 




420 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


Nachweisung Ober den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. Mai 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Krelae (Oberamtsbezirke) usw., eingeklammert die Oemelndcn. 

Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise » l 

er- 

chte 

ö 

'S ö 

© 

O 

Auf je 1000 1 
Gemeinden | 
waren verseucht; 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise ® 

er¬ 

eilte 

c 

'S c 

© ^ 
o 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg.... 

8 

22 

7 

Waldeck. 

3 

4 

Gumbinnen .... 

6 

14 

5 

Bayern: 



Allcnstein .... 

5 

6 

3 

Oberbayern .... 

6 

12 

Danzig. 

3 

4 

3 

Niederbayern. . . 

5 

15 

Marienwerder . . 

12 

31 

14 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

— 


— 

Oberpfalz. 

— 

— 

Potsdam. 

14 

94 

36 

Oberfranken . . . 

1 

1 

Frankfurt. 

18 

110 

41 

Mittelfranken. . . 

4 

4 

Stettin. 

11 

24 

13 

Unterfranken. . . 

1 

1 

Köslin. 

7 

24 

12 

Schwaben. 

8 

27 

Stralsund .... 

— 

— 

— 

Württemberg . 

1 

1 

Posen . 

20 

57 

17 

Sachsen. 

4 

5 

Bromberg. 

13 

8G 

39 

Baden . 

11 

16 

Breslau. 

22 

227 

60 

Hessen. 

9 

16 

Liegnitz. 

18 

184 

63 

Meckl.-Schwerin 

6 

12 

Oppeln. 

11 

31 

12 

Mcckl.-Strelitz . 

2 

2 

Magdeburg .... 

9 

19 

8 

Oldenburg . . . 

12 

23 

Merseburg .... 

12 

30 

12 

Sachs.-Weimar. 

2 

13 

Erfurt. 

5 

20 

34 

Sach s.-Meiningen 

1 

4 

Schleswig .... 

12 

25 

11 

Sachs.-Altenburg 

2 

2 

Hannover . 

6 

10 

16 

Sachs.-Kob.-Got. 

— 

— 

Hildesheim .... 

7 

13 

18 

Anhalt. 

2 

5 

Lüneburg . 

10 

20 

14 

Braunschwelg 

5 

11 

Stade. 

7 

9 

12 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

6 

17 

30 

Sch warzb.-Rud. 

1 

1 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

1 

1 

Münster. 

9 

20 

75 

Reuß j. L. 

1 

1 

Minden. 

9 

11 

22 

Schau mb.-Lippe 

2 

3 

Arnsberg. 

14 

22 

26 

Lippe-Detmold . 

4 

9 

Kassel. 

11 

29 

17 

Hamburg .... 

2 

3 

Wiesbaden .... 

11 

36 

38 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 

8 

22 

21 

Bremen. 

— 

— 

Düsseldorf .... 

12 

31 

72 

Elsaß. 

1 

1 

Köln. 

5 

6 

20 

Lothringen . . 

2 

2 

Trier. 

7 

9 

8 




Aachen. 

2 

2 

5 





Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(♦ = neu verseucht) 

Kreise 

Gemeinden 

Gehöfte 

Gegen! 

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00 

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Iber d. 1 

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O 

5. April 

© 

JO 

ja 

© 

O 

Preußen: 







Königsberg .... 

1 

2 

3 

— 2 

- i 

o 

Allenstein .... 

0 

o 

o 

~ 1 

— 1 

1 

Marienwerder . . . 

1 

2 

2 

° i 

o 

_ o 

*Köslin. 

3 

28 

57 

+ 3 

+ 28 | 

-j- *->7 

Düsseldorf .... 

° 

o 

o 

- 1 ! 

— 2 

- 3 

Preußen zusammen 

5 

32 

62 

— l 

-f- 24 

4" ;>1 

Bayern: 







* Mittelfranken . . . 

2 

2 ; 

2 

+ 2 

+ 2 i 

+ 2 

Schwaben .... 

L-J 

l 

3 

o 

0 

+ 2 

Zusammen 

8 | 

35 | 

67 

+ 1 < 

+ 26: 

+ 55 


Rotz. 

Rreußcn: In den Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Köslin, 
Düsseldorf je 1 (1), Stadtkreis Berlin 1 (3); in den Reg.-Bez. Marien¬ 


werder, Liegnitz je 2 (2), Köln 2 (3), Posen, Oppeln je 3 (3), 
Brouiberg 6 (6). 

Bayern: Im Reg.-Bez. Niederbayern 2 (2). 

Sachsen: Kreishauptraannsehaft Leipzig 1 fl). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 30 Gemeinden (30 am 15. April), davon 20 auf 
Preußen (31 im April). 

Lungenseuche. 

Preußen: Im Stadtkreis Berlin 1 (1) in den Reg.-Bez. Düssel¬ 
dorf 1 (1), Posen 2 (2), Bromberg 3 (3 . 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 2 (2). 

Sachsen-Koburg-Gotha: Herzogtum Gotha 1 (1). 

Zusammen 10 Gemeinden (11 am 15. April), davon 7 auf 
Preußen (9 im April). 

Beschauzwang bei Rinderhausschlacbtungen. 

Mit Rücksicht auf die Gefahr der Verbreitung der Lungen¬ 
seuche hat der Regierungspräsident in Bromberg durch landes¬ 
polizeiliche Anordnung vom 27. März 1908 auf Grund des § 3 
des Fleischbeschaugesetzes den Beschauzwang für alle Rinder 
mit Ausnahme der Kälber bis zum Alter von 0 Wochen, auch 
in den Fällen, in denen das Fleisch ausschließlich im eigenen 
Haushalt des Besitzers verwendet werden soll, für den ganzen 
Umfang des Regierungsbezirks vorgeschrieben. 

Schweinerotlauf beim Menschen. 

In Nr. 50 der Münchener medizinischen Wochenschrift teilt 
Dr. Wetzel einen Fall von Heilung des Schweinerotlaufs beim 
Menschen durch Seruminjektion mit. Kreistierarzt L. hatte sich 
bei Injektion einer Reinkultur von Rot lauf bazillen verletzt, 
worauf sich in der Folge entzündliche Rötung und Schwellung 
am verletzten Daumen entwickelte. Die Erkrankung schritt 
schnell auf Zeigefinger, Unterarm und Oberarm vorwärts. Es 
wurde nun eine Injektion mit 8 l / 2 ccm Susserin unter den üblichen 
Kauteln unter die Haut des Bauches und eines Oberschenkels 
gemacht. Am nächsten Tage waren bereits alle wesentlichen 
Krankheitserscheinungen verschwunden. 

Der Erkrankung kann im übrigen auch durch Beträufeln 
der verletzten Stelle mit einigen Tropfen Rotlaufserum vorgebeugt 
werden. 

Rauschbrand in Mecklenburg. 

Im Rostocker Anzeiger wird darauf hiugewiesen, daß man 
bisher angenommen habe, der Rauschbrand komme in Mecklenburg 
nicht vor. Tierarzt Rosenkranz in Marlow habe zuerst nach¬ 
gewiesen, daß auch in Mecklenburg Rauschbrand beobachtet wird. 
Auf zwei Marlow benachbarten Domänen gingen seit Jahren Jung- 
rinder ein. Die von Rosenkranz gestellte Diagnose ist vom 
Hygienischen Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule be¬ 
stätigt worden. Die Krankheit war früher als Bratsod angesehen 
worden. 

Maul- und Klauenseuche in England. 

Durch eine Ladung Heil und Stroli ist Anfang dieses Jahres 
die Maul- und Klauenseuche aus Holland nach England cin- 
geschleppt worden. Die verseuchte Ladung kam in F.dinburg an 
das Land und in drei Orten in der Nähe der Stadt brach darauf 
die Seuche aus. Die Tilgung ist durch Töten sämtlichen Viehs in 
einem Umkreise von drei englischen Meilen vorgenommen worden, 
nach den vorliegenden Mitteilungen mit vollem Erfolg. 

Maul- und Klauenseuche. 

Die Seuche ist auf dem Schlachthofe zu Berlin am 29. Mai 
ausgebrochen. 


































4 . Juni im 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOC HENSCHRIFT. 


421 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau im Deutschen Reiche (Preußen) für das Jahr 1900. 

Zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamte. 

(Beilage zu den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes“ 1908, Nr. 7.) 


I. Fleischbeschau bei Schlachtungen im Inlande. 

1 . Beschaute Schlachttiere. 




Zahl der Tiere, an 

denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde 



Pferde 

und 

andere 

Einhufer 



Rindvieh 


_ 1 

! 

1 



Ochsen 

Bullen 

Kühe 

Jung¬ 

rinder 

über 

3 Monate 
alt 

*»• : K 'i!!r 
“ "j 

: 

Schweine 

Schafe Ziegen 

Hunde 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 11 

12 

I. Reich. 

a) Ordnungsmäßige Schlach¬ 
tungen . 

141 944 

609 695 

436 567 

1 578 628 

915 136 

3 540 026 

j 

i 

4 188 184 13 294 250 

2 276 748 446 096 

6 351 

b) Schlachtungen, bei denen 
eine Beschau der Tiere im 
lebenden Zustande nicht 
stattfand. 

5 480 

3 926 

2 014 

52 427 

11 276 

69 643 

29 164 

70 832 

6 857 3 451 

155 

c) Gesamtzahl der Schlach¬ 
tungen . 

147 424 

618621 

438 581 

1631055 

926412 

3 609669 1 4217848 18365082 

2288 605 449 547 

6 506 

II. Königreich Preußen, 
a) Ordnungsmäßige Schlach¬ 
tungen . 

93120 

312 339 

284 479 

951 105 

440 073 

1 987 996 

2 136 222 

7 941 502 

1 552 615 167 214 

1576 

b) Schlachtungen, bei denen 
eine Beschau der Tiere im 
lebenden Zustande nicht 
stattfand. 

■ 

2 876 | 

2 423 

1398 

31200 

5 724 

40 745 

18 361 

51 942 

4 231 1 367 

18 

c) Gesamtzahl der Schlach¬ 
tungen . 

95996 | 

814 762 

285877 

982805 

445 797 

1 

QD 

<1 

816468$ 

7 993444 

. 1 

1556 846 168 581 

| 1594 

I. Untauglich der ganze 
Tierkörper 

a) Reich. 

1660 

1485 

2 . 

| 608 

Beanstandungen. 

: 

24699 3 508 

80250 

18 220 

14640 

1 

I 2 818 1147 

70 

b) Preußen . 

100 

956 

! 390 

12 135 

1611 

15 092 

8 442 

8 466 

1410 372 

— 

II. Untauglich der ganze Tier¬ 
körper, ausgenommen Fett 
a) Reich. 


52 

1 

1 72 

1810 

840 

1674 

81 

8 644 

30 11 


b) Preußen . 

— 

17 

28 ; 236 

80 

361 

21 

1456 

— — 

— 

III. Untauglich nur die ver¬ 
änderten Teile im übrigen 
nicht beanstandeter Tiere 
a) Reich. 

14 704 

167 871 

102 506 

605178 

95 744 

971299 

55062 

1801 728 

872 4181 12 579 

981 

b) Preußen . 

8 622 

108 507 

69 276 

395 867 

57 699 

631 349 

31 375 

906 376 

230 839! 6394 

i 

— 

IV. Bedingt tauglich 
a) Reich. 


1641 “"V* 

1 501 ,001 /4 

5 886 74l8/ 4 

2 359 143 4 

11887 11159 /« 

793 m, /4 

85805 14004 4 

179 1,4 4 21 13 4 


b) Preußen. 

— 

977 1340 ,4 

970 644 7 

3 342 ryJ7C /4 

1463 w, /4 

6 752 4 

366 5,3 4 

24691 8I5 *4 

112 *‘.4 6 # /4 

1 — 

V. Im Nahrungs- und Genuß- 
wert erheblich herabgesetzt 
a) Reich. 


6 421 37,7 4 

3177 1,58 4 

61124 iaa U 

9848 1839 7 

80565 173,5 7 

20190 1705 4 

40298 21: '" 4 

1 

! i 

; 4582 * 4 1 882 73 4 


b) Preußen. 

— 

3 307 lfl,s 4 

1833 **U 

25969 

4 211 m 7« 35320 "**/* 

|10 708 777 /4 

20023 ^".4 

| 2 712 119 U 559 ". 4 

— 


3. Schlachttiere, von denen Körperteile unschädlich beseitigt wurden. 


Bezeichnung 


Von den unter 2. Beanstandungen III, IV u. V aufgeführten Schlachttieren sind die in 


der 

Körperteile 

Pferden und j 
anderen 
Einhufern | 

Rindern ] Kälbern | 

Uber j bis i 

3 Monate alt j 

Schweinen ' 

1 

Schafen 

6 ! 

Ziegen 

1 

2 j 

3 1 

4 1 

5 1 

7 



Deutsches Reich. 




Köpfe. 

290 

9194 

425 

2 979 

1 782 

206 

Zangen.. 

67 

7182 

218 

2 053 

107 

38 

Langen. 

6 810 

787 069 

32054 

939111 

236 352 

5 862 

Lebern. 

3 846 

209 476 

16111 

270 343 

135 259 

5 314 

Därme. 

548 

82 953 

8 626 

121 600 

1398 

620 

Sonstige einzelne Organe .... 

1919 

161 657 

24 255 

165 944 

5 935 

1486 

Sämtliche Baucheingeweide.... 

412 

66 011 

6 937 

63 194 

1 514 

421 

Außerdem : 







Teile des Muskelfleisches (kg). . . 

40 653 

399 905 

12 301 

158 930 

3 707 

501 









































422 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


Auf je 100 Sehlachttiere der in Spalte 1 genannten Gattungen entfielen von den 
unschädlich beseitigten Körperteilen: 


i lerganungen 

Köpfe 

Zungen 

Lungen 

Lebern 

Därme 

Sonstige 

einzelne 

Organe 

Sämtliche 

Bauch¬ 

eingeweide 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

Pferde. 

/ 1906 

0,20 

0,05 

4,62 

2,61 

0,37 

1,30 

0,28 

• 1 1905 

0,20 

0,03 

0,03 

2,47 

0,34 

1,14 

0,31 

Rinder, ausgenommen Kälber . . 

( 1906 
' ( 1905 

0,25 

0,28 

0,20 

0,23 

21,80 

20,00 

5,80 

6,18 

2,30 

2,20 

4,48 

4,00 

1.83 

1,82 

Kälber bis 3 Monate alt.... 

f 1906 
' ( 1905 

0,01 

0,01 

0,005 

0,01 

0,76 

0,62 

0,38 

0,34 

0,20 

0,18 

0,57 

0,47 

0,16 

0,17 

Schweine. 

| 1906 

0,02 

0,02 

7,03 

2,02 

0,91 

1.24 

0,47 

• 1 1905 

0,03 

0,01 

6,37 

2,15 

0,89 

1,12 

0,46 

Schafe. 

f 1906 

0,08 

0,005 

10,35 

5,92 

0,06 

0,26 

0,07 

* ( 1905 

0,07 

0,01 

10,82 

6,05 

0,05 

0,27 

0,07 

Ziegen. 

1 1906 

0,05 

0,008 

1,30 

1,18 

0,14 

0,33 

0,09 

‘ | 1905 

0,06 

0,01 

1,43 

1,21 | 

0,14 

0,38 1 

0,11 


4. Gesamtzahl der Schlachtungen im Vergleich mit dem Vorjahr. 



Pferde und 

andere Einhufer 

Ochsen 

ß n 1 1 e n 

Kühe 

Jungrinde/ 
über 3 Monate alt 

Kälber 

bis 3 Monate alt 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

1906 

mehr (+) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-{-) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-f-) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-{-) 
weniger (—) 

1906 

inehr (-}-) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-J-) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-f) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-f) 
weniger (—) 

1906 

mehr (-f-) 
weniger (—) 

Stück o/ 0 

Stück | o 0 

Stück | o/ Q 

Stück | o/ 0 

Stück | o 0 

Stück | o/ 0 

Stück % 

Stück o/ # 

Stück o/o 

Deutsches Reich . . 

Preußen . 

— 313 0,21 

— 1 498 i 1,54 

f 19 368 i 3,26 
-f 7 614 2,48 

— 27 451 5,89 

— 6169 2,11 

— 28 312 1,71 

— 30 006 2,96 

— 16 028 1,70 

— 7 512 1.66 

— 176 730 4,02 

— 124 523 1 5,46 

— 204 310 1,61 

— 34 555 0,43 

— 152 363 6,25 

— 80 660 4,93 

-f 14477 3,3» 

4- 10 657 6,75 


Außer.lern Hunde -j- 255 d. h. 4,08 °f& 


5. Verhältnisberechnungen. 


T i e r g a 11 u n g e n 


Schlachtungen 

Beurteilung des Fleisches der geschlachteten Tiere 



Als genu߬ 


Beanstandungen 

Ordnungs¬ 

mäßige 

Schlachtungen 

Not¬ 

schlachtungen 

usw. 

tauglich 
ohue Ein¬ 
schränkung 
erklärte 
Tierkörper 1 ) | 

Untaugliche 

ganze 

Tierkörper 

| 

Untaugliche 

ganze 

Tierkörper, 

ausgen. 

Fett 

Im Nahrungs- u. 
Bedingt Genußwert 

tauglich erheblich 

herabgesetzt 
erklärte Tierkörper und 
Fleischviertel 


kamen auf je 100 Schlachtungen von den der Beschau unterworfenen Tieren überhaupt 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

Pferde und andere Einhufer .... 

I 1905 

96,28 

3.72 

98,*7 

1 13 

_ 

_ 

_ 

' ' • 1 1905 

96,99 

3,01 

98,98 

1,02 

— 

— 

— 

Ochseu . 

\ 1906 

99,36 

0,64 

26 

0,23 

0,01 

0,34 

1,16 

* * * 1 1905 

99 32 

0,68 

98,15 

0,28 

0,01 

0,36 

1,20 

Bullen. 

i 1906 

99 54 

0,46 

98,63 

0,14 

0,02 

0.40 

0,81 

• * ' » 1905 

99,48 

0,52 

98.61 

0,16 

0,01 

0,38 

0,84 

Kühe. 

\ 1906 

96,79 

3,21 

94,02 

1,51 

0,08 

0,47 

3,92 

‘ ' 1 1905 

96,60 

3,40 

93,61 

1,77 

0,10 

0,49 

4,03 

Jungrinder über 3 Monate alt . . . . 

\ 1906 
’ ‘ * \ 1905 

98,78 

98,78 

1,22 

1,22 

98,19 

98,25 

0.38 

0,39 

o © 
© © 

0,29 

0,28 

1,11 

1,05 

Rinder überhaupt. 

, 1906 

98,07 

1,93 

96,37 

0,84 

0,05 

0,39 

2,35 

* ' | 1905 

97,97 

2,0J 

96,18 

0,97 

0,05 

0,40 

2,40 

Kälber bis S Monate alt. 

\ 1906 

99,31 

0,69 

99,17 

0,31 

0,002 

0,03 

0,49 

' ‘ ‘ | 1905 

99,35 

0.65 

99,19 

0,33 

0,003 

0,03 

0,45 

Schweine. 

t 19(87 

99 47 

0.53 

99.24 

0,11 

0,02 

0,29 

0,34 

’ * * ) 1905 

99.54 

0,46 

99,24 

0,12 

0,03 

0,26 

0,35 

Schafe. 

1 1906 

99 70 

0.30 

99,68 

0,10 

0,001 

0,01 

0,20 

• ‘ • 1 1905 

99,75 

0,25 

99,72 

0,09 

0,001 

0,01 

0,18 

Ziegen . 

t 1906 

99,23 

0,77 

99,42 

0,26 

0,002 

0,01 

0,31 

• ’ ‘ 1 1905 

99,05 

0,95 

99,41 

0,27 

0,0 2 

0,01 

0,31 

x ) Einschließlich derjenigen 

genußtauglichen 

Tierkörper, von 

denen einzelne 

veränderte Teile 

unschädlich beseitigt worden Bind. 



II. Fleischbeschau bei dem in das Zollinland eingeführten Fleische. 



Einfuhr¬ 
inen gen 
überhaupt 
dz 

Davon 

beanstandet 

in 

dz ! Proz. 


Einfubr- 

mengen 

überhaupt 

dz 

Davon 

beanstandet 

in 

dz i Proz. 


Einfuhr¬ 

mengen 

überhaupt 

dz 

Davon 

beanstandet 

in 

dz Proz. 


1 

2 

3 I 


1 

2 

3 


1 

2 

3 

1. Frisches Fleisch in 
Tierkörpern. 
Rindfleisch einschließl. 
Kalbfleisch .... 

182 027 93 i 

1 135,85 

0,62 1 

' 2. Zubereitetes Fleisch. 
Rindfleisch einschließl. 

Kalbfleisch .... 
Schwcinescbinken . . 

91 123,35 
14 358 29 

1 637,27 
112,04 

1,80 

0,78 

3. Zubereitete Fette . 
Schweineschmalz . . . 
Oleomargarluc .... 
Margarine. 

1 303 954,02 
299 518,47 
464,10 

1 524,60 
443.51 
17,20 

0.12 

0,16 

3,71 

Schweinefleisch . . . 

K>!» 953.1 1 

611.15 

0 56 

Speck . 

56 876,39 

63,69 

0,11 ' 

Kunstspeisefette . . . 

18 041,71 

201,79 

1 12 

Sonstiges Fleisch. . . 
Außerdem 

3 736,21 

10,89 
1)1 597 50 

0.29 , 
*) 0,64 | 

Sonstiges Schweine¬ 
fleisch . 

Sonstiges Fleisch. . . 
Außerdem 

68 971,50 

964,69 

1,40 

Sonstiges Fett warm- 
' blutiger Tiere . . . 

188 902,21 ! 

3 003,61 

1 69 

Zusammen 1906 

295 717,26 i 

3 355,39 1 

1.13 i 

326,56 j 

9,78 
*, 8 309.95 

2,99 
*) 3,59 

Zusammen 1906 

1 810 883 61 J 

5 190,71 

0,29 

1905 

320 086,16 | 

4 130,09 ] 

1,29 1 

Zusammen 1906 
1905 

231 656,09 
225 203,17 

11 097,42 
10 129,89 

4,79 

4,50 

1905 

1 676 662,05 [ 

8 651,32 

0,51 


*) Gewicht der beseitigten veränderten Teile im übrigen nicht beanstandeter Tierkörper. *) Desgleichen von Fleischstücken. 

An Därmen wurden eingeführt 1900 305 996,24 Dz, davon beanstandet 1 990.44 Dz. d. h. 0,65 Proz. gegenüber 286 899,44 Dz, 6 505,18 Dz, d. h. 8,27 Froz. 
im Jahre 1905. 

















































4. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


423 


Verurteilungen wegen Vergehens gegen die Nahrungsmittelgesetze. 

Wegen Vergehens gegen die Nahrungsmittelgesetze sind im 
Deutschen Reiche im Jahre 1905 insgesamt 3145 Personen ver¬ 
urteilt worden. In Rechnung gezogen sind alle Bestrafungen wegen 
Verfälschung von Nahrungs- und Genußmitteln, sowie wegen Zu¬ 
widerhandlungen gegen die Gesetze, betreffend den Verkehr mit 
Ersatzmitteln für Butter, den Verkehr mit Wein, künstlichen Sü߬ 
stoffen usw. Im Jahre 1904 betrug die Zahl der Verurteilungen 
nur 3024, so daß eine Zunahme von 121 stattgefunden hat. Die 
meisten Verurteilungen entfielen auf Berlin. Sonst entfielen in 
Preußen auf den Regierungsbezirk: Düsseldorf 215, Potsdam 199, 
Arnsberg 129, Köln 87, Breslau 73, Frankfurt 72, Stettin 62. In 
Bayern wurden 333 Personen bestraft, in Sachsen 242, davon in den 
Kreishauptmannschaften Leipzig 81, Chemnitz 70 und Dresden 44. 
Besonders viele Bestrafungen kamen auch vor in Mannheim, Heidel¬ 
berg, Karlsruhe, Ober-Elsaß und Hamburg. Wegen Herstellung und 
Feilhaltung gesundheitsschädlicher Nahrungs-, Genußmittel und 
Gebrauchsgegenstände wurden 826 Personen verurteilt. Nach dem 
Ort der Tat waren am stärksten beteiligt die preußischen 
Regierungsbezirke Magdeburg mit 72, Düsseldorf mit 44, Potsdam 
mit 37, Hannover mit 35, Köln mit 30 und Oppeln mit 29 ver¬ 
urteilten Personen. 

Die Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
bei Schlachtungen im preußischen Staate für das 
Jahr 1906. 

Das Königl. Statistische Landesamt hat die Resultate der 
Beschau für das Jahr 1906 ähnlich wie für 1905 zusammengestellt 
und in einer Sondernummer der „Statist. Korresp.“ veröffentlicht. 
Schweine sind gegen das Vorjahr 34 555 Stück weniger geschlachtet, 
was einen Rückgang von 0,43 Proz. bedeutet. 1905 belief sich 
gegenüber 1904 die Abnahme sogar auf 9,32 Proz. Kälber bis zu 
drei Monaten gelangten um 5,46 Proz. weniger zur Schlachtung, 
während 1905 3,82 Proz. mehr als 1904 geschlachtet wurden. Die 
Schafschlachtung sank um 4,93 Proz. (1905 zu 1904 dagegen eine 
Zunahme von 7,47 Proz.). Die Zahl der Schlachtungen der Kühe 
ging ebenfalls um 2,96 Proz. zurück (1905 zu 1904 dagegen eine 
Zunahme von 10,10 Proz.). An drei Monate alten Jungrindern waren 


1904 nur 372 388 geschlachtet, 1905 453 309, also 21,73 Proz. mehr, 
1906 dagegen wiederum weniger und zwar 1,66 Proz. Die Zahlen 
für die Bullen und Pferde sanken ebenfalls, diejenigen der Ochsen 
und Ziegen sind dagegen angestiegen. Im allgemeinen war somit 
ein beträchtlicher Rückgang der Schlachtungen bei den wichtigsten 
i Viehgattungen gegenüber 1905 zu verzeichnen. Die Zahl der als 
untauglich verworfenen Tiere war sehr gering. Die meisten 
Schlachtungen entfielen naturgemäß auf die dichtest bevölkerten 
Landesteile, indessen nicht gleichmäßig für alle Viehgattungen. 
Am meisten Schweine wurden in der Rheinprovinz, Schlesien und 
Berlin 'geschlachtet, die meisten Kälber ebenfalls in diesen drei 
Landesteilcn. Hinsichtlich der Schafe steht Berlin weit voran, 
Schlesien bleibt zurück und die Rheinprovinz wird von Hannover, 
Sachsen und Brandenburg ttbertroffen. Kühe gelangten in der 
größten Zahl in der Rheinprovinz zur Abschlachtung, in weitem 
Abstande folgen Westfalen, Schlesien und Berlin. Jungrinder 
kommen besonders zur Schlachtung in der Rheinprovinz und 
Schlesien, sehr wenig dagegen in Berlin. 

Was die Beanstandungen angeht, so sind die meisten Fälle von 
Schweineseuche und Schweinepest in Schleswig-Holstein festgestellt, 
erheblich mehr als im Vorjahre, in Berlin sank dagegen die Zahl 
herab, ähnlich in Danzig und Potsdam. Die Beanstandungen wegen 
Rotlaufs waren weniger zahlreich, wobei im Osten weit mehr 
Fälle vorkamen als im Westen, die zahlreichsten in Berlin und 
Potsdam. Von der Tuberkulose waren wie stets vorwiegend die 
Kühe betroffen, hinsichtlich der Häufigkeit der Feststellung stand 
Berlin dabei an erster Stelle, zeigte aber eine Abminderung gegen 
das Vorjahr. Bei den Schweinen kamen die meisten Fälle von 
Untauglichkeit wegen Tuberkulose in Schleswig, Magdeburg und 
Potsdam vor. Die Trichinen haben abgenommen und waren mit 
120 Fällen am häufigsten in PoseD. Stralsund, Schleswig, Osna¬ 
brück, Münster, Aachen und Sigmaringen waren frei von Trichinen. 
Gesundheitsschädliche Finnen ,beim Schwein kamen am meisten in 
Oppeln zur Beobachtung, wobei eine starke Zunahme der Un- 
tauglichkeitserklärungen gegen das Vorjahr (159:93) eingetreten 
ist. Im allgemeinen ließ sich bei den wichtigsten Erkrankungen 
eine Abnahme der Beanstandungen konstatieren, in manchen Fällen 
! ist diese durch die geringer gewordene Schlachtung zu erklären. 


Auf die einzelnen Provinzen verteilen sich die Schlachtungen folgendermaßen: 



Pferde 

und 

andere 

Einhufer 

Ochsen 

Bullen 

Kühe 

Jung¬ 

rinder 

über 

Kälber 

bis 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

3 Monate alt 

Ostpreußen. 

1871 

6 386 

9 458 

30 981 

22 825 

75 914 

287 231 

110 714 

4129 

1 


l 669 

7 176 

12 610 

33 984 

21 021 

452 

285 222 

128 896 

3 641 

— 

Westpreiißen. 

969 

4006 

10 573 

27 350 

15 000 

77 638 

262 766 

60 556 

7 068 

— 


fi.il 

4 374 

11 622 

27 921 

16 191 

81 439 

264 349 

65 435 

6 130 

— 

Stadtkreis Berlin. 

12 170 

77 968 

41 938 

14 773 

29 356 

167 926 

959 417 

475 893 

263 

— 


IS 006 

78 4SI 

41 163 

16 863 

31 001 

166 I64 

964 012 

464 293 

178 

— 

Brandenburg . 

' 9 587 

19492 

41284 

95 299 

39 841 

188 528 

736 805 

132 752. 

12 565 

106 


7 384 

18 685 

38 669 

98 137 

38 588 

197 443 

742 767 

141 188 

11 419 

98 

Pommern. 

2 422 

2 093 

14 015 

33 432 

11260 

89 432 

284 058 

116 277 

18% 

— 


£ 4 8 s 

1 9,19 

13 968 

34 129 

10 789 

93 611 

286 858 

122 217 

1 794 

2 

Posen . 

662 

2 985 

7 841 

26 331 

21 655 

104 499 

341 585 

54 932 

35 710 

— 


589 

S 356 

9 666 

28 213 

21 912 

115 920 

336 375 \ 

62 645 

29 805 

— 

Schlesien. 

14 305 1 

16 425 

50 941 

121 941 

64 618 

347 306 

1 174 290 

90 730 

35 524 

1177 


16 671 

19 045 

50 404 

136 903 

69 180 

376 978 

1 111 470 

96 403 

32 053 

1 192 

Sachsen. 

10676 

12136 

22 005 

73 976 

31 095 

141 993 

644 747 

124 719 

15 557 

205 


10 1 US 

12 201 

21 889 

76 311 

30 537 

150 384 

662 071 

129 596 

15 561 

181 

Schleswig-Holstein. 

4 784 

19 730 

8 877 

45 885 

27 173 

109 804 

288 229 

40 941 

805 

23 


5 688 

18 126 

8 405 

48 561 

1 27 690 

119 013 

298 126 

46 253 

642 

12 

Hannover. 

8413 

18 329 

23 579 

49168 

1 27 499 

121498 

499 584 

142 693 

3 291 

i 1 


7 804 

16 528 

26 334 

49 905 

I 25 882 

127 709 

496 999 

153 944 

3 248 

3 

Westfalen. 

9 503 

13 722 

18 975 

148 044 

! 27 370 

170 351 

607 280 

23 817 

8 647 

1 


9 921 

11 346 

20 940 

146 472 

28 774 

1 78 837 

612 827 

29 586 

9 094 

— 

Hessen-Nassau. 

3127 

37 851 

6 685 

63 978 

1 47 873 

183 953 

710017 

65113 

14046 

2 


S OS 7 

36 623 

6 486 

64 703 

1 50 369 

194 019 

717 358 

74 807 

13 599 

— 

Rheinland. 

17 504 

83 207 

29 630 

250 037 

1 78 259 

372 275 

1191200 

117 553 

28 801 

78 


18 202 

78 960 

30 224 

249 060 

1 80 484 

390 614 

1 242 814 

123 019 

30 4 76 

80 

Hohenzollern. 

3 

432 

76 

1110 

| 1973 

3 466 

6 235 

156 

279 

— 


u 

368 

87 

1 159 

1 891 

3 523 

6 151 

224 

| 284 

1 


*) In den einzelnen Spaltenreihen betreffen die Zahlenreihen aus gewöhnlichen Ziffern das Jahr 1906, die aus kursiven das Jahr 1905. 






















424 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


Nachstehend folgt die Übersicht über die Schlachtungen zusammen und die Beschau: 


Art der Schlachtungen 
bzw. Untersuchungen 


1. Ordnungsmäßige Schlachtungen 

2. Schlachtungen, bei denen eine Be¬ 
schau der Tiere im lebenden Zu¬ 
stande nicht stattgefunden hat . . 

3. Zusammen. 

1906 gegen das Jahr f mehr . 

1905 { weniger 

oder in Hundertteilen j m ^F ; 

1 weniger 

4. Zahl der Schlachttiere nach Abzug 

derjenigen beanstandeten, bei denen 
„der ganze Tierkörper“ oder „der 
ganze Tierkörper, ausgenommen 
Fett“, für genußuntauglich erklärt 
worden ist. 


1906 gegen das Jahr ( mehr . 

1905 1 weniger 

oder in Hundertteilen ( ‘ 

l weniger 

5. Von den unter „3. Zusammen“ auf¬ 
geführten Schlachttieren sind unter¬ 
sucht durch 

a) tierärztliche Beschauer und 
Beschauämter, an denen neben 
Tierärzten auch andere Personen 
als Beschauer tätig sind . . . 

b) nichttierärztliche Beschauer . . 


6. Von den untersuchten' 
• Tieren sind wegen 
Unzuständigkeit des 
nichttierärztlichen Be¬ 
schauers nebenbezeich- 
nete Tiere dem zu¬ 
ständigen tierärzt¬ 
lichen Beschauer über¬ 
wiesen 


a) vor der 
Schlachtung 


b) nach der 
Schlachtung 


Pferde 

und 

andere 

Ein¬ 

hufer 

Ochsen 

1 

Kühe 

Jung¬ 

rinder 

über 

Kälber 

bis 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

3 Monate alt 

93120 

312 339 

284 479 

951105 

440 073 

2 136 222 

7 941 502 

1552 615 

167 214 

1576 

tu; 25 l 

so4 495 

290 267 

977 so5 

447 720 

2 261 541 

7 9SS 010 

1 032 819 

155 795 

/ 551 

2 876 

2 423 

1398 

31200 

5 724 

18361 

51 942 

4 231 

1367 

18 

- 

2 05S 

1 779 

S4 500 

5 579 

17 505 

44 9S9 

S 087 

2 129 

17 

95 996 

814 762 

286 877 

982805 

445 797 

2 154 588 

i) 7998444 

1558846 

168581 

1594 

!’7 49 4 

S07 14s 

292 040 

1 012 SU 

452 309 

2 279 100 

*) 8 027 999 

1 GS7 500 

157 924 

1 5 GH 


7 614 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

10 657 

26 

1498 

— 

6169 

30 006 

7 512 

124 523 

34 555 

80 600 

— 

— 

— 

2,48 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

6,75 

1,66 

1,54 


2,11 

2,96 

1,66 

5,46 

0,43 

4,93 



94 989 

313 789 

285 459 

969 934 

444 106 

2 146 120 

7 983 522 

1555 436 

168 209 

1578 

90 550 

so5 94 <? 

291 500 

997 290 

451 013 

2 209 740 

8 010 553 

1 OSO 024 

157 535 

1 559 

— 

7 841 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

10 674 

19 

1566 

— 

6 041 

27 356 

7 507 

123 620 

33 031 

80 588 

— 

— 

— 

2,56 

— 

— 

— 

— 

_ 

— 

6,78 

1,22 

1,62 


2,07 

2,74 

1,66 

5,45 

0,41 

4,93 



95 996 

272 539 

236 101 

703079 

278 532 

1 636 537 

5 384 493 

1318 608 

89 089 

1276 

97 494 

205 SSI 

2S5 OSO 

720 401 

277 S10 

1 702 421 

5 420 924 

1 S00 5S1 

80 093 

1 090 


42 223 

49 776 

279 226 

167 265 

518 046 

2 608 951 

238 238 

79 492 

318 

— 

41 S17 

50 410 

291 910 

175 499 

570 0S5 

2 001 065 

270 975 

;; 23i 

47 3 


67 

29 

831 

139 

294 

1346 

25 

9 


— 


52 

1 121 

154 

320 

794 

04 

10 

— 

_ 

1530 

1053 

20 272 

3 960 

6 727 

29 961 

987 

222 

4 

— 

1 OSO 

1 210 

22 106 

4 191 

6 512 

SO 2SS 

SS 2 

203 

- 


*) In den einzelnen Spalten betreffen die Zahlenreihen aus gewöhnlichen Ziffern das Jahr 1906, die aus kursiven das Jahr 1905. 
— ! ) Einschließlich von 1726 (1423) Schweinen, die lediglich dem Trichinenschauzwange unterlagen oder vom Besitzer freiwillig zur 
Untersuchung auf Trichinen gestellt worden sind und bei der Untersuchung beanstandet wurden. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Oberstabsveterinär a. D. 
Hartleb zu Harzburg, bisher beim Remontedepot Arendsee der 
Kronenorden III. Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt Dr. Kurt 
Poppe -Leipzig zum Wissenschaftlichen Hilfsarbeiter im Kaiserlichen 
Gesundheitsamt. — Veterinärbeamte: Zu Bezirkstierärzten: 
Distriktstierarzt Z)oW/-Mering in W 7 egscheid, pragra. Bezirkstierarzt 
extra statum, Tierzüchtinspektor Sehmid -Würzburg in Schroben- 
hausen, Distriktstierarzt AWftcr-BIiskastel in W 7 egscheid; — der 
Tierarzt *SW/?7/er-Spalt zum zweiten städtischen Tierarzt in Eich¬ 
stätt. — Schlachthofverw'altung: Tierarzt Stemmer -Weimar 
zum zweiten Hilfstierarzt am Schlacht- und Viehhof in Leipzig. — 
Versetzt: Bezirkstierarzt LcfAew</er-W T olfratshausen in gleicher 
Eigenschaft nach Starnberg. 

Niederlassungen: Tierarzt Rothlauf in Spalt. — Verzogen: Die 
Tierärzte Xaver Ueßlcr- Neuburg (Kammei) nach Kimratshofen 
(Schwaben), Job. Ktber -Zweibrücken als Vertreter nach Malsch 
(Baden), Kurt 2Y6uW«u.'-Unruh8tadt nach Wilhelmsort bei Bromberg. 

Die Prüfung als beamteter Tierarzt bestand in München Ober¬ 
veterinär Dr. Hoff mann vom 2. bad. I)ragoner-Rcgt. Nr. 21. 

Approbiert: Herr Jak. A. Heckhausen aus Jülich in Dresden. 

In der Armee: In Bavern: Im Beurlaubtenstande: Abgang: 
Dem Oberveterinär der Landwehr 1. Aufgeb. (Hof) Paid Siet/ert der 
Abschied bewilligt. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: lieg.- Bez. 
Köslin: Bel gard. Bewerbungen innerhalb drei Wochen an den 
Regierungspräsidenten.— Köln* Rheinbach. Bewerbungen inner- 


| halb drei Wochen an den Regierungspräsidenten. — b) Nach 
; Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Reg.-Bez. Osna¬ 
brück: Lingen. Reg.-Bez. Posen: Koschmin. 

I Veterinärinstitut der Universität Leipzig: II. klin. Assistent, 
spätestens zum 1. Juli er. Monatlich 125 M. und freie W r ohnung. 
Meldungen baldigst an den Prof. Dr. Eber, Linnestr. 11. 
j Schlachthofstellen: Nach Ablauf der Meldefrist noch nn- 
; besetzt: Barmen (Rhld.): 1. Assistenztierarzt, 2400 bis 4500 M., 

| freie Wohnung usw. — Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Bremen: 
1 IV. Tierarzt. 2400 M. bis 3900 M. — Duisburg-Meiderich: 
| I. Tierarzt. 3000 M. — Erfurt: Schlachthofstierarzt 3400 M. bis 
bis 4900 M. — Freienwalde: Tierarzt. — Halle a. S.: Assistenz¬ 
tierarzt. 200 M. pro Monat und freie möblierte Wohnung. — Katto- 
witz: Schlachthofdirektor. 3600 M. — Königsberg i. Pr.: Zwei 
Tierärzte. — Bad Kreuznach: Assistenztierarzt. 2400M. — Lands- 
berg a. W.: Assistenztierarzt. 2400 M. — Liegnitz: Assistenztier¬ 
arzt. 2400 M. — Pforzheim: Direktor. 3600 M. bis 6000 M., 
freie Wohnung usw r . — Prüm (Rhld.): Verwalter (Tierarzt). 
1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — Pyritz: Schlachthof¬ 
direktor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus (Bez. Frankfurt 
a. 0.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: III. Tierarzt bei 
j der Auslandfleischbeschaustelle. 2400 M. — Treptow' a. R.: 
j Schlachthofdirektor. 2400 bis 3600 M. 

I Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 

j a) Neu ausgeschrieben: Schwetz (Weichsel): Tierarzt Aus- 
i kunft erteilt Landrat von Halem in Schwetz. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Rem¬ 
berg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Hunsrück. — Langels¬ 
heim (Herzogt. Braunsclrweig). — Mengede (Kr. Dortmund): 
Fleischbeschautierarzt. Gehalt 3600 M., Wohnungsgeld 300 M., Wege- 
i geld 300 M. 


Verantwortlich filr den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag nnd Eigentum der Verlagsbuchhandlung Ton Richard Sehoets ln Barlla — 

Druck von W. Büxensteiß, Berlin. 















Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 fllr die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 

Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redaktenr. 


Glage 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Prof. Dr. Peter 

Veterinärrat Peters 

Veterinär™* Preuße 

Dr. Richter 

Professor 

Departementstierarzt 

Kreistierarzt 

Departementstierarzt 

Departementstierarzt 

Professor 

Hamburg. 

Cöln. 

Angermünde. 

Bromberg. 

Danzig. 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Dr. Schlegel 

Dr. J. Schmidt 

Reg.-Rat Dr. Vogel 

Wehrte 

Zündei 

Professor 

Professor 

Professor 

Landestierarzt v. Bayern 

Kalserl. Regierung»rat 

Kreistierarat 

Dresden. 

Freiburg i. Br. 

Dresden. 

München. 

Berlin. 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. J| q. 24 . Aasgegeben am 11. Juni. 


Inhalt: Regenbogen: Die Therapie der Darmparasiten des Hundes. — Haaü: Beitrag zur sanitätspolizeilichen Begut¬ 
achtung der Nachkrankheiten des Schweinerotlaufs. — Stern: Zur Kastration. — Köhler: Ein weiterer Fall 
von Torsio utori ante cervicem. — Becker: Zur Kasuistik der Luftsackerkrankungen. — Goldberger: Zur Toxi¬ 
kologie des Morphiums bei Hunden. — Referate: Querrnau: Über die Behandlung des Strahlkrebses. — Aus dem 
Jahresberichte bayerischer Tierärzte. — Aus der Praxis. — Lungwitz: Eine Wandlung in der Fabrikation der Hufeisen, 
welche der praktische Tierarzt kennen muß. — Gruß: Nystagmus mixtus suis. — Berger: Bakteriologische Untersuchungen 
über einige chronische Lungenentzündungen des Rindes. — Aus der medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Schmaltz: 
Gründung einer Zentralgeschäftsstelle der deutschen tierärztlichen Standesvertretung. — Zu dem Artikel „Deutscher und 
Schweizer Dr. med. vet.“ — Gemeinsame Versammlung der tierärztlichen Vereine von Posen und Westpreußen zu Broraberg. — 
Verschiedenes. — Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Müller: Zur Abwehr! — Kürzung der Fleischbeschau¬ 
gebühren durch die Gemeinden. — Kickton: Über die Wirkung einiger sogenannter Konservierungsmittel auf Hackfleisch. — 
Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk.« fn Petitsatz mit 
00 Hk« für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Sclimaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstraße 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Die Therapie der Darmparasiten des Hundes. 

Von Prof. Regenbogen. 

(Aus der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.) 

Der Darmkanal des Hundes beherbergt oft Würmer. Zahlen¬ 
mäßige Angaben über die Häufigkeit des Vorkommens von Ein¬ 
geweidewürmern bei Hunden liegen vor vonDeffke, Fröhner, 
Grabbe, Schöne, Zschokke. In Berlin wurden nach Fröhner 
unter 70 000 dem Hundespitale in den Jahren 1886 bis 1804 
zugeführten kranken Hunden 1266 = nahezu 2 Proz. wegen 
Helminthiasis behandelt. Dieser Prozentsatz ist nach meinen 
Aufzeichnungen derselbe geblieben. In den Jahren 1898 bis 
1906 wurden 79 380 Hunde der Klinik für kleine Haustiere zur 
Behandlung zugeführt, unter diesen 1632 wegen Darmparasiten, 
also 2 Proz. Davon waren 331 mit Askariden, 1297 mit Taenien 
und 2 mit Botriocephalen behaftet. Wegen Oxynren kamen 
Hunde nicht zur Behandlung. 

Bei der Häufigkeit des Vorkommens der Darmparasiten 
beim Hunde wird die Hilfe des Tierarztes zur Einleitung einer 
Wurmkur oft in Anspruch genommen. Wenn es auch an 
Arzneimitteln nicht mangelt, welche sich als wirksam zur Ab¬ 
treibung der Darmparasiten erwiesen haben, so muß doch zu¬ 
gegeben werden, daß eine erfolgreiche Wurmkur durch mancherlei 
Zufälle beeinträchtigt oder gar vereitelt werden kann und nicht 
selten Schwierigkeiten bietet. Die allgemeine Therapie lehrt, 
daß zur Entfernung der Darmparasiten mechanisch wirkende 
Mittel (Klistiere und Abführmittel) und die spezifischen Wurm¬ 
mittel angewendet werden können. Klistiere von Essig-, Seifen-, 
Salzwasser und Sublimatlösungen 1 / 2 bis 1 pro Mille, sowie 
Zwiebel- und Knoblauchabkochungen werden gegen Dickdarm- 
parasiten (Oxynren) empfohlen. Zum Abtreiben der Spul- und 
Bandwürmer sind Abführmittel allein in der Regel nicht aus¬ 
reichend, es bedarf vielmehr der spezifischen Wurmmittel, welche 
die Darmparasiten entweder töten oder sie nur beunruhigen oder 
betäuben und in die unteren Dannabschnitte hinabtreiben. Ein 


nachfolgendes Laxans soll den Abgang der Würmer bewirken. 
Besondere Schwierigkeiten bereitet häufig das Abtreiben der 
Bandwurmköpfe, welche durch die Haftapparate an der Darm¬ 
wandung befestigt sind. Eine Bandwurraknr kann aber nur 
dann als gelungen angesehen werden, wenn die Bandwürmer 
mit den Köpfen ans dem Darmkanale entfernt wurden. 

Die gebräuchlichsten Wurmmittel sind Santonin, Kamala, 
Semen Arecae, Flores Koso, Cortex, Granati, Extractnm Filicis 
und neuerdings das Filmaron. Von diesen Mitteln besitzen 
einige gewisse Vorzüge, andere sind nicht frei von unangenehmen 
Nebenwirkungen, unter Umständen sind sie sogar gefährlich. 
Santonin wendet, man nur gegen Askariden an. Die andern 
genannten Mittel gelten als die eigentlichen Bandwurmmittel, 
Kamala und Semen Arecae sind auch gegen Askariden wirksam. 
Kamala wirkt nicht allein abtötend auf die Darmparasiten, 
sondern auch gleichzeitig abführend. 

Die Wirkung der Wurmmittel erleidet nicht selten durch 
verschiedene Umstände eine Einbuße. Zuerst ist es die 
Schwierigkeit des Eingebens der Wurmmittel in den bisher 
üblichen Arzneiformen. Dann kann die Qualität des Mittels der 
Gnind eines Mißerfolges sein. Bei den pflanzlichen Bandwurm¬ 
mitteln ist die Wirksamkeit derselben von der Beschaffenheit 
und dem Alter der Droge abhängig. Die Wirkung fällt um so 
geringer aus, je älter die Droge oder das aus derselben 
bereitete Präparat ist. Die Beschaffung von frischen oder 
einwandfreien Wurmmitteln macht oft Schwierigkeiten und darf 
nicht unterschätzt werden. Für Rhizoma Filicis ist allerdings 
vorgeschrieben, daß der Vorrat alljährlich zu erneuern ist. Eine 
Gewähr für ein wirksames und in seiner Wirkung gleich¬ 
bleibendes Extractnm Filicis ist dadureh noch nicht gegeben; 
dieses Präparat ist und bleibt inkonstant mit Bezug auf seine 
wirksamen Bestandteile und deshalb unsicher in seiner Wirkung, 
dazu kommt die Giftigkeit desselben. Vergiftungen können 
durch Extractum Filicis um so leichter Vorkommen, als es 





426 


BERLINEU TIERÄRZTE] 

sich wegen seines schwankenden Gehaltes an Felixsälire 
(Filicin) schwer richtig dosieren läßt. Auch dem neuerdings 
empfohlenen Filmaronöl kann eine Giftwirkung nicht abgesprochen 
werden. 

Eine weitere Ursache des Mißerfolges bei der Anwendung 
der Bandwurmmittel ist das häufige Erbrechen derselben. Da das 
Erbrechen meistens schon bald nach dem Eingeben erfolgt, so 
geht die Wirkung auf die Darmparasiten verloren, oder sie 
wird doch so verringert, daß der Erfolg der Wurmkur in Frage 
gestellt wird. Das Erbrechen kann allerdings bei einem jeden 
Bandwurmmittel eintreten, man macht jedoch die Erfahrung, 
daß einige Mittel ganz besonders leicht erbrochen werden, 
z. B. Flores Koso, Dekoktum Corticis granati. Nicht selten 
beobachtet man, daß auch Kamala und Semen Arecae, in der bisher 
gebräuchlichen Form verabreicht, erbrochen werden. Die Ur¬ 
sache des Erbrechens ist wohl zum größten Teil in der Menge 
des Mittels und in der Arzneiform des betreffenden Mittels und 
der daraus resultierenden Belästigung des Magens begründet. 
Lassen es die betreffenden Mittel zu, daß sie in kleiner Menge 
oder in einer komprimierten Form und so eingehüllt gegeben 
werden können, daß sie den Magen fast unverändert passieren 
und erst im Dann frei werden und ihre Wirkung entfalten, 
dann wird das Erbrechen meistens vermieden oder es tritt erst 
später ein, wenn bereits der größte Teil des Mittels in den 
Darm übergetreten ist und eine ausreichende Wirkung auf die 
Darmparasiten stattfinden kann. Da die Kosoblüten und die 
Granatrinde nicht geeignet sind, in einer komprimierten Form 
verabreicht zu werden und deshalb fast regelmäßig erbrochen 
werden, wozu bei der Granatrinde noch der hohe Gerbsäure¬ 
gehalt besonders beiträgt, so wird man auf diese Mittel ver¬ 
zichten. Auch Extr. Filicis ist aus den oben besprochenen 
Gründen nicht empfehlenswert. Es bleiben dann nur Kamala 
und Semen Arecae als zuverlässige und dabei ungiftige Band¬ 
wurmmittel übrig. Kamala gab man bisher in Form der 
Schüttelmixtur, mit Butter als Bissen, in Form der Latwerge 
und unter geschabtes, rohes Fleisch gemengt. Bei dieser Form 
der Anwendung erfolgt aber auch leicht Erbrechen kurze Zeit 
nach dem Eingeben. Auch Semen Arecae wird in den bisher 
üblichen Arzneiformen leicht erbrochen. Dazu kommt, daß die 
Pillen aus Arekanus mit Oleum Cacao und Cera flava bereitet 
und, mit einem Keratinüberzuge versehen, eine unverhältnismäßig 
teure Arzneiform darstellen. Ich stellte deshalb Versuche an, 
in welcher Weise diese an und für sich wirksamen Bandwurm¬ 
mittel in einer zweckmäßigeren und billigen Form verabreicht 
werden könnten. Diese Versuche erstreckten sich auch auf 
eine Mischung von Semen Arecae pulv. mit Kamala in Gelatine¬ 
deckelkapseln eingeschlossen. An Stelle der zuerst in der 
Hochschulapotheke hergestellten Kapseln verwandte ich später 
Bandwurmkapseln, welche von der Firma Bengen&Co. in 
Hannover in den Handel gebracht werden. 

Seit 2 Jahren habe ich diese Kapseln angewendet und 
durchweg sehr gute Erfolge erzielt. Die Kapseln sind 4 cm 
lang, länglich oval, 5,5 g schwer, an der Oberfläche glatt. Sie 
enthalten je 1 g Semen Arecae pulv. und Kamala mit Ol. Ricini. 
Das Eingeben ist leicht, namentlich wenn die Kapseln vorher 
in warmes Wasser eingetaucht, schlüpfrig gemacht und dann 
über den Zungengrund in die Rachenhöhle geschoben werden. 
Diese Applikation ist einfach, sauber und ohne Verlust des 
Arzneimittels zu bewerkstelligen. Die Wirkung ist nach meinen 


CHE WOCHENSCHRIFT. No. 24. 

Versuchen zuverlässig, wie aus den nachstehenden Auszügen 
aus den Klinikberichten hervorgeht: 

1. Box, 4 Jahre alt. Früh 9 Uhr 5 Kapseln. Um 2 Uhr Ab¬ 
gang von Taenia marginata mit Kopf. Grünlich schleimige Masse 
erbrochen ohne Kapseln. 

2. Box, 3 / 4 Jahr aß- 5 Kapseln früh 9'/4 Uhr. 11 '/ 3 Uhr Ab¬ 
gang von Taenia marginata mit Kopf. Nicht erbrochen. 

3. Collie, 3 Jahre alt. 5 Kapseln 12*/ a Uhr mittags. 2V 2 Uhr 
Abgang von Taenia marginata mit Kopf. Erbrechen gegen 2 Uhr 
ohne Kapseln. 

4. Teckel, 2 Jahre alt 5 Kapseln früh 10 Uhr. Um 11 Uhr 
Abgang von Taenia marginata mit Kopf. Erbrochen wmrde wenig. 

5. Dobermann Pintscher, 1 */ a Jahre alt. 5 Kapseln um 10 Uhr 
vormittags. Nachmittag 5 Uhr dünner Kot ohne Taenien abgesetzt. 
Erbrochen wmrde nichts. 

6. Seidenspitz, 1 1 / 4 Jahr alt. 3 Kapseln um 3 Uhr. Um 4 Uhr 
w urde dünner Kot mit Taenia cucumerina mit Kopf abgosetzt Um 
4V 3 Uhr wmrde etwas erbrochen. 

7. Terrier, l 1 /» Jahr alt. Um 10 Uhr 2 Kapseln. Um 12 Uhr 
Abgang von dünnem Kot mit mehreren Taenia marginata mit Kopf. 
Eine geringe Menge Schleim wurde erbrochen. 

8. Jagdhund, 2 Jahre alt. 5 Kapseln um 10 Uhr. Gegen 3 Uhr 
Abgang von dünnem Kot mit zahlreichen Taenien (marginata cucu¬ 
merina mit Köpfen). Geringes Erbrechen gegen 4 Uhr. 

9. Dogge, 3 Jahre alt. Um 10 Uhr 6 Kapseln. Gegen 1 Uhr 
Abgang von zahlreichen Ascariden und Taenien mit Köpfen (Taenia 
cucumerina). Kein Erbrechen. 

10. Terrier, 2 Jahre alt. 3 Kapseln. Nach einer Stunde wurde 
dünner Kot abgesetzt ohne Würmer. Erbrochen wurde nicht. 

11. Jagdhund, 6 Jahre alt. 4 Kapseln um 9 Uhr. Um 12 Uhr 
Abgang von dünnem Kot ohne Würmer. Erbrochen wurde nicht. 

12. Bastard, 2 Jahre alt. Um 9 Uhr 4 Kapseln. Nach einer 
Stunde dünner Kot, Um 11 Uhr Taenia marginata mit Kopf ab¬ 
gesetzt. Kein Erbrechen. 

13. Terrier, 7 Jahre alt. Um 9 Uhr 3 Kapseln. Nach 2 Stunden 
dünner Kot ohne Bandwürmer. Erbrochen wurde nichts. 

14. Teckel, 1 Jahr alt. 3 Kapseln um 9 Uhr. Um 11 Uhr 
dünner Kot mit Taenia marginata mit Kopf. Nicht erbrochen. 

15. Jagdhund, 2 1 /., Jahre alt. 4 Kapseln um 12 Uhr. Nach 
4 Stunden dünner Kot mit Taenia marginata mit Kopf. Nicht 
erbrochen. 

16. Teckel, 3 / 4 Jahr alt. Um 8 3 / 4 Uhr 3 Kapseln. Nach 
3 Stunden dünner Kot ohne Taenien. Erbrochen wurde sehr wenig. 

17. Jagdhund, 2 Jahre alt 4 Kapseln um 8 3 / 4 Uhr. Um 
12* j Uhr dünner Kot und 6 Taenia marginata mit Köpfen und ein 
Taenia cucumerina mit Kopf. Nicht erbrochen. 

18. Terrier, 6 Jahre alt. 4 Kapseln um 9 Uhr. Um 12 Uhr 
Taenia cucumerina mit Kopf abgesotzt. Erbrochen wurde sehr 
wenig. 

19. Terrier, 5 Jahre alt. 3 Kapseln um 9 Uhr. Nach 2 Stunden 
erfolgte Durchfall. Bandwürmer wurden nicht abgesetzt Nicht 
erbrochen. 

20. Collie, 2 Jahre alt, 4 Kapseln um 3*/ a Uhr. Nach einer 
Stunde wurde ein Teil erbrochen. 117a Uhr dünner Kot mit Taenia 
marginata mit Kopf, sowie mehrere Exemplare Taenia marginata 
mit Kopf. Erbrechen nicht. 

21. Dogge, 2 Jahre alt 5 Kapseln um 87a Uhr. Um 117« Uhr 
dünner Kot mit Taenia marginata mit Kopf. Nicht erbrochen. 

22. Terrier, 1 Jahr alt. 4 Kapseln um 10 Uhr. Um 12 V* Uhr 
dünner Kot mit Taenia marginata inkl. Kopf. Erbrochen wurde 
sehr w r enig. 

23. Setter, 4 Jahre alt. 4 Kapseln um 9 Uhr. Nach 4 Stunden 
dünner Kot und mehrere Taenia marginata mit Kopf. Erbrochen 
nichts. 

24. Dogge, 2 Jahre alt 5 Kapseln um 9 Uhr. Nach 2 Stunden 
dünner Kot und 14 Exemplare Taenia marginata, sämtlich mit Kopf. 
Erbrochen wurde nicht. 

25. Jagdhund, 6 Jahre alt. 4 Kapseln um 9 Uhr. Nach 
6 Stunden wurde Taenia marginata mit Kopf abgesetzt. Erbrochen 
wurde ziemlich viel. 



11. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


427 


26. Teckel, 4 Jahre alt. 3 Kapseln um 9 Uhr/ Nach 3 1 /* Stunden 
dünner Kot mit Taenia marginata. Der Kot konnte aber nicht 
genügend gesammelt werden. Der Kopf war nicht nachzuweisen. 

Bei diesen 26 Versuchen wurden demnach 20 mal Taenien 
mit Kopf abgetrieben. Bei Nr. 5, 10, 11, 13, 16 und 19 trat 
Durchfall ein, ein Beweis, daß eine genügende Wirkung auf 
den Darm erzielt war. Da sich Bandwürmer trotzdem nicht 
im Kote vorfanden, so ist man wohl berechtigt, anzunehmen, 
daß Bandwürmer nicht vorhanden waren. Eine Störung des 
Allgemeinbefindens wurde niemals beobachtet. Abends nahmen 
die Hunde das Futter mit gutem Appetit wieder auf. Der Preis 
für eine Kapsel, nach der Arzneitaxe berechnet, beträgt 10 Pf., 
der Grossopreis 5 Pf., zehn Kapseln werden von der Fabrik für 
70 Pf. abgegeben. Für einen größeren Hund sind etwa fünf 
Kapseln erforderlich. Demnach kostet das Arzneimittel 65 Pf. 
inklusive Dispensationsgebühr, während 10 Pillen aus Semen 
Arecae mit Oleum Cacao und Cara flava mit Kreatin überzogen 
1,60 M. kosten. 

Die Anwendung der Bandwurmkapseln kann demnach wegen 
der leichten Applikation des Mittels, der Zuverlässigkeit, der 
Wirkung und des billigen Preises empfohlen werden. 


Beitrag zur sanitätspolizeilichen Begutachtung der 
Nachkrankheiten des Schweinerotlaufs. 

Von Haase, Tierarzt in Hohenmölsen. 

Von den infektiösen Krankheiten des Schweines ist wohl 
der Rotlauf die am meisten verbreitete und daher diejenige, 
welche das Interesse und die Tätigkeit der Tierärzte dement¬ 
sprechend vorwiegend in Anspruch nimmt. 

Von den Nachkrankheiten des Rotlaufs ist es besonders die 
Rotlaufendokarditis, welche die Beachtung der Tierärzte ge¬ 
funden hat und ziemlich oft registriert wird. Seit Ausübung 
der Fleischbeschau hatte ich nun mehrfach Gelegenheit, eine 
Nachkrankheit zu beobachten, welcher gleiche Würdigung nicht 
zuteil geworden ist, obgleich dieselbe nicht seltener vorzukommen 
scheint als die Endokarditis. Es ist dies die Rotlaufnephritis. 
Dieselbe fand ich bei an Rotlauf krank gewesenen Schweinen 
für sich auftretend an; jedoch war sie auch mit Rotlaufendokar¬ 
ditis vergesellschaftet. Die Rotlaufnephritis ist embolischer 
Natur, wie dies bereits von Schottelius nachgewiesen wurde. 
(Lydtin und Schottelius, Rotlauf der Schweine 1885. 
Bakteriologische Untersuchungen.) 

Die Veränderungen der Niere repräsentieren sich bei vor¬ 
geschrittenem Stadium, 2—4 Wochen nach Ablauf der Allgemein¬ 
krankheit, als multiple punktförmige bis hirsekorngroße Herde 
der Nierenwände, welche von dunkelroter Farbe sind, sich 
deutlich von der Umgebung absetzen und über die Nieren¬ 
oberfläche hervorragen. Im weiteren Verlauf können dieselben 
eitrig einschmelzen und dann zu einer umfangreicheren Ent¬ 
zündung der Nieren Veranlassung geben, an welche sich ein 
bedenkliches Allgemeinleiden — Urämie — anschließen kann. 

Anderenfalls kann jedoch auch relative Heilung erfolgen 
durch Induration der betreffenden Herde, welche dann eine mehr 
blaßrote Farbe annehmen und sich retrahieren, so daß dann ihre 
äußere sichtbare Fläche nicht mehr die Nierenoberfläche überragt, 
sondern in gleichem Niveau oder gar 1—2 mm unter demselben 
liegt. In solchen so veränderten Herden konnte ich mittelst 
Schnittpräparaten noch Rotlaufbazillen verstreut liegend nach¬ 


weisen. Ich beobachtete dieses Stadium ca. 8 Wochen nach 
Auftreten der akuten Krankheit. Es drängte sich mir die Frage 
auf, ist in diesem Stadium eine frische Blutinfektion aus den 
Nieren noch möglich, wie eine solche aus der Endokarditis zu 
jeder Zeit erfolgen kann? Ich bin geneigt, dieselbe mit nein 
zu beantworten, da Rotlaufbazillen in dem stark veränderten 
Nierengewebe nur einzeln gefunden werden. Wohl dürfte jedoch 
diese Möglichkeit einige Wochen früher bestanden haben, bevor 
das Gewebe betreffender Herde verödet war. 


Nachfolgend füge ich die von mir sanitätspolizeilich be¬ 
gutachteten Fälle in einer Tabelle zur Orientierung bei. 



*3 

Rotlauf- 

nach- 

krank- 

heiten 

Sanitäts¬ 

polizeiliches 

Grund 


Zeit 

o 

X 

u 

Q 

3 

< 

Endokarditis 

Nephritis 

Endokard. 

-f Nephritis 

Ergebnis 

der 

Untersuchung 

der 

Beanstandung 

Bemerkungen 

1888 

- 

1 

- 

- 

Minderwertig. 

Ohne frische 
Blutinfektion. 

Notschlachtung 

7 Wochen nach 
akutem Rotlauf. 

1902 



1 

— 

Minderwertig. 

Urämie gering¬ 
gradig. 

Notschlachtung. 

1904 

2j 

— 

— 

— 

Bedingt tauglich. 


— 

1905 

1 1 
A 

_ 


1 

B 

; A. Bedingt 
tauglich. 

B. Minderwertig. 

| B. Ohne frische 
i Blutinfektion. 

B. Not¬ 
schlachtung ca. 
8 Wochen nach 
akutem Rotlauf. 

1906 

1 

— 

— 

— 

Bedingt tauglich. 

— 

— 

1907 

1 

A 


2 

B 

1 

C 

l 

A. Bedingt 
tauglich. 

B. Tauglich ohne 
Einschränkung. 
0. Bedingt 
tauglich. j 

B. Ohne frische 
Blutinfektion. 

C. Mit frischer 
Blutinfektion. 

C. Not¬ 
schlachtung. 


Es kamen also auf 11 Stück an Rotlauf kranker oder krank 
gewesener Schweine 6 Stück mit Nachkrankheiten, von welchen 
4 notgeschlachtet waren, während 2 lediglich Rotlaufnephritis 
aufwiesen, welche bei gewerblichen Schlachtungen zufällig ge¬ 
funden wurden; gewiß ein Beweis dafür, daß die sanitätspolizei¬ 
liche Beurteilung der Nachkrankheiten des Schweinerotlaufs 
relativ häufig nötig wird. 

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, kann die sanitäts¬ 
polizeiliche Beurteilung des Fleisches bei Rotlaufnachkrankheiten 
verschieden sein. Dasselbe kann tauglich ohne Einschränkung 
sein, wie bei den Fällen B des Jahres 1907, bei welchen 
lediglich Nierenveränderungen vorhanden waren und sonstige 
Rotlauferscheinungen fehlten. Dasselbe kann minderwertig sein, 
wie bei dem im Jahre 1902 beobachteten Falle, welcher Ver¬ 
änderungen der Niere mit geringer Urämie zeigte. Bei diesem 
Tiere, ein an 150 kg schweres, weibliches Schwein, halbenglischer 
Rasse, zeigte das die Nieren umgebende Fettgewebe einen grün¬ 
lichen Farbenton und urinösen Geruch. Das Fleisch war frei 
von diesem Harngeruch, zeigte normale Farbe, Aussehen und 
Reaktion. Der Harngeruch trat auch bei der Kochprobe nicht 
auf. Nach Entfernung der Nieren, des Schmeers und der Psores- 
muskeln wurde das Fleisch als minderwertig freigegeben. Es 
ist einleuchtend, daß bei weiter vorgeschrittener Urämie das 
Fleisch untauglich wurde. 

Bei den Tieren mit Endokarditis 1888, mit Endokarditis und 
Nephritis B. 1905 wurde das Fleisch ebenfalls als minderwertig 
erachtet, da nur diese Nachkrankheiten bestanden und Er¬ 
scheinungen einer frischen Blutinfektion nicht vorhanden waren. 




428 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Das Fleisch des Tieres C. 1907 mit Endokarditis und 
Nephritis wurde als bedingt tauglich deklariert und durch 
Kochen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen genu߬ 
tauglich gemacht, da außer den Veränderungen des Herzens 
und der Nieren die Erscheinungen einer frischen Blutinfektion, 
Leberschwellung, Schwellung der Milz und blaurote Verfärbung 
derselben konstatiert wurden. In der Milz wurde außerdem 
das massenhafte Vorhandensein von Rotlaufbazillen und Rotlauf¬ 
keimen durch mikroskopische Untersuchung festgestellt. Es er¬ 
scheint mir hiermit das Gutachten bedingt tauglich hinreichend 
begründet. 

Unterwerfen wir nunmehr das Gesetz betreifend die 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 und die 
Ausführungsbestimmungen zu demselben einer Durchsicht, so 
finden wir, daß die Nachkrankheiten des Rotlaufs nicht be¬ 
sonders aufgeführt sind und die Beurteilung des Fleisches dem 
Gutachten des die Beschau ausübenden Tierarztes überlassen 
bleibt. Es dürfte jedoch nach meinen Ausführungen zweck¬ 
mäßig erscheinen, Bestimmungen über Rotlaufnachkrankheiten 
des Schweines in das Gesetz aufzunehmen. Naturgemäß können 
dieselben nicht den Umfang erreichen wie die Tuberkulose, da 
die Kranklieitsbilder des Rotlaufs bei weitem nicht gleiche 
Mannigfaltigkeit aufweisen. Jedoch dürfte eine Bestimmung 
notwendig erscheinen, dahin gehend, daß bei Nachkrankheiten 
des Schweinerotlaufs das Fleisch bedingt tauglich erachtet 
werden muß, wenn die Erscheinungen einer frischen Blut¬ 
infektion durch makroskopische, erforderlichenfalls durch mikro¬ 
skopische Untersuchung festgestellt sind. 

Ein solcher Fall von Rotlaufnachkrankheiten dürfte auch 
in seuchenpolizeilicher Hinsicht wie akuter Rotlauf zu behandeln 
sein, wde dies auch mit C. 1907 geschehen ist. 

Zur Kastration. 

Von Stern in Braunsberg. 

Kreistierarzt Reimers hat uns ein neues Instrument gebaut, 
für welches ihm unser Dank gebührt. Die erste Anregung, in 
Ostpreußen die Operation unserer edlen Hengste den Hand¬ 
werkern nicht mehr zu belassen, sondern sie hauptsächlich aus 
Gründen der Humanität in das Arbeitsfeld des Tierarztes zu 
übernehmen, habe ich nach mehrjähriger Prüfung und Übung 
der verbesserten Torsionsmethode im Jahre 1890 in Nr. 10 der 
alten „Tiermedizinischen Rundschau“ veröffentlicht. An Stelle 
der bis dahin üblichen Methode der Kompression mit Kluppen 
trat jetzt die Entfernung der Hoden vermittelst der Renaultschen 
Zangen. Dr. Möller, Zorn und viele andere Kollegen haben 
mir seinerzeit in liebenswürdiger Weise zugestimmt. Nach 
dieser Zeit ist der Emaskulator als weiterer Fortschritt in Auf¬ 
nahme gekommen, dann die Sand sehe Zange mit dem Emaskulator 
und schließlich das der Kopulation beider entsprossene 
Re im er s sehe Instrument. Der Emaskulator konnte der zu 
vielseitigen Verwendung bei allen männlichen Tieren, einerseits 
mit ganz dünnen, anderseits mit starkem Funikulus nicht voll 
genügen; solchen Anforderungen entspricht hingegen das jüngste 
Instrument. Mit ihm habe ich die Orcheotomie bei einer Reihe 
von 50 Tieren, einem alten Eber, jüngeren und älteren Pferden 
und Rindern mit gleich zufriedenstellendem Erfolge ausgeführt. 
Diese Operationsmethode ist relativ schmerzlos, rasch aus¬ 
zuführen, gewährt genügende Sicherheit gegen Nachbluten und 


dürfte nur in seltenen Fällen eine Nachbehandlung erfordern, 
zumal der Funikulus dabei weder gezerrt noch in einen andern 
Reizzustand versetzt wird; sie entspricht somit den weit¬ 
gehendsten Anforderungen. Jedoch darf ich nicht unerwähnt 
lassen, daß die Handlichkeit des Instruments durch die Größe 
des Zangenmaules beeinträchtigt wird. Da die Umspannung des 
von der linken Hand fixierten S.-Stranges nur bei vollster Öffnung 
der Zange möglich ist und man zu diesem Akt eigentlich beider 
Hände benötigt, so erscheint mir eine Änderung des Instrumentes 
derartig, daß es mit der rechten Hand allein bequem gehandhabt 
werden könnte, erforderlich. Der Zweck dürfte nach meiner 
Beobachtung durch eine Verkürzung der Schenkel des Zangen¬ 
maules und des Emaskulators um 15 mm leicht erreicht 
werden können. 

Ein weiterer Fall von Torsio uteri ante cervicem. 

Von Dr. A. Köhler-Kahla i. Th. 

In Nr. 3 der B. T. W. 1908 befindet sich ein Referat von 
Rdr. über obige Krankheit, die in der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Wien beobachtet wurde. Ich hatte Gelegenheit, kurz 
vor den Weihnachtsfeiertagen den gleichen Fall, der, wie schon 
im Referat hervorgehoben, äußerst selten ist, in meiner Praxis 
zu behandeln. 

Am 13. Dezember 1907 erkrankte die erst vier Tage vorher 
gekaufte Kuh des Landwirtes F. in 0. unter kolikartigen Er¬ 
scheinungen (häufiges Niederlegen, Hacken mit den Hinterbeinen 
nach dem Leib, Versagen von Futter und Getränk, Nichtwieder¬ 
kauen), nachdem sie sich die ersten vier Tage völlig gesund 
gezeigt hatte. Nach Verabreichen von Abführmitteln ließen die 
Schmerzensäußerungen nach 36 Stunden nach, Appetit und 
Wiederkauen stellten sich aber nicht ein; in den nächsten Tagen 
nahm der Leib immer mehr an Umfang zu, so daß er bald 
einer prall gefüllten Trommel glich; Kotabgang war dünnflüssig. 
Nach Eingeben von Tartarus stibiatus und Rhizoma Veratri 
trat Brechen ein, der Leibesumfang nahm aber nicht ab. In 
den letzten Tagen zeigte das Tier Beschwerden beim Urinieren. 

Am 26. Dezember 1907 verendete die Kuh. Da sie hoch¬ 
tragend war, hatte ich bereits am ersten Tage eine Untersuchung 
per vaginam vorgenommen; ohne eine Verdrehung der Scheide 
konstatieren zu können, kam ich mit der Hand bis zum Cervix, 
der wie bei jeder nichtgebärenden Kuh festgeschlossen war. 
Vom Mastdarm aus fühlte ich nur eine strangartige Verdickung 
am Gebärmutterhals, ohne mir deren Ursache erklären zu können. 

Die am 27. Dezember vorgenommene Sektion löste das 
Rätsel: die strangartige Verdickung bildete den durch Drehung 
um seine Längsachse direkt vor dem Muttermund ca. 3 mm 
starken Gebärmutterhals. Die Drehung war nur ca. 8 cm lang, 
aber derart fest, daß es unmöglich w*ar, mit dem Finger ein¬ 
zudringen. Weder Vagina noch Cervix hatten an der Drehung 
teilgenommen. 

Der Uterus beherbergte einen völlig ausgetragenen Fötus, 
der bereits stark in Fäulnis übergegangen war. Fäulnisgase 
hatten den Uterus stark aufgetrieben und die intra vitam auf¬ 
fällige Umfangszunahme bewirkt. Außer einer hochgradigen 
Metritis fand sich noch eine starke Perimetritis, die auf das 
Bauchfell und die Eingeweide übergegriffen und eine Verklebung 
bzw. beginnende Verwachsung von Uterus mit Pansen und Darm 
hervorgerufen hatte. 








BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11. Juni 1908. 


Eine Ursache, wie die Drehung entstanden ist, konnte 
natürlich durch den Sektionsbefund nicht nachgewiesen werden. 
Die Kuh hatte vor dem Kauf einen langen Eisenbahntransport 
und nach dem Kauf einen mehrstündigen Weg hinter sich; 
sollte da der Anfang des Leidens herrühren? Nach Lage des 
Falles konnte der Verkäufer nicht haftbar gemacht werden. 


Zur Kasuistik der Luftsackerkrankungen. 

Von Becker-Tilsit. 

Oberstabaveterinär im Dragoner-Regiment 1. 

Vor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, ein kleines 
Fohlen wegen chronischem Meteorismus des Luftsackes zu be¬ 
handeln. Bei dem sechs Monate alten Fohlen bestand in der 
Ohrspeicheldrüsengegend der linken Seite eine ziemlich be¬ 
deutende halbkugelige puffige Anschwellung. Auf der Haut 
über dieser Anschwellung waren Spuren einer scharfen Ein¬ 
reibung bemerkbar. Das Allgemeinbefinden des Fohlens war 
gestört, die Atmung war erschwert. Ich eröffnete den Luft¬ 
sack im Viborgschen Dreieck wie einen subparotidealen Abszeß 
mit der Aderlaßhohlnadel. Sofort nach dem Einstich entleerte 
sich eine grünliche stinkende klumpige Masse. Die Atem¬ 
beschwerden verschwanden. Einen Monat später mußte die 
Eröffnung noch einmal vorgenommen w, rden, da die erste Wunde 
geschlossen war. Auch diese Wunde verheilte ziemlich schnell, 
so daß wieder einen Monat später eine nochmalige Öffnung vor¬ 
genommen wurde. Ein eingesetztes und mit der Haut vernähtes 
Gummirohr hielt nicht lange. Auch ein silberner Doppeltubus 
blieb nicht liegen. Jedenfalls hatte sich das Fohlen der 
ihm unangenehmen Sachen durch Scheuern entledigt. Herr 
Hauptner stellte mir nun nach meinen Angaben eine Röhre ans 
Duritgummi her mit zwei Druckplatten. Die Platten waren 
etwa 4 mm stark und waren auf die 3 cm lange Röhre auf¬ 
geschoben und verklebt. Diese Röhre setzte ich in die etwas 
erweiterte Fistelöffnung, die sich mittlerweile gebildet hatte, 
mit Hilfe eines Nadelhalters ein, indem ich die eine Platte 
nach außen mit der Zange zusammenbog und so in die Öffnung 
einführte. Nach dem Öffnen der Zange schnellte die jetzt im 
Innern des Luftsackes sitzende Platte zurück und die Röhre 
saß fest. Diese Röhre lag etwa 3 / 4 Jahre lang unverändert. 
Das Pferd entwickelte sich ausgezeichnet. Später wurde die 
Röhre herausgezogen. Die Fistel verlor sich ganz allmählich. 
Ein Wiederauftreten des Meteorismus ist nicht beobachtet. Die 
Schleimhaut des Luftsackes war bei wiederholten Untersuchungen 
stets gesund befunden worden. 

Zur Toxikologie des Morphiums bei Hunden. 

Von Tierarzt Dr. Goldberger -Krojanke. 

Ein dreijähriger Rehpinscher im Gewicht von 7 Pfund war 
seit 14 Tagen an Staupe schwer erkrankt. Nachdem er die 
erheblichen Lungenaffektionen überwunden hatte und bei guter 
Freßlust gerettet schien, traten heftige nervöse Rückenmark¬ 
erscheinungen auf, die sicli außer kräftigen Zuckungen der 
hinteren Extremitäten durch fortschreitende Lähmung äußerten. 
Der Patient wurde aufgegeben und sollte auf Wunsch des 
Besitzers schmerzlos getötet werden. 

Ich injizierte dem kleinen Tiere subkutan 0,5 g Morphium 
(0,5/15 Lösung Bengen), welches ich bei mir hatte, in der An¬ 
nahme, daß der Tod alsbald durch Gehirnlähmung eintreten 


429 


müsse. Der Hund fiel sofort in Schlaf, zeigte aber sonst im 
Verlaufe einer Stunde nur insofern eine Änderung, als außer 
den bestehenden Zuckungen der hinteren Gliedmaßen gleich¬ 
zeitig Reflexerregungen in der Halspartie eintraten. Nach drei 
Stunden waren die Zuckungen noch intensiver. Das Tier wurde 
nach vier Stunden durch Einbringen eines Cyankalistückchens in 
die Maulhöhle getötet. 


Referate. 

Über die Behandlung des Strahlkrebses. 

Von Militärveterinär Qu er mau. 

(Recueil d'AIfort, 15. März 1908.) 

Der Verfasser hat drei veraltete Fälle von Strahlkrebs ohne 
operativen Eingriff nur mit Jodoform geheilt und ist dabei 
folgendermaßen verfahren: 

1 . Bei Herabnahme eines jeden Verbandes werden die Eisen 
von den kranken Hufen heruntergenommen, um nach dem Ver¬ 
binden nebst einem Deckel aus Eisenblech, der die ganze Sohle 
zu schützen hat, wieder aufgeschlagen zu werden. 

2 . Nach der Abnahme jedes Verbandes wird mit dem Rinn¬ 
messer und dem lorbeerblattförmigen Messer das lose schlechte 
Horn und die Wucherungen der Fleischzotten herausgeschnitten, 
so daß die Medikamente in allen Ecken und Vertiefungen hinein¬ 
dringen können, die verkäste Hornmasse und alle anderen 
Unreinlichkeiten werden von der kranken Fläche weggekratzt, 
jedoch unter möglichster Schonung der Fleischsohle und der 
Fleischbällchen und unter Vermeidung jeglicher Blutung. 

3. Nach dem Abkratzen pudert man alle affizierten Stellen 
reichlich mit Jodoform ein, legt mehrere Schichten Gaze und 
ein Torfbauschen darüber und legt das Deckeleisen wieder auf. 

4 . Damit der Verband immer sauber bleibt, so muß man 
während der ganzen Behandlung für eine reichliche immer 
trockene Einstreu sorgen. 

5. Den ersten Verband läßt man 4 -5 Tage liegen. 

0 . Bei dem zweiten und jedem übrigen Verbandwechsel 
beschränkt man sich darauf, die ganze kranke Oberfläche ab¬ 
zukratzen und sie sorgfältig von dem verkästen Horn zu 
säubern, was aber ohne jegliche Blutung geschehen muß. 
Nachher wird das Jodoform auf alle kranken Stellen reichlich 
aufgepudert, und damit es in allen Lücken und Spalten der 
kranken Stellen hineindringen kann, so ist es ratsam, es als 
Jodoformäther zu verwenden. Auf die Stelle werden dann 
trockene Gaze und ein Torfbauschen gelegt, welch letzterer 
seines größeren Aufsaugungsvermögens wegen der Baumwoll- 
watte vorzuziehen ist. 

Sobald die tieferen Wunden vernarbt sind, so läßt man 
das Pferd aber nur auf trockenem Boden arbeiten, damit der 
Verband nicht beschmutzt wird. Anfangs wird dieser alle vier 
Tage gewechselt, später kann er länger liegen bleiben. Auf 
die angegebene Weise hat der Verfasser in 18 Tagen bis zu 
einem Monat die Heilung bewirkt. 

Im Laufe der Behandlung macht man die Beobachtung, daß 
das Jodoform schon nach wenigen Tagen die ulzerierten Stellen 
austrocknet, welche sich dann bald mit einem gesunden Horn 
überdecken. An den tieferen Stellen geht die Vernarbung etwas 
langsamer vor sich, aber bei jedem Verbandwechsel sieht man, 
daß diese wunden Stellen ein immer besseres Aussehen erhalten. 

Helfer. 



430 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Aus dem Jahresberichte bayerischer Tierärzte. 

(Wochensehr, für Tierheilk. und Viehzucht, 52. J«hrg. Nr. 1 bis 9.) 

Gegen Kälberruhr wandte Wagner-Unterthingau in 
54 Fällen Pankreon an. Nach seinen Erfahrungen ist dieses 
Mittel als Prophylaktikum nicht viel wert, eine Heilwirkung bei 
wirklicher Kälberruhr besitzt es kaum, bei Katarrh der Ver¬ 
dauungsorgane infolge Fütterungsfehler entfaltet es jedoch 
Heilkraft. 

Derselbe Autor impfte gegen die infektiöse Kälber¬ 
pneumonie Landsberger Serum. Von den neun Impflingen 
starb ein Tier. Immunität wurde nicht erzielt. Der Nutzen 
der Impfung bestand in milderem Krankheitsverlauf. 

Über die Verwendbarkeit des Therapogen zur Desinfektion 
der Geburtswege spricht sich Trommsdorf-Freyung sehr günstig 
aus. Dasselbe Urteil gibt auch Böhme-Landsberg ab. Beide 
Autoren heben die Geruchlosigkeit und das Fehlen einer Reiz¬ 
wirkung besonders hervor. Als Ersatz des teuren Tannoform 
verwendet Böhme das Tannisol mit gutem Erfolg. 

Zungenödem beim Pferde, während der Verabreichung 
von Arznei durch übermäßige Zerrung entstanden, behandelte 
Heieck- Neustadt a. W.-N., durch Massage mit Borsäurelösung. 
Bei Beginn der Behandlung hing die Zunge zirka 15 cm lang 
aus dem Maulspalt heraus, füllte die Maulhöhle vollständig aus, 
so daß die Zähne Eindrücke gemacht hatten, und fühlte sich kalt, 
bretthart an. Die Nahrungsaufnahme war gänzlich behindert. 
Nach viertägiger Behandlung konnte das Pferd dünne Tränke 
wieder aufnehmen, wegen des großen Kräfteverlustes war es 
aber erst ein Vierteljahr später wieder arbeitsfähig. 

Kalbefieber trotz vorhergegangener Schwergeburt 
konnte Breß-Schönenberg beobachten. In der Vaginalwand 
hatte der Kopf des Fötus ein großes Loch gerissen und dadurch 
Anlaß zu starker Blutung gegeben. Die Frucht konnte erst 
nach Anlegen der Kette und Drehung des Kalbes um die Längs- 
axe entwickelt* werden. Das Kalbefieber trat zwei Tage nach 
dem Gebärakt ein und war nach siebenstiindigem Bestehen 
wieder verschwunden. 

Über drei Fälle von Bauchbrüchen bei Kühen 
berichtet ebenfalls derselbe Autor. Zwei Fälle ereigneten sich 
in der 3t». Woche der Trächtigkeit. Das Krankheitsbild war 
hierbei folgendes: Allgemeinbefinden und Freßlust gering gestört, 
Puls- und Atemfrequenz etwas gesteigert, kein Fieber, Aufstehen 
der Tiere erschwert, Scharren mit den Vorderfüßen, Schlagen 
der Hinterfüße gegen den Bauch, Zähneknirschen. Nach acht¬ 
tägigem Bestehen dieses Krankheitsbildes kamen erst die Bauch¬ 
brüche zum Vorschein. Der Gebärakt ging ohne Kunsthilfe von 
statten. Bei der dritten Kuh wurde der Bruch erst nach dem 
Abkalben sichtbar. Neben der Trennung der Bauchdecken war 
auch noch eine Zerreißung der Fascia uberis vorhanden. Infolge¬ 
dessen berührte das Euter beinahe den Boden. 

Choreatische Krämpfe sah Breß bei einer 11 Jahre 
alten, guten Milchkuh. Die Anfälle bestanden darin, daß das 
Tier zeitweise in den Vorderknien zusammenknickte und auf 
dieselben niederfiel, ferner wurden die Hinterfüße wechselnd in 
zuckender Bewegung gehoben. Bewußtseinsstörungen waren 
nicht vorhanden. Allmählich verloren sich die krankhaften Er¬ 
scheinungen. 


Aas der Praxis. 

Pansenleere. Labmagenverstopfnng. 

Von Oberamtstierarzt Fra sch-Waiblingen. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1908, Nr. 8.) 

Fra sch wurde zur Geburtshilfe bei einer Kuh mit Torsio 
Uteri gerufen, bei welcher sich das vollständige Bild der 
Gebärparese zeigte. Frasch löste die Drehung und bewirkte 
die Geburt. Die Erscheinungen der Gebärparese blieben aber 
auch dann noch bestehen, als Luft in das Euter gepumpt 
worden war. Auch eine am nächsten Tage vorgenommene 
Jodkalium-Infusion blieb ohne Erfolg. Die Kuh wurde ge¬ 
schlachtet, und bei der Obduktion fand sich außer dem 
nicht genügend kontrahierten Uterus der ziemlich futterleere 
Pansen aufgebläht. Frasch ist der Meinung, daß es sich in 
diesem Fall um die früher sogenannte „Pansenleere“ (Eisen¬ 
bahnkrankheit) handelte, obwohl die Kuhkeinen Eisenbahn¬ 
transport hinter sich hatte. 

Zwei Fälle von veritabler Labmagenverstopfung. Harms 
gibt als wichtigste Symptome der Labmagenverstopfung an: 
Speicheln, häufiges Rülpsen, Würgen und Erbrechen; Rumination 
sistiert, linke Hungergrube tief eingefallen. Druckempfindlichkeit 
in der Gegend des vierten Magens. Von diesen Symptomen 
fand Fr. nur Sistieren der Rumination und Druckempfindlichkeit 
rechts hinter dem Schaufelknorpel, also am vierten Magen. Die 
Hungergrube war ausgeglichen, später sogar aufgebläht. Weitere 
Symptome waren: Eingenommenheit des Sensoriums, Schleim¬ 
häute blaß, Augen eingefallen, Atmung vermehrt und tief, äußere 
Körpertemperatur ungleich verteilt, Mastdarm leer, Innen¬ 
temperatur bis 41 0 C. Der Pansen war vollständig paretisch, 
und alle Mittel, die Magentätigkeit anzuregen, blieben erfolglos. 
Die Kühe wurden nach 8 bzw. 12 Tagen geschlachtet, und es 
fand sich geringe Füllung des Pansens, Vergrößerung des Lab¬ 
magens um das 3—4 fache, bedingt durch schlecht verdaute 
harte Futtermassen. In beiden Fällen wurden Fremdkörper, 
zwischen dem zweiten und dritten Magen gefunden. Nach 
Meinung Fraschs bildeten diese Fremdkörper die Grundursache 
zur Labmagenverstopfung. Rdr. 

Über außergewöhnliche Lebervergrößerung infolge Echlnococceninvaeion. 

Von Dr. Feuereißen, Amts- und Stadttierarzt in Chemnitz. 

(Deutsche Tlerärztl. Wochenschrift 1908, Xr. 8) 

Feuereißen hatte Gelegenheit, drei Fälle bedeutender 
Lebervergrößerung infolge Echinococceninvasion zu beobachten. 
In Fall I war die Leber um das achtfache, in Fall 2 um das 
neunfache und in dem dritten Falle um das 17 fache des normalen 
Gewichtes vergrößert. An der Hand einer erschöpfenden Tabelle 
gibt Feuereißen eine Übersicht über die von ihm in der 
tierärztlichen Literatur gefundenen diesbezüglichen Mitteilungen. 
Es werden 14 Fälle derartiger Lebervergrößerung bei Schweinen, 
25 Fälle bei Rindern (einschließlich der drei von Feuereißen 
beobachteten) und ein Fall beim Schaf beschrieben. Feuereißen 
gibt am Schlüsse der Arbeit ein genaues Verzeichnis der Literatur¬ 
quellen an. Bemerkt sei noch, daß die Leber der Kuh in 
Fall 3, den Feuereißen beobachtete, 67 l /a Kilogramm wog. 
Eigentümlich ist, daß die scheinbar nahezu vollständige Außer¬ 
funktionsetzung der Leber in der Regel nur einen geringen 
Einfluß auf die sonstigen Funktionen des Organismus hat. 

Rdr. 


J. Schmidt. 



11. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


481 


Eine Wandlung in der Fabrikation der Hufeisen, 
welche der praktische Tierarzt kennen muß. 

Von Professor Dr. Lungwitz in Dresden. 

(Deutsche Tierärxtl. Wochenschrift 1908. Nr. 13.) 

Die ausgiebige Benutzung mangelhafter Fabrikhufeisen 
bildet eine Kalamität des deutschen Hufbeschlages. Die Form 
dieser Fabrikhufeisen entspricht weder derjenigen des Vorder- 
noch der des Hinterhufes und nicht selten trifft man sie an den 
Hufen in derselben Gestalt an, wie sie die Maschinen verlassen 
haben. Fast alle Maschinenhufeisen Deutschlands, abgesehen 
von den Taueisen, waren bisher ihrer ganzen Ausdehnung nach 
gleichbreit. Solche Eisen werden von den meisten unserer auf 
hartem Boden arbeitenden Pferde, besonders von den schweren 
Zugpferden am äußeren Schenkel vorzeitig abgenützt. Der 
Beschlag bedarf mithin in solchen Fällen Abänderungen, welche 
eine gleichmäßige Abnützung garantieren. Dies läßt sich da¬ 
durch erzielen, daß entweder das Eisen außen weit gepaßt 
wird, oder daß man den äußeren Schenkel länger hält, oder 
daß man ihn der ganzen Länge nach bodenweit schmiedet. 
Dieser letztere Punkt kommt am meisten beim glatten Beschläge 
zur Geltung. Bei Stolleneisen kann zur Vergrößerung der Stütz¬ 
fläche der äußere Stollen schräg nach außen gestellt werden 
und beim Griffeisen muß der Griff möglichst nach außen gesetzt 
werden. An der inneren weniger belasteten Seite wird in um¬ 
gekehrter Weise verfahren, d. h. der Schenkel wird knapp ge¬ 
paßt, kürzer gehalten und stark bodeneng geschmiedet. Der 
Stollen kann nötigenfalls etwas schräg nach einwärts gerichtet 
werden. Der änßere Stollen muß kräftiger, aber nicht höher 
als der innere sein. Eine Seitenkappe am äußeren Rande, die 
nur an die Horn wand angelegt sein darf, vermag während der 
ganzen Beschlagperiode die außen verbreiterte Stützfläche groß 
zu erhalten. Da das weite Passen des äußeren Eisenschenkels 
tiefstehende Nagellöcher an demselben verlangt, so muß auch 
tief gefalzt werden. Es kommt auf diese Weise ein Hufeisen 
für bodenenge Stellung zustande. 

Die Anhalter Hufeisenfabrik in Roßlau a. M. stellt nun 
nach diesem Prinzipe Fabrikhufeisen für bodenenge Stellung her. 
Bei diesem Eisen ist der Unterschied zwischen Vorder- und 
Hinterhuf deutlich ausgeprägt. Schenkellänge und -Breite, 
Lochung und Falz sind durchaus zweckentsprechend. 

Diese Neuerung in der Herstellung von Fabrikeisen muß 
als ein günstiger Umschwung in der Hufeisenindustrie angesehen 
werden. Rdr. 

Nystagmus mixtns suis. 

Von Anton Gruß, niederösterreichischer Distrikstierarzt. 

(Tierärztliches Zentralblatt. 1908, Nr. 4.) 

Bei einem Schwein, welches infolge Genusses von Herings¬ 
lake die bekannten Vergiftungserscheinungen zeigte, fand sich 
bilateraler und dabei streng assoziierter, d. h. gleichsinniger 
und gleichzeitiger Nystagmus als Begleiterscheinung. Während 
der Allgemeinerkrankung fanden die Drehungen um die sagittale 
Achse statt (Nystagmus rotatomus). Im weiteren Verlaufe 
zeigten sich jedoch die Drehungen des Augapfels in rein physio¬ 
logischer Bahn und zwar erfolgten sie in kombinierter Weise 
zu gleicher Zeit um die horizontale, sowie vertikale Achse 
(Nystagmus mixtus). Die Erscheinungen hielten bis zu der 
etwa 3—4 Wochen später erfolgten Schlachtung des Schweines 
an. Daß dieser Nystagmus noch so lange nach überstandener 
Vergiftung anhielt, erklärt Gruß damit, daß das Schwein in 


einem dunklen Stalle gehalten wurde und er ist geneigt, dieses 
lange Bestehen des Nystagmus bei dem im Dunkeln gehaltenen 
Schweine als eine Stütze der Wilbr and sehen Erklärungshypothese 
anzusehen. Wilbrand sagt nämlich, „daß durch die dauernde 
Beeinträchtigung der Tätigkeit der willkürlichen motorischen 
Augenzentren der Großhirnrinde gegenüber der reflektorischen, 
motorischen Tätigkeit des Mittel- und Kleinhirns die Bedingung 
des Nystagmus gegeben ist“. Rdr. 

(Aus dem Reichsseruminstitut zu Rotterdam [Direktor: Dr. J. Poels]). 

BakteriologischeUntersuchangen über einige chronische 
Lungenentzündungen des Rindes« 

Von Dr. E. Berger in Hoek-van-Holland. 

(Zeitsehr. f. Infektionskr., paras. Krankli. u ITyg. d. Haust., Tid. III, S. 35ß ) 

Berger hat den chronischen, nichttuberkulösen Broncho¬ 
pneumonien des Rindes eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt; 
der Hauptzweck seiner bakteriologischen Untersuchungen war, 
festzustellen, ob der Bacillus pyogenes in den veränderten Teilen 
anwesend sei und ob er eine Rolle in ätiologischer Beziehung 
spiele. — Zunächst bringt der Autor eine ausführliche Be¬ 
schreibung der Untersuchung von neun Lungen erwachsener 
Tiere und vier Kälberlungen. Die neun Fälle chronischer 
Lungenentzündungen des Rindes sind in drei Gruppen zu ordnen: 

1 . Lungenentzündungen von lobulärem Charakter, von denen 
die Vorderlappen das Aussehen einer lobulären Pneumonie haben; 
Abszesse fehlen. 

2 . Katharrhalische nekrotisierende Pneumonien mit 
chronischer purulenter Bronchitis. Die Pleura pulmonalis und 
costalis sind oft entzündet. Pleuritis adhaesiva kommt hierbei 
vor. Obwohl kein Fremdkörper gefunden wird, ist es doch 
wahrscheinlich, daß diese Form als eine Fremdkörperlungen¬ 
entzündung aufgefaßt werden muß. 

3. Metastatische Pneumonien, wobei viele Abszesse vorhanden 
sind. Bronchitis kommt vor, kann aber auch fehlen. Meistens 
besteht Pleuritis. 

In acht Fällen wurde nun der Bacillus pyogenes angetroffen; 
viermal in Reinkultur, sowohl in dem pneumonischen Gewebe 
als in Bronchiolen und Bronchien; viermal mit anderen Mikro¬ 
organismen vergesellschaftet. In den vier untersuchten Kälber¬ 
lungen wurde einmal der Bacillus pyogenes in Gemeinschaft mit 
dem Bacillus pyocyaneus und proteus gefunden; eine andere 
Kälberpneumonie enthielt nur den Bacillus pyocyaneus, die dritte 
war eine primäre Streptokokkenpneumonie und in der vierten 
kamen diese Mikroorganismen vorwiegend vor. 

Außer in Pneumonien traf Berger den Bacillus pyogenes 
auch bei einem an Genitis chronica leidenden Rinde; diese 
Genitis kennzeichnete sich durch eine fibrinöse Synovitis; die 
auf der Synovialhaut befindliche Fibrinschicht hatte eine Dicke 
von 2 cm. 

Öfters wurde der fragliche Bazillus bei chronischen 
abszedierenden Euterentzündungen wahrgenommen; er kommt 
auch bei akuten Mastitiden vor. 

Die Zusammenfassung der Ergebnisse ist folgende: 

1. Die von mir bei lobulären Pneumonien des Rindes auf¬ 
gefundenen Bakterien stimmen im großen und ganzen mit den 
in pneumonischen Lungen des Menschen beobachteten Mikro¬ 
organismen überein. 

2 . Der Bacillus pyogenes kommt bei chronischen (uicht 
tuberkulösen) Bronchopneumonien des Rindes, entweder in Rein¬ 
kultur oder mit anderen Bakterien vergesellschaftet, häufig vor. 




432 

3. Der Bacillus pyogenes ist imstande, beim Rind eine 
Bronchopneumonie suppurativa und metastatica, ähnlich der von 
Olt beim Schwein beschriebenen, zu veranlassen. 

4. Die von dem Bacillus pyogenes verursachte Lungen¬ 
entzündung des Rindes kann bei der klinischen Untersuchung auf 
Tuberkulose Fehldiagnosen veranlassen. Rinder, die mit dieser 
Lungenentzündung behaftet sind, können auf die Tuberknlin- 
injektion positiv reagieren. Es ist empfehlenswert, Sputum auf 
Vorhandensein des Bacillus pyogenes zu untersuchen. 

5. Der Bacillus pyogenes spielt somit in der Pathologie des 

Rindes, sowohl bei Kälbern als bei erwachsenen Tieren, eine 
wichtige Rolle. Richter. 

Aus der medizinischen Literatur. 

Münchener Medizinische Wochenschrift, 55. Jahrgang Nr. 17, S. 891. 

Neue Gesichtspunkte bei der Behandlung eitriger Prozesse. (Aus 
der medizinisch-chirurgischen Klinik zu Breslau, Direktoren 
Geheimrat v. Strümpell und Prof. Küttner.) Von 
Dr. Eduard Müller und Dr. Alfred Peiser. — Im theoretisch 
experimentellen Teil der Arbeit geht Dr. Müller von der 
proteolytischen, das heißt eiweißlösenden fermentativen 
Eigenschaft des sogenannten „heißen“ Kokkeneiters gegenüber 
dem sogenannten „kalten“ rein tuberkulösen Eiter aus. Der 
letztere besteht vernehmlich aus Detritus und lymphocyteren 
Elementen ohne eiweißlösendes Ferment, während der heiße 
Eiter aus Leukocyten besteht, denen proteolytische Eigenschaft 
innewohnt. Jede Mischinfektion macht jedoch den kalten Eiter 
fermenthaltig und dadurch gewissermaßen zum heißen. Die 
Wirkung des Fermentes kann durch einen im Blutserum 
kreisenden Hemmungskörper (Antiferment) abgeschwächt und 
aufgehoben worden. Durch Zusatz von Ferment muß es ge¬ 
lingen, tuberkulöse Exsudate resorptionsfähig zu machen durch 
Zusatz von Antiferment Resorption und proteolytische Gewebs¬ 
einschmelzung beim heißen Eiter zu verhindern. Vielleicht ist 
die künstliche Fermentzufuhr einer der Heilfaktoren der 
Bi ersehen Stauung. Von größerer Wirkung ist aber die Be- 
spülung der Eiterhöhle mit Flüssigkeiten, die sich durch hohen 
Fermentgehalt auszeichnen wie Blutserum und bestimmte 
Punktionsflüssigkeiten aus Brust- und Bauchhöhle. Die künstliche 
direkte Zufuhr größerer Mengen von Blutserum und antiferment¬ 
reichen Punktionsflüssigkeiten in den Eiterherd bedingt eine 
Massenwirkung fast aller jener Schutzkräfte, mit denen sich der 
Organismus gegen die Infektion verteidigt. Die. künstliche 
Antifermentbehandlung eitriger Prozesse ist demgemäß eine 
einfache zweckmäßige Steigerung der physiologischen Abwehr¬ 
bestrebung des Organismus. 

Im klinischen Teil der Arbeit beschreibt Dr. Peiser die 
mit der neuen Behandlungsart bei akuten Eiterungen in etwa 
100 Fällen erzielten Erfolge. In keinem Fall ist irgendeine 
Schädigung durch die Behandlung beobachtet worden. Ein 
Abszeß — vielleicht Drüsenabszeß am Halse — wird gespalten. 
Nach Abfluß und Austupfen des Eiters wird Antifermentserum 
in die Abzeßhöhle gebracht und nach Einlegung eines Gurami¬ 
drainrohres wird ein trockener Verband angelegt. Beim Ver¬ 
bandwechsel nach 24 Stunden ist überraschenderweise kein Eiter 
mehr vorhanden. Der Verbandstoff ist mit seröser Flüssigkeit 
durchtränkt, das Drainrohr ist nicht wie sonst von dickflüssigem 
Eiter verlegt, sondern frei durchgängig, oft wie ausgewaschen. 


No. 24. 


Zur Sicherheit wird durch das wieder eingeftihrte Drainrohr 
noch etwas Serum in die Wundhöhle gebracht und vom dritten 
Tage ab nur noch aseptisch verbunden. Nach neun bis zehn 
Tagen ist der Krankheitsprozeß abgeheilt. Für die Antiferment¬ 
behandlung eignen sich alle akuten Prozesse, die zur Absze߬ 
bildung führen. Glattwandige Höhlen sind für die Behandlung 
am günstigsten, denn das Antiferment wirkt nur dort wo es 
hindringt, es wirkt nur durch direkte Berührung. Bei Abszessen 
genügt ein kleiner Hautschnitt; bei diffusen Eiterungen (Phleg¬ 
monen, Karbunkel, Panaritien usw.) muß ausgiebig inzidiert 
werden. Bei der Fermentbehandlung tritt überaus rasch eine 
scharfe Begrenzung der Entzündung und der Gewebsnekrose 
ein. Auch auf die Körpertemperatur, die bei Abszessen zwar 
an sich schon nach dem Einschnitt zu sinken pflegt, scheint die 
Antifermentbehandlnng, wie sich bei mehr subakuten und 
chronischen Eiterungen festBtellen ließ, eine günstige Einwirkung 
zu haben. Wenn geeignetes körperfremdes Antifermentserum 
nicht zu haben ist oder wenn Bedenken gegen die Anwendung 
eines solchen bestehen, ist jederzeit durch Aderlaß an Patienten 
selbst dessen eigenes Blutserum zur Antifermentbebandlung 
| verwertbar. Aussichtsreich erscheint die Kombination der 
Antifermentbehandlung mit der Bi ersehen Stauung. 

Dieselbe Zeitschrift Nr. 18, S. 957. 

Beitrag zur proteolytischen Wirkung des sterilen Eiters. (Aus 
der Abteilung für innere Krankheiten des Kindlein-Jesu-Hospitals 
zu Warschau, Vorstand Privatdozent Dr. Janowski.) Von 
Dr. R. Herz. Die proteolytische Fermentwirkung der weißen 
Blutkörperchen kommt nur den polynukleären Leukozyten zu. 
Die Lymphocyten entbehren dieser Eigenschaft vollständig. 
Müller und Jochmann haben überall da, wo sie polynukleäre 
Elemente nachgewiesen haben, deutliche Dellenbildung auf 
Löfflersehen Serumplatten gesehen, während überall da, wo 
Lymphocyten zugegen waren, keine Proteolyse eintrat. Janowski 
hat nachgewiesen, daß steriler, durch chemische Stoffe hervor¬ 
gerufener Eiter verschiedene morphologische Beschaffenheit hat. 
Verfasser prüfte die Ergebnisse der Janowskischen Versuche 
mittelst der biologischen Methode nach E. Müller. Er unter¬ 
suchte den durch Einspritzen von sterilem Terpentin, Kreolin, 
Silbernitrat und Quecksilber bei Hunden erhaltenen Eiter auf 
seine proteolytischen Eigenschaften, Terpentineiter, der fast 
ausschließlich Lymphocyten enthielt, griff das Eiweiß nicht an, 
während Kreolin-, Silbernitrat- und Quecksilbereiter, die in der 
Hauptsache aus polynukleären Leukocyten bestehen, deutliche 
Dellen in den Serumplatten bildeten. Der durch chemische 
Stoffe erhaltene sterile Eiter besaß viel schwächere eiweißlösende 
Eigenschaften als parasitärer oder infektiöser Eiter. So pro- 
teolysierte infektiöser Empyemeiter deutlich 1:2000, während 
Silbernitrateiter nur in Verdünnungen 1: 150 Dellenbildung ergab. 

Fortschritte der Medizin, 26. Jahrgang 1908, S. 391. 

Bornyval und seine klinische Bedeutuug; von Dr. med Kabisch. 
Bornyval ist ein von der chemischen Fabrik I. D. Riedel A.-G. 
in den Handel gebrachtes Präparat, das den wirksamen Bestand¬ 
teil der Baldrianwurzel, den Isovaleriansäure-Ester des Borneols 
in chemisch reiner Form enthält. Das Mittel findet vielseitige 
Anwendung. In langjähriger Praxis hat es sich bei den 
funktionellen Neurosen-des Herzens, nervösen Beschwerden des 
Gastro-Inteßtinaltraktus bei allgemeiner Neurasthenie, psychischen 
Erregungszuständen und einer Reihe von Frauenleiden bewährt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



11. Juni 1908. 


433 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Sehr wirksam hat es sich bei nervösem Asthma erwiesen and 
auch verschiedene Beschwerden bei der Influenza günstig be¬ 
einflußt. W. 

Tagesgeschichte. 

Gründung einer Zentralgeschäftsstelle der deutschen 
tierärztlichen Standesvertretung. 

Vom Professor Dr. Schmaltz. 

Herr Kreistierarzt Krüger zu Posen (jetzt zu Ohlau in 
Schlesien) hat in Nr. 7 der B. T. W. anläßlich einer Besprechung 
der Beratung des Tierseuchengesetzes im Reichstage (S. 125) 
einen Gedanken beiläufig ausgesprochen, der so richtig und 
beachtenswert ist, daß er nicht mehr in Vergessenheit geraten 
darf, bis sich ein Weg für die Form seiner Verwirklichung ge¬ 
funden haben wird. Er schlug die Gründung eines dem Aus¬ 
schuß des Deutschen Veterinärrats zu unterstellenden Zentral¬ 
bureaus vor. An dessen Spitze sollte als Generalsekretär eine 
hervorragende Kraft gestellt werden, nicht mit tierärztlicher, 
sondern mit juristischer und volkswirtschaftlicher Bildung; ein 
Mann, der zugleich imstande sein sollte, gewissermaßen als 
Syndikus des tierärztlichen Standes zu funktionieren, in Streit¬ 
fragen den Weg zu weisen, Institutionen und Bestimmungen 
juristisch auszubauen, Kongresse vorzubereiten, womöglich auch 
im Reichstage das Wort für tierärztliche Bestrebungen zu Fuhren. 
Dieser Generalseketär Bollte auch allen einzelnen Angehörigen 
des (organisierten) Standes zur Verfügung stehen in Angelegen¬ 
heiten wie Promotion, Privatpraxis, Versicherungen, Pfuscherei, 
Gewährfragen, Anstellungsverhältnisse, Dispensierrecht usw.; vor 
allem sollte er in die tierärztliche Agitation eine größere Ein¬ 
heitlichkeit bringen. 

Auch wenn schon der erste Blick begründeten Zweifel ent¬ 
stehen läßt, ob die außerordentliche Mannigfaltigkeit der von 
Kiiiger aufgestellten Aufgaben sich durch eine solche Organisation 
und namentlich in einer einzigen Persönlichkeit würde erreichen 
lassen, so muß man doch vor allen Dingen zugeben, daß unsre 
heutige Standesorganisation jedenfalls völlig unzulänglich für 
die Erfüllung aller jener Aufgaben ist. Dieses Zugeständnis 
aber muß andererseits Erwägungen wachrufen über die Mittel I 
zur Verbesserung, auch wenn die auftauchenden Vorschläge 
nicht gleich als Allheilmittel sich darstellen mögen. 

Die tierärztliche Standesvertretung hat sich ja sehr allmäh¬ 
lich entwickelt und mit den bescheidensten Mitteln zu arbeiten 
angefaugen. Die Vorsitzenden und Schriftführer einzelner tier¬ 
ärztlicher Vereine haben sich der öffentlichen Angelegenheiten 
angenommen und ohne irgendwelche Hilfe schlecht und recht 
das Nötigste getan. Auch als die größeren Körperschaften 
begründet waren, der Deutsche Veterinärrat und die Zentral¬ 
vertretung, ist noch mit sehr geringen Hilfsmitteln und primitiv 
gearbeitet worden. Die vorzüglichen Präsidenten dieser Körper¬ 
schaften haben jederzeit die bedeutsamen Gesichtspunkte zu 
geben und die Bewegungen zu leiten gewußt. Aber die 
Kleinarbeit von der hier gesprochen wird, soll nicht den 
Präsidenten zur Last fallen, sondern ist Sache des Schriftführers, 
der dauernd in Tätigkeit sein muß. Seit das Amt des Schrift¬ 
führers sowohl des Deutschen Veterinärrats als der tierärztlichen 
Zentralvertretung auf mich übergegangen ist, mag manches 
(das kann ich wohl, ohne mißverstanden zu werden, liier sagen) 
vollkommener, reichlicher und vielseitiger geschehen sein, als es 


früher möglich war, weil mir gleichzeitig nicht aUein eine eigene 
tierärztliche Presse zur Unterstütung, zur bequemen Ver¬ 
breitung gewisser Äußerungen und Maßregeln zur Verfügung 
steht, sondern gleichzeitig auch alle diejenigen Hilfsmittel, 
mit denen Redaktion, Verlag und Druckerei einer großen 
großen Zeitung heute zu arbeiten gewöhnt sind; ohne diese 
Hilfen würde es ganz ausgeschlossen gewesen sein, neben 
einer die Arbeitskraft beanspruchenden Amtsstellung auch nur 
dieses bescheidene Maß von Arbeit im Dienste des tierärztlichen 
Standes zu leisten. Und ganz offenbar genügt diese Arbeit an¬ 
gesichts unsrer heutigen Entwicklung und im Vergleich mit den 
Hilfsmitteln, über welche andere wohlorganisierte Stände ver¬ 
fügen, bei weitem nicht. Nur die Hauptfragen können heute 
von der tierärztlichen Standes Vertretung verfolgt werden. Zahl¬ 
lose kleine Einzelheiten und Nebendinge bleiben unbeachtet 
liegen: an gewisse Gebiete (ich erinnere nur an das Pfuscherei¬ 
wesen) kann die tierärztliche Standesvertretung gar nicht heran- 
gehen, weil hier die Kleinarbeit und planmäßige Vorbereitung 
nicht zu schaffen ist. Der juristische und volkswirtschaftliche 
Beirat fehlt tatsächlich überall. 

Die größten Mängel sind das gänzliche Fehlen von Ver¬ 
tretern des tierärztlichen Standes in den Parlamenten und der 
Mangel einer genügenden Fühlung mit der politischen Presse. 

Dafür, daß Tierärzte als Abgeordnete in die Parlamente 
kommen, müssen die Tierärzte im Lande selber sorgen. Das 
kann durch kein Zentralbureau gemacht werden, und wenn selbst 
der Leiter dieses Bureaus in den Reichstag ginge, so würde er 
jenes Fehlen von Tierärzten in den Reihen der verschiedenen 
Parteien durch seine einzige Person auch noch nicht auszu¬ 
gleichen vermögen. In Frankreich sitzen in der Kammer sechs 
Tierärzte und mehrere auch im Senat. Das ist von ganz außer¬ 
ordentlicher Bedeutung, nicht bloß zur Förderung des Standes, 
sondern auch für die Gesetzgebung im Allgemeininteresse, wie 
die Beratung des Viehseuchengesetzes jetzt zur Genüge er¬ 
kennen läßt. 

Der Wunsch, daß die Tierärzte in der Tagespresse mehr 
von sich reden machen möchten, und daß sie die führenden 
hauptstädtischen und provinziellen Blätter verschiedener Partei- 
I richtungen für ihre Ziele zu interessieren suchen sollten, ist von 
verschiedenen Seiten schon seit langem betont und zuletzt noch 
durch den Artikel: „Zur Lage der Tierärzte“ (Nr. 16 der 
B. T. W. S. 279) begründet worden. Ohne Zweifel enthält das 
Veterinärwesen eine große Anzahl von Dingen, die durchaus 
geeignet wären, die öffentliche Meinung zu interessieren. Nicht 
zu bestreiten ist, daß die großen Blätter sich herzlich wenig 
um tierärztliche Angelegenheiten kümmern, daß über bemerkens¬ 
werte Ereignisse nur kurze oder gar keine Notizen mitgeteilt 
werden, was ganz offenbar nur daran liegt, daß niemand ent¬ 
sprechende Berichte einsendet. Freilich muß bedacht werden, 
daß die Presse ein zweischneidiges Schwert ist, und daß zu 
dessen Handhabung Geschicklichkeit eine unerläßliche Bedingung 
ist. Noch mehr vielleicht, wie das Schweigen der Zeitungen, 
waren gewisse Veröffentlichungen zu beklagen, die offenbar von 
Angehörigen des Standes herstammten und durch ihre Unge¬ 
schicklichkeit oder Übertreibungen jedenfalls mehr verdarben 
als nützten. Das Verderblichste wäre, wenn aus tierärztlichen 
Federn Artikel mit gänz entgegengesetzten Tendenzen in die 
Zeitungen lanziert würden. Wenn deshalb die Benutzung der 
Bresse nicht viel mehr Schaden als Nutzen stiften soll, so ist 



434 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24 


für nichts eine Zentralisierung notwendiger als gerade dafür. 
Die Bearbeitung der politischen Presse kann unbedingt nur von 
einer einzigen Stelle ausgehen, von einer Stelle zwar, w r o 
Gewandtheit, Einsicht, Kenntnis des journalistischen Getriebes 
und politischer Blick vereinigt sind. Vun dieser Stelle aus 
müßten natürlich die Blätter aller Parteien, soweit sie für 
anständige bürgerliche Kreise überhaupt in Betracht kommen 
können, versorgt werden. 

Ein solcher umfangreicher Verkehr mit der Presse durch 
vielgestaltige eigene Veröffentlichungen kann aber nur von 
jemandem eingeleitet und unterhalten werden, der darin seinen 
Hauptberuf findet; für eine Nebenarbeit ist diese Aufgabe viel 
zu groß. Wer im tierärztlichen Stand ein Amt bekleidet und 
außerdem selbst eine große Zeitung redigiert, der kann natürlich 
unmöglich auch noch die politische Presse mit Artikeln über¬ 
schwemmen; ich persönlich würde das freilich schon deshalb 
nicht tun, weil mir dieser Weg unsympathisch ist. 

Wenn also der tierärztliche Stand mit vollem Recht für die 
nahe Zukunft eine straffere Organisation, eine intensivere Ver¬ 
tretung in den großen Faktoren des öffentlichen Lebens, in den 
gesetzgebenden Körperschaften wie in der Presse erstrebt, so 
werden sich diese Vorbedingungen weiterer kräftiger Entwicklung 
mit den heutigen Mitteln, die in der Vergangenheit — das wird 
man gerechterweise zugestehen müssen — so viel geleistet 
haben, nicht mehr erreichen lassen. 

Zu dem, was neu zu schaffen ist, gehört in erster Linie 
das, was Krüger will: eine zentrale Geschäftsstelle mit 
einer bedeutenden Kraft an der Spitze. Daneben brauchen wir 
zweitens Tierärzte als Abgeordnete im Reichstag und in den 
Kammern mindestens der größeren Bundesstaaten. Und drittens 
brauchen wir überall die Tierärztekammer, die namentlich 
in bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung des Standes, auf 
die Aufbringung von Geldmitteln, auf die Zusammenfassung 
aller Zweige des Berufs infolge ihres strafferen Gefüges in 
Zukunft sicher mehr wird leisten können, als die so sehr um 
das tierärztliche Leben verdienten Vereine es noch vermöchten. 
Neben all diesem Neuen werden — das muß man dringend 
wünschen — die Vereine weiter bestehen bleiben und an der 
Spitze des Ganzen muß der Deutsche Veterinärrat stehen. 
Es ist ein durchaus richtiger, der Vergangenheit gerecht 
werdender und die Zukunft verstehender Gedanke Krügers, 
diese Zentralstelle dem Ausschuß des Deutschen Veterinärrates 
anzugliedern. 

Zweierlei freilich ist wohl gewiß. So umfassend, wie 
Krüger es sich vorstellt, wird die Tätigkeit und der Nutzen 
des Zentralbureaus nicht sein können, und die Schwierigkeiten, 
die geeignete Form und vor allen Dingen den geeigneten Mann 
zu finden, werden sehr groß sein. Ich stimme Krüger zu, daß 
an die Spitze dieses Zentralbureaus kein Tierarzt gehört. (Der 
Verfasser des Artikels in Nr. 15: „Zur Lage der Tierärzte“ 
ist anderer Ansicht.) Wie sollte man hier für einen solchen 
eine Lebensstellung schaffen wollen; wie wäre es möglich, sich 
da auf eine Persönlichkeit zu einigen; was für Anforderungen 
würden wohl aus dem Stande heraus an diesen Kollegen gestellt 
werden. Er würde das bejammernswerteste Mädchen für alles 
sein und schließlich doch niemandem genug tun. Bis zum 
gewissen Grade zeigen sich solche Erscheinungen schon bei der 
Redaktion eines Fachblattes. Als Nebenaufgabe neben einer 
Haupttätigkeit ist die Redaktion einer großen Zeitung sehr 


schwer zu führen. Andererseits würde derjenige, der Nnr- 
Redakteur wäre, auch wenn er sich in dieser Tätigkeit all¬ 
gemeiner Anerkennung erfreute, im Kreise der Kollegen kaum 
eine sehr beneidenswerte Rolle spielen. Man braucht die Presse, 
aber man schillt sie gelegentlich; wie viele würden gleichzeitig 
im kleinen Kreise den Mann der Feder als zaghaft schelten und 
öffentlich sich wohl hüten, mit ihm zu verkehren. An Schmidt- 
Mühlheim, an diesem Märtyrer seiner Überzeugung, konnte man 
das beobachten. Ein Tierarzt also, ein wirklich bedeutender, 
der es sich Zutrauen darf, unter allen Umständen unter seinen 
Kollegen etwas zu gelten, würde sich wohl hüten, sich lediglich 
der Tätigkeit des Generalsekretärs zu widmen. 

Aber auch wenn man lediglich den Zweck der Einrichtung 
ins Auge faßt, spricht mehr gegen als für den tierärztlichen 
Leiter des Zentralbureaus. Gewiß würde er ja von vornherein 
ein intimeres Verständnis für alle zu behandelnden Fragen 
haben; aber dafür fehlen ihm die juristischen und die volks¬ 
wirtschaftlichen Kenntnisse, die gerade, wo es sich um große 
Gesichtspunkte und um die Gewinnung der öffentlichen Meinung, 
um den Eindruck im Parlament handelt, in den Vordergrund 
treten müssen. Der Standesangehörige ist auch in manchen 
Dingen viel befangener, zu sehr mit Einzelheiten beschwert, im 
Gegensatz zu dem Juristen und Volksw r irt, der gewohnt ist, 
alles anders anzufassen. Ich bin daher der Meinung, daß als 
Leiter eines solchen Bureaus ein Jurist oder Volks Wirtschaftler 
in Frage kommen müßte. 

Wie vortrefflich solche Männer im Dienste eines Standes 
zu wirken vermögen, dafür haben wir ja sprechende Beispiele 
in Dieder ich Hahn vom Bunde der Landwirte, in Dr. Beniner, 
dem Syndikus des Vereins der rheinisch-westfälischen Industriellen, 
in Dr. Dade vom Deutschen Landwirtschaftsrat, die sämtlich 
zugleich Abgeordnetenmandate innehaben, und von denen die 
ersteren Beiden eine führende Rolle spielen. Freilich würde 
sich, wenn dieser Leiter unseres Zentralbureaus z. B. in den 
Reichstag gehen sollte, wieder eine weitere Schwierigkeit er¬ 
geben, die die Auswahl der Persönlichkeit außerordentlich 
komplizieren würde. Denn der Bund der Landwirte und der 
Verein rheinisch-westfälischer Industrieller haben eine einheit¬ 
liche politische Tendenz, die doch den Tierärzten völlig fehlt; 
denn während ich z. B. es für eine conditio sine qua non halten 
würde, daß dieser unser Vertreter auf agrarischem Boden steht, 
möchte vielleicht eine nicht geringe Zahl von Tierärzten ihn 
gerade auf der Linken sehen wollen. Wie man sich aus diesem 
Dilemma herausfinden könnte, ist mir vorläufig unklar. Im 
übrigen würde es auf die Abgeordnetentätigkeit dieses Herrn 
auch nicht so sehr ankommen; darin könnte er den tierärzt¬ 
lichen Sachverständigen doch nicht ersetzen, und es wäre, wie 
ich schon oben sagte, viel besser, wenn die einzelnen großen 
Parteien tierärztliche Abgeordnete und Sachverständige in ihrer 
Mitte hätten. 

Auch ohne daß der Leiter des Zentralbureaus ein Mandat 
hat, würde ihm eine außerordentlich vielseitige und um¬ 
fassende Tätigkeit bleiben; Krügers Andeutungen sagen ja 
gerade genug. Wenn ein Mann das alles tun sollte, so müßte 
er ein Mensch von ausgezeichneten Fähigkeiten sejn — einen 
andern könnten wir auch gar nicht gebrauchen. Dann freilich würde 
dieser Mann auch nicht so billig zu haben sein, wie Krüger 
meint. Wer würde sich wohl ganz in den Dienst einer solchen 
Sache stellen wollen mit einem Einkommen von 10000 M., w r as 



11. Juni 1908. 

in Berlin doch kaum zum Leben hinreicht, wenn man die Nach¬ 
teile der nicht pensionsfähigen und nicht festen Anstellung noch 
damit auszugleichen hat. Wenn man ferner überlegt, wie viele 
Hilfskräfte in diesem Bureau sitzen müßten, so wird jedem 
von vornherein klar werden, daß es eine sehr teure Ein¬ 
richtung sein wird, der gegenüber die bisherige Geschäfts¬ 
führung allerdings außerordentlich billig gearbeitet hat. Es 
ist auch zu bezweifeln, daß der Deutsche Veterinärrat bzw. die 
in diesem vertretenen Vereine so große Summen mit Leichtigkeit 
würden zusammenbringen können. Ich glaube, wir werden an 
die Einrichtung dieses Zentralbureaus, das dem Präsidenten des 
Deutschen Veterinärrats zu unterstellen sein wird, erst dann 
herantreten können, wenn wenigstens in den größeren Bundes¬ 
staaten die Organisation von Tierärztekammern durchgeführt 
sein wird; die vermögen dann die Unterhaltungskosten mit 
Leichtigkeit aufzubringen und sicherzustellen, und der Syndikus 
der Kammern wäre gleichzeitig der gegebene Chef der Zentral¬ 
geschäftsstelle des Deutschen Veteiinärrates. 

Inzwischen könnte man vielleicht schon einen bescheidenen 
Anfang machen, indem die nächste Versammlung des Deutschen 
Veterinärrates zu Stuttgart, die im nächsten Jahr stattfinden I 
wird, ihrem Ausschuß oder vielmehr ihrem Präsidenten ein 
Bureau oder wenigstens einen gebildeten Sekretär, der zur 
Ausführung einer Anzahl von Aufträgen im Sinne Krügers 
befähigt wäre, durch eine dauernde Einrichtung zur Verfügung 
stellte. Junge Nationalökonomen z. B. sind mit verhältnismäßig 
geringem Aufwand für solche Zwecke leicht zu haben, und 
zahlreiche Berufsgenossenschaften, die sich in keiner Beziehung 
mit uns messen können, haben zur Führung ihrer Geschäfte 
von diesen vortrefflichen Kräften schon längst Gebrauch 
gemacht. 

Zu dem Artikel „Deutscher und Schweizer Dr. med. vet. u 

Was den in Nr. 19 der B. T. W. stehenden Artikel 
„Deutscher und Schweizer Dr. med. vet.“ angeht, so liegt es 
mir fern, näher auf die darin geäußerte Ansicht des Kollegen 
Dr. Jonas einzugehen, ebensowenig wie ja auch diese Ansicht im all¬ 
gemeinen auf sein „videant consules“ einen Einfluß ausüben wird. 

Es ist Gott sei Dank doch noch nicht soweit gekommen, 
daß man die jüngeren Tierärzte (von denen zum Zwecke des 
Studiums das Maturum verlangt wurde) mature zum Unter¬ 
schiede gegen die frühere Generation immature Tierärzte zu 
nennen berechtigt ist. 

„Immature Tierärzte“ ist eine Bezeichnung der Eigenschaft 
und bedeutet unreife Tierärzte, oder aber bildet sich unter Um¬ 
ständen zu einer solchen aus. Wollte der Verfasser sich anders 
ausdrücken, so mußte er sagen Tierärzte ohne Maturum. 

Es hat sich in seinem Artikel leider wieder ein neuer 
Zankapfel herausgebildet und es ist scheinbar noch nicht genug 
innerhalb unseres Standes gegeneinander angekämpft worden. 
Ich bin der Ansicht, daß, wenn es sich um das allgemeine 
Wohl des tierärztlichen Standes handelt, wir alle Zusammen¬ 
gehen und uns untereinander nicht gegenseitig anfehden sollten. 
Leider ist das bisher noch zu wenig zutage getreten. Wenn 
dazu ein junger Tierarzt schon wieder nach einem neuen Streit¬ 
objekt sucht, daß geeignet ist, späterhin die Tierärzte derart 
zu spalten, daß das gemeinsame Standesinteresse schwer dar¬ 
unter leiden könnte, so ist es unbedingt geboten, derartige An¬ 
sichten im Keime zu ersticken. Von „immaturen Tierärzten 


435 


kann daher keine Rede sein. Denn sie, die Tierärzte ohne 
Maturum, gehören zu den Vorkämpfern, die den Tierärzten der 
jüngeren Generation unter den denkbar schwierigsten Ver¬ 
hältnissen die heutige Laufbahn geebnet haben; ein derartiges 
Urteil kommt ihnen daher nicht zu, und es wäre ein Zeichen 
der Undankbarkeit, wollten solche Ansichten, wie sie Dr. Jonas 
hegt, sich Bahn brechen. Als immatur könnte man eher die¬ 
jenigen bezeichnen, die aus eigenem Interesse das Allgemein¬ 
wohl hintenan setzen; jedenfalls sind diejenigen doch nicht 
weniger „reif“, die unter bedeutend schwierigeren Kriterien 
dasselbe erreicht haben, wie die maturi. Herr Dr. Jonas mag 
sich einmal die in der Schweiz angefertigten Dissertationen an- 
sehen, er mag selbst hingehen und erfahren, wie intensiv ge¬ 
arbeitet werden muß. Wenn er das gesehen hat, dann erst 
mag er mit seinem Urteil über einen so hochwichtigen Punkt 
an die Öffentlichkeit treten, und er wird sicherlich sagen, alle 
Achtung vor solchen Kollegen, die keine Arbeit scheuen, um 
im Berufe vorwärts zu streben. 

Und ideale Konkurrenz? — Wo Konkurrenz in solchen 
Kleinlichkeiten besteht, da kann kein Ideal bestehen! Ideal 
I nennen wir Tierärzte — was ja heute leider noch eine Fata 
morgana ist — die Verwirklichung jenes Gedankens des 
kollegialen Zusammengehens. Daran krankten wir schon von 
jeher. Man suchte die ideale Idee im Tierschutz, in sanitärer 
Hinsicht usw. und stolpert dabei über das Ideal, das in dem 
gemeinsamen Vorwärtsstreben zur Hebung des Standes und der 
Standesehre zu suchen ist. Und solange dieser ideale Gedanke 
uns Tierärzten abgeht, solange liegt unser Ziel, das wir er¬ 
streben, in weiter, weiter Ferne! 

„Immer strebe zum Ganzen und kannst Du selber kein 
Ganzes werden, als dienendes Glied schließ’ an ein Ganzes 
Dich an!“ (Schiller.) 

Dr. med. vet. W. Lehmann, 
Traben-Trarbach. 

Gemeinsame Versammlung der tierärztlichen Vereine 
von Posen und Westpreuhen zu Bromberg. 

Am 17. November 1907 hatten sich die Mitglieder der tier¬ 
ärztlichen Vereine von Posen und Westpreußen in dem großen 
Hörsal des Kaiser Wilhelm-Instituts in Bromberg zu einer gemein¬ 
schaftlichen Sitzung vereinigt. 

Der Vorsitzende des Posener Vereins, Veterinärrat Heyne, 
eröffnete die Versammlung mit herzlichen Worten der Begrüßung 
an die sehr zahlreich Erschienenen und des Dankes an den Direktor 
des Instituts Prof. Dr. Gerlach und den Leiter der tierhygienischen 
Abteilung Dr. Mießner für die Bereitwilligkeit, mit der sie die 
Räume des Instituts den beiden Vereinen zur Verfügung gestellt 
haben. Die Begrüßungsansprache klang aus in ein begeistert auf¬ 
genommenes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Prof. Dr. Gerlach 
begrüßte hierauf die Versammlung auf das freundlichste. Das 
Kaiser Wilhelm-Institut sei geschaffen, um der Landwirtschaft durch 
wissenschaftliche Tätigkeit zu helfen* Auch die Tierärzte arbeiten 
nach dieser Richtung hin und deshalb bestehen zwischen dem 
Institut und den Tierärzten so innige Beziehungen. Redner hofft, 
daß diese Beziehungen zum Segen der Landwirtschaft immer fester 
werden. Der Versammlung wünscht er einen reichen Erfolg. Die 
Vorsitzenden beider Vereine, Heyne und Preuße, bringen die 
ihre Vereine interessierenden eingegangenen Schriftstücke zum 
Vortrag. Die Ehrenmitglieder beider Vereine, Geh. Rat Esser 
und Prof. Dr. Schmaltz, haben ihr Fernbleiben entschuldigt und 
senden viele Grüße. Es wird das Rundschreiben des Brandenburger 
Vereins, betr. die Organisation der Milchkontrolle, bekannt gegeben. 
Die Versammlung stimmt dessen Ausführungen bei. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 24. 


436 

In den westpreußischen Verein werden zwei neuo Mitglieder 
aufgenommen, die Tierärzte Sobolewski in Pelplin und Dreske 
in Hammerstein. Dr. Mießner hält hierauf einen Vortrag über 
„infektiöse Schafkrankheiten“. 

Redner macht auf zwei Krankheiten des Schafes aufmerksam, 
welche im Osten unseres Vaterlandes auftreten, bisher aber wenig 
Beachtung gefunden haben. Da über beide Krankheiten später 
ausführliche Veröffentlichungen erfolgen sollen, so seien nur kurz 
die wesentlichsten Punkte erwähnt. 

1. Die Bradsot oder Braasot, d. h. schnelle Seuche, ist in 
Island zuerst beobachtet und studiert worden. Ihr Vorkommen ist 
in neuerer Zeit für Norwegen, Schottland, Mecklenburg, für die 
Provinzen Hannover und Sachsen und vom Vortragenden im 
Dezember und Januar 1907/08 für die Provinzen Pommern und 
Westpreußen festgestellt worden. 

Die Bradsot tritt ausschließlich in den Wintermonaten auf, die 
meisten Verluste werden in den Monaten Dezember und Januar 
beobachtet. In der Regel stellt sich der Verlauf so, daß täglich 
morgens 1—2 Tiere tot im Stalle gefunden werden, während am 
Abend vorher noch alle Tiere gesund erschienen. Stets fällt eine 
stark vorgerückte Fäulnis bei diesen Tieren auf. Der Bauch ist 
aufgetrieben, in der Bauchhöhle befindet sich mit Gasblasen durch¬ 
setzte Flüssigkeit, die Schleimhaut des Magens enthält, besonders 
in der Pylorusgegend geschwtirähnliche Defekte. Der Zwölffinger¬ 
darm ist meist entzündet. Milz wenig oder gar nicht geschwollen. 
Wegen ihres schnellen Verlaufes ist die Krankheit leicht mit 
Milzbrand zu verwechseln. In den Organen lassen sich rausch¬ 
brandähnliche Stäbchen nachweisen, die zuerst von Nielsen 
gefunden und von Jensen gezüchtet worden sind und als die 
Erreger der Bradsot angesprochen werden. Ihr Wachstum ist 
streng anaerob. Genauere Studien über den Bradsotbazillus 
liegen von Jensen vor; wie weit die von Jensen gemachten 
Beobachtungen für Deutschland zutreffen, müssen erst weitere 
Untersuchungen lehren. 

Eine zweite Krankheit der Schafe kommt nach den bisherigen 
Beobachtungen im Osten außerordentlich häufig vor und befällt 
vornehmlich die Lämmer. Die davon betroffenen Tiere gehen teils 
septikämisch, ohne wesentliche Krankheitserscheinungen gezeigt zu 
haben, zu Grunde, teils bekommen sic Nasen-, Augenausfluß, 
Lungenbrustfellentzündung oder erkranken chronisch und gehen 
unter wassersüchtigen Zuständen ein. Als Erreger ist ein bipolares 
und zur Gruppe der Septicaemia pluriformis gehöriges Bakterium 
der Bacillus ovisepticus anzusprechen. Die Krankheit, als 
Septikämia pluriformis ovium bezeichnet, hat in ihrem Auftreten 
und in ihrem Verlauf eine große Ähnlichkeit mit der Schweine 
seuche. Redner hat in seinem Institut die Einzelheiten der 
Seuche genau studiert und verweist bezüglich derselben auf die 
bald zu erfolgenden Veröffentlichungen. Auch ein Immunisierungs¬ 
verfahren ist im Institut ermittelt worden und ist Redner damit 
beschäftigt, zu prüfen, ob ein genügend hoher Schutz unter natür¬ 
lichen Verhältnissen erzeugt wird. 

Im Anschluß an seinen Vortrag zeigt Redner mit dem großen 
Projektionsapparat des Instituts eine Anzahl Abbildungen kranker 
Schafe und viele pathologisch-anatomische Präparate, welche in 
außerordentlich instruktiver Weise alle Einzelheiten klar und 
deutlich erkennen lassen. Reicher Beifall wird dem Vortragenden 
für seine Ausführungen und bildlichen Darbietungen zuteil. 

An den Vortrag schloß sich ein Rundgang durch alle Räume 
des tierhygienischen Institutes, wobei dessen Leiter, Herr Dr. 
Mießner, und seine Assistenten die liebenswürdigen Führer waren. 
Aufs höchste befriedigt von all dem Gehörten und Gesehenen ver¬ 
ließen die Teilnehmer die schönen Institutsräume. 

An die Sitzung schloß sich ein fröhliches Mahl unter Teilnahme 
der Damen in dem Festsaal des Hotels „Schwarzer Adler“. 

Ein solenner Ball beendigte den genußreichen Tag, an den die 
Mitglieder der beiden Vereine noch lange zurückdenken werden. 

Heyne, Preuße, 

Vorsitzender des tierärztlichen Vorsitzender des tierärztlichen 
Proviuzialvereins für Posen. Vereins in Westpreußen. 


63. Generalversammlung des tierflrztliohen Zentralvereins für die Provinz 
Sachsen, die Anhaitischen und Thüringischen Staaten 

am Sonntag, den 14. Juni 1908, vormittags 11 Uhr, zu Halle a. S. 
im Bakteriologischen Institut der Landwirtschaftskammer für die 
Provinz Sachsen, Freiimfelderstraße 68. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Herr Veterinärrat Ziegenbein-Wolmirstedt: „Die Taxe für 

die private Tätigkeit der Tierärzte“. 

3. Herr Schlachthofdirektor Dr. Meyer-Stendal: „Die derzeitige 

Regelung der Milchkontrolle im Vereinsbezirk“. 

4. Herr Veterinärrat Pirl-Dessau: „Über Faulbrutscnche der Bienen 

(Bienenpest)“. 

5. Fragen aus der Praxis 

6. Besichtigung des Bakteriologischen Instituts, verbunden mit 

kurzen Referaten über die derzeitigen Arbeiten: 

a) Versuche über die praktische Verwendbarkeit eines mit 
Hilfe des filtrierbaren Virus hergestellten Schw'einepest- 
serums (Repetitor Dr. Stadie). 

b) Neueres auf dem Gebiete der Tuberkulosebekämpfung 
(Dr. Rautmann). 

c) Die Herstellung von polyvalentem Kälberruhrserum (Dr. 
Grosso). 

d) Die Opsoninmethode und einige Versuchsimpfungen in der 
Praxis (Dr. Itaebigcr). 

Nach der Versammlung findet ein gemeinschaftliches Mittag¬ 
essen (Gedeck 3 M.) im Hotel Stadt Hamburg statt. Anmeldungen 
hierzu werden an den Schriftführer bis zum 10. Juni erbeten. 

Der stellv. Vorsitzende Der Schriftführer 

Lcistikow. H. Raebiger. 

Tierärztlicher Verein im Herzogtum Braunschweig. 

Die diesjährige Hauptversammlung findet am 21. Juni, vor¬ 
mittags 11 Uhr, in Dannes Hotel zu Braunschweig statt. 

Tagesordnung: 

1. Jahresbericht. 

2. Kassenbericht. 

3. Berichterstattung über den Kongreß für Hygiene und Demo¬ 
graphie (Herr Poetting). 

4. Vortrag über „Milzbrand bei Schweinen“ (Herr Dr. Römer!* 

5. Vortrag über „Milchuntersuchung“ (Herr Kreistierarzt Krüger). 

6. Mitteilungen aus der Praxis. 

Um 2 ! /a Uhr gemeinschaftliches Mittagessen unter erbetener 
Teilnahme der Damen. Der Vorstand. I. A.: F. Löhr. 

Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom 
Viehmarkte zu Neuß (Regierungsbezirk Düsseldorf) am 3. Juni 1908. 
Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom 
Schlachthofe zu Berlin am 6. Juni 1908. 

Militär-Apothekenwesen. 

Im Etatsjahr 1908 sind Übungen für die Apotheker des Be- 
urlaubtenstandes eingeftthrt worden. Die zu den Übungen ein- 
gezogenen Apotheker erhalten ein tägliches Übungsgeld von 3 M., 
ein Einkleidungsgeld von 120 M., sowie Servis und Reisegebührnisse 
(6 M. Tagegelder für Hin- und Rückreise, Fuhrkosten von 7 Pf. 
für das Kilometer und 2 M. Nebenkosten). Es ist weiter abgesehen, 
Stabsapotheker des Beurlaubtenstandes zu schaffen, jedoch nur für 
diejenigen Apotheker, die das Nahrungsmittelchemikerexamcn ge¬ 
macht haben und 9 Wochen geübt haben (6 -j- 3 Wochen). Im 
Mobilmachungsfalle sind jedoch alle Oberapotheker zur Besetzung 
der höheren Militärapothekerstellen bestimmt. Dr. G. 

Technische Beamte des höheren Verwaltungsdienstes. 

In Hamburg ist das Verzeichnis der durch technische Beamte 
des höheren Verwaltungsdienstes zu besetzenden Stellen auf Grund 
eines Gesetzes durch Hinzufügung der folgenden Stellen ergänzt 
worden: der Polizeioberarzt, der Stadttierarzt und die Ober- 
tieränzte, der Eichinspektor, die ersten Revisionsingenieure des 
Dampfkesselrevisionsbureaus, die Brandinspektoren und die Brand¬ 
meister, der Amtsphysikus in Bergedorf. 



11 . Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


437 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 


Redigiert von Glage. 


Schlachtvieh- und Fleischbeschau in Deutschland Im I. Quartal 1908. 

(ZusammongestelH im Kaiserlichen Statistischen Amt.)_ 


Staaten 

und 

Landesteile 

Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde 

Pferde 

und 

andere 

Einhufer 

Ochsen 

Bullen 

Kühe 

ä “Sr 

über 1 Dls 

3 Monate alt 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

Provinz Ostpreußen. 

527 

1 490 

1 809 

7 005 

6 231 

33 247 

99 404 

6 789 

45 t 


,, Westpreußen .... 

286 

1 110 

2 472 

0 702 

3 338 

80 516 

82 545 

8 253 

967 


Stadt Berlin. 

3 016 

1« 930 

11 320 

3 780 

6 »83 

41 327 

307 237 

113 121 

39 

_ 

Provinz Brandenburg .... 

2 55*7 

0 255 

11 137 

27 408 

10 »05 

53. 053 

221 411 

22 989 

2 697 

34 

„ Pommern. 

500 

518 

3 090 

9 530 

2 882 

26 898 

»2 451 

17 270 

425 


„ Posen. 

180 

712 

2 151 

6 811 

5 30* 

30 796 

105 706 

8 170 

4 206 

1 

„ Schlesien. 

S 95)7 

3 837 

11 42* 

30 345 

10 080 

93 »95 

350 045 

16 333 

12 873 

348 

„ Sachsen . 

2 115) 

2 551 

5 070 

18 100 

7 407 

36 187 

185 049 

24 995 

4 830 

40 

„ Schleswig-Holstein . . 

1 281 

3 312 

2 510 

10 510 

5 133 

39 209 

IOC, 35» 

4 475 

140 

3 

„ «Hannover. 

1 5*35) 

2 909 

0 217 

11 713 

5 937 

30 io«; 

175 044 

18 107 

664 

1 

„ Westfalen. 

2 180 

2 407 

4 900 

35 311 

5 840 

51 905 

V37 686 

3 170 

1 869 

1 

„ Hessen-Nassau .... 

687 

7 089 

1 410 

17 540 

10 310 

48 416 

285 302 

13 251 

3 126 


„ Rheinland. 

4 17» 

17 062 

0 911 

61 210 

16 404 

106 584 

400 988 

26 057 

6 089 

17. 

Ilobenzollcrn. 

1 

52 

13 

315 

41» 

920 

2 034 

30 

104 


Königreich Preußen. 

23 885 

68 890 

71 743 

247 048 

103 843 

622 219 

2 652 551 

283 016 

37 473 

445 

Königreich Bayern. 

2 565 

30 882 

10 569 

52 817 

34 278 

181 495 

473 323 

34 496 

37187 

104 

Königreich Sachsen. 

3 383 

9 452 

8 754 

37 338 

5183 

102 445 

367 765 

50 528 

15 409 

1344 

Württemberg. 

471 

3 801 

2 909 

13 041 

20 310 

46 607 

127 647 

6 388 

7 672 

23 

Baden. 

451 

5 825 

1880 

11848 

16 634 

43 632 

118 421 

4 767 

7136 

_ 

Hessen. 

535 

4 881 

379 

9 391 

7 713 

18 917 

82 592 

3 375 

8 035 

_ 

Mecklenburg-Schwerin .... 

433 

182 

1431 

4 442 

1622 

28 890 

40 749 

5 066 

235 

_ 

Großherzogtum Sachsen . . . 

160 

406 

300 

2 989 

1289 

6 301 

24 246 

3 685 

2 255 

1 

Mecklenburg-Strelitz. 

90 

32 

71 

519 

144 

3 430 

5 594 

561 

17 

_ 

Oldenburg. 

105 

1 345 

316 

1442 

875 

5 256 

33080 

503 

86 

_ 

Braunschweig. 

128 

! 146 

2 235 

1135 

2142 

5 973 

91 081 

4 072 

91 

l 

Sachsen-Meiningen. 

104 

315 

140 

2199 

1122 

3 689 

12 750 

1720 

2 396 

1 

Sachsen-Altenburg. 

79 

! 66 

312 

2 962 

471 

3 409 

16 594 

1348 

1389 

4 

Sachsen-Koburg-Gotha .... 

101 

1 191 

161 

2 684 

972 

3 914 

45 319 

2 759 

1228 

23 

Anhalt. 

377 

311 

694 

1452 

524 

3 809 

21852 

2 664 

216 

105 

Schwarzburg-Sondershausen . . 

6 

1 23 

76 

1 136 

234 

1577 

19 911 

702 

36 

_ 

Schwarzburg-Rudolstadt . . . 

28 

i 63 

54 

899 

490 

1643 

4 949 

779 

109 

_ 

W T aldeck. 

1 

32 

71 

1 220 

311 

847 

3 569 

110 

119 

_ 

Reuß ältere Linie. 

28 

1 105 

125 

| 595 

296 

1051 

7 696 

977 

1167 

2 

Reuß jüngere Linie. 

65 

176 

247 

2 070 

622 

2188 

18 462 

1 866 

2 893 

8 

Scbaumburg-Lippo. 

14 

1 

27 1 

212 

i 60 

507 

1427 

37 

52 j 

— 

Lippe. 

42 

! 7 

272 1 

609 

173 

1650 

8 443 

115 

123 

— 

Lübeck . 

160 

126 

280 i 

1839 

411 

4897 

12 279 

1091 

108 

I _ 

Bremen. 

567 

1 197 

1 874 

951 

559 

. 4 208 

32 357 

2 888 

23 

_ 

Hamburg. 

1345 

6 925 

1959 

2 237 

7 568 

14 295 

114 543 

22185 

! 24 

_ 

Elsaß-Lothringen. 

864 

4 533 

981 

18 678 

4 766 

36 494 

81 014 

10 482 

i 1457 

— 

Deutsches Reich .... 

35 987 

138 913 

107 860 

420 753 

212 612 

1 1149 342 

4 418 214 

| 446 180 

126 936 

2 061 

Dagegen im 4. Vierteljahr 1907 . 

45 144 

153 274 

103 162 

433 092 

273 756 

1042 774 

4 846 861 

, 603 208 

139 836 

2 299 

„ „ 3. „ 1907 . 

27 319 

147 173 

121 076 

403 383 

277 642 

‘ 1 091 285 

3 750 984 

1 707 975 

39 346 

952 

„ „ 2. „ 1907 . 

25 904 

135 726 

108 576 

373 887 

205 279 

1 190 758 

3 718 066 

435 599 

178 940 

943 

n „ 1. „ 1907 . 

37 408 

141136 

97 006 

393 557 

! 184 202 

1 053 925 

4 079 656 

1 440495 

131 775 

2 267 


Zur Abwehr! 

Von Tierarzt Kunibert Müller-Treptow a. R., 

Vorsteher des Fleischbeschauamts. 

In dem Heft 39 der Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung 
1905, deren Jahrgänge mir erst jetzt zur Verfügung stehen, referiert 1 
Herr Dr. Heine-Duisburg (fr. Hannover) über meinen in Nr. 35 i 
der B. T. W. 1905 erschienenen Aufsatz: „Finnenschnitte und Finnen- ) 
funde“.*) Kollege Heine tritt meiner Forderung, der von sehr, ( 
sehr vielen Tierärzten zugestimmt wird, — „alle sogenannten ein- i 
finnigen Rinder nach genauester Untersuchung sofort — aus- j 
genommen Kopf, Herz, Zunge — tauglich ohne Einschränkung zu j 
kennzeichnen,“ nicht bei. Nun das ist Ansichtssache. 

Wenn Kollege Heine meint, ich „verlange eine noch ein¬ 
gehendere Untersuchung, als sie das Gesetz vorschreibt, so behaupte 
ich, daß diese eingehendere Beschau für jeden gewissenhaften 
Tierarzt, der in einer „Finnen- oder Bandwurmgegend“ seines Amtes 
waltet, schon jetzt notwendig ist (in Verdachtsfällen)“. 

Im Schluß seines Referates schreibt der Herr Kollege nun fol¬ 
gendes: „Auffallend ist des weiteren in den oben referierten Aus¬ 
führungen K. Müllers die Behauptung, daß verschiedentlich die 
Untersuchung auf Rinderfinnen zu oberflächlich gehandhabt wird. 
Referent kennt auch eine Anzahl Schlachthöfe, hat aber überall, 

*) Vgl. auch meine Aufsätze: „Einfinnige Rinder“ Ztschr. f. j 
FL- u. Milchhyg. XIII, 389—390. „Nochmals einfinnige Rinder“ 
ibidem XIV, 186—188. i 


im Gegensatz zu K. Müller, die Erfahrung gemacht, daß die Kau¬ 
muskelschnitte an Ergiebigkeit nichts zu wünschen übrig ließen. 
Die Sanitätstierärzte dürften daher Veranlassung haben, den von 
Müller erhobenen Vorwurf, daß die Kaumuskelschnitte an ver¬ 
schiedenen Schlachthöfen „wenig ergiebig“, „ganz oberflächlich“ 
oder nur in Form von „Einschnitten“, gemacht würden, als einseitige 
Auffassung mit Entschiedenheit zurückweisen.“ 

Gegen diese Behauptung muß ich aber ganz entschieden Ver¬ 
wahrung einlegen; es ist dies nicht „einseitige Auffassung“, sondern 
es sind Tatsachen. Ich bin jederzeit bereit, die Beweise für meine 
Darlegungen zu erbringen. Wenn man einen Unterschied zwischen 
den verschiedenen Schnitten feststellt, so sind doch dies Tatsachen, 
und keine „einseitigen Auffassungen“. Der Begriff „ergiebig“ kann 
wohl verschieden „aufgefaßt“ werden; die vorhandenen Schnitt¬ 
flächen sind für mich vollendete Tatsachen. Wenn jeder Fleisch¬ 
beschau ausübende Tierarzt einmal mit dem Zentimetermaß — wie 
I ich dies unzählige Male getan — die von ihm hergestellten Kau- 
| muskelflächen abmißt, so wird er sehen, ob er nur „Einschnitte 
(zirka 200 qcm)“, „wenig ergiebige (zirka 600 qcm) oder „ergiebige 
Schnitte (zirka 1400—2400 qcm)“ ausgeführt hat. Der Herr Kollege 
Heine meint zwar, daß er „auf verschiedenen Schlachthöfen Finnen¬ 
schnitte gesehen hat, die an Ergiebigkeit nichts zu wünschen übrig 
ließen;“ ich stelle dagegen die Behauptung auf, daß er dann nie¬ 
mals „ergiebige Schnitte“ gesehen haben kann, denn sonst würde 
er in seinem Referat über meinen Aufsatz bei der Stelle 1400 bis 
2400 qcm“ Schnittfläche nicht, „soll wohl qmm heißenschreiben 








































BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


438 


Aus diesen Worten muß ich annehmen, daß Kollege Heine selbst 
keine „ergiebigen Schnitte“ kennt. Ergiebige Schnitte geben eine 
Ansichtsfläche von 1400—2400 qcm (etwa Doppelformat der B.T.W. 
Ein Ansichtsfläche von 1400 —2400 qmm (zirka 4 Briefmarken) wie 
sie Herr Heine meint, ist für mich nicht einmal durch Einschnitte 
entstanden. 

Bei entgegengesetzten Referaten, Kritiken usw., welche nicht 
in dem Blatt des ersten Autors erscheinen, möchte ich mir den 
Vorschlag erlauben, die Verlagsbuchhandlung des betreffenden Blattes 
zur Übersendung eines Exemplars an den ersten Autor zu ver¬ 
anlassen. Zur besseren und eingehenderen Klärung trägt dies ent¬ 
schieden bei; man ist ja nicht in der Lage, sofort die gesamte 
Fachpresse zu studieren. 

Kürzung der Fleischbeschangebühren durch die 
Gemeinden. 

Gegen das in der B. T. W. 1908, Seite 331, wiedergegebene 
Urteil des Landgerichts Mülhausen i. Elsaß in der Streitsache des 
Fleischbeschauers J. gegen die Gemeinde Masmünster wegen Aus¬ 
zahlung der vollen Fleischbeschaugebühren ist Berufung eingelegt 
worden. Die Angelegenheit gab Veranlassung zu einer Debatte ira 
elsaß-lothringischen Landesparlament. Bei Beratung des Etats der 
Verwaltung des Innern, wobei Unterstaatssekretär Mendel in 
folgender bemerkenswerten Weise auf die Sachlage einging: 

„In erster Linie kommt es natürlich bei der Frage darauf 
an, welchen Dienstvertrag der betreffende Fleischbeschauer mit 
der Gemeinde abgeschlossen hat. Aus diesem Dienstvertrag 
heraus ist das Rechtsverhältnis der beiden Parteigegner zu be¬ 
urteilen. Im übrigen möchte ich dem Herrn Dr. Ricklin 
(R. hatte das Urteil gegnerisch kritisiert) doch bemerken, daß 
jeder, auch der angestellte Reichsbeamte, das Recht hat, über 
seine Bezüge an die Gerichte zu gehen. Das ist jetzt was 
anderes, als es im französischen Recht seinerzeit der Fall war. 
Im allgemeinen muß ich aber sagen, daß der Herr Abgeordnete 
Ricklin vollständig recht hat. Nicht allein durch Verordnung, 
sondern auch durch Gesetz, nämlich durch das Etatsgesetz vom 
Jahre 1903 haben wir bestimmt: die Gemeinden haben das Recht, 
die Fleischbeschaugebühren für ihre Rechnung zu erheben. Wenn 
die Gemeinden kraft Gesetzes dieses Recht haben, und dieses Ge¬ 
setz widerspricht in keiner Weise dem Reichsgesetz über die 
Schlachtviehbeschau vom Jahre 1900, so sind natürlich auch die Ge¬ 
meinden völlig frei, zu sagen, der Fleischbeschauer erhält sämtliche 
Gebühren, oder: der Fleischbeschauer erhält einen Teil der Gebühren, 
oder: der Fleischbeschauer wird gegen ein Fixum angestellt. Wir 
wollen von seiten der Regierung natürlich haben, daß die Fleisch¬ 
beschauer nicht zu schlecht bezahlt sind, daß ihnen ordentliche 
Beträge von den Gemeinden bezahlt werden, damit sie ihr Amt 
entsprechend wahrnehmen können. Aber es ist uns nicht ein¬ 
gefallen, die Gemeinden zu verpflichten, daß sie sämtliche Gebühren 
den Fleischbeschauem zu überlassen haben. Die Gemeinden sind 
also in dieser Hinsicht vollständig frei. Wie es in dem einzelnen 
Fall von Masmünster steht, das kann ich nicht sagen, das unter¬ 
liegt der Beurteilung des Gerichts insofern, als die Auslegung des 
Dienstvertrags zwischen der Gemeinde und dem Feischbeschauer 
in Frage steht.“ 

Über die Wirkung einiger sogenannter Konservierungs¬ 
mittel auf Hackfleisch. 

Von A. Kickton. 

(Zeitschr. für Untersucliunff der Nahrungs- und Genußmittel, sowie der Gebrauchs- 
gegenstände 1907, Bd. 18, Heft 9, Sonderabdruek.) 

Um das Grauwerden des Hackfleisches zu verhindern, benutzte 
man bekanntlich früher vorwiegend schwefligsaures Natron, nach¬ 
dem dieses verboten worden ist, vielfach andere Mittel, die eben¬ 
falls mehr oder minder die Eigenschaft besitzen, die rote Farbe zu 
erhalten. In Hamburg wurden von diesen am häufigsten als Hack¬ 
salz Gemenge von phosphorsaurem Natron und bonzoe¬ 
saurem Natron mit Tonerdeverbindungen (Acetat und Alaun) 
verwendet, außerdem gelegentlich die verschiedensten Mischungen 
von Kochsalz, Salpeter, Natriumphosphat, -benzoat, -azetat, 
-sulfat, Aluminumazetat, Alaun, schwefligsaurem Natron, ferner auch 


in unvermischtem Zustande Natriumphosphat, Salpeter und schweflig- 
saures Natron. 

Verfasser prüfte nun die Wirkung dieser Salze auf das Hack¬ 
fleisch durch Vermengen mit dem Fleische. Ohne Zusatz wurde 
das Fleisch in allen Fällen nach 3—4 Stunden mißfarbig graurot 
und faulte bald. Auch nach Beigabe der genannten Konservierungs¬ 
mittel trat früher oder später eine Zersetzung ein. Im einzelnen 
ergab sich: 

Benzoesäure konservierte, zu 1 Proz. zugesetzt, besser als 
Salizylsäure, bis zum vierten Tage; beide verleihen dem 
Fleische indessen schon nach etwa einer halben Stunde ein unan¬ 
sehnliches, stark graues Aussehen. 

Borsäure konservierte ebenfalls, bei 1 Proz. benutzt, bis 
zum vierten Tage, erhielt die rote Farbe aber auch am ersten 
Tage nicht. 

Alaun wirkte ebenfalls auf die Fleischfarbe nicht erhaltend 
ein und konservierte das Fleisch zw f ei Tage lang. 

Salpeter und Kochsalz wirkten bei Verwendung von 
1—2 Proz. bis zum dritten Tage und länger konservierend, erhielten 
jedoch nur mäßig gut die rote Farbe. 

Natriumsulfat zeigte besonders auf der Oberfläche des 
Fleisches schon bessere Wirkung. Es erhielt und verstärkte am 
ersten Tage außen die rote Farbe des Fleisches, welches auch 
innen nur allmählich etwas blasser rot, aber nicht graurot w r urde, 
wie Hackfleisch ohne Zusatz. Die Konservierung dauerte zwei Tage. 

Borax und Natriumkarbonat verstärkten die rote Farbe 
auf der Außenseite und verhinderten das Grauwerden im Innern, 
das Natriumkarbonat erhielt die rote Farbe im Innern auch noch 
am zweiten Tage. 

Natriumbenzoat, -salizylat und -azetat, Aluminium, 
azetat, Natriumphosphat und die Hacksalzgemisehe er¬ 
hielten und verstärkten die rote Farbe des Fleisches außen und 
innen nicht unerheblich. Die Erhaltung ist besonders auf das 
Natriumphosphat zu beziehen, während das Natriumbenzoat 
hauptsächlich konservierend wirkt (bis zum dritten Tag). 

Schwefligsaures Natron hat die stärkste rötende Wirkung 
ebenso das saure schwefligsaure Natron, welche beide in 
kurzer Zeit die bekannte auffällig hochrote Farbe erzeugten. Diese 
tritt bei Luftzutritt stark ein und ist schwächer bei Abschluß der 
Luft, z. B. bei Einwickeln des Fleisches in Papier. Die konser¬ 
vierende Wirkung des schwefligsauren Natrons hielt bei Verwendung 
von 1 Proz. bis zum dritten Tage an. 

Die Hauptwirkung der Salze besteht in der Einwirkung auf 
den Blutfarbstoff in Form der Erhaltung oder Verstärkung der roten 
Fleischfarbe über die natürliche Zeit hinaus. Sie verdecken das 
für das Publikum wichtige Kennzeichen der beginnenden Zersetzung 
des Hackfleisches, das Mißfarbigwerden, und in solchem Zustande be¬ 
reits befindliches Fleich kann sogar durch den Zusatz der üblichen 
Hacksalze in bezug auf das Aussehen und den Geruch wieder auf¬ 
gefrischt wrerden. Der Zusatz der rötenden Hacksalze dürfte daher 
ähnlich wie die gesetzlich verbotene Färbung von Fleischwaren 
mit künstlichen Farbstoffen als Verfälschung anzusehen sein. In 
dem phosphorsauren Natrium ist überdies meist das ohnehin ver¬ 
botene Fluor, wenn auch nur in Spuren, vorhanden. Unter Hack¬ 
fleisch sollte lediglich frisches, zerkleinertes Fleisch zu ver¬ 
stehen sein. 

Nahrungsmittel-Konservierung. 

Der Bund deutscher Nahrungsmittel-Fabrikanten und -Händler 
beschäftigte sich in einer außerordentlichen Versammlung in Berlin 
eingehend mit der Nahrungsmittel-Konservierung. Er kam nach 
längeren Beratungen, in welchen mehrere der im Fleischbeschau- 
Gesetz verbotenen Konservierungsmittel als unschädlich und als 
vorzüglich für die Praxis geeignet hingestellt wurden, zu einem ein¬ 
stimmig angenommenen Beschluß, dahingehend: 

„Als Zusätze können zum Zwecke der Haltbarmachung ge¬ 
eignete chemische Erhaltungsmittel (Konservierungsmittel) verwendet 
werden. Als solche kommen in Frage: 

Kochsalz, Salpeter, Zucker, schweflige Säure, Borsäure, Borax, 
Salizylsäure, Benzoesäure, Ameisensäure, Formaldehyd, Hexa¬ 
methylentetramin, Paraformaldehyd, essigsaure Tonerde. 




11. Juni 1908. 

Als Höchstgrenze sind zurzeit als zulässig anzusehen: 
fiir schweflige Säure bis zu 0,125 Proz. 

„ Borsäure „ „ 0,500 „ 

„ Borax „ „ 0,770 „ 

„ Salizylsäure - „ 0,050 „ 

Die Prozentzahlen verstehen sich als Gehalt der zum Genuß 
bestimmten Teile der Dauerwaren.“ 

Einigermaßen abgcmildcrt wird die Forderung, die jetzt meist 
verbotenen Konservierungsmittel wieder verwenden zu dürfen, durch 
den Beschluß des Deklarationszwanges, von welchem nur Zusätze 
von Kochsalz, Salpeter, Zucker und Essig ausgenommen sein sollen. 
Die zugesetzten und deklarierten Konservierungsmittel sollen ferner 
ihrer chemischen Zusammensetzung nach entsprechend bezeichnet 
werden. Phantasienamen sind für diese Kennzeichnung unzulässig, 
wenn nicht gleichzeitig die chemische Zusammensetzung angegeben 
wird. 

Zusatz von Salpeter zum Hackfleisch. 

Das Verbot der Verwendung von schwefliger Säure ist Anlaß, 
daß zur Roterhaltung des Hackfleisches vielfach Salpeter benutzt 
wird. Die Polizeibehörde zu M.-Gladbach sieht sich daher veran¬ 
laßt, in einem Erlasse hiervor zu warnen, und droht Strafverfolgung 
an. Wiederholt sind bereits Fleischer wegen dieses Salpeterzusatzes 
bestraft worden, da die Gerichte mit Recht annehmen, daß Salpeter 
kein normaler Bestandteil des Hackfleisches sei, sondern nur eine 
bessere Beschaffenheit desselben vortäuschen soll. 

Deutschlands Fleischkonserven-Industrie. 

Eine Fleischkonserven - Industrie im vollen Sinne des Wortes 
kann nach dem Berichte der Firma Schaub an die Hamburger 
Detaillistenkammer sich in Deutschland unter den heutigen Ver¬ 
hältnissen nicht entwickeln. Was an Fleischkonserven in Deutsch¬ 
land produziert wird, ist fast durchweg, abgesehen von den Tieren, 
die die Militärkonservenfabriken verarbeiten, aus ausländischem, in 
gesalzenem Zustande eingeführten Fleische hergestellt. Auch dieses 
hat sich aber der hohen Fleischpreise wegen als nicht rentabel 
erwiesen, und man wird daher wohl bald gänzlich von der Her¬ 
stellung deutscher Fleischkonserven absehen müssen. 

Militärkonservenfabrik. 

Die Schlachtungen in der Militärkonservenfabrik in Mainz 
dauerten von Oktober bis März. Es sollten etwa 2300 Rinder ver¬ 
arbeitet, doch auch Schweine geschlachtet werden, da die Ver¬ 
suche über die Verwendung von Schweinefleisch zu Konserven 
günstig ausgefallen sind. 

Behandlung des Fleisches in Kühlräumen. 

In Württemberg sind die Oberämter von dem Ministerium ver¬ 
anlaßt, folgende Bekanntmachung über die Aufbewahrung von 
Fleisch in Ktihlräumen zu erlassen: 

•Um Fleisch frisch zu erhalten, ist neben niedriger Temperatur 
erforderlich, daß die Feuchtigkeit der Luft einen bestimmten Grad 
nicht überschreitet. Bei einer Temperatur von 3—5 Grad, wie sie 
in den Kühlräumen herrschen soll, wird die Vermehrungsfähigkeit der 
Mikroorganismen und deren zersetzende Einwirkung auf das Fleisch 
erheblich herabgesetzt, aber keineswegs völlig verhindert. Es gibt 
eine ganze Reihe von Bakterien, die sogar bei 0 Grad sich vermehren 
und diejenigen Veränderungen im Eiweiß hervorzurufen vermögen, 
welche man als Fäulniserscheinungen bezeichnet. Das längere Zeit 
im Kühlraume lagernde Fleisch unterliegt also der Gefahr der bak¬ 
teriellen Zersetzung und wird, auch wenn es nach dem Herausnehmen 
aus den Kühlräumen noch tadellos frisch erscheint, sehr viel schneller 
als frisches Fleisch der Fäulnis anheimfallen, da die Zahl der 
Bakterien sich inzwischen schon außerordentlich vermehrt hat. Es ist 
ja eine bekannte Tatsache, daß das im Eisschrank oder auf Eis auf¬ 
gehobene Fleisch trotz niederer Temperatur in verhältnismäßig 
kurzer Zeit der Verderbnis anheimfällt. Um in den Ktihlräumen 
das Fleisch in gutem Zustande zu erhalten, muß zu der niedrigen 
Temperatur noch ein zweiter Umstand hinzukommen: ein gewisser 
Trockenheitsgrad der umgebenden Luft. Die Luft darf nicht mit 
Feuchtigkeit gesättigt sein. Wenn die Luft noch imstande ist, 
Feuchtigkeit aufzunehmen, so wird sie die Oberfläche des Fleisches 
eintrocknen und für die Entwicklung der Mikroorganismen un¬ 


439 


geeignet machen. Also erst das Zusammenwirken von niedriger 
Temperatur und trockener Luft gewährleistet die Haltbarkeit des 
Fleisches. Die Erfahrungen haben gelehrt, daß schon gute Resultate 
erzielt werden, wenn die Luft in den Kühlräumen eine relative 
Feuchtigkeit von 60—70 Proz. (jedenfalls nicht über 75 Proz.) be¬ 
sitzt. Ebenso wie die Ermittlung der Temperatur, muß auch die 
Feststellung des Feuchtigkeitsgrades mit Hilfe eines Instruments 
geschehen, und zwar empfiehlt sich am meisten die Benutzung 
selbst eintragender Haarfeuchtigkeitsmesser (sclbstregistrierender 
Haarhygrometer) wie sie sich in der Kühlhallenpraxis schon be¬ 
währt haben. Ein selbsteintragendes Instrument ist deshalb vor¬ 
zuziehen, weil es die Feuchtigkeitsverhältnisse fortlaufend auf¬ 
schreibt und somit eine ununterbrochene Kontrolle ermöglicht. 

Trichinose. 

In Skaisgirren ist in einer Haushaltung, in der ein Schwein 
unter Vernachlässigung der Untersuchung auf Trichinen geschlachtet 
worden war, die Trichinose ausgebrochen. Die Frau und neun 
Kinder, sowie eine zu Besuch weilende Person erkrankten. Trichinen 
wurden in großer Zahl nachgewiesen. 

Sibirisches Fleisch. 

Um die Fleischvorräte Sibiriens besser zu verwerten, gehen 
dänische Firmen daran, dort Schlachtanlagen nach dem Muster der 
dänischen Exportschlachthäuser zu erbauen. Besonders kommt für 
den Export der Reichtum Sibiriens an Kleinvieh, vorwiegend Schafen 
in Betracht. 

Ausbluten bei verschiedenen Schlachtmethoden. 

Am Berliner Schlachthofe wurde nach dem Bericht über die 
städtische Fleischbeschau für das Jahr 1906 der Blutgehalt des 
Fleisches von Rindern vergleichsweise geprüft, die auf verschiedene 
Weise getötet waren und zwar 1. ohne vorherige Betäubung (Tod 
durch Schächtung), 2. nach vorheriger Betäubung a) durch Kopf¬ 
schlag, b) durch Bolzenschußapparat (System Behr). Es ergab 
sich, daß ein wesentlicher Unterschied im Blutgehalt der auf eine 
dieser drei Arten getöteten Rinder nicht besteht, daß aber immer¬ 
hin die geschossenen und dann sofort gestochenen Tiere im all¬ 
gemeinen am besten, die geschachteten Rinder ain wenigsten voll¬ 
kommen ausbluten. 

Blaufärbungen des Fleisches. 

Vom Publikum gerügte Blaufärbungen des Fleisches sind nicht 
immer, wie man zunächst annehmen könnte, auf übermäßige Ver¬ 
wendung der blauen Stempelfarbe oder schlechte Qualität derselben 
zurückzuführen, sondern öfters durch unvorsichtiges Umgehen mit 
Tintenstiften veranlaßt, wie solche seitens der Probenehmer und 
Schlächter zum Zeichnen der Schweine und Fleischwaren vielfach 
benutzt werden. Wenn beim Anspitzen der Stifte oder Abbrechen 
der Spitze kleine Stückchen der Farbe auf das Fleisch geraten und 
letzteres gekocht wird, löst sich das vorher nicht bemerkte Farb- 
stückchen auf und färbt das Fleisch oft in großer Ausdehnung 
lebhaft blau. 

Vorschriften für das Pökeln. 

Snyder in Passaic (Amerika) gibt in der „Deutschen Wurst¬ 
fabrikanten-Zeitung“ folgende Vorschrift für die Zusammensetzung 
der Pökellake und das Pökeln, die bei den größten Geschäften in 
Amerika Anwendung finden und sich bewährt haben soll. Die Lake 
muß 20 prozentig sein und auf 10 Liter sind 5 Pfund Salpeter und 
3 Pfund Zucker zu nehmen. Diese Lösung dient zum Spritzen der 
Schinken. Auf je 100 Plund Schinken sind 100 g Salpeter und 
50 g Zucker zu rechnen, um die erwünschte rote Farbe zu erzielen. 
Snyder empfiehlt endlich, die Schinken nicht zu fest zu lagern, sie 
wöchentlich einmal umzupacken und zu kontrollieren, daß die Lake 
stets die angemessene Stärke besitzt und behält. 

Wissenschaftliche Erforschung des Pökelprozesses. 

Seitens der Universität Illinois in den Vereinigten Staaten 
werden umfangreiche Versuche angestellt, um die chemischen und 
physikalischen Vorgänge beim Pökelprozeß zu erforschen. Es 
sollen Experimente mit und ohne Salpeterbeigabe zur Pökellake 
angestellt und alle Einflüsse ermittelt werden, die den Pökelprozeß 
günstig oder nachteilig beeinflussen können. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



440 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Zur Räucherung der Brühwürstchen* 

Wurstfehler entstehen nach einer Mitteilung von Weiß in der 
„Deutschen Wurstfabrikanten-Zeitung“ durch unzweckmäßige Aus¬ 
wahl des Räuchermaterials. Bei Verwendung ungeeigneten Holzes 
kann es Vorkommen, daß die Würstchen einen beißenden Geschmack 
bekommen, speziell ein zu scharfer Rauchgeschmack entsteht öfters 
durch Fichtenholz-Rauch. Ist die Räucheranlage für Gas ein¬ 
gerichtet, so ergibt sich leicht eine zu dunkle Farbe der Ware. Die 
echte rosarote Fleischfarbe der Würstchen wird nicht durch den 
Rauch erzeugt, sondern nach Beigabe von Salz und Salpeter durch 
die beim Räuchern erzeugte Wärme. 

Zur Wurstbereitung. 

Das Stadtpolizeiamt in Heilbronn erläßt folgende Bekannt¬ 
machung: 

1. Zur Herstellung von Würsten darf nur gesundes Fleisch 
verwendet werden. 

Zur Aufnahme der Wurstmasse dürfen nur gut gereinigte, 
geruchfreie Därme gesunder Tiere bzw. bleifreie Pergament¬ 
schläuche benutzt werden. 

2. Der Wassergehalt darf bei Dauerwürsten 60 Prozent, bei 
solchen, die für den augenblicklichen Verbrauch bestimmt sind, 
70 Prozent nicht übersteigen. 

3. Die Beimischung von Kartoffelmehl, Getreidemehl, Brot oder 
sonstigen stärkehaltigen Stoffen, sowie die Verwendung von kasein-, 
eiweiß-, gelatine- oder leimhaltigen oder ähnlichen Bindemitteln bei 
der Wurstbereitung ist verboten. 

4. Das Färben der Wurstmasse oder der Zusatz von Farb¬ 
stoffen in irgendwelcher Form (z. B. mit künstlich gefärbten Ge¬ 
würzen usw.) ist verboten. 

Außerdem ist das Färben der Dänne bei Knack-, Zervelat-, 
Schinken-, Lyoner und Saitenwürsten unstatthaft. 

5. Gesundheitsschädliche Konservierungsmittel dürfen zu 
Wurstwaren nicht verwendet werden (siehe § 21 des Fleisch¬ 
beschaugesetzes und Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
18. Februar 1902). 

6. Weiche und schmierige Würste mit grünlich oder gelblich 
gefärbten Fettteilen, ferner ranzig oder faulig riechende Würste 
dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. 

Pferdedärme als Wurethüllen. 

Während im allgemeinen die Schlachter von den Roßschlächtern 
weit abzurücken pflegen und wenigstens in reellen Schlachtereien 
kein Pferdefleisch verarbeitet wird, ist die Verwendung von Pferde¬ 
därmen als Wursthüllen auch in besseren Schlachtereien durchaus nichts 
Ungewöhnliches. Auf der Hamburger Schlachtereiausstellung, an 
der die Roßschlächter sich nicht beteiligen durften, waren seitens 
einer Dannhandlung sogar Pferdedärme ausgestellt. Der Dünn¬ 
darm des Pferdes ist seiner beträchtlichen Weite, des Fehlens j 
der Poschen und der großen Haltbarkeit wegen in der Tat ein j 
idealer Darm für dicke Fleischwllrsto und wird hierzu oft benutzt. 
Ein Unterschied gegenüber Rinderdärmen an der fertigen Wurst 
ist schwierig zu erkennen. Nach Wenzel ist zu beachten, daß die 
Schleimhaut des Pferdediinndarms wegen der starken Submukosa 
nicht vollständig abzustreifen ist und deshalb an der Muskularis 
immer noch Reste der Submukosa hängen, die der an der Wurst 
nach außen gekehrten Schleimhautfläche ein chagrinlederartiges, 
braunes Aussehen verleihen. Ob Unterschiede sich ergeben nach 
der Präzipitinmethode, wäre Sache des Versuches und noch genauer 
auszuprobieren. Daß die Verwendung von Pferdedärmen zum Ein¬ 
hüllen von Rind- und Schweinefleischwürsten nicht als zulässig 
gelten kann, braucht nicht noch besonders betont zu werden. 

Weitere Finnenfunde bei Saugkälbern. 

Von Dr. Stroh, Amtstierarzt in Augsburg. 

^Zeitschrift für Fleisch- und MUchhygione 1!)07, XVIII. Jabrg., S. 7>V' 

Im Anschlüsse an frühere Mitteilungen über das Vorkommen 
von Rinderfinnen bei Saugkälbern, die in der obigen Zeitschrift 1905, 
Heft 1 und 2, erschienen sind, schildert Verfasser weitere 13 Fälle. | 
Stets war das Herz Sitz der Finnen, mit einer einzigen Ausnahme, | 


und daher fast immer der erste Fundort. Die Parasiten traten 
bereits an der Herzoberfläche augenfällig hervor und ein generelles 
Anschneiden des Herzens zur Feststellung der Finnigkeit hält 
Stroh bei Saugkälbern deshalb nicht für notwendig. Empfehlens¬ 
wert ist es, die Lunge durchzutasten, die häufig von Finnen besetzt 
ist. Das Anschneiden der Kaumuskeln bleibt demgegenüber nur 
von geringer Bedeutung. Die häufigen Funde in Augsburg be¬ 
rechtigen zu dem Schlüsse, daß Finnen bei Saugkälbern keine 
Seltenheit sind, sondern bei etwa 0,4 Prozent der Kälber Vor¬ 
kommen. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Professor Dr. liiecel- 
Hannover das Ehrenritterkreuz 1. Klasse des Großh. Oldenburgischen 
Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig. 

Approbiert: Die Herren Hermann Melier und Hans Orunert in 
Dresden. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Der Einj.-Freiwillige 
Ullmann im Feldart.-Regt. Nr. 66 zum einj.-freiw. Unterveterinär. 
— Versetzt: Oberveterinär Uaucke im Feldart.-Regt. Nr. 16 zum 
Feldart.-Regt. Nr. 35 (Standort Graudenz), Oberveterinär Jockei im 
Drag.-Rgt. Nr. 23 zum Ulan.-Regt. Nr. 1, Unterveterinär Thiede im 
Feldart.-Regt. Nr. 25 zum Drag.-Regt. Nr. 23. — Abgang: Ober¬ 
veterinär Sehtcebs im Feldart.-Regt. Nr. 35 mit Pension in den Ruhe¬ 
stand versetzt. — In der Schutztruppo für Deutsch-Süd¬ 
westafrika: Ausgeschieden: Stabsveterinär Ludwig und Ober¬ 
veterinär Christian, beide behufs Wiederanstellung im Bereiche der 
Königl. preuß. Heeresverwaltung. — Im Beurlaubtenstande: 
Befördert: Die Unterveterinäre der Reserve Sehwarx (Bez.-Kdo. 
Recklinghausen), Kleinschmidt (Bez.-Kdo. Bitterfeld), Berndl (Bez.- 
Kdo. Naugard), Gramer (Bez.-Kdo. Detmold), Brücher (Bez.-Kdo. 
Erbach), Herx (Bez.-Kdo. Coblenz), Licdtkc (Bez.-Kdo. Straßburg i. Eis., 
Garde), Radtke (Bez.-Kdo. Kiel). 

Todesfall: Schlachthofdirektor Paul von Oerhardt in Osterode 
(Ostpreußen). _ 

Vakanzen. (v g i. Nr. 23.) 


Nach Redaktionsschluß eingegangen: 

Mitteilung. 

Den Tierärzten, welche die vom 25. bis 30. Juni d. J. in 
Stuttgart stattfindende Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts¬ 
gesellschaft zu besuchen beabsichtigen, wird hiermit bekannt gegeben, 
daß als Treffpunkt der Restaurationssaal des Hotels Dierlamm 
beim Bahnhof (Tisch des Korps Suevia-Stuttgart) vorgesehen ist. 
Der tierärztliche Landesverein in Württemberg erlaubt sich auf 
diesen Treffpunkt aufmerksam zu machen und die deutschen Tier¬ 
ärzte einzuladen, sich dort insbesondere abends zu zwanglosem, 
kollegialem Zusammensein einfinden zu wollen. 

Der derzeitige Vorsitzende des tierärztlichen 
Landesvereins in Württemberg 
Veterinärrat P. Rösler. 

Verein beamteter Tierärzte Preußens. 

Auf Beschluß der letzten Hauptversammlung wird der Verein 
auf die wiederum erfolgte, freundliche Einladung der Deutschen 
Landwirtschafts-Gesellschaft an deren 22. Wanderausstellung in 
Stuttgart durch den derzeitigen stellvertretenden Vorsitzenden, 
Kreisticrarzt Itust-Breslau, vertreten sein. Wenngleich keine 
Sonderversammlung unseres Vereins dieses Mal stattfindet, so dürften 
wir doch die Mitglieder, die einen Besuch ermöglichen können, zu 
einer regen Beteiligung auffordern, um der liebenswürdigen Ein¬ 
ladung des tierärztlichen Landesvereins zu Württemberg gerecht 
werden zu können. 

Treffpunkt: Hotel Dierlamm am Bahnhof in Stuttgart. 

Zeit der Ausstellung: 25. bis 30. Juni. 

Der Vorstand. 

Rust, Bischoff, 

stellvertretender Vorsitzender. Schriftführer. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in BerUh. — 

Druck von W. Bflxenstein, Berlin. 







Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe min Preise von M. 5. - vierteljähr¬ 
lich (AI. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zcitunps- 
Preisliste Nr. 674 . Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeitrago werden mit 60 Mk., tn Petitsatz mit 
60 Alk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schnmltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstraße 56. Korrekturen, 
Rezensions-Kxomplaro und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 




Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 



Glage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Depnrtementstierarzt 

Cöln. 

Prof. Dr. Peter Veterinär™t Peters 

Kreistiorarzt Departements! ierar/.t 

Angermünde. Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Departcmentstierarzt 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Frei bürg i. Br. 

Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel 

l‘rofe>sor Landestierarzt v Bayern 

Dresden. München. 

Wehrte 

Kauer). Kegierangsr&t 

Berlin. 

Zündet 

Krcistieram 

Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1908. 


,J\s. 25 . Ausgegeben am 18. Juni. 


Inhalt: Pfeiffer: Die Tierseuchen im Lichte chinesischer Auffassung und ihre etwaige Bekämpfung. — Referate: 

Hcndriekx: Einige Betrachtungen über die Windkolik beim Pferd. — Forssell: Drei operierte Fülle von Dünndarmeinschnürung 
im Foramen Winslowii beim Pferd. — Aus der medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Schweizer und deutscher Dr. mod. vet. — 
Die 64. ordentliche Mitgliederversammlung des Tierärztlichen Landesvereins in Württemberg. — Verschiedenes. — Personalien. 
— Vakanzen. 


Die Tierseuchen im Lichte chinesischer Auffassung 
und ihre etwaige Bekämpfung. 

Von Obervcterinür M. Pfeiffer-Tsingtau. 

Der Umstand, daß China von alters her ein Viehzucht- und 
ackerbautreibendes Land ist, hat bewirkt, ~ daß gegen die 
mannig-fachen Erkrankungen des wertvollen Viehbestandes eine 
zahlreiche tierärztliche Literatur im Laufe der Zeit ent¬ 
standen ißt. 

Die nachstehenden Aufzeichnungen, welche teils Über¬ 
setzungen eines der meist verbreiteten allgemeinen Handbücher 
über Anatomie, Pathologie und Therapie aller Haustiere, das 
Yuan chang liao ma dsi sind, teils aus den Anschauungen und 
der praktischen Anwendung der traditionell überkommenen Be¬ 
handlungsweisen der Tiere, wie der Chinese sie übt, geschöpft 
sind, sollen vergleichend neben unsere früheren und jetzigen 
Methoden gestellt werden. Dabei werden wir sehen, wie im 
Grunde genommen der Chinese instinktiv, oder besser gesagt 
durch Erfahrungen belehrt, in manchen Dingen sehr lichtig 
urteilt und abwägt und dementsprechend, wenn auch manchmal 
auf einem sehr gewundenen Wege, doch endlich ans rechte 
Ziel kommt. 


mühelos in den Schoß fällt, so wird auch in absehbarer Zeit 
eine andere klarere westländische Auffassung der Medizin und 
ihrer Hilfsjnittel Platz greifen. 

Das Licht chinesischer Auffassung ist ein (iair-obscur, 
ein Dämmerlicht, in welchem man erst nach längerem Hinsehen 
in den zunächst anscheinend verschvvimmenden Schatten hier 
und da feste, abgegrenzte Figuren und Gestalten tindet, welche 
ohne den einenden Gedanken einer Kombination neben einander 
gestellt sind. 

Die unstreitig am meisten im Vordergrund des Interesses 
stehende, weil den Wohlstand.des Viehbesitzers am unangenehmsten 
schädigende Seuche ist 

die Rinderpest. 

Die gewöhnliche Bezeichnung der Binderpest ist ----- i. 


die Pest pestilentia, lues. 
oder JX. --= 


Desgleichen ^ wen i, 

tschang i; tschang = pestilentia, ardeus 


febris. Ferner findet . .A ^ tian bi 

man die Benennung -V vf yjfiA wen i 


Der Apotheker ist auch hierzulande ein geachteter und 
reicher Mann, der allerdings manche, nach unserm Standpunkt 
mittelalterliche Quacksalbereien und ungenießbare, ja widerliche 
Mittel verabreicht, doch auch bei uns ist es ein langer Weg 
von einem Theoplirastus Bombastus Paracelsus ab Hohenheim, 
dem sicherlich geistreichsten und bestmeinenden Charlatan, bis 
auf den heutigen Standpunkt unserer Pharmazie. Und wie 
alles das, was das nach dem Licht der Erkenntnis auf allen 
Gebieten forschende und suchende Abendland im Verlauf langer 
Jahrhunderte fortschreitender Entwicklung mit vielen idealen 
und materiellen Opfern gefunden hat, beute dem durch eigene | 
Trägheit auf einer niederen Stufe stehen gebliebenen Asiaten i 


d. li. Pest, Typhus mit laufender Nase.*) 

Ätiologie: Die Krankheit entstellt durch Einatmen 

schlechter Dünste besonders früh morgens bei Tau.**) Ander- 

*) Nach der Auffassung des 18. Jahrhundert wurde Rinderpest 
mit dem menschlichen Typhus teils identifiziert, teils für sehr nahe 
verwandt gehalten. ln England, Frankreich, Belgien, Holland 
wurde die Rinderpest sogar mit „Typhus contagiosus boum“ über¬ 
setzt. 

**) Eine 1765 in Rostock erscheinende Broschüre gibt als materielle 
Ursache ein wie Scheidewasser auf die Schleimhäute wirkendes 
schwefliges Salz an, welches sich durch Gärung im Blute ver¬ 
mehrt und Anlaß zur weiteren Ansteckung gibt, diese Schädlich¬ 
keiten rühren von Mehltau her. 

Auch unsere Lehrbücher lehren, daß der AnsteckungsstolT ein- 
1 geatmet wird und dann auf dem Wege der Blutbahn in den Yer 
i dauungstraktiis, die Stätte seines eigentlichen Wirkens, gelangt. 







442 


No. 25. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


seits wird auch eine Gottheit beschuldigt, die Krankheit ver¬ 
anlaßt zu haben. Rindvieh erkrankt leichter als Ziegen und 
Schafe.*) 

Symptome: Faulheit in den Bewegungen, Fieber, Freß- 
unlust, dann folgt Nasenausfluß, Durchfall, Tod. Verlauf bis¬ 
weilen innerhalb 2 Tagen. Der aus der Nase zur Erde nieder¬ 
fließende Schleim sind die schlechten eingeatmeten Dünste; oder 
besser gesagt, der ausfließende Schleim bedingt die nachher von 
anderen Tieren eingeatmeten Dünste, id est: das Contagium. 

Therapie: Infektionsgefahr ist bekannt, Vieh wird ab¬ 
gesondert im Stalle, oder wenn es irgendwie möglich ist, auf 
die Berge getrieben, da die schlechten Dünste nicht dort hinauf¬ 
kommen und die Luft hier besser und trockener ist. Bei einem 
großen Teil der Eingeborenen spielt auch der Aberglaube eine 
Hauptrolle.**) Da man annimmt, daß ein dem Dorfe übelwollender 
* Gott die Seuche schickt, so treibt man nach den ersten Todes¬ 
fällen schnell das gesunde Vieh auf die Berge, um den Geist 
zu täuschen, der wenn er wiederkommt und kein Vieh mehr 
vorfindet, annimmt, der ganze Bestand sei der Krankheit bereits 
zum Opfer gefallen. Wir sehen hier also, wie der Chinese in 
diesem Falle***) durch den Aberglauben geleitet, instinktiv das 
Rechte tut. Andere wieder verbrennen Papier zu Ehren der 
Gottheit und bekleben Stallwände und Pfosten mit roten Papier¬ 
streifen auf welchen fromme Sprüche stehen; der Rest endlich 
nennt es stumpfsinnig „Schicksal“ und tut gar nichts dagegen. 
Vorgeschrieben wird in den Lehrbüchern: Diät, gewaschenes 
Stroh, klares Wasser, kein Grünfutter, reinliche Stallhaltung, 
strenge Isolierung. Daneben wird ein reicher Arzeneisehatz 
ins Feld geführt. 

Von Impfung und Immunität ist nichts bekannt. Die 
Prognose ist schlecht, bei rechtzeitiger Isolierung gut. Wenn 
nun der Chinese unterscheidet zwischen einer gewöhnlichen und 
einer heißen Rinderpest, so kommt das wohl daher, daß er 
zunächst in den verschiedenen Stadien der Krankheit, und je 
nach der Höhe des Fiebers, verschiedene Bezeichnungen wählt; 
dann aber auch wohl daher, daß, was sicherlich der Fall ist, 
ähnlich verlaufende Krankheitsprozesse unter den Sammelnamen 
der Pest geworfen werden. 

Ich habe selbst des öfteren während der Rinderpestinva¬ 
sionen in den Kreisen Kaumi und Kiautschou im Laufe der 
Jahre 1902—1900 Fälle gesehen, bei denen es sich offenkundig 
um bösartiges Katarrhalfieber handelte, die aber trotzdem als 
Rinderpest bezeichnet wurden. Auf der andern Seite habe ich 

*) Die Ansicht, daß die Infektionsfähigkeit bei Schafen und 
Ziegen geringer ist als beim Rindvieh, deckt sich auch mit den in 
europäischen Ländern gewonnenen Erfahrungen. 

**) Das mittelalterliche Europa sah in der Rinderpest ebenso 
wie in jeder anderen Epidemie, respektive Epizootic eine Strafe 
des Himmels und veranstaltete Prozessionen dagegen, segnete und 
„besprach“ die befallenen Tiere. 

***) Der Ansteckungsstoff kann bekanntlich sich direkt nur über 
eine sehr beschränkte Entfernung verbreiten, zirka 25 Schritt. („In- 
fektionsfähigerDunstkreis“ (I erlacli s.) Im Sommer und bei trockener 
Luft verringert sich die Ansteckungsgefahr noch. Die trockene, 
klare Bergluft bietet also sicherlich einige Gewähr dafür, daß die 
Krankheit nicht so leicht übertragen wird, selbst dann nicht, w-enn 
einmal kranke Tiere, oder was eher eintrelTen kann, Tiere im 
Inkubationsstadium auf die Höhen getrieben -werden. 

Die Infektionsmöglichkeit ist bei uns erst seit Anfang des 
18. Jahrhunderts bekannt. (Kgl. preuß. Seuclienedikt von 1711). 
er lach). 


niemals beobachtet, daß hochgradig erkranktes Vieh, bei dem 
schon Erosionsgeschwüre an der Schleimhaut des Unterkiefers 
und der Backen aufgetreten waren, wieder gesundet wäre. 


Für Heilung der „gewöhnlichen“ Rinderpest verschreibt der 
chinesische Kollege folgendes: 


1 scheng*) Sclmapshefe des 12. 

Monats 

M «&. * 

jn 

i sclieng la yüo dsao 

4 Lot. fu ling 

* 

Gtyciniendolden. 

2 ,. dai luiang 

-# 

= Rhabarber. 

2 ,. tschang pu 

>*■ 

= Calamus acorus. 

V -2 „ di huang 

-* 

= wörtl. Erde, gelb, Gelb¬ 
wurzel. 

Dieses alles wird mit 

2,7 Lot Essig und 5,2 Lot Harn zu- 


i sammengekoclit und dem Ochsen eingegeben. Am nächsten Tage 
bekommt das Tier nochmals die Hälfte der Arznei. Der Arzt 
nimmt dann eine Nadel und sticht neben den Haaren der Nase 

i fin tief ein ( i fin = 0,01 tschi =--- Fuß, 

1 Meter hat 3,2 A_ tschi). Quillt das Blut heraus, so wird 
nach der Behauptung des Lehrbuches das Tier gesund. 

Das 23. Blatt schreibt neben dem Bilde des Tieres die 
Heilung des Brechdurchfalls des Ochsen und „jeder heißen 
Rinderpest“. Das angegebene Universalheilmittel ist Tsing djin 


wän, /£- 


wörtlich: 

azurliell, Gold, Kügelchen 

oder Azurgoldpillen. 
Man nimmt je 

','2 I.»t 



tschuen yu djin 

»1 


eine Pflaumenart. 

guen d8chung 

bei fou 



zahlreich, aneinander¬ 
gereiht. 

— Soda. 

dßing tsiiien sehe 


7h 

Tropfstein. 

huing luiang 



- Moschus. 

gan ga 

ft 

% 

- - getrocknete Pueraria 


tnberosa, eine Lagnmi- 


nosenart; die große, knollige, Bitterstoff und Harz 
enthaltende Wurzel wird in unserer Medizin zur Dar¬ 
stellung eines Breies verwandt, der zur Heilung ge¬ 
schwollener Glieder gute Dienste leisten soll. 

hua 8che ^ 0r Speckstein. 


*.t Ein sclieng hat 5,2 Iking (Lot). 







18. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


443 


Je 1 Lot: 

lau gin 

4a 

= (trocken) trockene Gras¬ 
wurzel. 

tschuen dou kin 

'ij 1 

m Bohnenwurzel. 

0,035 Lot: 

tjen niu 


= eine Grasart. 

Je V.» Lot: m 

gan tso 

# Jf- 

— Süßholz. 

sehe gao 

4p A 

- Gyps. 

schau dschi dsi in 

4M 4 4' 

— Schlehenkerne. 

dei huang 


— Rhabarber. 

nm tung 

4t- dlL 

= Holzmark. 

huang lien 

-jfc ' ^ 

Gelbwurzel. 


Diese Arzneien werden zu Pulver zerrieben und daraus mit 
einem hirseartigen Samen Kügelchen so groß wie eine Gewehr¬ 
kugel gemacht. Mit Tsing djin (azurhellem Gold) werden die 
Pillen dann angestrichen. Fünf dieser Pillen werden in zwei 
Tassen Wasser mit einigen chinesischen Lampedochten gekocht 
und dem Ochsen eingegeben, worauf mau den „guten Erfolg bald 
sehen wird“. Eine andere Methode, die Pest zu heilen, besteht 

darin, daß man einige scheng dsao giio ^ ^ (Kletten) 

an drei Tagen im Sommer oder Herbst, oder an zwei Tagen 
im Frühling oder Winter mit Düngerjauche durchtränken läßt. 
Darauf vergräbt man die Masse einen Tag lang in die Erde. 
Sodann wird es rein gewaschen und kurz vor dem Gebrauch 
der Kern entfernt. Man gibt ein Lot davon mit 1 / i Lot gau 

tsao = Süßholz, beides fein zerrieben mit dsing liua 

schui ^ 4t aK — perlendes Wasser, ein. 

Oder: Man »nehme beliebig viele gleiche Mengen der zu 
Pulver zerriebenen nachstehenden Arzneien: 


sehe tschaug pu = Steinscliilf, 



' KZ) 


ga gin 

4 AK 

= Wurzel der Pueraria 
tuberosa, 

dan dscliu ye 

-dt « #. 

= Bambusblätter, 

yii djin dsi 

-3- 

= Pflaumenart, 

liü dau 

$$ JL 

= Wicken, 


vermenge 1 Lot davon mit 3 scheng vom Safte der Bananen¬ 
staude, mischt dies nochmals mit 2 /jo scheng Honig und 2 /io Lot 


Wachs und gibt es ein. Wirkt es nicht, so wiederholt man das 
Verfahren. 

Die heiße Rinderpest und ihre Behandlung wird folgender¬ 
maßen beschrieben: 

In einem Liede heißt es: 

„Wenn der Ochs im fünften oder sechsten Monat die Pest 
hat, so werden seine Haare trocken, sein Bauch schwillt auf 
und er kann seine Füße nicht lange in derselben Lage halten. 
Im Anfangsstadium kann man ihn noch heilen. Wenn man aber 
noch ein wenig wartet, so ist er unheilbar; der Ochs geht 
sicher zugrunde. Man heilt die Hitze mit Soda und Süßholz 


oder mit liuang tjiu 


£ 


tl 


= Scutellaria-lanceolaria. 


Dieses mischt man mit Pastinakpulver.“ Aus der Wurzel von 
Scutellaria-lanceolaria ist von Takahashi das Scutellarin, C, 0 H 8 0 3 , 
ein wahrscheinlich zu den Phenolen gehörender Körper isolliert 4 
worden. — „Gibt man ihm dieses ein, so wird man alsbald 
sehen, daß es besser mit ihm wird.“ 

Das Pulver wird aus folgenden Arzneien hergestellt: 


schuoa ylioa 


4h 

= Päonie. 

in sehen 

>* - 

A 

Pastinak.*) 

huang tjiu 

H ’k 

Ar 

= Sentellaria. 

be um 

lA 


Fritten, gleich: Erhitzen einer 
pulverförmigen Mischung bis 
zur beginnenden Erweichung 
und Aneinanderhaften der 

Teilchen. 

bei tän 

CzJ 

# 

— Soda. 

huang lien 

A 

c 

= Gelbwurzel. 

yu djin 

f 


^ Pflaumenart. 

gua Ion 

ftr- 


=-■- Beifuß. 

dei huang 

A 

A 

— Rhabarber. 

schan d8che tsi 

4A 

- Bergjasmin. 

Außerdem 

wird 

Zucker 

und große Mengen von rohem 


Ingwer empfohlen. 

Auffallend bei den angeführten Mitteln, welche hauptsächlich 
sich aus Drogen zusammensetzen, ist das Vorkommen von 
Harn resp. Jauche. Der Gedanke liegt nahe, daß es sich hier 
um einen allerdings sehr urwüchsigen Impfversuch handeln 

*) Pastinaca, Gattung der Umbelliterac-Peucedaneae. P. 
sativa L., wildwachsende, zweijährige Pflanze mit fleischiger, 
spindelförmiger Wurzel, die eßbar ist. P. findet als Viehfutter 
Verwendung. Die Früchte, früher auch bei uns in der Medizin 
angewandt, enthalten ein flüchtiges Alkaloid, das Pastinacin. Der 
Hauptbestandteil des bei der Destillation der Erflehte gewonnenen 
Pastinaköles ist Buttersäureäthyläther. 




m 


könnte. Im Harn sind bekanntlich die die Rinderpest über¬ 
tragenden, bis jetzt noch immer vergeblich gesuchten Erreger 
vorhanden. Dieselben halten sich besonders in Flüssigkeit sehr 
gut, so, daß die gebrauchte Jauche auch infektionsfähig wäre. 
Allerdings vernichten Hitzegrade über ß0° C, also auch das 
Kochen, den Krankheitserreger. Die eigentliche Heimat der 
Rinderpest ist bis auf den heutigen Tag unbekannt, so viel steht 
aber fest, daß seit der Völkerwanderung jedesmal die Seuche, 
die bis jetzt bei jedem Kriege als Regleiterscheinung auftrat, 
in Europa durch eine außereuropäische Invasion, wahrscheinlich 
aus dem asiatisch-russischen Steppengebiet, eingeleitet wurde. 

In dem Streit um den Ursprung dieser Gottesgeißel wird 
auch China genannt. Und in der Tat kann man behaupten, daß 
die Rinderpest hier absolut stationär ist. Im Winter bei Schnee 
und Regen, dem für die Ausbreitung sehr günstigen Wetter, 
herrscht dieselbe ebenso, als wie sie zur Hochsommerzeit die 
Viehbestände ganzer Gemeinden dezimiert. Letzteres war im 
Sommer 190") vorzüglich im nördlichen und nordwestlichen 
Schantung der Fall. Hauptsächlich grassierte die Krankheit 
hier in den Gebirgstälern westlich Tsetschuan und Poschan und 
zog sich nach der Schlickebene des Hoang-ho hin und darüber 
hinaus in das fruchtbare Gebiet von Tötschou zum Kaiserkanal. J 
Hier überall sehen wir die zum üppigen Fortkommen der j 
Seuche notwendigen Redingungen, dicker fetter Humusboden, ! 
mit Feuchtigkeit geschwängerte Luft, in überreichlicher Menge 
geboten. 

Im Herbst 1901 forderte die Rinderpest die meisten Opfer 
im südöstlichen und mittleren Schantung, im Gebirge bei Möng- 
yin und Y-hsien. 

Bei der Epidemie l',iO."> sollen allein im Kreise Tschang- 1 
(sei)in (bei Tsinautü) zwischen Gebirge und Hoangho gelegen, i 
nach g« fälliger Auskunft des Herrn Polizeikommissars Sterz, 
dem ich auch eine Menge anderer statistischer Angaben über 
die Seuchen im Hinterlande verdanke, 5 ßüo Haupt Rindvieh 
gefallen sein. Im Jahre 190ß 07 zog sich die Seuche weiter 
nach dem Osten und Südosten der Provinz hinüber. Die der 
Kolonie benachbarten Kreise Kiantschou, Tsima, Kaumi, dann 
Pinktu und Ankin wurden hauptsächlich in Mitleidenschaft 
gezogen und zwar so stark, daß hier schätzungsweise eine 
Mortalitätsziffer von JO pro Hundert des gesamten Viehbestandes 
angenommen wird, während man den Seuehonverlust in den 
westlichen Bezirken Weißien, Tsingtschoufu, Lingtse, Tsinaufu 
usw., mit 15 20 Proz. angibt. Daneben herrschte die Rinder¬ 

pest in gleich starkem Maße auch während des Jahres 19nß 07 
im tiefsten Westzipfel der Provinz, in den Ebenen des Kaiser¬ 
kanals, ungeschwächt weiter. 

Als Ersatz für das gefallene Rindvieh schafften die Ein¬ 
geborenen sich Schafe und Ziegen an, ein Beweis für den oben 
bereits erwähnten Umstand, daß sie die Minderempfänglichkeit 
dieser Tiere für Rinderpest wohl kennen. 

Uber Rinderpestfälle bei Kamelen habe ich nichts in Er¬ 
fahrung bringen können, trotzdem ich mir alle Mühe gab, im 
Frühjahr 1905 bei den endlosen Kamelkarawanen in der Mongolei 
darüber nähere Mitteilung zu erhalten. 

Die Gefahr der Rinderpest für das deutsche Schutzgebiet 
liegt, und das ist das vorläufig in den Vordergrund tretende 
Moment, darin, daß die Fleischversorgung der Kolonie, der 
Kriegs- und Handelsschiffe, ernstlich in Frage gestellt werden 
kann. 


No. 25. 


Es war in den Jahren 1902 — 190t», zu Zeiten der Rinder¬ 
pestinvasionen, oft schon sehr schwer für das kleine Detachement 
Kaumi ausreichend seuchenverdachtfreies Vieh zu bekommen. 
Ich habe jahrelang das Schlachtvieh persönlich nach eingehender 
Untersuchung auf den Märkten eingekauft. Die Tiere wurden 
gleich geschlachtet, da es vorgekommen war, daß im Januar 1903 
unser Viehbestand, der bis dahin immer aufgefrischt wurde, im 
Lager selbst erkrankte und starb. 

Eine weitere Gefahr liegt in der Möglichkeit und Wahr¬ 
scheinlichkeit einer Verseuchung der Viehbestände innerhalb der 
Kolonie. Gerade jetzt, wo für die Aufbesserung der Zucht 
Gelder zur Verfügung gestellt werden, wäre es, ich komme beim 
Rotz noch einmal darauf zu sprechen, äußerst unangenehm, wenn 
die Versuche durch Überhandnehmen von Seuchen iu Frage ge¬ 
stellt würden. 

Die Durchführung einer allgemeinen Impfung dürfte bei 
dem argwöhnischen Bauern auf Schwierigkeiten stoßen. Viel 
wäre schon emiclit, wenn ein seuchefreier Gürtel um das 
Pachtgebiet geschaffen werden könnte. 

Eine zweite Erkrankung der Rinder ist die 

Maul- und Klauenseuche. 

Hier unterscheidet man: 

1. eine nur die Maulschleimhaut befallende Erkrankung, 

2. eine auch die Zunge in Mitleidenschaft ziehende Aftektion. 
Die Behandlung erstreckt sich dieser Einteilung gemäß nur auf 
die Maulseuche. Die manchmal recht schweren Klauen¬ 
erkrankungen berücksichtigt man gar nicht. Auf Blatt 21 
schreibt die Yuan cliang liao ma dsi vor: „Wenn Fieber im 


Körper des Rindes ist, 
so muß man: 

und au seiner Zunge Geschwüre sind, 

je 1 ... liang ding hiang 

T 4 

— Uardamomum, die wört¬ 
liche Übersetzung heißt, 
wohlrichender Nagel. Das¬ 
selbe Wort haben wir in 
„Nägelchen* 4 dafür. 

mu hiang 

H 

- Sandelholz. 

sehe hiang 

4 

Moschus 

ugan II hiang 


wörtlich beruhigender 
Wohlgeruch 

huaiig ie 

* 

gelbes Laub. 

huang lien 


Gelb wurzel 

dai huang 


Rhabarber 

y« iljin M 


Ufiaumenart 

dschi dsi ^^ - Jasmin 

nehmen. Man zerreibt alles zu Pulver, vermengt es dann mit 
Hanföl und gibt es ein. Man nimmt ferner 


Drei scheng Da ma dsi moa 


7 Hanfkernpulver. 


BERLINER TI K K.vRZTLK '1IE W0( 'II ENSCH RI FT. 




18. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


445 


l /i lot ma yü 4- fl = Hanfextrakt. 

7-2 lot hing yin ^ m$ Aprikosenkerne, 

zerkleinert die genannten Arzneien ganz fein, und kocht diese 
mit 8 Lot Öl, 3 sch eng Wasser, läßt sie dann kalt werden und 
gibt dem Ochsen tagsüber 6- bis 7 mal davon ein. Am Abend 
kocht man mit Zwiebel eine Reissuppe, gibt diese lauwarm ein 
— und das Tier wird bald geheilt sein“. 

Die Behandlung ist absolut innerlich, gar nicht lokal. Die 
Ansteckungsgefahr ist bekannt, aber nichts wird getan, dieselbe 
zu vermindern. Absperrungsmaßregeln gibt es nicht, es schützt 
sich auch keiner gegen den andern, Gemeinsinn fehlt. So kommt 
es, daß bei Herrschen von Maul- und Klauenseuche auf den 
Märkten kranke Rinder, Schafe und Schweine zwischen den 
Gesunden herumhinken. 

Die Märkte sind überhaupt, wie ja auch bei uns eventuell, 
die Hauptquellen der Weiterverbreitung von Krankheiten. Bei 
sehr starkem Auftreten von Seuchen, sei es Rinderpest oder 
Maul- und Klauenseuche, werden die Märkte nur sehr schwach 
beschickt, notgedrungen, da die Tiere nicht bewegungsfähig sind, 
und da kann man dann oft das Zurückgehen oder teilweise Er¬ 
löschen, zum mindesten das Einschränken der betreffenden 
Krankheiten konstatieren. 

Eine das Einhufergeschlecht schwer heimsuchende Seuche ist: 


Der Rotz, tiau bi 



Ätiologie: Der Chinese sieht darin eine Lungenerkrankung, 
deren Entstehung auf Überfütterung, schlechtes Futter, Unter¬ 
ernährung zuriickgeführt wird. 

Symptome: Man unterscheidet 4 Arten, und zwar: 


1. tiau bi 


* 


mit dünnem Nasenausfluß, 


2. „ mit dickem Nasenausfluß, 

3. „ mit Niesen, 

4. „ „ ohne Niesen. 

Infektionsgefahr für Mensch und Tier bekannt. 
Prognose: schlecht, w T enn Nasenausfluß dunkelgelb, übel¬ 
riechend. Genesung ausgeschlossen. 

T herapie: 


dai huang 



= Rhabarber, 

dou ling 

£ 


= eine Bohnenart, 

schon yü 


4k 

= Kartoffelart, mehlige Wurzel, 
aussehend wie Meerrettig, 
schmeckt ähnlich wie unsere 

Kartoffel. 

ba ye 


& 

= Bananenblätter, 

tsin tiau 

4L 

4L 

= spanischer Pfeffer, 

pei ho 


yk- 

= eine weiße Knollenart mit roten und 

weißen Blüten. 


Der Chinese hat den Sitz der Krankheit ganz richtig er¬ 
kannt. Er weiß, daß die Erscheinungen in den oberen Respirations¬ 
wegen, der Nasenausfluß usw. nur die Folgen der in den Lungen 
herrschenden Erkrankung sind. Was die angegebenen Entstehungs¬ 
ursachen anbetrifft, so hat er, dem Contagien und Miasmen 
etwas Unbekanntes sind, insofern recht, als ein schlechter Er¬ 
nährungszustand ja zu den prädisponierenden Momenten bei der 
Rotzinfektion ebenso gut gehört, wie etwa bei der Tuberkulose. 
Daß er aber weiß, daß nicht allein schlechtes Futter oder ein 
schlechter Ernährungszustand die Krankheit auslöst, sondern, daß 
zu diesen ersten vorbereitenden, ein spezifisches, den malignen 
Krankheitskeim in sich bergendes, zweites Moment kommt, dies 
vor allem geht daraus hervor, daß er seinen Viehbestand und 
sich selbst durch Isolierung der erkrankten Tiere und absolute 
Beseitigung der Kadaver zu schützen sucht. Diese intensive 
Furcht vor dem Fleische der gefallenen oder getöteten Tiere, 
w r elche ihn, der sonst stets eingegangenes Vieh mit Behagen 
aufißt, das rotzkranke tief einscharren läßt, beweist ganz evident 
wie tief ihm das Bewußtsein einer Infektionsmöglichkeit, resp. 
„Sicherheit“ innewohnt. Daß der chinesische Bauer und der Kuli 
gefallene Tiere nicht nur aufißt, sondern die eingescharrten 
Kadaver derselben sogar ausgräbt, haben wir in Kaumi des 
öfteren bemerken können. 

Wenn der Eingeborene vier Arten von Rotz unterscheidet, 
so hängt das wohl damit zusammen, daß er erstens für die 
Krankheit während ihres Verlaufes verschiedene Bezeichnungen 
hat; zweitens aber auch als eine Ab- oder Unterart des Rotzes 
die Druse ansieht. Und die Bezeichnung tiau bi rechtfertigt 
dies absolut, ja noch mehr, unter diese kann er auch noch den 
Schnupfen od^r jeden Katarrh der, Nasenschleimhaut rechnen; 
denn tiau bi heißt weiter nichts als: „Die Nase läuft“. 

Es ist sehr zu bedauern, daß dadurch, daß der Eingeborene 
einen Rotz (besser einen Nasenausfluß, einen tiau bi) kennt, 
welcher heilbar ist, man allgemein die Ansicht verbreitet 
findet, der hiesige Rotz sei weniger gefährlich als der europäische. 
Zu bedauern ist dies deshalb, weil aus dieser falschen Ansicht 
allzuschnell die Leichtfertigkeit im Umgang mit und bei Be¬ 
urteilung von erkrankten Tieren geboren wird. Der in Kaumi 
im Winter 1902 eingeschleppte Rotz forderte weit bis in den 
Sommer 1903 hinein seine Opfer, welche sämtlich die reinen 
Symptome des Rotzes bei Lebzeiten sowohl als bei der Sektion 
aufwiesen. 

Am maßgebendsten ist aber der s. Zt. von mir ausgeführte 
Nachweis der Rotzbazillen unter dem Mikroskop, so daß jeder 
Zweifel von der Identität dieser Erkrankung mit dem, w r as wir 
unter Rotz verstehen, ausgeschlossen ist. Eine augenblicklich 
herrschende Rotzinvasion hat durch die Sektionen der getöteten 
Tiere und durch mikroskopische Untersuchungen wiederum das¬ 
selbe Resultat gezeitigt. 

Im übrigen geht aber auch schon daraus, daß er die 
Behandlung der gefährlich erkrankten Tiere, der Tiere mit 
dunkelgelbem, übelriechendem Nasenausfluß als aussichtslos be¬ 
trachtet, dieselben tötet und tief einscharrt, hervor, daß dem 
Chinesen die Übertragungsfähigkeit und die Bösartigkeit des 
Rotzes bekannt sein muß. 

Streng durchgeführte Quarantänen nach Neuankäufen, Fern¬ 
halten der mit einzelnen Pferden täglich zum Verkauf herum¬ 
ziehenden Händler von den Ställen sind alles, was sich 
prophylaktisch tun läßt. Vom Gouvernement ist auch die 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Agglutinationsprobe bei Neuankäufen angeordnet. Dabei ist die 
Gefahr, speziell der Übertragungsfähigkeit auf den der Seuche 
unrettbar zum Opfer fallenden Menschen halber, keineswegs zu 
unterschätzen. 

Die Erkrankungen an 

Milzbrand 

sind verhältnismäßig selten. Das II. Bataillon des I. Regiments 
der Ostasiatischen Besatzungs-Brigade hatte jedoch vor 2 Jahren 
in den Sytonger Ställen eine sehr hartnäckige Milzbrandepidemie 
zu bekämpfen, welche Veranlassung gab, daß diese Stallungen 
später nicht von unserer berittenen Kompanie bezogen wurden. 

Der Chinese definiert diese Seuche als eine Erkrankung 
der vier inneren Teile. 

Ätiologie: Als Entstehungsursache wird große Hitze 
beschuldigt. 

Bezeichnungen für Milzbrand sind: 

yung t’sin = harter Milzbrand 

huang t'sin ^|gr ^ — weicher Milzbrand 




gelb. 


t’sin übersetzt Couvreur S. J. mit 


Furunculus profundus, Anthrax, der harte Milzbrand ist der 
häufigere, und „auf den Menschen übertragbare“. 

Therapie: Um den huang t’sin, den weichen Milzbrand zu 
heilen, streicht man beim Pferde auf die Geschwüre, welche im 
Verlauf der Erkrankung entstehen, Mensclienkot und „in einem 
Tage ist das Tier hergestellt“. 

Das 12. Blatt des Yuan chang liao ma dsi lautet: 


Wenn ein Ochs im ganzen Körper Geschwüre hat, so sind 
seine Haare abgezogen. Diese Krankheit ist in der Lunge und 
aus Erhitzung entstanden. Die Haut und die Haare scheinen 
außen nicht gut zu sein, aber Geschwüre sind im Innern. Die 
Erhitzung ist daraus entstanden, daß der Ochs im Frühling und 
Herbst den Stuhlgang nicht herbeigeführt hat. Er neigt seinen 
Kopf abwärts, schnauft und sein Wasser ist blutig. Wenn man 
mit Arznei seine Därme durchtränkt, so sieht man die gute 
Wirkung. 


yu djin 

£0 


— ff 

ku sehen 


in sehen 




buva hvau 

W 


A 


— Pflaumenart 

— bittere Pastinak 
Pastinak wurzel 

Pfeffermünz 


n'J, 

scha sehen 

gau tsav Jji = Süßholz 


im Sande gewachsene 
Pastinak 


werden fein zerstoßen, mit 4 Lot Honig und 1 sclieng Wasser 
vermischt in Dosen von 1 .sclieng warm eingegeben. 

Blatt 18 schreibt vor: 


..Wenn der Ochs trockene Haare hat, kein Gras frißt, kein 
Wasser nimmt, so hat er im Kopf und im Herzen gelbe Geschwüre. 


Nimm: 

je V 3 Lot bei tsche ^ = Iris florentina, 

Veilchen wurzel 


dai huang = Rhabarber 

zerreibe beides zu Pulver, vermenge es mit 2 Eiern, 1 sclieng 
Schnaps und 3 / )0 scheng Gemüseextrakt. Gib diese dem Ochsen 
ein, so wirst du einen guten Erfolg haben.“ 

Außerdem legt der chinesische Tierarzt bei Anthrax ein 
Haarseil an der Vorderbrust des kranken Tieres dergestalt, daß 
er die Nadel >/ 2 cm tief einsticht und von „links nach rechts“ 
den Faden 5 cm lang durchzieht. Die Fadenenden werden be¬ 
schwert — gewöhnlich mit den handlichen Käschstäcken, welche 
ja in der Mitte ein Loch haben, — um die Wunden offen zu 
halten. „Die schlechten Säfte fließen ab.“ 

Zuletzt wäre noch als eine auch in China sehr gefürchtete 
Seuche zu erwähnen: 


Die Tollwut. 


I Benennungen: foung, 3/JjäL* Toll, Tollwut. Das Zeichen 
I setzt sich zusammen aus dem in den vorbesprochenen Krank¬ 


heitsbezeichnungen ebenfalls vorkommenden r Tsi, morbus, 
und vltL. foung, Wind. 

Definition: Die Tollwut ist eine unheilbare, auf die 
meisten Tiere und Menschen übertragbare Krankheit, welche 
durch Fütterung, besonders durch Bohnen und verschiedene 
Grasarten entsteht. 

Was die Ätiologie anbetrifft, so hat man auch noch bei 
uns vor einem Menschenalter neben anderen Entstehungsursachen 
üppige Nahrung angenommen und sogar an eine spontane Ent¬ 
wicklung geglaubt. 

Der Chinese hat aber auch eine Vorstellung von dem Inku¬ 
bationsstadium, sicherlich dadurch herbeigefnhrt, daß er beobachtet 
hat, daß die Wut nicht sofort nach dem Biß, sondern erst einige 
Zeit später auftritt. Ja noch mehr, er weiß, daß ein gebissenes 
Tier schon vor offensichtlichem Ausbruch der Wut imstande 
ist, dieselbe durch Biß weiter zu übertragen, ein Umstand, der 
uns noch gar nicht übermäßig lange Zeit durch die Forschungen 
von Roux und Nocard bekannt ist. 


In China ist die Wut häufig. Es ist dies nicht zu ver¬ 
wundern, wenn man bedenkt, daß nicht nur fast jedes Haus, 
einen oder mehrere Hunde besitzt, sondern daß daneben noch 
eine Menge herrenloser Hunde sich auf den Feldern, teils in 
dem abscheulichsten und verwahrlosten Zustande herumtreiben. 
Diese Hunde übernehmen teilweise auch >die Beseitigung der 
ausgesetzten Kindsleichen. Die starke Vermehrung der Hunde 
habe ich in einem früheren Artikel über chinesische Haustiere 
als dadurch bedingt bezeichnet, daß man stets den ganzen 
Wurf behält. 


Dank energischer und durchgreifender veterinärpolizeilicher 
Maßnahmen seitens des Gouvernements, die sich zunächst in 
einem strikt durch geführten Maulkorbzwange äußern, ist es im 
Laufe der Zeit gelungen, die Wutinfektionsfälle innerhalb unseres 
Schutzgebiets auf ein verschwindendes Minimum herabzudrücken. 
Die Grenze der Kolonie bildet nach Nordosten der 1130 m hohe 
Lau schan, der absoluten Hocbgebirgscharakter trägt. In diesem 








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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Gebirgsstock gibt es noch Wölfe, and es ist nicht ausgeschlossen, 
daß diese die Wut auf die vagabundierenden Hunde übertragen. 
Es wäre dies ein Analogon zu der bei „Friedberger und 
Fröhner“ zu findenden Mitteilung daß die Wut in der Nähe 
von Wölfe beherbergenden Gebirgen (Vogesen, Jura, Karpathen) 
gewissermaßen stationär sei“. 

Zahlreiche von mir in Kaumi an Blut von kranken und ge¬ 
sunden Pferden, Rindern, Maultieren, Eseln, Schafen und 
Schweinen ausgeführte Untersuchungen haben niemals den Fund 
von Blutparasiten gefördert. Niemals habe ich Trypanosomen 
(Nagana, Surra, Mal de Cadeiras, Dourine) gefunden, niemals 
habe ich auch trotz eifrigsten Suchens bei chinesischen Rindern 
Zecken gesehen, die als Zwischenwirte bei Bluterkrankungen 
(Texasfieber) hätten mitwirken können. Ich habe ein einziges 
Mal eine kleine Zeckenart beim Pferde beobachtet. Es war 
dies hier in Tsingtau bei einem Tiere, das in einer mit hohem 
barten Gras bestandenen Koppel viel umherlief. Die zahlreichen 
Zecken hatten an verschiedenen Stellen, speziell in den Fessel¬ 
beugen, Hautentzn düngen hervorgerufen, welche sich sehr schnell 
beseitigen ließen. Blutuntersuchungen ergaben nichts. 

Und doch, trotzdem noch keinerlei Erfahrungen über Blut¬ 
parasiten gemacht sind, möchte ich nicht das eventuelle Vor¬ 
kommen derselben bei chinesischem Vieh in Abrede stellen. 
Veranlassung dazu gibt mir die nachstehende Stelle des an¬ 
geführten Werkes: 

„Der Ochse, dessen Wasser blutig ist. w 

„Wenn Hitze im Hodensack eintritt, so ist das Wasser des 
Ochsen oft blutig. Er frißt kein Gras, trinkt kein Wasser und 
kann seine Fäzes vor Härte nicht auslassen. Tags und Nachts 
scheint er müde und schläfrig zu sein und er will sich nicht 
bewegen. 

Das ist gewiß Seuche ohne jemanden zu fragen.“ 

Dang kui ^ = Pulver ist dagegen sehr wirksam. 

Gib ihm noch Hung hua s zu trinken . 

rote Blumen v 

Trinkt er es ein- oder zweimal, so siehst du alsbald die 


gute Wirkung. 

Man schreibt das Verfahren so: 

mu yua 


= Myrte, 

schoa jua 

4 

= P8°nie, 

dschu yü 

4 

= Xanthoxylum piperitum (japanischer 
Pfeffer)*), 

i sehe 

Jß- 

J = Fasern, 

ba dji 

& 

= Banane, 

kau tsav 

d 

= Süßholz, 

pung lmva mo 

= eine Schlingpflanze. 


*) Hauptbestandteil des ätherischen Öls des japanischen 
Pfeifers ist Xanthoxylin-C 10 H la 0 4 . 


Man zerreibt die Arzneien zu Pulver, gibt dem Ochsen 
jedesmal ein Lot davon mit huang-hua Suppe ein. Alsbald 
sieht man die gute Wirkung. Es ist für die Bekämpfung der 
Rinderpest absolut notwendig, erst bestimmt zu wissen, ob durch 
Blutparasiten hervorgerufene Erkrankungen bei chinesischem 
Rindvieh Vorkommen oder nicht, da sich ja darnach die ganze 
Methode der evtl. Impfung richten müßte. Die Simultanmethode 
könnte nicht in Anwendung gebracht werden, da gegebenenfalls 
durch die Blutimpfung eine Übertragung eines Hämatoparasiten 
eintreten könnte. 

Man kann bei Betrachtung vorstehender Ausführungen wohl 
zu dem Schlüsse kommen, daß der Chinese einen reichlichen 
Schatz des Wissens über Krankheiten, speziell über Seuchen, 
deren Infektionsmöglichkeit usw. hat, daß also mit gar nicht über¬ 
mäßig hohen Anforderungen an die geistigen Fähigkeiten der 
Leute, bei gutem Willen und gemeinsamem Zusammenarbeiten 
von Regierung und Volk, manches zum Kampfe gegen diese 
Seuchen, die Zerstörer des Nationalwohlstandes, geschaffen werden 
könnte. Welch unendlicher Verdienst könnte sich eine in 
diesem Punkte richtig beratene Staatsleitung um das Wohl ihrer 
Untertanen erwerben. Doch welche riesenhohen Hindernisse auf 
der anderen Seite! Wenn es auch nicht allzu schwierig wäre 
in einer oder zwei Provinzen durch Belehren der Bauern, durch 
Heranziehen und Daraufhinziehen modern gebildeter chinesischer 
Tierärzte, die Seuchen zu bekämpfen, so bleibt doch stets zu 
bedenken, daß China ein 400 Millionenreich ist, in welchem die 
einzelnen Provinzen gegen die Einfuhr von Vieh aus Nachbar¬ 
provinzen sich nicht schützen könnten und vielleicht auch nicht 
wollten. 

Das einzig Unangenehme beim Transportieren von Vieh 
aus einem Verwaltungsbezirk in den andern sind die an jeder 
Grenze erhobenen örl fenli tsien, das heißt eine Abgabe von 
2 Proz. des Wertbetrages der Tiere an die Behörde. Würde 
man, um den Verkehr zu erschweren, was wohl im Interesse 
der Seuchenbekämpfung, nicht im Interesse des Handels und 
Wandels läge, diese Steuerabgabe erhöhen, so entständen so viele 
Unannehmlichkeiten und Reibereien, es würde eine solche Menge 
neuer Wege des Squeezes aufgetan, daß man sagen könnte, man 
habe den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben. Also dieser Weg 
der Isolierung eines einzelnen Landesteils geht nicht. Grenz¬ 
kontrollen an den großen Straßen und Wasserläufen einzurichten, 
geht aus demselben Grunde ebensowenig, selbst, wenn man ein 
geschultes, auf die Erkennung der Hauptseuche, der Rinderpest, 
speziell gedrilltes Menschen material hätte. Außerdem ist der 
Chinese heute noch nicht so weit, daß man ein mit etwaigen 
Geldopfern und Unannehmlichkeiten, wie z. B. Ausgaben für 
Desinfektion, Beseitigen der Tiere ohne Entschädigung, gepaartes 
Verständnis von Epidemien von ihm verlangen könnte. Aber 
ihn belehren, ihn allmählich durch erfolgreiches, teilweises Be¬ 
kämpfen der Seuchen zur Überzeugung der Nützlichkeit und 
Vorteilhaftigkeit dieser Bestrebungen bringen, ihn so weit 
führen, daß er auf dem einmal eingeschlagenen Wege freudig 
nach vorne drängt und selbst sucht und hilft und zu einer 
solchen Selbstlosigkeit erzogen wird, daß er auch Hindernisse 
auf diesem nicht immer ebenen Wege nicht scheut, das würde 
den Anfang einer Ära bedeuten, die den Wohlstand des 
Landes herbeiführen würde. Das wäre eine Werk, welches in 
der Geschichte des chinesischen Reiches unvergessen weiterleben 
würde, 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 




Literatur: 



Yuan hang lianma dsi. 




Liu an tschou Yü pen 
yuan Yü pen hang 
pien ting. 




Fu niu tuo tsehing. 


„Eine Zusammenstellung der Heilungsarten der Pferdekrankheiten 
mit Einschluß der Erkrankungen des Rindviehes und der Kamele, 
von den Gebrüdern Yü pen yuan und Yü pen hang aus Liu an 
tschou“. 

Gerlach, Die Rinderpest. 

Friedberger-Fröhner, Pathologie Therapie. 

Kolle-Wassermann, Handbuch der pathogenen Mikro¬ 
organismen. 

Brestowski, Handwörterbuch Pharmazie. 

P. Couvreur, 8. J. Dictionarium sinicum et latinum. 


Referate. 

Einige Betrachtungen über die Windkolik beim Pferd. 

Von Prof. Hendrickx. 

(Anaale* de Bruxelles, Oktober 1907.) 

Alle Kliniker sind sich darüber einig, daß in den meisten 
Fällen von Kolik beim Pferd und besonders von Windkolik eine 
sichere Ätiologie sehr schwer zu finden ist. Als eine Haupt¬ 
ursache der letzteren sieht man den Mangel der KontraktiUtät 
des Darmes an, ein Umstand, den der Verfasser nicht als die 
Ursache, sondern als die Folge der im Darme stattfindenden 
abnormen Gärungen auffaßt. Er ‘ist der Ansicht, daß die 
Darmlähmung nur die Folge der Überdehnung der Darm¬ 
wandungen ist, die sich unter dem Einfluß der überaus schnellen 
Gasansammlung einstellt; denn w'äre dem nicht so, warum sollte 
Sich dann der krankhafte Zustand sofort nach der Punktion des 
Darmes meistens heben? 

Die Art des Futters steht nach Ansicht des Verfassers mit 
dem Auftreten der Windkolik in sehr geringer Beziehung, weil 
sie bei jeder Fütterungsart, sei es Hafer-, Gersten-, Mais- oder 
Grünfütterung auftritt, dagegen ist die Qualität des Futters 
von großem Einfluß, und sind es die Verschimmelungen des 
letzteren, welche die Hauptrolle dabei spielen dürften. Er hat 
in einem Stalle acht Todesfälle infolge von Maisfütterung be¬ 
obachtet, und hat die Untersuchung der Maiskörner ergeben, 
daß schwarze von Schimmelpilzen gebildete Flecken um den 
Embryo herumsaßen. Es muß daher angenommen werden, daß 
durch die Einwirkung dieser niederen Organismen die Ver¬ 
dauungsarbeit plötzlich modifiziert wird, so daß sich außer den 
normalen Gasen eine große Menge solcher bilden, die sich unter 
physiologischen Bedingungen nur in geringen Proportionen vor¬ 
finden. Diese Gase sind Schwefelwasserstoff und die Kohlen¬ 
wasserstoffe, die sich bei ihrer Bildung vorzugsweise im Dick¬ 
darm ansammeln. 

Das mit Windkolik behaftete Pferd geht entweder innerhalb 
12 Stunden zugrunde oder es kann auch in dieser Zeit ge¬ 
nesen, dann, wenn den abnormen Gärungen Einhalt geboten und 
den schon gebildeten Gasen durch den After oder mittelst der 
Punktion ein Ausgang verschafft wird. 

Der Tod kann mehreren Ursachen zugeschrieben werden. 
Eine Menge dieser Gase wird von der Darmschleimhaut absorbiert 


und von da dem Blute zugeführt, wo sie eine Blutvergiftung 
hervorrufen. 

Andererseits wird durch die übermäßige Ausdehnung des 
Darmes das Zwerchfell nach vorne gedrückt und immobilisiert; 
dadurch wird die Lungenatmung stark beeinträchtigt und der 
Gasaustausch darin gehindert, was eine Überfüllung des Blutes 
mit Kohlensäure zur Folge hat. Manchmal tritt der Tod infolge 
Ruptur der überdehnten Darmwandungen ein, die auch durch 
das plötzliche Hinfallen der Pferde bei den großen Schmerzen 
begünstigt wird. 

In Anbetracht des sehr schnellen Verlaufs der Krankheit 
muß mit der Behandlung energisch und möglichst früh eingesetzt 
werden. Vor allem muß gesucht werden, die Blutvergiftung zu 
verhindern, was am besten durch die Punktion des Blinddarms 
erreicht wird. Dazu benutzt man einen Trokar von ganz 
geringem Durchmesser, der wohl den Gasen das Ausströmen 
gestattet, aber nach dem Herausnehmen, dadurch, daß sich die 
Stiebränder gleich schließen, faßt gar keine Wunde zurückläßt. 
Wird der Einstich im Mittelpunkt des Dreiecks, das durch die 
QuerfortBätze des Lendenwirbel, durch die letzte Rippe und den 
oberen Rand des schiefen Bauchmuskels gebildet wird, schief 
nach unten und außen, um einer Nierenverletzung vorzubeugen, 
gemacht, so ist man sicher, daß kein übler Zufall eintreten 
wird. Der alarmierende Zustand des Pferdes bessert sich sofort 
und der Praktiker hat nur noch eine passende Medikation an¬ 
zuordnen. Die Darmkontraktionen regt er durch eine subkutane 
Eserininjektion und durch reichliche Infusionen von kaltem 
Wasser in den Mastdarm an. Der Verfasser gibt darauf 
während drei Stunden halbstündlich 2 g Kalomel, das durch 
seine antiseptische Wirkung die Gärung im Darm auf hält oder 
verringert und durch seine Purgative einen Teil der gärungs¬ 
fähigen Substanzen hinausbefördert. 

Der Blinddarmpunktion wird vorgeworfen, daß sie eine 
Peritonitis hervorrufen könne. Mit Anwendung eines kleinen 
Trokars kann diese vermieden werden, und überwiegen die 
Vorteile der Punktion die etwa sich einstellenden Nachteile. 
Trotzdem an einer aseptischen Stelle mit einem sterilisierten 
Trokar operiert wird, so kann sich dennoch eine Infektion ein¬ 
stellen, dadurch, daß sich die Kanüle beim Einstechen in den 
Darminhalt beschmutzt und beim Herausziehen in dem subkutanen 
Bindegewebe der Flanke Keime ablagert. Dieser Umstand ist 
aber nicht gefährlich, denn durch einen kleinen Einschnitt kann 
man den Abfluß des pathologischen Produkts gewährleisten. 

Zum Schluß gibt der Verfasser den Rat, nie zu zaudern, 
die Punktion des Blinddarms zu machen, weil durch diese fast 
ungefährliche Operation eine große Anzahl von an Windkolik 
leidender Pferde gerettet werden. Helfer. 

Drei operierte Fälle Ton Dünndarmeinschnürung im 
For&men Winslowii beim Pferd. 

Von G. Forssell, Adjunkt an der tierärztlichen Hochschule 
zu Stockholm. 

(Zeitschrift fUr Tiermedizin. 12. Band, 1. Heft.) 

Der Verfasser berichtet eingehend über die operative Be¬ 
handlung von Dünndarmeinschnürung im Foramen Winslowii beim 
Pferd. Von den drei operierten Fällen endeten zwei tödlich. 
In keinem Falle war eine Spezialdiagnose gestellt worden, 
sondern es lag nur der Verdacht auf Darmeinschnürung vor. 
Forssell empfiehlt statt der Chloroformnarkose 120 g Chloral- 
hydrat per os zu geben. Der etwa 15 cm lange Sohnitt ist in 




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BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


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die rechte Flankengegend, 5 cm hinter den Rippenbogen, zu 
legen, weil die meisten Einschnürungen usw. am Ileum Vor¬ 
kommen und weil dieser Darmteil am besten von der rechten 
Seite zugänglich ist. Da das Foramen Winslowii auf der rechten 
Seite dicht unter dem Rücken unmittelbar hinter dem oberen 
rechten Leberlappen liegt, so muß man mit der rechten Hand 
an der Innenseite der Bauchwand etwas nach dem Rücken zu 
gehen, bis man an den erwähnten Leberlappen kommt. Dicht 
hinter demselben ist das Foramen Winslowii. Seine obere 
Grenze bildet die Vena cava, seine untere die Vena portae. 
Die hintere Begrenzung besteht aus Bindegewebe. In dem mit 
Erfolg operierten Falle war eine Dünndarmschlinge von zirka 
20 cm Länge eingeschnürt. Forssell schildert nun die Lösung 
der Einschnürung wie folgt: „Der Darm ragt in einem kleinen 
Bogen, über den man leicht mit der Hand streichen konnte, 
aus der Öffnung hervor. Nun wurde der Arm zurückgezogen 
und dann ein Stück nach unten und vorn längs der Bauchwand 
und dann quer durch die Bauchhöhle geführt, um die Eingangs¬ 
öffnung der Bruchpforte aufzusuchen und den Darm heraus¬ 
zuziehen. Die Eingangsöffnung liegt rechts vom oberen hinteren 
Teil des Magens und ist mit den beiden darin einlaufenden 
Darmteilen als Anhaltspunkt sehr leicht zu finden. Es ist not¬ 
wendig, den Arm wie oben beschrieben einzuführen, da man 
sonst nicht vorwärts kommt. Nun wird die Hand oberhalb der 
Colonlagen und vor der vorderen Gekröswurzel geführt. Die 
Dünndärme, die gegen den Arm zu liegen kommen, schiebt man 
leicht zur Seite. — In diesem Falle ging das Herausziehen des 
eingeschnürten Darmes ohne Schwierigkeiten vonstatten. Die 
ganze Manipulation in der Bauchhöhle dauerte kaum drei Minuten. 
»Ist ’ die Bruchpforte * dagegen ■ eng* so kann * sieh die -Erweiterung : 
derselben notwendig erweisen. Die Öffnung wird dann nach 
hinten gesprengt, wenn dies ohne Gefahr geschehen kann. 
Sprengt man nach vorn, so kann, wie Fall I lehrt, dort eine 
Ruptur an der Vena portae eintreten. 

Forssell schildert eingehend die Vorbereitung des Operations¬ 
gebietes und des Armes des Operateurs, denn von der Asepsis 
des Verfahrens hängt wesentlich der Erfolg ab. Rdr. 

Aas der medizinischen Literatur. 

Zentralblatt für Bakteriologie ustr. 1. Abt. Originale. Bd. 46 , Heft 7, 
S. 595. 

Experimentelle Leukämie bei Hühnern (Aus dem bakterio¬ 
logischen Laboratorium der Königl. Tierärztlichen Hochschule 
und dem Königl. Fredericks-Hospital in Kopenhagen.); von 
V. Ellermann und 0. Bang. Die Leukämie ist zuerst von 
Virchow als selbständige Krankheit erkannt und sodann nament¬ 
lich von Ehrlich in klinischer und pathologisch-anatomischer 
Hinsicht erforscht worden. EHermann unterscheidet zwei 
Arten von Leukozyten; die grahulierten polymorphkernigen Leuko¬ 
zyten und die ungranUlierten Lymphozoyten. Je nach dem 
Vorherrschen der einen oder der anderen Art spricht man von 
gemischtzelliger oder lymphatischer Leukämie. Neben der Blut¬ 
veränderung kennzeichnet sich die Leukämie durch Hyperplasie 
der blutbildenden Organe. Außer beim Menschen ist Leukämie 
bei mehreren Säugetieren (Pferd, Schwein, Hund usw.) nach¬ 
gewiesen. Bei Hühnern kommt, wenn auch selten, eine typische 
spontane Leukämie vor. Zur Erforschung der noch unbekannten 
Ursache der Leukämie haben die Verfasser geglaubt, daß das 
Tierexperiment, namentlich die Impfung auf Tiere derselben 


Art, wichtige Aufschlüsse geben könne. Als Versuchstiere 
dienten gesunde Hühner, denen Emulsionen von Leber-, Milz- 
und Knochenmarkstückchen von an spontaner Leukämie erkrankt 
gewesenen Hühnern mit 0,9 proz. Kochsalzlösung zerrieben 
intravenös eingespritzt wurden. Hierdurch konnte experimentelle 
Leukämie hervorgerufen werden, di$ klinisch und anatomisch 
mit der spontanen übereinstimmend folgende Erscheinungen 
zeigte: I. Leukozytenproliferation in den Kapillaren, namentlich 
des Knochenmarks und der Leber; dieser wesentlich intra¬ 
vaskuläre Prozeß i&t als der Kernpunkt der Krankheit auf¬ 
zufassen. 2. Anämie, und zwar sowohl Herabsetzung der 
Erythrozytenzahl wie des Hämoglobinwertes. 3. Leukämische 
Blutveränderung, die als sekundäre mehr durch zufällige Um¬ 
stände hervorgerufene Erscheinung aufzufassen ist. 4. Zell¬ 
infiltrate, die aber im Gegensatz zur spontanen Leukämie bei 
der experimentellen sehr wenig ausgeprägt sind oder ganz 
fehlen. 

Die Pseudoleukämie der Hühner, die dieselben Veränderungen 
in Leber, Milz und Knochenmark erkennen läßt wie die echte 
Leukämie, sich von ihr aber durch das Fehlen der leukämischen 
Blutveränderung unterscheidet, scheint ätiologisch mit ihr identisch 
zu sein. Denn durch Verimpfung von pseudoleukämischen Or¬ 
ganen konnten die typischen Veränderungen der Leukämie bei 
gesunden Hühnern hervorgerufen werden. Auch die multiple 
Sarkomatose des Peritoneums, die zuweilen epidemisch vorkommt, 
gibt ein in den Kreis der Leukämie gehörendes Krankheitsbild. 

Bezüglich der Ätiologie konnten Bakterien und Spirochäten 
ausgeschlossen werden. Es scheint sich nach den Versuchen 
um ein organisiertes Gift zu handeln, ohne daß jedoch eine 
Trailßplantion von Zellen, ähnlich wie beim Krebs, möglich ist. 
Es gelang vielmehr, die Krankheit auch durch zellfreies Filtrat 
zu übertragen. 

Da das Wort Leukämie nur das Symptom einer Krankheit 
bezeichnet, und da es Fälle von Leukämie ohne Blutveränderung 
gibt, schlagen die Verfasser den Namen „Leucosis“ für die in 
Rede stehende Krankheit vor und wollen den Prozeß durch 
Hinzufügung von „leukämica“ oder „aleucämica“ näher definieren. 
Die Benennung „Leukämie“ dagegen soll der leukämischen Blut- 
Veränderung Vorbehalten bleiben. 

Dieselbe Zeitschrift. S. 609. 

Untersuchungen über Epithelioma contagiosum der Vögel (Aus 

dem Institut Pasteur in Paris, Laboratorium des Herrn 
Dr. Borrel.); von Dr. B. Lipschütz aus Wien. Bereits im 
Dezember 1904 hat Borrel einen für das Epithelioma contagiosum 
der Vögel (Vogelpocke) typischen mikroskopischen Befund mit¬ 
geteilt. Später hat Burnet unter Bor reis Leitung weitere 
Untersuchungen ausgeführt, die zur Kenntnis über das Wesen 
der Krankheit viel beitrugen. Die vorliegenden Untersuchungen 
beziehen sich nur auf das experimentelle Epithelioma contagiosum 
der Vögel, da der Verfasser keine Gelegenheit hatte, die natür¬ 
liche Infektion dieser Tiere zu studieren. Zur Impfung der ver¬ 
wendeten Tauben und Hühner wurde das in Form von Krusten 
oder kleinen Hautstückchen aufbewahrte Virus mit etwas 
sterilem Wasser verrieben und, nach Ausrupfen der Federn auf 
beiden Teilen des Thorax, mit dem Platinspatel eingerieben. 
Als Ergebnis der Untersuchungen wird zusammenfassend fol¬ 
gendes behauptet: 1. Das Virus dringt beim Molluscum con¬ 
tagiosum des Menschen, dem Trachom, dem Epithelioma con- 





No. 25. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


450 


tagiosum der Vögel, wahrscheinlich auch bei Lyssa und Hühner¬ 
pest (von zahlreichen anderen hierher gehörigen Affektionen 
wird vorläufig abgesehen) in das Protoplasma von Zellen be¬ 
stimmter Gewebe ein; 2. durch den Reiz der intrazellulären 
Parasiten werden degenerative Veränderungen von seiten 
des Protoplasmas oder des Kernes oder beider ausgelöst, 
die das Auftreten der „Einschlüsse“ zur Folge haben; 
3. während für Lyssa und Hühnerpest das Virus noch nicht 
morphologisch bekannt ist, ist in den von Borrel, dem Ver¬ 
fasser, Halberstädter und von v. Prowazek beschriebenen 
kleinsten Elementen der Träger des Virus des Epithelioma 
contagiosum der Vögel, des Molluscum contagiosum des Menschen 
und des Trachoms anzusehen, für welche Auffassung die unge¬ 
heure Menge der kleinen Körperchen, die gleiche Größe, das 
typische Verhalten zu Farbstoffen, das Vorhandensein von als 
„Teilungsformen“ zu deutenden Gebilden, ihr Nachweis im 
nativen Präparat sowie der Mangel irgendeines anderen Befundes 
und endlich das absolut konstante Vorkommen hngeführt werden 
können; 4. die intrazellulären Virusarten durchsetzen das ge¬ 
samte pathologische Gewebe, die „Einschlüsse“ bleiben auf 
einzelne Zellen oder umschriebene Gebiete beschränkt. 

Beigefügt sind noch Angaben über den Einfluß einiger 
Substanzen auf das Virus der Vogelpocke (Atoxyl, Saponin¬ 
lösung, ‘taurocholBaures Natrium), ferner über Kulturversuche 
und über Immunisierung gegen das Virus der Vogelpocke. 

Dieselbe Zeitschrift S. 639. 

Über Komplementbindung bei Immunisierung mit Corpus luteum 

(Ajis dem Königl. Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, 
Direktor Professor Dr. Gaffky, Abteilungsvorsteher Professor 
Dr. Wassermann); von Dr. John Willoughby Miller. — 
Verfasser stellte sich die Aufgabe zu ermitteln, ob die gelben 
Körper verschiedener Tiere eine im biologischen Sinne einheitliche 
Substanz darstellen, etwa so, wie es nach den Untersuchungen 
von Uhlenhuth bei der Linse der Fall ist, und ob es möglich 
ist, ohne Rücksicht auf die Herkunft der Corpora lutea von 
dieser oder jener Tierart, also mit Durchbrechung des Gesetzes 
von der Artspezifität, einheitliche organspezifische Reaktionen 
auszulösen. Das Resultat der Versuche ist in folgenden Sätzen 
zusammengefaßt: 1. Das nach Immunisierung mit Corpus luteum- 
Substanz gewonnene Serum hemmt die Hämolyse a) in Ver¬ 
bindung mit dem homologen Luteinextrakt, b) mit den Extrakten 
anderer Organe derselben Tierart. 2. Es hemmt nicht in Ver¬ 
bindung mit dem Serum der gleichen Tierspezies. 3. Es hemmt 
nicht a) in Verbindung mit dem Luteinextrakt einer anderen 
Tiergattung, b) mit den Extrakten fremder Organe. W. 


Tagesgeschichte. 

Schweizer und deutscher Dr. med. vet. 

Nachdem der Sturm der Empörung ob meines „Notschreies“ 
ins Land gerauscht, und die Wogen der Erregung sich hoffent¬ 
lich geglättet haben, sei es mir verstattet, einmal zu den Gegen¬ 
artikeln kurz Stellung zu nehmen. Da dieselben im wesentlichen, 
abgesehen von einigen persönlichen Vorstößen und Spitzen, mit 
denselben Argumenten fechten, mag es genügen den zuerst er¬ 
schienenen des Herrn Kollegen Gebhardt zur Gegenüber¬ 
stellung heranzuziehen. Über seinen einleitenden geschmackvollen 


Vergleich, ein Gebiet in das ich ihm nicht zu folgen vermag, 
hinweg will ich gleich medias in res gehen. Zunächst muß ich 
es entschieden als Unterstellung zurückweisen, wenn Herr G. 
es als meine Absicht bezeichnet, eine Spaltung oder Teilung 
der Tierärzte in zwei Klassen zu bezwecken. Das heißt ein¬ 
mal die Bedeutung der Doktorwürde absolut verkennen, und 
andrerseits einen unlöslichen Zusammenhang zwischen Dr. und 
Tierarzt konstruieren. Niemals hat die Doktorwürde ein Beleg 
und eine äußere Bekundung einer besonders guten Fachbildung, 
einer besseren gegenüber den Nichtdoktoren desselben Faches, 
sein sollen und wollen, wie wäre es sonst möglich gewesen, daß 
bis vor gar nicht so langer Zeit z. B. der Dr. med. von Nicht- 
Humanmedizinern ohne Staatsexamen hat erworben werden 
können. Nein, fast unabhängig von der betreffenden Disziplin 
ist sie ein jahrhundertaltes Dekorum geprägt und geschützt 
einen äußerlich erkennbaren Unterschied zu konstruieren, zwischen 
dem im Besitze einer gewissen akademischen Bildung befindlichen 
und dem Nichtakademiker. Und da sollten die Träger des 
deutschen Dr. med. vet. für sich den Ruhm einer besseren 
Fachbildung einer Superiorität gegenüber den Nichtpromo vierten 
in Anspruch nehmen wollen und daraus größere Rechte in der 
Erlangung amtlicher Stellen herleiten, das wäre ja heller Wahn¬ 
sinn, und nur ein ganz in seinen Vorurteilen verrannter Kopf 
kann das aus meinen Zeilen herausgelesen haben. 

Degradierung der Doktorwürde in ipsissimo und des Tier¬ 
arztes an und für sich, das sind Begriffe, die Herr Kollege 
Gebhardt nach Belieben in meinen Zeilen identifiziert und 
vertauscht. Aber nun gesetzt den Fall, Herr Kollege Gebhardt, 
Sie behielten mit Ihrem Kassandrarufe recht, aus dem von mir 
als wünschenswert Bezeichneten würde die Spaltung der Tier¬ 
ärzte in zwei Klassen resultieren, würde dasselbe ausbleiben, 
wenn die Regierung den Schweizer Dr. als vollwertig er¬ 
achtete, würden sich da nicht dann auch zwei Klassen von 
Tierärzten gegenüberstehen ? Hier die Promovierten — dort die 
bar sind dieses Schmucks, denn daß alsdann alle Tierärzte von 
der gebotenen Möglichkeit Gebrauch machen würden, das zu 
glauben, hieße den Optimismus auf das Absurde zu steigern, 
und dazu ist die Selbstachtung und Selbsteinschätzung der Werte 
doch Gott sei Dank bei unsern Tierärzten noch groß genug. 
Ist es denn nicht eine ungerechtfertigte Bevorzugung, die die 
Herren Schweizer Promotionskandidaten verlangen. Die deutschen 
DDr. med. vet. haben teils zwei Jahre länger „die Klassiker 
gelesen“, teils mit eiserner, achtungerzwingender Energie aus 
der Praxis heraus ihr Maturum errungen, die deutschen und 
Schweizer DDr. phil. haben nach Vollendung ihrer Fachstudien 
sich in ein oft viele Semester langes Studium der Philosophie 
versenken müssen, haben auf Grund einer oft ganz weit vom 
Fache liegenden wissenschaftlich bedeutenden Leistung, mit 
hohen pekuniären Opfern ihr Ziel erkämpft, und das wollen Sie 
ohne Universitätsstudium bei einem bei weitem geringeren Auf¬ 
wand an Zeit und Mühe' erreichen? unbeschadet des Wertes 
Ihrer Leistungen, den ich gar nicht bestreiten will und kann. 
— Doch das sind Gründe, die dem Kernpunkte der Sache fern 
liegen. 

Ja, wenn ab und zu Kollegen in der Schweiz zum 
Dr. med. vet. promovieren würden, sie könnten es ohne Rück¬ 
wirkung auf die Bewertung des Dr., sie würden aufgehen in 
der Menge der deutschen DDr. Aber das, was mit logischer 
Konsequenz stets eintritt, wenn die Bedingungen für irgendeine 



18. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


451 


Laufbahn verschärft werden, das wird auch bei der Schweizer 
Promotion, so fürchte ich, erfolgen. Sollte sich die Aufrichtung 
des Maturums in der Ferne als Schranke zeigen, dann wird vor 
Toresschluß noch ein bedeutender Zudrang von Kandidaten, 
damit eine, wenn ich mich so ausdrncken darf, Massenpromotion 
eintreten, und diese eben zur relativen Entwertung die Hand¬ 
habe bieten. 

Wünschen und hoffen will ich übrigens im Interesse unseres 
Standes, daß die kommenden Ereignisse mich des schwärzesten 
Pessimismus zeihen könnten, qui vivra, verra! 

Damit ist die Debatte über diesen Punkt meinerseits ge¬ 
schlossen. Dr. Jo na 8, Gelsenkirchen. 

Entgegnung. 

Herr Kunibert Müller hat bereits in der Deutschen 
Schlacht- und Viehhofzeitung energisch Protest gegen ein vor nun¬ 
mehr drei Jahren in derselben Zeitschrift über seinen in der B.T. W. 
erschienenen Artikel „Finnenschnitte und Finnenfunde“ 
von mir erstattetes Referat eingelegt. Ich erwidere auch an 
dieser Stelle, daß ich von meiner damaligen Zurückweisung der 
Behauptung, daß an verschiedenen Schlachthöfen in laxer Weise 
auf Rinderfinnen untersucht werde, nichts zurückzunehmen 
habe. Eine Antwort auf die wenig artige Äußerung, daß ich 
selbst keine „ergiebigen Schnitte“ kennen soll, wird Herr 
Kunibert Müller von mir im Ernst nicht erwarten; jedenfalls 
werde ich es ihm auch in Zukunft gern überlassen, die Er¬ 
giebigkeit der Kaumuskelschnitte mit dem Maßstab 
nachzuprüfen. 

Duisburg, den 12. Juni 1908. 

Dr. Heine, 

Direktor des städtischen Schlacht- 
und Viehhofes. 

Staatliche Tierärzte in Hamburg. 

In Nr. 24 B. T. W., S. 436, befindet sich eine Notiz betreffs 
des Verzeichnisses der Beamten des höheren Verwaltungs¬ 
dienstes. Es wird dort mitgeteilt, daß in das Verzeichnis der 
Stadttierarzt und die Obertierärzte neu aufgenommen seien. 
Um einer immerhin möglichen irrtümlichen Auslegung dieser 
Mitteilung vorzubeugen, sei noch hinzugefügt, daß es sich um 
neu geschaffene, in dem Verzeichnis erstmalig erscheinende 
Stellen handelt. Im übrigen gehören in Hamburg sämtliche 
staatlich angestellten Tierärzte zu den höheren technischen Be¬ 
amten. 

Die 64. ordentliche Mitgliederversammlung des Tier¬ 
ärztlichen Landes Vereins in Württemberg 

fand am Samstag, den 4. April d. J., vormittags 10'/ 3 Uhr, im Vor¬ 
tragssaal des Landesgewerbemuseums zu Stuttgart unter dem Vor¬ 
sitz des Stadtdirektions- und I. Stadttierarztes Veterinärrat Kösler- 
Stuttgart statt. Als Vertreter des Kgl. Ministeriums des Innern 
und des Kgl. Medizinalkollegiums war Herr Oberregierungsrat 
Beißwänger anwesend, der die Versammlung im Auftrag des zu 
seinem Bedauern dienstlich abgehaltenen Vorstandes der letzteren 
Behörde, des Präsidenten von Nestle, begrüßte. Unter den zahl¬ 
reich erschienenen Mitgliedern befanden sich auch die Ehren¬ 
vorstände des Vereins, Herr Direktor Dr. von Sußdorf und Herr 
Veterinärrat Ostertag-Gmünd und das Ehrenmitglied Herr Professor 
Dr. med. Klunzingcr. 

Entschuldigungsschreiben waren eingelaufen von den Ehren¬ 
mitgliedern: Herren Geh. Reg.- und Med.-Rat Prof. Dr. Dammann- 
Hannover, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Roeckl-Berlin, Geh. Med.-Rat 
Prof Dr. Esser-Göttiugen, Prof. Dr. Sch mal tz-Berlin, Prof. Dr. 


Martin-Gießen, Tierarzt Schmidt-Kolding, und den Mitgliedern: 
Herren Prof. Dr. Z w i c k - Stuttgart, Tierarzt Um gelter-Schotten. 

I. Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden. 

Die Zahl der Ehrenmitglieder ist dieselbe geblieben wie im 
Vorjahr (20), die der Mitglieder hat um 10 zugenommen (167). Der 
Vorsitzende hieß die neu Eingetretenen herzlich willkommen und 
forderte sie auf, eifrig an den Bestrebungen des Vereins teil¬ 
zunehmen, da nur durch die Arbeit aller Tierärzte und festes Zu¬ 
sammenhalten unsere gemeinsame Sache einer glücklichen Zukunft 
entgegengeführt werden könne. 

Aus dem Bericht über die Tätigkeit des Vorstandes 
im verflossenen Geschäftsjahr 1907/08 ist hervorzuheben, daß im 
ganzen vier Ausschußsitzungen abgehalten wurden, denen jedesmal 
ein Vertreter des Königl. Ministeriums des Innern, nämlich an drei 
Sitzungen Herr Oberregierungsrat Beißw r änger, an einer Sitzung 
Herr Prof. Dr. U e b e 1 e - Stuttgart beiwohnte. Als wichtige Be¬ 
ratungsgegenstände in diesen Ausschußsitzungen seien genannt: 

A. Aus der Ausschußsitzung vom 4. August 1907. 

1. Der Entwurf eines Reichsapothekengesetzes. Auf 
Grund der Beratungen des Ausschusses wurde vom Vorstand am 
20. August 1907 eine Äußerung über den vorliegenden Entwrurf an 
das Königl. Medizinalkollegium dahin abgegeben, daß 

a) bei der Errichtung von Apotheken in einem Bezirk auch 
der beamtete Tierarzt gutachtlich gehört werden sollte; 

b) die Notapotheken der Tierärzte denen der Ärzte gleich¬ 
gestellt und nicht zu den Hausapotheken (§ 17) gerechnet 
werden sollten; 

c) wegen der in Württemberg (Ministerialerlaß vom 9. Sep¬ 
tember 1896) den Apothekern erlaubten Repetition tierärzt¬ 
licher Rezepte und der damit verbundenen Gefahr bzw. Übung 
mancher Apotheker, die betreffenden Rezepte auch anderen 
Tierbesitzern anzufertigen und mit den Ordinationen der 
Tierärzte die Selbstbehandlung der Tiere zu betreiben, in 
den auf Grund des § 26, Ziffer 3 des Entwurfs zu er¬ 
lassenden Bundesratsvorschriften den Apothekern die Ab¬ 
gabe stark wirkender Tierarzneimittel ohne Or¬ 
dination, die Wiederholung tierärztlicher Rezepte, 
sowie die Behandlung kranker Tiere verboten werde; 

d) dem Ausschuß Gelegenheit gegeben werden möge, sich auch 
zu den im Anschluß an das Reichsapothekengesetz zu er¬ 
lassenden Vorschriften des Bundesrats und der Landes¬ 
regierung seinerzeit äußern zu dürfen. 

2. Gesundheitszeugnisse für Kindertransporte. Auf 
das Ersuchen des Königl. Ministeriums des Innern vom 12. Juli 1907 
um eine Äußerung über die Wiedereinführung der Gesundheits¬ 
zeugnisse für nandelsvieh unter Anlage einer Äußerung des Königl. 
Medizinalkollegiums, tierärztliche Abteilung, vom 22/27. Juni 1907 
hat der Vorstand auf Grund der Beratung im Ausschuß am 
12. August 1907 seine Äußerung dahin abgegeben, daß 

„der Ausschuß des Tierärztlichen Landesvereins hinsichtlich 
des Werts der Gesundheitszeugnisse im allgemeinen und hin¬ 
sichtlich des Nutzens derselben im speziellen neben den 
veterinärpolizeilichen Anordnungen im Sinne der Ministerial¬ 
erlasse vom 16. Juli 1906 und 25. Juli 1907 den Ausführungen 
des Königl. Medizinalkollegiums vom 22./27. Juni 1907, Ziffer I 
nur zustimmen kann. Auch der Tierärztliche Landesverein 
ist der Ansicht, daß der Gesundheitszeugniszwang in der 
Bekämpfung der Manl- und Klauenseuche ein Hilfsmittel dar¬ 
stellt, das der höchsten Beachtung wert ist.* 

Anläßlich der letzten Seucheninvasion in Bayern und Württem¬ 
berg wird durch die Ministerialverftigung vom 9. Januar 1908 für 
die aus den bayrischen Kreisen Schwaben, Ober- und Niederbayern 
nach Württemberg eingeführten Wiederkäuer und Schweine das 
Beibringen von Gesundheitszeugnissen verlangt. 

3. Entwurf einer Gebührenordnung für die w'flrttem- 
bergischen Tierärzte. Dieser Entwurf war auch Gegenstand 
eingehender Beratung anläßlich der 63. ordentlichen Mitglieder¬ 
versammlung am 8. September 1907. Der Vorstand hat die da¬ 
maligen Beschlüsse in Form begründeter Anträge dem Königlichen 
Ministerium des Innern übergeben. Über den derzeitigen Stand der 
Angelegenheit ist hier nichts Näheres bekannt. 








452 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


B. Ausschußsitzung am 8. September 1907. 

1. Um unsere Eingabe an das Königl. Ministerium des Innern 
vom 3. September 1904 betreffend die Beschlüsse der 58. ordent¬ 
lichen Mitgliederversammlung zur Neuregelung dor Gehalts-, 
Pensions-, Rang- und Tax Verhältnisse der württembergischen 
Tierärzte weiter zu verfolgen, hat die zu diesem Zweck gewählte 
besondere Deputation wiederholt Veranlassung genommen, dem 
Herrn Minister des Innern, dem Herrn Ministerialreferenten und beim 
Königl. Medizinalkollegium unsere Wünsche eingehend vorzutragen 
und um deren baldige Verwirklichung ehrerbietigst zu bitten. Weiter 
hat man es sich angelegen sein lassen, einer Reihe von Landtags¬ 
abgeordneten einen Einblick in unsere Verhältnisse zu geben, wo¬ 
bei zu konstatieren war, daß die Herren Abgeordneten im all¬ 
gemeinen unsere Wünsche als durchaus berechtigt anerkannten und 
ihre wohlwollende Unterstützung zusagten. In Anbetracht der Ge¬ 
haltsregulierung der bayrischen, sächsischen und badischen Bezirks¬ 
tierärzte mit weit höheren Gehaltssätzen, als w'ir sie beantragten, 
wurde die Frage erwogen, ob nicht der Landesverein mit einer 
Eingabe auch an die Kammer der Abgeordneten herantreten sollte. 

2. Der Entwurf eines Erlasses des Ministeriums des 
Innern betreffend die Jahresberichte der Oberamts¬ 
tierärzte ist vom Königl. Medizinalkollegium dem Ausschuß zur 
Begutachtung übergeben worden. Der Ausschuß stimmte dem Ent¬ 
wurf zu und brachte in seiner Äußerung vom 10. Oktober 1907 
noch besonders zum Ausdruck, daß er Wert darauf lege, daß in 
der Abteilung III, Gesundheitsverhältnisse der Haustiere, die Ober¬ 
amtstierärzte nicht bloß über die Gesundheitsverhältnisse der Haus¬ 
tiere, sondern über alle Fragen der Tierzucht und Tierpflege sich 
aussprechen dürfen, da sonst die Oberamtstierärzte nicht wohl Ge¬ 
legenheit haben, in amtlicher Form ihre diesbezügliche Tätigkeit 
darzulcgen und ihre Erfahrungen und Wünsche zum Ausdruck zu 
bringen; auch glauben sie, daß die Fragen der Tierzucht und Tier¬ 
pflege von der Gesundheitspflege nicht getrennt werden können. 
Mit dieser Bitte wollte der Ausschuß aber auch zu gleicher Zeit 
unzweideutig zum Ausdruck bringen, w r elch großen Wert die 
Tierärzte auf die praktische Arbeit in der Tierzucht 
und Tierpflege legen und im Interesse ihrer praktischen 
Tätigkeit und des Ansehens des tierärztlichen Standes 
legen müssen. 

3. Auf Grund der Beschlüsse der Herbstversammlung des Tier¬ 
ärztlichen Landesvereins am Sonntag, den 8. September 1907 hat 
der Vorstand 

a) in Sachen der Laiengeburtshilfe bei den Haustieren 
ausführliche Eingaben an das Königl. Ministerium des Kirchen- 
und Schulwesens sow ie an das Königl. Ministerium des Innern 
abgehen lassen; 

bi in Steuerangelegenheiten ein Gesuch um Gleichbehandlung 
mit den Ärzten dem Königl. Ministerium des Innern vor¬ 
gelegt; 

. c) der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift in 
Hannover als zwangsweise zu haltendes Vereinsorgan ge¬ 
kündigt und beim Königl. Ministerium des Innern die Ab¬ 
änderung der § 3 und 13 der Satzungen beantragt, 
worauf am 15. Februar 1908 die staatliche Anerkennung durch 
das Königl. Ministerium des Innern erfolgte. 

C. Ausschußsitzung am 12. Januar 1908. 

Außer den beiden Fragen 

1. der Überfüllung im tierärztlichen Beruf und 

2. der Hygiene animalischer Nahrungsmittel, der 
Aufgaben des Tierarztes besonders in der Milehhygiene, 
welche auch auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung zur 
Besprechung vorgesehen sind, beschäftigte den Ausschuß; 

3. die Anstellung eines Lehrers für Tierzucht an der 
Königl. Tierärztlichen Hochschule und gab Veranlassung, 
an die Direktion der Königl. Tierärztlichen Hochschule eine Depu¬ 
tation, bestehend aus dem V orstand und dem Ehrenvorstand Herrn 
Veterinärrat Ostertag, abzusenden, um auf die Notwendigkeit der 
Anstellung eines Tierarztes als Lehrer in der Tierzucht hinzu¬ 
weisen. Am 31. Januar d. J. fand die Besprechung mit Herrn 
Direktor Professor Dr. von Sußdorf in fraglicher Angelegenheit 


statt, und am 3. Februar d. J. wurde von dem Vorstand unter Be¬ 
zugnahme auf die eben genannte Unterredung das Königl. Ministerium 
des Kirchen- und Schulwesens unter Hinw r eisung auf die Be¬ 
mühungen der württembergischen Tierärzte, eine ihren Leistungen 
auf dem Gebiet der Tierzucht auch entsprechende Stellung zu er¬ 
langen, wie dies in Bayern, Sachsen und Baden seit langem der 
Fall ist, ersucht, den Tierärztlichen Landesverein oder dessen Aus¬ 
schuß darüber hören zu wollen, „ob die Tierzucht an der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zweckmäßiger und besser von 
einem Nichttierarzt oder von einem Tierarzt gelehrt 
w erde.“ Eine Antwort ist bislang noch nicht eingetroffen. Damit 
bleibt uns die Hoffnung, daß wir gehört werden, und daß die nicht 
für die württembergischen, sondern auch für die Tierärzte der 
benachbarten deutschen Bundesstaaten außerordentlich wichtige 
Frage* eine allseitig befriedigende Lösung erfahre. 

4. Wanderausstellung der Deutschen Landwirt¬ 
schaftsgesellschaft in Stuttgart am 25.—30. Juni 1908. 

Anläßlich dieser Ausstellung ist auf zahlreichen Besuch seitens 
der Tierärzte aus allen Gauen Deutschlands zu rechnen. Als Treff¬ 
lokal für die Tierärzte ist das Restaurationslokal des Hotels Dier- 
1 amm vorgesehen, in welchem das Korps Suevia seinen Stammtisch 
auf Ersuchen in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat. 
Der Verein beamteter Tierärzte Preußens ist hiervon verständigt 
worden und hat durch seinen Vorsitzenden danken lassen. Es ist 
beabsichtigt, in der Deutschen und der Berliner Tierärztlichen 
Wochenschrift sämtliche bei dieser Gelegenheit nach Stuttgart 
kommenden Tierärzte auf dieses Trefflokal aufmerksam zu machen. 
Die württembergischen Tierärzte w erden es sich dabei angelegen 
sein lassen, sich unsern Gästen in freundlich-kollegialer Weise zu 
widmen. 

Herr Direktor Dr. von Sußdorf stellte anläßlich der Wander¬ 
ausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft einen Kommers 
der Studentenschaft der Tierärztlichen Hochschule in Aussicht, zu 
w elchem die zum Besuch der Ausstellung hierher kommenden Tier¬ 
ärzte eingeladen werden sollen, und beantragt, für diesen Kommers, 
falls er zustande kommt, seitens des Landesvereins einen Beitrag 
von 300 M. zu bewilligen. Die Versammlung beschloß «lern Antrag 
gemäß. 

5. Vorbereitungen zur XI. Plenarversammlung des 
Deutschen Veterinärrats zu Stuttgart. 

Nach dem Ausspruch des Herrn Präsidenten des Deutschen 
Veterinärrats, Herrn Geh. Mediz.-Rat Prof. Dr. Esser, am Schluß 
der X. Plenarversammlung des Deutschen Veterinärrats zu Breslau 
am 10. Juli 1906 wird Württemberg die Ehre haben, die nächste 
Plenarversammlung des Deutschen Veterinärrats in Stuttgart be¬ 
grüßen zu dürfen. Um unsere Gäste aus Gesamtdeutschland würdig 
empfangen zu können, bedarf es mancherlei Vorbereitungen. Zur 
finanziellen Sicherung der Angelegenheit hat der Ausschuß be¬ 
schlossen, im laufenden Jahr mit dem Jahresbeitrag (3 M. 
Jahresbeitrag, 2 M. Unterstützungskassenbeitrag) eine Extra¬ 
umlage von 10 M. pro Mitglied zu erheben; außerdem w'urden 
die drei Delegierten des Tierärztlichen Landesvereins 
(Beißwänger, Ostertag, Kösler) als Organisations¬ 
komitee mit dem Recht der Kooptation mit der Vor¬ 
bereitung beauftragt. 

Der Antrag des Ausschusses auf Erhebung einer besonderen 
Umlage von 10 M. per Mitglied und auf Einsetzung des Organi¬ 
sationskomitees w ird einstimmig von der Versammlung angenommen. 

6. Tätigkeit der Zweigvereine. Aufnahme des Ver¬ 
eins süddeutscher, städtischer und Schlachthoftierärzte, 
Landesgruppe Württemberg, in den Landesverein (§ 15 
bis 17 der Satzungen). 

Nachdem der Verein der süddeutschen städtischen und Schlacht- 
hoftierärzte, Landesgruppe Württemberg, erklärt hat, daß seine 
sämtlichen Mitglieder auch Mitglieder des Landesvereins sein 
müssen, hat der Ausschluß beschlossen, diesen Verein als Zweig¬ 
verein im Sinne der § 15—17 unserer Satzungen anzuerkennen. 
Der genannte Verein hat 42 Mitglieder und ist damit, obwohl der 
jüngste, doch der kräftigste Zweig des Stammvereins. Als Dele¬ 
gierten in den Ausschuß des Landesvereins hat der Verein Herrn 
Stadttierarzt Di euer-Ravensburg gewählt. 







18. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


453 


D. Ausschußsitzung am 4. April 1908. 

1. Die Kassenkontrolle wurde von dem Vizevorstand Ober¬ 
amtstierarzt Model-Gerabronn und Stadttierarzt Dr. Rössle-Ulm 
vorgenommen und ergab keinen Grund zu einer Beanstandung. 

2. Nach Erledigung einiger Unterstützungsgesuche wurde 
beschlossen, Herrn Oberamtstierarzt Deigendesch-Balingen, 
der am 10. September d. J. 50 Jahre Tierarzt ist, durch den Vor¬ 
stand die Glückwünsche des Landesvereins zu übermitteln, womit 
die Mitgliederversammlung einverstanden ist. 

3. Ein Neudruck der Statuten wegen der vorgenommencn 
Änderungen ist nach Ansicht deB Ausschusses nicht notwendig. 

Schließlich macht der Vorsitzende noch auf den Vertrag mit 
dem Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein in Stuttgart auf¬ 
merksam und fordert die Mitglieder zur Abschließung einer Unfall¬ 
versicherung mit dieser Gesellschaft auf. 

Als Ort der nächsten Mi tgliederversammlung schlägt der 
Ausschuß wegen der zentralen Lage und im Hinblick auf den Umstand, 
daß jedes Mitglied gern wieder einmal nach Stuttgart kommt, 
wiederum Stuttgart vor, wogegen sich kein Widerspruch erhebt. 

II. Den Kassenbericht erstattete an Stelle des verhinderten 
Kassierers, Stadttierarzt Schneid er-Stuttgart, der stellvertretende 
Vorstand, Oberamtstierarzt Model-Gerabronn. Die Abrechnung ist 
in der Ausschußsitzung eingehend geprüft und nicht, beanstandet 
worden. Dem Kassierer wird hierauf Entlastung erteilt. 

III. Sodann erhält Oberamtstierarzt Metzger-Nagold das Wort 
zu nachstehendem Referat über „ Stand e sänge legen h bit cn in 
Württemberg“. 

Tierärztlicher Landesverein 
in Württemberg. 

Tierärztliche Standesfragen in Württemberg. 

Referat von Oberamtstierarzt Metzger-Nagold. 

Am 3. September 1904 hat der Tierärztliche Landesverein auf 
Grund des Beschlusses der 58. ordentlichen Mitgliederversammlung 
eine motivierte Eingabe an das Königl Ministerium des Innern mit 
der. ehrerbietigsten Bitte uip Neuregelung der Gehalts-,. Bensions-, 
Rang- und Taxverhältnisse gerichtet. 

Die in der Eingabe vom 3. September 1904 aufgeführten Gründe 
für die Erhöhung des Gehalts und insbesondere für die Fest¬ 
setzung eines erhöhten fingierten Gehalts behufs Erlangung eines 
erträglichen Ruhegehalts treffen heute noch zu. Die Staatsgehälter 
der beamteten Tierärzte der anderen Bundesstaaten, die damals 
schon erheblich höhere wjiren als unser Gehalt, sollen nach den 
Mitteilungen unserer Fachpresse in Rücksicht auf die seither starke 
und in Zukunft noch ausgedehntere Inanspruchnahme dieser Beamten 
wiederum wesentlich erhöht werden. 

So ist für die badischen Bezirkstierarzte neben der Wohnungs¬ 
entschädigung, wie sie die vollbesoldeten Beamten erhalten, ein 
Gehaltsrahracn von 1200 — 2800 M nach dem Wunsche der Bezirks¬ 
tierärzte eventuell 4000 M, für die bayrischen Bezirksärzte und Be¬ 
zirkstierärzte in dem neuen Gehaltsregulativ ein socher von 3000 bis 
6000 M. vorgesehen. Was unsere amtliche Tätigkeit anlangt, so ist 
diese seit unserer Eingabe zwar nicht viel extensiver, aber teilweise 
recht intensiver geworden. Ich erinnere hier nur an die intensive 
Inanspruchnahme der Oberamtstierärzte bei den letzten Seuchezügen 
der Maul- und Klauenseuche, wo die beamteten Tierärzte der be¬ 
troffenen Oberämter mit dem Auftreten der Seuche ihre Praxis fast 
völlig aufgeben mußten, eine Anforderung an uns, für die es im 
ganzen Erwerbsleben wohl kein Analogon gibt. 

Besonders herausgreifen möchte ich ferner die Tätigkeit der 
Oberamtstierärzte in der Tierzucht, wenn auch die Tätigkeit der 
württerabergischen Tierärzte auf diesem Gebiete nicht in dem Maße 
wie in den anderen süddeutschen Staaten und in Sachsen durch 
Gesetz festgelegt ist, so können wir doch ohne Übertreibung sagen, 
daß wir in der Tat in demselben Umfange wie jene Kollegen an 
der Förderung der Tierzucht beteiligt sind. Ich brauche in dieser 
Versammlung nicht besonders zu erwähnen, daß von uns 64 Oberamts- 
tierärzten 57 Vorsitzende und 4 stellvertretende Vorsitzende der Be- 
zirksfarrenschaubehörden, manche auch Vorstand der landwirtschaft¬ 
lichen Bezirksveroine und von Vichzuchtgenossenschaften sind; 
aber das muß besonders betont werden, daß es gerade die Ober- 
amtstiorärzte sind, welche in täglicher unermüdlicher Kleinarbeit 


durch direkte Einwirkung auf den Züchter einen Faktor in der 
Förderung der Tierzucht bilden, der wohl der mächtigste ist, so weit 
die Belehrung in Frage kommt. 

Für diese dauernde Einzelarbeit bekommen und wollen wir 
Oberamtstierärzte vom einzelnen Tierbesitzer keine Belohnung, weil 
wir diese Arbeit für eine natürliche, dem Oberamtstierarzt von 
Berufs wegen zukominende halten. Es ist deshalb nur ein billiges 
Verlangen, daß der Staat bei der Bemessung unseres Gehalts diese 
ausgedehnte Tätigkeit in Rechnung zieht und belohnt, wie dies in 
Bayern und Baden bereits der Fall ist. Es könnte nun etwa ver¬ 
sucht werden, bei der Berechnimg unseres Gehalts zu ermitteln, 
welche Zeit die Oberaratstierärzte durchschnittlich durch ihre Amts¬ 
tätigkeit in Anspruch genommen sind und uns entgcgengehaltcn 
werden: „Ihr seid so und so viel Tage amtlich beschäftigt, somit 
verbleiben Euch noch so und so viel Tage zur Ausübung der 
Privatpraxis“. Diese Berechnung wäre theoretisch zwar richtig, 
die Praxis lehrt aber etwas ganz anderes. Die Erhaltung einer 
regelmäßigen, nicht einmal besonders ausgedehnten Praxis erfordert, 
daß der Tierarzt im Bedarfsfall innerhalb angemessener Zeit dem 
Tierbesitzer zur Verfügung steht. Ein in amtlicher Beziehung in 
Anspruch genommener Oberamtstierarzt kann dieser Anforderung 
nicht immer so regelmäßig genügen, und das ist auch der Haupt¬ 
grund, warum den Oberamtstierärzten die Erhaltung ihrer Praxis 
immer schwerer wird, und warum das Eindringen von Stadttier- 
| ärzten, Distriktstierärzten u. s. f. in ihre Praxis unaufhaltsam seinen 
Fortgang nimmt. Möge die Königl. Regierung auch diesen Punkt 
bei der Gehaltsbemessung gebührend würdigen. 

Was die Festsetzung eines fingierten Gehalts behufs Erlangung 
eines auskömmlichen Ruhegehalts anlangt, so ist seit jener Ein¬ 
gabe vom 3. September 1904 eine wesentliche Veränderung zu¬ 
ungunsten der in Zukunft anzustellenden Oberamtstierärzte ein- 
getroten. Wie ich später nachwcisen werde, wird das künftige An¬ 
stellungsalter der Oberamtstierärzte im Lauf der Jahre in dem Maß 
steigen, daß es bei den Tierärzten, die sich jetzt der Staats¬ 
prüfung in der Tierheilkunde unterziehen, durchschnittlich 40 Jahre 
betragen wird. Dadurch wird die jüngere Generation der Ober¬ 
amtstierärzte zurzeit eintretender Dienstunfähigkeit oder im Todes¬ 
fall anderen Staatsbeamten gegenüber verhältnismäßig wenig 
Dienstjahre haben. Rechnet man noch dazu, daß bei dem auch in 
Zukunft immer noch bescheidenen Gehalt und der Schwierigkeit 
aus der Privatpraxis einen nennenswerten Notpfennig znrückzulegen, 
die Oberamtstierärzte auf einen angemessenen Ruhegehalt an¬ 
gewiesen sind, so wird das pensionsfähige Einkommen so fingiert 
werden müssen, daß das sich ergebende Ruhegehalt auch bei der 
jungen, erst in reiferen Jahren zur Anstellung gelangenden Gene¬ 
ration noch den Namen eines solchen verdient. 

In der schon erwähnten Eingabe an das Königl. Ministerium 
des Innern vom 3. September 1904 hat der Tierärztliche Landes¬ 
verein auch um eino zeitgemäße Taxe gebeten; eine solche ist noch 
nicht erschienen. Es wurde in jener 58. Mitgliederversammlung an¬ 
geregt, man möge die Taxfrage als die brennendste und verhältnis¬ 
mäßig am einfachsten zu lösende Frage trennen von der Neuordnung 
der Gehalts- und Pensionsverhältnisse; denn zu einer Neuordnung 
der Gehalts- und Pensionsverhältnisse sei die Mitwirkung der Land¬ 
stände erforderlich; bei der Taxfrage indessen sei dies nicht not¬ 
wendig und ihr Bedürfnis sei von der Königl. Regierung schon vor 
14 Jahren anerkannt worden. Sei die Taxfrage aber erledigt, so 
lasse sich die Übergangszeit bis zur Befriedigung unserer anderen 
Wünsche leichter ertragen. Leider ist dieser Anregung nicht nach- 
gegaugen worden. Wir haben heute weder eine neue Taxe noch 
sind unsere anderen Wünsche erfüllt worden. Ich stehe heute 
noch auf demselben Standpunkt wie damals: Betreiben wir die Er¬ 
füllung aller unserer Wünsche mit unverminderter Energie; aber 
trennen wir jetzt noch die Taxfrage von der anderen, und geben 
wir uns alle Mühe, eine befriedigende, unverzügliche Lösung dieser 
Frage zu erreichen. Ihre Regelung ist durch nichts behindert 
weder durch die Novelle zum Vichseuchengesetz noch durch Be¬ 
rührungspunkte mit den Standesfragen der Oberamtstierärzte. 

Ich hatte ein ausführliches Referat über die Taxfrage aus¬ 
gearbeitet; da aber der Herr Vorsitzende Wert darauf legt, die 
heutige Tagesordnung ganz zu erledigen, muß ich mich auf das 







No. 25. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


454 


Wichtigste der Taxe, die Reiseentschädigung der Oberamtstierärzte 
bei amtlichen Verrichtungen beschränken. 

Die seither den Oberamtstierärzten gewährten Diäten und Reise¬ 
kosten sind durchaus unzureichend. Es wird heute niemand mehr 
darüber Auskunft geben können, ob die 15 Pf. für einen Kilometer 
Landweg eine Entschädigung für das Gefährt des Oberamtstierarztes 
oder für ein Mietsfuhrwerk sein sollen oder nur ein Stiefelgeld. 
Die Oberamtstierärzte sind auf die Privatpraxis angewiesen und 
bleiben es voraussichtlich noch lange. Viele oder die Mehrzahl 
wohl hält sich zu diesem Zweck ein oder mehrere Pferde; neuer¬ 
dings auch einige ein Automobil. Diese Beförderungsmittel kosten 
sehr viel Geld. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß die Pferde¬ 
preise seit 1874 etwa um 60 — 100 Proz. gestiegen sind. Eine schwere 
Ration Futter für einen Einspänner oder schweres Reitpferd kostet 
heute monatlich 52 M., eine leichte Ration 42 M. Die Haltung 
eines Pferdes mit Burschen kostet pro Jahr 2100 M., zweier Pferde 
mit Burschen 3000 M, die Haltung eines Automobils ohne Be¬ 
dienung nicht unter 2800 M. 

Ein einspänniges Mietsfuhrwerk kostet pro Tag nicht unter 
9 M., ein zweispänniges solches Fuhrwerk in der Regel 
14 M., bei größeren Touren und zurzeit des starken Fremden¬ 
verkehrs 16 M. Weiterer Beweise, daß Reisen über Land 
sehr 'viel Geld kosten, bedarf es wohl nicht. Die Oberamts¬ 
tierärzte haben nun bei amtlichen Reisen die Wahl, ob sie 
ihr eigenes Gefährt benutzen oder zu Fuß gehen oder Miets¬ 
fuhrwerk benützen wollen. Der Effekt ist in der Regel derselbe, 
nämlich der Schaden am Geldbeutel. Das eigene Gefährt be¬ 
nützen heißt, zugunsten des Staates die Reisekosten zahlen, denn 
für 15 Pf. können wir den Kilometer nicht leisten. Das eigene 
Gefährt stehen lassen und zu Fuß geben oder Mietsfnhrwerk nehmen, 
heißt die ganzen täglichen Kosten für das eigene Fuhrwerk opfern 
Derjenige aber, der kein Gefährt hat und zu Fuß geht, versäumt 
zu viel Zeit. Dieser Zustand ist allmählich für die Oberamtstier- 
ärzte unerträglich geworden, unhaltbar aber auch fiir den Staat, 
und erheischt unverzügliche Abhilfe. 

Aber der Oberamtstierarzt reist nicht nur teuer, das ist ja 
allgemein so, sondern auch absolut teurer als andere Beamte. 

Der Oberamtstierarzt reist, abgesehen von der Farrenschau, 
stets allein, so daß eine Umlage der Reisekosten auf mehrere 
Beteiligte stets ausgeschlossen ist. Unsere Amtsgeschäfte können 
wir nicht wie andere Beamte auf bestimmte Stunden, nicht einmal 
auf bestimmte Tage legen und die Termine auch nicht nach der 
Reisegelegenheit (Eisenbahn, Post) einrichten. Ich erinnere hierbei 
an die Viehmärkte. Der Oberamtstierarzt hat anwesend zu sein 
vor Beginn des Marktes, nicht erst nach Ankunft des Zuges. 
Ähnlich liegt es bei den Seuchenfällcn, in denen wir den Auftrag 
zur Reise oft erst erhalten, wenn der günstige Zug fort ist. 
Weiterhin verteuert unser oft sehr umfangreiches Gepäck (Mikroskop, 
Obduktionsbesteck usw.) erheblich das Reisen. Endlich ist die 
Dauer unserer Amtsgeschäfte in vielen Fällen im voraus gar nicht 
abzusehen. Die Schätzer kommen lange nicht; die Desinfektions¬ 
arbeiten gehen langsam voran u. dgl. Da ist dann, bis wir spät 
am Abend fertig sind, der letzte Zug fort. Wenn wir kein Gefährt 
bei uns haben, sitzen wir draußen auf einem Ort, wo es unter 
Umständen nicht einmal eine Gelegenheit zum Übernachten gibt. 

Wenn die Königl. Regierung diese Gesichtspunkte alle würdigt, 
so wird sie die Bitte der Oberamtstierärzte um eine angemessene 
baldige Erhöhung dieser Gebühren für völlig berechtigt halten 
müssen. Ein längeres Zuwarten bedeutet für die Gesamtheit der 
Oberamtstierärzte tägliche Verluste. 

Es kann sich dann nur noch um die Frage handeln, ob es 
zweckmäßig ist, die im Entwurf vorgesehene Aversalentschädigung 
der Bezirksbeamten zu gewähren oder das Tagegeld und die 
Reisekosten zu trennen und dieses auf 10 M. pro Tag, die Reise¬ 
kosten aber auf 40 Pf. pro Kilometer Landweg unter gleichzeitiger 
Erhöhung der übernachtungsgebühr auf 5 M. festzusetzen. Unter 
40 Pf. pro Kilometer ist im Jahresdurchschnitt kein Gefährt zu 
halten oder zu mieten. Beide Systeme haben ihre Vorteile und ihre 
Nachteile. Bei der Aversalentschädigung ist der große Vorteil, daß 
es jedem Oberamtstierarzt freisteht, ein Beförderungsmittel zu 
wählen, wie es ihm beliebt. Maßgebend ist nur der Zeitaufwand. 


Wo in großen Bezirken bei großen Fuhrwerkskosten die Entschädigung 
nicht reicht, müssen die kleinen Reisen den Ausgleich schaffen. 
Diesem Vorteil stehen aber auch erhebliche Nachteile gegenüber. 
Bezirke mit kleinen Entfernungen oder gut entwickeltem Eisenbahn¬ 
netz werden begehrter sein als solche mit großen Entfernungen 
und wenig Bahnverkehr. Ein häufiger Wechsel der Stellen wird 
wohl die Folge sein. Dies ist nicht im Interesse unserer Bezirke 
gelegen. Wir alle wissen, wie lange es dauert, bis man seinen 
Bezirk so kennt, wie cs unser Amt verlangt. Es ist deshalb die 
lange Erhaltung von mit allen Verhältnissen des Bezirkes eingehend 
vertrauten Oberamtstierärzten für alle Bezirke, insbesondere für die 
| großen wünschenswert 

Fasse ich das über die Regelung der Gehalts-, Pensions- und 
Taxverhältnisse Gesagte zusammen, so komme ich zu dem Ergebnis: 

Eine Erhöhung des pensionsberechtigten Einkommens der Ober- 
amtstierärzte ist dringend notwendig. Wenn auch zugegeben 
werden muß, daß für das Königl. Ministerium des Innern eine 
vorausgehende Regelung der Gehaltsverhältnisse der Oberamts¬ 
tierärzte und ein Überblick über die Inanspruchnahme der Ober¬ 
amtstierärzte infolge der Novelle zum Viehseuchengesetz wünschens¬ 
wert ist, so sind doch durchaus keine Gründe ersichtlich, welche 
dem Erlaß einer Gebührenordnung entgegenstehen. Eine solche 
hat weder mit den Eiukommensverhältnissen der Oberamtstiorärzte 
etwas zu schaffen, noch mit einer etw'a durch das neue Tier¬ 
seuchengesetz bedingten größeren Inanspruchnahme der Oberamts¬ 
tierärzte. Vielmehr würde der baldige Erlaß einer Gebührenordnung 
nicht nur die notwendige Abhilfe auf dem Gebiete des Gebühren¬ 
wesens bedeuten, sondern auch die mißlichen Gehaltsverhältnisse 
für die, wie wir bestimmt hoffen, nicht mehr lange Übergangszeit 
leichter ertragen helfen. 

Ich stelle daher den Antrag, daß wir das Königl. Ministerium 
bitten: 

1. die Gehalts- und Pensionsverhältnisse der Oberamtstierärzte 
sobald als möglich zu regeln; 

2 die Verabschiedung der Taxe nach dem uns vorgelegenen 
Entwurf jetzt schon bewirken zu wollen. 

In zweiter Linie liegt es nahe, uns einmal die Frage vorznlegen. 
wie es in unserem engeren Vaterlande mit dem Nachwuchs unseres 
Standes bestellt ist, ob die Zahl der Tierärzte in Württemberg 
zurzeit genügt und für absehbare Zeit genügen wird. 

Unter der langjährigen Direktion des Obermedizinalrates 
von Hering, der dem Grundsätze huldigte, möglichst viele, wenn 
auch oft nur mangelhaft vor- und fachgebildete Tierärzte ins Land 
hinauszusetzen, wurde Württemberg in den 50 er und 60 er Jahren 
ein an Tierärzten überreiches Land. Bei der Billigkeit und Kürze 
der Ausbildung ließen sogar einzelne Gemeinden auf ihre Kosten 
Tierärzte ausbildcn, indem sie den Schülern die Verpflichtung auf¬ 
erlegten, sich in der Heimatgemeinde niederzulassen. Die Möglich¬ 
keit, so leicht Tierarzt zu werden, führte zur Überproduktion. So 
z. B. waren im Jahre 1875 in Württemberg 341 Tierärzte ansässig. 
Ende 1885 finden wir im Repertorium noch 272 aktive Tierärzte 
in Württemberg verzeichnet, worunter 166 praktische Tierärzte. 
Um ein Beispiel des damaligen Zustandes herauszugreifen, sei nur 
erwähnt, daß im Oberamt Leutkirch damals 13 Tierärzte ansässig 
waren, von denen aber auch nicht ein einziger eine auskömmliche 
Praxis hatte. Die tierärztliche Praxis konnte eine solche Menge 
von Tierärzten nicht ernähren, und so war der größte Teil dieser 
Tierärzte gezwungen, den Lebensunterhalt in dem ursprünglichen 
Berufe als Handwerker, Landwirt u. dgl. zu suchen Die Zahl der 
Tierärzte sank auch etwas, nämlich auf 246 im Jahre 1889. Wenn 
wir die damals, also vor rund 20 Jahren, im Militär-, Hof-, Staats¬ 
und Gemeindedienst vollbeschäftigten Tierärzte vorwegnehmen, so 
hatten wir Ende der 80 er Jahre immer noch 146 Tierärzte, die 
frei die Praxis ausübten. Es wird nicht übertrieben sein, w r enn ich 
behaupte, und ich habe mir die Richtigkeit dieser Behauptung von 
solchen Kollegen bestätigen lassen, welche die damaligen Ver¬ 
hältnisse aus eigener Erfahrung kennen, daß diese 146 Tierärzte 
noch nicht einmal zu einem Viertel ihrer Tätigkeit durch ihren Beruf 
als Tierarzt in Anspruch genommen w r aren. Wenn wir diese Tat¬ 
sache in Rechnung ziehen, so hatten wir Ende der 80 er Jahre eine 
Überproduktion von etwa 100 Tierärzten in Württemberg. 



18. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


455 


Wie steht es heute mit der Zahl der Tierärzte? Heute haben 
wir nur 11 Tierärzte weniger im Lande, nämlich 235. Wohl hat 
der Yiehstand sich vermehrt und sind die Aufgaben der Tierärzte 
gewachsen, aber nicht in dem Maße, daß diese 235 Tierärzte, die 
kein Neben- oder vielmehr Hauptgewerbe treiben, die ihren Lebens¬ 
unterhalt vielmehr ausschließlich aus dem Berufe des Tierarztes 
gewinnen müssen, nicht ausreichten. Wir dürfen nur die Zahl der 
Tierärzte in den einzelnen Oberämtern betrachten und wir sehen, 
daß das Bedürfnis nach Tierärzten im großen und ganzen reichlich 
gedeckt ist, in einzelnen Bezirken aber jetzt schon tatsächlich eine 
Überfüllung vorhanden ist. 

Zurzeit haben wir in 3 Oberämtern 12 Tierärzte u. mehr, 

„ 3 „ G „ 

„ 5 „ 5 

„ 13 4 

„14 3 

„19 „ 2 „ 

nur in acht Oberämtern ist außer dem Oberamtstierarzt kein weiterer 
Tierarzt vorhanden Diese acht Oberämter sind entweder sehr klein 
(Böblingen, Vaihingen, Horb, Herrenberg) oder sehr dünn bevölkert 
(Spaichingen, Aalen, Ellwangen). 

Wie sieht es nun mit der Zukunft aus? Die Zahl der in den 
Jahren 1899 bis 1907 vom Königl. Ministerium des Innern an ge¬ 
borene Wiirttemberger erteilten tierärztlichen Approbationen betrug 
im Jahresdurchschnitt 9 und zwar 1899/1900 = 5, 1900/1901 = 5, 
1901/1902 = 10, 1902/1903 = 8, 1903/1904 = 9, 1904/1905 = 12, 
1905/1906 = 5 und 1906 1907 = 17. Im letzten Semester waren 
an unserer Hochschule 66 Wiirttemberger eingeschrieben, das ergibt 
für die nächsten vier Jahre unter Einrechnung der etwa an anderen 
Hochschulen approbierenden Wiirttemberger einen Jahresdurchschnitt 
von 16 jungen württembergischen Tierärzten. Zu den jungen ein¬ 
heimischen Tierärzten kommt nun neuerdings eine nicht zu unter¬ 
schätzende Konkurrenz von Nichtwürttembergern, vornehmlich 
Bayern. Wo sollen diese Tierärzte alle untergebracht werden? 
Seither rechnete der strebsame Tierarzt darauf, einmal Oberamts¬ 
tierarzt zu werden. Das kann er jetzt noch, aber wann? Von den 
64 württembergischen Obcramtstierärzten haben 28 ein Dienstaltcr 
von 10 Jahren und darunter, und 35 ein Dienstalter von 15 Jahren 
und darunter. Eines weiteren Beweises für die Verjüngung des 
oberamtstierärztlichen Standes bedarf es nicht. Diesem stark ver¬ 
jüngten Stand gegenüber stehen 47 Anwärter auf Oberamtstierarzt¬ 
stellen; so viele Tierärzte haben nämlich das Examen als beamteter 
Tierarzt in Württemberg gemacht und sind als solcher noch nicht 
angestellt. Wenn auch nur a / 3 dieser Anwärter wirklich auf Ober¬ 
amtstierarztstellen reflektieren, so sind das 32, eine Zahl, mit der 
die Hälfte dieser Stellen besetzt werden kann. Rechnen wir mit 
einem durchschnittlichen Abgang von 5 Oberamtstierärzten in zwei 
Jahren, so haben wir heute schon den Bedarf von Oberamtstierärzten 
für 12 bis 15 Jahre auf Lager. Mit anderen Worten: Die jungen 
Tierärzte, die sich heute der Staatsprüfung in der Tierheilkunde 
unterziehen, müssen etwa 14 bis 15 Jahre auf Anstellung warten 
und erlangen diese Anstellung durchschnittlich in einem Alter von 
40 Jahren. Ein Kommeutar ist überflüssig. 

Wie steht es nun mit den sonstigen Aussichten der Tierärzte 
in Württemberg? Stellenlose Tierärzte und Tierärzte, die auf 
Plätzen sitzen, welche ihren Mann nicht oder nur dürftig ernähren, 
scheint es genug zu geben, wie das enorme Angebot bei Stellen¬ 
besetzungen ausweist. So haben sich z. B. um die Distriktstierarzt¬ 
stelle in Schorndorf 16 und um die in Giengen a. Br. 18 Tierärzte 
beworben. In der Erkenntnis dieser mißlichen Sachlage werden 
zurzeit bei uns Stellen geschaffen, die an jene eingangs geschilderte 
tierärzteüberreichc Zeit erinnern, Stellen, von denen jeder Fachmann 
ohne weiteres sagen muß, sie können keinen Tierarzt ernähren. 
Das Bestreben, auch im kleinen Dorf einen Tierarzt zu haben, der 
fast nichts kostet, ist der Vater dieser zweifelhaften Gründungen. 
Der tierärztliche Stand ist gewiß mit Freuden bereit, das Fort¬ 
kommen seiner Angehörigen zu erleichtern, aber er muß auch — 
und jeder einsichtige Landwirt wird ihm darin beipflichten — da¬ 
gegen protestieren, daß Tierärzte nach Stellen gelockt werden, die 
nimmermehr einem Tierarzt Unterhalt gewähren können. Solche 
Stellen sind Klippen, an denen schon mancher Tierarzt Schiffbruch 


gelitten hat. Diese Stellen müssen den Berufsgenossen das Leben 
verbittern, das ihnen die erhofften Früchte nicht gebracht • hat. 
Diese Kollegen sind nicht in der Lage, mit den anderen Tierärzten 
Schritt zu halten. Die Mittel zu einer ihrem Bildungsgang und 
-aufwand entsprechenden Lebensführung sind nicht da, ebenso nicht 
die Mittel, um sich in Wissenschaft und Praxis auf der Höhe der 
Zeit zu halten. Demgemäß werden auch die Leistungen abnehmen 
und damit auch die Konkurrenzfähigkeit. Ein Zurückziehen von 
den Kollegen ist die Folge, ein Versauern und Verbittern ist der 
Schluß. Damit ist aber auch nicht der Landwirtschaft gedient. 
Nur der tüchtige, mit der Wissenschaft fortschreitende und durch 
die Praxis erfahrene Tierarzt ist für sie gut genug. Dazu gehört 
ein angemessenes Feld der Tätigkeit. Die Belohnung der Tierärzte 
wird ja immer in verhältnismäßig engen Grenzen bleiben müssen, 
sie ist beschränkt durch den Wert unserer Objekte, und wir müssen 
leider von unserem Berufe sagen: „Die Masse muß es bringen.“ 
Mögen es daher alle diejenigen hören, die bei der Aufstellung von 
Tierärzten mitzuwirken haben. Erste Bedingung für die Aufstellung 
eines tüchtigen Tierarztes ist ein genügend großes Arbeitsfeld; nur 
auf diesem Boden kann er Wurzel fassen. Die Gründung solch 
kleiner Tierarztstellen ist nur ein scheinbarer Vorteil für die Tier¬ 
besitzer und sie ist ein Unrecht am tierärztlichen Stande. 

Ich habe bereits ausgeführt, in wie umfangreicher Weise die 
Tätigkeit der Tierärzte und besonders der Oberamtstierärzte mit 
der Tierzucht verknüpft ist. Diese Mitwirkung ist eine so 
natürliche, hervorgegangen aus unserem Bildungsgang und unserer 
Berufstätigkeit, daß unsere kleinen und mittleren Landwirte uns 
für ihre natürlichen Berater auf diesem Gebiete ansehen. Von 
diesem Gesichtspunkt aus sollte man annehmen, daß an der Stätte, 
wo die angehenden Tierärzte ihre Vorbereitung für dieses wichtige 
Fach erhalten, ein Tierarzt sie darin einführt. Dem Vernehmen 
nach aber soll für den Lehrstuhl der Tierzucht ein Nichttierarzt in 
Aussicht genommen sein. Wir Tierärzte sind nun gewiß nicht so 
einseitig, daß wir Tierzucht nicht auch von einem Nichttierarzt 
lernen wollten, und wir wären gewiß die letzten, die die Berufung 
eines Nichttierarztes für diesen Lehrstuhl unserer Hochschule mit 
scheelen Augen ansehen würden, sofern er eine Autorität auf diesem 
Gebiet wäre. Das aber wäre für uns praktische und Oberamts¬ 
tierärzte ein schmerzlicher Schlag, wenn wir sehen müßten, daß 
unser Nachwuchs in diesem Fach etwa von einem Nichttierarzt 
unterwiesen würde, der selbst erst den Nachweis seiner Befähigung 
hierzu zu erbringen hätte. 

Die Beziehungen der württembergischen Tierärzte zu ihrer 
Hochschule waren immer sehr enge, so daß es gewiß kein Ein¬ 
mischen in fremde Dinge ist, wenn wir im Hinblick auf unsere 
Tätigkeit in der Tierzucht die Bitte an die Hochschule richten, für 
den Lehrstuhl der Tierzucht einen Tierarzt in Vorschlag zu bringen. 
Nichts könnte unserem guten Ruf in der Tierzucht in gewissen 
Kreisen mehr schaden, als unser eigenes Zugeständnis, daß wir in 
unseren Reihen keinen haben, der die Tierzucht so beherrscht, daß 
er sie an unserer Hochschule vortragen könnte. Wir haben unter 
unseren Kollegen solche, die die Fähigkeit für diesen Lehrauftrag 
besitzen, Kollegen, welche nicht nur in ihrem engeren Wirkungs¬ 
kreis, sondern weit darüber hinaus einen guten Ruf auf dem Gebiet 
der Tierzucht besitzen. Es könnte keine Schwierigkeiten bereiten, 
einen dieser Tierärzte dafür zu gewinnen, diesen Lehrauftrag an¬ 
zunehmen und dieses Amt etwa von seinem Amtssitz aus ambulant, 
zu versehen. 

In der langen, zum Teil erregten Erörterung beschäftigte sich 
die Versammlung vornehmlich mit dem letzten Punkt des allseitig 
mit großem Beifall aufgenommenen Referats, daß an der Königl. 
Tierärztlichen Hochschule zu Stuttgart künftig die Tier¬ 
zucht durch einen Nichttierarzt gelehrt werden soll. 

In der Beurteilung der Anglegenheit zeigte sich zwischen der 
Auffassung des Herrn Direktors Prof. Dr. Sußdorf und des Herrn 
Prof. Dr. Gmelin von der Tierärztlichen Hochschule einerseits und 
der Gesamtheit der praktischen Tierärzte andrerseits ein Gegensatz 
sowohl hinsichtlich der Bedeutung als auch hinsichtlich der Lösung 
der Frage. Die Tierärzte zählen ihre Tätigkeit auf dem Gebiete 
der Tierzucht mit zu ihren vornehmsten Pflichten und glauben, daß 
ihre sauer erworbene Stellung auf diesem Gebiet schwer beoin- 








BERLINER TIERÄRZTLK IIE W(>( HENSCIIRIFT. 


No. 25. 


456 


träehtigt werden müsse, wenn nun durch die Übertragung der 
Ticrzuchtlehre an einen Nichttierarzt die Meinung erweckt werden 
würde, daß der Tierarzt in der Tierzucht fremder Führung bedürfe. 

Die Erörterung hierüber nahm so lange Zeit in Anspruch, daß 
die übrigen Punkte der Tagesordnung auf die Ilerbstversammlung 
ziirückgcstcllt werden mußten. 

Nach den Verhandlungen vereinigle « in gemeinsames Mittag¬ 
essen im Rathauskeller die Teilnehmer an der Versammlung, wobei 
Veterinärrat Kösler den Königstoast ausbrachte. 

Verein beamteter Tierärzte Preußens. 

Nachdem Professor Dr. Peter-Angcrmünde durch seine Be¬ 
rufung zum Staatstierarzt von Hamburg aus dem preußischen Staats¬ 
dienste ausgeschieden ist, hat derselbe sein Amt als Vorsitzender 
des Vereins beamteter Tierärzte Preußens niedergelegt. Die Ge¬ 
schäfte des Vorsitzenden werden infolgedessen statutengemäß von 
dem bisherigen 1. stellvertretenden Vorsitzenden Kreistierarzt R ust- 
Breslau, Hohenzollemstr. 44 11, übernommen. 

Ausstellung der D. L. G. 

Anläßlich der Ausstellung der D. L. G. findet am 27. Juni zu 
Cannstatt (Kursaal) eine öffentliche Versamm 1 ung der Ziegen¬ 
zucht er statt, bei welcher Oberamtstierarzt Honoker einen Vor¬ 
trag halten wird. 

Tierärztlicher Verein für die Provinz Brandenburg. 

Frühjahrsversaiumlung (im anatomischen Institut) 
am Sonntag, den 21. Juni 1908, vormittags ll 1 /., Uhr. 

Tagesordnung: 

a) Vereinsangelegenheiten: 

b) Ausgewählte Kapitel aus der Kastration — Herr Marstall- 
Oberstabsveterinär Dr. Toepper; 

c) Über die „Verbesserung der praktischen Ausbildung der 
Studierenden“ — Herr Professor Dr. Scbmaltz; 

d) Besprechung des „vorläufigen Entwurfs des Gesetzes betr. 
Ausübung der Heilkunde durch nicht approbierte Personen 
und den Geheimmittelverkehr nebst Begründung“ vom 
tierärztlichen Standpunkt aus — Herr Tierarzt Arnous. 

Nach der Sitzung (ca. Uhr) zwangloses Zusammensein auf 
der Terrasse des Zoologischen Gartens. Gäste willkommen. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Arndt. 

Verein der Schlachthoftierärzte Westfalens. 

Versammlung am Sonntag, den 12. Juli 1908, vormittags 11Uhr, 
zu Unna-Königsborn, im Kurgarten. 

Tagesordnung: 

1. Mitteilungen: Bericht über die Versammlung preußischer 
Schlachthoftierärzte. 

2. Schlachttierversicherung; Referent: Kreistierarzt und Schlacht¬ 
hofdirektor Vo 1 m er- Hattingen. 

3. Stellungnahme zum Anträge der tierärztlichen Gesellschaft 
zu Berlin betr. außerordentliche Fleischbeschau bzw. 
Markt- und Ladenkontrolle; Referent: Schlachthoftierarzt 
Dr. Maaß-Hagen. 

4. Besprechung der Vorschriften für die Wiegeordnung. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

6. Ort und Zeit der nächsten Versammlung. 

Nach der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen im 
Kursaale; die Beteiligung der Damen ist erwünscht. Gäste sind 
willkommen. 

Hagen, Der Vorstand, 

den 10. Juni 1908. I. A.: Clausen, stellvertr. Vorsitzender. 

Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz. Veterinär-medizinische Sektion. 

Am Sonntag, den 21. Juni, unternimmt die Sektion einen Aus¬ 
flug nach dem reizenden Oybin bei Zittau und zwar mit Damen. 
Die Mitglieder des tierärztlichen Vereins der Kreishauptmannschaft 
Bautzen feiern ihr Sommerfest am selben Tage ebenfalls dort mit 
der Sektion gemeinsam, und es Schweben Unterhandlungen, wonach 
die deutsch-böhmischen Grenzkollegen aus Warnsdorf, Reichen¬ 
berg usw. sich ebenfalls mit ihren Damen auf dem Oybin einfinden 
werden. Auf diese Weise arrangiert die rührige Sektion ein Zu- 

Ve ui Iwörtlich fiir den Inhalt (exkl. Inst rateutuil): l’ruf. Dr. SchnmlU in Berlin. 

Druck von W. 


sammentreffen der Herren Kollegen, die nicht so selten, auch in 
dienstlicher Beziehung, mit einander in Berührung treten, und es 
liegt auf der Hand, daß persönliche Bekanntschaft otwaige vor¬ 
kommende Schwierigkeiten leichter überwinden läßt, als voll¬ 
ständiges Fremdsein mit einander. Zahlreiche Einladungen sind 
ergangen, und hoffen wir auf allerseits regste Beteiligung. Sollten 
wider Erwarten Kollegen keine Einladung erhalten haben, so ist 
dies nicht in böser Absicht geschehen, und wird die Einladung 
hierdurch nachgeholt Zu schriftlichen Arbeiten haben wir 
praktischen Tierärzte ja wenig Zeit. — Für die weitwohnenden 
Herren Kollegen empfiehlt sich Ankunft schon Sonnabend. Die 
preußischen Herren verlassen Görlitz am 2t. Juni, früh 8 5:} , 
Richtung Zittau - Oybin, woselbst um 1 Uhr gemeinschaftliche 
Mittagstafel stattfindet und zwar im Rittersaal des Berg¬ 
hotels Oy bin. Alle Auskünfte erteilt der Schriftführer der 
Sektion in Görlitz. L. 

XIV. Internationaler Kongreß für Hygiene und Demographie zu Berlin 1907. 

Durch Fertigstellung des vier Bände umfassenden offiziellen 
Kongreßberichtes sind die Arbeiten des XIV. Internationalen 
Kongresses für Hygiene und Demographie Berlin 1907 beendet. 
Der Versand der beiden letzten Bände an die Mitglieder des 
Kongresses erfolgt noch im Laufe dieses Monats. 

Der gesamte Bericht ist im Verlag August Hirschwald, Berlin, 
erschienen und zum Preise von 50 M. im Buchhandel erhältlich. 
Auch werden die Bände einzeln zu folgenden Preisen abgegeben: 
Band I - 6 M., Band II - 14 M., Band III L Teil - 10 M., 
Band III 2. Teil - 10 M, Band IV — 10 M. 

Maul- und Klauenseuche. 

Im Sclilachtviehhof zu Straßburg am 13. er. neu ausgebroolicn. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es erhielt der Kgl. Bezirkstierarzt a. D. Ludirhi 
Vnf/lert die Ehrenmünzc des Kgl. Bayerischen Ludwigordens. 

, -Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Die Professoren * 
an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, Geh. Rat Dr. Frosch und 
Dr. Abderhalden , ersterer zum ordentlichen Mitgliede, letzterer zum 
Hilfsarbeiter' bei der Technischen Deputation für das Veterinär¬ 
wesen zu Berlin; Ilofrat Dr. (Instar ton Värst, Herzogi. Sachsen- 
Meiningenscher Hof- und Landestierarzt, zum ordentlichen Professor 
für ambulatorische Klinik sowie gerichtliche und polizeiliche Tier¬ 
heilkunde an der Tierärztlichen Hochschule München. — Veterinür- 
beamte: Tierarzt Dr. Isert- Gartz a. O. wurde mit den kreistier¬ 
ärztlichen Geschäften in Angermünde betraut, Stadttierarzt Sohjtr- 
Weilheim a. Teck zum Stadttierarzt und Schlachthofverwalter in 
Nürtingen (WUrtt.). — Am bakteriologischen Institut der Landwirt¬ 
schaftskammer in Halle ist Tierarzt Skibc , bisher Assistent an der 
Tierärztlichen Hochschule in Hannover, als Assistent eingelreten, 
desgl. Tierarzt Dr. Schumann, bisher Assistent am Schlachthof zu 
Halle, in Vertretung des Tierarztes Münclujesamj. 

Verzogen: Die Tierärzte F. lländd als oberamtstierärztlicher 
Assistent nach Gerabronn (Wttrtt.), J. Schaflitiel aus Mittelstetten 
als amtstierärztlicher Assistent nach Pausa (Sachsen , Dr. Friede. 
UV/,. NVm/w/tr-Kehl als Assistent des Gr. Bezirkstierarztes nach 
Lahr, Stefan Becker- Lörrach nach Wehr, Frifx Eicha-cktr- Langen- 
briieken nach Gießen. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte llruuo Hafner , Assistent 
am Tierhygien. Institut in Ereiburg und Friede. Wäh. Sommer aus 
Kehl zum Dr. med. vet. in Gießen. — Approbiert: Die Herren 
Kr ich Hnuckold aus Fraustadt (Posen), Richard Joop aus Penchowo, Otto 
Utxath aus Lootzen in Berlin, Uhlmann aus ('ranzahl in Dresden. 

In der Armee: Preußen: Kommandiert: Oberstabsveterinär 
Albert Orammlich, Inspizient an der Königl. Militär-Veterinär- 
Akademie, zur Dienstleistung heim Königl. Kriegsministerimn. 

Todesfälle: Die Tierärzte Emil Schaub in Stühlingcn, Awj. (hm n 
in Giesenkirchen. 


Vakanzen. cv K i. n>. au 

Wrlii'; mul Kigontnm der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetx in Berlin. — 
Mxonstein, Berlin. 


i 




Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, Wllhelmstr. 10. Durch Jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei Ina Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 

Tierärztliche Wochenschrift 


Berliner 


Originalbeiträge worden mit 60 Mit., In PetItsaU mR 
tü) Hk. fllr den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Sclunaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstraße 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare nnd Annoneen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Glage 

Professor 

Hamburg. 

Veterinärrat Dr. Lothes 

Departementstierarzt 

Cöln. 

Prof. Dr. Peter 

Krelstierarzt 

Angermünde. 

Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 

Veterinärrat Preuße 

Departcmentstiorarzt 

Danzig. 

Dr. Richter 

Professor 

Dresden. 

Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor 

Dresden. 

Dr. Schlegel 

Professor 

Freiharg i. Br. 

Dr. j. Schmidt 

Professor 

Dresden. 

Rcg.-Rat Dr. Vogel 

Laudestierarzt ▼. Bayern 

München. 

Wehrte 

Kairerl. Regierangsrat 

Berlin 

Zündel 

Kreistierarzt 

M ü 1 h a u se n i. E. 


Jahrgang 1908. 


,M. 26 . Ausgegeben am 25. Juni. 


Inhalt: Titze und Weichei: Die Ätiologie der Kälberruhr. — Evers: Erfahrungen über die Schutzimpfung gegen Blut¬ 
harnen (Texasfieber) und die Damholidbehandlung. — HofTmann: Einige Instrumente für Bauenoperationen, 
operative Koliktherapie an großen Haustieren. — Referate: Männer: Die traumatische partielle Peritonitis des Rindes 
und die Fleischbeschau bei eingetretener Notschlachtung. — Aul ich: Ein Fall von metastatischer Sehnenscheidenentzündung 
als Komplikation der Brustseuche. — Krüger: Jahresbericht über die in der Klinik der Königlichen Militär-Lehrschmiede zu 
Berlin im Jahre 1906 behandelten Pferde. — Maier: Dymal (salicylsaures Didym). — Hutyra: Zur Frage der Schutzimpfung 
von Rindern gegen Tuberkulose. — Hugendubel: Neue Erfahrungen über Immunisierung gegen Schweinepest. — Hugen- 
duhel: Maul- und Klauenseuche in Schottland. — Aus der medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Verkauf der ärztlichen 
Praxis und Konkurrenzklausel. — 43. Generalversammlung des Vereins Kurhessischer Tierärzte. — IX. Internationaler Tier¬ 
ärztlicher Kongreß im Haag 1909. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt.) 

Die Ätiologie der Kälberruhr. 

Von Regierungsrat Dr. med. vet. C. Titze und Tierarzt A. Weichei. 

Aus den Untersuchungen von Jensen, aus anderen 
Mitteilungen in der Literatur und aus unseren Versuchen, die 
auf Veranlassung von Geheimrat Ostertag im Kaiserlichen 
Gesundheitsamte ausgeführt werden, geht hinsichtlich der Ätiologie 
der Kälberruhr unzweifelhaft hervor, daß geringe Kulturmengen 
verschiedener Varietäten von Typhaceen, so von aus Kälberruhr¬ 
kadavern isolierten typischen Kolistämmen, von Pseudokoli- 
bazillen, Parakolibazillen, Bacillus paratyphosus B und dem 
Bacillus enteritidis Gaertner, verfüttert, mit großer Sicherheit 
bei jungen Kälbern starke Durchfälle erzeugen, die häufig zum 
Tode führen. Pathologisch-anatomisch findet man dieselben Ver¬ 
änderungen wie bei der enzootisch auftretenden Kälberruhr. 

Ebenso gelingt es, in jedem Falle von Kälberruhr aus dem 
Darmiuhalte der Kadaver, meistens auch aus den inneren 
Organen und dem Blute, für Kälber pathogene Bakterien der 
genannten Gruppe zu isolieren. 

Bei einem spontanen Kälberruhrausbruch unter 8—14 Tage 
alten Versuchskälbern des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, bei 
dem von 20 eingestellten Kälbern 5 starben, isolierten wir 
lediglich aus dem Darminhalte sogenannte „Schweinepest¬ 
bazillen“. In den inneren Organen und im Blute ließen sich 
derartige Bazillen nicht auffinden; auch zeigte das Blutserum 
keine agglutinierenden Eigenschaften für den isolierten Bazillus. 
Denselben Bazillus fanden wir im Kote eines gesunden, in dem 
Versuchsinstitute des Kaiserlichen Gesundheitsamtes in Groß- 
Lichterfelde W. gehaltenen Pferdes, während in dem Kote von 
19 anderen Pferden, die verschiedenen Besitzern gehörten, 
weder Paratyphus-B- noch Gaertnerbazillen nachgewiesen 
werden konnten. 

Eine andere von uns bearbeitete Kälberruhrenzootie auf 
einem Gute in Mecklenburg ist bezüglich der Ätiologie der 


Fleischvergiftungen von besonderer Bedeutung, da hier der 
Bacillus enteritidis Gaertner als Erreger der Durchfälle nach¬ 
gewiesen wurde. Blutserum von umgestandenen jungen Kälbern 
konnten wir zur Ausführung der Agglutination nicht mehr er¬ 
halten; doch agglutinierte das Blutserum von sechs anscheinend 
gesunden Kälbern den Bacillus enteritidis Gaertner bis 1:8000. 
Bacillus paratyphosus B wurde nicht agglutiniert, ebenso wenig 
der eigene Darmkolibazillus. Wir haben überhaupt bei Unter¬ 
suchungen zahlreicher Fälle niemals gefunden, daß der Darm¬ 
kolibazillus der Rinder von dem Serum desselben gesunden 
Tieres agglutiniert wird. Auf die Bedeutung des Bacillus 
enteritidis Gaertner für septische Kälbererkranknngen hat auch 
Riemer in der Sitzung des Rostocker Ärztevereins vom 
11. Januar 1908 hingewiesen. Bei elf Fällen von septischen 
Kälbererkrankungen konnte viermal ein Mikroorganismus isoliert 
werden, der sich von dem Bacillus enteritidis Gaertner weder 
kulturell noch durch Agglutination trennen ließ. 

Mitte Mai d. J. erkrankte ein sechs Wochen altes Kalb in 
Großlichterfelde spontan an Durchfällen und geringgradiger 
Lungenentzündung. Im Kote des Tieres fanden wir ein 
Bakterium, das vom Bacillus paratyphosus B und von dem so¬ 
genannten „Schweinepestbazillus“ nicht zu unterscheiden war 
Das Blutserum dieses Kalbes agglutinierte den eigenen Stamm 
sowie einen zum Vergleich herangezogenen Paratyphus-B-Stamm 
im Verhältnis von 1:200. Das Kalb ist genesen. 

Es kam uns nun darauf an festzustellen, in welchem Ver¬ 
hältnis die einzelnen Varietäten der Typhaceen bei der Kälber¬ 
ruhr zu einander stehen, und ob die Fleischvergifter eine 
größere Rolle spielen, oder ob ihr Vorkommen nur als Aus¬ 
nahme zu bezeichnen ist. Wir untersuchten 200 verschiedene 
Kälberruhrstämme, die uns von den Herren DDr. Schmitt- 
Stettin, 0. Müll er-Königsberg, Raebiger-Halle, Bugge-Kiel, 
Helfe rs-Prenzlau und v. San de-Frankfurt in liebenswürdiger 
Weise zur Verfügung gestellt waren. Diese Stämme, die aus 








458 

zahlreichen Kälberruhrenzootien aus fast ganz Preußen isoliert 
waren, wurden von uns nach ihren morphologisch-biologischen 
und Agglutinations-Merkmalen bestimmt. 

Als Bacterium coli commune erwiesen sich 151 Stämme, 
als Parakolibazillen (Jensen) 28 Stämme, als Pseudokoli (Poels) 

14 Stämme, als Bacillus Proteus 2 Stämme, als Bacterium acidi 
lactici 1 Stamm. 4 Stämme konnten nicht untersucht werden, 
weil sie nicht unversehrt in unseren Besitz kamen. 

Wir versuchten die pathogenen Kolistämme von den aus 
normalem Darminhalt gezüchteten Kolibazillen zu unterscheiden 
und achteten dabei zunächst auf etwaige hämolytische Eigen¬ 
schaften. So wurden 40 Stämme nach dem Verfahren von 
Schottmüller auf Blutagarplatten gezüchtet. In keinem Falle 
konnte eine charakteristische Hämolyse nachgewiesen werden. 

Die Ruhrkoli8tämme und die gewöhnlichen Darmkolistämme 
verhielten sich vollkommen gleich. 

Fütterungsinfektionsversuche an weißen Mäusen mit Kälber- 
ruhrkolibazillen und Darmkolibazillen verschiedener Haustiere 
(Rind, Pferd, Schaf und Ziege) verliefen sämtlich negativ. 

Von den 28 Parakolistämmen ließen sich 23 weder kulturell 
noch durch Agglutination vom Bacillus enteritidis Gaertner unter¬ 
scheiden und 1 Stamm nicht von dem „Schweinepestbazillus“. 
Außerdem wurden 4 Stämme gefunden, die sich kulturell und 
biologisch wie „Schweinepestbazillen“, Paratyphus-B-Bazillen 
und Gaertnerbazillen verhielten, die aber weder vom „Schweine¬ 
pestserum“, Paratvphus-B-Serum noch vom Gaertnerserum (alle 
Seren mit hohem Agglutinationstitre) agglutiniert wurden. 

Wichtig ist das nicht gerade sehr seltene Vorkommen von 
Gaertnerbazillen in Kälberruhrkadavern. 

Um über das Vorkommen vom Bacillus enteritidis Gaertner, 
vom Bacillus paratyphosus B, sowie von Parakolibazillen, die 
weder vom Gaertnerserum noch vom Paratyphus-B-Serum agglu¬ 
tiniert wurden, bei gesunden Tieren Anhaltspunkte zu gewinnen, 
untersuchten wir den Kot von 44 erwachsenen Rindern aus 
verschiedenen Beständen und von f>0 (4—6 Wochen alten) 
Kälbern des Berliner Schlachthofes. In keinem Falle fanden 
sich derartige Bazillen, sondern im allgemeinen nur Kolibazillen, 
Heubazillen und vereinzelt B. faecalis alcaligenes. Ebenso 
verlief in dieser Hinsicht die Untersuchung des Kotes von 

15 Schafen, 3 Ziegen, 16 Hunden, 24 Kaninchen, 50 Meer¬ 
schweinchen, 13 Hühnern, 14 Tauben, 6 Gänsen und 14 Sper¬ 
lingen negativ. 

In jungen und älteren, keimfrei filtrierten Bouillonkulturen 
von gewöhnlichen Koli- und Ruhrkolistämmen ließen sich in unseren 
Versuchen Toxine nicht nachweisen; dagegen fanden sich Toxine, 
allerdings nicht regelmäßig, in unseren mindestens 10 Tage 
alten Paratyphus-Bouillonkulturen nnd den Gaertner-Kulturen. 

Durch 7 a ständiges Erhitzen des toxinhaltigen Filtrates 
auf 60° C wurde die toxische Wirkung zwar etwas abgeschwächt, 
aber nicht aufgehoben. Nach Vaßtündigem Erhitzen auf 80° C 
waren die Toxine unschädlich. 

Mit den wirksamen Toxinen konnten, wenn sie per os ver¬ 
abreicht wurden, bei unseren Versuchstieren Durchfälle erzeugt 
werden. 

Sollte es sich im Verlaufe unserer Versuche herausstellen, 
daß für die enzootisch auftretende Kälberruhr die bisherigen 
ätiologischen Anschauungen richtig sind, was wir heute noch 
nicht bestimmt zu entscheiden vermögen, so werden wir das 
Hauptgewicht der Kälberruhrbehandlung auf die therapeutische 


No. 26. 

Verwendung von hochwertigem, polyvalentem, antitoxischem 
Serum legen. Versuche zur Herstellung solcher Sera sind 
bereits im Gange. Gerade bei der Kälberruhr würde eine Be¬ 
handlung nach Art der Diphtherietherapie angezeigt sein, da es 
sich im wesentlichen darum handelt, von den neugeborenen 
Kälbern die Gefahren in den ersten acht Lebenstagen abzuwenden. 

Wie Ostertag und Stadie für die deutsche Schweinepest 
nachgewiesen haben, daß ihr Erreger ein ultravisibles Virus 
ist, so wurde auch bei Kälberruhr und Kälberpneunomie an eine 
ähnliche Ursache gedacht. Diesbezügliche aufklärende Versuche 
werden von uns ausgeführt. 

Weiterhin haben wir unser Augenmerk darauf gerichtet, 
ob sich die Erreger der menschlichen Dysenterie bei Kälberruhr 
finden. Alle unsere bisherigen Untersuchungen von Kälberruhr¬ 
kadavern waren in dieser Hinsicht negativ. Auch unter den 
200 untersuchten Kälberruhrbakterienstämmen fand sich nicht 
einmal der Bacillus dysenteriae Kruse-Shiga oder der Bacillus 
dysenteriae Flexner. 

Die von uns in Angriff genommenen Untersuchungen können 
gleichzeitig als Beitrag zu der von Loeffler auf dem XIV. 
Internationalen Kongreß für Hygiene und Demographie an¬ 
geregten wichtigen Frage der Differenzierung derTyphaceen dienen. 

Bisher können wir folgende Varietäten unterscheiden: 

1. Bacterium coli commune. 

2. Pseudokolibazillen: verhalten sich kulturell und biologisch 
wie das Bacterium coli commune, koagulieren aber 
Milch nicht. 

3. Parakolibazillen: verhalten sich kulturell und biologisch 
wie Gaertner- und Paratyphus-B-Bazillen, werden aber 
weder vom Gaertnerserum noch vom Paratyphus-B- 
Serum agglutiniert. 

4. Bacillus enteritidis Gaertner. 

5. Bacillus paratyphosus B. 

G. Bacillus paratyphosus A. 

7. Bacillus typhi. 


Erfahrungen über die Schutzimpfung gegen Blut¬ 
harnen (Texasfieber) und die Damholidbehandlung. 

Von Bezirkstierarzt Evers -Waren. 

T)ie seit einigen Jahren vorgenoramenen Schutzimpfungen 
gegen Blutharnen mit defibriniertem Blut haben unzweifelhaft 
viel Gutes geschaffen und manches Tier vor der natürlichen 
Erkrankung bewahrt. 

Anderseits haben aber auch diese Schutzimpfungen häufig 
nicht zu unterschätzende Verluste herbeigeführt, die ungleich 
ungünstiger von dem Publikum beurteilt werden wie die natür¬ 
lichen Verluste. 

Auch die häufig aufgetretenen, nicht immer leichten natür¬ 
lichen Erkrankungen, trotz ausgeführter Impfung, dürften zur 
Zeit der allgemeinen Schutzimpfung noch hinderlich sein. 

Als Gegenstück zu den Erfahrungen des Kollegen 
Dr. Bugge-Kiel (B. T. W. Nr. 6, 1908) möchte ich die mir 
schriftlich mitgeteilten Erfahrungen des Kollegen H. Meyer 
in Argentinien den Interessenten nicht vorenthalten. 

Meyer sah bei der Firma Harteneck & Co. in Argentinien 
anfangs Januar 1907 200 Rinder und junge Bullen, bei denen 
die Schutzimpfung gegen Texasfieber mit defibriniertem Blut 
ausgeführt wurde. Nach 12 Tagen erkrankten einige wenige 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


459 


Tiere, die sich jedoch bald erholten. Erst in der 6. Woche 
erkrankten sämtliche Tiere sehr stark nnd starben 28 Stück. 
Am 5. Mai impfte M. die Tiere zum zweiten Male. Nach 
12 Tagen erkrankten einige Tiere leicht, die auch schnell 
wieder hergestellt wurden. Nur ein Bulle starb, während Meyer 
abwesend war. Am 12. Juni erkrankten 15 Tiere, darunter 
vier sehr schwer. 

Meyer, der im Jahre 1906 nach Argentinien ging, bat 
mich, ihm Damliolid zu Versuchszwecken zu überlassen, da er 
mit dem Präparat die Behandlung des Texasfiebers, dort Tristera 
genannt, versuchen wollte. Ich gab dem Kollegen das Präparat 
mit der ausdrücklichen Bemerkung, auf die subkutane Therapie 
keine zu großen Hoffnungen zu setzen, da die in der Wildnis 
lebenden Tiere jedenfalls schon zu lange krank seien, wenn 
dieselben als solche erkannt würden, und schlug vor, sofort 
die endovenöse Behandlung auszuführen. Meyer behandelte 
auf einer Viehfarm in Maco im Norden der Provinz Santa Fö 
zwei schwer erkrankte Bullen subkutan mit 500 ccm einer 
20proz. Damholidlösung, ohne einen Erfolg zu haben. 

Den am 12. Juni 1907 schwer erkrankten vier Tieren, die 
subnormalc Temperatur (39,5—37,3) und gelblich weiße Augen¬ 
schleimhäute hatten, gab Meyer 100 Damholid : 1000 Itrolwasser 
endovenös und hatte den Erfolg, daß die Tiere sich innerhalb 
48 Stunden vollständig erholt hatten. 

Auch ich habe im vorigen Jahre ähnliche Erfahrungen 
gemacht. 

Auf dem Gute M. erkrankte am 6. Juni eine hochtragende 
Starke schwer an Blutharnen. Bei der am 10. Juni gewünschten 
Behandlung wurden dem Tiere nachmittags an jeder Halsseite 
je ein Liter einer 20 proz. Damholidlösung eingespritzt. Die 
Temperatur war 38,2. Das Tier war sehr matt, der Puls klein, 
aber deutlich fühlbar. Schon vier Stunden nach der Einspritzung 
war die Temperatur auf 36,8 gefallen und trat der Tod zirka 
10 Stunden nach der Injektion ein. Bei der Sektion war fast 
die ganze Flüssigkeit noch in der Unterhaut festzustellen. 

Am 12. Juni behandelte ich in L. eine sechs Jahr alte Kuh, 
die. seit drei Tagen an Blutharnen erkrankt war. Die Temperatur 
war 37,8, der Puls sehr schwach, das Tier so matt, daß es nicht 
stehen konnte. Ich injizierte 250 ccm einer 38° warmen 10 proz 
DamholidlÖBung in die Jugularis und 1000 ccm einer 20 proz. 
Damholidlösung in die Unterbaut. Am nächsten Tage war die 
Temperatur auf 38,8 gestiegen und konnte, da Freßlust und 
Rumination eingetreten war, das Tier am 15. Juni aus der Be¬ 
handlung entlassen werden. 

Am 15. Juni erkrankte in C. eine hochtragende Starke an 
schwerem Blutharnen und wurde 24 Stunden später in Behandlung 
genommen. Temperatur 41,2, Puls kräftig. Freßlust gering, 
aber viel Durst. Das Tier erhält 1000 ccm einer 20 proz. 
Damholidlösung subkutan. Da am nächsten Tage der Appetit 
noch sehr gering ist, Verstopfung eingetreten, auch die Tempe¬ 
ratur auf 40,5 gefallen war, so erhält das Tier nochmals 
1000 ccm einer 20 proz. Lösung subkutan. Am 19. Juni war 
das Tier genesen. 

Von 12 schwer kranken Tieren habe ich im Jahre 1907 nur 
die am 6. Juni erkrankte Starke verloren. 

Ich glaube nach den von mir gemachten Erfahrungen sicher 
annehmen zu können, daß eine endovenöse Injektion von 100 bis 
250 ccm einer 10 proz. Damholidlösung und außerdem 1000 ccm 


einer 20 proz. Lösung subkutan den Tod dieses Tieres ver¬ 
hindert hätten. 

Im akuten Stadium des Blutharnens ist die Temperatur 
immer auf 40—41,5° C. gestiegen und hält sich zwei bis fünf 
Tage auf dieser Höhe. Hören die schweren Krankheits¬ 
erscheinungen nicht auf und Binkt die Temperatur konstant, 
dann tritt der Tod bestimmt ein, wenn nicht schleunigst ein 
Ersatz für das ausgeschiedene Hämoglobin geschaffen wird. Die 
subkutane Therapie ist in diesem Stadium vollkommen nutzlos, 
weil das Präparat von den Kapillaren nicht mehr aufgenommen 
wird. Hier kann nur die endovenöse Therapie einen Erfolg 
haben und hat es auch mit Sicherheit. Die endovenöse Injektion 
wird sehr einfach mit einer Hohlnadel, Gummischlauch und 
Trichter ausgeführt. Als Trichter verwendet man sehr praktisch 
ein Glas von einer großen Glasspritze. Ich empfehle, nicht zu 
weite Kanülen zu wählen, damit die zu injizierende Flüssigkeit 
in recht dünnem Strahle einströmt und sich somit nur langsam 
mit dem noch vorhandenen Blutstrom mischt. Luft darf 
natürlich nicht in die Vene gelangen. 

Die subkutane Injektion großer Mengen Damholidlösung 
muß nach meinen Erfahrungen nur mit der automatischen Spritze 
nach Strauß geschehen, da durch dieselbe eine Verunreinigung 
der Lösung sicher vermieden wird und die Injektion sehr leicht 
ausgeführt werden kann. 

Ich verweise auf meinen Artikel in Nr. 25 der B. T. W. 1907. 

Als Ersatz für das sehr schwer lösliche Itrol kann auch 
Diaptherin (Oxychinoseptol) in 2%) Lösung gute Verwendung 
finden. Actol wird von der Unterbaut nicht vertragen, da es 
häufig Nekrose gibt. 


Einige Instrumente für Bauchoperationen, operative 
Koliktherapie an großen Haustieren. 

Von Prof. L. Hoffmann-Stuttgart. 

Die Eroberung der Bauchchirurgie an großen Haustieren, 
die operative Behandlung der Kolik der Pferde ist die größeste, 
noch am entferntesten liegende Aufgabe für den Tierchirurgen. 
An Kolik sterben zirka 80 Proz. aller Pferde und mechanische, 
chirurgisch lösbare Ursachen sind in mehr als der Hälfte dieser 
Fälle anzunehmen. Schwierigkeiten sind: a) die enormen 
Größenverhältnisse, denen der menschliche Arm und seine Kraft 
oft nicht gewachsen sind, — b) die Schwierigkeit der Durch¬ 
führung der Anti- und Aseptik bei den großen Wundflächen und 
die Schwierigkeit den tief einzufnhrenden Arm aseptisch zu er¬ 
halten, — c) der rasche Wechsel zwischen stärkster Kraft¬ 
anstrengung und zartester Kunstfertigkeit mit Arm und Hand, 
wie er sich z. B.» bei Dislokation von großen schweren entfernt 
und gespannt liegenden Darmpartien und nachfolgender 
Darmnaht ergibt, — d) noch wenig ausgebildetes Spezial¬ 
instrumentarium. — Für einzelne Fälle, die mit der Hand und 
dem Arm allein oder mit seitherigen Instrumenten nicht oder 
nur mangelhaft zu bewältigen sind, habe ich große, meist außer¬ 
halb des TierkörperB Kraft erhaltende Instrumente hergestellt, 
die sehr wirksam gemacht werden können. Ich habe für nötig 
gehalten, einigen von diesen Instrumenten besondere, auf die 
Wirksamkeit bezugnehmende Namen beizulegen. 

Fig. 1. Digitorector (gestreckter, verlängerter Finger). 
Metallstab, 95 cm lang, zweimal abschraubbar, von oben nach 
15 cm und weiteren 30 cm. Er ist lang, gleichstark, 1 cm 





460 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Durchmesser, hat am oberen Ende kurzen, 2 cm vorstehenden, j aber in ganz kleinen Verhältnissen ausgeführt, in der Human¬ 
abgerundeten, etwa im halben rechten Winkel stehenden Haken. Chirurgie vorhanden.) Es ist 64 cm lang, besteht aus zwei 
— Gebrauch des Instruments: Es ist als verlängerter nebeneinander gestellten, nach dem freien Ende sich ver- 
Finger gedacht. In manchen Fällen finden die bis zum äußersten jüngenden Haken und einem dritten dazwischen befindlichen 
gestreckten Arm und Finger wohl das Hindernis, allein die Eisenstab, der oben und unten am Griff, durch Verbindungs- 
Länge ist nicht ausreichend, wirksam einzugreifen, die Finger- | stücke, die Hakenstäbe aneinander hält. Am freien unteren 



Instrumente für Bauchoperationen , operative Koliktherapie an großen Haustieren 
nach Prof. L. Hoff mann-Stuttgart. 

1. THgitorector. 2. Adcersarius. 3. Bicapessar. 4. Bistouris auf langem biegbarem Kupfer stabgriff; 
Klingen Fig. a , 6, c. 5. Schraubenschere. 6. Klemmxangc. 7. Metallrerschlußknöpfe auf langem 
biegbarem Kupferstabgriff. 8. Trokar. 9. Hohlnadel. 

Jedes Originalinstrument trägt die obige Asculap-Garantiemarke (eingetr. Warenzeichen). 


spitze ist zu schwach, das Hindernis zu ändern. Hier wird 
a) der vorderste Abschnitt das Instruments mit der Hand ein¬ 
geführt und wirksam gemacht oder b) der tastende Finger der 
eingeführten Hand bleibt an der kranken Stelle und das ver¬ 
längerte Instrument wird neben dem Arm eingeschoben und von 
außen bewegt. 

Fig. 2. Adversarius (Hakenwender). (Das Instrument 
ist schon in ähnlicher Konstruktion und zu ähnlichen Zwecken, 


Ende jeden Hakenstabes ist ein breites Staffelrad mit flügel- 
artig seitlich gestellten Griffen, die nach der Mitte, nach 
oben und unten zusammengeklappt werden können, und die 
gleichen Bewegungen machen oben die Haken mit, so daß diese, 
wie in der Figur, beide je mit dem freien Ende seitlich von¬ 
einander stehen oder nach oben oder entgegengesetzt an¬ 
einander liegen. Die Wirkung zeigt sich deutlich und über¬ 
raschend, wenn die Griffflügel und damit auch die Haken 




25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


461 


aneinander gelegt werden, über beide Haken eine Schnur ein¬ 
gehakt und als Schlinge nach oben zusammengehalten wird und 
dann die Griffflügel beide nach außen und entgegengesetzt 
zusammengedrückt werden, hierdurch wird die Schnurschlinge 
aufgewickelt und zu einem leicht abschließbaren Knoten ge¬ 
bildet. — Gebrauch des Instrumentes: Strangbildungen am 
Dickdarm aus den Darmbinden, Taenien, oder aus dem Netz 
oder Gekröse, die blutlos getrennt werden sollen, werden mit 
dem Instrument durchgehakt und zur Knotenschlinge um¬ 
gebogen. Hierdurch ist der Teil sehr sicher gefaßt, kann 
herangezogen und weiter behandelt werden. 

Fig. 3. Bicapessar (doppelte bewegliche Hakenzange). 
Das Instrument ist 70 cm lang, ist eine sehr schlanke Zange 
mit aufgelegtem aseptischem Schloß und statt des Zangen¬ 
maules sind zwei je 10 cm lange stumpfe Haken mit Charnier 
derart angesetzt, daß sie sich nach vorn oder hinten je im 
rechten Winkel (gesamt 180°) abbiegen lassen. Wenn die 
Haken aneinander stehend eingesetzt werden und das gefaßte 
Band usw. wird beiderseits fixiert und dann die Zangengriffe 
geschlossen werden, so daß sich oben die Haken voneinander 
entfernen, so wird der gefaßte Teil gedehnt. Gebrauch des 
Instrumentes: In straffe, bandartige oder wegen ihrer 
Schlotterigkeit anzuspannende Strangulationen werden die 
Haken des Bicapessar eingesetzt, etwas angezogen und durch 
Auseinandersperren der Zangenhaken der Strang angezogen und 
gedehnt, dadurch für weitere Eingriffe parat gemacht. 

Fig. 4. Bistouris auf langem, biegbarem Kupfer¬ 
stabgriff. Die Bistouris sind sehr kräftig, — geknöpft, 
sichelförmig, — spitzig über die Schneide gebogen — und 
gerade, oben stumpf. Die Schneidekante ist kurz. Ajn unteren 
Ende der Klinge ist eine runde Klammer mit Schraubenmutter. 
Der vernickelte Kupferstab hat 0,5 cm Durchmesser und oben 
ist eine 1 cm lange tiefgehende Schraubenspindel angeschnitten, 
zum Aufschrauben einer Bistouriklinge. Der Stab kann mit 
beiden Händen gefaßt und beliebig gebogen werden, er ist aber 
doch derart widerstandsfähig, daß er die ihm beigebogene Form 
durch den Gebrauch nicht verliert. — Gebrauch der 
Instrumente: Sie dienen zum Ein- oder Abschneiden der 
obengenannten Gewebsstränge, die mit den unter Fig. 2 und 3 
genannten Instrumenten gefaßt werden. Das Einfuhren des 
Bistouris erfolgt, daß die Klinge zwischen Zeige- und Mittel¬ 
finger eingeklemmt wird. 

Fig. 5. Schraubenschere. Das Instrument ist 85 cm 
lang, die Scherenklingen 4 cm lang, kräftig. Die Gelenke 
hinter dem Scherenschloß, gestreckt, 6 cm lang. Der Verschlu߬ 
dorn am Schloß ist auf einer Metallplatte befestigt. Der lange 
Stielträger für die Schere steckt in einem Metallrohr von 1 cm 
Durchmesser. Durch Gewinde am unteren Ende, mittelst des 
querstehenden Doppelgriffes wird die Schere, auf wenige Um¬ 
drehungen, ad maximum geöffnet oder geschlossen. Ein seitlich 
am Stangenrohr hervorstehender Griff ist durch Drehung 
längs- und kreisförmig am Stangenrohr beweglich oder fixierbar 
— Gebrauch des Instrumentes. Zu Trennungen in der 
Tiefe der Bauchhöhle, an Teilen, die mit anderen Instrumenten 
nicht durchführbar sind, z. B. die in 2. und 3. genannten Bänder, 
aber auch noch Ränder von Platten, z. B. des Bauchfelles oder 
anderer Teile, bei Invaginationen in das Winzlowsche Loch* 
bei innerem Bruch der Ochsen usw. usw. Der Operateur ist mit 
seinem Arme in der Bauchhöhle und fixiert mit Daumen und 


Zeigefinger den zu trennenden Teil. Neben seinem Arme wird 
von einem Gehilfen die Schere geschlossen eingeschoben, innen 
leitet der Operateur den oberen Scherenrand an den zu 
trennenden Gewebsteil, läßt von außen, durch Linksdrehung am 
Doppelgriff, die Schere etwas öffnen und dirigiert, innen, den 
abzuschneidenden Teil zwischen die Scherenklingen, die dann 
durch das Zuschrauben von außen, mit Leichtigkeit ab¬ 
geschnitten werden. 

Fig. 6. Klemmzange. Das Instrument ist 20 cm lang, 
höchst kräftig und wirkungsvoll. Die aneinanderliegenden Maul¬ 
flächen sind glatt mit Kupferbelag. — Gebrauch des 
Instruments: Verschluß von Drahtligaturen, zum Fassen und 
Anziehen der Gummiröhre, für Ligatur, zum Abbiegen des 
Kupferstabes und der sehr kräftigen Nadelhalter zur Verschlu߬ 
naht der Haut. 

Fig. 7. Metallverschlußknopf auf langem, bieg¬ 
barem, vernickeltem Kupferstab. Der stark haselnu߬ 
große Metallknopf ist doppelt perforiert, mit a) einem gleich¬ 
mäßig 4 mm weit gebohrten Loch und b) einem zweiten 
parallelen das seitlich 1 mm weit aufgeschnitten ist. Außerdem 
ist ein drittes Loch bis in seine Mitte gebohrt zum Einstecken 
des Kupferstabes. — Gebrauch des Instruments: Ein 
entsprechend starkes Gummirohr wird, in straff gedehntem 
Zustand, durch die geschlossene Lochung des Knopfes gezogen, 
so daß er infolge seiner Elastizität, im Knopf festgehalten wird, 
mit dem freien Ende des Rohres wird eine Schleife um einen 
Gegenstand gebildet und das Rohr, straff angezogen, durch den 
Schlitz im Knopfe gedrängt, so daß auch dieser Gummirohrteil 
hier festgehalten wird. Es werden auf diese Methode Gewebs¬ 
stränge im Körper, die abgeschnitten werden sollen, aus deren 
Stümpfen aber Blutung zu erwarten ist, doppelt abgebunden 
und dann erst zwischen beiden Knöpfen getrennt. 

Fig. 8 und 9. Trokar und Hohlnadel zur Entleerung 
von Darmgasen oder Flüssigkeiten in der Tiefe der Bauch¬ 
höhle. — Fig. 8. Die Trokarhülse hat am hinteren Ende 
der Kammer eine eichelförmige Bildung, auf welche bei aus¬ 
gezogenem Stilett ein Gummirohr aufgesteckt wird. Das Stilett 
wird zuerst durch die Gummirohrwand gestochen, dann erst 
durch die Kanüle geführt, damit die Spitze oben zum Vorschein 
kommen kann ist das Stilett etwas länger als gewöhnlich. 
Nach dem Einstich und Abzug des Stilettes entweichen Gase 
oder Flüssigkeit durch das Gummirohr und können auf größere 
Entfernung aus der Bauchhöhle geleitet werden. — Fig. 9 ist 
eine starke Pravazsche Nadel mit Eichelansatz am hinteren 
Ende zum Aufstecken eines Gummirohres, sie dient denselben 
Zwecken wie der Trokar. 

Die vorerwähnten Instrumente sind in einem stark gebauten 
und gut vernickelten Metalletui untergebracht und können auch 
gleich in dem Etui durch Kochen sterilisiert werden; um die 
Sterilisation zu erleichtern sind die Stege, auf denen die Instru¬ 
mente ruhen, herausnehmbar angeordnet. Auch der Deckel 
kann als Sterilisierschale benutzt werden. 

Gummi (Drain- oder Ligaturschläuche) darf nicht innerhalb 
des Etuis mit den Instrumenten zusammen aufbewahrt werden, 
weil sonst die Metallinstrumente trotz bester Vernickelung 
I oxidieren. 





462 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Referate. 

Die traumatische partielle Peritonitis des Rindes and 
die Fleischbeschau bei eingetretener Notschlachtung, 

Von Dr. Hermann Männer-Karlsruhe. 

(Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte. 1908, Nr. 2.) 

Männer bespricht des näheren jene Bauchfellentzündung 
des Rindes, welche sich den Verletzungen des Magens durch 
Fremdkörper anzuschließen pflegt und hinsichtlich der Diagnose 
ziemliche Schwierigkeiten bereitet. Für die differentielle 
Diagnose kommen in Betracht: erfolglose Verabreichung von 
Indigestions- und Abführmitteln, vermehrte Pulsfrequenz, Ver¬ 
sagen der Futteraufnahme, kurze unterdrückte, glucksende 
Pansengeräusche, klein geballter, harter und mit Schleim über¬ 
zogener oder ganz dünnflüssiger, schwarzer, übelriechender Kot, 
vereinzelt auch Zähneknirschen. 

Besondere Schwierigkeiten bereitet die genannte Krankheit 
bei der Fleischbeschau nach Notschlachtungen, wenn die Bauch¬ 
fellentzündung erheblich ausgedehnt ist und einen häufig 
jauchigen oder eitrigen Charakter hat. Nach Männer ist es 
falsch, sofort auf Septikämie zu schließen, die eine Fleisch¬ 
vernichtung bedingen müßte. Vor allem ist auf etwaige Ge¬ 
rinnung des Blutes zu achten; nur wenn letzteres sehr mangel¬ 
haft oder gar nicht geronnen ist, und wenn noch die anderen 
Symptome: Ekchymosen an den serösen Häuten, Milztumor, 
Lymphdrüsenentzündung usw. hinzukommen, liegt wirklich 
Septikämie vor. Unerläßlich ist ferner die Kochprobe, denn 
dieselbe gibt genauen Aufschluß darüber, ob etwa das Fleisch 
bereits eine objektive Veränderung im Geschmack oder Geruch 
erlitten hat. Ist dies der Fall, dann ist das Fleisch nach 
§ 33 Abs. 18 zu beurteilen. J. Schmidt. 

Ein Fall von metastatischer Sehnenscheidenentzündung 
als Komplikation der Brustseuche. 

Von Stabsveterinär Aul ich. 

(Zeitschrift für Veterioärtcundd 1908, S. 27.) 

Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Brustseuche¬ 
erkrankung, welche hauptsächlich infolge Komplikation mit einer 
am linken Vorderschenkel auftretenden metastatischen Sehnen¬ 
scheidenentzündung letal endete. Hierdurch wurde es möglich, 
die Sehnenscheidenveränderungen näher zu untersuchen. Aus 
diesen von Aul ich angestellten Untersuchungen geht hervor, 
daß bei dem in Rede stehenden Pferde am linken Vorderbein 
bestanden hat: 

1. Ein entzündliches Ödem der Unterbaut hämor. 
rhagischen Charakters. 

2. Eine hämorrhagisch-eitrige, exsudative Ent¬ 
zündung der unteren und oberen Sehnenscheide des 
Huf- bzw. Kronbeinbeugers, bedingt durch Coccen, die 
vielfach die gleichen Eigenschaften zeigten wie die von Schütz 
im 13. Bande des Archivs für wissenschaftliche und praktische 
Tierheilkunde beschrieben, als die Erreger der Brustseuche an¬ 
gesehenen Coccen. 

3. Eine seröse Entzündung der Huf- und Kronbein- 

beugesehnen, die in den mit der betreffenden Sehnenscheiden¬ 
wand in Berührung stehenden Randzonen einen mehr oder 
weniger ausgeprägten hämorrhagischen Charakter angenommen 
h at - Richter. 


Jahresbericht über die in der Klinik der Königlichen 
Militär-Lehrschmiede zu Berlin im Jahre 1906 be¬ 
handelten Pferde. 

Von Stabsveterinär Ernst Krüger. 

(Zeltschr. f. Veterinärk. 1907, S. 345.) 

Aus dem von Krüger bearbeiteten Jahresbericht seien 
folgende Punkte hervorgehoben: Pflanzliche Parasiten. Ein 
am ganzen Körper an Herpes tonsurans leidendes Pferd wurde 
täglich mit warmem, 5proz. Creolin- und 1 pro mill. Sublimat¬ 
wasser gewaschen; die erkrankten, bis handtellergroßen Haut¬ 
partien wurden abwechselnd mit Naphthalan und Salizylspiritus 
eingerieben. Die Beseitigung des Leidens erforderte 3 Monate. 

Nageltritt. Bei acht Pferden mußte das untere Endstück 
der Hufbeinbeugesehne deseziert werden; von diesen Patienten 
wurden drei als vollständig geheilt entlassen, zwei blieben am 
Jahresschluß noch in Behandlung, ein Tier ging noch längere 
Zeit lahm und zwei wurden getötet. Sämtliche Operationen 
wurden nach Kokaineinspritzung am stehenden Pferde ausgeführt. 

Hufknorpelfistel. 51 Pferde wurden behandelt; von 
diesen sind 34 geheilt, sieben vor der Heilung der Operations¬ 
wunde entlassen, vier als unheilbar getötet, zwei gestorben und 
vier in Behandlung geblieben. In allen Fällen wurde die totale 
Exstirpation am stehenden Tiere ausgeführt. — In neun Fällen 
w r ar das Hufgelenk mit erkrankt; von diesen wurden vier ge¬ 
tötet, zwei starben und bei drei Pferden gelang die Heilung» 
die dann durchschnittlich drei Monate dauerte. 

Krankheiten der Knochen. Ein Pferd litt seit mehreren 
Monaten an einer wiederholt erfolglos operierten, vom Atlas 
ausgehenden Fistel dicht unterhalb der rechten Ohrmuschel. 
Es stellten siGh schließlich Lähmungserscheinumgen am ganzen 
Körper ein; das Pferd verendete unter den Symptomen allgemeiner 
Körperschwäche. Die Obduktion ergab, daß sich die Knochen¬ 
erkrankung auf das Rückenmark und seine Häute fort gepflanzt 
hatte. Es fand sich eitrige Entzündung des unter der rechten 
Parotis gelegenen Bindegewebes, Entzündung und Verdickung 
der rechtsseitigen Gelenkbänder zwischen Hinterhauptsbein und 
Atlas, eitrige Einschmelzung und Knochenwucherung des Atlas, 
Entzünduug der Rückeumarkshäute nebst entzündlichem Erguß 
und Entzündung des Hinterhauptsgelenks mit teilweisem Schwund 
des Gelenkknorpels. Richter. 

Dymal (salicylsaures Didym). 

Von Oberveterinär Dr. Ant. Maier - Nürnberg. 

(Wochetischr. f. Tierblk. u. Viehzucht, 52. Jahrg. Nr. 4.) 

Verfasser erzielte mit diesem neuen, von Zimmer & Cie. 
in Frankfurt a. M. hergestellten Wundmittel mehrfach sehr 
zufriedenstellende Heilerfolge. Er beschreibt des näheren zwei 
instruktive Fälle aus der Hundepraxis, in denen die Heilung 
außergewöhnlich glatt und ohne Komplikationen verlief. Im 
ersten Fall fand sich — von kleineren Bißwunden abgesehen — 
die Haut des Brustkorbes, dicht hinter dem linken Ellenbogen¬ 
gelenk beginnend, quer über das Rückgrat bis zum unteren 
Drittel der rechten Seitenbrust gänzlich aufgeschlitzt, so daß 
eine weitklaffende, ca. 22 cm lange Wunde mit zerfetzten 
Rändern entstand, innerhalb deren die Faszien bzw. die Rücken- 
und Brustmuskulatur fiei zutage lagen. Dermatolbepuderungen 
und weiterhin Therapogenbehandlung bewährten sich nicht, 
während Dymal die Bildung von gesunden Granulationen uncl 
damit Genesung bedingte. 



25. Juni 1908. 


Berliner tierärztliche Wochenschrift. 


Im zweiten Fall erlitt ein Foxterrier am linken Baggelenk 
einen fast kreisrunden Substanzverlust der Haut in der Größe 
eines Fünfmarkstücks. Die Wundränder waren zum Teil auf¬ 
gerollt und von ihrer Unterlage losgerissen, so daß eine flache 
Tasche entstand. Nach drei Wochen war der Defekt infolge 
Applikation des Dymals geschlossen. Die Vorzüge des letzt¬ 
genannten Präparates sind die sekretionsbeschränkende 
und granulationanregende Wirkung sowie die Geruch¬ 
losigkeit. J. Schmidt. 

Zur Frage der Schutzimpfung von Rindern 
gegen Tuberkulose. 

Von Professor Dr. F. Hutyra-Budapest. 

(Zeitschrift für Tiermedizin, XI. Band, 4./5. Heft) 

In einer umfangreichen Abhandlung bespricht Hutyra die 
Versuche und Erfahrungen, die bisher mit Schutzimpfung von 
Rindern gegen Tuberkulose gemacht worden sind. Der Verfasser 
berichtet dann weiter über seine weiteren Versuche, die an- 
gestellt wurden, um einige der bisher empfohlenen Impfmethoden 
bezüglich ihrer Schutzwirkung unter einander zu vergleichen, 
andererseits aber die Prüfung der künstlich erhöhten Widerstands¬ 
fähigkeit in verschiedenen Zeiträumen nach Abschluß der 
Schutzimpfung vorzunehmen. Die Versuche erstreckten sich 
auf einmalige subkutane und einmalige intravenöse Schutz¬ 
impfung, ferner auf die Schutzimpfung nach Behrings Methode 
mit Kontrollinfektion nach 772 Monaten und nach 17 Monaten 
nach der Schutzimpfung. 

Prof. Hutyra kommt zu folgender Zusammenfassung: Die im 
Laufe von vier Jahren seit der Anwendung der von Behring 
zur Immunisierung von Rindern für die Praxis empfohlenen 
Schutzimpfung gewonnenen experimentellen Erfahrungen be¬ 
rechtigen wohl zu der Schlußfolgerung, daß 

1. durch eine zweimalige intravenöse Einverleibung 
menschlicher Tuberkelbazillen die Widerstands¬ 
fähigkeit der Rinder gegenüber einer späteren 
künstlichen Infektion unmittelbar in bedeutendem 
Maße erhöht wird; daß aber 

2. die künstlich erhöhte Resistenz von nicht langer 
Dauer ist, sondern bereits gegen das Ende des 
ersten Jahres nach der Schutzimpfung erheblich 
abnimmt und nach einem weiteren halben Jahre 
vollends erloschen sein kann. 

Da die einmalige subkutane Injektion humaner 
Tuberkelbazillen in ihrer Schutzwirkung der zweimaligen 
intravenösen Impfung gleichzustellen ist, so dürften die obigen 
Folgerungen auch für diese Methode zutreffen. Ferner liegen 
bisher keine experimentellen Beweise für die Annahme vor, daß 
eine einmalige intravenöse Schutzimpfung eine dauernde 
Immunität verleiht. Es sprechen vielmehr theoretische Er¬ 
wägungen dafür, daß die Schutzimpfung nach dieser Methode 
hinter der an erster Stelle erwähnten zurücksteht. 

Die experimentellen Ergebnisse und das zurzeit zur Ver¬ 
fügung stehende statistische Material beweisen noch nicht den 
praktischen Wert der Schutzimpfung. Vielleicht könnte man 
darauf kommen, neben dem Schutzimpfangsverfahren gleich¬ 
zeitig das eine oder andere der von Bang empfohlenen Be¬ 
kämpfungsverfahren mit anzuwenden. Auch könnte man durch 
in weiten Zeiträumen (alljährlich?) wiederholt subkutane oder 
intravenöse Injektionen des Impfstoffes die Resistenz auf die 


463 


Dauer auf der nötigen Höhe erhalten. Allerdings ist in diesem 
letzteren Falle bei Schlachttieren daran zu denken, daß sich 
dem Körper von Rindern einverleibte menschliche Tuberkel¬ 
bazillen nach den Versuchen von Lignit res bis zu zwei 
Jahren im lebenden Zustande erhalten können. Jedenfalls muß 
auch jetzt noch das Bangsche Verfahren als das beste be¬ 
zeichnet werden. Rdr. 

Nene Erfahrungen über Immunisierung gegen 
Schweinepest. 

Die Untersuchungen von amerikanischen Gelehrten haben 
bekanntlich ergeben, daß die Schweinepest einem flltrierbaren 
Virus zuzuschreiben ist. Die bedeutendsten europäischen 
Bakteriologen sind derselben Meinung. Seit dem Jahre 1903 
suchen die Bakteriologen des Bureau of Animal Industry ein 
Serum zu gewinnen, das imstande ist, die Schweine gegen 
Schweinepest zu immunisieren. Ihren Versuchen zufolge ziehen 
sie zurzeit nachstehende Schlüsse: 

1. Injiziert man Schweinen, "welche schweinepestimmun sind, 
eine bestimmte Blutmenge schweinepestkranker Schweine, so 
erhält deren Blutserum das Vermögen, nicht schweinepest¬ 
immune Schweine gegen eine tödtliche Dosis pathogenen Blutes, 
welches gleichzeitig mit dem vorgenannten Serum injiziert wird, 
zu immunisieren. 

2. Die Schweine, welche, obgleich sie lange Zeit der 
Schweinepestinfektion ausgesetzt waren aber nie Symptome der 
Krankheit zeigten (natürliche Immunität), sind imstande ein 
ebenso kräftiges Serum zu liefern wie jene, welche von einem 
Anfalle der Krankheit genesen sind (erworbene Immunität). 

3. Man erzielt Immunität ebenso durch Injektion einer 
großen Dosis pathogenen Blutes, als auch durch Anwendung 
wiederholter kleiner Mengen. 

4. Die Immunität kann mit Blut jeglicher Art virulenten 
Schweinepestblutes erreicht werden. 

5. Die immunisierten Schweine bewahren höchst wahr¬ 
scheinlich mehrere Monate lang das Vermögen, ein wirksames 
Serum zu liefern. 

6. Serum von Schweinen, welche mit 20 ccm immunisiert 
sind, schützt nicht immune im Gewicht von 25 bis 50 Pfund 
gegen eine tödtliche Dosis gleichzeitig verabreichten pathogenen 
Blutes. 

7. Die Immunität der Schweine, welche nach der Methode 
„Serum und Blut zugleich“ behandelt wurden, besteht mindestens 
372 Monate und wahrscheinlich noch länger. 

8. Bei der Impfung „Serum und Blut zugleich“ ist es nicht 
nötig, die Krankheit bei dem geimpften Schwein hervorzurufen, 
um eine Immunität von mindestens drei Monate zu erzeugen. 

9. Nimmt man eine genügende Dosis Serum, so haben die 
Schweine unter der„Serum-Blut“-Impfung in keinerWeise zu leiden. 

10. Die nach der Methode „Serum-Blut“ geimpften Schweine 
übertragen die Krankheit nicht auf andere, wenigstens nur, 
wenn sie selbst erkranken. 

11. Das Serum allein vermag einen völligen Schutz nur 
für drei Wochen zu verleihen. 

12. Das Serum kann wahrscheinlich mit Erfolg als Heil¬ 
mittel angewandt werden, wenn man es im ersten Stadium der 
Krankheit anwende.t 

Bulletin of the B. A. J. Nr. 112. janvier 1908. 

Hugendubel. 


464 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Maul- und Klauenseuche in Schottland. 

Die Maul- und Klauenseuche, deren sich Großbritannien seit 
mehreren Jahren entledigt hatte, ist neu in Schottland auf¬ 
getreten. Sie wurde am 4. Februar in Elvanbank bei Edinburg 
bei einer Herde von 108 Tieren, die einem Herrn Robertson 
gehörten, festgestellt. Sonntag, den 15. Februar, ist sie in 
Murrayfield, eine halbe Meile von Elvanbank, in einem Stalle von 
21 Kühen, gleichfalls Herrn Robertson gehörig, erschienen. 
Die Mehrzahl dieser Tiere war am Mittwoch zuvor in Edinburg 
gekauft worden und mit den Tieren von Elvanbank aicht in 
Berührung gekommen. Es erübrigt hinzuzufügen, daß alle diese 
Tiere geschlachtet wurden, wie auch 16 Kühe eines Herrn 
Simpson in Murrayfield, die durch Jauche infiziert waren. 
Diese Vorkommnisse haben eine starke Bewegung im vereinigten 
Königreich hervorgerufen. Man vermutet, daß die Seuche durch 
Hafer aus Holland eingeschleppt wurde; deshalb wurde ein 
Verbot erlassen, ferner Stroh und Hafer aus Europa einzu¬ 
führen mit Ausnahme von Norwegen, Schweden und Dänemark. 
Die Landung der „Fram“, welche eine Ladung Futter von Dün¬ 
kirchen nach Irland hatte, wurde nicht gestattet. (Recueil de 
mödecine vöterinaire.) Hugendubel. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Zentralblatt für Bakteriologie usw. 46. Bd., Originale S. 671. 

Eine spontane Streptococcenepidemie unter weißen Mäusen. (Aus 
dem hygien. Institut der kk. Universität Innsbruck, Vorstand 
Prof. Lode.) Von F. Kutschera. — Unter den weißen Mäusen 
des vorstehend genannten Instituts brach im Herbst v. J. spontan 
eine Seuche aus, der viele Tiere zum Opfer fielen. Bei der 
Sektion wurden meist Schwellungen der Milz und Nieren ge¬ 
funden, mehrmals erschien die Milz auf das Drei- und Vierfache 
vergrößert und mit stecknadelkopfgroßen Abszessen durchsetzt. 
Bakteriologisch wurde eine Mischinfektion von Streptococcen 
und Staphylococcen mit Überwiegen der ersteren nachgewiesen. 
Der untersuchte Streptococcus, der nach der von Lingelsheimschen 
Probe als „brevis“ zu bezeichnen ist, erwies sich auch für 
Kaninchen, nicht aber für Meerschweinchen pathogen. Die Seuche 
erlosch erst nach mehreren Wochen und nach wiederholter 
gründlicher Desinfektion der Käfige. 

Dieselbe Zeitschrift, S. 674. 

Beitrag zur Biologie des Erregers der Kälberruhr-Colibacillosis. 

(Aus dem bakteriologischen Institut der Serumgesellschaft m. b. H. 
in Landsberg ä. W.) Von K. Neumann. — Die Arbeit wurde 
unternommen, um Aufklärung darüber zu erhalten, ob sich die 
im Institut gezüchteten Kälberruhrbakterien durch Passagen in 
ihrer Virulenz oder in ihrer Stammverschiedenheit abändern 
lassen. Zusammenfassung: 1. Eine wesentliche Virulenz- 
vermindernng bei Kälberruhr-Colistämmen ist, wenn sie auf 
künstlichen Nährböden gehalten werden, innerhalb einer 
Beobachtungszeit von zwei Jahren nicht zu konstatieren. 
2. Durch öfteres Umstechen von Gelatine zu Gelatine oder von 
Milch zu Milch läßt sich die Virulenz der Kälberruhrcoli- 
bakterien nicht erhöhen. Der Gelatinenährboden scheint für die 
Züchtung dieser Bakterien geeigneter zu sein als der Milch¬ 
nährboden. 3. Die Angabe Jensens, daß durch Meerschweinchen¬ 
passage für Meerschweinchen eine Virulenzsteigerung der 
Kälberruhrcoliarten eintritt, trifft für wenig- und hochvirulente 
Stämme zu. 4. Durch Mauspassagen gelingt es nicht, die 
Kälberrruhrcolibakterien derart in ihrer Virulenz zu erhöhen 


No. 26. 


daß sie mit Regelmäßigkeit Mäuse in kleinen Dosen töten. 
5. Durch Mauspassagen gelingt es, die Virulenz der Kälberruhr- 
colibakterien zum Teil recht erheblich für Meerschweinchen zu 
erhöhen. 6. Durch Meerschweinchenpassagen läßt sich eine 
Virulenzsteigerung der Kälberruhrbakterien für Mäuse nicht er¬ 
reichen; eher kann eine Virulenzverminderung für Mäuse ein- 
treten. 7. Es gelingt nur schwer, Mäuse mit Kälberruhrcoli 
hoch zu immunisieren. 8. Durch Immunisierung von Mäusen 
können sich bei diesen Erscheinungen einer Resistenzerhöhung 
gegen andere Stämme geltend machen. 9. Die tödliche Infektion 
mit Kälberruhrcoli ist bei Meerschweinchen seltener von der 
Subcutis als vom Peritoneum erreichen. 10. Gelingt es, einen 
Kälberruhrcolistamm durch Passage virulenter zu machen, so 
erzeugt dieser virulenter gewordene Stamm ein stärker aggluti¬ 
nierendes Serum, als der weniger virulente Anfangsstamm. 

11. Die Virulenz eines Kälberruhrcolistammes allein entscheidet 
nicht über die Höhe der Partialagglutination. Ein weniger 
virulenter Stamm kann ein stark agglutinierendes Serum für 
einen stärker wirkenden Stamm erzeugen, ohne daß umgekehrt 
derselbe stärker virulente Stamm ein stark agglutinierendes 
Serum für denselben weniger virulenten Stamm liefern muß. 

12. Immunisiert man mit mehreren Kälberruhrcolikulturen ein 
und dasselbe Tier, so kann zwischen den erzeugten Agglutininen 
der einzelnen Stämme und der Virulenz ein Parallelverhältnis 
bestehen, vorausgesetzt, daß die benutzten Immunisierungsdosen 
die gleichen waren, und die Injektion gleichzeitig erfolgte. 

13. Die Stammverschiedenheit der Kälberruhrcolistämme, die 
sich dadurch ausdrückt, daß a) das Serum eines Stammes nur 
gegen den homologen, nicht gegen einen heterologen Stamm 
schützt, und b) ein mit einem Kälberruhrcolistamm hoch¬ 
immunisiertes Versuchstier gegen einen anderen Stamm nicht 
immun ist, läßt sich durch gleichmäßige Passagebehandlung 
nicht verwischen oder aufheben. 14. Die Stammverschiedenheit 
der Kölberruhrcolistämme, wie sie sich durch die „Spezifität“ 
der Agglutination ausdrückt, kann sich durch Passage ver¬ 
wischen oder aufheben lassen. 15. Die Agglutinationskraft 
eines Kälberruhrserums und deren Höhe kann zur Beurteilung 
seines Gehaltes an Immunkörpern nicht herangezogen werden. 
Dieselbe Zeitschrift, S. 709. 

Über das Verhalten des HQhnerpestvirus im Zentralnervensystem 
empfänglicher, natürlich und künstlich unempfänglicher Tiere. (Aus 
dem staatl. therapeutischen Institut in Wien, Vorstand Professor 
Paltauf). Von Professor R. Kraus und Dr. R. Doerr. — 
Durch Kraus, Keller und Clairmont ist festgestellt worden, 
daß das Lyssavirus sich bei den empfänglichen Kaninchen 
gleichmäßig fortpflanzt, daß es sich auch bei weniger empfäng¬ 
lichen Tieren noch fortpflanzt und vermehrt, daß es aber im 
Gehirn der immunisierten Kaninchen rasch zugrunde geht. Die 
Verfasser prüften, ob ähnliches auch für das Virus der Hühner¬ 
pest zutrifft. Dies war der Fall; es ergab sich, daß das-Virus 
der Hühnerpest sich im Zentralnervensystem sowohl empfäng¬ 
licher Tiere (Hühner, Gänse) als auch in dem unempfänglicher 
Tiere (Tauben, Kaninchen) fortpflanzt, daß es jedoch im Zentral¬ 
nervensystem immunisierter Gänse rasch zugrunde geht. Außer 
anderen Gründen spricht diese Analogie für eine Verwandtschaft 
des Lyssavirus mit demjenigen der Hühnerpest. 

Dieselbe Zeitschrift, S. 727. 

Eine einfache Art der Sporenfärbung; von R. Wirtz. — 1. Das 
mit Material beschickte Gläschen wird 10 bis 20 Sekunden in 



25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


465 


der Haram8chen Röhre in Osmiumsäuredämpfen fixiert, 2. mit 
5 proz. Malachitgrünlösung überschiclitet, erhitzt bis Dämpfe 
aufsteigen, nach einer Minute noch einmal kurz erhitzt und nach 
einer weiteren halben Minute 3. mit fünffach verdünnter Karbol¬ 
fuchsinlösung abgespült und sofort, ohne das Fuchsin länger 
einwirken zu lassen, 4. in fließendem Wasser gründlich ge¬ 
reinigt. Mit dieser Methode ließen sich z. B. Tetanusbazillen 
und Futterbazillen sehr schnell und schön färben, wobei die 
Stäbchen tief rot und die Sporen leuchtend grün erschienen. 
Deutsche Medizinische Wachenschrift. 34. Jahrgang Nr. 19, S. 812. 

Über opsonische Technik (Aus dem Opsonischen Laboratorium 
des Pathologischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule in 
Dresden); von Privatdozent Dr. Strub eil. — Die Anweisung 
für die im Laboratorium von Sir Almroth Wright in London 
geübte Technik zur Bestimmung des opsonischen Index wird in 
wörtlicher deutscher Übersetzung mitgeteilt und mit wertvollen 
Erläuterungen versehen. 

Dieselbe Zeitschrift S. 862. 

Untersuchungen Ober die präventive Wirkung des Atoxyls im Ver¬ 
gleich mit Quecksilber bei der experimentellen Kaninchensyphilis; von 

P. Uhlenhuth und 0. Weidanz in Berlin. -- Auf Anregung 
Uhlenhuths, der mit seinen Mitarbeitern die schützende und 
heilende Wirkung des Atoxyls bei der experimentellen Dourine 
und Hühnerspirillose festgestellt hatte, ist das Atoxyl auch bei 
der Syphilis, der wichtigsten Spirochätenkrankheit, zur An¬ 
wendung gebracht worden. Uhlenhuth, Hoffmann und 
Weidanz haben bei experimenteller Affen- und Kaninchen¬ 
syphilis bewiesen, daß Atoxyl nicht nur ein spezifisch wirkendes 
Heilmittel, sondern auch ein gutes Vorbeugungsmittel bei der 
Syphilis ist. Aus weiteren Versuchen über die präventive 
Wirkung von Quecksilber und Atoxyl ergab sich, daß das 
letztere dem Quecksilber überlegen ist. Wenn es gelänge, das 
Atoxyl seiner giftigen Nebenwirkungen auf den menschlichen 
Organismus zu entkleiden, so wäre es nach Ansicht der Verfasser 
ein ideales Mittel zur Syphilisbehandlung. 


Tagesgeschichte. 

Eugen Albrecht f. 

Tiefe Trauer erfüllt in diesen Tagen die Herzen in den 
Kreisen der Pathologen Deutschlands, ja der Welt. Prof. Eugen 
Albrecht, Direktor des Senckenbergschen Pathologischen 
Instituts in Frankfurt a. M., der glänzendste unter den jüngeren 
Vertretern der Wissenschaft, weilt nicht mehr unter den Lebenden. 
Auch in tierärztlichen Kreisen war der Name des Dahingegangenen 
weit bekannt, wo seine biologischen Arbeiten die breite Basis 
gegeben hatten, auf der Veterinär- und Humanpathologie sich 
zusammenfanden. Und dann war er der große Sohn eines der 
Führer in unserer tierärztlichen Welt. Im vollen Mitgefühl 
des furchtbaren Verlustes, der den Kollegen, den Direktor der 
tierärztlichen Hochschule in München, Hofrat Albrecht be¬ 
troffen hat, stehen wir Tierärzte dem schwergeprüften Vater in 
stiller Wehmut zur Seite. 

Nach kurzem Krankenlager ist Eugen Albrecht in der 
Vollkraft seines Geistes, in der maximalen Schaffenslust seiner 
jungen Jahre dahingerafft worden. Und doch, auf ein wie reiches 
Lebenswerk konnte er zurückblicken, auf Leistungen, die seinen 
Namen unsterblich gemacht haben. In umfassendem Maße be¬ 
herrschte er das immer unübersehbarer sich weitende Gebiet der 


Pathologie, wo er allen Fragen das vielseitigste Interesse widmete. 
Vor allem aber war es sein Eindringen in die Probleme der 
allgemeinen Pathologie, in die biologische Forschung, das seinen 
Ruhm begründete. Virchows Forderung in der Pathologie eine 
biologische Wissenschaft zu sehen, fand in Eugen Albrecht den 
eifrigsten und würdigsten Vertreter. Seine zellular-pathologischen 
Arbeiten, seine Stellungnahme in dem Kampf um die Tumoren¬ 
genese haben die modernen pathologischen Forschungen in neue 
Bahnen gewiesen. Unvergänglich sind seine Verdienste, die er 
sich von der ersten Zeit seiner Wirksamkeit als pathologischer 
Anatom an — um die Wissenschaft erworben hat: Opus aere 
perennius. 

Hervorragend war Eugen Albrecht als Lehrer. Wie er 
in der medizinischen Welt allseits als glänzendster Prosektor 
anerkannt wurde, so vermochte er auch bei den klinischen Ob¬ 
duktionen dem Kreise seiner Zuhörer die Ergebnisse der Sektion 
in der lehrreichsten und in der interessantesten Weise zu ver¬ 
mitteln. „Media morte in vita sumus“ hatte er an der Wand 
des Sektionssaales seines neu erbauten Institutes verzeichnen 
lassen. Und fürwahr, keine bessere Interpretation konnte dieser 
Sinnspruch finden, wie wenn der Dahingegangene die von ihm 
geleiteten Sektionen demonstrierte. Im Tode war hier alles 
Leben, und das, was klinische Wissenschaft nur hatte ahnen 
können, fand hier in großzügiger Darlegung seine Vertiefung 
zur vollen Erkenntnis. 

Unvergänglich bleibt die Erinnerung an Eugen Albrecht 
seinen Mitarbeitern, seinen Schülern, die ihm in ständigem Ver¬ 
kehr lauschen konnten. Theoretisch und am Mikroskop war er 
hier — lebhaft anregend und angeregt — unermüdlich, den 
Seinen das Reich pathologischer Erkenntnis immer weiter zu er¬ 
öffnen, eine Schulung nachhaltigster Wirkung. Welch’ uneigen¬ 
nütziger Berater war er seinen Mitarbeitern! Er gab ihnen den 
freiesten Spielraum in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit, so weit 
es nur mit den Interessen des Institutes vereinbar war, und 
dabei suggerierte er ihnen immer wieder Gedanken zu weiterem 
Ausbau und schuf sich so selbständige Forscher. 

In unauslöschlicher Dankbarkeit werden seine jungen Freunde 
und Schüler dem hehren Bilde ihres verblichenen Meisters nach¬ 
eifern. Der große überragende Gelehrte, der edle allzeit hilfs¬ 
bereite Mensch steht unvergänglich vor ihren Augen. 

Solchen Sohn sein Eigen genannt zu haben, hat das Leben 
wert gemacht, und auch die tierärztliche Welt trifft es, wenn 
dem Kollegen solches beschieden war. So stehen wir auch be¬ 
wegten Herzens, die Größe des Verlustes empfindend, in tiefer 
Trauer mit dem Kollegen vereint, an der Bahre seines großen 
Sohnes. Dr. Ja eg er. 

Verkauf der ärztlichen Praxis und Konkurrenzklansei. 

Im 66. Bande der Entscheidungen des Reichsgerichts finden 
sich, worauf die juristische Rundschau des Berliner Tageblatts 
(Nr. 157) hinweist, Entscheidungen über zwei Rechtsstreitig¬ 
keiten zwischen Ärzten. 

I. 

Der erste Prozeß hat in Dresden seinen Anfang genommen. 
Dort hatte ein Arzt an einen anderen den Fortbetrieb seiner 
Praxis verkauft. In dem Vertrage war zwar nur von der 
Übergabe des Inventars gegen den Kaufpreis die Rede; doch 
wurde gerichtlich festgestellt, daß die Absicht der Parteien auf 
den Verkauf der Praxis gegangen war. Das Oberlandesgericht 
zu Dresden hatte die Frage, ob der Verkauf einer ärztlichen 





466 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Praxis an sich gegen die guten Sitten verstoße und deshalb 
nichtig sei, nicht grundsätzlich entschieden, hatte dies aber für 
den vorliegenden Fall anerkannt. Es hatte in der Begründung 
ausgeführt, daß der Arzt seine Praxis nicht als reine Erwerbs¬ 
tätigkeit betreibe, sondern auch zur Förderung des Allgemein¬ 
wohls; daß ihm hieraus eine Pflicht erwachse, dem ihm vom 
Publikum entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen; daß 
dieses Vertrauen dadurch getäuscht werden könne, daß die 
Praxis an einen andern übergeben werde, und daß die Ver¬ 
wertung dieses Vertrauens zum Zwecke reines Vermögens¬ 
gewinnes je nach Lage des Falles einen Verstoß gegen die 
guten Sitten darst eilen könne und im vorliegenden Falle dar¬ 
gestellt habe, indem der Verkäufer weniger auf die Befähigung 
des Käufers als die Höhe des Kaufpreises Rücksicht genommen 
habe und trotzdem zu einer Empfehlung des Nachfolgers durch 
sein pekuniäres Interesse genötigt gewesen sei. Ein solcher 
Vertrag verletze nicht nur das Standesgefühl, sondern auch die 
sittliche Empfindung der Gesamtheit. 

Das Reichsgericht hat die gesamten Ausführungen als 
frei von Rechtsirrtum und jedenfalls in bezug auf den 
vorliegenden Fall für zutreffend und billigungswert 
erklärt. Das Reichsgericht hat also ebenso wie das Oberlandes- 
gerieht Dresden den Verkauf der ärztlichen Praxis nicht in 
Bausch und Bogen verurteilt, sondern zur Entscheidung die 
Prüfung des Einzelfalles herangezogen. 

Hieraus ergibt sich folgender Grundsatz, der wohl die all¬ 
gemeine Billigung finden wird. Der Verkauf einer ärztlichen 
Praxis braucht nicht in allen Fällen gegen die guten Sitten zu 
verstoßen, nämlich dann nicht, wenn der Verkäufer nachweislich 
nicht nur einen zahlenden, sondern einen fähigen Nachfolger | 
gesucht hat und sich davon überzeugt halten durfte, daß dieser 
das Vertrauen, welches er selbst sich erworben hatte, nicht 
täuschen werde; wenn ferner die ganze Art des Geschäfts¬ 
abschlusses erkennen läßt, daß weder eine Übervorteilung des 
Käufers stattgefunden hat, noch der Verkäufer lediglich von der 
Sucht nach einem möglichst großen Vermögensvorteil geleitet 
worden ist. 

H. 

Die zweite wichtigste Entscheidung des Reichsgerichts hat 
eine Konknrrzenzklausel in Verträgen zwischen Ärzten allgemein 
für nichtig erklärt. Der Beklagte, welcher Assistent resp. Ver¬ 
treter bei einem Nürnberger Zahnarzt wurde, hatte sich beim 
Antritt dieser Stellung verpflichtet, innerhalb dreier Jahre weder 
in Nürnberg noch im Umkreise von 12 km eine ähnliche Stellung 
zu übernehmen oder sich da niederzulassen, und sich im Falle 
der Zuwiderhandlung zur Zahlung von lOOOO M. verpflichtet. 
Nachdem er auf eigenen Wunsch entlassen war, eröffnete er in 
Nürnberg eine zahnärztliche Praxis. Der Geschädigte klagte 
nunmehr die 10000 M. ein. Das Landgericht und das Ober¬ 
landesgericht erkannten den Anspruch an, ermäßigten ihn nur 
auf 7000 M.; das Reichsgericht hat dagegen die Klage völlig 
abgewiesen. 

Es hat zunächst mit sehr eingehender Begründung dar¬ 
gelegt, daß der ärztliche Beruf als ein auf Geld verdienen ge¬ 
richtetes Unternehmen nicht ausgeübt werden dürfe. Geschähe 
dies dennoch, so widerspreche es dem Anstandsgefühl aller billig 
und gerecht Denkenden, wofür mehrere ehrengerichtliche Ent¬ 
scheidungen und eine Reihe von Gesetzen zitiert werden, wo¬ 
nach die Arzte auf dem Gebiet der Gesundheitspflege wie die 


Rechtsanwälte in der Rechtspflege eine eigenartige Stellung 
öffentlich rechtlichen Charakters einnähmen und Träger geistiger 
Kräfte im Dienste des Gemeinwohls seien. Nach allgemeiner 
Anschauung zieme es den Vertretern dieser wissenschaftlichen, 
staatlich geordneten und dem wichtigsten Gemeininteresse die¬ 
nenden Berufe nicht, der Berufsausübung irgendwelche Be¬ 
schränkung aufzuerlegen; diese Berufe müßten frei sein kraft 
der ihnen innewohnenden sittlichen Würde im öffentlichen Inter¬ 
esse. Dieses würde unmittelbar verletzt, wenn für die Aus¬ 
übung solcher Berufe private Monopole irgendwelcher Art ge¬ 
schaffen und die der Allgemeinheit gewidmeten Funktionen im 
Privatinteresse irgendwie gehemmt und gebunden würden. 
Hiernach erschienen Konkurrenzklauseln zwischen Ärzten wie 
zwischen Rechtsanwälten in besonderem Maße anstößig, und es 
wird ein für allemal ein Konkurrenzverbot zwischen Ärzten als 
gegen die guten Sitten verstoßend erachtet und die Berück¬ 
sichtigung besonders gearteter Sachlage ausdrücklich abgelehnt. 
Das gleiche, was für die approbierten Ärzte gilt, ist auch für 
die staatlich geprüften und approbierten Zahnärzte in Anwendung 
zu bringen (es handelte sich in diesem Falle um solche), da 
die Zahnheilkunde ein spezieller Zweig der Heilkunde sei, an 
sich jedem andern ärztlichen Spezialfall gleich stehe und nur 
technische und historische Umstände es veranlaßt hätten, daß 
die Zahnärzte auf Grund einer geringeren Vorbildung staatlich 
zugelassen werden. 

Anmerkung. 

So sehr die erste Entscheidung dem allgemeinen Gefühl 
entsprechen wird, auch in ihrer Milde, welche den Verkauf einer 
ärztlichen Praxis nicht unter allen Umständen als nichtig gelten 
' läßt, ebenso wird die zweite durch ihre außerordentliche Strenge 
überraschen. Es kann dahingestellt bleiben, in welcher Weise 
sich der ärztliche Stand damit abfinden wird. Die Entscheidung 
betrifft eben so sehr den tierärztlichen Stand, da wir ja gar nicht 
wünschen können, daß für die Tierärzte andere Rechtsnormen 
als für die Ärzte aufgestellt würden, ebenso wie die vorzügliche 
Definition des Verhältnisses der Zahnheilkunde zur Medizin mit 
besonderer Freude begrüßt werden muß. Aus diesem Grunde 
interessiert hier nicht allein die Entscheidung besonders, sondern 
es wird auch erlaubt sein müssen, der Auffassung des Reichs¬ 
gerichts zu widersprechen. 

So sympathisch die ideale Auffassung des Reichsgerichts 
von der ärztlichen Tätigkeit berührt, so darf man doch eben 
die nackte Tatsache nicht verkennen, daß die Ärzte durch die 
ganze Gesetzgebung wie die sozialen Verhältnisse unter die 
Gewerbetreibenden verwiesen sind, und daß man sie daher von 
den Grundsätzen, die für diese im allgemeinen gelten, nicht so 
sehr ausnehmen darf, daß ihre Existenz dadurch unterbunden 
und vernichtet werden kann. Solche Fälle können aber ein- 
treten, wenn sich ein Arzt oder Zahn- oder Tierarzt einen 
Assistenten nimmt, diesen jahrelang in dem ihm individuell eigen¬ 
tümlichen Teile seiner Kunst unterrichtet, ihm bequeme Gelegen¬ 
heit gibt, unter der Führung des Meisters sich das Vertrauen 
des Publikums zu gewinnen — und wenn dann dieser Assistent hin¬ 
geht und all die Vorteile, die er umsonst gehabt hat, benutzt, 
um seinem Meister einen Teil seiner bisherigen Praxis und 
damit seines Lebensunterhaltes zu rauben. Für anständig wird 
das ganz allgemeine Gefühl des Volkes bis in die niederen 
Schichten hinein eine solche Handlungsweise nicht halten. 
Das ist der Mangel, welcher der Entscheidung und auch der 




25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4 07 


•Auffassung des Reichsgerichts anliaftet, daß anscheinend ganz 
außer Betracht bleibt, wie die Handlungsweise des in diesem 
Falle Beklagten zu beurteilen war. Wenn die Stellung des 
Arztes eine so ideale ist, so verträgt es sich damit doch erst 
recht nicht, daß es Angehörigen dieses Standes, und zwar gerade 
den jüngeren Angehörigen ermöglicht sein soll, einen Vertrauens¬ 
bruch zu begehen und in dieser Weise den zu schädigen, dem 
man als Schüler Dank schuldig ist — eine Handlung, die auch in 
viel niedrigerem Gewerbe als wider die gute Sitte verstoßend an¬ 
gesehen werden würde. Bei derartiger Rechtspraxis muß 
eigentlich jeder praktische Arzt sich davor hüten, sich einen 
Assistenten groß zu ziehen; er muß sich darauf beschränken, 
diesen Assistenten zu oberflächlichen und nebensächlichen Hand¬ 
reichungen zu verwenden, ohne ihn in das Individuelle seiner 
Kunst einzuweihen. Es entsteht dadurch auch der allgemeiue 
Schade, daß der Assistent unter solchen Umständen für seine 
eigene Fortbildung viel weniger gewinnt, als wenn der Meister 
ihn mit vollem Vertrauen ein weihen kann. Daß der Arzt sich 
aber mit vollem Bewußtsein denjenigen selber heranziehe, der 
ihm die Existenz abgräbt und seinen Kindern das Brot nimmt, 
das wird man auch von diesem hochstehenden Berufe — möge 
man noch so ideale Auffassungen von ihm haben — nicht ver¬ 
langen können. Schmaltz. 

43. Generalversammlung des Vereins 
Kurhessischer Tierärzte, 

am 20* Oktober 1907. 

Anwesend: Das Ehrenmitglied des Vereins, Geheimer Sanitäts¬ 
rat Dr. Endemann. Die Mitglieder: Veterinärrat Tietze, Kobel, 
Schlitzberger, Stamm, Mieckley, Oberstabsveterir.ära.D. Jorns. 
Kreistierärzte: Hartmann, Kobel, Sehe ff er, Schulz, Schnepel, 
Kalteyer, Dr. Grimme, Melde, Dr. Günther, Ahlburg, 
Fuchs, Suder, Zschernitz, Dr. Schmidt, Krexa, Wittlinger, 
Ohl mann. Schlachthofdirektor Dr. Grote, Friedrich. Die Tier¬ 
ärzte: Menthe, Höxter, Neßler, Dr. Kobel, Dr. Fischer. 

Gäste: Oberstabe veterinäre CT e v e, R i n d. Oberveterinäro W e s a - 
lowski, Kempert Veterinär Warmbrunn. 

Der Vorsitzende Veterinärrat Tietze begrüßt die Versammlung, 
widmet Worte der Anerkennung an das langjährige Vorstands¬ 
mitglied Jacob Hornthal zu seinem fünfzigjährigen Berufsjubiläum 
und überreicht demselben bei Ernennung zum Ehrenmitglied durch 
Beschluß der Versammlung ein kunstvolles Ehrendiplom. 

Der Jubilar sichtlich gerührt durch diese Ehrung erwiderte 
etwa folgendes: Meine Herren, ich danke Ihnen von Herzen für 
diese große Auszeichnung; so groß sind meine Verdienste nicht, 
ein jeder andere hätte dasselbe und vielleicht noch besser gekonnt. 
Fünfzig Jahre ist eine hübsche Spanne Zeit und vielleicht ist es 
von einigem Interesse für Sie, wenn ich kurz oder in ganz ge¬ 
drängter Weise ein Vergleich der damaligen und heutigen Zeit 
bezüglich des Standpunktes der Wissenschaft anstelle. 

So war z. B. das Mikroskop von den damaligen Studierenden 
ein kaum gekanntes Instrument. Erst nach dem Ausbruch der 
großen Trichinen-Epidemien in Hedersleben und Hedstädt im 
Jahre 186t, waren die Tierärzte genötigt, sich mit dem Gebrauch 
des Mikroskopes vertraut zu machen. Von Bakteriologie war uns 
in damaliger Zeit noch nichts bekannt, ich erinnere mich, als die 
ersten Keime im Milzbrandblute, die stäbchenförmigen Körperchen, 
wenn ich picht irre, von Professor Brand in Dorpat gefunden 
wurden. Von dieser Zeit datiert auf diesem Gebiet die Forschung 
und welchen erstaunlichen Ausbau hat dieselbe genommen und 
wird sie noch weiter nehmen. 

Die Infektionskrankheiten waren uns in damaliger Zeit noch 
nicht bekannt und mit der Erkennung wurden vorherige An¬ 
schauungen hinfällig. Temperaturmessungen bei fieberhafter Krank¬ 
heit waren noch nicht gebräuchlich, ich erinnere mich der Zeit, als 
unser Ehrenpräsident Dr. Kaiser hier in der Versammlung uns den 


Gebrauch des Thermometers demonstrierte. Von alledem war in 
dem damals erschienenen epochemachenden Werke Spinolas spez. 
Pathologie und Therapie noch nicht die Rede. Nun das Gebiet der 
Arzneimittellehre. Wenn auch Dr. Hartwigs damals großartiges 
Werk bleibenden Wert behalten wird, so hat sich doch der Arznei¬ 
schatz in nicht geahnter Weise vermehrt und wird weiter wachsen. 
Eine wahre Sündflut von Arzneimitteln ist erstanden, der Gebrauch 
älterer Mittel wird zum Teil verschwinden. Denn meines Erachtens 
haben wir Serum-Therapie damals noch nicht gekannt; ein Behring 
mußte erst auf dem Plane erscheinen. Die Serumgewinnung ist 
inzwischen zum ausgedehnten Industriezweig geworden. 

Injektionen sowohl subkutan w'ie intravenös waren damals 
noch nicht in Anwendung. Eine vorzeitige intravenöse Injektion, 
könnte man sagen, war ehemals von Viborg in Kopenhagen zur 
Heilung des Dumnikollers mit Veratrum .album bekannt geworden, 
welche großes Interesse erregte. 

Antisepsis und Asepsis waren nicht bekannt. Ein Lister mit 
seinem epochemachenden Verband mußte erst auftreten. Ich er¬ 
innere mich der Zeit, wo man zufrieden war, wenn bei Ver¬ 
letzung usw. gute Superation vorhanden waren. Die aus¬ 
gedehnten Erfolge auf operativem Gebiete sind der Aseptik zu 
verdanken. 

Verbandstoffe, wie wir sic heute besitzen, mußten wir damals 
entbehren. 

Von Schutzimpfungen waren uns nur die der Pocken bekannt. 
Die Forschungen auf dem Gebiete der Hygiene und der Milch¬ 
kunde waren erst in den letzten Dezennien erfolgt. 

Meine Herren! Wie ich andeutete, wollte ich nur eine ganz 
kurze Zusammenstellung der in das halbe Säkulum fallenden Er¬ 
rungenschaften geben, vielleicht gelingt es einem andern, der das 
50jährige Jubiläum feiert, sie besser und eingehender zu beurteilen. 
Ich danke Ihnen nochmals. 

Der Vorsitzende bringt ein Dankschreiben des Herrn Geheimen 
Regierungsrats Prof. Dr. Kaiser für Ehrung zu seinem 50jährigen 
Berufsjubiläum zur Kenntnis der Versammlung. 

Eine Frage des Herrn Vorsitzenden an die Versammlung, ob 
ein Mitglied des Vereins, welches eine längere Reihe von Jahren 
abwesend und seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, noch 
als Mitglied anzusehen sei oder Neuaufnahme stattzufinden hat, 
wird in letzterem Sinne entschieden. 

Der Entwurf einer neuen Gebührenordnung, Taxe, wird zur 
Prüfung und Referat auf Ersuchen des Vorsitzenden einer 
Kommission, bestehend aus den Herren Mencke, Dr. Kobel und 
Veterinärrat Schlitzberger, übergeben. 

Ferner w r ird von demselben eine Eingabe an den Herrn Ober¬ 
präsidenten wegen des Dispensierrechtes verlesen, auf welche eine 
Antwort noch nicht erfolgt. 

Kassierer Hornthal erstattet alsdann den Kassenbericht, 
w onach am 20. Oktober v. J. ein Bestand von 657,3*2 M. vorhanden 
war. Die Revisoren, Veterinärrat Stamm und Kobel, fanden nach 
Prüfung die Rechnung für richtig, und wurde dem Kassierer Ent¬ 
lastung erteilt. 

Eine aphthenseucheähnliche Erkrankung bei Schafen. 

Vortrag von Veterinärrat Tietze. 

Meine Herren! So weit mir die Literatur bekannt und zur Ver¬ 
fügung steht, war es der Departementstierarzt Prof. Dr. Jacoby- 
Erfurt, der die Frage, ob eine Maulseuche bei Schafen vorkommt, 
ins Rollen brachte. In dem Archiv für Tierheilkunde finden sich 
aus den amtlichen Sanitätsberichten pro 1892 Aufzeichnungen be¬ 
züglich des Vorkommens der Aphthenseuchc bei Schafen und zwar 
stellte Jacoby, der sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt 
hat, die Behauptung auf, daß die Maulseuche bei Schafen kaum 
vorkomme, wenigstens zu den allerseltensten Krankheiten zu rechnen 
sei. Er will während seiner 50jährigen Praxis wirkliche Aphthen 
auf der Maulschleirahaut der Schafe niemals gesehen haben und 
fand diese seine Ansicht von vielen Tierärzten bestätigt. Ja, er 
hielt selbst die merklich aphthöse Klauenerkrankung bei Schafen 
viel seltener, als vielfach behauptet wird. — Er äußert sich 
schließlich dahin: „Eine kontagiöse Klauenseuche der 
Schafe ohne gleichzeitige Aphthen auf der Maulschleim- 



468 


No 26. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


haut gibt es nicht, ebensowenig eine besondere bösartige 
sogenannte spanische Klauenseuche“ 

Hierzu bemerkte Schräder-Helmstedt in einer Sitzung des 
tierärztlichen Vereins im Herzogtum Braunschweig am 9. Juni 1895 
und zwar mit Bezug auf die Jacobyschen Erfahrungen, daß sich 
auch bei Schafen Bläschen auf der Maulschleimhaut und auch an 
den Klauen vorfinden; auf der Maulschleimhaut zeigen sich die 
Blasen am zahnlosen Rande des Oberkiefers, unter der Oberlippe 
und am Zahnfleische des Körpers des Unterkiefers; am zahnlosen 
Rande sind sie oft außerordentlich klein, kaum stecknadelkopfgroß, 
während sie übrigens die Größe einer Linse, ja sogar einer Feld¬ 
bohne erreichen; das Epithel ist sehr zart und die Bläschen er¬ 
scheinen ganz klar. An der Zunge hat er niemals Bläschen 
beobachtet. 

Stimmt! Meine Beobachtungen im Lüneburgischen (hochgradige 
Maulseuche — Epithel in Fetzen); gestörtes Sensorium; lagen sehr 
viel. Schwellung und große Schmerzen bei der Berührung; zirka 
30—50 Proz. erkrankt. 

Alle bekannten, tierärztlichen Autoren, wie Hering, Roll, 
Hauptner, Putz, sprechen von der Aphthenseuche ausführlich, 
heben allerdings hervor, daß das Klauenvieh vorherrscht. 

Tierarzt Jenisch in Rheinsberg, der seine Erfahrungen in 
No. 29 der B. T. W. (1895) wiedergegeben hat, will Blasenbildung, 
welche Verdacht auf Maul- und Klauenseuche her vorrufen könnte, 
weder im Klauenspalt, noch an der Krone der Klauen, noch im 
Maul der Schafe beobachtet haben. 

Aus diesen wenigen Beispielen mögen Sie entnehmen, daß 
über das Vorkommen der Apthenseuche der Schafe verschiedene 
Beobachtungen gemacht worden sind. Aber auch das hat seine 
Erklärung, denn wir wissen aus den verschiedenen Seuchegängen, 
daß das Contagium der Maul- und Klauenseuche in seiner Virulenz 
außerordentlich verschieden • ist, namentlich wissen wir beispiels¬ 
weise, daß Vieh,' das den größten Teil des Jahres auf der Weide 
gehalten wird, im allgemeinen viel milder erkrankt als Stallvieh 
und daß also auch die Fütterung eine wesentliche Rolle spielt. 
Ich habe auf den großen Gütern in der Provinz Posen, wo z. B. 
viel Brennereiwirtsebaft getrieben und Kartoffelschlempe gefüttert 
und viel Viehmast getrieben wird, recht häufig sclvwere Erkrankungen, 
selbst zahlreiche Todesfälle, namentlich bei Rindern, beobachten 
können. (Septische Zustände.) 

Wenn also die Maul- und Klauenseuche bei Schafen seltener 
oder in milderer Form aufzutreten pflegt, so muß das wie gesagt 
hauptsächlich auf die Haltung der Tiere zurückgeführt werden und 
weil durch das Reinigen der Klauen beim Weidegange der Ent¬ 
wicklung des Virus ein schlechter Nährboden gegeben ist, anderer¬ 
seits mag aber auch das Schaf schließlich möglicherweise weniger 
für das Virus empfänglich sein. 

In differential-diagnostischer Hinsicht habe ich aber nichts von 
einer Krankheit finden können, abgesehen von der Pockenseuche, 
die etwa mit der Aphthenseuche bei Schafen verwechselt werden 
könnte, meines Wissens liegen darüber keine Beobachtungen vor. 

Bei Rindern und Pferden kommt ein Bläschenausschlag »sogen, 
sporadische Maulseuche) vor und mir selbst war die Gelegenheit 
geboten, auf einem größeren Gute in einer Rinderherde, die von 
einem Tierärzte für Maulseuche angesprochen war, diese Krankheit 
zu begutachten. Bei genauerer Untersuchung wird man stets fest¬ 
stellen können, daß die spezifischen Bläscheneruptionen, wie bei 
der echten Maulseuche, fehlen. Dieser Ausschlag kommt vorzugs¬ 
weise im Herbst und beim Weidegange vor und wird meistens durch 
Nahrungsschädlichkeiten veranlaßt. Eine Ansteckung ist noch nie 
nachgewiesen. 

Auch Ostertag und Bugge, Kantorowicz und Lothar 
haben über eine gutartige Maulseuche (Stomatitis papulosa ßovica 
spccifica), bzw. über Pseudo-Maul- und Klauenseuche Untersuchungen 
angestellt und sie näher beschrieben, stets waren sic aber ihrem 
chronologischen Verlaufe nach wesentlich von der spezifischen 
Maulseuche zu unterscheiden. 

Die bei der wirklichen Maulseuche auftretenden Aphthen ent¬ 
stehen bekanntlich durch das Zerreißen kleiner Bläschen, welche 
sich gewöhnlich auf irgendeinem Punkte der Maulschleimhaut ent¬ 
wickeln; nach Ablösung der Schleimhaut erscheint der Untergrund 


gerötet und oft mit gelblichem Zerfallswasser bedeckt; die Stellen 
sind sehr schmerzhaft und oft tritt schon nach 7—8 Tagen Ver¬ 
narbung ein, die gewöhnlich nach einiger Zeit kaum zu erkennen 
ist. Aber auch an dem Klaucnsaum, an der Nasenschleimhaut bzw. 
Flotzmaul oder auch an den Zitzen des Euters kommen diese 
Aphthen vor, aber stets zeigt sich, wenn nicht etwa andere Kompli¬ 
kationen hinzukommen, eine schnelle Heiltendenz und ein mehr 
oder weniger oberflächlicher Krankheitsprozeß. 

Daß auch ab und an mal Komplikationen auf treten können, 
und zwar, daß diese Affektionen sich auf die Konjunktiven, die 
Luftwege, den Rachen, ja selbst den Schlund, Magen und Darm er¬ 
strecken können, will ich nur nebenbei erwähnen, doch gehören 
diese mehr zu den Ausnahmen. 

Wenn, wie gesagt, eine Pseudo-Maulseuche bei Schafen — 
wenn ich sie so nennen darf — noch nicht beobachtet oder be¬ 
kannt geworden ist, so bin ich in der Lage, Ihnen über eine solche 
Erkrankung, die ich vor kurzem zu beobachten Gelegenheit hatte, 
hier kurz zu berichten. 

Alarm-Depesche — Kreis Schlüchtern (Hintersteinau,) Vogels¬ 
berge Maul- und Klauenseuche —. Dr. Arndt und ich unter¬ 
suchten eine Schafherde (350 Stück schwere Rhönschafe). Es 
wurden erst die Rindviehbestände untersucht, namentlich beim 
Schäfer, der auch zwei Kühe hatte und der jeden Morgen die Tiere 
gefuttert hat, untersucht — nichts gefunden. 

Es waren fast sämtliche Schafe erkrankt. Auffallend war 
zunächst, daß das Allgemeinbefinden wenig oder doch nur in 
geringem Grade gestört war, einzelne Tiere lahmten, doch vielleicht 
höchstens 5—6 Stück (Stoppelverletzung zwischen den Klauen¬ 
spalten mit Deformation des Hufgelenkes, Verdickungen usw. 
Stoppellähme). 

Die erkrankten Tiere waren schon dadurch erkenntlich, daß 
das Maul ziemlich stark angeschwollen war, auch bestand bei den 
meisten Tieren ein geringgradiger Konjunktivalkatarrb. Bei näherer 
Besichtigung fiel es auf, daß die Schwellung bei den frisch er¬ 
krankten Tieren zumeist die Maulwinkel ergriffen hatte, wobei die 
zottigen Papillen am Maulrande geschwollen und blutig rot gefärbt 
waren, auch hing aus der Maulspalte glasiger Schleim in Fäden 
heraus. 

Ajihthen haben wir trotz sorgfältigster Untersuchung nicht fest¬ 
stellen können. Die Anfänge der Krankheit dokumentierten sich 
dadurch, daß die Schleimhaut an verschiedenen Stellen meist in 
mehr rundlicher Form von der Größe einer Erbse bis zur Bohne 
und darüber — fast kreisrund und scharf begrenzt heller gefärbt 
und trocken war, dies trat bei pigmentierter Haut besonders 
charakteristisch hervor. Daneben fanden sich, besonders am zahn¬ 
losen Oberkieferrande, auf dem Gaumengewölbe, auf und zur Seite 
der Zunge, am Unterkiefer, an den Maul winkeln kleinere und größere 
Geschwürsflächen, die zum Teil stark über die Schleimhautoberfläche 
promenierten mit schmutzig graurotem Grunde. Dieser Grund 
zeigte jauchige Zerfallsprodukte, die schwer zu entfernen waren 
und welche die tieferen Schichten ergriffen hatten. Bei dem Ver¬ 
suche, diese geschwungen Massen, die, nebenbei gesagt, einen 
widerlichen süßen Geruch verbreiteten, zu entfernen, trat stets 
stärkere Blutung auf. 

Wir haben Geschwüre angetroffen, die Fingernagelgröße auf¬ 
wiesen. Dort wo die Heilung eingetreten war, war die Schleimhaut 
glatt, doch markierte sich genau wie im Anfangsstadium der ab¬ 
geheilte Prozeß als weißer, meist kreisrunder Fleck, bei dem oft im 
Zentrum ein dunkler Punkt zurückgeblieben war. In ganz ver¬ 
einzelten Fällen war auch der äußere Lippenrand von diesen 
nekrobiotischen Prozessen ergriffen, ja sogar auf der Nasenschleim¬ 
haut, die dann hochgerötet war, konnten wir linsengroßo 
Geschwürchen nachweisen. 

Das merkwürdigste hierbei war, daß die Prozesse, die wir als 
eine mortifizierende anzusprechen genötigt waren, in allen Stadien 
bei ein und demselben Tiere oft nachzuw r eisen waren, woraus ge¬ 
schlossen werden mußte, daß zweifellos in dem Maule eine Ver¬ 
mehrung des Ansteckungsstoffes, namentlich von den Geschwüren 
aus, stattgefunden haben mußte, denn gewöhnlich war dabei die 
Maulschleimhaut in größerem Umfange affiziert. 




25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Der Schäfer, der einen Pyoktaninstift bei sich führte und dem 
dieses Mittel einmal von dem früheren Departementstierarzte Prof. 
Leonhardt empfohlen war, hat damit einen Teil der Schafe be¬ 
behandelt und will hierbei gute Erfolge gesehen haben. 

Da die Krankheit schon zirka acht Tage, in der Herde 
beobachtet worden war und wir auch jetzt noch immer neue Er¬ 
krankungen auftreten sahen, so kannte es nicht zweifelhaft sein, 
daß diese Krankheit ansteckender Natur ist 

Über die Ursache war trotz aller Ermittlungen nichts fest¬ 
zustellen. 

Eine Übertragung auf Rindvieh hatte bis dahin jedenfalls nicht 
stattgefunden, obgleich Anspann- und auch Weidevieh vielfach die 
Schaf triften passiert hatte. 

Eine Ähnlichkeit hatte diese Erkrankung vielleicht mit dem 
Skorbut (Scharbock) Stomatitis septica ulcerosa, doch nur so weit 
als es sich hier auch um ulzeröse Prozesse handelt, doch war die 
spezifische Zahnfleischerkrankung, wie sie dem Skorbut mehr oder 
weniger eigentümlich ist und die dabei auftretenden septischen 
Erscheinungen absolut nicht nachweisbar. Daß etwa septische 
Fermente, Eitercoccen usw. vielleicht durch Wunden in die Maul¬ 
höhle gelangt waren, war ausgeschlossen. 

Daß wir es mit Maul- und Klauenseuche nicht zu tun hatten, 
ging daraus hervor, daß 

1. spezifische Klauenerkrankungen fehlten, die sonst stets mit in 
der Hauptsache vorhanden sind; 

2. die Maulerkrankungen ohne Blasenbildung, aber als tiefe Ge¬ 
schwüre abliefen; 

3. der Verlauf ein allmählicher, in allen Stadien zu beobachten, war; 

4. weil Rinder nicht erkrai^ct waren. 

Jedenfalls waren Arndt, der Kreistierarzt und ich uns einig, 
daß es sich um eine kaum wohl bisher beobachtete Maulseuche 
handelte, die der Beobachtung und Erforschung wohl wert ist und 
deshalb habe ich Ihnen hierzu die Anregung geben wollen. 

Der Vortragende erntet reichen Beifall. Bei der anschließenden 
Debatte sagt Kreistierarzt Schulz, daß eine ähnliche Erkrankung 
in der Nähe von Frankfurt vorgekommen sei, Geschwürbildung 
war nicht vorhanden. 

Kreistierarzt Hartmann-Labisch ist der Ansicht, daß die 
Krankheit hauptsächlicher bei Schafen, welche auf Höhen geweidet 
würden, auftrete und daß Verletzungen durch scharfe Gräser, 
Grannen und damit zusammenhängender Infektion zu be¬ 
schuldigen sei. 

Schlitzberger hat ähnliche Erkrankungen beobachtet und 
führt dieselben im Entstehen auf den Weidegang zurück. Für an¬ 
steckend hält er die Krankheit nicht. Der Vortragende ersucht 
die Mitglieder, auf diese Krankheit ihr Augenmerk zu richten. 

Die perniciöse Anämie der Pferde. 

Vortrag von Schlachthofdirektor Friedrich-Hersfeld. 

Die pemiciöse Anämie, Anaemia infect. Ostertags oder infekt 
Typho-Anämie Carröes und Vallöes, ist eine zuerst von Zschokke 
in den 80iger Jahren beobachtete und beschriebene Krankheit, die, 
von einigen Fällen abgesehen, die Imminger beim Rinde gesehen 
haben will, bisher nur bei Einhufern beobachtet wurde. Sie stellt 
eine primäre Anämieform dar, die, wie das Epitheton perniciosa 
sagt, regelmäßig tödlich verläuft. Während die perniciöse Anämie 
in der ersten Zeit nach ihrem Bekanntwerden nur vereinzelt vor¬ 
kam, ist sie bald häufiger aufgetreten und hat in letzter Zeit in 
einigen Distrikten sogar den Charakter einer Seuche angenommen. 
Ein solches seuchenhaftes Auftreten ist in den letzten Jahren im 
östlichen Frankreich beobachtet, wo im Departement Meuse allein 
die Durchschnittsziffer der an perniciöser Anämie eingegangenen 
Pferde auf 377 jährlich berechnet wird. Auch in Elsaß-Lothringen 
soll die perniciöse Anämie neuerdings häufiger Vorkommen. Ich 
habe die Krankheit zuerst im Jahre 1900 auf der Domäne 
Wilhelmshof b. Hersfeld beobachtet, wo in kurzen Zwischenräumen 
mehrere Pferde — ich schätze sie auf mindestens 10 Stück — an 
perniciöser Anämie eingingen. Kurz darauf trat sie in Hersfeld 
selbst auf, zunächst nur sporadisch, dann aber mit senchenhaftem 
Charakter. Besonders waren es damals zwei Ställe, deren Be¬ 
stände durch die perniciöse Anämie arg dezimiert wurden, der 
Stall eines Spediteurs und eines Posthalters. Letzterer hat in 


einem Zeitraum von l‘/a Jahren nicht weniger als 7 Pferde an 
perniciöser Anämie verloren, so daß man wohl berechtigt ist, mit 
Zschokke von einer Stallseuche zu sprechen. Wie häufig damals 
überhaupt die perniciöse Anämie in Hersfeld und Umgegend vor¬ 
kam, mögen Sie daraus ersehen, daß die Pferdebesitzer ihr den 
Namen Hersfelder Krankheit beigelegt hatten. Der vorerwähnte 
Posthalter zog nach den ersten tödlich verlaufenen Fällen über¬ 
haupt keinen Tierarzt mehr zu, sondern brachte seine Pferde, so¬ 
bald sie ihm krank schienen und weiße Konjunktiven zeigten, 
direkt in die Abdeckerei. Bemerkenswert ist es, daß von beiden 
Besitzern an die Leistungsfähigkeit ihrer Pferde hohe Anforderungen 
gestellt werden, und bekanntlich sollen ja Überanstrengungen als 
prädisponierendes Moment in Betracht kommen. Seit jenem 
seuchenhaften Auftreten im Jahre 1900 sind wir die perniciöse 
Anämie im Kreise Hersfeld nicht wieder los geworden, sie ist zwar 
seltener geworden, doch kommen hin und wieder immer noch 
einzelne Fälle vor. 

Daß ich damals bei einem so seuchenhaften Auftreten der 
pemiciösen Anämie nach der Ursache dieser vielen Erkrankungen 
suchte, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Bei den ersten auf 
WilhelmBhof beobachteten Erkrankungen glaubte ich bestimmt, das 
Wasser beschuldigen zu müssen, denn die Pferde wurden damals 
aus einem Teiche getränkt, der nur wenig Zufluß hat und von 
Algen und Infusorien wimmelte. Gerade in jenem Jahre hatte das 
Wasser infolge der üppigen Algenvegetation eine maigrüne Farbe 
angenommen und roch so stark faulig, daß die Bewohner der zirka 
P/a km entfernten Sölzer Höfe behaupteten, den Geruch dort wahr¬ 
genommen zu haben. Bald darauf wurde eine Wasserleitung auf 
Wilhelmshof gebaut, die sehr gutes Wasser lieferte und es schien, 
als ob meine Vermutung, daß das Wasser die Ursache der perni- 
ciösen Anämie gewesen sei, sich bestätigte. Die Erkrankungen 
hörten auf, aber nicht lange, und noch in diesem Jahre ist ein Fall 
von perniciöser Anämie auf der Domäne Wilhelmshof vorgekommen. 
Das seuchenhafte Auftreten der pernieiösen Anämie in Hersfeld und 
Umgegend nach diesen ersten Wilhelmshöfer Fällen zwang ja 
geradezu zu der Annahme, daß sie infektiösen oder toxischen Ur¬ 
sprungs sei. Allein damals gehörte die perniciöse Anämie, wie 
Dieckerhoff in seiner speziellen Pathologie sagt, noch zu den 
dunkelsten Gebieten der Pathalogie und erst den französischen 
Professoren Carröe und Vallöe ist es gelungen, etwas mehr Licht 
in dies geheimnisvolle Dunkel zu bringen. Bevor ich jedoch auf 
die Carröeschen und Vallöeschen Versuche eingehe, die Ihnen 
vielleicht aus der B. T. W. schon bekannt sind, möchte ich Ihnen 
in kurzen Zügen die Symptome der pernieiösen Anämie schildern. 

Die ersten Erscheinungen der Krankheit werden, wie leicht er¬ 
klärlich ist, leicht übersehen, wenigstens ist dies regelmäßig der 
Fall bei der chronischen Form. Erst mit der zunehmenden Anämie, 
die durch ein massenhaftes Absterben der roten Blutkörperchen 
und wahrscheinlich auch durch eine mangelhafte Regeneration 
derselben bedingt wird, tritt ein erheblicher Kräfteverfall ein. Die 
Tiere ermüden leicht- und kommen leicht in Schweiß. Die sicht¬ 
baren Schleimhäute sind anfangs gelblich verfärbt, mit einem Ton 
ins rötliche. Diese Verfärbung habe ich am ausgeprägtesten immer 
an den Konjunktiven gesehen, weniger gut auf der Maul- und 
Nasenschleimhaut; gewöhnlich sind die Gefäße in der Nähe des 
LidrandeB anfangs noch leicht injiziert. Diese gelbliche Färbung 
geht mit zunehmender Anämie in eine vollkommen weiße Färbung 
über, wobei auch nicht die Spur eines rötlichen Farbentons mehr 
wahrzunehmen ist. Der Appetit ist andauernd gut; trotzdem gehen 
die Tiere im Nährzustand gewöhnlich erheblich zurück, was ja bei 
dem Charakter der Krankheit nicht wundemehmen kann. Fried- 
berger und Fröhner sagen in ihrer spezifischen Pathologie, daß 
der Ernährungszustand selbst in vorgeschrittenen Stadien der Krank¬ 
heit meist noch ein guter sei; ich habe dies aber nur in Ausnahme¬ 
fällen beobachtet. Ebenso habe ich bei der am häufigsten be¬ 
obachteten chronischen Form der pernieiösen Anämie im Gegensatz 
zu Friedberger und Fröhner Fieber in der Regel vermißt. Sehr 
hohe Temperaturen habe ich dagegen in akuten Fällen, wie es die 
ersten auf Wilhelmshof waren, beobachtet. Der Urin soll regel¬ 
mäßig eiweißhaltig sein. Leider habe ich es versäumt, Urin¬ 
untersuchungen vorzunehmen. Charakteristisch für die perniciöse 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


470 


Anämie ist die Poikilocytose, die Veränderung der Form der roten 
Blutkörperchen. Diese zeigen die allerverschiedensten Formen; 
man findet zitronenförmige, sternförmige, nierenförmige, keulen¬ 
förmige Blutkörperchen; daneben findet man besonders große und 
auffallend kleine — Macrocyten und Microcyten. Diese Poikilo- 
cytose, die ich bei zwei von mir vorgenommenen Blutuntersuchungen 
bestätigt fand, soll ein pathognomonisches Kennzeichen für die 
pernieiöse Anämie sein.*) Die Krankheit endet, wenn sie akut auftritt, 
in der Regel nach wenigen Tagen schon mit dem Tode; in der 
chronischen Form erstreckt sie sich über Wochen und Monate 
hinaus. Das Alter spielt nach meinen Erfahrungen bei der perni- 
ciösen Anämie keine Rolle, denn ich habe sowohl alte als junge 
Pferde erkranken sehen. Carr6e und Vallee, denen ein außer¬ 
ordentlich reiches Beobachtungsmaterial zur Verfügung stand, unter¬ 
scheiden nach den Erscheinungen und der Dauer der Krankheit 
drei verschiedene Formen der pernieiösen Anämie, die akute, die 
subakute und die chronische Form. Sie geben für die einzelnen 
Formen folgende Symptome an. 

1. Akute Form: Es besteht hohes Fieber; der Appetit ist 
mangelhaft und die Patienten sind sehr matt. Die Konjunktiva 
zeigt einen gelblichen Farbenton mit rötlichem Grund. Auf den 
Schleimhäuten werden häufig Petechien beobachtet. Die Zahl der 
Pulse beträgt 60—90; der Puls ist drahtförmig und oft inter¬ 
mittierend. Nach geringen Anstrengungen tritt eine außer¬ 
ordentliche Steigerung der Herztätigkeit ein. Die Haltung des 
Kopes ist steif, ähnlich wie bei Starrkrampf. Der Harn ist eiwei߬ 
haltig. Gegen das tödliche Ende das nach 5—15 Tagen eintreten 
soll, tritt öfters eine Parese der Nachhand ein. Bei der 

2. subakuten Form finden sich im allgemeinen dieselben 
Erscheinungen wie bei der akuten, nur in abgeschwächter Form. 
Charakteristisch für diese subakute Form sind die häufigen 
Remissionen, die wochen- und monatelang anhalten und eine 
Heilung Vortäuschen können. Die Dauer der Krankheit in dieser 
subakuten Form beträgt Wochen bis Monate. Bei der * 

3. chronischen Form, die ja am häufigsten zur Beob¬ 
achtung gelangt, ist die Anämie deutlicher ausgeprägt als bei den 
beiden ersten Formen. Die Schleimhäute sind hier im vor¬ 
geschrittenen Stadium, wie ich schon erwähnte, rein weiß. Der 
Appetit ist wechselnd, die Temperatur normal mit intermittierenden 
Fieberanfällen. Es tritt leicht Ermüdung und Schweißausbruch ein. 
Der Harn ist, wie auch in der akuten und subakuten Form eiwei߬ 
haltig. Das Aderlaßblut zeigt interessante Veränderungen. Die Blut¬ 
körperchen agglutinieren schnell und sind infolge des Mangels an 
Hämoglobin sehr blaß. Das Plasma zeigt wenig Gerinnungs¬ 
fähigkeit und ist dunkelgelb bis grünlich, ■ oft dichroisch. Diese 
Veränderungen erklären sich meines Erachtens sehr leicht, wenn 
man berücksichtigt, daß wir es bei der pernieiösen Anämie mit 
einet Hämoglobinämie zu tun haben. Das den roten Blut¬ 
körperchen entzogene Hämoglobin ist im Plasma gelöst, wodurch 
dessen dunkelgelbe bis grünliche Farbe bedingt wird. Durch die 
Ausscheidung des Hämoglobins durch die Nieren erklärt sich auch 
der Eiweißgehalt des Harns sowie die bei der Sektion beobachteten 
Hämoglobininfarkte in den Nieren. Ferner haben Carröe und 
Valläe festgestellt, daß die Zahl der roten Blutkörperchen im 
Verlaufe der Krankheit ganz erheblich unter die Norm sinkt, 
während die Zahl der weißen Blutkörperchen im Gegensatz zur 
Leukämie unverändert bleibt. Unter zunehmender Entkräftung tritt 
dann der Tod nach monatelanger Dauer der Krankheit ein. 

*) Geh. ItatOstertag hat diese Poikilocytose nie gefunden und 
ich glaube, daß alle die Beobachtungen über Poikilocytose nur auf 
einer Täuschung beruhen. Bei der Untersuchung des Blutes der an 
pernieiöser Anämie erkrankten Pferde findet man bei Beginn der 
Untersuchung in der Regel nur hier und da ein Blutkörperchen, 
was von der ovalen Form abweicht; je länger man aber untersucht, 
um so mehr veränderte Blutkörperchen findet man; ganz besonders 
stark ist gewöhnlich die Stechapfelform vertreten. Ich habe diese 
Forraveränderungen, die jedenfalls eine Folge der Verdunstung oder 
der eintretenden Gerinnung sind und deshalb am Rande des Deck¬ 
glases zuerst auftreten, auch im Blute gesunder Pferde wie auch in 
meinem eigenen Blute gefunden. 


Bei den von mir in Hersfeld beobachteten Fällen habe ich nur 
die akute und die chronische Form zu sehen bekommen, und zwar 
die akute Form in den ersten Fällen auf Wilhelmshof, die chronische 
Form in allen späteren Fällen. 

Geradeso wie das Krankheitsbild ein verschiedenes ist, je 
nachdem wir es mit akuter oder chronischer pernieiöser Anämie zu 
tun haben, so ist es auch das anatomische. Beiden Formen ge¬ 
meinsam ist die auffallende Blässe des ganzen Kadavers, 
die schon nach dem Enthäuten auffällt. Die Muskulatur 
ist von blaßroter Farbe, das Blut hat seine färbende 
Kraft fast vollkommen verloren, so daß es die Hände kaum 
rötet. Die Herzmuskulatur ist graurot, wie man sie bei der 
trüben Schwellung regelmäßig findet. Die Milz zeigt immer eine 
mehr oder weniger starke, gleichmäßige Schwellung, aber nie 
breiige Erweichung der Pulpa. Leber und Nieren sind von hell¬ 
brauner Farbe und brüchiger Konsistenz. In den Nieren kommen 
Hämoglobininfarkte vor. Zu diesen Veränderungen, die, wie gesagt, 
der akuten und chronischen Form gemeinsam sind, tritt bei der 
akuten Form noch das Vorhandensein zahlreicher Hämorrhagien 
unter den serösen Häuten. So ist mir noch ein Sektionsbefund 
erinnerlich, wobei sich zahlreiche, erbsengroße Hämorrhagien auf 
der Serosa des ganzen Dickdarms gleichmäßig angeordnet vor¬ 
fanden, so daß der Darm einem Stück rotgetupften Kattuns nicht 
unähnlich war. Bei derselben Sektion fand sich in der Hinter- 
schenkelmuskulatur ein Hohlraum von der Größe eines starken 
Apfels, der einige lockere Blutgerinnsel enthielt Das Knochenmark, 
das ich leider bei den Obduktionen nie untersucht habe, soll nach 
Carr6e und Valläe zu einer ziegelroten bis schwarzen, blutigen 
Brühe umgewandelt sein. Rumpf in .Bonn hat durch chemische 
Untersuchung der Organe an pernieiöser Anämie eingegangener 
Tiere festgestellt, daß diese besonders arm an Fett, CI. und 
K. sind. 

Was nun die Ätiologie der pernieiösen Anämie betrifft, so haben 
ja die Versuche von Carr&e und Valläe in Alfort zur Genüge 
dargetan, daß die Krankheit infektiösen Ursprungs ist; aber auch 
das seuchenhafte Auftreten und der Verlauf des ganzen Beuchen* 
ganges in der Hersfelder Gegend mußte den Verdacht der Infek¬ 
tiosität wachrufen. Der stürmische Verlauf, das hohe Infektions¬ 
fieber und bei der Sektion das typische Bild einer septikämischen 
Erkrankung bei den ersten Erkrankungen auf Wilhelmshof 
machten ganz den Eindruck einer infektiösen Krankheit. Bei 
den sich anschließenden Erkrankungen hatte das Kontagium 
jedenfalls schon an Virulenz verloren, wie es ja bei vielen Seuchen 
beobachtet wird und es entstand dann das Krankheits- und Sektions¬ 
bild in abgeschwächter Form, wie es bei dem chronischen Verlauf 
beobachtet wird. Carr6e und Vallöe ist es gelungen, die 
pernieiöse Anämie von Pferd auf Pferd zu übertragen und zwar 
durch Überimpfung ‘Von Blut kranker Tiere. Dabei war es ganz 
gleich, ob das Blut in großen oder kleinen Dosen injiziert wurde, 
ob subkutan oder intravenös. Die Infektion gelang mit 5 ccm Blut 
ebensogut wie mit 200 ccm. Die Inkubationsdauer betrug 5-9 Tage. 
Die Krankheitserscheinungen setzten ein mit fieberhaften Temperatur¬ 
steigerungen. Durch eine mehrmalige Passage des Virus konnte 
die Virulenz ganz erheblich gesteigert werden. Eine merkwürdige 
Erscheinung ist es, daß das Blut der an chronischer Anämie 
leidenden Tiere die akute Form hervorruft, während umgekehrt das 
Blut der an der akuten Form erkrankten die chronische Form zu 
erzeugen pflegt. Da das Blut auch nach der Filtration durch 
Chamberlandfilter seine Virulenz nicht einbüßte, pathogene Mikroben 
aber nicht nachzuweisen waren, so nehmen Carröe und Valide 
an, daß der Erreger zu den ultramikroskopischen Mikroben gehört, 
wie z. B. die Erreger der Maul- und Klauenseuche. Das Kontagium 
kann durch einstündige Erwärmung auf 58° zerstört werden, 
ebenso durch sieben Monate langes Austrocknen. Fäulnis 
vermag die Virulenz des Kontagiums nicht abzuschwächen. 
Die Übertragung der Krankheit erfolgt durch die Dejektionea 
der kranken Tiere, denn nach Carröe und Vallöe findet sich das 
Kontagium auch im Harn und Kot. Die Übertragung durch Speichel 
ist Geh. Rat Oster tag nicht gelungen. Die große Tenacität des 
Kontagiums erklärt auch das sich auf Jahre erstreckende Auftreten 
der Krankheit in einem Stalle. Carr^e und Vall6e warnen ein- 



25. Juni 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


dringlich vor dem Einstellen von Pferden, die an perniciöser 
Anämie gelitten haben und anscheinend geheilt sind. Das Blut 
dieser Pferde, bei denen es sich nur um die in der chronischen 
Form vorkommenden Remissionen handelt, soll noch vollvirulent 
sein und bei Kontrollimpfungen das typische Krankheitsbild der 
Anämie hervorrufen können. Diese anscheinend geheilten Pferde 
sollen große Mengen virulenten Blutes ohne Nachteil vertragen 
können. Zur Infektion per os bedarf es nach Ostertag einer 
Menge von mindestens 150 g Blut oder Harn. Die Übertragung 
erfolgt nur durch das Futter und Trinkwasser, wenn diese durch 
die Ausscheidungen kranker Tiere verunreinigt sind, und zwar ist 
dazu entweder die einmalige Aufnahme größerer Mengen des 
Infektionsstoffes oder die öftere Aufnahme kleinerer Mengen er¬ 
forderlich. 

Die Therapie spielt bei der perniciösen Anämie eine unter¬ 
geordnete Rolle. Herkömmlicherweise sind als Blutregeneratoren 
die Eisenpräparate gegeben. Auch ich habe, ut aliquid fiat, das 
Eisen in Form des Ferr. plv. und Ferr. sufurii gegeben, aber stets 
mit negativem Erfolge. Mit demselben Erfolg habe ich Arsenik 
verabreicht. Carr6e und Vall6e empfehlen ferner Chinin und 
Collargol. C. Schmitt in Heidelberg hat einen eisenhaltigen 
Futterkalk hergestellt und empfiehlt diesen zur kostenfreien Be¬ 
nutzung. Rumpf in Bonn, der den Mangel an Kalium im Blute 
feststellte, will durch die Verabreichung des Kal. bicarbonic. 
gute Erfolge erzielt haben. Auch ich habe kürzlich einem ver¬ 
mutlich an perniciöser Anämie leidenden Pferde aus dem Stalle 
des erwähnten Spediteurs Kal. bicarb. mit gutem Erfolge gegeben. 
Schon nach sechs Dosen von täglich 20 g war eine lebhaftere 
Färbung der Konjunktiven unverkennbar. Möglicherweise handelt 
es sich bei dieser vermeintlichen Besserung aber nur um eine 
Remission, wie diese bei der chronischen Form öfters beobachtet 
werden. Immerhin möchte ich Ihnen gegebenenfalls die Anwendung 
des Kal. bicarb. empfehlen. Wenn die perniciöse Anämie eine 
Infektionskrankheit ist — und darüber lassen die Carr6e- und 
Vall6eschen Versuche und neuerdings die Versuche Ostertags 
keine Zweifel —, dann wird allerdings die. medikamentöse Be¬ 
handlung mehr in den Hintergrund treten und das Hauptgewicht 
auf die Anwendung veterinärpolizeilicher Maßregeln gelegt werden 
müssen. Möglicherweise wird es Carröe und Val 16e gelingen, 
ein geeignetes Immunisicrungsverfahren ausfindig zu machen. Vor¬ 
läufig sind ihre diesbezüglichen Versuche noch nicht zum Abschluß 
gelangt. Sie empfehlen zwecks veterinärpolizeilicher Bekämpfung 
der perniciösen Anämie peinlich genaue Untersuchung neu ein¬ 
zustellender Pferde, vor allem Prüfung des Harns auf Eiweiß und 
einmonatige Quarantäne verdächtiger Pferde. Ist die perniciöse 
Anämie in einem Bestände bereits ausgebrochen, so sind die 
Patienten streng von den Gesunden zu trennen und alle Abgänge 
gründlich zu desinfizieren. Um eine Verseuchung der Weiden zu 
verhindern, ist der Weidegang zu vermeiden. Als vernünftigste 
Maßregel empfehlen sie die Tötung ganzer Bestände, sobald die 
Krankheit festgestellt ist; eine Maßregel, die zweifellos ebenso 
sicher ist, wie sie unausführbar sein dürfte. 

Geh. Rat Ostertag, der die perniciöse Anämie in dem an Luxem¬ 
burg angrenzenden Kreise Bitburg studiert und durch eingehende 
Versuche am hygienischen Institut der Berliner Hochschule die 
Richtigkeit der Carr6e und Val 16eschen Forschungen bestätigt 
gefunden hat, macht für die veterinärpolizeiliche Bekämpfung weniger 
rigorose Vorschläge. Auch er empfiehlt größte Vorsicht beim Ankauf 
und mit Rücksicht auf den schleichenden Verlauf der perniciösen 
Anämie eine mindestens 7J&m£ e Quarantäne. Als Quarantäne- 
Stall kann ohne Gefahr ein Kuhstall benutzt werden. Ist die 
Krankheit in einem Bestände ausgebrochen, so muß die Be¬ 
schmutzung des Futters und Trinkwassers durch die Ausscheidungen 
der kranken Tiere sorgfältig vermieden werden. Die Tötung der 
erkrankten Tiere ist eine unbedingt erforderliche Maßregel, denn 
diese werden, wie Oster tag auf Grund seiner Erfahrungen im 
Kreise Bitburg mitteilt, wegen ihrer geringen Leistungen alsbald 
verkauft, wechseln den Besitzer in kurzer Zeit oft mehrere Male 
und tragen so zur Verbreitung der Seuche erheblich bei. Die Des¬ 
infektion des Stalles erfolgt, wenn es sich um durchlässigen Stall¬ 
boden handelt, durch Ausheben desselben. Im übrigen geschieht 


471 


die Desinfektion durch Anwendung 2 proz. Sodalösung und Kalk¬ 
anstrich. Die Desinfektion des Düngers kann durch einmonatige 
Selbsterhitzung erfolgen. 

Redner zeigt Blutproben eines gesunden und eines anämischen 
Pferdes vor. 

Der Vorsitzende dankt dem Referenten und bittet die Vereins- 
mitgliedor um weitere Berichterstattung über diese Krankheit. 

Dr. Günther berichtet über zwei Fälle von perniciöser Anämie 
in einem Stalle mit tödlichem Ausgang. Trotz Umarbeitung und 
Desinfektion des Stalles sei ein weiterer Fall vorgekommen. 

Kreistierarzt Suder-Hersfcld hat die chronische Form der 
Krankheit im Kreise Hersfeld beobachtet. Ein Fall sechs Monate 
mit tödlichem Ausgang. Sud er beschuldigt Bodenverhältnisse 
und betont Unheilbarkeit. 

Nach Schlitzberger soll die Krankheit von Frankreich aus 
eingeschlcppt sein. 

Der Vorsitzende konstatiert, daß eine größere Ausbreitung der 
Krankheit nicht vorhanden, nach Oster tag sei sie ansteckend, 
besonders durch den Ham in der Streue. 

Hartmann stellt in Frage, ob die Fütterung nicht zu be¬ 
schuldigen sei; spez. bezeichnet er dieselbe mit Melasse verdächtig. 

4. Praktische Erfahrungen aus der Fleischbeschau. 

Referent: Herr Kreistierarzt Dr. Schmidt, Ziegenhain. 

Der Vortrag soll demnächst ausführlich in der B. T. W. erscheinen. 

Der Vorsitzende dankt dem Referenten. Bezüglich der Gebühren¬ 
frage bemerkt er, daß schon oft angesetzt sei, um Wandel zu 
schaffen, vorerst sei wenig Hoffnung vorhanden. 

Der Vorsitzende vertrat die Ansicht, daß der Besitzer eines 
geschlachteten Tieres nicht ohne weiteres auf die Nachbeschau 
durch den tierärztlichen Sachverständigen verzichten könne, selbst 
wenn derselbe auf das Fleisch als Nahrungsmittel Verzicht leiste. 

Dr. Grimme hebt hervor, daß Fleisch von mit Backsteinblattern 
behafteten Tieren minderwertig sei. 

Neßler erhebt Widerspruch, daß in Baden minderwertiges 
Fleisch verkauft werde. 

Der Vorsitzende bemerkt, daß im Bezirk die Stempelung 
geregelt sei. 

Ein Antrag auf Schluß wird angenommen. 

5. Die Milobgewiiwung und der Verkehr mit Milch vom Standpunkt der 
Öffentlichen Geeundheitspflege. 

Referent: Herr Veterinärrat Schlitzberger. 

Wird abgesetzt 

Unter die Mitglieder werden aufgenommen: Dr. Jacobsohn, 
Homberg, Hartmann, Korbach, Tierarzt Reichhardt. 

6. Neuwahl den Vorstandes. 

Zum Vorsitzenden wird wiedergewählt: Herr Veterinärrat 
Tietze, zum Stellvertreter Herr Veterinärrat Schlitzberger, 
zum Schriftführer Herr Schlachthofdirektor Dr. Grote, zum Kassierer 
Herr Tierarzt Hornthal. Dieselben nehmen die Wahl dankend an. 

Nach Schluß der Sitzung fand aus Anlaß des 50 jährigen 
Berufsjubiläums des Herrn Kollegen Hornthal ein Festessen mit 
Damen statt Der Schwiegersohn mit der Tochter nahmen eben¬ 
falls teil. 

Der Vorsitzende brachte den Kaisertoast; dem Jubilar und 
dessen Familie wurde in warmen Worten vom Herrn Vorsitzenden 
und Herrn Geheimrat Dr. Endemann gedacht. Herr Veterinärrat 
Mieckley begrüßte die Gäste. 

Ein Begrüßungstelegramm wurde an den Verein schlesischer 
Tierärzte nach Breslau gesandt Hornthal, Schriftführer. 

IX. Internationaler Tierärztlicher Kongreß 
im Haag 1909. 

Im Verfolg seines Aufrufs vom 19. Mai 1908 teilt das 
Deutsche Nationalkomitee den tierärztlichen Vereinen und sämt¬ 
lichen Herrn Kollegen das soeben erschienene Programm des 
IX. Internationalen Tierärztlichen Kongresses im Haag, vom 
14.—19. September 1909, zur Kenntnisnahme mit. Der Mitglieder¬ 
beitrag beläuft sich auf 17 M. und ist an Herrn D. F. van 





472 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Eaoeld, Dozent an der Reichstierarzneischule zu Utrecht, zu 

entrichten. 

Programm. 

Allgemeine Sitzungen. 

Verhandlungsgegenstände. 

1. Die polizeiliche Bekämpfung der Schweineseuche und Schweine¬ 
pest mit Rücksicht auf die neueren Forschungen über deren 
Ätiologie. 

2. Gesetzlicher Schutz der Veterinärmedizin. 

3. Der Tierarzt als amtlicher Sachverständiger in Tierzucht¬ 
sachen. 

4. Die Bedingungen für die Promotion zum veterinärmedi¬ 
zinischen Doktorat. 

5. Die sanitäre Milchkontrolle und die staatliche obligatorische 
Fleischbeschau. 

6. Die unschädliche Beseitigung der Tierkadaver und der 
Fleischkonfiskate. 

7. Die Prophylaxis und die Pathologie der Protozoen-Krank- 
heiten (Piroplasmosen, Trypanosomosen usw.) mit Demon¬ 
stration der spezifischen Parasiten und die Übertragung ver¬ 
mittelnder Tiere (Zecken, Mücken usw.). 

8. Staatliche Kontrolle der Sera und Bakterienprodukte, sowie 
deren Herstellung von Staatswegen. 

9. Die Tuberkulose des Geflügels in ihren Beziehungen zu der 
der Säugetiere. 

10. Die Sterilität des Rindes und ihre Beziehungen zu den an¬ 
steckenden Krankheiten der Geschlechtsorgane. 

11. Die staatliche Bekämpfung der Tuberkulose mit Rücksicht 
auf deren Infektionswege. 

12. Bau und Einrichtung der Stallungen mit Rücksicht auf die 
Prophylaxis der Tierkrankheiten, besonders der Tuberkulose 
und auf die Milchhygiene. 

Sektionen des Kongresses. 

I. Öffentliches Veterinärwesen; Nahrungsmittelkontrolle. 

II. Pathologie und Bakteriologie. 

III. Klinische Tierheilkunde. 

IV. Tierzucht. 

V. Tropische Krankheiten. 

Sektionssitzungen. 

I. Sektion. 

1. Die Kontrolle der animalischen Nahrungsmittel, ausgenommen 
des Speisefleisches und der Milch. 

2. Die Schlachtviehversicherung. 

3. Desinfektion der Transportmittel und der tierischen Roh¬ 
produkte im internationalen Verkehr. 

4. Die Serotherapie, die Seroprophylaxie und die Impfung bei 

' Maul- und Klauenseuche und deren Wert für die Veterinär¬ 
polizei. 

II. Sektion. 

1. Die Diagnose der ansteckenden Tierkrankheiten mittelst 
der neueren Immunitätsreaktionen mit Ausnahme des sub¬ 
kutanen Einverleibens des Tuberkulins und des Malleins. 

2. Die Ätiologie und Pathogenese der malignen Tumoren, 
namentlich des Krebses. 

3. Die Impfung gegen Tuberkulose. 

4. Die pathologisch-anatomische und pathologisch-histologische 
Diagnostik der Tollwut. 


HI. Sektion. 

1. Die spezifische chronische Enteritis des Rindes. 

2. Die infektiöse Pleuropneumonie des Pferdes. 

3. Die Hämostase bei den modernen Kastrationsmethoden. 

4. Die Pathologie und Therapie der Streptokokkenkrankheiten. 

5. Arthritis chronica deformans des Pferdes. 

IV. Sektion. 

1. Die Physiologie der Milchsekretion und die Beziehung 
zwischen Exterieur des Rindes und der Milchproduktion. 

2. Der Einfluß der verschiedenen Futtermittel auf die Qualität 
der Produkte (Fleisch, Milch) und die Anwendung der 
KellnerBchen Prinzipien bei der Ernährung der Haustiere 
mit Rücksicht auf die Kraft-Milch- und Fleischerzeugung. 

3. Die Verhütung der nachteiligen Folgen der Leistungszucht 
bei den Haustieren. 

4. Der Unterricht in der Tierzucht. 

V. Sektion. 

1. Die hygienischen Maßregeln für den überseeischen Transport 
der Haustiere. 

2. Die Veterinärpolizei in den Kolonien. 

3. Die Laboratorien zur Untersuchung der tropischen Krank¬ 
heiten und der Unterricht in denselben. 

Baden-Baden, Berlin, Göttingen, Stuttgart, Mülhausen i. E., 
Posen und München, den 19. Mai 1908. 

Dr. Lydtin, Dr. Esser, Beißwänger, Heyne, Mölter, 
Dr. Ostertag, Dr. Schmaltz, Zündel. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Tierarzt Rogge in 
Potsdam das silberne Verdienstkreuz des sacbsen-ernestinischen 
Hausordens. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt Schermer 
zum Instituts-Assistenten und Tierarzt R. Schmidt zum klinischen 
Assistenten am Veterinär-Institut der Universität Leipzig. — 
Veterinärbeamte: Versetzt: Kreistierarzt A r e/Ae-Rosenberg in die 
Kreistierarztstelle des Kreises Oberbarnim mit dem Amtssitz in 
Freienwalde a. 0. 

Niederlassung: Tierarzt Franx Herda in Gartz a. 0. 

Wohnsitzverftnderung: Tierarzt J. Platen von Werelinghoven nach 
Düsseldorf verzogen. 

Approbiert: Die Herren Hans Earl je aus Stendal, Arthur Muraicski 
aus Stettin, Guido Stark aus Frankenstein i. Schles., Richard 
Wegener aus Jacobshagen, Rolf Zimmermann aus Oberwaldenburg 
in Berlin. 

In der Armee: Stabsveterinär Ludwig , bisher in der Schutztruppe, 
im Drag.-Regt. Nr. 22 wiederangestellt. 

Todesfälle: Die Tierärzte Heinrich Freudenberg-Gaxiz a. O., 
Max Freyer- Graudenz. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 23.) 

Kreistierarztstelle: Reg.-Bez. Mafienwerder: Rosenberg. 
Bewerbungen innerhalb 3 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

Schlachthof8telle: Lyck: Vertreter des Schlachthofinspektors 
vom 1. Oktober. Gehalt 2400 M. neben freier Wohnung usw. Be¬ 
werbungen an den Magistrat. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbachhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 






Die „Berliner Tterirxtliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich lm Verlage ron Richard Schoets ln 
Berlin SW. 48. Wilhelmetr. 10. Durch Jede« deutsche 
Postamt wird dieselbe ».um Preise von M. 6,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pf. fUr Bestellgeld) 
frei ins Baus gelietert. (österreichische Post-Zeitung»« 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Xk., fn Petit satt mh 
00 Hk» für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
eu senden an Prof. Dr. Schmält*, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstraße 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Glage 

Professor 

Hambarg. 
Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor 

Dresden. 


Veterinärrat Dr. Lothes 

Departementstierarzt 

Cöln. 

Dr. Schlegel 

Professur 

Freiburg i. Br. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Veterinärrat Peters 

Departementstierarzt 

Bromberg. 
Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt v. Bayern 

München. 


Prof. Dr. Peter 

Kreistierarzt 

Angermünde. 
Dr. J. Schmidt 

Professor 

Dresden. 


Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Departementstiorarzt Professor 

Danzig. Dresden. 


Wehrte 

Kaherl. Regierungsrat 

Berlin. 


Zündel 

Kreistieram 
Mülhansen i. E. 


Jahrgang 1908. 


M 27 . 


Ansgegeben am 3. Juli. 


Inhalt: Espert: Über Phenyform. — Reiche: Beitrag zur Quecksilbervergiftung bei Kälbern. — Hochstein: Echinococcus 
multilocularis in der Muskulatur des Pferdes. — Mart! : Der Vertrieb und die Kontrolle der tierischen Impf¬ 
stoffe und Sera in Ungarn. — Referate: Angeloff: Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Pferdelungen und 
ihre Beziehung zu der Rotzkrankheit. — Garth, Kranich und Grünert: Die Ophthalmo- und Kutanreaktion bei Rinder¬ 
tuberkulose. — Lacassague: Öffnung der vorderen Augenkammer. Heilung durch Borpulver. — Vcntzki: Bauchbruch beim 
Pferd. — Ludewig: Über Ernährungslehre. — Studte: Über Beziehungen der Thermo- und Triboelektrizität zur Elektro- 
physiologie. — Litty: Beiträge zur Kenntnis der normalen und pathologischen Anatomie der Glandula thyreoidea und para- 
thyreoidea des Pferdes. — Tagesgeschichte: Die Einweihung des R. S. C.-Denkmals in Rudolstadt. — Militaria. — Die Lago 
der Privattierärzte. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen : Stödter, Die moderne Bekämpfung der Rotzkrankheit. — 
Verschiedenes. — Nahrungemlttelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Über Phenyform. 

Von Tierarzt Espert-Tiefenbronn. 

In den letzten Jahren bestand ein wahrer Wetteifer der 
verschiedenen chemischen Fabriken, für gewisse, seit langer 
Zeit eingeführte und therapeutisch bewährt befundene Präparate 
Ersatzmittel auf den Markt zu bringen, die einerseits deren 
Vorzüge besitzen, andrerseits aber die ihnen anhaftenden Mängel 
vermissen lassen sollten. So sind besonders für das sehr gut 
wirkende Jodoform, dessen unangenehmer Geruch und sehr 
hoher Preis aber von dem in der Praxis stehenden Tierarzte 
als recht nachteilig empfunden wird, in den letzten Jahren zahl¬ 
reiche Ersatzpräparate hergestellt worden, die gewöhnlich mit 
großer Reklame angepriesen wurden, aber nicht im entferntesten 
die in sie gesetzten Erwartungen rechtfertigten. Schwer war 
es für den praktizierenden Tierarzt, von den oft recht auf¬ 
dringlich angepriesenen Mitteln die herauszufinden, die wirklich 
brauchbar genannt werden konnten und das Jodoform in seiner 
Wirkung zu ersetzen fähig waren. 

Eines der wenigen Mittel, die sich bei der Prüfung auf 
ihren therapeutischen Wert als Antiseptikum und Desodorans 
bewährt haben, ist zweifellos das von der chemischen Industrie 
Pallas G. m. b. H., Berlin - Schöneberg hergestellte und seit 
einigen Jahren in der Human- und auch in der Veterinär¬ 
medizin verwendete Phenyform. Nach den Angaben der Fabrik 
soll das Phynoform stark bakterizid, austrocknend, granulations¬ 
befördernd, blutstillend und desodorierend wirken; es ist er¬ 
heblich billiger als Jodoform und zeichnet sich durch sichere, 
reizlose Wirkung aus. Entstanden ist das Phenyform durch 
Kondensation von Karbolsäure mit Formaldehyd und bildet ein 
Polymerisationsprodukt des Oxybenzylalkohols, dem Folmaldehyd 
labil angelegt ist: [C 6 H 4 (OH)CH a OH] x CH a O. 

Was seine chemischphysikalischen Eigenschaften betrifft, 
so stellt Phenyform ein feines, graugelblichweißes, luft- und 
lichtbeständiges, nicht hygroskopisches, spezifisch sehr leichtes 


Pulver dar, das in Wasser, Äther, Chloroform, Benzol unlöslich, 
in Alkalien, Ammoniak, Alkohol dagegen löslich ist. Beim Er¬ 
wärmen entwickelt das Phenyform Formaldeliyd. Aufrecht 
(Pharmaz. Ztg., 51. Jahrg. Nr. 53) unterwarf die alkalische 
Lösung des Phenyform der Destillation und stellte im Destillate 
den Gehalt an freiem Formaldehyd fest; die Menge desselben 
betrug 1,7 Proz. 5 — 6 Vol. Phenyform entsprechen 1 Vol. Jodo¬ 
form, 2 Vol. Phenyform entsprechen 1 Vol. Dermatol. 

Die bakterizide Wirkung des Phenyform soll darauf beruhen, 
daß es sich durch die enzymatische Wirkung der Gewebssäfte 
allmählich in freien Formaldehyd und ein geruchloses Phenol¬ 
derivat, in polymerisierten Oxybenzylalkoliol, zerlegt. Die im 
nascierenden Zustande zur Wirkung gelangenden Komponenten 
sollen dem Phenyform eine andauernde bakterizierende Wirkung 
verleihen. 

Durch zahlreiche Tierversuche, die im physiologischen 
Institute der Universität Berlin von Dr. med. Schuft an an¬ 
gestellt wurden, ergab sich die absolute Ungiftigkeit des 
Phenyform: Kaninchen erhielten bis 3 g per os und subkutan, 
Katzen bis 10 g, Hunde bis 15 g per os, ohne irgendwelche 
Vergiftungserscheinungen zu zeigen. Von Schuftan wird auch 
neben der Ungiftigkeit und vollkommenen Reizlosigkeit des 
Mittels besonders die austrocknende und granulationsbefördernde 
Kraft hervorgehoben, daß es darin alle übrigen Antiseptika 
übertraf. 

Dr. Stephan-Mühlhausen i. Tb. untersuchte das Phenyform 
auf Sterilität. Etwas Phenyformpulver wurde mit Nährgelatine 
gemischt und Platten gegossen. Auf keiner Platte zeigte sich 
eine Entwicklung von Bakterien; somit ist Phenyform steril. 
Phenyformgaze mit Gelatine übergossen zeigte bereits nach 
zwei Tagen üppiges W T achstum von Bakterien und ist somit 
nicht steril. Stephan versuchte nun, Phenyformgaze zu sterili¬ 
sieren, ohne daß das Phenyform eine Zersetzung erleidet. 
10proz. Phenyformgazebinden wurden im Dampfstrome 15 Min. 





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lang auf 108° C in einem Autoklaven erhitzt. Durch diese 
Sterilisation wurden nur Spuren von Formaldehyd abgespalten; 
fuchsinschwefelige Säure erzeugte eine kaum wahrnehmbare 
Rötung. Phenol war nicht nachzuweisen. Es ist somit eine 
Zersetzung des Phenyform und Beeinträchtigung der Wirksam¬ 
keit der Gaze durch die Sterilisation nicht anzunehmen. 

In der Humanmedizin wurde Phenyform hauptsächlich an¬ 
gewendet bei Panaritien, Geschwüren, eiternden Wunden,Ekzemen, 
ferner auch in letzter Zeit bei Urethritiden in Form von 
Phenyformnrethralstäbchen. Von allen Autoren wurde Pheny¬ 
form als brauchbares Ersatzmittel Für Jodoform bezeichnet. 

Diese allgemein günstig lautenden Urteile über Phenyform 
bestimmten mich, in allen Fällen, in denen ich bisher nur Jodo¬ 
form in Anwendung brachte, dieses neue Jodoformersatzmittel 
zu verwenden. Seit etwa zwei Jahren arbeite ich nun mit 
Phenyform und habe es verwendet bei Huflederhautentzündung, 
Panaritien, eiternden Wunden und Geschwüren. 

Versuche. 

1. Huflederhautentzündung: Das damit behaftete Pferd 
kam in Behandlung, da es seit einigen Tagen hinten rechts sehr 
stark lahmte. Die Untersuchung ergab Huflederhautentzündung. 
Es mußte der ganze Strahl und ein großer Teil der Hornsohle 
abgetragen werden. Die Huflederhaut war mit schwärzlichem, 
übelriechendem Eiter bedeckt und stellenweise nekrotisch. Es 
erfolgte Reinigung und Desinfektion mit Sublimatwasser und 
Abtragen der nekrotischen Teile mit dem scharfen Löffel. Nach 
abermaliger Desinfektion wurde die ganze Fläche mit einer 
dünnen Schichte Phenyformpulver bedeckt und verbunden. Bei 
der Nachsicht am zweiten Tage nach der Operation wurde der 
Fuß schon etwas belastet; nach Abnahme des Verbandes erwies 
sich ein großer Teil der Wundfläche trocken und die Eiterung 
beschränkt. Nach weiteren zwei Tagen wird der Fuß im Stalle 
gut belastet; die ganze Wundfläche war trocken. Am folgenden 
Tage, das ist am fünften Tage nach der Operation wird ein 
Deckeleisen aufgeschlagen und das Pferd zur Arbeit verwendet, 
ohne das geringste Lahmen zu zeigen. 

2. Klauenhautentzündung: Fragliche Kuh konnte den 
rechten Vorderfuß gar nicht mehr belasten; es wurde Klauen¬ 
hautentzündung konstatiert. Die ganze Sohle der äußeren Klaue 
wurde abgetragen, die Wunde mit dem scharfen Löffel aus¬ 
gekratzt, mit Lysolwasser gut gereinigt, mit Phenjtformpulver 
in dünner Schicht bedeckt und verbunden. Der Verband wurde 
zweimal gewechselt; nach neun Tagen war vollständige Heilung 
erfolgt. 

In allen Fällen von Klauenhautentzündung, die ja sehr 
häufig in Behandluug kommen, bin ich in derselben Weise ver¬ 
fahren, wie in der beschriebenen und habe immer die gleich 
guten Erfolge mit Phenyform erzielt. 

3. Panaritium: Bei einem dreijährigen Ochsen wurde 
Panaritium festgestellt. Das vordere Ende des Klauenspaltes 
und die ganze Zwischenklauenhaut w’ar enorm verdickt, so daß 
die beiden Klauen weit auseinander standen. Teilweise bestand 
starke Eiterung und tiefgehende Nekrose der Zwischenklauen¬ 
haut. Nach sorgfältiger Entfernung der nekrotischen Gewebs- 
masse und peinlicher Desinfektion wurde Phenyformpulver auf¬ 
gestreut und der Fuß verbunden. Nach dreimaligem Verband¬ 
wechsel innerhalb zehn Tagen war vollständige Heilung 
eingetreten, so daß der Ochse wieder zur Arbeit verwendet 
werden konnte. 


No. 27. 


In weiteren sieben Fällen erfolgte dieselbe Behandlung mit 
gleich gutem Erfolge. 

4. Kronenverletzung: Ein Pferd hatte sich beim Her¬ 
ausschaffen von Langholz aus dem Walde durch einen hervor- 
stehenden Baumstumpf an der Vorderfläche der Krone des linken 
Vorderfußes eine bedeutende Verletzung zugezogen. Die Wunde 
wurde vernachlässigt und kam erst zur Behandlung, als starke 
Eiterung und Lahmen eingetreten war. Die Wunde wurde mit 
dem scharfen Löffel ausgekratzt, mit Sublimatlösung desinfiziert, 
mit Phenyform bestreut und verbunden. Viermaliger Verband¬ 
wechsel; nach zwölf Tagen Heilung; Lahmgehen vollständig 
verschwunden. 

5. Verletzung am Oberschenkel: Ein Pferd wurde von 
dem danebenstehenden geschlagen; die Haut war in der Aus¬ 
dehnung einer Handfläche an der Außenseite des rechten Ober¬ 
schenkels losgelöst, die Wunde selbst etwa 12 cm tief und 
ca. 20 cm laug. Nach gründlicher Reinigung der Wunde am 
abgeworfenen Pferde wurde die ganze Wunde mit Phenyform 
bestreut und die Haut mit 18 Nadeln wieder angenäht. Die 
Weiterbehandlung bestand in täglichem Abtupfen der Wunde 
mit Watte und Bestäuben mit Phenyform. Die Heilung machte 
gute Fortschritte. Nach 20 Tagen konnte das Pferd eingespannt 
werden, nach 10 Wochen war kaum mehr eine Narbe wahr- 
znnehmen. Ein ganz ähnlicher Fall bei einem Pferd und einer 
beim Rind, das mit dem rechten Oberschenkel durch Aus¬ 
rutschen in eine Sense gefallen war, wurde in derselben Weise 
mit gleich gutem Erfolg behandelt. 

6. Eiternde Druckwunde am Widerrist: Durch An¬ 
legen der Vorfallbandage bei einer Kuh nach Reposition des 
vorgefallenen Tragsackes starb zu beiden Seiten der Wirbel¬ 
säule hinter dem Widerrist durch den Druck der am Gurt be¬ 
festigten Polster je ein etwa fünfmarkstückgroßes Stück der 
Haut ab. Behandlung: Desinfektion mit Lysolwasser, Auf¬ 
streuen von Phenyform. Als dadurch keine Heilung erzielt 
wurde, wurde eine Phenyformsalbe angewandt. Ebenfalls keine 
wesentliche Besserung. Zur Probe nahm ich nun Jodoform, 
doch auch hierdurch konnte die Heilung nicht beschleunigt 
werden. Vor vollständiger Heilung wurde die Kuh verkauft, 
so daß ich den Heilungsprozeß nicht weiter verfolgen konnte. 

7. Geschwüre: In diesem Fall probierte ich Phenyform 
an mir selbst. Bei der Abnahme einer stark fauligen Nach¬ 
geburt zog ich mir durch zwei kleine, bisher nicht beachtete 
Verletzungen am Arme eine Infektion zu. Es bildeten sich 
stark eiternde, etwa pfennigstückgroße Geschwüre verbunden 
mit Schwellung des Armes. Nach peinlichster Desinfektion mit 
Sublimatlösung trug ich Phenyformsalbe auf und legte einen 
Verband an. Da nach drei Tagen die beiden Geschwüre noch 
nicht sauber waren, verwandte ich Phenyformpulver. Nach 
Verlauf von acht Tagen waren die Geschwüre fast vollständig 
vernarbt. 

Wenn ich die bei meinen Versuchen mit Phenyform ge¬ 
machten Erfahrungen zusammenfasse, so komme ich zu folgendem 
Urteil: 

1. Das Phenyform ist ein nicht reizendes, gut deckendes 
Wundstreupulver, das dem Jodoform an Wirkung gleich¬ 
steht; 

2. das Phenyform wirkt gut austrocknend und ruft lebhafte 
Granulation der Wundflächen hervor; 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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3. während sich das Phenyform durch genannte Eigenschaften 
mit dem Jodoform deckt, hat es vor letzterem den Vorzng 
der Geruchlosigkeit, der Ungiftigkeit und Billigkeit. 

Nur in einem Fälle (Nr. 6) entschloß ich mich nach längerer, 
fast vergeblicher Anwendung des Phenyforms zum Jodoform 
überzugehen, doch konnte auch dieses den Heilungsprozeß nicht 
sichtlich beschleunigen. 

Dann machte ich noch die Beobachtung, daß Phenyform in 
Pulverform wirksamer zu sein scheint wie in Salbenform. 

Alles in allem genommen, kann nach meinen Beobachtungen 
das Phenyform als ein gutes Ersatzmittel für Jodoform be¬ 
zeichnet werden. 


Beitrag zur Quecksilbervergiftung bei Kälbern. 

Von Tierarzt Dr. Reiche-Rochlitz. 

Zwei Simmenthaler Kälber, jedes vier Monate alt, hatte ein 
Gutsbesitzer längs des Halses dreimal im Verlauf einer Woche 
mit Quecksilbersalbe eingerieben. Die Salbe hatte er als 
„Läusesalbe“ aus der Apotheke bezogen.' Die Salbenmischung 
(100 g) bestand aus 20 g Unguentum Hydrargyrum cinereum 
und war mit 80 g Adeps verdünnt worden. Der Apotheker 
hatte den Besitzer auf die Giftigkeit der Salbe aufmerksam 
gemacht. 

Vierzehn Tage nach der letzten Einreibung ließ das eine 
Kalb im Fressen nach, während sich der Durst auffallend ver¬ 
mehrte (Selbsttränke); dabei trat Darchfall und starker Speichel¬ 
fluß ein. Am 20. Tage nach der Einreibung fraß das Kalb 
überhaupt nichts mehr, und der Besitzer zog mich endlich des 
Nachts (!) zu Rate. Befund bei der Lebendbeschau: Starker 
Speichelfluß (ohne Maulgeruch), Hautansschläge mit Eiter- und 
Borkenbildung am Halse (eingeriebene Stellen), an den weißen 
Backen und Lippen, sowie an den weißen Fesseln beider Vorder¬ 
füße. Hautoberfläche überall kalt. Körperinnentemperatur 36,5! 
Beim Liegen trug das Kalb den Kopf sichtlich schwer aufrecht. 
Nach dem Auftreiben blieb das Kalb nur wenige Minuten stehen. 

Die Hauterkrankungen ließen mich sofort nach der Ursache 
und Art der Einreibung fragen, wobei sich obenerwähnte 
Quecksilbereinreibung der beiden Kälber herausstellte. Das i 
andere eingeriebene Kalb befand sich, ebenfalls angebunden, 
etwa acht Meter von dem erkrankten entfernt und hat weder 
früher noch später irgendwelche Krankheitserscheinungen gezeigt. 
Nach Aussage des Besitzers war diesem Kalbe aber nur die 
kleinere Hälfte der Salbenmenge eingerieben worden, so daß 
das kranke Kalb demnach 12—15 g officineller grauer Salbe 
erhalten hat. Diese 12—15 g grauer Salbe haben also 
die tödliche Quecksilbervergiftung nach 20 Tagen 
herbeigeführt; denn der ganze Zustand des Tieres wies auf 
baldigen Exitus letalis hin, und dem Besitzer konnte nur sofortige 
Notschlachtung angeraten werden. 

Der Befund bei der Fleischbeschau war eigentlich negativ. 
Das Fleisch wurde aber, auf Grund der Lebendschau und seiner 
eventuellen geringen Haltbarkeit, als minderwertig der Freibank 
überwiesen. Es fanden sich zwar punktförmige Blutungen in fast 
sämtlichen Körperlymphdrüsen, sowie flächenförmige Blutungen 
in 10-Pfenniggröße unter dem Endokard, doch können diese 
Erscheinungen wohl auch durch die Art und Weise der nachts 
ausgeführten Notschlachtung entstanden sein. Die Organe zeigten 
keine sichtbaren Veränderungen; besonders waren Labmagen 


und Darmkanal unverändert, und es fehlten jene diphtheritischen 
Blinddarm- und Dickdarmentzündungen, wie sie für die Queck¬ 
silbervergiftungen der Schweine geradezu charakteristisch sind 
und die sich so häufig auch bei Quecksilbervergiftungen von 
Menschen, Hunden, Katzen, Kaninchen und Ziegen vorgefunden 
haben. 


Echinococcus multilocularis in der Muskulatur des 
Pferdes. 

Von Karl Hochstein, Distjiktsticrarzt, Lauf bei Nürnberg. 

Zur Schlachtviehbeschau wurde mir am 23. Januar d. J. 
ein alter Fuchswallach vorgefülirt, der sonst anscheinend gesund, 
in der Lendengegend rechts der Mittellinie eine umfangreiche 
Geschwulst hatte, 50 cm lang, 20 cm breit, nach oben wie ein 
Höcker prall hervorragend und dem Tiere ein eigenartiges 
Ansehen verleihend, keine Schmerzempfindung, leichte Fluktuation. 
Nach dem Schlachten des Pferdes stellte es sich heraus, daß 
nicht, wie vermutet, ein Hämatom, sondern eine im Longissi- 
mus dorsi von Echinococcen gebildete Geschwulst vorlag. 
Beim Einschneiden durch Hautmuskel und oberflächliche Teile 
des langen Rückenmuskels quollen viele Hunderte von kugeligen 
Blasen, erbsen- bis kleinapfelgroß, hervor. Die äußere, derbe 
Bindegewebskapsel war mit zahlreichen größeren und kleineren 
Hohlräumen und Zwischenwänden versehen, ein hübsches Netz¬ 
werk darstellend. Von der Rückenmuskulatur war nicht viel 
mehr erhalten, die Hohlräume waren bis zur Wirbelsäule vor¬ 
gedrungen und haben die Muskeln zur Atrophie gebracht. Die 
Blasen hatten durchwegs flüssigen, fast wasserklaren Inhalt mit 
ganz leichter, feinkörniger Trübung. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung der Blasenwand ließ den lamellären Bau der Cuticula 
erkennen, an der Innenfläche der Blasenwand zahlreiche ge¬ 
platzte Brutknpseln mit Scolices, im Blaseninhalt viele frei 
schwimmende Köpfe. Alle übrigen Organe frei von Echino¬ 
coccen. Einen Zweifel, daß es sich um die alveoläre Form 
des Echinococcus handelt, gibt es nicht. In der Literatur 
finde ich einen solchen Fall nicht beschrieben. Das Pferd soll 
die Geschwulst am Rücken sechs Jahre gehabt haben. 


Der Vertrieb und die Kontrolle der tierischen Impf¬ 
stoffe und Sera in Ungarn. 

Von Ludwig Maral, Direktor in Budapest. 

Die Schutzimpfstoffe gegen Schweinerotlauf und gegen 
Milzbrand wurden in Ungarn bis vor zirka 10 Jahren aus¬ 
schließlich durch das sogenannte „Laboratoire Pasteur-Chamber- 
land“ vertrieben, welches diese Präparate aus Pariser Urstoffen 
(Semences) erzeugte und noch erzeugt. Nebst diesen Impf¬ 
stoffen versendet das Laboratoire auch das Cornevin und 
Arloingsche Rauschbrandpulver, das dieses Institut fertig ge¬ 
stellt und dosiert aus Lyon bezieht. Seither wurde das „Labo¬ 
ratorium für Schutzimpfstoffe, Aktiengesellschaft“, welches zu 
den erwähnten Präparaten ihre eigenen Urstoffe verwendet, und 
später ein drittes ähnliches Institut gegründet, das sich den 
Namen „Jenner-Pasteur“ beigelegt hat. 

Es war kein leichtes Spiel, die Alleinherrschaft des „Labo¬ 
ratoire Pasteur-Chamberland“ zu brechen und es brauchte lange 
Zeit, bis die neuen Institute höheren Ortes konzessioniert. 


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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


wurden, denn der Konservatismus hat dem großen Namen 
Pasteur übertrieben gehuldigt. Das „Laboratoire Pasteur- 
Chamberland“ selbst hat sich um einen solchen Vorschub keines¬ 
falls verdient gemacht. 

Der Vertrieb von tierischen Impfstoffen wurde dennoch frei¬ 
gegeben. Man ging, höheren Ortes sicherlich von dem Stand¬ 
punkt aus, daß früher oder später nur diejenigen Institute das 
Feld behaupten werden können, deren Impfstoffe sich als ein¬ 
wandfrei erweisen werden. Hieraus resultierte auch der leb¬ 
hafte Wettbewerb, der sich zwischen den drei Instituten sehr 
rasch entwickelte. Die Institute bekriegten einander nach 
Leibeskräften, dort wo es nur tunlich war; sie wollten sich den 
Vorrang streitig machen, um endlich zu der peinlichen Über¬ 
zeugung zu kommen, daß verläßliche Präparate mehr Vorteile 
bieten, als offensive, Cicero pro domo geschriebene Flugschriften 
und dergleichen. Das Veterinärwesen wurde hierdurch sehr 
wenig gefördert. Es wurden sogar aus Kreisen der Tierärzte 
und der Tierzüchter immer mehr Stimmen laut, daß die Präpa¬ 
rate dieses oder jenes Institutes sich als wertlos, ja auch als 
schädlich erwiesen haben und so wurde oft auch dasjenige 
Institut in Mitleidenschaft gezogen, das sich keiner Sohuld 
bewußt war. 

Die Klagen gegen die abgegebenen Schutzimpfstoffe und 
Seras, vou da und dort stammend, wurden besonders in letzterer 
Zeit immer lauter, auch die Landwirtschaftsvereine traten an 
das Ackerbauministertum heran mit der Forderung, zur Sicherung 
des Wertes der Schutzimpfungen entsprechende Maßregeln zu 
treffen. Dies und der Umstand, daß die Verbreitung der Schutz¬ 
impfungen, zum großen Schaden der Tierzucht, allmählich stark 
in Mitleidenschaft gezogen- wurde, bewog den ungarischen Acker¬ 
bauminister zu dem Dekret, welches, im Einvernehmen mit dem 
Minister des Innern, ab 1. Juli 1907 die Erzeugung und den 
Vertrieb von tierischen Schutzimpfstoffen, Heilseras und Präpa¬ 
raten zu diagnostischen Zwecken formgerecht unter Staats¬ 
aufsicht und Staatskontrolle stellt. 

Zufolge des eben erwähnten Dekretes, das auch auf die 
bereits bestehenden Institute Rückwirkung hat, dürfen in Ungarn 
bakteriologischo Präparate zu tierischen Schutz impfstoffen, 
Heilsera und zu diagnostischen Zwecken, derzeit geschäftsmäßig 
nur dann erzeugt und vertrieben werden, wenn der Ackerbau¬ 
minister, im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, die 
Konzession hierzu erteilt hat und es kann eine solche Kon¬ 
zession nur solchen ungarischen Staatsbürgern erteilt werden, 
die entsprechende wissenschaftliche Qualifikation nachweisen 
können und über ein zweckdienlich eingerichtetes Laboratorium 
verfügen. Dieselbe Qualifikation wird auch vom technischen 
Leiter einer Association verlangt. Für Präparate, mit welchen 
jene Krankheiten diagnostiziert werden, bei welchen der Staat 
eine Entschädigung leistet, wird überhaupt keine Konzession 
erteilt. Nichtproduzenten sind von dem Vertrieb der im In¬ 
lande erzeugten Präparate ganz ausgeschlossen. Die Be¬ 
willigung zum Vertrieb von ausländischen bakteriologischen 
Präparaten kann nur seitens der inländischen Produzenten er¬ 
worben werden, und auch nur dann, wenn die betreffenden 
Präparate aus Laboratorien mit anerkannt gutem Rufe stammen, 
dürfen aber nur als solche, mit entsprechender Vignette ver¬ 
sehen, abgegeben werden. Konzessionäre, welche solche Präpa¬ 
rate vertreiben wollen, die im Inlande noch verdünnt oder erst 
entwickelt werden müssen, haben auch den schon erwähnten 


Qualifikationsnachweis usw. zu liefern. Die erteilte Konzession 
ist ohne Zustimmung der Regierungsbehörde nicht übertragbar. 

Das Dekret stellt des weitern fest, daß jeder Konzessionär 
verpflichtet ist, von den Präparaten, die er vertreiben will, eine 
gewisse Quantität als Probe samt Gebrauchsanweisung ein- 
zusenden und bei dieser Gelegenheit mit voller Haftpflicht 
genau zu beschreiben, welche Dosis von dem Schutzimpfstoff 
ein gewisses Tier tötet und die Dosis des Serums, welche ge¬ 
nügt, ein bestimmtes Tier, gegen eine gewisse Dosis des 
Infektionsstoffes zu schützen. Anzugeben sind auch die Preise 
der einzelnen Präparate, zu welchen dieselben abgegeben 
werden. Das Präparat, das als eigenes Erzeugnis vertrieben 
wird, muß der Konzessionär in allen Phasen selbst herstellen, 
während bei ausländischen Präparaten die Operation anzugeben 
ist, welche mit diesem im Inlande vorgenommen wird. 

Der Konzessionär ist gehalten, dem Ackerbauminister jeden 
Wechsel in der technischen Leitung des Laboratoriums, alle 
Veränderungen der Normen der einzelnen Präparate, der Ver¬ 
kaufspreise und der Gebrauchsanweisungen anzumelden. Alle 
Tuben oder Fläschchen und Papierhülsen, in denen die flüssigen 
Präparate, resp. die Präparate in Pulverform in Vertrieb 
gebracht werden, müssen derartig verschlossen sein, daß kein 
Zweifel obwalte, falls diese schon geöffnet worden sind. Die 
gelegentlich ein und derselben Operation erzeugten identischen 
Präparate, z. B. die mit gewissen abgeschwächten Bakterien 
fertig gestellten Schutzimpfstoffe, das auf einmal hergestellte 
Tuberkulin usw. sind mit einer laufenden Operationsnummer zu 
versehen. Diese Nummer tragen auch die Vignetten der Tuben, 
Fläschchen usw., auf welchen auch der Zeitpunkt der Operation, 
dann der Name, die Dosen und die Zeitdauer der Wirksamkeit 
des Präparates ersichtlich zu machen, schließlich die Tiere zu 
benennen sind, für welche das Präparat erzeugt, wurde. Jedem 
Präparat muß auch die betreffende regierungsbehördlich ge¬ 
nehmigte Gebrauchsanweisung beigegeben werden. Von den 
flüssigen Schutzimpfstoffen mit abgeschwächten Bakterien, die 
nur auf tierärztliche Bestellung ausgefolgt werden dürfen, darf 
eine Tube nicht mehr als 25 Dosen enthalten. 

Nebst alldem hat der Konzessionär ein Buch aufzulegen, 
in welches der Zeitpunkt der Bestellungen, die Namen und das 
Domizil der Besteller, die an deren Adresse abgesandten Prä¬ 
parate, unter Anführung der Quantität und der Operations¬ 
nummern einzutragen sind. 

Endlich heißt es in dem wiederholt genannten Dekret, daß 
falls gelegentlich einer Kontrolle sich herausstellen würde, daß 
eines oder das andere Präparat die angemeldete Eigenschaft 
nicht besitzt — übervirulent oder verunreinigt, war — und die 
Gebrauchsanweisung von der genehmigten abweicht, kann dem 
Konzessionär zugunsten der Staatskasse eine Geldstrafe bis zu 
2000 Kronen auferlegt werden. Sollte weiteres bei einer fach¬ 
männischen Kontrollprüfung konstatiert werden, daß ein ver¬ 
abfolgtes Präparat Massenerkrankungen, oder den Tod nur eines 
Tieres verursacht hat, dann muß der Konzessionär für den ver¬ 
ursachten Schaden Ersatz leisten. 

Die staatliche Kontrolle wird durch eine Kommission, be¬ 
stehend aus zwei Mitgliedern, ausgeübt. Das eine Mitglied der 
Kommission ist in der Haupt- und Residenzstadt Budapest der 
königliche Bezirkstierarzt, das zweite der Experte des Ackerbau¬ 
mmisters. Diese Kontrollkommission hat die respektiven Labo¬ 
ratorien, mindestens einmal vierteljährig, zu besichtigen, in deren 





2. Jtill 1908. 


BEHLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


477 


Bücher Einsicht zu nehmen nnd über die gemachten Erfahrungen 
dem Ackerb&nminister halbjährig nnd im Falle Verstöße gegen 
die Bestimmungen dieses Dekretes konstatiert wurden, sofort 
Bericht zu erstatten. Der Kontrollkommission steht es zu, bei 
ihrem unerwarteten Erscheinen in den Laboratorien von den 
Präparaten eine gewisse Quantität abzuverlangen und ist ver¬ 
pflichtet zur Kontrollprüfung von den Präparaten, nach Gut¬ 
dünken, auf indirektem Wege eine gewisse Quantität sich zu 
beschaffen. Die von der Kommission zur Prüfung direkt oder 
indirekt abverlangten Präparate sendet dieselben an das bakterio¬ 
logische lastitut der königlich ungarischen Tierärztlichen Hoch¬ 
schule, welches über das Resultat der Prüfung dem Ackerbau¬ 
minister berichtet. Zur Prüfung dürfen aber nur Präparate mit 
üblichem Verschluß des betreffenden Laboratoriums verwendet 
werden. Die Kosten der Kontrolle und der Prüfung hat jeder 
einzelne Konzessionär zu tragen. 

Die bereits erteilte Konzession kann, im Sinne des Dekretes, 
seitens des Ackerbauministers entzogen werden, wenn die Ver¬ 
läßlichkeit der technischen Leitung eines Laboratoriums einen 
Abbruch erleidet, wenn die Qualität der Präparate den Angaben 
nicht entspricht, dann falls die Präparate auf unlauterer Weise 
vertrieben werden und schließlich in dem Falle, wenn eine all¬ 
fällige Geldstrafe oder ein zugeurteilter Schadenersatz, zu dem 
festgesetzten Termin nicht bezahlt, respektive nicht geleistet 
wurde. 

Dies ist der kurzgefaßte Tenor der neuesten Verfügungen 
des ungarischen AckerbauminiBters im Interesse der tierischen 
Schutzimpfungen und es muß anerkannt werden, daß diese Ver¬ 
fügungen eine neue Epoche für das ungarische Veterinärwesen 
bedeuten, die der Nachahmung würdig sind. Jene Institute, die 
neben ihren eigenen Vorteilen, auch dem Gemeinwohl dienen 
wollen, gewinnen durch das Dekret, ohne etwas einbüßen zu 
müssen. Und wenn es auch wahr, daß die hier geschilderte 
staatliche Aufsicht und Kontrolle der respektiven Laboratorien 
noch nicht die idealste ist, denn es kann noch immer Vorkommen, 
daß ab und zu wirkungslose oder schädliche Präparate ausgefolgt 
werden, auf die erwünschte Verbreitung der Schutzimpfungen in 
Ungarn wird das Dekret doch günstig einwirken. Die nach¬ 
weisbare Kontrolle der zum Vertrieb fertig gestellten Präparate, 
welche die Laboratorien selbst vornehmen werden 
müssen, wird die ungarische Regierung um die jetzt an¬ 
gedeuteten Eventualitäten einzuhalten, gewiß sehr bald auch 
anordnen. 


Referate. 

(Aus dem pathologisch-anatomischen Institut der Tierärztlichen 
Hochschule zu Berlin.) 

Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Pferde¬ 
lungen und ihre Beziehung zu der Botzkrankheit. 

Von Angeloff-Sofia. 

(Archiv für wissenschaftliche und prakt. Tierheilkunde, 34. Bd. I. Heft). 

Seit der Entdeckung des Malleins als Diagnostikum der 
Rotzkrankheit haben die kleinen fibrösen oder auch kalkigen 
Knötchen in den Pferdelungen eine ziemlich bedeutende Rolle 
gespielt. In der Literatur sind die verschiedensten Angaben 
über ihr Wesen und Entstehung, sowie Beurteilung aufzufinden. 
Auf Anregung des Pathologen Schütz, der sich bekanntlich 
viel mit der Untersuchung dieser Gebilde befaßt hat, nahm 
Angeloff eingehend die Prüfung der genannten pathologischen 


Veränderungen vor. Zur Entkalkung benutzte er die Phloro¬ 
gluzinmethode, die sich gut bewährte. Die Knötchen wurden 
in Serienschnitte zerlegt; bei der näheren Untersuchung er¬ 
wiesen sie sich als folgende Gebilde: 

1. Graue durchscheinende Knötchen. Dieselben stellen 
in den Pferdelungen einen ziemlich häufigen Befund dar. In 
gewissen Gegenden kommen sie häufiger als in anderen vor 
(nach Olt bei 70 Proz. aller in Stettin geschlachteten Pferde). 
Die Größe schwankt zwischen Hirsekorn bis Linse. Konsistenz 
derb wie Lymphknoten. Durchschnittsfläche feucht und fein 
granuliert, Zentrum grau, Peripherie rötlich grau oder grauweiß. 
Bei der histologischen Betrachtung erweisen sie sich entweder 
als parasitäre Knötchen oder Lymphknötchen. 

a) Parasitäre Knötchen. Sie sind die Produkte eines 
durch Nematodenlarven (wahrscheinlich Sclerostoraum bidentatum) 
hervorgerufenen Entzündungsprozesses. Die Larven werden 
durch das Blut in die Lunge geführt. Daselbst wirken sie als 
Reiz. Als Folge der hierdurch gesetzten entzündlichen Vor¬ 
gänge sehen wir die Alveolen angefüllt mit Endothelien, Binde¬ 
gewebszellen und eosinophilen Leukozyten. In den in der Nähe 
gelegenen Kapillaren findet Exsudation (Fibrin) statt. Das 
Schicksal der parasitären Knötchen ist entweder Erweichung 
mit sich anschließender Resorption oder Verkalkung. 

b. Lymphknötchen: sind sehr selten. Sie besitzen eine 
zarte Kapsel (Tunica jagaia); ihre innere Einrichtung ist der¬ 
jenigen der sonstigen lymphogenen Apparate sehr ähnlich 
(retikuläres Bindegewebe, dessen Maschen mit Lymphozyten 
ausgefüllt sind). 

2. Fibröse Knötchen: Sie kommen vereinzelt oder multipel 
Vor; Ihre Größe schwankt zwischen der eines Hirsekornes und 
der einer Erbse, sie fühlen sich derb an. Durchschnittsfläche 
ist glatt, grauweiß-glänzend oder grau-käsig oder von ge¬ 
schichteter Struktur. Diese Gebilde sind nach A. geheilte 
parasitäre Knötchen, bei denen das Innere erweicht und 
resorbiert worden ist, und der Rest sich in fibröses Gewebe 
umgewandelt hat. 

8. Kalkige Knötchen: meist multipel und ziemlich häufig 
vorkommend, bis erbsengroß, von einer fibrösen Kapsel um¬ 
schlossen, die mit dem umgebenden Gewebe verwachsen ist. 
Die Durchschnittsfläche ist trocken, bei Gebrauch eines scharfen 
Messers glatt, sonst brüchig, konzentrisch geschichtet, von wei߬ 
gelblicher Farbe. Diese Knötchen stellen das Ende der schon 
beschriebenen grauen durchscheinenden und der fibrösen 
Knötchen dar. 

4. Rotzknötchen sind grieskom- bis erbsengroß, derb, von 
grauroter Farbe. Ganz kleine Knötchen sind nach ihrem Aus¬ 
sehen mit Flohstichen vergleichbar. Ihre Zahl wechselt, oft 
sind die Lungen ganz durchsetzt. Die Durchschnittsfläche der 
verschiedenen Rotzknötchenarten gibt variierende Bilder. Die 
ganz jungen Knötchen stellen ein kleines pneumonisches 
Herdchen von roter Farbe dar, welches allmählich in die 
Nachbarschaft übergeht. Die etwas älteren Knötchen 
zeigen ein graues trübes Zentrum, das von einem roten Hof 
umgeben ist und zuweilen eitrigen Zerfall zeigt. Mit dem 
benachbarten Gewebe steht das Knötchen im Zusammenhang, 
BOdaß es mit der Messerspitze nicht herausgegeben werden kann. 
Noch ältere Knötchen haben ein trockenes, grüngelbes 
Zentrum und eine graurötliche, aus Granulationsgewebe bestehende 
Umgebung.. Da sich später eine graue, durchscheinende Binde- 





478 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


gewebshülle bildet, so wird diese Form am häufigsten mit den 
entozoischen Knötchen verwechselt, und eine sichere Unter¬ 
scheidung zwischen beiden ist oft nur durch die mikroskopische 
Untersuchung möglich. Dem Wesen nach ist das Rotzknötchen 
das Produkt einer Pneumonia fibrinosa miliaris, entstanden durch 
die Giftwirkung der Rotzbazillen. Die Zellen, welche die 
Knötchen zusammensetzen, zeigen infolge der Einwirkung der 
Toxine der Rotzbazillen einen Kernzerfall; die so entstandenen 
Zerfallsmassen behalten aber ihre Färbbarkeit bei. Die Rotz¬ 
knötchen sind von den anderen in den Pferdelungen vorkommenden 
Knötchen noch dadurch zu unterscheiden, daß sie keine 
eosinophilen Leukozyten aufweisen und nicht verkalken. 

Zu dieser, vorstehend kurz referierten Arbeit gibt Schütz- 
Berlin einen Nachtrag, welcher hier ebenfalls besprochen 
werden soll. Nach Schütz sind in den Rotzknötchen außer 
Fibrin verschiedene Zellen: Fibroblasten, Leukozyten und 
Lymphozyten nachzuweisen. Die frischen Rotzknötchen sehen 
wie Hepatisationsknötchen aus, sie sind nicht, wie Wladimir off 
behauptet, transluzid. Die Alveolen der erkrankten Lungen¬ 
partie sind mit Zellen gefüllt; ein Teil derselben ist durch 
Wucherung der in den Scheidewänden der Alveolen gelegenen 
Zellen entstanden, ein anderer Teil setzt sich zusammen aus 
ausgewanderten neutrophilen Leukozyten und Lymphozyten. In 
allen Zellen tritt Nekrose ein, wobei die Kerne in Bruchstücke 
zerfallen (Karyorrhexis). Die Rotzknötchen sind mithin 
Produkte einer Entzündung, die durch die Rotzbazillen und 
deren Gifte hervorgerufen wird, letztere geben die Ursache für 
die Chemotaxe ab, durch welche die neutrophilen Leukozyten 
aus dem Blute herausgelockt werden. 

Die Larven von Parasiten veranlassen in der Lunge gleich¬ 
falls einen Entzündungsherd mit Auswanderung von Leukozyten 
und Zellproliforation. Die Giftwirkung wird hierbei durch den 
Parasiten selbst erzeugt. Die Gifte locken die eosinophilen 
Zellen an, und letztere sind ein spezifisches Merkmal der prasitären 
Knötchen. Diese gehen ferner nicht durch Karyorrhexis zugrunde, 
sondern in ihnen reifen die Fibroblasten zu Bindegewebe aus. 

Nach Schütz sind die erzielten Untersuchungsresultate 
sehr wichtig, denn sie liefern den Beweis dafür, daß mit Hilfe 
der histologischen Untersuchung das Wesen der Lungenknötchen 
unschwer festgestellt werden kann. Sicherlich sind früher viele 
Lungenknötchen irrtümlich für rotzig oder geheilt rotzig ange¬ 
sehen worden. J. Schmidt. 

Die Ophthalmo- und Kutanreaktion bei Rinder¬ 
tuberkulose. 

Von Veterinärrat Dr. Gartli, Unterveterinäre Dr. Kranich und 
G r ü n e r t - Darmstadt. 

(Deutsche TierSrztl. Wochenschrift 1908, Nr. 14.) 

Die Verfasser haben eine große Zahl von Versuchen mit 
der Ophthalmo- und Kutanreaktion vorgenommen, um deren 
diagnostischen Wert bei der Rindertuberkulose zu prüfen, zumal 
die vorwiegend in der französischen tierärztlichen Literatur vor¬ 
liegenden Berichte nicht gerade günstig lauten. Garth, Kranich 
und Grünert benutzten analog dem Verfahren in der Human¬ 
medizin für die Instillation in den Konjunktivalsack eine lproz. 
Lösung vonKochs Alttuberkulin (Verfahren nachWolff-Eisner), 
und für die Kutanimpfung eine 25proz. Lösung desselben Tuber¬ 
kulins (Verfahren von v. Pirquet). Sie verwendeten nach und 
nach stärkere Alttuberkulinlösungen und gingen schließlich zur 
Verwendung anderer Tuberkuline über. 


Die Technik ist kurz folgende: Mittelst einer graduierten 
und mit Gummiballon versehenen Pipette wurde jedem Rinde 
Va ccm der betreffenden Lösung in den Lidsack eingeträufelt. 
Um eine Kutanreaktion vorzubereiten bzw. auszulösen wurden 
an der haarlosen Partie um den After drei Impfschnitte mittelst 
einer in die Tuberkulinlösung getauchten Impffeder nebeneinander 
angelegt, nachdem die gereinigte Haut gründlich desinfiziert 
worden war. 

Die Impfung wurde gewöhnlich spätnachmittags und die 
erste Nachschau am nächsten Morgen, etwa 16 Stunden nach 
der Impfung, vorgenommen. Bei einer Anzahl von Tieren wurde 
auch die Impfung frühmorgens vorgenommen, um schon eher die 
Nachschau halten zu können. Um das Resultat der Impfung 
kontrollieren zu können, wurden die Versuchsrinder nach Be¬ 
endigung der Versuche geschlachtet» und danach so gewissenhaft 
als nur möglich untersucht. 

Für die erste Versuchsgruppe wurden 32 Ochsen und 29 Kühe 
verwendet. Für die Instillation kam lproz. Koch-Alttuberkulin 
und für die kutane Impfung 25proz. Alttuberkulin zur An¬ 
wendung. Die Versuche brachten keine sicheren Merkmale und 
die Resultate werden von den Verfassern als gänzlich negativ 
bezeichnet, obwohl sich nach der Schlachtung 12 Ochsen und 
15 Kühe als tuberkulös erwiesen. 

Zur zweiten Versuchsreihe wurden 22 Ochsen und 13 Kühe 
verwendet. Diesmal träufelten sie eine 2proz. Alttuberkulin¬ 
lösung in den Lidsack, während sie für die Kutanimpfung die 
25proz. Alttuberkulinlösung beibehielten, jedoch die Impfschnitte 
etwas tiefer ausführten. Auch bei dieser Versuchsreihe 
war das Resultat negativ. Bei drei Tieren trat zwar eine 
Rötung der Konjunktiva ein, aber nach der Schlachtung waren 
gerade diese Tiere tuberkulosefrei, während 12 andere tuber¬ 
kulös waren. — Bei den nächsten drei Versuchsreihen benutzten 
sie für das Auge teils 4proz. Alttuberkulin, teils Bovo-Tuberkulol 
Merck, und zwar Solutio 3 und Solutio 4. Es sind dieses sehr 
stark verdünnte Lösungen von Bovo-Tuberkulol Merck Solutio 1. 
Dieses Bovo-Tuberkulol stammt von Rindertuberkelbazillen und 
ist im Gegensatz zu Tuberkulin prüfbar; es stellt das Tuber¬ 
kulose-Toxin qualitativ unverändert dar. Für die Impfschnitte 
wurde bei allen Tieren unverdünntes Alttuberkulin benutzt. 
Auch diesmal war der Erfolg bei diesen drei Versuchsreihen 
(insgesamt 54 Rinder) absolut negativ. 

Bei Versuch sechs (16 Ochsen und 19 Kühe) wurde für Auge 
und Haut unverdünntes Alttuberkulin verwendet, nachdem vorher 
an einem Versuchstier festgestellt worden war, daß eine 4proz. 
Glyzerinlösung für sich keine Ophthalmoreaktion zu erzeugen 
vermag, denn bekanntlich enthält das Alttuberkulin eine der¬ 
artige Menge Glyzerin. 

Bei dieser sechsten Versuchsreihe trat zum ersten 
Male Ophthalmoreaktion auf, während die kutane Impfung 
erfolglos blieb. Die Ophthalmoreaktion trat bei 12 Tieren auf, 
die sich auch nach der Schlachtung als tuberkulös erwiesen. 
Es zeigten aber 7 keine Reaktion, und doch fand sich nach 
der Schlachtung Tuberkulose. 

Beim siebenten Versuch (55 Rinder) kam eine 5proz. Lösung 
des glyzerinfreien Tuberculinum siccum Merck zur Anwendung* 
Auch hier blieb in allen Fällen die kutane Reaktion 
aus, hingegen trat neunzehnmal Ophthalmoreaktion 
ein, und diese 19 Rinder wurden nach der Schlachtung als 
tuberkulös erkannt Es waren aber auch noch 4 weitere Tiere 



2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


479 


tuberkulös, die nicht reagiert hatten. Die Ophthalmoreaktion 
trat bei dieser Versuchsreihe teils schon nach drei Stunden 
in Gestalt von Tränen auf. Häufigeres Tränen sah man nach 
zehn Stunden, und Konjunktivaleiterung begann etwa nach zwölf 
Stunden und erreichte in der Regel nach fünfzehn Stunden nach 
der Impfung den Höhepunkt. Es kann aber ausnahmsweise auch 
eine Spätreaktion (24 Stunden nach der Impfung) eintreten. 

Für den achten Versuch standen ebenfalls 55 Rinder zur 
Verfügung und es wurde zur Impfung und Instillation 50proz. 
Bovo-Tuberkulol D (Merck) Solutio 1 verwendet. Damit ist 
ein voller Erfolg erreicht worden. Von den 55 Tieren 
reagierten 29. Tuberkulös befunden wurden nur 26 = 47 % der 
Geimpften. Von den 26 tuberkulösen Tieren hatten 25 reagiert 
= 96,1 %. Ein Tier hat nicht reagiert und war tuberkulös. 
Allerdings wurde dieses Tier bereits vierzehn Stunden nach der 
Impfung geschlachtet. Nach den Erfahrungen mit Bovo-Tuberkulol 
wäre eine spätere Reaktion sehr wohl möglich gewesen. 

Die Kutanreaktion trat in der Regel 24—36 Stunden nach 
der Impfung auf. 

Die Versuche der Verfasser haben sonach ergeben, daß 
stark verdünnte Lösungen von Tuberkulinpräparaten 
wirkungslos bleiben, daß das Alttuberkulin Koch bei 
63,3%, das Tuberculinum siccum schon bei 73,9 %, das 
Bovo-Tuberkulol D bei 96,1% der tuberkulösen Tiere 
Ophthalmoreaktion erzeugte. Rdr. 

Öffnung der vorderen Augenkammer. 

Heilung durch Borpulver. 

Von Lacassague. 

(Recueil d’Alfort, 15. Mai 1908.) 

Ein siebenjähriges Pferd wird mit geschlossenem rechten 
Auge und stark geschwollenen Augenlidern am 16. Januar zur 
Untersuchung vorgeführt. Beim Öffnen der letzteren erscheint 
der ganze Augapfel gleichmäßig rot und man bemerkt an der 
Grenze des vorderen und mittleren Drittels einen senkrecht ver¬ 
laufenden, etwa 3 cm langen Spalt, der zum Teil mit geronnenem 
Humor aquens ausgefüllt ist und aus dem Auge ganz erloschen. 

Das Pferd hatte sich die Wunde beim Herauslaufen aus dem 
Stalle zugezogen, wobei es an der Tür hingefallen ist und das 
rechte Auge auf der Türklinke aufgeschlagen hat. 

Nachdem der Verfasser das Auge mit gekochtem lauwarmem 
Salzwasser ausgewaschen hatte, blies er mittelst eines Metall¬ 
rohres Borpulver darauf. Sofort stellte sich ein bedeutender 
Tränenfluß ein, und auch den Mundlippen entfloß eine reich¬ 
liche Flüssigkeit. Als er am Nachmittag eine zweite Insuflation 
vornahm, wurde schon die schmerzstillende Wirkung des Pulvers 
konstatiert, da sich das Pferd viel leichter behandeln ließ als 
am Morgen. Am 17. Januar hat die Rötung an den hinteren 
Partien des Auges abgenommen und einem gelblichen Hypopion 
Platz gemacht. Die mit Blut untermischte dickliche Augen- 
kammerflüssigkeit fließt noch immer aus der Wunde heraus. Die 
Insuflationen von Borpulver werden dreimal täglich vorgenommen. 
Am 18. bemerkt man reichliche Granulationen auf der Wunde. 

Humor aquens fließt immer noch aus der Wunde heraus, 
nur ist er etwas heller geworden. Das Auge tränt sehr stark. 
Das Hyphaema ist überall verschwunden und man bemerkt nur 
noch eine gleichmäßige zitronengelbe Nüance. Die Sehkraft ist 
immer noch gleich Null. Am 5. Februar ist der Spalt voll¬ 
ständig geschlossen und von einer heller gewordenen gelblichen 


Zone umgeben. Die üppigen Mundgranulationen werden nun mit 
Höllenstein leicht geätzt. Das Pferd fängt jetzt an auf Licht¬ 
reize zu reagieren. Nach drei Tagen wird die Kauterisation 
noch einmal vorgenommen. Der Augapfel ist nur noch an seinen 
oberen hinteren Partien etwas abgeplattet und vorn in der 
Gegend der Wunde stark konvex. Die Sehkraft ist vollständig 
wieder zurückgekehrt. Am 11. Februar ist das Auge ganz geheilt. 

Helfer. 

Bauchbruch beim Pferd. 

Von Oberveterinär Ventzki. 

(Zeitschrift für VeterlnÄrkunde 1908, S. 69.) 

Beim Exerzieren drang einem Dienstpferd eine abgebrochene 
Lanze mit dem stumpfen Bruchende in die linke Flankengegend, 
Hautabschürfungen verursachend. Nach fünf Stunden zeigte 
sich in der linken Flanke eine flache Schwellung von Hand¬ 
tellergröße, die innerhalb von zwei Stunden bis zur Größe 
eines Kindskopfes wuchs und sich als Bruch zu erkennen gab. 
Die Reposition wurde beim stellenden Pferde versucht durch 
Anlegen eines Bruchbandes um den Hinterleib. Zu diesem 
Zwecke wurden auf einem breiten Gurte zwei Kissen von 
25 cm Länge und 12 ein Breite angenäht, so daß zwischen 
ihnen ein Abstand von 5 cm bestand. Um ein Verbiegen der 
Kissen zu verhindern, werden Eisenstäbe an der Rückseite der 
Polster befestigt. Von diesen Kissen sollte das untere die 
Geschwulst stützen, das obere einen ständigen Druck auf die 
Geschwulst ausüben. Dem Verschieben des breiten Gurtes 
wurde durch Anschnallen an einem Vorderzeuge vorgebeugt. 
Das Pferd wurde hochgebunden. — Der Erfolg war ein guter; 
der Bauch hatte sich nach zwei Monaten so verringert, daß er 
nur noch die Größe einer Kinderfaust besaß. Nach fünf Monaten 
war nur noch eine flache Geschwulst vorhanden, als deren Grund 
man die unregelmäßige Oberfläche der Bauchdecke fühlte. Das 
Pferd geht wieder unter dem Reiter. Richter. 

Über Ernährungslehre. 

Von Oberstabsveterinär Ludewig. 

(Zeitsclir. f. Velerinärk. 1908. S. 491.) 

Ludewig verbreitet sich über die Nährstoffe und ihre 
Bedeutung für den Körper. Bezüglich der Eiweißstoffe 
unterliegt es keinem Zweifel, daß dem Körper Eiweißzufuhr 
notwendig ist, daß die Menge des Eiweißes aber nur gering zu 
sein braucht. Als Minimum für ein Truppenpferd dürften 600 g 
Eiweiß pro Tag zu bezeichnen sein. — Die in den Vegetabilien, 
besonders im Heu in großer Menge vorhandenen Amine und 
Amide besitzen nach neueren Versuchen einen recht bedeutenden 
Nährwert. Ludewig stellte fest, daß diese stickstoffhaltigen 
Substanzen bei der Ernährung des Pferdes eine große Rolle 
spielen, daß sie besonders befähigt sind, die in den Darm ein¬ 
geführten Eiweißstoffe vor der Fäulnis UDd damit vor dem Verlust 
zu schützen; indem die Amine die Eiweiße zur Verdauung und 
Resorption bringen lassen, dienen sie in hervorragendem Maße 
als Eiweißsparer. 

Bei Besprechung der Kohlehydrate erwähnt Ludewig die 
gerade in den letzten Jahren — z. B. von Beausil — gemachten 
Mitteilungen, nach denen der Zucker in großer Menge an Pferde 
verabfolgt, als ein vorzüglicher Kraftspender geschildert wird. 
Ludewig stellte zur Prüfling eigene Versuche an; er fütterte 
zwei Pferde mit Zucker. Schon nach einer Gabe von 4ÜU g 





480 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


pro Tag trat so starker Durchfall ein, daß von einer weiteren 
Zuckerfütterung Abstand genommen werden mußte. Auf Grund 
der physiologischen Kenntnisse und seiner Versuche steht 
Ludewig deshalb nicht an, seine Ansicht dahin auszusprechen, 
daß mehr als 1 / 2 Pfund Zucker pro Tag für Pferde nicht 
gefuttert werden darf, wenn man nicht Gefahr laufen will, Ver¬ 
dauungsstörungen herbeizuführen. 

Ludewig bespricht dann Zellulose und Pantosane, Salze, 
Wasser, Genußmittel und lenkt zum Schluß die Aufmerksamkeit 
auf ein Präparat, welches in manchen Jahren und manchen 
Gegenden vielleicht billig zu beschaffen ist und das, wie über¬ 
einstimmend berichtet wird, eine günstige Wirkung auf den 
Nährzustand und die Leistungsfähigkeit der Pferde ausübt; 
es sind das die Trockenkartoffeln. Ludewig hatte mehrfach 
Gelegenheit, sich von dem Wohlgeschmack des Präparats zu 
überzeugen und zu sehen, daß die Pferde das Futter begierig 
aufnahmen. Es wäre immerhin erwünscht, daß an Stelle der 
oft gekauften minderwertigen und häufig verdorbenen Erbsen 
und Bohnen Trockenkartoffeln verabfolgt würden, die innerhalb 
gewisser Grenzen imstande sein sollen, gleiche Gewichtsmengen 
Hafer vorübergehend zu ersetzen. Richter. 

Über Beziehungen der Thermo- und Triboelektrizität 
zur Elektrophysiologie. 

Von H. Studte. 

Bei der Besprechung der Thermoelektrizität geht Verfasser 
von dem Prinzip aus, daß die an belebten und unbelebten Körpern 
auftretenden Energien identisch sind, und daß die animalischen 
elektrischen Vorgänge in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis 
zur animalischen Wärme stehen. Zu seinen Versuchen stellt 
er sich sogenannte thermoelektrische Lamellen aus zwei ver¬ 
schiedenartigen Leitern her und vergleicht die Muskulatur mit 
einer vielfach zusammengesetzten derartigen Lamelle. 

Um die durch den Thermostrom hervorgerufene Ablenkung 
von Magneten sichtbar zu machen, benutzt er Doppelrechtecke, 
die aus einer Kupferplatte und einem Doppelbiigel aus Neu¬ 
silber zusammengelötet sind. In jedem Rechteck befindet sich 
leicht beweglich eine Magnetnadel. Infolge Erwärmung an J 
irgendeiner Stelle der Platte treten thermische und elektrische 
Ströme auf, welche die Magnetnadeln je nach der Stärke und 
dem Ort der Erwärmung ablenken. Er kommt dabei zu dem 
Resultate, daß die elektromotorische Kraft : eines Thermostromes 
innerhalb gewisser Grenzen dem Temperaturunterschiede, welcher 
den Strom hervorbringt, direkt proportional ist. 

Die Befunde hält Verfasser für wichtig genug, um das 
Interesse der Physiologen zu erwecken. Er vergißt aber dabei 
anzugeben, in welcher Richtung dies geschehen soll. Denn 
schon Becquerel und Breschet haben gezeigt, daß bei der 
Muskelkontraktion Wärme gebildet wird und andererseits wissen 
wir ebenfalls, daß bei der Erregung der Muskelinhalt elektro¬ 
motorisch wirksam wird im Sinne eines in der Faser von den 
erregten zu den ruhenden Bestandteilen verlaufenden Stromes. 

Noch weniger ist aus den kurzen Andeutungen zu ersehen, 
die Studte über die Beziehungen der Triboelektrizität zur 
Elektrophysiologie macht. Zunächst geht er von der Er¬ 
scheinung aus, daß beim Biegen von Metalldrähten elektrische 
Ströme auftreten. Die bei der Reibung der einzelnen Bestand¬ 
teilchen (Strumenten) aneinander auftretenden Deformationsströme 


vergleicht nun Verfasser mit den Aktionsströmen unverletzter 
Muskeln. 

Ferner schließt Studte aus der Beobachtung, nach welcher 
durch Herabfließenlassen von Schwefelsäure in einem Bleirohre 
eine Ablenkung der Galvanometernadel erfolgte, daß auch im 
lebenden Tier- und Pflanzenorganismus durch das Entlangströmen 
der Säfte an den Gefäßwandungen triboelektrische Erscheinungen 
auftreten. 

Schließlich vermittelt nach StudteB Ansicht die Reibung 
das Verwandlungsgeschäft der Energien, ist also nur eine Um¬ 
leitungsenergie. Daher sollen bei Triboelektrizität sowohl 
elektrische als auch thermische Wirkungen zu beobachten sein. 

Dr. Adloff. 

Beiträge zur Kenntnis der normalen und pathologischen 
Anatomie der Glandula tbyreoidea und parathyreoidea 
des Pferdes. 

Von Dr. Litty. (Inauguraldissertation.) 

Der Verfasser wird durch seine Untersuchungen zu folgenden 
Schlüssen geführt: Beim Pferde sind die beiden Seitenlappen 
der Schilddrüse von verschiedener Größe; der linke Lappen ist 
länger, aber schmaler und leichter als der rechte. Der ver¬ 
bindende Isthmus erfährt postfötal in der Regel eine völlige 
Rückbildung seines Drüsenparenchyms. Mit zunehmendem Alter 
treten normal in den Seitenlappen Veränderungen auf; Größe 
und Gewicht nehmen ab, das Gewebe wird dunkler und fester. 
Mikroskopisch ist eine Größenabnahme der Follikel und Ver¬ 
breiterung der Bindegewebssepten nachweisbar. In den Follikeln 
lassen sich zwei Arten von fremden Einschlüssen nachweisen. 
Die einen sind bereits nach Ablauf des ersten Lebensjahres 
vorhanden und nehmen später an Zahl und Größe zu; sie sind 
nur im Flemmingpräparat erkennbar und mit den anderweit be¬ 
schriebenen Fettkörnchen identisch. Die anderen erscheinen erst 
im zwölften Lebensjahr und erweisen sich als eckige Pigment¬ 
körner. 

Während Maligna Struma beim Pferde selten ist, wird Struma 
benigna sehr häufig beobachtet, wenn auch leicht übersehen, 
weil meist keine auffällige Vergrößerung der Lappen eintritt. 
Am häufigsten sind fötale Schilddrüsenadänome, die nur bei 
älteren Tieren als Einlagerung in die Lappen Vorkommen und 
sich durch helle Farbe und dichte bzw. markige Beschaffenheit 
abheben. Sie bestehen aus großen polygonalen Epithelzellen. 
Häufig ist ferner Struma colloides, welches durch Erweiterung 
der Schilddrüsenfollikel und Anfüllung mit Colloid entsteht und 
namentlich bei jugendlichen Tieren vorkommt. Nicht selten 
kommt Struma colloides mit Adänombildung zusammen vor. 
Schilddrüsenzysten bilden beim Pferde größere, mit geleeartiger 
Flüssigkeit gefüllte Räume; auch kommen beim Pferde wie bei 
Mensch und Ziege Zysten in der Nachbarschaft der Schilddrüse 
vor, deren Entstehung nicht mit Sicherheit auf Veränderung des 
Schilddrüsengewebes zurückzuführen ist. Die Epithelkörperchen 
(Glandulae parathyreoideae) bilden beim Pferde gelbliche und 
scharlachrote, bis 1 cm lange rundliche Organe, die in einiger 
Entfernung vom Ende oder an der medialen Fläche der Seiten¬ 
lappen liegen, meist jederseits eins, und die aus einer kompakten 
Epithelmasse oft mit konzentrisch angeordneten Zellen bestehen. 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli 190 8. 

Tagesgeschichte. 

Die Einweihung des B. 8. C.-Denkmals in Rudolstadt. 

Wie alljährlich um Pfingsten, so hatten sich auch in diesem 
Jahre die Vertreter, die jungen und die alten Mitglieder — die 
Chargierten, die Aktiven und die Alten Herren der im R. S. C. 
vereinten Korps an den deutschen tierärztlichen Hochschulen 
in dem schönen, herrlichen Thüringerland, in dem an bewaldeten 
Höhen idyllisch umrahmten Rudolstadt zusammengefunden. 
Dieses Mal galt es, ein Fest von besonderer Bedeutung, ein 
Jubiläum, den Tag des 25 jährigen Bestehens des R. S. C. 
zu feiern und gleichzeitig die feierliche Enthüllung des aus 
diesem Anlaß von den Alten Herren gestifteten R. S. C.-Denk¬ 
mals festlich zu begehen. Es kann deshalb nicht wundernehmen, 
daß die jungen Korpsstudenten sowie die Alten Herren mit 
ihren Damen, Söhnen und Töchtern in so großer Zahl herbei¬ 
eilten, daß nicht allein die Hotels überfüllt waren, sondern auch 
die in großer Menge bereitwilligst zur Verfügung gestellten 
Privatlogis kaum die Festteilnehmer aufnehmen konnten. Be¬ 
günstigt vom herrlichsten Wetter, hat der R. S. C. in diesem 
Jahre in warm empfundener Festesfreude und gehobener, nicht 
durch einen einzigen Mißton getrübter Jubelstimmuug unter 
inniger Anteilnahme der Rudolstädter Bürgerschaft ein Fest wie 
nie zuvor gefeiert. Noch lange, ja zeitlebens wird in den 
Herzen aller Teilnehmer die Erinnerung an dieses herrliche 
Fest wachbleiben. 

Mit außerordentlicher Umsicht und großer Aufopferung hatte 
der Festausschuß unter Leitung der Vorsitzenden, der Herren 
Prof. Dr. Eberlein-Teutoniae und Kllngner-Franconiae, das 
Festprogramm ausgearbeitet und vorbereitet. Nachdem am 
Sonnabend, den 13. Juni zunächst die Eröffnung des R. S. C. 
und in einer kurzen Sitzung die Übergabe des Präsidiums 
an das Korps Normannia vollzogen war, vereinigte man sich 
um 11 Uhr zu dem schon seit Jahren üblichen Eröffnungs- 
Frühschoppen in der „Krone“, der sich natürlich bis zum 
Nachmittag hinzog. Znm Abend hatte die Residenzstadt 
Rudolstadt zu einem Konzert und einer eigens für das Fest 
hergestellten Illumination des Angers etngeladen. Von 
diesem Platz nahm dann um t) Uhr der Fackelzug als 
Huldigung für Seine Durchlaucht Fürst Günther zu Schwarzburg- 
Rudolstadt seinen Anfang. Es war ein prächtiges, lierz- 
erfrenendes Bild, als der stattliche Zug von 2(13 Fackeln mit 
zwei Musikkorps, unter Führung der Chargierten im Vollwichs 
mit Fahne, sich den Schloßberg herauf zum Schloß bewegte und 
dann seinen Weg an der Ludwigsburg und der Kirche vorüber 
zum Marktplatz nahm, wo die Fackeln zusammengeworfen 
wurden. Von hier aus ging es wieder znm Empfangsabend 
nach dem Anger. Es war ein herrlicher Abend, der in der Tat 
dazu angetan war, mit den alten lieben Korpsbrüdern, Freunden 
und Bekannten ein frohes Wiedersehen zu feiern, und der die 
Teilnehmer bis lange nach Mitternacht zusammen hielt. 

Den Glanzpunkt des Festes bildete die feierliche Ent¬ 
hüllung des R. S. C.-Denkmals am Sonntag, den 14. Juni, 
im Beisein Ihrer Durchlaucht der Fürstin Anna zu Schwarz- 
burg-Rudolstadt. Der Platz zunächst dem Denkmal war den An¬ 
gehörigen des R. S. C., dem Stadtrat, dem Rudolstädter Abend, den 
eine langjährige Freundschaft mit dem R. S. C. verbindet, dem 
Offizierkorps und den übrigen geladenen Gästen Vorbehalten. Für 
die Fürstin und ihre Umgebung war ein besonderer Pavillon er¬ 


richtet. Als Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin in Begleitung 
Ihrer Staatsdame Frau von Riedel, Sr. Exzellenz des Herrn 
Staatsministers Freiherrn von der Recke und des Herrn Hof¬ 
marschalls von Priem auf dem Festplatze eintraf, wurde 
dieselbe mit einem dreimaligen brausenden Hurra empfangen 
und von dem Vorsitzenden deB Festausschusses, Herrn Prof. 
Eberlein, in einer besonderen Ansprache begrüßt, die in ein 
mit Begeisterung ausgebrachtes Hoch ausklang. Nachdem dann 
noch Fräulein Ehrhardt-Steindal Ihrer Durchlaucht ein Bukett 
überreicht hatte, begann sofort der Festakt mit dem gemein¬ 
schaftlichen Gesang „Des Deutschen Schwur“ und der Festrede 
des Herrn Prof. Eberl ein. 

Redner brachte zunächst ein Hoch auf Seine Durchlaucht 
Fürst Günther zu Schwarzburg-Rudolstadt, aufSeine Majestät 
Kaiser Wilhelm II. und die ihm verbündeten deutschen 
Landesfürsten aus und warf einen Rückblick auf die Entwicklung 
des R. S. C. in den letzten 25 Jahren. Nachdem er dann der 
fürstlichen Staatsregierung für das wohlwollende Entgegen¬ 
kommen, der Residenzstadt Rudolstadt für die Überlassung des 
Platzes und dem Schöpfer des Denkmals, Herrn Bildhauer 
Pfretzschner gedankt hatte, fuhr derselbe folgendermaßen 
fort: „Das Denkmal soll der Welt und den kommenden 
Generationen Kunde geben von dem Geist und der Stärke, die 
heute den R. S. 0. beseelen. Aus freiwilligen Beiträgen der 
Alten Herren ist dasselbe gestiftet. Mit seltener Opferfreudig¬ 
keit, in der sich der unter den Alten Herren des R. S. C. be¬ 
stehende Korpsgeist hell wiederspiegelt, sind die reichen Beiträge 
eingesandt. Erst im Januar d. J. wurde der Aufruf hinaus in 
die Welt gesandt, und schon heute, nach kaum fünf Monaten, 
können wir zur Weihe des Denkmals schreiben. Fürwahr, ein 
glänzendes Zeugnis der Anhänglichkeit der Alten Herren an 
ihre Korps und den R. S. ! 

Aus unzerbrechlichem Erz und fast unvergänglichem Stein 
ist unser Denkmal errichtet. So beständig und widerstands¬ 
fähig wie dieses möge auch R. S. C. stets im Innern fest ver¬ 
bunden, nach außen stark sein. Möge das Denkmal, wie wir 
dies bereits in der dem Grundstein einverleibten Stiftungs¬ 
urkunde znm Ausdruck gebracht haben, nicht allein ein Mark¬ 
stein in der Geschichte des R. S. C., sondern auch immerdar 
sein ein Wahrzeichen der unerschütterlichen Treue gegen unsern 
geliebten Kaiser und die ihm verbündeten Könige und Fürsten 
der deutschen Bundesstaaten, der unverbrüchlichen Liebe zu 
unserm Vaterlande, ein äußeres Symbol der Stärke und 
Einigkeit im R. S. C., ein Ansporn zur Pflege und Stärkung 
studentischen Geistes, echter Freundschaft und edlen Rittersinns. 
Möge es stets den Mahnruf in uns wachhalten; „Nunquam 
retrorsum, impavidi progrediamur!“ Wohl wollen wir in Dank¬ 
barkeit zurückschauen auf die vergangenen 25 Jahre, in Liebe 
der Gründer und insbesondere der heute hier anwesenden 
Gründungsburschen des R. S. C. gedenken, Verehrung zollen 
allen denen, welche an der Entwicklung unseres Verbandes 
mitgearbeitet, für denselben oft alles eingesetzt haben, stets 
aber sei unser Schritt unentwegt nach vorwärts gerichtet, 
unbeirrt wollen wir weiter schreiten auf den bewährten, durch 
die Tradition geheiligten Pfade zum Wohle unseres geliebten 
Vaterlandes, zum Segen des tierärztlichen Standes, zum Heile 
unseres R. S. C.! 

Doch nun genug der Worte! Senket tief Eure Fahnen, 
streckt Eure blanken Schläger und lauscht in weihevoller Andacht 


rt*M» 



482 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 27. 


der feierlichen Töne des so herrlichen, inhaltsreichen akademischen 
Weiheliedes, mit dem wir stets bei besonderen Festlichkeiten 
den Treuschwur dem Vaterlande zu erneuern pflegen! 

Eure Durchlaucht aber bitte ich untertänigst, das Zeichen 
zur Enthüllung des Denkmals geben zu wollen.“ 

Unter den Klängen des von der Kapelle des 7. Thüringischen 
Infanterie-Regiments Nr. 96 ausgeführten Weiheliedes: „Alles 
schweige! Jeder neige!“ fiel jetzt die Hülle und prachtvoll 
erglänzte das Denkmal im hellen Sonnenschein. 

Mit warmen Dankesworten übernahm hierauf Herr Erster 
Bürgermeister Doflein das Denkmal in Hort und Schutz der 
Residenzstadt Rudolstadt. „Ich verspreche,“ so führte der 
Redner aus, „daß die Stadt das Denkmal hüten und schützen 
wird, so lange Erz und Stein nicht verwittert sind, aus denen 
es besteht.“ 

Alsdann erklang der von Herrn Hugel-Markomanniae 
komponierte flotte Rudolstädter S.-C.-Marsch und die Chargierten 
der Korps, der Vorstand des Westdeutschen A. H. V., sowie der 
Vorsitzende des Rudolstädter Abends legten Kränze am Fuße 
des Denkmals nieder. Der erste Chargierte des präsidierenden 
Korps Normannia, Herr Henningsen, ergriff jetzt das Wort, 
um den Alten Herren den innigsten Dank der Aktivitas aus¬ 
zusprechen. Seinen Dank faßte derselbe in die Worte zusammen: 
„Wir wollen treu halten zu Kaiser und Reich, treu halten zu 
Euren Traditionen und treu halten zu den Farben, die Ihr zu 
Ehren gebracht habt.“ 

Mit dem Gesang des schönen Liedes: „0 alte Burschen¬ 
herrlichkeit“ erreichte dann die erhebende Feier ihr Ende. 

Mit hohem Interesse besichtigte hierauf Ihre Durchlaucht 
die Frau Fürstin das Denkmal und hatte noch die Gnade, in¬ 
mitten der Festteilnehmer der photographischen Aufnahme am 
Denkmal beizuwohnen. Erneute stürmische Hurrarufe erklangen, 
als Ihre Durchlaucht den Festplatz verließ. 

Das Denkmal stellt einen Student mit Fahne als eine 
3 m hohe Bronzetigur dar, die auf einem 2,50 m hohen Sockel 
ans Harzer Granit steht. Es ist von wunderbarer Wirkung 
und dem Platze sowie seiner Umgebung vorzüglich angepaßt. 
Aufrichtiges, ungeteiltes Lob wurde dem Künstler allseitig 
gespendet. 

Am Nachmittag fand noch der althergebrachte festliche 
Umzug durch die Stadt statt, an dem sich vornehmlich die 
Aktivitas beteiligte. Ob auch die Sonne heiß brannte, unter 
klingendem Spiel ging es mit flatternden Fahnen durch die 
Straßen. 

Der Abend vereinigte dann wieder alle Festteilnehmer zum 
Kommers im „Adler“, dem größten Saale der Stadt. Vertreter 
der Staatsregierung, die Mitglieder des Stadtiats, des Offizierkorps, 
des Rudolstädter Abends und zahlreiche geladene Gäste waren wie¬ 
derum erschienen. Bis auf den letzten Platz waren der Saal und die 
Damentribüne gefüllt, als Herr Hennigsen-Normanniae den Fest¬ 
kommers eröffnete. Nachdem Herr Erster Bürgermeister Doflein 
die Damen und Herren des R. S. C. im Namen der Stadt aufs 
herzlichste willkommen geheißen und Herr Bennewitz- 
Hannoveraniae das Fürsten- und Kaiserhoch ausgebracht hatte, 
ergriff Herr Dr. Bundle-Franconiae das Wort zur Festrede, 
in welcher er namentlich die Entwicklung unseres Korps seit 
dem Jahre 1850 darlegte und ermahnte, nicht auf den Er¬ 
rungenschaften auszuruhen, sondern mit vereinten Kräften weiter 
zu arbeiten an der Festigung und Vervollkommnung des R. S. C. 


Noch manches ernste und heitere Wort in Prosa und Poesie 
auf die Stadt, die Gäste, den Festausschuß, den Künstler, die 
Damen, die Gründer des R. S. C. usw. wurde gesprochen und 
hielt die Teilnehmer bis zur vorgerückten Morgenstunde fröhlich 
beieinander. 

Auf die an den Kaiser und den Fürsten von Schwarzburg- 
Rudolstadt gesandten Huldigungstelegramme waren folgende 
Antworten eingelaufen: 

I. Se. Majestät der Kaiser und König lassen zur Feier 
des 25 jährigen Jubiläums und zur Enthüllung des R. S. C.- 
Denkmals den dort vereinten Studenten und alten Herren 
der Korps an den deutschen tierärztlichen Hochschulen 
für den treuen Gruß vielmals danken. 

Auf allerhöchsten Befehl 

Der Geheime Kabinettsrat v. Lucanus. 

II. Mit meinem innigsten Danke für die freundliche 
telegraphische Begrüßung verbinde ich meinen herz¬ 
lichsten Wunsch für das fernere Wohl des R. S. C. 

Günther. 

Von Sr. Durchlaucht Priuz Sizzo von Schwarzburg, dem 
Thronfolger von Schwarzburg - Rudolstadt war folgendes 
Telegramm eingegangen: 

Dem R. S. C. spreche ich zur frohen Feier zugleich im 
Namen der Prinzessin die aufrichtigsten Glückwünsche 
aus und bitte, als Rudolstädter auch meinen Dank ent¬ 
gegenzunehmen für das meiner Vaterstadt gestiftete wert¬ 
volle Denkmal. Sizzo, Prinz von Schwarzburg. 

Hierauf erwiderte der Festausschuß: 

An Se. Durchlaucht Prinz Sizzo und Ihre Hoheit 
Prinzessin Alexandra von Schwarzburg. 

Großharthau. 

Die in Rudolstadt anläßlich der Feier des 25jährigen 
Bestehens des R. S. C. und der Enthüllung des R. S. C.- 
Denkmals versammelten Studenten und Alten Herren der 
Korps an den deutschen tierärztlichen Hochschulen bitten, 
Euerer Durchlaucht und Ihrer Hoheit der Frau Prinzessin 
Alexandra für die Glückwünsche und die warme Anteil¬ 
nahme ihren tiefempfundenen herzlichen Dank aussprechen 
und ihre ehrfurchtsvolle Ergebenheit ausdrücken zu dürfen. 

Endlich hatten das Professorenkollegium der tierärztlichen 
Hochschulen zu Dresden, Berlin und Stuttgart und eine sehr 
große Anzahl von Alten Herren Glückwünsche gesandt. 

Verschiedene Alte Herren nötigten dringend Berufsgeschäfte, 
mit den Nachtzügen bereits in die Heimat zurückzukehren. Die 
Mehrzahl vereinigte sich am Montag, den 15. Juni noch zu 
einem Ausflug in das herrliche Schwarzatal und am Dienstag 
zu einem Frühschoppen auf dem Marktplatz in Rudolstadt. 

Damit erreichten die Feierlichkeiten ihr Ende. Es war 
ein schönes Fest, so hörte man alle Teilnehmer sagen, es 
war ein Fest, an welches wir noch lange mit Freuden 
zurückdenken werden. 

Militaria. 

Dem unter dieser Spitzmarke seinerzeit in der B. T. W. 
veröffentlichten Äußerungen würde ich, wenn ich gefragt würde, 
noch kurz folgendes hinzufügen: 

Man möge vor allen Dingen dafür Sorge tragen, daß das 
neue in der Veterinärreform nicht dem nachstehe, was einige 
Bundesstaaten (Bayern, Hessen) schon vov 1866 bis kurz nach 



2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1870/71 hatten und was durch die Reichsgründung zurückging. 
Hier gilt es, durch das neue in gewissem Sinne wieder etwas 
gut zu machen; dem möge man sich nicht verschließen. 

Wenn man ferner wissen will, daß die Militär-Veterinär¬ 
beamten nicht auf der Liste derjenigen Beamten sein sollen, 
die eine Aufbesserung erfahren — worüber man ja bald im 
klaren sein wird —, so wäre das nicht billig, da die Veterinäre 
schon einmal im Jahre 1897 übergangen und erst fünf Jahre 
später als andere Beamte bedacht wurden, und sie dann jetzt 
wieder noch ein Jahr im Nachteil blieben, wenn die Reform 
1909 durchgeführt würde. Das wäre ein doppelter Nachteil, 
denn erstens erschwerte man den Übergang und zweitens träfe 
die wohlwollend Übergangenen die in Aussicht genommene Auf¬ 
hebung des Steuerprivilegs der Beamten um so schmerzlicher. 

Zu verwundern wäre es, wie gesagt, nicht, denn der Vor¬ 
gang von 1897 liegt ja vor. 

Hierbei kann einem großen Teil der alten aktiven Veterinäre 
ein Vorwurf nicht erspart bleiben, nämlich der, daß sie sich 
nie darauf besonnen haben, daß sie Reichsbeamte sind. Sie 
haben sich immer auf den lieben Gott und ihre Zivilkollegen 
verlassen. Deshalb sind wir so zurückgeblieben, weil kein 
Aktiver sich rührte. Man hielt sie für wunschlos, sonst würde 
man sich einer früheren Aufbesserung nicht haben verschließen 
können, denn an welche mittleren Beamten des Landheeres 
wurden auch nur entfernt ähnliche Anforderungen in bezug auf 
Vorbildung gestellt mit einer anschließenden vierjährigen Fach¬ 
ausbildung? 

Jeder Militäranwärter, der teilweise in der Truppe sich 
noch im Lesen, Schreiben und Rechnen vervollkommnete, hatte 
eine bessere Karriere vor sich. 

Wenn man nun derartig vor- und ausgebildeten Personals 
benötigt — und das ist allseitig zugegeben —, so treffe man 
Vorsorge, daß die technischen Fähigkeiten auch voll und ganz 
betätigt und ausgenützt werden können, damit das dem Ganzen 
zugute kommt durch bessere Erhaltung eines bedeutenden Teils 
des Nationalvermögens unseres Volkes. Man mache die Veterinäre 
selbständiger und übertrage ihnen die Verantwortung für das, 
was sie leisten; dabei kann die oft so ängstlich und eifersüchtig 
gehütete Selbständigkeit des Truppenführers vollständig un¬ 
berührt bleiben. Der einsichtige Militärbefehlshaber, der bei 
aUer Tüchtigkeit und Erfahrung doch immer nur gebildeter 
Laie bleibt, tiberläßt schon heute, wenn er sieht, daß jemand 
seine Schuldigkeit tut, dem Veterinär vollständig freie Hand in 
bezug auf Behandlung usw., weil er weiß, daß er dabei gut 
fährt; hält selbst mit Anerkennung nicht zurück und weist ihm 
gespendetes Lob höherer Vorgesetzter an die Adresse desjenigen, 
dem es im konkreten Falle zukommt. 

Oft ist es aber so, daß wenn etwas verfahren war und in 
irgendeiner Weise der unverantwortliche Veterinär damit in 
Verbindung gebracht werden konnte, dieser die Verantwortung 
tragen mußte; war aber alles gut, dann bekam natürlich der 
verantwortliche Militärbefehlshaber die Belobigung, was den 
Veterinär in seiner Dienstfreudigkeit nicht gerade bestärkte. 

Dahin gehören auch die Fälle, die der Veterinär allein 
bearbeiten könnte. Um ihm aber nicht zu sagen: „Hier brauchen 
wir Sie“, wird schnell eine Kommission gebildet, die, abgesehen 
von sonst reglementarisch vorgeschriebenen Kommissionen, für 
jeden beliebigen Fall vom Kommandeur befohlen werden kann. 
Der Hauptleidtragende ist dann meistens der Veterinär, dem 


483 


der Vorsitzende liebenswürdig zulächelnd sagt: „Na, den Bericht 
machen Sie wohl.“ 

Was hier vom Veterinärdienst im allgemeinen gesagt ist, 
gilt im besonderen für das eigenste Spezialgebiet des Veterinärs, 
für die Leitung des Hufbeschlags, für den er im übrigen nicht 
verantwortlich ist. 

Was nützt ein noch so spezialistiscli ausgebildetes Veterinär- 
und Hufbeschlagspersonal, wenn keine zentralinstanzlichen Vor¬ 
schriften diesen Dienst mehr aus dem allgemeinen Frontdienst 
nach der handwerksmäßigen Seite herausheben, den Schmiede¬ 
dienst zu einem durch den Dienst angeordneten, präzise geregelten 
Faktor machen, ohne natürlich die kriegsmäßige Ausbildung der 
Schmiede des jüngsten Jahrgangs zu hindern. Dem Büchsen¬ 
macher, dem Sattler, dem Schneider werden seine Leute zu¬ 
geteilt und er arbeitet ungestört mit ihnen, dem Fahnenschmied, 
der eben seine Leute mit Mühe zusammengetrommelt und das 
Feuer usw. zum Arbeiten hergerichtet hat, kann jeden Augen¬ 
blick mindestens der Wachtmeister dazwischenreden, nimmt ihm 
die Leute weg nnd verwendet sie, wo angeblich etwas not¬ 
wendigeres zu tun ist. Und der Veterinär als Beamter steht 
mit der langen Nase dabei, er kann in den Dienst der Eskadron 
nicht eingreifen und mit seiner Leitung ist es heute mal wieder 
nichts; er baut ab, er hat ja keine Verantwortung. 

Wie wenig man in militärischen Kreisen zum großen Teil 
heute noch von der Wichtigkeit eines guten Hufbeschlags 
überzeugt ist, davon kann man sich sehr oft überzeugen. Wie 
viel davon abhängt, tritt zu wenig in die Erscheinung, weil 
grobe und zahlreiche Versehen zum Glück selten Vorkommen, 
da cs mit vieler Mühe gelingt, trotz aller Widerwärtigkeiten, 
das Personal so leidlich auszubilden. 

In der Exerzierperiode und im Manöver, wenn die anderen 
Leute der Schwadron sich ausruhen und schlafen, dann stehen 
die Schmiede, die denselben Dienst hinter sich haben, bis zur 
eintretenden Dunkelheit schweißtriefend an der Schmiede, um 
den notwendigsten Beschlag in Ordnung zu bringen. 

Oder ein anderes Beispiel: Es werden viele Leute als 
Erntearbeiter beurlaubt und sie sparen sich aus ihrem Neben¬ 
verdienst einen kleinen Betrag. Der Schmied genießt diesen 
Vorzug nicht, weil er eben Schmied ist und gebraucht wird. 
Gebraucht wird er aber nicht in der Schmiede, sondern im 
Stall und der Hufbeschlag wird gelegentlich mal wieder so 
nebenbei in Ordnung gebracht. Da nützt dann kein Entwurf 
für den Betrieb des Schmiededienstes usw., das ewige Anregen 
und Bitten geht dem Stabsveterinär schließlich auch auf die 
Nerven, man läßt es eben gehn, um nicht als Krakehler oder 
lästiger Passagier verschrien zu werden. 

Es soll keineswegs behauptet werden, daß es durchgängig 
so wäre; geordneter ist dieser Dienstzweig meistens bei der 
Artillerie und vorbildlich im Gardekorps schon seit 30 Jahren. 

Wenn ich zum Schluß noch einige Punkte anführen darf, 
so möchte ich folgendes vorschlagen. Es würde sich empfehlen: 

1 . Schaffung der Stellung eines Fachreferenten im 
Ministerium. 

2. Im Interesse des Dienstes im gauzen und im Interesse 
der Ausbildung der jungen Veterinäre im speziellen sämtliche 
Unterveterinäre durch die Kavallerie gehen zu lassen. 

Sie müßten als Unter veterinäre und Veterinäre mindestens 
fünf Jahre hintereinander bei dieser Truppe Dienst getan haben 
und, wenn möglich, bei ein und demselben Regiment; erst da 







No. 27. 


484 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


lernen sie lahme Pferde untersuchen, Lahmheiten beurteilen und 
vor allen Dingen die Erfolge oder Mißerfolge der getroffenen 
Maßnahmen, Behandlungsmethoden usw. schätzen, das kann 
ihnen keine Hochschule und kein Kursus bieten. Der Schwer¬ 
punkt liegt in der jahrelangen Beobachtung eines großen Pferde¬ 
bestandes; beobachten ist allerdings nicht jedermanns Sache. 
Die Artillerie-Regimenter bieten zu wenig Material, es kommt 
auch seltener etwas vor, besonders bei den fahrenden Abteilungen, 
und aus diesem Grunde sind Unterveterinäre hier deplaziert. 

Ich würde mich ferner gar nicht scheuen auszusprechen: 
Wer nicht mindestens fünf Jahre hintereinander bei der Kavallerie 
gedient hat, ist nicht voll geeignet zum Stabsveterinär; ebenso 
wenig halte ich Stabsveterinäre, die nicht mindestens sechs 
Jahre bei gemischten Waffen (Kavallerie und Artillerie) ge¬ 
standen haben, für geeignet zur Weiterbeförderung (Korpsstabs¬ 
veterinär), noch weniger solche, die überhaupt als Stabsveterinär 
nicht in der Truppe gestanden, sondern irgendwo in einer Lehr¬ 
schmiede oder sonstwo am Platze waren, denn ihnen ist außer 
dem wichtigen Gebiet der Seuchenbekämpfung und des Schrift¬ 
verkehrs der persönliche Verkehr in der Truppe und mit dem 
Offizierkorps ganz entgangen, und es kann für die Allgemeinheit 
des Veterinärkorps durchaus nicht gleichgültig sein, welche 
Vertreter sie bei den Generalkommandos hat. Die Wissenschaft 
allein macht’s lange nicht, vielmehr kommt’s darauf an, ob jemand 
Formen hat, ohne subalternen Servilismus. 

Es würde sich weiter empfehlen: 

3. Daß Veterinäre bevorzugter Garnisonen sich, abgesehen 
von ihrer Qualifikation, auch sonst durch wissenschaftliches 
Streben dieses Vorzuges würdig erwiesen. Das Streben müßte 
nach außen hin erkenntlich sein dadurch, daß diese Herren 
nach Ablauf der vorgeschriebenen und eventuell verlängerten 
Frist das Examen für beamtete Tierärzte machten oder sonstwie 
sich wissenschaftlich betätigten. 

4. Häufigere Informationskurse abzuhalten. 

5. Privatpraxis beizubehalten, denn sie trägt zur Vervoll¬ 
kommnung des Veterinärs bei und erleichtert ihm auch, wenn 
es sein muß, den Rücktritt ins Zivilleben. 

Es dürften sich aber nicht unangemessene Zustände bei der 
Jagd nach dem Glück einbürgern, wie sie tatsächlich oft da 
herrschen, wo die Veterinäre iu Massen auftreten, wie in 
manchen mittleren Garnisonen. 

Darum: „Mehr kameradschaftlicher Korpsgeist!“ 

Die Lage der Privattierärzte. 

Zur Lage der Privattierärzte, die ja in der „B. T. W.“ 
schon genügend besprochen worden ist, möchte ich nur ein paar 
kurze Bemerkungen machen. Der Hauptgrund, weshalb die 
Einnahmen der Privattierärzte viel zu wünschen übrig lassen, 
ist der, daß sich viele Viehbesitzer schon daran gewöhnt haben, 


selbst zu kurieren. Hieran sind in erster Linie einige Kollegen 
selbst schuld, wenn sie nicht nur in landwirtschaftlichen Blättern, 
— wie Herr Prof. Schmaltz kürzlich schon schrieb — tier¬ 
ärztlichen Rat erteilen, sondern sogar für die Landwirte zum 
Schaden der Tierärzte dicke Bücher schreiben, durch deren 
Studium sie die Landwirte, besonders die Rittergutsbesitzer 
resp. ihre Inspektoren, zum Selbstkurieren d. h. zum Pfuschen 
anstiften. „Bis der Tierarzt kommt, ist es in der Regel zu 
spät“, heißt es im Vorwort derartiger Bücher. In einer Beziehung 
hat ja der betr. Autor recht, nämlich wenn die Viehbesitzer im 
Vertrauen auf ihren Ratgeber erst selbst so lange an dem armen 
Tiere herumkuriert haben, bis es mit 3 Füßen im Grabe steht 
und dann erst zum Tierarzt schicken. Wenn nun der Tierarzt 
bei seiner Ankunft einen Todeskandidaten vorfindet, dem er 
gerade noch die Augen zudrücken kann, heißt es: „Wir haben 
sogar den Tierarzt N. N. gehabt, aber der hat auch nicht mehr 
helfen können!“ Hätte der betr. Landwirt, statt sein „Doktorbuch“ 
von A—Z durchzukurieren, gleich zum Tierarzt geschickt, wäre 
der Patient jedenfalls gerettet worden. 

Ich will nun zur Ehre der Verfasser annehmen, daß sie 
derartige Bücher nicht allein pro domo schreiben, d. h. um ein 
anständiges Honorar einzustecken, sondern auch idealer Zwecke 
wegen, d. h. um dem deutschen Volke sein Nationalvermögen zu 
erhalten. Den letzteren Zweck erreichen sie aber auf diesem 
Wege nicht, denn derartige Bücher werden weder bei Land¬ 
wirten noch bei Tierärzten Segen stiften, sondern nur Schaden 
anrichten, da die einsichtsvollen Viehbesitzer, die Nutzen und 
Nachteil solcher gedruckten Ratgeber richtig abwägen können, 
dünn gesät sein dürften. Wieland-Wangerin. 

Personalien. 

Der Rittergutsbesitzer Hirt auf Kammerau in Schlesien, 
Landesältester und Mitglied des Abgeordnetenhauses ist an 
einem Schlaganfall gestorben. Er wurde auf der Rückreise von 
Berlin nach seiner Heimat im Bahnabteil tot aufgefunden. Den 
Teilnehmern an der letzten Plenarversammlung zu Breslau ist 
er als Vertreter der schlesischen Landwirtschaftskammer be¬ 
kannt geworden, seine sympathische Rede hat damals vielen 
Beifall gefunden. 

Schlachthofdirektor Suckow, Berg-Gladbach, ist zum Preis¬ 
richter für die am G. Juli stattfindende Kreis-Stuten- und Fohlen¬ 
schau gewählt worden. 

Professor Zwick, Vertreter der Seuchenlehre an der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Stuttgart, wird in das Kaiserliche Ge¬ 
sundheitsamt eintreten und zwar als Mitglied der Veterinär¬ 
abteilung (Direktor Geheimrat Dr. Ost er tag). Für diese 
Abteilung werden die bisher fehlenden Einrichtungen für selb¬ 
ständige Seuchenforschung geschaffen, über welche bisher nur 
die experimentelle Abteilung (Direktor Geheimrat Dr. Uhlen - 
huth) verfügte. Hierdurch ist die Berufung eines neuen Mit¬ 
gliedes erforderlich gemacht. 


Staatsveterinärwesen. nehmen teil an den Aufgaben, welche die Tilgung der Rotz- 

Redigiert von Voterinärrat Preuße. krankheit den Tiermedizinern stellt. 

Die moderne Bekämpfung der Rotzkrankheit. Ich möchte mir deshalb gestatten, Ihnen die moderne Be- 

Vortrag, gehalten am 9. Mai 1908 im Hamburg-Altonaer Tierarzt- | kämpfung der Rotzkrankheit an einem Beispiel aus der 
liehen Verein von Dr. med. vet. Stödter, Stadttierarzt. , jüngsten veterinärpolizeilichen Praxis heute abend möglichst 

Die moderne Bekämpfung der Rotzkrankheit ist — glaube anschaulich vor Augen zu führen, 
ich — ein Thema, das uns alle interessiert. Der Praktiker und | Am Sonntag, den 12. Januar d. J., erhielt ich nachmittags 
der beamtete Tierarzt, der Sanitätstierarzt und der Bakteriologe, | seitens der Firma L. u. 0. und seitens der Polizeibehörde nach 
der Pathologe, der Histologe und der Serumforscher: sie alle meiner Wohnung die telephonische Mitteilung, daß Herr Korps- 




2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


485 


Stabsveterinär Hell aus Altona bei einem seit drei Jahren in 
den Pensionsstallungen von L. u. 0., Kolonnaden 17/19, be¬ 
findlichen Reitpferde des Rechtsanwalts Dr. U. plötzlich rotz- 
verdächtige Erscheinungen wahrgenommen habe. Die von mir 
im Anschluß an diese Mitteilung vorgenommene klinische Unter¬ 
suchung des fraglichen Pferdes bestätigte die Angaben des 
Herrn Sachverständigen Hell in vollem Umfange; ich erklärte 
deshalb den Ausbruch der Rotzkrankheit bei dem U.schen Pferde 
für wahrscheinlich, traf sofort nach § 12 Absatz 2 des Reichs¬ 
gesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 die üblichen vorläufigen 
Anordnungen und stellte nach Maßgabe des § 42 des genannten 
Gesetzes den Antrag, das U.sche Pferd nach vorgängiger 
Taxation töten zu lassen. Diesem Anträge wurde am 13. Ja¬ 
nuar d. J. Folge gegeben; das Pferd wurde am 13. Januar a. c. 
getötet und am 14. Januar a. c., morgens 9 Uhr, auf der 
städtischen Abdeckerei in Gegenwart zahlreicher beamteter 
Tierärzte und Militärveterinäre obduziert. Die Obduktion ergab 
laut Obduktionsprotokoll vom 14. Januar 1908 das Vorhandensein 
der Rotzkrankheit. Die Dauer der Krankheit wurde nach 
Anhalt des pathologisch-anatomischen Befundes auf fünf Wochen 
geschätzt. 

Auf Grund dieses Obduktionsergebnisses wurden alle in den 
Stallungen an den Kolonnaden befindlichen Pferde, insgesamt 
108 Stück, und alle während der letzten fünf Wochen in der 
Reitbahn an den Kolonnaden bewegten Privatpferde gemäß § 46 
der zur Ausführung des Reichsviehseuchengesetzes erlassenen 
Bundesratsinstruktion als der Ansteckung verdächtig unter 
polizeiliche Beobachtung gestellt; auch wurde eine gründliche 
Desinfektion der verseuchten Räumlichkeiten und Gegenstände 
vorgenommen; die benachbarten Zivil- und Militärbehörden 
wmrden von dem Ausbruch der Rotzkrankheit in Kenntnis gesetzt 
und die üblichen veterinärpolizeilichen Recherchen eingeleitet. 

Drei Tage später, am 17. Januar a. c., konnte ich bei einem 
der unter Beobachtung stehenden Pferde und zwar bei dem 
Reitpferde des Kaufmanns H. F. W. Gr., Erscheinungen kon¬ 
statieren, welche auch bei diesem Pferde den Ausbruch der 
Rotzkrankheit wahrscheinlich machten. Das Gr.sche Pferd war 
— wie die polizeilichen Ermittlungen inzwischen ergeben 
hatten — mit dem U.schen Pferd einmal Ende vorigen Jahres 
in der Reitbahn an den Kolonnaden in Berührung gekommen. 
Auch das G.sche Pferd wurde auf meinen Antrag am 18. Januar 
a. c. nach vflrgängiger Taxation getötet, an demselben Tage 
im Beisein zahlreicher Tierärzte auf der städtischen Abdeckerei 
obduziert und laut Obduktionsprotokoll vom gleichen Tage mit 
der Rotzkrankheit behaftet befunden. 

In der Nacht vom 19. zum 20. Januar d. J. wurden nun¬ 
mehr die Pferde Sultana, Czernikow, Prinzeß, Schumann, Picken¬ 
pack, Anton, Lise und Ortwin einer diagnostischen Impfung mit 
Mallein unterzogen, welch letzteres mir von dem Königlichen 
Departementstierarzte Herrn Veterinärrat Dr. Foth in Schleswig 
auf telegraphisch übermittelten Wunsch tags zuvor zugeschickt 
worden war. Sultana, Czernikow, Schumann und Pickenpack 
zeigten verdächtige Anschwellungen der Kehlgangslymphdrüsen, 
Prinzeß bekundete einen verdächtigen, matten Husten und zeigte 
glanzloses Deckhaar, während Anton, Lise und Ortwin mit den 
rotzkrank befundenen Pferden längere Zeit zusammen im Kranken¬ 
stall gestanden hatten und deshalb als besonders suspekt gelten 
mußten. Sultana und Czernikow reagierten auf die Impfung 
durchhohes Fieber, Prinzeß zeigte nach der Impfung eine geringe 


Temperatursteigerung, Schumann, Pickenpack, Anton, Lise und 
Ortwin reagierten auf die Impfung nicht. Bei dem Pferde 
Schumann stellte sich nach der Impfung heraus, daß die von 
mir zunächst als verdächtig angesehene Schwellung der Kehl¬ 
gangslymphdrüsen durch eine Stomatitis bedingt wurde und 
somit als rotzverdächtig nicht gelten konnte. Die Schwellung 
der Lymphdrüse des,Pferdes „Pickenpack“, eines sehr wertvollen 
Rennpferdes, konnte nicht in so harmloser Weise erklärt werden; 
das Pferd „Pickenpack“ mußte deshalb ungeachtet der fehlenden 
Malleinreaktion vorläufig noch als rotzverdächtig bezeichnet 
werden. Ich ließ es bis auf weiteres im Kellerstall der Firma 
L. und 0. isolieren. 

Bei den auf die Impfung reagierenden Pferden Sultana, 
Czernikow, Prinzeß und bei einem inzwischen neu erkrankten 
Pferde Bella konnte ich am 21. Januar d. J. den Ausbruch der 
Rotzkrankheit für wahrscheinlich erklären. Bei dem Pferde 
Bella hatte sich am 20. Januar a. c. ein kleines, kaum fünf¬ 
pfennigstückgroßes, sehr verdächtiges Geschwür an der linken 
Gesichtsseite nebst Schwellung djer regionären Lymphdrüsen 
bemerkbar gemacht. Ich beantragte demgemäß am 21. Januar a. c. 
die Tötung der vier rotzverdächtigen Pferde Sultana, Czernikow, 
Prinzeß und Bella; gleichzeitig beantragte die Firma L. & 0. im 
Interesse einer beschleunigten Unterdrückung der für Menschen 
und Tiere gefährlichen Seuche die Tötung der drei ansteckungs¬ 
verdächtigen Pferde Lise, Ortwin und Anton. Beiden Anträgen 
wurde seitens der Polizeibehörde Folge gegeben, und am 
22. Januar a. c. wurden alle sieben Pferde nach vorheriger 
Taxation auf der städtischen Abdeckerei getötet und im Beisein 
zahlreicher Tierärzte — auch Herr Veterinärrat Dr. Foth aus 
Schleswig war zugegen — obduziert. Bei der Obduktion stellte 
sich laut Obduktionsprotokoll vom 22. Januar a. c. heraus, daß 
die Pferde Sultana, Chernikow und Bella hochgradig rotzkrank 
waren; das Pferd Prinzeß hatte in den Lungen zahllose, nicht¬ 
rotzige, parasitäre Knötchen, die drei ansteckungsverdächtigen 
Pferde aber waren gesund. Das Foth sehe Mallein hatte sich 
somit im vorliegenden Falle gut bewührt. 

Zu bemerken erlaube ich mir, daß über die pathologisch¬ 
anatomischen Diagnosen bei allen neun Obduktionen unter den 
beteiligten Veterinären (Departementstierarzt Veterinärrat Dr. 
Foth-Schleswig, Korpsstabsveterinär Hell-Altona, Stabsveterinär 
Görte-Hannover, Oberveterinär a. D. Koske-Altona, Kreis¬ 
tierarzt Hübner-Wandsbek, Obertierarzt Professor Glage, 
Obertierarzt Dr. Gröning, Obertierarzt Dr. Nieberle, Ober- 
ierarzt Ähre ns, Polizeitierarzt Lammert, Polizeitierarzt 
Dr. Sieber, Polizeitierarzt Daasch, Polizeitierarzt Juncker, 
Polizeitierarzt Dr. Claußen, Polizeitierarzt Dr. Tauchert) 
volle Übereinstimmung herrschte. 

Mit den im vorhergehenden geschilderten Maßnahmen war 
für den Augenblick alles getan, was nach Lage der Sache getan 
werden konnte. 

Es fragte sich nun weiter: 

1 . Wie ist die Rotzkrankheit in den Bestand der Firma 
Lau & Oppenheimer an den Kolonnaden eingeschleppt? 

2 . Wie kann man der Weiterverbreitung der Seuche Ein¬ 
halt gebieten? 

Was die erste Frage anbetrifft, so ließ sich dieselbe nicht 
mit völliger Sicherheit beantworten. Das U.sche Pferd und die 
Pferde Sultana, Czernikow und Bella, welche sich schon seit 
längerer Zeit in den Stallungen an den Kolonnaden befanden, 







486 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


zeigten rotzige Veränderungen akuter Art, deren Entstehung 
sich nach sachverständigem Ermessen höchstens fünf Wochen 
zurückdatieren ließ; diese Tiere konnten somit die Seuche nicht 
eingeschleppt haben. Auch das Gr.sche Pferd zeigte bei der 
Obduktion durchweg frische Veränderungen, deren Alter von 
den anwesenden Sachverständigen ebenfalls auf ca. 5 Wochen 
geschätzt wurde. Nur ein in der linken Lunge dieses Pferdes 
vorhandenes, unter der verdickten Pleura gelegenes, fast 
walnußgroßes Rotzgewächs könnte vielleicht älteren Datums 
sein. Ob es aber bis zum 8. November v. J., dem Tage der 
Einstellung des Gr.schen Pferdes, zurückzudatieren war, ließ 
sich nicht mit Sicherheit sagen. Die an dem Herkunftsorte 
des Gr.schen Pferdes (Dahlenburg bei Lüneburg) sofort ein¬ 
geleiteten Recherchen führten zu keinem Resultat. Nur so viel 
konnte durch mühevolle Nachforschungen am hiesigen Platz fest¬ 
gestellt werden, daß das Gr.sche Pferd wahrscheinlich aus 
Rußland stammte und den russisch-japanischen Krieg mitgemacht 
hatte. Angesichts dieser Sachlage wurde das Gr.sche Pferd 
als dasjenige angesehen, welches die Seuche wahrscheinlich ein¬ 
geschleppt hatte. Als Tag der Seucheneinschleppung und als 
Ausgangspunkt der veterinärpolizeilichen Maßnahmen wurde j 
demgemäß der 8. November v. J. bezeichnet. 

Von wesentlich größerer Bedeutung als die Beantwortung 
der Frage nach der Herkunft der Seuche war für die 
hamburgisclie Veterinärpolizei die Tilgung der Seuche. Bei den 
bisherigen Obduktionen hatte sich herausgestellt, daß das Rotz- 
kontagium im vorliegenden Fall eine außerordentliche Virulenz 
besaß. Man mußte deshalb damit rechnen, daß in den Stallungen 
an den Kolonnaden ungeachtet aller Vorsichtsmaßregeln noch 
mehr Pferde angesteckt seien und über kurz oder lang bei den 
periodischen amtstierärztlichen Untersuchungen als rotzkrank 
oder rotzverdächtig bezeichnet werden müßten. Die strengste 
amtBtierärztliche Überwachung des an den Kolonnaden befind¬ 
lichen Bestandes, ev. unter Zuhilfenahme der Malleinimpfung 
und der Agglutination, war daher dringend geboten. Aber 
hierauf konnte man sich jetzt, nachdem sich der außerordentlich 
bösartige Charakter dieses Seuchenganges bei mehreren 
Obduktionen offenbart hatte, nicht mehr beschränken. Es war 
vielmehr erforderlich, auch die 146 Pferde, welche auf dem von 
der Firma L. & 0. gepachteten Gewese des Reitbahnvereins 
am Rothenbaum untergebracht waren, als der Seuchengefahr 
ausgesetzt gewesen zu betrachten und nach Maßgabe des § 19 
des Reichsgesetzes vom 1. Mai 1894 mit Genehmigung des 
Senats bis auf weiteres der polizeilichen Observation zu 
unterwerfen. Durch die bisherigen amtlichen Untersuchungen 
dieser Pferde waren allerdings keine rotzverdächtigen Er¬ 
scheinungen konstatiert worden, dennoch konnte man nicht 
umhin, auch die am Rothenbaum untergebrachten Pferde als 
sehr suspekt zu bezeichnen. 

Zur Begründung dieser Ansicht weise ich darauf hin, daß 
zwischen dem Seuchengehöft an den Kolonnaden und dem 
ca. l 3 / 4 km entfernt liegenden Gehöft am Rothenbaum in 
der kritischen Zeit vor Konstatierung der Rotzkrankheit ein 
ständiger Verkehr von Pferden, Personen (Reitlehrern, Reitern, 
Stallpersonal) und Gegenständen (Futter) stattgefunden hatte. 
Wenn auch nicht nachgewiesen werden konnte, daß die an den 
Kolonnaden rotzkrank befundenen Pferde mit den Pferden am 
Rothenbaum in direkte unmittelbare Berührung gekommen waren, 
so mußte doch eine mittelbare Berührung und in Anbetracht 


der auffallend hochgradigen Virulenz des Kontagiums auch eine 
mittelbare Ansteckung der am Rothenbaum stehenden Pferde 
vermutet werden. 

In richtiger Würdigung dieser Verhältnisse erklären sich 
die Herren L. und 0. auf Anfrage der Polizeibehörde am 
20. Januar d. J. freiwillig bereit, die auf dem Gewese am 
Rothenbaum befindlichen Pferde (Pensions-, Miets- und Handels¬ 
pferde) bis zur Entscheidung des Senats ohne Erlaubnis der 
Polizeibehörde nicht aus den Stallungen am Rothenbaum zu 
entfernen. 

Die Entscheidung des Senats erfolgte am 8. Februar d. J. 
Nach eingehender Beratung, an der u. a. auch Herr Geheimer 
Regierungsrat Professor Dr. Ostertag vom Kaiserlichen Ge¬ 
sundheitsamte teilnahm, wurde beschlossen, alle auf dem 
Gehöft am Rothenbaum aufgestallten und daselbst nach dem 
8. November v. J. gerittenen Pferde nach Anhalt des § 19 
des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 1. Mai 1894 unter Be¬ 
obachtung zu stellen und in kurzen Zwischenräumen amtstier¬ 
ärztlich untersuchen zu lassen. Die an der Sachlage interessierten 
auswärtigen Militär- und Zivilbehörden wurden entsprechend 
| verständigt. 

Außerdem wurden die in den Betrieben der Reitbahn- bzw. 
Fuhrwerksbesitzer Sch., Kirchenweg, Gebrüder L., Grindel¬ 
allee, K., Mühlenkamp, Schl. Söhne, Zimmerstraße und im 
Vereinsstall, Klopstockstraße, befindlichen Pferde — ca. 300 an 
der Zahl — nach Maßgabe der Bestimmungen des § 29 des 
vorerwähnten Reichsgesetzes meinem Vorschläge entsprechend 
einer einmaligen amtstierärztlichen Untersuchung unterzogen, 
weil einige am Rothenbaum gerittene und demnach unter 
polizeiliche Beobachtung gestellte Pferde in diesen Betrieben 
vorübergehend oder dauernd aufgestallt ^Varen. 

Bei allen diesen klinischen Untersuchungen wurden rotz¬ 
verdächtige Erscheinungen nicht koustatiert. 

Da aber die veterinärmedizinischen Forschungen der neueren 
Zeit ergeben haben, daß die von mir bereits erwähnte Aggluti¬ 
nation bei der Tilgung der Rotzkrankheit, insbesondere bei der 
Auffindung versteckt rotziger Pferde, wertvolle Dienste leisten 
kann, so haben wir uns nicht allein auf die günstig verlaufenen 
klinischen Untersuchungen beschränkt, sondern sowohl an den 
Kolonnaden als auch am Rothenbaum von den Blutuntersuchungen 
Gebrauch gemacht. Hierbei wurden wir auf Veranlassung des 
Königlich Preußischen Landwirtschaftsministeriums von dem 
Vorstand des Pathologischen Instituts der Königlichen Tierärzt¬ 
lichen Hochschule in Berlin, Herrn Geheimen Regierungsrat 
Professor Dr. Schütz in ausgezeichneter Weise unterstützt. 

Am 10., 11., 17. und 22. Februar 1908 wurden allen am 
Rothenbaum aufgestallten Pferden, sowie fast allen am Rothenbaum 
gerittenen Pferden mit Einwilligung der Besitzer insgesamt 
208 Blutproben unter antiseptischen Kautelen entnommen und 
durch einen Beamten der Polizeibehörde sofort nach Berlin ge¬ 
bracht. An der Blutentnahme beteiligten sich außer den 
Herren Korpsstabsveterinär Hell und Oberveterinär Ktrske 
die Herren Polizeitierärzte Krautwald, Lammert und 
Dr. Tauchert. Die im Pathologischen Institut der Tierärzt¬ 
lichen Hochschnle in Berlin vorgenommene Untersuchung der 
Blutproben ergab bei den am Rothenbaum aufgestallten und den 
daselbst gerittenen Pferden keinen Rotz verdacht . Infolgedessen 
konnte ich am 7. März 1908 erklären, daß eine weitere Obser¬ 
vation der am Rothenbaum aufgestallten und der dort gerittenen 




2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


487 


Pferde nicht mehr erforderlich sei. Daraufhin sind die vor- 
bezeichneten Pferde sofort aus der Beobachtung entlassen. 

Ausgenommen hiervon waren nur drei Pferde des Herrn 
Baron von G., Isequai 22, und ein Pferd der BTau Ww. YV., Jolins- 
allee 69, denen mangels der Einwilligung der Besitzer Blutproben 
nicht entnommen werden konnten, sowie ein Pferd des Herrn 
Geheimrat Schl., Moorweidenstraße 10, zwei Pferde des Herrn 
Polizeihauptmanns G. und zwei Pferde des Herrn Branddirektors W., 
bei welchen die Blutuntersuchung noch nicht zum Abschluß gelangt 
war. Diese Pferde mußten vorläufig unter polizeilicher Be¬ 
obachtung verbleiben und von der Benutzung hiesiger Reit¬ 
bahnen bis auf weiteres ausgeschlossen werden. 

Die auswärtigen Militär- und Zivilbehörden wurden von der 
veränderten Sachlage in Kenntnis gesetzt. 

Die ans dem Kolonnadenstall stammenden, am 8., 
17. und 18. Februar a. c. entnommenen Blutproben 
ließen, wie Herr Geheimrat Schutz mir telegraphierte, 
in vier Fällen „Rotz“ erkennen. Eins der in Berlin auf 
Grund der Blut Untersuchung als rotzig bezeichneten Pferde 
(dem Rechtsanwalt Dr. Sch. gehörig) zeigte sich schon klinisch 
rotzverdächtig und war deshalb bereits vor Eingang des Berliner | 
Untersuchungsergebnisses diesseits isoliert worden; die übrigen 
drei Pferde (den Herren L. und 0. und dem Herrn S. 
gehörig) waren jedoch äußerlich vollkommen gesund! 

Alle vier Pferde wurden nach vorgängiger Taxation auf 
polizeiliche Anbrdnung getötet. 

Die in Gegenwart zahlreicher hiesiger Tierärzte und im 
Beisein der Herren Dr. Schubert, Dr. Hintze und Stabs¬ 
veterinär Dietrich vom Berliner pathologischen Institut unter 
allgemeiner Spannung vorgenommenen Obduktionen ergaben bei 
sämtlichen vier Pferden unverkennbare rotzige Er¬ 
krankungen. Fürwahr, ein prächtiger Erfolg der Berliner 
Hochschule! 

Weitere Rotzfälle ereigneten sich im Laufe des Monats 
Februar an den Kolonnaden nicht. Am 7. März aber mußte ein an 
den Kolonnaden stehendes Pferd (rotbraune Stute mit Stern, rechter 
Hinterfessel weiß) der Firma L. u. 0. bis auf weiteres isoliert 
werden, weil sich an ihm verdächtige Krankheitserscheinungen 
zeigten. 

Das eingangs von mir erwähnte wertvolle Rennpferd „Picken¬ 
pack 11 konnte dagegen aus dem Isolierstall entlassen werden. 

Eine am 19. Januar d. J. vorgenommene Malleineinspritzung 
ergab bei dem betreffenden Pferde, wie Sie gehört haben, ein 
negatives Resultat. Die geschwollene Kelilgangslymphdrüse 
wurde dann später exstirpiert; sie enthielt einen haselnußgroßen 
Eiterherd. Bei Aussaat des Eiters auf Kartoffeln wuchsen 
keine Rotzkulturen. Mit dem Eiter geimpfte Meerschweinchen 
ließen bei der Obduktion keine rotzigen Veränderungen er¬ 
kennen. Auch die in Berlin ausgeführte Untersuchung des 
Blutes ergab nichts Krankhaftes. Die in der Kehlgangsgegend 
gesetzte Operationswunde heilte vorzüglich. Wir konnten somit 
den Rotzverdacht bei dem Pferde „Pickenpack“ fallen lassen. 

Da eine einmalige Blutuntersuchung hinsichtlich der an 
den Kolonnaden befindlichen Pferde nach dem Gutachten des 
Herrn Geheimrat Schütz nicht als ausreichend anzusehen war, 
so wurden am 9. März d. J. allen an den Kolonnaden aufge¬ 
stallten Tieren unter Beobachtung aller Kautelen nochmals 
Blutproben entnommen und von einem Polizeiwachtmeister nach 
Berlin gebracht. Das Resultat dieser zweiten Blutuntersuchung 


war durchaus günstig, insofern als bei keinem Pferde Rotz oder 
Rotzverdacht konstatiert wurde. Trotzdem blieb das am 
7. März d. J. isolierte Tier noch unter Stallsperre. 

Von den an den Kolonnaden gerittenen, in Privatställen 
befindlichen acht Pferden wurden leider nur drei Pferde zur 
Blutentnahme vorgeführt. Die Besitzer der übrigen fünf Pferde 
verweigerten den operativen Eingriff, weil sie sich von dem¬ 
selben für sich persönlich keinen Nutzen versprachen. 

Dieser Fall lehrt, wie richtig es ist, daß in der Novelle 
zum Reichsviebseuchengesetz die zwangsweise Blutentnähme 
bei rotzansteckungsverdächtigen Pferden vorgesehen ist. 

Die am Rothenbaum gerittenen Pferde der Herren Geheim¬ 
rat Schl., Polizeiliauptmann G. und Branddirektor W. konnten 
nach inzwischen erfolgtem Abschluß der Blutuntersuchungen am 
25. März d. J. aus der Beobachtung entlassen werden. 

Hinsichtlich des einzigen, Ende März d. J. an den Kolonnaden 
noch unter Stallsperre befindlichen Pferdes gestatte ich mir 
folgendes zu bemerken. 

Das fragliche Tier (rotbraune Stute mit Stern, rechter Hinter¬ 
fessel weiß) zeigte Anfang März Schwellung der Kehlgangs- 
lymphdrüsen sowie eiterigen Nasenausfluß und wurde daraufhin 
wie gesagt, sofort in strengster Weise isoliert. Am 21. März 
bemerkte Herr Polizeitierarzt Lammert, dem die amtliche 
Kontrolle des Kolonnadenstalles oblag, in der Kehlgangsgegend 
des Pferdes Fluktuation; die fluktuierende Stelle wurde operativ 
geöffnet und eine Quantität des herausströmenden Eiters von 
Herrn Obertierarzt Professor Glage mikroskopisch untersucht. 

Bei der mikroskopischen Betrachtung des Eiters zeigten 
die Eiterkörperchen nach dem Bericht des Herrn Professor 
Gl;ige nicht die für Rotz^iter charakteristisch,e BescUaffenheit 
der Kerne. Durch geeignete Färbmethoden konnten zahlreiche 
Eitererreger (Diplokokken und kurze Streptokokken) zur Dar¬ 
stellung gebracht werden. Letztere ließen sich auch auf Kar¬ 
toffeln ans dem Eiter züchten und erwiesen sich als die ge¬ 
wöhnlichen Eitererreger des Pferdes. Rotzbazillen waren weder 
mikroskopisch noch kulturell nachweisbar. 

Bei zwei Meerschweinchen, welchen Eiter unter die Haut 
verimpft wurde, entstanden an der Impfstelle Eiterherde, die 
bei der Tötung der Tiere am 30. März fast vollständig ab¬ 
gekapselt waren. Die Impfwunde war verheilt, die regionären 
Lymphdrüsen zeigten nicht die für Rotz eigentümliche Er¬ 
krankung. In dem Eiter waren wiederum die erwähnten Eiter¬ 
erreger, dagegen keine Rotzbazillen nachweisbar. 

Nach diesem Befunde war die Eiterung im Kehlgange des 
Pferdes mit Sicherheit nicht rotzigen Ursprungs, sondern durch 
die gewöhnlichen Eitererreger veranlaßt. 

Im Einklang mit diesen Feststellungen zeigten auch die 
weiteren klinischen Untersuchungen des Pferdes, daß die Er¬ 
krankung des Tieres nicht rotziger Art war. Der Nasenausfluß 
ging völlig zurück, das Pferd genas vollständig und wurde im 
Beginn des Monats April aus der Stallsperre entlassen. Mit 
diesem Zeitpunkt darf die Bekämpfung und Tilgung 
der Rotzkrankheit im Pferdebestande der Firma 
L. & 0. nach menschlichem Ermessen als abgeschlossen 
bezeichnet werden, denn weitere Fälle von Rotz oder 
Rotzverdacht haben sich bis heute in dem fraglichen 
Bestände nicht ereignet. 

Der Vollständigkeit halber gestatte ich mir zum Schluß 
noch zu erwähnen, daß auch auf dem Hamburger Landgebiet 









488 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


sieben rotzansteckungsverdächtige Pferde befindlich waren. Von 
diesen sieben, auf dem Hamburger Landgebiet (Billwärder, 
Moorfleeth und Schmalenbeck) aufgestallten rotzansteckungs- 
verdächtigen Pferden wurden ebenfalls Blutproben entnommen. 
Die fraglichen Pferde wurden seinerzeit auf dem Seuchengehöft 
Kolonnaden zur Düngerabfuhr benutzt, waren bis zum offen¬ 
sichtlichen Ausbruch der Seuche von Zeit zu Zeit im Seuchen¬ 
gehöft Kolonnaden aufgestallt gewesen und wurden demgemäß 
seitens der Landherrenschaften auf meinen Vorschlag als rotz¬ 
ansteckungsverdächtig unter polizeiliche Beobachtung gestellt. 
Bei den klinischen Untersuchungen dieser Tiere wurden bislang 
rotzverdächtige Erscheinungen nicht wahrgenommen. Auch die 
Untersuchung der Blutproben ergab nichts Krankhaftes. Wir 
dürfen demnach annehmen, daß die Rotzkrankheit zur¬ 
zeit nicht nur im Hamburger Stadtgebiet, sondern 
auch im Hamburger Staatsgebiet erloschen ist. 

Fragen wir uns nun, meine Herren, wodurch dies erfreuliche 
Resultat unter den obwaltenden schwierigen Verhältnissen in 
so kurzer Zeit und mit verhältnismäßig geringen Kosten erzielt 
worden ist, dann lautet die Antwort: 

1. durch peinlichste und häufige, anfangs tägliche Unter¬ 
suchungen aller ansteckungsverdächtigen und aller der 
Seuchengefahr ausgesetzt gewesenen Pferde. (§ 11t des 
Reichsviehseuchengesetzes und § 40 der Bundesrats¬ 
instruktion.) 

*2. Durch sorgfältige Untersuchung der am Seuchenorte oder 
in dessen Umgebung vorhandenen, von der Seuche ge¬ 
fährdeten Tiere. (§ 2t> des Reichsviehseuchengesetzes.) 

8. Durch strengste Absperrung aller rotzverdächtigen Pferde. 
(§ 1- B.-J.) 

4. Durch schleunige Tötung und Zerlegung aller derjenigen 
rotzverdächtigen Pferde, bei welchen der Ausbruch der 
Rotzkrankheit auf Grund der vorliegenden Anzeichen für 
wahrscheinlich erklärt werden mußte. (§41 der Bnndesrats- 
instrnktion.) 

f>. Durch gewissenhafte, von der städtischen Desinfektions¬ 
anstalt sachgemäß ausgeführte Desinfektion der Stallungen 
und Räumlichkeiten (Reitbahn, Schmiede usw.), in welchen 
rotzkranke oder der Seuche verdächtige Pferde gestanden 
hatten, sowie der Krippen, Raufen, Tränkeimer und 
Gerätschaften, welche bei den Tieren gebraucht worden 
waren, der Geschirre, Decken, Sättel, sowie der Deichseln, 
an denen solche Pferde gearbeitet hatten. Im Hinblick 
auf die neueren Arbeiten über die intestinale Infektion 
rotzkranker Pferde wurde der Reinigung und Desinfektion 
der Krippen, Raufen und Tränkeimer eine ganz besondere 
Aufmerksamkeit gewidmet. (§ 54 der Bundesrats¬ 
instruktion.) 

0. Durch Verbrennung des von rotzkranken und rotz¬ 
verdächtigen Pferden herrührenden Düngers in der 
städtischen Verbrennungsanstalt. (§ 26 des Reichsvieh- 
seuchengesetzes.) 

7. Durch unschädliche Beseitigung der Kadaver kranker 
oder verdächtiger Tiere iu der städtischen Abdeckerei. 
(§ 27 des Reichsviehseuchengesetzes.) 

8. Durch gründliche Ventilation der verseuchten Räumlich¬ 
keiten. 

6. Durch sachkundige Belehrung der Besitzer, des Publikums 
und des Stallpersonals. (§ 84 der Bundesratsinstruktion.) 


10. Durch öffentliche Bekanntmachung des Ausbruchs der 
Krankheit. (§ 87 der Bundesratsinstruktion.) 

11. Durch Einsperren der in den verseuchten Stallungen ge¬ 
haltenen Hunde und Katzen. 

12. Durch Desinfektion der Kleidungsstücke solcher Personen, 
welche mit den kranken Tieren in Berührung gekommen 
waren. (§ 27 des Reichsviehseuchengesetzes.) 

16. Durch verständnisvolles Entgegenkommen der Besitzer, 
sowie endlich und vor allen Dingen 

14. durch Untersuchungen des Blutes aller ansteckungs¬ 
verdächtigen Pferde mittelst der Agglutinations- und 
Komplementbindungsmethode. 

Gerade den Blutuntersuchungen, meine Herren, ist ein 
eminenter Wert beizumessen. Ohne die ausgezeichneten, un¬ 
endlich mühevollen Untersuchungen des Herrn Geheimrat Schütz 
und seiner Herren Assistenten würde uns hier in Hamburg die 
Ausmerzung der drei okkult rotzigen Pferde und damit die 
Tilgung der Rotzkrankheit sicherlich nicht in so kurzer Zeit 
und mit so geringen Kosten gelungen sein. Ich fühle mich 
Herrn Geheimrat Schütz zu großem Danke verpflichtet und 
begrüße es mit Freuden, daß Herr Dr. Sieber uns heute abend 
etwas Näheres über die so ungemein wichtige Sero-Diagnose 
des Rotzes mitteilen will. Wenn Herr Professor Jensen in 
Kopenhagen vor Jahren einmal sagte, daß man in Zukunft bei 
der Tilgung der Rotzkrankheit die Sero-Diagnose unbedingt 
berücksichtign müsse, dann schließe ich mich ihm aus voller 
Überzeugung an. Ich würde mich außerordentlich freuen, wenn 
es mir gelungen sein sollte, Sie, meine Herren, heute Abend 
ebenfalls von dem praktischen Wert der Sero-Diagnose der 
Rotzkrankheit überzeugt zu haben. Ich entledige mich damit 
eines Dankes, den ich Herrn Geheimrat Professor Dr. Schütz 
und seinen fleißigen Mitarbeitern schuldig bin. 

Einen Punkt werden Sie, meine Herren, vielleicht bei den 
soeben von mir erwähnten, für die Tilgung der Rotzkrankheit 
in Frage kommenden Maßnahmen vermißt haben: die Mallein¬ 
impfung und insbesondere die Kuti- und Ophthalmo-Reaktion. 

Was die subkutane Anwendung des Malleins zur Sicherung 
der Diagnose betrifft, so bin ich nach meinen bisherigen Er¬ 
fahrungen der Ansicht, daß die Malleininjektion unter Umständen 
recht gute Resultate liefert. Von der Malleineinspritzung soll 
man aber tunlichst erst dann Gebrauch machen, wenn die Ent¬ 
nahme einer Blutprobe für serodiagnostische Zwecke bereits er¬ 
folgt ist.*) Im allgemeinen wird man heutzutage ohne das 
Mallein auskommen können. 

Von der Kuti- und Ophthalmoreaktion verspreche ich mir 
beim Rotz der Pferde nichts. Herr Stabsveterinär Dietrich 
vom Pathologischen Institut in Berlin hat bei vier hier zur 
Tötung bestimmten rotzigen Pferden nach Rücksprache mit mir 
Versuche angestellt, um sich über den Wert der Kuti- und der 
Ophthalmoreaktion ein Urteil bilden zu können. Keins der vier 
rotzigen Pferde ließ nach vorschriftsmäßiger Anwendung von 
Malleinum siccum eine Kuti- oder Ophthalmo-Reaktion erkennen. 

Hiernach muß ich die Kuti- und Ophthalmo-Reaktion bei 
Rotz der Pferde in Übereinstimmung mit den Autoren Vallee, 

*) Hierfür ist ein Grund nicht recht einzusehen. Mallein und 
Agglutination sind zwei Methoden, die sehr wohl nebeneinander, 
jede für sich, angewendet werden können, was nicht ausschließt, 
daß gegebenen Falls die eine Methode zur Ergänzung oder Kontrolle 
i der anderen dienen kann. P. 






2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


489 


Putzeys und Stiemon als ein unzuverlässiges Diagnostikum 
bezeichnen, dem jeder praktische Wert zur Sicherung der 
Diagnose abzusprechen ist. 

Maul- und Klauenseuche. 

Nachdem die Maul- und Klauenseuche am Ende des Monats 
April fast völlig erloschen war, sie herrschte am 30. April 
in ganz Deutschland nur in 8 Gemeinden und 9 Gehöfte nahm 
sie plötzlich im Laufe des Monats Mai eine recht bedrohliche 
Ausbreitung an. Die Seuche nahm diesmal ihren Anfang im 
Kreise Stolp in Pommern. Hierher brachte Anfang Mai ein 
Händler Läuferschweine, die auf Märkten im Kreise Briesen, 
also nahe der russischen Grenze, zusammengekauft worden waren. 
Diese Schweine wurden an lauter kleine Leute verkauft. Überall 
wo sie hinkamen, erkrankten sie bald nach ihrer Ankunft an 
Klauenseuche. Bei der Verladung im Herkunftsgebiet sind sie 
noch frei von Seuche befunden worden. Die Seuche wurde an¬ 
fänglich von den Käufern der Schweine nicht erkannt, sie wurde 
erst dann, als sie in einigen Fällen auf Großvieh übergegangen 
war, festgestellt. So kam es, daß die Seuche sehr schnell eine 
recht große Ausbreitung annahm. Am 15. Mai waren in den 
Kreisen Stolp Stadt und Land bereits 27 Gemeinden und 58 Ge¬ 
höfte durch Maul- und Klauenseuche betroffen, am 31. Mai 
waren es 25 Gemeinden und 100 Gehöfte. Leider hat sich eine 
Isolirung der Seuche auf den Stolper Kreis nicht bewirken lassen. 
Durch infiziertes Schlachtvieh kam sie auf die Schlachtvieh¬ 
märkte in Berlin, Dortmund und Nürnberg. Von Dortmund aus 
hat die Seuche auch weiter Verbreitung auf das Land gefunden. 
So waren im Reg.-Bez. Arnsberg Ende Mai bereits in 7 Kreisen 
8 Gemeinden mit 13 Gehöften betroffen. Der Berliner Viehhof 
war infolge der auf ihm festgestellten Fälle von Maul- und 
Klauenseuche über 8 Tage gesperrt worden. Zur Zeit ist er 
wieder frei. Im Marienwerder Bezirk sind einige Neuausbrüche 
von Maul- und Klauenseuche in dem Kreise Rosenberg und 
Marienwerder festgestellt worden, offenbar handelt es sich hier 
um Nachzügler der Epidemie im Winter 1907/08. Auch in Rhein¬ 
land und Süddeutschland beginnt die Seuche sich wieder zu regen. 
Es sind einzelne Neuausbrüche vorgekommen in den Reg.-Bez. 
Köln, Düsseldorf, ferner in Oberfranken, Mittelfranken und Schwaben 
sowie im Neckarkreis. Wie es in den letzten Jahren durch 
energische Maßregeln schon mehrfach gelungen ist eine allge¬ 
meine Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche zu verhindern, 
so wird es hoffentlich auch diesmal gelingen, der Seuche Herr 
zu werden. 

Zu bedenken ist allerdings, daß wir uns im Sommer befinden 
und die Seuchebekämpfung in dieser Jahreszeit erheblicheren 
Schwierigkeiten begegnet. 

Bradsot der Schafe. 

Der Herr Minister für Landwirtschaft hat durch Erlaß vom 
13. April er. auf eine in verschiedenen Gegenden Preußens 
aufgetretene, dem Milzbrand ähnliche, tatsächlich aber selbständige 
seuchenhafte Krankheit der Schafe aufmerksam gemacht, welche 
anscheinend der schon früher auf Island beobachteten Bradsot der 
Schafe gleich ist. Mit der Erforschung dieser Seuche ist die 
tierhygienische Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts für Land¬ 
wirtschaft in Bromberg beauftragt worden. Sämtlichen Tier¬ 
ärzten ist auf Veranlassung des Herrn Ministers eine kurze 
Beschreibung der Krankheit zugegangen. Es ist ferner ersucht 
worden, von jedem den Tierärzten bekannt werdenden Bradsot- 


ausbruche unter kurzer Angabe der Verluste und des Verlaufs 
dem vorgenannten Institut Mitteilung zu machen und ihm auch 
Untersuchungsmaterial von gefallenen Tieren zu übersenden. 

Verlauf. Die Krankheit beginnt gewöhnlich einige Tage 
nach Aufstallung der Schafe und erreicht ihren Höhepunkt in 
den Monaten Dezember und Januar. Ohne wesentliche Krank¬ 
heitserscheinungen gezeigt zu haben, werden in Zwischenräumen 
von ein oder mehreren Tagen morgens ein bis zwei Tiere tot im 
Stalle gefunden. Die Kadaver fallen durch stark aufgetriebenen 
Leib und durch außerordentlich weit vorgerückte Fäulnis auf. 
Hat man zufällig Gelegenheit, ein krankes Tier zu sehen, so 
beobachtet man bei diesem etwa sechs Stunden vor dem Tode 
eine Verweigerung der Futteraufnahme, Sistieren des Wieder¬ 
kauens, Schwäche, zuweilen auch auf Leibschmerzen deutende 
Unruhe, schwankender Gang und Tod. 

Pathologische Anatomie. Bei faulen Kadavern zeigen 
sich grüne Verfärbung und blutig seröse Durchtränkung der 
Unterbaut, starke Fäulnis aller Organe sowie schwammartige 
Konsistenz von Nieren, Milz und Leber. Bei frischen Kadavern 
fehlen diese Veränderungen. Unterhaut und Muskulatur sind 
trocken, die venösen Halsgefäße prall gefüllt. Die Bauchhöhle 
enthält eine klare gelbe Flüssigkeit. Netz und Bauchfell sind 
gerötet. Bei der überwiegenden Mehrzahl ist die Labmagen¬ 
schleimhaut entweder diffus gerötet oder mit fleckweisen samet- 
artigen, geröteten Auflockerungen, besonders in der Pylorus- 
gegend, versehen. Daneben finden sich zehnpfennigstück- bis 
markstückgroße, scharfbegrenzte, flächenähnliche Vertiefungen 
von geschwürähnlichem Aussehen. Das submuköse Gewebe am 
Pförtner ist ödematös durchtränkt, der Zwölffingerdarm in der 
Regel gerötet, stellenweise auch der Leerdarm. Zuweilen ist 
der Leerdarm allein betroffen. Die Milz ist nicht geschwollen, 
wohl aber die Nieren, letztere auch sehr blutreich. Die Leber 
ist vergrößert. In den Brustfellsäcken findet sich eine seröse 
Flüssigkeit. Ist deren Menge groß, so sind die am scharfen 
Rande befindlichen Lungenteile komprimiert, sonst überall luft¬ 
haltig. Das Lungenfell ist glatt, der Herzbeutel stets mit klarer 
gelber Flüssigkeit prall gefüllt. 

Untersuchungsmaterial. Um die schnelle Fäulnis zu 
verhüten und eine Untersuchung zu ermöglichen, empfiehlt es 
sich, die Tiere möglichst bald nach dem Tode abznhäuten und 
die Bauchhöhle zu eröffnen. 

Zur Einsendung sind erwünscht: 1. Bauchhöhlenflüssigkeit, 
in steriler Flasche oder im Reagenzglase aufzufangen; 2. Lab¬ 
magen und Zwölffingerdarm nach Öffnung und Entleerung des 
Inhalts; 3. Milz; 4. Nieren; 5. ein Stück Leber; 6. Lungen 
mit Herz. 

Differential-Diagnose: 1. Milzbrand: Fehlen der Bazillen. 
2. Hämorrhagische Septikämie: Entweder allgemeine hämorrha¬ 
gische Septikämie mit Schwellung der Körperlymphdrüsen und 
blutigserös sulzige Durchtränkung der Unterhaut oder Betroffen¬ 
sein der Lunge und Schleimhaut der oberen Luftwege. Vor¬ 
kommen bei Lämmern. 3. Rauschbrand: Fehlen der blutig durch¬ 
tränkten Muskeln. 4. Malignes Ödem: Fehlen des Emphysems 
der Unterhaut 

Bornasobe Krankheit 

Durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Februar 
1908 ist für das Herzogtum Sachsen-Altenburg bis auf weiteres 
die Anzeigepflicht für die Gehirn-Rückenmarksentzündung 



490 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


(sog. Bornasche Krankheit) und für die Gehirnentzündung der 
Pferde angeordnet worden. Das Herzogi. Ministerium Abteilung 
des Innern hat daraufhin unter dem 20. Februar 1908 eine 
Ausführungsverordnung erlassen, welche eine Reihe von Schutz- 
und Sperrmaßregeln enthält. Der Bezirkstierarzt ist in jedem 
Falle zur Feststellung der Krankheit zuzuziehen. Bei jedem 
festgestellten Krankheitsfall ist dem Besitzer der Abdruck einer 
gemeinfaßlicher Belehrung über die Gehirn-Rückenmarks¬ 
entzündung. und die Gehirnentzündung der Pferde durch die 
Ortspolizeibehörde auszuhändigen. Auch den übrigen Pferde¬ 
besitzern des Ortes sind auf Verlangen Abdrücke dieser Be¬ 
lehrung zu verabfolgen. Kranke Pferde dürfen zur Arbeit nicht 
verwendet werden. Das Verenden, die Tötung oder die 
Heilung eines seuchekranken Pferdes ist der Ortspolizeibehörde 
anzuzeigen, welche den Bezirkstierarzt in Kenntnis zu setzen 
hat. Die Stalldesinfektion und die Behandlung des verseuchten 
Düngers kann nach pflichtgemäßem Ermessen des Bezirks¬ 
tierarztes durch die Ortspolizeibehörde angeordnet werden. 
Die Seuche gilt als erloschen, wenn die kranken Pferde als 
geheilt anzusehen oder verendet oder getötet wurden und wenn 
die Desinfektion erfolgt ist. Den Schluß der Verordnung bilden 
Strafbestimmungen. 

Nachweisung Ober den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. Juni 1908. 

Die Zahlen bedeuten die KreUe (Oberain tsbesirke) usw. f eingeklammert die Gemeinden. 

Maul- und Klauenseuche. _ 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 


a 


Gegenüber d. 15. Mai 

Kreise 

a 

'S 

a 

© 

Ü 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Königsberg .... 

1 

l 

2 

o 

— 1 

— 1 

Marienwerder . . . 

2 

3 

3 

+ i 

+ i 

+ i 

♦Berlin. 

1 

1 

6 

+ 1 

+ 1 

+ 6 

♦Potsdam. 

2 

2 

2 

+ 2 

+ 2 

+ 2 

Köslin. 

2 

18 

103 

— 1 

— 10 

-f 46 

♦Erfurt. 

1 

2 

2 

+ 1 

+ 2 

+ 2 

♦München. 

2 

4 

8 

+ 2 

-f 4 

+ 8 

♦Minden. 

1 

1 

3 

+ 1 

+ 1 

+ 3 

♦Arnsberg .... 

13 

18 

31 

+ 13 

+ 18 

+ 31 

♦Cassel. 

1 

1 

1 

+ 1 

+ 1 

+ 1 

♦Düsseldorf .... 

8 

11 

13 

+ 8 

+ 11 

+ 13 

♦Cöln. 

3 

2 

3 

+ 2 

+ 2 

+ 3 

Preußen zusammen 

36 

i 64 

177 

+ 31 

-f 32 

+115 

Bayern: 


j 





♦Oberfranken . . . 

2 

2 

2 

+ 2 

+ 2 

+ 2 

Mittelfranken . . . 

3 

3 

3 

+ 1 

+ 1 

+ 1 

Schwaben .... 

1 

1 

1 

0 

° 

! - 2 

Württemberg: 






I 

Neckarkreis . . . 

1 

: 1 

3 

+ 1 

+ 1 

+ 3 

Sachsen-Coburg-Gotha: 


| 





♦Gotha. 

1 

1 

16 

+ 1 

+ 1 

+ 16 

Elsaß-Lothringen: 







♦Unter-Elsaß . . . 

1 

1 

1 

+ 1 

+ 1 

+ 1 

Zusammen 

45 | 

73 | 

Rotz. 

203 

+ 37 

-f 38 | 

+136 


Preußen: In den Reg.-Bez. Königsberg, Marienwerder, Köslin, 
Posen, Liegnitz und Stadtkreis Berlin je 1 (1); in den Reg.-Bez. 
Pöln 1 (3), Oppeln, Düsseldorf je 2 (2), Bromberg 5 (f>> 

Sachsen: Kreishauptmannschaft Leipzig 1 (1). 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 20 Gemeinden (30 am 15. Mai), davon 18 auf Preußen 
26 im Mai). 


Lungenseuche. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Posen 1 (1), Bromberg 2 (2). 
Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogtum Gotha 1 (1). 

Zusammen 4 Gemeinden (10 am 15. Mai), davon 3 auf Preußen 
(7 im Mai). 


Schweineseuche und Schweinepest 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise ® 

Ö < 

3r- 

chte 

ö 

1« 

o 

Auf je 1000 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise g 

Ö < II 

Br¬ 

ühte 

’S o 

5 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

_ 

Königsberg .... 

7 

22 

7 

Waldeck. 

2 

5 

Gumbinnen . . . 

7 

16 

5 

Bayern: 



Allenstein .... 

5 

8 

4 

Oberbayern .... 

4 

5 

Danzig. 

5 

5 

4 

Niederbayern. . . 

7 

15 

Marienwerder . . 

12 

27 

12 

Pfalz. 

1 

1 

Berlin. 

— 

— 

— 

Oberpfalz. 

2 

2 

Potsdam. 

14 

95 

37 

Oberfranken . . . 

— 

— 

Frankfurt. 

17 

86 

32 

Mittelfranken. . . 

6 

6 

Stettin. 

8 

19 

10 

Unterfranken . . . 

— 

— 

Köslin. 

7 

20 

10 

Schwaben. 

3 

7 

Stralsund .... 

1 

1 

1 

Württemberg , 

2 

2 

Posen. 

23 

81 

25 

Sachsen. 

3 

4 

Bromberg. 

12 

83 

37 

Baden ...... 

5 

7 

Breslau . 

21 

260 

68 

Hessen ..... 

9 

15 

Liegnitz . 

18 

174 

62 

Meckl.-Schwerin 

6 

15 

Oppeln . 

8 

20 

7 

Meckl.-Strelitz . 

3 

5 

Magdeburg .... 

6 

14 

10 

Oldenburg . . . 

12 

26 

Merseburg .... 

8 

24 

10 

Sachs.-Weimar . 

2 

11 

Erfurt . 

2 

9 

15 

Sachs’.-Meiningen 

1 

5 

Schleswig .... 

12 

29 

14 

Sachs.-Altenburg 

2 

6 

Hannover . 

9 

13 

21 

Sachs.-Kob.-Got 

— 

— 

Hildesheim .... 

7 

13 

18 

Anhalt . 

1 

4 

Lüneburg . 

7 

10 

7 

Braunschweig 

4 

13 

Stade ....... 

6 

11 

15 

Schwarzb.-Sond. 

1 

1 

Osnabrück .... 

3 

8 

14 

Schwarzb.-Rud. 

1 

3 

Aurich . 

1 

— 


Reuß ä. L . 

— 

— 

Münster . 

10 

20 

75 

Reuß j. L . 

1 

1 

Minden . 

5 

10 

20 

Schaumb.-Lippe 

2 

2 

Arnsberg . 

14 

21 

25 

Lippe-Detmold . 

5 

13 

Cassel . 

12 

23 

14 

Hamburg .... 

4 

6 

Wiesbaden .... 

11 

49 

52 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz . 

5 

11 

11 

Bremen . 

— 

— 

Düsseldorf .... 

10 

29 

67 

Elsaß . 

1 

1 

Cöln . 

5 

5 

17 

Lothringen . . 

2 

o 

Trier . 

5 

6 

5 




Aachen . 

3 

4 

10 





Bcschauzwang für Hausschlachtungen. 

Außer im Reg.-Bez. Bromberg ist auch in den Kreisen 
Strasburg, Culm, Thorn und Briesen des Reg.-Bez. Marienwerder 
der Beschauzwang für Hausschlachtungen von Rindern, aus¬ 
genommen Kälber bis zu 6 Wochen, mit Rücksicht auf die 
Gefahr der Verbreitung der Lungenseuche durch Polizei-Ver¬ 
ordnung vom 7. April 1908 eingeführt worden. 

Russische Grenze und Rotz. 

Der Herr Minister für Landwirtschaft hat durch Erlaß vom 
22. Mai d. J. auf die in letzter Zeit mehrfach erfolgten Rotz¬ 
einschleppungen aus Rußland hingewiesen. Es sind in der Zeit 
vom 1. Januar 1907 bis 31. März 1908 insgesamt 18 Ein¬ 
schleppungen der Rotzkrankheit aus Rußland ermittelt worden, 
welche sich auf die Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Allenstein, 
Marienwerder, Posen, Bromberg, Breslau und Magdeburg ver¬ 
teilen. Nach Ansicht des Herrn Ministers dürfte jedoch die, 


































2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


491 


wirkliche Zahl der Rotzeinschleppungen aus Rußland viel größer 
sein, da der Rotz lange latent bleiben kann und die Feststellung 
der Herkunft der Pferde oft auf unüberwindliche Schwierig¬ 
keiten stößt. Hierbei kommt auch der Schmuggel mit Pferden 
in Betracht. Der Herr Minister hat nach dieser Richtung hin 
Ermittlungen anstellen lassen. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

VII. Plenarversammlung des Vereins preußischer 
Schlachthoftierärzte am 21. und 22. Juni 1908 zu Berlin. 

Zur Teilnahme an der diesjährigen Plenarversammlung des 
Vereins preußischer Schlachthoftierärzte waren etwa 100 Mitglieder 
erschienen. Die Beteiligung würde sicherlich, namentlich was die 
Berliner Mitglieder anlangt, noch weit zahlreicher gewesen sein, 
wenn nicht der Brandenburger tierärztliche Verein seine Sitzung 
am gleichen Tage abgehalten hätte. Da doch die Tage für die 
Versammlung des Vereins preußischer Schlachthoftierärzte seit 
langem festgestellt und bekannt waren, hätte sich das wohl ver¬ 
meiden lassen. 

Am Tage der Vorversammlung am Samstag fand die Be¬ 
sichtigung der städtischen Fleischvernichtungsanstalt in Rüdnitz 
bei Bernau statt. Etwa 80 Mitglieder hatten sich hierzu ein* 
gefunden. Die Bahnfahrt vom Stettiner Bahnhof aus ging ziemlich 
schnell von statten, sie führte uns an den neuen Kolonien Berlins 
mit oft grotesken Namen vorüber. Von Bernau aus ging es mit 
Wagen nach Rüdnitz zur Anstalt. Die Fahrt war bei dem heißen 
Wetter und der Staubentwicklung auf der alten märkischen Anlage 
nicht gerade ein besonderer Genuß, und man war froh, als wir die 
hübsch gebauten Beamtenwohnhäuser, welche uns die Nähe der 
Anstalt verkündeten, erblickten. Die Anstalt selbst zeigt weite 
Abmessungen und ist in ihren Gebäulichkeiten so angeordnet, daß 
die Seite, wo die Bearbeitung der anfallenden Konfiskate statt¬ 
findet, vollkommen von der Seite, wo die fertigen Produkte ab¬ 
gegeben werden, getrennt ist. 

Aus der städtischen Sammelstelle in Berlin werden die an¬ 
fallenden Kadaver und Konfiskate mittelst besonderer Eisenbahn¬ 
wagen der Anstalt zngeführt, hier in acht Hartmannschen Apparaten 
verarbeitet und dann die Endprodukte, Fleischmehl und Fetto, 
wieder an Interessenten abgegeben. Die Stadt Berlin hat die Be¬ 
seitigung der Kadaver und Konsfiskate als Geraeindelast über¬ 
nommen und ein besonderes Ortsstatut erlassen, dazu noch eine 
Polizeiv^rordnung, welche die Beseitigung der Kadaver regelt. 

Die Anstalt ist allen hygienischen Anforderungen entsprechend 
eingerichtet und scheint auch, abgesehen von einigen Betriebs¬ 
mängeln, die sich bei der Eröffnung der Anstalt herausgestellt 
haben, aber leicht abzuändern sind, gut zu funktionieren. Ein ab¬ 
schließendes Urteil läßt sich zurzeit noch nicht abgeben. 

Nachdem sich die Teilnehmer durch einen von der Stadt an¬ 
gebotenen Imbiß gestärkt hatten, wurde die Rückfahrt angetreten, 
um zur Abendversammlung im Berliner Ratskeller zurecht zu 
kommen. 

Die Tagung fand hier in der Ratsstube, in welcher die 
Magistratsmitglieder sich bei besonderen Gelegenheiten zu ver¬ 
sammeln pflegen, Btatt. 

Der Vorsitzende eröffnete um 8 1 a Uhr die Versammlung und 
begrüßte die Erschienenen, darunter auch das Ehrenmitglied des 
Vereins, Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Ostertag. Der Ge¬ 
schäftsbericht, welcher vom Vorsitzenden alsdann erstattet wurde, 
weist am Beginn des Vereinsjahrs einen Mitgliederbestand von 
275 Mitgliedern nach. Im Laufe des Jahres sind die Mitglieder 
Andrich-Kattowitz, Vysocki-Lippstadt, Kredewahn-Bochum 
und von Gerhardt-Osterode Ostpr. verstorben. Das Andenken 
derselben ehrt die Versammlung durch Erheben von den Sitzen. 
Ausgetreten aus dem Verein sind die Kollegen Ronneberge/- 
Weißenfels nnd Lemke-Demmin; ins Ausland verzogen Kollege 
Laf f ert-Berlin. Zur Neuaufnahme haben sich gemeldet: 1. Schlacht¬ 


hofdirektor F. Hensler-Demmih, 2. Schlachthoftierarzt May-Kiel, 
3. Schlachthofdirektor Schroeder-Salzwedel, 4. Schlachthofdirektor 
Meyer-Schwiebus, 5. Schlachthofdirektor Dr. Doenecke-Bochum, 
6. Schlachthoftierarzt Dr. Tiede-Köln, 7. Schlachthofinspektor 
D. Dornebu8ch-Gollnow, 8. Schlachthdfinspektor K. Timmroth- 
Unna i. W., 9. Schlachthefdirekter Spering-Wilhelmshaven. Sämt¬ 
liche Herren werden als Mitglieder aufgenommen. Der Verein zählt 
nunmehr 277 Mitglieder. 

Über die vom Vereinsvorstand in Ausführung der Beschlüsse 
der vorjährigen Plenarversammlung abgesandten Petitionen be¬ 
richtete der Schriftführer Herr Kühnau-Cöln. Die Petition be¬ 
treffend Anstellungsverhältnisse der Schlachthoftierärzte ist den 
Herren Oberpräsidenten und den Herren Regierungspräsidenten zu¬ 
gesandt worden. In der Mehrzahl haben dieselben sich Exemplare 
nachgefordert, sie den Städten zugesandt und dieselben zum Be¬ 
richt aufgefordert. Nach den eingegangenen Antworten, die zum 
Teil bereits veröffentlicht sind, stehen die Behörden den Be¬ 
strebungen des Vereins durchaus wohlwollend gegenüber, und ist 
in den Schreiben zum 'Ausdruck gebracht, daß die Behörden bei 
den Städten, so weit angängig, darauf hinwirken werden, daß den 
Wünschen des Vereins, die als durchaus berechtigt anerkannt 
werden, Rechnung getragen wird. Im Anschluß hieran bringt der 
Vorsitzende ein Schreiben des Schlachthofdirektors Hartmann- 
Rawitsch zur Kenntnis, wonach die Anstellungsverhältnisse in 
Posen, trotz der wohlwollenden Stellungnahme des Herrn Ober¬ 
präsidenten doch noch sehr zu wünschen übrig lassen. Auf Antrag 
von Dr. Magdeburg-Posen wird empfohlen, dem Briefschreiber 
mitzuteilen, daß er sich an den Provinzialverband der Provinz 
Posen wenden möchte. 

Bezüglich der Petitionen betreffend Aufnahme der Maschinen¬ 
kunde in den Lehrplan der tierärztlichen Hochschulen, teilt Herr 
Kühnau mit, daß außer an die zuständigen Minister die Petitionen 
mit Anschreiben auch dem Direktor der Hochschule in Hannover 
und dem Rektor der Hochschule in Berlin zugesandt sind. Die 
Antworten derselben sprechen sich durchaus zustimmend aus und 
steht hiernach zu erwarten, daß auch diesem Wunsch des Vereins 
Erfüllung wird. 

Von Herrn Kollegen Schmidt-Hirschberg wird angefragt, 
warum ein bereits früher gestellter Antrag noch nicht zur Erledigung 
gekommen ist. Der Vorsitzende erwidert, daß nach den Satzungen 
die Anträge rechtzeitig schriftlich eingereicht werden und ersucht 
Herrn Schmidt, seinen Antrag schriftlich zu formulieren. Der 
Antrag gelangt sofort zur Beratung und wird in folgender Fassung 
angenommen: 

„Der* Verein beschließt, auf seine Kosten zunächst in einem 
Fall zum Austrag zu bringen, ob die Übertragung polizeilicher 
Funktionen an einen Schlachthoftierarzt die unkündbare Anstellung 
mit einschließt." 

Vom Verein der süddeutschen städtischen und Schlachthof¬ 
tierärzte war an den Verein eine Einladung zu der am 24. Mai d. J. 
in München tagenden Generalversammlung gesandt. Der Vorsitzende 
hat gedankt und ein Begrüßungstelegramm übersandt. Herr Kollege 
Garth weist darauf hin, daß es angebracht sei, daß die nord¬ 
deutschen nnd süddentschen Verbände in nähere Beziehungen treten. 
Der Anregung soll Folge gegeben werden. 

Den Ausführungen der Berliner tierärztlichen Gesellschaft über 
den Ausbau der außerordentlichen Fleischbeschau stimmt die Ver¬ 
sammlung mit dem Bemerken zu, daß dieser Standpunkt schon seit 
langem vom Verein preußischer Schlachthoftierärzte vertreten sfei, 
und daß besonders auf die praktische Ausbildung sowohl in der 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, als auch in der Nahrungsmittel¬ 
kontrolle mehr Gewicht gelegt werden müsse. 

Die Leitsätze, welche der tierärztliche Provinzialverein für 
Schleswig-Holstein, betreffend die Überwachung des Milchverkehrs 
aufgestellt hat, sind dem Verein zur Kenntnisnahme übersandt. 
Auch in dieser Hinsicht hat der Verein preußischer Schlachthof¬ 
tierärzte bereits früher Stellung genommen und steht durchaus auf 
dem Boden der Leitsätze des schleswig-holsteinischen Provinzial¬ 
vereins. 

Über den Antrag des Bezirksvereins im D. F. V. Sachsen- 
Anhalt, die finnigen Rinder nach 14tägiger Kühlung freizugeben, 





492 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


geht die Versammlung zur Tagesordnung. Die Unterstützung kann 
nicht erfolgen, weil das Verfahren nach der wissenschaftlichen 
Erfahrung nicht zulässig ist. Herr Professor Dr. Ostertag weist 
bei dieser Besprechung darauf hin, daß die Haltbarkeit magerer 
finniger Rinder dadurch sehr begünstigt wird, wenn man sie vor 
dem Einhängen in das Kühlhaus an den Stellen, wo die Verderbnis 
leicht eintritt, mit Salz einreibt 

Um die Aufnahme von neuen Mitgliedern den Verhältnissen 
besser anzupässen, soll der Vorstand zu einer Revision der 
Satzungen schreiten. Als Rechnungsprüfer werden Windisch- 
Görlitz und Hintten-Eschweiler gewählt. In der nächsten Haupt¬ 
versammlung sollen die Vorschläge zur Änderung der Satzungen 
vorgelegt werden. 

Zum Schluß dankt der Vorsitzende im Namen seines Schwieger¬ 
vaters, des ehemaligen Schlachthofdirektors Kleinschmidt, für 
die Ehrungen, welche der Verein preußischer Schlachthoftierärzte 
ihm anläßlich seines 50jährigen Berufsjubiläums dargebracht hat. 

Die Hauptversammlung wurde am Sonntag, den 21. Juni, vor¬ 
mittags 10*/, Uhr, eröffnet. Der Vorsitzende begrüßte die Er¬ 
schienenen und dankte besonders dem Präsidenten des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamts für die Entsendung des Herrn Regierungs¬ 
rats Dr. Ströß als seines Vertreters. Der Herr Minister für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten hatte auch die Entsendung 
eines Vertreters in Aussicht gestellt, derselbe war aber nicht er¬ 
schienen. 

Nach dem Bericht des Schatzmeisters Herrn Kollegen Geldner- 
Burg betrug der Bestand der Vereinskasse bei Beginn des 
Jahres 1907 450,25 M., die Einnahmen im Jahre 1907 838,43 M., 
die Ausgaben 627,66 M. Überschuß 210,77 M., so daß bei Beginn 
des Jahres 1908 ein Bestand von 661,02 M. vorhanden war. Die 
Rechnungslegung wird von den Revisoren für richtig befunden und 
dem Kassierer von der Versammlung Entlastung bewilligt 

Bei der nunmehr vorgenommenen Neuwahl des Vorstandes 
werden auf Antrag des Kollegen Plath-Viersen die ausscheidenden 
Mitglieder per Akklamation wieder- und anstatt des verstorbenen 
Mitglieds Kredewahn-Boehum der Schlachthofdirektor Claus¬ 
nitz er-Dortmund neugewählt. 

Die vom Vorstand eingezogenen Ermittlungen über die Gehalts¬ 
verhältnisse der Mitglieder sind in einer Liste zusammengestellt. 
Die Liste soll gedruckt und jedem Vereinsmitglied zur Ver¬ 
fügung stehen. 

Zu den Hauptverhandlungsgegenständen über die Anwendbar¬ 
keit der verschiedenen Kraftquellen für die Schlacht- und Viehhof¬ 
betriebe sprachen die Herren Ingenieur Murmacher aus Köln, 
Professor Dr. Krein von der technischen Hochschule in Hannover 
und Privatdozent Dr. C. Heinel von der technischen Hochschule 
in Charlottenburg. Da die Vorträge veröffentlicht werden, mag 
hier nur darauf hingewiesen werden, daß alle drei Redner sich 
auf Grund ihrer Erfahrungen dahin ausgesprochen haben, daß der 
Betrieb der Schlacht- und Viehhöfe durch eigene Dampfkessel¬ 
anlagen am ökonomischsten gestaltet werden kann, wenn dafür 
genügend Vorsorge getroffen ist, daß der Dampf in geeigneter 
Weise ausgenutzt wird. Die Gasmaschinen werden im allgemeinen 
als unrentabel angesehen. Dagegen wird auch der Verwendung 
von elektrischem Strom das Wort geredet, sofern derselbe billig 
genug bezogen werden kann, und namentlich als Reservekraftquelle 
besitzt er unverkennbare Vorzüge. Aus den Ausführungen der 
Redner war deutlich zu ersehen, wie notwendig es ist, daß sich 
der angehende Schlachthofdirektor mit dieser Materie vertrant 
macht, und daß es unbedingt geboten ist, daß der Grundstein für 
diese Kenntnis schon an der Hochschule gelegt wird. Allgemein 
war die Versammlung der Überzeugung, daß in dieser Hinsicht 
etwas geschehen muß und daß darum driogend gewünscht wird, 
daß der Petition betreffend Aufnahme der Maschinenkunde in den 
Lehrplan der tierärztlichen Hochschulen baldige Erfüllung wird. 
Den Rednern dankte die Versammlung herzlich für ihre Mühe¬ 
waltung. 

Der Vorsitzende referierte über die Ergebnisse, welche die 
Verhandlungen über das neue Viehseuchengesetz im Reichstag ge¬ 
zeitigt haben und konnte er mit Genugtuung darauf hinweisen, 
daß auch andere Korporationen Anträge zur Abänderung gestellt 


haben, die im großen und ganzen den Wünschen der Schlachthof¬ 
tierärzte entgegenkommen und daß demzufolge auch eine für uns 
günstige Fassung des Reichsviehseuchengesetzes zu schaffen ist. 

Als Ort der nächsten VIII. Allgemeinen Vereinsversammlung 
wird wieder Berlin bestimmt, als Zeit Mitte bis Ende Mai. 

Der Vorsitzende kommt bei den Mitteilungen aus derSchlacht- 
hofpraxiis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in der Stettiner 
Kühlhausangelegenheit zu sprechen, er ist der Ansicht, daß der 
Rechtsspruch mit den Bestimmungen des Schlachthausgesetzes 
nicht in Einklang zu bringen ist und daß man infolgedessen noch 
keine Veranlassung habe, den Spruch als rechtsgültig anzuerkennen. 

Von Kollege Stier-Wesel wird darauf hingewiesen, daß die 
Tätigkeit der Scblachthoftierärzte bei den Behörden sehr wenig' 
Anerkennung findet und empfiehlt zu dem Zwecke, von Vereins 
wegen Schritte zu tun. Der Vorstand wird sich unter Hinzuziehung 
des Kollegen Stier-Wesel und Hintzen-Eschweiler mit der An¬ 
gelegenheit befassen und darüber berichten. 

Nach Schluß der Versammlung fand ein gemeinsames Mittag¬ 
essen der Mitglieder mit ihren Gattinnen im Kaiserkeller statt. 

Kühnau. 

Mitteilung betr. FleisobereiberufsgenosseneohafL 

Die diesjährige Genossenschaftsversammlung der Fleiscberei- 
berufsgenossenschaft findet am 22. Juli zu Mainz im Saale des 
Kasinos zum Frankfurter Hof statt 

Die Herren Schlachthofleiter, welche nicht selbst an der Ver¬ 
sammlung teilzunehmen beabsichtigen, werden gebeten, die Ver¬ 
tretungsvollmachten denjenigen Herren, welche sich im Interesse 
der Gemeinden an den Verhandlungen beteiligen, baldigst zugehen 
zu lassen. 

Es sind dies: 

Schlachthofdirektor Rieck-Breslau für die Gemeinden von 
Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien. 

Schlachthofdirektor Colberg - Magdeburg für Pommern, 
Brandenburg, Sachsen (Prov. u. K.) Anhalt, Sachsen-Weimar, 
Sachsen-Eisenach, Sachsen-Altenburg, Meiningen, Koburg- 
Gotha, Reuß jüngere Linie und ältere Linie. 

Schlachthofdirektor Dr. Neumann-Hamburg für Schleswig- 
Holstein, Oldenburg, Mecklenburg - Schwerin, „Strelitz“, 
Hamburg, Bremen, Lübeck. 

Schlachthofdirektor Koch - Hannover für Hannover, Braun¬ 
schweig, Westfalen, Hessen-Nassau, Lippe-Detmold, 

Schaumburg-Lippe, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg- 
Sondershausen und Waldeck. 

Schlachthofdirektor Kühnau-Köln für die Rheinprovinz, 
Hessen und Elsaß-Lothringen. 

Schlachthofdirektor Opel-München für Bayern, Württemberg 
und Baden. 

P&r&ty phtisb az illen. 

Die Paratyphusbazillen und ihre Bedeutung für die Sanitäts¬ 
polizei sind in dem Ergänzungsband zu dem Handbuch der patho¬ 
genen Mikroorganismen von Kolle und Wassermann eingehender 
in einer Monographie abgehandelt worden. Sie bilden eine Mittel¬ 
stufe zwischen den Typhusbazillen und Colibakterien und können 
bei den Untersuchungen sowohl mit jenen wie mit diesen ver¬ 
wechselt werden und sind früher sicherlich oft verwechselt worden. 
Bei der großen Wichtigkeit der Paratyphusbazillen als Fleisch¬ 
vergifter seien daher die Kulturmerkmale derselben neben den¬ 
jenigen der Typhus- und Colibakterien nach der Arbeit von Eden- 
huizen kurz zusammengestellt: 

Der Typhusbazillus zeichnet sich vor allen als Fleisch¬ 
vergifter in Betracht kommenden Angehörigen der Typhus-Coli- 
Gruppe dadurch aus, daß keine Zuckerart, auch Traubenzucker 
nicht, von ihm vergoren wird und Neutralrot keine Reduktion 
erfährt. Auf der Drigalskiplatte entstehen also blaue Kolonien, 
die außerordentlich zart und transparent sind und weinblattartigen 
Bau zeigen. Neutralrotagar wird etwas gerötet und getrübt, bleibt 
aber beim Wachstum der Kultur ohne Gasentwicklung. Lakmus- 
molke wird in geringem Grade gerötet, wobei die Röte später nicht 
in Blau übergeht, und bleibt dabei klar. 



493 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli 1908. 


Die Paratyphusbazillen vergären Traubenzucker, aber 
nicht Milchzucker. Neutralrot wird entfärbt und fluoreszierend. 
Durch beides, sowie durch Gasbildung im Neutralrotagar, unter¬ 
scheiden sie sich vom Typhusbazillus. Ihr Hauptunterschied gegen¬ 
über Bact. coli liegt darin, daß sie Milchzucker nur sehr wenig 
angreifen und in Bouillon kein Indol bilden. Auf der Drigalski- 
platte wachsen sie also in blauen Kolonien, die viel transparenter 
als die des Bact. coli, aber nicht so zart wie die Typhuskolonien 
sind. Milch wird nicht koaguliert. 

Das Bact. coli vergärt Traubenzucker sowohl, als auch Milch¬ 
zucker, manche Coliarten greifen sogar Polysaccharide an. Neutral- 
rot wird entfärbt und fluoreszierend. Im Gegensatz zu allen hier 
in Frage kommenden Bakterien bringt Bact. coli Milch zum Ge¬ 
rinnen, bildet Indol und trübt deutlich Lakmusmolke. 

Die Kenntnis der Paratyphusbazillen und ihrer Beziehungen 
zu den Fleischvergiftungen und die Unterscheidung derselben von 
den Colibakterien haben natürlich für den Tierarzt eine hervor¬ 
ragende Bedeutung. Die Züchtung der Paratyphusbazillen ist leicht 
und ihre Identifizierung an Hand der angegebenen Kulturmerkmale 
nicht schwer. Über die Bereitung der zu verwendenden besonderen 
Nährböden und der einfachen Züchtungsmethoden ist in der dritten 
Auflage des Lehrbuchs der Bakteriologie von Heim das Not¬ 
wendige gesagt. Die Unterscheidung der einzelnen Spielarten der 
Paratyphusbazillen ist durch Agglutination zu führen. 

Tnberkelbazillengehalt des Fleisches und Blutes. 

Nach Untersuchungen im bakteriologischen Laboratorium der 
Berliner Fleischbeschau (Bericht über die städtische Fleischbeschau 
für 1006) tritt ein Einbruch von Tuberkelbazillen in die Blutbahn 
und ihre Ausstreuung im Körper um so leichter ein, je bazillen¬ 
reicher die tuberkulösen Produkte sind. Stark bazillenhaltig sind 
nicht nur die tuberkulösen Erweichungsherde, sondern auch tuber¬ 
kulöse Herde mit strahliger Verkäsung (tuberkulöse Infiltration). 
Auch in letzterem Falle muß daher stets eine eingehendere Unter¬ 
suchung der Fleischlymphdrüsen vorgenommen werden. Ebenso 
hat man bei Miliartuberkulose auch nur eines Organs, z. B. der 
Lunge, mit dem Vorhandensein von Tuberkelbazillen im Blute und 
Fleische zu rechnen, eine Tatsache, der in den Bundesrats¬ 
bestimmungen zum Fleischbeschaugesetz nicht entsprechend Rech¬ 
nung getragen ist 

Vergleichende Studie über den Einfluß von 
Dorsch-Lebertran und yon Lebertran-Emulsion auf die 
Ernährung gesunder und tuberkulöser Schweine. 

Von Dr. med. J. W. Wells. 

Doktor der öffentlichen Gesundheitspflege, koriespondierendes Mitglied der 
chirurgischen Gesellschaft in England. 

(Manchester, Universitätspresse 1907. Versand von Scott & Browne, 

G. m. b. H., Frankfurt a. M.) 

Die Verwendung des Lebertrans als Diätetikum beim Menschen 
veranlaßte Verfasser in dem Institut von Deläpine in Manchester, 
den Wert des Präparates experimentell an gesunden und tuber¬ 
kulösen Schweinen zu prüfen. W. glaubt bewiesen zu haben, daß 
nach Beigabe von Lebertran zum Futter Schweine besser gedeihen, 
als ohne don Zusatz, besonders bei Benutzung von Emulsionen. 
Gesunde und mit Tuberkelbazillen infizierte Tiere verhielten 
sich dabei gleich. Letztere nahmen schnell an Gewicht zu, 
blieben lange Zeit gesund und die tuberkulösen Läsionen 
zeigten Anzeichen einer eintretenden Heilung durch Bildung 
fibröser Abkapselung, Verkalkung und Abnahme der Zahl der 
Tuberkelbazillen. Die beigefügten Tabellen und die Schilderung 
der Versuche beweisen nun freilich die obige Annahme nicht. Ein 
durchgreifender Unterschied zwischen den tuberkulösen und ge¬ 
sunden Tieren ergab sich nicht. Die Tuberkulose, welche durch 
Verimpfung und Verfütterung von Bazillen humaner und boviner 
Herkunft erzeugt wurde, war in allen Fällen so geringgradig, daß 
ein mangelhaftes Gedeihen oder Kranksein der Versuchstiere schon 
dieserhalb nicht erwartet werden konnte, und wenn die Kontroll- 
tiere gesund zu sein „schienen“, so erweckt dieses unsichere 
Urteil wenig Vertrauen. Tuberkelbazillen sind beim Schwein ohne¬ 
hin oft schwierig nachzuweisen. Auf die Erzeugung eines Tran- 
geruches oder Fischgeruches des Fleisches hat Verfasser überhaupt 


keine Rücksioht genommen. Eine praktische Bedeutung wohnt den 
Versuchen nicht inne, das elegant ausgestattete, 84 Seiten zählende 
Buch interessiert nur durch die Eigenart der Versuchsidee. 

Glage. 

Einführung der Trichinenschau in Bayern. 

Die Notwendigkeit, auch in Bayern die Trichinenschau einzn- 
fiihren, war neuerdings auch in der B. T. W. von tierärztlicher 
Seite betont worden (vgl. 1907, Nr. 46, S. 845). Die Angelegenheit 
hat auch eine Besprechung in der bayerischen Kammer erfahren 
Minister v. Brettreicb wies nach, daß in den Jahren 1896 bis 
1907 in Bayern nur sechs Fälle von Trichinose mit 34 Erkrankungen, 
davon zwei Todesfälle vorgekommen sind. Angesichts der 
Seltenheit der Trichinose bestünden doch Bedenken, ob die große 
Belastung gerechtfertigt sei, welche namentlich durch die Unter- 
suchungspflicht der Hausschlachtungen herbeigeführt werde. 
Andererseits werde eine halbe Maßregel keinen Nutzen haben, und 
wenn die Trichinenschau eingeführt werde, so müsse dies voll¬ 
ständig geschehen. Zurzeit könne eine bestimmte Erklärung nicht 
abgegeben werden, da Erhebungen angestellt werden und die 
Berichte der Tierärzte abgewartet werden müßten. 

Mecklenburg-Schwerin. 

In Mecklenburg ist in der Verordnung, betreffend die Trichinen¬ 
schau, vom 25. Januar 1907 vorgesehen, daß die Probeentnahme 
durch besondere obrigkeitlich angestellte Probenehmer erfolgen 
darf. Diese Probenehmer, die auch das Recht haben, auf Grund 
des Befundscheines des Trichinenschauers das Fleisch abzustempeln, 
sind nach einer weiteren Bekanntmachung vom 25. September für 
ihr Amt besonders fachmännisch auszubilden und haben sich einer 
Prüfung zu unterziehen. 

Bakteriologische Fleischbeschau. 

Im bakteriologischen Laboratorium der Berliner Fleischbeschau 
sind im Berichtsjahre 1906 581 Untersuchungen ausgeführt worden, 
davon 68 Untersuchungen auf Milzbrand, 81 beim Verdacht von 
Tuberkulose, 27 beim Verdacht von, Septikämie, uncj Pyäjnie v> 
112 Untersuchungen des Fleisches von Tieren mit Übelriechenden 
Abszessen, Entzündungen des Harnapparates usw. durch Koch¬ 
proben und 293 Untersuchungen zur Feststellung der Lebensfähigkeit 
der Rinderfinnen, der Ablagerung von Gallenfarbstoffen bei Gelb¬ 
färbung der Gewebe und dergleichen. 

Fellbieten und verkaufen. 

Der Fleischhändler B. hatte zwei von einem nichttierärztlichen 
Fleischbeschauer untersuchte Schafe an ein Berliner Hotel geliefert, 
ohne sie zur Untersuchung der Berliner Fleischbeschau vorzuführen, 
obwohl nach dem gültigen Regulativ nicht im öffentlichen Schlacht¬ 
bause ausgeschlachtetes frisches Fleisch, welches nur von einem 
nichttierärztlichen Fleischbeschauer untersucht ist, in Berlin nicht 
eher feilgeboten werden darf, bis eine Nachuntersuchung durch die 
tierärztlichen Sachverständigen stattgefunden hat B. war von der 
Strafkammer Beizick dieserhalb verurteilt worden, das Kammer¬ 
gericht hob das Urteil indessen unter Zurtickverweisung der Sache 
an die Vorinstanz unter der Begründung auf, daß nur ein Verkauf 
des Fleisches stattgefunden habe. Feilbieten und Verkaufen sind 
nicht identisch. Liegt eine Bestellung oder ein Lieferungsvertrag 
vor, so kommt nicht mehr ein Feilbieten, sondern nur ein Ver¬ 
kaufen in Betracht. 

Steht privilegierten Abdeokern von geschlachteten Tieren, bei denen 
lediglich das Fleisch als untauglich befunden wurde, auch die Haut zu? 

Zugleich ein Beitrag zur Definition des Begriffs „unrein“. 

Von Dr. Ostertag. 

(Zeitachr. f. Fleisch- und Milchbygiene. XVIII. Jabrg. 1907, Seite 1. 

Die Besitzer privilegierter Abdeckereien verlangen bekanntlich 
daß ihnen von untauglich befundenen geschlachteten Tieren nicht 
nur das Fleisch und die Eingeweide, sondern auch die Haut aus¬ 
geliefert wird. Das ist bei Krankheiten, die aus sanitäts- oder 
veterinärpolizeilichen Rücksichten die Vernichtung des ganzen Tier¬ 
körpers notwendig machen, auch berechtigt, sonst indessen nicht 
begründet, da die Haut einen beträchtlichen Wert repräsentiert. In 
einer Streitsache hat das Professorenkollegium der Berliner tier- 




494 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 27. 


ärztlichen Hochschule sich neuerdings gutachtlich dahin aus¬ 
gesprochen, daß der Begriff des unreinen Fleisches im Sinne der 
Abdeckereiprivilegien dem heutigen Begriff des untauglichen 
Fleisches entspricht. Von dem Streitobjekt, einem starkfinnigen 
Rind, konnte demnach nur das Fleisch als unrein gelten, dagegen 
nicht die finnenfrei befundenen Eingeweide und auch nicht die Haut. 

Beanstandetes Fleisch als Fischfutter. 

Das großherzoglich badische Ministerium hat durch einen 
Erlaß bestimmt, daß von den großherzoglichen Bezirksämtern die 
Genehmigung zur Zubereitung und Verwendung von genußuntauglich 
erklärten Fleischteilen als Fischfntter nur unter folgenden Be¬ 
dingungen gewährt werden darf: Zerlegung in Pfundstücke vor 
dem Kochen; Kochen bzw. Dämpfen in besonderen Apparaten, die 
für bedingt taugliches Fleisch nicht benutzt w’erden dürfen; 
mindestens zweistündiges Dämpfen bei 12 Athmosphäre Überdruck; 
Abgabe des Fleisches nur in dichten Gefäßen mit Plombenverschluß 
und an solche Fischzuchtanstalten, bei denen Gewähr gegen Mi߬ 
brauch gegeben scheint; gelegentliche Kontrolle der Zubereitung 
und Verwendung auf Kosten der Unternehmer; Register, welche 
seitens des Herstellers und des Abnehmers zu führen sind. Aus¬ 
geschlossen von der Verarbeitung zu Fischfutter ist das Fleisch 
von Tieren, die im ganzen als genußuntauglich beanstandet und 
gemäß § 1 des Abdeckereigesetzes von 1899 einer Abdeckerei zu 
überweisen sind; ebenso das Fleisch von Föten, das mit Tuberkeln 
und tuberkulösen Herden durchsetzte Fleisch, das wegen Pyämie 
und Septikämie, Milzbrand, Rauschbrand, Tollwut, Rotz, Maul- und 
Klauenseuche, Lungenseuche, Rotlauf, Schweineseuche und Schweine¬ 
pest beanstandete Fleisch, und endlich die mit tierischen Schmarotzern 
durchsetzten Fleischteile. 

Freizügigkeit des Wildes. 

Mehrere Wild- und Geflügelhändler-Vcrbände haben dem Reichs¬ 
tag die Bitte unterbreitet, durch ein Gesetz die Freizügigkeit des 
Wildes und Wilegeflügels innerhalb des ganzen Deutschen Reiches 
festzulegen. In allen Bundesstaaten mit Jagdrecht soll ordnungs¬ 
mäßig erlegtes Wild auf Antrag des Besitzers durch die Aufsichts¬ 
behörde plombiert werden und so überall bin versandt und verkauft 
werden dürfen. Die Petitionskommission hat die Petition dem 
Reichskanzler zur Erwägung überwiesen. 

Steigerung der Fleisohpreise. 

Die zu erwartende Verteuerung des Schweinefleisches ist in 
vielen Städten eingetreten, besonders in Berlin, Magdeburg, Leipzig, 
Hamburg, Mannheim und Köln. Seit Anfang April ist der Preis in 
19 Städten beträchlich gestiegen, und die Spannung gegen das Vor¬ 
jahr erreicht in einzelnen Marktorten fast wieder einen Grad wie 
im Jahre 1906 gegenüber 1905. 

Neue Sehlaohtbftueer. 

Schlachthausbauten sind beschlossen in Krappitz, Kletzke 
bei Gnesen und in Münsterberg in Schlesien. 

Preistafeln. 

Von dem Oberlandesgericht Dresden sind die Verordnungen 
des Leipziger Stadtrats hinsichtlich des Aushängens von Preis¬ 
tafeln für ungültig erklärt worden. 

Schlachtviehvereioherung. 

Die Landesviehversicherungsanstalt in Bayern beschränkte sich 
bislang auf die Entschädigung des untauglichen Fleisches; eine 
Änderung wird jetzt dahin geplant, die Entschädigungen auch auf 
die minderwertigen oder bedingt tauglichen Tiere auszudehnen. 

Wildverkauf während der Schonzeit 

Der preußische Wild- und-Geflügelhändler-Verband erstrebt die 
Genehmigung zum Wildverkauf auch während der Schonzeit und 
empfiehlt zur besseren Konservierung des Wildes die Errichtung 
von Kühlhäusern. Eine in diesem Sinne abgefaßte Petition wurde 
von der Petitionskommission des Reichstages dem Reichskanzler 
überwiesen. 


Cbamer MllehgesellsohafL 

Über 8 Millionen Reingewinn erzielte die Nestle-Gesellschaft 
in Cham und Vevey, fast eine Million mehr wie 1906. Die Nestle- 
und Anglo-Trios-Gesollschaft, eine Gründung eines Württembergers, 
hat als internationale Gesellschaft bereits in Australien Fuß gefaßt 
durch Ankauf der Creesbroock Dairy Co, der größten Milch- 
kondensationsgesellschaft in Ozeanien. Bekanntlich ist die Nestle- 
Milch lediglich im Vakuum eingedickte, mit Zuckerzusatz versehene 
Kuhmilch. Dr. G. 

„Lea viandes metaainee.“ 

Einen ganzen Monat bildeten die Fleischverhältnisse der ost¬ 
französischen Garnisonen genügenden Anhalt, manche Erscheinungen 
im französischen Heeresbetriebe zu beobachten. Eine ganze Reihe 
Metzger (Cahen, Wertheimer, Levy usw.) in Bar le Duc, Verdun, 
Luneville, Nancy, Lure, Reims wurden zu durchschnittlich ein 
Jahr Gefängnis und 3—5000 Franken Strafe verurteilt. Leider 
wurden auch drei Tierärzte «arg kompromittiert. Unverständlich ist es, 
wie die Ecole supärieure de Pharmacie (die Apothekerschule) als 
Obergutachterin über die französischen Veterinäre in Fleisch¬ 
angelegenheiten fungieren konnte. Seither bat man bouchenes 
coopörativcs begründet, Fleischereien, die den Armeebedarf aus¬ 
schließlich decken Bollen. Dr. G. 

Darmhandel. 

Hohe Fleischpreise fördern nach einem Bericht der bekannten 
Firma Schaub & Co. an die Detaillistenkammer in Hamburg den 
Wurstkonsum und damit den Darmhandel, da viele geringwertige, 
sonst nicht benutzte innere Organe zu solchen Zeiten verwurstet 
werden und Absatz finden, wie z. B. Rinderpansen u. dgl. Trotz 
der Fleischteuerung blieb daher der Wursthandel und der Dann¬ 
verbrauch 1907 auf der Höhe früherer Jahre. 

Schweinedärme gelangen zu 75 Proz. der Einfuhr aus Nord¬ 
amerika nach Europa. Dort hat sich ein Trust gebildet, der diesen 
Teil der Darmproduktion auf dem Weltmärkte heute völlig be¬ 
herrscht. Was zu dem festgesetzten Preise nicht verkauft werden 
kann, wird vernichtet. 

Die Preise für Schafdärme werden besonders durch die 
Aufnahmefähigkeit Nordamerikas für diesen Artikel und die große 
Kaufkraft der dortigen Bevölkerung hochgehalten und Europa muß 
darin folgen. In Australien, Südamerika, Osteuropa und Asien, wo 
die bedeutendsten Schlachtungen stattfinden, hat Amerika seine 
Einkäufer und diktiert die Preise, weshalb letztere auch in Deutsch¬ 
land seit zehn Jahren fast um das Doppelte gestiegen sind. 

Die Weltproduktion an Rinderdärmen hält mit dem Wachs¬ 
tum der Bevölkerung ungefähr gleichen Schritt und die Preise 
waren das ganze Jahr hindurch unveränderte. 

Zur Bekämpfung der Rlnderflnne. 

Die Fleischer-Innung in Freiburg i. Breisg. schickt an jeden 
Verkäufer eines bei der Fleischbeschau finnig befundenen Tieres 
ein Zirkular, in welchem der Betreffende unter Hinweis auf den 
Finnenfund darauf aufmerksam gemacht wird, daß wahrscheinlich 
jemand in seinem Haushalt an einem Bandwurm leide und es 
dringend zu raten sei, diese Person zu einer entsprechenden Kur 
zur Abtreibung des Parasiten zu veranlassen. 

Petroleum zur Denaturierung de« Fleisches. 

Um Konfiskate vor dem Vergraben zu denaturieren, ist auf de». 
Lande die Verwendung von Petroleum, das überall zur Hand ist, 
so häufig, daß ein besonderer Hinweis auf die Unzulässigkeit eines 
solchen Verfahrens nicht überflüssig erscheint. In § 45, Ziffer 2 
B. B. A sind die zulässigen Denaturierungsmittel namhaft gemacht, 
und es bed«arf der Zustimmung des Reichskanzlers, wenn andeer 
als die dort aufgezählten Mittel zur unschädlichen Beseitigung 
benutzt werden sollen. 

Vergiftung durch Gänsefleisch. 

Einen Beweis für die Notwendigkeit einer Geflügelbeschau 
liefern die in letzter Zeit in verschiedenen Städten vorgekommenen 
Vergiftungen nach Gänsefleischgeunß. Aus Berlin wurden in den 
letzten Wochen zwei derartige Vergiftungsfillle gemeldet. 



2. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


495 


Ist Leberkls eine Wurstware oder eine Backware? 

Das Landgericht Freiburg i. Br. hat in einem Streitfall eine 
Entscheidung dahin gefällt, daß der in Freiburg hergestellte Leber¬ 
käs, wenn er auch wie fast alle Pastetenware im wesentlichen 
aus Leber und Fleischteilen besteht und von Metzgern hergestellt 
wird, nicht zu den Wurstwaren zu rechnen sei, sondern vielmehr 
zu den Backwaren, weil er durch Backen fertig gemacht wird. 
Es könne deshalb ein geringer Zusatz von Mehl zum Zwecke der 
besseren Bindung beim Backen nicht als Verfälschung angesehen 
werden. 

Anerkennung der deutschen Fleischbeschau. 

Nach einer Zeitungsmcldung hat in der französischen Kammer 
der Deputierte Ferrette die in Deutschland bestehenden musterhaft 
eingerichteten Schlachtviehböfe zur Nachahmung empfohlen. Die 
Rede machte großen Eindruck und wurde mit Beifall begrüßt. 

Ziegenfleisch statt Schaffleisch. 

Wegen Verkaufs von Ziegenfleisch statt Hammelfleisch wurde 
der Fleischermeister A. von dem Schöffengericht in Zossen zu einer 
Geldstrafe verurteilt. 

Katzenfleisch statt Kaninchenfleisch. 

Junge geschlachtete Katzen wurden von einer Händlerin in 
Guben als Kaninchen verkauft. 

Giftige Pilze. 

Nach dem Genuß von giftigen Pilzen erkrankte in Posen eine 
Familie von vier Köpfen unter schweren Vergiftungserscheinungen. 
Trotz ärztlicher Hilfe starben drei der Patienten. 

Fischigkelt der Schweine. 

Der Vorstand des ostpreußischen landwirtschaftlichen Zentral- 
Vereins hat sich gutachtlich über die Verwendung von Fischen als 
Schweinefutter dahin ausgesprochen, daß eine solche Fütterung 
nur in den Fischerdörfern stattfinde, und nur ausnahmsweise bei 
reichen Fängen Fische von anderen Besitzern der Umgegend an¬ 
gekauft wurden. Versuche über die Zeitdauer, in welcher der 
Fischgeruch und -Geschmack entständen, sind nicht bekannt ge¬ 
worden, mit Ausnahme einer Mitteilung, daß dazu eine etwa 
14 tägige Verabreichung ausreichen könne. 

Veröffentlichung der Zahl der Schlachtungen eine« Fleischers. 

Die Fleischcrinnung zu Speyer hat beantragt, daß seitens der 
Stadt von dem veralteten Verfahren, die Zahl der Schlachtungen 
zu veröffentlichen, abgesehen wird. Mancher Fleischer schlachte, 
um mit einer großen Zahl Tiere in der Liste glänzen zu können, 
mehrere kleine geringwertige Stücke, statt wertvollere größere, 
was nicht im Interesse der Bevölkerung gelegen sei. Ein gleiches 
Gesuch der Fleischer in Pirmasens wurde von der Stadtverwaltung 
abgelehnt mit der bemerkenswerten Begründung, daß nach einer 
Umfrage in anderen Städten die Zahl der Schlachttiere der einzelnen 
Metzger sogar nach der Qualität wöchentlich öffentlich bekannt 
gegeben wurden. Ohne Zweifel liegt in solchen Publikationen 
eine ungerechtfertigte Belästigung der Fleischer; denn es inter¬ 
essieren zwar zur Gewinnung eines Überblickes über die Fleisch¬ 
versorgung der Stadt die Zahl der Schlachtungen und die Qualität 
der Schlachttiere, aber nicht die Namen der einzelnen Fleischer. 

Monopolisierung des Fleisohhandels. 

In der Kapkolonie ist im September 1907 ein Gesetz erlassen, 
nach dem alle Verträge und Vereinbarungen, die eingegangen 
werden zu dem Zwecke, die Kontrolle des Fleischhandels zwecks 
willkürlicher Festsetzung der Preise in die Hand zu bekommen, 
für ungültig erklärt werden. Der Geltungsbereich des Gesetzes 
wird von dem Gouverneur für einzelne Bezirke auf Antrag der 
Bezirksbehörde nach Bedarf bestimmt. 

Fleischhackerel und Eisfabrik. 

Die Errichtung einer kommunalen Eisfabrik und einer Fleisch¬ 
hackerei auf dem Schlachthofe ist seitens der Stadtverordneten in 
Frankfurt a. M. genehmigt worden. 


Transport von Eis. 

Vom 1. Januar ist im Bereiche der preußisch-hessischen und 
oldenburgischen Staatsbahnen ein wesentlich ermäßigter Ausnahme¬ 
tarif für den Transport von Eis in Kraft getreten. 

Vermeidung der Beschmutzung von Fleisch durch das Einkassieren. 

Der Polizeipräsident in Breslau erklärt es in einer Bekannt¬ 
machung für bedenklich, daß diejenigen Personen, welche Fleisch 
verkaufen, gleichzeitig Geld in Empfang nehmen oder wechseln, 
und empfiehlt, besondere Kassierer anzustellen, die mit dem Ver¬ 
kauf nichts zu tun haben, oder, wo das nicht angängig ist, die 
Fleischwaren nicht unmittelbar mit der Hand, sondern mit Gabeln 
zu verabreichen. 

DUngerproduktion an Schlacht und Viehhöfen. 

Im Berichtsjahre 1906 sind auf dem Berliner Schlacht- und 
Viehhofe 276 708 Zentner Dünger anfgekomraen und für 60 6^2 M. 
(also für den Zentner durchschnittlich 22 Pf.) verkauft worden. 

Fleischpreise der •Aohslsohen Sohlaohtviehverslcherung. 

(Vergl. Nr. 18, S. 335.) 

Gemäß § 14 des Gesetzes, die staatliche Schlachtviehversicherung 
t A ^ J 2. Juni 1898 . . _ , 

betreffend, vom ——-—■ ■ sind vom Verwaltungsausschusse der 

24. April 1906 

Unterzeichneten Anstalt hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Juli bis 
30. September 1908 stattfindenden Schlachtungen die der Er¬ 
mittlung der Entschädigungen nach § 2 des angeführten Gesetzes zu¬ 
grunde zu legenden Durchschnittspreise für die einzelnen Fleisch¬ 
gattungen für je 50 kg Schlachtgewicht wie folgt festgesetzt 


worden: 

A. Ochsen: (1 kg demnach) 

M M 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 
wertes bis zu 6 Jahren.76,— 1,52 

2. junge fleischige — ältere ausgemästete. . . . 70,50 1,41 

3. mäßig genährte junge — gut genährte ältere . 65,— 1,30 

4. gering genährte jeden Alters.58,— 1,16 

6. a) magere.48,— —,96 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff 1b 
des Gesetzes von . der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.35,— —,70 

B. Kalben und Kühe: 

1. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten 

Schlachtwertes. 72,50 1,45 

2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten 

Schlachtwertes bis zu 7 Jahren. 69,50 1,39 

3. ältere ausgemästete Kühe und gut entwickelte 

jüngere Kühe und Kalben.64,— 1,28 

4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 57,— 1,14 

5. gering bzw. mäßig genährte Kühe und gering 

genährte Kalben.48,— — ,96 

6. a) magere dergl.40,— —,80 

b) abgemagerte dergl., soweit sie nicht nach § 1 

Ziff. lb des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.30,— —,60 

G. Bullen: 

1. vollfleischige höchsten Schlachtwertes .... 68,60 1,37 

2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 65,— 1,30 

3. gering genährte.60,— 1,20 

4. a) magere..45,— — ,90 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.40,— —,80 

D. Schweine: 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht- 

wertes und zwar der feineren Rassen und deren 
Kreuzungen im Alter bis zu l 1 /* Jahren . . 60,— 1,20 

2. fleischige. 57,50 1,15 

3. gering entwickelte Mastschweine, sowie aus¬ 

gemästete Schnitteber (Altschneider) und aus¬ 
gemästete Sauen . 53,60 1,07 

4. nicht ausgemästete Sauen, Schnitteber (Alt¬ 
schneider), Znchtsauen und Zuchteber .... 40,— —,80 

5. a) magere bzw. im Ernährungszustände zurück¬ 

gebliebene Tiere.30,— —,60 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 
des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind . ..28,— —,66 

Dresden, den 25. Juni 1908. 


Anstalt für staatliche Schlachtviehversicherung. 























496 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Veterinfirhygiene. Grundriß der Gesundheitspflege der landwirtschaft¬ 
lichen Haustiere mit besonderer Berücksichtigung der Fütterungslehre. 
Von Dr. Martin Klimmer, ord. Professor der Hygiene und Direktor des 
Hygienischen Instituts der Königl. Tierärztlichen Hochschule in Dresden. 
Mit 81 Textabbildungen. Berlin 1908. Verlag Paul Parcy. Preis 12 M. 

Verfasser hat mit der Herausgabe dieses Buches einem allgemeinen 
Bedürfnis entsprochen; denn die Hygiene nimmt sowohl in der Human- 
wie in der Veterinärmedizin einen immer breiteren Ranm ein, und 
dürfte das Studium dieser Verhältnisse den Studierenden nicht warm 
genug ans Herz gelegt werden können. Wie der Verfasser richtig in 
der Einleitung bemerkt, ist das Verhüten einer Krankheit noch wichtiger 
als das Heilen. Eine gute Prophylaxis ist aber nur möglich, wenn wir 
Uber die ätiologischen Verhältnisse unterrichtet sind und vor allem die 
Nälirmedien kennen, in welchen die Erreger einer Krankheit zu finden 
sind. Deshalb macht uns der Autor zunächst mit der Atmosphäre, mit dem 
Boden, dem Wasser und dem Futter bekannt. Eine nicht zu unter¬ 
schätzende Rolle für die Gesunderhaltung unserer Haustiere spielen 
gerade die Futtermittel, besonders die als Kraftfutter wegen ihres 
geringen Preises gern benutzten Rückstände der Ölfabrikation, die als 
Mehle und Kuchen in den Handel kommen. Leider besitzen wir nur 
geringe Kenntnisse über die solchen Futtermitteln anhaftenden 
Schädlichkeiten, und es sind noch ausgedehnte Studien notwendig, um 
gerade die durch das Futter verursachten Schädigungen auf einer 
wissenschaftlichen Grundlage aufzubauen. 

Infolgedessen ist dieses Kapitel trotz seiner hohen Bedeutung etwas 
stiefmütterlich behandelt, immerhin hätten aber neuere Arbeiten, be¬ 
sonders Uber die Bedeutung des Senföls und der Rizinnssamen, zweier 
der am meisten zu fürchtenden Schädlichkeiten, eine eingehendere Be¬ 
achtung finden können. 

Das gleiche gilt von der Beurteilung des Raubfutters. Es wird 
sich empfehlen, bei einer Neuauflage speziell diesem Kapitel, mit dem 
der praktische Tierarzt fast täglich in Berührung kommt, einen 
größeren Rahmen einzuräumen. 

Die Mär von der (beim Abschnitt der Weide) den jungen Blatt¬ 
knospen und Trieben der Laub- und Nadelbäume zugesprochenen 
Schädlichkeit sollte endlich aus den Lehrbüchern verschwinden. Es 
handelt sich hierbei stets um eine Infektion mit Piroplasma bigeminum 
durch Zecken. Vielleicht wäre auch beim Stall auf die Bedeutung der 
täglichen Bewegung der Tiere für die Gesunderhaltung derselben noch 
mehr aufmerksam zu machen. Eine ausführliche Beschreibung der für 
den Bau verwendeten Materialien wäre gleichfalls sehr wünschenswert, 
da eint? Kenntnis derselben für die Ventilationsfähigkeit der Stallungen 
von großer Bedeutung ist. 

Daß der Verfasser die eigentliche Ätiologie und Prophylaxis aus 
diesem Buche ganz weggelassen hat, halte ich für einen besonderen 
Vorzug. Diese Kapitel sind so ausgedehnt — und finden bei der 
Schilderung der Krankheiten, selbst in anderen Werken eine aus¬ 
reichende Berücksichtigung, daß es in einem Werke der Hygiene nur 
eines Hinweisens darauf bedarf. Verfasser stellt uns außerdem in 
Aussicht, in einem besonderen Werke auf diese Fragen einzugehen. 

Da der Tierarzt häufige Gelegenheit hat, bei Fischkrankheiten zu 
Rate gezogen zu werden, so wäre bei einer Neuauflage ein kurzes 
Eingehen auf diesen Gegenstand sehr erwünscht. 

Im großen und ganzen kann man den Verfasser zu seiner Arbeit 
nur beglückwünschen und das Werk allen studierenden und Tierärzten 
angelegentlichst empfehlen. Mießner. 

Bakteriologische Diagnostik mit besonderer Berücksichtigung der 
Immunitfltslehre der Serodiagnostik und der Schutzimpfungen für Tier¬ 
ärzte und Studierende von J. Bongert, stellvertr. atädt. Obertierarzt und 
Leiter des Bakteriologischen Laboratoriums auf dem städtischen 
Schlachtviehhofe in Berlin. Zweite, stark vermehrte und verbesserte 
Auflage Mit 16 Abbildungen und 1 Farbendrncktafel im Text sowie 
20 Lichtdrucktafeln, enthaltend 111 vom Verfasser hergestellte 
Photogramme. Verlag Nemnich-Leipzig 1908. Preis 12 Mark. 

Verfasser ist bereits vier Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage 
in die angenehme Notwendigkeit versetzt, eine Neuauflage seiner 
bakteriologischen Diagnostik anfertigen zu müssen. Es zeugt dies dafür, 
daß die Diagnostik überall eine gute Aufnahme gefunden haben muß. 
Infolge des riesigen Anwachsens des Stoffes ist die Seitenzahl von 236 
auf 403 gestiegen. Der Verfasser hat die für die Veterinärmedizin 
besonders wichtigen Arbeiten der letzten Jahre über die Serodiagnose 
des Rotzes, die Filtrierbarkeit des Schweinepestvirus und über die 
Tuberkulose, desgleichen alle neueren Entdeckungen auf dem Gebiete 
der Bakteriologie und Serologie eingehend berücksichtigt 

Allerdings teilt Referent keineswegs die Ansicht, die Bongert in 
der Identitätsfrage der Tubcrkelbazillen, in der Entstehung des Rotzes 
vom Verdauungstraktus aus, in der Zugehörigkeit des chronisch- 
infektiösen Darmkatarrhs der Rinder zur Tuberkulose vertritt. Bezüglich 
der Agglutinationsprobe, eines zuverlässigen diagnostischen Hilfsmittels 
für die Erkennung des Rotzes, stehe ich im Gegensatz zum Verfasser 
auf dem Standpunkte, daß die Ausführung der Agglutination, ihre 
Erkennung und vor allem ihre Beurteilung allergrößte Fertigkeit und 
Übung beansprucht und daher nur im besonders darauf eingearbeiteten 
Laboratorium ausgeführt werden kann. In Anbetracht der hohen Be- 


dentung der Fleisch- und Wurstvergiftungen für den Sanitätstierarzt 
würde es sich empfehlen, diesem Kapitel künftig eine ausführlichere 
Besprechung zuteil werden zu lassen Es wäre dies ohne Umfangs- 
vergrößerung des Buches möglich, wenn die bei einigen Krankheiten 
ausführlich beschriebenen aber nicht in eine bakteriologische Diagnostik 
hinein gehörenden anatomischen Veränderungen wegfielen. 

Mießner. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen den Stabsveterinären 
Ueinrüh Draeyert im Leibhusaren-Regt. Nr. 1 und Enil Kuli im 
Leibhusaren Regt. Nr. 2, der Kgl. Kronenorden 4. Klasse, dem 
Stabsveterinär Ebertx im Feldart.-Regt. Nr. 76 das Ritterkreuz 
2. Klasse des Herzogl. Sachsen-Ernestinischen Hausordens. 

Ernennungen: Dr. Kurt Schern , bisher Assistent am Kaiser 
Wilhelm-Institut zu Bromberg, Abteilung für Tierhygiene, ist als 
wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in die bakteriologische Abteilung 
des Kaiserl. Gesundheitsamtes berufen worden. Distriktstierarzt 
Julius N/pZ-Pöttmes zum Königl. Bezirkstierarzt in Vohenstrauß, 
städt. Bezirkstierarzt Max Spieyler- Amberg zum Königl. Bezirks¬ 
tierarzt in Nabburg. 

Niederlassung: Die Tierärzte Karl Puppe in Eberswalde, Philipp 
Brawn-Markt Oberdorf in Blieskastel (Rheinpr.), Richard Burka r t- 
Pfaffenhofen in Wörishofen (Schwaben). — Verzogen: Die Tier¬ 
ärzte Otto EYse/c-Creglingen als Assistent des Oberamtstierarztes 
nach Hall (Schwäb.', Franz AacÄr«t«er-Emmendingen nach Nürnberg 
(Mittelfr.), Friedrich ÄrÄ«6'rM)resden nach Creuzburg a. d. Werra, 
Dr. Kunibert Müller nach Berlin NW. 6, Philippstr. 7/8. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Paul Dunkel aus Rinteln 
a. Weser, Friedrich Eir hackt r aus Lahr, Viktor Leonhardt in Weil- 
heim a. d. Teck zum Dr. med. vet. in Gießen. — Approbiert: 
Die Herren Christian Rhodius aus Gillersdorf und Richard Wagner 
aus Dresden in Dresden. 

Todesfall: Stabsveterinär a. D. Dr. Karl Knoch in München. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: Reg.-Bez. 
Marienwerder: Rosenberg. Bewerbungen innerhalb 3 Wochen 
an den Regierungspräsidenten. — b) Nach Ablauf der Melde¬ 
frist noch unbesetzt: Reg.-Bez. Köslin: Belgard. Köln- 
Rheinbacb. Reg.-Bez. Osnabrück: Lingen. Reg.-Bez. Posen: 
Koschmin. 

Schlachthofstellen: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Barmen (Rhld.): 1. Assistenztierarzt, 2400 bis 4500 M., 
freie Wohnung usw. — Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Bremen: 
IV. Tierarzt. 2400 M. bis 3900 M. — Duisburg-Meiderich: 
I. Tierarzt. 3000 M. — Erfurt: Schlachthofstierarzt 3100 M. bis 
4900 M. — Freienwalde: Tierarzt. — Halle a. S.: Assistenz¬ 
tierarzt. 200 M. pro Monat und freie möblierte Wohnung. — Katto- 
witz: Schlachthof di rektor. 3600 M. — Königsberg i. Pr.: Zwei 
Tierärzte. — Bad Kreuznach: Assistenztierarzt. 2400 M. — Lands¬ 
berg a. W.: Assistenztierarzt. 2400 M. — Liegnitz: Assistenztier¬ 
arzt. 2400 M. — Pforzheim: Direktor. 3600 M. bis 6000 M., 
freie Wohnung usw. — Prüm (Rhld.): Verwalter (Tierarzt). 
1200 M. bis 1500 M., freie Wohnung usw. — Pyritz: Schlachthof¬ 
direktor. 1800 M. bis 2400 M. — Schwiebus (Bez. Frankfurt 
a. O.): Schlachthofleiter. 2400 M. — Stettin: III. Tierarzt bei 
der Auslandflei8chbe8cbau8telle. 2400 M. — Treptow a. R.: 
Schlachthofdirektor. 2400 bis 3600 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 
a) Neu ausgeschrieben: Schwetz (Weichsel): Tierarzt. Aus¬ 
kunft erteilt Landrat von Halem in Schwetz. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Rem¬ 
berg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Hunsrück. — Langels¬ 
heim (Herzogt. Braunschweig). — Mengede (Kr. Dortmund): 
Fleischbeschautierarzt. Gehalt 3600 M, Wohnungsgeld 300 M., Wege¬ 
geld 300 M. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoets In Berlin. — 

Druck von W. BOxenstcln, Berlin. 



Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Scboetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmatr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5.— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Poat-Zcitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Orlginalbeitrige werden mit SO Sk., fn Petltsata mit 
•0 ttk, für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
an senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Ltuisenstrafle 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbucbhan dl ung. 



Wochenschrift 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor ln Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Blage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarzt in Hamburg. 


Veterinärrat Peters 

Departements T. in Bromberg. 


Dr. Sohlegel 

Professor in Freibarg. 


Dr. J. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Helfer 

8ehlaehth.-Direktor in Mülhausen L R 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg 


Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt in München. 

Dr. StSdter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Veterinärrat Prenfie 

Departements-T. ln Danzig. 

Wehrte 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 

ZOndel 


Kais. Regierangsrat in Berlin. KreUtierarzt in Mülhausen L B. 


Dr. Trapp 

t Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg 


Dr. Zlmmermaita 

Dozent in Budapest. 


Jahrgang 1908. _ M 28 . _ Ausgegeben am 0. Juli. 

Inhalt: Lorenz: Zur Ätiologie der Brustseuche. — Regenbogen: Zwei Fälle von Chylurie (Lipurie) beim Hunde. — Eiten: 

Infektiöse Ruhr und Lungenbrustfellentzündung der Kälber. — Beddies: Mykotische Gastroenteritis bei 
Haferwert. — Referate: Grobou: Koprostase und comatöse Urämie infolge Verwundung bei einer jungen Katze. — Gold¬ 
beck: Zur Anwendung der Massage in der Veterinärmedizin. — Pröscholdt: Papilläres Akanthom auf der Innenfläche des 
Pferdeohres. — Die Gölubacer Fliegen. — Ludewig: Beziehungen des Bodens zn sogenannten Bodenkrankheiten. — Stand¬ 
fuß: Über die ätiologische und diagnostische Bedeutung der Negrischen Tollwutkörperchen. — Sauer: Können ohne veterinär- 
polizeiliche Bedenken die Häute rauschbrandkranker Tiere zn Gerbereizwecken verwendet werden? — Rieger: Wann kann 
man das Fleisch und die Milch der gegen Anthrax geimpften Tiere dem menschlichen Genüsse znlassen? — Nicolas: Über 
die Unschädlichkeit der Milch der an Tollwut erkrankten oder intravenösen Injektionen von Tollwut-Virus unterworfenen 
Herbivoren. — Aus der medizinischen Literatur. — Tageogeochlohte: Frey tag: Zur Anstellung der Kreistierärzte. — Doen- 
hardt: Ein Zeichen der Zeit. — Verschiedenes. — Tierzucht und Tierhaltung: Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft. 

_— Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. — Verzeichnis der Tierärzte ohne Wohnortsangabe. 


Zur Ätiologie der Brustseuche. 

Von Obermedizinalrat Prof. Dr. Lorenz-Darmstadt. 

Seit der Zeit, in der ich meine Beobachtungen über die 
Brustseuche in dem Großherzoglichen Landgestüt zu Darmstadt 
iMid -m - dem 24; -Dragonerregiment daselbst gemacht habe 
(Winter 1905 auf 1906), habe ich nur vereinzelt und nur vor¬ 
übergehend Brustseuchepatienten gesehen und Gelegenheit gehabt, 
von diesen Infektionsmaterial zu gewinnen. Es war dies bei 
einem Bauernpferd in Goddelau (der Fall ist von Dr. Schweickert 
in Nr. 30 und 35 dieser Zeitschrift beschrieben und von mir in 
Nr. 45 derselben 1906 erwähnt) und in dem Landgestüt zn 
Dillenburg a. d. Lahn (erwähnt von mir in Nr. 23 und 24 dieser 
Zeitschrift von 1907). Im Frühjahr 1907 brach bei den Pferden 
des Hanauer Ulanenregiments die Seuche ans und ich hatte 
auch hier Gelegenheit, einige Patienten zn sehen, jedoch ohne 
sie genauer beobachten zu können. — Die Versuche, die dort 
zur Immunisierung mit von mir hergestellten Kulturen vor¬ 
genommen worden sind und die im zweiten Abschnitt der Ver¬ 
suchsreihe keinen günstigen Erfolg hatten, sollen an dieser 
Stelle nicht erörtert werden. — Auch im letzten Winter hatte 
ich wieder Gelegenheit, einige Brnstseuchepatienten unter den 
Pferden des Dragonerregiments zu Karlsruhe vorübergehend zu 
sehen und von ihnen Infektionsmaterial zu entnehmen. Ich 
konnte dabei die Beobachtung machen, daß die Seuche nicht 
immer denselben Charakter hat, dann aber auch die, daß die 
trainierten Militärpferde manche Abweichungen in den Krankheits- 
erscheinuugen bieten, von denen, die man bei weichlicher ge¬ 
haltenen Privatpferden findet, namentlich aber auch wie ich sie 
bei Landgestütsbeschälern gesehen hatte. Insbesondere machte 
ich dabei die Bemerkung, daß von den Militärpferden nur selten 
Hautborken mit den virulenten Coccen zn bekommen waren. 
Dahingestellt will ich es lassen, ob nicht die letztere Wahr¬ 
nehmung darauf beruht, daß die Erkrankungen hier einen etwas 
veränderten Charakter hatten nnd hei ihnen die Ansscheidnngen 


auf der Haut mehr zurücktraten, vielleicht als eine Folge der 
kühlen Ränme, in denen die Tiere untergebracht waren. Gänzlich 
war jedoch die Absonderung auf der Haut auch in diesen Fällen 
nicht unterdrückt, denn es ist mir auch hier gelungen, in 
einigen Fällen Kulturen von charakteristischen Eigenschaften 
zu gewinnen. 

Die letzte Zeit hat mir nun einige Patienten zugefülirt, an 
denen ich besonders eingehende Untersuchungen vornehmen 
konnte, und es ist der Zweck dieses Artikels, die Ergebnisse 
dieser Untersuchungen hier kurz als vorläufige Mitteilung zu 
veröffentlichen. Am 9. Mai 1. J. wurden dem Großherzoglichen 
Hofstall von einer Händlerfirma drei Wagenpferde von vier bis 
fünf Jahren geliefert. Diese Pferde wurden, wie alle Zngänge, 
kontumaziert. Am 17. Mai erkrankte das eine der Pferde unter 
den Erscheinungen der Brustseuche. Ich konnte bei diesem 
Pferde ganz besonders am dritten Krankheitstage das Vor¬ 
handensein eines in geringer Menge die Nasenscheidenwand 
befeuchtenden klaren bernsteinfarbigen Sekrets wahraekmen, 
wie ich es bei den früher oft sehr eingehend darauf unter¬ 
suchten brustseuchekranken Landgestütsbeschälern nie gesehen 
hatte. Um behufs einer eingehenden Untersuchung dieses Sekret 
möglichst rein zu gewinnen, befestigte ich Wattebäuschchen an 
Holzstäbchen, brachte sie in mit Wattebausch geschlossene 
Reagenzgläser nnd sterilisierte sie so im Trockenofen ziemlich 
lange. Dann wurden die Holzstäbchen aus dem Reagenzglas 
genommen und vorsichtig in die Nasenöffnungen des Pferdes 
geschoben, um mit den Wattebäuschchen das Sekret aufzunehmen, 
ohne die äußeren Ränder der Nasenöffnungen zu berühren. 

Die von den befeuchteten Wattebäuschchen alsbald an¬ 
gefertigten Ausstriche auf Deckgläschen zeigten unter dem 
Mikroskop feine Stäbchen von anscheinend gleicher Art und in 
lichten Kapseln befindliche Doppelcoccen. Frisch gemachte Auf¬ 
schwemmungen von diesen Wattebäuschen in sterilem Wasser 
blieben bei intraperitonealer Anwendung auf Mäuse ohne sicht- 




498 

bare Wirkung. Die Mäuse blieben munter und gingen auch 
später nicht ein. Eine Aufschwemmung von einem 1 Tag alten 
Wattebausch tötete Mäuse bei intraperitonealer Anwendung in 
1 bis 2 Tagen. Aus deiii Blut dieser Mäuse wuchsen Strepto¬ 
coccen, wie ich sie früher aus den Hautborken gezüchtet hatte. 
Sie waren bei Kaninchen sehr virulent. 

Nach acht Fiebertagen war die Temperatur des Pferdes 
wieder normal und am fünften fieberfreien Tage zeigten sich an 
Hals, Schulter, Bauch und Extremitäten zahlreiche Haut¬ 
erhöhungen, auf denen sich einige verklebte Haare und kleine 
Borken befanden. Letztere wurden vorsichtig in sterile Gläschen 
gesammelt, mit sterilem Wasser aufgeschwemmt und zerrieben, 
und die so gewonnene getrübte Flüssigkeit Mäusen in die Bauch¬ 
höhle gespritzt. Diese gingen meist bis zum dritten Tage ein. 
Aus ihrem Blut wuchsen in Bouillon die gleichen Streptococcen, 
wie aus dem mit Nasensekret behandelter Mäuse. Weder beim 
Wachsen in Bouillon, auf Agar, Blutserum usw. besteht ein 
Unterschied, noch in ihrer Wirkung auf Kaninchen. 

Nach dem ersten Pferde erkrankten in kurzen Zwischen¬ 
räumen auch die beiden anderen in dem Kontumazstalle unter¬ 
gebrachten Pferde in derselben Weise. Auch bei ihnen wurden 
die Versuche mit Nasensekret und bei dem zweiten auch mit 
Hautborken angestellt, welch letztere auch hier genau am 
fünften fieberfreien Tage auftraten. Beim dritten Patient, der 
intensiv mit einem besonderen Mittel behandelt worden war, 
zeigten sich Hautborken nicht. Im übrigen war das Ergebnis 
der angestellten Untersuchungen dem beim ersten Pferde voll¬ 
kommen gleich. Von den beiden ersterkrankten Pferden wurden 
oberflächliche Hautstückchen an den mit Borken versehenen 
Hautverdickungen mit dem Messer entnommen, um später zu 
Schnittpräparaten verwendet zu werden. 

Bald nachdem der letzte der drei Hofstallremonten genesen 
war, erhielt ich die Nachricht, daß auf der Fohlenweide zu 
Dieburg eine Seuche, wahrscheinlich die Brustseuche, aus¬ 
gebrochen sei. Ich begab mich dorthin und sah drei Patienten, 
die die Erscheinungen der Brustseuche erkennen ließen, wenn 
auch das Krankheitsbild bei diesen nur ein Jahr alten Tieren 
etwas verändert war. Das am schwersten erkrankte Füllen 
zeigte das bernsteingelbe Nasensekret in geringer Menge. Auch 
dieses wurde mit sterilem, an Holzstäbchen befestigten Watte¬ 
bäuschen in derselben Weise, wie oben angegeben, abgetupft und 
dann zu Mäusepassagen verwendet, die dasselbe Ergebnis 
lieferten, wie bei den Marstallremonten. Zur Entnahme von 
Hautborken bin ich bei den Dieburger Weidefüllen noch nicht 
gekommen, da ich hierzu nicht Zeit fand. 

Die dritte Verseuchung an Brustseuche sah ich kürzlich 
auf der Fohlenweide in Hungen, im Kreise Gießen. Es waren 
dort erst ein Füllen und dann bald danach hintereinander 
13 teils leicht, teils sehwer erkrankt. Zwei waren schon ein¬ 
gegangen, ein drittes lag tot im Stalle. Ein neu zugegangener 
Patient, der erst seit zwei Tagen erkrankt war und deutlich 
Spuren von dünnflüssigem, gelblichem Sekret auf der Nasen¬ 
scheidewand zeigte, wurde, da die übrigen noch vorhandenen 
Patienten schon wieder genesen schienen, zur Untersuchung 
verwendet. Auch in diesem Falle benutzte ich die sterilen 
Wattebäusche. Auch hier war das Ergebnis das gleiche, wie 
in Darmstadt und Dieburg. 

Die Wattebäusche wurden, soweit sie nicht zu Auf¬ 
schwemmungen zwecks Mäuseimpfüng benutzt wurden, teils 


No. 28. 

trocken, teils mit sterilem Wasser angefeuchtet aufbewahrt. Auf 
ihnen zeigten sich nach einiger Zeit eigentümliche Pilz Wucherungen. 
Es ist ja zwar anzunehmen, daß das Nasensekret der Pferde 
auch allerlei saprophytisch lebende Pilze enthält, und es wäre 
auch mir nicht aufgefallen, als ich die weißlichen Belege auf 
den trocken gehaltenen Wattebäuschen und dem darüber hervor¬ 
ragenden, leicht angefeuchteten Holzstäbchen sah, wenn nicht in 
diesen Pilzformen unter dem Mikroskop eine ganz auffallende 
Übereinstimmung mit den von mir früher beobachteten, in meiner 
Arbeit in Nr. 23 und 24 der B. T. W. von 1907 beschriebenen 
Streptothrixformen zu erkennen wäre. 

Es soll nicht in dieser Arbeit näher auf diese Beobachtungen 
eingegangen werden, da sie noch längerer Nachprüfung bedürfen. 
Dagegen halte ich es für an der Zeit, hier kurz einige Be¬ 
merkungen über die von mir früher beschriebenen Form¬ 
umwandlungen zu machen, die einem Kritiker Veranlassung 
gegeben haben, sie für Irrtümer zu halten. 

In der Zeitschrift für Veterinärkunde, Band 1907, Seite 448, 
hat Tröster meine Arbeit in Nr. 23 und 24 der B. T. W. von 
1907 zu bekritisieren versucht. Es ist dies unter den Refe¬ 
raten geschehen, obwohl Tröster eigentlich gar nicht referiert 
hat, denn er hat aus meiner Arbeit zu seinem Zweck ver¬ 
schiedenes anders angeführt, als es im Original steht. Er er¬ 
wähnt z. B. im Absatz 1 seiner Arbeit: „Von den in Bouillon 
gewachsenen Kulturen spritzte (Lorenz) gesunden Pferden je 
1 ccm in die Halsvene und 1,5 ccm in die Luftröhre. Hiernach 
trat bei den Pferden nach einigen Tagen Fieber ein (bei einem 
Pferde soll auch Schmerz in der Schulter und Dämpfung in 
einer Lunge nachgewiesen worden sein). Das Fieber hielt nur 
einige Tage an, dann waren die Pferde wieder gesund.“ Es 
sind hier offenbar die beiden in Büttelbom gehaltenen Versuchs¬ 
füllen gemeint, worüber Dr. Schweickert in Nr. 30 und 35 der 
B. T. W. von 1906 referiert hat. Von diesen war tatsächlich 
nur eines künstlich infiziert worden. Es erkrankte mit41°C 
Temperatur nach 24 Stunden, also nicht erst nach einigen 
Tagen. Die Erkrankung war bei diesem Tiere nicht eine 
leichte, sondern eine recht schwere und dauerte nicht bloß 
einige Tage, sondern über eine Woche. Ich gebe zu, daß man 
die künstlich erzeugte Erkrankung gerade nicht als typische 
anzusehen braucht. Bei welchen Infektionskrankheiten wäre 
dies auch der Fall. So ist es z. B. kaum einmal gelungen, 
Schweine künstlich an typischem Rotlauf erkranken zu lassen. 
Immerhin waren die Erscheinungen bei jenem Füllen so, daß 
man sie, von der künstlichen Infektion abgesehen, für solche 
der Brustseuche halten dürfte. — In Absatz 2 erwähnt Tröster 
auch des zweiten Büttelborner Füllens, von dem die Abbildungen 
Fig. 8, 9 und 10 meiner Arbeit in Nr. 45 der B. T. W. 
von 1906 herrühren. Er sagt im letzten Satze des 
Abs. 2: „Auch zeigten sich die Fäden und Stäbchen in den 
Ausstrichen aus der Lunge eines Versuchspferdes, das zwar 
nach der Impfung wieder gesund geworden, aber infolge 
eines im Stalle ausgebrochenen Feuers zugrunde gegangen war.“ 
Hätte Tröster richtig referieren wollen, so hätte er 
aus meiner Arbeit ersehen müssen, daß dieses Füllen 
überhaupt nicht geimpft war, sondern sich an dem 
geimpften Füllen auf natürlichem Weg infiziert hatte. Auf 
Seite 449 unten kritisiert Tröster: „das würde erst angängig 
sein, wenn infolge der Impfung ein Pferd unter den typischen 
Erscheinungen der Brustseuche erkrankte und letztere auf dem 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



9. Juli 1908. 


BERLIN ER TI ERÄ RZTLKil E WO( ’llENSi II RI FT. 


Wege der Ansteckung auf gesunde Pferde übertragen worden 
wäre. Ein Experiment mit diesem Erfolge hat er (Lorenz) nicht 
gemacht.“ Hätte Tröster genau meine Arbeit und die von 
Dr. Schweickert nachgelesen, so hätte er gerade in 
dem vorher erwähnten Fall das Experiment mit dem 
verlangten Erfolge erblicken müssen. Es stand ihm ja 
frei, an den Ergebnissen des Erfolges zu deuteln, aber ein 
wahrheitsgetreuer Referent dürfte doch so keine tat¬ 
sächlichen Unwahrheiten aufnehmen. Aus diesem Grunde 
unterließ ich es seither, überhaupt etwas zu entgegnen. Ich 
erwähne es hier nur, weil ich inzwischen irgendwo gelesen habe, 
meine Veröffentlichungen seien widerlegt worden, und da mir 
sonst nichts Derartiges zu Gesicht gekommen ist, so muß ich 
denn doch erklären, daß ich es nicht als zutreffend anerkenne, 
die an ein unrichtiges Referat geknüpften kritischen 
Auslassungen eine Widerlegung zu heißen. 

Auch die weiteren kritischen Bemerkungen, daß maßgebende 
Bakteriologen Formumwandlungen, wie ich sie beschrieben, nicht 
gesehen hätten und ich mich deshalb geirrt haben müsse, ent¬ 
halten keinen Grund zum Zweifeln an den Beobachtungen eines 
einzelnen, die der Kritiker, wie er selbst angibt, gar nicht genau 
beurteilen kann, weil er die Präparate nicht gesehen hat. Genau 
so verhält es sich mit der Kritik über die Streptothrixfäden in 
den Hautschnitten, die Tröster kurzer Hand für Fibrinfäden 
erklärt. Schon die von Dr. Garth äußerst genau nach den 
Präparaten angefertigten Zeichnungen können einem fachlich 
gebildeten Pathologen nicht als Fibrinfäden erscheinen. Ich 
weise deshalb auch diese Behauptung des Kritikers als einen 
offenbaren Fehler zurück. 

Wenn man, wie Tröster, nur denjenigen für einen ma߬ 
gebenden Bakteriologen ausgibt, der „nur einen hört und 
auf des Heisters Worte schwört“, dann kann man den 
auch schon von anderen beobachteten Pleomorphismus ver¬ 
leugnen, wie es die mittelalterliche Scholastik mit der Bewegung 
der Erde getan hat. Mit einem derartigen Festhalten an einmal 
von hervorragenden Männern Gesagtem wird man aber mit der 
Erforschung der Krankheitsursachen nicht viel weiter kommen, 
als auf den jetzigen Standpunkt. Die Tatsache, daß die 
Streptococcen einen konstanten Befund bei bestimmten Krank¬ 
heiten, so z. B. beim Scharlach und bei der Brustseuche, ab¬ 
geben, berechtigt aber wohl mehr zu der Annahme, daß hier 
konstante Formveränderungen bei den Erregern vorliegen 
müssen, als die Behauptung, daß maßgebende Bakteriologen 
diese Formveränderungen leugnen, weil sie bei ihren Züchtungs¬ 
methoden sie noch nicht gesehen haben. Ich habe diese 
Formumwandlungen aber gesehen, auch bei künstlicher 
Züchtung, und ich halte diese Behauptung voll und 
ganz aufrecht. Warum sie die geschulten Bakteriologen 
noch nicht gesehen haben, ist mir auch erklärlich. Es beruht 
dies auf der von mir an einer ganzen Reihe von Versuchen 
festgestellten Eigentümlichkeit reingezüchteter Bakterien, in der 
von ihnen einmal angenommenen Gestalt zu beharren. Läßt 
man Bakterien erst das langwierige Plattenverfahren durch- 
machen, so verlieren sie ihre Neigung, sich zu verändern, selbst 
wenn sie es vorher hatten. Ich habe wiederholt aus 
Streptothrixfäden Stäbchen und dann Streptococcen hervorgehen 
sehen und das mehrmals hintereinander. Ja, ich habe auch 
Streptococcen noch aus älteren Streptothrixkulturen erst nach 
längerem Wachsen sich entwickeln pefiep, aber auch erfahren 


499 


müssen, daß auch dieses Umwandlungsvermögen in der künst¬ 
lichen Züchtung einmal aufhört und daß dann keine Strepto¬ 
coccen mehr entstehen, auch wenn man die früher mit Erfolg 
angewandten Bedingungen bietet. Die Natur läßt sich in 
der künstlichen Züchtung mit den einmal jetzt als 
schulgerecht eingeführten Methoden doch nicht so 
nachahmen, daß jemand berechtigt wäre, etwas, was 
andere durch genaue, wohlbedachte und andauernd 
fortgesetzte Beobachtungen ergründet haben, kurzer 
Hand als irrig von der Hand zu weisen, weil es der 
jetzigen, verhältnismäßig doch recht jugendlichen 
Lehre von den Bakterien nicht entspricht. 


Aus der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztl. Hochschule zu Berlin, 

Zwei Fälle von Chylurie (Lipurie) beim Hunde. 

Von Professor Regenbogen. 

Eine 5 Jahre alte deutsche Dogge wurde der Klinik mit 
dem Vorberichte zugeführt, daß sie seit mehreren Wochen sehr 
abgemagert sei, großen Durst zeige und viel Harn entleere. 
Die Freßlust sei sehr gering, zuweilen habe sie erbrochen. Die 
Befundaufnahme ergibt einen schlechten Nährzustand. Das Haar 
ist rauh und glanzlos. Die sichtbaren Schleimhäute sind blaßrot. 
In der Maul- und Rachenhöhle keine Veränderungen. Die Kopf- 
und Halslymphdrüsen sind nicht geschwollen. In der Minute 
werden 120 bis 130 Pulse gezählt. Der Puls ist mittelkräftig, 
regelmäßig. Der Herzschlag ist etwas pochend. Herzdämpfung 
ist nicht nachweisbar. Die Herztöne sind rein, jedoch etwas 
metaUisch klingend. An der Lunge sind krankhafte Verände¬ 
rungen durch die Auskultation und Perkussion nicht nachzuweisen. 
Nasenausfluß besteht nicht. Der Hund hustet nicht. Die 
Palpation des Magens ist nicht schmerzhaft. Der Bauch ist auf¬ 
gezogen. Die Bauchdecken sind eingefallen. Beim Durchtasten 
der Bauchhöhle lassen sich keine Schmerzen auslösen. Die 
Futteraufnahme ist gering, der Durst sehr groß. Beim Abtasten 
der Nieren äußert der Hund Schmerzen. Die Blase ist leer, nicht 
schmerzhaft. An der Prostata ist keine Umfangsvermehrung 
nachweisbar. 

Der Hund zeigt sich müde und schwach, er legt sich bald 
nieder. Der Gang ist etwas unsicher und träge. Die Lenden¬ 
wirbelsäule wird etwas nach oben gekrümmt und beim Gehen 
steif gehalten. Der Hund setzte in 24 Stunden ungefähr iy 2 
bis 2 Liter Harn ab. Der Harn zeigt die Farbe von sehr ver¬ 
dünnter Milch und ist deshalb nur durchscheinend, fast undurch¬ 
sichtig. Beim Stehen zeigen sich an der Oberfläche keine Fett¬ 
tröpfchen. Das spezifische Gewicht beträgt 1020. Die Reaktion 
ist sauer. Beim Filtrieren durch Papier wird der Harn nicht 
klar. Nach Beimischung von Klärmitteln — Kieselgur und 
Filtrierpapierbrei — gelingt es, ein ganz getrübtes Filtrat zu 
erlangen. Das Filtrat enthält V 2 ? roz - Eiweiß, keinen Zucker, 
geringe Mengen Indican. Das Sediment enthält sehr zahlreiche 
Fettkügelchen, einzeln und in Haufen zusammenliegend. Auch 
zahlreiche zylinderartige Gebilde, aus Epithelien und Fett¬ 
tröpfchen bestehend, erscheinen im Gesichtsfelde. Nierenepithel 
aus den geraden und gewundenen Harnkanälchen ist in großer 
Menge vorhanden. Die Epithelien enthalten sehr viele Fett- 
tröpfeben und sind außerdem stark gekörnt und lassen die Kerne 
nicht erkennen, 



500 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


Der Harn wurde mit gebranntem Gips zur Trockene ver¬ 
dampft, der Rückstand pulverigiert und in einem Extraktions¬ 
apparat mit Äther ausgezogen. Nach Verdunstung des Äthers 
blieben 3 / 4 Prozent Fett zurück. 

Während der 5 tägigen Beobachtung des Hundes blieb der 
Befund unverändert. Auf Wunsch des Besitzers wurde der 
Hund vergiftet. Rechte Niere 75 g, Unke Niere 85 g. Die 
Kapsel läßt sich nicht leicht abziehen. Die Konsistenz der 
Nieren ist ziemlich derb und fest. Die Oberfläche ist fleckig 
graurot bis dunkelbraunrot. Auch die Schnittfläche zeigt eine 
mehr dunkelgraurote Farbe. Die mikroskopische Untersuchung 
der Nieren läßt die Epithelien der Harnkanälchen wenig ab¬ 
gegrenzt erkennen. Sie sind getrübt oder gekörnt und ent¬ 
halten zahlreiche kleinere und größere Fetttröpfchen. Die Kerne 
sind nicht mehr sichtbar. Auch an den Glomerulis treten ähn¬ 
liche degenerative Veränderungen hervor. 

Der zweite Fall betrifft einen 5—6 Jahre alten Jagdhund. 
Nach dem Vorberichte soU der Hund seit einiger Zeit schlecht 
fressen und zuweilen erbrechen, viel Durst zeigen und viel 
Harn lassen. Der Hund soU in letzter Zeit stark abgemagert 
sein. Die Befundaufnahme ergibt, daß der Puls etwas be¬ 
schleunigt, mittelkräftig und klein ist. Atemzüge und Innen- 
temperatur entsprechen der Norm. Der Hund zeigt sich auffällig 
müde und matt; er liegt viel und bewegt sich nicht gern. Bei 
Druck auf die Nieren äußert der Hund Schmerzen. Harn wird 
in großer Menge abgesetzt. Der Harn ist trübe und zeigt eine 
milchweisliche Farbe; spezifisches Gewicht 1015. Beim Stehen- 
lassen des Harnes zeigen sich an der Oberfläche vereinzelte 
kleine Fetttröpfchen. Die Reaktion ist sauer. Bei der Sediment¬ 
untersuchung finden sich reichlich Fetttropfen und Fett- 
tröpfchen neben Nierenepithel, weißen Blutkörperchen und 
Epithelzylindern mit fettiger Entartung des Epithels. Der Ham 
enthält 0,1 Prozent Eiweiß. Die Fettbestimmung ergab 
1 Proz. Fett. 

Die Schwäche nahm erheblich zu, die Nahrung wurde ganz 
verweigert, der Durst war andauernd sehr groß. Das Tier 
konnte sich in den nächsten Tagen kaum erheben, zeigte große 
Benommenheit und Hinfälligkeit. Fünf Tage nach der Ein¬ 
lieferung verendete der Hund. 

Durch die Sektion wurde eine chronische Nephritis mit 
nachfolgender Dilatation und Hypertrophie des Herzens und 
chronische Entzündung einer Zipfelklappe der rechten Herz¬ 
kammer festgestellt. 

Diese beiden Fälle, welche der Chylurie bzw. Lipurie 
zugezählt werden dürften, stehen vereinzelt da unter den zahl¬ 
reichen Harnbefunden, welche im Verlaufe von 10 Jahren erhoben 
wurden. Vereinzelte Fetttröpfchen im Sedimente des Hunde¬ 
harnes werden im Harn gesunder Hunde als auch bei Nieren- 
und Blasenentzündungen angetroffen. 

In den beiden mitgeteilten Fällen hatte der Harn das Aus¬ 
sehen von sehr verdünnter Milch und war durch einen hohen 
Fettgehalt von 3 / 4 und 1 Proz. ausgezeichnet. Als Ursache 
der Fettbeimischung muß die nachgewiesene fettige parenchymatöse 
Entzündung der Niere gelten. 

In der Literatur liegen, mit Ausnahme einer Mitteilung von 
Fröhner, keine Angaben über Chylurie und Lipurie bei Tieren 
vor. Fröhner gibt in seinen Untersuchungsmethoden (1007 
Seite 369) an, daß über Chylurie bei Haustieren bisher noch 
nichts bekannt geworden ist. Ferner berichtet er Seite 425, 


daß Fetttropfen häufig ein ganz normaler Bestandteil des Hunde¬ 
harns sind. In einigen Fällen habe er auch eine pathologische 
Lipurie beim Hund beobachtet, so im Verlauf anämischer und 
kachektischer Krankheitszustände, sowie bei einzelnen staupe- 
kranken Hunden. 


Infektiöse Ruhr und Lungenbrustfellentzündung der 
Kälber. 

Von Distrikstierarzt Eisen-Erkheim. 

Gegen die beiden seuchenartigen Erkrankungen hatte ich 
häufig Gelegenheit, die Impfung mit dem resp. Serum zu ver¬ 
suchen. Der Erfolg war ein durchaus befriedigender, sowohl 
bei Anwendung als Schutz- wie als Heilimpfung. 

Beide Erkrankungen beobachtete ich in mehreren größeren 
und kleineren Beständen, in denen die Verluste zum Teil ganz 
enorm waren. An der Ruhr ging in einem großen Stalle bis 
zur Einführung der Impfung jedes Kalb ein, während in von 
der septischen Pneumonie befallenen Beständen doch ab und zu 
vorher auch ohne Impfung ein Kalb die Krankheit überstand. 
Mit der Impfung waren die beiden Seuchen coupiert, absichtlich 
ohne gleichzeitige Desinfektion des Standortes und ohne Depla- 
zierung der Tiere, um den Wert des Serums einwandfrei prüfen 
zu können. 

An der infektiösen Ruhr erkrankte in den betreffenden 
Stallungen seit der Impfung nicht ein einziges Kalb. Ähnlich 
verhielt es sich mit der Pleuropneumonie, nur mit dem Unter¬ 
schiede, daß in einem Bestände mehrere Wochen nach der 
Schutzimpfung ein bereits abgewöhntes Kalb von einer Pneumonie 
befallen wurde, die aber durch Injektion der Heildosis geheilt 
werden konnte. 

Auf Grund meiner Erfahrungen muß ich die beiden Sera, 
die ich von der Rheinischen Serumgesellschaft in Köln bezog, 
als verlässige Spezifica gegen die erwähnten seuchenartigen 
Erkrankungen der Kälber anerkennen und es hat sich die 
Impfung in meinem Praxisbezirk bereits sehr gut eingeführt 
trotz des verhältnismäßig hohen Preises des Serums. 

Mißerfolge möchte ich nach meinen Beobachtungen nur mit 
Mischinfektion, Septikämie erklären. 


Mykotische Gastroenteritis bei Haferwert 

Eine Erwiderung von Dr. Beddies. 

Aus dem Krankheitsbilde, welches Herr Tierarzt*Carl Berndt 
in Chemnitz in seinem Artikel „Mykotische Magendarmentzündung 
infolge Verftitterung von Haferwert“ der B. T. W. vom 9. Januar 1908 
van den Pferden der Posthalterei vorführt, ist mit absoluter Sicherheit 
obige Diagnose nicht festzustcllen, da vor allen Dingen der übel¬ 
riechende Durchfall und die zerebralen Erscheinungen (große 
Schwäche) die zum Symtomenkomplex der mykotischen Gastro¬ 
enteritis gehören, bei jenen Patienten fehlen. 

Der angeführte Befund paßt auch zu anderen Kolikformeu, die 
nicht mykotischer Natur sind. Überdies ist es eine bekannte Tat¬ 
sache, daß Schimmelpilze in erheblichen Mengen nicht immer, auch 
nicht bei jedem Tiere krankmachend wirken, denn Fütterungs¬ 
versuche mit jenen Pilzen sind häufig negativ ausgefallen. In 
zahlreichen Kraftfuttermitteln sind Schimmelpilze in größeren Mengen 
neben den stets vorhandenen Millionen von Bakterienkeimen 
(ä Gramm) durch Züchtung auf künstlichen Nährböden bakteriologisch 
und auch makroskopisch leicht nachweisbar. Wohl können deshalb 
bei der Untersuchung des Haferwert Schimmelpilze gefunden worden 
sein, ob aus diesem Befunde aber kurzer Hand der Schluß gezogen 



9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


werden kann, daß die Pilze unter allen Umständen auch die 
Krankheitsursache darstellen, ist mindestens fraglich. Mir ist ein 
derartiger Fall nach der Verbitterung von Haferwert bis jetzt nicht 
bekannt geworden, trotzdem in zahlreichen großen Betrieben schon 
jahrelang das Futter verwendet wird. 

Bemerkung zu obiger Erwiderung. 

Von Tierarzt Carl Berndt-Chemnitz. 

In Nr. 2 dieser Zeitschrift h. a. veröffentlichte ich einen Artikel: 
„Mykotische Magendarmentzündung beim Pferd infolge Verbitterung 
von Haferwert.“ Auf die Erwiderung des Herrn Dr. Beddies 
möchte ich folgendes bemerken. 

Die von mir seinerzeit beschriebenen Erkrankungsfälle liegen 
nun zirka 3 / 4 Jahr zurück. Seit dieser Zeit stellte die hiesige Post¬ 
halterei die Verfütterung mit Haferwert ein. Obgleich ich seitdem 
des öfteren zu Pferden mit Kolik in die Firma gerufen worden 
bin, trat doch kein einziger Fall auf, der den von mir beschriebenen 
auch nur in einem Symptom glich und noch viel weniger waren auch 
nur ein einziges Mal Multiplitäten zu verzeichnen. Dies als Indizien¬ 
beweis für die Richtigkeit meiner Diagnose. 

Als direkten Beweis erbringe ich hiermit drei Zeugnisse von 
drei vereidigten Nahrungsmittelchemikern bei*). Die Untersuchung 
ergab einstimmig einen hohen Gehalt an Schimmelpilzen, Vorhandensein 
von lebenden Milben und einen muffigen dumpfigen Geruch. 

Ferner steht ein Brief von einem Fabrikanten aus Schwarzach i. Th. 
zur Verfügung, in dem mir derselbe mitteilt, daß ein 10jähriger 
Rappwallach innerhalb eines Vierteljahres dreimal schwer unter 
den von mir angegebenen Symptomen an Kolik erkrankte. Das 
Pferd bekam Haferwert und da der behandelnde Tierarzt nach jeder 
Kolik, derselbe hatte von der Verfütterung des Haferwertes keine 
Ahnung, strenge Diät anordnete mit Entziehung des Hafers, bildete 
dieses Pferd insofern ein gewisses Versuchsobjekt, als sich das 
Tier bei Entziehung des Haferwertes wohl befand und bei er¬ 
neuter Verfütterung desselben dieselben schweren Zufälle wieder¬ 
bekam. — Nachdem mit dem Verfüttern von Hafer wert aufgehört 
wurde, blieb das Pferd gesund. 

Daß bei den von mir beschriebenen Fällen kein Durchfall vor¬ 
handen war, kann mir nach Lage der Tatsachen eben nur beweisen, 
daß eine Kolik, die durch Schimmelpilze veranlaßt wurde, eben 
auch ohne denselben verlaufen kann. Betreffs der zerebralen Er¬ 
scheinungen möchte ich bemerken, daß nach dem Exzitations- ein 
Depressionsstadium eingetreten war, das wohl durch das hohe 
Fieber und die große Schwäche verbunden mit der starken Medikation 
bedingt war. 

Zum Schluß möchte ich noch bemerken, daß ich als Tierarzt 
niemals ein Futtermittel empfehlen würde, das mit zahlreichen 
Schimmelpilzen durchsetzt wäre. 

Im übrigen möchte ich noch kurz erwähnen, daß ich nicht das 
Futtermittel als solches, sondern nur im verdorbenen Zustande für 
minderwertig erklärt habe; wie eben auch jedes andere Futter im 
verdorbenen Zustande als gesundheitsschädlich zu erklären ist. 

I. Das untersuchte Futtermittel hat dumpfen, muffigen Geruch. In 

einer Anzahl hergestellter mikroskopischer Präparate sind Schimmel¬ 
pilze nachweisbar. pro Dr. C. Huggenberg, 

i. V. Dr. Kober, gepr. Nahrungsmittelchemiker. 

II. Die Untersuchung der am 4. d. M. hier eingegangenen Probe 

* Futtermittel“ hat ergeben, daf dasselbe iü ganz erheblichem Maße 
mit Schimmelpilzen durchsetzt ist. Aus diesem Grunde ist das Futter¬ 
mittel als verdorben zu erklären. Die beobachteten Krankheits¬ 
erscheinungen werden ohne Zweifel durch diese schlechte Beschaffenheit 
hervorgerufen. Dr. Paul Trübsbach. 

III. Kgl. landwirtschaftliche Versuchsstation Möckern: 

Die Untersuchung der am 23. Oktober übersandten Proben Pferde- 
fatter „Haferwert“, befindlich in Säckchen bzw. Briefumschlag, ge¬ 
schlossen mit Siegel für Probe F. 2044 K., Posthalterei Chemnitz, für 
Probe F. 2045 Dr. Tr, bezeichnet Pferdefutter „Haferwert“, ergab: 
F. 2044/45. Bei der Besichtigung der Proben unter dem Mikroskop 
wurden bei beiden Mustern eine geringe Menge von Schimmelpilzen vor¬ 
gefunden. Die mit Siegel K., Posthalterei Chemnitz, verschlossene 
Probe F. 2044 enthielt außerdem zahlreiche lebende Milben. Bei der 
bakteriologischen Prüfung nach der Eraraertingschen Methode trat 
nach 24 Stunden Milchsäuregärung ein. Bei längerem Stehen ent¬ 
wickelte sich in der mit Siegel Dr. Tr. ein dichter Schimmelrasen, 
während die Probe F. 2044 eine weitere Veränderung nicht er¬ 
kennen ließ. 


501 


Referate. 

Koprost&se und comatöse Urämie infolge Verwundung 
bei einer jnngen Katze. 

Von Grobou. 

(Revue de Toulouse Januarheft 1907.) 

Die Katzen, die bekanntermaßen ein stark entwickeltes 
Reinlichkeitsgefühl haben, fahren Öfters mit ihrer Pfote über ihr 
Haarkleid, um es zu reinigen. Die Haare, die bei dieser Proze¬ 
dur ausgerissen werden, werden in den Mund geführt und hinunter¬ 
geschluckt. Beim Passieren des Pharynx und des Schlundanfanges, 
lösen sie durch den Reiz, den sie dort ausüben, Husten aus, 
durch welchen ein Teil der Haare wieder ausgehustet wird. Der 
größere Teil aber wandert in den Magen, worin sich die Haare 
zusammenballen und verfilzen. Hier wirken sie als Fremdkörper, 
welcher sich das Tier durch starke Brechbewegungen zu ent¬ 
ledigen sucht 

Eine Partie dieser verfilzten Haarballen wird wieder 
erbrochen, während der Rest in den Darm gelangt, wo sie sehr 
oft steinhart werden und den Durchgang des Kotes aufhalten. 
Nun beginnt die Koprostase mit ihren Folgeerscheinungen, welche 
sind: Magen-Darmentzündung, Autointoxikation, Peritonitis usw. 
an welchen die Tiere meistens zugrunde gehen. 

Um der Koprostase vorzubeugen, sollte man die Katzen 
wenigstens alle 2 Monate leicht purgieren, am besten mit 
Rizinusöl. Vorteilhaft ist es auch, wenn ihnen der Besitzer 
jeden Morgen das Haar auskämmt und ausbürstet, so daß die 
Haare, die am Ausfallen sind, in der Bürste hängen bleiben und 
sie daher von der Katze laicht verschluckt werden können. 

Grobou hat in der letzten Zeit bei einer Katze eine 
Koprostase festgestellt, die eine andere Ursache als die oben 
angegebene hatte. 

Ein junges Kätzchen von 7 Monaten fraß schon eine Zeit¬ 
lang nicht mehr recht und war ganz abgemagert. Die letzten 
Tage hatte es sogar jede aufgenommene Nahrung wieder 
erbrochen. Das Tier war teilnahmslos, die Konjunktiven cya- 
notisch, der Puls kaum fühlbar, es ließ die Haare fallen, alles 
Zeichen einer vorgeschrittenen Autointoxication mit comatöser 
Urämie. 

Bei der Palpation des Bauches fand Grobou in der Bauch¬ 
höhle viele sehr harte Körper, welche in den Darmwindungen 
lagen. Außerdem war beim Druck auf die Flanken die durch 
den Urin sehr erweiterte Harnblase durchzufühlen. 

Da eine Heilung nicht zu erhoffen war, wurde das Tier 
getötet. 

Die Sektion wurde sofort vorgenommen und waren alle 
Organe stark anämisch. Die Harnblase war prall gefüllt und 
floß bei der Punktion etwa y 4 1 ziemlich klarer Harn heraus. 
Sogar die Ureteren waren durch den Ham stark erweitert. 
Die Nieren waren vergrößert und sahen wie mazeriert aus, ihre 
Kapseln hatten dich losgelöst. Im Nierenbecken war die 
Schleimhaut verdeckt und mit Fibrinflocken besetzt. Der 
Mast- und Grimmdarm war vollgepfropft mit einer schwarzen 
Exkrementenmasse, die steinhart war und die Darmwandungen 
auf das Dreifache ausgedehnt hatte. 

Der Druck, den diese Masse auf die umliegenden Organe 
ausgeübt hatte, dürfte die Blutzirkulation stark beeinträchtigt 
und die funktionellen Störungen hervorgerufen haben. Wunder¬ 
barerweise fanden sich in dieser Masse wenig Haare vor. Die 
Ursache der Koprostase war folgende: 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


r>02 


Als ganz junges Tierchen hatte das Kätzchen einen starken 
Schlag erhalten, der einen unvollständigen Lendenwirbelbruch 
bedingte. Es hatte sich an der Bruchstelle ein unregelmäßig 
geformter Gallus gebildet, der die Bauchenden zusammenhielt. 

Die Darmwanduugen waren nun in dem engen Zwischen¬ 
raum, der von dem Knochenwulst und den Beckenknochen um¬ 
schlossen wurde, eingezwängt, es trat Darmentzündung ein, 
und so wurde dem Darminhalt die Passage versperrt. Der Kot 
verhärtete, konnte nicht mehr weiter und übte nun seinerseits 
auf die Harnröhre einen Druck aus, so daß eine Harnverhaltung 
eintreten mußte. Helfer. 

Zur Anwendung der Massage in der Veterinärmedizin. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck. 

(Zeitschr. f. Voterinürk. 1908, S. 71.) 

Der Massageausübung haften mannigfache Mängel an; 
Goldbeck hat versucht, diese Nachteile mit Hilfe eines Apparats 
zu umgehen. In der Humanmedizin wird namentlich zur An¬ 
wendung der Vibrationsmassage ein Apparat benutzt, der nach 
dem Prinzip der zahnärztlichen Bohrmaschine gebaut ist. Er 
unterscheidet sich von derselben durch einen stärkeren Unter¬ 
bau, größeres Schwungrad und durch eine stärkere Spiralfeder. 
Läßt man den bei diesen Maschinen üblichen Konkussor fort, 
so kann man die verschiedensten Ansatzstücke anbringen und 
zur Massage beim Pferd benutzen. Für seine Versuche ließ sich 
Goldbeck von der Spezialfahrik Heinrich Buchheim, 
Leipzig, eine besonders stark gebaute Maschine senden. Mit 
derselben war es dem 4^tor ein leichtes, selbst tiefgelegene Ge¬ 
lenke (Fessel- oder Kronengelenk) V 4 Stunde und länger zu 
massieren. Er vermied es vollständig, irgendwelche Verände¬ 
rungen an der Haardecke — selbst bei längerdauemdem Mas¬ 
sieren — vorzunehmen. Die Benutzung von Öl, wäßrigen oder 
spirituösen Lösungen, selbst leichten Puders sind bei Anwendung 
der genannten Maschine nicht erforderlich. Als Ansatzstücke 
verwendet Goldbeck nur noch sogenannte Rotationsklopfer, 
welche in der Regel drei Strahlen besitzen, deren Enden 
Gummikugeln oder -riemen tragen. Die Massiermaschine sowie 
einige Formen der Ansatzstücke sind abgebildet. 

Richter. 

(Aus der medizin. Klinik der Tierärztl. Hochschule Stuttgart. 

Vorstand: Prof. Dr. Klett). 

Papilläres Akanthom auf der Innenfläche des 
Pferdeohres. 

Inaugural-Dissertation von 0. Pröscholdt in Stettin. 

(3 Tafeln.) 

Auf der innern Ohrmuschel des Pferdes finden sich häufig 
wenig über das Niveau ragende Erhebungen, flache Warzen. 
Sie sind hirsekom- bis linsengroß; größere Ausdehnung entsteht 
durch Konfluenz. Meist sind sie rundlich. Die Warzen sind 
größtenteils pigmentlos, ein kleinerer Teil ist pigmenthaltig. Die 
Oberfläche ist anfangs glatt, später pflegt sie rauh und borkig 
zu werden. 

Die histologische Untersuchung zeigt, daß alle Schichten 
der Epidermis eine mehr oder weniger starke Verdickung er¬ 
fahren. Den Hauptanteil hieran trägt das Stratum spinosum. 
Die Epithelien sind bedeutend an Zahl vermehrt und haben eine 
Größenzunahme eifahren. 

Die Neubildung ist aus folgenden Gründen für eine primäre 
Epithelwucherung anzusehen: 


1. Anfangs ist üur eine Hypertrophie und Hyperplasie des 
Epithels festzustellen. 

2. Es fehlt im Anfang die Papillenbildung oddr Papillen¬ 
neubildung. 

3. Die Epithelwucherung ruht stets in einer Einbuchtung des 
Korium8, welches besonders anfänglich scharf hervortritt. 

4. Die Keimschicht enthält zahlreiche Kernteilungsfiguren. 

5. Die Epithelien am Rande der Neubildung sind flach, in die 
Länge gezogen und verlaufen in Zügen nach unten. 

6. Die durch das zapfenartige Hinabwuchern des Epithels in 
das Korium entstehenden spitzenartigen Räüme reichen 
in den Anfangsstadien nur bis zur normalen Kbriumgrenze. 

7. Das Epithel ist und bleibt die Hauptsache der Neubildung. 

Die Bildung der sogenannten Papillen tritt erst sekundär ein. 

Die Neubildung wird am passendsten als papilläres Akanthom 

bezeichnet. Autobeferat 

Die Gölubacer Fliegen. 

Die sogenannte Mückenhöhle von Gölubac — Io schreibt 
Andrees Handatlas, während man vielfach Golubak odeb Golumbac 
oder Kolumbatsch liest — liegt bekanntlich an der Donau 
zwischen Belgrad und Orsowa, wo die Ufer des Flusses niedriger 
werden. Vou dort aus überfällt im Frühjahr ein Insekt in 
wolkenartigen Schwärmen die angrenzenden serbischen und 
ungarischen Gebiete und richtet unter dem Vieh erheblichen 
Schaden an, ist auch dem Menschen nicht ungefährlich. Es 
handelt sich nach Untersuchungen von Dr. Tömösvari ztihäclist 
nicht um eine Mücke, sondern um eine Fliege. Die Brutstellen 
befinden sich auch keineswegs bloß in der berüchtigten Höhle 
und deren näherer Umgebung, sondern in den Gebirgswäldern 
zu beiden Seiten der Donau auf einem Gebiet von 20000 qkm. 
Ende Mai werden die sehr kleinen Eier im klaren Bachwasser 
ausgesetzt, wo die Larven bis zum Herbst liegen; dann ver¬ 
puppen sie sich und im Frühling schlüpfen die Fliegen aus, 
welche alsbald jene großen Schwärme bilden, die sich an den 
Flußufern ausbreiten. Bei dieser weiten Verbreitung der Brut¬ 
stätten ist an eine Ausrottung nicht zu denken. Zur Vorbeugung 
empfiehlt es sich, das Vieh von Ende April bis etwa Mitte Juni 
im Stalle zu halten. 

Beziehungen des Bodens zu sogenannten Boden¬ 
krankheiten! 

Von Oberstabsveterinär Lud ewig. 

(Zeitschr. f. Veterinärk. 1908. 8. 108.) 

Eine infektiöse Wirkung der Bodenluft und eine Entstehung 
von Infektionskrankheiten durch Bodenluftmiasmen ist als ent¬ 
schieden irrtümlich zurtickzuweisen. Für eine hygienische Be¬ 
deutung der Bodenluft kommen nur toxische und übelriechende 
gasförmige Bestandteile in Betracht. Bei Schwankungen des 
Grundwassers können sich in den bodenfeuchten Schichten aber 
sehr wohl Infektionserreger ansiedeln und an das Futter oder 
direkt an das Individuum gelangen. — Der Boden stellt ein 
ausgezeichnetes Bakterienfilter dar, und deshalb ist er auch 
das wesentlichste Reservoir der Mikroorganismen. Der weitaus 
größte Teil der Mikroorganismen befindet sich an der Boden¬ 
oberfläche oder in den oberflächlichsten Schichten; in Schichten von 
1 bis 3 m beginnt eine bakterienfreie Zone. Im Boden finden wir an 
pathogenen Bakterien mehrere septische Arten, die Bazillen des 
malignen Ödems, des Milzbrands, Nekrosebazillen, die Erreger 
des Tetanus, des Rauschbrands, der Wild- und Rinderseuche, 



9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


503 


4fi8 Schweinerotlaufs,, vermutlich auch die der periodischen Augen- 
pntzüngung und des bösartigen Katarrhalfiebers. Sie gelangen 
Jra wesentlichen mit Abfall* und Dungstoffen aus undichten 
Gruben und Kanälen auf die Bodenoberfläche und durch die 
Niederschläge allmählich unter die Oberfläche. Von den ober¬ 
flächlichen Schichten des Bodens kann die Verbreitung der 
Bakterien erfolgen erstens durch staubaufwirbelnde Winde, 
zweitens durch Nahrungsmittel, drittens durch direkte Berührung 
mit dem Boden nnd durch Zwischenträger. Richter. 

(Aus dem pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule 
zu Berlin.) 

Über die ätiologische and diagnostische Bedeutung 
der Negrischen Tollwutkörperchen. 

Von Dr. med. vet. Richard Standfuß, Tierarzt 

(Archiv f. wissenscli. u. prakt. Tierheilk.. Bd. S4, Hift 2.) 

Aus allen bisher bekannt gewordenen Forschungen ist zu 
entnehmen, daß die Negrischen Körperchen in den meisten 
Fällen von Tollwut (bei Hunden und anderen Tieren, sowie beim 
Menschen) nachweisbar sind und ihren Sitz vorwiegend im 
Ammonshorn haben. Sehr wichtig ist nun die Frage, ob diese 
Gebilde sich ausschließlich bei wutkranken Individuen vorfinden, 
odef ob sie nicht auch in anderen Krankheitsfällen nachweisbar 
sind. Nach des Verfassers Ansicht könnte nun besonders die 
nervöse Form der Hundestaupe wegen der Affinität des Infektions¬ 
stoffes zum Zentralnervensystem eine Krankheit sein, welche 
ebenfalls durch das Vorkommen der Negrischen Körperchen 
gekennzeichnet ist. Standfuß untersuchte daher die Gehirne 
von 16 mit der nervösen Staupe behafteten Hunden und ver¬ 
wandte zur histologischen Durchmusterung der Präparate die 
sogenannte Mannsche Methode. Bisher galten als Kriterien für 
ein Negrisches Körperchen folgende Merkmale: intrazelluläre, 
extranukleäre Lage bei meist normaler Beschaffenheit der Zelle, 
Färbbarkeit mit sauren Farbstoffen, scharfe Konturierung, Vor¬ 
handensein eines oder Mehrerer Innenkörperchen, die sich ent¬ 
weder dunkel gefärbt haben, oder als helle Vakuolen erscheinen. 
Nach Standfuß treffen diese Bedingungen auch für ansge¬ 
wanderte Kernkörperchen zu. Man kann nämlich nicht selten 
einen Vorgang beobachten, der darin besteht, daß aus dem 
Zellkern ein Kemkörperchen austritt und im unversehrten 
Protoplasmaleib der Zelle als besonderer Körper liegen bleibt. 
Hierdurch ist dann die Verwechslung mit einem Negrischen 
Körperchen leicht gegeben. Die beschriebenen ausgewanderten 
Kernkörperchen hat nun der Verfasser verschiedentlich bei der 
nervösen Staupe gefunden und folgert daraus mit Recht, daß 
die Diagnose „Tollwut“ 'nicht auf dem Fund einzelner intra¬ 
zellulärer Gebilde gegründet werden darf. Sie ist vielmehr erst 
dann als einwandfrei aUzusehen, wenn sich solche Formen von 
Negrischen Körperchen vorfinden, welche die von Volpino und 
anderen beschriebene komplizierte Struktur deutlich erkennen 
lassen oder sonst vermöge ihrer Größe, ihrer Anzahl innerhalb 
einer Ganglienzelle oder anderer Umstände, wie z. B. des Nach¬ 
weises des Karyosoms in dem unverletzten Kem'die Möglichkeit 
mit Sicherheit ausschließen, daß es sich um ausgewanderte 
Kernkörperchen handelt. 

In Anbetracht der Tatsache, daß ih manchen Fällen von 
Tollwut nur vereinzelte Negrisehe Körperchen gefunden worden, 
und daß gerade in diesen Fällen die Struktur derselben meist 
nicht so charakteristisch ausgeprägt ist, glaubt St and fuß be¬ 
haupten zu dürfen, daß dem erwähnten Vorgang der Aus¬ 


wanderung des Kernkörperchens bei der nervösen Hundestaupe 
eine für die Differentialdiagnose der Tollwut nicht zu unter¬ 
schätzende Bedeutung zukommt. J. Schmidt. 

Können ohne veterinärpolizeiliche Bedenken die Häute 
ranschbr&fldkranker Tiere zu Gerbereizweckeil ver¬ 
wendet werden? 

Von Eugen Sauer, Kreisveterinärarzt zu Groß-Goraü (Hessen). 

(Zeitschrift für Tiermedizin, 12. Band, 1. Heft.) 

Um die vorstehende Frage zu beantworten, hat S. zunächst 
Untersuchungen über die Verbreitung .der Rauschbrandkeime 
innerhalb der Cutis angestellt. Er fand, daß Rauschbrand¬ 
stäbchen und Rauschbrandstäbchen mit Sporen die Haut bis an 
die Oberfläche der Epidermis besiedeln. Freie Sporen wurden 
nicht gefunden, sondern sie hafteten alle am vegetativen (Bazillen-) 
Leib. Innerhalb des dichten Gewebes der Cutis beginnt die 
Sporulation der Rauschbrandbazillen schon vor dem Tode des 
erkrankten Tieres. Sauer schließt sich demnach auf Grund 
seiner Untersuchungen der Meinung derjenigen Forscher an, die 
in dieser Richtung Kitasato nicht recht geben. Weiter be¬ 
stätigt Sauer die von den Autoren angeführte Tatsache, daß 
oine rein kutane Impfung mit Rauschbrandvirus nicht tödlich 
wirkt, sondern daß ein Eindringen des Virus in die Subcutis 
notwendig ist. Was die Abtötung der Rauschbrandkeime an¬ 
betrifft, so kam Sauer zu dem Resultat, daß eine Vernichtung 
der Bazillen und Sporen in den Häuten rauschbrandkranker 
größerer Tiere durch eine zehntägigeLagerung in lprom. Subliraat- 
lösung, in 5proz. Kreolin- und Karbollösung und in frisch zu¬ 
bereiteter Kalkmilch (in überschüssiger Menge) sicher bewirkt 
wird und daß bei einer oberflächlichen Desinfektion solcher 
Häute in 5 proz. Kreolin- und Karbollösung zwei Tage lang 
oder einer solchen in 1 prom. Sublimatlösung fünf Tage lang 
ebenfalls eine Abtötung der Keime und Dauerkeime des Rausch¬ 
brands in der oberflächlichen Hautschicht hervorgerufen wird. 
Für die Häute der kleineren Tiere genügt die Oberflächen¬ 
desinfektion mit diesen Mitteln und in dieser Dauer vollständig 
zur vollen Durchtränkung. Um die Verschleppung der Sporen 
und Bazillen hintanzuhalten, genügt nach Sauers Ansicht eine 
oberflächliche Desinfektion vollständig. Es können daher die 
so behandelten Häute rauschbrandkranker Tiere ohne 
veterinärpolizeiliche Bedenken sogleich den Gerbe¬ 
reien zur weiteren Bearbeitung übergeben werden. 

Die weiter aufgeworfene Frage, ob Zwischenträger bei un¬ 
zweckmäßiger Behandlung der Häute rauschbrandkranker Tiere 
eine Infektion bewirken können, beantwortet S. auf Grund an- 
gestellter Untersuchungen dahin, daß durch Zwischenträger 
(Fliegen) eine Infektion möglich ist. Auf den Rauschbrand- 
kadavern fing Sauer mittelst eines besonders konstruierten 
Apparates nicht nur die verschiedenartigen Kadaverfliegen, 
sondern auch Bremsen jeder Art, jedoch fanden sich keipe 
Mücken darunter. Bei allen diesen Fliegen fand Sauer kurz 
nach dem Tode im Kopfe derselben die Rauschbrandbazillen mit 
Sporen in einer solchen Menge vor, daß eine geringe Anzahl 
solcher Fliegenköpfe, subkutan einem Meerschweinchen mit 
einem Tropfen Milchsäure injiziert, genügte, um einen typischen 
Rauschbrandfall hervorzürufen. Alle diesbezüglichen Versuche 
fielen positiv aus. Es machen übrigens die von dem Rausch- 
brandkadaver aufgenommenen Bazillen im Körper der Fliegen 
eine Vermehrung dnreh, wobei allerdings dem neuen Wirt ent- 




504 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


sprechend die Stäbchen mit Sporen an Größe und Stärke 
kleiner sind. 

Bezüglich der Erzielung von Immunität machte Sauer 
Versuche mit Einträufeln von Rauschbrandvirus in die Lidsäcke, 
mit Verfütteruhg von Glaspillen und nachheriger Verfütterung 
von Pillen mit Rauschbrandvirus. Sauer fand, däß Immunität 
nach Aufnahme von Virus vom Darme und von den Konjunktiven, 
wie auch von einer gequetschten Hautwunde aus eintreten kann. 

Rdr. 

Wann kann man das Fleisch und die Milch der gegen 
Anthrax geimpften Tiere dem menschlichen Gennsse 
zulassen i 

Von künigl. ung. Tierarzt Julius Rieger-Mödos. 

Allatorvosi Lapok 1907, Nr. 39.) 

Die Schutzimpfung gegen Anthrax verursacht eigentlich 
eine vorübergehende Erkrankung, aber dadurch mindert sie die 
Empfänglichkeit des Organismus gegenüber dieser Infektions¬ 
krankheit. Der Pasteursche Impfstoff besteht bekanntlicher¬ 
weise aus abgeschwächten, zur Sporenbildung unfähigen 
Bakterien, während der Jenner-Pasteur sehe Impfstoff auch 
Sporen enthält. Die mit dem Impfstoff in den Organismus ein¬ 
geführten Bazillen bleiben im Körper noch eine Zeitlang am 
Leben, vielleicht vermehren sie sich sogar; die Reaktion nach 
dem Impfen tritt in fieberhaften Erscheinungen auf. Das Tier 
ist also nach der Schutzimpfung als vorübergehend an Milzbrand 
erkrankt zu betrachten und da die einzelnen Individuen sich 
gegenüber der Infektionserreger nicht gleichmäßig benehmen, 
sondern oft heftiger reagieren, größere Anschwellungen (besonders 
nach dem zweiten Impfen mit dem stärkeren Impfstoff) auftreten, 
scheint es gerechtfertigt zu sein, unmittelbar nach dem Impfen 
die Milch dem meuschlichen Genüsse nicht zuzulassen, und zwar 
solange nicht, bis die heftigere Reaktion verschwindet. Bekannt¬ 
licherweise kommen beim Anthrax auch in der Milchdrüse 
Blutungen vor und es kann nicht als ausgeschlossen betrachtet 
werden, daß auf diese Art die Antrax-Bazillen in die Milch 
übergehen. Das ungarische Veterinärgesetz (1888, VII) schreibt 
vor, daß das Fleisch, die Milch und andere Produkte der an 
Milzbrand erkrankten oder im Verdachte dieser Krankheit 
stehenden Tiere nicht in Verkehr gebracht oder benutzt werden 
dürfen, weiter, daß milzbrandkranke oder verdächtige Tiere 
zum Konsum nioht geschlachtet werden und die mit diesen in 
Berührung gewesenen Tiere innerhalb sechs Tagen nicht ge¬ 
schlachtet werden können. Diese gesetzlichen Bestimmungen 
erstrecken sich nach Riegers Auffassung auch auf die schutz¬ 
geimpften Tiere und deshalb gestattet er es nicht, daß die Milch 
dieser Tiere unmittelbar nach der Impfung während drei bis 
vier Tagen zum menschlichen Genuß gebraucht werde. 

Dr. Z. 

Über die Unschädlichkeit der Milch der an Tollwut 
erkrankten oder intravenösen Injektionen von Tollwut- 
Virus unterworfenen Herbivoren. 

Von Nicolas. 

(Journal de LyoD, Dezemberlioft 1906.) 

Verfasser gibt 11 Versuche bekannt, bei welchen er Zentri¬ 
fugenschlamm oder fein zerriebene und mit Wasser verdünnte 
Euter pulpa von Ziegen, denen er durch Injektionen in die vordere 
Augeukammer oder in das Unterhantbindegewebe Tollwut bei¬ 


gebracht hatte, Kaninchen eingeimpft hat. Diese sind alle gesund 
geblieben. 

Ebenso hat er Zentrifugenschlamm der Milch einer Kuh, 
die an Tollwut, die sie sich durch Biß von einem Hund zuge¬ 
zogen hatte, verendet war, mit negativem Resultat Kaninchen 
eingeimpft. Die Euter haben sich also in allen Fällen als nicht 
virulent erwiesen. 

Er hat außerdem, um Aufklärung darüber zu erhalten, ob 
die Milch der der Tollwutschutzimpfung ausgesetzten Tiere in 
dem freien Verkehr gelassen werden kann, Versuche angestellt. 

Dazu hat er 20 Kühe und 4 Ziegen benützt, denen er eine 
Emulsion von Tollwutvirus intravenös eingespritzt hatte. Von 
ihrer Milch hat er Kaninchen eingespritzt, die auch alle intakt 
geblieben sind. 

Schlußfolgerungen. 

1. Die Milch und das Eutergewebe von 14 tollwütigen 
Herbivoren waren in keinem Falle virulent. 

2. Die Milch von Herbivoren, denen zu verschiedenen Malen 
Tollwutvirus intravenös eingespritzt worden war, ist immer 
virulenzfrei geblieben. 

3. Der Genuß solcher Milch ist also nicht gefährlich. 

Helfer. 

Aas der medizinischen Literatur. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose 1907, Band 8, Heft 4. 

Fricke, Ein Fall von Karzinom und Tuberkulose der Mamma. Die 

Tuberkulose der Mamma kommt beim Menschen viel seltener 
vor, als bei den Tieren. Die Literatur enthält nur 80 Fälle 
Besonders interessant war ein vom Verfasser beobachteter FaU 
von primärer Karzinomatose und sekundärer Tuberkulose der 
Brustdrüse. 

Dr. Elton, Uber die Tuberkulinreaktion. Unter 45 sicher tuber¬ 
kulösen Patienten reagierten 30 (66,6 Proz.) positiv und 15 
(33,3 Proz.) negativ. Die positive Reaktion wird seltener mit 
den schwereren Graden der Erkrankung. Im ersten Stadium 
der Phthisis reagierten 78,9 Proz, im zweiten 70 Proz. und im 
dritten nur 50 Proz. 

Dr. Plgger, Künstlicher Pneumothorax und opsonischer Index. Es 

ist eine bekannte Tatsache, daß durch Pneumothorax chronische 
Lungentuberkulose häufig zur Besserung und Heilung kommt. 
Pigger hat nebst seinen Vorgängern gleiche Erfolge bei ein¬ 
seitiger Lungenerkrankung durch Erzeugung eines künstlichen 
Pneumothorax erzielt und konnte hierbei gleichzeitig ein An¬ 
steigen des opsonischen Index feststellen. 

Dr. Hans Much, Ober die nioht säurefesten Formen des Kochsohen 
Tuberkelbazillus. Much hat in tuberkulösen Veränderungen die 
sogenannte granuläre Form des Tuberkulosevirus nachgewiesen. 
Diese Granula sind nicht nach Ziehl färbbar, dagegen gramfest. 
Much glaubt, daß diese gramfesten Körnerreihen leicht in ab¬ 
gekapselten tuberkulösen Herden durch Zerfall der Tuberkel¬ 
bazillen entstehen. Mießner. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose , Band 9 , Heft 1. 

Wolff-Elsner, Die Ophthalmo- und Kutan-Diagnose der Tuberkulose. 
Wolff-Eisner nicht Calmette hat zuerst die Ophthalmo- 
oder besser Konjunktivalreaktion zur Tuberkulosediagnose 
eingefühlt und legt in einer 200 Seiten langen Arbeit alle seine 
bisherigen Beobachtungen und die anderer nieder. Er kommt 
zu dem Schluß, daß die Konjunktivalreaktion der Kutanreaktion 
bei weitem überlegen ist, warnt aber vor einem allzugroßen 
Optimismus. Es ist auch bei dieser Methode die Art der 



9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


505 


Reaktion genau zu beobachten und sind die übrigen Unter¬ 
suchungsmethoden, vor allem die Auskultation und Perkussion, 
nicht zu vernachlässigen. Jedem, der sich mit diesem neuen 
Tuberkulosediagno8tikum bekannt machen will, ist das Studium 
der umfangreichen Arbeit sehr zu empfehlen. In der Veterinär¬ 
medizin wird die Konjunktivaldiagnose nach Ansicht des 
Referenten nicht die gleiche Rolle spielen, wie in der Human¬ 
medizin, da die sachgemäße Beobachtung von Veränderungen an 
den Bindehautschleimhäuten bei Tieren auf größere Schwierig¬ 
keiten stößt und wir in der Subkutaninjektion des Tuberkulins 
ein anerkannt gutes Diagnostikum besitzen. Mießner. 

Arb. a. d. Kais. Oes.-A., Band 28, Heft 1 , 1908. 

Xylander, Der Ratinbazlllus als RattenvertilgungsmIttel. Xylander 
kommt auf Grund umfangreicher Versuche über das kulturelle 
und biologische Verhalten des Ratinbazillus zu dem Schluß, daß 
der Bazillus zur Gruppe der Fleischvergifter (Gärtner-Gruppe) 
gehört und mahnt deswegen zur Vorsicht bei seiner Ver¬ 
wendung. Nach seinen Versuchen werden etwa 50 Proz. der 
Ratten vernichtet. Xylander bestätigt die Unschädlichkeit 
d«s Ratinbazillus für größere Haustiere. Nach des Referenten 
Ansicht scheint der Ratinbazillus auch für den Menschen un¬ 
schädlich zu sein, denn sonst müßten bei der großen Ver¬ 
breitung des Ratins längst Unglücksfälle beim Menschen bekannt 
geworden sein. Mießner. 


Tagesgeschichte. 

t 

Stabsveterinär a. D. Ernst Thomas, der zuletzt dem 
ICarabinier-Regiment angehörte und seit 1905 ira Ruhestande 
lebte, ist am 20. Juni 1908 in Borna, Bez. Leipzig, nach 
kurzem Leiden gestorben. 

Am 24. Mai 1840 in Schandau geboren, besuchte Thomas 
die Schule seiner Vaterstadt und trat, nachdem er die vor¬ 
geschriebene technische Fertigkeit im Hufbeschiag erlangt 
hatte, 1861 beim Gardereiter-Regiment ein, um sich dem ro߬ 
ärztlichen Berufe zu widmen. 1862 wurde er zur Königlichen 
Tierarzneischule Dresden kommandiert und legte 1867 das 
Examen als Tierarzt ab. Danach war er als Unter- bzw. 
Roßarzt in verschiedenen Truppenteilen tätig. 1877/78 war 
Thomas zum Oberroßarztkursus in Berlin kommandiert. 1879 
erfolgte seine Beförderung zum Oberroßarzt beim Karabinier- 
Regiment. 

In den Feldzügen nahm er an verschiedenen Schlachten 
und Gefechten teil: 1866 bei Gitschin und Königgrätz, 1870/71 
bei Nouart, Beaumont, Donzy, Sedan und der Belagerung von 
Paris. Der Verstorbene besaß sieben Orden und Ebren- 
auszeichnungen. 

Thomas war während seiner 42 Jahre langen Dienstzeit 
eine Arbeitskraft ersten Ranges. Gewissenhaft, fleißig und 
strebsam verfolgte er sein Ziel mit Energie. Taktvoll, über¬ 
legt und gewandt im Auftreten und im Verkehr, verstand er 
es, sich das Wohlwollen seiner Vorgesetzten zu erwerben und 
dauernd zu erhalten. Sein zu Frohsinn neigendes Gemüt er¬ 
leichterte ihm seine praktische Tätigkeit und hat ihn auch bis 
zu seinem Hinscheiden nicht verlassen. 

Auch bei der Beerdigung zeigte es sich nochmals, welche 
große Liebe der Verstorbene genossen hat. Von nah und fern 


waren zahlreiche und kostbare Blumenspenden gesandt worden. 
Das Offizierkorps des Karabinier-Regiments, mit dem Herrn 
Major beim Stabe an der Spitze, sowie eine Abordnung der 
Studentenverbindung „Teutonia“, zahlreiche Kollegen usw. 
waren zur Begleitung zur letzten Ruhestätte erschienen. Auch 
wir stimmen der Rede des Geistlichen bei der Leichenfeier mit 
Recht bei: Mit dem Tode Thomas ist ein Leben reich an 
Arbeit zum Abschluß gekommen. 

Die Veterinäre des XIX. (2. K. S.) Armeekorps werden 
dem Entschlafenen ein dauerndes Gedenken bewahren. 

Requiescat in pace! 

Walther, Korpsstabsveterinär. 

t 

Am 8. Juni 1908 verstarb in der Heilanstalt zu Greifswald 
ein Veteran unter den Tierärzten in dem hohen Alter von 
87 Jahren, der Königliche Kreistierarzt a. D. Herr Theodor 
Friedrich Munckel. 

Geboren am 20. April 1821 zu Kolberg als der Sohn eines 
Bäckermeisters, konnte ihm bis zu seiner Konfirmation nur Volks¬ 
schulunterricht zuteil werden. 

Durch späteren Privatunterricht erreichte Munckel 1840 
die Reife, als Militär-Eleve der Tierarzneischule zu Berlin ein¬ 
geschrieben zu werden, welche er nach erlangter Approbation 
im September 1843 verließ und beim Vorpommerschen Feld- 
Artillerie-Regiment zu Stralsund eintrat. 

Nach Ablauf seiner Dienstverpflichtung schied Munckel im 
Jahre 1851 aus dem aktiven Heere aus, praktizierte zunächst 
in Stralsund, übernahm 1875 kommissarisch die Kreistierarzt-' 
stelle daselbst, welches Amt ihm nach Erlangung des Fähigkeits¬ 
zeugnisses als Königl. Kreistierarzt für den Stadtkreis Stralsund 
und den Landkreis Franzburg 1877 übertragen wurde. 

Im Jahre 1893 feierte Munckel im Kreise seiner Vereins¬ 
genossen und seiner Behörden sein 50jähriges Jubiläum als 
Tierarzt, wobei demselben der Kronenorden IV. Klasse verliehen 
und vom ehemaligen tierärztlichen Verein Stettin-Stralsund zum 
Andenken ein silberner Pokal überreicht wurde. 

Bis zu seiner Pensionierung und Übertritt in den Ruhe¬ 
stand im Dezember 1898 hat Kollege Munckel seine tierärzt¬ 
liche Tätigkeit im Staatsamte und in der Praxis erfolgreich 
ausgeübt, war daher auch von den gesamten Insassen der Stadt 
und des Kreises hochgeachtet und geehrt. In Anerkennung 
seiner Verdienste wurde Munckel mit dem Roten Adlerorden 
IV. Klasse ausgezeichnet. 

Dem ehemaligen tierärztlichen Verein Stettin-Stralsund, 
dessen Ehrenmitglied Munckel im Jahre 1895 geworden, war 
er ein eifriges tätiges Mitglied, seinen Standesgenossen jederzeit 
ein liebenswürdiger Kollege und pflichttreuer Berater in allen 
L ebens Verhältnissen. 

Dem Verschiedenen ist es auch vergönnt gewesen, mit 
seiner Lebensgefährtin das Fest der goldenen Hochzeit zu 
feiern, aus welchem Anlasse die Ehejubiläums-Medaille dem 
Paare verliehen worden ist. 

In Ehren sein Andenken! 

Stralsund, im Juni 1908. 

Der Verein der Tierärzte in Neuvorpommern und Rügen. 
Dr. Kampmann, Vorsitzender. Rüden, Schriftführer. 



506 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


Zar Anstel lang der Kreistierärzte. 

Von Freytag. 

Bekanntlich haben ca. 400 Tierärzte das Examen zur An¬ 
stellung als Beamter absolviert und rechnen dementsprechend 
auf Anstellung. In Frage kommen für die nächsten Jahre durch 
Todesfall noch nicht 40 Stellen. 

Um nun den Kandidaten die Möglichkeit zu geben, eher an 
ihr Ziel zu gelangen und um bei der Überproduktion Tierärzte 
zur Ablegung des Kreistierarztexamens zu veranlassen, dürfte 
es sich empfehlen zur Verbesserung der Note Ergänzungs¬ 
prüfungen einzurichten, wie das ja bei den technischen Staats¬ 
beamten, den Oberlehrern usw. bereits der Fall ist und dann 
eine gesetzliche Verfügung zu erstreben, daß der bestqualifizierte 
Bewerber angesteUt wird. 

Auf diese Art wird jede Bevorzugung vollkommen aus¬ 
geschlossen und dem vorwärtsstrebenden Kollegen schadet ein 
wenig erfolgreiches Examen nichts, da er ja sich in den weniger 
gut bestandenen Fächern resp. den schriftlichen Arbeiten einer 
Ergänzungsprüfung unterziehen kann. Man soll jedoch das 
Kreistierarztexamen nicht als Vorbedingung aller möglichen 
Stellnngen einführen. Ich denke hier nur an die Hochschul¬ 
laufbahn. Es ist z. B. keine Vorbildung für Anatomie, experi¬ 
mentelle Medizin usw. Da sollte man die gleiche Qualifikation 
wie an Universitäten schaffen und ihr auch den Rang des höheren 
öder gar keinen Rang geben. Für die wissenschaftliche Fort¬ 
bildung des Veterinärwesens halte ich die Einrichtung einer 
akademischen Laufbahn für geboten. Es wird dadurch auch die 
Stellung der Hochschullehrer gehoben nnd sicherer; denn es kann 
nicht jeder gleich Lehrer werden. Erst muß der Doctor mit 
wenigstens cum laude erworben sein, dann muß der Privatdozent 
so lange in Dienst sein, bis er Titularprofessor resp. sogar A. 0. 
Honorardozent ist, um den „Ordinarien Konkurrenz u zu machen. 
Es ist selbstverständlich, daß bei geringerer Zahl von Bewerbern 
resp. Konkurrenten eine Laufbahn sicherer ist. Zur Einrichtung 
einer akademischen Laufbahn bedarf es nur der eventuellen 
Einstellung eines Oberassistenten- resp. Honorarprofessorgehaltes 
nnd die Bestimmung, daß nur qualifizierte Bewerber Repetitor 
oder Oberassistent, Assistenten nur promovierte Herren werden 
können usw. Dann ist es auch an der Zeit, Kolleggelder ein¬ 
zuführen zur Hebung des Gehaltes der Hochschulangestellten. 
Ich denke da weniger an die Assistentengehälter als an die der 
Ordinarien. Die Gymnasiallehrer erhalten für ihre 18 Wochen¬ 
stunden mehr als ein Hochschullehrer. Mancher talentvolle 
Arbeiter verdient — auch bei mir — mehr als jüngere Hoch¬ 
schullehrer. 

Die in Aussicht kommende Belohnung für die jahrelange 
Mühe muß der Mühe entsprechen. 

Durch die Einrichtung der akademischen Laufbahn würden 
viele für die Kreistierarztlaufbahn in Frage kommende Kollegen 
aus dieser Konkurrenz ausgeschaltet nnd vielleicht nicht zu 
Schaden der letzteren; denn naturgemäß kennt derjenige, welcher 
10 Jahre Anatom war, weniger die Bedürfnisse dieser ihm fremden 
Laufbahn als ein Praktiker. 

Es ist selbstverständlich, daß wenn man von einem jungen 
Mann verlangt, daß er seine Zeit für fast nichts in den Dienst 
einer guten Sache stellt, daß diese Sache auch dann die ge¬ 
bührende Achtung besitzt. Ich meine hiermit die Anerkennung 
unserer Hochschulen im Sinne der Dresdener. So sollte erreicht 
werden, daß die drei naturwisseuschaftlichen Semester an unserer 


Hochschule als „vollwertig“ gelten. Bei der technischen Hoch¬ 
schule etc. sogar der Handelsakademie in Frankfurt ist dies der 
Fall. Warum werden sie in Preußen z. B. nicht auf den 
Dr. phil. angerechnet. Auch in der Liste der Anstalten, die 
z. B. die Kriegsschule ersetzen können, ist unsere Hochschule 
nicht verzeichnet, obwohl sie strenges Matnritätsprinzip hat etc. 

Weniger in Betracht kommt für uns die Würde des Dr.- 
Tierarztes oder Dr.-Veterinärs. Die Promotionsgebühren würde 
der Staat erhalten — der Lehrer für seine Mühe voUkommen 
leer ausgehen — wie es ja jetzt schon bei der Entrichtung der 
Institutsgebühr der Fall ist. 

Mehr für sich hat meiner Ansicht die private Einigung 
unserer Hochschulen mit den beiden Universitäten zwecks 
Sicherung einer Mitwirkung bei der Promotion. Dann kann man 
dieser Frage in Ruhe nnd Würde entgegensehen. 

Das eine ist sicher, sobald die alte mature tierärztliche 
Hochschule den Doctor verleiht, haben ihn die jüngeren auch. 

Ob ein Dr. comm. aber zur Hebung dieser akademischen 
Würde dient, scheint mir noch nicht so ganz sicher, besonders 
dann nicht, wenn man ev. von dem obligaten Einjährigen ent¬ 
binden würde resp. Dr. h. c. en masse qualifizieren würde. 

Ein Zeichen der Zeit. 

Von Max Doenhardt, Köln. 

Nachdem ein praktischer Lehrer für Tierkrankheiten — 
im gewöhnlichen Leben Kurpfuscher genannt — mit der Er¬ 
laubnis des Herrn Gemeindevorstehers durch öffentliche Vorträge 
über Pferde-, Rinder- und Schweinekrankheiten uud über GeburU- 
hilfe (!) bei Pferden etc. die Landwirte beglücken und aufkläjen 
will, unter gleichzeitiger Verabfolgung seiner Patent-Medizinen, 
sei es mir gestattet, auf einen andern Fall hinzuweisen. 

Ich erhielt vor einiger Zeit von einer Berliner Verlagsbuch¬ 
handlung H. St. die Aufforderung zur Beteiligung durch einen 
Insertions-Auftrag im „Ratgeber Diamant — der Tierarzt in 
der Hand“. 

Dieses epochemachende Werk sollte im März 19Q8 erscheinen 
in 50 000 Exemplaren und soll alles in dieser Branche Da¬ 
gewesene übertreffen. 

In dem Prospekt heißt es nnn: „Da ich (die Verlagsbuch¬ 
handlung) vereint mit einem Tierarzt die Medikamente, die für 
alle Leiden der Tiere angegeben, selbst liefere, liegt mir 
daran, sämtliche Bücher billig oder auch gar umsonst unter¬ 
zubringen. — Sie werden erstaunt sein über den Erfolg Ihrer 
Geschäftsreklame, die Ausstattung des Werkes wird für die ver¬ 
schiedensten Haustiere und ihre Leiden sofort den Tierarzt in 
der Hand bilden. Da ich den Text liefere usw. so ist Ihnen hier 
die beste, noch nie dagewesene Gelegenheit geboten, sich bei den 
Landwirten und Bauern mit ihren Erzeugnissen zu empfehlen“. 

Hier ist es Ehrenpflicht für die Fabrikanten, auch für den 
Stand der Tierärzte einzutreten und ich richte an sämtliche 
Fabrikanten, welche mit den Herren Veterinär-Medizinern direkt 
oder indirekt arbeiten, die Aufforderung und Bitte, unterstützen 
Sie nicht den Verlag durch Erteilung von Inseraten! 

Wir Fabrikanten sind für Verleger nicht zu haben, die die 
Tierärzte ausschalten aus Ihrem Berufe, speziell aber, wenn 
alle Medikamente für alle Leiden an Landwirte und Bauern 
durch dieses Institut geliefert werden sollen.*) 

*) Zudem verstößt diese Handlungsweise gegen die Kaiserliche 
Verordnung vom 22. Oktober 1901. 



9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


507 


Ganz unerklärlich ist es mir, daß auch ein Tierarzt mit dem 
Verleger Hand in Hand geht zum Schaden seiner Herren Kollegen! 
Dieser Fall steht wohl einzig da! 

Der Tierarzt ist im geschäftlichen Leben die Stütze der 
Fabrikanten, somit kann er auch das gleiche von dem 
Fabrikanten verlangen. 

Für meine Pflicht hielt ich es, speziell die Fabrikanten zu 
warnen und der Kurpfuscherei offen gegenüber zu treten! 

Die Tierärztliche Hoch8Chule zu München In der bayerischen Kammer der 
Abgeordneten. 

Bei Beratung des Etats der Tierärztlichen Hochschule kam 
nach einer Mitteilung der Wochenschrift für Tierheilkunde und 
nach Zeitung8melduugen der Referent Dr. Schädler auf die 
umfassenden Baubedürfnisse der Tierärztlichen Hochschule zu 
sprechen. Die Anstalt könne nicht mehr alle Anforderungen 
der Wissenschaft und der Landwirtschaft erfüllen. Das dringendste 
Bedürfnis sei der Bau eines hygienischen Institutes. Angesichts 
der Schwierigkeiten bei Berufungen von Professoren sei wohl 
die Zulassung von Privatdozenten geboten; die Übertragung 
von Spezialkollegien könne um so mehr an Privatdozenten erfolgen, 
als die Professoren überlastet seien. Die Einführung der 
Rektoratsverfassung müsse auch in München erfolgen, und über¬ 
haupt müsse die Hochschule ebenbürtig den übrigen Fakultäten 
an die Seite gestellt werden. Auch eine Verlegung der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule könne in Frage kommen. 

Der Korreferent Dr. Günther stimmte diesen Wünschen 
zu, betonte, daß die Einführung der Rektoratsverfassung nicht 
länger aufgeschoben werden dürfte, und stellte die Frage einer 
Verschmelzung der Hochschule mit der Universität zur Er¬ 
wägung; er befürwortete namentlich auch die Einführung des 
Privatdozenteninstituts. 

Der Minister betonte den leider entstandenen Platzmangel. 
Eine Verlegung der ganzen Hochschule könne nicht in Aussicht 
genommen werden, wohl aber die räumliche Abtrennung einzelner 
Teile. Die Forderung der Rektoratsverfassung sei noch nicht er¬ 
hoben worden; die Tierärztliche Hochschule eigne sich auch nicht 
dazu (Warum denn nicht? D. R.), da sie nur acht ordentliche 
und drei außerordentliche Professoren besitze. (Das ist gerade 
die Zahl der Ordinariate einer medizinischen Fakultät.) Gegen die 
Einführung von Privatdozenten bestehe an sich kein Bedenken. 
Humanmediziner würden bei den Berufungen nicht bevorzugt. 

Aus Bremen. 

Senat und Bürgerschaft haben die Anstellung eines Kreis¬ 
tierarztes für die Stadt Bremen, das Landgebiet und Amt 
Vegesack als ruhegehaltsberechtigten Beamten mit einem Gehalt 
von 5000 steigend bis 7500 Mark genehmigt. 

Diese neugeschaffene Stelle wurde dem bisherigen Kreistier¬ 
arzt für das Landgebiet unter Anrechnung seiner 14 jährigen 
Dienstzeit im Bremischen Staate übertragen. Die Privatpraxis 
ist dem beamteten Tierarzt untersagt. 

Das Apothekengesetz. 

Nach Zeitungsmeldungen sind die Äußerungen der Bundes¬ 
regierungen zu dem vom Reichsamt des Innern ausgearbeiteten Ent¬ 
würfe eingegangen. Daß der Entwurf in der nächsten Session dem 
Reichstag vorgelegt werden könne, ist mit Rücksicht auf die nicht 
überwundenen zahlreichen Schwierigkeiten nicht anzunehmen. 


Private Tätigkeit des Schlachtliofiiiepektore. 

Dem Schlachthofinspektor T. in A. war von seiner Behörde 
Privatpraxis nicht gestattet worden, trotzdem war er aber als 
Vertrauensmann einer Viehversicherung tätig. Auf eine Anzeige 
hin wurde gegen T. daher eine Ordnungsstrafe verhängt. Einer 
hiergegen beim Regierungspräsidenten erhobenen Beschwerde blieb 
der Erfolg versagt, auch das angerufene Oberverwaltungsgericht 
erachtete die Strafverfügung für gerechtfertigt 

Haftpflicht des Tierhalters. 

Der Gesetzentwurf, betreffend die Milderung der Haftpflicht 
des Tierhalters (§ 833 des Bürgerl. Gesetzbuches) ist im Reichstage 
in zweiter Lesung angenommen. Danach tritt die Ersatzpflicht 
hicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, 
das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tier¬ 
halters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der 
Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt 
beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt 
entstanden sein würde. 

Zur Ausbildung der Volksschullehrer. 

Als für das tierärztliche Studium die Universitätsreife vorge¬ 
schrieben wurde, trat plötzlich unter den Volksschullehrern eine 
merkwürdige Bewegung hervor mit dem Ziele, auch für diese 
Universitätstudien obligatorisch zu machen. Das zeitliche Zusammen¬ 
fallen dieses sonderbaren Anspruches mit jener Maßregel zwang zu 
der Annahme, daß diese Wünsche mindestens belebt worden seien 
durch die für die tierärztliche Vorbildung eingeführte Verbesserung, 
obwohl kein besonnener Mensch einen Zusammenhang zwischen 
dem Studium der Tiermedizin und Ausbildung und Aufgaben der 
Volkschullehrer wird erkennen können. An jene Zeit und jene An¬ 
nahme erinnert eine geschmackvolle Bemerkung, welche sich im 
Berliner Tageblatt vom 4. Februar 1908 (Nr. 61 a) in einem Artikel 
findet, der die Grundursache des Lehrermangels darzulegen ver¬ 
sucht. Dort steht folgender Satz: „Wenn man den Wert der Lehr¬ 
arbeit richtig einschätzte, wenn man der Arbeit der Lehrer an 
Kinderseelen, die so überaus klug und vorsichtig, so fein berechnend 
und abwägend bearbeitet sein wollen, das richtige Verständnis ent¬ 
gegenbrächte, dann würden sich jene Schichten auch nicht mehr 
so schroff ablehnend zur Forderung der Lehrer verhalten, das 
Universitätsstudium zugestanden zu erhalten. Wenn derjenige, 
der einen Esel kurieren will, Tierarzneikunde studiert 
haben muß, so muß derjenige, der aus Kindern Menschen machen 
will, erst recht studiert haben.“ 

Über die Torheit des angestellten Vergleiches braucht kein Wort 
verloren zu werden. Man braucht dem Autor nur entgegenzuhalten, 
daß j ed er das, was er tun soll, gelernt haben muß und zwar dort, 
wo es gelehrt wird. Ob man dieses Lernen Studieren nennen will 
oder nicht, ist völlig gleichgültig. Der Mediziner muß seine Kunst 
erlernen dort, wo sie gelehrt wird, das sind die Hochschulen; 
der Volksschullehrer hat die Grundsätze der Kindererziehung eben¬ 
falls dort sich anzueignen, wo dieselben gelehrt werden, und 
das sind die Universitäten nicht. An die Universität gehört die 
Kindererziehung nicht hin, wie Professor P au Isen den für 
Universitätsstudium agitierenden Volksschullehrern ja so über¬ 
zeugend nachgewiesen hat, weil die Universitäten sich nicht mit 
der Erziehung von Kindern, sondern mit der von heranreifenden 
Männern zu befassen haben. Die Kindererziehung wird eben in 
den Seminaren gelehrt; wenn die Volksschullehrer ihren Ehrgeiz 
darin suchen, den Seminarunterricht als Studium zu bezeichnen, so 
wird niemand etwas dagegen einzuwenden haben. Die Sucht aber, 
auf den Universitäten zu studieren, wird man sich nur aus jenen 
Empfindungen heraus erklären können, die auch den Autor des 
zitierten famosen Satzes zu seinem tiberhebenden Ton gegenüber 
der Tiermedizin veranlassen. 

Tierärztlicher Gerieralverein für die Provln* Hannover. 

48. ordentlichen Generalversammlung am Sonntag, den 26. Juli 1908, 
vormittags 11 Uhr im oberen Saale des Hotels zu den vier Jahres¬ 
zeiten in Hannover, am Ägidientorplatz. 

Tagesordnung. 

1. Geschäftsbericht des Präsidenten Dr. Esser. 

2. Kassenbericht des Rendanten. 



508 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 28. 


3. Moderne Milchuntersuchung nebst Demonstrationen. Professor 
Dr. Rievel. 

4. Die Gebühren der Tierärzte in der Fleischbeschau. Becker- 
Bevensen. 

5. Besprechung des Antrages der Tierärztlichen Gesellschaft zu 
Berlin, die außerordentliche Fleischbeschau als besonderen 
Lehrgegenstand an den Tierärztlichen Hochschulen cinzuführen. 

6. Vorbesprechung des internationalen Tierärztlichen Kongresses 
im Haag. 

Neuwahl des Vorstandes. 

8. Mitteilungen aus der Praxis. 

Vormittags 10 Uhr Ausschußsitzung, zu welcher die Herrn 
Delegierten der Distriktsvereine hiermit eingeladen werden. Nach 
Schluß der Verhandlungen (2^2 Uhr) findet ein gemeinsames 
Mittagsmahl statt. 

Göttingen, im Juni 1908. 

Der Präsident: Dr. Esser. 

Gebührenordnung der Tierhygienischen Abteilung des Kaiser Wilhelms- 


Instituts für Landwirtschaft zu Bromberg. 

I. A. II. e. 52 

Genehmigt durch Ministerialerlaß vom 15. 1.08. ——f a III 90 

1. Wasseruntersuchung ..6,00 M. 

2. Futteruntersuchung 

a) zum Nachweis von Mikroorganismen.6,00 „ 

b) „ „ ,, Giftstoffen.6,00 „ 

3. Untersuchung von Milch- und Sekretproben .... 3,00 „ 

4. „ von Magen-Darminhalt.6,00 „ 

5. Blutuntersucbung (einschl. Milzbrand).3,00 „ 

G. Untersuchung einzelner Organteile von Tieren jeglicher 

Art.2,00 ’ „ 

7 Sektion ganzer Tierkadaver 

a) Pferde, Rinder, Esel.10,00 „ 

b) Kälber, Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde, Wild, 

Katzen.3,00 „ 

c) Kaninchen, Hasen, Geflügel, Fische etc. etc. . . 2,00 „ 


8. Die sezierten Kadaver einschl. der Haut verbleiben Eigentum der 
tierhygienigehen Abteilung. 

9. Einsendungen, die für die wissenschaftlichen Arbeiten der tier¬ 
hygienischen Abteilung von Interesse sind, werden kostenlos 
behandelt, die Entscheidung hierüber wird dem Ermessen des 
Vorstehers anheimgestellt. 

Der Vorsteher der Abteilung für Tierhygiene. 
Die Gebühren von... .M. sind nach Empfang des Attestes sofort 
portofrei einschließlich des Bestellgeldes an die Kasse des 
Kaiser Wilhelms-Instituts zu Bromberg unter Angabe der Journal- 
und Untersuchungsnummer einzusenden. 

Pharmazeutisches Institut Gans. 

Das Pharmazeutische Institut Ludwig Wilhelm Gans teilt mit, 
daß es sowohl für Schweineseuche als auch für septische Pneumonie 
(ansteckende Lungenbrustfellentzündung) je drei verschiedene Impf¬ 
stoffe herstellt und zwar je ein Serum, einen keimfreien 
Bazillen-Extrakt und eine Heil-Lymphe. 

Von diesen Stoffen sind Serum und Extrakt ausschließlich für 
die Schutzimpfung der noch gesunden, jungen Tiere bestimmt, indem 
das Serum eine kurze passive Immunität erzeugt, der Bazillen- 
Extrakt dagegen unter dem Schutze der ersteren langdauernde 
aktive Immunität und zwar in ganz ungefährlicher Weise, da der 
Impfstoff keine lebenden Bazillen enthält. 

Die Heil-Lymphen sind nur bei bereits erkrankten Tieren als 
Heilmittel anzuwenden. 

Interessenten erhalten auf Wunsch einen ausführlichen ge¬ 
druckten Wegweiser für die Anwendung unserer Präparate zwecks 
Bekämpfung der Schweineseuche und Wegweiser für die Anwendung 
unserer Präparate zwecks Bekämpfung der septischen Pneumonie 
der Kälber, Lämmer und Fohlen kostenfrei und franko zu Diensten. 

Maul- und Klauenseuche. 

Die Maul- und Klauenseuche ist auf dem Schlachtviehhof 
zu Nürnberg erloschen, in Weizmannsdorf, Amtshauptraannschaft 
Freiberg i. S., neu ausgebrochen. 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Jahrbach der Deatschen Landwirtschafts-Gesellschaft« 

Herausgegeben vom Vorstande. Band 22. 1907. 

Entgegen der bisherigen Gepflogenheit wird das Jahrbuch 
der D. L.-G. seit 1907 nicht mehr in einem Band am Jahres¬ 
schluß herausgegeben, sondern erscheint in vier Lieferungen 
und zwar im April, August, September und Dezember. Sämtliche 
Hefte werden den Mitgliedern sofort nach dem Erscheinen 
kostenlos zugesandt. Es kann nicht geleugnet werden, daß in 
dieser Erscheinungsweise gegenüber früher ein gewisser Fort* 
schritt zu erblicken ist. Die Mitglieder werden dadurch früher 
über die wichtigsten Begebenheiten unterrichtet. 

Im übrigen weist die Jahreschronik die alte bewährte Ein¬ 
teilung auf. Der der Dezemberlieferung beigefügten Darstellung 
der Entwicklung der Gesellschaft in der Zeit vom 1. Oktober 1906 
bis dahin 1907 entnehmen wir, daß die Mitgliederzahl am 
1. Oktober v. J. sich auf 16 459 belief; die Zunahme betrug 
262. Das Vermögen hatte am 31. Dezember 1906 die Höhe 
von 2 489 129,95 M. (Zunahme 229 757,52 M.) erreicht. 

Die mit dem Titelbildnis von Max Eyth, des genialen 
Begründers der Gesellschaft, geschmückte erste Lieferung 
enthält neben der tief empfundenen Gedächtnisrede auf diese 
bedeutende Persönlichkeit von Ministerialdirektor Dr. Tliiel- 
Berlin den ausführlichen Bericht über die Winterversamralung 
1907 in Berlin, die sog. große Woche. In der Sitzung des 
Gesamtaussebusses sprach Prof. Dr. Gerlach-Bromberg über 
das neuerrichtete Kaiser Wilhelm-Institut daselbst, dessen Ein¬ 
richtungen und über die von demselben geplanten Acker¬ 
bewässerungsversuche. Der Vortrag ist mit mehreren Illu¬ 
strationen u. a, auch der Abteilung für .Tierhygiene versehen« 
ln der Ackerbau-Abteilung berichtete Herr Dr. Raebiger, 
Leiter des Bakteriologischen Instituts der Landwirtschaftskammer 
für die Provinz Sachsen, über Maßnahmen zur Bekämpfung der 
Ratten-, Mäuse- und Schneckenplage. Gegen die erstere empfahl 
er das Ratin, das auch bei dem staatlichen Rattenbekämpfungs¬ 
verfahren in Dänemark als das zurzeit brauchbarste Vertilgungs¬ 
mittel bezeichnet wird. Gegen die Mäuseplage haben sich 
bekanntlich die Kulturen des Löfflerschen Mäusetyphusbazillus 
am besten bewährt. Die Schnecken werden in neuerer Zeit 
durch das Kalkbestäubungsverfahren bekämpft. 

Herr Tierzuchtinspektor Hink-Freiburg hielt in der uns am 
meisten interessierenden Tierzucht-Abteilung einen sehr instruk¬ 
tiven Vortrag über das zeitgemäße Thema: „die Vererbung, ihr 
Wesen und ihre züchterische Bedeutung.“ Es wird hier auf 
Grund der neueren wissenschaftlichen Forschungen versucht, 
die so komplizierte aber bedeutungsvolle Materie in ein wissen¬ 
schaftliches Gewand zu kleiden. 

Die Grundbedingungen alles organischen Geschehens sind 
bekanntlich die Veränderlichkeit oder Variabilität, die Verer¬ 
bung und die Anpassung. Nach Klarlegung dieser Fundamente 
unserer Tier- und Pflanzenzucht weist Redner auf den Zellkern 
als den Träger der Vererbungssubstanz (Idioplasma nachNägeli) 
hin und schildert hierauf die Vorgänge der Zellvermehrung 
(sog. Mitose) und bei der Befruchtung (Amphimixis). 

Hier setzt nun die geistreiche Determinantenlehre Weiß- 
manns ein. Danach sind so viele Vererbungsstücke oder Be¬ 
stimmungsteilchen (Determinanten) im Keimplasma enthalten, 
als es erblich veränderliche Teile am Tier- und Pflanzenkörper 
gibt. Gewisse Abzeichen an Pferden, z. B. Blässe, weiße Fessel 











9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


509 


U8W. sind nach dieser Theorie darauf zurückzuführen, daß eben 
im Keimplasma Teilchen vorhanden sind, die dies Abzeichen 
(Blässe, weiße Fessel u. dgl.) hervorrufen. 

Wenn wir nun näher auf die Vererbung eingehen, so handelt 
es sich bei der natürlichen und künstlichen Zuchtwahl um drei 
verschiedene Vorgänge: um die Personal-, Histonal- und Ger¬ 
minalselektion. Die erstere bewirkt zunächst eine Ausmerzung 
unpassender Personen oder Individuen. Die zweite ist eine 
nicht vererbbare Beeinflussung der lebenden Gewebe, während 
der Entwicklung des Einzeltieres selbst. Es findet je nach dem 
Wechsel der zur Entwicklung und Leistung erforderlichen Be¬ 
dingungen (Klima, Boden, Nahrung usw.) eine Art Gewebs- 
auslese (Histonalselektion, „auch Kampf der Teile“ nach Roux 
benannt) statt. So ist z. B. bei unserer Haustierzucht je nach 
den Fütterungsverhältnissen zu beobachten, daß der Aufoau des 
Knochengerüstes und die Leistungsfähigkeit der Muskulatur, der 
Nerven und der Drüsen (Verdauungsdrüsen usw.) geändert wird. 

Nach der Germinalselektion Weißmanns endlich geht auch 
in der Keimsubstanz ähnlich wie in den Geweben des Somas 
eine Art Selektion vor sich. Die Bestimmungsanlagen sind 
nicht von gleicher Konstitution, auch wenn es sich um homologe 
Anlagen handelt. Die Keimsubstanz selbst wird, wie alle 
lebenden Zellen, ernährt; die die erstere durchfließenden Nah- 
rnngsströme sind von verschiedener Stärke und rufen je nach 
der Konstitution der Determinanten verschiedene Veränderungen 
hervor, die auf stärkerer und schwächerer Assimilationsfähigkeit 
beruhen. In diesen aus den genannten physiologischen Gründen 
entstehenden Abänderungen der Elemente der Keimsubstanz 
sind nach Weißmann die Wurzeln aller vererbbaren Keimes¬ 
variationen, aller-Veränderlichkeiten der Lebewesen zu suchen. 

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen kommt Hink 
noch auf die verschiedenen Arten der Vererbung zu sprechen, 
die Mosaikvererbung, die intermediäre Vererbung, den so¬ 
genannten Mendelismus usw. Es würde den Rahmen des Re¬ 
ferats übersteigen, wenn ich auf dieses interessante Thema noch 
näher eingehen wollte. Ich kann es mir um so mehr ersparen, 
als Hink selbst die Weismannschen Forschungsergebnisse in 
einer sehr lesenswerten Schrift: „Befruchtung und Vererbung. 
Natürliche und künstliche Zuchtwahl in ihrer Bedeutung für die 
heutige Tierzucht“, dargestellt hat. 

An den mit großem Beifall aufgenommenen Hink sehen 
Vortrag schloß sich in der gleichen Sitzung derselben Abteilung 
eine lebhafte Beratung über die von den Herren Geh. Ober¬ 
regierungsrat Dr. Lydtin-Baden uud Domänenrat Bröder¬ 
mann-Knegendorf aufgestellten Leitsätze: „Was ist in züchte¬ 
rischen Kreisen unter Reinzucht zu verstehen?“ Diese Sätze 
lauteten: 

Als „reingezüchtet“ erkennt die Deutsche Landwirtschafts¬ 
gesellschaft an, Tiere, die selbst oder deren Eltern in einem 
unter öffentlicher Kontrolle stehenden Zuchtregister (Stutbuch, 
Stammbuch, Herdbuch) eines Züchters oder einer Züchter¬ 
vereinigung eingetragen sind, welche ein bestimmtes Zuchtziel 
unter Verwendung von Zuchttieren beider Geschlechter der näm¬ 
lichen Rasse verfolgen oder die zweiten in der vierten Ge¬ 
schlechtsreihe von reingezüchteten Vater- und Muttertieren der 
nämlichen Rasse abstammen, wenn auch die Mutter der ältesten 
Geschlechtsreihe den Nachweis als „reingezüchtet“ nicht besitzt, 
aber nach ihrer äußeren Erscheinung zu der nämlichen Rasse 
wie das mit ihr gepaarte Vatertier gehörte oder die dritte in 


der achten Geschlechtsreihe von reingezüchteten Vatertieren der 
nämlichen Rasse abstammen, wenn auch die Mutter der ältesten 
Geschlechtsreihe einer anderen Rasse wie der der benutzten 
Vatertiere entstammte. 

Im Anschluß daran führten die Referenten die einzelnen 
von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft anzuerkennenden 
Pferde-, Rinder-,* Schafe-, Schweine- und Ziegenrassen nament¬ 
lich an. 

Nach einer lebhaften Debatte wurde jedoch die vorliegende 
Frage unter anerkennendem Dank an .die beiden Berichterstatter 
in Anbetracht der außerordentlichen Wichtigkeit für die Ent¬ 
wicklung der deutschen Tierzucht an die Sonderausschüsse zur 
weiteren Beratung und Berichterstattung verwiesen. 

In der Betriebsabteilung hielt der Direktor der Berliner 
Rieselgüter, Schroeder, einen Vortrag über die Frage: „Bei 
welcher Spannung der Preise zwischen Mager- und Fettvieh ist 
die Mast noch einträglich?“ Herr Domäuenrat Brödermann 
sprach über „Rindvieh- und Schweinemast“. Bei der Fülle von 
Zahlen muß auf die Originale verwiesen werden. 

Die Sitzungen der anderen Abteilungen bieten für die Leser 
der Wochenschrift kein weiteres Interesse. 

Die zweite und dritte Lieferung des Jahrbuchs beschäftigen 
sich ausschließlich mit der im Jahre 1907 in Düsseldorf statt¬ 
gehabten 22. Wanderversammlung bzw. 21. Wanderausstellung 
der Gesellschaft. Das dritte Heft enthält außerdem acht gute 
photographische Aufnahmen von auf der Ausstellung prämiierten 
schweren Pferden (Hengsten nnd Stuten). 

Die Ausstellung selbst war beschickt mit: 514 Pferden, 
88fi Rindern, 270 Schafen, t>34 Schweinen, 223 Ziegen, 1428 Stück 
Geflügel, 192 Kaninchen und 72 Fischeinheiten, ferner mit land¬ 
wirtschaftlichen Erzeugnissen, Hilfsmitteln, wissenschaftlichen 
Darstellungen usw. An Geldpreisen gelangten 107 110 M. und 
242 andere Preise zur Verteilung. Bemerkt sei, daß in Düssel¬ 
dorf zum ersten Male ein Preisbewerb in frischer Milch vor 
sich ging. 

Bezüglich der dort zur Sprache gebrachten Tätigkeit der 
einzelnen uns interessierenden Sonderausschüsse sei erwähnt, 
daß der Sonderausschuß für Rinderzucht besonders eingehend 
die Rassenbeschreibungen und die Richterarbeit in Angriff ge¬ 
nommen hat und daß eine Neubearbeitung der Anleitung für 
das Richten der Rinder vorgesehen ist. Diejenigen für Schaf¬ 
zucht nahmen die Anregungen auf, Stammzuchten anzuerkennen, 
d. li. dieselben zu besichtigen, um über den Zuchtbetrieb Fest¬ 
stellungen machen zu können. Der Sonderausschuß für Geflügel¬ 
zucht brachte die AussteUung ganzer Geflügelhöfe zur Durch¬ 
führung, derjenige für Tierabbildungen beschäftigte sich u. a. 
mit dem Studium von Projektionsbildern und der zur Be¬ 
kämpfung der Tierkrankheiten billigte die Einsetzung einer Be¬ 
rufungsinstanz gegen die Entscheidung des leitenden Tierarztes 
der Ausstellung. 

Da im übrigen über die Düsseldorfer AussteUung in der 
B. T. W. bereits referiert wurde, so ist ein näheres Eingehen 
an dieser Stelle überflüssig. Es sei nur noch erwähnt, daß die 
diesjährige WanderaussteUung bekanntlich in Stuttgart, die für 
1909 in Leipzig und endlich diejenige für 1910 in Hamburg 
stattfinden. 

Die vierte Lieferung endlich enthält neben dem Inhalts¬ 
verzeichnis des ganzen Jahrbuchs zunächst die Darstellung der 
Berliner Oktobertagung 1907, der sogenannten kleinen Woche, 




510 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No.* 28. 


Sitzungen der Tierzuchtabteilung wurden bei derselben nicht 
abgehalten; ihre Sonderausschüsse behandelten dagegen haupt¬ 
sächlich Fragen der Schauordnung der Düsseldorfer und Stutt¬ 
garter Ausstellungen. In den Sonderausschüssen für Schaf- und 
Schweinezucht wurde ferner die Anerkennung von Stammzuchten 
durchberaten und angenommen. 

Endlich führt das Schlußheft noch die Berichte über Unter¬ 
nehmungen der Gesellschaft, die Grundregel für die Deutsche 
Landwirtschaftsgesellschaft Anerkennung von Schaf- und 
Schweinezuchten (siehe oben) und die Leitung der Gesellschaft 
vom 1. Oktober 1907/08 namentlich an. 

Bei dem gewaltigen Aufschwung der Tierzucht einerseits 
und der stetig anwachsenden Bedeutung der Deutschen Land¬ 
wirtschaftsgesellschaft, andererseits kann den Kollegen immer 
und immer wieder nur der Beitritt zu derselben ans Herz ge¬ 
legt werden. Über ihre umfassende Tätigkeit gibt uns gerade 
das Jahrbuch jeweils die beste Auskunft. 

Bezirkstierarzt Maier-Konstanz. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

„Die wichtigsten Fragen der Tierzucht und Tierhaltung in der 
Gegenwart“. Von Felix Hösch, König!. Okonomierat. M. n. H. Schaper, 
Hannover. Preis 1,50 M. 

Die jeweiligen Leistungen, Mängel, Aufgaben und Ziele eines 
Erwerbszweiges von so weitgehender volkswirtschaftlicher Bedeutung 
wie der deutschen Tierzucht und -Haltung vermögen eine sachgemäße 
Beurteilung und den Interessen der Gesamtheit angepaüte Vor¬ 
bescheidung nicht allein an der Hand spezialtechnischer Erwägungen 
zu erfahren, sondern nur unter gleichzeitiger genügender Be¬ 
rücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen und wirtschafts¬ 
politischen Verhältnisse des Reiches. Von diesem Grundgedanken 
geleitet, fordert Hösch, daß die deutsche Tierzucht und -Haltung 
durch entsprechende Gestaltung der inländischen Futterquellen den 
immer steigenden Bedarf an ausländischen Kraftfutterraitteln nach 
Tunlichkeit beschränke. 

Klar zeichnet der Verfasser den Weg zu reicher Erschließung 
einheimischer Futterquellen und zur Erzüchtnng gesunder, widerstands¬ 
fähiger Viehbestände, welchen die Fähigkeit höchster Ausnutzung dieser 
einheimischen Futtermittel innewohnt — und damit zur benötigten 
Selbständigkeit der deutschen Tierzucht. 

Die klaren Ausführungen des 45 Seiten haltenden Schriftchens 
geben ein auf reiches Wissen und praktische Erfahrungen gegründetes 
Programm gesunder Heimatpolitik des bedeutsamsten deutschen Wirt¬ 
schaftszweiges, das nach der allgemein wirtschaftlichen wie nach der 
rein fachtechnischen Seite nicht zum wenigsten auch für den deutschen 
Tierarzt hervorragendes Interesse bietet. Dr. Kronacher. 

Spezielle Operationslehre des Pferdes. Für Tierärzte und Studierende. 
Von Prof. Dr. John Vennerholm, Direktor der Tierärztlichen Hochschule 
in Stockholm. Mit 4 farbigen Tafeln und 168 Abbildungen im Text, 
712 S. Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke 1907. 

Unter den früher erschienenen speziellen Operationslehren befindet 
sich keine, in welcher der Tierarzt die Operationen so genau studieren 
kann, daß er sie, ohne sie selbst gesehen zu haben, ausfUhren kann. 
Auf diesen Umstand macht der Verfasser in der Vorrede aufmerksam. 
In der Tat besitzt das vorliegende Werk diesen Mangel nicht, denn die 
einzelnen Operationen, die am Pferde vorgenommen werden, sind so 
klar und anschaulich beschrieben, daß man über keinen Punkt im Gange 
jeder Operation im Zweifel sein kann. Das Werk gewinnt aber auch 
dadurch sehr an Wert, daß die typographisch anatomischen Verhältnisse 
eingehend berücksichtigt werden, so daß der Ratsuchende nicht erst 
die anatomischen Lehrbücher zu studieren braucht. Wo erforderlich, 
sind auch die zur Ausführung der Operation nötigen besonderen In¬ 
strumente abgebildet. 

Der Inhalt ist in 4 Abteilungen gegliedert: Operationen am Kopf, 
Operationen an der Übergangsgegend zwischen Kopf und Hals und am 
Hals, Operationen am Übergang zwischen Hals und Rumpf, sowie am 
Rumpf und Operationen an den Extrimitäten. 

Der Verfasser hat es verstanden, den Stoff unter Berücksichtigung 
der Literatur und unter Einflechtung von interessanten Einzelfällen 
recht anregend und lehrreich zu gestalten. Wenn für eine Operation 
mehrere Methoden bestehen, so beschreibt Verfasser die Methode am 
eingehendsten, welche nach seiner reichen Erfahrung die beste ist. 

Das Werk ist buchhändlerisch sehr gut ausgestattet. Der Preis 
beträgt 16 M (ungebunden). Die Anschaffung dieses gediegenen Buches 
sei hiermit bestens empfohlen. Röder. 

Der Einfluß unserer therapeutischen Maßnahmen auf die Entzündung. 
Von Dr. Jean Schäffer, Privatdozent für Dermatologie an der 
Universität zu Breslau. Mit 11 zum Teil farbigen Tafeln, 237 Seiten. 
Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke, 1907. Preis 8 Mark. 


Über die Wirkungsweise der physikalischen Behandlungsmethoden 
herrschen bekanntlich die verschiedensten Ansichten und an exakten 
Untersuchungen hat es bisher so gut wie ganz gefehlt. Die mangel¬ 
hafte Vorstellung von der Wirkungsweise der erwähnten Methoden 
trägt zweifellos viel Schuld an der unsicheren Indikationsstellung für 
ihre therapeutische Verwendung. Wenn die bisherigen diesbezüglichen 
wissenschaftlichen Untersuchungen keine rechten Erfolge zeitigten, so 
lag dies wohl daran, daß die betreffenden Forscher keine bestimmt 
dosierten, wohl graduierten Entzündungsreize zur Verfügung hatten. 
Der Verfasser hat bei seinen Versuchstieren diese Schwierigkeit dadnreh 
überwunden, daß er sterile, aber mit chemisch differenten Stoffen oder 
Bakterieuaufschwemmungen imprägnierte Katgut- resp. Seidenfäden an 
symmetrischen Stellen in genau gleicher Weise nach einem bestimmten 
Verfahren durch die Haut und das subkutane Gewebe zog Die eine 
Seite wurde nun der betreffenden Behandlung unterzogen, während die 
andere Seite als Kontrollseite diente. Nach gewissen Zeiten wurden 
dann die betreffenden Stellen bis auf die Faszie herausgeschnitten und 
mikroskopisch untersucht. Die Versuche, die der Verfasser vornahm 
und die Resultate, die er erzielte, sind nun in dem vorliegenden Werke, 
aus dem ein Bienenfleiß spricht, zusammengestellt. Der Inhalt der 
sechs Abschnitte ist folgender: 1. Einfluß der Wärmebehandlung auf 
die Entzündung; 2. die Einwirkung der Eisbehandlung auf den Ent¬ 
zündungsvorgang; 3. der Einfluß feuchter Verbände und Prießnitzscher 
Umschläge auf den EntzündungsVorgang; 4. Einfluß der Spiritus¬ 
verbände auf die Entzündung; 5. Wirkung der Jodtinktur und der 
sogenannten derivierenden Mittel; 6. Einfluß der Stauungsbehandlung 
auf Entzündungsprozesse. * 

Das Werk verdient die vollste Aufmerksamkeit der Tierärzte. Es 
sei daher bestens empfohlen. Röder. 

Neue Eingänge. (Besprechung Vorbehalten.) 

Handbuch der Tierärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus¬ 
gegeben von Prof. Dr. Jos. Bayer und Prof. Dr. Eug. Fröhner. 27. Lfg.: 
Extremitäten, Hufe, Klauen. II. Teil 3. Lfg.: Prof. Dr. Eberlein, 
Die Hufkrankheiten des Pferdes. (Mit Ausnahme der Krankheiten 
der Homkapsel.) [Bogen 26—35 ] Mit 58 Abbildungen. Wilhelm 
Braumüller, Wien 1907. Preis 4 M. 

Dasselbe 28. Lfg.: M. 6. de Bruin, Geburtshilfe bei den 
kleineren Haustieren. Mit 36 Abbildungen. Ebenda 1908. Preis 4M. 

Dasselbe III. Bd., II. Teil: Kopf, Hals, Brust, Bauch. II. Teil: 
Korpsstabsveterinär Bartke, Sattel- und Geschirrdrücke, Wider¬ 
ristfisteln. — Prof. W. Gutmann, Chirurgische Krankheiten des 
Magens und DarmeB. — Prof. Hendrick, Männliche Geschlechts- 
nnd Harnorgane inkl. Kastration. — Prof. Dr. Gmelin, Die 
Krankheiten des Nabels. 2. Aufl. Mit 78 Abbildungen. Ebenda 1908. 
Preis 12,60 M. - ~ 

Dasselbe IV. Band, I. Teil: Extremitäten, Hufe, Klauen. 
Prof. Dr. Zschokke, Die Krankheiten der Knochen. — Korpsstabs¬ 
veterinär Hell, Krankheiten der Muskeln, Faszien, Nerven und 
Gefäße an den Extremitäten. — Prof. Dr. Siedamgrotzky, Krank¬ 
heiten der Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Neu 
bearbeitet von Prof. Dr. Lungwitz. — Korpsstabsveterinär Bartke, Kriegs¬ 
chirurgie und Statistik. — Prof. Dr. N. Lanzilotti-Buonsanti, Krank¬ 
heiten der Gelenke inkl. Spat und Schale. 2. verbesserte und 
vermehrte Auflage. Mit 162 Abbildungen. Ebenda 1908. Preis 18 M. 

Dasselbe VI. Band: Prof. Dr. Hugo Schindeika, Hautkrankheiten 
bei Haustieren. Mit 95 Abbild, und 8 Chromotafeln. 2. neubearb. 
Aufl. Ebenda 1908. Preis 22,60 M. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Veterinärrat, Kreis¬ 
tierarzt Liebener -Delitzsch und dem Korpsstabsveterinär Ernst Buß 
beim Generalkommando des XI. Armeekorps der Rote Adler¬ 
orden IV. Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Professor Dr. 
Wilhelm Zwick an der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart zum 
Regierungsrat und Vorstand der Abteilung für experimentelle Tier¬ 
seuchenforschung im Reichsgesundheitsamt. —Veterinärbeamte: 
Tierarzt und Schlachthofdirektor Dr. Karl IPienrfiedr-Barth i. Poram. 
wurde mit den kreistierärztlichen Geschäften in Lingen betraut; 
Oberveterinär a. D. Uhlich zum Bezirkstierarzt für den Stadt- und 
Landratamtsbezirk Ohrdruf; Philipp .Brawn-Blieskastel (Rheinpfalz) 
zum Distriktstierarzt daselbst. — Schlachthofverwaltung: 
Schlachthofticrarzt Ferdinand ßaf/er-Saargemünd zum Schlachthof¬ 
vorsteher daselbst, Schlachthoftierarzt Joseph SZraw/l-Flensburg zum 
städtischen Bezirkstierarzt in Freising (Bay., Oberbay.) — Ruhe¬ 
standsversetzung: Veterinärrat Bolle, Kreistierarzt in Ebers¬ 
walde, ist in den Ruhestand getreten. 

Verzogen: Kreistierarzt Traeger von Belgard a. Persante nach 
Berlin NW., Tielo Wardcnbergstr. 3—4 I, die Tierärzte Georg Ludwig 
als Assistent nach Minden (Westf.), Heinrich Ritteimann von Stra߬ 
burg nach Karlsruhe (Baden), Distriktstierarzt Ludw, Wirx von 






9. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


511 


Neukirchen bei Heil. Blut als Einjährig-Freiwilliger im 7. Feldart.- 
Regt. nach München. 

Examina: Das Examen als Tierzuchtinspektor hat be¬ 
standen: Tierarzt Heinrich Probst aus München. — Promoviert: 
Die Tierärzte Oskar Kögel aus Völksen und Andreas Mächens aus 
Gr.-Algermissen zum Dr. med. vet. in Gießen, Wilhelm Baumeier- 
Halle a. S. zum Dr. med. vet. in Bern. — Approbiert: Die Herren 
Alfred Bierwald aus Rawitsch, Gottfried Caemmerer aus Berlin, 
Willibald Domis aus Cöln a. Rh., Arthur Hollatz aus Klein-Tarpen, 
Ernst Jahn aus Ulm (Württ.), Emst Kürschner aus Torgau, Robert 
Langkau aus Patricken in Berlin; Wilhelm Janssen aus Elberfeld in 
Hannover. 

In der Armee: In Preußen: Versetzt: Die Oberveterinäre 
Pätx y Assistent bei der Militär-Lehrschmicde in Königsberg i. Pr., 
zum Train-Bat. Nr. 6, Dr. Goßmann im Train-Bat. Nr. 6 zum 
1. Leib-Hus.-Regt. Nr. 1, Tiegs im 1. Leib-Hus.-Regt. Nr. 1 als 
Assistent zur Militär-Lehrschmiede in Königsberg i. Pr., Altmann 
im Ulan.-Regt. Nr. 14 zum Hus.-Regt. Nr. 12, Unterveterinär Schulz 
im Feldart-Regt. 35 von Graudenz nach Dt.-Eylau. 

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1908: Oberstabsveterinär Hönscher 
im Feldart.-Regt. Nr. 21 als technischer Vorstand zur Militär-Lehr- 
schmiede in Hannover, Oberveterinär Kopeke im Drag.-Regt. Nr. 9 
zur Wahrnehmung der Stabsveterinärgeschäfte zum Feldart-Regt. 
Nr. 21, Stabsveterinär Ludwig im Drag.-Regt. Nr. 22 und Unterveterinär 
Ammelounx im Feldart.-Regt. Nr. 20 zum Jäger-Regt. zu Pferde Nr. 5. 

Kommandiert: Oberveterinär Laabs im 1. Garde-Drag.-Regt. 
als wiss. Assistent zum Hygien. Inst, der Tierärztl. Hochschule in 
Berlin, Einj.-Freiw. Unterveterinär Zimmermann im 2. Garde-Drag.- 


Regt zum Ulan.-Regt. Nr. 14, Oberstabsveterinär Wilde im Regt. 
Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1 zur Vertretung des abkommandierten 
Inspizienten zur Militär-Veterinär-Akademie — dieses mit Wirkung 
vom 1. Oktober 1908; das Kommando ist einer Versetzung gleich 
zu erachten. 

Sachsen: Befördert: Militärstudierender Grunert beim 
Feldart-Regt. Nr. 12 zum Unterveterinär. 

Kommandiert: Oberveterinär Jurk im Garde-Reiter-Regt zum 
Feldart.-Regt. Nr. 32; die Kommandierung ist einer Versetzung 
gleich zu achten. 

Im Beurlaubtenstande: Preußen: Den Stabsveterinären a.D. 
Giesecle (Bez.-Kdo. III Berlin), Kattner und Bohner (Bez.-Kdo. Cosel) 
der Charakter „Oberstabsveterinär“ mit dem persönlichen Rang der 
Räte 5. Klasse. —- Befördert: Die Unterveterinäre der Reserve 
Scfuifclc und Zierer (Bez.-Kdo. Karlsruhe), Klentz (Bez.-Kdo. Rheydt), 
Martin (Bez.-Kdo. Colmar), Idngenberg (Bez.-Kdo. Siegen), Schmook 
(Bez.-Kdo. Lübeck-Garde), Haan (Bez.-Kdo. III Berlin-Garde) zum 
Oberveterinär des Beurlaubtenstandes. 

Bayern: Abgang: Dem Oberveterinär Dr. Kurt Wolffhiigel , 
von der Landw. I. Anfgeb. (Hof) ist der Abschied bewilligt 

In der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika: 
Oberveterinär Christian aus der Schutztruppe ausgeschieden und 
im Drag.-Regt. Nr. 20 wiederangestellt. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 27.) 

Schimchfhofstelle : Frankfurt a. M. : Tierarzt alsbald. Gehalt 
2500 M. Bewerbungen bis 15. Juli an die Schlacht- und Viehhof¬ 
verwaltung. 


Verzeichnis der Tierärzte ohne Wohnortsangabe 

(nach Approbationsjahrgängen geordnet.) 

Die in folgender Liste verzeichneten Herren werden gebeten, ihre Adresse anzugeben. Die Angehörigen der jüngsten Jahrgänge, welche 
noch keine längerdanernde Niederlassung haben, werden am besten ihre Heimatsadresse nennen. Unter den aus älteren Jahrgängen angeführten 
Namen werden sich manche befiuden, deren Träger dem Stande nicht mehr angehören. Auskunft darüber seitens Unterrichteter wäre sehr erwünscht. 


1883. 

Braun, A. G. 


| 1899. t Büdel, Otto. 

I Bertram,Wilhelm,O.-V.a.D. I Burghardt, Dr. Karl, aus 
Hundsberger, Heinrich. t Frankfurt a. O. 

Kant, Hermann, O.-V. a. D. 


1885. 

Ronneberger, Paul. 

Strohn, J. A. W. 

1887. 

Hennig, Otto. 

Schmid, Ludwig, K. Bez.-T. 
a. D. 

Wahl, Josef. 

1888 

Nothnagel, \V., St.-V. 

1889. 

Bader, Jos. 

Link, Gustav. 

1892. 

Braun, Max, O.-V. a. D. 
Dapper, A. II. 

1894. 

Koch, P. 

Paetz, Wilhelm. 

Plath, Heinr., O.-V. a. D. 

1895. 

Boese, Herrn. 

Isermann, Franz. 

Speer, Alfred. 

1896. 

Däinghaus, H., O.-V. a. D. 
Gutfeld, A. 

Hering. 

Schmidt, Rud. 

Schneider, G. 

Trautmann, Oskar. 

1897. 

Demien, Magnus, O.-V. a. D. 
Holzapfel, Ernst. 

Keller, Joseph. 

Kröhn, J. 

Schönster, Otto. 

Wiese, A. 

Wulf, Theod. Mor. 

1898. 

Bock, August. 

Bruns, Fr. 

Voitmann. 


Melchers, Dr. Friedrich. 
Rüther, Dr. Rudolf, O.-V. a. D. 

1900. 

Brenneisen, Carl. 

Burchardt, Hermann. 

Gierer, Fritz. 

Holtz, Wald. 

Laps, Ang. 

Meyer, Heinrich. 

Schmerg, Fr. 

Szaley, Jos. 

Türnao, Fritz. 

Wilke, Herrn. 

1901. 

Baumgart, Dr. phil., Martin. 
Dieckmann, Dr., Paul, O.-V. 
a. D. 

Engelmann, Otto. 

Guthke, Dr. Ernst. 

Hansen, Jens. 

Ochmann, Robert. 

Pantke, C. 

1902. 

Brunner, Aug. 

Goldauer, Jul. 

Hempel, Hans. 

Hennig, Hans, O.-V. a. D. 
Hoffman, Ludwig. 

Mack, Otto. 

Marko witsch, Dragomir. 
Meyer, Heinrich. 

Müller, Dr. Kunibert. 
Müller, Nikolaus. 

Ochler, Adolf. 

Osterburg, Bruno. 

Peters, Dr. Karl. 

Schüller, Rudolf. 

Weiß, Gustav. 

Westmeier, Frdr. 

1903. 

Beier, Josef, 
i Braninger. 


Haag, A. 

Jacobs, Berthold. 

Leonhard, Konrad. 

Liepe, Paul, aus Tremmen 
bei Nauen. 

Regler, Wold. 

Rißling, Dr. phil., Paul. 
Schmidt, H. W. 

Schmiedt, Ottmar. 

Schneider, Paul. 

Schulz, Karl Friedr. Theodor. 
Siebert, Hans. 

Sommer, Max 
Stolz, Dr. Wilhelm. 

1904. 

Albrecht, Karl. 

Baum, August. 

Baumgarten, Emil. 

Bertram, Friedrich. 

Busch, Adolf. 

Fries, F. 

Hambach, Johann. 

Heintzel, Lothar. 

Jüling, Rudolf. 

Klemme, Oskar. 

Kobe, Paul, O.-V. (bisher 
in der Schutztruppe). 
Langmann, Gustav. 
Lindholm, Johann. 

Mesem, Friedrich. 

Nehls, Dr., Paul. 

Peters, Rieke. 

Prö8chmann, Gerhard. 
Regler, Josef. 

| Richter, Hans. 

| Schacht, Claus. 

! Schellhase, Dr. med. vet., 
j Willy, aus Grabow. 

I Seidemann, Bernhard. 

; Senft, Dr., Max. 

1 Söderlund, Hans. 

1 Ullrich, Bruno. 

, Wiemann, Joseph. 


| Wolff, Julius, 
i Zikic, Andreas. 

1 1905. 

Alefeld, Julius. 

Angenete, Wilhelm. 

Brasch, Erich. 

Braun, M., aus Rittersbach. 
Brauner, Alexander. 

; Bühl, Heinrich. 

Ditthorn, Christian. 
Friemann, Ferdinand. 

Garke, Kurt. 

Goldberg, Norbert. 

Gorski, Franz. 

Gust, Franz, O.-V. (bisher 
in der Schutztruppe). 
Uattesohl, Ernst. 

Huith, Otto. 

Jaeger, Otto. 

Janzen, Dr. Rudolf. 

! Kaempfe, Arno. 

I Kaeser, Alfred 
Kahle, Fritz. 

Koch, Friedrich. 
Lottermoser, Ernst, aus 
Tilsit. 

Minor, W. 

Neumark, Dr. med. vet., 
Eugen. 

Petterson, B. 

Pitzschk, Kurt. 

Rösner, R. 

Rothenstein, Kurt. 

Schache, Karl, Friedrich, 
Julius. 

Schwarte, Hermann. 

Seitz, Dr. med. vet. Karl, 
aus Lanbach i. Hessen. 
Speierer, Jakob, O.-V. 

(bisher i. d. Schutztruppe). 
Stern, Paul. 

Volkmann, Friedrich. 

Walz, Rudolf. 

Wiegert, Wilhelm, 
j Zettl, August 
; Zschiesche, Alfred. 


1906. 

Alexander, Erich, aus Wan- 
gcrin. 

Aüinann, Walther. 

Bähl, Gustav. 

Bauer, Johann, aus Lauband. 
Beiz, Erich. 

Berg, Adolf. 

Biederstedt, Max, aus Wild¬ 
berg. 

Brauer, Wilhelm, aus Alsum. 
Brinkmann, Friedrich. 

Davis, Ulrich, aus Briesen. 
Dun, Ilelmar. 

v. Durski, Dr. Stanislaus, 
aus Gnesen. 

Eckeberg, Ferdinand, 190G. 
Fichtner, Paul. 

Fürther, Hubert, aus Reit 
i. W. 

Gruenberg, Egon, aus Thorn. 
Helm, Dr. med. vet. Richard. 
Hetzel, Erich, aus Conne¬ 
witz. 

Hock, Franz. 

Janz, Paul. 

KaBke, Paul. 

Kayser, Fritz. 

Klee, Dr. Herrn. 

Kohl, Ludwig, aus Finthen 
b. Mainz. 

Kortmann, Christian. 
Kupilas, Johann. 
Kwiatkowski, Friedrich. 
Längrich, Fritz. 

Lambertz, Nicolaus. 

Lang, Friedr., aus München. 
Lenz, Ernst, aus Frankfurt 
a. M. 

Lindberg, Christian, aus 
Altona. 

Lindhof, Josef, 

Lüdje, Heinr., aus Farmsen. 
Marioth, Wilhelm, aus 
Arolsen. 

Mayer, Oskar, aus München. 





512 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2ö. 


Meckelburg, Dr. med. vet., 
Rieh., aus Masehnen, Post 
Rosengarten in Oßtpr. 

Messenzahl, Karl, aus Damm. 

Michael, Ernst, aus Wald¬ 
burg. 

Müller, Dr. med. vet., Willi, 
aus Elbing. 

Oppermann, Alwin, aus 
Manch enguth. 

Peitzschke, Karl. 

Piechotta. 

Pifrement, Hans, aus 
Brandenburg a. II. 

Rehberg, Johannes, aus 
Marienwerder. 

Reiche, Georg, aus Sommer¬ 
feld, Bez. Frankfurt a. O. 

Ritteimann, Heinr. 

Rösch, Joseph, aus Weiden¬ 
kamm. 

Roske, Erich, aus Alt- 
Gurkowschbruch. 

Saunus, Heinr., ausRokaiten. 

Schmidtberger, Jacob. 

Seemann, Georg. 

Schumann, Karl. 

Siebei, Ernst. 

Sievert, Walter, aus Groß- 
Germersleben. 

Sobotta, Stanislaus. 

Suckrow, Friedrich, 1000. 

Sperling, Franz, aus Alt¬ 
damm. 

SteinhofT, Carl, aus Schwelm. 

Theel, Karl. 

Thies, Friedrich, aus Bremer¬ 
vörde. 

Thiessen, Johannes. 

Thoernert, Kurt. 

Trautmann, Oskar. 

Ullmann, Wilhelm, aus 
Breisach. 

Utter, Ernst, aus Helsing- 
fors. 

Vogel, Otto, aus Lübbenau. 

Weinberg, Friedrich. 

Wenzel, Otto, ans Stuttgart. 

Wessendorf, Bernhard. 

Westphal, Rudolf. 

Wienholtz, Johann, ans 
Borichum. 

Wilke, Wilhelm, aus 
Himmelsthur. 

Wilke, Richard, 1906. 

Wirtanen, WaYnö, aus Abo. 

1907. 

Ackerberg, Adolf, ausKotka 
(Finnland). 

Antoni, Niklas, aus Weener. 

Bauch, Ernst, aus Oderberg 
a. O. 

Beck, Otto, aus Nördlingen. 

Becker, Dr. Paul, aus Fried¬ 
rich-Wilhelm-Gestüt bei 
Neustadt a. Dosse. 

Becker, Gustav, aus Görlitz. 

Berger, Karl, aus Augsburg. 

Berthold, Paul. 

Best, Karl, aus Darmstadt. 

Boehm, Paul, aus Alt- 
Landsberg. 

Boesner, Arthur, aus Breslau. 

Bolle, Walter, aus Magde¬ 
burg. 

Braunert, Walter, aus Neu¬ 
stadt in Schics. 

Bremer, Konrad, aus Hildes¬ 
heim. 

Drilling, aus Pillichowo 

Brömstrnp, Heinrich, aus 
Gaste. 

Bues, Rudolf, aus Braun¬ 
schweig. 

Casper, Paul, aus Anger¬ 
münde. 


Deckard, Walter. 

Degenkolb, Heinrich, aus 
Breslau. 

Degward, Rudolf, aus 

Loewenberg. 

Eckhard, Hermann, aus 
Annweiler (Pfalz). 

Eisele, Otto, ans Weillieim. 

Eisenbarth, Robert, aus 
Erding. 

Engmann, Otto, aus Neu¬ 
markt (Schl.). 

Erhard, Julius, aus Obcr- 
w’armensteinach. 

Erhardt, Hans, aus Seitental. 

Ertl, Georg, aus Deggendorf. 

Esclirich, Max, ans Herren- 
grund. 

Feibel, Bruno, aus Culm. 

Felber,Dr.med. vet., Wilhelm, 
aus Augsburg. 

Feldkirch. 

Ferazin, Franz, aus Weiden. 

Festl, Hans, aus Unter- 
wessen. 

Fligg, Johann, aus Clawsdorf. 

Fraas, E., aus Zell. 

Freese, Carl, aus Korbach. 

Friesicke, Paul. 

Fritsch, Wilhelm, aus 
München. 

Gaußelmann, gen. Essing, 
aus Laer. 

Gebhardt, Adolf, aus Wun- 
siedel. 

Goerdt, Wilhelm, aus 
Solingen. 

Goeroldt, Fritz, aus Hamers- 
lcben. 

Goertz, Ernst, ans Kulm- 
Roßgarten. 

Götscli, ErieJ), aus Rathenow. 

Grebe, Dr. med. vet., Wilhelm 
aus Helmseheid. 

Greif,.Karl, au« Jforchbeim. 

Güldenhaüpt, Aug., ans 
Bcrgeamen. 

Haase, Anton, aus 
Hermannsdorf. 

Ilänsel, Gerhard, aus 
Herwigsdorf. 

Heindel aus Ansbach. 

Hellbcrg, Hermann, aus Hof. 

Huber, Friedrich, aus 
Miinehen. 

Hünigen, Ernst, aus 
Hermsdorf. 

Ilürter, Franz, aus Kochern. 

Jacob, Georg, aus Gollnow. 

Immel, Max, aus Bialla. 

Jnho, Hakkila, aus 
Saaksmaki (Finland). 

Kegel, Oskar, aus Völkscn. 

Kiderle, ans Berchtesgaden. 

Kjollerfeldt, Markus, aus 
Helsingfors. 

Klaiber, Rudolf, ans 
Augsburg. 

Koch, Franz. 

Korsch, Erich, ans 
Königsberg. 

Krebs. 

Krell, Theodor, aus 
Würzburg. 

Kurt, Ernst Rieh. 

Kuschel, Paul. 

Lambardt, Dr. med. vet., 
August, Unna-Königsborn. 

Lamprecht, Bernhard, aus 
Judtchen. 

Lanzl, Friedrich, aus 
Neukirchen. 

Laux, Hermann, aus 
Altleiningen. 

Lecheier, Joseph, aus 
Breitental. 


Lcinberger, Friedrich, aus 
Georgensgmünd. 

Lindemann, Rudolf, aus 
Schnaekenburg. 

Loeb, Leopold, aus Ungstein. 

Lucr8sen, Karl, aus Limmer. 

Lüssem, Gustav, aus 
Sinzenich. 

Lutter, Albrecht, aus Berlin. 

Manthey, Ambrosius, aus 
Luianno. 

Matthias aus 

Brandenburg a. II. 

Mayser aus Stuttgart 

Mey, Bernhard, aus Berlin. 

Meyer, Bruno, aus 
Königsberg. 

Meyer, Paul, aus Barmen. 

Mönning, Gustav E. 

Moses, Ludwig, aus Briesen. 

Müller. F. E. Paul. 

Münicli, Dr. med. vet., Julius, 
aus Straubing. 

Neumeyer, Georg, aus 
Großhabersdorf. 

Nicoloff aus Bulgarien. 

Nordmeyer, Hugo, aus 
Hannover. 

Nordt aus Königsberg i. Pr. 

Oehmke, Friedrich, aus 
Eydtkuhnen. 

Panske, August, aus Granau. 

Paulus, Wilhelm 

Polomski, Hipolit, aus 
Rogasen. 

Pooth, Richard. 

Preuß, Dr. med. vet. Julius, 
aus Strasberg. 

Puschke, Wilhelm, aus 
Repitz. 

Rast, Adalbert. 

Reck, Karl, aus Wohlfahrts¬ 
weiler. 

Reichelt, Kurt, aus Oelsnitz. 

Reichenwallner, Joseph, aus 
Perbing. 

Rieger, Matthias, aus Regens¬ 
burg. 

Ritter, Karl, aus Udenheim. 

Rosenthal, Ludwig, aus 
Altenschönbach. 

Ruth, Ernst, aus Geithain. 

Saalbeck, Andreas, aus 
Schwandorf. 

Sach aus Zarnekau. 

Schmid, Ernst 

Schneider, Oskar, aus 
Traunstein. 

Schober, Franz, aus 
Gr. Naujehnen. 

Schroeder, Joh., aus Sulmin. 

Schubert, Friedr., aus 
Dresden. 

Schüler, Ernst, aus 
Dodendorf. 

Schultze, Friedrich, aus 
Lindenwerder. 

Schwab, Gustav, aus Stutt¬ 
gart 

Schwander, Innocenz, aus 
Augsburg. 

Schwedler, aus Spremberg. 

Schwermann, Ludwig, aus 
Nottuln. 

Siech, Erich, aus Dossoczvn. 

Sommer, Max, aus Oebles. 

Stambke, Emanuel, aus Aken. 

Steck, gen. Schulte-Abteloh, 
Heinrich aus Hamborn. 

Steckban, Heinrich. 

Steding, Lous, aus Arnheim 
(Holland'. 

Stedtfeld, Heinrich, aus 
Gütersloh. 

Steinbach, Reiuhold, aus 
Thannenhain bei Leipzig. 


Stößenreuther, Konrad, aus 
Marktcrlbach. 

Stute,Otto, aus Königslutter. 

Tanck, Wilhelm, aus Groß- 
Capermoor. 

Tiedemann, Dietrich, aus 
Lüdingworth. 

Tietäwainen, Victor, aus 
St. Petersburg. 

Tuchler, Josef, aus Gollub. 

Turowski, Herbert, aus 
Schwentainen. 

Veitkamp, Constanz, aus 
Osterwick i. W. 

Völkel, Waldemar, aus Arns¬ 
dorf. 

Wachowski, Valerie, aus 
Bresnow. 

Wächter, Hermann, aus 
Ohrum. 

Wagenknecht, Franz, aus 
Tempelburg. 

Weichbrodt, Georg, aus 
Lorgendorf. 

Weile, Richard, aus Neu¬ 
stadt i. Schles 

Weißer, Edmund, aus St. 
Georgen (Bad. Schwarz¬ 
wald). 

Wichinann, Gustav, aus 
Borstleth 

Wiemann, Franz, aus 
Rohsen. 

Wilkens Carl, ausKrumstadt 

Windrath, ans Barmen. 

Wirth, Dr. Friedei, aus 
Wörrstadt. 

Wolflf, Dr. med. vet. 

Alexander aus Dransfeld. 

Wolfstein, Leo, aus 
Gr. Lemkendorf. 

Zahn, Georg, ans Saar¬ 
brücken. 

Zeiner, Johann. 

Zimmermann, Richard, aus 
Schönau. 

1908. 

Albert, Paul Kurt, aus Plauen. 

Bachor, Rudolf, aus Lahna. 

Barnowsky, Oskar, aus 
Pakuß. 

Bartels, Gustav, ans Steinbke. 

Baum, Erwin, aus Deut¬ 
mannsdorf. 

Bernert, Arthur,aus Grottkau. 

Bode, Albert, aus 
Opperhausen. 

Böhm, Bruno, aus Piskorsine. 

Bosch, Eugen, aus Wesel. 

Brechtei, Georg, aus 
Pappenheim. 

Conradi, Peter, aus Elbingen. 

Dammhahm, Karl, a. Röglitz. 

Dietrich, Wilhelm, aus 
Brötzingen (Baden). 

Egen aus Dachau. 

Freyer, Andreas, aus 
Zippnow. 

Garrelts, Anton, aus Völlen. 

Grüttner, Felix, a. Köln a. Rh. 

Haag, Fritz, aus Görlitz. 

Hartje, Hans, aus Stendal. 

Hartmann, Ernst, aus Calbe. 

Hauckoldt, Erich, aus 
Fraustadt. 

Heine, Edmund, aus Eilsdorf. 

Henn, Walter, aus Braun- 
fcls a. Rh. 

Hey mann, Robert, aus 
Breslau. 

Heymanns, Otto, aus Jülich. 

Heyne, J. nugo, aus Krögis. 

Hirsch, Nathan, aus Stolp. 

Hölting, Heinrich, aus 
Westenholz (Westf.). 

Joop, Richard, aus Penchewo. 


Klump, Dr. Wilhelm, aus 
Darmstadt. 

Knoblauch, Cornelius, aus 
Essen. 

Kubitza, Gustav, aus 
Karchwitz. 

Laureil, Kaarle, aus Nystadt 
(Finnland). 

Lehnert, Edwin, aus 
Mehlauken. 

Lenze, Franz, aus Geseke. 

Lindt, Wilhelm, aus Nortorf. 

Loeve, Arthur, aus 
Widminnen. 

Mächens, Andreas, aus Gr. 
Algermissen. 

Mader, Gustav, aus Lewin. 

Malad, Alfred, aus Sprem- 
berg. 

Melzer, Hermann. 

Mühlenbruch, Christian, aus 
Othfresen. 

Murawski, Arthur, aus 
Stettin. 

Ohlinger. Joseph, aus 
Niederkontz. 

Pohl, Rudolf, aus Breslau. 

Prasse, Friedrich, aus 
Kühnem. 

Roeloffs, Karl aus Hönnepel. 

Rosenfeld, Ernst, ans Neu¬ 
wied. 

Rowold, Johannes, aus 
Sorsum. 

Sauer, Otto, aus Berlin. 

Schlögel, aus Freiberg i. Br. 

Schmidt, Karl aus Ansbach. 

Schneider, Gustav, aus 
Dortelweil. 

SchrÖdter, Paul, aus Zerbst. 

Schumacher, Georg, aus 
Elsheim. 

Schumann, Dr. med. vet. 
Kurt, z. Z. 1 j. Fr. im 
Train-Bat. in Leipzig. 

Spekker, Heinrich, aus 
Rorichum. 

Stark, Guido, aus Franken¬ 
stein (Schles). 

Steinke, Paul, ans Emmerich. 

Tang, Richard, aus Piepers¬ 
berg. 

Uhlmann, aus Cranzahl. 

Utzath, Otto, aus Loetzen. 

Wegener, Richard, aus 
Jacobshagen. 

Weiffenbach, Wilhelm, aus 
Waldkappel. 

Weineck, Kurt, aus Saalfeld. 

Werk, Albert, aus Pristara. 

Wittmann, Christ. Friedr. 
Karl, aus Unterwohlsbach. 

Wolf, Bruno, aus Berlin. 

Zeniecki, Adolf, aus Dirschau. 

Zimmermann, Rolf, aus Ober¬ 
waldenburg. 

Zniniewicz, Johann, aus 
Posen. 

Jahr der Approbation 
unbekannt. 

Bente. 

Hoffmann, W. 

Klußmann, Karl. 

Krage, Dr. Paul. 

Meyer, Gustav, (früher in 
Bochum). 

Oppermann, Alwin, aus 
Manchenguth. 

Patett. 

v. Petrykowski, Bernhard. 

Ruttkowske, G. 

Scheike, Georg, aus Winzig. 

Schmidt, Ludwig (früher in 
Arnberg). 

Schwartz, Eugen. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 






Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Riohard Schoetz in 
Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Dnrcli jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Original bei träge werden mit 60 Hk., In Petitsatz mit 
60 Hk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafle 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schuialtz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departement*-!’, ln CÖln. 


Professor Dr. Peter 

6taatstierarzt für Hamburg. 


VeterinUrrat Peters 

Departements T. in Biomberg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. ln Danzig. 


Dr. Richter 

Professor ln Dresden. 


Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte Ziindel 

Professor in Dresden. Professor in Freiburg. Profei-sor in Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarzt in Mülhausen L E. 


Helfer 

8cblach h.-Direktor in Mülhauren 1. E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg. 


Dr. Städter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. ,M. 29 . Ausgegeben am 16. Juli. 

Inhalt: Guerrini: Beitrag zu der Kasuistik der kompensatorischen Hypertrophie der Nebennieren. — Reichert: Mit¬ 
teilungen aus der Praxis. — Referate: Marchand, Petit und Pöcard: Diffuse subakute Meningo Enzephalitis beim 
Hund. — Floris: Schwefelkohlenstoff gegen Distomatosis. — Oadix und Pineau: Behandlung der blutig-serösen Ansamm¬ 
lungen durch Injektionen von reiner Jodtinktur. — Schade: Zur Wirkung des Antiperiostin. — Koppänyi: Über eine mit 
fibrinöser Pleuritis einhergehende Pyämie der Kaninchen. — Grimm: Untersuchungen über die bei der sog. „Kopfkrankheit“ 
der Pferde gefundenen Bakterien. — Zietzschmann: Beiträge zum Studium der Folgen der Thyreoidektomie bei Ziegen. — 
Pusch: Die Kindermilchproduktion in wirtschaftlicher und hygienischer Beleuchtung unter besonderer Berücksichtigung der 
im Rassestaile der Tierärztlichen Hochschule in Dresden gemachten Erfahrungen. — Pinn er: Das Ledumin. — Tagesgeschichte: 
Preuße: Nochmals die Pauschalvergütungen der Kreistierärzte. — Kurpfuschertum. — Verschiedenes. — Tierzucht und 
Tierhaltung: Maier: Über die 22. Wanderausstellung der Deutschen . Landwirtschaftsgesellsehaft in Stuttgart-Cannstatt. — 
Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


(Pathologisches Institut der Kgl. tierärztl. Hochschule za Mailand.) 

Beitrag zu der Kasuistik der kompensatorischen 
Hypertrophie der Nebennieren. 

Von Prof. 6uido 6uerrini, 

Direktor des Instituts. __ 

Ich hoffe, daß der vorliegende Fall von einiger Wichtigkeit 
ist wegen den Beobachtungen, die sich über denselben an¬ 
stellen lassen. 

Es handelt sich um eine kleine Hündin, welche in der 
Krankenabteilung der hiesigen Schule wegen einer Verwundung, 
die sie durch Überfahren von einem Vehikel (Motorrad) davon¬ 
getragen hatte, aufgenommen wurde. Das Tier starb nach 
drei Tagen und wurde in der pathologisch-anatomischen Ab¬ 
teilang des von mir geleiteten pathologischen Instituts sektioniert. 

Ans dem Sektionsprotokoll entnehme ich einige der inter¬ 
essantesten Vorgänge: 

Jahrgang 1908. Sektion Nr. XIX. Kleine Hündin, ans 
verschiedenen Rassen stammend, von vorgerücktem Alter, 53 cm 
lang. — Das Tier liegt auf der rechten Seite. Die äußere 
Besichtigung des Körpers bietet nichts Bemerkenswertes, mit 
Ausnahme von einer Wunde, die längs des hinteren linken 
Gliedes entlangläuft; dieselbe ist vernäht worden. 

Besichtigung nach Entfernung der Haut, Besichtigung der 
Mnndhöhle, der Rachen- und Halsorgane, der Bauchhöhle und 
der in derselben enthaltenen Teile, die jedoch keine besonderen 
Eigentümlichkeiten aufweisen, außer einem starken Grad von 
Anthracosis der Lungen und der Lymphdrüsen und einer leichten 
Trübung des Myokarden. Die Schilddrüse und die Neben¬ 
schilddrüsen sind vollständig normal. Das Bauchfell ist rot 
geworden. Die Blutgefäße desselben sind hyperämisch. Eine 
starke Blutanstauung hat sich in den Darmwindungen ein¬ 
gestellt. Diese Stauung geht bis zu den Nieren. In der rechten 
Niere herrscht großer Blutandrang sowohl auf der äußeren 
Oberfläche derselben als in der Rindensubstanz.. Die linke 


Niere zeigt dagegen die Rindensubstanz in einer weißlich¬ 
schmutziggrauen Farbe. In beiden Nieren löst sich die Kapsel 
nur schlecht ab. Die Nebennieren sind von unregelmäßig- 
kugeliger Form und sind bedeutend größer geworden, wie aus 
untenstehenden Angaben ersichtlich ist: 

Länge rechts 47 nun, links 31 mm 
Breite „ 27 „ „ 13 „ 

Dicke „ 24 „ „ 14 „ 

Die linke Nebenniere hat eine stark kongeste Oberfläche. 
Wenn man sie zerschneidet, so erscheint sie in die Gestalt 
einer dünnen, kreisähnlichen Schicht versetzt, deren Breite sich 
auf höchstens l / 4 mm beläuft und welche etwa so schmal wie 
ein Blatt Papier ist. Bei dem weiteren Verlaufe der Sekretion 
zeigt sich eine starke Anhäufung von gestautem Blute von 

dunkelroter Farbe und fester Form. Bei ganz vorsichtiger 
Behandlung gelingt es, diesen Blutkumpen, der sich im Innern 
der Nebenniere befindet, zu entfernen. Der losgelöste Blut- 

klnmpen hat die Form einer unregelmäßig-kugeligen Masse, 
während der übrige Teil der Nebenniere, von der der Blutklumpen 
losgelöst wurde, eine gleichmäßige, ebene Oberfläche zeigt, auf 
der beinahe keine Spur von Blut mehr haften geblieben ist. 
Die Oberfläche gleicht dem Membran einer Cyste die vom 
Parenchym der Nebenniere gebildet wird. Die rechte Neben¬ 
niere bietet weder äußerlich noch innerlich etwas Bemerkens¬ 
wertes außer der schon obenerwähnten Vergrößerung. Nachdem 
ich den Versuch Cr oft ans*) mit ein wenig Parenchym-Emulsion 
vorgenommen hatte erhielt ich ein positives Resultat. Der 
Pankreas ist in eine weiche blutige Masse verwandelt, ist form¬ 
los und von einer starken Blutstauung umgeben, welche die 
obenerwähnte Stauung im Innern der Bauchhöhle ist. Auch die 
Leber weist einen starken Blutandrang auf und ist der obere 

*)Croftan, Notiz über eine chemische Methode Hypernephrome 
der Niere von anderen Nierengeschwülsten zu unterscheiden. 
Virchows Archiv, Bd. CLXIX, S. 332. 








514 


nach hinten gelegene Teil sehr bröcklig nnd von dunkelroter 
Farbe. Die Kapsel ist unversehrt. 

Alle anderen in der Bauchhöhle sich befindenden Organe 
zeigen nichts Abnormales, obgleich die Untersuchung derselben 
sehr genau vorgenommen wurde. Das Gehirn, das Rückenmark, 
die Rftckenmarkshüllen und die Hypophysis sind normal. Diese 
Normalität der Rückenmarkshüllen zeigt sich auch in der 
Gegend, die nach den Eingeweiden zu liegt, welch’ letztere 
jedoch, wie schon gesagt, verändert sind. 

Ich will nicht auf die Beobachtungen von geringer Be¬ 
deutung eingehen, sondern bemerke, daß die wichtigsten Vor¬ 
kommnisse die nachstehenden sind: Bruch des Pankreas und die 
dadurch herbeigefnhrte Blutung, Kontusion an der Leber, 
Blutung der linken Nebenniere und Hypertrophie der rechten 
Nebenniere. 

Der Bruch des Pankreas und die Blutung sind 
zweifellos die Ursache der Verendung gewesen. 

Zur Vervollständigung der makroskopischen Beobachtung 
wurden mikroskopische Untersuchungen an allen Eingeweiden 
angestellt. Zusammen mit den allgemein üblichen Methoden 
wurden auch noch diejenigen angewendet, welche die Eigen¬ 
tümlichkeit des vorliegenden Falles beanspruchte (Nißl, Biondi, 
Biondi-Heidenhein, Galeotti, Altmann usw.). 

Wenn auch die mikroskopische Beobachtung nichts Be¬ 
merkenswertes gezeigt hat, so hat sie doch die durch die 
makroskopische Beobachtung erzielten Resultate bestätigt (z. B. 
im Pankreas und in der Leber). Die Schilddrüse, die Neben¬ 
schilddrüse und die Hypophysis sind in vollkommen normalem 
Zustande geblieben, sowohl in bezug auf Bau als auf Junktion 
(Sekretion). 

In der linken NebenÜiere ist der Häüptteil des Or^atis'vöü 
einem Detritum befallen, welches zum größten Teil von mehr 
oder weniger veränderten Rotblutkörperchen verursacht wurde. 
Unter den Rotblutkörperchen sind Leukocyten, Körnchen und 
kleine gelblich-braune Massen, die die mikrochemische Reaktion 
des Blutpigmentes zeigen, und Körnchen, Körperchen und Fasern, 
welche die mikrochemische Reaktion des Fibrin verursachen, 
deutlich sichtbar. Unter diesem Material befindet sich noch 
nichts, was in irgendeiner Weise auf das Parenchym der 
Nebenniere schließen läßt. 

Diese hämorrhagische Substanz ist ringsherum von einer 
dünnen Schicht fibrillärem Bindegewebe umgeben, das sehr viel 
Kerne mit wenig Chromatin enthält. Diese Kerne sind von 
länglicher Form und liegen mit ihrer Längsseite parallel zu 
den Fibrillen des Bindegewebes. In diesem Bindegewebe befindet 
sich keine Spur von zelliger Infiltration. Außerdem bildet es 
keine Fortsetzung zu dem Parenchym der Nebenniere, sondern 
ist teilweise durch die Blutung von einem regelmäßigen Epithel 
getrennt, hervorgerufen durch große hohe Zellen die aber von 
einem hellen Protoplasma und von dicken Kernen geliefert 
werden. In diesen Zellen sind weder Sekretions- noch Spuren 
von Degenerationsphänomen zu sehen. 

Außerhalb des Bindegewebesepiments ist das Parenchym 
der Nebenniere geblieben. Dasselbe befindet sich in verschiedenen 
Quantitäten an verschiedenen Stellen des Präparates. An den¬ 
jenigen Stellen wo es am geringsten vorhanden ist, setzt es sich 
aus wenigen Zellenlagern der Bindesubstanz zusammen, wo es 
jedoch reichlicher sich vorfindet, wird es durch Zellen der 
Binden- und der Marksubstanz gebildet. In diesem Falle ist 


No. 29. 


der Bau des restlichen Parenchyms derjenige einer ganz nor¬ 
malen Nebenniere. Die der Bindegewebeschicht am nächsten 
gelegenen Zellen zeigen einige degenerierte Absonderlichkeiten 
von verschiedenen Graden. 

Sofern es sich um Zellen der Bindensubstanz handelt, hat 
man auch besondere Fälle von veränderter Tätigkeit (Abnahme 
oder Unregelmäßigkeit in der Sekretion). 

Die rechte Nebenniere bietet, in ihren verschiedenen Lagen 
untersucht, nichts anderes als eine Zunahme des eigentlichen 
Parenchyms. Die Dimension der Zellen ist nicht größer gewor¬ 
den. Absonderlichkeiten betr. der Kernteilung zeigen sich nicht 
mehr als normal ist. Besondere Degenerationen sind überhaupt 
keine zu sehen. 

Es lassen sich auch keine außergewöhnlichen Fälle von 
Hypersekretion finden. Höchstens läßt sich behaupten, daß der 
Unterschied unter den verschiedenen Zonen der Rin den Substanz 
weniger auffällt. Aber dies ist nicht überall der Fall. An ver¬ 
schiedenen Stellen ist der Unterschied ganz klar und deutlich 
zu bemerken. Dabei läßt sich folgendes beobachten: Die Zellen 
der Zona glomerularis sind von bienenkorbähnlichem Bau. Die 
Dimension der Trabekeln ist beinahe gleichmäßig. Wenige 
Zellen enthalten hie und da breite Vakuolen, die teils leer, 
teils mit Körnchen angefüllt sind. Die Zellen der Zona fasci- 
colata haben einen ähnlichen Bau. Die Zellen der Zona reti¬ 
cularis scheinen mit Körnchen überladen, die sich in de*n 
Stroma des Protoplasmas anhäufen. In den Präparaten, welche 
mit Flemming oder auch mit der Flüssigkeit Hermann 
fixiert wurden, sind in den Zellen der Zona glomerularis wenige 
schwarze kleine, aber regelmäßige Körnchen enthalten. Die 
Zellen der Zona spongiosa enthalten dagegen größere ungleiche 
Tropfen, die braun oder dunkel gefärbt sind, jedoch selten 
schwarz. Nach der Zona reticularis zu sind diese Tropfen 
noch seltener. In den Präparaten, die mit Altmann fixiert 
wurden, nehmen diese Tropfen eine braune Farbe an. Nach 
den Methoden Altmann und Galeotti kann man die so¬ 
genannte Granula fuxinophila deutlich sehen. Dieselben sind 
in der Zona glomerularis in Gestalt von wenigen, kleinen 
Körnchen enthalten; sie sind aber sehr zahlreich in der Zona 
fascicnlata und in der Zona reticularis. In der Zona fasciculata 
sind sie dick und unregelmäßig, oft zusammengehäuft. In der 
Zona reticularis sind sie klein, aber regelmäßig verteilt. Es 
ist nicht schwer, sie von Granula von Pigment zu unterscheiden. 
Die Membran der Kerne ist überall rot gefärbt, der Inhalt der¬ 
selben ist dagegen grün. In der Zona spongiosa und reticularis 
enthalten die Kerne zahlreiche Granula fuxinophila. Die Blut¬ 
gefäße enthalten überall Granula fuxinophila. 

* 

Die bemerkenswertesten Vorgänge, die aus vorstehenden 
Beobachtungen hervorgehen, sind also: 1. Eine starke Blutung, 
die in der linken Nebenniere stattgefunden hat; 2. eine sehr 
beträchtliche Hypertrophie in der rechten Nebenniere; 3. der 
vollkommen normale Bau der Schilddrüse, der Nebenschilddrüsen 
und der Hypophysis. Die Beobachtung Nr. 1 dürfte wegen 
des außergewöhnlichen Charakters einiger Absonderheiten von 
Wichtigkeit sein. Die makroskopische Beobachtung hat gezeigt, 
wie das ganze Blut der Hämorrhagie eine Art Stauung hervor¬ 
ruft, die sich so gut von dem übrigen Parenchym der Neben¬ 
niere ablöste, daß beinahe kein Blutteilchen auf der Oberfläche 
des Parenchyms haften blieb (siehe oben). 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



16. Juli 1908. 


Die mikroskopische Beobachtung hat bewiesen, wie ein 
Sepiment des Bindegewebes zwischen dem restlichen Parenchym 
der Nebenniere und dem Blut der Hämorrhagie entstand, wie 
dieses Sepiment das ganze Blut der Hämorrhagie umgab und 
isolierte, und daß dieses Sepiment gar kein Kontinuitäts¬ 
verhältnis weder zu dem Gewebe der Nebenniere hat und noch 
weniger zu dem Blut der Hämorrhagie, vor dem es sogar durch 
einen Streifen von einer Schicht epithelialischer Zellen geschützt 
wurde (siehe oben). 

Die Resultate der makroskopischen und mikroskopischen 
Untersuchung und die Tatsache, daß in dem Blut der Hämor¬ 
rhagie sich nichts befand, was noch an die Struktur des Parenchyms 
der Nebenniere oder anderes erinnert, rechtfertigen die Hypo¬ 
these, daß die Blutung in einer Höhle geschehen ist, die schon 
existierte, bevor nur die Blutung stattfand. 

Wenn aber die hystologische Morphologie des Blutes von 
der Hämorrhagie mit Sicherheit zu behaupten gestattet, daß die 
Blutung kurz vorher stattgefunden habe, so läßt sich doch nicht 
viel sagen über die hystologische Morphologie der Neubildung, 
von der ich glaube, daß man sie als die Wand der Höhle be¬ 
trachten kann, in der die Blutung stattgefunden hat. Man 
kann nur mit Gewißheit ausschließen, daß es sich nicht um 
die Wand einer parasitischen Cyste handelt, oder auch um eine 
entzündliche Neubildung. Jedoch kann man nicht mit der 
gleichen Bestimmtheit behaupten, daß es sich z. B. nicht um 
eine kongenitale oder erworbene Neubildung handele. Es ist 
bekannt, daß in der Literatur eine große Anzahl von Beispielen 
der beiden Fälle beschrieben wurden. Ich wiederhole jedoch, 
daß die mikroskopische Untersuchung nicht gestattet, im vor¬ 
liegenden Fall die Frage vollkommen zu lösen. Höchstens 
kann man zugeben, daß der Zustand von vollkommen hysto- 
logischer Erhaltung nur die richtig funktionierende Tätigkeit 
des Parenchyms der Nebenniere und außerdem die Tatsachen, 
di© die Beobachtung Nr. 3 betreffen, die wir näher betrachten 
werden, uns eine gewisse Berechtigung geben, anzunehmen, 
daß es sich um eine erworbene Mißbildung handelt, d. h., daß 
dieselbe eingetreten ist, nachdem die Nebenniere schon den 
Grad von vollkommener Gleichmäßigkeit des Baus und ihrer 
richtig funktionierenden Tätigkeit erreicht hatte. 

Die Beobachtung Nr. 2 kann einen gewissen Wert haben, 
nicht weil die daraus gezogene Tatsache neu ist, sondern weil 
der hier erreichte Grad außerordentlich bemerkenswert ist. 
Auch in diesem Falle müssen wir das erhaltene Resultat der 
makroskopischen Untersuchung zusammen mit der mikroskopischen 
betrachten. Die mikroskopische Untersuchung hat gezeigt, daß 
das, was sich bezüglich der rechten Nebenniere konstatieren 
ließ, nur einfach eine Hypertrophie und eine Hyperplasie ohne 
jedes weitere Metaplasiephänomen ist. Die makroskopische 
Beobachtung hat dagegen bewiesen, daß die Dimensionen in 
toto des von der Nebenniere erreichten Grades bedeutend 
größer geworden sind. Der Wert der Beobachtung wird nicht 
durch die Tatsache beeinträchtigt, daß auch im normalen Zu¬ 
stande die Nebennieren des Hundes ihre Größe in ziemlichen 
Abständen verändern können. Günther*) gibt in der Tat in 
seiner Tabelle über die vergleichenden Größen der Nebennieren 
des Hundes die nachstehenden Durchschnittsziffern an: Dicke 

*) Günther: Die Nebennieren. (Siehe Ellenberger: Hand¬ 
buch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie der Haustiere. 
Berlin, Parey, 1906. 


515 

j der Kapsel 0,095—0,130 mm; Breite der Zona arenata 
0,180—0,240 mm; id. der Zona fasciculata 0,350—0,850 mm; 
id. der Zona reticularis 0,480 —0,600 mm. Wenn man um diese 
Zahlen mit den von mir oben wiedergegebenen vergleicht, und 
wenn man bedenkt, daß es sich in unserem Falle um einen 53 cm 
großen Hund handelt, so zeigt sich hiermit der hohe Grad von 
Hypertrophie und Hyperplasie, der von dem in Frage Btehenden 
Organ erreicht wurde. 

Dagegen (und dies ist besonders nützlich für die Diagnoxis 
von Hyperplasie) unterscheiden sich die Dimensionen der Zellen, 
der Körnchen der Zellen und der anderen hystologischen Ab¬ 
sonderlichkeiten der Nebenniere nur wenig von den von Günther 
in seiner Tabelle aufgestellten Dimensionen. 

Aber wie läßt sich jetzt die Hyperplasie und die Hypertrophie 
in der Nebenniere in toto erklären? Ich glaube, daß es nicht 
möglich ist, sie anders als folgendem aßen zu erklären. Wahr¬ 
scheinlich handelt es sich hier um ein Kompensationssymptom 
und ist die Ursache der Hypertrophie und Hyperplasie der 
linken Nebenniere in der Verwundung der rechten Nebenniere 
zu suchen, aber sicherlich nicht in der Blutung, sondern in der 
Veränderung der Drüse, von der ich vermute, daß sie schon 
existierte, bevor nur die Blutung stattfand und aus der sich ja 
gerade die Höhle gebildet hat, in die nach meiner Ansicht das 
Blut der Hämorrhagie hineingelaufen ist. In der Tat könnte die 
Blutung nicht die Ursache der Hypertrophie sein, selbst wenn 
sie auch die Zerstörung eines so großen Teiles des Parenchyms 
der Drüsen hervorgerufen hätte, denn die Hämorrhagie ist erst 
kurz vorher verursacht worden (wie die Hystologie des Blutes 
derselben beweist), während dagegen die Hypertrophie schon 
älteren Ursprungs sein muß, schon'deswegen, weil in kurzer Zeit 
die Hypertrophie und die Hyperplasie der Nebenniere nicht 
diesen hohen Grad hätten haben können, den sie in der Tat 
erreicht haben; selbst wenn auch die Hypertrophie und die 
Hyperplasie kurz vorher eingetreten wären, so müßte man in 
dem Parenchym der hypertrophischen und hyperplastischen 
Nebenniere Symptome von Zellenmultiplikation, Hypersekretion 
und ungleichmäßiger Sekretion wahrnehmen. Diese Anzeichen 
fehlen aber. 

Wollte man dagegen zugeben, daß die Hypertrophie und 
Hyperplasie eine Folge von der Verwundung sei, durch welche 
die Abnahme des funktionierenden Parenchyms der auf der 
anderen Seite gelegenen Nebenniere entstand, so könnte man die 
pathologisch-anatomische Verkettung der beobachteten Tatsachen 
wie folgt erklären: a) daß die Hypertrophie und die kompen¬ 
satorische Hyperplasie einen so hohen Grad erreicht habe, weil 
das funktionierende Gewebe, das ersetzt werden mußte, sehr 
groß war; b) daß das Fehlen von Hyper- und Metasekretion¬ 
symptome in der hyperthropischen und hyperplastischen Neben¬ 
niere von der Tatsache abhängig ist, daß zurzeit der Beobach¬ 
tung die Kompensation schon ein derart altes Phänomen war, 
daß die funktionierende Gleichmäßigkeit der Nebennieren Zeit 
genug gehabt hätte, um sich heranzubilden und zu befestigen. 

Ich füge außerdem noch hinzu, daß 1. der Umstand, daß 
die hyperpIftBtische und die hypertrophische Nebenniere die 
Gestalt einer vollkommen normalen Nebenniere aufweist (die 

*) Günther. Die Nebennieren Siehe: Ellenberger. 

Handbuch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie der 
Haustiere. Berlin, Parey 1906. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


516 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 29. 


größeren Dimensionen ausgenommen, und 2. die Tatsache, daß 
die übrigen Drüsen mit innerer Sekretion eine vollkommene 
Normalität der Tätigkeit und des Baues zeigen, einen gewissen 
Wert haben, um die Behauptung aufzustellen, daß die Zerstörung 
des Parenchyms der linken Nebenniere nur stufenweise erfolgt 
ist und nicht rasch und unvorhergesehen. Die Beobachtung 
Nr. 3 hat schließlich einen gewissen theoretischen Wert. Die 
aufgestellten Hypothesen, um die Bildung der Hypertrophie und 
der Hyperplasie zu erklären und die bezüglich der vikarierenden 
Vorgänge der mit sekretorischen Eigenschaften behafteten Organe 
aufgestellten Hypothesen sind bekannt. Ich sehe daher davon 
ab, sie nochmals zu berücksichtigen, um so mehr, als es zweck¬ 
los ist darauf näher einzugehen ohne darüber zu kritisieren und 
beschränke mich darauf, nur auf eine einzige Frage zu kommen, 
die schon öfters erörtert wurde. Kann man von einer wirklich 
funktionierenden Vikariation zwischen zwei nicht ganz identischen 
Organen sprechen? Kann man z. B. zugeben, daß die Schild¬ 
drüse die Tätigkeit der Hypophysis ersetze und die Hypophysis 
die Tätigkeit der Nebennieren? Einige bejahen dies auf Grund 
von bystologischen und hystopbysiologischen Beobachtungen, 
andere verneinen es, indem sie über den Fall kritisieren. Die 
letzteren erklären die Hypertrophie sensu stricto nicht als ein 
Kompensationsphänomen aber immerhin als eine Arbeitshyper¬ 
trophie, die dadurch verursacht worden sei, daß sich im 
Organismus sowohl qualitativ wie quantitativ abnormale Substanzen 
angehäuft haben, die die Folgen von einer allgemeinen Unordnung 
durch die abnehmende Fähigkeit in der Tätigkeit des veränderten 
Organs sind (Vassate). 

In diesem Fall stehen wir nun vor dem nachstehenden 
Sachverhalt: Wir habei^ auf der einen Seite, zwei, identische 
Drüsen (rechte und linke Nebenniere) und auf der andern Seite 
eine Gruppe von Drüsen, die sich unter sich ähnlich sehen und 
die den obengesagten zwei Drüsen ähneln, welch letztere wieder 
unter sich gleich sind (Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und 

Hypophysis). Nun hat eine von den beiden unter sich 
identischen Drüsen zum größten Teil ihre eigene Tätigkeit ver¬ 
loren, und ist diese Tätigkeit von der andern identischen 
Drüse ausgeführt worden. Keine von den sich ähnlichen Drüsen 
hat dagegen zur Kompensation beigetragen. Nach der Hypothese I 
derjenigen, welche einen kompletten Ersatz durch die Drüsen, 
die sich nur ähnlich sehen, für möglich halten, ist die Erklärung 
nicht ganz leicht. Ohne weiter auf die Lehrfrage, welche 

Ursachen die kompensatorische Hypertrophie einer Drüse her¬ 
vorbringen können, einzugehen, können wir uns darauf be¬ 
schränken, zu konstatieren, daß der erste Antrieb hierzu von 
einem funktionalen Stimulum kommen muß. Wenn also mehrere 
Drüsen in gegebenen Umständen zu der gleichen Tätigkeit 

fähig sind, wie kann man dann erklären, daß der gleiche 

Stimulum nur auf einige Drüsen ein wirke (in unserm Fall sind 
die identischen gemeint) und nicht auf alle (im vorliegenden 
Fall die sich ähnlich sehenden)? Man müßte gerade behaupten, 
daß der gleiche Stimulum, obgleich er ebenso stark auf alle 
Drüsen ein wirkt, auch stärker auf einige Drüsen einwirken 
könne (die identischen), was doch in sichtlichem Widerspruch 
zu der Grundlehre steht. Dagegen nach der Hypothese der¬ 
jenigen, nach welcher die vikarierenden Vorgänge bloß zwischen 
identischen Drüsen geschehen können und die Hyperfunktion 
der sich ähnlichen Drüsen nur ein sekundäres Vorkommen ist 
(wie oben), läßt sich die Sache bedeutend besser erklären. 


Man könnte daher denken, daß die rechte Nebenniere die 
linke allein ersetzt habe und die anderen Drüsen mit innerer 
Sekretion gerade deshalb normal geblieben seien, weil der Ersatz 
schon gleich von Anfang an vollständig gewesen ist, und habe 
dadurch die Anhäufung von abnormalen Substanzen im Organis¬ 
mus nicht stattfinden können, welche das funktionierende Stimu¬ 
lum ersetzt haben würde, der dazu dienen sollte, die Hyper¬ 
trophie und die Hyperplasie der anderen Drüsen mit innerer 
Sekretion hervorzurufen. 

Mit anderen Worten: ich glaube, daß die hystophysiologische 
und die hystopathologische Beobachtung des vorliegenden Falles 
eine Schlußfolgerung abgeben könne, um die Theorie der Vassate 
über den Unterschied zwischen der kompensatorischen Hyper¬ 
trophie sensu stricto und der sekundären Hypertrophie der 
Drüsen mit innerer Sekretion noch zu bekräftigen. 

Mitteilungen aus der Praxis. 

Von Tierarzt Reichert-Hoflieim. 

In der Annahme, daß die Kleinvieh-Praxis in den Ver¬ 
öffentlichungen meist etwas stiefmütterlich behandelt wird, will 
ich gerade aus diesem Gebiete einige Fälle, die in meiner 
Praxis vorgekommen sind, zur Kenntnis bringen. 

I. 

Am 20. Januar 1907 wurde ich nach V. zu einem Kalbe 
gerufen, das am vorhergehenden Tage zur Welt gekommen 
war. Laut Vorbericht fehlte dem Kalbe der After. Beim 
Drängen des Tieres auf den Kot sei Darmpech durch den Nabel 
abgegangen, jedoch nur am Tage der Geburt, am nächsten aber 
nicht mehr. — Die Untersuchung bestätigte, daß der Anus 
fehlte, doch zeichnete sich derselbe in der Haut deutlich ab, 
wenn das Kalb auf den - Kot drängte. — Es wurde zur 
Operation geschritten, doch konnte nach Anlegen des Kreuz¬ 
schnittes keine Öffnung im Mastdarm hervorgebracht werden, 
selbst nicht, nachdem ich mit der * ganzen Länge des Zeige¬ 
fingers in der Richtung des Mastdarms vorgedrungen war. Es 
mußte also eine Verwachsung des Darmes von größerer Aus¬ 
dehnung vorliegen. — Nach der Schlachtung des Tieres stellte 
ich wirklich eine Verwachsung des Mastdarmes in der Länge 
von 20 cm fest. Dieses Endstück war vollkommen unwegsam 
und hatte die rote Farbe, das Aussehen und die Konsistenz 
eines Muskels. Da, wo das Darmlumen auf hörte, hatte sich 
fast ein Liter dünnflüssigen Kots gestaut. Etwa 2 cm vor dem 
Anfangspunkt der Verwachsung führte ein Kanal von Bleistift- 
dicke und 6 cm Länge nach der Harnblase, die ebenfalls mit 
dünnflüssigem Kot gefüllt war. Der Urachus war geschlossen, 
so daß also nunmehr kein Kot vom Mastdarm durch die Harn¬ 
blase nach außen geschafft werden konnte, wie dies gleich nach 
der Geburt gesehen worden war. 

II. 

Am 30. Januar d. J. wurde ich wegen Retentio secundinarum 
zu einer Kuh gerufen. Die Secundinae wurden manuell entfernt. 
Es handelte sich um eine kleine, elende Kuh, die, wie meine 
Untersuchung ergab, stark tuberkulös war. Ich teilte dies dem 
Besitzer mit, indem ich ihn zugleich auf die Gefahr aufmerksam 
machte, die für das Kalb daraus erwüchse. Als ich mir das 
letztere zeigen ließ, bemerkte ich zu meinem Staunen, daß das¬ 
selbe, obwohl sehr munter, nur wenig größer war als ein 
Ziegenlamm. Auf Befragen wurde mir erzählt, daß die Kuh 




16. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


517 


früher stets große Kälber geboren hätte, auch sei gesundheitlich 
nichts an ihr auszusetzen gewesen. Erst im letzten Jahre habe 
sie zu husten angefangen, doch habe man sie trotzdem trächtig 
werden lassen, weil sie eine sehr gute Milchkuh gewesen sei. 
Während der letzten Trächtigkeitsperiode habe sie mehr ge¬ 
fressen als irgend eine Kuh im Stall, und um so größer sei 
daher die Verwunderung gewesen, daß sie ein so kleines Kalb 
geboren habe. — Nach etwa 12—14 Tagen wurde die Kuh für 
ganze 25 M. verkauft. 

Als das Kalb 17 Tage alt war, wurde es an den Metzger 
verkauft. Bei der Fleischbeschau stellte ich folgendes fest: 
Das Tier hatte sich ganz gut entwickelt und hatte nunmehr 
annähernd die Größe eines normalen neugeborenen Kalbes er¬ 
reicht. Am toten Tier konnte ich wahrnehmen, daß beide 
Nieren in der Rinden Schicht reichlich mit Tuberkeln von der 
Größe eines Hirsekorns bis zu der eines Stecknadelknopfes 
durchsetzt waren. Die Farbe der Tuberkeln war grauweiß bis 
gelblich. Einige Renculi waren mit einer roten Entzündungs¬ 
zone umgeben. Die portale Lymphdrüse der Leber war ver¬ 
größert und fühlte sich hart an. Beim Durchschneiden knirscht 
das Messer, und das Drüsengewebe ist ganz durchsetzt von 
kleinen, gelben Punkten. An dem scharfen Rande der Leber, 
etwa 2 cm von der Gallenblase entfernt, sitzt ein gelber fester 
Knoten von Erbsengröße mit käsigem Inhalt. Die Gekrös- 
lymphdrüsen sind geschwollen, eine davon ist so groß wie eine 
Walnuß. Konsistenz ist derb, das Messer findet beim Durch¬ 
schneiden Widerstand. Das Drüsengewebe sieht fast knorpelig 
ans. Die Bronchialdrüsen sind geschwoUen. Die linke ist sehr 
saftreich. Die rechte ist zur Hälfte von derber Konsistenz und 
schneidet sich schwer. An der dem Herzen zugekehrten 
Fläche der Lungenflügel sitzen unter der Pleura einige grau¬ 
gelbliche, sich derb anfuhlende, auf dem Schnitt glasige 
Knötchen von Stecknadelkopfgröße. — Bemerken möchte ich, 
daß das Kalb von seiner Mutter sofort fortgenommen worden 
war, also sich kaum durch deren Milch infiziert haben kann, es 
muß also zum mindesten an eine intrauterine Infektion gedacht 
werden. 

III. 

Am 17. Februar d. J. habe ich die Sektion einer dreijährigen 
Ziege vorgenommen. Der Vorbericht lautete, daß dieselbe in 
den letzten drei Wochen fast gar nicht mehr habe aufstehen 
und nicht mehr ohne Hilfe habe stehen können. Gefressen habe 
sie, wenn auch nicht so gut, wie früher, bis zum letzten Augen¬ 
blick; Schmerzen habe sie nur beim Urinieren gezeigt. 

Es handelte sich um eine sehr magere Ziege, die nirgends 
Fettansammlung aufweist, dagegen sind allenthalben die Merk¬ 
male allgemeiner Wassersucht vorhanden. Abgesehen hiervon 
sind die Bauch- und Brusteingeweide normal bis auf die linke 
Niere. Bei der Exenteration derselben fällt es auf, daß sie auf 
ihrer Unterlage vollständig festgewachsen ist, so daß bei der 
Loslösung eine gewisse Gewalt angewendet werden muß. Die 
Niere hat normale Größe, sieht weißlich - grau aus und hat 
teigige Konsistenz. Nach Anlegung eines Schnittes quillt aus 
der Niere gelbweißer, homogener, musartiger Eiter. Die Rinden¬ 
schicht hat nur noch die Dicke von 1 mm, das normale Gewebe 
ist darin mikroskopisch noch erkennbar. Die Niere war also 
nichts weiter mehr als ein Abszeß mit dicker Kapsel. Meta¬ 
stasen waren nirgends zu finden. 


Referate. 

Diffuse subakute Meningo-Enzephalitis beim Hnnd 

Von Marchand, Petit und Pöcard. 

(Recuell de’Alfort, 15. Juni 1907.) 

Eine zweijährige Bordeaux-Dogge, die vor mehreren Monaten 
an Staupe gelitten und sich seitdem nie recht erholt hatte, wurde 
am 7. Mai 1906 der Alforter Klinik zugeführt mit dem Berichte, 
daß sie seit einiger Zeit ihre Munterkeit und Lebhaftigkeit ver¬ 
liere und abmagere. 

Das Tier ist mager, dünnleibig, schläfrig und abgestumpft, 
ohne Fieber. Es fallen besonders Zuckungen des linken Schläfen¬ 
muskels auf. Der Zustand des Tieres verschlimmert sich zu¬ 
sehends, sein Gang wird schwankender, sein Sehvermögen nimmt 
ab, so daß es beim Gehen an die Mauer anstößt, es wird immer 
schwächer. Oft bleibt es lange mit gesenktem Kopfe und aus¬ 
gestreckten Vorderfüßen unbeweglich stehen. 

Bei der Untersuchung am 17. Mai geht der Hund im immer 
kleiner werdenden Kreis herum, zuerst von links nach rechts, 
später nach beiden Richtungen. Mit jedem Tag wird er ab¬ 
gestumpfter, so daß er oft stundenlang unbeweglich in seinem 
Stalle steht und die Augenlider fast immer geschlossen hält. 
Der Pupillarreflex ist normal. Es bestehen Zuckungen der 
Thoraxmuskulatur und besonders des linken Schläfenmuskels. 

Vor dem Töten des Hundes, was am 21. Mai geschieht, 
bleibt er da stehen, wo man ihn gerade hinstellt, um sich nach¬ 
her auf seinem Hinterteil zu setzen. Die Sensibilität hat sehr 
abgenommen. Gesicht und Gehör funktionieren noch. An dem 
linken Schläfenmuskel, dem Kaumuskel und dem Kreismuskel 
des linken Augenlides bestehen heftige Zuckungen. 

Sektion. Die konvexe Oberfläche der Großhirn-Hemi¬ 
sphären zeigt Läsionen von Meningität, die sich mehr auf der 
rechten als auf der linken und da hauptsächlich vor der Kreuz¬ 
furche (fissura eruciata) darbieten und in einer Trübung und 
deutlichen Granulation der weichen Gehirnhäute bestehen. 

Histologische Untersuchung. Die weichen Gehirnhäute (Pia 
und Arachnoidea) sind besonders zwischen den Gehirnfurchen 
verdickt von embrionalen Zellen infiltriert und mit der unter 
ihnen liegenden Gehirnrinde verwachsen. Sowohl in der grauen 
als auch in der weißen Substanz der Gehirnrinde besteht eine Peri- 
Arteriitis aller mittleren Gesäße, so daß jede Arterie in einem 
Entzündungsherd drin sitzt. 

Die Gehirnganglienzellen sind wenig granuliert und die 
meisten haben ihren Kern exzentisch. Die Längsbündel haben 
an Zahl abgenommen und sind stellenweise degeneriert. 

Im Kleinhirn finden sich die gleichen Läsionen wie im 
Großhirn und sind für etwas weniger ausgeprägt. 

Im Bereiche des verlängerten Marks sind die weichen Ge¬ 
hirnhäute verdickt und von Embryonalzellen infiltriert. Es ist 
starke Arteriitis vorhanden. 

Wie schon gezeigt, hatte der Hund klinisch, zu gleicher 
Zeit sowohl Bewegungs- als auch psychische Störungen gezeigt, 
von denen die ersteren besonders ausgeprägt waren. 

Die diffuse subakute Meningo-Enzephalitis verläuft beim 
Menschen mit Geistesstörungen (Geistesschwäche, Wahnideen), 
die auch mit Bewegungsstörungen gepaart sind. 

Obiger Befund ist ein Beweis, daß die diffuse subakute 
Meningo-Enzephalitis nicht nur eine dem Menschen eigentümliche 
Krankheit ist, und sie auch einem anderen Virus als dem 
Syphilisvirus ihre Entstehung verdankt, nur sind beim Hunde, 



518 

der im Vergleiche zum Menschen nur eine rudimentäre Intelli¬ 
genz besitzt, dabei ganz besonders die Bewegungsstörungen 
ausgeprägt. 

Helfer. 

Schwefelkohlenstoff gegen Distomatosis. 

Von königl. ung. Tierarzt Rudolf Floris-Györ. 

(AUatorvosi bapok 1907, Xr. 45.) 

Im laufenden Jahre sind in Ungarn größere Überschwem¬ 
mungen vorgekommen und die hatten zur Folge, daß auch die 
Distomatose an mehreren Orten in größerem Maße aufgetreten 
ist. Bisher kannte man kein Mittel, welches, innerlich gegeben, 
die Leberegeln getötet und entfernt hätte. Man beschränkte 
sich daher bei der Behandlung der Distomatose auf gute Er¬ 
nährung und gab höchstens bittere Arzneien mit Mittelsalzen. 
In vielen Fällen ist dabei auch 50 Proz. des Viehbestandes 
zugrunde gegangen. 

Anfangs dieses Jahres veröffentlichte Obertierarzt Julius 
Taar seine Versuche, welche er bei Pferden gegen Würmer 
mit Schwefelkohlenstoff machte. Floris machte nun ähnliche 
Versuche bei der Distomatose. Er verwendete den Schwefel¬ 
kohlenstoff (Carboneum sulfuratum, CSj) in Gelatinakapseln zu 
10—15 g pro dosi. Schon am nächstfolgenden Tage, nach der 
Eingabe des Schwefelkohlenstoffes, war der Kot konsistenter, 
von dunkelbrauner Farbe und sehr üblem, durchdringendem 
Geruch; bei jeder DefÜkation konnte man aber 5—10 Dietomum 
im entleerten Kot bemerken. Die erwähnte Gabe wurde sowohl 
beim Jungvieh, wie beim Erwachsenen wöchentlich 3—4mal 
wiederholt. Während der ganzen Behandlung zeigten sämtliche 
Tiere großen Appetit. Eine unangenehme Nebenwirkung des 
Schwefelkohlenstoffes wurde nicht beobachtet. Die Behandlung 
ist dabei sehr billig, da eine Dosis nur 15 Heller kostet. 

Dr. Z. 

Behandlung der blutig-serösen Ansammlungen durch 
Injektionen von reiner Jodtinktur. 

Von Cadix und Pineau. 

(Recueil d'Alfort, 15. Mai 1908.) 

Schon seit ihrer Bekanntgabe durch Joyeux im Jahre 1903 
wenden die Verfasser die Injektionen von reiner Jodtinktur zur 
Behandlung der Sehnengallen, der Cysten und der blutig-serösen 
Ansammlungen an, auf welch letztere sie in ihrer Abhandlung 
näher eingehen. 

Nachdem sie den um den hervorragendsten Punkt der Ge¬ 
schwulst liegenden Teil aseptisch gemacht haben, so stechen sie 
dieselbe mit einer dicken Hohlnadel an, lassen etwa ein Drittel 
des flüssigen Inhalts herausfließen und spritzen je nach der 
Größe der Tasche 1—4 g Jodtinktur hinein, massieren die ganze 
Geschwulst, so daß sich die Tinktur recht mit dem Inhalt ver¬ 
mischt und an die Wandungen herankommt. Ist die Geschwulst 
von vornherein von einem Ödem umgeben, so machen sie vorher 
einige Tage lang adstringierende Aufschläge von Lehm oder 
kohlensaurem Kalk oder schwefelsaurem Eisen und Essig. 

Nach der Injektion nimmt das Volumen der Geschwulst 
recht schnell zu, um während 6 — 8 Tagen stationär zu bleiben, 
worauf die Resorption der Flüssigkeit beginnt, die nach 14 Tagen 
erfolgt ist. Während der ganzen Behandlungszeit können die 
Pferde zur Arbeit verwendet werden. 

Helfer. 


No. 29. 


Zur Wirkung des Antiperlostin. 

Von Amtstierarzt Schade-Dresden. 

^Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1908, Nr. 19.) 

Schade hatte Gelegenheit bei einem Pferde mit vorn 
beiderseitigen und gleichgroßen Überbeinen an dem einen Beine 
Dr. Kleins Antiperiostin Quecksilber-Jodkantharidenpräparat) 
und an dem anderen Beine ein scharfes Pflaster zu applizieren. 
Das mit dem scharfen Pflaster behandelte Überbein war zirka 
um */a seiner Höhe und Ausdehnung zurückgegangen, während 
das mit Antiperostin behandelte nahezu völlig beseitigt war. 

Rdr. 

Über eine mit fibrinöser Pleuritis einhergehende 
Pyämie der Kaninchen. 

Mitteilung aus dem Institut für Seuchenlehre der Kgl. Ungar. 

Tierärztlichen Hochschule. 

Von Emerich Kopp&nyi, 

Assistent des Instituts. 

(Zeitschrift für Tiermedizin XI. Bd. 6. Heft.) 

Koppänyi, hatte Gelegenheit eine Kaninchenseuche zu be¬ 
obachten und zu studieren, die von den von Beck, Kraus, 
Tartakowszky, Volk, Eberth und Mandry und von Süd- 
mersen beschriebenen Kaninchenseuchen verschieden ist. Es 
handelt sich um eine zumeist akut verlaufende, fieberhafte 
infektiöse Erkrankung, in deren Verlauf sich eine eiterig-fibrinöse 
Pleuritis und Perikarditis, mitunter auch eine Peribronchitis 
entwickelt, während in mehr chronischen Fällen außerdem auch 
eiterige Abszesse im Unterhautbindegewebe entstehen. Der 
Krankheitserreger ist ein aerober, polymorph gestalteter, von 
einer Kapsel umhüllter, nur bei Körpertemperatur und auf 
eiweißhaltigen Nährböden wachsender Bazillus, der sich in 
größter Anzahl im pleuritischeri Exsudat vorfindet und fÜt deü 
Koppänyi den Namen „Bacillus capsulatus pyaemiae cunciuli 
(Tyobazillus capsulatus cuniculi“) vorschlägt. Rdr. 

Untersuchungen Aber die bei der sog. „Kopfkrankheit“ 
der Pferde gefundenen Bakterien. 

Inaugural-Dissertation, Gießen 
von Tierarzt Hans Grimm aus Waldsee (Württemberg). 

Unter dem Namen „Kopfkrankheit u versteht man eine in 
Württemberg seit längerer Zeit bekannte und gefürchtete Er¬ 
krankung des Zentralnervensystems beim Pferde, welche in 
genanntem Lande alljährlich nicht unerhebliche Opfer fordert. 
Über die Ätiologie dieser Krankheit sind die Ansichten noch 
geteilt. Einige rechnen die „Kopfkrankheit u der subakuten 
Gehirnentzündung zu, andere wiederum halten dieselbe für iden¬ 
tisch mit der sogenannten Bornaschen Krankheit. Während für 
letztere nach den Untersuchungen von Siedamgrotzky, Schlegel, 
John und Ostertag, gewisse Bakterien in ursächliche Beziehung 
gebracht werden können, fehlen derartige Untersuchungen für 
die „Kopfkrankheit“ noch völlig. Neuerdings ist es Zwick- 
Stuttgart gelungen, aus der Ventrikelflüssigkeit von 8 an der 
„Kopfkrankheit“ gestorbenen Pferden Streptococcen zu züchten, 
die unter einander übereinstimmende Merkmale aufweisen. G. hat 
nun diese acht Bakterienstämme einer eingehenden, vergleichen¬ 
den Prüfung bezüglich ihres kulturellen und biologischen Ver¬ 
haltens unterzogen. Weiterhin hat G. in zwei weiteren Fällen 
der „Kopfkrankheit“ dieselben Bakterien nachgewiesen. Endlich 
sind vom Verfasser noch eine Anzahl gesunder Pferde auf das 
Vorhandensein von Bakterien im Gehirn kurz nach dem Tode 
geprüft worden. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



16. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Auf Grund seiner Untersuchungen gelangt G. zu folgenden 
Schlußfolgerungen; 

1. In der Ventrikelflüssigkeit der mit der sogenannten 
„Kopfkrankheit“ behafteten Pferde werden regelmäßig Strep¬ 
tococcen angetroffen, die im Vergleich mit den von Ostertag 
gefundenen Borna-Streptocoecen keine wesentlichen Unterschiede 
darbieten. 

2. In der Gehirnflüssigkeit gesunder Pferde sind schon 
wenige Stunden nach dem Tode Coccen (Staphylococcen und 
Streptokokken) nachweisbar, welche in ihren Eigenschaften von 
den Borna-Steptococcen abweichen. Dieser Satz muß allerdings 
insofern eine Einschränkung erfahren, als der eine Stamm manche, 
allerdings nicht weit gehende Ähnlichkeit aufgewiesen hat mit 
den Streptococecn der Bornaschen Krankheit. 

3. In Berücksichtigung der weitgehenden Übereinstimmung 
des klinischen Bildes und der bei beiden Krankheiten gefundenen 
Bakterien ist G. geneigt, anzunehmen, daß die in Württemberg 
unter der Bezeichnung „Kopfkrankheit“ bekannte Erkrankung 
der Pferde und die in Sachsen auftretende Bornasche Krankheit 
als ein und dieselbe Krankheit aufzufassen sind. 

Schmidt-Tetzlaff. 

Beiträge zum Stadium der Folgen der Thyreoidektomie 
bei Ziegen. 

Vortrag, gehalten zur 

Zschokke-Feier, von Prof. Dr. Zietzschmann-Zürich. 

(Archiv für wisaeiuchaftl. und prakt. Tierheilkunde, 33. Band, 4. u. 5. Heft.) 

Zietzschmann hat eine Reihe von Schilddrüsen-Exstir- 
pationen bei Ziegen vorgenommen und die daraus sich ergebenden 
Wahrnehmungen einer kritischen Würdigung unterzogen. Die 
Operation machte nicht besondere Schwierigkeiten, immerhin 
bedingt der große Blutgefäß-Reichtum eine gewisse Vorsicht. 
Die Heilung trat immer per primam ein. Die Exstirpation 
der Drüse geschah total, etwaige Teile eines Isthmus wurden 
nicht stehen gelassen. Den letzteren trifft man bei Ziegen nicht 
selten an, er wird auch zuweilen durch einen deutlich abgesetzten 
bindegewebigen Strang ersetzt. Zur Operation gelangten 14 er¬ 
wachsene milchende und 3 junge, noch im Wachstum befindliche 
Ziegen. Von den ausgewachsenen Tieren ließen 4 bei der 
Sektion die Gegenwart einer accessorischen Schilddrüse erkennen, 
bei einem fand sich ein parenchymatöser Isthmus. Von den 
verbleibenden 9 Tieren erkrankten 2 unter leichteren, 3 unter 
schwereren Symptomen, die mit dem Tode endigten. Der Rest 
von 4 Ziegen, die keinerlei Erscheinungen bis zur Tötung 
zeigten, wurde zu kurze Zeit beobachtet, als daß man ein end¬ 
gültiges Urteil abgeben könnte. Die Folgen der Thyreoidektomie 
bestehen in: 1. Störungen des Nervensystems (fibrilläre 
Zuckungen, Krämpfe, Stupor, Gleichgewichtsstörung), 2. Stö¬ 
rungen des Stoffwechsels (Abmagerung, myxödematöse Ver¬ 
änderungen des Bindegewebes, Hauterscheinungen, Anämie). 

Bei den jungen Ziegen beobachtet man nach der Exstir¬ 
pation der Schilddrüse sofort eintretende Wachstumshemmung 
und Atrophie, in selteneren Fällen myxödematöse Erscheinungen. 

Um die Frage zu prüfen, ob Gaben von Schilddrüsenpräpa¬ 
raten (Thyreoidintabletten) den Verlauf der nach der Schild- 
drüsenexBtirpation auftretenden Krankheitserscheinungen zu be¬ 
einflussen imstande sind, wurden 5 Versuche mit den operierten 
Tieren angestellt. Die erhaltenen Resultate lassen daran denken, 
daß durch die Schilddrüsengaben der Verlauf der entstehenden 


Krankheit abgemildert werden kann. Weitere Untersuchungen 
sind aber zur völligen KlarsteHung unbedingt nötig. 

J. Schmidt.. 

Die Kindermilchprodnktion in wirtschaftlicher und 
hygienischer Beleuchtung nnter besonderer Berück¬ 
sichtigung der im Rassestalle der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Dresden gemachten Erfahrungen. 

Von Medizinalrat Prof. Dr. Pusch in Dresden. 

(Zeitschr. für Infektiouskr&nkb., paras. Krankl), u. Hyg. der Haustiere, ßd. III, 8. 401.) 

Pusch hat in vorliegender umfangreicher Arbeit die viel¬ 
fachen Erfahrungen niedergelegt, die er während des nunmehr 
fünfjährigen Bestehens des Rassestalles der Dresdner Hoch¬ 
schule bezüglich der mannigfachen Fragen der Milch-, ins¬ 
besondere der Kindermilchproduktion gesammelt hat. — Nach 
kurzer Schilderung der Einrichtung und des Betriebs des Rasse¬ 
stalles sowie Besprechung der Beziehungen zwischen Kuhmilch¬ 
genuß und Tuberkulose wendet sich Pusch zur Frage der 
Kindermilchgewinnung und zum Betriebe der Milchkuranstalten, 
wobei er zunächst bei dem Gesundheitszustand der Kühe näher 
verweilt. Pusch geht des Näheren auf den Wert der Tuber- 
kulinisation ein. Er erinnert an die Möglichkeit des Vor¬ 
gespritztseins neu eingestellter Tiere. Kennt man die Herkunfts¬ 
verhältnisse der Tiere nicht, so besagt ein Impfschein, auf den 
seitens der Behörden Wert gelegt wird, nichts. Es kann des¬ 
halb die bloße Ankündigung, die Tiere einer Milchkuranstalt 
seien reaktionslos mit Tuberkulin geimpft worden, lediglich als 
Reklame bezeichnet werden; über dem günstigen Impfergebnis 
wird oft das klinische Verhalten der Tiere außer acht ge¬ 
lassen. — Interessant sind die Schlachtungsergebnisse bei 13 
reagierenden Tieren des Rassestalles: es waren vier mit Tuber¬ 
kulose behaftet, die eine Beseitigung der Tiere wünschenswert 
machte, drei mit Tuberkulose behaftet, die eine Beseitigung 
der Tiere vollständig unnötig machte (die in ihrem Aussehen 
schönen und in ihrer Leistung sehr guten Tiere sind bisher 
noch nicht wieder in ihrer Qualität ersetzt worden), vier mit 
Echinokokken behaftet, zwei gesund. — Ferner geht Pusch 
auf den Tierversuch ein, ein wirksames Mittel zur Kontrolle 
der Kindermilchkühe, das auch bei den reagierenden, klinisch 
einwandfreien Kühen angewendet werden kann. 

Im Rassestalle der Tierärztlichen Hochschule werden alle 
drei Monate von jeder Kuh Milchverimpfungen an Meerschweinchen 
vorgenommen. Dabei ergab sich, daß von den zahlreichen 
Impfungen keine erfolgreich war, es blieben auch die 12 Kaninchen 
und 93 Meerschweinchen, die Milch von 15 typisch und 5 zweifel¬ 
haft reagierenden Kühen, und weiter von einer nicht reagieren¬ 
den, aber leicht erkrankten Kuh — drei knapp erbsengroße 
Knötchen in den Bronchialdrüsen — nnd ferner die 6 Meer¬ 
schweinchen, die Milch von zwei reagierenden und nach der 
Schlachtung mit Lungentuberkulose behaftet befundenen Ziegen 
intraperitoneal bzw. intramuskulär erhalten hatten, vollkommen 
gesund. Pusch konnte somit die Untersuchungen Ostertags 
nur bestätigen, der durch die Verimpfung der Milch von 67 
lediglich auf Tuberkulin reagierenden, klinisch aber unverdächtigen 
Kühen Meerschweinchen nicht zu infizieren vermochte, im Gegen¬ 
satz zu Mous8U und Lydia Rabinowitsch, die zu einzelnen 
positiven Ergebnissen gelangten. 

Jedenfalls beweisen die bisherigen Versuche, daß die Gefahr, 
die dem Menschen durch den Genuß der Milch reagierender, 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


klinisch aber unverdächtiger Kühe droht, mehr als gering ist. 
Am Schlüsse dieses ersten Teiles der Arbeit kommt er zu 
folgenden Forderungen: 

Die Kontrolle der Kindermilchkühe hat sich zu erstrecken: 

1. Auf eine sorgsame klinische Untersuchung der Tiere bei 
ihrer Einstellung. 

2. Auf in regelmäßigen Zeitabschnitten wiederkehrende Unter¬ 
suchungen des Gesundheitszustandes und des Euters, das genau 
abzutasten ist. 

3. Auf die Tuberkulinisation. 

Soll dieselbe aber nicht mehr oder weniger nur dekorativen 
Zwecken dienen und unter Umständen nicht mehr schaden als 
nützeü, so ist sie 

a) nicht nur auf die Kühe vor ihrer Einstellung zu be¬ 
schränken, sondern 

b) bei Tieren des Handels und bei solchen aus nicht ein¬ 
wandfreien Beständen nach drei Monaten, und 

c) bei allen Tieren regelmäßig alljährlich zu wiederholen, 
dabei sind aber 

d) die unter b und c aufgeführten reagierenden Tiere nicht 
zu entfernen, wenn sie sich bei der klinischen Untersuchung 
und auf Grnnd ihres bisherigen gesundheitlichen Verhaltens 
als unverdächtig erweisen. 

4. Trotz Ausbleibens der Reaktion sind auch alle diejenigen 
Tiere von der Kindermilchgewinnung auszuschließen, die sich bei 
der klinischen Untersuchung verdächtig oder die krankhafte 
Prozesse im Eutergewebe zeigen. 

5. In zweifelhaften Fällen ist der Tierversuch auszuführen. 

Die unter 3 gestellten Bedingungen sind aber nur dort zu 
erfüllen, wo die Milch entsprechend hoch bezahlt wird. In vielen 
Fällen wird man sich dhher begnügen müssen, wenn nur den 
Forderungen unter 1, 2 und 5 Rechnung getragen wird und hier¬ 
mit auch bei sorgsamer Durchführung auskommen. 

Nachdem die Haltung der Kindermilchkühe besprochen ist, 
folgen beachtenswerte Darlegungen über die Milchgewinnung 
und Milchbehandlung. In diesem Abschnitt werden u. a. be¬ 
rücksichtigt die Leukozytenprobe nach Kullmann und Tromms¬ 
dorff, der Keimgehalt bei den regelmäßigen Untersuchungen 
im Rassestall, Kleidung und Verhalten des Melkers, der un¬ 
günstige Einfluß des Melkens und des Einstreuens vor dem 
Melken usw. Zum Schluß beleuchtet er die Herstellung der 
Kindermilch. Richter. 

Das Ledumin. 

Ergebnis der im Aufträge des preuß. Ministerium für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten ausgeführten Untersuchung von Dr. Pinner, 
Professor der Chemie an der tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 

Infolge der beiliegenden Eingabe des Tierarztes Sprengler 
in Brüssow bin ich von Ew. Exzellenz beauftragt worden, das von 
der Firma Georg Hauning in Hamburg unter der Bezeichnung 
Ledumin in den Handel gebrachte Geheimmittel auf seine Bestand¬ 
teile zu untersuchen und über das Ergebnis der Analyse zu be¬ 
richten. 

Die Beschaffung des Materials machte anfangs Schwierigkeit 
und verursachte empfindlichen Zeitverlust. Bei den Berliner 
Drogisten war das Mittel nicht vorhanden, auch nicht bekannt, 
ebensowenig wußte man von seiner Existenz etwas im staatlichen 
Untersuchungsamt für Nahrungs- und Genußmittel. Eine Bestellung 
beim Fabrikanten unter Deckadresse führte nicht zum Ziel, weil 
der Fabrikant mit dem Besteller Rücksprache über die Verwendung 
des Materials nehmen wollte. So wurde denn durch die Groß- 
drogeric Brückner, Lampe & Co. das Waschmittel aus Hamburg 


beschafft und in zwei Formen erhalten: 1. in einer Blechflasche 
von etwa 1 1 Inhalt, das in beiliegender Reklame bezeichnete Vieh¬ 
waschmittel, und 2. in Gläsern von etwa 50 g Inhalt mit der Be¬ 
zeichnung „Mittel gegen Vogelmilben usw.“, eine ebenso aussehende 
Flüssigkeit zum Preise von 50 Pf. 

Der Inhalt der Gefäße ist eine wie grau gefärbte Milch aus¬ 
sehende Emulsion von einem sofort an Kreolin erinnernden Geruch. 
Nach den Ergebnissen der Analyse scheint auch Kreolin zur Her¬ 
stellung der Emulsion verwendet zu werden, obwohl es nur einen 
untergeordneten Bestandteil ausmacht und wohl kaum als der 
wesentlich wirksame Stoff in der Emulsion erachtet werden kann. 

Es besteht nämlich der Inhalt der Blechflasche zu etwa 40 v. H. 
aus einer wäßrigen Lösung und zu etwa 60 v. H. aus einem in 
Wasser unlöslichen Öl, welches nichts anderes als Petroleum ist. 
Die wäßrige Lösung ist im wesentlichen eine Seifenlösung, welche 
gleichzeitig geringe Mengen einer karbolartigen Substanz enthält, 
mit dem Geruch und den Eigenschaften der Phenole. Andere 
anorganische Stoffe als Alkali sind in der wäßrigen Lösung nicht 
aufgefunden worden. Da auch das in Wasser unlösliche und als 
Petroleum konstatierte Öl im Rohzustände starken Teergeruch be¬ 
sitzt, so ist die Verwendung von Kreolin mehr als wahrscheinlich 
gemacht. 

Das Öl findet zu etwa 3 / 4 zwischen 120° und 270°, läßt beim 
Schütteln mit konzentrierter Schwefelsäure etwa 10 Proz. unter 
starker Dunkelfärbung der Säure sich lösen, während der ungelöste 
Teil vollkommen unverändert bleibt. Es besitzt das spezifische 
Gewicht 0,794 bei 25,6°, ist also amerikanisches Petroleum und 
zwar der zu Leuchtöl verwendete Teil. Die in der Schwefelsäure 
gelösten Anteile stammen nur zum Teil aus dem Petroleum. 

Es ist also der wirksame Bestandteil des Waschmittels 
Petroleum. Der wirkliche Wert von 1 1 der Flüssigkeit kann 
höchstens 25—30 Pf. betragen, dazu kommt der Preis für die 
Blechflasche mit etwa 15—20 Pf., während 1 1 tatsächlich 
1,50 M. kostet. 

Der Inhalt der Gläser unterscheidet sich nur unwesentlich und 
nur in den Mengenverhältnissen von dem der Blechflaschen. 


Tagesgeschichte. 

Nochmals die Pauschal Vergütungen der Kreistierärzte. 

Von Veterinärrat Preuße. 

In Nr. 20 der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift be¬ 
findet sich ein mit Malkmns Unterzeichneter Artikel über „Die 
Pauschalierung der Reisekosten und Tagegelder der preußischen 
Kreistierärzte“, der diese Maßnahme in sehr ungünstigem Sinne 
beurteilt. Dieser Artikel kann in verschiedenen seiner Be¬ 
hauptungen nicht unwidersprochen bleiben. Der Herr Artikel¬ 
schreiber zeigt sich über die Pauschalierung sehr aufgeregt, als 
ob er selbst Kreistierarzt wäre und als ob er als solcher hier¬ 
durch bis in das Innerste seines Portemonnaies hinein auf das 
empfindlichste getroffen worden wäre. Da er aber dies nicht 
ist, so muß er einen oder auch vielleicht mehrere Gewährs¬ 
männer besitzen, deren Angaben er sodann auf die Allgemeinheit 
der Kreistierärzte angewendet hat. Es hat stets Unzufriedene 
gegeben und werden diese auch in Zukunft nicht aussterben; 
daher wird es Niemanden Wunder nehmen, daß es auch jetzt 
wieder Unzufriedene gibt, welche sich durch die Art der Fest¬ 
setzung der Pauschalvergütungen, wie sie jetzt vorgenommen 
worden ist, für sehr benachteiligt halten. Ohne weiteres muß 
auch zugegeben werden, daß die Einzelvergütung der Dienstreisen 
eine gerechtere und demnach bessere Art der Bezahlung 
ist, wie die Pauschalvergütung. Ebenso dürfte es zutreffen, 
daß die Interessen der Vetbrinärpolizei durch die Einzel¬ 
liquidationen im allgemeinen besser gewahrt werden. Aber 
andererseits bringt die Pauschalvergütung auch nicht unwesent- 




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liehe Vorteile mit sich, ich nehme hierin Bezug auf meinen 
Artikel auf Seite 362 B. T. W. Der Herr Artikelschreiber in 
der D. T. W. sagt nun, daß die Pauschalierung ausschließlich 
im Interesse der Finanzen ohne Rücksicht auf das übrige Staats¬ 
wohl, ohne Rücksicht auf die Interessen der betreffenden Beamten 
erfolgt ist. Dem muß nun entschieden widersprochen 
werden. Wenn das Ministerium diesem Grundsatz hätte folgen 
wollen, so hätte es eine ganz andere Art der Festsetzung der 
Vergütungen annehmen können, als wie dies geschehen ist. 
Wenn man die Summe, welche für Dienstreisen der Kreisärzte 
in den diesjährigen Etat eingestellt worden ist, mit der Summe 
der Pauschalvergütungen der Kreistierärzte vergleicht, so 
bemerkt man auf den ersten Blick, daß letztere erheblich besser 
gestellt worden sind. 

Für die Kreisärzte sind für das ganze Jahr 865 000 M. 
in den Etat gestellt worden, die Summe der Vergütungen der 
Dienstreisen der Kreistierärzte beträgt 760 500 M. für das 
halbe Jahr April/September. Sie ist also ganz erheblich 
höher, wie die erstere, trotzdem die Reisekosten und Tagegelder, 
wie sie die Kreisärzte früher bezogen haben, um 50 Proz. höher 
waren, wie die bisherigen Reisekosten und Tagegelder der Kreis¬ 
tierärzte. Es kommt ferner hinzu, daß für die Berechnung der 
Pauschal Vergütungen ein für die Kreistierärzte fast durchweg 
sehr günstigesJahr gewählt worden ist, das Jahr 1906. Der 
clu. Artikel sagt nun zwar mit Recht, daß ein Jahr nicht den 
richtigen Durchschnitt von Reisekosten ergeben kann; er be¬ 
hauptet aber dann, daß das Jahr 1906 allgemein geringe 
Reisekostenbeträge aufweist. Letzteres ist nur eine willkürliche 
haltlose Annahme, sie mag vielleicht für einzelne Kreise zu¬ 
fällig zutreffen, im allgemeinen aber haben gerade im Jahre 
L906 die Kreistierärzte verhältnismäßig hohe Reisekostenbeträge 
su liquidieren gehabt, selbst unter Berücksichtigung des Durch¬ 
schnitts der letzten fünf Jahre. Die Pauschalvei gütung ist daher 
im allgemeinen nicht wesentlich niedriger wie dieser Durch¬ 
schnitt. Ganz besonders trifft dies für die Kreistierärzte im 
Osten zu. 

Es dürfte vielleicht interessieren, wie die Verteilung der 
760 500 M. auf die einzelnen Regierungsbezirke vorgenommen 
worden ist und welcher Durchschnitt sich hiernach für die 
Kreise eines jeden Bezirks ergibt. Die Stadtbereiche sind hierbei 
außer acht gelassen, weil für diese entweder gar keine oder 
nur verhältnismäßig geringe Vergütungen festgesetzt worden sind: 

Durchschnitt für 


Regierungsbezirk Pauschalbetrag jeden Kreis 


Königsberg . . . 

. 35 000 M. 

rund 2 500 

M. 

Gumbinnen . . . 

. 26800 „ 

„ 

2 230 

n 

Allenstein . . . 

. 29 800 „ 


3310 

„ 

Danzig .... 

. 15 900 „ 

„ 

1 590 

„ 

Marienwerder . . 

. 33 000 „ 

„ 

2 200 

r 

Potsdam .... 

. 27100 „ 

„ 

1 800 


Frankfurt a. 0. . 

. 22600 „ 

„ 

1250 

„ 

Stettin .... 

. 16 500 „ 

„ 

1370 

V 

Köslin .... 

. 14 500 „ 

„ 

1220 

V 

Stralsund . . . 

. 5 300 „ 

V 

1320 

n 

Posen . 

. 64 000 „ 

„ 

2 370 

„ 

Bromberg . . . 

. 4L 800 „ 

„ 

3 210 

„ 

Breslau .... 

. 44300 „ 

„ 

1 850 

* 

Liegnitz .... 

. 35 600 „ 

„ 

1 890 

„ 

Oppeln .... 

. 41 800 „ 

„ 

2 090 

„ 

Magdeburg . . . 

. 17100 „ 

„ 

1252 

„ 

Merseburg . . . 

. 15 400 „ 

„ 

850 

„ 

Erfurt . 

. 3800 „ 

V 

420 

» 


Durchschnitt für 


Regierungsbezirk Pauschalbetrag jeden Kreis 


Schleswig .... 

. 41 000 M. 

rund 2 000 

» 

Hannover .... 

. 10100 „ 

„ 

920 


Hildesheim .... 

9100 „ 

„ 

610 


Lüneburg .... 

. 16 000 „ 

V 

1 230 

V 

Stade . 

. 12 300 „ 

n 

880 


Osnabrück .... 

. 8 800 „ 


880 

V 

Aurich. 

. 3 800 „ 

„ 

630 

n 

Münster. 

. 15 400 „ 


1 540 

v 

Minden . 

. 9 500 * 

V 

950 

„ 

Arnsberg .... 

. 23 000 „ 

„ 

1210 

„ 

Cassel. 

. 31600 „ 

„ 

1440 

„ 

Wiesbaden .... 

. 16 700 „ 


1040 

v 

Coblenz. 

. 21 200 „ 

„ 

1 510 

„ 

Düsseldorf .... 

. 20 100 „ 

„ 

1 120 


Cöln. 

. 5 500 „ 


460 

„ 

Trier. 

. 13 300 „ 

„ 

1 100 

„ 

Aachen. 

. 11000 „ 

„ 

1 100 


Sigmaringen . . . 

. 1 400 „ 

„ 

360 

„ 


Er stellt dies, um es nochmals zu wiederholen, die Ver¬ 
gütung für ein halbes Jahr dar. Aus vorstehender Nach¬ 
weisung ist ersichtlich, daß die für Pauschalvergütungen den 
einzelnen Regierungen zur Verfügung gestellten Fonds sehr 
differieren. Es hängt dies natürlich von der Größe der einzelnen 
Kreise bzw. Bezirke und von dem Umfang der Dienstgeschäfte 
ab. Die letzteren sind naturgemäß in den Grenzbezirken be¬ 
sonders den östlichen am umfangreichsten, hier mußten daher 
auch die größten Pauschalvergütungen gewährt werden. Man 
sieht aber auch aus der obigen Tabelle, daß das Ministerium 
bemüht war, allen Verhältnissen gerecht zu werden und 
die Vergütungen so zu verteilen, wie die Größe des Dienst¬ 
bezirks der Kreistierärzte uud der Umfang der Dienstgeschäfte 
es erfordern. Der Umstand, daß hierbei ein für die Kreistier¬ 
ärzte besonders arbeitsreiches Jahr zugrunde gelegt worden 
ist, berechtigt doch gewiß nicht dazu, zu behaupten, daß die 
Festsetzung der Pauschalvergütungen ohne Rücksicht auf die 
Interessen der Beamten erfolgt ist und daß letztere erheblich 
benachteiligt worden sind. Das, was Herr Geh. Rat Schröter 
in der Versammlung der beamteten Tierärzte im Dezember v. J. 
gesagt hatte, daß bei der Pauschalierung der Kreistierärzte 
„das erwähnte Sparsystem nicht die treibende Kraft sein dürfte“ 
ist demnach, so weit es sich um das erste Halbjahr 1908/09 
handelt, erfüllt. Von dem Reisekostenaufkommen des Jahres 
1906 hat der Herr Minister 10 Proz. zurückbehalten, um einen 
Ausgleichsfond zur Hand zu haben. Hierzu macht der betr. 
Artikel in der D. T. W. folgende Bemerkung: „Also von den 
notorisch zu niedrigen Reisevergütungen wird noch ein Abzug 
gemacht, daraus ein Fonds gebildet, zu Remunerierung solcher 
Kreistierärzte, die erheblich über das Pauschale erhalten würden, 
wenn die Pauschalierung nicht bestände? Was es mit den 
„notorisch zu niedrigen Reisevergütungen“ auf sich hat, glaube 
ich vorhin gezeigt zu haben. Die Bildung eines Ausgleichsfonds 
halte ich im übrigen für sehr zweckmäßig, weil sie es er¬ 
möglicht, Bolche Kreistierärzte, welche durch die Pauschalierung 
tatsächlich benachteiligt worden sind, angemessen zu entschädigen. 
Da die Pauschalvergütungen für die meisten Kreistierärzte 
ziemlich hohe sind, so werden sie durch einen Abzug von 10 Proz. 
nicht allzusehr benachteiligt. Nach alledem können die Kreis¬ 
tierärzte im allgemeinen mit den für das 1. Halbjahr 1908/09 
festgesetzten Pauschalvergütungen zufrieden sein. So weit ich 
die Stimmung kenne, sind sie es auch. Die Behauptung 
























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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


des Herrn Artikelschreibers, daß die Stimmung unter den Kreis¬ 
tierärzten eine sehr gedrückte ist, und daß ihre Berufsfreudig¬ 
keit eine starke Erschütterung erlitten bat, ist sicher unzutreffend. 
Tatsächlich ist dies nicht der Fall, es liegt hierzu vorläufig 
auch kein Grund vor. Ungewiß bleibt aUerdings die Zukunft, 
da es immerhin nicht ausgeschlossen erscheint, daß die Pauschal¬ 
vergütungen späterhin herabgesetzt werden. Dies wäre dann 
allerdings sehr zu bedauern, denn eine Herabsetzung der 
Pauschalvergütung würde eine Benachteiligung der Kreistierärzte 
zur Folge haben. 

Es ist meines Erachtens nicht Aufgabe einer Fachpresse, 
die Unzufriedenen durch ohne Grund beunruhigende Artikel in 
ihrer Unzufriedenheit zu bestärken und die Zufriedenen 
unzufrieden zu machen. Für vollends unangebracht muß 
man es aber ansehen, wenn in dem betreffenden Artikel 
den Kreistierärzten aus Anlaß ihrer Pauschalierung empfohlen 
wird, bei den bevorstehenden Landtagswahlen frühzeitig 
auf einen Schutz ihrer Interessen bedacht zu sein. Die 
KreiBtierärzte besitzen wohl politische Reife genug, um zu 
wissen, wie sie ihr Wahlrecht auszuüben haben, hierzu bedürfen 
sie nicht des Rates des Redakteurs der Deutschen Tierärztlichen 
Wochenschrift. Im übrigen ist die Ideenverbindung zwischen 
Pauschalierung bzw. Gehaltsaufbesserung der Kreistierärzte und 
Landtagswahl nicht recht verständlich, denn bekanntlich haben 
bisher alle Parteien im Abgeordnetenhause der Aufbesserung 
der Einkommensverhältnisse der Kreistierärzte wohlwollend 
gegenüber gestanden. 

Kurpfuschertum. 

Die hiesige Strafkammer verhandelte heute gegen den 
königl. Kreis- und Grenztierarzt Wolf Räbiger aus Habel- 
schwerdt, und zwar unter Aufwendung eines größeren Zeugen¬ 
apparates. Die Anklage legte Räbiger zur Last, im Februar 1908 
zu Habelschwerdt in Beziehung auf den königl. Kreisarzt 
Medizinalrat Dr. Ludwig zu Habelschwerdt nicht erweislich 
wahre Tatsachen behauptet oder verbreitet zu haben, welche 
denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung 
herabzuwürdigen geeignet sind. Auf der Tagesordnung der 
letzten Generalversammlung des Vereins beamteter Tierärzte 
(Berlin) stand unter anderem auch ein Vortrag des Angeklagten 
Räbiger über das Überhandnehmen des Kurpfuschertums. 
Dieser Vortrag ist nicht gehalten worden, und zwar aus dem 
Grunde, weil andere vorher gehaltenen Vorträge die Zeit, welche 
gedachter Generalversammlung zur Verfügung stand, in Anspruch 
genommen hatten. Räbiger veröffentlichte daraufhin seinen 
Vortrag in der „Berliner Tierärztl. Wochenschrift“ (Nr. 6). 
Von der Tatsache, daß Räbiger genannten Vortrag veröffent¬ 
lichte, erfuhr ein Kunde des Räbiger, Maurermeister Tietze 
in Habelschwerdt. Dieser ersuchte Räbiger um Überlassung 
einer Nummer genannter Wochenschrift, in welcher der Aufsatz 
betreffend Überhandnahme des Kurpfuschertums enthalten ist. 
Räbiger gestattete daraufhin im Beisein eines Fabrikbesitzers 
dem Tietze die gewünschte Einsicht, und zwar in einer Habel- 
schwerdter Weinstube. Der Räbigersche Aufsatz befaßt sich 
unter anderem eingehend mit der Tätigkeit des „Pfuschers“ 
Ludwig und mit dessen Verhältnis zu seinem Bruder, dem 
königl. Kreisarzt Medizinalrat Dr. Ludwig, beide in 
Habelschwerdt wohnhaft. In dem Aufsatze wird gesagt oder ist 
zwischen den Zeilen zu lesen: Medizinalrat Dr. Ludwig habe 


seinen Bruder (Tierheilkundiger), den „Pfuscher“ Ludwig 
angelernt. Er unterstütze und protegiere ihn; deshalb habe in 
der Grafschaft Glatz (Kreise Glatz, Habelschwerdt und Neurode) 
der Glaube Wurzel gefaßt: Der „Pfuscher“ Ludwig ist ein appro¬ 
bierter Tierarzt und von seinem Bruder, dem Medizinalrat an¬ 
gelernt. Weiter ist in dem Räbigerschen Aufsätze gesagt oder 
zwischen den Zeilen zu lesen: Medizinalrat Dr. Ludwig habe dem 
„Pfuscher“ Ludwig an einem Kalbe den Schlundschnitt gezeigt 
und die Revisionen der Apotheken mangelhaft ausgeführt, um 
seinem Bruder die Praxis zu erhalten. (Rezepte.) Auch angesichts 
der Tatsache, daß „Pfuscher“ Ludwig Menschen behandelt, 
sei Medizinalrat Dr. Ludwig nicht pflichtgemäß vorgegangen, 
während er andere Kurpfuscher energisch bekämpfte. Ferner 
stehe „Pfuscher“ Ludwig in ungehöriger Verbindung mit 
Apotheken. Die Besitzer derselben ließen sich diese Ungehörig- 
keiten zu schulden kommen, um nicht Mißfallen des Medizinalrates 
Dr. Ludwig, ihres Vorgesetzten, zu erregen. Der Angeklagte 
gab an, nur Zustände geschildert zu haben, welche der Wirk¬ 
lichkeit entsprechen. Er trete den Wahrheitsbeweis für seine 
Behauptungen an, außerdem beanspruche er seine Freisprechung, 
weil er in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 St.-G.-B.) 
gehandelt habe. Die Beweisaufnahme war eine sehr eingehende. 
Es wurden u. a. als Zeugen eidlich vernommen die Königl. 
Kreistierärzte Quatscha - Glatz, Kölling - Neurode, Schmidtke- 
Frankenstein, Veterinärrat Gückel - Münsterberg, Departements¬ 
tierarzt Koschel - Breslau, Tierarzt Römer - Glatz, Kreistierarzt 
Wittlinger-Hanau, früher Habelschwerdt, sowie die Direktoren 
der städtischen Schlachthöfe Glatz, Frankenstein und Neurode. 
Nach 6 74 ständiger Verhandlung wurde folgendes Urteil gefäUt: 
Der Angeklagte wird freigesprochen; die Kosten des 
Verfahrens fallen der Staatskasse zur Last. Bei Begründung 
dieses Urteils führte der Gerichts Vorsitzende, Landgerichts¬ 
direktor Kalau vom Hofe, u. a. aus: Die Führung des Wahrheits¬ 
beweises sei Räbiger allerdings nicht voH gelungen. Es müsse 
ihm aber unbedenklich der Schutz § 193 St.-G.-B. (Wahrung 
berechtigter Interessen) zugebilligt werden. Das gelte nicht 
bloß von der Veröffentlichung des Aufsatzes in der „Berliner 
Tierärztlichen Wochenschrift“, sondern auch von der Übergabe 
der Schrift an Maurermeister Tietze. Die Verhandlung habe 
recht üble Mißstände bedenklicher und bedauerlicher Natur 
aufgedeckt (Verhältnis des Medizinalrates Dr. Ludwig zu seinem 
Bruder, dem „Pfuscher“ Ludwig). 

Anklage wegen Meineides bei Ausübung der Sacbverständlgentfitigkeit 

Am 3. und 4. Juli wurde vor dem Schwurgericht Bremen gegen 
den praktischen Tierarzt Dr. Ehlers aus Bremen wegen Meineides 
verhandelt. Der Anklage lag folgender Sachverhalt zugrunde. 
Ehlers war am 26. September 1907 zu einer am 25. September 
von S. gekauften Kuh gerufen und erklärte nach eingehender Unter¬ 
suchung die Kuh für hochgradig tuberkulös, weshalb er riet, einen 
Prozeß auf Wandlung gegen den Verkäufer aozustrengen. Zur 
Unterstützung seiner Diagnose will er alsbald eine Tuberkulin¬ 
injektion gemacht und am nächsten Tage eine Temperaturmessung 
vorgenommen haben. Zwei Tage nachher brachte die Kuh ein 
normales Kalb zur Welt. Später traten bei dem Tiere Erscheinungen 
einer Gebärmutterentzündung auf, weshalb am 11. Oktober im 
PolizeiBchlachthofe in Bremen die Schlachtung erfolgte. Der unter¬ 
suchende Tierarzt stellte eine jauchig-eitrige Gebärmutterentzündung 
fest und eine chronische Katarrhalpneumonie, dagegen keine Tuber¬ 
kulose. Das Tier wurde für untauglich erklärt. Ehlers besichtigte 
die geschlachtete Kuh gleichfalls, entnahm angeblich aus der Lunge 
und den Lungenlymphdrüsen kartoffelgroße Stücke mit käsigen 



16. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


523 


Herden und prüfte diese auf Tuberkelbazillen. Er lieferte im 
Termin am 11. März 1908 in der Klagesache zwei Präparate ein, 
die er aus der Lunge und Lymphdrttso hergestellt hatte und in 
denen Tuberkelbazillen enthalten sein sollten. 

Ehlers regte selbst an, die Präparate im Hygienischen Institut 
prüfen zu lassen und sie wurden Professor Dr. Tjaden, dem 
Direktor des Hygienischen Instituts, zur Begutachtung übergeben. 
Dieser erklärte dieselben für Ausstriche und Reinkulturen von 
Tuberkelbazellen. Ehlers erbat sich, im Hygienischen Institut 
Präparate anzufertigen. Es gelang ihm aber angeblich nicht, bei 
wiederholten Versuchen vor Professor Dr. Tjaden, dem Abteilungs¬ 
vorsteher Dr. Meyer und dem Polizeiarzt Dr. Struwe, gleich¬ 
wertige Präparate zu machen. Nach einem ausführlichen Gut¬ 
achten seitens des Hygienischen Instituts erfolgte die 
Anklage wegen Meineides. Derselbe sollte darin liegen, daß 
entgegen der eidlichen Aussage 

1. eine Tuberkulinimpfung nicht vorgenommen sei, 

2. daß käsige Herde aus den Lungen und Lymphdrüsen 
nicht entnommen waren, 

3. daß die Angabe, Angeklagter hätte die Gebärmutter be* 
funden, wie nach einer normalen Gebart, falsch sei und 

4. die Präparate käuflich erworben, aber nicht aus dem Tier¬ 
körper hergestellt wären. 

Außer den drei medizinischen Sachverständigen vom Hygienischen 
Institut waren Geheimrat Eggeling, Berlin, Staatstierarzt Prof. 
Dr. Peter-Hamburg, Obertierarzt Prof. Gläge-Hamburg, der 
Direktor der städtischen Fleischbeschau, Obertierarzt Koch-Hannover 
und der Leiter des Tierseucheninstituts in Kiel Dr. Bügge geladen 
und, abgesehen von Geheimrat Eggeling, auch erschienen. 

Die Verhandlung führte zur Freisprechung, da alle Verdachts¬ 
momente sich als hinfällig erwiesen, wie von den tierärztlichen 
Sachverständigen überzeugend nachgewiesen werden konnte. Der 
ganze Aufsehen erregende Prozeß wäre wohl vermieden 
worden, wenn schon bei der Voruntersuchung tierärzt¬ 
liche Sachverständige eingehend gehört worden wären. 

Studentenzahl an den Tierärztlichen Hochschulen im Sommersemester 1908. 

Berlin 822 Studierende einschließlich 71 Studierende der Militär¬ 
veterinärakademie und ausschließlich 36 Hospitanten; Stärke des 

1. Semesters 37. — Dresden 188 Studierende; Stärke des 1. Semesters 
41. — Hannover 259 Studierende; Stärke des 1. Semesters 46. — 
München 248 Studierende; Stärke des 1. Semesters 19. — Stuttgart 
136 Studierende; Stärke des 1. Semesters 9. — Gießen 116 Stu¬ 
dierende; Stärke des 1. Semesters 17. 

Gesamtfrequenz der deutschen Tierärztlichen Hochschulen dem¬ 
nach 1269, wovon auf das erste Studiensemester 169 entfallen. Das 
ist eine Frequenz, wie sie auch vor 1902 nicht größer zu sein 
pflegte. 

Tierärztlicher Verein von Elsaß-Lothringen. 

Sommerversammlung am Sonntag, den 19. Juli, vormittags 
11 Uhr, in Straßburg, im „Hotel zur Krone“, Kronenburgerstraße, 
(zugleichGeneralversammlungfür die Sterbe- und Unterstützungskasse.) 

Tagesordnung: 

1. Annahme des Protokolls der letzten Versammlung. 

2. Vereinsbericht. 

3. Kassenbericht. 

4. Referat des Herrn Helfer über Milchkontrolle. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

6. Aufnahme als« ordentliche Mitglieder der Herren: Gundel, 
Kantonaltierarzt in Lauterburg, vorgeschlagen von den 
Herren Breuning und Feist; Dr. Müller, Assistent am 
Institut für Hygiene und Bakteriologie, vorgeschlagen von 
den Herren Bubendorf und Feist; Prietzel, Kantonal¬ 
tierarzt in Drulingen, vorgeschlagen von den Herren Ruh er 
und Dr. Stang. 

7. Vorschläge für die nächste Generalversammlung. 

8. Wahl des Ortes der nächsten Generalversammlung. 

Um 1 Uhr gemeinschaftliches Mittagessen im Hotel zur Krone. 
Der 1. Schriftführer: J. Zündel. Der Präsident: J. Bubendorf. 


Flelschefel-Berufsgenossensohaft. 

Denjenigen Herren Kollegen, welche den Verhandlungen der 
Fleischerei-Berufsgenossenschaft beizuwohnen beabsichtigen, zur 
Kenntnis, daß am Montag, den 21. d. M., abends 7 Uhr, in Mainz 
im Konventhaus der Liedertafel, Gr. Bleiche Nr. 56, Schlaraffia¬ 
sälchen, eine Vorbesprechung zwecks Stellungnahme zu den An¬ 
trägen des Vorstandes der Berufsgenossenschaft stattfindet 

Kühnau. 

Studentische Reformgedanken. 

Die Freie Studentenschaft der Technischen Hochschule zu 
Berlin hat ein Schriftchen herausgegeben zur Einführung in das 
akademische Leben. Neben dem Zweck, dem jungen Studenten 
nützliche Winke zu erteilen, ist der Gegenstand auch die Erörterung 
anderer wichtiger Fragen: Ehrenschutz, Alkohol und sexuelle Frage. 
Die Freie Studentenschaft hat ein Ehrenschiedsamt für Duellgegner 
und ein Waffenamt für Anhänger der Satisfaktion mit der Waffe 
geschaffen; außerdem fungiert ein Vertrauensmann, der von allen 
Studenten Erklärungen über ihre Stellung zur Genugtuungsfrage 
entgegennimmt Hinsichtlich des Alkohols wird betont, daß der 
akademische Stand auf diesem Gebiete schwere Verfehlungen gut¬ 
zumachen habe. Diesem Ausspruch wird man allerdings zustimmen 
müssen, ohne deswegen Alkoholgegner zu sein. Recht beachtens¬ 
wert ist auch ein Aufsatz, welcher das Ziel verfolgt, der Kunst 
auch in der Studentenbude Eingang zu verschaffen. Dort wird 
hervorgehoben, daß Einfachheit, Geschmack und Zweckmäßigkeit 
auf der Studentenbude nicht zu finden seien. Zur Besserung hat 
unter anderm die Freie Studentenschaft eine „Leihbilderei“ be¬ 
gründet, aus der guter Bilderschmuck gegen eine mäßige Semester¬ 
gebühr entliehen werden kann. Mag man über die Einzelfragen 
verschieden denken, mag manche Bestrebung weit über das Ziel 
hinausgehen oder gar dem guten alten deutschen Studententum 
abträglich zu werden drohen: das muß man anerkennen, daß heut¬ 
zutage in der Freien Studentenschaft ein reger Geist und das 
redliche Bestreben sich bemerklich macht, das studentische Leben 
auf moderner Basis gesund zu entwickeln. S. 

Der Freien Studentenschaft (Wildenschaft) der Königl. Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Berlin wurde für eine vorbildlich ein¬ 
gerichtete Studentenbude, die sie zusammen mit der Freien 
Studentenschaft derUniversität Berlin auf der Studentenkunstaus¬ 
stellung in Stuttgart ausstellte (abgesehen von einzelnen Objekten 
von Korporationen aus Hannover — leider die einzige Beteiligung 
deutscher tierärztlfcher Hochschulen am Wettbewerb!) ein Ehren¬ 
preis zuerkannt (Piano im Wert von 900 M.). Mit der Ausführung 
dieses Zimmers, ausgeführt in schlichten, aber zweckmäßigen und 
gediegenen Formen nach Entwürfen von Prof. Riemers chm id von 
den deutschen Werkstätten für Handwerkskunst in Dresden, nehmen 
die Freistudentenschaften zum ersten Male in breitester Öffent¬ 
lichkeit den Kampf auf gegen all jene unwürdigen Verhältnisse 
die heute für Studentenwohnungen, insbesondere in Großstädten, 
charakteristisch geworden sind, deren Besserung aber das Interesse 
des einzelnen, wie der Gesamtheit (Alkoholfrage! Sexuelle Frage!) 
dringend erheischt. 

Ein Tierarzt tl8 erfolgreicher Herrenfahrer. 

Einen erfreulichen Erfolg auf der Trabrennbahn München- 
Daglfing konnte am Donnerstag, den 9. Juni 1908, Herr F. Volk¬ 
mann, Assistent an der Königl. Tierärztlichen Hochschule in 
München, feiern. Er gewann unter sieben Teilnehmern mit dem 
Herrn Moser gehörigen Hagen I das „Vierte deutsche Herren¬ 
fahren“ und damit einen wertvollen Ehrenpreis. 

Genossenschaftliches. 

Der Umsatz und Stand der Wirtschaftsgenossenschaft deutscher 
Tierärzte E. G. m. b. H. zu Posen zeigt für das abgelaufene 
2. Vierteljahr 1908 gegenüber denen der Vorjahre folgendes Bild: 

1905/06 1906/07 1907/08 

Zahl der Mitglieder 281 372 481 

Zahl der Warenausgänge 1271 1867 2373 

Wert der Warenausgänge 37 303,82 M. 70 666,64 M. 79 763,44 M. 
In der am 24. Mai d. J. stattgehabten Generalversammlung wurde 




524 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


beschlossen, den für 1907/08 in Aussicht stehenden Gewinn wie 
folgt zu verteilen: 

a) dem Reservefonds bis 2000 Mark, 

b) Unterstützungskasse einschl. bayerischer bis 2000 Mark, 

c) 1500 Mark zur weiteren Verfügung der Generalversammlung, 

d) den Rest als Warenrabatt an die Genossen. 

Marks-Posen. 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Über die 22 . Wanderausstellung der Deutschen 
Landwirtschaftsgesellschaft in Stuttgart-Cannstatt. 

Von Bezirkstierarzt Maier in Konstanz. 

Begünstigt von der Witterung, fand in den Tagen des 25. 
bis 30. Juni auf dem bekannten Wasen in Cannstatt, dem Schau¬ 
platz des im September alljährlich vor sich gehenden Volksfestes, 
die vorzüglich verlaufene und äußerst zahlreich besuchte dies¬ 
jährige Wanderausstellung der D. L. G. statt Die uns an dieser 
Stelle am meisten interessierende Tierzuchtabteilung war beschickt 
mit: 319 Pferden, 657 Rindviehstücken, 277 Schafen, 509 
Schweinen, 185 Ziegen, über 400 Geflügelnummern, 176 Kaninchen 
und 223 Fischeinheiten nebst 8 Krebsaquarien. Außerdem waren 
auch noch Schäferhunde ausgestellt, die ich aber leider nicht zu 
Gesicht bekam. 

Wie immer herrschten auch dieses Mal wieder die in dem 
Ausstellungsgau und dessen Nachbarschaft gezüchteten Rassen und 
Schläge vor. 

Was zunächst die Pferdeabteilung anbetrifft, so hatten sich 
an der Ausstellung für Reit- und Wagenpferde (sog. deutsche 
Edelzucht) beteiligt: einige Hannoveraner Züchter mit Halbblut, 
der Verband der Züchter des Oldenburger eleganten schweren 
Kutschpferdes, Rodenkirchen mit Karossiers, das Königliche Privat¬ 
gestüt Weil mit zwei Halbbluthengsten, einem arabischen Voll¬ 
bluthengst und einer arabischen Vollblutstute, und endlich noch 
einige württembergische Züchter mit hauptsächlich Holsteiner 
Stuten. Es waren durchweg schöne, kräftige Tiere, von denen 
sich besonders die Oldenburger durch Gewicht und Knochen¬ 
stärke auszeichneten. Die letzteren waren auch im Besitz von 
Stutbuchauszügen. Auffallend hoch war auch das Königliche 
Leibreitpferd, ein Halbblutpferd, das jeweils im großen Ring 
vorgeführt wurde. 

Reichhaltiger war die Abteilung der Arbeitspferde beschickt. 
Hier war neben der Gräflich Rechbergschen Gutsverwaltung 
mit Stuten des veredelten württembergischen Landschlags in 
erster Linie der württembergische Pferdezuchtverein (mit dem 
Verbandssitz in Stuttgart) mit 22 Stuten teilweise mit Fohlen 
vertreten. Das Zuchtziel des Vereins ist gleich dem des Land¬ 
gestüts ein gängiges, mittelschweres Pferd, kräftig gebaut und 
temperamentvoll. Die ausgestellten Tiere präsentierten sich gut 
und kamen zum größten Teil dem Ideal eines Artilleriestangen¬ 
pferdes ziemlich nahe. Allerdings waren auch einige leichtere 
Exemplare vorhanden; im allgemeinen konnte aber die Kollektion 
als ausgeglichen angesprochen werden. 

Das Landgestüt Marbach, das mit seinen Landbeschälern 
in einem entfernter gelegenen Stall untergebracht war, hatte 
seinen berühmten Hengst „Faust“ nebst mehreren seiner Söhne 
und Enkel zur Ausstellung gebracht. Der erstere ist ein kräftig 
gebauter, nunmehr 23 jähriger Original Anglo-Normänner mit tiefer 
und breiter Brust und großer Gängigkeit. Er hat eine durch¬ 


schlagende Vererbungskraft wie seine Nachkommen beweisen. 

I Der größte Teil derselben weist nicht allein die schwarzbraune 
Farbe, sondern auch den schön gebogenen starken und breit 
aufgesetzten Hals und zierlichen Kopf auf. Die Enkel er¬ 
scheinen allerdings etwas leichter. Aber die Gängigkeit und 
die große Aktionsfreiheit haben sich vorzüglich vererbt. Es 
war eine Lust, die Tiere vor dem Gig traben zu sehen. 

Die Kaltblutzucht hatte verschiedene Vertreter entsandt. 
So war zunächst der seit Anfang dieses Jahres gegründete 
Verband der Württembergischen Pferdezuchtvereine für den 
kaltblütigen Schlag, Geilingen, Steige, mit 3 Hengsten und 
18 Fohlen teilweise mit Fohlen, auf dem Plane erschienen. Da • 
es sich hier um eingeführte Belgier bzw. Rheinländer handelt, 
so kann von einer weiteren Besprechung abgesehen werden. 
Immerhin ist aber die Tatsache von Interesse, daß in dem bis¬ 
herigen fast ausschließlichen Gebiet der Halbblutzucht, wie es 
in Württemberg der Fall war, sich auch die Kaltblutzucht An¬ 
hänger erwirbt. Wenn man in Stuttgart-Cannstatt vor den 
zahlreichen Bier- und sonstigen Lastwagen die Kaltblüter sah, 
so kann nicht geleugnet werden, daß die Kaltblutzucht einem 
| gewissen Bedürfnis entgegenkommt. Das Zuchtziel des Vereins 
ist der leichte belgische Schlag. 

Der zweite hervorragende Vertreter der Kaltblutzucht war 
der Verband der unterbadischen Pferdezuchtgenossenschaften, 
der mit einer stattlichen Anzahl von Tieren, meistens Rot¬ 
schimmeln und Füchsen, zur Stelle war. Wenn dieselben auch 
noch nicht die viel ältere Rheinländerzucht erreichten, so war 
das Material im allgemeinen doch befriedigend. Ganz besonders 
fielen die Jährlinge auf, die von einer rationellen Aufzucht und 
guter Behandlung zeugten. Manche Stuten hätten bessere 
Preise verdient. 

Die Verbandsleitung hatte übrigens auf der Ausstellung von 
dem bekannten Züchter und Händler zwei schwere Original- 
Belgier Hengste für einen wichtigen Teil des Verbandsgebietes 
(Eppingen) angekauft. 

Ein ziemlich ausgeglichenes Bild züchterischer Tätigkeit 
bot die rheinische Kaltblutzucht (Rheinisches Pferdestammbuch, 
W T ickrath), was auch in den vielen Preisen zum Ausdruck kam. 
Aber auch hier ist die Einfuhr belgischen Hengstmaterials 
immer noch unerläßlich. 

Gut abgeschnitten hat wiederum Meulenbergh-Hofstadt 
(Rheinprovinz), der mit einer größeren Anzahl von Hengsten 
und Stuten, teils Original-Belgier, teils selbstgezüchtet, zur 
Stelle war. (Hinsichtlich der Auszeichnung nicht selbst 
gezüchteter Tiere kann man verschiedener Ansicht sein. Sicherlich 
dürfte die Zeit nicht mehr fern sein, wo auch hier eine ent¬ 
sprechende Änderung eintreten wird.) 

Der Verband Schleswiger Pferdezuchtvereine, Steinfeld, war 
mit einer kleinen, aber auserlesenen Sammlung vertreten. Die 
temperamentvollen Tiere waren in Form und Farbe (Füchse) 
ziemlich ausgeglichen. 

Das württembergische Remontedepot Breithülen hatte eine 
Anzahl Remonten, Stangenpferde, teils Württemberger, teils 
Holsteiner, und zwar außer Preisbewerb ausgestellt. Es befanden 
sich auch leichtere Tiere darunter. 

Endlich waren auch Artillerie- und Kavalleriepferde des 
württembergischen Armeekorps aufgeführt; bei den letzteren 
handelte es sich meistens um Ostpreußen. Die prächtigen Vor¬ 
führungen der Tiere vor dem Geschütz bzw. unter dem Sattel 



i6. Juli 1908. 


berliner tierärztliche Wochenschrift. 


525 


im großen Ring waren sehr interessant und erregten stets den 
lebhaftesten Beifall der dicht gedrängten Znschanermenge. 

Den Clon der Ausstellung der ganzen Ausstellung bildete 
entschieden die Rinderabteilung. Hier war es wiederum das 
quantitativ und qualitativ weit überragende große Fleckvieh, 
das die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zog. Es bot 
aber auch ein Bild zielbewußter züchterischer Tätigkeit, wie es 
schöner und interessanter nicht gedacht werden kann. Die 
große Anpassungsfähigkeit des Simmentaler Rindes wurde hier 
gleichsam ad oculus demonstriert. 

Drei große Zuchtverbände: Oberbaden, Oberbayern und 
Oberschwaben rangen um die Siegespalme; mächtig wogte der 
Kampf hin und her. Die Preisrichter hatten eine ungemein 
schwierige Aufgabe zu lösen. Endlich neigte sich die Wag¬ 
schale zugunsten Oherbadens. Den Ausschlag gaben deren 
sämtlich selbstgezüchtete Kühe, die hinsichtlich ihrer Größe, 
Milchzeichen, namentlich der Euter und Ausgeglichenheit in 
Form und Farbe, sich großartig präsentierten. Dieser günstige 
Eindruck w urde noch wesentlich durch das vorherrschende leder¬ 
gelbe Pigment erhöht. Andrerseits war aber das vorgeführte 
selbstgezüchtete männliche Material Oberbayerns vorzüglicher. 
Es waren besonders die Söhne des Bullen „Regent“, die eine 
sehr gute Aufzucht verrieten. Dagegen boten die Kühe Ober¬ 
bayerns nicht die Ausgeglichenheit in Form und Größe der¬ 
jenigen Oherbadens dar. 

Die Tiere von Oberschwaben waren etwas kleiner wie die 
der zwei anderen Mitbewerber. Sie waren aber ziemlich aus¬ 
geglichen in der Farbe, hatten vorzügliche Euter und einen 
guten Schritt. 

Von anderen Zuchtgenossenschaften präsentierte sich u. a. 
Lahr gut mit schweren Tieren. 

Das gelbe Frankenvieh und die Limpurger waren schön 
ausgeglichen und gut in der Milch. Gegenüber früher war ein 
entschiedener Fortschritt wahrzunehmen. Ein auffallend heller 
Limpurger Farren (Nr. 374) hätte besser zu Hause bleiben 
sollen; er wurde allerdings auch nur mit 59 Punkten gewertet. 

Wie immer präsentierte sich das graubraune Gebirgsvieh 
Württembergs und Bayerns, das Allgäuer Vieh, sehr gut in 
Form und Farbe; es war, wie es bei solch alter und konstanter 
Zucht nicht anders zu erwarten, sehr ausgeglichen. Dagegen 
schien es mir, als ob namentlich die Württemberger auf der 
Münchener Ausstellung 1905 besser vertreten gewesen wären. 

Die Vogelsberger und die Odenwälder zeigten ausgeglichene 
Formen. Die kleine Kollektion der Hinterwälder, die Angler 
Süddeutschlands, wie sie der Berichterstatter in der Tierzucht¬ 
abteilung bezeichnete, erregte mit ihren vorzüglichen Eutern 
die Bewunderung der Besucher. Sie heimste auch eine Reihe 
von Preisen ein; allerdings fehlten in dieser Klasse die Mit¬ 
bewerber (Wälder- und Vogesenvieh). 

Die Tieflandschläge waren, wie nicht anders zu erwarten 
war, numerisch schwach vertreten. Dafür waren sie aber in 
der Qualität gut bis sehr gut. Die schwarzbunten Schläge 
hätten freilich zum Teil etwas bessere Milchzeichen aufweisen 
dürfen. Ein BuUe Nr. 628 machte trotz seines Gewichtes und 
seiner Länge einen kühischen Eindruck. Er wurde freilich auch 
nur mit 52 5 /6 Punkten bewertet. 

Sehr gut in der Milch waren die rotbunten Kühe des 
Zuchtverbandes der Rheinprovinz. Hübsch namentlich zeichneten 
sich die Kühe Nr. 610, 611 und 612 durch großartig entwickelte 


Euter aus. Dabei war von einer Verfeinerung der Tiere 
keine Rede. 

Sehr ausgeglichen waren die Angler zur Stelle. 

Auch die ausgestellten Shorthornkühe aus Bayern zeichneten 
sieh durch auffallend gut entwickelte Euter aus. Der Bericht¬ 
erstatter in der Tierzuchtabteilung, Ökonomierat Walter- 
Lengfeld, brachte sogar Akklimatisationsversuche mit dieser 
Rasse in Stiddeutschland zum Vorschlag. Derselbe dürfte jedoch 
kaum Verwirklichung finden. 

Sehr praktisch war auch dieses Mal wieder die jeweilige 
Anbringung der Preisrichterurteile (in Punkten) hinter den 
Ständen der Tiere. Der erzieherische Wert der Ausstellung 
wird dadurch wesentlich erhöht. 

Die Schafabteilung bestand aus Merinos (also Wolleschafen), 
Fleischschafen (Merino- und englischen Fleischschafen), deutschen 
Rassen und Schlägen ( und endlich aus den sog. Karakulschafen. 
Besonders die Fleischschafe waren mächtig entwickelte Tiere, 
die sich sehr ansgeglichen präsentierten. Ein gewisses Interesse 
boten die von Geh. Rat Prof. Dr. Kühn-Halle im Jahre 1905 
aus der Buchara (Asien) eingeführten Karakulschafe. Es sind 
kleine, sehr genügsame Steppentiere von schwarzbrauner Farbe 
und mit eigentümlichen Fettschwänzen. Nach Exzellenz Kühn 
haben die Lammfellchen, „Persianer“ genannt, einen hohen 
Handelswert. Die Böcke sollen mit Heidschnucken oder anderen 
Schafen gekreuzt werden. Prof. Kühn selbst hat bis jetzt gute 
Resultate mit Kreuzungen des Rhön- und Frankenschlags, auch 
vom Leineschaf und von Merinos erzielt. Bemerkt sei noch, 
daß die Tiere zum ersten Male auf der 21. Wanderausstellung 
der D. L. G. in Berlin-Schöneberg ausgestellt waren. 

Die reichlich beschickte Schweineabteilupg zerfiel nach der 
bekannten Einteilung in weiße Edelschweine, Berkshires, unver¬ 
edelte und veredelte Landschweine und andere nicht diesen 
Rassen angehörende Schweine. 

Bei den Edelschweinen war die Behaarung eine ungleich¬ 
mäßige; einige Tiere wiesen zu lange Köpfe auf. Im übrigen 
war meines Erachtens diese Abteilung auf früheren Ausstellungen 
schon besser vertreten. 

Gleichmäßig und ausgeglichen in Form und Farbe (mit den 
charakteristischen weißen Rasseabzeichen) waren die Berkshires 
zur SteUe. 

Die unveredelten Landschweine (Hannover.-Braunschweig. 
Landschwein und halbroten bayerischen Landschweine) präsen¬ 
tierten sich zum Teil auffallend gut im Gewicht. Die Tiere 
machten einen robusten, widerstandsfähigen Eindruck, der 
durch die Gleichmäßigkeit in Farbe und Abzeichen wesentlich 
erhöht wurde. 

Die besten züchterischen Leistungen bot aber das veredelte 
Landschwein dar. Die zahlreich beschickte Kollektion — fast 
die Hälfte sämtlicher Schweine — war auch qualitativ sehr 
hervorragend. Die Stuttgarter Ausstellung hat nach meinem 
Dafürhalten die früheren weitaus tibertroffen. Die Tiere waren 
nicht allein ziemlich ausgeglichen in Form und Farbe und 
gleichmäßiger Behaarung, sondern zeichneten sich auch durchweg 
durch ein hohes Gewicht und Frohwüchsigkeit aus. Merkwürdig 
selten waren dunkle Hautflecken zu beobachten. Jedenfalls 
haben wir es hier mit Leistungen zu tun, die dem Fleiß und 
der Intelligenz der Züchter zur höchsten Ehre gereichen. 

Hannover und Westfalen ragten vor. Zum ersten Male 
war auch der Verband der Schweinezuchtgenossenschaften des 









526 


Kreises Freiburg (Baden) vertreten; die langgestreckten Tiere 
dieser übrigens schon Jahrzehnte alten Zucht boten gute Leistungen 
dar. Der bekannte Hochzüchter Felix Hoesch-Neukirchen 
schnitt sehr gut ab. 

Die anderen Rassen und Schläge (Meißner und Baidinger 
Tigerschweine) waren nur in wenigen, aber guten Exemplaren 
vertreten. 

Auffallend gering war die Zahl der Mutterschweine mit 
Jungen. Im übrigen hatten die Tiere sehr unter der großen 
Hitze zu leiden. Es dürfte sich in Zukunft empfehlen, die Zelt¬ 
dächer häufiger mit Wasser zu bespritzen, um so eine Ab¬ 
kühlung zu ermöglichen. 

Die Ziegenausstellung überragte den Durchschnitt um 
80 Stück. Sie war gegenüber früher ziemlich einfach und über¬ 
sichtlich, da zum ersten Male die neue Einstellung in weiße 
und bunte Schläge in Kraft trat. Die ersteren umfaßten die 
Zuchten Hessens und Thüringens (Langensalza), während zu 
den letzeren die wtirttembergischen Zuchten, die Harzer Ziegen 
und der Zuchtverein Wintersheim (Hessen) gehörten. Die be¬ 
kannten Ziegenzuchtvereine Badens fehlten. 

Bei den weißen Schlägen ragten die Ziegen Oberhessens 
wieder vor. Auch die Laugensalzaer Zucht hat gegenüber 
früher einen wesentlichen Fortschritt in Größe aufzuweisen. 
Die Euter waren gut entwickelt. 

Die württembergischen Schläge, hier vor allem der Ziegen¬ 
zuchtverband Tuttlingen, zeichneten sich durch eine große Aus¬ 
geglichenheit in Farbe und Abzeichen aus. Es handelt sich hier 
um den sog. Schwarz waldschlag. Die Tiere sind von reh¬ 
brauner Farbe mit dunklem Rückenstreifen und dunkleren Ab¬ 
zeichen an den Füßen, sie sind kräftig gebaut; haben gute Bein : 
Stellung und schöne Euter. Die Böcke sind groß und kräftig. 
Wir haben es hier mit einer bodenständigen Zucht zu tun, die 
sicher noch eine große Zukunft hat. 

Es sei noch bemerkt, daß nach dem Vorgänge früherer 
Ausstellungen auch bei den Ziegen, wie ich bemerken konnte, 
Messungen vorgenommen wurden. Hoffentlich werden die Er¬ 
gebnisse auch veröffentlicht werden. 

Die Kaninchenausstellung war mit 176 Nummern beschickt. 
Das Hauptkontingent stellten die belgischen Riesen mit 
66 Nummern. Es handelt sich um ein besonders in Süd¬ 
deutschland verbreitetes Fleischkaninchen, das sich durch großes 
Gewicht und Länge auszeichnet und eine große Anhängerschar 
besitzt. Die vorgeführten Tiere waren zum Teil wahre Pracht¬ 
exemplare. Ferner waren die Silberkaninchen sehr schön ver¬ 
treten. Hier spielt das Fell eine Hauptrolle. 

Ein interessantes Bild züchterischer Leistung boten die 
russischen Kaninchen, eine sog. Sportzucht. Das glänzend weiße 
Fell weist eigenartige Zeichnungen auf; die Ohren, die Füße, 
die Nase und die Blume (Schwanz) sind schwarz, metallisch 
glänzend. Die schwarze Farbe muß scharf abgeBchnitten sein 
und darf nicht in das Weiß der Nachbarschaft übergehen. Die 
Augen (Retina) sind in der Regel rot. Nach der Art der 
Zeichnung geschieht auch die Bewertung (in Punkten). 

Ferner waren noch Angorakaninchen, französische Widder usw. 
vertreten. Die letzteren sind Tiere mit lang herabhängenden 
Ohren, wodurch das widderartige Aussehen herbeigeführt wird. 

Zu bedauern war, daß sowohl die Standards (Preisrichter¬ 
urteile) wie auch die Bezeichnung der Rassen bzw. Schläge der 
Kaninchen an den Käfigen fehlten. Der erzieherische Wert der 


No. 29. 


Ausstellungen wird dadurch immerhin beeinträchtigt. Gewiß 
standen alle diese Rassen in dem Katalog verzeichnet. Es ist 
aber nicht jeder Besucher in der Lage oder gewillt, sich den¬ 
selben anzuschaffen. Hoffentlich wird die sonst so rührige 
D. L. G. auch auf diesem Gebiete Wandlung eintreten lassen. 

Die Geflügelausstellung umfaßte Hühner, Wassergeflügel 
(Enten und Gänse), Truthühner, Perlhühner und Tauben. Das 
interessanteste Bild bot die Hühnerabteilung, die in zahlreichen 
Rassen und Schlägen vertreten war. Auffallend war das durchweg 
große Gewicht nicht allein der Mast-, sondern auch der Lege¬ 
hühner. Überall sehen wir einen energischen, zielbewußten 
Fortschritt, der nicht zuletzt dem genossenschaftlichen Vorgehen 
zu verdanken ist. 

Eine bemerkenswerte Neuerung war die Vorführung eines 
Teils der Tiere in mit Auslauf versehenen Stallungen. Auch 
die Anbringung der Richterurteile an den Käfigen war mit 
Freuden zu begrüßen. Aber auch hier fehlte wieder zum 
größten Teil die Bezeichnung der Rassen bzw. Schläge. 

Sehr interessant und lehrreich waren die Darstellungen von 
Geflügelzüchtereien und Einrichtungen für ländliche Geflügel¬ 
haltung und derjenigen zur Förderung der Geflügelzucht; die 
letzteren waren allerdings außer Preisbewerb. Eine große An¬ 
ziehungskraft üben jeweils die in voller Tätigkeit befindlichen 
Brutapparate aus. 

Eine sehr interessante, fast überreichliche Ausstellung war 
endlich noch die Fischereiabteilung. Sie erstreckte sich in der 
Hauptsache auf den Ausstellungsgau; ihre Darbietungen legten 
aber ein beredtes Zeugnis ab von dem günstigen Stand der 
Fischzucht des allerdings ziemlich flußreichen Ausstellungs- 
gebietes. Sie bestand aus den Zuohtfischen (Salmoniden, Karpfen* 
Schleien und sonstigen Nutzfischen) nach Jahrgängen und aus 
Wildflschen (Bach- und Regenbogenforellen, Aale usw.). Ferner 
waren noch mehrere Krebsaquarien vorhanden. In der Vorhalle 
befand sich die sog. Trockenausstellung mit wissenschaftlichen 
Darstellungen und Hilfsmitteln zur Fisch- und Krebszucht. 

Der jeweils herrschende starke Andrang machte die Be¬ 
sichtigung in dem langen, schmalen Zelt ziemlich schwer. Meine 
Teilnahme an der Sitzung der Fischereiversammlnug und die Be¬ 
handlung einiger auf der Aufstellung gemachter Wahrnehmungen 
daselbst, wie Kiemendeckelverkürzung und die Drehkrankheit, 
machten mir klar, daß neben vielen anderen Gegenständen auch 
die Fischzucht so bald als möglich in den Lehrplan der tierärzt¬ 
lichen Hochschulen aufzunehmen ist. 

Die Abteilung 2 wurde nach dem Schauverzeichnis von den 
Erzeugnissen gebildet. Hier nahmen Milch, Butter und Käse 
einen breiten Raum ein; dieselben waren in der Butter- bzw. 
Käsehalle untergebracht. 

Nach dem Vorgang in Düsseldorf fand auf der Stuttgarter 
Ausstellung in Anbetracht der großen Bedeutung einer reinlich 
gewonnenen und gehaltreichen Milch zum zweitenmal ein Wett¬ 
bewerb in Frischmilch statt. Derselbe ging nach dem Punktier¬ 
verfahren mit folgenden Höchstzahlen vor sich: für Geschmack 6, 
für Geruch 3 und für Aussehen (Farbe, Dickflüssigkeit, Boden¬ 
satz) 3 Wertmale. Es gelangten drei Preise und vier Aner¬ 
kennungen zur Verteilung. 

Eine große Anzahl von Molkereien hatte Butter (ungesalzen 
und gesalzen) ausgestellt; auch hier geschah die Bewertung nach 
einem bestimmten Schema. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



16. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


527 


Daneben erregten noch Darstellungen verschiedener Art in 
der Bütterhalle das Interesse der Besucher, so die illustrierten 
Wandtafeln zur Veranschaulichung des Hegelundschen Melk¬ 
verfahrens (Ausst. milchwirtschaftliches Institut der Molkerei¬ 
schule Weihen8tephan), ferner die Karten der D. L. G., die die 
Milcherzeugung im Deutschen Reiche im Verhältnis zur Ein¬ 
wohnerzahl und ferner im Verhältnis zur landwirtschaftlich be¬ 
nutzten Fläche usw. zur DarsteUung brachten. 

In der Käsehalle waren alle möglichen Sorten von Käse 
ausgestellt. 

Von ganz hervorragendem Interesse waren die in der großen 
Erzeugnishalle untergebrachten und das Ziel vieler Tausenden 
bildenden wissenschaftlichen Darbietungen wtirttembergischer 
Staatsbehörden und Lehranstalten. Die Statistik, Wasser- und 
Straßenbau, Meteorologie, Geologie usw. kamen da in sehr an¬ 
schaulicher Weise zur Darstellung. Neben den Vorführungen 
der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim waren es aber 
ganz besonders die Tierärztliche Hochschule Stuttgart, die auf 
diesem Gebiete den Vogel abgeschossen hatte. Da war in erster 
Linie das Anatomische Institut, das eine Anzahl von Skeletten 
landwirtschaftlicher Nutztiere und eine charakteristische Schädel¬ 
sammlung ausgestellt hatte. Außerdem war eine Reihe von 
Injektions-Korrosionspräparaten von Blutgefäßen vom Hut bezw. 
Klanen, Euter usw. znr Stelle. Das Institut für Seuchenlehre, 
Fleisch- und Milchhygiene war mit Sammlungen pathogener 
Bakterien, Milchbakterien, Impfstoffen usw. vertreten. Die 
chirurgische Klinik hatte Instrumente, Arbeiten von Professor 
Hoffmann über künstliche Befruchtung der Stuten usw. zur 
Darstellung gebracht. Das Pathologische Institut lieferte eine 
Anzahl interessanter Präparate, so Tuberkulose des Herzens, 
ferner Abbilder einer Pferdeleber mit Echinokokken, Schnittbilder 
großer Röhrenknochen usw. Endlich war die Beschlagschmiede 
mit Zeichnungen, Modellen und Präparaten am Platze. 

Nach meinem Dafürhalten übten die Darbietungen der Tier- 
ärztUchen Hochschule die größte Anziehungskraft auf die un- 
gemein große Besucherzahl aus. Sicherlich werden viele der¬ 
selben einen Begriff von dem hohen Stand der tierärztlichen 
Wissenschaft erhalten haben. 

Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, daß an der 
„Thaerstraße“ wieder mehrere Verlagsanstalten mit einer Reihe 
von Zeitschriften und Werken tierärztlichen und landwirtschaft¬ 
lichen Inhalts vertreten waren. (Das Schauverzeichnis führt 
diese Gruppe unter der Bezeichnung „Lehrmittel“.) 

Die dritte Abteilung umfaßte die landwirtschaftlichen Ge¬ 
räte- und Bauwesen. Wenn sie im allgemeinen auch kein so 
großes Interesse für uns Tierärzte bot, wie die zwei anderen 
Gebiete, so waren doch auch ganz bedeutsame und beachtens¬ 
werte Vorführungen am Platze. 

In erster Linie waren die milchwirtschaftlichen Maschinen 
und Geräte in einer großen Mannigfaltigkeit vertreten. Es sei 
nur an die vielen Milchschleuder (Hand und Kraft), Milchkühler 
und sonstigen molkereitechnischen Gegenständen erinnert. Sie 
zeugen von den großen Fortschritten der deutschen Milch¬ 
wirtschaft. 

Daß die bekannte Firma H. Hauptner-Berlin vertreten 
war, braucht bei deren großer Rührigkeit an dieser Stelle nicht 
weiter auseinandergesetzt zu werden. Beachtenswert waren 
auch die Ausstellungen der Nürnberger Sonderfabrik für Stall- 
einrichtungeu Berg. Die Schwebe Vorrichtung für kranke Pferde 


oder Rinder bot allerdings nichts Neues dar. Franz Hütten¬ 
rauch-Apolda hatte unter anderem auch einen Sprungkasten 
für Schweine ausgestellt; derselbe soll das Decken schwacher 
Muttertiere durch den schwersten Eber ermöglichen. 

Eine merkwürdige Vorführung war der von einer liannove- 
ranischen Firma ausgestellte Geburtshelfer für Rindvieh, der 
den bezeichnenden Namen „Victor“ trug und stets von einer 
andächtigen Menge angestaunt wurde. Daß eine derartige Vor¬ 
richtung zum mindesten höchst überflüssig ist, bedarf hier 
keiner weiteren Begründung. 

Wenn wir am Schlüsse noch einmal einen Rückblick auf 
die so glänzend verlaufene Stuttgarter Wanderausstellung der 
D. L. G. werfen, so hat sie uns gezeigt, daß sich die deutsche 
Landwirtschaft dank der Selbsthilfe auf allen Gebieten in er¬ 
freulicher Weise aufwärts bewegt. Ganz besonders trifft diese 
Tatsache für die Tierzucht zu. Hier ist namentlich der ge¬ 
nossenschaftliche Gedanke, der immer größere Triumphe feiert. 
Nicht das letzte Verdienst hieran gebührt der D. L. G. und 
ihrem genialen Begründer, dem unvergeßlichen Württemberger 
Ingenieur Max v. Eyth. 

Aber auch wir Tierärzte dürfen mit dem Verlauf der Aus¬ 
stellung zufrieden sein. Hat sie doch einerseits wiederum vor 
Augen geführt, daß sich eine große Anzahl von Kollegen, 
namentlich in Süddeutschland in leitender Stellung, auf sämt¬ 
lichen Tierzuchtzweigen und nicht zum Schaden derselben tätig 
war. Andrerseits war ihre Mitwirkung als Preisrichter eine so 
zahlreiche, daß sie dem Berichterstatter in der Tierzucht¬ 
abteilung auffiel und von ihm eine vermehrte Heranziehung von 
Tierzüchtern verlangt wurde. Es wurde ihm allerdings auch 
eine entsprechende Änwort zuteil. Endlich war auch die Zahl 
der tierärztlichen Besucher eine sehr große. 

Erwähnt sei noch, daß ein Festkommers Studenten und eine 
große Anzahl alter Herren vereinigte. Der Vertreter der Land¬ 
wirtschaft sprach unter großem Beifall bedeutsame anerkennende 
Worte für die Tiermedizin und ihre engen Beziehungen zur 
Landwirtschaft. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Beitrag zur Geschichte des Landesverbandes Preußischer Triohinen- 
und Fleischbeschauer-Vereine mit besonderer Berücksichtigung der 
Bestrebungen desselben für die Fleisch- und Trichinenschauer eine 
Teilnahme an den staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen zu erzielen. 
Von Wilh. Schmidt in Düsseldorf, ersten Vorsitzenden des Verbandes. 
Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, Berlin SW. 48, Wilhelm- 
Straße 10. Preis 0,60 M. 

Der soziale Ausschuß von Vereinen technischer Privatangestellten 
hatte an den Präsidenten des Kaiserlichen statistischen Amtes die Bitte 
gerichtet, in den Veröffentlichungen des Statistischen Amtes Übersichten 
über die Entwicklung und den Stand der Organisationen der Privat¬ 
beamten in zusammenhängender Form zu veröffentlichen. Die in 
Betracht kommenden Verbände, darunter auch der den Privatbeamten 
angeschlossene Landesverband Preußischer Trichinen- und Fleisch¬ 
beschauer - Vereine, sind daraufhin anfgefordert, Material über die 
Geschichte, Organisation und Verfassung des Verbandes zu liefern. Die 
vorliegende Druckschrift, die einen Sonderabdruck aus der „Deutschen 
Fleisch beschauer-Zeitung“ darstellt, ist der von Schmidt zu diesem 
Zwecke verfaßte Rericht. Glage. 

Der Trichinenschauer. Leitfaden für den Unterricht in der Trichinen¬ 
schau. Von Dr. A. Johne, Geheimer Medizinalrat, ehemaliger Professor 
an der Königlichen Tierärztlichen Hochschule in Dresden. Zehnte Auf¬ 
lage. Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin, Hedemannstr. 10/11. 
Preis 3,76 M. 

Die zehnte Auflage ist im wesentlichen abgefaßt wie die neunte, 
nur an einigen Stellen vervollständigt und den einschlägigen Reichs¬ 
und Laudesgesetzen angepaßt. Mehrere Abbildungen wurden neu ein- 
gefügt, andere durch bessere ersetzt, Glage. 



5*28 


No. 29. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Taschenkalender für Fleischbeschauer und Trichinenschauer. Achter 
Jahrgang, 1908, herausgegeben von Dr. A. Johne, Geheimer Medizinalrat, 
ehemaliger Professor an der Königlichen Tierärztlichen Hochschule zu 
Dresden. Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin, Hedemannstr. 10/11. 
Preis geb. 2,25 M. 

Der Johnesche Taschenkalender ist seiner bewährten Einteilung 
und der Vielseitigkeit des Inhaltes wegen den in der Fleischbeschau 
tätigen Tierärzten bereits so bekannt, daß es genügt, das Neuerscheinen 
der achten Auflage anzuzeigen. Einer eingehenden Besprechung bedarf 
der Taschenkalender nicht mehr. Glage. 

Die Schlachtviehversicherungs-Gesetzgebung des Königreichs Sachsen 
nach den Gesetzen vom 2. Juni 1898 und 24. April 1906. Zum 
Gebrauch für Verwaltungsbeamte, Gemeindvorstände, Tierärzte, Fleisch¬ 
beschauer und Tierbesitzer, zusammengestellt und erläutert von Medizinal- 
rat Dr. Richard Edelmann, Königlich Sächsischer Landestierarzt, Professor 
an der Königlichen Tierärztlichen Hochschule in Dresden. Leipzig 1907. 
RoßbergBche Verlagsbuchhandlung. Preis 1,80 M. 

In dem handlichen, kleinen Werke sind alle in Betracht kommenden 
Gesetze, Bekanntmachungen und Verordnungen, die die sächsische staat¬ 
liche Scblachtviehversicherung betreffen, übersichtlich zusammengestellt. 
Dem Tierarzt und dem Fleischbeschauer wird daher die Sammlung bei 
ihrer Mitwirkung an der staatlichen Schlachtviehversicherung sehr will¬ 
kommen sein, um so mehr, als die Einzelheiten, soweit es nötig erschien, 
durch Fußnoten entsprechend erläutert und näher aufgeführt sind. 

Glage. 

Einrichtung und Betrieb von Sfiuglingsmilchanstalten. Von M. Kühnau, 

Direktor des städtischen Schlacht- und Viehhofes in Köln und 
Dr. A. Clevisch, städtischer Tierarzt und Leiter der Säuglingsmilch¬ 
anstalt der Stadt Köln. Berlin 1908. Verlag und Druck von Rein¬ 
hold Kühn, Berlin SW. 19, Leipzigerstr. 73/74. 

In Köln ist in Verbindung mit dem Schlachthofe eine Sänglings- 
milchanstalt errichtet, die seit Juli 1906 im Betriebe, von den Verfassern 
geleitet wird. Das Buch schildert eingehend die Einrichtung und den 
Betrieb dieser Anstalt, die als Muster für ähnliche Wohlfahrtsein¬ 
richtungen dienen kann. Die Vorzüge, die Milchküchen auf dem 
Schlachthofe zu errichten, sind unverkennbar, da durch das Vorhanden¬ 
sein der maschinellen Anlagen und genügender Arbeitskräfte der Betrieb 
sich billig gestalten kann. Während in Berg.-Gladbach eine ähnliche 
Einrichtung in für die Kleinstadt passendem Rahmen vorhanden ist, 
zeigt Köln die Anlage für eine Großstadt. Es ist zu erwarten, daß 
nach und nach in vielen Städten Milchküchen entstehen werden, die 
sich unter Leitung der Schlachthoftierärztc befinden. Dieses erstrebens¬ 
werte Ziel zu fördern, ist die vorliegende Beschreibung sehr geeignet 
und die Durchsicht des Buches deshalb besonders zu empfehlen. 

* Glage. 

Die Kindermilchproduktion in wirtschaftlicher und hygienischer Be¬ 
leuchtung unter besonderer Berücksichtigung der im Rassestall der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Dresden gemachten Erfahrungen. Von Medizinal¬ 
rat Dr. Pusch, ordentlicher Professor an der Tierärztlichen Hochschule 
in Dresden und Landestierzuchtdirektor. Mit 10 Textabbildungen. 
Berlin 1908. Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, Wilhelm¬ 
straße 10. Preis 2 M. 

In einer ausgezeichneten Arbeit bespricht Verfasser die Förderungen, 
die speziell an die Kindermilchproduktion zu stellen sind, nach eignen Er¬ 
fahrungen in erschöpfender Weise. Bei der außerordentlichen Wichtig¬ 
keit, welche heute der Verbesserung der Milch Versorgung für die Säuglings- 
ernährung beigemessen wird, besitzt die Arbeit für die Tierärzte eine 
besondere Bedeutung und sei deshalb zur Beschaffung bestens empfohlen. 

Glage. 


Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Nevermann, Regierungsrat, Veröffentlichungen aus den Jahres¬ 
veterinärberichten der beamteten Tierärzte Preußens für 
daB Jahr 1905. VI. Jahrg, II. Teil. Verlagsbuchhandlung Paul 
Parey. Berlin 1908. 

Dr. med. vet. Richter, Hoftierarzt, Die Hundestaupe, ihre Vor¬ 
beugung und Behandlung durch Impfung. Mit 4 Doppeltafeln 
Eduard H. de Rot. Dessau 1908. Preis 3,50 M. 

Geheimrat Prof. Rubner, Direktor des Hygien. Inst. d. Universität 
Berlin, Volksernährungsfragen. Akademische Verlagsgesellschaft 
m. b. H Leipzig 1908. Preis brosch. 5 M., geb. 6 M. 

Entscheidungen des Preußischen Ehrengerichtshofes für Ärzte. 
I. Band. Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. Berlin 1908. 
Preis broschiert 4,80 M, gebunden 5,50 M. 

Dr. Ernst König, Die Autochrom-Photographie und die 
verwandten Dreifarbenraster - Verfahren. Gustav Schmidt, 
Berlin 1908. Preis geheftet 1,20 M. 

Albert Ammelounx, Über Entwicklung und Entwicklungs- 
Störungen der Nieren. (Inaug.-Dissert. der veterinär-medizin. 
Fakultät Bern.) Mit 7 Abbildungen auf Tafel I und II. Berlin 1908. 

Farbige Tierbilder von Wilhelm Kuhnert. 10 Lieferungen mit 
60 Bildern. Verlag von Martin Oldenbourg. Preis in Lieferungen ä 2 M., 
komplett in Sammelmappe 24 M. 

Das Tierleben der Erde von Haacke und Kuhnert in demselben Ver¬ 
lage umfaßt 3 Bände (nicht 4 Bände) und kostet 50 M. (und nicht, wie 
irrtümlich angegeben, 80 M.). (Besprechung s. B. T. W. Nr. 19, Seite 35*2.) 


Prof. Dr. Franz Müller, Lehre vom Exterieur des Pferdes 
oder von der Beurteilung des Pferdes nach seiner äußeren Form. 
VII. Aufl. Mit 28 Holzschnitten und der Abbildung eines Original- 
Araber-Hengstes und eines Pferdeskelettes. Wilhelm Braumfiller. 
Wien 1908 Preis gebunden 4,20 M. 

H. Groß, Das ostfriesische Pferd (Monographien Bd. VII.) 
Mit 5 Tafeln, 1 Karte und 96 Abbildungen ira Text. M. und H. Schaper, 
Hannover 1908. Preis 4 M., für Abonnenten 3 M. 

E. Suckow, Gestütsdirektor, Über Vererbung und Aufzucht 
der Pferde mit besonderer Berücksichtigung der Schritt¬ 
pferdezucht. M. und H. Schaper, Hannover 1908. Preis 1,20 M. 

G. Francke, Kreistierarzt. Merkbuch für Zicgenhalter. Im 
Aufträge der Kommission zur Förderung der Ziegenzucht im Landkreise 
Köln. Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. Preis 
50 Pfg. Bei Bezug von 50 Exemplaren ä 40 Pfg, 100 Exemplaren 
ä 35 Pfg, 200 Exemplaren h 30 Pfg. 

Ludwig von Müller, Beiträge zur Lehre vom Zahnalter des 
Pferdes. (Inaug-Diss der philosoph. Fakultät Leipzig) 1908. 

Prof. J. Njegotin, Über die Methode der graphischen 
Registrierung desPulses und dessen Arhythmie beim Hunde. 
(Sonderabdruck aus der „Zeitschrift für wissenschaftliche und praktische 
Veterinärmedizin“, Bd. II, Lfg. 1. Dorpat 1908) 

Richard Gasse, Untersuchungen über das Verhalten dei 
Blutkörperchen bei chirurgischen Krankheiten des Pferdes, 
besonders bei eitrigen Entzündungen. [Inaug.-Diss. der vet.- 
med. Fakultät Gießen]. (Separatabdruck ans „Monatshefte für 
praktische Tierheilkunde“, XIX. Band) Mit einer farbigen Tafel. 
Union, Deutsche Vcrlagsgesellschaft, Stuttgart 1907. 

Ad. Walther, Zwei Beiträge zur Kenntnis des Pferdeblutes. 
Mit zwei Textflguren. (Separat-Abdruck aus dem Archiv für die ges 
Physiologie Bd. 123) Martin Hager, Bonn 1908. 

Arthur Fischer, Über Scheiden- und Wurftuberkulose bei 
der Kuh. (Inaug.-Diss. der Philosoph. Fakultät Leipzig), 1908. 

E. Klinge, Die inneren Irisschichten der Haussäugetiere. 
(Inaug.-Diss. der vet.-med. Fakultät Zürich). Mit 24 Figuren ira Texte. 
J. F. Bergmann, Wiesbaden 1908. 

Berloht über den XIV. internationalen Kongreß für Hygiene und 
Demographie, Berlin 23. -29. September 1907. Bd. III, erster Teil. 
Mit 7 Tafeln im Text; Bd. III, zweiter Teil, mit einer Tafel und zwei 
Karten im Text; Bd. IV, mit General-, Namen- und Sach-Register. 
August Hirschwald, Berlin 1908. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Geheimen Ober- 
regierungsrat Dr. Lyrf/m-Baden-Baden der preußische Kronenorden 
2. Klasse, dem Kreistierarzt a. D. Veterinärrat Robert Bö/fe-Ebers- 
walde der Rote Adlerorden 4. Klasse. 

Ernennungen: Distriktstierarzt Deisenhnfer -Reichling zum städt. 
Bozirkstierarzt in Freising (Oberbay.) Die Tierärzte August Dechant 
ans Schweinfnrt znm Assistenten am pharm. Institut und August 
Mulxer , bisher Assistent am pharm. Institut zum 2. Assistenten an 
der Chirurg. Klinik der Tierärztlichen Hochschule in München. — 
Personalien betr. Prof. Dr. Wilhelm Zwick -Stuttgart aus Nr. 28 vgl. 
die Personalnotiz der Tagesgeschichte in Nr. 27 S. 484. 

Examina: Promoviert: Städt. Amtstierarzt A T oadr-Dresden, die 
Tierärzte A. Dttm^-Berlin, B. Jacobi- Tostedt, 0. Skiba -Halle a. S. und 
Valerian Zniniewicz aus Posen zum Dr. med. vet. in Bern. — 
Approbiert: Die Herren Willibald Domis aus Köln a. Rh., 
Julius Eckert aus Biebrich, Paul Bahn aus Freystadt, Heinrich 
Hommelsheim aus Dürwis, Ernst Jahn aus Ulm, Arthur Kortbein aus 
Kolberg, Emst Kürschner aus Torgau in Berlin; Georg Gender aus 
Schwarzenbach (Bayern), Paul Mayer aus Dinglingen (Baden), Karl 
Stein aus Grünberg (Oberhessen), Fritz Volkmar aus München in 
Gießen; Emst Lötsch aus Sebastiansberg, Julius Mockel ans Leipzig, 
Georg Müller aus Plaue, Kwt Roscher aus Ehrenriedersdorf in 
Dresden; Herrn. Kopf aus Lahr, Friedr. Magnussen aus Adebüll in 
Hannover; Emst Grelher aus Holzen, Jakob Huber aus Amberg, 
Heinrich Riedner aus Nürnberg, Hans Schreck aus Pfullendorf, 
Saphir Seiderer aus Blaibach, Otto Zirker aus Hammelburg, Joseph 
Zisterer aus Straubing in München. 

Todesfall: Kreistierarzt Joseph Wimmer , Mitglied des Kreis- 
Medizinal-Ausschusses in Landshut 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 27.) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. 8olimaltz in Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbachhandlang von Richard Schoeta In Berlin. 

Druck von W. BOxenstein, Berlin. 









Die „Perliner Tierärztliche Wochemchrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmatr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe *um Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4.88 für die Wochenschrift, 1* Pf. für Bestellgeld) 
frei Ins Haus geliefert. {Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk., fn Petitsata mit 
00 Jlk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schtnaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW-, Luiscnstrafie 53. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinürrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 


Dr. Schlegel 

Professor in Frei bürg. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt 

Profe»sor in Dresden. 


Helfer 

Schlach b.-Direktor in Mülhauien i. E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitnt in Hamburg. 


Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße 

Departements T. in Bromberg. Departcments-T. in Danzig. 

Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte 

Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. 

Dr. Stödter Dr. Trapp 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 

Zündet 

Krelstlerarst in Mülhausen L E. 

Dr. Zimmermann 

Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. 


30 . Ausgegeben am 23. Juli. 


Inhalt: Knoll: Vorkommen und Häufigkeit des Aneurysma verminosum, dessen Einfluß auf die Kolik und die damit 
verbundene Volvuli. — Raebiger: Erfahrungen in der Schutz- und Heilimpfung mit [polyvalentem Kälber/uhr- 
serum nach Ludwig Wilhelm Gans-Frankfurt a. M. — Roschig: Tannyl-Gehe. Ein neues Antidiarrhoicum mit 
antiseptischer Wirkung. — Referate: Hißbach: Über das Vorkommen der amyloiden Degeneration |bei Tieren. — 
Froehmer: Schlempemauke beim Pferde. — Horn: Beiträge zur Kenntnis der chronischen Nierenerkrankungen des 
Schafes, — Tageegeschichte: Deckblätter zur Militärveterinärordnung. — Gebhardt: Deutscher und Schweizer Dr. med. vet. — 
Preußische Technische Deputation für das Veterinärwesen. — Kreistierarzt Raebiger und Kreisarzt Ludwig zu Habelschwerdt. 
Ein Landgerichtsurteil. — Versammlung der Tierärzte des Reg.-Bez. Lüneburg. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Vorkommen und Häufigkeit des Aneurysma vermi¬ 
nosum, dessen Einfluß auf die Kolik und die damit 
verbundenen Volvuli. 

Von Schlaehthoftierarzt Paul Knoll-Elbing. 

AtreurysmenbHdung^ beim Pferd kommt zustande durch 
Parasitismus von Strongylus armatus (Sclerostoma equinnm) in¬ 
folge einer durch denselben veranlaßten entzündlichen Affektion 
der Arterienwand, die von Bollinger als $ine rezidivierende 
traumatische Endarteriitis bezeichnet wurde. Nach neueren 
Untersuchungen von Sticher, Ellenberger und Schütz, 
Jahresbericht 1902, „über das Zustandekommen des Aneurysma 
verminosum“ gelangen die Larven auf dem Wege der Vasa 
vasornm in die Arterienwand, bedingen dort eine hämorrhagische 
Infarzierung eines bestimmten Gebietes der Mnscnlaris mit nach¬ 
folgender zelliger Infiltration, dringen dann gegen das Lumen 
des Gefäßes vor, erregen Substanzverluste der Media und 
Intima, starke Thrombenbildung, Hypertrophie der Mnscnlaris 
und Dilatation der Gefäßwand. Nach Schlbgel „über die 
Sclerostomen8eucke der Pferde“ erklärt sich die Allgemein- 
wirknng der Parasiten teils ans Resorption spezifischer Toxine, 
teils aus Resorption von Zersetzungsprodukten der zerstörten 
Ge websteile, indem durch Wanderung der Larven in den be¬ 
fallenen Organen hämorrhagisch-nekrotisierende Bohrgänge her¬ 
vorgerufen werden. Aneurysmen der Bauchaorta können jedoch 
durch lokale Steigerung des Blutdruckes entstehen. 

Die Bildnng eines Aneurysma wird durch die mit der ent¬ 
zündlichen Schwellung der Wand einhergehenden Verengerung 
des Arterielumens, sowie durch die gleichzeitige Bildnng eines 
Thrombus begünstigt, letzterer unterhält und begünstigt auch 
die Entzündung der Innenwand. 

Bollinger sagt, daß dem Aneurysma Strongyliden nur 
zufällig fehlen und, wie bereits erwähnt, Aneurysmabildung 
lediglich durch Strongylus armatus zustande komme. Bei 121 


Aneurysmen fand ich 39 mal angegeben, daß sich gleichzeitig 
Strongyliden vorfanden. Diese Angabe stimmt mit derjenigen 
überein, nach der man nenerdings annimmt, daß die in den 
Blutgefäßen ansässigen Würmer nur verirrte Exemplare dar¬ 
stellen. Bei regelrechter Entwicklung spricht man Strongylus 
armatus nur Darmparasitismns zu. Der Wurm gelangt — Wie 
später in einem Falle erwähnt werden wird — als Embryo oder 
Larve in den Verdauungsschlauch und entwickelt sich hier im 
Coecum oder Colon zur Geschlechtsreife. Häufig jedoch gelangen 
I junge mikroskopisch kleine Larven in die Darmschleimhant und 
so in die Blutgefäße, namentlich in die Venen der Submucosa; 
von dort aus können sie dann überall hin verschleppt werden. 

Andererseits nimmt nach der neuesten Arbeit Prof. Dr. 
Schlegel-Freiburg in der B. T. W. Nr. 4 1907 „Über die 
Sclerostomenseuche der Pferde“ an, daß im Aneurysma regel¬ 
mäßig einige Larven von Sclerostomum Vorkommen, durch¬ 
schnittlich neun in einem Anenrysma, zuweilen auch Hunderte. 
Zweimal fand ich zahlreiche Pallisadenwürmer vor, ohne irgend¬ 
welche Andeutung auf aneurysmatische oder thrombotische Pro¬ 
zesse hin. Trotz Anwesenheit von zahlreichen Strongyliden 
war ein Einfluß auf die Arterienwand nicht zu verspüren. 
Andererseits soll aber auch die Bildung eines Aneurysmas durch 
gleichzeitige Anwesenheit eines Thrombus begünstigt werden; 
ja Ray er bezeichnet das gleichzeitige Vorkommen eines Throm¬ 
bus im Aneurysma als charakteristisch für dieses. 

In meiner Zusammenstellung fand ich von 121 Aneurysmen 
90 mal Thrombose gleichzeitig mit vor. Nur Thrombose fand 
ich von 503 Fällen 44 mal vor und endlich ein Anenrysma ohne 
Thrombose 31 mal. Hiernach bestätigt sich die Ansicht, daß 
Aneurysmenbildung durch gleichzeitiges Vorhandensein eines 
Thrombus begünstigt wird. 

Neuerdings neigt man der Ansicht zu, daß ein Pferd 
Aneurysma, Thrombose und Volvulus aufweisen, die letztere 
aber unabhängig von ersteren akquiriert haben kann. Die 








530 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


Thrombose ist dann nur Nebenbefund. (Oft ist es in Ermange¬ 
lung anderer Anhaltspunkte nur ein Wahrscheinliehkeitsschluß 
über die Ätiologie, wenn wir jene zwei Dinge in Abhängigkeit 
zueinander setzen.) 

Die meisten Aneurysmen finden sich nach Bo 11 inger am Stamm 
der vorderen Gekrösarterie, unmittelbar am Stamm aus der 
Bauchaorta. Von 121 Fällen war der Sitz des Aneurysma 
80 mal die vordere Gekrösarterie, neunmal die Grimmdarm¬ 
arterie, dreimal die Blinddarmarterie und einmal die Aorta. 
Daß aber auch an den verschiedensten Stellen des Körpers 
Aneurysmen Vorkommen können, zeigen Ellenberger und 
Schütz 1901, wo sich ein Aneurysma der unteren Halsarterie 
vorfand. Ellenberger und Schütz 1904 beschreiben in einem 
Falle ein Aneurysma der linken Nasenarterie, wobei infolge 
Ruptur derselben der Tod durch Verblutung eintrat. In zwei 
anderen Fällen wurde ein Aneurysma der Art. thoracica und 
der Art. hepatica vorgefunden. 

Hering hat in seinen Untersuchungen nachgewiesen, daß 
sich bei den meisten Pferden ein Aneurysma der Art. ileo-coeco- 
colica vorfindet; er hat sogar in der Rec. de möd. vet. be¬ 
hauptet, daß ein Pferd eher mit mehreren als mit keinem 
Aneurysma behaftet wäre. Daß diese letzte Behauptung zu 
optimistisch war, ist wohl klar. Seine Angaben werden weiter¬ 
hin von Bollinger bestätigt, indem er bei 35 Pferden 60 Aneu¬ 
rysmen vorfand, ein Prozentsatz der demjenigen Herings 
wenig nachsteht. Hering fand bei 65 Pferden 108 Aneurysmen. 
Ebenso sagt der Münch. J. B. 1871: „Bei allen zu ana¬ 
tomischen Zwecken verwendeten Pferden wurde das Wurm¬ 
aneurysma gefunden.“ Bruckmüller, Röll und Bollinger 
haben angegeben, daß 90 bis 94 Proz. aller Pferde mit Aneu¬ 
rysmen behaftet sind. Unter 85 zu anatomischen Zwecken in 
der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden verwendeten Pferden 
fand Ellenberger nur eins ohne Aneurysma. Desgleichen 
haben auch früher Ray er und Bruckmüller (Archiv de möd. 
comp. 1842 und Mittig, für Vet.-Kunde, Bd. II) dieselben Er¬ 
fahrungen gemacht. Ersterer fand unter 50 Pferden nur zwei, 
letzterer unter 65 nur eins ohne Aneurysma. 

Die von mir angestellten Nachforschungen ergaben fol¬ 
gendes : 

Von 503 Pferden waren nach Angabe der betreffenden 
Quellen 121 mit Aneurysmen behaftet. Ein Vorkommen von 
gleichzeitig zwei Aneurysmen konnte ich nicht feststellen. 
Früher schon hat man bei ganz jungen Pferden vom dritten 
Monat an Aneurysmen vorgefunden. Seamen (Edinbourgh 
Vet. Rew. 1804) meldet sechs Fälle von Aneurysmen bei Föten 
im Alter von 6—15 Monaten. Poeppel „Untersuchungen über 
den Bau von Strongylus armatus“ nimmt auch eine intrauterine 
Infektion mit jungen Larven an, da er schon bei einem zehn 
Tage alten Saugfohlen ein taubeneigroßes Aneurysma vermino- 
sum feststellen konnte. Von anderen wurde auch ein epizob- 
tisches Vorkommen angenommen. 

Hier sei hinzugefdgt, daß sich öfters Fohlen als mit 
Aneurysma behaftet vorfanden. 

Zeitschrift für Vet.-Kunde 1899 beschreibt folgenden Fall: 
Ein Jährling erkrankte heftig an Kolik und verendete nach 
30 Stunden Krankheitsdauer. Die Sektion ergab eine Darm¬ 
ruptur und ein 2 m langes Stück des Blinddarmes hämorrhagisch 
geschwollen. Die vordere Gekrösarterie fand ein Aneurysma 
mit wandständigem Thrombus auf. Weiter schreibt Hann. 


Jalirg. 1876: Ein bisher gesundes Fohlen erkrankte plötzlich 
und ging, ohne Kolikerscheinungen zu zeigen, an Diarrhöe zu¬ 
grunde. Die A. ileo-coeco-colica fand ein Aneurysma ver- 
minosum mit frischem Thrombus und 51 Strongyli. Die Grimm¬ 
darmarterie war vollständig verstopft und die Blinddarmarterie 
mit frischen Thromben durchsetzt. Es ist dieser Fall doppelt 
interessant, als auch bei Fohlen tödlich verlaufende embolische 
Leiden Vorkommen können, und daß ferner Wurmaneurysmen 
vorhanden sein können, ohne unbedingt charakteristische 
Koliksypmtome erzeugen zu müssen. Hier sei noch folgender 
Fall erwähnt: Ein Patient war an Pleuritis gestorben 
und batte auch intra vitam niemals Kolikanfälle gezeigt. Die 
Sektion fand »am hinteren Ast der hinteren Gekrösarterie einen 
einen festen Thrombus mit Strongylen vor. Daß trotz Thrombos 
und Strongylen keine Koliksymtome erzeugt zu werden brauchten, 
geht klar und deutlich aus den anatomischen Verhältnissen vor, 
indem sich leicht ein kollateraler Blutkreislauf bilden konnte. 

Nach Ellenberger und Schütz 1905 kam im Gestüt zu 
Beberbeck das Aneurysma bei Fohlen und zwar bei kleinen 
säugenden Fohlen und viel mehr noch im ersten Lebensjahre 
bald nach dem Absetzen von der Mutter im Alter von fünf 
Monaten und später vor. Die Ursache des starken, fast seuchen- 
haften Auftretens wurde im Tränkwasser gefünden, indem sich 
neben reichlicher Sättigung mit organischen Substanzen auch 
eine Larve von Strongylus armatus vorfand. Ellenberger 
und Schütz 1901 beschreiben ebenfalls einen Fall von 
A. verminosum bei einem 8 Monate alten Fohlen. Das manns¬ 
kopfgroße Aneurysma der vorderen Gekrösarterie war mit 
der rechten oberen Grimmdarmlage verwachsen. Infolge Ruptur 
des Aneurysmas war der Tod spontan eingetreten. 

Die Ansichten Bollingers gehen dahin aus, c|aß zwischen 
dem Thrombus des Wurmaneurysmas und den Ursachen der 
Kolik die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges eine sehr 
große ist. Je nach der Größe der verstopften Gebiete und der 
Unmöglichkeit zur Bildung eines kollateralen Blutkreislaufes 
richten sich die funktionellen Störungen des Darmes, und diese 
bewirken eine teilweise Lähmung der betreffenden Darmpartie. 
Es kommt somit zur Bildung einer Darmstenose und diese, sagt 
Bollinger, bildet in der Mehrzahl der Fälle den Ausgangs¬ 
punkt derjenigen Erscheinungen, die man als Kolik bezeichnet. 

Dieser Sentenz Bollingers gemäß wurde nun in einer 
großen Anahl von Fällen der letale Ausgang der Kolik einfach 
auf die Anwesenheit eines Aneurysmas geschoben. Wenn auch 
die Thrombose im Aneurysma Embolie der Darmwand zur Folge 
hat, so darf man darauf allein nicht den Tod beziehen. Erst 
wenn sich eine tatsächliche, durch die Embolie veraulaßte 
arterielle bzw. funktionelle Störung nachweisen läßt, darf man 
mit Sicherheit die Embolie oder das Aneurysma für den Exitus 
letalis der Kolik verantwortlich machen. Es ist ferner be¬ 
obachtet worden, daß eine Verlagerung des Darmrohres bei 
gänzlich freier Gefäßbahn, also beim Fehlen von A. Thrombosen 
oder Embolien zu sehen war. Dieser Umstand legte vor Augen, 
daß ein Volvulus bzw. überhaupt ein letaler Kolikausgang auch 
unabhängig von seiner bei Pferden so häufigen und für andere 
Anomalien des Darmes so hochwichtigen GekrösWurzelerkrankung 
stattfinden kann. 

Sächs. Jahrb. 1874 schreibt: 

Die bekannten Veränderungen der Gekrösarterie mit Thromben 
fanden sich unter 11 tödlich verlaufenden Fällen von Kolik 






23. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


531 


7 mal vor. Ohne Einfluß schienen sie in 4 Fällen zu sein. Bei 
2 mal vorhandener Achsendrehung des Dünndarmes schien diese 
auf Embolie zurückzuführen zu sein. Genau festzustellen, daß 
ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Wurmaneurysma 
und der tödlich verlaufenen Kolik bestanden hat, war nur in 
einer geringen Anzahl von Fällen möglich. (M. J. B. H. J. B. 
D. J. B. usw.) 

Es findet sich erwähnt, daß das Aneurysma in bestimmten 
Gegenden überhaupt noch nicht beobachtet wurde. 

Ellenberger und Schütz, 1895, schreiben: 

Wurmaneurysmen in der Gegend von Stralsund wurden 
niemals bei Pferden gesehen. Diese Angabe deckt sich mit 
derjenigen Sc am ca 8, der ein epizootisches Vorkommen des 
Aneurysma beobachtet hat. Ein einziges Mal fand ich, daß sich 
ein Referat voll und ganz der Meinung Bollingers anschloß, 
indem gesagt wird, daß 3 / 4 aller Todesfälle bei Kolik durch 
Wurmaneurysmen veranlaßt werden. Es wird aber absolut kein 
Beweis, fährt betr. Bericht fort, für diese längst als zu weit 
gehende Tatsache erbracht. 

Die Zeitschrift für Veterinärkunde, 1893, erwähnt einen 
Fall, wo sich ca. 300—400 PallisadenWürmer in einem Ast der 
A. ileo-coeco-colica vorfanden, die Wand des betreffenden Gefäßes 
durchbohrten und eine mit letalem Ausgange verbundene Blutung 
in die Bauchhöhle verursacht hatten. Patient litt nur dieses 
eine Mal an Kolik und somit waren die Strongyliden bzw. das 
Aneurysma einerseits, die Kolikursache und andrerseits auch die 
Todesursache. Briche meint, daß so große Mengen von 
Strongyliden nicht immer Kolik erzeugen müssen und daß eine 
Verblutung durch Strongylus armatus eine große Seltenheit sei. 
Daß der erste Teil seine Richtigkeit hat, ergeben die ver¬ 
schiedenen Liferatürangaben, daß aber eine innere Verblutung 
durch Strongylus armatus keine absolute Seltenheit ist, ergibt 
sich aus folgenden Fällen: Die Berliner Tierärztliche Wochen¬ 
schrift, 1900, erwähnt folgenden Fall, der insofern interessant 
ist, als eine innere Verblutung durch ein Annurysma stattfand» 
betreffender Patient aber nicht den geringsten Kolikanfall gezeigt 
hatte. Es handelte sich um ein sechsjähriges Militärpferd, das, 
nachdem es tags zuvor eine beträchtliche Menge Blut aus dem 
After entleert hatte, am anderen Tage plötzlich unter dem 
Reiter zusammenbrach. Die Obduktion ergab ein faustgroßes 
Aneurysma der vorderen Gekrösarterie und einen ca. 30 1 
starken Bluterguß in den Grimmdarm. Des weiteren fand sich 
eine bindegewebige Verbindung vom Ende der oberen Grimmdarm¬ 
arterie nach dem Stamm der Art. ileo-coeco-colica vor und in 
dieser ein Kanal, der genau den Weg anzeigte, den der Parasit 
auf seiner Wanderung genommen hatte. Kreistierarzt Franke- 
Mülheim beschreibt folgendes Vorkommnis. Ein ca. 8 Monate 
altes Weidefohlen hatte intra vitam niemals Kolikanfälle gezeigt, 
war auch sonst niemals krank gewesen und war eines Morgens 
plötzlich verendet. Die Obduktion fand die rechte obere 
Grimmdarmlage mit einer über der Wirbelsäule liegenden zirka 
mannskopfgroßen Geschwulst fest verwachsen. Von dort aus 
ging es in einen Hohlraum, der mit der hinteren Aorta 
kommunizierte. In dem dort sitzenden Aneurysma fanden sich 
ca. 200—300 Larven von Strongylus arm. vor. Selbiges 
Aneurysma hatte ein Gewicht von 7 kg und einen Umfang von 
70 cm. Der Tod war spontan durch innere Verblutung ein¬ 
getreten. Hier wird einerseits der Beweis geliefert, 
daß ganz bedeutende Aneurysmen schon im jugend¬ 


lichen Alter bestehen können und, daß andrerseits 
Strongyliden den Tod durch Verblutung spontan 

herbeiführen können. 

In Ellenberger u.Schütz 1905, S.201, beschreibt Zietsch- 
mann einen Fall, wo durch ein Aneurysma der hinteren Aorta 
eine Verblutung in die Bauchhöhle unter Koliksymptomen statt¬ 
gefunden hatte. 

Auch die Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1893, 
S. 144, liefert den Beweis, daß eine außergewöhnlich 
große Anzahl von Strongyliden in der Gekrösarterie 

keineswegs Anlaß zu Koliken zu geben brauchen, wohl 
aber eine innere Blutung und somit den Tod herbeiführen 
können. Besagtes Pferd lag eines Morgens tot im Stalle. Die 
Sektion fand die Bauchhöhle mit ca. 6—8 1 Blut angefüllt. Die 
obere Grimmdarmarterie war geborsten, ferner fanden sich 
ca. 300—400 Stück Strongylen vor und an der A. ileo-coeco- 
colica ein Aneurysma mit wandständigem Thrombus. 

Weiterhin beschreibt die Tierärztliche Wochenschrift 1889 
einen Fall, wo ein Patient plötzlich ohne nachweisbare 

Krankheitsursache erkrankte und in größeren Mengen Blut 
durch die Nase entleerte. Am folgenden Tage trat der Tod 

ein. Die Sektion fand Verblutung in den Magen infolge eines 
Aneurysma der Bauchaorta. 

Einen Fall, wo Patient blutigen Kot entleerte, aber keinerlei 
Krankheitssymptome aufwies, beschreibt die Berliner Tierärztliche 
Wochenschrift 1893, S. 261. Eines Morgens war der Tod 
spontan eingetreten. Die Sektion fand ein Aneurysma der 
vorderen Gekrösaterie und diese mit dem Grimmdarm ver¬ 
wachsen und in Verbindung. Der Tod war spontan durch 
Ruptur der vorderen Gekrösarterie eingetreten. 

Diese sechs Fälle von fast spontanem Tod infolge von 
innerer Verblutung, verursacht durch Strongylus armatus, be¬ 
weisen, daß eine derartige Todesursache absolut keine Seltenheit 
ist. Zum großen Teile betrafen die erwähnten Fälle auch 
Fohlen im Alter bis zu einem Jahr. Auch hier bestätigt sich 
die Ansicht Poppels, der Aneurysmen bei Fohlen mehrmals 
beobachtete. Im Anschluß hieran seien noch drei Fälle von 
Aneurysmen bei Fohlen bemerkt, wo jedoch die teils mit vor¬ 
handenen Kolikerscheinungen nicht auf Rechnung der anwesenden 
Aneurysmen zu setzen sind. 

Berliner tierärztliche Wochenschrift 1895, S. 554 beschreibt 
einen Fall, wo sich bei einem 5 Monate alten Fohlen in der vorderen 
Gekrösarterie ein bedeutendes Aneurysma mit hühnereigroßem 
wandständigen Thrombus und unzähligen Strongyliden vorfand; auch 
in den Anfängen der Nierenarterie fanden sich Embolien vor. 
Patient hatte vor dem Tod geringe Kolikerscheinungen gezeigt, 
da sich jedoch post mortem über 100 Ascariden vorfanden, so 
findet sich hierin die Erklärung für die vorhanden gewesenen 
Kolikerscheinungen. Weiter spricht auch hierfür der Umstand, 
daß trotz bedeutender Thrombosebildung am Stamme der vorderen 
Gekrösarterie sich nirgends eine partielle Darmparese oder 
Fäcalstase vorfand. Als weiterer Befund waren 100 Gastro- 
philuslarven zu verzeichnen. — Es ist dies ein Fall wo trotz 
Aneurysma und Thrombose sowie Bildung von Embolien kein 
letaler Ausgang, selbst nicht einmal darauf zurückzuführende 
Koliksymptome ausgelöst wurden. 

Den zweiten Fall betraf ebenfalls ein 5 Monate altes Fohlen, 
wo der Tod beziehentlich die vorhanden gewesenen Koliksymp- 
tohae nicht mit dem Aneurysma Zusammenhängen konnten. 





532 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._ No. 30. 


Berliner tierärztliche Wochenschrift 1895, S. 537 meldet, daß 
die Sektion im Leerdarm 50 Ascariden vorfand, ferner die A. ileo- 
oeco-eolicac daumdick geschwollen war und ebenso die Hüft-, 
Blind- und Grimmdarmarterie. Weiter fanden sich in der A. ileo- 
coeco-colica 50 Exemplare von Strongylus armatus vor. Embolien . 
waren nicht vorhanden, ebenso wird eine Todesursache nicht an¬ 
gegeben. Auch in diesem Falle darf der Tod wohl der An¬ 
wesenheit der 50 Ascariden zum größten Teile zugeschoben 
werden. 

Endlich beschreibt B. T. W. 1904 einen Fall, wo ein drei 
Monate altes Fohlen, das bis zu seinem Tode fortwährend auf 
der Weide gewesen und niemals krank war, eines Morgens 
plötzlich verendet war. Die Sektion fand ein Aneurysma von 
7 cm Länge an der vorderen Gekrösarterie, und ebenso ein solches 
an der Bauchschlagader mit 65 Strongyli. Referent und Ein¬ 
sender des Präparates nehmen übereinstimmend als causa mort. 
Erstickung bzw. Ertränkung an, wofür die schlammigen Massen 
in der Luftröhre deutlich sprachen. Die charakteristischen 
Merkmale der embolischen Kolik waren auch hier in keiner 
Weise auffindbar und ein eventueller Kolikanfall wäre wohl 
kaum mit dem Aneurysma in Verbindung zu bringen gewesen. 

Nach den Untersuchungen von Jelkmann soll in einer 
großen Anzahl von Fällen die Achsendrehung des Grimmdarmes 
durch rein mechanische Einflüsse zustande kommen. Wo sich 
ein Volvulus und gleichzeitig Aneurysma, Thrombose oder 
Embolie vorfand, schreibt Kitt, kann man nicht ohne weiteres 
aus dem Zusammentreffen von Aneurysma usw. mit einem Vol¬ 
vulus die gleiche Schlußfolgerung ziehen. Es kann ein Pferd 
ein Aneurysma, Thrombose und gleichzeitig Lageveränderung 
vorweisen, die letztere aber unabhängig vom ersteren erworben 
haben. Oft ist es, schreibt Kitt weiter, nur ein Wahr¬ 
scheinlichkeitsschluß über die Ätiologie, wenn wir jene zwei 
Dinge in Abhängigkeit zueinander setzen. 

Das Aneurysma resp. die ev. Thrombose wird in folgenden 
Fällen für den letalen Ausgang verantwortlich gemacht. 

Bollinger erwähnt einen Fall, wo Patient 18—20 mal an 
intermittierenden Kolikanfällen gelitten hatte. Die Sektion 
ergab eine Verlagerung der Unken Grimmdarmlagen und ein 
10 cm langes und 2—3 cm dickes Aneurysma an der vorderen I 
Gekrösarterie. Bollinger nimmt als Ursache der Verlagerung 
des Aneurysma an ohne allerdings nähere Grundangabe. Da von 
vorhandenen Darmembolien nichts erwähnt ist, so kann man 
das Aneurysma ohne weiteres nicht für die Verlagerung ver¬ 
antwortlich machen; ebenso können intermittierend auftretende 
Kolikanfälle durch individuelle Disposition erzeugt werden. 

Embolie und Aneurysma konnte man dem H. J. B. 1876 zu¬ 
folge 10 mal als Todesursache ansehen, leider allerdings auch 
ohne nähere Grundangabe. Bemerkt sei, daß sich allein 7 mal 
Embolie der Blinddarmarterie vorfand, obwohl gerade diese aus 
anatomischen Gründen am ungünstigsten situiert ist. 

Was endlich den Einfluß des Aneurysma auf Lage¬ 
veränderungen anbelangt, so sei folgendes erwähnt. 

A. J. B. 1874 schreibt: 

Zum Tode direkt hat das Aneurysma nur in einem Falle 
geführt, dagegen bleibt es zweifelhaft, ob es zu Lageveränderungen 
in anderen Fällen Anlaß gegeben hat: jedoch sprechen keine 
Anzeichen dafür. 

Weiter melden M. J. B. 1893/94 9mal eine Achsendrehung 
des Colons, und nicht einmal fand sich Thrombose oder 


aneurysmatische Bildungen vor; ferner fanden sich bei 23 Fällen 
letalen Ausganges 12 mal ein Volvulus des Colons vor, und nur 
gleichzeitig einmal fand die Sektion eine Thrombose der Blind¬ 
darmarterie sowie ein daselbst sitzendes Aneurysma vor. 

Derselbe J. B. 1888/89 fand bei viermaliger Achsendrehung 
auch viermal ein Aneurysma der vorderen Gekrösarterie; ob 
jedoch das vorhandene Aneurysma die Ursache des Volvulus 
war, ist nicht angegeben. 

Das Ergebnis der angestellten Nachforschungen kann in 
folgendem zusammengefaßt werden: 

1. Aneurysma verminosum kommt bei Pferden jeden Lebens¬ 
alters vor, so daß sein Vorkommen bei Fohlen keine Seltenheit ist. 

2. Bei Anwesenheit von selbst großen Mengen von Strong. 
armatus in der Arterienwand braucht es nicht immer zu 
aneurysmatischen Bildungen zu kommen. 

3. Eine innere Verblutung durch Strong. armatus ist keine 
Seltenheit; auch waren bei innerer Verblutung durch Strong. 
armatus keine Koliksymptome bemerkbar. 

4. Anzahl von 300—400 Strong. armatus sind keine Selten¬ 
heiten, sondern wurden öfters gefunden. 

Nach den vorhandenen Angaben ist der direkte Einfluß des 
Aneurysma verminosum auf das Zustandekommen eines Volvulus 
nicht zu groß. Aneurysma war nur dann verantwortlich zu 
machen, wenn durch Darmembolien die Bildung eines kollateralen 
Blutkreislaufes verhindert war und somit eine partielle bzw. 
totale Darmparese bedingt war. 


Erfahrungen in der Schutz- und Heilimpfung mit 
polyvalentem Kälberruhrserum nach Ludwig Wilhelm 
Gans-Frankfurt a. M. 

Von Raebiger-Habelschwerdt. 

Die moderne Tierheilkunde bedient sich mehr und mehr bei 
der Bekämpfung der Krankheiten der Serumbehandlung! Nicht 
alle Sera haben das gehalten, was sie versprochen, ich denke 
dabei an die Staupesera, die empfohlenen Impfmethoden gegen 
Starrkrampf und die Druse der Pferde usw. 

Mit sehr gemischten Gefühlen denke ich der Zeiten zurück, 
in denen ich der Kälberruhr mit medikamentöser Behandlung 
und den sattsam bekannten Desinfektionsverfahren Herr zu 
werden suchte, ich erlebte immer Enttäuschungen! Schon vor 
'Jahresfrist habe ich an gleicher Stelle über Schutz- und Heil¬ 
impfungen mit dem polyvalenten Kälberruhrserum Ludwig 
Wilhelm Gans-Frankfurt a. M. berichtet. Damals berichtete 
ich über Impfungen, die ich selbst ausgeführt hatte; der Tier¬ 
arzt wird aber wohl nur selten in der Lage sein, die genannten 
Impfungen persönlich ausführen zu können, denn die Kosten für 
die tierärztlichen Bemühungen würden in keinem ökonomischen 
Verhältnis zum Werte des Kalbes stehen! Ich habe daher, um 
den unbestrittenen Nutzen der Schutzimpfung der Landwirtschaft 
zugänglich zu machen und diese Impfung allgemein einzuführen, 
mich in der Folge damit begnügt, das Vorhandensein der Kälber¬ 
ruhr selbst durch Untersuchung und Sektion zweifellos festzu¬ 
stellen. Danach habe ich den betreffenden Besitzern den Impf¬ 
stoff selbst abgegeben, nachdem ich ihnen die nötigen Anweisungen 
gegeben hatte! 

- Der auf kleinlichem Standpunkt stehende Tierarzt wird nun 
die Hände ringen und rufen, wie kann man so tierärztliche 
Interessen schädigen und die Landwirte im Impfen unterweisen? 






23. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Ich bin überzeugt, daß mir dieser Vorwurf gemacht werden 
wird, aber ich bin auch überzeugt, daß der weitaus größere 
Teil der Tierärzteschaft, sich auch auf meinen Standpunkt 
stellen wird. 

Es liegen mir die Resultate der Schutzimpfungen mit dem 
genannten Serum von insgesamt 31 Gehöften mit bisher 278 
Impfungen vor. Auf jedem der Gehöfte stellte ich die Kälberruhr 
dnrch Untersuchung und Sektion fest. In fast allen Fällen 
handelte es sich um Seuchengehöfte, auf denen die Krankheit 
seit Jahr und Tag und länger geherrscht hatte. 

Die genügend, aber nicht rühmlichst bekannten Thüringer 
Pillen seeligen Angedenkens, jetzt „Thürpil“ genannt, waren 
ohne jeden Erfolg in größten und freigebigsten Dosen verfüttert 
worden, von Eingeben ist bei solchen Mengen wohl füglich nicht 
mehr zu reden. In einigen Fällen hatte man auch mit viel 
Ausdauer und großer Sorgfalt die bekannten Methoden sowohl 
von Poels de Bruin, als auch das Pfeifersche Verfahren ange¬ 
wandt, doch ohne den gewünschten Erfolg. 

Ich halte mich versichert, daß es nur noch sehr w'enige 
Tierärzte gibt, die auch nur entfernt an eine Heilkraft der 
„Thürpil“ bei wahrer Kälberruhr glauben, ja ich stehe nicht an 
zu behaupten, daß diese vielgerühmten (vom Fabrikanten) Pillen 
in keinem Falle eine Kälberruhr verhütet oder geheilt haben. 
In den gerühmten Fällen wird es sich immer um einen harm¬ 
losen Darmkatarrh, aber nie um die Ruhr gehandelt haben. 
Die angeführten Verfahren von Poels de Bruin und Pfeifer haben 
mich bis jetzt fast immer im Stich gelassen. Ich bitte mir mein 
Abschweifen gütigst nachzusehen. 

Die mir vorliegenden Resultate ergeben, daß auf den 
Seuchengehöften nach erfolgter Schutzimpfung kein Kalb mehr 
an der Kälberruhr erkrankte. Alle Tiere wurden möglichst 
unmittelbar, spätestens einige Stunden nach der Geburt mit 10 ccm. 
polyvalentem Kälberruhrserum von Gans-Frankfurt a. M. geimpft! 
Stalldesinfektionen wurden nicht vorgenommen, Medikamente 
sind in keinem Falle verabreicht worden. Die sonst üblichen 
und empfohlenen prophylaktischen Vorsichtsmaßregeln wurden 
auf sämtlichen Gehöften ausser acht gelassen. 

Ich selbst habe an zirka 28 mit der Kälberruhr behafteten 
Tieren die Heilimpfung versucht, diese Versuche liegen zwar 
schon acht Monate zurück, da ich sie aber genau registriert 
habe, bin ich in der Lage, darüber zu berichten. In diesen 
Fällen handelte es sich stets um das Anfangsstadium der Ruhr! 
Ich habe 21 Kälber subkutan mit bis 50 ccm pro Tier geimpft, 
ohne das Verenden dieser Tiere verhüten zu können. Ich habe 
sieben Kälber, die mit der Kälberruhr im Anfangsstadium be¬ 
haftet waren, intravenös in gebrochenen Dosen & 5 ccm geimpft 
und in stündlichen Zwischenräumen in einem Falle bis zu 20 ccm 
intravenös verimpft. Die Tiere zeigten nach der intravenösen 
Impfung ausnahmslos Temperatursteigerungen bis 1,5 0 und 
zeigten sich sehr hinfällig. Das Allgemeinbefinden verschlechterte 
sich in fünf von diesen sieben Fällen schnell und zusehends, in 
zwei Fällen trat nach intravenöser Injektion von 10 und 15 ccm 
Serum Besserung und schon am folgenden Tage Heilung ein. 
Auch in diesen sieben Fällen wurden keinerlei Medikamente 
verabreicht! 

Auf Grund dieser Erfahrungen empfehle ich das polyvalente 
Kälberruhrserum Gans in Form der Schutzimpfung gegen die 
Kälberrnhr als außerordentlich zuverlässig und nie versagend, 


533 


vorausgesetzt, daß die Kälber möglichst unmittelbar, spätestens 
einige Stunden nach der Geburt geimpft werden. 

Die subkutane Heilimpfung hat mich bis jetzt fast stets im 
Stich gelassen! Die intravenöse Heilimpfung bewirkte in zwei 
Fällen Heilung, weitere Versuche werden lehren müssen, ob die 
intravenöse Impfung in der Tat geeignet ist, die Kälberruhr in 
einem wirtschaftlich günstigen Prozentsatz zu heilen. 


[Aus der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztl. Hochschule zu 

Dresden. Direktor: Obermedizinalrat Prof. Dr. Müller.] 

Tannyl-Gehe. Ein neues Antidiarrhoicum mit 
antiseptischer Wirkung. 

Von Tierarzt Dr. Roschig. 

Die chemische Fabrik Gehe & Co., Dresden-N., bringt 
neuerdings ein Tanninpräparat in den Handel, das nach Angabe 
der Hersteller neben der adstringierenden Gerbsäure als wirk¬ 
same Komponente noch Oxychlorkasein mit antiseptischen Eigen¬ 
schaften enthält. 

Chemisch-physikalisch stellt dieses Oxychlorkaseintannat ein 
I graubraunes, luft- und lichtbeständiges, nicht hyproskopisches 
Pulver dar, das in kaltem Wasser, verdünnten Säuren und 
Alkohol fast unlöslich ist, sich aber in verdünnten Alkalien in 
Tannin und Oxychlorkasein spaltet. Geruch und Geschmack ist 
indifferent. 

Nach Salkowski-Berlin ist das Präparat in künstlichem 
Magensaft viel weniger löslich als beispielsweise Tannalbin 
(von 1 g Tannalbin gingen 74,65 Proz. in Lösung, von 1 g 
Tannyl nur 17,57 Proz., in einem andern Falle von Tannalbin 
91,40 Proz., von Tannyl 22,06 Proz.) Da außerdem nach Tier¬ 
versuchen ca. 8 Proz. des Mittels in den Darmentleerungen 
unzersetzt wieder erschienen, wurde eine ausgiebig adstringierende 
Wirkung auch auf die unteren Darmabschnitte angenommen. 

Über die Verwendung des Tannyls in der Humanmedizin 
findet sich eine Veröffentlichung von Umber-Altona, der es 
bei 42 Darmkranken verschiedenster Art in Anwendung brachte. 
Er empfiehlt es vor allem bei schwer stillbaren Durchfällen 
Tuberkulöser, wo er nach erfolgloser Tannalbin-, Wismut- oder 
Kalkwassertherapie die Durchfälle mit Tannyl behoben hat. 

Auf Anregung des Herrn ObermedizinaLiat Prof. Dr. Müller 
habe ich in hiesiger Klinik für kleine Haustiere mit dem von 
der Fabrik bereitwilligst zur Verfügung gestellten Präparat 
Versuche an Hunden (ausschließlich Spitalpatienten) angestellt. 
Das Mittel wurde zu 2—3 g mehrmals täglich eingegeben und 
zwar in der Regel mit etwas Wasser oder Wein verrührt, um 
wegen der Trockenheit des Pulvers Aushusten resp. Aspiration 
zu verhüten. Nicht unterlassen möchte ich, auf die Anweisung 
der Fabrik aufmerksam zu machen, das Präparat nach Aufhören 
hartnäckiger Diarrhöen noch einige Tage weiter zu geben, um 
Rezidiven vorzubeugen. 

Nachstehend kurz die Krankengeschichten der bis jetzt mit 
Tannyl behandelten Tiere. Weitere Versuche und möglichst 
auch an großen Tieren sollen folgen: 

1. Pudel, 4 Jahre alt, seit 3 Tagen Durchfall, Fortgang der 
unverdauten Nahrung. Am Tage der Einlieferung Vor- und Nach¬ 
mittag je 3 g Tannyl. Am nächsten Tage keine Entleerungen, am 
darauf folgenden Kot normal. 

2. Spitz, 3 Jahre alt, seit 4 Tagen Erbrechen und übelriechender 
Durchfall. 3 g Tannyl. Am nächsten Tage Entleeren von wenig 
aber dünnflüssigem, übelriechendem Kot Vor- und Nachmittag je 




534 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


2 g Tannyl. Entleerungen tags darauf normal, Erbrechen ebenfalls 
nicht mehr vorhanden. 

3. Spitz, 7a Jahr alt. Nervöse Form der Staupe verbunden mit 
übelriechendem Durchfall. 2 g Tannyl, Kot am nächsten Tage 
bröckelig. 

4. Kollie, 2 Jahre alt, Durchfall seit 4 Tagen, ebenso Appetit¬ 
losigkeit. 2 g Tannyl. Am nächsten Tag keine Entleerung, am 
übernächsten Appetit gut, beim Eingehen ins Rectum weicher Kot 
zu fühlen. 2 g Tannyl. Tags darauf Kot normal. 

5. Schweißhund, 1V 4 Jahr alt, seit 5 Tagen Durchfall und Appetit¬ 
losigkeit Vor- und Nachmittag je 3 g Tannyl. Am nächsten Tage 
nochmals 3 g Tannyl, Entleerungen tags darauf normal. 

6. Foxterrier, Jahr alt, mit Durchfall seit 3 Tagen. 2 g Tannyl. 
Kot an den nächsten Tagen von normaler Konsistenz. 

7. Dobermann, 3 / 4 Jahr alt, Staupedurchfall seit dem Morgen 
der Einlieferung. 2 g Tannyl. Entleerungen an den folgenden 
Tagen normal. 

8 Dogge, 3 Jahre alt, zur Operation eingestellt, bekam in der 
Klinik Durchfall. 4 g Tannyl, am nächsten Tage die gleiche Dosis. 
Kot zäher, noch nicht völlig normal. Patient wird abgeholt. 

9. Kurzhaariger Vorstehhund, 4 Jahre alt, hat mit 2 andern 
Hunden blutigen Durchfall. Besitzer gibt Tannin und Opium. Bei 
zweien schlägt die Kur an, der Dritte wird, nachdem der Durchfall 
bereits 8 Tage besteht, eingeliefert. 

Tannalbin. 3,0, Xeroform 1,0, Dent. tal. Doses Nr. III. Innerhalb 
2 Tagen nebst 6 Kreosotpillen. Durchfall hält an. Darauf am über¬ 
nächsten Tage dreimal je 3 g Tannyl. Kot wird breiiger. Die medi¬ 
kamentöse Behandlung wird eingestellt, nach 3 Tagen Entleerungen 
normal. 

10. Dobermann, 3 / 4 Jahr alt, Staupedurchfall seit 8 Tagen, teil¬ 
weise blutig. 4,5 g Tannyl, tags darauf 3 g Tannyl, Konsistenz des 
Kotes am nächsten Tage fester. 

11. Zwergspitz, 8 Jahre alt, seit 3 Tagen Brechen und Durch¬ 
fall. 2,5 g Tannyl, am nächsten Tage nochmals die gleiche Dosis. 
Kot tags darauf normal. 

Aus dem Angeführten läßt sich schon jetzt der Schluß 
ziehen, daß Tannyl-Gehe ein gutes Antidiarrhoicum ist und den 
andern modernen Tanninpräparaten als etwa gleichwertig an die 
Seite gestellt werden kann. Die Herren Kollegen aus der Praxis 
auf das neue Darmadstringens aufmerksam zu machen, war der 
Zweck dieser vorläufigen Mitteilung. 


Referate. 

Über das Vorkommen der amyloiden Degeneration 
bei Tieren. 

Inaugural-Dissertation. Von Rudolf Hißbach, Leipzig. 

Druck von A. Th. Engelhardt, Leipzig. 

Hißbach faßt die Hauptergebnisse seiner Untersuchungen 
dahin zusammen, daß * 

1. die amyloide Degeneration bei den Tieren als ein äußerst 
seltenes Vorkommnis zu betrachten ist, 

2. die diese Degenerationsform veranlassenden Primär¬ 
erkrankungen beim Menschen und beim Tier manches Gleich¬ 
artige, aber noch größere Verschiedenheiten bieten. Gemeinsam 
sind gewisse, durch chronische Eiterung bedingte kachektische 
Zustände. Ein durchgreifender Unterschied besteht jedoch darin, 
daß die Tuberkulose beim Menschen als wichtige Primär¬ 
erkrankung für die amyloide Degeneration angesehen wird, 
während dies beim Tier, wenn auch nicht gänzlich ausgeschlossen, 
so doch in vereinzelten Fällen (Geflügel) beobachtet worden ist. 

Bezüglich des Nachweises von Amyloid usw. sei auf die 
Arbeit verwiesen. Richter. 


Schlempemanke beim Pferde. 

Von Dr. Reinhard Froehmer, Groß-Strehlitz. 

Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1808, Nr. 25. 

Froehmer beobachtete Schlempemauke bei 6 Pferden, die 
während der Brennkampagne jeden Abend je 2 Eimer voU 
lauwarme Kartoffelschlempe erhielten. Der Krankheitsprozeß 
begann in der Fesselbeuge und an der Krone einer Hinterglied¬ 
maße und es kam zum Ausfall von ca. markstückgroßen, harten 
Hautstücken. Nach Aussetzen der Schlempefutterung und durch 
örtliche Behandlung trat bald Heilung ein. Rdr. 

Beitrage zur Kenntnis der chronischen Nieren¬ 
erkrankungen des Schafes. 

Inaugural-Dissertation. Von Alfred Horn, Leipzig. 

Mit 3 Tafeln. Druck von Gebr. Gebhardt, Leipzig. 

Horn hat im Verlaufe eines Jahres die Nieren von 
7000 Schafen untersucht und hierbei im ganzen in 58 Fällen 
chronische Nierenerkrankungen gefunden, also häufiger, als aus 
den bisher niedergelegten Literaturangaben zu schließen ist. 
Es fanden sich 12 mal Echinococcen, 15 mal Hydronephrose, 
23 mal chronische Nephritis, 7 mal eitrige Nephritis, 1 mal eine 
Geschwulst. Richter. 


Tagesgeschichte. 

Deckblätter zur Militärveterinärordnung. 

Wie in der B. T. W. schon erwähnt, sind neue Deckblätter 
zur M. V. 0. ausgegeben worden. Wesentliche Änderungen 
bringen dieselben nicht. Das ist durchaus erklärlich im Hin¬ 
blick auf die Tatsache der für das Frühjahr 1909 bestimmt zu 
erwartenden gänzlichen Neuordnung des Militärveterinärwesens. 
Immerhin ist aus den Abänderungen des Textes der M. V. O. 
von 1896 einiges hervorzuheben. 

Zunächst erscheint in § 8 die bereits bekannte wichtige 
und dankenswerte Veränderung betreffs des Eintrittes in die 
Karriere. Die Zeit des Eintritts ist nicht mehr nur der 1. Oktober, 
sondern auch der 1. April. Am 1. April dürfen nur Einjährig- 
Freiwillige eintreten, während am 1. Oktober noch Mehrjährig- 
Freiwillige zugelassen werden. Der Truppenteil wird den am 
1. April Eintretenden zugewiesen. Vor Erteilung des Annahme¬ 
scheines muß sich jetzt der Vater zur Gewährung einer an¬ 
gemessenen Zulage für die Studienzeit verpflichten. 

Die vielfach geäußerten Wünsche bezüglich der Vermehrung 
der Reitfähigkeit der Veterinäre haben in gewisser Weise 
Berücksichtigung gefunden, indem in § 7 (Gebührnisse) unter 
b (Berittenmachung) verfügt ist, daß den Veterinären aller 
Dienstgrade, einschließlich der Veterinäraspiranten, ausreichend 
Gelegenheit gegeben werden soll, sich eine gute Reitfertigkeit 
anzueignen und zu erhalten, daß auch in den Personalberichten 
darauf Bezug genommen werden soll. Wenn diese dankenswerte 
Anregung freilich die richtige Wirkung haben soll, so wird 
die Rationsberechtigung der Veterinäre unbedingt eingeführt 
werden müssen, was wohl auch bei der Reorganisation zu er¬ 
warten ist. 

Ebenso dankenswert ist es, daß die Fortbildungskurse durch 
eine neue Einrichtung vervollkommnet worden sind. Neben dem 
bereits von alters her bestehenden Kursus für Oberveterinäre, 
der den Zweck hat, zur Stabsveterinärprtifung vorzubereiten, und 
neben dem seit einigen Jahren eingeführten Kursus für Korpsstabs- 



23. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


535 


veterinäre wird neu ein Kursus für Regiments veterinäre einge¬ 
richtet, der alle zwei Jahre für je 30 Teilnehmer stattfinden 
soll. Es bestehen also jetzt Korpsstabsveterinär-, Stabsveterinär- 
und Oberveterinärkurse. (Die letzteren wurden bisher Stabs¬ 
veterinärkurse genannt, weil eie zur Stabsveterinärprüfung vor¬ 
bereiten, werden aber wohl nun eine andre Bezeichnung erhalten.) 

Nicht befriedigen kann die Abänderung des Textes derjenigen 
Bestimmungen, die sich auf die Dienstpflicht der approbierten 
Tierärzte beziehen. Bezüglich der Prüfung im Hufbeschlag ist 
nämlich alles beim alten geblieben. Das Kriegsministerium hatte 
am 14. März 1907 (vgl. B. T. W. 1907, Seite 410) bestimmt, 
daß bis zu endgültiger Regelung vorläufig das Hauptgewicht auf 
die mündliche Prüfung zu legen sei, allerdings mit dem Hinzu¬ 
fügen, daß der praktische Teil auf die in § 10, 3 der M. V. 0. 
vorgesehenen Handfertigkeiten und die Beurteilung des Pferdes 
vor oder nach dem Beschläge zu beschränken sei. Man durfte 
hiernach erwarten, daß bei einer neuen Fassung aus den Er¬ 
fordernissen für die Prüfung das Schmieden eines Eisens aus¬ 
gemerzt werden würde. Das ist jedoch nicht der Fall; sondern 
in wörtlicher Übereinstimmung mit jener Verfügung des Kriegs¬ 
ministeriums wird in § 18 verlangt, daß die in § 10, 3 geforderten 
Handfertigkeiten dargetan sind; zu diesen Handfertigkeiten gehört 
aber, „daß sie in der Lage sind, ein Hufeisen zu schmieden“. 

Schmaltz. 

Deutscher und Schweizer Dr. med. ?et. 

Von Kreistierarzt Gebhardt. 

Nachdem ich meinerseits über dieses Thema schon zur 
Tagesordnung übergegangen war, kann ich nach dem Erscheinen 
des zweiten Artikels des Herrn Dr. Jonas nicht umhin, einige 
Worte anzufügen*). 

Während der erste Artikel von Jonas sich nicht gerade 
durch Achtung vor den Erfolgen der älteren Tierärzte aus¬ 
zeichnete, enthält der zweite in Nr. 25 der B. T. W. Wider¬ 
sprüche, die beleuchtet werden müssen. 

Zuerst ersuchte Jonas die Regierung um Schutz, daß sein 
in Deutschland erworbener Dr. med. vet. nicht mit dem in der 
Schweiz (ohne Abiturium) erworbenen verwechselt werden könne, 
obwohl feststeht, daß die zu diesem Zwecke angefertigten Arbeiten 
den deutschen gleichwertig zur Seite stehen, im zweiten Artikel 
sind nun, anscheinend zur Erklärung dieses Verlangens, 
allerlei Ausführungen über den Doktortitel überhaupt zu 
lesen. Wir erfahren da, daß „der Doktortitel nicht eine Be¬ 
kundung guter Fachkenntnisse sei, sondern ein jahrhundertaltes 
Dekorum zum äußerlich erkennbaren Unterschied zwischen den 
im Besitz einer gewissen akademischen Bildung befindlichen und 
den Nichtakademikern!“ Treffender hätte allerdings kaum 
jemand obenerwähnte Forderung charakterisieren können als 
dies Jonas mit dieser Ausführung getan hat. Denn seine 
Forderung läuft darauf hinaus, den Dr. med. vet. nicht als 
Kennzeichen des akademischen Studiums im allgemeinen, sondern 
speziell als Prämie für die zwei Jahre, die er länger auf der 
Schule zugebracht hat, zu verlangen, oder aber sollte er die 
Tierärzte ohne Maturität als nicht „im Besitz einer gewissen 
akademischen Bildung“ erachten?**) 

*) Der obige Artikel ist gleich nach dem Erscheinen der Nr. 25 
eingesandt, die Veröffentlichung konnte erst jetzt erfolgen. 

**) Diese Folgerungen lassen sich meiner Ansicht nach aus 
dem Artikel des Herrn Dr. Jonas nicht ziehen. Schmaltz. 


In direktem Widerspruch zu dieser schroffen Forderung 
in bezug auf den Dr. med. vet. hat er keine Bedenken, sowohl 
den in Deutschland als in der Schweiz erworbenen Dr. phil. an¬ 
zuerkennen. Und die Begründung dafür? „Diese DDr. phil. 
haben nach Vollendung ihrer Fachstudien sich in ein oft viele 
Semester langes Studium der Philosophie versenken müssen, 
haben auf Grund einer oft ganz weit vom Fache liegenden 
wissenschaftlichen bedeutenden Leistung mit hohen pekuniären 
Opfern ihr Ziel erkämpft!“ Meint denn Jonas, daß der 
Schweizer Dr. med. vet. ohne pekuniäre Opfer und ohne wissen¬ 
schaftliche Leistung, welche allerdings, was uns als Tierärzte 
doch nur erfreuen kann, nicht ganz weit vom Fache Regt, 
sondern eng damit verknüpft ist, erlangt wird? Vielleicht gibt 
Jonas eine Grenze an, wie viel Semester man noch arbeiten 
und wie viel Geld man noch opfern muß, um in den Besitz 
„einer gewissen akademischen Bildung“ zu kommen, damit 
man die Genehmigung des Schweizer Dr. med. vet. bean¬ 
spruchen kann. 

Weiter meint Jonas, würde auch im FaUe fortgesetzter 
Genehmigung des Schweizer Dr. med. vet. zwischen Promo¬ 
vierten und Nichtpromovierten sich dieselbe Spaltung bilden. 
Weit gefehlt, Herr Doktor! Wenn die Tierärzte ohne Maturität 
den Dr. med. vet. nicht erwerben können, stehen sie eben den 
DDr. med. vet. als minderberechtigt gegenüber, anders jedoch, 
wenn es in das Belieben jedes einzelnen gestellt ist, zu jeder 
ihm passend oder nützlich erscheinenden Zeit, ebenfaUs den 
Doktortitel erwerben zu können. Glauben Sie wirklich, daß die 
Spaltung resp. Spannung zwischen den Parteien in beiden FäUen 
die gleiche ist? 

Weiter will ich auf die Kundgebung des Herrn Jonas 
nicht eingehen, ich möchte nur, um nicht in falschen Verdacht 
zu geraten, erklären, daß ich nicht die Absicht hatte und habe, 
in der Schweiz zu promovieren, also zu eignem Vorteil zu 
schreiben. Bereits in eine Kreistierarztstelle eingerückt, ist es 
für mich wenig von Belang, ob später die Dr. med. vet. bei 
Besetzung amtlicher Stellen bevorzugt werden, und so glaube 
ich nicht gerade anmaßend zu sein, wenn ich mich in dieser 
Frage für ziemlich unparteiisch halte. 

Zum Schluß möchte ich noch folgendes erwähnen: AUe 
KoUegen, die in ihren Stellungen ihrem Stande und sich selbst 
die gebührende Achtung errungen haben, werden faßt ohne Aus¬ 
nahme zugeben, daß ihnen dies bedeutend leichter geworden 
wäre, wenn sie im Besitz des Doktortitels gewesen wären. Eben 
deshalb, und um auch den Schein einer Spaltung in zwei Klassen, 
deren Folgen nicht abzusehen wären, zu vermeiden, wünsche 
ich, daß allen Kollegen die MögHchkeit geboten wird, den 
Doktortitel zu erwerben und zwar ohne das Abiturientenexamen 
nachzumachen. Daß der Dr. med. vet. dann anfängRch nicht 
so exklusiv wird, wie scheinbar von manchen Seiten gewünscht 
wird, ist meines Erachtens nebensächRch, denn ein exklusiver 
Doktortitel allein kann die Hebung unseres Standes nicht 
bringen, sie muß vielmehr durch die Tierärzte selbst, die im 
öffentlichen Leben stehen, geschehen (selbstverständlich neben 
der äußeren Anerkennung der Staatsregierung durch Verleihung 
von Titeln usw). Ob der Dr. med. vet. mit oder ohne Maturität 
erworben ist, danach wird draußen, außer einigen Nörglern, sich 
kaum jemand kümmern, die Hauptsache ist, daß man das Recht 
zur Führung desselben hat. Bei Änderungen im Studium 
eines Faches müssen für die älteren Standesgenossen 





536 


No. 30. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


erleichternde Übergangsbestimmungen geschaffen 
werden, das ist nicht nur recht und billig, sondern sogar 
Pflicht der Staatsregierung. Damit möchte auch ich meinerseits 
diese Auseinandersetzung schließen. 

Preußische Technische Deputation für das Veterinär¬ 
wesen. 

In die Deputation sind die beiden neuen Professoren der 
Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, Geheimrat Dr. Frosch als 
Mitglied und Professor Abderhalden als Hilfsarbeiter ein¬ 
gereiht worden. Die Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 
knöpft in ihrer Nr. 26 daran die Bemerkung, daß die Zahl der 
„Techniker auf dem Gebiete des Veterinär wesens“ in der Depu¬ 
tation immer kleiner werde, und daß sie sich immer mehr zu 
einer wissenschaftlichen Deputation entwickle. 

Der ersteren Bemerkung ist die Tatsache entgegenzuhalten, daß 
in den letzten Jahren zwei Departementstierärzte neu in die 
Deputation aufgenommen worden sind, nämlich Kl ebb a-Potsdam 
und der jetzige Regierungsrat Nevermann, während früher 
nur der Departementstierarzt von Berlin, wie auch jetzt, der 
Deputation angehörte. Die Zahl der „Techniker auf dem 
Gebiete des Veterinärwesens“ ist also nicht vermindert, 
ondern vermehrt worden, da auch der Professor Ostertag 
der Deputation nicht verloren gegangen, sondern als Mitglied 
erhalten geblieben ist. Die beiden Herren Frosch und Abder¬ 
halden sind einfach in neue Stellen eingerückt. 

Im übrigen ist in tierärztlichen Kreisen meines Wissens 
ausdrücklich der Wunsch ausgesprochen worden, die „Technische“ 
Deputation möge, entsprechend der Deputation für das Medizinal¬ 
wesen, eine „wissenschaftliche“ genannt werden. Dem würde 
ja mithin auch die „Entwicklung zu einer wissenschaftlichen 
Deputation“ durchaus entsprechen. Es ist überdies nicht zu 
verkennen, daß sich auch die Aufgaben der technischen Deputation 
bereits erheblich verschoben haben. Denn sie ist durchaus nicht 
mehr die ausschließliche Beraterin des Ministeriums auf dem 
wichtigen Gebiete des Staatsveterinärwesens; die früheren 
bedeutsamen Arbeiten auf diesem Gebiete sind ihr großenteils 
entglitten und mehr oder weniger von dem inzwischen erstarkten 
und selbständig gewordenen Veterinärbeamtentum übernommen 
worden. Auch die Beratungen im Kaiserlichen Gesundheitsamt 
üben mit ihrem wachsenden Gewicht einen Einfluß aus. Die 
Tätigkeit der Deputation ist tatsächlich eingeschränkt worden. 
Es würde daher ganz erklärlich sein, wenn sie sich in Zu¬ 
kunft mehr nach der rein wissenschaftlichen Seite hin ent¬ 
wickeln würde. Schmaltz. 

Kreistierarzt Eaebiger und Kreisarzt Ludwig zu 
Habelschwerdt. 

Ein Landgerichtsurteil. 

Im Namen des Königs! 

In der Strafsache gegen den Königlichen Kreis- und Grenz¬ 
tierarzt Wolf Raebiger aus Habelschwerdt, geboren am 
28. Februar 1873 in Bruch, Kreis Neumarkt, evangelisch, wegen 
Beleidigung hat die erste Strafkammer des Königlichen Land¬ 
gerichts in Glatz in der Sitzung vom 8. Juli 1908, an welcher 
teilgenommen haben: 

1. Kalau vomHofe, Landgerichtsdirektor,alsVorsitzender, 

2. Ulke, Landgerichtsrat, 

3. Scheller, Landgerichtsrat, 


4. Pauly, Landrichter, 

5. Schrödter, Landrichter, als beisitzende Richter, 

Bogatsch, Staatsanwalt, als Beamter der Staats¬ 
anwaltschaft, 

Nevendorf, Referendar, als Gerichtsschreiber, 
für Recht erkannt: Der Angeklagte ist der Beleidigung nicht 
schuldig und wird deshalb freigesprochen. Die Kosten des Ver¬ 
fahrens werden der Staatskasse auferlegt. 

Gründe: Der Angeklagte ist beschuldigt, im Februar 1908 
in Habelschwerdt in Beziehung auf den Königlichen Kreisarzt, 
Medizinalrat Dr. Ludwig in Habelschwerdt nicht erweislich 
wahre Tatsachen behauptet und verbreitet zu haben, welche 
geeignet sind, denselben verächtlich zu machen und in der 
öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, also sich gegen die 
§§ 186, 194, 61 St.-G.-B. vergangen zu haben. Gegenstand der 
Beschuldigung ist ein in Nr. 6 der Berliner Tierärztlichen 
Wochenschrift, ausgegeben am 6. Februar 1908, veröffentlichter 
Bericht des Angeklagten über Punkt 12 der Tagesordnung der 
7. Generalversammlung der beamteten Tierärzte Preußens, 
Seite 104 der Zeitschrift. Der Bericht enthält einen Vortrag, 
den der Angeklagte auf der Generalversammlung beamteter 
Tierärzte halten sollte, demnächst aber wegen Mangel an Zeit 
nicht gehalten hat. Er behandelte, wie auch in der Überschrift 
gesagt ist, die Überhandnahme des Kurpfuschertums. — In dem 
größeren Teil des Artikels wendet sich der Angeklagte gegen 
die Kurpfuscherei in der Tierheilkunde, die von einem gewissen 
Josef Ludwig, einem Bruder des Kreisarztes Ludwig, in 
Habelschwerdt ausgeübt wird und gegen die Rolle, die der 
Kreisarzt Ludwig dabei spielt. Kreisarzt Ludwig hat wegen 
dieser gegen ihn gerichteten Angriffe am 15. Februar, also 
rechtzeitig, Strafantrag gestellt. 

Josef Ludwig, der Bruder des Kreisarztes, war früher 
Sattler, betreibt aber seit vielen Jahren in Habelschwerdt, wo 
er ebenso wie sein Bruder wohnt, und in der weiteren Umgebung 
die Heilbehandlung der kranken Tiere. Der Angeklagte führt 
nun in seinem Artikel aus, der Josef habe bei der ländlichen 
Bevölkerung deshalb großen Anklang gefunden, weil der Glaube 
bestehe, er sei von seinem Bruder, dem Kreisarzt Medizinalrat 
Dr. Ludwig ausgebildet. Veranlassung zu diesem Glauben gebe 
besonders der Umstand, daß JosefLudwig Rezepte lege artis 
schreibe, wodurch die Annahme verbreitet sei, der Sattler 
Ludwig könne dies nur von seinem Bruder, dem Kreisarzt, 
gelernt haben. Nach Angabe des Vorgängers des Angeklagten 
sei es unbestrittene Tatsache, daß der Kreisarzt, Medizinalrat 
Dr. Ludwig seinerzeit dem Kurpfuscher Ludwig an einem 
Kalb des Viehbestandes des Habelschwerdter Krankenhauses 
den Scblundschnitt gezeigt habe, wessen sich der Kurpfuscher 
einem Gutsbesitzer gegenüber gerühmt habe. Häufige Regierungs¬ 
verfügungen hätten die Apotheker der Kreise in der Grafschaft 
Glatz ermahnt, auf Rezepte des Kurpfuschers Ludwig keine 
Medikamente zu verabreichen, die der Tabelle B entstammen. 
Die weiteren Ausführungen des Artikels enthalten unter Weg¬ 
lassung dazwischen liegender Sätze noch wörtlich folgende Be¬ 
merkungen über den Kreisarzt, Medizinalrat Dr. Ludwig: 

1. Ich gebe zu, daß besonders die Herren Apotheker des 
Kreises sich hier in einer schwierigen Lage befinden, weil der 
Kreisarzt der Bruder des Kurpfuschers ist. Es ist leider nicht 
bekannt, „ob Herr Medizinalrat Ludwig bei seinen Revisionen 
jemals ein Rezept seines Bruders beschlagnahmt oder gefunden 



23. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


537 


hätte, auf das Medikamente der Tabelle B verbotenerweise ver¬ 
abfolgt sind? Daß aber auf solche Rezepte trotz Regierungs- 
Verfügung Medikamente abgegeben wurden, liegt klar auf der 
Hand.“ 

2. Nach meinem Gewährsmann, Herrn Schlachthofdirektor 
Machnig hier, behandelt der Pfuscher Ludwig aber auch 
Menschen; sollte auch hiervon Herr Medizinalrat Ludwig keine 
Ahnung haben? 

Das sind Tatsachen, von denen schon mein Vorgänger, Herr 
Kreistierarzt Wittlinger, wußte und die zu bezeugen, er jeder¬ 
zeit bereit sein wird. Andere Pfuscher des Kreises hat Herr 
Medizinalrat Ludwig allerdings schon zur Anzeige gebracht. 

3. Was sagen die Herren Mediziner dazu, daß ein aktiver 
Kreisarzt einem Pfuscher an einem Tier eine Operation zeigt, 
also lehrt, und daß dieser selbe Herr einen hier weit und breit 
als Pfuscher bekannten Tierheilkundigen derartig protegiert? 

Es ist doch in erster Linie und vor allem der Rolle des 
Herrn Medizinalrates Ludwig zu verdanken, daß sich dieser 
„Tierheilkundige“ in allen Kreisen als Tierarzt einzuschmuggeln 
verstanden hat. 

Es liegt auf der Hand, daß die in dem Artikel gegen den 
Medizinalrat Ludwig erhobenen Beschuldigungen Tatsachen 
enthalten, welche geeignet sind, ihn verächtlich zu machen und 
in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Schon die Ver¬ 
bindung, in die hier der Kreisarzt Dr. Ludwig mit der Tätigkeit 
seines Bruders als Pfuscher gebracht wird, entspricht nicht den 
überkommenen berechtigten Anschauungen über die Standes¬ 
pflichten eines Arztes, insbesondere eines beamteten Arztes. 
Diese Anschauungen stimmen mit denen aller anderen studierten 
Berufe überein und gehen dahin, daß von denjenigen, die diese 
Berufe ausüben, besondere Garantien zu verlangen sind, wie sie 
durch Vorbildung, Bestehen bestimmter Examina und Standes¬ 
vertretung gewährt werden. Diese Anschauungen stehen daher 
in unüberbrückbarem Gegensatz zu der Ausübung eines solchen 
Berufes, wenn die genannten Garantien nicht geboten werden. 
Jeder, der diese Garantie nicht bietet, wird als Pfuscher 
bezeichnet. Jede auch nur stillschweigende Begünstigung eines 
Pfuschers widerspricht diesen Anschauungen und ist ganz 
besonders von einem Beamten zu vermeiden, dessen amtliche 
Tätigkeit Berührungen mit dem Pfuscher nicht ausschließt. Im 
einzelnen enthalten aber auch die zu 1 bis 3 wiedergegebenen 
Bemerkungen herabwttrdigende Vorwürfe für den Medizinalrat 
Ludwig: 

Zu 1 wird der Verdacht durchblicken gelassen, daß der 
Medizinalrat Ludwig die Apotheker nicht ausreichend auf 
Rezepte, die für seinen Bruder verbotswidrig angefertigt seien, 
revidiere. 

Zu 2 wird der Verdacht ausgesprochen, daß der Medizinal¬ 
rat Ludwig gegen die Behandlung von Menschen durch seinen 
Bruder nicht in gleicher Weise einschreite, wie gegen andere 
Pfuscher. 

Zu 3 wird dem Medizinalrat Ludwig Verletzung der 
Standespflichten vorgeworfen, indem er einem tierärztlichen 
Pfuscher eine Operation gelehrt habe und diesen derartig prote¬ 
giere, daß dieser Pfuscher es verstanden habe, sich in allen 
Kreisen als Tierarzt einzuschmuggeln. 

Die Verbreitung dieses Artikels ist, da er in einem Fach¬ 
blatt erschienen ist, zunächst auch nur in tierärztlichen Fach¬ 
kreisen erfolgt, die dieses Blatt halten. Der Angeklagte hat 


aber .auch den Artikel nach seinem Erscheinen dem Maurer¬ 
meister Tietze in Habelschwerdt in der Buchalsehen 
Weinstube zu Habelschwerdt übergeben. Tietze hat den 
Angeklagten um den Artikel gebeten, nachdem ihm der An¬ 
geklagte Ende Januar oder Anfang Februar 1908 davon erzählt 
hat, daß dieser Artikel, indem er das Kurpfuschertum des 
Josef Ludwig brandmarke, erscheinen werde. Es ist nicht 
erwiesen, daß damals der Angeklagte auch die Angriffe gegen 
den Medizinalrat Ludwig erwähnt hat. Auch hat Tietze er¬ 
klärt, daß er sich den Artikel anderweitig verschafft hätte, 
wenn er ihn nicht vom Angeklagten erhalten hätte. Nicht 
erwiesen ist ferner, daß der Angeklagte den Artikel noch zur 
Kenntnis anderer Personen gebracht hätte. Tietze hält es 
zwar für möglich, daß er Tietze damals bei Buchal einige 
Stellen aus dem Artikel vorgelesen habe. Es läßt sich aber 
nicht feststellen, welche Stellen des Artikels es gewesen sind 
und ob außer dem Angeklagten andere Personen darauf ge¬ 
achtet haben. 

Der Angeklagte hat sich gegen die Beschuldigung in der 
Weise verteidigt, daß er den Beweis der Wahrheit für die von 
ihm behaupteten Tatsachen angetreten und auch für sich in 
Anspruch genommen hat, daß er die Äußerungen zur Wahr¬ 
nehmung berechtigter Interessen gemacht habe. 

Der Beweis der Wahrheit ist dem Angeklagten allerdings 
nicht in vollem Umfange gelungen. Denn durch das eidliche 
Zeugnis des Medizinalrates Ludwig ist erwiesen, daß dieser 
niemals eine belehrende Tätigkeit bezüglich tierärztlicher Be¬ 
handlung gegenüber seinem Bruder ausgeübt, insbesondere 
diesem nicht den Schlundschnitt gezeigt hat, daß er auch nur 
irrtümlich bis zum Jahre 1904 die Revision der für die Be¬ 
handlung von Tieren bestimmten Rezepte unterlassen hat. 

Dagegen ist folgendes erwiesen: 

Medizinalrat Ludwig und sein Bruder Josef Ludwig 
stehen im nahen persönlichen Verkehr miteinander. Josef 
Ludwig hat das Grundstück, in dem er wohnt, Vorjahren von 
seinem Bruder gekauft und auch noch eine Hypothek von 
12 500 Mark für seinen Bruder auf dem Grundstücke stehen. 
Medizinalrat Ludwig fährt häufig mit einem Lohnfuhrwerke 
seines Bruders, wobei dieser auch als Kutscher mitfährt, auf 
die Praxis. Die Lohnfuhrwerke des Josef Ludwig sind aller¬ 
dings auch als sehr gut bekannt. Infolge dieser nahen persön¬ 
lichen Beziehungen begegnen die Tierärzte der Grafschaft Glatz 
in bäuerlichen Kreisen vielfach der Ansicht, daß Josef Ludwig 
selbst Tierarzt sei, und daß ihn jedenfalls sein Bruder aus¬ 
reichend ausgebildet habe. Medizinalrat Ludwig hat dies zwar 
nicht getan. Nur ist ihm die tierbehandelte Tätigkeit seines 
Bruders bekannt und hat er vor 12 oder 13 Jahren zugesehen, 
wie sein Bruder im städtischen Krankenhause zu Habelschwerdt 
an einem Kalbe den Schlundschnitt vomalim. Irgendwelche 
Belehrungen hat er dabei seinem Bruder nicht gegeben. Die 
Oberin des Krankenhauses hat es aber so weiter erzählt, daß 
der Arzt Dr. Ludwig in Habelschwerdt es so aufgefaßt hat, 
als ob Medizinalrat Ludwig seinem Bruder den Schlundschnitt 
gezeigt hätte. Josef Ludwig hat sich auch vor etwa 6 Jahren 
dem Gutsbesitzer Päßler in Altwaltersdorf gegenüber, bevor 
er an dessen Pferd einen Schlundschnitt machte, dahin 
ausgesprochen, daß er den Schlundschnitt von seinem 
Bruder, dem Medizinalrat, gelernt habe. Kreistierarzt 
Wittlinger, der Vorgänger des Angeklagten in Habel- 



538 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


sch wer dt, und Schlachthofdirektor Machnig in Habelschwerdt 
haben ein jeder in einem Fall erfahren, daß Leute Rezepte-Ein- 
reibungen des Josef Ludwig für Tiere auch bei Menschen an¬ 
gewendet haben. Es ließ sich aber nicht feststellen, daß dies 
auf Anordnung des Josef Ludwig geschehen wäre. Allerdings 
ist es hier und da vorgekommen, wie Medizinalrat Ludwig 
selbst zugegeben hat, daß Josef Ludwig einen Menschen Um¬ 
schläge angeraten hat. Josef Ludwig hat auch einen Um¬ 
schlag, Kataplasma genannt, erfunden, der auch für Menschen 
bestimmt ist. Diese Kataplasma wird auch von Medizinalrat 
Ludwig empfohlen und angewandt. Scliließlich hat, wie bereits 
erwähnt, Medizinalrat Ludwig bis zum Jahre 1904 Rezepte, 
die sich auf die Behandlung von Tieren beziehen, bei seinen 
amtlichen Revisionen in den Apotheken nicht mitrevidiert und 
mußte erst durch eine Verfügung der Königlichen Regierung 
darauf hingewiesen werden, daß seine Auffassung, er habe diese 
Rezepte nicht zu revidieren, eine irrtümliche sei. Dem Kreis¬ 
tierarzt Wittlinger hat einmal der Apotheker Schunke, 
früher in Habelschwerdt, erzählt, daß er oder sein Vorgänger 
infolge seines schlechten Verhaltens zu Josef Ludwig einige 
Zeit vom Medizinalrat Ludwig weniger Rezepte erhalten zu 
haben glaube. Dem Schlachthofdirektor Lindner in Franken¬ 
stein hat der Gutsbesitzer Bittner in Heinersdorf, Kreis 
Frankenstein, erzählt, sein Bruder, der Apotheker Bittner in 
Habelschwerdt könne sich nicht gut den Josef Ludwig vom 
Halse halten, weil der Medizinalrat Ludwrig der Bruder des 
Josef Ludwig sei. Apotheker Bittner kommt allerdings dem 
Josef Ludwig außerordentlich entgegen, indem er seine 
Rezepte mit roten Zetteln beklebt, auf denen er Ludwig unver¬ 
ständlicherweise als Tierarzt bezeichnet, trotzdem er weiß, 
daß Ludwig kein Tierarzt ist 

Alle diese Tatsachen ergeben jedenfalls, daß der Angeklagte 
im vollen Umfange im guten Glauben gehandelt hat, als er 
seinen Artikel veröffentlichte. Diese Tatsachen lassen auch 
die Schlüsse, die der Angeklagte bezüglich der Rolle 
des Medizinalrates Ludwig aus ihnen zieht, durchaus 
zu. Unverkennbar sind die Beziehungen des Josef 
Ludwig zu seinem Bruder durchaus geeignet, jenem 
eine bevorzugte Stellung bei seiner Praxis, als tier¬ 
ärztlicher Pfuscher zu geben, und die gleichzeitige 
Tätigkeit des Medizinalrates und seines Bruders an 
demselben Orte entspricht durchaus nicht den oben 
geschilderten berechtigten Berufs- und Standesan¬ 
schauungen und ist daher von deren Standpunkte 
aus außerordentlich zu bedauern. Dem Berufs- und 
Standesinteresse des Angeklagten entspricht es nun durchaus, 
wenn er diese bedauerlichen Verhältnisse bekämpft und unter 
seinen Berufsgenossen zum Zweck gemeinsamer Bekämpfung 
bekannt macht, durch Veröffentlichung des Artikels in dem Fach¬ 
blatte hat daher der Angeklagte nur berechtigte Interessen 
wahrgenommen. In dieser Beziehung stimmt das Gericht mit 
der Anklage überein. Es geht aber noch weiter. Die Anklage 
will dem Angeklagten nicht zubilligen, daß er den Artikel dem 
Zeugen Tietze zur Wahrnehmung berechtigter Interessen über¬ 
geben habe. Mit Recht weist aber der Angeklagte darauf hin, 
daß in seinem Berufsinteresse auch eine Verbreitung des Artikels 
unter seinen Kunden, zu denen Tietze gehört, liege. 

Gerade seinen Kunden gegenüber muß dem Angeklagten 
daran gelegen sein, den Pfuscher Ludwig zu bekämpfen und 


die berechtigte Auffassung seiner Berufskreise über das Ver¬ 
hältnis des Josef Ludwig zu seinem Bruder zu verbreiten. 
Auch bei Übergabe deB Artikels an Tietze hat daher der An¬ 
geklagte zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt. 

Der Angeklagte war daher auf Grund des § 193 St. G. B. 
freizusprechen, da weder die Form seiner Äußerungen noch die 
Umstände das Vorhandensein einer Beleidigung ergeben. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 499 St. G. B. 
gez. Kalau vom Hofe, Ulke, Pauly, Schrödter, zugleich 

für den beurlaubten Herrn Landgerichtsrat Scheller. 

Berlin. 

Professor Dr. Abderhalden, der Physiologe der tier¬ 
ärztlichen Hochschule, hat einen unter sehr ehrenvollen Be¬ 
dingungen an ihn ergangenen Ruf nach Tübingen als Nachfolger 
v. Hüfners (vgl. B. T. W. Nr. 22) erhalten. Er hat den¬ 
selben ab gelehnt, nachdem ihm die Zusicherung gemacht 
worden ist, daß der Bau eines neuen physiologischen Instituts so 
schleunig wie möglich zur Ausführung kommen werde. 

Die Deutsche tierärztliche Wochenschrift, welche von dem 
Rufe Kenntnis erhalten hatte, begleitet die Mitteilung mit der 
Bemerkung, es werde schwer sein, Abderhalden zu halten, da 
die Stellung eines Ordinarius von Tübingen doch noch etwas 
anderes sei als die eines Professors an der tierärztlichen Hoch¬ 
schule. Dieser für Tierärzte überaus wunderlichen Ansicht hat 
der Mediziner Abderhalden durch Ablehnung der Berufung 
nach Tübingen die beste Widerlegung zuteil werden lassen. 

Bayern. 

Die Kammer der Abgeordneten hat die neue Gehalts¬ 
ordnung nach den Beschlüssen des Ausschusses einstimmig 
angenommen. , 

Schlesien. 

In Reinerz ereignete sich ein bedauerliches Unglück. Forst¬ 
meister v. Raesfeld, Tierarzt Dr. Standfuß und ein Diener 
wurden von einem Hunde gebissen, bei dem nach der Tötung 
Tollwut festgestellt wurde. Die Verletzten haben sich zur 
Impfbehandlung nach Breslau begeben. 

Verurteilung wegen Rotlaufimpfling. 

Das Schöffengericht zu Heilsberg hat am 30. Mai 1906 den 
Beklagten wegen Impfung mit Rotlaufkulturen und wegen Über¬ 
tretung des § 46,3 des Gesetzes vom 30. Juni 1900 mit 20 M. Geld¬ 
strafe bestraft. Das Gericht hat in der Verimpfung von Kulturen 
durch den Beklagten nur eine Übertretung gegen § 2 der Vorschrift 
vom 2. Mai 1904, § 48 Nr. 3 des Reichsgesetzes vom 30. Juni 1900, 
nicht aber ein Vergehen gegen den § 328 des Strafgesetzbuches 
erblickt. Wegen der Übertretung erschien eine Geldstrafe ange¬ 
messen. Diesem Standpunkt hat sich die Strafkammer in Barten¬ 
stein im wesentlichen angeschlossen. Aus den Gründen ist folgendes 
hervorzuheben. 

Der Angeklagte hat sich auch der Übertretung des § 46 Nr. 3 
des Gesetzes betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank¬ 
heiten vom 30. Juni 1900 schuldig gemacht, welcher den mit Strafe 
bedroht, der den auf Grund der §§ 24, 26, 27 des Gesetzes erlassenen 
Vorschriften zuwiderhandelt. Der § 27 bestimmt, daß der Bundes¬ 
rat ermächtigt ist, über den Verkehr mit Krankheitserregern usw. 
Vorschriften zu erlassen. Der Bundesrat hat eine solche Vorschrift 
unter dem 4. Mai 1904 (Reichsgesetzblatt Seite 159) erlassen, wonach 
derjenige der Erlaubnis der zuständigen Polizeibehörde bedarf, der 
mit Erregern von Krankheiten (exklusive Cholera und Rotz), welche 
auf den Menschen übertragbar sind, oder von Tierkrankheiten, 
welche der Anzeigepflicht unterliegen, oder mit Material, welches 
solche Erreger enthält, arbeitet. In dem Impfen mit Kulturen hat 
das Berufungsgericht ebenso wie der erste Richter nur eine Über- 


23. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


539 


tretung gegen den § 46 des oben zitierten Gesetzes, nicht auch ein 
Vergehen gegen § 328 des Strafgesetzbuches erblickt, da diese Vor¬ 
schriften sich nicht als Aufsichtsmaßregeln im Sinne dieses 
Paragraphen darstellen. Die vom Schöffengericht wegen dieser 
Übertretung verhängte Strafe erschien auch angemessen. 

Gehaltsverhfiltnisse in den kleinen Bundesstaaten. 

In einigen kleineren, namentlich thüringischen Bundesstaaten 
sind die Gehälter der Beamten bekanntlich im allgemeinen außer¬ 
ordentlich gering. Daß darunter in erster Linie die beamteten 
Tierärzte mit zu leiden haben, versteht sich von selbst. So bezieht 
der Bezirkstierarzt zu Rudolstadt, der eine wohl 20 jährige Dienst¬ 
zeit -hinter sich hat, 1400 M. Gehalt. Die Tagegelder betragen 
dort für den ganzen Tag 4.50 M., für den halben Tag, das sind 
sechs Stunden (also zwölfstündiger Arbeitstag?) 2.25 M. An 
Transportkosten wurden die eigenen Auslagen vergütet; für Land¬ 
wege werden 25 Pf. für das Kilometer, aber nicht über 4 M. für 
den ganzen Tag gezahlt. Die Wegegebühr ist übrigens die gleiche 
wie die des Gendarmen. Der Fußweg spielt dort eine größere 
Rolle, da in den steilen Bergen Gefährt vielfach gar nicht zu be¬ 
nutzen ist. Rudolstadt hat drei Bezirkstierärzte, die vergeblich auf 
eine Aufbesserung warten. 

Ärztliches Einkommen. 

Die Nachweisung der Ärztekammer Berlin-Brandenburg für 1907 
ergibt eine Hebung des Einkommens der Ärzte und zugleich eine 
Verringerung ihrer Zahl. Die Zahl der steuerpflichtigen und wahl¬ 
berechtigten Ärzte im Kammerbezirk beträgt 4000 (Verminderung 
in einem Jahre 180); in Berlin 1821, im Regierungsbezirk Potsdam 
ohne Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf: 982, in Charlotten¬ 
burg 536, in Schöneberg 255, in Rixdorf 53, im Regierungsbezirk 
Frankfurt 352. Die Steuersumme ist auf 1136 337 M. gestiegen, wo¬ 
von Berlin etwas über die Hälfte, nämlich 571 000 M. und Charlotten¬ 
burg 217 000 M. deckt, der Regierungsbezirk Potsdam ohne jene Orte 
zählt 225 000 M. und der Regierungsbezirk Frankfurt rund 63 000 M. 
Die Zahl der Ärzte mit weniger als 3000 M. ist von 909 auf 778 
zurückgegangen; 683 beziehen 3000 bis 5000 M.; die Gesamtzahl im 
Einkommen bis zu 5000 M. macht 36 Proz. aus. In Berlin beträgt 
die Zahl innerhalb dieser Einkommenklassen 636, gegen 1066 über 
5000 M. Ärzte mit mittleren Einkommen besitzt Berlin 91, der 
ganze Kammerbezirk 156. In Berlin haben 25 Ärzte ein Einkommen 
von 34 000 bis 40 000 M , 29 von 40 000 bis 50 000 M., 29 von 50 000 
bis 100 000 und 6 von 100 000 bis 225 000 M. 

Die neue Kaiser Wilhelm-Akademie. 

Der Neubau der Kaiser Wilhelm-Akademie für das militär¬ 
ärztliche Bildungswesen in der Invalidenstraße zu Berlin wird ein 
ebenso gewaltiges als glänzendes Bauwerk, das ein beredtes 
Zeugnis ablegt für die außerordentlich weitgehende Fürsorge, die 
dem militärärztlichen Bildungswesen unter unmittelbarer Anteil¬ 
nahme Seiner Majestät zuteil wird. Die Bauten schließen sich um 
einen weiten Hof und gliedern sich in das Hauptgebäude, das 
große Wohnhaus für die Studierenden, das Hörsaalgebäude und 
das Laboratorium. Vorzüglich sind die Sammlungsräume, mit sehr 
hohen und breiten Fenstern bedacht. Ein anatomisches Museum, 
Geräte- und Instrumentenausstellung und ein Lesesaal sind vor¬ 
gesehen. Die fast 12 m hohe Aula faßt 600 Personen; zu ihr 
gesellt sich ein großer Speisesaal und eine Anzahl geräumiger 
Vorsäle und Zimmer. Einen besonderen Saal erhält auch der 
Senat. Die Bücherei wird sehr praktisch angelegt und kann 
200000 Bände umfassen. Im Wohngebäude erhalten je zwei 
Studierende ein Zimmer, das sich aber nach Belieben in zwei 
Einzelräume zerlegen läßt. (Sehr richtig! S.) Das Laboratoriums¬ 
gebäude enthält Ställe für Versuchstiere, Verbrennungsöfen für 
Tierleichen usw. Im ganzen enthält die neue Akademie Hunderte 
von großen und kleinen Räumen, und nicht bloß für das Studium, 
sondern auch für angenehme Lebenshaltung der Studierenden ist 
bestens gesorgt. Ein sehr freundliches Kasino für die Studierenden 
und ein anderes für die Sanitätsoffiziere, die nötigen Bier- und 
Weinkeller, ja im Keller sogar eine Kegelbahn legen davon Zeugnis 
ab. Auch die große Zahl der Hausbeamten erhalten freundliche 


Wohnungen. Im Dachgeschoß sind Turn- und Fechtsaal unter¬ 
gebracht. Die Büreaus, Wohn- und Arbeitsräume werden durch 
Warmwasser, die Säle und Ausstellungshallen durch Niederdruck- 
dampf-Heizung erwärmt. Die guten Lüftungsvorrichtungen ge¬ 
statten in einer Stunde dreimaligen Luftwechsel. Die Beleuchtung 
ist elektrisch. Die Kosten des ganzen Neubaues werden auf nicht 
weniger als 6‘/ 8 Millionen veranschlagt. (Berliner Neueste Nach¬ 
richten.) 

Berliner Akademische Nachrichten. 

In Berlin erscheinen als neue Folge der Berliner Akademischen 
Wochenschrift die „Berliner Akademischen Nachrichten“, heraus¬ 
gegeben vom Professor Paszkowski, dem Leiter der akademischen 
Auskunftsstelle an der Friedrich-Wilhelmsuniversität Verlag der 
Universitätsbuchdruckerei. Die Zeitschrift erscheint am 10., 20. und 
30. und wird bei allen Berliner Hochschulen und wissenschaftlichen 
Instituten unentgeltlich ausgegeben. 

Abiturientenüberschuß — Lehrermangel. 

Um dem Elementarlehrermangel im Großherzogtum Hessen 
zu steuern, ist nach der Darmstädter Zeitung die hessische 
Regierung auf den Ausweg verfallen mit Rücksicht auf den 
Überschuß der Abiturienten der drei Mittelschularten zunächst ver¬ 
suchsweise die Abiturienten nach mehrmonatlicher Vorbereitungs- 
j zeit zum Yolksschullehrerdienst zuzulassen. Es meldeten sich 
auch gleich eine ganze Anzahl Abiturienten, so daß die Vor¬ 
bereitungszeit auf ein Jahr verlängert werden konnte; zuletzt 
betrug die Zahl der sich meldenden nahezu 90 Anwärter. 

Dr. G. 

Oberlehrerlaufbahn in Preußen. 

Im Jahre 1906 waren in Preußen 254 Stellen mangels Be¬ 
werber unbesetzt geblieben. 1900 herrschte noch eine starke 
Überfüllung der Oberlehrerlaufbahn. Im Jahrfünft 1902—1906 
waren von den überhaupt angestellten 1349 Oberlehrern nur 
4,62 Proz. über 35 Jahre, dagegen 77,82 Proz. unter 30 Jahren. 
Während im Jahre 1892 noch 1390 Kandidaten vorhanden 
waren, eine Zahl die nach Prof. Dr. Klatts Nachweisen noch 
bis 1899 den Bedarf an Oberlehrern deckte, standen bereits 
1905 nur 189 Kandidaten zur Verfügung. In den Jahren 1892 
waren 36,3 Proz. unter 35 Jahren und nur 15,7 Proz. unter 
30 Jahren gewesen, als sie zur Anstellung gelangten. Mithin 
sehr günstige Verhältnisse für Philologen zur Zeit. 

Dr. G. 

Versammlung der Tierärzte des Reg.-Bez. Lüneburg. 

Eine größere Anzahl von Tierärzten des Bezirks der Heide und 
Nachbarschaft hatte sich am Sonntag, den 5. Juli, in der alten 
Stadt Lüneburg versammelt: 

Es waren anwesend: Veterinärrat Ho ltzh au er-Lüneburg, 
Müll er-Bergen bei Celle, Neumann-Schwarzenbeck (Holstein), 
Napp-Ülzen, Behrens - Schneverdingen, Sahling - Harburg, 
Ölkers sen.-Wittingen, Dr. ölkers jun.-Wittingen, Schmidt- 
Celle, Schulz-Winsen a. L., Holm-Harburg, Brandes-Walsrode, 
Niebuhr - Salzhausen, Jabobi - Tostedt, Wolfsberg-Lüneburg, 
Becker-Bevensen, Ehling-Ülzen, Winkler-Dömitz (Mecklbg.),, 
Iwersen - Lüneburg, Schmidt-Lüneburg, Brückop-Lüneburg, 
Scheferling-Lüneburg, Schneider-Bleckede. Kollege Becker 
berichtete über das vor Jahresfrist an den Regierungspräsidenten 
in Lüneburg gerichtete Gesuch der Tierärzte des Bezirks zwecks 
Erhöhung der Reisekosten bei Vornahme der Fleischbeschau; in 
dem Gesuche wurde verlangt, daß die Reiseentschädigung nach 
denselben Sätzen erfolgen solle, wie sie den Kreistierärzten vor¬ 
geschrieben sind, jedoch ohne Tagegelder. Eine Antwort darauf 
ist bisher nicht eingegangen. Neumann-Schwarzenbeck teilte mit, 
daß den Kollegen des Kreises Herzogtum Lauenburg auf ihre Ein¬ 
gabe an den Landrat der Bescheid geworden ist, daß der Herr 
Minister zurzeit eine Erhöhung der Reisekosten bei der Fleisch¬ 
beschau nicht bewilligen könnte. 



f>40 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


Da bei einem eventuellen Streike sich doch einige Kollegen 
finden würden, welche die Fleischbeschau zu der gegenwärtigen, 
niedrigen Reiseentschädigung auszuftthren bereit wären, und da 
ferner der tierärztliche Zentralverein der Provinz Hannover in 
seiner demnächstigen Generalversammlung ebenfalls sieh mit dieser 
Materie befassen würde, so wurde beschlossen, die weitere Ent¬ 
wicklung der Angelegenheit abzuwarten. 

Alsdann demonstrierte Kollege Ehling-Ülzen des Pflanz sehe 
Embryotom nebst Extraktor sowie dio Person sehe Kettensäge 
und die Embryotomiekrttcke von Lindhorst. Der Austausch der 
vielseitigen Erfahrungen, welche die Kollegen bei der Embrytomie 
gesammelt haben, zeigte deutlich, in welch hohem Maße die in der 
Praxis höchst bedeutungsvolle Embryotomie das Interesse der 
praktizierenden Kollegen in Anspruch nimmt. Die gewaltigen Fort¬ 
schritte und schönen Erfolge in der Embryotomie mit Hilfe der 
modernen Instrumente wurden allseitig anerkannt, und alle Kollegen 
waren der Meinung, daß der in der Praxis stehende Tierarzt durch 
seine Leistungen in der Geburtshilfe und speziell in der Embryotomie 
sieh die Achtung des Publikums betreffs seiner Leistungsfähigkeit 
als Tierarzt am schnellsten und sichersten verschaffen und erhalten 
könnte. Es müsse zu den Seltenheiten gehören, daß der Tierarzt 
wegen Geburtshindernisse oder wegen Verletzung des Muttertieres 
bei der Geburt eine Notschlachtung vornehmen lasse. 

Eine kurze Mitteilung über den Wert und Zweck der Wirtschafts¬ 
genossenschaft deutscher Tierärzte, E. G. m. b. H. in Posen, hatte 
zur Folge, daß einige Kollegen sich als Mitglieder meldeten. Sehr 
zu bedauern ist, daß bei weitem die meisten Kollegen immer noch 
nicht sich entschließen können, der Genossenschaft als Mitglied 
anznschließen, obgleich diese in den wenigen Jahren ihres Bestehens 
gezeigt hat, daß sie lebensfähig ist und den Mitgliedern manchen 
Nutzen und manche Annehmlichkeit verschafft. 

über den schwierigsten Punkt der Tagesordnung, die tier¬ 
ärztliche Taxe, hatte Kollege Iwersen-Lüneburg das Referat 
übernommen. Die Verschiedenheiten in den örtlichen Verhältnissen 
sowohl wie die mehr oder weniger große Konkurrenz lassen die 
Aufstellung einer f Normaltaxe noch nicht zu. Allgemein muß aber 
daran festgehalten wefden, *l!feß bei der Steigerung der Preise fÜr* J 
alle Lebensbedürfnisse und der Transportkosten auch die Tierärzte 
ihre Preise erhöhen müssen, und daß der Preis für 1 km Landweg 
mit 1 M. bis zu einer Entfernung von 12 km durchaus nicht zu 
hoch gegriffen ist. Bei weiteren Entfernungen bleibt die Höhe des 
Honorars bzw. der Reisekosten dem eigenen Ermessen überlassen. 

Nach Schluß der Versammlung fand ein gemeinschaftliches 
Essen mit Damen statt, und zwar aus Anlaß der vor 25 Jahren er¬ 
folgten Approbation des von den Kollegen des Bezirks allgemein I 
verehrten und hochgeschätzten Veterinärrates Holtzhauer. Nahezu j 
50 Personen beteiligten sich am Essen. Ein prachtvoller Blumen¬ 
korb mit der Zahl „25“ in weißen Rosen wurde dem Jubilar von ! 
den Kollegen des Bezirks überreicht. Seiner arbeite- und erfolg¬ 
reichen fast elfjährigen Tätigkeit als Departementstierarzt in 
Lüneburg wurde gedacht, und es wurde besonders hervorgehoben, 
welche bedeutenden Fortschritte die Tierärzte des Regierungs¬ 
bezirks Lüneburg während dieser Zeit gemacht hätten; denn gerade 
im Lüneburgischen ist es wohl den Tierärzten am allerschwerstcn 
geworden, sich Position und allgemeine Anerkennung zu erringen, 
und daß den Tierärzten dies gelungen ist, dazu hat der Veterinärrat 
Holtzhauer in seiner Stellung außerordentlich viel beigetragen. 
Unermüdlich und von feinem Takt, wenn es gilt, die tierärztlichen 
Interessen zu vertreten, war er stets und ist er noch heute ein I 
Freund und Berater aller Tierärzte, ein wahrer und wohlwollender ! 
Kollege dem Kollegen, der voll und ganz seine Pflicht tut. 

Während der Tafelfreuden hatten die Teilnehmer auch noch 
manchen schönen musikalischen Genuß, und nach Aufhebung der 
Tafel beteiligte sich jung und alt lebhaft am Tanz. Selten dürfte 
ein ähnliches Fest unter Kollegen in größerer Harmonie und unter 
größerem Frohsinn gefeiert sein, und jeder Teilnehmer und jede 
Teilnehmerin wird sagen müssen: -Es war eine köstliche Feier!“ , 

B. 


Verein Pfälzer Tierärzte. 

Die 66. ordentliche Jahresversammlung des Vereins Pfälzer Tier¬ 
ärzte wird am Sonnabend, den 22. August, vormittags 11 Uhr, in 
Homburg, Hotel zur Pfalz, abgehalten mit folgender Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

a) Geschäftsbericht des Vorsitzenden. 

b) Kassenbericht des Rechners. 

c) —f) Statutenmäßige Wahlen. 

2. Vortrag und Besprechung über „Die Mitwirkung der Tierärzte 
bei Förderung der Haustierzucht“. Referenten: Eckart und 
Rabus. 

3. Beratung über den Antrag der Tierärztlichen Gesellschaft in 
Berlin, die außerordentliche Fleischbeschau als besonderen 
Lehrgegenstand an den Tierärztlichen Hochschulen einzuführen. 

4. Internationaler tierärztlicher Kongreß im Haag. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

6. Wünsche und Anträge. 

Nach Schluß der Verhandlungen findet gegen 7 j 3 Uhr im Hotel 
zur Pfalz gemeinsames Mittagsmahl statt, wozu Anmeldungen an 
Herrn Kollegen d’Alleux erbeten werden. Gäste sind herzlich 
willkommen! 


Personalien. 

Auszeichnung: Den Tierärzten Franx Neugebauer zu Berlin und 
Heinrich Husfeldt zu Wandsbeck wurde der Kgl. Kronenorden 
IV. Klasse verliehen. 

Ernennungen: Dem Polizeitierarzt Dr. Johannes FWer,«-Cöln a. Rh. 
ist die Verwaltung der Kreistierarztstelle in Rheinbach übertragen 
worden, Distriktstierarzt Karl Oreiner -S ü n ch i n g zum Schlachthof¬ 
direktor in Amberg, Tierarzt V. Vogel - Jettingen zum Distrikts¬ 
tierarzt in Schnaitsee. — Versetzt: Kreistierarzt H^c/uw-Adelnau 
in die Kreistierarztstelle zu Koschmin, die Distriktstierärztc C.Krünzle- 
Aindling und 0. Schmidt -Tittling in gleicher Eigenschaft nach 
Mehring bzw. Sünching. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Bernhard Mey in Berlin N. W., 
Ralhenowerstr. 26, A. Diex in Morbach Kreis Bernkastel. — Verzogen 
Professor Dr. SchneideYntfhl-D^t^n na ch E lb ing (W u s tp r.), di e T icr- 
ärzte A. Töpfer -Danzig als Vertreter des Schlachthofdirektors nach 
Stollberg i. Erzgebirge, Dr Emst Quthke -Bromberg zur Überwachung 
der Geflügeleinfohr nach Illowo, Dr. Philipp Lotxcr -Engen nach 
Saargemtind, Heinrich Müller- Steinbach, als Assistent des Gr. ßczirks- 
tierarztes nach Buchen. 

Examina: Promoviert: Kreistierarzt Otto Dammann in Halle a. S., 
die Tierärzte Paul Böhm aus Altlandsberg, Ferdinand L'öcr ans 
Stockum zum Dr. med. vet. in Bern; Kreistierarzt Friedrich Diedrichs- 
Münster, Walter O. R. Albien , Assistent am bakt. Inst, der Land¬ 
wirtschaftskammer in Kiel zum Dr. med. vet. in Gießen; Willutm 
Felber-Dresdeii zum Dr. med. vet. in Leipzig. — Die amts- und 
bezirkstierärztliche Prüfung hat Tierarzt Moritx Böhme-Dresden 
bestanden. — Approbiert: Die Herren Oswald Pdzschkc aus 
Schladitz in Berlin, Bäumer aus Hiltrup, Sachs aus Heidelberg, 
Schiffer aus Pfeddersheim, Schuster aus München in Gießen; Simon 
Ignafaff aus Plewna (Bulgarien), Alex Kiriukoff aus Borisowgrad 
(Bulgarien) in München. 

Todesfall: Oberveterinär a. D. Schleehauf 81 Jahre alt, in 
Ditzingen bei Stuttgart. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 27 .) 

Schlachthofstelle: Osterode (Ostpr.): Direktor zum 1. Oktober cr^ 
Gehalt 2100 M. bis 3000 M., freie Dienstwohnung usw. Bewerb, 
bis 10. August er. an den Magistrat. 


Die Stelle eines ersten Assistenten am physiologischen 
Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin ist zum 1. Oktober 
zu besetzen. Tierärzte, welche zu physiologisch-chemischen Arbeiten 
geneigt und qualifiziert sind, wollen ihre Bewerbung baldmöglichst 
an Professor Abderhalden einreichen. Sch maltz. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung tob Richard Bchoeti ln Berlin. — 

Druck von W. Bflxenstein, Berlin. 




Di« „Berliner Tierärztlich« Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Scboeta in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsch« 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 PL für Bestellgeld) 
fr«i ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674, Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk.« in Petitsats mit 
60 Uk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
cu senden an Prof. Dr. Schmalts, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., LuisenstraSe 66b Korrekturen, 
Resenaions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 

Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel 

Professor in Dresden. Professor in Freiburg. 


Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat PreuBe Dr. Richter 

Staatstierarat für Hamburg. Departements T. In Bromberg. Departements-T. in Danzig. Professor in Dresden. 

Dr. I. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte ZDndel 

Professor in Dresden. Lzndestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Krelstierarat fn Mülhausen L E. 


Helfer Dr. H. Sieber Dr. Städter Dr. Trapp Dr. Zimmermann 

Schlach’b.-Direktor ln Mülhausen LE. am Tropeninstitut in Hamburg. Stadt-Tierarzt in Hamburg. am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. Dozent in Budapest. 


Jahrgang 1908. J\(i. 31 . Ausgegeben am 30. Juli. 


Inhalt: Müller: Beobachtungen über Vergiftungfälle bei Pferden, Rindern und Schafen infolge Verfütterung rostpilz* 
befallenen Futters. — Regenbogen: Bleivergiftung bei Stubenvögeln. — Cämmerer: „Autocauter.“ — Referate: 
Hermans: Das Zurückhalten der Nachgeburt bei der Kuh. — Hipp: Untersuchungen über die Wirkung des Digalens bei 
Hunden und Pferden. — Nevermann: Über die Wirkungen des Lumbagin. — Tätray: Versuche mit Suptol (Burow) bei 
Schweineseuche. — Schnürer: Über flüssigen Rauschbrandimpfstoff. — Schuh: Untersuchungen des Fleisches an Backstein¬ 
blattern erkrankter Schweine auf das Vorhandensein virulenter Rotlaufbazillen. — Zimmermann: Histologische Untersuchungen 
bei Entzündungen der Fleischkrone. — Degen: Untersuchungen über die hämathogene Nephritis des Schweines. —. Tages- 
geschickte: Schmaltz: Zur Einführung der Pauschvergütung in Preußen. — Die Gehaltsbezüge der tierärztlichen Staatsbeamten 
in Bayern. — Nochmals der Dr. med. vet., ein Wort zur Beruhigung. — Zur Lage der Unterveterinäre. — Verschiedenes. — 
Tierhaltung und Tierzucht: Müller: Welche Aufgaben stellt die moderne Forschung in der Tierzucht an die praktischen Tier¬ 
ärzte? — Personalien. — Vakanzen. 


Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie der Universität 
Straßbnrg (Direktor Prof. Dr. J. Förster). 

Beobachtungen über Vergiftungsfälle bei Pferden, 
Rindern und Schafen infolge Verfütterung rostpilz¬ 
befallenen Futters. 

Von Dr. med. vet. M. Müller, Assistent am Institut. 

In den Bezirken Unter-Elsaß und Lothringen sind mit 
Anfang Dezember mehrfach seuchenartige Erkrankungen von 
Pferden, Rindern und Schafen beobachtet worden, deren Haupt¬ 
erscheinungen bestehen in: myopathischer Parese oder Paralyse 
und bei den Rindern und Schafen außerdem starker Salivation. 
Die Puls- und Atemfrequenz ist nur in älteren Fällen bei längerer 
Dauer vermehrt, Fieber besteht nicht, ebenso ist das Sensorium 
nicht benommen. — Der Verlauf der Krankheit ist teils peraknt 
und akut mit letalem Exitns teils chronisch mit tödlichem Aus¬ 
gang infolge Inanition; andernfalls mit sehr langem Rekonvaleszenz¬ 
stadium. — Nach Mitteilungen französischer Tierärzte sind in 
den Grenzdepartements gleichfalls ähnliche Fälle beobachtet 
worden. 

In besonders starkem Maße trat die Krankheit unter dem 
Tierbestande des Dorfes Essesdorf im Kreise Saarburg auf, 
woselbst über 30 Tiere in schwerer Weise erkrankten und 
7 Pferde, 10 Rinder und 5 Schafe eingingen oder getötet wurden. 
Bei dem Landwirte S. erkrankte der ganze Tierbestand mit 
Ausnahme von 2 Kälbern, bestehend ans 4 Pferden und 14 Rindern, 
wovon 4 Pferde und 6 Rinder eingingen, während zwei weitere 
Rinder getötet werden mußten. An eine Schlachtung der Tiere 
war in fast allen Fällen infolge des schnellen Verlaufes oder des 
unerwartet eintretenden Todes nicht zu denken, teils wurde von 
derselben bei länger kranken Tieren Abstand genommen, da das 
Fleisch notgeschlachteter Tiere bei den Bauern des Dorfes 
keinen Absatz findet. Die Hauptverluste an Tieren erfolgten 
in der Zeit von Weihnachten bis Mitte Januar. 


Nach Aufzeichnungen des Herrn Landestierarztes Geheimrat 
Fei st auf Grund der Mitteilungen des betroffenen Landwirtes und 
des Bürgermeisters ging das erste Pferd am 30. Dezember nach 
ein- bis zweistündiger Krankheit unter Lähmungserscheinungen 
ein. — Das . zweite Pferd legte sich am 2. Januar nach 
dem Füttern nieder, zitterte an den Beinen, versuchte nicht 
mehr aufzustehen und verendete nach zehn Stunden. Beim 
dritten Pferde setzte die Krankheit gleichfalls mit Lähmimgs- 
erscheinungen ein, dann Unvermögen zum Aufstehen, Futter- 
aufnahme erfolgte während der zweitägigen Krankheitsdauer 
nicht. Fieber war nicht vorhanden, ebenso keine erhöhte Puls¬ 
frequenz. Das vierte Pferd — ein zehn Monate altes Fohlen — 
ferlag unter den gleichen Erscheinungen innerhalb 24 Stunden. 
— Bei einem anderen Landwirt^ wurde ein Fohlen morgens 
gelähmt im Stalle gefunden. Dasselbe verendete nach einer 
halben Stunde. Eine hochtragende Stute zeigte nur vier Stunden 
Lähmungserscheinungen und ging dann ein. — Die leichter er¬ 
krankten Pferde bekundeten eine Parese der Nachhand. Die¬ 
selben schwankten und taumelten heim Gehen und waren nach 
dem Niederlegen unfähig, ohne Hilfe sich zu erheben. Be¬ 
merkenswert ist, daß die Lähmung sowohl eine motorische als 
auch sensible ist. — Ein starkes Speicheln wurde bei den 
Pferden nicht beobachtet; auch war in den leichteren Fällen 
die Fatteraufnahme kaum gestört. Die Parese der Nachhand 
verschwand langsam nach vier- bis achtwöchentlicher Dauer. 
Einzelne Pferde, welche infolge der Parese nicht imstande 
waren, längere Zeit auf den Beinen zu stehen, wurden zur 
Vermeidung von Decubitus bis zu sechs Wochen in Hängevor¬ 
richtungen gehalten. 

Das Krankheitsbild bei den Rindern erinnerte, nach den 
Mitteilungen des zuständigen Kreistierarztes Herrn Leveque, 
in schweren Fällen an Kalbefieber, in den leichteren infolge 
starken Speicheins stark an Maul- und Klauenseuche. Die 
nähere Untersuchung auf die Ursache des Speicheins hin ergab 






542 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


eine Lähmung des Schlundkopfes und meistens auch der Zunge. 
In einzelnen Fällen zeigten die Tiere noch Appetit, vollfiihrten 
Kaubewegungen, waren jedoch nicht imstande abzuschlucken. 
Da die Lähmungszustände lange anhielten und späterhin nur 
allmählich wieder wichen, so gingen die Tiere sehr schnell in 
ihrem Ernährungszustände zurück. Auch erholten sich die 
Tiere, welche nicht der Krankheit erlagen, nur sehr langsam. Fieber 
war — wie oben erwähnt — nicht vorhanden, desgleichen 
zeigte die Puls- und Atemfrequenz nur leichte Schwankungen, 
die die Normalgrenzen kaum überschritten. In Fällen, die mit 
schweren Lähmungserscheinungen einhergingen und bei denen 
sich der Exitus letalis verzögerte, wnrde späterhin eine erhöhte 
Puls- und Atemfrequenz festgestellt. Diese Tiere lagen dann 
mit ausgestreckten Gliedmaßen auf der Seite, Augen- und 
Ohrenspiel ließen deutlich das Freisein der Psyche erkennen. 
Infolge der gleichzeitig bestehenden starken Abmagerung 
machten diese Tiere einen höchst bejammernswerten Eindruck. In 
den schweren Fällen mit chronischem Verlauf wurde späterhin 
der Abgang breiigen, dunklen, stark übelriechenden Kotes 
beobachtet. 

Bei dem am stärksten betroffenen Landwirt S. verendete 
Vom Rinderbestande zuerst ein Ochse nach dreitägiger, dann 
eine Kuh und ein Ochse nach zweitägiger und zwei Kühe und 
ein Rind nach eintägiger Krankheitsdauer. Die Tiere fingen 
plötzlich an zu zittern, legten sich nieder und waren dann außer¬ 
stande, sich nochmals zu erheben. Ein Ochse wnrde nach vier¬ 
zehntägiger schwerer Krankheit getötet. Ebenso mußte eine 
hochträchtige Kuh, die keine schweren Lähmungserscheinungen 
gezeigt hatte, infolge ihres kläglichen Körperzustandes aber nicht 
gebären konnte, getötet werden. Ein Landwirt, dem fünf Schafe 
verendet waren, erklärte, daß die Tiere plötzlich stark zu 
speicheln anfingen, Lähmungserscheinungen bekundeten und dar¬ 
auf innerhalb 12 Stunden verendeten. 

Am 8. Januar wurden durch den Kreistierarzt Herrn 
Leveque in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Stang, Kreistierarzt 
im Ministerium, drei Kadaver — ein Pferd und zwei Rinder — 
obduziert. Der Sektionsbefund war ein völlig negativer. An 
sämtlichen Organen, einschließlich des Gehirns und Rückenmarks, 
konnten keine makroskopisch erkennbaren pathologischen Er¬ 
scheinungen festgestellt werden. 

Von den obduzierten Tieren wurden mir Gehirn, Rückenmark, 
Milz, Niere und Harn zur bakteriologischen Untersuchung über¬ 
mittelt. Der Befund an den Organen und auch der Urbericht 
berechtigten von vornherein zu der Annahme, daß die vorliegenden 
FäUe nicht als Infektions-, sondern als Intoxikationskrankheiten 
äufzufassen seien. Immerhin mußte infolge einer Reihe von 
Momenten (vornehmliches Eingehen von Pferden bis dahin, 
Lähmungen zunächst der Nachhand, Auftreten weiterer Er¬ 
krankungsfälle trotz angeordneten — jedoch von seiten der 
Landwirte wie nachträglich festgestellt, nicht befolgten — 
Futterwechsels) doch auch in Erwägung gezogen werden, daß 
die von Schlegel betriebene infektiöse Rückenmarksentzündung 
vorliegen könne. 

Die Untersuchung des übermittelten Materials ergab im 
Ausstrich bakterioskopisch das mehr oder weniger starke Vor¬ 
handensein von Kadaverbazillen in allen Organen. Die von 
Schlegel beschriebenen leicht auffindbaren Streptococcen oder 
andere Mikroorganismen konnten im Innern der Organe nicht 
nachgewiesen werden. Keimisolierungsversuche mit Gelatine-, 


Agar-, Endo- und Malachitgrünplatten verliefen ebenso wie Tier¬ 
experimente bei Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen ver¬ 
mittelst subkutaner Materialverimpfung negativ. Die gleichen 
Befunde ergaben sich gelegentlich der Einsendung weiteren 
Materials* durch Herrn Kreistierarzt Michel Dieuze von einem 
unter Lähmuugserscheinungen eingegangenen Pferde eines Gutes 
im gleichen Kreise, auf dem gleichfalls mehrere Pferde unter 
den oben beschriebenen Erscheinungen erkrankt waren. Infolge 
bereits stark fauliger Beschaffenheit des Materials ging ein 
Meerschweinchen an Sepsis zugrunde. Die bakteriologische 
Prüfung bestärkte demzufolge die Vermutung, daß die Ursache 
der Enzootie in einer Futtervergiftung zu suchen sei. 

Gelegentlich einer Rücksprache mit Herrn Geh. Regierungs¬ 
rat Feist wies derselbe darauf hin, daß die Verfütterung brand- 
oder rostpilzbefallenen Futters vermutlich schuld an den Er¬ 
krankungen trage, obwohl das Befallensein des Getreides bis¬ 
lang in Abrede gestellt wurde. Diese Aussicht wurde auch 
durch die Angaben in der Literatur (Toxikologie vonFröhner) 
bestätigt, wobei zunächst die Vermntungsdiagnose „Brandpilz¬ 
vergiftung“ gestellt werden konnte. 

Durch eine Verfügung des Kaiserlichen Ministeriums wurde 
ich dann beauftragt, bei weiter vorkommenden TodesfäUen die 
Obduktion in Gemeinschaft mit Herrn Kreistierarzt Leveque 
zwecks einwandfreier Entnahme von Material zu weiterer Unter¬ 
suchung zu entnehmen, und gleichzeitig mit demselben weitere 
Ermittelungen bezüglich der Ursache anzustellen — Der nächste 
Fall, der mir gleichzeitig Gelegenheit gab, kranke Tiere selbst 
zu besichtigen, betraf wieder ein Rind des Landwirtes S. in 
Essesdorf. Dasselbe lag seit 14 Tagen völlig gelähmt, jedoch 
mit freier Psyche und in stark abgemagertem Zustande im StaUe. 
An mehreren Stellen der linken' Körperhälfte war leichter 
Decubitus bemerkbar. Die Temperatur betrug 39 °, Pulszahl 100 
und die Zahl der Atemzüge 20 pro Minute. Fernerhin war der 
Abgang eines dunklen übelriechenden Kotes bemerkbar. Nach 
erfolgter Tötung ergab die Obduktion des Tieres gleichfalls das 
Nichtvorhandensein irgendwelcher Entzündungserscheinungen an 
den Organen. Nur die linke Lunge zeigte die Erscheinungen 
einer eitrig nekrotisierenden Pneumonie. Da das Tier intra vitam 
ständig auf der linken Seite gelegen und eine deutliche Pharynx¬ 
lähmung bekundet hatte, so konnte diese Pneumonie als eine 
Verschluck- bzw. Fremdkörperpneumonie diagnostiziert werden. 

Die übrigen fünf Rinder des Stalles bekundeten gleichfalls 
sämtlich einen schwerkranken Zustand. Alle Tiere waren stark 
abgemagert und hatten teilweise noch leichten Speichelfluß. 
Die Tiere zeigten auch noch leichte paretische Zustände, doch 
waren sämtlich imstande, sich noch zu erheben. Nur zwei 
Kälber dieses Stalles waren sichtlich gesund. 

Die Ermittlungen, welche w f ir dann anstellten, ergaben 
folgendes: Zunächst konnte festgestellt werden, daß das letzt¬ 
jährige Getreide im Essesdorfer Bann stark von Getreidepilzen 
befallen war und daß ein ähnlich starkes BefaUensein in den 
letzten Jahren nicht beobachtet worden war. Einzelne Felder 
Waren nach den Aussagen der Landwirte innerhalb weniger 
Tage geradezu „schwarz“ geworden. Dies sei insbesondere bei 
denjenigen Feldern der Fall gewesen, die spät angesät worden 
waren und stärker unter der Nässe gelitten hatten, sowie bei 
den Getreidefeldern, welche durch Umpflügen des Klees eine 
Gründüngung erfahren hatten. Der Landwirt S. bestritt 
anfangs, an seinen Feldbeständen irgendwelche verdächtige Er- 


30. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


543 


. scheintmgen insbesondere schwarze Flecken beobachtet zu haben. 
Dagegen erklärte der Sohn des Bürgermeisters auf unsere 
Fragen hin, daß er in seines Vaters Scheune eine größere 
Menge „schwarzfleckigen“ Strohes habe. Die Besichtigung 
ergab denn auch, daß ein größeres Strohquantum in starkem 
Maße mit schwarzen Flecken besät war. Es hatte nicht das 
weiße glänzende Aussehen von gutem Stroh und besaß 
einen stark muffigen Geruch. Außerdem konnte man beim 
Auseinanderzerren beobachten, daß das Stroh in auffälliger 
Weise stäubte. Als der betreffende Landwirt weiter gefragt 
wurde, ob er dieses Stroh seinem Viehstande verfüttert habe, 
erwiderte derselbe, daß er den Versuch gemacht habe; er habe 
jedoch beobachtet, daß sowohl die Pferde als auch die Rinder 
dieses Stroh nicht fressen wollten. Deshalb sei von der 
weiteren Verfütterung dieses Strohes Abstand genommen 
worden und den Tieren nur solches Stroh vorgelegt worden, 
das von denselben gern gefressen wurde. Bei der Untersuchung 
des Strohes der übrigen Gehöfte, in denen Krankheitsfälle auf¬ 
getreten waren, konnten dann gleichfalls allerorts Strohbunde 
gefunden werden, die in mehr oder weniger starkem Maße 
befallenes Stroh enthielten. Insbesondere erinnerte sich auch 
der Landwirt S. jetzt, daß er Stroh gehabt babe, welches von 
den Tieren ungern gefressen wurde. Um die Tiere zur Auf¬ 
nahme dieses Strohes zu zwingen, hatte S. dasselbe zu Häcksel 
geschnitten und dann mit anderm Futter vermischt. Dieser 
Umstand erklärt es denn auch, weshalb gerade der Viehbestand 
des S. in so starkem Maße erkrankte. Nur die beiden Kälber, 
welche noch kein Stroh, sondern nur Heu fraßen, wurden daher 
auch von der Vergiftung verschont. Daß das befallene Stroh 
tatsächlich die Ursache der Enzootie war, ergibt sich auch aus 
dem Umstand, daß der große Viehbestand des Bürgermeisters, 
der das befallene Stroh nur ganz kurze Zeit verfüttert hatte, 
keine merklichen Krankheitserscheinungen zeigte. — Immerhin 
machte sich aber doch in gewisser Hinsicht das starke Be- 
faUensein des Getreides der Essesdorfer Gegend an den Tieren 
auch allgemein bemerkbar. Nach den Aussagen des Bürger¬ 
meisters und einiger Landwirte waren nämlich die Pferde in 
diesem Winter auffallend schlapp, und gerieten dieselben sehr 
leicht in Schweiß. Hierzu war nicht einmal ein Anspannen 
nötig, der Schweiß trat vielmehr schon nach zirka halb¬ 
stündigem Umherführen in Erscheinung. Dieses leichte In¬ 
schweißgeraten der Pferde scheint mir die Folge leichtgradiger 
Paresen zu sein, die durch die Aufnahme geringerer Mengen 
pilzbefallenen Futters verursacht wurden. Schließlich geht die 
schädigende Wirkung des pilzbefallenen Strohes auch aus der 
Tatsache hervor, daß nach dem effektiven Aussetzen der Stroh¬ 
fütterung bei dem Landwirt S. kein weiteres Tier von den er¬ 
krankten Rindern mehr umgestanden ist, und daß sich die 
Tiere bei einer Besichtigung nach vier Wochen bereits 
wesentlich in ihrem Ernährungszustände wieder gebessert hatten. 

Was die botanische Natur der schwarzen Beläge des Strohes 
anbelangt, so erwecken dieselben anfangs infolge ihrer tief¬ 
schwarzen Färbung den Verdacht auf Brandpilze (Ustilagineae). 
Auch die Landbevölkerung bezeichnet derartiges Stroh ent¬ 
sprechend seiner Färbung im allgemeinen als „brandig“. Eine 
Untersuchung von der Spreu auf das Vorhandensein von Brand¬ 
pilzsporen konnte leider nicht mehr erfolgen, da die Spreuvorräte 
bereits aufgebraucht waren. Die Verfütterung der Spreu scheint 
aber jedenfalls nickt schädigend gewirkt zu habe», da sieb die 


Krankheitsfälle erst später, als man viel Stroh futterte, mehrten. 
Durch die mikroskopische Untersuchung der schwarzen Mycelien 
konnte ich feststellen, daß es sich nicht um „Brand“-, sondern 
um „Rostpilze“ (Uredineae) handelte, und daß die schwarzen 
Beläge der Wintersporenlager oder Teleutosporen das durch 
einen zusammengesetzten Generationswechsel sich auszeichnen¬ 
den Getreiderostes (Puccinia graminis) darstellten. Mithin ist 
auch die vorbeschriebene Eurootie durch die Verfütterung „rost¬ 
pilzbefallenen“ Futters verursacht. 

Die schwarzen Flecken des Getreiderostes bestehen bei Be¬ 
trachtung mit starker Vergrößerung und straußförmig nebenein¬ 
ander stehender Hyphen, welche die Expidermis durchbrochen 
haben, und an deren Ende sich eine Doppelspore die Teleuto- 
spore befindet. Die im Frühjahr auskeimenden Teleutosporen 
infizieren dann vornehmlich die Berberstreu- und Queckenblätter, 
an denen sich Becherrost mit den Aecidiosporen erzeugen. So¬ 
bald die Aecidiosporen dann wieder auf die Halme und Blätter 
von Gräsern insbesondere von Roggen, Weizen, Hafer und 
Gerste gelangen, erzeugen dieselben im Sommer zunächst „rost¬ 
rote“ aus einzelligen Miedosporen und im Herste „schwarze“ 
aus zweizeiligen Teleutosporen bestehende Mycelien. Die Rost¬ 
pilze sind in weit stärkerem Maße schädlich als die Brandpilze, 
die epidemisch auftreten und ganze Felder befallen, während 
der Brand sich auf einzelne Pflanzen beschränkt. 

Zur Prüfung der pathogenen Wirkung des rostpilzbefallenen 
Strohes habe ich dasselbe einige Zeit hindurch an Meerschwein¬ 
chen verfüttert und auch die Sporen subkutan auf Mäuse über¬ 
tragen. Der Erfolg war jedoch ein negativer. Eine wesent¬ 
liche Schlußfolgerung läßt sich daher aus diesem Befunde nicht 
ziehen. Es ist ja auch für die Haustiere bekannt, daß die vor¬ 
übergehende Fütterung pilzbefallenen Futters meist ohne Schä¬ 
digung vertragen wird, und daß erst eine länger andauernde Ver¬ 
abreichung einen toxigenen Effekt auslöst. Über die nähere 
Genese und die auslösenden Faktoren dieser Vergiftungen sind 
wir leider noch völlig im unklaren. Herr Privatdozent Dr. 
Heubner vom pharmakologischen Institut der Universität Berlin, 
bisher in Straßburg hat sich der weiteren toxikologischen Er¬ 
forschung der Rostpilz Vergiftung angenommen und wird darüber 
später berichten. 

An gleichen Vergiftungsfällen durch rostpilzbefallenes Futter 
erwähnt Fröhner in der Kasuistik seiner Toxikologie diejenigen 
von JohoiW (Berl. Arch. 1897), Lameris und Poels (Holland. 
Jahresberichte 1889) und Winke (Berl. Arch. 1893). Johow 
beobachtete nach der Verfütterung von rostigem Stroh und Kleeheu 
bei Rindern Lähmung der Zunge, des Schlundkopfes und der 
Gliedmaßen. Lameris und Poels berichten, daß diese Krank¬ 
heit jährlich in Süddeutschland große Verluste verursache. 
Wienke beobachtete ebenfalls nach der Verfütterung von rost¬ 
pilzbefallenem Haferstroh in einem Rinderbestande Speichelfluß, 
Rötung und Schwellung der Maulschleimhaut, steife Bewegung 
und Hinfälligkeit. Nach dem Aussetzen des Futters genasen alle 
Tiere. — Eine entzündungserregende Wirkung auf der Haut und 
Schleimhaut wurde in den vorstehenden Fällen nicht beobachtet. 

Die Bekämpfungsmaßnahmen bestanden zunächst in dem 
Aussetzen der Fütterung von pilzbefallenem Stroh und kräftiger 
Ernährung der kranken Tiere. Eine Behandlung kranker Tiere 
ist nur bei Pferden und leicht erkrankten Rindern anzuraten. 
In Gegenden mit guter Fleischverwertung wird sich bei Rindern 
mit schwere» Vergiftungserscheinungen infolge des häufig sehr 



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BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


No 31. 


akuten Ablaufes und der langwierigen Rekonvaleszenz, vielfach 
die Notschlachtung empfehlen. Der Genußtauglichkeit derartigen 
Fleisches dürften in gleicher Weise wie bei Tetanus nur dann Be¬ 
denken entgegen stehen, „wenn die Ausblutung eine mangelhafte 
ist und sinnfällige Veränderungen des Muskelfleisches bestehen“. 
—Wir konnten auch hier bei einem Fall die Erfahrung machen, wie 
schwierig sich zuweilen die technische Begutachtung von Fleisch 
auf Grund des Schlachtbefundes allein gestaltet. Bei der Obduktion 
des getöteten Rindes, welches eine linksseitige Verschluck¬ 
pneumonie aufwies, das aber sonst keinerlei entzündliche Er¬ 
scheinungen an den Organen zeigte und dessen Fleisch gleich¬ 
falls ein gutes Aussehen hatte, äußerte ich, es sei schade, daß 
das Fleisch nicht verzehrt werde und auf den Wasen käme. Bei 
der späteren bakteriologischen Untersuchung stellte sich dann 
heraus, daß in diesem Falle sowohl das Fleisch als auch die 
Organe eine ziemlich starke bakterielle Infektion, die von der 
eitrigen Pneumonie ausging, bekundeten, daß insbesondere Aus¬ 
striche von Fleisch und Niere auf der Endo- und Malachitgrün¬ 
platte das Vorhandensein von Kolonien erkennen ließen, die zur 
Flei8chvergiftung8gruppe zu rechnen sind. Weitere Unter¬ 
suchungen, über die in einer späteren Arbeit noch berichtet wird, 
ergaben, daß das gefundene Bakterium auf Grund des Mangels 
der Agglutinabilität nicht unter dieHauptrepräsen tantenderFleisch¬ 
vergiftungsgruppe (Bac. enteritidis; Bac. paratyphus B; Bac. 
morbificans bovis) eingereiht werden kann. Da aber das 
Bakterium eine sehr hohe Pathogenität für Mäuse besitzt und 
Toxine bildet (0,5 ccm einer 24 ständigen Bouillonkultur tötet 
Mäuse innerhalb 12 Stunden; ältere und abgetötete Kulturen 
töten Mäuse unter Erzeugung starken Durchfalles), ist die An¬ 
nahme berechtigt, daß der Genuß dieses Fleisches unter Um¬ 
ständen schädigend auf die Gesundheit der Konsumenten hätte 
wirken können. 


Bleivergiftung bei Stubenvögeln. 

Von Professor Regenbogen. 

Vergiftungen durch Blei und bleihaltige Präparate sind bei 
Tieren sehr oft beobachtet worden; Bleivergiftungen bei Stuben¬ 
vögeln gehören jedoch zu den Seltenheiten. Es dürfte deshalb 
einiges Interesse bieten, eine Bleivergiftung bei Dompfaffen 
mitzuteilen. 

Nach Mitteilung des Besitzers waren seit etwa 6 Monaten 
hintereinander 3 Paare, also 6 Vögel, verendet. Die zuerst 
lebhaften und anscheinend ganz gesunden Vögel wurden in einem 
neu angekauften Drahtkäfig untergebracht. Nach etwa 14 Tagen 
zeigten sie sich weniger lebhaft, sie taumelten zuweilen und 
saßen meist mit gesträubtem Gefieder in einem schlafsüchtigen 
Zustande da. Nach wenigen Tagen verendeten die Vögel. Der 
Käfig wurde sehr sorgfältig gereinigt, etwa 8 Tage unbenutzt 
gelassen und alsdann mit 2 anderen Dompfaffen besetzt. Die 
Vögel zeigten das Bild vollkommener Gesundheit. Das verab¬ 
reichte Futter war von tadelloser Beschaffenheit. Die Vögel 
hatten die Angewohnheit, wie die zuerst verendeten Vögel, 
überall an dem Drahtgitter mit dem Schnabel zu reiben und zu 
beißen; ganz besonders gern knabberten sie an den gelöteten 
Stellen. Nach zwei Wochen nahm die Munterkeit der Tiere ab, 
sie saßen oft traurig da, das Gefieder war gesträubt. Zuweilen 
zitterten sie. Weiterhin zeigten sie große Schwäche, Benommen¬ 


heit und Hinfälligkeit, Schlafsucht. Etwa 8 Tage nach dem 
Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen gingen die Vögel 
ein. Der Besitzer beschaffte ein drittes Paar und brachte sie 
in dem vorher mit heißer Lysollösung gründlich gereinigten und 
gut getrockneten und gelüfteten Käfig unter. Auch diese Vögel 
erkrankten nach kurzer Zeit und wurden krank zur Klinik ge¬ 
bracht. Meist sitzen sie zusammengekauert und zeigen Schlaf¬ 
sucht. Die Federn stehen gesträubt und sind aufgeplustert. 
Die Atmung ist beschleunigt und etwas angestrengt. Zuweilen 
bemerkt man ein leichtes Zittern. Die Futteraufnahme ist 
mangelhaft; der Kot zeigt keine auffälligen Veränderungen. 
Die Bewegungen sind unsicher, die Vögel taumeln und drohen 
oft von der Sitzstange zu fallen. Die Benommenheit und die 
Schwäche nimmt zu; nach 2 Tagen verendet der eine, nach 
weiteren 2 Tagen der zweite Vogel. 

Die Haut ist duukel bläulich gefärbt. Die Gefäße sind 
stark mit dunkelrotem Blute gefüllt. Die Organe der Bauch- 
lind Brusthöhle zeigen außer Blutfülle keine besonderen Ver¬ 
änderungen. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes fiel 
negativ aus. Die mit Blut geimpften Mäuse und Vögel blieben 
gesund. Nunmehr wurden alle Weichteile der Vögel einschließlich 
der Organe und Eingeweide mit Salzsäure und Calcium chloricum 
vollständig zerkocht. In die erhaltene filtrierte, erkaltete Lösung 
wurde Schwefelwasserstoff 2 Stunden lang eingeleitet. Es ent¬ 
stand ein schwarzer Niederschlag, welcher gesammelt und aus¬ 
gewaschen mit Salpetersäure behandelt, in Lösung überging. 
In dieser Lösung wurde durch eine Jodkalilösung ein gelber 
Niederschlag (Jodblei), durch chromsaure Kalilösung ein gelber 
Niederschlag (chromsaures Bleioxyd), durch Schwefelsäure und 
Salzsäure ein weißer Niederschlag von Bleisulfat bzw. Blei- 
oflorid hervorgerufen. Demnach enthielten die Gewebe und 
Organe der Vögel Blei und es dürfte erwiesen sein, daß die 
Vögel an einer Bleivergiftung verendet sind. 

Die Herkunft des Bleies ließ sich unschwer nachweisen. 
Der Käfig ist aus verzinntem Draht hergestellt. Die Ver¬ 
bindungsstücke des Drahtes und die Abteile des Käfigs sind 
durch Lot verbunden. An den zahlreichen Verbindungsstücken, 
namentlich in der Höhe der Sitzstangen, haften größere Mengen 
Lötesubstanz dem Drahte an. Da die Vögel die Angewohnheit 
hatten, unausgesetzt in der ersten Zeit ihres Aufenthaltes in 
dem Käfig an den Drähten zu beißen, den Schnabel zu wetzen 
und zu knabbern, so war daran zu denken, daß es sich um eine 
stark bleihaltige Lötsubstanz handeln könnte, das sogenannte 
Schnellot, welches aus einer Legirung von 1. Teil Zinn und 
2—3 Teilen Blei besteht. 

Die Lötmasse an dem Käfige wurde abgeschabt und einer 
Analyse unterzogen. Es ergab sich, daß sie tatsächlich einen 
Bleigehalt von etwa GO Prozent Blei aufwies. 

Nach der deutschen Reichsverordnung vom 25. Juni 1887 
dürfen Eß-, Trink- nnd Kochgeschirre, sowie Flüssigkeitsmaße 
an der Innenseite nur mit einen Lot gelötet werden, welches 
nicht mehr als 10 Prozent Blei enthält. 

Die Toxikologie lehrt, daß Vögel gegenüber Blei außer¬ 
ordentlich empfindlich sind. Es ist deshalb erklärlich, daß die 
Menge Blei, welche die Vögel durch Schaben und Beißen an 
den gelöteten Stellen des Käfigs täglich aufnehmen, ausreichend 
war, um eine Bleivergiftung zu bewirken. Gegebenenfalls 
würde demnach darauf zu achten sein, daß derartige Käfige 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


545 


nicht verwendet werden oder daß eine Schutzvorrichtung an 
den Innenflächen des Käfigs angebracht wird, damit die Vögel 
die gelöteten Stellen nicht benagen können. 

„Autocauter“ 

Von Tierarzt Cämmerer Rheden i. Westpr. 

„Autocauter nach Decherry ohne Gebläse selbsttätig arbeitender 
Brennapparat, der mit Äther gespeist wird, mit einem beilförmigen, 
einem kugelförmigen Brenner, einem Brenner mit einschraubbaron 
Brennstiften von 16, 20, 35 mm Länge und 2—2 1 /* mm Stärke. Der 
komplette Apparat im Etui nebst Spirituslampe und Reservebrenn¬ 
stiften kostet M. 85,00.“ 

Unter dieser Beschreibung wird ein Instrument von der 
Firma Hauptner in ihrem Jubiläumskatalog von 1907 empfohlen. 



Mir wurde Nr. 2807 des Katalogs mit der Aufforderung zu- 
ge8chickt, den Apparat zu probieren. Ich muß gestehen, daß 
ich mit stark pessimistischen Gefühlen diesem Versuch näher 
getreten bin. Aus Erfahrung wußte ich, alle diese schönen 


i 

#.} 



Instrumente mit ihren schönen Namen sind für den praktischen 
Tierarzt hervorragend unpraktisch. Das alte Brenneisen stellte 
alle diese Knnstprodnkte in den tiefsten Schatten. Beim Nadel¬ 
brennen kam ich mit einer Benzinlötlampe, einem Nadelhalter 
und einem Sortiment Stricknadeln aus. 

Einen schönen Anblick hat das Arbeiten mit dem Kolben¬ 
eisen ja nie geboten. Wir haben uns daran gewöhnt, wie ein 
Tabakskauer an das Spucken. Mir ist es passiert, daß Laien 
beim Anblick einer Brennoperation sich schaudernd mit den 
Worten „eine Pferdekur“ abwandten. Diese Exklamation 
kränkte mich so, daß ich beschloß, in Zukunft meine Operationen 
so ästhetisch wie möglich zu gestalten. 

Dieser Vorsatz überwand meine pessimistischen Gefühle und 
ich zog mit dem sehr schön ausgestatteten, „doch medizinisch 


aussehenden“ Brennapparat aus, um einen an Schale erkrankten 
Wallach zu behandeln. Das erste Resultat, das mein Autocauter 
zeitigte, war eki Ausruf des Besitzers: „Herrgott, hat es ihre 
Wissenschaft weit gebracht“. Der Brennapparat funktionierte 
damals, -wie alle seines Zeichens, nämlich gar nicht. 

Die Capillare, welche in der Düse bei x liegt, hatte sich 
verstopft. Wenn sich diese Capillaren verstopfen, so mußte 
man sich dabei beruhigen. Wer nicht wissen sollte, was es 
heißt, eine Capillare von der lichten Weite eines Haares zu 
reinigen, dem sei gesagt, daß dies ein Geduldsspiel ersten 
Ranges sei. 

Dieser Übelstand ist von der Firma in sehr einfacher, aber 
recht geistreicher Form gehoben worden. Die auslösbare Düse 
kann auf eine kleine, jedem Etui beigegebene vernickelte Luft¬ 
pumpe aufgeschraubt werden. Beim ersten Druck ist die 
Passage für die Stellagen frei. Ein weiterer Übelstand lag in 
der Konstruktion der Brennstifte. Diese waren mit einem 
Gewinde in ein Bett eingeschraubt. Bett und Stift waren von 
verschiedenem Metall und diese von verschiedenen Ausdehnungs¬ 
koeffizienten. Beim Erhitzen löste sich nun der Stift aus 
| seinem Bett und blieb im Tierkörper stecken. Als mir das 
passierte, schickte ich der Firma den Autocauter sang- und 
klanglos zurück. 

Die Firma Hauptner beseitigte alle Mißstände. Ich hatte 
sehr oft Gelegenheit, das Instrument zu brauchen. Der 
Autocauter in seiner jetzigen Form ist ein tadelloses, leider 
etwas teures Instrument. Bevor ich diese Zeilen schrieb, habe 
ich nach der Uhr kontrolliert, wie viel Zeit mit der Auffüllung 
von Äther (stets 0,72 spez. Gewicht nehmen, sonst funktioniert 
der Autocauter nicht!), Durchblasen der Düse, Erhitzen bis zur 
Rotglut, gebraucht wird. Ich habe noch nicht fünf Minuten auf 
alle drei Manipulationen verwendet. 

Die großen Vorzüge des Autocauters sind: 

1 . Einmal in Gang gesetzt, arbeitet er ohne jedes Ge¬ 
bläse usw. kontinuierlich. 

2. Der Hitzegrad kann reguliert werden. 

3. Der Apparat ist handlich und von netter Aufmachung 
(man entschuldige den Ausdruck). 

4. Das lästige Aufsuchen einer Schmiede und die Aus¬ 
bildung des Schmiedes zum Medicaster fallen fort. 

5. Das Operieren mit dem Autocauter macht einen 
ästhetischen Eindruck. 

Der Autocauter kann trotz seines Preises empfohlen werden. 


Referate. 

I)as Zurückhalten der Nachgeburt bei der Kuh. 

Von Assistent Herrn ans. 

(Annnles de Bruxelles. Marx 1908.) 

Folgt die Nachgeburt dem Kalbe nicht innerhalb zwölf 
Stunden nach der Geburt nach, so heißt man diesen Zustand 
„Zurückhalten der Nachgeburt“, das von allen Haustieren am 
meisten bei der Kuh vorkommt. Diese abnorme Prädisposition 
bei der letzteren findet ihre Erklärung im anatomischen Bau 
der Plazenta und der Kotyledonen, die das Zurückhalten hervor¬ 
rufenden Ursachen dagegen liegen in drei Hauptmomenten: 

1 . in der Untätigkeit des Uterus, 

2. in der abnormen Adhärenz der Plazenta, 

3. in mechanischen Hindernissen. 








546 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


Die Untätigkeit des Uterus spielt eine Hauptrolle in der 
Ätiologie des Nichtabgangs der Nachgeburt, denn durch das 
Ausbleiben der Uteruskontraktionen wird die Kongestion in den 
Kotyledonen aufrecht erhalten, und ist es infolgedessen der diese 
umhüllenden Plazenta nicht möglich, sich abzustoßen. Diese 
Untätigkeit des Uterus wird gewöhnlich bei Tieren beobachtet, 
welche durch eine lange Reise oder durch schwere Arbeit ab¬ 
geschwächt sind, ferner tritt sie meistens als Folge einer 
Zwillingsschwangerschaft oder von Eihautwassersucht ein, oder 
wenn das Kalb wassersüchtig oder zu groß ist. Auch nach den 
sehr heftigen, vergeblichen Kontraktionen des Uterus, wie sie 
sich bei der Torsion der Gebärmutter oder bei jeder lang¬ 
andauernden Schwergeburt einstellen, bleibt jener untätig und 
wie gelähmt. Ferner stellen sich bei sehr fetten Kühen wohl 
infolge der fettigen Infiltration der Uterus Wandungen keine oder 
nur sehr schlaffe Uteruskontraktionen ein, und der Verfasser 
selbst hat beobachtet, daß Scheiden- und Uterus wunden die 
Untätigkeit der Uterusmuskelhaut bedingen. 

Von manchen Autoren wird die pathologische Adhärenz 
zwischen der Plazenta und den Kotyledonen einer Entzündung 
oder dem Verwerfen zugeschrieben. Nach einer Beobachtung 
des Verfassers, der bei einer Frühgeburt die Plazenta zugleich 
mit dem Kalbe abgehen sah, braucht eine pathologische Ad¬ 
härenz zwischen Plazenta und Kotyledonen beim Verwerfen 
nicht notwendigerweise zu bestehen. Beim Ablösen der Nach¬ 
geburt mit der Hand hat der Verfasser faust- bis kindskopf¬ 
große Kotyledonen angetroffen, um deren Hals in der Gegend, 
wo sich die sie umhüllende Plazenta umbiegt, um sich auf 
benachbarte Kotyledonen zu werfen, sieh ein starkes fibröses 
Band legte und ihn einschnürte. 

Als mechanisches Hindernis wirkt zweifellos am meisten 
der zu früh eintretende mehr oder weniger vollständige Ver¬ 
schluß des Gebärmuttermundes, welcher eine Inkarzeration der 
Eihäute zur Folge hat. Außerdem gelten als mechanische 
Hindernisse das Ödem und das Emphysem der letzteren, das Vor¬ 
handensein einer bindegewebigen Narbe in der Scheide und von 
Geschwülsten in den Eihäuten, sowie die letzteren, selbst wenn 
sie ineinander verschlungen sind. In manchen Fällen hat der 
Verfasser gefunden, daß die Nachgeburt den Hals der Kotyle¬ 
donen umschlungen hielt. 

Um den Abgang der Nachgeburt zu bewirken, werden 
medikamentöse oder chirurgische Mittel oder beide zugleich 
angewendet. 

Als medikamentöse Mittel wurden hauptsächlich die uterus- 
kontrahierenhen (Emmenagoga) im Einschütt gegeben, z. B. 
von Hering 

Rp.: Infus. Summitat. Sabinae 30:500 
Kal. carbonic. 15,0. 

Dieser Einschütt ist lauwarm auf dreimal in sechsstündigen 
Zwischenräumen zu geben. Von Cruzel: 

Rp.: Decoct. Folior. Rutae 40 : 1500 oder 
Rp.: Decoct. Summit. Sabinae 40:1500 oder 
Rp.: Secal. Corunt. 10,0 

Pulv. Summit. Sabinae 20,0. 

Gar re au empfiehlt die Tinctura Caramija, und zwar 100 g 
in 2 1 einer Sabinakrautinfusion, und Ziindel folgendes Rezept 
als Einschütt: 

Rp.: Fruct. Lauri 300,0 
Fruct. Foeniculi 200,0 
Natr. bicarbonic. 500,0 


in fünfmal innerhalb 36 Stunden zu geben. Nach 24 Stunden 
soll die Wirkung eintreten. Andere Autoren geben wieder die 
alkalischen Mittel allein, so Baumeister und Ru eff, 45 g 
kohlensaures Kalium pro Tag. Hümmer gibt sogar das 
Doppelte dieser Dosis. 

Nach den Beobachtungen verschiedener Autoren und des 
Verfassers selbst beschleunigen alle diese Mittel den Abgang 
der Nachgeburt nicht und sollen nach Schaak den Zustand 
der Tiere nur noch verschlimmern. Der Verfasser rühmt die 
günstige Einwirkung des Zuckers auf den Abgang der Nach¬ 
geburt, und er gibt sowohl den Kühen, bei welchen er die 
manuelle Entfernung der Nachgeburt vorgenommen hat, als auch 
denen, welche sie noch ia sich tragen, l*/ 2 —2 kg Zucker in 
3—4 Tagen nebst einer zuckerreichen Nahrung, wie Runkel¬ 
rüben und Mohrrüben, der Zucker verhindert bei dem Tier den 
Austreibungsdrang und erhöht das Durstgefühl und damit auch 
die Wasseraufnahme, was der Laktation zugute kommt. Die 
Erfahrung des Verfassers in dieser Hinsicht gründet sich auf 
Hunderte von Fällen. 

Manche Praktiker haben ihre Zuflucht zu hypodermischen 
Injektionen genommen, und de Bruin hat, um die Untätigkeit 
der Gebärmutter zu bekämpfen, folgende Injektion mit Erfolg 
angewandt: 

Extr. Secal. Cornut. 6,0 
Glycerin 8,0 

Aqu. dest. 12—20,0. 

Zu gleicher Zeit löst er Uteruskontraktionen auf reflektorischem 
Wege aus durch Frottieren der Bauchwandung mit Strohwischen 
und Einreiben folgenden Liniments: 

Liqu. Amon, caust. 

01. Terebinth. 

Spirit, camphorat. aä. 

Am meisten Anhänger hat zurzeit die Anwendung der 
chirurgischen oder der medikalen und chirurgischen Mittel zu¬ 
gleich. Der Verfasser sieht als bestes Mittel die manuelle 
Herausnahme der Nachgeburt an und hat in den Jahren 1900 
bis 1905 129 Nachgeburten auf diese Weise entfernt und dazu 
im Durchschnitt ungefähr 20 Minuten gebraucht. Den Eingriff 
macht er ausnahmslos zwischen der 36. und 48. Stunde nach 
der Geburt, in welcher Zeit die Nachgeburt noch nicht in 
Fäulnis übergegangen ist, und der davon ausgehende Geruch 
wohl fade und etwas ekelerregend, aber noch nicht so stinkend 
ist, daß man ihn nicht mehr von sich abbringt. Infektionen, 
welchen schon manche Praktiker erlegen sind, werden nur 
dann zugezogen, wenn die Nachgeburt schon völlig in Fäulnis 
übergegangen ist. 

Der Verfasser geht bei der Operation folgendermaßen vor. 
Nachdem er die ganze Schamgegend gut gereinigt hat, läßt er 
den Schwanz durch einen Gehilfen, der beim Drängen des Tieres 
zu gleicher Zeit auf die Lendengegend einen Druck ausiiben 
muß, auf die Kruppe hochheben. Beide Hände, die abwechselnd 
in die Gebärmutter eingeführt werden, werden tüchtig mit Öl 
eingerieben. Ist die Adhärenz zwischen den Eihäuten und den 
Kotyledonen keine zu starke, so geht er mit dem Daumen 
zwischen die Anhaftungsstelle hinein und zieht, indem er zu 
gleicher Zeit den Gebärmutterknopf zurückdrückt, die Plazenta 
nach rückwärts von jenem weg. Löst sich die Eihaut durch 
das Ziehen nicht los, so faßt er den Gebärmutterknopf an seiner 
Basis und drückt ihn leicht zusammen, worauf sie sich leicht 



30. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


547 


äblösen läßt, falls der Knopf nicht zu groß und die Adhärenz 
nicht zu fest ist. Ist der Gebärinutterknopf von Faust- oder 
Kindskopfgröße und haftet die Plazenta zu fest an ihm an, so 
fängt er an, die letztere an irgendeinem Punkte vom Knopfe 
loszulösen und drückt darauf den Daumen immer tiefer zwischen 
diesen und die Plazenta hinein, so daß sie sich nach und nach 
abstößt. Wird die heraushängende Plazentamasse so schwer, 
daß sie eine zu starke Traktion auf die Kotyledonen ausübt 
und dadurch bei der Kuh einen Austreibungsdrang auslöst, so 
hält er diese Masse in der freien Hand. Um zu den letzten 
in der Tiefe der Gebärmutter sitzenden Kotyledonen zu gelangen, 
steht er auf ein Strohbund und sucht stoßweise so weit wie 
möglich in die Gebärmutter vorzudringen. 

Der Verfasser spricht antiseptischen Irrigationen weder vor 
noch nach der Operation das Wort. Den größten Teil der 
Flüssigkeit schöpft er mit der hohlen Hand heraus. Soll eine 
Ausspülung stattfinden, so verwendet er dazu eine physiologische 
Kochsalzlösung von 30 — 35° Wärme, die er mittelst eines als 
Sauger wirkenden Gummischlauches mit der Uterusflüssigkeit 
wieder herausfließen läßt Antiseptische Mittel wendet er nur 
an, wenn die Nachgeburt schon in Fäulnis übergegangen ist und | 
benutzt dazu nur schwache Lösungen von Borsäure, Kreolin, 
Lysol. Das Sublimat ist selbst in einer Lösung von 1:4000 
seiner irritierenden Wirkung wegen zu verwerfen; die Karbol¬ 
säure kann ihren Geruch auf das Fleisch und die Milch über¬ 
tragen, und in stärkeren Quantitäten sogar eine Vergiftung der 
Kuh hervorrufen. Das von einigen Autoren angepriesene über¬ 
mangansaure Kalium und das Pyoktanin haben den Nachteil, 
daß sie die Hände und Arme zu sehr färben. Manche Autoren 
rühmen das Bazillol, andere wollen kaltes und wieder andere 
warmes Wasser ohne Beimischung angewendet wissen. 

Helfer. 

Untersuchungen über die Wirkung des Digalens bei 
Hnnden und Pferden. 

Inangural-Dissertation, Gießen. 

Von Tierarzt Heinrich Hipp aus Remscheid (Rhld.). 

Das von der Firma Hoffmann-La Roche u. Co., Basel, 
in den Handel gebrachte „Digalen“ stellt nach dem HersteUer 
Cloi'tta eine wäßrige Lösung von Digitoxin unter Zusatz von 
25 Proz. Glyzerin dar, und zwar sind in 1 ccm Digalen 0,3 mg 
Digitoxin enthalten. Wegen der Möglichkeit einer sicheren 
Dosierung und seiner vielseitigen Applikationsfähigkeit findet 
das Digalen in der Humanmedizin umfangreiche Verwendung mit 
angeblich günstigen Resultaten. Das Präparat wird per os, per 
rectum, subkutan und intravenös angewandt und soll auch von 
Patienten viel besser vertragen werden als das bisher übliche 
Digitalisinfüs. In der Veterinärmedizin berichtet bisher nur 
Dörn über günstige Erfolge bei Pferden und Rindern. Im Ge¬ 
gensatz zuDörn hat Hipp gefunden, daß verhältnismäßig hohe 
Gaben von Digalen (0,303 ccm pro kg Körpergewicht) sowohl bei 
gesunden als kranken Pferden die Qualität des Pulses nicht 
wesentlich zu beeinflussen vermögen, während schon geringe 
Dosen von 0,045 ccm pro kg Körpergewicht Durchfall und 
Appetitstörung veranlassen. 

Bei Hunden wirkt das Digalen in Mengen von 0,857 ccm 
pro kg Körpergewicht an Verlangsamung des Pulses und Steige¬ 
rung des Blutdruckes. Es hat sich auch bei chronischer Indo¬ 
karditis verbunden mit Ascites bewährt und kann nach Hipp 


wegen seiner sicheren Dosierung und der Möglichkeit der sub¬ 
kutanen Anwendung bei Verbrauch verhältnismäßig kleiner 
Mengen (5—10 ccm) zur Behandlung von Herzkrankheiten beim 
Hunde empfohlen werden. Lokale Reizerscheinungen, wie sie 
Dorn beim Digalen beobachtet hat, konnte Hipp sowohl bei 
subkutaner als intravenöser Applikation weder beim Pferd noch 
beim Hund feststellen. Schmidt-Tetzlaff. 

Uber die Wirkungen des Lnmbagin. 

Veröffentlicht a. d. Jahres-Veterinär-Berichten der beamteten Tier¬ 
ärzte Preußens für das Jahr 1905. II. Teil. Zusammengestellt von 
Veterinärrat Nevermann. Berlin 1908. 

Die zahlreichen Mitteilungen über die Wirkungen des Lum- 
bagin lauten vorwiegend ungünstig. Mehrere Kreistierärzte 
berichten, daß kurz nach der Einspritzung des Lumbagin 
heftige, zum Teil lang anhaltende Aufregung auftrat, wobei die 
Pferde schwitzten und zitterten. Thrombose der Jugularis war 
eine häufig zu beobachtende Erscheinung. In manchen Fällen 
wurden drei, selbst fünf Dosen Lumbagin ohne Erfolg injiziert. 
Einzelne Mitteilungen lauten hingegen zugunsten des Mittels. 
Einige Berichterstatter sahen bei leichten, zuweilen auch bei 
| schweren Lumbagofällen eine gute Wirkung. Rdr. 

Versuche mit Suptol (Burow) bei Schweineseuche. 

Von königl. ung. Veterinärinspektor Johan Tätray-Budapest. 

(Allatrowi hapok 1908. Nr. 5.) 

Im Aufträge des königl. ung. Ackerbauministeriums stellte 
Tdtray Versuche mit Suptol bei Schweineseptikämie an. Es 
wurden 42 kranke und in Verdacht der Infektion stehende 
Schweine geimpft (5 g Suptol subkutan), bei schwerkranken 
wurde die Impfung nach 24 Stunden und nach einer Woche 
wiederholt. In einem anderen Stand hat man älmlicherweise 
35 Schweine mit Suptol behandelt und nachdem man schon 
über günstige Resultate verfügte, haben andere noch an 17 ver¬ 
schiedenen Stellen, unter verschiedenen Verhältnissen weitere 
Versuche angestellt. Überall ließ man Kontrolltiere nngeimpft. 
Auch wurden an gesunden Tieren Schutzimpfungsversuche vor¬ 
genommen. Die Resultate der Suptolimpfungen ergaben, daß 
das Suptol auf gesunde Schweine keine krankmachende Wirkung 
ausübt. Bei Schweineseptikämie und bei Mischinfektionen von 
Schweineseptikämie und Schweinepest konnte man nach den 
Suptolimpfungen beobachten, daß von den geimpften Tieren 
mehrere genesen sind, als von den nichtgeimpften Kontroll- 
schweinen, aber bei Schweinepest und in den chronischen Fällen 
von Schweineseptikämie bekam man weniger günstige Resultate. 
Suptol versuche können aber hauptsächlich bei akuten Schweine- 
septikämiefällen mit Erfolg gemacht werden. Dr. Z. 

Über flüssigen Ranschbrandimpfstoff. 

Von Prof. Dr. J. Schnürer in Wien. 

Tierärztliches Zentralblatt 1908. Nr. 1& 

In einem im Aufträge des k. k. Ackerbauministeriums in 
Wien erstatteten Gutachten über die vom Jenner-Pasteur-Institut 
in Budapest hergestellten flüssigen Lyoner Rauschbrandvaccins 
kommt Prof. Schnürer zu folgender Zusammenfassung: 

1. Die vom Jenner-Pasteur-Institute in Budapest hergestellten 
flüssigen Lyoner Rauschbrandvaccins entsprechen bezüglich 
ihrer physikalischen Beschaffenheit den Angaben der 
Hersteller. 

2. Ebenso stimmt die Pathogenität des Stammvaccins mit 
den Angaben überein. 



r>48 

3. Die kunstgerecht vorgenommene Immunisierung hatte 
keinerlei schädliche «Folgen und verleiht aller Wahr¬ 
scheinlichkeit nach Schutz gegen natürliche Rauschbrand¬ 
infektion. Rdr. 

Untersuchungen des Fleisches an Backsteinhlattern 
erkrankter Schweine auf das Vorhandensein virulenter 
Rotlauf bazillen. 

Von August Schuh-Hildesheim. 

(Aus dem Patliolog. Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Hannover.) 

(Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1908, Nr. 16 u. 17.) 

In dieser Dissertation wird der Nachweis erbracht, daß bei 
allen frischen Fällen von Backsteinblattern spärlich Rotlauf¬ 
bazillen im Fleische und in den Organen vorhanden sind, 
während solche Schweine, bei denen die Backsteinblattem in 
der Abheilung begriffen sind, Bazillen im Fleisch und in den 
Organen nicht mehr enthalten. Da die Übertragung oder Ver¬ 
breitung des Rotlaufs durch das Fleisch an Backsteinblattern 
erkrankter Schweine nicht erwiesen ist, dürfte es sich auch 
nicht empfehlen, für den Verkehr mit Fleisch an Backstein¬ 
blattern erkrankter Schweine die gleichen Maßnahmen einzu¬ 
führen wie bei den rotlaufkranken Schweinen. Falls jedoch die 
Organe bei bakterioskopischer Untersuchung viel Rotlaufbazillen 
enthalten, müßte eine Sterilisierung des Fleisches vorgenommen 
werden. Damit müßte aber auch die Beurteilung des Fleisches 
an Backsteinblattern erkrankter Schweine der Kompetenz der 
nichttierärztlichen Fleischbeschauer entzogen werden. 

Rdr. 

Histologische Untersuchungen bei Entzündungen der 
Fleischkrone. 

Von Dozent Dr. A. Zimmermann-Budapest. 

(Allatorvosl Lapok 1908, Nr. 4.) 

Verfasser untersuchte vier Fälle von Entzündung der 
Fleischkrone im Anschluß an Kronentritt in vier verschiedenen 
Stadien, dann einen Fall, wo die Entzündung der Krone sich 
zur Hufrehe gesellte. In den vier erstgenannten Fällen stellte 
die mikroskopische Untersuchung der in Celloidin eingebetteten 
Schnitte (Fixation und Chromsäure) teils akute Veränderungen: 
Hyperämie, entzündliches Ödem, Blutungen nsw. fest, teils 
konnte man chronische Veränderungen, hauptsächlich Induration, 
Sklerose wahrnehmen. Infolge des Kronentrittes sind die Papillen 
in dem lädierten Felde verschiedenartig verlagert und behalten 
meist auch bei den vorgeschritteneren Fällen eine unregelmäßige 
Anordnung. Zur Infektion durch die Kontinuitätstrennung der 
Epidermis gesellt sich mehr-weniger ausgebreitete zellige In¬ 
filtration in den einzelnen Schichten der Cutis, hauptsächlich 
um die Gefäße herum. Die Bindegewebsfasern lösen sich in das 
eitrige Exsudat auf, Hornzellen lösen sich gleichfalls in den 
tieferen Schichten ab und man findet kleinere oder größere 
Eiterherde zwischen der Epidermis und Cutis, oder in denselben. 
An den der Kronenwunde am nächsten liegenden Stellen bemerkt 
man in dem vorgeschritteneren Stadium starke Zellproliferation; 
die Kronenpapillen erscheinen hier länger und breiter, während 
bei der im Verlauf von chronischer Rehe entstandenen Kronen¬ 
entzündung mehr die Sklerose der tieferen Schichten der Cutis 
in den Vordergrund tritt und die Papillen weniger breit zu sehen 
sind. Auffallend ist auch in den Schnitten bei dem Kronen¬ 
wundenrande die vielfach vermehrte Zahl der Blutgefäße. Die 


No. 31. 

Gestalt und Richtung der Papillen zeigt die größte Mannig¬ 
faltigkeit, man kann spitz endende, stumpfe, keulenartige, 
spindelförmige, sogar verästelnde oder im Gegenteil zusammen¬ 
gewachsene Papillen unterscheiden, einzelne krümmen sich, 
andere scheinen wie abgeknickt usw. Dementsprechend ist auch 
in der Epidermisschicht die unregelmäßige Gestalt und Ver¬ 
änderungen im Verlauf der Hornsäulen wahrnehmbar. Stellen¬ 
weise erscheint die Interpapillarschicht verbreitert und bis an die 
äußerste Schicht enthält sie Zellen mit gut färbbarem Kern. 
An manchen Stellen ist in der Epidermis Blutpigment vorhanden 
(Imbibition). Dr. Z. 

Aus dem Pathologischen Institut der Kgl. Tierärztl. Hochschule zu 
Dresden (Direktor: Med.-Rat Prof. Dr. Joest). 

Untersuchungen über die hämatogene Nephritis 
des Schweines. 

Von Tierarzt Kurt Degen aus Kahla. 

Inaugural-Dissertation Gießen 1907. 

Bei geschlachteten Schweinen zeigen die Nieren bisweilen 
sehr charakteristische multiple, zirkumskripte Entzündungsherde 
die in der Regel ein helles, gelbliches Zentrum aufweisen und 
von einem roten Hof umgeben sind. Trotzdem diese Erkrankung 
verhältnismäßig häufig ist, enthält die tierärztliche Literatur 
nur wenig Angaben über dieselbe. 

Degen hat nun eingehende Untersuchungen angestellt, aus 
deren Ergebnissen die hauptsächlichen Punkte hier wiedergegeben 
seien. Aus den Studien über die pathologische Anatomie des 
Leidens ist zu entnehmen, daß es sich um eine herdförmige 
Erkrankung der Nieren handelt, bei der sich drei Stadien 
unterscheiden lassen. Das erste Stadium ist gekennzeichnet 
durch intensive Hyperämie, das zweite durch die Differenzierung 
der Herde in eine zentral gelegene Partie mit überwiegender 
eitriger Infiltration und in eine periphere, hyperämische Zone, 
während das dritte Stadium durch Substitution des eitrig in¬ 
filtrierten Gewebes durch Fibroblasten und Umwandlung des sich 
bildenden jungen Granulationsgewebes in fertiges Bindegewebe, 
also Heilung durch Narbengewebe, den Prozeß beendet. 

Die ätiologischen Untersuchungen haben ergeben, daß eine 
ganze Anzahl von Bakterien als Erreger in Frage kommen. 
Jeder Fall wies in der Regel eine Spezies von Bakterien 
auf; es wurden nacbgewiesen: Bac. coli immobil» 8 mal, Bac. 
coli communis 7 mal, Bac. lactis aerogenes 2 mal, Bazillen der 
Enteritisgruppe 2 mal, Bac. polymorphus suis 10 mal, außerdem 
waren in je einem Falle gleichzeitig noch Strepto- und Staphylo- 
coccen vorhanden. Es handelt sich also nicht um eine spezi¬ 
fische, stets durch einen und denselben Mikroorganis bedingte 
Erkrankung, sondern um eine polybakterielle Infektion. 

Das Atrium der Infektion konnte trotz genauer Prüfungen 
der Befunde, wie aus den ausführlichen Protokollen zu ersehen 
ist, nicht mit Sicherheit aufgedeckt worden. Die hämatogene 
eitrige Nephritis des Schweines muß somit vorläufig als krypto¬ 
genetische Infektion angesprochen werden. 

Das Leiden stellt in der Regel eine durchaus gutartige 
Erkrankung dar, deren Häufigkeit Degen — unter Mit¬ 
berücksichtigung der abgeheilten Fälle — auf etwa 0,5 Proz. 
aller in Dresden geschlachteten Schweine berechnen zu können 
glaubt. Richter. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



30. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


549 


Tagesgeschichte. 

Zur Einführung der Pauschvergfitung in Preußen. 

Gegen den Artikel von Preuße (B. T. W. Nr. 29, S. 520) 
veröffentlicht Prof. Malkmus in Nr. 30, S. 439 der Deutschen 
Tierärztlichen Wochenschrift eine heftige Abwehr. Ich muß es 
Herrn Preuße, der sich auf einer Reise befindet, tiberlassen, 
darauf; wie er es für geboten halten wird, zu antworten. Den 
letzten Teil des Abwehr-Artikels muß ich jedoch selbst einer 
Besprechung unterziehen, schon weil Herr Malkmus die Ver¬ 
öffentlichung einer „Berichtigung“ in der B. T. W. verlangt 
hat. Der Schluß seines Artikels, der sich sachlich mit jener 
Berichtigung deckt, hat folgenden Wortlaut: 

„Die Redaktion der B. T. W. bleibt weiterhin wieder 
einmal nicht bei der Wahrheit“. 

„Ich habe in meinem Artikel wirklich geschrieben:“ 

„Ohne weiteres muß man sagen, daß ein Jahr nicht den 
richtigen Durchschnitt an Reisekosten ergibt; wenn nun gar das 
Jahr 1900 allgemein geringe Reisekostenbeträge aufweist, wie 
mir dies von einzelnen Stellen berichtet wird, so würde sich 
das Pauschale noch ungünstiger für die Kreistierärzte gestalten.“ 
„Das gibt dem Herrn Veterinärrat Preuße Anlaß zu 
folgender Äußerung:“ 

„Der qu. Artikel sagt nun zwar mit Recht, daß ein Jahr 
nicht den richtigen Durchschnitt von Reisekosten ergeben kann; 
er behauptet aber dann, daß das Jahr 1906 allgemein geringe 
Reisekostenbeträge aufweist. Letzteres ist nur eine willkür¬ 
liche haltlose Annahme.“ 

„Es liegt hier eine offenkundige Entstellung meiner Worte 
vor; ob der Herr Veterinärrat Preuße diese absichtlich vor¬ 
genommen oder ob sie ihm aus mangelhaftem Verständnis 
unbewußt passierte, lasse ich dahingestellt, jedenfalls kann man 
mit einem solchen Manne nicht rechten“. — — 

Herr Malkmus behauptet danach, daß Herr Preuße dem 
in Rede stehenden Artikel der Deutschen Tierärztlichen Wochen¬ 
schrift etwas anderes unterlege, als darin stehe. Wer aber, von 
der Sicherheit dieser Behauptung unbeirrt, die beiden zitierten 
Sätze Wort für Wort vergleicht, der wird zu der erstaunten 
Frage kommen, worin denn eigentlich der sachliche Unterschied 
liegen soH. Preuße hat in dem Artikel die Behauptung gefunden, 
daß das Jahr 1906 allgemein ungünstig sei, und greift diese 
Behauptung an. Diese Behauptung steht auch in dem Artikel. 
Ob sie der Verfasser des Artikels selbst ausspricht (was 
Preuße nicht etwa sagt) oder einigen Berichterstattern das 
Wort gibt, ändert an dieser Behauptung so wenig, wie die 
halb hypothetische Form. Nach der logischen, der juristischen 
und der rein sprachlichen Beurteilung des betreffenden Artikels 
erscheint die von Preuße an den Tag gelegte Auffassung, der 
Artikel solle die Annahme vertreten, das Jahr 1906 sei allgemein 
ungünstig, durchaus gerechtfertigt; es kann daher von einer 
„EntsteUung“ gar keine Rede sein. 

Für den jetzigen Widerspruch des Herrn Malkmus bleibt 
daher schlechterdings nur die Erklärung übrig, daß er etwas 
anderes hat sagen wollen, als er tatsächlich sprachlich aus¬ 
gedrückt hat, daß er vielleicht gemeint hat: für einzelne Stellen ist 
das Jahr ungünstig; wenn das allgemein so sein sollte, dann usw. 
Dann hätte Herr Malkmus aber schreiben müssen: „Wenn das 
Jahr 1906 allgemein so ungünstig ist, wie dies von einzelnen 
KreistierarztsteUen berichtet wird, usw.“ So hat er aber nicht 


geschrieben. Sein Satz kann sprachlich nicht anders aufgefaßt 
werden, als daß ihm einige Stellen berichtet haben, das Jahr 1906 
sei allgemein ungünstig, und daß diese Behauptung wieder¬ 
gegeben wird. Wenn daher hier wirklich ein Mißverständnis 
vorliegen sollte, so liegt die Schuld nicht an Herrn Preuße, 
sondern lediglich an der unrichtigen Satzkonstruktion des Artikels. 

Auf den ersten oben zitierten Satz, durch welchen Herr 
Malkmus grundlos die Redaktion der B. T. W. angreift, versage 
ich mir, an dieser Stelle einzugehen. Schmältz. 

Die Gehaltsbezüge der tierärztlichen Staatsbeamten 
in Bayern. 

In der Gehaltsordnung für die bayerischen Staatsbeamten, 
die am 1. Januar 1908 in Kraft treten soll und von der Kammer 
der Abgeordneten (2. Kammer) einstimmig genehmigt wurde, 
sind die im Staatsdienste stehenden Tierärzte eingereiht wie folgt: 

Der Landestierarzt im Kgl. Staatsministerium des 
Innern in Klasse 5 (Ministerialräte usw.) — Anfangsgehalt 
8400 M., Höchstgehalt 11400 M.; 

der Landesinspektor für Tierzucht in Klasse 6 
(Oberregierungsräte usw.) — Anfangsgehalt 7200 M., Höchst¬ 
gehalt 9600 M.; 

die Kreistierärzte, der Landgestütstierarzt, die 
Landstallmeister (unter diesen 1 Tierarzt), die Gestüts¬ 
direktoren und die ordentlichen Professoren der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Klasse 7 (Regierungsräte usw.) — 
Anfangsgehalt 6000 M., Höchstgehalt 8400 M.; 

die Professoren der Akademie für Landwirtschaft 
und Brauerei (unter diesen 1 Tierarzt) in Klasse 8 (Bezirks¬ 
amtmänner) — Anfangsgehalt 5400 M., Höchstgehalt 7800 M.; 

die außerordentlichen Professoren der Tierärzt¬ 
lichen Hochschule in Klasse 11 — Anfangsgehalt 3600 M., 
Höchstgehalt 6000 M.; 

die Bezirkstierärzte, die Gestütstierärzte, die mit 
Beamteneigenschaft ausgestatteten Assistenten und 
Lektoren der Hochschulen und die Lehrer der Akademie 
für Landwirtschaft und Brauerei (unter diesen 1 Tier¬ 
arzt) in Klasse 12 — Anfangsgehalt 3000 M., Höchstgehalt 
6000 M. (das Gehalt der Klasse 12 beziehen auch die Bezirks¬ 
ärzte). 

•In den genannten Klassen finden von 3 zu 3 Jahren bis 
zur Erreichung des Höchstgehaltes Gehalts Vorrückungen statt, 
sie betragen für die fünfte Klasse 600 M., für die übrigen 
Klassen 500 M. 

Die Beschlußfassung der Kammer der Reichsräte (1. Kammer) 
über die Gehaltsordnung steht noch aus, wird bei den für die 
Tierärzte in Betracht kommenden Gehaltsklassen aber kaum 
eine Änderung ergeben. 

(Die tierärztliche Gehaltsskala macht einen recht guten 
Eindruck; hoffentlich wird sich die Regelung der Tagegelder usw. 
dementsprechend gestalten.) 

Nochmals der Dr. med. vet., ein Wort zur Beruhigung. 

Beim Studium der Anti-Jonasschen Artikel kann man sich 
der Wahrnehmung nicht verschließen, daß unter den Kollegen 
nachgerade eine große Nervosität und Bitterkeit Platz greift, 
die im Interesse der uns Tierärzten so nottuenden Solidarität 
nicht genug bedauert werden kann. Ich habe nicht die Absicht, 
den Herren Ärtiklern in ihren einzelnen, bisweilen sehr extremen 




No. 31. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


550 

Äußerungen zu folgen, sondern es scheint mir an der Zeit zu 
sein, einen versöhnlichen Ton anzuscblagen. Zunächst verfallen 
die Herren Kollegen in den Fehler zu generalisieren, ihre 
Apostrophierung der „Mature“ zittert vor verhaltener Bitterkeit, 
ich glaube aber nicht, daß die Mehrzahl der maturen Tierärzte 
und Doctoren sich mit den Anschauungen des Herrn Kollegen 
Jonas identifizieren. Ich stehe nicht an zu erklären, der 
Jonassche Artikel wäre besser unterblieben. Für jeden vor¬ 
urteilsfreien Kollegen wird prinzipieller Unterschied hinsichtlich 
der wissenschaftlichen Bewertung des, sagen wir, externen und 
internen Dr. med. vet. kaum bestehen. Der Schwerpunkt des so 
heiß entbrannten Streites gipfelt in der Frage: Hat der Dr. 
med. vet. cum maturitate in den Augen der gebildeten Welt etwas 
voraus vor dem ohne Maturität erworbenen,—fachwissenschaftlich 
besteht ja, wie eben hervorgehoben, Parität — oder mit anderen 
Worten: liegt in dem Besitze der Universitätsreife eine Garantie 
für ein bestimmtes Maß allgemeiner oder universeUer Bildung? — 
Ich stehe durchaus nicht auf dem naiven Standpunkte, daß in 
dem Besitze des Maturitätszeugnisses eine stillschweigende 
Garantie für intellektuelle Präponderanz liege, das Abgangs¬ 
zeugnis ist quasi ein Freibrief, der die Aussicht und die Berechti¬ 
gung zum Eintritt in alle akademische Berufe erschließt, neben¬ 
bei auch ein wirksamer Damm, Wohlbefähigte, aber nach ihrem 
äußeren Bildungsgang nicht ganz Gleichwertige zwecks unnötiger 
Überfällung zurückzuhalten. Man wird mir zustimmen müssen, 
daß der Unterricht in den höheren Klassen das Schablonenhafte 
mehr abstreift und großzügiger angelegt ist; es unterliegt auch 
keinem Zweifel, daß hier mehr Gelegenheit und Anregung zu 
freier wissenschaftlicher Betätigung und vielseitiger Gedanken¬ 
arbeit gegeben und dadurch eine, wenn auch noch bescheidene 
Grundlage zu einer Allgemeinbildung gelegt wird, die auch der 
Abiturient, da sie ja noch lange nicht abgeschlossen ist, auto¬ 
didaktisch vervollkommnen muß. Diesen Vorsprung kann aber 
ein jeder Immaturus nachholen. Die Bedeutung der 2jährigen 
Primanerzeit schlankweg mit einem Atemzuge zu desavouieren, 
wie es Herr Kollege Seber tut, geht aber doch nicht an und hieße 
das Kind mit dem Bade ausschütten; ein gewisses Maß all¬ 
gemeiner Bildung ist doch in der Regel durch die Erwerbung 
der Maturität gewährleistet. Ob man aber recht daran tut, sich 
darauf etwas Besonderes einzubilden und seinen immaturen 
Kollegen „de haut en bas“ zu behandeln, ist eine andere Frage. 
Beide, Maturi und Immaturi, müssen sich schon etwas entgegen- 
kommen, dann kann das Kriegsbeil begraben werden, und das 
drohende Gespenst der Dr. I und II. Klasse oder wie sonst die 
komparative Bezeichnung lauten soUte, wird verschwinden. Freuen 
wir uns lieber gemeinsam über das wachsende Ansehen unseres 
Standes, das Hand in Hand geht mit dem unermüdlich von allen 
Seiten betätigten und achtunggebietenden wissenschaftlichen 
Ausbau der modernen Tierheilkunde gegenüber dem primitiven 
fast rein empirischen Charakter zu Olims Zeiten und wenden 
wir uns geschlossen, ob mit ob ohne Maturität, gegen die Vor¬ 
urteile und das Odium, das uns noch manche akademische Berufs¬ 
und Gesellschaftskreise unbegründeterweise entgegenbringen. 

Zum Beweise, daß es gebildete Leute gibt, die den obersten 
Stufen der Gymnasiallaufbahn eine geradezu unerklärliche und 
übertriebene Bedeutung imputieren, will ich noch die Auslassungen 
eines bekannten Nervenarztes der Vergessenheit entreißen: 
Die keineswegs von zarter Rücksicht diktierten Auslassungen 
erschienen in der Zukunft aus der Feder eines Karlsrüher Nerven*» 


arztes Dr. He 11pach und richteten sich in der Hauptsache 
gegen die Pharmazeuten; dort einen Sturm der Entrüstung und 
scharfe Repliken hervorrufend. Unter der Überschrift „Berufs¬ 
psychosen“ veröffentlicht Dr. Hellpach einen Artikel über den 
Einfluß des Berufes auf abnorme Gestaltung der Psyche. 

Er sagt: „Wahrscheinlich ist, daß eine recht erhebliche 
Anzahl von Psychopathen in den Apothekerberuf gelangt.. Phar¬ 
mazie, Zahnheilkunde, Tierheilkunde bezeichnen so zu sagen die 
subalternen Möglichkeiten akademisch gefärbter Berufe und 
waren bisher in gleicher Weise durch die Immaturität ihrer 
meisten Jünger auch äußerlich so gekennzeichnet. Am meisten 
die Pharmazie, für die der bescheidenste Vorbildungsan¬ 
spruch erhoben ward, und die jetzt überhaupt als einsame 
Immatura Zurückbleiben wird. Diese Sachlage treibt aber manche 
eigentümliche Begabung in eine solche Laufbahn: Junge Menschen 
von guter oft mehr als durchschnittlicher Intelligenz, denen doch 
etwas für die Absolvierung der Oberstufe ihrer Schule Unerlä߬ 
liches fehlt: Mut, Spannkraft, Eifer oder ähnliche Züge. Kein 
Zweifel, daß dieses Mißverhältnis zwischen Intellekt und intel¬ 
lektuellem Willen das Stigma vieler degenerativen Naturen ist. 
Jedenfalls begleitet die Halbheit, mag sie selbst nicht in seiner 
ursprünglichen Art liegen, den Apotheker jünger auf Schritt und 
Tritt: die Halbheit der Schulbildung, des Studiums und des 
Berufes. Seine Wissenschaft ist spezialistisch aber eng. Er ist 
Krämer als Lehrling, dann Student, stud. pharm., und schließlich 
Krämer und Doktor zugleich: ein Amphibium, das in 2 Atmo¬ 
sphären lebt. Unter Buchhändlern, Ingenieuren, Zahnärzten usw. 
findet man ähnliche Pflänzlein; was sie aber alle vom Apotheker 
trennt, ist ein Rest an schöpferischer Tätigkeit, dessen völliges 
j Fehlen den Apotheker vielleicht am schwersten drückt. Nun 
denke man sich in dieses Dorado der Halbheit die ab origine 
Halben versetzt und man wird ahnen, w r ie die Natur in solcher 
sozialen Konstellation den Weg nimmt, an dessen Ziel die Vulgär¬ 
terminologie den „Apothekerklaps“ setzt.“ 

Man könnte nun sagen, für uns Tierärzte kommt diese 
Expektoration (so weit sie die Halbheit ab origine nach 
Hellpach betrifft), post festum und wir dürften froh sein, der 
Gefahr einer ähnlichen Qualifizierung durch die Einführung der 
Maturität glücklich entronnen zu sein; gleichwohl werden sich 
unsere immaturen Kollegen für eine ähnliche Bewertung bedanken, 
sie werden aber beruhigt sein können, da eine solche Auffassung 
sicherlich nur sporadisch vorherrschen wird; solche sanguinische 
Hoffnungen auf die beiden Primanerjahre setzen, hieße ja gerade¬ 
zu alles Heil in der Maturitas suchen. 

Dr. med. vet. Adelmann-Oppenau (Baden). 

Zur Lage der Unterveterinäre, 

In der Armee befinden sich zurzeit (Ende Dezember 11 >07) 
123 Unterveterinäre. Vor diesen stehen noch 9 überetats¬ 
mäßige Oberveterinäre (aus S.-W.-A.), so daß der älteste Unter¬ 
veterinär (vom 14. Februar 1903) bis zur Befö'rderuug zum 
Oberveterinär noch neun Vorderleute hat. Aus dem Jahre 1903 
sind 21 Unterveterinäre vorhanden, die also zurzeit 4 Jahre 
und 10, 6, 5 und 3 Monate in ihrer Stellung stehen. Der älteste 
ist 1874 geboren, steht also im 33. Lebensjahre, der jüngste 
1878. Wenn man nun die Beförderungsziffer der letzten Jahre 
ansieht, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der letzte der 
Unterveterinäre von 1903 noch mindestens zwei Jahre warten 



30. Juli 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


551 


muß, ehe er zum Oberveterinär befördert wird. Dann hat er 
sechs Jahre als Unterveterinär in der Stellung als Portepee- 
nnteroffizier zugebracht. (In Sachsen ist es noch schlimmer!) 
Wenn die Beförderungen augenblicklich so sehr stocken, so ist 
das wohl darauf zurtickzuführen, daß viele ältere Veterinäre der 
zu erwartenden höheren Pension wegen noch bis zur Einführung 
des Veterinäroffizierkorps im Dienst bleiben. 

Aber dann später? Ob wohl die Beförderungen zum 
Veterinär und Oberveterinär dann schneller vonstatten gehen? 
Das darf wohl sehr bezweifelt werden. Für die jüngeren 
Herren sind die Aussichten mit dem Veterinäroffizierkorps 
durchaus nicht rosig. Oder es müßte eine etwas gewaltsame 
Verjüngung vorgenommen werden! 

In welchem Lebensalter wird der Veterinär späterhin die 
Stellung eines Stabsveterinärs erklimmen! Vor dem 45. Jahr 
wohl kaum! Früher wurde man mit 35, ja sogar mit 
32 Lebensjahren Oberroßarzt. 

Mit 32 Jahren ist man aber jetzt noch Unterveterinär!! 

Die späteren Veterinäroffiziere im Range eines Leutnants 
und Oberleutnants werden lange warten müssen, bis sie das 
Ziel erreichen — und mit welchem Gehalt!! 

Was haben die Unterveterinäre seither erhalten? 1903 den 
Titel und 1905 die karmoisinroten Achselklappen mit 
dem silbernen Tressenbesatz. Fürwahr keine große Er¬ 
rungenschaft! Und die Veterinärbeamten! 1903 den neuen 
Titel und 1905 die silbernen Offiziersachselstücke und den 
persönlichen Rang der Räte V. Klasse, der aber durch nichts 
sichtbar gemacht ist. Subaltern sind sie gewesen, subaltern sind 
sie geblieben. 

Weshalb die jungen Kollegen nicht in hellen Haufen ab¬ 
gehen? Alle hält die Hoffnung, daß es einmal besser werden 
wird. Ob es aber besser werden wird!? Das ist stark zu be¬ 
zweifeln. Man kann ja keinem jungen Mann mit gutem Ge¬ 
wissen zu der Veterinärlaufbahn raten! Und nach alledem, 
was über das Veterinäroffizierkorps bekannt geworden ist (mögen 
es nur Vermutungen sein oder Tatsachen), kommt das V. 0. K. 
nicht über den Rahmen des Feuerwerksoffizierkorps heraus. 
Die Schaffung von höheren Stellen, z. B. bei der Division, ist 
wohl nicht beabsichtigt, würde auch keinen Zweck haben. Die 
Divisionsarzt stellen sind auch nur geschaffen, um den Korps¬ 
generalarzt von den InvalidiBierungspatienten, die im Dienst der 
Sanitätsoffiziere den breitesten Raum einnehmen, zu entlasten. 
Invalidisierungen von Pferden werden jedoch durch die Chargen¬ 
pferdekommission der Brigade kurzer Hand erledigt. 

Was sollte also ein Divisionsveterinär zu tun haben! So 
gut wie gar nichts. 

Die Gesamtzahl der Veterinäre ist eben eine zu geringe, 
als daß die Beförderungen einigermaßen schnell vonstatten 
gehen können: — 18 Korpsstabs-, 158 Oberstabs- und Stabs¬ 
veterinäre, 206 (-f- 9) Ober- und 123 Unterveterinäre, zu¬ 
sammen 514 Köpfe. — Diese Zahl ist einem Durchschnittsdienst¬ 
alter von 30 Jahren für den einzelnen Veterinär entgegenzu- 
steUen. Um dem sehr tief gesunkenen Stand des 
Hoffnungsbarometers der Veterinäre etwas zu heben, 
wäre es dringend zu wünschen, daß die Militärver¬ 
waltung ihre Absichten möglichst bald und möglichst 
bestimmt äußern möchte.*) 

*) Daß die Reorganisation zum 1. April 1909 durchgeführt wird, 
ist vollkommen gewiß. S. 


Wenn jeder Veterinär weiß, wann die Umgestaltung in 
ein Veterinäroffizierkorps erfolgt, und wie es erfolgt, dann wird 
auch die quälende Ungewißheit, die zur Nervosität führt, 
aufhören. Dann werden auch die bedauernswerten Unterveterinäre 
von 1903 wieder Mut fassen. 

Württemberg. 

Dem Landestierarzt, Wirklichen Oberregierungsrat Beiß- 
waenger ist das Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen 
Krone mit dem persönlichen Adel verliehen worden. 

Professor Dr. E. Marchi f. 

Soeben erhalte ich durch ein Telegramm von Herrn Santini, 
dem Vorsitzenden der Abteilung Florenz der Unione veterinaria, 
die schmerzliche Nachricht, daß Ezio Marchi verschieden ist. 
Wir beklagen in dem Heimgegangenen einen hervorragenden 
Fachmann und liebenswürdigen Menschen, der für unsere deutschen 
Verhältnisse stets Anerkennung und Interesse gezeigt und auch 
die deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde durch die Über¬ 
nahme von Arbeiten in Italien zu fördern gesucht hat. In 
seiner Heimat fand der rastlos fleißige Mann die vollste An¬ 
erkennung, die ihm auch die deutschen Fachmänner zollen 
werden, die seine Leistungen kennen. H. Kraemer. 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Welche Anfgaben stellt die moderne Forschung in der 
Tierzucht an die praktischen Tierärzte? 

Von Prof. Dr. Robert Müller. 

Vortrag gehalten in der Versammlung des Vereins österreichischer 
Tierärzte (L an desgruppe Böhmen) zu Leitmeritz am 3. März 1907. 

(Tier&rztltcbei Zentralblatt 1907, Nr. 26.) 

Wenn die praktische Tierzucht zuverlässigere Grundlagen 
für gewinnbringende Arbeit erhalten soll, muß die wissenschaft¬ 
liche Tierzucht die ihr gebührende Förderung erfahren. Dazu 
können die praktischen Tierärzte beitragen einmal durch An¬ 
stellung von Beobachtungen, sowie durch Sammlung von Er¬ 
fahrungen und dann durch Versuchsanstellung. 

Die Versuchsanstellung gehört in die Hochschulstätten, 
dürfte also nur für wenige Praktiker in Frage kommen. Zwei 
der bedeutsamsten Probleme, welche die Züchtigungskunde auf¬ 
weist, sind die Zeugung und die Vererbung. Beide Probleme 
lassen eine mikroskopische und eine makroskopische Unter¬ 
suchung zu. Für den praktischen Tierarzt kommt die letztere 
in Betracht. Es werden zunächst Erhebungen nötig sein über 
die Geschlechtsreife, insbesondere über den Eintritt derselben 
bei unseren Haustieren, ebenso Beobachtungen über die 
Äußerungen des Geschlechtstriebes, namentlich des abnormen. 
Von höchster Wichtigkeit sind auch Beobachtungen über die 
Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale (hinsichtlich 
der Bemuskelung, der Hautbeschaffenheit, der Knochen, der 
Haarfarbe, der Stimme usw., nicht zumindest aber auch hin¬ 
sichtlich der psychischen Eigenschaften). 

Es bestehen zwischen den sekundären Geschlechtscharakteren 
der Zuchttiere und der Ausbildung ihrer Geschlechtsdrüsen 
gewisse Wechselwirkungen. Sind die Geschlechtscharaktere gut 
ausgebildet, so darf man folgern, daß auch die Geschlechts¬ 
drüsen zu reger Tätigkeit veranlagt sind. Diese gegenseitigen 
Beziehungen sind aber noch nicht vollkommen klargestellt, ob¬ 
wohl sie für die Beurteilung der Zuchttiere von höchster prak¬ 
tischer Bedeutung sind. Auch sind Erhebungen über die Ver- 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


552 


einigung männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere in 
einem Tiere anzustellen. Wenn über diese Punkte mehr 
Klarheit gebracht worden ist, lassen sich auch fiir die Zucht¬ 
wahl wichtige Anhaltspunkte gewinnen. 

Eine zweite Hauptfrage, die das Interesse des Tierarztes 
verdient, sind die Erscheinungen der Brunst. In dieser Hinsicht 
lassen sich wichtige Beobachtungen anstellen über das Ver¬ 
halten der Tiere während der Brunst, über die Periodizität 
ihres Auftretens, die Dauer derselben, ihre Beziehungen zum 
Optimum der Befruchtung und über die Superfökundation oder 
Überschwängerung. Unter Superfökundation verstellt man die 
Befruchtung nach eingetretener Empfängnis innerhalb derselben 
Brunst- oder Menstruationsperiode. Daß sie bei mehrgebärenden 
Tieren vorkommt, wird vielfach behauptet, obgleich wissen¬ 
schaftlich exakte Beweise dafür noch nicht vorliegen. 

Ein weiteres Beobachtungsgebiet für den Praktiker ist das 
Verhalten der Tiere während der Trächtigkeit. Namentlich sind 
lange Zeit hindurch fortgesetzte Beobachtungen über die Dauer 
der Trächtigkeit erwünscht. Dann käme der Geburtsvorgang 
in Betracht und es wären in dieser Beziehung Beobachtungen 
zu sammeln über leichte und schwere Geburten, über fehlerhafte 
Lagen, besonders aber über die Fruchtbarkeit und die mehrfache 
Trächtigkeit. Die Beobachtungen hätten davon auszugehen, daß 
man bei ihnen mit dem Erblichkeitsfaktor zu rechnen hat. 
Weiter ist die Beobachtung der Entwicklung der Nachkommen¬ 
schaft zu erwähnen. Sie müßte sich erstrecken auf die Lebens¬ 
kraft, das Wachstum, die Neigung zu Erkrankungen, die Ent¬ 
wicklung der Frühgeburten, die Sterblichkeit in den ersten 
Lebensjahren, endlich auch auf Frühreife und Spätreife. 

Überdies sind für die Biologie auch Beobachtungen über die 
Anordnung und Beschaffenheit der Geschlechtsorgane sehr er¬ 
wünscht. Hierauf könnte bei der Vornahme von Sektionen 
geachtet werden. 

Von besonderer Wichtigkeit sind jedoch Beobachtungen über 
die Vererbungskraft und über die Vererbung erworbener Eigen¬ 
schaften. Die Vererbungskraft hängt ab von dem Alter, der 
Geschlechtsreife, dem Entwicklungszustande, der Gesundheit, mit 
einem Worte von der individuellen Kraft des Tieres. So 
büßte z. B. eine Araberstute, welche im Bereiche der Geschlechts¬ 
organe erkrankt war, ihre Vererbungskraft ein, bis sie wieder 
genesen war. Solche Beobachtungen, die nur ganz spärlich in 
der Literatur vorliegen, sind im Interesse der Biologie zu ver¬ 
mehren. Es muß auch noch festgestellt werden, ob Tiere mit 
stärker ausgeprägten Geschlechtscharakteren eine stärkere Ver¬ 
erbungskraft besitzen und welche Beziehungen zwischen der 
Aufzucht und der Vererbungskraft bestehen. 

Die Vererbung erworbener Eigenschaften, oder besser gesagt 
erworbener Veränderungen kann man von zwei Gesichtspunkten 
aus betrachten, einmal von dem Gesichtspunkte, daß eine Ver. 
erbung oder eine Übertragung durch das Blut und durch die 
Nerven auf das Keimplasma möglich ist. Das ist sogar höchst¬ 
wahrscheinlich. Es fragt sich nun, ob es nicht auch eine andere 
organische Reizleitung gibt. Die ganze Lichttherapie spricht 
dafür, daß Reize von dem Körper aufgenommen und in demselben 
auf anderen Wegen fortgeleitet werden, als auf Nerven- und 
Blutbahnen. 

Ferner müssen noch die Beziehungen aufgeklärt werden, 
die zwischen Krankheit und Geschlecht bestehen. Beim Menschen 


sind diesbezügliche Beobachtungen angestellt worden, bei den 
Tieren aber noch nicht. Es müßte festgesteUt werden, welche 
Tierkrankheiten vorwiegend dem männlichen Geschlecht, und 
welche vorwiegend dem weiblichen Geschlecht eigentümlich sind. 
Das weibliche Tier ist -infolge der Anordnung seiner Geschlechts¬ 
organe und der dadurch bedingten Leichtigkeit des Eindringens 
von schädlichen Keimen bis in die Bauchhöhle gewiß mehr Er¬ 
krankungen ausgesetzt. Dies gilt aber nur für Geschlechts¬ 
krankheiten. Dies gilt aber nicht, wie der Engländer Campbell 
festgestellt hat, für die allgemeinen Erkrankungen. Zn diesen 
Erkrankungen neigt nach Campbell das männliche Tier mehr 
als das weibliche. Auch darüber müssen Beobachtungen bei 
den Haustieren angestellt werden. 

Prof. Müller ist der Meinung, daß die biologische Sammel¬ 
tätigkeit in den Kreisen der praktischen Tierärzte durch eine 
Anleitung zu biologischen Beobachtungen angeregt werden kann. 
Es wird eine der nächsten Aufgaben der Deutschen Gesellschaft 
für Züchtungskunde sein müssen, eine derartige Anleitung zu 
verfassen. Rdr. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem kgl. württembergischen 
Landestierarzt, Wirklichen Ober - Regierungsrat Beißwänger das 
Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone mit dem 
persönlichen Adel, dem Stabsveterinär Jos. Krill, Vorstand der 
Militär - Lehrschmiede in Königsberg (Ostpr.), das Ritterkreuz 
II. Klasse des Badischen Ordens vom Zähringer Löwen. 

Ernennungen: Dr. Paul Kißling aus Straßburg zum Repetitor 
am Hygien. Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin, Tierarzt 
Ganxenmüller -Frankfurt a. M. zum Schlachthofdirektor in Frankfurt 
a. M. — Versetzt: Kreistierarzt Dr. Rrärfe/-Stuhm in gleicher 
Eigenschaft nach Belgard in Pommern, Kgl. Bezirkstierarzt Dr. Bans 
Schmitt- Berneck nach Wolfratshausen. 

Verzogen: Tierarzt Heinrich Bomhard von Bechhofen nach 
Ansbach (Mittelfr.). 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Ewald Kühne, z. Z. am 
Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg, zum Dr. med. vet. in Gießen; 
TF. Frant-Oetzsch, Heinrich Mahlstedt am bakter. Inst. d. Ostpreuß.- 
Holl. Hcrdbuchgesellschaft in Königsberg (Ostpr.), A. Rosendahl aus 
Gütersloh, Alfred Steinbci'g in Dortmund zum Dr. med. vet. in Bern. 

Die Prüfung als beamteter Tierarzt haben in Preußen 
bestanden die Tierärzte: Emil Baumyarien aus Löcknitz, Paul 
Hasencamp aus Hannover, Paul Heyden aus Hermülheim, Hans 
Jacohsen aus Homberg, Dr. Tillmann Krautstrunk aus Berlin, Walter 
Lorscheid aus Hannover, Dr. Theodor T^oweg aus Ahlen i. Westf., 
Walter Pfaar aus Berlin, Hermann Rieken aus Linden, Dr. Paul 
Rißling aus Berlin, Dr. Paul Thoms aus Danzig. 

Approbiert: Die Herren Max Bub aus Ulm, Paul Oeibel aus 
Maxsein, Rohrt Kcher aus Weingarten, Paul Piek aus Sagard, 
Eduard Richters aus Kehdingbruch, Robert Scheel aus Michaelsdorf, 
Heinrich Teipel aus Arnsberg i. W., Kurt Fröhlich aus Kurschen, 
Theodor Hoenccke aus Paderborn, Friedrich Scheele aus Pr.-Stargard, 
Adolf Walther aus Mainz in Berlin; Gabriel Bayer aus München, 
Karl Burgkart aus Holzen, Hans Talk aus Issing, von Neger aus 
Diessen in München. 

Todesfall: Oberamtstierarzt a. D. Christian Dieterich in Heilbronn. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 27.) 

Tierärztliche Hochsohule Stuttgart: II. Assistent a. d. chirurg. 
Pferdeklinik zum 1. Oktober 1908. Gehalt 1270 M., freies Zimmer 
usw. Bewerb, bis 8. August an die Direktion der Hochschule. 

Tierseucher.institut der Landwirtschaftskammer fiir die Provinz 
Schleswig-Holstein : Bakteriolog. Assistent zum 1. Sept. oder 1. Okt. er. 
Gehalt 2400 M. Bewerbungen an das Institut in Kiel, Krons¬ 
hagenerweg 7. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoeta in Berlin. — 

Druck ron W. BOxenstein, Berlin. 




Dl« „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint OriglnalbeltrSge werden mit 60 Mit., fn Petltsatz mit 

wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in _ _ 60 Slk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 

Berlin SW. 48. Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche ■ B "I # Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 

Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,—Vierteljahr- LF A'M I "■ 'W'k * u »enden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) I Bi-* I III I ft-* I liehe Hochschule. NW., Luisenstraße 56. Korrekturea, 

frei ins Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- V/JL Bill ^ / B Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 

Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 85.) Verlagsbuchhandlung. 

Tierärztliche Wochenschrift 

Redaktion: 

Professor I)r. Schinaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. Staatstierarzt für Hamburg. Departements T. in Bromberg. Departements-T. in Danzig. Professor ln Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrle Ziindel 

Professor in Dresden. Professor in Freiburg. Profe*>sor in Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarzt in Mülhausen L E. 

Helfer Dr. H. Sieber Dr. Stödter Dr. Trapp Dr. Zimmermann 

Schlach'h.-Direktor in Mülhausen i. E. am Tropeninstitut in Hamburg. Stadt-Tierarzt in Hamburg. am Kaiser Wilhelm-Institut ln Bromberg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. 


M 32 . 


Ausgegeben am 6. August. 


Inhalt: Walther: Ein Beitrag zur Fraktur des Hufbeins. — Janssen: Chronischer Magendarmkatarrh der Kühe nach dem 
Abkalben. — Holterbach: Intrauterine Bauchwassersucht bei einem Kalbe als Geburtshindernis. — Zimmermann: 
Pillen- und Eingußapparat, ein neues Instrument. — Reinhardt: Fibrolysin. — Loewenthal: Erbrechen bei einem 
Schwein, verursacht durch Ascaris lumbricoides s. Ascaris suilla. — Lehmann: Haematocystis hepatis. — 
Referate: Cadiot: Über die Behandlung der pneumonischen Myokarditen beim Pferd. — Nevermann: Schutz- und Heil¬ 
impfungen bei der Druse der Pferde. — Wagenheuser: Zur Bekämpfung der Druse. — Beck: Das „Schroten“ der Säue. — 
Zschokke: Über Zellgifte und Zellkrankheiten. — Pröscholdt: Papilläres Akanthom auf der Innenfläche des Pferdeohres. — 
Tagesgeschichte: Haupt: Tierärztlicher Optimismus. — Zur Geschichte des Veterinärinstitutes zu Gießen. — Gebühren für 
Behandlung der Gestütpferde. — Bericht über die 34. ordentliche Generalversammlung des tierärztlichen Vereins im Herzogtum 
Braunschweig. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Bekanntmachung. Verhandlungen im Landes-Ökonomie-Kollegium. — 
Tierseuchen in Deutschland 1906. — Verschiedenes. — Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Verschiedenes. — 
Tierhaltung und Tierzucht: Geschäftsbericht der bayerischen Landes-Viehversicherungsanstalt. — Bücheranzeigen und 
Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


daß die Hufbeinbrüche noch nicht genügend aufgeklärt sind. 
Anderseits verlangt aber die unaufhaltsame Vermehrung des 
Lernstoffes auf allen Gebieten der Veterinärmedizin, daß gerade 
der erfahrene Praktiker seine Beobachtungen bekannt gibt, 
welche geeignet erscheinen, die verschiedenen Leiden diagnostisch 
leichter zu sichern. 

Obgleich das Hufbein mit einer starken Hornkapsel umgeben 
und durch dieselbe gegen direkte Einflüsse sehr geschützt ist, 
so zerbricht dasselbe dennoch und nach meinen Erfalirnngen 


sah bei einem Pferde, welches im Sprunggarten über den 
Wassergraben ging, daß es mit dem linken Hinterschenkel zu 
kurz sprang, so daß nur die Hufzehe den Querbalken am 
Graben traf, während die hintere Huf hälfte in voller Wucht sich 
nach unten durchbog. Die Folge war, daß der Schenkel in den 
Graben znrückrntschte und das Pferd zum Stürzen kam. Nach¬ 
dem das Tier stand, wurde der linke Hinterschenkel in der 
Beugestellung gehalten, eine Belastung desselben fand nicht 
statt. Darauf wurde das Pferd mit Unterstützung in den Stall 


Ein Beitrag zur Fraktur des Hufbeins. 

Von Korpsstabsveterinär Walther-Leipzig. 

Ein Hufbeinbruch beansprucht für sich ein Allgemein¬ 
interesse, um so mehr, als der Veterinär seltener Gelegenheit 
hat, durch Obduktion die vermutete Diagnose nachprüfen zu 
können. Auch aus den vorhandenen Berichten geht nicht immer 
hervor, ob es sich um einen wirklichen oder vermuteten Huf¬ 
beinbruch handelt. Ja, wir können ohne weiteres zugeben, 


öfter, als gewöhnlich angenommen wird. Sie sind diagnostisch 
deshalb noch wenig geklärt, weil die Zeichen des gebrochenen 
Hufbeins wegen dessen verborgener Lage sehr undeutlich sind. 
Auch die Entzündungsersclieinungen, wie stärkeres Pulsieren 
der Arterien, Auftreibungen und vermehrte Wärme an der 
Krone, treten oft erst nach einigen Tagen hervor. 

Von den vielen Beobachtungen möchte ich nur zwei aus 
dem Vorjahr herausgreifen. Stabsveterinär Richter in Chemnitz 


Fig. 1. 


Fig. 2. 


Fig. 3. 







554 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


und in das Hängezeug gebracht. Infolge der hochgradigen 
Schmerzen schwitzte das Pferd sehr heftig und verweigerte die 
Futter- und Getränkeaufnahme fast vollständig. Die Behandlung 
geschah nach den bekannten Grundsätzen. Am zehnten Be*- 
handlungstage Versuchte der Patient mit der Hufzehe des 
leidenden Schenkels sich auf den Boden zu stützen. Der Zu¬ 
stand besserte sich von nun an derart, daß nach dreimonatlicher 
Buhe das Pferd beim Vorführen an der Hand, nicht mehr lahmte. 
Auch an der Hornkapsel waren keinerlei Veränderungen nach¬ 
zuweisen. Bei dem nun vorgenommenen täglichen Führen lief 
das Pferd einmal weg, kam zum Stürzen und mußte wegen 
eines hinzugezogenen Splitterbruches des rechten vorderen 
Schienbeins getötet werden. Da sich nun Gelegenheit bot, die 
früher gestellte Diagnose „Hufbeinbruch“ nachzuprüfen, so 
wmrde der linke Hinterhuf abgesetzt, gekocht uud mazeriert. 
Nach Freilegen des Hufbeins fand sich nun die Diagnose voll 
und ganz bestätigt. 

Das fragliche Hufbein befindet sich in der Stabsveterinär 
Rieht ersehen Sammlung. An den Abbildungen 1, 2 und 3 ist 
das Hufbein mit dem Bruch in natürlicher Weise dargestellt. 
Man sieht an der Längsfraktur, wie sie in der Zugrichtung der 
Hufbeinbeugesehne entstanden ist. 

An der Figur 1 ist ersichtlich, daß an einigen Stellen die 
Kallusbildung etwas zusammengeschrumpft ist. Der Bruch 
zeigt sich als Rinne. Darüber bildet der Heilungsvorgang eine 
wulstartige Verdickung. 

Die Figur 2 zeigt den Bruch an der Gelenkfläche. Der¬ 
selbe ist noch nicht mit Knorpel bedeckt. 

Die Fi gar 3 zeigt den Bruch an der Sohle. Der Heilungs¬ 
vorgang mit Kallus- und Knochenbildnng ist hier ersichtlich. 

Über den zweiten Hufbeinbruch berichtet der Oberveterinär 
Scholz folgendes: Beim Durchlaufen des Sprunggartens blieb 
ein Pferd mit dem rechten Hinterhuf im Graben hängen, so daß 
die Wucht des Ganges die vordere Hufwand traf. Darauf 
blieb das Pferd sofort stehen uud hielt den Schenkel in der 
Bengestellung. Bei der Untersuchung mit der Visitierzange 
konnten, im Huf keine Schmerzen nachgewiesen werden, aber 
schon bei einer leichten Drehung im Hufgelenk zuckte der 
Patient erheblich. Im Verlauf der nächsten drei Wochen ver¬ 
änderten sich die Erscheinungen nicht wesentlich. Von da ab 
zeigte sich am Kronenrand der Hufzehe eine ziemlich starke 
Hervorwölbung, die sich nach den Seiten abflachte. Es bandelte 
sich um eine erhebliche Knochenauftreibung, welche aus der 
Hornkapsel hervorzuquellen schien. Nach weiteren vier Wochen 
war die Verdickung etwas zurückgegangen. Der Patient wurde 
täglich geführt. Die Lahmheit und der Auftritt besserten sich, 
so daß Hoffnung besteht, daß das Pferd wieder dienst¬ 
brauchbar wird. 

Im vorliegenden Fall handelte es sich zweifellos um einen 
Bruch des Hufbeins in der Gegend der Hufbeinkappe, wo sich 
der gemeinschaftliche Zehenstrecker inseriert. Durch die Ab¬ 
knickung nach vorn wurde die Strecksehne so angespannt, daß 
an ihrer Ansatzstelle eine sog. Rißfraktur am Hufbein entstand. 

Unter den gewöhnlichen Verhältnissen und in den allermeisten 
Fällen von Hnfbeinbrnchen nimmt die Hufbeinbeugesehne be¬ 
sonders hohen Anteil. Das Zustandekommen derselben ist wie 
folgt zu erklären: Die einfallende Gewalt trifft die Hufbein¬ 
beugesehne mit ihrer sehnigen Unterstützung zuerst, da dieselbe 
aber auch nicht die denkbar kleinste Durchbiegung nach unten 


zuläßt, so überträgt sie in dem Moment des Auffallens die Last 
auf das entfernt gelegene Hufbein. Dieses wird über seine 
Elastizitätsgrenze angespannt und bricht. Wir bezeichnen den 
Vorgang als indirekten Bruch. Wie weit die Kohätion des 
Knochengewebes überwunden werden und das Alter des Patienten 
mit beachtet werden muß, soll uns hier weiter nicht interessieren. 
Nur so viel, daß die Ausdehnung des Knochenbruches bestimmt 
wird durch das Verhältnis zwischen der Festigkeit, Kohäsions¬ 
kraft des Knochens und der Größe der einwirkenden Gewalt. 
Die Gewalt, welche zum Knochenbruch führt, liegt im Kör¬ 
per selbst. 

Wichtig für den Veterinär sind die Symptome der Hufbein¬ 
brüche, mit deren Kenntnis er dann in der Lage sein wird, auch 
in schwierigen Fällen die richtige Diagnose und Prognose zu 
stellen. Der Praktiker gewöhnt sich, objektive und subjektive 
Symptome zu unterscheiden. Von den objektiven Symptomen 
sind die plötzlich nach der Verletzung eingetretene abnorme bzw. 
aufgehobene Bewegungsfähigkeit des fraglichen Schenkels und 
die heftigen Schmerzen. Um den Bruch zu erkennen, so umfaßt 
man den Fuß über dem Huf mit der Hand, legt den Daumen 
auf den Beuger in der Ballengrnbe und bewegt den Huf nach 
verschiedenen Richtungen. Dabei werden seltener Krepitationen 
wohl aber stets Schmerzen ausgelöst. Oft schon beim einfachen 
Drücken in der Ballengrube stöhnt das Pferd. Die Untersuchung 
des Hufes mit der Visitierzange bietet keine Sicherheit. Als 
drittes ebenfalls objektives Symptom ist die Veränderung der 
normalen Haltung des Hufes durch Dislokation des Hufbeins und 
die Veränderung des Hufes an der Krone. Im weiteren Verlauf 
nimmt dieselbe an Umfang mehr oder weniger zu. 

Die subjektiven Symptome, welche, zuweilen maßgebende 
Bedeutung gewinnen, sind einerseits die Funktionsstörungen des 
gebrochenen Knochens, anderseits sind es die Bruchschmerzen. 
Natürlicherweise ist infolge eines Hufbeinbruchs der Schenkel 
in seiner Funktion behindert, teils deshalb, weil jdie als Stütze 
der Extremität dienende Hufbeinbeugesehne eine Störung bzw. 
eine Trennung erfahren hat, teils deshalb, weil der Patient bei 
der Belastung Schmerzen empfindet. Was nun aber den Bruch¬ 
schmerz angeht, so müssen wir bedenken, daß es sich hierbei 
nicht um den natürlichen Schmerz handelt, welcher oft gleich 
beim Entstehen des Bruches weniger durch das Brechen des 
Knochens als durch gleichzeitige Quetschung der Weichteile 
hervorgerufen wird. Derselbe kann auch erst später infolge der 
Schwellung, des Blutergusses und anderer Vorgänge eintreten. 

Wir wissen, daß der Huf die Fähigkeit hat, unter der ab¬ 
wechselnden Belastung seine Form zu verändern. Bei der 
Belastung erweitert sich der Huf an der Krone zunehmend nach 
dem Ballen, während dagegen der Tragrand nach der Hufmitte 
abweicht. Die Hufbeinbeugesehne mit ihren sehnigen Unter¬ 
stützungen ist zur Auihahme der Last da. Auf ihr ruht das 
Pferd monatelang, ohne daß physiologische Störungen eintreten.*) 
Wird sie nun beim Hufbeinbruch mehr oder weniger außer 
Tätigkeit gesetzt, so wird der rege Blutumlauf im Huf auch 
entsprechend gehemmt, und die Druckschmerzen vermehren sich 
ganz erheblich. 

Was nun die Behandlung der Hnfbeinbrüche angeht, so 
sind die bekannten Regeln zu beachten, ganz besonders aber 

*) Siehe auch „österreichische Monatsschrift“ über Huf- 
mechanik etc. 1906/1907 Seite 4SI bzw. 104. 






6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


555 


ist der Druckschmerz zu mindern. Um das zu erreichen, muß 
das tote Horn aus der Sohle und den seitlichen Strahlfurchen 
entfernt und diese Hufteile müssen möglichst verdünnt werden. 
An den Seitenwänden des in Frage kommenden Hufes müssen 
möglichst tiefe Rinnen an der Hornwand in der Richtung der 
Hornröhrchen eingeschnitten werden, um durch Nachgeben der 
Wand die Druckschmerzen zu mildern. 


Chronischer Magendarmkatarrh der Kühe 
nach dem Abkalben. 

Mitteilungen aus der Praxis I. 

Von Tierarzt janssen-Meldorf. 

Wohl jeder Tierarzt, mag er auch schon Jahre hindurch 
in ausgedehnter Landpraxis sich reichliche Erfahrungen ge¬ 
sammelt haben, wird es beklagen, daß unsere Kenntnisse über 
die hochwichtigen Krankheiten der Verdauungsorgane der 
Wiederkäuer mangelhafte sind. In vielen Fällen ist es un¬ 
möglich, eine derartige Krankheit nach Ursache, nach Örtlichkeit 
und Charakter festzustellen und dem Besitzer des Tieres eine 
auch nur annähernd sichere Prognose anzugeben. 

Im folgenden will ich den Versuch machen, für eine Einzel¬ 
diagnose bestimmte pathognostische Kennzeichen aufzustellen 
und meine Heilmethode hinzufügen. Ich bezeichne als 
„chronischen Magendarmkatarrh der Kühe nach dem Abkalben“ 
eine Affektion der Verdauungsorgane, die in hiesiger Gegend 
mindestens ebenso häufig auftritt wie das Milchfieber und auch 
nicht selten tödlich endete. Der Vorbericht wie auch die 
Symptome sind in aHen Fällen wenig abweichend. 

Wenn die Kühe, die meistens die besten im Stalle sind, 
zur Behandlung vorgestellt werden, sind nach dem Abkalben 
durchschnittlich 3—6 Wochen vergangen. In der ersten Zeit 
nach dem Abkalben sind Appetit und Milchertrag vorzüglich 
gewesen, allmählich aber ist beides zurückgegangen, und eine 
in keinem Verhältnis zu dem noch vorhandenen Appetit ein¬ 
getretene bedeutende Abmagerung der Kuh ist auffällig ge¬ 
worden. Diese Abmagerung beträgt in einigen Fällen einige 
100 Pfund. Häufig wird vom Besitzer der Verdacht auf 
Tuberkulose ausgesprochen. Die Untersuchung ergibt folgendes: 
Beim Vergleich mit nebenstehenden Tieren Mit starke Ab¬ 
magerung, unlustiges Benehmen, trübe Augen, geringer Bauch¬ 
umfang, eingefallene Hungergrube in die Augen, das Haar ist 
rauh, die Haut hart und trocken, Temperatur nie über 40° C, 
Puls von 100—120 klein, gespannt. Pansenbewegung unter¬ 
drückt, Appetit gering, wechselnd, wählerisch, der Kotabsatz ist 
entsprechend der Futteraufnahme, Futter normal verdaut; die 
Körperbewegungen sind unlustig und schweifällig, das Belasten 
der Hinterbeine oft schmerzhaft; in einzelnen Fällen werden die 
Fesselgelenke überkötet, die Sprunggelenks Winkel gestreckt. 
Dieses hindert die Patientin niemals, mit ihren Stallgenossinnen 
bei herannahender Futterzeit aufzustehen. Als prägnante 
Symptome, als Symptome, die schon allein die Diagnose sichern, 
sind zu nennen ein süßlicher, widerlicher Geruch aus dem 
Maule, der so stark sein kann, daß er sich im ganzen Stall 
verbreitet, und weiter ein nicht definierbarer, unangenehmer 
Geruch der Milch. Einige Besitzer, auf den Geruch der Milch 
aufmerksam gemacht, bezeichneten ihn als „kuhig“, d. h. stark 
nach der Kuh riechend. 


Differentialdiagnostisch bemerke ich, daß die Erkrankung 
immer nur in den ersten Wochen nach dem Kalben auftritt, daß 
nur vorzügliche Milchgeber von ihr befallen werden, daß bei keiner 
anderen Erkrankung der abnorme Milchgeruch festzustellen war 
und daß die Erkrankung ausschließlich bei Stallfütterung be¬ 
obachtet wurde. 

Wird keine Therapie eingeleitet oder können die Patienten 
nicht auf die Weide geschickt werden, gehen sie unfehlbar 
kachektisch zugrunde. 

Es ist mir wohl in früheren Jahren gelungen, die Krankheit 
durch Anwendung der gebräuchlichen Mittel zu heilen, allerdings 
nicht in jedem Fall und nie, wenn die Tiere bereits einen höheren 
Grad der Abmagerung erreicht hatten. 

Seit drei Jahren verwende ich ausschließlich die Luftinfusion 
ins Euter. Die Wirkung ist ebenso prompt und zuverlässig wie 
beim Milchfieber. Schon nach einigen Stunden Mit das bedeutend 
munterere Aussehen der Tiere in die Augen, die Bewegungen des 
Körpers sind freier, der Appetit wird rege, der Kotabsatz ist 
nach anfänglichen schmerzhaften Darmbewegungen, wobei der 
Rücken stark eingezogen oder aufgekrümmt wird, reichlich. 
Immer ist die Heilung vollständig und der Milchertrag erreicht 
bei lebhaftem Appetit rasch seine vorherige Höhe. 

Ich habe die beschriebene Erkrankung „chronischen Magen- 
Darmkatarrh der Kühe nach dem Abkalben“ genannt. Würde ich 
die von mir angenommenen Ursachen der Erkrankung, die sich 
vollständig mit der von Witt-Hadersleben in der B. T. W. 
Nr. 34. 1904 aufgestellten Milchfieber-Theorie decken, berück¬ 
sichtigen, würde die besprochene Erkrankung wohl richtiger und 
einfacher als „Euterlähme“ zu bezeichnen sein. 


Intrauterine Bauchwassersucht bei einem Kalbe als 
Geburtshindernis. 

Von Heinrich Holterbach, Tierarzt in Offenburg (Baden.) 

Den nachstehenden Beitrag zur Kasuistik der Geburtshin¬ 
dernisse“ glaube ich in Anbetracht der Seltenheit des Falles 
veröffentlichen zu sollen: 

Eine etwa 10 Jahre alte Kuh des gewöhnlichen Land¬ 
schlages liegt seit 1 Uhr nachmittags, um welche Zeit der Ab¬ 
gang der Fruchtwässer beobachtet wurde, in heftigen Geburts¬ 
wehen. Die Lage des Fötus ist eine ganz normale, die 
beiden Vorderfüße und der Kopf treten in die Scheide und können 
mit Leichtigkeit vorgezogen werden. Alles versprach eine leichte, 
rasche Geburt. Allein, trotzdem vier kräftige junge Männer mit 
aller Macht zogen, gelang es nicht den Fötus herauszubeför¬ 
dern. So wurde ich denn in stürmischer Eile gerufen. Kurz 
bevor ich im Stalle eintreffen konnte, war das Kalb, das in Be¬ 
ginn der Geburt gelebt und kräftige Bewegungen gemacht hatte, 
erstickt. Die Zunge hängt zum Maule heraus und ist cyanotisch. 
Vom Fötus liegen vor: Der Kopf bis zum Genick und die beiden 
Vorderfüße bis zum Ellbogenhöcker. Das Kalb w r ar klein, die 
Mutter beckenweit gebaut. Die am liegenden Tier vorgenommene 
Untersuchung ergab: Die Geburtswege breit und geräu¬ 
mig genug, um der normalen Frucht leicht den Durch¬ 
gang zu gestatten. Nirgends irgendeine Formverän¬ 
derung am Becken, welche die Dystokie erklären 
könnte. Das Kalb erscheint auffallend mager! Die 
Knochen an der Wirbelsäule treten sehr stark vor. Die Ge¬ 
burtswege und der Fötus wurden stark eingeölt, eine Schlinge 



No. 32. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


556 

um den Hals gelegt und nun von vier Mann gezogen, so fest 
als sie nur ziehen konnten. Umsonst! Ich mußte mich nach 
einem halben Dutzend vergeblicher Versuche überzeugen, daß 
es unmöglich ist, die Frucht auf diesem Wege zu 
entwickeln. 

Um Platz für eine genaue Untersuchung zu gewinnen, 
schritt ich nun zur Embryotomie: Die beiden vorderen Glied¬ 
maßen wurden entfernt. Ich konnte jetzt mit Leichtigkeit die 
ganze Frucht umtasten. 

Bei der Loslösung der Vorderfiiße erwies sich Haut und 
Unterhaus bis auf die starke Füllung der Venen, die ja leicht 
erklärlich ist, vollkommen normal. Auch sonst läßt sich an der 
Haut des Kalbes nirgends eine Abnormität auffinden. Dagegen 
zeigt es sich nun beim Betasten des Hinterteils, daß dieser 
einen ganz außerordentlichen Umfang hatte. Schob 
man den zurück, dann konnte man beim Nachlasse der 
Spannung der Bauchdecken eine deutliche Fluktuation, 
ein „Schwappen“ fühlen, wenn man mit der Faust einen 
kurzen Stoß dagegen versuchte; wurde dann angezogen, 
dann spannten sich, in dem Maße als der Zug wuchs, 
die Bauchdecken an, die hintere Hälfte des Hinter¬ 
leibs wölbte sich unter dem Druck des nach rückwärts 
gepreßten Wassers prall hervor und bildete 
eine das ganze Becken ausfüllende, am 
Schambein eine nachgiebig anstehende 
Masse, ein Geburtshindernis, welches durch 
jeden Zug naturgemäß wachsen mußte und 
unüberwindlich war. 

Ich ließ nun das Kalb möglichst weit aus der 
Scheide herausziehen und öffnete mit einem kräftigen 
Schnitt hinter dem Brustbein die Bauchhöhle. In 
einem bis an die Decke spritzenden Strahl entleerte 
sich das Wasser. Die Entwicklung der Frucht ge¬ 
schah nun mit leichter Mühe. 

In der Bauchhöhle des Kalbes hatte sich weit 
über ein Stalleimer Flüssigkeit befunden, die 
schwach gelblich gefärbt und von fadem Geruch 
war. Beim Aufschneiden der Bauchdecke fiel mir eine mäch¬ 
tige, noch gefüllte Blase auf, welche die Größe eines 
Pferdemagens besaß. Es war die Harnblase. 

Die Ursache der Dilatation konnte ich leider nicht fest¬ 
stellen; denn während ich mich im Hause umkleidete, hatten 
Neugierige die Eingeweide herausgeschnitten und verstümmelt. 
Es ließ sich nur noch eine Erweiterung der beidenUreteren 
sowie linksseitige vollständige und beginnende rechts¬ 
seitige Hydronephrose nachweisen. Die übrigen Organe 
waren abgesehen von der Blässe normal; das Herz war gleich¬ 
falls unverändert. 

Die Erkennung und richtige Deutung dieses Geburts¬ 
hindernisses war, da der Kopf und die Vorderfüße leicht 
entwickelt werden konnten, nicht leicht und eigentlich erst 
möglich, als nach der Abnahme der Vorderfiiße durch Betasten 
und stoßweise Palpation des Hinterleibes der Nachweis der 
Flüssigkeit glückte. 

Pillen- und Eingußapparat, ein neues Instrument. 

Von Oberveterinär Dr. Zimmermann. 

Im folgenden gestatte ich mir, den verehrten Kollegen ein 
von mir erdachtes Instrument vorzuführen, welches durch deut¬ 


sches Gebrauchsmuster geschützt und allein von der Instrumen¬ 
tenfabrik Hauptner-Berlin zu beziehen ist. Ich hoffe, daß das 
Instrument, dem ich nach seinem Gebrauchszwecke die Bezeich¬ 
nung „Pillen- und Eingußapparat“ gab, eine Lücke im tierärzt¬ 
lichen Inventar ausfüllt und den Beifall der Kollegen schon 
deshalb finden wird, weil es 2 Zwecken zugleich dienlich ist, 
wenn es nicht sonstige Vorzüge empfehlen sollten. 

Das Instrument als Pilleneingabeapparat ist schon in seinem 
Aussehen — siehe Abbildung — genügend gekennzeichnet. Aus 
praktischen Gründen wählte ich flaches Mundstück (A). Am 
Rohre befindet sich ein Gewinde (B), an dem ein Querstab (C) 
mit kleinen Löchern (D) beweglich befestigt ist. Der Zweck 
des Querstabes dürfte ohne weiteres einleuchten; er soll das 
Widerlager des Pilleneingabeapparates nach Malkmus ersetzen. 
(Hauptners Katalog Nr. 350L). Während nach Malkmus 
die Hand des Eingebenden das Widerlager hält und damit 
einer Verletzung des Pferde- usw. Maules beim Stoße zum 
Schleudern der Pille in den Schlund durch das Mundstück 
vorgebeugt werden soll, findet die Querstange (C) den natür¬ 
lichen Halt an den Maulwinkeln des Pferdes (Tieres). Durcs 
Schnüre (D) in den Löchern der Querstange kann der Apparat 
an den seitlichen Halfterringen befestigt und vor dem Heraus¬ 


fallen aus dem Maule und vor seitlicher Verschiebung bewahrt 
werden. 

Das Gewinde ermöglicht ein Einstellen der Querstange 
nach Belieben, so daß das Mundstück weiter und weniger weit 
in das Tiermaul ragt. 

Der Griff (E) ist abschraubbar, so daß der Schieber (F) 
im Rohr und Mundstück aus ihnen herauszunehmen ist. Danach 
ist der Apparat ziemlich fertig zum Einguß. Es ist nur das 
Anbringen eines Gummischlauches (G) mit Trichter (H) am 
Ende des Rohres nötig, der sonst zu Klistieren Verwendung 
finden mag. Beim Eingießen wird zweckmäßig der Kopf des 
Tieres etwas hochgehalten — bei ruhigen Tieren gelingt die 
Prozedur auch bei normaler Kopfhaltung — und unter das 
Maul ein Gefäß zum Auffangen allenfalls aus dem Maule ab¬ 
fließender Arznei gehalten. Eine Person hält den gefüllten 
Trichter zunächst niedrig und hebt ihn allmählich höher. Das 
Tier wird hierdurch auf die kommende Arznei vorbereitet und 
schluckt fast immer anstandslos ab. Bei Schüttelbewegungen 
des Tieres mit dem Kopf besteht weder die Gefahr, daß das 
Instrument herausgeschleudert wird, noch daß Arznei sich ver¬ 
schüttet, wenn nur der Schlauch genügend lang ist. Die ev. 
aus dem Maul abgeflossene Arznei wird erneut dem Trichter 





6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


557 


einverleibt und so vollständige Gewähr geleistet, daß die ge¬ 
samte verordnete Arznei vom Tier eingenommen wird. Das 
Gewinde am Rohr ermöglicht wiederum, das Mundstück so weit 
in das Maul zu schieben, als es nach dem Bau der Tiere und 
um das Bewegen der Zunge nicht zu verhindern und Ver¬ 
schlucken zu verhüten, geboten ist. Die Gefahr des Ver- 
schluckens ist übrigens bei dem flachen Mundstück und wenn 
der Schlauch mit Trichter langsam gehoben wird, ohnehin 
nicht groß. 

Empfehlen möchte ich noch, nächst dem Griff des In¬ 
strumentes ein Gummistück (K) anzubringen, wie es sich an 
Uhren oder an dem Patentverschluß von Flaschen findet, welches 
den Stoß beim Pillengeben verringern wird. 

Ich würde mich freuen, wenn recht viele Kollegen das 
Instrument verwenden würden, insbesondere wenn es Zu¬ 
friedenheit erzeugte. 


Fibrolysin. 

Therapeutische Notiz. 

Von Oberamtstierarzt Dr. Reinhardt. 

Bei einem Pferde, das im März d. J. an Einschuß erkrankt 
war, war eine bedeutende Verdickung eines Hinterfußes vom 
Fesselgelenk bis über das Sprunggelenk hinauf zurückgeblieben, 
die den üblichen Mitteln — Einreiben mit verdünnter Queck¬ 
silbersalbe, Massieren, Bandagieren, Bewegung — nicht weichen 
wollte. Da gerade in der Literatur bei derartigen Fällen die 
Anwendung des Fibrolysins empfohlen wurde, beschloß ich, einen 
Versuch damit zu machen. Das Mittel — ausreichend zu 
fünf Einspritzungen — wurde mir von der Fabrik E. Merck 
in Darmstadt bereitwilligst zur Verfügung gestellt, wofür ich 
hier bestens danke. Es wurde nun jeden zweiten Tag eine 
subkutane Einspritzung am Halse des Pferdes gemacht. Während 
der Behandlung wurde das Pferd zu leichter Arbeit verwendet. 
Nach etwa 14 Tagen war die Verdickung vollständig ver¬ 
schwunden. Dieser Erfolg ist so auffallend, daß das Mittel 
sicher wert ist, in ähnlichen Fällen probiert zu werden. 


Erbrechen bei einem Schwein, verursacht durch 
Ascaris lumbricoides s. Ascaris suilla. 

Von Tierarzt Loewenthal, Breslau. 

Nach einem Bericht der Frau Bäckermeister St. erbrach das 
eine ihrer beiden zirka 4 Monate alten Läuferschweiue, die vor 
wenigen Tagen geschnitten worden waren, plötzlich mehrere 
Mal. Mit dem zuerst erbrochenen Mageninhalt soll, wie die Frau 
selbst beobachtet hat, ein regenwurmähnlicher, langer, weißer 
Wurm herausbefördert worden sein, der sich auf der Erde leb¬ 
haft bewegte. Frau St. führte die Erkrankung des Schweines 
auf das Schneiden zurück, da nach ihrer Meinung der Schweine¬ 
schneider das stark unruhige Tier zu kräftig angefaßt und viel¬ 
leicht den Darm verletzt habe. Das Erbrechen hatte zwar schon 
nachgelassen, doch war die Freßlust noch vollkommen unter¬ 
drückt, weshalb mein Besuch für den nächsten Tag gewünscht 
wurde. 

Am Morgen dieses Tages hatte das betreffende Schwein bereits 
etwas Futter zu sich genommen, ln den Garten gelassen sprang 
es lebhaft herum, wühlte mit dem Rüssel in der Erde und fraß 
kleine Kohlenstücke. Die Kastrationswunde war gut verheilt. 


Der erbrochene Mageninhalt w T ar noch an verschiedenen Stellen 
im Garten zu sehen, jedoch zu einer krustenähnlichen, leichten 
Masse, eingetrocknet. Er zeigte eine schwärzlich grün glänzende 
Farbe, die wohl infolge Eingebens von Stib. sulf. nigr., nach dem 
erstmaligen Erbrechen, durch die Besitzerin hervorgerufen 
worden war. 

Der aufbewahrte Wurm hatte eine Länge von 26 cm, eine 
zylindrische, nach beiden Enden verjüngte Form mit vier Längs¬ 
und zahlreichen Querstreifen. Er war blaßrötlich und von 
elastischer und transparenter Beschaffenheit. 

Nach dem makroskopischen Befunde handelt es sich hier um 
ein weibliches Exemplar des Ascaris lumbricoides s. Ascaris 
suilla, der wohl durch Reizung der Schleimhaut des Magens resp. 
Dünndarmes das Erbrechen, das sonst bekanntlich bei Schweinen 
nur selten und mit großer Anstrengung eintritt, verursacht hat. 

Trotz Verabreichung von Tart. stibiat. wurden weitere 
Abgänge von Würmern nicht beobachtet und war das Schwein 
nach zw f ei Tagen wieder vollkommen gesund. 


Haematocystis hepatis. 

Von Tierarzt Dr. mcd. vet. Lehmann-Traben. 

Eine ausgedehnte Haematocystis serosa hepatis konnte ich 
bei einem zirka 14 Tage alten Kalbe nach der Schlachtung 
beobachten. Derartige Cystenbildungen kommen nicht gar zu 
selten vor und werden als kongenitale oder intra partum er¬ 
worbene Anomalien gedeutet. Es mag wohl die Annahme 



Nach der Natur gcxeichnet vom Verfasser, 
a Grundxone, b Endxonc (oberhalb des ireitrerxueigten Gefäßbaumes 
verläuft ein Nerv), c Ijcber. 


berechtigt erscheinen, daß derartige Cysten von subserösen oder 
subkapsulären Blutungen infolge partieller Leberberstung und 
Quetschung herrühren und von geringer pathologischer Be¬ 
deutung sind. 

Im folgenden Falle jedoch erregt die Cystenbildung Interesse 
wegen ihrer besonders hervortretenden anatomischen Eigen¬ 
schaften und des Einflusses, den derartige Cysten auf das 
betreffende Individuum im Falle dessen Lebenbleibens ausüben, 



558 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Die Cyste saß an der Stelle der Leber, wo die Nabelvene 
in dieselbe eintritt. Sie hatte ein zirka drei Pfund schweres 
Gewicht und war mit einer bräunlichgelben serösen dicken 
Flüssigkeit gefüllt. Der Inhalt der Cyste entsprach allerdings 
nicht der Größe derselben, denn sie konnte zirka drei Liter 
Flüssigkeit fassen. Sie hatte ein luftballonartiges Aussehen, 
das der Form der Ballonhülle eines modernen Luftschiffes glich. 
Man konnte an ihr deutlich zwei Zonen unterscheiden und zwar 
a) die Grundzone und b) die Endzone. Die Grundzone nahm 
ihren Ursprung an der Leber selbst und unterschied sich von 
der Endzone dadurch, daß ihre Wandung bedeutend dicker als 
die der Endzone war, infolgedessen dunkler erschien, und vor 
allem starkentwickelte Blutgefäße und noch stärker entwickelte 
Nervenstränge barg. Der Hauptnervenstrang war zirka 4 mm 
breit und 1 mm dick. Die Blutgefäße zeigten an dem in der 
Grundzone verlaufenden Hauptstamm eine Breite von 1—1V 2 mm. 
In der Grundzone verliefen Gefäße und Nerven, die an der 
medialen Seite der Anheftungsstelle aus dem Lebergewebe auf 
die Cystenwand übertraten, ziemlich wagerecht, während ihre 
Abzweigungen, die auf die Endzone übertraten, dies in fast 
senkrechter Richtung zu dem Hauptstamm taten. 

Den Inhalt der Cyste untersuchte ich chemisch auf eventuelle 
vorhandene Gallenbestandteile, konnte jedoch solche nicht vor¬ 
finden, sondern nur geringe Mengen von Eiweiß. Es ist aus 
dem Gesagten die Annahme berechtigt, daß man es hier nicht 
mit der Bildung einer zweiten Gallenblase zu tun hat, sondern 
mit einer regelrecht organartig entwickelten Cyste der Leber, 
deren Entstehung der Ursache nach wohl nicht festzustellen ist. 


Referate. 

Über die Behandlung der pneumonischen 
Myokarditen beim Pferd. 

Von Prof. Cadiot. 

(Rocucil d’Alfort, 15. Oktober H>07.) 

Der tödliche Ausgang bei der Pneumonie ist selten durch 
die größere Ausdehnung der Lungenläsionen bedingt, sondern 
hat seine Ursache meistens in den mit diesen einhergehenden 
Komplikationen, welche sind die Abszedierung und das Gangrän 
der Lunge, die Pleuritis und die Neuro-Myokarditis. Diese 
letztere ist, obsclion sie häufig verkommt, doch noch sehr wenig 
bekannt. Die bei den Pneumonikern beobachteten Störungen 
am Herzen sind lange Zeit der Zirkulationsstörung zugeschrieben 
w'orden, welche aus der durch die Hepatisation der Lunge 
entstandenen Obliteration der Lungengefäße, aus der Stase im 
rechten Ventrikel und der zeitweisen Ektasie seiner Wandung 
resultiert. Diese Theorie von der mechanischen Beeinflussung 
des Herzens bei den Lungenentzündungen mußte darum auf¬ 
gegeben werden, weil oft bei einer durch Auskultation und 
Perkussion festgestellten ganz geringen Ausdehnung der Hepa¬ 
tisationszone, doch äußerst schwere Herzsymptome beobachtet 
werden. 

Wenn bei den Lungenentzündungen die größte Gefahr vom 
Herzen herkommt, so ist gewöhnlich die Ursache die, daß das 
Myokard oder seine Nerven durch die infektiösen Keime oder 
deren Gifte stark betroffen worden sind. Der Verfasser hat bei 
seinen Sektionen bei geringer Ausdehnung der Lungenentzündung 
oder bei Lösuug derselben den Herzmuskel manchmal infiltriert, 
blaß, stellenweise gelblich und mit Echymosen durchsetzt 


gefunden, während alle anderen Organe unversehrt waren. In 
diesen Fällen ist der Tod zweifellos durch die Myokarditis 
bedingt worden. 

Bei der pneumonischen Myokarditis ist das Herz während 
den ersten 2—3 Tagen in starker Aufregung, die Herzschläge 
gehen überstürzt und pochend vor sich, der Puls ist schnell, 
Dyspnoe und Erscheinungen von Angst und Beklemmung sind 
vorhanden; auf dies folgt das Stadium der Asthenie mit immer 
schwächer werdendem, arythmischem Herzschlage, mit dumpfer 
werdenden Herztönen und mit noch schnell gehendem aber 
immer schwächer werdendem, fadenförmigen und kaum noch 
fühlbarem Puls. Diese Symptome brauchen nicht gerade die 
Folge der Myokarditis zu sein, sondern sie können auch, ohne 
daß das Herz groß verändert w r äre, eine nervöse Ursache haben. 
Die pneumonischen Gifte erwecken ausgedehnte Störungen in 
der Innervation des Herzens, und wie es scheint, insbesondere 
eine Paralyse oder Parese der vom Pneumogastrikus ausgehen¬ 
den Nervenfäden, woraus auch die Tachykardie mit zunehmender 
Schwäche des Pulses zu erklären ist, die man oft bei Pneu¬ 
monikern konstatiert und gegen welche die gebräuchlichen Herz¬ 
kräftigungsmittel versagen. 

Die Störungen in der zweiten Periode der pneumonischen 
Neuro-Myokarditis hat man mit den verschiedenen Reiz- und 
Kräftigungsmitteln des Herzens und hauptsächlich mit der 
Digitalis, dem Koffein und dem Äther zu bekämpfen gesucht. 

Die Digitalis wirkt sowohl auf das Myokard als auch auf 
den Nervenapparat des Herzens und auf die Gefäße. Es treibt 
das erstere an, bewirkt eine kräftigere Zusammenziehung der 
Kammern, reizt den Pneumogastrikus, verlangsamt dadurch den 
Herzschlag und verlängert die Dauer der Diastole, erzeugt eine 
Kontraktion der kleineren Gefäße, erhöht den peripheren Wider¬ 
stand und hebt die arterielle Spannung. Diese seine bei vielen 
chronischen Herz Veränderungen so sicher auftretenden Wirkungen 
lassen bei akuten Krankheiten und besonders bei Pneumonie 
mit starker Hyperthermie, welche mit Herzschwäche einher¬ 
gehen, im Stiche. Im Gegenteil, wenn sie längere Zeit fort¬ 
gegeben wird, so riskiert man, eine Vergiftung des kranken 
Tieres herbeizuführen. Diese Intoxikation zeigte sich durch 
Herzklopfen, Arythmie und Schwäche oder gänzliches Schwinden 
des Pulses, Blässe der Schleimhäute, Kaltwerden der Extremitäten 
und leichte Kolikanfälle an. Da sich die Tiere an die Digitalis 
nicht gewöhnen können, so ist es ratsam, eine tägliche Dosis 
von 3—5 g nicht zu übersteigen und diese nicht länger als 
4—5 Tage zu geben. 

Das Digitalin hat die gleiche Wirkung wie die Digitalis. 

Das Koffein wird in der Behandlung der Herzkrankheiten 
dann angewandt, wenn die Zeichen von Herzmuskelschwäche 
mit Neigung zu Ohnmachtsanfällen auftreten. Der Verfasser 
gibt es in hypodermischer Injektion in Dosen von I—2 g, die 
zwei- bis dreimal am Tage wiederholt werden. Seine Löslich¬ 
keit in Wasser wird durch Hinzufügen von Natrium benzoicum 
ermöglicht. Es verstärkt die Energie der Herzkontraktionen 
und kräftigt den Puls. Sind die Störungen schwerer Natur, ist 
die Zirkulation sehr beschleunigt oder das Myokard außer¬ 
ordentlich geschwächt, so ist seine Wirkung gleich Null, bei 
den infektiösen Myokarditen ist sie auch nur gering. 

Der Äther ist ein gutes Exzitant des Herzens und es tritt 
seine Wirkung viel schneller ein als die des Koffeins oder der 
Digitalis. In subkutanen oder intramuskulären Injektionen in 






6. August 1908. 


der Dosis von 10—25 g, dreimal täglich, wird es angewandt. 
Werden nur 5—6 ccm auf einmal eingespritzt, so läßt das Medi¬ 
kament außer einem ganz kleinen Ödem keine lokalen Reaktionen 
zurück. Die besten Dienste leistet es bei den adynamiscken 
Lungenentzündungen, die mit Herzstörungen einhergehen, welche 
zu Ohnmächten hinneigen, und ist es mit Vorliebe da anzuwenden, 
wo man schnellstens auf das Myokard direkt einwirken will. 
Seine Wirkung ist nur vorübergehend und ungenügend, wenn 
ihm nicht der Kampfer beigegeben wird. 

Der Kampfer ist ein ausgezeichnetes Mittel ftir jene Pneu¬ 
monien, im Verlaufe welcher schwere Zirkulationsstörungen in¬ 
folge von Herzmnskelschwäche eintreten, dann wenn das am 
Muskel selbst oder in seiner Innervation erkrankte, übermüdete 
Herz zu unterliegen droht. Es ist das ausgewählte Herzmittel 
bei den Neuro-Myokarditen. Der Verfasser verwendet ihn in 
subkutanen Injektionen zu 1: 10 oder 1 :5 oder 4 in Äther oder 
Öl oder in beiden aa aufgelöst und gibt im Tage 60—100 g so¬ 
gar der starken Kampferöllösung. Werden von dieser Lösung 
nur 5—6 ccm per Stich eingespritzt, so bleibt ein kaum bemerk- 
liches Ödem zurück, werden aber Injektionen von 10 oder mehr 
ccm an der gleichen Stelle gemacht, so rufen diese gewöhnlich 
lange dauernde entzündliche Schwellungen hervor, von welchen 
viele während der Konvaleszenz in Eiterung übergehen. Die 
Injektionen sollen daher nur an Stellen gemacht werden, an 
welchen eine Nekrose nicht zu befurchten ist, z. B. an beiden 
Halsseiten, seitlich an der Vorderbrnst oder in der Gegend der 
Vorarm streck er. Durch sie wird das Herz gestärkt, der Puls 
gekräftigt und die Zirkulation verlangsamt. Helfer. 

Schutz- und Heilimpfangen bei der Druse der Pferde. 

(Veröffentl. aus den Jahrea-Veterihär-Berichten der beamteten Tier¬ 
ärzte Preußens für das Jahr 1905. II. Teil. Zusammengestellt von 
Veterinärrat Nevermann, Berlin 1908). 

Schutz- und Heilimpfungen mit den verschiedenen Seris sind 
in mehreren Kreisen versucht worden, sie haben sich aber in allen 
Kreisen als wirkungslos erwiesen. Die Impfungen mit dem Jeß- 
Piorkowskischen] Druseserum sind besonders zahlreich vor¬ 
genommen worden. Es scheint, als ob eine Schutz Wirkung von 
etwa 5 Wochen Dauer erzielt werden kann. So berichtet Kreis¬ 
tierarzt Haake in Culm, daß die neu eingestellten Fohlen bald 
nach Ihrer Ankunft mit dem erwähnten Serum geimpft wurden, 
weil in den vorhergegangenen Jahren immer 10 bis 15 Proz. der 
Druse erlagen. Der Erfolg war nun der, daß die Tiere die ersten 
5 Wochen nicht erkrankten, dann aber um so heftiger und mit 
einem Verlust von 20 Proz. Obwohl manche Fohlen noch 2- bis 4- 
mal geimpft wurden, war ein günstiger Einfluß auf den Verlauf 
der Seuche durch die Impfung nicht erkennbar. Nur Kreistier¬ 
arzt Hennig in Templin erzielte bei fehlender Abszedierung 
der Drüsen und bei Behinderung des Atmens oft schon durch 
eine einmalige Einspritzung Besserung des Zustandes. 

Eine eigenartige, erfolgreiche Behandlung nahm Kreistier¬ 
arzt Träger in Belgard auf den Rat von Oberveteriuär 
Kownatzky vor. Er wendete bei 34 Pferden lediglich eine 
Einspritzung von verdünntem Wasserstoffsuperoxyd an. Die in 
den Apotheken käufliche Lösung wird mit 2 Gewichtsteileu 
2 bis 4 Proz. Kochsalzlösung versetzt und von dieser Mischung 
werden je nach Größe der Tiere und Schwere der Erkrankung 
25 bis 40 ccm, auf ca. 30° erwärmt, in die Jugularis einge¬ 
spritzt. Zur Zeit der Einspritzung vorhandene Abszesse wurden 
chirurgisch behandelt. Das Allgemeinbefinden hob sich innerhalb 


559 


24 Stunden nach der Einspritzung sichtlich. Der Regel nach 
genügte eine Einspritzung, nur bei 3 Pferden waren 2 bis 3 
Einspritzungen erforderlich. Eine weitere innere Behandlung 
kam dabei nicht zur Anwendung. Es erschien zunächst bedenk¬ 
lich, größere Mengen der angegebenen Lösung in die Blutbahn 
einzuführen, denn es findet eine starke Gasentwickelung in der 
Lösung statt, sobald diese mit Blut in Berührung kommt. Es 
traten aber bei keinem der so behandelten Pferde üble Zu¬ 
fälle ein. Rdr. 

Zur Bekämpfung der Druse. 

Von Hofstabs veterinär Wagenheuser. 

(Zeitschrift für Gestütkundo und Pferdezucht, 1908, Heft 2.) 

Verfasser legt in kurzer Ausführung seine Erfahrungen mit 
dem Druseserum von Jeß-Piorkowski dar. Als Fazit stellt 
er folgende Grundsätze auf: 

1. Das Bestehen der Druse seitens der Mutter muß nicht 
eine Infektion des Fohlens im Mutterleibe herbeiführen. 

2. Das Überstellen der Druse des Muttertieres schützt das 
geborene Fohlen nicht vor Erkrankung. 

3. Trotz der Schutzimpfung — selbst mit doppelter Dosis — 
erwerben Mutter und Kind die Druse. 

4. Die Druse bricht trotz wiederholter Seruminjektionen ihren 
Verlauf nicht ab, derselbe wird jedoch gekürzt und ge¬ 
mildert. 

5. Eine wesentliche Rolle bei der Druseerkrankung spielt 
die Körperkonstitution der Patienten. 

6. Bei Saugfohlen stellt die Muttermilch ein souveränes 
Allheilmittel dar. 

Nach Wagenheus er 8 Überzeugung ist die Serumtherapie 
bei Druse noch nicht geklärt. Die etwaige Schutzwirkung, die 
eventuell der Injektion sich anschließt, dauert nicht über vier 
Wochen. Trotz Reduzierung des Preises ist das Serum immer 
noch zu teuer, so daß schon hierdurch ein großes Hindernis 
für die allgemeine Einführung gebildet wird. J. Schmidt. 

Das „Schroten“ der Säue. 

Von Tierarzt A. Beck. 

(AUatorvodi Lapok 1908, Nr. 9.) 

Die Ovariotomie beim Schwein erfordert gewisse Geschick¬ 
lichkeit, Gewandtheit und wird trotz der nicht geringen Mühe, 
mit welcher sie verbunden ist, in den meisten Fällen nicht oder 
kaum entsprechend honoriert. Auch deshalb beschäftigen sich 
verhältnismäßig wenig Tierärzte mit der Kastration der Säue 
und überlassen diese Manipulation Laien, welche aber gar zu 
oft während ihrer Wanderschaft, Seuchen von Hof zu Hof 
schleppen. Diesen Übelstand abzuschaffen wendet man sich in 
Ungarn in neuerer Zeit wieder zu einem älteren Verfahren, 
dem sogenannten „Schroten“ der Säue, welches darin besteht, 
daß man 3—4 Schrotkörner (aus Blei) in die Gebärmutter der 
Schweine hineinführt. Das Verfahren ist ziemlich einfach und 
kann gelegentlich der Brunst auch ohne jeden besonderen Apparat 
bewerkstelligt werden. Da aber die Brunst in einem größeren 
Schweinebestand nicht gleichzeitig an demselben Tag bei jeder 
Sau auftritt und daher der Tierarzt gezwungen wäre, öfter das 
Schroten vorzunehmen, hat man Apparate konstruiert, mit welchen 
man die Schrotkörner auch außerhalb der Brunstzeit in die 
Gebärmutter hineinführen kann. Die meisten dieser Apparate 
haben den Pistolen ähnliche Federkonstruktion, versagen aber 
bald den Dienst. Beck hat jetzt einen einfacheren und leicht 
handlichen Apparat zum Schroten der Schweine erfunden. Es 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


ist ein 35—40 cm langes, am Ende abgerundetes Metallrohr, 
in welchem 3—4 Schrotkörner hinlänglich Platz haben; in das 
Rohr kann weiter ein Schieber leicht hineingeführt werden. 
Der Gebrauch des Apparates ist folgender. Die Sau wird bei 
den hinteren Extremitäten hochgehoben und das beölte Rohr 
durch die Scheide mit drehenden Bewegungen in den Cervix uteri 
hineingeführt bis es in das Cavum uteri hineingelangt; dann zieht 
man den Schieber heraus und steckt 3—4 geölte Bleischrot¬ 
kugeln in das Rohr, welche durch dieses in die Gebärmutter 
gelangen, worüber man sich mit dem abermaligen Hineinführen 
des Schiebers überzeugen kann. Das Verfahren ist also sehr 
einfach und ermöglicht das gleichzeitige Schroten aller Säue 
eines Bestandes, was sowohl im Interesse des Mästers als auch 
zur Bequemlichkeit desselben und des Tierarztes dient, da man 
nicht die Brunst, die spontane Öffnung des Gebärmuttermundes 
abwarten muß. Sollten aber einige von den Säuen nicht ge¬ 
schrotet werden, so beunruhigen sie bei der Brunst die übrigen 
und beeinflussen deren Mästung. Dr. Z. 

Über Zellgifte und Zellkrankheiteu. 

Von Prof. Dr. F. Zschokke, Zürich. 

(Österr. Monatsschrift für Tierheilkunde, 1908, S. 1.) 

An den einzelligen Wesen prüft heute die Wissenschaft die 
elementaren Vorgänge des Lebens. Zschokke verbreitet sich 
in seinem in einer Gesellschaft von Tierärzten gehaltenen 
Vortrag zunächst über den Kern (Sitz und Ausgangspunkt des 
Lebens), das Protoplasma (die Werkstatt des Kerns) und die 
Zellmembran, spricht dann über Zell gifte und vor allem über 
die Zellveränderungen in Gestalt von Veränderungen von Form, 
Struktur und chemischer Reaktion und von veränderter Funktion. 
Veränderung des Protoplasmas gibt Zellerkrankung (trübe 
Schwellung, hyaline, schleimige, wachsige, wässerige Entartung), 
des Kerns Tod (Zerfall, Auflösung). Mittelst Farben und 
Reagentien ist es möglich, Zellerkrankungen nachzuweisen. 
Praktisch besonders wichtig sind die funktionellen Störungen, 
welche die sichersten Beweise für Erkrankung der Zellen 
liefern. Diese Funktionsstörungen bestehen in einer Ver¬ 
minderung (Lähmung) oder Vermehrung (Reizung) oder in 
einer qualitativen Veränderung der Zelltätigkeit. 

Verminderung der Zellfunktion sieht man z. B. auffällig bei 
frisch infizierten, fiebernden Tieren, indem zahlreiche Drüsen 
wenig oder gar nicht funktionieren (Milchdrüse versiegt oft voll¬ 
ständig, das Flotzmaul wird trocken; Leistungsfähigkeit der 
Muskeln wird geringer — Herzschwäche, Schildern der Pferde). 

Die vermehrte Tätigkeit der Zellen ist teils durch direkte 
Beeinflussung des Zellkörpers durch Toxine, teils indirekt durch 
nervöse Reize bedingt. Zu erinnern ist an die enorme Sekretion 
der Darmdrüsen bei Cholera, an den Nachtschweiß der Tuber¬ 
kulösen; auffallender ist die gesteigerte Funktion der nervösen 
Elemente (Schmerz, Lichtscheu, Juckreiz usw.). Eine recht 
bedeutsame Funktionssteigerung ist die Förderung der Assimi¬ 
lation, des Wachstums und der Vermehrung der Zellen (örtliche 
Zellwucherung bei Tuberkulose, Rotz usw. in der Nähe des 
Pilzherdes). 

Die qualitativ veränderte Zelltätigkeit zeigt sich am be¬ 
deutendsten in der Bildung von Antikörpern. Diese kurze 
Skizze zeigt, daß — wie schon Wich ow lehrte — der Krankheits¬ 
und Heilprozeß sich letztinstanzlich in den Körperzellen abspielt. 

Richter. 


Aus der medizinischen Klinik der Tierärztlichen Hochschule in 
Stuttgart. 

Papilläres Akanthom auf der Innenfläche des 
Pferdeohres. 

Von Assistent Dr. Pröscholdt-Stettin. 

(Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde, 31. Itl., Heft 2.) 

An der konkaven Innenfläche des Ohres mancher Pferde 
kann man rundliche, durch ihre Farbe besonders gekennzeichnete 
Erhabenheiten bemerken. Die einen sind weiß, pigmentlos, die 
anderen dagegen schwarzbraun bis schwarz, pigmenthaltig. 
Beide Typen werden gewöhnlich als Warzen bezeichnet. 
Pröscholdt hat zwecks genauerer Bestimmung dieser 
Protuberanzen eine Reihe von Untersuchungen vorgenommen. 
Nach seiner Auffassung ist die Bezeichnung Akanthom für die 
erwähnte Neubildung am geeignetsten. Dieser von Au^spitz 
und Unna herrührende Ausdruck hat bis jetzt in der Veterinär¬ 
medizin noch keinen Eingang gefunden. Die Neubildung weist 
alle für das Akanthom charakteristischen Momente auf. Sie 
stellt eine Wucherung der Stachelschicht vor; letztere wächst 
zuerst und nimmt schließlich die Hauptmasse der Neubildung 
ein. Infolge des späteren Zutritts von bindegewebigen 
Wucherungen, welche sich im mikroskopischen Bilde wie Papillen 
repräsentieren (die Cutis der Ohrmuschel besitzt normalerweise 
keinen Papillarkörper), erscheint die Benennung als papilläres 
Akanthom am zutreffendsten. 

Die Pigmentverteilung in der Epidermiswucherung ist sehr 
wecliselvoll. Die pigmentlosen Akanthome sind die vor¬ 
herrschenden Übergänge zwischen beiden Typen können Vor¬ 
kommen. 

Die Versuche, die Ätiologie aufznklären, ergaben kein 
positives Resultat. Die Übertragung der Neubildung auf das 
Ohi* von Hund, Katze und Kaninchen gelang nicht. Die Ent¬ 
wicklung der Akanthome geht sehr langsam von statten. Erst 
nach Monaten ist es möglich, Veränderungen der Herde oder 
neue Erhabenheiten zu konstatieren. J. Schmidt. 


Tagesgeschichte. 

t 

Am Freitag, den 31. Juli 1908 verschied plötzlich im besten 
Mannesalter nach kurzem Leiden der Tierarzt Dr. Dittmer 
aus Ladenthin. Dr. Dittmer hat während seiner zweijährigen 
Tätigkeit als Beamter der Landwirtschaftskammer die Tuber¬ 
kulosebekämpfung in den den Herdbüchern angeschlossenen 
Herden der Provinz Posen ausgeführt und außerdem, so weit es 
seine Zeit erlaubte, in der Tierhygienischen Abteilung gearbeitet. 
Er hat es verstanden, durch Fleiß, Umsicht und Gewissen¬ 
haftigkeit das Vertrauen und die Zuneigung seiner Kollegen und 
der Landwirte sowie der Landwirtschaftskammer im hohen 
Grade zu gewinnen. 

Wir betrauern in dem so früh auf der Höhe seiner Schaffens¬ 
kraft im 29. Lebensjahre Dahingeschiedenen nicht nur einen 
tüchtigen und verehrten Kollegen, sondern auch einen lieb¬ 
gewordenen Freund. Wir werden ihm ein dauerndes und 
ehrendes Andenken bewahren. 

Im Namen der Mitglieder der Abteilung für Tierl^giene 
des Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft 

der Vorsteher: Dr. Mießner. 

Bromberg, den 1. August 1908. 



6. August 1908. 


Tierärztlicher Optimismus. 

Von Haupt-Gelsenkirchen. 

„Welcher Kollege leiht jüngerem 1500 M. zur Erwerbung 
des Doktorgrades? Ratenweise Rückzahlung nach Jahresfrist.“ 
So lautet ein Inserat in Nr. 28 der B. T. W. — Ob sich der 
Herr Kollege, der „ratenweise Rückzahlung nach Jahresfrist“ 
garantiert, der schwierigen Verhältnisse bewußt ist, die ihn im 
Leben erwarten? 

Wer, wie Verfasser, in der Zeit von 1906 an seine Studien¬ 
zeit abgeschlossen hat und ins Leben hinausgetreten ist, ganz 
auf sich selbst angewiesen, wird jedem Kollegen bezeugen müssen, 
wie schwer es ist, als Tierarzt in eine Stelle zu kommen, die 
ihn vorläufig gerade ernährt, jedoch zur Tilgung höherer 
Geldverpflichtungen kaum Gelegenheit gibt. Im Durchschnitt 
werden die Kollegen, die keine Verbindungen haben, Ver¬ 
tretungen in der Praxis oder Assistenzen bei Kreistierärzten usw. 
annehmen. Und hier schon hört man vielfach den Wunsch, 
„ja keine Herren zu bekommen, die noch keine Vertretung 
hatten“. Nun, im Sommer ist ja, wie auch aus den Inseraten 
der Fachzeitschriften zu ersehen ist, die Nachfrage nach Tier¬ 
ärzten scheinbar größer, als das Angebot; jedoch merkt man 
deutlich ein Abflauen der angebotenen Vertretungen gegen den 
Herbst hin. Dann beginnen die Bewerbungen um ausgeschriebene 
Schlachthoftierärzte-Stellen. Von anderer Seite ist schon ge¬ 
nügend betont, daß Bewerber, die keine Schlachthoferfahrungen 
aufweisen, überhaupt keine Aussicht auf ein Ankommen in 
Sclilachthofdiensten haben; es sei denn, daß sie einen „Vetter“ 
in der städtischen Verwaltung oder sonstige Fürsprache haben. 
Es kann einem Jeden so gehen wie Verfasser, daß in der 
nächsten Nähe seiner Heimat ein anderer Bewerber, der 
absolut keine Schlachthof- und Fleischbeschau-Technik hatte, 
einem selbst vorgezogen wird, weil dieser an einem Hochschul¬ 
institute (sagen wir z. B. für Tierzucht!) tätig gewesen war! 

Und ist es nicht ein deutliches Zeichen der Überfüllung, 
wenn sich um letzte Assistenztierarztstellen größerer Schlacht¬ 
höfe verschiedene Kollegen mit der Qualifikation zum beamteten 
Tierarzt melden? Wenn im Durchschnitt um jede ausgeschriebene 
2400 M.-Stelle 25—30 Bewerber da sind? — Man sehe sich 
ferner die Zahl der Doktoranden und „Volontärassistenten“ an 
unseren Hochschulinstituten an, die sich in bedrohlicher Weise 
vermehrt; nicht alle sitzen dort, um aus dem Born der Weis¬ 
heit zu schöpfen, sondern um abzuwarten, bis sich ihnen ein 
Unterkommen bietet! 

Sollte jetzt nicht die rechte Zeit sein, ein Wort der 
Warnung zu sprechen vor etwaigem Optimismus der angehenden 
Kollegen, denen vielleicht noch der Himmel voller Geigen hängt, 
was die Hoffnung auf das spätere Geldverdienen anbelangt? 

Die fortwährenden Klagen über die schlechten Gehalts¬ 
verhältnisse der Schlachthoftierärzte ziehen sich wie ein ganzer 
Konglomerat roter Fäden durch die Geschichte der letzten Jahre, 
und von der Privatpraxis hat einmal jemand im Scherze das Wort 
von dem tierärztlichen Taler geprägt, der „nur 75 Pfennige 
wert sei“! Und mancher Praktiker, dem einst seine pekuniäre 
Zukunft golden erschien, wird sich in dem harten Kampfe ums 
Dasein, in Konkurrenz mit Pfuschern usw. von der bitteren 
Wahrheit dieses Scherzwortes überzeugt haben! 

Die Zeiten sind ernst für uns geworden; die Folgen 
der Überproduktion an Tierärzten machen sich 
in schwerer Weise bemerkbar. Infolgedessen haben, 


561 


wie ich in einer Leipziger Zeitung mit Befriedigung 
gelesen habe, die sächsischen Tierärzte an alle höheren 
Schulen Sachsens einen Warnruf vor dem tierärztlichen 
Studium ergehen lassen, ein Vorgehen das man für alle 
andern Bundesstaaten als nur nachahmenswert bezeichnen 
kann. Gott sei Dank ist in letzter Zeit nicht mehr für den 
tierärztlichen Beruf Propaganda gemacht worden, wie es vor 
ungefähr 6 Jahren noch, wenn ich nicht irre, im „Berliner 
Tageblatt“ geschah, wo man lesen konnte, daß z. B. in Ost¬ 
preußen den Tierärzten goldene Quellen zur Verfügung ständen, 
aus denen sie nur zu schöpfen brauchten! Ein jeder aber, der 
die dortigen Verhältnisse kennt, weiß genau, daß zwar der 
Kreistierarzt alles, der Privattierarzt dagegen nichts ist. 

Mögen nun diese Zeilen dazu dienen, die jüngeren Kollegen 
und die, die im und vor dem Studium stehen, vor einem falschen 
Optimismus zu bewahren, sie zu warnen vor einem Eingehen 
von Verpflichtungen, die später nicht nur für sie selbst, sondern 
auch für die gutmütigen Kollegen, die ihnen halfen, recht drückend 
werden könnten! 

Zur Geschichte des Yeterinärinstitutes zu Gießen. 

Die Gegenwart hat mit Freuden ein ungeahntes Aufblühen 
des ehemals so einfachen und von den Studenten fast ver¬ 
gessenen Veterinärinstitutes zu Gießen und seine Entwicklung 
zu einem vollberechtigten und wichtigen Teil der hessischen 
Landesuniversität erlebt. 

Da bietet es vielleicht ein besonderes Interesse, etwas von 
den Anfängen dieser Anstalt zu vernehmen, und zwar aus die 
Feder desjenigen Mannes, der Augenzeuge und Träger jener 
bescheidenen Anfänge war.* Dr. med. Carl Wilhelm Vix, der 
erste Lehrer der Veterinärwissenschaft zu Gießen, hat uns eine 
kurze Autobiographie hinterlassen, die von Herrn Obermedizinal¬ 
rat Dr. Lorenz in Darmstadt aufgefunden worden ist und 
folgendermaßen lautet: 

„Geboren bin ich zu Gießen am 27. März 1802 und habe 
daselbst bis zu meiner Konfirmation die Schulen besucht, wo ich 
mir, außer der gewöhnlichen Schulbildung, auch einige Kennt¬ 
nisse der älteren Sprachen zu eigen machte. Im Jahre 1816 
zog meine Mutter, mein Vater war schon seit 1807 gestorben, 
nach Darmstadt, wo mein Taufpathe, der würdige großherzogl. 
hessische Stallmeister Gebhardt, sich meiner annahm und dem 
1830 verstorbenen Herrn Landgrafen Christian empfahl, der 
mich zuerst in den höheren Schulfächern weiter unterrichten 
ließ, mich überhaupt bei meinem Studium unterstützte und in 
seine Dienste nahm. Die Jahre 1816, 1817 und 1818 erlebte 
ich, auf mein späteres Studium mich vorbereitend, in Darmstadt, 
übte mich auf großherzoglicher Manege im Reiten, sowie ich 
auch bei dem Marstalls-Tierarzte Herrn Britsch Unterricht in 
der Zootoraie und dem Exterieur der Pferde genoß. In den 
Jahren 1819 und 1820 besuchte ich die Tierarzneischule zu 
Hannover, wo Hausmann und Günther meine Lehrer waren, und 
die Jahre 1821 und 1822 verbrachte ich an der Universität und 
dem Tierarznei-Institute zu Wien und besuchte einige Gestüte. 

Im Herbst 1822 bestand ich mein tierärztliches Examen im 
Vaterlande, wurde jetzt Tierarzt an dem Marstalle meines hohen 
Protektors und praktizierte in meinem Fache zu Darmstadt und 
dessen Umgegend. Das Jahr 1823 verwendete ich zur Er¬ 
lernung der französischen und englischen Sprache und übte 
ferner noch die Reitkunst. Es wurde mir jetzt die Aussicht 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


*** 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


eröffnet, an der neu organisierten Tierarzneischule zu Utrecht 
in Holland ein Lehramt zu bekommen, ich zog es vor, im Vater¬ 
lande zu bleiben. Im Frühjahr 1824 wurde ich zum Assessor 
cum voto beim großherzogl. Medieinal-Collegio zu Darmstadt 
ernannt; nahm mir jedoch sogleich Urlaub, um in Göttingen 
Medizin zu studieren. Im Herbst 1820 bestand ich das 
medizinische Examen und erwarb mir dadurch die Doktorwürde 
in der Medizin, Chirurgie uud Geburtshilfe des Menschen. Den 
Winter 1820/27 verlebte ich in Paris und benutzte daselbst alle 
Institute, welche mir von Interesse waren. Im Frühjahr 1827 
bereiste ich. Frankreich, überstieg die Pyrenäen und besuchte 
einen Teil der Halbinsel; im Sommer kehrte ich durch das süd¬ 
liche Frankreich nach Straßburg zurück, durchreiste von da die 
Niederlande und begab mich nach England. Im Spätherbst 
desselben Jahres, nachdem ich noch einen großen Teil Nord¬ 
deutschlands, namentlich Mecklenburg, bereist und Berlin besucht 
hatte, kehrte ich nach Darmstadt zurück und trat daselbst in 
meine älteren Dienstverhältnisse und in meiner neuen Stellung 
bei dem Medieinal-Collegio ein. Im Jahre 1828 wurde mir die 
Kreistierarztstelle dahier zu Gießen übertragen und mir die 
Stelle eines Privatdozenten an der Landesuniversität eröffnet.“ 

Mit dieser Anstellung war auch die Verpflichtung verknüpft, 
jährlich encyclopädisch-tierheilkundige Vorlesungen für Juristen, 
Mediziner, Camaralisten und Öconomen zu halten. Vix kündigte 
diese Vorlesungen zwar jedes Semester an, aber in der Zeit 
von 8—10 Jahren wurden sie nur von zwei Medizinern benutzt. 
Damit also seine Stellung an der Universität nicht eine ganz 
passive bliebe, eröffnete er 1828 einen Kursus für das Studium 
der gesamten Tierarzneiwissenschaft und 1820 ein Tierspital. 
Als für dieses Tierarznei-Institut auf dem Landtage von 1835/30 
die Bewilligung einer jährlichen Unterstützung verlangt wurde, 
erhob sich dagegen eine starke Opposition und der Antrag 
wurde verworfen. 1835 wurde Vix zum außerordentlichen 
Professor der Tierarzneiwissenschaft ernannt. 1834 setzte er 
im Verein mit Prof. Nebel, wozu späterhin noch Dietrichs 
in Berlin trat, die durch den Tod des Prof. Busch in Marburg 
eingegangene Zeitschrift fort. Als Kreistierarzt hatte Vix 
früher auch zootomische Vorträge für jüdische Theologen gehalten. 
Seine Zeitschrift hörte 1851 mit dem 17. Jahrgang auf. 

Die Emanzipation der Tierärzte Hessens wurde durch die 
Verordnung vom 30. Mai 1830 bewirkt, welche für das Studium 
der Tierheilkunde dieselbe Maturitätsreife und eben solche 
Fakultätsprüfungen forderte, wie für die Mediziner; hierdurch 
soll sich die Universität bewogen gefunden haben, den Tierärzten 
die Doctorwürde zu verleihen.*) 1847 wurde Vix zum ordent¬ 
lichen Honorar-Professor ernannt und 1849 sein Institut vom 
Staate durch einen Betrag eigentlich erst anerkannt. Außer 
vielen Abhandlungen in der genannten Zeitschrift gab Vix 
heraus: eine Beschlaglehre (1834), eine allg. Pathologie (1840) 
und eine Zoo-Symptomatologie (1846). 

Aus den Akten der Landes-Universität geht ferner hervor, 
daß Vix im Jahre 1829 mit einem Jahresgehalt von 300 Gulden 
und Vergütung der Pferdefourage mit jährlich 130 Gulden zum 

*) Diese wichtige Einrichtung, durch welche Hessen als erstes 
Land der ganzen Welt die Universitiitsreife für seine Tierärzte ein¬ 
führte, wurde faktisch bald wieder zunichte gemacht, indem im 
Jahre 1842 die Ausbildung von Tierärzten II. Klasse eingeführt 
wurde, deren Zahl nach Eichbaum, Geschichte der Tierheilkunde 
Seite 137, allerdings gering geblieben sein soll. 


Tierarzt des Bezirks Gießen ernannt wurde. 1835 wurde das 
Gehalt von 300 Gulden auf jährlich 500 Gulden und im 
Jahre 1847 auf 600 Gulden erhöht. Am 10. Februar 1835 
wurde Vix, wie bereits erwähnt, zum außerordentlichen Professor 
erwählt und am 4. Mai 1847 wurde ihm der Charakter als 
Prof. Ordinarius honorarius verliehen. 

Gebühren für Behandlung der Gestütpferde. 

In betreff der Vergütung der tierärztlichen Behandlung von 
Gestütspferden hat der Herr Minister für Landwirtschaft usw. 
den Gestütsdirigenten eine Zusammenstellung der für die Ver¬ 
gütung der tierärztlichen Behandlung erkrankter Pferde der 
Staatsgestüte geltenden Bestimmungen zugehen lassen. Da 
diese Bestimmungen ein allgemeines Interesse haben, so werden 
sie hier wiedergegeben: 

A. Behandlung durch beamtete Tierärzte. 

1. Für die Behandlung erhalten Kreistierärzte, die ver¬ 
pflichtet sind, den entsprechenden Ersuchen Folge zu leisten, 
wenn die Behandlung außerhalb ihres Wohnortes stattfindet, 
Tagegelder und Reisekosten nach den Vorschriften des Gesetzes 
vom 24. März 1873 (Gesetzsammlung S. 122). 

2. Hat die Behandlung am Wohnorte des Kreistierarztes 
stattgefunden, so sind die Gebühren nach den Sätzen der in den 
betreffenden Landesteilen geltenden Taxen zu liquidieren. Für 
die alten Provinzen Preußens ist dies die auch in dem Gebiete 
des ehemaligen Herzogtums Nassau eingeführte Medizinaltaxe 
vom 21. Juni 1815, vgl. Erlasse vom 27. Februar 1892 und 
29. Januar 1893 (Minist.-Blati 1893, S. 31). 

3. Zu der Behandlung, so weit sie nicht durch Gestüt¬ 
roßärzte wahrgenommen werden kann, ist in der Regel der 
Kreistierarzt desjenigen Kreises heranzuziehen, in dem die zu 
behandelnden Pferde aufgestellt sind. Nur in besonders wichtigen 
Fällen, z. B. wenn ein Obergutachten erforderlich erscheint, 
darf der Gestütdirigent den Departementstierarzt zuziehen. Für 
die tierärztliche Untersuchung außerhalb seines Wohnortes 
erhält der Departementstierarzt alsdann Tagegelder und Reise¬ 
kosten nach den Vorschriften des Gesetzes vom 24. März 1873 
(Gesetz-Sammlung S. 122) Erlaß vom 21. November 1892 
(Minist.-Blatt S. 364). 

Zu A. wird noch bemerkt, daß die Bestimmungen des 
Gesetzes, betreffend die Dienstbezüge der Kreistierärzte vom 
24. Juli 1904 (Gesetz-Sammlung S. 169) nicht in Frage kommen. 
Nach der Begründung des Gesetzes zum § 1 (siehe Druck¬ 
sachen A.-H. Se8S. 1904/05, Nr. 91, S. 14) sind als amtliche 
Verrichtungen im Sinne dieses Paragraphen nur solche an¬ 
zusehen, die dem Kreistierarzte, als dem staatlichen Veterinär¬ 
beamten des Kreises obliegen. Darunter fallen, wie ausdrücklich 
hervorgehoben ist, nicht die ihm nebenamtlich, oder in einzelnen 
Fällen übertragene Behandlung von Pferden der Staatsgestüte. 

* B. Behandlung durch Privattierärzte. 

Für die Behandlung erhalten Privattierärzte in Ermangelung 
angängiger anderweitiger Vereinbarung Vergütungen nach den 
Sätzen der in den betreffenden Landesteilen geltenden Taxen. 
Für das Gebiet, in dem die Medizinaltaxe vom 21. Juni 1815 
Geltung hat, erhalten sie bei Behandlungen außerhalb ihres 
Wohnortes mangels einer anderweitigen Vereinbarung an Tage¬ 
geldern 6 M. für den Tag und an Reisekosten 30 Pf. für den 
Kilometer Landweg, 67a Pf für den Kilometer Eisenbahn oder 




6. August 1908. 


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563 


Dampfschiff und 1,50 M. für jeden Zu- und Abgang. Erlasse 
vom 9. Juli und 8. September 1881 (Minist.-Blatt S. 204). 

Die Gestütsdirigenten sind ersucht worden, in jedem Falle 
der Behandlung von Gestütspferden durch Privattierärzte 
eine Honorarvereinbarung in der Weise zu treffen, daß ihnen 
vor Beginn der Behandlung, eventuell durch die Stationshalter, 
die Gewährung der ortsüblichen Behandlungssätze zuge¬ 
sichert wird. 

In betreff der Behandlung von Gestütspferden am Sitze des 
Gestüts durch den daselbst wohnenden Kreistierarzt wird auch 
künftig die Vereinbarung von Pauschalsummen, wo irgend 
angängig, anzustreben sein. 

Von den Instituten der Landwirtsohaftskammern. 

(Nach den Berichten für 19C6/07.) 

Am bakteriologischen Institut zu Halle sind außer dem 
InstitutleiterDr. Räbiger dreiAssistenztierärzte,Dr. Rautmann, 
Dr. Grosso und Holth angestellt; dazu kommen fünf Bureau¬ 
beamte und sechs Arbeiter. Das Institut der Schleswig-hol¬ 
steinischen Landwirtschaftskammer zu Kiel beschäftigt neben dem 
Vorsteher Tierarzt Dr. Bugge fünf Tierärzte, zwei Bureau¬ 
beamte und vier Arbeiter; im Jahre 1906 wurde ein Neubau 
bezogen. Auch das bakteriologische Institut der Landwirtschafts¬ 
kammer von Pommern wird im Sommer 1908 einen Neubau be¬ 
ziehen, der einen Kostenaufwand von 175 000 M. erfordert und 
sich an der Stadtgrenze Stettins in Ziillchow auf einem 7 Morgen 
großen Gelände erhebt. Die Landwirtschaftskammer für Ost¬ 
preußen hat im Oktober 1906 das Laboratorium der ostpreußischen 
Holländer Herdbuchgesellschaft übernommen, das seit dem Jahre 
1900 bahnbrechend und mit entschiedenem Erfolge an der Be¬ 
kämpfung der Rindertubekulose gearbeitet hatte. Das Personal 
besteht aus dem Leiter, Tierarzt Dr. Müller nebst zwei Assi¬ 
stenten und vier Beamten. 

Ein unleserliches Rezept und seine rechtlichen Folgen. 

(Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle.) 

Ein Tierarzt hatte einem Hofbesitzer ein Rezept für seinedrei an 
Bandwurm leidenden Hunde verschrieben und dieses selbst aus der 
Apotheke geholt. Eine Stunde, nachdem die Hunde dieses Mittel 
eingenommen, krepierten sie und es stellte sich heraus, daß das 
Rezept stark strichninhaltig war. Der Hofbesitzer verklagte darauf 
den Apotheker, ihm den Wert der Hunde mit 500 M. zu ersetzen, 
weil sein Gehilfe durch ein falsch bereitetes Rezept ihren Tod ver¬ 
schuldet habe. Der Gehilfe behauptete, daß diese falsche Bereitung 
durch ein unverständliches Wort des Rezeptes „arec“ veranlaßt sei, 
dafür treffe aber den Tierarzt die Schuld. — Das Landgericht Stade 
wies die Klage ab, weil zwischen den Parteien, also zwischen dem 
Hotbesitzer und dem Apotheker, gar kein Vertragsverhältnis zu¬ 
stande gekommen sei; denn auf dem Rezepte habe der vom Tier¬ 
arzt geschriebene Vermerk: ,.pro me“ (tiir mich) gestanden. Ein An¬ 
spruch wegen Verletzung eines Vertragsveihältnisses könne demnach 
nicht geltend gemacht werden. Es käme aber auch kein Verschulden 
des Beklagten wegen Vernachlässigung der im Verkehre erforder¬ 
lichen Sorgfalt bei der Auswahl seines Gehilfen in Betracht, denn 
dieser habe eine langjährige, von keiner Revision beanstandete 
Tätigkeit in verschiedenen Apotheken hinter sich. Für das Ver¬ 
schulden, was den Gehilfen dadurch treffe, daß er den Tierarzt 
nicht nach der Bedeutung des Wortes „arec“ gefragt, könne daher 
der Apotheker nicht haftbar gemacht werden. — Diesem Urteil trat 
das Oberlandesgericht Celle nur zum Teile bei, indem es den An¬ 
spruch des Klägers zu x j K für gerechtfertigt erklärte. Den Abschluß 
eines Vertrages zwischen den Parteien verneinte es ebenfalls, da¬ 
gegen v/ar es der Ansicht, daß der beklagte Apotheker bei der An¬ 
stellung des Gehilfen nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt an¬ 
gewendet. Der Gehilfe habe nur die österreichische Approbation 


als Apotheker und habe in Deutschland keine Prüfung abgelegt. 
Nach Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Januar 1883 
dürfe aber als Apothekergehilfe nur tätig sein, wer den maßgeben¬ 
den Vorschriften über die Prüfung der Apothekergehilfen durchweg 
genügt habe. In Ausnahmcfällen könne allerdings der Reichs¬ 
kanzler in Übereinstimmung mit der zuständigen Zentralbehörde 
eine Ausnahme eintrelen lassen und Personen, die die Gehilfen¬ 
prüfung im Inlande nicht abgelegt, mit Rücksicht auf eine im Aus¬ 
lande abgelegte Prüfung in einer deutschen Apotheke als Gehilfe 
zulaBsen. Eine solche Ermächtigung besitze aber der in Frage 
kommende Gehilfe nicht, er habe deshalb wegen dieser Be¬ 
stimmungen i. J. 1891 seine bis dahin 25 Jahre ausgeübte Gehilfen¬ 
tätigkeit aufgeben müssen. Von diesen Bestimmungen hätte der 
Beklagte Kenntnis haben müssen und deshalb den Gehilfen nicht 
anstellen dürfen. Daß der zuständige Kreisarzt die ihm gemeldete 
Anstellung des Gehilfen nicht beanstandet, tue nichts zur Sache. 
Allerdings sei das Verschulden des Tierarztes größer, daher sei 
dieser zu 3 f i nnd der Gehilfe zu ’/i zu verurteilen. 

(Nachdruck verboten) E. Voigt, Celle, Kanonenstraße 2. 

Deutscher Richterbund. 

Nach der Nationalzeitung soll die Gründung eines „Deutschen 
Richterbundes“ endgültig gesichert sein. Die Bewegung ging vom 
Süden Deutschlands, von Augsburg aus, wo zunächst ein bayerischer 
Richterverein gegründet wurde. Obwohl manche Kreise, besonders 
des Nordens, einstweilen der Sache noch nicht gewonnen sind, 
soll am 1. Januar 1909 der Richterbund ins Leben treten. Man 
will ein eigenes Organ gründen und einen besonderen Sekretär an¬ 
stellen. Jedenfalls dürften wirtschaftliche Gründe auch bei der 
Gründung nicht ausgeschlossen gewesen sein, zumal die Oberlehrer 
die finanzielle Gleichstellung mit den Richtern glücklich durcli- 
gesetzt haben. Dr. G. 

Kolonial-ln8titut in Hamburg. 

Das Reichskolonialamt und der Hamburgische Senat haben 
seit längerer Zeit Verhandlungen über die Errichtung eines 
Kolonialinstituts in Hamburg geführt, das sich andieHamburgischen 
wissenschaftlichen Anstalten und das Vorlesungswesen anschließen 
soll. Der Senat hat nun seine Anträge der Bürgerschaft zur 
Genehmigung unterbreitet. Die Errichtung des Instituts ist 
hiernach auf den 1. Oktober d. J. geplant. Um dem Institut 
die wünschenswerte ständige Fühlung mit der Kaufmannschaft 
zu sichern, soll ein aus drei von der Handelskammer zu 
delegierenden Mitgliedern bestehender kaufmännischer Beirat 
gebildet werden, dem Gelegenheit gegeben wird, sich über alle 
wesentlichen, das Kolonialinstitut betreffenden Fragen zu äußern, 
und der seinerseits das Kolonialinstitut betreffende Anträge und 
Wünsche an den Senat richten kann. Dazu soll zum 1. Oktober 
das Vorlesungswesen der Oberschulbehörde durch eine ständige 
Professur für Geographie und eine ständige Professur für öffent¬ 
liches Recht ergänzt werden. 

Bericht über die 34. ordentliche Generalversammlung 
des tierärztlichen Vereins im Herzogtum Braunschweig 

am 21. Juni 1908 in Daums Hotel zu Braunschweig. 

Tagesordnung: 1. Jahresbericht. 2. Kassenabrechnung. 3. Be¬ 
richt über den Kongreß für Hygiene und Demographie. 4. Vortrag 
über „Milzbrand bei Schweinen“. 5. Mitteilungen aus der Praxis. 

Der Vorsitzende, Herr Medizinal-Assessor Schräder, eröffnetc 
um ll*/ 4 Uhr die Versammlung und gab seiner Freude Ausdruck 
über die zahlreiche Beteiligung. 

In seinem Rückblick auf das verflossene Vereinsjahr gedachte 
er mit Worten der Anerkennung des so früh verstorbenen Kollegen 
Nabel-Schöningen, zu dessen Ehren sich die Anwesenden von 
ihren Sitzen erhoben. 

Unsere Eingabe an das Medizinal-Kollegium betreffend Er¬ 
richtung einer Tierärztekammer habe ihren Weg bereits ins 





564 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Ministerium genommen und da könnten wir getrost das Weitere 
abwarten. 

Es wurde sodann ein Schreiben des Tierärztlichen Vereins fttr 
Schleswig-Holstein, betreffend den Verkehr mit Milch und die Über¬ 
wachung dieses durch die Tierärzte, zur Kenntnis der Versammlung 
gebracht, sowie ein ähnliches Schreiben der Tierärztlichen Gesell¬ 
schaft zu Berlin, betreffend Überwachung dos Verkehrs mit 
animalischen Nahrungsmitteln durch die Tierärzte. 

Von jüngeren Kollegen waren unserer Einladung gefolgt die 
Herren Fehse-Calvörde, Fischer-Schöningcn, Gilbert-Vechelde, 
welche ihrem Anträge gemäß zugleich mit Herrn Dr. Sonnenbrodt- 
Harzburg als Mitglieder aufgenommen wurden. 

2. Der vom Kassierer erstattete Kassenbericht weist eine Ein¬ 
nahme auf von 123,45 M., welcher eine Ausgabe von 124,58 M. 
gegen überstellt, so daß mit dem Bestände aus dem Vorjahre von 
155,57 M. ein Kassenbestand verbleibt von 154,44 M. 

Nachdem die Rechnung von den Kollegen 0. und R. Schräder 
geprüft und für richtig befunden, wird dem Kassierer Decharge erteilt. 

3. Im Anschluß an die Verlesung der Protokolle über die beiden 
Versammlungen aus dem Vorjahre, gegen welche Einwendungen 
nicht erhoben werden, berichtet Kollego Poetting über den Ver¬ 
lauf des Kongresses für Hygiene und Demographie zu Berlin. 

Herr Poetting hatte es übernommen, auf eigene Rechnung an 
diesem Kongresse als Vertreter unseres Vereins teilzunehmen und 
ist deshalb sein Bericht mit um so größerem Dank anzuerkennen. 

Der Kongreß sei berufen und geleitet von hohen und höchsten 
Herrschaften der Reichshauptstadt, besucht von Tausenden der 
gelehrtesten Häupter aller Nationen, und der gebotenen Vorträge 
seien so mannigfaltige und zahlreiche gewesen, daß es einem 
einzelnen längst nicht möglich gewesen, sie alle zu besuchen und 
anzuhören. Von tierärztlichen Vertretern seien ca. 100 anwesend 
gewesen, doch sei leider wenig für deren Zusammenhalt und 
Geselligkeit gesorgt. 


Der Berichterstatter geht dann in genauer Schilderung auf alle, 
besonders den Tierarzt interessierenden Einzelheiten ein und erntet 
dafür reichen Beifall. 

4. Gleich interessant und zugleich belehrend, indem er mancherlei 
Neues brachte, war der nächste und von Herrn Fr. Römer gehaltene 
Vortrag über „Milzbrand bei Schweinen“, welcher als eigener Bericht 
erscheinen wird. Für den sehr ausführlichen Vortrag wird ihm vom 
Vorsitzenden der Dank der Versammlung dargebracht 

Nach Eröffnung der Diskussion meint der Vorsitzende, er habe 
in seiner langjährigen Praxis noch keinen Milzbrand bei Schweinen 
feststellen können. Nach den Ausführungen des Vortragenden sei 
zwar an dem Vorkommen nicht mehr zu zweifeln, doch bliebe er 
immerhin eine Seltenheit Durch die Fleischbeschau würden jeden¬ 
falls, besonders wenn von den Kollegen erst mehr Aufmerksamkeit 
den erörterten Veränderungen in der Milz zugowandt würde, noch 
öfter solche Fälle aufgedeckt. 

Der Vortrag von Herrn Krüger, der nicht hatte erscheinen 
können, wird auf die Herbstversammlung verlegt 

5. Herr Dr. Oehmke spricht über einige Fälle aus seiner Praxis: 
einen eigenartigen Befund von Melano-Sarcom bei der Sektion eines 
Pferdes, Durchschneidung des Zehenstreckers bei einem Pferde ohne 
Lahmheit, zweckmäßige Uterus-Irrigationen und Behandlung des 
Paneritiums mittelst eines eigens dazu konstruierten Lederriemen- 
Verbandes. Herr Poetting erzielte günstige Erfolge bei der 
Behandlung dieses Leidens mit Verbänden, welche feucht erhalten 
werden von einer Flüssigkeit, bestehend aus einem halben Eimer 
Wasser, worin ein Pfund Sap. virid gelöst ist 

Nachdem nunmehr die Besprechungen ihr Ende erreicht, wird 
um 2 Uhr die Versammlung geschlossen und zur Tafel geschritten, 
wozu sich eine größere Anzahl unserer Damen eingefunden hatte. 

Schräder - Helmstedt. L Ö li r - Königslutter. 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Voterinärrat Preuße. 

Bekanntmachung, 

betreffend die Anzeigepflicht für die als Influenza der Pferde bezeichneten 
Krankheiten. 

Vom 29. Juli 1908. 

Auf Grund des § 10 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die 
Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, vom 23. Juni 1880/ 
1. Mai 1894 (Reichsgesetzbl. 1894 S. 409) bestimme ich: 

Für den ganzen Umfang des Reichs wird vom 1. Oktober d. J. 
ab bis auf weiteres für die als Influenza der Pferde bezeichneten 
Krankheiten (Brustseuche und Rotlaufseuche oder Pferdestaupe) 
die Anzeigepflicht im Sinne des § 9 des erwähnten Gesetzes 
eingeführt. 

Berlin, den 29. Juli 1908. 

Der Reichskanzler. 

Im Aufträge: Wermuth. 

Verhandlungen im Landes-Ökonomie-Kollegium. 

Über die im Februar 1908 stattgehabte Sitzung des preußischen 
Landes-Ökonomie-Kollegiums ist bereits in Nr. 10 der B.T. W. kurz 
referiert worden. Nunmehr ist im 37. Band Ergänzungsband II 
der landwirtschaftlichen Jahrbücher der amtliche Bericht über 
diese Tagung erschienen. Aus diesem erfahren wir nun u. a. 
auch das Schicksal der im vorigen Jahr gefaßten Beschlüsse. 
Hier interessiert zunächst der Beschluß zu dem Referat über 
die Wirkungen des Fleischbeschaugesetzes. Dieses ist auf 
S. 246 der B. T. W. 1907 wiedergegeben. Um es kurz zu 
wiederholen, handelt es sich hier 1. um die Übernahme der 
Kosten der Fleischbeschau auf den Staat, 2. um Einführung 
einer obligatorischen Schlachtviehversicherung und 3. um all¬ 


gemeine Regelung der Freibankfrage. Auf die diesbezügliche 
Eingabe hat der Herr Minister erklärt, daß eine Verfolgung 
der Beschlüsse zu 1 und 2 nach den bisher in dieser Richtung 
gepflogenen Verhandlungen aussichtslos erscheint. Im Sinne 
des Beschlusses zu 3 sind entsprechende Änderungen durch 
den Ministerialerlaß vom 17. August v. J. getroffen worden 
(B. T. W. 1907, S. 817). 

In betreff der Eingabe über die gesetzliche Regelung des 
Notierungswesens an den Schlachtviehmärkten ist die Antwort 
zuteil geworden, daß zwischen den beteiligten Ministerien Ver¬ 
handlungen im Gange sind über die Art und Weise, auf welche 
die in dem Beschluß des Landes-Ökonomie-Kollegiums aus¬ 
gesprochenen Wünsche zur Durchführung gelangen können. 

Eine nochmalige Wiederholung der Beschlüsse und Ver¬ 
handlungen über „Statistik der Fleischpreise“ und „Die Kosten 
der Fleischbeschau“ erübrigt sich wohl. Es kann hier nur 
auf die frühere Veröffentlichung auf S. 187 der B. T. W. hin- 
gewiesen werden. Es dürfte jedoch interessieren, noch etwas 
genauer auf das Thema „Die Bekämpfung der Druse“ einzu¬ 
gehen. Der Referent, Rittergutsbesitzer von Zitzewit^- 
Weedern, sprach zunächst sein Verwundern darüber aus, daß 
bisher der Druse, einer Seuche, deren Verheerungen im Osten 
fast noch bedeutender wie die der übrigen Tierseuchen sind, 
so wenig Interesse entgegengebracht und so wenig für sie getan 
worden ist. Referent erklärt sich dies daher, daß die Druse 
im Westen verhältnismäßig selten auftrete und meist auch 
einen milden Verlauf zeige. Die Verluste, die Ostpreußen durch 
die Druse erleide, seien geradezu erschreckend. Von 30000 Fohlen 
gehen etwa 15 Proz. an Druse im 1. Lebensjahre ein. Bei einem 
Durchschnittspreis des Füllens von 250 M, berechne sich de? 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6. August 1008. 


Verlust auf 1125 000 M. Die Druse sei eine Jugendkrankheit 
der Pferde, doch seien auch ältere Pferde vor ihr nicht sicher. 
Das einmalige Überstehen der Krankheit gebe Seuchenfestigkeit 
für das ganze Leben. Für Absatzfüllen sei die Druse am ge¬ 
fährlichsten, im späteren Alter nehme die Widerstandsfähigkeit 
anscheinend zu. Der Infektionserreger sei als ein ketten¬ 
bildender Mikrococcus bekannt. Verfasser geht nun des Nähern 
auf die Krankheitserscheinungen und den Krankheitsverlauf ein, 
ferner auf die Behandlung und die Prophylaxe. Er kenne kein 
wirklich nützliches Mittel gegen die Druse. Er glaube, daß 
ein wirklich sicheres Heil- und Vorbeuguugsmittel nur in einem 
Impfstoff zu erwarten sei. Das bisher gegen Druse angewandte 
Heilserum habe sich bei schweren Fällen als erfolglos erwiesen. 
Für -die Provinz Ostpreußen sei die Anzeigepflicht für die 
Druse der Pferde eingeführt worden, und können demgemäß 
auch Sperr- und Schutzmaßregeln Anwendung finden. Diese 
Maßregeln werden nach Ansicht des Referenten entschieden 
günstig wirken. 

Er habe nun den Herrn Minister um Ausschreibung eines 
hohen Preises für den Entdecker eines wirksamen Druseserums 
gebeten, der Herr Minister habe dies jedoch abgelehnt. Er 
gebe ja zu, daß die Ausschreibung eines Drusepreises auch seine 
Bedenken habe, denn es würden sich sehr viele um diesen Preis 
bewerben und die Tierärztliche Hochschule wäre nicht in der 
Lage, alle die empfohlenen Mittel zu prüfen. Er bitte daher 
deu Herrn Minister, einen maßgebenden Bakteriologen mit der 
Erforschung der Druse zu beauftragen und die hierzu nötigen 
Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Staat müsse die Er¬ 
forschung in die Hand nehmen. Ohne die erfolgreiche Be¬ 
kämpfung der Druse sei die-gesamte Edelzucht des Ostens in 
Frage gestellt. Diese Zucht würde sich auch selbst bei er¬ 
heblicher Steigerung der Remontepreise nicht aufrecht erhalten 
lassen, wenn es nicht gelinge, die Verluste durch die Druse zu 
vermindern. Der preußische Staat brauche notwendig die ost¬ 
preußische Edelzucht als Wehrmittel, denn Ostpreußen produziere 
fast 70 Proz. aller Kavalleriepferde, der Staat könne daher die 
energische Bekämpfung dieser furchtbaren Pferdeseuche nicht 
länger aufschieben. 

Herr Geh. Ober-Regierungsrat Schröter erkannte die Not¬ 
wendigkeit einer energischen Bekämpfung der Druse an, der 
Herr Minister sei der Ansicht, daß weiteres hierin geschehen 
müsse und daß besonders auf dem Wege der Forschung Druse¬ 
bekämpfungsmittel ausfindig zu machen gesucht werden müßten. 
Der Herr Minister habe bereits im Oktober v. J. in Aussicht 
gestellt, den staatlichen Instituten die Aufgabe zu Btellen, ins¬ 
besondere die Druse zu erforschen und ein Mittel zu finden, um 
die Pferde gegen die Druse immun zu machen. Diese Erklärung 
könne er namens des Herrn Ministers nur wiederholen. Von 
der Ausschreibung eines Preises verspreche er sich keinen Erfolg. 

Nachdem sich auch mehrere andere Mitglieder des Kollegiums 
für die Anträge des Referenten ausgesprochen hatten, wurden 
dieselben zum Beschluß erhoben, nachdem der Referent den Teil 
seines Antrages, welcher die Aussetzung eines Drusepreises be¬ 
zweckte, zurückgezogen hatte.*) 

*) Dem Beschlüsse des L. Ö. K. ist inzwischen vom Herrn 
Minister Rechnung getragen worden, die Herren Geheimräte Prof. 
Dr. Schütz und Prof. Dr. Frosch sind mit den Arbeiten zur 
weiteren wissenschaftlichen Erforschung der Druse unter den Pferden 
und zur Ausfindigmachung eines Immunisierungsverfahrens gegen 
diese Seuche betraut worden. Hierzu wurden staatliche Mittel 
bereitgestellt. 


565 


Tierseuchen in Deutschland 1906. 

Nach dem Jahresbericht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

(Herlin, Verlag von Julius Springer.) 

Die Räude der Pferde. 

Die Zahl der räudekrank befundenen Pferde ist im Berichts¬ 
jahr um 3,3 Proz. größer gewesen, wie im Jahre 1905. Es 
wurden als erkrankt gemeldet 655 Pferde. Die einzelnen Fälle 
verteilen sich auf 11 Bundesstaaten und 143 Kreise. Betroffen 
wurden Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Mecklen¬ 
burg-Schwerin, Oldenburg, Braunschweig, Lippe, Hamburg und 
Elsaß-Lothringen. Die stärkste räumliche Verbreitung hatte 
die Räude in den Regierungsbezirken Köslin (33 Gemeinden und 
49 Gehöfte), Marienwerder (28 und 33), Liegnitz (25 und 28), 
Gumbinnen (25 und 34), sowie in den Kreisen Insterburg (12 
und 21), Kolberg-Körlin (11 und 23) und Stadtkreis Berlin (1 
und 23). Die höchsten Erkrankungsziffern wiesen auf Mecklen¬ 
burg-Schwerin (71) und die Regierungsbezirke Körlin (70), 
Liegnitz (61), Gumbinnen (56), Marienwerder (46), sowie die 
Kreise Waren (68), Insterburg und Kolberg-Köslin (je 39), 
Sprottau (36) und Stadtkreis Berlin (29). In 32,9 Proz. aller 
betroffenen Kreise ereignete sich nur je ein Fall von Pferderäude. 
Von 10000 nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 vorhandenen 
Pferden erkrankten 1,5 (1905 auch 1,5). Verschleppungen der 
Pferderäude aus einem Bundesstaat in den anderen wurden in 
3 Fällen festgestellt, so einmal aus Schwarzburg-Rudolstadt in 
den preußischen Regierungsbezirk Erfurt, nach Mecklenburg- 
Schwerin vermutlich aus Berlin und nach Oldenburg aus der 
preußischen Provinz Hannover. 

In 34 Fällen waren die Pferde beim Besitz Wechsel bereits 
erkrankt oder angesteckt. 

In 15 Fällen wurde die Räude auf Pferdemärkten ermittelt, 
in einem Falle im Regierungsbezirk Merseburg bei einer öffent¬ 
lichen Auktion. In 20 Fällen fand die Feststellung der Räude 
in öffentlichen Schlachthäusern statt, in 9 Fällen auf offener 
Straße und in 2 Fällen in Abdeckereien. 

Eine Behandlung räudekranker Pferde auf polizeiliche An¬ 
ordnung fand in zahlreichen Fällen statt; meist war sie von 
gutem Erfolge begleitet, eine Wiederholung der Behandlung war 
nur bei einem Pferde nötig, in zwei Beständen hatte die Be¬ 
handlung keinen Erfolg. Sieben Pferde gingen infolge der 
Räude ein oder wurden getötet. An Heilmitteln kamen zur 
Anwendung: 2 proz. Sodalösung-Lysol Waschungen, lproz. Kreolin¬ 
seifenliniment, Perubalsam, Lysolseife, Kreolinspiritus, Tabaks- 
abkoclmngen, 3 proz. Sublimatspiritus, Teerliniment, das Brandl- 
Gmeiner8cke Verfahren und die Immingersche Räudesalbe. 

In mehreren Fällen wurde die Krankheit durch Übergang 
der Räudemilben auf Menschen übertragen. 

Die Räude der Schafe. 

Die Schafräude hat im Berichtsjahre etwas abgenommen. 
Es waren in 17 Staaten 452 Gemeinden und 1128 Gehöfte 
betroffen, dies sind 6 Proz. Gehöfte weniger wie 1905. 
740 Gehöfte wurden neu betroffen. Der Schafbestand in diesem 
betrug 53955. Die meisten Ausbrüche (243 Gehöfte) ereigneten 
sich im 1. Vierteljahr, die wenigsten (90) im 3. Die stärkste 
räumliche Verbreitung wurde beobachtet in dem Reg.-Bez. 
Kassel (92 Gemeinden und 109 Gehöfte), Hildesheim (32 und 65), 
Osnabrück (21 und 68), Trier (15 und 112), Braunschweig 
(30 und 117), sowie in den Kreisen Ziegenhain (22 und 24), 
Holzminden (14 und 99), Frankenberg (14 und 19) und Worbis 



566 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


(7 und 32). Die größten Bestände an erkrankten und ver¬ 
dächtigen Schafen wiesen auf die Reg.-Bez. Kassel (11 361), 
Hildesheim (5531), Osnabrück (4691), sowie die Kreise Aschen¬ 
dorf (1898), Ziegenhain (1848), Northeim (1544) und Fritzlar 
(1520). Von je 10000 nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 
vorhandenen Schafen entfallen 68,24 auf neu verseuchte Gehöfte 
(71,32 im Vorjahre). Letztere Verhältniszahlen sind in den 
einzelnen betroffenen Bezirken Deutschlands sehr verschieden. 
Die höchsten derartigen Zahlen wiesen auf Oberhessen (697,05), 
Kassel (619,27), Ober-Elsaß (600,52), Stadt Berlin (574,12), 
Osnabrück (561,56), Jagstkreis (520,78), Die Schafräude 
erstreckte sich hauptsächlich wieder auf die westlich der Elbe 
gelegenen Gebietsteile, sowie auf Süddeutschland. Östlich der 
Elbe wurden nur die Kreise Stadt Berlin, Westhavelland, 
Usedom-Wollin und Militsch betroffen. 

Von außerdeutschen Staaten liegen Mitteilungen über Schaf¬ 
räude vor aus Österreich, Ungarn, Rumänien, Bosnien und 
Herzegowina, Bulgarien, Italien, Schweiz, Frankreich, Gro߬ 
britannien, Luxemburg, Belgien und Niederlande. Eine recht 
erhebliche Verbreitung hatte die Räude der Schafe in Österreich, 
die größte Ausbreitung, 36 Orte und 255 Höfe, fällt hier in die 
1. Maiw r oclie. In Ungarn waren in der letzten Aprilwoche 680 Orte 
und 1173 Höfe durch Schafräude betroffen, am Beginn des Jahres 
und gegen Ende desselben war die Verbreitung eine sehr viel 
geringere. In Rumänien waren 1705 Schafe an Räude erkrankt, 
in Italien 32 637. In der Schweiz ereigneten sich 40 Neu¬ 
ausbrüche in 12 Gemeinden. In Frankreich waren im Monat 
Juli 55 Herden betroffen, in den übrigen Monaten weniger. In 
Großbritannien ereigneten sich 542 Neuausbrüche von Schafräude. 
In den übrigen genannten Ländern war das Auftreten der 
Schafräude ein unwesentliches. 

Was die Anlässe zu den Ausbrüchen der Schafräude in 
Deutschland betrifft, so kommen in erster Linie die Ver¬ 
schleppungen durch kranke Tiere in Betracht. Verschleppungen 
aus einem Bundesstaat in den andern w r urden mehrfach fest¬ 
gestellt, aus Preußen in mehreren Fällen nach Sachsen-Weimar, 
Oldenburg, Sachsen-Koburg-Gotha und Braunschw'eig, aus Bayern 
einmal nach Sachsen und zweimal nach Württemberg, aus 
Württemberg einmal nach Sigmaringen, aus Hessen einmal nach 
Berlin, und aus Waldeck nach 12 Gehöften in Braunschweig. 
In 22 Fällen waren die Schafe beim Besitzwechsel bereits 
erkrankt oder angesteckt. Die Seuche wurde festgestellt zwei¬ 
mal bei der Beaufsichtigung von Märkten, viermal bei öffentlichen 
Auktionen, fünfmal an Schlachthäusern und bei Vornahme der 
Fleischbeschau, in sechs Fällen auf offener Straße. 

Bei der in einer Anzahl von Oberamtsbezirken in Württem¬ 
berg eingeführten periodischen Schafschau wurde bei 3 Herden 
Räude festgestellt. In einigen 50 Fällen wurde die Schafräude 
durch polizeilich angeordnete Untersuchungen aller durch die 
Seuche gefährdeten Tiere am Seuchenort oder in dessen Um¬ 
gegend ermittelt. 

Behandlung. In Preußen wurden 223 Bestände mit 
32 019 Schafen einem Heilverfahren unterworfen. 111 Bestände 
wurden gebadet, hiervon waren 91 Bestände am Jahresschluß 
geheilt, in 16 Beständen war das Heilverfahren am Schluß 
des Berichtsjahres noch nicht beendet, 3 Bestände wurden ab¬ 
geschlachtet und in 1 Bestand hatte die Badekur angeblich 
keinen Erfolg. Als Bademittel kamen Kreolinbäder, Kresol-, 
Bazillol-, Lysol- und Arseniklösungen zur Anwendung. Im 


Reg.-Bez. Kassel außerdem Therosot und zwrar mit gutem Er¬ 
folg. 112 Bestäude wuirden der Schmierkur unterworfen, davon 
wurden 55 Bestände als geheilt gemeldet. Bei 45 war das 
Heilverfahren am Jahresschlnß noch nicht beendet, 12 Be¬ 
stände wurden abgeschlachtet. Als Heilmittel kamen Kreolin- 
liniment, Kreolinwasser, Kreolinspiritus, Tabakslauge und Queck¬ 
silbersalbe zur Anwendung. Auch die Erfolge der Schmierkuren 
waren meist günstige. In Bayern wmrden 98 Bestände mit 
4450 Schafen gebadet, 75 hiervon wurden geheilt, bei 20 Be¬ 
ständen dauerte die Behandlung am Jahresschluß noch fort. 
316 Schafe wurden geschlachtet, 3 sind verendet. An Heil¬ 
mitteln gelangten die vorhin genannten zur Anwendung. In 
Württemberg wurden 9881 Schafe tierärztlich behandelt, von 
diesen sind 9231 geheilt, 35 sind gefallen, 615 wurden am 
Jahresschluß noch fortbehandelt. Als Bademittel wurde liier 
meist das Zündelsche Bad verwendet, in einigen Fällen auch 
das Gerlachsche Bad. In Baden wurde 1 Herde durch 2 proz. 
Bazillolbäder vollständig geheilt. In Hessen wurden 2 proz. 
Lysolbäder und 2 proz. Lysolum saponatum benutzt. Mit 
letzterem Mittel wurde eine Herde trotz zweimaligen Badens 
erfolglos behandelt. 

In Sachsen-Weimar erhielt eine Herde zunächst ein Vor¬ 
bereitungsbad mit Kalk- und Pottasche, sodann 2 Bäder 2 proz. 
Kreolinlösung. Der Erfolg war ein guter. In Waldeck wurden 
4 Herden mit Quecksilbersalbe erfolgreich behandelt. Über 
gute Erfolge der Behandlung wird auch berichtet aus Braun¬ 
schweig und Schwarzburg-Sondershausen. In Elsaß-Lothringen 
wurden 250 räudekranke Schafe auf Veranlassung der Besitzer 
getötet, 183 konnten unter Anwendung einer Badekur geheilt 
werden. 

Polizeiverordnung, betreffend Fortschaffung und Vernichtung 
von Tierkadavem. 

Das Abdeckereiwesen hat nunmehr in Berlin eine Änderung 
und Neuregelung erfahren. Nachdem in Rüdnitz eine allen An¬ 
forderungen der Neuzeit entsprechende Fleischvernichtungsanstalt 
errichtet worden ist, ist die alte Abdeckerei in der MüUerstraße 
endlich geschlossen worden. 

Auf Grund der §§ 5, 6 und 11 des Gesetzes über die 
Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Ges.-S. S. 265) w’ird 
nach Zustimmung des Gemeindevorstandes für den Polizeibezirk 
von Berlin folgende Polizeiverordung erlassen. 

§ 1. Die Kadaver der sämtlichen im Stadtbezirk Berlin 
gefallenen Tiere nachstehend verzeichneter Gattungen und zwar: 
Rindvieh, Kälber, Pferde, Esel, Schafe, Schweine, Ziegen, Hunde 
von mehr als 50 cm Schulterhöhe, sowie die Kadaver von Hoch¬ 
wild, Rehen und wilden Tieren von mehr als 50 cm Schulter¬ 
höhe sind unter Verbot jeder anderweitigen Verwendung, Be¬ 
seitigung und Unschädlichmachung ausschließlich der von der 
Stadtgemeinde Berlin errichteten Vernichtungsanstalt durch 
Vermittlung der städtischen Sammelstellen zu überweisen, wo 
sie bis auf weiteres im Wege thermochemischen Verfahrens — 
durch Einwirkung hochgespannten gesättigten Wasserdampfes — 
vernichtet werden. 

§ 2. Als gefallen ist jedes Tier anzusehen, das ohne 
Schlachtung bzw. Tötung verendet ist. 

Geschlachtetes oder getötetes Vieh, so weit es zum mensch¬ 
lichen Genuß untauglich ist, ist dem gefallenen Vieh gleich zu 
erachten. 






6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


567 


Wenn bei Schlachttieren innere Organe oder Eingeweide 
beseitigt werden müssen, so sind diese ebenfalls ausschließlich 
der bezeichnten Vernichtungsanstalt zur Unschädlichmachung 
zu überweisen. 

§ 3. Die Kadaver sind der Vernichtungsanstalt ein¬ 
schließlich Haut, Haare, Borsten, Hörner, Klauen usw. zu über¬ 
weisen. 

Waren jedoch Haut, Haare, Borsten, Hörner, Klauen usw. 
bereits abgenommen, als sich herausstellte, daß das Tier der 
Anstalt zu überweisen ist, so verbleiben diese Teile dem Eigen¬ 
tümer des Tieres unbeschadet der seuchengesetzlichen Be¬ 
stimmungen und der dazu ergangenen Ausführungsvorschriften. 

§ 4. Das Abhäuten, Zerlegen und Ausnützen der Kadaver 
darf nur in der Vernichtungsanstalt erfolgen. 

Im Falle des § 2 Abs. 2 und 3 ist von dem Zeitpunkte 
an, in welchem die Nichtverwertbarkeit des Tieres oder der 
inneren Organe und Eingeweide erkannt wird, jede weitere 
Verarbeitung, Zerlegung usw. der Vernichtungsanstalt zu über¬ 
lassen. 

§ 5. Blut und andere Abgangsflüssigkeiten dürfen nicht in 
stehende oder fließende Gewässer oder auf Wege fort geleitet 
oder verbracht werden. 

§ 0. Der Eigentümer oder Halter eines Tieres der im 
§ 1 bezeichneten Gattungen bzw. dessen Beauftragter hat 
unverzüglich, spätestens jedoch binnen zwei Stunden, nachdem 
er von dem Verenden des Tieres Kenntnis erhalten hat, dies 
der nächsten städtischen Sammelstelle oder dem nächsten 
Polizei-Revierbureau unter genauer Angabe seines Namens und 
seiner Wohnung oder des Platzes, von dem der Kadaver abzu¬ 
holen ist, der Art, des Alters und der Zahl der Tiere bzw. der 
Kadaverteile auf die schnellste Weise anzuzeigen. Verendet 
das Tier nach 7 Uhr abends, so ist die Anzeige bis spätestens 
8 Uhr des nächsten Vormittags zu erstatten. 

In denjenigen Fällen, in denen nach den bestehenden 
reichs- und landesgesetzlichen Vorschriften Entschädigung ge¬ 
währt wird, hat die Benachrichtigung erst nach stattgehabter 
arat8tierärztlicher Untersuchung — dann aber sofort zu er¬ 
folgen. 

Der Eigentümer sonstiger zur Vernichtung bestimmter 
Gegenstände hat die Anmeldung zur Abholung in der Zeit von 
7 Uhr früh bis 7 Uhr abends an die städtische Sammelstelle zu 
erstatten. 

§ 7. Die Beförderung der Kadaver und Kadaverteile bis 
zur Sammelstelle hat mittelst besonderer, von der Stadtgemeinde 
Berlin beschaffter Wagen zu erfolgen. Die Beförderung auf 
andere Weise ist verboten. 

§ 8. Lebende Tiere, welche auf Anordnung der Behörde 
wegen ansteckender Krankheiten beseitigt werden sollen, sind 
nach Maßgabe der behördlichen Anordnungen nach dem von 
der Stadtgemeinde Berlin errichteten Seuchenstall zu bringen. 

Der Transport darf, sofern er durch Wagen nicht ausge¬ 
führt werden soll, nur zur Nachtzeit und unter Vermeidung jeder 
Berührung mit anderen Tieren stattfinden. 

Soll der Transport durch Wagen stattfinden so dürfen dazu 
nur die Wagen der Stadtgemeinde Berlin (§ 7) verwandt werden. 
Die Samrael8telle ist in diesem Falle vom Eigentümer bzw. 
Halter des Tieres oder dessen Beauftragten rechtzeitig wegen 
Abholung des Tieres zu benachrichtigen. 

§ 9. Die Unschädlichmachung solcher Tiere, die nicht der 


Vernichtungsanstalt zu überweisen sind und auch nicht freiwillig 
überwiesen werden, bleibt — unbeschadet der bestehenden ge¬ 
setzlichen oder polizeilichen Sondervorschriften über den Verbleib 
und die Vernichtung von Kadavern und Kadaverteilen — den 
Eigentümern überlassen. Doch ist das Verbringen solcher Tiere 
in stehende oder fließende Gewässer oder auf Wege verboten. 

Im übrigen tritt überall da, wo bisher auf Grund gesetzlicher 
oder polizeilicher Vorschriften die Überweisung der Kadaver 
oder verdorbenen Nahrungsmittel an die Abdeckerei erfolgen 
mußte, an deren Stelle die städtische Vernichtungsanstalt. 

§ 10. Die Fortschaffung der auf öffentlicher Straße ver¬ 
unglückten oder aus sonstiger Veranlassung ein nicht zu be¬ 
seitigendes Verkehrshindernis bildender Schlacht- oder Zucht¬ 
tiere darf nur durch die von der Stadtgemeinde Berlin eigens 
zu diesem Zwecke beschafften Transportwagen erfolgen. 

Die Fortschaffung auf andere Weise ist verboten. 

§ 11. Der Eigentümer bzw. der Führer oder Begleiter 
des verunglückten oder sonst ein Verkehrshindernis bildenden 
Tieres ist verpflichtet, den Fall unter genauer Angabe des Orts, 
wo das Tier sich befindet, unverzüglich bei dem nächsten 
Revier-Polizeibureaus oder in der städtischen Sammelstelle zur 
Anzeige zu bringen, von wo aus die Herbeischaffung des 
Transportwagens veranlaßt werden wird. Bei eigener Unab¬ 
kömmlichkeit genügt Benachrichtigung an den nächsten Schutz¬ 
mannsposten. 

Beim Verladen haben die in Absatz 1 genannten Personen 
die erforderliche Hilfe zu leisten oder leisten zu lassen. 

§ 12. Dem Eigentümer bzw. dem Führer oder Begleiter 
bleibt die Bestimmung überlassen, wohin das lebende Tier 
geschafft werden soll. Zögert derselbe mit der Angabe der 
Erklärung bis nach erfolgter Verladung des Tieres, so wird 
dasselbe nach der Königlichen tierärztlichen Hochschule oder 
bei Annahmeverweigerung nach der städtischen Sammelstelle 
geschafft und dort getötet, falls der Eigentümer usw. nicht 
binnen einer von der Sammelstelle zu bestimmenden Frist ander¬ 
weitig über das Tier Bestimmung trifft. Inzwischen verendete 
Tiere werden gleich nach der Sammelstelle gebracht. 

§ 13. Zuwiderhandlungen gegen diese Polizei Verordnung 
werden mit Geldstrafe bis zu 30 M., im Falle des Unvermögens 
mit verhältnismäßiger Haft bestraft, falls nicht nach den be¬ 
stehenden Gesetzen im Einzelfalle eine höhere Strafe ver¬ 
wirkt ist. 

§ 14. Diese Polizeiverordnung tritt am 1. Juni 1908 
in Kraft. 

Mit dem Tage des Inkrafttretens dieser Polizeiverordnung 
verlieren alle entgegenstehenden Bestimmungen in Polizei¬ 
verordnungen, insbesondere die am 28. September 1876, betreffend 
Abdeckerei wesen, und vom 7. August 1867 Nachtrag, betreffend 
Fortschaffung von auf der Straße verunglückten Schlacht- und 
Zugtieren, sowie des § 15 der Polizeiverordnung vom 4. Oktober 1900 
(Ordnung auf dem städtischen Schlachthofe in Berlin) ihre 
Gültigkeit. 

Berlin, den 21. Mai 1908. 

Der Polizei-Präsident. 

Übersicht Ober die im Jahre 1906 zur amtlichen Kenntnis gelangten 
Fälle von Bißverletzungen hei Menschen durch tolle oder tollwutverdächtige 
Tiere. 

Im Jahre 1906 sind 373 Verletzungen durch tolle oder der 
Tollwut verdächtige Tiere amtlich bekannt geworden. Von den 



568 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Verletzten standen 94 im Kindesalter bis zu 10 Jahren, 102 im 
Alter von 10 bis 20 Jahren und 41 waren über 50 Jahre alt. 
Die meisten Verletzungen (178) ereigneten sich in der Provinz 
Schlesien, 40 in der Provinz Posen, je 26 in Pommern und 
Ostpreußen, 22 im Bezirk Marienwerder, außerdem noch in den 
Provinzen Hessen-Nassau, Rheinprovinz, Westfalen, Sachsen, 
Brandenburg. Die 373 Verletzungen gingen von 213 Tieren 
aus, 202 Hunden, 7 Katzen, je 2 Kühen und Pferden. 16 von 
diesen Tieren sind entlaufen, 37 wurden lediglich auf Grund 
der Krankheits- und Obduktionserscheinungen für wutkrank oder 
dringend wutverdächtig durch den beamteten Tierarzt erklärt. 
Von 151 Tieren wurden Gehirn usw. in den Instituten in Berlin 
und Breslau untersucht, hiervon erwiesen sich 131 als sicher 
tollwutkrank, bei 20 Tieren konnte weder durch den Nachweis 
Negrischer Körperchen, noch durch Impfung die Diagnose be¬ 
stätigt werden. 342 der Verletzten wurden nach Pasteur 
schutzgeimpft, 11 wurden in ihrem Wohnort ärztlich behandelt, 
von 20 wurde kein Arzt zu Rate gezogen. Von den Verletzten 
erkrankten und starben 4 an Tollwut, obwohl sie schutzgeimpft 
worden waren. Die Krankheit zeigte sich 20, 39, 64 und 
84 Tage nach der Verletzung. Mit Rücksicht darauf, daß nur 
131 Tiere tatsächlich wutkrank befunden wurden, von denen 
236 Personen Verletzungen erhielten und geimpft worden sind, 
ist der Prozentsatz der an Wut erkrankten Personen mit 1,69 
zu berechnen (im Jahre 1905 1,14 Proz.). 

Nachweisung über den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. Juli 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreise (Oberamtsbezlrke) usw., eingeklanimert die Gemeinden. 


Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk ubw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 


ö 


| Gegenüber d. 15. Juni 

Kreise 

.3 

’S 

s 

© 

C5 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Königsberg .... 

0 

0 

0 

— 1 

— 1 

— 2 

Marienwerder . . . 

1 

1 

1 

— 1 

— 2 

- 2 

♦Berlin. 

o 

o 

o 

— 1 

— 1 

- 6 

♦Potsdam. 

o 

0 

o 

- 2 

_ 2 

_ 2 

Köslin. 

1 

3 

8 

— 1 

— 15 

— 95 

Magdeburg .... 

1 

1 

1 

+ i 

+ 1 

+ 1 

♦Erfurt. 

0 

0 

o 

— 2 

_ 2 

_ 2 

♦München . 

2 

5 

26 

0 

-f 1 

+ 18 

♦Minden . . . . . 

2 

3 

5 

+ i 

+ 2 

+ 2 

♦Arnsberg .... 

10 

17 

60 

- 3 

~ 1 

+ 29 

♦Dassel. 

0 

0 

0 

— 1 

1 

— 1 

♦Düsseldorf .... 

8 

5 

7 

— 5 

- 6 

— 6 

♦Cöln. 

1 

1 

1 

- 2 

— 1 

— 1 

Preußen zusammen 
Bayern: 

21 

36 | 

109 

— 16 

— 28 

- 68 

♦Oberfranken . . . 

0 

o 

o 

- 2 

_ 2 

- 2 

Mittelfranken . . . 

0 

0 

0 

Ms* 3 ' 

— 3 

— 3 

Schwaben .... 

0 

o 

0 

— 1 I 

- 1 

— 1 

Sachsen: 




1 



♦Dresden. 

1 

1 

1 

+ 1 

+ 1 

+ 1 

Württemberg: 

1 




| 

Neckarkreis . . . 

1 i 

1 

•> 

° 

0 

0 

Sachsen-('oburg-Gotha: 

1 






♦Gotha. 

1 1 

1 

19 

0 

0 1 

+ 3 

Elsaß-Lothringen : 






♦Unter-Elsaß . . . 

0 1 

0 1 

0 

- i! 

- i! 

— 1 

Zusammen 

24 | 

39 | 

132 

— 22 | 

- 34 , 

— 71 


Schweineseuche und Schweinepest 


Regierungs¬ 
bezirk U8W. 

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seu 

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Auf je 1000 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

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3 

er¬ 

eilte 

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Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg .... 

9 

27 

9 

Waldeck. 

1 

3 

Gumbinnen .... 

5 

13 

4 

Bayern: 



Allenstein .... 

5 

9 

5 

Oberbayern .... 

7 

9 

Danzig. 

4 

6 

5 

Niederbayern. . . 

7 

12 

Marienwerder . . 

11 

32 

14 

Pfalz. 

1 

1 

Berlin. 

1 

1 

1 

Oberpfalz. 

2 

2 

Potsdam. 

13 

67 

26 

Oberfranken . . . 

— 

— 

Frankfurt. 

17 

75 

28 

Mittelfranken. . . 

2 

2 

Stettin. 

9 

23 

12 

Unterfranken. . . 

— 

_ 

Köslin. 

7 

17 

9 

Schwaben. 

2 

5 

Stralsund .... 

— 

— 

— 

Württemberg . 

3 

3 

Posen . 

22 

78 

24 

Sachsen. 

6 

8 

Bromberg. 

13 

85 

38 

Baden . 

7 

9 

Breslau. 

22 

208 

55 

Hessen. 

5 

9 

Liegnitz. 

18 

151 

53 

Meckl.-Schwerin 

4 

9 

Oppeln. 

9 

24 

9 

Meckl.-Strelitz . 

2 

4 

Magdeburg .... 

6 

9 

6 

Oldenburg . . . 

9 

17 

Merseburg .... 

13 

17 

7 

Sachs.-Weimar. 

2 

9 

Erfurt. 

4 

13 

22 

Sachs.-Meiningen 

1 

5 

Schleswig .... 

8 

18 

8 

Sachs.-Altenburg 

2 

6 

Hannover . 

8 

12 

19 

Sachs.-Kob.-Got 

1 

1 

Hildesheim .... 

7 

11 

15 

Anhalt. 

1 

8 

Lüneburg . 

7 

9 

6 

Braunschweig 

5 

13 

Stade . 

5 

8 

11 

Schwarz b.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

5 

7 

12 

Schwarzb.-Rud. 

1 

2 

Aurich . 

2 

3 

9 

Reuß ä. L . 

— 

_ 

Münster. 

8 

15 

56 

Reüß j. Ti. . . . . 

'1 

3 

Minden . 

4 

10 

20 

Schaum b.-Lippe 

1 

1 

Arnsberg. 

16 

30 

35 

Lippe-Detmold . 

6 

14 

Cassel. 


29 

17 

Hamburg .... 

1 

2 

Wiesbaden .... 

11 

36 

38 

Lübeck . 

1 

1 

Koblenz. 

8 

20 

19 

Bremen. 

_ 

_ 

Düsseldorf .... 

15 

38 

88 

Elsaß. 

2 

2 

Cöln. 

6 

9 

30 

Lothringen . . 

1 

1 

Trier. 

5 

6 

5 




Aachen. 

4 

5 

13 





Rotz. 

Preußen: Im Reg.-Bez. Köslin 1 (1), Stadtkreis Berlin 1 (1): 
in den Reg.-Bez. Marienwerder, Stade je 1 (2), Potsdam, Breslau, 
Oppeln, Düsseldorf je 2 (2), Posen 3 (3), Köln 3 (9), Bromberg 4 (4). 

Sachsen: Kr.-H. Leipzig 1 (1). 

Hamburg: Start 1 (1). 

Zusammen 32 Gemeinden (20 am 15. Juni), davon 30 auf 
Preußen (18 im Juni). 

Lungenseuche. 

Preußen: Im Reg.-Bez. Bromberg 1 (1). 

Sachsen-Koburg-Gotha; Herzogtum Gotha 1 (1). 

Zusammen 2 Gemeinden (4 am 15. Juni davon 1 auf Preußen, 
3 im Juni). 

Ergebnisse der Untersuchungen der Rindviehbestfinde in den Quarantftne- 
anstalten auf Tuberkulose Im 4. Vierteljahr 1907. 

Es wurden in die sechs Quarantäneanstalten Apenrade, 
Bahrenfeld, Flensburg, Kiel, Rostock, Lübeck insgesamt 
18 592 Rinder eingeführt. Die meisten entfielen auf Apenrade, 
7943, die wenigsten auf Lübeck, 1174. Die Tiere stammten 
sämtlich ans Dänemark. Vor der Tuberknlineinspritzung sind 
keine Tiere als tuberkulös oder verdächtig zurückgewiesen worden, 

1 Rind ist gefallen, 16 sind notgeschlachtet worden. Bei der 
Tuberkulinprobe wurden 111 Tiere = 0,6 Proz. als tuberkulöse- 

































6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


569 


verdächtig erkannt. Diese wurden zuriickgewiesen. 17 861 Tiere 
wurden nach öffentlichen Schlachthäusern überführt Von diesen, 
welche also bei der Tuberkulinprobe nicht reagiert hatten, wurden 
nach der Schlachtung 4695 = 2(5,3 Proz. tuberkulös be¬ 
funden. Für die Einfuhr von Qnarantänerindern kamen 26 Schlacht¬ 
höfe in Betracht. Die meisten gelangten nach Hamburg, 
6361 = 35,5 Proz. der Gesamteinfuhr, 18 Proz. derselben waren 
tuberkulös. Nach Berlin gelangten nur 119 Quarantänerinder, 
von denen 44 Proz. tuberkulös befunden wurden. Die wenigsten, 
10, kamen nach Essen, verhältnismäßig viel, 2321, nahm Düssel¬ 
dorf auf, unter diesen befanden sich nur 18 tuberkulöse = 
0,77 Proz. Der höchste Prozentsatz an Tuberkulose bei Quaran¬ 
tänerindern, 6G 2 / 3 Proz., wurde in Witten ermittelt, in Bochum 
48 Proz., in Gelsenkirchen und Paderborn je 46 Proz. Diese 
Differenzen in den Tuberkulosefunden bei Quarantänerindern an 
den einzelnen Schlachthöfen sind jedenfalls sehr auffallend. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Neue Bestimmung Uber die Einfuhr frischen Fleisches. 

(Reichs-Gesetzblatt Nr. 41, 1908.) 

Auf Grund der Bestimmungen im § 12 Abs. 2, § 15 des Gesetzes, 
betreffend die Schlachtvieh* und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 
(Reichs-Gesetzbl. S. 547) hat der Bundesrat beschlossen, der nach¬ 
stehenden Abänderung der Bekanntmachung vom 10. Juli 1902 
(Reichs-Gesetzbl. S. 242) mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die 
Änderung am 1. August 1908 in Kraft tritt. 

Hinter Nr. 2 ist als Nr. 2a einzufügen: 

Bei der Einfuhr von frischem Fleische dürfen die Organe 
und sonstigen Körperteile, auf die sich die Untersuchung zu 
erstrecken hat, nicht angeschnitten sein, bei der Einfuhr von 
zubereitetem Fleische die der Untersuchung zu unterziehenden 
Lymphdrüsen nicht fehlen oder angeschnitten sein, jedoch 
darf in die Mittelfclldrilscn und in das Hcrzileisch je ein 
Schnitt gelegt sein. 

Berlin, den 4. Juli 1908. 

Der Reichkanzler. 

In Vertretung: von Bethmann Hollweg. 

Zur Einfuhr dänischen Viehs. 

Zwischen Berlin und Kopenhagen werden nach Meldungen der 
Tagespresse Verhandlungen Uber eine Erleichterung des dänischen 
ViehexportB nach Deutschland gepflogen. Die dänischen Landwirte 
wünschen, die Grenze bei Hvidding für die Einfuhr von lebendem 
Schlachtvieh geöffnet zu erhalten. Während bisher der Transport 
über die Seequarantänen ausgeführt w erden mußte. Nach dänischen 
Meldungen soll bei dem neuen Handelsvertrag diesem Wunsche 
seitens Deutschlands Rechnung getragen sein. 

Viehproduktion und ausländische Futtermittel. 

Der Wert des in Deutschland gewerbsmäßig geschlachteten 
Viehs beträgt etwa 3 Milliarden Mark, der Milchdroduktion 
1,8 Milliarden, so daß der Gesamtwert der heimischen Viehproduktion 
auf etwa 5 Milliarden Mark jährlich zu berechnen ist. Die Futter¬ 
mitteleinfuhr beläuft sich in den letzten Jahren durchschnittlich 
auf 400 Millionen Mark Wertes, so daß abgesehen von der direkten 
Zufuhr an Vieh und Fleisch etwa 6 Proz. der heimischen Vieh¬ 
produktion eigentlich auf das Ausland zu beziehen sind. 

Oldenburgisches Schlachthausgesetz. 

Der Landtag in Oldenburg hatte, wie bereits mitgeteilt wurde, 
beschlossen, daß auch das von den nichttierärztlichen Fleisch¬ 
beschauern untersuchte Fleisch bei Einfuhr in eine Schlachtbaus- 
gemeindc nur daraufhin untersucht werden darf, ob es seit der 
Beschau verdorben oder anderweitig gesundheitsschädlich geworden 
sei. Dadurch war die Beschau durch Nichttierärzte als gleichwertig 
derjenigen seitens der Tierärzte anerkannt. Die Veröffentlichung 
des Gesetzes ist bis jetzt indessen nicht erfolgt und es erscheint 


| zweifelhaft, ob die Bestimmung, die weit über die preußischen 
j Vorschriften hinausgeht, in Kraft treten wird. 

Schlaohthaus-Skandale in Chicago. 

Nach telegraphischen Meldungen aus New York von Ende Mai 
hat das Bundesgericht dio Besitzer mehrerer großer Schlachthäuser 
in Chicago verhaftet. Das Vorgehen gegen sie erfolgt wegen fort¬ 
gesetzter Massenverwertung von verdorbenem Fleisch zu Wurstwaren 
und Konserven. 

Tödliche Verletzung durch den Schußapparat. 

Durch eine fehlgegangene Kugel aus einem Schußapparat w urde 
der Schlächter B. aus H. bei der Betäubung eines Rindes tödlich 
verletzt. Die Kugel hatte den Darm durchbohrt. 

Neue Zeitschrift. 

Unter dem Namen „Desinfektion“ wird vom Juli d. J. ab eine 
neue Monatsschrift von (ich. Med.-Rat Prof. Dr. Flügge, Breslau, 
Geh. Ober-Mcd.-Rat Prof. Dr. Gaffky, Berlin, Baurat Herzberg, 
Berlin, Geh. Ober Med.-Rat Prof. Dr. Kirchner, Berlin, Geh. Reg.- 
Rat Prof. Dr. Pro skalier, Berlin, unter der Schriftleitung der 
Abteilungsvorsteher im Kgl. Institut für Infektionskrankheiten Dr. 
Lentz und Dr. Lockeraann herausgegeben. Die Zeitschrift 
erscheint im Deutschen Verlage für Volks Wohlfahrt und wird in 
Originalartikeln, Referaten und Besprechungen das gesamte Gebiet 
der Desinfektion, Sterilisation und Konservierung berücksichtigen. 

Internationaler Kongreß für Kälte-Industrie. 

Der Kongreß ist infolge von Anträgen der amerikanischen, 
belgischen und österreichischen Ausschüsse auf den 5.—10 Oktober 
verschoben worden. 

Gebühren für die Revisionen privater Schlachthäuser durch die Kreistierärzte. 

Im Regierungsbezirke Merseburg sind nach der landespolizeilichen 
Anordnung vom 29. Februar 1896 auch die privaten Schlachthäuser 
nebst den dazu gehörigen Räumlichkeiten der Beaufsichtigung durch 
die beamteten Tierärzte unterwarfen. Die Kosten hierfür soll der 
Besitzer tragen. Fleischer G. in M., der für vier derartige Revisionen 
im Jahre 1906 acht Mark Gebühren zahlen sollte, erhob Beschwerde 
und reichte nach Ablehnung derselben durch den Oberpräsidenten 
beim Oberverw r altungsgericht. eine Klage ein. Diese w r urdc auf 
Kosten des Deutschen Fleischerverbandes geführt. Durch Ent¬ 
scheidung vom 5. März 1908 ist die Klage indessen abgewiosen 
und die landespolizeiliche Anordnung für rechtsgültig erklärt worden. 
Die Urteilsgründe lauten nach der „Amtlichen Zeitung des Deutschen 
Fleischer-Verbandes“ folgendermaßen: 

„Die nach der ursprünglichen Fassung des § 17 des Reichs¬ 
gesetzes vom 23. Juni 1880 in das Ermessen des zuständigen 
Regierungspräsidenten gestellten veterinärpolizeilichen Maßregeln 
sind durch das spätere Reichsgesetz vom 1. Mai 1894 ausdrücklich 
und ganz allgemein auch auf private Schlachthäuser ausgedehnt 
worden. Dieser erweiterten Zuständigkeit der Landespolizeibchörde 
entsprechend ist dann die durch § 24 des preußischen Ausführungs¬ 
gesetzes vom 12. März 1881 dem Regierungspräsidenten übertragene 
Befugnis zur Kostenfestsetzung durch § 7 des preußischen Gesetzes 
vom 18. Juni 1894 (Gesetzsammlung Seite 115) auch hinsichtlich 
derjenigen Kosten festgestellt worden, welche aus der Anwendung 
der nach dem Reichgesetze vom 1. Mai 1894 zulässigen veterinär¬ 
polizeilichen Maßregeln erwachsen. Die Vorschrift des § 7 des 
Gesetzes vom 18. Juni 1894 kann nur dahin verstanden werden, 
daß die durch die erweiterte Anwendung des § 17 des Reichs¬ 
gesetzes entstehenden Mehrkosten dem Unternehmer zur Last fallen. 
Damit stimmt auch der Erlaß des Ministers für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten vom 21. Juli 1895 (I 14913, Bayer, Vieh- 
scuchen-Gesctze, Seite 24) überein. Hiermit erledigen sich die von 
dem Kläger in rechtlicher Beziehung gegen das Vorgehen des 
Regierungspräsidenten erhobenen Einwände. Daß von dem be¬ 
amteten Tierärzte im Laufe des Jahres 1906 tatsächlich vier 
Revisionen in denjenigen Räumlichkeiten, w'elche der Kläger als 
privates Schlachthaus benutzt hat, vorgenommen worden sind, ist 
nach den Ausführungen des Klägers unbestritten anzunehmen. Auch 
der Umstand, daß diese Revisionen von einem besoldeten Staats¬ 
beamten vorgenommen worden sind, ist für die getroffene Kosten¬ 
festsetzung unerheblich, da die in Frage stehenden Kosten nach 





570 


BERLINEU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


§ 7 des Gesetzes vom 18. Juni 1894 den Unternehmern zur Last 
fallen und nach der rechtsgültigen Polizeiverordnung vom 29. Februar 
1896 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Merseburg Seite 80) von 
dem zuständigen Königl. Regierungspräsidenten festzusetzen sind.“ 

Angemessene Verteilung der Schlachtungen auf die einzelnen Schlachttage. 

Für die meisten Schlachthöfe trifft es zu, daß sich die 
Schlachtungen vornehmlich auf einzelne Wochentage zusammen¬ 
drängen, auf die sogenannten Hauptschlachttage, die gemeinhin mit 
den Viehmärkten zusammenfallen, da die meisten Schlächter das 
dort eingekaufte Vieh tunlichst sofort abzuschlachten pflegen. 
Bemerkenswert ist daher der Versuch in der Stadt Rheydt im Bezirk 
Düsseldorf, eine angemessene Verteilung der Schlachtungen auf die 
einzelnen Tage durch Verordnung herbeizuführen. Der Bürgermeister 
hat verfügt, um die starke Zusammendrängung der Schweine¬ 
schlachtungen an den Montagen und den Dienstagnachmittagen zu 
verhüten, daß jeder Metzger an diesen Tagen nicht mehr als drei 
Schweine schlachten darf und an allen Wochentagen vormittags 
höchstens zusammen 100 und nachmittags 80 Schweine geschlachtet 
werden dürfen. Die Kontrolle erfolgt durch entsprechende Be¬ 
schränkung der Ausgabe der Schlachtkarten. 


Yieh- und Schlachthöfe im Jahre 1908 oder 1903/0J. 

Von Prof. Rahts, Direktor des Statistischen Amts 
der Stadt Charlottenburg. 

XIV. Jabrg. des statistischen Jahrbuchs Deutscher Städte. (Hierzu Tabelle.) 

Verfasser bringt die Statistik über den Auftrieb auf die Vieh¬ 
höfe, die Schlachtungen, das Schlachtgewicht und die Beanstan¬ 
dungen unter besonderer Berücksichtigung der Tuberkulose aus 
fünfzig Städten. In Chemnitz, Dresden und Stuttgart gehören die 
Vieh- und Schlachthöfe Innungen, in allen übrigen sind sie städti¬ 
sches Eigentum; in Kassel und Krefeld bestanden neben dem 
städtischen noch je zwei private Viehhöfc. Unter den statistischen 
Darlegungen bieten mit Rücksicht darauf, daß über die Schlach¬ 
tungen und Beanstandungen - umfassende Tabellen für das Reich 
und die Bundesstaaten regelmäßig veröffentlicht werden, die meisten 
kein weitgehenderes Interesse, um so mehr als sie nicht alle Städte 
umfassen. Nur eine, die Zusammenstellung des durchschnittlichen 
Schlachtgewichts, muß, weil die Kenntnis desselben für die Be¬ 
rechnung des Fleischkonsums von Wichtigkeit ist, größere Beach¬ 
tung Anden. Das durchschnittliche Gewicht der geschlachteten 
i Tiere betrug in Kilogramm: 


Städte 

Ochsen 

Stiere 

Kühe 

Jungvieh 

Kälber 

Schweine 

Ferkel 

Schafe, 

Hammel, 

Lämmer 

Ziegen 

Pferde 

Aachen. 

1 440 

299 

130 

45 

90 

10 

23 >) 

15 

287 

Augsburg. 

320 

210 

1 210 

210 

50 

55 

1 ‘1 

20 -) 

200 

Berlin. 

268 

271 

198 

126 

50 

8 

6 

20 

1 


Bochum. 

350 

250 

[ 275 

150 

50 

IM) 

20 

12 

300 

Braunschweig. 


288 


49 

110 


22 

22 


Bremen. 

283 

2^2 

250 

221 

69 

67 


22 

12 

239 s) 

Breslau. 

323 

368 

272 

260 

38 

89 


23 


200 

Dassel. 

332 

356 

252 

195 

32 

92 

6 

21 

i 13 4 ) 


Chemnitz. 

381 

329 

242 

242 

34 

86 


25 

18 

295 

Cöln. 

350 

350 

300 

150 

3,5 

75 


22 

15 

300 

Crefeld.. . 

325 

250 

275 

150 

50 

90 

15 

15 

12 

325 

Danzig .. 

250 

275 

200 


38 

80 


18 

12 

215 

Darm stadt. 

402 

292 

246 

2 62 

31 

74 

. 

20 

14 

300 

Dortmund. 


250 


40 

90 

18 

12 

225 

Dresden. 

300 

300 

300 


35 

85 


25 

25 

150 ß ) 

Düsseldorf. 

3 

25 

250 

175 

55 

60 

7 

20 

15 

300 

Duisburg. 

400 

400 

300 

200 

50 

75 

6 

20 

20 

450 

Elberfeld. 


275 


125 

30-35 

80 

. 

25 

15 


Erfurt. 

400 

400 

300 

300 

28 

100 


25 

25 •) 

200 

Frankfurt a. M. 

400 

225 

28 

65 

• 

±2 

*) 

300 

Freiburg i. Br. 

350 

300 

200 

200 

25 

80 

20 

20 

200 

Görlitz. 

450 

350 

250 

200 

35 

85 

10 

20 9 ) 

20 

200 

Halle. 

426 

317 

:w 

100 

4 

2,0 

307 

Hannover . 

290 

309 

251 

215 

55 

90 

17, 19, 12 


200 

Karlsruhe. 

252 

277 

227 

206 

38 

68 

3 

2 

j 

200 

Kiel. 


240 


35 

8 

’) 

21 

230 

Königsberg i. Pr. 


227 


32 1 

84 


20 

12 

175 

Leipzig. 

372 | 

354 

261 

248 

47 | 

91 


30 

18 

270 

Liegnitz. 

250 



. 

35 

75 


30 

20 

200 

Lübeck . 


240 


35 

8 

"> 

21 

230 

Magdeburg. 

380 

364 

278 

44 j 

92 


2 

> 

300 

Mainz. 

340 

377 

246 

257 

45 ! 

72 


20 m») 

15 

200 

Mannheim. 

360 | 

390 

210 j 

230 

40 

65 


25 

15 »■) 

200 

Metz. 

350 

460 

290 

40 ; 

65 


24 



Mülhausen i. E. 

326 

370 

217 | 


41 | 

64 


22 

15 


München. 

310 1 

160 

200 

120 

40 

45 

4 ,a ) 

20 ») 

235 ») 

Nürnberg. 

270 

175 

175 | 

• 175 

3» , 

60 

. ' 

15 

15 

200 

Plauen i. V. 

332 ! 

379 

246 

37 | 

93 


24 



Posen . 


265 


34 : 

96 

• ( 

20 



Potsdam. 

420 

275 

100 

60 j 

100 

! 

30 


200 

Stettin. 


256 


36 ! 

80 


20 

13 

232 

Straßburg i. E. 

317 

.366 

o; 


37 

65 

8 

24 i«) 

16 

200 ,T ) 

Stuttgart. 

327 

195 

i; 

6 

35 

80 

25 

20 

241 

Würzburg. 

338 

338 

190 

183 

40 

50 

4 

20 18 ) 

12 

300 

Zwickau. 

328 

314 

278 

1 

274 

30 

1 

98 

* 

i 

25 




1 ; Außerdem Lämmer 5 kg. a ) Exkl. Ziegen- und Scbaflämmer 4 kg. 3 ) Außerdem Füllen 100 kg. 4 ) Außerdem Ziegen¬ 
lämmer 3 kg. :> ) Außerdem Esel 75 kg, Hunde 10 kg. ''j Dazu Hunde 10 kg. 7 ) Dazu Ziegenlämmer 3 kg. 8 ) Außerdem Lämmer und 
Ferkel 5 kg. '•') Exkl. Lämmer, diese 3 kg. ut ) Dazu Lämmer 8 kg. ") Dazu Zicklein 2 kg. ,a ) Inkl. Lämmer und Kitzen. ,3 ) Exkl. 
Lämmer und K'tzen. ,4 ) Außer lern Hunde 15 kg. D ) Esel 60 kg. Lämmer 10 kg. ,T .) Esel und Folden 70 kg. ,s ) Lämmer 10 kg. 





















































6. August 1908. 

Festsetzung der Schlachtzeiten. 

Die Festsetzung der Schlachtzeiten ist von vielen mittleren und 
kleineren Städten mit beschränktem tierärztlichen Personal zeit¬ 
weise Gegenstand des Haders zwischen beiden Parteien. Es kann 
dem Tierarzt nicht zugemutet werden, z. B. von Sonnenaufgang bis 
in die Nacht herein auf der Lauer zu liegen (es soll noch Schlacht¬ 
höfe geben, wo die Dienstzeit um vier Uhr morgens beginnt), um 
die wenigen Schlachtungen, die (besonders zur Hochsommerzeit 
sich noch verringern), abzuwarten, zumal sie ganz gut in 
3—4 Stunden vollführt sein könnten. Da heutzutage auch die 
kleinsten Schlachthöfe fast alle tadellose Kühlanlagen haben und 
auch die Natureisktthlanlagen größtenteils befriedigend funktionieren 
und mit weit weniger Unkosten an Material, Bedienung und Ab¬ 
nutzung zu halten sind, und den Schlachthöfen eine gute Rente 
verschaffen, als die für größere Anstalten bestimmten ehemo- 
thermischen Anlagen, so kann gut Fleischvorrat auf etwa 14 Tage 
aufgestapelt werden und die Schlachtzeit auf die wirklich nötigen 
Stunden beschränkt werden. — Eine ganz vernünftige Meinung 
gibt sich hierin auch seitens der Redakteure einer großen 
Fleischerzeitung kund, die folgende beherzigenswerte Worte 
einem eine Anfrage sich leistenden Klienten kund und zu wissen 
gibt: „Antwort nach G.: „Die Festsetzung von Schlachtzeiten ist 
an allen Öffentlichen Schlachthäusern üblich; es liegt in der Natur 
der Sache, daß nicht gestattet werden kann, daß in einer Gemeinde 
von 5000 Einwohnern jeder Fleischer zu jeder beliebigen Tageszeit 
schlachtet. Was an großen Öffentlichen Schlachthäusern allgemein 
festgesetzt ist, das müssen sich auch die Fleischer an kleineren 
Schlachthäusern gefallen lassen. Gegen eine entsprechende Fest¬ 
setzung von Schlachttagen und Schlachtzeiten ist absolut nichts 
zu machen. Ob als weiterer Zweck die Ermöglichung der Aus¬ 
übung der Privatpraxis durch den Schlachthaustierarzt anzusehen 
ist, ist gleichgültig; der eigentliche Grund ist die Regelung des 
Betriebes im Schlachthaus.“ Dr. G. 

Neue Garnisonsschlächtereien in Französisch-Lothringen. 

Dem „Est Republicain“ zufolge sollen an Stelle der bis¬ 
herigen Privatlieferungen Garnisonsschlächtereien treten, die in 
die verschiedenen Ostfestungen Frankreichs gelegt würden. 
Gleichzeitig sollen modernste Kühlanlagen beschafft werden. Alle 
Viehgattungen sollen genau untersucht werden vor dem Schlachten, 
das Fleisch soll zwecks Prüfung auf Qualität und Genu߬ 
tauglichkeit erst in einem öffentlichen Fleischsaal geprüft 
werden. Nach dem „Iinmeuble“ will man auch das bekanntlich 
in Frankreich übliche Verbrauchen ganz frischen Fleisches da¬ 
durch verhindern, daß man es eine länger dauernde Unter¬ 
suchung passieren läßt und gewissermaßen einer Quarantaine 
unterwirft. Für die Garnison Nancy wurde Militärtierarzt 
Cordonier zum Leiter des Laboratoriums ernannt. Dr. G. 

Die Broschüre „Sommes nous döfendus?“ erledigt. 

Die aufsehenerregende Broschüre des Abgeordneten des 
Maasdistriktes Humbert, die u. a. die schlechte Beschaffen¬ 
heit der französischen Schlachthöfe, sowie der Kühlhäuser ge¬ 
rügt hatte, ist nach Anfragen an den Verfasser seitens 
französischer Patrioten nunmehr erledigt. Nach Humberts 
Schreiben hätte sich der Unterstaatssekretär Cheron sowie der 
Kriegsminister im Laufe von V/ 9 Jahren die größte Mühe ge¬ 
geben, alle Mißstände abzustellen. Also wäre die aufsehen¬ 
erregende Broschüre erledigt. Dr. G. 

Neue Schlachtpistole. 

Ein neues Schlachtgewehr, das großes Aufsehen erregen 
soll, hat der Engländer Hirem Percy, der Sohn der Erfinders 
der Schnellfeuergeschütze, dem New-Yorker Tierschutz verein 
vorgeführt. Das Gewehr soll vollständig geräuschlos funktio¬ 
nieren und war gelegentlich eines Ausschreibens desselben New- 
Yorker Tierschutz Vereins, der einen Preis für möglichst schmerz- 


571 


lose Tötung von Schlachtvieh ausgeschrieben hatte, vordemon¬ 
striert werden. Das Gewehr soll eine furchtbare Waffe dar¬ 
stellen, weshalb die Schlächter sich verpflichten müßten, es 
nicht aus dem Schlachthofe zu entfernen. Dr. G. 

Unfallstatistik der Fleischerei-Berufsgenossenschaft Im Jahre 1907. 

Der Verwaltungsbericht der Fleischerei-Berufsgenossenschaft 
vermerkt im Jahre 1907 insgesamt 4338 Unfälle. Es fanden Er¬ 
ledigung 1120 durch Entschädigung, 338 durch Ablehnung des 
Anspruchs und 2847 durch Wiederherstellung vor Eintritt der Ent¬ 
schädigungspflicht. Bei den entschädigten Unfällen handelt es sich 
um 174 Quetschungen, 495 Schnitt-, Stich-, Riß- und Hiebwunden, 
18 Verbrühungen und Ätzungen, 140 Knochenbrüche, 152 Vcrlust- 
fälle von Gliedern, 49 Verrenkungen und Zerrungen, 52 Ver¬ 
stauchungen und Erschütterungen, 10 Lcistenbrüchen, 30 sonstigen 
Verletzungen. Von den Unfällen ereigneten sich 540 im Sommer¬ 
halbjahr (1. April bis 1. Oktober) und 580 im Winterhalbjahr, von 
den Verletzten waren 1062 männlichen und 58 weiblichen Geschlechts. 
Tödlich verletzt wurden 30 Personen. Auf einen Verletzten entfiel 
im Durchschnitt eine Rente von 25,03 Proz. der Vollrente gegen 
24,90 Proz. im Jahre 1906. Die Gesamtzahl der Rentenempfänger 
betrug Ende 1907 5251. 

Forderungen der Fleischer. 

Der 31. Verbandstag des Deutschen Fleischer-Verbandes in 
Essen nahm zu verschiedenen Fragen des Viehhandcls, der Fleisch¬ 
beschau und des Schlachthofw r esens Stellung. Bemerkenswert sind 
folgende Beschlüsse und Resolutionen: 

1. Der Verband verhält sich ablehnend gegen den Versuch 
einer gesetzlichen Einführung des Schlußschein- und Wiegezwanges 
auf den Schlachtviehmärkten, ebenso gegen die von der preußischen 
Regierung beabsichtigte Änderung des § 70 der Reichs-Gewerbc- 
Ordnung, da darin ein Versuch der Einführung des obligatorischen 
Lebendgewichtshandels bei Schlachtvieh zu erblicken sei. 

2. Eine Erweiterung der Hauptmängelliste wird für notwendig 
erachtet, eine Nachprüfung und mildere Fassung der Bestimmungen 
des Fleischbeschaugesetzes über die Behandlung beanstandeten 
Fleisches angeregt. 

3. Der Verbandstag erklärt sich gegen das unveränderte Fort¬ 
bestehen des §11 des Preußischen Kommunalabgabcn-Gesetzes, wie 
überhaupt gegen das Bestreben vieler Städte, die Schlachthäuser 
als Einnahmequelle für die städtischen Finanzen zu benutzen. Die 
Abänderung des genannten Paragraphen wird für dringend nötig 
gehalten. 

4. Jedo Besteuerung des Fleisches, sei es in Form von Über¬ 
schüssen aus den Schlachthausbetrieben, sei es durch die Erhebung 
von Abgaben, Verbrauchssteuern oder Akzisen seitens des Staates 
oder der Kommunen ist im Interesse einer gesunden Volkswirtschaft 
abzulehnen und, soweit sie besteht, zu beseitigen. Die Petitionen 
der Städte um Hinausschiebung des Termins für die Beseitigung 
der Fleischsteuern sind zurückzuweisen. 

5. Kolonialwaren- und Vorkostgeschäfte, welche Fleischwaren 
führen, sollen hierfür einen abgesonderten Raum als Verkaufslokal 
halten. 

6. Die obligatorische Untersuchung bei allen Hausschlachtungen 
ist durchzuführen. 

7. Die Kosten der Fleischbeschau sollen von den einzelnen 
Bundesstaaten übernommen werden. 

8. Der Verband tritt für die Aufhebung der Freizügigkeit des 
Freibankfleisches ein (minderwertigen Fleisches). 

9. Der Ausnahmetatif für frisch geschlachtetes Fleisch sollte 
auf Fleischwaren ausgedehnt werden. 

10. Beim Verdacht des Vorliegens einer Fleisch- oder Wurst¬ 
vergiftung möchten die Ärzte jedo Äußerung über die Krankheits¬ 
ursache unterlassen, bis sich der Verdacht als begründet erweist. 

Die Verwertung des im Nahrungs- und Genußwerte erheblich herab¬ 
gesetzt erklärten Fleisches. 

Von J. Ehrle, königl. Bezirkstierarzt in Markt-Oberndorf in Bayern. 

(Deutsche Fleischbeschauer-Zeitung 1908, S. 20.) 

Ehrle wirft die Fragen auf, wer beim Verkauf des minder- 
w'ertigen Fleisches den Preis zu bestimmen hat und um wie viel 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




572 


No. 32. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


niederer dieser anzusetzen ist, wie für das taugliche Fleisch. Es 
fehlt in den Ausfuhrbestimmungen und in den landesherrlichen 
Vorschriften die Bestimmung darüber, wer über den Fleischpreis 
zu entscheiden hat. Dem Tierarzt wird das Recht zur Preisfest¬ 
setzung von den meisten Tierbesitzern bestritten. In vielen 
Gemeinden haben sich, um einen schnellen Absatz des minder¬ 
wertigen Fleisches zu ermöglichen, sogenannte Notschlachtungs¬ 
vereine gebildet und die Preise statutenmäßig festgelegt, andere 
Vereine richten den Preis so ein, daß aus dem Verkauf die Hälfte 
des Wertes des Tieres erlöst werden muß. Dieser Unsicherheiten 
und Verschiedenheiten wegen sollte ein Anhaltspunkt für den 
Preis dera r tigen Fleisches auf gesetzlicher Basis gegeben werden. 
Nach Ansicht der Redaktion der „Deutschen Fleischbeschauer- 
Zeitung“ dürfte die Preisbestimmung Sache des Tierbesitzers sein. 
Das Fleischschaugesetz legt nur Wert darauf, daß das Fleisch als 
minderwertig gekennzeichnet wird. Vorschriften über den Vertrieb 
bleiben dem Landesrecht Vorbehalten. Auch § 10 des N.-M.-G. 
fordert für „verdorbenes“ Fleisch nur Deklaration. Die Fleisch¬ 
schaugesetzgebung wird sich nur auf den gesundheitlichen Stand¬ 
punkt stellen müssen, der den in Rede stehenden Eingriff in die 
Rechte des Tierbesitzers nicht fordert. Wenn sich Leute finden, 
die das minderwertige Fleisch übermäßig hoch bezahlen, liegt das 
außerhalb des Fleischschaugesetzes und läßt sich dagegen nichts 
einwenden. 

Fleischbeschau bei Hausschlachtungen. 

Im Kreise Teltow ist die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
durch Polizeiverordnung auf die Hausschlachtungen von Rindern 
ausgedehnt worden. 

Kesten der Trichinenschau. 

Böhm-Nürnberg berechnet die Kosten der Trichinenschau 
folgendermaßen: Untersucht wurden in einem Jahre 160300 Schweine 
und Wildschweine und 750 einzelne Fleischstücke. Die Untersuchungs¬ 
gebühren betragen 80 375 M. (50 Pf. für ein Schwein und 30 Pf. für 
ein Fleischstück). Die Untersuchung geschieht in 10130 Tages- 
dicnstleistungen von Tricliinenscliauern, 1060 von Probenehmern 
und 560 von Buchhaltern. Zur Beschau der höchsten Tagcsschlach- 
tung von 1180 Schweinen sind 50 Trichinenschaucr, 5 Probenehmer 
und 2 Buchhalter heranzuziehen. Die Ausgaben betragen 3 000 M. 
für Verzinsung und Tilgung von 60 000 M. Einrichtungskosten, 
2 000 M. für Beleuchtung, Heizung, Reinigung, 300 M. für Inventarien, 
Drucksachen, 500 M. für Neuanschaffungen, 750 M. Beiträge für die 
Alters- und Invalidenversicherung, 47 000 M. Gehälter, 1 000 M. für 
besondere Einberufungen zusammen 54 550 M. Der Gemeindekasse 
erwächst bei richtiger Organisation ein Gewinn ohne daß das 
Fleisch mehr als 1 Pf. für das Kilogramm durch die Kosten der 
Trichinenschau belastet wild. 


Hau68chlachtungen in Preußen. 

Bei der letzten Viehzählung am 1. Dezember 1907 hat wie am 
1. Dezember 1904 eine Zählung der im vorhergegangenen Jahre 
vorgenommenen Hausschlachtungen stattgefunden. Vergleicht man 
die gewonnenen Resultate der beiden Jahre mit einander, so 
ergibt sich: 


1.12.03-30.11.04 1 

12.03-30.11.04 

1.12.03-30.11.04 


Gewerbliche 

Haus- 

Gesamt- 


Schlachtungen 

Schlachtungen 

Schlachtungen 

Rindvieh . . 

. . 4036 796 

124115 

4160 911 

Schweine . . 

. . 8 852 352 

3 688 086 

12 540 438 

Schafe . . . 

. . 1465 032 

541 969 

2G07 001 

Ziegen . . . 

. . 157 302 

503 918 

661 220 

dagegen 1.12 

06-30.11. 07 1.12.06-30.11. 07 

1.12.06- 30.11.07 


Gewerbliche 

Haus- 

Gesamt- 


Schlachtungen 

Schlachtungen 

schlachltnngen 

Rindvieh . . 

. . 4 250 205 

139 144 

4 389 349 

Schweine . . 

. . 9 714 005 

3 861 366 

13 575 371 

Schafe . . . 

. . 1 477 658 

504 906 

1 982 564 

Ziegen . . . 

. . 176 858 

468 819 

645 677 

Der Anteil in Prozenten der Gesamtschlachtung beträgt also 

bei Riudern bei Schweinen bei Schafen bei Ziegen 

1904 2,98 Proz. 29,41 

Proz. 26,22 Proz. 76,21 Proz. 

1907 3,17 

* 28,44 

„ 25,48 

„ 72,61 „ 


Nur bei den Rindern hat eine Zunahme stattgefuuden, während 
das Zurückgchcn bei Schweinon auf die mittlerweile vielerorts er¬ 
folgte Unterstellung der Hausschlachtungen bei diesem Tiere unter 
die Fleischbeschau zurückzuführen sein dürfte. 

Jüdische Fleischbeschau. 

Für koscher erklärt sind am Hamburger Schlachthofe im Jahre 
1907 49 Proz. der geschachteten Rinder, 56 Proz. der Kälber und 
55 Proz der Schafe. 

Unberechtigtes Ausschneiden von Fleisch vor der Bestimmung des Schlacht¬ 
gewichts. 

Der Verein der Viehhändler in Braunschweig hatte nach der 
„Allgemeinen Fleischer-Zeitung“ in einer Eingabe darauf hinge¬ 
wiesen, daß mitunter bei den geschlachteten Tieren vor dem Wiegen 
erhebliche Fleischmengen abgeschnitten und der Gewichtsfeststellung 
entzogen wurden. Auch die um eine Äußerung ersuchte Fleischer- 
Zeitung hat sich dahin ausgesprochen, daß die Klage der Vieh¬ 
händler betreffs unberechtigten Abschneidens von Fleischteilen vor 
dem Wiegen seitens mehrerer Fleischer voll und ganz berechtigt 
ist. Ähnliche Mißstände sind wiederholt auch von anderen Schlacht¬ 
höfen gemeldet worden. Der Schaden bei nicht entsprechender 
Feststellung des Schlachtgewichtes oder unkontrolliertem über 
mäßigem „Ausputzen“ trifft den Verkäufer und Viehproduzenten. 


Berlin: Auszug aus dem Fleisohbeschauberioht für die Monate April bis Juni 1908. 




A. 

Schlachthof 


B. Untersuchungsstationen 


Rinder 

Jung¬ 

rinder 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Rindcr- 

viertel 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht. 

29 760 

5 008 

51 219 

114 550 

289 921 

8 776 

11 199 

2 232 

13 574 

Es wurden beschlagnahmt: ganz. 

1050 

158 

299 

65 

2 610 

38 

104'/, 

61 

31 

„ „ „ teilweise . . . 

14 145 

874 

664 

7 745 

67 629 

— 

—- 

— 


ln der Zahl der beschlagnahmten ganzen Tiere 
sind nicht enthalten: 










a) verendete Tiere. 

3 

— 

14 

10 

73 

— 

— 

— 

— 

b) ungeborene Tiere. 

2 

- 

31 


— 

- 



— 

Wegen Tuberkulose teilweise beanstandet: 










„ „ minderwertig . . . 

265 

19 

20 

! i 

894 

1 

— 

1 — 

1 

„ bedingt tauglich . . 

184 

23 

29 

1 i 

448 

— 

| ~ 

— 

2 

., untauglich .... 

53 

16 

o 

I ,&■! 

26 

— 

1 

; — 

— 

Fleischviortcl, verschieden beurteilt. . . . 

149 

10 

16 

! 

98 

— 


— 

__ 

Wegen Finnen minderwertig. 

219 

37 

3 

_ 

17 

— 

— 

— 

; — 

,, „ bedingt tauglich. 

49 

8 

5 


1 20 

— 

— 

— 

— 

,, ,, untauglich. 

1 


- 

i _ 

1 21 

- 

- 

! - 

! — 

Wegen Trichinen bedingt tauglich .... 

— 

— 

I TT 

i 

1 9 

— 

— 

— 

_ 

.. „ untauglich. 

— 

- 

; 

- 

| 1« 

- 

1 

— 

— 



















6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


573 


Entnahme von Nahrungsmittelproben. 

Ein Fleischer hatte das Verlangen des Polizeibeamten auf 
Verabfolgung einer Probe von einer bestimmten Ware mit dem 
Hinweis abgelehnt, daß das betreffende Stück für den Haushalt 
gebraucht werden solle. Da das Stück sich im Geschäftsraum be¬ 
fand und erst beim Eintritt des Beamten nach der Küche geschafft 
wurde, war nach Ansicht der „Deutschen Juristenzeitung“ der 
Beamte berechtigt, eine Probe von dem Stück zu verlangen. Es 
braucht in solchen Fällen auf Erklärungen obiger Art keine Rück¬ 
sicht genommen zu werden, da das Gesetz die Entnahme von 
Proben aus im Geschäftsraum befindlichen Nahrungsmitteln ohne 
jede Ausnahme gestattet 

Pfobeschlachtungen zur Steuerveranlagung. 

Der Magistrat in Braunschweig beschloß, um eine Einsicht in 
den Verdienst der Fleischer zwecks zutreffender Steuerveranlagung 
zu gewinnen, einige Probeschlachtungcn auf Rechnung der Stadt¬ 
verwaltung vorzunehmen uud das Fleisch auf dem Markte zu den 
üblichen Preisen zu verkaufen. 

Kühlanlagen In den Markthallen. 

In Berlin sollen nach und nach die Markthallen mit Kühl¬ 
anlagen versehen werden. In einer Halle ist bereits mit dem Bau 
der Kühleinrichtung begonnen worden, für eine zweite-plant man 
daneben Ausschlachteräume zu schaffen, um dort Fleisch auszu¬ 
hauen und Wild und Geflügel, insbesondere Gänse, auszuschlachten. 
Die Kosten für eine solche Anlage berechnet man auf 265 000 M. 

Polizeiverordnung, betr. Aufstellung von Konflskatbehältern in den 
Schlächtereien in Lüneburg. 

Vom 14. November 1907 (Amtsbl. S. 253). 

Auf Grund der §§ 137, 138 und 139 des Gesetzes über die all¬ 
gemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 und der §§ 6 und 12 
der Königlichen Verordnung vom 20. September 1867 über die 
Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landesteilen wird unter 
Zustimmung des Bezirksausschusses für den Umfang des Regierungs¬ 
bezirks Lüneburg hiermit folgendes verordnet: 

§ 1. In jeder gewerblichen Schlachtstutte ist durch den Inhaber 
derselben zur Aufnahme der bei der Fleischbeschau beanstandeten 
Teile ein hinsichtlich seiner Größe dem Umfange des Schlächterei¬ 
betriebes entsprechender Sammelbehälter aufzustellen. 

Dieser Behälter soll aus verzinktem Eisenblech bestehen und 
einen verschließbaren und dicht schließenden Entleerungsdeckel 
besitzen. 

Zu jedem Behälter sind 2 Schlüssel zu beschaffen. Je einen 
nimmt der zuständige Fleischbeschauer und der zuständige Polizei¬ 
beamte in Verwahr. 

§ 2. Vor Ingebrauchnahme und nach jeder Entleerung sind I 
die Behälter bis zu etwa */ 5 ihres Rauminhalts mit Chlorkalkmilch 
(hergestellt aus 1 Teil frischem Chlorkalk und 20 Teilen Wasser) 
oder einem anderen, in Wasser löslichen Desinfektionsmittel zu 
beschicken. 

§ 3. Die Entleerung der Behälter und die Vernichtung des 
Inhalts erfolgt nach einem in § 45 der B. B. A (Ausführungs¬ 
bestimmungen) zum Fleischbeschaugesetze vom 3. Juni 1900 (Reichs¬ 
gesetzblatt S. 547) vorgeschriebenen Verfahren (Verbrennen oder 
Vergraben) unter polizeilicher Aufsicht auf dem von den Polizei¬ 
behörden bereitgestellten Platze, und zwar durch eine polizeilicher- 
seits damit beauftragte Person. 

Der Transport des Behälters zu dem Verseharrungsplatz ist 
Sache der Schlächtereiinhaber. 

§ 4. Die Entleerung der Behälter erfolgt an von den Polizei¬ 
behörden näher zu bestimmenden Terminen in den Monaten Mai 
bis einschließlich September mindestens jede Woche einmal, in den 
übrigen Monaten mindestens alle 14 Tage. 

Sofern in einzelnen Fällen eine öftere Entleerung notwendig 
werden sollte, hat der betreffende Schlächtereiinhaber oder der 
Fleischbeschauer der Polizeibehörde Mitteilung zu machen. 

§ 5. Die ordnungsmäßige Benutzung der Sammelbehälter 
unterliegt der Beaufsichtigung durch die Fleischbeschauer. Etwaigen 
Anordnungen derselben ist Folge zu leisten. 

§ 6. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Polizei¬ 


verordnung werden mit Geldstrafen bis zum Betrage von 30 M. in 
jedem einzelnen Falle geahndet, an deren Stelle im Unvermögens¬ 
falle verhältnismäßige Haftstrafe tritt. 

Unabhängig von der Bestrafung erfolgt zwangsweise Durch¬ 
führung der Vorschriften dieser Polizeiverordnung nach Maßgabe 
des § 132 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 
30. Juli 1883. 

§ 7. Diese Polizeiverordnung tritt am 1. Januar 1908 in Kraft. 
Der Regierungspräsident 

Einfuhr von Fischen, Amphibien, Weichtieren und Krustentieren nach 
Deutschland im Jahre 1907. 

Die Einfuhr betrug nach den „Monatlichen Nachweisen über 
den auswärtigen Handel Deutschlands“ in Doppelzentnern (100 kg) 
an: Karpfen, frilche 14 850; andere lebende Süßwasserfische 19 971; 
andere nicht lebende Süßwasserfische 57 476; Heringe (Breitling), 
Sprotten, frische 939 587; andere Salzwassorfische, frische 247 672; 
gesalzene Heringe, unzerteilt; Heringsmilch, Heringslake 1300420Faß 
und 2321 Dz; Lachs 35 717; Sardellen 12 601; Stockfisch (ge¬ 
trockneter Kabeljau, Klippfisch) 9773; Bücklinge usw. 27 309; 
Fische zum feineren Tafelgenusse zubereitet 6; Kaviar und Kaviar¬ 
ersatzstoffe (Fischrogen); Kaviarlake 3812; Austern 9533; Mies¬ 
muscheln 23177, andere Seemuscheln 1; Schnecken aller Art; 
Froschkeulen 191; Schildkröten 130; Süßwasserkrebse, Krebsfleisch 
auch zubereitet, 9453; Hummer, Langusten 11713; Krabben 432; 
andere Seekrebse, lebend, abgekocht, eingesalzen 6; Seekrebsc; 
Seemuscheln, Schnecken usw. anders alo durch Abkochen oder Ein¬ 
salzen zubereitet 6. 

Deutschlands Fischverbrauch. 

Nach dem statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich 1907 
lieferten die Deutschen Fischereiflotten 1906 für etwa 27,5 Mill. 
Mark Fische auf den Markt, wovon für 8,02 Mill. wieder ausgeführt 
wurden. Aus dem Auslande eingeführt sind für ungefähr 107,1 Mill. 
Mark Fische, vornehmlich aus England (35,9 Mill.), Niederland (21,5 
Mill ), Dänemark (9 Mill.), Rußland (7,9 Mill.), Norwegen (9,9 Mill.), 
den Vereinigten Staaten (6,2 Mill.) und Schweden (4,7 Mill. Mark). 

Transport lebender Seefische. 

Im Fischereihafen zu Cuxhaven sind erfolgreiche Versuche 
angestcllt, den Transport lebender Seefische in die großen Städte 
des Inlandes zu ermöglichen. Die Versuche sind unter Mitwirkung 
des Fischereiinspektors Du ge seitens der Fischereitransportfirma 
Kau mann Nachfl. A.-G-, Berlin, unternommen, die über besondere 
patentierte Spezialwaggons für den Transport lebender Fische 
verfügt und in diesen bereits aus Rumänien und Marsaille Ladungen 
von je 100—120 Zentner lebender Süßwasserfische bei Reisezeiten 
von 90—100 Stunden in tadellosem Zustande nach Berlin gebracht 
hat. Nach einigen Vorproben wurden lebende Schollen, Steinbutt, 
Terbutt und Seezungen in den Wagen getan, der mit 3V a Proz. 
Salz enthaltendem Seewasser gefüllt war. Der Verlust betrug nach 
36 Stunden nur einige Prozent Schollen. Die meisten Schollen und 
alle übrigen Fische waren in vorzüglicher Verfassung geblieben. 
Für die deutsche Seefischerei ist das Gelingen dieser Versuche von 
außerordentlicher Bedeutnng. 

Zur Versorgung Berlins mit Fischen. 

Der Fischhandel gestaltet sich nach dem Bericht über die 
Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin von Jahr zu Jahr schwieriger. 
Die Zufuhren können den Bedarf nicht decken und die Absicht, 
den Fisch zum Volksnahrungsmittel zu machen, ist völlig vereitelt. 
Die Ursachen liegen in der Verminderung des Fischbestandes in¬ 
folge der Stromregulierungen und der dabei entstehenden Be¬ 
schränkung der Laichplätze und in den starken Verunreinigungen 
der Flußläufe. Die besten Fische werden immer knapper, auch die 
Seefische konnten den Bedarf nicht decken, und besonders erste 
Qualitäten fehlen auch unter diesen fast gänzlich. Der Jahresumsatz 
an lebenden und toten Fischen bei dem städtischen Verkaufsver¬ 
mittler betrug: 

1903 : 23 900 Zentner im Werte von 1912 810 M. 

1904 : 21166 „ „ „ „ 1030 360 „ 

1905 : 21644 „ „ „ „ 1071 992 






574 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Der Hering als Futtermittel. 

Der Heringsfang ist nach Mitteilungen in der „Fisch-Industrie“ 
in der Ostsee so ergiebig gewesen, daß man die Massen als 
Nahrungsmittel nicht verwerten kann und zu Spottpreisen als 
Düngemittel den Landwirten anbietet. Viel besser seien die Fische 
nach Ansicht des Blattes als Futter- und Mastmittel für Schweine, 
Geflügel und Fische zu verwerten, Der Markt hierfür muß freilich 
erst erschlossen werden, um die vorhandenen starken Antipathien 
gegen eine solche Fütterung zu überwinden. Selbst ein maximaler 
Tranansatz verschlechtert den Geschmack der Karpfen und Forellen 
nicht, und auch bei den Warmblütern kann durch geeignetes Bei¬ 
futter ein übler Geschmack des Fleisches verhindert werden. Die 
Finna Winkler in Geestemünde hat sogar mit dem aus minder¬ 
wertigem Material hergestellten Fischbrei (Truttat, Porcin) ansehn¬ 
liche Erfolge erzielt. Sie stapelt die unverkäuflichen Heringe in 
Gefrierhäusern auf und verkauft das Futter zu relativ ansehnlichen 
Preisen an die Salmanidenzüchter. Auch die thermischen Ver¬ 
nichtungsanlagen sollten die Verarbeitung der überschüssigen 
Fische in die Hand nehmen. VorzuBchlagen ist ferner, die durch 
den Wolf zerkleinerten frischen, ungesalzenen Heringe mit 10 bis 
15 Proz. Melasse zu vermengen und das Gemisch als Schweine-, 
Geflügel- und Forellenfutter abzugeben. Dieses Futter hält sich, 
wie die Präparate der Firma Pallasch in Eideistadt bei Altona 
zeigen, lange Zeit. — Die Absicht, die Fischabfälle möglichst 
vorteilhaft zu verwenden, ist sicherlich nur zu billigen, als 
Schweine- und Gefltigelfutter wären dieselben aber erst dann zu 
empfehlen, wenn die Entstehung eines Fischgeschmackes sicher 
verhütet werden kann. 

Austernfang In der Nordsee. 

Die Deutsche Austernfischerei, die von der Unterelbe aus in 
der Nordsee betrieben wird, ist mit besonderen Gefahren für die 
Fischer verknüpft, da die Austerngründe etwa in dem Mittelpunkte 
der Nordsee gelegen sind und die Fischer oft auf hoher See die 
Winterstürme über sich ergehen lassen müssen. Die Austern werden 
mit besonderen Netzen aus einer Tiefe von 30 bis 35 Faden empör¬ 
geholt. Als durchschnittliche Ausbeute gilt ein Fang von 15000 bis 
20000 Austern in 2 bis 3 Wochen. Die Fangzeit dauert von Mitte 
September bis Mitte April. Jährlich werden mehrere Millionen 
Nordseeaustern in Cuxhaven auf den Markt gebracht, doch geht 
der Austernfang wegen seiner Gefährlichkeit mehr und mehr zurück. 

Deutsche Austemzucht. 

Zur Förderung der Deutschen Austernzucht sollen Versuche ge¬ 
macht werden, holländische Austern in das deutsche Wattenmeer 
zu verpflanzen. Die deutschen Austernbänke sind noch nicht selbst 
imstande, so viel Brut zu erzeugen, daß Saataustern abgegeben 
werden können, weshalb die Einfuhr von ausländischen Austern, die 
zollfrei erfolgen kann, nicht zu umgehen ist. Das deutsche Watten¬ 
meer das etwa 4400 Quadratkilometer umfaßt, liegt bis auf die 
schleswigschon Naturbänke noch unbenutzt da und könnte teilweise 
recht gut zur Austernkultur herangezogen werden, was um so mehr 
geschehen sollte, als die Küstenfischerei überall zurück geht Die 
Gewässer sind keineswegs ungünstig für das Gedeihen der Austern 
und werden durch Verunreinigungen nicht nachteilig beeinflußt. 

Aalbrut. 

Der wissenschaftliche Leiter der Fahrten des dänischen 
Forschungsdampfers „Thor“, Dr. Schmidt, hat Laichplätze des 
Aales entdeckt. Seine Feststellungen ermöglichen, die Brut einzu¬ 
fangen und in geeignete Gewässer zu verpflanzen. Eine Sendung 
von '/a Mill. junger Aale (sog. Glasaale) ist neuerdings in Cuxhaven 
eingetroffen. 

„Krebssuppen.“ 

Der Inhaber eines bekannten großen Restaurants in Hamburg 
war wegen Vergehens gegen das N.-M.-G. angeklagt. Wie in der 
Verhandlung festgestellt wurde, hatte er ttbriggebliebene Speise¬ 
reste verwertet und andern Gästen erneut vorgesetzt, Tropfbier 
verschänkt, billiges Geflügel an Stelle teuern Wildes verkauft usw. 
Besonders unappetitlich war, daß zu Krebssuppen die ausgelutschten 
Ilummerschalen verwendet wurden. 


Kanineheii-Zuohtanstalt. 

Der Triester Stadtrat beschloß, um für die ärmere Bevölkerung 
eine billige Fleischnahrung zu beschaffen, eine Zucht von Kaninchen 
in großem Maßstabe einzurichten. Die Anstalt wurde am 1. De¬ 
zember eröffnet und die Leitung nach einer Notiz im „Tierärztlichen 
Zentralblatt“ dem Stadttierarzt Dr. Arnerytsch in Triest übertragen. 

Kaninchenhandel. 

Die Kaninchenplage sucht die australische Regierung dadurch 
zu bekämpfen, daß den betroffenen Bezirk durch ein riesiges Gatter 
das mit Fallen versehen ist, eingezäunt wurde. Die massenhaft 
gefangenen Kaninchen werden jetzt in gefrorenem Zustande ver¬ 
sandt, besonders nach England, in geringem Umfange nach Deutsch¬ 
land. Seit dem 1. Dezember 1907 sind 918 Q00 Körbe Kaninchen nach 
England gelangt im Gewichte von 23 000 Tonnen. Die Einfuhr ver¬ 
minderte dort besonders den Konsum an Hammelfleisch bemerkenswert 

Konservierung der Eier. 

In der „Zeitschrift für Untersuchung der Nahrung- und Genu߬ 
mittel“ bemerkte Prall, daß sich die Eier mehrere Monate konser¬ 
vieren lassen, wenn sie in luftigen kühlen Räumen, in denen kein 
zu hoher Feuchtigkeitsgehalt besteht, aufbewahrt werden: Die beste 
Temperatur sei 0 Grad, die Luft dürfe nicht über 80 Proz. Feuchtig¬ 
keit enthalten. Unter den Konservierungsmitteln ist 10 Proz. Wasser¬ 
glaslösung am empfehlenswertesten. 

Eiereinfuhr. 

Im Jahre 1907 sind nach den „Monatlichen Nachweisen über 
den auswärtigen. Handel Deutschlands“ nach Deutschland einge¬ 
führt in Doppelzentnern: Eier 1494 552, Eigelb, eingeschlagene Eier 
19 218; Eiweiß, flüssig 1540. 

Pinguineneler. 

Pinguineneier gelangen neuerdings in London und Paris als 
Delikatesse auf den Markt. Sie kommen vorwiegend aus dem 
Süden und Osten Afrikas, wo sie schon lange den Hühnereiern 
vorgezogen werden._ 

Tierhaltung und Tierzucht. 

Geschäftsbericht der bayerischen Landes- 
Viehversicherungsanstalt 

für das II. Versicherungsjahr 1906/1907. 

(1. November 1906 bis 1. November 1907.) 

Der vorliegende Jahresbericht enthält einleitend einige Ab¬ 
änderungen, die sich vorwiegend mit der Ziegenversicherung be¬ 
schäftigen. Die letztere ist bekanntlich in Bayern der staatlichen 
Rindviehversicherung angeschlossen. Bei Ziegen findet aber eine 
Wertermittlung nicht statt, der Wert für jedes Stück ist auf 15 M. 
festgesetzt. Es ist jedoch den Ortsviehversicherungsvereinen 
anheim gestellt, durch Beschluß der Generalversammlung für ver¬ 
edelte Ziegen die Individualversicherung einzuführen. Die Ent¬ 
schädigung beträgt bei umgestandenen Tieren 7,o und bei not¬ 
geschlachteten 8 /,u des Wertes. 

Was nun den Geschäftsgang der Anstalt im Berichtsjahr selbst 
anlangt, so ergab die Nachschau im Herbst 1907 1614 Vereine mit 
81 552 Mitgliedern und 320 776 Tieren mit einem Versicherungswert 
von 85 489 565 M. (die beitragspflichtige Versicherungssumme selbst 
beträgt 84 567 225 M.). 

Auf einen Ortsverein trafen im Durchschnitt 51 Mitglieder mit 
199 versicherten Tieren. Der durchschnittliche Versicherungswert 
eines Rindviehstückes belief sich auf 312 M. nach der Herbst¬ 
nachschau (gegen 306 M. im Vorjahr). 

Die Zahl der Ortsvereine hat um 42, die der Mitglieder um 
2439 und die der versicherten Tiere um 15007 zugenommen, die 
Versicherungssumme hat sich um 5 364 060 M. erhöht. Bei den 
Schadensfällen ist eine Minderung um 172 eingetreten. An den 
Schäden mit im ganzen 3,22 Proz. gegen 3,43 Proz. im Vorjahr ist 'das 
Rindvieh mit 2,92, die Ziegen sind mit 4,87 Proz. aller Tiere beteiligt. 

Mit Einrechnung eines vom Vorjahre übernommenen Falles 
wurden 10 418 Entschädigungsansprüche erhoben. Davon erwiesen 
sich 10 330 Fälle als begründet und gelangten zur Auszahlung, 
84 Fälle waren nicht begründet, während zwei weitere Fälle noch 





6. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


575 


schweben. Die Schadensfälle sind gegenüber dem Vorjahre bei 
den Ochsen nur um 0,04 Proz. und bei den Kühen um 0,03 Proz. 
im Anteil der versicherten Tiere zurückgegangen. Erheblicher ist 
der Rückgang beim Jungvieh mit 0,23 Proz. und bei den Ziegen 
mit 0,84 Proz. 

Von den entschädigten Viehstücken waren 

notgeschlachtet. 6771 = 65,55 Proz. 

umgestanden. 3347 = 32,40 „ 

geschlachtet (Schlachtviehversicbcrung) 212= 2,05 „ 

Wenn auch der Anteil der umgestandenen Tiere an den 
Schadensfällen gegenüber dem Vorjahr mit 33,13 Proz. etwas 
zurückgegangen ist, so ist diese Zahl immer noch eine auffallend 
hohe, wie auch der Bericht mit Recht hervorhebt Der letztere 
wendet sich deshalb an die Ausschußmitglieder der Ortsvereine, um 
auf Minderung der Schäden durch rechtzeitiges Schlachten zu dringen. 

Die notgeschlachteten und umgestandenen Tiere von zusammen 
10118 scheiden sich in 7703 Rindviehstücke und 2415 Ziegen. In 
5689 Fällen und zwar bei 5511 Rindviehstücken (= 71,54 Proz. der 
Schadensfälle) und 178 Ziegen (= 7,37 Proz.) hat eine tierärztliche 
Behandlung oder Untersuchung stattgefunden. 

Aus der Verwertung von notgeschlachteten und umgestandenen 
Tieren wurde ein Erlös von 671097,07 M. erzielt. Davon trafen 
649195,30 M. auf 6771 notgeschlachtete und 21901,77 M. auf 
3347 umgestandenen Tiere. Im Durchschnitt ergab sich ein Rein¬ 
erlös von 95,88 M. für ein notgeschlachtetes und von 6,54 M. für 
ein umgestandenes Tier. Im ganzen betrug der Erlös 33,80 Proz. 
der Entschädigung gegenüber 34,68 Proz. im Vorjahr. 

Bei der Schlachtviehversicherung betrug die Entschädigung für 
212 Fälle 14453,50 M. Hierbei wurde das Fleisch in 165 Fällen 
als teilweise und in 47 Fällen als gänzlich ungenießbar erklärt. 
Bei den ersteren wurde durchschnittlich eine Entschädigung von 
40,91 M und bei den letzteren eine solche von 163,91 M. gewährt 
Dabei ist der Erlös aus der Verwertung von Tjpren den Ver¬ 
sicherten verblieben. 

Die Kosten für die tierärztliche Behandlung und Arzeneien 
beliefen sich auf 135595,44 M. = 0,16 Proz. der beitragspflichtigen 
Versicherungssumme und für die örtliche Verwaltung auf 72844,90 M. 
= 0,09 Proz. gegenüber 0,10 Proz. des Vorjahres. 

Der ungedeckte Aufwand betrug 576149,12 M. Demnach war 
bei einer beitragspflichtigen Versicherungssumme aller Vereine von 
84 567 225 M. (siehe oben) ein Beitrag von 0,68,5 Proz. (sog. Ver¬ 
bandsumlage) erforderlich. 

Der Anfall an Entschädigungen bei den einzelnen Ortsvereinen 
belief sich auf 65 < 217,66 Mk. Diese Summe ist statutengemäß von 
den einzelnen Ortsvereinen beizubringen. An dieser Summe kommen 
aber 25 000 M. in Abzug, die von seiten des Ministeriums des 
Innern an 439 Ortsvereine wegen Überlastung verteilt wurden. 
Somit verminderte sich obige Summe auf 632 217,66 M. 

Sonach war eine durchschnittliche Ortsumlage von 0,74,5 Proz. 
notwendig. Naturgemäß schwankt die Ortsumlage bei den einzelnen 
Ortsvereinen. So betrug sie auf 100 M. der Versicherungssumme 
0,65,5 Proz. bei 100 Ortsvereinen (ohne Schäden), 

0,69 bis 1,42 Proz. bei 792 Ortsvereinen, 

1.43 Proz. Durchschnitt) bei 20 Ortsvereinen, 

1.44 bis 2,00 Proz. bei 568 Ortsvereinen, 

2,01 bis 2,50 Proz. bei 108 Ortsvereinen, 

2,51 bis 3,00 Proz. bei 16 Ortsvereinen, 

3,01 bis 3,50 Proz. bei 10 Ortsvereinen. 

Der Satz über 2 Proz. traf hauptsächlich auf Ortsvereinen mit 
vorherrschender Milchwirtschaft zu, wodurch das Versicherungs¬ 
verhältnis meist ungünstigt beeinflußt wird. 

Die durchschnittliche Gesamtumlage (= Verbands-Ortsumlage) 
stellte sich demnach im Berichtsjahr auf 0,68,5 Proz. und 0,74,5 Proz # 
= 1,43 Proz. der beitragspflichtigen Versicherungssumme gegen¬ 
über 1,40 Proz. im Vorjahre. Wenn man erwägt, daß nach den 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Über Vererbung und Aufzucht der Pferde mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Schrittpferdezucht. Von E. Suckow, früher Gestüts- 
Direktor und Leiter des Fürst K. E. Fürstenbergschen Rennstalles, 
vordem Gestüts-Direktor Ihrer Majestät der Königin von Neapel. 


Geschäftsberichten von 15 Viehversicherungsgesellschaften in 
Deutschland die Prämien und Gebühren im Jahr 1906 bei 106,3 Mil. 
Mark Versicherungssumme im Durchschnitt 4,1t Proz. der Ver¬ 
sicherungssumme betrugen, so stellen sich obige 1,43 Proz. als 
sehr nieder heraus. Außerdem sind in diesem geringen Umlagefuß 
bekanntlich noch die Kosten der tierärztlichen Behandlung, Medi¬ 
kamente und örtlichen Verwaltung mit inbegriffen. 

Bemerkt sei noch, daß der Reservefonds, das gemeinschaftliche 
Vermögen der angeschlossenen Ortsvereine, sich auf 424 053,31 M. 
stellte. An Zinsen desselben konnten diesmal 16 544,28 M. zur 
Deckung der Entschädigungen verwendet weiden. Schließlich 
möge nach bisheriger Gepflogenheit die Schadensliste folgen; ein 
Eingehen auf die einzelnen Krankheiten würde allerdings zu weit 
führen. Das Ergebnis ist wie folgt: 

I. Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane' 
381 = 3,69 Proz. 

II. Krankheiten des Gefäßsystems 614 = 5,94 Proz. 

III. Krankheiten der Atmungsorgane 290 = 2,81 Proz. 

IV. Krankheiten der Verdauungsorgane 2105 = 20,38 Proz^ 

V. Krankheiten der Harnorgane 214 — 2,07 Proz. 

VI. Krankheiten der Geburtswege usw. 1891 = 18,31 Proz. 

VII. Infektions-Krankheiten 3045 = 29,48 Proz. 

VIII. Parasiten (tierische) 256 = 2,48 Proz. 

IX. Krankheiten der Haut und Muskeln 179 = 1,78 Proz. 

X. Krankheiten der Knochen und Gelenke 167 *= 1>62 Proz. 

XI. Krankheiten der Klauen 23 = 0,22 Proz. 

Xn. Vergiftungen 11 = 0,11 Proz. 

XIII. Störungen der Ernährung 519 = 5,02 Proz. 

XIV. Äußere Einwirkungen oder durch dieselben verursachte 
Krankheiten 451 = 5,02-Proz. 

XV. Unbestimmte Krankheiten 184 = 1,78 Proz. 

Es ist das bekannte Bild, das sich hier darbietet. 

Wie immer stehen die Infektionskrankeiten (VII) an der Spitze; 
hier ist es wiederum nach alter Weise die Tuberkulose, die am ver¬ 
lustreichsten aufgetreten ist Sie forderte im Berichtsjahr allein; 
2925 Opfer =** 28,32 Proz. aller Schadenfälle. Der Bericht verlangt; 
zu ihrer Bekämpfung neben der Impfung das von Behringsche^ 
Schutzimpfungsverfahren beim Jungvieh. Verschiedene Tierärzte teilem 
ihre günstigen Erfahrungen mit. Bei den an zweiter Linie marschieren¬ 
den Krankheiten der Verdauungsorgane (IV) nimmt das Verschlucken 
von Fremdkörpern (Nadel, Nägel, Drahtstücke usw.) mit 744 Fällen = 
7,20 Proz. aller Verluste, den ersten Rang ein. Behufs Verminderung 
der traumatischen Erkrankungen wird von einem Sachverständigen 
die Aufstellung einfacher Kästchen im Hofe und auf den Wegen 
in Anregung gebracht. Es könnten darin die fraglichen Gegenstände 
gesammelt, weiter benützt oder beseitigt werden, statt sie unter den 
Dünger zu bringen. Die Schadensfälle durch Krankheiten der Geburts¬ 
wege (IV) in der Zahl von 1891 = 18,31 Proz. hat sieh gegenüber 
dem Vorjahr nicht verschoben. Die Hauptrollen spielen, wie stets 
die schweren fehlerhaften Geburten usw. Sie sind mit 1217 Fällen 
= 11,78 Proz. verzeichnet 

Ein Sachverständiger berichtete über infektiöse Euterentzündung, 
hervorgerufen durch Druse Streptococcen. Es wurde festgestellt, 
daß die Tiere wegen Streumangel das Steustroh von drusekranken 
Pferden erhielten. Die Schadensfälle mit Tieren auf der Alpenwiese 
waren wie immer sehr mäßig. Die 20 Fälle verteilten sich mit 12 
Verlusten auf Absturz und abrollende Steine und mit 8 Verlusten 
auf Krankheiten der Verdauungsorgane. Bei der Schlachtvieh Ver¬ 
sicherung handelte es sich meistens um Tuberkulose. 

Zu erwähnen ist noch, daß zur Kennzeichnung der Tiere ver¬ 
schiedene Ohrmarken im Gebrauche sind. 

Endlich wird den bei den Viehversicherungen mitwirkenden 
Persönlichkeiten, so auch ganz besonders den Tierärzten der öffent¬ 
liche Dank ausgesprochen. 

Bezirkstierarzt Maier, Konstanz. 

Der von dem Verfasser am 13. März 1908 im Rheinischen 
Pferdezucht-Verein in der Königsburg zu Krefeld gehaltene Vortrag 
hat den Zweck, der rheinischen Kaltblutzucht die Aufgabe zu 
sichern, die übrigen Zuchtgebiete Deutschlands mit Kaltblutpferden 
zu versorgen. Nachdem die bedeutendsten züchterischen Forschungen 






576 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


von Darwin beginnend bis zu den Arbeiten Kraemers gestreift 
und wissenschaftlich verwertet sind, kommt der Verfasser zu dem 
Satze, daß für alle Schrittpferdezuchten der Original¬ 
belgier das allein richtig verwendbare Stammblut bleibt. 
Bei der Zucht soll nicht allein auf das hervorragende Exterieur 
gesehen werden, sondern die Vererbung soll bei richtig angepaßten 
Zuchttieren nach vier Richtungen geschehen, nämlich nach der 
Konstitution, dem Temperament, dem Exterieur und dem Leistungs¬ 
vermögen. Jeder, der sich für Zncht interessiert, kann der aus¬ 
gezeichnet durchdachte und auf viel praktische Erfahrung basierende 
Vortrag angelegentlichst empfohlen werden. Dr. To epp er. 

Lehre vom Exterieur des Pferdes oder von der Beurteilung des 
Pferdes nach seiner äußeren Form. Bearbeitet von Dr. Franz Müller, 
K. und K. Hofrat, emer. Studien-Direktor und Professor des K. und 
K. Militär-Tierarznei-Institutes zu Wien. Siebente Auflage. Mit 
28 Holzschnitten und der Abbildung eines Original-Araber-IIengstes 
und eines Pferdeskelettes. Wien und Leipzig. Wilhelm Braumüller, 
K. und K. Hof- und Universitäts-Buchhändler, 1908. 

Der Inhalt der in siebenter Auflage erscheinenden Lehre des 
Exterieurs des Pferdes wird in drei Abschnitten abgehandelt Im 
ersten Abschnitt beschreibt Verfasser allgemeine Verhältnisse in 
bezug auf das Geschlecht, die Rasse, die Größe, die Farbe, Ab¬ 
zeichen und das Alter des Pferdes oder das Nationale. Der zweite 
Abschnitt bringt die besondere Betrachtung der einzelnen Körper¬ 
gegenden. Der dritte Abschnitt handelt von der Stellung und Be¬ 
wegung des Pferdes, den üblen Gewohnheiten, der Art der Unter¬ 
suchung und der Auswahl zu verschiedenen Dienstesverrichtungen. 
Die in dem Buche angeführte und benutzte Literatur ist nur älteren 
Datums, die neuere ist in keiner Weise berücksichtigt. Ganz 
besonders aber fehlen die Proportionsmessungen des Pferdekörpers, 
auf welche neuerdings so viel Gewicht gelegt wird. Auch bei der 
Zucht des Pferdes werden fast nur die Verhältnisse in Österreich- 
Ungarn berücksichtigt. Daher kann das vorliegende Buch nur dem 
Zwecke dienen, ein Hilfsmittel für den Unterricht zu sein und beim 
Selbststudium den Anfänger in die Lehre des Exterieurs einzuführen. 

Dr. T o e p p e r. 

Dr. H. Schwyter, Über das Gleichgewicht des Pferdes. 
Mit 25 Figuren im Text. Stämpfli & Cie., Bern 1907. Preis 3 M. 

Sonderabdrücke. 

Prof. E. Joeot, Zur pathologischen Anatomie der Lungen¬ 
wurmkrankheit (Lungenstrongylosc) des Rindes. Mit 2 Tafeln. 
(Zeitschrift für Infektionskrankheiten, parasitäre Krankheiten und Hygiene 
der Haustiere. IV. Band, Heft 3/4). Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin 1908. 

Dr. E. Joeot und Dr. 0. Röder, Prof. a. d. Tierärztl. Hochschule 
in Dresden. Ein interessanter Fall von Endocarditis val- 
vularis chronica beim Pferde. (Monatshefte für praktische Tier¬ 
heilkunde. XIX. Band, 4. Heft.) Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. 

Professoren Dr. E. Joest und Dr. K. Wolffhügel, Zur Pathogenese 
der Lymphdrüsentnberkulose. (Zeitschrift für Infektionskrank¬ 
heiten und Hygiene der Haustiere. IV. Band, Heft 3/4.) Verlags¬ 
buchhandlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. 

Joest, Untersuchungen zur Frage des Vorkommens 
latenter Tuberkelbazillen in den Lymphdrüsen des Rindes 
und Schweines. (Verhandlungen der Deutschen Pathologischen 
Gesellschaft. Elfte Tagung am 16.—19. September 1907.) Gustav 
Fischer, Jena 1907. 

Dr. P. Sabatlni, Untersuchungen über die Tragezeit bei 
unseren wichtigsten Haustieren, beeinflußt durch Frühreife, 
Erstgeburt, sowie Zahl und Geschlecht der Foeten. (Jahr¬ 
buch für wissenschaftliche und praktische Tierzucht, einschließlich der 
Züchtungsbiologie III. Bd. 1908. 

Inaugural-Dissertationen. 

Kurt Degen, Untersuchungen über die hämatogene eitrige 
Nephritis des Schweines. (Med. Fakultät, Gießen) 1907. 

Kurt Neumann, Beitrag zur Biologie des Erregers der 
Kälberruhr-Colibacillosis. (Med. Fakultät, Gießen). Gustav 
Fischer, Jena 1908. 

Kurt Schumann, Untersuchungen über Abszesse und ab¬ 
szeßähnliche Nekroseherde in der Leber des Kalbes. (Med.- 
Fakultät, Leipzig) 1908. 

Rolf Hartig, Vergleichende Untersuchungen über die 
Lippen- und Backendrüsen der Ilaussäugetiere und des 
Affen. (Med. Fakultät, Zürich) 1907. 

The Philippine Journal of Science. Vol. III. Nr. 2. April 1908. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Stabsveterinär Ludwig 
in der Schutztruppe für Südwestafrika das Großherzoglich Mecklen- 
burg-Schwerinsche Militärverdienstkreuz 2. Klasse am roten Bande, 
dem Tierarzt Heinrich Husfddt zu Wandsbeck der Kgl. Preußische 
Kronenorden 4. Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt Fr. Volk¬ 
mann , Assistent an der Abteilung für Geburtshilfe und Tierzucht 
der Tierärztlichen Hochschule München ist auf Ansuchen seiner 
Stelle enthoben worden; Tierarzt 0. Meyer aus München ist an 
dessen Stelle getreten. — Schlachthofverwaltung: Schlachthof¬ 
tierarzt Ganxenmüller -Frankfurt a. M. zum Schlachthofdirektor in 
Kattowitz (O.-Schles.) [nicht Frankfurt a. M., wie in voriger Nummer 
irrtümlich angegeben], Schlachthoftierarzt A/ar/tw-Karlsrube zum 
Schlachthofdirektor in Pforzheim. 

Verzogen: Dr. Albert Möller von Alpirsbach als Vertreter des 
Schlachthofdirektors nach Cammin i. Pomm. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte H. Eickmann , einj.-freiw. 
Unterveterinär im Ulan.-Regt. Nr. 13 zum Dr. med. vet. in Bern; 
Erwin Baum, Wilhelm Felder , Reinhold Hille, Nathan Hirsch, Walther 
Kiessiy, Emst Rosenfeld , Rudolf Schmidt zum Dr. med. vet. in Leipzig. 
— Approbiert: Die Herren Otto Benzin, Jul. Joh. Herrn. Lauritzen, 
J. W. Max Lüth, Ernst Rothfelder in Dresden; Willy Esch aus 
Recklinghausen, Ixo Schcffler aus Triesdorf, Werner Müller aus 
Amern St. Anton (Niederrhein), Emil Schebler aus Augsburg in 
Gießen; Johann Amtier aus München, Max Gressel aus Berlin in 
München. 

in der Armee: Dr. med. vet E. Kühne zum Leutnant der Res. 
im Fuß-Art.-Reg. General-Feldzeugmcister Nr. 3 befördert. 

Todesfall: I)r. med. vet. Dittmer- Brömbcrg. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: Reg.-Bez. 
Marienwerder: Stuhm. Bewerbungen innerhalb drei Wochen 
an den Regierungspräsidenten. — b) Nach Ablauf der Melde¬ 
frist noch unbesetzt: Köln: Rheinbacb. Reg.-Bez. Marien- 
werder: Rosenberg. Reg.-Bez. Osnabrück: Lingen. Reg.- 
Bez. Posen: KoBchmin. 

Tierärztliche Hochschule Stuttgart: II. Assistent a. d. chimrg. 
Pferdeklinik zum 1. Oktober 1908. Gehalt 1270 M., freies Zimmer 
usw. Bewerb, bis 8. August an die Direktion der Hochschule. 

Tierseucheninstitut der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Schleswig-Holstein: Bakteriolog. Assistent zum 1. Sept. oder 1. Okt. er. 
Gehalt 2400 M. Bewerbungen an das Institut in Kiel, Krons¬ 
hagenerweg 7. 

Schlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben;Osterode(Ostpr.): 
Direktor zum 1. Oktober er. Gebalt 2100 M. bis 3000 M., freie 
Dienstwohnung usw. Bewerb, bis 10. August er. an den Magistrat 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: 
Barmen (Rhld.): 1. Assistenztierarzt, 2400 bis 4500 M., freie 
Wohnung usw. — Bitburg: Tierarzt. 1600 M. — Bremen: 
IV. Tierarzt. 2400 M. bis 3900 M. — Duisburg-Meiderich: 
I. Tierarzt. 3000 M. — Erfurt: Schlachthofstierarzt 3400 M. bis 
4900 M. — Frankfurt a. M. Tierarzt 2500 M. — Freienwalde: 
Tierarzt. — Halle a. S.: Assistenztierarzt 200 M. pro Monat und 
freie möblierte Wohnung. — Königsberg!. Pr.: Zwei Tierärzte. — 
Bad Kreuznach: Assistenztierarzt 2400M. — Landsberg a. W.: 
AsBisteDztierarzt. 2400 M. — Liegnitz: Assistenztierarzt. 2400 M. — 
Prüm (Rhld.): Verwalter (Tierarzt). 1200 M. bis 1500 M., freie 
Wohnung usw. — Pyritz: Schlachthofdirektor. 1800 M. bis 

2400 M. — Schwiebus (Bez. Frankfurt a. O.): Schlachthof¬ 
leiter. 2400 M. — Stettin: III. Tierarzt bei der Ausland¬ 
fleischbeschaustelle. 2400 M. — Treptow a. R.: Schlachthof¬ 
direktor. 2400 bis 3600 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 

a) Neu ausgeschrieben: Schwctz (Weichsel): Tierarzt. Aus¬ 
kunft erteilt Landrat von Halem in Schwetz. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Rem¬ 
berg (Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Hunsrück. — Langels¬ 
heim (Herzogt. Braunschweig). — Mengede (Kr. Dortmund): 
Fleischbeschautierarzt. Gehalt 3600 M., Wohnungsgeld 300 M., Wege¬ 
geld 300 M. 

Besetzt: Die Schlachthofstellen in Kattowitz und Pforzheim. 


Anfrage betreffs Schlachthofdirektorstelle Osterode Opr. 

1. Was versteht man zur Zeit unter Tierarzt 1. Klasse? 

2. Beruht das mir zugegangene Gerücht auf Wahrheit, daß die 

Stelle gegen früher erheblich schlechter ausgeschrieben ist, weil der 
frühere Stelleninhaber aus Privatpraxis erhebliche Einnahmen gehabt 
haben soll? Tierarzt N. N. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. 8chmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard SchoeU in Berlin. — 

Druck von W. Btlxenstein, Berlin. 






Dl« „Berliner Tiertrstllohe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoeti in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Dnrch Jedes dentsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pf. fdr Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeltungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


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Origlnalbeltrftge werden mit 60 Sfk.« in Petltsata mit 
00 Hk. filr den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
zn senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierirst- 
iiche Hochschule, NW., Luisenstrafie 56. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare and Annonoen dagegen an die 
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Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothe« 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 

Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel 

Professor in Dresden. Professor in Freibnrg. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Dr. Peter Veterinärrat Petere Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Btaatstierarzt für Hamburg. Departements T. ln Bromberg. Departements-T. ln Danzig. Professor ln Dresden. 

Dr. J. Schmidt . Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrle Zündet 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat In Berlin. Kreistierarzt in MQIhaasen L E. 


Helfer Dr. H. Sieber 

Bchlach'h.-Direktor in Mülhaasen 1. E. am Tropen inst itut in Hamburg. 


Dr. Städter Dr. Trapp Dr. Zimmermann 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. ,M. 33 . Ausgegeben am 13. August. 


Inhalt: Mießner: Die Bradsot der Schafe. — Kern: Immunisierungsversuche gegen die Tuberkulose an Rindern mit 
v. Behringschem Bovovaccin. — Blunk: Eine neue Blutstillungszange, die ein Unterbinden durchschnittener 
Blutgefäße überflüssig macht. — Holterbach: Zur Lecithintherapie. — Kongo: Ein neues Wurfzeug und eine 
Tragbahre für Pferde. — Referate: Sieber: Tropenhygiene und Protozoen-Krankheiten. — Bi erste dt: Grauer Star. — 
Jakob: Geheilte Fraktur des linken Metatarsus beim Zebu. — Bruns: Über die Anwendung des Oleum Ricini bei den Haus¬ 
tieren. — Botzner: Behandlung des ansteckenden Scheidenkatarrhs mit Bissulin. — Beck: Über Digalen. — Beck: Zur 
Behandlung der Fohlenlähme. — Sz öl lös: Die Behandlung der Dämpfigkeit des Pferdes. — Kleine Mitteilungen. — Tages- 
gesohlchte: Schmaltz: Zur Geschichte der internationalen tierärztlichen Kongresse. — Verschiedenes. — Tierhaltung und Tier¬ 
zucht: Plath: Stand der größeren Deutschen VLeh-Versicherungs-Gesellschaften am Schluß des Jahres 1907. — Kiesel: Über 
die Vererbung von Farben und Abzeichon beim Pferd. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus der Tierhygienischen Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts 
für Landwirtschaft in Bromberg.) 

Vorläufige Mitteilung. 

Die Bradsot der Schafe. 

Vor Dr. Mießner, Abteilungsvorsteher. 

Unter Hinweis auf die demnächst erfolgenden Veröffent¬ 
lichungen in den Mitteilungen des Kaiser Wilhelm-Instituts für 
Landwirtschaft in Bromberg möchte ich au dieser Stelle folgende 
Mitteilungen vorausschicken, die ein allgemeines Interesse haben 
dürften. Ich bemerke dabei, daß die Ergebnisse meiner Unter¬ 
suchungen in zwei im November 1907 und im Februar 1908 
eingesandten ausführlichen Ministerialberichten bereits nieder¬ 
gelegt sind. 

Bei meinen im Dezember v. J. nnd Anfang d. J. an 
größeren Beständen ausgefiihrten Untersuchungen habe ich fest¬ 
gestellt, daß sowohl in der Provinz Pommern als auch in der 
Provinz Westpreußen eine Schafkrankheit auftritt, welche voll¬ 
ständig unter dem Bilde der Bradsot verläuft, wie sie von 
Nielsen, Jensen, Peters, Hamilton beschrieben wird. 

Insbesondere fanden sich in den meisten Fällen flache 
Sebleimhautdefekte in der Pylornsgegend, der Tod trat ohne 
wesentliche Krankheitserscheinnngen in wenigen Stunden ein, 
nnd die Kadaver gingen schnell in Fäulnis über. Aus solchen 
Kadavern ließen sich mit Leichtigkeit anaerob wachsende, den 
Ödembazillen ähnliche Bakterien züchten, welche sich dnrch 
nichts von den sogenannten Bradsotbazillen unterschieden. 
Gelang es mir aber, kurz nach dem Tode obduzierte oder 
kranke und getötete Tiere zn untersuchen, so konnte ich weder 
in den Organen noch dnrch Tierversuche — in einem Fall 
wurden fünfzig verschiedene Versuchstiere (Meerschweinchen, 
Kaninchen, Tanben, Schafe) erfolglos infiziert — die bezeichneten 
Bakterien feststellen. In Übereinstimmung hiermit steht auch 
die auffällige Tatsache, daß es noch niemals einwandfrei ge¬ 


glückt ist, durch Fütterung selbst ungeheurer Mengen von 
Bradsotbazillen und Sporen — man kann davon ganze Liter 
Bouillonkultur stomachal eingeben — bei Schafen Bradsot zu 
erzeugen. Ebensowenig ist man bisher imstande gewesen, nach 
subkutaner Infektion von Bradsotbazillen das anatomische Bild 
der Bradsot zu erzeugen. Auch die Impfversuelie, die in Island 
und in Schottland nnd teilweise auch in Pommern im letzten 
Winter mit Bradsotbakterien ausgeführt sind, haben einen wirk¬ 
samen Schutz nicht hinterlassen. Von Hamilton sind Tausende 
von Tieren durch Verfütterung von Bradsotbazillen geimpft. 
Die Tiere sind hiernach nicht erkrankt, haben aber auch keinen 
genügenden Schutz gegen eine spätere Erkrankung erworben. 

Es ist mir ferner gelungen, ans Organen von Tieren 
(Pferd, Kalb, Schaf), die nicht an Bradsot eingegangen sind, 
bradsotähnliche Bazillen zu züchten. Im übrigen verweise ich 
auf die ausführliche Arbeit. 

Angesichts dieser nnd anderer hier nicht weiter berührter 
Tatsachen erscheint es berechtigt, Zweifel daran zu hegen, ob 
die als Erreger der Bradsot angesprochenen Bakterien tat¬ 
sächlich in ursächlichem Zusammenhang mit der Bradsot stehen, 
ob sie nicht vielmehr nur zufällige, der Fäulnis zuznschreibende 
Befunde darstellen. 

Weitere Untersuchungen nach dieser Richtung sind er¬ 
forderlich nnd müssen an frisch gestorbenen oder kranken 
Tieren ansgeführt werden. Zweck dieser Mitteilungen ist, die 
Herren Kollegen auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, 
mit der Bitte, der Tierhygienischen Abteilung, die vom Herrn 
Minister mit der Bradsotforschung beauftragt ist, im bevor¬ 
stehenden Winter durch rechtzeitige Meldungen Gelegenheit 
zu verschaffen, die geplanten Untersuchungen ansführen zu 
können. 








578 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


Aus dem Kgl. Kroatisch-Slawonischen bakteriologischen Landes¬ 
institute in Krizevci (Kroatien). 

Immunisierungsversuche gegen die Tuberkulose 
an Rindern mit v. Behringschem Bovovaccin. 

(Vorläufige Mitteilung.) 

Von Prof. Dr. Ferdinand Kern, Vorstand des Institutes. 

Die neueste Methode der Tuberkulosebekämpfung, die 
präventive Immunisierung gegen sie, hat in der Praxis noch 
lange nicht jene tiefen Wurzeln gefaßt, welche erforderlich 
sind, damit sie die verkündeten Früchte in ausgiebigem Maße 
zum Wohle der Allgemeinheit trage. Die Ursache dessen liegt 
darin, daß der Boden für die Immunisierung gegen die Tuber¬ 
kulose noch nicht in genügendem Maße und entsprechender 
Form vorbereitet ist und auch jene Schichten der Bevölkerung, 
welchen diese neue Errungenschaft in erster Linie zugute kommen 
sollte, noch nicht das erforderliche Vertrauen ihr entgegen¬ 
bringen, andererseits aber auch die Veterinäre noch nicht über 
jenes Beweismaterial verfügen, mit welchem Sie dieses Ver¬ 
trauen bei den Tierbesitzern entsprechend anzuregen vermöchten 
und sich dazu auch vollkommen berechtigt fühlten. 

Es liegt wolil schon eine Reihe von Berichten vor, welche 
über günstige Resultate einwandfreier in der Praxis durchge¬ 
führter Versuche berichten, doch decken sich diese Erfolge nicht 
in allen Punkten vollkommen. Daß man die zur Schutzimpfung 
gegen die Tuberkulose zurzeit verwendeten Impfstoffe und 
Verfahren nicht allgemein als vollkommen, einer Verbesserung 
unbedürftig betrachtet, dies beweist schon der Umstand, daß 
sowohl mehrere Impfstoffe als auch Impfverfahren vorgeschlagen 
wurden und im Gebrauche stehen. Zur Klärung der Frage 
sind viele Versuche und zwar gute, zweckmäßige, einwandfreie 
Versuche mit Kontrolltieren und deren Veröffentlichung erforderlich. 
Versuchen ohne Kontrolltieren, aber auch jenen mit solchen, 
wenn sie nicht mit genügender Umsicht ausgeführt werden, 
unterlaufen leicht Irrtümer, welche der Sache mehr schaden 
können als sie nützen. 

Indem ich meine Immunisierungsversuche veröffentliche, 
glaube ich einen Beitrag zur Immunisierungsfrage der Tuber¬ 
kulose zu liefern. Die ausgeführten Versuche, welche ich in¬ 
folge Auftrages der hohen Landesregierung fürKroatien-Slawonien- 
Dalmatien im Jahre 1905 begonnen und Ende 1907 beendet 
habe, werden hier ganz kurz mitgeteilt, in der nächsten 
Nummer der „Mitteilungen“ des Institutes aber in den Einzel¬ 
heiten beschrieben werden, welcher Beschreibung die ent¬ 
sprechenden Tabellen und Kurven beigefügt sein werden. 

Meine Versuche hatten folgenden Verlauf: 

Den 24. Mai 1905 wurden fünf Saugkälber, Simmentaler 
und Pinzgauer Kreuzungen von sechs (eines sieben) Wochen 
angekauft und in einem reinen, separatstehenden Stall allein 
untergebracht. An den Kälbern waren klinisch keine Krank¬ 
heitssymptome nachweisbar, sie wurden von einem ausschließlich 
für ihre Pflege engagierten Manne gepflegt. 

Den 28. desselben Monats wurden alle diese fünf Kälber 
mit v. Behringschem Bovovaccin (1 I E) in die Vena 
Jugularis geimpft. Keines der Tiere reagierte auf diese Impfung, 
weder thermisch noch organisch. Auch die körperliche Ent¬ 
wicklung der Tiere war anfangs im allgemeinen eine befriedigende 
und gleichmäßige. Vom vierten Monat an nach der Impftmg 
machte sich an dem einen Kalbe (IV) in seiner Entwicklung 
ein Zurückbleiben bemerkbar, denn es zeigte von allen Kälbern 


das kleinste Körpergewicht, obwohl es zu Beginn des Versuches 
nicht das leichteste war. Auch ließ es von Zeit zu Zeit ein 
trockenes Husten hören. 

Die zweite Schutzimpfung mit 5 I E des von den 
Behringwerken bezogenen Bovovaccins wurde den 17. Ok¬ 
tober, oder auch 4% Monate nach der ersten, genau nach den 
v. Behring sehen Vorschriften ausgeführt. Sie erregte bei allen 
Impflingen eine starke Reaktion, bei welcher sich deren Körper¬ 
wärme von der fünften Stunde beginnend bis zur siebenten nach 
der Impfung auf 40,5° C und darüber erhob und sich bis zum 
dritten und vierten Tage wieder aufs normale Niveau senkte. 
Außerdem trat bei allen Tieren Husten ein und an der Impf¬ 
stelle entwickelten sich kleine, unbedeutende Schwellungen, 
welche bald wieder verschwanden. Mit Ausnahme des bereits 
erwähnten Kalbes Nr. IV entwickelten sich auch weiterhin aUe 
Kälber gleichmäßig un<J den Verhältnissen angemessen gut. 
Das Kalb IV zeigte demgegenüber bei der nächsten Wägung 
noch eine bloß kleine Gewichtszunahme, um von da an sukzesive 
abzunehmen. Diese Abnahme erstreckte sich nicht bloß anf das 
Körpergewicht, sondern auch auf die Körperkraft; das Tier 
zeigte oft Fiebererscheinungen, hustete stets mehr, konnte sich 
Mitte März 1906 nicht von der Lagerstätte erheben und ist am 
24. März 1906 gestorben. Die Obduktion ergab eine ausgebreitete 
Lungentuberkulose. 

Hinweisen wül ich hier darauf, daß, nachdem dieses Kalb IV 
an einer offenen (Lungen-) Tuberkulose längere Zeit hindurch 
litt, die übrigen Kälber dadurch einer ständigen natürlichen 
Infektion mit Tuberkulose ausgesetzt waren. 

Mit Beginn des April 1906 wurden noch zwei, den früheren 
ähnliche Rinder angekauft und nachdem sie einer Tuberkulin¬ 
probe Stand gehalten hatten, als KontroUtiere den vier jenne- 
risierten Rindern angeschlossen. Über anderthalb Monate standen 
alle sechs Tiere im selben Stalle unter gleichen Verhältnissen 
unter Beobachtung. Es zeigte sich während dieser Zeit kein 
hindernder Umstand, so daß an ihre Infektion geschritten werden 
konnte, welche den Nachweis einer vorhandenen Tuberkulose¬ 
immunität in den jennerisierten Tieren oder deren Fehlen 
erbringen sollte. 

Den 28. Mai 1906, das ist sieben Monate und zehn Tage 
nach der zweiten Schutzimpfung, wurden sowohl die vier 
jennerisierten als auch die beiden KontroUtiere, mit der gleichen 
Menge der in physiologischer Kochsalzlösung fein zerriebenen 
tuberkulösen Milz eines Meerschweinchens unter die Haut der 
Halsfläche geimpft. 

Gleichzeitig wurden mit gleichem Milzbräu auch zwei 
Meerschweinchen infiziert, welche zufolgedessen nach 37 bzw. 
46 Tagen an Tuberkulose starben. 

Die geimpften Kälber reagierten, außer mit kleinen An¬ 
schwellungen an den Impfstellen, nicht und war zwischen 
immunisierten und KontroU-Rindern kein Unterschied zu finden. 
Dem Anscheine nach bUeben aUe sechs geimpften Tiere gesnnd 
und war demnach der Infektionsversuch als mißlungen, znm 
Nachweise einer eventuell vorhandenen Immunität untauglich 
zu betrachten. (Nach ca. einem halben Jahre wurde bei dem 
einen KontroUtiere beobachtet, daß die eine Bugdrüse ver¬ 
größert sei.) 

Es mußte aus diesem Grunde zu einem neuerlichen Infektions- 
Versuch gegriffen werden, diesmal mit einem Virus von be¬ 
kanntem Virulenzgrade. Die Anschaffung solchen Virus war aber 






13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


mit Schwierigkeiten verbunden, so daß es erst nach langem 
Suchen, nach ca. einem Jahre, gelang ihn zu besorgen. 

Noch vor dem neuen Infektionsversuche wurden die sechs 
in Rede stehenden Versuchstiere (den 14. Juni 1907) einer 
regelrechten Tuberkulinprobe unterworfen. Es war dies ein 
Jahr und acht Monate nach der zweiten Schutzimpfung und über 
ein Jahr nach dem Infektionsversuche. Das Resultat war ein 
unerhofftes, welches sich recht interessant gestaltete, denn 
während die vier jennerisierten Rinder keinerlei Reaktion 
erkennen ließen, traten bei den beiden Kontrollieren typische 
Tuberkulinreaktionen auf, so daß sich ihre Körperwärme von 
38,1° C auf 40,6° C bzw. von 38,4° C auf 40,7° C erhob. 
Die Tuberkulinprobe kennzeichnete somit die beiden Kontroll¬ 
iere als tuberkulös im Gegensätze zur bisherigen Annahme, 
die jennerisierten als nicht tuberkulös. Die beiden ersteren 
und ein jennerisiertes Tier wurden geschlachtet, und bei ihrer 
Obduktion wurden jene wirklich als von Tuberkulose behaftet 
erkannt, in diesen hingegen keine tuberkulösen Prozesse vor¬ 
gefunden. 

Es waren nun aber schon alle Vorbereitungen zu einem 
zweiten Infektionsversuche getroffen worden, zwei weitere I 
Kontrolltiere angekauft, der nötige Infektionsstoff besorgt und 
so wurde der Versuch auch ausgeführt. 

Den zur Infektion notwendigen Virus überließ mir Herr 
Prof. Dr. Klimm er-Dresden auf die zuvorkommendste und 
liebenswürdigste Weise. Es war dies eine Kultur von Tuberkel¬ 
bazillen, welche nach Mitteilung von Herrn Dr. Kl immer 
14 Tage bis 4 Wochen alt, 1,2 mg intravenös verabreicht, ein 
l U Jahr altes Kalb der Niederungsrasse in 4—5 Wochen tötete. 

Von diesen Kulturen erhielt nun eines der immunisierten 
Rinder und ein Kontrollrind (die Kontrollrinder hielten der 
Tuberkulinprobe stand), je 2,4 mg, die übrigen zwei jennerisierten 
und ein Kontrollrind je 4,8 mg in die Hals-Drosselvene injiziert. 
Die Folge war diese: 

Bei den mit 2,4 mg Virus geimpften beiden Rindern sank 
in den ersten 24 Stunden die Körperwärme unbedeutend. Beim 
jennerisierten Tiere verblieb sie in normalen Grenzen (Maximum 
39,5° C), demgegenüber sie sich beim entsprechenden Kontroll¬ 
rind vom dritten Tage an jäh erhöhte, am vierten Tage mit 
40,7° C kulminierte, um am sechsten nach derselben wieder 
unter 39° C zu fallen. 

In der zweiten Versuchsreihe, deren Tiere mit 4,8 mg 
Virus geimpft waren, reagierten alle mit Fieber bis 40,5° C und 
darüber und zwar die beiden jennerisierten Tiere gleich nach 
der Infektion mit einer fünf Tage andauernden Reaktion das 
Kontrollier vom dritten Tage an mit viertägigem Fieber. 
Während weiter nach dieser Reaktion die Körperwärme der 
jennerisierten Rinder keine weiteren Schwankungen zeigte, erhob 
sich jene des Kontrollrindes nach sieben fieberlosen Tagen wieder 
jäh, und blieb dann ständig über 41° C bis zum Tode des 
Tieres, welcher 25 Tage nach der Infektion, zufolge akuter 
Lungentuberkulose eintrat. 

Beiläufig nach einem halben Jahre wurden die am Leben 
gebliebenen Rinder (drei jennerisierte, ein Kontrolltier) ge¬ 
schlachtet und genau untersucht. In der Lunge des Kontroll- 
tieres (der mit 2,4 mg infizierten Serie) war ein Knötchen mit 
eitriger, lebende Tuberkelbazillen enthaltender Masse gefunden 
worden, in den jennerisierten Tieren fanden sich keine tuberkulösen 
Prozesse noch Anzeichen, daß solche hier verlaufen wären. 


579 


Gelegentlich der hier beschriebenen Jeimerisierungsversuche 
waren folgende Beobachtungen zu verzeichnen: 

1. Es scheint, daß der v. Behringsche „Bovovaccin“ 
genannte Impfstoff, intravenös einverleibt, für Kälber 
nicht immer gefahrlos ist, da eines der Versuchskälber 
allem Anscheine nach durch die intravenöse Ein¬ 
verleibung dieses Impfstoffes tuberkulös wurde. 

2. Mit v. Behringschem Bovovaccin ist es gelungen, 
vier Kälber der Tuberkulose gegenüber so weit 
resistent zu machen, daß sie sowohl der natürlichen 
Infektion, welcher sie längere Zeit hindurch aus- 
gesetzt waren, standhielten, als auch (drei davon) 
eine subkutane künstliche Infektion, welche zwei 
gleiche, doch nicht jennerisierte Rinder tuberkulös 
machte, ohne Schaden vertrugen. 

3. In den jennerisierten Rindern konnte eine er¬ 
höhte Widerstandsfähigkeit der Tuberkulose gegen¬ 
über, noch zwei Jahre nach der Jennerisierung nach¬ 
gewiesen werden, doch ist es möglich, daß selbe 
nicht unmittelbar und ausschließlich vom Jennerisieren 

I herrührt, sondern daß die durch die Jennerisierung in 
den Kälbern erregte Widerstandsfähigkeit zufolge des 
ersten Infektionsversuches verlängert wurde. Es 
scheint somit die Möglichkeit gegeben, Rinder für 
zwei Jahre und darüber gegen die Tuberkulose künst¬ 
lich genügend widerstandsfähig machen zu können, 
daß sie auch der natürlichen Tuberkuloseinfektion 
zu widerstehen vermögen. 


Eine neue Blutstillungszange, die ein Unterbinden 
durchschnittener Blutgefäße überflüssig macht. 

Von Oberveterinär Blunk-Wesel. 

Um bei Operationen oder nach Verletzungen das Unter¬ 
binden oder Abdrehen durchschnittener Blutgefäße überflüssig 
zu machen, habe ich einige Instrumente in Pinzetten- und 
Arterienklemmenform herstellen lassen, mit denen man durch 
einfaches, vorübergehendes Erfassen der betreffenden Gefäße 
eine Blutstillung erzielt. 

Die Wirkung der Instrumente beruht darauf, daß sie auf 
die erfaßten Gefäße nicht nur einen Druck, sondern gleichzeitig 
eine schabende Wirkung ausüben, wobei die Gefäßinnenhäute 
durchquetscht und zentrifugal sowie zentripetal in der unversehrt 
bleibenden Adventitia aufgerollt werden, so daß sie die Arterien¬ 
stümpfe an zwei Stellen verstopfen. Von den so gebildeten 
Pfröpfen bildet der dem Ende des Gefäßstumpfes zunächst 
liegende einen Ventilverschluß, daß also, falls der dem Blut¬ 
strom zunächst entgegenstehende Pfropf dem Blutdruck einmal 
nicht Btandhalten sollte, eine Blutung durch den Ventil Verschluß 
verhindert wird. Zwischen den beiden Pfröpfen bildet sich 
außerdem schnell ein Trombus, da hier ja die Intima fehlt. 

Die nach einer Photographie hergestellte Abbildung 4 zeigt 
die Carotis eines 6 Wochen alten Kalbes, deren Blutung durch 
Erfassen mit der Blutstillungsklemme Nr. 3 gestillt war. 
Figur 5 zeigt das Gefäß in der Längsrichtung aufgeschnitten. 

Die in der Figur 1—3 abgebildeten Blutstillungsklemmen, 
welche in halber natürlicher Größe hergestellt sind, haben sich 
als die im Gebrauche bequemsten erwiesen. Das Instrument 
Nr. 3 ist für Benutzung bei Gefäßen jeder Größe berechnet, 



580 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


während Nr. I und 2 nur für Gefäße bis zu Strohhalm- bzw. 
Gänsefederkieldicke anwendbar sind. 

Neben Versuchen, die ich bei Schlachttieren an den Caro- 
tiden und Ohrgefäßen sowie bei gelegentlichen Operationen mit 
dem Instrumente ausführte, hat der Oberarzt I)r. Stappenbeck 
die Klemme gemeinsam mit mir an Versuchstieren systematisch 
ausprobiert, und sie alsdann bei Operationen am Menschen 




benutzt. Ein ausführlicher Bericht des genannten Herrn wird 
alsbald erscheinen. 

Die Benutzung des Instrumentes hat, abgesehen von der 
Bequemlichkeit, folgende Vorteile: 

1. schnellerer Verlauf der Operation; folglich 

2. weniger Chloroform oder dergl.; 

3. kein Fremdkörper (Seide) in der Operationswunde; 

4. geringere Reizung der Wunde und verminderte Infektions¬ 
gefahr, weil weniger mit den Händen in der Wunde mani¬ 
puliert wird; 



5. leichte Stillung kleinster Hautgefäße, die sich schwer 
unterbinden lassen; 

6. schnelle und leichte Blutstillung mit leicht zu desinfi¬ 
zierendem Instrumente bei Unglücksfällen (Eröffnung größerer 
Blutgefäße). 

Verhehlen will ich nicht, daß die Anwendung der Zange 
beim Pferde weniger bequem ist als beim Rinde und Hunde, weil 
sich bei zuerst genanntem Tiere die durchschnittenen Gefäße 
stärker zurückziehen. Auch muß das Einklemmen der Gefäße beim 
Pferde sorgfältiger ausgeführt werden als beim Rinde und Hunde, 
da die anatomische Einrichtung der Gefäße des Pferdes, be¬ 
sonders die der Adventitia, eine andere ist als bei Rind und Hund. 

Die Firma Rud. Bl unk-Hamburg, Hopfenmarkt 18, ist 
gerne bereit, deutschen Tierärzten das patentierte Instrument 
zu kostenfreiem Versuche zu überlassen. 


Zur Lecithintherapie. 

Von Tierarzt Holterbach-Offenburg. 

Von den neuerdings aufgetauchten „Novitäten“ scheint auch 
das Lecithin sich behaupten zu wollen. Zwar hat sich seine 
Verwendung als „Specificum“ gegen Infektionskrankheiten vom 
Schlage der Bornaschen Pferdekrankheit nicht bewährt. 
Allein wer wird auch von einem Mittel, das die Zusammen¬ 
setzung des Lecithin zeigt, eine so hochgespannte Erwartung 
hegen? Muß man nicht vielmehr Erfolg sich versprechen bei 
allen Zuständen, die mit einem Gefühl der Schwäche, Mattigkeit 
verbunden sind, kurzum in Fällen, in denen der „Nerventonus 
herabge8timrat w ist, um einen in Mode gekommenen Ausdruck 
zu gebrauchen. Im Rekonvaleszenzstadium nach schweren 
Krankheiten, wie Staupe der Hunde, Druse der Pferde, 
Influenza der Pferde, Lungenentzündung etc. etc. er¬ 
probe ich seit ca. drei Jahren Lecithin. Leider fehlen 
gerade über dieses Präparat die eingehenden Untersuchungen, 
auf Grund welcher wir uns ein klares Bild von seinerWirkung 
machen könnten. Wir sind noch vielfach auf das „Raten“ 
angewiesen. Man weiß zwar ans den Untersuchungen von 
Slowtzoff, daß unter dem Einfluß der Lecithintherapic 
das Eiweiß der Nahrung rascher in Gewebe-Eiweiß umgesetzt wird. 
Das ist aber nicht viel. Immerhin läßt sich etwas dabei denken 
und der Erfolg der Verabreichung des Präparates verstehen. 
Es empfiehlt sich, so lange wir noch außerstand sind, eine 
präzise Indikation aufzustellen, „versuchsweise“ das Lecithin 
anzuwenden, und wäre es auch nur, um sich in der Beobachtung 
zu üben. Der Preis steht nicht mehr dem Gebrauch des 
Lecithin im Wege. Im Gegenteil! 

Ich bringe hiermit bereitwilligst und mit dem größten Ver¬ 
gnügen zur allgemeinsten Kenntnis, daß die Firma Bengen & Co., 
Hannover, das Gramm öllösliches Lecithin mit 35 Pf. 
berechnet! Damit ist das Lecithin „ä la portee de tont le 
monde“ gerückt. Denn die gleiche Firma erklärt sich bereit, 
die von mir gegebene Vorschrift des Lecithinpulvers, das halt¬ 
bar, handlich und leicht in jeder Dosis zu applizieren ist, um 
einen entsprechend billigen Preis den Kollegen zu überlassen. 

Die Vorschrift für mein Pulvis Lecithini compositus ist 
folgende: 

Rp! Lecithin, ex 000 5,0 

Calc. phosphoric. pur. 50,0 
m. excactiss. c. 

Magnes. carbon. q. s. f. pulv. 
subtiliss. 

Ich gebe es Hunden Kaffeelöffel weise, größeren Tieren 
Eßlöffelweise im Futter für längere Zeit. Die Erfolge, die 
ich damit erzielt habe, sind gut. 


Ein neues Wurfzeug und eine Tragbahre für Pferde. 

Von Woldemar Kotige- Petersburg. 

Das Kapitel über Wurfmethoden ist wohl sehr groß und 
doch ist es immer noch unvollständig, da ja allen Wurfmethoden 
gewisse Nachteile eigen sind. Die meisten Komplikationen 
entstehen beim Werfen infolge mangelhafter Befestigung der 
Gliedmaßen des gefesselten Pferdes. Die langjährige Be¬ 
obachtung in der Klinik des Veterinärinstituts zu Dorpat 
brachte den klinischen Diener Peter Hanni auf den Gedanken, 
ein neues Wurfzeug zu konstruieren. Das Wurfzeug ist an 









13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


581 


mehr als 200 Pferden erprobt und sind dabei bis heute noch j 
keine Komplikationen entstanden. 

Das Wurfzeug besteht aus folgenden Teilen: einer Leine b, 
einem Sattel h, einem Bauchbrustriemen a, einem Riemen für 
Vorderbein c, zwei Riemen für die Hinterbeine d und zwei 
Hufkappen. 

Die Leine (a) besteht aus einem weichen Riemen von 
24 Zoll Länge und 1 Zoll Breite mit einer Schnalle zur Be- 


| 160 Zoll lang, l 1 /» Zoll breit und tragen an einem Ende 
Schlingen für die Fesselgelenke. Die zwei Hufkappen tragen 
an der hinteren Wand eine Öse aus Riemen und einen Riemen 
von 80 Zoll Länge und l l ' a Zoll Breite. 

Das Werfen des Pferdes geht in folgender Reihenfolge: 
Der Sattel (h) wird auf den Rücken gelegt, der Bauchbrust¬ 
riemen (a) durch die Rinne des Sattels gezogen und so unter 
der Brust gespannt, daß die beiden großen Ringe (f) an den 




Fiy. 1. 

festigung am Zäumen und einer Öse zum Einfahren der Hand. 
Der Sattel (h) ist 13 Zoll lang und 3 Zoll breit, in der Mitte 
der Dorsalfläche befindet sich ein eiserner Ring und eine ge¬ 
schlossene Lederrinne zum Durchgang des Riemens (a). Der 
Bauchbrustriemen (a) ist 150 Zoll lang und 2 Zoll breit und 


Fiy. 2. 

Seiten, der Ring (k) am Brustbein zu jliegen kommen, das 
weitere Ende des Riemens wird vorn quer über die Brust ge¬ 
zogen und am gegenüberliegenden Ringe (f) befestigt. Die 
Leine b wird am linken Zäumen befestigt und durch den Ring 
(h) gezogen; der Riemen (c) wird am rechten Vorderfessel be- 



Fig 3. 


endet mit einem eisernen Ring von 5 Zoll Durchmesser, an j 
diesem Ring ist noch ein solcher Riemen von 16 Zoll Länge 
mit einem ebensolchen Ringe am Ende und einem kleineren in 
der Mitte angenäht. 

150 Zoll 16 Zoll 

ctt ~: . 0===0 

Der Riemen fürs Vorderbein (c) ist 140 Zoll lang, Vs Zoll 
breit und trägt an einem Ende eine Schlinge fiir das vordere 
Fesselgelenk. Die zwei Riemen für die Hinterbeine d sind 


festigt und durch den Ring (ty gezogen; ein Riemen (d) wird 
am rechten Hinterfessel befestigt und durch den Ring (f) der 
linken Seite gezogen. Beim gleichzeitigen Spannen der Riemen 
b, c und d gleitet das Pferd leicht auf die rechte Seite. Nach 
dem Sturze des Pferdes werden die beiden Vorderbeine am 
Ringe k befestigt, die beiden Hinterbeine werden durch die 
zwei Riemen d an den Ringen f der entsprechenden Seiten be¬ 
festigt, die Hufkappen werden aufgesetzt und die an ihnen 
befindlichen Riemen (m) unters Kniegelenk geschwungen. Das 

** 








582 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


Pferd ist nun verhindert, seine Sehnen und Muskeln allzustark 
zu spannen. Figur 1 und 2 erläutern die Beschreibung und 
zeigen den Erfinder bei h und bei b. 

Die Tragbahre (Fig. 3) besteht aus zwei Stangen und 
drei mit Ösen versehenen Gurten, von denen sich zwei zwischen 
den Hinterbeinen kreuzen. Die Tragbahre eignet sich be¬ 
sonders zum Heben lumbagokranker Pferde. 


Referate. 

Tropenhygiene and Protozoen-Krankheiten.*) 

Von Dr. Sieber-Hamburg. 

M. Thiroux and M. Teppaz. Animal Trypanosomiasis in Senegal. 

(The Journal of tropical veteriuary Science. 1907. Vol. II. Nr. 4.) 

Verfasser haben in Nianing, südlich von Dakar, im Blute 
von Pferden Trypanosomen gefunden, die eine schon über 20 Jahre 
bekannte Krankheit erzeugen sollen. Auch einige der Über¬ 
tragung verdächtige Fliegen, u. a. auch die Glossina palpalis 
wurden dort gefunden. 

Bei Beginn der Krankheit werden die Pferde gegen Peitsche 
und Insektenstiche unempfindlich. Atmung und Verdauung sind 
normal. Obwohl bei gutem Appetit, magern sie im II. Stadium 
bald ab. Die sichtbaren Schleimhäule werden blaß und blutleer, 
die Augen thränen, nicht selten sind hierbei ein- oder doppel¬ 
seitige Katarakte. Das Scrotum ist schlaff, wenig oder gar 
nicht ödematös und unempfindlich für Stiche. Weitere Symptome 
sind: Lahmheiten und Unsicherheit der Nachhand. Im letzten 
Stadium magern die Beine ab, sie werden im Liegen angezogen. 
Der Appetit nimmt ab, die Tiere stolpern und fallen, besonders 
bei Druck auf die Weichen. Bei zunehmender Lähmung Coma 
Exitus. 

Die Dauer der Krankheit schwankt zwischen 4 und 30 Tagen, 
nur ausnahmsweise beträgt sie bis zu drei Monaten. Die Tier¬ 
arten sind in folgender Reihenfolge für die Krankheit empfänglich: 
Pferd, Esel, Maultier, Hund. Ochsen und Schafe gibt es dort 
nicht; Ziegen scheinen immun. Der Erreger ist das Trypanosoma 
dimorphon. Zuweilen sind Trypanosomen sichtbar, die an beiden 
Enden ausgezogen und sehr dünn sind. Manchmal schienen die 
Parasiten nur noch aus dem Zentrosom und der Geißel zu 
bestehen. Die gewöhnlichen Formen sind von mittlerer Größe 
und haben ein abgerundetes Hinterende. Längsteilung. 

Dieselbe beginnt entweder am Kern oder am Zentrosom 
und Geißel. Verfasser haben in diesen Trypanosomen proto¬ 
plasmatische Granulationen gesehen. Sie sind der Ansicht, daß 
die Abwesenheit dieser Granulationen nicht ein deutliches Merk¬ 
mal von Trypanosoma dimorphon ist, das durch die Mannig¬ 
faltigkeit seiner Formen wohlcharakterisiert erscheint. In einem 
Präparate aus einem verendeten Pferde sahen Verfasser kleine 
nierenförmige Körper von 5 n Länge und 1,5 ^ Breite, die mit 
einem Kerne versehen waren. Bei den infizierten Hunden und 
Ratten wurden diese Körperchen* nicht gefunden. Bei Pferden 
fanden sie auch endoglobuläre Formen. Das Trypanosomen 
dimorphon ließ sich auch auf Hunde und Ratten übertragen. 

# j In den Referaten der Nr. 16 der B. T. W. sind einige sinn¬ 
entstellende Druckfehler stehen geblieben, die hier nachträglich 
berichtigt werden sollen. Es muß heißen: Seite 286, linke Spalte, 
Abs. 4 „Doppelinjektion“. Abs. 8 „trypanosoinenübertragend“; rechte 
Spalte, bei Leopold „Babesia“, bei Panse ,,Tanga“; S. 287 bei 
Christophers Piroplasmose des Hundes“, bei Boyce die ersten 
beiden Worte Therapeutische Versuche“, bei Spielmeyer im letzten 
Absatz, Zeile 2 „Hinterwurzelsystem“. 


Die Virulenz der einzelnen Stämme erkrankte. Die Krankheit 
erstreckt sich von Niomedena bis Balegni. Aus dem Umstande, 
daß die Krankheit nur in Tsetsefliegengegenden vorkommt, 
schließen Verfasser, daß das Trypanosoma dimorphon nur durch 
die Tsetsefliege übertragen wird. 

Teppaz fand im Blute von Kamelen ein feines 
Trypanosoma, das von L ave ran als Trypanosoma Evansi be¬ 
schrieben wurde. Die Krankheit richtet unter den Kamelen in 
Mauretanien große Verheerungen an. Si. 

Dobrosrakow. Serotherapie des Typhus recurrens. 

(Zentralbl. f. inn. Med. 1908, H. 1.) 

Verfasser gewann von einem Pferde, dem er spirochaeten- 
haltiges Blut infizierte, Serum. Das Serum hatte folgende Wir¬ 
kung: 1. Die Krankheitsdauer wurde kürzer; 2. der zweite 
Anfall wurde häufig verhütet; 3. wenn er auftrat, war das zweite 
Intervall länger, und 4. der zweite Ausfall selbst um einen Tag 
kürzer; 5. Exantheme traten selten auf. Si. 

Mackie. The part played by pediculus corpories in the transmission of 
relapsing fever. 

(Brit. med. Journ. 1907, Nr. 9150.) 

Von 36 infizierten Läusen waren 31 weibliche und nur 
5 männliche. Die Spirochaeten sitzen im obersten Verdauungs- 
traktus. Der aus dem Munde abgesonderte Saft enthält Spi¬ 
rochaeten. Woher dieses Sekret kommt, vermag Verfasser nicht 
anzugeben. Fast in jedem Falle wurde beobachtet, daß das 
Mundsekret infiziert war. Drückte man mit einer Nadel auf 
dem Kopf der Laus, so kam eine kleine Menge Flüssigkeit zum Vor¬ 
schein, die in 9 von 13 Fällen Spirochaeten enthielt. 2 Über¬ 
tragungsersuche auf Affen fielen negativ aus. Weder in Fliegen 
noch Mücken von den Betten der Patienten wurden, wie Verfasser 
gelegentlich einer Epidemie beobachtete, Spirochaeten nach- 
gewiesen. Diese Epidemie war in einer Pension ausgebrochen, 
in der Knaben und Mädchen getrennt untergebracht waren. Die 
Knaben wohnten in alten Häusern, welche viele Läuse ent¬ 
hielten. Der Prozentsatz der befallenen Knaben war viel höher 
als der der Mädchen. Si. 

Lingard, A. Different species of trypanoaomata observed in bovines 
In India. 

(Journ. of trop. Veterlnary acieuce. Vol. II, 1907, Nr. 1, S. 4—50.) 

Trypanosomen bei indischen Rindern: 

a) Tryp. himalayanum nennt Lingard ein dem Tryp. theileri 
Lav. außerordentlich ähnliches, sehr großes Tryp. Er läßt den 
Schluß offen, daß es sich um eine Varietät des Tryp. theileri 
handeln könne.*) 

b) Während Tryp. himalayanum nur im Gebirge gefunden 
wurde, beobachtet Lingard eine recht polymorphe Art, die er 
als Tryp. indicum bezeichnet. Hierbei fand er im Milzparenchym 
kleine, von einer dünnen Membran umgebene Körperchen, dio 
im Innern ein deutliches Trypanosomen zu enthalten schienen 
(Oocysten?). 

c) Tryp. muktesari, ähnlich den Tryp. theileri, ist kleiner 
als letzterer und besitzt nur eine sehr kurze Geißel. Si. 

Theiler, A., Experiments with serum against ooast fever. 

(Journ. of trop. Veterin. ac. Vol. II 1907. Part 8 p. 249.) 

Unter Hinweis auf Kochs Küstenfieberuntersuchungen 
immunisiert Theiler Rinder nicht durch Injektion von viru¬ 
lentem, defibriniertem Blut, sondern durch Transfusion von 

*) Nach den von Lingard dem Institut für Schiffs- und Tropen¬ 
krankheiten zugesandten Präparaten scheint jedoch eine selbständige 
Form vorzuliegen, die sich außer der Größe durch eine eigen- 
< tümlicbe Spitze und ein derbes Periblast auszeichnet. 



18. Atigüst 1908. 

Blut kranker Tiere auf die Immuntiere. Versuche verliefen 
negativ. Die Injektionen beeinflußten weder kranke Tiere, noch 
Nvurde dadurch ein Schutz gegen spätere Infektion erzeugt. 

Si. 

Glaubermann, Klinische Beobachtungen über die Wirkung des Atoxyls bei 
Typhus recurrens. 

(Zentralblatt für innere Medizin. 1908, Kr. 1.) 

Bei höheren Dosen Atoxyl ergab sich eine deutliche Be¬ 
einflussung der Krankheit. Recidive traten seltener auf, die 
Anfälle selbst waren leichter. Dosis: 0,2—0,5 täglich, acht bis 
vierzehn Tage lang. Niemals Vergiftungserscheinungen. Si. 

Mott and Stewart Some further observations an the cell changes in 
dourine and sleeping sickness. 

(Brif. med. Journ. 1907, Nr. 2415, S. 1327). 

In den Drüsen von 2 Hunden, die mit Tryp. equiperdum 
geimpft waren, in den hinteren Nervenwurzeln in einem 
Falle von Dourine, ferner in den perivasculären Infiltra¬ 
tionen bei Schlafkrankheitspatienten fanden Verfasser 1. kleine 
Zellen mit tief gefärbtem Kern, der im Verhältnis zum Proto¬ 
plasma klein war. Nicht selten enthalten diese Zellen ein rund¬ 
liches oder stäbchenförmiges Chromatinkorn. 2. Wachsende 
Chromatinkörper mit mehr oder weniger Protaplasma an der 
concaven Seite. Die Größe der Körper schwankt zwischen win¬ 
zigen Ringen bis zu Zellen von 4 fi und mehr im Durchmesser. 

3. In die Länge gezogene Körperchen mit 3 und mehr Kernen, 
die dünn und zugespitzt sein können oder als unregelmäßige 
Protoplasmamassen erscheinen und zahlreiche Chromatinkörper 
von verschiedener Größe und Gestalt enthalten. Si. 

Möllers. Experimentelle Studien Ober die Übertragung des RQckfallflebers 
durch Zecken. 

(Zcitacbr. f. Hyg. Bd. 58. 8. 2) 

Zecken konnten bei jedesmaliger Fütterung 10 mal hinter¬ 
einander gesunde Affen mit Rekurrens infizieren. Die ersten 
8 Affen erlagen der Infektion, der 9. und 10. bekam eine leichte 
Erkrankung und überstand sie. Der 11. und 12. erkrankte nicht 
mehr. Noch anderthalb Jahre, nachdem die Zecken an kranken 
Tieren gesogen hatten, waren sie imstande, Spirochaeten auf 
gesunde Tiere zu übertragen. Die Nachkommenschaft der Zecken 
erwies sich bis zur 6. Serie von Eiern als infektionstüchtig. 
Die Eiablage erfolgte in Zwischenräumen von 2 Monaten. Die | 
Spirochaeten vererbten sich bis in die 3. Zeckengeneration. 
Zecken, deren Eltern ihre Infektiosität ausschließlich durch 
Vererbung erhalten haben, ohne daß beide Generationen mit 
einem rekurrenskranken Tiere jemals in Berührung gekommen 
Bind, sind noch imstande, gesunde Tiere mit Rekurrens zu 
infizieren. Si. 

Dutton, Todd and Kinghorn. Cattle Trypanosomiasis in the 
Kongo Freestate: 

(Annala ot Tropical Medizin«. 1907. Vol. I. Nr. 2.) 

Rindertrypanosomiasis ist im Kongostaate sehr verbreitet. 
Der Erreger ist wahrscheinlich das Trypanosoma dimorphon. 
Verfasser empfehlen strengste Kontrolle der Viehtransporte. 
Die Plätze für Rinderzucht müßte sorgfältig gewählt und ge¬ 
pflegt werden. Haustiere erwerben wahrscheinlich eine gewisse 
Immunität gegenüber einigen Stämmen von Trypanosomen und 
können sich sogar von selbst wieder erholen. Si. 

Levaditi et Rocht. Immunlsation des splrilles de la Tick-fever 
contre les antlcorps. 

(Compt. rend. d. 1. aoc. d. blol. 1907, Nr. 15, S. 816.) 

Verfasser haben den Mechanismus der Rückfälle bei Tick- 
fever untersucht. In der Zwischenzeit zwischen zwei Anfällen 


583 

enthalten das Blut und die Organe Parasiten, aber nur in 
geringer Zahl. Trotz der vom Blutserum gewonnenen bakteri- 
ciden und opsonischen Eigenschaft findet das Recidiv statt, trotz¬ 
dem diese Eigenschaften bestehen bleiben. (?) Nur Zeigen sich 
die Spirillen immer gegen dieses Serumresistent, während die 
Spirillen der Primärinfektion es nicht sind. Es findet also eine An¬ 
gewöhnung des Parasiten statt, die sogar erblich ist. Das 
Auftreten der Recidive dürfte daher mit dieser Immunisierung, 
die auch Ehrlich-Franke für Trypanosomen gegen Trypanrot 
feststellen konnten, Zusammenhängen. Si. 

Levaditi et Roch6. Les opsonines et la mechanisme de la crise 
dans la Tick-fever. 

(Compt. iend. de la Soc. de Biol. 1907, S. 619) 

Bei experimentellem Tick-fever weiden in der am 4.-5. 
Tage eintretenden Krise die Spirillen im Blute zerstört. Diese 
Zerstörung ist rein phagocytär und hängt nicht mit Bakteriolysinen 
oder Opsoninen zusammen.*) Die bakteriolytischen und 
opsonischen Eigenschaften treten erst nach dieser Zerstörung auf. 

Si. 

Novy and Knapp. The cultivation of Spirillum Obermeieri.**) 

(The Journal of the Americ. Med. Assoc., Bd. 47, 8. 2152.) 

Verfasser füllten Kollodiumsäckchen mit defibriniertem, 
infiziertem Rattenblut und brachten sie in die Bauchhöhle einer 
weißen Ratte. Aus diesen Säckchen wurde aufs neue umgeimpft 
mit positivem Erfolge. Wenn man die Säckchen sieben Tage 
lang in der Ratte läßt, nehmen die Spirillen stark an Zahl ab 
und können schließlich ganz verschwinden. Nach Entfernung 
des infizierten Kollodiumsäckchens aus der Ratte starben die 
Spirillen bei Zimmertemperatur in 1—2 Tagen ab. Si. 

Moore, Nierenstein, Todd. Concerning the treatment of experimental Tryp. 

(Annala of trop. med., 1907, Vol. I. Nr. 2.) 

In der Behandlung von mit Tryp. Brucei infizierten Ratten 
gibt die Anwendung von Atoxyl, gefolgt von Quecksilber¬ 
perchlorid bessere Resultate als die ununterbrochene Behandlung 
mit Atoxyl allein. Diese kombinierte Methode sollte bei 
menschlichen und tierischen Infektionen sorgfältig erprobt werden. 
Die Behandlung muß möglichst früh einsetzen, es müssen 
Maximaldosen (full, therapeutic) gegeben werden. Die Atoxyl- 
lösungen müssen immer frisch bereitet werden. Das Quecksilber 
soll nicht eher gegeben werden, als bis die Parasiten aus dem 
peripheren Blute verschwunden sind. Si. 

Swellengrebel. La volutine chez les trypanosomes. 

(Compt. rend. d. 1. aoc. d. biol., 1908, Bd. 64, Nr. 2, S. 88.) 

Verfasser konnte bei Trypanosoma brucei, gambiense und 
equiperdum mit intensiver Giemsa-Färbung, mitEisenhämotoxylin, 
Toluidinblau den von Robertson beschriebenen Achsenfadeü 
darstellen. Er beginnt mit einer nicht färbbaren Partie, durch¬ 
zieht den Kern und erstreckt sich bis zum andern Ende der 
Zelle. Er zeigt zuweilen Verdickungen, von denen Fädchen 
ausgehen. An dem im Kern liegenden Teile des Achsenfadens 
bilden sich Körnchen, die sich sehr stark rot färben. Diese 
Körnchen finden sich auch außerhalb des Kernes und werden 
als Chromidien und somit nucleären Ursprungs gedeutet. S i. 

*) Da die Annahme von der Protozoennatur der Spirochaeten 
(aber nicht Spirillen) immer mehr gefestigt erscheint, sind wohl die 
Verhältnisse bezüglich spezifischer Reaktionsprodukte der Antigene 
(Bakteriolysine usw.) nicht ohne weiteres auf Spirochaeten- 
erkrankungen anzuwenden. Ref. 

**; i. e. Spirochaeta recurrentis europ. 


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584 


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No. 33. 


Grauer Star. 

Von Oberveterinär Julius Bierstedt. 

(Zeitschrift f. Veterinärk. 1908, S. 112.) 

Die Mitteilungen über das subjektive Empfinden der Tiere 
bei Erkrankungen der Augen, d. h. über die durch dieselben 
hervorgerufenen Störungen im Sehvermögen sind spärlich* 
Bierstedt hat deshalb bei den Pferden seines Regiments die 
Erkrankungen des Linsensystems, den sogenannten grauen Star 
in seinen verschiedensten Formen, besonders aber die durch 
denselben hervorgerufenen Sehstörungen geprüft. Untersucht 
wurden im ganzen 580 Pferde. Bei 34 Pferden = 5,86 Proz. 
wurden angeborene Stare gefunden; von diesen bedingten 
3 Stare Sehstörungen. Erworbene Starformen wurden bei 
59 Pferden beobachtet = 10,17 Proz.; in 7 Fällen waren Seh¬ 
störungen vorhanden. Sklerose der Linse fand Bierstedt 
im ganzen bei 73 Pferden = 12,58 Proz.; bei 27 derselben 
konnten auch noch Risse und Sprünge in der Rindenschicht 
nachgewiesen werden. Sehstörungen wurden durch diese Linsen¬ 
anomalie mit Bestimmtheit hervorgerufen bei 23 Pferden. 

Bierstedt kam zu folgendem Schlußurteil: 

Durch den angeborenen grauen Star wird bei unserem 
Militärpferde nur in den seltensten Fällen eine erhebliche, die 
Diensttauglichkeit derselben beschränkende Sehstörung hervor¬ 
gerufen, durch die erworbenen partiellen Stare auf einem Auge 
aber meistens nur für kürzere Zeit. Selbst totale Stare auf 
einem Auge beeinträchtigen den Dienstgebrauch des Militär¬ 
pferdes kaum, wie ja die fast in jeder Eskadron vorkommenden 
Fälle von einseitiger Erblindung beweisen. 

Die den Dienstgebrauch beeinträchtigenden Sehstörungen 
sind vielmehr zurückzuführen: 

1. auf andere Erkrankungen des Auges, besonders der 
Netzhaut; 2. auf Ametropie; 3. in vielen Fällen auf Sklerose 
der Linse. Richter. 

Geheilte Fraktur des linken Metatarsns beim Zebu. 

Von Dr. H. Jakob, München. 

(Wochenschrift f. Tierheilkunde and Viehzucht, 53. Jahrg., Nr. 6;. 

Ein 1^2 jähriger Zebu-Stier hatte sich durch Einklemmen 
des linken Hinterfußes zwischen zwei Stäben einen Bruch des 
Metatarsus drei Finger breit unterhalb des Sprunggelenkes zu¬ 
gezogen. Wurde letzteres fixiert, so pendelte der Unterfuß 
leicht beweglich hin und her. Abgesehen von einer starken 
Hautquetschung in der Gegend der Bruchstelle, war eine weitere 
Komplikation nicht zugegen. Am stehenden Tier legte J. nach 
Desinfektion der Haut mit 2 proz. Lösung von Liquor Cresoli 
saponatus und der zirkulären Applikation eines mit diesem Mittel 
getränkten Wattestückes über die gequetschte Haut einen gut 
handbreit über dem Sprunkgelenk beginnenden und noch abwärts 
bis zu den Klauen reichenden, zirka 3 cm dichten Gipsverband 
an. Nach 3 Wochen konnte der Verband entfernt werden: es war 
völlige Heilung eingetreten. J. Schmidt. 

Über die Anwendung des Olenm Ricini bei den Haus¬ 
tieren. 

Von Dr. Wilh. Br uns-Gevelsberg. 

(Aus der mcd. Veterinlrklinlk der Universit&t Gießen. Direktor: Prof. Ur. Gineiner.) 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1908, Nr. 24.) 

Auf Grund zahlreicher Versuche kommt Bruns zu folgender 
Zusammenfassung: 

1. Die bislang in der Literatur angegebene Dosis von 
250—500,0 Rizinusöl für das Pferd ist zu einem Laxiereffekt 
nicht ausreichend, vielmehr sind 500—750,0 erforderlich. 


2. Für das Pferd ist die einzig zweckmäßige Verordnungs¬ 
form des Öles die Rohemulsion (Rizinusöl und die gleiche oder 
die mehrfache Menge warmen Wassers mit einer Hand voU 
Kochsalz). 

3. Auch für das Rind und die kleinen Wiederkäuer hat sich 
die mit Kochsalz und warmem Wasser hergestellte Rohemulsion 
als die geeignetste Arzneiform erwiesen. 

4. Entgegen den Angaben in den Lehrbüchern waren beim 
kleinen Hunde 6,0 resp. 5,0 Rizinusöl ausgesprochen wirksam. 

5. Als die für Hunde bequemste und am schnellsten wirkende 
Form zeigte sich die in Gelatinekapseln. 

6. Kapseln zu 10,0 bis 15,0 werden von Hunden mit 
Leichtigkeit abgeschluckt. 

7. Auch für Geflügel ist die Applikation in Gelatinekapseln 
die bequemste (5—30,0; für Tauben genügen meist 2,0). 

8. Für das Kaninchen ist eine ziemlich hohe Dosis 
(10—15,0 01) notwendig, um dünne Entleerung zu verursachen. 

9. Als die für Kaninchen bekömmlichste Form zeigte sich 
die Rohemulsion. 

10. Das Rizinussiccol (weißes Pulver, das 50 Proz. Rizinus- 
I öl enthält) hat sich beim Schafe und zum Teil beim Hunde als 

unwirksam erwiesen. 

11. Da immer große Mengen Siccol nötig sind, welche 
ihrerseits wiederum größere Wassermengen bedürfen, stellt sich 
regelmäßig beim Hunde Erbrechen ein; aus alledem erhellt, daß 
das Siccol kaum eine Empfehlung verdient. 

12. Ob in der Tat die Rizinolsäure als solche das wirksame 

Prinzip des Rizinusöles ist, geht aus den Ergebnissen mit 
Sicherheit nicht hervor; fraglos dürfte der wirksame Körper in 
ihr in irgendeiner Form enthalten sein. Rdr. 

Behandlung des ansteckenden Scheidenkatarrhs mit 
Bissnlin. 

Von königl. ung. Tierarzt Julius Botzner in L6va. 

(Allatorvosi bapok 1908, Nr. 10.) 

Verfasser wendet das von Trommsdorf erzeugte Bissnlin 
(= Sozojodolhydrargyrum) in Form von Suppositorien beim 
ansteckenden Scheidenkatarrh der Rinder mit sehr gutem Erfolg 
an. Selbst in Fällen, wo die bisher angewandten Irrigationen 
mit schwacher Sublimatlösung, Einführen von Bazillolkapseln, 
Bazillolsalben usw. versagten, führte die Behandlung mit Bissnlin 
in höchstens drei Wochen zur Heilung. Schon in den ersten 
acht Tagen tritt eine wesentliche Besserung ein, in der zweiten 
Woche platten sich die Knötchen aus und in der dritten Woche 
der Behandlung ist die Scheidenschleimhaut wieder glatt und 
eben. — Erscheinungen auf Merkurialismus konnte bei keinem 
Falle beobachtet werden. Dr. Z. 

Über Digalen. 

Von Tierarzt A. Beck. 

(Allatorvosi hapok 1908, Nr. 13.) 

Verfasser wendete das Digalen (= Digitoxinum solubile 
cevetta) beim Pferd, Rind und Hund an in solchen Fällen, wo 
die Herztätigkeit sehr schwach, der Puls ebenfalls schwach und 
kaum ausfühlbar war. Die Wirkung des Digalens trat bereits 
in einigen Stunden ein: die Pulsschläge wurden stärker, ihre 
Zahl verminderte Bich, die Diurese wurde gesteigert. Die Dosis 
für Pferd und Rind ist 10 ccm pro die et pro dosi, für Hunde 
0,25 — 1 ccm per os. Als weitere Vorteile des Digalens werden 
gerühmt, daß es nicht kumulativ wirkt und daß es sich nicht 





13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


585 


zersetzt. Man kann es auch intravenös anwenden, Beck hatte 
aber bei dieser Applikation einmal einen schnell darauffolgenden 
letalen Verlauf beobachtet, so daß er hier zur Vorsicht mahnt. 

Dr. Z. 

Zur Behandlung der Fohlenlähme. 

Von Bezirkstierarzt Beck-Schongau. 

(Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehzucht, 52. Jahrg., Nr. 8.) 

Unter Bezugnahme auf die von Eckardt-Neuß a. Rh. 
empfohlene Behandlung der Fohlenlähme mit Jodkalium, 
welches der säugenden Mutterstute zu verabreichen ist, schildert 
Beck seine mit derselben Behandlungsmethode an sechs Fohlen 
wahrgenommenen Ergebnisse. Die Stuten erhielten pro die 
10 g Jodkalium. Die Fohlen wurden weder an den Gelenken 
noch am Nabel behandelt. Fünf der erkrankten Tiere genasen 
wieder. Schon einige Tage nach Beginn der Therapie konnte 
Beck bei den Patienten eine sichtliche Besserung erzielen. Er 
empfiehlt daher dringend die Anstellung weiterer Versuche. 

J. Schmidt. 

Die Behandlung der Dämpfigkeit des Pferdes. 

Von Gemeindetierarzt A. Szöllös in Jäszkisör. 

(Allatorvusi hapok 1908, Nr. 10.) 

Unreelle Pferdemakler, besonders Zigeuner, beschäftigen 
sich, man könnte sagen berufsmäßig, mit der Behandlung der 
Dämpfigkeit des Pferdes. Im Wirkungskreise des Verfassers 
gehören solche Fälle gar nicht zur Seltenheit, bei welchen es 
den Pferdemaklern gelingt, auf mehrere Stunden die Schwer¬ 
atmigkeit vollkommen zu stillen. Nach der Beobachtung des 
Verfassers wenden sie zu diesem Zweck die reifen Körner der 
Datura Strammonium an, man kann solche in großen Massen 
bei jeder Zigeunerkaravane finden. Vor der Behandlung werden 
die dämpfigen Pferde durch 7—10 Tage bei grünem Futter, 
wenn solches nicht vorhanden ist, mit viel Wasser (auch Salz¬ 
wasser) aufgeweichtem Trockenfutter gehalten. Unmittelbar 
vor der Eingabe der Daturakömer bekommen die Tiere am 
Abend kein Futter. An dem Tage, an welchem sie verkauft 
werden sollen, werden am Morgen ungefähr 25—45 g der Datura- 
köraer — die Menge ist nach dem Zustand und Alter der Tiere 
verschieden — in 500,0 g Wasser per os eingegeben, worauf 
sie nach zwei Stunden mit dem jetzt scheinbar gesunden Pferd 
am Markt erscheinen. 

Verfasser stellte auf diese Art mehrere Versuche an und 
konnte dadurch die Schweratmigkeit bei Lungenerweiterung, 
bei chronischer Rippenfellentzündung und bei Herzfehler in 
20 Fällen vermindern. Am auffallendsten sind die Resultate 
beim Lungenemphysem, hingegen zeigt diese Behandlung weniger 
Erfolg bei Herzfehler. Sachverständige wird man aber auf 
diese Art kaum täuschen können, denn die Erweiterung der 
Pupille und die Trockenheit der Maulschleimhaut weist gleich 
auf diese Behandlung hin. Auch nach einer stärkeren Be¬ 
wegung von über 10 Minuten tritt die Dyspnoe wieder auf, 
besonders wenn das Pferd noch getränkt wird. Dr. Z. 

Kleine Mitteilangen. 

Schutz der Pferde vor der Insektenplage. 

Angeregt durch eine in Nr. 22/08 dieser Wochenschrift unter 
obigem Titel enthaltene Notiz habe ich mit dem „Floriafliegenöl A“ 
der Firma Dr. Nördlinger-Flörsheim a. M. Versuche angestellt. 
Das Ergebnis ist kurz folgendes: 

Das Floriafliegenöl ist zwar imstande, die Fliegen nach jedes¬ 
maligem Bestreichen der zu schützenden Tiere eine kurze Zeit von 


denselben fernzuhalten, die häufige Anwendung des Mittels ver¬ 
bietet sich aber durch die nachteilige Wirkung auf die Behaarung. 
Es ist sogar, wie mir kürzlich Herr Kollege Gerhardt in Alsleben 
mitteilte, nach längerer Anwendung des Präparates bei einem seiner 
Pferde Haarausfall zu beobachten gewesen. 

Dr. H. Raebiger-Halle a. S. 

Serumaufnahme durch Pflanzen. 

Dem Sanitätstierarzte ist die Wichtigkeit frischen Rinderblutes 
fiir Pflanzendüngung wohl bekannt, auch daß gerade frischem Serum 
eine stark w'aehstumstreibende Kraft innewohnt. Interessant ist 
nun die Angabe von Kraus, von Portheim und JamanouchY 
in der Umschau, daß die Wurzeln höherer Pflanzen zur Ernährung 
außer anorganischer Nahrung auch Eiweiß aufnehmen. Sie wuschen 
Keimlinge von Bohnen mit Sublimat, spülten mit Wasser ab und 
setzten sie in Kulturgefäßen mit Wasser zur weiteren Entwicklung 
an. Nach einigen Jahren wurde der Kulturflüssigkeit Pferdeserum 
resp. Rinderblut zugesetzt. Bei Zusatz von Pferdo9erum entwickelten 
sich die Keimlinge nicht gut; sie zeigten eigentümliche Krankheits¬ 
erscheinungen. Im Rinderblut gediehen sie jedoch besser als in 
Kontrollkulturcn ohne Blut. Nach 3—8 Tagen wurden die Wurzeln, 
sowie die oberirdischen Organe der Keimlinge zerrieben und aus- 
gepreßt und der gewonnene Preßsaft verdünnt und dann zu dieser 
Flüssigkeit eines Kaninchens gefügt, das mit Rinderserum vor¬ 
behandelt war. Hiernach entstand ein deutlicher Niederschlag, der 
bewies, daß die Keimlinge Rinderblutserum aufgenommen hatten. 

Bei der Keimlingskultur im Rinderblut ließ es sich bereits nach 
vier Tagen wahrnehmen. Der Extrakt aus Keimlingen, die in einem 
Quellwasser gezüchtet wurden, reagierte weder mit Menschen- noch 
mit Rinder- oder Pferdeserum. Dr. G. 

Toxikologisches. 

Hexametylentetramin ist nach Beardsley Berliner Klin. 
Wochenschrift 1908, Nr. 11 auch in geringen Dosen schon giftig. 
Beim Menschen wurde bereits bei 0,4 g in mehrmaligen Dosen 
Hämaturie und scarlatinöses Exanthem beobachtet, die sofort ver¬ 
schwanden, nachdem die Medikation ausgesetzt war. — Vor allem 
dürften wie gewöhnlich gastrische Störungen auftreten, falls größere 
Dosen verabreicht werden. Kleine Dosen, wie sie in Konser¬ 
vierungsmitteln verabreicht werden, fand ich durchaus nicht toxisch 
bei Versuchen am eigenen Körper! Dr. G. 

Ungt. Hydragyri clnereum. 

Nicht weniger alB 5 Kühe auf einmal erkrankten nach der 
Schweizerischen Wochenschrift für Chemie 1908, Nr. 15. Es 
wurden 100 g 20 proz. Quecksilbersalbe als Ungeziefermittel für 
Kühe abgegeben. Dabei wurden 3 Kühe sehr krank, zwei starben 
obwohl nur 00 g (also 12 g auf ein Tier) verbraucht worden waren. 
Der Apotheker mußte 1030 Franken Schadenersatz leisten, dazu 
die hohen Gerichtskosten bezahlen. Dr. G. 

Schmelzveränderungen von Tierfetten. 

Bei 133° fand Struck, daß die Veränderungen bei dieser 
Temperatur noch nicht deutlich wahrnehmbar sind. Erst bei 
Lagerung tritt der Einfluß der Erhitzung Btärker auf. Längeres 
Ausschmelzen fand Struck bei Rinderfett schädlicher, als bei 
Speck und Schweinefett. Das geräucherte Speckfett ist trotz 
Neigung zu Säurebildung weniger der Zersetzung ausgesetzt als 
Schweineschmalz und Rinderfett. Die Ausschmelzdauer soll sich 
demnach möglichst kurz verhalten, sobald längere Lagerung 
gewünscht wird. Dr. G. 

Gesundheitsschädliche Erdnußkuchen- und -Mehle. 

ln einer ganzen Anzahl Wirtschaften der Rheinprovinz traten 
schwere Erkrankungen der Kühe auf, die sich in heftigem Du:chfall 
und Versiegen der Milch äußerten. Die der landwirtschaftlichen 
Versuchsstation Bonn eingesandten Proben enthielten Ricin 
(bekanntlich w ie Abein ein alkaloidartig wirkender Pflanzengiftstoff. 
Mehle und Kuchen waren die sogenannten Marseiller Waren, die im 
Handel für minderwertig gelten. Dr. G. 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


Nö. 33. 


Tagesgeschichte. 



Roll ? Hering Hertwig Gerlach Haubner Leisering Fürstenberg 

Teilnehmer am ersten internationalen tierärztlichen Kongreß zu Hamburg 1863. 


Zur Geschichte der internationalen tierärztlichen 
Kongresse. 

Von Professor Dr. Schmaltz. 

Die tierärztliche Welt rüstet sich zum IX. internationalen 
Kongreß im Haag. Das gibt Anlaß, einen Rückblick auf die 
Geschichte dieser Kongresse zu werfen, welche vielen Lesern 
der B. T. W. gewiß interessant, wenigen aber genauer bekannt 
sein dürfte. Eine kurze Zusammenstellung ist vielleicht um so 
willkommener, als die Berichte über die ersten Kongresse keines¬ 
wegs leicht und allgemein zugänglich sind. 

Der erste Kongreß hat zu Hamburg*) vom 14. bis 
18. Juli 1863 stattgefunden. Der Gedanke, einen internationalen 
tierärztlichen Kongreß zusammenzuberufen, ist englischer Ab¬ 
stammung; er ist das Verdienst John Gamgees (spr. Gemschi). 
Dieser nahm jedoch nicht für sich die Ehre in Anspruch, diesem 
ersten Kongreß zu präsidieren, sondern überließ das Präsidium dem 
Direktor der Tierarzneischule zu Stuttgart, Hering (s. Abbildung), 
und begnügte sich mit dem zweiten Platz. In die Präsenzliste 
haben sich damals eingetragen 101 Mitglieder, worunter 
80 Deutsche und nur 21 Ausländer. Unter den letzteren w r aren 
nur 2 Engländer; außerdem waren Schweden, Norwegen, Däne¬ 
mark, Rußland, Österreich und die Schweiz vertreten. Einen 
wirklich internationalen Charakter kann man daher jenem 
Kongreß kaum schon zusprechen. Auffällig ist namentlich, daß 
das Vaterland des Urhebers sich nur so wenig beteiligt hatte. 
Ein eigener Bericht des Kongresses ist uns nicht überliefert. 
Das oben veröffentlichte Bild, welches ich dem Herrn Kreis¬ 
tierarzt Dr. Grimme-Melsungen verdanke, ist eine von diesem 
Kongreß herrührende und heute höchst wertvolle Aufnahme; 
sie zeigt uns eine Reihe jener großen Führer, die um die Mitte 
des vorigen Jahrhunderts begonnen hatten, die Tierarzneisclmlen 
umzugestalten und eine tierärztliche Wissenschaft zu schaffen. 
(Leider sind nur noch einige der Porträts von Lebenden 
erkannt worden.) 

*) Vgl. Adams Wochenschrift 1863, S. 121, 218 und 253. 


Der zweite Kongreß wurde 1865 am 21. bis 26. August in 
Wien*) unter dem Präsidium des Studiendirektors der dortigen 
Tierarzneischule, Röll (siehe das Bild), abgehalten. Unter den 
170 Mitgliedern befanden sich neben 65 Österreichern schon 
105 Ausländer. 

Der dritte Kongreß tagte zu Zürich vom 2. bis 7. Sep¬ 
tember 1867. Sein Präsident war der Direktor der dortigen Tier¬ 
arzneischule, Zangger. Auch dieser Kongreß hat noch unter¬ 
lassen, einen Bericht über seine Verhandlungen abzufassen, und 
aus den verhältnismäßig kurzen Mitteilungen der damaligen 
tierärztlichen Presse, wenigstens der deutschen,**) geht die Zahl 
der Teilnehmer nicht hervor. 

Dem Züricher Kongreß folgte eine sehr lange, zum Teil 
auch durch die politischen Ereignisse herbeigeführte Pause, so 
daß es fast schien, als ob der Kongreßgedanke wieder ent¬ 
schwunden sei. Man hatte in Zürich beschlossen, den nächsten 
Kongreß in Brüssel abzuhalten, doch hatten zunächst die 
Mittel gefehlt. Erst nachdem 16 Jahre vergangen waren, im 
Jahre 1883, konnte dank der energischen Wiederaufnahme des 
Planes durch die Belgische Tierärztliche Gesellschaft der 
Kongreß stattfinden. Er läßt auch schon eine erfreuliche 
organisatorische Weiterentwicklung erkennen, die sich auch in 
der erstmaligen Abfassung eines besonderen Berichtswerkes***) 
kundgibt. Vor allen Dingen hat sich der vierte Kongreß 
zum ersten Male der offiziellen Anteilnahme der Staatsbehörden 
erfreut, und es ist ihm als dem ersten die hohe Ehre zuteil 
geworden, unter dem Protektorat des Landesherrn, Seiner 
Majestät des Königs Leopold, zu tagen. Ehrenpräsidenten w r aren 
der Ackerbauminister und der Professor Del wart, der Be¬ 
gründer der Ecole v^terinaire, deren 50jähriges Jubiläum bei 
dem Kongreß gefeiert werden konnte. Der leitende Präsident 
war Thiernesse, der Direktor der Ecole, Sekretär w’ar 
Wehenkel. Unter den 310 Mitgliedern befanden sich 93 Aus- 

*) Adams Wochenschrift 1865, S. 297, 307, 313, 321/ 

**) Badische Tierärztliche Mitteilungen, II. Jalirg., 1867, Nr. 10. 

***) Bruxelles bei Brogniez & Van de Wegho. 



13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


587 


länder. Der Kongreß wählte zum ersten Male Ehrenmit¬ 
glieder (12). 

Der fünfte Kongreß hat zu Paris*) im Jahre 1889 vom 
2. bis 8. September statt gefunden**) und hatte 635 Mitglieder, 
unter ihnen 170 Ausländer. Er tagte unter dem Präsidium 
Chauveaus und als Sekretär fungierte Nocard. Der Kongreß 
hat drei Ehrenpräsidenten ernannt, darunter Pasteur. 

Der sechste Kongreß, vom 16. bis 21. September 1895, 
fand zum zweitenmale in der Schweiz eine gastliche Aufnahme, 
und zwar zu Bern.***) Das Ehrenpräsidium führte der damalige 
Bundesrat Dr. D euch er, nachmaliger schweizerischer Bundes¬ 
präsident. Präsidenten waren für jede Sitzung besonders er¬ 
nannt. Die Mitgliederzahl, namentlich diejenige der Ausländer, 
wies ein weiteres Wachstum auf; neben 375 Schweizern waren 
295 Ausländer; darunter 77 Deutsche, 64 Rumänen, 55 Franzosen, 

24 Belgier, 17 aus Österreich-Ungarn, 12 Holländer, 11 Italiener 
und 4 Engländer. 

In besonders guter Erinnerung steht uns Deutschen und 
hoffentlich allen Teilnehmern der siebente Kongreß zu 
Baden-Baden f) vom 7. bis 12. August 1899, mit welchem die 
Entwicklung der Kongresse eine glänzende Höhe erreichte. 
S. K. H. der Großherzog von Baden hatte das Protektorat über¬ 
nommen und beehrte die Versammlung mit seiner Gegenwart. 
Der Kongreß wählte zwei Ehrenmitglieder, Chauveau und 
Ly dt in. Präsidenten wurden für jede Sitzung ernannt. Die 
Mitgliederliste wies bis zur Eröffnung 958 Eintragungen auf, 
darunter 462 Ausländer; durch die größten Zahlen waren ver¬ 
treten Belgien mit 147, die Schweiz mit 80 und wiederum 
Rumänien mit 54 Mitgliedern. Von außereuropäischen Ländern 
hatten Vertreter gesandt Egypten, Algier, Argentinien, Kanada, 
Equador, Jamaika, Japan, Indien, Marokko, Transvaal, Natal, 
der Oranjefreistaat, Tunis, Uruguay, Nordamerika, Venezuela; 
es fehlte nur noch Australien. 

Der achte Kongreß, welcher zu Budapest vom 3. bis 
9. September 1JK)5 stattfand, ist gegen seinen glänzenden Vor¬ 
gänger in nichts zurückgeblieben, hat ihn in mancher Beziehung 
sogar wiederum übertroffen. Die Zahl der Teilnehmer betrug 
1400 (gegen etwa 1000 in Baden), und es befanden sich dar¬ 
unter fast 900 Ausländer, und zwar UDter anderen 300 Deutsche, 
an 150 Österreicher (die der Ungar als Ausländer zählt), 
62 Franzosen, 56 Rumänen, 36 Belgier, 39 Schweizer, 30 Serben, 

25 Russen und 16 Engländer; durch je etwa 10 Landsleute 
waren vertreten Nordamerika, Italien, Holland, Dänemark, 
Schweden, Norwegen, Bulgarien; auch China, Japan, Egypten, 
Tunis, Südamerika und Britisch-Afrika hatten einzelne Delegierte 
entsandt. Ungarn selbst stellte zwischen 500 und 600 Teilnehmer. 
Gerade die ununterbrochene Steigerung der Teilnahme des jedes¬ 
maligen Auslandes zeigt, daß der eigentliche Charakter der 
Kongresse, die Internationalität, immer mehr zum Durchbruch 
gelangt. Der ungarische Staat hatte 20000 Kr. zur Verfügung 
gestellt, die Stadt Budapest 10000 Kr. und der vortrefflich 

*) Eigenbericht, Paris 1890 bei Asselin & Houzeau. 

**) Die damals zugespitzten politischen Verhältnisse ließen, 
wie hier nebenbei bemerkt sein mag, eine Anteilnahme deutscher 
Delegierter unzulässig erscheinen. Ein einziger Deutscher hatte 
ein Referat zugesagt, zog aber unter diesen Umständen die Zusage 
zurück. 

***) Eigenbericht vom Generalsekretär Prof. Noyer-Bern, hei 
Stämpfli & Co., 1896. 

f) Eigenbericht Baden-Baden 1899, bei Emst Kölblin. 


organisierte ungarische tierärztliche Landesverein 4000 Kr. 
Die Veranstaltungen waren ebenso angenehm als glanzvoll. 
Das Protektorat hatte ein Mitglied des Kaiserhauses, der Erz¬ 
herzog Josef übernommen, der auch persönlich den Kongreß 
eröffnete und in der Hofburg einen glänzenden Empfangsabend 
veranstaltete. Der Kongreß hat Chauveau und Lydtin, 
die bereits in Baden zu Ehrenmitgliedern ernannt worden 
waren, zu Ehrenpräsidenten gewählt. Von der Ernennung von 
Ehrenmitgliedern hat er abgesehen, weil, wie Hutyra allen 
aus der Seele sprach, dafür zuerst Nocard ausersehen gewesen 
wäre, und da diesen der Tod dahingerafft habe, kein anderer 
diesmal dieser Auszeichnung teilhaftig werden solle. Der 
Kongreß besitzt zur Zeit außer Chauveau und Lydtin nur 
noch ein Ehrenmitglied, Robert Koch (seit Bern), nachdem 
Röll im Alter von 89 Jahren voriges Jahr in Graz ent¬ 
schlafen ist. 

Der Zweck des ersten Kongresses, wie ihn schon Gamgee 
in seinem Aufruf niedergelegt hat, war ein ausge¬ 
sprochen einseitiger: „In einer Versammlung der Professoren 
und Praktikern, sowie von unterrichteten Landwirten sollten 
Fragen von allgemeinem Interesse, insbesondere Ursachen, Ver¬ 
breitung und Vorbeugung der Tierseuchen besprochen werden“. 
Diese Grundidee des ersten Kongresses war unzweifelhaft vor¬ 
trefflich; denn einmal mußten die damals noch so dunklen Rätsel 
der Ätiologie der Seuchen und die faktisch ungelösten Aufgaben 
der praktischen Seuchenbekämpfung die tierärztliche Wissen¬ 
schaft in erster Linie anziehen, andrerseits sicherte sich der 
Kongreß durch jenen Gegenstand sofort die Aufmerksamkeit der 
Staatsregierungen und konnte damit einen Einfluß auf das 
Staatsveterinärwesen gewinnen. Gemäß seiner vorbezeichneten 
Aufgabe behandelte der erste Kongreß vor allem die Rinder¬ 
pesttilgung, daneben die Lungenseuche. Auf Antrag von Fuchs- 
Baden wurden auch bereits die für eine veterinärpolizeiliche 
Bekämpfung geeigneten Seuchen bezeichnet: Rinderpest, 
Lungenseuche, Tollwut, Maul- und Klauenseuche, Schafpocken 
und Räude. Zangger-Zürich wies besonders auf die Not¬ 
wendigkeit der Überwachung des Eisenbahntransports hin, und 
gemäß einem Anträge Gerlachs sprach sich die Versammlung 
für tierärztliche Feststellung des Ausbruchs und Erlöschens der 
Seuchen aus. Mit Genugtuung können wir heute kon¬ 
statieren, daß das ganze, von jenem ältesten tierärzt¬ 
lichen Kongreß aufgestellte Progromm der Seuchen¬ 
bekämpfung heute verwirklicht und bewährt ist. 

Der zweite Kongreß zu Wien trat in die Fußstapfen des 
ersten. Wiederum füllte die Seuchentilgung fast ganz die Tages¬ 
ordnung aus. Unterberger-Dorpat hielt einen Vortrag über 
die sibirische Pest. Im übrigen erstreckten sich die Verhand¬ 
lungen auf Rinderpest, Tollwut und Desinfektion der Eisenbahn¬ 
wagen. Daneben wurde die Haftverbindlichkeit beim Tierverkauf 
besprochen und deren Beibehaltung empfohlen. 

Der dritte Kongreß behandelte abermals die Rinderpest, 
wobei eine internationale Kommission zum Studium an Ort und 
Stelle empfohlen wurde, ferner Lungenseuche und Beschälseuche. 
Aber dieser Kongreß erweiterte sein Programm. Zum 
erstenmal wurde die Einführung der Fleischbeschau Gegen¬ 
stand der Besprechung. Ihre allgemeine Durchführung wurde für 
notwendig erklärt zum Schutze der menschlichen Gesundheit 
und zur Verhütung von ansteckenden Tierkrankheiten. Zur 
Ausführung sollten Tierärzte und Laien unter tierärztlicher 





No. &3. 


BERLIN Eil TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


588 


Aufsicht zugelassen werden; bei Pferden und kranken Tieren 
sollten nur die Tierärzte zuständig sein. Wildpret, Fische und 
Geflügel sollten ausgeschlossen sein. In den größeren Städten 
wurde die Fleischbeschau nur in besonderen Schlachthäusern 
für durchführbar erachtet. Die mikroskopische Fleischbeschau 
wurde mit besonderer Berücksichtigung der Trichine „im Prinzip 
anerkannt“. Außerdem ging der Kongreß zur Besprechung 
wichtiger Standesfragen über. Das Veterinärwesen, so ver¬ 
langte er, sollte ein selbständiger Zweig des Sanitätswesens 
sein; bei. den Zentral-, mittleren und unteren Verwaltungs¬ 
behörden sollten Tierärzte zu Sachverständigen bestellt werden. 
Es wurde gesetzliche Regelung der Ausübung der Tierheilkunde 
und die Verleihung des Rechts, Arzneien zu bereiten und ab¬ 
zugeben, für nötig erklärt. Der Kongreß schnitt endlich auch 
die Unterrichtsfrage an. Er stellte den Grundsatz auf: für die 
Tiermedizin ist dieselbe Vorbildung nötig wie für die Medizin. 
Er bekannte sich jedoch resigniert zu der Ansicht, daß die 
Durchführung jenes Zieles zurzeit unerreichbar sei, und empfahl 
etwa Primanerreife. Die Ausbildung von Tierärzten niedern 
Grades, das sogenannte Zweiklassensystem, wurde entschieden 
verworfen. Ebenso wurde die damals noch nicht grnz 
verschwundene Einrichtung gemißbilligt, daß an gewissen 
Universitäten Tierärzte durch einen einzigen Professor in allen 
Fächern ihrer Wissenschaft ausgebildet würden. Die tier¬ 
ärztlichen Bildungsanstalten, so resolvierte der Kongreß, können 
ebensowohl als Universitätsinstitute, wie als selbständige Schulen 
organisiert werden. 

Auf der Tagesordnung des nach so langer Pause statt¬ 
findenden vierten Kongresses zu Brüssel standen wiederum 
die tierärztliche Vorbildung, die Organisation des tierärztlichen 
Dienstes, das Dispensierrecht und von Tierseuchen die LuUgen- 
seuche, sowie zum ersten Male die Tuberkulose. Die Ver¬ 
handlung über die Lungenseuche nahm jedoch einen so weiten 
Raum ein, daß es an Zeit für die Besprechung der Tuberkulose 
gebrach. Eine zu diesem Gegenstand von Herrn Ly dt in ver¬ 
faßte, viel belobte Denkschrift wurde dem nächsten Kongreß als 
Unterlage tiberwiesen. 

Auf dem fünften Kongreß zu Paris spielten bereits die 
Tuberkulose und die Fleischbeschau die Hauptrolle. Die 
erstere wurde sowohl von dem Standpunkt der Veterinärpolizei, 
als auch von dem der Nahrungsmittelhygiene aus betrachtet. 
Daneben verhandelte man über Rotz und Dourine, über die 
Prophylaxe der Lungenseuche, die Entschädigung polizeilich 
getöteter Tiere und eine internationale Veterinärpolizei. 

Der sechste Kongreß zu Bern brachte eine neue Be¬ 
wegung zur Geltung: die allgemeine Aufnahme der Impfungen 
unter die Maßregeln der Tierseuchenbekämpfung. Damals ist 
über Mallein und Tuberkulin, über Schutzimpfung gegen Tollwut, 
Rauschbrand, Lungenseuche, Starrkrampf, Rotlauf und Schweine¬ 
seuche eingehend debattiert worden. Außerdem wurde speziell 
die Lungenseuchentilgung sowie der Einfluß der Veterinär¬ 
wissenschaft auf soziale Entwicklung und Wohlstand, und die 
Frage einer internationalen Seuchenkonvention behandelt. Die 
Anatomen traten zu einer Konvention behufs Vereinbarung 
einer einheitlichen Nomenklatur zusammen. 

Das reiche Programm des siebenten Kongresses zu 
Baden-Baden ist noch in frischer Erinnerung. Die Anbahnung 
einer internationalen Regelung der Grundsätze für die Be¬ 
kämpfung der Tierseuchen wurde von diesem Kongreß abgelehnt. 


Besonderes Interesse erregte die Frage der Impfung gegen 
Maul- und Klauenseuche, die Bekämpfung der Tuberkulose, 
die Verwendung von Fleisch und Milch tuberkulöser Tiere und 
die Bekämpfung der Schweineseuchen. Daneben wurden die 
Anforderungen an eine wirksame Fleischbeschau erörtert und 
dem Kongreß die erfolgte Vereinbarung einer internationalen 
veterinäranatomischen Nomenklatur zur Kenntnis gebracht. 

Der Kongreß zu Budapest hat ebenfalls den Schwerpunkt 
seiner wissenschaftlichen Arbeiten auf die Erörterung der 
Infektionskrankheiten gelegt, jedoch insofern zwei Neuheiten 
gebracht, als zum erstenmale neben Haupt Sitzungen Sektions¬ 
sitzungen abgehalten wurden, und als die Tropenkrankbeiten 
zum erstenmale eine Rolle spielten. Auf der Tagesordnung 
standen: die Vieh Versicherung; der Versuch, ein einheitliches 
Schema für die periodischen Veterinärsanitätsausweise auf¬ 
zustellen; der Milch verkehr; die Beziehungen zwischen der 
Tuberkulose des Menschen und der Tiere; die Milch als Ver¬ 
breiterin der Tuberkulose und die Bekämpfung der Tuberkulose 
der Haustiere; die Serotherapie der infektiösen Krankheiten; 
die Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche; die Bekämpfung 
der Tollwut und, wie gesagt, die Tropenkrankheiten. Auch 
beschloß der Kongreß, den beteiligten Staatsregierungen die 
Notwendigkeit darzulegen, die tierärztlichen Unterrichtsanstalten 
mit dem Promotionsrecht auszuRtatten. 

* 

Im allgemeinen sehen wir, daß jenes, für den ersten 
Kongreß von John Gamgee aufgestellte Programm die Richt¬ 
schnur auch für die Arbeiten aller folgenden Kongresse ab¬ 
gegeben hat. Dem öffentlichen Veterinärwesen sind diese 
Arbeiten fast ausschließlich gewidmet gewesen, und die 
Infektionskrankheiten haben die Tagesordnungen souverän be¬ 
herrscht. Gewiß ist mit richtigem Blick hierin die vornehmste 
Aufgabe unserer Kongresse erkannt. Gewiß haben diese sich 
gerade hierdurch Verdienste erworben und das Interesse der 
Staatsregierungen gesichert. Gewiß sind gerade auf dem Ge¬ 
biete der Infektionskrankheiten die tiefgründigsten Forschungen 
geleistet, haben wir hier die bewunderungswürdigsten Erfolge 
kennen gelernt, liegen hier die anziehendsten und schwierigsten 
Probleme und werden diese immer von neuem unser Interesse 
in Anspruch nehmen. Aber wenn die Erforschung der Infektions¬ 
krankheiten auch höchste Wissenschaft ist, es ist doch nicht 
unsere ganze Wissenschaft, und von einer gewissen Ein¬ 
seitigkeit kann ich unsere bisherigen Kongresse nicht firei- 
sprechen. Ich meine, nachdem für alle Zweige des öffentlichen 
Veterinärwesens jetzt die Grundlage geschaffen und bereits, 
unter wesentlicher Anteilnahme der Kongresse, weit ausgebaut ist, 
sollten diese sich nunmehr auch noch anderen Gebieten etwas mehr 
zuwenden und auf ihre Fahne schreiben: Förderung der ge¬ 
samten Veterinärwissenschaft. Das Programm der 
künftigen internationalen Kongresse wird meiner Ansicht nach 
nicht mehr vermissen lassen dürfen die Berücksichtigung der 
Heilkunde im engem Sinne, der speziellen Pathologie und 
Therapie, der Chirurgie und Akiurgie. Dieser Kern der 
Medizin ist bisher entschieden zu kurz gekommen. 
Der internationale Meinungsaustausch über eine neue Be¬ 
handlungsmethode- ist von nicht geringerem Interesse für einen 
Teil der Anwesenden, wie die Erörterung der MaUein-Reaktion 
für einen anderen. Wo wir heute überall Institute mit zweck¬ 
mäßigen Operationssälen finden, wäre wohl der internationale 



13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


589 


Kongreß der geeignetste Ort, eine neue Operation oder An¬ 
wendung neuer Instrumente zu zeigen. In Bern ist wohl ein 
Anfang gemacht worden, der viel Interesse erweckte, aber 
nicht völlig zu seinem Rechte kam, weil er nicht 
offiziell war. Auch hierin hat der Kongreß zu Budapest 
bereits einen weiteren Schritt getan, indem er die hoch¬ 
bedeutsame Behandlung der Gebärparese offiziell in seine Tages¬ 
ordnung aufnahm. Auch der Physiologie muß ein Platz ein¬ 
geräumt werden und der Anatomie; daß auch diese auf den 
internationalen Kongressen etwas zu sagen hat, ist schon durch 
die Vereinbarung der internationalen Nomenklatur bewiesen. 
Übrigens hat schon 1892 der Verein der Tierärzte in Österreich 
die Ausarbeitung gemeinsamer Krankheitsbezeichnungen bei den 
deutschen Kollegen angeregt (7. Plenarversammlung des Deutschen 
Veterinärrats). Es sind also vielleicht noch mehr solcher 
Arbeiten zu leisten. 

Wenn freilich das wissenschaftliche Programm eine Er¬ 
weiterung vertragen soll, so muß andrerseits eine Beschränkung 
des Stoffes bei den einzelnen Gegenständen durchgeführt 
werden. Im allgemeinen hat sich, wenigstens bei den letzten 
drei Kongressen, die Tagesordnung als zu reichhaltig erwiesen. 
Denn man würde den Zweck der Kongresse verkennen, wenn 
man ihn nur in dem Austausch wissenschaftlicher Meinungen 
und Errungenschaften sehen würde. Er soll der Geselligkeit 
dienen, weil sie am besten die persönlichen Beziehungen 
knüpft, die, wie man heute von den internationalen Kongressen 
vielleicht ganz allgemein behaupten kann, die wertvollste Wirkung 
solcher internationalen Veranstaltungen bilden. 

Der Kongreß zu Budapest hat einen erheblichen Fortschritt 
in der Organisation der Kongresse gebracht, indem 
er derselben einen festen Rahmen gegeben und die 

Kontinuität gesichert hat. Es ist auf meinen Vorschlag 
damals eine ständige internationale Kommission 
gewählt worden, an deren Spitze zurzeit der Ehrenpräsident 
des Deutschen Veterinärrates, Dr. Lydtin, steht. Diese 
Kommission hat die Aufgabe, die Verbindung von einem 
Kongreß zum folgenden herzustellen und die Tagesordnung für 
den kommenden Kongreß vorzubereiten, damit diese Tages¬ 
ordnung nicht einseitig von örtlichen Interessen und An- | 
Behauungen beeinflußt werde, sondern wirklich den inter¬ 
nationalen Wünschen entspreche. In die weiteren Vor¬ 

bereitungen des Kongresses hat sie allerdings, meiner Ansicht 
nach wenigstens, nicht einzugreifen, sondern in dieser Beziehung 
muß das jeweilige Kongreßkomitee völlig souverän bleiben. 

Ich möchte diese kurze historische Zusammenstellung mit 
einer leisen, die Gegenwart betreffenden Mahnung schließen. 
Es ist sehr erfreulich, daß im Laufe der Zeit die Kongresse sich 
immer mehr das Interesse der Regierungen zu sichern gewußt 
haben. Die dankenswerte Folge davon ist eine doppelte: einmal, 
daß die Beschlüsse der Kongresse von vornherein der amtlichen 
Beachtung sicher sind; zweitens, daß die Regierung des den 
Kongreß beherbergenden Landes in hervorragender Weise die 
ganze Veranstaltung fördert und namentlich auch finanziell sicher 
stellen hilft. Trotzdem ist gerade in dieser Hinsicht ein gewisses 
Maßhalten am Platze; es gibt auch hier eine Grenze, die takt¬ 
voll innegehalten werden muß. Der Charakter der Kongresse darf 
nicht gar zu offiziell werden; es sollen freie Versammlungen 
bleiben, die unbeirrt von äußeren Einflüssen und Rücksichten 
ihre wissenschaftlichen Ziele verfolgen können. Daran zu er¬ 


innern, scheint nicht unnütz, auch wenn dieser Grundsatz noch 
nicht verletzt worden ist. Ein aus derselben Neigung entspringender 
innerer Mangel hat sich aber tatsächlich schon zu zeigen begonnen, 
das ist die Hervorkehrung irgendwelcher offizieller Beauftragung 
unter den Kongreßmitgliedern selbst. Bei diesen Kongressen mögen 
die Männer hervortreten, denen es durch irgendwelche Verdienste 
oder Leistungen gelungen ist, sich eine Stellung in der Wissen¬ 
schaft und unter ihren Standesgenossen zu erwerben; und sie 
werden um so mehr hervortreten, je mehr ihr Ruf über die 
Grenzen ihres Heimatlandes hinausgekommen ist. Dagegen ist 
es meiner Ansicht nach für die Stellung eines Teilnehmers des 
Kongresses völlig gleichgültig, ob er ein Mandätchen irgendeiner 
Körperschaft, sei es selbst einer Universität, aufzuweisen hat; 
auch Diejenigen, welche in einem staatlichen Aufträge erscheinen, 
können nicht deswegen allein vor allen anderen in den Vorder¬ 
grund geschoben werden. Ich habe das Gefühl gehabt, als ob der¬ 
artige Bestrebungen anfingen, hervorzutreten, und ich halte es 
für meine Pflicht, rechtzeitig dagegen zu protestieren. 

[Man müßte mit menschlichen Gewohnheiten nicht vertraut 
sein, wenn man nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen wollte, 
daß einer der vielleicht unbequemen Mahnung die Ver¬ 
dächtigung entgegentreten könnte: der Mahner hat sich verletzt 
gefühlt. Demgegenüber kann ich mit besonderer Freude 
konstatieren, daß ich persönlich, obwohl ich ohne jedes Mandat 
in Budapest war, dank der mir stets bewiesenen Freundschaft 
der dortigen führenden Kollegen, mich einer ganz besonders 
ausgezeichneten Aufnahme zu erfreuen gehabt habe.] 

Der Kongreß im Haag wird nicht verfehlen, eine starke 
Anziehungskraft, namentlich auch in Deutschland ausüben. 
Sollte dabei die Mitgliederzahl etwas kleiner bleiben, wie in 
Baden und Budapest, so wäre das durchaus kein Fehler. Auch 
für die Zahl gibt es ein Zuviel, in Rücksicht auf die Behaglichkeit. 

Ein Budapester Beschluß hatte die Absicht aufgestellt, das 
50jährige Jubiläum der internationalen tierärztlichen Kongresse 
im Jahre 1913 mit der Veranstaltung eines Kongresses in 
England zu feiern, weil ein Engländer die Bildung der Kongresse 
angeregt hatte. Dieser Absicht tritt, wie die Erkundigung bei 
englischen Kollegen ergeben hat, leider wahrscheinlich eine 
Schwierigkeit entgegen, indem die englische Regierung für die 
Förderung solcher Kongresse nicht zu haben ist. 

t 

Veterinflrrat Röttger. 

Der Tierärztliche Generalverein für die Provinz Hannover 
hat eins seiner eifrigsten Mitglieder, den Kgl. Kreistierarzt a. D. 
Veterinärrat Röttger-Heiligendorf, durch den Tod verloren. 

Heinrich Friedrich Karl Röttger wurde am 23. Oktober 
1835 in Isenbüttel, Kreis Gifhorn, geboren. Nachdem er seine 
Schulausbildung vollendet hatte, widmete er sich dem Studium 
der Tierheilkunde an der damaligen Tierarzneischule in Hannover, 
an der er im Jahre 1854 die Approbation mit der Zensur „Sehr 
gut“ erhielt und seiner Approbation gleichzeitig der Vermerk 
beigefügt wurde, daß er den Behörden als Gutachter zu empfehlen 
sei. Zunächst praktizierte Röttger bei seinem Vater, der 
damals in Fallersleben Tierarzt war, 1857 zog er nach Heiligen¬ 
dorf, Kreis Gifhorn, wo er bis zu seinem Lebensende gelebt 
und praktiziert hat. Im Jahre 1870 wurde ihm die kommissarische 
Verwaltung der Kreistierarztstelle für die Kreise Gifhorn und 





No. 33. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


590 

Isenhagen übertragen, 187.3 wurde er definitiv als Kreistierarzt 
angestellt. 

Röttger erfreute sich innerhalb seines Wirkungskreises 
eines seltenen Vertrauens und einer großen Beliebtheit, was 
sich besonders bei seinem 50jährigen Jubiläum als Tierarzt 
bemerkbar machte. Bei dieser Gelegenheit wurde er auch durch 
Verleihung des Roten Adlerordens IV. Klasse ausgezeichnet; 
1906 trat er unter Gewährung der gesetzlichen Pension und 
des Titels Veterinärrat in den Ruhestand. An die rastlose 
Tätigkeit schloß sich leider nur ein kurzer Lebensabend; am 
13. Juli 1908 machte ein Schlaganfall dem tatenreichen Leben 
Röttgers, nachdem er bis zuletzt noch der auch nach der 
Pensionierung beibehaltenen Privatpraxis nachgehen konnte, 
ein plötzliches Ende. 

Die Beerdigung fand statt am 16. Juli unter großer Be¬ 
teiligung der Bevölkerung und der Kreisbehörden. Im Namen 
der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks legte Kreis¬ 
tierarzt Arndt-Gifhorn ein Palmenarrangement am Sarge des 
Verstorbenen nieder. 

Röttger hatte seine Ehefrau schon vor langen Jahren ver¬ 
loren. Sein Sohn ist praktischer Arzt in Schöneberg bei Berlin, 
eine Tochter ist an einen Pastor, eine andere an einen Seminar¬ 
oberlehrer und die dritte an einen praktischen Arzt verheiratet. 

Im Verein fehlte Röttger bei keiner Versammlung; mit 
regem Interesse folgte er den Verhandlungen und griff häufig 
in die Diskussion ein. Die markige ansprechende Erscheinung 
des bei allen Mitgliedern beliebten alten Herrn wird im Verein 
noch lange in der Erinnerung weiterleben. 

Göttingen, im Juli 1908. 

Der Präsident des Tierärztlichen General Vereins: Dr. Esser. 

Der Schriftführer: Dr. Heine. 

Neue Gebührenordnung in Württemberg. 

Nach einer Mitteilung der Deutschen Tierärztlichen Wochen¬ 
schrift ist die geplante Neuordnung der Gebühren der beamteten 
Tierärzte herausgekommen. Näheres wird demnächst mit¬ 
zuteilen sein. 

Persönliches. 

Zu dem in Nr. 31, S. 549 mitgeteilten Artikel der Deutschen 
Tierärztlichen Wochenschrift wünscht Herr Departementstierarzt 
Preuße folgende Bemerkung zu veröffentlichen: 

„Nach meiner Rückkehr von einer Urlaubsreise habe ich 
von dem auf mich wegen meines die Pauschalierung betreffenden 
Artikels erfolgten Angriff Kenntnis erlangt. Durch die bereits 
in Nr. 31 der B. T. W. erfolgte Erörterung erachte ich denselben 
inhaltlich auch für mich als erledigt. Auf die Form einzugehen, 
lehne ich ab.“ Preuße. 

Ferner hat dazu die Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 
in ihrer Nr. 31 folgendes veröffentlicht: 

Zur Klarstellung. 

„In meinem Artikel in der vorigen Nummer „Zur Abwehr“ 
gegen den Artikel des Herrn Veterinärrat Preuße in der 
Berliner Tierärztlichen Wochenschrift findet sich die Bemerkung: 
„Die Redaktion der B. T. W. bleibt weiterhin wieder einmal 
nicht bei der Wahrheit.“ Ich erkenne an, daß dieser Angriff 
gegen die Redaktion der B. T. W. nicht gerechtfertigt ist und 
nehme ihn zurück.“ Malkmus. 

Berichtigung. 

Die in Nr. 29 der B. T. W. enthaltene Mitteilung betreffend 
Anklage wegen Meineides bei Ausübung der Sachverständigen¬ 


tätigkeit schließt mit dem Satze: Der ganze Aufsehen erregende 
Prozeß wäre wohl vermieden worden, wenn schon bei der Vor¬ 
untersuchung tierärztliche Sachverständige eingehend gehört 
worden wären. 

Diese Angabe entspricht nicht der Tatsache, denn es sind 
in der Voruntersuchung die hiesigen Kollegen Elsässer und 
Siebke gerichtlich vernommen worden. 

Körnig. Elsässer. Schneider. Priewe. Keller. 

Dr. Brenneisen. Kreuzberg. Leefhelm. Englert. Siebke. 

Neuß. 

Schlachthofdirektor Dr. D’heil in Neuß a. Rh. wurde nach 
einjähriger Probezeit mit Pensionsberechtigung angestellt. Das 
Gehalt wurde auf 3900—6000 M., steigend alle zwei Jahre um 
300 M., festgesetzt. Die Nebenbezüge, freie Wohnung, Heizung 
und Beleuchtung, werden bei der Pensionierung mit 15 Proz. 
des bezogenen Gehaltes in Anrechnung gebracht. 

Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet aus 
Splawie (Kreis Posen-Ost) und aus Rahm (Landkreis Dortmund). 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Stand der größeren Deutschen Vieh-Versicherungs- 
Gesellschaften am Schluß des Jahres 1907. 

Von Tierarzt Dr. Plath-Köln. 

Aus der nachstehenden Tabelle, in welcher wie in den 
früheren Jahren die Geschäftsergebnisse der größeren Deutschen 
Vieh-Versicherungs-Gesellschaften pro 1907 zusammengestellt 
sind, wird man zu allgemeiner Befriedigung entnehmen können, 
daß fast alle Gesellschaften im verflossenen Jahr einen zum Teil 
sogar recht erheblichen Zuwachs zu verzeichnen hatten. Es ist 
dies um so erfreulicher, als man bei dem durch die Geldteuernng 
verursachten allgemeinen Geschäftsrückgang auch bei der Vieh¬ 
versicherung einen solchen erwartete. Daß dieser Rückgang 
nicht nur nicht eingetreten, sondern sogar ein nicht unbedeutender 
Zuwachs zu verzeichnen ist, beweist, daß man sich im aU- 
gemeinen von der Notwendigkeit und Zweckdienlichkeit der 
Viehversicherung immer mehr überzeugt. Hoffentlich nimmt der 
Aufschwung der Vieh-Versicherungs-Gesellschaften in gleicher 
Weise seinen Fortgang, dann wird auch allmählich der Wunsch 
nach Verstaatlichung, welcher noch hier und da zutage tritt, 
mmer seltener werden. Aber auch bei den Gesellschaften selbst 
kann man feststellen, daß das Bestreben, den Versicherten etwas 
Gesundes zu bieten, bzw. die Einrichtungen und Verwaltungen 
zu verbessern, immer mehr und mehr in den Vordergrund tritt. 
So kann man mit Befriedigung aus der Tabelle entnehmen, daß 
die Verwaltungskosten fast bei sämtlichen Gesellschaften geringer 
geworden sind. Nur wenige Ausnahmen gibt es noch, die die 
vereinnahmten Prämien nicht als eine Schuld den Versicherten 
gegenüber betrachten, sondern als eine Einnahme, mit der sie 
schalten und walten zu können glauben, wie es ihnen beliebt. 
Durch einen Vergleich der Tabelle mit der vorjährigen kann 
man aber auch konstatieren, daß bei diesen Gesellschaften der 
Zugang ein sehr geringer gewesen, wenn nicht gar ein Rück¬ 
gang zu verzeichnen ist, ein Beweis, daß sie von dem ver¬ 
sicherungssuchenden Publikum richtig eingeschätzt werden. 

Besonders erwähnt sei noch, daß es mir unmöglich war, 
von einzelnen Gesellschaften die Originaljahresberichte zu er¬ 
halten. Letztere müssen nämlich den Vorschriften des Kaiser- 



Stand der größeren Deutschen Viehversicherungs Gesellschaften am Schluß des Jahres 1907. 


13. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


591 



•) Authentischen Unterlagen entnommen. ’) 75% für Pferde, 105% für Rinder, 20% für Schweine. 3 ) 128,8 = 3% der Versicherungssumme als Ergänzungsprämie -f 80% der Vorprämie als Nachschufi. 
Die mit * versehenen Gesellschaften arbeiten nach dem System der festen Prämie, kürzen aber ev. im Schadenfall die Entschädigungscjuote ( . « T . v 1Qn , -o. 

Die mit ** versehene Gesellschaft erhebt ausrchliefllich nachträglich die Prämien in der erforderlichen Höhe (Umlageverfahren) ’ 
















592 


BERLIN KU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


liehen Aufsichtsamtes entsprechend über Punkte, die den einzelnen | 
Gesellschaften nicht gerade angenehm sind, so z. B. über die ; 
Zahl, Ausgang usw. der schwebenden Schadenprozesse Angaben 
enthalten. Hierüber schweigen mehrere Gesellschaften aber 
lieber und verbergen solche der Öffentlichkeit dadurch, daß sie 
Auszüge usw. ihrer Jahresberichte herausgeben, die den dies¬ 
bezüglichen Vorschriften nicht entsprechen und über die der 
Gesellschaft unangenehmen Punkte nichts enthalten. Die solche 
Gesellschaften betreffenden, in der Tabelle aufgeführten Zahlen 
sind den Veröffentlichungen im Reichsanzeiger entnommen. 

Über die Vererbung von Farben und Abzeichen 
beim Pferd. 

Von Kiesel-Gaildorf (Württemberg). 

(Archiv f. wUsensch. u. prakt. Tierheilkunde, 34. Band, 2. Heft.) 

Über die Vererbung von Farben und Abzeichen bei unsern 
Haussäugetieren ist bis heute wenig Sicheres bekannt. Kiesel 
hat nun versucht, einen Beitrag zu diesem interessanten Kapitel 
der Tierzucht zu liefern. Das ihm zu Gebote stehende Material 
bestand zum Teil aus mehr oder weniger vollständigen Auf¬ 
zeichnungen (Hengstbüchern, Stuten Verzeichnissen), zum Teil 

aus lebenden Tieren, beide dem Königl. Württembergs eben 
Landgestüt gehörig. 

Hinsichtlich des Einflusses der Kreuzung stellte Kiesel 
folgendes fest: Bei Farbgleichheit der Eltern erhält das Junge 
mit größter Wahrscheinlichkeit die elterliche Farbe. Sind die 
Eltern ungleich an Farbe, so entspricht die Farbe des Jungen 
derjenigen eines der Filtern. Die Rassenkreuzung hat die 

Tendenz, bei der Nachkommenschaft häufiger dunkle Farben 
auftreten zu lassen, als dies bei homogenen Tieren der Fall ist. 
Es hängt diese Tatsache offenbar mit der Besserung der 

Konstitution durch die Kreuzung zusammen. Beim württera- 
bergischen Landgestütschlag macht sich eine deutliche Ab¬ 

dunklung der Deckhaarfarbe (verbunden mit Reduktion der 
Abzeichen) bemerkbar. 

Ferner gelangt Kiesel noch zu nachfolgenden Thesen: 
Abzeichen können in gleicher oder ungleicher Zahl und Größe 
vererbt werden. Die Vergrößerung eines Abzeichens kann ein- 
treten, wenn beide Eltern ein Abzeichen an derselben Stelle 
haben, und besonders dann, wenn bei beiden Eltern das be¬ 
treffende Abzeichen konservativ ist. So wird beispielsweise aus 
zweimal Stern und Schnippe der Eltern mit Leichtigkeit eine 
durchgehende Blässe beim Jungen. Ferner vereinigen sich oft 
große Abzeichen mit starkem Melanismus. Verkleinerung bzw. 
Abnahme der weißen Abzeichen findet man bei Rassenkreuzung, 
dieses Verhalten ist wahrscheinlich auf Veränderung der 
Zirkulation zurückzuführen. Die Kopfabzeichen sind viel 
weniger konservativ als die der Beine. Große Neigung zum 
Verschwinden zeigt die Blässe, noch mehr aber die Schnippe, 
während der Stern sich lange konstant vererbt. Vermindert 
sich die Zahl der Abzeichen an den Gliedmaßen, so reduziert 
sich auch die Größe der Zeichen. 

Zum Schluß spricht sich endlich Verfasser dahin aus, daß 
es ihm mit seinem Material nicht gelungen ist, ein förmliches 
Gesetz eines Zusammenhanges zwischen der Änderung der 
Farbe und der Vergrößerung oder Verkleinerung der Abzeichen 
zu konstruieren. Daß aber ein gewisser Zusammenhang 
bestehen muß, ist als sicher anzunehmen. J. Schmidt. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurdo verliehen dem Oberveterinär Gesch 
im Feldart.-Regt. Nr. 14 das Ritterkreuz zweiter Klasse mit 
Schwertern des Gr. Badischen Ordens vom Zähringer Löwen, dem 
Bezirkstierarzt Yeterinärrat Lorenz Fischer -Breisach bei seiner Ver¬ 
setzung in den Ruhestand das Ritterkreuz erster Klasse desselben 
Ordens. 

Ernennungen: Der Kreistierarzt Dr. K. Fcrer^-Meiningen zum 
Hoftierarzt, Tierarzt Oswald Becker definitiv zum Kreistierarzt in 
Ouhrau, Dr. Emil Rnthhaar, bisher Assistent an der medizinischen 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart, zum Assistenten 
am bakteriologischen Institut der Landwirtschaftskammer für 
Pommern in Stettin. 

Verzogen: Die Tierärzte Ludwig Adam von Stockach nach 
München, Seülerer aus Blaibach als Assistent beim K. Bezirkstier¬ 
arzt nach Oberdorf, Witlmann aus Kager «als Assistent beim Distrikts¬ 
tierarzt nach Ilshofen (Wilrtt.). 

Examina: Promoviert zu Doctores med. vet.: Schlachthof¬ 
inspektor Kurtxwig in Gießen, städt.' Tierarzt Schachtschabei zu 
Leipzig an der dortigen Universität, Stabsveterinär Karl Schuh 
im Feldart.-Regt. Nr. 17 in Bromberg in Bern. — Approbiert: 
Die Herren Fritx Balxer aus Ostrowo, Wilhelm Gärtner aus Kraut- 
heim (Baden), Fritx. Jaehnke aus Driesen, Hugo Schröder aus Radosto- 
witz, Friedrich Schüttler aus Welleringhausen in Berlin; Otto Fraser 
aus Thusby in Hannover. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Die Stabsveterinäre 
Goerte , technischer Vorstand der Militär-Lehrschmiede Hannover, und 
Emst Krüger , Assistent bei der Militär-Lehrschmiede Berlin, zum 
Oberveterinär mit dem persönlichen Range der Räte V. Klasse; 
Unterveterinär Bemdt im Drag.-Regt. Nr. 17 zum Oberveterinär; 
die Studierenden der Militär-Veterinär-Akademie Domis im Feldart.- 
Regt. Nr. 20, Kirschner im 1. Garde-Feldart.-Regt., Eckert im Ulan.- 
Regt. Nr. 1, Kortbcin im Ulan.-Regt. Nr. 11, Hommelsheim im Drag.- 
Regt. Nr. 7, Paul nahn im Ulan.-Regt. Nr. 14, Teipel im Feldart.- 
Regt. Nr. 76, Piek im Ulan.-Regt. Nr. 2, Qeibel im Feldart.-Regt. 
Nr. 25, Müllauer im Drag.-Regt. Nr. 16, Richters im Feldart.-Regt. 
Nr. 9, Fröhlich im Hus -Regt. Nr. 5, Scheele im Drag.-Regt. Nr. 10, 
Hoenecke im Drag.-Regt. Nr 22, sämtlich unter gleichzeitiger 
Kommandierung auf sechs Monate zur Militär-Lehrschmiede Berlin, 
zum Unterveterinär. 

Versetzt: Oberstabsveterinär Goerte , techn. Vorstand bei der 
Militär-Lehrschmiede Hannover, zum Hus.-Regt. Nr. 17, Oberveterinär 
Stahn im Feldart.-Regt. Nr. 67 zum Hus.-Regt. Nr. 15, Oberveterinär 
Christian im Leib-Drag-Regt. Nr. 20 zum Jägcr-Regt. zu Pferde 
Nr. 5 —- letzterer mit Wirkung vom 1. Oktober 1908. Die zum 
Oktober 1908 verfügte Versetzung des Oberstabsveterinärs Hönscher 
als techn. Vorstand zur Militär-Lebrschmiede Hannover und des 
Oberveterinärs Kopeke zur Wahrnehmung der Stabsveterinärgeschäfte 
im Feldart.-Regt. Nr. 21 tritt sofort ein. 

Württemberg: Befördert: Stabsveterinär Breitenbach iui 
Feldart.-Regt. Nr. 29 zum Oberstabsvoterinär mit dein persönlichen 
Range auf der 7. Stufe der Rangordnung; der Studierende der 
Militärveterinär-Akademie Jahn im Drag. Regt. Nr. 25, unter gleich¬ 
zeitiger Kommandierung auf 6 Monate zur Militär-Lehrschmiede 
Berlin, zum Unterveterinär. 

Im Beurlaubtenstande: Preußen: Befördert: Die Unter- 
veterinäre der Reserve Tillmann (Erfurt) und Schnöring (Barmen) 
zum Oberveterinär. 

Todesfall: Kgl. Bezirkstierarzt a. D. Johann Schmidt in Lauf a. P. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 32.) 

Kaiser Wilhelm-Institut für Landwirtschaft in Bromberg: Tierarzt, 
in Tuberkulosebekämpfung erfahren. Gehalt 3600 M. und 15 M. 
Tagesdiäten, Eisenbahnfahrt 9 Pf. pro Kilometer. Bewerb, a. <1. 
Vorsteher der Abteilung für Tierhygiene obigen Instituts. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Verlas und Eigentum der Verlagsbuchhandlung ron Richard Schoets ln Berlin. — 

Druck von W. BOxenstein, Berlin. 




Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


öriglnalbeitrfige werden mit 60 Mt., fn Petltssfz mit 
GO Mk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe inan 
zu senden an Prof. Dr. Schmält/., Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstraßu 56. Korrekturen. 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegeu an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-!', in Cöln. 


Med.-Rat Dr. Roeder 

Professor in Dresden. 


Dr. Schlegel 

Professor ln Freiburg. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Veterinärrat Peters 

Departements T. in Bromberg. 


Helfer 

8ch1ach'h.-Direktor in Mülhausen 1. E. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. 

Dr. H. Sieber Dr. Stödter 

am Tropeninstitut in Hamburg. Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. ln Danzig. 


Wehrle 

Kais. Regierungsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Zündel 

Kreistierarzt in MUlhansen L E. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest. 


Jahrgang 1908. J\[g. 34 . Ausgegeben am 20. August. 

Inhalt: Gutbrod: Atrichie beim Kalbe. — Willerding: Versuch einer Heil- und Schutz-Impfung bei der Influenza (Brust¬ 
seuche) der Pferde. — Müller: Beitrag zur Agglutinationstechnik hei Rotz. — Vogel: Mitteilungen aus der 
Praxis. — Referate: Über Unfruchtbarkeit bei den Kühen und ihre Behandlung. — Bürgi: Über Neurektomie und ihre 
Folgen. — Littmann: Geheilter Beinbruch beim Pferd. — Baiäs: Paralysis bulharis infectiosa hei Ratten. — Hilhrand: 
Beiträge zur Kenntnis des Bradsot. — Ehrle: Impfung gegen Kälberruhr. — Fischer: Über Scheiden- und Wurftuberkulose 
bei der Kuh. — Pfeiler: Über die gangränöse Euterentzündung bei Schafen. — Gasse: Untersuchungen über das Verhalten 
der Blutkörperchen bei chirurgischen Krankheiten des Pferdes, besonders bei eitrigen Entzündungen. — Heiß: Über thermo¬ 
chemische Kadaververnichtung. — Tagesgeschichte: Meier: Betätigung der Tierärzte in der Öffentlichkeit. - Bange Zweifel? 
— Die Bekämpfung der Schafräude im Regierungsbezirk Kassel. — Kolonialinstitut in Hamburg. — Reichsgerichtsentscheidung 
betreffend Haftpflicht des Reichsmilitärfiskus wegen Schädigung eines Pferdebesitzers infolge Ansteckung durch kranke Militär¬ 
pferde. — Eine neue Kammergerichtsentscheidung betreffend Abdeckereiprivilegien. — Verschiedenes. — Tierhaltung und 
Tierzucht: Naumann: Die Grasfluren der Erde, Deutschlands Wiesentypen und die Wertbestimmung des Wiesenheues. — 
Verschiedenes. — Bücherbesprechungen. — Personalien. — Vakanzen. 


Atrichie beim Kalbe. 

Von Tierzuchtinspektor Gutbrod -Gunzenhausen. 

Eine Ellingerkuh des Bauern H. in Untersteinbacli gebar 
(gedeckt von einem Frankenbullen) ein vollständig nacktes 
Kalb. Das muntere Tierchen hatte nur einige Borsten am 
Schwanz aufzuweisen, sonst zeigte sich aber auch nicht eine 
Spur von Flaumbildung auf der goldgelben Haut. Das Tierchen 
gedieh sehr gut und kam mit vier Wochen nach Roth zur 
Schlachtung, nachdem sich mehrere Metzger der Umgebung ge¬ 
weigert hatten, es zu schlachten. 

Die Photographie verdanke 
ich der Liebenswürdigkeit des 
Kollegen Löhe in Roth. 


Versuch einer Heil- und 
Schutz-Impfung bei der 
Influenza (Brustseuche) der 
Pferde. 

Von Kreistierarzt Dr. Willerding- 
Mohrungen, Ostpr. 

Seit etwa vier Jahren herrscht 
die Influenza (Brustseuche) der 

Pferde im hiesigen Kreise. Zeitweise nahm dieselbe eine ; 
ziemlich erheblicheVerbreitung unter den hiesigen Pferdebeständen, j 
Dieser Umstand gab mir Veranlassung, dieser Seuche besondere t 
Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu versuchen, die symptomatische 
Behandlung durch Arzneimittel, auf welche wir bei dieser Seuche 
leider bisher ausschließlich angewiesen sind, möglicherweise 
durch eine spezifische zu unterstützen bzw. zu ersetzen. Meine 
Untersuchungen richteten sich zunächst darauf, festzustellen, ob 
der Infektionsstoff im Blut kranker Pferde vorhanden und bak¬ 
teriologisch nachzuweisen sei. Die mikroskopische Untersuchung 



des Blutes kranker Pferde aus verschiedenen Beständen, sowie 
die intraperitoneale Verimpfung desselben an Mäuse (1—3 ccm) 
und Kaninchen (10—30 ccm) hatte ein negatives Ergebnis. 
Auch 18 gesunde Pferde verseuchter Bestände (Maldeuten, 
Louisenthal, November, Dezember 1905) erhielten 1—30 ccm 
Blutserum von kranken Tieren unter die Haut gespritzt. Bei den 
während einer Zeitdauer von acht Tagen bei diesen Pferden aus- 
geführten, täglichen Temperaturmessungen wurde bei einem sechs 
Jahre alten Tier am Tage nach der Injektion ein mittelgradiges 
Fieber ermittelt, welches einige 
Tage anhielt und das Allgemein¬ 
befinden des Pferdes bei sonst 
normalem Befund nicht wesentlich 
alterierte. Da also bei diesen 
18 Pferden durch die Applikation 
von Blut kranker Pferde eine 
Erzeugung der Brustseuche nicht 
gelang, war wohl anzunehmen, 
daß, auch wenn der Infektions¬ 
stoff sich dem Nachweise durch 
die bakteriologische Untersuchung 
entzogen hatte, das Blut kranker 
Tiere als Träger des Infektions¬ 
stoffes kaum Frage in komme. Es 
lag nun trotzdem die Möglichkeit vor, daß auch bei Abwesenheit 
des Erregers in der Bluthahn, infolge Reaktion des Organismus 
auf die eiugetretene Infektion, im Blut aggressinartige Körper an¬ 
gehäuft werden. Diese Überlegung veranlaßte mich, ein Pferd, 
welches von schwerer Form der Brustseuche genesen war, anzu¬ 
kaufen (Gr.-Wilmsdorf, September 1905) und demselben während 
der Dauer von vier Monaten 16 Liter Blutserum von ebensovielen 
brustseuchekranken Pferden intravenös zn injizieren, in der Absicht, 
durch Einwirkung der mit diesem Serum eventuell eingeführten 
spezifischen Stoffe den Organismus anzuregen, Schutzstoffe im 








BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


594 


Blut zu bilden. Von diesem Versuchspferd wurde nun Serum 
gewonnen und dasselbe zu Heil- und Schutz-Impfungen, in 
ersterem Falle in Dosen von 300 ccm, in letzterem Falle in 
solchen zu 100 ccm angewandt. Die bei 15 kranken Tieren 
vorgenommene Heilimpftmg ließ einen Einfluß auf den Verlauf 
der Erkrankung in keiner Weise erkennen. Die Schutzimpfung 
dagegen schien in einem Bestände von Erfolg begleitet zu sein. 
Als ich in Ausführung des amtlichen Auftrages, diesen Bestand 
(Gut Plenkitten, 22.12.1905) untersuchte, waren von vorhandenen 
25 Pferden 12 an der Seuche erkrankt. Die übrigen 13 wurden 
mit 100 ccm des erwähnten Serumsschutz geimpft. Diese 13 
Tiere blieben von der Brustseuche verschont. In einem anderen 
Bestände (Gut Linkenau, 30. 3.1906), in welchem bei der amt¬ 
lichen Feststellung 10 Pferde infiziert waren, wurde der Rest¬ 
bestand von 17 Pferden in gleicher Weise mit dem Serum be¬ 
handelt. Diese Tiere erkrankten im Verlauf von einigen Wochen 
sämtlich an der Seuche. Nach Angabe des Besitzers war ein 
leichterer Verlauf bei den Impflingen nicht zu beobachten. Auf 
Grund dieses Ergebnisses gab ich deü Versuch auf und wandte 
mich — inzwischen war auch die erste der interessanten 
Lorenzschen Mitteilungen erschienen — weiteren bakterio¬ 
logischen Untersuchungen zu. Wie nach dem Blutbefund erwartet 
werden konnte, verlief die Untersuchung der großen Körper¬ 
parenchyme negativ. Ein gleiches Resultat ergab die Unter¬ 
suchung hepatisierter Lungenteile (3 Fälle). Es gelang aber, 
aus den pathologischen Sekreten der Schleimhäute der Nasen 
und Augen kranker Pferde wiederholt ein Bakterium zu isolieren 
(Gut Prohnen, 22. 3. 1907, Gut Cornellen, 27. 3. 1907, Gut 


Kröken, 22. 3. 1908), welches durch seine Pathogenität für Mäuse 
und Kaninchen die Aufmerksamkeit erregte. Das Bakterium tritt 
in diesen Sekreten, sowie auch in Mäusen, Kaninchen und auf 
Agar in Diplococcenform, ausnahmsweise in Coccenform, auf. 
In Nährbouillon und flüssigem Blutserum legen sich diese Diplo- 
coccen, welche etwa 1,3 i« lang und 0,7 p breit sind, an den Polen 
in nicht sehr stabilen kurzen Ketten aneinander. Durch Injektion 
von 1—5 ccm Bouillonkultur dieses Bakteriums bei fünf Pferden 
wurde an der Injektionsstelle eine mäßige Anschwellung und bei 
zwei Tieren eine geringe Erhöhung der Körpertemperatur bis 
39,5° hervorgerufen. Weitere Störungen traten nicht auf und 
war eine Erkrankung an Brustseuche nicht zu erzielen. Ich be¬ 
gann dann, mit diesem Bakterium größere Versuchstiere (Pferd 
und Rind) zu immunisieren. Das von denselben nach fünfmonat¬ 
licher Behandlung mit Bakterienknltur gewonnene Serum hatte 
ich bisher Gelegenheit in zwei Fällen in Anwendung zu bringen, 
welche ich in folgender Tabelle zusammengestellt habe. 

Zu dieser Tabelle bemerke ich noch folgendes: Ein Pferd 
des Gastwirtes M. in Georgenthal erkrankte unter Nachlassen 
der Freßlust; ich wurde unmittelbar nach dieser Beobachtung 
zur Behandlung desselben zugezogen. Die Untersuchung ergab 
folgenden Befund: 40,5° C Mastdarmtemperatur, 25 Atemzüge, 
66 Pulse, gelbliche Färbung der Konjunktiva. Das Tier erhält 
100 ccm Serum subkutan. Die Untersuchung am zweiten Tage 
nach der Behandlung ergab einen normalen Befand. Am nächsten 
Tage erkrankte ein zweites Pferd desselben Besitzers. Befund: 
41,0° C Temperatur, 30 Atmung, 70 Pulse, fast vollständiges 
Versagen der Futteraufnahme. Das Tier erhält gleichfalls 


Tabelle. 



- - -- 


- ,— 

-: 

—-—ffitM ^ 

. 

I. Georgenthal 

Erkrankt an 
Influenza am: 

Erhält 
am 12. IV. 

Befund 
am 12. IV. 

Befund 
am 14. IV. 



1. 5jährige braune Stute 

12. IV. 08 

100 ccm 
Serum subk. 

40,5° C I 

25 A. 66 P. | 

38,3 °C 

11 A. 37 P. 



2. 6jähriger Fuchswallach 

15. IV. 08 

am 15. IV. 

100 ccm 
Serum subk. | 

am 15. IV. ! 

41° C | 

30 A. 70 P. | 

am 17. IV. 

39,5° C 

28 A. 66 P. 

erhält am 17. IV. 
nochmals 

100 ccm Serum subk. | 

am 19. IV. 

38,8° C 

12 A. 38 P. 


II. Gut Kröken 

1. 7jähr. Rappwallach 

2. 8jähr. br. Wallach 

3. 9jährige Fuchsstutc 

4. 5jährige Fuchsstute 

5. lljähr. br. Wallach 

6. 6jähriger br. Wallach 

7. 13jähr. br. Wallach 

8. Hjähr. Fuchswallach 

9. 17jiihr. hcllbr. Stute 

10. 12jähr. Fuchswallach 

11. 3jährige Fuchsstute 


Erkrankt an 
Influenza am: 

Befund 
am 2. VII. 

Erhalten 
am 2. VII. 

Befund 
am 4. VII. 

Erhalten 
am 4. VII. 

Befund 
am 7. VII. 

Befund 
am 12. VII. 

Befund 
am 16. VII. 

27. VI. 

41,6° C 

100 ccm 

39,5° C 

100 ccm 

37,90 c 

38° C 




34 A. 80 P. 

Serum subk 

30 A. 65 P. 

Serum subk. 

17 A. 60 P. 

12 A. 60 P. 



27. VI. 

39,8° C 

do. 

37,8° C 

_ 

38,5° C 

38,1° C 


Die Pferde sind 


28 A. 66 P. 


17 A. 54 P. 


11 A. 58 P. 

12 A. 56 P. 


nach Angabe 

28. VI. 

41,0° C 

do. 

37,5° C 

_ 

37,8° C 

38,1° C 

des Besitzers 


30 A. 59 P. 


23 A. 48 P. 


20 A. 52 P. 

20 A. 54 P. i 

ganz gesund 

28. VI. 

40,0° 0 

do. 

39,0° G 

100 ccm 

37,9° C 

38,10 c 




28 A. 74 1\ 


22 A. 60 P. 

Serum subk. 

20 A. 55P. 

20 A. 56 P. 



2. VII. 

40,6° C 

do. 

41,0° 0 

do. 

38.8° C 

38,4° C 




40 A. 64 P. 


18 A. 84 P. 


21 A. 65 P. 

28 A. 60 P. 


Lrenott an- 

2. VII. 

41,2« G 

do. 

40,8° G 

i do. 

40,1° C 

37,3° c 


wesend, son- 


26 A. 48 P. 


24 A. 72 P. 

1 

24 A. 54P. 

18 A. 60 P. 


dem in Arbeit 

1. VII. 

1 38,6° G 

do. 

38,8 ö G 

do. 

37,9° G 

38° G 


geschickt. 


. 30 A. 64 P. 


12 A. 55 P. 

1 

12 A. 47P. 

24 A. 54P. 



3. VII. 

1 

— 

38,5° G 

do. 

39,3° C 

38,5° C 


37,90 C 




10 A. 50 P. 


16 A. 63 P. 

24 A. 64 P. 

11 A. 58 P. 

3. VII. 

j _ 

_ 

39,2° C 

do. 

40,1° C 

38,1° C 

ebenfalls gesund. 


1 


13 A. 52 P. 


12 A. 52 P. 

24 A. 56 P. 

auf dem Gehöft 
nicht anwesend. 

3. VII. 

1 _ 

— 

40,2° C 

erhält tur 

39,40 c 

40,1° C 

39,3° c 


1 


21 A. 50 P. 

Kontrolle 
kein Serum 

24 A. 62 P. 

55 A. 60 P. 

38 Ai 54 P.*) 

6. VII. 


— 

— 

do. 

39,10 C 

40,1° C 

am 13. VII. 






34 A. 60 P. 

35 A. 92 P. 

gefallen. 


*) Erhält auf Wunsch des Besitzers am 16. Juli 100 ccm Serum subkutan und ist nach 8 Tagen gesund. 










20. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


595 


100 ccm Serum. Nach Mitteilung des Besitzers hob sich am 
Tage nach der Einspritzung die Freßlust bei dem Pferd. Am 
zweiten Tage war die Futteraufnahme wiederum geringer, die 
vorgenommene Untersuchung ergab 39,8° C Temperatur, 
28 Atmung, 66 Pulse. Das Pferd wurde nochmals mit 100 ccm 
Serum behandelt. Der Besitzer teilte mir am zweiten Tage 
nach der Behandlung mit, daß das Pferd anscheinend gesund 
sei. Die daraufhin vorgenommene Untersuchung an diesem 
Tage ergab bezüglich der Temperatur, Atmung und Herztätig¬ 
keit einen normalen Befund. Auch in dem zweiten Falle, in 
Gut Kröken, ist die Wirkung des Serums bei den neun be¬ 
handelten Pferden unverkennbar. Von den beiden nicht geimpften, 
kranken Pferden (Nr. 10 u. 11) erkrankten Nr. 10 schwer, Nr. 11 
war bei der Untersuchung am 12. Juli mit einer schweren Lungen¬ 
brustfellentzündung behaftet. Die Atmung geschah unter lautem 
Röcheln, das Pferd ging in der Nacht vom 12. zum 13. Juli ein. 

Bei meiner ersten Anwesenheit in Kröken, am 2. Juli, war 
bei 16 Pferden eine Infektion noch nicht erfolgt. Acht derselben 
wurden mit je 50 ccm Serum behandelt; von diesen geimpften 
Tieren ist bisher keins an der Seuche erkrankt, während von 
den nicht geimpften noch zwei befallen wurden. 

Sollten weitere Versuche mit dem Serum ein gleiches, 
günstiges Resultat ergeben, so wäre ein Zusammenhang zwischen 
der Ätiologie der Brustseuche und dem Diplococcus, welcher 
zur Herstellung des Serums als Grundlage diente, wohl nicht 
von der Hand zu weisen. 

(Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie an der Universität 
Straßburg. Direktor: Professor Dr. Förster.) 

- Beitrag zur Agglutinationetechnik bei Rotz. 

Von Dr. med. vet M. Müller, Assistent am Institut. 

In Verdachtsfällen von Rotz ist im Interesse der veterinär¬ 
polizeilichen Bekämpfung der Seuche die möglichst schnelle 
Sicherung der Diagnose erwünscht. Das von Wladimiroff*) 
auf Grund der Gruber-Widalschen Reaktion ausgearbeitete 
und späterhin von anderen Forschern gleichfalls angewandte 
Agglutinationsverfahren benötigt — die Bereitschaft zur Aus¬ 
führung des Verfahrens vorausgesetzt — zur Stellung der Dia¬ 
gnose in der üblichen Weise eine Zeitdauer von 24 Stunden. 

Die Gruber-Widalsche Reaktion zeigt beim Rotz im Ge¬ 
gensatz zum Typhus die Erscheinung, daß die charakteristische 
Ausfällung der durch die Einwirkung der Agglutinine zusammen¬ 
geballten Flocken beim Rotz wesentlich langsamer als beim 
Typhus erfolgt. Diese verlangsamte Ausfällung der Rotzbazillen 
ist im wesentlichen dem Umstande zuzuschreiben, daß die Rotz¬ 
bazillen schon auf der Kultur und insbesondere in Bazillen¬ 
emulsionen eine sehr ausgesprochene schleimig-klebrige Beschaffen¬ 
heit zeigen. Eine gleiche Eigenschaft kommt den Typhusbazillen 
nicht zu. Hier erfolgt daher auch sowohl die Bildung der Flocken 
als auch deren Ausfüllung wesentlich schneller als bei Rotz. 
Dementsprechend kann auch bei Typhus die Beurteilung des 
positiven oder negativen Ausfalles der Gruber-Widalschen 
Reaktion' nach wesentlich kürzerer Zeit erfolgen (2 Stunden) als 
das bei Rotz möglich ist. 

Nun hat Gaehtgens 2 ) gefunden, daß sich das Ergebnis des 
Agglutinationsverfahrens für Typhus noch wesentlich beschleunigen 
läßt, sofern man nach erfolgter Einwirkung der Agglutinine auf 
die agglutinabele Substanz der Bakterien die Ausfällung der 
Flocken durch Zentrifugieren beschleunigt. Gaehtgens konnte 


in -einer großen Anzahl von Fällen feststellen, daß sich die 
Agglutinationsfähigkeit von Serum auf Typhusbazillen durch 
10 Minuten langes Zentrifugieren in gleicher Weise feBtstellen 
ließ, als in der bisher üblichen Weise durch das langsam er¬ 
folgende Absetzenlassen der Bakterien. Während sich bei nega¬ 
tivem Ausfall der Agglutinationsprobe ebenso wie bei der Kontrolle 
nach 10 Minuten langem Zentrifugieren ein scharfrandiger klein¬ 
linsenförmiger Belag von ausgeschleuderten Bazillen in der Kuppe 
des Gläschens vorfand, der sich durch Schütteln wieder leicht 
gleichmäßig in der Flüssigkeit suspendieren ließ, entstand bei 
positivem Ausfäll der Reaktion ein Bodensatz von 2—3 fach 
größerem Durchmesser, der nach der Peripherie zu feiner und 
durchsichtiger wurde und einen unregelmäßig zackigen Rand 
zeigte. Dieser Bodensatz verteilte sich beim Sbhütteln nicht 
gleichmäßig, sondern ließ deutliche Flocken erkennen. 

Brian 4 ) hat das Gaehtgenssche Verfahren zur Beschleuni¬ 
gung der bakteriologischen Diagnose bei Meningitis cerebrospinalis 
epidemica angewandt. Gaehtgens 5 ) selbst hat den Befund Brians 
für die Meningococcenagglutination bestätigt und weiterhin die 
Anwendbarkeit des Verfahrens auch für Kolibakterien und 
Pneumococcen festgestellt. 

Da das Gaehtgenssche Verfahren im hiesigen Institut ständig 
geübt wird, schien es mir angebracht, die schwer agglutinier- 
baren Rotzbazillen auf ihr Verhalten bei der Agglutination gegen¬ 
über der Einwirkung der Zentrifugalkraft zu prüfen, zumal ein 
gleiches Verhalten derselben wie bei den Typhusbazillen eine 
Beschleunigung der Diagnose um 24 Stunden erwarten ließ. 

Bereits vor längerer Zeit, gelegentlich einer großen Rotz- 
enzootie in Lothringen im Jahre 1906, konnte ich bei Anwendung 
des serodiagnostischen Verfahrens feststellen, daß sich die 
Agglutination derRotzbazillen durch dasZentrifugieren 
in hervorragendemMaßebeschleunigenläßtund zwar der¬ 
gestalt, daß der positive oder negative Ausfall der Agglutination 
beim Schleudern in einer Wasserzentrifuge mit nicht allzuhoher 
Umdrehungszahl nach 10 bis 15 Minuten erkennbar war. Beim 
Zentrifugieren der Röhrchen in der elektrisch betriebenen Zentri¬ 
fuge mit hoher Umdrehungszahl (ca. 2000 pro Minute) läßt sich 
das Ergebnis der Agglutination schon mit aller Sicherheit nach 
5 Minuten langem Schleudern feststellen. Hierbei ist allerdings 
zu bemerken, daß der für die Agglutination typische Belag 
beim Schleudern nicht in dem ausgebreiteten Maßstabe erfolgt, 
wie dies bei der langsam erfolgenden Ausfällung der Fall ist. 
Die Flocken werden vielmehr um so mehr nach der Tiefe der 
Glaskuppe zusammengeschleudert, je stärker die Zentrifugalkraft 
ist. Der Belag ist jedoch bei erfolgender Agglutination auch 
hier sichtlich verschieden von demjenigen des Kontrollröhrchens. 
Der feinzackige durchscheinende Rand des ausgeschleuderten 
unregelmäßig geformten Belages in der Glaskuppe, das besonders 
zähe Zusammenleben der agglutinierten Bazillen und deren deut¬ 
liche Flockenbildung beim Schütteln lassen beim Vergleich mit dem 
besonders scharf und gleichmäßig gerundeten, jedoch leicht auf¬ 
wirbelbaren Belag des Kontrollröhrchens keine Zweifel bei der 
Beurteilung des Ausfalles der Reaktion aufkommen. Werden die 
Röhrchen mit agglutinierten Bazillen etwas geschüttelt so erfolgt 
die nochmalige Absetzung der Bakterienkonglomerate innerhalb 
einiger Stunden in Gestalt eines stärker ausgebreiteten schleier¬ 
artigen Belages, der in gleicher Weise den Boden der Glas¬ 
kuppe bedeckt wie bei der langsam erfolgenden Ausfällung. — 
Mit Rücksicht darauf daß es Eberle 5 ) unter Verwendung spitz 




596 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSC HRIFT. 


No. 34. 


zulaufender Zentrifugenröhrehen nicht geglückt ist, den Befund 
Brian8 für die Meningococcenagglutination zu bestätigen, sei 
auch hier nochmals darauf hingewiesen, daß die Beurteilung 
des ausgeschleuderten Belages auf positiven oder negativen 
Ausfall der Agglutination selbstverständlich nur in Aggluti¬ 
nationsgläschen mit kugelsegmentartiger Kuppe möglich ist. 

Ich habe das Schnellagglutinationsverfahren mit dem bisher 
üblichen vergleichsweise sowohl unter Verwendung von Emulsionen 
lebender als auch abgetöteter Rotzbazillen geprüft und hierbei 
gefunden, daß sich abgetötete Bazillen wesentlich besser als 
lebende zur Sclmellagglutination eignen, insbesondere auch dann 
noch, wenn die abgetötete Bazillenaufschwemmung bereits eine 
stark schleimig-klebrige Beschaffenheit angenommen hat. Der 
Belag in der Gaskuppe war nämlich unter Verwendung ab¬ 
getöteter Bazillen bei erfolgender Agglutination nach dem 
Zentrifugieren stärker ausgebreitet und seine Beurteilung dem¬ 
zufolge leichter als dies bei Verwendung lebender Bazillen der 
Fall war. Insbesondere möchte ich auch daraufhinweisen, daß 
eine Veränderung des Agglutinationstiters der Sera durch das 
Zentrifugieren nicht erfolgt. 

Da mir zurzeit der vergleichenden Prüfung zwischen den 
beiden Verfahren Sera von rotzigen Pferden nicht zur Ver¬ 
fügung standen, habe ich die Versuche mit den Seris zweier rotziger 
Meerschweinchen und zweier gesunder Pferde angestellt. Zu¬ 
nächst wurden je zwei Versuchsreihen mit lebenden Rotzbazillen 
angesetzt, dann die Bazillenemulsion durch zweistündiges Er¬ 
hitzen auf 60° abgetötet und hiermit nach erfolger Abkühlung 
und nach -zwei Tagen in gleicher Weise weitere Versuchsreihen 
angestellt. — In den drei Versuchsreihen ergab das Serum des 
einen Meerschweinchens einen mikroskopisch erkennbaren Agglu¬ 
tinationstiter bis zu einer Serumverdünnung von 1:8000 und 
das Serum des anderen Meerschweinchens einen Titer von 


1:10 000. Der Agglutinationstiter des Serums der gesunden 
Pferde wurde in gleicher Weise für beide Verfahren bis zu 
Verdünnungen von 1 : 500 und 1: 600 festgestellt. 

Bei der Ansetzung der Gruber-Vidalscben Reaktion bediente 
ich mich des im hiesigen Institut geübten Verfahrens, dessen 
Vorzüge darin bestehen, daß in jedem Glase die Flüssigkeits¬ 
menge, die Bazillenmenge und demnach auch der Grad der 
Dichtigkeit der Bazillenemulsion eines jeden Glases gleich ist. 
Zu diesem Zwecke erhält jedes Gläschen 0,2 ccm einer Bazillen¬ 
emulsion, eine der herzustellenden Verdünnung entsprechende 
Menge Serum und so viel physiologische Kochsalzlösung, daß die 
Gesamtmenge eines jeden Gläschens 1 ccm beträgt. Die Menge 
des benötigten Serums berechnet sich bei 1 ccm Gesamt¬ 
flüssigkeit aus der jeweiligen Verhältniszahl. In der folgenden 
Tabelle ist die Art und Weise, in der die verschiedenen Ver¬ 
dünnungen anzusehen sind, an einer Reihe von Beispielen 



Die Bazillenemulsion hat den für 1 ccm Mischung geeigneten 
Bazillengehalt beim Abschwemmen einer zweitägigen Agarkultur 
mit 10 ccm 0,85 proz. Kochsalzlösung. Dieselbe wird vor der 
Abtötung behufs Absetzung gröberer Partikel und Bakterien¬ 
konglomerate 5 Minuten lang zentrifugiert. 

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß wir in 
derGruber-Widalschen Reaktion unter Zuhilfenahme des Schnell¬ 
agglutinationsverfahrens für Rotz eine Methode besitzen, die die 
Sicherung der Diagnose in kürzester Frist ermöglichen läßt. 

Eine weitere Methode zur möglichst schnellen Sicherung der 
Rotzdiagnose ist in der Präcipitinreaktion gegeben. Über die 
Anwendbarkeit derselben für die Rotzdiagnose wird nach Ah- 
Schluß der Versuche berichtet werden. 

Literatur. 

1) A. Wladimiroff, zitiert nach Koll. Wassermann, lid. IV, 
1904, S. 1049. 2) Walter Gaehtgens, Beitrag zur Agglutinations¬ 
technik. Münch, rned. Wochenschrift, 1906, Nr. 28, S. 1351. — 
Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt. Bd. XXV. Heft 1, 
S. 218. 3) Derselbe. Über die Beschleunigung 4er Agglutination 
durch Zentrifugieren mit besonderer Berücksichtigung der Meningo¬ 
coccenagglutination. Archiv f. Hygiene, Bd. LXVI, 8. 379. 4) Otto 
Brian, Beschleunigung der bakteriologischen Diagnose bei 
Meningitis cerebrospinalis epidemica. Zentralblatt für Bakteriologie, 
Bd. 43, S. 745. 5)JuliusEberle, Über Agglutination der Meningo- 
coccen (Diplococcus intracellularis meningitidis, Weichselbaum). 
Archiv für Hygiene, Bd. LXIV, S. 171. 

Mitteilungen aus der Praxis. 

Von Dr. Otto E. Vogel-Kreuznach. 

I. Verletzung der vena coronaria. 

So häufig Herzverletzungen durch verschluckte Fremdkörper 
beim Rind Vorkommen, so selten bekommt man sie bei der 
Schlachtung ganz frisch zu Gesicht. In dem hier zu schildernden 
Fall steckte das corpus alienum zwar schon längere Zeit im 
Zwerchfell, aber die Verletzung des Herzens war ganz frisch, 
und der Fall ist dadurch bemerkenswert, daß eine Hämorrhagie 
in den Herzbeutel erfolgte, die zum Tode geführt hätte, ehe sich 
eine Perikarditis hätte ausbilden können. 

Im Mai 1906 wurde ich zu einer Kuh in W. verlangt, weil 
sie sich nach Einholen eines Wagens voll Futter beklagte und 
stark zittere. 

Ich fand die Patientin im Stall mit erhobenem Kopf ruhig 
liegend an; Ohren, Hörner und Flotzmaul waren kalt, Puls 
mäßig kräftig, nicht beschleunigt. Sie stand zögernd, aber ohne 
Hilfe auf und streckte sich nicht. Den Kopf ließ sie dann mit 
stierem Blick etwas hängen, auch stellte sich sofort Zittern in 
den Anconäen ein. Die Jugularen waren mäßig gefüllt, an der 
linken eine Aderlaßwunde (ein Schmied hatte angeblich etwa 
zwei Liter Blut entnommen.) Die Herztätigkeit war schwach, 
63 Schläge per Minute. Zur Verstärkung derselben ließ ich die 
Kuh etwa 30 m weit auf der Straße führen. Auch jetzt waren 
Geräusche nicht bemerkbar; gleichwohl stellte ich die Diagnose: 
Herztrauma. Während ich den Besitzer noch über die Er¬ 
krankung orientierte, fiel mir auf, daß die Kuh den Kopf mehr¬ 
mals eigentümlich hin- und herschwenkte wie eine Milchfieber¬ 
kranke. Gleichzeitig trat Zittern der Hinterschenkel ein, die 
Kuh geriet ins Schwanken und stürzte an die linke Mittelwand. 
Dieser Vorgang deutete auf Stauungshyperämie des Gehirns 
infolge Kompression der Vorhöfe, was die Diagnose erhärtete. 

Ich ließ die Kuh sofort schlachten. *Bei Eröffnung der 
Bauchhöhle zeigten sich ausgedehnte peritonitische Verwachsungen, 
hauptsächlich des Pansens mit dem Zwerchfell und des Netzes 
mit der Bauchwand. Der Weg, den der Fremdkörper genommen 






20. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


597 


hatte, war von der Haube aus nachweisbar. — Der Herzbeutel 
war prall gefüllt mit geronnenem Blut und mit dem Zwerchfell 
verlötet Beim Lostrennen stieß ich auf einen ganz blanken, 
drei Zoll langen Kistennagel. Das Diaphragma war an der 
DnrchtrittS8telle auf etwa 4 cm fibrös verdickt. Das Epikard 
war an der hinteren Längsfurche etwa in halber Kammerhöhe 
von der Spitze des Nagels zerkratzt und der ramus descendeus 
der vena coronaria posterior angestochen. In das Myokard 
selbst war der Nagel noch nicht eingedrungen. 

Trotzdem der Nagel ganz blank war, mußte er schon 
wenigstens sechs Monate im Zwerchfell stecken; denn so lange 
besaß der Bauer die Kuh und hatte nie Krankheitserscheinungen 
bemerkt, hatte auch kein Interesse daran, solche zu verheimlichen. 
Auch spricht die starke fibröse Verdickung des Zwerchfells 
dafür. Da der Nagel wie neu aussah, muß man annehmen, daß 
er mit dem sauren Mageninhalt nicht lange in Kontakt war und 
gleich bis zum Kopf durchdrang. Die einmalige kurze Fahrt 
hatte später genügt, um durch Verletzung der Vene den 
schlimmen Ausgang lierbeizuführen. 

2. Nystagmus oscillatorlus. 

In Nr. 33 der B. T. W. 1906 wird über eine Arbeit 
Ogilvies betreffend Nystagmus oscillatorius bei einer Kuh 
referiert. Wessel verzeichnet das Phänomen bei einem Rind 
als Symptom einer Vergiftung mit Tanacetum vulgare (Nr. 49, 
B. T. W. 1907). 

Zur Ätiologie dieser Erscheinung glaube ich einen Beitrag 
liefern zu können. Ich habe nämlich wiederholt Nystagmus 
oscillatorius bei Kühen konstatieren können, welche an Pericarditis 
traumatica erkrankt waren. Insbesondere entsinne ich mich 
zweier Fälle, wobei neben starker Füllung der Jugularen und 
Venenpuls auch die Bindehautgefäße prall injiziert waren. Auch 
in diesen Fällen könnten- Toxine als Ursachen in Betracht 
kommen, insofern solche in dem meist jauchigen perikardialen 
Exsudat vorhanden sind. 

Damit hätten wir die causa externa gefunden, welche den 
Anstoß zu dem Augenzittern geben kann, aber noch nicht die 
causa interna, welche uns verständlich machen könnte, warum 
gerade beim Rind diese Erscheinung so prägnant auftritt. Hier 
sehe ich nun in der anatomischen Beschaffenheit des Rinder¬ 
auges, in seiner überaus freien und leichten Beweglichkeit eine 
Prädisposition Für Nystagmus. Das Rind besitzt eine wahre 
Virtuosität im Augenverdrehen; wer häufig Fremdkörper aus 
dem Auge eines Rindes zu entfernen hat, weiß ein Liedchen 
davon zu singen. Auf Grund dessen komme ich zu der Ansicht, 
daß es beim Rind einen physiologischen Nystagmus oscillatorius 
gibt. Ich definiere diesen als ein förmliches Pulsieren bzw. 
elastische Schwingungen der Bulbi infolge der arteriellen 
Propulsion, bei welcher die geschlängelten Gefäße sich mit jeder 
Pulswelle zu strecken suchen und damit die ganzen Augäpfel in 
Schwingungen versetzen. Letztere sind infolge ihres hydro¬ 
statischen Baues und der Lagerung in einem Fettpolster zu 
solchen Bewegungen vorzüglich befähigt, besonders beim Rind. 
Eine gleichzeitige Entspannung der Augen- und Akkommodations- 
mnskeln (Glotzen) mag noch unterstützend wirken. 

Zum Beweise meiner Theorie muß ich hervorheben, daß 
ich Nyst. osc. schon häufig bei ganz gesunden Kühen beob¬ 
achtet habe, so wie Fröhner bei Hunden (Comp. d. Chirurg.). 
So sah ich noch vor kurzem, während ich eine Patientin unter¬ 
suchte, bei der danebenstehenden gesunden Kuh zufällig, als 


sie den Kopf nach mir drehte, die Bulbi in dieser zitternden 
Bewegung. 

3. Quadricep8lfihmung bei Morbus maculosus. 

Eine in der Literatur meines Wissens noch nicht erwähnte 
Komplikation von Morbus maculosus konnte ich bei einem zwei¬ 
jährigen Pferde beobachten; nämlich eine Lähmung der Knie¬ 
scheibenstrecker mit nachfolgender Atrophie genau wie sie 
manchmal nach überstandener Lumbago bleibt. 

Das Pferd war am 1. September 1906 erkrankt. Die 
Infektionsquelle hatte ein nekrotischer Infarkt der Lunge ge¬ 
bildet (am 15. war ein Sphacelus durch die Tracheotomiewunde 
ausgestoßen worden). Am 5. September waren die Hinterbeine 
— besonders stark das linke — diffus geschwollen, so daß sich 
Patient nur mit Hilfe von drei bis vier Leuten erheben und 
nur mit Unterstützung stehen bleiben konnte, wobei das linke 
Bein nicht belastet wurde. Das rechte war nach einigen Tagen 
wieder normal zu gebrauchen; jenes war zwar weniger ge¬ 
schwollen, wurde aber nur mit der Zehenspitze aufgesetzt und 
knickte bei jedem Schritt in allen Gelenken ein; dabei senkte 
I sich das ganze Hinterteil nach links und der rechte Fuß wurde 
schnell vorgeschoben. Aufstehen konnte Patient bald wieder 
ohne Hilfe, er stöhnte aber bei jedem Schritt infolge der An¬ 
strengung. 

Die Blutfleckenkrankheit konnte nach mehreren Exazer¬ 
bationen am 10. September als geheilt betrachtet werden. An 
dem linken Hinterbein atrophierte aber der musc. quadriceps, 
so daß sich über der Patella eine tiefe Grube bildete. Bei der 
Belastung des Schenkels hatte der musc. tensor fasciae latae 
eine entsprechende Mehrarbeit zu leisten, so daß er stark an¬ 
gespannt wurde und sein vorderer Rand scharf unter der Haut 
hervortrat. 

Spirituöse Einreibungen, Massage, Bewegung, Strychnin- 
jnjektionen erwiesen sich als erfolglos. Um die Kur bei der 
ungünstigen Prognose nicht zu kostspielig zu machen, legte ich 
schließlich ein Eiterband an, das der Besitzer selbst mit Veratrin- 
lösung zu tränken hatte, aber auch ohne Erfolg. Das Pferd 
wurde dann dem Schlächter verkauft. 

Die Lähmung und Atrophie dürfte auf parenchymatöse 
Myositis zurückzuführen gewesen sein. 

4. Das Cheyne-Stocke8sohe Atmungsphänomen bei einem Pferde. 

Ich bin in der Lage über das bei Tieren noch selten ge¬ 
sehene Cheyne - Stockessche Atmungsphänomen zu berichten. 

Im Dezember 1905 bekam ich ein dreijähriges, fettes 
Arbeitspferd, welches schwer an Lumbago erkrankt war, in Be¬ 
handlung. Als der Patient bereits auf dem Wege zur Besserung 
war, wurde mir eines Tages bei meinem Besuche gemeldet, 
am vorhergegangenen Tage habe ab und zu das „Blut stark 
gewallt“ als das Pferd ganz ruhig gelegen, dasselbe sei jetzt 
wieder der Fall. Das Tier bot folgendes Bild: Es lag flach 
ausgestreckt regungslos auf der rechten Seite und atmete ganz 
ruhig. Plötzlich setzten mehrere Atemzüge aus. Während 
dieser Atmungspause sah man in der linken Unterrippengegend 
rhythmische Stöße auftreten, die sich wellenförmig eine Strecke 
weit in die erschlaffte Bauchdecke fortsetzten. Das w T ar da 
„Blutwallen“ der Bauern. Die Stöße erfolgten synchron der 
Herztätigkeit und waren nichts anderes als Spitzenstöße, die 
sich während der Atmungspause in der ruhigen Lage und bei 
eingesunkener Bauchdecke stärker markierten. Der Herzstoß 



598 

pflanzte sich wohl auch teilweise durch das erschlaffte Zwerch¬ 
fell und den Futterbrei in Magen und Darm indirekt fort. 
Dieses Spiel konnte ich längere Zeit beobachten, bis ich das 
Pferd durch meine Untersuchung störte. Später hörte ich nicht 
mehr, daß das Phänomen noch einmal aufgetreten sei. 

Ich möchte hier bemerken, daß die Erscheinung nicht mit 
der sogenannten „abdominellen Pulsation“ verwechselt werden 
darf, obschon dabei das „Abdomen pulsiert“, doch das ist nur 
Begleiterscheinung. (Vgl. ein Referat in Nr. 38 der B. T. W. 1908.) 

Referate. 

Über Unfruchtbarkeit bei den Kühen und ihre 
Behandlung. 

In verschiedenen der letzten Nummern der Maanedsskrift 
for Dyrlaeger veröffentlicht Herr Tierarzt Albrechtsen aus 
Aakirkeby auf Bornholm eine lange Abhandlung über Ursachen 
und Behandlung der Unfruchtbarkeit bei Kühen. Die sehr ein¬ 
gehende und sehr umfassende Arbeit eignet sich kaum zur 
völligen Wiedergabe in der B. T. W. Um aber den deutschen 
Tierärzten seine sehr wertvolle Arbeit zugänglich zu machen, 
hat Albrechtsen vor, in kurzer Zeit seine Abhandlung in 
deutscher Sprache bei Schoetz erscheinen zu lassen. 

Albrechtsen hält die so häufig vorkommende Sterilität 
bei Kühen für heilbar in den meisten Fällen. Abgesehen von 
verschiedenen heilbaren Leiden der Ovarien hat Albrechtsen 
in den meisten Fällen von Unfruchtbarkeit chronische Ent¬ 
artungen des Uterus und vor allem des Cervix als Ursache 
gefunden. 

Seine Methode beruht nun darin, den Uterus mittelst von 
ihm konstruierter Instrumente durch Fixation des Cervix nach 
hinten in die Scheide hineinzuziehen und so sich durch Augen¬ 
schein von der Beschaffenheit des Cervicalkanals und dann auch 
vom Rektum aus durch Palpation von der Beschaffenheit des 
Uterus zu überzeugen. , 

Auf diese Weise gelingt es mit Leichtigkeit, Ansammlungen 
aus dem Uterus zu entfernen und auch ausgiebige Spülungen 
usw. dieses Organs vorzunehmen. Albrechtsen fand in vielen 
Fällen Veränderungen des Cervix und des Cervicalkanals. Am 
häufigsten kommen Verengerungen des Cervicalkanals und 
Schleimhautwucherungen am Orificium externum vor. Gegen 
Verengerungen wendet er unter anderen Aufweiten des Kanals 
mittelst geeigneter Instrumente und Auspinseln des Kanals mit 
Lagolscher Lösung an. In vereiterten Fällen inzidiert er auch 
wohl die Wände mit dem Messer. Wucherungen am Orificium 
trägt er mit der Scheere ab. In sehr vielen Fällen genügt, 
falls Uterus und Ovarien normal sind, die Gangbarmachung des 
Cervicalkanals, um bei der nächsten Brunst nach erfolgter Be¬ 
gattung Konzeption zu ermöglichen. 

Die Tiere ertragen, wie ich mich während meines zum 
Studium seiner Methode bei Albrechtsen genommenen Aufent¬ 
halts überzeugte, die operativen Eingriffe bei der bekannten 
Insensibilität des Cervix sehr gut und reagieren auch auf ein¬ 
greifende Operationen fast gar nicht. Insbesondere läßt sich der 
Uterus mit Leichtigkeit weit in die Scheide hineinziehen. 

Wenn auch die Methode in der Humanmedizin wohl schon 
länger in ähnlicher Weise auBgeführtwird,sogebührt Albrechtsen 
der Ruhm, sie bei uns eingeführt, modifiziert und vor allem mit 
ihr glänzende Resultate erzielt zu haben. 


No. 34. 

Nicht unerwähnt will ich lassen, daß Albrechtsen in 
seiner Abhandlung eine Methode lehrt, Trächtigkeit schon in 
ihren frühesten Stadien — ca. 6 Wochen nach erfolgter Kon¬ 
zeption — bestimmt nachzuweisen. Die fleißige, umfangreiche 
Arbeit dürfte wegen der Wichtigkeit des behandelten Stoffes 
auch wohl bei uns viele Leser finden. 

Zum Schluß möchte ich noch hervorheben, daß Albrechtsen 
den Seuchenhaften Scheidenkatarrh in keiner Weise als be¬ 
dingendes Moment für eine ev. Sterilität gelten lassen will. 

Holzhausen. 

(Aus dem veterinär-chirurg. Institut der Universität Zürich.) 

Über Nenrektomie und ihre Folgen. 

Von Oskar Bürgi. 

(Schweizer Archiv für Tierheilkunde 1907, 6. Hefl.) 

Vorliegende Arbeit, welche einem anläßlich derZschokke- 
Feier gehaltenen Vortrag zugrunde liegt, befaßt sich eingehend 
mit der geschichtlichen Entwicklung und mit den in der Literatur 
vorhandenen Angaben über die Ausführung und Resultate des 
Nervenschnittes. Verf. bespricht sodann des Näheren die Folgen 
der genannten Operation. Durch die erzielte Gefühllosigkeit 
werden schwere Krankheitszustände im Huf und Unterfuß 
(Vernagelung, Nageltritte, eitrige Steingallen, Infektionsprozesse 
etc.) erst erkennbar, wenn sie bedeutend sich entwickelt haben 
und schwer zu heilen sind. Nach jeder Neurektomie tritt Er¬ 
weiterung der Blutgefäße unterhalb der Operationsstelle ein. 
Folgen hiervon können sein: Dickenzunahme der Hufkapsel und 
der Kastanie, Ausschuhen (prädisponiert sind Flach-, Zwang- 
und Rehhufe), Verdickung des Unterfußes (zuweilen gesellt sich 
entzündliche Pflegmone hinzu), Rupturen der Hufbeinbeugesehne 
(Verlust des festen Gefüges durch stärkere Durchfeuchtung und 
als veranlassende Ursache rücksichtsloseres Auftreten mit der 
operierten Gliedmaße). Durch trophische Einflüsse müssen wir 
ferner auch die nach der Neurektomie öfter auftretende Bildung 
von Knochenbrüchen, Schalen- und Spatauftreibungen erklären. 
Nicht selten kann man auch stolpernden Gang mit Nachschleifen 
der Zehe sowie die Entstehung von Neuromen wahrnehmen. 

B ürgi rät am Schlüsse seiner Arbeit, nicht zu vergessen, daß 
jede Neurektomie einen schweren Eingriff darstellt, der nur 
dann erfolgen soll, wenn alle anderen in Betrachtung 
kommenden Behandlungsmethoden resultatlos geblie¬ 
ben sind. Namentlich sollte bei jungen, wertvolleren Pferden, 
wo die Zeit ja noch so manche Lahmheit heilt, mit der Neu¬ 
rektomie sparsam vorgegangen werden. Direkt kontraindi¬ 
ziert ist diese Operation in folgenden Fällen: 

1. Bei akuten Leiden im Bereiche des von der Neurektomie 
betroffenen Teiles (Steingallen, Wunden usw.); 

2. Bei chronischen Leiden, die zu akuten zerstörenden 
Prozessen führen können (Hornspalten, Fisteln); 

3. Bei Abnormitäten des Hufes (Flach-, Zwang-, Rehhuf); 

4. Bei Veränderungen im Beugsehnen-Apparat, sofern es sich 
um Pferde mit weicher Fesselung oder um schwere Zug¬ 
tiere handelt; 

5. Bei hochgradiger Schalen- und Spatbildung. 

In allen diesen Fällen ist der Besitzer auf die eventuell 
verhängnisvollen Resultate der Neurektomie aufmerksam zu 
machen. Bürgi stimmt völlig mit Fr ick überein, der da sagt, 
daß die besprochene Operation von Fall zu Fall sorgfältig zu 
prüfen ist, und daß sie je nach den obwaltenden Umständen 
eine wertvolle Heilmethode oder ein mit nachteiligen Folgen 
verknüpftes Heilverfahren sein kann. J. Schmidt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




20. August 1908. BERLINER TIERÄRZTE] 


Geheilter Beinbrach beim Pferd. 

Von Tierarzt G. Littmann in B&bylna. 

(AUatorvosi Lapok 1908, Nr. 14.) 

Eine 11 Jahre alte Halbblut-Araberstute des Bäbylnaer 
Gestüts erlitt infolge eines Schlages eine Fraktur am rechten 
hinteren Mittelfußknochen. Zum Verband wendete man Holz¬ 
platten an und zwar auf die Art, daß unmittelbar am Mittel¬ 
fuß Watte mit Calicotbinden und auf diesen Verband 8 bis 
10 Stück IVa—2 cm breite und 18—20 cm lange Holzplatten 
(von Zigarrenschachteln) darauf gebunden wurden, endlich 
applizierte man zur vollkommenen Fixation noch eine 4—5 cm 
breite und 35—40 cm lange Eisenschiene auf die plantare 
Seite und ließ das untere Ende der Schiene an die Sohlenflftche 
des Hufes biegen. Dieser Verband blieb durch 24 Tage am 
Fuß, dann nahm man ihn auf einige Minuten herunter, um den 
Heilungsprozeß (Callusbildung) zu kontrollieren, nachher wurde 
wieder derselbe Verband angebracht; eine Woche später legte 
man nur noch die Holzplatten ohne die Eisenschiene an und am 
45. Tage nach dem Erleiden der Fraktur konnte diese schon 
als geheilt betrachtet werden; an der Stelle der Fraktur ist 
zwar eine Knochenanschwellung entstanden, aber die Stute hinkt 
kaum merklich, und diese Störung ist auch ganz ohne Bedeutung, 
da es sich um eine Zuchtstute handelt. Dr. Z. 

Paralysis bnlbaris Infectiosa bei Ratten. 

Von Tierarzt Karl Baiäs in Szeged. 

(AUatorvosi Lapok 1908 Nr. 7.) 

In der Abdeckerei in Szeged beobachtete Bai äs eine eigen¬ 
artige Erkrankung der Ratten. Im Beginne der Krankheit zeigten 
die Tiere Unruhe, wetzten und bissen ihre Hinterextremitäten, 
später wurden sie apathisch, so daß man sie leicht abfangen 
konnte, worauf der Tod bald unter klonischen Krämpfen eintrat. 
Nach einer gewissen Zeit verendete auch ein Hund, später 
mehrere Katzen unter ähnlichen Erscheinungen. Der Sektions¬ 
befund war bei allen negativ. Im Blute, in der Milz, aus der 
Leber und den Nieren untersuchten Deckglaspräparate konnte 
man keine Mikroorganismen nachweisen. Baiäs schöpfte Ver¬ 
dacht auf infektiöse Bulbärparalyse und impfte die Emulsion der 
Medulla oblongata aus einer verendeten Katze, ebenso die Emulsion 
der Medulla oblongata einer Ratte intramuskulär und in die 
vordere Augenkammer mehrerer Kaninchen, welche nach 3 bis 4 
Tage an der Injektionsstelle heftigen Juckreiz zeigten, bis die 
Erscheinungen der Paralyse auftraten und die Versuchstiere mit 
klonischen Krämpfen verendeten. Der Impfversuch bestätigte 
also die Annahme der infektiösen Bulbärparalyse, welche Krank¬ 
heit auf den Hund und die Katzen durch Biß der Ratten tiber¬ 
impft wurde. Einzelne der jüngeren, kleinen Katzen verzehrten 
etwas von den Rattenkadavern und konnten durch den Intestinal¬ 
trakt infiziert werden. Dr. Z. 

(Aus dem Hygienischen Institut der Stadt Rostock.) 

Beiträge zur Kenntnis des Bradsot. 

Von G. Hilbrand, Bezirkstierarzt und Vorstand der Abteilung zur 
Erforschung von Tierkrankheiten am Hygienischen Institut der 
Universität Rostock. 

(Zeitschr. f. Infektlonakr., paraa. Krankh. u. Hyg. d. Haust Bd. III, 8. 925.) 

Schon 1890 wurde von Peters auf das Vorkommen des 
Bradsot bei Schafen in Mecklenburg hingewiesen. Sahlmann 
in Güstrow hat. die Seuche bereits 1870 beobachtet; sie wurde 
damals dem Milzbrand zugerechnet und Blutschlag genannt. 
Seitdem ist die Seuche vielfach, namentlich in größeren 


ICIIE W0( ’HENSf 'IIRIFT. 599 

Schäfereien, konstatiert worden und scheint an Ausdehnnng zu¬ 
genommen zu haben; sie ist nicht nur in Norddeutschland, 
sondern auch in Mitteldeutschland verbreitet. 

Hilbrand hat nun fünf Fälle näher untersucht. Die 
gefundenen fünf Bakterienstämme erwiesen sich in ziemlich 
gleichem Maße pathogen, ebenso ließen die Sektionserscheinungen 
keinen Untschied erkennen. Hilbrand stellte zum Vergleich 
Tierversuche mit Bradsotbazillen (Jensen) an; Unterschiede in 
bezug auf die Pathogenität und die pathologisch-anatomischen 
Veränderungen bei Impftieren wurden zwischen den fünf Bazillen- 
stäramen und dem Bradsotbazillus nicht gefunden. Die Versuche 
zur Identifizierung der Bradsoterreger mittelst Agglutination 
berechtigen zu der Schlußfolgerung, daß die fünf Stämme mit 
dem Bradsotbazillus identisch waren und sich wie dieser vom 
Ödem- und Rauschbrandbazillus unterschieden. — Ferner konnte 
Hilbrand die schon von Tokishige festgestellte Tatsache 
bestätigen, daß Ziegen leicht gegen Bradsot immunisiert werden 
können und daß das von diesen genommene Serum imstande ist 
Meerschweinchen eine passive Immunität zu verleihen und sie 
gegen eine tödliche Dosis von Bradsotkultur zu schützen. 

Die Seuche tritt vorwiegend im Winter bei Stallfütterung 
auf. Betroffen werden in der Regel nur Schafe (selten Schwein 
und Rind) und von diesen hauptsächlich die jüngeren Jahr¬ 
gänge, jedoch selten die Lämmer. — Die Krankheitsdauer wird 
vielfach auf 1—3 Stunden angegeben; die Tiere stehen still, 
krümmen sich, schäumen mit dem Maule, fallen um und ver¬ 
enden. Neben diesem perakuten beobachtet man nicht selten 
einen akuten Verlauf von 1—2 tägiger Dauer. Die Erkrankungen 
verteilen sich bei einer Mortalität von 5—25 Proz. meist auf 
einen längeren Zeitraum (2—3, selbst 6 Monate). — Wahr¬ 
scheinlich geht die Infektion durch geringe Verletzungen im 
oberen Verdauungstraktus (Rachenschleimhaut, Mandeln) vor sich. 

Die Prophylaxis müßte sich auf zweckentsprechende Vor¬ 
sichtsmaßregeln bei der Schlachtung seuchekranker, sowie auf 
unschädliche Beseitigung der verendeten Tiere erstrecken. — 
Ob die neuerdings von Jensen empfohlene Impfung mit 
Serum und Kultur genügenden Schutz gibt, müssen weitere 
Versuche lehren. Richter. 

Impfnng gegen Kälberrühr. 

Von Bezirkstierarzt Ehrle. 

Bezirkstierarzt Ehrle, M.-Oberdorf schreibt in der Süd¬ 
deutschen Landwitfschaftl. Tierzucht, Nr. 28, 1908, daß die 
Kälberruhr im Allgäu großen Schaden anrichtet. Nachdem er alle 
möglichen Mittel verwendet hatte, versuchte er es, die Schutz¬ 
impfung zur Einführung zu bringen. Die Verwirklichung dieser 
Absicht scheiterte aber an der Abneigung der Züchter gegen 
das Impfen überhaupt, teils an der Scheu gegen die Impfkosten. 
Auch bestanden zuweilen Zweifel für den Erfolg der Impfung. 
Nachdem es endlich gelungen war, den Stierhalter der dortigen 
Zucht8tiergenossenschaft, dem schon über ein Jahr lang alle Saug¬ 
kälber am dritten oder vierten Tage an dieser Krankheit ver¬ 
endeten, zur Impfung zu veranlassen, blieben demselben von der 
Zeit der Serumimpfung an alle Kälber am Leben. Einmal wollte 
er einen Versuch machen, ob die Impfung wirklich notwendig 
sei und unterließ sie. Das betr. Kalb unterlag aber am dritten 
Tage der wiederum in Erscheinung getretenen Krankheit. Nacli 
kurzer Zeit kam ein zweiter Ökonom, der dasselbe Unglück im 
Stalle hatte und von da an wuchs die Zahl derselben beständig. 




600 


Auch auswärtige Ökonomen haben sich von der sicheren Wirkung 
dieser Schutzimpfung überzeugt. Das Präparat stammte von 
der Deutschen Schutz- und Heil-Serum-Gesellschaft in Berlin. 
Die Dosis für ein Kalb kostet 2 M., was den Ökonomen noch 
zu hoch erscheint, die Hauptsache ist jedoch der sichere Erfolg. 

P. 

Über Scheiden- und Wurftuberkulose bei der Kuh. 

Phil. Dies. Leipzig. 

Von Oberveterinär Arthur Fischer in Leipzig. 

Fischer kommt zu folgenden Ergebnissen: Die Tuberkulose 
der Scheide und des Wurfes tritt äußerst selten auf, was durch 
den anatomischen Bau dieser Organe bedingt wird. Sie ist in 
der Regel mit allgemeiner Tuberkulose, besonders mit Uterus¬ 
tuberkulose vergesellschaftet. Die Scheidentuberkulose kenn¬ 
zeichnet sich durch kleine, über die Oberfläche prominierende, 
zum Teil zentralverkästen Knötchen, Erosionen und mehr oder 
weniger großen Geschwüren. Mikroskopisch findet sich gefä߬ 
reiches Granulationsgewebe, in dem sich vereinzelte, aus Rund¬ 
zellen bestehende, stark infiltrierte und zum Teil in der Mitte 
nekrotisch zerfallene Herde deutlich abheben und zahlreiche 
Tuberkelbazillen nachweisbar sind. Bei der Tuberkulose der 
Scham bemerkt man kleine Knötchen und oberflächliche Ge¬ 
schwüre mit wesentlicher Verdickung der Haut (Lupus hyper- 
trophicans). Rinder mit Scheiden- und Wurftuberkulose sind 
wegen der Übertragungsgefahr abzuschaffen. Rdr. 

Über die gangränöse Enterentzftndnng bei Schafen. 

Von Dr. W. Pfeiler, Berlin. 

'Zeitschrift für Infektionskrankheiten nswr. B&tid IV., Seite 132.) 

Pfeiler untersuchte im hygienischen Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Berlin den Kadaver eines Mutter^ 
schafes aus einer etwa 500 Köpfe zählenden Mutterschafherde, 
in welcher ungefähr drei Wochen vorher bei einigen Tieren, 
die vor 6—8 Wochen gelammt hatten, entzündliche Schwellungen 
am Euter aufgetreten waren; diese waren in Brand über¬ 
gegangen und zum größten Teil tödlich verlaufen. 

Aus den aus dem Euter angelegten Agarkulturen gelang 
es Pfeiler, durch Isolierung einen Mikrokokkus zu züchten, 
der die Gramsche Färbung annahm und sich mit dem von 
Nocard als Erreger der gangränösen Euterentzündung be- | 
stimmten Bakterium als identisch erwies. Pfeiler vermochte 
auch den Beweis der Infektiosität des Bakteriums durch 
Injektion von Bouillonkultur in das Euter eines laktierenden 
Mutterschafes zu erbringen. 

Es muß angenommen werden, daß die Erreger in ver¬ 
seuchten Schäfereien im Boden und im Stallmist vorhanden 
sind. Gelegentlich können dieselben dann durch Verletzungen 
an der Spitze in den Stichkanal gelangen. — Die lokale Be¬ 
handlung durch antiseptische Mittel bleibt erfolglos; auch die 
vollständige und frühzeitige Amputation des Euters hilft nur 
selten. Die einzige zum Ziele führende Maßnahme ist die sorg¬ 
fältige Auslese der gesunden Tiere und ihre Überführung in 
einen besonderen Stall. Richter. 

Untersuchungen über das Verhalten der Blutkörperchen 
bei chinrgischen Krankheiten des Pferdes, besonders 
bei eitrigen Entzöndnngen. 

Von Dr. Rieh. Gasse, Tierarzt in Berlin. 

'Monatsheft für praktische Tierheilkunde, XIX. Band.) 

Die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Dissertation 
sind folgende: Bei allen Entzündungen, speziell bei eitrig ent¬ 


No. 34. 


zündlichen Krankheiten zeigen die Leukozyten mehr oder 
weniger Abweichungen von den normalen Werten. 

Ist die Gesamtzahl der Leukozyten andauernd vermehrt, 
und besteht daneben anhaltend eine erhebliche Erhöhung der 
relativen Zahl der neutrophilen Zellen (80 - 95 Proz.), sowie 
ein entsprechender Rückgang der Leukozyten und ein völliges 
Verschwinden der eosinophilen Zellen, so ist die Prognose auf 
schlecht zu Btellen. 

Ein Zurückgehen der verschiedenen Leukozytenarten auf 
ihre normalen Zahlenverhältnisse deutet auf einen günstigen 
Ausgang. 

Mangelhafte oder ausbleibende Hyperleukozytose bei Druse 
deutet auf einen verzögerten Krankheitsverlauf hin. Besteht 
eine geringgradige Hyperleukozytose und fällt diese, selbst 
nach bedeutenden Eiterentleerungen nicht ab, so spricht dies 
dafür, daß bereits neue Abszesse in der Bildung begriffen sind. 

Rdr. 

Über thermo-chemische Kadaververnichtung. 

Von Schlachthofdirektor H e i ß - Straubing. 

(Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht, 52. Jalirg. Nr. 5 und 4.) 

Unter Würdigung der Bedeutung der modernen Abdeckerei¬ 
anlagen für die öffentliche Wohlfahrt bespricht Verf. nach kurzer 
Erwähnung der zur Zeit bestehenden Fleisch-Vernichtungs- 
Apparate das System R. A. Hartmann, welches sich für kleine 
Anlagen ganz vorzüglich benützen läßt. Eine Eigenschaft 
dieses Systeme» ist die Verwendung des aus dem Eigenwasser 
der Kadaver entwickelten Dampfes an Stelle des direkten Kessel¬ 
dampfes. Es erfolgt also eine innere Durchdämpfung und 
Trocknung indirekt durch den Arbeitsdampf. Dadurch wird eine 
unnötige Verdünnung der Leimbrühe vermieden und somit die 
unverdünnte Leimbrühe rationeller eingedampft. Die sich ent¬ 
wickelnden Dämpfe dienen zum Extrahieren des Kadavermaterials 
und zum Trocknen der ausgezogenen Fleisch- und Kuochenmassen. 
Die früher notwendige Verwendung von Kühlwasser zur Konden¬ 
sation der Leimdämpfe fällt deshalb weg. Ersparnis an Betriebs¬ 
kosten und Arbeitsdauer, somit Erhöhung der Leistungsfähigkeit 
der Apparate ist die Folge dieses praktischen Systems. 

Die kleinsten Vernichtungs-Anlagen benötigen nach H. 

1. eines Sektionsraumes, der mit undurchlässigem Boden und 
abwaschbarer Wandverkleidung ansgestattet sein maß. 
Er ist entweder an das Kanalnetz, oder an eine undurch- 
lässige Abwassergrube anzuschließen, deren Inh alt sterilisiert 
werden kann. 

2. eines Maschinenraumes; 

3. eines Kesselhauses mit Kohlenlager; 

4. eines Lagerbodens für das gewonnene Material. 

Der Masehinenraum umfaßt: a) den Extraktor, b) den 
Fettabscheider, c) den Rezipienten, d) das Sammel- und Klär¬ 
gefäß für Fett, e) die Dampfmaschine, f) die Luftpumpe, g) den 
Kondensator, h) die Wasserpumpe (wenn Wasserleitungs-Anschluß 
fehlt), i) den Dampfkessel, k) die Kontumazstallungen für 
seuchenverdächtige Tiere. 

Die Anlage arbeitet mit völliger Geruchlosigkeit. Das ge¬ 
wonnene Fett — ein außerordentlich reines Produkt — kostet 
zurzeit 58 M. pro Doppelzentner, das Tierkörpermehl 14 bis 
16 M. für dieselbe Menge. Zur Bedienung ist nur ein einziger 
Mann nötig; bei großem Ausfuhrbezirk macht sich ferner eine 
Hilfskraft nötig. Die baulichen Ausgaben für eine derartige 
Anlage beziffert Verfasser auf rund 17000 M. (incl. Baustelle, 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



20. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


601 


pro qm .50 M.). Der ferner mit aufgestellte rechnerische Ausweis 
ergibt, daß mit einem Betriebsüberschuß sicher zu rechnen ist. 
Am zweckmäßigsten dürfte es sein, solche Anlagen aus Privat¬ 
mitteln errichten zu lassen und die Inhaber durch Gemeinde - 
beiträge zu unterstützen. J. Schmidt. 


Tagesgeschichte. 

Betätigung der Tierärzte in der Öffentlichkeit. 

Von Tierarzt G. Meier-Ketzin. 

Die immer weitere Ausdehnung des tierärztlichen Gebietes, 
das Seuchengesetz, das Ineinandergreifen von Medizin und 
Veterinärmedizin in der Erforschung und Tilgung von an¬ 
steckenden Krankheiten, sowie die Hygiene und Nahrungsmittel¬ 
kontrolle haben dem tierärztlichen Studium eine immer größere 
Bedeutung verschafft und die Einführung der # Universitätsreife 
zur Folge gehabt. Auch auf das Ansehen des tierärztlichen 
Standes mußte hierdurch ein günstiger Einfluß ausgeübt werden. 
Immerhin aber wird es noch viel Zeit und große Mühe kosten, 
den Tierarzt derartig zur Geltung zu bringen, daß er an 
Ansehen und in seiner Stellung anderen gebildeten Ständen 
nicht nachsteht. 

Vorzugsweise hat sich die Stellung der im Staats- und 
Kommunaldienst stehenden Tierärzte gehoben, weniger die der 
Privattierärzte. Die Gründe hierfür liegen in der in den 
letzten Dezennien vor sich gegangenen Entwicklung der tier¬ 
ärztlichen Wissenschaft, wodurch der ganze Stand eine Um¬ 
änderung erfahren mußte. War früher die kurative Praxis die 
Haupttätigkeit, und wurde das Ansehen des Standes in erster 
Linie nach den Erfolgen in der Heilkunst bemessen, so trifft 
das heute nicht mehr zu. Die Seuchentilgung und Fleisch¬ 
beschau sind an die erste Stelle getreten, und der Privattierarzt 
ist durch den beamteten in den Hintergrund gestellt worden. 
Hierin liegt auch wohl der Hauptgrund, daß die jüngeren 
Kollegen nicht in die Praxis gehen wollen. Jedermann sucht 
eben eine möglichst angesehene Lebensstellung zu erreichen. 
Hier Wandel zu schaffen ist Pflicht der Standesvertretung und 
des Staates, denn eine gedeihliche Fortentwicklung des tier¬ 
ärztlichen Standes kann nicht stattfinden, wenn ein großer Teil j 
der Angehörigen zurückgelassen wird. Im übrigen jedoch 
erblicke ich in der Selbsthilfe das schönste und beste Mittel 
zur Hebung unseres Ansehens. Jeder einzelne nuß sich durch 
Einsetzen seiner ganzen Kraft selbst die gebührende Stellung 
zu erringen suchen. Die etwa bestehenden Vorurteile muß er 
zu beseitigen wissen. Allerdings wird dies dem einen leichter 
gelingen als dem andern, denn hier sprechen neben der Person 
des einzelnen auch vielfach örtliche Verhältnisse mit. Es gibt 
einen Weg, der, obwohl er am sichersten zum Ziel führt und 
für jedermann zugänglich ist, leider bisher wenig beschritten 
wurde. Er heißt „öffentliche Betätigung“. 

In erster Linie müssen wir natürlich erwarten, daß jeder 
bestrebt ist, in der Ausübung seines Berufes sich die Achtung 
und Hochschätzung seiner Mitbürger zu erringen. Lust und 
Liebe zu demselben, treueste Pflichterfüllung und etwas Selbst¬ 
bewußtsein sichern ihm dieselbe. Als Männer von Bildung aber 
sollen wir nicht bloß für unsern Beruf und unsere eigenen 
Angelegenheiten Interesse bekunden, sondern wir müssen 
heraustreten und auch an den Aufgaben des öffentlichen Lebens 
Anteil nehmen, mögen sie auf gemeinnützigem, kommunalem 


oder politischem Gebiete liegen. Seien wir eingedenk des 
Dichterwortes: 

„Im engen Kreis verengert sich der Sinn, 

Es wächst der Mensch mit seinen größeren Zwecken.“ 

Wenn wir uns als Bürger der Gemeinden und des Staates 
zur fleißigen Mitarbeit am Gemeinwesen nicht nur für be¬ 
rechtigt, sondern auch für verpflichtet halten, dann werden wir 
unsern Platz voll und ganz ausfüllen und uns in der bürger¬ 
lichen Gesellschaft eine geachtete Stellung erwerben. Wohl 
wird mancher Kollege durch seinen Beruf so in Anspruch ge¬ 
nommen werden, daß ihm nur wenig freie Stunden zur Ver¬ 
fügung stehen, aber mit gutem Willen läßt sich vieles er¬ 
möglichen. Es wird sich auch hier wieder zeigen, daß gerade 
die beschäftigten Kollegen immer noch Zeit zur Verfügung haben, 
während andere mit viel freier Zeit vorgeblich niemals Zeit 
übrig haben. 

In allen Kommunen finden sich Vereine, die einen gemein¬ 
nützigen Zweck verfolgen, mögen sie Wohlfahrts-, Bildungs¬ 
oder Nationalvereine genannt werden. Diesen Vereinigungen 
anzugehören und ihre Bestrebungen zu unterstützen ist, für 
jedermann ehrend. Durch fleißige Mitarbeit können wir meist 
in diesen Vereinen eine bevorzugte Stellung einnehmen und uns 
die Anerkennung der Bürgerschaft verschaffen. Soll nun ein 
gemeinnütziges oder nationales Werk in der Gemeinde selbst 
geschaffen oder an anderen Orten unterstützt werden, so steht 
der Tierarzt mit an der Spitze. In den größeren Städten 
liegen natürlich die Verhältnisse für uns nicht so günstig, aber 
dennoch dürfte es möglich sein, daß auch hier die Tierärzte 
mehr wie bisher auf der Bildfläche erscheinen und einen Platz 
im Vordergründe einnehmen. Wieviel Wohltätigkeitsfeste 
werden veranstaltet, wieviel Wohlfahrtseinrichtungen 
gegründet und wie oft Aufrufe für eine nationale 
Sache in der Presse erlassen von Komitees, die sich 
in der Regel aus Mitgliedern verschiedener Berufs¬ 
klassen zusammensetzen! Ist es da nicht recht be¬ 
dauerlich, hierunter fast niemals einen Tierarzt zu 
finden? Etwas mehr Ehrgeiz würde hier nicht 
schaden, selbst wenn er uns zuweilen etwas teuer zu 
I stehen kommt. 

Auch eine häufigere Beteiligung an den öffentlichen Vor¬ 
trägen zur Hebung der Volksbildung dürfte unserem Stand zum 
Vorteil gereichen. Dies müßte nach meiner Ansicht namentlich 
für die Tierärzte ein dankbares Feld sein, die im Kolonialdienst 
stehen oder gestanden haben. Die Ärzte sind uns hier mit 
gutem Beispiel vorangegangen. 

Je mehr wir uns in der bezeichneten Weise betätigen, um 
so mehr werden wir uns auch zur Mitarbeit auf kommunalem 
und politischem Gebiet hingezogen fühlen. Vielen wird es ge¬ 
lingen, das Vertrauen der Mitbürger in dem Maße zu gewinnen, 
daß sie in die Stadtvertretung gewählt werden. Jeder, der 
sich eine gesicherte Lebensstellung verschafft hat, sollte nun 
auch soviel Lokalpatriotismus besitzen, daß er sich in den 
Dienst der Öffentlichkeit stellt und an der Hebung und Weiter¬ 
entwicklung seines Heimatsortes mitarbeitet. Eine Kommune 
hat auf dem Gebiete der Verwaltung, des öffentlichen Ge¬ 
sundheitswesens, der Schule, Kirche usw. viele Ehrenposten zu 
vergeben, und die Inhaber derselben werden in der Bürger¬ 
schaft immer eine angesehene und bevorzugte Stellung einnehmen. 
In den kleineren und mittleren Städten ist in der Regel kein 



602 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


Überfluß an solchen Männern, die der städtischen Verwaltung 
großes Interesse entgegenbringen, die sich in unabhängiger 
Stellung befinden, und die durch ihre Bildung für ein solches 
Amt qualifiziert erscheinen. Daher kann es den meisten Tier¬ 
ärzten nicht schwer fallen, Mitglied der städtischen Behörden 
zu werden. 

Ungleich leichter jedoch wird jeder an seinem Wohnort 
eine bemerkenswerte Tätigkeit auf politischem Gebiet entwickeln 
können. Hier hält es oft recht schwer, Männer zu finden, 
welche die Leitung in den Vereinen übernehmen wollen, und 
welche geneigt sind, ihren politischen Standpunkt offen zu 
bekennen und zu vertreten. Für uns Tierärzte erblicke ich in 
der Politik ein Arbeitsfeld, auf dem wir reichlichen Lohn ernten 
können. Tierärzte mit sozialdemokratischer Gesinnung gibt es 
erfreulicherweise wohl noch nicht, sondern alle stehen auf 
nationalem Boden. Müßte es uns nicht mit Stolz erfüllen, 
wenn gerade die Tierärzte sich allenthalben dnrch 
Förderung nationaler Bestrebungen hervortun und 
den Parteien des Umsturzes entgegentrete'n würden? 
Wenn auch manchem Kollegen eine Parteipolitik nicht zusagt, 
so wird doch jeder an der Stärkung des Nationalbewußtseins 
und an der Erhaltung unseres Staatswesens mitarbeiten wollen. 
Das aber können wir am besten, wenn wir uns in den Dienst 
der Vereine stellen, die über den Parteien stehend eine nationale 
Politik verfolgen. Hier einen Platz an leitender Stelle einzu¬ 
nehmen, sei unser Streben. Wohl überall, wo Tierärzte ansässig 
sind, befindet sich ein auf monarchischer und vaterländischer Ge¬ 
sinnung beruhender Verein, sowie eine Ortsgruppe des Flotten¬ 
vereins und des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie, 
aber leider allzuselten findet mau einen Kollegen im Vorstand. 

Mehr wie bisher müssen sich die Tierärzte mit Politik 
befassen, denn kaum ein anderer Stand -- und das wissen auch 
wohl viele unserer Abgeordneten -- erscheint für die politische 
Agitation mehr geeignet als der tierärztliche. In städtische 
und ländliche Verhältnisse erhalten wir Einblick, lernen Industrie 
und Landwirtschaft kennen und stehen mit Arbeitgebern und 
Arbeitnehmern in unabhängiger Verbindung, so daß wir im 
Bereiche unseres Wirkungkreises die Verhältnisse genau kennen 
und mit Erfolg einen politischen Aufklärungsdienst verrichten | 
können. Das aber würde mit Sicherheit dahin fuhren, daß auch 
aus den Kreisen der Tierärzte Abgeordnete hervorgehen werden. 
Wenn gegenwärtig weder im Reichstag noch im Landtag ein Tier¬ 
arzt sitzt, so ist das für unsern Stand nur zu bedauern. Allerdings 
können wir nicht einwenden, daß dies zu einer Zurücksetzung 
der Interessen der Tierärzte geführt hätte, wir müssen vielmehr 
dankend anerkennen, daß unsere Sache in den Parlamenten 
stets Fürsprecher gefunden hat, und daß wiederholt von allen 
Parteien den Tierärzten Anerkennung gezollt wurde. Aber die 
tierärztliche Wissenschaft stellt heut ein so großes, für das 
Staats wohl so wichtiges Gebiet dar, daß es als außerordentlich 
wünschenswert erscheinen muß, daß bei den Beratungen Männer 
von Fach zugegen sind. Eine gute Illustration hierfür liefert 
un8 der jetzige Reichstag, der bei der Neuberatung des Vieh¬ 
seuchengesetzes vorzugsweise Ärzte und Landwirte als tech¬ 
nische Berater in die Kommission wählen mußte. 

So lange wir keine Tierärzte als Abgeordnete haben, müssen 
wir umsomehr danach streben, Parlamentarier für uns zu in¬ 
teressieren, was am besten dadurch geschieht, daß überall dort, 
wo sich die Gelegenheit bietet, die Tierärzte in den politischen 


Vereinen eine rege Tätigkeit entwickeln und die Leitung der 
Ortsgruppen übernehmen. Auf diese Weise erhalten wir einer¬ 
seits Fühlung mit Abgeordneten, mit den Parteien und mit der 
politischen Presse, während andererseits die Beschäftigung mit 
der Politik für manchen ein Ansporn zur weiteren politischen 
Ausbildung und Betätigung sein wird. 

Zur Leitung einer politischen Ortsgruppe in den kleineren 
Städten dürften die meisten Tierärzte geeignet sein, denn ein 
jeder besitzt soviel Redegewandheit und wird auch den erfor¬ 
derlichen Mut haben, seine politische Gesinnung in öffentlichen 
Versammlungen zu bekennen, für dieselbe einzustehen und 
Gegnern entgegenzutreten. 

Welcher staaterhaltenden Partei sich der einzelne an¬ 
schließt, hat hier keine Bedeutung. In der Regel werden wohl 
die Landtierärzte, die ja vorzugsweise hier in Betracht kommen, 
eine agrarische Richtung vertreten. 

Meine Ausführungen enthalten durchaus nichts Neues. Ich 
will nur auf allgemein Bekanntes hinweisen, hierfür bei den 
Kollegen ein größeres Interesse als bisher erwecken und den 
Weg angeben, der zum Ziele führt. Je mehr wir uns in der 
Öffentlichkeit betätigen, um so mehr werden wir Anerkennung 
finden und zur Hebung des tierärztlichen Standes beitragen, 
und um so größer wird unsere Berufsfreudigkeit werden. 

Zeigen wir als gute Staatsbürger, daß wir unsere 
Pflicht zu tun wissen, nicht nur in der Ausübung 
unseres Berufes, sondern auch im Dienste des Gesamt¬ 
wohles für Volk und Vaterland! 

Tierärzte vor! 

Bange Zweifel? 

Wenn auch die Zeitungen berichten, daß zwischen dem Reich 
und Preußen hinsichtlich der Beamtenbesoldung völliges Ein¬ 
vernehmen erzielt sei, so ist doch die Deckungsfrage noch in 
völliges Dunkel gehüllt; und daß in diesem Dunkel noch allerlei 
Enttäuschungen verborgen sein, daß aus demselben noch mancher 
hoffnungzerstörende Blitzstrahl zucken kann, das darf man ja 
nicht verkennen. Mit den Finanzen des Reiches steht es nicht 
gut, und diese Tatsache kann auf den Etat und alles, was damit 
| zusammenhängt, abfärben. Es ist daher nicht einmal ver¬ 
wunderlich, wenn man hier und da noch für die Reorganisation 
des Militärveterinärwesens zittert. Trotzdem halte ich bange 
Zweifel an dem Schicksal dieser wichtigen Frage nicht für be¬ 
rechtigt. Seine Majestät der Kaiser hat befohlen; demgegenüber 
sind Verschleppungen ausgeschlossen. An dem guten Willen 
der Heeresverwaltung zu zweifeln, wäre absolut unberechtigt. 
Diese hat sich aber auch bezüglich des Zeitpunktes durchaus 
festgelegt. Denn es steht ausdrücklich in den Erläuterungen 
zu einem früheren Etat, daß die Reform durchgeführt sein muß, 
wenn der erste Jahrgang von auf Grund der neuen Bestimmungen 
ausgebildeten Studierenden in die, Armee eintritt; der Zeitpunkt 
ist demnach am 1. April 1909 gegeben. Daß die Vorbereitungen 
in vollem Gange sind, zeigt auch die Einberufung eines Ober¬ 
stabsveterinärs in das Kriegsministerium. Erklärungen, wie jene 
Bemerkung im Etat, sind bisher noch immer für die Staats¬ 
regierung als bindend angesehen worden. Nur eine wirklich 
unüberwindliche Gewalt könnte da noch eine Änderung herbei¬ 
führen; es ist nicht erfindlich, wo zurzeit eine solche auftauchen 
sollte. Für das Finanzwesen kann jedenfalls die Reorgani¬ 
sation des Militärveterinärwesens unmöglich eine solche Rolle 







20. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


G03 


spielen, daß deshalb das Kriegsministerium in die Unmöglichkeit 
versetzt werden müßte, jene frühere Erklärung zu verwirklichen. 
Denn gegenüber einem Bedarf von 400 bis 500 Millionen spielt 
die finanzielle Seite der Reorganisation des nur 500 Köpfe 
starken Militärveterinärkorps gar keine Rolle. Man könnte ja 
sagen: in Zeiten der Not muß auch im Kleinen gespart werden. 
Nun, diesejn Grundsatz steht aber hier der wichtigere entgegen, 
daß Versprechungen gehalten werden müssen. Schmaltz. 

Die Bekämpfung der Schafrände im Regierungsbezirk 
Kassel. 

Durch die Liebenswürdigkeit eines Kreistierarztes unseres 
Bezirks bin ich zufällig auf einen Artikel (ohne Namensunter¬ 
schrift) in Nr. 27 der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift 
vom 4. Juli d. J. aufmerksam gemacht worden, der sich mit 
der Schafräude im Regierungsbezirk Kassel befaßt. 

Wenn ein Unparteiischer diesen Artikel zu Gesicht bekommt, 
dann muß er glauben „Hier unten aber ist’s fürchterlich“ — 

— — Nun, gar so schlimm sieht die Saphe denn doch nicht 
aus, besonders spielt das Schlachtmesser nicht eine so große 
Rolle, wie der Autor dieses Artikels zu glauben scheint. 

Wenn der betreffende Verfasser hier einmal durch die 
Schule gehen wollte, dann würde er lernen, wie man die Räude 
tilgen kann und wie nicht. Sollte er indes die hiesigen Ver¬ 
hältnisse — vielleicht nicht zu seinem Vorteile — bereits 
kennen gelernt haben, dann möge er sich jetzt wieder einmal 
umschauen, welche Fortschritte die Tilgung der Räude hier auf¬ 
zuweisen hat — — er wird finden, daß in einzelnen Kreisen, 
die früher recht stark verräudet waren, die Seuche erheblich 
in der Abnahme ist, ja, zum Teil ganz verschwunden ist. 

Wir Tierärzte des Bezirks sind weit entfernt, zu 
glauben, daß durch das Badeverfahren die Räude allein getilgt 
werde — o nein! wir wissen vielmehr, daß erst ganz andere 
Schwierigkeiten, die der wirksamen Räudetilgung entgegenstehen, 
hinweggeräumt werden müssen. 

Wir stehen hier mitten in einem* schweren Kampfe und wir 
verstehen es, wenn bei einem zielbewußten Vorgehen gegen 
diese Seuche und wo einschneidende Wirtschaftsfragen im 
Vordergründe des Interesses stehen, die gegnerische Seite sich I 
zu wehren sucht. Dasselbe haben doch zur Genüge die Beispiele 
der letzten Jahre bei Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche 
erwiesen. 

Es kann also nicht so sehr wundernehmen, wenn die 
Landwirtschaftskammer, als die Vertreterin der landwirtschaft¬ 
lichen Interessen, sich von einer, ihr lästigen Fessel zu befreien 
sucht, beziehentlich sich bemüht, eine Milderung der Räude¬ 
gesetzgebung zu erstreben. 

Was das Richtige ist, will ich dahin gesteUt sein lassen 

— nach meinen Erfahrungen kann nur durch ein strenges, 
ziehlbewußtes Vorgehen ein Erfolg erzielt werden, sonst gebe 
man den Kampf auf — mit halben Maßregeln wird nichts 
erreicht. 

Ich glaube, daß manche Erfolge an der Kostenfrage scheitern 
und ich bin überzeugt, daß wir die Landwirte wieder auf unserer 
Seite finden und bessere Erfolge erzielen werden, wenn es gelingt, 
die Kosten, die bisher das ganze Verfahren den Betroffenen 
auferlegt, auf ein Minimum zu reduzieren. Der Anfang ist 
ja bereits gemacht, hoffen wir davon das Beste. 

Auf Einzelheiten noch näher einzugehen, kann hier nicht 


der Platz sein, ist auch meinerseits nicht beabsichtigt, nur 
so viel möchte ich dem Verfasser des betr. Artikels noch ver¬ 
raten — und ich befinde mich wohl ziemlich mit allen, wenigstens 
den beamteten Herrn Kollegen des hiesigen Bezirks in Über¬ 
einstimmung — daß das Fröhnersche Badeverfahren von allen 
Räudemitteln nocli bisher das beste ist, welches imstande ist, 
die Räude in einer Schafherde zu heilen. Um die Räude 
„absolut“ zu tilgen, dazu gehören, wie bereits angedeutet, 
andere Heilmittel — welche? — nun vielleicht verrät sie uns 
der Schreiber seines Artikels in der D. T. W., der sich ja 
unserer Sache so anzunehmen scheint und der ja auch weiß 
— was hier unbekannt istdaß im Reg.-Bez. Kassel der 
Kampf gegen die Räude mit Sonderbestimmungen geführt wird. 

Veterinärrat Tietze, Depart.-Tierarzt. 

Kolonialinstitnt in Hamburg. 

Die Organisation des neugegründeten Kolonialinstituts und 
das Verzeichnis der Vorlesungen für das erste Semester 1908/09 
werden veröffentlicht. Als Senatskommissar fungiert Senator 
Dr. v. Melle-Hamburg und als Kommissar des Reichskolonial¬ 
amts Wirklicher Legationsrat Dr. Schnee-Berlin. Der kauf¬ 
männische Beirat besteht aus drei Kauf leuten und der Professoren¬ 
rat aus zwölf Professoren. Der Vorsitzende des Professorenrats 
ist Professor Dr. Thilenius. Der Lehrkörper des Kolonial¬ 
instituts setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Professoren¬ 
rats und Dozenten mit Lehrauftrag. Einen Lehrauftrag für 
Fleischbeschau hat Obertierarzt Professor Glage erhalten, die 
Ernennung weiterer tierärztlicher Dozenten ist zu erwarten, da 
für das Wintersemester Vorträge über Tierkrankheiten angezeigt 
und für das Sommersemester solche über tropische Tierseuchen 
in Aussicht genommen sind. 

Als Hörer werden zugelassen Abiturienten höherer Lehr¬ 
anstalten mit neunjährigem Kursus, seminaristisch gebildete 
Lehrer nach bestandener zweiter Prüfung, Kaufleute, Industrielle 
und andere Personen mit der Berechtigung zum einjährig-frei¬ 
willigen Dienst, Personen, die als Selektaner von Hamburger 
Volksschulen oder auswärtigen gleichwertigen Schulen ab¬ 
gegangen sind, nach dreijähriger geregelter Berufstätigkeit und 
I Beendigung der Lehrzeit und Ausländer mit gleichwertiger Vor¬ 
bildung. Dazu kommen Hospitanten. 

Die Studenten haben sich im Bureau des Kolonialinstituts, 
Hamburg 36, Dammthorstr. 25 I, anzumelden, Vorlesungen zu 
belegen und am Ende des Semesters abzumelden. Der voll¬ 
ständige Lehrplan umfaßt zwei Semester, deren Einteilung mit 
derjenigen der Universitäten zusammenfällt. Auf Antrag wird 
den Hörern ein Abgangszeugnis mit Nennung der besuchten 
Vorlesungen erteilt, dieselben können sich nach Beendigung des 
Studiums auch einer Diplomprüfung unterziehen. 

Die Vorlesungen im Wintersemester 1908/09 umfassen: 
Allgemeine Kolonialgeschichte; Kolonialrecht; Übungen im 
öffentlichen Recht; Eingeborenenrecht; Verwaltung und Recht 
in den deutschen Schutzgebieten; Kolonialpolitik; Landeskunde 
der deutschen Kolonien; Anleitung zu Routenaufnahmen und 
geographischen Ortsbestimmungen ; die Eingeborenen der deutschen 
Kolonien; Islamkunde, die Tierwelt unserer Kolonien; Koloniale 
Nutzpflanzen; Übungen im Erkennen und Untersuchen pflanzlicher 
Erzeugnisse des Handels; Besichtigungen von Warenlagern 
u. dgl.; nutzbare Mineralien; Tropenhygiene; Samariterkursus: 
Einführung in das Kisuahali und in das Schriftarabische, ferner 








604 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84. 


in die chinesische Umgangssprache; Anleitung zu Himmels¬ 
beobachtungen; Ausrüstungen für botanisches Sammeln; Zu¬ 
bereitung der Nahrungsmittel in den Tropen; Fleischbeschau; 
Tierkrankheiten; Kursus im Englischen; Kursus zum Abbalgen 
und Konservieren höherer Wirbeltiere; Kursus in der Photo¬ 
graphie; Reitunterricht und Unterweisung in der Wartung und 
Pflege des Pferdes. Für das Sommersemester 1909 sind ferner 
in Aussicht genommen: Seerecht; Völkerrecht; Reederei; Hafen- 
und Kaibetrieb; Ausnutzung von Fischgewässern; tierische 
Schädlinge tropischer Kulturpflanzen: Nutz- und Haustiere der 
Tropen; tropische Tierseuchen; Anleitung zur Ablage von 
Stationen. Zur Ergänzung der Vorlesungen des Kolonialinstituts 
werden den Hörem endlich die allgemeinen Vorlesungen und 
Übungen empfohlen, auf die einzugehen, hier zu weit führen 
würde. 

Reichsgerichtsentscheidnng betreffend Haftpflicht des 
Retchsmiiitärflskns wegen Schädigung eines Pferde¬ 
besitzers infolge Ansteckung durch kranke Militär- 
pferde. 

(Vom Reichsgericht.) 

[Nachdruck verboten.] 

Der Ziegeleibe8itzer Sch. in Düsseldorf hatte gegen den 
Reichsmilitärfiskus Klage erhoben, weil er in seinem Pferde- 
bestande durch die an der Brustseuche erkrankten Pferde des 
Husarenregiments Nr. 11 zu Düsseldorf geschädigt worden sei. 

Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf erklärten den 
Militärfiskus für ersatzpflichtig. Das Oberlandesgericht nimmt 
für erwiesen an, daß bei der Unterbringung, Beaufsichtigung 
und Absperrung der an der Brustseuche erkrankten Pferde des 
Husatenregiments Nr. 11 im August und im September 1905 
die gewöhnlichsten und durchaus notwendigen Vorsichtsmaßregeln 
zum Schutz der Nachbarschaft vernachlässigt worden sind. Es 
stellt fest, daß Pferde des Klägers durch jene Pferde angesteckt 
worden sind, und nimmt eine an Gewißheit grenzende hohe 
Wahrscheinlichkeit dafür an, daß der Krankheitsstoff unmittelbar 
von Pferd zu Pferd übertragen worden ist, und zwar infolge 
ungenügender Absperrungen der verseuchten Pferde, die auf den 
dem freien Fuhrverkehr offen stehenden und täglich von Fuhr¬ 
werk benutzten Wegen bewegt, geputzt und getränkt worden 
seien. Für die Vernachlässigung jener Maßregeln und damit 
auch für den dem Kläger durch die Erkrankung seiner Pferde 
und das Umstehen eines dieser Pferde entstandenen Schaden 
erachtet es den Beklagten verantwortlich: „den Organen“ des 
Beklagten, „der Kommandobehörde“ falle eine Fahrlässigkeit zur 
Last, für deren Folgen der Beklagte nach §§ 823, 89, 31 B. G. B. 
zu haften habe. Ein eigenes Verschulden des Klägers verneint 
das Oberlandesgericht. 

Gegen dieses Urteil hatte der Reichsmilitärfiskus Revision 
beim Reichsgericht eingelegt. Der VI. Zivilsenat erkannte 
jedoch auf Zurückweisung der Revision und führt dazu 
folgendes aus: „Diese Angriffe können nicht für begründet 
erachtet werden. Die beiden zuletzt erwähnten anlangend, kann 
auf die einschlagenden durchaus zutreffenden Ausführungen des 
Berufungsgerichts umsomehr verwiesen werden, als die Revision 
zu dereü Widerlegung nichts vorgebracht hat. Im übrigen ist 
es allerdings richtig, daß das angefochtene Urteil nicht genau 
erkennen läßt, welchem verfassungsmäßigen Vertreter es die in 
in der Unterlassung der gebotenen Vorsichtsmaßregeln liegende 
Fahrlässigkeit (vgl. in dieser Beziehung das Urteil des er¬ 


kennenden Senats in den Entscheidungen des Reichsgerichts in 
Zivilsachen, Bd. 52, S. 373 ff.) zur Last legt. Während das 
Landgericht von einem Verschulden des „Regiments“, der 
„Regimentskommandobehörde“ (richtiger Regimentskommandeurs) 
spricht, scheint das Berufungsgericht das „Garnisonkommando“ 
zu Düsseldorf (richtiger den Garnisonkommandanten) als den 
verfassungsmäßigen Vertreter des Beklagten anzusehen, der 
unter Verletzung der ihm obliegenden Verrichtungen dem Kläger 
den Schaden zugefügt hat. Die Erörterung der Frage, welche 
verfassungsmäßigen Vertreter ein Verschulden trifft, kann jedoch 
nach Lage des Falles dahingestellt bleiben. Es ist festgestellt, 
daß das „Regimentskommando“ und das „Garnisonkommando“ 
von dem Ausbruch der Seuche jedenfalls Anfang September 1905 
Kenntnis erhalten haben; es kann keinem Zweifel unterliegen, 
daß der Regimentskommandeur oder doch der Garnisonkommandant 
ein verfassungsmäßiger Vertreter des Beklagten wenigstens im 
Sinne des § 30 B. G. B. ist, und daß zu seinen Pflichten gehört, 
sofort für die Anordnung jener Vorsichtsmaßregeln zu sorgen. 
Daß nun jenen oder diesen oder beide oder einen sonstigen 
verfassungsmäßigen Vertreter in dieser Beziehung ein Ver¬ 
schulden trifft, das hatte der Kläger hier, wo es sich um die 
Unterlassung notwendiger Maßregeln handelt, nicht darzutnn; 
vielmehr hatte der Beklagte nachzuweisen, daß von ihm, d. h. 
von seinen verfassungsmäßigen Vertretern alle Anordnungen 
getroffen worden waren, die bei Anwendung der im Verkehr 
erforderlichen Sorgfalt getroffen werden mußten, um der An¬ 
steckungsgefahr tunlichst vorzubeugen. Erst wenn er dies getan 
hätte, würde die zunächst schlüssige Annahme, daß ihn in seinen 
verfassungsmäßigen Vertretern ein Verschulden trifft, weggefaUen 
sein und dann erst die Frage aufgeworfen werden können, ob 
er für den eingetretenen Schaden auch dann haften würde, weil 
die angeordneten Maßregeln nicht ausgeführt worden sein sollten.“ 
(2. Juli 1908. Akt. Z. VI. 527 07.) K. M.-L. 

Eine neue Kammergerichtsentscheidung betreffend 
Abdepkereiprivilegien. 

iVergl. auch Preufle, B T. W. Nr. 28, S. 418.) 

In der B. T. W. (Jahrgang 1907, Seite 22) war eine Ent¬ 
scheidung des Kammergerichts veröffentlicht über die Frage, ob 
dem Abdecker auch Schweine angesagt weiden müssen. Da 
Kammergericht hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß, 
wenn die Ansage unterbleibe, *der Abdecker gleichwohl keinen 
Schadenersatz beanspruchen könne. Denn in dem alten Publi- 
kandum sei im Falle Unterlassens der Ansage für die großen 
Haustiere ein bestimmter Satz für die Entschädigung aufgestellt, 
welcher dem heutigen Wert des Kadavers in keiner Weise ent¬ 
spricht. Für die Schweine sei dagegen ein solcher Betrag nicht 
festgesetzt, und es fehle daher an eiDem Maßstab für die Ent¬ 
schädigung, da dieselbe nach heutigem Wert offenbar nicht ge¬ 
schehen könne, weil sonst die Entschädigung für ein Schwein 
größer ausfallen würde als die Entschädigung für ein großes 
Tier, welche zweifellos nur nach dem im Publikandum festge¬ 
setzten Betrag erfolgen könne. 

Der Vorstand des Vereins der „königlich“ privilegierten 
Abdeckereibesitzer hat nun, und zwar schon Ende 1906, ein 
Zirkular versandt, in welchem eine andere Entscheidung des 
Kammergerichts angezogen ist, die gerade zu dem entgegenge¬ 
setzten Standpunkt kommt. Wie dieser Widerspruch zwischen 
zwei, auch zeitlich nahe aneinander liegenden Entscheidungen 
des höchsten preußischen Gerichtshofes zu erklären ist, muß da- 



20. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


605 


hin gestellt bleiben. Jene erste Entscheidung war mitgeteilt 
nach einer Besprechung des Herrn Rechtsanwalt Eschenbach 
in der landwirtschaftlichen Presse. Ob es sich bei jener Be¬ 
sprechung um einen Irrtum handelt oder die Entscheidung nach¬ 
träglich eine Korrektur erfahren hat, muß dahin gestellt bleiben. 
Jedenfalls bezieht sich das vom Abdeckerverein mitgeteilte Er¬ 
kenntnis nicht etwa auf denselben Fall. Es war einem Ritter¬ 
gutsbesitzer eine große Zahl von Schweinen eingegangen, die 
er dem Abdecker nicht angesagt hatte. Dieser klagte auf Ersatz 
nach dem heutigen Wert der Schweinekadaver in der Gesamthöhe 
von 750 M. Das Kammergericht hat am 28. September 1906 
folgendes Erkenntnis gefällt: 

Zu dem nach dem Privileg (Publikandum von 1772 und 
Privileg 1786) dem Abdecker anzusagenden großen und kleinen 
Vieh sind auch Schweine zu rechnen. In dem Privileg ist aus¬ 
drücklich gesagt, daß Schafe nicht angesagt zu werden brauchen. 
Sollte diese Ansagpflicht auch bei Schweinen erlassen werden, 
so wäre dies ebenso wie bei Schafen in dem Privileg ausge¬ 
sprochen worden. In dem Publikandum werden allerdings anderer¬ 
seits bestimmte Tiergattungen aufgeführt und es wird angegeben, 
was der Eigentümer beim Unterlassen der Anzeige für ein solches 
Tier an den Abdecker zu zahlen hat. Dabei sind Schweine 
nicht erwähnt. Es hat dies aber offenbar seinen Grund darin, 
daß man im 18. Jahrhundert kaum ein Interesse daran hatte, 
tote Schweine zu verschweigen, da die IJaut allein kaum den 
Weg und das Trinkgeld lohnte, das der Abdecker aufzuwenden 
hatte, und die Verwendung des übrigen Kadavers eines Schweines 
erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert durch rationelle 
Ausnutzung üblich geworden ist. Jedenfalls war der Abdecker 
auf Grund seines Privilegs berechtigt, die gefallenen Schweine 
für sich zu beanspruchen. Für die ihm durch die Nichtansage 
entgangenen Schweinekadaver kann der Kläger den ganzen 
Wert derselben als Ersatz verlangen. Nach dem Privileg von 
1786 hat derjenige, so sich unterstehen möchte, diesem zuwider 
zu leben, jedesmal einen Wispel Hafer Strafe zu erlegen, auch 
soll er schuldig sein, dem Scharfrichter Haut und Talg zu be¬ 
zahlen. Es handelt sich hierbei aber nur um Strafen, die der 
Bannpflichtige dem bannberechtigten Abdecker zu zahlen hat, 
und die neben der fiskalischen Strafe dem Bannpflichtigen au- | 
gedroht sind. Der Abdecker kann als Schadenersatz für die 
Nichtansage des verstorbenen Viehs nach den allgemeinen Grund¬ 
sätzen denjenigen Nutzen verlangen, den er durch Verwendung 
des ihm entzogenen Viehs hätte ziehen können. 

t 

Am 11. August d. Js. verschied zu Weinsberg in Württem¬ 
berg im Alter von 42 Jahren plötzlich der Königl. Kreistierarzt 
Dr. Georg Decker aus Mayen. Derselbe war ca. 15 Jahre 
Kreistierarzt im Reg.-Bez. Coblenz und hat sich während dieser 
Zeit durch seine offene, kollegialische Gesinnung und durch das 
stete Hochhalten der Standesehre all unsere Achtung erworben. 

Ehre seinem Andenken! 

Der Departementstierarzt und die Kreistierärzte 
des Reg.-Bez. Coblenz. 

Die Gehaltsbezüge der tierärztlichen Staatsbeamten in Bayern. 

Die in Nr. 31 der B. T. W. von 1908 erwähnte Gehalts¬ 
ordnung für die bayerischen Staatsbeamten hat nun auch die 
Genehmigung der Kammer der Reichsräte gefunden und tritt mit 
dem neuen „Beamtengesetz“ am 1. Januar 1909 in Kraft. (Bravo!) 


Gehälter der Bezirkstierärzte in Baden. 

In Baden ist das Diensteinkommen der Bezirkstierärzte 
neu geregelt worden. Die Bezirkstierärzte sind in zwei Klassen 
eingeteilt, in D 4 und C 5. In der ersteren Klasse beträgt das 
Anfangsgehalt 1200 M. und steigt in zweijährigen Perioden bis 
2800 M., wozu eine Wohnungsentschädigung von 900 M. tritt. 
In der Klasse C 5 beträgt das Anfangsgehalt 2000 M. und 
steigt in zweijährigen Perioden um 300 M. bis 3800 M.; dazu 
tritt ein Wohnungsgeld von 1050 M. Bei der Pensionierung 
werden in der jüngeren Klasse 700 M., in der älteren 1000 M. 
von dem übrigen Diensteinkommen als pensionsfähig mit an¬ 
gerechnet, so daß sich das pensionsfähige Einkommen in der 
jüngeren Klasse auf 4400 M., in der älteren auf 5850 M. stellt. 
Außerdem erhalten die Bezirkstierärzte 200 bzw. 300 M. außer¬ 
ordentliche Gehaltsaufbesserung und eine einmalige Zuwendung 
von 100 bzw. 150 M. 

Die Teilnehmer am ersten internationalen tierärztlichen Kongreß. 

Die Veröffentlichung der Mittelgruppe einer photographischen 
Aufnahme von Teilnehmern am ersten internationalen tierärztlichen 
Kongreß zu Hamburg 1863 hat ein erfreuliches Ergebnis gehabt. 
Herr Kreistierarzt Veterinärrat Struve zu Altona hat daraufhin 
mitgeteilt, daß er sich im Besitz eines Exemplars des Bildes be¬ 
findet, auf dem die Namen sämtlicher Dargestellten angegeben sind. 
Vielleicht kann die Veröffentlichung in der B. T. W. daher demnächst 
noch ergänzt werden. Heute soll nur mitgeteilt werden, daß die 
mit Haubner bezeichnete Figur in Wirklichkeit Unterberger 
darstellt, und daß ferner in der oberen Reihe links neben Fürsten¬ 
berg der Kopf von Probstm ei er-München erscheint. Der vor 
Gerl ach sitzende Herr ist der Professor Köhne aus Berlin. 

Tierärztlicher Verein der Provinz Westfalen. 

37. ordentliche Generalversammlung am Sonntag, deu 6. Sep¬ 
tember, vormittags 11 Uhr, im Hotel Feldhaus in Hamm 
(in der Nähe des Bades). 

Tagesordnung: 

1. Eingänge und Geschäftliches; 

2. Rechnungslage und Zahlung der Beiträge; 

3. Bewilligung eines Beitrages für ein dem verstorbenen Kreis¬ 
tierarzt Dopheide zu stiftendes Denkmal in Burgsteinfurt; 

4. Aufnahme neuer Mitglieder; 

5. Verlängerung des Vertrages mit der Unfall- und Haftpflicht- 
Versicherungs-Gesellschaft Winterthur; 

6. Besprechung über die eingeführte Taxe; 

7. Wahl des Vorstandes und der Delegierten; 

8. Mitteilungen aus der Praxis und der Fleischbeschau. 

Nach der Sitzung findet gegen 2 Uhr ein gemeinsames Mittags¬ 
mahl statt, zu dem die Damen recht zahlreich zu erscheinen gebeten 
werden (das trockene Kuvert 3,50 M.). Anmeldungen hierzu sind 
bis zum 1. September an den Schriftführer Herrn Tierarzt Wolfram 
in Bochum zu richten. Der Vorsitzende: Nutt. 

Vorlesungsplan der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin im 
Wintersemester 1908/09. 

Beginn: 15. Oktober. 

Dr. Schütz: Spezielle patologische Anatomie, Sektionsübungen. 

— Dr. Pinner: Anorganische Chemie, chemische Übungen. — Eggeling: 
Geburtshilfe und Übungen am Phantom, Enzyklopädie und Methodologie; 
ambulatorische Klinik. — Dr. Fröhner: Spezielle Pathologie und 
Therapie; Klinik für große Haustiere, Abteilung für innere Krankheiten 
und Gewährmängel Propädeutik in der medizinischen Klinik. — Dr. 
Schmaltz: Vergleichende Anatomie, Anatomie des Pferdes, anatomische 
Präparierübungen, Exenterierübungen. — Dr. Eberlein: Spezielle 
Chirurgie; Klinik für größere Haustiere, Abteilung für äußere Krank¬ 
heiten, Operationsübungen, Propädeutik in der chirurgischen Klinik. 

— Regenbogen: Geflügelzucht und Geflügelkrankheiten, Pharmakologie 
und Toxikologie II, Poliklinik für kleine Haustiere und Klinik lür 
kleine Haustiere, Harnuntersuchungen für die klinische Propädeutik. 

Dr. Frosch: Allgemeine Seuchenlehre und Bakteriologie, bakterio¬ 
logische Übungen. — Dr. Kärnbach: Krankheiten des Hufes. Übungen 
am Hufe, Poliklinik für große Haustiere. — Dr. Abderhalden: Phy¬ 
siologie. — Dr. Wittmack: Anatomie und Physiologie der Pflanzen. 

— Dr. Börnstein: Physik. — Dr. Plate: Zoologie. — Dr. Krämer: 





606 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


Vererbungslehre und Tierzucht. — Dr. Knuth: Tropenkrankheiten, 
Arbeiten im Laboratorium für Tropenhygiene. — Borchmann: Fleisch¬ 
beschau. Demonstrationen der Fleischbeschau. — Kiehn: Pharmazeu¬ 
tische Übungen. 

Berlin, den 9. Juli 1908. 

Der Rektor der Königlichen Tierärztlichen Hochschule. 

Schmaltz. 

Vorlesungen für die Studierenden der Veterinärmedizin 
an der Universität Gießen. 

Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. Bostroem: Allgemeine Pathologie 
und pathologische Anatomie. Montag — Freitag 8—9 Uhr. 

Prof. Dr. Elbs: Organische Experimentalchemie. Montag und 
Mittwoch 11 —12 3 / 4 Uhr. Freitag 12—1 Uhr. Chemische Übungen. 
Mittwoch und Freitag 4'/a— 7 Uhr. 

Prof. Dr. Garten: Physiologie II. Teil. Montag — Freitag 10 bis 
11 Uhr 

Prof. Dr. Gm ein er: Medizinische Klinik. Täglich 12 x / 4 —1 Uhr. 
Spezielle Pathologie und Therapie: Montag, Dienstag, Donnerstag und 
Freitag 3 — 4 Uhr. Pharmazeutische Übungen, Arbeiten im Laboratorium 
und Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten: Täglich. 

Prof. Dr. Geppert: Toxikologie: Mittwoch 2—4 Uhr. Pharma¬ 
zeutisch-chemischer Kursus für Veterinärmediziner: Mittwoch 4—6 Uhr. 

Prof. Dr. Gisevius: Allgemeine Traproduktionslehre mit Gestüts- 
wesen. Mittwoch 2—6 Uhr. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Hansen: Systematische Übersicht der 
Blutenpflanzen. Montag und Dienstag 5—6 Uhr. Pharmakognosie: 
Donnerstag und Freitag 5—6 Uhr. 

Kreisveterinärarzt Dr. Kn eil: Poliklinik: Täglich Geburtshilfe mit 
Übungen am Phantom, zweistündig. 

Prof. Dr. König: Experimentalphysik II. Montag — Freitag 4—5 Uhr. 

Prof. Dr. Martin: Anatomie der Haustiere mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung des Pferdes und Rindes: Montag—Samstag 9—10 Uhr. 
Präparierübungen I: Montag —Freitag 2—4 Uhr, Samstag 10—12 Uhr. 
Präparierübungen II: Montag — Samstag 11—12 Uhr, Montag — Freitag 
2—4 Uhr. Topographisch-anatomische Demonstationen und Situs der 
Eingeweide. Ein- bis zweimal wöchentlich. Geschichte der Tierheilkunde. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Naumann: Anorganische Experimental¬ 
chemie. Montag, Mittwoch, Freitag 10—12 3 / 4 Uhr. Chemische 
Übungen täglich. 

Prof. Dr. Olt: Spezielle pathologische Anatomie der Haustiere: 
Montag 5—6 Uhr, Dienstag—Freitag 9—10 Uhr. Fleischbeschau mit 
Demonstrationen: Donnerstag und Freitag 4—5 Uhr. Pathologisch- 
anatomische Demonstrationen und Sektionen nach Verabredung. 
Praktikum für Vorgeschrittene und Anleitung zu wissenschaftlichen 
Arbeiten täglich. 

Prof Dr. Pfeiffer: Chirurgische Klinik und Poliklinik. Täglich 
11— 12 V 4 Uhr. Spezielle Chirurgie (einschl. Augenkrankheiten): Diens¬ 
tag— Freitag 10—11 Uhr. Operationsübungen: Montag 9—11 Uhr. 
Theorie des Hufbeschlags mit praktischen Übungen: Samstag 9—11 Uhr. 
Übungen in der Anfertigung schriftlicher Gutachten: In zwei noch zu 
bestimmenden Stunden. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Spengel: Zoologie und vergleichende 
Anatomie II. Teil. Montag — Freitag 8—9 Uhr. 

Vorlesungen und praktische Übungen an der Königlichen Tierärztlichen 
Hochschule zu Hannover. 

Direktor, Geheimer Regierungsrat Dr. Dam mann: Enzyklopädie ' 
und Methodologie der Tierheilkunde, Diätetik (Hygiene), Über Tropen¬ 
krankheiten, Hygienische und seuchenklinische Übungen und Demon¬ 
strationen, Übungen im Anfertigen von Berichten. 

Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Kaiser: Exterieur des 
Pferdes und der übrigen Arbeitstiere, Tierzuchtlehre und Gestütskunde, 
Ambulatorische Klinik. 

Professor Tereg: Physiologie II, vierstündig, Physiologische Chemie, 
zweistündig. 

Professor Dr. Arnold: Anorganische Chemie. 

Professor Boether: Anatomie der Haustiere, Anatomische Übungen. 

Professor Dr. Malkmus: Spezielle Pathologie und Therapie, 
täglich von 8—9 Uhr, Propädeutische Klinik und Spitalklinik für 
große Haustiere (Medizinische Klinik). 

Professor Fr ick: Theorie des Hufbeschlags, Spezielle Chirurgie, 
Propädeutische Klinik und Spitalklinik für große Haustiere (Chirurgische 
Klinik), Operationsübungen. 

Professor Dr. Rievel: Fleischbeschau mit Demonstrationen, 
Spezielle pathologische Anatomie, Milch und Milchkontrolle, Pathologisch¬ 
anatomische Demonstrationen, Obduktionen. 

Professor Dr. Künnemann: Arzneimittellehre (Pharmakognosie 
und Pharmakodynamik), Spitalklinik für kleine Haustiere. 

Professor Haeseler: Physik, Physikalische Übungen. 

Professor Dr. Otto: Über das Wesen und die Bekämpfung der 
Geschlechtskrankheiten des Menschen und sonstige hygienische Fragen, 
einstündig. 

Dr. Schaff: Zoologie. 

Obertierarzt Koch: Fleischbeschaukurse auf dem Schlachthofe, 
jeder Kursus von dreiwöchiger Dauer. 

l)r. Behrens: Diagnostik der Arzneipräparate, Pharmazeutische 
Übungen. Außerdem Repetitionen. 


Ausbrüche der Maul- und Kiauenseuobe. 

Die Maul- und Klauenseuche beginnt anscheinend im Süden zu 
grassieren. Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet aus den Tagen 
vom 13.—17. August nicht weniger als sechs Neuausbrüche in 
Bayern, und zwar vom Schlachtviehhof in München, aus Friedberg 
und aus Ascholding, Bezirksamt Wolfratshausen (Reg.-Bez. Ober¬ 
bayern, aus Augsburg, aus Bobingen (Bezirksamt Schwab-München) 
und aus Türkheim (Bezirksamt Mindclheim), beide im Reg.-Bez. 
Schwaben Ncuburg. 

Unpassende Annonce. 

Erst durch die in Nr. 32 S. 576 veröffentlichte Anfrage bin ich 
auf eine Annonce im Anzeigenteil der Nr. 31 der B. T. W. aufmerksam 
gemacht worden, deren Veröffentlichung ich bedauern muß. Der 
Magistrat zu Osterode in Ostpreußen, gezeichnet Dr. Herbst, 
schreibt die Stelle des Direktors am dortigen städtischen Schlacht¬ 
hause dergestalt aus, daß sie mit einem „Tierarzt erster Klasse" 
besetzt werden soll. Der Magistrat sollte wohl darüber orientiert 
sein, daß seit mehr als 50 Jahren Tierärzte erster Klasse und 
zweiter Klasse nicht mehr unterschieden werden, daß es daher nur 
„Tierärzte“ gibt. Die Annonce paßt also nicht für die heutigen 
Verhältnisse. Sie würde, wenn ich sie gesehen hätte, nicht auf¬ 
genommen worden sein. Der Kreistierarzt von Osterode hat den 
Magistrat dem Vernehmen nach um eine Berichtigung ersucht, was 
unbeantwortet geblieben ist. Daher müssen wir wohl die Berichtigung 
selbst vornehmen in der Form, daß wir derartige falsche Be¬ 
zeichnungen öffentlich zurtickweiscn. Übrigens ist die Stelle pekuniär 
nicht, wie aus der Anfrage in Nr. 32 geschlossen werden könnte, 
verschlechtert, sondern im Gegenteil etwas verbessert insofern, als 
sie zwar mit demselben Gehalt ausgeschrieben ist, aber ( die Auf¬ 
besserungsperioden abgekürzt worden sind. S. 

Offener Brief. 

An die Redaktion der „Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“, 
z. H. des Herrn Professor Dr. Schmaltz, Berlin. 

Sehr geehrte Redaktion! 

Im Anschluß an den von Ihnen in der letzten Nummer der 
„B. T. W.“ veröffentlichten Artikel „Tierärztlicher Obthntsmus” 
erhalte ich von einem Kollegen die sehr richtige Mitteilung, daß 
zur Vergrößerung dieses Optimismus nicht zum mindesten die Rubrik 
Ihrer Zeitung „Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt“ beiträgt. 
Die Stellen, die dort monatelang stehen, Bind längst besetzt, und, 
abgesehen von der unberechtigten Hoffnung, die Sie solchen Kollegen 
machen, die nicht genau darüber orientiert Bind, haben sie noch 
zur Folge, daß sich Wochen und Monate nach der Besetzung der 
Stelle Tierärzte zum Gaudium der Stadtverwaltungen bewerben. 

Eine genauere Führung dieses Teiles des Personal- und Stellen¬ 
verzeichnisses wäre bei der außerordentlichen Verbreitung der 
„B. T. W.“ dringend erforderlich und wird sicher von Ihnen ein¬ 
geleitet werden, wenn Sie über diesen Übelstand benachrichtigt sind. 

Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung 

Haupt, städt Tierarzt 
Anmerkung. 

Insoweit die in der obigen Zuschrift enthaltene Kritik berechtigt 
ist (es sind doch wohl immer nur eine kleine Zahl von Stellen, die 
schon besetzt sind und noch mitgeteilt werden), trifft sie nicht die 
Redaktion, sondern diejenigen Kollegen, welche die Stellen ein¬ 
nehmen und es nicht für notwendig halten, im Interesse der anderen 
von der stattgehabten Erledigung Mitteilung zu machen. Ich ver¬ 
öffentliche daher den Offenen Brief, um den Herren, welche solche 
vorher angezeigten Stellen antreten, eine Anregung zu geben. Die 
Redaktion kann nichts weiter tun, als bei den länger ausgeschriebenen 
Stellen von Zeit zu Zeit anfragen, und das geschieht Schmaltz. 

Tierhaltung und Tierzucht. 

Die Grasfluren der Erde, Deutschlands Wiesentypen 
und die Wertbestimmung des Wieseilheues. 

Von Dr. A. Naumann, 

Dozent der Botanik an der Tierärztl. Hochschule zu Dresden. 

(Zeitachr. f. Infeklionskr., paras. Krankh. u. Hyg. d. Hauftt., Bd. IV, 8. 50.) 

Für den Veterinärmediziner sind diejenigen mit Pflanzen 
bestandenen Ländereien von besonderer Wichtigkeit, welche 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


607 


20. August 1908. 

zur Gewinnung von Viehfutter dienen. Das sind in Mittel¬ 
europa die Wiesen und die mit Futterpflanzen bestandenen 
Äcker. Naumann bespricht die Grasflurgebiete der* Erde, 
dann Deutschlands Wiesentypen, wobei er drei Haupttypen 
(Niederungswiesen, Hügelwiesen und Gebirgswiesen) und von 
jedem derselben Nebentypen, beeinflußt durch mangelnde oder 
übergroße Feuchtigkeit und angrenzende Formationen unter¬ 
scheidet. Berücksichtigt man auch die Nebentypen und schließt 
lokale und seltenere Fülle nicht aus, so beteiligen sich am 
Aufbau der deutschen Wiesen 269 Gattungen mit 611 Arten. 
Bei der Wertbestimmung des Wiesenheues ist weniger die 
chemische Analyse als vielmehr die botanische Analyse für den 
Praktiker das empfehlenswerte, über die sich Naumann aus¬ 
führlich verbreitet und bezüglich der auf das Original verwiesen 
sei. Es sei hier uur hervorgehoben, daß Naumann zur Be¬ 
stimmung von Grasarten, das mikroskopische Bild von Blatt¬ 
oder Halmquerschnitten heranzieht, Grasquerschnitte, bei 
welchem man auf die Form der Epidermis und ihrer Anfangs¬ 
gebilde, auf die zwischen den Gefäßbündeln gelegenen Gelenk¬ 
zellen, auf Vorsprünge der Blattrippen usw. behufs Unter¬ 
scheidung und Erkennung zu achten hat. 

Naumann geht hierauf auf die wertmindernden „Gift¬ 
gewächse u und „Befallungspilze“ des näheren ein und schließt 
Beine durch Tabellen und Tafeln im Werte noch erhöhte Arbeit 
mit dem Wunsche, die Botanik möchte nicht nur für die natur¬ 
wissenschaftliche Prüfung in den Lehrplan der tierärztlichen 
Hochschulen angefügt sein. 

„Gerade den älteren Veterinärstudierenden müßte mindestens 
die Gelegenheit gegeben werden, sich in einem mikroskopischen 
und heuanalytischen Praktikum die wichtigsten Grundlagen zu 
solchen Untersuchungen zu erwerben. Es wird sicher die Lust 
an dieser Disziplin wachsen. 

In einem einmütigen Zusammenarbeiten des Botanikers mit 
dem Chemiker, Hygieniker und Pathologen erblicke ich tat¬ 
sächlich eine schöne Zukunft, und ich bin überzeugt, daß auch 
an Tierärztlichen Hochschulen die auf das praktische Bedürfnis 
gerichtete Botanik die gleiche Stelle einnehmen kann, die ihr 
bereits an einigen Technischen Hochschulen eingeräumt 
worden ist.“ Richter. 

Einfluß der Milohgenossenschaften auf den Rindviehbestand. 

Professor Ujhelyi tritt in der Milchzeitung 1907, Seite 816, 
der vielfach verbreiteten Ansicht entgegen, daß die Milcbgenossen- 
schaften den Viehbestand nachteilig beeinflussen, weil die Land¬ 
wirte, um den Milchertrag zu erhöben, die Kälberaufzucht nicht 
richtig betreiben. Ein Beweis für die Förderung der Rindviehzucht 
durch die Milchgenossenschaften sei die Entwicklung des Vieh¬ 
bestandes des Komitated Mohou, woselbst solange, als die Milch¬ 
verwertung nicht organisiert war, der Viehbestand ebenso wie in 
den übrigen Gegenden Ungarns unverändert blieb, aber nach der 
Organisation einen rapiden Aufschwung nahm. In den Jahren 
1837—1896 variierte der Viehbestand zwischen 32000 —38000 Stück. 
Im Jahre 1896 wurde der Magyar-Ovärer, Rindviehzuchtverein ge¬ 
gründet, welcher als Ziele die Organisation der Milchverwertung 
und die Verbesserung des Exterieurs verfolgte. Heute gehören dem 
mit 22 Mitgliedern gegründeten Verein bereits über 2000 Teilnehmer 
an, wobei die Milch durch 20 Genossenschaften verwertet wird, 
Ihr Einfluß auf die Zucht tritt besonders in den letzten fünf Jahren 
auffällig hervor. Im Jahre 1902 betrug der Viehbestand noch 
etwa 36 000 Stück, im Jahre 1903 schon 43 000, 1904 49 000, 1905 
50000, 1906 518000, 1907 54 600 Stück. Die Entwicklung ist also 
eine permanent aufsteigende und betrug in fünf Jahren 18 000 Stück 
Vieh. Zur Zeit der Gründung des Vereins entfielen auf je 100 Per¬ 


sonen 40,7 Stück Vieh, 1907 aber 60,7 Stück, während der Landes¬ 
durchschnitt gar nur 36,4 Stück beträgt. Dabei ist der Viehbestand 
qualitativ bedeutend verbessert worden, die Milcherträge sind im 
Durchschnitt beträchtlich erhöht. 

Viehbestand der Erde. 

Eine internationale Statistik über den Bestand an Schlachtvieh 
bringen die „Nachrichten für Handel und Industrie“, wobei die 
Angaben sich auf das Jahr 1906, z. T. auch auf die Vorjahre bis 
1903 beziehen. 

Rindviehbestand: 


Nordamerika . . 

66,9 Millionen 

Übertrag: 

282,2 Millionen 

Russisches Reich 

43,2 

„ 

Spanien . . . 

2,2 

,, 

Argentinien . . 

21,7 

„ 

Bulgarien . . . 

1,8 

,, 

Britisch-Ostindien 

52,0 


Dänemark. . . 

1,8 


Deutschland . . 

19,3 

,, 

Neu-Seeland . . 

1,8 

L 

Frankreich . . 

14,3 

„ 

Belgien. . . . 

1,8 

„ 

Großbritannien . 

11,7 


Niederlande . . 

1,7 


Österreich. . . 

9,5 


Schweiz . . . 

1,5 


Australien . . 

8,3 

», 

Japan . . . . 

1,2 

„ 

Uruguay . . . 

7,0 


Kapkolonie . . 

1,9 

,, 

Ungarn .... 

6,7 

,, 

Algerien . . . 

1,1 

„ 

Kanada. . . . 

6,3 

,, 

Serbien.... 

1,0 

,, 

Mexiko .... 

5,1 

„ 

Norwegen . . . 

1,0 


Italien .... 

5,0 

,, 

Natal .... 

0,6 


Rumänien . . . 

2,6 

„ 

insgesamt 301,6 Millionen 

Schweden. . . 

2,6 

„ 





SchafViehbestand: 



Australien. . . 

72,8 Millionen 

Übertrag: 

421,0 Millionen 

Argentinien . . 

74,4 


Bulgarien . . . 

6,8 

11 

Russisches Reich 

61,5 

n 

Rumänien. . . 

5,7 

V 

Nordamerika . . 

50,6 

u 

Mexiko .... 

3,4 

11 

Großbritannien . 

29,2 

11 

Serbien.... 

3,1 

11 

Neuseeland . . 

20,1 


Österreich. . . 

2,6 

11 

Uruguay . . . 

17,9 

,, 

Kanada.... 

1,8 

t) 

Frankreich . . 

17,8 


Schweden. . . 

1,1 


Britisch-Ostindien 17,6 


Norwegen. . . 

1,0 


Spanien . . . 

13,3 


Dänemark. . . 

0,9 

11 

Kapkolonie . . 

11,8 


Holland . . . 

0,7 

11 

Algerien . . . 

9,1 

11 

Natal .... 

0,6 

11 

Ungarn.... 

8,1 

ii 

Belgien. . . . 

0,2 

11 

Deutschland . . 

9,9 

n 

Schweiz . . . 

0,2 

11 

Italien .... 

6,9 

ii 

insgesamt 447,1 Millionen 



Schwein 

ebestand: 



Nordamerika . . 

52,1 

Millionen 

Übertrag: 

116,0 Millionen 

Deutschland 

18,9 

11 

Belgien. . . . 

1,0 


Russisches Reich 

12,7 

11 

Australien. . . 

1,0 

11 

Frankreich . . 

7,6 

11 

Serbien.... 

1,0 

11 

Ungarn .... 

7,3 


Holland . . . 

0,9 


Österreich. . . 

4,7 

11 

Schweden. . . 

0,8 


Großbritannien . 

3,6 

M 

Argentinien . . 

0,7 


Kanada.... 

2,2 

11 

Mexiko .... 

0,6 

11 

Spanien . . . 

1,9 

1) 

Schweiz . . . 

0,5 

11 

Italien .... 

1,8 


Bulgarien . . . 

0,5 

11 

Rumänien . . . 

1,7 

„ 

Andere Länder. 

0,8 

11 

Dänemark. . . 

1,5 

„ 

insgesamt 123,8 Millionen. 


Viehbestand Großbritanniens im Jahre 1907. 

Der Viehbestand Großbritanniens betrug nach „Agricultural 
Statistics“ am 4. Jttrii 1907 an Pferden 1556 407, Rindvieh 6 912 519, 
Schafen 26 116 503 und an Schweinen 2 636 fc08 Stück. 

Geschäftsbericht der Anstalt für staatliche Schlachtviehversicherung im 
Königreich Sachsen für das Jahr 1907. 

Im Jahre 1907 wurden an Versicherungsbeiträgen erhoben für 
ein männliches Rind 2,50 M., für ein weibliches Rind 3,50 M., für 
ein Schwein 0,75 M. Diese Beiträge haben zur Decküng der Ent¬ 
schädigungen nicht au8gereicht, weshalb för das Jahr 1908 die Bei¬ 
träge auf 3 M. für ein männliches, 5 M. flir ein weibliches Rind 
und 0,80 M. für ein Schwein erhöht werden mußten. Im Berichts¬ 
jahr sind zusammen 29 462 Entschädigungsansprüche angemeldet 
worden gegen 28 739 im Jahre 1906. 












608 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


Bücherbesprechungen. 

Das ostfriesische Pferd. Von H. 6roß-Norden. Band VII der 
Monographien landwirtschaftlicher Nutztiere. M. & H. Schaper, 
Hannover 1908. Preis 4 M. 

Der als Generalsekretär des landwirtschaftlichen Hauptvereines 
für Ostfriesland und Hauptgeschäftsführer des Verbandes ostfriesischer 
Stammviehzüehtor mit den Verhältnissen des Gebietes aufs beste 
vertraute Verfasser, dem wir auch die Monographie „Das ostfriesische 
Rind“ verdanken, gibt uns in seiner neuesten Arbeit eine an¬ 
schauliche Schilderung von dem Entwicklungsgänge und dem 
Stande der ostfriesischen Pferdezucht, dem Umfange der Vieh¬ 
haltung, sowie den natürlichen und wirtschaftlichen Züchtungs¬ 
grundlagen des dortigen Gebietes, der Geschichte des ostfriesichen 
Pferdes, seiner charakteristischen Merkmale, seiner verschieden¬ 
artigen Brauchbarkeit und Verwendung, der im Zuchtbezirke üblichen 
Art der Aufzucht, Haltung und Fütterung, der Regelung der Hengst¬ 
haltung. Des weiteren werden eingehend die Maßnahmen erörtert, 
auf denen die Förderung der Zucht und der Erhalt des Zuchtzieles 
des Landes, „die Erzeugung eines kräftig gebauten, edlen Wagen¬ 
pferdes mit runden Formen, guter Haltung und geräumigen, hohen 
Gängen“ fußen. Das mit 5 Tafeln, einer Karte und 96 fast durch¬ 
weg wohlgelungenen Textabbildungen versehene, vornehm aus- 
gestattete Werkchen ermöglicht zufolge seiner übersichtlichen Ein¬ 
teilung eine leichte Orientierung und vermag allen Interessenten 
wertvolle Aufschlüsse zu bieten. Krön ach er. 

Über Vererbung und Aufzucht der Pferde mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Schrittpferdezucht. Von E. Suckow, fr. Gestüts¬ 
direktor. M. & H. Schaper, Hannover, 1908. Preis 1,20 M. 

In dem 36 Seiten umfassenden Schriftchen, dem Sonderabdruck 
eines vom Verfasser im rheinischen Pferdezuchtverein zu Crefeld 
gehaltenen Vortrage, werden an der Hand der Ergebnisse der 
Rassenforschung und auf Grund umfassender Literaturstudien sowie 
reicher persönlicher Erfahrungen die Grundlagen dauernder Erfolge 
im Pferdezuchtbetriebe im allgemeinen bezw. der auiblühenden 
rheinischen Kaltblutzucht im besonderen'besprochen. Reinzucht, 
Vermeidung der Zuzucht, Berücksichtigung der natürlichen Lebens¬ 
bedingungen, vorsichtige Zuchtwahl, zweckmäßige Wartung und 
Fütterung, vor allem das Vorhandensein genügend großer und er¬ 
giebiger, gut gepflegter Weiden bezeichnet der Verfasser als Grund¬ 
pfeiler des Erfolges aller Zuchten. Weit über den nach Umfang 
und Titel des Werkchens vermuteten Rahmen hinaus birtet Suckow 
aus seinem reichen, geklärten Wissen namentlich über die Frage 
der Reinzucht und Kreuzung auf weitschauenden Gesichtspunkten 
fußende Ausführungen, die, frei von der bei uns vielfach üblichen, 
rückhaltslosen Bewunderung ausländischer Zuchtmethoden und 
-Leistungen jedem mit Tierzucht befaßten eine Fülle wertvoller 
Anregungen geben. Kronacher. 

Die Entwicklung der Schweinezucht in Deutschland unter besonderer 
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Fragen. Von Dr. Crone-Münzebrock. 

M. & H. Schaper, Hannover 1908. Preis 2,50 M. 

Eine sachliche, vollständige und übersichtliche Behandlung ge¬ 
nannten Themas durch Zusammenstellung und kritische Bearbeitung 
des in allen möglichen Abhandlungen, Büchern, Zeitschriften und 
Zeitungen verstreuten einschlägigen Materials entsprach einem 
lange gefühlten Bedürfnis. Der Verfasser hat sich seiner Aufgabe 
mit viel Geschick entledigt und zeigt sich der Behandlung des 
Stoffes nach der volkswirtschaftlichen wie nach der tierzüchterischen 
Seite in gleicher Weise gewachsen. Der erste der vier größeren 
Abschnitte, in welche das Buch zerfällt, gibt eine Darstellung der 
Entwicklung der deutschen Schweinezucht an der Hand der 
statistischen Nachweise, im zweiten und dritten erfahren Art, 
Gang und Erfolge der neuzeitlichen tierzüchterischen Maßnahmen 
eingehendere Erörterung, während der vierte sich mit den Ursachen 
und Wirkungen der Produktions- und Preisschwankungen bzw. der 
Fleischteuerung in der Schweinezucht, sowie den Maßnahmen zur 
Abwehr dieser Übelstände befaßt. Durchsichtige Einteilung des 
Stoffes, Klarheit des Ausdruckes und oine bei aller Vollständigkeit 
erfrischende Kürze sind besondere Vorzüge des Buches, das allen 


Interessenten der Fleischversorgungsfrage, Tierzttchtern, Volks¬ 
wirtschaftlern und Tierärzten gleich willkommen sein wird. 

. Kronacher. 

Die erworbenen Eigenschaften und das Vererbungsproblem. Eine 
züchtungsbiologische und naturphilosophische .Studie von A. Hinck, 
Freiburg i. Br. M. & H. Schaper, Hannover 1908. Pr. M. 1.—. 

„Vererbung“ heißt das Schlagwort, das heute Botaniker, 
Biologen und Tierzüchter in gleichem Maße beschäftigt. „Ver¬ 
erbung oder Nichtvererbung erworbener Eigenschaften“ ist jener 
Teil des Problems, der auch den praktischen Züchter in hervor¬ 
ragendem Maße interessiert. Der als Tierzuchtschriftsteller und 
begeisterster Vertreter und Verbreiter der Weismannschen Ideen 
bestbekannte Verfasser bringt in der 26 Seiten haltenden Broschüre 
an der Hand der meist angezogenen Beispiele, wie der Milch-, Renn- 
und Legeleistung, Mastfähigkeit, Frühreife, Fruchtbarkeit, des 
Gehörnes als Waffe die biologisch-physiologischen und die erkenntnis- 
kritischen Beweisgründe, welche nach seiner Ansicht die Möglich¬ 
keit einer Vererbung erworbener Eigenschaften als ausgeschlossen 
erscheinen lassen. Dabei hält er an der Vorstellung unmittelbarer 
Übertragung für das Einzelleben fest, die gewissermaßen nur in der 
Form eines „Miniaturabdruckes“ des betreffenden Körperteiles zu 
denken sei, während von den Neolamankianern gewöhnlich diese 
Vererbung als eine allmähliche Abänderung der Anlagen durch 
Summierung der auf das Keimplasma im Verlaufe von Generationen 
einwirkenden Reize gedacht wird. Die gründliche, unter Berück¬ 
sichtigung der neuzeitlichen Forschungsergebnisse doch kurz und 
übersichtlich gehaltene Darstellung dieser großen biologischen 
tierzüchterischen Frage im Sinne der Weismannschen Theorie ist 
für den Anhänger und Gegner derselben gleich lesenswert. 

Kronacher. 

Handbuch der gesamten Landwirtschaft, herausgegeben von Dr. Karl 
Steinbrück, Halle. 40 Lieferungen (3 Bände) zu je 50 Mk. Dr. M. 
Jänecke, Hannover 1907. 

Der Prospekt bezeichnet es als Aufgabe des Werkes, „das 
ganze praktische Können und theoretische Wissen ■ In der Land¬ 
wirtschaft in einer für jedermann verständlichen Form darzustellen 
und unter voller Berücksichtigung der neuesten Erfahrungen der 
Praxis sowohl als auch der Ergebnisse der wissenschaftlichen 
Forschung für die Hebung und Förderung des landwirtschaftlichen 
Betriebes nach besten Kräften zu wirken.“ Soweit sich aus der 
vorliegenden 1. Lieferung, die den 1. und 2. Bogen der Abteil. 28, 
Rindviehzucht und -Haltung, bearbeitet von Dr. Max Fischer, Halle, 
sowie der Abteil. 31, Schafzucht und -Haltung, bearbeitet von Dom.- 
Rat E. A. Bröd trmann, Knegendorf, enthält, ein Schluß ziehen läßt, 
wird das mit zahlreichen, meist recht brauchbaren Abbildungen aus¬ 
gestattete Werk seine Bestimmung als handliches Nachschlagebuch 
zu rascher, ausreichender Orientierung in den einzelnen landwirt¬ 
schaftlichen Gebieten recht wohl erfüllen. Auch für Schulzwecke, 
besonders als Repetitorien werden sich Teile wie die klare und 
anschaulich gesebriebne Schafzucht und -Haltung Brödermanns gut 
verwendbar erweisen. Wünschenswert erscheint die Ausmerzung 
verschiedener Unrichtigkeiten, wie solche sich in der etwas sehr knapp 
gehaltenen Rassenbeschreibung der Rinder bei den Höhenschlägen 
finden. Kronacher. 


Personalien. 

Ernennung: Polizeitierarzt Dr. ffansmann-J)ilase\doT( zum Polizei¬ 
tierarzt in Köln-Ehrenfeld. 

In der Armee: Sachsen: Befördert: Stabsveterinär Kunxc im 
Feldart.-Regt. Nr. 28 zum Oberstabsveterinär, Oberveterinär l'hlich 
im Feldart.-Regt. Nr. 32 bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst 
zum Stabsveterinär. 

Todesfall: Kreistierarzt Dr. Georg Decker- Mayen. 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 32.) 

Besetzt: Schlachthofstelle in Halle a. S. 


Verantwortlich für den Inhalt (exk). Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard 8choeta in Berlin. — 

Druck von W. BQxensteln, Berlin. 




Die „Berliner Tlerftntllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlege von Richard Schoets ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe etun Preise von M. 6,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 19 PC für Bestellgeld) 
frei Ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeltungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeitrage werden mit 60 Hk., In Petltsate mit 
00 Hk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen nnd redaktionellen Anfragen beliebe man 
an senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstraße 66. Korrektoren, 
Rezensions-Exemplare nnd Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cüln. 


Professor Dr. Peter 

8taatstlerarzt für Hamburg. 


Veterinärrat Peters 

Departements-T. in Biomberg. 


Dr. Schlegel 

Professor in Frei bürg. 


Dr. j. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Helfer 

Sehlach h.-Direktor in Mülhausen L B. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg. 


Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt in München. 

Dr. Städter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. in Danzig. 


Wehrte 

Kais. Regierungsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Zündel 

Kreistierarzt in Mülhansen L B. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut ln Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Jahrgang 1908. JW. 35 . Ansgegeben am 27. August. 

Inhalt: Sonnenberg: Die Piroplasmosis der Schafe und ihre Beziehung zur sogenannten Bradsot der Schafe. — Frosch 
und Nevermann: Zur Piroplasmosis der Schafe. — Goldbeck: Zu den Erfahrungen in der Schutz- und Heilimpfung 
mit polyvalentem Kälberruhrserum nach Ludwig Wilhelm Gans - Frankfurt a. M., von Raebiger - Habcl- 
schwerdt. — Raebiger: Der Impfstoff für Heilzwecke bei Schweineseuche nach Ludwig Wilhelm Gans- 
Frankfurt am Main. — Willenberg: Zur Bekämpfung der Schweineseuche. — Goldberger: Aufblähen durch ein 
Tuberkel. — Referate: Geflügelkrankheiten und Geflügelzucht: Die Hebung der Nutzgeflügelzucht in Bayern. — 
Freese: Über Hühnerpest mit besonderer Berücksichtigung der pathologischen Anatomie. — Greve: Beitrag zur Kenntnis 
der Streptococcen-Krankheit (Schlafkrankheit) der Hühner. — CI außen: Über Kolibakterienseptikämie bei Hühnern als 
Transportkrankheit. — Volkmann: Hochgradige tuberkulöse Veränderungen bei einem Huhn. — Phosphorvergiftung bei 
Hühnern. Strychninvergiftung bei Enten. — Hase: Ist Sarcoptes mutans lebendig gebärend? — Federlose Hühner. — 
Bugge: Ansteckende Luftsackentztindung der Gänse. — Seuchenartige Geflügelkrankheiten. — Guittard: Pleuro-Peritonitis 
des Geflügels. — Mießner und Schern: Die infektiöse Nekrose bei den Kanarienvögeln. — Zwick: Untersuchungen über 
eine Kanarienvogelseuche. — Denker: Das Gehörorgan und die Sprechwerkzeuge der Papageien. — Tageogeochlchte: Protokoll 
der 42. Generalversammlung des tierärztlichen Provinzialvereins für Posen. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und 
Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


Die Piroplasmosis der Schafe und ihre Beziehung 
zur sogenannten Bradsot der, Schafe. 

Von Tierarzt E. Sonnenberg-Nordhausen. 

In den beiden letzten Monaten beobachtete ich anf den Gütern 
Wetterau (Kreis Schroda) und Pirschütz (Kreis Krotoschin) eine 
Lämmerseuche, die durchaus unter bradsotähnlichen Erscheinungen 
verlief. 

Charakteristisch für sie war, daß nur Lämmer daran 
erkrankten, and daß der Beginn der Seuche mit dem Anfang des 
Weidegangs zusammenfiel. 

Die Seuche trat sehr verheerend anf nnd raffte bis Ende 
Juli auf dem Gute Wetterau über 50 Proz., auf Pirschütz 
zirka 25 Proz. der Lämmer fort. 

Die in beiden Seuchengängen von mir festgestellten patho¬ 
logisch-anatomischen Veränderungen zeigten übereinstimmend 
folgendes Bild: 

Streifige, flächenartige oder auch diffuse Rötung nnd 
Schwellung am Labmagen, bisweilen auch ein hämorrhagischer 
Katarrh am Anfangsteil des Dünndarms. Daneben bestanden 
mehr oder weniger ansgeprägte, parenchymatöse Schwellangen 
an Leber, Nieren und Herz, bisweilen auch leichte MilzschweUnng. 
Bei einzelnen Tieren sah man ödematöse Schwellungen im Kehl- 
gang nnd am oberen Halse. Die Kadaver faulten außerordent¬ 
lich schnell. 

Die Erscheinungen bei Lebzeiten waren anfangs: Traurigkeit, 
Mattigkeit, diffus gerötete Konjunktiven verbunden mit serösem 
Ausfluß ans den inneren Augenwinkeln. 

Der Tod erfolgte beim Beginn der Seuche fast apoplektisch. 
Später nahm die Krankheit einen mehr protrahierten Verlauf, 
die Tiere starben nach drei bis vier Tagen, manchmal auch 
später. Bei protahiertem Verlaufe wurden die Konjunktiven 


blaß, und ein leichter DurchfaU stellte sich ein. Kehlgang und 
obere Halspartie waren ödematös geschwollen. 

Nach einigen, mißratenen Versuchen, aus den Organen 
getöteter Lämmer den sog. Bradsoterreger oder ein anderes 
Bakterium zu isolieren, untersuchte ich frische Blutproben 
kranker Tiere. 

Gelegentlich des Nachweises von Piroplasma bigeminnm im 
Blute einer Kuh mit Blutharnen war mir 36 aufgefailen, daß 
die aus einer Ohrvene entnommene Blutprobe: 

1. nicht die normale, dunkelrote Farbe zeigte, sondern hell¬ 
rot erschien, nnd daß 

2. in der Probe sich das Blutserum äußerst schnell abschied. 

Dasselbe Verhalten zeigten nun auch die von kranken 

Lämmern gewonnenen Blutproben. Das veranlaßt« mich bei den 
Lämmern das Blut zu untersuchen. 

Ich machte Ausstriche, die ich mit Alkohol absolutus 
fixierte und mit einprozent. Methylenblaulösung färbte, nnd 
fand das Piroplasma ovium. 

Hiermit ist erwiesen, daß die Piroplasmosis ovium 
auch in Deutschland vorkommt. 

Nimmt man nun ein Lehrbuch der speziellen Pathologie 
und Therapie zur Hand — mir liegt gerade das Lehrbuch von 
Hutyra nnd Marek, Ausgabe 1905, vor — und vergleich} 
einmal die beiden Kapitel über Bradsot nnd Piroplasmosis der 
Schafe, so fällt ohne weiteres die Ähnlichkeit des Kranklieits- 
bildes nnd auch des Sektionsergebnisses auf. Erwägt man 
außerdem, daß eine künstliche Infektion von Schafen durch 
Bradsotbakterien bisher einwandfrei nicht erwiesen ist — ich 
folge hier den Ausführungen des Herrn Dr. Mießner-Brom- 
berg — Bradsotbazillen sich zudem in ganz frischen Kadavern 
oftmals nicht nachweisen lassen nnd erst mit dem Auftreten 








610 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


von Fäulnis gefunden werden, auch in Kadavern ganz gesunder 
Schafe solche Bazillen nachweisbar sind, so spricht die aller¬ 
größte Wahrscheinlichkeit dagegen, daß die Bradsot durch so¬ 
genannte Bradsotbazillen hervorgerufen wird. 

Umfangreiche Blutuntersuchungen werden vielmehr nach 
meiner festen Überzeugung den Nachweis erbringen, daß die 
in Deutschland beobachteten bradsotartigen Erkrankungen der 
Schafe mit der Piroplasmosis ovium identisch sind. 

Die Abweichungen im Auftreten der Krankheit bei ver- 
schiedenaltrigen Tieren und zu verschiedenen Jahreszeiten sind 
nur scheinbare und lassen sich ungezwungen erklären. Vielleicht 
wird die Übertragung der deutschen Piroplasmosis auch durch 
Zecken geschehen. Daß aber Zecken im warmen Schafstalle — 
Schafställe sind erfahrungsgemäß stets sehr warm — gut leben 
und auch ihren Entwicklungsgang durchmachen können, ist 
jedenfalls nicht unmöglich, vielmehr durchaus wahrscheinlich. 

Zur Piroplasmosis der Schafe. 

Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Frosch und Reg.- u. Vet.-Rat Nevermann. 

Gleichzeitig mit dem vorstehend abgedruckten Bericht 
sandte Herr Tierarzt Sonnenberg dem Regierungsrat Never¬ 
mann ungefärbte Ausstrich-Präparate, die im Hygienischen 
Institut der Tierärztlichen Hochschule mit Methylenblau und 
nach Giernsa gefärbt wurden. 

Die Besichtigung dieser Präparate ergab einen Befund, 
der weitgehend an das Bestehen von Piroplasmose erinnerte. 
Zahlreiche Blutkörperchen waren mit rundlichen Gebilden 
durchsetzt, die nach Gestalt, Aussehen und Anordnung innerhalb 
der roten Blutkörperchen Piroplasmen sehr ähnelten. Außerhalb 
der Blutscheiben fehlten sie völlig*). 

Der Umstand, daß sich in den übersandten Präparaten 
bei der Giemsa-Färbung an diesen Gebilden Chromatin nicht 
nacliweisen ließ, sowie gewisse Unterschiede in der Größe und 
Anzahl der Körperchen in den einzelnen Blutscheiben veranlassen 
uns jedoch, die endgültige Beurteilung des Befundes abhängig 
zu machen von einer weiteren Untersuchung, mit der bereits 
begonnen wird. 


Zu den Erfahrungen in der Schutz- und Heilimpfung 
mit polyvalentem Kälberruhrserum nach Ludwig 
Wilhelm Gans-Frankfurt a. M., von Raebiger- 
Habelschwerdt. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck. 

In Nr. 30 dieser Wochenschrift, Seite 523, berichtet Kollege 
Raebiger über günstige Erfahrungen bei Kälberruhr durch 
Impfung mit dem polyvalenten Kälberruhrserum nach Ludwig 
Wilhelm Gans. Mir stehen in dieser Hinsicht ziemlich aus¬ 
giebige Erfahrungen zur Seite und ich habe in der Fachliteratur 
wiederholt auf die günstigen Erfolge dieser Behandlungsmethode 
hingewiesen, auch gegen den Mißbrauch, der mit „Thürpil“ noch 
immer betrieben wird, mehrere Male Front gemacht. In dieser 
Hinsicht gehe ich also mit dem Kollegen Raebiger durchaus 
konform und halte seine Hinweise auf die Wirksamkeit dieses 
Mittels für außerordentlich verdienstvoll. Die meisten Tierärzte 

*) Abbildungen oder Photogramme der Präparate haben wir 
bisher nicht fertigstellen können. Sic werden in der nächsten 
Veröffentlichung mitgeliefert werden. 


aber, die durchaus nicht gerade auf kleinlichem Standpunkte zu 
stehen brauchen, werden ebenso wie ich überrascht sein, daß 
Kollege Raebiger den Landwirten die Serumspritze gewisser¬ 
maßen in die Hand drückt und an sie Impfstoff abgibt. Wie 
schwer es ist, einen großen Teil der Landwirte dazu zu bringen, 
bei Bekämpfung der Tierseuchen allgemeine Desinfektions¬ 
maßregeln auch nur halbwegs gewissenhaft und gründlich 
durchzuführen, ist bekannt. Die. Ausführung der gegebenen 
Vorschriften läßt, wenn auch der gute Wille vorhanden 
ist, fast stets zu wünschen übrig, so daß der gedachte 
Zweck in den meisten Fällen nicht erreicht wird. Hierdurch 
erklärt es sich zum Teil, daß Seuchen, wie Kälberruhr, die als 
erloschen galten, immer wieder ausbrechen. Namentlich sind es 
die kleineren Landwirte, die den Wert und die Schwierigkeit 
der Desinfektion nicht einzusehen vermögen. Mir ist es nur bei 
größeren Landwirten vorgekommen, daß dieselben bei herrschenden 
Seuchen, z. B. Kälberruhr und ansteckendem Scheidenkatarrh, 
damit einverstanden waren oder den Wunsch aussprachen, eine 
strenge Desinfektion durch den Tierarzt selbst geleitet zu sehen. 
Daß sich eine Desinfektion, auch nur eines mittelgroßen Stalles 
von zirka 15 bis 20 Haupt, nicht für 3 bis 6 M. Kosten für 
Arzneimittel durchführen läßt, werden kleinere Landwirte nur 
selten begreifen. In vielen Fällen ist es ja entscheidend, wenn 
es nur „recht riecht“. Meiner Überzeugung nach kann in dieser 
und mancher anderen Hinsicht der Tierarzt nicht reichlich 
genug wirken durch Belehrung, in verständlichem Tone gehalten 
oder geschrieben. 

Wie nun dergleichen unvorbereitete Personen nach einmaliger 
Instruktion durch den Tierarzt mit Serumspritzen umgehen 
mögen, wie und wo sie dieselben aufbewahren, ob und wo sie 
die Nadel bezüglich die Einstichstelle reinigen und desinfizieren, 
läßt sich leicht denken. 

Eine bekannte Tatsache ist es nun, daß vielfach ländliches 
Hilfspersonal, wie namentlich Stallschweizer, Schäfer usw. sich 
für große Heilkünstler halten, die den Tierarzt mit scheelen 
Augen betrachten. Ebenso bekannt ist es, daß der AngesteHte 
vielfach die vom Tierarzt gegebenen Vorschriften in dessen Ab¬ 
wesenheit nicht ausführt, und statt der verordneten Arzneien 
eigene Heilmittel verwendet. Bleiben nun die Tiere bei der 
Anwendung letzterer am Leben, so machen sie, das heißt die 
Angestellten, sich in ihren Kreisen über den Tierarzt lustig und 
brüsten sich, die Sache besser zu verstehen. Diese Verhältnisse 
sind jedem bekannt, der Gelegenheit hatte, längere Zeit auf dem 
Lande zu leben und sich die Mühe nahm, die Verhältnisse durch 
eigene Anschauung kennen zu lernen. 

Es sollten aus den genannten Gründen die Tierärzte 
Prozeduren, wie das Impfen, nicht aus der Hand geben, da im 
anderen Fall der Landwirt leicht zu dem Glauben kommen muß, 
daß auch das Impfen eine Kleinigkeit ist. Wohin soll es aber 
schließlich kommen, wenn die Ausführung von Maßnahmen, die 
den Tierärzten reserviert bleiben sollten, den Landwirten an¬ 
vertraut werden? Kann sich da Herr Kollege Raebiger noch 
wundem, wenn wie aus Seite 337 der gleichen Nummer 30 der 
„Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“ ersichtlich, der Kur¬ 
pfuscher Ludwig den Schlundschnitt ausübt? Kann man sich 
dann noch wundem, wenn Fabrikanten pharmazeutischer Produkte, 
wie der des Pecuariol, direkt an die Landwirte herantreten und 
ihnen ihre Erzeugnisse zum direkten Bezüge anpreisen, wenn 
die Tierärzte, wie der Fall des Herrn Kollegen Raebiger lehrt, 






27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


611 


mit der Abgabe der Serumspritzen und des Serums mit dem Beispiel 
vorangehen? Ich glaube, daß die meisten Kollegen das Vor¬ 
gehen des Kollegen Raebiger nicht billigen werden, denn das¬ 
selbe trägt keineswegs dazu bei, das Ansehen der Praktiker 
bei der Landbevölkerung zu heben. 

Auch dem Ein wände, daß die Kosten für die tierärztlichen 
Bemühungen in keinem ökonomischen Verhältnis zum Werte 
des Kalbes stehen, kann man leicht entgegentreten. Es ent¬ 
scheidet hierbei nicht der Wert des einzelnen Kalbes, sondern 
der dauernde und unverhältnismäßig große Verlust, der den 
Landwirten durch den Tod fast aller Kälber zugefügt wird. 
Unter den heutigen Verhältnissen ist die Tierzucht oder Tier¬ 
haltung für die gesamte Landwirtschaft die rentabelste Wirt¬ 
schaftsmethode. Ich habe es selbst gesehen, daß ein mittleres 
Bauerngut zu sehr billigem Preise verkauft wurde, weil der 
Besitzer, infolge der Kälberruhr, nicht mehr imstande war, 
junges Vieh aufzuziehen, obgleich die gesamten landwirtschaft¬ 
lichen Verhältnisse auf die Viehproduktion zugespitzt waren. 
Dem neuen Besitzer gelang es, unter tierärztlicher Hilfe und 
durch Impfung mit polyvalentem Kälbermhrserum aller Kälber 
durch den behandelnden Tierarzt (meiner Wenigkeit) dieser 
Seuche Herr zu werden und hat mir wiederholt die Versicherung 
abgegeben, daß erst jetzt seine Besitzung ihm Freude mache 
und bedeutend an Wert gewonnen habe. Also nicht der Wert 
des einzelnen Tieres kann entscheiden (obgleich auch wohl 
nur selten der tierärztliche Besuch und die Impfung die Kosten 
eines Kalbes auch nur annähernd erreichen), sondern die 
Schädigung durch die Seuche selbst muß als Maßstab an¬ 
gesehen werden. Schließlich gibt es auch noch ein Mittel, um 
dem Besitzer die Kosten außerordentlich gering zu gestalten, 
wenn der Tierarzt sich das oder die neugeborenen Kälber zu 
bestimmten Tages- oder Morgenstunden im geschlossenen Wagen 
vor seine Tür bringen läßt und hier die Impfung vollzieht. 
Jeder Landwirt, der den Erfolg des Verfahrens beobachtet hat, 
wird sich dieser kleinen Mühe gern unterziehen, das Interesse 
des Tierarztes wie des Besitzers ist streng gewahrt, und die 
Erziehung von Pfuschern wird nach Möglichkeit vermieden. 


Oer Impfstoff für Heilzwecke bei Schweineseuche 
nach Ludwig Wilhelm Gans-Frankfurt am Main. 

Von Raebiger-Habelschwerdt. 

Die Wirkung dieser Heillymphe bei Schweineseuche beruht 
auf ihrer ausgesprochenen Fähigkeit, den Organismus im Kampfe 
gegen die Schweineseuche-Infektionen heilsam zu stärken. Ihre 
Zusammensetzung ist das Ergebnis mehrjähriger, praktischer 
und wissenschaftlicher Versuche auf Grund der Arbeiten von 
Bail, R. Ostertag, A. Wassermann und J. Gitron über die 
Angriffstoffe (Aggressine) der Bakterien, sowie von A. E. Wright 
und Douglas über die Rolle bestimmter Schutzstoffe (Opsonine) 
für die Heilung von chronisch und subakut verlaufenden In¬ 
fektionskrankheiten. 

Dementsprechend soll diese Heillymphe folgende Eigen¬ 
schaften besitzen: 

1. Soll sie im Körper Gegensubstanzen (Anti-Aggressine) 
gegen die Angriffsstoffe (Aggressine) der Schweineseuche-Bak¬ 
terien bilden. 

2. Soll sie bereits nach 24 Stunden ungemein stark die 
normalen, aber infolge der Krankheit bei Kümmerern stets her¬ 


abgesetzten Schutzkörper (Opsonine) erhöhen, also damit die 
Widerstandskraft des Tieres kräftigen (Erhöhung des opsoni- 
nischen Index). Dies soll sich darin äußern, daß unter dem 
Einflüsse der Heillymphe schon nach 1 bis 2 Tagen die weißen 
Blutkörperchen weit mehr Schweineseuche-Bazillen auffressen 
und unschädlich machen, als dies vorher der Fall war. 

3. Soll die Heillymphe keimfrei sein, d. h. sie enthält 
keine lebenden Schweineseuche-Bakterien, so daß mit ihrer An¬ 
wendung keinerlei Gefahr verbunden sein soll. 

4. Soll sie derart zusammengesetzt sein, daß ihre günstige 
Wirkung sofort eintritt. Die sonst an Impfungen sich an¬ 
schließende, gewöhnlich mehrere Tage anhaltende Reaktion, die 
eine Herabsetzung des Allgemeinzustandes und der Widerstands¬ 
kraft zur Folge hat (negative Phase der Impfung), soll bei ihr 
ausgeschaltet sein. Dadurch soll ein akuteres Aufflammen der 
Infektion anschließend an die Heilimpfung ausgeschlossen werden. 

Die Heillymphe ist gegen das Verderben gut konserviert 
und behält bei kühler, jedoch frostfreier und dunkler Lagerung 
mehrere Monat ihre volle Wirksamkeit. 

Es können Tiere jeden Alters der Impfung unterzogen 
werden. Der beste Erfolg soll erzielt werden, wenn gleich 
nach dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen der Seuche 
der Impfstoff eingespritzt wird. 

Im allgemeinen ist die Menge, die den Tieren ein gespritzt 
werden soll, nach deren Größe und Schwere der Erkrankung 
zu bemessen. 

Im Durchschnitt erhalten 

Schweine bis zu 10 kg 5 ccm, 

„ „ * 25 kg 7—10 ccm, 

„ „ „ 50 kg 10—12 ccm, 

„ n „ 75 kg 12—15 ccm, 

„ „ „ 100 kg 15—18 ccm, 

„ „ „ 150 kg 18—20 ccm, 

Schweine bis zu 200 kg und mehr Gewicht 30 ccm. 

Tiere, die schon länger an der Schweineseuche leiden oder sehr 
schwer erkrankt sind, müssen, wenn der Versuch zu ihrer 
Heilung gemacht werden soll, einer wiederholten Nachimpfung 
unterzogen werden! In einem jeden Falle, in dem trotz der 
ersten Heilimpfung das Tier nicht eine auffallende, ständig 
fortschreitende Besserung zeigt, ist die nochmalige Impfung des 
Tieres angezeigt. 

Der Impfstoff wird mittelst sterilisierter Spritze entweder 
am Grunde der Ohrmuschel oder an der inneren Seite der 
Hinterschenkel in der Höhe der Kniefalte nach vorheriger 
Desinfektion der Impfstelle unter die Haut gespritzt. Bei 
größeren Mengen ist der Impfstoff auf mehrere Stellen zu 
verteilen. 

Ich lasse nun nachfolgend einen sachlichen Bericht über 
meine Versuche mit dem Impfstoff für Heilzwecke bei Schweine¬ 
seuche sprechen: 

In einem Schweinebestande des Molkereibesitzers R. zu G. 
herrschte seit ungefähr Jahresfrist die Schweineseuche, unter 
den älteren Tieren chronisch, unter den jüngeren meist akut. 
Ich impfte vor zirka einem Jahre diesen Bestand mit dem damals 
gerade aufkommenden Suptol. 

Dieser Impfung wurden einige 60 alte und junge Schweine 
unterzogen; ich erzielte mit Suptol bei zirka 20 Proz. eine 
vorübergehende, also Scheinheilungj bei 80 Proz. sah ich keinen 
Erfolg. Ich hebe das besonders hervor, weil ich im Anfang 




612 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


meiner Versuche mit Suptol bemerkenswert günstige Erfolge 
hatte, ich habe mich aber leider in der Folge überzeugen 
müssen, daß Impfungen mit Suptol bei Schweineseuche nicht 
nennenswerte Erfolge zeitigen. Ich bezweifle auch ganz 
erheblich, daß Suptol ein reines Bakterienpräparat ist, ich habe 
häufig Niederschläge und Absonderungen in dem Präparat 
gesehen, die den dringenden Verdacht rechtfertigen, daß Suptol 
ein Heilmittel von medikamentöser Zusammensetzung ist. Doch 
nun zurück zur Heillymphe nach L. W. Gans! Am 28. Mai des 
Jahres impfte ich in dem genannten Bestände von 38 mit der 
Seuche behafteten Ferkeln 32 Tiere, sechs Tiere blieben zur 
Kontrolle ungeimpft stehen. Sämtliche Schweine zeigten die 
typischen Krankheitserscheinungen der Schweineseuche in der 
akuten Form. 

Ich impfte 24 Tiere mit je 5 bis 8 ccm genau nach Vor¬ 
schrift. Diese Tiere besserten sich fast alle in zwei bis drei 
Tagen, der Husten wurde bei erheblich gebessertem Allgemein¬ 
befinden am dritten und vierten Tage lockerer, am fünften und 
sechsten Tage nach der Impfung husteten die Ferkel nur noch 
selten, der noch schwach auftretende Husten wurde sichtbar 
ohne Schmerzen ausgelöst. Die teilweise sehr verklebten Augen 
wurden schon zwei Tage nach der Impfung klarer, um am 
vierten Tage wieder normal zu sein. Freßlust und Allgemein¬ 
befinden dieser Impflinge hoben sich schon 24 Stunden nach der 
Impfung ganz erheblich. Die bei den meisten Tieren recht 
ausgedehnte Borkenbildung begann am vierten Tage zu schwinden, 
um am zehnten Tage wieder einer beinahe glatten, reinen Haut 
zu weichen. Diese 24 Schweine, die ich von der Impfung an 
täglich zu untersuchen Gelegenheit hatte, konnte ich am 12. Juni 
als gesund bezeichnen. 

Die von den oben angeführten 32 Tieren Testierenden 
8 Impflinge impfte ich erneut am 4. Juni, da die erste Impfung 
nicht die gewünschte Besserung zeitigte, mit je 10 ccm der 
Heillymphe. Diese Ferkel, von denen 6 recht hinfällig waren, 
zeigten vom 6. Juni ab eine geringe, aber doch bemerkbare 
Besserung, die zunächst nur in etwas gesteigerter Freßlust auf¬ 
trat. Vom 7. bis 12. Juni besserten sich der Husten, die 
Lidhautentzündung, die Borkenbildung und damit das Allgemein¬ 
befinden in täglich sichtbar sich steigerndem Maße. Am 24. Juni, 
bis zu welchem Tage ich diese Tiere fast täglich untersuchte, 
konnte ich die 8 Schweine als geheilt betrachten. Die 6 un¬ 
geimpft gebliebenen Kontrolltiere waren in der Zeit bis zum 
11. Juni verendet, ich habe jedes dieser 6 ungeimpften und ver¬ 
endeten Tiere geöffnet und durch die Sektion die Schweine¬ 
seuche zweifelsfrei festgestellt. 

Am 29. Mai impfte ich zehn Schweine in ungefährem Gewicht 
von je 50 Pfund mit je 10 ccm Heillymphe. Die Tiere waren 
seit Wochen mit der Schweineseuche behaftet und befanden sich 
bei einer sehr geringen Freßlust in einem elenden Ernährungs¬ 
zustände. Die Haut der Tiere war gänzlich mit Borken bedeckt, 
die Augen waren verklebt. Der Gang dieser Tiere war taumelnd, 
sie konnten sich nur noch mühsam fortbewegen. Am Nach¬ 
mittag des 30. Mai untersuchte ich die Impflinge, von denen 
ein Tier am Vormittag desselben Tages verendet war. Durch 
Sektion stellte ich auch an diesem Schwein zweifelsfrei die 
Schweineseuche fest. 

Das schlechte Befinden der Testierenden neun fand ich nur 
wenig verändert, das Allgemeinbefinden eines Tieres schien 


etwas gehoben. Ich injizierte abermals je 10 ccm Heillymphe. 
Am 31. Mai stellte ich an einem inzwischen verendeten Schwein 
durch Sektion die Schweineseuche fest. An den reBtierenden 
acht fiel mir auf, daß der taumelnde und schwankende Gang 
sich bedeutend gebessert hatte und sich die Tiere leichter 
bewegen konnten. — Am 1. Juni konnte ich feststellen, daß 
das Allgemeinbefinden der Tiere und ganz besonders die Fre߬ 
lust sich zusehends zu bessern begannen. — Am 2. Juni fand 
ich Allgemeinbefinden und Freßlust wiederum um ein bedeutendes 
besser. Am 3. Juni ist der taumelnde Gang einer fast normalen 
Bewegung gewichen, die Impflinge fangen an, sich munterer 
und frischer zu bewegen und liegen nur noch wenig in der Streu 
herum. Am 5. Juni finde ich beginnende Reinigung der Haut, 
die Entzündungserscheinungen der Lidbindehäute beginnen sich 
zurückzubilden, doch husten die Tiere noch ziemlich häufig. 
Es ist aber nicht zu verkennen, daß der Husten lockerer wird 
und den Tieren nicht mehr so viel Schmerzen bereitet. Am 
6. Juni finde ich die Schweine wieder erheblich gebessert, die 
Augen sind nur noch wenig verklebt, die Borken sind sehr im 
Schwinden begriffen, der Husten hat erheblich nachgelassen und 
wird schmerzlos ausgelöst. — Am 10. Juni finde ich die Impf¬ 
linge mit ganz geringen Krankheitserscheinungen vor, — nach 
Aussage des Besitzers husten die Tiere selten, ich selbst konnte 
keinen Husten mehr feBtstellen, trotzdem ich sie ungefähr zwei 
Minuten vor dem Stall umherjagen ließ, die Haut hatte sich 
vollständig gereinigt, die Augen waren nur wenig verklebt, 
nach Bericht des Besitzers sollten die Augen am Morgen noch 
sehr verklebt sein. Der Ernährungszustand aller acht Impflinge 
ist allerdings bei weitem noch nicht mal ein mäßiger zu nennen, 
aber er beginnt sich zu heben. Am 14. Juni nehme ich aber¬ 
mals eine Untersuchung der Rekonvaleszenten vor, der Besitzer 
sagt mir, er hätte die Tiere Beit zwei Tagen nicht mehr husten 
hören, auch die Magd bestätigt diese Wahrnehmung. Darauf 
lasse ich die Schweine ungefähr drei Minuten in ziemlich 
schnellem Tempo in der Tummelbucht herumjagen, doch auch diese 
Bewegung vermag keinen Husten auszulösen. Die Augen sind 
vollkommen klar und gesund. Der Ernährungszustand ist ein 
mittelmäßiger geworden, die Freßlust ist nach Aussage des 
Besitzers seit drei Tagen über das normale Maß hinaus erhöht. 
Die Tiere springen und tummeln sich gleich recht gesunden 
Tieren in der Bucht. 

Am 26. Juni habe ich diese 8 Stück nochmals besichtigt 
und fand ihren Ernährungszustand direkt gut, es waren keinerlei 
Anzeichen von der Schweineseuche zurückgeblieben, die ich 
hätte klinisch feststellen können. 

Am 2. August des Jahres wurde eins von diesen Tieren 
geschlachtet, ich habe Gelegenheit genommen, dieses Schwein 
nach der Schlachtung eingehend zu untersuchen, und keine 
einzige krankhafte Veränderung des Fleisches oder der Organe 
gefunden. — 

Ich halte die Heillymphe bei Schweineseuche für ein 
wirksames Heilmittel, das bei jungen Tieren und im Anfangs¬ 
stadium angewandt, sich als spezifisch heilwirkend bewähren 
dürfte. 

Doch auch in späteren Stadien angewandt, leistet die Heil¬ 
lymphe gute Dienste, denn ich konnte von zehn, sich im letzten 
Stadium der Seuche befindlichen Schweinen, die bei Anwendung 
jeder anderen bis jetzt zur Verfügung stehenden Impf- oder 
Heilmethode zugrunde gegangen wären — 8 Tiere bei nur 





27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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zweimaliger Impfung von je 10 ccm der Heillymphe zweifelsfrei 
von der Schweineseuche heilen. 

Ich hoffe im Interesse der deutschen Schweinezucht, daß 
weitere Versuche dieses günstige Resultat bestätigen weiden. 


Zur Bekämpfung der Schweineseuche. 

Von Tierarzt Wlllenberg-Gr.-Hartmannsdorf. 

Der bei der Firma Ludwig Wilhelm Gans in Frankfurt 
(Main) angestellte Tierarzt, Herr Weidlich, berührte bei 
seinen diesjährigen Studienreisen auch den Bereich meiner 
Praxis und nahm mit einigen größeren Schweinezüchtern 
darüber Rücksprache, ob sie geneigt * seien, ihre verseuchten 
Bestände einer kostenlosen Heilimpfung zur Verfügung zu stellen. 

Nachdem sich die Firma Gans mit mir in Verbindung ge¬ 
setzt und mir das nötige Quantum (für ca. 45. M.) Heillymphe 
gegen Schweineseuche zur Verfügung gestellt hatte, habe ich 
die Impfungen an ca. 40 Tieren vorgenommen. 

Die von mir geimpften Bestände waren seit langer Zeit 
verseucht. Fast alle Tiere entwickelten sich bei quälendem 
Husten und nässendem Hautausschlag sehr schlecht. Ich habe 
Tiere gesehen, die während des Hustenanfalles erschöpft um¬ 
fielen. Die geimpften Tiere habe ich öfter kontrolliert, ein 
Todesfall ist nicht eingetreten. 

Schon 5—6 Tage nach der Impfung zeigten sich die 
Tiere frischer und wurden reiner, d. h. der Hautausschlag heilte 
sehr schnell ab. Von Tag zu Tag wurde der Husten lockerer, 
so daß nach ca. 14 Tagen ein Hustenstoß genügte, um den 
reichlichen Auswurf zu lösen, der allerdings abgeschluckt wurde. 
Der Appetit bei den Impflingen wurde ausgezeichnet; kurz, ich 
bin mit dem Impfresultat zufrieden gewesen und sage hiermit 
der Firma L. W. Gans meinen Dank. 


Aufblähen durch ein Tuberkel. 

Von Dr. Goldberger-Krojanke. 

I. 

Am 6. April wurde ich'von dem Gutsbesitzer H. in D. zu 
einer Kuh gerufen. 

Vorbericht: Die Kuh bläht seit einiger Zeit, seit den letzten 
Tagen täglich, auf. Trotz häufigen, zuletzt zweimal täglichen 
Abholens der Gase mittelst Schlundröhre und eingehaltener Diät 
hat sich der Zustand nicht geändert. In den letzten beiden 
Tagen nahm die Kuli wenig Nahrung, Aufblähung trat aber 
trotzdem ein. Die Kuh steht meist mit gekrümmtem Rücken. 
Wiederkauen und Rülpsen wird gar nicht beobachtet. 

Befund: Beim Eintritt in den Stall treffe ich die Kuh 
liegend an. Kopf hoch, Blick munter. Beim Auftreiben stellt 
sich die KHh sofort mit gekrümmtem Rücken hin. Pansen 
mäßig tympanitisch aüfgetrieben. Herzschläge rein und deutlich. 
Lungengeräusche beiderseitig normal. Puls und im After 
gemessene Temperatur normal. 

Diagnose: Indigestion. 

Therapie: Salzsäure. 

Am 9. April teilt mir Herr H. mit, daß er die Kuh soeben 
schlachten lasse und bittet um sofortige Vornahme der Fleisch¬ 
beschau. 

Bei meiner Ankunft erfahre ich, daß die Aufblähungen trotz 
sehr geringer Futteraufnahme und vorschriftsmäßig angewandten 
Medikamentes nieht nachgelassen hätten. Die Kuh hätte dauernd 


wie ein Fiedelbogen dagestanden. Besitzer habe sich das Bild 
nicht länger ansehen wollen und die Schlachtung vorgezogen. 

Sektion: Die Exenteration der Bauchorgane ergibt nichts 
Abnormes. Der Pansen ist durch fast geruchfreie Gase über¬ 
mäßig aufgetrieben und enthält wässerige Futtermassen. Beim 
Herausnehmen der Brustorgane ergibt sich folgender Befund: 
Zwischen den beiden Lungenflügeln liegt ein langer, ge¬ 
schwulstartiger Körper, den der schlachtende Schäfer für ein 
zweites totes Herz anspricht. Hieraus ist schon die ungefähre 
Form und besondere Größe dieser Bildung zu entnehmen. 
Dieselbe zeigte die respektable Länge von 31 cm und einen 
Durchmesser von 16 cm. Das Gebilde erwies sich als ein 
enormes Tuberkel, welches sich durch die Entartung der Mittel¬ 
felldrüse zu dieser Größe entwickelt hatte. Dasselbe enthielt 
grobkörnigen, dünnen Käse und war von einigen bindegewebigen 
Trabekeln durchzogen. Die übrigen Lungendrüsen waren zwar 
auch tuberkulös verändert, aber nicht sonderlich vergrößert. 
Die Kehlgangslymphdrüsen waren, wie alle übrigen Drüsen des 
Körpers, normal. 

Es ist anzunehmen, daß das Tuberkel sich in der letzten 
Zeit allmählich zu dieser Riesengröße entwickelt und auf den 
unter ihm laufenden Schlund einen Druck ausgeübt hat, so daß 
die Wiedergabe von Gasen verhindert wurde und ein permanenter 
blähsüchtiger Zustand eintrat. 

II. 

Am 21. Juli, also schon nach drei Monaten, hatte ich 
abermals Gelegenheit, denselben Fall festzustellen. 

Der Domänenpächter J. in B. verkaufte an einen hiesigen 
Fleischer eine schwere fünfjährige Kuh der holländischen Rasse, 
weil sie ihm häufig aufblähte. 

Die Fleischbeschau ergab eine starke tuberkulöse Ver¬ 
größerung der Mittelfelldrüse. Dieselbe hatte eine Länge von 
14 cm und einen Durchmesser von 10 cm. Sämtliche Lungen- 
driisen tuberkulös, im Lungenparenchym keinerlei Veränderungen. 
In der linken Kehlgangslymphdrüse ein kleinerer Herd, alle 
übrigen Drüsen und Organe des Tieres normal. 

Auch in diesem Falle traten also die Aufblähungen ein 
durch Druck der tuberkulösen, stark vergrößerten Mittelfelldrüse 
auf den Schlund, wodurch die Wiedergabe von Gasen behindert 
wurde. — Duplizität der Fälle! 


Referate. 

Geflügelkrankheiten und Geflügelzucht. 

Zusammengestellt von Professor Dr. Schmidt. 

(Vgl. Nr. 10 der B. T. W.) 

Die Hebung der Nutzgeflügeizucht in Bayern 
soll, wie in Nr. 14 der Wochenschrift für Tierheilkunde und 
Viehzucht berichtet wird, mit erneuten Kräften angestrebt 
werden. Durch die Abgeordneten Kanzler und Einhauser 
wurde in der bayerischen Kammer der Antrag gestellt, es 
möchte die Staatsregierung ersucht werden: 

a) einen Landesgeflügelzucht-Inspektor anzustellen; 

b) die Gründung von Lehr- und Musteranstalten für Geflügel¬ 
zucht bei den Landräten der einzelnen Kreise neuerdings 
anzuregen und durch ergiebige Zuschüsse zu fördern; 

c) bei staatlichen Ökonomiebetrieben (Strafanstalten, Ge¬ 

stüten usw.) Zuchtstationen und Mustergeflügelhöfe ein¬ 
zurichten. .T. Schmidt. 


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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Über Hühnerpest mit besonderer Berücksichtigung der 
pathologischen Anatomie. 

Von Dr. Freese. Repetitor am hygienischen Institut der tierärztl. 

Hochschule zu Hannover. 

(Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1908. Nr. 18.) 

In der Einleitung erwähnt der Verfasser, daß die von 
Friedberger und Fröhner als der Hühnerpest eigentümlich 
bezeichneten Symptome: Fehlen des Durchfalls und langsamerer 
Verlauf als bei Geflügelcholera nicht den tatsächlichen Ver¬ 
hältnissen entsprechen. Es wäre richtiger zu sagen, daß bei der 
Hühnerpest im allgemeinen seltener Durchfall auftritt als in der 
Geflügelcholera. Ferner ist von mehreren Autoren, auch vom 
Verfasser, beobachtet worden, daß die Hühnerpest höchst akut 
verlaufen kann. 

Über die pathologisch-anatomischen Veränderungen finden 
sich zahlreiche widersprechende Angaben. Die meisten Sektionen 
bei Hühnerpest hat in Deutschland jedenfalls Deppe rieh 
ausgeführt. Der Verfasser gibt eine Übersicht über 
die von Depperich prozentualisch zusammengestellten Haupt¬ 
veränderungen, aus denen hervorgeht, daß katarrhalische Ver¬ 
änderungen an den oberen Luftwegen, Gastroenteritis, Leber¬ 
und Nierenerkrankungen in 80—94 Proz. der Fälle beobachtet 
werden. 

Freese gibt nun in der vorliegenden Arbeit eine Be¬ 
schreibung der Veränderungen, die so gut wie in allen Fällen 
bei Hühnerpest zugegen sind, nämlich 1. Blutungen verschiedener 
Größe im Drüsenmagen. Diese Blutungen sind nach Freese 
ebenso charakteristisch für die Hühnerpest wie die subepikar¬ 
dialen Blutungen bei der Geflügelcholera. Daneben finden sich 
häufiger noch feine Blutungen im Fettgewebe am Muskelmagen 
und am Gekrösansatz des Dünndarms und größerer Blutungen 
unter der Kutikula des Muskelmagens. 2. Akute Schwellung 
der Nieren, wobei die Nieren stark hervortreten und eine grau¬ 
braune Farbe haben. In den akuteren Fällen sind die Nieren 
infolge des starken Blutgehaltes dunkelbraun und auf der Schnitt¬ 
fläche feucht. Bei Hühnern mit entwickeltem Eierstock findet 
man 3. starke Blutfülle der Gefäße in der Serosa der Dotter¬ 
kugeln, wobei nicht selten die Blutungen bis in die Dottermasse 
hineingehen. Wenig charakteristisch sind die Leberverände¬ 
rungen. Das Herzblut ist in der Regel gut geronnen. 

Außer diesen Befunden hat Freese noch bei einer größeren 
Anzahl von Hühnern Darmentzündung meist im Anfangsteil des 
Dünndarmes (die Hälfte der Fälle), Exsudat in der Bauchhöhle 
(ein Drittel der Fälle), Exsudat im Herzbeutel (weniger häufig) 
gefunden. Dem Katarrh der oberen Luftwege und des Rachens 
legt Freese keine besondere Wichtigkeit bei. Sonach weisen 
nach Freese die Blutungen im Drüsenmagen, die 
Schwellung der Nieren und die starke Blutfülle der 
Gefäße in der Serosa der Dotterkugeln, nicht selten 
verbunden mit Blutungen bei einerseuchenhaften Krankheit 
der Hühner, mit Sicherheit auf das Vorhandensein von Hühner¬ 
pest hin. Weiter bespricht Freese noch die Differentialdiagnose 
und die Übertragungsversuche und erwähnt, daß auch Gänse, 
Sperlinge an Hühnerpest erkranken und verenden. Deshalb 
wäre es besser statt Hühnerpest lieber Geflügelpest zu sagen 
und die vereinzelt für Geflügelcholera angewandte Bezeichnung 
„Geflügelpest“ in diesem Sinne nicht weiter zu gebrauchen. 

Rdr. 


Beitrag zur Kenntnis der Streptococcen-Krankheit 
(Schlafkrankheit) der Hühner. 

Von Veterinärrat Dr. L. 6reve in Oldenburg. 

(Deutsche Tierärztl. Wochenschrift 1908. Nr. 15.) 

Greve berichtet über die Sektionsergebnisse bei mehreren 
Hühnern aus einem Bestände. In Blntausstrichpräparaten (Herz¬ 
blut), wie auch in einigen Fällen in der Flüssigkeit des Herz¬ 
beutels fänden sich mit glänzender Kapsel umgebene Strepto¬ 
coccen, die mit Erfolg auf Tauben und weiße Mäuse überimpft 
wurden. Die Impftiere starben in den nächsten Tagen und es 
konnten allemal die erwähnten Streptococcen nachgewiesen 
werden. Nach den Sektionsbefunden und den im Blut Vor¬ 
gefundenen Streptococceü mußte die Krankheit als die von 
Dammann undManegold beschriebene Schlafkrankheit bezeich¬ 
net werden, welche durch den Streptococcus capsulatus galli- 
narum hervorgerufen wird. Greve macht zum Schluß darauf 
aufmerksam, daß es dringend zu empfehlen ist, auch beim Ein¬ 
gehen einzelner Hühner in einem Bestände die Blutuntersuchung 
vorzunehmen. Rdr. 

Über Kolibakterienseptikämie bei Hühneru als 
Transportkrankheit. 

Von Dr. L. CI außen, Polizeitierarzt in Hamburg. 

(Zeitschr. f. Infektionskr, paraa. Krankta. und Hy?, d. Haust. Bd. III. S. 69.) 

Gelegentlich eines Hühnertransports waren tödliche Er¬ 
krankungen vorgekommen. Im Blut der verendeten Tiere fand 
Claußen Kolibakterien in Reinkultur; andere Bakterien waren 
nicht nachzuweisen. Es gelang Claußen, durch ausgedehnte 
Versuche mit den mikrogezüchteten Bakterien dieselben Er¬ 
krankungen wieder hervorznrufen und so den Beweis zu erbringen, 
daß das Kolibakterium in Wirklichkeit der Erreger dieser 
Krankheit gewesen sein mußte. — Aus der Zusammenfassung 
seien folgende Punkte herausgehoben: Das im Darm gesunder 
Hühner vorkommende Bacterium coli besitzt die Fälligkeit, durch 
besondere Umstände (Hunger, Durst, Erkältungen, Luftmangel 
auf weiteren Transporten) virulent zu werden und eine seuchen¬ 
artige Erkrankung in Form einer Septikämie unter Hühnern 
und sonstigem Geflügel hervorzurufen. 

Künstlich läßt sich diese Virulenz durch mehrmaliges 
Hindurchschicken aus dem Darm gesunder Hühner isolierter 
Kolibakterien durch Kanarienvögel erzeugen. 

Die durch Kolibakterien hervorgerufene Septikämie des 
Geflügels ist keine unbedingt tödliche Krankheit. Selbst schwer 
erkrankte Tiere können wieder genesen. Bei manchen Impf¬ 
versuchen betrug die Mortalitätsziffer ungefähr 50 Proz. — 
Die Inkubationszeit betrug bei den Impfstoffen im Durchschnitt 
12 Stunden. Die Koliseptikämie des Geflügels kann zur Ver¬ 
wechslung mit der Geflügelcholera führen. Ihre Hauptunter¬ 
schiede von letztgenannter Seuche bestehen in der abweichenden 
Größe der Bakterien, der geringeren Virulenz derselben Tauben 
gegenüber — Eintreten des Todes erst mehrere Tage nach der 
Impfung — und dem relativ gutartigen Verlauf der Krankheit. 
In allen zweifelhaften Fällen dürften jedoch Kulturversuche mit 
den gefundenen Bakterien unerläßlich sein. Richter. 

Hochgradige tuberkulöse Veränderungen bei einem 
Huhn. 

Von Assistent Volkmann-München. 

(Wochenschrift fQr Tierheilkunde und Viehzucht, 52. Jahrg., Nr. 20.) 

Volk mann nahm bei der Sektion eines Huhnes folgenden 
Befund auf: Kadaver sehr abgemagert. An der Spitze des 





27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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linken Blinddarmes ist eine ca. hühnereigroße, harte, gelblich 
gefärbte Neubildung vorhanden, deren Oberfläche von der Serosa 
überzogen ist. Der Inhalt besteht aus käsiger Masse. Der 
übrige Teil des Blinddarmes ist verdickt und dicht besetzt mit 
hanfkorngroßen, gelben Tuberkeln. Das rechte Coecnm zeigt 
normale Beschaffenheit. Am Vormagen sitzt eine gelbliche, 
käsige Geschwulst von ungefähr Bohnengröße; die Magen¬ 
schleimhaut zeigt auf ihrer Oberfläche eine ebensogroße, käsig 
zerfallene Geschwürsfläche. Die Gekröslymphdrüsen sind teil¬ 
weise tuberkulös hyperplasiert. In Leber, Milz und Lunge finden 
sich vereiezelt Miliartuberkeln. J. Schmidt. 

Phosphorvergiftnng bei Hübnern. Strychnin¬ 
vergiftung bei Enten. 

(Veröffentlichungen ans den Jahres-Veterinär-Berichten der beamteten Tierärzte 
Preuflens für das Jahr 1905. II. Teil, Berlin 1908.) 

Im Kreise Bonn gingen zwei Hühnerbestände von 10 und 
13 Stück in wenigen Tagen ein. Bei Öffnung des Kropfes und 
Magens zeigte sich ein stechender Phosphorgeruch. In einigen 
Fällen war sogar das Aufsteigen eines leichten Qualmes zu 
bemerken. Die Leber, wie auch die Auskleidung des Magens 
waren gelblich verfärbt. 

Aus dem Kreise Halberstadt wird berichtet, daß auf einem 
Gute an dem Flüßchen Holtemme plötzlich ein ganzer Enten¬ 
bestand von 8 Stück an Strychninvergiftung starb. Ein Nach¬ 
bar hatte mit Strychnin vergifteten Weizen in das Wasser 
geworfen. Rdr. 

Ist Sarcoptes mutans lebendig gebärend? 

Von Dr. A. Hase. 

(Naturwissensch. Wochenschr. 1907, Nr. 86; nach einem Ref. im Tierarzt, 

47. Jahrg, Nr. 1.) 

Der sogenannte veränderliche Hautgraber (Sarcoptes 
mutans) findet sich in der Epidermis der Hühner und zwar mit 
Vorliebe an den Extremitäten, woselbst dieser Parasit die be¬ 
kannten Hühnerkalkbeine verursacht, und zuweilen auch im 
Kamm. Hase untersuchte zunächst die durch die chronische 
Entzündung und den beständigen Hautreiz entstandenen 
Krusten, nachdem sie in Alkohol gehärtet waren. Niemals. 
fand er dabei freie Eier, sondern immer nur die sechsbeinigen 
Larven. Bei der weiterhin vorgenommenen Untersuchung 
trächtiger Weibchen sah Hase im Uterus Larven und Eier 
in den verschiedensten Entwicklungsstadien. Es gelang ihm 
auch, den Geburtsvorgang zu beobachten und wahrzunehmen, 
daß die Larven frei beweglich ohne ihre Eihülle geboren 
werden. Die Milbenweibchen sind demnach vivipar. Hierdurch 
erklärt sich auch mühelos die große Übertragungsfähigkeit der 
Räude. J. Schmidt. 

Federlose Hübner. 

(Die Mauser, langsame Befiederung der Kücken, Federfresser.) 

(Dresdner Blätter für Geflügelzucht. 42. Jahrg. 1908, Nr. 26 u. 26.) 

In dem Artikel wird empfohlen, den Hühnern vor und 
während der Mauser, besonders wenn sie nur einen beschränkten 
Auslauf haben, gutes und reichliches Futter zu geben. Der 
Verfasser macht dann darauf aufmerkam, daß in Züchterkreisen 
die Beobachtung gemacht worden ist, daß sich bei verschiedenen 
Rassen (Cochinchina, Sangschau, Plymouth, Wyandotte) die 
Befiederung der jungen Hähne langsamer und unvollkommener 
vollzieht, als bei den Hennenkücken. Es scheint also das 


Geschlecht nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung des Gefieders 
zu sein. Es kann aber auch ein in seinem Wesen bis jetzt 
noch unbekannter, krankhafter Zustand die langsame Befiederung 
der jungen Tieren verursachen. Jedenfalls ist es ratsam, auch 
den jungen Hühnern freien Auslauf und reichliches, nahrhaftes 
Futter zu geben, denn andere und bessere Mittel stehen bis jetzt 
gegen die langsame Befiederung der Kücken nicht zur Verfügung. 
Besonders empfehlenswert ist bei langsamer Befiederung das 
Füttern von Mehlwürmern, Ameiseneiern, Knochenschrot, Milch 
und dergleichen. Daß durch Krankheiten und massenhaft vor¬ 
handene Federlinge auch die Federn an gewissen Körperteilen 
ausfallen oder ein zerfressenes Aussehen erhalten, ist hinreichend 
bekannt. In derartigen Fällen ist peinlichste Sauberkeit das 
beste Vorbeuge- und Heilmittel. Tritt jedoch das Übel in 
stärkerem Umfange auf, so leisten Staubbäder recht gute Dienste, 
besonders wenn der trockenen Erde und dem Sande gestoßener 
Schwefel und an der Luft zerfallener Kalk beigemischt wird. 
Man kann auch das Gefieder mit Insektenpulver oder mit 
Pedikulin einstäuben oder die befallenen Tiere in lauwarmem 
Wasser baden, dem man etwas Anisöl zugesetzt hat. 

Mitunter sieht man schon im zeitigen Frühjahr Hennen, die 
am Rücken oder auf den Flügeln ganz kahl und federlos sind 
oder an diesen Stellen nur noch abgebrochene Federstummeln 
haben. Man beobachtet dies in der Regel da, wo ein feuriger 
oder wohl auch zu schwerer Hahn zu wenig Hennen hat. Es 
ist dann ratsam, den Hahn nur täglich einige Stunden zu den 
Hühnern zu lassen. 

Die Unart des Federfressens oder Ausrupfens wird nach 
Meinung des Verfassers nur von den Hennen ausgeübt, fast nie 
von Hähnen. Bei Hühnern, die großen, freien Auslauf haben, 
soll die Untugend nicht Vorkommen. Der Verfasser ist demnach 
geneigt, die Langeweile als Ursache anzunehmen. Es soll aber 
auch das Füttern von rohem Fleisch schon die Kücken zu 
Federfressern machen. Sie beschmutzen sich das Gefieder mit 
dem rohen Fleisch, welches anklebt. Dann pieken sie sich 
gegenseitig das angetrocknete Fleisch aus dem Gefieder, reißen 
sich dabei auch die noch mit Blutkielen versehenen Federn aus 
und gewöhnen sich so das FederfreBsen an. 

Unter diesen Verhältnissen soll man lieber kein Fleisch, 
sondern krümeliges Weichfutter geben. Hennen, die sich oder 
den Hähnen die Federn ausziehen, soll man mit einem scharfen 
Federmesser die hornige Spitze und die scharfen Ränder des 
Oberschnabels bis auf die Weichteile, ohne jedoch diese zu 
verletzen, beschneiden. Die Tiere sind dann nicht mehr imstande, 
die Untugend zu betreiben. Allerdings wirkt die Maßregel nur 
vorübergehend. Um den Tieren möglichst Beschäftigung zu 
geben, streue man das Körnerfutter in Stroh oder in anderes 
sauberes Streumaterial, auf den Laufplätzen werden die Körner 
mit einem Rechen unter den Sand gerecht, damit die Tiere durch 
das Ausscharren Zeitvertreib haben und möglichst wenig ihrer 
Untugend fröhnen. Zuweilen hilft es auch, wenn man die mit 
Unart behafteten Tiere auf einen fremden Hof bringt, wo sie 
von den dort eingewöhnten Tieren in Respekt erhalten werden. 
Zweckmäßig ist es auch, den Schlafraum so viel als möglich zu 
verdunkeln, weil das Rupfen der Hähne durch die Hennen auch 
nicht selten während des Sitzens auf den Sitzstangen geschieht. 
Hennen, bei denen das Federfressen zur Leidenschaft geworden 
ist, sind am zweckmäßigsten zu schlachten. 


Rdr. 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 85. 


Ansteckende Luftsackentzündung der Gänse. 

Von Dr. G. Bugge-Kiel. 

(Zeitschrift f. Infektionskr., paras Krankh. u. Hyg. d. Haust. Bd. III, 8. 470). 

In einem Transport von 220 Gänsen russischer Herkunft 
starben innerhalb 7 Tage 59 Stück. Die Tiere zeigten Durchfall, 
Mattigkeit, gesträubtes Gefieder, Taumeln, beschleunigtes Atmen 
unter Aufsperren des Schnabels; sie verendeten unter allgemeiner 
Abgeschlagenheit oder ganz unerwartet. — Bei der Obduktion 
ergab sich in der Hauptsache folgendes: Die Luftsäcke, be¬ 
sonders in der Brustbeingegend, sind von gelblicher Farbe, an 
ihrer Oberfläche rauh, mit abziehbaren Häutchen bedeckt, an 
der Innenfläche mit gelbweißen Massen überzogen. Gleiche Auf¬ 
lagerungen finden sich auf Leber, Milz, Darm, Herz, Herzbeutel, 
Nieren und den serösen Häuten. In den seitlichen und hinteren 
Partien der Lungen sind zahlreiche gelbe Knötchen vorhanden. 
Die Auskleidung des Muskelmagens zeigt Stellen mit zerfressener 
Oberfläche. Am Übergange des Drüsen- zum Muskelmagen be¬ 
finden sich braunrote Massen mit feinen, weißen, zwirnartigen 
Rundwürmern. Dünndarm und Mastdarm weisen mehrfach 
Schwellung und Rötung auf; in dem graugrünlichen Darminhalt 
werden zahlreiche Wurmeier naeligewiesen. — Blutungen sind 
am Herzen nicht vorhanden. 

Die mikroskopische Untersuchung des Blutes läßt zwischen 
den Blutkörperchen eine große Zahl von schlanken Stäbchen er¬ 
kennen, die etwas länger und dicker als der Rotlaufbazillus sind. 

Die Gänse litten einerseits an einer allgemeinen 
Infektion mit einer fibrinösen Entz ündung der Luft¬ 
säcke, der Lungen und der serösen Häute der Leibes¬ 
höhle. Andererseits beherbergten sie ausnahmslos in 
der Schleimhaut ihres Muskelmagens große Mengen 
von Magenwürmern (Dispharagus u*ncTnatus). 

In verschiedenen weiteren Seuchenfällen konnte dasselbe 
Sektionsbild und derselbe bakteriologische Befund erhoben 
werden (auch von Borehmann und Langer). 

Aus den Infektionsversuchen geht hervor, daß die schlanken 
Bakterien im Blute als die Krankheitserreger anzusehen sind. 

Von der Geflügelcholera unterscheidet sich die ansteckende 
Luftsackentzündung der 'Gänse durch ihr ausschließliches 
Vorkommen bei Gänsen. Differentialdiagnosiisch genügen 
die klinischen Symptome nicht, dagegen läßt sich in den meisten 
Fällen durch mehrere Sektionen eine Entscheidung treffen. 

Bei häufigerem Vorkommen derartiger Einschleppungen durch 
ausländische Transporte würden nach Btvgge veterinärpolizeiliche 
Maßnahmen, ähnlich wie bei der Geflügelcholera, am Platze sein. 

Richter. 

Senchenartige Geflügel krankh eiten. 

(Veröffentlichungen aus den Jahrcs-Veterinär-ßerichton der beamteten Tierarzte 
Preußen* für das Jahr 1905. 11. Teil. Berlin 1908.) 

Die Coccidienseuche trat sehr häufig unter dem Geflügel 
im Kreise Johannisburg auf. In manchen Fällen starben die 
Tiere massenhaft, in anderen Beständen starben die Hühner 
nach und nach. Leber, Lungen und Nieren erwiesen sich bei 
der Sektion mit Coccidienherden durchsetzt. Die Veränderungen 
waren oft der Tuberkulose sehr ähnlich, so daß Verwechslungen 
der chronischen Coccidiose mit Tuberkulose wohl möglich ist. 
In einzelnen Gehöften tritt die Krankheit dauernd auf, so daß 
dadurch die Geflügelhaltung dort in Frage gestellt wird. 

Syngamus trachealis bei Jungen, 6 — 8 Wochen alten 
F;tsanen wurde im Kreise Niederbarnim beobachtet. Die Tiere 


gingen an Atemnot und Erstickung ein, denn die Luftröhre war 
ganz mit den Parasiten ausgefüllt. Das Terrain, auf dem die 
Fasanerie eingerichtet war, war moorig und feucht. 

Seuchenartige Krankheit der Gänse. Im August 1905 trat 
im Kreise Neidenburg in einer Herde von 120 Stück Gänsen 
eine Massenerkrankung ein, die auf Einwirkung einer Futter¬ 
schädlichkeit zurückgeführt wurde, denn die Krankheit hörte 
auf, als die Gänse im Stalle gehalten und mit gesundem Hafer 
gefüttert wurden. Die Krankheit zeichnet sich durch fort¬ 
schreitende Lähmung aus und führt nach 5—8 Tagen zum Tode. 
Zunächst bestand Verstopfung, dann folgte Durchfall. Die Augen¬ 
lider, meistens nur eines Auges, waren durch schleimig-eiteriges 
Sekret verklebt. Sektion, mikroskopische Untersuchung und 
diagnostische Impfung blieben resultatlos. 

Eine ruhrätinliche Krankheit trat im Kreise Kammin unter 
den jungen Gänsen auf. Sie grassierte bereits im Jahre 
vorher. Die Krankheit äußerte sich durch Schlafsucht und 
Lähmungserscheinungen, schwankenden Gang und Lähmung der 
Flügel. Dabei bestand ruhrartiger, mit Schaum vermischter 
diarrhöi8cher Abgang von Kot und hochgradiges Durstgefühl. 
Der Tod trat in zwei bis drei Tagen ein. Die Sektion ergab 
starke Anämie sämtlicher Organe, katarrhalische Veränderung 
der Darmschleimhaut, fibrinöse Peritonitis und Pleuritis. 

Eine ähnliche Krankheit wurde auch im Kreise Kolberg 
unter den jungen Gänsen und Enten beobachtet. Im hygienischen 
Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule wurde festgestellt, 
daß das Sterben durch einen kleinen blutsaugenden Rundwurm 
verursacht wurde, der im Darmkanal massenhaft schmarotzend 
vorkam und aus den Teichen des betreffenden Gutes von den 
Tieren aufgenommen war. Die Tiere magerten ab und gingen 
unter 'Lähmungsersclieinungen in vier bis acht Tagen zugrunde. 
Die Erkrankungen hörten auf, als die Teiche gemieden wurden. 

Entenerkrankung durch Tropidocerca fissispina. Auf einem 
Gute im Kreise Breslau starben seit Jahren die jungen 
Enten. Zugekaufte ältere Enten blieben gesund. Bei der 
Sektion fanden sich übereinstimmend gesell würige Ver¬ 
änderungen am Drüsenmagen. Diese Geschwüre waren durch 
eine mit Haken auf ihrer Oberfläche versehene Filarienart 
(Tropidocerca fissispina) verursacht. Über den Entwicklungs¬ 
gang der Parasiten und über die Infektion der Enten wird 
folgendes berichtet: Die Larven dieser Nematoden befinden sich 
in kleinen Krebsen (Daphnia pulex), die im Wasser kleiner 
Teiche leben. Sie nehmen mit Vorliebe die Exkremente erkrankter 
Enten auf, in denen sich die Embryonen in Menge vorfinden. 
Diese gelangen in den Darm, durchbohren die Wand und wachsen 
in der Leibeshöhle zu Larven an. Von den Enten werden dann 
die Daphnien mit den Filarienlarven als Nahrung aufgenommen, 
diese werden im Vormagen frei, die jungen Würmer bohren sich 
in der Magenwand fest und erzeugen die Knoten, die später 
geschwürig zerfallen. Da eine Generation der Krebse drei bis 
vier Monate lebt und mit ihnen die Larven zugrunde gehen, 
müssen die Enten so lange vom Teiche ferngehalten werden, auch 
die alten, die der Krankheit zwar nicht erliegen, aber die 
Daphnien aufs neue infizieren können. Rdr. 

Pleuro-Peritonitis des Geflügels. 

Von Guittard. 

(Le I'rogrtM vßtör., Jan. 1908, Ref. in Nr. 0 d. Wocbenachr. f, Tierhlk. u. Viehzucht, 1908.) 

Nach des Verfassers Angaben sind Erkrankungen der 
serösen Häute mit vorwiegend pseudomembranösem Charakter 







27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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beim Geflügel nicht selten. Sie endigen in der Regel nach 
ca. 15 Tagen letal. Die ersten Erscheinungen sind Traurigkeit, 
verminderter Appetit, verzögerte Verdauung, Kropfkatarrh, nach 
einigen Tagen Hinfälligkeit und Schwäche, angestrengte 
Atmung. Profuse wäßrige Diarrhöen gehen dem Tode vorauf. 

Bei der Sektion findet man in den Körperhöhlen fest¬ 
anliegende, gelbe Pseudomembranen, die auf den oberflächlichen 
Beobachter den Eindruck von Fettmassen machen. Hinsichtlich 
der Ätiologie möchte man an die Einwirkung von Infektions¬ 
stoffen denken. Positive Wahrnehmungen auf diesem Gebiete 
vermag aber Guittard nicht mitzuteilen. 

Für die Therapie ist es vorteilhaft, die schädigende kalte 
Zugluft von dem Geflügel abznhalten. Des öfteren sind In¬ 
halationen mit aromatischen und antiseptischen Mitteln vor¬ 
zunehmen. Schließlich empfiehlt Guittard noch, eine Des¬ 
infektion des Körnerfutters zu bewirken. Zu diesem Zweck 
werden 2,0 Salizylsäure in etwas Äther gelöst, sodann mit 
20,0 Karbolsäure vermengt und einem Liter Tee hinzugegossen. 
In dieser Flüssigkeit soll das Futter mazerieren, um sodann 
verabreicht zu werden. J. Schmidt. 

Die infektiöse Nekrose bei den Kanarienvögeln. 

Von Dr. Mießner und Pr. Schern-Bromberg. 

(Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde, 2. Heft, 31. Rand.) 

In einem Bestände von ca. 800 Kanarienvögeln trat Ende 1906 
eine Epizootie auf, welche große Verheerungen anrichtete. Die 
klinischen Erscheinungen bestanden in Abstumpfung, Appetit¬ 
störung und Nichtsingen. Nach drei bis vier Tagen trat der 
Tod ein. Die Seuche schien durch einen aus Magdeburg 
stammenden Transport eingeschleppt zu sein. Die Sektion 
ergab in jedem Falle Abmagerung, Veränderung in Leber und 
Milz, sowie diphtherische Erkrankungen der Rachenschleimhaut, 
seltener waren dagegen die Lungen erkrankt. Der Spezial¬ 
befund war folgender: Schwellung der Leber, unter dem 
serösen. Überzug zahlreiche Stecknadelkopf- bis hirsekorngroße 
gelblichweiße Knötchen von rundlicher oder unregelmäßiger 
Form und derber, lederartiger Konsistenz. Beim Durchschneiden 
der Knötchen fanden die Verfasser ein homogenes Zentrum und 
eine graue, durchscheinende periphere Zone. Die wurstförmig 
geschwollene Milz besitzt rosarote Farbe und einen durch das 
Vorhandensein zahlreicher Knötchen bedingte hügelige Ober¬ 
fläche. Dis Konsistenz des genannten Organs ist brüchig, das 
Aussehen erinnert an Tuberkulose. Die Knoten sind genau wie 
die der Leber beschaffen. Die Rachenschleimhaut besitzt 
gelbe, unregelmäßig gestaltete Herde, welche 172—2 mm groß 
sind. Diese Beläge lassen sich mit der Pinzette von ihrer 
Unterlage abheben und hinterlassen danach in dieser eine gegen 
die Umgebung zackig abgegrenzte Vertiefung, deren Wände 
und Grund uneben begrenzt sind. Die retropharyngealen Lympli- 
drüsen sind stecknadelkopfgroß und dunkelrot gefärbt. 

Stets konnten von Mießner und Schern in der Leber 
und Milz, niemals im Blute, kurze, plumpe Bakterien nach¬ 
gewiesen werden, welche sich besonders mit Löfflers Methylen¬ 
blau an den Enden nicht gut färbten. Aus der histologischen 
Untersuchung ergab sich, daß die Knoten durch Ansammlung 
von Bakterien und deren Einwirkung auf das Gewebe entstanden 
waren. Auf feste Nährböden überimpft, bildeten die Bakterien 
einen grauweißen, unregelmäßigen, glänzenden, schmierigen Belag. 
In Agar- und Gelatinestichkulturen entstand sehr charakteristisch 
ein feiner grauweißer Faden mit seitlich abgehenden kleinen 


Nadeln und Tröpfchen. Plattenkulturen wiesen feuchte, un¬ 
durchsichtige, runde, scharf begrenzte Kolonien auf, die gekörnt 
aussahen, und deren Zentrum dunkler als die Peripherie war. 

Die Ergebnisse von Impfungsversuchen bestanden darin, 
daß die betreffenden Kanarienvögel nach subkutaner Injektion, 
nach Aufträgen von Reinkulturen auf die Rachenschleimhaut, 
nach Verfütterung usw. an typischer Leber-Milznekrose ein¬ 
gingen. Die Geflügeldiphtherie hat mit der in Rede stehenden 
Krankheit nichts zu tun. Die Übertragungs versuche der 
Kanarienvogelnekrosebazillen auf andere Tiere (Tauben, Hühner, 
Kaninchen, Meerschweinchen, weiße Mäuse) waren im großen 
und ganzen von negativem Erfolg begleitet. Die Verfasser 
fassen die beschriebene Krankheit als besondere typische Seuche 
auf und neunen sie: „Die infektiöse Nekrose bei den Kanarien¬ 
vögeln.“ Für den Erreger schlagen sie den Namen: Bacillus 
canariensis necrophorus vor. J. Schmidt. 

Untersuchungen Aber eine Kanarienvogelseuche. 

Von Prof. Dr. Zwick. 

(Zeilsclir. f. Infektionnkr., paras. Krankh. u. Hygiene der Hauet. Bd. 4, 8. 33.) 

Zwick konnte die Leichen von drei Kanarienvögeln aus 
einer durch eine Seuche aufgeriebenen Zucht untersuchen. Der 
übereinstimmende Befund der Sektionen war in der Hauptsache: 

Durch den Leberüberzug schimmerten viele graugelbe miliare 
und größere, die Oberfläche der Leber leicht überragende 
Knötchen. Die erheblich geschwollene Milz enthielt unzählige 
solche bis stecknadelkopfgroße, verkästen Tuberkeln ähnliche 
Knötchen. An den übrigen Organen waren keine Veränderungen 
wahrnehmbar. — Die in Milz und Leber eingelagerten Knötchen 
bestanden aus Bakterienknäueln und nekrotischem Gewebe. Mit 
Gentianavioleit gefärbte Ausstriche aus Herzblut, Milz und Leber 
zeigten durchschnittlich 2 /< lange, 72 P dicke Stäbchen mit ab¬ 
gerundeten Enden und intensiverer Polfärbung. Die Bazillen 
erwiesen sich gegenüber der Gram sehen Färbung negativ und 
waren unbeweglich. 

Durch subkutane Verimpfung der Reinkultur konnte die 
Krankheit auf Kanarienvögel übertragen werden; Fütterungs¬ 
versuche bei Sperlingen fielen positiv aus. — Die Krankheits¬ 
erscheinungen traten schon am ersten oder zweiten Tage auf. 
Die Tiere verloren an Munterkeit, saßen teilweise im Käfig, 
verließen die Sitzstange, konnten sich nur mühsam auf den 
Beinen halten, blähten sich auf und atmeten sehr angestrengt. 
In der Regel versagten sie auch das Futter, bei einzelnen war 
Durchfall bemerkbar. Innerhalb 3—6 Tagen führte die Krank¬ 
heit zum Tode. 

Nach Maßgabe der bis jetzt vorliegenden eingehenderen 
Veröffentlichungen über infektiöse Krankheiten bei Kanarien¬ 
vögeln hätte man deren fünf zu kennen, nämlich die Riecksche 
Seuche, die Kern sehe Kanariencholera, die von Freese, ferner 
die von Joest und endlich die von v. Wasielewski und Hof¬ 
mann, Pfaff und die von Zwick beschriebene, v. Wasielewski 
und Hof mann rechnen ihren Bazillus der Gruppe der hämor¬ 
rhagischen Septikämie zu, also einem Formenkreis von Bakterien, 
als deren Hauptmerkmale die bipolare Färbung, das gramnegative 
Verhalten, die Unbeweglichkeit, der Mangel an Sporenbildung 
und das Unvermögen, Gelatine zu verflüssigen, gelten. Alle 
diese Attribute kennzeichnen auclr das von Zwick gefundene 
Stäbchen, weshalb er es ebenfalls jener Gruppe zuweist. 

Rieh A«r.. 



618 


Das Gehörorgan und die Sprechwerkzeuge der 
Papageien. 

Von A. Denker. 

(Nach einem Referat in „Der Tierarzt“, 17. Jabrg., Nr. 5.) 

Wesentliche Unterschiede zwischen dem Papageienohr und 
dem Hörorgan der übrigen Vögel finden sich nicht, nur wird die 
Macula neglecta vermißt. In der Basilarmembran sind ver¬ 
schieden lange elastische Fasern ausgespannt, die wie ein 
mechanischer Hilfsapparat wirken, dessen einzelne Saiten beim 
Erklingen eines Tones mitschwingen. Nicht bloß der Papagei, 
sondern auch die übrigen Vögel sind imstande, die menschliche 
Stimme zu hören. 

Die Fähigkeit des Papageien, die Stimme des Menschen 
nachzuahmen, ist nicht im Bau des Kehlkopfes zu suchen, denn 
letzterer ist auch bei den anderen Vögeln nicht erheblich anders 
gestaltet. Die genannte Fähigkeit wird bedingt durch die starke 
Auswölbung der Mund- und der Rachenhöhle und ferner auch 
durch die besondere Ausbildung und reiche Entwicklung der 
Zungenmuskulatur. J. Schmidt. 


Tagesgeschlchte. 

Protokoll der 42. Generalversammlung 
des tierärztlichen Provinzialvereins für Posen. 

Posen, Mylius-Hotel, 24. Mai 1908. 

Anwesend waren: a) Mitglieder: Departementstierarzt 
Veterinärrat Heyne-Posen, Departementstierarzt Veterinärrat 
Peters - Bromberg, Kreistierarzt Veterinärrat Roskowski- 
Fraustadt, Dr. Mießner, Vorsteher der tierhygienischen Ab¬ 
teilung des Kaiser Wilhelm-Instituts, Broinberg* Kreistierarzt 
Huth-Sarne, Kreistierarzt B am bau er-Schmiegel, Kreistierarzt 
Ukley-Schildberg, Tierarzt Dr. Heinick-Pudewitz, Kreistierarzt 
Hoffheinz-Zabikowo, Schlachthausdirektor Steinbach-Brom¬ 
berg, Polizeitierarzt Lottermoser - Bromberg, Kreistierarzt 
Fredricli-Kruschwitz, Kreistierarzt Kettritz-Mogilno, Kreis¬ 
tierarzt Elschner-Wreschen, Kreistierarzt Schwanke - Birn¬ 
baum, Kreistierarzt Has sei mann-Neutomischel, Sanitätstierarzt 
Peters - Posen, Kreistierarzt Lange-Jarotschin, Oberstabs- 
veterinftr a. D. Kunze-Posen, Kreistierarzt Bauer-Obornik, 
Kreistierarzt Jakobi - Pieschen, Zuchtdirektor Marks-Posen, 
Kreistierarzt Wagner-Hohensalza, Kreistierarzt Brunuenberg- 
Znin, Tierarzt Zyto-Wnsehen, Tierarzt Schweigert-Hohen- 
salza, Schlachthausdirektor Voigt - Strelno, Sanitätstierarzt 
Goroncy-Posen, Kreistierarzt Schlieper-Kosten, Kreistierarzt 
B r u e h n - Opalenitza, Kreistierarzt B o t h - Schrimm, Tierarzt 
Sonnenburg-Schlehen, Kreistierarzt Bauer-Samter, Kreis¬ 
tierarzt Wodarg-Kroto8chin, Oberveterinär a. D. Raupach- 
Unruhstadt, Tierarzt Polo ms ki-Kosten, Sanitätstierarzt Hoppe- 
Samt er, Tierarzt Kunze-Murowana-Goslin, Tierarzt Kukla- 
Bintschen, Sanitätstierarzt Dr. Magdeburg-Posen, Kreistierarzt 
Veterinärrat Sch ick-Wollstein, Kreistierarzt Kriiger-Wittkowo, 
Kreistierarzt Dr. Bart eis-Posen, Tierarzt Dr. Mai-Zerkau, 
Tierarzt Dr. Krembzow-Neustadt bei Pinne; 

b) Gäste: Kreistierarzt Stöcker-Lüben, Oberstabsveterinäre 
Wilde-Posen und Kammerhoff-Posen, Ober veterinär Schulz- 
Posen, Oberveterinär Wie che rt-Posen und Unterveterinär 
Dr. Ammelounx-Posen. 

Der Vorsitzende des Vereins, Herr Veterinärrat Heyne- 
Posen eröffnete um 1IV 2 Uhr die Sitzung, indem er zunächst in 


No. 35. 


kurzer, markiger Rede den Kaisertoast ausbrachte. Nach 
Begrüßung der anwesenden Gäste und Mitglieder wurde sofort 
in die Verhandlungen gemäß der Tagesordnung eingetreten. 

1. Der bisherige Schriftführer des Vereins, Kreistierarzt 
Prieur-Jarot8chin ist infolge Versetzung nach Berlin nicht mehr 
imstande, das Amt eines Schriftführers zu versehen. Der Vor¬ 
sitzende betonte die Verdienste des Kollegen um die Schrift¬ 
leitung im Verein und sprach sein lebhaftes Bedauern über das 
Scheiden des Kollegen Prieur aus unserem engeren Kreise aus. 
Zu Ehren Prieure erheben sich alle Anwesenden von den 
Sitzen. 

Für die heutige Sitzung wurde der Kreistierarzt Dr. Bartels- 
Posen mit der Schriftführung beauftragt. 

Seitens der tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin wurden 
folgende Beschlüsse zur Kenntnisnahme und Äußerung dem 
Vereine unterbreitet: 

1. Die tierärztliche Gesellschaft zu Berlin erblickt in der 
Überwachung des Marktverkehrs mit animalischen. Nahrungs¬ 
mitteln einschließlich der ordentlichen Fleischbeschau eine 
dringende Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege. 

II. Zu ihrer technischen Ausführung sind mit Rücksicht auf 
den Ursprung dieser Nahrungsmittel an erster Stelle Tierärzte 
berufen. 

III. Zwecks einheitlicher und wirksamer Durchführung hält 
die Gesellschaft die Einführung der animalischen Nahrungsmittel¬ 
kunde einschließlich der außerordentlichen Fleischbeschau, sowie 
der Auslandsfieischbeschau als besonderen Lehrgegenstand der 
tierärztlichen Hochschulen für ein zeitgemäßes und dringendes 
Bedürfnis. Die Versammlung erklärte einstimmig ihr Ein¬ 
verständnis mit den vorstehenden Thesen; der tierärztlichen 
Gesellschaft zu Berlin wird hiervon Kenntnis gegeben werden. 

Eine Einladung der „Deutschen Naturforscher und Ärzte“ 
zur Teilnahme an der 80. Versammlung in Köln am 20. bis 
26. September d. J. wurde den Anwesenden bekannt gegeben. 

2. Der Rendant des Vereins, Herr Veterinärrat Roskowski, 
erstattete darauf den Kassenbericht über das verflossene Jahr. 
Nach Prüfung der Rechnungslegung durch die Kreistierftrzte 
Bambauer-Sehmiegel und Elschner-Wreschen wurde dem 
Kassenführer Entlastung erteilt. 

3. Sodann erhielt Herr Dr. Mießner-Bromberg das Wort 
zu seinem Vortrage: „Opsonine und Bakteriotropine, sowie ihre 
Bedeutung für die Veterinärmedizin“: 

Opsonine nnd Bakteriotropine, sowie ihre Bedeutung 
für die Veterinärmedizin. 

Vortrag von Dr. Miesner-Bromberg. 

Denys und Leclef hatten bereits im Jahre 1895 bewiesen, 
daß die Immunsera gegen Pneuma- und Streptokokken bakterizider 
Körper entbehren, dagegen eine Substanz erhalten, welche auf 
das zugehörige Bakterium so einwirkt, daß dieses den Leukozyten 
zum Opfer fällt. ES mußten demnach neben den Immunkörpern 
Stoffe bestehen, die die Phagozytose zu steigern imstande sind. 

Es ist das Verdienst von Wright und Douglas, diese 
Substanzen für Normalsera und von Neufeld und Rimpan für 
Immunsera weiter untersucht zu haben. Es schien hiermit die 
Metschnikoffsche Phagozytenlehre wieder an Boden zu ge¬ 
winnen und Leishman, der dies Symptom zuerst beobachtet hat, 
ließ die Phagozyten im Sinne der Stimuline Metschnikoffs zur 
Phagozytose angeregt werden. Neufeld und Rimpan haben 
1 zuerst durch den Ehrlich Morgenrothschen Bindungsversuch 


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27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


G19 


den Beweis erbracht, daß die im Serum enthaltenen stimulieren¬ 
den Substanzen nicht auf die Leukozyten wirkten, sondern auf 
die Bakterien. Die Bakterien werden durch das Serum zur Auf¬ 
nahme, zum Schmause, vorbereitet. Wright nannte diese 
Substanzen Opsonine und Neufeld Bakteriotropine. Der 
letztere Name soll andeuten, daß unter dem Einfluß des Serums 
eine Umwandlung oder Umstimmung der Bakterien stattfindet, 
als deren Ausdruck die Phagozytose beobachtet wird. 

Durch die Versuche Neufelds war mit einem Schlage die 
Theorie Metschnikoffs von der Stimulierung des Phagozyten 
widerlegt und der Vorgang des Bakteriotropismus im Sinne der 
Ehrl ich sch en Seitenkettentheorie erklärt, nach der durch 
Immunisierung mit Bakterien im Serum stets nur solche Körper 
gebildet werden, die wieder auf Bakterien wirken. 

Wright bezeichnet die Eigenschaft des Serums, die Bakterien 
für die Phagozytose vorzabereiten, als obsonischer Index; 
durch Zählung der von den Leukozyten gefressenen Bakterien 
erhält man den phagozytären Index und der Quotient aus 
dem phagozytären Index des zu untersuchenden Serums und aus 
dem phagozytären Index eines normalen Schweines ist gleich 
dem opsonischen Index des Serums. Wright fand ferner, daß 
der opsonische Index eines Immunserums höher ist, als der¬ 
jenige eines normalen Serums und gründet speziell hierauf seine 
therapeutischen Eingriffe. Die Untersuchungen Wrights haben 
ergeben, daß man bei Kranken den opsonischen Index dadurch 
erhöhen kann, daß man ihnen die die Krankheit verursachenden 
Bakterien im abgetöteten Zustande unter die Haut spritzt. Mit 
Hilfe dieser Methode will Wright großartige Heilerfolge bei 
Krankheiten, die bis jetzt jeder Behandlung trotzten, erzielt 
haben. Besonders werden angeführt Furunkulose und andere 
chronische durch Coccen veranlaßte Hautleiden, aber auch 
pyämische und septikämische Prozesse sind zum Stillstand ge¬ 
bracht und dadurch das Leben der Patienten gerettet. Auch 
schwere Fälle von Tuberkulose sollen geheilt worden sein. Die 
Methode besteht darin, daß die möglichst aus dem Körper des 
Patienten gezüchteten Bakterien bei 60° abgetötet werden und 
dann in bestimmten Zwischenräumen unter genauer Beobachtung 
des opsonischen Index eingespritzt werden. 

Wright glaubt aber diese Methode nicht nur zu thera¬ 
peutischen sondern auch zu diagnostischen Zwecken benutzen 
zu können, speziell bei der Tuberkulose. Viele Untersuchungen 
haben ergeben, daß der opsonische Index bei lokaler Tuberkulose 
abnorm niedrig ist, weil hier eine Abgabe von Bakterien in die 
Blutbahn nicht erfolgt. Der Index schwankt zwischen hoch und 
niedrig bei allgemeiner Tuberkulose, weil hier das Blut infolge 
der fortwährenden Autoinokulation dauernd Gelegenheit hat, 
Bakterien aufzunehmen. Solcher Aufnahme folgt stets ein Steigen 
und dann ein Fallen des Index. 

Nach den neueren Arbeiten Neufelds sind die 
Bakteriotropien nicht identisch mit den Opsoninen. 
Sie unterscheiden sich einmal dadurch, daß die Opsonine auch 
in normalen Seris Vorkommen, während die Bakteriotropine erst 
in den Immunseris gebildet werden. Vor allem aber sind die 
Opsonine thermolabil und die Bakteriotropine thermo¬ 
stabil. Hierin liegt eine so weitgehende Differenz, daß an 
eine Einheit der Opsonine und Bakteriotropine, wie von vielen 
Autoren angenommen wird, nicht zu denken ist, die Opsonine 
von Wright und Douglas sind auch nicht neue Körper, sondern 
sie entstehen durch Zusammenwirken von Normalambo¬ 


zeptoren und Komplementen, von denselben Stoffen, die auch 
bei den Bakteriolysis tätig sind. Bei den bakteriotropen Vor¬ 
gängen sind weder Ambozeptor noch Komplement beteiligt. Es 
stellen Bakteriotropine völlig neue thermostabile Körper dar, 
die nichts mit der Bakteriolysis zu tun haben. 

Was die Heilerfolge Wrights anbetrifft, so sollen diese 
nicht bezweifelt werden, es ist aber fraglich, ob die Heilung 
der Vermehrung der Opsonine zuzuschreiben ist. Berücksichtigt 
man ferner die außerordentliche komplizierte Methode, so haben 
die Wright8clien Beobachtungen für die Praxis wenig Bedeutung, 
dagegen sind sie imstande, unsere serologischen Kenntnisse viel¬ 
seitig zu erweitern und zu neuen Studien anzuregen. 

Eine Diskussion fand über diesen Gegenstand nicht statt. 
Nachdem der Vorsitzende dem Referenten für seine hochinter¬ 
essanten und lehrreichen Ausführungen den Dank der Versammlung 
abgestattet hatte, folgte 4. der 2. Vortrag der Tagesordnung: 
„Die Bekämpfung der Trichinenkrankheit der Schweine durch 
Vernichtung der Ratten mittelst Ratin“, zu welchem dem Kreis¬ 
tierarzt Dr. Bartel8-Posen das Wort erteilt wurde. 

Die Trichinenkrankheit der Schweine nnd ihre Be¬ 
kämpfung durch Vernichtung der Batten mittelst Ratin. 

Vortrag von Kreistierarzt Dr. Bartels. 

Meine Herren! Der Kampf gegen die Trichinosis des 
Menschen ist nahezu so alt als unsere Kenntnis über die Ursache 
dieser Krankheit reicht. Nachdem die Trichine schon 1835 von 
Paget und Own gesehen war, erfolgte erst zirka 25 Jahre 
später die Feststellung des Zusammenhanges der Trichine mit 
der Trichinosis und der eminent wichtigen sanitätspolizeilichen 
Bedeutung dieser Krankheit durch die Beobachtungen von 
Zenker in Dresden und den gleichzeitig damit einhergehenden 
experimentellen Untersuchungen von Leuckert und Virchow. 
Die bald darauf beobachteten zum Teil furchtbaren Trichinen¬ 
epidemien zu Hettstädt 1863/64, Hedersleben 1865, Linden 1874 
führten schnell in Preußen zur Einführung der obligatorischen 
Trichinenschau für Schweine, welche Ende der siebziger Jahre 
überall durchgeführt ist. 

Vergleichende statistische Untersuchungen ergeben, daß die 
Trichinenkrankheit beim Menschen seit Einführung der Trichinen¬ 
schau selten geworden ist, und daß, wenn Bie zur Beobachtung 
gelangt, in der Regel die schlachtenden Besitzer die Schweine 
der Beschau hinterzogen haben. Ich erinnere nur an den 
kürzlich aus einem Dorfe Ostpreußens berichteten Fall. Auch 
die Zahl der trichinösen Schweine ist seit Einführung der 
Trichinenschau erheblich zurückgegangen. 1876—1889 betrug 
das Verhältnis der mit Trichinen behaftet befundenen Schweine 
zur Zahl der Gesamtschlachtungen in Preußen 1:198, in den 
Jahren 1891—96 1:3207, in den Jahren 1906 und 1907 zirka 
1:20000; im Osten der Monarchie, besonders in den Provinzen 
Posen und Schlesien werden häufiger Trichinen gefunden als im 
Westen. Von 173 532 in der Provinz Posen im letzten Viertel¬ 
jahr 1907 geschlachteten und untersuchten Schweinen wurden 
73 als trichinös befunden, es kam demnach 1 trichinöses Schwein 
auf 2377 Schlachtungen. 

Obwohl also schon durch die Bestimmungen der Trichinen¬ 
schau allein ein Rückgang der Trichinenkrankheit der Schweine 
infolge der unschädlichen Beseitigung der mit Trichinen behaftet 
befundener Schweine eintrat, ist doch allmählich die Erkenntnis 
durchgedrungen, daß es nicht dabei sein Bewenden haben könne, 
die trichinös befundenen Schweine zu beseitigen resp. ihren 


620 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Genoß fdr den Menschen unschädlich zn gestalten. Um das 
Übel an seiner Wurzel zu fassen, ist es dringend geboten, schon 
die Schweine vor der Infektion oder wohl Nichtiger Invasion mit 
Trichinen zu schützen, und damit bin ich bei meinem eigentlichen 
Thema angelangt. 

Wje kann man nun verhindern, daß die Schweine trichinös 
werden? Indem man die Quelle, aus welcher sie in der Regel 
die Trichinen acquirieren, verstopft. Es ist eine längst be¬ 
kannte Tatsache, daß die Ratten in großer Zahl trichinös sind, 
sowohl die Hausratte als auch die Wanderratte, welche jene 
in den letzten 100 Jahren fast vollkommen verdrängt hat. Die 
Viehställe gehören aber zu den beliebtesten Aufenthaltsorten 
dieser Nager. Es ist ferner beobachtet, daß die Schweine ge¬ 
schickte Rattenfänger sind, welche auch als Omnivoren ihre 
Beute verzehren. Unter den Ratten hält sich die Trichinen¬ 
krankheit, weil jene die üble Angewohnheit besitzen, ihre ver¬ 
endeten Kameraden zu verzehren, eine Tatsache, welche für die 
Bekämpfung der Trichinenkrankheit der Schweine durch Ver¬ 
nichtung der Ratten sehr wichtig ist und auf welche ich im 
folgenden noch zurückkommen werde. 

Über das Vorkommen der Trichinen bei Ratten liegen von 
verschiedenen Forschern genaue Angaben vor. Heller 
sammelte aus 29 verschiedenen Orten in Sachsen, Bayern, 
Württemberg und Österreich im ganzen 704 Ratten, von denen 
8,3 Proz. trichinös waren. Bahr in Kopenhagen fand 5,2 Proz. 
mit Trichinen behaftet. Die Vermehrung der Ratten ist eine 
sehr schnelle. Das Weibchen wirft jährlich 2—4 mal 5 bis 
10 Junge; eine Rattenfamilie kann nach Zuschlag im Jahre 
auf 800 Individuen anwachsen. So gesellig diese Tiere sonst 
zusammen leben, im Falle dos Nahrungsmangels frißt. eine 
Rattenmutter ihre eigenen Jungen, und ein hilfloses trächtiges 
Weibchen ist vor den Angriffen der männlichen Ratten nicht sicher. 

Die Schädlichkeit der Ratten beruht jedoch nicht allein 
darin, daß sie für die Schweine gefährliche Trichinenträger 
sind, sie stellen auch sonst, was ich hier nebenbei erwähnen 
möchte, große Schädlinge dar. Sie wühlen im Garten und Feld, 
unterminieren Mauern, sind unliebsame Gäste der Vorrats¬ 
kammern und Speicher, sie übertragen Infektionskrankheiten, 
so die gefürchtete Pest der Menschen und spielen auch wohl 
bei der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche eine größere 
Rolle als man bisher annahm. Der Schaden, welchen die Ratten 
in Dänemark pro Jahr anrichten, wurde gelegentlich der Ver¬ 
handlungen einer gesetzlichen Regelung der Rattentilgung auf 
rund 7 Millionen Kronen berechnet. In England schätzt man 
die „Futterkosten“, wenn ich mich so ausdrücken darf, der auf 
20 Millionen veranschlagten Ratten auf rund 300 Millionen Mark 
pro Jahr. 

Aus diesen Angaben ist ersichtlich, daß außer der Bekämpfung 
der Trichinosis der Schweine noch andere wichtige Gründe vor¬ 
liegen, gegen die Ratten engerisch zu Felde zu ziehen. Die 
Mittel, welche man zu der Vernichtung der Ratten anwendet, 
sind sehr verschieden. Justizrat Zuschlag, der Präsident des 
internationalen Vereins zur systematischen Bekämpfung der 
Rattenplage teilt die Mittel, die bisher die größte praktische 
Bedeutung erlangt haben, in drei Gruppen: 1. Fangapparate, 

2. Giftstoffe, 3. Bakterienkulturen. 

1. Fangapparate. 

Es sind dies wohl die ältesten Rattenvertilgungsmittel, deren 
man sich bedient. Sie haben die verschiedenste Konstruktion 


in Form von Fallen, Fangeisen usw. Ihre Nachteile bestehen darin, 
daß beim Vorhandensein von vielen Ratten ein großer Effekt damit 
nicht erzielt werden kann, sodann daß die Ratten, welche einen 
sehr feinen Geruchsinn besitzen, die Fallen, sobald sie nicht 
nach jedesmaligem Gebrauch gründlich gereinigt sind, meiden. 
Allzuhäuüges Reinigen macht jedoch den Mechanismus der 
Apparate untauglich. 

2. Giftstoffe. 

Giftstoffe hat man die verschiedensten Arten angewendet. 
Ich möchte hier nur Arsenik, Phosphor, kohlensaures Baryt und 
nebenbei giftige Gase, die man besonders in den großen Häfen 
zur Vernichtung der Ratten auf den Schiffen anwendet, erwähnen. 
Sämtliche Giftstoffe haben den Nachteil, daß sie auch für andere 
Haustiere, Katzen, Hühner, Enten, Gänse, Hunde und auch oft 
für Kinder verderbenbringend wirken können. Außerdem meiden 
die Ratten, sobald sie einen vergifteten Artgenossen gewittert 
haben, die Giftspeise und lassen sie unberührt. Dies gilt be¬ 
sonders von Weinbergslauch und der Meerzwiebel, welch letztere 
für Nager ein schon in kleinen Dosen tödlich wirkendes Gift 
darstellt. 

Endlich haben findige Köpfe auch versucht, die Ratten 
durch Klappermühlen und Auslegen übelriechender Stoffe, z. B. 
Saprol zu vertreiben. Abgesehen davon, daß diese Mittel oft 
gar keine Wirkung ausüben, sobald sie häufiger angewandt 
werden, ist der Erfolg auch insofern ein problematischer, da man 
günstigsten Falles die Ratten von einem Gehöft auf das andere 
treibt. 

Ein praktisches Rattenvertilgungsmittel muß daher wie 
Dr. Raebiger-Halle, welcher sich mit dieser Frage eingehend 
beschäftigt hat, angibt, folgenden Anforderungen genügen: 

1. Es muß ein Lockmittel für die Ratten sein. 

2. Es muß nur schädlich für Ratten, ungefährlich fiir 
Menschen, Haustiere und Wild sein. 

3. Es muß seine Wirksamkeit auf den ganzen Bestand 
entfalten. 

4. Es muß leicht anwendbar sein. 

5. Es muß billig sein.' 

Und hiermit kommen wir zu der letzten Gruppe der Ratten¬ 
vertilgungsmittel, 

3. Bakterien. 

Die Entdeckung des Bacillus typhi murium durch Löffler 
in Greifswald vor ca. 16 Jahren legte den Gedanken nahe, ob 
es nicht auch rattentötende Bakterien gibt, denen gegenüber 
unsere nützlichen Haustiere angeborene Unempfänglichkeit 
besitzen. Im Laufe der Jahre sind dann auch von verschiedenen 
Forschern speziell rattentötende Bakterien gefunden, von denen 
ich nur drei hervorheben möchte, weil sie in größerem Maßstabe 
praktisch verwendet wurden. 

a) Das Virus Danysz. 

b) Der Issatschenkosche Bazillus. 

c) Der Neumannsche Ratin Bazillus. 

Alle drei sind besonders von Bahr und auch Raebiger, vgl. 
Jahrbuch der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft 1907, Ma߬ 
nahmen zur Bekämpfung der Ratten-, Mäuse- und Schneckenplage, 
einer eingehenden Prüfung unterzogen. 

a) Virus Danysz. 

Der Danyszsche Bazillus bewährte öich zunächst sehr 
gut; allmählich verlor er jedoch an Virulenz, weißen Ratten 
gegenüber wirkte er tödlich. Bei manchen Kulturen beobachtete 





27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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man gerade das Umgekehrte. Kister und Röttgens fanden, 
daß die Kulturen bei der zehnten Züchtung durch den Ratten¬ 
körper überhaupt unwirksam waren. Abel erzielte in einigen 
Fällen sehr gute Resultate mit Virus Danysz. Eine konstante 
Wirkung vermißte er jedoch. Im großen und ganzen ist mit 
einem Erfolg in 50 Proz. der Versuchsorte zu rechnen. Über 
Fütterungsversuche an unseren Haustieren habe ich in der mir 
zugänglichen Literatur hinsichtlich der Danyszschen Bazillen 
nichts ermitteln können. 

b) Issatschenkosche Kulturen. 

Ähnlich liegen die Verhältnisse mit dem Issatschenkosche 
Bazillus, der besonders in Rußland in nnfangreichem Maßstabe 
verwendet wurde. Nach Bahr starben von 443 infizierten Ratten 
431 nach durchschnittlich 10 Tagen. Raebiger hatte zunächst 
besonders bei weißen Ratten mit frisch vom kaiserlich-russischen 
Ackerbauministerinm bezogenen Kulturen sehr gute Erfolge. 
Nach einer kurzen Reihe von Übertragungsversuchen schwächte 
sich die Virulenz so sehr ab, daß der Bazillus nicht einmal mehr 
bei Verimpfung in die Bauchhöhle tötete. Andere Autoren berichten 
günstiger. Durchschnittlich kann man in 70 Proz. der Ver¬ 
suchsorte auf Erfolg rechnen. 

c) Ratin-Bazillus. 

Der Ratin Bazillus, von Neumann 1903 zuerst aus dem 
Rinderharn gezüchtet, gehört ebenso wie die übrigem Ratten¬ 
bazillen zu einer Gruppe von Bakterien, Paratyphus, welche 
weitverbreitet ist und nicht nur in Schmutzwässern und Abfall¬ 
stätten vorkommt, sondern auch bei gewissen Seuchen von 
unseren Haustieren ausgeschieden wird. Er wirkt sowohl für 
Mäuse als auch für Ratten tödlich. Die Tiere gehen nach 
8 bis 14 Tagen, mitunter auch früher, oft auch erst in 20 Tagen 
zugrunde. Die Inkubationszeit beträgt bis zu acht Tagen; dieser 
Umstand ist sehr günstig, da die Tiere zunächst nichts wittern 
und alle gern die ausgelegten Brocken aufhehmen. Das Sektions¬ 
bild ist das einer hämorrhagischen Magendarmentzündung mit 
allgemein septischen Erscheinungen. 

Raebiger hat ausgedehnte Versuche sowohl im Laboratorium 
als auch in der Praxis mit Ratin gemacht. 90 Proz. der 
infizierten Ratten gingen ein. Brotbrocken mit Ratinkulturen 
imprägniert wurden gern und gierig von den Ratten aufgenommen. 
Ratin ist Lock- und Vernichtungsmittel in einer Substanz. 

Für Haustiere, kleine Sauglämmer und Ferkel ausgenommen, 
ist Ratin vollkommen unschädlich, wie zahlreiche Fütterungs¬ 
versuche an den verschiedenen Tierarten ergeben haben. Es 
wurden in Einzelfällen 60—120 g feste Ratinkulturen verfüttert. 

Ähnliche günstige Resultate wie Raebiger erzielte, werden 
auch von den Landwirtschaftskammern in Brandenburg, West¬ 
falen und Ostpreußen und den Professoren Rolle und Heß 
berichtet. 

Gerade wie beim Virus Danysz und dem Issatschenkoschen 
Bazillus wurde von Raebiger, Bahr und auch anderen Forschern 
beobachtet, daß Ratin in einzelnen Fällen trotz gieriger Auf¬ 
nahme keine krankmachende Wirkung äußerte. Bahr und 
Trautmann versuchten die Virulenz solcher Stämme durch 
Verimpfung in die Bauchhöhle wieder zu steigern. Erfolg hatten 
diese Versuche ebenso wenig wie die Passage durch das sehr 
empfängliche Meerschweinchen. Trautmann erzielte wohl 
durch Verwendung besonderer Nährböden eine gewisse Steige¬ 
rung der Virulenz abgeschwächter Kulturen, welche sich jedoch 
auch nur bei zahmen und nicht bei wilden Ratten bewährte. 


Das Versagen der Ratinkulturen wird von Trautmann auf 
eine gewisse erworbene Immunität zurückgeführt, wofür er 
folgende Erklärung gibt: 

1. Der Ratinbazillus kann infolge seines Vorkommens an 
Schmutz- und Abladestätten von den Ratten leicht aufgenommen 
werden, da diese sich hier mit Vorliebe aufhalten und diese 
Plätze durchwühlen. 

2. Bei wilden Ratten findet man sehr oft eine nicht uner¬ 
hebliche Milzschwellung, sicherlich ein Überbleibsel einer über¬ 
standenen Infektion; bei zahmen Ratten wird diese Schwellung 
stets vermißt. 

3. Ein virulenter Kulturstamm tötet zahme Ratten aus¬ 
nahmslos, während er auf wilde keinen Einfluß ausübt. 

4. Es gelang bei wilden Ratten Trautmann und Mezin- 
cescu gewisse spezifische Schutzstoffe gegen die Bakterien der 
Paratyphusgruppe im Blute wilder Ratten nachzuweisen, bei 
zahmen Ratten fehlten jene hingegen. 

Jedenfalls handelt es sich um eine erworbene Immunität, 
keine angeborene. Junge von ratinimmunen Ratten erwiesen 
sich, wie Raebiger gezeigt hat, stets empfänglich für eine 
Ratininfektion. 

Sobald die Hersteller des Ratin, eine Aktiengesellschaft 
in Kopenhagen, die dem Ratin anhaftenden Fehler bekannt 
waren, wurden dort umfangreiche Versuche angestellt, sowohl 
um eine Konstanz der Virulenz der Kulturen zu erzielen als 
auch ein Ratin herzustellen, das auch gegen die mit einer 
gewissen Immunität ausgerüsteten wilden Ratten in jedem Falle 
wirksam ist. Beides ist gelungen. Das von Kopenhagen aus 
in den Handel gebrachte Ratin besitzt eine konstante Virulenz 
und in dem kostenlos, gegebenen Falles nachgelieferten Ratin II 
oder Ratinin ist ein Mittel vorhanden, das auch wilde Ratten 
in jedem Falle tötet. Gewöhnlich wird jetzt gleich von Anfang 
an nur Ratin II angewendet. Wie die Konstanz des Präparates 
erzielt ist, entzieht sich der allgemeinen Kenntnis. Tatsache 
ist, wie viele Versuche ergeben haben, daß die versprochenen 
Anforderungen vorhanden sind. 

Nach Xylander soll der Ratinbazillus identisch mit dem 
Bacillus enteridis Gärtner sein, da beide gleiche Agglutinations¬ 
werte ergeben. Da nach meiner Ansicht die Sachlage noch 
nicht genügend geklärt ist, erübrigt es sich an dieser Stelle 
hierauf näher einzugehen. 

Ratinkulturen befinden sich im freien Handel. Es ist daher 
nicht zu verwundern, daß auch andere Institute dem Ratin ihr 
Interesse zugewendet haben und es als: Rattentyphus, Ratten¬ 
vertilgungskulturen, Morratin usw. in den Handel bringen. Die 
Sterblichkeitsziffer bei Anwendung dieser Präparate beträgt 
bei Versuchsratten 17 Proz. für Morratin, 20 Proz. für Danziger 
Kulturen, 25 Proz. für Bonner Ratten Vertilgungskulturen. Sie 
bleibt bedeutend hinter der Wirksamkeit des echten Ratin 
zurück. Die bakteriologische Abteilung des milchwirtschaftlichen 
Instituts in Wreschen bringt auch ein „Ratin“ in den Handel, 
welches jedoch unwirksam sein soll und vor welchem als 
„falschem Ratin“ unter anderem im Posener Tageblatt durch 
die Betriebsstelle des echten Ratin gewarnt ist. Es kommt bei 
der Herstellung des Ratin eben nicht nur auf den Bazillus, sondern 
besonders auf das Züchtungsverfahren an und in dieser Richtung 
ist das Kopenhagener Ratin allen Nachahmungen überlegen. 

In dem Ratin besitzen wir ein Mittel, das zuverlässig 
Ratten tötet, für unsere Haustiere nicht schädlich ist und bei 





622 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 35. 


Anslegnng einer der Rattenplage entsprechenden Menge seine 
Wirkung auf den ganzen Bestand äußert. Die Infektion — 
dieser Punkt ist wohl noch nicht ganz klargestellt — geht auch 
zum Teil auf den vorhandenen Nachwuchs über; zum Teil geht 
dieser auch infolge Mangels an Nahrung zugrunde. 

Die Anwendung des Ratin geschieht sehr einfach. Es 
werden Weißbrotschnitte mit dem in flüssigen Nährböden ge¬ 
züchteten Ratin getränkt oder die in festen Nährböden ge¬ 
wachsenen Kulturen werden in walnußgroßen Portionen oder 
mit Milch zu einem dicken Brei verrührt und lose in Zeitungs¬ 
papier gewickelt an Stellen ausgelegt, an denen sich Ratten 
aufhalten. Es empfiehlt sich, Ratin mit Holz- oder Blechlöffeln 
anzurichten, da die Ratten sehr leicht die menschliche Witterung 
annehmen und dann selbst gute Köder meiden. Für Menschen 
ist Ratin nicht gefährlich, immerhin scheint es geboten, beim 
Umgänge mit Ratin etwas Vorsicht zu gebrauchen und die 
Hände und benutzten Gefäße sauber zu reinigen. 

Ratin kommt in den Handel als flüssige Kultur in der 
Einheitspackung von 170 ccm oder als feste in der Einheits¬ 
packung von 170 g, Preis 2,50 M. Bei Füllungen von G Ein¬ 
heiten verringert sich der Preis auf ca. 1,00 M. pro Einheit. 
Den General vertrieb für Posen hat die Drogenhandlung von 
Wolff, Wilhelmplatz übernommen, der Bezug ist auch durch 
die Wirtschaftsgenossenschaft deutscher Tierärzte zu demselben 
Preise möglich. 

Wenden wir uns nun zur näheren Betrachtung der Ver¬ 
wendung des Ratin zur Bekämpfung der Trichinenkrankheit der 
Schweine. Durch den Erlaß des Herrn Ministers für Land¬ 
wirtschaft, Domänen und Forsten vom 3. Juli 1906 wurde be¬ 
stimmt, daß in jedem Falle der Feststellung von Trichinen bei 
Schweinen nach Möglichkeit der Züchter oder Mäster des Tieres 
ermittelt werden sollte. Durch diese Ermittlung wurde zu¬ 
nächst festgestellt, wo die Schweine Gelegenheit hatten, Trichinen 
zu acquirieren oder mit anderen Worten wo trichinöse Ratten 
vorhanden sind. Hier gilt es nun, wenn irgend möglich, die 
Ratten der gesamten Ortschaft „einer Ratinkur“ zu unterwerfen; 
die Menge des auszulegenden Ratin richtet sich nach der Größe 
der Rattenplage. Besser ist es stets reichlich auszulegen, damit 
jede Ratte eine genügende Doses aufuimmt und man nicht durch 
Auslegen zu minimaler Dosen künstlich ratinimmune Ratten 
schafft. Es ist nicht empfehlenswert, den Vernichtungskampf 
in einzelnen Gehöften zu fuhren, da die Wanderratte, welche 
die Hausratte in den letzten Jahren fast vollkommen verdrängt 
hat, einen ausgesprochenen Wandertrieb zeigt. Am besten 
eignet sich das Frühjahr zur Vornahme der Versuche, ehe die 
Wanderratte die Häuser und Gehöfte verläßt, um sich auf die 
Wanderschaft zu begeben, oder der Herbst, wenn sie von den 
Feldern zurückkehren; ehe sie Junge werfen. 

Nach jeder Ratinauslegung ist es dringend notwendig, so 
viel als möglich die verendeten Ratten einzusammeln, besonders 
aber die den Schweinen zugänglichen Orte gründlich abzusuchen. 
Es ist schon im Anfang dieses VortrageB darauf hingewiesen, 
daß Schweine tote Ratten fressen. Andererseits könnten auch 
eventuell überlebende Ratten ihre verendeten Artgenossen ver¬ 
zehren und so wieder zu Trichinenträgern werden. Die ge¬ 
sammelten Ratten sind möglichst unschädlich zu vernichten. 
Zweckmäßig sind dieselben vorher auf Trichinen zu untersuchen. 
Wenn nach der Auslegung von Ratin nur wenige Ratten ge¬ 
funden werden, so darf man hieraus nicht einen Schluß auf die 


Unwirksamkeit des Ratin ziehen. Die Ratten, welche mehrere 
Tage krank sind, pflegen sich an nicht zugängliche Schlupf¬ 
winkel zu verkriechen. 

Am Eingänge meines Vortrages habe ich bereits erwähnt, 
daß im Osten der Monarchie häufiger Trichinen gefunden werden 
als im Westen. Obenan stehen die Provinzen Schlesien und 
Posen. Sehr häufig wird die Trichinose von Schweinen in der 
nächsten Umgebung der Stadt Posen beobachtet. In dem z. Zt. 
von mir verwalteten Kreise Posen Ost wurden im Jahre 1904 
1. Juli bis ultimo Dezember Trichinen gefunden: bei einem 
Schweine unter 3813 Gesamtschlachtungen, im Jahre 1905 bei 
6 Schweinen bei 11455 Schlachtungen, im Jahre 1906 bei 
5 Schweinen von 11510 Schlachtungen, im Jahre 1907 bei 
8 Schweinen von 16880 Schlachtungen, im ersten Vierteljahre 
1908 bei 5 Schweinen von 4727 Schlachtungen. 

Im März d. J. wurde deshalb auf Veranlassung des Herrn 
Ministers an einigen Orten des Regierungsbezirks, in welchem 
regelmäßig und oft Trichinen gefunden sind, ein Vertilgungs¬ 
versuch der Ratten mittelst Ratin unter Leitung des Herrn Dr. 
Raebiger aus Halle in der oben beschriebenen Weise unter¬ 
nommen. Im Zwischenraum von 8 Tagen wurde zweimal Ratin 
auBgelegt in den Orten: Zegrze bei Posen in der ganzen Ort¬ 
schaft, Glowno bei Posen in einem größeren Häuserblock, Zerkow 
bei Jarotschin und Schmiegel in jedem Falle in mehreren zu¬ 
sammenliegenden Gehöften. 

Leider bin ich nicht in der Lage, Ihnen die Details der 
Versuche mitzuteilen, da die entsprechenden Untersuchungen 
noch nicht abgeschlossen sind und Herr Kollege Raebiger 
seinen offiziellen Bericht noch nicht erstattet hat. Ich kann 
Ihnen nur mitteilen, daß im Anschluß an die Ratinauslegung 
viele Ratten verendet sind und z. T. auch mit Trichinen behaftet 
befunden wurden. 

Die Trichinenschau im nächsten Jahre an diesen Orten 
wird zeigen, inwieweit ein Rückgang in der Trichinosis unter 
den Schweinen eingetreten ist. Auf einem Gehöft starben auch 
im Anschluß an die Ratinauslegung zwei Schweine, eine tragende 
Sau und ein Läufer; bei dem letzteren hatte die Haustochter 
die Aufnahme von zwei Ratinbrocken direkt beobachtet; das 
Tier ging in 48 Stunden zugrunde. Bei der Sektion wurde 
eine hämorrhagische Darmentzündung mit schweinepestähnlichen 
Follikulargeschwüren im Dickdarm festgestellt. Das andere 
Schwein erwies sich mit einer schweren Magendarmentzündung 
behaftet. Untersuchungen der Organe der beiden Schweine, 
welche in der tierhygienischen Abteilung des Kaiser Wilhelm 
Institutes zu Bromberg vorgenommen wurden, ergaben, daß 
Ratinvergiftung nicht vorlag. Meerschweinchen, Mäuse und 
Ratten, die mit Saft aus den geschwollenen Gekröslymphdriisen 
geimpft wurden, blieben gesund. Ratinbazillen waren in Ausstrich¬ 
präparaten nicht nachweisbar. Leider sind diese beiden Todes¬ 
fälle nicht genügend aufgeklärt. Schweinepest lag jedenfalls 
trotz des verdächtigen Sektionsbildes nicht vor; der Besitzer 
hatte keine Schweine zugekauft und in dem Stalle, in welchem 
die beiden verendeten Schweine untergebracht waren, sind 
Erkrankungsfälle, obwohl derselbe undesinfiziert, sofort wieder 
mit drei Schweinen besetzt wurde, nicht vorgekommen. 

Hiermit bin ich bei dem Ende meiner Ausführungen an¬ 
gelangt. Es würde mich sehr freuen, wenn ich Ihnen hiermit 
die Anregung zur Betätigung auf einem Gebiete gegeben hätte, 
auf welchem wir uns zweifelsohne, gleichviel ob beamtete oder 



27. August 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Privattierärzte, Verdienste erwerben können, sowohl nm die 
Bekämpfung der Trichinenkrankheit der Schweine und implicite 
des Menschen, als auch wegen der sonstigen großen Schädlich¬ 
keit der Ratten um die Landwirtschaft im allgemeinen, zu deren 
Helfer wir nun einmal berufen sind. 

* 

Der Vorsitzende dankt zunächst dem Referenten für seinen 
eingehenden und interessanten Vortrag und eröffnet sodann die 
Diskussion. In derselben warnt Dr. Mießner-Bromberg vor 
dem Ausstreuen der Ratinkulturen. Es seien zwar in der Praxis 
keine Ratinvergiftungen beim Menschen beobachtet, obgleich in 
Kopenhagen bei der Anlegung von Ratinkulturen und dem Ver¬ 
packen derselben zahlreiche Personen, die auch ständig wechselten, 
beschäftigt seien; immerhin mahne die von Dr. Xylander nach¬ 
gewiesene Tatsache, daß die Agglutinationswerte des Ratin¬ 
bazillus dieselben seien wie die der Bakteriengruppe Paratyplms- 
B, zur Vorsicht beim Umgehen mit dem Ratin. 

Für die Diagnose „Schweinepest“, welche bei dem im An¬ 
schluß an die Ratinauslegung in Zegrze verendeten Schweine 
im Bromberger Institut gestellt ist, lehnt Dr. Mießner die 
Haftung ab, da es sehr schwer sei, ohne klinischen Befund par I 
distance die Diagnose „Pest“ zu stellen. 

Huth-Same erinnert an die oft augepriesene Unschädlich¬ 
keit des Bacillus typhi murium, welcher sich, trotz dem einen 
Falle im Kreise Darkehmen, über welchen er näher berichtet, 
als pathogen für Kälber erwiesen habe.* Huth empfiehlt des¬ 
halb auch Vorsicht beim Ratin. 

5. Die darauf vorgenommenen Wahlen zeitigten folgendes 
Resultat: 

Als Delegierte für den Veterinärrat werden gewählt: 
Veterinärrat Heyne-Posen und Veterinärrat Peters-Bromberg, 
zu Stellvertretern Kreistierarzt Dr. Bartels-Posen, Kreistier¬ 
arzt Fredrich-Kruschwitz. Als Delegierte für die Zentral¬ 
vertretung: Veterinärrat Heyne-Posen, Veterinärrat Peters- 
Bromberg, Schlachthausdirektor Steinbach-Bromberg, Tierarzt 
Dr. Krembzow-Neustadt bei Pinne; als Stellvertreter: Kreis¬ 
tierarzt Dr. Bartels-Posen, Kreistierarzt Fredrich-Krusch¬ 
witz, Sanitätstierarzt Dr. Magdeburg-Posen, Tierarzt Kunze- 
Murowana-Goslin. 

Zum Schriftführer des Vereins wurde an Stelle des nach 
Berlin versetzten Kreistierarztes Prieur - Jarotschin Kreis¬ 
tierarzt Dr. Bartels-Posen ernannt. 

Aus der Versammlung wurde noch vom Kollegen Dr.Heinick- 
Pudewitz die Frage gerichtet, welche Stellung der Verein zur 
Bildung von Tierärztekammem genommen habe resp. nähme. 
Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Verterinärrat Peters- 
Bromberg erwiderte darauf, daß die Zentralvertretung der tier¬ 
ärztlichen Vereine Preußens die Regelung der angeregten Frage 
anstrebe und daher von seiten des Posener Vereins vorläufig 
von weiteren Schritten in dieser Angelegenheit Abstand ge¬ 
nommen werden müsse. Die Versammlung trat dieser Ansicht bei. 

Damit war die Tagesordnung erledigt und die Versamm¬ 
lung konnte gegen 2 Uhr geschlossen werden. 

Um 2y 2 Uhr fand dann ein gemeinsames Mahl mit den 
Damen der Mitglieder statt, welches, gewürzt durch heitere und 
ernste Reden, die Teilnehmer noch lange in angeregter 
Stimmung zusammenhielt. 

Heyne, Vorsitzender. Dr. Bartels, Schriftführer. 


623 


Unlversltltssuoht der Volkoochullehrer. 

Nach einem Bericht der Augsburger Abendzeitung vom 
Dienstag, den 11. August über die Hauptversammlung des 
bayerischen Volksschullehrervereins ist dort wieder das Thema 
des Studiums der Volksschullehrer erörtert worden, wobei wiederum 
(vgl. B. T. W. Nr. 28, S. 507) diesmal von Herrn Burger- 
Ludwigshafen die Äußerung getan wurde: die Tätigkeit des Volks- 
schullelirers sei doch mindestens ebenso wichtig, wie die des Tier¬ 
arztes. Da solche Fälle immer wiederkehren, so scheinen die 
Herren alles Ernstes die Einführung der Universitätsreife für 
das tierärztliche Studium als Grund für das Studium der Volks¬ 
schullehrer ausnutzen zu wollen. Man kann daraus nur den 
i Schluß ziehen, wie schwach es mit den wirklichen und inneren 
Gründen für diese Bestrebungen bestellt ist, wenn ein solches 
Motiv wirklich ernst genommen wird. Über die Hohlheit des¬ 
selben brauchen Worte nicht gemacht zu werden. Gewiß ist 
die Tätigkeit des Volksbildners außerordentlich wichtig, 
wenn auch gegenüber der Überhebung die Frage aufgeworfen 
werden muß, wie weit denn die von der Volksschule geleistete 
Bildung geht. Die Wichtigkeit aber der Aufgabe rechtfertigt 
Vergleiche wie den kritisierten überhaupt nicht. Denn nach der 
Wichtigkeit richtet sich weder das Maß dessen, was dazu gelernt 
werden muß, noch namentlich die Form des Lernens. Es gibt 
Dinge, die die wichtigsten von allen sind, und die gar nicht ge¬ 
lernt zu werden brauchen. Die Aufgabe des Volksschullehrers 
ist gewiß eine ebenso wichtige als schöne; aber sie wird am 
besten erfüllt werden, wenn sie einfach genommen und nicht 
künstlich in die Höhe geschraubt wird. Das Verständnis gerade 
für diese Einfachheit würde durch das Universitätsstudium nur 
verdorben und einem großen Teil der Lehrer die Freude an ihrer 
Aufgabe nur verleidet werden. Man hat der Hebung des Lehrer¬ 
standes wahrhaftig Konzessionen genug gemacht; man darf dabei 
nur an die Bevorzugung der Volksschullehrer in der Armee 
durch die Zulassung zum einjährig-freiwilligen Dienst erinnern. 

Schmaltz. 

Hohes Alter. 

Herr Korpsstabsveterinär a. D. Joseph Lang ist in München 
gestorben. Er hat ein Alter von 91 Jahren erreicht. 

Trauriges Ende. 

Der Kreistierarzt Tielker in Blomberg (Lippe) ist in 
trauriger Weise ums Leben gekommen. Er wurde tot am Wege 
gefunden. Der Verstorbene, 1871 approbiert, versah noch seine 
ganze Praxis zu Fuß. 

VII. Wanderversammlung Schlesischer Schlachthoftierärzte 

findet am 6. September in Hirschberg statt. Ausführliches Pro¬ 
gramm in nächster Nummer. Erscheinen ist Pflicht jedes einzelnen. 

Der stellvertr. Obmann. 

Verein der Privattierärzte Ostpreußens. 

Der Verein der Privattierärzte Ostpreußens fordert die Herren 
Privatkollegen dieser Provinz, welche dem Verein noch nicht 
angehören, dringend zum Anschluß auf, da wichtige Dinge eine 
möglichst umfassende Organisation der Vertreter dieses Standes 
geradezu erzwingen. 

Der Verein hält am Sonntag, den 6. September 1908, vormittags 
11 Uhr, im Hotel Königin Louise in Seebad Cranz eine Sitzung ab, 
zu der alle Privatkollegen, denen die Interessen unseres Standes 
am Herzen liegen, hierdurch eingeladen sind. 

Vorbegrüßung am Sonnabend, den 5. September 1908, abends 
9 Uhr, in Königsberg i. Pr. Hotel Berlin. 

Nach der Sitzung findet ein gemeinsames Mittagessen und gegen 
4 Uhr ein Kaffeeausflug nach Neukuhren, unter erwünschter Teil- 



624 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 35. 


nähme der Damen statt. Gefällige Anmeldungen hierzu bis zum 
2. September 1908 an das genannte Hotel in Cranz erbeten. 

Der Vorstand. 

v. Lojewski. Zwirner. Pelcher. Arnsdorff. 

Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet 
aus Moosburg in Oberbayern, sowie aus drei Ortschaften des 
Kreises Schlettstadt (Elsaß). 


Bttcheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der tierärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus- 
gegt'ben von Prof. Jos. Bayer in Wien und Prof. Dr. Eugen Fröhner 
in Berliu. IV. Band, II. Teil, 3. Lieferung. Extremitäten, Hufe, Klauen. 
II. Teil, 3. Lieferung. Die Hufkrankheiten des Pferdes. (Mit Ausnahme 
der Krankheiten der Hornkapsel) von Professor Dr. Eberlein in Berlin 
(Bogen 26—35). Mit 58 Abbildungen. Wien und Leipzig. Wilhelm 
Branmiiller, k. n. k. Universitatsbnehhändler. 1907. 

Der Verfasser beschreibt in der von ihm bekannten, ausführlichen 
und exakten Weise die Wunden, Frakturen der Hufknorpel, die para- und 
p ricliondrale Phlegmone, die Hnfknorpeltistel, Hufknorpelverknöeherting, 
die Wunden und eitrige Entzündung des Strahlpolsters und die Krank¬ 
heiten der Knochen der Zehe. Ganz besonders sind die Operationen 
der Hufknorpelfistel und die Resektion der llufbeinbeugeselme genau ! 
nach ihren verschiedenen Methoden beschrieben. Bei der Hufknorpelfistel- | 
Operation, bei welcher die französische, die Möllersche und Bayersche 
Methode* in Betracht kommt, spricht sich Eberlein und Fröhner für j 
die Bayersehe Methode aus, weil sie den grollen Vorteil besitzt, das 
Operationsfeld, besonders aber den kranken Knorpel und das Hufbein 
zn übersehen und die infizierten Teile leicht und gründlich zu entfernen. 
Fiir die Klinik haben die beiden Forscher jedenfalls recht, Eberlein 
betont jedoch, daß die Operation eine gewisse Übung und Geschicklich¬ 
keit des Operateurs voraussetzt Dies entspricht auch den Erfahrungen 
Venn erhol ms mit der Bayer sehen Methode, der anfänglich schlechtere, 
später bessere Erfolge bei Anwendung derselben zu verzeichnen hatte. 
Die Praxis hat sieh für die Möllersche entschieden, da die Anwendung 
der letzteren nicht so viel Übung und Geschicklichkeit voraussetzt und 
dabei keine Hornspalten und erhebliche Hufdefonnitäten Zurückbleiben, 
die bei nicht bez. wenig geübter Ausführung der llay er sehen Methode 
leicht eintreten. 

Desgl. VI. Band II. Auflage. Hautkrankheiten von Dr. Hugo 
Schindelka. Professor an der tierärztlichen Hochschule in Wien. 
Wien und Leipzig. Wilhelm Braunnillcr, k. u. k. Hof- und Univcrsitäts- 
buchhändler. 1908. 

Verfasser hat während der seit dem ersten Erscheinen des Buches 
verstrichenen 6 Jahre wiederum mehrere Lücken auf, dem Gebiete der 
Hautkrankheiten bei Tieren ausgefüllt. Die große klinische Erfahrung 
des Verfassers, gepaart mit fleißigem Studium der Literatur haben eine 
Art der Darstellung des Stoffes gezeitigt, die sowohl dem theoretischen 
Studium als auch den Bedürfnissen des praktischen Tierarztes Rechnung 
trägt. Besonders dankenswert ist die Aufnahme von 30 neuen Abbildungen 
nna 2 Farbentafeln, die sämtlich an Patienten hergestellt sind. Das 
Buch muß als «las beste auf diesem Gebiete der Tierheilkunde allen 
Kollegen warm empfohlen werden. Dr. To epp er. 

Nachschlagebuch der Firma Dr. Nördünger, Chemische Fabrik in 
Floersheim a. Main. Die kleine Broschüre enthält allerlei Ratschläge 
zur Beseitigung von Schäden, namentlich so weit sic mit chemischen 
Hilfsmitteln anznstreben ist. Darunter befinden sich auch Desinfektions- 
Vorschriften; aber im übrigen sind es allerlei Ratschläge für den häus¬ 
lichen Gebrauch: Rostschutzmittel, Reinigung von Eßgcschirren, Be¬ 
kämpfung der Fliegenplage, Luftverbesserung im Krankenzimmer usw. 
Die Broschüre wird gratis verteilt, und man wird darin manche brauch¬ 
bare Anweisung finden. 

Neue preußische Jagdordnung vom 15. Juni 1907 nebst Ausführungs- 
bestlmmungen. Amtliche Fassung. Berlin bei Schwarz & Co., S. Dresdener- 
atraße 80. Broschiert, Duodez, 112 Seiten. Den Jagdfreunden unter 
den Kollegen wird diese Ausgabe der wichtigen neuen Bestimmungen 
vielleicht willkommen sein. Der Preis von 1 M. scheint mir allerdings 
für das so einfach wie möglich ausgestattete Biiehelchen ziemlich hoch. 

Jahrbuch ffir wissenschaftliche und praktische Tierzucht ein¬ 
schließlich der Zuchttingsbiologie. lleiausgegeben vou Robert 
Mflller. Dritter Jahrgang. M. & II. Schaper, Hannover 1908. Preis M. 9,—. 

Aug. Honeker, Oberamtstierarzt, die Zucht der rehfarbenen, 
hornlosen Schwarzwaldziege in Württemberg. Mit einem 
Anhang über die Behandlung der häufigsten Ziegenkrankheiten. Mit 
6 Abbild. Eugen Ulmer, Stuttgart, 1908. Preis M. 1,60. 

Gundelach, Kreistieiarzt. Das Pferdefleisch als Nahrungs¬ 
mittel. Ileransgegeben von der Pferdesehntz-Vereiuigung über ganz 
Deutsehland (E. V.) Berlin W. 62, Schillstr. 8. 

Fritz Weitzig, Stabsveterinär, rntersuchungen über die pathogenen 
und Coli-Bakterien beim Puerperalfieber des Rindes. Stuttgart 1908. 

Fünfzehnter Verwaltungsbericht über den städtischen Schlacht- 
nnd Viehhof zu Magdeburg. Rechnungfyalir 1907. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose und spezifischen Tuber¬ 
kulose-Forschung. Herausgegebeu von Prof. Dr. Ludolph Bauer. 
Bd. X, Heft 1: Turban und Baer, Ophoniseher Index und Tuber¬ 
kulose. Mit 1 Tafel. Rothschild, Neue Gesichtspunkte iu der 
Tuberkulintherapie. Gerhartz und Strigel, Über Lun gen steine 
und Kieselsöurebehandlung. DIuski, Über Tiiberkulinanwen- 
dung in der LungentuberknIose vom k 1 inischen Standpunkte. 
Rzewuski, Zur Röntgenographie des Thorax dyspnoischer 
Patienten bei Atemstillstand. Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag), 
Wiirzhurg 190s. Preis 5 M. 


Inaugural-Disaertationen. 

Curt Glaesmer, Tierseuchen-Bekämpfung im Felde. (Vet.- 
med. Fakultät Bern.) Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz, 
Berlin 1908. 

Ernst Rosenfeld, Über die Eiweißverdanung im Magen des 
Pferdes. (Vet.-mcd. Fakultät Leipzig.) 1908. 

Sonderabdrucke. 

Bericht über die Tätigkeit des Gesundheitsamtes der 
Landwirtschaftskammer für die Provinz Pommern während 
des Jahres 1907/08. Erstattet vom Direktor Dr. »Schmitt 

„Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsarate“ Band XXVni, 
Heft 3. 1908: Prof. Dr. Uhlenhuth, Dr. O. Weldanz und Dr. Angeloff. 
über den biologischen Nachweis der Herkunft von Blut 
in blntsaugendcn Insekten. — Dr. Hüne. Die Anwendung des 
biologischen Verfahrens zum Eiweißnachweis im Fett¬ 
gewebe und ausgelassenem Fett (Schmalz*. — Prot. Dr. 
Uhlenhuth, Dr.O. Weldanz und Dr. Wedemann. Technik und Methodik 
des biologischen Verfahrens zu in Nachweis von Pferde¬ 
fleisch. — Dr.W. Wedemann. Texikologische Versuch«* mit Atoxyl 
an zahmen Ratten. — Dr. O. Weldanz und K. Borchmann. Ver¬ 
gleichende Untersuchungen über die praktische Verwert¬ 
barkeit der Präzipitinreaktion und der Komplement- 
binduugsmethode zum Nachweis von Pferdefleisch. — 
Dr. Xylander und Dr. Wolthe. über eine neue Vorrichtung 
zur Gewinnung keimfreier Sera in größeren Mengen. Julius 
Springer, Berlin. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Schlachthofdirektor 
Ernst Demmin -Zerbst die Ritter-Insignien II. Klasse des Herzoglichen 
Hausordens Albrechts des Bären; den Kreistierärzten Emst Rößler- 
Cöthen, Otto Ae/Zer-Ballenstedt, FrUdrich Stetn-Dessau der Titel 
V eterinärrat. 

Ernennungen: Distriktstierarzt Ulrich Assel- Cadolzburg zum 
Zuchtinspektor beim Zuchtverband für gelbes Frankenvieh in 
Gunzenhausen (Mittelfr), Tierarzt Hugo Bö7# we-Bitterfeld zum Stadt¬ 
tierarzt in Heubach, Schlachthoftierarzt Dr. Martin zum Schlachthof¬ 
direktor in Pforzheim (Baden), die Tierärzte A. Schaich -Mengede 
zum I. Schlachthoftierarzt in Duisburg-Meiderich, C. Heemsoth zum 
ersten Assistenten am Schlacht- und Viehhof in Barmen. 

Verzogen: Die Tierärzte Adolf Aberle von Walldürn nach Salem 
(Amt Überlingen), Bruno Fischer von Prkzerbe naefa Grönmgen), 
Earl Sichert von Dommitzsch nach Pritzerbe, Dr. Kunibert Müller 
von Treptow a. R. nach Buch (Bez. Potsdam), Hans Schreek- 
Mtinchen als bezirkstierärztlicher Assistent nach Pfullendorf (Baden), 
Jakob Huber-Amberg als Vertreter nach Köfering (OberpfA, Emst 
Schmid nach Wolfratshausen bei München. 

Promoviert: Die Tierärzte Anton Hassz aus Herrmansdorf, 
Walter Henn aus Braunfels, Hans Pächtner, Assistent am tierphysiol. 
Institut in Berlin, Joh. Rowolf aus Sorsum, Gustav Schneider aus 
Dorteweil, Heinrich Stedtfeld aus Gütersloh zum Dr. med. vet. iu 
Gießen; Gustav Becker aus Naumburg, Arthur Bösncr aus Breslau, 
Oberveterinär a. D. Friedrich Cxerwonsky in Berlin, Ulrich Davies 
ans Briesen, Kreistierarzt Wilhelm Esior in Grevenbrück, Ober- 
veterinär Kurt Gläsmer in Potsdam, Josef Olinger aus Niederkratz, 
Wilhelm Front in Leipzig-Oetsch, Heinrich Mahlstedt in Königsberg 
zum Dr. med. vefc. in Bern; Ernst Lölsch , Assistent an der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Dresden zum Dr. med. vet in Leipzig. 

In der Armee: Sachsen; Dr. Sustmann, bisher Repetitor an 
der tierärztlichen Hochschule unter Beförderung zum Oberveterinär 
in das Garde-Reiter-Regt, versetzt. Im Beurlaubtenstande; 
Abgang: Dem Stabsveterinär der Landwehr 1. Aufgeb. Möbius 
(II. Dresden) behufs Überführung zum Landsturm 2. Aufgeb. der 
Abschied bewilligt. 

Todesfälle: Korpsstabsveterinär a. D. Jos. La«</-München, Ober- 
veterinär a. D. Reinhard ATewi-Hochkretschara, Kreistierarzt Ttclker- 
Blomberg. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 32.) 

Polizeitierarzt für Düsseldorf. Gehalt 3000 M. bis 4800 M. 
Meldungen bis 10. September an den Oberbürgermeister. 

Besetzt: Die Schlachthofstellen Bremen, Duisburg-Meiderich, 
Erfurt, Königsberg i. Pr., Bad Kreuznach, Landsberg a. W., Mengede 
Pyritz, Schwiebus, Stettin, Treptow a. R. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung ron Richard SchoeU in Berlin. — 

Druck von W. BQxenatcin. Berlin. 



Die „Berliner Tlerftrstllehe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage tob Richard Schoets In 
Berlin BW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe sum Preise von M. 5,— vierteljlhr- 
lieh (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 P£ für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisllste Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


OriginalbeitrSge werden mit 60 Hk., in Petltsatx mit 
00 Mk. fllr den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
su senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, TIeräret* 
liehe Hochschule. NW., Lulsenstrafie 56. Korrekturen, 
Resensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuohhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: ( 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. DepartemenU-T. In Cöln. 


Dr. Schlegel 

Professor in Freiburg. 


Professor Dr. Peter 

8taatstierarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. 


Helfer 

8ehlach > h.-Direktor in Mülhausen L BL 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut ln Hamburg. 


Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße 

Departements-T. in Bromberg. Departements-T. ln Danzig. 

Wehrte 

Kais. Regierungsrat in Berlin. 

Dr. Stödter Dr. Trapp 

Stadt-Tierarzt in Hamburg* am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Richter 

Professor ln Dresden. 

ZQndel 

Kreistierarzt in Maihansen L B. 

Dr. Zlmmermann 

Dozent ln Budapest. 


Jahrgang 1908. ,M. 36. Ansgegeben am 3. September. 

Inhalt: Witt: Die Malaria des Rindes. — Goldbeck: Zur Schutz- und Heilimpfung mit polyvalentem Kälberruhrserum 
(L. W. Gans). — Referate: Moussu: Angeborene genitale Mißbildung und Schleimverhaltung in der Gebärmutter und der 
Scheide. — Untersuchungen Uber die Agglutination des Rotzbazillus. — Noack: Experimentelle Untersuchungen betreffend 
die bazilläre Pseudotuberkulose der Schafe und deren Übertragungsfähigkeit auf andere Tiergattungen. — Ländler: Resultate 
einer Tuberkulin-Impfung. — Aus der medizinischen Literatur. — Tageogeochlchte: Witt: Zur Ausbildung der Tierärzte. — 
Künftige Beförderungsverhältnisse. — Verschiedenes. — Staatsveterinflrwesen : Versammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates, 
Februar 1908. — Tierseuchen in Deutschland 1906. — Verschiedenes. — Nährungomittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: 
Die Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau im Deutschen Reiche im Jahre 1905. — Meßner: Tierärzte und Milch¬ 
kontrolle. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Die Malaria des Rindes. 

Idiopathische Milzruptur des Rindes = malarla perniciosa des Menschen. 

(Eine Studie aus der Praxis.) 

Von Wltt-Hadersleben. 

Seitdem in der Provinz Schleswig-Holstein die Entschädigung 
bei Milzbrand- und Rauschbrandverlusten eingeführt ist, sehe 
ich zuweilen zwei bis drei Fälle wöchentlich, in welchen Rinder 
apoplektiseh an Milzrnptnr und Verblutung in die Bauchhöhle 
gestorben sind. Ich habe in unserer Fachliteratur nach einer 
Ursache für diese Milzrupturen gesucht, aber so gut wie nichts 
gefunden. Ich habe gelegentlich tierärztlicher Versammlungen 
bei Kollegen Hilfe und Auskunft gesucht, aber nichts näheres 
erfahren. Nur wurde mir bestätigt, daß solche Fälle auch in 
anderen Kreisen durchaus nicht selten sind, und die Privat¬ 
kollegen des Kreises Hadersleben haben seit Jahren wiederholt 
solche Todesfälle beobachtet. 

Da aber nach meiner eigenen Erfahrung die Verluste an 
Milzruptur hier so häufig sind, daß diese Seuche (dafür 
der Beweis später) nach der Tuberkulose und dem 
Rauschbrand von den Seuchenkrankheiten am meisten 
Opfer fordert, so will ich nicht zögern, die Ergebnisse meiner 
Untersuchungen und Erwägungen bekannt zu geben. Ich will 
damit das Interesse weiterer Kollegen auf dies Thema hinlenken, 
und sie zu einer näheren Prüfung meiner Befunde veranlassen. 

Meine eigenen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, 
ich werde daher weiteres Material sammeln und bin gerne bereit, 
in geeigneten Fällen den verschiedenen Instituten solches zur 
Verfügung zu stellen, so weit die vorgeschrittene Jahreszeit 
noch solches liefert. Ich selbst habe leider nur wenig Muße 
und bescheidene Hilfsmittel. In jedem Jahre warten 15- bis 
20000 dänische Pferde auf eine veterinärpolizeiliche Grenz- 
untersnehung und auch der große Kreis macht viel Arbeit. 
Wenn daher mein Vorstudium der Literatur lückenhaft blieb, 
so bitte ich im voraus um gütiges Verzeihen. Ich lege auch 


nicht den Hauptwert auf einen Prioritätsstreit, sondern will 
nur ein einfacher Wegweiser sein und die Arbeit der Autoren 
und ihrer ausgedehnten Hilfskräfte hinlenken auf eine Rinder¬ 
krankheit, die in vieler Hinsicht interessant und für die Land¬ 
wirtschaft von recht erheblicher Bedeutung ist. 

I. Vorkommen der Milzruptur. 

Wie ich bereits oben erwähnte, hat die Einführung der 
Entschädigung für Milz- und Rauschbrandverluste zur Folge 
gehabt, daß wir Tierärzte, und zwar nicht nur die beamteten, 
weit häufiger als früher Gelegenheit haben, die Kadaver ge¬ 
fallener Tiere zu sezieren und die Todesursache zu ermitteln. 
Fehlt auch wohl der Verdacht für eine der genannten Seuchen, 
so ist der Landwirt um so mehr geneigt, die Sektion vornehmen 
zn lassen, als ihm stets die Entschädigung als wünschenswertes 
Ziel vor Augen steht, und die Erscheinungen bei Milz- oder 
Rauschbrand sehr oft so wenig typisch sind, daß unmöglich ein 
Laie sie richtig deuten kann. So kommt es, daß ich jährlich 
zirka 150 Rinder sezieren muß, während mein Vorgänger vor 
6 Jahren vielleicht 10 Sektionen hatte. 

Aber nicht allein die Kreistierärzte werden für solche Fälle 
requiriert und habenden Vorteil von den gesetzlichen Bestimmungen, 
wie Privattierärzte so gerne behaupten; gerade diese werden 
im Bereich ihrer Praxis so oft zur ersten Begutachtung gefallener 
Rinder gerufen, wie sie sicher früher sich nie haben träumen 
lassen. Etwa 10 Proz. der von mir zu sezierenden 
Rinder, zirka 12 bis 16 Stück jährlich, sind an Milz¬ 
ruptur und Verblutung in die Bauchhöhle zugrunde 
gegangen! 

In allen Fällen erhalte ich vom Besitzer den Vorbericht, 
daß die Tiere bei Lebzeiten nicht die geringsten Krankheits¬ 
erscheinungen zeigten, auf der W T eide oder bei Stallfütterung 
vor der halbgeleerten Krippe plötzlich zu taumeln begannen, 
umfielen und in wenigen Minuten verendeten oder unerwartet 
tot aufgefunden wurden. 







626 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


Ich sah diese Todesfälle bisher nur in den Sommermonaten; 
ich sah sie nie bei Kälbern und Jungrindern unter zwei Jahren, 
dann aber bei Tieren jeden Alters und Geschlechts, recht oft 
bei den schwersten Milchkühen. Ich sah in einigen Wochen mit 
milder, feuchter Witterung zwei bis drei Fälle, während in 
anderen Wochen oder Monaten kein solcher Fall zur Unter¬ 
suchung kam. Dabei war die Krankheit nicht gebunden an 
eine bestimmte Bodenart; sondern sie zeigte sich auf Lehm¬ 
boden, Marschland und Sandboden, anscheinend am häufigsten 
in Gegenden mit moorigem Untergrund. 

Ich will gleich bemerken, daß in allen Gegenden meines 
Kreises Hölzungen verschiedener Art und Ausdehnung, in allen 
Gegenden auch niedrige Wiesen, kleine Sümpfe und Wasser¬ 
tümpel sich vorfinden, und daß in allen Teilen des Kreises in 
früheren Jahren das Blutharnen der Rinder aufgetreten ist. Es 
hat diese Krankheit, soweit ich ermitteln konnte, früher recht 
große Vieh Verluste verursacht, sie ist aber im letzten Jahrzehnt 
seit der erheblichen Melioration des Bodens fast ganz ver¬ 
schwunden. 

2. Klinisoher Befund. 

Über besondere Krankheitssymptome bei Lebzeiten der 
Rinder und kurz vor ihrem Tode habe ich bisher nichts in 
Erfahrung bringen können, ich selbst habe nie solche Patienten 
gesehen und beobachtet. Die Besitzer versichern in allen 
Fällen, nicht die geringsten Erscheinungen einer 
Krankheit bei den Tieren bemerkt zu haben, weder 
Symptome eines fieberhaften Allgemeinleidens, noch 
auch nur verminderte Freßlust. Vereinzelt konnten sie 
oder ihre Angestellten wahrnehmen, wie die Tiere auf der 
Weide oder im Stall unerwartet mit der Futteraufnahme inne- 
liielten, nach kürzerem Taumeln und Schwanken hinstürzten 
und so schnell verendet waren, daß man selbst mit der be¬ 
absichtigten Notschlachtung bereits zu spät kam. Dieses schlag¬ 
artige Sterben veranlaßte die Besitzer um so mehr, eine schlimme 
Seuche wie Milz oder Rauschbrand zu vermuten, als oft noch 
im Todeskampf aus der Nase etwas dünnes Blut entleert wurde 
und die vorgedrängte Schleimhaut des Mastdarmes etwas blutig 
oder doch stark gerötet war. 

3. Anatomischer Befund. 

In vielen FäUen deutet schon die Lage des Kadavers den 
apoplektischen Tod an, wenn ein großer Riß in der Milzkapsel 
zur schnellen Verblutung führte; in anderen Fällen hat wohl 
ein kurzer Todeskampf stattgefunden. In der Regel ist der 
Kadaver wenig oder gar nicht aufgetrieben oder nur der Pansen 
etwas gespannt. Die Bauchdecken sind eingefallen, die Haut 
sitzt lose auf der Muskulatur und den Knochen. Totenstarre 
sah ich in den wenigsten Fällen. In den Naseneingängen sehe 
ich etwas blutig-serösen Ausfluß. Die Augen liegen tief in 
ihren Höhlen. Die Augenschleimhaut und Maulschleimhaut sind 
vollkommen blaß. Bei Tieren mit weißem Haarkleid erscheint 
die ganze Haut blaß, mit einem Stich ins Gelbliche. Der 
Kadaver macht also den Eindruck vollkommener Blut¬ 
leere. Die Gefäße der Unterhaut sind gänzlich blutleer, die 
Bauchhaut scheint noch stärker gelb gefärbt als normal. — 
Hat der Kadaver beim Eintritt des Todes auf dem Bauch ge¬ 
legen, so fällt bei Eröffnung der Bauchhöhle ein großer Blut¬ 
kuchen vor, der vielfach die ganzen Eingeweide verdeckt. 
Zwischen Dünn- und Dickdarm tritt eine blutig-seröse 
Flüssigkeit hervor in der Menge von vielen Litern; die Farbe 


der Flüssigkeit ist dunkelrot mit einem Stich ins Schwarzrote. 
Pansen, Dünn- und Dickdarm sehen grauweiß aus wie bei ge¬ 
schlachteten Tieren, einzelne Teile sind nur soweit leicht 
gerötet, als sie mit dem flüssigen Bauchhöhleninhalt oder dem 
Blutkuchen in Berührung gekommen sind. Die Lymphdrtisen 
des Darmes sind etwas geschwollen, ihre Farbe ist grau und blaß. 

Die Milz ist stark verändert, sie ist um das Drei- bis 
Fünffache vergrößert; ihre Ränder sind abgerundet. Nach Ent¬ 
fernung der der Milzoberfläche anhaftenden Blutgerinnsel zeigt 
die Milz eine dunkelblaue bis blaurote Farbe. Die Milzkapsel 
umschließt den Inhalt wie ein dünner, schlaffer Sack. Ziehe 
ich die Milz etwas hervor, so sehe ich an der äußeren, der 
Bauchwand zugekehrten Seite der Kapsel einen Riß, der in 
manchen Fällen so groß ist, daß er sich von dem einen bis zum 
anderen Längsrande der Milz hinzieht. Nie sah ich Längsrisse, 
sondern stets Querrisse. 

Aus diesem Riß ist nicht nur das Blut in die Bauchhöhle 
geflossen, auch die Milzpulpa ist zu einem Teil nachgeströmt. 
Sie bildet eine dünnbreiige oder dickflüssige Masse, 
ähnlich wie beim Milzbrand; doch es ist die Farbe der 
Milzpulpa nie dunkel- oder schwarzrot, sondern stets 
braunrot oder braungraurot. Ich hebe dies besonders 
hervor, weil es immerhin schon einigen Anhalt in differential¬ 
diagnostischer Beziehung bietet. Den Grund für die Farben¬ 
abweichung werde ich später angeben. Vielleicht darf ich hier 
folgendes einschalten: 

Dieselbe Krankheitsursache, von der ich später berichten 
will, kann auch einen schnellen Tod durch Herzlähmung herbei¬ 
führen, ohne daß es erst zur Milzruptur und Verblutung kommt. 
Ich beobachtete dies an 3 Rindern und konnte gerade hieraus 
folgern, daß ein besonderer Infektionsstoff das wirkende Agens 
sein muß. In solchen Fällen von Herzlähmung ohne Verblutung 
fehlen natürlich die charakteristischen Erscheinungen der 
letzteren. Es ist dann die Milz noch stärker geschwollen, zeigt 
aber im übrigen die oben beschriebenen Veränderungen. 

Die Leber ist etwas geschwollen, ihre Ränder sind ab¬ 
gerundet, ihre Farbe ist graugelb oder gelblich-braun, ihre 
Konsistenz weniger derb, die Acini, kaum vergrößert, lassen 
eine leicht icterische Färbung erkennen. 

Die Nieren weisen eine leichte Schwellung der Rinden¬ 
schicht auf; ihre Farbe ist graurot oder braunrot. 

Der Ham in der Harnblase ist klar, seine Farbe erinnert 
an die des hellen Bernsteins. Blutigen oder dunkelroten 
Harn sah ich in den Fällen nie. 

Die Lungen sind puffig, in allen Teilen lufthaltig, von 
blasser Farbe, wie bei geschlachteten Tieren, die Schnittfläche 
ist feucht, glänzend, aus den Luftwegen fließt leicht rötlicher 
Schaum, das Produkt des Lungenödems. 

Der Herzbeutel ist nicht verändert, in ihm befindet sich 
zuweilen ein leicht dunkelroter, seröser Erguß in der Menge 
von einigen Eßlöffeln. 

Der Herzmuskel erscheint schlaff und welk, seine Farbe 
ist grau mit einem Stich ins Gelbliche, seine Konsistenz mürbe 
und brüchig. Die Muskelfasern sind feucht, trüb und glanzlos. 
Diese Veränderungen am Herzen sind besonders deutlich bei 
den Tieren, die ohne Verblutung an Herzlähmung eingingen. 
In der dilatierten rechten Herzkammer findet man in solchen 
Fällen dünnes, wäßriges, lackfarbenes Blut. 




3. September 1908. 


Die Knochenmnskulatur ist in manchen Fällen kaum 
verändert, in anderen aber auffallend schlaff und welk, trübe 
und glanzlos, die Farbe ist graurot oder gelbrot und läßt das 
frische Rot gesunden Fleisches vermissen. Diese Erscheinungen 
sind weniger ausgeprägt bei den Fällen reiner Herzlähmung. 

In wenigen Fällen sah ich im Unterhautgewebe sulzige 
Anschwellungen von geringer Ausdehnung, deren Farbe schwach 
dunkelrot oder auch mehr gelblich war. 

Ich muß aber besonders betonen, daß in manchen 
Fällen, abgesehen von der Milz, Organveränderungen 
fast gänzlich fehlen. 

4. Differentialdiagnose. 

Kurz will ich hier erwähnen, daß bei Rindern wohl auch 
Milzruptur eintreten kann durch einen mechanischen Einfluß, 
dabei werden die Organ Veränderungen wie auch die Ver¬ 
änderungen in der Beschaffenheit des Blutes, besonders der 
roten Blutkörperchen, fehlen müssen. 

Ich habe aber bisher keinen Fall gesehen, in 
welchem ich einen mechanischen Einfluß als Ursache 
der Milzruptur und der inneren Verblutung mit Sicher¬ 
heit beschuldigen konnte. 

Ähnliche Veränderungen an der Milz, wie die oben be¬ 
schriebenen, sieht man auch beim Milzbrand. Die Ab¬ 
weichungen in der Farbe, das Fehlen sonstiger für Milzbrand 
charakteristischer Erscheinungen, vor allem das Fehlen der 
Milzbrandbazillen wird hier entscheidend sein. Schon die 
deutlich in die Augen springende Blässe der Schleimhäute wird 
bei der ersten Beobachtung einen Fingerzeig geben. Mehr 
Vorsicht ist aber geboten bei Todesfällen an Herzlähmung ohne 
Verblutung. Hier wird ein sicheres Urteil nur die mikroskopische 
Untersuchung liefern können. Was ich dabei gefunden habe, 
will ich im nächsten Kapitel erläutern. 

5. Mikroskopischer Befund, Ursache und Veranlassung der Milzruptur. 

Die parenchymatöse Entzündung der Organe und 
die offensichtliche Erkrankung des Blutes mußten 
den Verdacht auf einen infektiösen Ursprung der 
Krankheit hinlenken. Ich färbte daher verschiedene Deck¬ 
glaspräparate mit schwacher Gentianaviolett-Lösung und sah 
dann folgendes: 

Ganz vereinzelt lagen im Gesichtsfelde verstreut Bakterien 
verschiedener Größe und Gestalt, wenn ich von der Bauch¬ 
höhlenflüssigkeit oder dem Milzinhalt Präparate vor mir hatte; 
in Blutpräparaten, einer Vene entnommen, fehlten die Bakterien. 
Ich werde daher diese vereinzelten Bakterien als Verunreinigungen, 
aus Magen und Darm stammend, ansprechen können. 

In allen Präparaten war die Veränderung der 
roten Blutkörperchen, der Erythrocyten, am meisten 
auffallend. Diese zeigten zu 50—80, ja in einigen Präparaten 
zu über 90 Proz. eine Veränderung der Form und des Aussehens. 
In etwas älterem und stärker gefärbtem Material hatten sie 
die sogenannte Stechapfelform angenommen. In mehr frischen 
Präparaten und leichter erkennbar bei schwächerer Färbung, 
fand ich in den roten Blutkörperchen kleine, runde, ovale, 
bimförmige, ungefärbte, stark glänzende, lichtbrechende Körperchen 
mit einem Durchmesser von t/ 2 —2 v, zwischen den Blutkörperchen 
auch größere Gebilde von rundlich ovaler, vereinzelt auch halb¬ 
mondförmiger Gestalt, welche fast die Ausdehnung der Erytro- 
cyten erreichten. Von diesen letzten größeren Gebilden zeigten 
einige eine feine Körnung mit leichter Färbung, während andere 


(527 


gänzlich ungefärbt waren. In einigen war noch ein deutlich 
erkennbares, sehr kleines Pünktchen zu sehen, das meist genau 
im Zentrum lag. 

Die roten Blutkörperchen enthielten in dep Regel nur einen 
solchen lichtbrechenden Parasiten, dagegen konnte ich in einigen 
Leukozyten mehrere, ja bis zu 17 erkennen. Nicht alle Para¬ 
siten saßen im Innern der Blutkörperchen oder schwammen in 
der freien Masse, sondern einige schienen am Rande, an der 
Außenseite der Blutkörperchen zu sitzen, als ob sie sich diesen 
angeklammert hatten. 

Es handelt sich hier also ohne Frage uhi eine Infektion 
mit kleinen tierischen Lebewesen, mit Protozoen, wie 
sie gefunden werden beim Texasfieber (Smith), dem Blutharnen 
der Rinder (Jackschath und Ziemann), bei anderen für uns 
weniger wichtigen Infektionskrankheiten und Tropenseuchen, so 
der südafrikanischen Pferdesterbe, der Nagana und Snrra- 
krankheit, und wie sie vor allem gefunden werden bei der 
Malaria des Menschen. 

Bei dieser haben sie verschiedene Namen erhalten, Haema- 
tozoon malariae (Laveran), Plasmodium malariae (Marchia- 
j fova und Celli), Haematophyllum malariae (Metschnikoff), 
Haemasporidium (Celli und Sanfelice). Smith spricht beim 
Texasfieber vom Pyrosoma bigeminum, Patton vom Piroplasma 
bigeminum. 

Weil die mir zur Verfügung stehende Fachliteratur wenig 
Aufklärung über das Leben, die Vermehrung, die Art der 
Wirkung auf den tierischen Organismus dieser Protozoen bietet, 
so schätze ich mich glücklich, durch die Liebenswürdigkeit eines 
befreundeten Arztes in den Besitz eines umfangreichen Werkes 
über Infektionskrankheiten gelangt zu sein. Es nennt sich 
dies Werk: Die Deutsche Klinik am Eingänge des 
zwanzigsten Jahrhunderts in akademischen Vor¬ 
lesungen. Herausgegeben von F. von Leyden und 
F. Klemperer. 

In dem n. Bande, der von den Infektionskrankheiten handelt, 
hat F. Loeffler, Greifswald, die 21. Vorlesung über Malaria¬ 
krankheiten geschrieben, eine umfangreiche Arbeit von zirka 
130 Seiten. Ich werde mich nun schön hüten und die Arbeit 
eines Loeffler kritisieren, dennoch wage ich das zu sagen, 
daß diese Vorlesung mich so leicht und zwanglos und dabei 
so klar und umfassend in das Gebiet der Protozoenkrankheiten 
eingeführt hat, daß ich nur jedem Kollegen, gerade auch dem 
praktischen Tierarzt im einfachen Landstädtchen, empfehlen kann, 
die Nase einmal recht gründlich in dieses Buch hineinzustecken. 
Ist dies geschehen, so werden mich, hoffe ich, die Kollegen ver¬ 
stehen und mir beistimmen, wenn ich meinen Betrachtungen über 
Milzruptur beim Rinde nachstehendes hinzufüge. 

6. Kritische Bemerkungen. 

Es ist meines Erachtens nicht berechtigt, von der 
idiopathischen Milzruptur des Rindes, dem Blutharnen des Rindes 
und vielleicht auch dem Texasfieber und anderen verwandten 
Tropenseuchen des Rindes als von besonderen, verschiedenen 
Krankheiten zu sprechen. 

Auch die Malaria des Menschen tritt in den verschiedensten 
Ländern und Weltteilen auf und hat bei ihren verschiedenen 
Formen sicherlich zahllose verschiedene Bezeichnungen erhalten; 
dennoch hat die Medizin alle diese Formen umfaßt mit dem 
einen Namen Malaria. Mit dieser Malaria des Menschen 
haben nicht nur die oben von mir angeführten Rinder- 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



628 


No. 36. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


seuchen, sondern ganz besonders die von mir näher 
beschriebene, als eine Infektionskrankheit, eine Seuche 
gedeutete Krankheit, welche in' der Regel mit einer 
idiopathischen Milzruptur mit folgender Verblutung 
in die Bauchhöhle, in einzelnen Fällen mit einer 
Herzlähmung endigt, eine ganz frappante Ähnlichkeit. 

Protozoen bilden die gemeinsame Ursache. Im mikroskopischen 
Bilde haben diese Parasiten mit denen der Malaria des Menschen 
so vielerlei in ihrem Aussehen und ihrem Verhalten gemein, daß 
sie sicherlich sehr, schwer zu unterscheiden sind. Es unter¬ 
liegt mir keinem Zweifel, daß ich in den untersuchten 
Präparaten so ziemlich alle Formen gesehen habe, wie ich sie 
von Loeffler bei der Malaria beschrieben finde, von den 
kleinsten Entwicklungsformen bis zu den reifen Schizonten und 
Gameten, und ich möchte annehmen, daß die größeren, stark 
lichtbrechenden Körper, die frei zwischen den Blutkörperchen 
schwammen, als Makrogameten, wenn groß und granuliert, als 
Mikrogametozyten, wenn kleiner und ungranuliert, zu deuten sind. 

Ich habe bisher keine Gelegenheit gehabt, kranke Rinder 
vor dem Tode an Milzruptur zu beobachten. Ob wir hier 
Quotidian-, Tertian-, Quartan- oder Aestivo-autumnal-Patienten 
oder nach R. Koch nur drei Typen, die Tertiana, Quartana und 
Tropica finden werden, soll die weitere Erfahrung lehren. Das 
steht für mich fest, daß die Krankheit des Rindes, die 
mit Milzruptur und Verblutung endet, genau gleicht 
der malaria perniciosa des Menschen, bei welcher die 
Kranken, wenn auch selten dem ersten Anfalle, wohl aber dem 
zweiten oder dritten erliegen können. Auf Seite 692 des oben 
zitierten Bandes schreibt Loeftler: 

„Nach den neueren Forschungen kann die Ursache der 
Perniziosität gesucht werden einmal in der Intensität der Infek¬ 
tion, d. h. in der Menge der im Blut vorhandenen Parasiten. 
Wenn man bedenkt, daß Koch bis 80 Proz. sämtlicher Blut¬ 
körperchen eines Kranken von Parasiten befallen gefunden hat, 
daß mithin ‘/ 5 der Blutkörperchen ihrer physiologischen Be¬ 
stimmung der Sauerstoffaufnahme mehr oder weniger entzogen 
waren, so wird man verstehen, daß damit eine schwere Gefahr 
für den ganzen Organismus verbunden sein muß. Da nun 
ferner die Parasiten bei ihrem Wachstum das Hämoglobin der 
Blutkörperchen verzehren und in Melanin umwandeln, so wird 
bei dem Sporulationsprozeß dies corpus de reliquat in ungeheuren 
Mengen im Blute kreisen und als tote Masse zu Verstopfungen 
in allen möglichen Kapillargebieten mit allen ihren Konsequenzen 
Anlaß geben können. ,l 

Außerdem kommen wahrscheinlich noch in Frage giftige 
Stoffwechselprodukte, welche bei dem Sporulationsprozeß außer 
dem Melanin noch in die Blutbahn gelangen. Golgi sah bei 
dem Reifungsprozeß der Parasiten, bei dem Zerfall in die ein¬ 
zelnen Teilstücke, den Rest des Blutkörperchens plötzlich blaß 
werden. Er schloß daraus, daß ein Gift vermutlich gleichzeitig 
mit der Sporulation und durch dieselbe frei wird.“ 

Damit haben wir einmal eine Erklärung für die 
idiopathische Milzruptur, die auch bei der Malaria des 
Menschen vorkommt (vgl. S. 694) und zugleich eine Er¬ 
klärung für die schnellen Todesfälle infolge Herzläh¬ 
mung ohne Milzruptur und Verblutung, ein Analogon für die 
letzteren Fälle in den sehr gefährlichen algiden und synkopalen 
Formen der Malaria (S. 693). Hier führt eben die starke Gift¬ 
wirkung auf den Herzmuskel einen schnellen Tod durch Lähmung 


herbei. Daher bei der Sektion das schlaffe, graue, trübe Herz 
mit stark dilatiertem rechten Ventrikel. 

Ob es allerdings richtig ist, wenn Loeffler (S. 697) schreibt: 
„Die Milz ist weich und erscheint wie ein mit schwarzen Blut¬ 
brei gefüllter Sack“, möchte ich in gelinden Zweifel ziehen. 
Ich habe gefunden bei Rindern, daß der Blutbrei der Milz nie 
schwarz, sondern braun oder graubraunrot ist. Das Blut 
hat durch die Zerstörung der Erythozyten seine färbende 
Kraft verloren und den Farbstoff offenbar zu einem 
erheblichen Teil an das Serum abgegeben. Dies ist für 
die Diagnose Milzbrand oder Malaria ein recht wesentlicher 
Anhaltspunkt. 

Auf weitere Ähnlichkeiten will ich z. Zt. nicht näher ein- 
gehen, aber doch noch beiläufig erwähnen, daß schon die Be¬ 
zeichnungen Schwarz Wasserfieber des Menschen und Blutharnen 
des Rindes zu einem Vergleich herausfordern. Allerdings spielt 
nach Koch auf jeden Fall in den Tropen zurzeit das Chinin 
als Gelegenheitsursache des Schwarzwasserfiebers die w r eit über¬ 
wiegende Rolle, und es sollen Malariaparasiten sehr häufig ganz 
fehlen oder in gar keinem Verhältnis zur Hämoglobinurie stehen. 

Bei diesen Worten werden uns Tierärzten aber wohl Zweifel 
aufkommen dürfen, selbst einer Größe wie R. Koch gegenüber, 
fehlt doch beim Blutharnen des Rindes dem Chinin durchaus 
jede Bedeutung. 

Wie die Ansteckung bei der Milzruptur des Rindes, der 
malaria perniciosa des Rindes, erfolgt, ob hier Zecken, wie 
Ixodes bovis beim Texasfieber (Smith), oder Anopheles-Arten, 
wie bei der Malaria des Menschen (Koch), für die Entwicklung 
und Übertragung in Frage kommen, vermag ich bisher nicht 
zu entscheiden. Dies zu ermitteln, mag die Aufgabe unserer 
Autoren und ihrer Hilfskräfte sein. 

Wir Tierärzte in der Praxis haben aber nicht minder die 
Pflicht, alles dranzusetzen, die Frage der Piroplasma-Ittfektionen 
bei unseren Haustieren lösen zu helfen. Dazu ist zunächst 
erforderlich, daß ein jeder in seinem Bereich einmal genauer 
Umschau hält. Werden meine Wahrnehmungen Bestätigung 
finden und trifft meine Vermutung zu, daß auch in andern 
Gegenden die idiopathische Milzruptur, oder sagen wir kurzweg 
die Malaria des Rindes, erhebliche Opfer fordert, so wird es 
dringend nötig sein, daß die Veterinärpolizei und 
die Sanitätspolizei die Bekämpfung der Seuche ein¬ 
leiten! Ich denke hier vorerst nicht an lange Sperren usw., 
denke auch nicht daran, den Privattierärzten ein neues Feld 
ihrer Tätigkeit zu nehmen; aber ich halte es für eine wichtige 
Aufgabe aller Tierärzte, einmal unsere Wissenschaft zu be¬ 
reichern und zweitens unser ganzes Wissen und Können einzu¬ 
setzen, die deutsche Landwirtschaft, unsere Nährmutter, vor 
neuem Schaden durch neue Seuchen nach Möglichkeit zu be¬ 
wahren. 

Dazu ist absolut erforderlich eine gesetzliche 
Maßnahme, nach der wir berechtigt und verpflichtet 
sind, Seuchenkadaver der erwähnten Art unschädlich 
zu beseitigen und eine Desinfektion in die Wege zu 
leiten. 

Es läßt sich gegen eine solche Bekämpfung anführen, daß 
die mit dem Blute nach außen gelangten Parasiten der Malaria 
des Menschen sich nur kurze Zeit lebensfähig erhalten, aber 
nicht vermehren können, und eine direkte Übertragung der 
Parasiten durch blutsaugende Insekten von kranken auf gesunde 



3. September 1903. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 629 


Menschen für die Verbreitung der Malaria nicht in Frage kommt 
(Loeffler). Sie vermehren sich einzig und allein in den 
Anopheles (Koch). Bei der Malaria des Rindes läßt sich aber 
die Möglichkeit einer direkten Übertragung durch Insekten nicht 
prinzipiell ausschließen, da die Trypanosomen der Ratten durch 
Flöhe, die der Nagana durch die Tsetsefliege in dieser Weise 
weitergeschleppt werden. 

Ob die Malariaparasiten sich längere Zeit im Wasser 
lebensfähig erhalten und durch Aufnahme per os zu neuen Er¬ 
krankungen führen können, ist eine Frage, die bei der Malaria 
des Menschen noch als unentschieden gilt. Wir können deshalb 
eine solche Übertragungsmöglichkeit auch beim Rindvieh nicht 
ohne weiteres von der Hand weisen. 

In sanitätspolizeilicher Hinsicht konnten bisher Zweifel 
bestehen, wie das Fleisch der an Milzruptur gefallenen Rinder 
zu beurteilen sei. Kannte man fiir die Milzruptur nur eine 
mechanische Ursache, nahm man einen Unglücksfall an, so war 
das Fleisch gemäß §§2,1 und 33,2 B. B. A als vollwertig oder 
minderwertig abzustempeln, wenn die Tiere unmittelbar nach dem 
plötzlich erfolgten Tode ansgeweidet waren und irgendwelche 
Abweichungen an Organen und Fleisch nicht vorzufinden waren. 
Wissen wir jetzt, daß eine Protozoen-Infektion die Ursache 
einer Allgemeinerkrankung ist, die bei schnellem, perniziösen 
Verlauf zur Milzruptur und Verblutung (event. Herzlähmung) 
führt, so ist damit der Fleischbeschau der einzig gangbare Weg 
genau vorgezeigt, sie hat das Fleisch dem Konsum zu 
entziehen. 

Der § 33 B. B. A wird dahin zu ergänzen sein. 

Vor allem werden wir auch zu ermitteln haben, ob in den 
Beständen, in denen Rinder an Milzruptur fallen, andere Tiere 
ebenfalls Parasitenträger sind, wenn sie auch bei klinischer Be¬ 
trachtung keine verdächtigen Symptome zeigen. Dies würde 
wohl zu dem Schluß berechtigen, daß das Rind eine große 
Widerstandskraft gegen diese Protozoen besitzt, wenn nur die 
Tiere eingehen, deren rote Blutkörperchen fast vollständig zer¬ 
stört sind. Aufschluß geben müssen hier die Blutuntersuchungen. 
Um bei Anfertigung frischer Blutpräparate eine schnelle Fixierung 
herbeizuführen, empfiehlt Loeffler (S. 701) das zwischen 
den Fingern gehaltene Deckglas dreimal durch die Flamme zu 
ziehen. Zur Färbung empfiehlt Loeffler alkalische Methylenblau¬ 
lösung: 

100 ccm einer Kalilösung 1:10000, 

30 ccm konz. alkoholischer Methylenblaulösung. 

Sahli und Manson empfehlen: 

Methylenblau 1 g (2), 

Borax 2'/a g (5), 

Wasser 100. 

Zur DoppelfÜrbung empfiehlt Plehn: 

60 ccm konz. wässeriger Methylenblaulösung. 

20 ccm Vaproz. Eosinlösung in 75proz. Alkohol, 

40 ccm Aqu. dest., 

12 Tropfen 20proz. Kalilauge. 

Dauer dieser Färbung nach Plehn 1 bis 5 Minuten. Die 
schönste Färbung soll die nach Romanowsky liefern, der 
basisches Methylenblau mit saurem Eosin mischt, und zwar 

1 Teil konz. Methylenblaulösung, + 

2 Teile 1 proz. wässeriger Eosinlösung. 

Wem es in der Praxis geht wie mir, bar ist fast aller 
Hilfsmittel, der mag sich behelfen mit einer schwachen Gentiana- 


violettlösung, und er wird auch so die glänzenden, stark licht¬ 
brechenden Körperchen sehen können, wenn er nur das Auge 
fleißig übt. 

Trifft meine Vermutung zu, daß in den verseuchten Be¬ 
ständen noch mehr Bazillenträger zu finden sind, so werden wir 
nicht säumen dürfen mit Versuchen, ob das Serum solcher Rinder 
gute Dienste leisten kann nicht nur bei der Malaria deB Rindes, 
sondern vor allem auch bei der Malaria des Menschen. 

Der Stabsarzt in der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch- 
Süd west-Afrika, Dr. Kuhn, glaubt in dem Blutserum der Pferde, 
welche die sogenannte Pferdesterbe überstanden haben, „gesalzen“ 
sind, einen neuen Schutzstoff gegen die Malaria des Menschen 
gefunden zu haben. Loeffler hegt Zweifel an dieser Kuhn sehen 
Behandlungsmethode, weil es das erste Beispiel dafür wäre, daß 
eine Infektionskrankheit des Menschen durch das Serum eines 
an einer anderen Krankheit leidenden Tieres geheilt werden 
könnte (S. 763). 

Die Ähnlichkeit zwischen der Malaria des Menschen und 
der idiopathischen Milzruptur des Rindes ist anscheinend größer 
als die zwischen Malaria und Pferdesterbe. Möge das Serum 
der in Frage kommenden Rinder eine ähnliche oder 
gar noch bessere Wirkung haben, 'als das Kuhnsche 
Pferdeserum. Das wäre der schönste Lohn meiner 
Arbeit! Auffallend und meines Erachtens viel ver¬ 
sprechend ist ja, daß die fraglichen Rinder bei Leb¬ 
zeiten und kurz vor dem Tode völlig gesund erschienen. 

Nachschrift: Die Veröffentlichung des Kollegen Sonnen¬ 
berg* Nordhausen über Piroplasmosis der Schafe in der heutigen 
Nummer der B. T. W. veranlassen mich, meine Beobachtungen 
bei der fraglichen Rinderseuche schon jetzt bekannt zu geben, 
obwohl ich weiß, daß meine Arbeit noch lückenhaft ist. Möge 
man kleine Mängel verzeihen; es sind die Gedanken, es ist die 
Arbeit eines vielbeschäftigten Tierarztes, nicht die Arbeit eines 
wissenschaftlichen Instituts! 


Zur Schutz- und Heilimpfung mit polyvalentem 
Kälberruhrserum (L. W. Gans). 

Nachtrag. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeck. 

Wie vorauszusehen, hat der Artikel des Herrn Kollegen 
Räbiger weitere Verbreitung in Form von Referaten gefunden. 
So lese ich ein solches in der Deutschen landw. Presse Nr. 66: 
Kreistierarzt Räbiger hatte schon vor Jahresfrist über 
Impfungen berichtet, die er selbst ausgeführt hatte: aus 
zeitlichen und pekuniären Gründen hat er sich in der 
Folge damit begnügt, nur das Vorhandensein der 
Kälberruhr durch Untersuchung und Sektion festzu¬ 
stellen und dann den betreffenden Besitzern den Impf¬ 
stoff selbst abzugeben zugleich mit den nötigen An¬ 
weisungen über seine Verwendung. Es folgt dann ein 
Auszug des Artikels. 

Aber ich kann noch weiteres Material liefern. In Nr. 33 
der sehr geachteten und weit verbreiteten, in Eberswalde er¬ 
scheinenden „Deutschen Güter-Beamten-Zeitung“ steht auf 
Seite 327 ein Artikel des Herrn S. Ney, Inspektor in Nieder- 
Stradam, betitelt „Sichere Rettung vor Kälbersterben“. Wie 
aus demselben hervorgeht, bezog genannter Herr Inspektor 

** 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


von der Firma Ludwig Wilhelm Gans, Pharmazeutisches 
Institut in Frankfurt a. M., polyvalentes Serum gegen Ruhr, 
wie das gegen septische Pneumonie, impfte damit seihstund, 
wie er schreibt, mit gutem Erfolge. 

Kollegen, welche diesen Artikel (der wohl demnächst in 
anderen landwirtschaftlichen Zeitungen in Form von Referaten 
erscheinen wird) lesen, werden vielleicht überrascht sein, daß 
hier auch der Kreistierarzt die Impfung aus der Hand gab. 
Allerdings hat er den „Rat“ zur Desinfektion erteilt, der auch 
befolgt wurde. Ob Landwirte, die einmal selbständig mit Serum 
gearbeitet haben, den Tierarzt in der folgenden Kalbeperiode 
nochmals zuziehen werden, möchte ich bezweifeln. Ich bezweifle 
dies um so mehr, als die Firma L. W. Gans in einer mir vor¬ 
liegenden Gebrauchsanweisung die Landwirte eingehend belehrt, 
wie die Einspritzungen vorzunehmen sind. Mir liegt die Seite 1559 
der „Zeitschrift für die Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Schlesien“, Jahr 1906, vor, mit einem Artikel: „Impfmittel 
gegen die Ruhr und gegen die septische Pneumonie der Kälber“. 
Da die Gebrauchsanweisung doch nur vom Fabrikanten aus¬ 
gehen kann, ist es interessant, zu lesen, daß nicht nur Serum 
und Spritze zum Bezug angeboten wird, es wird auch gesagt, 
daß das Serum mittelst sterilisierter Spritze seitlich am Halse 
unter die Haut eingespritzt wird, wie die Impfstelle zu reinigen 
ist, und wie die Sterilisation der Spritze zu erfolgen hat. Daß 
man bei der Vornahme der ganzen Prozedur einen 
Tierarzt braucht, ist nicht gesagt. 

Der gebildete Landwirt wird sich von den selbständigen 
Impfungen bald wieder abwenden — ich habe das in Schlesien 
bei den Rotlanfimpfungen selbst gesehen er merkt bald, daß 
die bessere Durchführung der Impfung seine eigene mangelnde 
Kenntnis, es für ihn zweckmäßiger erscheinen lassen, den Sach¬ 
verständigen zu Rate zu ziehen. Nicht so die Schäfer, Stall¬ 
schweizer, Tierheilkundigen. Sind diese einmal mit dem Gebrauch 
der Impfspritze vertraut, so werden sie auch bald bei anderen 
Krankheiten als den genannten impfen. Es dürfte besser sein, 
rechtzeitig dem vorzubeugen, als sich auf ev. spätere gesetz¬ 
liche Maßregeln zu vertrösten. 


Referate. 

Angeborene genitale Mißbildung und Schleimverhaltung 
in der Gebärmutter und der Scheide. 

Von Professor Moussu. 

(Uecueil d’Alfort, 16. Februar 1908.) 

Im August 1907 wurde eine etwa 18 Monate alte Kalbin, 
Normänder Rasse, der Rinderklinik in Alfort zugeführt, die 
folgende Krankheitssymptome zeigte. Nachdem sie einige 
Augenblicke ruhig da gestanden hat, hebt sie den Schwanz 
mäßig in die Höhe, als ob sie Kot absetzen wollte, stellt sich 
mehrmals nach einander zum Harnen hin und drängt dabei so 
stark, daß der After weit hervortritt und auch die Scham 
etwas nach hinten gedrückt wird. Bei jedem Drängen kommt 
eine kleine Menge Kot heraus und nur einige Tropfen Harn. 
Im Stalle dauert dieser Zustand in einem zu fort und die 
Kalbin hat keine Rast und keine Ruh, so daß es den Anschein 
hat, als ob sie am Verwerfen oder am Gebären wäre, was aber 
nicht der Fall sein kann, da sie noch nie beim Stier war und 
sich diese Symptome schon seit mehreren Wochen zeigten. 


Der Appetit ist gering, die Atmung regelmäßig, eher etwas 
verlangsamt, die Blutzirkulation und die Temperatur normal. 
Hingegen sind die Funktionen des Nervensystems und des Harn- 
und Geschlechtsapparates sehr gestört. Die Kalbin steht unter 
der Einwirkung von sehr heftigen intermittierenden Austreibungs¬ 
reflexen, welche sich in unregelmäßigen Zwischenräumen, oft 
schon nach einigen Minuten wiederholen. 

Die Scham ist klein, sehr eng und nicht normal. Bei der 
Exploration des Mastdarms, die nur unter großer Anstrengung 
vor sich geht, wird folgendes gefunden. Er verläuft in der 
Richtung nach oben und ist in der Kreuzbeingegend von nnten 
her plattgedrückt, so daß nur die flache Hand weiter Vordringen 
kann. Oben verläuft er direkt unter dem Beckengewölbe, von 
unten schlängelt er sich entweder rechts oder links an der 
Seitenwand des Beckens entlang. Die Hand fühlt ganz deutlich, 
daß etwa 20 cm vom After entfernt, der ganze Beckenraum 
mit einer länglichen, harten, fest gespannten und regelmäßig 
abgerundeten, zylindrischen Masse angefüllt ist, welche weder 
nach rechts noch nach links verschoben werden kann. Wird 



mit der Hand etwas weiter nach vorn gegen die Bauchhöhle 
zu gegangen, was nur mit Mühe vor sich geht, so stößt sie 
auf die beiden Gebärmutterhörner, welche sich wie zwei arm¬ 
dicke Blutwürste von gleichem Durchmesser, die zum Platzen 
gespannt und etwas nach vorn in der Bauchhöhle vorgelagert 
sind, dahinziehen. Es steht jetzt für den Verfasser fest, daß 
diese enorme Masse in der Beckenhöhle nichts anderes ist, als 
der deformierte, stark verlängerte und übermäßig ausgedehnte 
Gebärmutterkörper nebst dem vorderen Abschnitt der Scheide. 
Diese Teile der Geschlechtsorgane sind so ausgeweitet, daß 
sie eine kurz bevorstehende Geburt, bei der der Kopf des Fötus 
gerade am Erscheinen ist, Vortäuschen. 

Nach der Exploration des Mastdarms geht der Verfasser 
zur Untersuchung der Scheide über, die nur mit einiger An¬ 
strengung vor sich geht, da die sehr enge und kleine Scham 
vorerst nur zwei Finger hindurchläßt. Der Ausführungsgang 
des Harnkanals findet sich am richtigen Platze vor, aber gerade 
vor diesem verengt sich die Scheide und geht in eine kegel¬ 
förmige Spitze aus, die gerade so weit vom Ausführungsgang 
liegt als dieser von dem unteren Schamwinkel. Durch die 
Exploration wird festgestellt, daß die Scheide aus zwei voll¬ 
ständig von einander abgeschlossenen Segmenten besteht, aus 



3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


631 


einem nach vorne blind endenden hinteren Scheidensegment und 
einem vorderen Scheidensegment. 

Die Diagnose lautet jetzt: Genitale Mißbildung mit Nicht¬ 
perforierung der Scheide, kompliziert mit Verhaltung der 
Sekretionsprodukte der Uterus- und Scheidenschleimhaut in einem 
von allen Seiten verschlossenen Genitalsack. 

Die genitale Mißbildung findet ihre Erklärung in den Lehren 
der Embryologie. Das die Scham bildende Invaginationsinfundi- 
bulum ist teilweise atrophisch geblieben, da es in seiner Ent¬ 
wicklung gehemmt worden ist, zu einer Zeit, in der die Aus¬ 
sackung der Scham das hintere Ende des Genitalschlauches 
noch nicht berührt hatte. Eine Verbindung zwischen den beiden 
Segmenten ist daher nicht zustande gekommen und hat sich 
infolgedessen die Scheide nicht regelmäßig bilden können. In 
der ersten Lebenszeit, in welcher sich die Geschlechtsorgane 
nur vegetativ entwickeln, kommt es bei diesen Tieren noch zu 
keinen Störungen, und stellen sich solche erst mit dem Beginn 
des Geschlechtslebens ein. Während der Brunstperiode tritt 
eine starke Hypersekretion der Schleimhaut auf und da bei der 
vorhandenen Mißbildung der Schleim keinen Ausweg findet, so 
sammelt er sich in den Gebärmutterhörnern, in der Gebärmutter 
und der Scheide an, treibt deren Wandungen durch seine An¬ 
sammlung auseinander und wird schließlich im Becken zum 
Hindernis frir den Kotabsatz und die Harnentleerung. 

Nach der Ansicht des Verfassers ist es allein das stark aus¬ 
gedehnte vordere Segment der Scheide, welches fast die ganze 
Beckenhöhle eingenommen und dadurch den Abgang des Kotes 
und des Harns erschwert hatte, gewesen, welches die Reflexe 
zum Drängen hervorgerufen hat, die eine beginnende Geburt 
vortäuschten. Sobald sich diese falschen Wehen zum Entleeren 
der Scheide und der Gebärmutter einstellen, nimmt die Freßlust 
bei den Tieren ab, und durch die immerwährenden fruchtlosen 
Kraftaufwendungen werden die Kräfte vergeudet, was wie bei 
manchen Schwergeburten den Tod zur Folge hat. 

Im beschriebenen Falle hat der Verfasser durch einen 
operativen Eingriff den Inhalt der Geschlechtsteile entleert und 
eine regelrechte Verbindung der abgeschlossenen Partie mit der 
Außenwelt hergestellt. Da die Schamöffnung zu klein war, um 
mit der Hand in die hintere Partie der Scheide hineinzukommen, 
so hat er zuerst mit einem kleinen Spekulum die Scham ge¬ 
waltsam erweitert. Er hat dann die Kalbin im Stehen fest- 
halten lassen und einen etwa 30 cm langen Trokar, wie er bei 
der Punktion des Perikards gebraucht wird, in horizontaler 
Richtung mit den Fingern eingeführt und damit einen Einstich 
in die überdehnte Scheide gemacht. In heftigem Strahle sind 
sofort etwa 12 bis 13 Liter eines graugelben, ziemlich flüssigen 
Eiters von eigenartigem Geruch herausgeflossen, worauf Bich die 
Kalbin sofort beruhigt hat. 

Wenn die Tiere nur gemästet werden sollen, um nach der 
Mast zum Schlachten verkauft zu werden, so genügt dieser 
Eingriff allein schon, weil sich die Organe in der kurzen Zeit 
bis zur Schlachtung nicht wieder anfüllen. Sollen die Tiere 
aber eine längere Zeit gehalten werden, — als Zuchttiere sind 
sie der Mißbildung wegen nicht zu gebrauchen, — so muß, wie 
es der Verfasser bei der Kalbin getan hat, noch eine weitere 
Operation vorgenommen werden. Er hat die Hand mit Gewalt 
in die Scheide eingeführt und die EinBtichstelle erweitert, dadurch 
daß er zuerst einen Finger dann mehrere durch sie hindurch¬ 
gesteckt hat und schließlich die ganze kegelförmig geformte 


Hand hindurch geführt hat, was natürlich nur unter großen 
Schmerzen des Tieres vor sich ging. Durch ein vorheriges 
Auspinseln der Scheidenschleimhaut mit Kokain könnten diese 
etwas gemildert werden, und wäre es auch möglich, die Erweite¬ 
rung der Operationswun4e mit einem extra dazu konstruierten 
Dilatator zu machen. 

Nachdem nun eine weite Öffnung zwischen den beiden 
Scheidensegmenten geschaffen war, hat der Verfasser die ganze 
Scheide mittelst eines wie ein Pfropfenzieher aufgerollten langen 
Jodoformgazestreifens drainiert, den er so weit wie möglich nach 
vorn hinführte und dessen Ende er bis zur Scham reichen ließ. 
Schon nach drei Tagen war das operierte Tier wieder ganz 
munter, fraß reichlich und blieb bis zum Schlachten gesund. 

Untersuchungen über die Agglutination des Rotzbazillus 

Inaugnral-Dissertation (veterinär-medizin. Doktorwürde, Zürich). 
Von Dr. med. vet. Sustmann, Unterveterinär und Ass'stent am 
Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden. 

Im pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule 
zu Dresden hat unter der Leitung des Herrn Direktor Medizinal¬ 
rat Prof. Dr. Joest der Kollege Sustmann eine hochwissen¬ 
schaftliche, vollkommen gelungene umfangreiche Arbeit bekannt 
gegeben, die sich zu einem Referat kaum eignet. Deshalb 
möchten die Ausführungen im Original eingesehen werden, da 
hier nur das Wissenswerte für den praktischen Tierarzt Platz 
finden kann. 

Nach einer kurzen Einleitung bespricht Sustmann die 
Technik der Agglutination bei der Rotzkrankheit. Die makro- 
und mikroskopischen Untersuchungen der Agglutination lehnen 
sich den von Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Schütz, als des besten 
Kenners der Rotzkrankheit unter den tierärztlichen Autoren, 
in der Hauptsache an. 

Der Verfasser beschreibt seine eigenen Untersuchungen 
mit Nachprüfung und Kontrolle, ferner die Versuchstechnik, 
Rotzkulturen, Testflüssigkeit, Beurteilung der Proben und das 
Ergebnis der Agglutinationsversuche. Pferde, deren Serum 
makroskopisch in Verdünnung 1:400 agglutiniert, sind als nicht 
rotzig, und solche, deren Serum in der Verdünnung 1:1000 
agglutiniert, als rotzig anzusehen. Pferde, deren Serum in der 
Verdünnung über 1:500 agglutiniert, sind als rotzverdächtig, 
und wenn sie gleichzeitig noch klinische Erscheinungen des 
Rotzes bieten, so sind sie als rotzig zu betrachten. In zweifel¬ 
haften Fällen ist nach drei Wochen die Nachprüfung einer 
weiteren Blutprobe notwendig. Der Verfasser beschreibt dann 
die Agglutinationsprüfung bei gesunden und solchen Pferden, 
die an anderen Krankheiten als Rotz gelitten haben, sowie das¬ 
selbe von malei'nisierten. Nun schließt sich die Agglutinations¬ 
prüfung des Serums rotziger Pferde an und die Sektionsbefünde 
von vier Pferden, sowie die pathologisch-anatomische Diagnose. 
Die vier rotzigen Pferde wurden mit Maliern geimpft; die 
Reaktion ist auf Tafeln ersichtlich. Zum Schluß wird das vom 
Verfasser gefundene Ergebnis in 17 Sätzen zusammengefaßt, 
welches hier auszugsweise folgt: 

1. Das Serum gesunder Pferde agglutiniert den Rotzbazillus 
in Verdünnung bis 1:500. Das Geschlecht der Pferde hat 
keinen Einfluß. 

2. Das Serum drusekranker Pferde zeigt nicht selten 
Agglutinations werte gegenüber dem Rotzbazillus, die die 
Grenzen von 1: 500 übersteigen. 




632 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


3. Ebenso kann auch das Serum tuberkulöser Pferde den 

Rotzbazillus in Verdünnungen, die über 1 :500 liegen, agglu- 
tinieren. t 

4. Der Agglutinationswert des Serums rotz'ger Pferde 
gegenüber dem Rotzbazillus ist verschieden hoch. Stets liegt 
er jedoch über den Grenzen von 1:500. 

5. Der Agglutinationswert des Serums gesunder Pferde 
gegenüber dem Ratzbazillus wird durch die Malleiuisation 
gesteigert. Die Steigerung ist schon am dritten Tage nach der 
Malleininjektion nachweisbar und hält sich bis zu fünf Monaten 
auf der erreichten Höhe. 

6. Die Höhe des Agglutinationswertes gesunder Pferde 
steht mit dem Alter der Tiere in einem gewissen Zusammen¬ 
hang, d. h. der Wert ist im Durchschnitt um so viel niedriger, 
je jünger das Tier ist, und mit dem Ende des zweiten Lebens¬ 
jahres findet eine weitere Steigerung des Agglutinationswertes 
nicht statt. 

7. Zwischen arteriellem und venösem Blut besteht ein 
Unterschied im Agglutinationswert nicht. 

8—16. Diese Sätze behandeln die Haltbarkeit des Serums, 
den Einfluß der Temperatur usw. 

17. Die makroskopisch wahrnehmbare Agglutination beginnt 
nicht immer bei den stärksten Konzentrationen, vielmehr oft in 
den mittleren Verdünnungen. Der Agglutinationsvorgang nimmt 
jedoch, wie die mikroskopische Beobachtung zeigt, in den 
stärkeren Serumkonzentrationen seinen Anfang. 

Die außerordentlich umsichtigen Agglutinationsprüfungen 
des Serums sind auf 16 Tabellen anschaulich zusammengestellt. 

Die Literaturangabe enthält 99 Nummern. Die fragliche 
Dissertation ist für 2 M. in der Hofbuchdruckerei von Bock 
in Kahla (Sachs.-Altenburg) zu haben. 

Korpsstabsveterinär Waith er-Leipzig. 

Experimentelle Untersaehungen betreffend die bazilläre 
Psendotnberknlose der Schafe nnd deren Übertragungs¬ 
fähigkeit auf andere Tiergattungen. 

(Inaugural-Dissertation Bern 1908.) 

Von Amtstierarzt Noack-Dresden. 

Verf. hat die bei Schlachtschafen relativ häufig vorkommende I 
doch bisher wenig gewürdigte bazilläre Pseudotuberkulose in 
ätiologischer, klinischer und pathologisch-anatomischer Richtung, 
sowie in bezug auf Übertragungsfähigkeit auf andere Tier¬ 
gattungen und sanitätspolizeiliche Beurteilung des Fleisches be¬ 
arbeitet und faßt die Hauptergebnisse seiner Untersuchungen 
und Versuche, bezüglich deren Einzelheiten auf die Abhandlung 
selbst zu verweisen ist, in folgenden Sätzen zusammen. 

1. Der Infektionserreger ist ein morphologisch verschieden 
anftretendes Stäbchen, welches mit seiner Gestalt auch seinen 
Virulenzgrad wechselt. 

2. In der hochvirulenten Form präsentiert sich der Bazillus 
als kleines, kurzes, an den Enden abgerundetes und daher ovoid 
erscheinendes Stäbchen von ca. 1 t* Länge und ca. 0,4 n Breite 
und findet sich als solches in den pathologischen Veränderungen 
der weichkäsigen Form empfänglicher Tiergattungen, sowie in 
jüngeren Kulturen auf gute Entwicklungsbedingungen bietenden 
Nährböden. 

3. In der schwach virulenten Form erscheint der Bazillus 
als Langstäbchen (bis ca. 3 u Länge), und als solches in den 
trocken-käsigen und kalkigen Erkrankungsherden empfänglicher 


Tiere, in älteren Kulturen auf günstigen und frischen Kulturen 
auf ungünstigen Nährböden, in letzten beiden Fällen mitunter 
zu längeren (bis ca. 20 <u) Fäden auswachsend. 

Kurz- und Langstäbchen- sowie Übergangsformen können 
nebeneinander Vorkommen. 

4. Die spontane Infektion der Schafe erfolgt durch den 
Respirations- und Verdauungsapparat und durch Läsionen 
der Haut. 

Die künstlichen Infizierungsversuche sprechen ftir Häufigkeit 
der beiden ersteren Aufnahmewege. 

5. Der Ansteckungsstoff läßt sich auch auf solche Tier¬ 
gattungen, welche spontan nicht zu erkranken pflegen, mehr 
oder minder erfolgreich übertragen. 

6. Die Infektionserreger sind nicht zerstörbar durch hohe 
Kältegrade, leicht zerstörbar durch höhere Hitzegrade, besitzen 
eine mäßige Widerstandsfähigkeit gegen chemische Agentien, 
während langdauemde Eintrocknung nur ihre Virulenz zu 
schwächen vermag. 

7. Die Angaben von Nocard und Leclainche bezüglich 
der Identität des Bazillus mit dem Erreger der ulzerösen 
Lymphangioitis und der Acne contagiosa der Pferde konnten 
Bestätigung nicht finden. 

Bezüglich der sanitätspolizeilichen Beurteilung des Fleisches 
verlangt N. mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Übertragung 
auf den Menschen bei der Pseudotuberkulose dieselbe Behandlung 
des Fleisches wie bei echter Tuberkulose. N. 

Resultate einer Tuberkniin-Impfung. 

Von K. Ländler, königl. ung. Tierarzt. 

(Allatorvosi Lapok 1900, Nr. 12.) 

Im Jahre 1905 reagierten in einem Meierhofe 80 Proz. 
der Kühe, worauf das Bang sehe Verfahren eingeleitet wurde, 
und in drei Jahren war der Kuhstall frei von der Tnberkulose; 
bei der letzten Tuberkulin-Impfung reagierte keine einzige 
Kuh. Die früher reagierten Kühe wurden abgemolken, ge¬ 
mästet und bei den jetzigen hohen Fleischpreisen gut verkauft. 
Die frisch eingestellten mußten selbstverständlich alle erst die 
Tuberkulinprobe durchmachen und nur die nicht reagierenden 
| wurden behalten. 

Bei 35 Kälbern machte man in derselben Domäne mit dem 
Behringschen Bovovaccin einen Versuch. Nach zwei Monaten 
mußten ein geimpftes Kalb infolge Bronchialkatarrh, zwei 
weitere wegen Magen- und Darmkatarrh notgeschlachtet werden, 
von den übrigen reagierten zwei auf Tuberkulin, welche 
aber vor der Vaccination keine positive Reaktion zeigten. 

Die obenerwähnten günstigeren Resultate schreibt der 
Verfasser der strengen Separation und den günstigen hygie¬ 
nischen Verhältnissen (weite, luftige Stallungen mit guter 
Kanalisation usw.) zu. Dr. Z. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Münchener Medizinische Wochenschrift , 55. Jahrg. S. 1524. 

Weitere Untersuchungen Uber sog. ultramikroskopische Infektions¬ 
erreger. Zur Filtration des Hühnerpestvirus. Von G. Giemsa und 
S. Prowazek. Schon früher haben die Verfasser in Filtraten von 
Gehirn-, Blut- und Leberbrei kleinste Körperchen nachgewiesen 
und vermutet, daß sie die Träger des Hühnerpestvirus in einer 
bestimmten Modifikation seien. Im Verlauf eingehender Ver¬ 
suche filtrierten sie das Hühnerpestvirus durch Pukalfilter, 
deren äußere Oberfläche sie mit Agar-Agar überschichtet hatten 



Brügge t. Cd., Saturn beö pftftempcls. 


Sehr geehrter ßerr Kollege! 

9Wit burdhfthlagenbem Erfolge finb feit nunmehr 2 Qaftren circa 30000 Oftnber, bie mit ber 
Änöt4enfeu4e (Vasrinilis infectiosa) unb bem infeft. SlbortuS behaftet waren, butd) Üier&rjie mit meinen 
Stoginal« unb &ulicnfläben behanbelt morben. 

$Dui*4weg würbe Ijeroorgehoben, bah bieSüiffutig ber Vaginal; unb Battenftäbe eine fcpnelle unb fiebere, 
bie £anbbabung eine einfache fei, fobafj bie SBehanblung t>on jetem $iebbefiper, gumal an ber £anb ber bei¬ 
gegebenen ©ebrauchsanweifung leidet auSgefüljrt werben fönne 

^er einzige Mangel meiner @täbe beftanb na4 ber Meinung ein$elner Kollegen barin, bah Unrein ah 
gemeinen ©ebrau4 in ärmeren ©egenben ber etwa« i)ol;e peis entgegenftebe. 

Um biefem Stängel abgubelfen, habe i4 mit SiüdEficht barauf, bah bei entfpredbcnb gefteigertem Äonfum 
ber ©ewinn ein fleinerer fein barf, ben Ißreii für meine $Baginal= unb Söullenftäbe um 127 *% berabgefeht, er 
beträgt fortan ftatt Sftf. 20.— nur no4 ftf. 17.50 pro 100 Bti icf infl. Serpacfuag unb ©ebrauche* 
antoeifung. 

£ierftr|te erbalten einen Rabatt bou 40%. 

Qeber ©tab ift forgfältig eingewiefeit unb enthält bie 2lufi4rift: „Tierarzt Dr. Plate’s Original-Vaginalstab 
aus Brügge i. W. 100 Stck. Mk. 17.50.“ Seber ©tab bat ein ©ewidbt uon 13 g. 

SBei ber SBehanblung ber ßnötd&enfeudfje finb für jebes Tier 12 ©täbe nötig, wobei jeben §weiten Tag ein ©tab 
eingefü^rt wirb. Söeirn infeft. SIbortuS finb nach Söerbraudfj Mefer 12 SBaginalftäbc in «3roif4enjeiten oon 14 Tagen 
noch circa 15-©täbe einguführen. 

Skbenft man, bah bie Sebanblung ber ßnöt4enfeu4e bem SBefi^er pro ßuh nur Stf. 2.10 bei einer 
j&ebanblungibauer bon 24 3:agen foftet, fo ift man wohl $u bem ©bluffe berechtigt, bah meine 0tabe bon 
allen anberen empfohlenen satteln am biüigften finb unb am fchneUften mitten. 

Steine ©täbe finb auch 44 r wir ffam bei allen übrigen Erfranf ungen ber ©ebärmutter unb ©cheibc, insbefom 
bece bei Fluor albus, ber im 2lnf4lufj an Rententio secundin. auftritt. 

34 bewerte, bah meine ®tabe nur an ober bureb £ier&rgte abgegeben werben, hierbei erlaube 
ich mir, auf bie bei ben Herren JMegen vielfach geferfe «bliebe SRetbobe be£ &erfanbe$ biujuisfeifen, inbem 
ich bie et&be bireft per Nachnahme an bie Sttebbefiher unb ben Rabatt bon 40 % an bie betreffen« 
ben STerftrate feube* 

Ter 23erfanb gefchieht ber Einfachheit halber per Nachnahme, hoch wirb ben Herren Bodegen auf 2Bunf4 auch 
ein längeres Qkl gegeben. 

3nbem ich ©ie, oerehrter £err College, bitte, mit meinen ©täben bei nächfter ©elegenbeit einen ^erfuch machen 
ju wollen, jeichne ich 

mit folleg. ©ruh! 

Dr. plate. 


einiges aus der Zeugnismappe: 

34 hatte mehrmals bie ©elegenheit, bei bein anjterfenben ©4eibenfatarrl; (Änöt4enfeu4e) ber $ülje bie oon 
3hnen bezogenen SSaginalftäbe anguwenben unb habe toirflicb bei ieber Sebanblung eine überaus f ebnete 
unb boHfommene Teilung barnit erhielt. 

3nfolge beffen barf icf; mit Vertrauen bie Herren Tierärzte barauf aufmerffam ma4en, bei $ebanbluug 
bei anftetfenben 0<belbeufatarrb$ bonugimeife bie $!ate’f<h*tt Stagiualft&be |u berloenben. 

Borges (Äanton SBaabt), 27. 7. 08. Staurice SBettertoalb, Tierarzt. 

Tie ^eiltoirfung 3h**r ©täbe ift eine großartige unb oon mir gar ni4t erwartete. 

Leihen, 17. 7. 08. ft. Uber, Tierarzt. 

Silit ben oon 3h nen bezogenen 23aginaljtäb4en hatte i4 fehr gute Erfolge» 

Sanbsberg a. i*e4, 6. 5. 08. ©tabsoeterinär Dr. bau Hoemmel* 

SBegirfstierargt <£♦ £enneberg*£Balter£baufeu i* £b* faßt in feinem beruht für bas 3ahr 1907 bejüg; 
H4 ber $ebanblung bes anfteefenben ©4eibenfatarrhs: 

„2Ba$ bie Söehanblung anbetraf, fo würben bie oon Dr. Pate in Brügge i. 2B. ^ergcftellten ^aginal= unb 
SButtenfiäbe mit gutem Erfolge benuit»" 

^eile 3h ne a mit, bah 14 3h** Baginalft&be in einem fleinen Slinboiehbeftanbe bei 4 Hühen mit an- 
ftedfenbem ©4eibenfatarrh mit gutem (Erfolge angetoanbt habe. &übe, !4 on mieberholt oerfalbt hatten, 
bra4ten nun fräftige halber gur Sßelt, fobah ber S3eftfeer gang entgücft oon bem Erfolge ber oerhältntsmähig beguemett 
unb einfachen iBehanblung war. 

Sranbenburg, 29. 4. 08. 9tippert, Dberoeterinär. 



3n Nr. 10 ber „SCierärgtlicfjen Nunbfdhau" Sah^gang 1908 ©.95 fd^rcibt £>err ©tabsoeterinär a. 3). i*cßßin= 
<&olßßerg (Ntecflenburg): 

„Nfit bcn oort Dr. Sßlate f. 3*- bezogenen SBaginalftäben bin ich bei ber 23ehanblung bes anftecfenben Scheiben; 
fatarrhs feßt juftiebett gtmefen. ©s finb foroo^b eine Neil;e non Hüben auf ©ütern fowie bei £ofpädjtern unb 
fleinen Seilten mit burdjfdjfagenbem ©rfolg bebanbelt worben. Qn benjenigen SBirtfhaften, wo oerfcßiebene Hiifje 
permanent umrinberten, roo ber AbortuS gu Saufe mar, haben bie bebanbelten £iere normal foncipiert, AbortuS fannte 
man nicht mehr; ja in einer größeren SSirtfchaft, in welcher ein 3ahr guoor niete Hübe oerfeßt hatten, teilte mir auf 
befragen ber Hubbirte mit, baß bie Hülje in biefent ^ahre alle etwas übergingen. (Sin Gutsbefißer fchrieb mir: 
//9tadpßem frisier 9*ßottu$/ Umtinßeru/ Sterben ber IftUber, an ber £age$ 0 tßnu»g matett, ift 
ttadp ber ß<w jßneit eingeleiteteu SBeßanßlung mein Otinßerßeftanß gcfuttß, meine Äüße foneis 
gieren normal, falben normal ab unb bie Silber leben/" — 3uglei<ß mödpte itß bemetten, ßaß 
idp in meiner großen Gütcrprarie alle erbenflicßen Wittel/ fo BmlUohBülbe, ©aclloI=5fabfeln 
u« f« m« angemanbt habe/ aber nur mit gani geringem (Erfolge. 3dp glaube uidpt §u übertreiben/ 
tnenn i<ß behaupte, baß mir in ben Slaginalftaben Dr. 2ß(ate’d Hießt bloß ein Spesififum gegen 
ben anftecfenben ^dpeibenfatarrß/ fonbern fpeiiell gegen ben feudpenßaften flbortub haben/' 

Qn Nr. 11, 3ah r 0ang 1908 ©. 105 „Saerärgtl. Nunbfdjau" fd&reibt $crr £ierargt Dfeßgen in Hohenlimburg: 

„Gegen bas fcuchenhafte ^erfalben ber Hübe habe id) bisher in fünf 93eftanben mit Dr. ^lates SBaginalftäben 
feßt gute ürfolge ergielt. 25ie meiften Hübe falbten gu früh unb um bie 3 urücfgebliebene Nachgeburt gu entfernen, 
mürbe iih oom 23efißer gerufen. 3)iefe Gelegenheit gab mir Sßeranlaffung, ben gangen 23ejlanb auf etwaigen Scheiben: 
fatarrh als Urfadfje gu unterfudfjen. 3<h fanb ftets einige Hübe mehr ober weniger mit ben tppifdjen Symptomen bes 
anftecfenben ©cheibenfatarrhö behaftet. 3n gwei gälten war bas Seiben burch neu gugefaufte Ntarftfüße eingefchleppt. 
2)ie betr. Hübe würben nach ber oom Kollegen Dr. $late oorgefebriebenen Söeife behanbelt unb fonnte ich bisher bei 
folgen Hüben, wo rötliche Hnötcben nachweisbar waren, nach bem Gebrauch non 12 Sßaginatftäben unb bei folgen mit 
entgünblicber Nötung ber ©(heibenfdf)leimbaut oon 6 — 8 SBaginalftäben oollftänbige Heilung ergielen. 3)aS Verfahren 
ift fehr einfach unb leidet burchgufübren. Nach bem ©inführen ber Stäbe geigen bie Hübe etwas Unruhe, bie aber nicht 
lange anhält. $<ß fann Dr. $tate£ Stoginalftäße ben fetten JfoUegen feßt empfehlt***" 

3>ie 001 t 3bnen begogenen ^aginalftäbe haben ßei feueßenßaftetu IBetfalßen ßeittt Otinße bie Seuche halb 
gum Nücfgange unb gur Heilung gebracht, ebenfalls haben bie 23ullenftäbe befriebigt, ba feine 3ufeftion mehr beobachtet würbe. 

Dchfenbaufen, 26. 3. 1908. 91« SBdtnßarßt, 3)iftriftStierargt. 

Sierburch beftätige ich, baß bie non 3buen begogenen Söaginalftäbe ju meinet außetotßentlidpen 3» s 
ftießenßeit getoirft haben, ©ine Nücffebr bes Scheibenfatarrbs ift bis je^t nicht beobachtet worben, 

14. 4. 1908. £otU/ Verargt. 

3<h fann 3l;aen gu meiner greube mitteilen, bafc fid) 3bre Vaginal: unb 23utlenftäbe in Fontäne Hl. 23. feßt 
gut ßeloüßti ßaßen« 

Nttenftein, 23. 4. 1908. Dr. 0<ßdfet/ Hönigl. HreiStierargt. 

NHt ben non 3h nen begogenen 2>aginalftäben bin ich mit bem (Erfolge feßt guftießen getoefen« 

Nabegaft i. Inhalt. ©♦ Qtutm, Verargt. 

SSährenb ich wit anberen nerfuchten Niitteln in ber 23ehanblung bes anftecfenben Scheibenfatarrbs feinen 
bauernben ©rfolg ergielen fonnte, faß idj uadp flntoeußung bon Dr. $late’d ^aginalftdßen ßdüige 
Teilung ßiefet fttanfßeit eintreten. 

SBerl, 12. 4. 1908. Sßtefet/ Verargt. 

Nlit ber SBirfung ber oon 3h«cn begogenen 23aginalfläbe bin i^ feßt guftießen geftefen« ©ou allen 
gegen ßiefe Iftftige ^eueße emßfoßlenen unb etßtoßten Wittein ßaßen mit 3ßte IDaginalfl&ße ßie 
beften ^ienfte geleiftet. 3Kit ihnen gelang es mir f$on nach oerhältnismä&ig furger Qeit, wenn audh nicht bie 
Seuche felbft, fo hoch menigftens bereu oft red^t fchwere wirtfchaftliche golgen gu befeitigen. Nach ben non mir gemachten 
©rfahrungen fann ich biefe SBaginalftäbe nur fehr empfehlen. 

Söalbbröl, 20. 4. 1908. 3uft/ Hönigf. Hreistierargt. 

3h*e ^aginalfläbe habe ich ' n brei größeren unb nielen fleineren 2>iebbeftänben nerwanbt unb habe überall ba, 
wo biefelben oorf^riftsmäßig eingeführt würben, gute Erfolge geßaßt. 3ßte Zthbe ßaßen mit ßt^ ießt 
am ßeften gef aften, ba ßie Witfung eine au^geieiißnete ift« 

SBittenberg (^öegirf SaHe), 23. 4. 1908. . 91« @tdfel/ Verargt. 

9Jlit ben oon 3h nc » begogenen Sßaginalftäben habe id^ bei fad^gemäßer unb gewiffenhafter Ausführung gute 
l^tfolge bei ber 23ehanblung ber Hnötd^enfeuche gu oergeicfjnen. 

Siegen, 27. 2. 1908. 9&enßetßolß/ Söeterinärrat. 

23etr. bie Anwenbung 3h rer 2>aginalftäbe bei anßecfenbem ©cheibenfatarrh ber Ninber, teile ich 3haen ergebend 
mit, baß biefelben fich nach meinen Beobachtungen gut bewährt haben; inSbefonbere finb biefelben auch wegen ber leichten 
Anwenbungsweife burch bie Stierbefifcer fehr gu empfehlen. 

Gummersbach, 27. 4. 1907. 


Sitoißt/ SSeterinärrat. 



S. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


633 


Das Hühnerpestvirus ging nicht durch diese Agar-Ultrafilter 
hindurch, was durch Verimpfung des Filtrates und der unfiltrierten 
Lösung leicht bewiesen werden konnte. In den avirulenten 
Htilinerpestfiltraten wurden bei ultramikroskopischer Unter¬ 
suchung stark lichtbrechende bewegliche Körperchen gefunden, 
die jedoch mit der Hühnerpest in keinem ursächlichen Zu¬ 
sammenhänge stehen können. Dagegen fanden sich in der 
Agarschicht des Pukalfilters wiederum jene eingangs erwähnten 
korpuskulären Gebilde. 

Therapeutische Monatshefte , 22. Jakrg. Heß 7, S. 366 . 

Über die Höhe der Kresolausscheldung beim Hunde nach Lyeolver- 
abrelchung. Von R. Friedländer. Als Gegenmittel bei Lysolver¬ 
giftungen hat Friedländer bereits früher auf Grund von 
Tierexperimenten Fett und Eiereiweiß empfohlen. Weitere 
Versuche über die Menge der Kresolausscheidung beim Hunde 
und den Einfluß, den Fütterungsart und Verabreichung des einen 
oder des anderen der genannten Gegenmittel bei gleichzeitiger 
Verabreichung von Lysol ausüben, ergaben folgendes: 

Unter normalen Verhältnissen wird Kresol in schwankenden 
Mengen, und zwar mehr mit dem Kote als mit dem Urin aus¬ 
geschieden. Bei Fleischnahrung ist der Kresolgehalt der Aus¬ 
scheidungen viel größer als bei Ernährung mit Hundekuchen. 
Selbst nach dem Aufhören der Fleischnahrung wird noch in den 
beiden ersten Tagen das drei bis vierfache der bei Fütterung mit 
Hundekuchen durchschnittlich erfolgenden Kresolausscheidung 
ausgeschieden. Nach intrastomachaler Einverleibung von 2,0 
Lysol stieg die Kresolausscheidung, namentlich diejenige mit 
dem Urin erheblich. Von dem als Lysol eingeftthrten Kresol 
wurden etwa 25 Proz. wieder ausgeschieden, davon etwa 24 Proz. 
mit dem Urin. Die Zugabe von 20 ccm Eiereiweiß bei gleich¬ 
zeitiger Verabreichung von 2,0 Lysol hatte eine vermehrte 
Kresolausscheidung nicht zur Folge. Nach 2,0 Lysol und 
20 ccm Olivenöl war dagegen die Ausscheidung, namentlich im 
Urin, stark vermehrt. Auch nach Beigaben von 20 ccm 
Ricinusöl zu 2,5 Lysol war der Kresolgehalt des Urins, gleich¬ 
zeitig aber auch der des Kotes stark vermehrt, ohne daß jedoch 
die Gesamtausscheidung größer wurde. 

Centralblatt für Bakteriologie tisw. 1. Abt. Originale , Bd. 47, Heft 3, S.307. 

Beitrag zur Biologie des Bacillus vitullsepticus und zur Immunisierung 
gegen die durch denselben hervorgerufene septische Pneumonie der 
Kälber. Von H. Sobirop. Die kulturellen Untersuchungen über die 
biologischen Verhältnisse des Bacillus vitulisepticus erstrecken 
sich auf zehn verschiedene Nährböden oder Reaktionen unter 
vergleichsweiser Heranziehung von Kulturen der Erreger von 
Schweineseuche und Geflügelcholera. Unter anderem hat Schirop 
bezüglich der Aussaat auf Kartoffeln festgestellt, daß das Wachs¬ 
tum des Bacillus vitulisepticus ebenso von der Reaktion des 
Kartoffelnährbodens abhängig ist, wie dies Joe st für den 
Schweineseucheerreger beschrieben hat. Er gedeiht nur auf 
ausgesprochen alkalischem Kartoffelnährboden, am besten solchem, 
der ein bis drei tagelang in 1- bis 3 proz. Sodalösung ge¬ 
legen hat. 

Immunisierungsversuche gegen die ansteckende Lungen- 
BrustfellentZündung der Kälber mit Hilfe „aggressiver Exsudate“ 
nach Bail, und mit Bakterienextrakten nach Wassermann 
und Oitron ergaben folgendes. 

1. Mit Hilfe steriler Meerschweinchenexsudate nach der 
Bailschen Methode’, wie auch mit den wässerigen und serösen 
Kulturabschwemmungen des Erregers der septischen Pneumonie 


der Kälber nach den Angaben von Wassermann und Citron 
gelingt es, Meerschweinchen und Kaninchen gegen diese Seuche 
aktiv zu immunisieren und das Serum so vorbehandelter Tiere 
zur passiven Immunisierung bei Kaninchen, Meerschweinchen 
nnd grauen Mäusen zu verwenden. Der erlangte Schutz ist 
teilweise ein dauernder und außerordentlich hoher. 

2. Durch die gleichzeitige Injektion von Bakterien und 
Körperexsudaten, wie auch künstlichen Bakterienabschwemmungen 
ließ sich der Tod der Versuchstiere gegenüber den Kontroll¬ 
toren in der ausgesprochensten Weise beschleunigen. 

3. Der Nachweis vonStammesverschiedenheiten wurde erbracht 
derart, daß es nicht gelang, mittelst eines monovalenten Immun¬ 
serums Schutz gegen beliebige, andere Stämme zu erzielen. 
Bei eingetretener aktiver Immunität kamen diese Verschieden¬ 
heiten nicht zur Geltung. 

— Prüfungen über Mono- oder Polyvalenz der Sera gegen die 
infektiöse Pneunomie der Kälber führten zu einer Vergleichung der 
für die Bekämpfung der septischen Kälberpneumonie käuflichen 
Sera von „Gans“, „Jeß-Piorkowski“, „Klett-Braun“ und „Lands¬ 
berger-Serum“. Gegenüber zwei zu diesen Versuchen ver¬ 
wendeten Stämmen, die mit den Serie nicht in Beziehung 
standen, entfaltete nur das Serum „Gans“ in einer Menge von 
0,02 Schutzkraft gegen die um vieles tödliche Infektion. Die 
weiteren Versuche ergaben folgendes: 1. Mit Hilfe monovalenter 
Sera des Bacillus vitulisepticus gelingt es, Tiere mit geringen 
Serummengen gegen die vielfach tödliche Infektion des 
Herstellungsstammes zu schützen, jedoch nur in ganz ver¬ 
einzelten Fällen die Schutzwirkung auf nicht zur Immunisierung 
benutzte Stämme zu erstrecken. 2. Es müssen demnach auch 
für den Erreger der ansteckenden Lungen-Brustfellentzündung 
der Kälber Rasseverschiedenheiten ein und desselben Mikro¬ 
organismus in Anspruch genommen werden. 3. Für eine aus¬ 
sichtsvolle Bekämpfung der septischen Pleuropneumonie der 
Kälber ist die Verwendung von Heilseris, die mit einer 
möglichst großen Anzahl von Stämmen der verschiedentlichsten 
Herkunft hergestellt sind, unbedingtes Erfordernis. 

Dieselbe Zeitschrift S. 351. 

über Baiantidienenteritis. (Aus der II. mediz. Abteilung und 
der Prosektur der k. k. Rudolfspitals in Wien.) Von K. Glaeßner. 
Die Baiantidienenteritis ist eine hauptsächlich in Rußland und 
Schweden vorkommende, in Deutschland dagegen seltene Zoonose. 
Der Erreger, das Balantidium coli, gehört zu den Wimper- 
infüsorien. Er schmarotzt im Blind- und Grimmdarme des 
Schweines, wo er in der Regel krankhafte Erscheinungen nicht 
verursacht. Die Übertragung auf den Menschen geschieht ver¬ 
mutlich mit dem durch Parasiten verunreinigten Trinkwasser. 
Während ein Teil der Autoren den genannten Parasiten für 
einen harmlosen Bewohner des Dickdarmes hält, nehmen andere 
an, daß er sich nur auf bereits krankhaft veränderten Darm¬ 
gewebe ansiedeln kann. Ein dritte Gruppe von Forschern hält 
den Zusammenhang zwischen dem Erreger und den Veränderungen 
im Dickdarm des Menschen für erwiesen. Diese Veränderungen 
bestehen in hochgradiger Entzündung der Darmschleimhaut, die 
verdickt, ödematös durchtränkt und mit zahlreichen rundlichen 
Geschwüren, besonders an der Flexur und am Rektum, besetzt 
ist. Die Balantidien finden sich meist in dem verhältnismäßig 
gesunden Gewebe der Geschwürgrenzen. Häufig sind sie neben 
andern Dannschmarotzern und pathogenen Organismen des 
Darmes gefunden worden. Die Krankheit äußert sich in Leib- 


*** 



634 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


schmerzen und sehr heftigem Durchfall. Sie erstreckt sich 
meist auf mehrere Jahre, kann aber anch erheblich rascher 
verlaufen und in einzelnen Fällen sogar in 8 bis 10 Tagen zum 
Tode führen. Die Diagnose stützt sich auf die in den Stühlen 
zu findenden Balantidien. Die Therapie erstrebt Heilung der 
Enteritis und Abtötung der Erreger. Zu diesem Zwecke sind 
leichte Abführmittel empfohlen (Rizinusöl, Klysmen, Kalomel) 
ferner verdünnte Salzsäure, Chinin-, Naphthalin-, Salizylsäure- 
Klysmen. 

Experimentelle Untersuchungen des Verfassers erstreckten 
sich auf den Nachweis von proteolytischen, diastatischen und 
hämolytischen Substanzen im Körper der Balantidien. Während 
ein proteolytisches Ferment nicht nachgewiesen werden konnte, 
scheint in den Balantidienleibern ein sehr kräftiges stärke- 
verzuckemdes Ferment und auch eine hämolytische Substanz 
wirksam zu sein. Schließlich hat der Verfasser mittelst Auf¬ 
schwemmung von Balantidien Kaninchen immunisiert und beob¬ 
achtet, daß das Balantidium coli durch das von den Kaninchen 
gewonnene Immimserum zunächst gelähmt und dann abgetötet 
wird. W. 

Berichtigungen. 

In dem Referat über Kolibakterienseptikämie bei Hühnern 
B. T. W. Nr. 35, S. 614 muß es heißen im letzten Absatz, dritte 
Zeile „bei den Impfversuchen“ (nicht „bei manchen“) und in der 
fünften Zeile „die Inkubationszeit betrug bei den Impftieren“. 

Zu dem Referat über Bissulin in Nr. 33 der B. T. W. (S. 584) 
sind einige Satzfehler zu berichtigen. Der Autor der Veröffentlichung 
heißt Bogner und der Inhaber der Firma, die das Präparat her¬ 
stellt, Tromsdorff. Das Präparat besteht aus einem Konstituens 
von Fetten, denen 0,25 Proz. Sozojodolhydrargyrum zugesetzt sind. 


Tagesgeschichte. 

t 

Nachruf. 

Am 8. August 1908 starb in seiner Vaterstadt Hadersleben 
im Alter von ca. 80 Jahren der Königliche Kreistierarzt a. D. 
Niels Heinrich Raben. Geboren am 25. Dezember 1828, 
hat er die dortige Realschule frequentiert und ist nach der 
Konfirmation zunächst in den Postdienst getreten. Nachdem er 
in der Schleswig-Holsteinischen Armee die Kriegsjahre mit durch¬ 
gemacht, wofür ihm später das Ehrenzeichen für die Kriegs¬ 
jahre 1848—49 geworden, ist er zum Studium der Tierheilkunde 
übergetreten. Zunächst die Tierarzneischule in Hannover be¬ 
sucht, wurde er am 6. Mai 1853 an der Kgl. Tierärztlichen 
Hochschule zu Kopenhagen als Eleve angeschrieben. Im Januar 
1855 bestand Raben das Staatsexamen mit dem ersten Charakter 
und ließ sich als Privattierarzt in Hadersleben nieder. Von 
1864 ab wurden ihm die veterinärpolizeilichen Geschäfte zu 
Hadersleben übertragen und 1871 ihm die Stelle als Kgl. Kreis¬ 
tierarzt verliehen. Die nachgesuchte Entlassung aus dem Staats¬ 
dienste ist ihm zum 15. September 1902 gewährt. Raben hat 
in den schweren politischen Zeiten in der Nordmark seine 
deutsche Gesinnung stets offen bekannt. 

Dem tierärztlichen Provinzialverein hat er in vielen Jahren 
als Mitglied angehört und sich an den Vereins Versammlungen 
häufig beteiligt. 

Ehre seinem Andenken! 

Der Vorstand des tierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein. 

I. A.: Eiler. 


Zur Ausbildung der Tierärzte. 

Von Kreistierarzt Witt-Hadersleben. 

Tritt der neugebackene Tierarzt hinaus in die Praxis, so 
wird er bald zu seinem großen Leidwesen zu der Überzeugung 
kommen, daß sein Wissen noch Stückwerk ist und daß die allzu 
kurze Studienzeit von 7—8 Semestern, mögen diese noch so 
redlich ausgenutzt sein, nicht imstande war, so viele große 
Lücken in seinem Wissen und Können auszufüllen. 

Ob es den jungen Kollegen besser ergeht, denen infolge 
des Titels Dr. phil. der Himmel voller Geigen hängt, mag dieser 
Titel in Deutschland oder der Schweiz erworben sein, möchte 
ich bezweifeln. Ja, ich scheue mich nicht, es klipp und klar 
auszusprechen, daß ich befürchte, es wird bei manchen von 
ihnen das mehr oder weniger lange Spezialstudium für den tier¬ 
ärztlichen Beruf ganz bedeutungsloser Fächer den Blick für die 
Praxis nur noch mehr trüben. Was die Landwirtschaft 
fordert, Bind ganz entschieden tüchtige, praktische 
Tierärzte, ob beamtete oder private, und diese bilden 
ohne Frage den wichtigsten Faktor bei der Hebung 
unseres Standes, von der in letzter Zeit so viel geschrieben 
wird. Können wir den Doktortitel nun einmal nicht ent¬ 
behren, so muß das Ziel unseres Strebens der Dr. med. vet. 
sein, von unseren eigenen Hochschulen verliehen! Geht 
nun der Tierarzt mit frischem Mut ans Werk, hat er zweierlei 
gelernt, objektive Beobachtung und logische Schlußfolgerung, so 
wird eine längere Reihe praktischer Jahre ihn allmählich heran¬ 
reifen lassen und zwar um so schneller, wenn er mit Lust und 
Liebe Tierarzt geworden ist und nicht durch Zufall oder die 
Ungunst der Verhältnisse in diesen Beruf hineinkam. Leicht 
wird es uns Tierärzten aber nicht, auf den so vielseitigen Ge¬ 
bieten unserer Wissenschaft uns zurecht zu finden, sind doch 
die Hilfsmittel, welche unsere Lehrer und ihre Bücher uns an 
die Hand geben, noch recht bescheiden. Wie gering sind noch 
unsere Kenntnisse von vielen Rinderkrankheiten, von den Krank¬ 
heiten der kleineren Haustiere gar nicht zu reden, und doch 
steckt in den Rindviehbeständen der Hauptteil des landwirtschaft¬ 
lichen Nationalvermögens, und es verspricht gerade die Rind¬ 
viehzucht von allen Zuchtgebieten noch den sichersten Nutzen. 

Die Schuld unserer lückenhaften Ausbildung liegt zur 
Hauptsache in der kleinen Zahl von Semestern, die meines Erachtens 
auf zehn erhöht werden muß; zum Teil liegt sie aber auch in 
der Art der Heranbildung und Auswahl unserer Lehrer und 
Professoren. Quousque tandem sollen wir die Einrichtung 
des Privatdozententums entbehren?! Ist dies nicht 
die sicherste Gewähr für eine richtige Auswahl der 
Lehrkräfte, an denen unsere Wissenschaft einen er¬ 
heblichen Mangel hat, wie die letzten Jahre klar und 
deutlich bewiesen haben?! Ist es nicht eine dringende 
Notwendigkeit, daß jungen, intelligenten und vielleicht auch 
wortgewandten Tierärzten Gelegenheit geboten wird, ein Lleblings- 
feld ihrer Wissenschaft zu beackern, eventuell ganz neu an¬ 
zulegen, und sie heranreifen zu lassen für den so wichtigen 
Posten eines Lehrers für die Jugend. 

Heute entscheidet noch in manchen Fällen der Kreis von 
Gönnern, und mancher junge Lehrer sieht sich gezwungen, 
vorerst mit Fächern fürlieb zu nehmen, die ihm absolut nicht 
Zusagen; bei passender Gelegenheit beginnt dann der Wettlauf 
um andere Lehrstühle, und mit den Jahren können einzelne 
Herren einen wahren Rekord aufstellen. Sie haben in allen 





3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


635 


Sätteln gesessen und in ihren Kompendien, Lehrbüchern nnd 
Sammelwerken findet der Tierarzt sa ziemlich alles Wissens¬ 
werte beschrieben. Beschrieben darf ich freilich wohl nicht 
sagen, es wird richtiger sein, vom Erwähnen zu sprechen. Viele 
wichtige Krankheiten sind auf wenigen Seiten, ja, mit wenigen 
Zeilen abgetan, zwischen den Zeilen kein Wort, noch weniger 
ein Gedanke! Ich kann hier aus praktischer Erfahrung reden. 

Das waren so die Gedanken, die in mir wieder einmal auf- 
stiegen, als ich mich so ganz auf mich allein angewiesen sah 
bei der Beobachtung jener Krankheitserscheinungen, die ich 
heute als Malaria des Rindes beschreibe.*) 

Anmerkung. 

Mehr und mehr beginnen die Tierärzte im Lande sich mit 
der Frage der tierärztlichen Ausbildung zu beschäftigen. Auch 
die obigen Äußerungen des Herrn Kreistierarzt Witt beweisen, 
daß diese Frage eine allgemeine und brennende geworden ist. 
Wie das beim Einsetzen solcher Bewegungen immer ist, sind 
die Ansichten noch sehr geteilt, unklar, auch wohl „von der 
Parteien Gunst und Haß verwirrt“ teilweise das Ziel verkennend 
oder darüber hinausschießend. In solchen Zeiten brodelnder 
Betrachtungen besteht auch immer die Gefahr, daß Schlagworte 
die Oberhand gewinnen und das Ganze auf einen falschen 
Weg fuhren. (Das Privatdozententum als Panacee ist ein 
solches.) Immer aber liegt andrerseits im freimütigen Tadel, 
mag er ganz zutreffen oder nicht, wenn er sich nur von be¬ 
absichtigter Ungerechtigkeit fernhält, ein Antrieb und daher 
eine Förderung, die zu begrüßen ist. Die auch von Herrn 
Kollegen Witt angerührte Frage wird nicht verstummen und 
darf nicht mehr verstummen. In erster Linie müssen darauf 
die Hochschulen antworten und als der derzeitige Rektor der 
Berliner Hochschule fühle ich mich verpflichtet, meine Ansichten 
darzulegen. Ich werde das in einigen Artikeln tun und gehe 
daher heute auf die Äußerungen Witts noch nicht ein. 

Schmaltz. 

Künftige Beförderangsverh&ltnisse. 

In den Erörterungen über die bevorstehende und mit so 
großer Spannung erwartete Militär-Veterinärreform ist die 
Frage noch nicht genügend ventiliert: „Wie werden sich 
künftighin die Beförderungsverhältnisse gestalten?“ 

Es ist anzunehmen, daß sich das künftige Veterinär-Offizier¬ 
korps gliedern wird in Veterinäre, Oberveterinäre, Stabsveterinäre, 
Oberstabsveterinäre und Korpsstabsveterinäre mit dem Inspekteur 
des Militärveterinärwesens an der Spitze. Soll die beabsichtigte 
Reform in Wirklichkeit eine Reform, d. h. eine Verbesserung 
darstellen, dann kann sie es nur unter folgenden Voraussetzungen 
sein. Der Unterveterinär wird nach einem Jahre zum Veterinär, 
dieser nach weiteren drei bis vier Jahren zum Oberveterinär be¬ 
fördert. Betreffs der Beförderung zum Stabsveterinär wäre auf 
jeden Fall die alte Bestimmung fallen zu lassen, daß sie von 
der erfolgreichen Absolvierung des Stabsveterinär-Kursus und 
der Verleihung einer Regiments-Veterinärstelle abhängig gemacht 
wird. Es müßten vielmehr die älteren Oberveterinäre ohne 
weiteres, wie die Oberärzte, nach einer ungefähr sechs bis acht 
jährigen Dienstzeit (als Oberveterinär) zum Stabsveterinär be¬ 
fördert werden, unter gleichzeitiger Überweisung zu einem selb¬ 
ständigen Trainbataillon oder einer alleinstehenden Feldartillerie- 
Abteilung. Erst die Verleihung einer Regimentsveterinärstelle 


dürfte, falls man überhaupt an dem ganzen, sonst nirgends in 
der Armee so ausgeprägten System der Kurse und Examina 
festzuhalten gedenkt, von dem Bestehen der „Regimentsveterinär- 
prüfung“ (diese Bezeichnung müßte an die Stelle der jetzigen 
Stabsveterinärprüfung treten) abhängig gemacht werden. Will 
man, wozu möglicherweise keine Geneigtheit bestehen dürfte, 
die neu ernannten Regimentsveterinäre nicht gleich zum Ober¬ 
stabsveterinär befördern, dann könnte man die dienstjüngere 
Hälfte derselben ruhig in der Stabsveterinärcharge (eventuell 
als Stabsveterinäre I. Klasse) belassen und nur die dienstältere 
Hälfte zum Oberstabsveterinär befördern unter gleichzeitiger 
Versetzung in ein Kavallerieregiment, das ja auch einen 
erheblich höheren Pferdebestand hat als z. B. ein Feldartillerie¬ 
regiment. Hiermit wäre dann die Karriere im wesentlichen 
abgeschlossen, denn für die Beförderung zum Korpsstabsveterinär 
kommen naturgemäß nur noch wenige Auserwählte in Betracht. 
Die Hauptsache ist und bleibt die rechtzeitige Be¬ 
förderung zum Stabsveterinär, in einem Alter, in dem 
auch die Frontoffiziere Hauptleute und die Sanitäts¬ 
offiziere Stabsärzte werden. Erfolgt die Beförderung zum 
Stabsveterinär erst gleichzeitig mit der Verleihung eines 
Regiments, dann dürfte unter den jetzigen Verhältnissen mancher 
wohl 45 Jahre alt werden. Die Veterinär-Offizierskarriere wäre 
dann um nichts besser als die der Zeug- und Feuerwerks¬ 
offiziere, ja hinsichtlich der Kosten usw. der Ausbildung noch 
erheblich schlechter als diese. Würde nicht zudem in der 
ganzen Armee und darüber hinaus der Eindruck hervorgerufen, 
als ob die Veterinäre jetzt erst das geworden wären, was die 
Zeug-, Feuerwerks- usw. Offiziere schon seit Jahrzehnten sind?! 

Von großem Interesse sind die künftigen Beförderungs- 
Verhältnisse naturgemäß auch für die Veterinäre des 
Beurlaubten Standes. Während die Militärärzte der Reserve 
zurzeit durchschnittlich im Alter von 25—26 Jahren Assistenz¬ 
ärzte, mit 28—30 Jahren Oberärzte und mit 36—38 Jahren 
Stabsärzte werden, wird der Reserve-Veterinär erst mit ca. 
30 Jahren Oberveterinär (= Assistenzarzt) und nach einer ab¬ 
geleisteten zweiten Übung günstigenfalls im Alter von 
43—45 Jahren Stabsveterinär, und zwar auch nur dann, wenn 
er entweder — wie die aktiven — den Stabsveterinär-Kursus 
erfolgreich absolviert oder als Ersatz dafür, das Kreistierarzt- 
examen abgelegt hat. Die erstgenannte Bedingung hat bis jetzt 
wohl überhaupt noch kein Reserve-Veterinär erfüllt, aber auch 
die Ablegung des Kreistierarztexamens, lediglich zum Zwecke 
der Beförderung, ist viel zu umstäncUich, zu teuer und — last 
not least — für den praktischen und Schlachthoftierarzt im 
übrigen nahezu zwecklos.*) Seit der gerade in den Jahren 
unter den beamteten Tierärzten eingetretenen bedeutenden Ver¬ 
jüngung ist die Aussicht, im Staatsdienst angestellt zu werden, 
doch eine ganz minimale geworden. Was hat denn im Grunde 
genommen auch das Kreistierarztexamen mit der Beförderung 
zum Stabsveterinär zu tun? Werden denn nicht auch die Ärzte 
lediglich auf Grund ihrer Approbation und zweier abgeleisteten 
Übungen zu Stabsärzten der Reserve befördert? — Ohne 
Stabsarztkursus, ohne Kreisarztexamen! Was den Ärzten recht 
ist, ist den Tierärzten billig! Man befördere also auch sie zu 
Stabsveterinären — ohne Kreistierarztexamen, ohne Stabs¬ 
veterinärkursus! Würde der letztere, wie vorgeschlagen, nicht 


*) Siehe den Originalartikel an der Spitze dieser Nummer, 


*) Das ist doch so allgemein wohl nicht zutreffend. D. R. 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


mehr für die Beförderung zum aktiven Stabsveterinär verlangt, 
denn würde er eo ipso auch für die Reserve-Veterinäre hinfällig. 
Wie viele Veterinäre werden denn auch längere Zeit, 
etwa über das 40. Lebensjahr hinaus, im Reserveverhältnis 
verbleiben wollen, wenn ihnen keine befriedigende 
Beförderung in Aussicht steht? Den größten Nachteil 
hiervon hätte doch immer die Militär-Verwaltung selbst, insofern, 
als ihr im Ernstfälle noch weniger Veterinäre zur Verfügung 
stehen würden, als es jetzt ohnehin schon der Fall ist. Alles 
in allem! Man mache endlich einmal ganze Arbeit, schaffe 
wirklich befriedigende Verhältnisse und entziehe damit dem 
in tierärztlichen Kreisen nachgerade sprichwörtlich gewordenen 
Pessimismus den Boden! 

Programm des IX. Internationalen tierärztlichen Kongresses 
im Haag 1909. 

Zeit des Kongresses: Der Kongreß dauert vom 13. bis zum 
18. September 1909. 

Programm der Sitzungen. 

(Die Namen der Berichterstatter werden später veröffentlicht werden.) 

A. Feierliche Eröffnungssitzung am 13. September, 
nachmittags 2 Uhr. 

B. Allgemeine Sitzungen 

am 14., 15., 16., 17. und 18. September, vormittags 9 Uhr, 
und am 14. September, nachmittags 2‘/» Uhr. 

Verhandlungsgegenstände: 

1. Die polizeiliche Bekämpfung der Schweineseuche und 
Schweinepest mit Rücksicht auf die neueren Forschungen über 
deren Ätiologie, Impfung, Serumimpfung usw. 

2. Gesetzlicher Schutz der Ausübung der Veterinärmedizin. 

3. Der Tierarzt als amtlicher Sachverständiger in Tierzucht- 
sachen. 

4. Die Bedingungen für die Promotion zum veterinär¬ 
medizinischen Doktorat. 

5. Die sanitäre Milchkontrolle und die staatliche obligatorische 
Fleischbeschau. 

6. Die unschädliche Beseitigung der Tierkadaver und der 
Fleischkonfiskate. 

7. Die Prophylaxis und die Pathologie der Protozoenkrank¬ 
heiten (Piroplasmosen, Trypanosomosen usw.) mit Demonstration 
der spezifischen Parasiten und der die Übertragung vermittelnden 
Tiere (Zecken, Mücken usw.). 

8. Staatliche Kontrolle der Sera und Bakterienprodukte, sowie 
deren Herstellung von Staats wegen. 

9. Die Tuberkulose des Geflügels in ihren Beziehungen zu der 
Tuberkulose der Säugetiere. 

10. Die Sterilität des Rindes und ihre Beziehungen zu den an¬ 
steckenden Krankheiten der Geschlechtsorgane. 

11. Die staatliche Bekämpfung der Tuberkulose mit Rücksicht 
auf deren Infektionswege. 

12. Bau und Einrichtung der Stallungen mit Rücksicht auf die 
Prophylaxis der Tierkrankheiten, besonders der Tuberkulose, und 
auf die Milchhygiene. 

C. Sektionen des Kongresses. 

I. ÖffentlichesVeterinärwesen, Nahrungsmittelkontrolle. II. Patho¬ 
logie und Bakteriologie. III. Klinische Tierheilkunde. IV. Tier¬ 
zucht. V. Tropische Krankheiten. 

Die Sektionssitzungen finden statt am 16. und 17. September, 
nachmittags 2*/* Uhr. 

Verhandlungsgegenstände. 

I. Erste Sektion. 

1. Die polizeiliche Kontrolle der Fische, des Wildbrets, des 
Geflügels, der Krusten- und Weichtiere und anderer tierischen 
Nahrungsmittel nicht gehörend zu der der Frage 5 der allgemeinen 
Sitzungen, in Beziehung zur Hygiene des Menschen. 

2. Die Schlachtviehversicherung. 

3. Desinfektion der Transportmittel und der tierischen Roh¬ 
produkte im internationalen Verkehr. 


4. Die Serotherapie, die Seroprophylaxie und die Impfung bei 
Maul- und Klauenseuche und deren Wert für die Veterinärpolizei. 

II. Zweite Sektion. 

1. Die Diagnose der ansteckenden Tierkrankheiten mittelst der 
neueren Immunitätsreaktionen mit Ausnahme des subkutanen Ein- 
verleibens des Tuberkulins und des Malleins. 

2. Die Ätiologie und Pathogenese der malignen Tumoren, 
namentlich des Krebses. 

3. Die pathologisch-anatomische und pathologisch-histologische 
Diagnostik der Tollwut. 

in. Dritte Sektion. 

1. Die spezifische chronische Enteritis des Rindes. 

2. Die infektiöse Pleuropneumonie des Pferdes. 

3. Die Hämostase bei den modernen Kastrationsmethoden. 

4. Die Pathologie und Therapie der Streptococcenkrankheiten 
bei den Haustieren. 

5. Die neueren Ansichten der letzten zwei Jahre auf dem Ge¬ 
biete der Arthritis chronica deformans des Pferdes. 

IV. Vierte Sektion. 

1. Die Physiologie der Milchsekretion und die Beziehung 
zwischen Exterieur des Rindes und der Milchproduktion. 

2. Der Einfluß der verschiedenen Futtermittel auf die Qualität 
der Produkte (Fleisch, Milch) und die Anwendung der Kel ln ersehen 
Prinzipien bei der Ernährung der Haustiere mit Rücksicht auf die 
Milch-, Fleisch- und Krafterzeugung. 

3. Die Verhütung der nachteiligen Folgen der Leistungszucht 
bei den Haustieren. 

4. Der Unterricht in der Tierzucht. 

V. Fünfte Sektion. 

1. Die hygienischen Maßregeln für den überseeischen Transport 
der Haustiere. 

2. Die Veterinärpolizei in den Kolonien. 

3. Die Laboratorien zur Untersuchung der tropischen Krank¬ 
heiten und der Unterricht in denselben. 

D. Feierliche Schlußsitzung am 18. September, 
nachm.ittags.,2 Uhr.. . 

Bestimmungen Uber die Beilegung des Titels Spezialarzt. 

Der preußische Kultusminister hat auf Grund eines Gut¬ 
achtens der wissenschaftlichen Deputation für das Medizinal¬ 
wesen den preußischen Ärztekammern zur Begutachtung einen 
Entwurf übersandt, betreffend die Bedingungen für die Führung 
der Bezeichnung als Spezialarzt. Die Deputation hat sich 
dahin ausgesprochen, daß die Genehmigung zu dieser Bezeichnung 
von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen sei, und zwar 
von einer besonderen Ausbildung, die der Betreffende in seinem 
Spezialfach genossen haben muß. Diese Ausbildung soll so 
lange währen, als in der Regel erforderlich ist, um sich die 
besondere Kenntnis und ausreichende Erfahrung in dem be¬ 
treffenden Fache zu erwerben. Die Ausbildung kann erworben 
werden nur durch die Stellung als Assistent in einer geeigneten 
staatlichen oder kommunalen Anstalt oder bei einem in diesem 
Gebiet anerkannten Spezialisten. Das Kultusministerium würde 
alljährlich ein Verzeichnis derjenigen Anstalten und Spezialisten, 
die für die Ausbildung zulässig erscheinen, veröffentlichen. 

Vollberechtigte weibliche Studenten. 

Durch Anschlag am schwarzen Brett der Berliner Universität 
ist der Erlaß des Kultusministers bekannt gemacht worden, 
wonach vom Beginn des nächsten Wintersemesters ab auch 
Frauen als Studierende an den Landesuniversitäten zugelassen 
werden. 

Hochschulnaohrlchten. 

Gestorben ist Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Settegast am 
11. August, fast 90 Jahre alt, der große Reformator des Tier¬ 
zuchtwesens, der bedeutende Volkswirt und Schriftsteller, einer 



3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


637 


der eifrigsten Förderer des Logenwesens nnd auch Gründer 
vieler Logen. Der letzte der großen alten Lehrer der Tierzucht 
hat damit seit Albrecht Thaers jun. Tod das Zeitliche 
gesegnet. R. i. P. 

A. o. Professor Dr. Thierfelder-Berlin ist Nachfolger 
von Hüfners in Tübingen auf dem Lehrstuhl der physiologischen 
Chemie geworden. Prof. Gfirber in Würzburg hat den phys.- 
chem. Lehrauftrag in Marburg übernommen. Prof. Frank- 
Gießen hat Voits Lehrstuhl in München erhalten. Dr. G. 

Tierärztlicher Verein von Unterfranken und Aschaffenburg. 

60. ordentliche Generalversammlung am 19. September 1908, 
vormittags 10‘/ 2 Uhr, im Bahnhof-Hotel in Würzburg. 

Tagesordnung: 

1. Rechenschaftsbericht a) des Vorstandes, b) des Kassierers. 

2. Wahlen. 

3. Über chronische Erkrankungen des Sprunggelenkes. (Mit 
Demonstrationen.) Referent: Distriktstierarzt Dr. Reißin ger. 

4. Erfahrungen über Tollwut. Referent: Kgl. Bezirkstierarzt 
Härtle. 

5. Wünsche und Anträge. 

Nach der Versammlung findet gemeinsames Mittagsmahl im 
Bahnhof-Hotel statt. Hierzu sind schriftliche Anmeldungen bis 
längstens 18. September an Unterfertigten erbeten. 

Würzburg, 24. August 1908. Stenger, Vorstand. 

VII. Wanderversammlung Sohlesischer Schlachthoftierärzte in Hirechberg 
am Sonntag, den 6. September 1908. 

Programm: 

Vormittags 9 bis 10 Uhr: Empfang auf dem Bahnhofe. 

Vormittags 10 bis 10 3 / 4 Uhr: Besichtigung des Schlachthofes. 

Vormittags 11 bis 127* Uhr: Sitzung in Strauß’ Hotel. 

Nachmittags 127 a bis 27a Uhr: Gemeinschaftliche Tafel in 
Strauß’ Hotel. (Trockenes Gedeck einschließlich Musik 8,50 M.) 

Nach Aufheben der Tafel bei schönem Wetter Fahrt mit der 
Talbahn nach Hermsdorf und K. Aufstieg nach dem Kynast. 
Besichtigung der romantischen Burgruine. Prachtvolle Fernsicht. 
— Abstieg. 

Geselliges Beisammensein in Tetzes Hotel, Hermsdorf. 

Rückfahrt nach Bahnhof Hirschberg. — Abschied. 

Teilnehmererklärungen, auch im besonderen an der Tafel und 
dem Ausfluge, sind sofort an den Kollegen Schmidt-Hirschberg 
zu richten. Die Teilnahme der Damen ist sehr erwünscht. 

Es wird um zahlreiches Erscheinen gebeten, da mit dieser 
Versammlung die Feier des 25jährigen Berufsjubiläums unseres 
Obmanns Hentschel-Oels verbunden werden soll. 

Für die Kollegen, die schon Sonnabend, den 5. September in 
Hirschberg eintreffen, findet abends zwangloses Beisammensein im 
Hotel »Drei Berge“ statt. 

Ankunft des Zuges von Niederschlesien (Kohlfurt - Görlitz) 
900 vormittags, Abfahrt 925 bzw. 1022 nachmittags. 

Ankunft des Zuges von Mittel- und Oberschlesien (KönigBzelt- 
Breslau) 938 vormittags, Abfahrt 922 nachmittags. 

Tagesordnung der Sitzung. 

1. Bericht über die 7. Hauptversammlung des Vereins Preußischer 
Schlachthoftierärzte. (G e r 1 a c h - Liegnitz.) 

2. Bakteriologische Fleischuntersuchung. (Dr. Franke-Breslau.) 

8. Freie Besprechungen. 

4. Wahl des nächsten Versammlungsortes. 

Der Obmann: Der derzeitige Festordner: 

I. V.: Mahlendorff. Schmidt 

Verein der Privetftlerärzte Ostpreußens. 

Der Verein der Privattierärzte Ostpreußens fordert die Herren 
Privatkollegen dieser Provinz, welche dem Verein noch nicht 
angehören, dringend zum Anschluß auf, da wichtige Dinge eine 
möglichst umfassende Organisation der Vertreter dieses Standes 
geradezu erzwingen. 

Der Verein hält am Sonntag, den 6. September 1908, vormittags 
11 Uhr, im Hotel Königin Louise in Seebad Cranz eine Sitzung ab, 


zu der alle Privatkollegen, denen die Interessen unseres Standes 
am Herzen liegen, hierdurch eingeladen sind. 

Vorbegrüßung am Sonnabend, den 5. September 1908, abends 
9 Uhr, in Königsberg i. Pr. Hotel Berlin. 

Nach der Sitzung findet ein gemeinsames Mittagessen und gegen 
4 Uhr ein Kaflfeeausflug nach Neukuhren, unter erwünschter Teil¬ 
nahme der Damen statt. Gefällige Anmeldungen hierzu bis zum 
2. September 1908 an das genannte Hotel in Cranz erbeten. 

Der Vorstand. 

v. Lojewski. Zwirner. Kalcher. Arnsdorff. 

Rheinischer Tierärztetag. 

Vom 20. bis 26. September d. J. tagt in Köln die 80. Ver¬ 
sammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Ärzte, an der naeh den eingegangenen Meldungen zahlreiche 
Tierärzte teilnehmen werden. Um diesen einen entsprechenden 
Willkomm zu bereiten, wird am 20. September d. J., vormittags 
11 Uhr, im Zoologischen Garten in Köln eine gemeinsame Sitzung 
der rheinischen tierärztlichen Vereine mit folgender Tagesordnung 
stattfinden: 

1. Begrüßungs-Ansprache des Alterspräsidenten. 2. Geschäft¬ 
liche Mitteilungen. 3. Regelung des Milcbverkehrs in den Schlacht¬ 
hofgemeinden: a) Städtische Milchkontrolle. Referenten: Dr. Betten- 
dorf und Fischer, b) Die Herstellung einwandfreier Kindermilch. 
Referenten: Stier und Plath. 4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Im Anschlüsse an die Sitzung findet ein gemeinsames Mittag¬ 
essen und am Abend ein Kommers statt. Indem wir die Mitglieder 
zu diesen Veranstaltungen ergebenst einladen, bemerken wir, daß 
eine möglichst rege Beteiligung der Damen sehr erwünscht ist. 

Köln, im August 1908. 

Die Vorsitzenden der rheinischen tierärztlichen Vereine. 

Bockelmann-Aachen. Brebeck-Bonn. 

Dr. Finkenbrink-Saarbrücken. Vet.-Rat Dr. Lothes-Köln. 
Vet-Rat Schmitt-Düsseldorf. Vet.-Rat Dr. Steinbach-Trier. 

Warnung. 

In Stolp wurde nach einer Zeitungsmeldung ein Tierarzt Ernst 
Stern festgenommen, der die Kollegen um Reisegeld gebeten, dies 
auch in reichem Maße erhalten hatte, trotzdem aber dort blieb. 
Wie ermittelt wurde, hat Stern eine bewegte Vergangenheit hinter 
sich, und ist mehrmals bestraft Jetzt ist er auch in Graudenz 
aufgetaucht, hat aber hier wenig Glück gehabt Er trug einen 
dunklen Anzug, weiße Mütze und hat mehrere Schmisse. Wirklicher 
Not gegenüber hat sich die Mildtätigkeit der Tierärzte stets aus¬ 
gezeichnet bewährt. Leider aber haben mehrfach Schwindler und 
Vagabunden jahrelang von dem Mitleid der Tierärzte gut gelebt. 
Ich habe den Besuch solcher Leute häufig erhalten, die immer eine 
gute Personenkenntnis unseres Standes, wahrscheinlich aus dem 
Veterinärkalender, hatten. Sie behaupten meist durch Krankheit 
in einer entfernten Stadt mittellos geworden zu sein, sie möchten 
nach Hause fahren und bitten um Reisegeld oder um schriftliche 
Arbeiten, und wenn die nicht vorhanden sind, um ein kleines 
Viatikum. Die Namen unserer Professoren, der Departements- und 
Kreistierärzte sind ihnen durchaus geläufig. Alle so bettelnde Leute 
sind Betrüger und jede Gabe, die ihnen zukommt, ist ein Raub an 
der wirklichen Not. Ich selbst bin auch einmal auf solchen 
Schwindler hineingefallen, dessen Verurteilung ich hinterher las und 
jetzt weise ich diese Leute stets rundweg ab. Ich teile dies Ver¬ 
fahren zur Nachahmung mit und warne die Kollegen besonders vor 
dem erwähnten Stern. Felbaum, Kreistierarzt, Graudenz. 

Preußischer Beamten-Vereln zu Hannover, Lebensversicherungsverein auf 
Gegenseitigkeit. 

Lebens-, Kapital- (Aussteuer- und Militärdienst-), Leibrenten- 
und Begräbnisgeld-Versicherungs-Anstalt für alle deutschen Reichs-, 
Staats- und Kommunal- etc. Beamten, Geistlichen, Lehrer, Rechts¬ 
anwälte, Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Redakteure, Ingenieure und 
geprüften Baumeister, sowie für Privatbeamte in gesicherten 
Stellungen. Keine bezahlten Agenten und infolgedessen niedrige 
Verwaltungskosten. Versicherungsbestand Ende Juli 1908 : 83 195 
Versicherungen über 326 456 550 M. Kapital und 1145017,80 M. 
jährliche Rente. Reiner Zugang vom 1. Januar bis Ende Juli 1908: 



638 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


2202 Versicherungen über 12 723 950 M. Kapitel und 46 720 M. 
jährliche Rente. Vermögensbestand: 115 203 000 M. 

[Die Redaktion nimmt von Zeit zu Zeit die Bekanntmachungen 
des Preußischen Beamten-Vereins auf, da derselbe als gemein¬ 
nütziges Institut anzusehen ist unc^die Niedrigkeit der Verwaltungs¬ 
kosten, die nur durch das Fehlen besonderer Agenten ermöglicht 
wird, den Mitgliedern zugute kommt.] 

Haftung des Gastwirts für Beschädigung eingestellter Tiere. 

Das Oberlandesgericht zu Jena hat neulich ein Urteil ge¬ 
fällt, welches auch für die Leser der B. T. W. nicht ohne 
Interesse sein dürfte. Ein Landwirt stellte sein Pferd in eine 
Ausspannung ein und sagte dem Hausknecht, daß das Pferd 
allein in einen Stall gestellt werden solle, was zugesagt wurde. 
Der Hausknecht hat aber später doch geduldet, daß noch ein 
anderes Pferd in denselben Stall gesteUt wurde, wobei er 
freilich dem Besitzer sagte, er könne die Verantwortung nicht 
übernehmen. Das zweite Pferd hat nun das erste durch einen 
Schlag erheblich verletzt, und der geschädigte Besitzer ver¬ 
langte Schadenersatz von dem Wirt. Die Berechtigung dieses 
Anspruches ist anerkannt worden mit folgender Begründung: 
Wenn ein Landwirt zu Markte fährt und in eine Ausspannung 
sein Fuhrwerk einstellt, so tut er dies nicht zum Zwecke der 
Erholung, sondern um während des Marktbesuches Pferd und 
Wagen sicher unterzubringen. Er hat darauf einen vertrags¬ 
mäßigen Anspruch und ist nicht auf den guten Willen des 
Wirtes angewiesen. Hierüber kann der Wirt nicht im Zweifel 
sein; auch ist zweifellos, daß er dem Hausknecht allgemeine 
Vollmacht gibt, ihn in diesen Ausspannungsangelegenheiten zu 
vertreten. Einer ausdrücklichen Erklärung des Vertrags willens 
bedarf es nicht. Der Hausknecht hat ein Versehen begangen, 
indem er die Einstellung eines zweiten Pferdes duldete. Daß 
er dem zweiten Pferdebesitzer die Verantwortung zuschob, hat 
keine Rechts Wirkung. Für das Versehen des Hausknechts ist 
der Wirt haftbar. Daß der Kläger auch gegen den Eigentümer 


des sehadenstiftenden Pferdes nach § 833 des Bürgerlichen 
Gesetzbuches einen Schadenersatzanspruch hat, schließt den 
vertragsmäßigen Anspruch gegen den beklagten Wirt nicht aus. 

Haftpflicht des Hufschmiedes. 

Der Stuttgarter Versicherungsverein gegen Haftpflicht ver¬ 
sendet bisweilen Mitteilungen über von ihm regulierte FäUe. 
Aus einer solchen Mitteilung ergibt sich folgendes: Ein Pferde¬ 
besitzer schickt sein Pferd zum Schmiedemeister K. Während 
K. und sein Geselle die Vorderfüße fertigmachen, tritt das Tier 
mit den Hinterfüßen zurück und tritt sich einen Spitzbohrer in 
die Sohle, wodurch es längere Zeit lahm wurde. Das Merk¬ 
würdige daran ist nun weniger, daß in diesem FaUe der Huf¬ 
schmied haftbar gemacht wurde, als vielmehr die Berechnung 
der Höhe des Schadens. Infolge der Behandlung und Pflege¬ 
kosten des erkrankten Pferdes, des Aufwandes für ein geliehenes 
Ersatzpferd, sowie des verbleibenden Minderwertes belief sich 
nämlich der von Sachverständigen begutachtete Gesamtschaden 
auf 2300 M. — wahrscheinlich also das Vielfache des Wertes, 
den das verletzte Pferd überhaupt gehabt hat. Es ist leider 
nicht gesagt, ob das Gericht auch dementsprechend erkannt hat. 
Jedenfalls wäre es ein merkwürdiger Zustand, wenn der zu ver¬ 
gütende Schaden den Wert der beschädigten Sache jemals über¬ 
steigen könnte. S. 

Haftpflicht des Pferdebesitzers. 

Beim Passieren des Bürgersteiges wurde ein Apotheker in 
Hagen von einem Pferde, das angespannt vor einem Wagen 
auf der Straße am Rande des Bürgersteiges stand, in den Arm 
gebissen und so schwer verletzt, daß die Gebrauchsfähigkeit 
des Gliedes herabgesetzt wurde. Das Landgericht in Hagen 
hat nun auf die erhobene Schadenersatzklage hin dem Apotheker 
eine von dem Besitzer des Pferdes zu zahlende Rente zu¬ 
gesprochen. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat PreuBe. 

Versammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates, 
Februar 1908. 

Der amtliche Bericht über die Verhandlungen des Deutschen 
Landwirtschaftsrats in seiner 36. Plenarversammlung vom 10. bis 
13. Februar 1908 ist nunmehr im 32. Jahrgang des Archivs 
des deutschen Landwirtschaftsrats erschienen. 

Ich habe auf diese Verhandlungen bereits in Nr. 14 der 
B. T. W. hingewiesen und das Wesentlichste aus denselben so¬ 
wie die gefaßten Resolutionen wiedergegeben. Über das Thema 
„Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht in Deutsch-Südwest¬ 
afrika und zur Bekämpfung der afrikanischen Viehseuchen“ habe 
ich bereits in Nr. 23 der B. T. W. eingehend referiert. Einen 
breiten Raum in den Verhandlungen nahm auch das Thema 
„Novelle zum Gesetz betr. die Abwehr und Unterdrückung von 
Viehseuchen“ ein. Hierüber ist bereits in Nr. 14 das Nötigste 
mitgeteilt worden und erübrigt es sich wohl, nochmals hierauf 
einzugehen. Dem Reichstag bleibt das letzte Wort in dieser 
Angelegenheit Vorbehalten und müssen wir nun dessen Ent¬ 
scheidung abwarten. Die Resolution betr. Einführung der 
Anzeigepflicht für die Influenza der Pferde ist inzwischen durch 
die Ereignisse überholt worden. Vom 1. Oktober d. J. ab ist die 
Pferdeinfluenza (Brustseuche, Rotlaufseuche oder Pferdestaupe) 
im ganzen Deutschen Reiche anzeigepflichtig. In betreff dieser 


wichtigen Frage, welche den Landwirten wieder erneute Pflichten 
auferlegt, herrschte unter den Mitgliedern des Deutschen Land¬ 
wirtschaftsrates große Einmütigkeit. In der vorbereitenden 
Kommission war von seiten eines Fachmannes, des Herrn 
Geheimen Rat Schütz den Landwirten der Rat gegeben worden, 
sich gegen die Einführung der Anzeigepflicht der Pferde¬ 
influenza zu erklären. Nach seiner Ansicht würde diese für die 
Landwirtschaft eher schädlich als nützlich sein. Als Gründe hierfür 
gab Herr Geheimer Rat Schütz an, daß es noch nicht gelungen 
sei, die Art der Ansteckung bei der Influenza nachzuweisen. 
Auch sei die Ansteckung von Tier zu Tier nicht nachgewiesen, 
auch nicht, wie der Ansteckungsstoff übertragen werde. Es 
läge also die Möglichkeit zur Tilgung der Influenza noch nicht 
vor. Die Tötung influenzakranker Tiere könne nicht angewendet 
werden, auch würde eine Entschädigung von an Influenza ein¬ 
gegangenen Pferden nicht gewährt werden können. Der Land¬ 
wirtschaft würden daher durch die Einführung der Anzeigepflicht 
nur Kosten aber kein Vorteil erwachsen. Demgegenüber hatte 
Herr Geh. Oberregierungsrat Schröter in der Sitzung des 
Landwirtschaftsrates erklärt, daß der Herr Minister gegen die 
Aufnahme der Influenza unter die anzeigepflichtigen Krankheiten 
keine Bedenken habe. Herr Geheimer Rat Schütz könne daher 
seine gegenteiligen Erklärungen nicht im amtlichen Aufträge 
gemacht haben. Nachdem nunmehr die Einführung der Anzeige- 
pfiicht, entgegen dem Schütz sehen Votum, zur Tatsache geworden 




3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


639 


ist, bleibt nur zu hoffen und zu wünschen, daß sich der in 
letzterem zum Ausdruck gekommene Pessimismus nicht als 
stichhaltig erweist. 

Es soll hier noch auf ein Verhandlungsthema eingegangen 
werden, welches bisher noch keine Erwähnung gefnnden hat. 
Es ist dies der Antrag des Vorstandes der Landwirtschafts¬ 
kammer der Provinz Westfalen, den Deutschen Landwirt¬ 
schaftsrat zu ersuchen, das seuchenhafte* Verkalben zum Gegen¬ 
stand seiner Beratungen zu machen und Mittel und Wege zu 
suchen, wie die Seuche zu bekämpfen ist. Bei der Landwirt¬ 
schaftskammer in Westfalen war der Antrag gestellt worden, 
dahin zu wirken, daß das seuchenhafte Verkalben der Anzeige¬ 
pflicht unterworfen und der Verkauf von Rindvieh aus Ställen, 
in denen diese Seuche herrscht, verboten werden muß. Diesen 
Antrag hatte der Ausschuß der Landwirtschaftskammer zum 
Beschluß erhoben. Auf Grund dieses Beschlusses wurden 
sämtliche Kreistierärzte in Westfalen um ein Gutachten 
ersucht. In den Gutachten sprachen sich 75 Proz. der Kreis¬ 
tierärzte für die Einführung der Anzeigepflicht aus. Nur fünf 
Kreistierärzte erklärten sich gegen dieselbe. In Rücksicht 
darauf, daß sich die Tierärzte über die Bekämpfung der Seuche 
nicht einig waren, auch diejenigen, welche die Anzeigepflicht 
befürworten, ein sicheres Mittel, wie die Seuche zu erkennen 
sei, nicht angegeben hatten, sah sich der Vorstand der Land¬ 
wirtschaftskammer nicht in der Lage, die Anzeigepflicht für das 
seuchenhafte Verkalben zu befürworten. Mit Rücksicht auf den 
durch die Seuche verursachten Schaden wurde der vorhin 
erwähnte Beschluß gefaßt. Referent über diesen Antrag der 
westfälischen Landwirtschaftskammer im Deutschen Landwirt¬ 
schaftsrat war Freiherr von Ledebur-Crollage. Dieser 
beschränkte sich nur auf wenige einleitende Worte, da das 
sachliche Referat Herr Geh. Rat Dammann übernommen hatte. 

Referent erörterte nur ganz kurz die Gründe, welche die 
Landwirtschaft8karamer zu ihrem Anträge veranlaßt hatte. Der 
Korreferent Geh. Rat Dammann erläutert zunächst den Begriff 
des seuchenliaften Verkalbens. Er müsse es für korrekter halten, 
hier von einem ansteckenden Verkalben zu sprechen. Es gebe 
viele Fälle, in denen Tiere in größerer Anzahl in einem Stalle 
abortieren, wo von einer Ansteckung keine Rede sein könne, 
z. B. Verabreichung mutterkornhaltigen Futters oder von bran¬ 
digem Grünmais oder stark senfölhaltigen Rapskuchen. Das 
ansteckende Verkalben werde durch einen feinen Bazillus her¬ 
vorgerufen, der sich in dem Exsudat zwischen- Gebärmutter- 
Schleimhaut und der Oberhäute der Eihäute bei kranken Kühen 
vorfindet. Führe man eine Reinkultur dieser Bazillen in die 
Scheide einer trächtigen Kuh ein, so treten nach 9 Tagen bis 
10 Wochen Verwerfen ein. Aber auch die Erreger des infektiösen 
Scheidenkatarrhs können Verkalben hervorrufen. 

Die Frage der Bekämpfung des ansteckenden Verkalbens 
habe nun sehr große Bedeutung wegen der großen Ausbreitung, 
die dieses Leiden in letzter Zeit erlangt hat und wegen der 
damit verbundenen schweren Verluste. Der Wunsch, daß die 
Veterinärpolizei hier eingreifen möge, sei daher wohl verständ¬ 
lich. In erster Linie komme hier die Anzeigepflicht in Betracht. 
Wann soll jedoch der Betroffene anzeigen? Bei dem ersten 
Falle wisse der Besitzer noch gar nicht, • ob ansteckendes Ver¬ 
kalben vorliegt, auch der 2. und 3. Fall sei noch kein Beweis 
für eine Ansteckung. Wenn auch die Erscheinung des infek¬ 
tiösen Verwerfens meist ziemlich deutlich seien, so treten sie 


jedoch nicht immer mit der wünschenswerten Deutlichkeit her¬ 
vor. Aber auch wenn der Verdacht des ansteckenden Ver¬ 
kalbens angezeigt werden müßte, so könnte doch die Anzeige 
leicht unterlassen werden, sobald angenommen wird, daß mecha¬ 
nische Ursachen das Verwerfen verursacht haben. Für den hin¬ 
zugerufenen beamteten Tierarzt sei es nicht immer leicht, an¬ 
steckendes Verkalben festzustellen. Sei dies nun erfolgt, so 
müssten weitere Maßnahmen daran geknüpft werden. Kühe, 
welche verworfen haben, dürfen aus dem Stalle nicht entfernt 
werden. Da aber in einem Stalle, in welchem die Seuche 
herrscht, auch ein Teil der trächtigen Tiere schon angesteckt 
seien, so würden auch diese im Falle des Verkaufs die Seuche 
verschleppen können. Es müßte demnach jeder Verkauf von 
Tieren, abgesehen von Kälbern und Ochsen, aus einem betroffenen 
Stalle verboten werden. Ein solches Verbot müßte aber, wenn 
es wirksam sein soll, mindestens ein Jahr und darüber aufrecht 
erhalten werden. Solche Vorschriften seien jedoch unmöglich. 
Bullen in einem verseuchten Stall dürfen auch nicht zum Be- 
springen an Kühen in gesunden Beständen verwendet werden. 

Auch die Gewährung von Entschädigungen für Verluste 
durch infektiöses Umwerfen sei gefordert worden. Was boII nun 
entschädigt werden? Direkte Verluste seien selten, es könnten 
daher nur Entschädigungen für indirekte Einbußen in Frage 
kommen. Diese Entschädigungen würden jedenfalls eine ge¬ 
waltige Höhe erreichen. An die Einführung einer Entschädi¬ 
gung könne daher nicht gedacht werden. Die Entschädigung 
würde wohl zur Anzeige geneigter machen, sie würde aber 
auch das eigene energische Eingreifen der Besitzer zur Tilgung 
der Kalamität abschwächen. In Norwegen habe man seit 1903 
dem ansteckenden Verkalben gegenüber veterinärpolizeiliche 
Maßnahmen eingeführt. Ob und welche Erfolge hiermit erzielt 
worden sind, sei dem Referenten unbekannt. Wenn Bomit 
Referent der Einführung der Anzeigepflicht nicht das Wort 
reden könne, so dürfe man doch auch nicht diesem Übel gegen¬ 
über die Hände in den Schoß legen. Das zweckmäßigste Mittel 
sei die Belehrung der Viehbesitzer über die wahre Natur der 
Krankheit, die Art der Ausbreitung, die Schutzmittel und die 
Mittel zur Beseitigung. Hierüber herrsche sehr viel Un¬ 
kenntnis. Hygienische Maßnahmen zur Abwehr dieser Seuche 
stehen heute im vollen Umfange zur Verfügung. Der An¬ 
steckungsstoff, der mit dem Scheidensekret kranker Kühe aus¬ 
geschieden werde, könne auf drei verschiedenen Wegen auf 
andere Tiere übertragen werden. In den meisten Fällen ge¬ 
schehe dies durch den Bullen. Ferner könne infizierte Jauche 
in der Streu den Ansteckungsstoff auf andere Kühe übertragen, 
wenn diese damit in Berührung kommen. Schließlich sei in 
neuerer Zeit auch festgestellt worden, daß die Aufnahme des 
Erregers mit der Nahrung erfolgt. 

Gebe man einer trächtigen Kuh eine Reinkultur von 
Abortusbazillen ein, so erfolge nach einigen Monaten Verkalben. 
Kühe, die die ersten Anzeichen des Verkalbens zeigten, müssen 
daher aus dem Stalle herausgenommen werden oder wo dies 
nicht möglich sei, müssen sie an das unterste Stallende, wo die 
Jauche abfließt, gestellt werden. Tote Kälber und die Nach¬ 
geburten seien so schnell wie möglich unschädlich zu beseitigen. 
Der Platz an dem eine Kuh verkalbt habe, sei sorgfältig zu 
reinigen und zu desinfizieren. Kühe, die verkalbt haben, müssen 
5 Tage hintereinander mit desinfizierenden Ausspritzungen be¬ 
handelt werden. Schließlich müsse noch eine tägliche Des- 





640 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


infektion des ganzen Stalles, so lange noch Fälle von Verkalben 
zu befürchten seien, ausgeführt werden. Es genüge hierzu ein 
Abspülen der Standplätze und der Jaucherinnen mit Kalkmilch. 
Kühe die verkalbt haben, dürfe mau erst dann wieder zum 
Bullen lassen, wenn der Scheidenausfluß aufgehört habe. Der 
Bulle sei tunlichst vor und nach dem Springen mit desinfizierenden 
Schlauchausspülungen zu behandeln. Um die Tiere vor dem 
Verkalben zu schützen, bringt Referent noch subkutane Injektionen 
von 2proz. Karbolsäure in Mengen von 20 bis 2$ ccm alle 
14 Tage in Vorschlag. Hierdurch habe er schon viele bereits 
infizierte Tiere vor dem Verkalben retten können. 

Durch die Untersuchungen von Bang sei festgestellt worden, 
daß man Kühe gegen das Verkalben unempfänglich machen 
könne. Dieser habe Kühen, welche noch nicht besprungen, noch 
nicht trächtig waren, eine Aufschwemmung einer Kultur von 
Abortusbazillen in die Venen bzw. unter die Haut gespritzt. 
Derartige Kühe verkalben, wenn sie später trächtig wurden, 
nicht, während bei nicht gespritzten Kühen Verkalben eintrat. 
Dieses Verfahren bedürfe noch der weiteren Prüfung. Eine 
sehr wichtige Frage sei auch die, wie sich ein Viehbesitzer vor 
den Nachteilen schützen soll, die ihnen daraus erwachsen 
können, daß ihm Kühe, die verkalbt haben, in den Stall gebracht 
werden. Da Verkaufs verböte von Kühen und Bullen aus ver¬ 
seuchten Ställen sich nicht erreichen lassen, so müsse sich jeder 
dadurch Schutz schaffen, daß er sich beim Kaufe einer Kuh 
zusichern lasse, daß sie nicht verkalbt habe oder nicht infiziert 
sei. Der Ankäufer sei dann ersatzpflichtig, wenn die Zusicherung 
sich als nicht richtig herausstelle. 

Am Schlüsse seines Vortrages geht Redner noch des 
näheren auf die Rolle ein, welche der infektiöse Scheiden- 1 
kartarrh für die Ausbreitung des Verkalbens spielt. Hierbei sei 
das Verkalben nur eine Nebenerscheinung der eigentlichen 
Krankheit. Diese Seuche sei sehr ansteckend, und würden in 
einem betroffenen Stalle regelmäßig sämtliche Kühe und Kälber 
hiervon ergriffen. Ohne energische Maßnahmen könne man 
dieser Seuche nicht beikommen, sie müsse vor allem anzeige¬ 
pflichtig werden. Leider habe dies der neue Seuchengesetz¬ 
entwurf nicht berücksichtigt. Die veterinärpolizeiliche Be¬ 
kämpfung sei sehr wohl möglich, nur dürfe man nichts Unmög¬ 
liches verlangen, z. B. daß scheidenkranke Kühe während der 
Dauer der Krankheit nicht besprungen werden dürfen. Bei der 
großen Ausbreitung der Krankheit in manchen Gegenden wird 
es dadurch unmöglich gemacht werden, die nötige Nachzucht 
zu bekommen. Es könne aber verlangt werden, daß Bullen 
aus verseuchten Beständen nicht gleichzeitig Kühe und gesunde 
Bestände bespringen. 

Als wirksamstes Belehrungsmittel schlägt Redner die Ver¬ 
breitung eines Merkblattes über das ansteckende Verkalben vor. 

Beide Referenten hatten sich auf folgenden Antrag geeinigt: 

1. Der Deutsche Landwirtschaftsrat erachtet es im Hinblick 
auf die gewaltige Ausdehnung, welche das ansteckende Verkalben 
in neuerer Zeit genommen hat, und der schweren Verluste, 
welche dieser der Landwirtschaft zufügt, für dringend geboten, 
alsbald die Herausgabe eines Merkblattes in die Wege zu 
leiten, welches in populärer Darstellung überzeugend die wahre 
Natur dieser Seuche, die Weisen ihrer Verschleppung, die 
Schutzmittel gegen letztere und die Mittel zur Unterdrückung 
der Einzelfälle klarlegt, und für die Verbreitung des. Merkblattes 
in den weitesten Kreisen der Viehbesitzer Sorge zu tragen. 


2. Der Deutsche Landwirtschaftsrat wolle beschließen, an 
den Herrn Reichskanzler und die Regierungen der Einzelstaaten, 
welche über die geeigneten wissenschaftlichen Institute ver¬ 
fügen, das Ersuchen zu richten, die nötigen Mittel zurückzu- 
stellen, mit deren Hilfe ein praktisch brauchbares Immunisierungs¬ 
verfahren gegen das ansteckende Verkalben ermittelt werden 
kann. 

Dieser Antrag der Referenten gelangte einstimmig zur 
Annahme. 

Tierseuchen in Deutschland 1906. 

Nach dem Jahresbericht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

(Verlag von Julius 8pringer-Berlin.) 

Der Rotlauf der Schweine. 

Nach dem Jahresbericht des Kaiserlichen Gesundheitsamts. 

Diese Seuche hatte im Jahre 1906 eine beträchtlich größere 
Verbreitung gehabt, wie im Jahre vorher; es waren 21 594 Ge¬ 
meinden nsw. und 48 428 Gehöfte betroffen, dies sind 27,1 Proz. 
bzw. 44,5 Proz. mehr wie 1905. Die Zahl der ermittelten 
Erkranknngsfälle betrug 76 723, fast 45 Proz. mehr wie 1905. 

Von den erkrankten Tieren sind 73,5 Proz. gefallen oder 
I getötet. Die Mortalitätsziffer ist also wieder erheblich zurück- 
gegangen. 

Die meisten Erkrankungen, fast die Hälfte des ganzen 
Jahres, fallen auf das dritte Vierteljahr, im vierten Vierteljahr 
sind halb so viel Erkrankungen vorgekommen, wie im dritten, 
annähernd ebensoviel im zweiten, im ersten dagegen nur Vio 
hiervon. Die räumlich stärkste Verbreitung hatte der Rotlauf 
in dem Reg.-Bez. Posen (1595 Gemeinden nsw. und 4386 Ge¬ 
höfte), Bromberg (1435 und 3239), Oppeln (1400 und 4116), 
Marienwerder (1051 und 1808), Königsberg (1011 und 1725), 
Breslau (920 und 1988) und Allenstein (819 und 1804), sowie 
in den Kreisen Mogilno (210 und 496), Wongrowitz (156 und 
270), Schnbin (143 und 235), Gr.-Streblitz (141 und 344), 
Wirsitz (140 und 303), Johannisbnrg (128 und 253). Hohe 
Erkrankungsziffern wurden gemeldet aus den Reg.-Bez. Posen 
(6189), Bromberg (5082), Oppeln (4930), Marienwerder (3164), 
Allenstein (3097), sowie aus den Kreisen Mogilno (825), 
Kolmar i. P. (592), Orteisburg (569), Ratibor (560), Jarotschin 
(552), Stadt Berlin (523) und Randow (504). Die größte 
Ausbreitung hatte demnach Schweinerotiauf in den an der Ost¬ 
grenze des Reichs gelegenen Bezirken. Im Aaslande war der 
Schweinerotlauf vor allem in Österreich-Ungarn stark verbreitet. 
Auch hier kamen im dritten Vierteljahr die bei weitem meisten 
Erkrankungen vor. Mitte August waren in Österreich 347 Orte 
und 1468 Gehöfte betroffen, in Ungarn Ende Juli 904 Orte und 
3357 Gehöfte. In Rumänien erkrankten 1760 Schweine, in 
Rußland in 1473 Gemeinden 22 999 Schweine. (Letztere Zahlen 
dürften wohl kaum der Wirklichkeit entsprechen. D. R.) In 
Frankreich wurden insgesamt nur 426 Bestände durch Rotlauf 
betroffen. Ans anderen Ländern wurden sehr viel geringere 
Zahlen gemeldet, znm Teil haben sie in betreff des Rotlaufs 
überhaupt keine besonderen Aufzeichnungen gemacht. 

Einschleppungen des Rotlaufs nach Deutschland haben nur 
in einigen Fällen aus Luxemburg nach dem Kreise Saarbrücken 
und Trier-Stadt stattgefunden. Aus einem Bundesstaat in den 
anderen haben mehrfach Seuchenverschleppnugen festgestellt 
werden können, aus Preußen allein in 67 Fällen nach Sachsen, 
nach Preußen mehrfach aus Württemberg, Hessen, Sachsen- 
Meiningen, Sachsen-Koburg-Gotha. In sehr vielen Fällen waren 



3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


641 


Schweine an Rotlauf schon erkrankt oder angesteckt, als sie in 
den Besitz der betreffenden Eigentümer gelangten. In einigen 
Fällen gab die Unterlassung der Anzeige und damit in Zusammen¬ 
hang stehend die unterlassene Desinfektion die Veranlassung zu 
neuen Seuchenausbrüchen. Die Verabreichung von Wasser, 
in welchem Fleisch rotlaufkranker Schweine gewaschen worden 
war, an Schweine verursachte in einigen Fällen in den Bezirken 
Bromberg und Danzig Erkrankungen an Rotlauf. Durch Nicht¬ 
beachtung von Sperrmaßregeln wurden ferner Rotlaufausbrüche 
verschuldet in den Bezirken Hannover und Münster. Vielfach 
hat wieder der schlechte bauliche Zustand der Schweineställe 
zur Verbreitung des Rotlaufs beigetragen. Durch Einbringen 
von Schweinen in einen verseuchten, noch nicht desinfizierten 
Stall wurden im Kreise Gr.-Strehlitz (Oppeln) Erkrankungen 
hervorgerufen. Über Verbreitung des Rotlaufs durch den Personen¬ 
verkehr wird aus Bayern und Sachsen-Altenburg berichtet. Die 
Verabreichung infizierten Grünfutters wird für eine größere 
Anzahl von Rotlauffällen als Ursache beschuldigt. In Waldeck 
soll der Rotlauf deshalb größeren Umfang angenommen haben, 
weil die Mehrzahl der Schweinebesitzer die Impfung ihrer 
Schweine unterlassen hatte. 

In Lippe gab das freie Inverkehrbringen des Fleisches von 
Tieren, die wegen Backsteinblattern geschlachtet waren, Anlaß 
zur größeren Ausbeitung des Rotlaufs. Daß auch unterlassene 
oder mangelhafte Ausführung der Stalldesinfektion wiederholte 
Rotlaufausbrüche zur Folge haben können, wird an einigen 
Fällen aus den Reg.-Bez. Danzig, Posen und Kassel dargetan. 
Einige Neuausbrtiche von Rotlauf sind auch trotz vorschrifts¬ 
mäßig ausgeführter Stalldesinfektion vorgekommen. 

Die Ermittlung der Seuchenausbrüche fand in 162 Fällen auf 
Märkten statt, davon allein 47 mal in Hamburg, in einem Fall 
in Oldenburg bei einer öffentlichen Auktion und in sehr zahl¬ 
reichen Fällen in Schlachthäusern, bei der Fleischbeschau und 
der Ergänzungsfleischbeschau; in Preußen allein, so weit zahlen¬ 
mäßige Angaben vorliegen, 2136 mal, darunter 490 Fälle in 
Berlin. 

Auf offener Straße wurde einmal in Niederbayern Rotlauf 
ermittelt, zweimal in Händlerställen und 459 mal in Abdeckereien. 
In 16 Fällen wurden Rotlauffälle anläßlich einer durch die Polizei 
angeordneten Untersuchung aller durch die Seuche gefährdeten 
Tiere am Seuchenort festgestellt. Die genau beobachteten 
Inkubationszeiten schwanken zwischen zwei bis fünf Tagen, in 
der Mehrzahl zwei auch drei Tage. 

Berichte über Rotlaufimpfungen liegen vor aus Württemberg, 
Baden, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Bremen und Elsaß- 
Lothringen. 

In Württemberg wurden 27 424 Schweine mit Lorenz sehen 
Impfstoffen geimpft, davon unterlagen 51 der Heilimpfung, von 
diesen sind 36 genesen, 5 verendet und 10 notgeschlachtet 
worden. Verluste, die zweifellos durch die Impfung an sich 
veranlaßt worden wären, kamen nicht vor. Einzelne Schweife 
zeigten nach der Impfung vorübergehende Erkrankungen. Zwei 
Schweine sind infolge Nebenumständen verendet. Innerhalb der 
kritischen Zeit kamen bei den geimpften Schweinen 14 Todes¬ 
fälle und drei Notschlachtungen vor. Rotlauf hat bei diesen 
Tieren nicht nachgewiesen werden können. Ferner sind auch 
keine Übertragungen des Rotlaufs von geimpften auf nicht ge¬ 
impfte Schweine vorgekommen. Nur bei zwei Schweinen war 
der Impfschutz ein ungenügender, diese verendeten 7 bzw. 


27 Wochen nach der Impfung an Rotlauf. Entschädigung wurde 
in 27 Fällen beansprucht; da nur in zwei dieser Fälle Rotlauf 
nachgewiesen werden konnte, wurden nur diese beiden Tiere 
entschädigt. 

In Baden wurden 20 000 Schweine mit Susserin mit günstigem 
Erfolge geimpft. Durch Heilimpfung genasen 87 Proz. der 
erkrankten Tiere. 

Aus Anhalt wird über Schutzimpfungen nach dem Lorenz- 
schen Verfahren bei 1445 Schweinen berichtet. Eins dieser 
Tiere ist drei Monate nach der Impfung an Rotlauf verendet. 
Andere nachteilige Folgen sind nicht eingetreten. 

In Sachsen-Koburg-Gotha, Bremen und Elsaß-Lothringen 
sind durch die Impfungen gute Erfolge erzielt worden. Näheres 
wird hierüber nicht mitgeteilt. 


Nacliweisung über den Stand der Tierseuchen in Deutschland 

vom 15. August 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreise (Ober&mtabezirke) uaw., eingeklammert die Gemeinden. 

Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk U8W. 

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Auf je 1000 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise * 

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o 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg.... 

10 

30 

10 

Waldeck. 

2 

3 

Gumbinnen .... 

4 

9 

3 

Bayern: 



Allenstein .... 

6 

14 

8 

Oberbayern .... 

6 

10 

Danzig. 

4 

7 

5 

Niederbayern. . . 

5 

13 

Marienwerder . . 

13 

35 

11 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

— 

— 

— 

Oberpfalz. 

1 

2 

Potsdam. 

11 

52 

20 

Oberfranken . . . 

— 

— 

Frankfurt. 

17 

57 

21 

Mittelfranken. . . 

1 

1 

Stettin. 

7 

22 

12 

Unterfranken. . . 

— 

— 

Köslin. 

6 

13 

7 

Schwaben. 

3 

4 

Stralsund .... 

_ 



Württemberg . 

4 

4 

Posen . 

21 

66 

20 

Sachsen. 

5 

6 

Bromberg. 

12 

73 

33 

Baden . 

7 

9 

Breslau. 

20 

150 

39 

Hessen. 

7 

14 

Liegnitz. 

19‘ 

118 

42 

Meckl.-Schwerin 

4 

8 

Oppeln. 

12 

29 

10 

Meckl.-Strelitz . 

2 

3 

Magdeburg .... 

6 

13 

9 

Oldenburg . . . 

9 

16 

Merseburg .... 

8 

13 

6 

Sachs.-Weimar. 

2 

12 

Erfurt. 

4 

11 

19 

Sach s.-Meiningen 

1 

4 

Schleswig .... 

9 

20 

9 

Sach s.-Altenburg 

1 

2 

Hannover . 

5 

10 

16 

Sachs.-Kob.-Got 

1 

2 

Hildesheim .... 

5 

9 

12 

Anhalt. 

1 

— 

Lüneburg f. .... 

5 

6 

4 

Braunschweig 

5 

12 

Stade . 

7 

8 

11 

Schwarzb.-Sond. 

— 

— 

Osnabrück .... 

5 

10 

18 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 

2 

4 

12 

Reuß ä. L. 


_ 

Münster. 

7 

14 

52 

Reuß j. L. 

1 

1 

Minden. 

3 

5 

10 

Sch aumb.-Lippe 

1 

1 

Arnsberg. 

14 

29 

34 

Lippe-Detmold . 

8 

18 

Cassel. 

10 

34 

20 

Hamburg .... 

3 

5 

Wiesbaden .... 

9 

28 

30 

Lübeck . 

1 

2 

Koblenz. 

9 

22 

21 

Bremen. 

_ 

_ 

Düsseldorf .... 

10 

28 

65 

Elsaß. 

4 

4 

Cöln. 

3 

4 

14 

Lothringen . . 

1 

1 

Trier. 

5 

8 

7 




Aachen . 

3 

3 

8 





Rotz. 

Preußen: Stadtkreis Berlin 1 (1), in den Reg.-Bez. Köslin, 
Posen, Wiesbaden je 1 (1), Oppeln 2 (2), Breslau, Liegnitz je 3 (3\ 
Marienwerder 3 (5), Potsdam, Bromberg je 4 (4), Cöln 4 (14). 
Sachsen: Kr.-H. Leipzig 1 (1). 

























642 

Hamburg: Stadt 1 (1). 

Zusammen 41 Gemeinden (32 am 15. Juli), davon 30 auf Preußen 
(30 im Juli). 

Lungenseuche. 

Preußen: In den Reg.-Bcz. Posen, Brombcrg je 1 (1), Marien¬ 
werder 4 (4). 

Sachsen-Koburg-Gotha: Herzogtum Gotha 1 (1). 

Zusammen 7 Gemeinden (2 am 15. Juli), davon 6 auf Preußen, 
(1 im Juli). 

Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(♦ = neu verseucht) 


ö 

1 

Gegenüber d. 15. Juli 

Kreise 

a 

*© 

a 

© 

o 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







Marienwerder . . . 

o 

0 

0 

— 1 

— 1 

— 1 

Köslin. 

1 

o 

5 

0 

— 1 

- 3 

♦Posen. 

1 

2 

4 

+ 1 

+ 2 

+ ■» 

Magdeburg .... 

0 

0 

0 

— 1 

l 

— 1 

Münster ..... 

o 

4 

27 

o 

- 1 

+ 1 

Minden. 

1 

1 

2 

— 1 

— 2 

— 3 

Arnsberg .... 

3 

4 

12 

- 7 

— 13 

- 48 

Düsseldorf .... 

0 

| 0 

0 

- 3 

— 5 

- 7 

Cöln. 

0 

1 0 

0 

— 1 

— 1 

— 1 

Preußen zusammen 

8 

13 

50 

— 13 

- 23 

- 59 

Bayern: 

♦Oberbayern .... 

1 

2 

2 

+ 1 

+ 2 

+ 2 

♦Schwaben .... 

3 

3 

3 

+ 3 

+ 3 

; + 3 

Sachsen: 







Dresden. 

o 

0 

o 

— 1 

— 1 

f - 1 

Württemberg: 







Neckarkreis . . . 

o 

0 

0 

- 1 

— 1 

' — 3, 

Saeliscn-Coburg-Gotha: 


1 





Gotha.. 

0 

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o 

— 1 

— 1 

— 19 

Zusammen 

12 | 

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1 55 I 

— 12 

1 - 21 

| - 77 


SetichennachrichteiidiensL 

Mit dem 1. Juli d. J. ist in sämtlichen deutschen Bundes¬ 
staaten ein verbesserter Nachrichtendienst über die Ausbrüche 
der Maul- und Klauenseuche zur Einführung gelangt. Die be¬ 
amteten Tierärzte, ausgenommen die preußischen, haben dem 
Kaiserl. Gesundheitsamt über jeden ersten Neuausbruch dieser 
Seuche in einem bisher seuchenfreien Kreise oder gleich- 
stehenden Verwaltungsbezirk telegraphisch Mitteilung zu 
machen; für Preußen erfolgt die Anzeige an das gedachte 
Amt durch das Landwirtschaftsministerium nach Eingang der 
dorthin gerichteten Telegramme der Kreistierärzte. Die im 
Kaiserl. Gesundheitsamt einlaufenden telegraphischen Meldungen 
sollen dem Reichsanzeiger und einzelnen bedeutenden land¬ 
wirtschaftlichen und tierärztlichen Zeitschriften zur Veröffent¬ 
lichung zugehen. Ferner sind die Regierungspräsidenten er¬ 
sucht worden, für kostenfreie Veröffentlichung in den Kreis¬ 
blättern oder in sonstigen, von den interessierten Kreisen 
gelesenen Zeitungen Sorge zu tragen. 

Verfügung betr. Schafrftude. 

Infolge eines Erlasses des Herrn Ministers für Land¬ 
wirtschaft usw. sind die Polizeibehörden angewiesen worden, auf 
die Anzeige des Besitzers von der Beendigung des Heil¬ 
verfahrens gemäß § 121, Abs. 4 der Bundesratsinstruktion die 
Untersuchung der räudekrank gewordenen Pferde oder Schafe 
durch den beamteten Tierarzt zu veranlassen. Von der 
Forderung eines Zeugnisses des behandelnden Tierarztes über 
den Erfolg der Behandlung ist weiterhin abzusehen. 


No. 36. 


Maul- und Klauenseuohe. 

Die Seuche macht im Süden weitere Fortschritte. Neue 
Ausbrüche sind dem Kaiserlichen Gesundheitsamt gemeldet von 
den Schlachthöfen zu Augsburg und Ingolstadt, sowie aus der 
Stadt Ingolstadt und aus Aschheim, Bezirksamt München, vom 
26. und 27. August, ferner aber vom Schlachtviehhof zu Stra߬ 
burg aus Dörnach, Kreis Mülhausen, und aus Colmar im gleich¬ 
namigen Kreise des Oberelsaß, aus Forbach Bez. Lothringen, 
aus dem Kreise Saarbrücken vom 1. September; endlich vom 
Schlachtviehhof zu Frankfurt a. M. vom 31. August. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Die Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
im Deutschen Reiche im Jahre 1905. 

Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsainte. Berlin. Verlag von 
Julius Springer. 1908. Preis 7,50 M. 

Wie der Bericht über die Ergebnisse der Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau im Jahre 1904 ist auch derjenige für 1905 auf 
Grund der Bestimmungen des Bundesrats über die Fleiscbbescliau- 
und Schlachtungsstatistik vom 1. Juni 1904 erfolgt. Die von 
! den Beschaustellen gelieferten Zusammenstellungen sind dabei 
für die Answertung geeigneter gewesen als im Vorjahre, ein 
Fortschritt, der vornehmlich durch die allmähliche Verbreitung 
und bessere Ausbildung der nichttierärztlichen Fleischbeschauer 
und die dadurch erreichte gleichmäßigere Ausübung der Beschau 
eileicht ist. Der Bericht liefert über die Resultate der Beschau 
eine genaue Übersicht. Die rein statistischen Zahlen sind in 
der B. T. W. bereits im Vorjahre in Nr. 10 znsammengestellt 
und es brauchen daher nur die allgemeinen Besprechungen hier 
berücksichtigt zu werden. 

I. Die Schlachtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachtungen im Inlande. 

1. Beschaute Schlachttiere. 

Bei allen Tiergattungen, außer den Schweinen, hat gegen¬ 
über 1904 eine Zunahme der Schlachtungen stattgefunden. Die 
Zahl der geschlachteten Rinder war um 10 Proz. größer, die¬ 
jenige der Schafe um 7,37 Proz., dagegen wurden fast 1,5 Mill. 
Schweine d. h. etwa 10 Proz. weniger geschlachtet, eine Er¬ 
scheinung, die durch die Mißernte, besonders an Kartoffeln 
und die dadurch veranlaßte Reduktion der Schweinebestände 
bedingt ist. Dabei mögen auch die niedrigen Schweinefleischpreise 
im Jahre 1904 mit von Einfluß gewesen sein. 

Auf 1000 Einwohner kamen 2,45 geschlachtete Pferde im 
Reichsdnrchschnitt, am meisten entfielen auf Bremen 10,12, 
Lübeck 8,82, Hamburg 6,50 und Berlin 6,41, in den Regierungs¬ 
bezirken Gumbinnen und Allenstein wurden dagegen überhaupt 
keine Pferde geschlachtet. Für Ochsen betrug der Reichs- 
durchsclmitt 9,86. Am höchsten stellte sich das Verhältnis in 
Berlin mit 33,68, Mittelfranken 31,36 und Hamburg 30,22. Die 
Durchschnittszahl für das Reich hinsichtlich der Ballen war 
7,73 auf 1000 Einwohner. Bremen wies 20,39, Berlin 20,30 
und BraunBchweig 17,63 auf, die drei Höchstzahlen im Reiche. 
Kühe wurden im Durchschnitt 27,53 Prom. geschlachtet, am zahl¬ 
reichsten mit 62,87 Prom. in Lübeck, mit 56,20Prom. im Ober-Elsaß 
und 51,60 Prom. in Oberbayern. Berlin steht mit 8,31 Prom. an vor¬ 
letzter Stelle. Die Reichsdurchschnittszahl für Jungrinder war 
15,63. Ungewöhnlich hohe Schlachtungen ergaben sich in 
Birkenfeld 68,62 Prom., Mannheim 53,80 und dem Neckarkreis 
48,89, überhaupt im südwestlichen Deutschland, die niedrigsten 
in Dresden 2,46 Prom., Chemnitz, Anrich, Leipzig, im Königreich 


BERLIN KR TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 











3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


643 


Sachsen 3,16 Prom. Kälber wurden 72,89 auf 1000 Einwohner 
geschlachtet, in Oberbayern 187,48, in Schwaben 167,87 Prom. 
und Lübeck 139,96 Prom., Schweine im Reichsdurchschnitt 
225,09 Prom. Die höchsten Schlachtziffern ergaben sich in 
Braunschweig 509,18 Prom., Berlin 475,75 Prom. und Schwarz- 
burg-Sonderhansen 451,75 Prom. Schlachtungen wurden vorge¬ 
nommen auf jedes Tausend der Bevölkerung durchschnittlich 
40,41; in Berlin 228,99, in Aurich 109,75 und Hamburg 
105,79 Prom. Die Ziegenschlachtungen sind in Norddeutschland 
verhältnismäßig selten, am häufigsten in Reuß älterer Linie 
46,49 Prom., Bautzen 40,87 Prom. und Sachsen-Koburg-Gotha 
40,81 Prom. Reichsdurchschnitt 7,22 Prom. 

2. Notschlachtungen. Die Notschlachtungen haben im 
Verhältnis zu den ordnungsmäßigen Schlachtungen gegen 1904 
um ein geringes zngenommen. Bei Schweinen, Schafen und 
Pferden ist eine unbedeutende Verringerung eingetreten. 

3. Untersuchungen durch Tierärzte und durch nicht 
als Tierarzt approbierter Beschauer. Eine getrennte 
Übersicht ist aus Bayern, Württemberg, Hessen, beiden Schwarz¬ 
burg, Lippe, Bremen und Elsaß-Lothringen nicht geliefert. 
Abgesehen von diesen Staaten verhielt sich die Zahl der tier- I 
ärztlichen zu den nichttierärztlichen Untersuchungen bei Rindern 
ungefähr wie 2,57 zu 1, bei Ochsen wie 6 zu 1, Bullen 4,4 zu 1, 
Kühen 2,35 zu 1, Jungrindern 1.56 zu 1, Kälbern 2,96 zu 1, 
ferner bei Schweinen wie 2 zu 1, Schafen 4,92 zu 1, Ziegen 
0,71 zu 1. Pferde sind gesetzmäßig nur von Tierärzten zu 
untersuchen. Auch die Notschlachtungen haben in der Haupt¬ 
sache die Tierärzte beschaut. 

4. Beanstandungen im allgemeinen. 

Die Untauglichkeitserklärungen ganzer Tierkörper sind gegen 
das Vorjahr bei Jungrindern wesentlich, um 23.06 Proz., an¬ 
gewachsen, auch bei Pferden mit -f 13,28 Proz., Kühen 
10,06 Proz. und bei Rindern insgesamt mit -f* 10,22 Proz. 
Eine Abnahme zeigte sich bei den Bullen — 11,68 Proz., 
Schweinen — 6,95 Proz. und Ziegen — 4,22 Proz. Die Un¬ 
tauglichkeitserklärungen ganzer Tierkörper, ausgenommen Fett, 
haben erheblich zugenommen bei Kälbern mit 4* 52,69 Proz., 
bei Kühen und Jungrindern 7 Proz., bei den Rindern um 
-f- 0,66 Proz. Demgegenüber steht eine Abnahme bei Bullen 
— 63,46 Proz. und Schweinen — 9,59 Proz. Veränderte Teile 
wurden in erhöhtem Umfange beanstandet bei allen Schlacht¬ 
tieren, auch die Bedingttauglichkeitserklärungen haben eine 
nicht unbeträchtliche Steigerung erfahren, besonders bei Jung¬ 
rindern 4- 42,92 Proz. und Schafen 4* 39,15 Proz. Die Ver¬ 
mehrung dev Minderwertigkeitserklärungen tritt am meisten bei 
Jungrindern -f- 32,75 Proz., Kühen 4- 20,81 Proz. und Rindern 
überhaupt -f 20,74 Proz. hervor. 

Unter den unschädlich beseitigten Teilen stehen die Lungen 
obenan. Von 100 Rinderlungen wurden im Durchschnitt 20 be¬ 
anstandet, von 100 Schaf langen nahezu 11, von der gleichen 
Zahl Schweinelungen 6. Nächstdem folgt die Vernichtung von 
Lebern (Rinder ohne Kälber 6,18 Proz., Schafe 6,05 Proz., 
Schweine 2,15 Proz.). 

Die höchsten und niedrigsten Zahlen der Beanstandungen 
entfallen bei „Untauglich der ganze Tierkörper“ hinsichtlich der 
Rinder auf Bautzen 42,94, Jagstkreis 29,32 — Birkenfeld 0,81, 
Hamburg 1,96, hinsichtlich der Kälber auf 16,07 Chemnitz 
11,62 — Lothringen 0,39, Bremen 0,50, hinsichtlich der Schweine 
auf Waldeck 3,93, Schaumburg-Lippe 3,76 ^ Karlsruhe 0,11, 


Unter-Elsaß 0,11, hinsichtlich der Schafe auf Münster 7,05, 
Magdeburg 4,25 — Sigmaringen, Lübeck (Fürstentum), Birken¬ 
feld, Schauinburg-Lippe und Lippe 0. 

Die höchsten und niedrigsten Ziffern bei „Untauglich der 
ganze Tierkörper, ausgenommen Fett“ zeigten hinsichtlich der 
Rinder Bautzen 10,45, Dresden 7,31 — Stralsund, Sigmaringen, 
Mittelfranken, Karlsruhe, Mecklenburg - Strelitz, Fürstentum 
Lübeck usw. je 0, der Kälber Leipzig und Rheinhessen je 0,57 — 
63 Regierungsbezirke usw. 0, der Schweine Dresden 1,51, Posen 
und Leipzig 1,09 — 7 Regierungsbezirke usw. 0, der Schafe 
Starkenburg 0,31, Rheinhessen 0,26 — in den meisten Re¬ 
gierungsbezirken U8W. 0. 

Die gleichen Zahlen der Klasse „Bedingt tauglich“ entfallen 
bei Rindern auf Zwickau 10,42, Stralsund 9,88 — Unterfranken 
0,63, Schaumburg-Lippe 0,97, bei Kälbern auf Lübeck 1,90, 
Sigmaringen 1,42 — 14 Regierungsbezirke usw. 0, bei Schweine 
auf Allenstein 12,87, Marienwerder 10,27 — Unter-Elsaß 0,11, 
Schwarzburg-Sondersliausen 0,14, bei Schafen auf Anhalt 1,46, 
Merseburg 1,113 — 48 Regierungsbezirke usw. 0. 

Die Beurteiliingsklasse „Im Nahrungs- und Genußwert er¬ 
heblich herabgesetzt“, weist die höchsten und niedrigsten Ver¬ 
hältniszahlen auf hinsichtlich der Rinder in Bautzen 96,96, 
Schwarzwaldkreis 59,93 — Hamburg 5,08, Schaumburg-Lippe 
6,78, der Kälber Königsberg 19,59, Marienwerder 18,94 — 
Schwarzburg-Rudolstadt 0,16, Lübeck 0,27, der Schweine Bautzen 
11,42, Dresden 9,40 — Unter-Elsaß 0,39, Waldeck 1,05, der 
Schafe Sigmaringen 129,46, Schwaben 11,77 — Osnabrück, 
Fürstentum Lübeck, Birkenfeld, Schaumburg-Lippe, Lübeck je 0. 

Die größte Zahl der Beanstandungen ist durch die Tier¬ 
ärzte erfolgt, nur bei Ziegen überragen diejenigen durch die 
Nichttierärzte etwas. Das Verhältnis zwischen den Bean¬ 
standungen durch die beiden Gruppen ist bei den Ochsen etwa 
12 : 1, Bullen 9 : 1, Schafen 6 : 1, Kälbern 5 : 1, Kühen und 
Schweine 4 :1 und den Jungrindern 3 :1. 

5. Beanstandungsgründe und Fleischbeurteilung im 
Gesamtgebiete des Reichs. 

An erster Stelle steht die Tuberkulose mit 1 113 209 Be¬ 
anstandungen gegen 985 208 im Vorjahre. Das bedeutet eine 
Vermehrung um etwa 128 000 Fälle, also annähernd 7«. Nächst 
der Tuberkulose veranlassen die Eingeweidewürmer hohe Be¬ 
anstandungsziffern: Lungenwürmer 387 630 (377 203 im Vor¬ 
jahre), Hül8enwtirmer 285 056 (271 606), anderweitige Ent¬ 
zündungen einschließlich abgekapselter Eiterherde 268 374 
(217 235) und Leberegel 240 833 (266 788). Hierbei sind nur 
die Fälle berücksichtigt, in denen allein Organe beanstandet 
sind und zwar mehr als die Hälfte des betroffenen Organs. 

Am seltensten gaben Beanstandungen ab die Lungenseuche 
mit 2 Fällen (Vorjahr 1), Rotz 57 (24), Maul- und Klauen¬ 
seuche 157 (350), Urämie 678 (637), Trichinen 786 (897), 
Leukämie 936 (903), Milzbrand 1083 (917). Die Verbreitung 
der Trichinen ist nur insoweit aus obiger Zahl ersichtlich, als 
eine Trichinenschau durchgeführt worden ist. 

Pferde: Die wichtigsten Beanstandungsgrtinde sind „Ander¬ 
weitige Entzündungen einschließlich abgekapselter Eiterherde“ 
mit 4450 (3619) Beanstandungen, „Blutige oder wäßrige Durch¬ 
tränkung, Kalk- oder Farbstoffablagerung“ 3964 (3069) und 
„Verschiedene andere Erkrankungen und Mängel“ 2913 (2527). 

Rinder: Voran steht die Tuberkulose mit 701 586 Fällen 
(Vorjahr 595 469 ), was zwei Drittel der gesamten Tuberkulose- 







644 


beanstandungen ausmacht. Darauf folgen „Leberegel“ in 
100 326 (128 343) Fällen, „Anderweitige Entzündungen ein¬ 
schließlich abgekapselter Eiterherde“ 70 722 (61 357), „Hülsen- 
wtirmer“ 60710 (58242) und „Verschiedene andere Erkrankungen 
und Mängel“ 55 619 (51458). 

Kälber: Die Höchstzahl der Beanstandungen zeigt die 
Rubrik „Anderweitige Entzündungen einschließlich abgekapselter 
Eiterherde“ mit 24 164 (19 884) Beanstandungen ; darauf folgen 
„Verschiedene andere Erkrankungen und Mängel“ mit 16 095 
(14 679) und Tuberkulose mit 13 397 (11 141) Beanstandungen. 

Schweine: Die Ergebnisse sind ähnlich wie beim Rind, 
auch hier überragt die Tuberkulose alle anderen Mängel. Sie 
wurde ermittelt 389 255 (370 957) mal. Darauf folgen „Ver¬ 
schiedene andere Erkrankungen und Mängel“ mit 182 700 
(130 081), „Lungenwürmer“ 174 593 (207 814 ), „Hülsenwürmer“ 
166 732 (159 644), „Anderweitige Entzündungen einschließlich 
abgekapselter Eiterherde“ mit 151 798 (115 306) und „Fäulnis, 
Schimmelbildung, Verunreinigung des Fleisches u. dgl.“ mit 
118 764 (69 013) Fällen. Die Parasiten standen im Vorjahre 
an zweiter und dritter Stelle. 

Schafe: Lungenwttrmer 208 492 (164 833) Fälle, Leberegel 
132 907 (128 757), Hülsenwürmer 55 708 (51519). 

Ziegen: Leberegel 3751 (4213) Fälle, Tuberkulose 3291 
( 2922) und Lungenwürmer 2217 (1585). 

Die bedeutendste Zunahme gegen das Vorjahr, um einige 
Beanstandungsgründe zu vergleichen, zeigt die Tuberkulose. 
Auf die Gesamtzahl der Schlachttiere bezogen, beträgt diese 
Zunahme 6,53 Prom., wovon die Rinder den Hauptteil tragen. 
Die Steigerung bei diesen beträgt 12,69 Prom., bei den 
Schweinen 4,07 Proin. Auch die Beanstandungen wegen 
Schweineseuche und Schweinepest haben wesentlich zugenommen 
(6,27 gegen 4,08 Prom.). Eine geringe Abnahme ist beim 
Rotlauf und der Maul- und Klauenseuche zu verzeichnen. 
Nahezu unverändert verhielten sich Milzbrand, Rauschbrand, 
Rinderseuche und Nesselfieber. Bei der Tuberkulose war 
„Untauglich der ganze Tierkörper“ bei 3,63 Prom. der ge¬ 
schlachteten Rinder, bei 0,50 Prom. der Ziegen, 0,48 Prom. der 
Hunde und 0,40 Prom. der Schweine. „Bedingt tauglich“ 
wegen Tuberkulose waren 2,53 Prora, der Rinder (davon in 
0,54 Prom. auf Viertel beschränkt), 1,16 Prom. der Schweine 
(0,20 Prom. Viertel), „Minderwertig“ 10,17 Prom. der Rinder, 
1,75 Prom. der Schweine (einschließlich 1,01 Prom. Rinder¬ 
viertel und 0,39 Prom. Schweineviertel). Unter den Rindern 
überragen bei weitem die Kühe. „Untauglich nur die ver¬ 
änderten Teile“ waren infolge Tuberkulose bei 175,2^ & Prom. 
der Rinder, 25,37 Prom., der Schweine, 6,82 Prom. der Ziegen, 
2,27 Prom. der Kälber und 2,02 Prom. der Schafe. 

Nächst der Tuberkulose wurde der ganze Tierkörper am 
häufigsten wegen eitriger und jauchiger Blutvergiftung bean¬ 
standet und zwar bei 3,25 Prom. der Pferde und 3,10 Prom. der 
Rinder, vornehmlich bei Kühen, bei denen die septischen Er¬ 
krankungen der Gebärmutter, des Euters und des Darms die 
Häufigkeit erklären. Die Zahl für Kälber ist wegen der Kälber¬ 
lähme und Kälberruhr ebenfalls hoch und beträgt 1,16 Prom. 
Die übrigen Schlachttiere leiden selten an Blutvergiftung. 

Wegen Schweineseuche und Schweinepest wurden 6,27 Prom. 
der Schlachtschweine beanstandet, gegen das Vorjahr mit 
4,08 Prom. wesentlich mehr. Bei 5,58 Prom. waren die ver¬ 
änderten Teile untauglich, bei 0,51 Erom. war der Körper be¬ 


No. 36. 


dingt tauglich und bei 0,18 Prom. untauglich. Wegen Rotlaufs 
sind 0,72 Prom. der Schweine für bedingt tauglich und 0.12 Proin. 
für untauglich erklärt worden. 

Aktinomykose und Botryoroykose gaben Veranlassung für 
Beanstandung der veränderten Teile bei 5,92 Prom. der Rinder, 
0,29 Prom. der Schweine und 0,22 Prom. der Pferde. Untauglich 
der ganze Tierkörper war nur bei je 0,02 Prom. der Rinder 
und Pferde. 

Rotz war bei 0,39 Prom. der Schlachtpferde Beanstandungs¬ 
grund. Maul- und Klauenseuche trat auf bei 0,02 Prom. der 
Rinder, 0,005 Prom. der Schweine, 0,004 Prom. der Ziegen, 
0,001 Prom. der Schafe und 0,0002 Prom. der Kälber. Wegen 
Milzbrand, Rauschbrand und Rinderseuche sind unschädlich 
beseitigt 0,27 Prom. der Rinder, 0,02Prom. der Pferde, 0.009 Prom. 
der Ziegen, 0,007 Prom. der Schafe, 0,006 Prom. der Kälber und 
0,003 Prom. der Schweine, Lungenseuche kam sehr selten vor. 

Schweinefinnen wurden bei 0,26 Prom. der Schweine ge¬ 
funden, wobei bei 0,07 Prom. der Körper (ausg. Fett) un¬ 
tauglich, bei 0,17 Prom. bedingt tauglich und 0,02 Prom. minder¬ 
wertig war. 

Die Rinderfinne kam etwa 12 mal häufiger als die Schweine¬ 
finne vor, ähnlich wie 1904, wobei am häufigsten die Bullen, 
verhältnismäßig seltener die Kühe betroffen waren. Finnig 
3,48 (3,20) Prom. der Rinder und 0,03 (0,02) der Kälber, w’o- 
bei der Tierkörper für untauglich erklärt wurde bei 0,04 Prom. 
(0,07) der Rinder und 0,003 (0,004) der Kälber, für bedingt 
tauglich bei 1,32 Prom. (1,20) der Rinder und 0,02 (0,01) der 
Kälber, für minderwertig bei 2,12 Prom. (1,96) der Rinder und 
0,01 (0,01) der Kälber. 

6. Beanstandungsgründe und Fleischbeurteilung in den 
einzelnen Staaten und Landesteilen. 

Die Häufigkeit der Tuberkulose der Rinder betrug im Reichs¬ 
durchschnitt 191,58 Prom. Über dem Durchschnitt standen 
Lübeck 360,94, Königreich Sachsen 350,68, Sachsen-Altenburg 
336,80, Mecklenburg-Strelitz 313,86 Mecklenburg-Schwerin 306,95, 
Reuß jüngere Linie 299,06, Schleswig-Hollstein 297,97, Berlin 
288,40, Provinz Sachsen 268,86, Pommern 255,01, Sachsen- 
Weimar 253,70, Posen 250,48, Reuß ältere Linie 238,17, Anhalt 
227,51, Rheinland 217,41, Schlesien 212,67, Westpreußen 211,80 
Brandenburg 209,55 Westfalen 207,82, unter dem Reichsdurch¬ 
schnitt Hohenzollern 74,47, Schaumbnrg-Lippe 82,11, Lippe 
87,63, Waldeck 92,14, Bayern 93,17, Oldenburg 96,83, Würtem- 
berg 106,12, Baden 107,20, Hessen 107,83, Ostpreußen 117,60, 
Elsaß-Lothringen 119,52, Hannover 144,25, Hamburg 170,35, 
Bremen 180,20, Hessen-Nassau 180,29. Lübeck ist im Ver¬ 
gleich zum Vorjahre von der fünften an die erste Stelle gerückt, 
Brandenburg über den Reichsdurchschnitt getreten, Ostpreußen 
zurückgegangen. Die Beurteilungen des Fleisches fallen in den 
einzelnen Bezirken offenbar immer noch sehr verschieden aus, 
trotz der einheitlichen Vorschriften, im übrigen zeigen die für 
1905 und 1904 ermittelten Verhältniszahlen keine besonderen 
Unterschiede. 

Der Reichsdurchschnitt der Kälbertuberkulose war 3,05Prom. 
Darüber stehen Hamburg 7,99, Schleswig-Holstein 7,60, 
Bremen 7,09, Berlin 6,01, Königreich Sachsen 5,55, Pommern 449, 
Westpreußen 3,95, Provinz Sachsen 3,56, Schlesien 3,14, unter 
dem Reichsdurchschnitt Waldeck 0,19, Oldenburg 0,49, Elsaß- 
Lothringen 0,50, Westfalen 0,61, Baden 1.54, Hessen 1,63, Ost¬ 
preußen 1,75, Rheinland 1,83, Brandenburg 2,14, Württem- 


BERLINEIt TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


645 


berg 2,39, Hannover 2,41, Bayern 2,52, Posen 2,82. Im Vor¬ 
jahre stand Hamburg an 12. Stelle, Pommern rückte von der 
1. bis zur 11. Stelle. Vielleicht wird die Tuberkulosestatistik 
beeinflußt durch das Fortschreiten der Bekämpfung der Seuche 
seitens der Landwirtschaftskammern. 

Der Reichsdurchschnitt der Schweinetuberkulose war 
28,69 Prom. Er wurde überschritten im Königreich Sachsen 56,19, 
Lübeck 53,98, Provinz Sachsen 53,31, Berlin 47,44, Schleswig- 
Helstein 42,97, Mecklenburg-Schwerin 39,63, Pommern 37,14, 
Posen 37,06, Westpreußen 34,67, Hamburg 34,49, Hannover 31,99, 
Schlesien 29,74, nicht erreicht in Hohenzollern 4,23, Baden 7,01, 
Elsaß-Lothringen 7,59, Württenberg 10,71, Bayern 12,55, 
Hessen 12,91, Westfalen 12,99, Oldenburg 16,75, Hessen- 
Nassau 17,05, Ostpreußen 17,20, Rheinland 22,14, Branden¬ 
burg 28,33. Die Staaten nehmen im allgemeinen eine ähnliche 
Stellung ein wie hinsichtlich der Tuberkulose des Rindes; die 
Verschiedenheiten mögen bedingt sein durch die Schlachtungen 
in den großen Städten und die Zuführ aus weitentfernten 
Gegenden zu den größeren Schlachthöfen. Die Beurteilung läßt 
wie beim Rind hinsichtlich der nötigen Gleichmäßigkeit zn 
wünschen übrig. 

Schweineseuche- und Schweinepest. Reichsdurchschnitt 6,27 
Prom. Darüber Schleswig-Holstein 48,26, Westpreußen 23,67, 
Hannover 14,75, Hessen - Nassau 14,27, Oldenburg 10,59, 
Brandenburg 9,71, Ostpreußen 9,33, Hamburg 8,57, Rhein¬ 
land 7,24, darunter Schaumburg-Lippe 0, Württemberg 0,37, 
Hessen 0,85, Baden 1,23, Berlin 1,36, Königreich Sachsen 1,57, 
Bayern 1,68, Westfalen 2,75, Schlesien 3,23, Posen 3,68, Elsaß- 
Lothringen 4,63, Provinz Sachsen 4,83, Pommern 5,14. Die 
Beurteilung ist wie bei der Tuberkulose sehr verschieden 
gewesen. 

Rotlauf wurde im Reichsdurchschnitt bei 0,84 Prom. der Schweine 
festgestellt, beträchtlich häufiger in Pommern 7,15, Ostpreußen 
5,32, YVestpreußen 4,58, Posen 4,36, Schlesien 2,05,. Königreich 
Sachsen 1,15, dagegen seltener in Schwarzburg-Sondershausen 0, 
Hessen 0,07, Elsaß-Lothringen 0,09, Rheinland 0,11, Hamburg 
0,12, Berlin 0,14, Baden 0,18, Hessen-Nassau 0,18, Provinz 
Sachsen 0,19, Schleswig-Holstein 0,24, Hannover 0,38, Olden¬ 
burg 0,40, Brandenburg 0,54, Westfalen 0,57, Württemberg 0,70, 
Bayern 0,71. 

Gesundheitsschädliche Finnen unter den Rindern und Kälbern 
wiesen den Reichsdurchschnitt von 1,60 Prom. auf, wobei die 
Kälber unter 6 Wochen, weil sie nicht auf Finnen untersucht 
werden, wegfallen. Über diesem Durchschnitt standen Bremen 
6,37, Berlin 3,75, Ostpreußen 3,64, Westpreußen 3,13, König¬ 
reich Sachsen 2,43, Provinz Sachsen 2,37, Posen 2,16, Schlesien 
1,99, Schleswig-Holstein 1,99, Hamburg 1,97, Hannover 1,81, 
unter dem Durchschnitt Schaumburg-Lippe, Hohenzollern 0, 
Lübeck 0,21, Pommern 0,56, Württemberg 0,57, Elsaß-Lothringen 
0,59, Bayern 0,62, Oldenburg 1,04, Westfalen 1,11, Rheinland 1,35, 
Hessen 1,37, Baden 143, Brandenburg 1,47, Hessen-Nassau 1,51. 

Gesundheitsschädliche Finnen unter den Schweinen wiesen 
den Reichsdurchschnitt von 0,26 Prom. auf. Darüber stehen 
Schlesien 1,43, Posen 0,95, Ostpreußen 0,87, Schaumburg-Lippe 
0,44, Westpreußen 0,43, Lippe 0,37, Reuß ältere Linie 0,30, 
Hannover 0,29 und Berlin 0,27, unter dem Durchschnitt die 
übrigen Landesteile. Die meisten finnigen Schweine werden 
demnach in Schlesien, Posen und Ostpreußen ermittelt. Unter 
den anderen Beanstandungsursachen interessieren nachfolgende 


Daten: Auffallend hohe Ziffern für Milzbrand, Rauschbrand und 
Rinderseuche (Reichsdurchschnitt 0,27) zeigten Hohenzollern 
4,28 Prom., Schwaben 1,83 und Lippe 1,54. Beim Rotz steht 
Posen an erster Stelle. Gehirnblasenwürmer sind am häufigsten 
im Königreich Württemberg gefunden 12,39 Prom. (Reichs¬ 
durchschnitt 20 Prom.), nächstdem haben hohe Beanstandungs¬ 
ziffern Schwaben und die Provinz Sachsen. Von den Rindern 
waren im Durchschnitt 1,11 Prom. mit den fraglichen Parasiten 
behaftet (Hohenzollern 12,27, Niederbayern 10,19 Prom.). .Un¬ 
reife bei Kälbern ist vornehmlich in Westpreußen, Ostpreußen und 
Mecklenburg-Schwerin Beanstandungsgrund gewesen. Strahlen¬ 
pilz- und Traubenpilzkrankheit sind am häufigsten festgestellt in 
Pommern22,84, Königreich Sachsen 14,15, Oldenburg 13,72, Provinz 
Sachsen 11,41, Anhalt 11,13 und Schlesien 10,58 Prom. Hülsen¬ 
würmer wurden vornehmlich ermittelt in Mecklenburg-Schwerin 
69,03 Prpm., Mecklenburg-Strelitz 58,76, Braunschweig 52,15 und 
Pommern 46,79. Besonders bei den Kühen sind die Hülsenwürmer 
häufig. Auf 1000 Schweineschlachtungen entfallen 12,28 Be¬ 
anstandungen wegen Hülsenwürmer. Die beiden Mecklenburg 
und Pommern haben bekanntlich auch die größte Zahl der 
Echinococcenerkrankungen beim Menschen. Lungenwürmer beim 
Schaf wurden am meisten in Baden 417,54 Prom. und Württem¬ 
berg 347,34 festgestellt, Leberegel am häufigsten in der Pfalz 
397,70, in Württemberg 289,29 und Oldenburg 241,18. Bei 
Rindern stellt sich der Reichsdurchschnitt für Leberegel etwa 
auf die Hälfte der bei den Schafen verrechneten. 
il. Die Fleischbeschau bei dem in das Zollinland eingefdhrten Fleische. 
1. Einfuhr und Beanstandungen nach Herkunftsländern. 

Für frisches Fleisch waren die Haupteinfuhrländer wie im 
Jahre 1904 die Niederlande, Dänemark und Österreich-Ungarn. 
Die Mehreinfuhr betrug aus den Niederlanden 85 122 Tierkörper 
und 77 195,56 Dz., aus Dänemark 22 905 Tierkörper und 
22 800,13 Dz. und aus Österreich-Ungarn 14 983 Tierkörper und 
14 571,81 Dz. Die meisten Beanstandungen entfallen auf Ru߬ 
land, Frankreich und Luxemburg, die wenigsten auf Belgien. 
Rindfleisch und Kalbfleisch wurden besonders aus Dänemark 
eingeführt, ferner aus den Niederlanden, Schweinefleisch aus den 
Niederlanden und Österreich-Ungarn. 

Als Haupteinfuhrländer des zubereiteten Fleisches sind zu 
nennen Amerika, Dänemark und Österreich-Ungarn. Die Mehr¬ 
einfuhrbetrug für Amerika 109872,74 Dz., Dänemark 10671,18Dz. 
und Österreich-Ungarn 47,05 Dz. Die meisten Beanstandungen 
entfielen auf das Fleisch aus Großbritannien und Irland. Rind¬ 
fleisch jist besonders aus Amerika, Dänemark und Rußland ein¬ 
geführt, Schweineschinken besonders aus Österreich-Ungarn, 
* Amerika und den Niederlanden, zubereiteter Speck aus Amerika, 
Frankreich und Dänemark. Därme kamen in erster Linie aus 
Amerika, Großbritannien, Dänemark und Rußland, zubereitete 
Fette aus Amerika, ebenso Schweineschmalz und Oleomargarine. 
Margarine wurde vorwiegend aus Österreich eingeführt, Kunst¬ 
speisefette aus Amerika. 

2. Beanstandungsgründe. 

Tuberkulosebeanstandungen waren bei frischem Fleische 
zu verzeichnen, ebenso bei zubereitetem. Trichinen wurden in 
zubereitetem, besonders dänischem Fleische nachgewiesen, da¬ 
gegen nicht in frischem, demgegenüber gelangten gesundheit¬ 
schädliche Finnen bei frischem Fleische zur Feststellung. An 
Därmen ferner, besonders amerikanischen sind krankhafte Ver¬ 
änderungen öfters ermittelt worden. Von Konservierungsmitteln 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


646 


wurden angetroffen Borsäure und deren Salze, Alkali- und Erd- 
alkali-Hydroxyde und -Karbonate und Formaldehyd, ferner Farb¬ 
stoffe. Weitere Beanstandungen lagen in Verstößen gegen die 
Vorschrift des § 6 der Ausfuhrnngbestimmungen D, gegen die 
Vorschriften hinsichtlich des Mindestgewichts, gegen die Be¬ 
stimmung einer gründlichen Durchpökelung des Fleisches. Dazu 
kommen Verfälschungen, Nachmachung oder Verdorbensein zu¬ 
bereiteter Fette, Äußere Mängel des Fettes, ein Verstoß gegen 
§ 3 und § 6 des Margarinegesetzes. 

III. Die Befunde von Tuberkulose bei den in öffentlichen Schlachthäusern 
geschlachteten Tieren. 

1. Gesundheitspolizeilich wichtige Formen 

der Tuberkulose. 

Die Tuberkulosestatistik für 1905 ist wegen gewisser Ver¬ 
schiedenheiten in den Eintragungen seitens der Berichterstatter 
noch nicht vollkommen, wenn auch besser als diejenige für 1904. 
Mit den unter A 1—4 des Erhebungsformulars aufgeführten 
gesundheitspolizeilich wichtigen Formen der Tuberkulose er¬ 
wiesen sich im Deutschen Reiche durchschnittlich behaftet 

17.39 Prom. der Rinder, 0,91 Prom. der Kälber, 4,26 Prom. 
der Schweine, 0,11 Prom. der Schafe und 0,65 Prom. der 
Ziegen. Von den Rindern sind 7,79 Prom. Ochsen, 6 Prom. 
Bullen, 33,16 Prom. Kühe, 6,95 Prom. Jungrinder. 

Zu hochgradiger Abmagerung geführt hat die Tuberkulose 
bei 3,76 Prom. der geschlachteten Kühe, 0,07 Prom. der Jung- 
rinder, 0,32 Prom. der Ochsen, 0,25 Prom. der Bullen, 0,16 Prom. 
der Ziegen, 0,10 Prom. der Schweine, 0,04 Prom. der Kälber 
und 0,02 Prom. der Schafe. 

Tuberkulose mit Erscheinungen einer frischen Blutinfektion 
gelangten zur Feststellung bei 2,64 Prom. der Kühe, 0,77 Prom. 
der Jungrinder, 0,56 Prom. der Schweine, 0,46 Prom. der 
Bullen, 0,44 Prom. der Ochsen, 0,15 Prom. der Kälber, 0,04 Prom. 
der Ziegen und 0,006 Prom. der Schafe. 

Tuberkulose mit ausgedehnten Erweichungsherden kam vor 
bei Kühen in 3,33 Prom., Ochsen 1,24 Prom., Bullen 0,87 Prom., 
Jungrindern 0,82 Prom., Schweinen 0,73Prom., Kälbern 0,08Prom., 
Ziegen 0,07 Prom., Schafen 0,02 Prom. Die Angaben der ein¬ 
zelnen Berichterstatter schwanken im übrigen sehr. 

Stark ausgedehnte Tuberkulose zeigt folgende Zahlen: 
Kühe 2,34 Proz., Ochsen 0,58 Proz., Jungrinder 0,47 Proz., 
Bullen 0,44 Proz., Schweine 0,29 Proz., Kälber 0,06 Proz., 
Ziegen 0,04 Proz., Schafe 0,006 Proz. Auch für diese Rubrik 
sind die Angaben sehr verschieden gewesen und ist die Ein¬ 
tragung nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgt. 

Mit den übrigen Formen der Tuberkulose behaftet waren 
unter 100 Tieren 20,37 Ochsen, 16,45 Bullen, 28,83 Kühe,* 

7.39 Jungrinder, 20,42 Rinder überhaupt, 0,23 Kälber, 2,59 
Schweine, 0,07 Schafe und 0,22 Ziegen. Die Beanstandungen 
in den öffentlichen Schlachthöfen sind dabei etwas bedeutender 
als der Reichsdurchschnitt. 

2. Veterinärpolizeilich wichtige Formen der 

Tuberkulose. 

Die statistischen Nachweisungen für das Jahr 1905 ent¬ 
sprechen insgesamt den Anforderungen in wesentlich vollkom¬ 
menerer Weise als die für das Vorjahr. Eine Reihe Angaben 
ist ersichtlich zu hoch, weil die Begriffe von veterinärpolizeilich 
wichtige Formen der Lungen- und Darmtuberkulose zu weit ge¬ 
faßt wurden. Hinsichtlich der Gebärmutter- und Eutertuber¬ 
kulose ist die Entscheidung demgegenüber leichter. Unter 


1000 geschlachteten Ochsen waren mit veterinärpolizeilich 
wichtigen Formen der Tuberkulose behaftet 12,15, unter gleich¬ 
viel Bullen 8,22, Kühen 41,42 und Jungrindern 7,10. Die Zahlen 
für Lungentuberkulose in vorgeschrittenem Zustande betragen 
im Reichsdurchschnitt für die Ochsen 11,30 Prom., Bullen 7,63, 
Kühe 35,84, Jungrinder 6,19. Darmtuberkulose: Reichsdnrch- 
sclmitt bei Ochsen 0,85 Prom., Bullen 0,58, Kühen 3,33 Jung¬ 
rindern 0,88. Gebärmuttertuberkulose als Hauptkrankheit: 
Reichsdurchschnitt bei Kühen 0,83, Eutertuberkulose als Haupt¬ 
krankheit 1,41. Seit einer Reihe von Jahren finden in ver¬ 
schiedenen Provinzen planmäßige Untersuchungen von lebenden 
Rindern auf veterinärpolizeilich wichtige Formen statt (Tuber¬ 
kulosetilgung). Die Zahl derselben wird nach Ansicht der be¬ 
teiligten Sachverständigen im Deutschen Reiche 2 Proz. des 
Gesamtbestandes nicht erheblich überschreiten. Die Schlacht¬ 
ergebnisse für 1905 bestätigen diese Annahme; denn hiernach 
haben sich 2,3 Proz. aller Rinder mit gefährlichen Formen der 
Tuberkulose behaftet erwiesen. 

Tierärzte und Milchkon trolle. 

Von Tierarzt Hans Meßner, Schlachthofdirektor, Karlsbad. 

(Tierärztliche« ZontraJbUtt 1908, S. 233.) 

Verfasser weist auf die Notwendigkeit einer stärkeren Be¬ 
tätigung der Tierärzte auf dem Gebiete der Lebensmittel¬ 
kontrolle und namentlich bei der Beaufsichtigung des Verkehrs 
mit Milch hin. Die Gemeinden beginnen, nachdem sie für eine 
zweckentsprechende Fleischbeschau Sorge getragen haben, ihre 
Aufmerksamkeit der Milchkontrolle zuzuwenden. Es wiederholt 
sich dabei derselbe Vorgang wie beim Fleisch. Man schafft in 
den Städten Vorschriften für den Verkehr mit Milch, die sehr 
verschieden sind und daher früher oder später die Regierung 
veranlassen müssen, ausgleichend und endgültig regelnd ein¬ 
zugreifen. Die Tierärzte müssen die Kontrolle in dem größten 
Teil der Städte daher unter ihre Leitung bringen, um bei einer 
gesetzlichen Regelung in erster Linie berücksichtigt zu werden. 
Die jetzigen Verordnungen verlangen meist häufige Untersuchungen 
der Handelsmilch, Überwachung des gesamten Verkehrs in bezug auf 
Reinlichkeit und für Kindermilch eine regelmäßige tierärztliche 
Überwachung der Milchtiere. Schon bei dieser Art der Kontrolle 
ist der Tierarzt, der Kontrolle der Milchtiere wegen, nicht zu 
entbehren, doch ist er seiner Ausbildung nach auch imstande, 
die Voruntersuchungen vorzunehmen und dem Chemiker die 
Proben zuzuweisen. Er ist deshalb förmlich zur Leitung der 
Milchkontrolle einer Stadt prädestiniert, ohne daß er dabei den 
Wirkungskreis des Chemikers schmälert Letzterer würde bei 
tierärztlicher Leitung nicht mehr planlos mit Proben versehen, 
sondern fürsorglich für ihn ausgewählte erhalten. Die Städte 
sind auch meist geneigt, den Stadtierärzten die Kontrolle zu 
übertragen, da fast jede Stadt über Tierärzte verfügt und deren 
Arbeitskraft auszunutzen strebt! Bei der fachmännischen Be¬ 
aufsichtigung der Milchtiere und der Milchgewinnung kann dem 
Tierarzt die erste Stelle natürlich niemand streitig machen. 
Gegenüber der Fleischbeschau, die vorwiegend hygienischen 
Wert hat, wird dem Landwirt bei der tierärztlichen Milch¬ 
kontrolle ein direkter ganz bedeutender und offensichtlicher 
Nutzen durch Aufdeckung und Beseitigung der Tuberkulose¬ 
herde zuteil. Die regelmäßige tierärztliche Beaufsichtigung der 
Milchtiere ist deshalb gleichsam der erste vorbereitende Schritt 
zur Bekämpfung der Rindertuberkulose. Kurz zusammengefaßt, 
ist notwendig: 



3. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


647 


1. Übernahme der Milchkontrolle in Städten, wo solche noch 
nicht in tierärztlichen Händen ist, durch Tierärzte. 

2. Anregung: zur Einführung einer tierärztlichen Milch¬ 
kontrolle in Städten, welche einer derartigen Maßregel entbehren. 

3. Versuche, eine tierärztliche Beaufsichtigung der gesamten 
Milchtiere eines geschlossenen Gejbietes zu organisieren. 

4. Besprechungen über die Durchführung der Milchkontrolle 
in Fachblättern und Versammlungen. 

5. Einbeziehung der gesamten auf die Beurteilung der Milch 
bezug habenden Wissenschaften (Milchkunde) als obligaten Gegen¬ 
stand in den Lehr- und Prüfungsstoff der Tierärztlichen 
Hochschule. 

Zusätze zu Flelsoh und dessen Zubereitungen. 

Allgemeine Verfügung des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten, Nr. 42. 1908. 

(An die Regierungspräsidenten.) 

Eure pp. werden hiermit auf die Bekanntmachung des Herrn 
Reichskanzlers vom 4. Juli 1908 (R. G. Bl. S. 470) hingewiesen, wo¬ 
nach durch Beschluß des Bundesrates die Bekanntmachung, betreffend 
gesundheitsschädliche und täuschende Zusätze zu Fleisch und dessen 
Zubereitungen, vom 18. Februar 1902 (R. G. Bl. S. 48) in folgenden 
Punkten Abänderungen erfahren hat: 

a) Im ersten Absatz ist hinter dem Worte „Formaldehyd“ ein¬ 
geschaltet: „und solche Stoffe, die bei ihrer Verwendung 
Formaldehyd abgeben“. 

b) Der zweite Absatz wird durch folgenden Satz ersetzt: „das¬ 
selbe gilt für Farbstoffe jeder Art, jedoch unbeschadet ihrer 
Verwendung zur Gelbfärbung der Margarine und der Hüllen 
derjenigen Wurstarten, bei denen die Gelbfärbung herkömm¬ 
lich und als künstliche ohne weiteres erkennbar ist, sofern 
diese Verwendung nicht anderen Vorschriften zuwiderlänft“. 

Der Zusatz zu a) bezweckt für den gesamten Geltungsbereich 
des § 21 des Fleischbeschaugesetzes, also auch für den inländischen 
Verkehr, die Übereinstimmung mit dem durch die Bekanntmachung 
des Herrn Reichkanzlers vom 22. Februar d. J. (Zentralblatt f. d. 
d. R. S. 59 (103) abgeänderten § 5 Absatz 3 unter b der vom 
Bundesrate zum Fleischbeschaugesetz erlassenen Ausführungs¬ 
bestimmungen D (über die Untersuchung des in den Zollämtern 
eingehenden Fleisches) herbeizuführen. Der Zusatz bringt im übrigen 
nur einen Grundsatz ausdrücklich zur Geltung, der auch bisher 
schon bei sinngemäßer Auslegung der abgeänderten Bekanntmachung 
Anwendung gefunden hat (vgl. den Rnnderlaß vom 1. Dezmber 1904 
— M. f. L I G a 9733 II. Ang., M. d. g. A M 9142, M. d. J. II a 8903, 
M. f. H. II b 10214 — betreffend das Fleischkonservierungsmittel 
Carin - Hexametylentetramin). 

Zu der Äußerung zu b) hat die Erwägung geleitet, daß durch 
das bisher allgemein augelassene Färben der Wursthüllen nament¬ 
lich mit roter Farbe, vielfach eine Täuschung über die mangelhafte 
Beschaffenheit der Würste hervorgerufen wird. Künftig wird des¬ 
halb nur noch die, soviel bekannt, besonders in einigen süddeutschen 
Gebieten übliche und beliebte Gelbfärbung der Wursthüllen zu¬ 
gelassen sein, bei der Täuschungen der gedachten Art nicht zu 
befürchten sind. Alle anderen Arten von Wursthüllenfärbung, 
namentlich die Rotfärbung, sind fortan selbst dann verboten, wenn 
nicht gesundheitsschädliche Farben verwendet werden. Als Zeit¬ 
punkt des Inkrafttretens der Änderungen ist der August 
d. J. festgesetzt. 

Der Minister Der Minister 

für Landwirtschaft, Domänen, der geistlichen, Unterrichts- und 
und Forsten. Medizinal-Angelegenheiten. 

Im Aufträge: Schroeter. Im Aufträge: Förster. 

Die Trichinenepidemie In Rothenburg. 

Die Bestrebungen, die Notwendigkeit der Trichinenschau auch 
für Süddeutschland nachzuweisen, dürften kräftig gefördert werden 
durch eine Trichinenepidemie größeren Umfanges, die sich Ende 
Juni d. J. in Rothenburg ob der Tauber ereignete. Nach der 
Schilderung von Dr. Böhm in Nürnberg in der „Zeitschrift für 
Fleisch- und Milcbhygiene“ 1908, S. 341, standen 57 unter gleich¬ 
artigen Symptomen erkrankte Personen in ärztlicher Behandlung, 


außerdem sind aber noch weitere Personen betroffen, deren Zahl 
nicht zu kontrollieren ist. Möglicherweise sind auch außerhalb 
noch Fälle vorgekommen, da in Rothenburg zu der Zeit über 
5000 Fremde zu einem Festspiel anwesend waren. Die Diagnose 
wurde bei einem Patienten nach Exstirpation eines Muskelstückchens 
von dem‘Pathologischen Institut der Universität Erlangen gestellt. 
Auf Veranlassung von Dr. Böhm fahndete man in dem Anwesen, 
aus dem die Schw r eine stammten, auf Ratten, und es gelang dann 
auch dem städtischen Bezirkstierarzt in zwei Ratten zahlreiche 
Trichinen zu ermitteln, ein Beweis, daß die Invasion bei den 
'Schweinen in Rothenburg selbst erfolgt sein dürfte. Die Stadt¬ 
gemeinde hat beschlossen, die Trichinenschau einzuführen und die 
nötigen Schritte dazu bereits getan. Über die betroffene Schweine¬ 
stallung ist die Sperre verhängt, mit der Bestimmung, daß alle dort 
herstammenden Schweine der Trichinenschau zu unterwerfen und 
hierüber Bescheinigungen beizubringen seien. Auch eine Ausrottung 
der Ritten würde regierungsseitig dringend anempfohlen. Das 
Interesse der höchsten bayerischen Behörden an der Trichinenschau¬ 
frage wird durch das Vorkommnis sicherlich gestärkt werden, 
bedauerlich bleibt aber, daß das Unglück geeignet ist, die Fleisch¬ 
beschau bei dem Publikum in Mißkredit zu bringen, da sich dasselbe 
kaum klar darüber werden wird, daß trotz der Fleischbeschau sich 
solche Epidemien ereignen können, wenn dieselbe nicht durch eine 
Trichinenschau ergänzt wird. 

Zur Einführung einer Trichinenschau in Bayern. 

In Weiden (Oberpfalz) wird die obligatorische Trichinenschau 
ebenso wie in Rothenburg ob der Tauber in kürzester Zeit in Kraft 
treten. Auch die Fleischer fordern nach der Rothenburger Epidemie 
die Einrichtung einer Trichinenschau, da die Zahl der trichinösen 
Schweine in Bayern sicherlich nicht ab-, sondern zunehme. Letzterer 
Ansicht ist auch Böhm, der in der Wochenschrift für Tier¬ 
heilkunde und Tierzucht“ sich in diesem Sinne ausspricht und 
z. B. erwähnt, daß in den letzten 14 Tagen des Juli in Nürnberg 
drei Schweine trichinös befunden wurden, von denen eins .aus 
Bayern stammte. Eine Verteuerung des Fleisches durch die 
Trichinenschau sei nicht zu erwarten, wie sich aus der übersieht 
der Vieh- und Fleischpreise in bayerischen Städten im Juni ergebe. 
Der Schweineeinkaufspreis betrug in München, woselbst keine 
Trichinenschau eingerichtet ist, 1907 für das Pfund 0,56 M., der 
Fleischladenpreis 0,75 M., 1908 der erstere 0,65 M., der letztere 
0,82 M. In Nürnberg mit Trichinenschau waren dieselben Zahlen 
1907 0,56 M. und 0,70 M., 1908 0,64 M. und 0,80 M. Als Höchst¬ 
preis für das Pfund zahlte man 1908 in München sogar 0,86, gegen¬ 
über 0,80 M. in Nürnberg. 

Fleischbeschau bei Hausschlaohtungen. 

Die Oberpräsidenten der Rheinprovinz und von Schleswig- 
Holstein haben die Fleischbeschau bei Hausscblachtungen in dem 
Umfange angeordnet, wie es in der Ministerialverfügung vom 
17. August 1907 angeregt ist Im Großherzogtum Oldenburg sind 
die Hausschlachtungen von Rindern der Beschau unterstellt worden. 

Schutz der Viehzucht bei vorübergehender Fleischteuerung. 

In England war infolge der Fleischteuerung, die durch das 
Vorgehen des amerikanischen Fleischtrusts veranlaßt ist, eine 
Deputation der Londoner Fleischhändler bei dem Ministerium um 
freie Einfuhr lebenden Viehs ans Kanada, den Vereinigten Staaten 
und aus den als seuchenfrei geltenden europäischen Ländern, be¬ 
sonders aus Schweden, Norwegen und Dänemark, vorstellig geworden. 
Die Tiere sollten binnen zehn Tagen nach der Ankunft abgeschlachtet 
werden. Der Landwirtschaftsminister hat sich aber aus veterinär¬ 
polizeilichen Gründen sehr entschieden gegen die Erleichterung der 
Einfuhr ausgesprochen. 

Notizen über Vieh- und Fleischpreise längs der Grenze und Qualität des 
im kleinen Grenzverkehr konsumierten Fleisches. 

Von Kreistierarzt Bubendorf-Thann. 

(Deutsche Flelscbbeachauer-Zeitung 1908, Seite 101.) 

Die Einwohner der an der Grenze belegenen Gemeinden der 
Kreise Altkirch und Thann decken zu 30 Proz. ihren Bedarf durch 
Fleisch, welches im kleinen Grenzverkehr aus Frankreich eingeführt 
wird. In den Jahren 1906 und 1907 sind von zwei französischen 





048 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


Gemeinden aus allein jährlich über 100 000 kg Fleisch im Werte von 
über 110 000 M. an die Grenzbewohner verkauft. Schweinefleisch 
kommt dabei nicht in Betracht, da es gegenwärtig in Frankreich 
um 16 Pf. teurer ist als im Elsaß, ebenso ist gutes Rindfleisch 
teurer als im Elsaß, es wird also nur minderwertiges Fleisch einge¬ 
führt von Tieren, die in den Schlachthäusern mit Veterinärkontrolle 
zurückgewiesen wurden, d. h. in der Regel Fleisch von tuberkulösen 
Tieren. Auch das Fleisch notgeschlachteter Tiere wandert mit 
Vorliebe nach der Grenze. Die Einfuhr von Fleisch im kleinen 
Grenzverkehr müßte deshalb untersagt oder das Publikum vor dem 
Genuß gewarnt werden. 

Neuer Schlachthof. 

Dem Betriebe übergeben wurde der Schlachthof in Saargemiind. 

M&8tvlehau88tellung. 

Eine Schlacht- und Masfcviehausstellung ist in Stuttgart geplant. 
Dieselbe soll ira April 1909 veranstaltet und event. mit der Eröffnung 
des neuen Schlachthofes verbunden werden. 

IV. Internationaler Kongreß für Milchwirtschaft. 

Gelegentlich des Kongresses, der in der ersten Hälfte des 
Monats Juni 1909 in Budapest stattfinden wird, sollen außer den in 
die nähere Umgebung der Stadt geplanten Ausflügen vier größere 
Exkursionen unternommen werden, und zw r ar ein drei- und ein vier¬ 
tägiger Besuch der größeren Milchwirtschaften jenseits der Donau 
(Komitate Comärom und Mosou), ein sechstägiger Ausflug in die 
ungarische Tiefebene zur Pußta Hortobägy, in die Tokajer Wein¬ 
gegend und dann nach Norden über Kassa in die Hohe Tätra. 
Der letzte, ebenfalls sechs Tage dauernde Ausflug hat als Ziel die 
Wirtschaften der ungarischen Tiefebene und wird von dort über 
Tomadvär zum Eisernen Tor und nach Herkniesbad führen. Als 
Prinzip ist erklärt, daß in erster Linie die ausländischen Teil¬ 
nehmer an dem Kongreß zu den Ausflügen zugelassen werden sollen. 

Internationaler Kongreß für Ernährungszwecke. 

In Gent wird vom 7. bis 9. November d. J. ein Internationaler 
Kongreß filr Ernährungszwecke abgehalten werden, dessen Aufgabe 
es sein wird, eine größere Vervollkommnung der Ernährungs¬ 
bedingungen der Massen zu erstreben. Das ausführliche Programm 
soll noch bekannt gegeben werden und ist, w f ie alle Auskünfte, 
kostenlos von dem Hauptsekretariat: Rue Porte aux Vaches, 25, 
Gent (Belgien) zu beziehen. Der Teilnehmerbeitrag beträgt 5 Francs. 
In Verbindung mit dem Kongreß wird eine Weltausstellung für Be¬ 
köstigung und Kochkunst stattfinden. Das Programm umfaßt ver¬ 
schiedene besondere Preisausschreiben. So findet u. a. ein inter¬ 
nationaler Wettstreit für Molkerei (Butter, Käse usw.) und eine 
gleiche Veranstaltung für Biere statt. Ehrenpreise sind bereits 
gestiftet durch den König, den Minister für Ackerbau, den Gouverneur 
der Provinz und die Stadt Die nähere Auskunft hinsichtlich der 
Ausstellung erteilt das Sekretariat: Boulevard des Hospices 35 
in Gent. 

Ungarn. 

Milchwirtschaftlicher Weltverband. 

Die vierte Tagung des > milchwirtschaftlichen Weltverbandes 
findet im Juni 1909 zu Budapest statt. Auf dem im Ha^g vorigen 


Jahres tagenden dritten Internationalen milchwirtschaftlichen 
Kongresse wnrde die dahingehende Einladung der ungarischen 
Regierung akzeptiert. 

Mitglieder des Kongresses sind diejenigen, welche ihre Teil¬ 
nahme dem Vorbereitungsausschuß angemeldet und den Betrag von 
10 Kronen eingeBandt haben. Der Kongreß wird wieder in 
3 Sektionen eingeteilt, von denen jede ihren besonderen Ausschuß hat: 

I. Gesetzgebung und Verordnungen. 

II. Hygiene und tierärztliche Wissenschaften. 

III. Molkereitechnik. 

Die Mitglieder erhalten ein ausführliches Programm des 
Kongresses bis zum 1. Mai 1909. Unterdessen ist folgendes Programm 
für die Verhandlungen aufgestellt worden: 

I. Gesetzgebung und Verordnungen. 

1. Die Überwachung der Milch und der milchwirtschaftlichen 
Erzeugnisse während des Transports. 

2. Maßregeln für den Milchhandel und den Handel mit milch- 
wirtschaftlichen Erzeugnissen. 

3. Die Milchversorgung größerer Städte und die Bedingungen 
der Milchlieferung ans Haus. 

4. Überwachung der Käsefabrikation. 

5. Organisation des milchwirtschaftlichen Fachunterrichts. 

II. Hygiene und tierärztliche Wissenschaften. 

1. Hygienische Anordnungen für die Erzeugung und die Be¬ 
handlung der Milch an dem Orte der Produktion, Bowie deren 
Verkauf, ferner für die Beschaffenheit und die Behandlung 
der Milchgefäße. 

2. Die Bedeutung der Nitrate in der Milch. 

3. Der relative Wert der sterilisierten, der pasteurisierten und 
der rohen Milch bzw. der Trockenmilch als Lebensmittel. 

4. Der Einfluß der Fütterung auf die Erzeugung der Milch und 
speziell der Milch, die zur Ernährung der Säuglinge bestimmt 
ist. (Verwertung von Fabrikabfällen bei der Ernährung der 
Milchkühe.) 

5. Die Pasteurisierung der Milch und ihrer Nebenerzeugnisse, 
sowie die Bedingungen, unter welchen Magermilch und ab¬ 
gerahmte Milch den Produzenten zurückgeliefert werden kann. 

6. Die Milch als Erreger von Krankheiten der Menschen und 
Tiere; Vorsichtsmaßregeln zum Schutze der öffentlichen Ge¬ 
sundheit. 

III. Molkereitechnik. 

1. Die Verwertung der milchwirtschaftlichen Nebenprodukte. 

2. Der Einfluß der Dünger auf die Güte der Milch und der 
Milchprodukte. 

3. Die Erzeugung von Käse aus pasteurisierter Milch. 

Dr. G. 

Brandenburglscher Städtetag. 

Ein Antrag Kottbus ersucht den Vorstand, bei der Regierung 
und bei den gesetzgebenden Körperschaften wegen Regelung des 
Ruhegehaltes der höheren Gemoindebeamten vorstellig zu werden. 

Dem Vorstand wurde weiter der Auftrag gegeben, die Vor¬ 
arbeiten für die Errichtung einer besonderen Haftpflichtversicherung 
für die Provinz Brandenburg in die Wege zu leiten. Dr. G. 


Personalien. 

Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Kreistierarzt Lotxer in 
Zabern wurde der Preuß. Rote Adlerorden IV. Klasse verliehen. — 
Ernannt: Der Kgl. Bezirkstierarzt Otto Fürstenfeldbruck j 

zum Kgl. Kreistierarzt bei der Regierung von Niederbayern in Lands¬ 
hut, Tierarzt Johann B. Zeiner in Neuburg zum Distriktstierarzt in 
Tittling (Niederbayern). — Versetzt: Bezirkstierarzt Adolf Oruher- 
Kehl nach Breisach (Baden). 

Verzogen: Veterinärrat Bolle von Eberswalde nach Berlin, Alt- 
Moabit 136, Tierarzt Friedrich teinberger aus Georgensmünd als 
Assistent des Bezirkstierarztes nach Kempten. 

Approbationen: Die Herren Daniel Holzapfel aus Ratingen, Oliva 
Liimmark aus Pori (Finnland), Iaopold Reinhardt aus Minden, 
Eduard Saxe aus Hannover in Hannover. 

Todesfall: Kreisticrarzt a. D. Niels Heinrich Raiten in Hadersleben. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Köln* Rhein bach. — Reg.-Bez. Marienwerder: Rosen¬ 
berg, Stuhm. — Reg.-Bez. Osnabrück: Lingen. — Reg.-Bez. 
| Posen: Koschmin. 

Schlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Stargard (Pom.): 
Assistenztierarzt zum 1. Oktober. Gehalt 1800 M., freie Wohnung usw . 
Bewerb, an Herrn Schlachthofdirektor Zahl. — Königshtttte (O.-S.): 
Assistenztierarzt möglichst bald. Gehalt 2400 M. bis 3900 M. 
Bewerb, sofort an den Magistrat, b) Nach Ablauf der Melde¬ 
frist noch unbesetzt: Bitburg: Tierarzt, 1600 M. — Frank¬ 
furt a. M.: Tierarzt, 2500 M. — Freienwalde a. 0.: Tierarzt. — 
Liegnitz: Assistenztierarzt, 2400 M. — Osterode(Ostpr.): Direktor, 
2100 M. bis 3000 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: 

Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Kemberg 
(Kr. Wittenberg). — Kirchberg-Hunsrück. — Langelsheim 
(Herzogt. Braunschweig). — Schweiz (Weichsel). 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prot. Dr. Scbmalts in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung yon Riohard 8ehoeta la Berlin._ 

Druck yon W. BOxensteln, Berlin. 





D!« „Berliner TlerintHche Wochenschrift“ er«eheint 
wöchentlich im Verlage ron Richard Sehoeta ln 
Berlin 8W. 48, Wilhelmstr. 10. Darob jede« deutsche 
Poatamt wird dieselbe «um Preise von M. 5,— vierteljihr- 
lieh (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei in« Hau« geliefert (österreichische Post-Zeitung«* 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Origtnalbeitrige werden alt 60 Hk.» ln Petltsata alt 
60 Hk» für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
ca «enden an Prof. Dr. Schmälte, Berlin, Tierärct* 
liehe Hochschule, NW., Luisenstrafie 56. Korrektoren, 
Resenaions-Ezemplare and Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothe« Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Hamburg. DepartemenU-T. in Cöln. Btaatatlerarst filr Hamburg. Departements T. in Bromberg. Departements-T. ln Danxig. Professor ln Dresden. 

Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel Dr. i. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrle Zünde! 

Professor in Dresden. Professor in Freiburg. Professor in Dresden. Landestierarat in Manchen. Kais. Regierungsrat ln Berlin. Krelstlerant in Mttlhaasen L B. 

Helfer Dr. H. Sieber Dr. Stödter Dr. Trapp Dr. Zlmmermann 

fichlacb h.*Direktor in MtUhansen i BL am Tropeninstitut in Hamburg. Stadt-Tierarzt in Hamborg. am Kaiser Wilhelm-Institut ln Bromberg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. Jfä 37 . Ausgegeben am 10. September. 

Inhalt: Mitrowitech: Zur Ätiologie der Fohlenlähme. — Zeuner: Ein mit ölsaurem Natron und Lecithin hergestelltes 
hochwertiges Tuberkulose-Toxin. — Raebiger: Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Stabsveterinär 
Dr. Goldbeck betreffend Impfungen gegen die Kälberruhr durch die Landwirte. — Referate: Hendricks: Über 
die Behandlung der Kniegelenksentzündung beim Fohlen. — Silbersiepe: Die Fesselbeinfrakturen des Pferdes. — Bierling: 
Granulom bei einem Pferde. — Zbiranski: Beiträge zur Kenntnis der Knocbenbrüche beim Schwein. — Röder: Eine Über¬ 
tragung von Rotlauf der Schweine auf den Menschen. — Holtcrbach: Epilepsia nocturna bei einer Katze. — Aus der 
medizinischen Literatur. — Tageageochichte: Vorschläge für die Militärveterinär-Reorganisation. — Reorganisation des Tier¬ 
seuchendienstes in Frankreich. — Selbsthilfe gegen die Taxe von Annodazumal. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen. — 
Personalien. — Vakanzen. — Beilage: Wissenschaftliche Abende der Assistenten der Tierärztlichen Hochschule zu 
Dresden, XX-XXIII. 


Zur Ätiologie der Fohlenlähme. 

Von Dr. G. Mitrowitech, Veterinärarzt des Staatsgestüts Ljubitschewo 
(Serbien). 

Die Arbeiten verschiedener Antoren haben manche wert¬ 
vollen Daten über die sogenannte Fohlen lähme (serbisch Mörp. 
der Säuglinge), einer Plage, die Pferdezüchtern großen Schaden 
anznrichten und viele Hoffnungen zu vernichten imstande ist, 
zutage gebracht. Jedoch ist keineswegs weder die Ätiologie 
der Krankheit erforscht, noch sind sichere Wege zur Dämpfung 
der Plage gefunden. 

In der „Zeitschrift für Gestütkunde“, Heft 1 und 2, 1906, 
Unterzieht Dr. L. Bernhard das Beuchenhafte Verfohlen, die 
Fohlenlähme, den seuchenhaften Durchfall der Fohlen einer ein¬ 
gehenden Betrachtung. Die sorgfältigst zusammengetragene 
Literatur der letzten fünfzehn Jahre ergibt in der Hauptsache 
vier Ansichten über das Wesen der Fohlenlähme. 

Tätray, Pfeifer, Poeschel, Mieckley und Sohnle sind 
der Ansicht, daß die Fohlenlähme eine Infektion ist, die schon 
während des intrauterinen Lebens zustande kommt. 

Prof. Ostertag will die Fohlenlähme als keine spezifische 
Erkrankung, sondern lediglich als eine Form der gewöhnlichen 
Sepsis und Pyämie ansehen. 

Poljakow beobachtete das seuchenhafte Verfohlen und 
die Fohlenlähme in einem Jahrgang, wo das Heu bei ungewöhnlich 
starker Hitze geerntet wurde, Herbst und Winter aber feucht 
und warm waren. Die Ursache der Erkrankung sei ein 
beweglicher Mikrobe und die Infektion soll ausschließlich durch 
das Futter erfolgen. 

Mou8su ist ein Gegner der Nabelinfektion. Er besehnldet 
dafür gut genährte Stutmütter. Zwicker betrachtet die 
Krankheit als ein konstitutionelles Allgemeinleiden. Die 
Ursachen seien ebenfalls in der Haltung und den Ernährungs- 
Verhältnissen des Muttertieres zu suchen. 

Nun kommt Dr. Bernhard auf eigene Erfahrungen zu 


sprechen und gibt die Art und Weise seiner Prophylaxis, die 
geeignet sei, den seuchenhaften Abortus, die Fohlenlähme und 
den seuchenhaften Durchfall zu bekämpfen. Alle diese Krankheits¬ 
erscheinungen seien „Wirkungen ein und desselben Krankheits¬ 
keimes nur mit verschiedener Abstufung seiner Virulenz. Über¬ 
träger des Infektionsstoffes ist immer der Hengst. Hat dieser 
eine Stute gedeckt, die verfolilt hat, so überimpft er auf die 
nächsten, die ihm zugeführt werden, durch den Beschälakt den 
Infektionsstoff, und sie werden verfohlen, wenn sie nicht schon 
eine gewisse Immunität dagegen sich erworben haben. Sind sie 
in gewissem Grad dagegen immun, oder ist der Infektionsstoff 
nicht virulent genug, dann werden sie ein Fohlen zur Welt 
bringen, das an Lähme erkranken wird. Ist der Krankheits¬ 
keim noch milder, dann wird das Fohlen, solange es an der 
Mutter saugt, an einem infektiösen Durchfall leiden, der die 
Tierchen gewöhnlich sehr stark mitnimmt.“ 

Ich will noch einer Arbeit von Gmelin (Monatshefte für 
praktische Tierheilkunde, II. Band, Heft 11, 1891) gedenken. 
Gmelin bezeichnet die Fohlenlähme als pyämische Nabel¬ 
infektion, nur spricht er einer Infektion von der Nahelvene aus fast 
jede Bedeutung ah. Nach ihm sind es Nabelarterien, die in 
erster Linie zu leiden haben. 

In dem serbischen Staatsgestnt Ljubitschewo ist in den 
letzten vier Jahren, soweit ich Umschau machen konnte, kein 
senchenhaftes Verfohlen vorgekommen. Dagegen leidet all¬ 
jährlich ein beträchtlicher Teil der Füllen an Brust- und Bauch¬ 
fellentzündungen, Polyarthritis, Pyämie und dergleichen, 
was man unter einem Namen zusammenfaßt. Somit bestätigt 
diese Tatsache Ostertags Angaben, daß zwischen seuchen- 
haftem Abortus und der Fohlenlähme kein ätiologischer Zu¬ 
sammenhang vorhanden ist. 

Nun will ich jetzt die im Jahre 1906 vorgekommenen 
j Erkrankungs- und Todesfälle mit meinen Beobachtungen und 
i Untersuchungen folgen lassen: 




650 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 87. 


Von 40 in dem Jahrgang 1906 geworfenen Fohlen litten 
demnach zehn an den Krankheitssymptomen, die man mit der 
Bezeichnung Fohlenlähme zu benennen pflegt. 

1. Stutfohlen Toda vom englischen Vollbluthenget fcandid 
aus der Despa wurde mit krummen Vorderbeinen und Cornea¬ 
trübung geboren. Durch dreimonatliche Behandlung verschwand 
der rachitische Zustand; Bestreuung mit Hydrar. chlor, hob 
auch die Corneatrübung auf. Dieser Fall scheint geeignet zu 
sein, die Theorie der intrauterinen Infektion zu unterstützen. 
Allein es handelte sich hier — abgesehen von der Corneatrübung, 
die post partum hervorgerufen sein könnte — um reinen 
Rachitis. 

2. Hengstfohlen Tatomir vom anglonorm. Vollbluthengst 
Vasistas aus der Detinja zeigte am siebenten Tage nach der 
Geburt an dem rechten Sprunggelenk eine große fluktuierende 
Anschwellung. Da man sie aber durch nichts vertreiben konnte, 
machte ich die Punktion und es entleerte sich daraus eine 
klare, gelbe, fadenziehende Flüssigkeit. Eine neue Ansammlung 
der Flüssigkeit kam wieder zustande und besteht heute noch. 
Das Fohlen entwickelte sich aber ganz gut. 

3. Stutfohlen Tamnawka von Kandid aus der Dajka er¬ 
krankte 35 Tage nach der Geburt an Peritonitis, der ein hart¬ 
näckiger Durchfall vorangegangen ist. Durch zwanzigtägige 
Behandlung mit Prießnitzsehen Umschlägen, Antipyrin und 
abgekochter Muttermilch, vermischt mit einem Eßlöffel l l / 2 pröz. 
Kreolinlösung, ist das Tierchen gerettet, bUeb aber lange Zeit 
kränklich und ist stark zurückgeblieben. 

4. Hengstfohlen Tamnavaz vom anglonorm. Vollbluthengst 
Vangeur aus der Neda wurde im Alter von 26 Tagen von 
Bauchfellentzündung befallen. Durch therapeutische Maßnahmen, 
genau wie beim Fall 3, wurde das Fohlen in drei Wochen 
hergestellt. 

Die Krankheitsgeschichte und Sektionsbefunde der an 
Fohlenlähme erkrankten und verendeten Füllen lasse ich hier 
folgen, aus denen wir eine Klärung zur Ätiologie der Krankheit 
anzubahnen hoffen. 

I. FaH. 

Hengstfohlen Topolaz vom anglonorm. Vollbluthengst Vize¬ 
admiral aus der Lortschanka, geboren 14. Januar, gestorben 
22. Februar 1906. 

Am 22. Februar um 7 Uhr morgens ist das Fohlen, 
welches früher immer munter war, durch Nichtsaugen auf¬ 
gefallen. Nähere Untersuchung ergab: Benommenheit, Atmung 50, 
Puls 80, Temperatur 40,0, verstärkter vesikulärer Atem, 
Peristaltik sehr lebhaft, Palpation der Bauchdecken sehr 
schmerzhaft. Diagnose: Peritonitis. 

Um 4 Uhr nachmittags desselben Tages Exitus letalis. 

Obduktionsbefund. Per anus kommt ein dünnflüssiger, 
gelblicher Kot zum Vorschein. Der Nabel ist trocken und ver¬ 
heilt. Über der Bauchhöhle ergießt sich eine undurchsichtige, 
stinkende Flüssigkeit, untermischt mit vielen größeren und 
kleineren Luftbläschen, was kein postmortaler Prozeß ist, da 
die Sektion gleich nach dem Tode ausgefülirt wurde. 

An der Leber, Milz und über die ganzen Eingeweide lagert 
eine dicke Fibrinmasse. 

In dem Lobus hepatici sinister sitzt eine kindskopfgroße 
fluktuierende Geschwulst. Beim Durchschneiden fließt aBS der¬ 
selben eine dünnflüssige, dunkelgelbliche, stinkende Masse hervor, 
die mit vielen Uewebsfetzen untermischt ist. Die dadurch zum 


Vorschein kommende Kaverne ist so groß, daß man eine flfanns- 
faust bequem hineinlegen kann. 

Der Nabel, von außen längs aufgeschnitten, zeigt nach 
einer Entfernung von ca. 1 cm blutige Imhibitten. Ih dei* 
Bauchhöhle angelangt, präsentiert sich die Veöa dihbÜiükÜt wie ein 
verbrannter Strang; dieselbe aufgeschlitzt ist in einer Länge 
von 1—2 cm mit weißem, dicklichem Eiter vollgefüllt. Der 
Urachus ist ebenfalls wie verbrannt und enthält ca. 1 ccm Eiter. 

Bakteriologisches. — An Ort und Stelle wurden mehrere 
Ausstrichpräparate gemacht und das nötige Material für Untere 
suchungszwecke entnommen. 

In dem Klatschpräparate vom Leberabszesse fihdeh siOh uü- 
zählige Coccen, die sehr selten vereinzelt, meist aber zu Diplo- 
coccen, öfter auch zu vier, sechs oder iti längeren Coccen ver¬ 
bunden Vorkommen. Ein jedes von denen Hat in seihetti Zehtrhm 
ein ungefärbtes Feldchen. In dem Gesichtsfelde liegen, zwischen 
Coccen, hier und da dünne, kurze Bakterienstäbeben (Misch¬ 
infektion). In dein Eiterausstriche der Veüa umbÜieälls bät mau 
dasselbe Bild wie im Leberausstticbe, mit der Ausnahme, daß 
eB seine Diplococcenkultur war, ohne BäktdrieüstÄbchett. Dasselbe 
fand man in dem Eiter dös Uraöhusrest. 

In dem Blutpräparate der Vena thoracia exterha finden 
sich vereinzelte Diplococcen; in dem Milzausstriche und anderen 
Organen war keine Spur von irgend welchen Fremdkörpern an¬ 
zutreffen. 

Sämtliche Präparate slhd mit GeiltiänavioHet wie üblich 
gefärbt. 

Es ergibt sich sonach die pathologisch-anatomische Diagnose; 
Ompholophlebitis, Hepatitis metastatica, Peritonitis bzw. Pyämie 
ajs Hauptbild, hervorgerufen durch Nabelinfektion, bei der eine 
Coccenart die Hauptrolle spielL 

2. Fall. 

Stutfohlen Turija vom Vengeur aus der Neda hat gegen 
15 Tage nach der Geburt beide Vorderfüße im Karpalgelenk 
auffallend krumm gehalten. Anschwellung und Schmerzhaftigkeit 
war nicht vorhanden. Dieser Zustand dauerte ca. zwei Wochen 
und verschwand dann von selbst. Als das Fohlen drei Monate 
alt wurde, erkrankte es plötzlich an folgenden Symptomen: Den 
Kopf und Hals hält es steif auf die linke Seite gebogen. Die 
Halsmuskulatur ist sehr gespannt und unempfindlich. Sein 
Gang ist unsicher, es schwankt, fällt oft auf den Boden, aber 
immer auf die linke Seite. Wälzt man es auf die rechte Seite 
um, so ist es sehr unruhig und dreht den Kopf und Hals auf 
die linke Seite um. Orbita linker Seite stark angeschwollen; 
die Blutgefäße des linken Auges stark verzweigt und strotzend 
mit Blut gefüllt 

Da ich an demselben Tage amtlich auf mehrere Tage ver¬ 
reisen mußte, entzieht sich dieser Fall meiner weiteren Be¬ 
obachtung. Am dritten Tage sei das Fohlen eingegangen und 
ist von einem Kollegen obduziert worden, der mir als patho¬ 
logische Veränderungen Pyelonephritis suppurativa und Septo- 
meningitis cerebrospinalis freundliehst mitgeteilt hat. 

3. Fall. 

Hengstfohlen Tessla vom anglonorm; Vollblnthengst Vize¬ 
admiral ans der Gina, geh. 18. IV., gest. 3. VI., erkrankte das 
erste Mal an einer barten, warmen, schmerzhaften Anschwellung 
in der MuBkualtur des rechten Gesäßbeins. Untersuchung per 
reetnm ließ eine wulstige Verdickung der Darmschleimhant 
nachweisen, so daß der Mastdarm fast verschlossen war. In der 



10. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


651 


Tiefe der Geschwulst konnte man durch Palpation von außen 
und per rectum eine Fluktuation nachweisen, worauf die Punktion 
vorgenommen und Eiter in reichlicher Menge entleert wurde. 
Durch weitere übliche Behandlung schien der Prozeß gut ab¬ 
gelaufen zu sein. 

Etwa 10 Tage danach schwollen dem Füllen die Vorder¬ 
beine an und tags darauf brach Lungenentzündung aus. Vier¬ 
tägliche Behandlung verlief erfolglos, am fünften Tage verendete 
das Tierchen. 

Obduktionsbefund. — Subcutis der Vorderbeine ist mit 
klarer, gelber Flüssigkeit stark durchtränkt. Der linke 
Lungenlappen ist durch zahlreiche größere und kleinere Abszesse 
total gestört; im rechten Lungenlappen finden sich ebenfalls 
viele walnußgroße Abszesse. 

In der Bauchhöhle nichts Abnormes. Die Gedärme, längs 
aufgeschlitzt, repräsentieren sich als vollkommen normal. In der 
Beckenhöhle angelangt, erweist sich das lockere Bindegewebe J 
des Rectum rechterseits stark sulzig infiltriert. Bei der näheren 
Besichtigung stellt sich heraus, daß das Rectum im Umfange 
einer Gansfeder durch¬ 
gebohrt ist. Von hier 
aus die Richtung verfol¬ 
gend, kommt man durch 
lockeres Bindegewebe in 
eine abgeschlossene mit 
Eiter besetzte Höhle in 
der rechten Kruppenmus¬ 
kulatur. Diese Höhle 
steht wiederum mit dem 
abgebeilten Operations¬ 
kanal in Zusammenhang. 

Mikroskopische 
Untersuchung. — 

Sämtliche Präparate, her¬ 
gestellt aus Lungen¬ 
metastasen und von dem 
Abszesse der Muskulatur, ließen ausschließlich Streptococcen 
erkennen. 

Die pathologisch - anatomische Diagnose: Perforatio recti 
(verursacht wahrscheinlich durch irgendeinen spitzen Fremd¬ 
körper — da die Füllen gern an solchen Gegenständen nagen), 
Myositis apostematosa, Pneumonia metastatica gibt ein deutliches 
Bild über die Entstehung und Verlauf der Krankheit, daß kein 
Zweifel obwalten kann. 

IV. Fall. 

Stutfohlen Trza vom Kandid, englischer Vollbluthengst aus 
der Primorka (22 — IV -}- 26 — VI), hatte 15 Tage nach der 
Geburt mehrtägigen Durchfall gehabt, der allmählich von 
selbst aufhörte, das Tierchen aber doch nicht gedeihen wollte. 
Zirka 20 Tage danach brach bei ihm Lungenentzündung aus. 
Alle therapeutischen Maßnahmen blieben erfolglos, das Fohlen 
verendete nach drei Tagen. 

Obduktionsbefund: Der Nabel ist trocken und verheilt; 
in beiden Magenöffnungen findet sich dunkelrotes geronnenes 
Blut. Die Lungenlappen sind durch zahlreiche größere und 
kleinere Abszesse besetzt, die auf dem Querschnitt eine eitrige, 
weißlich gelbe Masse von dünnerer oder härterer Konsistenz 
zeigen. Die zwischen Abszessen liegenden Partien sind im 
Hepatisationsstadium, deren Lobuli auf dem Querschnitte mit 


kleineren Eiterpünktchen begrenzt sind. Die linke Lungenspitze 
ist wie eine Schweinsblase aufgebläht (Erstickung). 

Dicht am Dünndarm sitzt ein walnußgroßer Abszeß, der 
sich rosenkranzähnlich durch ein Lymphgefäß dem Darmgekröse 
entlang bis zur Nähe des Pankreas fortsetzt, da einen damen¬ 
faustgroßen Tumor bildend. Dieser Tumor enthält dicklich¬ 
eitrige Masse in sich. Von ihm ziehen aufgeqnollen die fast blei- 
stiftdünnen Lymphgefäße durch das Netz hindurch, wie es die 
beigefügte Photographie bildlich veranschaulicht. (Leider ist 
das schöne Präparat vor dem Photographieren durch Ungeschick 
meines Dieners etwas verunstaltet. So hat er z. B. den Eiter 
aus dem großen Abszeß-Tumor, den ich jetzt notwendigerweise 
auf der Photographie mit a bezeichne, herausgeschabt; das 
Gekröse ist stellenweise zerrissen u. dgl.) 

Nun wird der Dünndarm an der Stelle, wo der Abszeß 
entspringt, aufgeschlitzt. Im Darme findet sich eine dickliche, 
fadenziehende, gelbliche Masse. Diese weggewischt, läßt hoch¬ 
rote, verdickte Schleimhaut zum Vorschein kommen. Hier in der 
Schleimhaut dicht unter dem äußeren Abszesse sitzen einige 

Stecknadelkopf- bis hirse¬ 
korngroße weiße Pusteln, 
die zerdrückt Eiter her¬ 
vorquellen lassen. 

Die mikroskopi¬ 
sche Untersuchung 
des aus den Pusteln, Ab¬ 
szessen und Lungen- 
metastasen gewonnenen 
Eiters ergibt ganz genau 
dasselbe Bild und zwar, 
wie wir es bei dem Fall I 
zu beobachten Gelegen¬ 
heit hatten, reine Kul¬ 
turen von zahlreichen 
Diplococcen, deren Zen¬ 
trum ein ungeförbte s 
Feldchen aufweist. — Sämtliche Präparate aus dem gewonnenen 
Material hergestellt und mit Gentianaviolett gefärbt, gaben 
immer dasselbe Bild. 

Dieser Fall bezeugt auf das deutlichste, daß es sich hier 
um eine Infektion handle, deren Eingangspforte Verdauungs¬ 
kanal, deren Erreger ein Mikroorganismus der Diplococcenart ist. 

V. Fall. 

Hengstfohlen Tressak vom Vasistas aus der Lasta(geb. 15. III. 
gest. 19. VII.), erkrankte vier Monate nach der Geburt an 
Lungenentzündung verendete in sieben Tagen. Der Sektions¬ 
befund stimmt, abgesehen von kleinen Abweichungen, vollkommen 
mit dem soeben geschilderten Fall IV, nur daß am Dünndarm 
nicht ein, sondern mehrere Abszesse vorhanden sind. Darum 
will ich keine weiteren Worte darüber verlieren. 

VI. Fall. 

Hengstfohlen Trawar vom Vizeadmiral aus der Mutnica 
(geb. 15. III. gest. 28. VII.), war immer gesund und in seiner 
Entwicklung zufriedenstellend. Eines Tages erkrankte er plötzlich 
mit folgenden Krankheitssymptomen: Die Hinterhand gelähmt, 
beim Gehen wackelt er bald links, bald rechts und zieht indessen 
die Hinterbeine steif vorwärts. Es frißt gar nicht und legt 
sich ungern nieder, und wenn er es tut, kann er ohne Unter¬ 
stützung nicht aufstehen. Er schwitzt so stark, daß er ganz 




652 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


naß wird, hat 41,2° C Temperatur per rectum gemessen, die 
Atmung beschleunigt und sehr erschwert. 

In therapeutischer Hinsicht wurden kalte Umschläge, kalte 
Infusionen per rectum und Cal. bromat. 3,0 per os angewandt, 
doch trat am nächsten Tage Exitus letalis ein. 

Obduktionsbefund. In sämtlichen Gelenken findet sich 
eine klare, fadenziehende, gelbe Flüssigkeit. Der linke Lungen¬ 
lappen ist dunkelrot, weich, auf dem Querschnitt sehr feucht. 
Der Canalis thoracicus ist so stark angeschwollen, daß er sich in 
seiner ganzen Richtung in Stärke eines Daumens hinzieht und 
mit seröser Flüssigkeit dermaßen durchtränkt ist, daß er in ihr 
förmlich badet. 

In der Bauchhöhle finden sich ca. 250 ccm seröser Flüssigkeit. 
Die Gedärme sind mit dunkelroten Flecken besprengt. Die Milz 
und ihre Pulpa ist trocken und fest. Die Lymphgefäße der 
Milz sind angeschwollen und mit seröser Flüssigkeit schwer 
beladen. 

Die Schleimhaut der Pylorus portio ist geschwollen, wulstig 
und von dunkelroter Farbe. Diese Veränderung setzt sich auch 
auf die Schleimhaut des Duodenums fort. Im Jejunum und 
Ileum keine Veränderungen mit Ausnahme von ganzen Paketchen j 
Ascaris megalocephala. 

Die Schleimhäute des Coecum und Colon sind ganz und gar 
verändert, dunkelrot, geschwollen und in dicke Falten gelegt. 
An ihren Oberflächen finden sich viele Erhabenheiten von Maiskorn¬ 
größe, harter Konsistenz und sie sind auf der Spitze weiß. Diese 
aufgescbnitten, lassen überall ein Tröpfchen Eiter hervorquellen. 
Beiderseits dem Coecum und Colon anliegend finden sich zahl¬ 
reiche kleinere und größere Lymphdrüsen, die auf den ersten 
Blick an Flecknieren erinnern. Ihr Querschnitt ist teils mit 
Blut unterlaufen, teils mit weißen, fest umschriebenen Herden 
besetzt. 

Durch mikroskopische Untersuchung konnte man in eitrigen 
Schleimhauterhabenheiten — die nichts anderes sind wie solitäre 
Follikel, deren Epithel zugrunde gegangen — nichts Positives 
ermitteln, da die Sektion erst zehn Stunden post mortem vor¬ 
genommen worden ist. 

Wollen wir jetzt diese fünf Todesfälle, deren Ursachen 
durch genaue Obduktions- und mikroskopische Befunde voll¬ 
kommen klargelegt wurden, » mit einigen Worten im Zusammen¬ 
hang erwähnen, so ergibt sich: 

a) daß beim L, IV. und V. Falle der Krankheitserreger ein 
und derselbe — ein Diplococcus — ist, die Eingangspforte 
einmal die Nabelvene und zweimal der Verdauungstractus war; 

b) daß beim Fall VI aller Beobachtungen nach dieselbe 
Ursache vorliegt; 

c) daß beim Fall III Darmperforation und darauf an¬ 
schließende Streptococcusinfektion die Erkrankung und den 
letalen Ausgang veranlaßten. 

Der Fall II entzieht sich, wie erwähnt, meiner Untersuchung 
und ich konnte darüber nur theoretische Ansichten ausbreiten. 

Erwägt man die Verhältnisse und Umstände, unter denen 
die Füllen ihre ersten Tage zubringen, genau, so kommt man 
zu der Einsicht, daß es eigentlich kein Wunder ist, wenn ein 
gewisser Prozentsatz der Füllen die Krankheit sich holt und 
ihr unterliegt. 

Der Nabelstrang wird bekanntlich unterbunden und ab- 
geschnitten, das junge Tierchen im Box bei der Mutter sich 
selbst überlassen. Zwar werden tägliche Waschungen mit ver¬ 


schiedenen Desinfektionsflüssigkeiten vorgenommen, dies kann 
aber von keinem großen Nutzen sein, denn die Wirkung der 
aufgebrachten, abfließenden Desinfektion ist eine kurzdauernde. 
In den Intervallen ist genug Zeit gegeben, daß sich die Mikro¬ 
organismen einnisten und die Infektion fortschreitet. 

Nach dem Gebären tritt bei Stutmttttern der Reinigungs¬ 
prozeß ein, der durchschnittlich fünf Tage dauert. Der Ausfluß 
beschmutzt die Hinterhand und den Schweif, fließt mitunter bis 
zum Euter hin, und wenn das nicht, so besorgt es der Schweif, 
mit dem hin und her geschlagen wird. In dem Ausfluß und an 
den damit beschmutzten Körperteilen siedeln sich leicht die 
Mikroorganismen ein. Durch das Saugen und Naschen der 
Fohlen um die Mütter herum nehmen Bie Krankheitserreger 
per os auf, die im zarten und jugendlichen Verdauungskanal 
ohne zu große Mühe Boden fassen und eine verheerende Wirkung 
entfalten. 

Nachdem im Jahrgange 1904 von 40 acht, im Jahrgange 
1905 von 38 sieben und in meinem Untersuchungsjahre 1906 
von 42 sechs Fohlen verendeten und fast so viele kränkelten, 
konnte ich, auf Grund dargestellter Beobachtungen und 
j Untersuchungen fußend, den Theorien von Hengstübertragung, 
von gut genährten Stutmttttern, von schlecht genährten Stut- 
müttem, von zu starken Körpersäften, von der Ernte usw., keine 
große Bedeutung mehr zuschreiben und wählte mir für den 
nächsten Jahrgang 1907 ein Verfahren aus, das die Fohlenlähme 
ausrotten oder wenigstens stark zu reduzieren imstande sein 
sollte, falls die gewonnenen Untersuchungsresultate nicht auf 
Irrtum beruhen. 

Dieses Verfahren besteht: 

a) Bei den Fohlen. — Der Nabel§trang wird, nicht unter: 
bunden, sondern mit Kastrierzange zerquetscht und abgedreht; 
mit 3proz. Lysollösung gut gewaschen und mit Tupfer ab¬ 
getrocknet. Nachdem wird auf dem Nabelstumpf die Paste (aus 
Ai'roli, Glyzerin, Mueil. Gum. arab. äa 5,0; Bol. 10,0 Mf. P.) 
dick aufgetragen. Die Paste haftet fest, ist für die seröse 
Flüssigkeit durchlässig und der Nabelstumpf trocknet darunter 
gewöhnlich in 24 Stunden so vollkommen aus, daß weiter nichts 
nötig ist. Jedenfalls ist ratsam, in erster Zeit immer nach- 
zuschauen und, wenn erforderlich, die Prozedur zu wiederholen. 
Nur muß man auf die Zeit achten, wo der Nabelstumpf abfällt 
und dann wird der Nabel und die Umgebung gut gereinigt, 
getrocknet und darauf Ai'rolpaste aufgetragen. 

b) Bei den Stutmüttern. — Nach dem Gebären wird 
die Stute in den ersten Tagen zweimal täglich mit 1 prozentiger 
lauwarmer Lysollösung ausgespült (gläsernes, langes Mundstück 
vorsichtig hineingeschoben ohne irgendwelche manuelle Be¬ 
rührung) ; der Hinterteil gut gewaschen und mit reinem Leinwand¬ 
lappen abgetrocknet. Ebenso wird der Schweif gewaschen, 
abgetrocknet, geflochten und zurückgebunden. Die Zitzen werden 
alle Morgen mit reinem lauwarmen Wasser abgewaschen. Diese 
Behandlung wird fortgesetzt, bis der Reinigungsprozeß ab¬ 
gelaufen ist — er vollzieht sich unter diesen Umständen in 
drei Tagen. 

Daß man außerdem für die Reinlichkeit in Boxen sorgen 
muß, ist selbstredend. Besonders muß man trachten, daß der 
abgesetzte Kot sofort entfernt wird, da sonst die Fohlen ihn 
benaschen und sogar verspeisen. 

Das Abfohlen im Jahrgange 1907 ging unter Anwendung 
des soeben geschilderten Verfahrens von statten. Von 40 in 



10. September 1908. 


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diesem Jahre geworfenen Fohlen sind nnr zwei gestorben. Das 
eine von denselben hatte reine Symptome nnd Erscheinungen 
einer Fohlenlähme — genau wie der oben geschilderte Fall IV; 
das andere unterlag einer kruppösen Pneumonie, die es sich beim 
Flüchten während einer fürchterlichen Überschwemmung des 
Gestüts am 29. März holte. 

Da die Füllen aller vier Jahrgänge unter denselben Ver¬ 
hältnissen lebten — abgesehen von der Behandlung — von 
denselben Vätern und Müttern herstammten, so muß die Tat¬ 
sache, daß nach meiner Untersuchung und eingeführter 
Prophylaxis die Todesfälle von 20 Proz. (1904), 18 Proz. (1905), 
14 Proz. (1906) auf 2 1 /» Proz. herabfielen, als ein vielsagendes 
Resultat angesehen werden. — Möge es auch bei den anderen 
mit gleichem Erfolge gekrönt sein, so könnte man solche 
Verluste ertragen. 

Aus allem Angeführten können wir uns den Schluß ziehen: 
Die Ursachen der sogenannten Fohlenlähme können gar ver¬ 
schiedene sein. In vorwiegender Mehrzahl der Fälle ist es aber 
eine Erkrankung infektiöser Natur, hervorgerufen durch Diplo- 
coccen, die durch vernachlässigten Nabel oder per os in den 
tierischen Organismus einwandem. 

Was die Theorie der intrauterinen Infektion speziell 
anbelangt, scheint es nach allen meinen bisherigen Beobachtungen 
— spezielle Untersuchungen darüber stehen erst im Gange —, 
daß sie ebenso etwas für Bich hat und ich kann sie ohne weiteres 
nicht von der Hand weisen. 


(Aus dem Hygienischen Institut der kgl. tierärztlichen Hochschule 
in Berlin. (Leiter: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch.) 

Ein mit ölsaurem Natron und Lecithin hergestelltes 
hochwertiges Tuberkulose-Toxin. 

Von Dr. med. W. Zeuner, prakt Arzt in Berlin. 

Nachdem es Bassenge*) gelungen ist, ein starkes, meer¬ 
schweinchenimmunisierendes Typhus-Toxin durch Benutzung der 
bakteriolytischen Eigenschaft des Lecithins herzustellen und 
andere mittelst des Brieger-Mayerschen Schüttelapparates 
praktisch brauchbare Schutzstoffe gegen Scbweineseuche und 
Dysenterie gewonnen haben, erschien es mir geboten, auf 
ähnliche Weise (mutatis mutandis) ein Tuberkulose-Toxin an¬ 
zufertigen. Zu diesem Zwecke ging ich folgendermaßen vor: 

Zu 97 ccm sterilen, destillierten Wassers wurde 1,5 ccm 
ölsaures Natron 1:10 Aqua und 1 g altes Ovo-Lecithin Merck 
zugesetzt und dies 24 Stunden im Schüttelapparat geschüttelt. 
Ölsaures Natron hatte ich vorher eingehend in verschiedenen 
Konzentrationen methodisch auf seine Wirkungen auf Meer¬ 
schweinchen bei subkutaner Einverleibung und betreffs seiner 
Einwirkung auf Tb - Bazillen ausprobiert. Während nach 
Kobert und Raßmann Injektionen von Natr. ole inic. 
(1: 10—100 Aqua) ins Blut bei Tieren einen comatösen Zu¬ 
stand bewirken und, sobald die Injektionsflüssigkeit das Herz 
erreicht, Herzstillstand eintritt, hatte ich gefunden, daß sub¬ 
kutane Injektionen desselben Mittels von Meerschweinchen 
vertragen werden. 1:10, 1: 20, 1: 30 machte heftige Schmerzen 
und ausgedehnte Nekrosen unter der Haut. 1:40, 1:45 und 
1:50 verursachte seltener solche Nekrosen, während 1: 60 und 
1:100 niemals dergleichen im Gefolge hatte. Niemals kamen 
dabei Abszesse, Embolien, Diarrhöen, comatöse Zustände zur 
*) D. Med. Woch. 1908. Nr. 4 u. 29. 


Beobachtung, ebensowenig wie Herztod. Selbst wenn 2 Pravaz* 
spritzen voll 1:60 auf einmal subkutan gegeben wurden, ent« 
stand weder Krankheit noch Tod. Auch intraperitoneal injiziert, 
wurde y 2 Spritze 1:50 vertragen und ohne Peritonitis völlig 
resorbiert. Bei 1:60 fanden sich unter der Haut keinerlei 
Reizerscheinungen und alles war, wie die Sektionen ergaben, 
glatt resorbiert worden. Wenn tuberkulöse Meerschweinchen 
3 Wochen lang täglich je nach Größe V* oder 1 Pravazspritze 
voll (— 1,2 ccm) 1: 60 subkutan erhalten hatten, magerten sie 
ab, erholten sich aber in 14 Tagen wieder, sofern sie in Ruhe 
gelassen wurden. Bei seltener vorgenommenen Subkutan¬ 
injektionen von 1:60 nahmen die Tierchen an Gewicht zu. 
Hieraus geht hervor, daß tuberkulöse Meerschweinchen hypoder- 
matische Einspritzungen von Seife (Ölsaurem Natron) in der 
nötigen Verdünnung vertragen. 

Die durch Schütteln erhaltene, seifige, trübe Flüssigkeit, 
in welcher das Lecithin völlig wie in einer Emulsion gelöst 
war, teilte ich und brachte in 42 ccm davon die Tuberkel¬ 
bazillen von 10 Glyzerin-Agarkulturen des Typus lmmanus 
hinein, die hochvirulent, 23 Tage alt waren und weiter die 
I einer äußerst ergiebigen, eben solchen Kultur vom Typus bovinus, 
die 5 Monate alt war. Die letztere wurde genommen, weil sie 
eine sehr reiche Ausbeute darbot. Von den ersten 10 Kulturen 
enthielten neun jede nur etwa 40 2 mg-Ö.en, während die 
zehnte (ebenso wie die bovine) sehr üppig gewachsen war und 
etwa 200 Ösen enthielt. 

Die Übertragung der Bakterien ließ sich durch Abschwemmen 
allein nicht bewerkstelligen, weil bekanntlich die Tb-Bazillen 
trocken, spröde und krümelig sind und dem Glase ankleben. 
Ich mußte daher sehr viele mit der Öse und dem Spatel über¬ 
tragen. 

Darauf wurde die nun stark bazillenhaltige Flüssigkeit 
wieder 24 Stunden im Schüttelapparat geschüttelt, wobei darauf 
geachtet wurde, daß der sich oben im Kölbchen absetzende, 
ausgeschüttelte Rand, aus bakteriellem Material bestehend, 
öfters heruntergespült wurde. Dann wurde eine Stunde lang 
im Wasserbade auf 70 u erhitzt, um die Bazillen sicher abzutöten, 
worauf wieder ein Tag lang geschüttelt wurde. Hierauf 
setzte ich Chloroform zu, um das Lecithin wieder auszuscheiden 
und ließ noch eine Viertelstunde lang schütteln. Dann wurde 
während einer Stunde elektrisch bei einer Tourenzahl von 2000 
zentrifugiert, wobei sich in der molkig erscheinenden Flüssigkeit 
das Lecithin samt Chloroform scharf absetzte, so daß sich das 
Obere gut abgießen ließ. Dieses wurde zum Schluß noch durch 
Kieselgurfilter filtriert und ergab eine klare, schön opalisierende 
grünlich-goldige Flüssigkeit ohne Chloroformgeruch, die frei von 
Bakterien oder anderen festen, Bchwer assimilierbaren Bei¬ 
mengungen war. Der Haltbarkeit wegen empfiehlt sich licht- 
geschützte Aufbewahrung im Eisschrank und Zusatz von 
0,5 Proz. Phenol. 

Die Ernte aus Bouillon-Oberflächen-Kulturen ist natürlich 
bequemer. Zum Filtrieren kann das Pukallfilter benutzt werden. 

Die tödliche Dosis dieses Toxins liegt für gesunde Meer¬ 
schweinchen von 250 g bei 2 ccm, sie erliegen ihr in 41 bis 
48 Stunden ohne Krämpfe unter Vergiftungserscheinungen, die 
hauptsächlich in den letzten 6—8 Stunden sich zeigen. Es ist 
also fünfmal stärker toxisch als Tuberculin. Kochii, dessen letale 
Dosis für gesunde Tiere von 250 g 10 ccm ist. An der In¬ 
jektionsstelle fanden sich bei Sektionen weder Abszesse noch 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


Entzündungen. Die Milz war etwas verkleinert, auffallender¬ 
weise ganz blutleer, schneeweiß. Leber normal. Gallenblase 
übermäßig gefüllt. 

Das Toxin stellt ein starkes, spezifisches Extrakt dar, denn 
das Lecithin vermag im Bunde mit ölsaurem Natron ganz 
kolossale Mengen der bazillären Gifte frei zu machen und zwar 
in einem Umfange, der bei Tuberkulose bisher wohl kaum erreicht 
worden ist. Der Gehalt an verschiedenen Toxinen ermöglicht 
in vivo das Studium antitoxischer Schutzstoffe. Da nun die Bak¬ 
terientoxine bei der Tuberkulose eine sehr wichtige Rolle haben, 
ja in gewissen Stadien und Formen der Erkrankung die Patho¬ 
logie des Prozesses geradezu beherrschen, so ist die künstliche 
Erzeugung von Antitoxinen höchst erwünscht. Für Menschen 
käme ein mittelst des Toxins an Pferden gewonnenes Antitoxin- 
Serum in Frage. 

Meerschweinchen vertragen, wenn sie tuberkulös sind, die 
Dosis von 0,5—1,0 ccm. Über die weiteren, noch im Gange 
befindlichen Tierversuche soll später berichtet werden. Zur 
Kontrolle wurden Meerschweinchen von 250 g subkutan 2 ccm 
von einer ebensolchen, jedoch ohne Tb.-Bazillen hergestellten 
Flüssigkeit eingespritzt. Darnach zeigten sich weder Krank- 
heits- noch Vergiftungserscheinungen und die Tiere blieben am 
Leben. 

Den Gehalt an Toxinen kann man noch beträchtlich erhöhen, 
wenn man auf das Erhitzen verzichtet. Man gewinnt dann alle 
diejenigen Toxine und Endotoxine, die nicht hitzebeständig sind. 
Und wenn man die im Vaccuum auf y^ konzentrierte Bouillon 
der Kultur hinzunimmt, so erhält man auch die Bouillongifte. 
Nimmt man z. B. von der mit ölsaurem Natron versetzten 
Lecithin-Emulsion 50 ccm, in die 10 g Tb.-Bazillen von 6 bis 
8 Wochen alten Bouillonkulturen gebracht werden, um dies nun 
vier Tage lang im heizbaren Schüttelapparat bei 37° schütteln 
zu lassen, fügt dann noch 20 ccm der konzentrierten Bouillon 
zu, läßt wieder vier Tage bei 37° schütteln, worauf nach 
Zusatz von Chloroform zentrifugiert und filtriert wird, so ergibt 
sich eine ungemein stark toxische Flüssigkeit, die zur Er¬ 
zeugung von antitoxinhaltigem Serum bei Pferden dienen kann. 


Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Stabs¬ 
veterinär Dr. Goldbeck, betreffend Impfungen gegen 
die Kälberruhr durch die Landwirte. 

Von Raeblger-Habelschwerdt. 

In den Nummern 35 und 36 dieser Fachzeitung moniert 
Herr Stabsveterinär Dr. Goldbeck in ungewöhnlich scharfer 
Weise, daß ich die Impfungen gegen Kälberruhr den Landwirten 
überlassen hätte! Ihnen gewissermaßen die Impfspritze in die 
Hand gedrückt hätte! 

Hierzu bemerke ich: 

1. Die p. Impfungen sind nur von Erfolg, wenn sie in den 
ersten Lebensstunden der Kälber ausgeführt werden. 

2. In Nr. 1 1906, Seite 13 der B. T. W. vertritt kein Ge¬ 
ringerer als Herr Veterinär- und Regierungsrat Nevermann 
gleich mir den Standpunkt, daß wir diese Heilimpfung, soll sie 
Erfolg haben, den Landwirten überlassen müssen. 

Viel Lärm um nichts! — Diese Frage ist also längst er¬ 
ledigt! Ich gebe zu, daß Herrn Dr. Goldbeck in seiner 
Eigenschaft als Militärveterinär die genügende Einsicht in 
landwirtschaftliche Betriebs- und Lebensfragen mangeln mag, 


daraus wird ihm sicher kein Tierarzt einen Vorwurf machen! — 
Daß Herr Dr. Goldbeck aber die Impfungen gegen Kälberruhr 
durch die Landwirte mit der Schlundschnittoperation eines uns 
leider nun allen zur Genüge bekannten Kurpfüschers in Zu> 
sammenhang zu bringen beliebt — — finde ich außerordentlich 
geschmacklos! 

Was endlich den Vorschlag des Herrn Dr. Goldbeck an¬ 
belangt , der Tierarzt solle sich das oder die neugeborenen 
Kälber zu bestimmten Tages- oder Morgenstunden im ge¬ 
schlossenen Wagen vor seine Tür bringen lassen, so kann ich 
diesen Vorschlag unmöglich ernst nehmen, ich bin überzeugt, 
er würde in jeder landwirtschaftlichen Versammlung eine un¬ 
geheure Lustigkeit und homerisches Gelächter auslösen! Um 
diese bestimmten Tages- oder Morgenstunden festzulegen, wäre 
es doch vor allem nötig, die Stunden der einzelnen Geburten 
vorher zu bestimmen. Doch weiß Herr Dr. Goldbeck vielleicht 
auch die Lösung dieses bisher noch nicht gelösten Problems! 

Difficile est satyram non. 

Für mich ist der Zwischenfall erledigt! 


Referate. 

Über die Behandlung der Kniegelenksentzändnng beim 
Fohlen. 

Von Prof. Hendricks. 

(Anualea de Bruxelles, Juni 1908.) 

Die Entzündung des Kniegelenks befällt die Fohlen ohne 
Unterschied der Rasse und des Schlags und tritt in allen Ländern 
auf. Die Heredität muß dabei eine geringe Rolle spielen, werden 
doch in Belgien die mit der Arthritis des Kniegelenks behafteten 
oder davon geheilten Pferde ganz von der Zucht ausgeschlossen, 
und tritt nichtsdestoweniger die Krankheit ziemlich häufig und 
sogar bei den Vollblutfohlen auf, deren Zucht doch nur in den 
sachkundigsten und bewährtesten Händen liegt. 

Der Verfasser möchte als Ursache dafür wie für die Poly¬ 
arthritis der Fohlen eine Infektion gelten lassen, welche entweder 
vom Nabel oder vom Darme aus ihren Anfang nimmt. Ist es 
doch leicht möglich, daß Keime oder irritierende Toxine in zu 
kleiner Menge oder von zu geringer Virulenz in das Gelenk 
hineingetragen werden, die zwar keine Eiterung mehr, wohl aber 
eine Irritation zu erwirken imstande sind, die stark genug ist, 
um eine Entzündung der Synovialis hervorzurufen. Er sieht 
die Arthritis, welche sich in einer Hypersekretion der Synovialis 
äußert, als primäre Läsion an und hält die Verlagerung der 
Kniescheibe nur für ein komplizierendes Moment, die Synovia 
nimmt im Gelenk so zu, daß sie das Kapselband ausweitet und 
die geraden (untern) Bänder der Kniescheibe verstreckt, die so 
lang werden, daß sich die Kniescheibe allzufrei auf der Stelle 
bewegen und sogar davon abspringen kann. Bei der Behandlung 
muß daher nicht nur die allzu reichliche Synovia beseitigt, 
sondern auch die zu ausgedehnte Bewegung der Kniescheibe 
eingeschränkt werden. 

Die Arthritis wird durch eine Inaktion des Gelenks mit 
nachfolgender reizender Injektion behandelt; den zweiten Zweck 
hat der Verfasser durch folgende Operation zu erreichen gesucht. 
Er macht einen etwa 8 cm langen Längsschnitt parallel zum 
medialen Band der Kniescheibe in der Gegend des äußeren 
Randes dieses Bandes in die Haut. Darauf steckt er den Trokar 
des Dieulafoysehen Apparates durch das Kapselband hindurch 






10. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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und saugt möglichst viel Synovia an. Dann spritzt er eine 
gewisse Menge LugoIsche Lösung in das Gelenk hinein und 
massiert es tüchtig, damit sich die Lösung gleichmäßig darin 
verteile. Damit das Kapselband einfällt, saugt er nach wenigen 
Minuten den größten Teil der Gelenkflüssigkeit wieder ab, 
schneidet das mediale Gelenkband 2 cm von seiner Ansatzstelle 
am Unterschenkelbein durch, und schneidet ein 1 cm langes 
Stück von der oberen Partie heraus. Die beiden durch¬ 
trennten Teile des Bandes näht er mit 3 Seidennähten zusammen, 
heftet die Hautwunde zu und überdeckt sie mit Jodoform¬ 
kollodium. Die Operationswunde ist bald geheilt. 

Der Verfasser hat die Operation bei einjährigen Fohlen 
ohne den gewünschten Erfolg gemacht, er weiß jedoch nicht, 
ob er der Operationsmethode oder dem Alter der Fohlen die 
Schuld am Mißerfolge" zuschieben soll. Bei älteren Fohlen 
dürften die pathologischen Veränderungen im Gelenk schon 
dermaßen vorgeschritten sein, daß die Operation nutzlos wird, 
während bei jüngeren 2—3 Monate alten Fohlen außer einer 
Hypersekretion von Synovia andere Veränderungen nicht be¬ 
stehen dürften, und somit die Operation wohl Erfolg haben 
könnte. 

Bei einem 7 Wochen alten Fohlen hat er eine andere von 
dem Tierarzt Deghilage bekannt gegebene Operationsmethode 
mit vollem Erfolg versucht. 

Der Kniescheibenstrecker, der aus einer vorderen und einer 
hinteren Partie besteht, wirkt vermöge seiner Anheftung auf 
der vorderen Fläche der Kniescheibe gleichwie das laterale Band 
der Kniescheibe als Abduktor für die Gliedmaßen, aber nur so 
lange als die Kniescheibe in normaler Weise auf der Stolle des 
Oberschenkelbeins fixiert ist. Ist dies nicht mehr der Fall, so 
beschränkt sich seine Einwirkung auf die Kniescheibe allein, 
die dadurch von der Stolle weggezogen wird. Um dies zu ver¬ 
hindern, hat Deghilage eine Operationsmethode bekannt ge¬ 
geben, die der Verfasser in folgender Weise ausgefnhrt hat. 
Nachdem das Fohlen auf die dem kranken Fuße entgegengesetzte 
Seite gelegt worden ist, macht er längs dem äußeren Rande 
der Kniescheibe einen 2 cm langen Hautschnitt in der Weise, 
daß die Mitte des Einschnitts auf den oberen Rand der zu durch- 
schneidenden Muskelsehne zu liegen kommt, den man durch die 
Haut leicht durchfühlen kann. Wenn nun die Wundränder aus¬ 
einandergehalten und die darunter liegende Aponeurose durch¬ 
schnitten werden, so tritt der obere Rand der Ansatzstelle des 
Musculus vastus longus zutage. Er schiebt nun eine Hohl¬ 
sonde unter der Sehne dieses Muskels bis zum inneren Rande 
hindurch, führt ein Bistouri die Furche entlang und schneidet 
damit die ganze Sehne von innen nach außen durch, worauf 
eine unbedeutende Blutung erfolgt. Die Hautwunde wird mit 
einer Seidennaht vernäht und mit Jodoformkollodium bedeckt. Vor 
der Operation wird das Gelenk punktiert und Jod hineingespritzt. 

Grundbedingung zum Erfolg der Operation ist, daß diese 
schon in den ersten Lebenswochen gemacht wird, bevor im Gelenk 
größere Zerstörungen vor sich gegangen sind. Helfer. 

Die Fesselbeinfrakturen des Pferdes. 

Von Tierarzt Dr. Erich Silbersiepe-Berlin. 

(Aus der Chirurg. Klinik der Kgl. tler&rztl. Hochschule zu Beilin. Vorstand: Prof. 

Dr. Eberlein.) 

(Monatsheft für pr&kt. Tierhellk. XIX. Band. 7. nnd 8. Heft 8. 289.) 

Die vorliegende umfangreiche' und gediegene Arbeit hatte 
folgende Ergebnisse: 


1. Das Fesselbein des Pferdes zeigt, wie schon Eich¬ 
baum und Zschokke betonen, in bezug auf* seine Spongiosa 
eine Architektur, welche mit der Statik und Mechanik des 
Knochens im engsten Zusammenhang steht. Dort wo die Bean¬ 
spruchung auf Druck und Zug am stärksten ist, drängt sich 
die Spongiosa zur stärksten Kompakta zusammen, und dort, wo 
die proximale Gelenkfläche am meisten belastet wird, findet man 
die Drukauthahmestelle am stärksten. An diesen Stellen ist auch 
die Spongiosa am besten entwickelt und sehr engmaschig. 

2. Von den bei Pferden sehr häufig vorkommenden Fessel¬ 
beinfrakturen betreffen drei Viertel aller Fälle die Vorder¬ 
gliedmaßen. 

3. Die Frakturen werden durch äußere und innere Ursachen 
bedingt. Letztere finden nicht nur in krankhaften Zuständen 
des Knochens, sondern auch in Eigentümlichkeiten seiner 
Architektur ihre Begründung. 

4. Nach der Entstehungsweise sind zu unterscheiden: 
a) Sagittalfrakturen; b) Segmentalfrakturen; c) Horizontal¬ 
frakturen (Querfrakturen); d) Riß- und Absprengungsfrakturen; 
e) Mischformen von a) und b) und f) Splitterfrakturen. 

5. Für die definitive Heilung der Fesselbeinfrakturen sind 
die Transformationsprozesse von weitgehendster Bedeutung. Sie 
zeigen uns, daß entgegen der bisher verbreiteten Annahme die 
Aussichten auf Wiederherstellung der statischen Festigkeit die 
denkbar günstigsten sind, und daß die Fesselbeine durch das 
Produkt der Transformationsprozesse ihre volle Funktionsfähigkeit 
wieder erlangen. 

Bezüglich der Behandlung sei aus der Arbeit folgendes er¬ 
wähnt: Der Gipsverband muß von den Schenkelenden des Eisens 
an bis unterhalb des Karpus bez. des Tarsus reichen und es 
ist vor Anlegung des Verbandes eine genügende Polsterung 
anzubringen. Der Gipsverband muß öfters und zwar nach 
Ablauf mehrerer Wochen erneuert werden. Es wird mit Bayer 
davor gewarnt, das Pferd zu zeitig aus der Hängevorrichtung 
zu entlassen und zu zeitig den Gipsverband wegzulassen, denn 
es kommt dann sehr leicht zur Verschiebung der Bruchstücke, 
weil eine genügende Festigkeit erst nach 2 bis 3 Monaten ein- 
getreten ist. Es empfiehlt sich während der Heilungsdauer 
kleine Dosen von Phosphor zu verabreichen, 0,5 Phosphor in 
300 g Oleum Amygdalarum täglich 1 bis 2 Eßlöffel voll mit 
Kleie. In der Regel braucht eine Fesselbeinfraktur bis zur 
vollständigen Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des 
Knochens 4 bis 6 Monate. Rdr. 

Granulom bei einem Pferde. 

. Von Distrikstierarzt L. Bierling-Veldcn a. VIls. 

(Wochensehr. f. Tierhlk. u. Viehzucht, 62. Jhrg, Nr. 8.) 

Bierling operierte am 12. Januar i906 bei einem sieben¬ 
jährigen Wallach eine gestielte, taubeneigroße Warze, welche 
dem Schlauche aufsaß, mit dem Ekraseur. Am 6. März war die 
Warze wieder hühnereigroß nachgewachsen und wurde in 
derselben Weise entfernt; Nachbehandlung mit Liq. ferr. 
sesquichlorat. Am 12. Dezember zeigte sich nunmehr eine 
kindskopfgroße, lappige zum Teil blutende und mit Eiterkrusten 
bedeckte Geschwulst an Stelle der früheren Warze. In der 
Narkose wurde der Tumor exstirpiert, die Wundhöhle mit Bor¬ 
säure bestreut und sodann vernäht. Die Untersuchung der 
Geschwulstmasse ergab ein Gewicht von 1700 g und den 
Charakter eines Granuloms. Am 2G. Januar 1907 war wiederum 






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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


ein mit breiter Basis aufsitzender länglicher Tumor nacbge- 
wachsen, der nochmals exstirpiert wurde. Die dabei geschaffene 
Wundfläche wurde gebrannt und mit einer dünnen Schicht Arsen 
bestreut. Diesmal trat völlige Heilung ein. J. Schmidt. 

Beiträge zur Kenntnis der Knochenbrfiche beim Schwein. 

Von Alexius Zbiranski in Hamburg. 

Inaugural.Dissei tation. (Gießen). 

(Berlin 1906. Preuöeacbe Buch- uud Kunatdruckerei.) 

Wie Pfeiffer die Knochenbrüche des Pferdes und Fröhner 
diejenigen des Hundes, so hat Zbiranski die Frakturen beim 
Schwein systematisch bearbeitet. Da die Arbeit nicht in der 
Tierärztlichen Fachpresse erschienen ist, sei das wesentlichste 
hier als Referat wiedergegeben. Die Ursachen der Knochen¬ 
brüche sind dieselben wie bei den übrigen Tieren, die anatomische 
Einrichtung des Schweinekörpers bedingt es indessen, daß r eine 
Anzahl Knochenbrüche, die bei anderen Tieren nicht selten sind, 
kaum Vorkommen. Unter 311 Frakturen waren die Kopfknochen 
keinmal, die Rumpfknochen 28 mal und diejenigen der Glied¬ 
maßen 283 mal betroffen. Am häufigsten, mit 48 Proz., sind 
Oberschenkelbrtiche, nächstdem solche des Beckens 24 Proz., 
der Tibia und Fibula 6 Proz., der Schwanzwirbel 6 Proz., des 
Humerus 5,4 Proz., des Tarsus 3 Proz., des Kreuzbeins 3 Proz. 
und der Skapula und Ulna je 2,5 Proz. Die Brüche der übrigen 
Knochen bleiben unter 1 Proz. (Lendenwirbel, Metakarpus, 
Vorderphalangen und Metatarsus.) Unter den Brüchen waren 
306 vollständige und nur 5 unvollständige, 310 mal lagen ein¬ 
fache und nur 1 mal ein komplizierter Bruch vor. Brüche der 
Kopfknochen, der Halswirbel, Rückenwirbel nnd des Brustbeins 
wurden nicht beobachtet. Sehr häufig sind Rippenbrüche, die 
in der obigen Statistik nicht mit aufgeführt sind. 3,4 Proz. 
aller Scblachtschweine sind damit behaftet, teils frisehen, teils 
vollständig oder unvollständig verheilten. Nach Charpentier 
und Lafourcade sollen sogar 5 Proz. der Schlachtschweine 
Rippenbrüche aufweisen. Die Diagnose der Brüche erfolgt in 
derselben Weise wie bei den andern Haustieren, keine Heilung, 
auch vollkommener Brüche der Gliedmaßenknochen, ist möglich, 
wie mehrere Präparate der Hamburger Sammlung zeigen. In 
der Praxis wird man allerdings fast stets die Schlachtung vor¬ 
ziehen, immerhin besitzen die Brüche einige Bedeutung für die 
Fleischbeschau, da jährlich große Fleischmengen wegen Durch¬ 
tränkung mit Blut infolge der Brüche vernichtet werden müssen. 

Glage. 

Eine Übertragung von Rotlauf der Schweine 
auf den Menschen. 

Von Bezirkstierarzt Röder in Sinzheim. 

(Mitteilungeu des Vereins badischer Tierärzte, 8. Jabrg.. N. 8). 

Bei der Sektion eines an Rotlauf verendeten Schweines 
verletzte sich Röder am linken Zeigefinger geringfügig. Nach 
etwa 12 Stunden stellte sich heftiger Schmerz ein, sodann kam 
Röte und Schwellung hinzu. Trotz desinfizierender Umschläge 
erkrankte das zweite Fingerglied mit, sodann der ganze Finger 
und die Mittelhand, welche blaurotfleckige Verfärbung zeigte. 
Die Ellenbogen und Achsellymphdrüsen waren ebenfalls schmerz¬ 
haft. Ungeachtet ärztlicher Eingriffe (essigsaure Tonerde, Sub¬ 
limat, Spiritusumschläge, Biersche Stauung, Jodtinktur etc.) 
hielt sich dieser Zustand mit unwesentlichen Schwankungen etwa 
6 Wochen lang. Insbesondere vermehrten sich Rötung, Schwel¬ 
lung und Schmerzhaftigkeit jedesmal wieder, sobald die Hand 
bzw. der Finger bei Rotlaufsektion mit Kadaverteilen in Be¬ 


rührung kam. Der Rückgang der Krankheitserscheinungen war 
erst nach 6 weiteren Wochen zu beobachten. Bis zur völligen 
Heilung verging etwa ein Vierteljahr, dabei hatte sich das 
Epithel zweimal völlig abgelöst. J. Schmidt. 

Epilepsia noetnrna bei einer Katze. 

Von Tierarzt Heiterbach-Offenburg. 

(Mitteilungen des Verein» bad. Tierärzte, 8 Jahrgang, Nr. ■!.) 

Holterbach schildert einen jener außerordentlich seltenen 
Fälle, in welchem die Epilepsie nur des Nachts anfzutreten 
pflegte. Es handelte sich hierbei um eine für nervöse Irritation 
sehr zugängliche Katze, die bereits zweimal Junge geworfen 
hatte. Die Anfälle traten regelmäßig alle acht Wochen auf, 
und zwar des Nachts zwischen drei und vier Uhr. Zehn bis 
zwölf Stunden vorher machten sich allemal Vorboten in Form 
von Unruhe und Aufregung bemerkbar. Der Anfall selbst wurde 
mit tonischen Muskelkrämpfen eingeleitet. Der Körper streckte 
sich, der Kopf wurde zur Seite abgebogen und das Tier fiel mit 
weit abgespreizten Füßen zu Boden. Nach einigen kurzen, 
heftigen Bewegungen mit den Füßen geraten die Rampfmuskeln 
in die heftigsten Zuckungen, welche sich in einer Weise steigern, 
daß der Körper einige Male in die Höhe geworfen wird. In 
diesem Stadium erfolgt ein unfreiwilliger Abgang von Urin, der 
mit solcher Gewalt abgepreßt wird, daß er sogar die Zimmer¬ 
decke besudelt. Nun tritt das postepileptische Coma ein, der 
Patient bleibt zunächst ruhig liegen, erhebt sich dann, geht 
tappend unsicher hin und her, dabei an Möbel usw. anstoßend. 
Allmählich kehrt das Bewußtsein zurück. 

H. verordnete Kal. bromat. 20,0 und Aq. font. 300,0, täglich 
3 mal 1 Kaffeelöffel voll einzugeben. Diese Medikation schien 
gut einzuschlagen. Der endgültige Erfolg konnte nicht" fest¬ 
gestellt werden, weil die Katze eines Tages entlief nnd nicht 
wieder zum Vorschein kam. G. Schmidt. 

Aas der medizinischen Literatur. 

Deutsche Medizinische Wochenschrift, St. Jahrgang , S. 1500. 

Über die Verwendung des Areaeetlns (Ehrlich) bei der Syphllie- 
behandlung. Von A. Nelüer. — Atoxyl hat sich in zahlreichen 
Tierversuchen nnd auch bei Menschen als Heilmittel gegen die 
Syphilis erwiesen, sofern nur genügende Mengen des Mittels 
verwendet wurden. Gleichwohl stößt die Atoxvlkur auf 
Schwierigkeiten, weil nicht ganz selten schwere Giftwirkungen 
(Erblindung durch Opticusatrophie) bei ihrem Gebrauche be¬ 
obachtet worden sind. Aus diesem Grunde war P. Ehrlich 
bestrebt, ein weniger giftiges und ebenso wirksames neues 
Atoxylpräparat herzustellen. Ein solches ist das als „Aroacetin“ 
bezeichnete Natronsalz der Azetylparamidophenylarsinsäure. 
Ne iß er hat mit diesem Präparat viele monatelang in Batavia 
gearbeitet und dabei festgestellt, daß es viel weniger giftig ist 
als Atoxyl, daß seine Heilwirkung gegenüber der Syphilis 
mindestens die gleiche ist und daß irgendeine Zersetzung in 
den Lösungen auch bei längerer Aufbewahrung nicht eintrat. 
Neißer glaubt auf Grund der bisher an Tieren und Menschen 
gemachten Erfahrungen das Arsacetin als ein sehr brauchbares 
Präparat empfehlen zu können. 

Dieselbe Zeitschrift S. 1510. 

Eine Methode zur Erleichterung der Auffindung von Para8itenelern 
in den Fäcee. Von W. Telemann. — Die Methode besteht im 
wesentlichen darin, daß man den Stuhl nach chemischer Lösung 
seiner Hauptbestandteile (in einem Gemisch von Äther und 



10. September 1908. 

reiner Salzsäure 1:1) durch Zentrifugieren sedimentiert und ihn 
so in seine spezifisch verschieden schweren Komponenten zerlegt. 
Die unterste Schicht im Zentrifugiergläschen besteht aus den 
in Äther und Salzsäure unlöslichen Nahrungsresten und etwa 
vorhandenen Parasiteneiern. 

Dieselbe Zeitschrift S. 1512. 

Msrbicid, eir^ neues Desinfektionsmittel. Von H. Töpfer. — Von 
der Lysolfabrik Schttlke & Mayr, Hamburg, wird unter dem 
Namen „Morbicid“ ein wenig riechendes Desinfektionsmittel in 
den Handel gebracht. Es enthält Formaldehyd verbunden mit 
einer Seife, die hohe bakterizide Eigenschaften besitzen, die 
Wirksamkeit des Aldehyds erhöhen und seine ÄtzwirkuBg ab¬ 
schwächen soll. Der Gehalt des Mobicids an Formaldehyd wird 
auf ein Drittel desjenigen des Formalins angegeben. Auf Grund 
zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen kommt der Ver¬ 
fasser zu dem Schluß, daß das neue Mittel eine Reihe sehr 
guter Eigenschaften besitzt und in die Praxis eingefuhrt zu 
werden verdient. Ein zweites für die Großdesinfektion, besonders 
für infizierte Wäsche, hergestelltes Präparat „Morbicid technisch“ 
besitzt im wesentlichen die nämlichen Eigenschaften. W. 

Tagesgeschichte. 

t 

Nach kurzem, schwerem Leiden verschied unser lieber 
Kollege Herr Oberstabsveterinär W. Richter im besten Mannes¬ 
alter und in der Vollkraft seiner Tätigkeit. Nicht nur das 
Offizierkorps seines Regiments, Freiherr v. Derfflinger, welches 
ihm ungewöhnliche Pflichttreue und hervorragendes Können 
nachrief, sondern auch zahlreiche Leidtragende der Zivil¬ 
bevölkerung, welchen er als Freund und Berater in der aus¬ 
gedehnten Praxis nahegestanden hat, betrauern seinen frühen Tod. 

Auch wir betrauern in ihm einen hochgeschätzten Freund 
und Kollegen, der durch unermüdliche Pflichterfüllung sich die 
Achtung seiner Kollegen und aller beteiligten Kreise erworben 
hatte. Ein warmes dauerndes Andenken wird ihm von uns 
allen gewahrt werden. 

Bromberg, 2. September 1908. I. A.: Peters, Veterinärrat. 

Vorschläge ffir die Militürveterioär - Reorganisation. 

Der 1. April 1909 rückt immer näher. Die Unruhe der 
Veterinäre bezüglich ihrer Zukunft wird nicht kleiner, sondern 
wächst, je mehr verlautet, daß das Veterinäroffizierkorps nicht 
das werden soll, was man erträumte, hoffte und erwartete: aber 
nirgends mehr werden Stimmen laut, was den Veterinären 
nützte, was kommen sollte, werden möchte. Die jetzige Zeit 
mag tatsächlich am besten verglichen werden mit der Ruhe vor 
dem Gewitter — alles erhofft den langersehnten, nötigen Regen 
und fürchtet einscblagende Blitze und Hagelschauer, die alle 
Hoffnungen scheitern lassen. Selbst in Bayern, wo man bisher 
ab und zu sich rührte, wo die amtlichen Tierärzte jetzt den 
Militärkollegen so weit überlegen gemacht wurden, ruhen die 
Hände im Schoße und schweigen die bisherigen Bahnbrecher 
unter den Veterinären. Gründe verschiedener Art bestehen ja 
hierfür, aber vielleicht ist das absolute Stillschweigen doch nicht 
ganz angezeigt und wäre es vielleicht besser, einige Vorschläge 
zu bringen, geeignet, die Vorgesetzten der Veterinäre diesen 
gewogen und damit die Zukunft erträglicher und aussichtsvoller 
zu machen. 

Es hat keinen Wert, immer nur zu fordern; man täte einmal 
gut, Leistungen anzubieten und dafür Vergütungen zu erheischen. 


657 


Als der Vorschlag einer Leistung möchte die Bitte nach 
erhöhter spezialistischer Ausbildung erscheinen. Kommandos 
von der bisherigen kurzen Dauer, wie es besonders in Bayern 
der Fall ist, die noch dazu fast nur in Ausnahmen gewährt 
werden, haben wenig, fast möchte man sagen, keinen Wert. 
Kommandos, welche erhöhte Ausbildung in interner und externer 
Klinik, Chirurgie, Fleischbeschau, Hufbeschlag, Seuchenlehre, 
Gestütskunde bezwecken sollen, haben zweifelsohne erst dann 
ihre volle Bedeutung, wenn sie mindestens ein Jahr dauern. 
Wenn erst fast jeder Veterinär, wie jeder Arzt, in irgend einer 
Weise spezialistisch „durch“geblildet ist, dann werden sich die 
veterinären Leistungen ohne weiteres bedeutend erhöhen. Die 
Spezialisten müssen allerdings möglichst stark nicht nur im 
Bereiche ihrer Garnison herangezogen werden, sondern sollen 
auch für die Nachbargarnisonen, anfangs für das ganze Armee¬ 
korps arbeiten; ihre spezialistischen Kenntnisse müssen voll und 
ganz ausgenützt werden durch Übernahme und Übergabe 
entsprechender Arbeiten, durch Zuweisung der nötigen Hilfs¬ 
mittel. Die Veterinfirwissenschaft ist so umfangreich geworden, 
daß mit Unrecht und nur von wenig Einsichtigen verlangt wird, 
daß einer alles leisten können soll, daß es eine falsche Scham 
der Veterinäre ist, ja keinen Kollegen außer dem Regimente zu 
Rate zu ziehen. „Kollegialität“ muß hier über die Klippen, 
welche mit der Beziehung eines Spezialisten verbunden sind, 
bin weghelfen. (Diese Klippe besteht auch in tierärztlichen 
Kreisen überhaupt und wäre der Wunsch nach „mehr Kollegialität“ 
wohl allgemein am Platze. Manches wäre nnd würde besser, 
wenn die ewigen Eifersüchteleien aufhörten, wenn nicht bei 
jeder Konsultation die Konkurrenz gefürchtet würde, wenn 
ältere Kollegen mit gutem Beispiel vorausgingen und die Hoch¬ 
schulen in dieser Richtung recht fleißig den künftigen jungen 
Tierärzten das Gewissen stärkten.) 

Die spezialistische Ausbildung der Veterinäre ließe sich 
leicht durchfuhren, wenn die Kriegsministerien mit den Hoch¬ 
schulen ihres Landes ins Benehmen träten und diese die ab¬ 
kommandierten Veterinäre als regelrechte Assistenten verwenden 
würden, wie es auch bei und mit den Militärärzten geschieht. 
Bei längerer Dauer des Kommandos bestünde kaum die Gefahr, 
daß die einschlägigen Professoren sich weigern würden, Militär¬ 
veterinäre als Assistenten anzunehmen; dem Lande würden auf 
diese Weise kaum Mehrkosten entstehen (die Mehrausgaben für 
Umzüge, Kommandozulagen usw. ließen sich leicht aus dem 
Gehalte der ersetzten Assistenten bestreiten). 

Die ausfallende Arbeitskraft der abkommandierten Veterinäre 
ließe sich durch Einstellung von Einjährigen-Unterveterinären 
in das betreffende Regiment ersetzen. Zu dem Zwecke müßten 
diese allerdings im April und Oktober bei den Truppen ein- 
treten können und dürften nicht nach Belieben Einjährigen- 
Unterveterinäre von den Regimentern angenommen werden, 
sondern müßten die Einjährigen auch in weniger „beliebte“ 
Garnisonen dirigiert werden (einfach durch Ablehnung seitens 
der „gesuchten“ Truppenteile, sofern nicht familiäre, zwingende 
Gründe der Einjährigen dagegen vorlägen).*) Eine weitere 
Möglichkeit bestände darin, daß man alle dritten' Veterinäre 

*) Diesem Eingriff in das dem Einjährig-Freiwilligen allgemein 
zustebende Recht der Wahl des Truppenteils mußte demfjdoch 'ent¬ 
schieden widersprochen werden. Die Veterinäre des Beurlaubten¬ 
standes erfahren schon genug Sonderbehandlung. Schmaltz. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



658 


No. 37. 


BERLINER, TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


bei Kavallerie-Regimentern abkommandierte bzw. alle Ab- 
kommandierten während des Kommandos auf den Etat des 
dritten Veterinärs bei Kavallerie-Regimentern setzte. 

Ein Kommando, das unbedingt und mit allen Kräften 
erstrebt werden müßte, wäre das Kommando einzelner Veterinäre 
zu den Militärreit-Instituten. Es ist direkt unverständlich, daß 
die Leute, die sicherlich am meisten das Verständnis für Reit¬ 
kunst haben sollten, in keiner Weise hierfür ausgebildet werden. 
Der Veterinär genießt einmal in seinem Leben Reitunterricht 
(während seiner halben Einjäbrigenzeit in Bayern, in Preußen 
etwas länger) und darnach ist Schluß für immer. Es ist bei 
diesen Verhältnissen sicher anerkennenswert, daß die Mehrzahl 
der Veterinäre trotzdem, wollen wir sagen, anständig reitet; 
aber nur Ausnahmen vermögen in die Geheimnisse der Reitkunst 
einzudringen und sind regelrechte, ferme Reiter, die auch über 
junge und unzugerittene Pferde Herr werden. 

Vorbereitend für das Kommando zur Reitschule müßte eine 
allgemeine Anordnung sein, daß jeder Veterinär (bis zum Stabs¬ 
veterinär ausschl.) alljährlich an der Offiziersreitschule teil¬ 
zunehmen habe — Abstellung eines geeigneten Pferdes, wie es 
bei den Offizieren der Fall ist, wäre zu dem Zwecke selbst¬ 
verständlich. Schaden würde es ferner nicht, wenn jeder 
Veterinär, der bei einem Regiment Dienst tut, außerdem 
noch täglich bei mindestens einer Reitabteilung anwesend sein 
müßte, um die Pferde seines Regiments (seiner Abteilung) nicht 
nur im Krankenstalle kennen zu lernen, sondern auch ihre Gänge 
und Leistungen beurteilen zu können und Fehler und Lahmheiten 
usw. festzustellen. Auf diese Weise würden in den Veterinären 
Reiter und Reitverständige erzogen, die dem Staate und den 
Offizieren bei Ankauf von Dienst- und eigenen Pferden die 
nützlichsten Winke geben und die ein Pferd durch und durch 
taxieren könnten. Frankreich gäbe hier ein vorbildliches Beispiel. 

Würden an die Veterinäre solche Anforderungen gestellt, 
so blieb es allerdings nicht aus, daß die Privatpraxis derselben 
leiden würde, vielleicht ganz in die Brüche ginge; doch das 
käme nur dem Militär, dem Staate zugute. Es ist nicht zu 
leugnen, daß der Veterinär in der Privatpraxis manche, viele 
Kenntnisse sich erwirbt, die dem Staate indirekt zukommen sollen. 
Dem steht aber entgegen, daß der in der Praxis vielbeschäftigte 
Veterinär im allgemeinen die wenigste Zeit auf seine militärische 
Tätigkeit ver(sch)wendet und meist nur das allernötigste in der 
Kaserne arbeitet, um schleunigst wieder der Privatpraxis nach¬ 
jagen zu können. Diese Praxisschinderei führt dann so gerne 
zu Preisdrückerei, Inkollegialität, die dem Veterinär in seinem 
Ansehen bei den Fachgenossen und unter Umständen überall 
sehr schaden und herabsetzen. Es scheint wohl sicher, daß der 
Veterinär durch konzentrierte Arbeit in der Kaserne (und frei¬ 
willige, wissenschaftliche Arbeiten gäbe es außer und zu dem 
Verbände genug) sich dem Staate nützlicher machen könnte, 
als durch Sammeln von Kenntnissen in der Rinder- und Hunde¬ 
praxis. Wenn dem Veterinär Privatpraxis auszuüben gestattet 
wird, sollte ihm das nur bei Pferden erlaubt sein — dafür ist 
der Veterinär Spezialist (gilt meist als solcher), und er sollte 
wiederum als Spezialist entsprechende höhere Preise verrechnen. 
Es mag hier darauf hingewiesen werden, daß auch der Human¬ 
mediziner als Spezialist keine Allgemeinpraxis ausüben soll. 
Am besten aber erscheint es, Privatpraxis dem künftigen 
Veterinäroffizier ganz zu verbieten; es kann seinem Ansehen 
und seinem Stande nur nützen, wenn er in Uniform, die nicht 


immer abgelegt werden kann, wenn sie nicht am Platze ist 
(dringende Fälle kommen in größerer Praxis fast täglich vor), 
auf der Straße, in offenen Höfen, wie deren Wirtschaften usw. 
mit Kutschern zu verkehren nicht mehr gezwungen ist und 
wenn er mit beschmutzten Händen nnd schmutzig gewordener 
Uniform nicht mehr öffentlich zu sehen ist (nicht immer und 
überall bietet sich Gelegenheit zn entsprechend^* Reinigung oder 
zum Umkleiden). Daß das Ausüben der Tierpraxis in Uniform 
— mit Recht — nicht gewünscht wird, geht übrigens deutlich 
genug daraus vor, daß die Veterinäre weitgehendste Erlaubnis 
zur Benutzung bürgerlicher Kleidung haben, viel mehr als andere 
militärische Berufe. 

Entsprechende Arbeit und Leistungen im Dienst werden 
notwendig zu höherer Wertung führen und entsprechende Rang- 
und Gehaltsverhältnisse bedingen. Ohne Privatpraxis würde 
sich das Einkommen der Veterinäre erhöhen müssen, es würde 
für die einzelnen ausgeglichener; das Kleben an der Scholle 
wie die Gesuche um Versetzung in Garnisonen mit Praxismög¬ 
lichkeit, das Bestreben, Manöver und Schießübungen in der 
Garnison zuzubringen, hörten auf. Intensive Arbeitsleistungen 
ließen auch eine Minderung der Zahl der Veterinäre erreichen 
(wozu heute 3 Veterinäre bei Kavallerie-Regimentern?), die mit der 
Verkleinerung des Veterinärpersonals verbundenen Ersparungen 
könnten wiederum zur Steigerung des Gehalts und Ranges der 
übrigen Veterinäre Verwendung finden. Ein weiterer, sehr 
wichtiger Vorteil bei solchem Betriebe bestände darin, daß eine 
Reihe von Veterinären die Privatpraxis für ebenso angenehm 
und lohnender fänden und mit oder ohne Pension aus militärischen 
Diensten schieden; die ununterbrochen verlangte und zu übende 
Reitfähigkeit und Reittätigkeit würden weiters mit nicht mehr 
felddiensttauglichen Veterinären aufräumen, die Dienstbrauchbar¬ 
keit derselben erhöhen und die Schlagfertigkeit des Heeres 
steigern. Die Karriere der Veterinäre würde hierdurch sehr 
bald und gründlich beschleunigt nnd verbessert 

Diese Tatsachen an maßgebender Stelle vorzutragen und 
durchzusetzen, wird wohl einmal Aufgabe des technischen Ve¬ 
terinärreferenten sein müssen, den hoffentlich die Reorganisation 
bringen wird. Fände die Reorganisation statt, ohne daß dem 
Veterinäroffizierkorps ein technisches Haupt gegeben wird, so 
wäre das jedenfalls ein Kardinalfehler derselben. Manches 
ließe sich aber auch dann und jetzt erreichen, wenn die jeweils 
höchsten Veterinäre (jetzt Korpsstabsveterinäre) z. B. gelegent¬ 
lich ihrer Kurse das, was dem Stande not und gut tut, beraten 
und die gefaßten Beschlüsse ihren Chefs und den Kriegsministe¬ 
rien in würdiger aber nachdrücklicher Weise vortragen würden. 
Es kann doch nicht sein, daß die militärischen, ausschlaggeben¬ 
den Behörden gerade für die Wünsche von Veterinären nicht 
zu haben sind, auch wenn diese noch so berechtigt sind. Allerdings: 
„Erst Leistungen, dann Forderungen“ oder mindestens 
„Leistungen mit Forderungen.“ 

Reorganisation des Tierseuchendienstes in Frankreich. 

Frankreich hatte im Jahre 1881 seine alte, zum Teil noch 
aus dem 18. Jahrhundert datierende Tierseuchengesetzgebung 
durch ein den modernen Anforderungen entsprechendes Tier¬ 
seuchengesetz ersetzt. Dasselbe umfaßte die auch im deutschen 
Gesetz von 1880 als anzeigepflichtig aufgenommenen Krankheiten 
und war bezüglich der Ausführungsvorschriften dem Reichsvieh¬ 
seuchengesetz ziemlich ähnlich. Seit 1881 ist das Gesetz mancher 




10. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


659 


Umarbeitung unterworfen worden, tu den anzeigepflichtigen Seuchen 
traten die Tuberkulose tmddie SöhwetnesettChen; die Aufeftthrtiftgs- 
vorschriften sind deh neuesten Forschungen entsprechend ge¬ 
halten. Das praktische Ergebnis war dennoch kein befriedigendes. 
Den wunden Punkt glaubt man in der mangelhaften Organisation 
des ZivHveteriflarWesens geftmdeü Zn haben. Das Tierseuchen¬ 
gesetz und die Novellen zu demselben hatten die Einrichtung 
derselben den einzelnen Departements (— Regierungsbezirk in 
Preußen) überlassen. Während einzelne Departements (z. B. 
das Seinedepartement, Chef-lieu: Paris) eine wohlgeordnete 
Organisation getroffen hatten, manche recht erhebliche Opfer für 
diesen VeiWnlttnrgstweig brachte», ist in der großen Mehrzähl 
ddr Departements der TlefseUchendienst sehr rudimentär ge¬ 
blieben. In diesen war der als Chef des Tiersetichendienstes 
bezeichnet« Vöterinaire dälCgud durch die mangelhafte Besoldung 
auf Privatpraxis angewiesen; der Seuchennachrichtendienst, die 
Feststellung der Seuchenausbrüche, die Anordnung der Ma߬ 
regeln, die Überwachung ihrer Ausführung büeb Sache der im 
Departement ansässigen Tierärzte, die jeder in seinem Praxis¬ 
rayon als sogenannte V^rinaires sanit'aires, die Funktionen der 
deutschen beamteten Tierärzte zu versehen hatten und für jede 
einzelne Dienstv&rrichtung nach besonderen Tarifen mehr oder 
weniger auskömmlich honoriert wurden. 

Vor einigen Jahren wurden Yeterinärinspektoren ernannt, 
welche durch die Überwachung de» Tlftrsenchendienstes in 
größeren Grtippen von Departements eine mehr gleichmäßige, 
intensivere Seuchenbekämpfung durchsetzen sollten. Trotz d6r 
persönlichen Tüchtigkeit der zu Inspektorstellen berufenen Tier¬ 
ärzte war aber der Erfolg nicht viel besser, so daß in den 
französischen tierärztlichen Vereinigungen die Forderung einer 
Reorganisation des Tierseüchendienstes ständig auf der Tages¬ 
ordnung ständ. 

Die schweren Matl- und Klauenseuehftgttnge der letzten 
J&hre uffd neuerdings die FlbisOhbeschaUSkaUdate in zahlreichen 
GafUisoben, in denen MilltärlieferAnten das Föhlen elfter 
geordneten Fleiscbbescban benutzten, um sich die tollsten Unter¬ 
schleife und Verfälschungen Zu gestatten, machten die Frage 
auch in der öffentlichen Meinung akut. Im Befiät und ln der 
Kammer der Abgeordneten wurden Gesetzentwürfe eingebracht, 
an deren Zustandekommen die tierärztlichen Senatoren und 
Döputfe elften Wesentlichen Anteil genommen haben. Diese 
Entwürfe kondensierten Sidh zu elfter Kegifehtogsvotlage, die 
unterm 15. Juni 19Ö8 zum Gesetz erhoben wurde. 

Wie ans dem Nachstehenden ersichtlich ist, ändert das 
Gesetz nichts an der Stellung der Veterhlärinepektore», ebenso: 
bleibt wie bisher die Feststellung der 'Tierfefefttheo, die Anordnung 
dör 'Maßregeln, die lokale Überwachung IfiTer Ausführung, die- 
Überwachung der Tiennärkte, der Schlachthäuser und Abdeckereien, 
Sache der VütCrin&ires sanitaires. Diese Einrichtung, die dem 
Ideal mancher deutschen Privattierärzte entspricht, erklärt sich 
in Frankreich, wo manche Stimme auf Ihre praktischen Mängel 
aufmerksam machte,^ dürch den Sinn für Liberia, EgalltC/ 
Fraternitd, gegen den sich nicht ankämpfen läßt. Nur das 
Seinedepartemeut behält seine beamteten Tierärzte im wahren 
Sinne des Wortes. 

Im ersten Artikel bestimmt das Gesetz, daß es in Jahres¬ 
frist durchgeführt sein mffß, daß in jedem Departement ein 
Vdtdrinaire döpartemental zu ernennen ist, dessen Dienstpflichten 
die folgfehden Siftd: 


1. die Durchführung der Gesetze und Reglement» über die 
VetCrinärpftifeei zu sichern; 

2. den Gesundheitszustand der Haustier» zu überwachen und 
dem Landwirtschäftsnlintster durch VenhRttatog'tös Präfek¬ 
ten (Regierungspräsident in Preußen) Bericht über den 
Seuchen stand zu erstatten; 

3. die Tätigkeit des VStdrinaires sanitdirds ZU dirigieren Und 
zu kontrollieren; 

4. den Marktäufeichtsdfemlt, die Überwachung der öffentlichen 
und ‘privaten Schlachthäuser sowieder Abdeckereien utrd den 
FieifChbeschandieust zu kontrollieren; 

6. die Desinfektion der zum Tiertranspoft behüteten Easen- 
bähuwagen, ddrRaftipen uhd BahnhofszagäUge zft überwachen 
(zu diesem Zweck werden die Depfertefeentstieriti'zte ddn 
staatlichen BahnkontroHenren gleichgestellt Und soReh die* 
b eiben die gleichen Vergünstigungen afeifetfe der Bäh»* 
Verwaltung - genießen); 

6. zur Diffteion der Kehhtnisse über Hygiene Mizutragea, 
insbesondere auch der Anwendung in der Praxis der Ent¬ 
deckungen uhd vom Seuchftnfat empfohlenen Methoden der 
Prophylaxe der Tierseuchen. 

Die Departementstfefttrzte weiden vdm LamdWirtsefcafts- 
nUUister ernannt auf den Bericht eüler Jury, die aurdera LeAd- 
wirtsOhaftsdirÄtor als Vofstttenden, dem Vetcrintt ri napektor 'der 
betreffenden Rogiön, de» Professoren der SeUchenlehre der 4M 
Veterinärs cimten und zwei vom Generalrat des betreffChden 
Departements feezeichneten MitgHedem b e steh t . Die 'Bewerber 
dürfen nicht unter 28 Jahre alt and müssen seit mindestens 
vier Jahren approbiert sein. Das Gesetz bestimmt ferner, daß die 
bisherigen Departementstisrärete, soweit sie auf Grand venr 
Konkurs oder mit Verzicht auf PrivatpraXts ernannt wurden, 
in Stellung verbleiben, während die Übrigen sich einer Prüfeng 
zu unterwerfen 1 haben. Sämtliche Departementstterärste können za 
Arbeiten in vom Laadwirts cHaftsmfcriSter bezeichneten Laboratorien 
berangezogftn werden, auch sind sie Von ctifcm Departement Ins. 
andere versetzbar. Den Departementstierärzten ist-jede andere 
Öffentliche oder private Beschäftigung, sowie die Privatpraxis 
verboten; sie können ferner in ihrem Departement erst zwei 
Jahre nach ihrem Avzsoireiden aus dem Dienst in eifte öffent¬ 
liche Körperschaft (Senat, Komifter, Gfenemirat, Krciärat, 

1 Gemeinderat) gewählt werden. 

Für toftn 1 Flei*seftthOffdieifst siftd vm petäönHdhen' Ausgäben 
für das tifcugfcschäffftne Personal vdn 1 Dfepärtftmriitst fe fIf rt h i 
46ÖÖÖ0 Fräncs feefetinnftt worden, WÖvon ftiftd 12UOO für die 
Kosten der obenerwähnten Jury, die restiereriden 448 OÜO gleich¬ 
mäßig auf die 86 Departements zu verteilen sind. 'Von den 
auf jedes Departement fällenden 5ÖÖ0’ Frhncs sind 4000 als Beitrag 
des Landes zum Gehalt, 1200 als Beitrag zur Reise Vergütung 
berechnet, jedes Departement hat' außerdem am eigenen Mittel» 
mtedfcfetefls : 1000 Ffethcs'ZUtn' Gtebattdm DepäitettHmtstfcdarztä« 
belzustditefn. 

Eine letzte Forderung, die in der Kammer vifele Ärihängfer 
batte und deren demuächstige Durchführung von der Regierung ( 
versprochen Wurde, ist die Erftciiftitug eines Tierarztes als 
oberster Leiter ffftS dSlVilVdteriitärWeseHs. BteÜgtttbder Mikhke»- 
trolle, die ebenfalls den* DepartCThentstierärztcn unterstellt wer¬ 
den soR,'sliid l liftBUndere Vorschläge in Attsöfeht gesteHf worden, 
sobald die Ffage aus dfer Vbrprttfhngsperiöde gekbftttnen sein 
würde. Zündel. 





660 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37 1 


Selbsthilfe gegen unsere Taxe von Annodazumal. 

ln verschiedenen preußischen Regierungsbezirken fangen die 
Tierärzte an, gegen die sogenannte tierärztliche Taxe aus der 
Zeit. der Befreiungskriege durch Selbsthilfe Front zu machen. 
Sie haben sich freiwillig zusammengetan, bestimmte Liquidations¬ 
sätze aufgestellt und sich verpflichtet, unter diesen Sätzen nicht 
zn liquidieren. Es haben sich dieser Vereinbarung Angehörige 
aller tierärztlichen Gruppen, Kreistierärzte, Militärveterinäre, 
Privattierärzte und Schlachthoftierärzte angeschlossen. Solche 
Vereinbarungen sind angesichts der Sachlage gewiß richtig. 
Es ist nur, wenigstens in einem Bezirk, damit eine Bestimmung 
verknöpft Worden, die sich nicht durchführen läßt. Man hat die 
Möglichkeit in Betracht gezogen, daß Mitglieder der Vereinigung 
gelegentlich ihrer Verpflichtung untreu werden könnten und hat 
für diesen Fall ein förmliches Verfahren mit Bestrafung vor¬ 
gesehen: Dabei ist übersehen worden, daß der Staat die An¬ 
wendung solcher ehrengerichtähnlicher Bestimmungen auf seine 
Beamten nicht gestattet. Das preußische Ministerium für Land¬ 
wirtschaft hat daher die Kreistierärzte angewiesen, sich solchen 
Vereinbarungen nicht anzuschließen. Meiner Ansicht nach wäre 
die Vereinbarung auch ohne Verfahren und Strafbestimmung 
haltbar. Grundsätzliches Zuwiderhandeln würde schon durch 
einfache Besprechung im .Kollegenkreise unmöglich gemacht 
werden. Man sollte daher jene Bestimmungen einfach wieder 
auf heben, um den Kreistief ärzten den Anschluß zu ermöglichen. 
Das Beste wäre schon, wenn endlich eine neue Taxe für Tier¬ 
ärzte in Preußen aufgestellt würde. Schmaltz. 

Genossenschaftliches. 

Der Umsatz der Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher 
Tierärzte E. G. m. b. H. zu Posen betrug im Juli 11 »08 
806 Ausgänge im Werte von 20 386,47 M. gegenüber 580 Aus¬ 
gängen im Werte von 18 050,49 M. im Vorjahr. Die Zahl der 
Mitglieder hat 493 erreicht. Es ist zu wünschen, daß das 
dritte Geschäftsjahr im September d. J. mit 500 Mitgliedern 
endet. Vor drei Jahren begann die Genossenschaft mit 224 
Mitgliedern zu arbeiten. Marks-Posen. 

Anfrage betr. Haftpflicht für Assistenten. 

1. Ist ein Kollege für Kunstfehler seines Assistenten haftbar? 

2. Hat er für Beschädigungen von Personen oder Gegen¬ 
ständen, die sein Assistent (z. B. beim Rad- oder Automobil¬ 
fahren) herbeiführt, aufzukommen? 

3. Muß der Auftraggeber für Erkrankungen oder Ver¬ 
letzungen, die sich «ein Assistent im Dienst zuzieht, haften, 
und wie lange muß er bei anderweitiger Erkrankung seines 
Assistenten das vereinbarte Gehalt usw. zahlen, wenn keine 
Kündigungsfrist vereinbart ist? 

Eine berühmte Zuchtstute. 

Die Vollblutstute Festa hat bekanntlich eine Anzahl ganz aus¬ 
gezeichneter Nachkommen hervorgebracht: Festino, Fels, Fabula, 
Faust und Fervor, die ihren Eigentümern, den Herren v. Weinberg, 
schon über eine Million gewonnen haben. Es hat daher für die 
Besitzer allerdings eine außerordentliche Bedeutung, ob die 8tute 
noch weitere Produkte verspricht oder nicht. I)a aus einem nicht 
ersichtlichen Grunde angezweifelt worden ist, daß die Stute noch 
einmal tragend werden könne, so haben die Herren v. Weinberg 
den Kollegen Suckow r , ehemalig fürstlich Fürstenbergisehen Gcstüts- 
direktor, eigens zur Untersuchung der Stute gebeten. j 

Fahrlässige Körperverletzung. 

Ein Student der Militarveterinärakadcmio hat sich kürzlich vor 
dein Kriegsgericht gegen die Anklage fahrlässiger Körperverletzung | 


verantworten müssen. Er hatte für einen Freund, der an Zahn¬ 
schmerzen litt, ein Kokainrezept verschrieben. Der Patient batte 
davon einen unrichtigen Gebrauch gemacht, und durch einen un¬ 
glücklichen Zufall verschluckte er ein mit Kokain getränktes Watte- 
stiickchen, worauf schwere Erscheinungen eintraten. Der Angeklagte 
wurde freigesprochen mit der Begründung, daß die unrichtige An¬ 
wendung des verschriebenen Mittels ihm nicht zur Last gelegt werden 
könne. 

Kongreß der Kälteindustrie. 

Der erste internationale Kongreß der Kälteindustrie wird, wie 
schon früher mitgeteilt, Mitte Oktober in Paris stattfinden. Das 
Deutsche Reich bzw. verschiedene Reichsämter und Regierungen 
lassen sich amtlich vertreten. Führer der deutschen Delegierten 
ist Prof. Dr. Carl v. Linde-München. In Paris wird ein Empfang 
beim Landwirtschaftsminister, der das Protektorat übernommen hat, 
ferner ein Empfang durch die Universität und eine Soiree der Stadt 
Paris stattfinden. Schriftführer des Ausschusses für Deutschland 
ist Ingenieur Constanz Schmitz, Berlin NW. 52, Calvinstraße 24. 

Thüringen. 

In Sondershausen findet am 25.-28. September 1908 die 
13. ordentliche Hauptversammlung des Verbandes öffentlicher Chemiker 
Deutschlands statt. Fast alle Vorträge haben auch für Tierärzte 
Interesse. Hofrat Dr. Wagner-Sondershausen: Die Organisation der 
Lebensmittelkontrolle im Fürstentum Sehwarzburg-Sondershausen; 
Dr. Treumann-Hannover: Unabhängige Sachverständige und anderes; 
Dr. Woy-Breslau: Untersuchung und Beurteilung von Melassefutter¬ 
mitteln; Dr. Ewers-Magdeburg: Über polarimetrische Stärkebe- 
stimraung. Dr. G. 

Maul- und Klauenseuche. 

Die Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche in Süd¬ 
deutschland ziehen immer weitere Kreise. Aus den Tagen vom 
3. bis 8. September sind dem Kaiserlichen Gesundheitsamt 
folgende Neuausbrliehe gemeldet worden: Aus den baj T eriscben 
Regierungsbezirken Oberfranken, Kreis Bamberg II und Pfalz, 
im Schlachthof zti Ludwigshafen und im Bezirksamt Frankenfhal; 
aus Baden, Amtsbezirk Kehl und Amtsbezirk Schwetzingen; aus 
dem Unterelsaß, Kreis Zaberze I und Kreis Molsheim; aus 
Lothringen im Schlachthaus zu Diedenhofen und zu Metz. Außer¬ 
dem wird ein Ausbruch im Kreise Regenwalde (Pommern) vom 
9. September gemeldet. Der Ausbruch in Augsburg ist getilgt. 


Personalien. 

Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Stabsveterinär d. Res. 

' Öchlachthofdirektor Schräder wurde die Landwehr-Dienstauszeichnung 
I. Klasse verliehen. Der städtische Tierarzt ScÄcnÄ-Erlängen wurde 
zum Schlachthofdirektor daselbst ernannt. 

Verzogen: Die Tierärzte Betiie von Reitzendorf nach Polkwitz, 
Anton Kidcrle von Dinkelsbühl nach Neubreisach. 

Promoviert: Tierarzt A. tUlmann zurzeit Nordhausen zum Dr. 
med. vet. in Bern. 

In der Armee: Befördert: Die Unterveterinäre Borcherdt im 
1. Garde Drag.-Regt., Michahki im Feldart.-Regt. Nr. 67 zu Ober- 
veterinären. — Versetzt: Stabsveterinär Schuh im Feldart-Regt. 
Nr. 17 zum Regt. Königsjäger zu Pferde Nr. 1, die Oberveterinäre 
Ihxdski im Feldart. Regt. Nr. 73 zum Fcldart.-Reg. Nr. 75, Xippcrt 
im Feldart.-Regt. Nr. 3 zum Feldart.-Regt. Nr. 17. 

Im Beurlaubtenstande: Befördert: Die Unterveterinäre 
der Reserve van Betteraty (Geldern), Vogt (Stockach), Leinemann 
(I Essen) zu Obervetcrinären des Beurlaubtenstandes. — Abgang: 
Dem Oberveterinär der Reserve Winter (Landw.-Bez. Borna) und 
dem Oberveterinär der Landwehr II. Aufgeb. V/. Thum in .Kufering 
der Abschied bewilligt. 

Todesfälle: Oberstabsveterinär Wilhelm /iVr/z/rr-Bromberg, Kgl. 

I Bezirkstierarzt F/vcfar-Markthcidonfeld. 


Vakanzen. 

Siebe Beilage pg. 672 am Schluß. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inarratenteil): Prof. Dr. Sclunaltz in Berlin, — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. BUxensteln. Berlin. 











661 


Beilage zur „Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“ 1908, Nr. 37. 


Wissenschaftliche Abende der Assistenten der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden im Winter 1906/07. 

XX.—XIII. Abend. 


XX. Vortragsabend 

am 8. März 1907. 

Demonstration pathologisch-anatomischer Präparate. 

Vortrag dos Herrn Amtstierarztes Sommer, Assistenten des 
Pathologisch-anatomischen Institutes. 

I. Atypische Tuberkulose zweier Nieren vom Schwein. 

Die beiden Nieren, 200 bzw. 210 g schwer, demselben Tier 
angehörend, wurden dem pathologischen Institut vom Schlacht¬ 
hof zu Dresden zugesandt. Der ganze übrige Schlachtbefond 
ist leider unbekannt. Beide Nieren sind gleichmäßig stark er¬ 
krankt. Die Oberfläche ist nicht glatt, sondern zeigt seicht an¬ 
steigende, flache Prominenzen, die sich von dem normalen Nieren¬ 
gewebe durch eine grauweiße Farbe abheben. In frischem Zu¬ 
stande bieten diese Herde ein mattglänzendes Aussehen, die 
Konsistenz ist etwas derber als diejenige der normalen Nachbar¬ 
schaft. Die Schnittfläche zeigt, daß sich die Herde nach der 
Markschicht zu verjüngen, demnach im allgemeinen Keilform auf¬ 
weisen. Außerdem lassen die Herde auf dem Schnitt eine 
homogene, grauweiße, etwas glänzende Beschaffenheit erkennen. 
Regressive Veränderungen, wie Verkäsung und Verkalkung, 
können nirgends wahrgenommen werden. 

Nach diesem Befunde kann es sich im vorliegenden Falle 
handeln um 1. Tuberkulose, 2. Multiple Geschwulstmetastasen, 
3. organisierte Infarkte. 

Gegen Tuberkulose spricht, daß die krankhaften Ver¬ 
änderungen keinerlei Verkäsung oder Verkalkung aufweisen, 
gegen Geschwulstmetastasen die keilförmige Gestalt der 
Prozesse (Geschwulstmetastasen pflegen eine mehr oder weniger 
rundliche Form zu besitzen) und gegen alte organisierte Infarkte 
das Prominieren der Herde über die Oberfläche der Nieren und 
auch die große Anzahl der Herde (über 80 in jeder Niere). 

Im Aufträge des Herrn Prof. Joest nahm ich weitere 
Untersuchungen vor. Ich fertigte Schnitte an; diese zeigen, daß 
die granweißen Herde sich in der Hauptsache ans Fibroblasten, 
sowie verhältnismäßig spärlichen Rundzellen znsammensetzen, 
zwischen denen ziemlich zahlreiche, charakteristische Lang- 
hannssche Riesenzellen anftreten. Mithin zeigen die Herde 
histologisch das typische Bild des tuberkulösen Gewebes. 

Um allen Zweifel zu beseitigen, wurde der Fall bakterio¬ 
logisch verarbeitet. Von der Herstellung von Ausstrichpräparaten 
wurde Abstand genommen, weil, wie bekannt, gerade das Schwein 
dasjenige Tier ist, in dessen tuberkulösen Veränderungen sich 
T. B. am schwierigsten nachweisen lassen. Es wurden zwei 
Meerschweinchen mit je einem etwa linsengroßen Stückchen von 
den Nierenherden subkutan geimpft. Die beiden Tiere wurden 
44 Tage post infectionem getötet. Das eine Versuchstier hatte 
in dieser Zeit 15 g abgenommen, während das zweite 95 g zu¬ 
genommen hatte. Die Sektion ergab, daß die Impfstelle voll¬ 
kommen vernarbt war, von geschwürigen Veränderungen war 
nichts zu bemerken. Die regionären Lymphdrüsen waren etwas 
vergrößert und wenig verkäst. Durch Ausstriche konnten in 


diesen Drüsen T. B. nachgewiesen werden. Die inneren Organe 
der Meerschweinchen, insbesondere die Lungen, Leber und Milz 
wiesen keine pathologische Veränderungen auf. Zum Schluß 
wurden aus den Lymphdrüsen der Meerschweinchen noch auf 
erstarrtem Serum Kulturen angelegt, deren Untersuchung noch 
nicht abgeschlossen ist. 

Junack (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 1907, Heft 5) fand 
zweimal Nieren beim Schwein, deren Veränderungen nach seiner 
Beschreibung mit den von mir beobachteten übereinstimmen. 
Er fand neben Riesenzellen in jedem Falle säurefeste Stäbchen. 
Junack ist der Ansicht, daß es sich um eine Form der Tuber¬ 
kulose bandelt, bei der die T. B. wegen ihrer geringen Patho¬ 
genität nicht imstande gewesen sind, nekrobiotische Prozesse 
zu erzeugen, sondern nur Herde, bestellend aus jungem Binde¬ 
gewebe, hervorzubringen, die wegen des Fehlens der regressiven 
Veränderungen von den typischen tuberkulösen Veränderungen 
ab weichen. Diese Anschauung von Junack scheint auch für 
den von mir beobachteten Fall zuzutreffen. 

Es dürfte sich somit in dem vorliegenden Falle, sowie in 
den beiden Junackschen Fällen um den gleichen tuberkulösen 
Prozeß handeln, für den wegen des Fehlens der für die Tuber¬ 
kulose typischen regressiven Veränderungen die von Herrn Prof. 
Dr. Joest vorgeschlagene Bezeichnung „atypische Tuber¬ 
kulose“ zweckmäßig erscheint. 

2. Sedimentanhftufung in der Harnblase beim Pferd und beim Schwein. 

Das erste Präparat stammt vom Pferd. Die Blasenwandung 
weist eine chronische, katarrhalische Entzündung auf. Der In¬ 
halt besteht, abgesehen von etwas Harn, aus einem doppeltfaust¬ 
großen, braunen Klumpen von tonähnlicher, knetbarer Beschaffen¬ 
heit. Äußerlich besitzt der Klumpen einen schleimigen Überzug, 
im Zentrum ist er etwas sandig, mörtelartig, bröckelig. Das 
Gewicht der Blase samt Inhalt beträgt 1850 g. Dieser große 
Sedimentklumpen kann sich selbstverständlich nur ganz all¬ 
mählich gebildet haben, indem aus dem Harn feste Partikel aus¬ 
geschieden wurden und sich in der Blase zu Boden senkten. 

Die nähere Untersuchung der Sedimentmasse hat ergeben, 
daß letztere in der Hauptsache aus kohlensaurem Kalk be¬ 
steht, dem Spuren von oxalsaurem Kalk beigemengt sind. Das 
mikroskopische Bild läßt Kalziumkarbonat-Kristalle in den 
mannigfachsten Formen erkennen. Man sieht Biskuit- oder 
Trommelschlägelformen, auch Kreuze, Rosetten, Doppelkugeln 
und ganze Kugelhaufen. Die Kristalle des oxalsauren Kalkes 
zeichnen sich durch Quadratoktaederfannen ans. 

Der Sedimentklumpen erstreckt sich bis in den Anfangsteil 
der Harnröhre, ein Umstand, der den Sphincter vesicae ver¬ 
hindern mußte, die Blase vollkommen zu schließen. Daß dies 
tatsächlich der Fall war, geht aus der Mitteilung des Einsenders 
des Präparates, des Herrn Kollegen Zeeh in Lichtenstein-Calln- 
berg, hervor: Das Tier war im Leben außerstande, den Harn 
zu halten. Das Pferd wurde dieses Leidens wegen der Schlacht¬ 
bank überwiesen. 



662 


Das andere Präparat stammt vom Schwein. Auch hier 
finden wir die Blase mit einem Sedimentklumpen ausgefüllt. 
Das Sediment hat hier eine reine w r eiße Farbe und eine fein¬ 
sandige Beschaffenheit. Es setzt sich, wie durch nähere Unter¬ 
suchung fest gestellt worden ist, lediglich aus phosphorsaurer 
Ammoniakmagnesia zusammen. Die Blase samt Inhalt wiegt 
425 g. Nach der Mitteilung des Einsenders hat bei dem be¬ 
treffenden Schweine, es war ein Muttertier, gleichzeitig Hydro- 
nephrose bestanden, ein Umstand, der mit der Sedimentablagerung 
in der Blase wohl kaum in einem ursächlichen Zusammenhang 
gestanden haben dürfte. 

3. Die nächsten Präparate stellen Knochengeschwfllste dar. 

Das erste Objekt stammt vom Menschen. Im Femur eines 
Weibes, den ich der Länge nach aufgeschnitten zeige, haben 
sich zahlreiche Karzinommetastasen entwickelt. Die Primär- 
geBchwulst ist ein Mammakarzinom gewesen. Dieser Femur läßt 
von außen nicht die geringsten pathologischen Veränderungen 
erkennen. Die Neubildungen haben ihren Sitz in der Haupt¬ 
sache im Markraum; an den beiden Epiphysen ist die Spongiosa 
diffus von Karzinommassen durchsetzt. Die Metastasen bestehen 
im Diaphysenteil aus zahlreichen, scharf umschriebenen, grau¬ 
weißen, bis erbsengroßen Knötchen, während sie sich an den 
Epiphysen, wie gesagt, dagegen diffus ausbreiten. 

Die nächsten drei Fälle von Knochengeschwülsten stammen 
vom Hund und unterscheiden sich im Prinzip von dem eben 
beschriebenen Präparat vom Menschen dadurch, daß es sich in 
allen drei Fällen um primäre Knochengeschwülste handelt. Es 
ist nicht gelungen, in einem andern Organ dieser in dem 
pathologischen Institut sezierten Hunde Geschwülste nachzu¬ 
weisen. Sämtliche drei Knochengeschwülste sind myelogenen 
Ursprungs und tragen einen malignen Charakter. Im Innern des 
Knochens hat die Neubildung eine destruierende Wirkung auf 
das Knochengewebe entfaltet, es ist Knochenmasse in. großem 
Umfange zur Einschmelzung gelangt, während es infolge einer 
Reizung der Knochenhant zu einer Neubildung von Knochenge¬ 
webe an dessen Außenfläche gekommen ist. Der Knochen zeigt 
sich deshalb aufgetrieben. Dadurch, daß der destruierende 
Prozeß rascher fortgeschritten ist, als der produktive Prozeß, 
ist es in zwei Fällen zum Durchbruch der Geschwulst durch 
die neugebildete Knochenschale und zu einem Hineinwuchem der 
Geschwulst in die die Knochen umgebenden Weichteile gekommen. 

Es liegen hier Knochengeschwülste in verschiedenen Stadien 
vor. Der eine Fall stellt das Anfangsstadium einer solchen 
destruierenden Neubildung dar. Makroskopisch unterscheidet 
sich dieser Knochen von einem normalen durch eine kaum merk¬ 
liche Verdickung, insbesondere ist seine Oberfläche noch relativ 
glatt. Histologisch konnte dieses Präparat nicht untersucht 
werden. Daß es sich aber um eine maligne Geschwulst handeln 
dürfte, dafür spricht das intra vitam des betreffenden Hundes 
aufgenommene Röntgenbild, auf dem im distalen Drittel des 
Radius eine länglich ovale, ziemlich scharf umschriebene, helle 
Stelle erkennbar ist. Dieser helle Fleck erklärt sich dadurch, 
daß die Neubildung an dieser Stelle die Knochensubstanz teil¬ 
weise zerstört und somit für die Strahlen leichter passierbar 
gemacht hat. 

Die beiden andern Präparate, bei denen die Tumormasse 
die Knochenschale durchbrochen hat, sind histologisch untersucht 
worden. Es handelt sieh in beiden Fällen um Spindelzellen¬ 


sarkome, die man, da sie ihren Sitz im Knochen haben, -kure -als 
Östeodarkome bezeichnen kann. Difcse beiden letzteren Präparate 
stellen sehr vorgeschrittene Stadien dar; denn bei dem einen 
Antibrachium ist der Radius, bei dem andern die Ulna fast voll¬ 
kommen zerstört. Fast ebenso schön wie die Knochenpräparate 
zeigen die beifolgenden Röntgenbilder — die ich der Güte des 
Herrn Medizinalrat Prof. Dr. Müller, hier, verdanke — den 
destruierenden Charakter dieser malignen Geschwülste. 

Ein Beitrag znr vergleichenden Anatomie and 
Histologie der Speicheldrüsen. Die mandibularen 
Speicheldrüsen des Affen. 

Vottrag des Herrn Dr. Georg Illing. 

In meiner Abhandlung „Vergleichende makroskopische und 
mikroskopische Untersuchungen über die submaxillaren Speichel¬ 
drüsen der Haussäugetiere“, Anat. Hefte, Bd. 26,1904, S. 385—526 
hatte ich versucht, in die Verwirrung, die bezüglich der 
Benennung und der Begriffsbestimmung und des feineren Baues 
der mandibularen bzw. submaxillaren (der Autoren) Speichel¬ 
drüsen der Säugetiere in der Literatur herrscht, Klarheit zu 
bringen. Manche Autoren faßten unter Glandula submaxillaris 
alle in der Submaxillargegend gelegene Drüsenpakete zusammen 
und deuteten nur an, daß dieselbe je nach der Tierart in ver¬ 
schiedene Abteilungen zerfällt. Andere schieden scharf 
zwischen der mehr oberflächlich gelegenen Glandula submaxillaris 
mit dem Ductus submaxillaris s. Whartonianus und einer tiefer 
gelegenen Drüsenmasse, die sie aber, gleichgültig wie sich ihr 
abführender Apparat verhielt und wie ihre genauere Lage war, 
unter den Namen Glandula sublingualis zusammenfaßten. Wieder 
andere erhoben hiergegen Widerspruch und zerlegten diese 
sublinguale Drüsenmasse in zwei bis drei Drüsen auf Grund von 
Lage und Verhalten des ausführenden Apparates und führten 
besondere Namen für diese einzelnen Drüsenpakete ein. 

In meiner oben erwähnten Abhandlung habe ich nun auf 
Grund meiner vergleichenden Untersuchungen nachgewiesen, daß 
man bei unseren Haussäugetieren bezüglich der mandibularen 
bzw. submaxillaren Speicheldrüsen unterscheiden muß: 

1. Eine außerhalb des vom M. mylohyoideus zwischen beiden 
Unterkieferhälften gebildeten Muskelgurtes gelegene Drüse, die 
Gl. mandibularis bzw. submaxillaris d. A. mit dem an der 
Caruncula sublingualis in das Cavum oris (bzw, das Cavum 
sublinguale apicale) und zwar in die Pars sublingualis apicalis 
mündenden Ductus mandibularis bzw. Ductus submaxillaris d. A. 

2. Zwei innerhalb dieses Muskelgurtes bzw. dorsal von 
demselben, seitlich unter der Zunge und meist submaxillar ge¬ 
legene Drüsen, nämlich: 

a. Die Gl. sublingualis monostomatica mit einem gemein¬ 
samen, alle oder fast alle kleinen Ausführungsgänge aufnehmen¬ 
den, nahe den Schneidezäbnen und dicht neben der Medianebene 
dem freien Mundhöhlenboden an der Caruncula sublingualis 
mündenden Ausführungsgange, dem Ductus sublingualis major. 

b. Die Glandula sublingualis polystomatica mit zahlreichen 
kleinen, seitlich, sublingual (in das Cavum paralinguale) gesondert 
mündenden Gängen, den Ductus sublinguales minores. 

Außerdem hatte ich in dieser Abhandlung darauf auf¬ 
merksam gemacht, daß die Bezeichnung Glandulae submaxillares 
vielfach nicht zutreffend ist. Bei vielen Tieren hat die eigent- 



663 


liehe Gl. submaxillaris mit der Maxilla gar keine Beziehungen; 
sie liegt mehrfach an, bzw. unter dem Hirnschädel, am Atlas 
U8w., aber nicht unter der Maxilla. Dagegen liegt sie stets an 
der Mandibula, z. B. zwischen ihren Hälften, oder unter ihr 
(submandibulär) oder hinter ihr (retromandibulär). Die sublin¬ 
gualen Drüsen haben topographisch ebenfalls stets Beziehungen 
zur Mandibula, also kann man von Glandulae mandibulares 
sprechen, die in die eigentliche Glandnala mandibularis (propria) 
und die beiden Glandulae sublinguales zerfallen. Da nun für 
die Beurteilung der Homologie einer Drüse weniger maßgebend 
ist die Lage der Drüse, ihr grober Bau und ihre histologische 
Beschaffenheit und die Natur ihres Sekretes, sondern die am 
meisten konstante Eigentümlichkeit der Drüsen, die Art und der 
Ort der Mündung ihres ausführenden Apparates, so hatte 
ich für die beiden Glandulae sublinguales eine Nomen¬ 
klatur in Vorschlag gebracht, die sich einzig und allein auf 
die Art und Weise der Mündung des ausführenden Apparates 
bezieht. 

Wie meine vergleichenden Untersuchungen ergeben haben 
und wie ich bereits früher ausgeführt habe, muß man bei den 
in Frage kommenden Drüsen unterscheiden eine Unterzungendrüse, 
welche mit einer größeren Anzahl von Ausführungsgängen 
seitlich unter der Zunge mündet, bei der also viele Mündungen, 
Stomata, vorhanden sind, und eine solche, deren Ausfuhrungs- 
gänge alle oder fast alle in einem zusammenlaufen, und der 
dann in der Regel nur mit einer Öffnung, einem Stoma nahe 
den Schneidezähnen, fast median unter der Zunge ausmündet. 

Sonach kann man von einer polystomatischen, vielfach, 
vielmündigen, multicanalären und einer monostomatischen 
(einfach-, einmündigen, unicanalären) Sublingualdrüse sprechen. 

Ich hatte daher den Vorschlag gemacht, in Zukunft zu 
unterscheiden eine Glandula sublingualis polystomatlca und eine 
Glandula sublingualis monostomatica. 

In bezug auf das Vorkommen der drei von mir untersuchten 
Speicheldrüsen bei unseren Haussäugetieren ist folgendes zu sagen: 
„Alle untersuchten Haussäugetiere, also Hund, Katze, Pferd, 
Esel, Rind, Schaf, Ziege, Schwein und Kaninchen besitzen die 
Glandula mandibularis bzw. submaxillaris d. A. und die Glan¬ 
dula sublingualis polystomatlca, während die Glandula sublingu¬ 
alis monostomatica nur bei Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und 
Schwein vorkommt, dagegen bei Pferd, Esel und Kaninchen fehlt, 
und zwar gehören bei allen Haustieren, mit Ausnahme des Ka¬ 
ninchens, dessen Gl. mandibularis eine seröse Drüse ist, die Gl. 
mandibularis und die Gl. sublingualis monostomatica den ge¬ 
mischten Schleimspeicheldrüsen an. Die Gl. sublingualis poly- 
stomatica ist eine reine Schleimdrüse bei Hund, Rind, Schaf, 
Ziege und Kaninchen, dagegen eine gemischte Drüse bei Pferd, 
Esel, Katze und Schwein. Bei den beiden letztgenannten Tier¬ 
arten herrscht aber der muköse Charakter vor, daß man die 
Drüse bei oberflächlicher Betrachtung für eine reine Schleim¬ 
drüse halten muß. 

Die mandibularen Drüsen des Menschen oder die der anthro- 
pomorphen Affen habe ich keiner Untersuchung unterziehen können, 
trotzdem es von größtem Interesse gewesen wäre, festzustellen, 
wie sich der Mensch in dieser Richtung im Vergleiche zu den 
untersuchten Tieren verhält. 

Vergleicht man in den verschiedenen. Lehr- und Hand¬ 
büchern der Anatomie und der Histologie des Menschen die 
Angaben über den sublingual gelegenen Drüsenkomplex beim 


Menschen, so findet man, daß die einzelnen Autoren diese Ver¬ 
hältnisse sehr verschieden beschreiben, und daß sich in den 
Angaben direkte Gegensätze finden. Welch große Kontroversen 
in dieser Richtung bestehen, geht aus einem jüngst erschienenen 
Artikel des italienischen Anatomen Pardi*) hervor, der, veran¬ 
laßt durch die Resultate meiner Untersuchungen bei den Haus¬ 
säugetieren, diese Verhältnisse beim Menschen an 44 Individuen 
nachprüfte und dabei die vorhandenen Literaturangaben kritisch 
beleuchtete. 

Bei seinen makroskopischen Untersuchungen konnte Pardi 
die Gegenwart einer Gl. sublingualis accessoria feststellen, die 
vollständig unabhängig von der Gl. sublingualis sensu stricto ist. 
Diese Drüse besitzt einen eigenen Ausführungsgang, den Ductus 
sublingualis major 8. Bartholini. Dieser ist dicker und ver¬ 
läuft in verschiedener Entfernung vom Ductus submaxillaris 
(mandibularis), um dann entweder mit diesem zusammen oder 
für sich ca. 2—3 mm von der Mündung des Ductus mandibula¬ 
ris entfernt an der Caruncula sublingualis sein Sekret in das 
Cavum oris zu ergießen. 

Diese Gl. sublingualis accessoria des Menschen ist, wie er 
sagt, homolog der von Illing bei Hund, Katze, Rind, Schaf, 
Ziege und Schwein beschriebenen Gl. sublingualis monostomatica. 

Der Mensch besitzt also nach den Untersuchungen von 
Pardi auch zwei sublinguale Drüsen wie viele Säugetiere, von 
denen die eine (die von mir als Gl. sublingualis monostomatica 
bezeichnete) nicht selten fehlt. Es sind: 1. eine Gl. sublingualis 
sensu stricto, die unter der Plica sublingualis gelegen ist und 
mit zahlreichen kleineren Gängen (Drrctus sublinguales minores 
8. Rivini) an der Oberfläche dieser Falte in die Mundhöhle 
mündet und die Pardi, nach der von mir bei den Haussäuge¬ 
tieren eingeftthrten Benennung als Gl. sublingualis polystomatica 
bezeichnet; 2. einen Drüsenkomplex, der einen großen Aus- 
führungsgang, den Ductus sublingualis major besitzt, der 
entweder neben dem Ductus mandibularis (Ductus submaxillaris 
d. A.) oder mit dem Ductus mandibularis zusammen an der 
Caruncula sublingualis mündet. Diese letztere Drüse bezeichnet 
Pardi in seiner Beschreibung, da sie nicht in allen Fällen 
unabhängig von der vorher beschriebenen Sublingualis poly¬ 
stomatica vorkommt und da sie verschiedene Variationen bei 
den einzelnen Individuen aufweist, anfangs als Glandula 
sublingualis accessoria; doch schlägt er dann vor, diese Drüse, 
da sie homolog, ist der von mir bei den Haussäugetieren 
beschriebenen Gl. sublingualis monostomatica, auch beim 
Menschen als Gl. sublingualis monostomatica zu bezeichnen. 

Dies waren die Par di sehen Resultate der grob-anatomischen 
Untersuchungen beim Menschen; aber auch meine mikro¬ 
skopischen Befunde haben den Anstoß zu histologischen Unter¬ 
suchungen der Unterzungendrüse des Menschen gegeben. 

Vor nunmehr 2 Jahren hielt in der Würzburger physikalisch¬ 
medizinischen Gesellschaft der bekannte Würzburger Anatom 
und Histologe St Öhr**) einen Vortrag über die menschliche 
Unterzungendrtise. In diesem Vortrage bespricht Stöhr die 
grob-anatomischen Verhältnisse und den histologischen Bau 
dieser Drüse beim Menschen und spricht sich darhin aus, daß 

*) Pardi, F., II ductus sublingualis major s. Bartholini e 
la glandula sublingualis monostomatica s. Bartholini dall' 
nomo. Archivio di Anatomica et di Embriologia. Vol. V. Fage. 
2. Firenze 1906. 

**) Stöhr, Ph., Über die menschliche Unterzungendrüse. 
Sitzung8ber. d. Physik.-nied. Ges. zu Würzburg. 1905. 

** 



<>64 


die menschliche Unterzungendrüse ein Komplex von Drüsen ist, 
der unter der von der Unterkiefer-Innenfläche auf die Zunge 
überspringenden Schleimhautfalte, der Plica sublingualis gelegen 
ist. Dieser Komplex besteht aus zwei grob'anatomisch und 
genetisch von einander trennbaren Abschnitten, einem konstanten 
und einem zwar meist, aber doch nicht immer vorhandenen, 
inkonstanten Teil. Ersterer besteht aus einer wechselnden Anzahl 
von (5—20) Einzeldrüsen, deren Ausführungsgänge, Ductus 
sublinguales minores (Rivini) auf der ganzen Länge der Plica 
sublingualis frei münden; jedes dieser Drüschen, die man wohl 
auch Gl. sublingualis minores nennen könnte, entsteht selbst¬ 
ständig aus je einem röhrenförmig sich in die Tiefe der Schleim¬ 
haut senkenden und dort Sprossen treibenden Epithelzapfen. 
„Dieser Teil der Unterzungendrüse scheint auch bei den Tieren 
regelmäßig vorhanden zu sein; er ist neuerdings von Illing 
„Gl. sublingualis polystomatica“ genannt worden, ein Name, der 
mir insofern nicht das rechte zu treffen scheint, weil damit 
der Glaube erweckt werde, es handle sich um einen Drtisen- 
körper mit vielen Ausführungsgängen, während in Wirklichkeit 
viele Drüsenkörper, jeder mit einem eigenen Ausführungsgang, 
vorliegen. 

Diesen Darlegungen St Öhrs vermag ich nicht ganz zu¬ 
zustimmen. Sicherlich hat St Öhr recht, daß es sich beim 
Menschen um einen Komplex von Einzeldrüsen handelt, die jede 
für sich nach außen münden. Dieses trifft aber nicht für alle 
Tiere zu. Bei ihnen vereinigen sich oft mehrere Einzeldrtisen 
und bilden einen kleinen gemeinsamen Gang. Es sind also 
Drüsenpakete, die je nach der Tierart größer oder kleiner sind; 
man kann derartige Paketchen auch schon als zusammengesetzte 
Drüsen mit verästeltem Ausfübrungsgange bezeichnen. Ver¬ 
ästelte Einzeldrüsen würden es nur sein, wenn nur die Endstücke 
sich verästelten und nicht der Ausführungsgang. Die Drüsen¬ 
pakete liegen bei den meisten Tierarten dicht zusammen und 
bilden eine geschlossene, von einer Kapsel umgebene Drüsen¬ 
masse. Diese Verhältnisse finden wir neben anderen Tierarten 
vor allen Dingen bei Pferd und Esel und beim Schwein. Hier 
ist also der Name Glandula zutreffender als Glandulae. Warum 
soll man übrigens nicht einen Drüsenkomplex anatomisch als 
eine Drüse auffassen, trotzdem er ans vielen Einzeldrüsen 
besteht, die jede für sich ausmünden? Mir scheint es aus 
Gründender vergleichenden Anatomie und aus historischen 
Gründen besser zu sein, den Namen Glandula sublingualis auf 
die fragliche Drüsenmasse anzuwenden. Für die Tiere ist der 
Name allgemein gebräuchlich und, wie angegeben, für viele 
Tierarten zweifellos auch ganz zutreffend. Daß die Gesamtheit 
der Glandulae sublinguales minores des Menschen der Glandula 
sublingualis polystomatica der Tiere homolog und analog ist, 
bedarf wohl keines Wortes. Also ist die vergleichend anatomische 
Benennung „Glandula“ auch gerechtfertigt. Gern gestehe ich 
aber zu, daß Stöhrs Vorschlag vieles für sich hat und die 
Tatsachen, wie sie beim Menschen vorliegen, richtig bezeichnet, 
daß mithin in der Anthropotomie der Name Glandulae minores 
aber nicht in der vergleichenden Anatomie gebraucht werden kann. 

Der inkonstante Teil der Unterzungendrüse (der bei manchen 
Tieren immer fehlt), ist nach St Öhr ein größerer, gewöhnlich 
am hinteren, unteren Abschnitte des ganzen Komplexes gelegener 
Körper, der mit einem Ausführungsgange, dem Ductus sublingualis 
major (Bartholini) entweder in den Ductus submaxillaris 
(mandibularis) oder dicht neben ihm auf der Caruncula sublingualis 


mündet. Diese „Glandula sublingualis major“, wie sie Stöhr 
nennt, entsteht aus einer Epitheleinsenkung, die sowohl die 
erste Anlage des Ductus submaxillaris (mandibularis), wie die¬ 
jenige des Ductus sublingualis major liefert. 

Der Name „Glandula sublingualis major“ von Stöhr sagt 
mir recht wenig zu; diese Drüse ist doch vielfach (bei den 
Tieren und wohl auch beim Menschen?) kleiner als der andere 
Komplex, wenn auch größer als jede der diesen zusammen¬ 
setzenden Einzeldrüsen. Ich glaube daher, daß meine Be¬ 
zeichnungen „Glandula sublingualis polysXomatica und 
Glandula sublingualis monostomatica“ zutreffender sind. 

Die beiden, grob-anatomisch und genetisch, sowie in der 
Konstanz ihres Auftretens verschiedenen Abschnitte der mensch¬ 
lichen Sublingualis sollen nach Ansicht verschiedener Autoren 
histologisch gleich sein. Indem dies Stöhr darlegt, zitiert er 
den Ausspruch von Ebnere: „Ein differenter Bau, je nachdem 
ein Bartholinischer oder nur Rivini sehe Gänge vorhanden 
sind, ist jedenfalls nicht nachgewiesen und kaum wahrscheinlich“. 

Die meisten Autoren bezeichnen die Sublingualis als ge¬ 
mischte Drüse, d. h. ihre Drüsenzellen sollen zum Teil helle, 
schleimproduzierende Elemente, zum anderen Teil dunklere, 
seröse Flüssigkeit liefernde Zellen sein, die in Gruppen, sogen. 
Halbmonden, beieinander liegen. Beide Elemente sollen in so 
ziemlich gleichen Mengen vorhanden sein. Nur Merkel sagt, 
daß die Sublingualis eine reine Schleimdrüse ist. 

Die Ergebnisse der von mir bei Tieren angestellten histo¬ 
logischen Untersuchungen der Sublingualdrüsen haben Stöhr 
veranlaßt, beim Menschen nachzuprüfen, ob auch hier die von 
mir festgestellten Verschiedenheiten im Bau beider Drüsen 
bestehen. 

In dieser Beziehung sagt Stöhr wörtlich: „Mein erstes 
Objekt, die Sublingualis eines 12 jährigen Knaben, ergab deutliche 
Verschiedenheiten. Die Glandulae sublinguales minores waren 
teils reine, teils vorherrschend muköse Drüsen, während die 
Glandula sublingualis major mir das altbekannte Bild der ge¬ 
mischten Drüse zeigte. Jetzt erklärt sich auch der scheinbare 
Widerspruch Merkels, der offenbar zu seinen mikroskopischen 
Untersuchungen ein Stück einer Gl. sublingualis minor, einer 
reinen Schleimdrüse gewählt hat (vielleicht fehlte auch die 
Sublingualis major). Ob alle Gl. sublinguales minores reine oder 
vorwiegend muköse Drüsen sind, kann ich für jetzt nicht be¬ 
stimmt angeben, Serien von menschlichen Föten gaben mir keine 
klare Resultate, weil noch nicht alle Drtisenzellen so weit aus¬ 
gebildet waren, daß man mit Sicherheit den Entscheid „Gruppe 
junger, noch indifferenter Drüsenzellen oder Halbmond“ hätte 
treffen können. Immerhin war aber an mehreren Gl. sublinguales 
minores das bedeutende Überwiegen muköser Elemente mit 
Sicherheit festzustellen. Zu Serien von älteren menschlichen 
Sublingualdrüsen fehlt mir augenblicklich das Material. Doch 
mag das definitive Resultat ausfallen wie es will, soviel ist sicher, dafi 
die bisherige Schilderung des feieren Baues der menschlichen Unter¬ 
zungendrüse nicht das rechte traf, daß eine für beide Abschnitte, für 
Sublingualis major und minor, gültige histologische Beschreibung un¬ 
möglich ist, daB vielmehr jeder der beiden Abschnitte eine gesonderte 
Betrachtung fordert.“ 

Die beiden vorstehend genau besprochenen Veröffentlichungen 
(von Par di und Stöhr) waren die Veranlassung, daß ich meine 
vergleichenden Untersuchungen über die mandibularen Speichel¬ 
drüsen fortsetzte. Gern hätte er die Drüsen des Menschen 



665 


mit in den Bereich meiner Untersuchungen gezogen. Da mir 
aber geeignetes Material vom Menschen nicht zur Verfügung 
stand, so habe ich zunächst Untersuchungen an den Speicheldrüsen 
von Affen vorgenommen und beabsichtigt noch andere Tierarten 
zu untersuchen. Vorläufig teile ich aber die Ergebnisse meiner 
an Affen angestellten Untersuchungen mit. 

Ich habe 5 Affen untersucht und zwar 2 Exemplare von 
Macacus cynomolgus und 3 von Macacus rhesus. Die Speichel¬ 
drüsen wurden in der schon früher beschriebenen Weise prä¬ 
pariert und für die histologische Untersuchung im lebenswarmen 
Zustande dem soeben getöteten Tiere entnommen, in Sublimat 
oder Carnoysgemisch fixiert und in der üblichen Weise weiter¬ 
behandelt. 

Bei diesen 5 Macacen konnte ich folgende Verhältnisse 
feststellen: 

I. Die Affen (Macacus cynomolgus und Macacus rhesus) 
besitzen 3 grob-anatomisch und genetisch scharf zu unterschei¬ 
dende mandibulare Speicheldrüsen, nämlich: 

1. 2 innerhalb des vom Mylohyoideusgurtes unter der Plica 

sublingualis gelegenen Drüsen: j 

a) Die Gl. sublingualis polystomatica, die mit vielen 
und kleinen Gängen, den Ductus sublinguales minores 
seitlich unter der Zunge längs der Plica sublingualis in 
das Cavum sublinguale laterale mündet; 

b) die Gl. sublingualis monostomatica, die mit einem 
großen Gange, dem Ductus sublingualis major an der 
Caruncula salivalis sublingualis mit dem Ductus mandi- 
bularis zusammen aber getrennt von ihm in das Cavum 
sublinguale apicale mündet. 

2. eine außerhalb des Mylohyoideusgurtes an der Mandibula 
gelegene Drüse, die Gl. mandibularis, die mit einem großen 
Gange, dem Ductus mandibularis an der Caruncula salivalis 
sublingualis in das Cavum sublinguale apicale mündet. 

II. Die Gl. sublingualis polystomatica des Affen ist 
eine tubulöse reine Schleimdrüse, während die Gl. sublingualis 
monostomatica und die Gl. mandibularis den typischen 
Charakter einer alveolo-tubulösen gemischten Drüse zeigen. 

Im Anschluß an diese Ausführungen demonstrierte der Vor¬ 
tragende die makroskopischen und mikroskpischen Verhältnisse 
der mandibularen Speicheldrüsen an projizierten Diapositiven 
und mikroskopischen Präparaten. 

In der darauffolgenden Diskussion vertritt Herr Medizinal¬ 
rat Baum den Standpunkt, daß für die Bezeichnung der in 
Frage kommenden Speicheldrüsen nicht die Zahl der Ausführungs¬ 
gänge, sondern deren Größe das Entscheidende sei; infolgedessen 
seien die von Ellenberger und ihm in der 11. Auflage ihrer 
Anatomie eingeführten Namen „Gl. sublingualis parvicanalaris“ 
und „Gl. sublingualis grandicanalaris“ viel zutreffender als die 
vom Vortragenden vorgeschlagenen Bezeichnungen „Gl. sub¬ 
lingualis polystomatica“ und „Gl. sublingualis monostomatica“. 
Nach seiner Meinung ist jedes zu einem kleinen Ausführungs¬ 
gang gehörige Drüsenläppchen bzw. Drüsenteil eine Gl. sub¬ 
lingualis parvicanalariB, während alle Drüsenteile, deren Aus¬ 
führungsgänge sich zum Ductus sublingualis vereinigen, zur Gl. 
sublingualis grandicanalaris gehören; die letztere tritt immer 
nur in der Einzahl, die Gl. sublinguales parvicanalares hingegen 
in der Mehrzahl auf und können in ganz verschiedener Form 


zu einer scheinbar einheitlichen Drüse zusammengelagert sein 
(z. B. bei der Gl. sublingualis des Pferdes); es können aber 
auch einzelne Gl. sublinguales parvicanalares von dem Gesamt¬ 
komplex abgetrennt sein; Baum ist sogar der Meinung, daß die 
individuell ganz verschiedenen sog. Zungenranddrüsen nichts 
weiter als Gl. sublinguales parvicanalares seien. Nach der 
skizzierten Auffassung würden z. B. von den oralen der beiden 
Sublingualisdrüsen des Hundes, die bekanntlich mit einzelnen 
Ausführungsgängen direkt in die Mundhöhle, mit anderen aber 
in den Ductus sublingualis major mündet, die zu letzteren 
gehörenden Drüsenteile der Gl. sublingualis grandicanalaris zu¬ 
zurechnen, die anderen aber als angelagerte Gl. sublinguales 
parvicanalares aufzufassen sein. Weiter führt Herr Baum aus, 
daß auch die von Stöhr gebrauchten Bezeichnungen „Gl. sub¬ 
linguales minores“ und „Gl. sublinguales major“ so lange nicht 
für alle Tierarten durchführbar seien, als nicht eingehende, 
embryologische Untersuchungen vorliegen, die beweisen, daß 
alle kleinen Drüsenläppcnen (Gl. sublinguales minores) ihre 
relativ kurzen Ausführungsgänge direkt in die Mundhöhle und 
nicht zum Ductus sublingualis major schicken. 

Herr Geheimrat Ellenberger führt daraufhin in längerer 
Auseinandersetzung zunächst aus, daß die Bezeichnungen parvi- 
und grandicanalaris keinen Vorzug vor deif Bezeichnungen mono- 
und polystomatica haben, sondern daß die Anwendung der Be¬ 
zeichnung parvicanalaris auf jede Einzeldrüse ganz zwecklos 
sein würde, da Einzeldrüsen stets nur kleine Ausführungsgänge 
besitzen. Weiterhin würde es aber auch zu Verwirrungen 
führen, wenn man von Gl. sublinguales parvicanalares sprechen, 
und damit eine Drüse bezeichnen wollte, die bisher stets als 
Glandula, d. h. als ein Gesamtorgan und zwar mit Recht auf¬ 
gefaßt wurde. Dies sei deshalb auch in dem von ihm und Baum 
herausgegebenen Handbuche der Anatomie der Haustiere ver¬ 
mieden und der Name Glandula sublingualis (anstatt Glandulae) 
auch für die Glandula sublingualis polystomatica beibehalten 
worden. Die gegen die Anwendung der Adjektive mono- und 
polystomatica von Baum gemachten Ein wände träfen auch für 
die Adjektive parvi- und grandicanalares zu. Ebenso sprächen 
die gegen die Stöhr sehe Benennnung Glandulae sublinguales 
minores gemachten Einwendungen in gleicher Weise gegen die 
Benennung Glandulae parvicanalares. Die Zungenranddrüsen 
gehören nach Ellenbergers Ansicht nicht zu den Sublingual¬ 
drüsen; dagegen spricht schon, daß sie auf der Zungenseitenfläche 
der Einhufer usw. direkt an das Drüsenlager der Arcus 
glosBopalatini und der Plica pterygomandibularis anschließen. 

Herr Prof. Joest ist der Meinung, daß es aus praktischen 
Gründen in der pathologischen Anatomie, vor allen Dingen aber 
aus pädagogischen Gründen besser sei, den betreffenden Drüsen¬ 
komplex nicht nach der von Stöhr und in der Diskussion auch 
von Baum vorgeschlagenen Nomenclatur als „Glandulae“, sondern 
wie bisher als „Glandula“ zu bezeichnen. Er stimme in dieser 
Hinsicht den Darlegungen Ellenbergers zu. 

Im Schlußwort schließt sich der Vortragende den Aus¬ 
führungen Ellenbergers im wesentlichen an. Da aber beide 
Benennungen, sowohl parvi- und grandicanalaris, als auch die 
die von ihm vorgeschlagenen mono- und polystomatica ihre Be¬ 
rechtigung hätten, so sei nur noch zu erwägen, welche Namen 
sprachlich schöner, vor allen Dingen aber sprachlich richtiger 
seien und infolgedessen mehr Anspruch auf Aufnahme in die 
anatomische Nomenklatur machen könnten. 



XXI. Vortragsabend 

am 3. Mai 1907. 

Die mechanisch wirkenden Papillen der Zunge der 
Haussäugetiere. 

Vortrag des Herrn Dr. med. vet. Immisch, ersten Assistenten des 
Physiologischen und Histologischen Institutes. 

Im Anschluß an seine Untersuchungen über die mechanisch 
wirkenden Papillen der Mundhöhle der Haussäugetiere*), die 
Immisch im Wintersemester 1906—07 zum Abschluß gebracht 
hat und auf Grund deren er in Gießen zum Dr. med. vet. 
promoviert wurde, sprach er speziell über den mikroskopischen 
Aufbau der Zungenpapillen. 

Vordem widmete er der Nomenklatur der Zunge und der 
Mundhöhle einige Worte, von denen hier nur die auf die 
mechanisch wirkenden Papillen bezüglichen kurz referiert seien. 
Immisch führte aus, daß in allen bisherigen Abhandlungen, 
die sich mit den mechanisch wirksamen Papillen befassen, diese 
kurzweg als Papillae filiformes bezeichnet werden, abgesehen 
von einigen Autoren, die außer von fadenförmigen Papillen 
auch von Papillae conicae sprechen. In Anbetracht der Mannig¬ 
faltigkeit der Formen, welche die mechanisch wirksamen 
Papillen bei manchen Tieren, z. B. beim Rind aufweisen, ist 
bei einer Zusammenfassung der mechanisch wirkenden Papillen 
unter dem Namen Papillae filiformes diese Bezeichnung ganz 
unzureichend und für eine große Zahl der Papillen völlig un¬ 
zutreffend. Außerdem kann bei einer Einteilung in Papillae 
filiformes und conicae die Entscheidung, ob eine Papille dem 
oder jenem Typus zuzuzählen sei, recht schwierig sein. Ab¬ 
gesehen davon liegt offenbar ein logischer Fehler vor, wenn 
die Autoren die Papillae fungiformes, vallatae und foliatae als 
Papillae gustatoriae, Geschmackspapillen, bezeichnen, alle 
übrigen aber unter dem Namen Papillae filiformes, fadenförmige 
Papillen, zusammenfassen und diese beiden Gruppen als gleich¬ 
wertig gegenüberstellen, denn von diesen zwei Kollektivnamen 
bezeichnet der eine die Funktion, der andere die Form der 
fraglichen Gebilde. Um einerseits der berechtigten Forderung 
Rechnung zu tragen, alte, einmal gebräuchliche Namen nach 
Möglichkeit beizubehalten, andererseits um unnötige Um¬ 
ständlichkeiten zu vermeiden, die sich mit der Änderung der 
Kollektivnamen beider Papillengruppen in auf ihre morphologischen 
Eigenschaften bezüglichen Benennungen zweifelsohne ergeben 
würden, hält Immich die Beibehaltung des Namens Papillae 
gustatoriae und die Abänderung des Namens Papillae filiformes 
in einen der Funktion dieser Papillen entsprechenden Namen 
für erforderlich. Die Bezeichnung Papillae mechanicae, die 
wohl beim ersten Augenblick geeignet zu sein scheint, weist 
Im misch von der Hand, weil das Wort r mechanicus u das 
Wesen, die Eigenschaft, aber keineswegs eine Tätigkeit zum 
Ausdruck bringt. Aus diesem Grunde glaubt der Vortragende, 
zu dem Vorschläge berechtigt zu sein, die nicht zum Schmecken 
dienenden Papillen in Anbetracht ihrer physiologischen Aufgabe, 
bei der Nahrungsaufnahme, dem Kauakt, der Einspeichelung 
und dem Mundschlingakte die Tätigkeit der Lippen, der Zähne 

*) Eingehend ausgeftihrt finden sich die Untersuchungen 
lmmi8cbs, die sich sowohl auf die makroskopischen als auch auf 
die mikroskopischen Verhältnisse der mechanisch wirkenden Papillen 
der ganzen Mundhöhle der Haussäugetiere erstrecken, in den 
Anatomischen Heften, I. Abteilung, 107. Hefe (35. Band, H. 3) 
niedergelegt. 


und der Zunge zu unterstützen, diesen Organen zu helfen, ihnen 
gleichsam Handlangerdienste zu leisten, als Papillae 
operariae (operarius, a, um zum körperlichen Dienst gehörig, 
zur Arbeit gehörig, Handlangerdienste verrichtend) zu be¬ 
zeichnen und wendet im folgenden nur diesen Namen an. 

Hierauf wendet sich Immisch dem mikroskopischen 
Aufbau der mechanisch wirkenden Papillen der Zunge zu, wobei 
er insbesondere die eigenartigen Untersuchungsbefunde bezüglich 
der Morphologie des wesentlich aus Bindegewebe bestehenden, 
Gefäße und Nerven enthaltenden Grundstockes bespricht. 

Der Grundstock erreicht entweder die Oberfläche des Zungen¬ 
epithels oder er überragt dasselbe. 

Alle von Immisch untersuchten Haussäugetiere — seine 
Untersuchungen erstrecken sich auf Pferd, Esel, Rind, Schaf, 
Ziege, Schwein, Hund und Katze — mit Ausnahme von Hnnd 
und Katze besitzen entweder ausschließlich oder neben Papillen 
mit epithelüberragendem Grundstock solche, deren Grundstock 
das Epithel nicht überragt; bei Hund und Katze überragt der 
Grundstock aller Papillae operariae das interpapilläre Epithel. 

Bei Pferd und Esel sind die Papillen, deren Grundstock 
nicht das Epithel überragt, die allein auftretende Form; bei 
allen übrigen Haussäugetieren, die derartige Papillen aufweisen, 
kommen sie mit Papillen vor, deren Grundstock das Epithel der 
Zungenschleimhaut überragt. 

Die Papillen, deren Grundstock nicht über das Epithel 
ragt, treten gesondert von den andern auf. Sie kommen nur 
auf der Zunge vor. Ihr Ausbreitungsgebiet umfaßt bei Pferd 
und Esel alle bei diesen Tieren bereits erwähnten papillen- 
besetzten Regionen, bei Rind, Schaf und Ziege das ganze 
Papillenausbreitungsgebiet bis zum oralen Beginn des Zungen¬ 
rückenwulstes und beim Schwein das bis zu den Papillae vallatae 
reichende Ausbreitungsgebiet der Papillen. 

Die Papillae operariae, die einen das Zungenepithel nicht 
überragenden Grundstock besitzen, zeigen bei jeder Tierart, 
so weit sie derartige Papillen aufweist, eine besondere mikro¬ 
skopische Form des Grundstockes und differential-diagnostische 
Eigenheiten des den Grundstock tiberschichtenden Epithels. 

Bei Pferd und Esel zeigen die Papillen einen gleichen 
histologischen Aufbau. Bei beiden Tierarten besteht die Grund¬ 
lage aus einer hohen schmalen, die eine einfache vergrößerte 
mikroskopische Primarpapille darstellt. 

Die Papillen ohne epithelüberragenden Grundstock zeigen 
bei den Wiederkäuern einen flachen, niedrigen Grundstock; beim 
Rind besitzt er die Form eines gleichseitigen Dreieckes, bei den 
kleinen Wiederkäuern ist er queroval geformt. Auf den oralen 
und seitlichen Partien erheben sich zahlreiche kleine Primär¬ 
papillen, während die zentralen Partien papillenfrei sind. Die 
aborale Hälfte des Grundstockes weist beim Rinde einen von 
Primärpapillen besetzten Querkamm, bei Schaf und Ziege einen 
Papillenhügel auf, der ebenfalls mit Primärpapillen versehen ist; 
letztere zeigen aber bei der Ziege eine lange schmale, radiär 
angeordnete Basis. 

Beim Schwein ist die Grundlage dieser Papillen wie bei 
Pferd und Esel eine einfache Primärpapille, die sich aber zum 
Teil durch eine größere Breite anszeichnet. 

Die Zungen von Hund und Katze zeigen nur Papillen, deren 
Grundstock sich deutlich über die Oberfläche des Zungenepithels 
hervorhebt. Der Grundstock der Papillen, die sich von der 
Zungenspitze bis zu den umwallten Papillen ausbreiten, ist ver- 



667 


schieden von den pharyngeal von den Papillae vallatae gelegenen. 
Bei ersteren erheben sich die feinen Primärpapillen nur auf der 
freien Endfläche, bei letzteren auf der ganzen Oberfläche. Im 
Prinzip sind die Papillen, die sich auf den oral der umwallten 
Papillen gelegenen Teilen der Zungenrtickenfläche erheben, bei 
Hund und Katze gleich gebaut, nur zeigt bei der Katze sich die 
auf der pharyngealen Seite des Grundstockes sich erhebende 
Primärpapille auf den Grundstöcken der iu den orozentral ge¬ 
legenen Regionen der Zungenspitze sich erhebenden Papillae 
operariae einen weit erheblicheren Größenunterschied von den oro- 
lateralen Primärpapillen als die entsprechende Primärpapille 
des Hundes. 

Die übrigen mechanisch wirkenden Papillen mit epithelüber¬ 
ragendem Grundstock zeigen einen wenig charakteristischen Bau. 
Der Grundstock stellt eine Schleimhautausstülpung dar, auf 
dessen Oberfläche zahlreiche Primärpapillen stehen. Bei Schwein, 
Hund und Katze zeigen diese Papillen vorwiegend konische 
Form, während bei den Wiederkäuern die Form zwischen konischer 
und beetartiger variiert; beim Rind wiegt die konische, bei der 
Ziege die beetartige Form vor, während das Schaf in der Mitte 
steht. 

Hierauf widmete Immisch dem Epithelmantel der Papillae 
operariae noch einige Worte. Auf Grund seiner mikroskopischen 
Untersuchungen kam er zu der Überzeugung, daß das Epithel 
der mit epithelüberragendem Grundstock ausgerüsteten Papillae 
operariae sich von dem interpapillären Epithel abhebt. Die 
Längsachse der Zellen des Papillenepithels und der des inter¬ 
papillären Epithels bilden einen mehr oder weniger deutlichen 
rechten Winkel. 

Das Epithel der Papillen mit epithelüberragendem Grundstock 
geht in das interpapilläre Epithel ohne scharfe Grenze über. 
An diesem Epithel lassen sich viel leichter die dem übrigen 
Epithel eigenen Schichtungen nachweisen, besonders gilt dies von 
den beetartigen Papillen, bei denen der Unterschied zwischen 
dem eigentlichen Mnndhöhlenepithel und dem Papillenepithel 
bisweilen ganz verschwindet. 

Das Epithel der Papillen ohne epithelüberragendem Grund¬ 
stock zeichnet sich vor dem Epithel der übrigen Papillen mit 
Ausnahme derer von Hund und Katze* die sich von der Zungen¬ 
spitze bis zu den umwallten Papillen ausbreiten, durch die er¬ 
höhte Tendenz zu verhornen aus, so daß sich ein, wie dies bei 
den betreffenden Papillae operariae von Pferd, Esel Rind und 
Schwein der Fall ist, oder mehrere, was bei Schaf und Ziege 
zutrifft, solide, hornige Papillen über einem Grundstock erheben. 

Bei den Papillen von Hund und Katze, die sich oral der 
umwallten Papillen erheben, bildet das Epithel ebenfalls freie 
Hornspitzen, von denen die aborale große Papille sich vor den 
übrigen oralen und seitlichen an Stärke anszeichnet, und zwar 
die der Katze, der sogenannte „Epithelzahn“, erheblich mehr als 
die entsprechende des Hundes. 

Alsdann besprach Immisch noch kurz die an den Papillae 
operariae mit epithelüberragendem Grundstock vorkommenden 
Strata resp. das Fehlen gewisser am eigentlichen Mnndhöhlen¬ 
epithel zu beobachtender Schichten. 

Zum Schluß sprach sich Im misch dahingehend aus, daß 
die Zungen jeder Tierart, ausgenommen Pferd und Esel, 
die gemeinsam zu betrachten seien, außer denjenigen Papillen, 
deren Grundstock eine einfache Schleimhautausstülpung dicht auf 
ihrer ganzen Oberfläche mit Papillen besetzt darstellt, die 


übrigen Papillen, die vorzugsweise die oralen Partien der 
Zunge einnehmen, die bei Pferd und Esel die allein vorkommenden 
Papillae operariae sind, bei den Wiederkäuern auf der Zungen¬ 
spitze und dem Zungenkörper bis zur oralen Grenze des Zungen¬ 
wulstes, beim Schwein sowie beim Hund und Katze bis ungefähr 
zu den umwallten Papillen Vorkommen, als ihnen eigenes 
Charakteristikum aufweisen, und daß die Mikroskopie in 
Erkenntnis der Bauart des Grundstockes der Papillae operariae 
Diagnosen bezüglich der Tierart stellen kann, was forensisch 
bei Wurstverfälschungen durch Hinzufügen von Zungen anderer 
Tiere, wie von Pferden, Eseln, Hunden oder Katzen, von 
praktischem Wert sein kann. 

Demonstrationen auf dem Gebiete 
des Hufbeschlages. 

Von Herrn Oberveterinär Winkler, Amtatierarzt 

Das Referat zu diesen Demonstrationen ist nicht eingeliefert. 

XXII. Vortragsabend 

am 25. Juni 1907. 

Die Grasfluren der Erde, Deutschlands Wiesentypen 
und die Wertbestimmung des Wiesenheues. 

Vortrag des Herrn Dozent Dr. Naumann. 

Für den Veterinärmediziner sind diejenigen mit Pflanzen 
bestandenen Gelände von Wichtigkeit, welche zur Gewinnung 
von Viehfütter dienen, also die Wiesen und die mit Futter¬ 
pflanzen bestandenen Äcker. Wenn auch in den weiteren Aus¬ 
führungen das Hauptgewicht auf die deutschen Wiesen¬ 
formationen gelegt werden soll, so müssen doch auch die übrigen 
Grasfluren der Erde eine kurze Betrachtung finden. Begibt 
sich doch heute der Tierarzt, dem Rufe des Vaterlandes oder 
seinem eignen Wanderdrange folgend, öfter als Bonst in außer¬ 
europäische, tropische und subtropische Gegenden. Gehören 
doch in dem tropischen Ost-Afrika und in dem subtropischen 
West-Afrika reiche Grasländereien als Kolonialbesitz unserem 
deutschen Vaterlande zu. Im kaltgemäßigten Erdgürtel entwickeln 
sich Grasfluren mit geschlossener Grasnarbe, die wir 
bei vorherrschendem Süßgrasbestand echte Wiesen, bei vor¬ 
wiegendem Sauergrasbestand Wiesenmoore nennen. In den 
warmgemäßigten Gürteln und in den Tropen finden wir Gras¬ 
fluren ohne geschlossene Grasnarbe (aus Büschelgräsern 
zusammengesetzt). Dies sind entweder baumlose Gelände: 
Steppen, oder die mit Bäumen und ansehnlichen 
Sträuchern bestandenen Savannen. Die ostafrikanischen 
Grasfluren werden alsdann kurz aber anschaulich geschildert, 
um danach ausführlich und unter Vorlage neu angelegter 
Formationsherbarien auf die Wiesentypen Deutschlands ein¬ 
zugehen. Für äußerlich auffallende Verschiedenheiten gilt der 
lokalgeographische Begriff der Formationen, für die innere 
Verschiedenheit zweier Wiesen der gleichen Formation ist der 
Ausdruck „Fazies u gebräuchlich. 

Außerhalb der Wiesen findet sich eine besondere Gras¬ 
bedeckung auch in drei anderen Fonnationen: Trift, Sandflur 
und Moor. 

Als echte Wiesenformationen sind anzusehen: die boden¬ 
feuchten Niederungswiesen und die klimafeuchten 
Gebirgswiesen. In unserem, durch Kultur veränderten Gelände 



668 


ist alsdann als ein dritter Haupttypus aufzustellen: Hügel-oder 
Übergangswiesen. Infolge anderer Anschlußformationen 
erhalten wir charakteristische Nebentypen, welche durch 
Trockenheit oder dauernde Feuchtigkeit bestimmt werden, 
während die Haupttypen bei mittlerer Feuchtigkeit in 
die Erscheinung treten. 

Wir erhalten auf diese Weise folgende Wieseneinteilung 
unter Beifügung des Futterwertes in den 4 Abstufungen: I vor¬ 
züglich, II gut, in mäßig, IV wertlos oder schädlich, bei 
den einzelnen Typen. 

Wiesentypen. 

Haupttypen: Nebentypen: 

1. Sandflurwiesen IV, III 

2. Heidewiesen IV, III 

3. langhalmige Tal wiesen I, II 

4. Strand- und Marschwiesen III, II 

5. Bruch wiesen HI 

6. Teichwiesen III, IV 

7. Sumpfwiesen II—IV 

8. Triftwiesen II, HI 

9. Übergangswiesen n 
ev. Bruchwiesen (siehe 5) 

10. Borstgrasmatten IV, III 

11. Knrzrasige Bergwiesen II, I 

12. Moorwiesen IV, IH 

im Anschluß an die drei Kultur¬ 
formationen Feld, Obstgelände, Kulturwald: 13. Bracbe- 

wiesen II, HI, 14. Baum wiesen n, 15. Waldgrasfluren HI, IV. 

Am Aufbau der Haupttypen sind 30 Pflanzenfamilien mit 
170 Arten beteiligt, darunter 33 Süßgräser, 17 Korbblütler, 
14 Schmetterlingsblütler, 17 Doldenblütler, 12 Sauergräser. 
Unter Berücksichtigung der Nebentypen bauen sich die deutschen 
Wiesen (exkl. Alpenmatten) auf aus 269 Gattungen mit 611 Arten. 

Hierauf werden die Methoden zur Wertbestimmung des 
Wiesenheues besprochen. Zuerst wird beleuchtet die Wert- 
bestimmung durch die chemische Analyse. Wohl lassen 
sich allgemeine Schlüsse auf die Güte des Heues auch durch die 
chemische Analyse ziehen; dennoch bleiben bei der Durchschnitts¬ 
analyse gewisse Stoffgruppen (Alkaloide, Glykoside^Gerbstoffe, 
äther. Öle, Bitterstoffe) unberücksichtigt, welche den Geschmack 
und die Bekömmlichkeit beeinflussen. Es ist deshalb noch immer 
als die beste Methode zur Beurteilung des Futterwertes die 
botanische Analyse zu empfehlen. 

Hierbei ist Voraussetzung: die gute Kenntnis der ver¬ 
breitetsten Wiesenpflanzen. 

Hierzu sollten praktische Übungen an den tierärztlichen 
Hochschulen eingerichtet werden, in denen auch der Futterwert 
der betr. Pflanzen mitzuteilen ist. 

Von Wichtigkeit ist die Entnahme der zu untersuchenden 
Heuproben. 

Während bei Heu, welches lediglich ^ur Bestimmung 
des Futterwertes eingesandt werden soll, Wert zu legen 
ist auf eine möglichst genaue Mittelprobe, ist bei Heuein¬ 
sendungen zur Erkennung der Krankheitsursache möglichst 
sofort nach der Erkrankung des Tieres von demselben Heu, 


I. Niederungswiesen I, II 

a) trocken j 

b) mittelfeucht j 

c) immerfeucht 

II. Hügelwiesen II 

a) trocken 

b) mittelfeucht 

c) immerfeucht 

III. Gebirgswiesen II, I 

a) trocken 

b) mittelfeucht 

c) immerfeucht 
Hierzu kommen noch 


möglichst von der Entnahmestelle ohne Mittelprobe etwa 1 kg 
in Sackverpackung zuzuschicken. 

Zur Ausführung der Heuanalyse genügen bei Heu 
mit geringem Artenbestand 2X50g, bei reichem upd 
wechselnden Artenbestand sind 4X50 g zur Untersuchung 
heranzuziehen. Wie an Beispielen gezeigt wurde, brauchen die 
ausgesuchten Arten weder gezählt noch gewogen zu werden, 
sondern sind im Untersuchungsprotokoll zu gruppieren in 

1. wesentliche Arten, 

2. Arten von mittlerer Häufigkeit, 

3. unwesentliche Arten. 

Neben dieser allgemeinen Analyse sind noch spezielle 
Analysen notwendig und zwar: Untersuchung der Heu¬ 
blumen (Kenntnis charakteristischer Samen), Untersuchung 
auf Befallungspilze (Rost, Brand, Mehltau usw.), das An¬ 
fertigen von Grasquerschnitten bei nicht blühenden 
Grummetgräsern. (Hier wurden Grasquerschnitte in Licht¬ 
bildern vorgeftihrt.) 

Bei Darstellung der Analysen-Resultate wird daB Lange- 
thaUche, von Witt mack erweiterte Punktiersystem erwähnt, 
welches doch nicht völlig befriedigen kann. Ein Punktier¬ 
system ist nicht besser, als eine zweckmäßige Zusammen¬ 
stellung der Analysenresultate nach folgendem Schema: 

I. Wertgebende Faktoren. 

1. Erhebliches Vorkommen von Gräsern 1. und 2. Güte, 

2. Gehalt an Leguminosen, 

3. Artenreichtum (am besten auszudrücken durch die 

Verhältniszahl Gräser: Kräuter). 

n. Wertmindernde Faktoren. 

1. Allgemeine: 

Erhebliches Vorkommen von Gräsern 3. Und 4. Güte 
(incl. Sauergräser). 

2. Besondere: 

a) häufiges Auftreten von Giftgewächsen, 

b) Epidemisches Auftreten von Befallungspilzen, 

c) Verderbnis durch ungünstiges Erntewetter, durch 
zu feuchtes Lagern oder durch zu langes Aufbewahren. 

d) Staubigkeit bezügl. Verschlämmung, 

e) Vorwalten hartstengeliger bzw. stacheliger Kräuter, 

f) Verspätetes Ernten, 

g) Schädlicher Einfluß künstlicher Düngung oder gift¬ 
haltiger Rieselwässer. 

Diese Ausführungen mögen die Wichtigkeit der auf das 
praktische Bedürfnis gerichteten Botanik für den Veterinär¬ 
mediziner dartun. Sie sollen aber auch den Wunsch berechtigt 
erscheinen lassen, daß auch den älteren Veterinärstudierenden 
Gelegenheit geboten werden müßte, sich in einem botanisch¬ 
mikroskopischen und heuanalysischen Praktikum die nötige 
Übung in den beschriebenen Untersuchungen zu erwerben. 

Das Präputium der Haussäugetiere. 

Vortrag des Herrn Assistent Dr. Krage. 

Der einfachste Bau des-Präputiums tritt uns beim männ¬ 
lichen Rind, dem Hund, dem Kater und dem Ziegenbock 
entgegen. Bei diesen Tiergattungen besteht die Präputial- oder 
Schlauchwand aus 2 Blättern, dem äußeren Integumentblatte 
und der diesem innen anliegenden Membrana präputialis. Beide 
Blätter gehen an der Geschlechtsöffnung, dem Orificium präputiale, 
ineinander über. Die Membrana präputialis setzt sich, dem 



669 


Integumentblatte inwendig anliegend, in der Richtung des 
Hodensackes weiter fort, um sich nicht weit vom letzteren auf den 
Penis umzuschlagen, den sie als Membrana penis bis zum Ori¬ 
ficium urethrae bekleidet. Dadurch entsteht zwischen Schlauch¬ 
wand und Penismembran der Präputialsack, dessen kaudaler 
Abschluß den Fundus- oder Fomix praeputii darstellt, während 
die Tunica coninuctiva, welche die Verbindung zwischen Penis 
und Schlauchwand bildet, als Membrana fornicis praeputii auf¬ 
zufassen ist. 

Etwas anders gestalten sich die Verhältnisse beim Pferd, 
Schafbock und Eber. Beim Pferd bildet die Präputial- 
fundusmembran eine nabelwärts gerichtete Ringfalte, wodurch 
der Präputialsack in einen penisseitigen und wandseitigen 
Spaltraum mit* je einem blinden Fundus geschieden wird. Der 
Präputialsack des Schafbockes liegt kranial vom Penis, da 
sich die Membrana präputialis unmittelbar auf die Glans penis 
umschlägt und nur diese als Membrana glandis überzieht. Ein 
Fundus praeputii und eine eigentliche Membrana penis sind nicht 
vorhanden. Beim Eber zerfällt das Präputium bekanntlich in 
einen afterseitigen, engen und einen nabelseitigen, weiteren Teil; 
beide Teile sind durch eine ringförmige Querleiste geschieden. 
In dem nabelseitigen Teile führt eine an der dorsalen Wand 
befindliche runde Öffnung in einen etwa hühnereigroßen Beutel, 
der durch ein von der Bauchwand herabhängendes Septum in 
eine rechte und linke Abteilung zerfällt. 

Das makroskopische Bild des Präputiums in seinen ein¬ 
zelnen Teilen zeigt folgendes: Das Integumentblatt gleicht 
dem Integumentum commune jeder Tierart und weist nur be¬ 
züglich seiner Behaarung einige unwesentliche Unterschiede auf. 
Am Orificium praeputiale läßt sich der freie Rand, sowie 
eine äußere und innere Randfläche unterscheiden, nur beim 
Kater ist die letztere nicht vorhanden. Die Präputialöffnun^ 
selber ist bei Pferd, Rind, Katze, Schaf, Ziege und Schwein 
kreisförmig, beim Hund T-förmig. Bei Katze und Schaf ver¬ 
jüngt sich der Präputialsack vom Orificium aus trichterförmig, 
während man beim Ziegenbock ein wenig kaudal vom Ori¬ 
ficium einwärts einen dünnen Saum findet, der sich durch hellere 
Farbe von der Umgebung abhebt. Die innere Randfläche des 
Orificiums besitzt bei den einzelnen Tieren eine verschiedene 
Länge und ist meist mit langen Haaren besetzt, die beim 
Rind, Schafbock und Eber zur Präputialöffnung weit hinans- 
ragen. Die Membrana präputialis besitzt bei sämtlichen 
Tieren ein hellglänzendes Aussehen und ist außer bei Pferd 
und Ziegenbock haarlos. Beim Pferd erstreckt sich die feine 
Behaarung bis zum freien Rande der Ringfalte, während beim 
Ziegenbock nur etwa die vordere Hälfte der Membrana prä¬ 
putialis mit Haaren bedeckt ist. Außerdem weist die Membran 
bei Hund, Schaf, Ziege und Eber mehr oder weniger große 
Lymphknötchen auf, die bei letzterem besonders stark ausgeprägt 
sind und den hinteren, skrotalseitigen Abschnitt ein wulstiges 
Aussehen verleihen. Die Faltenbildung der Membran ist im all¬ 
gemeinen eine geringgradige und tritt nur bei Pferd, Ziege 
und Rind deutlicher hervor. Das Pferd besitzt außerdem zu 
beiden Seiten der Raphe praeputii eine größe Falte, die sich 
vom Orificium bis zum Fundus erstreckt, während der Ziegen¬ 
bock vier große Hauptfalten zeigt, welche rechts, links, dorsal 
und ventral liegen. Beim Hund befindet sich noch in der Mitte 
der ventralen Fläche, entsprechend der äußeren Raphe, die 
dünne Falte einer kleinen, bindegewebigen Membran, welche 


septenartig in das Innere hineinragt und regelmäßig gesägt er¬ 
scheint. 

Die Funduspräputialhaut und die Membrana penis 
mit Einschluß des Innenblattes der Ringfalte des Pferdes 
aller Tiere tragen denselben makroskopischen Charakter. Sie 
sind haarlos und besitzen ein helles, glänzendes Aussehen. Beim 
Kater findet man an der Penismembran die bekannten Häkchen. 

Das mikroskopische Bild entspricht im großen und ganzen 
dem makroskopischen. Das Integumentblatt besitzt auch hier 
dieselben Eigentümlichkeiten wie die übrige äußere Haut der 
betreffenden Tierart. Die Umrandung des Orificium prae¬ 
putiale hat eine starke Epidermis und einen gut ausgeprägten 
Papillarkörper. Die Papillen, welche nur beim männlichen 
Rinde das Stratum granulosum erreichen, besitzen mannig¬ 
faltige Formen. BeiPferd, Eber, Schafbock, Ziegenbock 
herrscht die fingerförmige oder zylindrische Form vor, während 
bei Hund, Kater und dem männlichen Rind außerdem 
solche Vorkommen, welche die Form abgeflachter oder halbkreis¬ 
förmiger Hügel besitzen. Der Hund zeigt oft verkehrt kegel¬ 
förmige und der Ziegenbock sichelförmige Papillen. In der 
Orificium wand sind drei Drüsenarten vorhanden, nämlich 1. echte 
Talgdrüsen, deren Ausführungsgang in einen Haarbalg mündet, 
2. die den Talgdrüsen gleich gebauten Smegmadrüsen oder 
alveolären Präputialdrüsen, welche frei an der Oberfläche münden, 
und 3. tubulöse Präputialdrüsen, welche den Schweißdrüsen 
des Integuments sehr ähnlich sind, sich aber von diesen durch 
das niedrige Epithel, die fehlende subepitheliale Muskulatur und 
die häufige Reaktion auf Schleim unterscheiden. Es sind also 
modifizierte Schweißdrüsen, die man als Drüsen eigener Art 
auffassen kann. Beim Hund treten außerdem den Smegma¬ 
drüsen ganz gleich gebaute Drüsenendstücke auf, die eine tubu¬ 
löse Gestalt haben. Es sind alveolotubulöse Smegmadrüsen, 
deren weiter Ausführungsgang sich in zwei bis drei lange, etwas 
schmälere Äste teilt, an denen sich kleine, schlauchförmige 
DrüsenendBtücke ansetzen, die sich eventuell zu Läppchen Zu¬ 
sammenlegen. Die echten Talgdrüsen, welche in großer 
Zahl vorhanden sind, besitzen eine plattgedrückte oder ovale 
Gestalt und sind bei Schaf und Ziege besonders groß. Die 
alveolären Präputialdrüsen sind relativ selten vorhanden und 
fehlen beim Kater und Eber vollständig. Dagegen fehlen die 
tubulösen Präputialdrüsen nur beim Eber; sie sind beim 
Pferd und Hund am mächtigsten entwickelt und stark geknäult, 
während sie bei allen anderen Tieren einfach geschlängelt ver¬ 
laufen. Ihr Epithel ist hei Pferd und Hund besonders niedrig. 
Das Sekret der Drüsenzellen ist serös und trägt nur bei Ziegen- 
bock und Hund sero-muzinösen Charakter. 

Die Membrana praeputialis weist je nach der Tierart 
einige Verschiedenheiten auf. Ihr Epithel, welches zwar niedrig, 
aber in seinen Schichten gut ausgeprägt ist, sendet beim Hund 
und Rind eigenartige Fortsätze, Epithelzapfen, in die Membrana 
propria. Der Papillarkörper ist auch hier gut ausgebildet und 
zeigt die verschiedensten Formen. Die Membrana praeputialis 
ist bei den meisten Tieren frei von Drüsen; sie besitzt nur beim 
Pferd und Ziegenbock die oben erwähnten drei Drttsenarten, die 
in zwei Lagern übereinander liegen. Das obere Lager besteht 
aus echten Talgdrüsen und sehr zahlreichen alveolären Smegma¬ 
drüsen, während das untere von den tubulösen Präputialdrüsen 
gebildet wird, welche beim Pferd stark geknäult sind und läng¬ 
lich ovale Komplexe bilden. Die Membran des Fundus prae- 



putii wird bei allen Tieren außer Pferd und Schaf durch 
zahlreiche Epitheleinsenkungen charakterisiert, welche bei den 
einzelnen Tieren verschiedene Formen annehmen. Beim Hund 
sind sie wie in der Membrana praeputialis geformt. Beim 
Kater greifen sie wie kleine stumpfe Zacken in das Stratum pro¬ 
prium ein, während sie beim Ziegenbock teils einfach, finger¬ 
förmig, teils unten gegabelt sind und mitunter eine gewaltige 
Länge erreichen. Beim Eber sind sie schmal und unverzweigt, 
beim Rind oval oder gestielt blasig. Der Präputialfundus ist, 
abgesehen vom Pferd, stets drüsenlos. Die Membrana penis 
stimmt mit der Membran des Fundus praeputii überein, entbehrt 
aber der Epitheleinsenkungen. An deren Stelle treten beim 
Kater und Ziegenbock epitheliale Hervorragungen auf, die 
beim ersteren an der Spitze verhornt, beim letzteren unver- 
hornt sind. 

Was endlich die Ringfalte des Pferdes anbetrifft, so be¬ 
sitzt das parietale Blatt derselben eine hohe Epidermis und 
einen gnt entwickelten Papillarkörper. An Drüsen findet man 
wenige zu Haarbälgen gehörige Talgdrüsen, dagegen sehr zahl¬ 
reiche Smegma- und ungemein große und zahlreiche tubulöse 
Knäueldrtisen. Letztere liegen in mehreren Lagen übereinander. 
Der freie, wulstartig verdickte Rand der Ringfalte 
zeichnet sich außer durch sein hohes Epithel duTch den außer¬ 
ordentlichen Reichtum an Drüsen aus. Keine andere Partie des 
Präputiums zeigt so mächtige Drüsenlager. Die Drüsen er¬ 
langen ihre bedeutendste Entwicklung unmittelbar vor dem Über¬ 
gange in das innere Faltenblatt. Einzelne echte Talgdrüsen 
finden sich auch hier noch vor. Die tubulösen Präputialdrüsen 
füllen das ganze Stratum proprium unter den alveolären Drüsen 
aus und reichen bis in die Subkutis hinein. Das innere, penis¬ 
seitige Blatt der Ringfalte zeigt hingegen denselben Cha¬ 
rakter wie die Membrana penis aller anderen Tiere; es ist völlig 
haar- und drüsenlos und besitzt einen deutlichen Papillarkörper. 

XXIII. Vortragsabend 

am 19. Juli 1907. 

Zar Kenntnis der Pankreaskonkremente. 

Vortrag des Herrn Dr. phil. Bergholz, Assistent der Physiologisch- 
Chemischen Abteilung des Physiologischen Instituts. 

Der Vortragende wies zunächst auf den 'Umstand hin, daß 
sich in der medizinischen Literatur schon frühzeitig Notizen 
über Pankreaskonkremente finden. Als erste haben sie wohl 
in der Mitte des 17. Jahrhunderts Panarolus und Gajea be¬ 
obachtet. Trotz dieser frühen Kenntnis des Vorkommens von 
Pankreassteinen sind die in der Literatur niedergelegten Be¬ 
schreibungen sowie die vorgenommenen Analysen recht gering 
an Zahl. Was die letzteren anlangt, so hat sich für die 
Pankreaskonkremente eine sehr wechselnde Zusammensetzung 
ergeben. Zur Gewinnung eines allgemeinen Überblicks hier¬ 
über führte der Vortragende einige dieser Resultate an. Bei 
Tieren sind die durch Erkrankung der Bauchspeicheldrüse hervor¬ 
gerufenen Konkremente ebenfalls nur selten und zwar vorzugs¬ 
weise bei dem Rind beobachtet worden. Von den in der 
veterinär-medizinischen Literatur befindlichen Fällen tut Berg¬ 
holz in einem eingehend beschriebenen Fall besondere Erwähnung. 
Dieser Fall, wohl der eklatanteste, betrifft eine Kuh, deren 
Pankreasdrüse Steine bis zu Bohnengröße im Gesamtgewicht 
von 260 g enthielt. 


Aus den vom Vortragenden gegebenen Analysenresultate 
war zu ersehen, daß in der weitaus größten Zahl der Fälle die 
Pankreaskonkremente aus kohlensaurem und phosphorsaurem 
Kalzium mit geringen Beimengungen von organischen Substanzen 
wie Fett, Protein, Cholesterin, Pigmenten usw. bestehen, während 
diejenigen Pankreassteine, die vornehmlich aus organischen 
Verbindungen bestehen, aber nur eine sehr geringe Menge 
anorganischer Bestandteile enthalten, viel seltener Vorkommen. 
Die Pankreaskonkremente können demnach in zwei Gruppen ge¬ 
schieden werden und zwar solche mit überwiegend anorganischen 
Bestandteilen — kurzweg anorganische — und Bolche, die in der 
Hauptsache aus organischen Substanzen zusammengesetzt sind. 

Weiterhin referierte Bergholz über drei von ihm in Ge¬ 
meinschaft mit Herrn Dr. phil. Scheunert, Chemiker und Vor¬ 
stand der Physiologisch-Chemischen Abteilung, vorgenommene 
Analysen von Pankreassteinen. 

Bei Fall 1 stammten die Steine von einer zirka 6 Jahr 
alten Mastkuh, die keinerlei Krankheitserscheinungen gezeigt 
hatte und sich auch nach der Schlachtung im übrigen als völlig 
gesund erwies. An dem Pankreas waren nur noch ganz ge¬ 
ringe Mengen von Drüsensubstanz wahrzunehmen, die Haupt¬ 
masse des Pankreas stellte sich als ein vollkommen mit festen 
Massen gefüllter, häutiger Sack dar. Dessen Inhalt bildeten 
griesige Massen und Konkremente, die darin in außerordentlich 
großer Zahl und höchst variabler Größe, von Sandkorn- bis zu 
Haselnußgröße, enthalten waren; die größten Exemplare wogen 
bis zu 10 g. Die Analyse dieser Steine zeigte als wesentlichen 
Bestandteil kohlensauren Kalk, weiterhin geringe Beimengungen 
von phosphorsaurem Kalk, stickstoffhaltigen Substanzen und 
Fett. Die Pankreassteine des Falles 1 stellen danach fast 
völlig organische Konkremente dar. 

Die Pankreassteine des 2. Falles stammten ebenfalls von 
einem Rinde. Die Analyse dieser Konkremente ergab fast die 
gleiche Zusammensetzung wie bei den Steinen des zuerst er¬ 
wähnten Falles. 

Der 3. Fall betraf Steine, die sich noch in situ in einem 
„mit Alkohol schon sehr lange“ aufbewahrten Präparat be¬ 
fanden, über dessen Herkunft genauere Angaben nicht mehr zu 
erhalten waren. Aus den Analysen, so weit sie auch bei diesen 
Konkrementen vorgenommen wurden, geht hervor, daß sie 
offenbar eine den bereits geschilderten sehr ähnliche Zusammen¬ 
setzung besitzen. 

Weiterhin hebt Bergholz hervor, daß sämtliche von ihm 
untersuchte Pankreaskonkremente fast den gleichen Kalkgehalt 
von 50 bis 52 Proz. und der Fall Nr. 1 und 2, wie die Analyse 
ergab, auch fast den gleichen Gehalt an Phosphorsäure, Asche 
und wohl auch Kohlensäure besaßen. 

Die vorliegenden Konkremente gehörten zur Gruppe der 
anorganischen Pankreaskonkremente und dürften wohl bezüglich 
ihrer Entstehung in naher Beziehung zu den in der veterinär¬ 
medizinischen Literatur beschriebenen Fällen stehen. 

Auf die Ursache der Konkrementbildung, auf die Er¬ 
scheinungen, die auf die Entstehung der Steine hinweisen, und 
auf ähnliche naheliegende Fragen einzugehen, sagte Bergholz, 
zieme ihm als Chemiker nicht und würde eine Überschreitung 
seines Gebietes sein, weshalb er nur darauf aufmerksam machen 
wolle, damit in dieser Hinsicht von human- bzw. veterinär¬ 
medizinisch gebildeten Kräften weiter geforscht werde. 

Referiert von Dr. Immiscli, 



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Ein Beitrag znr Kenntnis des histologischen Baues 
der Tränendrüse unserer Hanssäugetiere« 

Von Dr.. Horniokel, Prosektor am anatomischen Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Dresden. 

Die Tränendrüse anserer Haussäugetiere trägt einen 
tubuloalveolären Charakter und zeigt im allgemeinen den 
gleichen Aufbau wie die großen Speicheldrüsen, d. h. die 
Drüsenendstücke bilden gruppenweise Primärläppchen. Diese 
Primärläppchen werden durch feinere Züge von Stützgerüst zu 
Sekundärläppchen, und diese durch gröbere Trabekeln und die 
Gesamtkapsel zur ganzen Drüse vereinigt. Die Erkennbarkeit 
der Trennung des Parenchyms in Sekundär- und Primär¬ 
läppchen ist bei den einzelnen Tierspezies verschieden deutlich 
ausgeprägt und geht Hand in Hand mit der Stärke der inter¬ 
lobären bzw. interlobulären Bindegewebszüge. Da nun das 
Interstitium beim Schwein, den Fleischfressern und dem Rind 
relativ stark, bei den Equiden und kleinen Wiederkäuern da¬ 
gegen nur mäßig entwickelt ist, so läßt sich die Trennung 
des Gesamtparenchyms in einzelne Läppchen bei den zuerst ge¬ 
nannten Tieren gut, bei den zuletzt angeführten dagegen nur 
undeutlich nach weisen. Gleichzeitig sei jedoch erwähnt, daß 
außer diesen Artverschiedenheiten auch individuelle Verschieden¬ 
heiten Vorkommen. Elastisches Gewebe und muskulöse Elemente 
sind in der Drüsenkapsel und dem Interstitium nur spärlich 
vorhanden bzw. fehlen vollständig. Der Nachweis stärkerer 
Anhäufungen von Lymphzellen, die mitunter, wie beim Menschen, 
den Eindruck eines adenoiden Charakters des Stützgerüstes der 
Tränendrüse erwecken können, ist nicht zu erbringen, wohl 
aber finden sich im Interstitium zahlreiche kleinere und größere 
Fettröpfchen und Fettzellen vor, welch’ letztere beim Hund an 
manchen Stellen so zahlreich auftreten, daß sie Fettinseln von 
der Größe kleinerer Drüsenläppchen bilden; Fettläppchen da¬ 
gegen, d. h. eine Anhäufung von Fettzellen mit zwischen¬ 
gelegenen Kapillaren sind nicht zu konstatieren. In dem durch 
die Verzweigung des Interstitiums gebildeten Maschen werk 
liegen die Drüsenendstücke, die von einer Membr. propria um¬ 
geben sind und von im allgemeinen pyramidenförmigen, nur bei 
der Ziege zylindrischen Zellen ausgekleidet werden. Außer 
dieser Besonderheit bei der Ziege und außer dem diesem Tier 
noch eigenen Charakteristikum, zwischen den gewöhnlichen 
Epithelzellen eigentümliche, ovale, durch Eosin gleichmäßig 
schwach rot gefärbte Gebilde erkennen zu lassen, finden wir 
noch weitere, von der Norm abweichende Befunde beim Esel 
und Hund, so Komplexe von Tabulusquerschnitten mit weitem 
Lumen und mehr kubischem Epithel bzw. unverhältnismäßig 
weite, stark ausgebuchtete und von hochzylindrischen Zellen 
ansgekleidete Drüsenendstücke. Die mikrochemische Unter¬ 
suchung auf Schleim läßt die Tränendrüse der Equiden, des 
Rindes und der Katze als Eiweißdrüse, die von Schaf, Ziege 
und Hund als gemischte Drüse erkennen; die Tränendrüse des 
Schweins trägt den Charakter einer Schleimdrüse. Weiterhin 
tritt bei allen Tieren als konstanter Zellenschluß Fett in Form 
kleiner und kleinster Tröpfchen auf. Auch lassen sich in allen 
Präparaten an den sekretorischen Flächen der Epithelzellen 
randständige Kittleisten nach weisen, die sich mit den Sekret¬ 
kapillaren zwischen die einzelnen Zellen der epithelialen Aus¬ 
kleidung einsenken. Da ich nun an den Sekretkapillaren, die 
nur dem Schwein und Hund fehlen, in jedem Fall Kittleisten 
nachweisen konnte, so halte ich ihre Lage für eine inter¬ 


zelluläre, also zwischenzettige. Von *dw an, die ,.X)rü&qn- 
endstücke sich .anschließenden, Sekret abführenden System sind 
bei allen Haustieren Schaltstücke und.Ausfübrnn gfg|nge naeß- 
zuweisen, während Sekretröhren ipi allgemeinen fqblen^^ie 
sind in typischer Weise nur dem Epol eigen, rdoch 
ich darauf hinweisen, daß auch beim Rind { ,ähnj[iChe Gebilde Vor¬ 
kommen. Als besonderen Befund «zeigten sich «in den inter¬ 
stitiellen Ausführungsgängen einer,Ziege und einea Esels.rWohl 
charakterisierte Becherzellen. 

Kardiographlgeiie Stadien. 

Vortrag des Herrn Dr. med. vet. Imntisch, I. Assistenten des 
Physiologischen und Histologischen Institutes. 

Der Vortragende gab zunächst eine .kurze Beschreibung 
von dem zu den Versuchen verwendeten Individuum, einem 
zehn Wochen alten Kalbe mit Ectopia cordis. Das vom Herz¬ 
beutel umgebene Herz lag an der ventralen Fläche des 
thorakalen Halsdrittels vpllkommon symmetrisch.*?) Vor der 
Schilderung und Deutung, der von diesem Tiere erhaltenen 
Herzkurven hob Immisch noch besonders hervpr, daß von 
ihm eine durch die Herztätigkeit bedingte rhythmisch sich 
wiederholende Lage Veränderung trotz der freien Lage des 
Herzens, die eigentlich noch ein prädisponierendes Moment 
hierfür darstellt, in Übereinstimmung mit anderen Forschern 
nicht beobachtet werden , konnte.. Ferner erwähnte der Vor¬ 
tragende, daß durch die Tätigkeit des Herzens eine Form- 
veränderung desselben derartig ^pffritt, daß die Ventrikel 
während der Diastole einen von oben nach unten kompnmierfen 
Kegel, während der Systole aber einen geraden Kreiskegel 
darstellen. .. t 

Bei Anwendung der Kardiographie erhielt Im misch zwei 
verschiedene Kurventypen, einen Typus bei Abnahme des 
Kardiogrammes von den Kammern und deinen bei Abnahme des 
Kardiogrammes von den Atrien aus. Wenn die kardiographischen 
Kammeraufnahmen nicht in der,Medianlinie des Herzens, also 
an der Grenze zwischen rechter und linker Kammer, erfolgten, 
sondern an dem linken Ventrikel, so konnte Immisch eine 
Kurve erzielen, die zwar dem Typus der Kammerkardiogramme 
entsprach, aber wesentliche Modifikationen von den in, ider 
Medianlinie aufgenommenen Kardiogrammen atifwles. Diese 
Veränderungen betrafen die auf dem absteigenden Sehenkel 
sich bemerkbar machenden Zacken, die zweifelsohne dnfeh die 
Klappenschlüsse der großen ausführenden Gefäße bedingt werden 
und dürften wohl den Beweis dafür zur Genüge erbringen,«daß 
die zwei Elevationen des absteigenden Schenkels durch Rück¬ 
stauung des Blutes in der Aorta und in dem Schluß der Klappen 
derselben und durch Rückstauung des Blutes in der Pulmohal- 
arterie und den daraus resultierenden Klappenschluß hervor¬ 
gerufen werden. Die bei den kardiographischen , Kammer- 
anfnahmen in der Medianlinie, also zwischen rechter und Huker 
Herzkammer, sich als mehr oder weniger gleichgroß sich 
ergebenden Klappenschlußzacken ließen hei Aufnahme der 
Kardiogramme an der Wandang der linken Herzkammer regel¬ 
mäßig eine wesentliche Vergrößerung der Aortenschluß^acke 

*) Bezüglich anatomischer Einzelheiten bei diesem Fall -von 
Exokardie sei verwiesen auf den Artikel: Imtnisch, Exokardic 
beim Ealbe. Deutsche Tierärztliche Wo«honschrift. 16* Jahrgang. 
Schaper, Hannover 1908. 



672 


und ein ausgesprochenes Kleinerwerden der Pulmonalschlußzacke 
erkennen. Die nun leicht zu vermutende Änderung der Größe 
der Schlußzacken bei Anlegung des kardiographischen 
Instrumentes an dem rechten Ventrikel gelang, was Immisch 
besonders betonte, nicht. Nach seiner Ansicht kann eine 
wesentliche Änderung der Größen der betreffenden Klappen¬ 
schlußzacken bei Abnahme von der rechten Kammer aus über¬ 
haupt nicht erfolgen, sondern nur bei Anlegung der Pelotte 
am linken Ventrikel; diese Ansicht suchte Immisch auf Grund 
der besonderen anatomischen Verhältnisse des zu seinen Ver¬ 
suchen verwendeten Individuums als einwandfrei hinzustellen, 
indem er darauf hinwies, daß die Aorta zwischen den Vor¬ 
kammern mit ihren Herzohren und der Pulmonalarterie ein¬ 
geschlossen ist und Rückstauungen allseits gleichen Widerstand 
finden, daß die Pulmonalarterie aber dorsal frei liegt und 
Rückstauungen in ihr bei der überdies weiteren Entfernung 
vom kardiographischen Instrument sowie infolge der freieren 
Lage in viel höherem Maße verloren gehen und nicht kardio- 
graphisch in so prägnanter Form zum Ausdruck kommen können. 

Ein näheres Eingehen auf die Deutungen, die Immisch 
in subtiler Weise jedem einzelnen Abschnitt der zahlreichen 
Kardiogramme — die Resultate seiner Untersuchungen Btützen 
sich auf 1817 einwandfreie Kardiogramme, die Probekurven, 
die zur Aneignung der Methodik aufgenommen worden sind, 
haben keine Berücksichtigung gefunden — zuteil hat werden 
lassen, dürfte wegen der allzuvielen Einzelheiten über die 
Grenzen eines einfachen Vortragsreferates hinausgehen, zumal 
sich bereits anderen Ortes*) eine ausführliche Abhandlung 
über die Untersuchungen Immischs findet, die überdies durch 
bildliche Darstellung der bei seinen Untersuchungen erlangten 
Kurventypen an Klarheit gewinnt. 


Büchcranzeigen. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Prof. Dr. W. Ellenberger, Prof. Dr. H. Baum und Maler Hermann 
Dlttrlch. Handbuch der Anatomie der Tiere für Künstler. 
Band III. Anatomie des Löwen. Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 
Theodor Weicher, Leipzig. Preis in Mappe 20 M. 

Jahresbericht über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen 
Reiche. Bearb. im Kaiserlichen Gesundheitsamtc zu Berlin. XXL Jahrg. 
190& und XXII. Jahrg. 1907. Mit je 4 Übersichtskarten. Julius .Springer, 
Berlin 1907-08. Preis je 12 M. 

König, Korpsstabsveterinär. Veterinärkalender für das Jahr 1909- 
2 Teile. Augnst Hirschwaldt, Berlin 1909. Preis 3 M. 

Prof. Dr. Lungwitz. Die Bedeutung des Ilufheschlages für 
die Verhütung und Heilung von Lahmheiten. Festrede zur 
Feier des Geburtstages Sr. Maj. des Königs von Sachsen, gehalten in der 
Königlichen Tierärztlichen Hochschule zu Dresden am 25. Mai 1908. 
M. & II. Schaper, Hannover 1908. 

Otto Carl Noack. Experimentelle Untersuchungen, be¬ 
treffend die bazilläre Pseudotuberkulose der Schafe und 
deren Übertragungsfähigkeit auf andere Tiergattungen. 
(Inang.-Diss. der vet.-med. Falkultät Bern). Mit 6 Tafeln. Bern 1908. 

J. Orth. (Unter teilweiser Mitwirkung von Dr. Lydia Rabinowitsch). 
Über die Resorption körperlicher Elemente im Darm, mit 
besonderer Berücksichtigung der Tnberkelbazillen. (Separat¬ 
abdruck ans Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der 
Wissenschaften XXXIX. 1908. 

Dr. H. Märtel. Rapport sur les op^rations du Service. 
vet6rinai re sanitaire de Paris et du Departement de laSeine. 
Pendant l'annee 1907. Paris 1908. 

Otto Budnowskl. Über die Entzündung des Unterstützungs¬ 
bandes der Hufbeinbeugesehne am Vorderfuße des Pferdes. 
Mit 5 Abbild, auf 2 Tafeln und 4 Figuren im Text. (Inaug.-Diss. der 
vet.-med. Fakultät Gießen). [Separatabdruck aus „Monatshefte für 
praktische Tierheilkunde“. Band XIX.] Union Deutsche Verlags¬ 
gesellschaft, Stuttgart 1908. 

*) Immiscb, Ein Beitrag zum Studium des Herz¬ 
stoßes an einem Exocardiacus. Zeitschrift für Tiermedizin. 
Band 12. Gustav Fischer, Jona 1908. 


Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom 

Kaiserlichen Statistischen Amt Achtundzwanzigster Jahrgang 1907. 
28 Bogen und 5 Tafeln. Verlag voü Puttkammer nnd Mühlbrecht. 
Berlin 1907. Preis 2 Mark. 

Von den statistischen Darlegungen seien erwähnt: Viehstand nach 
der Zählung 1904, Hausschlachtungen, Schlachtvieh- und Fleischbeschau, 
Marktpreise von Nahrungsmitteln 1897—1906 und Viehseuchen 1905. 
Das Jahrbuch enthält einen ausführlichen Quellennachweis. Glage. 

Inaugural-Dissertationen 

aus der medizinischen Fakultät der Universität Gießen. 

Max Bärner, lieber den histologischen Bau der Arterien 
in der Brust- und Bauchhöhle des Pferdes mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Anpassung dieser Gefäße an die Umgebung usw. 
Mit 3 Tafeln und 2 Fignren im Text. Gustav Fischer, Jena 1905. 

Karl Beillng, Beiträge zur makroskopischen und mikro¬ 
skopischen Anatomie der Vagina und des Uterus der Säuge¬ 
tiere. Mit 1 Tafel. (Sonderabdrock aus dem Archiv für mikroskopische 
Anatomie und Entwickelungsgeschichte, Band 67. 1906.) Friedrich 

Cohen, Bonn. 

Fritz Christ, Untersuchungen über die Muskulatur und 
das elastische Gewebe in der Milchdrüse der Haussäuge¬ 
tiere. München 1905. 

Fritz Freitag, Zur Entwicklung und Einteilung des Klein¬ 
hirnes der Haussäuger. Gießen 1906. 

Gunnar Haane, über die Cardiadriisen nnd die Cardia- 
drüsenzono des Magens der HaussHugetiere. Mit 2 Text- 
flguren und 6 Abbild, auf einer Tafel. Veit & Comp., Leipzig 1905. 

Paul Hornlckel, Vergleichende Untersuchungen über den 
histologischen Bau der Tränendrüse unserer Hauksäuge- 
tiere. Mit 4 Tafeln. Gießen 1905. 

Kurt Benno Immlsch, Untersuchungen über die mechanisch 
wirkenden Papillen der Mundhöhle der Haussäugcticre. 
Mit 21 Abb. im Text. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1908. 

Bodo Korntann, Über den Bau der Integuments der Regio 
fariura und der Wand des Nasenvorhofs der Haussäugetiere 
mit besonderer Berücksichtigung der daselbst vorkommenden Drüsen. 
Gießen 1903. 

Anton Lenfers, Beiträge zur Synophthalmie der Haustiere. 
Mit 6 Tafeln. Gießen 1903. 

Paul Lenfers, Zur Histologie der Milchdrüse des Rindes. Mit 
3 Tafeln. Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. Berlin 1907. 

Paul Massig, über die Verbreitung des Muskel- und 
elastischen Gewebes und speziell über den Verlauf der 
Muskelfasern in der Wand der Wiederkäuermägen. 

Hans May, Vergleichende anatomische Untersuchungen 
der Lymphfollikelapparate des Darmes .der Haussäugetiere. 
Mit 4 Tafeln. Gießen 1903. 

Josef Müller, Zur vergleichenden Histologie der Lungen 
unserer Haus Säugetiere. Mit 1 Tafel. (Sonderabdruck aus dem 
Archiv für mikroskopische Anatomie u. Entwicklungsgeschichte Bd. 69, 
1906.) Friedrich Cohen, Bonn. 

Richard Reinhardt, über die Pleiodaktylie beim Pferde. Mit 
13 Abbild, im Text. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1907. 

Georg Roschlg, Untersuchungen über die individuellen Ver¬ 
schiedenheiten der Großhirnfurchen beim Rinde. Mit 4 Tafeln 
und 4 Textabbildungen. 1907. 

Emil Rossmüller, Über den histologischen Bau der Arterien 
in der Brust- und Bauchhöhle des Rindes. Mit 4 Tafeln. Bam¬ 
berg 1906. 

Paul Schmidtchen, Die Sahnenscheiden und Schleirabeutel 
der Gliedmaßen des Rindes. Mit 5 Tafeln. Union, Deutsche Ver¬ 
lagsgesellschaft, Stuttgart 1906. 

Georg Spamer, Beiträge zur Entwicklung des Wieder¬ 
käuermagens. Gießen 1907. 

H. Strahl und P. Martin, Die puerperale Involution des Uterus 
beim Schaf. (Sonderabdruck im Anatomischen Anzeiger. XXXII. Band, 
Nr. II, 12.) Gustav Fischer, Jena 1908. 

Kurt Wölfel, Beiträge zur Entwicklung des Zwerchfelles 
nnd Magens bei Wiederkäuern. Gustav Fischer, Jona 1907. 

Drei Dissertationen von Peters, Heid rieh und Dennstedt sind 
bereits früher angezeigt. 


Takanzen. (v g i. Nr. 36.) 

Tierärztliche Hoohschule Dresden: Assistent zum 1. November er. 
Vergütung 1200 M., freie Wohnung usw. Bewerbungen baldigst an 
den Rektor. 

Lande8tierzuchtstelle: Dresden: Hilfsarbeiter zum 1. oder 
15. Oktober er. Gebalt 1800 bis 2700 M., freie Wohnung usw. 
Bewerbungen baldigst an die Kanzlei der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Dresden. 

Stadt-Tlerarzt8telle: Bonnigheim, Oberamt Besigheim 
(Württ): Bewerbungen bis 20. September er. an das Stadt- 
scbultheißenamt. 

Schlachthofstelle: Hannover: Tierarzt zum 1. Oktober er., Gehalt 
2400 M. bis 4100 M. Bewerbungen bis 20 d. M. an den Magistrat. 

Besetzt: Schlachthof stelle in Freienwalde a. 0. 



Di« „Berliner Tler&ntiliche Wocbonacbrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlege ton Riehard Sohoete ln 
Berlin SW. 48, Wilhelms!?» 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von H. 6,— ▼ierteljähr- 
lieh CM. 4,88 für die Wochenschrift, IS Pt fQr Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Originalbeltrige werden mit 60 Hk., In Petltsata mit 
00 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
so senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstrafie 66. Korrektoren, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Berliner 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamborg. Departementa-T. in Odin. 


Med.-E&t Dr. Roeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarst für Hamburg. 


Veterinärrat Peters 

Departements-T. in Bromberg. 


Dr. Schlegel 

Professor in Freiburg. 


Dr. J. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Helfer 

8ehlaehth.-Direktor in Mülhansen L B. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg, 


Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt in München. 

Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt in Hamborg. 


Veterinärrat Preuße 

Departementa-T. ln Danzig. 

Wehrle 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 

ZDndel 


Kais. Regierungsrat in Berlin. Krelstierarst in Mülhausen L B. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut ln Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Jahrgang 1908. 38. Ausgegeben am 17. September. 


Inhalt: Nevermann: Zur Agglutinationsprobe bei Rotz. — Koiransky: Zur Frage der Gregarinose bei unseren Haus¬ 
tieren. — Referate: Liänaux: Bemerkungen über die Pnnktion des Perikards bei der traumatischen Perikarditis. — 
Zimmermann: Beitrag zur Verknöcherung der Hufknorpel beim Pferde. — Edelmann: Mitteilungen aus den Berichten der 
sächsischen Bezirkstierärzte. — Lemke: Phenyform, ein neues Desinfektionsmittel. — Gm ein er: Klinische Untersuchungen 
über die Wirkung modifizierter Salizylsäuren auf die Harnorgane. — Behr: Ein interessanter Fall von Tuberkulose beim 
Pferde. — Nemecek: Ein Harnstein bei einem 10 Wochen alten Fohlen. — Aus der medizinischen Literatur. — MIeßner: 
Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt — Tagesgeschichte: Graffunder: Vorschläge zur Neuorganisation des Veterinär¬ 
beamtentums. — Maximilian: Die Verantwortlichkeit der Veterinäre. — Verein sächsischer Gemeindetierärzte. —Verschiedenes. 
— Tierzucht und Tierhaltung; Geschäftsbericht der bayerischen Landes-Pferdeversicherungsanstalt für das VII, Versicherungs¬ 
jahr 1906/1907. — Personalien. — Vakanzen. 


Zur Agglutinationsprobe bei Rotz. 

Von Regierungs- und Veterinärrat Nevermann. 

In Preußen haben schon im Laufe der Jahre 1900—1905 
umfangreich e V ersu che ü ber die Agglutinationsprobe bei Rotz 
stattgefunden (s. Jahrgang 1903 der Veröffentlichungen aus 
den Jahresberichten der beamteten Tierärzte Preußens, Teil II 

S. 70 ff/). 

Durch den hierunter abgedruckten Ministerialerlaß vom 
21. Februar 1906 — I Ga 1788 — ist diese Art der Unter¬ 
suchung für alle rotzansteckungsverdächtigen Pferde vorge¬ 
schrieben worden. 

Allgemeine Verfügung Nr. 10 für 1906. 

Ministerium Berlin W. 9, den 21. Februar 1906. 

für Landwirtschaft, Domänen, 
und Forsten. 

Gcsehäfts-Nr. 1 Ga 1788. 

Rotz. 

2 Anlagen. 

An sämtliche Herren Regierungs-Präsidenten und den Herrn Polizei- 
Präsidenten in Berlin. 

1. Die Agglutinationsprobe bei Rotz hat sich in der praktischen 
Anwendung als ein wertvolles Hilfsmittel zur Erkennung der 
latent rotzkranken Pferde und damit zur rascheren Tilgung der 
Seuche erwiesen. Behufs Gewinnung weiteren Materials zur Be¬ 
urteilung dieses Verfahrens bestimme ich unter Aufhebung meiner 
Erlasse vom 18. Mai 1902 — I. G* 4123 — und vom 1. Februar 
1905 — I. G® 864 — folgendes: 

2. Nach Tötung der rotzkranken und rotzverdächtigen Pferde 
(§§ 37 und 41 der Bundesratsinstmktion) ist bei allen ansteckungs- 
verdäehtigen Pferden die Agglutinationsprobe vorzunehmen. 

3. Die Pferdebesitzer können nach Lage der Gesetzgebung nicht 
gezwungen werden, die Blutentnahme zu gestatten; es ist aber an¬ 
zunehmen, daß sie diesen ungefährlichen Eingriff wie bisher bereit¬ 
willig erlauben werden, da er ihnen eine schnellere Tilgung des 
Rotzes in Aussicht stellt. 

4. Die Agglutinationsprobe findet für die Provinzen Ostpreußen, 
Westpreußen, Posen, Schlesien und für den Regierungsbezirk Köslin 
in dem tierhygiepisp^en Institute der landwirtschaftlichen Versucbs- 


und Forschnngsanstalten in Bromberg, für die übrigen Provinzen in 
dem pathologischen Institute der Tierärztlichen Hochschule in 
Berlin statt. 

5. Die Kreistierärzte haben dem hiernach zuständigen Institute 
die Zahl der ansteckungsverdächtigen Pferde mitzuteilen, wonach 
ihnen die zur Entnahme der Blutproben notwendigen- Gläser, In¬ 
strumente und Formulare nebst einer Anweisung für die Blutent¬ 
nahme (Anlage A) übersandt werden. 

6. Bei jeder ersten Entnahme von Blutproben ist nach dem 
Schema Anlage B ein genaues Verzeichnis der Pferde aufzunehmen. 

7. Alle an den Tieren vorhandenen krankhaften Erscheinungen 
sowie alle für die Beurteilung der Einschleppung, des Alters und 
der Verbreitung des Rotzes in dem Bestände wichtigen Umstände 
sind in Spalte 4 genau anzugeben. 

8. Das Verzeichnis ist mit den Blutproben dem Institute zu 
übersenden. 

9. Das Institut hat das Ergebnis der Agglutinationsprobe in das 
Verzeichnis einzutragen und dieses nebst seinen Anträgen bis auf 
weiteres alsbald an mich einzusenden, worauf von mir weitere Ver¬ 
fügung ergehen wird. 

10. Der Obduktionsbefund der auf Grund der Agglutinations¬ 
probe getöteten Pferde ist kurz, aber vollständig in Spalte 4 und, 
falls der Raum nicht ausreicht, in Spalte 8 der Anlage B zu vermerken. 

Bei Wiederholungen der Agglunationsprobe ist sinngemäß in 
ähnlicher Weise zu verfahren. 

Sobald die Agglutinationsprobe in einem Bestände als abge¬ 
schlossen bezeichnet ist, ist bis auf weiteres die Nachweisung 
(Anlage B) nebst Abschrift der Obduktionsberichte sämtlicher in 
diesem Bestände getöteten Pferde an mich einzureichen. 

• Alle auf die Agglutinationsprobe bezüglichen Angelegenheiten 
sind mit tunlichster Beschleunigung zu erledigen. 

Auf die Durchführung der in dem Reichsviehseuchengesetz und 
der Bundesratsinstruktion vorgeschriebenen veterinärpolizeilichen 
Maßregeln hat das Ergebnis der Agglutinationsprobe keinen Einfluß, 
insbesondere sind alle Pferde, bei denen während der Dauer des 
Verfahrens seuchenverdächtige Erscheinungen hervortreten, unge¬ 
säumt zu töten. 

Diese Vorschriften treten mit dem 15. März d. J. in Kraft 

Jedem beamteten Tierarzt ist ein Abdruck dieses Erlasses zu 
überweisen. Auch sind zwei Überexemplare beigefttgt. 

In Vertretung: von Conrad. 







674 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


Anlage A. 

Anweisung für die Blutentnahme zum Zwecke dor 
Agglutination8 prüfung. 

1. Zur Blutentnahme wird eine Hautstelle an der Drosselvene 
desinfiziert und in die letztere eine Aderlaßnadel gestochen. Den 
Blutstrahl, der aus der Nadel abfließt, leitet man in ein sterilisiertes 
Gläschen, das dreiviertel voll mit Blut gefüllt wird. Jedes gefüllte 
Glitschen ist sofort mit einem Korken zu verschließen. Die Gläschen 
sind nur mit den betreffenden Nummern bzw. mit den Namen der 
Pferde, denen das Blut entnommen worden ist, zu bezeichnen und 
gut verpackt umgehend den Untersuchungsstellen zu übersenden. 
Wird Blut von Pferden mehrerer Besitzer zu gleicher Zeit ent¬ 
nommen, so muß auch auf jedem Gläschen der Name des Besitzers 
vermerkt werden. 


Um zu vermeiden, daß das Blut eines Pferdes durch das Blut 
eines anderen Pferdes verunreinigt wird, sind nach jedem Aderlaß 
die Hände gründlich abzuspülen; ferner ist für jedes Pferd eine 
neue Aderlaßnadel, oder falls die Zahl derselben nicht ausreicht, 
eine der vorher gebrauchten, abef in Wasser von allen Blutspuren 
gereinigten Nadeln zu benutzen. 

2. Der Name und der Wohnort des Besitzers, die Kennzeichen, 
Nummern bzw. Namen der Pferde — auch der bereits gestorbenen 
oder getöteten — sind in der beifolgenden Liste genau aufzunehinen. 
Etwaige rotzverdächtige oder sonstige Krankheitserscheinungen sind 
bei jedem Pferde anzugeben, ebenso das Obduktionsergebnis der 
bereits gestorbenen oder getöteten Pferde. Die Pferde sind der Reihe 
nach so aufzuführen wie sie im Stalle gestanden haben. Auch sind 
die verschiedenen Ställe in der Liste genau kenntlich zu machen. 


Übersicht über das Ergebnis der Agglutinationsprobe in der Zeit vom I. 4.—30./9. 1906 und vom l./IO. 1906 bis I./4. 1907. 


I. Halbjahr (vom 1 /4.-30./9. 1906). 


Laufende Nummer l| 

Regierungs¬ 

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Zahl der 
Pferde, die 

Der Agglutinationsw’ert, war gleichmäßig und betrug 

Der Apglutinationswert w. 

verschied. 

300-400 

500 -800 

1000-1200 

1500 

2000 »)u. mehr 

in wieviel Fällen 

gestiegen 

gefallen 

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Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
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Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
oder gefallen 

v.b rotzkrank 

Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
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Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
oder gefallen 

v.b rotzkrank 

Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
oder gefallen 

v.b rotzkrank 

Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
oder gefallen 

v.b rotzkrank 

Zahl der 
Pferde 

von a getötet 
oder gefallen 

v.b rotzkrank 

a 

b 

o 

a 

b 

c 

a 

b 

a 

b 

c 

a 

b 

c 

a 

b 

c 

a 

b 

c 

1 

2 

O 

4 

5 

11 

7 

8 

9 

10 

11 

12 | 

13 

14 

1. 

Königsberg . 

3 

4 


4 

4 






















2. 

Gumbinnen . 

10 

35 

— 

35 

15 

1 

— 

13 

3 

— 

4 

4 

1 

1 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

2_ 

2 

1 

_ 

_ 

— 

__ 

3. 

Allenstein . . 

5 

17 

4 

13 

8 


— 

2 

1 

— 

_ 

_ 

_ 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

i 

1 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

4. 

Danzig . . . 

15 

41 

5 

36 

12 

1 

— 

16 

1 

1 

1 

1 

1 

4 

4 

2 

2 

2 

2 

l 

_ 

_ 

_ 

1 

1 

1 

5. 

Marienwerder 

13 

22 

— 

22 

12 

— 

— 

9 

1 

— 

— 

_ 

— 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

i 

_ 

_ 

_ 

1 

1 

_ 

6. 

Berlin . . . 

20 

221 

6 

215 

87 

4 

3 

89 

11 

2 

18 

13 

5 

6 

6 

3 

12 

12 

12 

3 

3 

3 

3 

_ 

_ 

_ 

7. 

Potsdam . . 

3 

50 

4 

46 

32 

1 

— 

12 

— 

— 

— 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

2 

2 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

8. 

Frankfurt a. 0. 

27 

55 

3 

52 

22 5 

3 

22 

3 

2 

5 

5 

2 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

9. 

Stettin . . . 

82 

143 

8'0 

104 

75 

12 

7 

21 

— 


6 

4 

4 

_ 

_ 

_ 

2 

2 

2 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

10. 

Köslin . . . 

1 

1 


1 

— 

— 


1 

— 

__ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

11. 

Posen . . . 

19 

60 

4 

56 

25| 1 

— 

13 

4 

2 

4 

4 

3 

3 

3 

3 

4 

4 

4 

7 

4 

4 

4 

3 

2 

1 

12. 

Bromberg . . 

4 

22 

— 

22 

14; — 

— 

8 

— 

_ 

— 

_ 

_ 

_ 

_ 











_ 

13. 

Breslau . . . 

6 

11 

1 

10 

6 

— 

— 

4 

— 

— 

— 


_ 

_ 

_ 



_ 

_ 

_ 

_, 


_ 

_ 

_ 

_ 

14. 

Liegnitz . . 

19 

47 

4») 

42 

19 

— 

— 

16 

1 

— 

4 

4 

1 

2 

2 

2 

_ 

_ 

_ 

1 

_ 


_ 

1 

1 

_ 

15. 

Oppeln . . . 

6 

140 

5 a ) 

71 

45 

— 

— 

17 

2 

— 

2 

2 

2 

3 

3 

3 

2 

2 

2 

2 

1 

1 

1 

1 

1 

_ 

16. 

Magdeburg . 

25 

42 

6 

36 

28 10 

— 

7 

1 

— 

1 

1 

1 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 


_ 

_ 

_ 

._ 

17. 

Erfurt . . . 

1 

2 

— 

o 

1 

_ 

— 

1 

— 

_ 


_ 

_ 


_ 


_; 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

18. 

Schleswig . . 

5 

81 

2 

79 

56 — 

— 

18 

1 

1 

3 

3 

_ 

i 

1 

1 

1 

l 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

19. 

Hannover . . 

1 

12 

— 

12 

2 

2 

— 

3 

3 

_ 

3 

3 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

4 

3 

3 

3 

1 

1 

_ 

20. 

Hildesheim 

3 

6 

— 

6 

1 5 - 

_ 

1 

_ 

_ 



_ 


_ 

_ 

_ 

_ 





- 



_ 

21. 

Münster . . 

1 

1 

— 

1 

_ 

_ 

_ 

__ 

_ 

_ 

1 

1 

_ 



_ 






_ 

7* 

_ 


. 

22. 

Arnsberg . . 

1 

7 

1 

6 

4 

1 

1 

2 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

8 

K» 

_ 

_ 

23. 

Kassel . . . 

4 

4 

— 

4 

3 - 


1 


— 

— 

— 

- 

_ 



— 

— 


- 

— 

— 

83 

m 

— 

— 


Summa 

274 

994 

53 4 ) 

875 

475 

38 

14 

276 

32 

8 

52 

45 

20 

22 

22 

17 

25 

25 

25 

25 

17 

15 

13 

8 

7 

2 







II. Ilalbj 

ahr 

(vom 1./10. 1906 bis 

1./4. 

1907 

). 











1. 

Königsberg . 

10 

26 


26 

17 

2 


7 

1 








2 

2 

2 








2. 

Allenstein . . 

33 

98 

6 

92 

66 

— 

— 

15. 

2 

1 

3 

2 

_ 

2 

2 

2 

6 

6 

6 

_ 

_ 



_ 



3. 

Marienwerder 

32 

99 

5 

94 

58 

2 

— 

28 

_ 

_ 

1 

1 

1 

3 

3 

2 

3 

3 

3 

1 

_ 

_ 


l 

1 


4. 

Berlin . . . 

26 

155 

1 

154 

95 8 

3 

18 

6 

5 

11 

11 

11 

9 

9 

9 

14 

14 

14 

7 

6 

6 

6 

l 

1 

_ 

5. 

Potsdam . . 

11 

47 

2 

45 

24 

9 

1 

7 

7 

4 

4 

4 

4 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

6 

5 

5 

5 

l 

1 

1 

6. 

Frankfurt a.O. 

5 

6 

— 

6 

5 

_ 

_ 

1 

_ 

_ 

_ 



_ 

_ 

_ 

_ 




_ 






7. 

Stettin . . . 

16 

18 

_ 

18 

14 

_ 

_ 

4 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 









8. 

Köslin . . . 

13 

20 

— 

20 

15 

_ 

_ 

5 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

__ 


__ 

_ 


_ 





9. 

Posen . . . 

4 

5 

— 

5 

1 

_ 

_ 

3 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

1 

1 

l 

_ 

_ 

_ 








10. 

Bromberg . . 

4 

54 

5 

49 

33 

2 

1 

6 

4 

4 

_ 


_ 

1 

1 

l 

4 

4 

4 

5 

5 

5 

3 

__ 

. 

_ 

11. 

Breslau . . . 

5 

11 

2 

9 

6 

2 

1 

2 

1 

1 

1 

1 

1 

_ 

_ 

__ 

_ 

_ 







_ 


12. 

Liegnitz . . 

11 

33 

2 

31 

19 

— 

— 

8 

— 

— 

3 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

- 1 

__ 

_ 

_ 

i 

1 


13. 

Oppeln . . . 

13 

270 

13 5 ) 

255 

190 

8 

— 

51 

7 

2 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

_ 

_ 

_ 

6 

3 

3 

3 

3 

2 

o 

14. 

Erfurt . . . 

1 

1 

— 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 



_ 





15. 

Hildesheim 

1 

14 

1 

13 

10 - 


3 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

__ 

1 _ 

_ 

_ 

_ 









16. 

Lüneburg . . 

1 

3 

1 

2 

o 

2 

_ 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


1 _ 

_ 

_ 





__ 





17. 

Münster . . 

3 

25 

6 

19 

15 

12 

_ 

2 

1 

_ 

1 

1 

1 

_ 


__ 

1 

1 

1 



_ 





18 

Düsseldorf 

1 

3 

1 

2 

2 

- 

— 

— | 

— 


- 









— 

I — 

— 

— 

— 

— 

— 

Sa. II. Halbjahr 



||1 


573 

47 

6 

160 1 

30 

18 

28 

25 

22 

22 1 

22 1 

21 

32 i 

32 I 

*32 

26~ 

Kl 

Kl 

KQ 

7 

6 



i. . 





475 

38 

14 276 

32 

8 

52 

45 

20 

22 j 

22 1 

17 1 

25 

25 

25 

25 | 

M 

o 

□ 

8 

7 | 

2 

Gesamtsumme 

464 

H 

98 7 ) 

1716 

1048 

85 

20 

436 

62 

26 

80 j 

70 

~ 

44 

44 

~\ 

57 

57 

~ 

5l"j 

36 34 j 30 

15 

13 | 



*) Sind bei der Untersuchung Zahlen wie 800 — 1000 ermittelt, so sind die Pferde in die Spalte der höheren Zahl eingetragen. — 
3 ) \ nicht agglutiniert — 3 ) 64 nicht agglutiniert. — 4 ) 36 rotzig. 66 nicht agglutiniert. 5 ; Zwei Blutproben nicht eingesandt. — 
ti ) Außerdem von 66 Pferden Blutproben nicht untersucht. — ~) Außerdem von 88 Pferden Blutproben nicht untersucht. 





























































17. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


675 


8. Der Zeitpunkt, an dem die Pferde der Ansteckung ausgesetzt 
waren, ist möglichst genau zu ermitteln. Auch ist über die Art 
imd Weise des Auftretens der Rotzkrankheit in dem Bestand ein¬ 
gehend zu berichten. 

4. Aderlaßnadeln und sterilisierte, mit Korken verschlossene 
Gläschen liefern die Untersuchungsstellen. 

Anlage B. 


Agglutinationsprobe in dem Pferdebestande von . . . . 
Name: Stand: Wohnort: Kreis: Reg.-Bezirk: 


Ol 

a 

1. 
fc'g 
© ® 

i 

l 

Name und; 
Wohnort 
des 

Besitzers 

Signale¬ 
ment der 

1 Pferde. 
Farbe, 
Ge- 

! schlecht, 
Alter und 
Ab- , 
Zeichen 

Bemerk¬ 
ungen: 
Krankhafte 
Er¬ 
scheinungen ; 

Tag der 
Obduktion; 
Ergebnis der 
Obduktion 
usw. 

I. 

Blut- 

entn. 

am 

II. 

Blut- 

entn. 

am 

III. 

Blut- 

entn. 

am 


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1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 










Das Ergebnis der hiernach ausgeführten Agglutinationsproben 
ist in den nachstehenden, halbjährlichen Übersichten zusammen¬ 
gestellt worden. 


Demnach ist in der Zeit vom 1. April 1906 bis zum 1. April 
1907 in 464 Beständen mit insgesamt 1882 Pferden bei 1716 
Pferden die Agglutinationsprobe ausgefiihrt worden. Hiervon 
wurden 365 Pferde getötet, von denen 218 rotzkrank waren. 
Die Agglutinationsprobe wurde ausgefiihrt 

in 194 Beständen.1 mal 

,138 „ . 2 „ 


„ 1 Bestand .5 „ 

„ 6 Beständen.6 „ 

In 16 Beständen ist die Agglutinationsprobe nicht zum 
Abschluß gekommen, weil die Bestände vorher ausgeräumt 
wurden oder die Besitzer die Wiederholung der Blutentnahme 
verweigerten. 

Das Gesamtergebnis kann dahin zusammengefaßt werden, 
daß es durch die Agglutinationsprobe gelungen ist, eine große 
Zahl rotzkranker Pferde zu ermitteln, die keinerlei klinische 
Erscheinungen des Rotzes zeigten. 

In der ersten Zeit nach der Infektion pflegt der Aggluti¬ 
nationswert des Hintes so hoch zu sein, daß hierdurch schon bei 
der ersten Blutprobe die Tiere als rotzkrank erkannt werden. 

Später fällt der Agglutinationswert allmählich ab bis zu 
Werten, die auch bei gesunden Pferden häufiger Vorkommen. 
Infolgedessen muß dann, wenn längere Zeit seit der Ansteckung 
vergangen ist, die Blutprobe wiederholt werden, um aus dem 
Gleichbleiben oder der Veränderung des Agglutinationswertes 
auf das Freisein oder auf das Vorhandensein von Rotz schließen 
zu können. 

In einigen Fällen war der Agglutinationswert bei mehreren 
Agglutinationsproben gleichmäßig, auf einer noch als normal zu 
bezeichnenden Höhe geblieben, so daß die Pferde auf Grund der 
Blutprobe nicht rotz verdächtig erscheinen und doch später als 
rotzkrank erkannt wurden. Diese Fälle sind aber sehr selten 
gewesen. 

.Ein Teil der Pferde, deren Blut einen Agglutinationswert 
von 1000 und darüber zeigt, ist nicht rotzkrank. Die Zahl 


dieser Pferde ist nicht so groß, daß hierdurch der Wert der 
Methode beeinträchtigt wird. 

Zu weitergehenden Schlüssen und Berechnungen reicht nach 
Erachten des Verfassers das vorliegende Material nicht aus, 
zumal da die in den Spalten 7—13 nachgewiesenen Tötungen 
nicht immer auf Grund der Agglutinationsprobe erfolgt sind. 

Alles in allem genommen hat sich die Agglutinationsprobe 
als ein wertvolles Hilfsmittel zur frühzeitigen Erkennung und 
erfolgreichen Bekämpfung der Rotzkrankheit erwiesen. 


Zur Frage der Gregarinose bei unseren Haustieren.*) 

Von M. Koiransky in Tambow (Rußland). 

Wie oft die Seuche unter den Kaninchen entsteht, ist jedem 
Leiter eines bakteriologischen Institutes ganz genau bekannt. 
Aber nicht jeder kann sagen, aus welcher Ursache die 
nämliche Seuche entstanden ist. Warum? Erstens kommt es 
davon, daß die Krankheiten der Kaninchen uns noch nicht so 
gut bekannt sind; und zweitens denke ich es mir so, wie man 
sagt: „Durch den Wald sieht man keine Bäume“, d. h. da wir 
immer Bakterien und Bazillen suchen, kann es ja sein, daß 
wir andere Mikroorganismen vorbeilassen. Doch aber sind 
jedem Tierarzte die Psorospermien der Kaninchen bekannt, 
und es ist genug Grund dazu, die Gregarinose bei den 
Hühnern und hauptsächlich bei den edlen Rassen derselben 
ebenso oft wie bei den Kaninchen anzunehmen. Auch kann es 
wohl geschehen, daß die Gregarinose bei den Hühnern nicht 
selten mit der Diphtherie derselben verwechselt wird. Daß die 
Gregarinose bei verschiedenen Tieren- bei Hunden, Katzen, 
Schweinen, Schafen, manchmal auch sogar bei unseren großen 
Säugetieren, nicht ausgeschlossen den Menschen, beobachtet 
wird, ist wohl bekannt. Wir wissen aber ganz wenig davon, 
wie oft die Gregarinose in der Landamtspraktik beobachtet 
wird und wie oft die Gregarinose von dem einen Tierschlag 
auf den anderen übergeht. Die Ursache davon ist wohl die, 
daß die Kennzeichen der Krankheit beim Leben der Tiere 
ganz schwer zu bemerken sind. Und möglich ist es, daß diese 
Schwierigkeit die Ursache des Nichtanerkennens der Krankheit, 
auch nach dem Tode der Tiere, hauptsächlich bei den einzelnen 
Fällen derselben, ist. 

Wenn wir uns bedenken, daß Hacke, der die Psorospermien 
erstlich entdeckte, dieselben für Eiterzellen anerkannt hat, daß 
Lang dieselben für Neugebilde gerechnet hat; wenn wir be¬ 
denken, daß die inkapsulierten Gregarinen mit den Eiern der 
Pentastoma, Bandwürmern, Seidenwttrmem, Mischerschen 
Schläuchen (Sarcosporidien) oft verwechselt werden; wenn wir 
bedenken, daß die Handbücher für Therapie und Pathologie uns 
keine Nachbildungen der Gregarinen, welche den Landamtstierarzt 
als Forscher auf den Gedanken über die echte Ursache der 
Seuche bei diesen oder jenen Tieren bringen kann, vorführen, 
so wird es verständlich sein, warum die Literatur über Gregarinen 
bisher so arm bleibt. 

Wie weit solche Untersuchungen und Beobachtungen im 
Gebiete der Lehre über die Gregarinose unentbehrlich sind, 

*) Die Leser werden dem Autor die Unebenheiten seiner 
deutschen Ansdrucksweise nachsehen. Ich glaubte, ihre Korrektur 
unterlassen zu sollen. S. 










676 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 88. 



Figur 1. 


zeigt auch eine Bemerkung von Prof. Pütz; aber wie oft 
wir die Gregarinose gar übersehen, können ja die folgenden 
Fälle aus meiner Praxis zeigen. 

I. Fall. Im Jahre 1901 entstand im Gute des Grafen 
Orlow Davidow beim Dorf Nowo-Pokzowsk des Kreises Tambow r 
(Rußland) eine Schafseuche, welche bald zw r ei Jahre dauerte. 
Die Krankheit erschien anfangs in einem Ausschlage auf dem 
Maul, von Grindbildungen und Borken begleitet; dann entstanden 
große subkutane Vereiterungen, auf welchen Stellen die Wolle 
herausfiel; die Schafe verloren den Appetit, litten oft an 
Durchfall, zehrten ab und starben nach Verlauf von drei bis 
vier Monaten bei stark aus¬ 
gedrückter Blutarmut durch 
Konvulsion. Der Gutsver- 
w'alter, um die Krankheit zu 
untersuchen, w r andte sich an 
örtliche Tierärzte, sandte 
pathologisch-anatomische Prä¬ 
parate der Schafe nach 
Moskau, aber die Ursache 
der Krankheit wurde nicht 
entdeckt. Der Landamtstier¬ 
arzt dieses Rayons, der einige 
der verstorbenen Schafe auf- 
schnitt, konnte auch die 
Seuche nicht bestimmen, 
schickte aber einige Präpa¬ 
rate des Mauls, der Lungen, 

Leber und Nieren zur tier¬ 
ärztlichen Gouvernements- 
Bakteriologie-Station zu Tam- 
bow. Dann habe ich einige 
Präparate mir zum Unter¬ 
suchen verschafft. Die Re¬ 
sultate, zu welchen wir ge¬ 
kommen sind, waren ganz 
verschieden. 

Die Bakteriologie - Sta¬ 
tion hat anfangs eine ganze 
Reihe von Untersuchungen 
unternommen, fand bald da¬ 
rauf Mikrokokken, welche die 
Versuchs-Mäuse töteten, und 
blieb darauf stehen. Ich 
fand aber in der Milz Mikro¬ 
organismen, die morphologisch 

und biologisch ganz scharf von allen anderen bisher mir 
bekannten Mikroorganismen sich unterschieden. Da ich aber 
in den Handbüchern für Bakteriologie keine Abzeichnungen 
derselben finden konnte, so war ich nicht imstande, dieselben 
richtig zu bestimmen. Aus weiterem w r ird es verständlich sein, 
daß ich dieselben auch in keinen Handbüchern über Bakteriologie 
treffen konnte. Gern wollte ich dann diese Krankheit auf 
ihrem Platze beobachten; aber das Gut fand sich nicht in 
meinem Kreise und mein Verlangen konnte nicht erfüllt werden. 
Über ein Jahr wurden mir ganz ungehoflft zwei erkrankte Schafe 
aus demselben Gute zur Bestimmung der Krankheit gebracht. 
Ein Schaf, bei welchem der Nasenschleim heftig geronnen war, 
der Maulgrind so deutlich ausgedrückt und viele große subkutane 




Figur 


Vereiterungen auf dem Leibe mit herausgefallener Wolle auf 
denselben Stellen waren, starb bald darauf. Das zweite lebte 
bis vier Monate, w r urde zu dieser Zeit ebenso wde das erste 
mit Maulgrind behaftet, die Nasenschleimabsonderung war 

ganz intensiv, aber auf dem Leibe erzeugten sich keine Ver¬ 
eiterungen. Das Schaf litt sehr oft an Durchfall, verzehrte 
sich und ging am Ende zugrunde bei stark ausgedrückter 

Konvulsion; die Autopsie zeigte eine fürchterliche Blutarmut. 

Aus dem Blute, Leber, Milz und Nieren wmrden, wie bei 
jenem ersten Fall, Schnitt- und Stichpräparate angefertigt. In den 
frischen Schnittpräparaten der Milz fand ich dieselben Körper, 

welche ich in denjenigen ersten 
Präparaten gefunden habe, 
welche ich oben im ersten 
Falle erwähnt habe. Sie 
waren viel größer als die 
weißen Blutkörperchen und 
verschiedener Form: die einen 
waren rund wie die weißen 
Blutkörperchen, hatten in der 
Mitte einen dunklen Körper 
(Kern), welcher sich in zwei 
bis vier Körperchen einteilt; 
die anderen waren fast rund, 
von etwas grüngrauer Farbe 
und am Rande w r eiß gestreift; 
die dritten w T aren kahnförmig 
und tauschten ihre Form 
während ihrer Bewegungen. 

In der Luft abgetrock¬ 
net und auf dem Spiritus¬ 
lämpchen befestigt, verloren 
bald die Körperchen ihre 
Form und blieben zusammen¬ 
gekocht. Dieser Umstand er¬ 
laubte nicht, dieselben zu 
färben. Danach trocknete 
ich dieselben in der Luft 
ab und fixierte sie durch 
Holzgeist und Äther. Dann 
konnte ich sie mit Fuchsin¬ 
karbol färben und bekomme 
folgendes Bild: Örtlich zeigen 
sich ganz weiße, runde 
Körperchen, bald wie ein 
weißes Blutkörperchen groß, 
bald größer, welche ungefärbt blieben. Diese treffen 
sich aber viel weniger als andere, welche gruppenweise zu 
drei, vier und fünf liegen, länglich gebogen sind oder die Form 
eines Halbmondes haben. Stellenweise liegen solche Körperchen 
neben einem großen Körper, und ganz selten treffen sich Körper, 
in deren Mitte, obwohl nicht ganz deutlich, doch sichtbar, ein ei¬ 
runder Körper liegt, welcher etw'as mehr intensiv gefärbt ist und 
vier bis fünf kleine Körperchen enthält. Das Bild und besonders die 
Reaktion bei der Befestigung dieser Körper auf dem Spiritus¬ 
lämpchen zeigte, daß die Körperchen aus einem Protoplasma 
bestehen und zu den Protozoen gehören müssen. Die große 
Anzahl derselben in dem Blute, in der Leber und Milz zeigten 
gleichzeitig, daß dieselbe die Ursache der Erkrankung der 







17. September 190S. 

Schafe sind. Ich hatte aber, wie gesagt, nicht genug Grund 
dazu, um dieselben genau zu bestimmen. Stückchen der Leber 
und Milz habe ich unter die Haut der Kaninchen eingeimpft 
Die Kaninchen blieben aber leben und ganz lange gesund. 
Wegen amtlicher Verhältnisse konnte ich meine weiteren Unter¬ 
suchungen nicht fortsetzen. Aber acht Präparate derselben 
verblieben bei mir. Diese Präparate gaben mir dann doch die 
Möglichkeit, meinen Amtsgenossen mitzuteilen, daß die Ursache 
der oben erwähnten Schaferkrankung nicht Bazillen oder Kokken 
sind, sondern ganz andere Körper, welche morphologisch und 
biologisch von denjenigen sich unterscheiden. Hierbei will 
ich die halb schematischen Zeichnungen derselben Körperchen 
anbringen (Fig. IV). Zugleich aber will ich hier anmerken, daß 
auf die Mitteilung von Klebba in Nr. 44 für 1905 J. der 
„B. T. W. u über eine Erkrankung bei Schafen, die er einfach 
Maulgrind genannt hat, ich es für notwendig hielt, in Nr. 4 
des Jahres 1906 ibid. zu bemerken, daß „diese Erkrankung 
meinen Beobachtungen nach als bloßer Grind nicht angesprochen 
werden darf und daß die richtige Diagnose überhaupt noch 
nicht ermittelt ist und daß es dazu noch weiterer Beobachtungen 
bedürfen wird“. 

II. Fall. Im Jahre 1903 wurde mir der Hals und Hinter¬ 
leib einer geschlachteten Henne vorgezeigt, um zu bestimmen, 
ob dieselbe als Nahrungsmittel benutzt werden kann. Das 
snbkutane Bindegewebe derselben war von blaßgelben, ovalen, 
leinsamgroßen Kalksteinchen durchsetzt. Die Muskeln ent¬ 
hielten dieselben nicht. Da die Eingeweide mir nicht vor¬ 
gezeigt werden konnten und da die massenhaften Kalksteinchen 
in dem Bindegewebe auf einen chronischen Prozeß hinzeigten, so 
könnte ich die Henne als Nahrungsmittel ntcht rekomman- 
dieren und darum blieb das Präparat bei mir konserviert. 

III. Fall. Voriges Hungerjahr (1906) zeigten sich im 
Stalle, wo ich Kaninchen züchtete, eine ungeheure Menge Ratten. 
Gewiß hat dieselben das Futter angelockt. Und wirklich haben 
die Ratten mit meinen Kaninchen aus einer Krippe Heu, Hafer 
und Kraut gefressen, auch aus ein und derselben Schüssel 
Wasser getrunken. Bald darauf erkrankten meine Kaninchen. 
Zwischen ihnen brach eine Seuche aus, welche am Ende, über 
40 Stück vernichtete, die ich mir zum Winter vorbereitete. 
Die Erkrankung drückte sich durch das folgende Bild aus: die 
Tiere werden bald traurig, inert und halten sich in der Ferne 
von den übrigen, verstecken sich in die dunkeln Winkel des 
Stalles; der Bauch ist stark aufgetrieben, das Haar verliert 
seinen Glanz, aus den Augen und der Nase rinnt im Überfluß 
schleimige Flüssigkeit, welche die ganze Brust begießt; die 
Tiere niesen oft, ihr Appetit ist sehr vermindert und 
die Tiere leiden an Durchfall, weiter befinden sich die 
erkrankten Tiere in schläfrigem Zustand und bleiben gleich¬ 
gültig zu allem, was sie umgibt. Als sie sich in diesem 
Zustande befanden, konnte man nicht selten bemerken, daß ein 
Ohr henmtergelassen, während das andere emporgehoben ist. 
Das Tier verzehrt sich und wird so weit abgeschwächt, daß, 
wenn es schneller laufen oder springen will, es rückwärts 
umfällt. Nach einigen Wochen stirbt das Tier bei dauernder 
Konvulsion. 

Die Autopsie zeigt einen Entzündungsprozeß der Ein¬ 
geweide und des Magens, in welchem der Inhalt immer mit 
grauem, dichten Schleim vermischt ist; die Leber ist immer 
hypertrophisch, spröde, von gelber Farbe oder teilweise 


677 


hyperämisch und glänzend, von Knoten von graugelber Farbe 
von Hirsekorn- bis Linsegröße besetzt. Diese sind durch 
die Kapsel ganz sichtbar, liegen aber im Parenchym der 
Leber, stellenweise verschmelzen sie zusammen und stellen eine 
Zerfallsmasse dar. Solche Knoten treffen sich bei manchen 
Subjekten auch in den Lungen und in dem Bindegewebe der 
Haut auf der ganzen Strecke der Trachea. In den übrigen 
Teilen der Eingeweide treffen sich die Knoten nicht. Ich 
dachte anfangs, daß hier ein Fall der Tuberkulose vorliege und 
säete von den Knoten der Leber und Lungen auf Gelatine 
und Agar-Agar; ich bekam aber keine positiven Resultate. 
Modifizieren meine Untersuchungen zu derselben Zeit konnte ich 
auch nicht und die pathologisch-anatomischen Präparate der 
Leber und Lungen mit ihren Knoten blieben mir bisher in 
meinem Laboratorium. 

IV. Fall. Zu derselben Zeit habe ich ein Paar erkrankter 
Kaninchen von der Herde abgenommen und sie zu meinen 
Hennen überfuhrt. Nach ein oder zwei Wochen erkrankten bei 
mir zwei Hühner (schwarzer Braminaschlag), bei welchen aut 
dem Gaumen und in dem Schlunde ein graues Wölkchen, wie 
bei Diphtherie, entstand. Aus den Nasenlöchern ergoß sich 
aber schleimige Flüssigkeit, die bei Diphtherie nicht zu 
bemerken ist. Die Hühner, ebenso wie die erkrankten Kaninchen, 
waren aufgetrieben und traurig, hielten sich ganz abgesondert 
von den anderen und saßen mehr als sie gingen; der Kamm und 
die Flügel am Kopfzeuge wurden blaßgrau. Wenn die erkrankten 
sich anstrengten zum Laufen oder zum Fliegen, fielen sie bald 
rückwärts um. An demselben Tage, als ich das bemerkt hatte, 
schmierte ich den Schlund und Gaumen bei den Hülinern 
dreimal mit Jodglyzerin (1:4) tüchtig ein, und die Hühner 
wurden gesund. Ich betrachtete dann aber die Erkrankung der 
Hühner nicht als Folge der Erkrankung der Kaninchen, und 
darum machte ich keine Untersuchungen derselben. 

V. Fall. Im November v. J. krepierte bei mir ein Hahn 
(Silberbraminaschlag) unter starker Konvulsion und infolge einer 
Erkrankung, welche den ganzen Sommer dauerte, d. h. der 
Hahn erkrankte gleich nachdem, wie meine Kaninchen verloren 
gegangen sind. Seine Erkrankung drückte sich in folgendem 
aus: er hörte auf, mit den Hühnern zu spielen, er krähte nicht 
mehr, versteckte sich oft und saß mit einem eingezogenen 
Halse aufgetrieben, der Kamm und die Flügel am Kopfzeuge 
waren graublaß, er litt an intensivem Durchfall und verzehrte 
sich vollkommen, seine Bewegungen waren faul. Vor dem Tode 
rann ihm viele schleimige Flüssigkeit aus den Nasenlöchern. 

Die Autopsie zeigte folgendes: das subkutane Bindegewebe 
des Halses, der Flfigelgegend, des Bauches und der Füße ist 
von solchen graugelben ebensogroßen Kalksteinchen, wie ich 
im zweiten Falle beschrieben habe, besetzt. Die Mukosa und 
Submukosa der Eingeweide ist stark hyperämisch und so an¬ 
geschwollen, daß das Lumen derselben ganz verengt ist. Im 
Duodenum befinden sich hanfkerngroße Knoten, die ganz dicht, 
einer neben dem anderen, liegen. Am Anfänge der beiden 
Blinddärme befindet sich ein haselnußgroßes Neugebilde, das 
Blumenkohl ähnelt. Die Leber ist hypertrophiert, und durch 
ihre Kapsel schimmern in gelblicher Farbe mohnsamgroße 
Knoten. Das Pankreas ist stark hyperämisch, hellviolettfarbig 
und durch ihre Kapsel sind auch gelbfarbige Knoten sichtbar, 
die hier schon Linsengröße erreichen und beim Abnehmen 
der Kapsel w r ie Fisch-Rogen sich zeigen. Beim Exenterieren 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



6?8 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


zeigt das Pankreas eine schwere Veränderung: die Knoten 
verloren hier ihre Form, schmolzen zusammen und stellten 
Zerfallsherde dar. Die Knoten treffen sich auch auf dem 
Darmgekröse und auf der Oberfläche der Muskeln. Die 
Ausstrichpräparate aus dem Pankreas gaben eine Menge 
einzelliger Elemente, welche ungefärbt sich spindelförmig 
(Pseudonavicellae) darstellen und ihre Form während ihrer 
Bewegungen wechseln. Bei verkleinertem Diaphragma und 
bei Vergrößerung von 700 mal zeigen sich runde Zell¬ 
elemente graugrünlicher Farbe, hellgereift; sie sind zweimal 
(oder etwas mehr) größer als die weißen Blutzellen. In 
der Luft abgetrocknet und befestigt auf dem Deckglase, durch 
denaturierten Spiritus und Äther ää und mit Fuchsinkarbol 
gefärbt, geben dieselben folgendes Bild: bohnenförmige oder 
nierenförmige oder eirunde Zelle, die einen ovalen, mehr 
intensiv gefärbten Kern, der näher an dem konvexen Rande 
der Zelle liegt, enthält. In diesem Kern kann man zwei 
bis fünf kleinere mehr helle Körnchen unterscheiden. In 
dem größten Teile der Zellen liegen ein oder zwei helle Sporen 
an den beiden Polen des Körpers oder außer diesen noch zu 
zwei Sporen an den Seiten, wie es Fig. Iß zeigt. In einer 
Reihe mit diesen Zellelementen liegen runde, helle, ungefärbte 
Elemente, welche zweimal so groß sind als die erwähnten 
Sporen (Fig. III). Dieses Bild läßt keinen Zweifel zu, daß die 
Zellelemente nicht etwas anderes sind, als die Gregarinen, und 
daß in dem oben erwähnten zweiten Falle wir auch gewiß 
Gregarinen gehabt haben, da die Kalksteinchen in dem Haut¬ 
bindegewebe der Henne der Form, Größe und Farbe nach ganz 
übereinstimmten. 

Wenn dieses Merkmal bei zukünftigen Beobachtungen 
sich wiederholen wird, so wird man schon imstande sein, nach 
diesen Kalksteinchen die Gregarinen bei den Hühnern bald 
festzustellen. 

Jetzt will ich auf den Zusammenhang der Erkrankung der 
Kaninchen und Hühner einerseits und auf die Transportation 
der Gregarinen von den Ratten auf die Kaninchen andererseits 
eingehen. Ganz möglich zwar, daß ich es hier nicht gründ¬ 
lich genug klarlegen kann. Ich beabsichtige aber damit nur 
auf das Zusammenfallen der Umstände die Forscher bei zu¬ 
künftigen Untersuchungen aufmerksam zu machen. Oben da 
im dritten Falle, habe ich erwähnt, daß die Kaninchen 
erkrankten mit dem Auftreten der Ratten. Da es bekannt ist, 
daß die Gregarinen mehr bei den Nagetieren — Mäusen, Hasen, 
Kaninchen — wie bei den anderen Tieren verbreitet sind, so 
wurde die Krankheit in diesem Falle von den Ratten gewiß 
verschleppt. Das ist ein nachträglicher Gedanke. Anfangs aber 
habe ich das Heu, das den Kaninchen als Futter diente, ver¬ 
dächtigt, und deshalb habe ich es bald entfernt. Dessen un¬ 
geachtet verbreitete sich die Seuche sehr stark; dagegen aber 
füttere ich einige Kaninchen, welche nach der Seuche übrig 
geblieben sind, und noch andere, die ich erst nachher mir 
erworben habe, von demselben Heu, welches dann unschädlich 
geblieben ist. Also bietet sich da die Frage über die Möglich¬ 
keit der Transportation der Gregarinen von den Ratten auf 
die Kaninchen von selbst. Was aber die Transportation der 
Gregarinen von den Kaninchen auf die Hühner anbelangt, so 
habe ich schon oben erwähnt, daß ein paar Hühner er¬ 
krankten im Verlauf einer kurzen Zeit, nachdem ich in ihre 
Schar ein paar erkrankte Kaninchen überführt habe. Und 


obwohl ich damals die Erkrankung als Diphtherie gerechnet habe, 
spricht doch die Flüssigkeit, die bei den erkrankten Hühnern aus 
der Nase kam, sowie daß sie so schnell genesen, mehr dafür, 
daß ich es mit Gregarinen, aber nicht mit Diphtherie zii 
tun gehabt. 

Was in dem ersten Falle die obenerwähnten Schafe an¬ 
belangt, so sind die einzelligen Elemente, die wir da im Blnte 
und der Milz gefunden haben, nichts anderes als Gregarinen. 
Und da die Abwesenheit der Kerne in den einzelligen Elementen 
keinen Zweifel kervorrufen könnte, will ich die kurze Be¬ 
schreibung von Pütz über die Natur und Geschichte der 
Entwicklung der Gregarinen, welche er nach Eimer erklärt, 
hier anführen 1 ): Die Gregarinen sollen anfangs kleine, reine 
protoplasmatische Gebilde sein, ohne Körnerklümpchen, welche 
manches Mal in sich kleine, glänzende Samen enthalten und 
amöbaförmige Bewegungen ausiiben. 

Die Fig. IV stellt uns solche Gregarinformen ohne Kerne 
dar. Wir haben. da Klümpchen, die sich bald linsenförmig, 
bald nierenförmig, bald dreieckig vorstellen. , Diese Ver¬ 
schiedenheit der Form kann uns ganz verständlich werden, wenn 
wir uns vorstellen, daß die Novizelien in ihren verschiedenen 
Polen der Bewegung erstarrten infolge des Verschwindens der 
Flüssigkeit, in welcher sie sich bewegten. In diesem Stadium 
haben die Gregarinen die Größe eines weißen Blutkörperchens. 
Später entwickeln sie sich allmählich und erwerben ein oder 
mehrere Kerne. Zwischen allen übrigen Präparaten, die /wir 
aus dem Blute und der Milz der Schafe verfertigt haben, 
befindet sich eins, das eine Menge runder Körperchen enthält, die 
einigermaßen größer sind als ein weißes Blutkörperchen, und 
welche in ihrem Zentrum drei bis vier Kernchen enthalten 
(Fig. III). Also haben wir da Gregarinen in verschiedenen Stadien 
ihrer Entwicklung. Und da wir außer der Blutarmut, die sich 
unter dem Eindrücke dieser Parasiten gebildet hat, keine andere 
wesentliche Krankheitserscheinung getroffen haben und da durch 
die beschriebene Schafseuche im Verlaufe von zwei Jahren im 
Gute des Grafen Orlow Dawidow viele Schafe verloren gingen, 
so können wir nicht mit Herrn Prof. Pütz überein stimmen, 
daß die Gregarinen, wie er sich auf Prof. Rabe bezieht, 
als Ursache der Schafseuche nicht dienen können. Umgekehrt 
aber stimmen wir in diesem Falle der Meinung jener Autoren 
zu, welche bestätigen, daß die Gregarinen für die Schafe 
ebenso gefährlich sind wie für die Kaninchen und Hühner. 
Es scheint, daß die Gregarinen wegen ihres Polymorphismus 
bei jeder Gattung der Tiere noch mehr müssen studiert 
werden, weil wir sehen, daß die Gregarinen bei den 
Schafen sich viel mehr unterscheiden von den Gregarinen der 
Hühner als die Drepanidien (?) (Fig. f> A) von den Härno- 
gregarinen (B). 


Referate. 

Bemerkungen über die Punktion des Perikards bei 
der traumatischen Perikarditis. 

Von Prof. Liönaux. 

(Annalen de Bruxelles, Juni 1908.) 

Schon vor einigen Jahren hat Professor Moussu geraten, 
bei den mit traumatischer Perikarditis behafteten Rindern eine 

l ) Handbuch für Pathologie von Friedberger und Frühner 
(russische Übersetzung). 




679 


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17. September 1908. 


Punktion des Perikards vom Schaufelknorpel aus vorzunehmen, 
diese Operation gestattet den Ausfluß der im Perikard ange¬ 
sammelten Flüssigkeit, hebt die durch ihren Druck auf das Herz 
entstandene Zirkulationsstörung auf, bewirkt die Resorption 
des Ödems und macht das infiltriert gewesene Fleisch wieder 
genießbar. 

Der Verfasser gibt seine Erfahrungen über die Operation 
in folgendem bekannt: 

Da es sehr gefährlich ist, Tiere mit erweitertem Perikard 
hinzulegen, weil durch den Druck der nach der Herzbasis ge¬ 
preßten Flüssigkeit die Herzohren komprimiert werden können, 
was den plötzlichen Tod zur Folge hat, so muß die Operation 
am stehenden Tiere ausgeführt werden. Die Prädilektionsstelle 
für die Punktion ist der Winkel der von den falschen Rippen 
und dem Hals des Schaufelknorpels gebildet wird. An dieser 
Stelle wird die Haut dem Hals des Schaufelknorpels entlang in 
der Länge von 12—15 cm durchschnitten, wie auch die an 
dieser Stelle am Brustbein sich anheftenden Bauchmuskeln, um 
so in das Zellgewebe zu gelangen, welches das Brustbein von 
der Spitze deB Perikards trennt. Dieser Schnitt darf nicht 
mehr als 1—2 cm tief sein. Wird dies fettdurchwachsene Binde¬ 
gewebe mit dem linken Zeigefinger durchbohrt, so stößt man 
plötzlich auf das ausgeweitete, fluktuierende Perikard. Mit der 
rechten Hand wird nun ein Trokar, wie er zum Blinddarmstich 
verwandt wird, und dem mit dem linken Zeigefinger der Weg 
gewiesen wird, bis zum Perikard eingeführt, und dieses mit 
einem Ruck durchstochen. Nach der Herausnahme des Stiletts 
fließt eine stinkende Flüssigkeit in einem Strahle ab. Um dem 
sich im Herzbeutel bildenden Eiter Abfluß zu gestatten und um 
einer eitrigen öder jauchigen Blutvergiftung * vorzübeugen, wird 
die Wunde drainiert, dadurch daß durch die Kanüle des Trokars 
ein KautBchuckschlauch geführt wird,-der drei Löcher in seiner 
Wandung hat. Die Kanüle wird herausgezogen und das Droinage- 
rohr mittelst einer Naht an die Haut angeheftet. 

Bei einer am 8. Dezember auf diese Weise behandelten 
Kuh war am 12. Dezember das Ödem verschwunden. Die 
Drainage ist fast 3 Wochen sitzen geblieben, bis sie von selbst 
herausfiel. Beim Schlachten nach 26 Tagen war der Herzbeutel 
durch Synechie geheilt und keine Flüssigkeit mehr # in ihm zu 
finden. 

Nach der Ansicht des Verfassers soll die Punktion des 
Herzbeutels in jedem Falle von Wassersucht infolge traumatischer 
Perikarditis versucht werden. Helfer. 

Beitrag zur Verknöcherung der Huf knorpel beim Pferde. 

Von Dozent Dr. August Zimmermann, Budapest. 

(Allatorvosi Lapok, 1908, Nr. 33 und 86). 

Verfasser untersuchte innerhalb zweier Jahre 1000 der Poli¬ 
klinik der kgl. ung. Tierärztlichen Hochschule zugeführte Pferde 
auf Verknöcherung der Huf knorpel. Bei sämtlichen wurden die 
aufgehobenen Hufe einer genauen manuellen Untersuchung unter¬ 
worfen. Unter den schweren Lastpferden fand man bei 70,9 Proz., 
bei den leichteren Wagenpferden 31 Proz., endlich bei den Reit¬ 
pferden in 26,2 Proz. Verknöcherung der Hufknorpel; durch¬ 
schnittlich macht das bei sämtlichen Fällen (ohne Unterschied) 
33,3 Proz. aus. Dieses verhältnismäßig günstige Resultat ist 
teils der festeren Konstitution der ungarischen Pferde zuzu¬ 
schreiben, teils haben die Bodenverhältnisse dazu beigetragen, 
da ein Teil der untersuchten Pferde auf weicherem Boden (Acker, 
Garten) in der Umgebung der Hauptstadt Dienste leistet. 


Sämtliche Fälle beziehen sich auf volljährige Pferde und in der 
Mehrzahl der Fälle waren nur die Vorderhufe angegriffen. 
Divergierende Ringbildung, Deformation der Fersenkrone, Härte 
und Unbeweglichkeit des freien Knorpelrandes wiesen auf das 
Leiden hin. Lahmheit wurde in nahezu 10 Proz. der Fälle 
beobachtet. 

Verfasser hatte Gelegenheit bei drei Fällen von Huf¬ 
knorpelverknöcherung eine eingehende Sektion, respektive 
mikroskopische Untersuchung, zu unternehmen. Es wurden 
mehrere kleine Stücke in 5 Proz. Formalinlösung fixiert, dann 
nach Auswaschen in Wasser, gehärtet (Alkohol) und in Celloidin 
eingebettet; zur Entkalkung diente 3prozentige wässerige 
Salpetersäurelösung, aus welcher die Präparate auf 24 Stunden 
in eine Alaunlösung gebracht wurden. Die Untersuchungen be¬ 
stätigten den von Johne als ersten beschriebenen Befund, daß 
nämlich die Ossifikation von den Hufbeinästen aus beginnt. Das 
Erweitern der Neversschen Kanäle, Bildung von Howshipschen 
Lakuen mit Osteoklastzellen, die Auflösung der Knorpelkapseln 
durch osteoblastisches Gewebe konnte an den mikroskopischen 
Präparaten weiter verfolgt werden. 

Die Verknöcherung der Hufknorpel erscheint als ein sekun¬ 
däres Leiden mit chronischem Verlauf, ohne Heilung. 

Die Behandlung bleibt eine palliative. Dr. Z. 

Mitteilungen ans den Berichten der sächsischen 
Bezirkstierärzte. 

Von Med.-Rat Prof. Dr. Edelmann in Dresden. 

(Bericht U. d. Veterinäiw. d. Kgr. Sachsen f. d. Jahr 1906.) 

Bemerkenswerte Einzelfälle bei Pferden. — 
Karzinomatose beobachtete Noack-Leipzig bei einer mittel- 
afclrweren Stute von 12-14 Jahren,"die immer * gesund, nur 
zuletzt einen Schwindelanfall bekommen und dann über Nacht 
plötzlich gestorben war. Beim Öffnen des wohlgenährten 
Kadavers fiel auf, daß der Blinddarm in normaler Lage mit 
dem Grimmdarm verwachsen war, an der Spitze besonders 
durch ein fast kopfgroßes Konglomerat von weiß bis rot ge¬ 
färbtem, apfel- bis gänseeigroßen Geschwülsten. An der Spitze 
des Coecums stellte die Geschwulst die verdickte Wand dar, 
maß 3—5 cm, betraf alle Schichten und war innen geschwürig 
zerfallen. Die rechte Nierenlymphdrüse war in einen reichlich 
apfelgroßen Tumor von fast weißer Farbe umgewandelt. Die 
Schilddrüse stellte jederseits eine etwa enteneigroße Ge¬ 
schwulst dar. 

Leberegel. Von drei aus Ostpreußen bezogenen Pferden 
im Alter von 4—6 Jahren erkrankten nach einiger Zeit zwei 
unter Erscheinungen von Ernährungsstörungen. Die Tiere 
fraßen schlecht, magerten ab und hatten anfangs blasse, später 
gelb verfärbte Schleimhäute. Von den beiden Tieren erholte 
sich das eine nach acht Wochen wieder, das andere ging an 
Kachexie zugrunde. Bei der Sektion des verendeten Pferdes 
fand Brietsch-Grimma, daß eine massenhafte Durchsetzung 
der Leber mit Distomum hepaticum vorlag. 

Thrombose. Ein 18jähriges Reitpferd, das nie krank 
gewesen war, bekam einen achttägigen Kolikanfall, nach zwei 
Monaten einen zweiten, der nach zehn Tagen in scheinbare 
Genesung überging, aber hochgradige Schwäche zurückließ. 
Das Tier magerte ab; beim Stehen trat eine Anschwellung des 
rechten Hinterschenkels ein. Diese nahm mehr und mehr zu, 
zeigte sich später auch linkerseits. Da- sich noch Schling¬ 
beschwerden bei dem fieberfreien, im allgemeinen munteren 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


680 


Tier einstellten, erfolgte Schlachtung. Sch all er-Zwickau fand 
Thrombosierung der verschiedensten Gefäße, so am Kopf, Hals, 
den Därmen, in der Lunge, am linken Hinterschenkel. Am 
rechten Hinterschenkel war kein größeres Gefäß mehr wegsam. 

Knochenbruch. Ein Pferd glitt in schneller Gangart 
beim Betreten eines Straßenbahngleises derart aus, daß es mit 
nach vorn gestreckten Vorderfiißen plötzlich zu Boden stürzte 
und sich einen Bruch des rechten Schulterblattes im unteren 
Drittel zuzog. Die Bewegungen des Tieres waren nach Freytag- 
Plauen die eines schwer schulterlahmen mit der Besonderheit, 
daß es in den unteren Gelenken nicht durchtrat und den Huf 
nur mit dem Zehenteil auf dem Boden setzte. Therapie: Drei 
Woclidh kühlende Umschläge, später Kantliaridensalbe. Nach 
14 Tagen machte das Pferd die ersten Gehversuche, nachdem 
es vorher auf einer Stelle gestanden hatte. Nach sechs Wochen 
wurden die unteren Gelenke normal gebraucht, nach drei 
Monaten war im Schritt keine Lahmheit zu sehen. Jetzt ver¬ 
richtete das Tier seinen Dienst als Kutschpferd. 

Als Ursache zur Stallbeule glaubt Haub old -Meißen eine 
zu geringe Leistungsfähigkeit der Brustorgane der Pferde 
ansehen zu müssen. Er hat sehr häufig beobachtet, daß Pferde 
mit Stallbeule, mit Herzmängeln und Kurzatmigkeit belastet 
sind oder aber für die geforderten Anstrengungen noch zu jung, 
zu weich, auch zu schlecht genährt sind. Derartige übermüdete 
Tiere liegen im Stalle viel, aber sie liegen infolge mangelhafter 
Brustorgane nicht flach auf der Seite, sondern auf dem Brust¬ 
bein, wobei sie sich besonders auf die Ellenbogenhöcker stützen 
und diese quetschen. 

Zur Frühdiagnose der Schale an den Vorderextre¬ 
mitäten scheint nach Lange-Dippoldiswalde in der Abnutzung 
der Eisen ein wichtiges Hilfsmittel gegeben zu sein. Bei 
Pferden mit Kronenschale nutzt sich das Eisen dergestalt ab, 
daß eine eigentliche Abschwungsreibung nicht eintritt, sondern 
ein Umbrechen des Zehenrandes und Bildung einer im Winkel 
zur Bodenfläche dep Eisens geneigten Fläche sich einstellt und 
zwar schon sehr frühzeitig, wenn die Natur der Lahmheit mit 
Bestimmtheit nicht nachweisbar ist. An Griffeisen und bei 
Pferden, die nur im Acker gehen, läßt sich diese Erscheinung 
nicht erkennen. Richter. 

Phenyform, ein neues Desinfektionsmittel. 

Von Dr. Lemke, Berlin. 

(Wochenschr. f. Tierbeilk. u. Viehzucht, 52 Jahrg., Nr. 9.) 

Das Phenyform ist ein Kondensationsprodukt der Karbol¬ 
säure und des Formaldehyds. Es wird in flüssiger und in ge¬ 
pulverter Form in den Handel gebracht. Die erstere stellt eine 
weinrote Flüssigkeit von angenehmem Geruch vor, welche mit 
Wasser eine klare Lösung gibt. Das Pulver ist sehr fein, licht- 
und luftbeständig, nicht hygroskopisch, gelblich-weiß, löslich in 
Alkalien und Alkohol, unlöslich in Wasser, Chloroform und 
Benzol. Hundert Gramm Phenyformpulver kosten 3 M., es ist 
um 6 mal leichter als Jodoform, also wesentlich billiger denn dieses. 

Lemke empfiehlt das flüssige Präparat an Stelle von Lysol 
Bazillol, Septoform, das Pulver als Ersatz des Jodoform und 
Tannoform, insbesondere bei Gelenkwunden und Panaritien. Die 
desinfizierende Kraft ist eine große; für das Publikum besitzt 
das Medikament den Vorzug der relativen Ungiftigkeit. 

In der Humanmedizin wird das Phenyformpulver von vielen 
Ärzten dauernd in Gebrauch genommen. Da es nicht reizt, so 


kommt es auch bei Geschwüren und anderen Erkrankungen der 
Kornea mit bestem Erfolg in Anwendung. J. Schmidt. 

Klinische Untersuchungen über die Wirkung modi¬ 
fizierter Salizylsäuren auf die Harnorgane. 

Von Professor Dr. Gm einer in Gießen. 

(Folla urologica. I. Band, Nr. 7.) 

Gm. faßt die Resultate seiner Untersuchungen in folgende 
Sätze zusammen: 

1. Die Salizylsäure und ihre Abkömmlinge rufen sowohl 
beim Menschen, als bei Haustieren ständig in den Nieren und 
den ausscheidenden Harnwegen Reizungserscheinungen hervor, 
welche einen desquamativen Charakter tragen. 

2. Der chronische Gebrauch der Salizylsäurepräparate be¬ 
deutet für den tierischen Organismus fraglos eine ernste Gefahr. 

3. Unter allen therapeutisch zurzeit gebrauchten Salizyl¬ 

säurepräparaten entfaltet das Novaspirin im tierischen Organismus 
die geringsten Schädigungen. Rdr. 

Ein interessanter Fall von Tuberkulose beim Pferde. 

Von Stadttierarzt Fritz Behr, Schlachthof Mannheim. 

(Mitteilangen des Vereins badischer Tierärzte, 8. Jahrg., Nr 3.) 

Ein zirka 15 Jahre altes, sehr stark abgemagertes und mit 
Atembeschwerden behaftetes Pferd wurde bei der Fleischbeschau 
als tuberkulös befunden. Die betreffenden Veränderungen er¬ 
streckten sich auf Lunge (mit erbsengroßen Tuberkeln infiltriert), 
Pleura, Herzmuskel, Epikard, Endokard, Mesenterialdrüsen, Milz 
und Bauchfell. Auch in der Nasenhöhle (Schleimhaut der linken 
dorsalen und mittleren Nasenmnschel) fanden sich zirka 10 
hirsekorn- bis linsengroße graugelbe derbe Tuberkel mit meist 
gerötetem Hof. Ganz eigenartig war die Tuberkulose des 
Endokardiums, die in Form der Endocarditis tufeerculosa pettosa 
scutellata auftrat. Sie bildete nämlich etwa talergroße, schuppen¬ 
ähnliche, verkalkte Einlagerungen mit scharf vorspringenden 
Rändern und konkaver Oberfläche. Außerdem fand sich unter 
der wandständigen Bikuspidalklappe ein bohnengroßer, tuber¬ 
kulöser Granulationsknopf und perleriähnlicke tuberkulöse Granu¬ 
lationen an den Sehnenfäden dieser Klappe. 

Bezüglich der Statistik teilt Verfasser noch mit, daß in den 
letzten drei Jahren von 1624 in Mannheim geschlachteten Pferden 
nur 6 (0,36 %) tuberkulös waren. Drei wurden als untauglich 
erklärt, während sich die Erkrankung bei den anderen drei 
Pferden nur auf einzelne Organe beschränkte. J. Schmidt. 

Ein Harnstein bei einem 10 Wochen alten Fohlen. 

Von B. Ntmeeek, k. u. k. Militärtierarzt d. R. 

(Tierärztliches Zentralblatt, 1908. Nr. 18.) 

Ncmecek fand bei einem 10 Wochen alten Fohlen, welches 
ihm wegen Harnbeschwerden zugeführt wurde, 3 cm hinter der 
Eichel sitzend einen Harnstein im Durchmesser von zirka 10 mm, 
der mittelst Pinzette enfternt werden konnte. Nemecek ver¬ 
mutet, daß die Bildung des Steines in diesem jugendlichen Alter 
dadurch begünstigt worden ist, daß in dem betreffenden Stall 
den Pferden rotes Viehsalz mit dem Futter verabreicht wird. 
Das rote Viehsalz soll viele Kalksalze enthalten. Rdr. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Deutsche Medizinische Wochenschrift, .77. Jahrg., Nr. 36, S. 1551. 

Über die anatomischen Wirkungen der Röntgenstrahlen auf den Hoden. 
Von Herxheimer und Hoffmann. — Die an Kaninchenhoden an- 
gestellten Versuche bei mäßiger Röntgenbestrahlung ergaben, 
daß nicht die Gefäße oder Nerven sondern die Zellen des 





17. September 11)08. 

Hodenparenchyms, nnd zwar zunächst die Samenzellen, an¬ 
gegriffen werden. Der Vorgang ist ein rein degenerativer oder 
nekrotisierender. Zuerst vermindern sich unter der Wirkung 
der Röntgenstrahlen die Spermatogonien und Spermatozyten. Die 
Spermiogenese d. h. die Ausbildung neuer, reifer Samenfäden 
hört auf und schließlich steht die Spermatogenese überhaupt still. 

Unter den Degenerationsformen der verschiedenen Samen¬ 
zellen, namentlich der Spermatozyten und Spermatiden, kann 
man Zerklüftung des Protoplasmas und alle möglichen Formen 
des Kernzerfalls beobachten. Did fertigen Spermatozoen im 
Innern der Hodenkanälchen leisten der Bestrahlung am längsten 
Widerstand, allmählich tritt aber völlige Azoospermie ein. Nach 
Zugrundegehen der Samenzellen geht von den Sertolischen Fu߬ 
zellen eine hochgradige Wucherung am Rande der Kanälchen 
aus. Trotz dieser Ersatzwucherungen, an denen sich auch das 
Zwischengewebe mit den für den Hoden typischen Zwischen¬ 
zellen raumfiillend beteiligen, ‘kollabieren die Samenkanälchen, 
da sie zellärmer werden. Die Vermehrung der Zwischenzellen 
ist interessant im Hinblick auf die bekannte gleiche Erscheinung 
in kryptorchidischen Hoden und bei sonstigen atrophischen 
ZuBtänden der Testikel. Bei außerordentlich lang fortgesetzten 
Radiumbestrahlungen gehen dagegen fast alle höher differenzierten 
Zellen, also auch die Sertolischen und die Zwischenzellen 
zugrunde. In diesem Falle wuchert das Bindegewebe noch 
allein und tührt eine völlige Obliteration der Kanälchen herbei. 

Bei mäßiger Schädigung der Hoden, wie sie den Versuchen 
des Verfassers entsprechen, trat nach einiger Zeit von den 
jeweils noch erhalten gebliebenen Spermatogonien aus eine 
Regeneration ein unter Zurückdrängung der Sertolischen Zellen 
und der Zwischenzellen. Allmählich stellen sich dann die ver¬ 
schiedenen Samenzellen ein und es kommt schließlich wieder zur 
Bildung neuer Samenfäden, sofern nur einige Spermatogonien 
von dem zerstörenden Prozeß verschont geblieben sind. Nach 
den vorliegenden Versuchen ist die Regenerationsfähigkeit der 
Samenzellen weit größer, als man bisher angenommen hatte. 
Für eine mittelst Röntgenstrahlen etwa beabsichtigte Kastration 
ist diese Regenerationsfähigkeit von praktischer Bedeutung. 
Dieselbe Zeitschrift , S. 1556. 

Automatischer Paquelin. Von Dr. M. Naumann. — Den un¬ 
bestreitbaren Vorzug des Glühstiftes in der kleinchirurgisclien 
Praxis, den er sogar der Elektrolyse gegenüber besitzt, hat 
Verfasser dadurch noch zu erhöhen gesucht, daß er einen 
Paquelin konstruierte, der automatisch in Glut erhalten wird. 
Er benutzt zu diesem Zweck eine gewöhnliche Harnzentrifuge 
mit Wasserantrieb. Ein Schwungrad steht mit einem hölzernen 
Riegel in Verbindung, der bei jeder Umdrehung auf den Gummi¬ 
ball des Gebläses drückt. 200 malige Umdrehung in der Minute 
bildet die mittlere Geschwindigkeit, die die Platinspitze 
glühend erhält. 

Zentratblalt für Bakteriologie usw ., Bd. 17. Heft 4 , S. 483 

Zur Infektionsmögllchkeit der Hühner mit Dourinetrypanosomen. 
Von Yaklmoff und Nina Kohl. — 4 Hühner wurden teils subkutan, 
teils intravenös mit trypanosomenhaltigem Meerschweinchenblut 
infiziert. Während Rouget behauptet, daß die Vögel (Hühner, 
Tauben, Sperlinge) und die Fledermäuse absolut immun seien 
gegen jede Art und Zahl der Einverleibung von Dourinne-Erre- 
gern (Tryponosoma Rouget), kamen die Verfasser zu dem 
Ergebnis, daß Hühner unter Umständen der subkutanen Dourine- 
infektion zugänglich sind, sie jedoch überstehen. 


681 


Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt. 

Band 27 u. 28. Referiert von Dr. Mießner. 

Über die Ursachen der Phagozytose. 

Von Neufeld. 

Neufeld hat durch folgendes interessante Experiment die 
Ursache der Phagozytose zu ermitteln versucht. Gewaschene 
Hammelblut- und Hühnerblutkörperchen werden mit Leukozyten 
zusammengebracht. Es tritt keine Phagozytose ein. Auf Zusatz 
von Antihühnerblutserum werden nur die Hühnererythrozyten 
von den Phagozyten aufgenommen, umgekehrt nur die Hammel¬ 
blutkörperchen auf Zusatz von Antihammelblutserum. Auf 
Grund dieser und ähnlicher Versuche anderer Autoren bei 
Bakterien kommt Neufeld zu dem Schluß, daß Bakterien oder 
körperfremde Zellen nur dann von den Phagozyten aufgenommen 
werden, wenn sie dieselben durch Abgabe besonderer Reizstoffe 
dazu anregen. Das Ausbleiben der Phagozytose erklärt sich 
dadurch, daß die Blutkörperchen oder Bakterien chemische 
Stoffe an die Umgebung nicht abgeben, sobald sie sich in einer 
isotonischen Lösung befinden. Die Wirkung des zyto- oder 
bakteriotropen Serums beruht auf einer Änderung des physi¬ 
kalisch-chemischen Zustandes der Zelle bzw. des Bakteriums, 
wobei ein bestimmter Bestandteil des Zelleibes in eine lösliche 
Modifikation übergeführt wird. Infolgedessen ist die Zelle nur 
von einer ganz dünnen Schicht umgeben, die einen Reiz- oder 
Schmeckstoff für die Leukozyten enthält. Eine Vernichtung der 
Zelle ist damit nicht verbunden. Hiermit ist nicht zu ver¬ 
wechseln die spontane Phagozytose normaler Sera, dieWright 
als Opsonin Wirkung erklärt. Nach Neufeld und anderen 
Autoren ist die osponische Serumwirkung auf bakteriologische 
Vorgänge zurückzuführen^ die eine teilweise Lösung der 
Bakterienzelle und damit auch ein Freiwerden der Sehmeck- 
und Riechstoffe bewirken. Wenn trotzdem derartige Sera nicht 
bakterizid wirken, so spricht dies nur dafür, daß bakterizide 
und opsonische Serumwirkung nicht identisch sind, trotzdem 
handelt es sich bei der Opsoninwirkung um einen Li^sungs- 
prozeß, der durch Zusammenwirken eines Ambozeptors und 
eines Komplements bedingt wird. 

Beitrag zor Kenntnis der Phagozytose und der 
Herkunft des Komplements. 

Von Neufeld. 

Durch einwandfreie diesbezügliche Versuche ist von Neu¬ 
feld nachgewiesen, daß die Leukozyten Komplement nicht sezer- 
nieren und überhaupt ein wirksames Komplement nicht abgeben. 
Es ist dies für die große Verschiedenheit der bakteriotropen 
von den bakteriolytischen Substanzen von Wichtigkeit, weil 
daraus hervorgellt, daß die bakteriotrope Substanz nicht ähnlich 
der bakteriolytischen, wie ein Ambozeptor gemeinschaftlich mit 
dem Komplement die Auflösung der Zellen veranlassen kann 
Nach den weiteren Untersuchungen erscheint ferner die Annahme 
berechtigt, daß die bakteriolyt ische Wirkung von Ambozeptor 
und Komplement in derselben Weise mit der Granula¬ 
bildung ihren Abschluß erreicht, wie die Hämolysinwirkung 
mit dem Austritt des Hämoglobins aus den Blutscheiben, daß 
also eine restlose Auflösung nicht statt hat. Im Gegensatz 
hierzu findet in den weißen Blutkörperchen in vielen Fällen 
eine völlige Auflösung statt. Es sind also auch diese Vorgänge 
eine weitere Stütze für die Trennung der durch Bakteriotropine 
veranlaßten phagotären von der lytischen Immunität, die durch 
Bakteriolysiene verursacht wird. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




No. 38. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


682 


Technik und Methodik des biologischen Verfahrens 
zum Nachweis von Pferdefleisch. 

Von Uhlenhuth, Weidanz und Wedemann. 

Bei der Bedeutung, welche das biologische Verfahren dadurch 
erlangt hat, daß es für die Untersuchung auf Pferdefleisch 
in den am 1. April 1908 in Kraft getretenen Ausführungs¬ 
bestimmungen zum Fleischbeschaugesetz enthalten ist, haben sich 
die Verfasser der dankenswerten Aufgabe unterzogen, nochmals 
genau die Methodik ausführlich zu schildern. Sie haben dabei 
auf alle Fehlerquellen aufmerksam gemacht und einen voll¬ 
ständigen Plan ausgearbeitet, nach dem man vorzugehen hat. 
Ich darf das Verfahren als bekannt voraussetzen, möchte dagegen 
4ie Herstellung der zur Prüfung notwendigen Flüssigkeit streifen. 
Als Antiserum wird das Serum vom Kaninchen nach drei bis 
sechs intravenösen Einspritzungen von je 3 ccm Pferdeserum 
benutzt. Zur klaren und sterilen Gewinnung ist das Serum 
durch den Uhlenhuth-Weidanzschen Filtrierabfüllapparat zu 
filtrieren und vor Licht und Wärme zu schützen. Die etwaige 
Opaleszenz soll durch Hungern des Kaninchens vor der Blut¬ 
entnahme zu vermeiden sein. 

Das zu untersuchende Fleisch wird drei Stunden lang mit 
0,85 proz. Kochsalzlösung stehen gelassen. Zur Prüfung, ob 
genügend Eiweiß in die Flüssigkeit übergegangen, benutzt man 
die Schaumbildung. Schütteln der Flüssigkeit empfiehlt sich 
nicht. Der Extrakt muß neutral und klar sein. Letzteres wird 
durch Filtrieren (Kieselgur) erreicht. 

Zur Untersuchung ist frisches, gefrorenes, ausgetrocknetes 
geräuchertes, gepökeltes und faulendes Fleisch, nicht aber 
gekochtes geeignet. Auch die Prüfung von Nährpräparaten 
(Hämatogen-Puro) gelingt mit der biologischen Methode. 

Zur Prüfung von gekochten Fleischpräparaten eignet 
sich dagegen Komplementablenkung, wenn sie auch mit 
allergrößter Vorsicht anzuwenden ist, da selbst die Präserve- 
salze find Gewürze abzulenken imstande sind. 

Im Anfang befinden sich die Ausführungen zum Gesetz und 
eine genaue Angabe der für die biologische Methode notwendigen 
Utensilien. Jedem, der mit derartigen Fleisch- und Wurst¬ 
untersuchungen zu tun hat, ist die Arbeit aufs wärmste zu 
empfehlen. 

Vergleichende Untersuchungen über die praktische 
Verwertbarkeit der Präzipitinreaktion und der Komple- 
mentbindungsmethode zum Nachweis von Pferdefleisch. 

Von Weidanz und Borchmann. 

Verfasser haben die Komplementbindungsmethode zum Nach¬ 
weis des Pferdefleisches ausführlich beschrieben (in der Arbeit 
nachzulesen) und hierbei auf alle etwaigen Fehlerquellen und 
Kontrollen eingehend aufmerksam gemacht. Vor allem haben 
sie die bei der Wurstfabrikation und Fleischkonservierung in 
Frage kommenden Gewürze und Salze auf ihre komplement¬ 
bildende Tätigkeit geprüft und dabei festgestellt, daß eine 
große Anzahl von diesen Stoffen die Komplementbindungs¬ 
methode störend beeinflussen, ja unmöglich machen können. 
Durch Verstärkung des hämolotischen Systems oder durch Ver¬ 
dünnung der Untersuchungsflüssigkeiten ist man imstande, die 
ablenkeude Wirkung der koktostabilen Substanzen zu beseitigen. 
Die mit denselben Lösungen ausgeführte Präzipitiermethode ver¬ 
sagte nur in einem Falle. 


Dagegen leistet die Neißer-Saehssche Komplement¬ 
bindungsmethode wegen ihrer Empfindlichkeit bei gekochten 
Würsten gute Dienste, wie Schütze und Wassermann 
zuerst festgestellt haben. Auf Grund ihrer Untersuchungen 
kommen Verfasser zu dem Schluß, daß die Präzipitation in 
der Praxis wegen ihrer Zuverlässigkeit, Leichtigkeit 
und Schnelligkeit der Ausführung, Billigkeit, vor¬ 
nehmlich Anwendung finden wird und zur Komplementbindungs¬ 
methode nur zur Kontrolle oder bei Untersuchung gekochter 
Präparate die Zuflucht genommen wird. 

Bei negativem Ausfall der Präzipitiermethode ist allein auf 
Grund der eventuell positiven Komplementablenkung ein Urteil 
in der Praxis nicht abzugeben. 

Über den biologischen Nachweis der Herkunft von 
Blnt in blutsangenden Insekten. 

Von Uhlenhuth, Weidanz und Angeloff. 

Verfasser untersuchten das von Blutegeln, Flöhen, Wanzen, 
Zeckeif, Mücken aufgenommene Blut mit Hilfe der Präzipitations¬ 
methode und Komplementablenkung. Sie konnten stets die 
Herkunft des Blutes bestimmen. Für epidemiologische Forschungen 
kann dieser Nachweis häufig von Bedeutung sein. 


Tagesgeschichte. 

Vorschläge zur Neuorganisation des 
Veterinärbeamten tu ms. 

Von Graffunder-Landsberg a. W. 

Die vielfachen anregenden, lediglich dem Standesinteresse 
dienenden Artikel dieser Zeitschrift veranlassen mich, auch auf 
einen wunden Punkt in der bisherigen Ausbildung der VeterinÜr- 
beamten hinzuweisen. Dieser Punkt ist kurz angedeutet, der 
Mangel jeglicher, außerhalb des Faches liegender Gesetzeskunde, 
die heute von jedem gebildeten auch einschließlich den technischen 
Beamten auf dem großen Gebiete des allgemeinen Staats- und 
Verwaltungsrechts verlangt werden muß. In unserem Staats¬ 
leben besteht das bis heute noch übliche Verfahren, den, den 
einzelnen Behörden zugeteilten technischen Beamten bei Abgabe 
von Gutachten, Erlaß von Entscheidungen und Verordnungen 
usw. nur das fachtechnische Urteil zu überlassen, während die 
rechtlichen, verwaltungsrechtlichen, polizeilichen, wirtschaftlichen 
Fragen von den Verwaltungsbeamten geregelt werden. Man 
ging oder geht allerdings richtigerweise von der Voraussetzung 
aus, daß die technischen Beamten wegen ihrer einseitigen rein 
fachmännischen Ausbildung zur Beurteilung allgemeiner des 
Staats- und Verwaltungsrechts usw. betreffender Fragen gar 
nicht befähigt wären. Wenn wir ganz offen sein wollen, müssen 
wir diese Gründe anerkennen und gelten lassen. Wie oft kommt 
es vor, daß ein Veterinärbeamter den Entwurf irgendeiner zu 
erlassenden veterinärpolizeilichen oder sonstigen veterinären 
Anordnung für die Behörden entwerfen soll und muß. Kann 
derselbe in einer vollständigen, abgesehen von der veterinär¬ 
technischen Seite, in rechtlicher und polizeilicher, unter gleich¬ 
zeitiger Berücksichtigung der wirtschaftlichen und Handels¬ 
interessen einwandfreien Entwurf herstellen? Die Antwort 
lautet: Nein! Es ist auch von uns nach Lage der Sache gar 
nicht zu verlangen. Ich habe auch die Überzeugung, daß die 
älteren erfahrenen Veterinärbeamten im Laufe der Jahre unter 
fleißigem Studium und unter Zuhilfenahme der einschlägigen 
Verwaltungsgesetzbücher, als Illing, Großkopf, Hue de Grais 



17. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


683 


usw. sich einige Kenntnisse nach dieser angeregten Richtung 
hin erworben haben, aber hierin vollkommen sattelfest ist wohl 
niemand derselben zu erachten. Wenn anch viele beamtete 
Kollegen entgegengesetzter Ansicht sein mögen, und den bis¬ 
herigen alten Standpunkt weiter vertreten wollen, daß uns nur 
die rein veterinärtechnischen Fragen interessieren, während wir 
die übrigen juristischen und sonstigen Fragen den juristischen 
Dezernenten ruhig weiter überlassen müssen, so kann ich mich 
aus vielen Gründen dafür nicht mehr entschließen. Ein Wandel 
muß eintreten. Die Veterinftrbeamten sind zwar in erster Linie 
für die veterinärtechnischen Fragen verantwortlich, aber sie 
müssen in Zukunft auch gleichzeitig für die allgemein recht¬ 
lichen und sonstigen wirtschaftlichen Fragen, die sie bei Ab¬ 
gabe ihres Urteils oder Gutachtens zu berücksichtigen haben, 
herangezogen werden können. 

Es dürfte sich doch ganz anders ausnehmen, wenn ich mit 
einem vollständigen einwandfreien Verordnungsentwurf der Be¬ 
hörde entgegentrete, als wenn ich den Herrn juristischen 
Dezernenten, in der Regel den Herrn Regierungsassessor, gütigst 
um Aufklärung bzw. Angabe der bezüglichen Paragraphen im 
Polizeiverwaltungsgesetz und allgemeinen Landesverwaltungs¬ 
gesetz usw. angehen muß. Ich komme keineswegs mit einer 
neuen Idee. Schon Frohner hat im I. Teil des Handbuchs 
„der preußische Kreistierarzt“ auf die Sammlung von Gesetzen 
und Verordnungen hingewiesen, die auf die Tätigkeit der be¬ 
amteten Tierärzte Bezug haben. 

Aber auch in anderen technischen Beamtenkreisen macht 
sich das Bedürfnis nach allgemeiner Ausbildung in* obigem Sinne 
rege. Z. B. werden für das höhere Postfach bereits an einzelnen 
Universitäten Spezialkurse in den Rechts- und Staatswisson- 
schaften eingerichtet. 

Für die Veterinärbeamten halte ich eine änhliche Aus¬ 
bildung durchaus für notwendig, trotz der immer noch an¬ 
wachsenden fachwissenschaftlichen Anforderungen. Voraussicht¬ 
lich wird in kürzerer oder längerer Zeit eine Umwälzung der 
Dienst Verrichtungen der Veterinärbeamten zu erwarten sein. 
Es wird hierbei in den maßgebenden Kreisen auch die Frage 
erörtert werden, ob man z. B. den Departementstierärzten so 
ohne weiteres selbständig das Veterinärdezernat übertragen | 
kann oder nicht, d. h. ob dieselben dieser Aufgabe nach Lage 
der Sache gewachsen sein werden u. dgl. m. Eine Antwort 
hierauf erlasse man mir. Meine Vorschläge zur weiteren Aus¬ 
bildung der Veterinärbeamten gehen nun dahin: 

Es müßte zunächst von einer behördlich ernannten Kom¬ 
mission ein geeigneter Unterrichtsplan aus dem großen Gebiete 
der Rechts- und Staats Wissenschaften für die Veterinärbeamten 
aufgestellt werden, wie dieser z. B. zurzeit für das höhere 
Postfach in Angriff genommen ist. 

Neben den veterinärpolizeilichen Fragen der Viehseuchen- 
gesetzgebnng müßten unter anderen auch die dabei in Frage 
kommenden juristischen und polizeilichen Auslegungen in Ver¬ 
bindung mit der Strafprozeßordnung behandelt werden. 

Bei der Fleischbeschau- bzw. 'Nahrungsmittelgesetzgebung 
wäre dasselbe zu berücksichtigen. 

Ferner wären Vorlesungen über das erwählte Kapitel aus 
dem Verfassungs- und Verwaltungswesen, besonders den Be¬ 
amten«, den allgemeinen Landesverwaltungs- und Polizei¬ 
verwaltungsgesetzen, Handels- und Gewerbegesetzen usw. er¬ 
forderlich. 


Dieses neue Unterrichtsgebiet wäre als obligatorisch für 
die Prüfungen zu beamteten Tierärzten einzuführen. Es wäre 
ferner in Erwägung zu ziehen, ob man diesen Gegenstand den 
Universitäten oder den tierärztlichen Hochschulen angliedem 
soll. Ich stehe auf dem letzteren Standpunkt. Hier wäre 
gleichfalls ein weiterer Grund für die baldige Einrichtung des 
Privatdozententums, einer jetzt sehr brennend gewordenen Frage, 
an den tierärztlichen Hochschulen als vorliegend zu erachten. 
Indem ich diesen Gegenstand verlasse, habe ich noch eine zweite 
Forderung für die zukünftige Tätigkeit der Veterinärbeamten 
zu stellen. Diese ist „die Mitwirkung der beamteten Tierärzte 
in der Tierzucht von Amts wegen“. Wenn man die zahlreiche 
Vortragsliteratur und sonstigen Abhandlungen über die Mit¬ 
wirkung der Tierärzte in der Tierzucht durchsieht, wie hier 
der Tierarzt als der beste Berater des Landwirts hingestellt 
wird oder wie Nörner im dritten Bande des preußischen Kreis¬ 
tierarztes von Fröhner und Wittlinger, S. 390. den Tier¬ 
arzt und besonders den beamteten Tierarzt infolge seiner 
wissenschaftlichen und praktischen Ausbildung in allen Fragen 
über Tierkrankheiten, Seuchenbekämpfung, Gesundheitspflege, 
Stallhygiene, Rassenkunde, Exterieur und Interieur der Tiere 
usw. für einen wertvollen unparteiischen Ratgeber hält, dann 
beschleicht wohl jeden Leser ein eigentümliches Gefühl, welches 
sich in dem bekannten Refrain: „Es wär so schön gewesen, 
doch es hat nicht sollen sein“, Luft macht. 

So beachtenswert und zutreffend diese Nörner sehen Aus¬ 
führungen sind, so haben dieselben bei der preußischen Land¬ 
wirtschaft keinen Anklang gefunden. Im Gegenteil scheint bei 
unserer Landwirtschaft, im Gegensatz zur süddeutschen die 
Parole ansgegeben worden zu sein, „heraus mit den Tierärzten 
aus der Tierzucht!“ Mag dieser oder jener meine Äußerung 
für übertrieben halten, so bleibe ich doch auf Grund meiner 
Erfahrungen dabei stehen. Wir Tierärzte haben seinerzeit 
den Anschluß, das Gebiet der Tierzucht zu erobern, wie so oft 
versäumt. In den früheren Jahren, vor Einführung der Land¬ 
wirtschaftskammern, war das anders. Damals herrschte noch 
ein friedliches Einvernehmen zwischen den landwirtschaftlichen 
Kreis- und Provinzialvereinen und den Tierärzten. Letztere 
I wurden früher zu den Beratungen über Tierzuchtfragen, zu der 
Prämiierungskommission, bei den Tierausstellungen usw. hinzu¬ 
gezogen. Jetzt hat man noch diejenigen Tierärzte, welche sich 
für die Hebung der Tierzucht interessieren, einfach aus den 
Kommissionen hinausgewimmelt. Auf den Tierschauen der Aus¬ 
stellungen, Zuchtvieh auktionen, Zuchtviehmärkten und Kom¬ 
missionen laicht zu vergessen, spielt der Veterinärbeamte eine 
traurige, schon mehr Popanzenrolle. Mit der gesetzlich vor¬ 
geschriebenen, veterinärpolizeilichen Kontrolle ist seine Tätigkeit 
beendet. Ebenso gilt er bei den sogenannten Stallschauen, 
Stallprämiierungen u. dgl. Veranstaltungen mehr als überflüssig. 
Die Organisationen der Landwirtschaftskammern sind in allen 
Punkten derartig straff geregelt, daß die Staatsregierung einer 
direkten Einmischung in diese Sache sich zu enthalten scheint. 

Ich habe und vertrete immer noch den früheren Standpunkt, 
daß die Tierärzte zur Mitwirkung in der Tierzucht eines Staates, 
wie schon in Süddeutschland, in erster Linie berufen sind. Ins¬ 
besondere sind die beamteten Tierärzte dazu in amtlicher Eigen¬ 
schaft heranzuziehen. Selbstverständlich muß eine diesbezügliche 
gründliche Vorbildung voTangehen, um auch hier auf diesem 
Gebiete tüchtiges leisten zu können. Es wäre auch die Tier- 





684 


No. 38. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


zucht in Zukunft in die Prüfungsordnung für beamtete Tierärzte 
ebenfalls obligatorisch aufzunehmen. 

Ich hin am Ende meiner Ausführungen. Ich bin mir auch 
bewußt, daß meine Vorschläge von manchen Kollegen als un¬ 
nötige, als weitere Belastung der amtlichen Tätigkeit der 
Veterinärbeamten angesehen, und deshalb zurückgewiesen werden. 
Dies wäre meiner Ansicht nach recht bedauerlich. Unser Beruf 
ist allerdings sehr vielseitig, aber noch lange nicht überlastet. 
Andere Berufe haben mindestens ebensoviel oder noch mehr zu 
leisten. Ich wollte hier vorläufig nur die Anregungen zur 
weiteren Aussprache und eventuell Beschlußfassung in den 
einzelnen Fachvereinen geben, in der Hoffnung, daß dieselben 
auf fruchtbaren Boden fallen mögen. 

Die Verantwortlichkeit der Veterinäre. 

Tragikomische Erinnerungen aus der Roßarzt-Zeit. 

Von Maximilian-Rudolstadt. 

Bei der zweiten Abteilung des Feld-Artillerie-Regiments 
Nr. 22 in Minden i. W. war „Lumpenparade“. Es wurden auch 
die nackten Pferde vorgeführt und die letzten Remonten der 
Abteilung machten den Anfang. Gleich beim ersten Pferde 
(Adolph) sprach der Herr General v. A. B.: „Wie 
kommen Sie zu diesem schönen Pferde, Herr Major, solche 
Pferde sieht man nur bei der Gardekavallerie?“ „Ja, Herr 
General“, spricht der Major B., „das Pferd ist als über¬ 
zähliges geliefert worden.“ Der Herr General: „Was, als über¬ 
zähliges?“ Der Herr Major: „Jawohl, als überzähliges; es 
hatte nämlich eine schlotternde, kommißbrotgroße Geschwulst 
über dem rechten Kniegelenk, welche das Pferd gänzlich ent¬ 
stellte, und diese habe ich operieren lassen.“ Der Herr General: 
„Dazu ist Ihnen zu gratulieren, Herr Major!“ Von mir, der 
ich mit vieler Mühe erst die Erlaubnis zur Vornahme der 
Operation habe erwirken müssen, war gar nicht die Rede. 

(Die reichlich zweimannsfäustegroße schwappende Streck¬ 
sehnenscheidengalle über der rechten Vorderfußwurzel wurde 
entleert, ein Haarseil hindurchgezogen, mit Leinwand umgeben 
und tagelang mit Bleiwasser befeuchtet usw. Der Erfolg war 
ein vollständiger, nicht einmal die Narben waren später sichtbar.) 

Die Besichtigung der Pferde und der Ställe ging weiter 
vor sich, es folgten die der 8., 7., 6. und 5. Batterie, dann ging 
es in den KrankenBtall. Dieser war wegen der dicht daran 
stehenden Linden etwas dunkel. Es standen mehrere strahl- 
krebskranke Pferde darin und, falls die Hufverbände sich lösen 
sollten, war an Stelle von Strohstreu eine fußhohe Schicht von 
Lohe auf den Fußboden gebracht. Der Schwarm der Offiziere 
ergoß sich in den Stall, voran der Herr General mit dem Herrn 
Major. Der Unteroffizier meldete: „Drei Pferde mit Strahlkrebs.“ 
Durch die dichtstehenden Offiziere konnte ich mich nicht gleich 
hindurchdrängen und so hörte ich denn in gepreßter hoher 
Fistelstimme den Herrn General rufen: „Was ist das für eine 

Schweinerei, in dieser Sch.sollen hufkranke Pferde 

gesund werden? Wo ist der Roßarzt?“ Alles machte bereit¬ 
willigst links und rechts Platz und ich stand vor dem Gestrengen. 
Mit denselben Worten wurde ich wütend angefaucht und der 
Herr General beliebten hinzuzusetzen: „Ich werde Sie ins Loch 
stecken!“ Anfangs war ich ganz verblüfft; gleich aber schoß 
es mir durch den Schädel — ah, der General hält die Lohe für 
eitel Pferdemist! — „Das ist Lohe, Herr General!“ rief ich in 
etwas lauterem Tone als vielleicht nötig war, bückte mich und 
hielt ihm eine Handvoll vor die Nase. — Alles still, schweigend 


verließ man den Krankenstall, — nur ich hörte einige recht 
schwere Steine von einigen Offiziersherzen kullern. 

Vor kaum einer Stunde hieß es: „Dazu ist Ihnen zu 
gratulieren, Herr Major“ und eben: „Wo ist der Roßarzt? Ich 
werde Sie ins Loch stecken!“-— 

Wieder war Lumpenparade und Besichtigung der nackten 
Pferde, aber dieses Mal in Stendal beim Magdeburg. Husaren- 
Regiment Nr. 10. — Die Pferde der 1. und 5. Schwadron waren 
in Pyramidenform aufgestellt — Basen gegeneinander — so 
daß an der Spitze jeder Schwadron das älteste Pferd stand, 
die übrigen jahrgangsweise dahinter und die jüngsten 16 Remonten 
bildeten die Basis der Pyramide. Es verlief alles gut, über jede 
Narbe, Verdickung usw. konnte iclrerschöpfende Auskunft geben. 

Bei den Remonten angekoramen, sprach der Divisions¬ 
kommandeur, auf ein Pferd deutend: „Was sind das für schmale 
Hufe, das sind ja die reinen Eselshufe?“ Der Brigade¬ 

kommandeur, General v. S.: „Ja, das will ich Ihnen sagen, 
Exzellenz, das kommt durch den Beschlag im Regiment, aber 
nicht durch die ausführenden Schmiede, sondern durch die 
Leitung.“ Exzellenz sah mich an und forderte mich dadurch 
j zum Sprechen auf: „Pferd ist jüngste Remonte, so geliefert, im 
Regiment überhaupt noch nicht beschlagen.“ Ich hob den 
Huf aus dem etwas tiefen Sande herauf, so daß man die nackte 
Sohle sehen konnte. — Auch hier vollständiges Stillschweigen. — 
(General v. S. ließ in Magdeburg seine Pferde von dem Fahnen¬ 
schmied der 1. Schwadron aus Stendal beschlagen.) 

Abends war Liebesmahl. Ich saß hinten an einem Ende 
der Tafel bdlm Zahlmeister, den jüngsten Leutnants und dem 
Assistenzarzt. Im Verlaufe der Tafel kam ein bedienender 
Husar: „Herr Oberroßarzt, Exzellenz will-«in-Glas mit Ihnen 
trinken.“ — Welche Ehre! — Glas ergreifen, in die Höhe 
fahren, austrinken, — es klappte wie bei der Wachtparade. — 
Lächelnd sah Exzellenz auf den sich eifrig unterhaltenden, 
links neben ihm sitzenden General v. S. — — — 

Korsar, Stangensattelpferd des ersten Geschützes der ersten 
reitenden Batterie Feld-Art.-Regts. Nr. 15 in Neubreisach, hatte 
sich im Frühjahr 1872 auf dem sehr harten Exerzierplätze eine 
durchgehende Trachtenhornspalte der inneren Seite eines Vorder¬ 
fußes zugezogen. Dieselbe blutete, verlief nicht genau in der 
Richtung der Hornröhrchen und zeigte viele Splitterungen. 
Pferd lahmte. Nach einigen Tagen hatte sich Eiter gebildet, 
es mußte daher das gesplitterte Horn abgetragen werden, was 
schließlich zu einer vollständigen Durchschneidung der Horn¬ 
kapsel vom Saum bis zum Tragerande führte. Nach ent¬ 
sprechender Behandlung lahmte Korsar nicht mehr. In meiner 
Abwesenheit ließ der Batteriechef, Hauptmann S., den 
Verband abnehmen, besah sich die Sache und glaubte, das Pferd 
sei infolge des Durchtrennens des Hornschuhes gänzlich un¬ 
brauchbar gemacht worden. Am anderen Morgen äußerte 
sich der Hauptmann mir gegenüber sehr erregt und überaus 
beleidigend in Gegenwart des Wachtmeisters und Futtermeisters; 
unter anderem meinte er, ich hätte mich frevelhaft und in böser 
Absicht am königlichen Eigentum vergangen und er würde mich 
mit den höchsten, ihm zu Gebote stehenden Strafen belegen. 
Innerhalb der nächsten 24 Stunden passierte nichts. Danach 
begab ich mich, um Beschwerde zu führen, zum Prem.-Leutnant, 
wurde aber abgewiesen, dann zum Sek.-Leutnant mit demselben 
Erfolge. Nun ging ich zum Abteilungsadjutanten. Dieser hörte 
mich an, schrieb ein Protokoll nieder, was zu unterschreiben ich 




17. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


685 


mich weigerte, denn es stellte den Sachverhalt nicht richtig 
nnd zu meinen Ungunsten dar. Wahrscheinlich hatte er im 
Kasino die Sache von einseitigem Standpunkte darstellen gehört. 
Nunmehr diktierte ich nach einer vorher gemachten Nieder¬ 
schrift das Beschwerdeprotokoll. — Die Abteilung übergab die 
Sache dem Regimentskommando. Der Hauptmann S. hatte aber 
auch seinerseits ein Strafverfahren beim Regiment gegen mich 
beantragt. Einige Tage darnach erschien der Stabsroßarzt R. aus 
Straßburg mit einem Regimentsbefehl, wonach eine Kommission 
das Pferd Korsar auf seine Felddienstbrauchbarkeit zu unter¬ 
suchen habe; insbesondere soUte die Kommission sich darüber 
gutachtlich äußern, ob die von mir vorgenommene Hufoperation 
eine tief eingreifende gewesen und dadurch eine Beschädigung 
königlichen Eigentums hervorgerufen sei, welche zu vermeiden 
gewesen wäre. Die Kommission hat ihr Urteil dahin abgegeben: 

1. Pferd lahmt nicht, kann beschlagen werden und ist felddienst¬ 
tauglich, zweckmäßig aber ist ein weiteres Herabwachsen des am 
Saum geschlossenen Homes abzuwarten. 2. Die Operation war 
nicht sehr eingreifend und durch die Lage der Sache geboten. 
3. Eine Beschädigung königlichen Eigentums liegt nicht vor. 

Am anderen Tage, wieder beim Abrücken der Batterie, bat 
mich der Hauptmann S. in Gegenwart derjenigen Personen, die 
Ohrenzeugen der Beleidigungen gewesen waren, in anerkennens¬ 
werter, ritterlicher Weise um Entschuldigung. Damit war die 
Sache erledigt. 

Die Hornspalte beim Pferde heilte ausgezeichnet und bald 
hatte der Hauptmann das Vergnügen, sein stolzes Stangen¬ 
sattelpferd vor seinem ersten Geschütze zu sehen. Ich aber 
behandle seit jener Zeit alle Trachtenhornspalten durch Abtragen 
und Verdünnen der Rißränder bis - auf die Homblättchen von 
oben bis unten mit stets gleich gutem Erfolge. 

SO. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte. 

in Köln a. Rh. vom 20. bis 26. September 1908. 

Allgemeine Tagesordnung der Versammlung in Köln a. Rh. 
Sonntag, den 20. September. 

Vormittags: Sitzung des Vorstandes. Eröffnung der Ausstellung. 
Abends 8 Uhr: Begrüßung in der Bürgergesellschaft. 

Montag, den 21. September. 

Vormittags 97< Ubr: Erste allgemeine Versammlung (Gürzenich): 

1. Begrüßungsansprachen. 2. Vorträge. 

Nachmittags 3 Uhr: Konstituierung und erste Sitzungen der Ab¬ 
teilungen. 

Abends 8 Uhr: Gartenfest mit festlicher Beleuchtung (Zoologischer 
Garten). Einladung der wissenschaftlichen Vereine Kölns. 
Dienstag, den 22. September. 

Vor- und Nachmittags: Sitzungen der Abteilungen. 

Abends 7 Uhr: Festessen im Gürzenich. 

Mittwoch den 23. September. 

Vor- und nachmittags: Sitzungen der Abteilungen. 

Abends 7 Uhr: Festvorstellung in den städtischen Theatern: 
Opernhaus und Schauspielhaus. 

Donnerstag den 24. September. 

Vormittags 87 a Uhr: Geschäftssitzung der Gesellschaft. 

Vormittags 10 Uhr: Sitzung der beiden Hauptgruppen (Gürzenich). 
Nachmittags Einzelsitzungen der beiden Hauptgruppen: 

Nachmittags 3 Uhr: 1. Naturwissenschaftliche Hauptgruppe in der 
Aula der Handels-Hochschule, 

Nachmittags 4 Uhr: 2. Medizinische Hauptgruppe in der Aula der 
Akademie für praktische Medizin im Krankenhause Lindenburg. 
Abends S l / 2 Uhr: Empfang in den Räumen des Gürzenichs, ver¬ 
anstaltet von der Stadtverwaltung. 

Freitag den 25. September. 

Vormittags 97 4 Uhr: Zweite allgemeine Versammlung. Vortrüge. 
Nachmittags: Besichtigung oder Sitzungen der Abteilungen. 


Sonnabend den 26. September. 

TagcsausflUge: 1. Rheinfahrt nach dem Siebengebirge, 2. Ausflug 
nach der Gemünder Talsperre, 3. Ausflug nach Bad Neuenahr 
und Apollinarisbrunnen (Einladung der Badedirektion). 

Das Sonderprogramm für die Damen wird in der ersten Nummer 
des Tagesblatts veröffentlicht. 

A. Geschäftsführung. 

Prof. Dr. Tilmann, 1. Geschäftsführer; 

Geh. Sanitätsrat Prof. Dr. Lent, Stellvertreter; 

Stadtverordneter Chemiker Th. Kyll, 2. Geschäftsführer; 

Prof. Dr. Reitter, Stellvertreter; 

Prof. Dr. Matth es, Schriftführer; 

Kommerzienrat M. Seligmann, Schatzmeister. 

Plan der wissenschaftlichen Verhandlungen. 

I. Allgemeine Sitzungen 
im großen Saale des Gürzenichs. 

Montag den 21. September 1908, vormittags 97* Uhr: 
Begrüßungsansprachen. 

Prof. Dr. Stadler, München: Albertus Magnus von Köln als 
Naturforscher und das Kölner Autogramm seinerTiergeschichte. 
Major von Parseval, Berlin: Motorballon und Flugmaschine. 

Freitag den 25. September 1908: 

Prof. Dr. Rubner, Berlin: Kraft und Stoff im Haushalt des Lebens. 
Prof. Dr. Heim, Zürich: Über den Deckenbau der Alpen. 

Prof. Dr. Hassert, Köln: Vorläufige Ergebnisse einer landes¬ 
kundigen Forschungsexpedition ins Kamerungebirge und nach 
Nordwest-Kamerun. 

II. Gesamtsitzung beider Hauptgruppen 
im großen Saale des Gürzenichs. 

Donnerstag den 24. September 1908, vormittags 10 Uhr: 
Prof. Dr. Wiener, Leipzig: Die Entwicklung der, Farben¬ 
photographie. 

Prof. Dr. Doflein, München: Die krankheiterregenden Trypano¬ 
somen, ihre Bedeutung für Zoologie, Medizin und Kolonial¬ 
politik. 

III. Einzelsitzungen beider Hauptgruppen. - 
I. Sitzung der naturwissenschaftlichen Hauptgruppe. 
Donnerstag, den 24. September 1908, nachmittags 3 Uhr, in der 
Aula der Handelshochschule: 

Prof. Dr.William Morris Davis (Harvard University in Cambridge 
Maas.): Der große Canon des Colorado. 

Prof. Dr. Erich Kays er, Gießen: Die Entstehung des Rheintales. 

II. Sitzung der medizinischen Hauptgruppe. 

Donnerstag, den 24. September 1908, nachmittags 4 Uhr in der 
Aula der Akademie für praktische Medizin im Krankenhaus der 
Lindenburg: 

I Prof. Dr. Einthoven, Leyden: Über das Elektrocardiogramm. 

Prof. Dr. Wright, London: Über Vaccine-Therapie und die Kontrolle 
der Behandlung mittelst des opsonischen Indexes. 

IV. 31. Abteilung: Praktische Veterinärmedizin. 
Sitzungsraum: Königl. Maschinenbauschule. 
Verpflegungsstätte: Ewige Lampe. 

1. Fr ick (Hannover): Über moderne Kastrationsmethoden. 

2. Derselbe: Wie hat sich praktisch und forensisch der Tierarzt 
zur antiseptischen Wundbehandlung zu stellen. 

3. Jäger (Frankfurt a. M.): Über die Turaorgenese (mit Demon¬ 
strationen). 

4. Derselbe: Die Melanose — Melasarkomatose — des Pferdes. 

5. Krautstrunk: (Bonn): Die Bekämpfung der Rindertuberkulose 
in der Rheinprovinz (mit Demonstrationen). 

6. Matthiesen (Hannover): Die Teilnahme der Tierärzte an der 

Pferdezucht. 

7. Peter (Hamburg): Die Neuroktomie in der tierärztlichen Praxis. 

8. Schipp (Gießen): Beiträge zur Biologie des Rotlaufbazillus. 

9. Schmitt (Stettin): Der Bazillus paratyphi B als Krankheits¬ 
erreger bei Kälbern. 

10. Derselbe: Zur Ätiologie des Kälbersterbens. 

11. Steinbach (Trier): Die infektiöse Anämie der Pferde im 
Regierungsbezirk Trier. 

12. Woldt: (Gummersbach): Tiermedizin und Tierzucht. 

13. Fambach (Glauchau): Allgemeine Betrachtungen über die Be- 




686 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


schaffenheit der Cavicorniergehürne (mit Demonstrationen). 
Fortsetzung des auf der 79ten Versammlung gehaltenen Vor¬ 
trags „Geweih und Gehörn“. 

14. Derselbe: Die Autochromplatte im Dienste der praktischen und 
wissenschaftlichen Photographie. 

15. J. Bongert (Berlin): Der Tuberkelbazillengehalt des Blutes, 
der Muskulatur und der Lymphdrüsen der schlachtbaren Haus¬ 
tiere. 

Die Abteilung ladet ein: die Abteilung 15 zu den Vorträgen 
Jäger (3 und 4) und Bongert (15); die Abteilung 29 zu den Vor¬ 
trägen Schipp (8) und Schmitt (9); die Abteilung 10 zu dem 
Vortrage Fambach (13). 

Die Abteilung ist eingeladen: von der Abteilung 5 zu dem 
Vortrage: Klöpfer (Hagen): Natürliche und künstliche Einflüsse 
auf Güte und Menge der Milch und die polizeiliche Milchkontrolle; 
von der Abteilung 10 zu dem Vortrage: Hoffmann (Bonn): über 
Rachenbremsen; von der Abteilung 14 zu dem Vortrage: Hage¬ 
mann (Bonn): Über das Rcspirationskalorimeter des tierphysio¬ 
logischen Instituts in Bonn; von der Abteilung 15 zu den Vorträgen: 
Jäger (Frankfurt): Über eine Aspcrgillusmykose der Rehleber, 
Derselbe: Über eine infektiöse Blutgefäßerkrankung beim Axis-Wild; 
Orth (Berlin): Über experimentelle enterogene Tuberkulose; von 
der Abteilung 20 zu dem Vortrage: Schloßmann (Düsseldorf): 
Örtliche Tuberkulosereaktion; von der Abteilung 24 zu dem Vor¬ 
trage: Imhofer (Prag): Beiträge zur pathologischen Anatomie der 
Otitis externa beim Hunde; von der Abteilung 29 zu dem Vorträge: 
Wolf-Eisner (Berlin): Über die Konjunktivalreaktion. 

Rheinischer Tierärztetag. 

Vom 20. bis 26. September d. J. tagt in Köln die 80. Ver¬ 
sammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Ärzte, än der nach den eingegangenon Meldungen zahlreiche 
Tierärzte teilnehmen werden. Um diesen einen entsprechenden 
Willkomm zu bereiten, wird am 20. September d. J., vormittags 
11 Uhr, im Zoologischen Garten in Köln eine gemeinsame Sitzung 
der rheinischen tierärztlichen Vereine mit folgender Tagesordnung 
stattfinden:'" “ . 

1. Begrüßung-Ansprache des Alterspräsidenten. 

2. Geschäftliche Mitteilungen. 

3. Regelung des Milchverkehrs in den Schlachthofgemcinden: 

a) Städtische Milchkontrolle. Referenten: Dr. Bettendorf 

und Fischer, b) Die Herstellung einwandfreier Kinder¬ 
milch. Referenten: Stier und Plath. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Im Anschlüsse an die Sitzung findet ein gemeinsames Mittag¬ 
essen und am Abend ein Kommers statt. Indem wir die Mitglieder 
zu diesen Veranstaltungen ergebenst einladen, bemerken wir, daß 
eine möglichst rege Beteiligung der Damen sehr erwünscht ist 
Köln, im August 1908. 

Die Vorsitzenden der rheinischen tierärztlichen Vereine. 

Bockelmann-Aachen. Brebeck-Bönn. 

Dr. Finkenbrink-Saarbrücken. Vet.-Rat Dr. Lothes-Köln. 
Vet-Rat Schmitt-Düsseldorf. Vet.-Rat Dr. Steinbach-Trier. 

NB. Der Eintritt in den Zoologischen Garten ist gegen Vor¬ 
zeigung der Mitgliedereinladungskarte frei. Die Nichtmitglieder 
werden gebeten, die zum Eintritt in den Zoologischen Garten 
berechtigenden Einladungskarten im Bureau des Hotels Europäischer 
Hof — Ewige Lampe (Verpflegungsstätte der XXXI. Sektion) in 
Empfang zu nehmen. 

Tierärztlicher Verein in Schleswig-Holstein. 

Ordentliche General-Versammlung in Kiel, am 26. und 27. Sep¬ 
tember 1908, „Haus der Landwirte“, II. Stock. 

Tagesordnung. 

Erster Tag: Abends 7 Uhr: 

1. Besprechung einer Taxe für privattierärztliche Geschäfte. 

Referent: Masch-Wüster. 

2. Mitteilung aus der tierärztlichen Praxis. 

a) Pathologie und Therapie; Verwendung neuer Heilmittel 
und Seratherapie. 

b) Chirurgie und Geburtshilfe nebst Operationsmethoden. 

c) Erfahrungen auf dem Gebiete der Fleischbeschau. 


No. 38. 

3. Nach Schluß der Verhandlungen zwangloses Zusammensein, 
an dem auch Damen teilzunehmen gebeten werden. 

Zweiter Tag: Eröffnung der Hauptversammlung vorm. 9 Uhr. 

I. Vereinsangelegenheiten. 

1. Geschäftsbericht 

2. Rechnungslegung und Unterstützungssachen. 

3. Aufnahme neuer Mitglieder. 

4. Wahlen. 

5. Verschiedenes und Anträge. 

II. Vorträge. 

1. Über Milchhygiene. Referent: Maifart-Lensahn. 

Korreferent: Ruser, Kiel. 

2. Beiträge zur Beurteilung des Pferdes und seiner Fehler. 

Harm 8-Elmshorn. 

III. Gesellschaftlicher Teil. 
Gemeinschaftlicher Tischgang mit Damen um 2 Uhr. 

Der Vorstand erlaubt sich die teilnehmenden Herren darauf 
aufmerksam zu machen, daß es als eine Ehrenpflicht anzusehen ist, 
auch nach den Verhandlungen die Kollegialität durch Teilnahme 
am Tischgange zu betätigen. 

Der Vorstand. I. A.: Eiler, Schriftführer. 

45. General-Versammlung des Vereins Kurhessiseher Tierärzte 

am Sonntag, den 27. September er., vormittags 10 1 / 4 Uhr in Cassel 
im Hotel „Casseler Hof“, Kurfürstenstraße 2. Tel. 126. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen, Eingänge, Kassenbericht etc. 

2. Vereinsangelegenheiten, Statuten. 

3. Piroplasmose der Haustiere. Referent: Herr Kreistierarzt 
Dr. Grimme-Melsungen. 

4. Einigende Punkte zwischen beamteten und privaten Tierärzten. 
Referent: Herr Kreistierarzt Wittlinger-Hanau. 

5. Mitteilungen aus Praxis und Fleischbeschau. 

6. Wahlen. 

Nach der Sitzung findet ein gemeinschaftliches Essen (trockenes 
Couvert 3 Mk.) unter erbetener Teilnahme der Damen statt An¬ 
meldungen zur Teilnahme am Essen bitte bis zum 24. September an 
Herrn Schlachthofdirektor Dr. Grote, Fiedlerstr. 1, zu richten. 
Diejenigen Mitglieder, die schon am 26. September in Cassel sind, 

treffen'sich im'„CaösSler Hof“. ♦ < ^ . 

Der stellvertretende Vorsitzende E. Schlitzberger. 

Maul- und Klauenseuche. 

Neue Ausbrüche sind in den Tagen vom 10.—12. September 
gemeldet aus Bruck bei München, Kaiserslautern (Pfalzbayern) und 
Chateau-Salins (Lothringen). Der Ausbruch im Schlachthof zu 
Straßburg ist getilgt. 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Geschäftsbericht der bayerischen Landes-Pferde- 
versicherungsanstalt für das TII. Yersichernngsjahr 
1906/1907. 

(1. November 1906 bis 1. November 1907.) 

Dem von der königlichen Versicherungskammer erstatteten 
Geschäftsbericht, der einleitend einige Abänderungen der Sta¬ 
tuten enthält; entnehmen wir, daß die Anstalt bei der Nachschan 
im Oktober 1907 450 Vereine mit 31406 Mitgliedern und 53541 
Pferden bei einem Versicherungswert von 47931560 M. aufwies. 
Da im Interesse der leichteren Berechnung des Beitrages für 
jeden Verein die Versicherungssumme mit Einschluß des An¬ 
schlages der Beitragserhöhung nach § 28 des Normalstatnts 
aufgestellt wurde, so erhöhte sich die beitragspflichtige Summe 
im Durchschnitt aus der Nachschau im Frühjahr und im Herbst 
auf 51180140 M. 

Auf einen Verein trafen durchschnittlich 70 Mitglieder mit 
1G3 versicherten Pferden. Der Versicherungswert eines Pferdes 
stellte sich auf 625 M. im Durchschnitt. 

Die Zahl der Schadensfälle hat gegen das Vorjahr um 
4,72 Proz. der versicherten Pferde zugenommen. Die Ursache 



17. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


687 


liegt darin, daß nach und nach ein größerer Teil der ver¬ 
sicherten Pferde über die Grenze von 15 Jahren aufrftckt und 
damit der Abgang infolge Krankheit und gänzlicher dauernder 
Unbrauchbarkeit ein stärkerer wird. 

Es wurden mit Einschluß von sieben vom Vorjahr über¬ 
nommenen Fällen 8811 Entschädigungsansprüche erhoben, wovon 
sich 3742 Fälle als begründet erwiesen und zur Auszahlung ge¬ 
langten und 53 Fälle unbegründet waren. Sieben weitere Fälle 
mußten auf das achte Versicherungsjahr übernommen werden 
und neun Fälle endlich wurden durch Ersatz durch Dritte er¬ 
ledigt. Eine Inanspruchnahme der Versicherung trat hier 
nicht ein. 

Bei den zur Entschädigung gelangten 3742 Fällen fand in 
3633 Schäden = 97,09 Proz. aller Schadensfälle (im Vorjahr 
96,59 Proz.) eine tierärztliche Untersuchung oder Behandlung 
statt, während eine solche in 109 Fällen = 2,91 Proz. (3,41 
Proz.) infolge raschen Urastehens der Tiere nicht mehr zu er¬ 
langen war. Hier wurde dann zur Feststellung der Schadens¬ 
ursache die Sektion veranlaßt. 

Von den zur Entschädigung gelangten 3742 Pferden waren 
umgestanden .... 1381 igt 36,91 Proz. 
getötet. 2361 = 63,09 „ 

Der Anteil der umgestandenen Pferde an den Schadens¬ 
fällen hat auch diesmal ab-, jener der getöteten Pferde zu¬ 
genommen. 

Bei der Entschädigung von 3742 Pferden blieb die Wert¬ 
ermittlung in 3397 Fällen — 90,78 Proz. in Übereinstimmung 
mit jener nach dem Versicherungsbuch. In 106 Fällen = 2,83 
Proz. mit einer Erhöhung bei jüngeren Pferden und tragenden 
Zuchtstuten stellt sie sich über und in 239 Fällen = *6,39 Proz. 
unter die Versicherungssumme. 

In drei Fällen wurde eine zweite Schätzung durch das 
Schiedsgericht des Vereins beantragt, wobei in einem Fall die 
Schätzung bestätigt und in zwei Fällen der Wert erhöht wurde. 

Die Einreihung der Pferde in verschiedene Gefahrenklassen 
nach Maßgabe ihrer Verwendung hat sich auch diesmal als 
richtig bewährt, wie nachstehende Liste ergibt: 


Gruppen der Pferde 

Gesamt- | 
zahl j 

Schadensfälle 

lin Proz. 

Zahl d. vor«. 

I Pferde 

Pferde ohne Beitragserhöhung. 

54435 

2517 

4,62 

Pferde mit einer Beitragserhöhung v. 2/10. 

10419 

591 

5,67 

n „ * * „ 3/10. 

6027 

366 

6,07 

* * * , * 5/10. 

1166 

92 

7,89 

» » » - » 8/10. 

1494 

176 

11,78 

l 


Die von den Vereinen bestrittenen Kosten für tierärztliche 
Behandlung und Medikamente beliefen sich auf 142490 M. 83 Pf. 
gleich 0,29,8 Proz. der Versicherungssumme (gegen 0,28,2 Proz. 
im Vorjahr) und diejenigen für die ärztliche Verwaltung auf 
51324,93 M. = 0,10,7 Proz. (0,10,2 Proz.). 

/ iVas die Rechnungsergebnisse anlangt, so haben die Vereine 
der Verwertung der getöteten Pferde einen Erlös von 
129543,80 M. = 8,93 Proz. der Entschädigung erzielt. Der 
Erlös aus dem Kadaver eines umgestandenen Pferdes verbleibt 
jeweils den Versicherten. 

Die festgesetzte und zur Auszahlung gelangte' Entschädigung 
von 3742 Schadensfällen mit Einschluß der Reserve für sieben 
noch zu bereinigende Fälle betrug 1453406 M. Davon hat die 


Anstalt gesätzmäßig die Hälfte mit 726703 M. zu übernehmen. 
Diese Summe verminderte sich durch verschiedene Deckungs¬ 
mittel, wie Staatszuschuß mit 60000 M., Zinsen aus dem Re¬ 
servefonds mit 12302,75 M. usw. auf 681026,39 M. Bei der 
oben erwähnten beitragspflichtigen Versicherungssumme von 
51180140 M. ist somit ein Beitrag von 1,33,5 Proz. der Ge¬ 
samtsumme erforderlich. Dieser Beitrag bildet die sogenannte 
VerbandBumlage und wird von allen Pferde-Versicherungsvereinen 
gleichmäßig geleistet. 

Die weitere Hälfte der Entschädigung von 726703 M. ist 
von den einzelnen Vereinen aufzubringen. Diese Summe ver¬ 
mindert Bich durch einen Ersatzposten von 1666 M. und durch 
den besonderen Staatszuschuß von 20000 M. für Unterstützung 
an 218 stark überlastete Vereine (über 2,71 Proz.) auf 705037 M. 
Somit betrug die durchschnittliche Vereinsumlage 1,37,5 Proz. 
Die Gesamtumlage (Verbands- und Vereinsumlage) stellte sich 
also auf 2,71 Proz. der beitragspflichtigen Summe. 

Selbstverständlich schwankte diese Verbandsumlage wie 
immer, bei den einzelnen Vereinen. So traf ein Gesamtbeitrag 
auf 100 M. der Versicherungssumme von 1,33,5 Proz. auf 24 
| Vereine (ohne Schäden). 


1,34 

bis 2,00 Proz. 

auf 

60 Vereine 

2,01 

n 2,70 „. 

n 

166 „ 

2,71 

Proz. (Durchschnittsbeitrag) 

n 

3 n 

2,72 

bis 3,00 Proz. 

n 

79 „ 

3,01 

» 3,50 „ . . . . . 

n 

65 „ 

3,51 

.4,00 „. 

n 

53 „ 


im ganzen 450 Vereine. 


Diese durchschnittliche Verbandsumlage von 2,71 Proz. 
muß, wie der Bericht mit Recht hervorhebt, im Hinblick auf 
das Risiko bei der Pferdeversicherung als mäßig betrachtet 
werden. 

Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Pferde 
eine verhältnismäßig kurze Lebensdauer haben, im Alter fast 
regelmäßig zur Entschädigung gelangen und daß endUch der 
Erlös aus der Verwertung getöteter Pferde gegenüber dem 
Rindvieh doch ein sehr geringer ist. 

Im übrigen stellte sich der durchschnittliche Beitrag unter 
Einrechnung des oben erwähnten Erlöses von 129 543,80 M. nur 
auf durchschnittlich 2,46 Proz. der beitragspflichtigen Summe. 
Wenn man bedenkt, daß z. B. zwei größere Pferde-Versicherungs- 
gesellschaften im Jahre 1906 bei einer Versicherungssumme von 
26 Mill. M. einen durchschnittlichen Prämiensatz von 4,02 Proz. 
der Versicherungssumme erhoben, so ist diese Verbandsumlage 
von 2,46 Proz. als sehr mäßig zu bezeichnen. 

Im letzteren Prämiensatz sind außerdem noch die Kosten 
der tierärztlichen Behandlung und örtlichen Verwaltung mit 
einbegriffen, während bei den Pferdeversicherungsgesellschaften 
die ersteren noch von den Versicherten zu tragen sind. Dieser 
niedrige Satz ist nur durch weitgehende staatliche Unterstützung 
möglich. 

Der Reservefonds, das gemeinschaftliche Vermögen aller 
Pferdeversicherungsvereine erhöhte sich von 287404,08 M. im 
Vorjahr durch 17500 M. Zinsen aus dem Stammkapital von 
500000 M. und Beitragsgebühren von 14606 M. 22 Pf. auf 
319510 M. 30 Pf. Davon konnten diesmal 12302,75 M. Zinsen 
zur Deckung der Entschädigungen verwendet werden. 

Die Anstalt, die dem Versicherungsstand nach die erste 
Stelle unter den Pferdeversicherungsgesellschaften in Deutsch- 








688 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSC HRIFT. 


No. 38. 


land einnimmt, hat in sieben Jahren ihres Bestehens 18033 
Schadensfälle mit 6771836 M. entschädigt; an Beiträgen hierfür 
wurden 6405269 M. erhoben. 

Mithin haben die Versicherten 366567 M. über den Beitrag 
erhalten. Bei der Verwertung getöteter Pferde ist dazu den 
Vereinen eine Einnahme von 450815 M. zugefallen. Damit er¬ 
höhte sich der Anfall an die Versicherten auf 817382 M. 

Zum Schluß möge, wie immer, die Liste der Schadens- 
Ursachen nach den einzelnen Systemen geordnet, folgen: 

I. Krankheiten des Nervensystems 


und der Sinnesorgane. . . 

604 

= 

16,14 Proz. 

n. Krankheiten des Gefäßsystems 

144 


3,85 

V 

III. Krankheiten der Atmungsorgane 

IV. Krankheiten der Verdauungs- 

558 

= 

14,91 

V 

organe. 

943 

= 

25,20 

V 

V. Krankheiten der Harnorgane . 

VI. Krankheiten der Geschlechts- 

164 

= 

4,38 


organe . 

32 


0,86 

ri 

VH. Infektionskrankheiten . . . 

67 

= 

1,79 

V 

VIH. Parasiten (tierische) .... 
IX. Krankheiten der Haut und 

16 

— 

0,43 

n 

Muskeln. 

X. Krankheiten der Knochen und 

285 

= 

7,62 

n 

Gelenke. 

314 

= 

8,39 

n 

XI. Krankheiten des Hufes. . . 

179 


4,78 

r> 

XII. Vergiftungen. 

23 


0,62 

ri 

XHI. Störung der Ernährung . . 

244 

= 

6,52 

n 

XIV. Äußere Einwirkungen . . . 

169 

= 

4,51 

V 


Es zeigt sich hier dasselbe Bild wie im Vorjahr. In erster 
ReiKe stehen wiedÖ’rüm'^TTe'^K’rähkheReh der ^V^rdäfiufTgsorgahe.* 
Hier sind es wieder die Kolik mit 615 Fällen = 16,44 Proz. 
und die Leberleiden mit 184 Fällen = 4,92 Proz., welche am 
verlustbringendsten wirkten. 

Als Ursache der Lebererkrankungen, die im übrigen gegen¬ 
über dem Vorjahr mit 5,30 Proz. einen Rückgang aufweisen, 
wird in der Regel das Futter von feuchten, niedrig gelegenen 
Wiesen bezichtigt. Es wird deshalb zur Beseitigung die Ver¬ 
besserung der Wiesen angestrebt. 

Die Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane; 
die mit 604 Verlusten = 16,14 Proz. in zweiter Linie stehen, 
verteilten sich hauptsächlich auf Rückenmarkslähmung (177 
gleich 4,73 Proz.), Gehirnentzündung (184 = 4,92 Proz.) und 
auf Dummkoller (137 = 3,66 Proz.). 

Die Ursache dieser letzteren Erkrankungen wird neben zu 
intensiver Fütterung auf Überanstrengung der Tiere und auf 
den Aufenthalt in zu warmen, dunstigen, schlecht ventilierten 
Stallungen znrückgefiihrt. Auch der Stalluntergrund wird ver¬ 
antwortlich gemacht. 

Endlich wird der gemeinschaftliche Pferde- und Rindvieh¬ 
stall als schädlich hingestellt. Der Bericht schlägt deshalb 
verschiedene Verbesserungen vor. 

Bei den AtmungsOrganen ist es wiederum die Dämpfigkeit, 
die mit 217 Fällen = 11,41 Proz. an der Spitze marschiert. 
Hier ist hauptsächlich dem Alter der Pferde die Schuld zu¬ 
zumessen. Die schwarze Harnwinde ist mit 116 Fällen = 3,10 
Proz. vertreten. Unter Berücksichtigung der Schrift von Pro¬ 
fessor Dr. Schlegel „Die infektiöse Rückenmarksentzündung 


oder schwarze Harn winde“, worauf die letztere auf Infektion 
zurückgeführt wird, werden die Tierärzte ersucht, bei den Gut¬ 
achten zu den Schadensprotokollen auf die Ursachen ent¬ 
sprechende Rücksicht zu nehmen. 

Schließlich wird allen Beteiligten, ganz besonders auch den 
Tierärzten und Zuchtinspektoren, der öffentliche Dank für ihre 
Mitwirkung ausgesprochen. 

Bezirkstierarzt Mai er-Konstanz. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Landestierarzt des Königreichs Bayern, 
Regierungsrat Dr. Vogel ist Titel und Rang eines Oberregierungs¬ 
rates, dem Schlachthausinspektor Roßmann zu Koburg der Titel 
Schlachthofdirektor verliehen worden. Anläßlich der Kaiser-Manöver 
wurden verliehen dem Korpsstabsveterinär letzner beim General¬ 
kommando des XV. Armeekorps der Rote Adlerorden IV. Klasse, 
den Staabsveterinären Günther im Drag.-Regt. Nr. 15, Hentrick im 
Feldart.-Regt Nr. 67, Böhland im Drag.-Regt. Nr. 9, Brost im 
Feldart-Regt. Nr. 69, Mummert im Feldart.-Regt. Nr. 80, Brose im 
Leibdrag.-Regt. Nr. 20 der Kgl. Kronenorden IV. Klasse; ferner 
dem Tierarzt F. Joseph- Wriezen die Landwehr-Dienstauszeichnung 
I. Klasse. 

Ernennungen: Städt. Tierarzt E. Ausser-Würzburg zum Kgl. 
Bezirkstierarzt in Berneck, Veterinärarzt Karl Brechicl- Niedermoos 
(Hessen) zum Distriktstierarzt in Cadolzburg bei Nürnberg. Dem 
Tierarzt Georg Buß in Salem ist die Versehung der Bezirkstierarzt¬ 
stelle in Wolfach übertragen. — Versetzt: Die Departementstier¬ 
ärzte Veterinärräte Hetze- Cassel und BwcA-Frankfurt a. 0. gegen¬ 
seitig, der Gr. Bezirkstierarzt Friedrich Ringwald von Wolfach 
nach Kehl. 

Verzogen: Die Tierärzte Emil Messner von Stuttgart als stell- 
vertr. Schlachthoftierarzt nach Freiburg, Alfred Butta von Villingen 
als Assistent des Gr. Bezirkstierarztes nach Engen, Gabriel Schäfer 
" vbn 'Befrä (Höhenz.) als Assistent deB Gr. Bezirkltlerärzles nai^h 
Oberkirch, Arthur Friedmann von Wyhl als Stellvertreter nach 
Schwarzach, Fritz Eichacker als Assistent des Gr. Bezirkstierarztes 
nach Heidelberg, Peter Kämmerer von Heidelberg als Assistent des 
Gr. Bezirkstierarztes nach Sinsheim und von dort nach Mainz, 
Friedrich Espert von Tiefenbronn nach Jettingen (Schwaben, Hans 
Falk von Isen als Assistent des Bezirkstierarztes nach Aschaffenburg. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Franz Schwäbel aus 
Dillingen zum Dr. med. vet. in Gießen; Nikiaas Autoni aus Weener, 
Max Devrient, städt. Tierarzt in Berlin, Fritz Haag aus Muskau, 
August Jauß aus Freudenstadt zum Dr. med. vet. in Bern. — 
Approbiert: Die Herren Arthur Friedmann und Göttlich Sanier 
in Stuttgart 

In der Armee: Preußen: Verabschiedet: Oberveterinär Block 
im Drag.-Regt Nr. 8 auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhe¬ 
stand versetzt. 

Todesfälle: Tierarzt Bernhard Nagel in Iggingen, Oberveterinär 
Zölch in Ingolstadt. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 36 .) 

Krelstierarztstellen: Reg.-Bez. Koblenz: Mayen. Bewerb, 
bis 10. Oktober er. a. d. Regierungspräsidenten. — Reg.-Bez. 
Düsseldorf: Mettmann mit dem Amtssitz in Vohwinkel zum 
1. 7. er. Bewerb, bis 10. Oktober er. a. d. Regierungspräsidenten. 

Kaiser Wilhelm-Institut In Bromberg: Wiss. Hilfsarbeiter für die 
Abteilung für Tierhygiene. Gehalt 1800 M. Bewerb, a. d. Vor¬ 
steher der Abteilung. 

Besetzt; Tierarztstelle in Osche, Kreis Schwetz. (In Nr. 36 
wurde diese Stelle irrtümlich für Schwetz [Weichsel] ausgeschrieben). 


Von heut ab bis 8. Oktober bin ich verreist und bitte Nicht¬ 
erledigung etwaiger Zuschriften für diese Zeit zu entschuldigen. 

Schmaltz. 


Verantwortlich för den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung Ton Richard Bchoets tat Berlin. — 

Druck von W. BtUenatein, Berlin. 













Di« „Berliner Tlerftmtlleh« Wocheneehrift“ era eheint 
wOehentlieb im Verlag« von Richard Sohoets ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmitr. 10. Durch jedes deute ob« 
Postamt wird dieselbe nun Preise von M. 5,— vierteljlhr- 
lieh (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haas geliefert (österreicbisehe Post-Zeitangs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 50 Mk«, (n Petltsata mit 
00 Hk. für den Bogen honoriert Alle Mannskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
an senden an Prof. Dr. Sehmalta, Berlin, Tlerirst- 
llehe Hoobsohule, NW., LuisenstraOe 66. Korrektoren, 
Reaensions-Exemplare and Annoncen dagegen an die 
V erlagsbaebhandlnng; 


Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothe« 

Hamburg. Departements-T. in Odin. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarat für Hamburg. 


Veterinärrat Petere Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Departements-T. ln Bromberg. Departements-T. In Danslf. Professor in Dresden. 


Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Reg.-Rat Dr. Vogel 

Professor ln Dresden. Professor in Freiburg. Professor ln Dresden. Landestierarst in München. 

Helfer Dr. H. Sieber Dr. Stödter 

Scblacbtb.-Direktor in Mülhausen LA am Tropeninstitat in Hamburg. Stadt-Tierarzt ln Hamborg. 


Wehrt« Zindel 

Kais. Regierangsrat in Berlin. Krelstlerarst in Mülhausen L B. 

Dr. Trapp Dr. Zlmmermann 

am Kaiser Wilhelm-Institut In Bromberg. Dosent in Budapest 


Jahrgang 1908. JVs. 39. Ausgegeben am 24. September. 


Inhalt: Jöhnk: Ein weiter Beitrag zur Darmresektion beim Rinde. — Michalik: Beitrag zur Heilung von Herzver¬ 
letzungen. — Walther: Acarusmilben beim Pferd. — Kantorowicz: Der Laufgewichtshammer. — Hleronymi: Ein 
seltener Fall einer Doppelmißbildung eines Kalbes. — Wieland: Schieferzähne beim Rind. — Moritz: Schutz-, 
Not- und Heilimpfung gegen Milzbrand nach Prof. Sobernheim. — Zeuner: Ein mit ölsaurem Natron und 
Lecithin hergestelltes hochwertiges Tuberkulose-Toxin. — Referate: Schifferli: Die aseptischen Beugesohnen- 
verändorungen des Pferdes unter besonderer Berücksichtigung der histologischen Vorgänge. — Müller: Klinische Unter¬ 
suchungen über Wert und Wirkung des Kaloinels. — Lüer: Über einen Fall von Brechweinstein-Vergiftung bei einem Fohlen. 
— Oster tag: Zur Biologie des Erregers der Wild- und Rinderseuche. — Schmidt: Euterrotz beim Pferde. — Aus der 
medizinischen Literatur. — Tagesgeschichte: Gründung eines Verbandes der praktischen Tierärzte im Großherzogtum Hessen. — 
Verein sächsischer Gemeindetierärzte. — Verschiedenes. — Tierzucht und Tierhaltung: Boucher: Die Spezialisierung der 
Rassen. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


Ein weiterer Beitrag zur Darmresektion beim Rinde. 

Von M. Tdhnk-Beme (Oldbg.) 

Zu den von mir in Nr. 52 B. T. W. Jahrg. 1907 ver¬ 
öffentlichten zwei Fällen von Darmresektion beim Rinde habe 
ich noch zwei weitere hinzuzufügen. 

3. l 3 / 4 Jahr alter Ochse, Besitzer Hausmann H. S. in 
Nenenbrok. Anamnese: Am 14. Februar 1908 abends habe der 
mäßig genährte Ochse plötzlich und ohne nachweisbare Ursache 
heftige Kolik bekommen, die allmählich verschwunden sei. Das 
Tier fresse seit der Zeit gar nichts, wiederkäne nicht mehr und 
entleere keinen Kot, dagegen sei aber blntiger Schleim ab¬ 
gegangen. Ein am gleichen Tage zn Rate gezogener Tierarzt 
habe den Ochsen untersucht und hochgradige Verstopfung und 
Fremdkörper festgestellt nnd dementsprechende Behandlung 
eingeleitet. 

Untersuchungsbefund (18. Februar 08.): Mäßig genährter 
Ochse liegt im Stalle nnd ist nnr schwer zum Aufstehen zn 
bringen. Haarkleid glanzlos und auf gebürstet, Flotzmaul trocken, 
Nasenränder mit borkigen Krusten bedeckt. Die linke Hunger¬ 
grube ist tympanitisch aufgetrieben, Bauchdecken fühlen sich 
etwas gespannt an nnd man gewinnt den Eindruck als ob sich 
Flüssigkeit in der Bauchhöhle befinde. Darm- nnd Wanst¬ 
tätigkeit völlig unterdrückt. Am Schwanz nnd in der Umgehung 
des Afters sind blutige Abgänge nicht vorhanden, da der Be¬ 
sitzer häufig Einläufe in den Mastdarm gemacht hatte. 

Der Mastdarm ist leer, After nicht geschlossen; vor dem 
Beckeneingang, im freien Raume der Bauchhöhle kaudal von der 
Niere nnd in der Nähe des Schambeines fühlt die untersuchende 
Hand eine kindkopfgroße rundliche Masse von weicher 
Consistenz, die sich nach allen Richtungen verschieben läßt. 
Druck auf die Geschwulst erzeugt dem Tiere keinen Schmerz. 
Da Erscheinungen des Überwurfes fehlten, so lautete die 
Diagnose: Darminvagination und als Therapie wurde Resektion 
vorgeschlagen. 


Mit Rücksicht auf die fünftägige Dauer der Invagination: 
die beginnende Peritonitis nnd die in großen Mengen verab¬ 
reichten Abführmittel mußte die Prognose von vornherein, 
zweifelhaft bis ungünstig lauten. 

Nach Eröffnung der Bauchhöhle fließt eine größere Menge 
weinroter, trüber Flüssigkeit ab (Peritonitis). Das resezierte 
Darmstück mißt anfgeschnitten ca. 120 cm. (Stauungs-Blutung 
nnd Transsudation sowie Nekrose.) 

Am 20. Februar gibt mir der Besitzer Nachricht, daß er 
den Ochsen geschlachtet, da er fortwährend stöhnte. Kotabsatz 
sei nicht erfolgt. 

Ich fand am geschlachteten Tiere die Banchdecke an der 
eröffneten Stelle, mit einer dicken Schicht Fibrin belegt, völlig 
verschlossen; das Bauchfell ist ramiform gerötet, trübe, matt 
nnd nicht mehr spiegelnd. Der Dünndarm sowie sein Gekröse 
wiesen an der Schnittfläche gleichfalls eine dicke Fibrinschicht 
auf, die sich anal nnd oral der Vereinigungsstelle eine Strecke 
weit auf den Dünndarm fortsetzte. Der Inhalt des Dünndarms 
ist dünnflüssig und hat die Vereinigungsstelle gut passiert; die 
Darmnähte haben gut gehalten nnd selbst durch Druck auf den 
Darminhalt ist dieser nicht zum Austritt zn bringen. Die 
Vereinigung des Dünndarmgekröses ist derart, daß der genaue 
Sitz erst nach einiger Zeit gefunden wird. 

Der Besitzer gibt an, daß sich in der Bauchhöhle ziemlich 
viel stinkende Flüssigkeit befunden habe, er sah zn seinem 
größten Erstaunen, daß eine Verheilung wohl möglich gewesen 
nnd bedauert nnr, daß der Ochse nicht früher zur Operation 
gelangte, da er ihm in diesem Falle höchstwahrscheinlich erhalten 
geblieben wäre. 

IV. Der Hausmann J. L. aus dem Nachbarort Nordermoor 
konsultierte mich am 24. Februar 1908 abends wegen eines 
Jungrindes, das am Morgen plötzlich Kolik bekam, seitdem nicht 
mehr fraß und verstopft sei. Er glaube, es liege dieselbe Er¬ 
krankung vor wie im vorgehenden Falle. 







690 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Untersuchungsbefund (25. Februar 1908): 2 Jahr altes 
weibliches, nicht trächtiges Jungrind steht mit rauhem Haar¬ 
kleid im Stalle. Futteraufnahme sowie Kotabsatz fehlen. Pansen- 
und Darmgeräusche sind nicht zu beobachten. Von Zeit zu 
Zeit drängt das Tier auf Kot, es wird dann blutiger Schleim in 
geringer Menge abgesetzt. Vor dem Beckeneingange im freien 
Raume der Bauchhöhle befindet sich eine doppelt faustgroße 
Geschwulst, die nach allen Seiten verschiebbar ist ; Druck auf 
diesen Tumor bereitet dem Tiere Schmerz. 

Diagnose: Darminvaginalion. Therapie: Resektion. Prognose: 
Vorsichtig. 

Das reserzierte Dünndarmstück hat eine Länge von ca. 
80 cm (aufgeschnitten); nach Beendigung der Operation und 
Entfesselung des Tieres läuft dieses plötzlich davon und muß 
vom Besitzer vor dem Hofe wieder aufgegriffen werden. 

Am 26. Februar, am Tage nach der Operation schreibt mir 
der Besitzer, daß das Tier anfangs stark zitterte, jetzt aber 
munter aussehe und auch dünflüssigen, schwarzroten Kot ab¬ 
gesetzt habe; Futteraufnahme hätte noch nicht statt gefunden. 

Am 29. Februar sah ich den Patienten wieder, er machte 
einen ganz muntern Eindruck, fraß etwas Heu und setzte dünn¬ 
flüssigen Kot ab. Die Bauchwunde ist trocken und in der 
Umgebung ein wenig angeschwollen. Die Bauchdecken sind 
nicht gespannt und nicht druckempfindlich. Wiederkäuen ist 
bislang noch nicht beobachtet worden. 

Am 7. Tage nach der Operation wird die Futteraufnahme, 
die bislang nur gering war, größer, gleichzeitig wird auch 
Wiederkäuen beobachtet. 

Die Entfernung der Hautnähte erfolgte am 5. März, die 
Hautwunde ist trocken und bis auf eine , kleinere, abwärts ge¬ 
legene Stelle verheilt. An dieser Stelle wird immer noch Eiter 
entleert bis auch hier, nach ca. 4 Wochen, Heilung erfolgt. 
Zur Zeit hat der Besitzer das Tier mit anderen zusammen aus¬ 
getrieben. Irgendwelche Krankheitserscheinungen traten nicht 
mehr auf. 

Die Operation fand in diesen beiden Fällen am stehenden, 
nicht narkotisierten Tiere statt, in der gleichen Weise wie in 
Nr. 52 der B. T. W. 1907 beschrieben; mit der Abänderung, 
daß das keilförmige Stück des Darmgekröses nur sehr klein 
gehalten war. Ich entfernte das Gekröse fast unmittelbar von 
dem resezierten Darmstück. Diese Methode hat den Vorteil, 
daß die Blutung aus den zerschnittenen Gefäßen nicht so stark 
ist und vor allem auch leichter gestillt werden kann. Vor dem 
Zerschneiden des Darmes stach ich mit einer Nadel durch das 
Dünndarmgekröse, und zwar mindestens 10 cm von dem 
invaginierten Darmstück entfernt, und unterband den Darm mit 
einer längeren Seidenligatur. Dadurch wird eine Verunreinigung 
des Operationsfeldes vermieden, außerdem dienen diese Seiden¬ 
fäden zum Halten des Darmes nach dem Zerschneiden. Ich 
halte dieses für sehr wichtig, da ich ohne jede sachverständige 
Assistenz allein auf die Hilfe des Besitzers resp. seiner Knechte 
und seines Nachbarn angewiesen war. 

Als Naht wählte ich auch hier die fortlaufende, diese 
bietet den Vorteil der größeren Schnelligkeit und Einfachheit, 
zwei Umstände, die bei einer ohne sachverständige Hilfe aus¬ 
zuführenden Operation nicht zu unterschätzen sind. 

Die von mir beobachteten Fälle von Darminvagination 
betrafen alle jüngeren Tiere bis zum Alter von zwei Jahren, 
dieselbe Beobachtung machte Schiel B. T. W. 1904’S. 476. 


Danach ist wohl anzunehmen, daß diese mehr dafür geeignet 
sind als ältere Tiere. 

Was die Diagnose-Darminvagination anbetrifft, so bin ich 
mit Schiel 1. c. der Ansicht, daß sie in der Regel nicht 
allzuschwer zu stellen ist; von ausschlaggebender Bedeutung 
ist für mich das Vorhandensein der typischen Geschwulst. 

In den von mir beobachteten Fällen von Darminvagination 
befand sich das invaginierte Darmstück im hinteren Abschnitte 
des Dünndarmes, in der Nähe des Überganges des Leerdarmes 
in den Hüftdarm; dieser Teil des Dünndarmes ist aber normal 
schon nahe dem Beckeneingange gelegen und vom Mastdarm 
aus zu palpieren. 

Die gleiche Beobachtung machte auch der in der Bujatrik 
sehr erfahrene Kollege von Wahlde-Berne (mündliche Mit¬ 
teilung), der auch in allen von ihm beobachteten Fällen von 
Darminvagination die fragliche Geschwulst vom Darme aus 
nachweisen konnte. 

In den von Schiel beschriebenen Fällen von Darm¬ 
invagination fehlte die rektal zu palpierende Geschwulst gleich¬ 
falls nicht; Schiel hält die Geschwulst gleichfaUs für das 
Hauptcharakteristikum der Invagination, schränkt seine Ansicht 
in eiuem späteren Artikel (B. T. W. 1906, S. 610) aber daliin 
ein, daß ein Irrtum möglich sei. Der zum Beweis dafür an¬ 
geführte Fall betrifft eine Darmstenose anderer Ursache. 

Sind Erscheinungen der Darmstenose vorhanden, fehlt jedoch 
die Geschwulst, der ich pathognomonische Bedeutung zuspreche, 
dann wird die Probelaparotomie näheren Aufschluß bringen. 

Daß beim Rind Krankheitserscheinungen auftreten, die dem 
Symptomenkomplex der Darmstenose sehr ähnlich sind, beweist 
außer dem von mir angeführten Falle auch der folgende: Der 
Gemeindevorsteher G. A. in Butteldorf wünschte Behandlung 
eines ca. 2jährigen Ochsen, der plötzlich an Kolik erkrankte, 
seither nicht mehr fraß und wiederkäute und der unter Drängen 
blutigen Schleim absetzt. Etwa 12 Stunden nach Beginn der 
Krankheitserscheinungen untersuchte ich das Tier und fand die 
anamnestisch angegebenen Symptome bestätigt. Bei der rektalen 
Untersuchnng finde ich den Mastdarm ziemlich stark kontrahiert; 
er enthält in geringen Mengen blutigen Schleim, beim weiteren 
Vordringen stößt die Hand auf eine etwa hühnereigroße Menge 
Kot; der übrige Befund vom Mastdarm aus war negativ. 

Auf Grund des Mastdarmbefundes schloß ich Darminvagination 
und Überwurf aus und leitete keine Behandlung ein, um erst 
durch eine erneute Untersuchung zu einer einwandfreien Dia¬ 
gnose zu kommen. Am folgenden Tage teilte mir der Besitzer 
des Ochsen mit, daß sein Tier fresse und wiederkäue, eine 
abermalige Untersuchung sei überflüssig geworden. 

Schiel (1. c.) nimmt an, daß der invaginierte Darmabschnitt 
durch die Bauchpresse nach dem Becken oder in dasselbe hin¬ 
eingedrängt werde, ich halte jedoch die fragliche SteUe infolge 
ihrer anatomischen Einrichtung (das Gekröse wird länger, der 
Darm dicker) für einen Lieblingssitz; eine Ursache für das 
Zustandekommen der Invagination konnte ich nicht ermitteln. 


Beitrag zur Heilung von Herzverletzungen. 

Von Kreistierarzt Michallk-Lötzen. 

Vor kurzem erhielt ich einen amtlichen Auftrag, auf einem 
Gute, eine angeblich unter milzbrandverdächtigen Erscheinungen 
verendete Kuh zu obduzieren. 



24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


691 


Ich bekam über diese Kuh folgenden Vorbericht, welcher 
allerdings mit einer gewissen Vorsicht anfzunehmen ist, da der 
jetzige Besitzer erst kurze Zeit auf dem Gute war. 

Angeblich habe die Kuh niemals Gesundheitsstörungen 
gezeigt, dann plötzlich sei sie matt geworden, habe gezittert, 
nichts gefressen, sich hingelegt und sei in etwa drei Stunden, 
nach den ersten Krankheitserscheinungen ruhig verendet. 

Der Obduktionsbefund ergab im wesentlichen folgendes. 
Ziemlich gut genährte Kuh. In der Bauchhöhle ist nur eine 
derbe, narbige Verwachsung, etwa in Kindskopfgröße, zwischen 
Haube und Zwerchfell zu erwähnen, in welcher mehrfach 
schwarzgraue Gänge, mit trübem, krümlichem, übelriechendem 
Inhalt sich befinden. In den Zellen der Haube findet sich ein 
ca. 8 cm langes Stück Draht. Der Herzbeutel ist stark ver¬ 
dickt, vielfach 1,5 cm und darüber, mit dem Herzen an den 
meisten Flächen fest verwachsen; in diesem befindet sich nur 
geringer, trüber, grauer, übelriechender Inhalt. Das Herz ist 
im ganzen stark hypertrophisch, an seiner Spitze findet sich in 
der Scheidewand eine rundliche weißgraue Stelle, deren Durch¬ 
messer etwa 4 cm beträgt. Dieser grauweiße Strang reicht 
in der Scheidewand etwa 9 cm mit demselben Durchmesser nach 
der Basis des Herzens. Auf Schnittflächen hat er eine gleich¬ 
mäßige Beschaffenheit, und man merkt an dem Widerstand 
beim Schneiden, daß er aus festem Narbengewebe besteht. 

Am vorderen Ende dieses Stranges findet sich in der 
Scheidewand ein festabgekapselter Jaucheherd mit trübgrau¬ 
rotem, stinkendem Inhalt, von etwa Taubeneigröße, welcher der 
linken Herzkammer näher als der rechten liegt. An der 
dünnsten Stelle ist die Kapsel nach der linken Herzkammer nur 
etwa 5 mm stark. In der linken Herzkammer befindet sich 
hier auf dem Endocardium eine gelbweiße, krümlige Masse von 
fast Walnußgröße, welche sich nur mit Mühe von dem Endo¬ 
cardium ablösen läßt. Das Endocardium hat hier eine rauhe 
Beschaffenheit. Es hatte sich also über diesen Jaucheherd auf 
dem Endocardium ein Thrombus gebildet. Ob sich von diesem 
Thrombus möglicherweise Massen abgelöst und irgend¬ 
welche Gefäßverstopfungen herbeigeführt hatten, war nicht 
nachzuweisen. Meiner Ansicht nach liegt dieser Fall wie folgt: 

Das Stück Draht, welches in den Zellen der Haube fest I 
saß, hatte diese Verletzungen bedingt und sich dann vollständig 
zurückgezogen. Sämtliche Verletzungen waren relativ gut aus¬ 
geheilt, ganz besonders deutet auch der graue homogene Strang 
im Herzen auf eine schwere, gut ausgeheilte Verletzung des 
Herzens hin. Durch irgendeinen zufällig, von dem ab¬ 
gekapselten Jaucheherd ausgehenden Reiz, war dann das Endo¬ 
cardium der linken Herzkammer an der Stelle, wo der Herd 
saß, entzündet, was dann zur Thrombus-Bildung und nach¬ 
folgendem Tod des Tieres geführt hatte. 


Acarusmilben beim Pferd. 

Von Korpsstabsveterinär Walther-Leipzig. 

Ein von einem Züchter gekauftes fünfjähriges Offizierreit¬ 
pferd bekundete an der linken Seite des Schweifansatzes ab¬ 
normes, heftiges Juckgefühl. Geäußert wurde dasselbe durch 
häufiges Reiben, wo nur irgend das Tier einen geeigneten 
Gegenstand fand. Die gereizte Haut wurde mit warmen Kreolin- 
seifenbädem mittelst einer Bürste täglich gründlich gewaschen. 
Da aber keine Besserung sich einstellte, wurde mir das Übel 


gezeigt. Ich fand am Schweifansatz an der linken Seite eine 
markstückgroße, haarlose, ziemlich wunde Stelle. Die frisch 
gewaschene Haut war geschwollen, leicht entzündet und mit 
schweißtropfenähnlicher, kleberiger Flüssigkeit bedeckt. Vom 
Oberveterinär Eberhardt und ebenso von mir wurden pflanz 
liehe Parasiten als Ursache angenommen. Die Behandlung 
wurde mit den bewährten Mitteln energisch und umsichtig 
durchgeführt. Da der Juckreiz trotzdem zunahm, so daß beim 
Bürsten der Hautstelle sich das Pferd nach den Seiten bog und 
sein Wohlbehagen durch Bebbern mit den Lippen und Strecken 
des Kopfes zu erkennen gab, wurde die ausgeschwitzte Flüssig¬ 
keit und die Wurzeln der ausgefallenen Haare mikroskopisch 
untersucht. Hierbei wurden lebende Acarusmilben in ziemlicher 
Anzahl vorgefunden. Die Behandlung war sehr schwierig, noch 
am 20. Behandlungstage waren lebende Acarusmilben vorhanden. 
Es mußte gewissermaßen jedes einzelne Knötchen durch Reiben, 
Drücken usw. entleert werden. An den entzündeten Stellen war 
das Pigment verschwunden, so daß die Haut mit kleinen hellen 
Pünktchen siebartig bedeckt erschien. Diese Hautstelle, die 
zuletzt die Größe eines Handtellers angenommen hatte, be¬ 
deckte sich mit Haaren von hellerer Farbe. Die Übertragung 
der Acarusmilben auf das Pferd war nicht zu ermitteln. Von 
allen den bekannten milbentötenden Mitteln bewährte sich noch 
am besten Holzteer, Glyzerin und Spiritus zu gleichen Teilen. 


Der Laufgewichtshanimer. 

Von Dr. Emil Kantorowicz, prakt Arzt in Berlin. 

Wie in der humanen, so gibt es auch in der Veterinär¬ 
medizin eine ganze Anzahl von Perkussionshämmern, die sich 
untereinander, von sonstigen Äußerlichkeiten abgesehen, vor 
allem durch ihr verschiedenes Gewicht unterscheiden. Es 
dürfte daher auch hier eine Neukonstruktion am Platze sein, 
die ich ursprünglich für Humanzwecke geschaffen, und die es 
ermöglicht, ein und demselben Perkusssionshammer durch ver¬ 
schiedenartige Massen Verteilung jedes beliebige Schwungmoment 
für die Hammerführung zu verleihen, von dem des leichtesten 
bis zu dem des schwersten Modells. 

Die beigegebene Zeichnung macht des Wesen der neuen 
Erfindung ohne weiteres klar und läßt die ihr zugrunde liegende 



Idee deutlich erkennen. Der Hammer ist, ähnlich der bekannten 
Laufgewichtswage, nach dem Prinzip des ungleicharmigen Hebels 
konstruiert, bei dem das Moment der Kraft bzw. der Last um 
so größer wird, je länger der betreffende Hebelarm ist. Auch 
der Hammer ist als ein solcher ungleicharmiger Hebel anzu¬ 
sehen, dessen Drehpunkt in dem in der Hand befindlichen 
Hammergriff, dessen kürzerer Arm hinter und dessen längerer 
Arm vor dem Drehpunkt gelegen ist. Durch einfache Ver¬ 
schiebung des auf diesem Arm gleitenden Laufgewichtes nun 
können verschiedene Abschnitte des Hebelarms eingestellt und 
damit das Wirkungsmoment des Hammers beliebig gesteigert 
werden, von dem schwächsten bis zu dem höchsten überhaupt 
erreichbaren Grade. 





692 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Der neue Perkussionsliaramer, der somit die Eigentümlich¬ 
keiten sämtlicher vorhandenen Systeme in sich vereinigt, dürfte 
auch in tierärztlichen Kreisen nicht unwillkommen erscheinen. Ich 
habe ein für Veterinärzwecke bestimmtes Modell anfertigen 
lassen, das durch die einschlägigen Handlungen zu beziehen ist. 


(Aus dem Veterinärinstitut der Kgl. Universität Breslau. Direktor: 

Professor Dr. M. Casper.) 

Ein seltener Fall einer Doppelmißbildung eines Kalbes. 

Von E. Hieronymi, II. Assistent. 

Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Kreistierarztes 
Bischoff gelangte das Veterinärinstitut der Universität Breslau 
in den Besitz einer interessanten Mißgeburt eines weiblichen 
Kalbes, das bei einer notgeschlachteten Kuh ein Geburtshindernis 
abgegeben hatte. 

Das Präparat gehört in die Gruppe der inäqualen Doppel¬ 
mißbildungen. Es präsentiert sich als Kalb gewöhnlicher Größe. 
Der Kopf ist doppelt, d. h. Gesichts- und Schädelteil ist je 
zweimal vollständig entwickelt, und jeder Kopf besitzt eine be¬ 
sondere Halswirbelsäule. Der weiteste Abstand der beiden 
Maulspitzen voneinander beträgt 46 cm. Die größte Entfernung 
beider lateralen Augenwinkel beträgt 52 cm. Von jeder Maul¬ 
spitze bis zum Verwachsungswinkel der Wirbelsäulen ist eine 





Entfernung von 37 cm. Die Länge des Kalbes beträgt 91 cm, 
die größte Breite des Beckens, gemessen an den Hüfthöckern, 
25 cm. Die beiden Köpfe sind nicht vollkommen kongruent. 
Der linke Kopf ist in seiner Längen- und Dickenausdehnung im 
Wachstum zurückgeblieben. Die Kopflänge beträgt links 26 cm, 
rechts 28 cm. 

Von jedem Atlas, der in keiner Weise mit dem der anderen 
Seite in Verbindung steht, verläuft eine Halswirbelsäule bis 
zum ersten Rückenwirbel, der noch doppelt ist. Der zweite 
Halswirbel ist ebenso wie die fünf anderen Halswirbel und die 
beiden ersten Rückenwirbel durch Knorpelmassen, in welche 
die Seitenfortsätze der Wirbelkörper eingebettet sind, mit den 
entsprechenden Wirbeln der anderen Seite zusammengekittet. 
Diese „seitlichen Zwischenwirbelscheiben“ nehmen von vorn nach 
hinten an Dicke ab, gemäß der allmählichen Vereinigung der 
beiden Halswirbelsäulen in einem spitzen Winkel. Vom dritten 
Rückenwirbel an wird der vorher doppelte Wirbelkanal einfach, 
und zwischen dem zweiten und dritten Rückenwirbel findet das 
Zusammenfließen des rechten und linken Rückenmarks in einen 
Strang statt. 

In der Höhe des achten Rückenwirbels krümmt sich die 
Wirbelsäule stark dorsal, so daß sie fast einen nach oben 
offenen rechten Winkel bildet. Diesen Verlauf behält die 
Wirbelsäule bis zum zweiten Lendenwirbel bei und biegt sich 
von hier an wieder in die Horizontalebene um. Auf diese 
Weise entsteht, schematisch gedacht, die Figur eines S. 


Der knöcherne Rückenmarkskanal ist in seinem ganzen 
Verlaufe, auch in der Krümmung, bis zum elften Rückenwirbel 
geschlossen. Vom zwölften Rückenwirbel an fehlen plötzlich 
ohne jeden Übergang die knöchernen Wirbelbogen vollständig 
und mit ihnen hat auch das Rückenmark sein Ende erreicht, 
das mit einem stumpfen Kegel scharf abschneidet. Die dorsale 
Fläche der Wirbelkörper des dreizehnten Rückenwirbels, der 
sechs Lendenwirbel und des Kreuzbeins trägt keine Andeutung 
auch nur eines Rudimentes eines Bogens und liegt unmittelbar 
unter der äußeren Haut. Das Kreuzbein trägt kleine, leicht 
gebogene, nach oben konkave Seitenfortsätze. Die obere Fläche 
seiner Wirbelkörper ist glatt und leicht konvex gewölbt, so daß 
bei seitlicher Betrachtung das Niveau der Mitte höher liegt als 
der Seitenrand der Wirbelkörper. Die äußere Haut zeigt an 
der Stelle des Defekts keine Kontinuitätstrennung und hat die¬ 
selbe Dicke und Beschaffenheit wie an den anderen KörpersteUen. 

Das Becken ist in geringem Grade unsymmetrisch. Die 
linke Beckenhälfte ist ein wenig nach oben und außen ver¬ 
schoben. Das Becken ist infolge der Wirbelsäulenverkrümmung 
außerordentlich stark den letzten Rippen genähert, wodurch 
diese der Fläche nach nach vorn gewulstet sind. 

Die Hintergliedmaßen sind erheblich schwächer entwickelt 
als die Vordergliedmaßen. Die Knie- und Sprunggelenke sind 
durch die in ihrer Entwicklung gehemmten Gelenkbänder in 
Beugestellung starr fixiert. Der Knorpelüberzug der Gelenk¬ 
enden ist glatt und die Gleitflächen sind nach Durchtrennung 
des Bandapparats der Gelenke leicht gegeneinander beweglich. 
Die Metatarsen sind in den Sprunggelenken etwas nach innen 
rotiert. 

Neben diesen Anomalien des Skeletts fanden sich bei der 
Sektion noch bemerkenswerte Abweichungen an den Organen 
der Brusthöhle. 

Entsprechend der Zweiteilung des Kopfes und Halses sind 
auch die Halsorgane doppelt ausgebildet. Der Ösophagus ver¬ 
läuft bis zum Foramen oesophageum des Zwerchfells doppelt., 
vereinigt sich hier zu einem gemeinsamen Rohr und mündet als 
ein Organ in den Magen. Die beiden Luftröhren dagegen 
bleiben in ihrer ganzen Ausdehnung getrennt. Ein Zusammen¬ 
schluß tritt nicht ein, vielmehr versorgt die linke Trachea den 
linken Lungenflügel und die rechte Trachea die rechte Hälfte 
der sonst einfachen, nicht verbildeten Lunge. 

An den Baucheingeweiden w r ar keine Mißbildung vorhanden. 

Ganz besonders auffallend war die Doppelmißbildung des 
Herzens. Von einem gemeinsamen Herzbeutel umschlossen 
liegen zwei unvollständig verschmolzene Herzen in der Brust¬ 
höhle, die sich mehr als gewöhnlich der Medianebene nähern. 
Die beiden Herzen sind an der Basis vollständig verschmolzen 
und nur an der Spitze durch eine tiefe Furche getrennt. Der 
Zusammenschluß beider Herzen beginnt an den Vorhöfen, deren 
Lumina durch die offenen Foramina ovalia kommunizieren und 
eine gemeinsame Höhle bilden, welche außen keine Andeutung 
einer Differenzierung zeigt. Die Atrien laufen in zwei Herz¬ 
ohren aus, von denen das linke in zwei Zipfel gekerbt ist, 
während das rechte einfach ist und isoliert liegt. Vom Sulcus 
corenarius ab beginnt die Verdoppelung und zwar hat das linke 
Herz zwei wohl ausgebildete linke Kammern mit je einer 
Mitralis, während das rechte Herz nur eine dickwandige rechte 
Kammer besitzt, die durch den Besitz einer dreizipfligen Klappe 
gekennzeichnet ist. Aus jedem linken Ventrikel entspringt eine 



24 . September 1908. 


fcERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


693 


Aorta Beide sind gleich stark nnd vereinigen sich oberhalb | 
des Dnctns Botalli. Der dickwandige rechte Ventrikel gibt 
eine Lungenarterie ab. Die Herzkammern stehen untereinander 
nicht in Verbindung. In die Vorkammern münden die vordere 
und die hintere Hohlvene und die Lungenvenen. Eine Zwei¬ 
teilung hat also an dem venösen Zuflußapparat des Herzens 
nicht stattgefunden. 

Die eben beschriebene Mißgeburt gewinnt dadurch an 
Interesse,, daß an ihr eine äußerst seltene Kombination der 
verschiedensten Fehlbildungen vorliegt, wenn auch gerade Doppel¬ 
mißbildungen häufig mit anderen Mißbildungen vergesellschaftet 
sind. So weit mir die Literatur zngängig war, ist in ihr ein 
analog kombinierter Fall nicht niedergelegt. 

Ähnliche Fälle sind zwar in der neueren tierärztlichen 
Literatur beschrieben, z. B. von Marlöt (1), der an einer 
Mißgeburt zwei ausgebildete Köpfe, eine Dichotomie der Wirbel¬ 
säule am dritten Halswirbel und zwei Luftröhren fand. 

Röder (2) beschreibt eine zweimal ausgebogene, einem 
Kamelrücken ähnliche Wirbelkyphose mit Aplasie der Lenden¬ 
wirbelsäule, so daß Vorder- und Hinterteil des Kalbes nur 
durch die Haut in Verbindung standen. 

Wosnescenzky (3) stellte bei einer Zieselmaus eine Herz¬ 
verdoppelung fest, bei der das rechte Herz normal gebaut, das 
linke dagegen keine ausgesprochenen Kammern und dünne 
Wandungen besaß. 

Gurlt (4) besonders fuhrt in seinem Werke über Mißgeburten 
eine reiche Kasuistik ähnlicher Fälle in dem Kapitel Cephalo- 
Cormodidywi an. 

Infolge der Häufung der Fehlbildungen an dem beschriebenen 
Präparat erscheint eine Einordnung in die bestehenden Schemata 
schwierig. 

Geoffroy St. Hilaire der Jüngere (5) hat als erster 
betont, daß die Mißbildungen nicht in ganz regelloser Weise 
zur Ausbildung kommen, sondern daß sich gewisse typische 
Formen wiederholen, die zur Einteilung der Monstra in Gruppen 
geführt haben. Nach dieser Einteilung gehört der Fall in die 
Gruppe der inäqualen Doppelmißbildungen, deren Beurteilung 
sich hauptsächlich nach dem Vorhandensein mehrerer Körper¬ 
achsengebilde richtet. Da die Verdoppelung nicht vollkommen 
durchgeführt, sondern nur auf den vorderen Körperabschnitt 
beschränkt ist, so kann man von einer Duplicitas incompleta 
superior Marchand (7), oder von einem Monstrum catadidymum 
Förster (6) sprechen. Nach der spezifizierteren Gurlt sehen 
Einteilung (4) gehört die Mißbildung in die dritte Ordnung, 
Cephalo-Cormo-didymi und in die Variation der XVI. Art der 
Gattung Dicephali. Gurlt hat dafür den Namen Dicephalus 
bicollis homocephalus geprägt. Beim Menschen spricht man im 
gleichen Falle von einem Dicephalus monauchenis (Förster 1. c.). 
Bei Tieren ist diese Fehlbildung häufiger als beim Menschen, 
bei dem der größte Teil der Dicephalen der hinteren Ver¬ 
einigung zweier vollständiger Anlagen, der Ischiothora copagie 
angehört. 

Die Krümmung der Wirbelsäule an dem oben beschriebenen 
Präparat ist nach Gurlt nicht selten und meist mit anderen 
Defekten, mit Brust- und Bauchspalten verbunden. Nach 
Marchand (1. c.) kompliziert sich eine kyphotische Knickung 
der Wirbelsäule häufig mit Spaltungen im Bereich der Rücken- 
und Lendenwirbel. In der Gurlt sehen Nomenklatur wird sie 
als Campylorrhachis bezeichnet. 


Einen äußerst seltenen Befand, der selbst in der reich¬ 
haltigen Gurltschen Sammlung nicht erwähnt ist, stellt die 
Spaltung der Wirbelsäule bei vollkommen intakter äußerer Haut 
dar. Die leicht konvexen Wirbelkörper, denen die Bogen voll¬ 
ständig fehlten und deren Knochendefekt mit totaler Amyelie 
verbunden war, lagen direkt unter der äußeren Haut. Für eine 
derartige Fehlbildung ist in der medizinischen Literatur keine 
Bezeichnung angegeben. Der Name Spina bifida (Förster), der 
neben der Bezeichnung Schistocorums fissispinalis bei Gurlt 
angeführt ist, kann hierauf nicht angewendet werden. Die 
Spina bifida wurde zuerst von Nicol. Tulpius (10) in den 
Observationes med. Amstel. benannt und abgebildet. An der 
Bildung der Spina bifida s. Fissura spinalis ist nach Virchow 
(8) immer das Rückenmark beteiligt, und ihre Bezeichnung steht 
in der Humanmedizin nur für jene Fälle im Gebrauch, in denen 
aus Spalten des Wirbelrohres sich hernienartige Tumoren 
hervordrängen. 

Auch die Merovachis chisis oder partielle Rachischisis, die 
aus den nicht vereinigten bilateralen Anlagen der Wirbelsäule 
entsteht und die ihren Sitz in der Regel im sacrolumbalen Teil 
der Wirbelsäule hat, entspricht in ihrem Verhalten nicht dem 
anatomischen Bau der vorliegenden Anomalie. Nach Ziegler 
und Marchand (9) stellt sie offene Defekte dar, deren Grund 
mit einer feuchten, glatten, rötlichen Membran, dem Rudiment 
des Rückenmarks, bedeckt ist und die mit partieller oder totaler 
Amyelie und Adennie verbunden sind. Die zweckmäßigste Be¬ 
zeichnung für die beschriebene Aplasie des Rückenmarkes und 
der Wirbelbogen bei unversehrter äußerer Haut wäre demnach 
die Gurltsche: Schistocorums fissi spinalis mit dem Zusatz 
integumento inhaelo. 

Da Termini technici für die Mißbildungen der Brust- und 
Bauchhöhle nicht existieren, so kann von einer Benennung der 
Vitia cordis congenita Abstand genommen werden. 

Ein Name, der die Hauptcharakteristika des beschriebenen 
Monstrums, wenn auch nicht alle, zusammenfaßt, müßte also 
lauten: Dicephalus bicollis homocephalus kombiniert mit Campy¬ 
lorrhachis und Schistocorums fissispinalis integumento intacto. 

Zum Schluß sei mir gestattet, meinem verehrten Chef, 
Herrn Professor Dr. Casper, für die gütige Anregung zu 
dieser Arbeit auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank 
auszusprechen. 

Literatur. 

1) Marlot, Recueil de mödecine v6t6rinaire 1900, Nr. 7. 

2) Röder, Sächsischer Bericht 1901, S. 82. 

3) Wosnescensky, cit. nach Ulenberger-Schütz, Jahresberichte 
1900. 

4) Gurlt, Lehrbuch der pathologischen Anatomie, Teil II, 1832. 

5) Geoffroy St. Hilaire, Histoire g6n. et partic. des anomalies, 
cit. nach Marchand. 

6) Förster, Mißbildungen des Menschen. 

7) Marchand, Mißbildungen des Menschen in Eulenburgs Real- 
Encyklopädie 4er ges. Medizin, Bd. XV. 

8) Virchow, Vorlesungen über Pathologie, Bd. II, Onkologie. 
1863-67. 

9. Ziegler, Lehrbuch der pathologischen Anatomie, Bd. II, 1892. 

10) Tulpius, Observationes med., cit nach Virchow. 

11) Birch-Hirschfeld, Pathologische Anatomie, allgem. Teil, 
II. Hälfte 1907. 

12) Ahlfeld, Mißbildungen des Menschen, Alias. 1880-1882. 



694 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


Schieferzähne beim Rind. 

Von Tierarzt Wieland, Wangerin. 

Am 15. Januar 1908 wurde ich zu einer Kuh gerufen, die 
nach Aussagen des Boten seit einiger Zeit schlecht fraß, geiferte 
und nicht ordentlich schlucken konnte. Nach meinem Eintreffen 
ließ ich der Kuh, die stark abgemagert, aber sonst ganz gesund 
war, Rübenstücke in die Krippe werfen, die von ihr langsam auf¬ 
genommen wurden. Beim Verzehren der Rübenstücke beobachtete 
ich eine für Wiederkäuer abnorme Kaubewegung. Der Unter¬ 
kiefer wurde nicht seitlich gegen den Oberkiefer verschoben, 
sondern mehr von oben nach unten bewegt. Schluckbeschwerden 
zeigte die Kuh nicht. Da es sich hier nur um Kaustörungen 
handeln konnte, untersuchte ich nach Befestigung des Maulholzes 
zunächst die Zunge auf Aktinomykose und die Maulhöhle auf 
etwaige eingekeilte Fremdkörper. Der Befund war negativ. 
Ich wollte schon entmutigt die untersuchende Hand zurück¬ 
ziehen, als ich am letzten Molaren des Unterkiefers eine ca. 
1 cm hohe Spitze fühlte. Dasselbe fand ich dann auch auf der 
rechten Seite des Unterkiefers. Auch die übrigen Molaren und 
Prämolaren hatten kleinere scharfe Spitzen, wie man sie bei dem 
sogenannten „Schiefergebiß“ des Pferdes häufig findet. Beim 
Rinde ist mir eine derartige Zahnanomalie noch nicht vor¬ 
gekommen. 


Schutz-, Not- und Heilimpfung gegen Milzbrand 
nach Prof. Sobernheim. 

Von Tierarzt Moritz in Sulmirschütz. 

Auf dem fürstlich Turn und Taxischen Domium Prinzenhof 
Kreis Krotoschin war in einem Bestände von 120 Zugochsen 
Milzbrand ausgebrochen, infolge von Verfütterung von Rüben¬ 
blättern, die von einem Schlage stammten, auf welchen in 
früheren Jahren an Milzbrand gefallene Ochsen verscharrt worden 
waren. Die Tiere waren in zwei Ställen zu je 60 Stück unter¬ 
gebracht. In dem einen Stalle waren noch keine Erkrankungen 
vorgekommen, da hier die Rübenblätter noch nicht gefüttert 
worden waren, während in dem andern Stalle binnen 4 Tagen 
6 Todesfälle zu verzeichnen gewesen waren. Als ich den Be¬ 
stand untersuchte, konnte ich feststellen, daß in dem Stalle, wo 
die Seuche ausgebrochen war, noch 3 Tiere stark milzbrand- 
verdächtig waren. Die Tiere fraßen nicht mehr, die Temperatur 
betrug, im Rektum gemessen, 41—41,8°, die sichtbaren Schleim¬ 
häute waren stark injiziert. Im Einverständnis mit dem 
Besitzer nahm ich die Milzbrandimpfung nach Prof. Sobern¬ 
heim vor. 

In dem noch nicht von der Seuche befallenen Stalle nahm 
ich die Schutzimpfung vor. Alle 60 Ochsen wurden mit 5 ccm 
Milzbrandserum und 0,5 ccm Kulturen geimpft. In dem andern 
Stalle machte ich bei den noch nicht erkrankten Tieren die 
Notimpfung, d. h. jeder Ochse erhielt 10—15 ccm Milzbrand¬ 
serum unter die Haut am Halse gespritzt. Bei den 3 erkrankten 
Tieren nahm ich die Heilimpfung vor. Alle 3 erhielten je 25 ccm. 
Serum in die vena jugularis injiziert. Der Erfolg war über¬ 
raschend. 

Am nächsten Tage war bei 2 von den erkrankten Ochsen 
die Temperatur auf 3!*,9 gesunken und die Tiere zeigten sich 
viel munterer. Einem Ochsen mußte noch einmal 25 ccm Serum 
intravenös injiziert werden, da sich bei diesem der Zustand noch 
unkt gebessert batte. Alle 3 Tiere kamen mit dem Leben 


davon. Weitere Erkrankungen kamen nicht mehr vor, obwoh 
die Rübenblätter schon der Kontrolle wegen, ob die Impfung 
einen Zweck hätte, in noch größerem Maßstabe als vorher 
gefüttert wurden. In dem Stalle, wo ich zuerst nur die Not¬ 
impfung vorgenommen hatte, machte ich 4 Wochen später auch 
die Schutzimpfung. Seit 3 Monaten ist der Bestand vollständig 
seuchefrei. Eine Reaktion infolge der Impfung habe ich nicht 
bemerkt, alle Tiere zeigten sich vollständig munter. 


Ein mit ölsaurem Natron und Lecithin hergestelltes 
hochwertiges Tuberkulose-Toxin. 

Von Dr. med. W. Zeuner, prakt. Arzt in Berlin. 

II. 

Zu meiner Arbeit über oben genanntes Thema in Nr. 37 
dieser Wochenschrift ist noch nachzutragen, daß bei tuber¬ 
kulösen Meerschweinchen, wenn sie mit der toxinhaltigen, durch 
Schütteln der Tb.-Bazillen mit ölsaurer Natronlösung und 
Lecithin-Emulsion nebst einstündiger Erhitzung auf 70° ge¬ 
ronnenen Flüssigkeit unter die Rückenhaut injiziert werden, 
konstant an den tuberkulösen Herden, speziell auch an den er¬ 
krankten Drüsen bei der Autopsie die charakteristische, hämor¬ 
rhagische Entzündung sich vorfindet, die als spezifische Gewebs- 
reaktion z. B. auch beim Tuberkulin beobachtet wird. Diese 
deutliche, frische, starke Rötung und elektive, spezifische Ent¬ 
zündung, fern von der Injektionsstelle, findet sich an den 
geschwollenen Drüsen und den Knoten noch drei Tage nach der 
Injektion, während sie 17 Tage nach derselben nicht mehr zu 
bemerken ist. In der Regel sterben kleine Meerschweinchen 
von etwa 200—250 g einen Tag nach der vierten Subkutan¬ 
einspritzung von je 0,5 ccm der toxinhaltigen Flüssigkeit, wenn 
die letztere drei Wochen nach der subkutanen Infektion in 
Zwischenräumen von einer Woche subkutan injiziert wird. Dabei 
entwickelt sich unter dem Einfluß der eingespritzten Toxine 
(Proteine) äußerste Kachexie, hochgradige Abmagerung, Anämie 
und Schwäche. Die tuberkulöse Infektion nimmt dabei einen 
rascheren Verlauf zum Tode als dies bei den Kontrollieren, die 
nicht gespritzt werden, der Fall ist. 

Ob sich mit dieser spezifischen, toxinhaltigen Flüssigkeit 
immunisierende und therapeutische Wirkungen werden erreichen 
lassen, müssen erst noch weitere Verluste lehren, die hoffentlich 
in Anbetracht der wichtigen Fragen, um die es sich hierbei 
handelt, auch von anderer Seite in Angriff genommen werden. 
Hierzu anzuregen und auf dem von mir nur kurz skizzierten 
Wege andere, berufene Kräfte bei der näheren Erforschung der 
genaueren einschlägigen Verhältnisse am Werke zu sehen, ist 
der Zweck dieser Veröffentlichung. Ich bin mir wohl bewußt, 
nur Unvollkommenes und der Nachprüfung Bedürftiges bisher 
erreicht zu haben. Immerhin erscheint mir das Bestreben, die 
spezifische Behandlung der experimentellen Tuberkulose durch 
Produktion von Schutzstoffen und durch Einfügung der Heilserum¬ 
gewinnung einen bedeutsamen Schritt zu fördern, der Pflege und 
des Ausbaues wert. Da wir nun neuerdings im Lecithin ein 
Mittel besitzen, welches vermöge seiner bakteriologischen Kraft 
zur Gewinnung der Toxine geeignet ist, so drängt sich die Not¬ 
wendigkeit auf, hiermit zu experimentieren, um, wenn möglich, 
bei der Bekämpfung der Tuberkulose vorwärts zu kommen. 

Zum Schluß betone ich auf besonderen Wunsch von Herrn 
Geheimrat Prof. Dr. P. Frosch ausdrücklich, daß nur ich allein 



24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


die Verantwortung für die vorliegende Arbeit trage, die ich 
völlig selbständig und aus eigenen Mitteln im hygienischen 
Institut ausgeführt habe. 


Mitteilung. 

Herr Stabsveterinär Dr. Goldbeck hat eine Erwiderung auf 
den Artikel des Herrn Kreistierarzt Raebiger eingeschickt. Da 
dieselbe während der Abwesenheit des Herrn Prof. Schmaltz 
nicht veröffentlicht werden kann, so soll der Eingang hier mit¬ 
geteilt werden. 


Referate. 

(Aus dem veterinär-chirurgischen Institut der Universität Zürich.) 

Die aseptischen Beugesehnenverändernngen des Pferdes 
unter besonderer Berücksichtigung der histologischen 
Vorgänge. 

Von Arthur Schifferli, Tierarzt, Döttingen (Aargau). 

(Schweizer Archiv för Tierheilkunde, 1. u. 2. Heft 1908.) 

In vorliegender, mit 8 Abbildungen ausgestatteter Arbeit 
bespricht S. unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte 
und der Literatur die Ätiologie, die Pathologische Anatomie, die 
Prognose und Therapie der Sehnenentzündungen. Von 
seinen Ausführungen möchte ich nachstehendes hervorheben: 

Die Lokalisation der durch Überdehnung entstandenen Er¬ 
krankungen der einzelnen Beugesehnen des Pferdes ist im 
allgemeinen abhängig von dessen Gebrauchs- und Gangart und 
wird bedingt durch die verschiedene Beanspruchung der Trage¬ 
apparate des Fußes. In hohen Gangarten können im 
Momente des stärksten Durchtretens Überdehnungen der 
dem FeBselgelenk als volare Spann- oder Hemmungsbänder 
dienenden Sehnen, speziell des oberen Gleichbeinbandes, sowie 
des Kronbeinbeugers entstehen. Wir sehen diese Dehnungen 
also bei Reit- und Wagenpferden mit schnellen Aktionen. Lang¬ 
sames Abrollen der Gliedmaßen kann Zerrungen im Hufbein- 
beugesehnentragapparat hervorrufen (z. B. bei Pferden, welche im 
langsamen, schweren Zug arbeiten). 

Die Veränderungen des Kronbeinbeugers geben sich als 
typische Knoten oder wadenförmige Vorwölbungen der Sehne 
zu erkennen. Die Veränderungen des oberen Gleichbeinbandes 
bestehen entweder in diffuser Schwellung des Körpers oder 
strangförmigen Anschwellungen des einen oder beider Schenkel 
vom Fesselgelenk an aufwärts. Für Erkrankung des Unter- 
stütznngsbandes der Hufbeinbeugesehne ist eine Anschwellung 
unter dem Karpal- bzw. Tarsalgelenk typisch, welche gegen 
die Mitte des Schienbeines abnimmt. Anfänglich ist sie festweich, 
schmerzhaft, später hart und derb (Sehnenklapp). 

Histologisch sind die Beugesehnenveränderungen in zwei 
Gruppen trennbar. Die eine betrifft das eigentliche Sehnen¬ 
gewebe. In demselben treten durch Überdehnung partielle 
Gewebsrupturen auf, in deren Lücken sich Blut und Lymphe 
ergießen. Rasch tritt durch zellige Infiltration Organisaton ein. 
Die an diesem Vorgang beteiligten ZeUen sind große runde 
Gebilde mit bläschenförmigem Kern und deutlichen Chromatin¬ 
körperchen. Diese Zellen werden oval und wandeln sich in 
Fiberobiasten um. Unter ihnen sind Kernteilungsfiguren sicht¬ 
bar als Beweis dafür, daß die Restitution größtenteils durch 
Proliferation fixer Bindegewebszellen erfolgt. Die Fibroblasten 
ordnen sich zu Bindegewebsfibrillen und bilden so an der 
LäsionsBtelle eine bindegewebige Narbe. Eine Umwandlung 


695 


des Narbengewebes in eigentliches Sehnengewebe findet aber 
nicht statt. Abnorme Anhäufung von Knorpelzellen oder 
Knochenbildungen konnten in den Sehnen weder makroskopisch 
noch histologisch beobachtet werden. 

Die zweite Gruppe von Veränderungen betrifft das Unter¬ 
stützungsband der Hufbeinbeugesebne. Zum geringen Teil 
gleichen die Veränderungen denjenigen der Sehnen. Größten¬ 
teils bestehen sie jedoch aus vielen kleinen, bis 0,5 mm großen, 
entweder scharf begrenzten, oder mehr oder weniger ver¬ 
schwommenen Herden. Letztere besitzen eine homogen-hyaline, 
basophile Grundsubstanz. In derselben ist keine deutliche 
Faserung mehr zu erkennen. Die Fibrillen sind gequollen, ihre 
Konturen verwischt. Die zelligen Elemente dieser Partien be¬ 
stehen hauptsächlich aus Knorpel oder knorpelähnlichen Zellen 
mit einer deutlichen Kapsel. Daneben kommen auch Kalk¬ 
einlagerungen und Verknöcherungen vor, namentlich an der 
Vereinigungsstelle der Hufbeinbeugesehne mit ihrem Unter¬ 
stützungsband. In den pathologisch veränderten Sehnen ist der 
Fibrillenverlauf ein sehr verschiedener (Wirbelbildung, durch- 
flochtenes Netzwerk.) Der Sehnenstelzfuß wird nicht durch 
Narbenschrumpfung bedingt, sondern er ist eine Folge der durch 
den Sehnenschmerz hervorgerufenen willkürlichen Kontraktiou 
der entsprechenden Muskelbrüche. Die Narbenbildungen be¬ 
treffen nie den ganzen Sehnenquerschnitt, und somit könnte die 
Kontraktion die Sehne nicht in toto betreffen. Nach Aufhebung 
der Scbmerzleitung (z. B. nach Neurektomie) tritt meist Ver¬ 
schwinden des Sehnenstelzfußes ein. 

Prognostisch günstig sind die frischen Sehnenentzündungen, 
weniger günstig die Affektionen des oberen Gleichbeinbandes 
und des Unterstützungsbandes, ungünstig die chronischen mit 
Veränderungen einhergehenden Entzündungszustände. 

Für die Therapie gibt Verfasser keine neuen Gesichtspunkte. 

J. Schmidt. 

Klinische Untersuchungen über Wert und Wirkung 
des Kalomels. 

Von Dr. Franz Müller-Riedlingen. 

Monatshefte für praktische Tierheilkunde, 19. Band, Heft 9. (Arbeiten aus der medi¬ 
zinischen Veterinärklinik der Universität Gießen. Direktor: Prof. Dr. Gmein er.) 

Dissertation. 1908. Gießen. 

Die vorstehend benannte Arbeit der Gmeinerschen Klinik 
befaßt sich in sehr eingehender Weise an der Hand eines 
großen klinischen Materiales von über 100 Fällen bei Pferd, 
Rind, Schaf, Ziege, Hund, Geflügel und Kaninchen mit Unter¬ 
suchungen darüber, ob das Kalomel bei den einzelnen Haus¬ 
tieren als Abführmittel überhaupt sich eignet, d. h. ob mit 
Kalomel in den gewöhnlich verordneten Dosen ein Laxiereffekt 
zu erwarten ist; welche Dosen nötig sind, um Laxieren hervor¬ 
rufen zu können; in welcher Form es am besten bei Haustieren 
appliziert wird; in welcher Weise es sich toxisch äußert; ob 
dem Mittel diuretische Eigenschaften zukommen; wie es den 
tierischen Organismus verläßt und nachzuweisen ist usw. Alle 
diese Fragen sind hier experimentell zum ersten Male geprüft 
und haben vielfach neue, für den Kliniker bemerkenswerte 
Resultate gezeitigt. Es kann auf die Details hierbei nicht 
näher eingegangen werden, weshalb auf das Original (Disser¬ 
tation, erschienen im Verlag von Enke & Co., Stuttgart) ver¬ 
wiesen wird. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen faßt der 
Autor in folgende Sätze zusammen: 


696 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


1. Das Kalomel eignet sich als Laxans nur für sehr wenige 
Tiergattnngen. 

2. Beim Pferde spielt das Kalomel als Laxans keine 
therapeutische Rolle; man kann weder mit den von den 
einzelnen Autoren angegebenen noch mit weit höheren 
Dosen einen therapeutischen Laxiereffekt erreichen. 

3. Laxierwirkung beim Pferde ist nur mit toxischen Dosen 
möglich. 

4. In Pillenform wird Kalomel vom Pferd in sehr großen 
Mengen ohne jegliche Störung des Allgemeinbefindens ertragen. 

5. In Pulverform dagegen wirkt es sowohl beim Pferd als 
auch bei anderen Tiergattungen (Rind, Hund, Schaf, Ziege) 
schon in kleinen Dosen toxjsch durch Anätzung bzw. durch 
Bildung ulzeröser Veränderung der Schleimhäute des Digestions¬ 
apparates. 

6. Bei ausgewachsenen Rindern kann selbst mit der 
bisher üblichen Maximaldosis von 5,0 Kalomel kein Laxieren 
erzeugt werden; solches läßt sich erst mit 7 g erzielen. 

7. Einmalige Darreichung von über 7 g Kalomel kann bei 
nicht ausgewachsenen, schlecht genährten Rindern leichte 
toxische Erscheinungen hervorrufen. 

8. Ziegen sind mit 0,5 Kalomel nicht zum Laxieren zu 
bringen; bei kleinen und mittleren Ziegen genügen Dosen von 
1,5 Kalomel, um einen Laxiereffekt auszulösen. 

9. Einmalige Dosen von 1,5 Kalomel können bei Ziegen 
unter Umständen toxisch wirken. 

10. Fortgesetzte Verabreichung von kleineren Kalomelgaben 
kann bei Ziegen Hg-Vergiftung mit tödlichem Ausgange erzeugen. 

11. Ausgewachsene Schafe zeigen auf Dosen von '/a, 1 und 
selbst 17a g Kalomel kein Laxieren. 

12. Bei gesunden Wiederkäuern (mit Ausnahme bei Ziegen) 
äußern mithin einmalige in obigen Grenzen festgelegte Kalomel¬ 
gaben keine toxischen Erscheinungen. 

13. Schafe sind gegen Hg viel widerstandsfähiger als Ziegen. 

14. Bei Hunden war mit einer einmaligen Dosis von 
0,1 Kalomel niemals, mit einer solchen von 0,2 Kalomel nur 
sehr selten, dagegen mit einer solchen von 0,3 bis 0,4 stets und 
zwar bei Hunden der verschiedensten Größen Laxieren zu 
beobachten. 

15. Mit zweimaligen Dosen von 0,1 Kalomel pro die kann 
man bei Hunden einen Laxiereffekt nicht erreichen; letzterer 
tritt erst am zweiten, dritten und vierten Tage der wiederholten 
Applikation ein. 

16. Bei Gaben von dreimal 0,1 Kalomel pro die ist bei 
mittelgroßen Hunden am ersten Tage, bei großen Hunden jedoch 
erst am zweiten resp. dritten Tage der also wiederholten Ver¬ 
abreichung Laxiereffekt zu konstatieren. 

17. Mit zwei Dosen von je 0,2 Kalomel pro die tritt bei 
Hunden am ersten Tage niemals Laxieren auf; letzteres ist 
erst der Fall am zweiten Tage der wiederholten Applikation. 

18. Für die Praxis ist es empfehlenswert, bei Hunden und 
kleineren Haustieren nur von einer einmal zu verabreichenden 
Laxierdosis Gebrauch zu machen. 

19. Katzen zeigen erst auf Dosen von 0,1 resp. 0,15 Kalomel, 
niemals aber auf 0,05 Kalomel Durchfall. 

20. Bei Hühnern war erst auf Dosen von 0,2 Kalomel 
Laxiereffekt zu beobachten. 

2t. Tauben laxieren auf eine Dosis von 0,05 Kalomel. 

22. Beim Kaninchen beträgt die Laxierdosis 0,2 Kalomel. 


23. Durch längere Verabreichung von kleineren Kalomel- 
dosen kann bei Kaninchen Hg-Intoxikation mit letalem Ausgange 
erzielt werden. 

24. Dem Kalomel ist eine ausgesprochene diuretische 
Wirkung auch bei gesunden Tieren eigen. 

25. Bei Kalomelapplikation per os verläßt ein Teil des Hg 
(außer durch Speichel, Schweiß, Galle, Magen- und Darmschleim¬ 
haut) durch die Harnwege den Körper. 

26. Bei Verabreichung größerer bzw. toxischer Dosen läßt 
sich das Hg im Harne der Haustiere noch 3—4 Wochen später 
feststellen. Dieser Nachweis ist für den Kliniker in diagnostischer 
bzw. differential-diagnostischer Hinsicht von höchstem Werte; er 
läßt sich in der von Gmeiner angewendeten Art und Weise 
rasch und. einfach bewerkstelligen. 

27. Das Hg läßt sich bei medizinalen Dosen schon fünf 
Stunden nach der Kalomelgabe im Harn der Haustiere auffinden. 

28. Die klinischen Erscheinungen der Kalomelvergiftung 
sind folgende: Magen- und Darmkatarrh; profuse, später blutige 
Diarrhöen mit dünnem, faulig riechendem Kot; lähmungsartige 
Schwäche und große Teilnahmslosigkeit, Muskelzittern, Schreck¬ 
haftigkeit, Angstgefühl, Schweißausbruch, hoher kleiner, schlie߬ 
lich unfühlbarer Puls; hohe Temperatur, Albuminurie, Zylindrurie, 
Oligurie, Anurie. 

29. Der pathologisch-anatomische Befund gestaltet sich 
meistens wie folgt: Körpermuskulatur in der Regel blaß, Blut 
schwarzrot, schlecht geronnen; ab und zu ulzeröse Stanatitis; 
Geschwüre im Magen, speziell im Labmagen der Wiederkäuer, 
diffuse Hämorrhagien und diphtherische Auflagerungen besonders 
im Cöcum und Colon, weniger im Rectum. Leber getrübt. 
Herzmuskel getrübt. Schwellungen der Körperlymphdrüsen. 
Nieren leicht geschwollen, auf dem Durchschnitt verwaschen 
trüb-grau, Marksubstanz mehr oder weniger hyperämisch, feinste 
punktförmige Hämorrhagien in Rinden- und Marksubstanz. 
Mikroskopisch im Kapselraume der Glaneruli abgeschiedene 
geronnene Massen, die gewundenen Harnkanälchen mit starker 
Quellung der Epithelien und Nekrose derselben; mehr oder 
weniger stark ausgesprochene Kalkeinlagerungen in den 
gewundenen Harnkanälchen. 

Über einen Fall von Brechweinstein-Yergiftnng bei 
einem Fohlen. 

Von Tierarzt H. Lüer in Rößing. 

(Deutsche Tierirztlicfae Wochenschrift 1808. 8. 377 ) 

Zwei ca. ein Jahr alte Ardenner Fohlen erhielten zum Zwecke 
der Abtreibung von Spülwürmern je 8 g Tart. stibiatus, welcher 
in je einem halben Eimer Wasser gegeben werden sollte. Das 
eine Fohlen nahm aber nur die halbe Quantität davon, die 
andere Hälfte bekam das andere Fohlen, welches somit ca. 12 g 
aufgenommen hatte. 24 Stunden nach der Verabreichung ver¬ 
sagte dieses Fohlen das Futter, schwitzte und zitterte, Puls 
klein, kaum fühlbar, Atmung angestrengt. Die sichtbaren 
Schleimhäute waren geschwollen und diffus gerötet. Temperatur 
37,2 0 C. Während der Untersuchung schwankte das Fohlen 
mit dem Hinterteil, stürzte nieder und es traten nun Streck¬ 
krämpfe ein, die sich etwa alle fünf Minuten wiederholten. Die 
Augen traten aus der Orbita hervor und die Pupillen waren 
erweitert. Die Temperatur sank auf 35,8 0 C. Alle angewendeten 
Mittel blieben erfolglos und am Abend starb das Tier. Bei der 
Sektion wurden auf der Zunge, im Dünn- und Dickdarm zahl- 





24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


697 


reiche, kleine, oberflächliche Geschwüre gefunden. Der Herz¬ 
beutel enthielt ca. Vs Liter bernsteinfarbiger, seröser Flüssigkeit. 

Rdr. 

Zar Biologie des Erregers der Wild- and Rinderseuche. 

Von R. Ostertag. 

(Zeitschr. f. Infektionskr., paraa. Krankb. u. Hyg. der Haast. Bd. 4, 8. 1.) 

Folgende hauptsächliche Ergebnisse seien referiert. Die 
Untersuchungen Ostertags haben ergeben, daß Austrocknung 
die Erreger der Wild- und Rinderseuche allmählich sicher abtötet. 
Die Ansteckungsfähigkeit war in sämtlichen Fällen verloren 
gegangen, sobald die Hautstücke eine sohllederartige Härte 
angenommen hatten. Blut ist bei Eintrocknung in einer Glas¬ 
schale nach 20—24 Tagen, nach Vermischung mit Gartenerde 
aber erst nach 29—50 Tagen avirulent geworden. — Einlegen 
von Hautstücken in 10 Proz. Kalkmilch (Ätzkalk) während 
24 Stunden genügte, um die Hautstticke ihrer Ansteckungs¬ 
fähigkeit zu berauben. — Gegenüber der Fäulnis zeigten die 
Erreger im Blut und Fleisch eine ungewöhnlich große Wider¬ 
standskraft. Blut, das in einem Röhrchen der Fäulnis ausgesetzt 
worden war, enthielt noch nach 100 Tagen infektionsfähige 
Erreger. — Das Salzen der Fleischstücke von wild- und 
rinderseuchekranken Rindern, das Einlegen in 25 Proz. Pökel¬ 
lake erwiesen sich zur Abtötung im allgemeinen wenig wirksam. 
— Leicht ließen sich die Erreger durch Kochen des Fleisches 
vernichten; größere Fleischstücke, die auf 80° C erhöht worden 
waren, enthielten keine virulenten Keime mehr. Richter. 

Eaterrotz beim Pferde. 

Von königl. ung. Tierarzt Michael Schmidt-Alibunäe. 

(Allatorvoai Lapok, 1908, Nr. 24.) 

Verfasser wurde zu einer sechs Jahre alten Stute mit 
der Anamnese gerufen, daß diese seit einer Woche erkrankt 
sei und schwer atme; ihr Fohlen zeigt seit drei Tagen ähnliche 
Erscheinungen. Die Stute war abgemagert, ihre Haare struppig 
und glanzlos. An der Körperoberfläche mehrere haarlose und 
wunde Stellen, außer diesen konnte man am Hals, an der 
Schulter, an der Brust, am Bauch und an den Füßen insgesamt 
ungefähr 50 bis 60 haselnußgroße, schmerzhafte Beulen Anden, 
welche von einem oedematösen Hof umrahmt erscheinen. An 
den BruBtseiten, am linken Ellbogen, an allen Füßen sind 
mehrere kleine, teils bereits vernarbte Geschwüre zu beobachten, 
von welchen steUenweise mehrere angeschwollene Lymphgefäße 
ausgehen. Die submandibularen Lymphknoten sind wie ein 
Hühnerei. Aus beiden Nasen dickeitriger Ausfluß; an beiden 
Seiten der Nasenscheidewand mehrere kleine Geschwüre mit 
wallartigem hellrotem Rand und speckigem Grund; um diese 
Geschwüre herum zahlreiche hanfkorngroße graugelbe Knötchen. 
Das Atmen erschwert, schnaufend. — Das Euter der saugenden 
Patientin (ihr Fohlen ist zwei Monate alt) ist besonders in 
seiner rechten Hälfte stark angeschwoHen und zeigt an seiner 
Oberfläche ein talergroßes'Geschwür, aus welchem ziemlich viel 
mit Milch gemischtes, eitriges Sekret tröpfelt. 

Bei den gleichfalls stark abgemagerten Saugfohlen sind die 
submandibularen Lymphknoten fgleichfalls angeschwollen und 
auch an der Nasenschleimhaut konnte man Geschwüre bemerken. 

Beide Tiere wurden vertilgt. Bei der Sektion fand man 
bei der Mutterstute Malleus in der Haut, in der Nasenschleim¬ 
haut, im Euter, in den Lungen und im Blinddarm, beim Saug¬ 
fohlen Malleus in der Nasen- und Highmorhöhle. 


Das Entstehen des Euterrotzes ist derart zu erklären, daß 
von der Haut aus ein Rotzknoten in die Drüse hineingewachsen 
ist und die Drüsensubstanz zum Zerfall gebracht hatte. Das 
Fohlen nahm mit der Milch den Infektionsstoff auf; die Er¬ 
krankung der Nasenschleimhaut ist hier höchst wahrscheinlich 
primär und nicht im Wege des Verdauungsapparates zustande 
gekommen, ob zwar nicht ausgeschlossen werden kann, daß im 
Verdauungskanal die Erscheinungen des Rotzes wegen der 
kurzen Zeit noch nicht soweit fortgeschritten sind, daß man sie 
bei der Sektion feststellen konnte. Dr. Z. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Münch. Med. Wochensehr. 55. Jahrg. 1008, S. 1826. 

Ein neuer Beitrag zur Basedowthymus. Von Dr. Capelle. Neben 
der Schilddrüse scheint auch die Thymusdrüse mit der Bas edo w- 
schen Krankheit in einem gewissen Zusammenhang zu steheD. 
Auf die Häufigkeit des Vorkommens einer großen Thymusdrüse 
bei den zur Sektion gelangten Basedowfällen hat namentlich 
v. Hansemann aufmerksam gemacht, und Bonnet frührt auf 
Grund größerer Beobachtungsreihen plötzliche Todesfälle bei 
Basedow hauptsächlich auf die Thymus zurück. Verfasser 
konnte aus der Literatur nachweisen, daß bei den zur Autopsie 
gelangten Basedowfällen zu 79 Proz. eine hypertrophische 
Thymus vorhanden war. Auf Grund der Statistik und eigener 
Erfahrungen bei Basedowoperationen kommt Capelle zu dem 
Schlüsse, daß die Thymus 1. anatomisch nichts Zufälliges im 
Bilde des Basedow ist, daß sie 2. klinisch einen Indikator für 
die Schwere eines Falles darstellt, und daß 3. die Herzkatastrophen 
nach Basedowoperationen als reguläre Thymus-Todesfälle auf¬ 
zufassen sind. 

Bei jedem schweren Falle von Basedow, der a operativ 
behandelt werden soU, ist es daher notwendig, sorgfältig zu 
untersuchen, ob der Kranke eine vergrößerte Thymus besitzt. 
Beim Nachweis einer solchen ist der operative Eingriff kontra¬ 
indiziert. 

Zentralblatt für Bakteriologie usic., Bd. 47. Heft 5, S. 581. 

Der Erreger der Pneumonie eines Königstigers (Bacillus pneumoniae 
tigrls). Von Dr. Marx. — Aus der Lunge eines im Zoologischen 
Garten zn Frankfurt a. M. an hämorrhagischer Pneumonie^ver- 
endeten Königstigers wurde eine zur Gruppe der hämorrhagischen 
Septikämie (Pasteureilose) gehöriger, in den ersten Generationen 
jedoch atypischer Bazillus gezüchtet, den der Verfasser nach 
dem Fundorte Bacillus pneumoniae tigris nennt. Zunächst zeigt 
er sehr große Übereinstimmung mit dem Influenzabazillus, indem 
er gramnegativ und absolut hämophil ist und Polfärbung 
annimmt. Nach einigen Generationen \ verliert er diese Eigen¬ 
schaften und muß dann nach seinem morphologischen, kulturellen 
und pathogenen Verhalten ohne weiteres zur Gruppe der 
Pasteurellosen gerechnet werden. 

Dieselbe Zeitschrift , S. 585. 

Über Varietäten des abgeschwfichten Milzbrandvirus. Vorläufige 
Mitteilung. Von Prof. Dr. H. Preisz. — Verfasser hat früher 
schon berichtet, daß die Virulenz des Milzbrandbazillus mit 
seiner Fähigkeit, Kapseln zu bilden, eng zusammenhängt. Er 
teilt nun mit, daß das Verhalten der abgeschwächten ^Bazillen 
auf Agar-Agar zur Isolierung verschiedener Varietäten des 
Milzbrandbazillus geeignet ist. Aus einer vollvirulenten Kultur, 
die bei höheren Temperaturen abgeschwächt ist, entstehen die 
verschiedensten Varietäten von starker Virulenz bis zu völlig 



698 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


avirulenten Keimen. Die Fähigkeit zur Sporenbildung kann 
unabhängig von dem Grade der Virulenz bei der Abschwächung 
entweder erhalten bleiben, oder aber mehr oder minder, zuweilen 
gänzlich, verschwinden. 

DieseUte Zeitschrift, S. 586. 

Ist der Bacillus suipestlfer der Erreger der Schweinepest oder nicht? 
Von Dr. Hübener. — Die Schwierigkeit der Gewinnung keimfreien 
Impfstoffes der Schweinepest durch Filtration gab bisher noch 
einzelnen Forschem Anlaß, die Richtigkeit der Annahme eines 
ultramikroskopischen, bakteriendichte Filter passierenden Er¬ 
regers der Schweinepest zu bezweifeln. Demgegenüber hat 
Uhlenhuth in dem Antiformin (Lösung von Alkalihydrat und 
Alkalihypochlorid) ein Mittel gefunden, das in kurzer Zeit 
Schweinepestbakterien abtötet, während die spezifisch krank¬ 
machende Wirkung der Serumfiltrate noch längere Zeit erhalten 
bleibt. Dieselbe Wirkung läßt sich auch mit anderen Des¬ 
infektionsmitteln, z. B. mit Karbol oder Sublimat herbeiftihren. 
Die von Schreiber vertretene Annahme, daß das flltrierbare 
Virus nichts anderes sei, als das von dem Bac. suipestifer 
gebildete Toxin, ist von Ostertag, Stadie und Uhlenhuth 
und seinen Mitarbeitern schon widerlegt worden. Dazu kommt, 
daß das vorerwähnte Antiformin auch das Suipestifertoxin zer¬ 
stört, wie experimentell leicht bewiesen werden kann. Verfasser 
gelangt aus den Versuchen zu der Annahme, daß die Schweine¬ 
pest überhaupt nicht durch ein Toxin, sondern durch ein filtrier¬ 
bares, belebtes Agens verursacht wird, während der Bacillus 
suipestifer nur eine sekundäre Rolle bei der Schweinepest spielt. 
Es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß der Bacillus suipestifer 
auf Verlauf und Ausgang der Schweinepest erheblichen Einfluß 
ausübt. Pseudoschweinepest, wie sie durch den Bacillus suipestifer 
liervorgerufen wird, kann jedoch nach Uhlenhuth und seinen 
Mitarbeitern ebenso auch durch den B. enteritidis Gärtner, 
Coli-Bakterien und sogar durch abgetötete Kulturen des Suipestifer 
erzeugt werden. 

Deutsche Medizinische Wochenschrift, 34. Jakrg., Ar. 37, S. 1582. 

Die Gewinnung des Pankreaesekretes aus den Magen und ihre 
diagnostische Verwertbarkeit Von J. Lewinski. — Am Hunde wurde 
die Erfahrung gewonnen, daß unter Umständen ein rückläufiger 
Transport von Pankreassekreten in den Magen stattfindet. 
Boldyreff beobachtete, wie nach Benetzung des Duodenums mit 
schwacher Salzsäure oder mit Fetten eine reichliche Abscheidung 
von Darmsaft, Pankreassaft und Galle erfolgte und durch den 
sich rückläufig öffnenden Pylorus in den Magen floß. Auf den 
Menschen übertragen, bildet diese Beobachtung die Grundlage 
einer Methode zum Nachweis eines tryptisch wirksamen Fermentes 
und der Diagnose über die Funktionstüchtigkeit der Bauchspeichel¬ 
drüse. Volhard und Faubel, die die Methode in größerem 
Umfang anwendeten, indem sie 100 bis 200 ccm Olivenöl in den 
Magen gossen und nach l / 2 bis 1 Stunde mit dem Schlauch eine 
Mischung von Öl mit Magendarmsaft wiedergewannen, gelangten 
zu einem günstigen Urteil über die Brauchbarkeit des Ver¬ 
fahrens. Verfasser hat durch eigene Untersuchungen dargetan, 
daß die Gewinnung des Pankreassekretes aus dem Magen mittelst 
des Ölprobefrtihstücks nur in einem Teil von Fällen möglich 
ist, sonst aber auch dann gelingt, wenn man etwa vorhandene 
Magensäure mit Alkali abstumpft. Fehlen des Trypsins im 
Magensaft zeigt eine Pankreasinsuffizienz oder ein mechanisches 
Hindernis für den Übertritt des Bauchspeichels in den Magen 


an; unter Umständen kann dieses Sympton für die Diagnose 
des Sanduhrmagens verwertet werden. 

Dieselbe Zeitschrift, S. 1953. 

Über künstlich erzeugte Rasselgeräusche zu Lehrzwecken. Von 
W. Hildebrandt. — Verfasser benutzt in propädeutischen Kursen 
ein von ihm ersonnenes Phantom zur Erzeugung der verschiedenen 
Arten der Rasselgeräusche. Die Vorrichtung gestattet, dem 
Studenten mit Sicherheit das zu Gehör zu bringen, was er 
später am Patienten hören soll. Der einfache Apparat besteht 
aus einem gewöhnlichen Meßglas, das je nach der Tonhöhe, die 
man erzeugen will, verschieden hoch mit Wasser gefüllt wird. 
In die Tiefe des Meßgefäßes reicht ein mit enger Öffnung ver¬ 
sehenes Glasrohr, durch das mittelst Ballongebläses Luft zugeführt 
wird. Durch die in Wasser aufsteigenden Luftblasen lassen sich 
Rasselgeräusche erzeugen, die dem am Krankenbett hörbaren 
durchaus entsprechen. Je nach Größe der Luftblasen lassen 
sich groß-, mittel- oder kleinblasige Rasselgeräusche hervor- 
bringen. Je nachdem die Auskultation am Wassergefäß oder 
am Netzballon des Gebläses erfolgt, hört man klingendes, 
metallisches oder nur metallisches Rasseln. Um nichtklingende 
Rasselgeräusche zu erzeugen, wird das Luftzuleitungsrohr mit 
einem Leinwandbeutelchen umhüllt. An dem Hildebrandt sehen 
Phantom läßt sich folgendes demonstrieren: 1. man hört bei 
Benutzung des Leinenbeutels am Wasserbehälter nichtklingendes 
Rasseln; 2. beim Fortlassen des Leinenbeutels am Wasserbehälter 
klingendes, unter Umständen auch metallisches Rasseln, am 
Ballon stets metallische Geräusche. Wird der Ballon mit der 
hohlen Hand umschlossen, so treten die Rasselgeräusche am 
Ballon verstärkt zu Gehör. W. 


Tagesgeschichte. 

t 

Ganz unerwartet traf uns alle die Trauerbotschaft, daß 
unser treues, bewährtes Mitglied, der allgemein beliebte und 
geachtete KoUege, Herr Kreistierarzt Gebhardt, am 30. August 
1908 in Vohwinkel nach ganz kurzem Krankenlager in der 
Blüte seiner Jahre gestorben sei. Paul Gebhardt wurde ge¬ 
boren am 27. Juli 1876 als Sohn des Landwirtes und Schult¬ 
heißen Emil Gebhardt in Lichtenhain im Fürstentum Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt. Er studierte von 1894—97 in Dresden Tier¬ 
heilkunde und machte 1897 dort sein Staatsexamen, 1904 bestand 
er in Berlin sein Kreistierarzt-Examen. Nach vollendetem 
Studium war er eine Zeit lang an den Schlachthöfen in Koblenz 
und Düsseldorf tätig. Am 1. November 1899 ließ er sich als 
praktischer Tierarzt in Remscheid nieder, hier wurde er auch 
mit seiner Frau bekannt. Am 1. Januar 1905 wurde ihm die 
Kreistierarztstelle des Kreises Vohwinkel übertragen mit dem 
Wohnsitz in Vohwinkel. Er verheiratete sich kurz darauf mit 
Fräulein Meta Haas ans Remscheid, und führte ein glück¬ 
liches, sonniges Leben, sowohl in bezug auf Familienleben, als 
auch in seiner amtlichen Tätigkeit und seiner Praxis. Wegen 
seines heiteren, biederen Wesens war er allgemein beliebt, und 
haben besonders wir Kollegen durch seinen Heimgang einen 
schweren Verlust erlitten. Kurz vor seinem Tode hatte er mit 
seiner überaus geliebten Gattin eine Sommerreise nach Borkum 
gemacht; schon auf der Rückfahrt fühlte er sich nicht recht 
wohl, gleich nach der Ankunft in seinem Heime mußte er sich 



24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


699 


legen und schon nach nicht ganz zwei Tagen hatte uns der 
Tod einen liebwerten Kollegen, der Gattin und dem Söhnchen 
einen treuen, fürsorgenden Mann und Vater geraubt. Die Be¬ 
erdigung fand in Remscheid statt. Trotz des regnerischen 
Wetters hatten sich über 20 Kollegen, sogar aus den entlegensten 
Orten des Regierungsbezirks eingefunden zum letzten Geleite, 
an dem sich zahlreiche Freunde und verschiedene Abordnungen 
von Vereinen noch beteiligt hatten. Während der Geistliche 
am Grabe in ergreifenden Worten des Heimgegangenen gedachte 
und Gebhardts Leben, als ein Leben voll Glück und Sonnen¬ 
schein beschrieb, hatte der Allmächtige da oben seine Regen¬ 
wolken für kurze Zeit zusammengezogen, und als ob er die zu 
Herzen gehenden Worte des Pfarrers bekräftigen wollte, be¬ 
leuchteten die Strahlen der Sonne für kurze Zeit zum letzten 
Male die hinabgesenkte sterbliche Hülle des uns allen unver¬ 
geßlichen Kollegen Paul Gebhardt. Er ruhe in Frieden, sein 
Andenken aber wird unter uns fortleben. 

Der Verein der Tierärzte des Regierungsbezirks Düsseldorf. 

I. A.: Fr. Bettelhaeuser. 

Gründung eines Verbandes der praktischen Tierärzte 
im Großherzogtum Hessen. 

Am 2. August fand im Hotel Kaiserhof zu Frankfurt a. M. 
eine zahlreich besuchte Versammlung der praktischen Tierärzte 
im Großherzogtum Hessen zum Zwecke der Gründung eines 
Verbandes statt. Mit allgemeiner Genugtuung wurde das Zu¬ 
standekommen dieses Vereins begrüßt und in den einzelnen 
Vorträgen ungefähr Folgendes ausgeführt: 

Es ist eine zwingende Notwendigkeit, welche die praktischen 
Tierärzte überall veranlaßt, gemeinsam für ihren Stand tätig 
zu sein und seine Interessen zu wahren. Diese Organisation 
ist die Folge der leider überall bemerkbaren, regressiv sich 
entwickelnden wirtschaftlichen Lage der Standesvertreter. 

Abgesehen von der stets wachsenden Konkurrenz wird die 
freie Tätigkeit des Praktikers stark beschränkt durch das Be¬ 
streben, den amtlichen Wirkungskreis möglichst zu erweitern. 
So sind z. B. hier in Hessen die Rotlaufimpfungen der Schweine, 
die ganze Ergänzungsbeschau Privileg der beamteten Kollegen. 
Selten wird wohl ein praktischer Tierarzt mit der Vornahme 
einer dieser Funktionen betraut. Die Gebühren für die mit der 
Ortsfleischbeschau beauftragten Kollegen sind minimal. 1 M. 
für Groß-, 50 Pf. für Kleinvieh und weniger. Dazu komint 
noch, daß sogenannte „Kreisveterinärassistenztierarztstellen“ 
eingerichtet werden sollen mit fester Besoldung usw., wodurch 
der interessierte Praktiker mehr oder weniger schwer geschädigt 
wird. Mit der Einführung des neuen Seuchengesetzes dürfte 
dann die Verstaatlichung der Tierheilkunde hier im Lande 
so ziemlich vollzogen sein. Das sind also keine verlockenden 
Aussichten für die jüngeren Generationen, und es ist unter 
diesen Verhältnissen nicht zu verwundern, wenn vor dem 
Studium der Tierheilkunde eindringlich gewarnt wird, 
dessen Aufwand an Zeit und Geld im umgekehrten Verhältnis zur 
späteren Stellung steht. 

Wenn unsere ganze Wissenschaft schließlich vom schablonen¬ 
haften und bureaukratischen Gesichtspunkt aus gehandhabt wird, 
dann ist sie nicht würdig, neben ihrer Schwesterwissenschaft, 
der humanen Medizin, als gleichberechtigt zu existieren, die 
sich stets ihre goldene Freiheit und Unabhängigkeit zu erhalten 
wußte. 


Unsere Berufsfreudigkeit hat unter dem Zwange der 
schlechten Verhältnisse sehr gelitten, ebenso die innere Be¬ 
friedigung, die wir in unserem Berufe finden sollen. Möge der 
Appell der praktischen Tierärzte nicht ungehört verklingen und 
den Bestrebungen derselben von seiten der maßgebenden Be¬ 
hörden ein wohlwollendes Entgegenkommen gezeigt werden zu 
Nutz und Frommen des ganzen tierärztlichen Gesamtstandes. 

Im weiteren Verlaufe der Versammlung wurde beschlossen, 
die ernste Aufforderung an die nicht anwesenden Kollegen er¬ 
gehen zu lassen, dem Verbände beizutreten, da wichtige Dinge 
zu einer möglichst umfassenden Organisation zwingen. 

Die an die einzelnen Herren gesandten Fragebogen sollen 
schnellstens und ausführlich beantwortet werden. 

Die nächste Zusammenkunft ist für Oktober beabsichtigt 
Für dieselbe hat der Rechnungsführer des Verbandes, Herr 
Kollege Seigel (Viernheim) einen Vortrag über das hessische 
Rotlaufimpfgesetz übernommen. 

Die Einladungen zu dieser Versammlung werden noch er¬ 
folgen. Möge es jeder Kollege als eine ernste Pflicht betrachten, 
von derselben nicht fern zu bleiben. Dr. L. 

Verein sächsischer Gemeindetierärzte. 

Der Verein sächsischer Gemeindetierärzte hat auf Grund um¬ 
fänglicher Fragebogen an das Königl. Ministerium des Innern eine 
Eingabe gerichtet, die in ausführlicher Weise die jetzigen An- 
stellungs-, Rang- und Besoldungsverhältnisse der sächsischen 
Schlachthoftierärzte behandelt und die Einrichtungen an den 
städtischen und den in Fleischerinnungshänden befindlichen Schlacht¬ 
höfen klar legt, die auf die Fleischbeschau und die Trichinenschau 
Bezug haben. 

Die Eingabe weist darauf hin, daß man dem wissenschaftlichen 
Aufschwünge der Veterinärmedizin nicht überall das genügende 
Interesse entgegengebracht hat, daß die Gemeinden, bis auf einige 
wenige, bisher noch nicht Gelegenheit genommen haben, den Tier¬ 
ärzten die auf Grund ihres Hochschulstudiums gebührende An¬ 
erkennung angedeihen zu lassen und daß dem gesteigerten Ansehen 
des tierärztlichen Berufs und den erhöhten Anforderungen der 
Schlachttier- und Fleischbeschau an die geistige und körperliche 
Tätigkeit der Schlachthoftierärzte durch Verbesserung der An- 
stellungs- und Besoldungs-Verhältnisse und der für die Beschau 
notwendigen Einrichtungen nur vereinzelt genügend Rechnung 
getragen worden ist 

Dem Königlichen Ministerium wird darum in der Eingabe die 
ehrerbietigste Bitte unterbreitet, den Schlachthöfen Sachsens seine 
Aufmerksamkeit zuwenden und den Bitten und Wünschen der an 
ihnen angestellten Tierärzte Beachtung schenken zu wollen. 

Die Wünsche der Gemeindetierärzte fanden in folgenden Sätzen 
Zusammenfassung: 

1. t)ie Anstellungs-, Rang- und Titel-Verhältnisse der Schlacht¬ 
hoftierärzte sind der Änderung, der Besserung und der gleich¬ 
mäßigen Handhabung dringend bedürftig. 

Es wird, so weit noch nicht geschehen, erbeten: rechtsgültige 
Anstellnngsurkunden, Pensionsberechtigung, Anstellung ohne 
Kündigungsrecht nach 5 Jahren (siehe höhere Staatsbeamte), 
4 wöchentlicher Jahresurlaub und Einrangierung unter die 
höheren Gemeindebeamten. Für den Schlachthof leitende 
Tierärzte wird, so weit noch nicht geschehen, der Titel 
„Schlachthofdirektor“, für die Fleischbeschau leitenden Tier¬ 
ärzte an Schlachthöfen, deren Verwaltung in Innungshänden 
ruht, mindestens der Titel „Direktor der Fleischbeschau oder 
des Fleischbeschauamts“ gewünscht. Für die übrigen Tier¬ 
ärzte ist der Titel „Stadttierarzt“ (s. Chemnitz) am treffendsten. 

2. Die Besoldungen der Tierärzte sind unter Forderung der 
Trennung der Fleischbeschaugebühren von den Schlachthof- 
benutzungsgebühren dort, wo sie nicht den einschlägigen Verhält¬ 
nissen entsprechen, neu zu regeln. 




700 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3$. 


Den Fleischbeschaugebühren sind die in der Verordnung vom 
27. Januar 1903 enthaltenen Beschaugebühren zugrunde zu legen. 
Sie dürfen bei Städten bis zu 35 000 Einwohnern nicht unter a / 4 der 
staatlich festgelegten Sätze herabgehen. 

Als Grundgehalt für die die Schlachthöfe bzw. die Fleischbeschau 
in mittleren und kleinen Städten leitenden Tierärzte ist als Minimum 
3600 Mark anzusehen. Dasselbe hat in dreijährigen Staffeln von 
mindestens je 300 Mark zu steigen, bei Städten von 10—15 000 
Einwohnern bis 4500 Mark, bei Städten von 15—20 000 Einwohnern 
bis 5400 Mark, bei Städten von 20—25 000 Einwohnern bis 6000 Mark 
und bei Städten von 25—35 000 Einwohnern bis 6600 Mark. 

Für die an großen Schlachthöfen angestellten Tierärzte wird 
ein Gehalt von 3000 bis 6500 Mark mit Wohnungsgeld und für die 
tierärztlichen Direktoren daselbst von 6000—10 000 Mark gewünscht 

Bei der Gehaltsbemessung ist die in anderen Orten verbrachte 
Dienstzeit in Anrechnung zu bringen. 

3. In Gemeinden mit Innungs-Schlachthöfen ist im Interesse 
der Gemeinde, der Fleischbeschau und ihrer Beamten die Verstaat¬ 
lichung der Fleischbeschau dringend geboten. 

4. Die Dienstzeiten sind den örtlichen Verhältnissen entsprechend 
einzuschränken. 

Für Schlachthöfe, an denen nur 1 Tierarzt tätig ist und Über 
15 000 Schlachtungen jährlich stattfinden, wird eine wöchent¬ 
liche Höchstdienststundenzahl von 44 Stunden, für Schlachthöfe 
mit über 12—15 000 Schlachtungen von 36 Dienststunden, für 
Schlachthöfe mit über 10—12 000 Schlachtungen von 32 Dienst- 
Btunden, für Schlachthöfe mit weniger Schlachtungen werden 
entsprechend weniger Dienstsunden als genügend angesehen. 

5. Die Trichinenschau ist den Tierärzten unter Schadloshaltung 
durch Gehaltsrcgulierung zu nehmen. 

6. Zu Lasten der Fleischbeschaugebühren sind für die Tierärzte 
geräumige, separate Dienstzimmer, Laboratorien, Fachliteratur sowie 
den Schlachthof und die Fleischbeschau betreffende Zeitungen zu 
schaffen. 

Zugleich ist den Tierärzten der Besuch von Fortbildungskursen 
und tierärztlichen Versammlungen auf Fleischbeschaukosten zu 
ermöglichen. 

7. Für die Trichinenschauer sind geräumige, separate, zweck¬ 
entsprechende Räumlichkeiten zu schaffen. 

8. Den Tierärzten sind bei Ausübung der Beschau genügend 
Hilfskräfte zu stellen. In den Schlachthöfen ist für genügend Auf¬ 
sichtspersonal zu sorgen. 

9. In Inmmgsschlachthöfen ist es ein Bedürfnis, den Tierärzten 
die Leitung der Betriebe zu übertragen. 

Die Einrichtung von Schlachthofausschüssen in zweckent¬ 
sprechender Zusammensetzung ist dringend notwendig. 

10. Die Anstellung der Schlachthofbetriebs- und Aufsichts¬ 
beamten hat an Innungsschlachtböfen im Interesse des Gesamt¬ 
betriebs durch die Gemeindebehörden zu erfolgen. 

Auf diese Eingabe ist vom Königlichen Ministerium des Innern 
dem Verein folgende Antwort zugegangen: 

Beschluß des Ministeriums des Innern vom 1. August 1908. 
Abschriftlich an den 1. Vorsitzenden des Vereins sächs. G^jpeinde- 
tierärzte. 

Herrn Amtstierarzt Dr. phil. Meyfarth, Schlachthofdirektor in 
Glauchau, zur Kenntnisnahme. 

Für den Minister: gez. Merz. 

Dresden, den 1. August 1908. 

An die Kreishauptmannschaften. 

Den Kreishauptmannschaften wird beigehend eine Anzahl 
Anzahl Abdrücke der Eingabe des Vereins sächsischer Gemeinde¬ 
tierärzte vom 23. Juli d. J. mit dem Veranlassen übersendet, sie 
den beteiligten Stadtgemeindeverwaltungen zur Erwägung und 
Beschlußfassung zugehen zu lassen. Bei der Verschiedenartigkeit 
der örtlichen Verhältnisse ist das Ministerium nicht ohne weiteres 
in der Lage, allgemeine Anordnungen im Sinne der Eingabe zu 
treffen, zumal es sich dabei um eine Angelegenheit der kommunalen 
Selbstverwaltung handelt Das Ministerium erwartet aber, daß die 
Gemeindeverwaltungen den geltend gemachten Wünschen, die nicht 
übertrieben erscheinen, eine wohlwollende Beurteilung zuteil werden 
lassen und dabei insbesondere berücksichtigen werden, daß an 


die Tierärzte gegenwärtig in Hinsicht der Vorbildung die gleichen 
Anforderungen gestellt werden, wie an andere akademisch ge¬ 
bildete Stände. 

Ministerium des Innern. 

Für den Minister: gez. Merz. 

Der Vorstand des Vereins sächsischer Gemeindetierärzte 
erblickt in dieser erfreulichen Antwort einen wesentlichen Schritt 
vorwärts und gibt sich der Hoffnung hin, daß diesen Worten in den 
betreffenden Gemeinden bald Taten folgen werden. 

Glauchau-Pirna, den 26. August 1908. 

gez. Dr. Meyfarth, gez. Dr. Seyfert, 

1. Vors. 1. Schriftf. 

Verein 8ftchsleeher Gemeindetierftrzte. 

4. Allgemeine Versammlung am 3. und 4. Oktober 1908 in Dresden, 
„Drei Raben“, Marienstraße, I. Etage. 

Programm: 

Sonnabend, am 3. Oktober 1908, Sitzung des Vorstandes. Drei 
Raben). Mitteilung. Vorbesprechung. Hierzu Mitglieder des Vereins 
willkommen. 

Sonntag, am 7. Oktober 1908. 

Vormittags 11 Uhr, Hauptversammlung (Drei Raben;. 

1. Begrüßung. Mitteilungen des Vorstandes. 

2. Die Ausführung der Stall- und Milchkontrolle durch Gemeinde- 
tierärzte; 

a) Stallkontrolle. Referent: Amtstierarzt Wenzel-Chemnitz; 

b) Milchkontrolle. Referent: Amtstierarzt Günther-Eibenstock. 

3. Referat über die Petition an das Königliche Ministerium des 
Innern. 

4. Beratung über weitere Schritte, die in unserer Petition aus¬ 
gesprochenen Wünsche zu verwirklichen. Aussprache. 

a) Vertreter der großen Schlachthöfe; 

b) Der mittleren und kleinen städtischen Schlachthöfe; 

c) Der mittleren und kleinen Innungsschlachthöfe. 

5. Allgemeines. 

Gemeinsames Mittagsmahl. 

Der Vorstand des Vereins sächsischer Gemeindetierärzte. 

Dr. Meyfarth, Amtstierarzt, 

Schlachthofdirektor, Glauchau, 1. Vorsitzender. 

Dr. Seyfert, städt Schlachhoftierarzt, 

Leiter des Fleischbeschauamtes, Pirna, 1. Schriftführer. 

65. ordentliche Mitgliederversammlung des Tierärztlichen Landesvereins 
in Württemberg 1908. 

Die 65. ordentliche Mitgliederversammlung findet am 
Sonnabend, den 10. Oktober d. J., vormittags 10 Uhr, im Rat¬ 
hauskeller zu Stuttgart (Ratshermstube) statt 
Tagesordnung: 

1. Erläuterungen zur neuen tierärztlichen Taxe. Referent: Herr 
Oberregierungsrat von Beißwänger. 

2. Die Aufgaben des Tierarzts in der Milchhygiene. Referenten : 
Die Herren Veterinärrat Kösler-Stuttgart, Stadttierarzt 
Schulze-Gmünd, Stadttierarzt Diener-Ravensburg, Stadttier¬ 
arzt Haug-Leutkirch. 

3. Errichtung besonderer Professuren für animalische Nabrungs¬ 
mittelkontrolle an den Tierärztlichen Hochschulen Referent: 
Der Vorstand. 

4. Erweiterung der Befugnisse der Schlachthoftierärzte. Referent: 
Der Vorstand. 

5. Einführung der obligatorischen Trichinenschau in Württem¬ 
berg. Referent: Der Vorstand. 

6. Standesangelegenheiten. 

7. Mitteilungen aus der Praxis. 

Um die reichhaltige und wichtige Tagesordnung vollständig 
erledigen zu können, ist vorgesehen, mit einer Mittagspause von 
12—12% Uhr zur Einnahme eines Frühstücks bis etwa 4 Uhr durch¬ 
zuarbeiten und das sonst übliche gemeinschaftliche Mittagessen aus- 
fallen zu lassen. 

Die verehrlichen Vereinsmitglieder werden zu zahlreicher Be¬ 
teiligung freundlichst eingeladen. 

Im Auftrag des Vereinausschusses: 

Der derzeitige Vorsitzende. 


24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


701 


Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz. 
Veterinärmedizinische Sektion. 

Am Sonntag, den 4. Oktober, nachmittags 3 Uhr, spricht 
Herr Professor Dr. Klimmer-Dresden über Tuberkulose¬ 
bekämpfung bei unseren Haustieren; der Vortrag findet im 
Sitzungssaal der Gesellschaft statt und werden die Herren Kollegen 
der weiteren Umgebung von Görlitz auf diesen Vortrag aufmerksam 
gemacht, zumal auch die neuesten Resultate der Tuberkulose¬ 
bekämpfung in der Praxis besprochen werden sollen. 

Alle Auskünfte erteilt Stabsveterinär a. D. Littmann, Görlitz, 
Demianiplatz. 

Aus Dänemark. 

Im August d. J. sahen die Tierärztliche und die Landwirt¬ 
schaftliche Hochschule in Kopenhagen auf fünfzig Jahre gemeinsamer 
Tätigkeit zurück. Am 24. August 1858 wurde die bereits im 
Jahre 1773 gegründete Veterinäranstalt zu der jetzigen „Kongelige 
Veterinaer-og Landbohöjskole“ ausgebaut. 

Der vom allgemeinen dänischen Ärzte-Verein ins Leben gerufene 
Ausschuß zur Erforschung der Krebskrankheit wählte Herrn Professor 
C. 0. Jensen von der Tierärztlichen Hochschule in Kopenhagen 
zum Vorsitzenden und Herrn Professor Dr. Joh. Fibiger zum 
stellvertretenden Vorsitzenden. Dr. St. 

Das Militärveterinärwesen in Schweden. 

(Maanedsskrifl for Dyrlaeger, 1908, Heft 11.) 

Bisher unterstand das schwedische Militärveterinärwesen teils 
der Medizinalverwaltung, teils dem Intendanturdepartement. Hierin 
ist nunmehr eine erfreuliche Änderung eingetreten, indem das 
schwedische Militärveterinärwesen in der Person des Feldveterinärs 
P. L. Schmidt seinem eigenen Chef erhalten hat. Dr. St 

Wien. 

Hofrat Professor Dr. Bayer, der Rektor der k. k. tierärztlichen 
Hochschule zu Wien und verdiente Professor der Chirurgie ist in 
den Ruhestand getreten. 

Zulassung von Frauen zum Studium der Tiermedizin. 

In Hessen ist die Zulassung der Frauen zu dem Studium geregelt 
und an beiden Hochschulen des Großherzogtums zugelassen worden. 
Bei der Landes Universität werden Frauen zu den vorgeschriebenen 
Abschlußprüfungen zugelassen u. a. für Medizin, Tiermedizin und 
Zahnheilkunde. 

Distanzfahrt. 

An einer Distanzfahrt Berlin-München war auch Tierarzt Wieden¬ 
mann-Charlottenburg beteiligt und infolgedessen auch Gast des 
Prinzen Arnolf v. Bayern in Nymphenburg. Herr Wiedenmann 
erzielte mit einem Pferd des Baron von Bud6 beste Kilometer¬ 
leistung, gab jedoch unterwegs infolge eines zufälligen Umstandes 
freiwillig auf. 

Kreismolkerei-Inspektor. 

Für den Regierungsbezirk Oberbayern ist die Stelle eines Kreis- 
molkerei-Inspektors mit dem Sitz in München geschaffen zur Be¬ 
aufsichtigung der gesamten Milchwirtschaft. Das Einkommen beträgt 
etwa 5500 M., die Anstelluug erfolgt zunächst widerruflich. 

Vorschriften für die Säuglingsernährung. 

Um die Säuglingssterblichkeit tunlichst herabzusetzen, werden 
in Hamburg auf den Standesämtern bei der Anmeldung eines 
Geburtsfalles den Eltern regelmäßig vom Medizinalkollegium be¬ 
arbeitete „Ratschläge zur Ernährung der Säuglinge“ kostenlos aus¬ 
gehändigt. 

Trichinensohau. 

In Kissingen hat der Magistrat die Einführung der Trichinen¬ 
schau auf den 1. April 1909 beschlossen. 

Schäohteverbot. 

In Reuß-Greiz darf das Schlachten des Viehes, ausgenommen 
des Geflügels, nur nach vorheriger Betäubung stattfinden. 

Viehzählung. 

Eine Viehzählung soll in Preußen am 1. Dezember d. J. vor¬ 
genommen werden. 


Maul- und Klauenseuche-BekämpfUng. 

In einem Einzelfalle ist die Rechtsauffassung vertreten worden, 
das ein „Weggeben“ von Milch aus Sammelmolkereien im Sinne 
des § 44 a des Reichs-Viehseuchengesetzes nur dann vorliege, wenn 
eine Überlassung an ein anderes Rechtssubjekt erfolge, und daß 
somit das Verfüttern dieser Milch an das Vieh der zur Meierei 
gehörigen Wirtschaft nicht als ein „Weggeben“ anzusehen sei. In 
einem von der Maul- und Klauenseuche gefährdeten Gebiete besteht 
aber auch für das Verbot des Verfütterns roher Milch und roher 
Molkereirückstände an Vieh in Sammelmolkereien ein dringendes 
Bedürfnis, um der Übertragung der Seuche auf das Vieh vorzu¬ 
beugen. Unabhängig von der Auslegung des § 44 a des Reichs- 
Viehseuchengesetzes bietet nur § 20 Absatz 1 daselbst in Ver¬ 
bindung mit dem § 1 der Bundesratsinstruktion eine ausreichende 
Grundlage, um nötigenfalls das Verbot des Verfütterns roher Milch 
usw. im Molkereigehöfte selbst erzwingen zu können. Auf Grund 
der genannten Vorschrift ordnet der Minister für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten an, daß der in dem Erlasse vom 13. November 
1906 beigegebenen Zusammenstellung der für die Bekämpfung der 
Maul- und Klauenseuche wichtigsten Maßregeln unter II, 6 folgende 
Bestimmung hinzugefügt wird: „Das Verfüttern von Milch und 
Molkereirückständen an das Vieh der Sammelmolkerei¬ 
inhaber ist nur unter gleicher Bedingung gestattet.“ 

Neuau8brHche der Maul- und Klauenseuche. 

In den Tagen vom 16. bis 20. September sind (nach den 
Meldungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes) Neuausbrüche erfolgt 
in den Amtsbezirken Weilheim und Erding in Oberbayern, dem 
Amtsbezirk Ansbach (Mittelfranken), dem Kreise Saarburg in 
Lothringen und den Kreisen Erstein und Straßburg-Land im Unter¬ 
elsaß. Im Schlachthofe zu Metz ist die Seuche getilgt. 

Erklärung. 

Zu der von mir verfaßten Abhandlung: „Mißstände“ — ver¬ 
öffentlicht in der „Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“ vom 
19. September 1907 — erkläre ich, daß ich nicht die Absicht 
gehabt habe, den Herrn Schlachthofverwalter, Tierarzt Rosen- 
plenter in Gelsenkirchen, zu beleidigen. Ich gebe zu, daß ich 
bezüglich mehreror Punkte meiner Darlegungen unrichtig informiert 
gewesen bin und nehme deshalb die in dem Artikel enthaltenen 
Angriffe gegen Herrn Rosenplenter unter dem Ausdruck meines 
lebhaften Bedauerns zurück. Dr. Göhler. 


Tierhaltung und Tierzucht 

Die Spezialisierung der Rassen. 

Von Professor Boucher. 

(Journal de Lyon, 80. April und 81. Mal 1908.) 

Die Spezialisierung der Haustierrassen ist im ganzen ge¬ 
nommen eine funktionelle Anpassung und eine wirtschaft¬ 
liche Doktrin. 

I. Die Spezialisierung der Rassen im Lichte der Anpassung. 

Die Spezialisierung der Rassen hat einen bestimmten Zweck 
im Auge, nämlich den, die vulgären Organismen mit ver¬ 
schiedenartigen Fähigkeiten, in solche nmzuwandeln, 
welche in einer einzigen Leistnngsart sehr vervoll- 
kommt sind. Hierbei gibt die Spezialisierung der Rassen ein 
wunderbares Beispiel für die Evolutionstheorie ab, da sie die 
zwiefache These des Lamarkismns und des Darvinismns, auf 
welcher der klassische Transformismns aufgebaut ist, klar be¬ 
leuchtet. An den Lamarkismns lehnt sie sich an durch das 
gleichzeitige Hinzutreten zweier verschiedener Einwirkungen, 
welche folgende sind: Die modifizierende Aktion von 
äußeren Einflüssen einerseits und der transforma- 
torische Effekt des Gebrauchs und Nichtgebrauchs 
der einzelnen Körperteile andrerseits. An den Darvi¬ 
nismns lehnt sie sich an durch das Insspieltreten der methodischen 






702 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Zuchtwahl. Von einem anderen Gesichtspunkte aus betrachtet, 
erscheint die Spezialisierung der Rassen als eine der schönsten 
Erklärungen des Gesetzes der Harmonie, welchem das 
Problem der Anpassung untergeordnet ist. 

1. Das Prinzip der Spezialisierung. 

Die Spezialisierung der Rassen wird durch das Prinzip 
der Teilung der Arbeit inspiriert. Dies Prinzip stellt 
bekanntermaßen fest, daß jede Arbeit um so schneller beendet, 
um so besser ausgefiihrt und um so produktiver ist, je besser 
die Individuen, die sie verrichten, dazu ausgebildet sind, und 
je mehr diese Arbeit unter Ausschluß jeder anderen ausgeführt 
wird. Die Spezialisierung hat überall die gleichen Folgen, 
welche bestehen in der Konzentration der produktiven Fähig¬ 
keiten auf eine einzige Funktion, in dem korrelativen Vor¬ 
herrschen dieser privilegierten Funktion zu den anderen Funktionen 
und endlich in der den letzteren auferlegten Rückbildung, nach 
dem gebieterischen Gesetz des organischen Gleichgewichts. 
Diese Folgen führen nichtsdestoweniger in den günstigen Milieus 
zu einem absolut konstanten wirtschaftlichen Resultat, der Ver¬ 
mehrung de8 Ertrags. Man kann das Schema dieser Er¬ 
scheinung am besten am Rind zeigen, das zurzeit nicht 
spezialisierte, ganz primitive Rassen aufweist und wieder 
solche, welche für eine der folgenden Produktionen, nämlich für 
Milch, Fleisch oder Arbeit vollständig spezialisiert sind. 

Angenommen ein Rinderstamm eines Landstriches besteht 
aus Z (Zahl) Individuen und diese Z Individuen seien alles 
Kühe von gewöhnlicher Rasse und hätten das gleiche 
Produktionsvermögen. Da sie von gemeiner, d. h. von nicht 
verbesserter Rasse sind, so befinden sie sich in einem Zustand 
individueller Indifferenz, der ihnen erlaubt, von allen «ihrer 
Gattung eigenen Produktionen ein wenig zu geben. Die Leistung 
eines jeden von ihnen im Laufe des Jahres kann durch folgende 
Gleichung ausgedrückt werden: 

L = m + f+a Leistung == Milch -f- Fleisch + Arbeit. 

Die gesamte Produktion der in Betracht gezogenen Kollek¬ 
tivität gestaltet sich nun folgendermaßen: 

p == Zp = Z (m -j- f -|- a) = Zm -{- Zf -f- Za. 

Angenommen, wir würden aus der vorher erwähnten Kollek¬ 
tivität drei gleiche spezialisierte Gruppen, z = z' — z", 
durch irgend ein Kunstmittel gestalten können, dann wäre 
Z == z + z' -f z". Die für die Milchprodnktion spezialisierte 
Gruppe z gibt jährlich eine bestimmte Menge Milch = M, die 
für die Fleischproduktion bestimmte Gruppe z' eine Menge 
Fleisch — F und die für die Arbeit spezialisierte Gruppe z" 
eine Menge Arbeit = A, dann wäre die Gesamtproduktion der 
neuen Gruppe folgende: P' = zM + z*F -f- ®"A. 

Diese Gesamtproduktion steht höher als die der nicht 
spezialisierten Kollektivität, denn in der Praxis steht fest, daß 
zM > Zm 
z'F > Zf 
z'Ä >• Za 

also ist zM + z'F -{- z"A » Zm -f Zf -f- Za 
oder P' >* P. 

Es ist nun nicht die quantitative Erhöhung der Produktion 
allein, welche für die Vornahme der Spezialisierung spricht, 
sondern mit der Vermehrung der Quantität hält oft auch die 
Verbesserung der Qualität gleichen Schritt. Es hat daher der 
La mark sehe Satz, die Funktion macht das Organ, seine volle 
Berechtigung. Es ist auch vollkommen richtig, daß durch die 


Spezialisierung Rassen von großer Ergiebigkeit hervorgebracht 
werden zum größten Nutzen des wirtschaftlichen Fortschritts. 
Es ist somit den landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit 
gegeben, die gemeinen Rassen auszuschließen, falls ihnen ihr 
Nutzen zu gering erscheint. Es soll dabei aber nicht gesagt 
sein, daß diese gemeinen Rassen vollständig zu vernachlässigen 
sind, haben sie doch in defr Mannigfaltigkeit ihrer Produktion 
und in ihrer ubiquitären Anpassungsfähigkeit vor den anderen 
den Vorzug, und passen sie daher am besten in kleine Wirt¬ 
schaftsbetriebe, welche mit dem raffinierten und feinen Rüstzeug 
der Hochzüchter nicht ausgestattet sein können und von ihren 
Tieren nicht eine höher gesteigerte einzelne Leistung, sondern 
wohl geringere aber diverse Leistungen verlangen. Diese ge¬ 
meinen Rassen sind jedenfalls vor Degeneration zu schützen 
und in der Gesamtheit ihrer Eigenschaften zu heben. 

2. Mechanismus der Spezialisierung. 

Jede spezialisierte Rasse stammt durch eine Reihen¬ 
folge ununterbrochener stufenweiser Übergänge von einer ge¬ 
wöhnlichen oder gemeinen Rasse ab, und jeder Speziali¬ 
sierungsversuch besteht aus zwei Hauptphasen. 1. Eine Phase 
der generellen Entwicklung oder die vorbereitende 
Phase; 2. eine Phase der eigentlichen Spezialisierung 
oder die Stufe der Beharrung. Diese Entwicklungs¬ 
abschnitte sind durch eine Reihenfolge von Zwischenzeiträumen 
untereinander verbunden, in denen besonders leistungsfähige 
Individuen entstehen, deren günstige Einwirkung in Überein¬ 
stimmung mit dem Prinzip der Zuchtmahl die Evolution der in 
Bildung begriffenen Gruppe beschleunigt. Damit diese Evolution 
zustande kommt, vereinigen verschiedene Faktoren ihre Wirkungen. 

Es sind dies: 

1. Das umgebende Milieu. 

2. Die Methoden der körperlichen Übungen. 

3. Die organische Variabilität. 

4. Die Vererbung und die methodische Zuchtwahl. 

5. Die Anpassung. 

1. Das umgebende Milieu. Die physiologische Aktivität 
hängt, abgesehen von der Vererbung, von der Quantität der 
Energie ab, welche dem Körper zugeführt wird. Ist diese 

I reichlich, so sind ein schnelles Wachstum, massige Formen, 
intensive Produktion hinsichtlich der Qualität die Folge. Da die 
Energie direkt der Bodenvegetation, d. h. dem Futter' der Um¬ 
gebung, entstammt, so kann man mit voller Berechtigung mit 
den Neu-Lamarkianern sagen: Das Milieu ist der Former 
der Organe. Die spezialisierten Rassen können nur in einem 
Milieu fortkommen, das ihren Bedürfnissen und Eigenschaften 
Rechnung trägt. 

Die für die Tierzucht in Betracht kommenden Wirschafts¬ 
betriebe können in drei Kategorien eingeteilt werden. 

a) in den Großbetrieb, 

b) den mittleren Betrieb und 

c) den Kleinbetrieb. 

Der Kleinbetrieb schließt im Prinzip die vervollkommneten 
Rassen aus, welche sich in ärmlichen Verhältnissen weder bilden 
noch halten können, während der mittlere und hauptsächlich 
der Großbetrieb die nötigen Mittel besitzt, diese Rassen zu 
bilden. 

2. Die körperlichen Übungsmethoden. Bekannter¬ 
maßen fußen diese Methoden auf der Lehre von der funktionellen 
Exzitation, welche zu einer bessern Ernährung der in Betracht 





24. September 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


703 


kommenden Gewebe den Anstoß gibt und zugleich auf die 
Formung der Organe und auf die Aktivität ihrer Funktionen 
von Einfluß ist. Dadurch, daß sie ihre Wirkung auf einen 
bestimmten Apparat ausüben, modifizieren sie ihn gänzlich, so 
daß sie ihn nicht nur räumlich ausdehnen, sondern ihm auch 
durch die von ihnen bewirkte stärkere Blutzuleitung die 
trophische Wirkung des Blutes zugute kommen lassen. Dieser 
Einfluß ist um so wirksamer, je intensiver die Blutzufuhr vor 
sich geht und eine um so reichere und größere Zufuhr das Er- 
nährungssyBtem von außen erhält. Der Einfluß dieser körper¬ 
lichen Übungen ist also sehr groß und er entspricht zum Teil 
demjenigen Faktor der Evolution, den Lamark mit der Um¬ 
schreibung „Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe“ 
bezeichnete. Zu der kräftigenden Aktion des reichen Milieus 
gesellt sich nun noch die umformende Kraft der gymnastischen 
Übungen hinzu, aus deren Zusammenklingen ein neuer Zustand 
resultiert, nämlich die morphologische und funktionelle Modifi¬ 
kation des neu entstandenen verbesserten Typus. 

3. Organische Variabilität. Wenn die Formung 
spezialisierter Rassen möglich ist, und diese sozusagen Stück 
für Stück aus der Hand des Tierzüchters hervorgehen, so ist 
das ein Beweis dafür, daß dieser die Effekte zweier großer 
organischer Kräfte, der Variabilität und der Heredität, 
zu seinem Nutzen anzuwenden- weiß. Die Variabilität ist es, 
die dem tierischen Organismus die Fähigkeit gibt, sein Wesen 
zu verändern, wenn er dazu angetrieben wird, und die die ge¬ 
bieterischen Anstöße des umgebenden Milieus und der Gymnastik 
in Stoff umsetzt. Aus dem Umstande, daß jede Änderung in 
der organischen Anlage eine Variation herausbildet, resultiert, 
daß die Variabilität sich in der Abart selbst objektiv kenn¬ 
zeichnet. Die Variation bewegt sich auf einer großen Stufen¬ 
leiter, erstreckt sich von der Monstruosität bis zur einfachen 
Anomalie und bleibt nichtsdestoweniger in allen Fällen der 
einfache Ausdruck der Individualität. Die große Kunst 
besteht darin, sie anzuregen, und wenn sie sich einmal entfaltet, 
sie zu fassen und auch zu halten. Um dies zu erreichen, nimmt 
man zu den großen fixierenden und vervielfältigenden Kräften 
der Heredität und der Reproduktion seine Zuflucht. 

Die Variation, die kurz gesagt eine rein individuelle Leistung 
ist, stellt günstig auftretende Eventualität dar, die beim Werke 
der Schaffung einer Rasse und im besonderen einer spezialisierten 
Rasse nichts anderes als der nicht starre Unterbau oder das 
Fundament für dieselbe abgibt. 

4. Heredität und methodische Zuchtwahl. Die Ver¬ 
erbung hat eine doppelte Wirkung, gewöhnlich wirkt sie er¬ 
haltend und ausnahmsweise einmal erneuernd. Ihr Hauptzweck 
ist der, die in der geheimen Anlage des Keims eingeschlossenen 
Formen und Fähigkeiten, sowie es fundamentale, von den 
Vorfahren ererbte oder von jeher bestehende Eigen¬ 
schaften der Rassen, oder nur solche, die erst kurze Zeit 
unter dem Einfluß des Menschen und der Milieus erworben sind, 
fortzupflanzen. In ihrem Wesen hat die Heredität auch die 
Fähigkeit, der künstlichen Ausgestaltung der Haustierrassen in 
dem Moment, in dem das der Züchter von ihr verlangt, zu 
dienen. Diese Fähigkeit hat sie daher, weil sie nicht nur 
einzig und allein durch die Funktion eines Individuums, sondern 
eines Paares bedingt ist, welches ohne in der Art verschieden 
zu sein, doch je nach dem Willen deB Tierzüchters aus Individuen 
von verschiedenem Typus bestehen kann. Aus ihrer Vereinigung 


entstehen komplexe, gemischte Individuen — cynthetische 
Individuen — die alle Sorten von Variationen erzeugen können 
und die man oft fälschlicherweise mit dem Worte Mestize be¬ 
zeichnet. 

Die Methodische Zuchtwahl tritt glücklicherweise hinzu, 
um den Gang der aus der Heredität entstandenen Resultate zu 
beschleunigen, und um die morphologischen und physiologischen 
Verschiedenheiten der auf dem Wege der Evolution fortschreitenden 
Gruppen, von jenen von welchen diese ursprünglich ausgegangen 
sind, noch mehr auszuprägen. Die methodische Zuchtwahl 
beruht nicht wie die natürliche Zuchtwahl auf der vitalen 
Konkurrenz, die ihrerseits die verhängnisvolle Folge des 
Malthusiani8chen Gesetzes ist. Diese an wunderbaren 
Resultaten so reiche methodische Zuchtwahl hat als Haupt¬ 
triebkraft nur das Urteil des Menschen, der die Eltemtiere 
nach den vorstechendsten Rasseneigenschaften und nach dem 
Zweck, den er mit der zu bildenden Rasse verfolgt, heraussucht. 
Da vom Menschen nur solche Tiere, welche die verlangten 
Eigenschaften in höherem Maße besitzen, zur Reproduktion 
verwandt werden, so schlägt die formende Kraft dieser Tiere 
durch, und die Rasse steigt auf der Stufe der Vervollkommnung 
und der Spezialisierung. 

5. Anpassung: Unter dem unerbittlichen Drange des 
häuslichen Milieus, das durch die fortdauernde Mühewaltung des 
Menschen progressiv besser wird, und unter dem methodischen 
Antrieb einer immer geschickteren Technik verwandeln sich 
nach und nach die Tierrassen. Sie sind sozusagen die Kinder 
der sie umgebenden Verhältnisse, und sie stellen die aufeinander¬ 
folgenden Abschnitte des materiellen Fortschnitts im landwirt¬ 
schaftlichen Betriebe her. ' " 

Alle Arten kann man in drei Gruppen einreihen, von denen 
jede einer Entwicklungsstufe der wirtschaftlichen Betriebe 
entspricht. 

1. Die gemeinen Rassen, die zu den kleinen Betrieben 
gehören. 

2. Die verbesserten Rassen, die in den mittleren und 

3. die spezialisierten Rassen, die in den Großbetrieben 
zu finden sind. 

Die Akklimatisationsfähigkeit der spezialisierten Rassen ist 
auch beschränkt; werden diese aus ihrer Formationszone versetzt, 
so werden sie in ihren Existenzbedingungen getroffen, ihre 
Fruchtbarkeit geht zurück und ihre Nachkommen entwickeln 
sich schlecht. Da sie nur für die bevorzugten Verhältnisse der 
intensiven Kultur geschaffen sind, so verfallen sie dem un¬ 
vermeidlichen Zwange des Gesetzes der Harmonie und der 
Anpassung. Diese doppelte Einwirkung beherrscht die 
Spezialisierung der Haustierrassen ebenso wie sie die natür¬ 
liche Evolution der Lebewesen leitet. 

3. Folgen und Grenzen der Spezialisierung. 

Die Spezialisierung der Rassen zeigt ihre industrielle 
Anpassung durch die Reihe der Produktionen, die von den 
Tieren verlangt werden. Sie entspricht dem Gesetz der Kon¬ 
vergenz der den gleichen Funktionen angepaßten gleichen 
Formen (analoge Ähnlichkeit nach Darwin). In anderen 
Worten, eine Spezialisierung in irgendeiner der Produktionen 
der tierischen Maschine (Milch, Fleisch, Arbeit usw.) bewirkt, 
daß alle Rassen, welche dieselbe Spezialisierung erreicht haben, 
schließlich einander ähnlich sehen, auch wenn sie Von sehr ver¬ 
schiedenem Ursprung ausgegangen sein sollten, denn die gleichen 






704 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Ursachen haben auch die gleichen Wirkungen, besonders wenn 
diese systematisch gegen ein gemeinsames Ideal hin geleitet 
werden. So sehen beim Rind z. B. alle Fleischrassen einander 
ähnlich, ebenso alle Arbeitsrassen und alle Milchrassen. Die 
weiblichen Tiere letzterer Rassen haben eine breite Hinter¬ 
hand im Vergleich zu der schlanken Vorderhand und ein 10 bis 
15 mal größeres Euter als die primitiven Rassen. Alle Fleisch¬ 
rassen haben einen leichten Kopf, einen massigen, weiten, breiten 
und tiefen abgerundeten Rumpf der auf dünnen breitstehenden 
Füßen aufgebaut ist sowie eine feine, dünne Haut, die sich 
leicht abheben läßt. 

Die Vervollkommnung der spezialisierten Rassen ist keine 
unbegrenzte, denn es sind ihr durch die sexuelle Impotenz 
Grenzen gesetzt. Diese tritt glücklicherweise nicht plötzlich 
auf, sondern meldet sich durch verschiedene Vorzeichen an, von 
denen das hervorstehehdste die geschlechtliche Teilnahmslosigkeit 
ist, welche mit dem Namen Frigidität belegt wird. Diese 
Warnung bildet den Grenzstein der Aufzucht der spezialisierten 
Rassen und spricht für eine etwas gegensätzliche Doktrin, die 
Lehre von der Blutauffrischung. 

4. Die produktive Kraft der spezialisierten Tiere. 

Um diese zu zeigen, vergleichen wir die Produktion einer 
Kuh einer spezialisierten Rasse mit der je einer verbesserten 
und einer gemeinen Rasse. 

I. Jährliche Produktion einer 500 kg schweren Kuh einer 
gemeinen Rasse. 

A. Ein Kalb verkauft mit 5 Wochen . . . . 04 M. 

B. 500 Liter Milch zu 12 Pf. . . . , . . 60 „ 

C. 150 Tage Arbeit zu 1,20 M. . . . . . 180 „ 

Zusammen; 304 

II. Jährliche Produktion einer 500 kg schweren Kuh einer 
verbesserten, Rasse. 

A. Ein Kalb verkauft mit 6 Wochen ... 80 M. 

B. 1800 Liter Milch zu 12 Pf..216 „ 

C. 60 Tage Arbeit zu 1,20 M. . . . . . 92 „ 

Zusammen: 368 M. 

III. Jährliche Produktion einer 500 kg schweren Kuh einer 
spezialisierten Rasse. 

A. Ein Kalb verkauft mit 3 Monaten. . . . 96 M. 

B. 4500 Liter Milch zu 12 Pf. . . ... 540 „ 

Zusammen: 636 M. 

Der produktive Wert der Kühe der gemeinen Rasse beträgt 
47 Proz. des der spezialisierten und des der Kühe der ver¬ 
besserten Rasse 58 Proz. 

Schlußfolgerungen: 1. Die Spezialisierung der Rassen fördert 
im Vergleiche zu anderen, sehr mächtige Maschinen zutage. 
Der Ertrag aus diesen spezialisierten Maschinen kann in gewissen 
Fällen der zehnfache sein von dem der gewöhnlichen oder 
primitiven Maschinen. 

II. Die produktive Fähigkeit der spezialisierten Maschinen 
kann den doppelten und sogar dreifachen finanziellen Ertrag 
geben von dem der nicht spezialisierten. 

IH. Die Spezialisierung ist eine kostbare Acquisition, sie 
darf aber nicht das Palladium der tierzüchterischen Industrie 
abgeben, denn die spezialisierten Maschinen passen nur für ein 
begrenztes Gebiet und das ist der Großbetrieb. 

IV. Die Spezialisierung schafft wohl vervollkommnete 
Rassen, ermöglicht aber nicht eine tierzüchterische 


Vollkommenheit. Sie hat nicht die Vollkommenheit eines 
mehr oder weniger umschriebenen Mechanismus der tierischen 
Maschine zum Zwecke, wohl aber den Reingewinn, der von den 
Tieren erzielt wird. Es gibt Umstände, und sie sind in der 
Praxis sehr häufig, bei welchen gute, nicht spezialisierte Tiere 
mehr eintragen, als die spezialisierten. 

V. Alle Rassentypen haben ihren Platz in der tier¬ 
züchterischen Domäne, sowohl der Typus der spezialisierten 
Rassen wie die anderen. Außer ihrer speziellen Anpassung 
an den Großbetrieb haben diese Rassen eine große, ergänzende 
und ganz allgemeine Rolle zu erfüllen, nämlich bei der Kreuzungs¬ 
zucht einzuspringen, um die Produktion der ihnen minderwertigen 
Rassen zu verbessern. Helfer. 


ßücheranzeigen und Kritiken. 

Die Zucht der rehfarbenen, hornlosen Schwarzwaldziege in Württem¬ 
berg. Von Oberaratstierarzt Honecker. Stuttgart, Eugen Ulmer, 1908. 
Pr. 1,60 M.— 

In fi Abschnitten gibt der für die Hebung der württembergischen 
Ziegenzucht eifrig tätige Verfasser nach einleitenden Bemerkungen über 
Ziegenzuchtliteratur, rationelle Ziegenzucht, Zuchtziel und Geschichte 
der württembergischen Ziegenzucht, eine eingehende Darstellung von 
Beschaffenheit, Wert und Leistungen der rehfarbigen Schwarzwaldziege, 
ferner eine anschauliche Besprechung des Züchtungsverfahrens, der 
Ziegenhaltung- und Pflege, der Hilfsmittel der Ziegenzucht, der Ziegen¬ 
krankheiten und ihrer Behandlung. Aus der Züchterpraxis für die Züchter¬ 
praxis geschrieben, enthält das in volkstümlichem Tone gehaltene, mit 
6 Abbildungen versehene Sehrittehen, eine Reihe schätzenswerter 
züchterische Winke und Anregungen und stellt sich erstlich als empfehlens¬ 
wertes Handbüchlein für die württembergischen Ziegenzüchter, wie im 
weiteren auch für die Freunde und Züchter der Landziegensetläge im 
allgemeinen dar. Kronacher. 

Professor Leonhard Hoffmann, Atlas der tierärztlichen 
Operationslehre in fünf Büchern. I. Buch: Zwangsmittel und 
Zwangsmaßregeln. II. Buch: Instnimentenlehre. III.Buch: Verbandslehre. 
IV. Buch: Allgemeine Operationen. V. Buch: Spezielle Operationen. Mit 
107 Tafeln und 307 Texttiguren. Verlagsbuchhandlung von Eugen Ulmer* 
Stuttgart 1008. ’Kompl. geh. 30 M. 

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W. Ellenberger und Med.-Rat Prof. Dr. Braun, 
Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. 
XII. Auflage. Mit 894 in den Text gedruckten Abbildungen. August 
Hirschtvald, Berlin 1908. Preis 28 M. 

Obermedizinalrat Professor Dr. Georg Müller, Die Krankheiten 
des Hundes und ihre Behandlung. Zweite gänzlich nenbearbeitete 
Auflage. Mit 195 Textabbildungen. Verlagsbuchhandlung Paul Parey, 
Berlin 1908. Preis geh. 16 M. 

Dr. H. Lantzsch, Kgl. sächs. Gesetz betreffend die Unterhaltung und 
Körung der Zuchtbullen vom 30. April 1906. 2. ergänzte Auflage. Roß* 

bergsche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1908. Preis 2.40 M. 

Carl Depperich, Beiträge zur Kenntnis der „neuen Hühner¬ 
seuche“ (Hühnerpest Ostertag). (Inang-Diss. der verein, med. 
Fakultät Gießen). [Sonderabdruck ans Fortschritte der Veterinär-Hygiene 
Heft 10 u. 11, Jahrg. 1907 ] Lonis Marcus. Berlin. 

Franz Schwaebel, Über dicknotige Muskeltuberkulose des 
Rindes (Inveterierte Tuberkulose Dürbeck - Blastomy- 
kose Foulerton.) (Inaug.-Diss. der verein, med. Fakultät Gießen.) 1908. 

L. Panisset et Lolseau, Vaginalite experimentale a bacille 
Diphtörique. (Extrait des Comptes rendns des seances de la Societe 
de Biologie. T. LXV., p. 117). 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Marstall-Oberstabsveterinär Dr. Toepper 
ist das Prädikat Professor, dem Korpsstabsveterinär Heinrich 
Schlahe beim Generalkommando des VI. Armeekorps der rote 
Adlerorden vierter Klasse verliehen worden. 

Ernennungen: Dr. Reinhardt, Oberamtstierarzt in Freudenstadt 
als Professor an die Tierärztliche Hochschule zu Stuttgart berufen. 
Tierarzt Dr. Viktor Oclkers ist mit der Verwaltung der kreistierärzt¬ 
lichen Geschäfte des Kreises Isenhagen mit dem Amtssitze in 
Wittingen betraut. 

Verzogen : Oberveterinär a. D. Mihr von Pfaffendorf nach Koblenz, 
Schlachthofassistenztierarzt Gustav Schwab in gleicher Eigenschaft 
nach Straßburg, Tierarzt Franx Herold aus Hammelburg als Vertreter 
nach Traunstein. . 

Pomoviert : Die Schlachthoftierärzte Franx Bourmer - Trier 
a. Mosel und Waldemar AVco/atw-Glogau zum Dr. med. vet. in Bern- 

Todesfall: Kreistierarzt Paul Gebhardt in Vohwinkel. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 36 .) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkL Ineententeil): Prot Dr. Sehmaltx in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard SchoeU ln Berlin. — 

Druck veu W. BSxenateln, Berlin. 









Die „Berliner Tierärztlich« Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Riehard 8choeta la 
Berlin SW. 48, Wllhelmatr. 10. Dnreh Jedes dentsche 
Postamt wird dieselbe tarn Preise von M. 5,— viertHJähr- 
lieh CM. 438 fllr die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitongs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


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•0 Hk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
au senden an Prof. Dr. SchrnslU, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW., Luisenstrafle 66. Korrekturen. 
Resenslons-Exemplare and Annonoen dagegen an die 
Verlagsbachhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Med.-Bat Dr. 

Professor in Dresden. 

Helfer 

ßchlach‘h.-Direktor in Mülhansen t BL 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothee 

Hamburg. DepartemenU-T. in Cöln. 

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Professor in Freiburg. 


Veterinärrat Petere 

Departements T. in Bromberg. 


Professor Dr. Peter 

Staatatierarst für Hamburg. 

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Professor in Dresden. Landestierarat in Manchen. 

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Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Richter 

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Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg. 


Veterinärrat PreuBe 

DepaitemeoU-T. in Danzig. 

Webrle ZOndel 

Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarxt in MOlhausen L BL 

Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Jahrgang 1908. JW. 40 . Ansgegeben am 1. Oktober. 


Inhalt: Klimmeck: Laparotomie mit daran anschließender Amputation des Uterus bei einer Hündin. — Schütt: Ulcus 
ventriculi. — Friederich: Mißbildung der männlichen Geschlechtsorgane beim Rind. — Freytag: Eine neue 
Geschwulsttheorie. — Schwinning: Über ein aus zwei Karpfen gezüchtetes pathogenes Bakterium. — Referate: 
Querrnau: Über die Tenotomie des Perforatus in den sich wiederholenden oder unheilbaren Formen der Sehnenzerrungen. — 
Schein: Die Ursachen des Grauwerdens der Haare. — Rüdiger: Filtration experiments with virus of cattle plague. — 
Tageegeachichte: Preuße: Vereinbarungen betr. einen tierärztlichen Minimaltarif. — Borufs-überfttllung. — Herbstversammlung 
des Vereins rheinpreußischer Tierärzte. — Verein Pfälzer Tierärzte. — Vom Reichsgericht. — Verschiedenes. — Staatsveterinfir- 
wesen: Tierseuchen in Deutschland 1906. — Tätigkeit der Institute der Landwirtschafts-Kammern im Dienste der Seuchen¬ 
tilgung. — Verschiedenes. — Nahrungemittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Söhellhase: Peroxydasen. — Verschiedenes. 
Personalien. — Vakanzen. 


Laparotomie mit daran anschlieOentfer Amputation 
des Uterus bei einer Hündin. 

Von Tierarzt K- Klimmeck, Strasburg i. Wpr. 

Am 12. März abends telephonierte mich ein in der Nähe 
wohnender Gatsbesitzer an und hat nm Rat. Seine Staben- 
hündin scheine nicht gebären zn können. Seit einigen Standen 
sei sie unruhig, habe Wehen, es hätten sich auch bereits etwas 
Flüssigkeit und Schleim entleert. 

Ich riet dem Besitzer der Hündin vorläufig abzuwarten, 
vielleicht würde die Geburt ohne Hilfe im Laufe der Nacht von¬ 
statten gehen. Wenn aber am nächsten Morgen die Hündin 
noch nicht geboren hätte, sollte sie mir sofort zugesandt werden. 

Am nächsten Tage früh 7 Uhr war bereits die Hündin zu 
mir transportiert worden. In einem Begleitbrief teilte mir der 
Besitzer mit, daß „Abgänge“ auf dem Lager der Hündin 
bemerkt worden wären. Die Hündin, Wachtelhündin, zirka 
fünf Jahre alt, sehr gut genährt, saß traurig in einer Kiste. 
Der Bauch war sehr stark anfgetriehen. Aus der Scheide hing 
etwas zäher Schleim, und es entleerte sich ein wenig schleimige, 
farblose Flüssigkeit. Die Untersuchung per vaginam konnte 
nur mit einem Finger vorgenommen werden. Eine Entzündung 
der Vagina bestand nicht. Der Geburtsweg war infolge sehr 
großer Fettheit der Hündin eng. Es konnte festgestellt werden, 
daß der Muttermund gut eröffnet war, aber irgendein Körper¬ 
teil eines Jungen war nicht zn fühlen. 

Ich teilte dem Besitzer der Hündin telephonisch das Unter- 
sucliungsergehnis mit und riet zur Sectio caesarea. Da die 
Hündin dem Besitzer sehr wertvoll war, war er damit ein¬ 
verstanden. Er gab auch noch seine Einwilligung zn einer 
eventuell* nötig werdenden Amputation des Uterus, indem er 
sagte, daß ihm dieses noch lieber wäre, weil er die Hündin 
nicht noch einmal trächtig haben wollte. Daraufhin faßte ich 
den Operationsplan: Laparotomie und daran anschließende 
Amputation des Uterus. 


Nach Harms, Eggeling und Schmaltz, Lehrbuch der 
tierärztlichen Geburtshilfe, HL Auflage 1899 (de Bruin, Geburts¬ 
hilfe hei allen Haustieren — ausgenommen Rind — stand 
mir leider nicht zn Verfügung) findet die Amputation des 
Uterus derart statt, daß man denselben am orificium uteri 
umschnürt und dann ahschneidet. Der Stumpf wird im unteren 
Wundwinkel extraperitoneal eingenäht. (Porrosche Methode.) 
Mir gefiel dieses Einnähen des Stumpfes nicht recht und ich ent¬ 
schloß mich nach einigem Überlegen, etwas anders zu operieren. 

Die in Morphiumnarkose befindliche Hündin wurde auf einen 
mit Lysolwasser abgewaschenen und mit reinen Handtüchern 
bedeckten Tisch auf die linke Seite gelegt und von 2 Männern 
an Kopf und Füßen gehalten. Die rechte Flanken- und Baucli- 
gegend wurden in weitem Umfange abrasiert. Daß im übrigen 
die Regeln der Antisepsis und Asepsis beobachtet wurden, ist 
selbstverständlich. Ich machte einen 10 cm langen Hautschnitt, 
der einen Finger breit unterhalb des Tuber coxae begann und 
nach vorne und unten führend zwei Finger breit entfernt von 
der Linea alba endete. Der Reihe nach wurden dann durch¬ 
schnitten der Muse, obliqu. ahd. ext., der M. ohl. ahd. int. und 
der M. transvers. abd. Die Blutung war sehr gering. Durch 
den MuBkelspalt bauschte sich das Peritoneum vor. Dieses 
wurde mit einer Pinzette erfaßt und mit der Schere ein kleiner 
Einschnitt gemacht. Sofort drängte sich das sehr viel Fett¬ 
gewebe enthaltende Netz aus der kleinen Öffnung, die nun mit 
der Schere genügend verlängert wurde. Ein Teil des blauroten 
Uterus wurde sichtbar. Mit verhältnismäßig großer Kraft mußte 
das rechte Uterushorn ans der Wunde herausgezogen werden, 
so weit, daß die Spitze des Uterushornes sichtbar wurde. Hier 
wurde die Art. u. Ven. spermatica interna nach der Ahsendung 
der Art. ovarica doppelt unterbunden, desgl. längs des Hornes 
im Ligamentum latnm die einzelnen Zweige der Art. u. Ven. 
spermatica externa. Zwischen den einzelnen Catgutligaturen 
wurden die Gefäße durchschnitten, dann die Plica tubaria, das 
Ligamentum ovarii proprium und das Ligamentum latum. Jetzt 








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BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


konnte das reckte Uterushorn bis auf den Anfang desselben aus 
der Bauchhöhle herausgezogen werden. In derselben Weise 
wuirde das linke Uterushorn hervorgeholt, die einzelnen Gefäße 
unterbunden und dann das Mesometrium vom Uterus getrennt. 
Beide Hörner hingen nun vollkommen aus der Bauchhöhle heraus. 
Ich ließ nun die Uterushörner anziehen und umschnürte am 
Orificium Uteri den Uterus mit einem starken Seidenfaden, nahm 
aber gleichzeitig in die Ligatur den Uteruszweig der Art. u. Yen. 
haemorrhoidalis media. Circa 1 cm vor der Ligatur wurden die 
beiden Uterushörner, in denen sich 6 Junge befanden, abge¬ 
schnitten. Der abgeschnittene Stumpf wurde mit Sublimat¬ 
spiritus gut desinfiziert. Dann faßte ich diesen Stumpf mit 
einer Arterienklemme und schob ihn in die Scheide hinein, und 
zwar so weit, daß zwischen den Schamlippen der mit der 
Klemme erfaßte abgeschnürte Stumpf (die vorher angelegte 
Ligatur war natürlich nicht sichtbar, weil auf der Außenseite 
der Scheidenwand befindlich) zu sehen war. Diesen faßte ich 
nun mit einer Unterbindungspinzette, ließ etwas anziehen und 
umschnürte die vorgezogene ausgestülpte Scheide ca. l'/a cm 
unterhalb der Pinzette mit einem doppelten Seidenfaden. 
Zwischen diesem und der die Scheide haltenden Pinzette schnitt 
ich nun in die Scheidenwand ein, gelangte auf die vom 
Peritoneum bedeckte Seite derselben, präparierte die dort 
befindliche erste Ligatur und den zuerst abgeschnürten Stumpf 
heraus und schnitt zuletzt die Scheide ca. Va cm hinter der 
zweiten Ligatur vollständig ab. Sofort zog sich der Scheiden¬ 
stumpf in die Scheide zurück. Es war auf diese Weise eine 
ca. 5—6 cm lange, blind endende Scheide entstanden. Die 
schließende Ligatur und das außer Ernährung gesetzte Stück 
der Scheide befanden sich innerhalb der Scheide. Sofort begann 
ich nun mit der Wundnaht. Das Peritoneum wurde durch feine 
Catgutknopfnähte exakt vereinigt, die Bauchmuskulatur durch 
etwas stärkere Catgutknopfnähte. Die Hautwunde wurde mit 
Seide genäht, und der Hündin wurde nun ein Verband angelegt. 

Bemerken möchte ich, daß die Patientin während der 
ganzen Operation, die exkl. Vorbereitungen I 14 Stunden dauerte, 
scheinbar keine Schmerzen fühlte. Nur beim Unterbinden der 
Art. und Ven. spermatica interna und bei der Umschnürung der 
Scheide am Orificium uteri äußerte sie Schmerz. 

Am nächsten Morgen zeigte die Hündin guten Appetit, sie 
erhielt aber nur wenig leicht verdauliche Nahrung. Die 


Temperaturen und 

Pulsfrequenzen waren in der nächsten 

Woche folgende: 




Am 14. März 

Temperatur 38,5°, 

38,9", 38,2". 



Pulsfrequenz 128, 

140, 132. 

„ 15. 

„ 

Temperatur 38,7°, 

39,0", 38,2°. 



Pulsfrequenz 110, 

110, 108. 

„ 16. 

>? 

Temperatur 38,4°, 

38,1°, 38,9°. 



Pulsfrequenz 11(5, 

106, 102. 

„ 17. 

„ 

Temperatur 38,4°, 

38,5", 38,5°. 



Pulsfrequenz 102, 

100, 96. 

„ 18 . 


Temperatur 39,2°, 

38.6°, 38,3". 



Pulsfrequenz 100, 

98, 98. 

„ 19. 

„ 

Temperatur 38,4", 

38,4", 38,6°. 



Pulsfrequenz 98, 

100, 96. 

,, 20. 

>> 

Temperatur 38,2", 

38,0", 38.0". 



Pulsfrequenz 92, 

92, 90. 

Am 14. März 

erhielt die Hündin alle drei Stunden einen 

Eßlöffel Rotwein. 

Da 

sich der Verband 

am 16. März etwas 


verschoben hatte — die Hündin lag nicht einen Augenblick 
ruhig — wechselte ich den Verband. Die Wunde sah sehr gut 
aus. Beim nächsten Verbandwechsel, am 17. März, erschien die 
Umgebung des unteren Wundwinkels vor der Kniefalte etwas 
höher gerötet und geschwollen. Als am nächsten Tage die 
Temperatur auf 39,2° C stieg, öffnete ich den unteren Wund¬ 
winkel. Es entleerte sich etwa ein Fingerhut einer sehr 
klebrigen Flüssigkeit. Ich spülte die Wunde gut aus, tamponierte 
mit Jodoformgaze und legte wieder einen Verband an. Jeden 
Tag wurde die Wunde ausgespült, mit Jodoform eingepudert 
und mit Jodoformgaze tamponiert. Es konnte jedoch nicht ver¬ 
hindert werden, daß doch eine tasckenförraige Eiterversenkung 
eintrat. Nachdem die Tasche aufgeschnitten war, behandelte 
ich die Wunde mit Jodoformvasoliniment Bengen. Die oberhalb 
befindlichen, vereinigten Wundränder w r aren per primam geheilt. 
Die Wunde begann sich jetzt zu schließen und am 10. April 
war die ganze Operationswunde vernarbt. — Am IG. März be¬ 
merkte ich einen braunschwarzen Scheidenausfluß. Die Scheide 
wurde nun regelmäßig mit Creolin gespült. Am 25. März 
konnte ein Ausfluß nicht mehr beobachtet werden. 

Am 12. April ging die Hündin vollständig geheilt ab. 

Ulcus ventriculi. 

Von Kreistierarzt Schütt, Meldorf. 

Bei der Sektion eines 10 Wochen alten, gut genährten 
Kalbes, welches angeblich nach sehr kurzer Krankheitsdauer 



verendet war, fand ich beistehendes, perforiertes Labmagen¬ 
geschwür. 


Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


707 


Die Bauchhöhle enthielt reichliche Mengen käsiger Milch. 
An der äußeren Labmagenfläche fiel eine kleine schlitzartige 
Öffnung auf, deren nächste Umgebung rötlich durchschien. In 
weiterer Ausdehnung, etwa handflächengroß, war die Serosa 
durch fibröses Gewebe mäßig verdickt. 

Auf der Schleimhautfläche trat ein Ulcus rotundum zutage. 

An der Perforationsstelle ist die Stärke der Magenwandung 
sehr gering. Sie besteht aus der Serosa, die durch das neu¬ 
gebildete Bindegewebe außen verstärkt ist. 

Man kann diesen zentralen Teil auf dem Bilde leicht er¬ 
kennen. Peripher nimmt die Wandstärke allmählich zu, Muskel¬ 
fasern treten deutlich in die Erscheinung. Der Übergang in 
die gesunde Schleimhaut ist scharf begrenzt durch einen 
wulstigen, narbig eingezogenen Rand. 

Über Krankheitserscheinungen während des Lebens war 
nichts zu ermitteln. — Der Appetit soll nicht sehr rege gewesen 
sein. — Der gute Nährzustand spricht aber dagegen, daß das 
Gedeihen des Tieres jemals wesentlich ungünstig beeinflußt 
worden ist. 

Anhaltspunkte für die Entstehung des Geschwüres fand 
ich nicht. 


Mißbildung der männlichen Geschlechtsorgane 
beim Rind. 

Von Tierarzt Friederich-IIersfekl. 

Eine interessante Mißbildung der männlichen Geschlechts¬ 
organe konnte ich kürzlich bei einem im hiesigen Schlachthofe 
geschlachteten Rind beobachten. Der Besitzer des Tieres 
meldete es zur Schlachtung als weibliches Jungrind an, fügte 


Nr. 1. 



aber hinzu, er wisse nicht geanu, ob es ein „Er“ oder eine 
„Sie“ sei. Tatsächlich konnte man auch das Tier auf den 
ersten Blick leicht für ein weibliches Jnngrind mit abnormer 
Bildung der Vulva halten. Bild 1, am liegenden Tier auf¬ 
genommen, zeigt den von der Vorhaut bedeckten, schlaff herab¬ 
hängenden Penis, während dieser auf Bild 2 durch Zurückhalten 
der Vorhaut sichtbar wird. Auf Bild 3 ist die Mündung der 
sehr kurzen und gerade verlaufenden Harnröhre durch Ein¬ 
führen einer Sonde von der Blase aus erkennbar gemacht. Die 
Untersuchung der Mißbildung ergab, daß der Schwellkörper die 


Harnröhre an Länge um ein mehrfaches übertraf und daß er 
von seiner Insertion am Sitzbein aus in zahlreichen Windungen 
zunächst nach unten und dann wieder nach oben stieg, um mit 
dem äußeren Ende der Harnröhre vereinigt im Präputium zu 
endigen. Die Harnröhre selbst war nur etwa 15 cm lang und 
führte von der Blase auf geradestem Wege nach außen. Die 


Nr. 2. 



Windungen des Schwellkörpers dokumentieren sich auf Bild 1 
durch zwei kleine Hervorwölbungen unterhalb des Präputiums. 
Von Geschlechtsdrüsen waren lediglich die verkümmerten Hoden 
mit Nebenhoden vorhanden, die etwa taubeneigroß im Hodensack¬ 
fett ihre Lage hatten. 


Nr. .7. 



Das Zustandekommen der Mißbildung erkläre ich mir so 
daß die Harnröhre im Wachstum mit dem Schwellkörper nicht 
gleichen Schritt gehalten hat, so daß dieser, an seinem freien 
Ende durch die Harnröhre fixiert, sich in zahlreiche Windungen 
legen mußte. 

Nach Mitteilung des Besitzers hat das Tier beim Betasten 
der äußeren Geschlechtsteile geschlechtliche Erregung zu er¬ 
kennen gegeben. 





708 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Eine neue Geschwulsttheorie. 

Von Dr. mcd. vet. et phil. Fr. Freytag-Magdeburg. 

Eine „neue Geschwulsttheorie“ izt zwar etwas Altes. Die 
Gesichtspunkte jedoch, welche dieselben bedingen sind neu, so daß 
diese Theorie wohl erwähnt werden darf. 

Sie hat zur Voraussetzung eine neue Theorie der Zelle*) 
überhaupt. Bekanntlich vermehrt sich die Zelle durch Teilung. 
Nun ist aber dabei zu bedenken, daß die einzelnen Zellen auch 
beschädigt werden können und von den ihnen anhaftenden 
schädlichen Bestandteilen befreit werden müssen. Wie geschieht 
diese Befreiung? Etwa dadurch, daß die Zellen sich auf lösen 
und resorbiert werden oder daß sie sich auflösen, aus dieser 
Auflösungsmasse Leukocyten und die Blutflüssigkeit die schäd¬ 
lichen Stoffe entfernen und das übrig bleibende Material zur 
Zellbildung in ähnlichem Sinne wieder zur Geltung kommt wie 
in den Amphiblasten des Knochenmarks? 

Die Auflösungsmasse mag ebenso wenig im histologischen 
Bilde zu sehen sein wie die Knochenmarksstränge. Diese färben 
sich allerdings mit Eosin rosa, so daß man ihre Struktur grade 
noch erkennen kann, weil sie zwischen hellen im histologischen 
Bilde aussehenden Zellen (den chem. Fetträumen) liegende, 
während die Auflösungsmasse der fixen Zellen zwischen den 
gewöhnlich mit dunklen Farbstoffen gefärbten Massen liegt. 

Bei dieser Art der Zellbildung ist nun denkbar (es kommt 
da dieselbe Hypothese in Frage wie bei den Blutkörpern)**) 
daß sich Stoffe in der Auflösungsmasse finden, Kernelemente, 
welche die Fähigkeit haben, aus der Masse Zellen zu bilden. 
Wenn wir nun annehmen, daß sich die Zellen unterscheiden, 
zwar nicht grade in der Art von männlichen oder weiblichen, 
aber immerhin im Sinne eines Gegensatzes, so wird durch diese 
Bildung in der Auflösungsmasse sicherlich der Zweck mit 
verfolgt sein, die gegenseitigen „Kerneinheitssubstanzen“ aus¬ 
zutauschen, etwa wie uns dies von niederen botanischen 
Organismen her bekannt ist. 

Wir hätten also in der Auflösungsmasse eine Zellbildung 
durch Austauschen der „Kerneinheiten“. 

Diese kann regelmäßig erfolgen, es braucht dies aber nicht 
immer bei ev. Störungen der Fall zu sein (Ribberts embryonale 
Keime?). 

Die schädlichen oder alten Stoffe sind z. B. nicht entfernt. 
Dadurch ist die Möglichkeit vorhanden, daß ihre Stoffe mit zur 
Zellbildung verwandt werden, oder aber die Leukocyten (Aichel), 
welche die schädlichen Stoffe entfernen sollen, können dies nicht, 
weil sie mit diesen überladen sind. Statt sich nun an ihren 
Bildungsorten aufzulösen, tun sie dies an Ort und Stelle und 
so liegt die Möglichkeit vor, daß ihre Substanzen mit zur Zell¬ 
bildung verwandt werden und hierdurch nach alten Theorien 
die bösartigen Geschwülste entstehen. Können die Leukocyten 
ev. weiter wandern, und lösen sie sich etwas entfernter von 
der Geschwulst auf, so verursachen sie hier eine weitere 
Störung des Austausches der Kerneinheiten, eine Metastase. 

Die Geschwulst ist hiernach eine Störung des Austausches 
der Kerneinheiten. 

*) Freytag, Zur Theorie der Blutzellenbildung und der fixen 
Zellen der tierischen Organismen. Zentralblatt für Physiologie, 
1907, Nr. 22. 

**/ Frey tag, Die Bedeutung des gelben Knochenmarkes für 
die Blutbildung und die „Kerneinheit der Erythrocyten“. Verworns 
Zeitschrift für allgem. Physiologie, 1908. 


Die Geschwulst ist durch Störung in der Ausbildung der 
Zelle entstanden. Die Geschwulst ist also eine Störung der 
Zelle von Jugend auf, nicht erst eine Störung der fertigen Zelle. 
Die fertige Zelle kann Störungen abhalten, die ZeUe, die 
Störungen von Jugend auf schon in sich enthält, wird diesen 
Störungen nachgeben müssen und uns so ein eigenartiges Bild 
bieten. Daß nun in solchen Zellbereichen, wo eine Störung des 
Fortschaffens alter Materialien vorliegt, Parasiten etc. sich an¬ 
sammeln, ist leicht erklärlich. Sie sind jedoch nicht die Ur¬ 
sache der Zellveränderung, sie sind deren Folge. Weitere Er¬ 
örterungen hierüber finden sich im theoretischen Nachtrag 
meiner Arbeit über Blutreinigung und -bildung in Johnes Zeit¬ 
schrift für Tiermedizin 1908. 

Nach meiner Ansicht liegt aber die Entstehung des Krebses 
in der Mitte der Ribbert-, Aichel-, Klebs’schen etc. Hypothesen. 

Da jede Zelle, nicht nur die einzelne Ribbertsche, ein 
Embryonal etc. (Grawitz’, Schlummerzellen) und Alters-Stadium 
durchmacht, kommt das embryonale Moment in Betracht, und 
dieser embryonale Zustand gestattet dann auch die Bildung einer 
somatisch-leukocytären Zelle. An anderer Stelle habe ich aus¬ 
geführt, daß jede Zelle sich entweder aus einer Zelle oder ihrer 
Substanz nur der gleichen Art bildet. Es handelt sich ja auch 
hier um eine Bildung gleicher Art, jedoch ist durch das Vor¬ 
handensein zweier Substanzarten eine Anomalie geschaffen, 
welche in ihrer Abweichung vom normalen Typus so schädliche 
Folgen haben muß, im Gegensatz zu den gutartigen Ge¬ 
schwülsten, bei denen es sich wahrscheinlich nur um die Anomalie 
einer Zelle handelt. 


Über ein aus zwei Karpfen gezüchtetes pathogenes 
Bakterium. 

Von Dr. med. vet Schwinning, ehemaliger Assistent am Bakterio¬ 
logischen Institut der Landwirtschaftskammer Für die Provinz 
Sachsen, Halle a. S. 

In einem bedeutenden Karpfenbestande starben plötzlich, 
ohne nachweisbare Ursache, eine große Anzahl Tiere innerhalb 
weniger Tage. Zwei von den verendeten Fischen bekam ich 
zur Untersuchung. 

Die Sektion zeigte in beiden Fällen dieselben deutlich in 
die Augen springenden Abweichungen von den normalen Ver¬ 
hältnissen. Ein Teil der Flossen und die umgebenden Partien 
der Körperoberfläche wiesen eine diffuse Rötung auf, und nach 
Eröffnung der Leibeshöhle konnte ich eine in der ganzen Länge 
des Darms ausgedehnte Enteritis erkennen. Die Darmschleim¬ 
haut war ödematös geschwollen und mit einem roten, schmierigen 
Belag bedeckt, der sich leicht mit dem Rücken des Messers 
abstreichen ließ. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung ließen sich, nach 
Färbung mit Karbolfuchsin und Löfflerschem Methylenblau, in 
Ausstrichpräparaten des Herzbluts vereinzelte Bakterien von 
kurzstäbchenförmiger Gestalt erkennen, die den Farbstoff gut 
anfgenommen hatten. 

Bei Fischen kann nun infolge von Fütterungsfehlem usw. 
eine Darmentzündung auftreten, die nicht selten massenhafte 
Opfer fordert, doch pflegt diese Krankheit nicht auf einige 
Tage zusammengedrängt zum Ausbruch zu kommen wie in 
diesem Fall. Da ferner der oben geschilderte Sektionsbefund 
gegen eine Vergiftung sprach, so ließ sich der Verdacht nicht 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


709 


1. Oktober 1908. 


abweisen, daß die Tiere infolge einer seuchenhaften Erkrankung 
gestorben waren. 

Anknüpfend an den Befund in den Ausstrichpräparaten des 
Herzblutes wurde Material aus dem flüssigen Herzblut und dem 
Inhalt der Schwanzarterie in verflüssigten Agar und Gelatine 
übertragen, worauf dann in üblicher Weise Platten gegossen 
wurden. Ferner wurden eine Reihe von Agar- und Gelatine¬ 
stichkulturen hergestellt. Die Platten und Reagenzgläschen 
wurden schließlich in einen dunklen Kellerraum gebracht, in 
dem das Thermometer eine durchschnittliche Temperatur von 
5—7 0 C anzeigte. 

Nach 24 Stunden zeigten sich auf den Platten verschiedene 
Kolonien, unter ihnen, zahlreich auftretend, eine kreisrunde, 
koliäbnliche Form, meist weißlich durchscheinend und manchmal 
mit einem Ton ins gelbliche. Auf dem Schrägagar waren eben¬ 
falls im Verlaufe des Striches die soeben beschriebenen Kolonien 
gewachsen. In den Gelatineröhrchen zeigte sich nach 48 Stunden 
ein in der ganzen Länge des Stichkanals zusammenhängendes 
Wachstum. In der Ausdehnung des nagelkopfformig erweiterten 
oberen Endes der Kultur war eine Verflüssigung der Gelatine 
eingetreten. Auf den Gelatineplatten waren zahlreiche mulden¬ 
förmige, milchig getrübte Verflüssigungen entstanden. 

Die eben beschriebenen, auf dem Agar gewachsenen Kolo¬ 
nien und Material aus den Verflüssigungen der Gelatine wurden 
auf Schrägagarröhrchen und auf Gelatine in Form von Stich¬ 
kulturen, sowie auf Bouillon übertragen. Auf beiden Nährböden 
erhielt ich bei fortgesetzter Züchtung immer wieder dieselben 
Wachstumsformen, die sich folgendermaßen beschreiben lassen: 

1. Auf dem Schrägagar wachsen die Bakterien bei einer Tempe¬ 
ratur von 5—7 0 C über Null innerhalb 24 Stunden zu einem 
breiten Rasen aus, der einen welligen Rand besitzt, von wei߬ 
licher Farbe ist und sich in der Nähe des Kondenswassers 
verbreitert. 

2. In den Gelatinestichkulturen bildet sich bei einer Tempe¬ 
ratur von 5—7 0 C über Null innerhalb 48 Stunden eine nagel¬ 
förmige Kolonie, die sich nach dem Verlauf von weiteren zwei- 
bis viermal 24 Stunden zu einem trichterförmigen Gebilde 
umwandelt, das mit milchig getrübter, verflüssigter Gelatine 
angefüllt ist. 

3. In der Bouillon tritt bei 5—7 0 C über Null nach 
24 Stunden eine leichte Trübung auf, nach 48 Stunden senken 
sich die Bakterien in Form eines wolkigen Niederschlages auf 
den Boden des Röhrchens nieder. 

Ausstrichpräparate aus den Kulturen zeigten die alle Anilin¬ 
farben leicht aufnehmenden, teilweise sich bipolar färbenden 
Bakterien als kurze plumpe Stäbchen mit abgerundeten Enden. 
Die Mikroorganismen waren ferner stark beweglich, nicht säure¬ 
fest, gramnegativ und bildeten nie Sporen. Entsprechende Ver¬ 
suche ergaben, daß das Bakterium fakultativ anaerob ist und 
am besten bei einer Temperatur von 3—10 0 C über Null 
wächst. Letzteres Verhalten änderte sich jedoch nach einigen 
Wochen fortgesetzter Kulturzüchtung und nach Passage durch 
den Tierkörper des Warmblüters; in diesem Fall kam das 
Optimum bei 30—37 0 C zu liegen. 

Die Ähnlichkeit des vorliegenden Bakteriums mit den Koli- 
arten — als solche ist es nicht anzusprechen, da man von den 
Kolibakterien verlangt, daß sie Gelatine nicht verflüssigen — 
bewog mich zu der Annahme, daß es imstande ist, Zucker zu 
vergären. 


Zu diesem Versuch griff ich eine Anzahl Schrägagarröhrchen 
heraus, von denen jede ihre spezielle Bezeichnung erhielt. Ich 
verwendete hierbei römische Ziffern I und H (von Karpfen I 
bzw. H herstammend), und die Buchstaben H (aus dem Herz¬ 
blut herstammend) und Sch. (aus der Schwanzarterie her¬ 
stammend). Jede dieser Kulturen wurde in mehrfacher Aus¬ 
führung hergestellt und erhielt fortlaufend eine in arabischer 
Ziffer geschriebene Nummer. 

Auf diese Weise erhielt ich folgende Kulturen bzw. Stämme: 
H. I 1, H. I 2, H. I 3, H. I 4, H. I 5, H.I6; Sch. I 1, Sch. I 2, 
Sch. 13; H.II1, H.II2, H.II3*), H. II 4, H. H 5, H. II G; 
Sch. III, Sch. II 2, Sch. II 3. 

Von diesen Kulturen wurde etwas Material mit der Platin¬ 
öse auf 1 proz. Lösungen von Rohrzucker, Traubenzucker und 
Milchzucker in Cibils Bouillon, die in Gärröhrchen gefüllt war, 
übertragen und letztere auf 48 Stunden in einen dunklen kühlen 
Kellerraum gebracht, worauf geprüft wurde, ob Säure- oder 
Gasbildung in den Bouillonröhrchen stattgefunden hatte. Zur 
Kontrolle wurde eine Anzahl Zuckerbouillonröhrchen mit einem 
bekannten Kälberruhrstamm geimpft, der in jedem Fall nach 
24 Stunden mit Sicherheit Gas- und Säurebildung hervorrief. 

Dieser Versuch ergab, daß nach 24—48 Stunden sämtliche 
Kulturen imstande waren, alle drei Zuckerarten unter Gas- 
und Säurebildung zu vergären. 

Ferner konnte festgestellt werden, daß die Bakterien fähig 
waren, Indol zu bilden. 

Nachdem ich das Bakterium soweit kennen gelernt hatte, 
um es mit Sicherheit wiederfinden zu können, ging ich daran, 
Tierversuche vorzunehmen, die sich naturgemäß besonders mit 
dem Experiment an Fischen beschäftigen mußten. 

Es wäre logisch am richtigsten gewesen, zuerst Infektions¬ 
versuche an Karpfen vorzunehmen, da Bazillen, die für eine 
Fischart pathogen sind, es nicht für andere Arten zu sein 
brauchen. 

Da es mir jedoch anfangs an genügend großen Gefäßen 
fehlte, um Karpfen einwandfrei halten zu können, nahm ich 
meine Zuflucht zu den leichtbeschafflichen Exemplaren des 
massenhaft vorkommenden Leuciscus rutilus. 

Die Fische wurden erst eine geraume Zeit im Bassin ge¬ 
halten, erkrankte und tote schnell fortgeschafft, bis ich mich 
überzeugt hatte, daß sich die Überlebenden den veränderten 
Lebensbedingungen vollständig angepaßt hatten. Um letztere 
zu infizieren, standen zwei Wege offen, die Injektion von 
Kulturmaterial mit der Pravazspritze und die Infektion des 
Wassers, in dem die Fische lebten. 

Beide Arten fanden ihre Anwendung und zwar folgender¬ 
maßen : 

Vier Versuchsfische mit den Nummern I bis IV bezeichnet, 
wurden in 10000 ccm Wasser gesetzt, das mit je 2 ccm 
Bouillonkultur der Stämme H. Iß, H. 1 3, H. 14, H. I 5, H. I 6, 
Sch. I 1 und Sch. I 2 infiziert war. Zwei Fische V und VI er¬ 
hielten 0,25 g Bouillonkultur von H. 15, und zwei weitere 
Fische VII und VHI erhielten 0,25 g Bouillonkultur von H. II 5 
intramuskulär eingespritzt. 

Sieben andere Versuchstiere IX—XV wurden in 10000 ccm 
Wasser gesetzt, das mit 10 ccm Bouillonkultur von H. II 2 
infiziert war. 

*) H. II 3 bedeutet z. B. drittes Röhrchen aus dem Herzblut 
von Karpfen II. 



710 


BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Zur Kontrolle wurden schließlich fünf Fische mit der Be¬ 
zeichnung CI bis C V unter denselben Lebensbedingungen 
gehalten wie die anderen Tiere. 

Die Ergebnisse dieser Versuche gibt nachstehende Tabelle 
wieder. 


Fisch 

Tag der Infektion 

Tag des Todes 

I 

25. VIII. 05 

26. VIII. 05 

II 

25. VIII. 05 

26. VIII. 05 

III 

25. VIII. 05 

28. VIII. 05 

IV 

25. VIII. 05 

28. VIII. 05 

V 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

VI 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

VII 

28. VIII. 05 

2. IX. 05 

VIII 

28. VIII. 05 

4. IX. 05 

IX 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

X 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

XI 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

XII 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

XIII 

28. VIII. 05 

30. VIII. 05 

XIV 

28. VIII. 05 

30. VIII. 05 

XV 

28. VIII. 05 

29. VIII. 05 

C. I 

- 

— 

V. II 

— 

— 

C. III 

— 

10. IX. 05 

C. IV 

— 

— 

C. V 

- 

— 


Aus dieser Zusammenstellung ist klar zu ersehen, daß alle 
der Infektion ausgesetzten Tiere prompt gestorben sind und 
zwar meistens in einem Zeitraum von 1—2 Tagen, während die 
Kontrollfische alle, bis auf einen, am Leben geblieben sind. 

Die Sektion bei diesen Fischen gab nur in wenigen Fällen 
eine Enteritis zu erkennen; Ausstriche des Bluts zeigten unter 
dem Mikroskop in allen Fällen, ausgenommen Fisch VIII, kurze 
plumpe Stäbchen. Aus dem Herzblut angelegte Schrägagar¬ 
röhrchen und Gelatinestichkulturen wiesen das oben beschriebene 
typische Wachstum, besonders die trichterförmige Verflüssigung 
in der Gelatine auf. 

Sie spalteten Rohr-, Milch und Traubenzucker unter Gas- 
nnd Säurebildung und bildeten Indol. Die aus dem Blut der 
gestorbenen Versuchsfische gezüchteten Bakterien waren also 
dieselben, mit denen das Wasser bzw. eie Tiere selbst infiziert 
waren. 

Mit diesen aus den Versuchsfischen gewonnenen Kulturen 
wurden nochmals Infektionsversuche vorgenommen. 

Da ich inzwischen ein geeignetes Bassin für größere Fische 
beschafft hatte, so impfte ich zwei Karpfen intramuskulär mit 
je 0,25 g Bouillonkultur. Die Tiere waren vorher vier Wochen 
in dem Bassin gehalten, um die Gewißheit zu haben, daß die 
ihnen im Bassin gegebenen Lebensbedingungen durchaus ge¬ 
nügend waren. 

Ferner wurden zu dieser Versuchsreihe noch sechs Gold¬ 
fische herangezogen, da die Tiere sich vorzüglich in Gefäßen 
und Leitnngswasser halten und mir ferner durch ihre Zu¬ 
gehörigkeit zur Familie der Karpfen besonders geeignet erschienen. 
Die Goldfische wurden zu je zwei in drei Gefäße gesetzt, die 
mit ein wenig Bouillonkultur (aus den Versuchsfischen) infiziert 
waren. 

Der Erfolg war auch hier ein prompter; die Karpfen starben 
nach drei bis vier Tagen, und die Goldfische in einem Zeitraum 
von drei bis sechs Tagen. Ans allen Tieren konnte ich wieder 


kurzstäbchenförmige Bakterien züchten, die die typischen, oben 
beschriebenen morphologischen und biologischen Eigenschaften 
besaßen. 

Wenn ich das Resultat vorliegender Untersuchungen zu¬ 
sammenfasse, so läßt sich sagen: 

1. Die aus dem Karpfenbestande eingelieferten toten Tiere 
waren an einer seuchenhaften Erkrankung gestorben. 

2. Die Erreger dieser Seuche sind die vorstehend beschriebenen 
Bakterien. 


Referate. 

Über die Tenotomie des Perforatns in den sich 
wiederholenden oder unheilbaren Formen der 
Sehnenzerrungen. 

Von Querrnau. 

(Hecimil d’Alforf vom 15. Juni und 15. Juli 1905.) 

Schon seit 15 Jahren versucht der Verfasser bei allen 
Lahmheiten, die infolge der sich wiederholenden oder unheil¬ 
baren Sehnenzerrungen der Kniebinde oder der Sehne des 
Perforatns selbst oder seines Ringbandes entstanden waren, das 
Leiden durch die Tenotomie des Perforatns zu heben, was ihm 
in fast allen Fällen so geglückt ist, daß die Pferde in aUen 
Gangarten wieder zu verwenden waren. Er hat dabei viele 
Beobachtungen gemacht und Erfahrungen gesammelt, die er in 
seiner Veröffentlichung bekannt geben will, geleitet durch die 
Erwägung, daß die absolute Ruhe die Hauptbedingung einer 
jeden Behandlung von Sehnenzerrung ist, hat er die Funktion 
der kranken Sehnenpartie durch die Tenotomie während mehrerer 
Wochen zu unterdrücken gesucht. 

Die früher viel angeratene Tenotomie des Perforans wird 
zurzeit kaum mehr ausgeübt und das mit Recht. Nach dem 
Durchschneiden der Sehne zieht sich ihr oberes Ende etwa 4 
bis 5 cm nach oben zurück, so daß eine bedeutende Lücke 
zwischen den beiden Enden entsteht. Durch den sich nun 
bildenden Kallus wird der Perforans mit dem Perforatns ver¬ 
bunden und dadurch wird die auf jenen ausgettbte Nerven- 
aktion auf diesen übertragen, so daß der Perforans seine Ein¬ 
wirkung auf das Hufbein, an dessen hinterer unterer Fläche er 
sich ansetzt, ganz verliert, und dieses nicht mehr nach rück¬ 
wärts und oben gehoben werden kann. 

Die Beweggründe, die für die Tenotomie des Perforatus 
und nicht des Perforans sprechen, und diese Operation zu einer 
heilsamen und rationellen machen, sind folgende: 

1. Bis zur vollständigen Bildung des Kallus hält sie den 
Perforatus mitsamt seinen Adnexen, es sind dies die Kniebinde, 
das Ringband und seine am Kronbein sich befestigenden seh¬ 
nigen Ansätze in absoluter Ruhe. 

2. Im Gegensatz zur klassischen Tenotomie des Perforans, 
durch welche die Funktion der letzten Phalangen vollständig 
unterdrückt wird, wird diese trotz der Durchschneidung des 
Perforatus, durch die Wirkung des Perforans noch aufrecht 
erhalten. 

3. Der Verfasser hält die Sehne des Perforatus für viel 
weniger widerstandsfähig als die des Perforans, weil sie auf 
der ganzen Länge von der Kniebinde an bis zu ihrer Ansatz¬ 
stelle am Kronbein verhältnismäßig leicht zerreißt, während er die 
letztere noch immer in gutem Zustande gefunden hat. Durch 
die Durchschneidung der schwächeren Sehne des Perforatus, 




1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


711 


wird dieser unter die Einwirkung der stärkeren des Perforans 
gestellt. 

4. Ein in der Chirurgie häufig angewandtes Prinzip ist 
folgendes: Es ist besser, ein unheilbares Organ zu unterdrücken 
als es zu erhalten, falls sein schmerzhafter Zustand das 
Funktionieren benachbarter gesund gebliebener Organe be¬ 
einträchtigt. Da erwiesenermaßen alle Beuge- oder Streck¬ 
sehnen die Fähigkeit haben, sich gegenseitig zu unterstützen 
oder gar zu ersetzen, ohne daß eine funktionelle Unregel¬ 
mäßigkeit eintritt, so kann die Tenotomie des Perforatus ganz 
gut gewagt werden. 

Die Tenotomie des Perforatus kann je nach dem vor¬ 
liegenden Falle auf zweifache Weise ausgeführt werden, 
entweder subkutan nach der klassischen Methode, wenn sie den 
Zweck hat, Läsionen der Kniebinde, des Ringbandes oder des 
Hnfgelenkkapselbandes zu steuern, oder sie muß offen gemacht 
werden, wenn die Sehne des Perforatus selbst entzündet oder 
induriert ist. Dies muß aus folgendem Grunde so geschehen: 
Ist der Perforatus an der Stelle, an der gewöhnlich die Operation 
gemacht wird, verdickt, was bei Entzündung der Sehne regel¬ 
mäßig der Fall ist, und wird die Operation subkutan gemacht, 
so gewärtigt man nur einen Teil der Sehne zu durcli- 
schneiden, wodurch die ganze Operation wertlos wird, da der 
Zweck, den man durch sie erreichen will, nämlich während 
der Daner der Kallusbildung jeden Zug des Perforatus 
zu verhindern, nicht erreicht wird. Noch aus einem 
anderen Grunde soll der offenen Tenotomie der Vorzug gegeben 
werden, nämlich weil unter den Sehnen oft Verwachsungen be¬ 
stehen, die nur beim Freilegen der Sehnen gesehen und behoben 
werden können. Endlich dringt bei der subkutanen Operation 
das gerade Tenotom, das dem gekrümmten den Weg vorbereitet, 
leicht zwischen die Sehnenfasern des Perforatus selbst hinein, 
so daß dieser nicht vom Perforans getrennt wird; dies ist 
nie zu vermeiden, wenn der Perforans durch Indurationen 
verdickt. 

Die subkutane Tenotomie des Perforatus muß nach der 
klassischen Methode der Tenotomie des Perforans gemacht werden, 
wobei streng darauf zu achten ist, daß auch alle seine Sehnen¬ 
fasern durchschnitten werden und nicht einzelne am Rande ge¬ 
legene vom Messer verschont bleiben, was den Erfolg der 
Operation illusorisch machen würde. 

Für die offene Operation narkotisiert der Verfasser seine 
Pferde mit Chloroform, doch kann auch die lokale Anästhesie 
versucht werden. 

Nachdem die Esmarchsche Binde angelegt und die ganze 
Gegend zu beiden Seiten der Sehne von der hinteren Fläche 
des Vorderknies bis zum Hufe rasiert worden ist, wird auf dem 
hinteren Rand des Perforatus ein 6—8 cm langer Längsschnitt 
in die Haut gemacht, der in einem Zuge bis auf die Sehne 
hindnrchgeht. Hierauf wird diese in einer Länge von 4—5 cm 
freigelegt. Der Perforatus ist je nach dem Alter und der 
Intensität der Entzündung verschieden dick und breit, so daß 
er oft den Perforans ganz überdeckt und sogar seine Dicke 
erreicht. Nun wird er von diesem mittelst einer krummen, 
geschlossenen Schere, die man allmählich durch das die beiden 
Sehnen zusammenhaltende Bindegewebe hindurchstößt, getrennt 
und mit dem konvexen Bistouri, das in die mit der Schere 
freigemachte Öffnung hineingeführt wird, durchschnitten. Dabei 


muß darauf geachtet werden, daß er auch vollständig durch¬ 
schnitten und keine Verbindung zwischen dem oberen und 
unteren Ende zurückgelassen wird. Die Wunde wird in ihrer 
Tiefe mit einigen Lagen Jodoformgaze ausgepolstert, zugenäht 
und mit einem reichlichen Watteverband, der vom Huf bis zum 
Karpalgelenk reicht, locker umgeben; darauf wird, wie bei 
der klassischen Tenotomie, ein Schnabeleisen aufgeschlagen. 
Nach 5—6 Tagen wird der erste Verband abgenommen, die 
Gaze, welche den Zweck hatte, die Haut auseinanderzuhalten 
und zu verhindern, daß sie sich im Anfang der Entzündungs¬ 
periode retrahiere, nebst einer oder zwei Nähten herausgenommen, 
damit dem in der Sehnenwunde stagnierenden Eiter Abfluß ge¬ 
währt wird. Der Jodoform verband wird so lange erneuert, bis 
die Sehnenwunde ausgeheilt ist und sich der Kallus gebildet 
hat, was etwa drei Wochen in Anspruch nimmt. Um diese 
Zeit ist die Wunde voll von starken Wucherungen und sieht 
sehr häßlich aus. Dies hat aber gar nichts zu bedeuten. 
Man legt nun während einiger Tage in Villatschein Liquor 
getränkte Wattebäuschchen auf, welche die zu reichlichen 
Wucherungen zurückdrängen und die Wunde flach machen. 
Nach 4—6 Wochen hat sich ein voluminöser Kallus und auf der 
hintern Fläche der Sehne eine geradlinige Narbe gebildet. Schon 
14 Tage nach der Operation müssen die Pferde zuerst im Schritt 
bewegt werden. Nach einem Monat wird das Schnabeleisen 
abgenommen und die Pferde von nun ab im Trab bewegt und 
das Bewegen immer länger ausgedehnt. Nach eineinhalb bis 
drei Monaten ist die Lahmheit verschwunden und das Pferd kann 
in allen Gangarten gebraucht werden. Der Kallus braucht 
sechs Monate bis zur Resorption. 

Ein Schnabeleisen muß unbedingt aufgeschlagen werden, 
wenn das Pferd nach der Heilung der Wunde nicht übertrten soll. 

Der Verfasser resümiert seine persönlichen Ansichten über 
die Sehnenzerrungen in folgenden zwei Sätzen: Alle Zerrungen 
des Sehnenapparates erstrecken sich ausschließlich auf den 
Perforatus und seine Adnexen und nicht anf den Perforans. 
In der Mechanik der Sehnen ist der PerforatuB das schwächere 
Organ, der Perforans dagegen ist unverwundbar in der Hinsicht, 
daß er nicht Gelegenheit hat, sich zu überdehnen, weil das 
Pferd schon vor diesem Vorfall durch Läsionen des Perforatus 
immobilisiert ist. 

Die bisherige Behandlung der Sehnenzerrungen durch das 
Feuer und die Vesikantien haben schon lange im Stiche gelassen, 
während die Neurotomie des Medianus irrationell und sogar ge¬ 
fährlich ist und zwar aus folgenden Gründen: Der Schmerz ist 
der Erhalter des lädierten Organs, weil er es vor nicht wieder 
gut zu machender Überanstrengung schützt, dadurch, daß er es 
an seine Schwäche erinnert. Das Unterdrücken der Sensibilität 
in der entzündeten Sehne durch den Nervenschnitt übt weder 
auf die organische Läsion noch auf ihre Ursachen eine Ein¬ 
wirkung aus. 

Der Verfasser hat acht Pferde, die infolge von Sehnen¬ 
entzündung des Ringbandes des Perforatus chronisch lahmten, 
durch die Tenotomie vollständig geheilt, außerdem hat er auch das 
durch Sehnenretraktion infolge Induration des Perforatus hervor¬ 
gerufene Übertreten durch die gleiche Operation geheilt. Im 
letzteren Falle muß die offene Tenotomie nebst der Resektion 
eines Stückes des Perforatus vorgenommen werden. 

Helfer. 






712 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Die Ursachen des Graimerdens der Haare. 

Von Dr. M. Schein-Budapest. 

(Gyogydkat 1907. Nr. 38.) 

Im Alter entwickeln sich die Haare ohne Pigment, der 
gewöhnliche Gang des Organes ist der, daß die pigmentierten 
Haare ausfallen nnd an ihre Stellen unpigmentierte Haare 
treten. Tatsache ist, daß zwischen dem Grauwerden der 
Haare nnd dem Ernährungszustände der Haut kein Zu¬ 
sammenhang besteht. Der Autor hat in einzelnen Fällen die 
Beobachtung gemacht, daß dort, wo früher mehr Pigment er¬ 
halten war, die Haare dasselbe rascher verloren hatten, als die 
umgebenden Haare. Dort wo wir also frühes Ergrauen be¬ 
obachteten, hat sich während des Wechsels der einzelnen Haar¬ 
generationen mehr Pigment entwickelt, wurde mehr Pigment 
verbraucht, als an anderen Stellen. Bei Anwendung der Röntgen- 
Strahlen zur Depigmentation machen wir die Beobachtung, daß 
anfangs stärker pigmentierte, später an dieser Stelle ganz 
depigmentierte Haare produziert werden. Je stärker die 
Pigmentation der Haare war, je rascher die einzelnen Haar¬ 
generationen einander folgen, um so rascher ergraut das Haar, 
denn um so mehr wurde im Bereiche einer Papille die Pigment¬ 
produktion in Anspruch genommen. Es ist verständlich, daß die 
Erschöpfung der Pigmentproduktion nicht gleichmäßig eintritt, 
da die einzelnen Haare als besondere Individuen aufzufassen 
sind, deren Pigmentbildung und Pigmentatrophie von einander 
ganz unabhängig sind. Auf das Detail im Mechanismus des Er- 
grauens der Haare können wir so lange nicht eingehen, als wir 
nicht gewisses über die Art* der Pigraentproduktion, über das 
Einwandern des Pigmentes in die Zellen, wissen. Vorläufig 
müssen wir uns damit begnügen, zu wissen, daß das Ergrauen 
an jenen Stellen zuerst eintritt, an welchen die Haare im Laufe 
der Jahre das meiste Pigment verbraucht hatten und daß die 
Pigmentatrophie mit der Pigmentbildung in engem 
ursächlichen Zusammenhänge steht. Dr. Z. 

Filtration experiments with virus of cattle plague. 

Von Rüdiger. 

(The Philippine Journal of Science 1908. Bd. III, Nr. 2, 8. 164-169.) 

Rüdiger stellt fest, daß in Übereinstimmung mit Semmer, 
Kolbe, Turner, Todd das Virus der Rinderpest Berkefeld- 
tiltcr V, N oder W nicht passiert. Mr. 


Tagesgeschichte. 

Vereinbarungen betr. einen tierärztlichen Minimaltarif. 

Von Preuße. 

In Nr. 35 B. T. W. hat Schmaltz auf die von ver¬ 
schiedenen tierärztlichen Vereinigungen getroffenen Verein¬ 
barungen über eine Minimaltaxe für tierärztliche Verrichtungen 
hingewiesen und hierbei erwähnt, daß der Herr Minister für 
Landwirtschaft usw. die beamteten Tierärzte angewiesen hat, 
von diesen Vereinbarungen zurückzutreten. Es dürfte interessieren 
den Wortlaut des an den Regierungspräsidenten in M. gerichteten, 
den übrigen Regierungspräsidenten zur gleichmäßigen Nach¬ 
achtung mitgeteilten Erlasses zu erfahren: 

„Die Teilnahme beamteter Tierärzte an Vereinbarungen der 
im Bericht gedachten Art über Innehaltung von Mindesttaxen 
ist als unzulässig zu erachten. Die Innehaltung der vereinbarten 
Taxe soll dadurch gesichert werden, daß ein gewohnheitsmäßig 


niedriger liquidierender Tierarzt, der die Taxe anerkannt hat, eine 
Geldstrafe zu zahlen hat. Ob eine Übertretung in diesem Sinne 
stattgefunden hat und die Geldstrafe verwirkt ist, darüber hat 
zunächst der Vorstand des Vereins in Gemeinschaft mit einem 
Ehrenrate zu befinden und in zweiter und letzter Instanz die 
Generalversammlung der Mitglieder. Der Entscheidung hat ein 
Verfahren vorherzugehen. Die Vereinbarung spricht von einer 
„Anklage“ und von der Ladung des „Angeschuldigten“. Es 
handelt sich danach um eine Art ehrengerichtlichen Verfahrens, 
das in die Disziplinarbefugnisse der staatlichen Gewalt ein- 
greifen würde. Es ist bereits bei anderer Gelegenheit (vergl. 
den Runderlaß vom 21. Januar 1898)*) darauf hingewiesen, 
daß der staatlichen Disziplinargewalt über die Beamten ein 
ausschließlicher Charakter innewohnt, und daß neben ihr für 
eine freiwillige Unterwerfung der Beamten unter eine andere 
Instanz mit ähnlichen Zielen und Strafmitteln kein Raum ist. 

Euer Hochwohlgeboren wollen dies den in Betracht 
kommenden Beamten eröffnen und sie auffordern, von der 
Vereinbarung zurückzutreten. Darüber, daß dies geschehen ist, 
sehe ich einem Berichte entgegen.“ 

Daß was für die beamteten Tierärzte gilt, gilt auch für 
die Militärveterinäre. Hiermit fallen natürlich die in Rede 
stehenden Vereinbarungen, denn da beamtete Tierärzte und 
Militärveterinäre fast durchweg mehr oder weniger Privat¬ 
praxis betreiben, so hätte eine Vereinbarung über die Festsetzung 
eines Minimaltarifs unter den Privattierärzten, welche, wenn 
man die Kommunaltierärzte auch noch abzieht, nur etwa die 
Hälfte aller Tierärzte ausmachen, keinen Zweck mehr. Obgleich 
man nun dem vorerwähnten Ministerialerlaß im Interesse der 
ausschließlichen Wahrung der Disziplinargewalt eine Berechtigung 
wohl zuerkennen muß, so bleibt es doch sehr zu bedauern, daß 
es für die Privatpraxis treibenden Tierärzte nicht möglich ist, 
sich gegen die Preisunterbietungen zu schützen, welcher sich 
leider so manche Tierärzte schuldig machen. Gegen diese vor¬ 
nehmlich sollten sich die in Rede stehenden Vereinbarungen 
wenden, nicht gegen die Sätze der Taxe vom 21. Juni 1815. Die 
Preisunterbietungen schaffen namentlich in größeren Städten und 
in mit Tierärzten stark besetzten Gegenden eine Konkurrenz, 
welche den Tierärzten, die ihre Tätigkeit in angemessener 
Weise bewerten, die Ausübung der Privatpraxis immer schwieriger 
macht. Die Tierärzte, welche in ihrem Einkommen allein auf 
die Privatpraxis angewiesen sind, werden natürlich am meisten 
hiervon betroffen. In vielen kaufmännischen Geschäftszweigen, 
gewerblichen Berufen u. a. hat man sich gegen die durch die 
Preisunterbietungen hervorgerufene unlautere Konkurrenz durch 
Bildung von Ringen usw. erfolgreich zu schützen gesucht. Für 
die Tierärzte ist dieser Weg leider ungangbar geworden. 
Schmaltz meint zwar, die Vereinbarung ließe sich auch ohne 
Verfahren und Strafbestimmungen halten, wodurch den beamteten 
Tierärzten und auch den Militärveterinären der Anschluß an 
diese Vereinbarungen wieder ermöglicht würde, dem muß ich 
jedoch widersprechen. Ohne einen durch Strafbestimmungen 
hervorgerufenen Zwang würde wohl bald wieder der eine oder 
der andere Kollege abfallen und der ursprüngliche Zustand wäre 
wieder erreicht. Besprechungen im Kollegenkreise, wie sie 
Schmaltz in Vorschlag bringt, würden nur wenig Nutzen haben, 
daher ohne Strafbestimmung keine Ringbildung. 

*) B. T. W. 1898, S. 141. 





. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


713 


Was nun die Taxe vom 21. Juni 1815 betrifft, so dürfte 
die Frage, ob diese noch zeitgemäß und den jetzigen Verhält¬ 
nissen angemessen ist, doch wohl nicht mehr diskutabel sein. 
Die Aufstellung einer neuen tierärztlichen Taxe ist unzweifelhaft 
ein Bedürfnis, schon aus dem Grunde, weil eine Anzahl Be¬ 
stimmungen derselben verworren, unklar sind und sich zum Teil 
sogar gegenseitig widersprechen. Dessenungeachtet wird der¬ 
jenige, der seine Liquidationen nach der gegenwärtigen Taxe 
genau einzurichten versteht, immer noch nicht schlecht weg¬ 
kommen. Auch die von den Vereinbarungen normierten Preise 
gehen, so weit sie mir bekannt sind, nicht oder nur wenig über 
die Sätze der Taxe von 1815 hinaus, so weit in letzterer für 
die einzelnen tierärztlichen Verrichtungen überhaupt besondere 
Preise vorgesehen sind. Im übrigen sind mir Fälle bekannt, 
in denen die betr. Kollegen zum Teil weit unter die Sätze der 
alten Taxe hinuntergegangen sind. Die Taxe von 1815 soll 
auch weder einen Minimal- noch einen Maximaltarif darstellen, 
über den unter keinen Umständen hinausgegangen werden darf. 
Der § 80 der Gewerbeordnung bestimmt: 

„Die Bezahlung der approbierten Ärzte usw. (§ 29 Abs. 1) 
bleibt der Vereinbarung überlassen. Als Norm für streitige 
Fälle im Mangel einer Vereinbarung können jedoch für die¬ 
selben Taxen von den Zentralbehörden festgesetzt werden.“ 

Die Taxe von 1815 ist demnach durch § 80 G.-O. nicht 
aufgehoben worden; sie bildet aber nur eine subsidiarische 
Rechtsnorm, die in Streitfällen nur unter der Voraussetzung 
zur Anwendung gelangt, daß die Parteien eine Summe nicht 
vereinbart haben. 

Wenn somit auch kein Grund vorliegt, darüber, daß 
bisher eine neue Taxe noch nicht geschaffen ist, sich allzusehr 
zu beklagen, so kann es doch nur unser aller Wunsch sein, daß 
die alte Taxe bald durch eine neue, zeitgemäße ersetzt wird. 
Mag dieselbe freilich ausfallen wie sie wolle, die Preisunterbietungen 
einzelner Tierärzte werden hierdurch auch nicht verhindert 
werden können. Das einzige, was hier helfen kann, ist die 
Errichtung von Tierärztekammern und der dadurch bewirkte 
festere Zusammenschluß unter den Tierärzten. Hoffen wir, 
daß dieses bald zur Tat werden möge. 

Berafs-Überfüllung. 

In Nr. 251 der Leipziger Neuesten Nachrichten vom 10. Sep¬ 
tember d. J. findet sich folgender Artikel: 

Warnung vor der Ergreifung'des tierärztlichen Be¬ 
rufs Von einem Tierärzte wird uns geschrieben: Sehr geehrte 
Redaktion! Im Interesse der Wichtigkeit der Angelegenheit möchte 
ich Sie bitten, jetzt anläßlich der vor der Türe stehenden Abitu¬ 
rientenprüfungen die folgende Warnung der jungen Leute vor der 
Ergreifung des tierärztlichen Studiums in Ihre Zeitung aufzunehmen. 
In dem tierärztlichen Berufe herrscht augenblicklich eine riesengroße 
Überproduktion: nicht nur, daß schon bedeutend mehr Tierärzte 
vorhanden sind, als Bedarf an ihnen ist, nein auch die Zahl der an 
den Hochschulen Studierenden gibt Anlaß, an einer sicheren Zu¬ 
kunft derselben zu zweifeln. Durch die Einführung der öffentlichen 
Fleischbeschau durch das Reichsgesetz von 1900 entstand einmal, 
im Jahre 1903, ein vorübergehender, aber merkbarer Mangel an 
Tierärzten, da alle Städte genötigt waren, solche anzustellen. Dann 
wurde vom 1. April 1903 ab das Abiturientenexamen als Vorbildung 
gefordert. Diese Ankündigung führte den Hochschulen in den 
Jahren 1900—1903 überaus zahlreiche Jünger „vor Toresschluß“ zu. 
Man glaubte, daß von 1903 infolge der erhöhten Ansprüche an die 
Vorbildung ein Zurückflauen des Zuzuges einsetzen würde, und 
dies war wohl auch der Grund, der einflußreiche Personen des 
tierärztlichen Standes dazu veranlaßte, Propaganda für den „aus¬ 


sichtsvollen“ Beruf zu machen (im „Berliner Tageblatt“ vor 
allem), jedoch hatte die Zahl der Neuimmatrikulierten bald, 
schon 1904, die frühere Höhe wieder erreicht. Die Dauer des tier¬ 
ärztlichen Studiums beträgt jetzt, trotz des umfangreichen Lehr- 
und Prüfungsplanes, 7 Semester. Nach ihrer vorschriftsmäßigen 
Erledigung und nach bestandener Approbationsprüfung wird die 
Approbation verliehen. Jedoch steht eine Verlängerung der Studien¬ 
zeit auf 9—10 Semester in nächster Aussicht, ebenso wird die 
Einführung eines praktischen Jahres für Schlachthofsdienste und 
bei Kreistierärzten schon erwogen. Im tierärztlichen Berufe lassen 
sich dann, abgesehen von der Laufbahn des beamteten (Kreis- oder 
Bezirks-) Tierarztes, die Laufbahnen des praktischen und des Schlacht¬ 
hofstierarztes einschlagen. Infolge der sich immer mehr vergrößern¬ 
den Ausbildung der deutschen Landwirte verringert sich im selben 
Maße die Tätigkeit des praktischen Tierarztes, so daß von einer 
Gründung einer Praxis kaum noch gesprochen werden kann; ver¬ 
hältnismäßig dicht sitzen die Praktiker auf dem Lande. Verheißungs¬ 
voller sieht schon die Laufbahn des Schlachthofstierarztes aus, der, 
wenn er Glück hat, bald nach bestandenem Examen eine Assistenten¬ 
stelle von 2000—2700 Mark bekommen kann. Für den Anfang ganz 
gut; jedoch bei den wenigsten Städten sind Steigerungen vor¬ 
gesehen, so daß der Betreffende dann unter Umständen jahrelang 
auf dieser Skala stehen bleiben wird! Einige Zahlen werden noch 
eine beredte Sprache sprechen: Zur Verfügung Preußens stehen 
z. Zt. etwa 400 Tierärzte mit der Qualifikation zum preußischen 
Kreistierarzt. Um Schlachthofsstellen, die mit 24'0 Mark aus¬ 
geschrieben sind, bewerben sich im Durchschnitt je 35 Tierärzte, 
die auf Unterkommen warten, dabei etwa 25 Prozent qualifizierte 
Kreistierärzte! 

Der ungenannte, anscheinend nicht sächsische Einsender 
hat damit — wenn auch etwas ausführlicher — eine Warnung 
wiederholt, die bereits vor zirka 7» Jahr an derselben Stelle 
von seiten eines sächsischen Kollegen in die Öffentlichkeit ge¬ 
worfen wurde und die zurzeit vollkommen am Platze ist. 

Nimmt man heute eine politische oder Fachzeitung zur 
Hand, so findet man häufig das Bestreben eines jeden Standes 
zutage treten, seine Stellung zu bessern und zu heben. Die 
Arbeiter, der Mittelstand, die Handlungsgehilfen, Ärzte, Rechts¬ 
anwälte und Beamte bemühen sich, in dem wogenden wirtschaft¬ 
lichen Kampfe Oberwasser zu gewinnen, eine gesunde Existenz 
sich zu erringen. Die einen suchen es zu erreichen, indem sie 
sich organisieren, um durch die Macht der Einigkeit Einfluß 
auf die Gesetzgebung zu gewinnen, die anderen* schließen sich 
wirtschaftlich zusammen, Beamte petitionieren an Regierung 
und Volksvertretung, Ärzte, Rechtsanwälte, Förster und Techniker 
suchen durch Aufklärung über die Chancen des Fortkommens 
einer weiteren Überfüllung vorzubeugen — schließlich ist es ja 
bei Personen wie bei Sachen. — Preis und Verdienst stehen 
in engem Verhältnis zu Angebot und Nachfrage. 

Wie steht es nun mit uns Tierärzten in dieser Frage? 

Der Umstand, daß immer wiederkehrende Klagen über die 
Überfüllung in unserem Stande laut werden, daß eine nicht zu 
verstehende Vermehrung der Neuimmatrikulationen in diesem 
Sommersemester stattfand, drängte die Vereinigung sächsischer 
Privattierärzte dazu, in ihrer diesjährigen Generalversammlung 
sich mit diesem Punkte zu beschäftigen, und führte zu dem Be¬ 
schluß, durch Aufklärung gegen die weitere Überfüllung unseres 
Standes vorzugehen. 

Wollte man dem glauben, was in anderen Kreisen über 
unser Einkommen gedacht wird, so geht es uns sehr gut — 
eigentlich am besten unter den gelehrten Berufsständen. Wer 
die einschlägigen Verhältnisse nicht kennt, kommt leicht zu 
einer Täuschung. Nimmt man dagegen Angehörige anderer 
Stände, die uns um unsere Einkünfte beneiden, mit auf Praxis 


**• 



714 

und demonstriert ihnen so ad oeulos, was wir an Zeit und Un¬ 
kosten aufwenden müssen, dann staunen sie, wie man sich bei 
uns plagen muß, um ein halbwegs anständiges Leben führen zu 
können. Daß eine so verkehrte Anschauung in der breiten 
Masse des Volkes Platz greifen konnte, daran hat ein großer 
Teil der Kollegen, vor allem wohl jüngere, selbst schuld! Es 
ist gut, daß dies schon einmal von Herrn Kollegen Dralle 
öffentlich ausgesprochen wurde, es ist tatsächlich so — tag¬ 
täglich kann es der Praktiker hören. 

Mögen die Betreffenden es sagen aus geschäftlicher Un¬ 
erfahrenheit oder in der Meinung, sich, wie Dralle glaubt, 
dadurch Ansehen zu verschaffen — es mag dahingestellt sein 
— unter allen Umständen bleibt es verwerflich! Sie schädigen 
sich, ihre Kollegen und die, die es werden wollen! Ein Blick 
in die Inseratenteile unserer Fachzeitschriften lehrt uns etwas 
ganz anderes, wenn man leider nur zu häufig Stellenangebote 
findet, die uns die Schamröte ins Gesicht treiben. 

Hohe Einkommen, wie z. B. bei Ärzten und Rechtsanwälten 
mit denen wir uns nötigerweise vergleichen müssen, gibt es bei 
uns überhaupt nicht. Es kommen nur mittlere in Betracht. 
Was ist nun aber ein mittleres Einkommen? Durch intimeren 
Verkehr mit Ärzten und Rechtsanwälten erfährt man, daß diese 
ein Einkommen von 1*2 OOO M. für wünschenswert und nicht für 
übermäßig hoch halten, und die Mehrzahl von ihnen verdient 
es auch (trotz der beweglichen Klagen, die man hört), wenn sie 
sich in die Praxis eingeführt haben. Wenn man weiterhin in 
Betracht zieht, daß höhere Lehrer, Juristen und andere Beamte 
mit akademischer Bildung es am Ende des mittleren Mannes- 
alters fast durchweg auf 7000—8000 M. pensionsfähiges 
Gehalt bringen, so muß man für Leute derselben Bildung in 
der freien Konkurrenzarbeit mit ihren hohen Spesen das obige 
Einkommen als normal betrachten und um so mehr, wenn man 
die Gefahr für das eigene Leben, die körperlichen Anstrengungen 
und bei uns die immerwährende Dienstbereitschaftsnotwendigkeit 
mit in Betracht zieht. 

Inhaber tierärztlicher Stellen mit derartigen Einkünften 
müssen wir aber bei Tage mit der Laterne suchen. Es mag 
sein, daß es 1iin und wieder einen gibt, der das verdient, aber 
dieser Glückliche schweigt, er hängt es nicht an die große | 
Glocke, schon aus Furcht, daß ihm ein Konkurrent erstehen 
könne. Die meisten Kollegen müssen sich mit einem weitaus 
geringeren Einkommen zufrieden geben. Das geht zur Genüge 
aus mehreren Wahrnehmungen hervor: wie schon erwähnt, aus 
den „lukrativen“ Stellenangeboten in den Fachblättern, aus dem 
Umstand, daß sich viele, selbst ältere Kollegen, mit Rad und 
Motorrad herumplagen müssen, um die Unkosten herabzumindern, 
daß sehr viele, die auch einmal Erholung vom nervösen Hasten 
suchen möchten, die Scholle nicht verlassen können und daß 
ein großer Teil der Kollegen sich nicht in dem Milieu bewegt, 
in das er seiner Bildung nach gehört, und sich so vor Ausgaben 
schützt, die nun einmal ein Reservat der Gebildeten sind. 

Ausgenommen die großen Städte, regelt sich das Einkommen 
der Tierärzte nach den im Bezirk vorhandenen Großrindern und 
Pferden, da man wegen anderer Tiere w’enig konsultiert wird. 
Bei manchen wird wohl das Impfen der Schweine die Einnahme 
erhöhen, in Sachsen dürfte dies aber so erheblich nicht mitsprechen. 
Dividiert man nun die ganze Jahreseinnahme ohne Abzug der 
Unkosten, so bekommt man eine Einheit, die Dralle auf 2 M. 
pro Großtier berechnet. Diese Zahl ist nach unseren Be- 


No. 40. 

rechnungen zu hoch, sie ist im günstigsten Falle, die Er¬ 
gänzungsbeschau eingerechnet, nur 1,30 M. 

1906 gab es in Sachsen 289 Tierärzte, die sich teilten in 
die Behandlung von 877 264 Pferden und Großrindern im gleichen 
Jahre. Das ist demnach 3055 X 2 = 6070 M. 

Nimmt man trotzdem 2 M. an, um von vornherein dem 
Einwande gegen die Berechnung zu begegnen, daß doch auch 
die Behandlung von Hunden und Schweinen etwas bringt, 16 
sind von diesen 6070 M. die Unkosten nicht abgerechnet. Viele 
Kollegen können sich der immer stärker werdenden Konkurrenz 
wegen kein Geschirr mehr halten. Sie mieten sich nur im Not¬ 
fall Geschirr und kommen sonst zu Fuß, per Bahn oder Rad 
vorwärts. Hält man nun eine Umfrage über die Höhe ihrer 
Spesen, so erfährt man, daß diese Kollegen ohne eigenes 
Geschirr mit 25—30 Proz. Unkosten gearbeitet haben. Nimmt 
man auch hier wieder die minimalste Ziffer, so ergibt sich bei 
einem Einkommen von 6070 M. = 1518 M. Abzug, also ein 
Verdienst von zirka 4500 M. Das ist also das gerühmte hohe 
normale Einkommen der sächsischen Tierärzte, auf dem Bis bis 
ins hohe Alter — wenn sie es je erreichen — fest sitzen bleiben! 
denn eine Erhöhung der Einkünfte durch Erweiterung der Praxis 
ist in den meisten Fällen bei der Dichtigkeit des tierärztlichen 
Personals rein undenkbar. Man kann den Kollegen selbst über¬ 
lassen, darüber nachzudenken, und hoffentlich zieht mancher 
Renommist seine Konsequenzen hieraus. 

Aber nicht allein das Verhalten von jungen Kollegen ohne 
Geschäftssinn, bei denen wohl der Wunsch der Vater des Ge¬ 
dankens, viel Geld zu verdienen, gewesen ist, auch noch ein 
anderer Umstand hat wohl dazu beigetragen, daß man uns im 
allgemeinen bezüglich des nervus rerum überschätzt. Alle, 
die längere Zeit schon in der Praxis stehen, begrüßten die Ein¬ 
führung der Maturität nicht allein als eine wohlverdiente 
Anerkennung tierärztlicher Forschung und Arbeit, sondern sie 
glaubten auch, daß in Zukunft unser Beruf weniger Zuzug haben 
würde und das nur, weil sie die Überzeugung hatten, daß seit 
der Erhebung der Tierarzneischulen zu Hochschulen übergenug 
Tierärzte approbiert wurden. Man hat es deshalb nicht verstanden, 
daß von seiten der Hochschulen damals, um den „nötigen“ Nach¬ 
wuchs zu sichern, Aufforderungen zum tierärztlichen Studium 
in den politischen Tageszeitungen erschienen. Für die Ein¬ 
geweihten erweckte dies den Eindruck der Ängstlichkeit; denn 
man mußte annehmen, daß die Urheber dieser Artikel der An¬ 
schauung lebten, daß unsere Wissenschaft allein und was sonst 
über das Veterinär wesen im allgemeinen bekannt war, nicht 
genug Werbekraft besitzen würde. Man hätte dessen eingedenk 
sein sollen, daß nicht die Arbeit bzw. das Objekt, das er be¬ 
arbeitet, einen Stand entwerten kann, sondern daß die Arbeit 
wertvoll und anerkannt wird, wenn sie von gebildeten 
Menschen gewissenhaft ausgeführt wird. Die Praktiker haben 
damals allgemein dazu geschwiegen, aber durchaus nicht, weil 
sie damit übereinstimmten, sondern einmal, um die Herren nicht 
zu desavouieren und zum anderen, weil man hoffte, daß der 
Zuzug zum Studium dem vorhandenen Bedürfnis entsprechen 
würde. Hätte man demgegenüber, daß gesagt wurde: das 
Studium bringt den Vorteil, gleich nach der Approbation in 
annehmbare Stellungen eiurücken zu können, entgegen gehalten, 
daß diese Kollegen, wenn sie alt sind, zumeist noch in der¬ 
selben d. h. gering dotierten Stellung sich befinden, dann hätte 
] man allerdings mehr geschadet als genützt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


715 


1. Oktober 1908. 


Heute sieht man nun, daß sich junge Kollegen in ihrer 
Not, troti der Warnung erfahrener, in allen möglichen und un¬ 
möglichen Orten niederlassen, in denen sie sich in absehbarer 
Zeit niemals eine gesunde Existenz schaffen können. 

Erst neuerdings hat man wieder erfahren, daß von den 
5000 Tierärzten Deutschlands über 400 — also mindestens 
8 Proz. — ohne gesicherte Existenz sind. Was würde in den 
Zeitungen für ein Geschrei entstehen, wenn z. B. in einer Stadt 
wie Dresden von 100 000 Menschen, die arbeiten wollen und 
müssen, 8000 beschäftigungslos wären? Es ist ein entschiedener 
Verdienst von Dralle, daß er darauf hingewiesen hat, wir 
würden schlimmes erleben, wollten wir zu dieser Not keine 
Stellung nehmen. Wie lange wird es dauern, bis diese aus 
den Jahrgängen von 1900 bis 1906 stammenden Kollegen ein 
Unterkommen finden? Wie groß wird aber die Zahl der Be¬ 
schäftigungslosen erst sein, wenn die Zahl der Approbationen 
stetig wächst? Die Immatrikulationen sind, als die Einführung 
der Fleischbeschau bevorstand, von 1898—1900 um 19,6 Proz. 
gestiegen und seitdem noch mehr. Es hat sich aber doch, als 
die Fleischbeschau eingefuhrt wurde, kein Mangel an Tierärzten 
fühlbar gemacht, und das ist doch der beste Beweis dafür, daß 
genug vorhanden waren. 

Fehler sind bekanntlich nicht dazu da, daß sie gemacht 
werden, sondern daß man aus ihnen eine Lehre zieht. Und die 
Erfahrungen des ärztlichen und juristischen Standes zeigen uns, 
daß es nötig ist, beizeiten sich zu rühren und mit kräftiger 
Hand einzugreifen, um der Bildung eines neuen Proletariats 
vorzubengen, das die aufkeimende Hofinung auf Hebung des 
tierärztlichen Standes schändlich wieder zugrunde richten muß. 
Gerade der Umstand, daß die Ärzte zu spät Abwehrmaßregeln 
ergriffen haben, bedingt es, daß die Überfüllung ein ganzes 
Menschenalter andauert, da ja auch die Verwarnungen keinen 
sofortigen fühlbaren und dauernden Rückgang der Frequenz der 
medizinischen Fakultäten herbeiführten. 

Deshalb ist es jetzt an der Zeit, daß sich die Tierärzte 
gegen eine weitere Überfüllung ihres Standes rühren. Nicht 
nur aus einem gesunden Egoismus heraus, sondern auch aus 
Humanität gegen die unerfahrenen Abiturienten, die bei uns guten 
und leichten Verdienst zu finden vermeinen, sind wir zum Vor¬ 
gehen gezwungen. Möchten sich auch die anderen tierärztlichen 
Vereine Deutschlands diese Sorge zu der ihrigen machen und 
wie wir, durch Aufklärung der Abiturienten und ihrer Lehrer 
gesunde Verhältnisse zu schaffen suchen! 

Die Vereinigung sächsischer Privattierärzte. 

I. A.: Geißler. 

Herbstversammlang 

des Vereins Rheinpreußischer Tierärzte 
am 8. September 1907 im Hotel Heck zu Düsseldorf. 

Die Versammlung, zu der sich 45 Mitglieder eingefunden hatten, 
wurde vom Vorsitzenden gegen 11‘/a Uhr mit einer kurzen Ansprache 
oröffnet. 

Unter Punkt 1 der Tagesordnung erfolgte die Verlesung der 
eingegangenen Entschuldigungsschreiben und verschiedener anderer 
eingelaufenen Schriftstücke. Von den letzteren hatte die Antwort 
des Allgemeinen Ärztlichen Vereins zu Köln auf die eingereichte 
Beschwerde gegen Dr. Funck (wegen des Artikels im Türmer) 
besonderes Interesse. Trotz der ausweichenden und ungenügenden 
Fassung des betr. Schreibens hielt die Versammlung es für das 
boste, von einer weiteren Verfolgung der Angelegenheit abzusehen. 


Der Antrag, einen Bücherschrank auf Vereinskosten anzuschaffen 
und im Schlachthofe zu Köln aufzustellen, fand allseitige Zu¬ 
stimmung. 

Zur Aufnahme in den Verein hatten sich folgende Herren ge¬ 
meldet: 1. Kreistierarzt Belcour-M.-Gladbach, 2. Tierarzt Fack- 
Gerresheim, 3. Kreistierarzt Eckardt-Neuß, 4. Tierarzt Dr. 0. Kühn- 
Aachen, 5. Tierarzt Hün erb ein-Geilenkirchen, 6. Tierarzt Tönnies - 
Zülpich, 7. Tierarzt Bath-Düsseldorf, 8. Tierarzt Dennemark- 
Huckingen, 9. Schlachthofdirektor Bolsinger-Eupen, 10. Schlacht¬ 
hofdirektor Ackermann-Ohligs, 11. Tierarzt Bennewitz-Dovcrn. 
Mit der einstimmigen Aufnahme der vorgenannten II Kollegen 
beträgt die Mitgliederzahl nunmehr genau 150. 

Die Verlesung des Protokolls durch den Schriftführer gab 
Strohe-Köln Veranlassung einen kurzen Passus in demselben zu 
beanstanden. Die Versammlung billigte jedoch einstimmig den 
Gesamtinbalt des Protokolls. 

Bockolmann-Aachen erstattete im Anschluß daran Bericht 
über seine Reise nach Hannover, die er zur Übermittlung der 
Glückwünsche des Vereins gelegentlich des 50jährigen Dienst¬ 
jubiläums des Ehrenmitgliedes Herrn Geheimrat Prof. Dr. Kaiser 
unternommen hatte. Der Berichterstatter schilderte in trefflicher 
humoristischer Weise, mit welch großen Schwierigkeiten es ver¬ 
knüpft gewesen sei, des Jubilars überhaupt habhaft zu werden. Fiir 
seine Findigkeit und für die ausgezeichnete Erledigung seiner 
Mission erntete Bockeimann allseitigen Beifall. 

Durch die Verlesung eines Protestes, der gegen die Leitung 
der letzten Generalversammlung von Althof-Betzdorf auf Grund 
des § 50 der Statuten beim Vorstand eingereicht war, wurde die 
Angelegenheit Strohe*Dr. Flatten von neuem aufgerollt. Der 
Protest richtete sich im wesentlichen gegen die von dem stell¬ 
vertreten Vorsitzenden auf der letzten Frühjahrsversammlung cin- 
gebrachte Resolution gegen Dr. Flatten sowie gegen die Ablehnung 
einer von Althof eingebrachten Gegenresolution. 

Der Vorsitzende trat, indem er die heirige Abwesenheit seines 
l Stellvertreters lebhaft bedauerte, Althofs mündlichen Ausführungen, 
die in dem Vorwurf der Parteilichkeit des Vorstandes gipfelten, 
ganz energisch entgegen. Der Protest wurde nach kurzer Debatte 
mit überwiegender Stimmenmehrheit abgelehnt. Bongartz-Bonn 
benutzte diese Gelegenheit, um mit warmen, herzlichen Worten an 
das Solidaritätsgefühl aller Mitglieder zu appellieren und die 
Mahnung auszusprechen, den kleinlichen Haß und Hader, der ja 
leider im menschlichen Leben allerorts vorkäme, nach Möglichkeit 
zu bekämpfen und zu vergessen suchen. Ein Schüren des Hasses 
sei eines gebildeten Menschen unwürdig, gereiche ihm zur Unehrc, 
und der Leidtragende dabei sei der ganze Stand Der lebhafte 
Beifall bewies, daß Bongartz den richtigen Ton getroffen hatte. 

Von zwei dem Vorstande eingereichten Anträgen in Sachen 
Strohe — Dr. Flatten schlug der "eine, von Nehrhaupt-Köln 
eingereicht, vor, daß die Regelung von Differenzen zwischen Mit¬ 
gliedern dem Vorstande allein überwiesen werden sollte und nur, 
wenn dieser zu einem definitiven Beschlüsse nicht kommen könnte, 
dürfe die betreffende Angelegenheit der Generalversammlung unter¬ 
breitet werden. 

Ein zweiter, ausführlich begründeter Antrag, unterzeichnet von 
Bettel hä u 8 er-Duisburg, van Straaten-Dinslakcn, Schmitz- 
Mülheim, bezweckte die Ausschließung von Strohe aus dem Verein. 

Um beiden Anträgen gerecht zu werdon, und um nach 
Möglichkeit einen baldigen und endgültigen Abschluß der 
unerquicklichen, die Interessen des Vereins schädigenden An¬ 
gelegenheit herbeizuftthren, beantragte der Vorsitzende die Wahl 
einer Kommission, bestehend aus drei Mitgliedern, die die ganze 
Angelegenheit Flatten — Strohe nochmals zu prüfen und der 
Frühjahrs Versammlung Vorschläge über ihre endgültige Regelung 
zu machen hätte. Dabei wäre es gleichzeitig eine wesentliche 
Aufgabe der Kommission, einen Ausgleich zwischen den Streitenden 
herbeizuführen. Die Versammlung nahm nach kurzer Debatte den 
Vorschlag an mit der Abänderung, daß der Kommission das Recht 
zur Kooptation auf fünf Mitglieder zustehen solle. In die Kom¬ 
mission wurden den Vorschlägen des Vorstandes entsprechend ge- 



716 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


wählt: Bettelhäuser-Duisburg, Dr. Davids-Mülheim (Rhein) und 
Bongartz-Bonn (als Obmann). 

Es folgte nunmehr die Verlesung eines Antrages Grupe- 
Malmedy, in Zukunft die Frühjabrsversammlung nicht mehr im Mai, 
sondern im Februar abzuhalten. Die Versammlung schloß sich der 
Begründung des Antragstellers, von einzelnen Stimmen abgesehen, 
nicht an. Es soll jedoch mit Rücksicht auf eine Anzahl von Mit¬ 
gliedern in Zukunft der Anfang der Versammlung probeweise 
12 Ubr mittags, nicht, wie bisher, 11 Uhr vormittags stattfinden. 

Nach kurzer Pause hielt Kreistierarzt Eck har dt-Neuß einen 
längeren, sehr interessanten Vortrag: „Über die Stellung der Tier- 
ärzto in der rheinischen Kaltblutzucht.“ 

Der Vorsitzende sprach dem Referenten für die lichtvolle Be¬ 
handlung des aktuellen Themas den Dank der Versammlung aus 
und knüpfte daran die Mahnung, daß es Pflicht der Tierärzte sei, 
sich mehr als es bisher geschehen, der Pferdezucht zu widmen 
Vor allen Dingen solle möglichst jeder Tierarzt bestrebt sein, die 
Mitgliedschaft der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft zu 
erwerben, denn dadurch würden Beider Interessen, die Interessen 
der Tierärzte und die der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 
gefördert. 

Der Vortrag zeitigte eine recht lebhafte Debatte, an der sich 
außer dem Vorsitzenden die Mitglieder Suckow-B. Gladbach, 
Bongartz-Bonn und Dr. Kenten-Geldern beteiligten. Suckow 
hat, wie er ausführt, seine ersten züchterischen Unterrichtsstudien 
beim Landstallmeister Dr. Grabensee erhalten. Der Wohlstand 
der rheinischen Pferdezucht sei ver allem zwei deutschen Tierärzten 
zu danken, außer Grabensee noch Schwarzenecker. Überaus 
empfehlenswert zum Studium der einschlägigen Verhältnisse sei 
Rau: „Die Notlage der Pferdezucht“. Bongartz widersprach dem 
Vorredner insofern, als wohl Grabensce, aber nicht Schwarzen- 
ecker zuerst auf das Kaltblut hingewirkt habe. Schwarzenecker 
habe vielmehr als Ideal das Ralbblut hingestellt Er bestreite 
keineswegs die ungewöhnlich großen Verdienste Sch warzcneckers 
um die Hebung der Pferdezucht, aber besondere Verdienste um die 
Kaltblutzucht kämen ihm nicht zu. Für uns Tierärzte tue im übrigen 
in erster Linie Selbsthilfe not, d. b., es sei unbedingt erforderlich, 
daß wir allerorts den landwirtschaftlichen Lokalvereincn als Mit¬ 
glieder beiträten, Vorträge hielten usw. So habe er schon in zahl¬ 
losen Vereinen zugunsten des Kaltblutes seit langen Jahren Vorträge 
gehalten und, wie er glaube, viel Erfolge dadurch erzielt. 

Dr. Keilten ist weniger Optimist als Bongartz Nach seiner 
Ansicht wären wir den landwirtschaftlichen Gesellschaften recht 
willkommen, wenn wir Vorträge hielten, aber im übrigen suche man 
uns, nachdem man uns ausgenutzt habe, in der Regel beiseite zu 
schieben Vom Vorsitzenden wird bemerkt, daß bereits vor langen 
Jahren der verstorbene Departementstierarzt Sticker in einem 
längem Exposö auf die großen Vorzüge der Kaltblutzucht gegen¬ 
über der damals staatlich geförderten Halbblutzucht hingewiesen 
habe. Suckow, der selbst seit Jahren als tierärztlicher Vorkämpfer 
für die Edelzucht in der vordersten Reihe steht, schildert zum 
Schlüsse die beispiellosen Erfolge, die die Rheinprovinz mit ihrem 
für die Zucht so sehr geeignetem Boden und Klima zu verzeichnen 
habe. Der Boden bedürfe allerdings einer entsprechenden Be¬ 
handlung. Er belegt das an einer Reihe von Beispielen und schließt 
seine Ausführungen mit einer nochmaligen Würdigung der Verdienste 
Schwftf seneckers. 

Mit Rücksicht auf die weit vorgeschrittene Zeit fielen die 
„Mitteilungen aus der Praxis ‘ (Punkt 5) nur spärlich aus. Allgemeines 
Interesse erweckte jedoch der von Dr. Beecker-Köln angeführte 
Fall einer versuchten Kryptorchidcn-Operation, wobei kein Hoden 
zu finden gewesen sei. Die Obduktion des bald darauf ein¬ 
gegangenen Tieres habe eine äußerst umfangreiche sarkomatöse 
Entartung eines Hodens, dessen Gewicht 145 Pfund betragen habe, 
ergeben. 

Bei dem sich anschließenden Mittagessen wurde die geringe 
Teilnahme der Damen um so mehr bedauert, als das herrlichste 
Sommerwettcr Gelegenheit bot, späterhin die Kunst- und Garten¬ 
stadt Düsseldorf in ihrer ganzen Schönheit kennen zu lernen 
gez. Dr. Lothes, Vorsitzender, gez. Wigge, Schriftführer. 


Verein Pfälzer Tierärzte. 

Die 66. ordentliche Generalversammlung fand am 22. August 
im Saale des Hotels Dümmler in Homburg statt und wurde um 
11V 4 Uhr mit herzlichen Worten durch den Vereinsvorstand eröffnet 

Leider war Herr Kreistierarzt Marggraff zum allgemeinen 
Bedauern am Erscheinen verhindert. 

Beehrt wurde die Versammlung durch den Besuch der Herren 
Landestierarzt Dr. Vogel und Ehrenmitglied Landstallmeister 
Bauwerker. 

Erschienen waren 33 Mitglieder: D’Alloux, Braun, Breß, 
Eckart, Engel, Feil, Fenzel, Frank Albert, Höfle, Löffler, 
Mahler, Mattem, Markert, Meyer, Müller, Dr. Musterte, 
Oehl, Rabus, Reinhardt, Rohr, Sauer, Semmler, Thomas, 
Weigand Friedr., Weigand Wilhelm, Weigand Otto, Witzig¬ 
mann uncj Zimmer, ferner dieKollegenHerzer und H au ck als Gäste. 

Ihre Abwesenheit haben entschuldigt: Dr. Lydtin, Louis, 
Bitsch, Eckardt, Hengen, Hirsch, Köhl, Mayer, Dr. Ohler, 
Seibert, Steiger, Steynbrenner und Zix. 

Beim Mitgliederstand Bind nachstehend Änderungen eingetreten: 
Wöhner, Kritzer und Roinheimer sind ausgetreten, EhrenB- 
b erg er ist gestorben; der Vorstand widmete demselben einen 
warmen Nachruf. Dem Gedenken des Verstorbenen zu Ehren er¬ 
hoben sich die Anwesenden von den Sitzen. Neu eingetreten sind 
Braun-Blieskastel, Harder-Wulfstein und Rabus-Kaiserslautern. 
Am 1. August 1908 war der Stand: 55 ordentliche, 2 außerordent¬ 
liche und 3 Ehrenmitglieder. 

Beim Geschäftsbericht hob der Vorstand hervor, daß die Tätig¬ 
keit der Vorstandschaft besonders in Anspruch genommen wurde 
durch lange Verhandlungen mit anderen Beamten-Kategorien wegen 
eines infolge der neuen Gehaltsordnung geplanten Zusammen¬ 
schlusses aller Beamten. Bei dem Vertrauen in die wohlwollende 
Haltung der Königl. Staatsregierung sowie der gesetzgebenden 
Körperschaften glaubte die Leitung des Vereins nach eingehender 
Beratung eine ablehnende Stellung einnehmen und von weiteren 
Schritten in dieser Angelegenheit absehen zu müssen, eine Ansicht, 
welche durch den Gang der Dinge vollauf gerechtfertigt wurde. 
Der Vorstand hält dabei einen kurzen Rückblick über die früheren 
ßesoldungsverhältnisse der Amtstierärzte zwischen einst und jetzt. 
Die amtlichen Tierärzte dürften mit der beschlossenen Gehalts¬ 
ordnung zufrieden sein und sind es auch. 

Der Kassabericht ergab mit dem Überschuß vom Vorjahre 
481,75 M. Einnahmen und 280,14 M. Ausgaben, somit einen Über¬ 
schuß von 201,61 M. Dem Rechner wurde Entlastung erteilt. 

Als Ort der nächsten Generalversammlung wurde Bad Dürkheim 
bestimmt. 

In den Ausschuß wurden gewählt: Heuberger, Müller, Rohr, 
Engel und Thomas und als Ersatzmänner Feil und D’Alleux 
in den Obermedizinalausschuß: Marggraff und als Stellvertreter 
Thomas. 

Als Vertreter des Vereins für den Internationalen Tierärztlichen 
Kongreß 1909 im Haag wurde Vorstand Heuberger und als dessen 
Vertreter Feil bestimmt. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung „Die Mitwirkung der Tierärzte 
bei Förderung der Haustierzucht“ erstatteten die Zuchtinspektoren 
Eckart und Rabus sehr beifällig aufgenommene Referate. Beide 
Redner betonten die engen Beziehuugen zwischen Tiermedizin und 
Landwirtschaft und besprachen eingehend die vielfachen Gelegen¬ 
heiten, bei welchen der Tierarzt bei Hebung der landwirtscha t- 
lichen Haustierzucht mitwirken kann und muß, wobei sie die bis¬ 
her schon nach dieser Richtung hin mit Erfolg entfaltete Tätigkeit 
der Tierärzte hervorhoben. 

An der Diskussion beteiligten sich Landestierarzt Dr. Vogel, 
Frank, Engel, Eckart, Heuberger, Markert und Sauer. 

Punkt 3: Die Tierärztliche Gesellschaft in Berlin hat den 
Antrag gestellt, die außerordentliche Fleischbeschau als besonderen 
Lehrgegenstand an den Tierärztlichen Hochschulen einzuführen. 
Die Generalversammlung beschließt hierzu, „eine Erweiterung und 
Vertiefung dos Unterrichtes nach dieser Richtung hin sei wünschens¬ 
wert, aber erst dann, w r enn die an und für sich schon zu kurze 
Studienzeit verlängert worden ist“. 



1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


717 


Ein Beschluß des Tierärztlichen Provinzialvereins für Schleswig- 
Holstein betr. Milchverkehr wird zur Kenntnis gegeben. 

Nachdem wie alljährlich der Vereinsvorstand insbesondere die 
jüngeren Kollegen dringend zum Beitritt in den Unterstützungs¬ 
verein für die Hinterbliebenen bayrischer Tierärzte aufgefordert 
hatte, wurde die Versammlung gegen 2 Uhr geschlossen. 

Das sich anschließende gemeinsame Mittagsmahl hielt die 
Teilnehmer bis zum Abgang ihrer Züge in fröhlicher Stimmung 
beisammen. 

Auf Wiedersehen in Bad Dürkheim! 

Yom Reichsgericht. 

(Neue Entscheidungen des Reichsgerichts 
von K. Miß lack, Leipzig-Ötzsch). 

Unfall bei einer Tieroperation und Haltbarmachung des Tlereigentümera 
aus den §§ 618, 278 B. G. B. 

(Vom Reichsgericht.) (Nachdruck verboten.) 

Bei der Vornahme einer Operation an der Tierärztlichen 
Hochschule in Berlin wurde der Kläger dieses Rechtsstreits, 
der 8. Z. Hochschuldiener war, von einem Hengste, den er vor- 
föhren und halten sollte, gebissen, an die Wand geschleudert 
und dadurch schwer verletzt. Die Operation wurde durch Dr. 
K. ausgeführt, der dem Kläger kurz vor Eintritt des Unfalles 
aufgegeben hatte, dem Hengste die Nasenbremse abzunehmen. 
Trotzdem Kläger auf die Bissigkeit des Tieres hingewiesen 
hatte, war Dr. K. auf seinem Begehren stehen geblieben, da die 
Operation sonst unmöglich sein sollte. Der Kläger behauptete, 
durch diesen Unfall gänzlich erwerbsunfähig geworden zu sein 
und verlangte vom Preußischen Staatsfiskus als Tierhalter und 
Dienstherr Zahlung seines vollen Gehalts, indem er die Klage 
auf die §§ 883, 012, 278 B. G. B. stützte. 

Das Landgericht zu Berlin erklärte den Beklagten als Tier¬ 
halter gemäß § 833 B. G. B. für haftbar, ohne auf die Frage 
der Haftung aus den §§ 618, 278 B. G. B. näher einzngehen. 
Auf die Berufung des Beklagten verneinte das Kammergericht 
die Haftung aus § 833 B. G. B., indem er höchstwahrscheinlich 
die Operation als Einwirkung eines unwiderstehlichen Zwanges 
auf die Sinne des Tieres ansieht. Dagegen bejaht das Kammer¬ 
gericht die Verpflichtung zum Schadenersätze aus dem Dienst¬ 
vertrage in analoger Anwendung der §§ 618, 278 B. G. B. 
Beide Vorinstanzen nehmen an, daß der Kläger durch den Unfall 
die Hälfte seiner Erwerbsfähigkeit eingebüßt habe und erachten 
deshalb den Beklagten für verpflichtet, dem Kläger eine Rente 
von 50 Proz. seines amtlichen Diensteinkommens und vom 
65. Lebensjahre die ihm zustehende volle Pension zu zahlen. 
DaB Kammergericht stellt fest, daß der ursächliche Zusammen¬ 
hang zwischen der Abnahme der Bremse und dem Angriffe des 
TiereB erwiesen sei, und daß Dr. K. fahrlässig gehandelt habe, 
als er trotz der ihm bekannt gegebenen Bissigkeit des Pferdes 
darauf bestand, ohne vorher anderweitig Schutzmaßregeln an¬ 
zuordnen. Da Dr. K. aber Leiter der Operation im Aufträge 
des Beklagten gewesen sei, hätte er nach § 618 B. 0- B. An¬ 
ordnungen treffen müssen, die den Kläger hinreichend schützen 
konnten. Die nach der Abnahme der Bremse getroffene Anord- 
ordnung, den Zügel des Pferdes ganz kurz zu fassen, hatte der 
Kläger nicht mehr auBführen können, da der Angriff des Tieres 
ihm zuvorgekommen war. Nach den Ausführungen des Kammer¬ 
gerichts hat der Beklagte aber nach § 278 B. G. B. für die 
Fahrlässigkeit seines Vertreters einzustehen, wie für eigene 
Fahrlässigkeit. 

Gegen dieses Urteil hatte der beklagte Fiskus Revision 


beim Reichsgericht eingelegt und besonders geltend gemacht, 
daß die Operation ohne Abnahme der Bremse nicht zu ermög¬ 
lichen gewesen sei. Der in. Zivilsenat des höchsten Gerichts¬ 
hofes erkannte jedoch auf Zurückweisung der Revision, 
indem er dazu noch folgendes äusführt: „Selbst wenn aber die 
ärztliche Behandlung des Pferdes nicht ohne Abnahme der 
Bremse möglich gewesen sein sollte, blieb immer noch bestehen, 
daß der leitende Arzt nicht durch andere Sicherungsmaßregeln 
für die herstellbare relative Gefahrlosigkeit der Dienstleistung, 
wie sie § 618 erfordert, gesorgt hat. Seine vom Beklagten 
behauptete Anordnung, der Kläger solle den Zügel des Pferdes 
ganz kurz fassen, wäre nur dann ein* ausreichender Ersatz der 
Bremse gewesen, wenn beide Maßnahmen von einer Person 
gleichzeitig nebeneinander technisch in ausreichend 
sicherer Weise ausführbar gewesen wären, dergestalt, daß sich 
das Pferd in jedem Augenblicke in der vollen Gewalt des 
Klägers befunden hätte. Das aber hat der Beklagte nicht be¬ 
hauptet, in dem Tatbestände erster Instanz sind beide Maßregeln 
als wahlweise anwendbar bezeiclmet, es ist aber nicht gesagt, 
daß man gefahrlos von der einen zur andern unter den da¬ 
maligen Umständen, wo sich das Pferd bereits sehr unruhig und 
gereizt zeigte, übergehen konnte. Bei solcher Sachlage wäre 
die Zuziehung einer zweiten Hilfsperson erforderlich gewesen. 

Unbegründet ist auch der letzte Angriff der Revision, der 
sich gegen die Höhe des zuerkannten Schadenersatzes richtet 
und eine Verletzung des § 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be¬ 
hauptet. Die Revision meint, eine Wiederherstellung des früheren 
Zustandes würde darin liegen, daß der Beklagte den Kläger 
wieder als Beamten unter den früheren Bedingungen anstelle. 
Geschäht das, so würde es dann dem Beklagten freistehen, von 
seinem Kündigungsrechte Gebrauch zu machen. Dies Recht 
werde ihm durch die Entscheidung des Berufsgerichts genommen. 
Der Ausgangspunkt dieser Erwägung trifft nicht zu. Wieder¬ 
herstellung des früheren Zustandes läge nur dann vor, wenn der 
Beklagte dem Kläger nicht nur seine frühere Stellung, sondern 
auch seinen früheren Gesundheitszustand wieder verschaffte. Da 
letzteres nicht möglich ist, so hat er den Kläger durch eine 
Geldrente nach Maßgabe des § 618 B. G. B. Absatz 3 zu ent¬ 
schädigen. Bei der Bestimmung des Maßes dieser Rente hat 
das Berufsgericht zutreffend die Erwerbsverhältnisse zur Grund¬ 
lage genommen, in denen der Kläger vor dem Unfälle gelebt 
hat und ohne ihn weiter gelebt haben würde. Die Möglichkeit 
der Kündigung hat das Gericht erwogen, aber angenommen, daß 
die Kündigung eines Staatsbeamten nicht willkürlich, sondern 
nur aus gerechtem Grunde erfolgt, und daß es hier an jedem 
Anhalte dafür fehle, daß der Beklagte in Zukunft einmal 
gerechten Anlaß zur Kündigung gehabt und davon Gebrauch 
gemacht hätte. Das Berufungsgericht geht also von der tat¬ 
sächlichen Annahme aus, daß der Kläger ohne den Unfall aller 
Wahrscheinlichkeit nach bis zum 65. Lebensjahre in seiner 
Stellung beim Beklagten geblieben wäre und das nach der Be¬ 
soldungsordnung sich ergebende Gehalt bezogen hätte. Wenn 
es ihm unter dieser Annahme mit Rücksicht auf die Herab¬ 
minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 Proz. die Hälfte dieser 
Bezüge zuerkennt und für die Zeit nach dem 65. Lebensjahre 
unter der Annahme, daß er zu dieser Zeit einen höheren Ver¬ 
dienst nicht mehr gehabt haben würde, die volle Pension zu¬ 
spricht, so ist das nicht rechtsirrtümlich.“ (31. März 1908. 
Akt.-Z. III, 312/07.) K. M.-L. 





718 


Veterinär-Offizierkorps. 

Mitteilungen der politischen Presse bestätigen, daß das 
Kriegsministerium an seiner bestimmten Absicht festhält, die 
Vorlage betr. Errichtung des Veterinäroffizierkorps, mit dem 
diesmaligen Etat einzubringen. 

Wolffsches Stipendium. 

An einen Studierenden der Tierheilkunde ist um 2. Januar 1909 
für zwei Semester ein Stipendium von 300 M. zu vergeben. 

Berücksichtigung finden nur solche Studierende, welche das 
Abiturientenexamen auf einem Gymnasium oder Realgymnasium 
abgelegt und sich moralisch gut geführt haben. 

Bei der Verteilung kommen vorzugsweise nur Studierende in 
Betracht: 

a. Die eine Blutsverwandtschaft mit der Familie des Stifters 
nachzuweisen vermögen; 

b. Nachkommen folgender Freunde des Stifters: 

1. des in Göhren auf Rügen verstorbenen Hotelbesitzers 
Borgmeier, 

2. des zu Wusterhausen geborenen Rentiers Otto Gericke, 

3. des zu Finkenstein Westpr. geborenen Chemikers Wilhelm 
Lindner, 

1 des zu Calaar geborenen und verstorbenen Tierarztes 
Gustav Sichert, 

c. Söhne von Tierärzten. 

Den bis zum 15. Dezember d. J. an den Vorstand z. II. des 
Geheimen Regierungsrats Prof. Dr. Schütz, Luisenstraße 50, cin- 
zureichenden Bewerbungen sind beizufügen: 

a. Beglaubigte Abschrift des Maturitätszeugnisses; 

b. obrigkeitliches Führungszeugnis, 

c. vorkommendenfalls der Nachweis der Zugehörigkeit zu den 
unter a bis c bezeichneten Kategorien. 

Vorlesungsverzeichnis der Deutschen Kolonialschule für das 
Wintersemester 1908/09. 

I. Allgemeinbildende Lehrfächer: 

a) Kulturwissenschaften: 1. Kolonialpolitik der europäi¬ 
schen Kulturstaaten; 2. Einführung in die Volks- und Kolonialwirt- 
schaft; 3. Kulturgeographie. Direktor Prof. Fabarius. 

b) Naturwissenschaften: 1. Grundriß der Mineralogie und 
Geologie, Prof. Dr. Fcsca; 2. anorganische Chemie; 3. Physik; 

4. landwirtschaftliche Nebengewerbe, erster Teil (Technologie); 

5. Pflanzenmorphologie; 6. offizineile Pflanzen der Tropen und 
Subtropen; 7. praktische Übungen im Laboratorium; 8. technische 
Lehrausflüge. Dr. Peppler. 

c) Sonstiges: 1. Tropengesundheitslehre: Tropenländer und 

Tropenklima; Einfluß des tropischen Klimas auf den menschlichen 
Körper und seine einzelnen Teile; Bau und Tätigkeit der wichtigsten 
Organe, Sanitätsrat Dr. Men sc; 2. Rechtskunde, Amtsgerichtsrat 
D r i e ß e n; 3. Samariterkursus, Sanitätsrat Dr. C o 11 m a n n ; 

4. Sprachen: Spanisch, Portugiesisch, Suahep, Sprachlehrer 
Metzger; Holländisch, Amtsgerichtsrat Drießen; Französisch, 
Assessor a. D. Wilhelmson; Englisch, Cand. cam. Kucklentz. 

II. Wirtschaftliche Lehrfächer: 

a) Landwirtschaft:!. Allgemeiner Pflanzenbau, mit besonderer 
Berücksichtigung der tropischen und subtropischen Verhältnisse: 
Klima- und Bodenlchro, Prof. Dr. Fes ca. 

b) Tierheilkunde und Tierzucht: 1. Anatomie; 2. Physio¬ 
logie; II. Teil, einschließlich Entwicklungsgeschichte; 3. syste¬ 
matische Zoologie; 4. klinische Demonstrationen mit Milch- und 
Harnuntersuchungen; 5. Sektionen; 6. pharmazeutische Übungen; 

7. praktische Übungen in der Fleischbeschau und Trichinenschau; 

8. anatomische Übungen. Tierarzt Schröter. 

Praktische Arbeiten und Übungen in allen landwirtschaftlichen 
Betriebszweigen unter Leitung des Inspektors llunsinger. 

c) Gärtnerei: Gemüsebau mit praktischen Unterweisungen, 
(Jartenmeister Sonnenberg. 

d) Forstwirtschaft: Waldbau und Forstschutz, Forstmeister 
Prof. Dr. J entsch. 


No. 40 


Praktische Arbeiten und Übungen in allen gärtnerischen Betriebs¬ 
zweigen (Baumschule, Gemüsebau, Gewächshaus, Obstpflanzungen) 
und in Waldarbeiten. 

e) Kaufmännisches: Doppelte Buchführung: Buchführung 
eines Geschäftes, das mit Kolonialprodukten handelt, nach italienischer 
Methode, Handelslehrer Daeubert 

III. Technische Lehrfächer: 

a) Baufach: Konstruktion inStein, Baukonstruktionszeichnen, 
Architekt Prof. Strehl. 

b) Kulturtechnik: 1. Feldmeßkunde; 2. Be- und Ent¬ 
wässerung, Steuerinspektor Hahn; 3. Planzeichen, Cand. cam. 
Kucklentz. 

c) Handwerke: Schmiede, Tischlerei, Sattlerei, Stellmacherei, 
Maurerei, Zimmerei, Schuhmacherei. 

Zahl der Tierärzte in der Schweiz. 

Das Schweizer Archiv veröffentlicht, was sehr interessant 
ist, eine vollständige Liste der Verteilung der Tierärzte in der 
Schweiz. Es ergibt sich daraus, daß die Zahl der dortigen 
Kollegen 554 beträgt. Die Gesellschaft Schweizerischer Tier¬ 
ärzte ist bekanntlich einer der ältesten tierärztlichen Vereine 
und wohl schon im Anfang des vorigen Jahrhunderts begründet. 
(Der älteste tierärztliche Verein soll eine von Abildgaard 
begründete Gesellschaft gewesen sein.) Gegenwärtiger Präsident 
ist Professor Rubeli-Bern, Vizepräsident Professor Ruster¬ 
hol z-Zürich. Die Gesellschaft zählt 10 Ehrenmitglieder, dar¬ 
unter aus Deutschland Lydtin, Bollinger (der in der Schweiz 
Professor war) und Vogel-Stuttgart. 

Zum Besitzrecht auf durch Operation entfernte Teile. 

Ein Münchener Arzt hatte zwei große Nierensteine 
operativ entfernt, deren Besitz ihm der Patient indessen streitig 
machte, was den Arzt veranlaßte, das ursprünglich geforderte 
Honorar zu verdoppeln unter dem Hinweis, die Operation sei 
nur billig ausgeführt worden in der Überlassung der Steine. 
Auf die erhobene Klage wegen Erhöhung des Honorars hat das 
Oberlandesgericht München dem Arzt das hohe Honorar zu- 
geBprochen und sich gleichzeitig in bemerkenswerter Weise 
über das Besitzrecht an den Steinen ausgesprochen. Dem Arzt 
stehen hiernach an den Steinen keinerlei Rechte zu. Alle durch 
Operation aus oder vom menschlichen Körper entfernten Teile 
sind nach geltendem Recht herrenlose Sachen. An diesem steht 
dem Patienten, aus dessen Körper sie entfernt wurden, ein be¬ 
vorrechtigtes Aneignungsrecht zu, ähnlich wie dem Jagd¬ 
eigentümer an dem in seinem Jagdrevier befindlichen Wilde. 
Durch Ausübung dieses Aneignungsrechtes wird der Kranke 
Eigentümer der vorher herrenlosen Sache. Eine Aneignung des 
Arztes gegen oder ohne den Willen des Kranken ist deshalb 
ungesetzlich. Der Arzt darf unter gewissen Umständen seine 
ursprünglich gestellte Rechnung abändern. Als solchen Um¬ 
stand ließ das Gericht gelten, daß der Arzt bei Stellung seiner 
Rechnung von der Annahme ausgegangen war, er dürfe die 
Nierensteine ihreB wissenschaftlichen Wertes halber behalten. 

Sohwedische Milch für Berlin. 

Wegen der Steigerung der Engrospreise der deutschen Milch 
hat sich nach der Milchzeitung eine Großfirma entschlossen, von 
der skandinavischen Halbinsel Milch nach Berlin einzuführen. 
Dieselbe wird den Weg Trelleborg—Saßnitz (Eisenbahntrajekt¬ 
verkehr) wählen und die Milch in großen Bassinwagen verfrachten 
lassen. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


719 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preufie. 

Tierseuchen in Deutschland 1906. 

Nach dein Jahresbericht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

(Berlin, Verlag von Jnlins Springer.) 

Die Schweine8euche (Schweinepest). 

Diese Seuche hat im Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr 
eine geringe Zunahme erfahren. Betroffen wurden 11513 Ge¬ 
meinden usw. und 23911 Gehöfte, 12 bzw. 18 Proz. mehr wie 
1905. Die Zahl der erkrankten Schweine betrug 104728, 
3,8 Proz. mehr. Von den erkrankten Tieren sind 77830 
gefallen oder getötet = 74,3 Proz. Die Zahl der Seuchenfälle 
ist in den einzelnen Vierteljahren nicht wesentlich verschieden. 
Die meisten Fälle, 5926 betroffene Gehöfte mit 30749 Er¬ 
krankungen, ereigneten sich im vierten Vierteljahr, die wenigsten, 
4999 Gehöfte mit 23867 Erkrankungen, im dritten. 

Die räumliche Verbreitung der Schweineseuche in den 
einzelnen Teilen des Deutschen Reiches ist bereits auf S. 243, 
B. T. W. 1907, eingehend besprochen worden. Es bedarf daher 
hier wohl nur der Bezugnahme auf diese Veröffentlichung. 

Im Auslande hat die Schweineseuche verschiedentlich große 
. Ausbreitung gehabt, so in Österreich, in welchem Lande sie am 
stärksten in den Sommermonaten auftrat. Anfang Juli waren 
253 Gemeinden und 695 Höfe betroffen. Auf annähernd gleicher 
Höhe hielt sich hier die Seuche während der Monate Juni, Juli 
und August. Ein gleiches trifft für Ungarn zu, hier war die 
Schweineseuche noch mehr ausgebreitet. Mitte August waren 
hier 1577 Orte gleichzeitig verseucht, bis zum Jahresschluß 
ging diese Zahl auf 564 herab. In Rumänien erkrankten 3442 
Schweine an Seuche und 561 an Pest; davon sollen 1131 bzw. 
129 wieder genesen sein = 32,8 bzw. 23 Proz. In Rußland 
wurden 1377 Gemeinden betroffen; es erkrankten 28251, von 
denen 19531 = 70 Proz. verendeten oder geschlachtet wurden. 
In Bosnien und Herzegowina erkrankten 5628 Schweine, in 
Serbien 3608. In Bulgarien wurden 139 Ortschaften von der 
Schweineseuehe betroffen. In Italien erkrankten 18086 Schweine, 
von diesen sollen 5460 genesen sein = 30 Proz. Aus Frankreich 
werden nur verhältnismäßig wenige Seuchenausbrüche gemeldet. 
In Großbritannien wurden 1156 Ausbrüche mit 6869 Erkrankungen 
festgestellt. Aus Dänemark, Schweden und Norwegen werden 
nur wenige Seuchenausbrüche gemeldet. 

Einschleppungen der Schweineseuche aus dem Ausland nach 
Deutschland sind mehrfach erfolgt. Aus Rußland 5 mal an¬ 
geblich durch Fleischfreiportionen nach Ostpreußen: aus den 
Niederlanden lmal durch eingeschmuggelte Ferkel nach dem 
Reg.-Bez. Osnabrück; aus Luxemburg 2 mal nach dem 
Reg.-Bez. Koblenz. Verschleppungen der Schweineseuche aus 
einem Bundesstaat in den andern haben sehr zahlreich statt¬ 
gefunden, aus Preußen allein 55 mal nach Sachsen und 37 mal 
nach Württemberg, nach Preußen in 8 Fällen aus Bayern, in 
5 Fällen aus Sachsen, in je 3 Fällen aus Württemberg und 
Baden, in 38 Fällen aus Oldenburg, in 16 Fällen aus Sachsen- 
Koburg-Gotha, in 22 Fällen aus Waldeck, in 25 Fällen aus 
Hamburg, in 48 Fällen aus Elsaß-Lothringen und vereinzelt 
noch aus den übrigen Bundesstaaten. In zahlreichen Fällen 
wurde die Seuche innerhalb der einzelnen Bundesstaaten durch 
den Handelsverkehr verbreitet, es waren daher in sehr vielen 
Fällen die Schweine schon erkrankt oder infiziert, als sie in den 
Besitz der letzten Eigentümer gelangten. Unterlassene Anzeige 


hat in sehr vielen Fällen in Sachsen-Weimar und Elsaß- 
Lothringen zur Weiterverbreitung der Seuche geführt. Fleisch 
kranker Tiere veranlaßte in 1 Falle im Kreise Danziger 
Niederung die Weiterverbreitung der Seuche, im Kreise Marien¬ 
burg geschah dies durch den Personenverkehr nach 2 Gehöften; 
auch in dem Kreise Itzehoe war der Personenverkehr in 1 Falle 
der Anlaß zur Verbreitung der Seuche. Durch Entfernung 
kranker Schweine aus einem Seuchenstall wurden im Kreise 
Elbing die Schweine dreier anderer Besitzer angesteckt, ferner 
durch Transport eines kranken Schweines aus demselben StaU 
die Schweine eines Gastwirts, in dessen Gaststall das kranke 
Schwein unterwegs vorübergehend untergebracht worden war. 
Durch den Handel im Umherziehen wurde die Schweinepest in 
den Kreisen Oldenburg und Stormam (Schleswig-Holstein) ver¬ 
schleppt, worauf dieser Handel vorübergehend mit Erfolg ver¬ 
boten wurde. In Sachsen-Weimar soll der rege Handel mit 
Milchschweinen die Verschleppung der Schweineseuche verursacht 
haben. In 2 Fällen haben Schweinekastrierer die Seuche nach¬ 
weislich verschleppt. 

Mangelhafte oder unterlassene Ausführung der Desinfektion 
gab öfter Anlaß zur Seuchenausbreitung. In einer Molkerei im 
Kreis Elbing waren die Tummelplätze der Schweine bereits 
derartig infiziert, daß selbst deren vorübergehende Bebauung 
mit Gemüse nicht genügte, um den Ansteckungsstoff unschädlich 
zu machen. In demselben Kreis verursachte die unterlassene 
Desinfektion eines zum Transport kranker Schweine benutzt 
gewesenen Kastenwagens die Entstehung der Schweineseuche 
bei den Schweinen eines anderen Besitzers, die später mit 
diesem Wagen in Berührung gekommen waren. 

Trotz scheinbar sorgfältiger Stalldesinfektion wurde in 
mehreren Fällen in den Regierungsbezirken Schleswig, Bromberg 
und Frankfurt a.O. Neuausbruch der Schweineseuche bei den später 
eingestellten Schweinen beobachtet. Die Unterlassung jeglicher 
Stalldesinfektion ist im sächsischen Bezirk Annaberg die Ursache 
zu häufigen Neuausbrüchen der Schweineseuche gewesen. Die 
Ermittlung der Schweineseuche erfolgte in sehr zahlreichen 
Fällen auf Märkten, 222 mal allein in Preußen, 1308 mal in 
Hamburg, 8 mal bei öffentlichen Auktionen und in sehr zahl¬ 
reichen Fällen in öffentlichen oder privaten Schlachtstätten und 
bei Vornahme der Fleischbeschau. Diese Ermittlungen führten 
häufig zu Seuchenfeststellungen am Herkunftsorte. Auf offener 
Straße erfolgte die Ermittelung der Seuche in 1 Fall im 

Herzogtum Sachsen-Koburg-Gotha; in vielen Fällen auch in 

Abdeckereien, davon allein 136 mal im Kreise Kassel-Land und 
254 mal in Hamburg. In 49 Fällen wurde Ausbruch von Schweine¬ 
seuche bei einer polizeilichen Untersuchung der durch die Seuche 
gefährdeten Tiere am Seuchenort oder in dessen Umgebung fest- 
gestellt. Die Bicher ermittelten Inkubationszeiten schwanken 
zwischen 4 und 20 Tagen. 

Über Impfungen ist nur sehr wenig berichtet worden. In 
den anhaitischen Kreisen Zerbst und Cöthen soll das polyvalente 
Serum mit günstigem Erfolg benutzt worden sein; auch in 

Elsaß-Lothringen wurde erfolgreich gegen Schweineseuche 

geimpft. Bei Mischerkrankungen von Schweineseuche undSchweine- 
pest blieb die Impfung wirkungslos. 

Ein Verbot der Märkte wurde wegen vermehrten Auf¬ 
tretens der Schweineseuche im Regierungsbezirk Lüneburg für 
den ganzen Umfang erlassen. Die Seuche ging hierauf zurück, 
doch hatte das Marktverbot unverkennbar wirtschaftliche Nach- 



720 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


teile im Gefolge. Auch in Bayern wurde wiederholt ein Markt¬ 
verbot ausgesprochen. Der Erfolg war günstig. In Hamburg 
hatte die Ausschließung von Schweinen vom Markte und das 
Verbot des Handels mit Schweinen im Umherziehen keinen Ein¬ 
fluß auf die Seuchentilgung gehabt. Die Einwohner deckten 
ihren Bedarf auf benachbarten auswärtigen Märkten. 

Über Mischerkrankungen von Schweineseuche und Schweine¬ 
pest mit akutem Verlauf wird aus Mecklenburg-Schwerin und 
Anhalt berichtet. Aus Hamburg wird mitgeteilt, daß die der¬ 
zeitig zur Bekämpfung der Schweineseuche erlassenen Maßnahmen 
vollständig versagt haben. 

Die Geflügelcholera. 

Diese Seuche hatte im Berichtsjahre räumlich zugenommen, 
es wurden 1164 Gemeinden usw. und 2700 Gehöfte betroffen. 
Insgesamt erkrankten 74 329 Stück Geflügel, 33,5 Proz. mehr 
wie 1905. Die höchsten Verlustziffern entfallen auf die 
Regierungsbezirke Potsdam (24 538), Marienwerder (7583), 
Allenstein (6064), Bromberg (6002), sowie auf die Kreise 
Niederbarnim (11 452), Oberbarnim (8436), Teltow (3163), 
Löbau (3082), Eupen (2928) und Osterode Ostpr. (1913). 

In zahlreichen Fällen ist die Geflügelcholera aus dem Aus¬ 
lande in das Reich eingeschleppt worden, doch gelang es meist, 
eine Seuchenverbreitung zu verhüten, mehrfach ist aber eine 
Verbreitung im Inlande erfolgt. Aus Rußland haben 145 mal 
Seucheneinschleppungen festgestellt werden können, aus Österreich- 
Ungarn 16 mal, aus Italien 4 mal, aus der Schweiz lmal. Ver¬ 
schleppungen der Geflügelcholera aus einem Bundesstaat in den 
anderen haben ebenfalls wiederholt stattgefunden, aus Preußen 
allein 14 mal nach Sachsen. In sehr zahlreichen Fällen waren 
die Tiere bestimmt oder doch wahrscheinlich schon erkrankt, 
als sie in den Besitz der betreffenden Eigentümer gelangten. 
Aus Elsaß-Lothringen wird berichtet, daß die Anzeige von 
Seuchenausbrüchen in der Mehrzahl der Fälle unterlassen worden 
ist. In einem solchen Falle erkannte das Schöffengericht auf 
Freisprechung, weil das plötzliche Verenden von 46 Hühnern 
an einem Tage den Verdacht auf das Herrschen einer Seuche 
nicht erwecken müsse. Im Kreise Osterode (Ostpr.) wurden 
aus einer Gemeinde an Geflügelcholera erkranktes und ge¬ 
schlachtetes Geflügel ausgeführt, wodurch eine Seuchen Verbreitung 
in einer anderen Gemeinde hervorgerufen wurde, das gleiche 
geschah durch Ausfuhr seuchekranken geschlachteten Geflügels 
im Kreise Pyritz (Pommern). Im Kreise Putzig (VVestpr.) er¬ 
folgte die Verbreitung in einem Falle von einem verseuchten 
Dorfteiche aus. Im Kreise Leobschütz (Oberschi.) wurden 
Geflügelkadaver in ein fließendes Gewässer geworfen, wodurch 
die Geflügelcholera mehrere Kilometer verschleppt wurde. Im 
Kreise Oachersleben verheimlichte ein Geflügelhändler das Fort¬ 
bestehen der Seuche in seinem Bestände. Die Sperrmaßregeln 
wurden daher zu früh aufgehoben und die Geflügelcholera ver¬ 
breitete sich durch Verkauf von Gänsen in 3 weitere Qehöfte. 

Auf mangelhafte Desinfektion wurde nur ein Seuchen¬ 
ausbruch im Kreise Weißensee (Sachsen) zurückgeführt. Im 
Reg.-Bez. Magdeburg soll eine Seuchenverschleppung trotz 
vorschriftsmäßiger Ausführung der Sperrmaßnahmen durch 
Massenkäufe erfolgt sein. 

Die Ermittlung der Seuche fand in 45 Fällen auf dem 
Magerviehhofe in Friedrichsfelde statt. 

Durch polizeilich angeordnete Untersuchungen der durch die 
Seuche gefährdeten Tiere wurde im Kreise Osterode (Ostpr.) 


56 mal Geflügelcholera festgestellt, im Kreise Wiesbaden einmal, 
in Schwarzburg-Sondershausen in 7 Gemeinden und 28 Gehöften. 

Die sicher ermittelten Inkubationszeiten schwanken zwischen 
30 Stunden und zwei Tagen. 

Die Hühnerpest 

Es wurden betroffen 41 Gemeinden usw. und 46 Gehöfte. 
Gefallen oder getötet, sind 957 Hühner und 72 Gänse, 20 Proz. 
mehr wie 1905. Die stärksten Verlustziffern wiesen auf die 
Reg.-Bez. Marienwerder (264), Braunschweig (145), Allenstein 
(107), Oberbayern (67) und die Kreise Briesen (148) und 
Blankenburg (145). 

Nach den im Herzogtum Lauenburg gemachten Erfahrungen 
betrug die Inkubationsdaüer zwei Tage. 

Gehirn-Rückenmarksentzündung der Pferde. 

(Bornasche Krankheit.) 

Die Anzeigepflicht für diese Krankheit besteht nur für die 
Provinz Sachsen und das Königreich Sachsen. Eis wurden ins¬ 
gesamt betroffen 224 Gemeinden und 266 Gehöfte, davon ent¬ 
fallen auf die Provinz Sachsen 58 und 62, auf das Königreich 
173 und 208. Es erkrankten 275 Pferde, von denen 220 ver¬ 
endeten oder getötet wurden == 80 Proz. Die Zahl der neu¬ 
betroffenen Gehöfte hat in der Provinz Sachsen um 16 Proz. 
zngenoinmen, im Königreich um 17 Proz. abgenommen, die der 
erkrankten Pferde um 19,2 Proz. zugenommen bzw. 19,3 Proz. 
abgenommen. Die am meisten betroffenen preußischen Kreise 
waren Delitzsch mit 14 Gehöften und 15 Erkrankungen und 
Eckartsberga mit 10 Gehöften und 10 Erkrankungen; die am 
meisten betroffenen sächsischen Amtshauptmannschaften Flöha 
(36 und 36) und Chemnitz (32 und 32). Im zweiten Viertel¬ 
jahr trat die Seuche am stärksten auf. Der Reg.-Bez. Magde¬ 
burg und die Kreishauptmannschaft Bautzen blieben seuchefrei. 

Gehirnentzündung der Pferde. 

Für diese Krankheit besteht eine Anzeigepflicht nur im 
Königreich Sachsen. Es wurden 199 Gemeinden und 266 Gehöfte 
mit 268 Erkrankungen betroffen. Von den erkrankten Pferden 
verendeten oder wurden getötet 162 — 60 Proz., die Krankheit 
ist seit vorigem Jahr ein wenig zurückgegangen. Die größte 
I Verbreitung zeigten die Kreishauptmannschaften Dresden 
| (54 Gemeinden und 81 Gehöfte) und Bautzen (52 und 70). 
Die meisten Erkrankungen wurden ermittelt in den Amts- 
hauptmannschaften Löbau (29), Dresden Stadt (25) und 
Plauen (17). 

Die Influenza der Pferde. 

Diese Krankheit ist bisher nur in der Provinz Ostpreußen 
und im Königreich Sachsen anzeigepflichtig. Es liegen über 
diese Seuche aber Mitteilungen vor aus Preußen, Bayern, 
Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Braunschweig, Anhalt, 
Schwarzburg-Sondershausen und Reuß j. L. Diese Mitteilungen 
sind aber als zuverlässig nicht zu erachten. In Preußen sind 
an der Influenza verendet gemeldet 323 Pferde, davon allein 
in Ostpreußen 289 (Königsberg 203, Gumbinnen 50 und Allen- 
steiii 36). In Bayern wurden an Influenza erkrankt gemeldet 
189 Pferde, davon sind 10 gefallen, in Sachsen sind 313 er¬ 
krankt und 17 gefallen. In Württemberg erkrankten in zwei 
Gehöften je ein Pferd, in Baden wurden 6 Gehöfte betroffen, 
in Braunschweig 35 Gehöfte, der Verlust betrug 6 Proz., in 
Anhalt 14 Gehöfte, in Schwarzburg-Sondershausen und in Reuß 
j. L. je ein Gehöft. Meist trat die Influenza iu der Form der 
Brustseuche auf, häufig jedoch auch als Pferdestaupe. 





1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


721 


Eine Einschleppung der Influenza aus dem Auslande ist 
einmal aus Böhmen nach Sachsen festgestellt worden. 

Verschleppungen aus einem Bundesstaat in den andern 
haben mehlfach stattgefunden. In 9 Fällen wurde ermittelt, 
daß Pferde beim Übergang in neuen Besitz bereits mit der 
Influenza behaftet waren. Im Kreise Labiau, Ostpr., soll mangel¬ 
hafte Durchführung der Sperrmaßregeln die Ausbreitung der 
Seuche verursacht haben. Aus dem Reg.-Bez. Königsberg wird 
berichtet, daß der Verkauf von Militärpferden die Seuche auf 
Pferdebestände der Zivilbevölkerung weiterverbreitet hat. Der 
rege Fuhrwerksverkehr vom Lande nach der Stadt Königsberg 
hat die Seuchenverbreitung dann noch sehr begünstigt. Auch 
die Düngerabfuhr aus verseuchten Ställen hat zu neuen Seuchen¬ 
ausbrüchen Anlaß gegeben. Es wurde auch beobachtet, daß 
durchgeseuchte Pferde trotz sorgfältiger Stalldesinfektion die 
Seuche übertragen haben. Die Beobachtungen in betreff der 
Inkubationsfrist schwankten zwischen 5 und 25 Tagen. 

Ansteckender Scheidenkatarrh der Rinder. 

Hierfür besteht Anzeigepflicht nur in Sachsen-Altenburg. 
Es sind in 39 Gemeinden und 72 Gehöften 511 Rinder erkrankt, 
von denen eins getötet wurde. 

In Schwarzburg-Rudolstadt wurden im Laufe des Jahres 
12 Gehöfte mit 164 Erkrankungen betroffen. 

Die Druse der Pferde. 

Diese Seuche ist für Ostpreußen seit 1. Juni 1905 anzeige¬ 
pflichtig. Es erkrankten hier im Berichtsjahre 6623 Pferde bei 
einem Bestände von 21 104 Tieren; von diesen fielen 513 = 
7„7 Proz. Im Laufe des Jahres wurden 960 Gehöfte in 803 Ge¬ 
meinden neu durch Druse betroffen. Die höchsten Erkrenkupgs- 
un^ Verlustziffern wiesen auf die Kreise Rasteuburg (523 und 
31), Ragnit (519 und 27), Gumbinnen (405 und 47), Pillkallen 
(395 und 25), Pr. Eylau (388 und 25), Heilsberg (378 und 20) 
und Darkehmen (376 und 28). 

Die Druse wurde in einem Falle auf dem Pferdemarkt in 
Gumbinnen festgestellt. Im Kreise Pr. Holland fand eine all¬ 
gemeine Untersuchung der Pferde nach dem Weidegang statt, 
Wobei in fünf Gehöften die Druse festgestellt wurde. Pr. 

Tätigkeit der Institute der Landwirtschafts-Kammern 
im Dienste der Seuchentilgung. 

Zur Bekämpfung der Rindertuberkulose. 

(Aus den Berichten der Landwirtschaftskanimern.) 

Der Bericht des Instituts zu Halle für das Jahr 1906,07 
stellt fest, daß überall da, wo das seit 1903 eingeführte 
Ostertagsche Verfahren, bestehend in Ausmerzung der ge¬ 
fährlich tuberkulösen Tiere und tuberkulosefreie Aufzucht der 
Kälber, streng durchgeführt ist, ein wesentlicher Rückgang der 
Seuche zu verzeichnen war. Die Kopfzahl der dem Verfahren 
an geschlossenen Bestände belief sich am Ende des Berichts¬ 
jahres auf 266 Bullen und 5 129 Kühe. Bei den klinischen 
Untersuchungen ergab sich, daß die von Robert und Ellinger 
empfohlene Lungenprobe (zeitweises Zuhalten von Maul und 
Nasenlöchern mit einem Tuch im Stalle) bei der Diagnose gute 
Dienste leistet. Bei der Einsendung von Milchproben, deren 
Haltbarmachung .umständlich war, ist dadurch eine wesentliche 
Verbesserung erzielt worden, daß in die 100 ccm Milch fassenden 
Probeflaschen vor ihrem Gebrauch 0,5 g Acidum boricum ein¬ 
gefüllt werden; dieses Konservierungsmittel erhält die Milch 
lange untersuchungsfähig, ohne den mikroskopischen Nachweis 


zu beeinträchtigen. Von den im Berichtsjahr untersuchten 
5 395 Tieren litten an offener Tuberkulose 125, davon an 
Lungentuberkulose 121 und an Eutertuberkulose 9, was einen 
Rückgang ergibt. Da es sich bei der Kälberaufzucht gezeigt 
hat, daß die Ernährung mit abgekochter Milch praktisch schwer 
durchführbar ist, so ist neuerdings empfohlen worden, statt 
dessen die Ammenmilch solcher Kühe zu verabreichen, die sich 
klinisch frei von offener Tuberkulose erwiesen haben und der 
Tuberkulinprobe unterworfen worden sind. Da wiederholt beob¬ 
achtet ist, daß in nahezu seuchefreien Beständen die Tuber¬ 
kulose wieder aufblühte, wenn zur Blutauffrischung Zuchttiere, 
die an Tuberkulose litten, eingestellt waren, so wurde eine 
sachverständige Untersuchung des angekauften Zuchtmaterials 
empfohlen. Damit in jedem Falle die Richtigkeit der Diagnose 
bei den klinisch ermittelten Fällen sichergestellt werden kann, 
ist den Züchtern der Vorschlag gemacht, beim Verkauf der 
Tiere vom Schlächter ein Attest über das Ergebnis der Schlacht¬ 
vieh- und Fleischbeschau einzufordern, das unentgeltlich auf 
jedem Schlachthof ausgestellt wird. In zwei Beständen wurde 
das Behringsche Immunisierungsverfahren abgebrochen, nach- 
| dem sich gezeigt hatte, daß in Beständen mit latent verlaufenden 
Kälberkrankheiten die Impfungen einen direkt tödlichen Einfluß 
haben können. 

Im Bereich der Landwirtschaftskammer für Sehleswig- 
Holstein ist die Kopfzahl der dem 0stertagsehen Verfahren 
angeschlossenen Bestände auf 36 000 gestiegen. Die Unter¬ 
suchung wird von Tierärzten des Instituts ausgeführt; sie findet 
im Stalle selbst statt zu einer Zeit, wo die Rinder nach der 
Fütterung ruhen; es ist dann sehr wohl möglich, Veränderungen 
an den Lungen festzustellen. Den Immunisierungsversuchen 
nach Behring und Koch-Schütz stellte sich auch hier die 
Tatsache entgegen, daß bei der starken Verbreitung der Kälber¬ 
krankheiten vielfach Verschlimmerungen durch die Impfungen 
eintraten, so daß viele Besitzer von den Impfungen Abstand 
nahmen. 

Im Bereich der Landwirtschaftskammer für Pommern 
wurden klinisch auf offene Tuberkulose 218 Bestände mit 
22 356 Rindern untersucht. Bei 135 Stück gleich 0,60 Prozent 
wurde offene Tuberkulose nachgewiesen, davon Lungentuberkulose 
bei 90 Rindern, Eutertuberkulose bei 45 Kühen. Von 842 ge¬ 
körten und nichtgekörten Bullen wurde keiner mit Tuberkulose 
behaftet gefunden, von 4 766 gekörten Kühen 0,92 Proz., von 
8 452 nichtgekörten 1,03 Proz., von 7 868 Stück Jungvieh 
0,05 Proz. 

Die Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen, 
welche das hisherige Laboratorium der ostpreußischen Holländer 
Herdbuchgesellschaft übernommen hat, sieht bei der Durchführung 
der klinischen Untersuchungen auf Tuberkulose von der An¬ 
stellung von Tierärzten ab, ist vielmehr der sehr richtigen 
Ansicht, daß die Untersuchung den Tierärzten der Provinz 
überlassen werden müsse, wie denn überhaupt auch in anderen 
Fragen die Versuchsanstalt bei der Sanierung der Viehbestände 
mit den Tierärzten der Provinz Zusammenarbeiten muß. Um 
den Tierärzten Gelegenheit zu geben, sich mit den zu über¬ 
tragenden Aufgaben vertraut zu machen, wurden in Königsberg 
im vorigen Jahre Besprechungen abgehalten, zu denen alle 
Tierärzte der Provinz eingeladen waren, und an denen je 60 
bis 70 Herren teilnahmen. Auf dem Schlachthof wurde gleich¬ 
zeitig das Verfahren praktisch vorgeführt, wozu die Landwirt- 





722 

schaftskammer 10 Kühe mit klinisch erkennbarer Tuberkulose 
augekauft hatte. Im ganzen unterliegen in Ostpreußen zurzeit 
etwa 21 000 erwachsene Kinder einer systematischen Tuber¬ 
kulosebekämpfung, wozu etwa dieselbe Zahl an Kälbern und 
Jungvieh kommen dürfte. Über die Immunisierung nach Behring 
wird im allgemeinen kein günstiges Urteil gefällt; der Schutz 
vor Ansteckung gegenüber offener Lungentuberkulose sei nicht 
groß genug und könne auch in verhältnismäßig kurzer Zeit 
verloren gehen. Damit dürfe die Hoffnung zu Grabe getragen 
werden, daß die Immunisierung für sich allein im Kampfe 
gegen die Rindertuberkulose eine größere praktische Bedeutung 
gewinnen werde; nicht ausgemacht sei es, ob sie nicht doch im 
Verein mit einem anderen Verfahren von Nutzen sein werde. 
Die Lösung des ganzen Problems der Tuberkulosebekämpfung 
liegt offenbar in dem Schutz der Nachzucht. Bei der Ernährung 
derselben ist gegenüber der Verabreichung gekochter Vollmilch 
die Verwendung der Milch von Ammenkühen, die einer strengen 
Kontrolle unterstehen, auch hier als besonders empfehlenswert 
bezeichnet. Hinsichtlich der Verfütterung von Magermilch muß 
die Abkochung unbedingt gefordert werden, namentlich wenn die 
Milch aus Meiereien bezogen wird. Wird die Ernährung der 
Kälber so gestaltet und kommen die Kälber nie mit den alten 
Tieren wieder zusammen, so läßt sich in wenigen Jahren ein 
völlig tuberkulosefreier Bestand schaffen. Mindestens muß man 
bemüht sein, eine Trennung des Jungviehs während der ersten 
zwei bis drei Jahre durchznftihren, denn erfahrungsgemäß er¬ 
eignet sich die Infektion vorwiegend während dieser Zeit. Eine 
Tuberkulosebekämpfung ohne Trennung der Kälber wird nur 
einen verschwindenden Wert haben. Daneben kommen dann die 
periodischen klinischen Untersuchungen durch einen Vertrauens¬ 
tierarzt in Betracht. Die Landwirtschaftskammer sucht das 
Übel dadurch an der Wurzel zu fassen, daß zunächst in den 
Meiereien Wandel geschaffen wird. Die Durchführung der 
klinischen Maßnahmen muß einem Vertrauenstierarzt übertragen 
werden, den zu wählen den einzelnen Besitzern, Meiereien und 
Korporationen völlig überlassen ist; die Kammer behält sich nur 
die Leitung der Maßnahmen im allgemeinen und die bakterio¬ 
logischen Untersuchungen vor. 

Zur Bekämpfung der Kälberseuchen. 

(Aus den Berichten der Lnndwirtächartsknminern.) 

Im Bezirk der sächsischen Kammer sind im Berichtsjahr 
997 Kälber gegen Ruhr geimpft worden, von denen 88,5 Proz. 
am Leben blieben, während von 376 nichtgeimpften nur 35 Proz. 
erhalten wurden; freilich sind die Erfolge in den einzelnen 
Beständen ungleichartig. Im allgemeinen läßt sich aber ein 
Steigen des Erfolges nachweisen; denn es blieben von den Ge¬ 
impften am Leben 1904: 71 Proz., 1905: 72,5 Proz., 1906: 
76,8 Proz. und 1907: 88,5 Proz. Die Serumherstellung wird 
im vergrößerten Maßstabe fortgesetzt. Zur Bekämpfung der 
ansteckenden Lungenentzündung wurde das Ga ns sehe Pneu- 
monieserum in erheblich erweitertem Umfänge (8 180 ccm) an- 
gewendet. 

Im Bezirk der Kammer von Schleswig-Holstein hat die 
Abgabe von Sernmpriiparaten, deren Vertrieb das Institut seit 
1905 übernommen hat, sehr an Ausdehnung zugenommen. Es 
wurden 3-130 Dosen gegen Kälberruhr, 2 535 Dosen gegen 
Lungenentzündung abgegeben. Die Erfolge waren in Beständen, 
wo es sich um reine Ruhr handelte, sehr günstig; Mißerfolge 


No. 40. 

zeigten sich in denjenigen Beständen, wo die bisher als toxische 
Ruhr bezeichnete Seuche herrschte. Die Untersuchung dieser 
Form ergibt, daß es sich um Septikämie handelt; die Keime 
gehören zur Gruppe der hämorrhagischen Septikämien. Ob sie 
mit den Erregern der ansteckenden Lungenentzündung ver¬ 
wandt sind, ist fraglich, zumal das Pneumonieserum versagt. 
Die Krankheit endet in 1—2 Tagen tödlich, meist ohne deut¬ 
lichen Durchfall. Diese Septikämie der Kälber ist zu einer 
großen Kalamität geworden, da die vorhandenen Mittel in keiner 
Weise schützen. Man hat daher Versuche begannen, ein be¬ 
sonderes Serum dagegen herzustellen. Bei ansteckender Lungen¬ 
entzündung wurde das Gans sehe Pneumonieserum angewandt, 
und die Berichte lauten günstig. 

Die pommer8che Landwirtschaftskaramer hat 2952 Impf¬ 
dosen für Kälberruhr ausgegeben mit 29 520 ccm. Neuerdings 
werden zur Herstellung dieses Serums nur noch Rinder ver¬ 
wendet, da das früher verwendete Hammelserum keine Vorteile 
hatte. Gegen die gar nicht so seltene chronische Ruhr ist das 
Immunserum aussichtslos, weil der Tierkörper dasselbe nach 
zwei bis vier Wochen wieder ausscheidet. 

Aus dem Bericht der ostpreußischen Landwirtschafts¬ 
kammer ergibt sich, daß die Kälberkrankheiten eine außer¬ 
ordentliche Verbreitung haben, und zwar sowohl die eigentlichen 
Nabelerkrankungen, als auch die Kälberruhr und die Lungen¬ 
entzündung. Bei der Bekämpfung der Erkrankungen kommt es 
darauf an, die Infektion zu verhüten, und zwar sowohl vom 
Nabel aus, als vom Darm und von den Atmungswegen aus. 
Hier kommen zunächst in Betracht die bekannten Poelsscl^en 
Vorschriften über Desinfektion des Nabels und Verhinderung 
der Darminfektion durch a) sofortige Verabreichung von J /4 Liter 
kuhwarmer, sauber in Flaschen gemolkener Muttermilch, die die 
Bildung von Magen- und Darmsäften anregt und den Darm 
widerstandsfähig macht, und b) Anlegen eines aus Weidengeflecht 
bestehenden Maulkorbes während der ersten fünf Tage, um die 
Aufnahme von Keimen aus dem Stallboden zu verhüten. Günstig 
ist es, wenn die Kühe in einem besonderen Stalle abkalben, der 
dann jedesmal gründlich zu reinigen ist. Gegen die in Ost¬ 
preußen besonders in Betracht kommende Infektion der Atmungs¬ 
wege ist die sofortige Einspritzung eines Serums gegen die 
septische Pneumonie durchaus zu empfehlen. 

Schutzimpfungen gegen Schweineseuchen. 

(Aus den Berichten der Laudwirtschaftakammorn.) 

Von dem Institut der Landwirtschaftskammer zu Halle ist 
der Vertrieb des polyvalenten Schweineseucheserums nach 
Ostertag-Wassermann beibehalten worden in Verbindung mit 
Gesundheitskontrolle schweineseuchefreier Bestände. Im Berichts¬ 
jahr 190(5/07 wurden 45 000 ccm Serum abgegeben. Gegen den 
Rotlauf wurde die Lorenz sehe Schutzimpfung angewandt, wobei 
812 149 ccm Serum und 169 275 ccm Kulturen zur Versendung 
gelangten. Dies ergibt ungefähr 162 000 Impfungen, von denen 
auf die Provinz Sachsen allein 136 000, die übrigen auf die 
thüringischen Staaten entfallen. Entschädigt brauchten nur 
25 Schweine, gleich 0,015 Proz., zu werden. 

Im Bereich der Landwirtschaftskammer zu Kiel wird ein 
erheblicher Rückgang der chronischen Schweineseuche konstatiert. 
Im Berichtsjahr wmrden über 40 000 ccm Schweineseucheserum, 
zirka 6 000 ccm Schweinepestserum und 196 000 ccm Rotlauf¬ 
serum versandt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nachweisung über den Stand der Tierseuchen In Deutschland 

vom 15. September 1908. 

Die Zahlen bedenten die Kreise (Oberamtsbezirke) usw., eingeklammert die Gemeinden. 


Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk U8W. 

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Auf je 1000 | 
Gemeinden j 
waren verseucht 1 

Regierungs¬ 
bezirk U8W. 

Kreise 2 

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Gemein- 2- 7 
den ® 

Preußen: 





Sigmaringen . . . 

_ 

_ 

Königsberg. . . 


10 

24 

8 

Waldeck. 

3 

6 

Gumbinnen . . 


2 

4 

1 

Bayern: 



Allenstein . . . 


5 

9 

5 

Oberbayern .... 

7 

11 

Danzig. 

. 

6 

8 

6 

Niederbayern. . . 

7 

20 

Marienwerder . 


11 

28 

12 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 


— 

— 

— 

Oberpfalz. 

1 

1 

Potsdam . . . . 


11 

46 

18 

Oberfranken . . . 

— 

— 

Frankfurt.... 


16 

47 

17 

Mittelfranken. . . 

2 

2 

Stettin. 


8 

20 

11 

Unterfranken. -» . 

1 

T 

Köslin. 


7 

35 

18 

Schwaben. 

3 

3 

Stralsund . . . . 


— 

— 

— 

Württemberg . 

5 

6 

Posen . 


20 

75 

23 

Sachsen. 

5 

7 

Bromberg .... 


12 

92 

41 

Baden . 

9 

10 

Breslau. 


23 

162 

43 

Hessen. 

4 

10 

Liegnitz. 


18 

121 

43 

Meckl.-Schwerin 

6 

10 

Oppeln. 


12 

33 

12 

M e c k l.-Strelitz . 

2 

4 

Magdeburg . . . 


7 

11 

8 

Oldenburg . . . 

8 

15 

Merseburg . . . 


9 

11 

5 

Sachs.-Weimar. 

3 

9 

Erfurt. 


4 

15 

26 

Sachs.-Meiningcn 

1 

3 

Schleswig . . . 


11 

28 

13 

Sachs.-Altenburg 

1 

2 

Hannover .... 


5 

8 

13 

Sachs.-Kob.-Got. 

1 

1 

Hildesheim . . . 


7 

8 

11 

Anhalt . 

2 

2 

Lüneburg .... 


4 

12 

8 

Braunschweig 

4 

11 

Stade. 


3 

10 

14 

Sch warzb.-Sond. 

1 

1 

Osnabrück . . . 


5 

9 

16 

Schwarzb.-Rud. 

— 

— 

Aurich. 


1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

— 

Münster . 


9 

15 

56 

Reuß j. L . 

— 

— 

Minden . 


4' 

7 

14 

Schaumb.-Lippe 

1 

1 

Arnsberg .... 


13 

25 

29 

Lippe-Detmold . 

8 

24 

Kassel . 


9 

33 

20 

Hamburg .... 

3 

4 

Wiesbaden . . . 


8 

26 

28 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz . 


7 

23 

22 

Bremen . 

1 

1 

Düsseldorf . . . 


10 

30 

70 

Elsaß . 

2 

2 

Köln . 


4 

5 

17 

Lothringen . . 

3 

4 

Trier. 


5 

9 

8 




Aachen . 


3 

1 3 

8 






Mau 

1- und Klauenseuche. 




Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(♦ =* neu verseucht) 


fl 


| Gegenüber d. 15. August 

Kreise 

'S 

fl 

*© 

a 

© 

o 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







♦Stettin. 

1 

2 

2 

+ 1 

+ 2 

+ 2 

Köslin . . . . . 

0 

o 

0 

— 1 

- 2 

— 5 

Posen . 

o 

0 

0 

— 1 

— 2 

— 4 

Münster. 

1 

1 

3 

— 1 

— 3 

— 24 

Minden. 

0 

0 

0 


— 1 

— 2 

Arnsberg .... 

0 

0 

0 

- 3 

— 4 

— 12 

♦Trier. 

1 

2 

2 

4- 1 

+ 2 

+ 2 

Preußen zusammen 

3 

! 5 

7 

— 5 

- 8 

- 43 

Bayern: 

Oberbayern .... 

6 

! 

11 ! 

31 

+ r> 

+ 9 

4- 29 

♦Pfalz. 

2 

4 ‘ 

6 

+ 2 

+ 4 

4- 6 

♦Oberfranken . . . 

1 

1 1 

1 

+ 1 

4- 1 

+ i 

Schwaben .... 

1 

1 1 

8 

_ 2 

— 2 

4- 5 

Baden: 

♦Freiburg. 

1 

1 

2 

+ 1 

+ 1 

+ 2 

♦Mannheim .... 

1 

l ! 

1 

+ 1 

+ 1 

4- i 

Elsaß-Lothringen : 


1 





♦Unter-Elsaß . . * 

4 

9 

12 

+ 4 

+ 9 

4- 12 

♦Ober-Elsaß .... 

1 

1 

3 

+ 1 

+ i 

4- 3 

♦Lothringen .... 

5 

9 

12 

4" ^ 

+ 9 

4- 12 

Zusammen 

25 

43 

83 

+ 13 

-f 25 

+ 28 


Rotz. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Köslin, Liegnitz je 1 (1), Stadtkreis 
Berlin 1 (2), in den Reg.-Bez. Posen 2 (3), Oppeln 3 (3), Marien¬ 
werder 3 (4), Köln 4 (13), Potsdam, Breslau je 5 (5), Bromberg 6 (6). 
Zusammen 43 Gemeinden (39 im August). 

Lungenseuche. 

Preußen: Stadtkreis Berlin 1 (1), in den Reg.-Bez. Bromberg 
1 (I), Marienwerder 3 (3). 

S ac h s cn - C ob u rg - G o th a: Herzogtum Gotha 1 (1). 
Zusammen 6 Gemeinden d am 15. August), davon 5 auf Preußen 
(C> im August). 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Peroxydasen. 

Von Tierarzt Schellhase-Stettin. 

Die Unterscheidung von roher und gekochter bzw. auf 
ca. 80° erhitzter Milch hat eine große praktische Bedeutung, 
weil eine ganze Reihe von Krankheiten, wie z. B. Tuberkulose, 
Maul- und Klauenseuche usw. durch rohe Milch verbreitet 
werden kann und aus diesem Grunde bisweilen ein Erhitzen 
bzw. Kochen der in den Verkehr gelangenden Milch zwecks 
Abtötung der pathogenen Keime notwendig ist. Man hat nun, 
um eine solche Unterscheidung zu ermöglichen, eine ganze 
Anzahl von Methoden ausgearbeitet, die alle auf der Tatsache 
beruhen, daß mit dem Erhitzen auf ca. 80 0 tiefgreifende Ver¬ 
änderungen in der feineren Zusammensetzung der Milch Hand 
in Hand gehen, die freilich grobsinnlich nicht wahrnehmbar, 
sondern nur mit besonderen Hilfsmitteln nachweisbar sind. Vor 
allem werden durch Erhitzen auf bestimmte Temperaturen 
Fermente, von denen eine ganze Anzahl in der Milch nacli- 
gewiesen sind, zerstört. Uns interessieren hier nur die durch 
Erhitzung auf ca. 80° C. zerstörbaren oxydierenden Fermente, 
die in den meisten Milchsorten enthalten sind und die wir durch 
Zusatz von leicht oxydablen Substanzen und Wasserstoffsuperoxyd 
in roher Milch leicht nachweisen können, während gekochte 
Milch, weil frei von oxydierenden Fermenten, diese Reaktionen 
nicht gibt. Die Peroxydasen wirken in der Weise, daß sie bei 
Gegenwart von Peroxyden, z. B. H 2 0 2 , leicht oxydable Stoffe 
wie z. B. Guajakol oxydieren, indem sie von dem Peroxyd 
Sauerstoff abspalten und auf das Guajakol übertragen. Außerdem 
sollen in der Milch noch direkte Oxydasen vorhanden sein, die 
ohne Gegenwart von Peroxyden Oxydationen einleiten, indem sie 
Luftsauerstoff übertragen. 

Die gebräuchlichsten und bekanntesten Reaktionen, die ich 
kurz schildern möchte, sind die Arnoldsche Guajaktinkturprobe, 
die Storch sehe Paraphenylendiaminreaktion und die Guajakol- 
probe. Die Arnoldsche Probe wurde ursprünglich ohne H 2 0 2 - 
Zusatz in der Weise ausgeführt, daß man alte Guajaktinktur 
mit Milch mischte oder auf Milch tropfen ließ; sie ist auch als 
Peroxydasereaktion aufzufassen, denn ganz frische Tinktur, die 
kein Wasserstoffsuperoxyd enthält, gibt keine Reaktion; dagegen 
fällt die Reaktion auch mit frischer-Tinktur positiv aus, wenn 
man etwas Wasserstoffsuperoxyd hinzusetzt (nach Zink). Daß 
alte Tinktur auch ohne H 2 0 2 -Zusatz eine Reaktion gibt, erklärt 
Liebermann durch die Annahme, daß sich die Tinktur das 
Peroxyd aus dem Sauerstoff der Luft bereitet. Man führt die 
Reaktion in der Weise aus, daß man einige Tropfen Tinktur 
auf die in einem Reagenzröhrchen befindliche Milch fallen läßt 
und zur Verschärfung resp. bei Verwendung von frischen 






































724 


Tinkturen einen Tropfen einer schwachen H,O a -Lösung hinzufügt. 
Einige Forscher ziehen dieser Schicht- oder Kingprobe die 
Mischprobe vor, indem sie Milch und aktive Tinktur im Ver¬ 
hältnis von 10:1 oder 5: 1 mischen. Bei positivem Ausfall 
tritt ein blauer Ring resp. im Gemisch Blaufärbung auf. Bei 
der Guajakolreaktion mischt man Milch mit einigen Tropfen 
einer 20 proz. alkoholischen Guajakollösung und setzt etwas 
H a 0 2 -Lösung zu, worauf sich nach Umschütteln bei Vorhandensein 
von Peroxydase, das Gemisch orange färbt. In derselben Weise 
kann man die Paraphenylendiaminprobe, die sich durch Grau- 
bzw. Schwarzfärbung charakterisiert, ausführen. Letztere Probe 
ist zwar sehr empfindlich, hat aber den Nachteil, daß auch ge¬ 
kochte Milch allmählich eine Reaktion gibt, da, wie sich leicht 
nachweisen läßt, H 9 0 2 schon für sich Paraphenylendiamin zu 
oxydieren in der Lage ist. Ferner ist bemerkenswert, daß ge¬ 
nanntes Reagens auch ohne H a (VZusatz von roher Milch ver¬ 
ändert, d. h. schwach aber deutlich dunkel gefärbt wird, eine 
Reaktion, die man auf direkte Oxydasen zurückführen müßte. 

Die Forschungen haben nun ergeben, daß der Oxydasen- 
gehalt der verschiedenen Milcharten ein verschiedener ist, und 
insbesondere hat es sich herausgestellt, daß Frauenmilch sehr 
wenig Peroxydasen enthält. Nach den Forschern, die sich 
speziell mit Frauenmilch beschäftigten, soll diese keine oder 
höchstens nur ganz schwache Guajaktinkturreaktion, dagegen 
eine schwache aber deutliche Guajakolreaktion geben. Bei den 
Versuchen, die ich auf Anregung des Herrn Prof. Dr. Koeppel 
in dessen Laboratorium daraufhin anstellte, konnte ich diese 
Angaben bestätigen; ich erhielt niemals, auch nicht mit H 3 0 3 - 
Zusatz, eine positive Guajaktinkturreaktion, immer eine mehr 
oder weniger starke Guajakolreaktion. Dagegen gelang es mir, 
nachzuweisen, daß auch Frauenmilch immer eine 
Guajaktinkturreaktion gibt, wenn man derselben 
Guajakol zufügt. Es zeigt sich bezüglich der Intensität der 
Reaktion ein Zusammenhang zwischen dieser und der Guajakol¬ 
reaktion, das heißt es tritt bei schwacher Guajakolreaktion 
geringe und bei starker Guajakolreaktion intensive Bläuung auf. 
Ferner konnte ich feststellen, daß auch bei Milchsorten, die, wie 
zum Beispiel Kuh- und Ziegenmilch, gute Guajaktinkturreaktion 
geben, diese durch Guajakolzusatz in außerordentlicher Weise 
beeinflußt wird. 

Wie ich eben schon angedeutet habe, hat Zink zuerst den 
günstigen Einfluß H^CX, auf die Guajaktinkturreaktion fest¬ 
gestellt und den Zusatz H a 0 2 bei Ausführung der Reaktion 
empfohlen. Weber dagegen fand anläßlich der Prüfung von 
mit H 2 0 2 konservierten Milchproben, daß schwache Zusätze ohne 
Einfluß, starke Zusätze geradezu schädlich für den Verlauf der 
Reaktion seien. Zink meint nun, daß dieser Widerspruch viel¬ 
leicht darauf zurückzuführen sei, daß die Versuchsanordnung 
eine andere bei Forschern gewesen. Er habe H 2 0 2 nach¬ 
träglich hinzugesetzt, Weber habe schon mit Hj 0 2 behandelte 
Milch geprüft. 

Nun haben meine Versuche ergeben, daß es tatsächlich 
für den Verlauf der Reaktion von der größten Bedeu¬ 
tung ist, ob man H 2 0 2 anfänglich oder nachträglich d. h. 
vor oder nach dem Tinkturzusatz hinzufügt. 

1 bis 3 Tropfen einer 3,0proz. H 2 0,-Lösung zu etwa 
lOcbcm Milch zugesetzt genügten, um die Guajaktinkturprobe 
auch bei Verwendung von ganz alter aktiver Tinktur zu ver¬ 
hindern. Dagegen wurden immer positive Resultate selbst mit 


No. 40. 


ganz frischer Tinktur erhalten, wenn man H 2 0, nach dem Tink¬ 
turzusatz hinzugab. Die Konzentration der H^CVLösung schien 
dabei ohne Bedeutung zu sein; denn selbst konzentrierte 
30,0 proz. Lösungen in reichlicher Menge zugesetzt, ver- 
anlaßten einen positiven Ausfall der Reaktion. Man muß dabei 
berücksichtigen, daß bei dem anfänglichen Zusatz 1 bis 3 Tropfen 
H a O a 3,0 proz. mit 10 cbcm Milch gemischt wurden, daß sich 
demnach das H 3 O a in starker Verdünnung in der Milch befindet, 
während bei dem nachträglichen Zusatz von 30,0 proz. H a O a sich 
nur die obersten Schichten mit H 2 O a mischen und demnach diese 
Schichten viel H 2 0 2 enthielten. Etwas anders liegen die Ver¬ 
hältnisse bei der Guajakolreaktion. Diese wird zwar auch aber 
scheinbar geringerem Maße durch vorherigen HjO-j-Z usatz ge¬ 
schädigt. Während aber, wie schon angegeben, 1 bis 3 Tropfen 
genügten, die Guajaktinkturreaktion zu verhindern, konnte ich 
1 cbcm einer 3,0 proz. H 2 O a -Lösung zu 10 cbcm Milch hinzusetzen 
und doch einen positiven, wenn auch schwachen Ausfall der 
Guajakolreaktion konstatieren. Die zu diesen Versuchen ver¬ 
wandte Tinktur gab, wie sich bei vergleichenden Untersuchungen 
herausstellte, ebenso scharfe Reaktionen wie die Guajakolprobe. 
Es ist freilich hierbei zu berücksichtigen, daß die Guajaktinkturen 
in ihrer Wirksamkeit sehr verschieden sind, was einmal auf das 
Alter der Tinkturen dann aber auch darauf zurückzuführen ist, 
daß das Guajakharz in seiner Zusammensetzung sehr inkonstant 
ist. So loste sich das im Handel erhältliche nicht gepulverte 
Guajakharz in Aceton oder Alkohol bis auf einen kleinen Rest, 
während gepulvertes Guajakharz einen erheblich größeren unlös¬ 
lichen Rückstand hinterließ. 

Einige Tropfen H 3 0 2 3 proz. genügten also, die Guajak¬ 
tinkturreaktion zu verhindern. Von Interesse war es natürlich 
nur, festzustellen, wie Guajakol unter diesen Verhältnissen auf 
die Tinkturreaktion wirkte. Ich konnte nachweisen, daß auch 
die mit unseren Tropfen H 2 0 3 vermischte Milch eine 
Guajaktinkturreaktion gibt, wenn man Guajakol (20proz. 
alkoholische Lösung) hinzusetzt. Desgleichen übt Guajakol 
einen günstigen Einfluß auf die genannte Reaktion ans, wenn 
man an Stelle von Wasserstoffsuperoxyd Terpentinöl oder 
Baryumsuperoxyd Sauerstoffquelle benutzt. 

Aus meinen Versuchen geht also hervor, daß Guajakol, das 
selbst auch als Reagens verwendet wird, einen ganz eigen¬ 
artigen Einfluß auf die Guajaktinkturreaktion selbst in den 
Fällen, wo das Ferment durch H 2 0 2 vernichtet zu sein scheint, 
ausübt. Es lag natürlich nahe, zu untersuchen, ob auch andere 
Stoffe, die mit Milch und H 2 0 2 eine Reaktion geben, einen 
Einfluß auf die genannte Probe ausüben oder ob dieser nur eine 
zufällige Eigentümlichkeit des Guajakols sei. Es wurde demnach 
eine Reihe von Stoffen, deren Reaktionsfähigkeit zum Teil von 
de Jong und de Gr aff geprüft worden ist, untersucht und 
zwar: Paraphenylendiamin, a-Naphthol, Hydrochinin, Resorcin, 
Pyrrojallol, Brenzkatechin, Karbolsäure und Formaliu. Bis auf 
Karbolsäure, das in 5 proz. wässeriger Lösung, und Formalin, 
das in konzentrierter Form benutzt wurde, kamen 20proz. alko¬ 
holische Lösungen in Anwendung. Die Versuche wurden in der 
Weise angestellt, daß der Milch zuerst zur Verhinderung der 
Guajaktinkturreaktion H 2 0 2 , dann 3 Tropfen Tinktur zugesetzt 
wurden und das Ganze dann vorsichtig mit dem zu prüfenden 
Stoffe überschichtet wurde. Mit Formalin konnte wegen des 
hohen spezifischen Gewichts natürlich keine Überschichtung erzielt 
werden, vielmehr war eine Mischung bezüglich ein Zutropfen 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 





1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


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erforderlich. Nach meinen Untersuchungen übten nun folgende 
Stoffe einen Einfluß auf die Guajaktinktnrreaktion aus: a-Naphthol, 
Hydrochinin, Brenzkatechin, Karbolsäure und Formalin. Bis auf 
Formalin gaben all diese Stoffe, wie sich bei Versuchen, die in 
dieser Hinsicht angestellt sind und die in der Tabelle angeführt 
sind, herausstellte, mit Milch und HA eine Reaktion. Anderer¬ 
seits muß hervorgehoben werden, daß keineswegs alle Stoffe, 
die mit Milch eine Farbenreaktion geben, wie z. B. Paraphenylen¬ 
diamin, die Guajaktinktnrreaktion beeinflussen. Ferner ist be¬ 
achtenswert, daß die Beeinflussung der genannten Reaktion durch 
die oben angeführten Stoffe keineswegs eine gleichmäßige ist. 
Als am wirksamsten erwiesen sich Guajakol und a-Naphthol, bei 
denen es auch nicht notwendig war zu überschichten, die man 
vielmehr ruhig hinzutropfen konnte, wodurch eine intensive 
Bläuung der Tinktur erreicht wurde. 

Weniger wirksam waren schon Karbolsäure, Brenzkatechin 
und Formalin. Bei diesen traten abgesehen von Formalin beim 
Zutropfen noch andere Farbentöne auf, die auf die spezifischen 
Farbenreaktionen zurückzuführen sind. Beim Hydrochinon end¬ 
lich konnte man nur beim Überschichten eine schwache aber 
reichliche Beeinflussung der Gnajaktinkturreaktion, die sich 
durch einen schmalen, schwach blauen Ring charakterisiert, 
nach weisen. 

Frische Tinktur gibt ohne H 3 0,-Zusatz keine oder nur in 
den seltensten Fällen eine ganz schwache Reaktion. Letzteres 
habe ich nur einmal beobachten können. Wenn man die Tink¬ 
tur nun stehen läßt, so gibt sie mit Milch ohne H a O a -Zusatz 
ganz schwache Reaktionen, die mit der Zunahme der Peroxyd¬ 
bildung in der Tinktur immer deutlicher werden. Da nun 
Guajakol und die obenan geführten Stoffe diese Reaktion so 
bedeutend beeinflussen, so war es wahrscheinlich, daß sich mit 
Hilfe dieser Stoffe schon zu früheren Zeiten in jungen Tinkturen 
das Auftreten von Peroxyden nachweisen ließ. Bei Versuchen, 
die ich in dieser Richtung anstellte, zeigte es sich nun, daß 
auch ganz frische Tinktur ohne H a O a bei Guajakolzusatz eine 
Reaktion gibt. Demnach muß auch schon in ganz frischer 
Tinktur ein Peroxyd vorhanden sein, wenn man nicht annehmen 
will, was mir aber sehr unwahrscheinlich erscheint, daß direkte 
Oxydasen hiebei eine Rolle spielen. Karbolsäure, Brenzkatechin 
und Formalin — und Naphthol ist nicht geprüft worden — übten 
keinen Einfluß auf den Verlauf der Reaktion bei Verwendung 
frischer Tinktur aus. 

Endlich suchte ich noch festzustellen, ob Guajakol auch 
einen Einfluß auf unsere Reaktion ausübt, wenn man der Milch 
vorher andere, die Guajaktinktur verhindernde oder verzögernde 
Stoffe, z. B. Blausäure, hinzufügt, Auch in diesem Falle ließ 
sich eine sehr deutliche Beeinflussung der Reaktion durch 
Guajakol nachweisen. 

Tabolle. 

Kuhmilch. 

I. a) Milch (ca. 10 ccm) -{- 2—3 Tropfen HA 3,0 Proz. -f 

Guajaktinktur (aktive oder alte). (Schichtprobe): neg. 
(Es werden 10°/ o Guajaksurgacetanlösungen benutzt.) 

b) Milch -j- Guajaktinktur (frisch): neg. 

c) Milch -f- Guajaktinktur (frisch) 4“ H a O a 1—2 Tropfen 

0,3 ft /o : positiv (dunkelblau). 

d) Milch Guajaktinktur (frisch) + H.,O a 1—2 Tropfen 

3,0%: positiv (dunkelblau). 

e) Milch -f- Guajaktinktur (frisch) 4* H a 0 a 1-2 Tropfen 

30,0% positiv: blau. 


f) Milch Guajaktinktur (frisch) 4" HA 5—10 Tropfen 
30,0 % positiv: blau. 

(Bei Vers, e und f ist die Blaufärbung nicht so intensiv wie 
bei Vers, c und d.) 

II. a) Milch (10 ccm) 4- 1 ccm H a O a 3,0% 4- Guajaktinktur: neg. 

b) Milch (10 ccm) 4- 1 ccm HA 3,0% 4- Guajakol (20%) 
positiv: schwach orange. 

[Milch (10 ccm) 4“ 1 ccm H a O a 3,0% 4~ Guajakol (20 *'/ 0 ) 
4~Guajaktinktur: positiv, schwachorange4" schwach blau] 

III. a) Milch (ca. 10 ccm) 4" 2—5 Tropfen HA 4* Guajak¬ 
tinktur: neg. 

b) Milch (ca. 10 ccm) 4-2—5 Tropfen HA 4~ Guajakol 
positiv: (orange) 4“ Guajaktinktur positiv: dunkelblau. 

c) Milch (ca. 10 ccm) 4~ 2—3 Tropfen HA 4“ Guajaktinktur : 
neg. 4 - Guajakol: positiv: iutensiv blau. 

(Die schärfsten Reaktionen erhält man, wenn man den Versuch 
in folgender Weise ausführt: 

Milch -f- Guajaktinktur 4~ 1 Tropfen HA 0,3 % 4- Guajakol: 
positiv intensiv blau.) 


IV. a) Milch 4~ Guajaktinktur (frisch): neg. 

b) Milch 4” Guajaktinktur (frisch): neg. 4” BaO a : positiv 4* 
Guajakol: noch intensiver. 

c) Milch 4~ Guajaktinktur (frisch) 4- Terpentinöl: positiv (hell¬ 
blau) 4 Guajakol: die Reaktion wird deutlicher. 

V. a) Milch (ca. 10 cbem) 4 1—3 Tropfen H a O a 3% 4 Guajak¬ 

tinktur: neg. 

b) Milch (ca. 10 ebem) 4" 1—3 Tropfen HA 3,0 % 4~ Guajak¬ 
tinktur: neg. 4“ Guajakol (20 %) positiv: blau. 

c) Milch (ca. 10 ebem) -4 1—3 Tropfen H 2 0 a 3,0 % 4~ Guajak¬ 
tinktur: neg. 4* « Naphthol (20%) positiv: blau. 

d) Milch (ca. 10 ebem) 4“ 1—3 Tropfen HA 3,0 % -4 Gnajak- 
tinktur: neg. Carbolsäure (5%) positiv: blau. 

e) Milch (ca. 10 ebem) 4” 1—3 Tropfen HA 3,0 % 4* Guajak¬ 
tinktur: neg. Hydrochinon (20 %) positiv (schwach). 

f) Milch (ca. 10 ebem) 4-1—3 Tropfen H 2 0 2 3,0 % 4- Guajak¬ 
tinktur: neg. Itesorcin (20%) neg. 

g) Milch (ca. 10 ebem) 4- 1—3 Tropfen HA 3,0 % 4- Guajak¬ 
tinktur: Pyrogallol (20 %) neg. 

h) Milch (ca. 10 ebem) 4" 1—3 Tropfen H 2 0 3 3,0 % 4- Guajak¬ 
tinktur: Brenzkatechin (20 %) positiv (blau 4~ violett). 

i) Milch (ca. 10 ebem) 4-1—3 Tropfen H 2 O a 3,0 % 4* Guajak¬ 
tinktur: Formalin (conc.) positiv (blau). 

k) Milch (ca. 10 ebem) -4 1—3 Tropfen H 2 0 a 3,0 % 4 Guajak¬ 
tinktur: Paraphenylendiamin (2%) ne S* 

VI. a) Milch 4” Guajakol (mischen) 4“ 1 Tropfen HA 0,3 %: 
positiv (orange). 

b) Milch er Naphthol (mischen) 4“ 1 Tropfen H 2 0 2 0,3 %: 
positiv (grau bis grauschwarz). 

c) Milch 4- Carbolsäure (5 %) (mischen) 4* 1 Tropfen II.,O., 
0,3 %: positiv gelb bis gelbbraun). 

d) Milch 4- Hydrochina (mischen) 4" 1 Tropfen H 2 0 2 0,3 %: 
positiv gelb bis orange. 

e) Milch *4 Resorcin (mischen) 4" 1 Tropfen H.,0., 0,3%: 
negativ. 

f) Milch 4“ Pyrogallol (mischen) 
positiv gelbgrün. 

g) Milch 4- Formalin (mischen) 4~ 1 Tropfen R,0 2 0,3 %: 
negativ. 

h) Milch 4- Paraphenylendiamin (2 %) (mischen) 4~ 1 Tropfen 
H 2 0 2 0,3%: positiv (grau bis schwarz). 

VII. a) Milch 4* Guajaktinktur (frisch: neg. 

b) „ -4 „ „ 4* Guajakol: positiv 

(schwach blau). 

c) „ 4~ „ »4* Carbolsäure: neg. 

d) „ 4~ „ „4“ Brenzkatechin: neg. 

e) „ 4“ v „4* Formalin: neg. 

Es wurden zur Kontrolle Versuche mit gekochter Milch angestellt. 

VIII. Guajakholztinktur (alt). 

1. 10 ccm Milch-4 Guajakholztinktur: positiv: blau (schwache 
Reaktion), durch H a O a keine Beeinflussung. 


1 Tropfen HA 0,3 %: 







No. 40. 


726 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. 10 ccm Milch -f- 1 ccm Aq. Amygdal. ainarmn. -f- Guajak- 
holztinktur: neg. 

3. 10 ccm Milch -f- I ccm Aq. Amygdal. arnarum. -J- Guajak- 

holztinktur -f~ II 3 0 a 1 Tropfen 0,3%: neg. | 

4. 10 ccm Milch -f- 1 ccm Aq. Amygdal. arnarum. -f Guajak- i 
holztinktur -j- ILO, 1 Tropfen 0,3 %-f- Guajakol: positiv. J 

IX. Guajakharztinktur. 14 Tage alt. j 

1. 10 ccm Milch -f- Tinktur: positiv, blau. 

2. 10 ccm Milch -f- H a 0.j 0,3%: dunkelblau. ! 

3. 10 ccm Milch -f- 1 ccm Aq. Amygdal. arnarum. Tinktur: 
schwach positiv, hellgrün. 

4. 10 ccm Milch -f 1 ccm Aq. Amygdal. arnarum. + Tinktur -f* 
HjO.j 0,3%: schwach positiv, hellgrün. 

5. 10 ccm Milch -j- I ccm Aq. Amygdal. arnarum. -f- Tinktur -f- 
H a 0 3 0,3% -J- Guajakol: positiv, dunkelblau. 

Demnach würden sich folgende bemerkenswerte Schlußsätze 
ergeben. Wasserstoffsuperoxyd wirkt schädlich auf den Verlauf 
der Guajaktinkturreaktion, wenn es vor der Guajaktinktur zu 
der Milch hinzugesetzt wird. Nachträglicher Zusatz selbst von 
konzentrierten H 3 0 2 -Lösungen beeinflußt die Reaktion in günstiger 
Weise selbst bei Verwendung von ganzen frischen Tinkturen. Die 
oben angeführte schädliche Wirkung der H/L und Blausäure wird 
durch Guajakol, und Naphthol, Brenzkatechin, Hydrochinen, ; 
Karbolsäure und Formalin aufgehoben; bei geringen, nachträg¬ 
lichen H 2 0.fZusatz wird die Reaktion durch obengenannte Stoffe 
zum Teil in außerordentlich günstiger Weise beeinflußt. 


Alle diese Stoffe gaben bis mit Ausnahme des Formalins 
mit Milch und H a O a eine Guajaktinturreaktion, aber nicht alle 
Stoffe, die mit Milch und H a O a eine Reaktion gaben, z. B. 
Paraphenylendianin, beeinflussen die Guajaktinkturreaktion. 

Literatur: 

1. liaudnitz: Über sogenannte Fermentreaktionen der Milch. 
Centralblatt für Physiologie, 1898. 

2. Storch: Verfahren zur Unterscheidung erhitzter und nicht¬ 
erhitzter Milch. Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 
9. Jahrgang. 

3. Weber: Arnolds Guajakprobe zur Unterscheidung roher von 
gekochter Milch. Leipziger Milchzeitung, 1902. 

4. Arnold und Wentzell: Die Guajakprobe in der Praxis. 
Leipziger Milchzeitung, 1902. 

5. Zink: Über Unterscheidung roher von gekochter Milch ver¬ 
mittelst der Guajaktinktur. Leipziger Milchzeitung, 1903. 

6. Siegfeld: Der Nachweis einer Erhitzung der Milch. Zeitschrift 
für angewandte Chemie, 1903. 

7. P. und L. Liebermann: Ist zur Guajakreaktion die Gegen¬ 
wart einer Katalase notwendig. Archiv für Physiologie, 1905. 

8. De Jong, de Graaf, cit. nach Raudnitz: Die Arbeiten auf 
dem Gebiete der Milchwissenschaft und Molkereipraxis 1906. 

9. Seligmann: Über den Einfluß einiger Aldehyde besonders des 
Formalins auf die Oxydationsfermento der Milch. Zeitschrift 
für Hygiene und Infektionskrankheiten, 1905. 


Schlachtvieh- und Reischbeschau (n Deutschland Im II. Quartal 1908. 

(Zii8atnmonge8telIt im Kaiserlichen Statistischen Amt.) 

(Vgl. B. T. W. Nr. 24.) 


S t a a t e n 

und 

Landesteile 

Zahl der Tiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommen wurde 

Pferde 

und 

andere 

Einhufer 

Ochsen 

Bullen 

Kühe 

Jung¬ 

rinder 

über 

3 Mor 

Kälber 

bis 

late alt 

Schweine 

Schafe 

Ziegen 

Hunde 

Provinz Ostpreußen. 

342 

1 670 

3 408 

7 511 

6 831 

41 003 

88 523 

13 158 

496 


,, Westpreußen .... 

185 

1*86 

2 671 

0 557 

3 353 

33 606 

80 324 

10 401 

834 

_ 

Stadt Berlin. 

2 236 

17 117 

9 858 

1? 7f>f) 

5 008 

51 219 

289 921 

114 620 

30 

_ 

Provinz Brandenburg .... 

2 100 

3 *83 

10 505 

21 906 

9 628 

67 107 

222 913 

29 147 

7 735 

3 

„ Pommern. 

28* 

533 

3 059 

7 911 

2 500 

32 106 

77 631 

21 180 

334 

_ 

„ Posen . 

121 

026 

2 101 

6 397 

6 222 

48 223 

105 146 

10 136 

3 116 

_ 

„ Schlesien. 

2 73t; 

4 130 

13 355 

32 042 

19 053 

128 094 

336 757 

20 392 

14 952 

267 

,, Sachsen. 

1 867 

2 056 

6 702 

16 176 

8 122 

41 223 

170 253 

23 401 

8 017 

32 

„ Schleswig-HoUtcin . . 

850 

3 205 

4 088 

10 91t 

4 936 

30 822 

71 255 

7 134 

177 

1 

„ Hannover. 

1 503 

2 880 

7 744 

11 309 

6 927 

41 725 

114 297 

20 780 

756 

_ 

„ Westfalen. 

1 888 

2 834 

5 624 

35 662 

5 783 

*38 632 

158 425 

2 942 

2 027 

_ 

„ Hessen-Nassau .... 

506 

8 828 

1 502 

14 493 

12 039 

58 966 

126 628 

11 519 

4 305 

_ 

„ Rheinland. 

3 361 

19 086 

9 159 

CI 031 

18 324 

130 234 

376 898 

20 060 

6 815 

2t 

Hohenzollern ... ... 

— 

94 

29 

285 

601 

890 

1 671^ 

21 

» 236 

— 

Königreich Preußen. 

17 989 

68 863 

79 925 

235 309 

108127 

776 858 

2 220 675 

305 390 

49 830 

324 

Königreich Bayern. 

2 013 

31 091 

12 990 

46 522 

39 767 

225 612 

450 535 

24401 

61335 

82 

Königreich Sachsen. 

2 226 

9 098 

8 951 

34 911 

5 280 

124 763 

311 378 

37 048 

17 018 

492 

Württemberg. 

183 

4 171 

3 030 

9 836 

24 480 

50 431 

118121 

3883 

10 520 

13 

Baden . 

332 

6 306 

2 751 

9617 

19 551 

48 807 

117 759 

5189 

11948 

— 

Hessen. 

225 

4 218 

488 

8 579 

9174 

22 792 

79 541 

1991 

10 969 

_ 

Mecklenburg-Schwerin .... 

268 

217 

1961 

4107 

1545 

20 027 

28 345 

5358 

234 

— 

Großherzogtum Sachsen . . . 

88 

i 465 I 

295 

1882 

1633 

7 668 

20 821 

3 075 

3 074 

— 

Mecklenburg-Strelitz . 

59 

43 1 

1 91 

453 

168 

2 605 

4 520 

898 

40 

— 

Oldenburg . 

97 

1 454 

449 

1197 

1052 

6 284 

11970 

677 

113 

— 

Braunschweig . 

105 

! 205 

2194 

1034 

2 408 

7 512 

37 397 

4 803 

120 


Sachsen-Meiningen . 

57 

380 

164 

1273 

1408 

4199 

14 015 

1685 

1109 


Sachsen-Altenburg . 

42 

102 

325 

1 636 

490 

4161 

11985 

854 

2 649 

2 

Sachsen-Koburg-Gotha .... 

61 

307 

132 

1 431 

1209 

4199 

18 767 

3 033 

502 

10 

Anhalt . 

301 

259 : 

829 

1414 

553 

4 508 

20 796 

2 506 

189 

42 

Schwarzhurg-Sondershausen . . 

5 ! 

36 1 

58 

825 ! 

317 

1528 

6 275 

663 

49 

— 

Schwarzburg-Rudolstadt . . . 

5 

63 

52 

512 

462 

1789 

4 873 

882 

212 

— 

Waldeck. 

— 

59 1 

102 

256 

421 

1879 

1333 

319 

891 

— 

Reuß ältere Linie. 

18 

98 

118 

445 

230 

1294 

4 890 

610 

1884 

1 

Reuß jüngere Linie. 

43 

150 ! 

317 

947 

584 

2 599 

12 432 

1462 

2 789 

4 

Schaumbiirg Lippe. 

li 

1 1 

28 

273 

65 

839 

900 

59 

63 

— 

Lippe. 

34 ! 

17 i 

358 

578 

207 

2 413 

3 272 

187 

160 

— 

Lübeck . 

124 

150 

300 

2011 

348 

1 4 077 

8 705 

1042 

112 

— 

Bremen. 

425 

938 j 

2 092 

609 

413 

5 944 

24 538 

4228 

14 

— 

Hamburg. 

958 

6 869 

2 709 

2 373 

7 394 

1 16 774 

94 417 

22 126 

52 

— 

Elsaß-Lothringen. 

701 

4 522 | 

| 1565 

20 542 

5 654 

43 041 

81 941 

9 027 

1 3 858 

— 

Deutsches Reich .... 

26 370 

139112 

122 274 1 388 572 

| 232 940 

1 392 603 

3 710 201 

441 346 

1 179 264 

970 

Dagegen im 1. Vierteljahr 1908 . 

35 987 

138 913 

107 860 

420 753 

212612 

1 149 342 

4418214 

; 446180 

| 126 936 

2 061 

























1. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


727 


Notschlachtungen. 

Bei Notschlachtungen darf bekanntlich die Lebendbeschau 
unterbleiben. Da aber der Begriff der Notschlachtung verschieden aus¬ 
gelegt wird, trotzdem § 1, Absatz 3 des Reichsflcischbeschaugesetzes 
eine Definition enthält, und demgemäß unter der unhaltbaren Be¬ 
gründung, es liege eine Notschlachtung vor, oft die Lebendbeschau 
unterlassen wird, hat das Großherzogi. Badische Ministerium des 
Innern unter dem 27. September 1907 in einem Erlaß auf das 
Unstatthafte eines solchen Verfahrens hingewiesen: 

„Es ist zu unserer Kenntnis gelangt, daß vielfach Schlachtungen 
ohne vorausgegangene Lebendbeschau auch bei solchen Tieren vor¬ 
genommen werden, die zwar krank erscheinen, bei denen aber zur 
Unterlassung der Untersuchung vor der Schlachtung die Voraus¬ 
setzungen des § 1 Abs. 3 des Reichsgesetzes vom 3. Juni 1900, 
die Schlachtvieh- und Fleischbeschau betreffend, nicht gegeben 
sind, indem der Krankheitszustand des Tieres weder unmittelbare 
Gefahr für sein Leben bedeutet, noch die Herabminderang der 
Fleischqualität beim Zuwarten mit dein Schlachten bis zur Ankunft 
des Beschauers im Gefolge hat. 

Nach § 1 Abs. 2 a. a. 0. darf aber nur bei Notschlachtungen 
die Untersuchung vor der Schlachtung unterbleiben, und der Fall 
der Notschlachtung liegt nur dann vor: 

1. wenn zu befürchten steht, daß das Tier bis zur Ankunft des 
zuständigen Beschauers verendet, oder 

2. wenn zu befürchten steht, daß das Fleisch bis zur Ankunft 
des zuständigen Beschauers durch Verschlimmerung des 
krankhaften Zustandes wesentlich an Wert verlieren werde, 
oder 

3. wenn das Tier infolge eines Unglücksfalles sofort getötet 
werden muß. 

Hierher gehören u. a. folgende Fälle: 

Zu 1. Aufblähung nach Grünfutter mit drohender Erstickung. 

Zu 2. Schwere Geburten oder Krankheiten im Anschlüsse an 
die Geburt mit starker Störung des Allgemeinbefindens. Ursache 
der Störung des Allgemeinbefindens kann sein eine Entzündung 
der Gebärmutter, ein Gebärmutterriß mit nachfolgender Bauchfell¬ 
entzündung, Herzschwäche infolge innerer Blutung etc. 

Zu 3. Schwere äußere Verletzung infolge Unglücksfalles, Ver¬ 
blutung, Knochenbruch. 

Wie diese Beispiele zeigen, handelt es sich bei den Not¬ 
schlachtungen im Sinne des Fleischbeschaugesetzes meistens um 
plötzliche Zufälle und weniger um gewöhnliche Erkrankungen, wie¬ 
wohl auch bei diesen unter Umständen eine Notschlachtung ohne 
Lebendbeschau ratsam erscheinen kann, besonders wenn es sich 
um mit Fieber verbundene blutige Durchfälle, brandige Euter¬ 
entzündungen, fieberhafte Erkrankung junger Tiere mit Nabel- und 
Gelenkschwellungen handelt. 

In allen anderen Krankheitsfällen darf die Lebendbeschau nicht 
unterbleiben, und es wird hier auch dem Besitzer jeweils möglich 
sein, die Ankunft des rechtzeitig verständigten Fleischbeschauers 
vor der Schlachtung abzuwarten. Insbesondere ist eine Schlachtung 
ohne Lebendbeschau dann nicht gerechtfertigt, wenn sie wegen 
einer schleichenden, länger dauernden, oft Tage und Wochen sich 
hinziehenden äußeren oder inneren Krankheit vorgenommen wird, 
wozu namentlich Abmagerung infolge innerer Erkrankung (Tuber¬ 
kulose, leichter Durchfall), Verdauungsstörungen (Fremdkörper- 
entzfindungen), krankhafte Ausflüsse aus den Geschlechtsteilen 
(infolge nicht oder unvollständig abgegangener Nachgeburt), Wasser¬ 
sucht, Lähmungen, Starrkrampf, Bäcklergeschwülste (Aktinomykosc) 
am Kopf und an der Zunge, sonstige Schwellungen, schlecht 
heilende Wunden, Verrenkungen, Verstauchungen, Lahmheiten usw. 
rechnen. 

Erfordert die Beurteilung des Fleisches von Tieren, welche 
wegen einer Krankheit geschlachtet worden sind, überhaupt be¬ 
sondere Sorgfalt, so muß sie bei Notschlachtungen ohne vorauf¬ 
gegangene Lebendbeschau mit um so größerer Vorsicht vorgenommen 
werden (§ 29 der Ausf.-Best. A). Es läßt sich aber die Ent¬ 
scheidung über die Beschaffenheit des Fleisches bei vorausgegangener 
Lebendbeschau leichter treffen, und die Beurteilung des Fleisches 
kann milder ausfallen als in denjenigen Fällen, in denen keine 


Lebendbeschau stattgefunden hat. Es sollte daher jeder Besitzer 
in seinem eigenen Interesse tunlichst bei jeder Notschlachtung eine 
Untersuchung des zu schlachtenden Tieres in lebendem Zustande 
veranlassen, auch wenn sie nach der Vorschrift des Gesetzes unter¬ 
bleiben kann.“ 

Hausschlachtungrn in genehmigten Schlacbtstätten. 

Hausschlachtungen, bei denen ein gewerbsmäßiger Verkauf 
von Fleisch stattfindet, dürfen nach einer Entscheidung der Straf¬ 
kammer in Mannheim nur in genehmigten Schlachtstätten vor¬ 
genommen werden. Der Beklagte hatte auf dem Hofe öfters Ziegen 
geschlachtet. Das Gericht hielt eine Verpflichtung zur Anmeldung 
eines Gewerbebetriebes bei der geringen Zahl der Schlachtungen 
nicht für gegeben, wohl aber, daß der Angeklagte den Vorschriften 
über die Genehmigung zur Errichtung von Schlachtsätten zu ge¬ 
nügen habe. 

Fleisch und Fleischextrakt. 

I. Hackfleisch. 

Metzger und Fuchs untersuchten die Wirkung von Konserve¬ 
salzen im Hackfleisch (Zeitschrift für die Untersuchung der Nabrungs¬ 
und Genußmittel Nr. 12); ebenso Reinsch, der Direktor des 
städtischen chemischen Untersuchungsamts in Altona. (Berichte 
derselben.) Beide Autoren sind der Ansicht, daß die Salze lediglich 
eine farbkonservierende Eigenschaft besitzen, nicht aber das 
Bakterienwachstum und damit die Fäulnis des Fleisches auf¬ 
halten können. Demgegenüber gibt es zweifellos Salze, die eine 
konservierende Eigenschaft gegenüber dem Fleisch auszuüben in 
der Lage sind, und wir sind jedenfalls nicht berechtigt, a priori ins¬ 
gesamt eine Abtötung von Bakterien zu verneinen, wir haben uns 
nur zu fragen, ob die Produkte dem menschlichen Körper Schaden 
zuzufügen vermögen. Vor allen Dingen spricht beim Konservierungs¬ 
verfahren einmal der Prozentgehalt des Mittels, zweitens die Dauer 
der Einwirkung, dann das Alter des Fleisches ganz erheblich mit. 
Über diese Fragen spielt nur die eine Tatsache eine Rolle, daß 
rohgenossenes Hackfleisch oben an und für sich unter Umständen 
schon gesundheitsschädlich sein kann, wenn es nicht direkt frisch 
genossen wird. Denn daß das Fleisch nur von rohem Fleische 
auch unkonserviert stets eine gewisse Gefahr birgt, beweist doch, 
daß z. B. die Roastbeefs der Hotels größtenteils eine tiefgreifende 
alkalische Zersetzung des Fleisches durchgemacht haben, ehe sie 
zum Braten zugerichtet werden. Und von Nachteilen durch solcher¬ 
lei zubereitetes Fleisch hört man doch im allgemeinen gar nichts, 
obwohl dasselbe, ebenso wie ein großer Teil des Wildes (Hirsch¬ 
braten!) eigentlich verdorben wäre im Sinne des Nahrungsmittel- 
gesetzes. Dr. G. 

2. Fleischextrakt. 

Mieko fand in dem Anteil, der nach Ausfällung der Albumosen 
mittels Zn 504 zurückbleibt (neben nicht weiter untersuchten 
Substanzen, die sich kristallisieren ließen), in geringen Mengen 
Monaminsäuren, wie Glykokoll alanin, Leucin, in der Hauptsache 
aber Diaminosäurcn. Z. f. U. d. N. u. G. No. 9; 1908. Dr. G. 

Begriff „Frisches Fleisch“. 

Die Stadt Herford hatte einen Gemeindebeschluß erlassen, 
wonach alles nicht im öffentlichen Schlachthofe ausgeschlachtete 
frische Fleisch nicht eher feilgeboten werden darf, bevor es durch 
Sachverständige auf Verdorbensein untersucht worden sei. Der 
Fleischermeister Meyerjohann war angeklagt worden, daß er entgegen 
diesen Bestimmungen Fleisch eingebracht hatte, das nicht nach- 
untersucht war. Da das Fleisch so gesalzen, daß es 8 Tage vor 
dem Verderben geschützt war, und es sich also nicht mehr um 
frisches Fleisch handelte, sprach die Strafkammer den M. frei. Die 
Revision der Staatsanwaltschaft betraf die Frage, ob auf eine kurze 
Frist verändertes Fleisch als solches die Beschaffenheit als frisches 
verloren habe; das Pökelsalz hätte leicht abgewaschen werden 
können. Das Kammergericht hob denn auch das Strafkammerurteil 
auf als unzutreffend und wies die Sache an die Vorinstanz zurück. 
Der Gemeindebeschluß Herford wurde als rechtsgültig! angesehen, 
unzutreffend aber nehme das Landgericht an, daß es auf den Grad 



728 


No. 40. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


des Salzens nicht, ankoinrae. Die Vorschriften seien ergangen, um 
gesundheitliche Schädigungen hintanzuhalten. Wesentliche Ver¬ 
änderungen, wie Pökeln, verhinderten die Gefahr; es komme 
daher darauf an zu prüfen, in welcher Art und Stärke gepökelt 
worden sei. I)r. G. 


Mageninhalt in der Wurst. 

Ein Tierarzt fand bei einer Revision der Wurstläden Blutwurst 
Braunschweiger Art, die grünen Mageninhalt enthielt. Die Wurst 
war infolgedessen zu vernichten. Die benutzten Lungen stammten 
der Aussage gemäß aus einem großen öffentlichen Schlachthof. 

Dr. G. 

Zur Milchunter8uchung. f 

Spontanserum, bekanntlich das durch Selbstsäuerung entstandene 
Serum der Milch, wird von Surr und Berberich (Chemikerzeitung 
1908, Nr. 52) zur Untersuchung auf Wasserverdünnung der Milch 
angewandt, um auf Grund der Aschebcstimmung zum Ziele zu 
gelangen. 0,75 Proz. Mindestaschengehalt w'ird nach beiden Autoren ! 
verlangt. Da indessen auch annormale Bakterien die Säuerung 
verursachen können, ist diese Untersuchungsmethode noch nicht 
ganz spruchreif. Dr. G. 

Trommsdorfsches Leukocyten-Verfahren. 

Die Tatsache, daß eine leukozythenreiche Milch auch reich an 
Streptococcen ist, hat T. zu einer Methode veranlaßt, wonach kleine 
Milchmengen zentrifugiert werden und das Raummaß des Bodensatzes 
bestimmt wird. Dieses soll den Volumgehalt an Lcukozythen ergeben 
und es „bilde diese Milcheiterprobe zweifellos eine wertvolle Er¬ 
gänzung der bisherigen Untersuchungsmethoden auf chronische 
Mastitis“. Kühe, deren Mischmilch mehr als l%o Leukozythen 
enthielt, sei mastitisverdächtig, über 2°/ 00 dürfte mit Sicherheit 
eine Euterkrankheit diagnostizieren. Rullmann und R. Tromms¬ 
dorf haben sich in ihren „Milchbygienischen Untersuchungen“ ein¬ 
gehend damit beschäftigt (Archiv für Hygienie, Band 49, S. 257). 

* Dr. G. 

Gesundheitsschädlichkeit der Milch der an Mastitis erkrankten Kühe. 

Uber die Frage, ob die Milch ein-, zwei- und raehrstrichiger 
Kühe gesundheitsschädlich ist oder sein muß, scheint in München 
eine lebhafte Debatte entbrannt zu sein zwischen Geheimrat Dr. 
von Soxhlet und den städtischen Tierärzten. Ersterer erreichte 
durch einen Vortrag in der Sitzung des bayerischen Landwirtschafts¬ 
rates, daß dieser einen Antrag an die Stadtverwaltung München 
stellte, die Handhabung der Milchpolizei zu mildern. Die Milch¬ 
untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Gcnußmittel mit dem tier¬ 
ärztlichen Bureau verbunden habe sich als eine „keineswegs 


glückliche Kombination erwiesen“, schreibt Herr von S. 
nach einem Referat in der „Berliner Molkereizeitung“ Nr. 34. Will 
man vielleicht in München die langjährig erprobte Milchpolizei den 
Tierärzten wegnehmen und den Hygienikern geben? Ncc vestigia 
terrent! Dr. G. 

Lecithingehalt des Tierkörpers. 

J. Ncnking fand einen relativ hohen Durchschnittsgehalt von 
So enthielten Kaninchen 0,3626 bis 
0,4478 Proz. des Lebendgewichtes Lecithin, ein Igel sogar 0,7995 Proz. 
Das Rückenmark, das lecithinreichsto Organ, hatte 35,18 Proz. des 
Trockengewichts, das Gehirn 12,41 Proz. Nieren, Nebennieren, 
Lunge und Herz etwas mehr als 5 Proz. Dieselben Verhältnisse 
fanden sich auch bei der Katze vor. Der Igel dagegen hatte 
in den Nebennieren (auf Trockengewicht berechnet) 92 Proz., im 
Gehirn 22,31 Proz., im Rückenmark 18,12 Proz., in den Hoden 11,27 Proz., 
im Herzen 10,49 Proz., in den Nieren 8,53 Proz. Verfasser will 
untersuchen, ob er keinen Zusammenhang zwischen Lecithin¬ 
gehalt und Giftfestigkeit beim Igel finden kann. (Biochemische 
Zeitschrift 1908, X, Nr. 10.) Dr. G. 

Pferdeantiserum. 

Die Rotlaufmischanstalt der Landwirtschaftskammer der Provinz 
Brandenburg liefert (laut Z. f. d. U. v. N. 1908, Nr. 9) den Nahrungs¬ 
mittel-Untersuchungsanstalten und„sonstigen Interessenten“ ein 
wirksames Pferde-Antiserum (Arbeiten von Reuchlin, Behre & Baier), 
über den biologischen Nachweis von Pferdefleisch in der Wurst. 

Dr. G. 

Fleischteuerung in England. 

Im Unterhausc gab der Handelsminister Churchill bekannt, daß 
eine Kommission zur Prüfung der Frage eingesetzt sei, inwieweit 
und in welcher Weise die Zufuhr und der Preis des Fleisches in 
Großbritannien durch irgendeine Kombination von Firmen oder 
Gesellschaften kontrolliert oder beeinflußt würden. 

Färben von Nahrungsmitteln in den Vereinigten Staaten. 

Eine Verdeckung der Minderwertigkeit von Nahrungsmitteln 
durch Färben ist verboten. Im übrigen dürfen Farbstoffe benutzt 
werden, die für die Färbung von Lebensmitteln besonders hergestellt 
sind, keine anderen Stoffe enthalten und einen dahingehenden 
Vermerk des Herstellers tragen. Dazu ist eine Bescheinigung eines 
Sachverständigen beizubringen, daß die Farbe keine schädlichen 
Bestandteile enthält. 

Preisausschreiben für Schlachthausbapten. 

Das niederländische Landwirtschaftsministeriura hat Preise von 
750 und 250 Gulden, sowie Prämien von 300 und 100 Gulden für 
Entwürfe billiger und zweckdienlicher, einfacher Schlachthäuser mit 
und ohne Kühlanlagen ausgesetzt. Die Entwürfe und Kosten¬ 
anschläge sind von den Bausachverständigen aller Länder innerhalb 
4 Monaten an das Reichsbaumeisterbureau im Haag einzureichen. 


Proteid. 

Dieses Wurstbindemittel (Pflanzeneiweiß genannt), das 25 Proz. 
mehr Wasserbindekraft der Wurst verleihen soll, enthält Stärkemehl ; Lecithin im Tierkörper vor. 
und ist daher, weil auf Jod reagierend, unzulässig. Dr. G. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen den Oberstabsveterinären 
Johann 2h7sc//-Landau (Pfalz) der Rote Adlerorden vierter Klasse, 
Ernst //ö7i/'/.-e-Darmstadt das Ritterkreuz erster Klasse des Hess. 
Verdienstordens Philipps des Großmütigen. 

Ernennungen: Tierarzt Paul Ilascnkamp , Assistent an der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule Hannover zum Assistenten an der Seuchcn- 
stelle der Landwirtschaftskammer in Münster (Westf.). — Der 
Tierarzt Luchhau- Rixdorf ist mit den kreistierärztlichen Geschäften 
in Rosenberg (Westpr.) betraut worden. — Tierarzt Georg Dennler- 
Bischweiler (Elsaß; zum Schlachthofdirektor daselbst, Schlachthof¬ 
inspektor Hermann Roßmann zum Schlachthofdirektor in Coburg, Tier¬ 
arzt Edmund BaumiiUcr- Barth (Pom ) zum Schlachthofinspektor das. 

Niederlassung: Tierarzt Paul E. W. Wesener in Metternich bei 
Koblenz. — Verzogen: Tierarzt Heinrich Thal von Worms nach 
Landau (Pfalz). 

Todesfall: Königl. Bezirkstierarzt Hermann NWvrw/cr-Frankenthal 
(Pfalz). 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: Reg.-Bez. 
Koblenz: Mayen. Bewarb, bis 10. Oktober er. a. d. Regierungs¬ 
präsidenten. — Reg.-Bez. Düsseldorf: Mettmann mit dem 
Amtssitz in Vohwinkel. Bewerb, bis 10. Oktober er. a. d. Regierungs¬ 
präsidenten. — b) Nach Ablauf der Meldefrist noch un¬ 
besetzt: Reg-Bez. Köln: Rheinbach. — Reg.-Bez. Osnabrück: 
Lingen. — Reg.-Bez. Posen: Koschmin. 

Schlachthofstellen: Nach Ablauf der Meldefrist noch unbe¬ 
setzt: Bitburg: Tierarzt, 1600 M. — Frankfurt a. M.: Tierarzt, 
2500 M. — Hannover: Tierarzt, 2400 M. bis 4100 M. — Königs- 
htitte: Assistenztierarzt, 2400 M. bis 3900 M. — Liegnitz: 
Assistenztierarzt, 2400 M. — Osterode (Ostpr.): Direktor, 2100 M. 
bis 3000 M. — Stargard (Pom.): Assistenztierarzt, 1800 M. 

Stellen für ambulatorische Fleischbeschau und Privatpraxis: Nach 
Ablauf derMeldefristnoch uubesetzt: Kemberg (Kr. Witten¬ 
berg). — Kirchberg (Hunsrück). — Langelsheim (Herzogtum 
Braunschweig). 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung Ton Richard SchoeU In Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 






Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. ■Durch Jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 80 Hk., in Petitsau mit 
00 Mk. für den Rogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin. Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafie 66. Korrekturen, 
Resensions-Rzcmplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor glage 

Hamburg. 


Med.-Rat Dr. Roeder 

Profes or in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Veterinllrrat Dr. Lothe« 

Departements-!', in Cöln. 


Dr. Schlegel 

Professor in Freibnrg. 


Professor Dr. Peter 

Suauticrarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Veterioärrat Peter« 

Departements T. ln Bromberg. 


Ober-Reg.-Rat Dr. V«gel 

LandestiArarzt in München. 


Veterinärrat Preuße 

Departementa-T. in Danalg. 

Wehrle 

Kais. Regierungsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Zfindel 

Kreistieraret in Mülhausen L E. 


Helfer 

Schlachtb.-Direktor in Mülbauren i. E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitnt in Hamburg. 


Dr. Stttdter 

8tadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. Jfä 41 . Ausgegeben am 8. Oktober. 


Inhalt: Freund: Bemerkungen zu Prof. Dexlers Operationstisch für kleinere Haustiere; — Wolfstein: Ein eigenartiger 
Fall von Erkrankung des Bewegungszentrums (?). — Liebetanz: Glottisödem infolge traumatischer Peri- 
carditis. — Wieland: Rückfall von Gebärparese beim Rind. — Goldberger: Darmanhängsel beim Schweine. — 
Willenberg: Ein Fall von Rauschbrand bei einem Schwein. — Referate: Rach fall: Hufbeinfissuren und Hufbeinfrakturen. 
Zimmermann: Über tierärztliche Geburtshilfe. -- Adelmann: Das Aneurysma verminosum equi vom pathologisch-anatomischen, 
statistischen, klinischen und zoologischen Standpunkte. — Dorn: Strophantin und Digalen. — Erkrankung der Hasen durch 
Strongylus retortaeformis. — Guerrini: Über einen Fall von Struma sarcomatosa der Schilddrüse (kleinzelliges Rundzellen¬ 
sarkom) mit sekundärer Hypertrophie der Nebennieren und Hydrops Ascites beim Hunde. — von Liebermann: Hämagglu- 
tination und Hämatolyse. — Mießner: Über Tuberkulose. — Franz: Die Druse der Pferde und ihre Behandlung mit Serum 
nach DDr. Jeß-Piorkowski — Zur Aufklärung. — Tageogesohlohte: Militaria. — Protokoll der Versammlung des Vereins 
sächsischer Geraeindetierärzte. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aua dem K. K. Tierärztl. Institut der Deutschen Universität in Prag.) 

Bemerkungen zu Prof. Dexlers Operationstisch für 
kleinere Haustiere. 

Von Dr. L Freund, 

Assistent des Institutes. 

Mit 3 Abbildungen im Text. 

Professor H. Dexler hat im Jahre 1904 die Beschreibung 
eines neuen Operationstisches für kleine Haustiere in der Zeit¬ 
schrift für Tiermedizin 
(8. Bd., S. 350—363, 

10 Textfiguren) ver¬ 
öffentlicht. Dort sind 
auch die Grundsätze 
niedergelegt, nach 
denen der Tisch ge¬ 
baut worden war und 
die sich während 
seines damals bereits 
mehrjährigen Gebrau¬ 
ches vollkommen be¬ 
währt haben. Diese 
betrafen zunächst die 
absolute Sicherheit in 
der Fixation der Tiere 
bei weitgehendster 
Schonung derselben 
im Hinblick auf ihren 
Wert, weiterhin die 
möglichste Ausschal¬ 
tung von Hilfskräften, um erstens die etwa nötigen aseptischen 
Kantelen zu verbessern und zweitens mit einem geringeren 
Personalstande aaszukommen. Dadurch wurde der Tisch nament¬ 
lich für die chirurgische Hnndepraxis großer Städte qualifiziert, 
wobei sicherlich sein von den alten hölzernen Operationsbrettern 
usw. abstechendes, gefälliges Außere nicht gering anzoschlagen 


ist. Abgesehen aber von allen den genannten mehr konstruktiven 
Vorteilen gestattet der vollständig ans Metall hergestellte Tisch 
mit seinem einfachen Bau eine absolute Asepsis und Reinlichkeit. 
Nun ist schon vor längerer Zeit ein neues Exemplar in Ver¬ 
wendung genommen worden, das gegenüber dem alten Modell 
technisch vervollkommneter, in den Hauptzügen die alte erprobte 
Konstruktion wiederholt. Die Brauchbarkeit unseres Operations¬ 
tisches, die sich in physiologisch-experimenteller wie in klinisch- 

chirurgischer Rich¬ 
tung durch nunmehr 
zehn Jahre erwiesen 
hat, rechtfertigt eine 
Ergänzung der seiner¬ 
zeit publizierten An¬ 
gaben durch die Be¬ 
schreibung seiner ge¬ 
genwärtigen Gestalt. 

Auf einem ein¬ 
fachen Tischgestell 
(Fig. 1) von geboge¬ 
nem Eisenrohr, wie 
es für chirurgische 
Zwecke gewöhnlich 
verwendet wird, ruht 
eine große - recht¬ 
eckige Metallplatte, 
an deren Unterseite 
in der Längsachse 
eine eiserne Trag¬ 
stange befestigt ist, die über die eine Schmalseite hinaus¬ 
reichend mittelst zweier Krenzköpfe die Nackengabel und den 
Schnanzenring trägt. 

Das Gestell ist von gewöhnlichem Bau, aus einzölligem 
Eisenrohr, 100 cm lang, 50 cm breit und 73 cm hoch. An den 
vier Füßen gestattet eine einfache Hebelvorrichtung rollen- 









780 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


tragende Hülsen herabzulassen und den Tisch um 3 cm zu 
heben, so daß er leicht verschoben werden kann. Durch Heben 
der Rollen wird der Tisch wieder festgestellt. Vom oberen 
Rahmen des Gestelles erheben sich 6 Stück 10 cm hohe Lager¬ 
zapfen, auf welchen die Platte mittelst Gegenzapfen aufruht. 

Beide sind an ihren aneinander gelagerten Enden durchlocht, 
so daß sie mit quer gesteckten Kegelzapfen fest verbunden 
werden können. Durch Entfernung entsprechender Querzapfen 
können die restlichen als Scharniere zum Aufheben bzw. Schief¬ 
stellen der Platte benutzt werden. Infolge der Höhe der Lager¬ 
zapfen ist die Unterfläche der Platte überall bequem mit der 
Hand oder geballten 

Figur 2. 


Feststellen zu ermöglichen, was durch eine halbe Umdrehung 
erzielt wird. 

In beiden Führungslaschen gleitet nun die 140 cm lange, 
2,1 cm starke, exakt abgedrehte, massive Tragstange aus Stahl. 
Auf dieser gleiten wiederum zwei 4,5 cm lange, 9 cm breite 
Kreuzköpfe (Doppeloliven). Beide besitzen je eine Feststell¬ 
schraube von der vorerwähnten Qualität und je eine Fülirungs- 
schraube, erstere seitlich, letztere unten bzw\ vorn angebracht, 
für jede Olive des Kreuzkopfes. Die Führungsschraube der 
horizontalen Oliven ist für die Nut der Tragstange bestimmt, 
die der senkrechten für die kurzen Tragstangen der Nackengabel 

und des Schnauzen¬ 



Faust zu erreichen. 

Früher, als die Platte 
dem Rahmen beinahe 
auflag, störte dies 
bei der Manipulation 
wesentlich. Beim fest¬ 
stehenden Tisch ist 
die Platte 83, beim be¬ 
weglichen 86 cm vom 
Fußboden entfernt. 

Die Tischplatte ist 
langgestreckt, recht¬ 
eckig; ihre Dimensionen sind 136 : 56 cm, bei 0,8 cm Dicke. Sie 
wurde diesmal aus Messing hergestellt, um eine tadellose Ver¬ 
nickelung zu gestatten, was bei der früheren Kesselblechplatte 
wegen ihrer Risse und Rauhigkeiten nicht möglich w r ar. Freilich 
ist das Kesselblech viel steifer, doch kann dies auch bei der etwas 
federnden Messingplatte etwa durch Anbringen zweier niedriger 
Längsrippen auf der Unterseite vollkommen erreicht werden. In 
der Platte befinden sich sechs Reihen von elf abwechselnd längs- 
und quergestellten, 1 cm breiten und 4,2 cm langen Schlitzen 
zum Durchführen der 


64 kg schicerer Berghund mit Cystenkropf in Rückenlage xur Operation aufgebunden. 



75 kg schwere, große Dogge , in Seitenlage mit stark schräg eingespanntem Kopf 
auf gebunden. 


Longen und Fesselschnüre 
gleichmäßig verteilt. Die 
früher vorhandenen run¬ 
den Öffnungen wurden 
gänzlich weggelassen, da 
das Einführen der Schnüre 
kein schnelles Arbeiten 
gestattete und sie auch 
schlecht zu reinigen sind. 

Auf der Unterfläche der 
beiden Längsseiten finden 
sich je vier gleich ge¬ 
richtete, kräftige Exzenterhebel zum automatischen Fest¬ 
halten der Fußfesselschnüre. Wir verwenden jetzt solche 
mit geriefter Innenfläche, da die früheren glatten namentlich 
dünnere Schnüre nicht ganz festhalten konnten. In der 
Längsachse der Unterfläche sind die beiden Führungslaschen 
der Tragstange angebracht und zwar die eine in der Mitte, die 
andere am Vorderrande. Sie sind 10 cm lang, sehr kräftig und 
insbesond.-re sehr genau ausgerichtet, um ein anstandsloses Ver¬ 
schieben der Tragstange zu gestatten. Nur die Randlasche be¬ 
sitzt eine Feststellschraube, welche in eine auf der Unterseite der 
Tragstange eingerissene Nut paßt. Sie ist somit gleichzeitig 
Führungsschraube für die letztere. Sie ist mit einem genügend 
langen, queren Feststellhebel versehen, um ein bequemes, schnelles 


Figur S. 


ringes, die selbstver¬ 
ständlich auch beider¬ 
seits mit genau parallel 
gestellten Nuten ver¬ 
sehen sind. Es ist auf 
diese Weise leicht 
möglich, beide Kreuz¬ 
köpfe mit ihren Appa¬ 
raten in die passende 
Lage am einzuspan¬ 
nenden Tierkopf zu 
bringen, sie gegenein¬ 
ander zu verschieben, ohne daß sie aus der vertikalen und, 
w T as besonders wichtig ist, parallelen Stellung zu einander 
herausfallen können. Die Feststellung erfolgt dann durch zwei 
kurze und schnelle Handgriffe an jedem Kreuzkopf. Diese 
kleine Adaptierung ist eine wesentliche Erleichterung, aber auch 
Sicherung gegen früher, wo all das mit den Feststellschrauben 
gemacht wurde, die dann, um dem mächtigen Drehmoment des 
Tierkopfes Widerstand leisten zu können, mit großer Kraft 
eventuell mit der Zange angezogen werden mußten. Es wird 

somit einer Haupteigen¬ 


schaft des vorliegenden 
Tisches — weitgehendste 
Schonung und Sicherung 
des aufzuspannenden oft 
sehr wertvollen Tieres — 
neuerlich eine wesentliche 
Förderung zuteil. 

Die gegenseitige Un- 
verrückbarkeit der drei 
in Betracht kommenden 
Tragstangen gilt natür¬ 
lich nur für die Bauch¬ 


oder Rückenlage des zu operierenden Tieres (Fig. 2) wobei alle 
Führungsschrauben in den entsprechenden Nuten laufen. Aber 
auch bei einer schrägen (Fig. 3) oder Seitenlage, bei welcher 
die Haupttragstange so weit gedreht werden muß, daß die Fest¬ 
stellschraube der Führungslasche seitlich der Nut angreift, 
werden wenigstens die beiden anderen Sicherungen ihre Schuldig¬ 
keit tun. Doch ist dabei nicht immer ein Einspannen des Kopfes 
nötig, es genügt häufig ein Niederbinden des Kopfes an die 
Platte. 

Die beiden kurzen Tragstangen, die in den vertikalen 
Oliven gleiten, wurden schon erwähnt. Sie haben ein schwächeres 
Kaliber — 1,9 cm und verschiedene Länge: 22 cm für die 
Nackengabel uud 26 cm für den Schnauzenring. Die ein- 









8. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


731 


gerissenen Nuten sind so angeordnet, daß beide Apparate genau 
senkrecht zur Haupttragstange stehen. Es sind vorn und rück¬ 
wärts Nuten angebracht, um die Stange beiderseitig verwenden 
zu können. Die Nackengabel besteht aus einem halbovalen 
Eisenbogen von 1 cm Stärke mit etwas auswärts gerichteten 
Enden und einem rückwärtigen 2 cm langen vierseitigen Pyra¬ 
midenstutz als Einsteckdorn. Die Tragstange besitzt am oberen 
Ende eine dem Dorn entsprechende Düse, jedoch schräg nach 
oben aufgesetzt, so daß die eingesteckte Nackengabel aufwärts 
gerichtet mit der Tragstange einen nach vorn und unten offenen 
Winkel von 140 Grad einschließt (für die Rücken- und benach¬ 
barten Seitenlagen). Für die Bauch- und benachbarten Seiten¬ 
lagen, wobei die Gabel nach abwärts gerichtet sein muß, wird 
eine kurze Tragstange von 15 cm verwendet mit einem kräftigen 
Schaltbogen — ein Halbbogen von 7,5 cm Radius —, der den 
Hals überspannend an seinem oberen Ende, also im Rücken des 
Tieres, die erwähnte Düse, diesmal natürlich im entsprechenden 
Winkel nach abwärts gerichtet trägt. Es genügt ein Satz von 
vier verschiedenen auswechselbaren Nackengabeln von 9,10, 
5,15 und 18,5 cm Querdurchmesser an den Gabelenden. Infolge 
der Neigung der Düse kann man den Schaltbogen nur einseitig 
verwenden, doch hilft dem eine Doppeldüse ab. 

Dem Satz an Nackengabeln entsprechen vier verschiedene 
Schnauzenringe, ovale geschlossene Ringe von 1 cm Breite und 
0,5 cm Dicke, die durch einige Schraubendrehungen an die 
Tragstange befestigt werden können. Ihre Durchmesser sind 
7 : 5,8, 8,5 : 6,8, 9,5 : 7,5 und 11:9 cm. 

Die Art des Aufspannens ist der Beschreibung und den 
Abbildungen des eingangs zitierten Aufsatzes zu entnehmen. 
Hier wäre nur zu bemerken, daß es beim Einspannen des 
Kopfes in die Nackengabel und Schnauzenring nicht darauf an¬ 
kommt, die Kopflängsachse möglichst viel von der Körperlängs¬ 
achse abzubiegen. Ist das Tier auf den Tisch aufgelegt, das 
Hinterhaupt in die Nackengabel gefügt, so ist das wichtigste, 
den Körper möglichst zu strecken, ihn vom Kopfe abzuziehen, 
mittelst Gurten den Köiper in der abgezogenen Lage an die 
Platte zu befestigen und dies durch Ausspannen der Extremi¬ 
täten mittelst der Fesselschnüre zu unterstützen. Der auf die 
Schnauze aufgeschobene Ring wird nur so viel gesenkt (bei der 
Rückenlage), bzw. gehoben (bei der Bauchlage), daß der Kopf 
mäßig gestreckt wird, so daß das Tier den Kopf nicht mehr 
durch Senken bzw. Heben des Hinterhauptes aus der Nacken¬ 
gabel befreien kann. Ein übermäßiges Strecken des Kopfes, 
wovon die normale Einspannung noch immer erheblich entfernt 
ist, kann bei einem exzessiven Befreiungsversuch des Tieres 
zum Zerreißen oder Brechen der Knochen und Bänder in der 
Atlantooccipitalgegend führen. Die vorteilhafteste Spannung 
dürfte im allgemeinen erreicht sein, wenn die Stirn-Sclmauzen- 
linie parallel mit der Rückenlinie zu liegen kommt. 

Im übrigen hat der Tisch durch die Vernicklung der Platte 
und der übrigen blanken Teile, sowie durch das weißlackierte 
einfache Gestell sehr an Eleganz gewonnen und läßt sich nun 
absolut rein und aseptisch halten. Er übertrifft hierdurch alle 
anderen Tische bei weitem. Die mangelnde Aushöhlung der 
Platte, die von manchem für wesentlich gehalten werden könnte, 
wurde bei uns noch nie störend empfunden, da im Bedarfsfälle 
durch zwei aus der humanen Chirurgie bekannte Sandsäcke von 
weißen Wachsleinen der Tierkörper genügend gestützt werden 
kann (Fig. 2). Die Größe ist nun auch für die größten Hunde 


usw., wie aus den beigegebenen Abbildungen erhellt, vollkommen 
ausreichend. Möge das neue Gewand der Verbreitung des 
Operationstisches jene Förderung angedeihen lassen, die er ver¬ 
möge seiner ausgezeichneten Eigenschaften verdient, wozu 
sicherlich der Umstand nicht wenig beitragen wird, daß die 
renommierte Firma H. Hauptner, Berlin, dessen Herstellung 
um einen verhältnismäßig zivilen Preis übernommen hat. 


Ein eigenartiger Fall von Erkrankung des Bewegungs- 
Zentrums (?). 

Von Tierarzt Wolfstein, Bochum. 

Dieses unten 3 mal photographierte Pferd, eine Fuchsstute, 
ca. 12 Jahre alt, Landpferd mit verhältnismäßig langem Rücken 
und schlecht gebauten Schultern, behandelte ich am 12. März 
und folgenden Tagen wegen einer subkutanen nekrotisierenden 
Eiterung auf der linken Seite zwischen Tuber coxae und Knie¬ 
falte; die Nekrose ging aus von einer Decubituswunde am 
tuber coxae, und die Decubituswunde war durch häufiges und 
anhaltendes Liegen auf der linken Seite entstanden. 



Figur 1. Figur 3. 


Während der ganzen Winterruhe — ich hebe das hervor, 
weil es sich um das Pferd eines Bauern handelt — zeigte Patient 
nach Aussage des Besitzers nicht die geringsten Krankheits¬ 
erscheinungen, weder akuter noch chronischer Natur. Erst seit 
2—3 Wochen hat Besitzer die eigentümliche Bewegungsanomalie 
beobachtet, die Patient zum vielen Liegen veranlaßt; und jener 
machte mich darauf erst aufmerksam, nachdem ich Patient lokal 
behandelt hatte. Vorausschicken möchte ich aber noch, daß 
eine Untersuchung meinerseits das Freisein von einer akuten 
Krankheit feststellte, ferner noch folgendes: 

So oft ich den Stall betrat, fand ich Patient meist liegend und 
zwar auf der linken Seite. Um es in die Höhe zu bringen, 
bedurfte es einer sehr kräftigen und nachhaltigen Anregung; 
auf die Art des Aufstehens habe ich leider zu wenig geachtet. 
Als P. dann stand, nahm es ungefähr die Stellung ein, wie sie 
aus Figur I einigermaßen deutlich hervorgeht: die 'Hinterbeine 
werden etwas nach vorn unter den Leib geschoben und sehr 





782 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


breit auseinandergestellt. Beide Vorderbeine werden in der 
Grundstellung ebenfalls etwas unter den Leib gezogen. Nach¬ 
dem jedoch die Grundstellung nur wenige Sekunden gedauert 
hat, wird der rechte Vorderschenkel in allen Gelenken gebeugt, 
der Huf mit den Trachten scheinbar auf die Krone des linken 
Hufes aufgesetzt; dann das ganze Bein krampfartig in allen 
Gelenken gestreckt und nach vorn gehalten (Figur II); das 
Eisen berührt den Erdboden nicht, sondern das Bein bleibt so 
ca. 1 Minute in der Schwebe; dieses Bild ist das vorherrschende. 
Teilweise hat man auch das Gefühl, als ob im Huf große 
Schmerzen wären, die Patient abzuschütteln suchte. 

Bei der Bewegung zeigte Patient hinten einen ähnlichen Gang 
wie Hunde, die von der Staupe her im Kreuz eine Schwäche 
zurückbehalten haben. Auch die Vorderbeine scheinen sich zu 
überschlagen; insgesamt also ein unregelmäßiger und unsicherer 
Gang. 

Der Gesamteindrnck, den Patient sowohl in der Ruhe als auch 
Bewegung macht, ist kein besonders guter, etwas stupide, wie 
auf den Abbild, deutlich. Deshalb dachte ich zuerst auf Grund einer 



Figur 2. 


ganz oberflächlichen Untersuchung, und als mich der Besitzer 
scheinbar ohne jedwede Absicht deswegen fragte, an eine 
chronische Gehirnkrankheit (Dummkoller). Außer einer geringen 
Empfindlichkeit sämtlicher 4 Kronen, der abnormen Beinstellung 
und des stupiden Eindrucks hatte die Untersuchung auf Dumm¬ 
koller aber ein negatives Resultat. 

Die eigentümliche Stellung des rechten Vorderbeins lenkte 
mich auf eine nähere Untersuchung desselben. Vom Huf bis 
zum Schultergelenk war der Schenkel ganz gesund. Als ich 
dann zwecks Untersuchung des rechten Schultergelenks den 
— zufällig — gestreckten Schenkel nach vorn ziehen ließ, wie 
auf Figur III der Versuch gemacht wird, erhob sich Patient mit 
beiden Beinen mindestens 20 cm vom Erdboden, stellte die 
Hinterbeine breit und verharrte so längere Zeit, sich mit der ge¬ 
streckten rechten Vordergliedmaße auf die Hände des aufhebenden 
Mannes stützend. Dieses Experiment ließ sich beliebig oft und 
sowohl mit der rechten als auch linken Schulter wiederholen. 
Nach meiner Ansicht wurden weniger Schmerzen, als Reflex¬ 
bewegungen ausgelöst. 


Dieses die ganz eigentümlichen Krankheitserscheinungen. 
Ich bin heute zu der Überzeugung gekommen, daß eine Er¬ 
krankung des Bewegungszentrums Vorgelegen hat. 

Es wäre mir auch sehr interessant gewesen, wenn ich den 
Patient häufiger und länger hätte beobachten können; aber der 
Besitzer war froh, daß er das versicherte Pferd der Versicherung 
anheimstellen konnte. 

Wenn ich mich bezüglich der Diagnose geirrt oder irgend 
jemand der Herren Kollegen dasselbe Krankheitsbild gesehen 
haben sollte, so bin ich für eine diesbezügliche Mitteilung 
stets dankbar. 


Glottisödem infolge traumatischer Pericarditis. 

Von Dr. Liebetanz, Janowitz. 

In den mir gegenwärtig zur Verfügung stehenden Lehr¬ 
büchern, der Gerichtlichen Tierheilkunde von Fröhner, der 
Spec. Pathologie und Therapie von Friedberger-Fröhner 
und dem Buche von Dieckerhoff, die Krankheiten des Rindes 
finde ich das Glottisödem als Folgeerscheinung der traumatischen 
Pericarditis nicht angegeben. Ich habe in den vergangenen 
sechs Jahren eine größere Anzahl Fälle von traumatischer 
Pericarditis gesehen, in letzter Zeit hintereinander vier damit 
behaftete Rinder, habe auch häufig Atembeschwerde beobachtet, 
welche auf Zirkulationsstörungen in den Lungen zurückzuführen 
sind, wie sie in der Literatur angegeben werden, habe auch die 
traumatische Pericarditis häufig mit traumatischer Pneumonie 
verbunden gesehen, die sich kennzeichnete durch Husten, ver¬ 
mehrte Atmungsfrequenz, verstärktes Vesiculäratmen, trockene 
Rasselgeräusche, die Erscheinungen eines Glottisödems 
(Stauungsödems) habe ich aber jetzt zum erstenmal beobachtet. 

Ich will den Fall der Literatur einreihen, trotzdem ich 
den klinischen Befund leider nicht durch das Sektionsergebnis 
beweisen kann, da ich zur Ergänzungsschau nicht zugezogen 
wurde. Der Hilfsfleischbeschauer sagte, das Herz sei an einer 
Stelle mit dem Herzbeutel verwachsen gewesen, dort soll ein 
Abszeß gewesen sein. Außerdem habe er ein Stück Draht in 
dem Organ gefunden. 

Am 13. April 1908 wurde ich von dem Rittergutsbesitzer 
F. in K. zu einer kranken Kuh gebeten. Dieselbe soll wieder¬ 
holt etwas krank gewesen sein, sie soll stets wieder von selbst 
gesund geworden sein und dann auch reichlich Nahrung zu sich 
genommen haben. Plötzlich am 10. April 1908 soll sie das 
Futter versagt haben. Sonst seien keine Erscheinungen hervor¬ 
getreten. Am 11. April 1908 sei zum erstenmal eine leichte 
Anschwellung in der Gegend des Kehlkopfs bemerkt worden mit 
einer geringen Atembeschwerde. Am 12. April sollen die 
röchelnden Atmungsgeräusche intensiver geworden sein, sie 
sollen sich allmählich immer mehr verstärkt haben. Wasser 
soll das Tier getrunken haben. 

Am 13. April 1908 nahm ich folgenden Befund auf: 

Ostfriesische schwarzbunte, junge Kuh; der Nährzustand ist 
gut, die Muskeln sind gewölbt, die Dornfortsätze des Kreuzbeins 
und der Rückenwirbel sowie die Hüfthöcker treten nur un¬ 
deutlich hervor. Das Haarkleid ist rauh, die Haare sind trocken, 
sie sind leicht aufgerichtet. Die Ohren fühlen sich kalt an. 
Die Temperatur, im Mastdarm gemessen, beträgt 39,0° C. Die 
Augenschleimhaut ist höher gerötet. Der Puls ist nicht zu 
fühlen, weil die Gegend der Umschlagsstelle der äußeren Kinn- 





8. Oktober 1908. 


backenschlagader wäßrig durchtränkt ist. Die Jugularvenen 
sind prall mit Blut gefüllt, sie sind mannsdaumendick; die Wand 
derselben fühlt sich derb an, man sieht ein rhythmisches Zurück¬ 
strömen des Blutes (Jugularvenenpuls). Der Herzstoß ist nicht 
zu sehen, er ist auch nicht, nachdem das linke Vorderbein nach 
vorn gezogen worden ist, zu fühlen. Die Perkussion ergibt in 
der Herzgegend die Herzdämpfung; bei der Auskultation kann 
man keine Herztöne hören, da dieselben durch die Geräusche 
des Kehlkopfes übertönt werden. 

Die Zahl der AÄemzüge beträgt 50. Die Luft wird zu 
beiden Nasenlöchern gleichmäßig ausgestoßen, sie weist keinen 
abnormen Geruch auf. Die Nasenschleimhaut ist rosarot, sie 
zeigt am Naseneingang eine Quetschwunde, welche von der 
Nasenzange herrührt, die von dem Kuhfütterer angelegt worden 
war. Spontaner Husten besteht nicht; bei starkem Druck auf 
den Kehlkopf läßt sich auch kein Husten auslösen. Schmerz¬ 
haftigkeit besteht bei Druck nicht. Bei jeder Ein- und Aus¬ 
atmung hört man weithin vernehmbare Stenosengeräusche, sie 
sind röchelnd, rohrend, schnarchend. Der Kopf wird gestrekt 
gehalten. Wird das Tier mit dem Vorderteil hoch und dem 
Hinterkörper niedrig gestellt, so nehmen allmählich die Kehl- ! 
kopfsgeräusche an Intensität ein wenig ab, um wieder zuzu¬ 
nehmen, wenn die Kuh vorn niedrig gestellt wird. 

Im Bereich der Luftröhre sind keine Wunden und Narben 
nachzuweisen. Die Perkussion der Brustwandungen ergibt einen 
lauten, vollen Schall, die Auskultation verstärktes Bläschen¬ 
geräusch. 

Die Maulschleimhaut ist blaßrosarot, vermehrte Speichel¬ 
absonderung ist nicht wahrzunehmen. Wunden, Geschwüre und 
Narben sind weder auf der Maulschleimhaut der Mundhöhle noch 
in der Zunge nachzuweisen. Ein abnormer Geruch strömt aus 
dem Munde nicht heraus. Die Zähne zeigen nichts Abnormes, 
weder zwischen ihnen noch zwischen den Zahnreihen und den 
Backenwanduugen befindet sich Futter. Die Gegend des Schlund¬ 
kopfs zeigt keine höhere Temperatur, keine Schmerzhaftigkeit j 
bei Druck. Die Gegend des Kehlgangs ist geschwollen, die 
Schwellung reicht liinauf bis zu den Unterkiefern, sie fühlt sich 
weich an. Der Hals zeigt auch eine geringe Schwellung, die 
ebenfalls weder eine höhere Temperatur noch Schmerzhaftigkeit 
aufweist. Die Gegend des Schlundkopfs (Parotis und Submaxil- 
larisgegend) wird bei jedesmaliger Ausatmung stark erweitert, 
ein Moment, das sofort in die Augen springt. Die Haut ist 
dann in der genannten Gegend zu beiden Seiten des Halses 
gespannt, klopft man mit dem Zeigefinger darauf, so hat man 
das Gefühl, als wenn man auf einen mit Luft gefüllten Sack 
trommelt. Ein ungefähres Bild dieser Erweiterung der Schlund¬ 
kopfgegend bekommt man, wenn man sich einen männlichen 
Grasfrosch denkt, der seine Schallblasen nur mäßig auftreiben 
würde oder ein Pferd mit Luftsackkatarrh, wenn sich in dem 
Organ Luft befindet. 

Der Vergleich mit dem Pferde ist nicht gut, weil das Rind 
keinen Luftsack hat, es veranschaulicht aber das Bild. 

Futter- und Wasseraufnahme habe ich nicht beobachtet. 
Bei der Untersuchung habe ich aber hören können, wie der 
Speichel abgeschluckt wird. Das Wiederkauen ist aufgehoben, 
Pansengeräusche sind vorhanden, desgleichen die Pansenbewe¬ 
gungen. Die Dickdarmgeräusche sind so wie bei gesunden 
Kühen. Der Kot ist von braungrüner Farbe und weicher 
Konsistenz. Harnabsatz habe ich nicht beobachtet. 


733 _ 

Die Scheidenschleimhaut ist rosarot, Scheidenausfiuß ist 
nicht vorhanden. Die Kuh zeigt einen ängstlichen Blick, sie 
achtet nicht auf ihre Umgebung. Die Empfindlichkeit der Haut 
ist vorhanden. 

Akutes Glottisödem (ac. Laryngitis, Pharyngitis) ist nach 
dem Untersuchungsbefunde ausgeschlossen, desgleichen ein Fremd¬ 
körper im Schlund- oder Kehlkopf, da man auch bei stärkerem 
Druck keine Schmerzäußerungen hervorrufen konnte. Außerdem 
erfolgte der Schluckakt physiologisch. 

Es bleibt somit nur das Glottisödem übrig, welches auf 
eine Stauung von seiten des Herzens zurückzuführen ist. 

Nebenbei möchte ich noch bemerken, daß die Kuh von 
einem Fleischer für 50 M. gekauft worden ist. 


Rückfall von Gebärparese beim Rind. 

Von Tierarzt Wieland, Wangerin, in Pommern. 

Die interessante Abhandlung des Herrn Kollegen Dr. Zehl, 
dessen Ansichten über den Zusammenhang des Festliegens nach 
leichter Geburt und der Gebärparese ich vollkommen beistimme, 
gibt mir Veranlassung, folgenden bemerkenswerten Fall zu ver¬ 
öffentlichen. 

Am 9. Januar wurde ich nachmittags zu einer Kuh des 
Dom. Wieningen gerufen, die nach Aussage des Verwalters 
am Tage vorher leicht gekalbt hatte und nun nicht mehr hoch¬ 
kommen konnte. Es wurde Kalbefieber vermutet. Bei meiner 
Ankunft zwischen 5 u. 6 Uhr nachmittags fand ich folgendes: 
„Die Kuh lag auf der rechten Seite, konnte aber den Kopf noch 
ganz gut hoclihalten. Ein Versuch, sie auf die Beine zu bringen, 
mißlang. Ihr Sensorium war etwas benommen, sie zeigte kein 
Interesse für die Umgebung. Die Mastdarmtemperatur betrug 
38,2° C. Die Nachgeburt war gleich nach dem Kalben abge¬ 
gangen. Da durch die rektale Untersuchung keine Verletzungen 
des Beckens festzustellen waren und die leichte Gebnrt gegen 
das eigentliche Festliegen sprach, stellte ich die Diagnose Kalbe¬ 
fieber im Anfangsstadinm. Ich spritzte der Kuh 0,1 Eserin, sulf. 
und 5,0 Coffein: natrio-salicyl. unter die Haut und nahm die 
bekannte Luftinfusion vor. Hierbei möchte ich bemerken, daß 
es in den meisten Fällen gar nicht nötig ist, die eingepumpte 
Luft durch Gummiringe usw. abzuschließen. Man kann getrost 
ein wenig von der eingepumpten Luft entweichen lassen und dann 
sofort den Finger auf die Strichmündung drücken. In der Regel 
fließt dann sogleich etwas Milch in die Milchcysterne und verhindert 
allein schon den Austritt der eingepumpten Luft. — Dem ängst¬ 
lichen Verwalter stellte ich in Aussicht, daß die Kuh noch am 
Abend desselben Tages aufstehen würde, was sie auch gegen 
7 3 /i Uhr tat. 

Am 11. Januar erhielt ich den telephonischen Bescheid, 
daß die Kuh die ganze Nacht über (vom 10.—11. Januar) ge¬ 
standen, sich dann um 10 Uhr vormittags wieder hingelegt habe 
und nun wieder festliege. Bei der Untersuchung am 11. Januar 
zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags stelite ich folgenden Befund 
fest: „T. 38,7°, Puls unfühlbar. Patientin reagiert nicht auf 
Nadelstiche in den linken Hinterfuß und auf das Beklopfen der 
Kniescheibe. Sie hat an diesem Tage noch nichts gefressen 
auch keinen Kot abgesetzt. Die Psyche war aber freier als am 
9. Januar. Ich stellte diesmal die Diagnose Festliegen nach 
der Geburt und machte eine Veratrin-Injektion (0,15). Außer¬ 
dem verordnete ich Einreibungen der hinteren Fessel- und Sprung- 


BEWJNER TIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 




No. 41. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


784 

gelenke mit Ungt. Sapo-saHcyl. Am 12. Januar konnte die Kuh 
wieder aufstehen. 

Es ist dies bei den mir vorgekommenen Fällen von Kalbe¬ 
lieber der erste, der einen Rückfall im Gefolge hatte, denn als 
selbständige Krankheit kann ich die am nächsten Tage auf¬ 
tretende Lähmung nicht auffassen. Ich erkläre mir die Sache 
so, daß die erste Behandlung ausnahmsweise früh einsetzte, als 
die Symptome des Kalbefiebers sich erst im Anfangsstadium be¬ 
fanden, daß die Parese durch die Lufttherapie zwar sofort auf 
ca. 14 Stunden beseitigt wurde, dann aber nach Entfernung der 
meisten Luft ans dem Euter wieder auftrat, jedoch unter dem 
Bilde der leichteren Form d. h. des sogenannten Festliegens 
verlief. — Es würde mich sehr interessieren, wenn noch andere 
Kollegen über Rückfälle bei der Gebärparese berichten würden. 
Auch die Frage der subnormalen Temperatur ist noch nicht 
genügend geklärt. Ich habe nur selten subnormale Temperatur 
gefunden. In den meisten Fällen war aber die Temperatur 
normal resp. hochnormal (38°—39,5°). 


Darmanhängsel beim Schweine. 

Von Tierarzt Dr. Goldberger-Krojankc (Westpreußen). 

In Nr. 38 des Jahrgangs 07 der B. T. W. habe ich auf 
S. 091/92 die Skizze und Beschreibung eines abnormen Darm¬ 
anhängsels bei einem Schafe gebracht. 

Ich bin heute in der Lage, von einer ähnlichen Abnormität 
am Dünndarm eines Schweines zu berichten. 



Das Anhängsel, dessen Skizze ich wiederbringe, fand sich 
an einer scharfen Krümmung des Leerdarmes, wo es zeigefinger¬ 
förmig herausragte. Die Länge des Blindsackes betrug 7,5 cm, 
der Durchmesser am Anfänge 3 cm, am blinden Ende 1,5 cm. 
Mucosa und Serosa unterschieden sich nicht von den angrenzenden 
Dannteilen. 

Beide Originalpräparate habe ich Herrn Professor Schmaltz 
für das Anatomische Museum übermittelt. 

Ein Fall von Rauschbrand bei einem Schwein. 

Von Tierarzt Willenberg, Großhartmannsdorf. 

In Anbetracht der Seltenheit des Vorkommens von Rausch¬ 
brand bei Schweinen wird es die Leser interessieren, von einem 
derartigen Fall Kunde zu erhalten: Am 31. März d. J. wurde 
ich von dem Gutsbes. B. zu Gr. H. ziu* Sektion eines ihm plötz¬ 
lich verendeten Schweines gerufen. Infolge anderer Geschäfte 
war es mir erst 4 Stunden nach Eintreffen der Requisition 


möglich, an Ort und Stelle zu erscheinen. Das verendete 
Schwein war ca. 3 Ztr. schwer und hatte sich noch 2 Stunden 
vor seinem Tode des besten Wohlseins erfreut. Als ich des 
Kadavers, der in einem Schuppen lag, ansichtig wurde, fiel mir 
der riesige Umfang und die schon starke Grünfärbung der 
Bauchdecken auf. Der Kadaver war noch warm, Totenstarre 
noch nicht eingetreten. 

Beim Durchschneiden der Haut längs der Mitte des Bauches 
fiel mir ein starker Luftgehalt in der JJnterhaut auf. In der 
rechten Kniefalte befand sich eine ca. kindskopfgroße Geschwulst, 
die sich fast bis an den Nabel herüberzog. Diese Geschwulst 
sank beim Aufschneiden der Haut in sich zusammen; dabei ent¬ 
wichen süßlich-faulig riechende Gase und es entleerte sich eine 
größere Menge goldgelber Flüssigkeit aus dem Schnitt. Beim 
Durchschneiden der Einwärtszieher zeigte sich die Muskulatur 
stark mit Luft durchsetzt und fühlte sich wie Schwamm, ganz 
puffig, an. 

Am Dünn- und Dickdarm waren Krankheitserscheinungen 
nicht nachzuweisen. Die Milz war nicht vergrößert, sah aber 
infolge starker Fäulnis grün aus. Die Pulpa war erweicht. 
Die Leber war nur leicht geschwollen und in ihrer Farbe wenig 
heller als bei gesunden Tieren; aber.unter dem serösen Über¬ 
züge der Leber fand sich in reichlicher Menge Ansammlung 
von Luft in kleinen Bläschen, so daß die Leber wie mit Tau- 
tröpchen besetzt aussah. Das Herz zeigte unter seinen serösen 
Häuten kleine Blutungen in geringer Anzahl. Die Lunge war 
gesund, zeigte in der rechten Hälfte Hypostase. 

Da ich bei diesem Befunde eine Diagnose noch nicht stellen 
konnte, wollte ich die Halsorgane herausnehmen; dabei wurde 
mein Rauschbrandverdacht sofort bestätigt. Beim Einschneiden 
in den sehr stark aufgetriebenen Kehlgang hatte ich mit dem 
Messer einen Widerstand zu überwinden, wie beim Einschneiden 
in eine Lunge: Das ganze Gewebe knisterte und roch süßlich¬ 
widerlich. Die durchschnittene Muskulatur war hellrot gefärbt, 
stark mit Luft durchsetzt und sehr leicht zerreißlich. Das 
Ganze machte einen zunderartigen Eindruck. In derselben 
Weise war die Muskulatur des linken Vorderschenkels verändert. 

Am nächsten Morgen untersuchte ich mit dem zuständigen 
Kreistierarzt den Kadaver noch % einmal; die Fäulnis der offen 
liegenden Teile war so hochgradig, daß nichts mehr anzufangen 
war. Nur durch tiefere Muskelschnitte konnte noch typisch 
verändertes Gewebe freigelegt werden. Die bakteriologische 
Untersuchung dieser Teile ergab einwandfrei „Rauschbrand“. 

Die Fäulnisentwicklung an diesem Kadaver war so stark, 
wie ich sie im Hochsommer selbst bei 4—5 Tagen alten 
Kadavern noch nicht beobachten konnte. 

Referate. 

Hufbeinfissnren und Hufbeinfrakturen. 

Von Oberveterinär Rachfall. 

(Zeitschrift für Veterinär!?. 1908, S. 163.) 

Innerhalb der letzten 2 Jahre hatte R. in 11 Fällen Gelegen¬ 
heit, bei Offiziers- und Dienstpferden eine Lahmheit zu sehen, 
bei der die Diagnose ständig Schwierigkeiten machte, wüewohl 
stets die Hintergliedmaßen betroffen waren und die Ursache ein 
und dieselbe war. Die Lahmheit zogen sich die Pferde jedesmal 
beim Sprunge über den Graben dadurch zu, daß sie zu flach 



8. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


sprangen and mit der Vorderfläche des Hofes gegen die hölzerne 
Bordschwelle des Grabenrandes schlagen. Die Zehe wurde nur 
belastet, beim Auftritt wurde der Schenkel schnell zuckend hoch¬ 
gehalten. Die Untersuchung der Gliedmaße bis zum Krongelenk 
abwärts fiel negativ aus; überaus starke, oft sichtbare Pulsation 
der Schienbeinarterie war vorhanden, bei geringstem Druck 
wurden am ganzen Huf sehr starke Schmerzen ausgelöst. — 
Ein besonders schwerer Fall, bei dem infolge der erheblichen 
Symptome die Diagnose Hufbeinfraktur gestellt und durch die 
Sektion gesichert werden konnte, bot die Handhabe, die übrigen 
Fälle bei gleicher Ursache und Symptomen als Hufbein¬ 
fissuren zu diagnostizieren. Auch der Verlauf stellte diese 
Diagnosen sicher. Im Verlaufe von 6—8 Wochen nach Auf¬ 
treten der Lahmheit machte sich nämlich bei aßen Pferden am 
betreffenden Hufe eine knackmandel- bis walnußgroße, harte, 
schmerzlose Auftreibung im Bereiche des Saumbandes und der 
Formwand des Zehenteiles dicht unter dem Kronenrande, entweder 
in der Mittellinie oder in 1—2 cm Entfernung von derselben nach 
außen bemerkbar. Es trat also eine Knochenneubildung am 
oberen Hufbeinrande auf, als deren Ursache eine Fissur des 
Hufbeines angenommen werden mußte. 

Zur Heilung dieser schweren Lahmheit waren durchweg 
4—5 Monate nötig. Von den 10 Pferden mit Fissur wurden 
7 geheilt, bei 3 Tieren besteht im Anfang der Bewegung geringe 
Lahmheit. — Die Knochenauftreibungen gingen um mehr als 
die Hälfte wieder zurück; auch die konvexe Verbiegung der 
Zehenwand und die untergeschobenen Trachten haben sich bei 
sachgemäßem Beschläge völlig ausgeglichen. Auf Grund seiner 
Beobachtungen hält R. die Prognose der Hufbeinfissuren für 
verhältnismäßig günstig; jedoch dürfte vor Ablauf von 3—4 
Monaten kein abschließendes Urteil zu fällen sein. 

Richter. 

Über tierärztliche Geburtshilfe. 

Von Dr. A. Zimmermann in Budapest. 

(ö«terr. Mooatsachr. f. Tierheilk. 1908, 8. 12.) 

Von neueren Instrumenten hat Zimmermann u. a. das haken¬ 
förmige Pessarium nach Blume bei einem Scheide Vorfall ange¬ 
wendet, der bei einer 8 Jahre alten Kuh im 7. Trächtigkeitsmonat 
eingetreten war. Die Scheide war am Tage vorher in einer Länge 
von ca. 80 cm herausgestülpt. Nachdem Patient, welcher mit 
dem Hinterteil in einer kanalartigen Vertiefung stand, hinten 
höher gestellt worden war, wurde die Reposition vorgenommen 
und der Blume sehe Scheidenhalter angewendet. Derselbe 
wurde nach 3 Tagen entfernt; Kontusionen usw. waren nicht 
entstanden; der Vorfall hat sich nicht wiederholt. 

Zimmermann entfernte bei einer Kuh 7 Tage nach dem Kalben 
mit eingeöltem Arm während einer Stunde die stark faulende Nach¬ 
geburt. Besonderes Interesse verleiht diesem Fall der Umstand, 
daß während der Operation an der scheinbar unverletzten 
Haut des eingeführten Armes eine Infektion zustande kam. 
Am nächsten Morgen zeigte sich ein brennendes, schmerzhaftes 
Gefühl an dem geröteten, etwas geschwollenen Arm; nachmittags 
zeigten sich kleine Bläschen, abends Schwellung der Achsel¬ 
höhlendrüsen und am nächsten Tage einige Bläschen an der 
Brustwand. — Sublimatumschläge (1:500) zwei Tage lang, 
dann Einreiben mit Bleiessigsalbe nach ärztlicher Ordination 
brachten in vier Tagen vollkommene Heilung, 

Richter. 


(Aus dom Tierhygieuischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

Das Aneurysma verminosum eqni vom pathologisch¬ 
anatomischen, statistischen, klinischen und zoologischen 
Standpunkte. 

Von Dr. Adelmann, Tierarzt in Oppenau (Baden). 

(Archiv für wissenach. a. prakt. Tierheilk., Bd. 34, H. 3.) 

Durch seine Untersuchungen beabsichtigte Adelmann Be¬ 
weise für die Vermutung, daß verirrte Rundwurmlarven beim 
Pferde sehr verschiedenartige Krankheiten zu erzeugen imstande 
sind, zu erbringen. Unter eingehender Würdigung der bisher 
vorhandenen Literatur und nach Schilderung seines Unter¬ 
suchungsplanes geht Verfasser auf die pathologisch-ana¬ 
tomischen Veränderungen des näheren ein. Bei 85 unter¬ 
suchten Pferden konnten 125 Aneurysmen nachgewiesen werden. 
Nicht ein Pferd wurde ohne Aneurysma angetroffen. Am 
häufigsten wurden die vordere GekrÖswurzel, sodann die hintere, 
ferner die Pfortader, Milzarterie und Lungenarterien betroffen. 
Die Ausdehnung der Aneurysmen differierte zwischen Haselnuß- 
bis Mannesfaustgröße. Der betreffende Thrombus ist sehr ver¬ 
schieden in der Form, dem Alter und der inneren Einrichtung. 
Meist ist er wandständig, der Intima adhärierend, entweder 
zirkumskript oder das ganze Aneurysma ausfüllend, er ist teils 
kanalisiert, teils total obstruierend mit mehreren Ausläufern 
nach den peripheren Ästen. Von den im Pferdekörper vor¬ 
handenen drei Skierostomenarten ist in den Aneurysmen nur 
die Larve des Sclerostomum bidentatum anzutreffen. Die Gefä߬ 
wand ist nicht der alleinige Wohnsitz der Larven, sondern die¬ 
selben können teils in Fibringerinnseln gehüllt, teils an der 
Intima festgesaugt parasitieren. 

Hinsichtlich der Wanderungsweise ist folgendes zu er¬ 
wähnen: Aus den von den Weibchen des Sclerostomum biden¬ 
tatum im Darme abgesetzten Eiern können schon im Pferde¬ 
körper die Embryonen ausschlüpfen, so daß dieselben im Inhalt 
des Blind-, Grimm- und Mastdarmes nachgewiesen werden können, 
zum anderen Teil gehen die Eier mit dem Pferdekot ab und 
gelangen in die Außenwelt. Eine Hauptablagerungsstätte der 
Sklerostomenlarven stellt die Leber vor, woselbst aber die 
Larven infolge ungünstigen Nährbodens sehr bald absterben und 
als tote Körper den Anlaß zur Bildung der sogenannten ento- 
zoischen oder kalkig-fibrösen Knötchen geben, mitunter wird 
auch eine chronische interstitielle Leberentzündung hervorgerufen. 
Sind die genannten Parasiten in die Pfortader gelangt, so 
können sie die hintere Hohlvene passieren und in das rechte 
Herz kommen. Nunmehr der Lunge zugeschwemmt, können sie 
daselbst den Ausgangspunkt für umfangreiche Thrombosen der 
Lungenarterien bilden oder sie führen durch zeitiges Absterben 
zur Produktion kleiner Knötchen. Verschiedene Sklerostomen¬ 
larven durchdringen auch das Lungenkapillarsystem und geraten 
in den großen Blutkreislauf. Sie lokalisieren sich dann in den 
Herzgefäßen, Achselarterie, Nackenarterie, Gehirnarterien, Bauch¬ 
aorta (vordere GekrÖswurzel) Samenarterien, Beckenarterien usw. 

Nicht bloß die soeben geschilderte Lokalisation der 
Sklerostomenlarven kommt vor, sondern es ist zuweilen auch 
eine Generalisation zu beobachten. So stellt z. B. nach 
des Verfassers Ansicht die sogenannte Schweinsberger¬ 
krankheit eine durch Sklerostomen-Generalisierung hervor¬ 
gerufene Krankheit vor. 

Aus den klinischen Betrachtungen möchte ich nach¬ 
stehendes hervorheben: Die schädliche Wirkung der hier bo- 




736 __HKHUXKH T1KK ÄUZTL1 

sprocheuen Parasiten bestellt zunächst in der Verletzung der 
Mukosa des Darmes durch zahlreiche Bisse, in der Entstehung 
von Darmkatarrhen, Ulzerationen im Dickdarm, Reizung der 
nervösen Apparate und in Blutentziehung. Anämie und Kachexie 
sind dann sehr oft die Folge. Von anderweitigen Veränderungen 
sind zu nennen: Leberzirrhose, chronischer Milztumor, umfang¬ 
reiche Aneurysmenbildung, Leukozytose, Lungenthrombose mit 
Dämpfigkeit, zerebrale Depression. 

Die Aneurysmen der Gekröswurzeln können zur Embolie, 
Nekrose, Darmlähmung, Entzündung, Achsendrehung, Invagi- 
nation usw. führen (thrombotisch-embolische Kolik). Nach 
Adelmanns Ansicht wird auch die gewöhnliche Krampfkolik 
in der Regel durch unvollständige Embolie veranlaßt. Die 
manchmal entstehende Thrombose der Becken- und Schenkel¬ 
arterie gibt die Ursache zum intermittierenden Hinken. Plötzliche 
Ruptur eines Aneurysma bedingt Tod durch Verblutung. 

Zur Feststellung etwaiger Gift Wirkung nahm Verfasser 
Experimente an Meerschweinchen und Kaninchen vermittelst 
subkutaner und intraperitonealer Impfung vor, indem er die 
Larven der Skierostomen unter aseptischen Kautelen verrieb und 
die erhaltene Masse zur Injektion benützte. Das Resultat 
bestand in deutlicher Giftwirkung. 

Hinsichtlich des zum Schluß noch bearbeiteten zoologische n 
Teiles und weiterer Einzelheiten muß auf das Original ver¬ 
wiesen werden. J. Schmidt. 

Strophantin und Digalen. 

Von Distriktstierarzt Dorn, Markterlbach. 

(WocluuiBchrlft für Tierheilkunde und Viehzucht, b'2. Jahrg., Nr. 1Ü und 11.) 

Dorn stellte in seiner Praxis Versuche mit dem von der 
chemischen Fabrik Böliringer-Waldhof in den Handel gebrachten 
Glykosid Strophantin an. Dieses Mittel ist intravenös, und 
zwar bei Pferden und Rindern in der Dosis von 0,01—0,015 zu 
injizieren. Verfasser fand, daß das Strophantin bei den ver¬ 
schiedensten Krankheiten den Zirkulationsapparat günstig be¬ 
einflußt. Innerhalb weniger Minuten bessert sich der Herz¬ 
rhythmus und verringert sich die Pulsfrequenz. Die Körper¬ 
temperatur bleibt unverändert. Die Wirkungsdauer des ge¬ 
nannten Präparates ist auf ca. 24 Stunden zu bemessen. Der 
Preis für 0,01 Strophantin Böhringer (in zugeschmolzenem 
Gläschen) beträgt etwa 50 Pf. 

Des weiteren schildert Dorn seine Erfahrungen mit dem 
Cardiacum Digalen. Über des letzteren guten Eigenschaften 
hatte er schon 1906 (Nr. 29 und 30 der Wochenschrift für 
Tierheilkunde und Viehzucht) berichtet. Auch jetzt steht Ver¬ 
fasser noch auf dem Standpunkte, daß er das Digalen als vor¬ 
zügliches Herzmittel empfehlen muß, dem nur sein hoher Preis 
(1,80 M. für 15 ccm) hinderlich für die allgemeine Verwendung 
in der Praxis sein dürfte. Die Technik der Applikation besteht 
am zweckmäßigsten in der subkutanen Injektion. Die Dosis 
beträgt 15 ccm. Um den an der Injektionsstelle sich etwa 
bildenden Schwellungen vorzubeugen, muß eine mehrere Minuten 
währende Massage angewendet werden. J. Schmidt. 

Erkrankung der Hasen durch Strongylns retortaeformis. 

(Veröffentl. aus den Jahresveteriu&rberichten der beamteten Tierärzte Preußens 
für das Jahr 1905. II Teil. Berlin 1908.) 

Kreistierarzt Simon in Beeskow stellte als Ursache des 
massenhaften Sterbens der Hasen im Königl. Forst seines 
Kreises Parasiten fest und zwar handelte es sich um den 
Strongylus retortaeformis. Die Hasen erkrankten und starben i 


IT11K \V()(’11EXS(111HFT^ Xo^ JJ 

unter den Erscheinungen des Darmkatarrhs. Simon ist der 
Ansicht des Dr. von Linstow, daß nämlich die Wirkung der 
Parasiten nicht auf Blutentziehung oder mechanische Störungen, 
sondern auf Absonderung eines energisch wirkenden Toxins der 
Parasiten zurückzuführen ist. Rdr. 

Über einen Fall von Struma sarcomatosa der Schild¬ 
drüse (kleinzelliges Rundzellensarkom) mit sekundärer 
Hypertrophie der Nebennieren und Hydrops Ascites 
beim Hunde. 

Von Prof. Guido Guerrini in Mailand. 

(Monatsheft für prakt. Tierheilkunde. XIX. Band, 9. Heft, 8. 416.) 

Fälle von Struma sarcomatosa sind beim Hunde keine 
Seltenheit. Der von Guerrini beschriebene Fall ist jedoch 
durch die Sekundärerscheinungen interessant. Neben der 
Hypertrophie der Nebennieren fand sich bei der Sektion auch 
noch Hypertrophie der H 3 r pophysis und Hydrops Ascites. 
Guerrini ist der Meinung, daß durch die fortschreitende Zer¬ 
störung der Schilddrüse eine Insuffizientia thyreoidea eingetreten 
ist, die nun zu einer Alteration im Stoffwechsel und weiterhin 
zu einer Anhäufung von abnormen Substanzen im Organismus 
führte. Diese Substanzen wirkten als ein Stimulans und be¬ 
dingten die Hyperfunktion der Hypophysis und der Nebennieren. 
Der Hydrops war bedingt durch Druck der vergrößerten Neben¬ 
nieren auf die Vena cava und der daraus resultierenden allge¬ 
meinen venösen Stase. Als zweite Ursache der Transsudation, 
denn um ein Transsudat handelte es sich, ist auch die Alteration 
des Stoffwechsels anzusehen. Rdr. 

Hämagglutination and Hämatolyse. 

Von Prof. Dr. Leo von Liobermann-Budapest. 

(Orvosi Hetilap 1907. Nr. 31.) 

Bei der Suche nach Komplementen stellte es sich heraus, 
daß die nomalerweise in den Blutsera vorkommenden Seifen 
die Rolle solcher Komplemente spielen. Das aktive hämatolytische 
Kaninchen-Immun-Serum und das Normalserum sind ebenso, wie 
die Seifenlösnngen durch Kalksalze inaktivirt. Aktives liäma- 
tolytisches Immunserum ist durch Zusatz eines Alkalis inaktivir- 
bar. Wenn man Blutzellen des Schweineblutes, welche durch 
Immunserum agglutiniert worden waren, mit Salzsäure behandelt, 
gewinnt man eine Flüssigkeit, welche dem Schweineblutserum 
zugesetzt, demselben den Schweineblutzellen gegenüber häma¬ 
tolytische Eigenschaften verleiht. Daraus geht hervor, daß der 
Immunkörper die Eigenschaften einer Säure besitzt. 
Diese Säure besitzt die Eigenschaft, die im Serum erhaltenen, 
inaktiven SeifenverbinduDgen zu aktiviren. 

Bisher gelang es dem Autor nicht, den Charakter dieser 
Säure herzustellen, so mußte er sich damit begnügen, zu be¬ 
weisen, daß eine solche Annahme bezüglich des Wesens des 
Immunkörpers und des Komplementes überhaupt möglich ist. 
Aus diesem Grunde wurden die bei den hämatolytischen Sera 
beobachteten Erscheinungen mit willkürlich gewählten Stoffen 
und zwar mit Ölsäure und Seife nachgeahmt. Die Versuche 
ergaben sehr interessante Erfolge. Die konzentrierte Lösung 
vom Serumalbumin verhindert die haematolytische Wirkung einer 
entsprechenden Seifenmenge. Setzt man jedoch dem Gemenge 
von Seife und Serumalbumin Ölsäure zu, doch bloß in einer 
solchen Menge, die an und für sich noch keine Hämatolyte er¬ 
zeugt, tritt die Hämatolyse wieder auf. Die zur Aktivirung 
i des Seifenalburaingemenges eben nötige Menge der Ölsäure wird 




s. Oktober 190S. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE W0< ’HENSt HRIFT. 


737 


die Blutzellen bloß agglutinieren, ebenso wie dies das inaktivirte 
liaematolytische Immunserum allein tut. Wenn man nun dieses 
durch Zusatz von Ölsäure aktivirte Gemenge von Seife und 
Serumalbumin auf 56 0 eine halbe Stunde lang erwärmt hält, 
so wird dasselbe vollständig inaktivirt, ebenso wie das Immun¬ 
serum. Bloß die Agglutinationsfähigkeit bleibt bestehen. Solche 
Gemenge also, die Seife, Ölsäure und Serumalbumin in einem 
gewissen Verhältnisse enthalten, verhalten sich auffallend ähnlich 
wie die Immunsera und es ist unmöglich zu verkennen, daß die 
Ölsäure bis zu einem gewissen Grade die Rolle des Immun¬ 
körpers, die Seife die Rolle des Komplementes spielt. Dr. Z. 

Über Tuberkulose. 

Referiert von Dr. Mießner-Bromberg. 

Dr. Turbau und Dr. Baer, Opsonischer Index und Tuberkulose. 

(Beiträge zur Klinik der Tuberkulose 1908, Bd. X, Heft 1.) 

In dem vorliegenden Hefte wird kurz auf die Bedeutung 
der Opsonine für die Diagnose und Prognose der Tuberkulose 
eingegangen und vor allem eine ausführliche Beschreibung der 
Methode geliefert, die allen denen, welche sich mit den Opsoninen 
beschäftigen, aufs wärmste zu empfehlen ist. Verfasser halten 
die Opsonine für thermostabil und berücksichtigen die Declef- 
Neufeldschen Bakteriotropine gar nicht. Man vermißt auch 
im Literaturverzeichnis die diesbezüglichen bahnbrechenden 
Arbeiten. Es darf mit einiger Spannung der zweite Teil dieser 
Arbeit, in welchem dargelegt werden soll, wie weit die eigenen 
Untersuchungen an dem Krankenmaterial des Sanatoriums zu 
Davos die Wrightschen Lehren rechtfertigen, erwartet werden. 

Dr. Kazlmir Dluski, Über Tuberkulinanwendung In der Lungentuberkulose 
vom klinischen Standpunkte. 

(Beiträge zur Kliuik der Tuberkulose 1908, Heft X, S. 41.) 

Verfasser bringt eine ungeheuer fleißige, aber nicht sehr 
übersichtliche Arbeit über die bisher benutzten Tuberkuline und 
die mit ihnen erzielten Erfolge. Er kommt auf Grund dieser 
Vergleichungen zu dem Schluß, daß die Tuberkuline zweifellos 
günstige Wirkung ausüben in sehr schweren Fällen, zuweilen 
aber in leichten Fällen schaden können. Dluski empfiehlt als 
sicherste und unschädlichste Methode das Verfahren von Sahli. 
1. Anfangsdosis 0,0001 g. 2. Allmähliche Steigerung, wenn 
keine Temperaturerhöhung eintritt. 3. Jede Reaktion zu ver¬ 
meiden. 4. Keine Behandlung bei Fiebernden. 

Rothschild, Neue Gesichtspunkte der Tuberkulose. 

(1908. Bd. X, Heft 1, 8. 27, 32.) 

Verfasser konnte bestätigen, daß wie Wright auch ihm 
häufig die Opsoninmethode in der Tuberkulintherapie versagte. 
Er sucht die Ursache darin, daß die Tuberkulinpräparate aus 
einem Stamm von Bazillen hergestellt sind, der nicht demjenigen 
des betreffenden tuberkulösen Menschen entspricht. Rothschild 
fordert deswegen für jeden Patienten ein Tuberkulin, das aus 
den Bazillen der kranken Person hergestellt ist: Auto¬ 
tuberkulin. In drei Fällen hat er damit gute Erfolge gehabt 
und vollkommene Gesetzmäßigkeit des opsonischen Index be¬ 
obachtet. Es folgte stets der Inokulation eine kurze negative 
Phase und dann eine kräftige positive Phase. Da es nun nicht 
immer gelingt, aus jedem Patienten Tuberkelbazillen zu züchten, 
so verwendet Rothschild ein Universaltuberkulin, das 
die bekannten säurefesten Stäbchen verschiedener Art und 
Virulenz, die als Erreger der menschlichen Tuberkulose in Frage 
kommen, vereinigt. 


Die Druse der Pferde und ihre Behandlung mit Serum 
nach DDr. Jeß-Piorkowski. 

(Deutsche Schutz- und Heilserum-Gesellschaft.) 

Von Dr. mcd. vet. W. Franz, approb. Tierarzt 

Franz hat sich als Dissertationsthema die Behandlung der 
Pferdedruse mit dem Jeß-Piorkowskisehen Antistreptococcen- 
Serum der Deutschen Schutz- und Heil-Serum-Gesellschaft gestellt. 

Nach Beschreibung der Geschichte der Impfungen gegen 
Druse, die die gesamte diesbezügliche Literatur umfaßt, kommt 
Verfasser zu dem Begriff der Krankheit selbst und bietet einen 
interessanten, historischen Überblick über das Wesen derselben, 
wobei er die Irrlehren im Anfang des vorigen Jahrhunderts 
streift, die verschiedenen Anschauungen bis auf unsere Zeit 
berücksichtigt und endlich den jetzt als richtig erkannten Er¬ 
reger der Drusekrankheit, den Streptococcus equi morphologisch 
eingehend erörtert. In besonderen Kapiteln werden das Vor¬ 
kommen der Streptococcen, indem gleichfalls die Literatur zu 
Hilfe genommen wird, die kulturellen und tinktoriellen Eigen¬ 
heiten ausführlich beschrieben. Man merkt auch diesen Kapiteln 
die fleißige Arbeit Franz’ an, die um eine Anzahl eigner 
Beobachtungen vermehrt ist. Der Pathogenität und dem In¬ 
fektionsmodus ist gleichsfalls ein besonderer Abschnitt gewidmet. 

Ein zweiter Teil der lesenswerten Arbeit behandelt dann 
die eignen Versuche, die Verfasser mit dem Serum anstellt. Bei 
sämtlichen Patienten, die in seine Behandlung kamen, wurde 
neben dem klinischen Befund die Diagnose durch Kultur, Mikroskop 
und Tierversuch erhärtet. Sowohl Initialstadien, wie weiter 
vorgeschrittene Fälle mit Komplikationen wurden in den Bereich 
der Seruminjektionen eingezogen. Es würde zu weit führen, 
das gesamte Material, das ausführlich besprochen und durch eine 
Fülle von Kurven erläutert ist., hier aufzuführen. Eine große 
Zahl kranker Tiere wurde eingehend untersucht, behandelt und 
die Erfolge kritisch beleuchtet. Sowohl Heilimpfungen, wie 
Immunisierungen wurden angewendet. 

In den Schlußbetrachtungen bespricht Franz dann noch 
die wissenschaftlichen Wertbestimmungen des Serums, die schon 
vorher sowohl von Ludwig als von Rathjen mit günstigem 
Endergebnis ausgeführt sind, um dann selbst zu dem kritischen 
I Schluß zu gelangen, „daß das Serum gegen Druse nach 
Jeß-Piorkowski bei rechtzeitiger Anwendung, d. h. im 
Anfangsstadium der Krankheit, die Druse koupieren 
kann, anderseits aber bei weiterem Fortschritt des 
Krankheitsbildes den Verlauf der Krankheit sehr 
günstig beeinflußt. Endlich aber auch, daß dem Druse¬ 
serum eine Immunitätskraft innewohnt, die sich wie 
erwiesen, auf Jahre erstreckt.“ P. 

Zur Aufklärung. 

Herr Dr. Piorkowski hat in die letzte Nummer der Berl. 
Tierärztl. Wochenschrift ein sein Hundestaupeserum betreffendes 
Reklameblatt einlegen lassen, in welchem u. a. auch ein Gut¬ 
achten von mir publiziert wird, ohne daß ich hierzu meine Er¬ 
laubnis erteilt habe. 

Ich erkläre hiermit, daß ich s. Z. Herrn Dr. Piorkowski 
gelegentlich und nebensächlich eine Mitteilung über vorläufig 
günstige Resultate mit dem Hundestaupeserum zukommen 
ließ, daß ich aber auf Grund meiner vom 15. Mai bis 24. Oktober 
1907 vorgenommenen zahlreichen Zwingerversuche zu einer ge¬ 
rade entgegengesetzten Ansicht über den Wert des Serums in 




38 


No. 41. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


prophylaktischer und therapeutischer Hinsicht gekommen bin 
und daher demselben jede Wirkung absprechen muß. 

Über die mit dem Hundestaupeserum erzielten Fehlerfolge 
habe ich in einer bereits vor mehreren Monaten erschienenen 
Broschüre ausführlich berichtet, welche während der letzten 
Wochen in zahlreichen in- und ausländischen Fachzeitschriften 
kritisch beurteilt worden ist, und ich muß annehmen, daß Herr 
Dr. Piorkowski weder diese Arbeit gelesen hat, noch die 
tierärztliche Literatur in der letzten Zeit eingehend verfolgt 
hat, da er wohl sonst das obennerwähnte Gutachten nicht ver¬ 
öffentlicht haben würde. 

Dr. med. vet. Richter, Hoftierarzt, Dessau. 


Tagesgeschlchte. 

t 

Am 18. September verschied nach längerer Krankheit im 
66. Lebensjahre Bezirkstierarzt Hermann Schröder in 
Frankenthal. 

Geboren am 5. Dezember 1842 als der Sohn eines Ober¬ 
försters in Hördt bei Germersheim besuchte der Verstorbene 
die Lateinschule in Germersheim und von 1858/60 die land¬ 
wirtschaftliche Schule in Lichtenhof; nach Absolvierung der¬ 
selben bezog er die damalige Zentraltierarzneischule in München, 
die er nach gut abgelegten Examen im Jahre 1864 verließ, 
um sofort als Praktikant bei Bezirkstierarzt Regnault in 
Kirchheimbolanden und ein Jahr später bei Bezirkstierarzt 
Werner in Germersheim in den tierärztlichen Dienst eingeführt 
zu werden. 

Von 1866/78 war er als Distriktstierarzt in Otterberg 
tätig und dort sowohl als Gesellschafter als auch in seiner 
Eigenschaft als Tierarzt allgemein beliebt und hoch geachtet. 

Im Jahre 1878 wurde er als Bezirkstierarzt nach Franken¬ 
thal berufen und wirkte hier 30 Jahre lang in stets ungetrübter 
Gesundheit, hochgeschätzt von jedermann. Jeder, der ihn kannte, 
war ihm zugetan. 

Im Dienste zuverlässig und gewissenhaft, in der Praxis 
stets gefällig und hilfsbereit; bis vor einem Jahre, als sich die 
ersten Krankheitserscheinungen in Form von rheumatischen 
Schmerzen einstellten, war er stets eifrig bemüht, seinen Ver¬ 
pflichtungen in musterhafter Weise nachzukommen. Schröder 
war ein guter Haushalter, seine Familie ging ihm über alles. 

Er hinterläßt eine Witwe mit zwei Töchtern, von denen 
die eine an einen Forstmeister in Sigmaringen verheiratet ist. 

Vor vier Jahren war es ihm vergönnt, mit seinen noch 
lebenden Konabiturienten Albrecht, Burger, Magin, Marg- 
graff und Rogener sein 40jähriges Jubiläum als Tierarzt in 
körperlicher und geistiger Frische zu feiern. 

Vom bayrischen Landwirtschaftsrat erhielt er schon vor 
Jahren für seine verdienstvollen und erfolgreichen Bestrebungen 
zur Förderung der Landwirtschaft die große silberne Vereins- 
denkmünze. 

In Kollegenkreisen war Schröder stets gern gesehen und 
wegen seiner noblen Gesinnung hoch geschätzt. 

Seinem bescheidenen, anspruchslosen Wesen entsprechend, 
wurde auf seinen Wunsch seine Leiche in aller Stille im 
Krematorium zu Mannheim eingeäschert; seine Kollegen ließen 


es sich aber nicht nehmen, ihm in stattlicher Zahl die letzte 
Ehre zu erweisen. 

Bezirkstierarzt Heuberger als Vorstand des Vereins 
Pfälzer Tierärzte legte nach einer ergreifenden Ansprache als 
letzten Scheidegruß einen Kranz mit Schleife an der Bahre 
seines Freundes nieder und der Vertreter des K. Bezirks¬ 
amtes und landwirtschaftlichen Bezirksausschusses Frankenthal 
widmete dem Verstorbenen unter Niederlegung eines Kranzes 
einen höchst ehrenvollen Nachruf. 

Der Name Schröder wird sowohl in seinem bisherigen 
Wirkungskreise als auch unter seinen Kollegen stets mit Ehren 
genannt werden. 

Friede seiner Asche! 

Verein Pfälzer Tierärzte. 

Militaria. 

In Nr. 27 der B. T. W. findet sich unter der obigen 
Bezeichnung ein Aufsatz, der darauf schließen läßt, daß der 
Verfasser ziemlich genau mit dem veterinärärztlichen Dienst bei 
der Truppe und allem was sonst in dieses Gebiet fällt, vertraut 
sein muß. Zu bedauern au dem Artikel ist, daß derselbe 
verschiedene Punkte nicht erschöpfend abhandelt; er hätte aus¬ 
führlicher verfaßt sein können. Ich bin der Meinung, wenn 
man schon den Weg in die Öffentlichkeit, sei es auch zunächst in 
einer Fachschrift, nimmt, daß man einesteils dasjenige, welches 
zu beseitigen ist, scharf hervorheben, quasi mit einem festen 
Rahmen umgeben, anderenteils das, was im gegebenen Falle an 
die Stelle des zu Beseitigenden zu treten hat, ebenso ausführlich, 
jedenfalls erschöpfend abhandeln muß, damit die öffentliche 
Kritik die noch ev. nötigen Abänderungen vornehmen kann. 

Die meisten Veterinäre sind wohl bis jetzt nicht gefragt und 
werden nicht mehr gefragt werden, was sie noch alles für 
Wünsche für die künftige Veterinärreform haben. Derartige 
Anfragen werden höchstens einmal an die obere technische 
Behörde gerichtet, häufiger dürften aber Umänderungen ganz nach 
dem eigenen Gutdünken der Vorgesetzten Behörde vorgenommen 
werden. Was die Veterinärreform anbetriflft, so sind ja für die 
Reform so weitgehende Vorschläge seitens der verschiedenen 
Standes Vertretungen usw. gemacht worden, daß man sagen kann, 
wenn diese Vorschläge zum größten Teil Berücksichtigung 
gefunden haben, alle Wünsche der Veterinäre erfüllt seiu 
müssen. 

Die Reform selbst ist bis jetzt mit tiefem Dunkel umgeben; 
das wenige, was bis jetzt gerüchtweise nach außen gedrungen 
ist, kann auf seine Wahrheit hin zunächst nicht geprüft werden. 
Wenn es aber richtig ist, daß der Zeitpunkt, bis zu welchem 
die Reform endgültig durchgeführt, der 1. April 1909 sein soll, 
so wird jedermann noch vor Jahresschluß sich von dem Umfange 
der Reform bei Einbringung des Etats selbst überzeugen können. 
Der Zeitpunkt, der 1. April 1909, ist ja wiederholt von 
Regierungsvertretern auf Anfragen verschiedener Abgeordneter 
hin als Termin angegeben worden und es liegt gar kein Anlaß 
vor, an den Angaben der Regierung zu zweifeln. Daß der 
Zeitpunkt zur Einführung der Reform noch weiter hinausgerückt 
werden sollte, ist wohl nicht anzunehmen. Selbst im Hinblick 
auf die augenblickliche ungünstige Finanzlage des Reiches wäre 
die Hinausschiebung der Reform nicht begründet, da die durch 
dieselbe verursachten Kosten ja nur ein winziges Pünktchen 
von den Millionen (man schrieb von 4—500 Millionen) betragen 




8. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


739 


werden, die durch die Reichsfinanzreform im nächsten Reichstag 
ihre Deckung finden sollen.*) 

Seit der Kaiserlichen Kabinettsorder über Errichtung eines 
Veterinäroffizierkorps im Jahre 1903 sind nunmehr fünf Jahre 
verstrichen, wahrlich eine Zeit, lang genug des Wartens, durch 
welches die Geduld der meisten Veterinäre w r ohl bis zum Boden 
erschöpft ist.**) Wenn auch nur ganz vereinzelt unwillige Be¬ 
merkungen wegen der langen Wartezeit der Veterinäre auf die 
Reform in die Öffentlichkeit gedrungen sind, so darf man jeden¬ 
falls nicht hieraus schließen, daß dieses auf Teilnahmlosigkeit 
der Veterinäre zurückzuführen sei. Wer mit den aktiven 
Veterinären etwas engere Fühlung hat, wird wissen, wie lange 
bereits und wie sehr der 1. April 1909 ersehnt wird und welche 
große Hoffnungen die Veterinäre daran knüpfen. Hoffen wir, 
daß sowohl der Zeitpunkt als auch der Umfang der Reform 
allen Wünschen entspricht! Bestimmt wird angenommen, daß 
die Vorlage zur Umwandlung des Militärveterinärwesens im 
Herbst an den Reichstag gelangt. 

Nach dem alten Sprichwort: „Was lange währt, wird gut“ 
zu schließen, muß ja auch hier etwas ganz besonders Gutes 
herauskommen. 

Würde das Ergebnis ein Fl ick werk und befriedigte die 
meisten, für die es gemacht ist, nicht (einige Unzufriedene gibt es 
in jedem Stande nach eingeführten Reformen), so müßte man wohl 
annehmen, daß es an dem guten Willen der zuständigen Be¬ 
hörde, von Grund auf zu bessern, gefehlt hat. Vorschläge und 
Eingaben tierärztlicherseits sind jedenfalls genügend gemacht 
worden; hoffen wir, daß diese die weitgehendste Beachtung und 
Annahme der Behörden gefunden haben! Die nächste Zukunft 
wird ja darüber Bescheid geben. 

Nach außen hat es auch wirklich den Anschein, als ob der 
Schreiber in Nr. 27 recht hat mit seiner Annahme, „die älteren 
Veterinäre haben sich zu viel auf den lieben Gott und ihre 
Zivilkollegen verlassen“. Wie wäre es denn sonst wohl möglich 
gewesen, daß z. B. die Oberveterinäre über zehn Jahre auf die 
Gestellung eines Burschen haben warten müssen, nachdem 
sie obere Militärbeamte geworden waren — warum läßt man 
heute die Unterveterinäre 5 Jahre als Wachtmeister in der 
Armee — wie kam es, daß bei Gehaltserhöhungen die 
Veterinäre immer einige Jahre später bedacht wurden, als 
alle anderen Staats- und Militärbeamten — warum besteht noch 
heute ein so großer Unterschied im Gehalt zwischen Militär¬ 
apothekern und Militärveterinären; in Vorbildung und Studien¬ 
zeit sind doch die letzteren den ersteren überlegen. Die Er¬ 
klärung hierfür — wer nicht ruft, wird nicht gehört! 

Kein Wunder deshalb, wenn die jüngeren Generationen der 
Veterinäre, die ihrer Meinung über die Rückständigkeit des 
Militärveterinärwesens unverhohlen Ausdruck gaben, bald unlieb¬ 
sam auffielen, unbequem wurden; man merkte, daß sie etwas werden 
wollten. Die frühere sprichwörtliche Bescheidenheit der Veterinäre 
war verloren gegangen; man schloß sich deshalb noch mehr 
von ihnen ab, als dies schon sowieso der Fall war, die bis dahin 
wohlwollend Geduldeten wurden kälter behandelt. 

So wird es wohl noch einige Zeit fortgehen, das ange- 

*) Inzwischen haben auch die Zeitungen berichtet, daß der 
Kriegsminister die Vorlage zum nächsten Etat einzubringen be¬ 
absichtige. 

**) Diese Zeit war aber von vornherein als Übergangszeit 
angekündigt. 


kündigte „Übergangsstadium“ wird desto länger dauern, je 
länger der Veterinär auf die eigene Verantwortung und Selb¬ 
ständigkeit in seinem eigenen Fach warten darf. Erst, wenn 
Bestimmungen in der Veterinärordnung festgelegt sein werden, 
nach denen der Veterinär der allein Verantwortliche 
in Sachen seines Faches in Wirklichkeit auch ist, dann wird 
eine langsame Besserung in der Stellung der Veterinäre eintreten. 

Wenn man die Veterinärordnung daraufhin durchsieht, in 
welchen Fällen seines Faches der Veterinär der eigentlich Ver¬ 
antwortliche ist, so kann man sich wirklich nicht eines Kopf 
schüttelns erwehren über die „große Verantwortlichkeit“ des 
Veterinärs. Überall, wo man hinsieht, heißt es „unter Ver¬ 
antwortung und nach den Anordnungen des etc.“. Der veterinär¬ 
ärztliche Dienst erstreckt sich hauptsächlich auf Beaufsichtigung 
(Unteroffizierdienst) und Behandeln nach vorheriger Ge¬ 
nehmigung. Wenn man noch bedenkt, daß die Veterinär¬ 
ordnung erst vor zwei Jahren neu herausgegeben ist, so kann man 
sich wohl ein Bild davon machen, wie schwierig es hier ist, 
grundsätzlich zu bessern, den Veterinären Zufrieden¬ 
stellendes in gesetzlichen Formen zu schaffen. 

Nun kann es wohl heißen: so lange der Veterinär noch 
Beamter ist, hat er nichts zu verantworten. Dem Buchstaben 
nach ist dies richtig, in der Praxis steht dieser Redensart aber viel¬ 
fach die Tatsache entgegen, die auch in Nr. 27 treffend hervor¬ 
gehoben wurde, daß wenn etwas in irgendeiner Beziehung 
verfahren ist und der unverantwortliche Veterinär damit in 
Verbindung gebracht werden kann, dieser in dem Falle plötzlich 
der Verantwortliche ist. Die UnVerantwortlichkeit des Veterinärs 
ist mit einem Mal vergessen. Der Veterinär hat jedenfalls 
öfter Gelegenheit, das Wort seitens militärischer Vorgesetzter 
zu hören „macht nichts, ich habe ja die Verantwortung“, selbst 
in rein technischen Sachen, und es bedarf nicht nur be¬ 
sonderer Energie, auch vieler Geschicklichkeit seitens des 
Veterinärs, um an das gewünschte Ziel in einer Sache zu ge¬ 
langen. Viele mögen allerdings fünf gerade sein lassen, was 
soll man sich weiter darüber aufregen oder nackdenken, wie 
man auf einem anderen Wege zu dem gesteckten Ziele kommt, 
gelohnt wird es doch nicht, nur neue Schwierigkeiten entstehen 
daraus. Dies ist wohl in den meisten Fällen richtig, ob es 
aber im Beruf befriedigt, ist eine andere Sache. Wenn das 
Offizierkorps kommt, wird alles ganz anders — hört man 
sagen. Alles braucht nicht anders zu werden, wenn nur das 
zunächst abgestellt wird, was von den meisten Veterinären als 
selbstverständlich angenommen wird — dann mag es zu¬ 
nächst genug sein. 

Ein Vertreter des Kriegsministeriums hat ja gelegentlich 
der Enthüllung der Gedenktafel für die gefallenen Veterinäre 
in Süd-West oder bei der daran anschließenden Festtafel ge¬ 
äußert, „es würde sich eine Form finden lassen, um auch die 
weitgehendsten*)Wünsche der Veterinäre zu erfüllen“. Wollen 
wir hoffen, daß diese Form nunmehr gefunden ist, und die weit¬ 
gehendsten Wünsche wenigstens der meisten Veterinäre Be¬ 
rücksichtigung und Erfüllung gefunden haben! Was das Kriegs¬ 
ministerium in dieser Sache dem Reichstag vorlegt, dürfte ohne 
Abänderung nach der einen, wie nach der anderen Seite ge¬ 
nehmigt werden; Abänderungen werden wohl kaum vorgenommen 
werden. Immerhin dürfte es ratsam sein, die Verhandlungen 

*) Der Superlativ ist wohl nicht gebraucht worden, aber das 
Wort an sich genügt auch schon. 






740 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


iu der Budgetkommission über die Reform später einmal auf¬ 
merksam zn verfolgen. 

Doch nun einmal zur Sache selbst. Was erwarten die meisten 
Veterinäre als Minimum von der Veterinfirreform: 

1. in bezug auf Stellung, Gehalt, Uniform? 

2. in bezug auf die Abstellung gewisser Bestimmungen in der 
Veterinftrordnung? 

Selbstredend wird die Bildung des Veterinäroffizier- 
korps mit Bestimmtheit vorausgesetzt. Über die Einrichtung 
des zukünftigen Offizierkorps selbst ist schon viel geschrieben 
worden, und es braucht deshalb nur in aller Kürze darüber 
rekapituliert werden. 

An Offizierchargen müssen durch die Reform geschaffen 
werden: 

1. Veterinäre mit dem Rang eines Leutnants bzw. Assistenz¬ 

arztes, 

2. Oberveterinäre mit dem Rang eines Oberleutnants bzw. 

Oberarztes, 

.‘5. Stabsveterinäre mit dem Rang eines Hauptmanns bzw. 

Stabsarztes, 

4. Oberstabsveterinäre mit dem Rang eines Majors bzw. 

Oberstabsarztes, 

5. Korpsstabfeveterinäre mit dem Rang eines Oberstleutnants 

bzw. Generaloberarztes, 
G. Der Veterinärinspekteur mit dem Rang eines Oberst 

bzw. Generalarztes. 

Daß die Charge der Veterinäre geschaffen wird, ist 
selbstverständlich. Die Veterinäre würden aus den 
Unterveterinären, die samt und sonders durch die Reform zu 
Veterinären mit dem angegebenen Range avancieren müssen, 
hervorgehen. Wie ist es überhaupt möglich, daß man jetzt 
Unterveterinäre 4—5 Jahre lang im Wachtmeisterrang beläßt 
Die Beförderung der Unterveterinäre zu Veterinären hätte schon bei 
der neuen Titelverleihung usw. im Jahre 1905 dabei sein müssen; 
warum hat man sie nicht auch zu Beamten gemacht, wollte 
man vorher nicht mit der Reform anfangen? Ein solcher 
Übelstand kann nicht früh genug beseitigt werden; ihn zu 
beseitigen war, was die pekuniäre Seite anbetraf, sicherlich 
nicht schwer, da die heutige „Löhnung“ des Unterveterinärs 
so groß ist, wie das „Gehalt“ des Leutnants oder Assistenz¬ 
arztes und das frühere Gehalt der Roßärzte (1200—1400 M.). 
Einen gewissen Übergang wollte man ja schaffen, das Alte 
sollte nicht so unvermittelt in das Neue übergehen, deshalb 
kamen die anderen Bezeichnungen, Achselstücke etc. Ich 
glaube, daß dem Stande mehr geholfen worden wäre, wenn 
man den Wachtmeistergrad der Unterveterinäre beseitigt hätte. 

Bei den Obe rveterinären ist dafür Sorge zu tragen, daß 
diese in einem früheren Lebensalter Stabsveterinäre werden, 
als dies gegenwärtig der Fall ist. Wenn man bedenkt, daß der 
Oberveterinär jetzt 42—45 Jahre alt wird, in einem solchen 
Alter ein Gehalt von 2200 Mark (Gehalt der Oberveterinäre 
= 1800 — 2200 Mark pro Jahr) bezieht, also ein Gehalt, der 
hinter dem der subalternen Eisenbahn- und Postbeamten (die zu 
einem großen Teil aus dem Unteroffizierstande hervorgehen, 
zum Teil nur im Besitz des Einjährigen-Zeugnisses sind ohne 
jedes Studium) zurückbleibt, und der von diesen in der Regel 
im 38.—40. Lebensjahre erreicht wird, so muß man sich 
als vernünftig denkender Mensch die Frage vorlegen: wie ist 
es überhaupt möglich, daß zu dieser Karriere (wenn man von 


einer solchen sprechen darf) sich immer wieder junge Leute 
bereit finden! Und die Antwort — der Reiz des kostenlosen 
Studiums und Unkenntnis der ganzen Sachlage. 

Durch Schaffung einer größeren Anzahl von Stabs¬ 
veterinärstellen kann erzielt werden, daß die Ober veterinäre 
in einem Alter Stabsveterinäre werden, in welchem auch die 
Oberärzte den Stabsarzt zu erreichen pflegen, also mit durch¬ 
schnittlich 33—34 Jahren. Wenn der gute Wille vorhanden 
ist, an Gelegenlieit zur Einrichtung neuer Stabsveterinärstellen 
fehlt es jedenfalls nicht. Derartige Stellen können neu errichtet 
werden bei den Trainbataillonen, an der Akademie, an 
den Lehrschmieden und bei den detachierten Abteilungen 
der Artillerie, auch dürfte sonst noch Gelegenheit vorhanden 
sein zur Errichtung noch weiterer Stellen. 

Was die Stabsveterinäre anbetrifft, so ist es selbst¬ 
verständlich, daß diese den Rang der Stabsärzte bzw. Haupt- 
leute erhalten und auch ähnlich wie bei den Ärzten in dem 
gleichen Lebensalter zu Oberstabsveterinären mit dem defini¬ 
tiven Oberstabsarztrang bzw. Majorsrang ohne besondere 
Schwierigkeiten befördert werden müssen. 

Nun zu den Oberstabsveterinären. Der Titel ist vor¬ 
handen, das beste daran aber fehlt noch — der eigentliche 
Rang. Der jetzige Oberstabsveterinär mit dem persönlichen 
Rang in der V. Rangklasse ist durchaus ungenügend. Wenn 
die Stabsveterinäre durch die Reform Hauptmannsrang erhalten, 
als solche in der V. Klasse rangieren, so ist es nicht mehr wie 
recht und billig, den Oberstabsveterinären den Rang eines 
Majors bzw. Oberstabsarztes zu geben, wobei für die 
Oberstabsveterinäre die IV. Klasse erreicht wäre. Dies ist 
keine zu weit gehende Forderung. Jeder Stabsarzt wird nach 
eiiter Reihe von Jahren Oberstabsarzt, ohne sich noch einmal 
besonders anstrangen zu müssen; das gleiche findet bei den 
Zivilbeamten statt, wenigstens in den meisten Berufen derselben*); 
warum sollte also den Veterinären die IV. Rangklasse zu er¬ 
reichen nicht ermöglicht werden. Eine zu weit gehende Forderung 
ist es jedenfalls nicht, ein etwaiges nur „Charakterisieren“ 
der älteren Stabsveterinäre, d. h. den persönlichen Rang der 
IV. Klasse diesen verleihen, muß unter allen Umständen als 
ungenügend bezeichnet werden. Als Akademiker hat der 
Veterinär ein Recht darauf, den Majorsrang zu erreichen, wie 
die anderen Militärs und Militärbeamten mit der gleichen Bildung; 
diesen Rang muß jeder Stabsveterinär nach einer Reihe von 
Jahren ohne Schwierigkeit erlangen können. Den Oberstabs¬ 
veterinär nur mit dem Charakter zu beschenken, hat für diese 
und den ganzen Stand keinen Wert. Oberstabsveterinär- 
stellen können bei den Kavallerie- und Artillerieregimentern 
mit reitender Abteilung errichtet werden. Es ist dabei ganz 
selbstverständlich, daß diese Regimenter dadurch mit den älteren 
Veterinären besetzt werden müssen, und daß die Beförderung 
zum Oberstabsveterinär unbedingt eine Versetzung zur Folge 
haben müßte. Auch an der Akademie und an den Lehrschmieden 
ist Platz genug zur Errichtung von Oberstabsveterinärstellen, 
dabei würde wohl allerdings die Leitung dieser Anstalten durch 
Nichtfachmänner aufznhören haben. Doch davon noch später. 
An Gelegenheit zur Errichtung von Oberstabsveterinärstellen 

*) Das ist durchaus unrichtig. Die große Mehrzahl der 
akademisch gebildeten Zivilbeamten erreicht nur den „persönlichen“ 
Rang der IV. Klasse, also den sogenannten „Charakter“ als Major. 

S. 





8. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


741 


fehlt es jedenfalls nicht, sofern der gute Wille hierzu vor¬ 
handen ist. Sollte der definitive Majorsrang der Oberstabs¬ 
veterinäre, wie man munkeln hört, erst zu dem Zeitpunkt ein¬ 
mal zur Einführung in die Armee kommen, wenn die ersten 
Abiturienten erst so weit vorgeschritten sind, so müßte man 
sich wirklich fragen, woher kommt es nur, daß die mit Primaner¬ 
reife ausgerüsteten Veterinäre nicht würdig oder nicht tüchtig 
genug sein sollen, den Majorsrang zu erreichen, welcher ja 
beinahe von jedem Offizier ohne Abiturium erlangt werden 
kann. Nochmals — den Oberstabsveterinären gehört der 
definitive Oberstabsarztrang bzw. Majorsrang — weniger ist 
durchaus ungenügend — es würde dann kein Unterschied 
zwischen dem Feuerwerksoffizier und dem Veterinäroffizier¬ 
bestehen — daß ein solcher aber bestehen muß, ergibt sich 
aus den verschiedenartigen Anforderungen zum Eintritt in 
den Beruf. 

Kommen wir nun noch zu den Korpsstabsveterinären. 
Diesen gehört, wie nach dem Vorhergehenden zu folgern ist, der 
Rang eines Oberstleutnants bzw. Generaloberarztes. 
Die Zahl der Korpsstabsveterinärstellen ist in der preußischen 
Armee so gering, daß die Stellung zu erreichen für die größte 
Menge der Oberstabsveterinäre nicht in Betracht kommt. Im 
Interesse des Ansehens des ganzen Veterinärstandes liegt es 
aber, daß diese wenigen Stellen Oberstleutnantsrang erhalten. 
Die Militärärzte sind, was die höheren Stellen anbetrifft, 
bedeutend günstiger daran, wie die zukünftigen Veterinär¬ 
offiziere; trotzdem genügt das Vorhandene den Militärärzten 
nicht, sie streben nach Errichtung noch mehrerer höherer 
Stellen (Sanitätsinspektionen sind bereits eingeführt), ziehen Ver¬ 
gleiche mit den vorhandenen Generalsstellen der Offiziere und 
Intendanturbeamten und beweisen dadurch, daß diese Berufe 
prozentualiter bedeutend günstiger von Generalsstellen gestellt 
sind, als sie selbst. Der Oberstleutnantsrang bzw. 
Generaloberarztrang den Korpsstabsveterinären! — 
außerdem würde das Wort Generaloberveterinär mindestens 
eben so schön sich anhören wie Korpsstabsveterinär, obgleich 
durch letzteres zugleich der Ort des Wirkungskreises mit zum 
Ausdruck gebracht wird. Der Oberstleutnantsrang der Korps¬ 
stabsveterinäre würde selbstredend auch einen weiteren Unter¬ 
schied zu den Feuerwerksoffizieren vor Augen führen. 

Mit wenigen Worten ist die Stellung des Veterinär¬ 
inspekteurs zu erledigen. Der Inspekteur hat bis jetzt den 
Rang eines Regimentskommandeurs; er tritt deshalb als solcher 
im Oberstleutnantsrang die Stelle an und wird später zum 
Oberst befördert. Diese Stellung ist für den Inspekteur des 
Militärveterinärwesen eine ungenügende. Die Inspektion als 
Behörde selbst muß in die Rechte und Befugnisse einer Brigade 
gesetzt werden; der Vorstand dieser Behörde also auch den 
Rang eines Brigadekommandeurs erhalten. Der Veterinär- 
inspekteur hat als solcher seine Stellung als Oberst anzu¬ 
treten und es muß ihm ermöglicht sein, den Generalsrang zu 
erreichen. Die Gleichstellung der Inspektion als Behörde mit 
der einer Brigade wird als selbstverständlich angenommen. 
Über die Besetzung der Inspekteurstelle später noch einige 
Worte. 

Eine weitere Stelle, deren Errichtung unbedingt anzu¬ 
streben ist, wäre die Schaffung eines ständigen technischen 
Referenten im Kriegsministerium mit dem Range eines Oberst¬ 
leutnants bzw. Generaloberarztes. Daß diese Einrichtung dem 


ganzen Stande zum großen Nutzen gereichen wird, dürfte ganz 
außer Frage stehen. Zu wünschen ist aber dabei, daß immer 
der richtige Mann für diese Stelle gefunden wird, der neben 
der nötigen Energie auch die nötige Geschicklichkeit 
besitzt. 

Mit kurzen Worten möchte ich noch den Ersatz zur 
Veterinärlaufbahn streifen. Der Zuzug setzt sich heute zum 
kleineren Teil aus Zwei- bzw. Dreijährig-Freiwilligen und 
zum größeren Teil aus Einjährig-Freiwilligen Veterinär¬ 
aspiranten, so weit ich orientiert bin, zusammen. Daß die 
letzteren sich als etwas Besseres dünken den ersteren gegen¬ 
über, ist nicht einzusehen. Diese haben keine Schuld daran, daß 
sie pekuniär nicht in der Lage sind, als Einjährige zu dienen, 
jene kein Verdienst, daß sie es können. Im Interesse und An¬ 
sehen des Veterinäroffizierkorps muß allerdings darauf gehalten 
werden, daß alle Veterinäraspiranten als Einjährige 
72 Jahr Dienst in der Front zu tun haben. Diese wenigen 
hundert Mark muß auch schließlich noch ein jeder, der die 
Laufbahn einschlagen will, hierzu übrig haben. Man darf sich 
nicht verhehlen, daß in diesem Punkte die Veterinäraspiranten 
ein etwas größeres pekuniäres Opfer bringen müssen, da sie 
nur bei berittenen Truppenteilen eintreten können, wie die des 
militärärztlichen Berufes, die meist bei der Infanterie Dienst tun. 

Kommen wir nun einmal zum Kapitel Gehalt. 

Von seiten der Veterinäre wird angenommen, daß mit der 
Reform auch eine vollständige Umgestaltung der Gehaltsbezüge 
einhergehen wird. Diese Annahme ist eigentlich ganz selbst¬ 
verständlich, und hoffentlich gibt es hierin keine Ent¬ 
täuschungen. Die ungünstige Finanzlage des Reiches wäre 
jedenfalls absolut keine Entschuldigung dafür, die Veterinäre 
mit ungenügenden Gehaltsaufbesserungen abfinden zu wollen. 
Offiziere und Sanitätsoffiziere haben die gleichen Gehaltsstufen, 
und es steht deshalb wohl auch zu erwarten, daß für das 
Veterinäroffizierkorps keine besondere Gehaltsskala 
eingefuhrt wird. Dies ist wohl nicht anzunehmen. Immerhin 
ist es ratsam, den nächsten Etat sich etwas näher daraufhin 
anzusehen und die Verhandlungen der Budgetkommission mit 
der nötigen Aufmerksamkeit zu verfolgen. Wie bestimmt an¬ 
genommen wird, erhält der nächste Reichstag Vorlagen über die 
Beamtenaufbesserungen, auch einige untere Offizierchargen 
sollen ein höheres Einkommen erhalten. Ist dieses richtig, so 
wird als selbstverständlich angenommen, daß die entsprechenden 
Chargen des zukünftigen Veterinäroffizierkorps die gleichen 
Gehaltserhöhungen erfahren, nicht etwa auf der alten Skala 
einrangiert werden. Was die Gehaltsstufen der Veterinär¬ 
chargen einmal änbetrifft, so sind nach dem Ausgefuhrten diese 
denen der Sanitätsoffiziere gleich zu stellen, also: 

der Veterinär das Gehalt des Assistenzarztes = 75 M. 
monatlich, 

der Oberveterinär das Gehalt des Oberarztes — 125 M. 
monatlich, 

der Stabsveterinär das Gehalt des Stabsarztes = 225 bzw. 
325 M. monatlich, 

der Oberstabsveterinär das Gehalt des Oberstabsarztes = 
487,50 M. monatlich, 

der Korpsstabsveterinär das Gehalt des Generaloberarztes = 
8227 M. jährlich, 

der Inspekteur das Gehalt des Generalarztes = 9462 M. 
jährlich. 




742 


No. 41. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


In Nr. 6 der B. T. W. war eine sehr schöne Zusammenstellung 
des Gehaltseinkommens der Veterinäre im Vergleich zu den 
Einkommen anderer Militärberufe zu lesen. 

Wenn nach jenem Vergleich: 

1. der Militärarzt, mit 18 Jahren beim Militär ein¬ 
getreten, im 40. Lebensjahre eine Pension von 3000 M. 
erhält; der Veterinär im gleichen Alter unter den gleichen 
Bedingungen eingetreten aber nur einen Gehalt von 2650 M. 

oder wenn: 

2. das höchste Gesamteinkommen eines Oberstabs-* 
Veterinärs bzw. Stabsveterinärs 4077 M., das des 
Oberstabsapothekers aber 8127 M.; der anderen Militär¬ 
apotheker 6075 M., der Zahlmeister 4477 M., 
(s. Vorbildung!) der Intendantursekretäre 4677 M. 
beträgt. 

oder wenn: 

3. Das höchste Gesamteinkommen des Korpsstabs¬ 
veterinärs 5475, das des Oberstabsapothekers 8127, 
des Oberstabsarztes 7077, des Generaloberarztes 
8227 ist, 

so braucht man nicht erst die Frage aufzuwerfen, ob eine 
gründliche Aufbesserung der Gehälter der Veterinäre nötig 
bzw. noch weiter hinauszuschieben ist. Eine umgehende 
und gründliche Besserung der Gehaltsbezüge ist unbedingt 
nötig. Der Anerkennung dieser Notlage kann sich eine Behörde 
nicht verschließen. Auf die ev. Einnahmen aus der Privat¬ 
praxis kann sich die Behörde nicht stützen, Privatpraxis existiert 
für die meisten Veterinäre nicht aus bestimmten Gründen 
oder ist doch so minimal, daß sie einer Erwähnung nicht be¬ 
darf.*) Bei Einführung einer genügenden Gehaltsskala bleibt die 
Praxis den oberen Veterinärchargen verboten. 

Auch die Uniform möchte ich kurz streifen. Was die Zu¬ 
sammenstellung derselben anbetrifft, so ist ja diese Frage von 
den verschiedensten Seiten in den Zeitschriften beleuchtet worden. 
Die Vorschläge zu dieser Sache waren jedenfalls so mannigfaltig 
und verschieden, daß bei Zusammenstellung derselben ein buntes 
Allerlei entstehen würde, das in seiner Farbenpracht den 
alten Papageno weit in Schatten stellte. Als Grundregel sollte 
man wohl bei der zukünftigen Uniform die Einfachheit ob¬ 
walten lassen. Je einfacher, desto schöner die Uniform. 
Die Farbenpracht der verschiedenen Truppenteile dürfte ja in 
den nächsten Jahren allmählich reduziert werden. Ich stehe 
nicht an zu erklären, daß es ein großer Schritt nach vorwärts 
ist, wenn dieser baute Tand einfacheren aber würdevolleren Be¬ 
kleidungen gewichen sein wird. Die einfachere Uniform würde 
auch nach der pekuniären Seite hin eine wohltuende Wirkung 
haben. Nicht zum Paradieren, sondern zum Siegen wird 
eine Armee gebraucht.**) Das letztere ist aber von ersterem un¬ 
abhängig. Wollen wir also für uns der Einfachheit den 
Vorzug geben! 

Die Uniform muß selbstverständlich auch etwas Fertiges, 
Ganzes darstellen, was von der jetzigen nicht behauptet 
werden kann. Es fehlt dem Veterinär, wie auch den 
Ärzten die Leibbinde, wodurch der Anzug den Eindruck 

*) Ich würde es für richtiger halten, die Praxis außerhalb 
der Garnison ganz zu verbieten, in der Garnison aber die Er¬ 
laubnis allen Chargen zu belassen. S. 

**) An Würde mangelt es doch wohl den heutigen Uniformen 
nicht und an der Parade freut sich das ganze Volk. S. 


des Unfertigen macht. Die Achselstücke müssen so zusammen¬ 
gestellt sein, wie die der Offiziere und nicht etwa wie die 
der Sanitätsoffiziere mit nach längs verlaufenden dicken schwarzen 
Fäden. Als Abzeichen ist unter allen Umständen das V zu 
vermeiden (aus naheliegenden Gründen) an Stelle des schwarzen 
Lackkoppels muß ein silbernes, innen abgefüttertes treten. 
Diese drei Sachen: Leibbinde, Achselstücke und Koppel 
genügen vollständig, die Uniform zu einer zwar einfachen abpr 
doch würdevollen zu machen. Einfachheit dürfte jedenfalls 
besser gefallen, als buntes Allerlei. 

Gehen wir nun einmal auf einige Bestimmungen der Veteriipfr- 
ordnung ein, die der Abstellung dringend bedürfen und die 
wohl auch bei einigermaßen gutem Willen der Vorgesetzten Be¬ 
hörde leicht beseitigt werden können. 

Das Wort Veterinärinspekteur deutet schon au, daß 
der künftige Vorstand des Militär-Veterinärwesens ein Fach¬ 
mann sein soll. Erwägt man die einschneidende Frage, ob 
wohl ein Offizier oder Veterinär an der Spitze des Veterinär- 
Wesens dieses am schnellsten vorwärts bringen würde, so kann 
man sich wohl nicht verhehlen, daß dem Offizier mit der nötigen 
fachmännischen Unterstützung dies leichter gelingen wird, 
als dem Veterinär. Erfahrungen bei anderen Berufsständen 
sprechen auch dafür, daß der Stand schneller vorwärts gebracht 
wird, wenn nicht gerade ein Fachmann die oberste Behörde 
darstellt. Die Offiziere als Inspekteure des Veterinärwesens haben 
auch insgesamt mit aller Macht danach gestrebt, das ihnen unter¬ 
stellte Veterinärwesen zu heben und vorwärts zu bringen und 
es mag eine gewisse Undankbarkeit gefunden werden in der 
Forderung, die oberste Stelle durch einen Fachmann zu be¬ 
setzen. Diese Forderung muß aber unbedingt gestellt und mit 
allen Mitteln nach deren Erfüllung gestrebt werden. Die Ärzte 
haben ihren eigenen Fachmann an der Spitze, warum sollen 
also die Veterinäre das nicht fordern; im Ansehen des ganzen 
Standes liegt es, daß eben die oberste Spitze einer Organisation 
mit einem Fachmann besetzt ist. 

Solange die Veterinäre noch Beamte sind, muß selbst¬ 
redend ein Offizier dem Ganzen vorgesetzt sein; sobald der 
Veterinär selbst Offizier ist, fällt diese Notwendigkeit weg; der 
Veterinär ist dann selbst in der Lage, befehlen zu dürfen. Daß 
die Inspektion als Behörde die Rechte und Befugnisse einer 
Brigade erhalten muß, ist schon früher erwähnt worden. An den 
Veterinärinspekteur werden große Anforderungen zu stellen 
sein. Er muß viel eignes Urteil haben, gerecht handeln, 
gerechte Ausgleichung in Garnisonen, Kommandos etc. herbei¬ 
zuführen suchen; niemals darf an der obersten Behörde eine 
Günstlingswirtschaft einreißen und bestehen, dies wurde 
den Stand im Ansehen nicht fördern, und rückwärts anstatt vor¬ 
wärts bringen. Zu dieser Stellung gehört viel Objektivität 
und viel guter Wille zum gerechten Handeln. Zur Unter¬ 
stützung des Veterinärinspekteurs müßten noch ein oder zwei 
Veterinäre mit Stabs- oder Oberstabsveterinärrang zur Ver¬ 
fügung stehen. 

Eine weitere Forderung ist die Rationsberechtigung. 
Diese Forderung ist recht und billig, da Veterinärdienste nur 
bei berittenen Truppen zu tun sind. Der Veterinär muß, um 
allen Anforderungen, die an ihn gestellt werden, in bezug auf 
Beurteilung von Gang, Benehmen unter dem Reiter etc. gerecht 
zu werden, selbst ein tüchtiger Reiter sein; er muß sich aus¬ 
bilden im Reiten, muß seine Reitfertigkeit zu erhalten 



8. Oktober 1008.. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


suchen, sich weiter vervollkommnen. Dies kann er aber nur, 
wenn ihm seitens der Trappe ein Pferd znr ständigen Ver¬ 
fügung steht, das allen Anforderungen des Dienstes genügt. 
Die Truppe stellt dem Veterinär aber nur dann ein allen An¬ 
forderungen entsprechendes Pferd, wenn er im Bezug 
der nötigen Kompetenzen ist. So lange dies nicht der Fall, der 
Veterinär nicht rationsberechtigt, so lange wird er nach dem 
Ermessen der Eskadron beritten gemacht. Und wie geschieht 
dies jetzt? Oft ist das Pferd entweder ein Tier, welches aus irgend 
einem Grunde in der Eskadron nicht zu gebrauchen ist, z. B. 
Schläger, Sterngucker, Durchgänger etc. oder im günstigeren 
Falle ein „Schonungsbedürftiger“, der im Schritt vom 
Stall nach dem Exerzierplatz und von da wieder nach dem 
Stall geritten werden darf. Wie soll wohl der Veterinär sich 
mit derartigen Pferden eine genügende Reitfertigkeit er¬ 
werben bezw. erhalten! Jeder Veterinär muß im Interesse 
des Dienstes ein tüchtiger Reiter sein, er kann dies nur sein, 
wenn er gut. beritten gemacht; dies wird nur der Fall sein, 
wenn der Veterinär rationsberechtigt in allen Chargen wird. 

Vor einiger Zeit ist von seiten des Kriegsministeriums 
darauf hingewiesen worden, dahin zu wirken, daß die Veterinäre 
die nötige Reitfertigkeit sich aneignen bzw. erhalten. Es wäre 
einmal interessant zu erfahren, wie viel Regimenter die 
erforderlichen Maßnahmen nach dieser Richtung hin ge¬ 
troffen haben? 

„Das Reitzeug ist im Friedensverhältnis aus den Beständen 
der Truppenteile zu überweisen.“ Dieser Passus ist über¬ 
flüssig. Jeder Veterinär ist in der Lage, sich auch ein 
eigenes Sattelzeug zu beschaffen. Dem Eskadronschef ist es 
nur angenehm, wenn der Veterinär auf eigenem Sattelzeug reitet, 
da dadurch die Kammerbestände geschont werden. Kann jeder 
Veterinär sich die Pferdeausrüstung beschaffen, so ist auch der 
obige Passus überflüssig, der gelegentlich doch auch 
einmal nach einer anderen dem Veterinär gerade nicht sehr 
angenehmen Seite hin ausgelegt werden könnte! 

Sämtliche Veterinäre haben im Dienst in Uniform 
zu erscheinen. Dadurch wird einesteils das Ansehen des 
Veterinärs dem Publikum gegenüber erhöht, anderenteils wird' 
die Disziplin im Heere wesentlich gefördert. Das jetzige Er¬ 
scheinen in Zivil im Dienst ist ein Unding und schon jetzt 
überall verboten. Eins gehört aber immer zur Uniform — 
der gute Sitz, die Sauberkeit und die Modernität der¬ 
selben. 

Die Uniform der Studierenden an der Mil.-Vet.-Akademie 
bat zu verschwinden, auch bei dem gemeinschaftlichen Kirch¬ 
gänge usw. „Studierender“ und „Soldat sein“ sind nun 
einmal zwei sich entgegenstehende Begriffe. 

„Die Art der Behandlung ist von dem Veterinär dem 
Militärbefehlshaber in Vorschlag zu bringen. Wird der Vor¬ 
schlag gebilligt, so erfolgt die Durchführung der Behand¬ 
lung unter Verantwortung des Veterinärs, anderenfalls trifft 
den Befehlshaber die Verantwortung.“ 

Dies ist ganz klug herausgedacht. Als Sachverständiger 
und Fachmann muß der Veterinär die Art der Behänd, 
lung erst vorschlagen; er hat erst die Genehmigung 
einzuholen. Der ganze angeführte Satz ist über¬ 
flüssig; es ist herabsetzend für den Veterinär! Der 
erste Teil des Abschnittes ist vollständig ausreichend, „der 
Dienst erstreckt sich auf die Behandlung der von dem Militär¬ 


74)1 

befehlshaber dem Veterinär als krank überwiesenen Dienstpferde.“ 
Selbstredend hat der Veterinär hierbei auch die Verantwortung! 
Woher mag es w r ohl kommen, daß die preußische Armee 
jährlich 1 Proz. mehr Verlust an Pferden durch Tod, Aus¬ 
rangierung etc. erleidet, als die bayerische Armee. Dieser 
Mehrverlust von 1 Proz. bedeutet aber jährlich einen 
Geldverlust von beinahe einer halben Million Mark! 
Interessant müßte sein, diese Frage einmal nach allen Rich¬ 
tungen hin genügend zu ventilieren. 

Den Oberveterinären ist Gelegenheit zu geben, durch 
Kommandierung an verschiedene Institute sich wissen¬ 
schaftlich weiter zu bilden. 

Den Veterinären ist jährlich ein Urlaub von vier Wochen 
zu gewähren. Sollten durch die Beurlaubung Kosten dem 
Staate entstehen, z. B. in Garnisonen, wo nur ein Veterinär 
vorhanden, so hat der Staat auch hierfür aufzukommen, nicht 
etwa der Veterinär! 

Das „Schmiedikum“ ist sowohl für die Veterinär¬ 
aspiranten, als auch für die Unterveterinäre d. Res. abzu¬ 
schaffen. Die Tierärzte brauchen ebensowenig Schmied zu 
sein, als der Arzt Schuster; eine gute theoretische Aus¬ 
bildung und Beurteilung des Pferdes ist vollständig aus¬ 
reichend. Für den Veterinär ist die Hauptsache, daß er sich 
Kenntnisse erwirbt, um dem Fahnenschmied angeben zu können, 
wie er das Pferd zu beschlagen hat. Selbst beschlagen 
können, ist überflüssig, da die Veterinäre über den „Kur¬ 
schmied“ hinaus sind. Es dürfte deshalb wohl auch über¬ 
flüssig sein, nachdem die Studierenden der Militär-Veterinär- 
Akademie ihre Approbation erlangt haben, diese noch auf 
V 3 Jahre zur Lehrschmiede Berlin zu kommandieren, wo diese 
gleich den Schmieden sich im Eisen- und Schraubstollenanfertigen 
zu üben haben. „Dieses Klopfen“ ist jedenfalls ganz über¬ 
flüssig, die Zeit könnte viel zweckmäßiger (z. B. durch Klinik, 
Beurteilung vom Pferd im Exterieur etc.) ausgenutzt werden. 
Ich kann mir auch gar nicht denken, daß es zum besonderen 
Ansehen des Unterveterinärs beitragen wird, wenn dieser 
einige Wochen später plötzHch bei der Truppe den Schmied 
wiedersieht, dessen Vorgesetzter wird, der ihn einige Wochen 
früher auf der Lehrschmiede hat herumhämmern sehen. 

Zustimmen kann man dem Schreiber in Nr. 27 auch in 
dem Vorschläge, daß alle Unterveterinäre zuerst bei der 
Kavallerie einige Jahre Dienst zu tun haben und später zur 
Artillerie versetzt werden, vielleicht ergibt sich schon aus der 
Reform diese Sachlage. 

Damit möchte ich zunächst schließen. Es wäre noch 
manches zu erwähnen, das der Abstellung bedarf, z. B. die 
Wohnungsverhältnisse der Studierenden etc., doch mag das An¬ 
geführte vorerst genügen. Die Kollegen werden mir aber bei 
Beurteilung des Vorstehenden in dem Punkte recht geben, daß 
zu weit gehende Forderungen nicht gestellt wurden. 

H. 

Protokoll der Versammlung des Vereins sächsischer 
Gemeindetierärzte 

am 4. und 5. April 1908 in Chemnitz, Carolahotel. 

Am 4. April, abends 8 Uhr, fand eine Kommissionssitzung 
statt, an welcher die Herren Dr. Mayfarth-Glauchau, Dr. Tempel- 
Chemnitz, Dr. Keil-Leipzig, Dr. Schmutzer-Waldheim, Dr. Sey- 
fert-Pima und später Encke-Zittau teilnahmen. 

1. Dr. Meyfarth bringt die eingelaufenen Schreiben zum 
Vortrag. 




744 


No. 41. 


HEHLIN ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Einer Anregung des Kollegen Tempel-Lirabach, geeigneten 
Ortes dahin vorstellig zu werden, daß für Gemeindetierärzte und 
Schlachthofdirektoren besondere Fortbildungskurse in Dresden ab¬ 
gehalten werden möchten, welche auf unser Spezialfach mehr Be¬ 
dacht nehmen sollen, gibt man, da die jetzigen allgemeinen Fort¬ 
bildungskurse das für uns Wesentliche nicht genügend bieten, dahin 
Folge, daß dieser allgemeine Wunsch mit der Denkschrift dem 
Ministerium unterbreitet werden soll, mit dem Hinzufügen, daß den 
Gemeindetierärzten der Besuch solcher Kurse auf Fleischbeschau¬ 
kosten ermöglicht werde und den Gemeinden vom Ministerium 
empfohlen werden möchte, ihre Tierärzte dazu abzuordnen. 

3. Von der Äußerung eines Landtagsabgeordneten, der angeblich 
Teile des Veterinärwesens zur Bearbeitung erhalten haben soll, daß 
er den Schlachthoftierärzten von der Regierung die Privatpraxis 
verbieten lassen werde, wird Kenntnis genommen, ohne weitere 
Schritte zu unternehmen. 

4. Die Vereinssatzungen sollen nach Vornahme verschiedener 
Abänderungen der morgenden Sitzung zur Annahme empfohlen 
werden. 

5. Mit dem vom Vorsitzenden Dr. Meyfarth vorgeschlagenen 
Weg, um das Verfahren abzukürzen, an Stelle der Denkschrift Ab¬ 
züge des Sitzungsberichts der Herbstversammlung mittelst Begleit¬ 
schreibens dem Ministerium zur Kenntnisnahme und Berücksichtigung 
zu unterbreiten, kann sich die Kommission nicht einverstanden 
erklären, sie hält vielmehr an der weiteren Bearbeitung der Denk¬ 
schrift in der beschlossenen Form fest und will das Einverständnis 
der morgenden Versammlung dazu einholen. 

Sonntag, den 5. April, vormittags II Uhr, 
Allgemeine Versammlung. 

Der Vorsitzende des Vereins eröffnet die Sitzung, an welcher 
die Herren Arnold-Riesa, Dr. Eberle-Auerbach, Encke-Zittau, 
Gänsehais-Großenhain, Günther-Eibenstock, Hempel-Meißen, 
Dr. Horni ekel-Chemnitz, K ar n ah 1- Freiberg, Dr. Keil-Leipzig, 
Mcißner-Rie8a, Dr. Meyfarth-Glauchau, Rieht er-Frankenberg, 
Rommel - Chemnitz, Dr. Schmutzer-Waldlieim, Dr. Seyfert- 
Pirna, Stieh 1 er - Bautzen, Dr. Tempel - Chemnitz, Ungerer- 
Chemnitz, Wenzel-Chemnitz, Zehr-Roßwein und als Gast Dr. 
Geißler-Werden, Vorsitzender des Privattierärztevereins, teil¬ 
nehmen, begrüßt die Erschienenen, gibt erstens ein Schreiben des 
Herrn Landestierarztes, Medizinalrat Prof. Dr. Edelmann bekannt, 
betr. die Veröffentlichung seiner Äußerungen in unseren Versamm¬ 
lungen, dann zweitens ein Dankschreiben desselben für die Einladung 
zur heutigen Versammlung, und drittens ein Schreiben der Tier¬ 
ärztlichen Gesellschaft in Berlin (Vors. Prof. Dr. Eberlein), 
welches ihre Stellungnahme zur Kontrolle der Markthallen und 
animalischen Nahrungsmittel kennzeichnet, diese für eine Not¬ 
wendigkeit erklärt und um unsere Unterstützung ersucht. Den 
Ausführungen dieses Schreibens schließt man sich einmütig an. 

4. Auf die Verlesung des Protokolls der letzten Versammlung 
wird, da allgemein bekannt, verzichtet. Dr. Tempel-Chemnitz 
empfiehlt hierzu noch als Titel für Gemeindetierärzte den Namen 
„Stadttierarzt“, als unsere Funktionen vollständig zusammenfassend, 
anzustreben und findet damit allseitig Anklang. 

5. Die Fortbildungskurse betr. beschließt man im Sinne der 
Kommissionssitzung. 

6. Der Entwurf der Vereinssatzung wird eingehend beraten und 
findet nach mehrfachen redaktionellen Abänderungen Annahme. 
Insbesondere wird die Umänderung des bisherigen Vereinstitels 
„Verein der Gemeindetierärzte und Schlachthofdirektoren im König¬ 
reich Sachsen“ in „Verein sächsischer Gemeindetierärzte“ einstimmig 
beschlossen. 

7. Infolge der Umfänglichkeit des Materials und aus anderen 
Gründen ist die Denkschrift zur Vorlage noch nicht fertiggestellt. 
Zur weiteren Ausführung derselben wird eine Arbeitsteilung in der 
Weise festgesetzt, daß die großen Schlachthöfe Dr. Tempel- 
Chemnitz, Dr. Keil-Leipzig und Schneiderheinze-Dresden, die 
städtischen Schlachthöfe mittlerer und kleiner Städte Dr. Meyfarth- 
Glauchau und die Innungsschlachthöfe mittlerer und kleinerer Städte 


Sti eh ler-Bautzen und Dr. Sey fort- Pirna zu bearbeiten haben, 
und wird als Endtag der Erledigung für die einzelnen Abteilungen 
der 15. Mai bestimmt. Die Kommission wird ermächtigt, die Denk¬ 
schrift an das Ministerium des Innern einzureichen, von einer Ein¬ 
gabe derselben an die städtischen Behörden sieht man aus Gründen 
verschiedener Art ab. 

8. Über die Ausübung der Milch- und Stallkontrolle entspinnt 
sich eine lebhafte Debatte, an der sich insbesondere die Kollegen 
Gänschals, Günther, Encke, Dr. Meyfarth, Wenzel, Arnold 
und Kar nah 1 beteiligen. Man ist sich einig darin, daß zur Aus¬ 
übung der Stallkontrolle jeder Tierarzt befähigt ist, und es wird 
die Resolution angenommen, daß jeder Gemeinde-Tierarzt danach 
streben soll, die Milch- und Stallkontrolle in seiner Gemeinde zu 
erhalten. 

Bei der Wichtigkeit dieses Themas beschließt man, dasselbe 
wieder auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen. 
Amtstierarzt Günther-Eibenstock erklärt sich bereit, einen Vortrag 
darüber zu halten und Amtstierarzt Wenzel-Chemnitz übernimmt 
dazu das Korreferat. 

9. Der Vereinskassierer Arnold-Oschatz berichtet über den 
günstigen Stand der Kassenverhältnisse. 

10. Dem Verein beigetreten sind: Amtstierarzt Hempel- 
Meißen, Stadttierärzte Dr. Hornickel, Rommel, Ungerer in 
Chemnitz und Direktor Zehr-Roßwein. 

11. Vertretungen der Gemeindetierärzte bei Beurlaubung betr. 
übernimmt Gänse hals-Großenhain die Vermittlung durch eine am 
schwarzen Brett der Dresdener Hochschule anzubringende ent¬ 
sprechende Mitteilung. 

12. Die nächste Versammlung findet am 4. Oktober in 
Dresden statt 

Der Versammlung, welche gegen 3 Uhr geschlossen wurde, 
schloß sich ein gemeinsames Mittagsmahl an. 

Chemnitz, den 5. April 1903. 

Dr. Seyfert, Schriftführer. 

Internationaler Tuberkulosekongreß. 

Der in Amerika zusammengetretene Tuberkulosekongreß, der 
Exzellenz Robert Koch zum Ehrenpräsidenten gewählt hat, ist 
entgegen der Anschauung Kochs für die Übertragbarkeit der 
Rindertuberkulose auf Menschen eingetreten. 

Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet aus 
Saargemünd (Lothringen). 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Stabsveterinär a. D. IMschcr-herttn ist 
der Charakter als Oberstabsveterinär verliehen worden. 

Ernennungen: Schlachthoftierarzt Heinrich Probst zum Kaiserl. 
Regierungstierarzt in Deutsch-Ostafrika, Tierarzt Julius Schröder aus 
Stade zum Assistenten am Hygien. Institut der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover, Dr. Walter Zfeww-Braunfels zum Assistenten an 
die Chirurg. Klinik der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart. Dem 
Tierarzt Luchau zu Rixdorf ist die komm. Verwaltung der Kreis¬ 
tierarztstelle zu Rosenberg in Westpreußen übertragen worden. 

Niederlassungen: Amtstierarzt Dr. A. Bennstedt , bisher Assistent 
des Hoftierarztes Walther in Weimar, die Tierärzte Dr. Falkenbach in 
Sobernheim a. d. Nahe, Theodor Hügel aus Memmingen in Apenrade 
(Schl.-Holst.), Konstanz Veitkamp aus Osterwick in Coesfeld (Westf.). 
— Verzogen: Die Tierärzte Eiler von Tingleff nach Flensburg, 
Bielfeldt von Hannover nach Tingleff, Dr. Albert Möller von Cammin 
i. Pomm. nach Polch bei Coblenz. 

Examina: Promoviert: Tierarzt Jacobs-Porz zum Dr. med. vet. 
in Bern. Approbiert: Die Herren Hermann Achilles aus Beeskow, 
Friedrich Baur aus Einsingen, Albert Durchholz aus Walterkehmen, 
Kurt Haneke aus Rosenberg i. Westpr., Erich Harms aus Güstrow, 
Franz Kaszubowski aus Wischin, Wladimir Marko ff aus Tirnowo 
(Bulgarien), Wilhelm Meyer aus Hannover, Maximilian Rack aus 
Poln. Olbersdorf, Bruno Sacker aus Schwetz, Gustav Weber aus Jercyce. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 40 .) 

Besetzt: Schlachthofstelle in Liegnitz, Tierarztstelle in Kirchberg. 


Verantwortlich für d«o Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prot Dr. Scbmalu In Berlin. — Verlag and Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Sehoets in Berlin, — 

Druck ron W. Bdxenateln, Berlin. 








Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlege von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wllhelmstr. 10. Darch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitunps- 
Preislistrf Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit SO Hk., In Petltsats mit 
00 Mk« für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafie 66. Korrekturen, 
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Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr, Schmaltz -Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 

Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel 

Professor in Dresden. Professor in Freibnrg. 


Veterinärrat Peters 
Departements T. in Bromberg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. ln Danzig. 


Professor Dr. Peter 
Staatstierarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrle 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


ZQndel 

Kreistierarzt ln Mülhausen i. E. 


Helfer 

Schlachtb.-Dlrektor in Mülhanien L E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. 


Jfä 42 . Ansgegeben am 16. Oktober. 


Inhalt: v. Müller: Warum eignet sich die Stätigkeit der Pferde nicht zum Hauptmangel im Sinne von § 482 des 
Bürgerlichen Gesetzbuches? — Referate: Zimmermann: Mittelst Alkoholinjektionen geheilter Nabelbruch. — Aus der 
medizinischen Literatur. — Tageegeechlchte: Paul Schnibbe-Rakwitz (Posen) +. — Das Doktorat an den Tierärztlichen Hoch¬ 
schulen Österreichs. — Francke: Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. — Maier: Über den 
Entwurf des Kurpfuschergesetzes. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Warum eignet sich die Stätigkeit der Pferde nicht 
zum Hauptmangel im Sinne von § 482 des Bürger¬ 
lichen Gesetzbuches? 

Vortrag, gehalten in der Versammlung des tierärztlichen Vereins 
der Kreishauptmannscliaft Leipzig 
von Dr. von Müller, Oberveterinär und Amtstierarzt. 

Vom Beginn der Vorarbeiten zum Deutschen Bürgerlichen 
Gesetzbuch im Jahre 1875 an bis zur Fertigstellung dieses 
Gesetzes hat kaum ein Gegenstand seitens der beteiligten und 
interessierten Kreise eine so lebhafte Erörterung erfahren als 
derjenige Teil dieses Gesetzbuches, welcher den Handel mit 
Tieren regelt. Es war indessen auch für die Kommission zur 
Beurteilung des neuen Gesetzes keine leichte Aufgabe, bei den 
eich widersprechenden Ansichten der zur Begutachtung der 
Frage gehörten Körperschaften — besonders des Deutschen 
Landwirtschaftsrates, des Deutschen Veterinärrates 1875, des 
preußischen Landes-Ökonomie-Kollegiums, der Deputation für 
das Veterinär wesen 1876 und der Regierangen der deutschen 
Bundesstaaten — ans den bestehenden Rechtsprinzipien das¬ 
jenige ansznwählen, welches den vielseitigen Anforderungen des 
Viehhandels am meisten gerecht erschien und geeignet war, für 
eine lange Reihe von Jahren im Deutschen Reiche als Rechts¬ 
norm zu gelten. Jedes der damals in einzelnen Teilen des 
Reiches geltenden Rechtssysteme, römisches, deutsches und 
gemischtes, fand hei den drei hauptsächlich interessierten 
Faktoren, den Tierbesitzern, Tierärzten und Juristen, seine 
Verteidiger. Speziell unter den Tierärzten neigte die Mehrheit, 
dem Vorhilde Gerlachs folgend, unter Führung vonDieckerhoff, 
Schmaltz, Lydtin, Pütz, Leonhard, Schell und anderen, 
dem römisch-rechtlichen System zu, das eine Haftung des Ver¬ 
käufers für alle verborgenen, erheblichen, zur Zeit des Kaufes 
vorhandenen Fehler fordert, weil dieses System dem gegen¬ 
wärtigen fortgeschrittenen Standpunkt der tierärztlichen Wissen¬ 


schaft und dem allgemeinen Rechtsgefnhl am besten entspräche 
und die Schwierigkeit des Aufsteilens von Gewährsfehlern und 
-fristen vermeide. 

Dieser Anschauung ist auch in den Beschlüssen des Deutschen 
Veterinärrates 1875 und 1889 Ausdruck gegeben worden. In¬ 
dessen hat es auch nicht an gewichtigen Stimmen für das 
deutsch-rechtliche, bzw. gemischte System gefehlt. Es seien 
nur erwähnt Roloff, Siedamgrotzky, Johne, Lorenz, die 
diesem System aus Gründen der Praktibilität und Zweckmäßig¬ 
keit den Vorzug gaben. Vereinfachung der Auseinandersetzung 
von Streitigkeiten, möglichste Vermeidung von langwierigen und 
kostspieligen Prozessen waren hier ausschlaggebend. Die Mehr¬ 
heit der mit der Bearbeitung des Entwurfes betrauten Kommission 
und schließlich auch der gesetzgebenden Faktoren hat sich be¬ 
kanntlich für das deutsch-rechtliche System entschieden mit der 
Begründung, „daß es Sache des Gesetzgebers ist, in erster 
Linie das praktische Bedürfnis ins Auge zu fassen, welchem das 
Gesetz zu dienen bestimmt ist, und die Rücksicht hierauf, im 
vorliegenden Falle also die Rücksicht auf die Bedürfnisse und 
die Förderung des Viehhandels und damit zugleich der Viehzucht, 
müsse bei den zutreffenden Bestimmungen den Ausschlag geben, 
wenn auch die strenge Rechtskonsequenz zu einem anderen 
Resultate führen würde.“ (Motive zum Entwürfe der §§ 399 
und 400 des B. G. B.) 

Nachdem der Entwurf in diesem Sinne Gesetz geworden 
ist, erübrigt es in Zukunft nur noch, die Hauptmängel nach 
§ 482 Abs. 2 des B. G. B. periodisch durch Kaiserliche Ver¬ 
ordnung festzustellen. Die Denkschrift zu dem Entwürfe des 
B. G. B. bemerkt hierzu: „Die Feststellung der Hauptmängel 
kann nnr an der Hand des heutigen Standes der Tierheilkunde 
erfolgen. Bei weiterem Fortschreiten dieser Wissenschaft wird 
jedoch eine derartige Festsetzung nach kürzerer oder längerer 
Zeit der Berichtigung bedürfen.“ Die erste und seither gültige 
Verordnung betr. die Hauptmängel und Gewährsfristen beim 







74G 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSC HRIFT. 


No. 42. 


Viehhandel ist hiernach unter dem 27. März 1809 veröffentlicht 
worden. Von der großen Anzahl Fehler, welche bei Aufstellung 
dieser Hauptmängelliste hauptsächlich in Betracht gezogen 
wurden, konnte nur ein kleiner Teil den in der Begründung des 
Entwurfes aufgestellten Anforderungen standhalten, viele eigneten 
sich aus dem einen oder anderen Grunde nicht zur Aufnahme 
in die Verordnung. 

Bei einem Vergleiche der so entstandenen Hauptmängelliste 
mit den früher als Gewährsmängel in verschiedenen Ländern 
angesehenen Fehlern vermissen wir unter anderen auch die 
Stätigkeit der Pferde in der Kaiserlichen Verordnung. Es er¬ 
scheint deshalb die Frage einer Erörterung wert: 

Weshalb eignet sich die Stätigkeit der Pferde nicht zum 

Hauptmangel im Sinne von § 482 des B. G. B.? 

Bevor wir dieser Frage näher treten, halte ich es für 
richtig, daß wir uns über den Begriff „Stätigkeit“ einig werden. 
Ich bitte Sie daher, mir zunächst einige Minuten zur Feststellung 
dieses Begriffes Gehör zu schenken. 

Unter Stätigkeit des Pferdes (Pertinacia, Mania periodicia) 
versteht man eine Untugend (Vitium animi), die sich durch eine 
ungewöhnliche und hartnäckige, meist nur periodisch auftretende, 
auf Eigenwillen beruhende Unfolgsamkeit nnd Widersetzlichkeit 
im gewöhnlichen oder gewohnten Dienstgebräuche äußert. Der 
Name hat seinen Ursprung davon her, daß das Pferd während 
der Dienstleistung plötzlich „steht“ und sich weigert, vorwärts 
zu gehen. 

Man hat von jeher eine wahre und falsche Stätigkeit 
unterschieden, ohne daß unter den maßgebenden Autoren Einig¬ 
keit hinsichtlich dieses Unterschiedes herrscht. Nach Siedam- 
grotzky versteht man unter falscher Stätigkeit die durch 
rohe Behandlung häufig bei frisch gekauften oder jungen, noch 
nicht gebrauchten, an die Verhältnisse nicht gewöhnten Tieren 
auftretende Widersetzlichkeit, die durch Abstellung der Ursachen, 
ruhige und vorsichtige Behandlung sich allmählich verliert, 
anderenfalls aber beharrlich wird und zur wahren Stätigkeit 
führt. Erstere nannte man früher auch physiologische, die 
letztere wahnsinnige Stätigkeit. Diese Bezeichnungen sind 
indessen hinfällig geworden, seitdem man gelernt hat, daß es 
sich bei Stätigkeit nicht um eine Geistesverwirrung oder Krank¬ 
heit, sondern um eine Untugend handelt. Auch Gerl ach gibt 
an, daß man früher in dem oft periodischen Auftreten der 
Stätigkeit und darin, daß die Pferde ihre Widersetzlichkeit ge¬ 
wöhnlich durch eine gewisse Untätigkeit äußern und dabei einen 
wilden stieren Blick haben, die Gründe für eine Krankheit zu 
finden geglaubt hat, die als eine besondere Art sensorielle 
Störung, als ein Seelenleiden, eine gewisse Willenlosigkeit an¬ 
gesehen worden ist. Mit Recht sehen wir jetzt mit Gerl ach 
in dem passiven Widerstand keine Krankheit mehr, vielmehr 
einen tiefgewurzelten Eigenwillen, verbunden mit raffinierter 
Klugheit. 

Dieckerhoff führt die Unterscheidung in wahre und 
falsche Stätigkeit auf andere Verhältnisse zurück. Nach ihm 
hat man schon seit dem Mittelalter in den Hauptmangel 
„stettisch“ den Dummkoller in vielen Partikulargesetzen ein¬ 
begriffen. Später erst haben die Sachverständigen erkannt, daß 
es neben der durch Dummkoller verursachten Stätigkeit noch 
eine solche bei Pferden gibt, die nicht an Dummkoller leiden. 
Letztere hat man nunmehr als „wahre“ Stätigkeit bezeichnet 
und die erstere dem Dummkoller subsummiert, wie wir es z. B. 


im Preuß. Allgem. Landrecht vom Jahre 1794 ausgeprägt 
fanden. Da wir indessen weder diese auf Dummkoller be¬ 
ruhende falsche Stätigkeit, noch die durch unpassende 
Behandlung hervorgerufene und durch gute Behandlung wieder 
zu beseitigende falsche Stätigkeit Siedamgrotzkys gegen¬ 
wärtig noch zur Stätigkeit gerechnet wissen wollen, hat diese 
Meinungsverschiedenheit keine praktische Bedeutung. 

Wichtiger ist, daß der Grad der Widersetzlichkeit nicht bei 
allen stätigen Pferden der gleiche ist. Bei manchen erstreckt 
sich die Unbrauchbarkeit auf alle üblichen Dienstleistungen. Wir 
nennen das absolute Stätigkeit. Diese Art der Stätigkeit wird 
jedoch verhältnismäßig selten beobachtet. In der Regel zeigen 
die Pferde die Widersetzlichkeit nur gegen eine bestimmte 
Dienstleistung (relative Stätigkeit). Manche versagen den 
Dienst hartnäckig beim Reiten, sind aber im Wagen- und Zug¬ 
dienst folgsam (Reitstätigkeit). Andere lassen sich willig 
reiten, sind aber vor dem Wagen nicht zu verwenden (Wagen¬ 
stätigkeit). Schließlich gibt es Wagenpferde, die gut zwei- 
spännig gehen, sich aber im einspännigen Dienste widersetzlich 
zeigen und umgekehrt. 

Hinsichtlich der Entstehung der Stätigkeit ist zu berück¬ 
sichtigen, daß das Pferd von Natur aus wenig Neigung zeigt, 
seinen freien Willen ohne weiteres aufzugeben und sich dem 
Menschen zu seinen Dienstzwecken gefügig zu erweisen. Wir 
können hauptsächlich bei den halbwilden Zuchten beobachten, 
wie schwer es ist, dem Pferde allmählich den Gehorsam zu 
Dienstverrichtungen anzuerziehen. Die Natur bäumt sich immer 
und immer wieder gegen den auferlegten Zwang und die er¬ 
zwungene Leistung, und das kleinste Versehen in der Behandlung 
kann zum offenen Ausbruch der Widersetzlichkeit führen. In¬ 
dessen sind die Pferde gegenwärtig im allgemeinen durch die 
jahrhundertelange Haltung im Dienste des Menschen und ver¬ 
nünftige Zucht mit Bevorzugung der Rassen mit ruhigem 
Temperament, sowie die erhöhte Sorgfalt in der Aufzucht der 
jungen Tiere so weit an Gehorsam gewöhnt, daß eine auf 
starkem Eigenwillen beruhende hartnäckige Widersetzlichkeit 
zu den Seltenheiten gehört. 

Eine gewisse Disposition zur Entwicklung der Stätigkeit 
besteht bei leicht erregbaren Tieren, besonders sind es deshalb 
die veredelten Rassen, die das größere Kontingent zu den 
stätigen Pferden liefern. Der Farbe nach stellen nachweislich 
die Füchse die größere Masse dar, und unter ihnen wiederum 
sind die weiblichen Tiere in der Überzahl. Verhältnismäßig oft 
zeigen sich ältere Reitpferde, die zur Dienstleistung am Wagen 
verwendet werden sollen, unfolgsam und widersetzlich. Bei 
schweren Pferden ist die Stätigkeit eine seltene Erscheinung. 

Als veranlassende Ursache ist in der Regel wiederholte 
fehlerhafte Behandlung anzusehen. Die Pferde werden oft 
gleich nach dem Kaufe zu ungewohnten Dienstleistungen heran¬ 
gezogen. Statt den Tieren gütig dabei zuzureden, wird sofort 
mit Strafen vorgegangen, weshalb die Tiere ihren Eigenwillen 
aufsetzen. Unter Umständen ist jedoch auch zu milde Be¬ 
handlung schuld. Die Tiere erkennen sehr bald die Schwäche 
ihres Herrn und setzen dann ihren Willen durch. 

Die Stätigkeit tritt in der Regel unter folgenden Er¬ 
scheinungen auf: Im Stalle ist das Verhalten des Tieres voll¬ 
ständig normal. Es machen sich weder physische, noch andere 
Störungen bei ihm bemerkbar, höchstens zeigt es sich beim 
Putzen, Beschlagen und dergleichen etwas eigenwillig und 




ir>. Oktober 11)08. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


747 


leicht erregbar. Erst beim Gebrauche tritt der Fehler auf. 
Gewöhnlich lassen sich die Pferde auch ohne weiteres noch 
aufschirren, aus dem Stalle fuhren und anspannen oder 
satteln. Auch beim Gebrauch tritt die Stätigkeit meist nicht 
sofort hervor. Die Tiere gehen ruhig an und eine Weile 
vorwärts, hören dann aber ohne erkennbare Veranlassung 
plötzlich auf, den Dienst zu verrichten. Sie bleiben wie an¬ 
gewurzelt stehen oder legen sich auch zurück und stemmen 
sich mit den Beinen fest an den Boden (passive Stätigkeit). 
Oder sie werden beim Versagen des Dienstes zugleich unruhig, 
schlagen mit den Hinterbeinen aus, bäumen sich, überschlagen 
sich dabei auch, drängen unruhig zur Seite oder werfen sich 
nieder. Reitpferde versuchen, sich durch Bocken des Reiters 
zu entledigen oder ihn an Wänden, Bäumen und dergleichen ab¬ 
zustreifen. Wir nennen das aktive Stätigkeit. Droht man nun 
den Tieren mit der Peitsche oder straft sie, so bestärkt man sie 
in ihrem Eigensinn. Läßt man sie ruhig stehen, so gehen sie 
nach einigen Minuten eventuell allein wieder an, wiederholen 
aber bald dasselbe Manöver. Bei umsichtigen, geschickten 
Führern bzw. Reitern bleiben die Anfälle oft länger aus. Lenkt 
man nach dem Stalle zu um, so gehen die Tiere in der Regel 
sehr gut. In allen Fällen der Widersetzlichkeit geben die 
Tiere femer noch in geringerem oder stärkerem Maße „Auf¬ 
regung durch einen feurigen, wilden Blick, beschleunigten Puls, 
pochenden Herzschlag, Strotzen der Hautvenen, zuweilen selbst 
durch Schweißausbruch, beschleunigtes Atmen und Zittern u 
(Gerlach) zu erkennen. 

Die Untersuchung auf Stätigkeit ist sehr schwer und zu¬ 
weilen sehr unangenehm. Sie erfordert große Umsicht und 
Sachkenntnisse nicht nur rein tierärztlicher Natur, sondern setzt 
vor allem auch Verständnis für die Gebrauchsweisen des Pferdes 
voraus. Irren ist deshalb hier leichter möglich als bei der 
Feststellung irgend eines anderen Mangels. 

Der Untersuchung in der Dienstleistung muß eine solche im 
Stalle vorausgehen, um festzustellen, ob das Tier gesund ist. 
Besonders müssen diejenigen Körperteile, an denen Geschirr- 
und Sattelteile anliegen, frei von schmerzhaften Zuständen, d. h. 
Entzündungen, Quetschungen oder Wunden sein. Vor allem ist 
auf Kummet- und Lendendrücke zu achten. Hierauf ist das 
Geschirrzeug selbst einer Musterung zu unterziehen und gut zu 
verpassen. Reitsättel, Sielengeschirr, Kummet, Hinterzeug, 
Schweifriemen dürfen keine schmerzhafte Empfindung ver¬ 
ursachen, also weder zu eng noch zu weit sein. Es ist hierbei 
auch an Druck auf die Luftröhre durch das Kummet zu denken. 
An neuen Geschirren und Zaumzeug, die gerade nach dem 
Kaufe eines Pferdes sehr häufig in Gebrauch genommen werden, 
drücken zuweilen die scharfen Kanten z. B. an den Ohren. 
Schließlich ist auch festzustellen, ob die Trense oder Kandare 
bequem liegt und nicht zu scharf ist. Bei Reitpferden ist das 
Augenmerk auf die Lage des Sattels und des Gurtes zu richten. 
Manche Pferde, besonders Stuten sind unleidig, wenn sie zu 
weit zurückgesattelt sind, andere vertragen zu enges Gurten nicht. 

Die eigentliche Untersuchung geschieht hierauf in dem 
Dienst, zu dem das Tier bestimmt ist, also entweder ein- oder 
zweispännig im Wagen oder unter dem Reiter. Ist beim Kaufe 
nichts ausbedungen, so untersucht man das Pferd im ein- und 
zweispännigen Wagendienst. Als zweites Pferd wählt man ein 
bekanntes, ruhiges, ungefähr gleich starkes Tier, um über die 
Zugleistung Vergleiche anstellen zu können und wechselt während 


der Untersuchung auch einmal die Seiten. Ist nicht ausdrücklich 
der Gebrauch für schweres Fuhrwerk ausgemacht, so benutzt 
man einen mit einer mäßigen Last beschwerten Wagen (etwa 
10—12 Zentner für ein mittelschweres Pferd beim Gebrauch auf 
festem, ebenem Wege). Bei Reitpferden verwendet man einen 
geschickten ruhigen Reiter von mittlerem Gewicht. — Die 
Untersuchung nimmt man am praktischsten im Freien vor, wo 
sich Mensch und Tier weniger leicht Verletzungen zuziehen 
können. Womöglich wählt man sich weichen oder chausierten 
Weg aus, da das Rasseln des Wagens auf dem Pflaster den 
Tieren, die nicht daran gewöhnt sind, unangenehm ist. Um 
alles, was Furcht erregen kann, zu vermeiden, nimmt man die 
Peitsche vom Bock weg, der Reiter läßt Gerte und Säbel fort. 

Zuerst redet man nun dem Pferde in Güte zu und läßt es 
dann anführen, eventuell an besonderen in die Trensenringe 
eingeschnallten Zügeln. Stellt sich nun eine Widersetzlichkeit 
nicht ein, so bewegt man das Pferd weiter bis zum Schwei߬ 
ausbruch und macht nunmehr auch von Peitsche und Sporen in 
dem Maße Gebrauch, wie es sonst üblich ist. Zeigt das Pferd 
dagegen die oben beschriebene Widersetzlichkeit, so iBt, ehe 
man die Diagnose Stätigkeit ausspricht, nochmals sorgfältig in 
Erwägung zu ziehen, ob nicht doch äußere Verhältnisse vor¬ 
liegen, die eine Täuschung veranlassen können. Man lege sich 
noch einmal die Fragen vor: Drücken nicht etwa Geschirr¬ 
teile? Stören vielleicht die ungewohnten Scheuklappen? Ent¬ 
spricht die Belastung des Fahrzeuges der Leistungsfähigkeit 
des Pferdes? Ist alles vermieden, was demselben Furcht 
erregen könnte (Rasseln, Kettengeklirr usw.)? Auch vor 
Personen fürchtet sich das Pferd, besonders, wenn es von ihnen 
gemißhandelt worden ist. Sie sind deshalb wegzuschicken. 
Gerade rohe Behandlung verursacht sehr häufig bei frisch¬ 
gekauften, nicht an die Verhältnisse gewöhnten Tieren eine 
Widersetzlichkeit, die durch ruhige, vorsichtige Behandlung sich 
allmählich wieder verliert. Ferner ist zu erwägen, ob das Tier 
überhaupt an die geforderte Dienstleistung gewöhnt ist. Bei 
drei- und vierjährigen Pferden kann man das oft nicht annehmen. 
Sie sind häufig noch nicht eingefahren bzw. eingeritten und ver¬ 
stehen nicht, was man von ihnen verlangt. Ist das der Fall, 
so tritt die Widersetzlichkeit in der Regel gleich zu Anfang 
der Bewegung auf, bessert sich aber allmählich bei Behandlung 
in Güte und Nachhelfen durch Anschieben des Wagens und 
dergleichen. Schließlich geht das Tier leidlich. Es besteht 
dann keine hartnäckige Widersetzlichkeit. Indessen schließt 
das Ungewohntsein mit der Dienstleistung nicht immer das 
Vorhandensein der Stätigkeit aus, es gibt vielmehr auch junge 
Pferde, die sich wegen hartnäckiger Widersetzlichkeit von 
vornherein als ungeeignet zum Erlernen des Wagendienstes 
erweisen. 

Zur Diagnose der Stätigkeit ist festzustellen: 

1. Daß überhaupt Widersetzlichkeit vorhanden ist, aktive 
oder passive, 

2. daß dieselbe hartnäckig ist, und 

3. daß besondere Ursachen hierzu ausgeschlossen sind. 

Zu Täuschungen können neben den oben angegebenen Um¬ 
ständen noch Veranlassung geben: 

a) Der Dummkoller. Es ist schon oben erwähnt worden, 
daß man in vielen älteren Partikulargesetzen Dummkoller und 
Stätigkeit für identisch ansah. Heute wissen wir aber, daß 
wesentliche Unterschiede zwischen beiden bestehen. Bei der 



748 


BERLINER TIEKÄRZTLK 1IE WOCHENSCH RIFT. 


No. 42. 


Stätigkeit handelt es sich ausschließlich um eine auf Eigensinn 
beruhende, also bewußte Widersetzlichkeit, während für Dumm¬ 
koller gerade charakteristische Symptome Abstumpfung des Be¬ 
wußtseins, der Empfindung und des Willens sind. Hier beruhen 
die Erscheinungen, welche zur Verwechslung Anlaß geben 
können (Drängen nach einer Seite, schwere Lenkbarkeit, Aus¬ 
schlagen, Schaum), weniger auf Böswilligkeit als auf falscher 
Vorstellung und mangelhaftem Verständnis. Die Abstumpfung 
in den physischen Stätigkeiten und die damit zusammenhängenden 
Erscheinungen lassen keinen Zweifel darüber, daß Dummkoller 
vor liegt; 

b) das Rossigsein der Stuten. Dasselbe ist, so lange es 
in physiologischen Grenzen bleibt, unschwer von der Stätigkeit 
zu unterscheiden. Bei empfindlichen Tieren hingegen, besonders 
Füchsen ist es sehr oft mit ungewöhnlicher Aufregung und Reiz¬ 
barkeit, Kitzlichkeit, Schlagen und Beißen verbunden und kann, 
wenn es zur Nymphomanie ausartet, sehr leicht zur Stätigkeit 
führen. Es wurde schon oben erwähnt, daß weibliche Tiere 
den größeren Prozentsatz der stätigen Tiere ausmachen. 

Dieckerhoff hat es in seiner „Gerichtlichen Tierarznei¬ 
kunde“ unternommen, Unterarten der Stätigkeit aufzustellen. Da 
diese mit großer Sorgfalt zusammen gestellte Einteilung für die 
Beurteilung der Erheblichkeit der Stätigkeit eine gewisse Be¬ 
deutung besitzt, sei sie hier angeführt. Er unterscheidet 
Stätigkeit bei Reitpferden, Wagenpferden und Arbeitspferden 
und zählt zu diesen Gruppen folgende Formen: 

A. Reitpferde. 

1. Die anfallsweise auftretende Unfolgsamkeit. 

2. Die Unfolgsamkeit bei einer unwesentlichen Wahrnehmung. 

3. Die Unfolgsamkeit im Einzelgebrauch. 

4. Das Kleben. 

5. Das habituelle Steigen beim Dienstgebrauch. 

G. Das Bocken. 

B. Wagenpferde. 

I. Im zweispännigen Gebrauch. 

1. Die anfallsweise auftretende Unfolgsamkeit. 

2. Das vollständige Versagen der Dienstleistung. 

3. Die mangelhafte Zugfestigkeit. 

4. Das habituelle Schlagen gegen die Zugstränge. 

5. Das habituelle Leinefangen. 

6. Die habituelle Widersetzlichkeit gegen den Schweifriemen. 

7. Das habituelle Ausschlagen. 

II. Im einspännigen Gebrauch. 

Dieselben Formen außer dem habituellen Schlagen gegen 
die Zugstränge. 

C. Arbeitspferde. 

1. Der habituelle Mangel an Zugfestigkeit. 

2. Das vollständige Versagen der Dienstleistung vor dem 
Arbeitswagen. 

3. Das habituelle Schlagen nach den Zugsträngen. 

4. Das habituelle Leinefangen. 

5. Die habituelle Widersetzlichkeit gegen den Schweifriemen. 

G. Das habituelle Ausschlagen mit den Hinterfüßen. 

Auf die Frage nach dem Wert und der Zweckmäßigkeit 
dieser Einteilung komme ich später zurück. 

Die Stätigkeit der Pferde ist keine Erscheinung der Neuzeit. 
Es ist vielmehr anzunehmen, daß sich, so lange es Pferde im 
Dienste des Menschen gegeben hat, darunter auch solche be¬ 
fanden haben, die sich kraft des ihnen von Natur ans inne¬ 


wohnenden Eigensinnes den Dienstanforderungen des Menschen 
widersetzt haben. Es ist sogar kaum anzuzweifeln, daß bei der 
halbwilden Aufzucht diese Untugend früher viel häufiger war. 
Wir finden deshalb die Stätigkeit geschichtlich auch schon in 
dem ersten überhaupt aufgezeichneten, logisch geordneten Zivil- 
recht des Altertums, in dem edictum aedititium der römischen 
Republik angedeutet: „In menta, quae sine causa turbantur“ 
werden dort die stätigen Tiere genannt. In der römischen 
Literatur wird der Mangel dann fernerhin bezeichnet als per- 
vicacia (Eigensinn) oder als pervicase contumacia (eigensinniger 
Trotz, hartnäckige Widersetzlichkeit) oder als obstinatio in 
flexibilis (unbeugsamer Starrsinn) und ein stätiges Pferd als 
equus contumase. In den älteren deutschen Spezialgesetzen 
über Mängelgewähr beim Tierhandel, die nach deutschrechtlichem 
Grundsatz aufgestellt, den Zweck verfolgten, die Verkäufer von 
Tieren, im besonderen von Pferden besser zu stellen, als es in 
dem im übrigen allgemein gültigen römischen Recht der Fall 
war, finden sich die Bezeichnungen vor: Stettisch, Stökisch, 
Stettig, Stättig, Stöttig, aber es ist nicht einwandfrei festzu¬ 
stellen, ob man darunter allein eine besondere Art der Wider¬ 
setzlichkeit verstanden hat; nach Dieckerhoff begriffen die 
sächsischen Städterechte in den Hauptmangel „stettisch“ auch 
den Dummkoller ein, in anderen wiederum z. B. im Lübischen 
Rechte wurde diese Ausdehnung für streitig gehalten. Als be¬ 
sonderen Hauptmangel führen die Stätigkeit neben dem Dumm¬ 
koller erst die neueren Gesetze auf, zum ersten Male das 
Herzoglich Sächsische Mandat, die beim Pferdehandel zu 
leistende Gewähr usw. betr. vom 29. März 1790 und zwar mit 
Recht auch mit verschieden langen Gewährsfristen (Stettiach- 
sein = 8 Tage, Dummheit = 42 Tage). Das Preußische All¬ 
gemeine Landrecht vom 1. Juni 1794 verzeichnet die wahre 
Stätigkeit der Pferde mit 4 Tagen Gewährszeit, Dummkoller 
mit 4 Wochen, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch für die 
Holländer der Österreichischen Monarchie vom 1. Juni 1811 da¬ 
gegen Stättigkeit und Koller mit 30 Tagen. Von den neueren 
deutschrechtlichen Währschaftsnormen, die seit Mitte des vorigen 
Jahrhunderts bis zum Infrafttreten des Neuen Bürgerlichen 
Gesetzbuches für das Deutsche Reich in Gültigkeit waren, 
führte das Gesetz vom 15. Juli 1858 für das Großherzogtum 
Hessen die Stätigkeit mit 14 Tagen Gewährzeit auf, das 
Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachsen vom 
2. Januar 1863 die wahre Stätigkeit mit 5 Tagen, das Gesetz 
vom 23. Oktober 1865 für das ehemalige Kurfürstentum Hessen 
(Regierungsbezirk Kassel) die Stätigkeit der Pferde mit gleich¬ 
falls 5 Tagen Gewährszeit. Die süddeutschen Währschafts- 
gesetze, nämlich für Bayern vom 26. März 1859, für Württem¬ 
berg vom 23. April 1859, Baden vom 26. Dezember 1861 und 
für Hohenzollem vom 5. Juni 1863 stimmten unter anderem 
darin überein, daß sie die Stätigkeit als Hauptmangel nicht 
kannten und sie sind hierin maßgebend für das neue deutsche 
B. G. B., bzw. für die das letztere ergänzende Kaiserliche Ver¬ 
ordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährsfristen beim 
Viehhandel vom 27. März 1899 geworden. Die Hauptmängel 
dieser Verordnung sind nach vorhergegangenem Einvernehmen 
mit den landwirtschaftlichen und tierärztlichen Vertretungen 
und den Regierungen der Bundesstaaten durch den Bundesrat 
festgesetzt worden. 

Es muß an dieser Stelle festgestellt werden, daß keine der 
zur Begutachtung dieser Hauptmängelliste von den zuständigen 



15. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


749 


Behörden des Reiches und den Regierungen der Bundesstaaten 
gehörten Körperschaften (Deutscher Landwirtschaftsrat 1897, 
kaiserl. Gesundheitsamt 1895, königl. preuß. Deputation für das 
Veterinärwesen, März 1896 usw.) die Stätigkeit der Pferde 
in die Liste der Hauptmängel aufgenommen wissen wollte. Es 
herrschte also in den maßgebenden Kreisen vollständige Einig¬ 
keit darüber, daß sich die Stätigkeit der Pferde nicht zur Auf¬ 
nahme unter die Gewährsmängel eignet. Die Gründe hierzu 
sollen im folgenden erörtert werden und zwar ist die Unter¬ 
suchung dieser Frage deshalb sehr zeitgemäß, weil man seit 
Einführung des neuen B. G. B. in den Kreisen der praktischen 
Tierärzte sowohl als der Pferdebesitzer sehr oft die Frage 
gehört hat: „Warum fehlt jetzt die Stätigkeit der Pferde in 
der Mängelliste?“ Ich gebe zu, daß im Laufe der Jahre diese 
Frage seltener geworden ist. Man hat sich allmählich an die 
veränderten Verhältnisse gewöhnt. Jedoch ist dieselbe gegen¬ 
wärtig wieder dadurch in den Vordergrund unseres Interesses 
gerückt, daß zurzeit eine Revision der Kaiserlichen Verordnung 
über die Gewährsmängel mit Rücksicht auf die Interessenten 
des zweiten Teiles dieser Verordnung, welcher den Handel mit 
Schlachttieren regelt und der sich als sehr reformbedürftig er¬ 
wiesen hat, unvermeidlich erscheint. 

In Übereinstimmung mit der Begründung des Entwurfes zur 
Kaiserl. Verordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährs¬ 
fristen beim Viehhandel lassen sich zur Beurteilung der Frage, 
ob sich ein Fehler zur Aufnahme in diese Verordnung eignet, 
folgende Forderungen aufstellen. Ein Fehler muß, um als Haupt¬ 
mangel gelten zu können, 

1. zur Zeit des Verkaufes seiner Natur nach verborgen sein; 

2. erheblich sein und den Handels- und Gebrauchswert 
des Tieres beträchtlich mindern; 

3. muß sich für denselben eine bestimmte Gewährs¬ 
frist festsetzen lassen, innerhalb welcher derselbe nach der 
tierärztlichen Erfahrung in der Regel sich nicht entwickeln, 
aber wenn vorhanden, immerhin in der Regel erkannt und 
wissenschaftlich festgestellt werden kann, und 

4. muß der Fehler allgemein oder in größeren Teilen des 
Reiches so verbreitet sein, daß ein praktisches Bedürfnis zur 
Aufnahme desselben in die Liste der Hauptmängel angenommen 
werden kann. 

An der Hand dieser Forderungen soll auch im nachstehen¬ 
den der Frage näher getreten werden, ob sich die Stätigkeit 
der Pferde zum Hauptmangel im Sinne von § 482 des B. G. B. 
eignet. 

1. Ist die Stätigkeit der Pferde als ein zur Zeit des Ver¬ 
kaufes seiner Natur nach verborgener Fehler anzusehen? 

Die Forderung, daß ein Fehler zur Zeit des Verkaufes 
seiner Natur nach verborgen sein muß, fundiert auf dem im 
§ 460 des B. G. B. hinsichtlich der Gewährleistung wegen 
Mängel der Sache überhaupt ausgesprochenen Grundsatz, daß 
der Verkäufer einen Mangel der verkauften Sache nicht zu 
vertreten hat, wenn der Käufer den Mangel bei dem Ab¬ 
schluß des Kaufes kennt oder dem Käufer der Mangel infolge 
grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Der Käufer ist 
hiernach zu einer gewissen (gewöhnlichen) Aufmerksamkeit und 
Sorgfalt beim Kaufhandel verpflichtet, wenn er Rechtsansprüche 
an den Verkäufer erheben will. Kann er aber bei der Anwendung 
derselben einen Mangel nicht erkennen, weil derselbe keine 
sinnlich wahrnehmbaren Seiten hat oder doch nur solche gering¬ 


fügige, daß noch eine besondere Kunst bei der Untersuchung 
oder Sachkenntnis (Wissenschaft) bei der Beurteilung zur Er¬ 
kennung desselben notwendig ist, so ist der Mangel für den 
Käufer ein verborgener im juristischen Sinne (Gerlach) und ver¬ 
pflichtet den Verkäufer zu der im § 459 ausgesprochenen 
Haftung. Diese Eigenschaft des Verborgenseins zur Zeit des 
Kaufes ist also in gleicher Weise von den nach § 482 für den 
Verkauf mit Tieren als Hauptmängel aufzustellenden Fehlern 
zu fordern. Der Fehler muß, wenn er als Hauptmangel gelten 
soll, bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit und Sorgfalt beim Kauf¬ 
geschäft nicht wahrzunehmen sein. Von der Stätigkeit der 
Pferde läßt sich das aus folgenden Gründen behaupten: 

Es ist oben ausführlich dargetan, daß das stätige Pferd im 
Stalle und überhaupt im Stande der Ruhe ein vollständig normales 
Verhalten zeigt, daß sich weder physische noch andere Störungen 
an ihm bemerkbar machen, ja daß man bei sachgemäßer Unter¬ 
suchung vor Stellung der Diagnose „Stätigkeit“ festgestellt 
haben muß, daß das Pferd vollständig gesund ist. Es ist daher 
auch beim Kauf keine sinnliche Wahrnehmung an dem Tiere zu 
machen, die darauf schließen läßt, daß dasselbe mit Stätigkeit 
behaftet ist. Ein Probieren des Pferdes in seiner Dienstleistung 
ist aber beim Kaufgeschäft nicht allgemein üblich. Die Ver¬ 
hältnisse verbieten das sehr oft, besonders auf Pferdemärkten, 
in den Händlerställen usw. Beim Kaufgeschäft findet vielmehr 
in der Regel nur eine Musterung des Tieres in der Ruhe und 
hierauf in der Bewegung an der Hand im Schritte und Trabe 
statt. Hierbei ist aber die Stätigkeit weder vom Durchschnitts¬ 
käufer noch von einem Sachverständigen zu erkennen. Selbst 
wenn ein Vorfahren oder -reiten stattfindet, zeigen stätige Pferde 
die Untugend sehr häufig nicht, wenn sie sich unter geschickter 
Hand, besonders derjenigen des Händlers und seiner Angestellten 
und in den gewohnten Verhältnissen befinden; erst wenn dann 
nach dem Kauf die Veränderung dieser Verhältnisse eintritt 
(fremder Führer, fremdes Geschirr, fremdes Nachbarpferd u. 
dgl.), kommt die Stätigkeit an den Tag. 

Die Stätigkeit der Pferde ist demnach sehr wohl als ein 
seiner Natur nach beim Kaufe verborgener Mangel anzusehen. 

2. Ist die Stätigkeit des Pferdes ein erheblicher, den Handels¬ 
und Gebrauchswert beträchtlich mindernder Fehler? 

Wenn weiter gefordert wird, daß ein Fehler erheblich sein 
muß, wenn er unter die Hauptmängel im Sinne von § 482 des 
B. G. B. aufgenommen werden soll, so entspricht das dem im 
§ 459 hinsichtlich der Gewährleistung wegen Mängel der Sache 
aufgestelltem Prinzip, daß der Verkäufer nur für Fehler haftbar 
ist, die den Wert oder die Tauglichkeit der Sache zu dem ge¬ 
wöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch 
aufheben oder wesentlich mindern. Der. § 459 lautet: 

„Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür, 
daß sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den 

Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den 

Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder 
nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben 
oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Wertes 
oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.“ 

Der Text dieses Paragraphen deckt sich fast wörtlich mit 
der Erklärung, welche der Präsident Dr. von Kübel in den 

Motiven zum Entwurf erster Lesung des B. G. B. von den 

Hauptmängeln gibt: 





750 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


„In der Bestimmung der einzelnen Gewährsmängel liegt 
der Ausspruch, daß diese Mängel solche sind, welche den Wert 
oder die Tauglichkeit des Tieres zu dem gewöhnlichen Gebrauch 
aufheben oder nicht unerheblich mindern. Die Untersuchung 
nach dieser Richtung wird aber für alle Fälle durch den Aus¬ 
spruch des Gesetzes überflüssig gemacht und abgeschnitten. u 

Erheblichkeit in jedem Falle ist nach dem letzten Satz 
dieser Erklärung Voraussetzung zur Aufnahme eines Mangels in 
das Gesetz, wenn nicht eine Rechtsunsicherheit hervorgerufen 
werden soll. Leider besitzen aber nur wenige Krankheiten und 
Mängel diese Eigenschaft. Die meisten setzen nur in den 
höheren Graden ihrer Ausbildung den Wert des Tieres herab, 
nicht aber in niedrigen Graden. Andere mindern den Wert nur 
bei wertvollen Tieren erheblich, während sie bei anderen als 
unwesentlich angesehen werden müssen. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß die Stätigkeit der Pferde zu den aus diesen 
Gründen als ungeeignet zur Aufnahme in die Hauptmängelliste 
zu bezeichnenden Fehlern gehört, wenn wir bedenken, daß sich 
neben der oben als Grundtyp der Stätigkeit beschriebenen Form 
auf Grund der Definition zwanglos noch eine Reihe unwesent¬ 
licher Formen aufstellen lassen. Ein Blick in die von Di eck er¬ 
hoff aufgestellte Tabelle der Formen der Stätigkeit bestätigt 
das ohne weiteres. Ein Urteil über die Bedeutung dieser 
einzelnen Formen gewinnen wir aber am besten, wenn wir in 
diese Tabelle die Wertminderung einfügen, die das Pferd durch 
die Fehler nach Dieckerhoffs eigenen Angaben erleidet. 

A. Reitpferde. 

1. Die anfallsweise auftretende Unfolgsamkeit. — Die Tiere 
haben meist nur Schlachtwert. 

2. Die Unfolgsamkeit bei einer unwesentlichen Wahrnehmung. 
— Die Wertminderung ist nach dem Grad der Untugend 
zu schätzen. 

3. Die Unfolgsamkeit im Einzelgebrauch — verursacht voll¬ 
ständige Entwertung. 

4. Das Kleben — bedingt Wertminderung um V 4 —V 2 des 
Preises. 

5. Das habituelle Steigen beim Dienstgebrauch — desgleichen 
um Yj— 2/3 des Preises. 

6. Das Bocken — desgleichen um V 3 des Preises. 

Alle Reitpferde lassen sich ev. als Wagenpferde besser 
verwerten. 

B. Wagenpferde. 

I. Im zweispännigen Gebrauch. 

1. Die anfallsweise auftretende Unfolgsamkeit — verursacht 
bedeutende Herabminderung im Preise. 

2. Das vollständige Versagen der Dienstleistung — des¬ 
gleichen. 

3. Die mangelhafte Zugfestigkeit — verliert sich oft, be¬ 
sonders bei gutem Kutscher. 

4. Das habituelle Schlagen gegen die Zugstränge — ist nach 
dem Grade des Mangels verschieden zu beurteilen. 

5. Das habituelle Leinefangen — desgleichen, ist bei teueren 
Wagenpferden jedoch immer ein bedeutender Fehler. 

6. Die habituelle Widersetzlichkeit gegen den Schweifriemen 
— die Wertminderung ist gering. 

7. Das habituelle Ausschlagen mit den Hinterfüßen. — Die 
Wertminderung ist verschieden nach dem Grade des 
Mangels. 


II. Im zweispännigen Gebrauch. 

1. Das vollständige Versagen der Dienstleistung. — Das 
Pferd ist vollständig untauglich zum Dienst. 

2. Die anfallsweise auftretende Unfolgsamkeit — verursacht 
bedeutende Herabminderung. 

3. Die mangelhafte Zugfestigkeit — ist nach dem Grade des 
Mangels verschieden zu beurteilen. 

4. Das habituelle Leinefangen — Die Wertminderung ist 
nach dem Grade des Mangels verschieden. 

5. Die habituelle Widersetzlichkeit gegen den Schweifriemen 
— desgleichen. 

6. Das habituelle Ausschlagen mit den Hinterfüßen gegen 
den Wagen — desgleichen. 

Einige Formen der Stätigkeit sind hiernach fast bedeutungs¬ 
los z. B. die habituelle Widersetzlichkeit gegen den Schweif¬ 
riemen besonders bei Arbeitspferden, bei denen man zur Beseitigung 
des Fehlers den Schweifriemen weglassen kann. Andere Betzen 
den Wert des Pferdes bedeutend herab und machen es zur 
Dienstleistung vollständig untauglich, so daß es nur Schlachtwert 
besitzt, bei Reitpferden z. B. die anfallsweise auftretende Un¬ 
folgsamkeit, bei Wagenpferden das vollständige Versagen der 
Dienstleistung. Bei einzelnen Formen läßt sich die Wert¬ 
minderung direkt in Zahlen angeben. So entwertet das Kleben 
Reitpferde um etwa V 4 —V 2 des Kaufpreises, das habituelle 
Steigen um die Hälfte bis 2 / 3 desselben. Bei vielen Formen ist 
ferner die Beurteilung von dem Grade der Ausbildung der Un¬ 
tugend abhängig und es ist danach die Wertminderung sehr 
verschieden anzunehmen, zumal einzelne Tiere die Verwendbar¬ 
keit zu anderer als der ausbedungenen Dienstleistung im Werte 
wieder um ein Geringes heben kann. Schließlich befinden sich 
Formen der Stätigkeit darunter, die nur bei wertvollen Tieren 
eine Bedeutung besitzen. Es ist z. B. das habituelle Leine¬ 
fangen bei einem teuren Wagenpferd als ein erheblicher Fehler 
anzusehen, während es bei einem billigeren Arbeitstiere 
ziemlich belanglos ist. 

Wir verstehen hiernach unter Stätigkeit eine Anzahl 
Untugenden des Pferdes, die hinsichtlich ihrer Bedeutung für 
die Brauchbarkeit des Tieres eine sehr verschiedene Beurteilnng 
erfahren müssen. 

Es besteht kaum ein Zweifel darüber, daß viele Sach¬ 
verständige mit der weitgehenden Ausdehnung des Begriffes 
„Stätigkeit“, wie sie Dieckerhoff aufführt, nicht ganz ein¬ 
verstanden sind. Viele wollen unter „Stätigkeit“ nur die schweren 
Grade der Untugend verstanden wissen, die den Gebrauchswert 
tatsächlich erheblich herabmindern. Aber die Ausdehnung ist 
möglich und da sie von einem so hervorragenden Sach¬ 
verständigen wie Dieckerhoff gegeben worden ist, dessen 
Ansicht in einem großen Teile des Deutschen Reiches maßgebend 
war, muß mit derselben gerechnet werden. Daß aber die 
Meinungen der Sachverständigen über die Beurteilung der 
Stätigkeit tatsächlich ganz wesentlich auseinandergehen, ist 
allgemein bekannt und läßt sich auch aus den amtlichen Ver¬ 
öffentlichungen über die Kliniken der norddeutschen tierärztlichen 
Hochschulen unschwer nachweisen. Die süddeutschen Hoch¬ 
schulen kommen für einen Vergleich nicht in Frage, weil die 
Stätigkeit in den süddeutschen Staaten auch vor Einführung des 
B. G. B. für das Deutsche Reich kein Gewährsfehler war. In der 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Berlin ist nach den 
offiziellen Berichten (Archiv f. w. u. pr. Tierheilkunde) in der 



15. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Zeit vom 1. Januar 1878 bis Ende März 1888 unter 2595 
konstatierten Hauptmängeln Stätigkeit 315 mal (= 12,1 Proz. 
aller Fälle verzeichnet. In Hannover dagegen ist nach den 
Jahresberichten der Königl. Tierarzneischule zu Hannover 
IX—XVI in dem gleichfalls etwa 10 Jahre betragenden Zeit¬ 
raum vom 1. Januar 1875 bis 31. März 1886 Stätigkeit unter 
856 festgestellten Hauptmängeln nur 7 mal aufgefiihrt, das be¬ 
deutet 0,73 Proz. der Hauptmängel. In der Klinik der Dresdener 
Hochschule endlich sind in den 10 Jahren von 1878—1887 
(Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen) 637 
Hauptmängel zur Konstatierung gelangt, darunter die Stätigkeit 
in 4 Fällen — 0,63 Proz. der Hauptmängel. An der Berliner 
Hochschule machte die Stätigkeit hiernach 12,1 Proz., in Hannover 
0,73 Proz. und in Dresden 0,63 Proz. der festgelegten Mängel 
aus. Der beträchtliche Unterschied in diesen Zahlen läßt sich 
kaum allein damit erklären, daß in Berlin die Stätigkeit ein 
häufigerer Fehler als in den anderen Städten sei, zumal man 
ein ziemlich gleichmäßiges Pferdematerial in allen drei Städten 
voraussetzen darf. Wahrscheinlicher ist, daß die Stätigkeit eine 
verschiedene Beurteilung seitens der betreffenden Sachverständigen 
in dem oben angedeuteten Sinne erfahren hat. Während man in 
der Klinik zu Hannover und Dresden zögerte, das Bestehen der 
Stätigkeit anzuerkennen, wenn der Grad der Widersetzlichkeit 
nicht ein erheblicher war, verstand man in Berlin auch alle die 
unbedeutenden Untugenden darunter, die sich neben der schweren 
Form der Stätigkeit zuzählen lassen. Von diesem Standpunkte 
aus kann aber die Stätigkeit nicht als ein Fehler bezeichnet 
werden, der in jedem Falle oder in der Regel erheblich ist und 
den Handels- und Gebrauchswert der betroffenen Tiere beträchtlich 
herabmindert. 

Fraglich erscheint, ob etwa diesem Übelstand durch eine 
genaue Begriffsbestimmung bei Aufnahme der Stätigkeit in die 
Mängelliste der Kaiserlichen Verordnung begegnet werden 
könnte, wie es bei anderen Hauptmängeln z. B. der Tuberkulose 
geschehen ist. In den durch den Reichsanzeiger (1899, S. 143) 
veröffentlichten Erwägungen, die für die Beschlußfassung des 
Bundesrates über diese Vorschriften maßgebend gewesen sind, 
heißt es: „Die einzelnen Hauptmängel sind unter den Namen 
angeführt, die ihnen nach dem Sprachgebrauch des Verkehrs 
und der Tierheilkunde zukommen. So weit für einen Fehler oder 
für bestimmte Erscheinungsformen desselben im Verkehr noch 
andere Bezeichnungen Anwendung finden, sind diese Be¬ 
zeichnungen in Klammem beigefügt. Außerdem wird aber jeder 
Hauptmangel, bei dem jene Angaben zur Klarstellung seiner 
Tragweite noch nicht genügen, durch eine genaue Begriffs¬ 
bestimmung erläutert.“ Bei der Tuberkulose ist man einen 
Schritt weiter gegangen und hat noch den Grad der Ausbildung 
bezeichnet, den dieselbe erreicht haben muß, um als Haupt¬ 
mangel zu gelten. Bei Nutz- und Zuchtrindero sind tuberkulöse 
Erkrankungen bekanntlich Gewährsfehler, wenn infolge dieser 
Erkrankung eine allgemeine Beeinträchtigung des Nährzustandes 
des Tieres herbeigeführt wird, bei Schlachttieren, sofern infolge 
dieser Erkrankung mehr als die Hälfte des Schlachtgewichts 
nicht oder nur unter Beschränkungen als Nahrungsmittel für 
Menschen geeignet ist. Maßgebend für diese Ausnahmestellung 
der Tuberkulose in der Kaiserlichen Verordnung waren die Er¬ 
wägungen, daß die Tuberkulose erfahrungsgemäß häufig so 
leicht auftritt, daß sie den Gebrauchswert des Tieres überhaupt 
nicht oder doch nur unbedeutend mindert und daß andererseits 


751 

ebenso sicher die Tuberkulose in den höheren Graden ihrer 
Entwicklung einen erheblichen Fehler darstellt, für den dem 
Käufer der Schutz des Gesetzes nicht gut versagt werden kann. 
Liegen nun bei der Stätigkeit des Pferdes die Verhältnisse nicht 
ähnlich? Auf der einen Seite gibt es Formen, die eine Be¬ 
deutung kaum beanspruchen, auf der anderen Seite kann diese 
Untugend die Brauchbarkeit der Pferde wesentlich beeinträchtigen 
oder zuweilen zu gewissen Zwecken vollständig aufheben. Wäre 
es nun nicht durch eine genaue Begriffsbestimmung und Be¬ 
schränkung im Gesetz zu ermöglichen, daß der Verkäufer nur 
für die erheblichen Fälle der Stätigkeit die Haftpflicht zu über¬ 
nehmen braucht? Sicherlich, aber es liegt bei dem, wie wir 
später sehen werden, doch immer verhältnismäßig seltenen Vor¬ 
kommen der Stätigkeit keine Veranlassung vor, derselben eine 
ähnliche Ausnahmestellung in der Kaiserlichen Verordnung ein¬ 
zuräumen wie der Tuberkulose, die bei ihrer großen Verbreitung 
unter dem Rindvieh eine immense Bedeutung im Handelsverkehr 
hat und deshalb alB Hauptmangel nicht gut entbehrt werden 
kann. Anderenfalls würden sich auch noch andere Erkrankungen, 
die je nach dem Grade ihrer Ausbildung verschieden zu beurteilen 
sind, durch umständliche und den Verkehr erschwerende Um¬ 
schreibungen zur Aufnahme in die Kaiserliche Verordnung 
geeignet machen lassen. Der Umstand, daß in diesen Fällen 
dann nicht allein das Vorhandensein des Mangels festzustellen, 
sondern auch die Erheblichkeit jedesmal durch Sachverständige 
zu beurteilen wäre, würde das Verfahren in Streitfällen aber 
demjenigen bei Geltung des gemeinrechtlichen Prinzips sehr 
nahe bringen mit allen Nachteilen, die demselben anhaften, und 
die Abkürzung der Beweisaufnahme und des ganzen Verfahrens, 
die gerade durch die Gewährsmängel herbeigeführt werden soll, 
illusorisch machen. Nur bei der Tuberkulose rechtfertigt die 
große Verbreitung die ihr in der Kaiserlichen Verordnung zuteil 
gewordene Ausnahmestellung. 

Schließlich erscheint noch die Frage einer Erörterung wert, 
ob die Fälle, in denen die Stätigkeit als ein unerheblicher Mangel 
bezeichnet werden muß, etwa so selten sind, daß sie nur als 
Ausnahmen bezeichnet werden können. Unter diesen Ver¬ 
hältnissen wäre es angängig, aus Gründen der Praktabilität 
den Verkäufer zugunsten der Allgemeinheit in den seltenen 
Fällen des Rechtsschutzes entbehren zu lassen d. h. ihm die 
Haftung zu übertragen, wenn sich aus anderen Gründen die 
Aufnahme der Stätigkeit in die Hauptmängelliste als sehr 
wünschenswert erwiese. Die im Reichsanzeiger veröffentlichten 
Erwägungen bringen das in folgenden Worten zum Ausdruck: 
„Das Wesen des deutsch-rechtlichen Systems bringt es mit sich, 
daß ausnahmsweise den Verkäufer die Haftung für einen Mangel 
im einzelnen Falle treffen kann, obwohl der Mangel für den 
Handels- und Gebrauchswert des Tieres nach der Lage der 
Sache ohne Bedeutung ist. Mit Rücksicht auf die Interessen 
des Verkäufers wird daher die Verordnung nur solche Fehler 
zu Hauptmängeln erklären dürfen, welche zufolge ihrer Natur 
die Eigenschaft haben, die Tauglichkeit und den Wert des 
Tieres wenigstens für die regelmäßigen Fälle aufzuheben oder 
erheblich zu beeinträchtigend Auf Grund dieser Ergänzungen 
ist z. B. auch der Gewährsfehler „Koppen“ entgegen dem Vor¬ 
schlag wieler Sachverständiger noch unter die Hauptmängel bei 
Nutz- und Zuchttieren aufgenommen worden, obwohl er in weiten 
Fällen den Wert des Tieres nicht erheblich herabsetzt. 

Hinsichtlich der Stätigkeit läßt sich bei Zugrundelegung 



_7r>2 

der Einteilung Dieckerhoffs aber keineswegs behaupten, daß 
diejenigen Fälle, in denen der Fehler als unerheblich bezeichnet 
werden muß, nur zu den Ausnahmen gehören. Es würde deshalb 
die Aufnahme der Stätigkeit in die Kaiserliche Verordnung sehr 
oft zu einer unberechtigten Inanspruchnahme der Haftpflicht 
des Verkäufers führen, besonders auch, wenn das Pferd aus 
einem anderen Grunde dem neuen Besitzer nicht genehm wäre. 

3. Läßt sich für die Stätigkeit eine Gewährsfrist aufstellen? 

Über die Feststellung der Gewährsfristen bestimmen die 
Motive zum B. G. B. 2. Bd., S. 253: „Man kann bei Festsetzung 
der Gewährsfrist nur die auf Erfahrung gestützte Regel zu¬ 
grunde legen. Bei einer Begrenzung der Frist auf die denkbar 
kürzeste Entwicklungszeit würde dieselbe den größten Teil 
ihrer Bedeutung verlieren, weil bei einem Hervortreten des 
Fehlers in dieser denkbar kürzesten Zeit der Beweis auch ohne 
Präsumption zumeist nicht schwierig sein wird, andererseits 
aber in diesem Falle dem Erwerber auch bei einem Hervor¬ 
treten des Fehlers nach der Präsumptionspflicht der Beweis des 
Vorhandenseins zur entscheidenden Zeit nicht abgeschnitten 
werden könnte, ohne ihm in nicht zu rechtfertigender Weise 
zu nahe zu treten, womit der Zweck der Erzielung der Rechts¬ 
sicherheit und Rechtsgewißheit vereitelt wäre.“ Der in diesen 
Worten gekennzeichneten Auffassung, daß man unter Gewährs¬ 
frist die durchschnittliche Entwicklungszeit eines beim Kaufe 
in den Anfangsstadien befindlichen und daher unerkennbaren 
Fehlers bis zur vollen Ausbildung desselben versteht, konnte 
man bei Aufstellung der Hauptmängel nicht folgen, sondern 
man ist sich unter Anschließung an die Ansicht der hervor¬ 
ragendsten tierärztlichen Sachverständigen einig darüber ge¬ 
worden, daß die Gewährszeit nichts anderes sein kann als eine 
Probezeit, die es dem Käufer ermöglicht, den verborgenen, bei 
der einmaligen Besichtigung beim Kaufe nicht, sondern erst bei 
längerem Gebrauch erkennbaren Fehler wahrzunehmen. In der 
Begründung des Entwurfs zur Kaiserlichen Verordnung, betr. 
die Hauptmängel und Gewährsfristen heißt es dementsprechend: 
„Es muß sich für den Fehler, damit er als Hauptmangel gelten 
kann, eine bestimmte Gewährsfrist feststellen lassen, innerhalb 
welcher derselbe nach der tierärztlichen Erfahrung in der Regel 
sich nicht entwickeln, aber wenn vorhanden immerhin in der 
Regel erkannt und wissenschaftlich festgestellt werden kann.“ 
Die Gewährsfrist muß hiernach einerseits so kurz als möglich 
angenommen werden, wenn die Interessen des Verkäufers nicht 
dadurch geschädigt werden sollen, daß ein Entstehen des Fehlers 
innerhalb der Gewährsfrist möglich ist, andererseits muß die 
Gewährsfrist aber auch so lang bemessen sein, daß dem Käufer 
innerhalb derselben die Wahrnehmung des Mangels ermöglicht 
wird. In beiden Richtungen kann indessen nur die nach der 
tierärztlichen Erfahrung aufzustellende Regel zur Ermittlung 
der angemessenen Zeit maßgebend sein, es kann daher, wenn 
die Interessen sowohl des Verkäufers als Käufers im allgemeinen 
gewahrt werden sollen, ausnahmsweise den einen oder anderen 
eine Benachteiligung treffen. 

Treten wir nun der Frage näher, ob es unter den erwähnten 
Forderungen möglich wäre, für die Stätigkeit eine Gewährs- 
frist aufzusetzen, so ist zunächst festzustellen, daß sich die 
Stätigkeit bei roher ungeschickter Behandlung, bei ungewohnt 
hohen Anforderungen im Dienst u. dgl. absichtlich oder 
unabsichtlich in kurzer Zeit ausbilden kann. Aus diesem Grunde 
darf die Gewährsfrist für Stätigkeit nur wenige, höchstens vier 


No. 42. 

bis fünf Tage betragen. Innerhalb dieser Frist dürfte wohl 
nur ausnahmsweise einem Pferde eine Stätigkeit anerzogen 
werden können, die ein umsichtiger Sachverständiger nicht von 
der wahren Stätigkeit zu unterscheiden vermöchte. Je länger 
die Gewährsfrist für Stätigkeit ausgedehnt würde, um so größer 
würde die Gefahr für den Verkäufer, daß er mit Unrecht zur 
Haftpflicht herangezogen werden kann. Diese Tatsache hat in 
allen neueren Währschaftsgesetzen, welche die Stätigkeit noch 
als Gewährsfehler aufführten, Berücksichtigung erfahren, ja es 
läßt sich geschichtlich verfolgen, daß die Gewfthrszeit für 
Stätigkeit mit der Erkenntnis dieses Umstandes geradehin in den 
einzelnen Gesetzen herabgesetzt worden ist. 

Eine Gewährsfrist von wenigen Tagen für die Stätigkeit 
würde andererseits in der Regel zum Erkennen des Mangels 
und zur Feststellung desselben durch einen Sachverständigen 
genügen. Denn die Stätigkeit pflegt Bich gewöhnlich schon 
beim ersten Gebrauche des Pferdes durch den Käufer zu äußern 
und tritt meist sogar unter den ungewohnten neuen Verhältnissen 
in auffälligerem Maße auf. Auch die sogenannte periodische 
Stätigkeit Gerlachs, die sich nur zu gewissen Zeiten und 
unter besonderen Verhältnissen zeigt, würde in der Regel 
in dieser Zeit hervortreten. Denn es ist kaum anzunehmen, daß 
ein Pferd vier bis fünf Tage willig den Dienst tut und sich 
später dennoch als stätig erweist. Auch stehen dem Käufer, 
falls der Sachverständige nicht in der Lage wäre, innerhalb 
der kurzen Gewährsfrist, durch eine einmalige Untersuchung 
den Fehler einwandfrei festzustellen, sondern sein Urteil von 
einer zweiten bestätigenden Untersuchung abhängig machen 
müßte, nach § 485 des B. G. B. nach Ablauf der Gewährsfrist 
noch zwei Tage zur Verfügung, innerhab welcher er jedoch dem 
Verkäufer den Mangel angezeigt oder wenigstens die Anzeige 
an ihn abgesandt haben, oder auf eine andere zulässige Art 
sein Recht gesichert haben muß. 

Es läßt sich demnach für die Stätigkeit des Pferdes eine 
Gewährsfrist feststellen, welche die Interessen des Verkäufers 
sowohl als des Käufers „in der Regel“ wahrt, wie es die Be¬ 
gründung des Entwurfs der Kaiserlichen Verordnung verlangt. 

4. Ist die Stätigkeit allgemein oder in größeren Teilen des 
Reiches so verbreitet, daß ein praktisches Bedürfnis zur Auf¬ 
nahme derselben in die Liste der Hauptmängel angenommen 
werden darf? 

Es ist schon oben erwähnt worden, daß die Stätigkeit bei 
einzelnen Pferderassen eine fast unbekannte Untugend ist» 
während sie bei anderen häufiger vorkommt. Letzteres läßt 
sich von allen edleren, warmblütigen Rassen und von allen 
Pferden sagen, welche in wilden oder halbwilden Gestüten ge¬ 
zogen werden, während bei den schweren kaltblütigen Rassen, 
z. B. den dänischen, holsteinischen, belgischen Pferden und den 
verwandten Schlägen Stätigkeit äußerst selten ist. Es läßt 
sich deshalb von dem Überwiegen der einen oder anderen Rasse 
in den einzelnen Landesteilen des Reiches ein Rückschluß auf 
das Vorkommen der Stätigkeit ziehen. Sie müßte demnach in 
den Zuchtgebieten des ostpreußischen Halbblutpferdes, das heißt 
den östlichen Provinzen Preußens am häufigsten zu finden sein. 
Jedoch haben auch bei Pferden veredelter Abkunft eine ver¬ 
nünftige Auswahl bei der Zucht und größere Sorgfalt bei der 
Aufzucht der jungen Tiere, wie nochmals betont werden soll, 
allmählich dahin geführt, daß die Fälle von erheblicher Wider¬ 
setzlichkeit in der Dienstleistung immer seltener geworden sind. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



15. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Ea ist das eine Tatsache, welche von vielen hervorragenden 
tierärztlichen Sachverständigen, denen durch ihre Stellung ein 
großes Beobachtungsmaterial zur Verfügung gestanden hat, an¬ 
erkannt worden ist. So schreibt schon Herr Gerl ach: „Wenn 
die Stätigkeit in manchen Ländern kein Gewährsmangel ist und 
selbst in einzelne neue Gewährschaftsgesetze (Baden, Bayern, 
Württemberg) nicht mit aufgenommen worden ist, so beruht 
dies wohl darin, daß dieser Mangel bei manchen Pferderassen 
selten oder gar nicht vorkommt, das Bedürfnis in manchen 
Ländern gar nicht gegeben ist.“ In ähnlichem Sinne äußert sich 
Dieckerhoff mit den Worten: „Die Stätigkeit wird nicht 
mehr so oft beobachtet wie früher. Diese Tatsache erklärt sich 
einerseits durch die größere Sorgfalt, mit welcher die jungen 
Fohlen gegenwärtig zu einem frommen Verhalten angespornt 
werden und andererseits durch die Einschränkung der Zucht 
solcher Rassen und Schläge, iu welchen das störrische und 
widersetzliche Temperament sich bei den Pferden vererbt.“ 
Auch Czokor-Wien bemerkt hierüber: „Wenn die Stätigkeit im 
Sinne einer Untugend vom juristischen Sinne betrachtet wird, 
so kommt sie in der Praxis sehr selten vor. Die meisten Fälle 
der Widersetzlichkeit lassen sich auf bestimmte Ursachen und 
Einwirkungen zurückführen, welche außerhalb des Tieres liegen 
und durch die Umgebung veranlaßt werden. Dies ist auch der 
Grund, warum ein großer Teil der Tierärzte die Stätigkeit der 
Pferde als einen dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht 
angepaßten Gewährsmangel betrachtet und seine Ausscheidung 
aus den betreffenden Gesetzen befürwortet.“ Es konnten deshalb 
schon auf dem I. Internationalen tierärztlichen Kongreß zu 
Wien 1865 die süddeutschen Tierärzte den in den Währschafts- 
gesetzen von Bayern, Württemberg und Baden vertretenen 
Standpunkt, daß kein praktisches Bedürfnis zur Aufnahme der 
Stätigkeit unter die Gewährsfehler bestehe, ausschlaggebend 
machen. Es haben jedenfalls aus gleichem Grunde später fast alle 
zur Währschaftsfrage gehörten tierärztlichen und landwirtschaft¬ 
lichen Körperschaften von einem Vorschlag zur Aufnahme der 
Stätigkeit in das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich 
bzw. die dazu erlassene Kaiserliche Verordnung abgesehen. 
Wir finden sie weder in den Revisionsvorschlägen des 
preußischen Landes-Ökonomie-Kollegiums vom Jahre 1870, noch 
in denjenigen des deutschen Landwirtschaftsrates vom Jahre 
1876, oder der sächsischen Kommission für das Veterinärwesen 
aus dem Jahre 1877, oder des sächsischen Landeskulturrates 
aus dem gleichen Jahre verzeichnet. Auch der im Sommer 1895 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt unter Hinzuziehung hervor¬ 
ragender tierärztlicher Sachverständiger ausgearbeitete Entwurf 
zur Kaiserlichen Verordnung läßt die Stätigkeit der Pferde 
vermissen, obgleich in der Begründung des Entwurfes aus¬ 
drücklich ausgesprochen ist, daß dieselbe sich unter den Fehlern 
befand, welche bei der Aufstellung der Hauptmängelliste in 
Betracht gezogen worden sind. Seitens der zur Begutachtung 
dieses Entwurfes herangezogenen Korporationen (die preußische 
Deputation für das Veterinärwesen, März 1896, deutscher Land¬ 
wirtschaftsrat, Februar 1897 usw.) sind Änderungsvorschläge 
hinsichtlich der Stätigkeit gleichfalls nicht gemacht worden. 

Wertvolles Material zur Beurteilung der Frage über die 
Verbreitung der Stätigkeit und ihre Bedeutung als gesetzlicher 
Fehler liefern uns mangels anderweitigen statistischen Materials 
die schon oben herangezogenen amtlichen Berichte der tierärzt¬ 
lichen Hochschulen derjenigen deutschen Staaten, in denen die 


753_ 

Stätigkeit bisher Gewährsmangel war, besonders deshalb, weil 
sie einen Vergleich mit der Häufigkeit der übrigen Hauptmängel 
zulassen. In der Klinik der tierärztlichen Hochschule zu Dresden 
ist z. B. in den zwanzig Jahren von 1880—1899 unter 1373 
festgestellten Gewährsmängeln Dummkoller 517, Dämpfigkeit 222, 
Pfeiferdampf 376, periodische Augenentzündung (einschl. grauer 
Star) 90 mal vertreten, Stätigkeit hingegen nur 19 mal; mit 
anderen Worten Dummkoller macht abgerundet 38 Proz., Dämpfig¬ 
keit 16 Proz., Pfeiferdampf 27 Proz., periodische Augenentzündung 
fast 7 Proz., Stätigkeit jedoch nur 1 Proz. der konstatierten 
Mängel aus. 

In der Klinik der tierärztlichen Hochschule zu Hannover 
sind in der Zeit vom 1. Januar 1875 bis 31. März 1886 
1060 Mängel zur Konstatierung gelangt, darunter: 

Dummkoller in 449 Fällen = 42 % der festgestellten Mängel 


Dämpfigkeit „ 48 

* = 4,5% 

V 

n 

n 

Kehlkopfpfeifen „ 440 

„ — 42 % 

n 

n 

n 

Mondblindheit „ 12 

„ = 1,13% 

n 

n 

„ 

Stätigkeit „ 7 

n — 0,6l)()% 

n 

n 

n 


Es kam mithin der Stätigkeit gegenüber den übrigen Haupt¬ 
mängeln nur eine verhältnismäßig geringe Bedeutung zu. 


In der Klinik der Berliner Hochschule dagegen ist die 
Stätigkeit etwas häufiger festgestellt worden, ein Umstand, für 
den schon oben genügende Erklärung gegeben worden ist. Es 
wurden in den Jahren 1889/90 bis 1896/97 nach dem Arch. f. 
w. u. pr. T. daselbst 3383 Untersuchungen auf Gewährsmängel 
vorgenommen und dabei Dummkoller in 732 Fällen, Dämpfigkeit 
in 337 Fällen, Kehlkopfpfeifen in 597 Fällen und Stätigkeit in 
117 Fällen festgestellt. Letztere macht damit 5 Proz., Dumm¬ 
koller dagegen 22 Proz., Dämpfigkeit 10 Proz. und Kehlkopf¬ 
pfeifen 18 Proz. der konstatierten Hauptmängel aus. Es bleibt 
somit auch hier die Stätigkeit hinsichtlich der Häufigkeit der 
Fälle immer noch wesentlich hinter den übrigen Hauptmängeln 
fcurück. 

Berücksichtigen wir weiter, daß die Stätigkeit der Pferde 
in den süddeutschen Staaten schon längst als Gewährsfehler 
fallen gelassen worden ist, weil dort ein praktisches Bedürfnis 
zur Beibehaltung derselben als Hauptmangel nicht bestand, so 
kann von einer derartig großen Verbreitung der Stätigkeit im 
Dentschen Reiche wohl kaum die Rede sein, daß eine Aufnahme 
derselben in die Mängelliste der Kaiserlichen Verordnung not¬ 
wendig erscheinen müßte. 

Fassen wir zum Schluß die Resultate unserer Erwägungen 
über die Fragen zusammen, welche wir uns zur Entscheidung 
vorgelegt hatten, so ergibt sich folgendes: 

1. Die Stätigkeit der Pferde kann zwar als ein zur Zeit 
des Kaufes verborgener Fehler angesehen werden, und es läßt sich 

2. für dieselbe auch eine Gewährsfrist festsetzen, inner¬ 
halb welcher sie nach den tierärztlichen Eifahrungen sich in der 
Regel nicht entwickeln, aber wenn sie vorhanden ist, erkannt 
und wissenschaftlich festgestellt werden kann. 

Andererseits kann aber die Stätigkeit nicht als ein Fehler 
bezeichnet werden, welcher 

1. in allen Fällen erheblich ist und den Handels- und Ge¬ 
brauchswert des Tieres erheblich mindert und 

2. allgemein oder in größeren i Teilen des Reiches eine 
derartige Verbreitung besitzt, daß ein praktisches Bedürfnis zur 
Aufnahme derselben in der Liste der Hauptmängel angenommen 
werden kann. 



754 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


Die Stätigkeit der Pferde entspricht sonach in diesen 
letzten zwei Punkten nicht denjenigen Anforderungen; welche 
wir an einen Fehler stellen müssen, damit 'er als Hauptmangel 
im Sinne von 482 des B. G. B. gelten kann und eignet sich 
daher nicht zur Aufnahme in die auf Grund vom Absatz 2 
dieses Paragraphen zu erlassende Kaiserliche Verordnung. 

Literatur: 

1. Ger lach, Handbuch der gerichtlichen Tierheilkunde. Berlin 
1872. 

2. Roloff, Handbuch der gerichtlichen Tierheilkunde. Berlin 1889. 

3. Dieckerhoff, Gerichtliche Tierarzneikunde. Berlin 1899. 

4. Csokor, Lehrbuch der gerichtlichen Tierheilkunde. Wien 1898. 

5. Fröhner, Gerichtliche Tierheilkunde. Berlin 1905. 

6. Reuter und Sauer, Die Gewährleistung bei Viehveräußerungen 
nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Berlin 1900. 

7. Spinola, Sammlung von tierärztlichen Gutachten, Berichten 
und Protokollen. Berlin 1865. 

8. Semmer, Stätigkeit. Kochs Encyklopädie der Tierheilkunde. 

9. Dieckerhoff, Die Bestimmungen über die Gewährleistung beim 
Viehhandel in dem Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches. 
Adams Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz. 1889. 12. 

10. Derselbe, Die Gewährleistung beim Viehhandel und das Währ- 
schaftsgesetz im Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches. 
Berlin 1895. 

11. Siedamgrotzky, Zur Frage der Gewähr bei Viehmängeln. 
Tierm. Rundschau 1888/9, 11 u. 12. 

12. Derselbe, Bericht über die Klinik für größere Haustiere. Be¬ 
richt über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen 1889—97. 

13. Röder, ebenda 1897-1901. 

14. Jahresbericht der Kgl. Tierarzneischule zu Hannover. IX—XVI. 

15. Jahresbericht über die Tierärztliche Hochschule zu Berlin. 
Archiv f. w. u. pr. Tierheilkunde 1879—1897. 

16. Dieckerhoff, Zum neuen Wirtschaftsgesetzentwurf. B. T. W. 
1896, S. 35. 

17. Derselbe, Zum Entwurf des neuen bürgerlichen Gesetzbuches 
(Beratung des Entwurfes einer kaiserl. Verordnung, enth. die 
Liste der Hauptmängel in einer Plenarversammlung der Königl. 
techn. Dep. f. d. Veterinärw.). Ebenda. S. 228. 

18. Schmaltz, Der Ausgang des Kampfes um das Währschafts- 
gesetz im Bürgerl. Gesetzbuch. Ebenda. S. 153. 

19. Dammann, Die Hauptmängel und Gewährsfristen beim Vieh¬ 
handel (Beratung des Deutschen Landwirtschaftsrates v. 8. bis 
13. Februar 1897 über den Entwurf einer Kaiserl. Verordnung 
betr. die Hauptmängel und Gewährsfristen beim Viehhandel). 
D. T. W. 1897. S. 69. 

20. Schmaltz, Gewährleistung beim Viehhandel. B. T. W. 1898. 
S. 185. 

21. v. Kübel, Die Gewährleistung beim Viehhandel. Separat¬ 
abdruck n. d. württemb. Archiv für Rechtskunde. Bd. 21, Heft 1. 
Tübingen. 1880. 

22. Derselbe, Motive zu dem Entwürfe eines Btirgerl. Gesetzbuches 
für das Deutsche Reich. Bd. II. Berlin u. Leipzig. 1888. 

23. Dieckerhoff, Die Reform der Währschaftsgesetzgebung im 
Deutschen Reiche beim Kaufe und Tausche von Haustieren. 
(Ein Gutachten des Deutschen Veterinärrates). Augsburg. 1875. 

24. Dieckerhoff, Schell, Leonhard, Die Bestimmungen über 
die Gewährleistung beim Viehhandel in dem Entwürfe des 
bttrgerl. Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Verhandlung 
des VI. Deutschen Veterinärrates. Eisenach. 1889. 

25. Esser, Eingabe des Deutschen Veterinärrates, betr. Abänderung 
der §§ 417—428 des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches. 
B. T. W. 1896. S. 99. 

26. Ktihnau, Die Gewährleistung beim Viehhandel. Ebenda. 1901. 
S. 165. 

27. C so kor, Über die Gewährleistung und die Gewährsmängel der 
Haustiere. Tierärztl. Centralblatt. 1893. 3. 

28. Toskano, dasselbe. Ebenda. 5. 

29. Petsch, Die Gewährmängel beim Viehhandel nach dem neuen 
bürgerlichen Gesetzbuch. Zt. f. Veterinärk. 1899. S. 475. 


30. Maier, Die Vieh währschaft im neuen bürgerlichen Gesetzbuche 
und die süddeutsche, spez. die badische Währschaftsgesetzr- 
gebung v. 23. Kgr. 1858. B. T. W. 1898. S. 470. 

31. Markt, Über die Gewährleistung beim Viehhandel nach Ein¬ 
führung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Vortrag, gehalten in 
der Frtthjahrsversammlung des tierärztlichen Provinzialvereina 
für Posen. B. T. W. 1899, S. 359. 

32. C. Müller, Über die Stätigkeit und sogenanntes Strangschlagen 
der Pferde. Mag. f. d. ges. Tierheilk. v. Gurlt u. Hertwig. 
Berlin 1864. 

33. Zürn u. Müller, Die Untugenden der Haustiere. Weimar 1885. 

34. Fröhner, Ist die Kaiserl. Verordnung v. 27. März 1899 betr. 
die Hauptmängel und Gewährsfristen beim Viehhandel einer 
Revision bedürftig? Berlin 1906. 


Referate. 

Mittelst Alkoholinjektionen geheilter Nabelbruch. 

Von Dozent Dr. Zimmermann-Budapest 

(Zeitschrift für Tiermedizin, XII. Bd., S. 187.) 

Zimmermann macht Mitteilung über die günstige Wirkung 
der Alkoholinjektionen beim Nabelbruch eines neunjährigen 
Bernhardinerhundes. Nach gründlicher Reinigung der Umgebung 
des Bruches wurde an zwei Stellen in einer Entfernung von je 
1 cm von der Bruchstelle je 1 g Alkohol absolutus unter die 
Haut gespritzt. Am nächsten Tage entstand an der Injektions¬ 
stelle eine wärmere, teigige, etwas schmerzhafte Geschwulst. 
Am 3. und 6. Tage wurden die Injektionen in derselben 
Entfernung vom Bruch, aber an anderen Stellen wiederholt. 
Die Anschwellung breitete sich auf die Bruchwand aus. Am 
14. und am 20. Tage wurden die Injektionen wiederholt. Die 
Anschwellung ging nur sehr langsam zurück und war nach 
zwei Monaten noch nicht verschwunden, aber durch das ent¬ 
zündliche Ödem war es auch inzwischen zur Obliteration der 
Bruchpforte gekommen. Rdr. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Münchener Meditinische Wochenschrift. 55. Jahrgang Nr. 37, S. 1934 
Ein Beitrag zu den Untersuchungsmethoden Ober Erythrocytenformen. 
Von Dr.K. Yamada. — Die genaue Beobachtung der Erythrocyten¬ 
formen unter dem Mikroskop wird durch die Agglutination der roten 
Blutkörperchen sehr erschwert. Auf dünnen Glimmerplättchen 
tritt die Agglutination später ein als auf Deckgläschen, namentlich 
wenn sie nicht mit Wasser sondern mit Alkohol gereinigt Bind. 
Die Verschiedenheit des Verhaltens der roten Blutkörperchen 
auf Glas und Glimmer wird auf Unterschiede in dem Wärme¬ 
leitungsvermögen und der Glätte der Oberfläche beider Sub¬ 
stanzen zurückgeführt. Aus Versuchen, die mit Rinder-, Menschen-, 
Kaninchen- und Schweineblut gemacht worden sind, geht hervor, 
daß die Rinderblutkörperchen am schnellsten agglutinieren, dann 
folgen die Blutkörperchen des Menschen und der Kaninchen, 
am langsamsten ballen sich die Blutkörperchen von Schweinen 
zusammen. Der mit Alkohol gereinigte Glimmer verzögert die 
Agglutination zweimal länger als das mit Alkohol gereinigte 
Glas und der mit Wasser gereinigt^ Glimmer läßt die Agglu¬ 
tination noch zwei Minuten 20 Sekunden später in die Erscheinung 
treten als das mit Alkohol gereinigte Glas. Das Blutserum 
der Sängetiere ist nach einer Feststellung von Ringer einer 
gemischten Lösung von 9,0 NaCl -f- 0,3 KCl -{- 0,3 CaCl -f- 
1000,0 Aqua dest. gleichwertig. Versetzt man eine hypisotonische 
Lösung, z. B. Ringerlösung und 70 prom. NaCl mit Schweine- 
blut, so wird die Agglutination zweimal so lang verzögert als 



B ERLINER TIERÄ RZTLIC HE W OCH ENSCH RIFT, 


755 


15. Oktober 1908. 


bei reinem Blut. Mischt man Blut zweier gleicher Tierarten, 
so agglutiniert das Gemisch schneller als das Blut jeder Tierart 
für sich. Auffallend langsam agglutinieren die Erythrocyten 
von Embryonen. Die Verzögerung der Agglutination bei den 
einzelnen Tierarten hängt mit dem Alkaligehalt der roten Blut¬ 
körperchen zusammen. Nach Blutanalysen von Bunge, Ab der - 
halden und Schmidt enthalten die Rinderblutkörperchen am 
wenigsten Alkali (sie agglutinieren am schnellsten), während 
die am meisten Alkali enthaltenden roten Blutkörperchen des 
Schweines sehr langsam agglutinieren. 

Dieselbe- Zeitschrift 8. 1935. 

Die Feuchtlgkeitsreaktion trockener Gelatine und ihre Bedeutung für 
die Präservierung von Fleisohsaft. Von G. Richter. — Verfasser 
teilt ein Verfahren mit, das die unbeschränkte Aufbewahrung 
von Fleischsaft u. dgl. wenigstens in trockener Form ermöglicht 
und sich in Amerika, wo es patentiert ist, außerordentlich be¬ 
währt haben soll. Es gründet sich auf die besondere Eigen¬ 
schaft der Gelatine, mit der atmosphärischen Feuchtigkeit ein 
ungemein scharfes Gleichgewicht zu halten. Die Präservation 
ist eine physikalische und hat vor der mit Salz, Zucker oder 
Alkohol den Vorzug, daß die Gelatine selbst ein im allgemeinen 
indifferenter und unter allen Umständen unschädlicher Körper 
ist, der bei hinreichender Verdünnung und besonders nach 
Zusatz schmeckender Stoffe keinen eigenen Geschmack hervor¬ 
treten läßt. Blut und Blutserum halten sich in Gestalt von 
Gelatinepulvern jahrelang. Selbst eingedickte Rindergalle, die 
schwer vor Fäulnis zu schützen ist, blieb, nachdem sie mit 
Gelatine versetzt und pulverisiert worden war, viele Jahre 
hindurch unzersetzt. Wahrscheinlich könnte man auch leicht 
Nährböden für Bakterienkulturen als lösliche Pulver herstellen, 
die dann nur in sterilem Wasser zu lösen wären. 

Deutsche Medixinalxeitung 29. Jahrg. Nr. 78. S. 877. 

Über das Verhältnis des Ohrläppchens zur Tuberkulose. Von Dr. 
G. J. Rossolimo. — Verfasser zieht aus den Untersuchungen 
von 800 Kranken folgende Schlußfolgerungen: 

1. Von allen anatomischen Kennzeichen der Entartung, die 
bei Personen mit persönlicher oder familiärer Veranlagung für 
Tuberkulose Vorkommen, kann man als das häufigste verschiedene 
Arten von Unregelmäßigkeiten im Bau des Ohrläppchens be¬ 
trachten. (Verfasser stellt drei Typen von Abnormitäten auf: 
1. angewachsene und schief verschnittene Ohrläppchen; 2. an¬ 
gewachsene Ohrläppchen; 3. nicht entwickelte Ohrläppchen.) 

2. Bei Individuen, die hauptsächlich der Bevölkerung von 
Zentralrußland angehören und von jeglicher Beziehung zur 
Tuberkulose frei sind, sowohl als auch bei Personen mit 
alkoholischer und psychopathischer Heredität, ist das Verhältnis 
der abnormen Ohrläppchen zu den normalen gleich 1: 4. 

3. Umgekehrt beträgt das Verhältnis der ersteren zu den 
letzteren bei Veranlagung zur Tuberkulose 3,25 :1. 

4. Dabei drückt sich dieser Zusammenhang besonders deut¬ 
lich bei familiärer Veranlagung aus und beträgt dann das Ver¬ 
hältnis 5:1, während bei persönlicher Tuberkulose dieses Ver- 
hältnis 3 :1 ist. 

5. Tuberkulose in Familien beider Eltern des betreffenden 
Individuums gibt ein größeres Verhältnis der abnormen Läppchen 
zu den normalen (5:1) als nur einseitige tuberkulöse Heredität 
(3,3:1). 

6. Bei persönlicher Tuberkulose mit tuberkulöser Heredität 
ist das Verhältnis der unregelmäßigen Ohrläppchen zu den regel¬ 


mäßigen größer (5 :1) als bei persönlicher Tuberkulose, die nur 
mit alkoholischer Heredität aggraviert ist, wo das Verhältnis 
2,7 1: beträgt. 

7. Wie unbedeutend die Rolle der ausschließlich alkoholischen 
Heredität in dem Degenerationsprozeß des Ohrläppchens, unab¬ 
hängig von gleichzeitig persönlicher Veranlagung für Tuberkulose 
ist, ist daraus ersichtlich, daß bei mit alkoholischer Heredität 
aggravierten, jedoch persönlich für Tuberknlose veranlagten 
Personen, das Verhältnis der verschiedenen Ohrläppchentypen 
2,7:1 beträgt, während bei Personen ohne persönliche Veran¬ 
lagung für Tuberkulose und mit alkoholischer Heredität dieses 
Verhältnis 1: 4,5 gleicht. 

8. DaB unregelmäßige Ohrläppchen kann, wie jedes 
anatomische Kennzeichen der Entartung, als besonderes Element 
an dem Bilde eines bestimmten Degenerationstypus Anteil 
nehmen, ohne daß es ein obligatorischer oder'wesentlicher Be¬ 
standteil zu sein braucht; es kann sowohl bei alkoholischen als 
auch syphilitischen Degeneranten Vorkommen, bei denen die 
Veranlagung für Tuberkulose noch nicht bewiesen ist, immerhin 
ist es charakteristisch für eine besondere physische Organisation, 
deren wesentliches Merkmal eine vitale Schwäche der Gewebe 
bildet, für eine Prädisposition einigen schädlichen Einflüssen 
gegenüber, insbesondere aber für eine schwäche Widerstands¬ 
kraft der tuberkulösen Infektion gegenüber und eine Neigung 
zu asthenischen Erkrankungen einiger Organe, besonders funk¬ 
tionellen Erkrankungen des Nervensystems. (Ref. nach Wien, 
klin. Wochenschr. 22/08.) 

Fortschritte der Medixin. 26. Jahrg ., Nr. 25, S. 794. 

Über die Lautgebungsstelle In der Hirnrinde des Hundes. Von 
G. Katzenstein. — Von dem von H. Krause entdeckten Zentrum 
im Gyrus praefontalis des Hundes aus läßt sich nur Stimmband¬ 
bewegung auslösen. Die Annahme, daß einseitige Reizung 
dieses Zentrums stets beiderseitigen Effekt habe, ist schon von 
Masini bestritten worden. Katzenstein bestätigt die An¬ 
gaben des letzteren, indem er mittelst unipolarer Reizung ein¬ 
seitige Stimmbandaktion hervorrufen konnte. Ein wirkliches 
Lautgebungszentrum fand Katzenstein in dem steil abfallenden 
Teil des Gyrus central, ant. Der Laut hat in Äthernarkose 
knurrenden, im wachen Zustande des Hundes den Charakter 
des echten Bellens. Exstirpation des einen Zentrums verändert 
für einige Zeit den Ton des Bellens und erzeugt Störungen der 
Beweglichkeit und Empfindlichkeit der gekreuzten Kehlkopfseite. 
Nach beiderseitiger Exstirpation ist das Bellen (nicht aber das 
Winseln) anscheinend dauernd aufgehoben. Ferner treten Herab¬ 
setzung der Sensibilität und dauernde Bewegungsstörungen der 
Stimmbänder ein. (Nach Ref. aus Arch. für Laryng., Bd. 20, 
Heft 3.) W. 


Tagesgeschichte. 

t 

Paul Schnibbe-Rakwitz (Posen). 

Am 27. September d. J. verschied im Diakonissenhause zu 
Posen als ein Opfer seines Berufes der Tierarzt Paul Schnibbe 
aus Rakwitz (Posen) im blühenden Alter von 37 Jahren. 

Am 10. März 1871 zu Posen geboren, besuchte er zu¬ 
nächst die damalige Realschule erster Ordnung, sodann das 
Königl. Mariengymnasium in Posen und legte im Jahre 1890 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


756 

das Abiturientenexamen ab. Hierauf studierte er in Berlin 
Veterinärmedizin und erwarb im Jahre 1895 die Approbation 
als Tierarzt. Nachdem er in Starnburg, Klütz (Mecklenburg- 
Schwerin) und Haynau die tierärztliche Praxis ausgeübt hatte, 
wurde ihm im Jahre 1897 die interimistische Verwaltung der 
Kreistierarztstelle des Kreises Schmiegel (Posen) übertragen, 
welche er bis zum Jahre 1901 innehatte. Alsdann ließ Schnibbe 
sich in Rakwitz nieder, wo er eine ausgedehnte Praxis ausübte, 
bis ihn der unerbittliche Tod aus der Mitte seiner Familie abrief. 
Er starb infolge einer Infektion, die er sich bei Gelegenheit 
einer Obduktion zugezogen hatte. 

Schnibbe war nicht nur ein hervorragend geschätzter und 
sehr gesuchter praktischer Tierarzt, der sich in den Kreisen 
der Landwirte und Tierbesitzer seines Wirkungskreises für alle 
Zukunft ein dankbares Andenken gesichert hat, sondern er war 
auch mit den Schönsten Eigenschaften des Geistes und des 
Herzens ausgestattet, durch welche er sich die Liebe und 
Achtung aller Menschen, mit denen er in Berührung gekommen, 
erworben hatte. Einen schönen Beweis hierfür lieferte die 
Leichenfeier, welche im Diakonissenhause zu Posen stattfand 
und zu der außer den Familienangehörigen, namentlich seiner 
geliebten Mutter und seiner teuren Schwester, zahlreiche Kollegen 
aus der Stadt Posen und Umgegend, sowie auch viele Freunde 
und Verehrer des Dahiugeschiedenen erschienen waren. 

Nachdem Pastor Stark eine ergreifende Trauerrede ge¬ 
halten hatte, wurde der mit zahlreichen Kränzen, gewidmet u. a. 
vom tierärztlichen Provinzialverein für Posen, dessen langjähriges 
eifriges Mitglied der Verblichene war, der A. T. V. Frisia von 
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, dem Magistrat und 
der Schützengilde der Stadt Rakwitz, geschmückte Sarg nach 
dem Bahnhof geschafft, um nach Bromberg befördert zu werden. 
Dort fand am 30. September d. J. die Beerdigung statt. Es 
hatten sich hierzu außer den Angehörigen zahlreiche Kollegen, 
Freunde und Verehrer des Dahingeschiedenen eingefunden, welche 
ihm die letzte Ehre erweisen wollten. U. a. waren auch zwei 
Chargierte der A. T. V. Frisia in vollem Wichs erschienen. 

Pfarrer Aßmann hielt eine zu Herzen gehende Leichen¬ 
rede, worauf der reichgeschmückte Sarg in die Gruft gesenkt 
wurde. Möge er in Frieden ruhen! Hey ne-Posen. 

Das Doktorat an den Tierärztlichen Hochschalen 
Österreichs. 

Mit Allerhöchster Entschließung vom 5. September 1. J. 
wurde den Tierärztlichen Hochschulen in Wien und Lemberg 
das PromotionBrecht zur Kreierung von Doktoren der Tierheil¬ 
kunde verliehen. 

Hierdurch wird ein in den Kreisen der Veterinärmediziner 
lang gehegter Wunsch erfüllt und sind dadurch nunmehr die 
Tierärztlichen Hochschulen auch bezüglich der Verleihung aka¬ 
demischer Grade den anderen Hochschulen gleichgestellt. 

Das neue Doktorat wird ein fakultatives, also für den 
praktischen Beruf nicht erforderliches sein und auch keine be¬ 
sonderen beruflichen Rechte gewähren, wie z. B. das medizinische 
Doktorat. Infolgedessen tritt auch in den Vorschriften über die 
Erlangung des mit der Praxisberechtigung verbundenen Diploms 
als Tierarzt, welches auf Grund eines nach erreichter Mittel¬ 
schulmatura absolvierten vieljährigen Hochschulstudiums und 
nach Ablegung von drei Rigorosen erworben wird, keine Än¬ 
derung ein, vielmehr wird dieses Diplom die regelmäßige Vor- 


Ko. 43. 

aussetzung für die Zulassung zum Tierärztlichen Doktorat sein. 
Ausnahmsweise können jedoch auch Kandidaten zugelassen 
werden, welche zwar nicht das Tierärztliche Diplom erlangt, 
aber nach bestandener Mittelschulmatura durch längere Zeit auf 
dem Gebiete der Veterinärmedizin sich wissenschaftlich betätigt 
haben und besonders tüchtige wissenschaftliche Arbeiten auf 
diesem Gebiete aufzuweisen vermögen. 

Auch den immaturen Tierärzten ist das Promotionsrecht 
zugestanden und werden dieselben über Vorschlag des ProfeBBoren- 
kollegiums im Einvernehmen mit dem Unterrichts- und Ackerbau¬ 
ministerium zum Doktor-Rigorosum zugelassen. 

Der Text des Doktordiploms sowie der Vorgang bei der 
Promotion ist, wie aus einem gleichzeitig ergehenden Ministerial¬ 
erlasse hervorgeht, vollends dem an Universitäten geltenden nach¬ 
gebildet; Diplomstext und Promotionsformeln sind in lateinischer 
Sprache abgefaßt. 

Bei Einreichung der Dissertation ist eine Taxe von 40 K, 
für das mündliche Rigorosum eine solche von 80 K und für die 
Promotion von 60 K zu entrichten, welche in der an Hochschulen 
üblichen Weise den Professoren zukommt. 

Gleichzeitig mit der Promotionsordnung tritt an den Tier¬ 
ärztlichen Hochschulen mit dem nächsten Studienjahre eine zweite 
Ministerialverordnung in Kraft, der zufolge die in das Tierärztliche 
Studium neu eintretenden Veterinärmediziner ein Unterrichtsgeld 
zu entrichten haben und zw T ar jene, welche im österreichischen 
Staatsverbande stehen, 50 K, alle übrigen 75 K für ein Semester, 
wofür ihnen der Besuch aller obligaten Vorlesungen und Übungen 
an der Hochschule freisteht. Nur die Privatdozenten werden 
berechtigt sein, für ihre ohne Lehrauftrag abgehaltenen Vor¬ 
lesungen für sich ein besonderes angemessenes Honorar einzu¬ 
fordern. Wie an anderen Hochschulen können unbemittelte und 
fleißige Studierende vom Unterrichtsgelde, und zwar schon vom 
ersten Semester an, ganz oder zur Hälfte befreit werden; auch 
die an der Wiener Hochschule studierenden Militär-Veterinär¬ 
akademiker sind vom Unterrichtsgelde befreit. 

Durch die Einführung des Unterrichtsgeldes, welches ebenso 
wie an anderen Hochschulen dem Staatsschätze zukommen wird, 
ist eine an den Tierärztlichen Hochschulen bestehende Anomalie 
beseitigt worden, die noch aus jener Zeit stammt, in der das 
dreijährige Tierarzneistudium ausschließlich der Heranbildung 
für den praktischen Beruf gewidmet war. Die Ausstattung der 
Tierärztlichen Hochschulen mit dem Rechte zur Verleihung des 
Doktorates ließ es geboten erscheinen, mit dem Prinzip der 
Unentgeltlichkeit dieses Hochschulstudiums zu brechen. 

Von jenen Studierenden, welche schon an den Tierärztlichen 
Hochschulen aufgenommen sind und ihre Studien fortsetzen, wird 
kein Unterrichtsgeld eingehoben werden. 

Nach den vom Minister für Kultus und Unterricht 
Dr. Marchet schon früher abgegebenen Erklärungen, 
wird den Tierärztlichen Hochschulen die freie 
Rektorswahl im Laufe des nächsten Studienjahres zu¬ 
gestanden werden. Für das Studienjahr 1908/09 wurde an 
der Wiener Tierärztlichen Hochschule der Liebling der Studenten¬ 
schaft Professor Dr. Armin von Tschermak vom Professoren¬ 
kollegium zum Prorektor einstimmig gewählt. — Auch betreffs 
der Übernahme der Wiener Tierärztlichen Hochschule in die 
Zivilverwaltung wird auf Grund der mit dem Reichskriegs¬ 
ministerium geführten Verhandlungen vorausichtlich in nächster 
Zeit eine positive Grundlage für eine Transaktion gefunden 







1 r> . Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7f,7 


werden, welche auf einen Neubau der Wiener tierärztlichen 
Hochschule abzielt. 

Über den Entwurf des Kurpfaschergesetzes. 

Von Bezirkstierarzt Maier in Konstanz. 

Bekanntlich ist den Bundesregierungen bereits schon längere 
Zeit ein Gesetzentwurf, betreffend die Ausübung der Heilkunde 
durch nicbtapprobierte Personen und den Geheimmittelverkehr 
nebst Erläuterung zugegangen. Trotzdem derselbe auch für die 
Tierheilkunde von Bedeutung ist, hat er merkwürdigerweise 
in der tierärztlichen Fachpresse bisher wenig Beachtung und 
fast nirgends eine Besprechung gefunden. Diese Tatsache muß 
um so auffallender erscheinen, als der Entwurf voraussichtlich 
bei der nächsten Tagung den Reichstag beschäftigen dürfte; 
dem letzteren kann es doch nur erwünscht sein, die Stimmungen 
aus Fachkreisen zu vernehmen. 

Mit Rücksicht auf das bereits in Baden bestehende Kur¬ 
pfuschergesetz vom 20. August 1904, das übrigens nach § 15 
des Reichsentwurfs mit dem Inkrafttreten des letzteren auf¬ 
gehoben wird, sei es mir gestattet, die reichsgesetzlichen Be¬ 
stimmungen au dieser Stelle einer Betrachtung zu unterziehen, 
soweit Fragen der Tiermedizin in Betracht kommen. Der 
Wortlaut des Entwurfs wurde bereits in Nr. 8 der B. T. W. 
laufenden Jahres veröffentlicht und soll darauf verwiesen werden. 

Der Entwurf will also dem Kurpfuschertum auf reichs¬ 
gesetzlichem Wege entgegentreten, ein Weg, der als der einzig 
richtige zu bezeichnen ist. Er bekämpft, wie auch schon aus 
seinem Wortlaut hervorgeht, in seinen §§ 1—4 die Auswüchse 
des Kurpfuschertums und in seinem § 5 und weiter diejenigen 
des Geheimmittelwesens. 

Zunächst unterwirft er in § 1 die nichtapprobierten Personen, 
welche sich gewerbsmäßig mit der Behandlung von Krankheiten, 
Leiden oder Körperschäden an Menschen oder Tieren befassen 
der Verpflichtung, den Beginn des Betriebes wie seine Aufgabe 
oder Einstellung der Ortspolizeibehörde anzumelden. 

Nach § 2 sind sie weiterhin verpflichtet, der Behörde auf 
deren Erfordern über gewisse, mit ihrer Tätigkeit zusammen¬ 
hängende Umstände Auskunft zu erteilen und Geschäftsbücher 
zu führen. Über den Inhalt und Art der Führung der letzteren 
hat der Bundesrat Bestimmungen zu treffen. Die Bücher selbst 
sind der Polizeibehörde auf Verlangen vorzulegen. Die Dauer 
ihrer Aufbewahrung bestimmt der Bundesrat. Ihre unrichtige 
Führung, Verheimlichung oder Vernichtung wird nach § 13 
unter Strafe gestellt. 

Nach § 3 ist ein Verbot der Fernbehandlung auch an 
Tieren vorgesehen. Weiter kann durch bundesrätlichen Beschluß 
an Tieren die Behandlung unter Anwendung von allgemeinen 
Betäubungsmitteln, diejenige mittelst Hypnose und mittelst 
mystischer Verfahren untersagt werden. Ferner kann die 
Polizeibehörde die Weiterbehandlung eines an einer anzeige¬ 
pflichtigen Seuche erkrankten Tieres untersagen. 

Nach § 4 endlich ist der Gewerbebetrieb zu untersagen, 
wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme begründen, daß 
durch die Ausübung des Gewerbes das Leben der behandelnden 
Menschen oder Tiere gefährdet oder deren Gesundheit geschädigt 
wird oder daß Kunden schwindelhaft ausgebeutet werden. 

§ 5 behandelt das Geheimmittel wesen, während die §§ 6—13 
die Strafvorschriften über die öffentlichen Ankündigungen oder 
Anpreisungen zur Fernbehandlung, ferner über diejenigen von 


Geheimmitteln usw. enthalten. Über alle diese Punkte erfahren 
wir nach der Begründung folgendes: 

Der Entwurf geht davon aus, daß die Bestimmungen der bereits 
erlassenen vielfachen Verordnungen, wenn sie auch wegen ihrer Ver¬ 
schiedenartigkeit in Form in Inhalt dem GeheimraittelUnwesen nicht 
genügend entgegenwirken konnten, doch viele beachtenswerte Vor¬ 
schriften enthalten und damit Fingerzeige geben, in welcher 
Richtung die Lösung der Aufgabe gesucht werden kann. Im An¬ 
schluß an bereits bestehende Vorschriften begreift der Entwurf 
nicht nur arzneiliche Mittel in seinen Geltungsbereich, sondern auch 
Gegenstände und Verfahren, die zur Linderung oder Heilung von 
Krankheiten, Leiden oder Körperschäden dienen sollen, er bezieht 
sich ferner auch auf solche Mittel und Gegenstände usw., die zur 
Verhütung von Krankheiten, Leiden und Körperschäden bestimmt 
sind und befaßt sich nicht nur mit menschlichen, sondern auch mit 
tierischen Krankheiten usw. Seine Bestimmungen richten sich ein¬ 
mal gegen den Verkehr mit den fraglichen Mitteln, Gegenständen 
usw. und sodann gegen die mit ihnen betriebene Reklame, gegen 
das Öffentliche Ankündigen und Anpreisen. 

In ersterer Beziehung soll der Verkehr mit einzelnen Gegen¬ 
ständen oder Mitteln der gedachten Art beschränkt oder ganz 
untersagt werden können, wenn von deren Anwendung eine 
Schädigung der Gesundheit zu befürchten ist, oder wenn sie in 
einer auf Täuschung oder Ausbeutung der Abnehmer abzielenden 
Weise vertrieben werden (§ 5). Ob und inwieweit für die einzelnen 
Mittel usw. diese Voraussetzungen gegeben sind, soll, wie es bisher 
bei den sogenannten Geheimmittellisten der Fall gewesen ist, der 
Bundesrat bestimmen, der aber vor seiner Entschließung eine bei 
dem kaiserlichen Gesundbeitsamte zu bildende, aus Sachverständigen 
und aus Beamten bestehende Kommission gutachtlich zu hören hat. 
In dieser kann eine angehende technische Erörterung über die An¬ 
gemessenheit des Verbots erfolgen, und es soll dabei den Beteiligten 
Gelegenheit gegeben werden, ihre Einwendungen geltend zu machen. 
Die nähere Einrichtung der Kommission sowie das Verfahren vor 
derselben wird zweckmäßig dem Bundesrate zuzuweisen sein. 

Ob bei den betreffenden Gegenständen der Verkehr ganz zu 
untersagen oder zu besc. ränken ist, und worin diese Beschränkungen 
bestehen sollen (Verkauf nur mit gewissen warnenden Aufschriften 
usw.), bleibt dem Ermessen des Bundesrats überlassen. Ferner soll 
die Einfuhr derjenigen Gegenstände und Mittel verboten sein, deren 
Verkehr der Bundesrat untersagt hat. Das den Anordnungen des 
Bundesrats zuwiderlaufende Feilhalten und Verkaufen der Gegen¬ 
stände usw. ist ebenso wie deren verbotswidrige Einfuhr unter 
Strafe gestellt (§ 10). Dem Ankündigungsverbot unterliegen Gegen¬ 
stände, Mittel und Verfahren der in Rede stehenden Art, sofern 
ihre Bestandteile oder die Art ihrer Zusammensetzung geheim¬ 
gehalten oder verschleiert werden. Ferner sind unter Strafe gestellt, 
bestimmte Ankündigungen auf geschlechtlichem Gebiete, das Er¬ 
bieten zur Fernbehandlung, unwahre Angaben, die geeignet sind, 
Täuschungen, insbesondere über Wert und Erfolg der Mittel usw. 
hervorzurufen, schließlich die Ankündigung der vom Bundesrate 
dem Verkehr entzogenen oder Verkehrsbeschränkungen unterworfenen 
Mittel. 

Die Beschlüsse des Bundesrats sind öffentlich bekannt zu 
machen und werden in ihrer Zusammensetzung ein den jetzigen 
Geheimmittel listen ähnliches Verzeichnis bilden, das mit Rücksicht 
auf die Vorschrift im § 10 für Gewerbetreibende, für Zeitungs¬ 
redakteure usw. von erheblichem Interesse ist. 

Zu den anderen „Beteiligten“ des Absatzes 5 gehören diejenigen, 
die, ohne Verfertiger zu sein, die Mittel oder Gegenstände vertreiben 
oder den Verkehr, besonders bei im Auslande hergestellten Mitteln 
usw., im Inlande vermitteln. 

Daß für diejenigen Gegenstände und Mittel, deren Vertrieb der 
Bundesrat im Inlande verboten hat, auch die Einfuhr vom Auslande 
gesetzlich verboten wird, ist dringend wünschenswert. In diesem 
Falle können bereits die Zoll- und Steuerbehörden zur Fernhaltung 
der verbotenen Waren beitragen. 

Die Strafvorschrift des § 6 wendet sich gegen alle diejenigen, 
welche in öffentlicheu Ankündigungen oder Anpreisungen bestimmter 
Art wissentlich unwahre Angaben machen, die geeignet sind, gewisse 





No. 42. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7.~>8 

Täuschungen lurvorzunifen. Das Aufstellen solcher wissentlich 
falschen Behauptungen grenzt an Betrug. Die jinwahren Tatsachen 
brauchen keine Täuschungen tatsächlich hervorgerufen zu haben, 
es genügt die Feststellung, daß sie solche hervorbringen können. 
Die Täuschungen können sich beziehen auf die Person des Ver¬ 
fertigers, oder was für die angekündigten Verfahren besonders in 
Betracht kommt, auf die Person des Urhebers, ferner auf den Wert 
oder den Erfolg der Mittel usw., sodann aber auch auf die die Ver¬ 
öffentlichung veranlassende Person beziehungsweise deren Erfolge. 
Durch diese Ausdruckweise soll der Strafvorschrift eine möglichst 
weite Wirkung beigelegt werden. Es soll die in neuerer Zeit viel¬ 
fach in Aufnahme gekommene Art der Reklame getroffen werden, 
wonach in Zeitungen, Volkskalendern, illustrierten Blättern usw. 
Schreiben zum Abdrucke gelangen, in denen bestimmt bezeichnete 
Personen den Erfindern oder Herstellern von Heilmitteln, Gegen¬ 
ständen usw. den durch den Gebrauch derselben erzielten glänzen¬ 
den Erfolg mit Dankesworten bestätigen, während die Schreiben 
jeder tatsächlichen Grundlage entbehren und meist von den Her¬ 
stellern der betreffenden Mittel selbst oder in ihrem Aufträge von 
unzuverlässigen Personen gefertigt und größtenteils mit erdichteten 
Namen, besonders solcher Personen versehen sind, die durch ihre 
Stellung oder ihr Amt in den Volkskreisen für glaubwürdig gelten* 
In diesen Fällen ist die Veröffentlichung auf die Geheimmittel¬ 
fabrikanten zurückzuführen, von ihnen veranlaßt, und es scheint 
geboten, sie dafür zur Verantwortung zu ziehen, zumal die Er¬ 
fahrung gelehrt hat, daß gerade solche Täuschungen eine erhebliche 
Irreführung weiter Kreise des Publikums verursachen. 

Täuschungen über den Wert können vorliegen, wenn zum Bei¬ 
spiel der Preis in keinem Verhältnisse zu den Herstellungskosten 
steht, oder wonn dieser absichtlich nicht angegeben wird. 

Der Unterschied zwischen Ankündigen und Anpreisen ist ein 
gradweiser. Wann das Ankündigen in ein Anpreisen (maikt- 
schreieri8che Empfehlung) übergeht, kann nur nach den Verhältnissen 
des Einzelfalles entschieden worden. 

So weit die Bestimmungen des Entwurfs, von denen uns 
nameutlich diejenigen über das Kurpfuschertum am meisten 
interessieren dürften. 

Der reichsgesetzliche Entwurf sieht also, wie das badische 
Gesetz, die Anzeigepflicht der niclitapprobierten Personen vor. 
Während aber in Baden diese Anzeige bei dem beamteten Arzt 
bzw. Tierarzt gemacht werden muß, ist sie dort bei der Orts¬ 
polizeibehörde zu erstatten. Jedenfalls dient diese Bestimmung 
in erster Linie dazu, der Behörde einen Überblick über die Zahl 
und Art der nichtapprobierten Personen, über ihre Vorbildung usw. 
Kenntnis zu verschaffen. Eine abschreckende Wirkung wird 
nicht erreicht, sondern wohl gerade das Gegenteil. Der Kur¬ 
pfuscher wird sich in Zukunft, wie bereits vorgekommen, das 
Epitheton ornahs „polizeilich angemeldeter Tierheilkundiger“ bei¬ 
fügen, eine Bezeichnung, die seine Tätigkeit jedenfalls nicht 
beeinträchtigen dürfte. 

Dagegen ist in der Verpflichtung der Geschäftsbücherführung 
meines Erachtens ein gewiser Fortschritt zu erblicken, eine 
Bestimmung übrigens, die auch der badische Entwurf seinerzeit 
enthielt, von den Kammern aber aus mir unbekannten Gründen 
abgelehnt wurde. Durch diese Geschäftsbücher ist immerhin eine 
gewisse Kontrolle der Tätigkeit der Kurpfuscher möglich. Diese 
Kontrolle kommt ganz besonders der Fleisch- und Milchhygiene 
zugute. 

Bereits im Jahre 1822 hat Schreiber dieser Zeilen in 
Ostertags „Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene“ die 
schädliche Wirksamkeit des Kurpfuschertums auf dem Gebiet des 
Fleischverkehrs dargelegt. Ich hatte damals auseinandergesetzt, 
daß sich das gemeingefährliche Treiben dieser Leute auf diesem 
Gebiete äußern kann: 


1. Durch Behandeln erkrankter Tiere mit Arzneien, die ge- 
geeignet sind, dem Fleisch eine verdorbene Beschaffenheit 
zu verleihen, 

2. durch verzögerte oder gar verspätete Schlachtung, 

3. durch Mißgriff bei Seuchenkrankheiten und 

4. durch Begünstigung des Schmuggels mit erkranktem 
Schlachtvieh. 

In ähnlicher Weise habe ich in Nr. 40 der B. T. W. 1905 
auf die schädliche Tätigkeit der Quacksalber auf dem Gebiete 
der Milchhygiene hingewiesen und Vorschläge znr Bekämpfung 
gemacht. In dieser Arbeit hatte ich auch bereits den Zwang 
der Geschäftsbuchführung für die Kurpfuscher als ein Bekämpfungs¬ 
mittel empfohlen. Diese Forderung wird hoffentlich Gesetzes¬ 
kraft erlangen. Durch diese Tagebücher dürfte es immerhin 
möglich werden, einen Einblick über die Art der Behandlung, 
Dauer derselben usw. zu gewinnen, wodurch den mit der Über¬ 
wachung des Fleisch- und Milchverkehrs betrauten Tierärzten 
mancher wertvolle Fingerzeig gegeben wird. Dieser Zweck 
wird umsomehr erreicht werden als, wie erwähnt, die unrichtige 
Führung der Tagebücher, ihre Verheimlichung usw. mit Strafe 
bedroht wird. Es muß allerdings als eine Lücke im Entwurf 
betrachtet werden, daß diese Geschäftsbücher nur auf Verlangen 
der Polizeibehörde vorzulegen sind. Aus dem eben erwähnten 
Grunde muß die Forderung aufgestellt werden, daß jedem Tier- 
arzt ein Einblick in diese Tagebücher zu jeder Zeit möglich 
gemacht werden kann; bandelt es sich hier doch in erster Linie 
um das Leben und die Gesundheit unserer Mitmenschen. 

Die nach § 3 des Entwurfs verbotene Fernbehandlung spielt 
in der Tierheilkunde allerdings keine so hervorragende RoUe, 
wie in der Humanmedizin. Immerhin ist das Verbot derselben 
mit Freuden zu begrüßen. Auch die Behandlung unter An¬ 
wendung allgemein wirkender Narkotika, wie ferner diejenige 
mittelst Hypnose und mittelst mystischer Verfahren (sogenannter 
Sympathiekuren) nimmt ebenfalls keinen so breiten Raum ein, 
wie in der Menschenheilkunde. Es muß allerdings als auf¬ 
fallend betrachtet werden, daß diese Behandlungsmethoden beim 
Menschen unter ein Verbot fallen sollen, während bei Tieren 
erst ein Bundesratsbeschluß herbeizuführen ist. Nach meinem 
Erachten wäre hier ein allgemeines Verbot, gleichviel ob bei 
Menschen- oder Tierkrankheiten, am Platze. 

Im übrigen sieht dieser § 3 noch ein bundesrätliches Ver¬ 
bot weiterer Kurverfahren bei Menschen und Tieren vor; sie 
sind im Entwurf allerdings nicht genannt. 

Ein anderes Novum weist der Schlußsatz des § 3 auf, 
wonach die Behandlung eines an einer anzeigepflichtigen Seuche 
erkrankten Tieres dem Kurpfuscher von seiten der Polizeibehörde 
untersagt werden kann. Es handelt sich hier um eine Neuerung, 
die von mir bei den Vorschlägen zur Bekämpfung des Kur¬ 
pfuschertums (siehe oben) bereits vorgeschlagen wurde. 

Wer da weiß, wie leicht Seucliekrankheiten (es sei nur an 
die Maul- und Klauenseuche erinnert) schon in fahrlässiger 
Weise verschleppt werden können, kann diese Maßnahmen in 
dem Entwurf nur mit Freuden begrüßen. Im Interesse einer 
energischen Seuchenbekämpfung muß aber verlangt werden, daß 
das Behandlungsverbot nicht dem Ermessen der Polizeibehörde 
überlassen, sondern daß ein für allemal ein reichsgesetzliches 
Verbot eingeführt wird. Dasselbe hätte einfach dahin zu lauten, 
daß w-ährend einer Seuchendauer jeder nichtapprobierten Person 
die Behandlung seuchenkranker oder verdächtiger Tiere unter- 






15. Oktober 1908._ B ERLINER TIERARZT! 

sagt ist. Ist doch in einem Seuchenstall jedes daselbst befind¬ 
liche Tier mindestens als verdächtig anzusehen. „Die Durch¬ 
führung dieses Verbots“, so hübe ich damals schon ausgeführt, 
„dürfte umsoweniger auf Schwierigkeiten stoßen, als das Reiclis- 

viehseuchengesetz vom bereits einen ähnlichen 

1. Mai 1894 

Fall kennt. So gestattet § 32 dieses Gesetzes ein blutiges Ein¬ 
greifen bei Milzbrandkrankheiten oder verdächtigen Tieren nur 
den approbierten Tierärzten. Zuwiderhandlungen werden nach 
§ 65 bestraft.“ 

Auch der § 4 des Entwurfs, wonach der Gewerbebetrieb 
den Kurpfuschern unter gewissen Umständen untersagt werden 
kann, ist als ein Fortschritt zu bezeichnen. Wenn auch im 
allgemeinen namentlich der bäuerliche Tierbesitzer bei Schaden¬ 
fällen durch Quacksalber aus gewissen Gründen ziemlich zurück¬ 
haltend ist, so bietet dieser Paragraph doch eine nicht zu 
unterschätzende Handhabe gegenüber dem Kurpfuscher. Zu 
wünschen wäre allerdings, daß dem letzteren in derartigen 
Fällen sein unsauberes Handwerk ein für allemal und nicht Für 
eine gewisse Zeit gelegt werde. 

§ 5 läßt sich, wie bereits erwähnt, über den Vertrieb von 
Geheimmitteln aus. Da die letzteren in der Tiermedizin keine 
so große Rolle spielen, wie in der Humanmedizin, so kann an 
dieser Stelle von einer weiteren Besprechung um so mehr 
Umgang genommen werden, als sich die obijje Begründung des 
Entwurfs bereits eingehend damit beschäftigt hat. Erwähnens¬ 
wert ist nur, daß dieser Paragraph die Bildung einer Kommission 
bei dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vorsieht. Dieselbe besteht 
aus Juristen (Richtern oder höheren Verwaltungsbeamten), aus 
medizinischen, tierärztlichen und pharmazeutischen Sachver¬ 
ständigen nebst Stellvertretern. Sie werden vom Reichskanzler 
auf die Dauer von fünf Jahren gewählt und haben die Aufgabe, 
bei dem Bundesrat zur Überwachung des Geheimmittelverkehrs 
mitzuwirken. Vor der Beschlußfassung des Bundesrats hat die 
Kommission sich gutachtlich darüber zu äußern, ob eine Be¬ 
schränkung oder Untersagung des Verkehrs geboten sei. Sie 
beschließt in der Zusammensetzung von fünf Mitgliedern, unter 
denen mindestens drei Sachverständige sein müssen. Sie hat 
dem Verfertiger oder anderen Beteiligten, so weit dies ausführbar 
ist, zur Wahrung ihrer Interessen Gelegenheit zu geben. 

Die Einrichtung der Kommission und das Verfahren vor 
derselben w'ird im übrigen durch den Bundesrat geregelt. 

Die Strafvorschriften der §§ 6 — 13 erübrigen sich von selbst. 

§ 14 bezeichnet die Polizeibehörden in den einzelnen Bundes¬ 
staaten durch den Bundesrat. § 15 endlich hebt die bisherigen 
landesherrlichen Vorschriften über das Kurpfuscherei- und Ge¬ 
heimmittelverbot an Stelle des Reichsgesetzes auf. 

Wenn wir am Schlüsse den Entwurf im ganzen betrachten, 
so kann nicht behauptet werden, daß derselbe gegen das Kur¬ 
pfuschertum radikal vorgeht. Von einem allgemeinen gesetz¬ 
lichen Verbot ist daselbst keine Rede. Gerade über das letzte 
spricht sich die Begründung wie folgt aus: 

Ein allgemeines gesetzliches Verbot würde höchstens dahin 
führen, die Ausübung der Kurpfuscherei der Öffentlichkeit noch 
mehr zu entziehen und sie in verborgene Winkel hineinzutreiben, 
wo sie dann, weil unbeaufsichtigt, um so üppiger gedeihen und um 
so größere Schädigungen hervorrufen würde. Gerade die heimliche 
Ausübung umgibt allzu leicht die Kurpfuscherei mit einem Nimbus, 
der ihr Ansehen in den Augen der Menge hebt und ihren Gcschiifts- 
kreis erweitert. Ein allgemeines Kurpfuschereiverbot würde daher 


JC HE_ WOCH ENStllRIFT._759 

nicht nur in weiten Kreisen auf Widerstand stoßen, sondern auch 
in der Praxis sich nur mit großen Schwierigkeiten durchführen 
lassen. Zudem würde es zu Ergebnissen führen, die nicht erwünscht 
und nicht nötig sind, denn es müßten folgeweise alle von der Schul¬ 
medizin zunächst nicht anerkannten Heilmethoden dem Verbot 
unterstellt werden. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß, wie auf 
anderen Gebieten, so auch auf dem der Medizin von Nichtfach¬ 
männern mancherlei Heilmethoden empfohlen und zur Anwendung 
gebracht sind, die später auch in der wissenschaftlichen Medizin 
Eingang und Verbreitung gefunden haben. Alle solche Versuche 
oder Bestrebungen für die Zukunft zu unterbinden, dazu dürfte ein 
zwingender Grund nicht vorliegen. 

Diese Ausführungen beziehen sich freilich in erster Linie 
auf das Quacksalbertum auf humanmedizinischem Gebiete. Von 
einem allgemeinen Verbot des Kurpfuschertums auf dem Gebiete 
der Tiermedizin, kann, so wünschenswert es auch wäre, noch 
viel weniger die Rede sein. Dieses Verbot käme einem Eingriff 
in das persönliche Verfügungsrecht des Eigentümers über sein 
erkranktes Tier gleich. Der Besitzer hat auch die Folgen seiner 
Handlungsweise zu tragen. 

Alles in allem betrachtet, muß aber doch zugegeben werden, 
daß der Entwurf mehrere Maßnahmen enthält, die gegen die 
I bisher noch vielfach herrschende Rechtlosigkeit und Unsicherheit 
als wesentliche Fortschritte anzusehen sind. Vielleicht läßt sich 
später auf Grund des Vorhandenen noch weiter bauen. 

Im übrigen dürfte es sich im Hinblick auf die beginnende 
Reichstagsession empfehlen, daß von seiten der einzelnen tier¬ 
ärztlichen Vereinigungen oder noch besser von dem deutschen 
Veterinärrat, als der amtlichen Vertretung der deutschen Tier¬ 
ärzte, Stellung zu dem Entwurf genommen wird. 

Mag der letztere aus der Hand des Gesetzgebers hervor¬ 
gehen wie er wolle, die Hauptwaffen im Kampfe gegen das 
tierärztliche Kurpfuschertum bleiben nach wie vor: Aufklärung 
der Bevölkerung in Wort und Schrift, verständnisvoller Umgang 
mit ihr und Erkennung ihrer wirtschaftlichen Bedürfnisse, Aus¬ 
dehnung des Viehversicherungswesens, sei es auf staatlichem 
oder privatem Wege und last not least: die persönliche Tüchtig¬ 
keit und das Selbstvertrauen des tierärztlichen Praktikers. 

„Wenn ihr euch nur selbst vertraut, vertrauen euch die 
andern Seelen“. 

Dieses Wort unseres Dichterfürsten hat nirgends mehr als 
hier seine vollste Berechtigung. 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

Die Stürme zweier Jahrzehnte haben das feine Spitzenwerk 
der schlanken und doch so mächtigen Domtürme umbraust seit 
die 60. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in 
Köln tagte. Nun hat die von Rhein- und Weinzauber umwobene, 
blühende Colonia Agrippina in diesem Jahre zum zweiten Male 
ihre Einladung an die älteste wissenschaftliche Wanderver¬ 
sammlung ergehen lassen. Und es ist gewiß, neben den aus¬ 
erlesenen Früchten des Geistes und der Forschung, die die 
reiche Tafel der diesjährigen Tagung verhieß, haben auch die 
lockenden Vorstellungen, die sich mit einer Fahrt an den Rhein 
verbinden, dazu beigetragen, eine so große Zahl von Gästen 
nach der Rheinstadt zu ziehen. Weit über 3000 Naturforscher 
und Ärzte sah Köln in seinen Mauern und die blauen Herbst¬ 
tage in der reichen gastlichen Stadt, die empfängt wie eine 



760 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


stolze Fürstin und scherzt wie ein fröhliches Kind, werden gewiß 
allen Teilnehmern noch lange in der Erinnerung haften. 

Es dürfte auch wohl nicht viele deutsche Städte geben, die 
vermöge ihrer Lage und Geschichte und des gewaltigen modernen 
Lebens, das ihre Adern durchpulst, so geeignet sind, die fremden 
Besucher anzuzielien und festzulialten, als die einstige Römer¬ 
feste am Rhein — Koellen eyn Kroine boven allen steden schoine. 

Der Rheinische Tierärztetag. 

Den Auftakt zu den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen 
Veranstaltungen der 80. Naturforscherversammlung bildete für 
die tierärztlichen Teilnehmer der Rheinische Tierärztetag. 

Einer Anregung des tierärztlichen Vereins für Rheinpreußen 
folgend vereinigten sich am Sonntag, den 20. September, die tier¬ 
ärztlichen Körperschaften der Rheinprovinz im großen Saale des 
Restaurants des Zoologischen Gartens zu gemeinsamer Sitzung, 
um den zur Naturforscherversammlung gekommenen Kollegen 
ein Willkommen zu bieten. Die überaus stattliche Teilnehmer¬ 
schar die den Saal besetzt hielt und unter der sich Tierärzte 
aus allen Teilen des Reiches befanden, zeigte, daß der Gedanke 
einer gemeinsamen Tagung der tierärztlichen Berufsgruppen all¬ 
gemeinen Beifall gefunden hatte. Nach Eröffnung der Sitzung 
durch denVorsitzenden desVereins rheinpreußischer Tierärzte,Vet.- 
Rat Dr. Lothes-Köln, und nach einigen herzlichen Begrüßungs¬ 
worten durch den Alterspräsidenten Schlachthofdirektor Brebeck- 
Bonn, hörte die Versammlung zwei Vorträge von Dr. Bettendorf- 
Ürdingen und Schlachthofdirektor Stier-Wesel. Ersterer sprach 
über städtische Milchkontrolle, letzterer über die Herstellung 
einwandfreier Kindermilch. Die Ausführungen des Redners über 
diese augenblicklich im Brennpunkt des tierärztlichen Interesses 
stehenden Fragen ernteten allgemeinen Beifall und entfesselten 
eine lebhafte Aussprache. Die Versammlung nahm schließlich 
die folgenden Leitsätze an, deren Wiedergabe bei der großen 
Bedeutung der Sache für den tierärztlichen Stand auch an dieser 
Stelle nicht unterlassen werden soll. 

1. Die Einführung einer allgemeinen staatlichen Milch¬ 
kontrolle ist ein dringendes sanitäres Bedürfnis und daher mit 
allen Mitteln zu erstreben. So lange eine solche noch nicht zur 
Einführung gelangt ist, bleibt es eine der vornehmsten Aufgaben 
der Gemeinden, in ihrem Bereiche eine sachgemäße Milch¬ 
kontrolle einzuführen. Mit dieser Überwachung der Milch¬ 
gewinnung und des Milchverkehrs sind in erster Linie Tierärzte 
zu betrauen. 

2. Der heute anläßlich der 80. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Ärzte in Köln zusammengetretene Rheinische 
Tierärztetag hält daran fest, daß — abgesehen von anderen 
hygienischen und sozialen Maßnahmen — das beste Mittel zur 
Verringerung der Säuglingssterblichkeit die Errichtung von 
tierärztlich geleiteten Kindermilchanstalten ist, die aus Zweck¬ 
mäßigkeitsgründen in Schlachthofgemeinden am besten den 
städtischen Schlachthöfen anzuschließen sind. 

Damit war die Tagesordnung erschöpft. Der Rest des 
Tages gehörte der heiteren Geselligkeit. Zunächst vereinigte 
die Teilnehmer mit ihren Damen ein fröhliches Mittagsmahl an 
festlich geschmückter Tafel. Dem begeistert aufgenommenen 
Kaiserhoch folgte noch mancher Trinkspruch ernsten oder scherz¬ 
haften Inhalts und damit dem Mahl die höhere Weihe nicht 


fehle, fand sich auch Frau Musika ein. Zwei Kinder eines 
Kollegen erfreuten die Tischgesellschaft durch virtuos vor¬ 
getragene Musikstücke unserer besten Meister. 

Der schöne Herbstnachmittag lockte nach beendigter Tafel 
in den prächtigen Garten hinaus. Man lustwandelte bei deu 
Klängen des sonntäglichen Nachmittagskonzerts oder vereinigte 
sich in zwanglosen Gruppen bei dem duftenden braunen Tranke, 
der einem Festessen erst den rechten Abschluß gibt. Schnell 
enteilten die Stunden. Der Abend versammelte die Gesellschaft, 
Damen und Herren, wieder im Restaurationssaale zu einem 
solennen Kommers, bei dem der rheinische Humor schillernde 
Blüten trieb. Die alten, ewig jungen Burschenlieder, Gesangs¬ 
und andere Vorträge, zum Schluß ein Opfer auf dem Altar 
Terpsichores — so klang der Bchöne Tag harmonisch und 
heiter aus. (Fortsetzung folgt in nächster Nummer.) 

Berichtigung. 

In dem Protokoll über die letzte Versammlung des tierärztlichen 
Provinzialvereins zu Posen, B. T. W. Nr. 35, S. 623, heißt es in der 
Diskussion über meinen Vortrag „Die Trichinenkrankheit der 
Schweine und ihre Bekämpfung durch Vergiftung der Ratten mittelst 
Rätin 4 : „Dr. Mi eß ne r-Bromberg warnt vor dem Ausstreuen der 
Ratinkulturen.“ Das Wort „Ausstreuen“ ist sinngemäß den Aus¬ 
führungen des Herrn Dr. Mießnor synonym „Verstreuen“, „plan¬ 
losem Ausstreuen“ gemeint, nicht als Auslegen überhaupt. 

Herr Dr. Mießner ist von der Vorzüglichkeit der Wirkung 
des echten Ratin durchaus überzeugt und möchte nur vor seiner 
planlosen Anwendung und der Verwendung der vielfach im Handel 
befindlichen Imitationen warnen. 

Posen, 7. Oktober 1908. Dr. Bartels-Posen. 

Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbrach der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet aus 
dem Kreise Forchheim (Oberfranken). — Auf dem Schlachtviehhofe 
zu München ist die Seuche erloschen. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen den Stabsveterinären a. D. 
Tobofewski und Lübke (Bez.-Kdo. Königsberg i. Pr.) der Charakter 
„Oberstabsveterinär“. 

Für verdienstvolle Bestrebungen gelegentlich des diesjährigen 
Landwirtschaftsfestes in München Kgl. Kreistierarzt Heichlinger in 
Landshut, die Kgl. Bezirkstierärzte Abele in Regen, Ehrenkarl in 
Ingolstadt, Kogel in Rehan und Dr. Mitteldorf in Donauwörth, sowie 
Dr. Dimpfl, Vorstand der Hufbeschlagschule und städt Sanitäts¬ 
tierarzt in Nürnberg die große silberne Denkmünze des landwirt¬ 
schaftlichen Vereins in Bayern, Distriktstierarzt Ponader I, Vorstand 
des landwirtschaftlichen Bezirksausschusses in Prien die kleine 
silberne Vereinsdenkmünze. 

Ernennungen: Tierarzt W. Äormann-Nienburg a. Weser zum 
Schlachthofdirektor daselbst — Versetzt: Kreistierarzt Dr. Sehmidt- 
Ziegenhain in die Kreistierarztstelle zu Stuhm. 

Verzogen: Tierarzt Bayer aus München als Assistent beim 
Kgl. Bezirkstierarzt Ehrle nach Oberdorf. — Professor Dr. Georg 
Schneidemühl- Kiel ist nicht nach Elbing verzogen, wie in Nr. 30 
der „B. T. W.“ irrtümlich mitgeteilt, sondern behält seinen einst¬ 
weiligen Wohnsitz in Berlin. 

Todesfälle: Kgl. Bezirkstierarzt L. Eder in Erding, Tierarzt Paul 
Schnibbe-Rakwitz (Posen). 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 40.) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz in Berlin. — 

Druck von W. BOxenstein, Berlin. 



Die „Berliner Tlerirstlicbe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Scboeta in 
Berlin SW. 48, Wilbelmatr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5.— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, IS Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert, (österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 514. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeltrüge werden mit 60 Hk., in Petltsatx mit 
60 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen, und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW , Luisenstrafie 66. Korrekturen. 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
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Tierärztliche Wochenschrift 


Med.-Rat Dr. Roeder 

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Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz -Berlin 

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Hamburg. Departements-'!', in Cöln. 


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Dr. Richter 

Professor iu Dresden. 


ZOndel 

Kreistierarzt in Mülhausen 1. E. 


Helfer 

Schlachth.-Dlrektor in Mülhausen 1. E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninstitut in Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-^Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilbelm-lDStitut in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Jahrgang 1908. 


43 . Ausgegeben am 22. Oktober. 


Inhalt: Freund: Ein neuer Operationstisch für große Haustiere nach Prof. Dexler. — Referate: Demora und Adriansen: 

Eigenartige Fälle von Zwerchfellkrampf. — Jakob: Tympanitis und chronische lymphatische Leukämie beim Elefanten. — 
Hölscher: Hyperämie des Gehirns und der Hirnhäute. — Hölscher: Septikämie. — Aus der medizinischen Literatur. — 
Tag e«ge«ch lohte: Krueger: Die Pauschalierung der Reisekosten- und Tagegelder. — Francke: Die 80. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Aus dem K. K. Tierärztlichen Institut der deutschen Universität 
in Prag. 

Ein neuer Operationstisch für große Haustiere 
nach Prof. Dexler. 

Von Dr. L. Freund, 

Assistenten des Instituts. 

(Mit 9 Figuren im Text.) 

Die Vorzüge eines Operationstisches für große Haustiere 
in mannigfacher Beziehung sind von berufener Seite schon 
häufig erörtert worden. Trotzdem scheinen diese nicht jene 
Beachtung gefunden zu haben, die sie verdienen und die ihnen 
die modernen Anschauungen in der Chirurgie unbedingt sichern. 
Es scheinen in dieser Beziehung die Franzosen und Amerikaner 
eine bessere Einsicht gewonnen zu haben, was aus dem Umstande 
hervorgeht, daß von diesen die meisten bekannten Konstruktionen 
von Operationstischen herrühren. 

. Abgesehen von den weiter unten noch zu erörternden sach¬ 
lichen Vorteilen, waren es äußere Momente, welche in unserem 
Institut zur Konstruktion und Aufstellung eines Operationstisches, 
zugleich des ersten und einzigen in Österreich, führten. Unser 
Institut verfügt nicht über jene Anzahl von Personen, die zur 
üblichen Fesselung (Werfen) bei Operationen an großen Haus¬ 
tieren notwendig ist. Sollten daher Operationen aus chirurgischen 
oder experimentell-physiologischen Gründen an großen Tieren 
vorgenommen werden, so war die Erwerbung eines Operations¬ 
tisches unerläßlich. Freilich lag es nahe, irgendeine der bereits 
bekannten Konstruktionen einfach zu übernehmen, was uns aber 
aus dem Grunde untunlich erschien, da deren Qualitäten unseren 
Anforderungen in keinem Falle vollkommen Rechnung trugen. 

Dies führt uns auf die Besprechung derjenigen sachlichen 
Eigenschaften, die ein guter Operationstisch besitzen muß. 
Freilich sind trotz der Existenz und der Verwendung zahlreicher 
Operationstische leider nur wenige Erfahrungen mit diesen 
Instrumenten in der Fachliteratur niedergelegt. Am ausführ¬ 


lichsten äußert sich noch Williams in der Am. Vet. Rev. 1906, 
dessen Anschauungen wir uns zum großen Teile anschließen 
können. (S. auch Girard.) In jüngster Zeit endlich hat 
Hoffmann Gelegenheit genommen, sich ebenso prägnant wie 
treffend über den vorliegenden Gegenstand zu äußern. Auch 
seinen Ausführungen müssen wir zum größten Teil beipflichten. 

Es muß hervorgehoben werden, daß zu den wichtigsten 
Anforderungen eines guten Operationstisches folgende 
gehören: 1. Sicherheit für den Operateur, 2. Sicherheit des 
Patienten gegen mechanische Beschädigungen, 3. günstige 
Lagerung des Operationsfeldes, 4. Zugänglichkeit und Sicherheit 
des Patienten bei allgemeiner oder lokaler Anästhesie, 5. höchste 
A- oder wenigstens Antisepsis, 6. Bequemlichkeit des Operateurs 
und Patienten, 7. Schnelligkeit in der Ausführung der Operation. 
Vergleichen wir, inwieweit der Operationstisch der sonst üblichen 
Methode des Werfens in den eben angeführten Pnnkten über¬ 
legen ist, so müssen wir folgendes sagen: Die Sicherheit des 
Operateurs ist durch den Tisch viel mehr gewährleistet, weil 
die Fesselung des zu operierenden Tieres einfacher, bequemer 
und viel sicherer möglich ist. Auch die Sicherheit des Patienten 
ist eine bedeutend größere. Verhindert schon das Anstellen 
und Anschnallen des Tieres an die Platte exzessive Bewegungen 
des Rumpfes, so bieten das spätere Festschnallen der Extremi¬ 
täten, das Ausspannen derselben gegen den Rumpf, das Fest¬ 
schnallen des Kopfes und Halses solche Sicherheiten gegen 
Biegungen und Brüche der Wirbelsänle und Extremitäten, wie 
keine andere Methode der Fesselung. Geringfügigere Ver¬ 
letzungen, die auch hier Vorkommen können, lassen sieh sicherlich 
durch entsprechende Aufmerksamkeit und Vorsorge verhindern. 
Auch die Zugänglichkeit des betreffenden Operationsfeldes ist 
beim Operationstisch vielfach eine weit bequemere, wobei 
natürlich zugegeben sein mag, daß für gewisse Operationen in 
dieser Hinsicht die Wurfmethode günstigere Bedingungen liefern 
kann. Daß die Narkose bei Lagerung des Kopfes in Tischhöhe 







BERLINER TIERÄRZTLICHE W0( 11 EN SCHRIFT. 


No. 43. 


762 

bequemer durchzufiihren und zu kontrollieren ist, daß die In¬ 
halation auf der Tischplatte einwandfreier erfolgt als auf der 
Matratze oder dem Strohhaufen nach dem Werfen, steht wohl 
außer Frage. Als wichtigstes Moment sei jedoch hervorgehoben, 
daß es nur auf dem Operationstisch möglich ist, den Anforde¬ 
rungen der modernen A- oder Antisepsis gerecht zu werden. 
Denken wir daran, daß ein Operationstisch immer an einen 
entsprechend eingerichteten Operationssaal gebunden ist, so 
können wir ohne Zweifel mit Hilfe der Asepsis solche Operationen 
vornehmen, wie sie beim Werfen unter keinen Umständen wegen 
der Anwesenheit der Infektionsmagazine darstellenden Matratzen 
oder Strohhaufen möglich sind. 

Von diesem Standpunkte aus müßte man eigentlich ver¬ 
langen, daß an jeder veterinär-chirurgischen Klinik ein Operations¬ 
tisch vorhanden sei und die Hörer in seiner Verwendung und 


Fig. 7. 



Operationstisch des N. Y. St. Veterinary College. 

Rückansicht. 

nicht bloß im Werfen unterwiesen werden sollen, da eine Reihe 
von Operationen eben im Hinblick auf die notwendige Asepsis 
(z. B. Bauch-, Hirnoperationen beim Pferde), abgesehen von 
der nötigen Assistenz und Instrumentarien, nur] am Operationstisch 
durchgeführt werden können. Diese Verhältnisse zeigen eine 
große Ähnlichkeit mit denen der humanen Chirurgie, we es auch 
zahlreiche Operationen der genannten Gruppe gibt, die die 
Hörer später niemals in der Praxis werden ausführen können, 
darin aber trotzdem eine Unterweisung linden. Denn nur in 
dieser „großen“, nach den exaktesten und besten Methoden 
durchgeführten Chirurgie werden den Studierenden Wesen und 
Tendenz der modernen Anschauungen in dieser Wissenschaft zu 
eigen gemacht. Einen Weg, auf dem dies in der Veterinär¬ 
chirurgie vielleicht erreicht werden kann, hat Prof. Röder- 
Dresden betreten, indem er die Tiere zuerst auf die in Fu߬ 
bodenhöhe versenkte Tischplatte werfen, dann die Platte 
hydraulisch heben läßt. Dem ablehnenden Standpunkte, der 
gegen die Verwendung von Operationstischen seitens namhafter 
Chirurgen aus didaktischen Gründen eingenommen wird, kann 
daher nicht beigepflichtet werden. Ausführlicher und viel ent¬ 


schiedener äußerst sich Hoffmann darüber. Wegen des tier¬ 
ärztlichen Unterrichtes dürfe man nicht auf technische Fort¬ 
schritte in den Operationen verzichten. Nicht jener dürfe diese 
aufhalten. Zum Unterricht gehört das Vollkommenste in der 
Technik. 

Zu beachten ist auch schließlich die Bequemlichkeit des 
Operationstisches, die vielleicht bei kürzeren Operationen kaum 
in Frage kommt, deren Mangel aber bei länger dauernden sich 

Fig. 2. 



Operationstisch des N. St., Veterinary College. Vorderansicht. 

sehr fühlbar machen kann. In dieser Hinsicht wird wohl die 
Lagerung des zu operierenden Tieres in Tischhöhe vielfach 
willkommen sein. Als letzter Vorzug wäre njjue schon eingangs 
erwähnte Eigenschaft zu nennen, unter allen Umständen mit sehr 
wenig Personen das Auslangen finden zu können. In der Regel 
genügen zwei, höchstens drei Personen zum Befestigen des 
Tieres an den Operationstisch, ein Umstand, der es sogar viel 


Fig. 3. 



Operationstisch nach Daviau. 


beschäftigten Praktikern ermöglichen kann, sich diesem Hilfs¬ 
mittel zuzuwenden. Freilich kann dem ein Moment entgegen 
gehalten werden, das ist die Kostspieligkeit eines solchen 
Instruments. Doch muß gesagt werden, daß die Anschauungen 
diesbezüglich vielfach übertrieben sind. Wenn man auf hydrau¬ 
lischen (Stuttgarter Tisch, N. Y. Coli. Table) oder elektrischen 
Antrieb verzichtet, so verringern sich die Kosten bei Handbetrieb 
beträchtlich und es ist sicher, daß sich dem Praktiker bei 
halbwegs ausreichender Beschäftigung die Anschaffung infolge 











22. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7 03 


der durch die Vorzüge des Operationstisches bedingten besseren 
und darum auch besser bezahlten Leistungen wohl rentieren dürfte. 
Treffend sagt Hoffmann: „Die Rentabilität ist lukrativ für die 
Gesamtheit und für den Besitzer.“ 

Es wirft sich nun die Frage auf, inwieweit die bisher 
existierenden Konstruktionen den vorstehenden Anforde¬ 
rungen gerecht werden. Da sei nun vorausgeschickt, daß wir 
mehrere Typen unterscheiden können. Die einfachste Konstruktion 
ist z. B. die umwerfbare 


Was die Sicherung des Patienten bei den anderen Tafeln 
anlangt, so scheinen mir zwei Prinzipe in Anwendung gekommen 
zu sein, die diesbezüglich nicht gleichwertig sind. 

Bei der einen Type werden die Tiere an die Platte heran¬ 
geführt, durch Quer- und Längsbandagen angeschnallt und dann 
die Platte auf mechanischem Wege gewendet, wobei das Tier 
aus dem festen Stande einfach umgelegt wird. Bei der zweiten 
Type erfolgt zuerst ein Heben des Tieres aus dem festen Stande 

entlang der Platte, worauf 


Platte von Kansas-City, Fig 4. 

welche eigentlich nichts 
anderes darstellt, als eine 
bewegliche Operationswand. 

Diese mag nicht weiter in 
Betracht kommen. Alle 
anderen verwenden eine 
mehr weniger vollständige 
oder zusammengesetzte, der 
Hauptsache nach recht¬ 
eckige Platte, die um eine 
horizontale Achse beweglich 
ist.*) Die Franzosen bevor¬ 
zugen ein Rahmenwerk, 
welches als unvollständige 
Platte aufgefaßt werden 
kann (Duclaux’s Tafel). 

Etwas weiter entfernt sich 

die bekannte Konstruktion (Bascule) von Vinsot.**) Eine Kon¬ 
struktion für spezielle Zwecke, die hier auch nicht weiter berück¬ 
sichtigt werden kann, ist derlmpftisch für Rinder aus dem schweize¬ 
rischen Serum- und Impfinstitut in Bern.***) Alle hier angeführten 
Konstruktionen werden den Anforderungen gerecht, die wir bezüg- | 
lieh der Asepsis stellen, da sie sich mehr weniger leicht mit des¬ 
infizierenden Flüssigkeiten behandeln lassen. Was die Sicherheit 
des Operateurs und des Pa- 


Operationstisch nach Duclaux. 


es an der Platte frei hän¬ 
gend, samt dieser umgelegt 
wird. Dieses Prinzip der 
Hebung vor dem Umlegen, 
das übrigens auch die franzö¬ 
sischen Konstruktionen über¬ 
nommen haben, erscheint 
uns als das bessere und 
sicherere. Auch H o ffm a n n 
hat darauf nicht verzichtet, 
wenngleich er das Pferd zu¬ 
erst an die Platte anschnallt, 
hierauf diese samt dem 
Pferde mittelst der hydrau¬ 
lischen Stempel hebt. Dann 
erst wird die Platte umge¬ 
legt. Es ist nicht zu ver¬ 
gessen, daß durch die He¬ 
bung des Tieres, das Freischweben der Extremitäten dasselbe 
in hohem Maße inaktiviert erscheint, so daß zu Beschädigungen 
führende Aktionen des Körpers erheblich verringert werden. Ist 
schon durch die Hebevorrichtung eine gewisse Fixation des 
Rumpfes an die Platte gegeben, so bedarf es natürlich später 
noch verschiedener anderer Fixationsvorrichtungen, bezüglich 
deren die einzelnen Konstruktionen mehr weniger erheblich 

variieren. Die Hauptsache 


tienten anlangt, so scheinen 
diese Wünsche am wenigsten 
am Vinsot sehen Apparate 
erfüllt zu sein. Diesen Um¬ 
stand dürfte auch Girard 
nicht vollständig verneinen. 

Wenigstens macht der 
kastenartige Aufbau aus 
Eisenfachwerk nicht den Ein¬ 
druck, als ob Beschädigun¬ 
gen des zu operierenden 
Tieres schon beim Anstellen 
vermieden werden könnten, 
wie denn auch Beschädi¬ 
gungen des Operateurs, der 
sich bei der Operation in das Fachwerk hineinstellen muß, nicht 
ganz ausgeschlossen scheinen, da schließlich auch der festeste 
Gurt, der stärkste eiserne Ring einmal nachgeben kann, ohne 
daß der Operateur sich einer Gefährdung schleunigst zu ent¬ 
ziehen imstande ist. 

*) Daviau, Tiffany, Schmidt, Conkey, Williams usw. 

**) Mit den Modifikationen von Dollar, Atwood,Zaiewsky usw. 

***) Noch eine Reihe anderer Operationstische wird von Hoff- 
mann in seinem Atlas abgebildet und in ihren Vor- und Nach¬ 
teilen erörtert. 


Fi 9‘ 5 - ist, daß alle Bandagen die 

Teile des Körpers, für die 
sie bestimmt sind, dicht und 
fest an die Platte heran¬ 
bringen und sich leicht und 
schnell befestigen lassen. 
Mit Recht stellt Williams 
diese Kardinalforderung auf 
und verwirft die Abweichun¬ 
gen, die sich bei den ein¬ 
zelnen Konstruktionen vor¬ 
finden. Insbesondere sind 
Schnallen, Spannkeile und 
sonstige Klemmvorrichtun¬ 
gen zu vermeiden, da sie 
häufig den Dienst versagen oder sonst unsicher werden. Unsicher 
und zu Beschädigungen geeignet sind auch Vorragungen auf der 
Platte, die am besten vollständig glatt gehalten wird. Zur Be¬ 
festigung der Bandagen dienende Haken und Klammern müssen von 
der Vorderseite der Platte entfernt und durchSchlitze und Öffnungen 
zugänglich gemacht oder ersetzt werden. Was die Zugänglich¬ 
keit des Operationsfeldes betrifft, so sind die aus Rahmenwerk 
bestehenden (französischen) sicher den vollen Platten etwas 
überlegen, welcher Vorteil nur am Kopfe nicht vorhanden ist. 


Operationstisch nach Duclaux. 











HEllLlNKU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


7 r» i 

Namentlich wird die Zugänglichkeit bei den vollen Platten be¬ 
einträchtigt, wenn sie in ihren Längs- und Höhendimensionen 
erheblich größer genommen werden, als dies der Größe des 
Tieres entspricht, wie dies beim Daviauschen Tisch der Fall 
ist. Die Tische können diesbezüglich insofern praktikabler ein¬ 
gerichtet werden, daß der zwischen den Extremitäten liegende 
Teil der Platte herausnehmbar gemacht wird. Freilich ist nicht 
zu vergessen, daß hierdurch die Stabilität der Platte erheblich 
geschwächt und durcli besonders schwere Versteifungen wieder 
hergestellt werden muß. Besondern Wert legt Hoffmann mit 
Recht auf eine massive, sichere Konstruktion und exaktes, 
schnelles Funktionieren des Tisches, welche Bedingungen so 
selten erfüllt sind. Im speziellen sind damit gemeint: 


Fig. 6. 



Operationstisch des Tierärxtl. Institutes der Deutschen Universität 
Prag. Seitenansicht bei vertikal gestellter Platte. 


Stabilität, die Möglichkeit der Feststellung in jeder Lage, 
sehr schnelles, doch geräuschloses Niederlegen und Auf¬ 
heben des Apparates. Schließlich wäre noch ein Prinzip zu 
erwähnen, das bei der Konstruktion zur Beurteilung kommt: Ob 
es besser ist, den Tisch feststehend oder beweglich zu kon¬ 
struieren. Die meisten Tische sind feststehend und zwar bedingt 
durch den mechanischen Antrieb, mit dem ihr Umlegen, be¬ 
ziehungsweise Aufstellen herbeigeführt wird. Außerdem bedingt 
der feststehende eine außerordentliche Fundierung im Boden des 
Operationsraumes, damit dem Umkippen Gegengewicht geleistet 
werde. Freilich erscheint es anderseits unnötig, den Operations¬ 
tisch derart verschieblich zu machen, wie es beim Daviauschen 
Tische der Fall ist, da ein Transport außerhalb des Operations¬ 
saales wohl kaum stattfindet. 


Für die Narkose ist die Überlegenheit des Operationstisches 
gegenüber der Lage nach dem Werfen schon hervorgehoben 
worden. Doch erscheint uns die Wichtigkeit, die Williams 
der Neigung der Kopfplatte nach abwärts zuschreibt, nicht be¬ 
rechtigt. Williams glaubt nämlich, daß Inhalations-Pneumonie 
erzeugt werde durch Abfluß der mit Bakterien beladenen Schleim¬ 
massen in den Atemtraktus vom Munde und der Nasenhöhle 
aus nach Lähmung der Cilien durch Chloroformdampf. Dieses 
will er dadurch verhüten, daß der Kopf des Tieres auf eine 
nach abwärts geneigte Kopfplatte gelegt wird. Wir erachten 
dieses für irrelevant und die geneigte Lage für unnötig. Weiter 
kann auch dem nicht zugestimmt werden, daß die Lage des 
Tieres auf der Platte normal sei und Atmung und Herztätigkeit 
von der Aufbindung und Lagerung weniger gestört werden. Es 
muß gesagt werden, daß Herztätigkeit und Atmung auf dem 
Tische wesentlich alteriert werden, da bei der unumgänglichen 
Fesselung und Spannung des Tieres, die dasselbe einerseits vor 
Selbstbeschädigung bewahren, andererseits die zu operierenden 
Körperteile unbeweglich machen sollen, Teile des Brustkorbes 
mehr oder weniger inaktiviert werden. Zuzugestehen ist, daß 
die Lage beim Werfen in dieser Hinsicht etwas besser erscheint. 

Nach Erwägung aller dieser Umstände und der Berück¬ 
sichtigung der speziellen Verhältnisse unseres Instituts gelangten 
wir zur Konstruktion eines neuen Types, aus dessen Be¬ 
schreibung gleichzeitig jene Qualitäten ersehen werden mögen, 
die wir nach unseren Anschauungen und für unsere Verhältnisse 
als die notwendigsten für einen brauchbaren Operationstisch er¬ 
achtet haben. Im Prinzip besteht unser Operationstisch aus 
einer mächtigen rechteckigen Eisenplatte, die auf einem kasten¬ 
artigen Eisengestell aufruhend, um die eine obere Längskante 
desselben im Charnier bewegt werden kann. Die Bewegung 
erfolgt durch Kurbelanlrieb mit Zahnrad- und Schraubenüber¬ 
setzung. Versehen ist die Platte an ihrer (stehend) oberen 
Kante mit einer Aufzugsvorrichtung, die auf gleiche Weise an¬ 
getrieben wird. Der Tisch kann auf Schienen im Operations¬ 
raume verschoben, bei der Verwendung unverrückbar festgestellt 
werden. 

Die Tischplatte besteht aus einem 11 mm dicken, 2,55 m 
! langen, 2,20 m hohen (stehend) Kesselblech, dessen untere 
Ecken abgerundet sind, und deren freier Rand durch ein ent¬ 
sprechendes T-Eisen versteift ist. Auf der Hinterfläche finden sich 
außerdem je zwei Längs- und Querversteifungen. Auf der 
Vorderfläche sind in entsprechender Höhe ein breites Längs¬ 
polster für den Körper, ein schmales für die Fußgelenke an¬ 
gebracht. Das Hauptpolster ist auf einem rechteckigen, eisernen, 
an die Platte angeschraubtfen Rahmen montiert, mit starkem, 
glattem Rindsleder überzogen, mit festem, gepreßtem Roßhaar 
gefüllt und mit Holzbrettern unterlegt. Das Fnßpolster besteht 
aus einem dicken, schmalen Brett aus weichem Holze, das mit 
doppeltem, dickem Filze und darüber mit extra starkem, glattem 
Rindsleder überzogen ist. 10 cm vom unteren Rande, entlang 
demselben ist eine aus gestreckten, langen Gliedern bestehende 
Eisenkette, mit Spannvorrichtung an den beiden Enden, befestigt. 
Ober- und unterhalb des Hauptpolsters findet sich je ein Längs¬ 
schlitz zum Durchziehen eines Brust-, bzw. Bauchgurtes. In dem 
oberen rechten, bzw. linken Eckquadranten finden sich mehrere 
empirisch festgestellte Öffnungen zum Feststellen des Halses und 
Kopfes für Pferde verschiedener Größe in linker, bzw. rechter 
Seitenlage. Für außergewöhnlich große Pferde läßt sich durch eine 








22. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


kleine, mittelst zweier Zapfen oben an die Seitenkante ansteckbare 
Kopfplatte, die verschiedentlich perforiert ist, die benötigte Fläche 
der Platte vergrößern. Am unteren Seitenrande, jedoch nicht über 
diese hervorstehend sind je zwei, auf der Rückseite des Unter¬ 
randes sechs Stück krückenartige Stahlgriffe angeschraubt, die 
ein schnelles Auf- und Abwinkeln der Fesselschnüre in Achter¬ 
touren gestatten. An der Rückseite der oberen Ecken ist je 
ein starker Haken befestigt, an den der Schwanz-, eventuell 
ein Beckengurt gespannt werden kann. 

Knapp am oberen Rande tragen zwei krahnartige Fasson¬ 
stücke eine 1 m lange Stahlwalze. Über diese laufen zwei 
breite, extra starke Riemen, deren Vorderenden zu einer Schlinge 
für einen starken, eichenen Querbalken zusammengenäht sind, 
deren Hinterenden über die Walze durch einen entsprechenden 
Längsschlitz in der Platte sich auf die Hinterfläche zu einer 
Stahlachse begeben und hier durch den bereits erwähnten An¬ 
trieb aufgerollt werden können. Der eben genannte eichene 
Querbalken wird mittelst kurzer Ketten mit dem Masch sehen 
Schwebeapparat an sechs Punkten (in der Mitte, Vorder- und 
Hinterende je zwei) verbunden und gestattet bei der Steifigkeit 
der Platte ein anstandsloses Heben des Pferdes. Die Kurbel 
kann selbstverständlich je nach der Lagerung des Pferdes an 
beiden Enden der durchlaufenden, über die Tischkante jedoch 
nicht hervorragenden Kurbelachsen angesetzt werden. 

90 cm vom Boden entfernt ist die Hauptwelle, um die die 
Platte in zwei, 1,30 m von einander entfernten Charnieren um¬ 
gelegt werden kann. Zwei große, an diesen Punkten angebrachten 
Stahlgußräder von G5 cm Radius erfassen die indizierte Bewegung. 

Das Tischgestell, in der oberen Zirkumferenz 1G5 cm lang, 
140 cm breit, im ganzen tyQ cm hoch, besteht aus zwei Rahmen¬ 
gußstücken an den beiden Stirnseiten, die durch T-Eisen und 
die Stahlachse fest mit einander verschraubt sind. Das ganze 
Gestell ruht auf 4 kleinen, längsgestellten, in zwei Schienen 
von 125 cm Spurweite laufenden Rädern. An der hinteren 
Längsseite befinden sich unten zwei Schraubenbolzen, mit denen 
der Tisch festgestellt werden kann. Die beiden Stirnstücke 
tragen je eine in die Zahnräder der Platte eingreifende, endlose 
Schraube, die mittelst je zweier Kegelzahnräder von einer längs¬ 
verlaufenden Kurbelachse angetrieben werden können. Auch die 
Zapfen dieser Achse, welche von beiden Seiten angreifbar ist, 
schauen nicht über die Platte hervor. In Hinblick auf die 
Schwere des Apparates (ungefähr 2500 kg) sind die beiden 
Schienen entsprechend untermauert. 

Das Aufspannen des Pferdes an den besprochenen 
Operationstisch gestaltet sich folgendermaßen. Das Pferd wird 
in der der auszuführenden Operation entsprechenden Seitenlage 
an den Operationstisch bei stehender Tischplatte herangeführt 
und längsseit gestellt. Sodann w r ird ihm eine Kopfhanbe an¬ 
gezogen, die zur Verhütung von Excoriationen an den Supra¬ 
orbitalbogen innen mit doppeltem Filz gut unterfüttert ist, darüber 
ein besonders starkes Kopfgestell angelegt, das über dem 
Kinn bzw. der Nase je einen festen Ring trägt, von dem 
Stricke zum späteren Heranziehen und Fixieren des Kopfes an 
die Platte ausgehen. Dann erfolgt das Umlegen eines ge¬ 
polsterten, starken Halsgurtes, ebenfalls mit Ring und Strick 
zum gleichen Zwecke versehen. Hierauf wird der Schwebe¬ 
apparat nach Masch und der Lassodompteur angelegt und 
fest angezogen. Der Querbalken der Aufzugsvorrichtung wird 
herabgelassen und der Schwebeapparat in die Ketten desselben 


TG 5_ 

eingehängt *). Das Pferd kann je nach seinem Temperament 
mit einer Nasenbremse versehen werden oder nicht. Ein Mann 
hält während des Anlegens den Kopf, eine zweite, ev. dritte 
Person besorgen das Anlegen. Nun zieht die beim Kopf stehende 
Person die Stricke des Kopfgestells und des Halsriemens durch 
die entsprechenden Öffnungen der Platte und den Kopf leicht 
an letztere, worauf eine zweite Person an die Kurbel des Auf¬ 
zugsapparates tritt und auf ein Kommando das Pferd hoch¬ 
kurbelt, bis die Beine den Erdboden nicht mehr berühren. 
Wesentliche Aktionen der Extremitäten sind wegen des Lasso¬ 
dompteurs nicht zu befürchten. Nur Kopf und Hals sind unter¬ 
dessen fest an die Platte anzuziehen, um Beschädigungen durch 
Anschlägen etc. zu vermeiden. Dann erfolgt rasch das Um¬ 
legen der Tischplatte in die Horizontale. Bezüglich des Zeit¬ 


ig. 7. 



Operationstisch des Tierärxtl. Institutes der Deutschen Universität 
Prag. Seitenansicht bei schräg gestellter Platte. 


raumes, den die genannten Aktionen benötigen sei bemerkt, daß 
das Hochziehen des Tieres höchstens 30 Sekunden, das Umlegen 
der Platte höchstens eine Minute benötigt. Die Umsetzungen 
der Zahnräder sind so berechnet, daß die nötige Kraft von 
einem Manne leicht in der erwähnten Zeit geleistet werden 
kann. Wir denken übrigens daran, einen ganz kleinen Elektro¬ 
motor anzukoppeln. Das Aufziehen des Tieres muß ziem¬ 
lich rasch erfolgen, weil es sonst Vorkommen kann, daß 
das Tier die Hinterbeine vorstellt, um zum Sprunge an¬ 
zusetzen. Ermöglicht ist dies ja auch dadurch, daß der 
Schwebeapparat nicht gleichzeitig den ganzen Körper hebt, 
sondern vorerst am Brustkorb Widerstand findet und diesen 

*) Kleine, schwache Tiere versinken in der verwendeten Trag- 
plache vollständig, so daß die Tragketten ganz kurz genommen 
werden müssen, da sonst beim Aufziehen der Querbalken mit den 
Riemenschleifen bis zur Übersetzungswelle gelangt, ohne daß das 
Tier wesentlich vom Boden entfernt wäre. 




766 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


bebt, während rückwärts der Bauch ausweicht und nach 
rückwärts gepreßt wird. Erst beim weiteren Heben wird auch 
der Hinterteil gefaßt und dem Tiere jeder Stützpunkt entzogen. 
Das Tier hängt schließlich einigermaßen schräge im Schwebe¬ 
apparat. Um im Be¬ 
ginn des Aufziehens 
den einen Stützpunkt 
suchenden Vorderbei¬ 
nen das eventuelle 
Aufstemmen auf den 
wenig vorragenden 
Fußpolster unmöglich 
zu machen, ist vorne 
ein den Zwischenraum 
zwischen Brust- und 
Fußpolster ausfullen- 
des abgeschrägtes 
hartes Brett von ent¬ 
sprechender Größe an¬ 
geschraubt. 

Nachdem die Platte 
umgelegt ist, erfolgt 
nacheinander die Fes¬ 
selung der Extremitä¬ 
ten, indem eine feste 
Strickschlinge um das 
Fesselgelenk gelegt 
und der Fuß möglichst 
weit vom Körper ab¬ 
gezogen wird (Princip des „Appareil de contention“ von 
Simonin). Der Strick wird durch ein passend gelegenes Glied 
der Fußkette durchgezogen, vorsichtig angespannt und um die 
nächstgelegene Krücke in 
Achtertouren schnell auf¬ 
gewickelt. Während der 
Anspannung etwa eintre¬ 
tende, kräftige Muskelak¬ 
tionen des Tieres lasse 
man ruhig ablaufen und 
benütze die nächste Ruhe¬ 
pause zur Fortsetzung der 
Arbeit. Man versuche 
nicht einen in Aktion be¬ 
findlichen Fuß durch direk¬ 
tes Spannen festhalten zu 
wollen, da die Kraft eines 
Mannes dazu selbstver¬ 
ständlich nicht ausreicht. 

Dabei ist zu beachten, 
daß beim Anspannen der 
Vorderextremitäten durch 
den dem Brustkorb fest 
anliegenden Schwebeappa¬ 
rat die Gegenspannung er¬ 
zeugt wird. Dieses ist bei den Hinterextremitäten nicht der Fall, 
da bei den Muskelaktionen das Hinterteil mit der nachgiebigen 
Bauchwand im Schwebeapparat nicht den nötigen Widerstand 
findet. Es muß daher ein breiter, mit Filz wohl ausgefütterter 
Riemen als Beckengurt an der Inguinalgegend vorüber zwischen 


die Hinterfüße und über die obere Hinterbacke gelegt und gegen 
einen Randhaken fest angezogen werden, wodurch die gespannten 
Hinterextremitäten die entsprechende Gegenspannung erhalten. 
Der Kopf wird durch entsprechendes Anziehen und Anbinden 

der vom Kopfgestelle 
und Halsriemen aus¬ 
gehenden Stricke an 
die Platte fest ange¬ 
zogen gehalten. Wird 
dann noch der etw'a 
locker gewordene 
Lassodompteur ange¬ 
zogen, so ist das Tier 
vollständig versichert 
und nicht imstande, 
auch nur die geringste 
Beschädigung sich zu- 
zuziehen. Ein Durch¬ 
scheuern seitens der 
Fußstricke ist wegen 
der Exkursionsunmög¬ 
lichkeit ausgeschlos¬ 
sen, ebenso auch die 
von Williams ge¬ 
fürchteten Exkoria- 
tionen an der Darm¬ 
beinschaufelkante und 
an den Supraorbital¬ 
bogen. Deswegen ha¬ 
ben wir uns auch entgegen der Ansicht von Williams zur An¬ 
bringung eines festen Körperpolsters entschlossen. Nun ist zu 
bedenken, was schon oben erwähnt wurde, daß der gespannte 

Schwebeapparat durch An¬ 
pressen an die gesamte 
Thoraxwand die Atmung 
und die Herztätigkeit des 
Tieres wesentlich beein¬ 
trächtigt. Man kann nun 
dem Tiere eine bedeutende 
Erleichterung verschaffen, 
wenn man einen dem eben¬ 
besprochenen Beckengurt 
ähnlichen Riemen über das 
Schulterblatt zwischen die 
Vorderbeine hindurchleitet 
und mittelst dieser Schlin¬ 
ge, die man dorsalwärts 
gegen einen Randhaken 
anzieht, die Spannung in 
den Vorderextremitäten 
herstellt. Es kann dann 
der Sperrhaken des Auf¬ 
zugapparates gelöst und 
der Schwebeapparat voU- 
ständig gelockert werden. Die Intensität der Spannung in der 
Beckengegend kann durch Einschaltung eines kleinen Flaschen¬ 
zuges vergrößert werden. Die Spannung daselbst kann auch 
durch eine solche des Schwanzes ersetzt werden. Doch ist ein 
Stützpunkt für letztere auf der Platte zu nahe gelegen. Wir 



Fig. 9. 



Operationstisch des Tierärztl. Institutes der Deutschen Universität Prag. Seiten¬ 
ansicht hei umgelegter Platte: junger Stier behufs Kastration aufgebunden. 









22. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


767 


verwenden hierfür einen unweit in der Mauer fest verankerten 
Haken. 

Damit ist das Tier unter Bedingungen gesetzt, die die 
meisten Operationen anstandslos ermöglichen werden. Die 
Extremitäten lassen sich verschiedentlich ausbinden und sind, 
durch das Fußpolster genügend weit von der Platte abgehoben, 
allseitig zugänglich. Dasselbe gilt auch von allen peripheren 
Regionen des Körpers, die infolge der bequemen Tischhöhe, der 
günstigen Dimensionierung der Platte und der Verlegung der 
gesamten Maschinerie unter dieselbe vom Operateur leicht er¬ 
reicht werden können. Nur für Operationen in der zentro- 
ventralen Körperregion muß der Operateur auf die Platte hinauf¬ 
steigen, was aber im Hinblick auf die übrigen Vorteile der Lage 
kein wesentlicher Übelstand ist. 

Nach Beendigung der Operation wird Becken-, eventuell 
Brustgurt abgenommen, die eventuelle Schwanzspannung gelöst 
und der Schwebeapparat wieder angezogen. Dann erfolgt die 
Lösung der Faßfesseln und zwar zuerst in der Schlagrichtung 
der Extremitäten. Es ist wohl unnötig zu bemerken, daß man 
sich sowohl beim Aufbinden, wie beim Lösen der Fesseln außer¬ 
halb des Schlagbereiches der Extremitäten hält, der freilich nach 
unserer Erfahrung wegen des Lassodompteur mit der Tisch¬ 
fläche zusammenfällt. Wesentliche Muskelaktionen sind nun auch 
nicht mehr zu befurchten. Hierauf tritt ein Mann an die Kurbel 
und bringt die Tischplatte wieder in die vertikale Lage, wobei 
während, des Aufkurbeins die Fesselung des Kopfes so weit ge¬ 
lockert wird, daß ein Losbinden desselben nach dem Herab¬ 
lassen schnell erfolgen kann. Das Pferd sinkt unterdessen in 
den Schwebapparat hinein, worauf die Kurbel der Aufzugsvor¬ 
richtung erfaßt, der Sperrbolzen geöffnet und das Pferd unter 
Führung der Kurbel langsam herabgelassen wird. Hat das Pferd 
ungefähr jene Höhe erreicht, in der es mit den Füßen den 
Boden erreichen könnte, so wird es, da es mit angezogenen Füßen 
im Schwebeapparate hängt, durch Zuruf etc. einigemale ange¬ 
feuert, worauf es mit den Füßen den Boden sucht und denselben 
fühlend Bich aufstellt. Der Kopf muß unterdessen freigelassen 
werden. Nun erfolgt die Abnahme der Fesseln in folgender 
Reihenfolge: Kopfgestell, Kopfhaube (Ersatz durch Stallhalfter), 
Loshaken von der Aufzugs Vorrichtung, Entfernung des Lasso- I 
dompteur und des Maschschen Schwebeapparates, worauf das 
Pferd aus dem Operationssaal geführt werden kann. Die Riemen 
der Aufzugsvorrichtung sind übrigens so lang gewählt, daß 
man das Pferd, falls es sich auf den eigenen Beinen nicht auf¬ 
stellen oder erhalten könnte, bis auf den Erdboden niederlassen 
kann. Hier können dann alle Fesseln gelöst werden und das 
Tier kann solange ruhig liegen bleiben, bis es imstande ist, Bich 
aufzustellen und wegzugehen. Der Tisch kann unterdessen auf 
den Schienen weggeschoben werden. 

Der Operationstisch, der seit einiger Zeit in Benutzung 
des Institutes steht, hat die Erwartungen, die wir an seine 
Konstruktion geknüpft haben, vollständig erfüllt und funktioniert 
in tadelloser Weise. Wir können nicht umhin, an dieser Stelle 
des Erbauers des Apparates, der renommierten Maschinenfabrik 
F. Ringhoffer, Prag-Smichow, mit Rücksicht auf ihr unbe¬ 
grenztes Entgegenkommen, auf das ausgezeichnete Material und 
die exakte Ausführung sowie des maschinentechnischen Kon¬ 
strukteurs, des Herrn Öberingenieurs Bartelmu8 der genannten 
Firma, der mit liebevoller Sorgfalt auf unsere Intentionen ein¬ 
ging, mit Worten höchster Anerkennung zu gedenken. 


Literatur: 

1. Bayer, Jos. Operationslehre, 1906, S. 89—40, 3. Aufl., in: 
Handb. d. Tierärztl. Operational, u. Geburtsh., I. Bd. 

2. Blin et Seuillet. Ein neuer Operationstisch. Bull. m6d. v6t. 
1906, S. 261. 

3. Carini, A. Impftisch für Rinder. Centrbl. Bakt. Parasitenkunde. 
1. Abt. Orig. Bd. 37, S. 156—159. 

4. Desaintmartine, Gaston. Nouvelle Table-Bascule. Bull. 
Soc. Sc. V6t£r. Lyon. 10. Jahrg. 1907, Nr. 4, S. 307—316, 3 Figg. 

5. Dollar, Ino A. A Surgical OperatingTable for Horse. London, 
40 S. M. Abb. Gay and Bird. 

6. Girard, M. Röflexious au sujet des appareils de contention 
Bull. Soc. Sc. V6t£r. Lyon, 11. Jg., 1908, S. 187—194. 

7. Hoffmann. Atlas der tierärztlichen Operationslehre. Stuttgart 
1908, S. 36. 

8. Williams, W. L. The veterinary operating table. Am. Vet. 
Review, Vol. 30, 1906, S. 917-938, 10 Figg. 

9. Zalewsky. Der Operationstisch. Travail bascule von Vinsot. 
Monatsh. f. Tierheilk. Bd. 17, 1906,. S. 321. 


Referate. 

Eigenartige Falle von Zwerchfellkrampf. 

Von Demora und Adriansen. 

(Recueil d’Alfort, 15. Juli 1908). 

Eiu frisch gekauftes Pferd verweigert jedes Futter und 
zeigt fortwährend heftiges Muskelzittern, die Lidbindehaut ist 
injiziert, der Puls klein, die Temperatur 80°. Die Verfasser 
machen vorerst eine Pilokarpininjektion von 0,10 g. 

Am andern Tage zeigt es ausgesprochenen Zwerchfellkrampf 
(Chorea des Zwerchfells) und zwar 56 Schläge in der Minute. 
Der Puls ist klein, fadenförmig und unregelmäßig geworden. 
Da die Verfasser einen Kongestionszustand vorhanden glauben, 
verschreiben sie einen kalmierenden Einschütt von Opiumtinktur 
und Chloralhydrat und lassen Senf auflegen. Auf diese Be¬ 
handlung hin nehmen die Schläge an Zahl und Intensität tags¬ 
über ab und werden unregelmäßig, so daß auf vier schwache 
Schläge ein sehr starker, etwas langer und auf diesen eine 
Pause erfolgt. Nachdem abends 9 Uhr ein zweiter Einschütt 
gegeben worden ist, ist nur noch alle 5—6 Atemzüge eine Er¬ 
schütterung festzustellen. 

! Am andern Morgen um 8 Uhr ist der Puls noch klein, aber 
fast regelmäßig; die Temperatur beträgt 37,5°. Um 10 Uhr 
werden die Stöße sehr stark und es sind um 12 Uhr 56 in der 
Minute. Bei der Auskultation des Herzens hört man sehr 
deutlich eine Verdoppelung des ersten Herztones und zwar so 
stark, daß man drei gleich starke Herztöne wahrnimmt. Es 
wird ein Chloralhydratklistier verabfolgt, worauf die Stöße auf 
48 zurückgehen. Die Diagnose läßt sich nun genau feststellen, 
es handelt sich um eine Herzaffektion mit Irritation des Zwerch¬ 
fellnerven, wodurch diese klonischen Kontraktionen ausgelöst 
werden. Da die Temperatur nur 38° beträgt, kann es sich 
nicht um eine akute, sondern nur um eine chronische Läsion 
handeln. Am Abend wurden 20 g Bromkalium im Trinkwasser 
gegeben, worauf der doppelschlägige erste Herzton bedeutend 
schwächer wird, der aber am anderen Tage trotz Verabreichung 
von 30 g Bromkalium immer noch zu hören ist. 

Die Trinkwasseraufnahme geht sehr mühsam vonstatten und 
das Pferd schlappt dabei mit der Zunge wie ein Hund. 

Als um 9 Uhr des folgenden Tages die Symptome noch 
stärker auftraten, präzisieren die Verfasser ihre Diagnose dahin, 
daß das Pferd diesen Anfällen unterworfen ist, und daß der 







BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


7t>8 


Verkäufer, um sie beim Verkaufe zu unterdrücken, dem Tiere 
Bromkalium verabreicht habe. 

Der Käufer entsinnt sich jetzt, daß er beim Herausführen 
des Pferdes auB dem Stalle des Verkäufers Muskelzittern an 
ihm bemerkt hat, das er aber der Kälte zugeschrieben hat; 
außerdem hat er bei dem Vorreiten durch den Stallmeister des 
Verkäufers eine gewisse Schlappheit und ein Schwanken des 
Hinterteils bemerkt, dem er aber keinem besonderen Wert 
beilegte, da das Pferd bald seine volle, mächtige Aktionsfähigkeit 
erreicht hatte. 

Der Verfasser berichtet noch über drei andere Fälle von 
Zwerchfellkrampf, von denen der erste einen halben Tag gedauert 
hat und durch ein Chloralhydratklystier gehoben wurde, die 
Dauer des zweiten war eine Stunde und die des dritten drei 
Tage. Der letzte wurde durch einen Einschütt von 15 g Brora- 
kalium geheilt. Über einen weitern erst kurz behandelten Fall 
sagt er, daß ihm ein Pferd mit dem Vorbericht zugeführt worden 
sei, daß es schon zweimal ohnmächtig in den Straßengraben 
gefallen sei und daß es der Besitzer für dämpfig halte. Der 
Zwerchfellkrampf wurde durch Chloralhydratklistiere gehoben, 
aber das Pferd konnte dennoch nicht mehr im Trab gebraucht 
werden, da sein Herz schon nach 20 Meter wie ein Trommel¬ 
wirbel ging. Helfer. 

Tymp&nitis und chronische lymphatische Leukämie 
heim Elefanten. 

Von Dr. H. Jakob-München. 

(Woclienßchr. für Tierheilk. and Viehzucht, 62. Jehrg., Nr. 5.) 

Der Verfasser hatte Gelegenheit, einen einjährigen Elefanten 
welcher sich nach Entledigung seiner Fesseln an Heu, gelben 
Rüben und frisch gebackenem schwarzen Brot überfressen hatte, 
zu untersuchen. Der Befund war folgender: Der Rüssel — 
sonst der beweglichste Teil des Elefanten — hing regungslos, 
wie aus Blei gegossen, herunter; bei seiner Berührung zeigte 
das Tier keinerlei Empfindung. Die sichtbaren Schleimhäute 
des Rüssels, der Maulhöhle und des Auges sind anämisch. In¬ 
folge Offenstehens des Afters beträgt die Körpertemperatur nur 
35,5° C. Die Herzschläge können wegen starken Muskelzitterns, 
besonders an der Vorderextremität, nicht genau ermittelt werden. 
Die Zahl der Atemzüge beträgt 3C>, Typus mehr kostal, Atmung 
angestrengt. Zuweilen stöhnt das Tier. Das Abdomen ist 
tonnenförmig aufgetrieben. Starker manueller Druck auf die 
Bauchdecken löst Stöhnen aus. Peristaltische Geräusche sind 
nicht wahrzunehmen. Die rektale Exploration ergibt im hintersten 
Abschnitt verflüssigte gelbraune Kotmassen, die weiter vor¬ 
dringende Hand stößt auf festweiche Massen und anliegende 
aufgeblähte Darmteile. Die Therapie — bestehend in Klysmen, 
Bauchdeckenmassage, Verabreichung eines Liters gut gezuckerten 
Kamillentees mit 7t Liter Kognak — erzielte baldige Besserung. 
Das Tier befand sich aber längere Zeit in der Rekonvaleszenz. 

Ungefähr drei Wochen nach der ersten Erkrankung war 
hochgradige Verschlimmerung eingetreten. Der Elefant konnte 
nicht mehr aufstehen, zeigte röchelndes Atmen und starke Herz¬ 
schwäche. Jakob injizierte dem moribunden Tiere in der Herz¬ 
gegend 30 ccm Spirit, camphorat. und untersuchte mikroskopisch 
eine Blutprobe aus der Ohrvene. Er fand hierbei große Ver¬ 
mehrung der Leukozyten (1 auf 6—7 rote Blutkörperchen), die 
als Mikrozyten anzusprechen waren. Der Tod des Tieres trat 
noch am selbigen Tage unter heftigster Dyspnoe ein. 


Als Obduktionbefund wurden festgestellt: chronische lym¬ 
phatische Leukämie, Lungenödem, Herzmuskelentartung, zahl¬ 
reiche Gastrophilnslarven im Magen, Distomatosis, und im Dick¬ 
darm eine Unzahl von Amphistomeen und Nematoden. 

Interessant wurde dieser Krankheitsfall noch dadurch, daß 
der Besitzer des Elefanten auf Wandelung klagbar wurde, da 
er das Tier erst kurz vor dem ersten Krankheitsanfall käuflich 
erworben hatte. Jakob gab sein Gutachten dahin ab, daß frag¬ 
licher Elefant mit Bestimmtheit am Tage der Übernahme und 
schon einige Tage vorher an lymphatischer Leukämie, die stets 
tödlich endigt, erkrankt war, und daß die parasitäre Invasion 
(Gastrophilus und Distomeen) schon einige Monate vor dem 
Kauf stattgefunden hat, wodurch die Dressurtauglichkeit des 
Elefanten aufgehoben war. Nachdem der Prozeß nahezu drei 
Jahre gedauert hatte, wurde die Berufung des in erster Instanz 
verurteilten Verkäufers kostenpflichtig abgewiesen im Sinne 
des oben erwähnten Gutachtens. J. Schmidt. 

Hyperämie des Gehirns und der Hirnhäute. 

Von Oberveterinär Hölscher. 

(Zeitsch-. f. Vcterinärk. 1908. 8. 126.) 

Ein Pferd war mit 1 ccm Lorenz scher Brustseuche-Lymphe 
geimpft worden und zeigte vom folgenden Tage an große 
Mattigkeit und geringe Freßlust. Am neunten Tage trat eine 
offenbare Verschlimmerung im Befinden des Patienten ein; er 
suchte sich am Flankierbaum und Krippe zu stützen. Am 
Abend kam er zum Liegen; mit der Vorhand vermag er sich 
noch zu erheben, jedoch nicht mit der Nachhand. Die Hinter¬ 
beine lassen sich bewegen; auf Nadelstiche erfolgt nur geringe 
Reaktion. Trotz der Behandlung schreitet die Lähmung vor¬ 
wärts, verbunden mit völliger Empfindungslosigkeit des Rückens, 
der Kruppe und der Hintergliedmaßen. Patient wird erschossen. 
Die pathologisch-anatomische Diagnose lautet: 1. Hyperämie 
des Gehirns und der Hirnhäute. 2. Entartung (parenchymatöse) 
der Leber, Nieren und des Herzens. Richter. 

Septikäinie. 

Von Oberveterinär Hölscher. 

(Zeitachr. f. Veterinfirk. 1908. S. 124.) 

Ein Pferd war mit 1 ccm Lorenzscher Brustseuche-Lymphe 
intravenös geimpft worden und zeigte nach 24 Stunden 39,1 0 C; 
am zweiten Tage stieg die Temperatur auf 40,3°. Am fünften 
Krankheitstage lahmte Patient ohne nachweisbare Ursache vorn 
links stark, das Fesselgelenk fühlte sich warm an und war 
geschwollen. Es stellte sich eine starke, schmerzhafte An¬ 
schwellung der ganzen linken Vordergliedmaße ein mit gleich¬ 
zeitiger Ausschwitzung in der Schienbeingegend. Am Hufe 
trat vermehrte Wärme ein, und am neunten Krankheitstag 
löste sich der Hornschuh während der Nacht völlig ab. Das 
Tier wurde erschossen. Aus dem Obduktionsbericht sei die 
pathologisch-anatomische Diagnose entnommen: 1. Brandige 
Entzündung der Haut, Unterhaut und Muskulatur der linken 
Vordergliedmaße. 2. Brandige Entzündung der Huflederhant. 
3. Beiderseitige brandige Lungenentzündung: Richter. 

Ans der medizinischen Literatur. 

Deutsche Medizinische Wochenschrift, 34. Jahrg . 1908, S 1078. 

Zur Genese der Lebercirrhose. (Aus dem Pathologischen Institut 
der Universität in Bonn). Von Prof. Dr. H. Ribbert. Bei 
der Lebercirrhose geht Lebergewebe unter und wird teilweise 
durch Bindegewebe und Gallengangswucherung ersetzt Dazu 



22 . Oktober 11)08. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


kommt meist auch kompensatorische Vergrößerung der noch ver¬ 
bleibenden Leberabschnitte. Eine Regeneration von Lebergewebe 
aus den gewucherten Gallengängen findet nicht statt. Das 
schädliche Agens ist irgendeine, meist wohl ans dem Darm auf¬ 
genommene und der Leber durch die Pfortader zugeführte 
Substanz. Der Vorgang des Untergehens von Lebergewebe und 
der Neubildung von Bindegewebe geschieht nie gleichmäßig 
durch das Organ, sondern zugweise, wobei dazwischen unver¬ 
sehrte Inseln bleiben. Die ungleichmäßige Zerstörung des 
Lebergewebes bei der Cirrhose erklärt der Verfasser daraus, 
daß das aus dem ganzen Dannkanal oder aus seinen einzelnen 
Abschnitten (oder aus der Milz oder dem Pankreas) stammende 
toxinlialtige Blut der Leber durch die Pfortader getrennt, d. h. 
in 2- oder mehrfachen Strömen, zufließt und deshalb das Ge¬ 
webe nicht überall, sondern nur in gewissen schmaleren oder 
breiteren, gestreckteren oder vielfach verzweigten Bahnen schädigt 
und vernichtet. 

Münchener Medizinische Wochenschrift, 55. Jakrg. 190S % S. 2091. 

Eine neue Methode der subkutanen Serum- usw. Injektionen. Von 

Dr. K. Krautschneider. Verfasser hat einen Apparat kon¬ 
struiert, der die Injektionsspritze ersetzen soll. Zusammen- 
quetschbare, mit der Injektionsflüssigkeit gefüllte Patronen aus 
papierdünnem Zinn werden in einen Metallzylinder gegeben und 
nach Aufsetzen der Nadel durch den Druck eines Stempels nach 
Belieben langsam und gleichmäßig ausgequetscht. Die Ver¬ 
wendung von Zinn wird als durchaus unschädlich bezeichnet. 
Umständliche Reinigung und Desinfektion des Apparates fällt 
weg, weil die für jede Injektion neu verwendete Patrone jedes¬ 
mal gleichsam eine neue Spritze darstellt. Die Patronen sind 
billig. Der Apparat (Injektor) ist unbegrenzt haltbar. Er wird 
von der Firma Evers und Pi stör in Kasselund deren Filialen 
geliefert. 

Zent rat bl. f. Batet, usir. I. Abt. Bd. 48, S. 44. 

Der Ursprung der Pneumokoniosen. (Aus dem Hygienischen 
Institut der Kgl. Universität Bologna.) Von Prof. Dr. Guido 
Q. Ruata. — Calmette, Vansteenberghe und Grysez 
schlossen aus Versuchen an Meerschweinchen, daß die physio¬ 
logische Anthrakose in den meisten Fällen der Darmabsorption 
der Koblenpartikelchen zuzuschreiben sei. Demgegenüber er¬ 
hoben sich zahlreiche Forscher, die an der klassischen Theorie 
festhielten, und der Lungenanthrakose sowie im allgemeinen 
allen Pneumokoniosen einen wesentlich respiratorischen Ursprung 
zuschreiben. Zur Entscheidung der Frage wurde in der Soctetd 
de Biologie in Paris ein „Ausschuß der Anthrakose“ ernannt, 
der aber eine endgültige Lösung auch nicht herbeifnhren konnte. 
Verfasser verließ nun den bisher eingeschlagenen Weg und ver¬ 
wendete bei seinen Studien nicht Kohlenstaub, der, weil überall 
vorkommend, zu Irrtümem Anlaß geben kann, sondern die 
Sporen des saprophytischen Bacillus clavatus. Das aus diesen 
Sporen und Amidonstaub hergestellte feine Pulver wurde teils 
zu Verschluckungs-, teils zu Inhalationsversuchen verwendet. 
Nach dem Ergebnis dieser Versuche hält sich der Verfasser zur 
Behauptung berechtigt, daß ein normaler Organismus die 
Pneumokoniosen ihren Ursprung aus der Inhalation ziehen und 
nicht au8 der Verschluckung von Staub. 

Dieselbe Zeitschrift S. 125. 

Über elastikotropische Erscheinungen beim Wachstum des Bacillus 
anthracis 'und verwandter Bazillen auf Serumnährböden. (Aus dem 
K. K. Hygienisch-bakteriologischen Institut der Jag. Universität 


7bi>_ 

in Krakau.) Von Dr. Ph. Eisenberg. — Die von Kurth ent¬ 
deckte Eigentümlichkeit des Bact. Zopfii, auf schräger Gelatine 
federkielartig zu wachsen, hat Jakobsen auf Grund eingehender 
Versuche als eine Wirkung von „Elastikotropie“ erklärt. Diese 
tropische Wachstumsrichtung wurde auch bei anderen Sporen¬ 
bildnern beobachtet, aber nur auf Gelatine. Agar setzt dem 
Wachstum der Fäden offenbar zu großen Widerstand entgegen. 
Verfasser hat in erstarrtem Serum (Pferde-, Rinder- und 
Menschenserum) einen Nährboden kennen gelernt, auf dem er 
federkielartiges Wachstum von Milzbrandkulturen erzielen konnte. 
Er stellte fest, daß virulente lebenskräftige Stämme sich gut 
zur Federkielbilduug eignen, während schwachvirulente, wahr¬ 
scheinlich infolge geringerer Wachstumsintensität öfter versagen. 
Als Ursache der eigentümlichen Wacbsform glaubt sich Eisen¬ 
berg der Ansicht Jakobsens anschließen zu können, der 
elastische Zugkräfte, die durch das Austrocknen des Nährbodens 
und die Schwerkraft beeinflußt werden, als maßgebend ansieht. 

Dieselbe Zeitschrift S. 92. 

Über den ElnfluO von Wärme und Zeit auf den Ablauf der Agglutination. 

(Aus dem Hygienischen Institut der Universität Jena.) Von 
Dr. Konrich. — Die Einwirkung von Wärme und Zeit auf 
das Agglutinationsphänoraen wurde bei den Normalseris von 
12 verschiedenen Tierspezies und 13 Arten von Mikroorganismen 
untersucht. Dabei kamen Temperaturen von 7 bis 55° und Ein¬ 
wirkungszeiten von 1 bis 24 Stunden zur Anwendung. Die 
Versuche führten zu folgendem Ergebnis: 

1. Der Einfluß der Zeit auf die Agglutination ist weit 
wichtiger als der der Temperatur. 

2. Für die Agglutination der Normalsera ist die Zeit von 
absolut ausschlaggebender Bedeutung, die Temperatur nahezu 
gleichgültig. 

3. Für die Agglutination der Immunsera mit höheren Werten 
tritt der Einfluß der Zeit etwas zurück, derjenige der Temperatur 
steigt, ohne jedoch im entferntesten der Zeitwirkung gleich¬ 
zukommen. 

4. Für die einzelnen Normalsera existiert ein Temperatur¬ 
optimum, bei der sie am besten agglutinieren; die Unterschiede 
bei den einzelnen Spezies sind aber nicht erheblich. 

5. Für die Immunsera ist die Vorliebe für eine bestimmte 
Temperatur stärker ausgesprochen. 

6. Die Beobachtungsdauer, innerhalb der die Immunsera 
sicher einwandfrei arbeiten — das Innehalten des Temperatur¬ 
optimums vorausgesetzt — ist bei den einzelnen Serie verschieden, 
die Titerhöhe der Sera spielt dabei insofern eine bedeutende 
Rolle, als bei höherwertigen Seris die diagnostisch sicher ver¬ 
wertbare Hauptagglutination eher herauskommt als bei niedriger 
stehenden. Die Verwendung ungewöhnlich hochwertiger Sera 
bietet keine Vorteile. 

7. Auch für die einzelnen Bakterienarten gibt es ein 
Temperaturoptimum, bei dem sie am stärksten agglutiniert werden. 

8. Diese Tatsache zeigt sich am deutlichsten bei der hetero- 
logen Agglutination des Immunserums; zugleich erkennt man 
daraus, daß das Temperaturoptimum der Bakterienarten in den 
einzelnen Seris nicht ganz konstant ist. 

9. Daher ist für die Festlegung des Umfanges der Gruppen¬ 
oder Neben- oder heterologen Agglutination die Anwendung 
verschiedener Temperaturen unbedingt erforderlich. 




770 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43» 


10. Endlich ist die Verwendung verschiedener Temperaturen 
ratsam, wenn die Ausdehnung von Hemmungszonen genau er* 
mittelt werden soll. W. 


Erwiderung. 

Zu der Aufklärung des Herrn Hof tierarztesDr. Richter-Dessau 
und seiner Mitteilung, betreffend Hundestaupeserum, möchte ich 
ausführen, daß die Zuschrift seinerseits nicht gelegentlich und 
nebensächlich und über vorläufig günstige Resultate erfolgt 
war, sondern daß Bie eine Zusammenstellung der Menge des be¬ 
zogenen Serums betraf. Wörtlich führte Herr Dr. Richter aus: 
„Es handelt sich um genaue Feststellung der Wirksamkeit des 
Staupeserums, dessen Erfolg m. A. n. ein ganz vorzüglicher ge¬ 
wesen ist“ — — 

Ich konnte nicht wissen, daß Herr Dr. Richter nachträglich 
zu „einer entgegengesetzten Ansicht“ gekommen ist, um so weniger, 
als ich von ihm hierüber nicht unterrichtet worden bin. Es wäre 
m. E. n. wohl richtig gewesen, mir die Broschüre zuzuschicken, die 
mich über seine jetzige Meinung orientiert hätte. 

Noch möchte ich bemerken, daß die Beilage zur B. T. W. aller¬ 
dings nicht von mir persönlich ausgegangen ist, sondern von der 
Deutschen Schutz- und Heil-Serum-Gesellschaft, der ich das Gut¬ 
achten zur Verfügung gestellt habe, da ich annahm, es sei zur 
freien Verfügung Übermittelt worden. Gewöhnlich wird, wenn 
letzteres nicht der Fall sein soll, ein bezüglicher Vermerk gemacht. 

Endlich möchte ich noch darauf hin weisen, daß das Verhältnis 
der ungünstigen Ergebnisse zu den günstigen sich wie 1:60 stellt 
Herr Dr. Richter hat auch noch nicht mit der durch Bakterien¬ 
extrakt verstärkten Lymphe gearbeitet, auf die in dem Prospekt 
verwiesen ist, und ich stelle ihm gern diese zu weiterem Versuch 
zur Verfügung, in der Hoffnung, daß er sich wieder zu seiner 
früheren Ansicht bekehren wird. Dr. Piorkowski. 


Zur Tagesgeschichte. 

(Nach Sch hiß der Redaktion eingetroffen.) 

Aus der neuen preußischen Beamtenbesoldungsvorlage. 

Es ist eben noch möglich, in dieser Nnmmer die in der 
Vorlage enthaltenen Sätze aus dem Gebiet des Veterinärwesens 
mitzuteilen. Besprechung muß Vorbehalten bleiben. 

Professoren an den tierärztlichen Hochschulen 4000 bis 
6600 M. (bisher 3000—6000 M.), außerdem eine Erhöhung der 
Stundenhonoraranteile. — Departementstierärzte 4200 bis 
6300 M. (3600—4800 M.). — Kreistierärzte 1200—3000 M. 
(1200—2100 M.) im Durchschnitt 2100 M. (1650 M.). [Kreis¬ 
ärzte 1800—3600 M., durchschnittlich 2700 M.; bisher eben¬ 
soviel im Durchschnitt.] — Gestütinspektoren und Oberroßärzte 
3000—5400 M. (3000—4200 M.); Roßärzte 1500- 4500 M. 
(1800-3000 M.). 

Tuberkulose-Tilgung. Demonstration in Königsberg, I. November. 

Die Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen hat in 
Anerkennung der Bedeutung des von Ostertag empfohlenen 
Tuberkulosebekämpfungsverfahrens, das nunmehr seit acht Jahren 
in Ostpreußen in Anwendung kommt und sich dort immer steigern¬ 
den Interesses zu erfreuen hat, wiederum wie bereits vor zwei 
Jahren, erhebliche Mittel zum Zwecke der Demonstration dieses 
Verfahrens bewilligt. Dieselbe soll im Anschluß an die Tagung 
des tierärztlichen Vereins am Sonntag und Montag, den 1. und 
2. November er., in Königsberg stattfinden und in einer theoretischen 
Erörterung am Sonntag und in einer praktischen Vorführung am 
Montag bestehen, die vormittag 9 Uhr auf dem Schlachthof anhand 
von zirka 20 angekauften Tieren mit offener Tuberkulose erfolgen 
wird. Die Kollegen sind dazu freundlichst eingeladen. Anmeldungen 
erbeten an den Direktor des Ticrsenchenamtes, Dr. Müller, Königs¬ 
berg i. Pr., Beethovenstr. 14. 


Tagesgeschlchte. 

Die Pauschalierung der Beisekosten und Tagegelder. 

Von Kreistierarzt Krueger-Ohlau. 

Vor einiger Zeit hatte sich zwischen dem Redakteur der 
D. T. W. und einem Mitarbeiter der B. T. W. eine Preßfehde 
darüber erhoben, ob die Kreistierärzte Anlaß hätten, mit der 
Pauschalierung ihrer Reisekosten und Tagegelder zufrieden oder 
unzufrieden zu sein. Nach der Erklärung des einen Herrn 
hat er nur Ausdrücke höchster Unzufriedenheit vernommen, 
während der andere von allen Kreistierärzten, mit denen er über 
das Pauschale gesprochen, nur Ruhm und Lob gehört hatte. 

Zweifellos haben beide Herren richtiges gemeldet: es gibt 
Kreistierärzte, die die Pauschalierung rühmen, und solche, die 
sie tadeln, dazu noch welche, die weder zum Lobe, noch zur 
Unzufriedenheit Anlaß haben. 

Wenn man die historische Entwicklung der Reiseent- 
schädigungsfrage ins Auge faßt, müßte man annehmen, daß 
alle oder fast alle Kreistierärzte mit der Pauschalierung un¬ 
zufrieden sind. Gehören doch 4 / 5 der preußischen Kreistierärzte 
dem Verein der beamteten Tierärzte an, der seit jeher für die 
Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. und der Reisekosten auf 
50 Pf. pro km Landweg eingetreten ist. Noch in der November¬ 
sitzung 1907 führte Kreistierarzt Traeger-Belgard als Referent 
aus, daß bei der ohnehin so bescheidenen Bemessung unserer 
Entschädigung für Dienstreisen es ausgeschlossen erschiene, daß 
uns in irgendwelcher Form hiervon noch Abzüge gemacht 
werden können. Das unmöglich Scheinende ist Tatsache ge¬ 
worden: bei Bemessung des Pauschales hat man die Höhe der 
alten Tagegelder und Reisekosten der Berechnung zugrunde 
gelegt und von deren Gesamtsumme Vio abgesetzt, auf das der 
einzelne Kreistierarzt ein Anrecht nicht mehr hat. Damit sind 
die Tagegelder von 8 auf 7,20 M., die Kilometergelder von 40 
auf 36 Pf. herabgesetzt worden. 

Wenn sich dennoch Kreistierärzte finden, die ihre vöüige 
Zufriedenheit aussprechen, so könnte man schließen, daß sie 
entweder nicht dem V. d. b. T. angehören, oder daß sie sich 
nicht mit ihm solidarisch erklären, da er vielleicht ihrer 
Meinung nach seine Forderungen überspannt hat. Beide 
Folgerungen indes wären in der Mehrzahl der Fälle falsch. Der 
Grund ist ein anderer. 

Ich kenne einen Veterinärbezirk, in dem der Kreistierarzt 
während des Jahres 1906 etwa 8000 M. an Reisekosten und 
Tagegeldern aus der Staatskasse erhalten hat, während in 
sonstigen Jahren für den Bezirk nur etwa 4000 M. zu ver¬ 
ausgaben waren. Da bei Bemessung des Pauschales das Jahr 
1906 zugrunde gelegt wurde, überwies man dem erwähnten 
Bezirk etwa 8000 M. 

Daß die Verwalter solcher Stellen über das Plus von 
4000 M. p. a. sehr vergnügt sind, wird ihnen keiner verdenken; 
dagegen kann man es den Inhabern von Stellen, in denen der 
umgekehrte Fall eingetreten, wo ausnahmsweise in dem sonst 
geschäftsreichen Kreise während des Jahres 1906 außerordentlich 
wenig Reisen zu erledigen waren, auch nicht übelnehmen, wenn 
sie höchst unzufrieden sind und Zeter und Mordio schreien. 

Zufriedenheit und Unzufriedenheit entspringen nicht aus 
dem Wesen, sondern aus der Art der Pauschalierung. 

Unzufrieden ist man vornehmlich damit, daß nur das 
Jahr 1906 der Berechnung zugrunde gelegt ist; manche können 



22. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


771 


nicht das verlorene • Zehntel verschmerzen, das nur beim 
Nachweis einer nicht unerheblich (wohl = sehr bedeutend) ge¬ 
steigerten Diensttätigkeit für das abgelaufene Rechnungjahr 
nachgewfthrt werden kann. Weiterhin herrscht darüber Be¬ 
unruhigung, daß die Kosten der Reisen von Tierärzten, die bei 
größeren Seuchenausbrüchen den beamteten Tierärzten zur Hilfe¬ 
leistung attachiert werden, aus der Pauschalvergütung, wenn 
auch nur teilweise, bestritten werden dürfen. Dabei könnten 
bei vielleicht verdoppelter oder verdreifachter Arbeitslast starke 
Kürzungen des Pauschales Vorkommen, während sonstige Ein¬ 
nahmen z. B. aus der Überwachung der Märkte wegen ihrer 
Aufhebung ausfallen. Dann langt der Kreistierarzt nicht mit 
dem Pauschale, sondern muß noch Zuschüsse oder mindestens 
Vorschüsse aus seinem Gehalt, das zurzeit nur durchschnittlich 
1650 M. beträgt, bis über das Jahresende hinaus gewähren. 
Wovon soll er da mit seiner Familie leben? 

Bei Erkrankungen, Erholungsurlaub liegt derselbe Fall 
vor, wenn die Vertretung von der Vorgesetzten Behörde dem 
benachbarten Kreistierarzt übertragen wird. Dabei scheint 
nicht berücksichtigt zu werden, daß die Pauschalvergütung 
gewährt wird an Stelle von Tagegeldern und Reisekosten, und 
daß der vertretende Kreistierarzt — wenn wir die Entfernungen 
unberücksichtigt lassen — bei voller Überweisung der Pauschal¬ 
gebühr doppelte Tagegelder erhält. Erfahrungsmäßig reist 
auch der Vertreter in der Regel nicht so viel, wie der Ver¬ 
tretene, besonders wenn er außerhalb des Dienstbezirkes wohnt: 
Viele Aufträge minder eiliger Art werden bis zur Rückkehr 
des beurlaubten Kreistierarztes aufgeschoben, die Aufträge der 
Tage vor Urlaubsablauf werden gesammelt, vielleicht auch noch 
einige .unerledigt gebliebene Reisesachen vom Vertreter dem 
Vertretenen zurückgereicht. 

Viele Kreistierärzte sind besorgt, daß auf das Pauschale 
hin uns weitere Aufgaben gestellt werden: Mit der Bekämpfung 
der Influenza habe man den Anfang gemacht, die der Tuber¬ 
kulose stehe in sicherer Aussicht und andere Aufgaben können 
folgen. Ob sich die Gesamtpauschalisierungssumme von etwa 
IVa Millionen Mark entsprechend vermehren wird, ist Zukunfts¬ 
musik. Gleichzeitig mit der Steigerung der Geschäfte würde 
die klingende Musik nicht einsetzen. Das widerspricht der 
vermuteten Absicht, die Höchstausgabe für veterinärpolizeiliche 
Zwecke auf eine Reihe von Jahren festzulegen. 

Welches die Absichten und Ziele der Verwaltung bei der 
Einführung des Pauschales gewesen sind, wird sieh vielleicht 
ergeben, wenn dem nächsten Landtag vielleicht in Verbindung 
mit der Gehaltsfrage eine Denkschrift über die Einkommens¬ 
verhältnisse der Kreistierärzte zugehen wird. Hoffentlich be¬ 
schränkt sie sich dann nicht auf ein einzelnes Jahr, sondern 
macht auch Angaben über die letzten Jahre des vorigen 
und die ersten dieses Jahrhunderts, so daß man klar erkennen 
kann, welches Jahr die höchsten und welches die niedrigsten 
Ausgaben zu verzeichnen hatte. Die Ausgaben der Jahre vor 
1906 könnten sehr wohl mit diesem Jahre verglichen werden; 
man müßte nur zu dem früher gewährten Tagegeldersatz von 
6 M. V 3 zuschlagen. 

Von dem wohl auch vorgeschlagenen Appell an die Landtags¬ 
abgeordneten verspreche ich mir in bezug auf das Pauschale 
rein gar nichts. Die Herren Abgeordneten werden sich wohl 
die Nachweise vorlegen lassen, im allgemeinen sich aber nur 
an die absolute Höhe der gewährten Entschädigungen halten. 


Die Beträge für die einzelnen Stellen dürften kaum angegeben 
werden; das ist Verwaltungssache. Den angeforderten Gesamt¬ 
betrag hinaufzusetzen, dafür wird gerade in dieser Tagung, wo 
Ersparnisse auf allen Gebieten gemacht werden sollen, wohl 
gar keine Stimmung vorhanden sein. 

Wir müssen uns nun einmal mit dem Pauschale abfinden, 
getreu dem alten Wahrspruch „es geht auch so“, zumal 
wenn die Härten der einzelnen Festsetzungen beseitigt und 
die Pauschalien dann auf eine Reihe von Jahren festgelegt 
werden. 

Wir können das um so eher, als die Pauschalien, wie ich 
bereits am 10. Oktober 1907 in der B. T. W. ausführte, mit 
gewissen Vorteilen verknüpft sind, die zweifellos schon jetzt 
hervorgetreten sind und in Zukunft noch mehr hervortreten 
könnten. 

Dem Pauschale als solchem ist man ja auch früher nicht 
ganz abgeneigt gewesen. Im Jahre 1905 haben sich bei einer 
Rundfrage von 352 Kreistierärzten 269 für die Pauschalierung 
ausgesprochen, wenn dadurch der volle Rang der Räte V. Klasse 
für alle Kreistierärzte erreicht werden könnte und nur 83 
erklärten sich gegen die Pauschalierung, auch wenn die Rang¬ 
frage alsbald in unserem Sinne geregelt würde. 

Werden die Pauschalien indes alljährlich fest¬ 
gesetzt, so fällt ihr Hauptvorteil, der der Stetigkeit, 
fort. Dann werden die Kreistierärzte nach wie vor jeden Auftrag 
abwarten, selbst wenn sie in drei Tagen drei Reisen in denselben 
Ort machen müßten. Nehmen wir nämlich amtliche Verrichtungen 
ohne amtlichen Auftrag vor, so verzichten wir dabei auf das Recht, 
die Reise zu liquidieren. Wir begeben uns in die Gefahr, daß 
die Forderungsnachweise hinuntergehen und das Jahrespauscliale 
herabgesetzt wird. Deshalb wird aus Nützlichkeitsgründen der 
Eingang von Aufträgen abgewartet. Ich habe gehört, daß 
sogar Seuchenfeststellungen auf Antrag des Besitzers in einem 
Orte, in dem sich der Kreistierarzt gerade befand, unter Be¬ 
rufung darauf abgelehnt sind, daß erst der amtliche Auftrag 
eingehen müsse. Und doch wäre es aus verschiedenen Gründen 
erwünscht, daß die öde, unverständige Fahrerei endlich be¬ 
schränkt würde, natürlich unter vollständiger Aufrechterhaltung 
des alten Grundsatzes, daß jeder Auftrag zu einer Seuchen¬ 
feststellung sofort erledigt wird. Der Kreistierarzt muß in der 
Lage sein, ohne ängstlich an den Auftrag denken zu müssen, 
sich gelegentlich selbst von dem Seuchenstand oder von einer 
Desinfektionsausführung überzeugen zu können. Dann kann es 
nicht Vorkommen, daß Tierbesitzer unnötigerweise V 4 Jahr und 
länger unter Sperre bleiben, weil die Polizeibehörde Aufträge 
zu senden unterlassen hat. Der Polizeibehörde bliebe dann 
manches Schriftwerk erspart, und Tierbesitzer und Veterinär¬ 
polizei hätten ihren-Vorteil. Wir selbst hätten mehr Ellbogen¬ 
freiheit und könnten die ersparte Zeit anderen veterinär- und 
sanitätspolizeilichen Fragen und den von der Landwirtschaft ge¬ 
stellten Aufgaben widmen. 

Aus obigen Gründen plädiere ich dafür, daß die einmal für 
die einzelnen Kreise festgesetzten Pauschalvergütungen auf längere 
Zeit, mindestens für einen Zeitraum von fünf Jahren, 
gewährt werden. Der Staat hat das allergrößte Interesse 
daran, daß die Bezirke möglichst seuchenfrei sind. Das Interesse 
des Kreistierarztes läuft dem des Staates parallel. Der Kreis¬ 
tierarzt wird daher alles aufbieten, um jede Seuche in seinem 





772 


BERLIN EU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


Kreise schon im Keim zu ersticken. Der Mittel und Wege 
gibt es viele. 

Werden die Pauschalien für einen längeren Zeitraum ge¬ 
währt und bietet man uns damit größere Bewegungsfreiheit, so 
wird die Zahl der Reisetage und die Menge der Kilometer, 
wenn ich mich nicht irre, so wesentlich herabgehen, daß durch 
Kaiserliche Verordnung ruhig bestimmt werden kann, daß wir 
die unserem Range entsprechenden Tagegelder und Reisekosten, 
hoffentlich bald die der V. Rangklasse, in die Forderungs¬ 
nachweise aufnehmen können, ohne daß an der Gesamthöhe der 
festgesetzten Pauschalien in absehbarer Zeit etwas geändert zu 
werden braucht. Höhere Tagegelder und Reisekosten werden 
ein Gegengewicht bilden gegen das Sinken der Reisetage und 
Kilometer. 

Ich bitte diejenigen, denen das Ohr des Herrn Ministers 
und seiner Räte offen steht, diesen Vorschlag weiterzugeben, 
durch den die ewige Unruhe im kreistierärztlichen Stande aus 
der Welt geschafft würde, zumal, wenn uns bald der „Mandarinen¬ 
knopf“ verliehen wird, was um so mehr zu erhoffen ist, als die 
Stabsveterinäre, die jetzt mit uns in gleichem Range stehen, 
voraussichtlich vom 1. April 1909 ab Rittmeisterrang erhalten, 
der der V. Klasse der Beamten entspricht. 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

Oie Eröffnungssitzung. 

Wenn das alte hillige Köln Gäste empfängt, die es ehren 
will, dann erschließt es den Saal, der seit mehr als 400 Jahren 
den Rahmen für alle großen städtischen Feste bildet, den alten 
ehrwürdigen Gürzenich. Hier hat schon 1505 ein deutscher 
Reichstag getagt, hier wurde Kaisern und Königen der Ehren¬ 
trunk kredenzt und keines der an stolzen Gebäuden gewiß nicht 
armen Stadt wäre mehr geeignet, Kölns Bedeutung in Ver¬ 
gangenheit und Gegenwart fremden Besuchern so vor Augen zu 
führen, wie dieser weite, prächtige, gotische Saal, den längst 
versunkene Geschlechter erbaut und die nachfolgenden liebevoll 
erhalten und verständnisvoll erweitert haben. In der einzig¬ 
artigen Stimmung dieses Raumes wirkte die feierliche Er¬ 
öffnungssitzung, die der Montag brachte, doppelt feierlich. 

Der erste Einführende Prof. Dr. Tilmann von der Akademie 
für praktische Medizin in Köln leitete die Sitzung ein mit einer 
Ansprache, in der er die staatlichen und städtischen Behörden 
begrüßte. Eine so große Versammlung, so betonte er, könne 
nur erfolgreich tagen, wenn sie von dem Vertrauen der ma߬ 
gebenden Behörden und der Bürgerschaft getragen sei. Köln 
habe durch seine Einrichtungen gezeigt, daß es auch für wissen¬ 
schaftliche Bestrebungen ein offenes Auge besitze. Deshalb sei 
auch die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte — 
eingedenk des angenehmen Verlaufes der Tagung vor 20 Jahren 
— der Einladung, wiederum hier zn tagen, gerne gefolgt. Auf 
jener Tagung sei mit der Neuorganisation der Gesellschaft be¬ 
gonnen, die seitherigen Fortschritte ließen den Schluß zu, daß 
dieselbe ein Machtfaktor im wissenschaftlichen Leben Deutsch¬ 
lands zn werden verspreche. Die Ansprache klang in ein Hoch 
auf den Kaiser aus, das die Versammlung durch die Absendung 
eines Huldigungstelegramms noch bekräftigte. 


Den Willkommensgruß der Königlichen Staatsregierung 
entbot, zugleich namens Sr. Exzellenz des Kultusministers und 
Sr. Exzellenz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz, die beide 
am Erscheinen verhindert waren, Regierungspräsident 
Dr. Steinmeister. Er könne, so führte der Redner aus, kaum 
einen wissenschaftlichen Kongreß nennen, den er mit größerer 
Sympathie begrüßen würde, als die Gesellschaft deutscher 
Naturforscher und Ärzte. Keine andere Wissenschaft greife, 
neben ihren idealen Zielen, so in die vitalsten Interessen der 
Menschheit ein als die, zu deren Förderung die Gesellschaft 
vor 80 Jahren gegründet sei. Unser ganzes Kulturleben 
beruhe in letzter Linie auf der steigenden Naturerkenntnis. 
In höherem Maße als der Naturwissenschaft zolle er als Mensch 
und Beamter der Heilkunst und der Hygiene seine Bewunderung. 
Redner erinnert an die gewaltigen Fortschritte aller Zweige 
der Medizin und an den Siegeszug der Hygiene, deren hohe 
Bedeutung stets die Würdigung der Staats- und Kommunal¬ 
behörden erfahren habe. Daß die Bestrebungen nicht ver¬ 
geblich gewesen seien, beweise die Statistik in der zunehmenden 
Besserung der Volksgesundheit und Verlängerung der Lebens¬ 
dauer trotz der Mehrung der gesundheitswidrigen Einflüsse des 
Lebens unserer Zeit. Noch viele unbekannte Gebiete seien zn 
erforschen, möge die Versammlung dazu beitragen, diese un¬ 
absehbaren Felder weiter aufzuschließen zu ihrer eigenen Be¬ 
friedigung, der Wissenschaft zur Förderung, der Menschheit 
zum Segen. 

Nunmehr ergriff das Oberhaupt der Stadt Köln, Ober¬ 
bürgermeister Wallraf, das Wort: Zum zweiten Male seit 
dem Bestehen der Gesellschaft hat die Stadt Köln heute die 
Ehre, den Naturforscher- und Ärzte tag zu begrüßen. Zwischen 
damals und heute liegen 20 Jahre friedlicher gewaltiger Ent¬ 
wicklung nicht zuletzt auch für den Acker, den zu bestellen 
Naturforscher und Ärzte berufen sind, dessen Früchte mitzuernten 
der ganzen Kulturmenschheit beschieden ist. Die ärztliche 
Wissenschaft hat sich nicht nur gehoben und vertieft, sie ist 
auch in die Breite gewachsen und was früher Vorrecht be¬ 
vorzugter Stände war, das ist zum Gemeingut breiter Schichten 
der Bevölkerung geworden. Die soziale Medizin ist erstanden. 
In der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte erblicken 
wir die Pioniere und Bannerträger dieses Strebens. Hat auch 
im Laufe der Jahre manch engerer Verband dem Zuge der 
Spezialisierung folgend, sich auf. eigene Füße gestellt, so bleibt 
doch Ihre Gesellschaft das große, zusammeiifassende Band. 
Anknüpfend an das Wort Alexander von Humboldts, das 
für die Wissenschaft, wie für die Praxis gelte: „Jedes Natur¬ 
gesetz, das sich seinem Beobachter offenbart, läßt auf ein höheres, 
noch unerkanntes schließen. Denn die Natur ist das ewig 
Wachsende, ewig im Bilden und Entfalten Begriffene“, schloß 
die Rede mit dem Wunsche, daß auch die beginnende Tagung 
diesem Streben eine Förderung bedeute; gleichzeitig aber, daß 
die Stadt, die nicht nur eine Stadt der Arbeit, sondern auch 
eine Heimstätte heiterer Lebenskunst sei, die Teilnehmer nach 
des Tages Mühen fröhlich rasten lassen möge. 

Nachdem nun noch namens der Universität Bonn Geheimrat 
Professor Erdmann, , für die Handelshochschule in^Köln Pro¬ 
fessor Reitter und als Vertreter der Akademie für praktische 
Medizin in Köln Professor Hochhaus gesprochen hatten, schloß 
der derzeitige erste Vorsitzende der Gesellschaft, Professor 
Dr. Wettstein von Westersheim-Wien, den Festakt mit 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


773 


^ 2 2. Okto ber 1908. 

Dankesworten an die Behörden, die Hochschulen und wissen¬ 
schaftlichen Vereine und es begannen die wissenschaftlichen 
Vorträge. 

Die Verhandlungen der Abteilung 31 
„Praktische Veterinärmedizin“. 

Am Montag nachmittag nahmen die einzelnen Abteilungen ihre 
Tätigkeit anf. 

Die Sitzungen der naturwissenschaftlichen Hauptgruppe fanden 
teils in der Handelshochschule, teils in den Räumen des Rauten- 
strauch-Joest-Museums statt. Die medizinische Hauptgruppe, dar¬ 
unter die Abteilung 31, erledigte ihre wissenschaftlichen Verhand¬ 
lungen in den geräumigen Hörsälen der Königlichen Maschinenbau- 
scfaule am Ubierring. Dieser stattliche moderne Bau beherbergte 
auch die Geschäftsstelle und die Ausstellung von Neuheiten auf dem 
Gebiete der Medizin und der Naturwissenschaften, von der noch 
weiter unten zu reden sein wird, nnd war der Schauplatz eines 
regen Lebens und Treibens. 

An den Verhandlungen der Abteilung 31 nahmen nach dem 
Ausweis der Präsenzlisten folgende Herren teil: 

1. Dr. Albert-Berlin, 2. Dr. Ammeiburg, 3. Dr. Bützler- 
Trier, 4. Bächstädt-Köln, 5. Bockelmann-Aachen, 6. Dr. Beck¬ 
mann, 7. Dannenberg-Köln, 8. Diekmann-Remscheid, 9. Doh- 
mann-Kottbus, 10. Dr. Frey tag-Magdeburg, 11. Frick-Rawitsch, 
12. Francke-Köln, 13. Dr. Fambach-Glauchau, 14. Friedrich- 
Halle a. S., 15. Giesen-Köln, 16. Helfers-Prenzlau, 17. Heyden- 
Hermülheim, 18. Hofstadt-Heilbronn, 19. Dr. Im misch-Dresden, 
20. Dr. Jäger-Frankfurt a. Main, 21. Dr. Krautstrunk-Bonn, 
22. Kaspareck-Prag, 23. Koch-Hannover, 24. Kühnau-Köln, 
25. Koll-Koblenz, 26. Dr. Lothes-Köln, 27. Matthiesen-Hannover, 
28. Dr. Marxer-Berlin, 29. Müller-Ottweiler, 30. Dr. Mießner- 
Bromberg, 31. Meyer-Köln, 32. Dr. Neumark-Berlin, 33. Nehr¬ 
hau pt-Köln, 34. Dr. Prof 6 -Köln, 35. Prof. Dr. Peter-Hamburg, 
36. Rickmann-Höehst, 37. Dr. Rusche-Köln, 38. Ricliter-Sieg- 
burg, 39. Reif-Wadern, 40. Riehlein-Biberach, 41. Schaaf- 
Hoebbeim, 42. Dr.-Schi pp-Gießen, 48. Dr. Schmitt - Zülchow, 
44. Stolz-Köln, 45. v. Sande-Frankfurt a. M., 46. Dr. Schaefer- 
Friedenau, 47. Dr. Tiede-Köln, 48. Wertheim-Saarlouis, 
49. Wilkens-Warendorf, 50. Ziegenbein-Wolmirstedt, 51. Dr. 
Zanders-Köln. 

I. Sitzung, 

Montag, den 21. September, nachmittags. 

Eröffnet wird die Sitzung vom ersten Einführenden, Veterinärrat 
Dr. Lothes-Köln, mit einer Begrüßung der zahlreich erschienenen 
Teilnehmer und einigen geschäftlichen Mitteilungen. Nach seinem 
Vorschlag einigt man sich dahin, die Vorträge, selbst wenn sich 
dadurch längere Sitzungen nicht vermeiden lassen sollten, hinter¬ 
einander tunlichst bis Mittwochabend zu erledigen, damit auch 
die Herren, die vorzeitig abzureisen gezwungen seien, Gelegenheit 
hätten, alle Vorträge zu hören. 

Aus der Wahl zum Vorsitzenden geht Veterinärrat Ziegen¬ 
bein-Wolmirstedt hervor. 

Nunmehr tritt man in die Tagesordnung ein. Als erster redet 
Dr. Jäger-Frankfurt a. M.: „Über die Tumorgenese“. 

Die Fragen der Onkologie schließen sich eng an an 
die Fragen der Organologie, also der Entwicklungs¬ 
geschichte der normalen Organe. Bei einer kritischen Be¬ 
trachtung de» mikroskopischen Gesamtbildes der Tumoren erkenne 
man überall ein streng gesetzmäßiges Zusammenwirken aller be¬ 
teiligten Zellarten, in jeweils ganz charakteristischer Weise, zur 
Entstehung organartiger Bildungen. Sowohl der architektonische 
Bau, dessen Wesen und Bedeutung sich bei der Metastasierung 
geltend mache, wie der physiologische Charakter der Tumoren 
weisen uns daB Verständnis ihrer Organartigkeit in vollem Umfange. 
Mit der Realisierung eines ausgesprochenen Organisationsplanes 
bei allen Geschwülsten könne man die Tumorzellen nicht mehr als 
wachstumsfähige Elemente an sich betrachten. Vielmehr sei es 
Aufgabe, einmal die Faktoren zu diskutieren, welche zunächst den 
Geschwulstkeim schaffen. Die andere Frage betreffe die Art der 
Kräfte, die in der Fähigkeit der Tumorzellen, bei ihrer Wucherung 
speziell in organartigem Bau sich zusammenzufinden, zum Ausdruck 


kommt. Da die ätiologischen Fragen der Organogenie entwicklungs¬ 
mechanische Probleme sind, so sei anch die Frage der Entstehung 
eines Tumors ein entwicklungsmecbanisches Problem von der grund¬ 
sätzlich gleichen Art wie der Werdegang irgendeines Organs. 

An der Hand der Erscheinungsformen der Tumoren erörtert 
nun der Vortragende des ausführlichen die Möglichkeit, die sich 
nach Eugen Al brecht entwicklungsmechanisch für die Schaffung 
einer Geschwulstanlage ergeben. (Siehe B. T. W. 1908, S. 66.) 

Als logisches Postulat habe sich für die Vorgänge der normalen 
Entwicklung aus den verschiedensten Untersuchungen die Existenz 
chemischer, spezifisch organbildender Stoffe ergeben. 

Man müsse sich daher vorstellen, daß bei der durch die 
organischen Stoffe bewirkten Differenzierung der in der Bildung 
begriffenen Organverbände in gewissen Zellkomplexen Störungen 
unterlaufen, die zunächst mal deren Isolierung veranlassen, und so 
den Geschwulstkeim schaffen. Die organologische Betrachtung der 
Tumoren zwingen uns dann, für die Onkologie atypische, organogene 
Bildungsstoffe in Anspruch zu nehmen; die in weiterer Folge die 
Wachstumstätigkeit der Tumorzellen dirigieren. Für die Entstehung 
der bösartigen Tumoren könne man sich nur vorstellen, daß be¬ 
sondere chemische Stoffe von malignem Charakter ihre Wii ksamkeit 
als auslösendes Moment hier ausüben, die sowohl organoide Wuchs¬ 
stoffe an sich sind, als auch zugleich schrankenloses Wachstum 
auslösen. Der Vortragende rekapitulierte, daß die letzte Frage in 
| der Geschwulstlehre nicht eine Frage nach der Zellwucherung, 
sondern nach den Abnormitäten der Organbildung sei, sowohl der 
embryonalen wie postembryonalen Entwicklung. Wie die im Laufe 
der normalen Ontogenese vorgesehenen Bildungsfaktoren dem 
Chemismus des Körpers angehören, so sei auch das zelluläre Problem 
der Tumorengenese ein rein chemisches. 

In der Diskussion bemerkt zunächstVet.-Rat Rickmann-Höchst 
als Stütze der Jäger sehen Erklärung, daß chemische Agentien für 
die Genese der Tumoren in Betracht zu ziehen sind, könne es 
dienen, daß in Anilinbetrieben Blasentumoren in besonders auf¬ 
fallender Weise und Anzahl beobachtet werden. Es handelt sich 
in diesen Fällen um Karzinome meist bösartigen Charakters. 
Dieselben werden bei Menschen jeden Alters, auch bei jugendlichen 
Individuen gefunden. 

Professor Dr. Peter-Hamburg erkundigt sich nach dem Stande 
der Frage der parasitären Entstehung der malignen Tumoren, indem 
er daran erinnert, daß es Sticker gelungen sei, Sarkome von Tier 
zu Tier durch verschiedene Generationen zu übertragen. 

Dr. Jäger: Die Frage der positiven Übertragung von Sarkomen 
bei Hunden, von malignen Tumoren allgemein bei Mäusen erklärt 
sich sehr wohl im Rahmen der organoiden Entstehungstheorie der 
Tumoren. 

Dr. Schipp-Gießen wünscht Auskunft über das Vorkommen der 
Hamartome bei Haustieren und über die Unterscheidung dieser 
Tumoren von chronisch entzündlichen Vorgängen nnd weist auf 
die Schwierigkeiten der Diagnostik bei bösartigen Epithel Wucherungen 
hin, worauf 

Dr. Jäge r-Frankfurt erwidert, daß er bei sämtlichen Haustieren 
Hamartome verschiedenster Art gefunden habe. Hamartome seien 
durch ihre Abgeschlossenheit gegen das umgebende Gewebe scharf 
unterschieden von chronisch entzündlichen Vorgängen. 

Dr. Prof 6-Köln: Bei Tumortransplantationen bei Mäusen ist die 
Zahl der mit Erfolg behandelten Mäuse eine wechselnde. Spätere 
Generationen wachsen häufiger an, bis zu 90 Proz.; weiterhin tritt 
meist ziemlich schnell Abfall ein. 

Auf einer gewissen Höhe zeigen die Tumoren ausgesprochene 
Neigung zu Metastasenbildung. Bei Infektionsversuchen mit 
Kulturen, die zwar hinsichtlich des Nachweises eines Infektions¬ 
erregers negativ ausfielen, die aber zu Tumorbildung führten, hat 
offensichtlich das Trauma als ätiologisches Moment gedient. 

Dr. Jäger teilt diese Ansicht. Er kann die Beobachtungen des 
Vorredners hinsichtlich des Verhaltens der Mäusekarzinome aus 
eigner Erfahrung bestätigen. 

An zweiter Stelle spricht Professor Dr. Peter-Hamburg: „Die 
Neurektomie In der tierärztlichen Praxis“. Der Vortrag wird in dieser 
Zeitschrift in extenso veröffentlicht werden. Es folgt daher hier 
nur eine Wiedergabe der Schlußsätze: 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


774 


Die besten Erfolge sind nach alter Erfahrung von der Doppel- 
neurektomio der Volar- und Plantarnerven zu erwarten. 

Es bestätigt sich immer wieder, daß diese Operation das beste 
Palliativmittel gegen die Podotrochlitis chronica darstellt, welche 
Lahmheit vor 100 Jahren den Engländern zur Erfindung dieser 
Neurektomie den Anlaß gab. Gleich gute Dienste leistet sie gegen 
die chronischen Arthriten und Periarthriten deB Kronengelenks und 
chronische Huflahmheiten, die mit Dislokationen oder Wucherungen 
der Homteile nicht verbunden sind. 

Die Doppelneurektomie des Tibialis und Peroneus gegen Spat 
hat verhältnismäßig günstige Resultate aufzuweisen, immerhin ist 
der Erfolg wechselnd und anscheinend der Regel nach nicht von 
Dauer. Zu empfehlen ist diese Neurektomie im allgemeinen gegen 
alle chronischen Entzündungen der Sprung- und der Fesselgelenke, 
sowie gegen Periostiten an den Metatarsalknochen. Eine annähernd 
gleiche Beurteilung hat sich die Doppelneurektomie des Medianus 
und Ulnaris in Beziehung auf die entsprechenden Krankheitszustände 
im Vorderfuß ejworben. 

Nicht zti empfehlen sind diese Doppelneurektomien gegen die 
häufige Tendinitis und Tendovaginitls chronica an den Beugern 
der Zehe. 

Für alle Arten dieser Operationsmethode haben als Kontra¬ 
indikationen zu gelten nicht nur die akuten, sondern auch alle 
chronischen Entzündungszustände des Hufes mit erheblichen Ver¬ 
lagerungen und Veränderungen der Hornkapsel und denjenigen Be¬ 
wegungsanomalien, die Greifen in die Ballen und auch Streichen an 
der Hufkrone verursachen können. 

Diskussion. 

Veterinärrat Ziegenbein-Wolmirstedt hält die Neurektomie für 
die ultima ratio. Bei Kaltblütern, bei denen er die Operation 
wegen Schale machte, hat er fast stets Ausschuhen danach 
gesehen. Edlere Pferde, wie Halbblüter, ertrugen die Operation 
besser. Bei zwei Halbblütern trat späterhin Sehnenzerreißung in 
der Höhe der Sesambeine bzw. Ausschuhen mit anschließender 
jauchiger Infiltration der Unterhaut und Septikämie ein. Der Be¬ 
sitzer muß vor der Operation stets auf die Gefahr des Ausschnhens 
hingewiesen werden. 

Prof. Dr. Peter-Hamburg: Die Häufigkeit der Exungulation nach 
Neurektomie, wie sie der Vorredner erlebt hat, ist auf besondere 
unglückliche Umstände zurückzuführen. Pferde mit flachen, wenig 
tragfähigen Hufen dürfen nicht neurektomiert werden. Die Zer¬ 
reißung der Beugesehne könne durch einen schon vor der Operation 
an der Rupturstelle vorhanden gewesenen entzündlichen Krankheits¬ 
prozeß begünstigt worden sein. 

Veterinärrat Dr. Lothes-Köln stimmt Ziegenbein darin bei, 
daß die Erfolge der Neurektomie sich bei Kaltblütern weniger 
günstig gestalten, als bei Halbblütern. Es liege dies daran, daß 
bei den ersteren ungleich häufiger abnorme Hufe Vorkommen als 
bei letzteren. Die Mehrzahl des rheinisch-belgischen und dänischen 
Kaltblutes habe mangelhafte Hufe, die die Neurektomie kontra- 
indiziert erscheinen lassen. 

Veterinärrat Dr. Fambach-Glauchau: Totale wie auch partielle 
Verknöcherung des Hufknorpels sind ebenfalls Kontraindikationen 
für die Neurektomie. 

Prof. Dr. Peter tritt dem bei. 

Als nächsten Gegenstand behandelt Dr. Jäger-Frankfurt a. M.: 
„Die Genese der pathologisch sich bildenden intralobularen, epithelialen 
Gallenkapillaren .“*) 

Leberzellen wie Gallengangsepithelien leiten sich bekanntlich 
cntwicklungsge8chichtlich von den gleichen Ausgangselementen her, 
den Zellen der aus dem kranialen Lebergange hervorsprossenden 
Leberzylindern. Auf einem späteren Stadium der Ontogenese bilden 
sich dann diese zum Teil zu dem Duktusbiliferi um, indem ihre 
Zellen zu kubischen bzw. zylindrischen Auskleidungselementen 
sich umformen. Zum anderen Teil differenzieren sich die Zellen 
weiter und erfahren ihre chemische Einstellung als gallesezeraierende 
Elemente. Bei dem Studium einer Aspergillusmykose der Rehleber 
ergaben sich mir nun äußerst interessante Einblicke in die Organologie 

*) Das Autoreferat wird auf Wunsch des Verfassers unverkürzt 
wiedergegeben. 


der embryonalen Leberzylinder, Ergebnisse, die befruchtend auch 
auf die Erkenntnis der organoiden Bildungsvorgänge wirken, wie 
sie der Tumorengenese zugrunde liegen. 

Es standen mir drei Lebern zur Verfügung, die alle das gleiche 
Bild boten. Ihre glatte Oberfläche weist einige flache Hervor¬ 
wölbungen auf, die auf dem Durchschnitt sich als bis apfelgroße, 
fast kugelrunde Knoten von weißgelblicher Farbe zu erkennen 
geben. In den die Knoten bildenden käsigen Massen ist jede Zell¬ 
struktur verloren gegangen. Sie sind erfüllt von einem dichten 
Pilzmycel, das einer Apergillusart angehört. Der Übergang aus 
dem nekrotischen Gewebe in das noch erhaltene vollzieht sich fast 
unvermittelt, es fügt sich an das erstere in scharfer Linie als ganz 
schmaler Saum ein lockeres, an auffallend großen jungen Fibro¬ 
blasten reiches Bindegewebe, dem dann das Leberparenchym in 
normaler Konfiguration und Beschaffenheit sich anschließt. 

Nur ein eigenartiger Vorgang beherrscht die weitere Parenchym¬ 
umgebung der Pilzherde. Die peripheren Winkelstellen der Leber¬ 
läppchen werden von einem Kranze epithelialer Zellschläuche um¬ 
geben, die alle Eigenschaften kleinster präkapillarer Gallengänge 
aufweisen. Sie sind in bestimmter Ordnung gruppiert, indem sie 
radienförmig im Anschluß an das bindegewebige Zentrum in die 
Umgebung ausstrahlen. Die Leberläppchen sind infolge dieser 
örtlichen Beziehung der Epithelkanälchen zu den Winkelstellen in 
ihren Außenbezirken gleichsam in die epithelialen Schläuche auf¬ 
geteilt. In den vorgeschrittenen Stadien des Prozesses werden 
auch die breiten Berührungsflächen der Lobuli von diesen Vor¬ 
gängen betroffen, und schließlich können ganze Leberläppchen von 
dem Gefüge der epithelialen Zellschläuche ersetzt werden. Die 
Epithelkanälchen besitzen eine ausgesprochene trabekuläre Struktur, 
die noch besonders dadurch zum Ausdruck kommt, daß sie in 
ihrem Verlauf nach der Läppchenmitte zu in direktem Anschluß 
an die Leberzellbalken stehen, also eine offensichtliche Einreihung 
in deren System erfahren haben. Die Orientierung der einzelnen 
Elemente der Zellschläuche ist derart, daß sie zwei Reihen dicht 
stehender wohl charakterisierter Epithelzellen bilden, die zwischen 
sich eine deutliche Lichtung fassen, dife besonders im Querschnitt 
der Trabekeln zur Geltung kommt. Die Epithelzellen zeigen eine 
weitgehende Übereinstimmung mit den Epithelien präkapillarer 
Gallengänge, mit denen sie sowohl die kubische Gestalt und die 
basale Kernlagerung, wie die helle Tinktion des Protoplasmas ge¬ 
meinsam haben. Das umgebende Leberparenchym bietet sich in 
durchaus normalem Bilde dar. 

Äußerst prägnante Bilder bieten Anfangsstadien des Prozesses. 
In dem Verbände einzelner Leberzellbalken, ohne daß seine Balken¬ 
anordnung sich lockerte, sieht man im Anschluß an große, 
sphärisch-polygonale Leberzellen plötzlich Zelldifferenzen auftreten. 
In dem Verlauf der einzelnen Trabekeln erscheint an Stelle des 
Leberzellenparenchyms ein der Zellgrenzen entbehrendes, syncytium- 
artiges Protoplasma, in dem dichtgedrängte Kerne auftreten, die 
sowohl in ihrer ovalen Form wie in ihrer Chromatinlagerung’ 
typische Veränderungen gegenüber den Leberzellkernen aufweisen. 
Durch ihr Kernbild und ihre helle Protoplasmatinktdon charak¬ 
terisieren sich die neuen Elemente der Leberzellbalken offen¬ 
sichtlich als den Gallengangsepithelien sehr nahestehende Gebilde. 
In der Tat nehmen sie im trabekulären Verlauf sehr bald jenen 
ausgeprägten Epithelcbarakter an, der sie an die Seite der Gallen¬ 
gangsepithelien stellt Ihr Protoplasma erfährt eine deutliche Ab¬ 
grenzung, wobei sich die einzelnen Zellen wie Bausteine um ein 
Lumen formieren. 

An der capsula Glissonii der interlobulären Winkelstellen er¬ 
mangelt sowohl entzündliche Infiltration wie Umfangsvermehning 
des Bindegewebes. Auch die Gallengänge sind frei von ent¬ 
zündlichen Vorgängen. Dagegen erhalten die Gallengänge ein 
charakteristisches Bild in der weiten Nachbarschaft des Nekrose¬ 
knotens und am Leberhilus durch die massenhafte Aussprossung 
von Epithelschläuchen, die in dichter Lagerung wie adenoide Ge¬ 
bilde die unmittelbare Umgebung besetzt halten. Ein Zusammen¬ 
hang zwischen ihnen und den neuentstandenen epithelialen Gallen¬ 
kapillaren in den Leberläppchen ist nicht nachzuweisen. Beide 
Bildungen treten gänzlich unabhängig von einander auf. Die 
gleichen Vorgänge spielen sich in der Gallenblasenwand ab. 



22. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


775 


Faßt man diese verschiedenen Dinge zusammen, so drängt sich 
einem geradezu die Deutung auf, daß die neu entstandenen intra¬ 
lobulären epithelialen Gallenkapillaren nur zu den Leberzellbalken 
in genetischer Beziehung stehen können. Man kann im Verbände 
der Baikenstruktur die symptomenlose Vermehrung bzw. Aufteilung 
der Leberzellen fast beobachten, wobei nicht Tochtergebilde 
resultieren, die den Mutterzellen gleichen, sondern Zellen, die mit 
den embryonalen Schwesterelementen der Leberzellen, 
den Gallengangsepithelien, identisch sind. 

In analoger Weise wie der eingangs dargelegte Entwicklungs¬ 
gang der embryonalen Leberzylinder läuft der Prozeß, nur in um¬ 
gekehrter Richtung, offenbar hier ab, indem die Leberzellen aus 
ihrem parenchymalen, also sicher hoch spezialisierten Zustand in 
den einer lediglich auskleidenden Zelle übergehen. Wir werden 
uns darüber nicht zweifelhaft sein können, daß dieser Vorgang den 
Charakter eines Rückbildungsprozesses in sich schließt, daß mit 
der Aufteilung der Leberzellen eine Rückkehr zum embryonalen 
Typus erfolgt. In diesem Sinne präsentieren sich die intralobulären 
Epithelkanälchen als entdifferenzierte Leberbalken. 

Analog dem progressiven Auftreten epithelialer Gallengangs¬ 
elemente in den Epithelbalken der Leberläppchen findet bedeut¬ 
samerweise eine solche Massenzunahme der Gallengangsepithelien 
auch in dem intralobulären Kanalsystem statt, nur daß sie hier 
sich aus einer Proliferation der präexistenten herleitet. Aber es 
handelt sich hier wie dort bei den neu entstandenen Epithel¬ 
formationen um prinzipiell gleichartige Bildungen. In beiden 
Fällen sind es Gebilde, deren Elemente Gallengangsepithelien 
dar 8 tellen. 

Bei kritischer Würdigung all’ dieser Erscheinungsformen kann es 
dann keinem Zweifel unterliegen, daß die adenomatöse Entartung 
der intralobulären Gallengängc und die progressive Umwandlung 
der Leberzellbalken zu selbständigen, epithelialen Gallenkapillaren 
eine gemeinsame ätiologische Basis besitzen, daß die Ursache der 
Gallengang 8 wucherung zugleich auch das Auftreten der Epithel¬ 
kanälchen veranlaßt. Gallengangsepithelien wie Leberzellen proli- 
ferien, nur daß die letzteren hierbei morphologisch wie physiologisch 
in den Zustand epithelialer Auskleidungselemente zurückfallen, wie 
ihn die ersteren darstellten, als sie bei ihrer Bildung aus dem ent¬ 
wicklungsgeschichtlich gleichen Ausgangstypus,, den Leberzylindern, 
keine Höherenentwicklung erfuhren: bei der Aufteilung der Leber¬ 
zellen scheidet hier also das Moment ihrer Weiterdifferenzierung aus. 

Das massenhafte Auftreten der Epithelkanälchen ist dem¬ 
nach aus einem organoiden Wucherungsprozeß im Ent¬ 
wicklungsbereich der embryonalen Leberzylinder zu er¬ 
klären, der mit einer Entdifferenzierung ihrer höchst 
organisierten Elemente, der Leberzellen, einhergeht. Die 
Faktoren, die zum Ausgangspunkt werden, sind in der Stoffwechsel- 
sphäre des Aspergillusherdes gegeben, aus der organogene Wucher¬ 
stoffe hervorgehen. 

Wir sehen, das die Pathogenese der beschriebenen Epithel¬ 
kanälchen einen instruktiven Beitrag bietet zur Erkenntnis des 
Wesens organogen wirkender, stofflicher Reize und der von ihnen 
ausgelösten organogenen Bildungsvorgänge: ein für die organoide 
Auffassung der Tumoren bochbedeutsamer Prozeß. 

Diskussion: 

Dr. Mießner-Bromberg vertritt die Ansicht, daß die Gallen¬ 
kapillaren nicht infolge des Reizes der Aspergillus-Ausscheidungen 
entstanden sind, sondern gewisse Regenerationserscheinungen 
darstellen, zu welchen der durch die Geschwulst bedingte Untergang 
von Leberzellen Anlaß gegeben habe. 

Dr. Jäger-Frankfurt widerspricht dem unter Hinweis auf seine 
im Vortrage gegebenen Darlegungen. 

Dr. Freytag-Magdeburg hält es für unwahrscheinlich, daß aus 
Leberzellen Gallenepithelien entstehen könnten. 

Der folgende Redner ist Dr. Freytag-Magdeburg. Dieser erledigt 
das Thema: „Bekämpfung der Maul- und Klauenseuohe mittelst Bosanats 
und Boeanols“ mit der kurzen Bemerkung, daß die günstige Wirkung 
dieser Mittel zu weiteren Versuchen auffordere und führt dann zu 
dem weiter von ihm angemeldeten Vortrage: „Was sind Blutplättchen? 
Ein Beitrag zum Wesen der Hämogloblnämie“ folgendes aus: Blut¬ 
plättchen entstehen durch Trennung des Hämoglobins vom Blut¬ 


körperchenstroma. Dieser Vorgang läßt sich durch gewisse Mittel 
experimentell erzeugen. Entsprechend ist wahrscheinlich die 
Trennung bei der Hämoglobinäinie zu denken. 

Nach Kokaininjektion bei Kaninchen sah Referent das Blut 
schwarz werden, d. h. das Hämoglobin war in das Serum übor- 
getreten. Geeignete Gegenmittel müßten einmal diese Trennung 
hindern, andererseits die Vereinigung fördern. 

Die Hämoglobinämie besteht mehr in der Änderung des bis¬ 
herigen physiologischen Verhaltens der Erythrocyten als in einer 
bakteriellen Schädigung. Die vorzeitige Trennung beider Bestand¬ 
teile der Erythrocyten bzw. Störung der Blutbildung ist die Folge 
entsprechender Anomalien des Blutbildungsortes, des Knochen¬ 
markes. 

Diskussion: 

Dr. Mießner-Bromberg ist nicht überzeugt davon, daß die Blut¬ 
plättchen hämoglobinfreie rote Blutkörperchen seien. Dagegen 
spreche der starke Chromatingehalt der roten Blutplättchen und die 
ungeheuer wechselnde Form dieser Körperchen. 

Dr. Freytag-Magdeburg: Blutplättchen als selbständige Form¬ 
elemente wie die Zellen gibt es nicht. Wie das schon Retterer 
ausgefiihrt hat, sind es nur Zerfallsprodukte. Es kommen hierfür 
Erythrocyten, Leukocyten und das Amphiplasma in Frage. 

(Fortsetzung folgt.) 

Trakehnen. 

Ihre Majestät die deutsche Kaiserin und Königin von 
Preußen und die Prinzessin Victoria Luise kamen am 1. Oktober 
von Rominten nach Trakehnen herüber, um das Gestüt zu be¬ 
sichtigen. Herr Landstallmeister von Öttingen nahm mit 
seiner Familie sowie dem Herrn Grafen von Spohneck und dem 
Leiter der Arbeiten der deutschen Gesellschaft für Züchtungs¬ 
kunde, Herrn Professor Dr. Krämer-Berlin an der Rundfahrt 
über die Weiden im Jagdwagen teil, wobei die Kaiserin in an¬ 
regendster Unterhaltung großes Interesse für alle Fragen der 
Pferdezucht bewies und eine Reihe von photographischen Auf¬ 
nahmen machte. Von der Bevölkerung wurden die hohen Damen 
überall freudig begrüßt, und das herrliche Herbstwetter sowie 
die eigenartig stimmungsvolle Landschaft trugen das ihrige 
dazu bei, das Bild besonders reizvoll zu gestalten. 

50 jähriges Jubiläum als Tierarzt 

In voller körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische 
feierte am 1. Oktober d. J. Herr Kollege Siebert in Quedlin 
bürg sein 50jähriges Jubiläum als Tierarzt. Ferdinand 
Siebert wurde am 17. September 1833 in Oranienburg bei 
Berlin geboren und dortselbst im Waisenhaus erzogen. Er 
besuchte die damalige Tierarzneischule in Berlin und wurde am 
1. Oktober 1858 zum Unterroßarzt und 1874 zum Roßarzt 
befördert. Lange Jahre gehörte er dem Magd. Husaren-Regiment 
Nr. 10 (Garnison Schoenebeck a. E.) an. Nach Zurücklegung 
einer aktiven Dienstzeit von 35 Jahren, während welcher er an 
den Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 teilnahm und sich in 
denselben hervortat, ließ er sich pensionieren, verblieb aber als 
praktischer Tierarzt und Sanitätstierarzt in Schoenebeck a. E. 
Im Jahre 1892 gab Siebert die Praxis auf und verlegte seinen 
Wohnsitz nach Quedlinburg, wo er noch heute den Kollegen 
hilfreich zur Hand geht. 

Siebert gehört zu den Alten unseres Standes, auf welche 
wir stolz sind. Mit Treue und Hingebung hat er den schweren 
Pflichten der Praxis fünf Jahrzehnte hindurch obgelegen und 
sich großes Ansehen und allgemeine Beliebtheit erworben. Die¬ 
selbe kam auch an seinem Jubeltage zum Ausdruck, an welchem 
zahlreiche Glückwünsche von Kollegen und Bekannten aus nah 
und fern eingingen. Möge es dem verdienten Kollegen und 
seiner verehrten Gattin beschieden sein, die Früchte ihres 
arbeitsreichen Lebens noch recht viele Jahre in glücklicher, 
ungetrübter Zufriedenheit zu genießen. 




776 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


Herbstversammlung (98.) des Vereins Schlesischer Tierärzte 

zu Breslau (Konzerthaus Gartenstraße 39/41) 
am 25. Oktober 1908. 

I. Vorstandssitzung VaK* Uhr (Saal im 1. Obergeschoß). 

II. Gruppensitzungen 10—11 Uhr. 

(Die Gruppe der beamteten Tierärzte tagt im Saale des 

1. Obergeschosses, die Gruppen der Schlachthoftierärzte und 
der Privattierärzte in den beiden Nebenräumen des Kammer¬ 
musiksaales.} 

III. Hauptversammlung 11 Uhr 

(im Saale des 1. Obergeschosses). 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Eingänge und Mitteilungen; 

b) Abgang und Aufnahme von Mitgliedern; 

c) Vorstandswahl; 

d) Wahlen für die Zentralvertretung der Tierärztlichen Ver¬ 
eine Preußens und den Deutschen Veterinärrat. 

2. Antrag Bermbach. 

Ref. Departementstierarzt Veterinärrat Be rmb ach-Oppeln. 

3. Erfahrungen bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose in 
Schlesien. 

Ref. Dr. L. Schmidt, Tierarzt der Landwirtschaftskammer 
in Breslau. 

4. Besprechungen aus der Praxis. 

Um 2 Uhr gemeinsames Essen. 

Der Vorstand. I. A.: Ri eck. 

XXIX. Hauptversammlung des Vereins der OstpreuDischen Tierärzte 

am Sonntag, den 1.November 1908, vormittags 12Uhr, 
zu Königsberg i. Pr. im oberen Festsaale des Theater-Restaurants. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen. 

2. Rechnungslegung. 

3. Beratung und Beschlußfassung Uber neue Vereinssatzungen. 
Referent: Herr Veterinärrat Dr. Marx-Allenstein. 

• 4. Die biologischeDiagnostik der Infektionskrankheiten. Referent: 
Herr Direktor Dr. Müller-Königsberg. 

5. Allerlei aus der veterinär-polizeilichen und kurativen Praxis. 

Eine rege Beteiligung der Herren Kollegen auch als Gäste ist 

wegen Besprechung wichtiger Standesfragen erwünscht. 

Um 4 Uhr findet in denselben Räumen ein gemeinsames Mittag¬ 
essen statt. Anmeldungen zu letzterem wolle man bis zum 28. Ok¬ 
tober d. J. an Herrn Kreistierarzt Dr. Fischoeder, Schnürling- 
straßc 22, richten. Der Vorstand. I. A.: Dr. Mehrdorf. 

Seuohennachriohteu. 

Die Deutsche Veterinärpolizei hat einen seit langem fremd 
gewordenen Gast erhalten. In Ostpreußen ist die seit Jahr¬ 
zehnten in Deutschland getilgte Beschälseuche eingekehrt. Die 
Seuche ist in den Kreisen Lyck und Johannisburg aufgetreten 
und durch Hengste des Königlichen Landesgestütes Rastenburg 
übertragen worden, welche in der abgelaufenen Deckperiode 
auf der Station Baitkowen gestanden haben. Dorthin ist wahr¬ 
scheinlich eine kranke russische Stute geführt worden. Bei 
einem der Hengste ist die Beschälseuche festgestellt, in den 
genannten Kreisen sind eine Anzahl Stuten erkrankt. 

Die Maul- und Klauenseuche ist ausgebrochen auf dem Schlacht¬ 
viehmarkte zu Metz und im Kreise Ruppin, R.-B. Potsdam. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: den Kreistierärzten Richard 
Michalik- Lötzcn, Rudolf Lnrenx-Lyck, Emil FVerfricA-Kruschwitz, 
Edwin A’iW^r-Rybnik, Max, UVcwAc-Wittenberg, Heinrich A r w//-Brakel, 
Anton Heckeimann- Rennerod, Otto /MscÄ/e/tf-Kreuznach, Johann 
U7vs.w?^or/ f -Elberfeld der Charakter als Veterinärrat; — der Rote 
Adlerorden IV. Klasse dem Oberstabsveterinär Emst Höhnke beim 
(Hess.) Gardedragoner-Regt. Nr. 23. 


Ernennungen: Veterinärbeamte: Die Tierärzte Dr. Karl Qrabert 
zum zweiten Kreistierarzt in Stettin, Karl Hochstein-L&xki zum 
K. Bezirkstierarzt daselbst. — Schlachthofverwaltung: Die 
Tierärzte Gustav *Se*7*-Karls ruhe zum Schlachthaustierarzt in Mann¬ 
heim, Viktor Bach aus Oels i. Schl, zum II. Assistenztierarzt am 
Schlachthof in Königshtitte. — Versetzt: Die Kgl. Bezirkstierärzte 
Ludwig Westermaier von Aichach nach Fürstenfeldbruck, Sebastian 
Liebl von Neumarkt nach Riedenburg, Martin Sporer von Teuschnitz 
nach Marktheidenfeld. Dr. med. vet. Albert Möller in Polch zum 
Polizeitierarzt in Düsseldorf. 

Niederlassung: Tierarzt Bruno Oslerburg in Praust bei Danzig. 

Verzogen: Die Tierärzte Eugen Beck aus Bösingen und Adolf 
Aberle von Möhringen als Assistenten der Gr. Bezirkstierärzte nach 
Emmendingen bzw. Mosbach, August Zettl von Postau nach München, 
Tierarzt Dr. Schumacher , bisher am Schlachthof zu Mainz, als 
Assistent des Kreisveterinärarztes Dr. Sauer nach Groß-Gerau bei 
Darmstadt. 

In der Armee: Preußen: Befördert: Oberveterinär Marks im 
Ulan.-Regt. Nr. 7 zum Stabsveterinär; die Unterveterinäre Stange 
im Feldart.-Regt. Nr. 72, Stammer im Hus.-Regt. Nr. 14,- Schüler im 
Feldart.-Regt. Nr. 73 zu Oberveterinären, überetatsmäßiger Ober¬ 
veterinär Galke mit dem 1. August 1908 in eine etatsmäßige Ober¬ 
veterinärstelle eingerttckt; die Studierenden der Militär-Veterinär- 
Akademie Jachnke im Drag.-Regt. Nr. 5, Balxer im Feldart.-Regt. 
Nr. 56, Haneke im Feldart.-Regt. Nr. 72, Durchholx im Hus.-Regt. 
Nr. 13, Meyer ( Wtlh .) im Feldart.-Regt. Nr. 39 — sämtlich unter 
gleichzeitiger Kommandierung auf 6 Monate zur Militär-Lehrschmiede 
Berlin zum Unterveterinär. — Versetzt: Stabsveterinär Brokmann 
im Drag.-Regt. Nr. 12 zum Gren.-Regt. zu Pferde Nr. 3; die Ober- 
veterinäre Born im Ulan.-Regt. Nr. 15 behufs Wahrnehmung der 
Stabsveterinärgeschäfte zum Drag.-Regt Nr. 12, Kühn im Ktir.- 
Regt. Nr. 4 zum Feldart.-Regt. Nr. 25, Tiegs, Assistent bei der 
Militär-Lehrschmiede Königsberg i. Pr. zum Feldart.-Regt. Nr. 16, 
Reumann im Ulan.-Regt Nr. 9 als Assistent zur Militär-Lehrschmiede 
Königsberg i. Pr.; die Unterveterinäre Schüler im Drag.-Regt Nr. 22 
zum Feldart.-Regt. Nr. 73, Woggon im Hus.-Regt Nr. 5 zum Feldart.- 
Regt Nr. 3. 

Verabschiedet: Oberveterinär Pahl im 1. Garde-Feldart.-Regt. 
unter Verleihung des Charakters „Stabsveterinär“, Stabsveterinär 
Stottmeister vom Remontedepot Wirsitz, die Oberveterinäre Pfeffer¬ 
korn im Jäger-Regt. zu Pferde Nr. 2 und Neumann im Feldart.-Regt 
Nr. 75 in den Dienst der Remonteverwaltung übernommen. 

Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika: Oberveterinär 
Fontaine aus der Schutztruppe ausgeschieden und im 3. Garde- 
Ulanen-Regt wieder angestellt. 

Sachsen: Befördert: Die bisherigen Militärstudierenden 
Müller im 1. Feldart.-Rgt Nr. 12 und Bergelt im 4. Feldart-Regt. 
Nr. 48 unter gleichzeitiger Kommandierung auf 6 Monate zur Lehr¬ 
schmiede der Tierärztl. Hochschule zum Unterveterinär. — Versetzt: 
Oberveterinär Jurk vom Garde-Reiter-Regt. zum 3. Feldart.-Regt. 
Nr. 32, Unterveterinär Emshoff vom 1. Hus.-Regt. Nr. 18 zum 2. Ulan.- 
Regt. Nr. 18 und zum Patholog. Institut der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule Dresden kommandiert, Unterveterinär Ulbricht vom Garde- 
Reiter-Regt. zum 1. Hus.-Regt. Nr. 18. — Kommandiert: Ober- 
veterinär OoftschaUc im 4. Feldart.-Regt. Nr. 48 als Repetitor bei 
der Militär-Abteilung der Tierärztlichen Hochschule Dresden. 

Württemberg: Befördert: Stabsveterinär Breitschuh im 
Feldart.-Regt. Nr. 29 zum Oberstabsveterinär; die Studierenden der 
Militär-Veterinär-Akademie Neher im Ulan.-Regt. Nr. 19 und Bub 
im Drag.-Regt. Nr. 26 unter gleichzeitiger Kommandierung auf 
6 Monate zur Militär-Lehrschmiede Berlin zum Unterveterinär. 

Im Beurlaubtenstande: Preußen: Befördert: Die Unter- 
veterinäre der Reserve Dr. Herne (Bez.-Kdo. I Bochum [Garde]) 
und Zömer (Bez.-Kdo. Landsberg a. W.) zu Oberveterinären. — 
Abgang: Dem Oberveterinär der Landwehr 2. Aufgebots Wahldc 
(Bez.-Kdo. I Oldenburg) der erbetene Abschied bewilligt. 

Todesfall: Polizeitierarzt Wilh. Qrothe in Berlin. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 40 .) 

Sehlaohthofstellen: Witt stock (Dosse): Assistenztierarzt zum 
1. November er. Gehalt 150 M. monatlich. Bewerb, sofort an den 
Magistrat. 

Besetzt: Schlachthofstelle in Königshütte. 

Achtung: Neuerdings ist zur Niederlassung eines Tierarztes 
in Janowitz in Posen aufgefordert worden mit der falschen Angabe, 
daß dort kein Tierarzt ansässig sei. Deshalb soll hier festgestellt 
werden, daß in Janowitz der Tierarzt Dr. Liebetanz seit 7 Jahren 
praktiziert. Vor der Befolgung der offenbar irreführenden Annonce 
wird daher gewarnt. 


Ich bin von meiner Reise zurückgekehrt und werde mich beeilen, 
die inzwischen unerledigt gebliebenen Einsendungen und Anfragen 
zu bearbeiten. S chm alt z. 


Verantwortlich lur den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltx ln Berlin. — Vorlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetx in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 




Die ,(Berliner Tierärztlich© Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich im Verlag« von Richard Scboetz in 
Merlin SW. 48, Wilhulmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Origlnalbeltrftge werden mit 60 Klu, fn Petltsats mit 
00 Uk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafie 66. Korrektoren, 
Rezensions-Exemplare and Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departementa-T. in Cöln. 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Dr. Schlegel 

Professor in Frei bürg. 


Professor Dr. Peter 

8tasiaiierarzt für Hamburg. 

Dr. j. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Veterinärrat Peters 

Departements T. in Bromberg. 


Ober-Keg.-Rat Dr. Vogel 

Landeatierarzt in München. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Helfer 

8ch1achth.-Direktor in Mülhausen I 


Dr. H. Sieber 

am Tropenlnstitnt in Hamburg. 


Dr. Städter 

Stadt-Tiei arzt In Hamburg- 


Veterinärrat PreuSe 

Departements-T. ln Danzig. 

Wehrle Zündet 

Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarzt ln Mülhausen t E. 

Dr. Trapp Dr. Zimmermann 

am Kaiser Wilhelm-Institut ln Bromberg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. J\f$. 44 . Ansgegehen am 29. Oktober. 

Inhalt: Schlegel: Neoplasmen in den Nebennieren und accessorischen Nebennieren beim Pferd und Rind. — Mleßner: 

Die Piroplasmosis der Schafe und ihre Beziehung zur sogenannten Bradsot — Vogel: Zur Frage der 
Gregarinose bei unsern Haustieren. — Stietenroth: Kaltwasseranwendung in der Bujatric. — Herhudt: Zwei 
Fälle von Krampf des cervix uteri als Ursache abnormer Geburt beim Rind? — Referate: Mießner: Die Mallein- 
reaktion. — Hebrant und Antoine: Über den Dammbruch des Hundes. — Graelin: Die Wirkungsweise des Pilokarpins. 
— Eloire: Die Kauterisation mit zwei Stiften. — Ronge: Starrkrampf beim Rinde. — Ansteckender Scheidenkatarrh der 
Rinder. — Zerreißung des Labmagens bei einer Kuh. — Zimmermann: Über das Klauensäckchen des Schafes. — Neuber: 
Das Verhalten der elastischen Fasern in der Haut, mit besonderer Rücksicht auf den Hautkrebs. — Uhlenhuth und 
Xylander: Antiformin ein bakterienauflösendes Desinfektionsmittel. — Uhlenhuth undWeidanz: Untersuchungen über die 
präventive Wirkung des Atoxvls im Vergleich mit Quecksilber bei der experimentellen Kaninebensyphilis. — Uhlenhuth und 
Hüben er: Über das Vorkommen von Bakterien der Paratypbus-B-Gruppe in der Außenwelt. — Über das Vorkommen von 
Bakterien der Paratyphus-B-Gruppe in der Außenwelt. — Tageogeochlohte: Verschiedenes. — Tierhaltung und Tierzucht: 
Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus dem tierhygienischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

Neoplasmen in den Nebennieren und accessorischen 
Nebennieren beim Pferd und Rind. 

Von Prof. Dr. M. Schlegel in Freiburg i. Br. 

Schon in meinem Tätigkeitsbericht über das tierhygienische 
Institut der Universität Freiburg für die Jahre 1906 und 1907 
wurde darauf hingewiesen, daß ich seit einer Reihe von Jahren 
auf Grund fortlaufender Beobachtungen Nebennierengeschwülste 
zu untersuchen Gelegenheit hatte. Sie kamen mir als benigne 
und maligne, als einseitige und beiderseitige Neubildungen in 
kleinen Formen bis zu mächtigen Größen, lokal und generalisiert 
als ausgebreitetste Metastasen nnd Embolisierangen zu Gesicht. 

Zufolge der eingehenden anatomischen nnd histologischen 
Untersuchungen einer Auswahl von suprarenalen Tumoren konnte 
ich Kolloidcysten, Adenome, Kystadenome, Adenokarzinome, 
RundzeUensarkome, ferner Mischgeschwülste wie Adenosarkome, 
Adenosarkome mit Verkalkungen nnd Osteombildnngen, Angio- 
sarkome, generalisierte Angiosarkomatose (Pigmentsarkom, 
Peritheliom), Hypernephrome, Hypernephroma sarkomatodes mit 
Verkalkung nnd Verknöcherung nachweisen. Gleichzeitig habe 
ich in dem erwähnten Jahresbericht (Zeitschrift für Tiermedizin 
1908, 12. Bd., S. 282, 283, 297, 298 und 308—309) einen 
klassischen Fall einer malignen, generalisierten Karzinomatose, 
ausgehend von beiden Nebennieren, bei einem fünf Monate alten 
Stierrind geschildert, wobei am lebenden Rinde allgemeine 
Krebskachexie bestand, durch welche das Vorliegen von Tuber¬ 
kuloseverdacht vorgetäuscht wurde. Bei der Herausnahme der 
Eingeweide werden die Nebennierengeschwülste übrigens leicht 
übersehen oder verwechselt. 

Im laufenden Jahre verfüge ich wiederum über allgemein 
interessierende Neoplasmen der Nebennieren nnd Beinebennieren 
beim Rind nnd Pferd, so daß ich meine hierüber gesammelten 
FeststeUungen nachstehend zu besprechen für gerechtfertigt halte 
nnd zwar umsomehr, als die bisherigen literarischen Mitteilungen 


über Nebennierengeschwülste recht dürftige sind und dieselben 
offenbar und zwar besonders beim Rinde ein häufiges Vor¬ 
kommnis abgeben. 

Die Nebennieren weisen zuweilen diffuse Anschwellungen 
nach Art der Hypertrophie und Hyperplasie auf, oder es treten 
an denselben zirkumskripte, kleinere nnd größere, weiche, 
orangegelbe Knoten in der Rinden- oder Markschicht zutage, 
welche aus Nebennierengewebe zusammengesetzt sind. Sie ent¬ 
halten ein zartes Stroma mit vorwiegenden Gefäßkapillaren, die 
Blutgefäße bilden oft weite, spaltenförmige Räume. Um dasselbe 
sind bald haufenweise, bald säulenartig in einer oder zwei 
Reihen geordnete, bald netzförmig verbundene, meist polygonale 
oder rundliche, fettinfiltrierte Epithelzellen angereiht: kleinste 
Adenomknötchen. 

Außer diesen typisch anfgebanten Nebennierenbyperplasien 
und Adenomknötchen kommen Neubildungen von gewaltigem 
Umfange nnd Bedeutung vor, sie können in ihrem histologischen 
Aufbau von der normalen Nebenniere beträchtlich abweichen; 
die Ballen und Zylinder von Zellen erreichen dann große Aus¬ 
dehnungen, die Zellen können groß nnd polymorph bis lang¬ 
gestreckt anftreten und unregelmäßige, große Kembildungen 
annehmen; auch riesenzellenähnliche Formen und pigmenttragende 
Zellen sind zn sehen. Die ZeUstränge zeigen sich nicht immer 
solid, sondern auch mit zentralem, drüsenfthnlichem Lumen ans¬ 
gestattet nnd können dann Adenome bzw. Adenokarzinome be¬ 
nannt werden, wiewohl die normale Nebenniere streng genommen 
keine tnbnlöse oder alveoläre Drüse ist; denn entwicklungs¬ 
geschichtlich wird die Entstehung der Rinde der Nebenniere 
(nach Rabl, Semon, v. Spee usw.) vom Epithel der Urniere 
oder vom embryonalen Cölom abgeleitet, während die Mark- 
snbstanz aus Zellen, die sich von Ganglien des Nerv, sympathi- 
cns abschnüren, gebildet wird. 

Besonderes Interesse beanspruchen des weiteren die ganz 
ähnlich anfgebanten Neoplasmen, welche den accessorischen oder 







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No. 44. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


verlagerten Nebennieren und der aberrierten Nebennierenkeiinen 
entsprossen und die ich sowohl beim Rinde wie beim Pferde 
nachweisen konnte. Zumeist ist nur Rindengewebe selten Mark- 
Substanz verlagert, und die daraus entstehenden accessorischen 
Nebennierengeschwülste treten als bohnen- bis taubenei- oder 
faustgroße, den Nebennierengeschwülsten gleichgeartete Tumoren 
auf und zwar einseitig, beiderseitig und multipel (1—4 fach) 
vorkommend. Sie liegen dicht am vorderen Rand der Niere 
und Nebenniere und deren Nachbarschaft, an der Vena supra- 
renalis, auf der Vena cava, im retroperitonealen Gewebe usw. 
Gut und bösartig sich analog erweisende Tumoren können von 
solchen versprengten Nebennierenkeimen ihren Ursprung nehmen; 
unter den zwei untenstehenden Nebennierentumoren des Pferdes 
waren die Beinebennieren einmal und unter den 12 Fällen des 
Rindes zweimal befallen. 

a. Nebennierengeschwülste beim Pferd. 

I. Fall: 

Generalisierte Angiosarkomatose in beiden Nebennieren und 
in einer accessorischen Nebenniere, den Nieren und in deren 
Lyraphdrüsen, in der Leber, der Milz, im Darm und den 
Mesenterialdrüsen, Pankreas, im Ovarium und in beiden Lungen 
von einer 18 Jahre alten, abgemagerten und geschlachteten 
Braunstute mit Stern und Strich, leichtes Wagenpferd, Land¬ 
rasse, Fleischgewicht ca. 3 Zentner. 

Die linke Nebenniere ist rinderhodengroß und die rechte 
Nebenniere erreicht dieselbe Größe. Beide Nebennieren zeigen 
an der Oberfläche ein blaurotes bis schwärzliches Kolorit, sind 
stellenweise schwammig weich bis fluktuierend, an der Ober¬ 
fläche blasig-höckerig. Auf dem Halbierschnitt beider Neben¬ 
nieren findet sich ein V 2 — 1 cm breites, mattgrauweißes, leisten¬ 
artig vorspringendes, fibröses Stroma, welches ein grobes 
Maschenwerk bildet; die bindegewebigen Faserbündel stellen 
eine deutliche Felderung der Geschwulst her, indem die kaver¬ 
nösen Hohlräume linsen- bis kastaniengroßes, blauschwarzes, 
teils graurotes, kompaktes Geschwulstgewebe, teils dunkelbraun¬ 
schwarze, geschichtete Thromben, teils dickflüssiges, dunkelblau¬ 
rotes Blut enthalten. An einem Pol und der Peripherie beider 
Geschwülste finden sich noch Streifen normaler Nebennieren¬ 
rinde. In der Nähe derselben liegt eine taubeneigroße 
accessorische Nebenniere, in deren Parenchym drei wickenkorn- 
bis erbsengroße, dunkelbraunrote Geschwulststadien postiert sind. 

Die sonst normalen Nieren sind unter der Oberfläche, in 
der Rinden- und Markschicht von Dutzenden Stecknadelkopf- bis 
haselnußgroßen, schwarzblauen, fluktuierenden oder grauroten, 
kompakten Geschwulstembolien durchsetzt. Gleichgeartete Ge¬ 
schwülste sind auch im Bindegewebe der Nierenkapsel eingebettet. 

Die Leber enthält viele Dutzende miliarer bohnen- bis 
taubeneigroßer, cystoid-knotiger, dunkelblauer bis tuscheschwarzer, 
scharf umschriebener Tumoren, welche auf der Schnittfläche teils 
kompaktes Geschwulstgewebe, teils in kavernös erweiterten Ge¬ 
fäßen geschichtete Thromben enthalten. 

Die Milz ist um das Doppelte vergrößert und enthält im 
unteren Ende einen hühnereigroßen, dunkelblaugrauen, an der 
Oberfläche einen wickenkorngroßen Durchbruch aufweisenden 
Tumor, dessen Schnittfläche ein faseriges, grauweißes Gefüge 
zeigt, in dessen Hohlräumen sich zahlreiche rundliche oder ge¬ 
schlängelte, angiomatöse Gefäßerweiterungen finden; die laku¬ 
nären Erweiterungen bergen geschichtete, mit Geschwulstmasse 
infiltrierte Thromben; an einer anderen Stelle liegt im Milz¬ 


parenchym ein haselnußgroßer, grauweißer, braunrot ge¬ 
sprenkelter, solider Geschwulstherd. 

In der Submucosa des Dünndarms und Cöcums jiegen an 
drei Stellen haferkorngroße, dunkelbraune Geschwulststadien. 
Die Mesenterialdrüsen sind daumen- bis kastaniengroß, blaurot 
bis tintensckwarz. Die Schnittfläche ist bald dunkelrot punktiert, 
bald diffus schwarzbraun mit eingesprengten, graugelben Ge¬ 
schwulstflecken, bald mit zahlreichen melanotischen Pigmen¬ 
tierungen durchsetzt. 

Das Pankreas beherbergt zwei elliptische, haselnußgroße, 
graubraune Tumoren. 

Das eine hühnereigroße Ovarium ist blaugrau, schwammig, 
die Schnittfläche graugelb mit massenhaften kavernösen, steck- 
nadelkopf- bis linsengroßen runden oder gewunden verlaufenden 
Teleangiektasien, gefüllt mit schwarzbraunen Thromben oder 
Detritusmassen. 

Die Lunge ist stark vergrößert, die rechte Lunge wiegt 
2510 g. An der Lungenoberfläche und im Lungenparenchym 
finden sich in der rechten Lunge allein 177 gezählte Geschwulst¬ 
embolien von Linsen- bis Walnußgröße, mit teils violettem, teils 
graurotem, teils schwarzem Kolorit. Die Geschwulststadien sind 
auf der Schnittfläche bald cystoid und mit dickem blaurotem Blut 
gefüllt, bald mit derber, solider Geschwulstmasse gefüllt, welche 
orangerote bis sepiafarbene, fleckige Pigmentierungen anfweisen. 
Im Zentrum anderer Schnittflächen finden sich verfettete Detritus¬ 
massen, die Bronchien sind im Zustand chronischen Katarrhs 
mit froschlaichähnlichem, grauweißem Sekret erfüllt. 

Die Neoplasmen aller Organe weisen in typischer Über¬ 
einstimmung schwammige, schnellwüchsige Knoten mit ge¬ 
wucherten Blutgefäßen, kavernösen und lakunären Räumen auf, 
deren Peripherie von sarkomatösen Geschwulstmassen breit in¬ 
filtriert ist, während das Zentrum hochgradige hämorrhagische 
oder fettige Degenerationen zeigt; in den Nebennieren-, Nieren-, 
Lebertumoren usw. finden sich ausgebreitete schwarze und in 
den Lungenembolisierungen auch intensiv braune Pigmentierungen. 
Ob im vorliegenden Falle eine pathologische Hautpigmentierung, 
wie bei dem Morbus Addisonii, einer zur Kachexie führenden, 
von Nebennierenveränderungen abhängenden Allgemeinerkrankung 
des Menschen, Vorgelegen hat, konnte nicht eruiert werden. 

Histologisches: Schnittbilder aus den Nebennieren zeigen 
übereinstimmend denselben Befund. Die fibröse Kapsel und das 
Stützgerüst sind durch Proliferation erheblich verbreitert: in 
den Saftlücken liegen vielfach größere und kleinere Infiltrationen 
von Rundzellen. Das fibröse Gewebe ist daher reich an kleinen, 
spindeligen Zellen und auch Rundzellen. Unter der Tumorkapsel 
finden sich die zu deutlichen Bogen formierten Zylinderzellen 
der Zona arcuata, welche in der Nebenniere des Pferdes quer- 
gestelltes hohes Zylinderepithel trägt und stärker ausgeprägt 
ist, als beim Rinde, bei dem die Rindensubstanz eigentlich nur 
die Zona fasciculata und recticularis aufweist; die Zylinderzellen 
sind teils noch gut erhalten, teils von massenhaft einwucbernden 
Sarkomzellen erdrückt. Zellen der Zona fasciculata und reti¬ 
cularis sind nicht mehr nachzuweisen, sondern durch die vor¬ 
wiegend in den Gefäßwänden des Kapillarnetzes der Rinden¬ 
schicht üppig wuchernden größeren Spindelzellenzüge verdrängt, 
so daß die Entstehung der Geschwulst von den Perithelzellen 
(Adventitialzellen) der Gefäße abgeleitet werden kann. Das 
Stroma wie auch das neoplastische Sarkomgewebe führen nämlich 
zahlreich Vaskularisationen, viele stark gefüllte Kapillaren und 








BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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_ 29. Oktober 1908. 

sowohl teleangiektatische wie kavernös erweiterte Gefäße; an 
anderen SteUen sind die Blutgefäße zu größeren Lakunen um¬ 
gewandelt, oder es stehen größere und kleinere Blutextravasate 
zu Gefäßkapillaren in Beziehung und zeigen erhaltene oder in 
Zerfall begriffene oder gänzlich deletäre Erythrocyten, welchen 
stellenweise verfettete Sarkomzellen beigemengt sind. An 
Stroma und Gefäßen treten stellenweise hyaline Degenerationen 
auf; auch Fibrinnetze und geschichtete Thromben finden sich in 
den Lumina neugebildeter Gefäße und deren kavernösen Räumen, 
welche oft noch an der Tunica intima der sarkomatös ge¬ 
wucherten Gefäßwand eine Lage langgestrekter, in der Rand¬ 
ansicht spindelförmiger Endothelzellen enthalten. Die Gefä߬ 
wände und deren Umgebung sind von in verschiedenen 
Richtungen sich durchflechtenden Zügen der zuweilen schuppen¬ 
artig aneinandergelagerten, größeren spindelförmigen ZeUen, 
welche die Gefäße wie einen Mantel umgeben und zuweilen mit 
Rundzellen untermischt sind, nach Art eines Peritheliomes durch¬ 
setzt. Dieselben repräsentieren nebst den kavernösen und 
lakunären Blutherden bei weitem den Hauptanteil des Tumors. 
Viele spindelige Sarkomzellen beherbergen in kleineren und 
größeren Geschwulstflecken tuscheschwarzes körniges oder | 
scholliges amorphes Pigment (Pigmentsarkom). 

Die Metastasen in den übrigen Organen, wie in den 
Nieren, der Leber, den Lungen usw., kopieren den gleich¬ 
gearteten histologischen Aufbau wie die primären suprarenalen 
Tumoren: Um die miliaren bis linsengroßen cystoiden Er¬ 
weiterungen der größeren Gefäßveränderungen finden sich in 
der Nachbarschaft in dem sonst normalen Organgewebe viele 
gewucherte Kapillarnetze; alle Gefäßwände sind von mehr oder 
weniger breiten, oft röhrenartig angeordneten Zügen von großen 
Spindelzellen, zuweilen untermischt mit Rundzellen, durch¬ 
flochten; dieselben entsenden zuweilen papilläre Stränge von 
SpindelzeUen in das Gefäßlumen durch die zerstörten Blut¬ 
körperchen und die Thromben. Die GeschwulstzeUen tragen in 
den Nierenmetastasen weniger diffuse als mehr fleckweise auf¬ 
tretende melanotische Pigmentierungen, während die Geschwulst¬ 
zeUen in den Lungenembolisierungen sowohl ausgebreitetes 
tintenschwarzes Pigment, als auch flächenweise eine intensive, 
gelbe bis braune Pigmentierung aufweisen, so daß oft ganze 
Geschwulstflecken fuchsrot oder schwarz gefärbt sind. Die 
Lungenmetastasen werden durch ein in der näheren und 
weiteren Umgebung produziertes Bcirrhöses Bindegewebe wall¬ 
artig abgekapselt. 

Diese dem Typus J eines Angiosarkomes (Peritheliomes) 
entsprechende, große Tendenz zur ausgedehnten Metastasierung 
anfweisende Neubildung gehört zweifellos zu den größten 
Seltenheiten der tierischen Geschwülste. (Einsender: Kreis¬ 
tierarzt Anckly in Colmar, (Eis.) 

H. Fall: 

Kolloidcyste einer Nebenniere von einem 9 V 2 Jahre alten 
Braun-Wallach. 

Die faustgroße Geschwulst besitzt einen Durchmesser von 
beüäufig 11 cm, ist länglich rund, prall gespannt, blaugrau, 
fluktuierend. Die Schnittfläche quillt stark vor, der relativ 
dünne, glattwandige Cystensack birgt in dem nur spärlich ent¬ 
wickelten Bindegewebsgerüst eine dunkelbraune, breiig-weiche, 
gallertig gequollene und schmierig-fettige musähnliche Tumor¬ 
masse. (Fortsetzung folgt.) 


(Aus der Abteilung für Tierhygiene des Kaiser Wilhelms-Instituts 
zu Bromberg.) 

Die Piroplasmosis der Schafe und ihre Beziehung 
zur sogenannten Bradsot. 

Zum Artikel von Sonnenberg in Nr. 35 dieser Wochenschrift. 

Von Dr. Mieftner. 

Sonnenberg gibt in dem bezeichneten Artikel an, die 
Piroplasmosis ovium in Deutschland nachgewiesen zu haben und 
beschuldigt gleichzeitig die Piroplasmen als die Erreger der 
sogenannten Bradsot. Ich habe nun stets bei den hiesigen, im 
großen Maßstabe ausgeführten Schafobduktionen das Blut auf 
Pirosomen oder ähnliche Gebilde nach Giemsa und Romanowsky 
untersucht, niemals aber derartige Parasiten gefunden. Des¬ 
gleichen sind Blutübertragungen stets erfolglos geblieben. 

Hiernach muß ich annehmen, daß besonders bei der so¬ 
genannten Bradsot Blutparasiten der genannten Art nicht in 
Frage kommen. • 

Während meiner Abwesenheit hatte ferner mein erster 
Assistent Dr. Trapp Gelegenheit, die Befunde Sonnenbergs 
an Ort und Stelle nachzuprüfen. Auch hierbei konnten weder 
in den Sonnenbergschen Testpräparaten, wovon ich mich 
später selbst überzeugte, noch in frisch angefertigten Präparaten 
von Tieren, die nach Sonnenbergs Ansicht an derselben 
Krankheit litten resp. verendet waren,. Blutparasiten ermittelt 
werden. 

Die von Sonnenberg als Parasiten bezeichneten Flecke, 
zuweilen 5--6 auf einem Blutkörperchen, rühren von Farbnieder- 
schlägen her oder stellen Degenerationserscheinungen dar. 

Die in Gegenwart von Sonnenberg obduzierten beiden 
Lämmer waren kachektisch und zeigten in der Magenschleimhaut 
eine große Anzahl von Strongyliden (Strongylus ventriculi 
ovium), so daß die betreffenden Tiere wahrscheinlich an der 
Magenwurmseuche gelitten haben. 

Irgendwelche Blutparasiten konnten bei diesen Lämmern 
nicht ermittelt werden. 

Abgesehen davon, daß der Befund und das aus¬ 
schließliche Kranksein der Lämmer nicht für Bradsot 
sprechen, dürfte auch auf Grund der mikroskopischen 
Untersuchung und der Tierversuche der Nachweis von 
Pirosomen beim Schafe in den Sonnenbergschen Fällen 
nicht gelungen sein. 


Zur Frage der Gregarinose bei unsern Haustieren. 

Von Dr. Otto E. Vogel-Kreuznach. 

In B. T. W. 1908, S. 675flf. bringt Koiransky-Tambow 
einen Artikel über Gregarinen bei Haustieren, zu dem ich 
einiges zu bemerken habe. 

Mir scheint, der Verfasser hat mit der Gregarinen-Diagnose 
beim II. Fall erheblich daneben geraten. Als ich nämlich die 
Arbeit las, merkte ich sofort, daß hier unverkennbar die 
anatomischen Veränderungen beschrieben wurden, wie sie durch 
Laminosioptes gallinarum, die Bindegewebsmilbe des Huhns 
verursacht werden. Da Kollege K. in diesem Fall den mikro¬ 
skopischen Nachweis von Gregarinen schuldig geblieben ist, wird 
er seine Diagnose einstweilen in obigem Sinne ändern müssen. 

Ferner bin ich der Ansicht, daß auch beim V. Fall die 
Knötchen im subkutanen Bindegewebe durch dieselbe Milbe 
hervorgerufen worden waren, ohne anzweifeln zu wollen, daß 
die Veränderungen in den Eingeweiden tatsächlich durch 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHE NSCHRIFT. 


No. 44. 


Gregarinen veranlaßt worden sind. Diese hat Verfasser ja auch 
mikroskopisch nachgewiesen, aber gerade in den subkutanen 
Knötchen nicht. Beide Zustände, Gregarinose und Milben¬ 
erkrankung können ja ganz gut nebeneinander bestanden haben, 
was man um so eher annehmen kann, als durch Fall II das 
Vorhandensein von Laminosioptes im Hühnerbestand des Ver¬ 
fassers meines Erachtens erwiesen ist. 

Selbst wenn man von einer Fehldiagnose ganz abselien will, 
muß man jedenfalls der Absicht des Verfassers, die „Kalk- 
steinchen“ in Zukunft als diagnostischen Wegweiser zur Gre¬ 
garinose aufzustellen, widersprechen, weil diese verkalkten 
Bindegewebsknötchen beim Huhn eben ein charakteristisches 
Produkt der Laminosioptes sind. 


Kaltwasseranwendung in der Bujatric. 

Von A. Stietenroth- Halle i. Braunschw., 

prakt. Tierarzt. 

In den alljährlich herausgegebenen therapeutischen An¬ 
weisungen findet man noch immer die Empfehlungen, all die 
Leiden, die den Uterus betreifen, sei es Metritis, Vorfall der 
Gebärmutter oder Festsitzen der Nachgeburt, mit warmem Wasser 
zu behandeln. Die Mißerfolge bei dieser Behandlung, die ich 
zuerst auf das Hinzusetzen von reizenden karbolhaltigen Mitteln, 
wie Kreolin, Lysol, Bacillol und wie sie sonst alle heißen, zurück¬ 
führte und trotzdem hin und wieder zu verzeichnen hatte, als 
reizlose, wie Büro wache Mischung, Alaun, Borsäure, über¬ 
mangansaures Kali, an diese Stelle traten, ließen mich schon 
vor Jahren auf den Gedanken kommen, daß die Anwendung des 
warmen Wassers kontraindiziert sei. Seit ich diese Methode 
verlassen habe und kaltes Wasser an wende, trete ich mit großer 
Zuversicht an diese Zustände heran. Ich bin der festen Über¬ 
zeugung, daß Kühe warmes Wasser an und in der Tracht nicht 
gut vertragen können. Der günstige Kontrast beim Verlassen 
des warmen Wassers trat zu deutlich hervor. Auch bei Aus¬ 
spülungen gegen das Festsitzen der Nachgeburt ist das warme 
Wasser bei mir abgetan. Wiederholt habe ich Kühe gerettet, 
die durch Einschlauchungen mit warmem Wasser unter Zusatz 
von KreoUn, die die Besitzer mitunter von selbst anwenden, 
schon krank geworden waren. 

Karbolhaltige Zusätze unterlasse ich aus zweierlei Gründen, 
erstens, weil sie reizend auf die Schleimhaut des Uterus wirken, 
zweitens, weil die Besitzer diese Mittel kennen und sich hier in 
der Gegend in größeren Dörfern immer leicht verschaffen können. 
Bemerkt sei hierzu, daß eine Drogenhandlung in H. (Hameln) 
Drogen, mit den vorschriftsmäßigen Einrichtungen dazu, vielen 
Kaufleuten aufgeschwatzt hat. Ja sogar Injektionsmittel, wie 
Eserin, gibt sie an Laien ab. Auf den Schildern der Kaufleute 
liest man dann: „Drogen und Tierarzneimittel“. Auch ein Be¬ 
weis, wie man uns von dieser Seite ins Handwerk pfuscht. 
Bei Tierarzneiwaren wird es seitens der Drogisten und Apotheker 
nicht so genau genommen, wenn nur tüchtig abgesetzt wird. 
Das Auftauchen so vieler Tierheilmittel läßt schließen, daß das 
Geschäft rentabel ist. Dies sollte uns veranlassen, noch mehr 
tierärztliche Wirtschaftsgenossenschaften zu gründen. Sollte 
diesseits Berlin oder in Berlin selbst eine neue Genossenschaft 
sich bilden, so bin ich mit dabei, Posen ist zu weit entfernt. 
Nach dieser kleinen Abschweifung komme ich zum Thema zurück. 

Daß die Gebärmutter an und für sich eine höhere Tempe¬ 
ratur in diesen Zuständen besitzt, beweist, daß das nach einigen 


Minuten zurückgedrängte Wasser, welches vorher als kalt ein¬ 
geschlaucht ist, nun sich schon ganz warm anfühlt. Außerdem 
wird eingeführtes warmes Wasser die Vermehrung der durch die 
Zersetzung der Eihäute sich bildenden Fäulnisbakterien be¬ 
günstigen, während kaltes Wasser die Entwicklung hemmt. 

Das Ablösen der Nachgeburt, welches bei mir früher Be¬ 
denken erregte, weil Tiere ab und zu krank wurden, diese 
durch warme Ausspülungen noch kränker machte und letale 
Ausgänge herbeiführte, verursachte mir nun weniger Sorgen. 
Zieht der Besitzer das Ablösen den Ausschlauchungen vor, so 
versuche ich es am vierten Tage nach der Geburt. Es gelingt 
auch in vielen FäUen noch am fünften oder sechsten Tage, 
wobei man den Muttermund vorher erweitern muß. Bekanntlich 
ist es schwierig, aus der Spitze der Gebärmutter hervor die 
Eihäute vollständig zu holen. Ich löse letztere so weit als 
möglich ab und lasse dann, während die Hand in dem Horn 
bleibt, kaltes, mit Burowscher Mischung versetztes Wasser 
mittelst Schlauches in die Hornspitze laufen. Durch das Aus¬ 
dehnen der Tracht und der Karunkeln infolge Berieselns mit 
kaltem Wasser gelingt oft das Ablösen vollständig, ohne Zurück¬ 
bleiben von größeren Nachgeburtresten. 

Wenn die Eihäute nicht stark entwickelt sind oder nur 
teilweise den Karunkeln anhaften, mag die Trennung auch wohl 
am dritten Tage gelingen, meistenteils ist dies nicht der Fall, 
bevor nicht eine Zersetzung der Eihäute, die sich erst nach 
dem dritten Tage fühlbar macht, stattfindet. 

Obwohl man nun vor einem Krankwerden des Tieres bei 
meiner Behandlungsmethode gesichert ist, bleibt es hin und 
wieder nicht aus, daß Leukorrhöen sich bemerkbar machen. 
Eine unangenehme Zugabe, die aber in der Natur der Sach^ 
liegt. Ich führe sie nicht auf die Kaltwasseranwendung zurück, 
denn auch bei warmem Wasser stellen sie sich ein. Es wird 
weniger am Einschlauchen liegen, als vielmehr daran, daß 
Eihautreste und Wasser im Uterus Zurückbleiben. Könnte man 
den Irrigator nach dem Einschlauchen immer als Saugheber 
durch Niederhängenlassen des Trichterendes benutzen, so wäre 
dies ein wesentlicher Vorteil. Mitunter gelingt es, wenn Luft 
in die Scheiden- und Uterushöhle eindringen kann. 

I Wie schwierig es ist, den weißen Fluß zu unterdrücken — 
es braucht nicht der infektiöse Scheidenkatarrh zu sein —, weiß 
der Praktiker. Ich möchte hier auf die Behandlung mit Hefe¬ 
kulturen hinweisen. Kürzlich behandelte ich die Kuh eines 
Schlächters, bei der auch die Nachgeburt sitzen geblieben war. 
Nach Ausspülen und nachherigem Abholen machte sich auch 
der w'eiße Fluß bemerkbar. Als Ausspülungen mit Alaunwasser 
keine Besserung erzielten, sagte ich dem Schlächter, er möchte 
sich für 10 Pfennig Kuchenhefe, hier Gest genannt — Bierhefe 
ist hier nicht zu bekommen —, kaufen, diese eine Nacht durch 
Anrühren mit warmem Wasser im warmen Raume gären lassen, 
am andern Morgen den Brei der Kuh in der Scheidensohle 
herumzustreichen und letztere 24 Stunden später mit Wasser 
vermittelst Schlauches zu reinigen. Der Schlächter meldete 
mir, daß nach dieser Prozedur der weiße Fluß wie weggeblasen 
gewesen wäre. 

Zum Schluß mache ich nochmals darauf aufmerksam, wie 
ich dies schon in einem früheren Artikel getan habe, daß bei 
Vorfällen der Tracht Berieseln mit kaltem Wasser das Hinein¬ 
bringen wesentlich erleichtert und Entzündungen vorbeugt. 





29. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


781 


Zwei Fälle von Krampf der cervix uteri als Ursache 
abnormaler Geburt beim Rind? 

Von Tierarzt Herhudt-Bladiau (Ostpr.). 

Nach Prof, de Bruin kann eine Verengung des Mutter¬ 
mundes zurzeit der Geburt, die ein Geburtshindernis bildet, 
verursacht sein: 

a) durch knorpelförmige Entartung; 

b) durch Narbenretraktion nach Verletzungen bei Schwer¬ 

geburten ; 

c) durch Tumoren; 

d) Verwachsung der Wände des Zervikalkanals; 

e) Krampf der Muskulatur des Zervix. 

Bei der normalen Geburt sind es die Wehen, welche im 
Verein mit der Wasserblase eine Erweiterung der Öffnung be¬ 
wirken. Ist nun aus einer der vorgenannten Ursachen der 
Gebärmuttermund geschlossen, so kann die Wasserblase nicht 
in Funktion treten und die Eröffnung nicht stattfinden. 

Zwei derartige Fälle, die innerhalb eines Monats vorkamen, 
will ich hier, weil sie eine merkwürdige Übereinstimmung 
zeigten und an die Geduld ziemlich hohe Anforderung stellten, 
wiedergeben. 

Der eine Fall betraf die Kuh eines kleinen Besitzers, zu 
der ich am 28. April 1908 geholt wurde. Nach dem Vor¬ 
bericht sollte die Kuh schon seit dem Morgen heftige Wehen 
gezeigt haben, alle Anzeichen waren vorhanden, die Kuh drängte 
heftig, stand mit gekrümmtem Rücken und zuweilen konnte man 
Teile der Scheide zwischen den Labien sehen. Da man einen 
Vorfall der Gebärmutter fürchtete, hatte man die Kuh aufstehen 
lassen. So fand icli dieselbe vor. Signalement: Rfolländer Kuh, 
vier Jahre alt, hatte im vergangenen Jahre zum erstenmal 
gekalbt; wie der Besitzer versicherte, war die Geburt leicht 
gewesen. Bei der Untersuchung fand ich den Zervikalkanal bis 
auf etwa Fingerstärke verengt. Am Ende des etwa 10 cm 
langen Wulstes, der den Finger zusammenschnürte, fühlte ich 
die innere Öffnung und konnte auch zuweilen die Füße des 
Fötus erreichen. Das Kalb führte zeitweise äußerst heftige 
Bewegungen aus, wobei die Kuh dann immer drängte und mein 
Arm von den Fäkalien derselben beschmutzt wurde. Trotz fünf¬ 
stündiger Bemühungen gelang es mir aber nicht, eine genügende 
Erweiterung herbeizuführen und so entschloß ich mich denn, 
auf die Bitte des Besitzers, über Nacht dort zu bleiben. Am 

andern Tage sollten meine Bemühungen Erfolg haben. Aller¬ 

dings dauerte es noch drei Stunden, bis ich mühsam die Hand 
hindurchzwängen konnte. Gleich darauf trat die Blase hindurch 
und nach im ganzen fünf Stunden konnte die Geburt des gut 
entwickelten Bullkalbes endgültig erfolgen. Leider blieb das 
Junge nicht am Leben. Die Kuh wurde durch Unterlegen von 
Strohbündeln hinten hoch gelegt und eine Ausspülung der 

Gebärmutter mit einer lauwarmen lprom. Sublaminlösung vor¬ 
genommen. 

Der andere Fall verlief analog dem ersten. Auch hier 
handelte es sich um eine Kuh, die zum zweitenmal kalben 
sollte. Die erste Geburt war leicht gewesen. Nach der 

Extraktion des Kalbes trat eine Blutung ein, die durch Tam¬ 
ponade leicht gestillt wurde. Kuh und Kalb sind gesund 
geblieben. 


Referate. 

Pie Malleinreaktion. 

Von Dr. Mießner, Abteilungsvorsteher im Kaiser Wilhelms-Institut, 
Bromberg. 

(Archiv für wissenschaftliche and praktische Tierheilkunde, 34. Bd., 3. H.) 

Verfasser bespricht zunächst die Gründe, welchen die so 
verschiedene Beurteilung der Malleinprobe zuzuschreiben ist und 
erwähnt hierbei vor allem die Diagnose des Lungenrotzes. 
Während beispielsweise die französische Schule die meisten 
Knötchen in den Lungen auf Mallein reagierender Pferde für 
Rotz hält, sind mit Recht Schütz und seine Schule in der Be¬ 
urteilung rotziger Veränderungen viel vorsichtiger. Nach der 
Ansicht dieses Forschers müssen alle verkalkten oder glasig 
durchscheinenden Knötchen für die Produkte tierischer Parasiten 
gehalten werden. Dann kommt es sehr auf das zur Verwendung 
gelangte Mallein-Präparat an. Auch die als Maßstab für die 
Reaktion von den einzelnen Autoren aufgestellten Temperatur¬ 
werte sind wichtig. Außer dieser sogenannten thermischen 
Reaktion kommt noch nach Nocard, Hutyra, Schlegel etc. die 
lokale und die allgemeine Reaktion in Betracht. Zu den 
örtlichen Symptomen wird besonders eine an der Injektionsstelle 
ca. 3 Tage anhaltende Schwellung gerechnet. Dieselbe soll 
heiß, schmerzhaft sein und durchschnittlich die Größe einer 
Handfläche besitzen. Von allgemeinen Erscheinungen sind 
Mattigkeit, mangelnde Freßlust und Muskelzittern zu nennen. 

Im Laufe des Jahres 1907 hat nun Mießner insgesamt an 
24 Pferden, von denen 12 rotzfrei und 12 rotzkrank waren, 
sowie an 5 Versuchspferden zur Nachprüfung der oben er¬ 
wähnten Momente experimentiert und hierbei speziell geachtet 
auf: 1. Das Verhalten der ersten Malleinisierung in bezug auf 
thermische, lokale, allgemeine Reaktion; 2. Einfluß der ersten 
Malleinisierung auf die zweite; 3. Einfluß abgetöteter Rotz¬ 
bazillen auf die Malleinreaktion. Seine Resultate faßt Mießner 
wie folgt zusammen: 

1. Es kommen Fälle vor, in denen nach Einspritzung des 
Malleins gesunde Pferde reagieren und rotzkranke nicht, mithin 
ist Mallein kein sicheres Mittel zur Erkennung der 
Rotzkrankheit. 

2. Die Malleinreaktion ist als positiv zu bezeichnen, wenn 
die Reaktionstemperatur 2° und mehr beträgt. Schwellungen 
an der Injektionsstelle und Störungen im Allgemeinbefinden 
sprechen für Rotz. 

3. Die erste Malleinisierung hat bei gesunden Pferden auf 
die zweite keinen Einfluß, schwächt dagegen bei rotzkranken 
häufig die Wirkung der zweiten nach 2—3 Wochen wieder¬ 
holten Malleineinspritzung ab. Es ist deshalb unzulässig, in 
diesen kurzen Zwischenräumen eine zweite Malleinisierung aus- 
zufiihren. 

4. Bei gesunden Pferden wird nach Einspritzung von ab¬ 
getöteten Rotzbazillen durch die nachfolgende Malleinisierung 
eine Temperaturerhöhung nicht veranlaßt. 

5. Das Ausbleiben einer Malleinreaktion bei rotzkranken 
Pferden nach wiederholten Malleinisierungen ist kein Zeicheu 
dafür, daß der Rotz geheilt ist. 

6. Der Malleinisierung ist die Agglutination deswegen vor¬ 
zuziehen, weil mit ihr sichere Resultate zu erzielen sind und 
die Höhe des Agglutinationswertes Aufschluß darüber gibt, ob 
eine frische Rotzinfektion vorliegt oder nicht. Dazu kommt 
ferner, daß man mit Hilfe eines Standardserums imstande ist, 





782 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


den Titre der zur Agglutinationsprobe verwendeten Tast- 
üüssigkeit jederzeit zu prüfen. Eine ähnliche, gleich einfache 
Methode, die den Wert eines neu hergestellten Malleinpräparates 
angibt, besteht nicht. J. Schmidt. 

Über den Dammbruch des Hundes. 

Von Prof. Hebrant und Assistent Antoine. 

(Annalea de Bruxellei. Dezember 1907.) 

Die mit Dammbruch behafteten Hunde haben unter dem 
Anus eine rundliche, weiche, bis faustgroße, wenig schmerzhafte 
Geschwulst, die sich leicht zurückbringen läßt und deren Inhalt 
entweder von der Blase oder der Gebärmutter, oder dem Netz 
oder dem eingeknickten und delatierten Mastdarm, oder von 
mehreren dieser Organe zugleich gebildet wird. Ist die Blase 
im Bruchsack drin, so fühlt man beim Betasten ein Fluktuieren, 
auch geht das Harnen nur mühsam vor sich, und ist die 
Geschwulst selbst nach dem Urinieren viel kleiner geworden. 
Ist es der Mastdarm, so leidet der Hund fortwährend an hart¬ 
näckiger Verstopfung und geht der Kotabsatz nur unter 
Schmerzen vor sich. Beim Eingehen mit dem Finger in den 
Mastdarm fühlt man entweder eine Verlagerung oder eine Er¬ 
weiterung dieses Organs! Bei dieser Rektaluntersuchung kann 
man sich auch über die Beschaffenheit, die Giöße und die Lage 
der Prostata Gewißheit verschaffen. Ist das Netz darin, so 
fühlen die Finger bewegliche aufeinanderliegende Häute. Die 
Gebärmutter fühlt man als ein derbes Organ durch, das in das 
Becken hineinreicht ohne nach hinten in den Anus auszulaufen. 

Den Dammbruch trifft man gewöhnlich bei älteren Hunden 
an, die oft konstipiert sind, viel Knochen fressen, und bei 
welchen der häufige Druck auf den Mastdarm zur Kotentleerung 
eine Lageveränderung der Beckenorgane verursacht hat. 

Die Verfasser haben die Beobachtung gemacht, daß der 
Darombruch beim Rüden häufiger auftritt, als bei der Hündin, 
besonders wenn ersterer vom Begattungsakt fern gehalten wird 
und eine Hypertrophie der Prostota vorhanden ist. Diese wirkt 
bei Hunden, die oft auf dem Hinterteil sitzen, mit ihrem 
Gewicht vorerst auf die Blase und ihre Bänder ein und zieht 
sie gegen das Perinäum hin. Durch die Kompression, welche 
sie auf den Hamkanal und den Mastdarm ausübt, wird eine 
größere Kraft zur Harn- und Kotentleerung benötigt, durch 
welche die am Beckeneingang gelegenen Organe weiter nach 
hinten geschoben werden. Die Mastdarm-Blasen-, die Mastdarm- 
Tragsack und die Blasen-Tragsackausbuchtung nehmen dadurch 
an Tiefe zu, die Bänder der Verschiedenen Beckenorgane ver¬ 
längern sich infolge der Zerrung, wodurch den Organen selbst 
die Gelegenheit gegeben wird, sich zu verlagern, einzubiegen 
und einzuknicken und so ist der Bruch fertig. 

Die beste Behandlung, um das Leiden zn heilen, ist ein 
chirurgischer Eingriff, der folgende zwei Indikationen zu erfüllen 
hat: erstens den Bruchsack zu entfernen und zweitens die darin 
eingeschlossenen Organe in ihrer natürlichen Lage im Bauche 
festzuhalten. 

Die Verfasser verfahren dabei folgendermaßen: Nachdem der 
Hund während 24 Stunden gehungert hat, wird der Körperteil, 
an dem die Operation gemacht werden soll, anästhesiert und 
aseptisch gemacht; darauf wird der Bruchsack abgetastet, um 
zn fühlen, welche Organe drin sind. Sobald man das festgestellt 
hat, drückt man die darin sich befindlichen Organe in das Becken 
zurück, macht einen Schnitt in den Bruchsack und schneidet 


einen möglichst breiten Lappen zu beiden Seiten des Schnittes 
heraus. Es wird dann eine Etagennaht angelegt und zwar die 
in der Tiefe, um die verdickten Ränder des Peritoneums 
zusammenzubringen, aus Katgut, und die oberflächliche um die 
Haut zu vernähen, mit Seide. Die Wunde wird darauf mit 
JodoformkoUodium bedeckt. 

Sobald diese erste Operation zu Ende ist, so fängt man 
mit der zweiten an. Soll die Blase oder der Uterus fixiert 

werden, so schneidet man den Bauch bei der Hündin in der 

weißen Linie, beim Rüden neben dem Schlauche auf. Ist der 

Mastdarm zu fixieren, so macht man die Laparotomie am besten 
in der linken Flanke, sucht dann das Organ und kratzt mit dem 
Skalpel wie auch an der korrespondierenden Partie der Bauch¬ 
wand, wo es angeheftet werden soll, eine möglichst große Fläche 
ab und vernäht nun das Organ mit der Bauchwunde durch 

mehrere Knopfnähte. Diese müssen durch die Muskularis des 
Organs und durch die Muskulatur der Bauchwand hindurch¬ 
gehen. Die Verfasser legen bei einem großen Hund fünf Nähte 
an, die je 1 cm voneinander entfernt sind, und zwar drei mit 
schwarzer Seide, davon die zwei äußersten, und zwei mit Katgut. 
Die schwarze Seide nehmen sie deswegen, damit sie die Nähte, 
die später herauszunehmen sind, leichter finden. Die Hautränder 
werden über der Wunde mit zwei oder drei Nähten provisorisch 
vernäht, und das ganze mit Jodoformkollodium bedeckt und ein 
Verband darüber gelegt. Nach sechs bis sieben Tagen werden 
die mit schwarzer Seide gemachten Nähte herausgenommen und 
die Haut definitiv vernäht. Nach 10—15 Tagen kann die 
Wunde verheilt sein. Helfer. 

Die Wirkungsweise des Pilokarpins. 

Von Prof. Dr. Gmelin-Stuttgart. 

(Ans dem phyaiolog. Institut der tierärztlichen Hochschule in Stuttgart.) 

(Monatshefte für praktische Tierheilkunde, XIX. Bd., 7. u. 8. Heft, S. 360.) 

Die mit 18 Kurven versehene Arbeit, die auch für den 
Praktiker Bedeutung hat, führte zu folgenden Ergebnissen: 

Bei Pilokarpinvergiftung ist im Anfang der Sekretdruck 
gesteigert, aber er sinkt dann dauernd ab, entsprechend dem 
Absinken des Blutdruckes. Eine während der Pilokarpinwirkung 
erzeugte Steigerung des Blutdruckes hat nicht auch eine 
Steigerung des Sekretdruckes zur Folge. 

Im Stadium niedersten Druckes und größter Pulsfrequenz 
hat der Vagus seine Erregbarkeit verloren. Diese kann aber 
durch Nebennierenextrakt wieder hervorgerufen werden, weil 
der Vagus durch das Nebennierenextrakt vom Zentrum aus, 
durch das Pilokarpin aber an der Peripherie erregt wird. Zur 
letzteren Erregung genügen nach den Untersuchungen von 
Hedbom schon kleine Quantitäten. 

Daraus ergibt sich also, daß das Pilokarpin bei aHen 
Erkrankungen des Herzens kontraindiziert ist. Ebenso ist es 
nicht anwendbar bei allen jenen Erkrankungen, bei denen das 
Herz stark beansprucht wird. Völlig verfehlt ist seine An¬ 
wendung bei Lungenentzündung, weil das Pilokarpin eine 
Hypersekretion der Bronchialschleimhaut erzeugt und außerdem 
die Herztätigkeit steigert. Durch das Zusammenwirken dieser 
beiden Faktoren kommt es zu Lungenödem. Rdr. 

Die Kauterisation mit zwei Stiften. 

Von A. Eloire, Veterinär in C au dry, Frankreich. 

(Österr. Monatascbr. f. Tierheilk., 1908, S. 55.) 

Bei der Kauterisation mit zwei Stiften handelt es sich 
nicht etwa um eine neue, sondern um eine wahrscheinlich aus 



29. Oktober 1908. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 788 


Italien gekommene Heilmethode, die zuerst von Besnier und 
neuerdings von Labourand in Frankreich als ein Mittel zur 
heroischen Behandlung schwammiger, wuchernder, geschwüriger 
Skrofulodermiten, Fistelbildungen usw. angewendet worden ist. 
Der Vorgang besteht in der Benutzung zweier Stifte, eines aus 
gewöhnlichem salpetersaurem Silber und eines aus reinem 
metallischem Zink in Form und Größe eines Bleistifts. Man 
bestreicht die zu zerstörenden Substanzen erst mit dem Silber- 
nitrat-, dann mit dem Zinkstift. Eloire hat nun verschiedene 
Versuche mit dieser doppelten Kauterisation angestellt und sehr 
gute Erfolge mit denselben gezeitigt bei einer veralteten Wider- 
ristfistel, einer Zyste des Blingknorpels bei einer Dogge, bei 
den an den Euterzitzen der Kühe auftretenden Warzen, nach 
der Trayonotomie, bei Wucherungen und Geschwüren in der 
Fesselbeuge, bei Verletzungen durch Stollen, bei verschiedenen 
Papülomen, Geschwülsten der Haut (Kauterisation nach der 
Abtragung). — Diese Heilmethode gehört unstreitig in das 
Gebiet der Tierheilkunde; sie ist sehr billig, ihre Anwendung 
ist eine leichte und energische. Da die Berührung, namentlich 
die mit dem Zinkstifte, sehr schmerzhaft ist, sind Bremse, 
Fesseln usw. zu empfehlen. Richter. 

Starrkrampf beim Rinde. 

Von Stabsveterinär Ronge. 

(Zeltscbr. f. Veterinärk. 1908, 8. 161.) 

Ronge fand einen 3 / 4 jährigen Schnittochsen, der vor drei 
Wochen kastriert worden war, mit Starrkrampf behaftet. Das 
Tier war seit drei Tagen krank, lag scheinbar in Totenstarre 
und sollte getötet werden. Die rechte Kastrationswunde war 
so gut wie geheilt; die linke KastrationssteUe zeigte eine 3 cm 
lange Schnittwunde mit schwammig-dunkelroten Rändern, aus 
der sich trübes Sekret ausdrücken ließ. Ronge holte den 
Samenstrang hervor und entfernte nach dem Abbinden ein 10 cm 
langes Stück in Gemeinschaft mit einem handtellergroßen Haut¬ 
stück rings um die linke Kastrationswunde. Rechterseits wurde 
zur Sicherheit gleichfalls ein fünfmarkstückgroßes Hautstück 
herausgeschnitten. Desinfektion. Schon am nächsten Tage war 
eine Besserung eingetreten, nach drei Tagen konnte Patient 
zum Stehen gebracht werden, nach vier Wochen war er gesund. 
— Aus diesem Falle ist erneut der Schluß zu ziehen, daß bei 
Tetanus eine operative Behandlung versucht werden soll, falls 
die vermutliche Infektionsstelle bekannt ist. 

Richter. 

Ansteckender Scheidenkatarrh der Rinder. 

(Verüffentl. a. d. Jahrea-Veterinär-Rerichten der beamteten Tierärate Preußen* flir 
da* Jahr 1906. II. Teil. Zusammengestellt von VeterinErrat Nevermann. Berlin 1908.) 

Die Mitteilungen über das Auftreten dieser Krankheit aus 
den verschiedenen Kreisen, tierärztlichen wie landwirtschaft¬ 
lichen, lassen erkennen, daß zwar die Seuche in großer Aus¬ 
dehnung herrscht, sich jedoch der Charakter der Seuche wesentlich 
gemildert hat. Die in den beiden Vorjahren laut gewordenen 
Klagen über die durch die Seuche hervorgerufenen Nachteile 
deB Verkalbens, des Umrinderns, Gfistbleibens, von Störungen in 
der Futterverwertung und Milcherzeugung, sowie des gelegent¬ 
lichen Verendens von Tieren sind ganz verstummt. Über recht 
günstige Erfolge der therapeutischen Bekämpfung der Seuche 
berichtet Kreistierarzt Estor. Die aus Chinosol oder Ichthyol 
und Kakaobutter hergestellte Kugel (bzw. Stift) wird in die 
Scheide eingefülirt, durch Zuhalten der Schamlippen ca. drei 


Minuten lang fixiert und dann der Rest in das Innere geschoben. 
Schon eine dreimalige Behandlung innerhalb einer Woche führte 
zur Beseitigung bzw. Besserung der Erkrankung. Rdr. 

Zerreißung des Lahmagens bei einer Kuh. 

(Verüffentl. a. d. Jabres-Veterin&r-Bericliten der beamteten Tierärste Preußens f. <J. 

Jalir 1905. II. Teil. Berlin 1908.) 

Kreistierarzt Giickel fand bei der Sektion einer Kuh, die 
nur einen Tag lang krank gewesen sein soU, ein jauchige Bauch¬ 
fellentzündung, bedingt durch Zerreißung des Labmagens an der 
vorderen Fläche in der Längsrichtung. Die Ränder waren 
unregelmäßig gezackt und stark blutig. Labmagenzerreißungen 
kommen offenbar selten vor, denn weder Dieckerhoff noch 
Friedberger-Fröhner noch Harms erwähnen dieselbe in 
ihren Lehrbüchern. Rdr. 

Über das Klauensäckchen des Schafes. 

Von Dozent Dr. August Zi mm ermann -Budapest 

(Küzlcm^nyok ar öraecbascmitü £let-cs körtan körieböl VI. Band. 3. Heft.) 

Bei den Wiederkäuern bildet die äußere Haut an einzelnen 
Stellen eingenartige Einstülpungen, welche besonders durch 
ihren Drüsenreichtum auffallen und hauptsächlich an jenen Stellen 
der Körperoberfläche Platz nehmen, wo sich zwei Flächen treffen. 
Beim Schafe befindet sich eine solche eigentümliche, drüsenreiche 
Hauteinstülpung zwischen den Zehen. Dieses Gebilde, das 
KlauenBäckchen kommt, außer beim Schaf, noch bei ver¬ 
schiedenen Hir8cliarten vor, bei den Ziegen jedoch wo es 
Baioph beschrieben hat, konnte Verfasser, ebenso wie Tempel, 
kein Klauensäckchen nachweisen. Im übrigen stimmen die 
Resultate der histiologischen Untersuchungen des Verfassers mit 
den Angaben von Bai oph und Tempel im großen ganzen 
überein. In der Wand des Klauensäckchens kommen neben 
feinen Härchen gut entwickelte tubnlöse Drüsenknäuel vor, 
welche in der Lederhaut eine besondere Drüsenschicht bilden; 
ihr Sekret ist talgartig. In die Haarbälge münden die Ans¬ 
führungsgänge der alveolaren Talgdrüsen. Die sackartige Ein¬ 
stülpung der Haut wird von einer doppelwandigen Bindegewebs- 
kapsel eingefaßt. Der dickbreiige Inhalt dieser Schmiergrube 
(sinus cutis) wird beim Auftreten herausgepreßt und ist daher 
geeignet, bei jedem Tritt die innere Kronen- und Zehenfläche 
einzufetten und dadurch vor den schädlichen äußeren Einflüssen 
(Nässe, Kälte usw.), vor starkem Reiben zu schützen. 

Dr. Z. 

Das Verhalten der elastischen Fasern in der Haut, 
mit besonderer Rücksicht auf den Hautkrebs. 

Von Dr. Eduard Neuber. 

(Orvosi Hetilap. 1908. Nr. 5) 

Verfasser hat eine neue Methode der elektiven Färbung 
der elastischen Fasern der Haut konstruiert. Die mit essig¬ 
saurem Orcein bedeckten Schnitte kommen in den Thermostat, 
bis die 2,5 proz. Orceinlösung sich zu einem Brei eindickt; nun 
kommen die Schnitte in verdünnten Alkohol und werden dann 
einige Stunden lang in gewechseltem Wasser gewaschen. Nach 
dieser Vorbehandlung wird die Salzsäure-Orcein-Methylenblau- 
Färbung (nach Krystalo witz) angewandt. Bei dieser Färbung 
wird das Elastin und das verwandte Kollastin rotbraun, das 
Elacin und das verwandte Kolacin, das basophile Kollagen, die 
Zellkerne und das Protoplasma blau, das Kollagen gelb gefärbt 
Verfasser hat nun an reichlichem Material festgestellt, daß die 
Rundzelleninfiltration die elastischen Fasern mechanisch aus- 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


einander drängt und ihrer Auffaserung nnd ihrem Zerfall in 
Klümpchen nnd Schollen Vorschub leistet; niemals jedoch sah er, 
daß die Infiltrationszone ihre vollständige Zerstörung, ihr Ver¬ 
schwinden verursacht hätte. Die elastischen Fasern besitzen 
dem Verhornungsprozesse der Epithelnetze gegenüber eine 
herabgesetzte Widerstandsfähigkeit. 

Dr. Z. 

Antiformin ein bakterienanflösendes Desinfektions¬ 
mittel. 

Von Uhlenhuth und Xylander. 

(Berliner k'ininche Wochenschrift 1908, Nr. 29.) 

Verfasser haben in dem Antiformin (Alkalihypochlorit, 
.Alkalihydrat oder das bekannte Eau de Javelle mit Zusatz von 
freiem Alkali) ein ausgezeichnetes bakterienlösendes Mittel 
entdeckt. Die säurefesten Bakterien werden nicht angegriffen, 
man kann daher das Antiformin benutzen, um aus dem Sputum 
eines Phthisikers oder aus verfaulten tuberkulösen Organen 
beispielsweise mit Leichtigkeit Tuberkelbazillen zu züchten. 
Ferner zerstört es die Endotoxine vieler Bakterien, ohne die 
Antigene anzugreifen. Es verspricht daher das Antiformin als 
desinfizierendes, desodorierendes und immunisierendes Mittel weit¬ 
gehendste Anwendung. Das Liter kostet 50 Pfennige und ist 
durch Kühn, Berlin, Dirksenstraße, zu beziehen. 

Mießner. 

Untersuchungen über die präventive Wirkung 
des Atoxyls im Vergleich mit Quecksilber bei der 
experimentellen Kaninchensyphilis. 

Von Uhlenhuth und Weidanz. 

(Deutsche medizinische Wochenschrift 1908, Nr. 20.) 

Das von Uhlenhuth bei der Syphilis zuerst empfohlene 
Atoxyl hat sich nach dem Verfasser ausgezeichnet beim Menschen 
und Kaninchen bewährt. Auch ist das Atoxyl bezüglich seiner 
Präventivwirkung dem Quecksilber überlegen. Es sind ferner 
Schmierkuren mit Atoxylsalbe bei der Schlafkrankheit und der 
Syphilis im Gange. Mießner. 

Über das Vorkommen von Bakterien der Paratyphus- 
B-Gruppe in der Außenwelt. 

Von Uhlenhuth und Hübener. 

(Vcrciuslioilage der Deutschen militärärztlichen Zeitschrift 1908, 6. Juni, S. 27 30.) 

In der Sitzung der Berliner militärärztlichen Gesellschaft 
vom 21. Mai 1908 berichten Uhlenhuth und Hübener, daß 
es gelungen ist, in sechs von 100 untersuchten, einwandfreien 
Wurstproben Bakterien der Paratyphus-B-Gruppe nachzuweisen, 
ohne daß die Würste Gesundheitsschädigungen hervorgerufen 
hätten. Der gefundene Bazillus läßt sich zur Zeit nicht vom 
echten Paratyphus-B-Bazillus und dem Erreger der Fleisch¬ 
vergiftungen unterscheiden. Derartige Bakterien finden sich im 
Darm gesunder und schweinepestkranker Schweine, desgleichen 
ist er auch von den Verfassern bei der Kälberruhr beobachtet 
worden. Der von Jensen ermittelte Paracolibazillus unter¬ 
scheidet sich nicht vom Bazillus enteritidis Gaertner, dem 
Erreger der Fleischvergiftung. Uhlenhuth bezweifelt, daß 
diese Bakterien die primäre Ursache der Kälberruhr sind. Es 
haben aber die bei der Kälberruhr festgestellten Paratyphus B. 
Gaertner und auch Kolistämme eine große Bedeutung für die 
Beurteilung der Epidemiologie der Paratyphus, der Fleisch¬ 
vergiftungen etc. Mießner. 


Über das Vorkommen von Bakterien der Paratyphus- 
B-Gruppe in der Außenwelt. 

(Deutsche Medizinische Wochenschrift 1908, Nr. 2t.) 

Auf Grund seiner Untersuchungen nnd derjenigen in Ge¬ 
meinschaft mit Uhlenhuth, Xylander und Bohtz kommt Verfasser 
zu dem Ergebnis, daß die Bakterien der Paratyphus B-Gmppe, 
zu der der Hogcholera- oder Schweinepestbazillus, der 
Mäusetyphus- und Psittakosebazillus nnd einer bestimmten 
Art der Fleischvergiftungsbakterien gehören, sich nicht 
nur bei den betreffenden kranken Individuen finden, sondern 
auch in der Außenwelt, so in der Wurst, in den Ausscheidungen 
gesunder Menschen usw., oft nachzuweisen sind. Diese Fest¬ 
stellungen sind in klinischer, sanitätspolizeilicher und forensischer 
Beziehung von Wichtigkeit. Mießner. 


Tagesgeschlchte. 

Die preußische Beamtenbesoldnngsvorlage. 

Von Professor Schmaltz. 

Der Vorlage, welche eine fast allgemeine Aufbesserung der 
Gehälter der preußischen Beamten bringen sollte, hat man 
sicher überall mit größter Spannung, vielfach aber auch mit 
einem Bangen vor Enttäuschung entgegengesehen. Gewiß werden 
nach dem Erscheinen derselben die Urteile der verschiedenen 
Beamtenkategorien nicht ganz gleich ausfallen, und es wird 
daher jede gut tun, ihr Urteil lediglich vom eignen Standpunkt 
aus zu bilden. Das darf man aber wohl sagen, daß im all¬ 
gemeinen die Vorlage nur einen sehr guten Eindruck machen 
kann. Denn sie bringt in der Tat den überhaupt berück¬ 
sichtigten Beamtenklassen erhebliche Verbesserungen und läßt 
ein wirkliches Wohlwollen der Regierung für die Lage ihrer 
Beamten erkennen. Angenehm berührt es namentlich auch, daß 
die Beamten nicht gleichzeitig der vollen Kommunalbesteuerung 
unterworfen werden sollen, was der Verbesserung vielfach er¬ 
hebliche Abzüge entgegengestellt hätte. Ein eigenartiger 
Grundzug der ganzen Vorlage ist ferner, daß gerade diejenigen 
Beamtenklassen, die im allgemeinen bisher (teilweise mit Unrecht) 
als die bevorzugtesten auch in der Besoldung galten, zurück¬ 
treten. Dies gilt von den höheren Verwaltungsbeamten und von 
den Juristen und muß um so mehr bemerkt werden, als gerade 
diese Klassen in erster Linie in der Lage sind, ihre Wünsche 
zur Geltung zu bringen. Die Vortragenden Räte in den 
Ministerien werden nicht aufgebessert, obwohl deren Besoldung 
mit Rücksicht auf die Lebensbedürfnisse in Berlin und in An¬ 
betracht der Stellung keineswegs als hoch bezeichnet werden 
kann. Ebenso erhalten die Regierungsräte nichts, denen man 
wohl eine Aufbesserung gegönnt hätte, da immerhin an diese 
Beamten besondere Anforderungen gestellt werden. Dagegen 
sind alle anderen höheren Beamten „mit voller akademischer 
Ausbildung“ an die Regierungsräte herangerückt und im Höchst¬ 
gehalt ihnen gleichgestellt worden. Es wird nicht verkannt 
werden dürfen, daß diese Gleichstellung für manche Beamten¬ 
klassen nicht bloß eine absolute erhebliche Verbesserung, sondern 
auch eine relative Besserstellung gegenüber den Regierungs- 
räten bedeutet. Wenn z. B. die Oberlehrer jetzt im Höchst¬ 
gehalt den Regierungsräten und den Richtern gleichstehen, so 
stehen sie sich in Wirklichkeit insofern besser, als doch die 
(tatsächlich viel benutzte) Gelegenheit zum Nebenerwerb bei 
den Lehrern nicht ganz gering zu schätzen ist, während eine 
solche Gelegenheit bei den Erstgenannten durchaus wegfüllt. 





20. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Wenden wir uns nun den Beamten mit tierärztlicher 
Ausbildung zu, so ist zunächst allgemein zu bemerken, daß ihre 
Besoldungen denjenigen der entsprechenden Klassen von Be¬ 
amten „mit voller akademischer Ausbildung“ durchweg nicht 
vollkommen gleichgestellt worden sind, wenn auch der Unter¬ 
schied, wie wir im einzelnen sehen werden, ein mehr äußerlicher 
ist. Man kann über die Aufrechterhaltung dieser Unterscheidung 
verschieden denken; dagegen wird man aber nichts einwenden 
können, wenn zur „vollen akademischen Ausbildung“ auch die 
volle Vorbildung, d. h. das Reifezeugnis gerechnet wird, und 
man muß dann anerkennen, daß innerhalb unseres Berufes diese 
volle Ausbildung noch nicht vollkommen durchgeführt ist. Als 
ungerecht wird man daher die Unterscheidung nicht bezeichnen 
können, wenn wir natürlich auch erfreut gewesen wären, sie 
schon jetzt verschwinden zu sehen. Andererseits ist aber mit Be¬ 
friedigung festzustellen, daß in der neuen Vorlage der bisherige 
Unterschied erheblich verringert ist, und daß somit in der 
Annäherung an die anderen, schon länger im Besitz der Voll¬ 
bildung befindlichen Beamten ein weiterer Schritt vorwärts getan 
ist. Ziehen wir vollends den Vergleich rein vom materiellen 
Standpunkt aus, so schrumpft, wie sich aus folgendem ergibt, 
der verbleibende Unterschied außerordentlich zusammen. 

Sehen wir uns nun die Durchführung der oben hervor¬ 
gehobenen Grundzüge bei den einzelnen Abteilungen der 
Veterinärbeamten an, so ergibt sich folgendes Bild: 

Die 454 nicht vollbesoldeten Kreisärzte bezogen bisher ein 
Gehalt von 1800 bis 4200, im Durchschnitt 2700 M. Auf diesem 
Durchschnittsgehalt sind sie stehen geblieben, haben also eine 
Verbesserung nicht erfahren, und es ist nur insofern eine 
Änderung eingetreten, als das Höchstgehalt niedriger, auf 
3600 M. normiert worden ist. Dazu kommen durchschnittlich 
450 M. Stellenzulage und durchschnittlich 250 M. Amtsunkosten¬ 
entschädigung. Die in den letzten Etat für die Kreisärzte ein¬ 
gestellte Pauschalsumme für Reisekosten und Tagegelder beträgt 
865 000 M. Demgegenüber bezogen die Kreistierärzte bisher 
ein Durchschnittsgehalt von 1650 M., das heißt 1050 M. weniger 
als das Durchschnittsgehalt der Kreisärzte. Das Durchschnitts¬ 
gehalt ist jetzt auf 2100 M., also um 450 M., aufgebessert, und 
jene Differenz ist dadurch auf 600 M. vermindert worden. Die 
Gehälter betragen fortab 1200—3000 M. Dazu kommen 450 M. 
durchschnittliche Stellenzulage und 200 M. Amtsunkosten¬ 
entschädigung. Zu dem pensionsfähigen Gehalt werden bekanntlich 
1050 M. hinzugerechnet, so daß dasselbe den Höchstbetrag von 
4950 M. erreicht. Es wäre ebenso möglich gewesen, das Höchst¬ 
gehalt auf 3600 M. zu normieren, nur daß dann ein größerer 
Teil der Kreistierärzte in dem niedrigen Anfangsgehalt stehen 
geblieben wäre; es dürfte daher gerade den jüngeren Kreistier¬ 
ärzten willkommen sein, daß man unter Beschränkung der 
Maximalstufe auch sie an der Aufbesserung hat teilnehmen 
lassen. Rechnet man andererseits dazu, daß die Pauschal¬ 
summe für Reisekosten und Tagegelder der Kreistierärzte, 
wie angegeben wird, sich auf zirka anderthalb Millionen beläuft, 
so vermindert sich der tatsächliche Unterschied zwischen dem 
durchschnittlichen Diensteinkommen des Kreisarztes und des 
KreiBtierarztes bis zur Geringfügigkeit. Der Nachteil, welcher 
bestehen bleibt, liegt in dem Unterschied der Pension. 

Ein Interesse wird noch der Vergleich des Diensteinkommens 
der preußischen Kreistierärzte mit demjenigen derselben Beamten 
in anderen Bundesstaaten bieten, namentlich der Vergleich mit 


den Gehältern der bayerischen Bezirkstierärzte, die den Bezirks¬ 
ärzten gleichstehen. Da ergibt sich, daß die bayerischen 
Bezirkstierärzte mit 6000 M. Höchstgehalt weitaus am besten 
stehen. Indessen sind in allen Beamtenklassen die bayerischen 
Gehälter erheblich höher als die preußischen (Professoren z. B. 
8400 M., siehe unten), wobei aber wieder zu bedenken ist, daß 
Bayern, soviel ich weiß, keine Wohnungsgeldzuschüsse kennt. 
Die badischen Bezirkstierärzte mit 4800 M. pensionsfähigem 
Maximum stehen den preußischen Kreistierärzten gleich. Der 
korrekte Vergleich muß übrigens das gesamte Diensteinkommen, 
nicht bloß das feste Gehalt berücksichtigen. 

Von den in staatlichen Gestüten angestellten Tierärzten 
erhalten die Gestütsinspektoren und Oberroßärzte 3000 bis 
5400 M. (nach 15 Dienstjahren, bisher 3000 bis 4200 M.) und 
die Roßärzte 1800 bis 4500 M. (nach 24 Dienstjahren, bisher 
1800 bis 3000 M.) 

Die Departementstierärzte haben im Verhältnis zu den 
übrigen tierärztlichen Beamten und auch im Vergleich mit den 
Beamten überhaupt mit am besten abgeschnitten. Sie bezogen 
bisher 3600 bis 4800 M. und erhalten jetzt 4200 bis 6300 M. 
und zwar nach 12 jähriger Dienstzeit das Höchstgehalt. Das 
bedeutet also eine Verbesserung des Anfangsgehalts um 600 M. 
und des Höchstgehalts um 1500 M. Es gibt kaum eine Beamten¬ 
klasse, welche im Höchstgehalt einen so großen Sprung vorwärts 
gemacht hat. Da sie noch nicht Regierungs-Veterinärräte sind, 
so war nicht zu erwarten, daß sie im Gehalt den Regierungs¬ 
räten gleichgestellt werden würden. Bei näherer Betrachtung 
ergibt sich aber, daß eigentlich in Wirklichkeit schon die Gleich¬ 
stellung erfolgt ist. Die Anfangsgehälter sind gleich, der Abstand 
von 900 M. im Höchstgehalt aber wird dadurch ausgeglichen, 
daß die Departementstierärzte je 900 M. für die Verwaltung 
einer Kreistierarztstelle erhalten. Der Unterschied liegt auch 
hier nur in der Pension, da die 900 M. nicht pensionsfähig sind. 
Wenn man im übrigen die Nebeneinnahmen betrachtet, die 
der Departementstierarzt aus der Verwaltung der Kreistierarzt¬ 
stelle bezieht, so darf man wohl sagen, daß er zu der besser 
bezahlten Hälfte der höheren Regierungsbeamten gehört. Für ihn 
wird übrigens auch noch die Aufbesserung der Wohnungsgeld- 
zuschüsse in Betracht kommen, über die der Herr Finanzminister 
in der Sitzung vom Montag mitgeteilt hat, daß sie 5O 0 /o der 
bisherigen Bezüge betragen werde. 

Auch die Professoren an den Tierärztlichen Hochschulen 
haben sich noch eine kleine Differenzierung von den übrigen 
Hochschulprofessoren gefallen lassen müssen, die aber ebenfalls 
nur äußerlich ist. Sie bezogen bisher 3000 bis 6000, im Durch¬ 
schnitt 4500 M. und erhalten jetzt 4000 bis 6600, im Durch¬ 
schnitt also 5200 M. Wenn wir von den Universitäten, die 
sich zum Vergleich nicht eignen, absehen und die übrigen 
Hochschulen betrachten, so ist bei denen zunächst ein Unter¬ 
schied zwischen denen in Berlin und denen der Provinz gemacht. 
Die Professoren der Berliner Hochschulen erhalten im Durch¬ 
schnitt 6500 M., die Professoren der Provinzialhochschulen 
5500 M. Bei den ersteren ist eine Verbesserung überhaupt 
nicht eingetreten, bei den letzteren dagegen ist der Durchschnitt 
um 300 M. gegen früher gestiegen. Diese Gehälter steigen aber 
nicht nach dem Dienstalter, Mindest- und Höchstgehalt sind 
nicht festgesetzt, das Gehalt des Einzelnen unterliegt be¬ 
sonderer Abmessung. Es sind das die Professoren der Tech¬ 
nischen und der Landwirtschaftlichen Hochschulen und der 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


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Bergakademien. Die Besoldung der Professoren der Forst¬ 
akademien ist eine grundsätzlich andere, indem ihr Gehalt nach 
Dienstaltersstufen von 4200 bis 7200 M. wie dasjenige der 
Regierungsräte (Höchstgehalt in 15 Jahren) steigt. Die Ab¬ 
weichung in der Besoldung der tierärztlichen Professoren besteht 
zunächst darin, daß die Berliner nicht höhere Gehälter beziehen 
als diejenigen von Hannover. Dies erklärt sich aber daraus, 
daß von den zehn Berliner Professoren neun Dienstwohnungen 
haben, und daß diese Dienstwohnungen mit Recht höher bewertet 
werden, als der etatsmäßige Wohnungsgeldzuschuß beträgt; 
freilich wird diese Differenz nach der allgemeinen Erhöhung der 
Wohnungsgeldzuschüsse nicht mehr so hoch sein, wie sie an¬ 
gesetzt worden ist, sodaß hier immerhin eine relative Benachteili¬ 
gung eintritt. Betrachten wir nun aber das Gehalt der tierärzt¬ 
lichen Professoren insgesamt im Vergleich mit dem der Professoren 
der übrigen Provinzial-Hochschulen, so ergibt sich im Durcli- 
schnittsgehalt eine Differenz von 300 M. Dieser Minderbetrag 
wird jedoch völlig ausgeglichen dadurch, daß die Professoren 
an den Tierärztlichen Hochschulen im Gegensatz zu denen der 
Technischen Hochschulen, der Landwirtschaftlichen Hochschulen 
und Bergakademien im Gehalt nach Dienst altersstufen auf¬ 
steigen. Dies ist an sich aus verschiedenen Gründen ein 
Vorteil; es führt im übrigen aber in der Regel zu einer Er¬ 
höhung des Gesamtdurchschnittes, indem sich die Mehrzahl der 
Professoren in den höheren und höchsten Gehaltsstufen befindet. 
Die Professoren der Forstakademien beziehen zwar auch Gehalt 
nach Dienstaltersstufen, und das bis 7200 M., haben dafür 
aber keine Kolleggeldanteile. Mithin bleibt das Gehalt der 
tierärztlichen Professoren hinter dem der anderen Hochschul¬ 
lehrer in der Provinz faktisch nicht zurück; die früher be¬ 
stehende erhebliche Differenz ist so gut wie ausgeglichen. Die 
hier eingetretene Verbesserung beläuft sich auf 1000 M. im 
Anfangsgehalt und 600 M. im Höchstgehalt; sie wird außerdem 
dadurch gesteigert, daß letzteres Gehalt in 15 statt wie bisher 
in 21 Jahren erreicht wird. 

Zu der Gehaltsaufbesserung tritt noch eine immerhin er¬ 
hebliche Steigerung der Anteile an den Kolleggeldern. Bisher 
bezogen die Professoren, und zwar alle zu gleichen Teilen, aus 
der einkommenden Gesamtsumme ein Viertel; jetzt dagegen 
erhält jeder aus dem einkommenden Honorar 1500 M. vorweg 
und von dem verbleibenden Rest noch ein Viertel. Bei einer 
Frequenz von 200 Studenten beispielsweise kommen im Jahre 
40000 M. an Kollegiengeldern ein, wovon dem Kollegium bis¬ 
her 10000 M. zufielen, während ein Kollegium von 10 Mit¬ 
gliedern, wie das Berliner, jetzt 15 000 M. vorweg und von den 
übrigbleibenden 25 000 M. noch 6250 M., im ganzen also 
21250 M., mit anderen Worten doppelt so viel erhält. In 
bezug auf die Bemessung der Kolleganteile sind übrigens die 
Professoren sämtlicher Hochschulen, immer von den Universitäten 
abgesehen, völlig gleichgestellt mit Ausnahme derjenigen der 
Forstakademien, die, wie gesagt, keine Anteile erhalten. 

Ein erheblicher Nachteil besteht jedoch auch hier in dem 
Zurückbleiben des pensionsfähigen Gehalts, und gerade bei den 
Professoren zeigt sich die Benachteiligung gegenüber anderen, 
im Range sogar nachstehenden Beamtenkategorien besonders 
kraß. Denn die Gymnasiallehrer z. B. erreichen ein pensions¬ 
fähiges Gehalt von 7 200 M. und die Hochschulprofessoren nur 
ein solches von 6 600 M. Das ist eigentlich doch ein Wider¬ 
spruch. Derselbe zeigt sich übrigens nicht nur bei den Pro¬ 


fessoren der Tierärztlichen Hochschulen, sondern kann auch bei 
denen der übrigen Hochschulen eintreten, bei denen nur Dnrcli- 
schnittsgehälter festgesetzt sind. Denn da dort die Besoldungen 
der einzelnen Professoren je nach ihrer Berufung recht ver¬ 
schieden bemessen werden, so ist sehr wohl möglich, daß 
manche auch nicht auf das Höchstgehalt von 7 200 M. kommen. 
Hier sollte ein Ausgleich geschaffen werden, und er ließe sich 
meiner Ansicht nach sehr einfach erreichen, indem man bei der 
Pensionierung die Hälfte des festen Kolleggeldanteils von 
1500 M. dem pensionsfähigen Gehalt zurechnete. Wenn das 
bei Kreisärzten und Kreistierärzten geht, so ist nicht einzusehen, 
welche Schwierigkeit sich bei den Professoren ergeben sollte. 
Da die Universitäten in jeder Hinsicht in der Besoldung eine 
Sonderstellung haben, so brauchte sich das auf die Universitäten 
nicht zu erstrecken, sondern nur die übrigen Hochschulen zn 
betreffen. 

Das Zurückbleiben der pensionsfähigen Gehälter 
gegenüber gleichgestellten Beamtenkategorien hat noch eine 
andere ernstere Bedeutung als die rein materielle. Es wird da¬ 
durch offenbar der so wie so schon vorhandenen Abneigung gegen 
die rechtzeitige Erbittung des Abschiedes Vorschub geleistet. Das 
sollte der Staat nicht nur nicht tun, sondern er sollte im Gegen¬ 
teil Vorsorge treffen, daß die so vielfach und auch unter den 
Professoren verbreitete Überalterung im DienBt gründlich ab¬ 
gestellt wird. Die Einführung einer Altersgrenze hat sich überall 
als segensreich bewährt (auf die politischen Beamten brauchte sich 
diese Grenze übrigens nicht zu erstrecken). Das siebzigste Lebens¬ 
jahr sollte auch in Deutschland im allgemeinen die unübersteig- 
liche Schranke bilden — nicht zuletzt auch für den Professor. Mag 
da auch wissenschaftliche Größe und geistige Rüstigkeit vorhanden 
sein, es haben sich doch allmählich Eigenschaften eingestellt, die 
der fruchtbaren Gesamttätigkeit entgegenwirken. Wenn jetzt die 
Staatsregierung sich ernstlich mit der Frage zu beschäftigen 
beginnt, wie Ersparungen in der Beamtenzahl sich ermöglichen 
lassen, so sollte man bei diesen Erwägungen auch prüfen, ob nicht 
eins der besten Mittel zur Verminderung der Beamtenzahl die recht¬ 
zeitige Pensionierung überalterter und nicht mehr voll leistangs¬ 
fähiger Beamter sein würde. Es kann gar keinen Eindruck 
machen, wenn demgegenüber von Härte gesprochen wird. Wenn 
der Staat von seiner Jugend verlangt, für das Vaterland in den 
Tod zu gehen, so kann er mit noch weit größerem Recht von 
dem überreifen Alter verlangen, im Interesse des Staatsdienstes 
rechtzeitig in Pension zu gehen. Diesen Satz habe ich schon 
einmal an andrer Stelle, in der politischen Presse, ausgesprochen, 
und ich möchte ihn bei dieser Gelegenheit hier wiederholen. 

Von diesem einen Punkt, dem Zurückbleiben der Pension, 
abgesehen, muß meiner Ansicht nach das Bild, welches die Be¬ 
soldung der tierärztlichen Beamten im Rahmen der Gesamt¬ 
vorlage bietet, als ein voll befriedigendes bezeichnet werden, 
und ich glaube, daß die tierärztlichen Beamten aller Kategorien 
der offenbar vorzüglichen Vertretung, die ihre Interessen 
gefunden haben, einen vollen Dank schuldig sind. 

Das Promotionsrecht an den österreichischen tier¬ 
ärztlichen Hochschulen. 

In Nr. 42 der B. T. W. konnte die Freudenbotschaft mit¬ 
geteilt werden, daß unseren österreichischen Kollegen in ihrem 
Kampfe um die Entwicklung der tierärztlichen Hochschulen 
endlich der Sieg beschieden worden ist. Sie haben zunächst 



29. Oktober 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


787 


das Promotionsrecht erhalten nnd damit den Nachteil aus¬ 
geglichen, in den sie gegenüber der ungarischen. Hochschule 
seit dem Jahre 1906 geraten waren. Die kaiserlich königliche 
Staatsregierung ist jedoch dabei nicht stehen geblieben, sondern 
sie hat der Tierärztlichen Hochschule in Wien ein weiteres 
wichtiges Recht verliehen, durch das die Entwicklung dieser 
Anstalt zu einer freien hohen Schule mit vollen akademischen 
Rechten gekrönt wird, nämlich das Recht der freien Wahl des 
Rektors. Es ist auch bereits eine provisorische Wahl vor¬ 
genommen worden, welche auf den Professor Dr. v. Tschermak 
gefallen ist. Da der frei gewählte Rektor unter dem Kriegs- 
mini8terium selbstverständlich eine unmögliche Figur ist, so ist 
damit ausgesprochen, daß die allseitig gewünschte Übernahme 
der Verwaltung seitens des Kultnsministeriums bzw. des Acker¬ 
bauministeriums im Prinzip beschlossene Sache ist. 

Die deutschen Kollegen, insonderheit die Hochschulen, werden 
den österreichischen von Herzen Glück wünschen zu diesen 
Erfolgen, die um so höher anzuschlagen sind, je schwieriger 
und kleinlicher die Verhältnisse waren, aus denen heraus der 
jetzige Fortschritt geschaffen worden ist. Dieser Glückwunsch 
erstreckt sich aber auch auf die österreichische Staatsregierung. 
Das österreichische Veterinärwesen hat lange Zeit beklagens¬ 
werte Zustände aufgewiesen, und es ist auch heute noch nicht 
alles gut. Die Neigung namentlich, neben die Tierärzte 
Pfuscher zu stellen, ist noch nicht geschwunden, wenn sie 
auch freilich weniger von der Regierung, als von der Be¬ 
völkerung getragen wird. Das aber muß man in jedem Falle 
der kaiserlich königlichen Regierung lassen, daß sie, so schwer 
sie sich von jenen Mängeln frei machen konnte, auf der andern 
Seite eine anderswo unerreichte Kühnheit des Fortschrittes ge¬ 
zeigt hat. Es gehörte wirklich Wagemut dazu, im Jahre 1897 
angesichts des damaligen Standes des Veterinärwesens das 
Abiturientenexamen als Vorbedingung für das Studium vor¬ 
zuschreiben. Die österreichische Regierung hat das gewagt in 
einer Zeit, wo man in Deutschland bei ungleich besseren Ver¬ 
hältnissen dazu noch zu vorsichtig war. Obwohl der dadurch 
geschaffene Zustand, weil die Anforderungen in Widerspruch 
standen zu den Verhältnissen, zu einer Katastrophe zu führen 
drohte, weil die Hochschulen verödeten, so ist dieser Ausgang 
durch den zweiten folgerichtigen Schritt einer umfassenden Ver¬ 
besserung auf dem Gebiet des Zivilveterinärwesens (1901) glück¬ 
lich vermieden worden. Jetzt hat die kaiserlich königliche Re¬ 
gierung mit der Verleihung des Promotionsrechtes an die 
ungarische und an die österreichischen tierärztlichen Hochschulen 
wiederum einen Schritt Deutschland voraus getan. Wir freuen 
uns dessen, neidlos sowohl wie auch im eigenen Interesse; denn 
wenn die beteiligten deutschen Bundesregierungen, insonderheit 
wenn die preußische Staatsregierung noch gezögert hätte (sie 
tat es vielleicht schon nicht mehr), auch unsere tierärztlichen 
Hochschulen mit diesem letzten und höchsten akademischen 
Rechte auszustatten: jetzt, daran kann kein Zweifel mehr sein, 
kann nnd wird sie nicht mehr zögern. 

Weitere Mitteilungen über die näheren Bestimmungen betreffs 
der Promotion müssen vorläufig Vorbehalten bleiben. 

Schmaltz. 

Beratung Uber eine neue PrUfungserdnung für Tierärzte. 

Im preußischen Ministerium für Landwirtschaft hat am 
9. und 10. Oktober eine Konferenz über die Neugestaltung der 


Prüfungsordnung für Tierärzte unter dem Vorsitz des Ministerial¬ 
direktors Küster stattgefünden. Vom Ministerium für Land¬ 
wirtschaft waren außer dem Vorsitzenden anwesend Geh. Ober¬ 
regierungsrat Schröter, Regierungsrat Nevermann und 
Assessor v. Wagenhoff; ferner waren vertreten das Reichsamt 
des Innern durch den Geh. Oberregierungsrat Dam mann und 
den Direktor im kaiserl. Gesundheitsamt Geheimrat Dr. Oster¬ 
tag, das Kultusministerium durch Geh. Oberregierungsrat 
Tilmann und Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Esser, das Kriegs¬ 
ministerium durch Major Frlirn. v. Hoverbeck gen. v. Schön¬ 
aich und Oberstabsveterinär Grämlich. Ferner waren vom 
Ministerium für Landwirtschaft einberufen worden je drei Pro¬ 
fessoren der Tierärztlichen Hochschulen zu Berlin und zu 
Hannover (Dammann, Frick, Fröhner, Kaiser, Schmaltz, 
Schütz), die Departementstierärzte Dr. Arndt (Berlin) und 
Dr. Lothes (Köln) und der Kreistierarzt Traeger zu Berlin. 
Der durch die Beratungen. festgestellte Entwurf wird demnächst 
dem Reichsamt des Innern übergeben werden. 

Anrechnung tierärztlicher Studiensemester für das ärztliche Studium. 

Vor einiger Zeit trat der Sohn eines Tierarztes, der an 
der Berliner Tierärztlichen Hochschule studiert hatte, zum ärzt- 
Hchen Studium über. Nach langen Bemühungen gelang es ihm, 
zu erreichen, daß ihm die Semester an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule auf das ärztliche Studium angerechnet wurden. Dem 
Vernehmen nach ist seither seitens der zuständigen Reichsinstanz 
in mehreren Fällen ähnlich entschieden worden. 

Hochsohullehrertag zu Jena. 

Ein Kollege hat in einer Zuschrift an die Redaktion be¬ 
mängelt, daß auf dem Hochschullehrertage nicht auch die Tier¬ 
ärztlichen Hochschulen vertreten und daher anscheinend nicht 
eingeladen gewesen seien. Hierzu ist zu bemerken, daß wenigstens 
an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin eine Einladung nicht 
eingegangen ist. Es ist aber ferner darauf hinzuweisen, daß 
überhaupt nur Technische Hochschulen und Universitäten ver¬ 
treten waren, alle übrigen Hochschulen dagegen, also die Land¬ 
wirtschaftlichen sowie die Forst- und Bergakademien, ebenfalls 
nicht. Die Organisation und die Verhältnisse der Universitäten 
bieten auch so viel Eigenart, daß es vielleicht zweckmäßiger ist, 
wenn die Universitätslehrer ganz unter sich bleiben. Schon die 
j Technischen Hochschulen unterscheiden sich, wie sich gerade 
in Jena gezeigt hat, so sehr, daß gewisse, besonders wichtige 
Fragen gesondert für die Universitäten und die Technischen 
Hochschulen behandelt werden mußten. Wenn im übrigen die 
Technischen Hochschulen im Gegensatz zu den anderen Hoch¬ 
schulen teilgenommen haben, so erklärt sich das hinreichend 
dadurch, daß sie den Universitäten in ihrer Größe besonders 
nahe stehen. 

Beschluß des Tierärztlichen Provlnzial-Vereins für Schleswig-Holstein. 

Generalversammlung vom 26. und 27. September 1908 in Kiel. 

Antrag des Vorstandes: Die fortschreitende Entwicklung 
der Veterinärmedizin und des tierärztlichen Standes findet in 
der Öffentlichkeit nicht genügende Beachtung. Es ist das Be¬ 
dürfnis hervorgetreten, die große Tagespresse für die Fort¬ 
schritte auf allen Gebieten der tierärztlichen Wissenschaft zu 
interessieren und sie für die Bestrebungen und Interessen des 
tierärztlichen Standes zu gewinnen. 

Die Generalversammlung wolle daher beschließen: 

1. den Vorstand zu beauftragen: 

a) die erforderlichen Schritte zur Gewinnung 
einer geeigneten Persönlichkeit zu tun, die 




788 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


sowohl mit den Tierärzten wie mit der großen 
Tagespresse die erforderliche Fühlung hat; 

b) mit dieser Persönlichkeit die Organisation 
einer Zentralstelle für jene Aufgaben zu beraten; 

c) den tierärztlichen Vereinen Vorschläge zur 
Durchführung der Einrichtung zu unterbreiten 
und die Beteiligung und die Bereitstellung 
von Mitteln anzuregen; 

2. zur Finanzierung des Unternehmens wolle die 
Generalversammlung einen jährlichen Beitrag von 
vorläufig 300 M. bereitstellen. 

Der Antrag wird unter lebhaftem Bravo einstimmig angenommen. 

Der Vorsitzende teilt mit, daß es im Prinzip bereits ge¬ 
lungen sei, einen geeigneten Herrn zu gewinnen. Der Name 
könne noch nicht genannt werden. Der Herr würde demnächst 
zu einer Beratung eingeladen werden. 

Der Vorsitzende:. Dr. Foth, Veterinärrat. 

(Anmerkung: Eine Besprechung dieses Beschlusses bleibt 
Vorbehalten.) 

Zweckmäßige Einrichtung einer Sanitätstierarztstelle. 

Im Bezirk Eving, Landkreis Dortmund (23 OOO Einwohner), 
war bisher dem Amtstierarzt Meyer die Fleischbeschau gegen 
Überlassung der Gebühren mit halbjährlicher Kündigung über¬ 
tragen. Mit dem 1. Oktober ist der Genannte durch Beschluß 
der Amtsvertretung, genehmigt von der Regierung zu Arnsberg, 
auf Lebenszeit mit Pensionsberechtigung als Amtsbeamter an¬ 
gestellt worden. Das pensionsfähige Anfangsgehalt beträgt 
4000 M., wozu 300 M. als Wege Vergütung treten. Eine Regelung 
der Gehaltsskala ist in Aussicht gestellt nach Ablauf eines 
Jahres unter Bezugnahme auf das Gebührenergebnis. Der Amts¬ 
tierarzt muß neben der Fleischbeschau ohne besondere Ver¬ 
gütung auch die Milchkontrolle ausüben. Privatpraxis ist nach 
wie vor unter den üblichen Bedingungen gestattet. Im Land¬ 
kreise Dortmund sind außerdem noch drei Tierärzte, Beckhaus, 
Kur und Horst, unter ähnlichen Bedingungen auf Lebenszeit 
mit Pensionsberechtigung angestellt. Sehr erfreuliche Zustände. 

Gesetzentwurf, betreffend den Viehhandel nach Lebendgewicht 

Nach einer Zeitungsmeldung soll dem Reichstag alsbald ein 
Gesetzentwurf zugehen, der die Einführung des Handels nach 
Lebendgewicht im Schlachtviehmarktverkehr bezweckt. Derselbe 
soll die Landeszentralbehörden mit der Befugnis ausstatten, für 
Schlachtviehmärkte zur Feststellung von Preis und Gewicht der 
Tiere Vorschriften zu erlassen. Diese Behörden sollen ferner befugt 
sein, für solche Orte, innerhalb deren jene Einrichtungen getroffen 
sind, viehmarktähnliche Veranstaltungen außerhalb des Marktplatzes 
während der Märkte und der vorübergehenden und folgenden Tage 
zu verbieten. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bedroht. 

Tollwut bei Schweinen. 

Nach einer Meldung der Berliner Neuesten Nachrichten hat der 
städtische Schlachthofdirektor Encke aus Zittau, begleitet von 
einem dortigen Schlächtergesellen, die Tollwutschutzstation in Berlin 
aufgesucht. Im Schlachthof zu Zittau wurden drei Schweine ge¬ 
schlachtet, bei denen nachträglich das Vorhandensein der Tollwut 
konstatiert werden konnte, indem festgestellt wurde, daß sie von 
einem w’utverdächtigen Hunde gebissen waren. Da sich der 
Schlachthofdirektor bei der Untersuchung einige kleine Wunden 
zugezogen hatte und immerhin Verdacht vorliegt, so wurde hier 
eine Vorsichtsmaßregel getroffen. 

Maul- und Klauenseuche. 

Das Erlöschen der Seuche wird gemeldet aus Metz. 


Die SO. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.-—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

2. Sitzung. 

Dienstag, 22. September, vormittags. 

Den Vorsitz führt Veterinärrat Rickmann-Höchst. — Die 
Tagesordnung bot folgende Vorträge: 

1. Dr. Schmitt-Züllchow (Stettin): „Der baclllua paratyphl B als 
Krankheitserreger bei Kälbern.“ 

Der Vortragende berichtet Uber die künstliche Infektion von 
sechs einige Wochen alten Kälbern mit Menschen-Paratyphusbazillen 
und einem zur Paratyphusgruppe der Fleischvergifter gehörendem 
Stamm. 

Im Gegensatz zu Kutscher und Meinicke, welche infolge 
der negativen Ergebnisse ihrer im Koch sehen Institut für 
Infektionskrankheiten vorgenommenen Versuche zu dem Schlüsse 
kamen, daß Menschen-Paratyphusbazillen für Kälber vom Darm und 
von der Subkutis aus nicht infektiös seien und deshalb w r ohl „in 
der Mehrzahl der Fälle von sogenannter Fleischvergiftung, als 
deren Ursache Paratyphusbazillen Typus B festgcstellt werden 
konnten, diese erst durch nachträgliche Verunreinigung des 
Fleisches nach der Schlachtung in dasselbe hineingelangt“ seien, 
stellt Schmitt die folgenden Sätze auf: 

1. Einige Stämme von Menschen-Paratyphusbazillen und ein zur 
Paratyphusgruppe der Fleischvergifter gehörender Stamm waren 
für Kälber im Alter von einigen Wochen pathogen von der 
Schleimhaut der oberen und mittleren Luftwege aus, von der 
Unterhaut, der Bauchhöhle und der Blutbahn aus, sie waren 
für solche Kälber aber nicht pathogen vom Verdauungs¬ 
schlauche aus. 

2. Bereits nach Infektion per os trat bei einem Kalbe eine, wenn auch 
geringe Erhöhung der Agglutinationskraft des Blutserums ein. 

3. Nach Infektion in die Unterhaut, die Bauchhöhle, die Blutbahn 
und nach Versprühen der Kulturen in die Nasenhöhlen erlangte 
das Blutserum der Kälber einen hohen Agglutinationstiter. 

4. Aus dem Blute dieser Kälber konnten die Paratyphusbazillcn 
(Passagestämme) in Reinkultur gezüchtet werden. 

5. Das bei Beendigung des Versuchs gewonnene Blutserum 
der wie unter 3 mit Menschen-Paratyphusbazillen infizierten Kälber 
agglutinierte die Menschen-Paratyphusbazillen und den Fleisch¬ 
vergifter um so höher, je länger sie in den lebenden Geweben der 
Kälber gewesen waren. 

6. Das Blutserum, welches gewonnen wurde bei der Tötung 
von 2 mit Menschen-Paratyphusbazillen in die Nasenhöhle, die Unter¬ 
haut und in die Blutbahn infizierten Kälbern, agglutinierte die 
Passagestämme eines Menschen-Paratyphusbazillus und die des 
Fleischvergifters, welche 2 bis 5 Tage in den lebenden Geweben 
der Kälber gewesen waren, nicht mehr wieder, wie die Menschen- 
Paratyphusbazillen, welche gezüchtet w'aren aus an Ruhr, Septikämie 
und Lungenbrustfellentzündung gestorbenen Kälbern [KPa- Stämme). 

7. Das gleiche Ergebnis hatte die Agglutination mit KPa- 
Immunserum, das aus Kaninchen dargestellt war. Umgekehrt 
agglutinierten Immunsera, welche mit Menschen-Paratyphusbazillen 
aus Pferd und Kaninchen gewonnen waren, die Menschen-Paratyphus- 
stämme und den Fleischvergifter sehr hoch, deren Passagestämme 
aber um so niederer, je länger sie in den lebenden Geweben der 
Kälber gewesen waren und solche Passagestämme, die 2 bis 5 Tage 
im Kalbe gewiesen waren, nur mehr ganz nieder so, w r ie die KPa- 
Stämme. 

8. Dieser Wechselbeziehungen wegen, da ferner Paratyphus¬ 
bazillen nicht nur bei der Ruhr und der Septikämie, sondern be¬ 
sonders bei der ansteckendon Lungen- und Brustfellentzündung der 
Kälber eine erhebliche Rolle spielen und da auch die neugeborenen 
Kälber erfahrungsgemäß ungemein wenig widerstandsfähig gegen 
Bakterieninvasionen jeder Art sind, so erscheint eine eingehende 
Bearbeitung der angeschnittenen Fragen wichtig und dringlich, 
insbesondere auch in bezug auf die Beurteilung des Fleisches der 
kranken Kälber. 





29. Oktober 1908. 


2. Dr. Schmitt-Znllchow (Stettin): „Zur Ätiologie des oeuchenhaften 
Kälbersterbens“. 

Der Vortragende fahrt die Ansichten über die Entstehung des 
seuchenhaften Kälbersterbens auf. Er berichtet über die Mannig¬ 
faltigkeit der Befunde, welche in seinem Laboratorium während 
des letzten Jahres erhoben wurden bei der Sektion und der 
bakteriologischen Untersuchung seuchenverdächtiger Kälber; er 
ergänzt diese Jahresübersicht durch die Mitteilung der einen Zeit¬ 
raum von 27a Jahren berücksichtigenden Sektionsergebnisse aus 
dem Kälberbestande zweier großer Güter. Er betont dabei das 
recht häufige Vorkommen von Bakterien aus der Paratyphusgruppe, 
besonders in bi ustkranken Kälbern. Um die Frage zu entscheiden, 
ob Bakterien bereits während des Lebens im Blute und in den 
Eingeweiden von kranken Kälbern seien, hatt Schmitt sechs 
Kälberbestände klinisch und bakteriologisch untersucht Besonderes 
Gewicht wurde dabei auf einwandfreie bakteriologische Untersuchung 
des den lebenden Kälbern entnommenen Blutes gelegt; es wurden 
ferner brustkranke Kälber getötet und sofort seziert. 

Des weiteren erwähnt der Vortragende die morphologischen, 
kulturellen und agglutinatorischen Eigenschaften einiger 40 Bakterien- 
stämme der Paratyphusgruppe, die in seinem Laboratorium gezüchtet 
worden waren aus an Ruhr, Septikämie und Lungen-Brustfell¬ 
entzündung gestorbenen Kälbern. 

Zum Schlüsse berichtet Schmitt über die Infektion von elf 
einige Wochen alten Kälbern mit Organauszügen und Blutserum 
von zur Untersuchung eingeschickten Kälbern, aus denen Kälber- 
Paratyphusbazillen (AP«-Bazillen Schmitts) gezüchtet worden 
waren mit Organauszügen und Blutserum von eingeschickten Kälbern, 
in denen das Bacterium Septicaemie haemorrhagicac Hüppe nach¬ 
gewiesen war und ferner mit Reinkulturen dieser Bakterienarten. 
Schmitt kommt auf Grund seiner Ausführungen zu folgenden 
Ergebnissen: 

1. Bakterien aus der Gruppe des Bacterium septicaemiae 
haemorrhagicae Hüppe und aus der Typhus-Koligruppe können 
bereits während des Lebens vorhanden sein in den'Eingeweiden 
und in dem Blute von Kälbern, die an seuchenhafter Lungenbrust- 
fellentzündung erkrankt sind; sie können auch schon während des 
Lebens, und selbst wenn kein Fieber besteht, im Blute nach¬ 
gewiesen w r erden. 

2. Bakterien aus der Gruppe des Bacillus paratyphi B werden 
nicht nur gefunden in rühr- und septikämiekranken Kälbern, 
sondern recht häufig auch in Kälbern mit ansteckender Lungen¬ 
brustfellentzündung. Diese Bakterien gehören zur Unterabteilung 
der Enteritisbazillen und ein Teil derselben steht dem Bacillus 
enteritidis Gärtner nahe oder ist von ihm nicht zu trennen. 

3. Man kann mit Kälber-Paratyphusbazillen (Gruppe a der Kälber- 
Paratyphusbazillen) bei mehrere Wochen alten Kälbern Lungen- 
Brustfellentzündung machen, wenn man sie den Kälbern unter die 
Haut gibt, oder in die Nase sprüht. 

4. Die Kälber-Paratyphus a -Bazillen sind ungleich stärker 
kälbervirulont als die Stämme des Bacterium septicaemiae haemor¬ 
rhagicae. 

5. Der Tierarzt muß auf die als Fleischvergifter in Betracht 
kommenden Bakterien der Paratyphusgruppe nicht nur bei der Ruhr 
und der reinen Septikämie der Kälber achten, sondern besonders 
auch dann, wenn er bei diesen septischen Entzündungen der Brast- 
organe findet. 

Diskussion: 

Dr. Kr aut strunk-Bonn hat bei 23 untersuchten Kälbern sechs¬ 
mal Diplococcen in Reinkultur gefunden, mit denen sich sehr leicht 
Kälber per os, vom Nabel aus und auch intravenös tödlich infizieren 
ließen. 

Dr. Mießner-Bromberg: Die Kälberruhr ist keine einheitliche 
Krankheit. Sie wird, wie von Jensen schon näher ermittelt, durch 
verschieder artige Bakterien erzeugt. Wie J e n s e n hat auch M i e ß n e r 
einmal bipolare Bakterien als Ursache der Kälberruhr gefunden. 

Dr. Schmitt-Stettin weist darauf hin, daß er des Coccennach- 
weises bei seuchenkranken Kälbern in seinem Laboratorium in dem 
Vortrag über die Ätiologie des senchenhaften Kälbersterbens Er¬ 
wähnung getan habe. Die Angaben von Krautstrunk, daß diese 


7 SO 


Coccen frisch aus dem Kalbe heraus sehr virulent sind, kann er 
bestätigen. 

Dr. Marxer-Berlin macht kurze Bemerkungen zur Sterilität der 
Kerzenfiltratc, zur bakteriellen Verunreinigung während der Agone, 
bemängelt die große Menge Kultur die zur Infektion erforderlich 
ist und tritt dem Vortragenden darin bei, daß der Bazillus Para¬ 
typhi B noch nicht als Erreger einer spontanen Kälberkrankheit zu 
erklären sei. 

Auf eine Anfrage von Helf ers-Prenzlau, ob Kälbertyphusbazillen 
wie das Bacterium enteritidis Gärtner hitzebeständige Toxine ge¬ 
bildet haben, bemerkt 

Rickmann-Höchst, daß es sich scheinbar, so weit flüssige Nähr¬ 
böden in Betracht kommen, um Gemische von Ecto- und Endotoxinen 
handle. Diese Toxine seien nicht lange haltbar, und ihre Wirksam¬ 
keit bei ein und demselben Stamme abhängig von den verschiedensten 
Umständen (Alter der Kultur, Zusammensetzung der Nährböden etc.). 

Dr. S c h m i tt - Stettin bemerkt im Schlußwort, daß große Infektions¬ 
dosen gewählt würden, weil mehrere Wochen alte Kälber verwendet 
wurden, die viel widerstandfähiger sind. Durch Verwendung großer 
Dosen und älterer Kälber konnten spontane Infektionen mit Sicher¬ 
heit ausgeschlossen werden. 

Redner schließt mit Angaben über die Giftigkeit des Fleisches 
eines 8 Wochen alten, an Paratyphus-Septikämie^erendeten Kalbes. 

3. Dr. Krautstrunk-Bonn: „Die Bekämpfung der Rindertuberkulose in 
der Rheinprovinz“. 

Der Referent bespricht eingehend die zurzeit gebräuchlichsten 
Tuberkulo8etilgungsverfahrcn. In Betracht kommen die verschie¬ 
denen Immunisierungsmethoden, ferner das Bangsche und das so¬ 
genannte Ostertagsche Verfahren. Die Immunisierungsversuche 
sind zum Teil noch nicht abgeschlossen, zum Teil derartig aus¬ 
gefallen, daß die Schutzimpfung zur allgemeinen Bekämpfung der 
Tuberkulose noch nicht in Anwendung gebracht werden kann. 

Das Bangsche Verfahren eignet sich nur für die Tilgung der 
Tuberkulose in Beständen, in denen die Krankheit noch nicht weit 
um sich gegriffen hat. 

Zurzeit kann nur das Ostertagsche Verfahren empfohlen 
werden, welches seit längerer Zeit in sechs Provinzen und 
seit 17a Jahren auch in der Rheinprovinz von der Landwirt¬ 
schaftskammer mit Erfolg durchgeführt wird. Bei diesem Verfahren 
wird die Ausmerzung der Tiere mit offener Tuberkulose und eine 
tuberkulosefreie Kälberaufzucht angestrebt Wie leicht die Krankheit 
durch Tiere mit offener Tuberkulose weiter verbreitet wird, zeigte 
sich deutlich in vier Beständen, in denen im Winter die Tuberkulin¬ 
impfung ausgeführt worden ist. In einer Herde, in welcher zwei 
Tiere mit offener Lungentuberkulose ermittelt worden sind, und in 
welcher die Kälber vier Wochen lang im allgemeinen Stall bleiben 
und dann getrennt aufgezogen werden, hat dieser kurze Zeitraum 
genügt, um die Hälfte des Jungviehs zu infizieren. In einer anderen 
Herde, in der auch zwei Tiere mit offener Lungentuberkulose er¬ 
mittelt worden sind, das Jungvieh aber die ganze Lebenszeit im 
allgemeinen Stalle bleibt, reagierten 75 Proz. auf die Impfung. In 
einem dritten Bestände, in welchem ebenfalls zwei Tiere mit offener 
Lungentuberkulose ermittelt worden sind, die Kälber aber sofort 
nach der Geburt von den Muttertieren weggenommen und getrennt 
aufgezogen werden, reagierten von 28 nur ein einziges. In einem 
vierten Bestände, in dem ein Tier mit Eutertuberkulose ermittelt 
worden ist und die Tiere auch getrennt aufgezogen werden, 
reagierten von 20 Tieren des betreffenden Jahrganges 16. Aus 
dem Ergebnis dieser Tuberkulinimpfung geht hervor, daß die Kälber 
in erster Linie durch Eutertuberkulose angesteckt werden; außerdem 
genügt aber auch schon das Zusammenleben mit Tieren, welche an 
offener Lungentuberkulose leiden, um sie zu einem hohen Prozent¬ 
satz mit Tuberkulose zu infizieren. 

Der Referent bespricht darauf eingehend die Erscheinungen 
bei den verschiedenen Formen der offenen Tuberkulose und den 
Gang der Untersuchung. In der Rheinprovinz wird die klinische 
Untersuchung durch die praktizierenden Tierärzte ausgeübt. Besonders 
hervorzuheben ist, daß bei den Untersuchungen sich die Entnahme 
von Rachenschleim mit dun Rachenschleimlöffel bei Tieren, welche 
der offenen Lungentuberkulose verdächtig sind, sehr gut bewährt hat. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



790 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


Um das Sauerwerden der Milch, welches das Verarbeiten sehr 
erschwert, zu verhindern, wird den Proben Formalin im Verhältnisse 
von 1 zu 5000 zngesetzt. Bei einer größeren Versuchsreihe hat 
der Referent festgcstellt, daß das Formalin in der Verdünnung von 
1 zu 500 die Tuberkelbazillen in der Milch in 36 Minuten abzutöten 
vermag, daß aber die Virulenz der Tuberkelbazillen bei einer Ver¬ 
dünnung von 1 zu 1000 in dieser Zeit nicht abgeschwächt wird. 

Im ersten Jahre sind dem Tuberkulosetilgungsverfahren in der 
Rheinprovinz ca. 6000 Tiere angescblossen gewesen; diese Zahl ist 
in diesem Jahre auf 13 000 gestiegen. Das Untersuchungsergebnis 
ist außerordentlich günstig gewesen, da nur '/a Proz. offene Tuber¬ 
kulose im Gegensatz zu 2—3 Proz. in anderen Provinzen ermittelt 
worden ist. Das günstige Ergebnis ist darauf zurückzuführen, daß 
der Kreis Rees, in dem hauptsächlich das Verfahren durch geführt 
wird, verhältnismäßig frei von Tuberkulose ist. In drei größeren 
Molkereien ist kein Tier mit offener Tuberkulose ermittelt worden. 
Der Grund dafür liegt besonders darin, daß in diesem Bezirke vom 
Kreise aus die Tuberkulose seit etwa zehn Jahren getilgt worden ist. 

Der Referent gibt zum Schlüsse der Hoffnung Ausdruck, daß 
es den bedeutenden Männern der Wissenschaft, welche sich mit 
der Immunisierung befassen, gelingen möge, eine sichere Schutz¬ 
impfung ausfindig zu machen. 

• Diskussion. 

Dr. Mießner-Brombergempfieht neben der Ausmerzung der offen¬ 
tuberkulösen Tiere die Impfung der Kälber mitTauruman. Die Wirkung 
dieses Impfstoffs, zu dessen Herstellung lebende, für Rinder nicht 
virulente Tuberkelbazillen vom typus humanus verwandt werden, 
ist ganz.bedeutend und vermag die Rinder gerade in den ersten 
Lebensjahren, der gefährlichsten Zeit, gegen Tuberkulose zu schützen. 
Es steht zu erwarten, daß es binnen kurzem gelingen wird, durch 
eine unschädliche Zweitimpfung die nach 1—2 Jahren erlöschende 
Immunität zu verlängern. Zur Erzeugung einer Grundimmunität ist 
die Injektion von lebenden Tuberkelbazillen notwendig. 

Dr.Marxer-Berlin betont demgegenüber, daß eine Grundimmunität 
ähnlich wie bei anderen Infektionskrankheiten auch mit toten 
Bazillen zu erreichen ist, wie aus den Versuchen mit Bovo-Teben 
Farase etc. der chemischen Fabrik auf Aktien, vormals E. Schering, 
nach der Immunisierungsmethode von E. Levy, F. Blumenthal 
und Marxer erhelle. Ein Tuberkuloseschutzimpfungsverfahren muß 
unschädlich sein und einen guten Schutz verleihen. 

Dr. Mießner-Brombetg: Die neuen Immunisierungsversuche mit 
Schüttelextrakten abgetöteter Bakterien haben gezeigt, daß die 
durch diese Stoffe erzeugte Immunität meist nur von kurzer Dauer 
ist. Koch und von Behring haben sich schon frühzeitig vergeb¬ 
lich bemüht, mit abgetöteten Tuberkelbazillen eine ausreichende 
Immunität zu erzeugen. 

Dr. Schmitt-Stettin: In Pommern wird das Ostertagsche Ver¬ 
fahren seit 6 Jahren durchgeführt. Im letzten und vorletzten Jahre 
sind jeweds rund 2200 über 6 Monate alte Rinder untersucht. Der 
Prozentsatz der an offener Tuberkulose erkrankt befundenen Rinder 
berechnet sich im Jahre 1902 auf 2,93, 1903 auf 1,39; er sank 
dann in den folgenden Jahren weiter auf 1,01, 0,78, dann auf 0,60 
und zuletzt im Jahre 1907 auf 0,39. Redner gehört nicht zu denen, 
die das Ostertagsche Verfahren überschätzen. Wenn dasselbe 
in das Tierseuchengesetz aufgenommen wird — was ein großer 
Fortschritt wäre — so geschieht das mit auf Grund der Erfahrungen, 
die einige preußische Landwirtschaftskammern bei der langjährigen 
Durchführung des Ostertagschen Verfahrens gesammelt haben. 

Rickmann-Höchst glaubt, daß bei dem staatlicherseits zu er¬ 
wartenden Tuberkulosetilgungsverfahren das Tuberkulin als Diagnos- 
tikum nicht zu entbehren sein wird. Als Beweis für das Zustande¬ 
kommen einer hochgradigen Immunität nach Vorimpfung mit Tb. 
vom typus humanum und Nachimpfung mit Tb. des typ. bov. wird 
vom Redner ein Impf- und Sektionsprotokoll mitgeteilt. 

Dr. Krautstrunk-Bonn: Das Ostertagsche Verfahren ist kein 
ideales. Ara leichtesten wäre die Tuberkulose durch ein geeignetes 
Immunisierungsverfahren zu bekämpfen. Die durch Tauruman erzeugte 
Immunität sei zwar besser und länger als die mit Bovovaccin vor- 
genommenc, indes seien die bisherigen Versuche nicht derart, daß 
man die Gefahren die das Arbeiten mit lebenden Tuberkelbazillen j 
mit sich bringt auch noch in Kauf nehmen könne. 


4. Dr. Schipp-Gießen. „Beiträge zur Biologie des Retlaufbaztllue.“ 

Der Vortragende verbreitet sich über Morphologie und Biologie 
zweier Bakterientypen, von denen der eine, Bazillus a, eineseuchenliafte 
Erkrankung bei Rindern, der andere, Bazillus ß, ein Massensterben bei 
Hühnern verursacht. Beide Bakterien glichen in ihrem morpho¬ 
logischen, tinktoricllen und kulturellen Verhalten dem Erreger des 
Rotlaufs der Schweine. Es wurde daher versucht, die Beziehungen 
beider zum Rotlaufbazillus experimentell zu ergründen. Die Unter¬ 
suchungen sind noch nicht abgeschlossen, doch läßt sich schon jetzt 
folgern, daß beim Rind und beim Huhn gelegentlich Septikäinic- 
erreger Vorkommen, die dem Scbweinerotlaufbazillus gleichen. Ob 
der beim Huhn gefundene Bazillus ß mit dem Rotlauferreger identisch 
oder ob er nur eine Stammes- oder Virulenzvarietät ist, wagt der 
Vortragende noch nicht zu entscheiden; die Identität hält er für 
sehr wahrscheinlich. Der aus dem Rinde gezüchtete Bazillus a 
weist zwar Beziehungen auf, steht ihm biologisch aber doch sehr 
fern. Weitere eingehende Untersuchungen sind nötig, um die Stellung 
dieses und aller ihm gleichenden Sepsiserreger des Rindes gegen¬ 
über dem Rotlaufbazillus zu klären. 

In der Diskussion teilt Vet.-Rat Rickmann-Höchst mit, daß 
die bakteriologische Abteilung der Höchster Farbwerke durch Prof. 
Rosenbach eine aus Erysipel des Menschen gezüchtete Reinkultur 
erhielt, die sich in ihrem biologischen Verhalten als identisch mit 
dem Rotlaufbazillus erwies. Lediglich geringgradige Virulenzunter¬ 
schiede konnten festgestellt werden. 

Helfers-Prenzlau machte auf den eigenartigen Verlauf der Rot- 
laufinfektion beim Menschen aufmerksam: Fortschreitende Entzündung 
von der Infcktionsstelle aus, scheinbare Abheilung zunächst der 
Infektionstelle, dann Abheilung von der Peripherie her, Neuentzündung 
der Infektionsstelle und endgültige Heilung. (Fortsetzung folgt.) 

Versammlung des Vereins Knrhessischer Tierärzte 
am 31. Mai 1908. 

Es waren anwesend: die Mitglieder: Tietze-Kassel, Schlitz- 
bergcr-Kassel, Hornthal-Kassel, Günther-Rothenburg, C’all- 
mann-Nauen, Mieckley-Beberbcck, Kobel-Volkmarsen, Kobel- 
Wolfhagen, Suder-Hersfeld, Schmidt-Ziegenhain, Ts ehern itz- 
Homburg, Meyerstrasse-Hünfeld, K o 1 b - Frankenberg, Kalteyer- 
Eschwege, M e 1 d e - Marburg, Hartmann-Corbach, Schirmer- 
Gelnhausen, Grimme-Melsungen, Fuchs-Fritzlar, Höxter-Freysa, 
Meßler-Borken, Fischer-Kassel, Grote-Kassel. 

Als Gäste: Buß-Kassel, Bö der-Hofgeismar, Kämpe r-Hof- 
geismar, Osterwald-Kassel, Höpermann-Beberbeck, Nutt-Brakel. 

Der Vorsitzende Veterinärrat Tietze gibt Kenntnis von einem 
an den Verein gerichteten Schreiben der „Tierärztlichen Gesellschaft 
zu Berlin“, in welchem um Stellungnahme gebeten wird, gegenüber 
den Beschlüssen der Gesellschaft betreffend die Überweisung des 
Marktverkehrs mit animalischen Nahrungsmitteln und Einführung 
der gesamten animalischen Nahrungsmittelkunde als besonderen 
Lehrgegenstand der tierärztlichen Hochschulen. Die Versammlung 
erklärt sich als völlig auf den Boden der Beschlüsse stehend, 
stimmt ihnen bedingungslos zu. 

Sodann berichtet der Vorsitzende über das Vorkommen von 
Schweineseuche unter Schwarzwild. Im Jahre 1906 wurde im 
Reinhardswalde häufig totes Schwarzwild aufgefunden von Förstern. 
Bei Sektion der Kadaver stellte der Vortragende die Schweine¬ 
seuche f« st, fand dagegen Läsionen der Schweinepest nicht vor. 
Aus dem Umstande, daß selbst alte Brahen und Keiler der Seuche 
erlegen waren, mußte auf eine große Virulenz des Kontagiums 
geschlossen werden. Die Menge der von der Seuche gefallenen 
Tiere ließ sich auf etwa 30 Stück beziffern. Die Einschleppung 
der Seuche ist aller Wahrscheinlichkeit geschehen durch Kadaver 
von zahmen Schweinen, die von Bauern der Umgebung in den 
Wald gebracht wurden. Daß die Seuche eine so starke Verbreitung 
fand, ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Tiere sich während 
des strengen Winters in einem Kessel zusammendrängten. Um 
einer weiteren Ausbreitung der Seuche vorzubeugen, wurde das 
Absuchen der Reviere nach Kadavern, deren sorgfältiges Verscharren 
und das Abschießen der Kümmerer empfohlen. 

Weiter wurde nach einem einleitenden Vortrage des Kollegen 
Dt. Kobel-Wolfhagen über die Frage der Einführung einer Mindest- 






29. Oktober 1908. 


BE gLIN E R TIE R ÄRZTLICHE WOCHE NSCHRIFT. 


791 


taxe für die Tierärzte verhandelt. Allgemein wird dabei der Nutzen 
einer solchen Taxe im Interesse der Hebung des Standes anerkannt, 
aber auch die Schwierigkeit der Herstellung eines einheitlichen für | 
alle Orte passenden Tarifs betont. Demgegenüber ist jedoch 
Nutt-Brakel der Meinung, daß man in dieser Beziehung nicht 
ängstlich zu sein brauche. In Westfalen habe man vor kurzem 
eine derartige Taxe ausgearbeitet und in Wirkung treten lassen 
Die damit gemachten Erfahrungen seien bisher durchaus befriedigend 


Nach längerer Debatte wird schließlich der Vorstand beauf¬ 
tragt, eine Taxe zu entwerfen und der nächsten Versammlung 
vorzulegen. 

Nach Erledigung der Tagesordnung vereinigten sich die Teil¬ 
nehmer mit ihren Damen zu einem Festessen im Grand Hotel 
Wilhelmshöhe. Daran schloß sich ein Spaziergang zu den Wasser¬ 
künsten im Park von Wilhelmshöhe und der Besuch des Konzert¬ 
gartens daselbst. 


Fortbildungskursus für Tierärzte an der Abteilung für Tierhygiene des Kaiser Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft zu Bromberg 




vom 

30. November bis 12. 
Stund enpl 

Dezember 1908. 

an. 



Stunde 

Montag, 

30. November 

Dienstag, 

1. Dezember 

Mittwoch, 

2. Dezember 

Donnerstag, 

3. Dezember 

Freitag, 

1 4. Dezember 

Sonnabend, 

5. Dezember 

9.15 

bis 

10.30 

Allgemeine Biologie 
der Bakterien. 

Dr. Mießner. 

Milzbrand. 

Dr. Mießner. 

Tuberkulose. 

Dr. Mießner. 

Tuberkulose. 

Dr. Mießner. 

Schweineseuchen. 

Dr. Immisch. 

i Besichtigung einer 
Molkerei im Betriebe. 

10.45 

bis 

1 

Einrichtung des 
Arbeitstisches, Her¬ 
stellung von Farben, 
Nährböden und 
Untersuchung der ver¬ 
schiedenen Bakterien¬ 
formen. 

1 

Kultureller und mikro¬ 
skopischer Nachweis 
von Milzbrandbazillen, 
Gipsstäbcheu. 
Infektion von Mäusen. 
Obduktion. 

j 

1 Obduktion der Milz¬ 
brandmäuse, 
i Obduktion eines tuber¬ 
kulösen Meerscliwein- 
chens. Nachweis von 
Tuberkelbazillen. 

Untersuchung 
lebender mit Lungen- 
und Eutertnberkulose 
behafteter Rinder. 
Ophthalmoreaktion, 
Kutireaktion. 

Färbung und Unter¬ 
suchung von Rotlauf 
und Schweineseuche¬ 
bazillen aus frischen 

1 und alten Organen. 
Anlegen von Kulturen. 
Infektion von Mäusen. 
Demonstration von 
Präparaten. 

i 10.45 bis 12. Hygie- 
| nische Maßnahmen zur 
Gewinnung einwand¬ 
freier Milch. 

Dr. Mießner. 

12 bis 1. Nachweis ge¬ 
kochter und iu Fäulnis 
übergegangencr Milch. 

3.45 

bis 

4.30 

Die Zusammen¬ 
setzung der Milch. 

Dr. Mießner. 

I Verfälschung der 
Milch. 

Dr. Rewald. 

Parasiten der Haus¬ 
tiere mit Demon¬ 
strationen. 

Dr. Trapp. 

Übertragung spezi¬ 
fischer Krankheits- , 
erreger und Geruchs¬ 
stoffe auf die Milch. 

Riebe. 

Veterinärpolizei und 
gerichtliche Tierheil¬ 
kunde. 

Veterinärrat Peters. 

Besichtigung einer 
Molkerei außer 
Betrieb. 

4.45 

bis 

6 

Mikroskopische 
Untersuchung der 
Milch. Bestimmung 
des spezifischen 
Gewichts. 

Reaktion der Milch, 
l Bestimmung des Fett¬ 
gehaltes. Nitratprobe. 
Untersuchung auf Zu- i 
satz von Chemikalien. 

Die Kellnersche 
Fütterungslehre. 

Prof. Dr. Gerlach. 

Nachweis von 
Tuberkelbazillcn und 
Streptococcen der [ 
Milch. 

Hygienische 
Maßnahmen zur Ge- j 
winnung eimvand- | 
freier Milch. 

Dr. Mießner. 

Besichtiguug des 
Kaiser Wilhelm- 
Instituts. 


Stunde 

Montag, 

7. Dezember 

Dienstag, 

Dezember 

Mittwoch, 

I 9. Dezember 

Donnerstag, 

10. Dezember 

Freitag, 

11. Dezember 

Sonnabend, 

| 12. Dezember 

9.15 

bis 

10.30 

Antitoxine. Bakterio- 
lysiue. 

Bakteriotropine. 

Dr. Mießner. 

1 Verfälschung von 

Futtermitteln. 

Dr. Mießner. 

Rotz. 

Dr. Mießner. 

; Septikämie. Bradsot, 
Rauschbraud. 
Luugenseuche. 

Dr. Mießner. 

Protozoen¬ 

krankheiten. 

Dr. Mießner. 

Saprämie und Pyämie 
(Fleisch- und Wurst¬ 
vergiftung) 

Dr. Mießner. 

10.45 
bis | 

1 

Demonstration der 
Hämolysis, des 
Bakteriotropismus, 
der Agglutination und 
Komplementbindung. 

Nachweis von Ver¬ 
fälschungen durch die 
Präzipitation und 
andere Hilfsmittel. 
Nachweis vou Ver- 
1 fälschungeu in der 
Wurst. 

j 

Obduktion eines 
durch Fütterung mit 
Rotzbazillen rotzig 
gemachten Pferdes. 

Demonstration der | 
Bakterien und 
Schnitte sowie von 
Sammlungspräpa¬ 
raten. Obduktion. 

Anleitung zur Färbung 
von Blut. Unter¬ 
suchung einer mit 
Hämoglobinurie be¬ 
hafteten Kuh. Unter¬ 
suchung von Trypano¬ 
somen. 

Bakterioskopischer 
Nachweis vou 
Fleischvergiftungen. 

3.15 

bis 

4.30 

Harn. 

Dr. Rewald. 

Veterinärpolizei und 
gerichtliche Tierheil¬ 
kunde. 

Veterinärrat Peters. 

Nachweis von Rotz¬ 
bazillen. Sektion 
eines rotzigen Meer¬ 
schweinchens. j 

Enterkrankheiten, j 

Dr. Trapp. 

Euterkrankheiten. 

Dr. Trapp. 


4.30 

bis 

6 

Praktische Übungen | 
in der Untersuchung 
des Harns. 

Geflügelkrankheiten. 

Dr. Kühne. 

Verteilung und 
Demonstration von 
Lungen und Dann- J 
Präparaten rotzigen 1 
sowie verminösen 1 
Ursprungs. 

Makroskopische und mikroskopische 
Untersuchung von Euterpräparaten. 



Das Honorar für den Kursus beträgt 30 M. Nähere Auskunft über den Kursus erteilt der Vorsteher der tierhygienischen Abteilung 
Dr. Mießner. Die Anmeldungen sind zu richten an die Hauptverwaltung des Kaiser Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft zu Bromberg. 

Der Direktor: Prof. Gerlach. 


Herbstsitzung des tierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg 

am Sonntag, den 1. November 1908. 

Die Sitzung findet im anatomischen Hörsaal, vormittags 11 Uhr statt. , 
Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Aufnahme neuer Mitglieder (gemeldet haben sich die 
Herren: Dr. Schröder in Cottbus, Hänsgen in Finster¬ 
walde, Schwedler in Triebei N.-L. und Korreng in 
Burg i. Spreewald); 

b) Rechnungslegung; 

c) Wahlen des Vorstandes und der Vertreter des Vereins. 

2. Mitteilungen aus der Praxis. 

3. Der biologische Nachweis von Pferdefleisch und Pferdeblut: 
Herr Borchmann. 


4. Besprechung der Maßnahmen zur Beschränkung der Rinder¬ 
finnenkrankheit: Herr Schräder. 

Verhandlungsgegenstände für die Gruppe der Schlachthof¬ 
tierärzte werden zu Beginn der Sitzung bekannt gegeben. 

Nach der Sitzung — 3 Uhr — gemeinschaftliches Essen unter 
erbetener Teilnahme der Damen in der Ratsstube des „Kaiserkellers*. 
Gäste sehr willkommen. Der Vorstand: I. A.: Dr. Arndt. 

Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin. (E. V.) 

Einladung zur Sitzung am Montag, den 2. November 1908, 
abends 87 3 Uhr pünktlich, im Restaurant „Zum Heidelberger“ (am 
Bahnhof Friedrichstraße). 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Wahl eines Vorsitzenden und eines Schriftführers. 











792 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


b) Aufnabmemeldungen der Herren Dudzus und Dr. Kuni¬ 
bert Müller. 

c) Verschiedenes. 

2. Mitteilungen aus der Praxis. 

3. Geselliges Zusammensein. 

Wegen der Wichtigkeit des Punktes 1 der Tagesordnung wird 
um zahlreiches Erscheinen gebeten. 

Der Vorstand. 

I. A.: Dr. Goldstein, Schriftführer. 

Tierärztliche Abende in Stettin. 

Jeden ersten Sonntag im Monat, abends 7 Uhr, Familienabend 
in Stettin, „Hackerbräu“, am Königstor. 

Besondere Einladungen ergehen nicht. 

Genossenschaftliches. 

Die Wirtschaftsgenossenschaft deutscher Tierärzte E. G. m. b. H. 
zu Posen beendete am 30. September d. J. ihr drittes Geschäftsjahr 
mit einem Nettoumsatz von 210 328,19 M., zu welchem noch die 
den Mitgliedern zugeführten Rabatte in Höhe von rund 15 000 M. 
hinzuzurechnen sind. Der Gesamtumsatz für 1907/08 stellt sich 
somit auf rund 225 000 M. Die einzelnen Monate stellten sich dem 
Vorjahr gegenüber wie folgt: 


Monat 

Wert der 
im Gesc 

1906/07 

Aasgänge 

liäftsjahr 

1907/08 

Zahl der Warenausgänge 
im Geschäftsjahr 
1906/07 | 1907/08 

Oktober . . 

8 874,11 

11 509,15 

403 

430 

November . 

7 290,13 

12 446,69 

301 

441 

Dezember 

9 682,99 

11 595,61 

335 

454 

Januar . . 

10 444,78 

11 527,24 

369 

526 

Februar . . 

10 321,20 

15 927,36 

420 

517 

März . . . 

15 554,52 

16 893,79 

534 

570 

April . . . 

22 338,81 

19 510,59 

654 

639 

Mai ... . 

26 875,39 

31 256,74 

677 

909 

Juni . . . 

21451,44 

29 141,66 

683 

723 

Juli .... 

18 050,49 

20050,47 

580 

806 

August . . 

15 479,62 

17 383,81 

470 

595 

September . 

12 860,13 

13 086,18 

485 

559 

Im ganzen: 

179 223,61 

210329,29 

5 911 

7165 


Die Genossenschaft eröffnete ihre Tätigkeit vor 3 Jahren mit 
224 Mitgliedern. Am Ende ihres dritten Geschäftsjahres trug sie 
das 500. Mitglied ein. Marks-Posen. 


Tierhaltung und Tierzucht. 

Exotische Tierproduktion. 

Von k. u. k. Mil.-Obertierarzt Joseph S perl-Wien. 

(Tierärztliches Zentralblatt 1906, Nr. 24.) 

Ein Zebrahengst, der zum Zwecke der Paarung mit Pferde¬ 
stuten angekauft worden war, wollte absolut keine Pferdestute 
decken und wurde immer ungeberdiger. Er wurde auf die 
Weide gegeben, wo er mit Pferdefohlen zusammen war. Dort 
deckte er eine sehr hübsche, 2 jährige Fuchsstute mit Erfolg. 
Es kam ein Stutfohlen zur Welt. Im Vorderteile, besonders 
Kopf und Hals, ist es dem Zebrahengste ähnlich, während der 
übrige Körperteil mehr der Pferdestute ähnelt. Die Grundfarbe 
ist Rotfuchs mit eingetragener dunkelbrauner Zebrastreifung 
Die Streifüng beginnt am unteren Teile des Halses und setzt 
sich bis zur Gruppe fort. Ebenso sind alle vier Füße dunkel¬ 
braun quergestreift. Das Fohlen ist kräftig, gut entwickelt und 
gutmütig. 

Der Zebrahengst wurde 10 Tage nach der Geburt des 
Fohlens mit der Stute und dem Fohlen zusammengebracht. Er 


war sehr freundlich gegen beide und deckte neuerdings die Stute 
wieder. Der Deckakt konnte nur durch das Stallfenster be¬ 
obachtet werden, da der Zebrahengst absolut keine unnützen 
Zuseher um sich duldet. Rdr. 

Die abschüssige Krappe. 

Von Zuchtinspektor A. Hink in Freiburg i. Br. 

(Zeitschrift für GeslUtkanüe und Pferdezucht 1908, Heft 4.) 

Verfasser wendet sich in seiner Arbeit gegen eine Schrift 
Krämers, in welcher letzterer folgendes behauptet: „Es ist 
bekannt, daß eine kurzabschüssige Kruppe zum Typus des Zug¬ 
pferdes gehört. In der Stammform des Tieres ist sie durchaus 
nicht nachweisbar begründet. Durch die natürliche Zuchtwahl 
ist sie unmöglich entstanden, und wäre sie es wirklich, so hätte 
die künstliche Zuchtwahl, die den Fehler zu heben bestrebt ist, 
ihn schon längst verschwinden gemacht. Sein Bleiben ist nur 
zu erklären, wenn man annimmt, daß die frühe Verwendung 
zum Zugdienst ihn stets aufs neue hervorruft, die Tiere ihn 
stets aufs neue erwerben.“ Nach Hinks Ansicht ist in der 
eben geschilderten Behauptung Ursache mit Wirkung verwechselt 
worden. Unter ausführlicher Beweisführung kommt Hink am 
Schlüsse seiner interessanten Arbeit zu folgendem Resultat: Das 
abschüssige Becken des Kaltblutpferdes ist eine in grauer Vor¬ 
zeit entstandene Anpassungserscheinung, die ihren Ursprung in 
der Variabilität des Keimplasmas hat. Die Behauptung, diese 
Beckenform sei eine Folge des Zugdienstes, ist ein Trugschluß. 
Das kaltblütige Pferd ist vielmehr zum schweren Zuge 
deshalb geeignet, weil es ein vom diluvialen Wild¬ 
pferd, dem equus robustus abstammendes schweres 
Pferd ist und als solches ^ine abschüssige Kruppe seit 
Jahrtausenden hat. J, Schmidt 


Personalien. 

Ernennungen: Tierarzt Wilhelm Oaertner zum Assistenten am 
tierhygienischen Institut der Universität Freiburg i. Br., städtischer 
Bczirkstierarzt und Schlachthofdirektor Lwc/d-Frcising zum Distrikts¬ 
tierarzt in Isen, die Schlachthoftierärzte Dr. phil. Fiedler- Braun¬ 
schweig zum Schlachthofdirektor in Osterode (Ostpr.), Heinrich 
A/jferf-Stolberg (Rheinpr.) zum Schlachthofdirektor daselbst, Alfred 
Ka^te-Stendal zum Leiter des städtischen Schlachthofes in Lyck 
(Ostpr.), die Tierärzte Dr. Paul Z>Mn£e/-Rinteln zum Assistenztierarzt 
am Schlachthof in Stendal, Tierarzt Max Lüth -Borna zum Assistenz¬ 
tierarzt am Schlachthof in Weimar. 

Verzogen: Die Tierärzte Gabriel Bayer als Assistent nach Gräfen- 
berg, Johann Bichlmaier von Offenbach (Schwaben) nach Weiler 
(Allgäu), August Zettl von München als bezirkstierärztlicher Assistent 
nach Starnberg, Schlachthoftierarzt Dr. Bitterick von Mannheim 
nach Eppingen. 

Approbiert: Die Herren Arthur Breßler aus Militsch, Hans Cords¬ 
hagen aus Schwerin (Meckl.-Schw.), Stephan Hoppe aus Wongrowitz 
in Berlin. 

Todesfall: Ober veterinär a. I). Richard Raffegerst in Brand en- 
burg a. H. 

Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 40.) 

Tlerphysiol. Institut d. landw. Akademie Bonn-Poppelsdorf: Assistent, 
Gehalt 1200 M. p. a. Bewerb, an Prof. Dr. O. Hagemann. 

Besetzt: Tierarztstellen in Kemberg und Langelsheim. — Schlaclit- 
hofstelle in Osterode. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. - Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schoet* in B^li^ 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 





Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48. Wilheimstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 PI für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zcituuga- 
Preisliste Nr. 574i Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk«« in Petitsatt mit 
60 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prot. Dr. Scbmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule, NW , liiiisenstrafle 56. Korrekturen, 
Rexensions-Exomplare and Annoncen dagegen au die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Mod.-Rat Dr. Roeder 

Professor in Diesden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schiiialtz-Berlin 

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Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departoments-T. in Cöln. 


Veterinärrat Peters 

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Professor in Freibnrg. 


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Staatstirrarzt für Hamburg. 

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Veterinärrat Preuße 

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Wehrte 

Kais. Regierungir-tt in Berlin. 


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Professor in Dresden. 

Zundel 

Krcistierarzt ln MO bauseo i. E. 


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Scblachth.-Direktor in MOlhau'en L E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeninatitut >n Hamburg. 


Dr. Städter 

Stadt-Ti.-i arzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilbelm-L stilnt in Bromberg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest. 


Jahrgang 1908. ,M. 45 . Ansgegeben am 5. November. 

I n h a 11: Bernhardt: Feststellung der Zahl der Samenfäden im Sperma des Hengstes. — Schlegel: Neoplasmen in den 
Nebennieren und accessorischcn Nebennieren beim Pferd und Rind. (Fortsetzung.) — Lorenz: Zur Ätiologie 
der Brustseuche. — Referate: Krameil: Eine eigenartige Pferdescuche. — Kukuljevitf: Behandlung des ansteckenden 
Scheidenkatarrhs der Rinder. — Tagesgeschichte: Begründung eines tierärztlichen Prcsseburcaus. — Zur Militär-Veterinär- 
Reorganisation. — Schaumkeil: Zur Gehaltsaufbesserung der Kreistierärzte. — Francke: Die 80. Versammlung Deutscher 
Naturforscher und Ärzte in Köln. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Preuße: Pauschalvergütung der 
Kreistierärzte. — Bekämpfung der Influenza. — Verschiedenes. — Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Glage: 
Aus der Fleischbeschau. — Genossenschaftsversammlung der Fleischereiberufsgenossenschaft — Verschiedenes. — 
Personalien. — Vakanzen. 


Feststellung der Zahl der Samenfäden im Sperma 
des Hengstes. 

Von Obertierarzt Dr. Bernhardt-Offenbausen. 

Auf Anregung des Herrn Prof. Dr. Schmaltz in Berlin 
habe ich die im folgenden näher beschriebenen Zählungen der 
Samenfäden im Sperma des Hengstes vorgenommen. Man hat 
bisher in dieser Hinsicht mit schätzungsweise festgestellten 
Zahlen sich begnügt, da exakte Untersuchungen über diese Frage 
noch nicht vorgenommen waren. Ich halte die gewonnenen 
Resultate noch nicht für abgeschlossen, da ich die Untersuchungen 
fortzusetzen beabsichtige, besonders nach der Richtung, wie die 
fortschreitende Angewöhnung von Hengsten aus dem Tiefland 
an das Höhenklima der schwäbischen Alb sich zahlenmäßig an 
der Menge der produzierten Spermafäden ausdrückt. Die bis 
jetzt gewonnenen Zahlen haben mich direkt darauf hingewiesen, 
dieser Frage auf den Grund zu gehen. Heute will ich nun die 
Methode bekannt geben, nach welcher ich die Untersuchungen 
vorgenommen habe und die Resultate, welche bis jetzt erzielt 
wurden. Ich bedaure bloß, daß meine Zeit von dringenden 
Berufsgeschäften zu sehr in Anspruch genommen ist, und daß 
ich nicht anhaltend, wie ich gern möchte, mich diesen Unter¬ 
suchungen widmen kann. 

Das zu den Zählungen verwendete Sperma wurde direkt 
nach dem natürlichen Deckakt in der Weise gewonnen, daß in 
eine gereinigte und im Warmwasserbad gewärmte Schale der 
nötige Samen in der Art gesammelt wurde, daß man die Harn¬ 
röhre des Hengstes an der noch in Erektion befindlichen Rute 
mit dem aufgedrückten Zeigefinger von hinten nach vorne aus- 
strich und den aus der Harnröhrenmündung ausfließenden Samen 
in der obenerwähnten Schale auffing. Auf diese Weise bekam 
man immer noch eine Menge von etwa 10 ccm, mehr wie genug 
zu der beabsichtigten Untersuchung. Es wurde nun mit einer 
Pipette, welche mir Herr Prof. Dr. Btirker in Tübingen von 


einem Glasbläser dort hersteilen ließ, 1 ccm Samen aufgesogen 
und in ein bereitgestelltes Mischkölbchen entleert, in welchem 
sich bereits 5 ccm Zayemsehe Lösung befanden. Letztere 
besteht aus: 


Natriumsulfat . . . 

. . 5,0 

Kochsalz .... 

. . 1,0 

Sublimat .... 

. . 0,5 

Aqu. destillat. . . 

. . 200,0 


Diese Lösung dient zum Verdünnen des Samens und zum 
Fixieren der Samenfäden. Durch längeres Schütteln wurden 
die Samenfäden gleichmäßig darin suspendiert und nun mit 
Hilfe eines Tropfenzählers diese Mischung in die Zählkammer 
gebracht. Als Zählkammer benutzte ich den von Professor 
Dr. Bürker in Tübingen konstruierten Objektnetzmikrometer, 
hergestellt von Zeiß in Jena, der eigentlich für die Zählung 
von roten und weißen Blutkörperchen bestimmt ist, sich aber 
auch für die Zählung von Samenfäden sehr gut eignet. Nach 
einer Beschreibung des Bürker sehen Apparates in Pflügers 
Archiv, Bd. 107, S. 426, Jahr 1905, besteht die Zählkammer 
ans einer Grundplatte von Glas, auf welcher zwei rechteckige 
Glasstücke aufgekittet sind, welche die Zählfläche, durch zwei 
Rinnen von den Glasstücken getrennt, zwischen sich lassen. 
Die Zählfläche selbst ist durch eine Querrinne in zwei Ab¬ 
teilungen geschieden. Wird auf die Glasstücke ein Deckglas 
fest aufgelegt, so überbrückt dieses die Zählfläche und grenzt 
über ihr einen Raum von genau 0,100 mm Höhe ab. Auf jeder 
Abteilung der Zählfläche ist ein Objektnetzmikrometer für 
Zählung roter und weißer Blutkörperchen, 4 qmm entsprechend 
geteilt, eingeritzt. Durch die Einteilung entstehen große und 
kleine Quadrate. Zur Zählung der Samenfäden benutzt man 
am besten die kleinen Quadrate. Nach sorgfältiger Reinigung 
der Zählkammer schiebt man das Deckglas so auf, daß auf 
beiden Unterlagen Newtonsche Streifen, unter diesen womöglich 
braune, entstehen und bestehen bleiben. Nun bringt man ein 






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BERLINER TIERÄKZTLICHE WOCHENSt ’HKIFT. 


No. 45. 


Tröpfchen der mit Zayem scher Lösung, wie oben beschrieben 
wurde, hergestellten Samenmischung auf den unter dem Deck¬ 
glas hervorragenden halbkreisförmigen Teil der Zählflftche, 
welches sofort durch Kapillarität in die eine Abteilung der 
Zählkammer gesaugt wird. Und nun werden unter dem Mikro¬ 
skop 80 kleine Quadrate durchgezählt. Ragen Bruchstücke von 
Samenfäden in den abgegrenzten Zählraum hinein, so werden 
sie als ganze mitgezählt, wenn der größere Teil der Samen¬ 
körperchen innerhalb des Zählraums liegt. Die Berechnung 
geschieht nun folgendermaßen: Zählt man die in den großen 
Quadraten befindlichen Samenkörper, so werden 100 Quadrate 
durchgezählt. Über einem großen Quadrat liegt ein Raum von 
16 

40ÖÖ = cmm ’ ti ' )er ^ Quadraten also l / 2>5 cmm. Um auf 

1 cmm umzurechnen, hat man die Gesamtzahl mit 2,5 und der 
6 fachen Verdünnung wegen noch mit 6 zu multiplizieren. Zählt 
man kleine Quadrate, so dividiert man die in 80 Quadraten ge¬ 
zählte Summe der Samenfäden durch 80. Um auf 1 cmm um¬ 
zurechnen hat man die durchschnitliche Zahl mit 4000 und 
der 6 fachen Verdünnung wegen noch mit 6 zu multiplizieren. 
Über einem kleinen Quadrat befindet sich ein Raum von 
1/4000 cmm. 

Meine Zählungen habe ich im Herbst 1906 ausgeführt. Am 
22. November habe ich die erste Zählung der Samenfäden im 
Sperma eines frisch importierten 8 Jahre alten Holsteiner 
Hengstes in der oben geschilderten Weise vorgenommen. Der 
aufgefangene Samen des Hengstes war ziemlich dünnflüssig und 
grauweiß. Der Hengst deckte immer langsam und sprang ge¬ 
wöhnlich einmal ab, ohne abgesamt zu haben. Beim nochmaligen 
Sprung erfolgte dann die Absamung. In 100 großen Quadraten 
des Bürkerschen Netzmikrometers zählte ich 4310 deutlich 
sichtbare Samenkörperchen. Nach dem oben aufgestellten Schema 
der Berechnung sind im Kubikmillimeter Sperma dieses Hengstes 
4310. 2,5 .6 = 64 650 Samenfäden enthalten. Am 19. März 1907 
habe ich wiederum die Samenfäden im Sperma dieses Hengstes 
gezählt. Bezüglich der Lebhaftigkeit beim Deckakt hat er sich 
noch nicht gebessert. Er bespringt die Stute immer einigemal 
und springt ab, ohne den Geschlechtsakt vollständig zu machen. 
An diesem Tag hat er gleich beim ersten Bespringen der Stute 
abgesamt. Die Zahl def in dem aufgefangenen Spermarest 
gezählten Samenfäden wurde für den Kubikmillimeter auf 189300 
festgestellt. Sie ist also nach Verlauf von 3 1 /3 Monaten auf 
beinahe das 3 fache gestiegen. 

Am 26. November 1906 wurde der Samen eines im Gestüt 
geborenen und aufgewachsenen Hengstes in bezug auf die Zahl 
seiner körperlichen Bestandteile im cmm untersucht. Dieser 
Beschäler ist 9 Jahre alt und sehr temperamentvoll beim Deck¬ 
akt. Der aufgefangene Samen ist ziemlich dickflüssig und bildet 
beim Vermischen mit der in einem Kölbchen befindlichen ab¬ 
gemessenen Menge Zayemscher Lösung zuerst dicke Wolken, 
die sich durch längeres energisches Schütteln allmählich auflösen 
und gleichmäßig suspendieren. Ein Versuch die Samenfäden 
eines großen Quadrats des Netzmikrometers zu zählen ist wegen 
der übergroßen Menge derselben nicht möglich. Es werden des¬ 
halb die Samenkörperchen in 80 kleinen Quadraten gezählt und 
die Gesamtzahl derselben auf 1098 festgestellt. Nach dem oben 
aufgestellten Schema der Berechnung sind also im Kubikmilli- 
IQi)# 4000 G 

meter gQ = 329 400 Samenfäden enthalten. 


30. November 1906: Zählung der Samenkörperchen im 
Sperma eines 9 jährigen, vor 172 Jahren aus Holstein importierten 
Hengstes. Dieser Beschläger hat im Jahre vorher noch nicht 
mit Zuverlässigkeit gedeckt, aber ein gutes Befruchtnngsresnltat 
bei den Stuten erzielt. Bei dem heutigen Deckakt sprang er 
zweimal ab ohne abzusamen, beim dritten Bespringen der Stute 
hat er gut gedeckt und sofort abgesamt Der aufgefangene 
Samen ist ziemlich dünnflüssig und 1 ccm desselben verteilt 
sich schnell und gleichmäßig in 5 ccm Zayemschen Lösung. 
Die Zahl der in 80 kleinen Quadraten gezählten Samenfäden 
beträgt 343. In einem Kubikmillimeter befinden sich also 
343.4000.6 

-80- = 102 900 Samenkörper. 

Am 11. Februar 1907 machte ich die letzte Zählung vom 
Samen eines 16 Jahre alten, im Gestüt geborenen und auf¬ 
gewachsenen Hengstes. Derselbe ist ein feuriger Decker und 
hatte immer ein gutes Befruchtungsresultat. Seit einigen Monaten 
ist er nicht mehr zu diesem Zweck benutzt worden. Beim 
heutigen Decken stand die Stute nicht ruhig. Der Hengst sprang 
deswegen zweimal wieder ab, beim dritten Mal konnte er den 
Deckakt ausführen und samte auch gleich ab. Der aufgefangene 
Samen war hellgrau und ziemlich dünnflüssig. Mit der Zayemschen 
Lösung vermischte er sich schnell und gleichmäßig. Die Zahl 
der in 80 kleinen Quadraten gezählten Samenkörper beträgt 415. 

415.4000.6 

In einem Kubikmillimeter finden sich demnach -öö- = 

124 500 Samenfäden. 

Aus diesen wenigen Zählungen, welche ich aber im Laufe 
der Zeit noch erheblich zu vermehren hoffe, geht hervor, daß 
die Zahl der Samenkörper im Kubikmillimeter bedeutenden 
Schwankungen unterliegt und daß dieselbe von den verschiedensten 
Umständen beeinflußt werden kann. So ist doch sicher auf¬ 
fallend, daß bei seinem Import aus dem Tiefland auf eine Höhe 
von 650 m. Die festgestellte niedere Zahl von 64 650 Samen¬ 
fäden im Kubikmillimeter des Hengstes eine Folge der ver¬ 
änderten Lebensverhältnisse des Tieres ist. Im Verlaufe von 
372 Monaten hat durch die Angewöhnung des Beschälers an 
Klima, Boden, Futter und Wasser die Zahl sich beinahme um 
das dreifache gehoben. Interessant ist ferner, daß der Hengst, 
dessen Samen im Kubikmillimeter die enorme Zahl von 329 400 
Samenfäden aufweist, von Vater- und Mutterseite her das Blut 
eines bodenständigen, sehr fruchtbaren Hengstes ln seinen Adern 
hat. Sonst scheint die Zahl der Samenfäden im Kubikmillimeter 
zwischen 120—150 000 zu schwanken. 


(Aus dem tierhygienischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

Neoplasmen in den Nebennieren und accessorischen 
Nebennieren beim Pferd und Rind. 

Von Prof. Dr. M. Schlegel in Freiburg i. Br. 
(Fortsetzung.) 

b. NebennlerengeechwQlete beim Rind. 

I. Fall: 

Karzinom der linken Nebenniere mit Einbruch in die Aorta 
und Metastase in einer regionären Lymphdrüse von einer ca. 
10 Jahre alten Kuh, welche intra vitam keine Krankheits¬ 
erscheinungen gezeigt hat. 

Der doppelfaustgroße, 822 g schwere, rundliche Tumor ist 
an der Oberfläche glatt und von einer dünnen, gespannten 




5. November 1908. 


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Kapsel umgeben. Anf der Schnittfläche springt die breiig 
weiche, orangegelhe Geschwulstmasse stark vor. Anf dem 
Durchschnitt stellt das zarte Stützgerüst, welches vielfach von 
gallertigen, gelblich durchscheinenden Streifen infiltriert ist, 
eine groblappige Felderung her; die Felder zeigen fleckige 
und streifige, schwarzrote, blutige Zerfallsherde und graugelbe, 
transparante, kolloide Metamorphosen. Auf der einen Geschwulst¬ 
fläche findet sich unter der Kapsel noch ein platter Rest 
normaler Nebenniere. Der Tumor ist mit der Aorta auf einer 
eßlöffelgroßen Stelle verwachsen, deren Wandung daselbst 
atrophisch und von einem walnußgroßen, im Aortenlumen 
sitzenden Geschwulstknoten durchbrochen ist. An dieser Stelle 
ist die Aorta für drei Finger passierbar. 

Histologisches: Das Bindegewebsgerüst ist sehr gefäßreich, 
Gefäße stark injiziert, oft spaltenförmig oder kavernös erweitert. 
Die in den Alveolen des Bindegewebes liegenden epithelialen 
Zellen sind rundlich oder polygonal, stark fetthaltig, in Ballen 
oder soliden Zylindern angeordnet, den Bau der Nebennierenrinde 
kopierend. Dieselben zeigen teils hochgradige fettige, teils 
kolloide Degenerationen. 

Eine regionäre Lymphdrtise ist taubeneigroß, dunkelbraun¬ 
rot gefleckt und enthält auf Schnitten in gewucherten Trabekeln 
und Septen kleinste miliare Embolien von Nebennierenepithelien. 
(Einsender: Bezirkstierarzt Metzger in Säckingen.) 

II. Fall: 

Primäres Rundzellensarkom der linken Nebenniere, aus¬ 
gehend von der Marksubstanz; Metastase in der linken Niere, 
von einer ca. 12 Jahre alten Kuh (Wurstkuh), welche außer 
geringgradiger Distomatosis einen mittelmäßigen Ernährungs¬ 
zustand aufwies. . 

Die linke Nebenniere ist eine rinderhodengroße, an der 
Oberfläche glatte, bläulichbraune Neubildung, deren Gewicht 
235 g beträgt; sie ist mit der Wand der Aorta innig verwachsen 
und mit einer linsengroßen Geschwulstinfiltration in das Aorten¬ 
lumen eingebrochen. Die Konsistenz ist fluktuierend, die Schnitt¬ 
fläche quillt stark vor, ist gleichmäßig dunkelbraunrot, an der 
Peripherie (unter der Kapsel) gelb. Die ganze sackförmige 
Cyste ist von einem gleichmäßigen, musähnlichen, braunroten 
Brei erfüllt. Nur am einen Pole der Geschwulst findet sich 
noch ein auf dem Durchschnitt sichelförmiger, platter Streifen 
normaler Nebenniere. 

Die linke Niere enthält in einem stark aufgetriebenen 
Renculus eine apfelgroße, an der Oberfläche traubig-höckerige, 
glasig-transparente Neubildung von festweicher Konsistenz; 
Schnittfläche von graugelblicher Farbe, mit gelapptem Bau, 
Lappung durch grauweiße dünne Bindegewebssepten hergestellt. 
Die Neubildung ist von der normalen Niere durch eine schalen¬ 
förmige Bindegewebskapsel scharf abgesetzt. Nierenbecken des 
Renculus zu einer kastaniengroßen Cyste erweitert und mit 
dickem, trübem Ham gefüllt. 

Histologisches: Gewebsschnitte aus der Nebennieren¬ 

geschwulst zeigen genau die Struktur eines Rundzellensarkoms, 
nämlich ein regelloses Zusammenliegen von kleinen, intensiv 
gefärbten Rundzellen, welche den Lymphzellen gleich sind; ein 
Bindegewebsgerüst ist nur da und dort in Form dünner Fibrillen 
nachweisbar. Mitten in diesen gut erhaltenen Zellen finden 
sich rundliche oder längliche Infiltrationen von Erythrocyten. 
Zwischen massenhaften roten Blutzellen liegen ferner stark ver¬ 
fettete, zerfallene Rundzellen. In der Umgebung stark er¬ 


weiterter Gefäße der Bindegewebszüge und unter der Geschwulst¬ 
kapsel sind größere und kleinere Blutextravasate. 

Die Schnitte aus der metastatiBchen Nierengeschwulst weisen 
ganz den gleichen Bau auf, indem die konstituierenden Zellen 
genau wie die in der Nebennierengeschwulst, wie Rundzellen 
aussehen, welche durch dünne, gefäßführende Bindegewebssepten 
getrennt sind. (Einsender: Schlachthofverwalter Tierarzt Metz 
in Freiburg.) 

III. Fall: 

Hypernephroma malignum mit Verkalkung und Osteom¬ 
bildung in der Nebenniere von einer 10 Jahre alten Kuh. 

Die festweiche Geschwulst ist 21 cm lang, 13 cm dick und 
2600 g schwer. Die Geschwulstoberfläche ist glatt und ihre 
3—10 mm dicke graurötliche Kapsel von größeren und kleinsten 
stark injizierten Gefäßen durchzogen. Die Dorsalfläche der Ge- 
schwulSt ist mit der Aorta auf einer zweiflngergroßen Fläche 
verwachsen, deren atrophische Wandung an einer erbsen- und 
bohnengroßen Stelle mit durchgewucherten Geschwulststrängen 
infiltriert ist. Auf der Schnittfläche wird der Tumor durch ein 
stark gewuchertes Stützgerüst in kastanien- bis apfelgroße 
Lappen abgeteilt. Das Stroma weist 172 bis 2 cm breite Septen 
auf, welche in ein immer dünner werdendes Maschenwerk ver¬ 
laufen. Unter der Kapsel und in den Spalträumen der Binde¬ 
gewebszüge finden sich massenhaft sandkoragroße Kalkein¬ 
lagerungen und zahlreiche federkielstarke, ästige Knochenspangen 
und bis eßlöffelgroße Knochenschalen. Drei haselnuß- bis wall¬ 
nußgroße Tumorlappen sind total verknöchert. Die Geschwulst¬ 
felder sind graugelb bis dunkelbraunrot gefärbt und enthalten 
im Zentrum oft erbsengroße, gelbgetrübte Fettdegenerationen 
oder schwarzroten blutigen Zerfall oder gelblichtransparente, 
geronnene, kolloide Metamorphosen; auch bis bohnengroße, mit 
schleimiggallertiger Flüssigkeit gefüllte Cysten liegen in mehreren 
Geschwulstfeldern. Nieren intakt. 

Histologisches: Das neoplastisch veränderte, durch Wucherung 
stark verbreiterte Stroma enthält in den Saftlücken des fibrösen 
Gewebes zahlreiche Infiltrationsherde von kleineren und größeren 
Rundzellen und zahlreiche Teleangiektasien kleinerer und 
größerer Blutgefäße; ferner finden sich in den Bmdegewebszügen 
und in deren Umgebung massenhafte Spindelzellen, welche in 
den feineren Fibrillen auch mit glatten Muskelzellen untermischt 
sind; die Bindegewebszüge enthalten aber auch sternförmige, 
ästige Schleimzellen mit langen Ausläufern. An diesen Stellen 
ist das Zwischengewebe durch serös-schleimige Infiltration ver¬ 
breitert oder es enthält kleinere und größere schleimig-gallertige 
Zerfallsherde. In den Hohlräumen des Stromas liegen fett¬ 
infiltrierte rundliche oder polygonale Epithelzeßen in netzförmiger 
Anordnung; ihr Protoplasmaleib ist häufig fettig zerfallen (Misch¬ 
geschwulst: Adenosarkoma malignum). (Einsender: Bezirks¬ 
tierarzt Huber in Waldshut.) 

IV. Fall: 

Adenoma malignum der linken Nebenniere einer 10 Jahre 
alten Kuh der „großen Höhenfleckviehrasse“. 

Die Geschwulst ist mannsfaustgroß, 10 cm lang, 6 cm dick 
und 578 g schwer. Die Geschwulst ist an der Oberfläche glatt, 
verwischt graurot, mit injizierten Blutgefäßen. Die Schnitt¬ 
fläche quillt vor, ist weich, durch ein zartes Bindegewebsgerüst 
in runde und längliche Lappen geteilt, von gelbrötlicher 
Färbung, mit zahlreichen schwarzroten Blutflecken und kleinen 
bläschenähnlichen, gelblichtransparenten Kolloidherden durch- 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


setzt; am einen Pol der Geschwulst sitzt noch sichelförmig die 
Hälfte der normalen Nebenniere. Der Tumor ist mit der Aorta 
auf einer talergroßen Stelle innig verwachsen und durch mehrere 
wickenkom- bis erbsengroße Geschwulststränge in deren Lumen 
eingebrochen. 

Histologisches: Die den Rindenzellen der Nebenniere 
gleichenden Epithelzellen sind teils haufenweise, teils säulen¬ 
förmig angeordnet. Die Bindegewebszüge sind stellenweise ge¬ 
wuchert und daselbst hämorrhagisch oder schleimig degeneriert. 
(Einsender: Bezirkstierarzt Meitzer in Donaueschingen.) 

V. Fall: 

Karzinom der rechten Nebenniere und Niere von einer Kuh. 

Die Geschwulst der rechten Nebenniere ist kindskopfgroß, 
wiegt 1200 g; die Oberfläche ist glatt, graurot, von einer dünnen 
Kapsel umschlossen, die Schnittfläche durch ein spärlich ent¬ 
wickeltes Stützgerüst gefeldert. Im Bindegewebe findbn sich 
vielfach bis sandkorngroße, gelbliche, knirschende Verkalkungen. 
In den Maschen liegen über die Oberfläche vorspringende, gelb¬ 
rötliche, weiche Geschwulstmassen; mehrere Maschen enthalten 
schwarzbraunen, blutig-fettigen Inhalt. 

Die Nierenmetastase wiegt 64 Pfund, ist von einer höcke¬ 
rigen, fibrösen Kapsel umgeben, Nierensubstanz nicht mehr nach¬ 
zuweisen. Die Konsistenz der Geschwulst ist fluktuierend, der 
Inhalt dickbreiig. Auf der durch Bindegewebssepten in ein 
großes Maschenwerk abgeteilten Schnittfläche findet sich ein 
schokoladebrauner Zerfallsbrei. 

Histologisches: Schnitte der Nebennieren- und Nieren¬ 
geschwulst zeigen einen übereinstimmenden Bau; die aus fibrösem 
Bindegewebe bestehende Kapsel entsendet ein bindegewebiges 
Gerüst in das Geschwulstinnere, in dessen Maschen teils zu 
Ballen, teils zu soliden Zylindern formierte, fettkörnchenreiche 
Epithelzellen liegen. Die im Stroma verlaufenden Blutgefäße 
sind stark erweitert, in deren Umgebung und auch mitten in 
den Zellhaufen sich oft runde oder streifenförmige Blutungen finden. 
Das Geschwulstgewebe zeigt ansgebreitete Verfettungen und 
beginnende Verkalkung. (Einsender: Bezirkstierarzt Metzger 
in Säckingen.) 

VI. Fall: 

Cystadenoma haemorrhagicum s. gelatinosum der rechten 
Nebenniere von einer ca. 10 Jahre alten Wurstkuh, die sonst 
gesund war. 

Der Tumor ist kindskopfgroß, 1380 g schwer, von feBt- 
weicher Konsistenz, an der Oberfläche glatt, graurötlich gefärbt, 
mit dünner Bindegewebskapsel umschlossen. Die Schnittfläche 
zeigt ein spärlich entwickeltes Bindegewebsstroma, springt stark 
vor und zeigt eine graurötliche bis braunrote Färbung. Die 
einzelnen Geschwulstlappen sind auf der Schnittfläche breiig¬ 
fettig erweicht oder hämorrhagisch zerfallen. 

Histologisches: Die Schnitte besitzen an der Oberfläche der 
Geschwulst eine dünne Bindegewebskapsel, von welcher aus ein 
spärliches fibrilläres, sehr gefäßreiches Stroma nach dem Innern 
der Geschwulst zieht; seine HohlräumC sind durch strangförmig 
zusammengelagerte epitheliale Zellen mit bläschenförmigen 
Kernen erfüllt. Auffällig ist in den Schnitten der hochgradige 
hämorrhagische, fettige und gelatinöse Zerfall in den Epithel¬ 
zellen; es finden sich besonders unter der Kapsel ausgebreitete, 
streifenförmige, frischere Blutungen und ältere Herde mit 
Erythrocytenresten und Fibrin, ferner besonders länglichrunde, 
ausgedehnte Fettdegenerationen mit Ansammlung massenhafter 


kleinerer und größerer Fettkugeln. (Einsender: Schlachthof¬ 
verwalter Tierarzt Metz in Freiburg.) 

VII. Fall: 

Hypernephroma sarkomatodes der linken Nebenniere von 
einer neun Jahre alten Simmentaler Kuh. 

Die linke Nebenniere ist in eine kopfgroße, 3090 g schwere, 
länglichrunde, graugelbe Geschwulst umgewandelt. Die Geschwulst 
drückte auf die auf ihrer Dorsalfläche verlaufende hintere Hohl¬ 
vene und auf die in letztere einmündende Nierenvene, bo daß 
eine starke Erweiterung der Nierenvene, deren Lumen für zwei 
Mannsfinger passierbar ist, erfolgte. Die linke Niere ist deshalb 
im Zustande hochgradiger venöser Stauungshyperämie. 

Die Nebennierengeschwulst ist von einer graurötlichen, 
dünnen, stark gespannten Bindegewebskapsel umschlossen and 
von fest weicher Konsistenz. Die Schnittfläche springt stark vor 
und zeigt einen lappigen Bau, welcher durch ein stark ent¬ 
wickeltes Bindegewebsstroma zustande kommt; in den Maschen 
desselben finden sich linsen- bis bohnen- bis wallnußgroße 
Geschwulstfelder von weicher Konsistenz und orangerötlicher 
Färbung. Letztere zeigen zahlreiche fleckförmige, getrübte 
Herde regressiver Metamorphose; ein solcher kastaniengroßer, 
graugelber, fettiger Degenerationspfropf findet sich inmittender 
Geschwulst. Andere Stellen, besonders unter dem Bindegewebs¬ 
stroma und inmitten der Zellhaufen weisen sandkorngroße oder 
fleckförmige Verkalkungen auf. 

Histologisches: Die Geschwulst ist von einer fibrösen 
Bindegewebskapsel umgeben, von welcher aus ein Maschenwerk 
von breiten gewucherten und gefäßreichen Bindegewebszügen 
n das Geschwulstinnere gebildet wird. Dasselbe besteht aus 
massenhaften Spindelzellen und auch glatten Muskelzellen. In 
den Hohlräumen liegen diffus zerstreut Rundzellen und Spindel¬ 
zellen, welche durch spärliches Zwischengewebe voneinander 
getrennt sind. Unter denselben treten oft Schleimzellen mit 
langen Ausläufern auf; an diesen Stellen ist die Interzellular- 
substanz serös-schleimig infiltriert. An der Innenfläche des 
bindegewebigen Stützgerüstes und in der Mitte der Sarkom¬ 
zellen sind vielfach kleinere und größere fettige Zerfallsherde 
und Einlagerungen von zahlreichen Verkalkungen. (Einsender: 
Bezirkstierarzt Berger in Bühl.) 

VHI. Fall: 

Hypernephroma sarcomatodes mit Verkalkungen und Osteom¬ 
bild ung und Metastasen in beiden Nieren von einer Kuh, welche 
an geringgradiger Lungen- und Brustfelltuberkulose bei Freisein 
der übrigen Organe und Lymphdrüsen gelitten hat. 

Die linke Nebenniere ist in eine menschenkopfgroße, 3015 g 
schwere, runde Neubildung umgewandelt, welche von einer Binde¬ 
gewebskapsel umschlossen ist, von der aus das stark gewucherte 
Bindegewebsgerüst ein Maschenwerk der Geschwulst hersteUt, 
in deren Hohlränmen kastanien- bis gänseeigroße Geschwust- 
lappen und zwar teils blutig-graurote bis graugelbe und gelb¬ 
rötliche, konzentrisch geschichtete, kolloid-fibrinöse, teils grau¬ 
gelbe, breiig-weiche, fettige Gewebsmassen und teils graugelbe 
Verknöcherungen eingelagert sind. Die Geschwulstfelder springen 
über die Schnittfläche stark vor. Beim Schneiden knirschen die 
graugelben punkt-, wickenkorn- bis wallnußgroßen Verkalkungen 
und Verknöcherungen. Die Verkalkungen und Verknöcherungen 
finden sich besonders in der Nähe des Stützgerüsts, aber auch 
regellos mitten in den Geschwulstlappen; an mehreren Stellen 
finden sich teils linsen- bis bohnengroße Verknöcherungen, teils 



5. November 1908, 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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schalenartig formierte Verknöcherungen im Stützgerüst um 
kastaniengroße hämorrhagisch-fettige Geschwulstlappen herum. 

Beide Nieren, von denen die linke am stärksten verändert 
ist, sind um die Hälfte vergrößert. Die Oberfläche ist braunrot 
und enthält massenhafte linsen- bis erbsen- bis pfenniggroße 
hellgraue Flecke, welche streifenförmig durch die Rindensubstanz 
ziehen. Außerdem finden sich tief braunrote blutige Flecken an 
der Nierenoberfläche, welche auch auf der Innenfläche der 
fibrösen Kapsel kopiert sind und derselben ein blutig getigertes 
Aussehen verleihen. In diesen Geschwulstherden sind ferner 
gelbgetrübte Flecke der regressiven Metamorphose. Die rechte 
Nebenniere ist hyperämisch, die linke Nierenvene infolge Kom¬ 
pression der Höhlvene und der linken Nierenvene bedeutend 
ektasiert und für zwei Mannsfinger passierbar. 

(Fortsetzung folgt.) 

Zur Ätiologie der Brustseuche. 

Berichtigung zu zwei Referaten auf Seite 768 in Nr. 43 
dieser Zeitschrift von 1908 

und zu zwei Artikeln im 3. Heft der Zeitschrift für 
Veterinärkunde vom März 1908. 

Von Obermedizinalrat Professor Dr. Lorenz-Darmstadt. 

Die Nummer 43 dieser Zeitschrift vom 22. Oktober laufenden 
Jahres enthält auf Seite 768 zwei Referate, die mich veranlaßt 
haben, mir die Originalartikel dazu im Heft 3 der Zeitschrift 
für Veterinärkunde vom März 1. J. zu verschaffen. 

Die Originalartikel und die hiernach bearbeiteten 
Referate sind geeignet, bei den Lesern nach zwei 
Richtungen, bin unrichtige Vorstellungen über den 
Sachverhalt zu erwecken. Ich überlasse dem Leser, zu be¬ 
urteilen, ob die Fassung der Artikel mit oder ohne Absicht so 
gewählt ist. 

Zunächst heißt es darin, daß je das betreffende Pferd mit 
Lorenz scher Brustseuche ly mp he geimpft worden sei. Ferner 
sind die beiden Artikel derart abgefaßt, daß der von der 
Sachlage nicht unterrichtete Leser den Eindruck gewinnen muß, 
als handle es sich in beiden Fällen um Einzelversuche. 
Beides entspricht nicht den Tatsachen, und ich sehe mich daher 
zur Aufklärung veranlaßt. 

Unter Lymphe kann alles mögliche verstanden werden, 
wissenschaftlich jedoch gerade das nicht, um was es sich hier 
handelte, nämlich um Bouillonreinkulturen, wie auch dem 
Artikelschreiber bekannt gewesen sein muß. 

Die beiden Fälle waren nicht Einzelversuche, sondern 
ereigneten sich nach den innerhalb verhältnismäßig 
kurzen Zeitraums vorgenommenen Impfungen von zu¬ 
sammen 332 Pferden im Frühjahr 1907. Auch in diesem 
Punkte konnte bei dem Artikelschreiber ein Zweifel nicht be¬ 
stehen. 

Nachdem nun auf diese Weise die Angelegenheit in die 
Öffentlichkeit gelangt ist, nehme ich das Recht für mich in An¬ 
spruch, den Hergang der Wahrheit kurz darzustellen. 

Ende März 1907 war unter den Pferden des Ülanenregiments 
Nr. 6 zu Hanau die Brustseuche ausgebrochen. Ich hatte da¬ 
von durch die Zeitung Kenntnis erhalten und wandte mich an 
den Korpsstabsveterinär mit der Bitte, mir die Erlaubnis zur 
Entnahme von frischem Infektionsmaterial zu erwirken. Diese 


Erlaubnis wurde erteilt. Als ich zum erstenmal in Gesellschaft 
des Korpsstabsveterinärs in Hanau war uud die erkrankten 
Pferde besichtigte, kam auch in Gegenwart des Regiments¬ 
kommandeurs und mehrerer Offiziere die Rede auf die bei Pferden 
des 24. Dragonerregiments zu Darmstadt im Januar 1906 vor¬ 
genommenen Infektionsversuche (beschrieben in einem Artikel in 
Nr. 5 dieser Zeitschrift von 1906). Seit jener Zeit hatte ich nur 
einzelne Infektionsversuche an dazu angekauften Füllen vor¬ 
genommen (beschrieben in Nr. 45 dieser Zeitschrift von 1906 und 
Nr. 23 und 24 von 1907). Daß ich nach einer so kleinen An¬ 
zahl von Versuchen nicht gleich zu einer Massenimpfung teurer 
Militärpferde raten konnte, habe ich wohl bedacht. Ich habe 
mich denn auch erst nach wiederholter Aufforderung zur Abgabe 
von Impfkulturen verstanden. 

Diese Impfkulturen rührten von den Hautabsonderungen 
eines im Herbst 1906 an Brustseuche erkrankten Dillenburger 
Landbeschälers her. Erst kurz vor der ersten Verabfolgung an 
den Stabsveterinär zu Hanau habe ich die Kultur bei einem 
mir zur Verfügung stehenden l 1 /* jährigen Füllen zu Hoppen- 
heim a. d. W. bei Worms auf ihre Wirkung geprüft. Das Tier 
hat dabei zwei Tage lang gefiebert und keine weiteren Er¬ 
scheinungen gezeigt, und ich habe die Kultur deshalb für un¬ 
gefährlich gehalten. Ich gab davon dem Stabsveterinär zur 
Impfung einer Serie von Pferden ab, klärte ihn über Art und 
Beschaffenheit der Kulturen auf und besprach mit ihm die Art 
und Weise der Anwendung. Die erste Serie von Pferden ist 
am 29. April infiziert worden. Da der Verlauf ein durchaus 
gutartiger war, wurden nach und nach noch vier Serien infiziert, 
so daß Ende Mai 91 Pferde geimpft waren. Nach den mir 
gewordenen Mitteilungen sind die Reaktionen verschieden ge¬ 
wesen, jedoch meist nicht hoch. Bösartige Erkrankungen sind 
bei diesen 91 Pferden nicht aufgetreten. 

Ich gestehe offen, daß es mir lieb gewesen wäre, wenn 
man hier die Versuche abgebrochen hätte, und ich habe dies 
auch damals ausgesprochen. Aber man drängte mich schon 
gleich, nachdem die Impfung der ersten Serie gut abgelaufen 
war, zur Abgabe von größeren Kulturmengen, und ich selbst 
habe erst noch die Impfung weiterer vier Serien veranlaßt, 
bevor ich mich dazu verstand. Es sollten Ende Mai die 120 
Pferde einer Eskadron geimpft werden. Da die dazu nötige 
Kulturmenge vorsichtshalber doppelt hergestellt und dem Stabs¬ 
veterinär zur Verfügung gestellt war, sind aber 421 Pferde 
am 30. und 31. Mai damit infiziert worden. Unter diesen 421 
Pferden sind, wie mir mitgeteilt worden ist, neun schwere 
Erkrankungen vorgekommen, von denen fünf tödlich endeten. 
Zu letzteren zählen auch die beiden Fälle, über die die 
Artikel im 3. Heft der Zeitschrift für Veterinärkunde vom 
März laufenden Jahres handeln. 

Die Seuche hat damals, wie mir erzählt worden ist, nicht 
weiter um sich gegriffen. Unter den nicht geimpften Pferden 
sind, soviel ich weiß, noch eine Reihe von Erkrankungen vor¬ 
gekommen und auch unter den geimpften Pferden sollen später 
noch zwei in leichtem Grade typische Erscheinungen der Brust¬ 
seuche gezeigt haben. 

Wie es gekommen ist, daß bei den letztgeimpften 241 
Pferden neun schwere Erkrankungsfälle aufgetreten sind, wird 
wohl mit Sicherheit kaum aufgeklärt werden. Jemanden einen 
Vorwurf wegen der Ausführung der Impfung und der Anregung 




798 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


dazu zu machen, liegt mir fern. Aber auch ich muß unter den 
gegebenen Umständen jeden Vorwurf zurückweisen. Die von 
mir abgegebenen Kulturen waren rein und in zugeschmolzenen 
Röhren zu 30 und 50 ccm verschickt worden. Wären übrigens 
diese Kulturen von besonders bösartiger Wirkung gewesen oder 
hätten sie andere bösartige Bakterien beigemischt enthalten, 
dann hätten auch entschieden mehr bösartige Erkrankungen 
eintreten müssen. Die Möglichkeit, daß die meist mild wirken¬ 
den Streptokokken des Brustseucheerregers in gefährlicher Kok¬ 
kenformen auch bei künstlicher Züchtung sich umwandeln können, 
habe ich erst später zu beobachten Gelegenheit gehabt. Ich 
lasse es dahingestellt sein, ob die erwähnten Erkrankungsfälle 
darauf zurückgeführt werden können. Wie mir gesagt wurde, 
sind die betreffenden Pferde nicht aus einem Kulturglas geimpft 
worden. 

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß sowohl die schweren 
Impfpatienten, als auch noch ein an Brustseuche erkranktes 
nicht geimpftes Pferd nach Angabe des Stabsveterinärs mit 
offenbar günstigem Einfluß ein Serum subkutan eingespritzt er¬ 
hielten, das im Frühjahr 1906 in der Merckschen Fabrik von 
einem mit meinen Kulturen immunisierten Pferde gewonnen war. 

Mit der Herstellung eines höher wirksamen Heilserums 
gegen Brustseuche bin ich zurzeit befaßt. Ich besitze dazu 
seit über einem Jahre eine Kultur von ganz erheblicher Virulenz, 
die ich namentlich auch als Tastkultur zur Prüfung des Serums 
benutze. Ich habe damit auch bereits das Willerdingsche 
Brustseucheserum geprüft und kann bestätigen, daß beide Sera 
in ihrer Wirkung gegenüber jener Kultur übereinstimmen; denn 
die beiden in gleicher Weise mit je einem der Sera vorbehan¬ 
delten Kaninchen blieben nach der Anwendung von 0,02 ccm 
Kultur munter und am Leben, während das Kontrollkaninchen 
wenige Stunden nach der Infektion schwer erkrankte und nach 
24 Stunden einging. Titrebestimmungen über den Wirkungs¬ 
grad beider Sera werden demnächst noch angestellt werden. 

Das nach meiner Angabe hergestellte Serum soll bei der 
nächsten sich bietenden Gelegenheit auf seine Heilwirkung ge¬ 
prüft, aber erst dann, wenn seine Wirksamkeit in dieser Hin¬ 
sicht zweifellos feststeht, in Verkehr gebracht werden. 

Die in dem Willerdingschen Artikel in Nr. 34 dieser Zet- 
schrift vom 20. August laufenden Jahres mit der Wirkung seines 
Serums begründete Behauptung, daß die zur Herstellung dieses 
Serums benutzten, aus- Nasen- und Augenschleimhautsekret 
gewonnenen Kulturen die echten Erreger der Seuche enthielten, 
bestätige ich um so mehr, als ich mit denselben Erregern seit 
beinahe 3 Jahren experimentiere. Diese Erreger werden eben 
auf der ganzen Körperoberfläche und auf sämtlichen Schleim¬ 
häuten ausgeschieden, in einem Falle mehr hier, im anderen 
mehr dort. Aus den von einer in dem Artikel in Nr. 28 dieser Zeit¬ 
schrift vom 9. Juli laufenden Jahres beschriebenen, mit Schleim¬ 
hautsekret befeuchteten Wattebäuschchen lassen sich übrigens 
mikroskopische Präparate hersteilen, die ganz eigen¬ 
tümliche, den Abbildungen zu meinen früheren Ab¬ 
handlungen gleichende Bilder zeigen. Diese Bilder 
haben eine solche Eigenart, daß ich überzeugt bin, 
sie werden noch ein vorzügliches diagnostisches 
Hilfsmittel ab geben. Doch darüber später. 


Referate. 

Eine eigenartige Pferdeseuche. 

Vortrag, gehalten von Stabsveterinär Kraineil. 

(ZeiUchr. f. Veterlnärk. 1908. S. *41.) 

Im Januar vergangenen Jahres trat unter den Pferden der 
1. Batterie des Feldart.-Reg. Nr. 9 eine seuchenartige, an¬ 
steckende Krankheit auf, deren hauptsächlichste Erscheinungen 
in verminderter Freßlust und einem unregelmäßigen Fieber be¬ 
standen. Die erste Erkrankung wurde als ein leichter Fall von 
Brustseuche angesprochen; innerhalb von fünf Wochen erkrankten 
von den 72 in den Stall untergebrachten Pferden 39, darunter 
auch diejenigen, die in der Zeit von Oktober bis Dezember an 
typischer Brustseuche gelitten hatten. Da vordem bei keinem 
Patienten die geringsten Veränderungen an den Lungen nach¬ 
zuweisen waren, konnte die Diagnose Brustseuche nicht mehr 
aufrecht erhalten werden. 

Die Symptome der eigenartigen Seuche waren folgende: 
Allgemeinbefinden wenig oder gar nicht gestört. Ein ein- bis 
Bechstägiges Fieber von 38,6 0 bis 41,0 0 C, welches meist schnell 
fällt und teils unregelmäßig verläuft. Herztätigkeit in einigen 
Fällen normal; meist wird ein Sinken der Pulse auf 30 und 
28 Schläge mit. oder ohne voraufgehende Erhöhung der Pulszahl 
(in einigen Fällen bis anf 66 und 70) beobachtet. Dauer dieser 
Zirkulationsstörung zwei bis vier, ausnahmsweise sechs Tage. — 
Respiration wenig beeinflußt. — Appetit bei allen Patienten 
wechselnd und unabhängig vom Fieber; andere gastrische 
Störungen wurden nicht wahrgenommen. In etwa einem Drittel 
der Fälle Bewegungsstörungen, die sich durch einen steifen 
Gang, als Hahnentritt oder Lahmheit auf dem einen oder anderen 
Fuße äußern. In einigen Fällen leichte ödematöse Anschwellungen 
an den Hinterbeinen; ausnahmsweise wurden phlegmonöse 
Schwellungen und einmal Quaddelausschlag gesehen. 

Die Behandlung beschränkte sich auf Geben von Karlsbader 
Salz. Über die Entstehung der Krankheit konnte nichts ver¬ 
mutet werden. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einer leichten Form 
der Rotlaufseuche läßt sich vielleicht nicht absprechen. Das 
Kontagium der Rotlaufseuche ist indessen flüchtiger und die An¬ 
steckungsfähigkeit eine stärkere (zwei nur sieben Meter entfernte 
andere Ställe blieben verschont). Gegen Rotlauf spricht auch 
die Unregelmäßigkeit des Fiebers und das Sinken der Pulse. 
Es fehlten ferner die große Hinfälligkeit, die schwere Benommen¬ 
heit des Kopfes, die allgemeine Muskelschwäche, die Lichtscheu, 
die umfangreichen gastrischen Störungen und vor allen Dingen 
die doch bei fast allen Rotlaufseuchepatienten auftretenden 
Schwellungen der Haut. 

Man darf wohl annehmen, daß es sich hier um eine zur 
„Influenzagruppe“ gehörende, bisher aber wenig bekannte 
Infektionskrankheit gehandelt hat. Richter. 

Behandlung des ansteckenden Scheidenkatarrhs der 
Rinder. 

Von kön. ung. Tierarzt Dr. Josef von Kukuljevi?. 

(Allatorvosi Lapok 1908, Nr. 31/38.) 

Verfasser behandelte den ansteckenden Scheidenkatarrh bei 
63 Tieren versuchsweise mit verschiedenen Mitteln und fand, 
daß von den jetzt gebräuchlichen Verfahren die Bissulinbehandlung 
am schnellsten und sichersten zum Ziele führt, denn auch in 
schweren Fällen trat innerhalb drei Wochen vollkommene Ge¬ 
nesung ein. Die Behandlungsmethode bei der manuellen Ein¬ 
führung der Bissulinkugeln ist leicht ausführbar, billig und ohne 



5. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


799 


unangenehme Nebenwirkung. Die Bazillol-Therapie hat zwar 
auch ihre Erfolge, doch lassen diese länger auf sich warten und 
ist die Behandlung mit der Salbenspritze umständlicher; auch 
kommt die eingespritzte Salbe nicht mit allen erkrankten Teilen 
der Scheide in Berührung. Das Lysoform führt oft nach lang¬ 
wieriger Behandlung doch nicht zur vollkommenen Genesung, 
sondern mildert das Übel und die Verbreitung und auch 
die Intensität des Ansteckungsstoffes. Die Bissulin- Therapie 
ist nach Kukuljevics Erfahrungen allen anderen überlegen. 

Dr. Z. 


Tagesgeschichte. 

Begründung eines tierärztlichen Pressebnreans. 

In Nr. 44 S. 787 ist auf Wunsch des Herrn Vorsitzenden 
des tierärztlichen Provinzialvereins für Schleswig-Holstein, 
Veterinärrats Dr. Foth, ein Beschluß dieses Vereins mitgeteilt, 
auf dessen Text ich hier verweise. Zu diesem Beschluß muß 
ich Stellung nehmen, gerade weil ich für die Sache bin und 
weil mir der Beschluß des Vereins eine Gefährdung dieser 
Sache zu bedeuten scheint. 

Der Gedanke, eine tierärztliche Zentralgeschäftsstelle zu 
begründen, ganz in dem Sinne, wie der Verein für Schleswig- 
Holstein jetzt beschlossen hat, ist nicht von Herrn Dr. Foth 
zuerst gehegt und ausgesprochen, sondern von Herrn Kreis¬ 
tierarzt Krüger-Ohlau in Nr. 7 der B. T. W. und zwar unter 
gleichzeitiger Entwicklung eines Programms. Dieser Gedanke 
Krügers ist des weiteren beifällig besprochen worden in B. T. W. 
Nr. 15 (S. 279) und Nr. 24', zuletzt von mir. Ich habe dort dem Plan 
Krügers durchaus zugestimmt, seine Schwierigkeiten beleuchtet 
und betont, daß sein Gelingen von dem Aufbringen erheblicher 
Mittel abhängen werde. Die Institution könne nur vom Deutschen 
Veterinärrat (wie auch Krüger empfohlen hatte) unter ein¬ 
helliger Mitwirkung aller deutschen Vereine ins Leben gerufen 
werden. Die 1909 stattfindende nächste Plenarver¬ 
sammlung des Deutschen Veterinärrates werde sich 
darüber schlüssig zu machen haben. 

Diese Tatsachen mögen nicht allen Mitgliedern des schleswig¬ 
holsteinischen Vereins gegenwärtig gewesen sein. Dem Vereins¬ 
vorsitzenden, Herrn Dr. Foth, mußten sie bekannt sein und 
waren sie gewiß auch bekannt. 

Unter diesen Umständen kann ich das Vorgehen desselben 
nicht recht verstehen und ihm nicht zustimmen, gerade weil ich 
in der Sache selbst nicht anderer Meinung bin. Der Gedanke 
gehört Herrn Krüger. Die von Herrn Krüger gewünschte 
Weiterverfolgung desselben durch denDeutschenVeterinär- 
rat ist in baldige und sichere Aussicht gestellt. Da hat doch 
niemand anders, wenn überhaupt zusammen gearbeitet werden 
soll, das Recht, sich der Sache bemächtigen zu wollen. Von 
dem selbstverständlichen Prioritätsrecht aber ganz abgesehen, 
kann das plötzliche gesonderte Vorgehen eines Vereins der 
Sache nur schaden. Es maß dem Deutschen Veterinärrat Vorbehalten 
bleiben, derartige große Institutionen zu schaffen, weil nur er 
sie überhaupt schaffen kann. Ein einzelner Verein kann 
unmöglich erwarten, daß er mit einer Sonderbestrebung durch¬ 
dringt und gar den ohne weiteres von ihm aufgestellten 
Kandidaten der Gesamtheit oktroyiert. 

Im Interesse des Gelingens dieser von Krüger empfohlenen 
Institution, die nur viribus unitis geschaffen werden kann, im 


Interesse des Zusammenhalts und der Stellung des Deutschen 
Veterinärrates muß ich mich ganz entschieden gegen ein vor¬ 
zeitiges, gesondertes Vorgehen von irgendeiner Seite aus¬ 
sprechen und kann die tierärztlichen Vereine nur dringend 
bitten, sich jenem Beschluß nicht anzuschließen. 

Dem Herrn Vorsitzenden des schleswig-holsteinischen Vereins 
aber kann ich nur empfehlen, die Ausführung des Beschlusses 
bis nach der nächsten Tagung des Veterinärrates 1909 zu sistieren 
oder ihm eine andere Richtung zu geben. Beschränken Sie 
vorläufig die Verwendung der bewilligten 300 M. auf die Provinz 
Schleswig, Hamburg usw. Veranlassen Sie die in Aussicht ge¬ 
nommene Persönlichkeit einmal, die Presse dieser Provinz ent¬ 
sprechend zu bearbeiten. Das wird Ihren Beschluß wirksam 
machen und zugleich eine ganz erwünschte Probe abgeben, also 
Nutzen stiften. 

Die Gründung einer tierärztlichen Zentralstelle aber muß 
der tierärztlichen Zentral-Organisation, dem Veterinärrat, 
überlassen bleiben. Jeder, der hier auf eigene Faust handelt, 
handelt nicht für, sondern wider die Sache. Schmaltz. 

Zur Militär-Veterinär-Reorganisation. 

In dem Artikel „Vorschläge für die Militär-Veterinär- 
Reorganisation“ in Nr. 37 der B. T. W. stellt der Verfasser den 
Satz auf: „Erst Leistungen, dann Forderungen“. 

Nun, die Leistungen der Veterinäre der preußischen Armee 
sind so hoch, wie sie eben unter den gegebenen Verhältnissen 
nur sein können. Wenn nicht mehr geleistet wird, so ist die 
Ursache hierfür bei gerechter Beurteilung in der Hauptsache 
nicht bei den Veterinären zu suchen. 

Es darf doch niemals vergessen werden, unter wie schwierigen 
dienstlichen Verhältnissen der Veterinär der preußischen Armee 
seine Tätigkeit ausüben muß. Daß da oftmals Lust und Liebe 
zum Berufe und vor allem die Dienstfreudigkeit, die die erste 
Bedingung für eine erfolgreiche Tätigkeit bildet, verloren geht 
oder doch erlahmt, ist für den, der die einschlägigen Verhältnisse 
genauer kennt, nicht verwunderlich, ganz abgesehen davon, daß 
die ungenügenden Besoldungsverhältnisse den Veterinär nötigen, 
durch Ausübung der Privatpraxis seine materielle Lage zu ver¬ 
bessern. Diese Notwendigkeit wird auch heute allgemein an¬ 
erkannt und nur darauf ist es zurückzuführen, wenn den 
Veterinären in bezug auf die Privatpraxis von den zuständigen 
Behörden so viel freie Hand gelassen wird. 

Es soll zugegeben werden, daß dabei Auswüchse Vorkommen 
und in manchen Fällen bei wenig ausgeprägtem Pflichtgefühl 
die dienstlichen Interessen der privaten Tätigkeit völlig unter¬ 
geordnet werden. Das sind jedoch nur Ausnahmen; denn heute 
besitzt das Gros der Veterinäre überhaupt keine so ausgedehnte 
Privatpraxis mehr, daß die dienstlichen Interessen darunter 
leiden könnten. In dem künftigen Veterinäroffizierkorps dürfte 
außerdem mit solchen Auswüchsen recht schnell aufgeräumt 
werden. 

Die Vorschläge, die der Verfasser des Artikels in Nr. 37 
der B. T. W. macht, enthalten wohl manches Brauchbare, sie 
werden sich jedoch natürlich erst verwirklichen lassen, wenn 
die Reform perfekt geworden ist, haben dann aber auf die 
Neugestaltung des Veterinärwesens keinen Einfluß mehr. 

Vieles wird sich auch von selbst erübrigen. Es ist z. B. 
doch selbstverständlich, daß der Veterinäroffizier ebenso wie der 
Sanitätsoffizier in und außer Dienst Uniform zu tragen hat und 





800 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


ihm das Zivil nur bei Ausübung der Privatpraxis gestattet wird. 
Dadurch wird die Privatpraxis schon naturgemäß auf ein Behr 
bescheidenes Maß beschränkt, denn in Uniform läßt sie sich 
nicht ausüben, und das beständige Wechseln der Kleidung 
dürfte der Mehrzahl der Veterinäre die Privatpraxis bald 
gänzlich verleiden. 

Sie völlig zu verbieten oder nur auf Pferde zu beschränken 
— wie vorgeschlagen wird — ist ebensowenig angängig, wie 
etwa dem Sanitätsoffizier nur die Behandlung männlicher 
Personen gestatten zu wollen. 

Soll die Reorganisation ein Veterinärkorps schaffen, das 
seiner Aufgabe in jeder Beziehung gewachsen ist, so müssen 
immer die schon anderweitig hervorgehobenen Forderungen auf¬ 
gestellt werden, und zwar: 

1. Übertragung der vollen, uneingeschränkten Verantwortung 
auf den Veterinär für alle ihm zur Behandlung überwiesenen 
Pferde. Daneben bessere Ausstattung der Dispensieranstalten 
und Erhöhung der für die Behandlung der Pferde ausgeworfenen 
Mittel, um dem Veterinär ein besseres wissenschaftliches Arbeiten 
zu ermöglichen; 

2. Beförderung des Unterveterinärs nach spätestens einem 
Jahre zum Veterinär; 

3. Abschluß der Veterinärkarriere nicht mit dem Stabs¬ 
veterinär im Rittmeisterrange, sondern mit dem Oberstabs¬ 
veterinär im Majorsrange. 

Bei den jetzigen Anforderungen an die Vorbildung und 
Ausbildung der Veterinäre kann es wohl als ausgeschlossen 
gelten, daß sich wirklich geeignete junge Leute in genügender 
Anzahl finden, wenn die Veterinärlaufbahn über die ^Stellung 
der Zeug- und Feuerwerksoffiziere nicht hinausgeht. Die 
wenigen Korpsstabsveterinärstellen können für die Gesamtheit 
der Veterinäre überhaupt nicht in Betracht kommen. 

Vor allem würde aber der Zuzug aus den besseren Be¬ 
völkerungskreisen völlig ausbleiben, und ihn wird das künftige 
Veterinäroffizierkorps nicht entbehren können, wenn es sich 
wirklich in wünschenswerter Weise entwickeln soll. 

4. Regelung der Beförderungsverhältnisse derart, daß der 
Veterinär in angemessenem Alter Stabsveterinär wird; jedenfalls 
darf diese Stufe nicht später erreicht werden, wie die des Ritt- j 
meisters vom Frontoffizier. 

Es wird mit der Bildung des Veterinäroffizierkorps natur¬ 
gemäß eine starke Verjüngung des Veterinärkorps eintreten. 
Diese Verjüngung dann noch gar zu schnell und zu gewaltsam 
fortzusetzen, dürfte jedoch kaum im Interesse der Heeresver¬ 
waltung liegen; denn ohne einen Stamm älterer, erfahrener 
Veterinäre wird die Armee, namentlich mit Rücksicht auf die 
Seuchenbekämpfung, nicht auskommen können. 

Über die Verbesserung der Reitfähigkeit der Veterinäre 
sind schon die verschiedensten Vorschläge gemacht worden. Es 
gibt nur einen Weg, um dieses Ziel mit allen seinen für die 
Armee unverkennbaren Vorteilen ganz sicher zu erreichen, das 
ist die Bewilligung des Pferdegeldes für die Veterinäre. 

Alle Bestimmungen über das Reiten der Veterinäre, auch die 
neueren Verfügungen der M. V. 0. über diesen Punkt, können 
und werden ihren Zweck nicht erfüllen, solange die Veterinäre 
dienstlich beritten gemacht werden, d. h. solange dem Truppen¬ 
teil die Auswahl des Pferdes überlassen bleibt. Auf dem Pferde- 
niaterial, welches dem Veterinär gemeinhin zur Verfügung steht 
und oft nur zur Verfügung gestellt werden kann, vermag er 


weder gut reiten zu lernen, noch sich Lust und Liebe in der 
Reitkunst zu erwerben. 

Bei der Kavallerie wird nach wie vor der Eskadronchef 
über die Berittenmachung des Veterinärs bestimmen, wobei die 
Erlangung einer guten Reitfertigkeit nicht immer genügend be¬ 
rücksichtigt wird und aus dienstlichen Gründen häufig auch nicht 
berücksichtigt werden kann. Bei der Artillerie mit ihrem Mangel 
an brauchbaren Reitpferden ist eine geeignete Berittenmachung 
des Veterinärs in der Regel einfach nicht möglich. 

Auf diese hier kurz besprochenen Kardinalpunkte muß sich 
die Reorganisation des Militär-Veterinärwesens aufbauen, wenn 
sie den Veterinären die erhoffte Standeserhebung und der Armee 
ein Veterinärkorps bringen soll, welches seiner Aufgabe, die 
Haltung der großen in dem Pferdebestande der Armee angelegten 
Werte, voll und ganz gewachsen ist. 

Leistungen dafür im voraus zu versprechen, wie der Ver¬ 
fasser des Artikels in Nr. 37 der B. T. W. wünscht, ist über¬ 
flüssig. Der Geist, welcher in dem Veterinärkorps des deutschen 
Heeres herrscht, ist ein durchaus guter und bietet auch ohne 
besondere Zuführungen für die Zukunft volle Garantien; aller¬ 
dings darf die Anerkennung nicht immer wieder ausbleiben. 

Die Veterinäre haben sich durch das jahrelange bescheidene 
und geduldige Hoffen und Harren auf eine Besserung ihrer Ver¬ 
hältnisse wohl ein Anrecht auf die Berücksichtigung ihrer 
Wünsche erworben. Sollten sie wirklich wieder enttäuscht 
werden? K. 

Zur Gehaltsaufbesserung der Kreistierärzte. 

Von Schaumkell-Hagen. 

Wir Kreistierärzte wollen anerkennen, daß seit 1905 viel 
zur Hebung unserer Position geschehen ist. Wir wollen unter 
Zurücksetzung jedes Gedankens an eine Vollbesoldung, so not¬ 
wendig sie auch im Interesse der Weiterentwicklung des 
preußischen Veterinärwesens wäre, gerne bekennen, daß die in 
der Besoldungsordnung vorgeschlagenen Sätze von 1200 bis 
3000 M. im allgemeinen eine gute Verbesserung in sich schließen. 
Nach zwei Richtungen jedoch sind mehr oder minder früher und 
dringend ausgesprochene Wünsche unberücksichtigt geblieben: 

1. Die Aufrückung im Gehalt nach Dienstalterstufen; 

2. Die Gewährung eines Wohnungsgeldzuschusses. 

Zu 1. Das kreistierärztliche Personal hat eine außer¬ 
ordentliche Verjüngung erfahren. Spät, erst nach dem dreißigsten 
Lebensjahre, gelangt der Kreistierarzt zur Anstellung. In 
Zukunft wird sie durchschnittlich noch später wie ehedem er¬ 
folgen. Bleibt die Besoldung nach Klassen bestehen, dann wird 
man nicht davon sprechen können, daß „die Kreistierärzte im 
Gehalt bis zu 3000 M. steigen“. Der größere Teil kann künftighin 
unmöglich die erste Gehaltsstufe erreichen. Wie bekannt, 
bestehen drei Gehaltsklassen. Glücklicherweise ist nicht davon 
die Rede, daß vier oder mehr gebildet werden sollen. Damit 
würde das Übel nur noch größer werden. Vor allem würde die 
Stagnation im Aufrücken in die erste Gehaltsklasse nur noch 
eine größere, die erste Gehaltsklasse selbst würde von noch 
wenigeren erreicht werden, als es schon bei dreien der Fall ist. 

Kurzum in der Besoldung nach Klassen liegt für uns Kreis¬ 
tierärzte eine außerordentliche Hemmung, die manchen KoUegen, 
ob nun jung oder schon älter, in diesen Tagen eine schwere 
Bedrückung bereitet haben mag. Der Herr Finanzminister 
selbst hat bei der Einbringung der Gehaltsvorlagen ausgeführt, 





_5. Novembe r 19 08. 

wie viel günstiger die Aufbesserung nach Dienstaltersstufen sei. 
Er hat es als einen großen Erfolg hingestellt, daß von rund 
272 000 Beamten künftig 269 200 ein nach diesem System 
aufsteigendes Gehalt beziehen. Nur 2268 Beamte sind vor¬ 
handen, die nicht nach Altersstufen aufrücken. Ich werfe die 
Frage auf: aus welchem Grunde gehören wir zu den letzteren? 
Ich glaube, es gibt niemanden, der darauf eine Antwort geben 
könnte. Auch die der Besoldungsordnung beigegebene Be¬ 
gründung und Denkschrift enthalten keine Aufklärung. In der 
Denkschrift heißt es wörtlich: „Von den 2268 Beamten mit 
nicht nach Dienstaltersstufen aufsteigenden Gehältern entfällt 
mehr als die Hälfte auf Professoren und Dozenten bei Univer¬ 
sitäten, technischen Hochschulen, Akademien sowie Direktoren 
von Museen, also Anstalten, bei denen die Eigenart der Ver¬ 
hältnisse eine besondere Festsetzung verlangt; ferner gehören 
hierher 477 nicht vollbesoldete Kreisärzte, 468 Kreistierärzte.“ 
Warum gehören wir hierher? Eine Eigenart der Verhältnisse 
besteht nicht. Ob jemand eine gute oder weniger gute Kreis¬ 
tierarztstelle inne hat, ob er im Osten oder Westen, Norden 
oder Süden wohnt, innerhalb der Gehaltsklasse bekommt er das 
gleiche Gehalt. Der Umstand, daß wir nicht vollbesoldet sind, kann 
doch erst recht keinen Grund abgeben. Warum also? Ich 
spreche den herzlichen Wunsch aus, die Durchberatung der 
Besoldungsordnung möge dazu führen, daß wir zu dem großen 
Haufen gekehrt werden. Man nehme den Kreistierärzten die 
Pein, die darin liegt, daß die jüngeren auf den Tod oder die 
Invalidität der älteren warten müssen. Man lasse uns, wie die 
anderen alle, das Höchstgehalt in feststehenden Zwischenräumen 
erdienen. 

2. Die Forderung der Gewährung des Wohnungsgeld¬ 
zuschusses: Hier ist die Antwort auf die Frage, warum wir 
bisher keinen Zuschuß bekamen, leicht gegeben. Der Wortlaut 
des Gesetzes vom 12. Mai 1873, also eines Gesetzes von bereits 
recht altem Datum stand dem entgegen. Aber jetzt muß die 
Neukodifikation des Wohnungsgeldgesetzes vorgenommen werden. 
Wir können mit dem Wunsche nicht zurückhalten, daß man 
dem neuen Gesetze den Sinn und den Inhalt geben möge, daß 
auch die wenigen nicht voll besoldeten Beamten und darunter 
wir ein gesetzliches Anrecht auf einen Wohnungsgeldzuschuß 
erhalten. Die übrigen Beamten werden, wenn man so will, 
doppelseitig aufgebessert. Will man uns die eine wichtige Seite 
der staatlichen Fürsorge nicht zugute kommen lassen? 

Beide Wünsche, Aufrücken nach Dienstaltersstufen und Zu¬ 
billigung von Wohnungsgeldzuschuß bedingen eine kleine Mehr¬ 
belastung der Vorlagen. Diejenigen, die die Bewilligung zu 
verantworten haben, werden sie auch, das bedarf keines Wortes, 
gerne vertreten wollen. 

Die SO. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

3. Sitzung. 

Mittwoch, den 23. September, vormittags. 

Vorsitzender: Prof. Dr. Peter-Hamburg. 

Es wurden folgende Vorträge erledigt: 

1. Obertierarzf Meyer-Köln: „Terminologie und Morphologie der 
Säugetierleber nebst Homologie Ihrer Lappen“. 

Die zahlreichen, verschiedenen Bezeichnungsarten für die an 
der Säugetierleber vorkommenden einzelnen Abschnitte vferanlaßten 


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Referenten, historische Untersuchungen über die Leberterminologie 
vorzunehmen und nach geeigneten, für alle Lebern in der Säugetier¬ 
reihe verwendbaren Bezeichnungen zu suchen und besondere zweck¬ 
mäßige Namen für homologe Teile vorzuschlagen. Er benutzt 
hierzu eine auf Grund eigener zahlreicher phylogenetischer und 
ontogenetischer Untersuchungen aufgestellte Einteilungsart der 
Leber, bei der er für bestimmte, mittlere Leberpartien nach genetischer 
Deduktion eine besondere Zentralstelle nachweist. Er kommt dabei 
zu folgenden Schlußsätzen: „Die eigentliche, jedenfalls erst inner¬ 
halb der Vertebratenreihe entstandene Leber geht, abgesehen von 
einigen Unregelmäßigkeiten, aus einer zweilappigen Urform allmählich 
in eine mehrlappige Form über. Bei den Proamphibien dürfte die 
Leber schon aus vier Hauptlappen bestanden haben. Von da ab 
erfolgt während der weiteren Stammesentwicklung einerseits in 
Richtung der Amphibien und Sauropsiden eine allmähliche Abnahme 
der Zahl der Lappen, andrerseits nach den Mammalien zu in der 
Hauptsache noch eine Steigerung in der Lappenbildung, daneben 
aber auch ein Rückschlag auf primitivere Formverhältnisse. 

Bei der auf phylogenetischer und ontogenetischer Grundlage 
vorzunehmenden Einteilung der Säugetierleber sind die zwischen 
Incisura umbilicalis und Ductus venosus einerseits und Gallenblase 
bzw. Incisura cystica sowie Mündungsstelle der Venae hepeticae 
in die vena cava inferior andrerseits gelegenen Leberabschnitte 
als besondere, zwischen den Seitenteilen eingelagerte, zentrale 
Leberteile aufzufassen.“ 

Der in der Literatur selbst bis in die neueste Zeit hinein viel¬ 
fach unrichtig benannte und homologisch falsch gedeutete Processus 
caudatus ist als eine Abspaltung vom rechten, der Niere zu¬ 
geschobenen Leberteil aufzufassen, der unter besonderen Lage- und 
Entwicklungsbedingungen rudimentär werden kann und dann eine 
andere Zugehörigkeit vortäuscht. 

Die Lappenbildung im allgemeinen ist größtenteils als eine 
Art mechanischer Schutzeinrichtung für das Organ selbst zu be¬ 
trachten. Der Vortrag wurde vom Referenten nach Beendigung 
der Nachmittagssitzung durch Demonstrationen erläutert. 

2. Veterinärrat Matthiesen-Hannover referierte über „Die Teil¬ 
nahme der Tierärzte an der Pferdezucht“ 

Referent führte u. a. folgendes aus: Der Pferdezüchter bedarf 
einer großen Summe von Spezialkcnntnissen. Für die Beurteilung 
des Exterieurs, der Körperbewegung, der Organtätigkeit, der 
Leistungsfähigkeit und der Vererbung sind gründliche Kenntnisse 
in der Anatomie, Physiologie, Pathologie, Geburtshilfe und Hygiene 
unentbehrlich. In diesen Wissenschaften erfahren die Tierärzte 
eine sorgfältige Ausbildung und ihr Beruf bietet ihnen die beste 
Gelegenheit, auf die Verbesserung unseres Zuchtmatcrials hinzu¬ 
wirken. Das Studium der Tierheilkunde und die vielseitige Be¬ 
schäftigung mit dem Pferde machen allerdings an sich noch keinen 
Pferdezüchter. Der Tierarzt bedarf für eine erfolgreiche züchterische 
Betätigung noch einer besonderen Veranlagung zur Beurteilung 
und Bewertung eines Zuchtpferdes. Unter den Tierärzten gibt es 
deshalb — genau wie unter den Landwirten und Tierzüchtern — gute 
und weniger gute Pferdekenner. Jedenfalls ist aber ein für züchte¬ 
rische Dinge veranlagter und passionierter Tierarzt wie kein anderer 
geeignet, die Pferdezucht zu heben. 

In Süddeutschland ist den Tierärzten in erster Linie das Auf¬ 
blühen der Pferdezucht zu danken. In Norddeutschland hatten die 
Tierärzte früher einen viel größeren Einfluß in der Pferdezucht als 
heute, wo man ihnen durchweg nur beratende Stimme in den Kör- 
und Prämiierungskommissionen gewährt. Auch die preußischen 
Gestüte wurden früher vielfach von Tierärzten geleitet. Der einzige 
ehemalige Gestütsveterinär unter den jetzigen preußischen Gestüts¬ 
dirigenten steht an der Spitze des größten Landgestüts, der Land¬ 
stallmeister Grabensee in Celle. Referent, der fast fünf Jahre 
unter der Leitung Grabensees am Celler Landgestüt tätig war, 
schildert dessen große Verdienste um die Entwicklung der Pferde¬ 
zucht im Rheinland und Hannover. 

Das Landwirtschaftsministerium steht den Wünschen der Tier¬ 
ärzte wohlwollend gegenüber, wie es in der Sitzung der Landes- 
pferdezuchtkommission im vorigen Jahre und auch früher bei 

*** 


BERLIN ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



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Regelung der Tierzuchtinspektorenpriifung gezeigt hat. Der Herr 
Landwirtschaftsminister hat in der Landespferdezuchtkommission 
den Vorschlägen Grabensee zugestimmt und es als erwünscht be¬ 
zeichnet, daß ein sachverständiger Tierarzt entweder durch die 
Landwirtschaftskammer oder den Oberpräsidenten in die Kör- 
kommission aufgenommen werde. Für diese gerechte Würdigung 
ihrer Wünsche sind die Tierärzte aufrichtig dankbar. 

Referent führt darauf aus, wie die Tierärzte ihre Sache durch 
guten Willen, eigene hippologische Weiterbildung und rege Anteil¬ 
nahme an den pferdezüchterischen Bestrebungen selbst fördern 
können. Hie Ausbildung der jungen Tierärzte auf den Hochschulen 
hat in erster Linie auf den praktischen Anschauungsunterricht am 
lebenden Pferde Rücksicht zu nehmen und demnach sind häufige 
Besuche der Gestüte, Remontedepots, Rennen und Pferdemärkte 
unter der Leitung des Lehrers von großem Wert. 

Referent empfiehlt schließlich den preußischen Tierärzten, ihre 
Wünsche an maßgebender Stelle gemeinsam vorzutragen und die 
Herren Oberpräsidenten zu bitten, besonders geeignete Tierärzte in 
die Körkommission aufzunehmen. 

3. Im Anschluß an diesen Vortrag referierte an Stelle des in 
letzter Stunde verhinderten Vet.-Rat Wo 1 dt-Gummersbach 

Vet.-Rat Dr. Lothes-Köln über: „Tiermedizin und Tierzucht.“ 

Einleitend machte der Vortragende die Versammlung mit den 
in der Rheinprovinz gezüchteten Rinderrassen und ihre Verbreitung 
bekannt und skizzierte dann kurz die Stellung, die heute die 
Tierärzte in der gesamten rheinischen Viehzucht einnehmen. 
Befriedigend ist diese Stellung nur auf dem Gebiete der Ziegen¬ 
zucht, wo andere Sachverständige erfahrungsmäßig schwer zu 
finden sind. An der Hand der Geschichte wies der Redner nach, 
daß den Tierärzten, die nach ihrem ganzen Bildungsgänge und 
namentlich ihrer genauen Kenntnis der Anatomie und Physiologie 
der Haustiere die geeignetsten Berater der Viehzüchter sind, bei 
den ersten staatlichen Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht 
eine entscheidende Rolle ohne weiteres eingeräumt worden sei. 
Die alte rheinische Körordnung gab dem Kreistierarzt Sitz und 
Stimme in der Körkommission, und in der Mehrzahl dieser 
Kommissionen führten die beamteten Tierärzte den Vorsitz. In der 
neuen rheinischen Körordnung ist der Tierarzt überhaupt nicht mehr 
erwähnt. Nach ihr ist der Landrat der geborene Vorsitzende der 
Körkommission. Auch die landwirtschaftlichen Körperschaften er¬ 
kannten früher die Supcriorität der Tierärzte in Tierzuchtfragen 
an. Der erste und langjährige Leiter der Sektion „Tierzucht“ in 
dem 1833 gegründeten landwirtschaftlichen Verein für Rheinpreußen 
war ein Tierarzt. 

Referent erörterte sodann die Gründe, die diesen Umschwung 
herbeigeführt haben. Dem scharfen Wettbewerb der sich mit der 
Tierzucht intensiver befassenden jungen Landwirte erwiesen sich 
die Tierärzte unserer Provinz infolge ungenügender Ausbildung und 
mangelnden Interesses vielfach nicht gewachsen. 

Der Einfluß der Tierärzte auf die Tierzucht muß nach Ansicht 
des Redners wieder gewonnen werden. Dabei soll man aber nicht 
in erster Linie auf Staatshilfe rechnen. Die Tierärzte müssen sich 
vielmehr ungleich reger als bisher an allen privaten Maßnahmen 
zur Förderung der Zucht — Zuchtvereinen, Genossenschaften, Herd¬ 
büchern — beteiligen. Haben sie hier durch ernste Mitarbeit eine 
entsprechende Stellung erlangt, so wird ihre Heranziehung zu den 
der Förderung der Tierzucht dienenden staatlichen Maßnahmen, und 
namentlich den Körungen in den meisten Fällen die unmittelbare 
Folge sein. Hand in Hand damit dürfte eine durchgreifende Reform 
des Tierzuchtunterrichts an den preußischen tierärztlichen Hoch¬ 
schulen zu gehen haben. Wird dieser zum Anschauungsunterricht 
umgestaltet, so werden unsere Studierenden diesem schönen Zweige 
der Tiermedizin ungleich mehr Geschmack abgewinnen wie bisher. 

Diskussion: 

Dr. Mießner-Bromberg hält cs für erwünscht, die bei den Land¬ 
wirtschaftskammern tätigen Tierärzte, von denen einige anwesend 
seien, möchten dahin wirken, daß die Tierärzte mehr und mehr in 
tierzüchterischen Dingen zugezogen würden. 

Kühnau-Köln ist der Ansicht, daß die Tierärzte sich mehr mit 
den landwirtschaftlichen und namentlich viehzüchterischen Interessen 


No. 45. 


beschäftigen müßten. Insbesondere sollen die Tierärzte Zuchtvieh- 
und Mastviehausstellungen besuchen und dort nach Möglichkeit 
auch als Preisrichter zu wirken suchen. Dadurch würden die Land¬ 
wirte schon auf die Sachverständigkeit der Tierärzte aufmerksam 
werden und sie auch zur Beratung in tierzüchterischen Fragen 
heranziehen. 

Ziegenbein-Wolmirstedt glaubt, daß es den Tierärzten in der 
Mehrzahl derFälle gelingen werde, als beratende und stimmberechtigte 
Mitglieder in die Körkommissionen hineinzukommen, wenn sie es 
ernstlich erstrebten und den Landwirten und Züchtern zeigten, daß 
sie an der Züchtung Interesse hätten und etwas davon verständen. 

Schaaf-Hochheim: Die süddeutschen Tierärzte ständen deshalb 
mehr im Vordergründe der Tierzucht, weil dort die tierzftchterische 
Vorbildung durch Demonstrationen, Besichtigung von Gestüten etc. 
eine bessere sei. Er schlägt vor, die Sektion möge einen Ausflug 
nach Roemerhof unternehmen. 

Dr. Schipp-Gießen verlangt eingehenderen Unterricht in der Tier¬ 
zucht und Aufnahme derselben als obligatorisches Prüfungsfach in 
die Prüfungsordnung für Tierärzte. 

Dr. Lothes-Köln: Auch auf dem Gebiete der Pferdezucht sollten 
wir uns mehr der Selbsthilfe bedienen und nicht vom Staate alles 
erwarten. Immerhin dürfte es zweckmäßig sein zur Erlangung des 
Stimmrechtes für die Tierärzte in den Hengstkörungskommissionen 
die vom Referenten vorgeschlagenen Schritte zu tun. Erwünscht 
ist auch eine weitgehendere Mitwirkung der Tierärzte beim Ankauf 
von Staatsgestütshengsten. 

Es spricht sodann 

4. Dr. Mießner-Bromberg über: „Die Bradsot der Schafe.“ 

Referent hatte Gelegenheit Bradsotfälle in Pommern, West¬ 
preußen und in neuester Zeit auch in Posen und Schlesien zu be¬ 
obachten und zu studieren, nachdem er sich schon vorher unter 
Leitung von Jensen-Kopenhagen mit der Biologie des Bradsot- 
erregers genau hatte vertraut machen können. Auch von lebenden 
bradsotkranken Tieren konnte Material untersucht werden. Dieser 
Umstand war besonders wichtig, weil hierdurch die für die ätiolo¬ 
gischen Studien sehr irreführende Fäulnis ausgeschaltet werden 
konnte. 

Die Tiere zeigten gewöhnlich 2 Stunden vor dem Tode die 
ersten Symptome: Mangelnde Freßlust, große Unruhe, Atembe¬ 
schwerden, Stöhnen, Zähneknirschen wechseln mit völliger Ab¬ 
spannung. Leichte ödematose Schwellung in der Kehlgangsgegend. 
Der Tod tritt plötzlich ein. Bei der Obduktion findet man seröBe 
Ergüsse in der Bauchhöhle, in den Brustfellsäcken und im Herz¬ 
beutel; letzterer war hnmer prall gefüllt Die Unterhaut am Halse 
ist in eine sulzige, rot gefärbte Masse umgewandelt. Der Labmagen 
zeigt, besonders in der Pylorusschleimhaut, geschwürsähnliche rote 
Flecke. Zwölffingerdarm hämorrhagisch, Leerdarm katarrhalisch 
entzündet. In der Leber eine hämorrhagische mortifizierende Ent¬ 
zündung. 

Die Befunde glichen sich in allen Fällen und entsprachen auch 
denen von Dammann und Hilbrandt Hatten die Kadaver mehrere 
Stunden lang im Stalle gelegen, so fand sich auffallend vorgerückte 
Fäulnis und bakteriologisch konnten den Bradsotbazillen ähnliche 
Mikroorganismen ermittelt werden. Diese fehlten aber mehr oder 
weniger, wenn man ganz frisch gestorbene Tiere untersuchte. Es 
gelangen auch weder mit Blut, noch mit den serösen Flüssigkeiten 
aus den Organen solcher Tiere Übertragungsversuche. Dieser Um¬ 
stand bestätigt von neuem die vom Referenten bereits vertretene 
Ansicht, daß der sogenannte Bradsotbazillus nicht als die Ursache 
dieser Schafkrankheit anzusprechen ist. 

Die Blutparasitenfunde von Sonnenberg hat Referent nicht 
bestätigen können. Er glaubt vielmehr, daß es sich dabei um 
Degenerationsveränderungen der roten Blutkörperchen und um 
Kunstprodukte handelt. Gegen die Annahme, daß es sich um die 
Krankheitserreger des Bradsot handle, sprächen auch die negativen 
Übertragungsversuche mit Blut. 

Diskussion. 

Rickmann-Höchst ist ebenfalls nicht von der Hämatozoen- 
natur der Sonnenbergschen Befunde überzeugt. Es handle 
sich um Degenerationserscheinungen; außerdem könnten derartige 


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"). November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Präparate künstlich gemacht werden. Selbst wenn es sich 
aber um Hämatozoen handle, sei noch nicht erwiesen, daß es die 
Erreger des Bradsot seien. Sie können auch durch das Bradsot- 
fieber angeregt zur Vermehrung gelangt sein — vorausgesetzt, daß 
es sich um ein endemisches Piroplasmagebiet handle. Ähnliche 
Wechselbeziehungen finde man zwischen Rinderpest und Texasfieber, 
Pferdesterbe und Pferdemalaria. 

S ch ipp-Gießen sah dieselben Veränderungen an der Leber 
von Schweinen, die an Enteritis Hämorrhagica verendet waren. 

Peter-Hamburg hat eine Bradsotenzootie im Kreise Ober¬ 
barnim beobachtet. Auch hier waren die serösen Exsudate nament¬ 
lich im Herzbeutel am augenfälligsten, außerdem aber die fast 
fingerdicke glasige Verquellung der Labmagenschleimhaut und die 
oberflächliche Geschwürsbildung an derselben. 

Mießner vertritt die Ansicht, daß die Leberentzündung nicht 
spezifischen Charakters sei. Man finde derartige Leberentzündungen 
bei Darmkrankheiten häufig. (Fortsetzung folgt.) 

Neufestsetzung der Gebühren der Medizinalbeamten. 

Dem Abgeornetenhause ist zugegangen der Entwurf eines 
Gesetzes, betreffend die Gebühren der Medizinalbeamten (datiert 
vom 26. Oktober er.) nebst einem Tarif für die gerichtsärzt¬ 
lichen Verrichtungen. Gesetz und Tarif bezwecken für die 
Kreisärzte das, was die Kreistierärzte schon haben. Bei letzteren 
bildete das Gesetz betreffend die Dienstbezüge der Kreistier¬ 
ärzte vom 24. Juli 1904 einen wesentlichen Teil der Reorgani¬ 
sation ihrer Stellung. Bei den Kreisärzten ist dagegen bei 
Erlaß des Gesetzes, betreffend die Dienststellung des Kreisarztes, 
vom 16. September 1899, eine Regelung der Gebühren nicht 
gleichzeitig erfolgt. Das alte Gesetz betreffend Gebühren der 
Medizinalbeamten von 1872 ist für sie bis heut in Kraft geblieben. 
Die Vorlage bezweckt die Beseitigung dieses Gesetzes, ihre 
Verzögerung erklärt sich daraus, daß eine schon früher gemachte 
ähnliche Vorlage im Abgeordnetenhause unerledigt geblieben war. 

Die Bestimmungen der Vorlage, die 15 Pharagraphen um¬ 
faßt, entsprechen genau denen des Kreistierarztgesetzes. Nur 
ist ausgesprochen, daß den Kreisärzten für Verrichtungen, deren 
Kosten nicht der Staatskasse zur Last fallen, Tagegelder und 
Reisekosten nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen für 
Staatsbeamte zustehen, während im Kreistierarztgesetz § 2 die 
Höhe dieser Gebühren der Vereinbarung oder der Festsetzung 
durch den Regierungspräsidenten überlassen ist. Die Gebühren 
für gerichtsärztliche Tätigkeit werden durch königliche Ver¬ 
ordnung festgesetzt. 

Eine königliche Verordnung, betreffend Reisekosten und 
Tagegelder bei Dienstreisen, wie sie für die Kreistierärzte 
unterm 25. Juni 1905 erschienen ist, erübrigt sich, da inzwischen 
für alle diese Reisen die Pauschalierung Platz gegriffen hat. 

In gerichtlichen Angelegenheiten stehen den Kreisärzten 
gegenwärtig Reisekosten und Tagegelder nach den Sätzen 
für die Richter zu. Bei dieser Einrichtung soll es, wie in der 
Tagesordnung (§ 5) gesagt wird, in Zukunft auch verbleiben, 
was durch Köngl. Verordnung bestimmt werden wird. Im 
übrigen ist für die Festsetzung der gerichtlichen Gebühren 
ein Tarif vorgelegt, dessen Sätze denen des Tarifes für Kreis¬ 
tierärzte vom 15. Juni 1905 im allgemeinen vollkommen gleichen 
(auch im Wortlaut besteht an analogen Stellen größtenteils 
diese Übereinstimmung). Abweichungen sind nur folgende: 
Akteneinsicht Maximum 6 M. (statt 4 M.) Leichenöffnung nebst 
Protokoll 24 M., Gutachten 10—30 M. (statt 8—30 M.), da¬ 
gegen Untersuchung eines Nahrungs- oder Arzneimittels 3—10 M. 
(statt 3—12 M.). Freilich finden sich in dem Tarif noch Ge¬ 


bührensätze für eine Anzahl von Handlungen, die für Kreis¬ 
tierärzte nicht in Betracht kommen. 

Schicksal der Militfirveterinärreform ? 

Bei der Versammlung des Tierärztlichen Vereins der Provinz 
Brandenburg wurde auf das bestimmteste behauptet, daß das 
Kriegsministerium wegen Einspruches des Reiclisschatzamtes 
gezwungen sei, von der Durchführung der Militärveterinärreform 
vorläufig abzusehen. Dumpfe Gerüchte über aufgetauchte 
Schwierigkeiten gehen schon lange um. Eine Kontrolle ihrer 
Berechtigung ist zurzeit nicht möglich. Wir kommen in nächster 
Nummer darauf zurück. S. 

Personalien. 

Nachträglich sollen auch in der B. T. W. zwei Jubiläen mit¬ 
geteilt werden, die bekannte und verdiente Kollegen im Sommer 
begehen konnten. Bezirkstierarzt Fuchs-Mannheim feierte seinen 
70. Geburtstag und sein 50 jähriges Berufsjubiläum; er wurde 
aus diesem Anlaß zum Ehrenmitglied des badischen Vereins er¬ 
nannt. Obertierarzt Mölter-München, Vertreter Bayerns im 
Ausschuß des Deutschen Veterinärrates, feierte sein 25 jähriges 
Dienstjubiläum; der Magistrat erkannte sein Verdienst in einem 
warmen Glückwunschschreiben an. 

Militärisches. 

Die im Rahmen des Bezirkskommandos zu Dresden be¬ 
stehende Offiziersgesellschaft wählte in ihren Vorstand den Stabs¬ 
veterinär d. L. Professor Dr. Schmidt. 

Verein Meoklenburglscher Tierärzte. 

66. Versammlung am Sonntag, den 15. November, mittags 
12 ühr, im.Hotel Erbgroßherzog, in Güstrow. 

Tagesordnung: 

1. Jahresbericht, Kassenbericht, Vereinsangelcgenlieiten. 

2 Die Bedeutung der Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tier¬ 
ärzte. (Referent Ebeling.) 

3. Die Bedeutung der Milchhygiene. (Referent Preßler.) 

4. Kommissionsbericht über die Angelegenheit des Herrn Kollegen 
Metel mann (Vorstand) und daran anschließend Verhandlung. 

5. Wahl des Orts für die nächste Versammlung. 

6. Vorstandswahl. 

Nach der Versammlung Mittagessen (Gedeck 3 M.\ 

Der Vorstand. I. A: 

K Wilbrandt, Schriftführer. 

73. Versammlung des Vereins Thüringer Tierärzte. 

Sonntag, den 8. November im „Hotel Silber“ zu Erfurt. 

Beginn 10 Va Uhr. 

Tagesordnung. 

1. Geschäftliches (Eingänge etc.) 

2. Das Vorkommen der Geflügelcholera. Ref.: Medizinal-Assessor 
Dr. Klee. 

3. Über die Erfolge der Atoxylbehandlung bei Bornascher 
Krankheit. Ref.: Bezirkstierarzt Oppel. 

4. Verschiedenes. (Standesangelegenheiten. Ref.: I)r. John. — 
Chirurgische Mitteilungen: Vet.-liat Wallmann). 

Gäste willkommen. 2 Uhr gemeinschaftliches Essen mit Damen. 

Der Vorstand. I. A.: Wall mann. 

Verein der Tierärzte des Regierungsbezirks Aachen. 

Herbstversammlung am 15. November, morgens 11 Uhr, in den 
oberen Sälen des Kurhauses zu Aachen. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten und Geschäftliches. 

2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

3. Vortrag des Herrn Goslar, Obertierarzt am Scblaclithuf: 
„Über geschlechtliche Zuchtwahl und Telegonie“. 

4. Mitteilungen aus der Praxis. 

Nach der Sitzung findet gegen 2 Uhr im großen Weinsaal ein 
gemeinschaftliches Diner mit Tafelmusik statt. Um zahlreiche 



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Beteiligung mit Damen wird gebeten. Während des wissenschaft¬ 
lichen Teiles der Versammlung ist für die Unterhaltung der Damen 
Sorge getragen. Gäste sehr willkommen. 

Aachen, 1. Nov. 1908. Der Vorstand 

I. A.: Weinberg, Schriftführer. 

Befreiung der Kreistierärzte vom Straßenzoll. 

Nachdem sowohl die Kreismedizinalbeamten wie die Kreis¬ 
tierärzte seit dem 1. April d. J. für die von ihnen auszuführenden 
Dienstreisen an Stelle der gesetzmäßigen Reisekosten und Tage- ; 
gelder Bauschvergütungen erhalten, bestehen keine Bedenken, ihnen 
für Dienstreisen innerhalb ihrer Geschäftsbezirke Chausseegeld¬ 
freikarten zu gewähren. 

Berlin, den 22. Oktober 1908. | 

Der Minister der öffentlichen Arbeiten. \ 

In Vertretung: 

von Coels. i 


Beschälseuche in Ostpreußen. 

Der in Nr. 43 mitgeteilte Ausbruch der Beschälseuche in 
ein oder zwei ostpreußisclien Kreisen bestätigt sich. Am 
Sonntag wurden bei einer tierärztlichen Versammlung in Königs¬ 
berg durch Veterinärrat Kleinpaul-Johannisburg die Trypano¬ 
somenpräparate demonstriert. 

Niederlassung. 

Im Sommer bat mich ein junger Kollege aus Oberschlesien 
um Nachweis einer zur Niederlassung geeigneten Stelle, leider 
ohne mir seine Adresse zu hinterlassen. Vielleicht kommt ihm 
diese Mitteilung zu Gesicht; ich wäre in der Lage, ihm eine 
Privatpraxis zu nennen, die ohne Mittel übernommen werden kann. 

S. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

Panschalvergütnng der Kreistierärzte. 

Durch Ministerialerlaß vom 9. September ist nunmehr der 
Pauschalvergütung zweiter Teil zur Anweisung gelangt. Der 
Herr Minister hat eine Jahrespanschale für 1908 09 nach dem 
durchschnittlichen Aufkommen an Gebühren für Dienstreisen 
nach dem Durchschnitt der Jahre 1906 und 1907 festgesetzt. 
Dasselbe beträgt für Preußen 1 521 000 M. Hiervon wurde die 
Vergütung für das erste Halbjahr (759 500 M.) in Abzug ge¬ 
bracht, so daß für das zweite Halbjahr 761 500 M. zur Ver¬ 
fügung stehen, also sogar noch eine Kleinigkeit mehr wie für 
das erste Halbjahr. Das Jahrespauschale für die einzelnen 
Regierungsbezirke beträgt nunmehr: 


1. Königsberg . 

69 300 

M. 

19. 

Schleswig . . 

80 400 

M. 

2. Gumbinnen . 

56 800 

n 

20. 

Hannover . . 

18 200 

n 

3. Allenstein . . 

60 700 

fl 

21. 

Hildesheim 

IG 600 

n 

4. Danzig. . . 

30 000 

» 

22. 

Lüneburg . . 

28800 

n 

5. Marienwerder 

66 300 

n 

23. 

Stade . . . 

22 400 

fl 

6. Potsdam . . 

57 300 

n 

24. 

Osnabrück. . 

15 900 

fl 

7. Frankfurt a. 0. 

49 800 

n 

25. 

Aurich . . . 

8 500 

fl 

8. Stettin . . . 

29 900 

« 

. 26. 

Münster . . 

29 800 

» 

9. Köslin . . . 

25 400 

n 

27. 

Minden. . . 

20 200 

n 

10. Stralsund . . 

8800 

fl 

28. 

Arnsberg . . 

44 800 

fl 

11. Posen . . . 

123 400 

fl 

29. 

Kassel . . . 

66 000 

fl 

12. Bromberg . . 

83 800 

n 

30. 

Wiesbaden 

30 300 

fl 

13. Breslau . . 

94 300 

n 

31. 

Koblenz . . 

43 200 

n 

14. Liegnitz . . 

76 700 

n 

32. 

Düsseldorf 

43 000 

„ 

15. Oppeln . . . 

87 000 

n 

33. 

Köln . . . 

10 GÖO 

n 

16. Magdeburg 

30 400 

n 

34. 

Trier . . . 

25 100 

fl 

17. Merseburg. . 

32 900 

n 

35. 

Aachen. . . 

22 000 

r 

18. Erfurt . . . 

9 300 

r> 

36. 

Sigmaringen . 

3 100 

fl 


Die vorerwähnten Pauschalvergütungen stellen nun nicht 
den vollen Durchschnitt der Jahre 1906 und 1907 dar, sondern 
von diesen sind, wie dies in dem ersten Halbjahr bereits 
geschehen ist, 10 Proz. zur Bildung eines Zentralreservefonds 
abgezogen worden. Die Festsetzung der Panschvergütungen für 
die einzelnen Kreistierarztsteilen ist diesmal im Ministerium 
vorgenommen worden. Auch bei der Unterverteilung unter die 
einzelnen Stellen ist grundsätzlich der Durchschnitt des Auf¬ 
kommens an Reisekosten in den Rechnungsjahren 1906/07 zu- 
Grunde gelegt worden. Diese Festsetzung ist nunmehr für das 


gegenwärtige Rechnungsjahr im allgemeinen als endgültig an¬ 
zusehen. Ob die für 1908 endgültig festgestellte Pauscli- 
vergütung auch für diejenige des nächstfolgenden Jahres als 
Grundlage dienen wird, steht noch dahin. Bei vorübergehend 
vermehrter Tätigkeit eines Kreistierarztes wird aus dem 
Zentralreservefonds auch eine vorübergehende Erhöhung der 
Pauschvergütung gewährt werden können. In betreff der 
Forderungsnachweise verbleibt es vorläufig heim alten. Die 
Forderungsnachweise sind nicht nach den Personen, sondern 
nach den Dienststellen zu sondern; bei Vertretungen eines 
Kreistierarztes in einem Nachbarkreis sind daher die Dienst¬ 
reisen und die dafür zustellenden Reisekosten und Tagegelder 
nicht für seinem Hanptbezirk, sondern für den Amtsbezirk des 
vertretenen Kreistierarztes anzuschreiben. Die übrigen Be¬ 
stimmungen des ersten Erlasses vom 31. März 1908 (siehe 
B. T. W., S. 360) bleiben aufrecht erhalten. 

Auch mit der Festsetzung der Pauschvergütungen für das 
zweite Halbjahr 1908 können die Kreistierärzte im allgemeinen 
zufrieden sein, ist doch die Gesamtsumme des zweiten Halbjahrs 
noch etwas größer, wie die des ersten. 

Im einzelnen haben allerdings nicht unerhebliche Ver¬ 
schiebungen stattgefunden und sind die Vergütungen für viele 
Stellen nicht unwesentlich geringer festgesetzt worden, wie für 
das erste Halbjahr. Es trifft dies für alle diejenigen Stellen zu, 
bei denen das Reisekosten au fkommen im Jahre 1907 ein wesent¬ 
lich kleineres war, wie im Jahre vorher, immerhin ist auch hier 
noch die Vergütung auf das ganze Jahr 1908 berechnet höher aus¬ 
gefallen, wie das durchschnittliche Aufkommen des Jahres 1907 
allein. Da im Winter im allgemeinen weniger Dienstreisen aus¬ 
zuführen sind, wie im Sommer, so wird die Verringerung der 
Pauschvergütung gegenüber dem ersten Halbjahr hier auch nicht 
allzu schwer empfunden werden. Bei einer größeren Anzahl 
von Kreistierarztstellen ist die Vergütung die gleiche geblieben 
wie im ersten Halbjahr und bei wieder anderen ist sie sogar 
höher festgesetzt worden. Es ist dies ein Beweis dafür, daß 
sich für die Festsetzung von Pauschvergütungen allgemeine 
Regeln nicht aufstellen lassen, sondern daß diese Festsetzung 
für jede Stelle besonders erfolgen muß und daß deren Erneuerung 
von Jahr zu Jahr notwendig ist. Daraus resultiert aber auch, 
daß es nicht möglich ist, stets alle Kreistierärzte znfrieden zu 
stellen, der eine oder andere wird sich immer benachteiligt 
glauben; zum Ausgleich der Differenzen soll dann der Zentral¬ 
fonds zur Anwendung kommen. 

Pr. 









November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


805 


Bekämpfcmg der Influenza. 

Nachdem durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
29. Juli d. J. die Anzeigepflicht für die Influenza der Pferde 
(Brustseuche und Rotlaufseuche oder Pferdestaupe) angeordnet 
worden ist, bedurfte es noch des Erlasses einer Verordnung zur 
Bekämpfung dieser Seuche. Der Herr Minister für Landwirt¬ 
schaft hat nunmehr für Preußen eine diesbezügliche landes¬ 
polizeiliche Anordnung entworfen und den Regierungspräsidenten 
zngesandt. Die Anordnung lehnt sich an die betreffenden in Ost¬ 
preußen bereits seit längerer Zeit bestehenden Vorschriften*) an. 

Landespolizeiliche Anordnung. 

Da die Influenza der Pferde (Brustseuche und Rotlauf¬ 
seuche oder Pferdestaupe) vielfach in Deutschland herrscht und 
die Gefahr der weiteren Verbreitung der Seuchen auch für den 
Regierungsbezirk Danzig besteht, ordne ich unter Bezugnahme 
auf die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Juli d. J. 
(R. G. Bl. S. 479), betreffend die Anzeigepflicht für die als 
Influenza der Pferde bezeichneten Krankheiten, mit Genehmigung 
des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten auf 
Grund der §§ 18-29 des Reichsviehseuchengesetzes vom 23. Juni 
1880, 1. Mai 1894 (R. G. Bl. 1894 S. 409) bis auf weiteres 
folgendes an: 

§ 1. Der erstmalige Ansbruch einer der eingangs be¬ 
zeichneten Seuchen in einem bis dahin seuchefreien Gehöft ist 
nach Feststellung durch den beamteten Tierarzt von der Orts¬ 
polizeibehörde sofort auf ortsübliche Weise und durch Bekannt¬ 
machung in dem für amtliche Kundmachungen bestimmten Blatte 
(Kreis-, Amtsblatt usw.) zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, 
auch den Ortspolizeibehörden aller dem Seuchenorte benach¬ 
barten deutschen Gemeinden und Gutsbezirke mitzuteilen. Die 
Ortspolizeibehörden dieser Gemeinden und Gutsbezirke haben 
gleichfalls den Seuchenausbrucli zur Kenntnis der Ortseinwohner 
zu bringen. Die zuständige Ortspolizeibehörde hat ferner von 
jeden ersten Seuchenausbruch in einer Ortschaft sowie von 
dem Erlöschen der Seuche dem Generalkommando desjenigen 
Armeekorps, in dessen Bezirk der Seuchenort liegt, sofort schrift¬ 
liche Mitteilung zu machen. Ist der Seuchenort ein Truppen¬ 
standort, so ist die Mitteilung auch dem Gouverneur, Komman¬ 
danten oder Garnisonältesten zu machen. In der Anzeige an 
die Militärbehörde ist anzugeben, ob Brustseuche oder Rotlauf¬ 
seuche (Pferdestaupe) vorliegt. 

Eine gleiche Mitteilung ist seitens der Polizeibehörde den 
Vorstehern der Königlichen Hauptgestüte und Landgestüte von 
den Ausbrüchen zu machen, die sich in der Umgegend der 
Haupt- uder Landgestüte ereignen. Während der Deckperiode 
sind auch die Stationshalter der Hengststationen in der Nach¬ 
barschaft des Seuchenortes zu benachrichtigen. 

Das Seuchengehöft ist am Haupteingangstor oder an einer 
sonstigen geeigneten Stelle in augenfälliger und haltbarer Weise 
mit der Inschrift „Pferde-Influenza“ zu versehen. 

§ 2. Ist der Ausbruch der Influenza unter dem Pferde- 
bestande eines Gehöftes durch das Gutachten des beamteten 
Tierarztes festgestellt, so bedarf es bis zum Erlöschen der Seuche 
(§ 8) einer amtstierärztlichen Feststellung weiterer Krankheits¬ 
fälle unter den Pferden des verseuchten Gehöftes nicht mehr. 

§ 3. Ist in einem Pferdebestande die Influenza oder der 
Verdacht der Seuche von dem beamteten Tierarzt festgestellt 
worden, so kann die Ortspolizeibehörde auf Antrag des Kreis¬ 


tierarztes und mit Genehmigung des Landrats die sofortige Ab¬ 
sonderung der seuchekranken und seucheverdächtigen Pferde 
von den gesunden Pferden anordnen, sofern diese Maßregel ohne 
besondere Schwierigkeiten ausführbar ist. Die Trennung ist 
tunlichst derart zu bewirken, daß auch jede mittelbare Berührung 
vermieden wird. 

In eiligen Fällen kann der beamtete Tierarzt schon vor 
polizeilichem Einschreiten die vorstehenden Anordnungen vor¬ 
läufig treffen. Sie sind alsdann dem Besitzer oder dessen Ver¬ 
treter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung 
zu eröffnen, auch ist davon der Ortspolizeibehörde und dem 
Landrat sofort Anzeige zu machen. 

§ 4. Die seuchekranken und die der Seuche verdächtigten 
Pferde unterliegen der Gehöftsperre. 

Die Entfernung der der Geliöftsperre unterworfenen Pferde 
aus dem Seuchengehöft darf ohne ausdrückliche Erlaubnis der 
Polizeibehörde nicht stattfinden. Diese Erlaubnis darf nur unter 
der Bedingung erteilt werden, daß bei der Fortschaffung der 
Pferde jede mittelbare und unmittelbare Berührung mit anderen 
gesunden Pferden vermieden wird. Nach einer Überführung in 
ein anderes Gehöft ist dort die Geliöftsperre fortzusetzen. 

Wird die Erlaubnis zur Überführung der Pferde in einen 
anderen Polizeibezirk erteilt, so muß die Polizeibehörde dieses 
Bezirks von der Sachlage in Kenntnis gesetzt werden. 

§ 5. Fuhrwerke, die mit Pferden aus einem verseuchten 
Gehöfte bespannt sind, haben eine Tafel mij. der Inschrift: 
„Pferde-Influenza“ zu führen.- Diese Tafel ist bei den zur 
Führung einer Ortstafel verpflichteten Fuhrwerken neben dieser, 
bei den übrigen Fuhrwerken an dem Geschirr an sichtbarer 
Stelle anzubringen. 

§ 6. Pferde, die aus einem verseuchten Gehöfte stammen, 
dürfen in fremde Gehöfte nicht eingestellt werden. Fremde 
Futterkrippen, Tränkeimer oder Gerätschaften dürfen für solche 
Pferde nicht benutzt werden. 

§ 7. Das Seuchengehöft ist für fremde Pferde gesperrt. 
Die Sperre kann auf die von den kranken und seucheverdächtigen 
Pferden benutzten Teile des Gehöftes beschränkt werden, sofern 
dies nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes ohne Gefahr 
der Seuchen Verschleppung durchführbar ist. 

§ 8. Die Seuche gilt als erloschen und die angeordneten 
Schutzmaßregeln sind aufzüheben, wenn nach Abheilung des 
letzten Krankheitsfalles oder nach Entfernung sämtlicher kranken 
oder seucheverdächtigen Pferde aus dem Bestände (vgl. § 4, 
Abs. 2) eine Frist von fünf Wochen vergangen, alsdann die 
Unverdächtigkeit der Pferde durch den beamteten Tierarzt fest¬ 
gestellt und wenn die vorschriftsmäßige Desinfektion (§ 9) 
erfolgt ist. Nach Aufhebung der Schutzmaßregeln ist das Er¬ 
löschen der Seuche in gleicher Weise wie der Ausbruch der 
Seuche (§ 1) zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. 

§ 9. Zur Desinfektion der Stallungen und sonstigen Räumlich¬ 
keiten, in denen seuchekranke Pferde gestanden haben, ist zu¬ 
nächst nach Maßgabe der §§ 4 bis 8 der Anweisung für das 
Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Haus¬ 
tiere (Anlage A der Bundesrats-Instruktion vom 27. Juni 1895) 
eine gründliche Reinigung und Lüftung vorzunehmen, darauf hat 
nach § 9 derselben Anweisung eine Übertünchung der Stall¬ 
decken, Wände und Gerätschäften, sowie eine Abschlämmung 
des Fußbodens mit Kalkmilch zu erfolgen, die aus frisch ge¬ 
löschtem Kalk hergestellt ist. Eisenteile sind mit Teer, Lack 


*) B. T. W. 1898, S. 538. 



No. 45. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8U6 

oder Ölfarbe zu bestreichen. Das gleiche Verfahren ist bei 
Holz- und Steinteilen an Stelle der Übertünclmng mit Kalkmilch 
anwendbar. Die Abfuhr des Düngers ist womöglich mit durch- 
geseuchten Pferden oder mit Rindergespannen und jedenfalls 
in der Weise zu bewirken, daß eine Berührung mit anderen 
Pferden nicht stattfindet. An Stelle der Düngerabfuhr ist unter 
Umständen das Aufstapeln und die mindestens vierwöchentliche 
Lagerung des Düngers an passenden Plätzen zu gestatten. 

Die Desinfektion ist von dem beamteten Tierarzt an¬ 
zuordnen. Die Polizeibehörde hat die Ausführung der Des¬ 
infektion zu überwachen. 

§ 10. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Be¬ 
stimmungen unterliegen, insofern nicht nach den bestehenden 
Gesetzen, insbesondere nach § 328 des Strafgesetzbuches eine 
höhere Strafe verwirkt ist, der Strafvorscbrift des § 66 Ziffer 3 
und 4 des Reichsviehseuchengesetzes vom -23. Juni 1880 und 

1. Mai 1894. 

§ 11. Die Anordnung tritt sofort in Kraft. 

§ 12. Die Aufhebung dieser Anordnung wird erfolgen, sobald 
die im Eingang bezeichnete Seuchengefahr nicht mehr besteht. 

Für die Pferdekliniken der tierärztlichen Hochschulen in 
Berlin und Hannover bedarf es nicht der Zuziehung des be¬ 
amteten Tierarztes. Bezüglich dieser sind auf Grund des § 2 
Abs. 2 des Viehseuchengesetzes die Obliegenheiten des beamteten 
Tierarztes den Vorstehern dieser Institute übertragen worden. 
Auch ist hier von einer öffentlichen Bekanntgabe des Seuchen¬ 
ausbruchs abzusehen. Diese Ausnahme kann, wenn wünschens¬ 
wert, auch für andere ähnliche Institute, z. B. die bakterio¬ 
logischen (tierhygienischen) der Landwirtschaftskammern, zu¬ 
gelassen werden, worüber sich der Herr Minister die Ent¬ 
scheidung für jeden Einzelfall Vorbehalten hat. Der Herr 
Minister hat sodann bestimmt, daß es für die Überführung von 
kranken oder seucheverdächtigen Militärpferden aus den Ställen 
der Truppenteile in militärische, auf anderen Gehöften gelegenen 
Krankenställe einer besonderen Erlaubnis der Polizeibehörde, 
wie sie § 4 sonst vorschreibt, nicht bedarf. Für die Vorschrift 
im § 5 können nach Bedarf Ausnahmen zugelassen werden. 
Hierin ist bestimmt, daß Fuhrwerke, welche mit Pferden aus 
einem verseuchten Gehöft bespannt sind, eine Tafel mit der 
Inschrift „Pferde-Influenza“ zu führen haben. Diese Vorschrift 
dürfte nicht überall, namentlich nicht in großen Städten, durch¬ 
führbar sein. So zweckmäßig eine solche Kennzeichnung der 
aus verseuchten Gehöften stammenden Fuhrwerke im veterinär¬ 
polizeilichen Interesse erscheinen mag, so ist sie insofern nicht 
unbedenklich, als sie eine starke Belästigung für die Fuhrwerks¬ 
besitzer darstellt, und letztere daher leicht veranlassen könnte, 
das Herrschen der Seuche in ihrem Stalle möglichst zu ver¬ 
heimlichen. Im Reg.-Bez. Danzig ist daher folgende Ausnahme¬ 
bestimmung getroffen worden: „Für Fuhrwerke, die zu Fahrten 
innerhalb der Gemeinde benutzt werden, bedarf es der An¬ 
bringung derartiger Tafeln nicht, sofern nicht besondere Um¬ 
stände eine solche nötig erscheinen lassen, worüber die Orts¬ 
polizeibehörde nach Anhörung des beamteten Tierarztes zu ent¬ 
scheiden hat“. Diese Ausnahme dürfte wohl unbedenklich 
zugelassen werden können. Die Unterstellung der Influenza 
unter die anzeigepflichtigen Krankheiten bedingt auch ihre Auf¬ 
nahme in die Seuchenstatistik. Die Kreistierärzte sind demnach 
angewiesen w r orden, Seuchentabellen auch für Influenza ein¬ 
zureichen. 


Schweinepest. 

Ein Erlaß des Herrn Landwirtschaftsministers vom 17. Sep¬ 
tember d. J. beschäftigt sich mit den Ergebnissen der neuen 
Untersuchungen über das Kontagium der Schweinepest. Durch 
Versuche, die im Hygienischen Institut der tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin, im Kaiserlichen Gesundheitsamt und in dem 
bakteriologischen Laboratorium der Landwirtschaftskammer in 
Halle ausgeführt worden sind, wurde festgestellt, daß ein zur 
Immunisierung gegen Schweinepest geeignetes Serum durch Be¬ 
handlung von Schweinen oder anderen Tieren mit virulentem 
Blut pestkranker Schweine gewonnen werden kann. Es steht 
ferner fest, daß nicht der Bacillus suipestifer der Erreger der 
Schweinepest ist, sondern ein nicht sichtbares, mikroskopisch 
nicht erkennbares Agens. Für das Arbeiten mit virulentem 
Schweinepestmaterial erscheint daher besondere Vorsicht geboten, 
da es nicht möglich ist, durch mikroskopische Untersuchung 1 
eine Verunreinigung anderweitigen Materials mit Scliweinepest- 
kontagium zu ermitteln. Besondere Vorsicht und Sorgfalt er¬ 
scheint vor allen Dingen bei gleichzeitigem Arbeiten mit dem 
Schweinepestvirus und anderen Tierseuchenerregern zum Zwecke 
der Herstellung von Immunisierungsstoffen z. B. von Rotlaufserum 
und Kulturen in einem und demselben Institute geboten, wenn 
nicht Übertragungen der Schweinepest befürchtet werden sollen. 
Solche Übertragungen scheinen in der Praxis bereits vorgekommen 
zu sein. 

Den Regierungspräsidenten wird diese Angelegenheit zur 
dauernden Aufmerksamkeit empfohlen. Auf die von Ärzten 
und Tierärzten, welche mit dem Schweinepestkontagium arbeiten 
wollen, eingehenden Anzeigen, werden die Polizeibehörden zu 
prüfen haben, ob eine Gewähr dafür gegeben ist, daß das 
Schweinepestkontagium aus dem Untersuchungsraum weder un¬ 
mittelbar noch mittelbar verschleppt werden kann. Besonders 
sorgfältig ist diese Prüfung bei Instituten vorzunehmen, in 
welchen noch mit anderen Tierseuchenerregern gearbeitet wird, 
z. B. in den Rotlaufseruminstituten, die auch mit Schweinepest¬ 
virus arbeiten. Die gleiche Vorsicht ist auch für die Unter¬ 
suchungen von Kadavern oder Kadaverteilen in Rotlaufimpf¬ 
anstalten, welche für Impfverluste oder in Fällen des Versagens 
der Impfstoffe Entschädigung zahlen, zu beobachten, da diese 
möglicherweise von schweinepestkranken Tieren herrühren können. 
Der Herr Minister bestimmt nunmehr vorbehaltlich weiter¬ 
gehender Anordnungen vorläufig folgendes: 

1. Die nach § 2 Abs. 1 und § 3 der Bekanntmachung am 
4. Mai 1904*) erforderliche polizeiliche Erlaubnis zum Arbeiten 
mit dem Erreger der Schweinepest, sowie zum Feilhalten oder 
Verkaufe von Material, das solche Erreger enthält, ist fortan 
nicht zu erteilen, ohne daß vorher meine Genehmigung dazu 
unter Angabe der Lage und Einrichtungen des Untersuchungs- und 
Geschäftsraumes eingeholt wird. 

2. Auf die von Ärzten und Tierärzten gemäß § 2 Abs. 2 
erstattete polizeiliche Anzeige hat eine sachverständige Prüfung 
der Versuchsräume und die gegen eine Verschleppung getroffenen 
Vorkehrungen durch den Departementstierarzt stattzufinden. Über 
das Ergebnis der Prüfung ist mir Bericht zu erstatten. 

3. In gleicher Weise wie zu 2 ist zu verfahren hinsichtlich 
der Fälle, in denen zurzeit schon ein Arbeiten mit virulentem 
Schweinepestmaterial oder ein Verkauf und Feilhalten solchen 
Materials stattfindet. 

*) B. T. W. 1904, S. 554. 



5. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


807 


4. Besondere Aufmerksamkeit ist den Rotlanfimpfanstalten 
in vorgedachtem Sinne zuzuwenden. Auch hier ist über das 
Ergebnis einer durch den Departementstierarzt vorzunehmenden 
Prüfung an mich zu berichten. 

Die im Jahre 1907 in Preußen zur amtlichen Kenntnis gelangten Bi߬ 
verletzungen durch tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere. 

Im Jahre 1907 gelangten in Preußen Biß Verletzungen bei 
405 Personen zur amtlichen Kenntnis. Gegenüber 1906 be¬ 
deutet dies eine Zunahme von 10,3 Proz. Seit 1902 beträgt 
die Zunahme 61,7 Proz. Die meisten Verletzungen kamen bei 
Personen im Alter von 21—30 Jahren vor, auch bei jugend¬ 
lichen Personen wurden Bißverletzungen häufig festgestellt. Im 
Winterhalbjahr waren die Bißverletzungen häufiger wie im 
Sommerhalbjahr 237 : 166. Es kamen Bißverletzungen in 
11 Provinzen vor, darunter in Schlesien allein 212, also mehr 
wie die Hälfte aUer Verletzungen. Die übrigen Verletzungen 
verteilen sich auf die Provinzen Posen, Hessen-Nassau, Rhein¬ 
provinz, Ostpreußen, Sachsen und Pommern. Vereinzelte Ver¬ 
letzungen kamen auch in den Provinzen Westpreußen, Hannover, 
Westfalen und Brandenburg zur Kenntnis. In 45 von 115 be¬ 
troffenen Kreisen ereignete sich nur ein Fall. Eine starke Ab¬ 
nahme der Bißverletzungen gegenüber dem Vorjahr zeigen West¬ 
preußen (von 22 auf 4) und Pommern (von 26 auf 10). 

An den 405 Verletzungen waren 232 Tiere beteiligt, 
218 Hunde, 12 Katzen, 1 Jungrind und 1 Schwein. Die Hunde 
verletzten 382, die Katzen 17, das Jungrind 5 und das Schwein 
1 Menschen. Am häufigsten wurden die oberen Gliedmaßen 
verletzt (bei 231 Personen, 6 davon beim Schlachten bzw. 
Sezieren), sodann die unteren Gliedmaßen bei 114 Personen. 

Verletzungen am Kopf wurden bei 25 Personen festgestellt. 
In 252 Fällen wurde die Tollwut durch die tierärztliche 
Obduktion festgestellt, in 12 Fällen ergab die Obduktion keine 
Tollwut, in 44 Fällen unterblieb die Obduktion. In 317 Fällen 
wurde eine tierexperimentelle Untersuchung veranlaßt, davon 
wurde 272 mal die Diagnose bestätigt, 92 mal in Berlin, 180 mal 
in Breslau. In 46 Fällen konnte die Diagnose nicht bestätigt 
werden, davon 8 mal wegen Fäulnis des Gehirns. Von sicher 
tollwutkranken Tieren wurden demnach 274 Menschen gebissen, 
von sicher nicht tollen 35, bei 96 blieb die Diagnose unsicher. 

Von den 405 Verletzten unterzogen sich 382 = 94,3 Proz. 
der Schutzimpfung nach Pasteur,. Dieser Prozentsatz hat sich 
von Jahr zu Jahr vergrößert. 130 Personen ließen sich in Berlin, 
252 in Breslau impfen. 23 der Verletzten unterzogen sich 
nicht der spezifischen Behandlung, 16 davon wurden ärztlich 
behandelt, 7 gar nicht. 

Von den Verletzten erkrankten und starben 4, ein 13 jähriger 
Knabe, ein 31 jähriger Mann, ein 15 jähriger und ein 6 jähriger 
Knabe, 3 wurden im Gesicht, 1 an den Händen verletzt. Dies 
weist auf die besondere Gefährlichkeit der Gesichtsverletzungen 
hin. Der Tod erfolgte am 41., 259., 54. und 39. Tage nach 
der Verletzung. Nur Nummer 1 und 2 hatten sich der Schutz¬ 
impfung unterworfen. Nummer 3 wurde in einem Krankenliause 
behandelt, Nummer 4 wurde ärztlich behandelt. Bei Nummer 2 
fand die Impfung erst mehrere Wochen nach der Bißverletzung 
statt. Er starb 10 Tage nach dem Auftreten der ersten 
Krankheitserscheinungen an Tollwut. Nummer 1 war sofort 
nach der Verletzung spezifisch behandelt worden und starb, 
während ein anderer von demselben Hunde in den Oberschenkel 
gebissener und geimpfter Knabe gesund blieb. 


Unter den 23 nicht geimpften Personen waren 10 sicher 
nicht von kranken Tieren gebissen worden. Bei 5 blieb es 
fraglich, ob das Tier toll war. Nur bei 6 Personen wurde fest¬ 
gestellt, daß sie von sicher wutkranken Tieren gebissen worden 
waren. Von den 23 gebissenen, aber nicht geimpften Personen 
starben zwei an Tollwut = 8,70 Proz., der Prozentsatz der an 
Tollwut erkrankten beiden gebissenen und geimpften Personen 
betrug dagegen nur 0,52 Proz. Das Verhältnis der Erkrankten 
zu den schutzgeimpften gestaltet sich von Jahr zu Jahr 
günstiger. Dieses betrug: 

1903 1,42 Proz., 

1904 1,50 „ 

1905 0,93 „ 

1906 1,14 „ 

1907 0,52 „ 

Wenn man nun diejenigen Personen in Berücksichtigung 
zieht, die von sicher tollen Hunden verletzt wurden, so gestalten 
sich die Verhältniszahlen wie folgt: von 268 geimpften starben 
2 = 0,75 Proz., von 6 nicht geimpften starben auch 2 =33,33 Proz. 

Lungen8euche in Posen. 

Der Regierungspräsident in Posen hat zur Bekämpfung der 
im KreiBe Obornik ausgebrochenen Lungenseuche für den Umfang 
des betroffenen Polizeidistrikts folgende sehr zweckmäßige An¬ 
ordnung getroffen: 

„Die Kadaver über drei Monate alter gefallener Rinder aus 
den Gehöften oder Weiden, in denen die Tiere gestorben sind, 
dürfen erst fortgeschafft werden, wenn amtstierärztlich festgestellt 
ist, daß die Tiere nicht an Lungenseuche gelitten haben“. 

Nachweisung Ober den Stand der Tierseuchen In Deutschland 

vom 15. Oktober 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreise (Oberamtsbezirke) uaw., eingeklammert die Gemeinden. 

Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw. 

bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 

Kreise 

Gemeinden || 

Gehöfte 

Gegenüber d. 15. Septbr. 

Kreise 

Gemein- 

a 

© 

& 

SO 

JO 

© 

Ü5 

Preußen: 









♦Potsdam. 

1 

1 

1 

+ 

1 

+ 

1 

+ i 

Stettin. 

1 

3 

3 


o 

+ 

1 

+ 1 

Münster. 

0 

0 

0 

— 

1 

— 

1 

— 3 

Trier. 

0 

0 

0 

— 


— 

2 

— 2 

Preußen zusammen 

2 

4 

4 

— 

1 

— 

1 

- 3 

Bayern: 









Oberbayern .... 

5 

7 

23 

— 

1 

— 

4 

- 8 

Pfalz. 

o 

0 

o 

— 

2 

— 

4 

— 6 

Oberfranken . . . 

1 

1 

1 


0 


0 

0 

♦Mittelfranken . . . 

1 

2 

9 

+ 

1 

+ 

2 

+ » 

Schwaben .... 

1 

1 

2 


0 


0 

— 6 

Baden: 



i 






Freiburg. 

0 

0 

0 

— 

1 

— 

1 

- 2 

Mannheim .... 

0 

0 

0 

— 

1 

— 

1 

— 1 

Elsaß-Lothringen: 









Unter-Elsaß . . . 

3 

10 

29 

— 

1 

+ 

1 

+ 

Ober-Elsaß .... 

2 

3 

13 

+ 

1 

+ 

2 

: + io 

Lothringen . . . . 

3 

5 

18 

— 

2 

— 

4 

1 + o 

Zusammen | 

18 

33 

1 99 

— 

7 

— 

10 

I + 16 


Neuer Ausbruch ist gemeldet vom 3. November aus dem 
Kreise Friedberg in Oberbayern. 

Rotz. 

Preußen: In den Reg.-Bez. Gumbinnen, Köslin, Koblenz, 
Düsseldorf je 1 (1), Stadtkreis Berlin 1 (2), in den Reg.-Bez. 
Marienwerder 2 (3), Oppeln, Stade je 2 (2), Frankfurt, Posen je 











808 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


3 (3), Breslau 4 (9), Köln 4 (11), Bromberg 5 (5), Potsdam 8 (8). 
Zusammen 38 Gemeinden (43 im September). 

Lungenseuche. 

Preußen: Stadtkreis Berlin in 1 Gemeinde. 

Schweineseuche und Schweinepest. 


Regierungs¬ 
bezirk usw. 

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Auf je 1000 1 
Gemeinden 
waren verseuch^ 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

V 

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Gemein- £ ? 
den ® 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg .... 

11 

21 

7 

Waldeck. 

3 

5 

Gumbinnen .... 

4 

8 

3 

Bayern: 



Allenstein .... 

4 

7 

4 

Oberbayern .... 

7 

12 

Danzig. 

5 

9 

6 

Niederbayern. . . 

9 

26 

Marienwerder . . 

11 

21 

9 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

1 

1 

1 

Oberpfalz. 

2 

2 

Potsdam. 

12 

52 

20 

Oberfranken . . . 

— 

— 

Frankfurt. 

18 

66 

24 

Mittelfranken. . . 

— 

— 

Stettin. 

13 

31 

17 

Unterfranken. . . 

— 

— 

Köslin. 

8 

48 

25 

Schwaben. 

6 

9 

Stralsund .... 

— 

— 

— 

Württemberg . 

5 

5 

Posen . 

22 

69 

21 

Sachsen. 

2 

2 

Bromberg. 

12 

94 

42 

Baden. 

6 

8 

Breslau. 

20 

145 

38 

Hessen. 

6 

9 

Liegnitz. 

16 

106 

38 

Meckl.-Schwerin 

7 

10 

Oppeln. 

13 

37 

13 

Meckl.-Strelitz . 

2 

3 

Magdeburg .... 

5 

10 

7 

Oldenburg . . . 

9 

19 

Merseburg .... 

9 

15 

6 

Sachs.-Weimar. 

2 

8 

Erfurt. 

6 

1 15 

26 

Sachs.-Meiningen 

1 

2 

Schleswig .... 

11 

36 

17 

Sachs.-AItenburg 

— 

— 

Hannover. 

4 

6 

9 

Sachs.-Kob.-Got. 

— 

— 

Hildesheim .... 

7 

9 

12 

A n h a 11. 

2 

5 

Lüneburg. 

5 

9 

6 

Braunschweig 

5 

21 

Stade . 

6 

17 

23 

Schwarzb.-Sond. 

1 

2 

Osnabrück .... 

5 

11 

20 

Schwarzb.-Rud. 

— 

_ 

Aurich. 

1 

1 

3 

Reuß ä. L. 

— 

_ 

Münster. 

8 

11 

41 

Reuß j. L. 

1 

1 

Minden. 

4 

6 

12 

Schaum b.-Lippe 

1 

2 

Arnsberg. 

13 

25 

29 

Lippe-Detmold . 

6 

25 

Kassel. 

8 

37 

22 

Hamburg .... 

1 

1 

Wiesbaden .... 

10 

29 

31 

Lübeck . 

— 

— 

Koblenz. 

7 

28 

27 

Bremen. 

— 

— 

Düsseldorf .... 

13 

29 

67 

Elsaß..;.... 

1 

1 

Köln. 

2 

2 

7 

Lothringen . . 

1 

2 

Trier. 

7 

12 

11 




Aachen . 

5 

7 

18 





Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Ans der Fleischbeschau. 

Vortrag, gehalten auf der Versammlung der beamteten Tierärzte 
des Regierungsbezirks Potsdam 
von Tierarzt Dr. Zehl - Trebbin. 

Meine Herren! Durch die Einführung der allgemeinen 
Fleischbeschau im Deutschen Reiche hat die Mehrzahl der 
preußischen Tierärzte einen neuen Wirkungskreis erhalten, 
damit ist denselben aber auch ein hohes Maß von Verantwortung 
auferlegt worden, denn die vornehmste Aufgabe des Fleisch¬ 
beschausachverständigen besteht darin, das Leben des Menschen 
vor den Gefahren des Fleischgenusses zu schützen. Und diese 
Gefahren sind, wie Sie wissen, mannigfacher Art. Ich er¬ 
innere an die Übertragung tierischer Schmarotzer, an die Über¬ 
tragung von Infektionskrankheiten der Tiere und von Bakterien¬ 
giften (Fäulnis- und Wurstgift) durch den Fleischgenuß. 


Die Beurteilung des Fleisches kranker Tiere bildet die 
schwierigste Obliegenheit des tierärztlichen Beschauers, und 
dieselbe wird ihm noch besonders erschwert, wenn die Begut¬ 
achtung erfolgen muß, ohne daß der Tierarzt Gelegenheit 
gehabt hat, das Tier intra vitam zu untersuchen. Diesen so¬ 
genannten Notschlachtungen schenken Behörden und Tierärzte 
mit vollem Recht die größte Beachtung. Sind doch einerseits, 
wie die Geschichte der Fleischvergiftungen lehrt, ca. 80 Proz. 
derselben durch den Genuß des Fleisches von notgeschlachteten 
Tieren entstanden, und handelt es sich doch andererseits um 
bedeutende Werte, über deren Erhaltung oder Vernichtung der 
Tierarzt zu entscheiden hat. So sind im Jahre 1906 in 
Preußen 2876 Pferde, 2423 Ochsen, 1398 Bullen, 31 200 Kühe, 
5724 Jungrinder und ca. 75 000 Stück Kleinvieh notgeschlachtet 
worden. 

Nach den Bestimmungen des R. Fl. G. kann der Besitzer 
die Schlachtung eines TiereB ohne vorangegangene Lebend¬ 
beschau vornehmen lassen in folgenden Fällen: 

1. Wenn zu befürchten steht, daß das Tier bis zur Ankunft 
des zuständigen Beschauers verendet, z. B. bei plötzlicher 
Aufblähung nach Grünfutter mit drohender Erstickung. 

2. Wenn zu befürchten ist, daß das Fleisch bis zur Ankunft 
des zuständigen Beschauers durch Verschlimmerung des 
krankhaften Zustandes wesentlich an Wert verliert, z. B. 
bei schweren Geburten oder bei Krankheiten, die im 
Anschluß an die Geburt entstehen und mit starker Störung- 
des Allgemeinbefindens einhergehen. (Metritis, Riß des 
Uterus mit nachfolgender Bauchfellentzündung, Herz¬ 
schwäche infolge innerer Verblutung u. a. m.) 

3. Wenn ein Unglücksfall (Knochenbruch, schwere äußere 
Verletzung, Verblutung) vorliegt, infolgedessen das Tier 
sofort getötet werden muß. 

Wie diese Beispiele zeigen, handelt es sich bei Not¬ 
schlachtungen im Sinne des R. Fl. G. meist um plötzliche Zu¬ 
fälle und weniger um gewöhnliche Erkrankungen. Dennoch 
geben die letzteren vorwiegend Anlaß zur Notschlachtung, dem 
Besitzer aber kann kaum ein Vorwurf daraus gemacht werden, 
da er nach der dehnbaren, sub 2 angeführten Bestimmung fast 
immer in seinem Rechte ist. Plötzliche Verschlimmerung kann 
bei jeder Krankheit eintreten und den ängstlichen Besitzer zu 
umgehender Schlachtung des l'ieres veranlassen. Wir müssen 
demnach auch fernerhin mit den Notschlachtungen in dem 
gleichen Umfange wie bisher rechnen und ich darf deshalb wohl 
in Kürze auf die Art und Weise der Untersuchung bei der¬ 
artigen Schlachtungen eingehen. 

Alle Notschlachtungen sind suspekt, da die Mehrzahl der 
Massenerkrankungen des Menschen, wie schon erwähnt, durch 
den Genuß des Fleisches von notgeschlachteten Tieren hervor¬ 
gerufen ist. Und zwar waren dies meist septikämisch erkrankte 
Tiere, viel seltener solche, die an Pyämie gelitten hatten. 

Mit dem Namen „Septikämie“ (Blutvergiftung, Faulfieber) 
belegen wir ein durch Aufnahme von Bakterien und Zersetzungs¬ 
produkten (Toxinen) ins Blut entstandenes, schweres Allgemein¬ 
leiden, und es kommen bei unseren Haustieren folgende Krank¬ 
heiten vorzugsweise in Frage: 

1. Metritis septicas 

2. Mastitis „ > der Rinder 

3. Enteritis „ ' 

























5. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


809 


4. Polyarthritis 

5. Kälberruhr. 


der Saugkälber 


Außerdem kommen septische Erkrankungen vor nach Verletzungen 
der Brust- und Bauchhöhle, der Sehnenscheiden, der Gelenke 
und nach komplizierten Knochenbrtichen. 

Die anatomischen Veränderungen, die wir gewöhnlich bei 
der Septikämie finden, sind bekanntlich parenchymatöse oder 
fettige Degeneration der Leber, parenchymatöse Entzündung 
der Nieren und des Herzens. Weiter beobachten wir punkt¬ 
förmige Blutungen unter dem Epikard, an den serösen Häuten 
und am Darm, sowie rote oder rotbraune Imbibitionen an der 
Intima der großen Gefäßstämme speziell der Lungenarterie. 
Diese der Septikämie eigene Neigung zu Blutungen und blutigen 
Diffusionen ist zurückzuführen, wie Sie wissen, teils auf die 
durch die Toxine hervorgerufene, direkte Schädigung der Gefäße, 
besonders der Kapillarwände, teils auf indirekte Benachteilgung 
der letzteren durch den Zerfall zahlreicher roter Blutzellen und 
die hierdurch verschlechterte Ernährung der Gefäßwände, teils 
endlich auf die durch Toxin und Blutkörperchenzerfall bedingte 
Beeinträchtigung der kontraktilen Substanz des Herzens. Aus 
dem zuletzt erwähnten Grunde sehen wir auch bei jeder 
Septikämie Herzschwäche und venöse Stauung eintreten. 

Ein vollständiges Bild der Sepsis, wie ich dasselbe soeben 
skizziert habe, bekommen wir nicht oft zu Gesicht, sondern es 
fehlen bald diese bald jene der angeführten pathologisch¬ 
anatomischen Veränderungen. Ja in manchen Fällen, z. B. bei 
frühzeitig vorgenommener Schlachtung können alle die Septikämie 
kennzeichnenden Abweichungen abwesend sein, trotzdem bereits 
eine allgemeine Infektion stattgefunden hat, und nur durch die 
Untersuchung der Körperlymphdrüsen sind wir imstande, die 
Natur der Krankheit zu erkennen. Dieselben sind entweder 
hämorrhagisch entzündet, oder ihr Gewebe ist markig geschwollen 
und stark durchfeuchtet, so daß es über die Schnittfläche hervor¬ 
quillt. Eine ähnliche Veränderung der regionären Lymphdrüsen 
bei lokalen Entzündungen (Pneumonie, Enteritis) ist natürlich 
für Feststellung von Septikämie belanglos. Ebenso können 
einzelne Drüsen z. B. Kniefaltendrüsen infolge traumatischer 
Läsion erkrankt sein, ohne daß dieser Befund für Sepsis spricht. 
Nicht mit der Affektion der Lymphdrüsen bei septischer Er¬ 
krankung zu verwechseln sind auch die kleinen Blutanhäufungen 
z. B. in den Bugdrüsen infolge mangelhaften Ausblutens, sie 
werden dadurch herausgekannt, daß die Blutpunkte beim Über¬ 
streichen der Schnittfläche der Drüsen verschwinden, und daß 
das Gewebe nicht hervorquillt. Endlich ist zu beachten, daß 
bei älteren Rindern die Rindenschicht der Lymphdrüsen dunkel¬ 
braun pigmentiert und so ähnlich einer hämorrhagisch ent¬ 
zündeten ist, und daß die kleinen lymphdrüsenähnlichen Gebilde 
in der Subkutis sowie die neben den großen Lymphdrüsen 
liegenden Nebendrüsen auf dem Durchschnitt normaliter dunkel¬ 
rote Färbung und feine Granulation zeigen. 

Als Hilfsmittel bei Beurteilung von Notschlachtungen be¬ 
dienen wir uns der Prüfung der Fleischreaktion. Früher hat 
man derselben eine ausschlaggebende Bedeutung beigelegt, indem 
man annahm, daß alkalisch reagierendes Fleisch auch gesundheits¬ 
schädigende Eigenschaften haben müßte, in neuerer Zeit hat 
man jedoch den Wert der Untersuchungsmethode auf das 
richtige Maß zurückgeführt. Zahlreiche Untersuchungen in 
dieser Richtung batten ergeben, daß einmal ganz gesundes 
Fleisch oft bis sechs Stunden nach der Schlachtung alkalisch 


reagierte, und daß bei Tieren, die an Atemnot infolge Peri¬ 
karditis, Pneumonie oder Tympanitis gelitten hatten, im Sommer 
häufig erst 24 Stunden nach dem Tode die normale saure 
Reaktion des Fleisches zu konstatieren war. Diese Erscheinung 
ist wahrscheinlich durch die ungenügende Oxydation des Blutes 
infolge der Asphyxie des Tieres während der letzten Lebens¬ 
stunden zu erklären. Demnach bleibt das Ergebnis der Prüfung 
des Fleisches auf seine Reaktion für sich allein belanglos, wird 
dagegen wertvoll als Ergänzung der sonst festgestellten ana¬ 
tomischen Abweichungen. Erinnern will ich hierbei daran, daß 
das rote oder blaue Lakmuspapier, angefeuchtet mittelst Messer¬ 
klinge, in den tief angelegten Muskelschnitt einzuführen ist und 
zehn Minuten liegen bleiben muß. Die Fingerspitzen sind dazu 
nicht zu benutzen, weil dieselben häufig sauer reagieren. 

Wie der Reaktion des Fleisches kommt auch dem Befund 
aus der mikroskopischen Untersuchung der Muskelfasern nur 
bedingte Bedeutung zu. Denn der Verlust der Körnung und 
Querstreifung sowie Trübung, die wir bei septischen Leiden 
beobachten, werden bisweilen auch an den Muskelfasern völlig 
gesunder Tiere angetroffen. Wir dürfen deshalb aus dieser 
Veränderung der Muskulatur nur dann auf Septikämie schließen, 
wenn die übrigen Erscheinungen dafür sprechen. Die Art der 
Untersuchung ist ja bekannt, es sind Zupfpräparate in Kochsalz¬ 
lösung anzufertigen, und bei unklarem Bilde ist 2—5proz. 
Essigsäurelösung hinzuzusetzen. 

Schließlich bedienen wir uns noch der sog. Kochprobe, um 
einen dem Fleische durch Arzneimittel oder Futterstoffe bei¬ 
gegebenen fremden Geruch deutlich wahrnehmbar zu machen. 

Ist nun in geschilderter Weise die Untersuchung des not¬ 
geschlachteten Tieres unter Berücksichtigung aller Umstände 
abgeschlossen und hat trotzdem zu keinem sicheren Ergebnis 
geführt, so muß bekanntlich im Sommer nicht vor 24, im Winter 
nicht vor 48 Stunden eine erneute Prüfung des Fleisches statt¬ 
finden. Nicht zu selten bemerken wir nämlich nach der an¬ 
gegebenen Zeit bei septischen Krankheiten üblen Geruch des 
Fleisches, schmierige Beschaffenheit und Grünfärbung des Binde¬ 
gewebes. Mitunter stellt sich auch eine grünliche Verfärbung 
des Bauchfells, namentlich in der Nierengegend ein. Hierbei 
ist aber zu berücksichtigen, daß die gleiche Veränderung eben¬ 
falls zu beobachten ist, wenn ein Rind nicht sofort nach der 
Tötung ausgeschlachtet wird. 

Bleiben nach der zweiten Untersuchung dem Sachverständigen 
betreffs der Fleischqualität noch immer Zweifel, so führt eine 
zweckmäßige bakteriologische Untersuchung des Fleisches in 
Verbindung mit Fütterungsversuchen am sichersten zu einem 
allseitig befriedigenden Resultate.« 

Zn den Fütterungsversuchen dienen Mäuse, die sich für 
Fleischvergiftungen stets sehr empfänglich erwiesen haben. Und 
zwar bekommen zwei Tiere Teile des verdächtigen Fleisches 
in rohem Zustande und zwei Tiere gekochte Fleischstücke, die 
eine Stunde bei 100° C gehalten sind, denn die Fleischver¬ 
giftungsbazillen bilden Toxine, die teils durch Kochen zerstört 
werden, teils nicht. 

Die bakteriologische Untersuchung soll am besten erst 
24 Stunden nach der Schlachtung geschehen, da sich die Fleisch¬ 
vergiftungsbakterien auch bei niedrigeren Temperaturen noch 
vermehren, und hierdurch die Feststellung derselben wesentlich 
erleichtert wird. Im Fleische gesunder Tiere sind nämlich 
keine Mikroorganismen vorhanden, und selbst 10 Tage nach 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOC HENSCHRIFT. 


No. 45. 


S10 

dem Schlachten findet man nur die Oberfläche und die Rand¬ 
zone bis zur Tiefe von einigen Millimetern mit Bakterien be¬ 
siedelt vor. Voraussetzung ist dabei natürlich, daß die Bauch¬ 
eingeweide rechtzeitig herausgenommen sind, und so Bakterien 
keine Gelegenheit haben, vom Darm aus postmortal in das 
Fleisch einzndringen. 

Nachdem die Oberfläche des Fleisches mit einem breiten, 
fast glühend gemachten Messer mehrmals abgesengt ist, geschieht 
die Entnahme des zu untersuchenden Materials mittelst eines 
scharfen Löffels aus tiefen Einschnitten in Partien der Muskulatur, 
die reich an Bindegewebe sind und deshalb einen guten Nähr¬ 
boden für Fleischvergiftungsbazillen abgeben. Zur Feststellung 
von Keimen werden nun Ausstrichpräparate angelegt und auch 
Ausstriche auf schräg erstarrtem Agar gemacht. Wenn weder 
auf dem Agar sich binnen 24 Stunden Kolonien entwickeln noch 
in den Ausstrichpräparaten sich Bakterien nach weisen lassen, 
so kann das Fleisch freigegeben werden. Sind aber in den 
Präparaten oder in den Agarausstrichen, Mikroorganismen ge¬ 
funden worden, so muß vor der definitiven Entscheidung das 
Ergebnis der Fütterungsversuche abgewartet werden, wozu drei 
Tage Frist erforderlich sind. Während dieser Zeit ist das 
Fleisch zweckentsprechend aufzubewahren. 

Bleiben die mit gekochtem Fleische gefütterten Mäuse am 
Leben, indes die anderen verenden, so wissen wir, daß die 
Fleischvergiftungsbazillen bzw. die Toxine durch das Kochen 
unschädlich gemacht sind, und das Fleisch kann, nachdem es im 
Dampfapparat gehörig sterilisiert ist, in den Verkehr gebracht 
werden. Ist jedoch ein solcher Apparat, wie meist auf dem 
flachen Lande, nicht vorhanden, so muß das Fleisch dennoch 
vom Konsum ausgeschlossen werden, da durch einfaches Kochen 
nach den bisherigen Versuchen die Giftigkeit nicht absolut sicher 
aufgehoben wird. 

Sterben auch die mit gekochtem, bakterienhaltigem Fleische 
gefütterten Mäuse, so ist selbstverständlich das betreffende 
Schlachttier unschädlich zu beseitigen. 

Nun, meine Herren, sind zwar die bakteriologischen und 
die Fütterung8versuche an und für sich so einfach, daß jeder 
Tierarzt dieselben anstellen kann. Indes wird die Mehrzahl der 
Tierärzte eines Laboratoriums für derartige Zwecke ermangeln, 
und die für die Ergänzungsbeschau gewährten Gebühren sind 
ja auch nicht so bemessen, daß dafür diese Geld und Zeit be¬ 
anspruchenden Versuche ausgeführt werden könnten. Es werden 
deshalb die bakteriologischen Prüfungen von verdächtigem 
Fleische in schon bestehenden größeren Laboratorien der staat¬ 
lichen Anstalten geschehen müssen. Ein Vorgang in dieser 
Richtung besteht bereits. Der Herr Regierungspräsident von 
Schleswig hat auf eine Eingabe der Landwirtschaftskammer für 
Schleswig-Holstein verfügt, daß bei Notschlachtungen in Zweifels¬ 
fällen eine eingehende bakteriologische und kulturelle Unter¬ 
suchung des Fleisches vorzunehmen ist. Und zu diesem Zwecke 
ist von dem betreffenden Tierarzte ein 10 cm langes, breites 
und dickes Muskelfleisch als Eilpaket an das bakteriologische 
Institut der Landwirtschaftskammer nach Kiel zu senden. 

Falls auch in unserem Regierungsbezirk die bakteriologische 
Untersuchung des Fleisches in geeigneten Fällen verordnet werden 
sollte, was im Interesse der Besitzer recht wünschenswert wäre, 
so hätten wir eine Auswahl von Laboratorien in Berlin zur 
Verfügung. Naheliegend ist es dann, daß für diese bakterio¬ 
logischen Prüfungen von Fleisch die neu errichtete Abteilung 


für Fleischbeschau am hygienischen Institut der tierärztlichen 
Hochschule ausersehen wird. 

Bislang hat der Ergänzungsbeschauer im Regierungsbezirk 
Potsdam nach einem Erlaß des Herrn Regierungspräsidenten 
das Fleisch bei Notschlachtungen für untauglich, mindestens aber 
für bedingt tauglich zu erklären, wenn auch nach 24 bzw. 
48 ständigem Hängenlassen des Tieres nur der geringste Zweifel 
betreffs der einwandfreien Beschaffenheit des Fleisches besteht. 

Hat der Sachverständige entschieden, daß das Fleisch znm 
Konsum zugelassen ist, so kommt dasselbe in rohem oder ge¬ 
kochtem Zustande auf die Freibank. Leider findet aber auf der 
Freibank feilgehaltenes Fleisch auf dem Lande häufig keine 
Käufer, und ich habe aus diesem Grunde ungezählte Male Fleisch 
zentnerweise vergraben bzw. vernichten lassen müssen. Um 
diesem Übelstand, der den ländlichen Besitzer schwer schädigt, zu 
steuern, müßte alles nicht verkäufliche Fleisch aus den betreffenden 
Bezirken nach größeren Gemeinden bzw. Städten zum Verkaufe 
geschafft werden. Speziell in den größeren Gemeinden, ich 
denke hier an einige Vororte von Berlin, ist minderwertiges oder 
bedingt taugliches Fleisch meist sehr schnell abgesetzt, da die 
ärmere Bevölkerung dasselbe mit Vorliebe kauft. Der Land¬ 
bewohner hingegen glaubt vielfach, sich etwas zu vergeben, 
wenn er sich Fleisch von der Freibank holt, und gekochtes 
Fleisch kann nach meinen Erfahrungen auf dem Lande nur als 
Hundefutter Verwertung finden. 

Während daB minderwertige und bedingt taugliche Fleisch 
durch die Errichtung von Freibänken überall einer ständigen 
Kontrolle bis zur Abgabe an den Konsumenten unterliegt, fehlt 
diese Beaufsichtigung beim tauglichen Fleisch vielfach auf dem 
Lande vollkommen oder kann nicht in zureichender Art und 
Weise ausgeübt werden. Und doch sind die Gefahren, die bei 
der Fleischbeschau gesund befundenes Fleisch dem Konsumenten 
zu bringen vermag, nicht zu unterschätzen, wie die Fäulnis-, 
Wurst- und Hackfleischvergiftungen beweisen. Denn bekanntlich 
kann das ursprünglich taugliche Fleisch infolge unzweckmäßiger 
Aufbewahrung oder anderweitiger, ungeeigneter Behandlung 
nachträglich als Nahrungsmittel unbrauchbar werden. Derartiges 
Fleisch bzw. solche Fleischwaren anzuhalten und aus dem 
Verkehr zu ziehen, bildet die Aufgabe der sog. außerordentlichen 
Fleischbeschau, die eine notwendige und wertvolle Ergänzung 
der ordentlichen Beschau darstellt, indem sie das Fleisch auf 
seinem Wege von der Stätte der Produktion bis zur Abgabe an 
den Konsumenten, soweit sich das ausführen läßt, überwacht. 

Die bei der Revision festzustellenden Abweichungen des 
Fleisches und der Fleischwaren sind verschiedener Art. Um 
die wichtigsten Ursachen zu Beanstandungen hier hervorzuheben, 
nenne ich: 

1. Pathologische Veränderungen, die sich ev. an Fleisch 
von Hausschlachtungen finden, das ununtersucht in den 
Verkehr gebracht ist. 

2. Die bakteriellen Zersetzungen. Hierbei kommt bei 
frischem Fleisch vor allen Dingen die Fäulnis in Frage. 

;». Die Verfälschungen durch animalische Stoffe 
(Pferdefleischzusatz zur Wurst.) 

4. Die Verfälschungen durch chemische Stoffe. 

Auf die Beschreibung der einzelnen Abweichungen bzw. auf 
die Methoden, dieselben festzustellen, kann ich natürlich hier 
nicht näher eingehen, da dies ganz außerhalb des Rahmens 
meines Referates liegt. 








November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Diese Lücke des Fleischbeschaugesetzes, die mangelnde oder 
unzureichende Beaufsichtigung des Fleischverkehrs, ist allgemein 
bekannt, und die Behörden sind damit beschäftigt, dem Mangel 
abzuhelfen. So nimmt ein ministerieller Erlaß vom 17. August v. J. 
darauf Bezug und fuhrt u. a. folgendes aus: 

„Die zur Aufdeckung und Verhütung der Mißstände er¬ 
forderliche Beaufsichtigung des Fleischverkehrs ist zwar auf 
Grund der durch das Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 
den Polizeibehörden eingeräumten Befugnisse, namentlich in 
größeren Orten und in den Industriebezirken mehr oder 
weniger organisiert. Öfters fehlen aber auch selbst die 
Anfänge einer solchen Organisation. Auch da, wo die Be¬ 
aufsichtigung eingerichtet ist, wird allgemein über die Un¬ 
zulänglichkeit der polizeilichen Befugnisse geklagt, die sich 
zwar auf die Verkaufsstätten für Fleisch allgemein, auf die 
zur Aufbewahrung und Herstellung von Fleisch und Fleisch¬ 
waren dienenden Räumlichkeiten aber nur in beschränktem 
und für das tatsächliche Bedürfnis nicht ausreichendem Maße 
erstrecken.“ 

Nachdem dann darauf hingewiesen ist, daß die Erwägungen 
betreffs Erweiterung der Kontrollbefugnisse auf Verarbeitungs¬ 
und Aufbewahrungsstätten des Fleisches noch nicht zum Abschluß 
gelangt sind, heißt es in dem Erlasse weiter: 

„Dahingegen ist im Anschluß an die Organisation der 
Allgemeinen Nahrungsmittelkontrolle überall da, wo es an 
entsprechenden Anordnungen bisher gemangelt und nicht im 
Hinblick auf die Geringfügigkeit des Fleisch Verkehrs ein Be¬ 
dürfnis zu verneinen ist, dafür Sorge zu tragen, daß eine 
regelmäßige polizeiliche Beaufsichtigung der Fleischverkaufs¬ 
stellen, und zwar nicht nur der Fleischmärkte, sondern auch 
der Fleischerläden und der sonstigen Räumlichkeiten, wo 
Fleisch feilgehalten wird, nach Maßgabe der bestehenden 
gesetzlichen Vorschriften stattfindet.“ 

Die betreffenden Bestimmungen aus dem Nahrungsmittel- 
•gesetz besagen aber: 

„§ 2. Die Beamten der Polizei sind befugt, in die Räum¬ 
lichkeiten, in welchen Gegenstände der in § 1 bezeichneten 
Art (für uns von Interesse nur Fleisch- und Wurstwaren) 
feilgehalten werden, während der üblichen Geschäfts¬ 
stunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr ge¬ 
öffnet sind, einzutreten. Sie sind befugt usw. usw. usw. 

§ 3. Die Beamten der Polizei sind befugt, bei Personen, 
welche auf Grund der §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes (die¬ 
selben enthalten die Strafandrohungen für denjenigen, der 
Nahrungsmittel verfälscht bzw. verfälschte oder verdorbene 
in den Verkehr bringt) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt 
sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in 
§ 1 bezeichneten Art (u. a. Fleisch und Fleisch waren) feil¬ 
gehalten werden oder welche zur Aufbewahrung oder 
Herstellung solcher zum Verkaufe bestimmter Gegenstände 
dienen, während der in § 2 angegebenen Zeit Revisionen 
vorzunehmen.“ 

Diese Befugnis beginnt mit der Rechtskraft des Urteils 
und erlischt mit Ablauf von 3 Jahren von dem Tage an ge¬ 
rechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder 
erlassen ist. 

Hiernach hat also der Sachverständige im allgemeinen 
lediglich das Recht, die Verkaufsstätten für Fleisch und 
Fleischwaren d. h. die Läden und Marktbuden zu revidieren. 


Hl 1_ 

Denn Fleischer oder Händler, die nach §§ 10, 12 oder 13 des 
Nahrungsmittelgesetzes bestraft worden sind, und deren Auf- 
bewahrungs- und Fabrikationsräume aus diesem Grunde eben¬ 
falls der Kontrolle unterliegen, sind in kleineren Städten und 
auf dem Lande einfach unmöglich, kein Mensch würde bei dem 
hier schnellen Bekanntwerden der Vorstrafe von ihnen etwas 
kaufen. 

Die Beaufsichtigung der Fleischverarbeitungs- und anf- 
bewahrungsstätten ist aber viel wichtiger und notwendiger als 
die der Verkaufsräume. Letztere wird auch der Schlächter 
bzw. Fleischwarenhändler inklusive der darin aufgestellten 
Geräte im eigenen wohlverstandenen Interesse peinlich sauber 
halten, und die hier vorrätig oder zum Verkauf ausliegenden 
Waren werden meist in tadelfreiem Zustande sein. Die gleiche 
Reinlichkeit wird aber hinter den Kulissen, in den übrigen 
Räumen und an den darin befindlichen Gerätschaften nicht zu 
selten völlig vermißt. Eine Abstellung solcher Übelstände ist 
um so mehr am Platze, als es sich z. B. bei der in bisher 
kontrollfreien Räumen betriebenen Wurstfabrikation um die 
Herstellung eines Nahrungsmittels handelt, das einen wichtigen 
Bestandteil der Ernährnng, besonders der weniger bemittelten 
Bevölkerung bildet. 

Deshalb ist eine fortgesetzte, sorgsame Überwachung aller 
dieser Räumlichkeiten, ganz gleich ob die Schlächtereien in der 
Stadt oder auf dem Lande liegen, dringend zu wünschen. 
Und der revidierende Sachverständige hat sich nicht nur, wie 
schon erwähnt, von der tadelfreien Beschaffenheit des feil¬ 
gebotenen und vorrätig gehaltenen Fleisches und der Fleisch¬ 
waren, sowie von der Sauberkeit aller in Betracht kommenden 
Räume und der benutzten Geräte zu überführen, sondern der¬ 
selbe muß auch darauf sehen, daß die in den Betrieben be¬ 
schäftigten Leute zu größter Reinlichkeit an ihrer Kleidung 
und ihrer Person angehalten werden. 

Eine derartige wirksame Beaufsichtigung des Fleischver¬ 
kehrs ist bisher auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes nicht 
möglich, es ist deshalb dringend geboten, daß die allerseits fühlbare 
Lücke des Fleischbeschaugesetzes, die mangelnde bzw. nicht 
zureichende Kontrolle des Fleisches und der Fleischwaren nach 
Passierung der Fleischbeschau recht bald ausgefüllt werde. 
Erst dann ist die Möglichkeit gegeben, daß die Fleischbeschau 
ihrer ersten Aufgabe, den Menschen vor den Gefahren des 
Fleischgenusses zu schützen, ganz gerecht werden kann. 

Ich bin am Schlüsse meiner Ausführungen angelangt und 
darf vielleicht nochmals kurz resümieren: 

1. Es ist empfehlenswert im Interesse der Besitzer, daß auch 
für den Regierungsbezirk Potsdam die bakteriologische 
Untersuchung des Fleisches notgeschlachteter Tiere in 
Zweifelsfällen angeordnet werde. 

2. Es ist ratsam, minderwertiges oder bedingt taugliches 
Fleisch, das in manchen Freibankbezirken unverkäuflich 
bleibt, nach größeren Gemeinden oder Städten desselben 
bzw. des Nachbarkreises zu schaffen, um den Absatz des 
Fleisches zu sichern. 

3. Es ist dringend zu wünschen, daß die auf Grund des 
Nahrungsmittelgesetzes auszuführenden Revisionen der 
Fleischerläden und Fleisch- bzw. Fleischwarenverkaufs¬ 
stätten baldigst auch auf die der Zubereitung und Auf¬ 
bewahrung von Fleisch und Fleischwaren dienenden 
Räumlichkeiten ausgedehnt werden. 



812 


Genossenschaftsversammlung der Fleischereiberofs- 
genossenschaft. 

Die Versammlung hat am 22. Juli zu Mainz im Saale des 
„Kasinos zum Frankfurter Hof“, Augustinerstraße Nr. 55 vormittags 
um 11 Uhr stattgefunden. Vor der Versammlung wurde von 
morgens 8 bis 10 Uhr eine Besichtigung der Bureaueinrichtungen und 
des opulent ausgestatteten Verwaltungsgebäudes der Genossen¬ 
schaft, welches an hervorragender Stelle am Rhein gelegen vor 
einigen Jahren mit einem Kostenaufwand einschl. Grunderwerb von 
367154 M. 62 Pf. erbaut wurde, vorgenommen. Der Bauplatz war 
seitens der Stadtgemeinde Mainz für 89695 M. hergegeben. Der 
z. Z. 59 Köpfe starke Beamtenkörper der Genossenschaft ist in 
schönen, luftigen, sehr gut ausgestatteten Räumen bequem unter¬ 
gebracht. Das Gebäude ist so groß bemessen, daß an Private noch 
Räumlichkeiten für 6150 M. jährlich vermietet sind. Das Gebäude 
ist mit Zentralheizung versehen. Es hatten im Mai d. J. diesseits 
137 Stadtgemeinden mit Schlacht- bzw. Viehhöfen des 2. Bezirks 
die Aufforderung zur Teilnahme an der Genossenschaftsversammlung 
oder zur Übertragung der Vollmachten mit der zustehenden 
Stimmenzahl an den Unterzeichneten erhalten. 95 Gemeinden des 

2. Bezirks hatten diesem ihre Stimmen übertragen, so daß derselbe 
285 Stimmen auf der Genossenschaftsversammlung vertrat. Die 
erschienenen Vertreter der übrigen 5 Bezirke des Deutschen Reiches 
und die von den Gemeinden besonders abgeordneten Vertreter, im 
ganzen 14 Herren, vereinigten auf sich 1155 Stimmen. Die Ver¬ 
sammlung war überhaupt von 99 Mitgliedern, welche 9465 Stimmen 
vertraten, besucht. Dieses Stimmenverhältnis macht ohne weiteres 
ersichtlich, daß die Vertreter der Gemeinden mit Schlacht- und 
Viehhöfen in der Versammlung mit ihren Vorschlägen nicht überall 
durchdringen konnten, namentlich als es sich darum handelte, wie 
bisher einen Vertreter der Schlachthofgemeinden in den Rechnungs¬ 
prüfungsausschuß und einen Ersatzmann in den Vorstand der 
Berufsgenossenschaft zu entsenden. Nur der Obertierarzt am 
städtischen Schlachthof zu Hannover Koch ist von der Versammlung 
als Vorstandsmitglied wiedergewählt, zum Ersatzmann ein Fleischer¬ 
meister, so daß im Vorstand und im Rechnungsprüfungsausschuß 
außer Herrn Koch nur Fleischermeister vertreten sind. Es erscheint 
dies nicht gerechtfertigt mit Rücksicht auf die hohen Beiträge, 
welche seitens der Gemeinden mit Schlachthöfen in der Genossen¬ 
schaft geleistet werden. Den Stadtgemeinden kommt ein größerer 
Einfluß in der Verwaltung der Berufsgenossenschaft zu. Nur eine 
ausgiebige Vertretung der Stadtgemeinden auf den Genossenschafts¬ 
tagen kann hierin Wandel schaffen und ist daher ihr Besuch durch 
die Stadtvertretungen selbst entschieden zu befürworten. 

Die Verhandlung selbst hatte folgendes Ergebnis: 

Tagesordnung: 

1. Verwaltungsbericht für das Jahr 1907 (§14 Abs. 3 des Statuts). 

2. Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung für das Jahr 
1907 und Wahl eines aus drei Mitgliedern und drei Stell¬ 
vertretern bestehenden Ausschusses zur Vorprüfung der 
Jahresrechnung (§ 6 Ziffer 3 des Statuts). 

3. Revision der Dienstordnung für die Genossenschaftsbeamten 
(§ 6 Ziffer 8 des Statuts). 

4. Feststellung des Voranschlags der Verwaltungskosten im 
Jahre 1909 und Nachbewilligung für das Jahr 1908 (§ 6 Ziffer 14 
des Statuts;. 

5. Beschlußfassung über Anlegung und Verwaltung des Reserve¬ 
fonds. — Entnahmen aus diesem zur Deckung von Darlehen — 
(§ 6 Ziffer 12 des Statuts). 

6. Ersatzwahl für vier am 1. Oktober 1908 ausscheidende Vor¬ 
standsmitglieder und deren Ersatzmänner (§ 6 Ziffer 1 des 
Statuts). 

7. Übertragung der Strafbefugnis der Genossenschaft auf einen 
Ausschuß des Genossenschaftsvorstandes. 

8. Ersatz- und Regreßansprüche in Unfallsachen. 

9. Bestimmung der öffentlichen Blätter, durch welche die 
Bekanntmachungen des Genossenschaftsvorstandes erfolgen 
sollen (§ 6 Ziffer 18 des Statuts). 

10. Vermögensauseinandersetzungen der Berufsgenossenschaften 
auf Grund der §§ 53 Abs. 4 und 5 des Gewerbe-Unfall¬ 


No. 45. 


versicherungsgesetzes und 63 Abs. 4 und 5 des Unfall¬ 
versicherungsgesetzes für Land- und Forstwirtschaft. 

11. Beitragsleistungen auf Grund des § 33 a des Statuts (Ver¬ 
einbarung von Pauschalsummen für die Berechnung der 
Beiträge). 

12. Bestimmung des Ortes der nächsten Genossenschaftsver- 
Sammlung. 

13. Unvorhergesehenes. 

Kurz nach 11 Uhr eröffnete der Vorsitzende, FleischermeiBter 
Eitel-Düsseldorf nach einigen Begrüßungsworten die Versammlung. 
Insbesondere dankt er dem Vertreter des Reichsversicherungsamts, 
Herrn Regierungsrat Dr. Ri es-Berlin, den Herren Oberbürgermeister 
Dr. Göttelmann, Bürgermeister Dr. Schmidt und Großherzog¬ 
lich-Hessischen Regierungsrat Genn es-Mainz für ihr Erscheinen. 
Die Rede des Vorsitzenden schließt mit einem Hoch auf Seine 
Majestät den Kaiser und den Großherzog von Hessen. Die Herren 
Ries, Göttelmann und Gennes erwiderten durch freundliche Be¬ 
grüßungsworte; sie wünschten dem Verlauf der Verhandlungen den 
besten Erfolg. 

I. Verwaltungsbericht für das Jahr 1907. 

(Den Schlachthofgemeinden wird empfohlen, die Berufsgenossen¬ 
schaft jedes Jahr um die Zusendung des sehr interessanten und 
eingehenden Jahresberichts zu ersuchen.) 

Fleischermeister Friedrich-Nürnberg berichtet über den Ver- 
waltnngsbericht, der bereits zur Verteilung gelangt war. Das 
Wesentliche aus ihm trug er vor. 

Er bedauerte, daß die Erwartungen, welche man seinerzeit an 
das Institut der Vertrauensmänner, die zum allergrößten Teil den 
Kreisen der Fleischer entnommen sind, knüpfte, gar nicht in Er¬ 
füllung gegangen sind. Die Beteiligung der Vertrauensmänner an 
den Geschäften der Berufsgenossenschaft war sehr schwach, so 
daß Erwägungen stattgefunden haben, das Institut der Kosten¬ 
ersparnis wegen ganz aufzuheben. 

Die Revision des jetzigen Gefahrentarifs findet im Jahre 1909 
statt. Der Vortragende empfiehlt etwaige Wünsche und Anträge 
der Mitglieder dieserhalb schon jetzt, längstens aber bis zum 

1. Oktober 1908 dem Genossenschaftsvorstande zukommen zu lassen, 
und nicht erst mit Anträgen in der nächstjährigen Genossenschafts¬ 
versammlung zu kommen, da dann eine sorgfältige Prüfung der 
Anträge nicht möglich ist Die Schlachthaus- und Viehhofbetriebe 
gehören vorwiegend zur Gefahrenklasse B mit der Gefahrenziffer 1,5.. 
In der Besprechung klagte ein Mitglied über die scharfen Strafen, 
welche seitens des Vorstandes vielfach verhängt wurden; sie 
machten böses Blut. Von anderer Seite wurde betont, daß die 
Mitglieder der Berufsgenossenschaft zur Ordnung und Pünktlichkeit 
erzogen werden müßten. 

2. Prüfung und Abnahme der Jahresrectmung für das Jahr 1907 und 
Wahl eines aus drei Mitgliedern und drei Stellvertretern bestehenden 

Ausschusses zur Vorprüfung der Jahresrechnung. 

Das Protokoll über die Prüfung der Jahresrechnung für 1907 
gelangt zur Verlesung. Beanstandungen sind nicht vorgekommen. 
Dem Anträge des Referenten entsprechend erteilte die Versammlung 
dem Vorstand Entlastung und genehmigt die Überschreitungen 
des Vorschlags. Der im vorigen Jahre gewählte und nur aus 
Fleischermeistem bestehende Rechnungaprüfungsausschuß wird nach 
längerer Debatte wiedergewählt. Eine Vertretung der Schlachthof¬ 
gemeinden in diesem wichtigen Ausschuß zu erreichen, war nicht 
möglich. 

3. Revision der Dienstordnung für die Genossenschaftsbeamten. 

Fleischermeister Nietzschmann-Leipzig berichtet über die 
Vorlage. Sie hat hauptsächlich den Zweck, die Ruhegehaltsbe- 
züge der Beamten der Genossenschaft nach Maßgabe der bezüg¬ 
lichen Bestimmungen des Reiches und des Preußischen Staates zu 
regeln. Die unteren Beamten besonders sind durch Gehaltsauf¬ 
besserungen berücksichtigt. Der Entwurf hat die Zustimmung des 
Reichsversicherungsamts gefunden. Der Fleischermeister Weber- 
Aachen wollte die Beschlußfassung bis zum nächsten Jahre hinaus¬ 
geschoben haben, da ihm und anderen der Entwurf zu spät zu¬ 
gestellt sei. Über diesen Antrag mußte durch Stimmzettel abge- 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



n- Xovoinbrr 1908. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._813 


stimmt werden. Der Vertagungsantrag wurde abgelebnt und sodann 
der Entwurf mit einigen redaktionellen Änderungen, welche der 
Unterzeichnete beantragte, angenommen. 

4. Feststellung des Voranschlags der Verwaltungskosten Im Jahre 1909 
und Nachbewilligung für das Jahr 1908. 

Das Vorstandsmitglied Herr Nietzschmann-Leipzig berichtet 
über den vorliegenden Etat für 1909. Durch die weitere Anstellung 
von drei technischen Hilfsaufsichtsbeamten, welche auf Anregung 
des Reichsversicherungsamts zur Verminderung der Unfallhäufigkeit, 
besonders bei den Betrieben, in welchen Fleischwölfe, Wiegemesser, 
Mengmaschinen usw. verwendet werden, beantragt werden, wird 
die Genossenschaft jährlich mit etwa 26 000 M. mehr belastet. Es 
findet über diesen Punkt eine längere Besprechung statt; mehrere 
Redner wenden sich gegen die Vermehrung der Kosten wegen, 
andere wollen die Aufsicht durch die Innungen führen. Der Ver¬ 
treter des Reichsversicherungsamts empfiehlt die Vermehrung aus 
wirtschaftlichen und ethischen Gründen. Auch der Unterzeichnete 
befürwortet die Abstellung mit Rücksicht auf die große Zahl der 
Kleinbetriebe mit Kleinmaschinen, in denen Wölfe, Wiegemesser, 
Mengemaschinen, Äxte, Beile, Messer usw. verwendet werden. Im 
vorigen Jahr sind von 1120 erstmalig entschädigten Unfällen 514 Un¬ 
fälle in derartigen Betrieben vorgekommen. Für diese Betriebe ist 
eine scharfe Aufsicht am Platze, da infolge der zahlreichen Unfälle 
nicht nur eine starke Belastung der Genossenschaft stattfindet, 
sondern auch namentlich die jüngeren Gesellen und Lehrlinge der 
Fleischer lebenslang durch Nachlässigkeit zum Krüppel gemacht 
werden. 

Weiterhin empfiehlt der Unterzeichnete eine stetige Beauf¬ 
sichtigung der Tätigkeit der Hilfsaufsichtsbeamten durch den tech¬ 
nischen Aufsichtsbeamten, Gewerbeinspektor Deiters, dem für 
diese Mühewaltung eine Entschädigung zuzubilligen wäre. Der 
Antrag des Vorstandes auf Anstellung von drei Hilfsaufsichts¬ 
beamten wird mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die übrigen 
Posten des Voranschlags werden gleichfalls genehmigt. 

5. Beschlußfassung Ober Anlegung und Verwaltung des Reservefonds. 

Entnahmen aus diesem zur Deckung von Darlehen 
(§ 6, Ziffer 12 des Statuts). 

Die Versammlung genehmigt die weitere Anlegung des Reserve¬ 
fonds bei der Seehandlung. Die Baukosten für das Geschäftshaus 
mit 217 154 M. sind dem Reservefonds entnommen. 150 000 M hat 
die Mainzer Sparkasse geliehen. Ein Viertel des Genossenschafts¬ 
vermögens darf in Immobilien angelegt werden; somit können etwa 
20 000 M. abgetragen werden. Die Versammlung gibt ihr Ein¬ 
verständnis. 

6. Ersatzwahl für 4 am I. Oktober 1908 ausscheidende Vorstands¬ 
mitglieder und deren Ersatzmänner (§ 6, Ziffer I des Statuts). 

Am 1. Oktober 1908 scheiden die Vorstandsmitglieder Eitel- 
Düsseldorf, Falk-Mainz, Ober-Tierarzt Koch-Hannover, Friedrich 
Nürnberg aus. Die Neuwahlen wurden duich Stimmzettel vor¬ 
genommen. Falk-Mainz erhielt 9246, Friedrich-Nürnberg 9205, 
Koch-Hannover 8753, Web er-Aachen 6169, Eitel-Düsseldorf 
1901 Stimmen. Die vier Erstgenannten sind also gewählt und 
nehmen s'e die Wahl an. Als Ersatzmänner werden die Fleischer¬ 
meister Lantz-Darmstadt, Schwarz-Fulda, Bernhardt-Münclen 
Deckwitz-MUnster wiedergewählt. Ein Vertreter der Schlachthof- 
Gemeinden ist somit als Ersatzmann nicht gewählt worden. 

7. Übertragung der Strafbefugnis der Genossenschaft auf einen 
Ausschuß des Genossenschafts-Vorstandes. 

Die Versammlung ist mit vorstehendtm Anträge einverstanden 
und überläßt dem Vorstand die erforderlichen drei Mitglieder und 
ihre Ersatzmänn- r unter sich zu wählen. 

8 Ersatz- und Regreßanspr&che In Unfallsaehen. 

Auf Grund der Vorschriften des Statuts gibt der Vorstand eine 
Anzahl Fälle bekannt, in denen Betriebsinhaber für die bei ihnen 
vorgekommenen Betriebsunfälle regreßpflichtig gemacht worden 
sind. In einer Sache ließ der Vorstand den Regreßanspruch fallen, 
in einer anderen wurde beschlossen, von dem Anspruch keinen 
Gebrauch zu machen, da ein etwaiger Prozeß für die Genossen¬ 
schaft aussichtslos sei. In einem dritten Falle beschloß die Ver¬ 


sammlung, den Regreßanspruch aus Billigkeitsrücksichten fallen zu 
lassen. 

9. Bestimmung der öffentlichen Blätter, durch welche die Bekannt¬ 

machungen des Genossenschafts-Vorstandes erfolgen sollen 
(§ 6, Ziffer 18 des Statuts). 

Die Versammlung beschließt, daß die amtlichen Bekannt¬ 
machungen des Genossenschaftsvorstandes in der amtlichen Zeitung 
des „Deutschen Fleischerverbandcs“ erfolgen. Sie sollen aber auch 
sämtlichen Fachblättern des Fleischereigewerbes und dem Fach¬ 
organ der Roßschlächter unter der Voraussetzung übersandt werden, 
daß sie kostenlos veröffentlicht werden. 

10. Vermögensauscinandersetzungen der Berufsgenossensohaften auf 
Grund der §§ 53 Abs. 4 und 5 des Gewerbe-Unfallversfcherungsgesetzes 

und Abs. 4 und 5 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und 
Forstwirtschaft 

Der Geschäftsführer Walk er-Mainz erstattet wegen der Ver¬ 
mögensauseinandersetzungen der Berufsgenossenschafren in solchen 
Fällen, wo ein Betrieb von einer Berufsgenossenschaft auf eine 
andere übergeht und mit Renten belastet ist, Bericht. Für die 
Fleischereiberufsgenossenschafc haben die seitens der Berufs¬ 
genossenschaften -getroffenen Abmachungen keine besondere Be¬ 
deutung. Sie werden ohne Besprechung genehmigt. 

11. Beltragsleistungen auf Grund des § 35a des Statuts (Vereinbarung 

von Pauschallohnsummen für die Berechnung der Beiträge). 

In einer früheren Sitzung der Genossenschaft war beschlossen, 
daß für gewisse Betriebe auch die Lohnsumrae auf Grund einer 
Pauschal.ingabe festgesetzt werden kann, damit den Mitgliedern die 
Anfertigung besonderer Lohnlisten erspart bleibt. Nach den Aus¬ 
führungen des Vorstandes haben sich hierbei große Mißstände 
ergeben, indem sehr große Lohnbeträge zu wenig angegeben wurden, 
im ganzen über 1200 000 M. Der Vorstand beantragt deshalb, für 
die Folge von der Bestimmung des § 35a des Statuts keinen Ge¬ 
brauch mehr zu machen, sondern überall Lohnnachweisung zu ver¬ 
langen. Genehmigt. 

12. Bestimmung des Ortes der nächsten Genossenschaftsversammlung. 

Aus der Mitte der Versammlung wird beantragt, den Berufs¬ 
genossenschaftstag mit dem Fleischerverbandstag zuBammenzulegen» 
damit den Innungen und den Fleischern nicht so viel Reisekosten 
entstehen. Der Vorstand spricht sich für Trennung der Versamm¬ 
lungen aus. Nachdem verschiedene Redner teils für den Antrag, 
teils gegen ihn gesprochen batten, beschließt man, dem Vorstand 
die Festsetzung des Ortes und der Zeit der nächsten Genossenschafts¬ 
versammlung zu überlassen; gewünscht wird, daß sie möglichst in 
der Mitte Deutschlands stattfindet. 

Der 2. Vorsitzende, Falk-Mainz, dankte dem bisherigen 1. Vor¬ 
sitzenden, Eitel-Düsseldorf, welcher nicht wieder in den Vorstand 
gewählt wurde, für seine langjährige, erfolgreiche Tätigkeit, ebenso 
dem Vertreter des Reichs-Versicherungsamts, Regierungsrat Dr. Ries 
für seine Teilnahme an den Verhandlungen. 

Die Genossenschaftsversammlung wird vom Vorsitzenden gegen 
4 Uhr geschlossen. 

Colberg, Direktor des Schlacht- und Viehhofs. 


Deutsche Schlachtviehmärkte. 

Zum erstenmal veröffentlicht das Kaiserliche Statistische Amt 
im „Reichsanzeiger“ eine Statistik über den Marktverkehr mit Vieh 
auf den 40 bedeutensten Schlachtviehmärkten Deutschlands. Eine 
solche Statistik soll fortab monatlich erfolgen und die erste bezieht 
sich auf den Juli 1908. Es sind danach auf den 40 Märkten 
114 736 Rinder, 128 474 Kälber, 105 488 Schafe und 405 654 Schweine 
aufgetrieben, die ein Schlachtgewicht von 60,80 Mill. Kilogramm er¬ 
gaben. Die größten Viehmärkte sind in Berlin, München und 
Hamburg, in zweiter Reihe kommen Breslau, Köln, Frankfurt a. M., 
Mannheim und Nürnberg. Für den Verkehr mit Rindern ist noch 
Husum sehr bedeutend. In Hamburg und Düsseldorf bildete fast 
die Hälfte der zugeführten Rinder ausländisches Vieh. Letzteres 
ist auch ziemlich erheblich vertreten unter dem Rinderauftrieb in 
Barmen, Dresden, Frankfurt a. M., Köln, Nürnberg und Stuttgart. 
Ausländische Schweine waren nur in Metz, doch sind die aus- 






814_BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. _No. 45. 


ländischen Schweinezufubren nach den Plätzen des oberschlesischen 
Indnstriebezirkes nicht berücksichtigt Die Übersicht bietet einen 
schätzenswerten Einblick in die jeweilige Gestaltung des deutschen 
Viehmarktes und dessen Schwankungen, besonders sobald Vergleiche 
mit dem Vorjahre angestellt werden können. 

Statistik des Schlaohtvlehbandels. 

Vom 1. Juli ab treten nach einem Erlaß des Reichskanzlers 
Bestimmungen für die Statistik des Marktverkehrs mit Schlachtvieh 
in Kraft Dieselben besagen: 

1. Die Erhebung des Marktverkehis mit Schlachtvieh erfolgt 
vom 1. Juli 1908 ab für die 40 bedeutendsten Schlachtviehmärkte 
Deutschlands (Aachen, Augsburg, Barmen, Berlin, Bremen, Breslau, 
Bromberg, Kassel, Chemnitz, Koblenz, Köln, Krefeld, Danzig, 
Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Frankfurt a. M., 
Hamburg, Hannover, Husum, Karlsruhe, Kiel, Königsberg, Leipzig, 
Lübeck, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Metz, Mülhausen i. E., 
München, Nürnberg, Plauen, Straßburg, Stuttgart, Wiesbaden, 
Würzburg, Zwickau) und erstreckt sich auf Rinder, Kälber, Schafe 
und Schweine. Wird auf dem Schlachtviehmarkt auch Nutzvieh 
gehandelt, so ist das Nutzvieh in der Erhebung einzubeziehen. 

2. Die zuständige Verwaltung des Marktes (Magistrat, Direktion 
des Viehhofes, Schlachthofes usw.) ermittelt an jedem Marktage 
nach Maßgabe der Spalten des Formulars Muster 1 die Stückzahl 
des a) lebend eingeführten, b) lebend nach einem der 40 Marktorte 
oder nach anderen Orten ausgeführten, c) dem Schlachthof am 
Orte zugeführten, d) in ganzen Tieren eingeführten geschlachteten 
Viehes. Die sonstige Ortszufuhr von geschlachtetem Vieh nach 
Markthallen usw. bleibt unberücksichtigt. Die markttäglichen Er¬ 
gebnisse werden in das Formular Muster 1 eingetragen. 

3. Am Schlüsse jeden Monats sind nach erfolgter Prüfung der 
Einträge die Summen der einzelnen Spalten zu ziehen, diese in 
das Formular 2 zu übernehmen und letzteres bis spätestens zum 
5. des folgenden Monats dem Kaiserlichen Statistischen Amt, 
Berlin W. 10, Lützw-Ufer 6/8, einzureichen. 

4. Die Zusammenstellung der Monatsergebnisse und ihre tunlichst 
baldige Veröffentlichung im Reichsanzeiger erfolgt durch das Kaiser¬ 
liche Statistische Amt 

5. Die erforderlichen Formulare sowie die mit „Reichsdienst¬ 
sache“ bezeichneten Briefumschlüge zur portofreien Einsendung der 
Monatsberichte werden den bezeichneten Stellen erstmalig im 
Juni d. J., für die Folge im Dezember jeden Jahres rechtzeitig 
zugestellt werden. 

Schlachtgewicht. 

Im Großherzogtum Baden sind bei Bestimmung des Schlacht¬ 
gewichts nach der „Al lg ein, Fleischer-Zeitung“ vor der Gewichts¬ 
ermittlung beim Ausschlachten von dem Tiere zu trennen: 

I. Bei den Rindern: 

a) Die Haut, jedoch so, daß kein Fleisch oder Fett an ihr ver¬ 
bleibt; der Schwanz ist zwischen dem 2. und 3. Schwanz¬ 
wirbelknochen abzuschneiden; das sogenannte Sehwaiizfett 
darf nicht entfernt werden; 

b) der Kopf zwischen dem Hinterhauptbein und dem ersten 
Halswirbel (im Genick) senkrecht zur Wirbelsäule ohne jedes 
Halsfleisch; 

c) die Füße im ersten (unteren) Gelenk der Fußwurzeln über 
dem sogenannten Schienbein; 

d) die Organe der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle mit den 
anhaftenden Fettpolstern (Herz- und Mittelfett), den Fleisch- 
nnd Talgnieren, das Beckenfott und das Schlußfett; 

e) die an der Wirbelsäule . und in dem vorderen Teile der 
Brusthöhle gelegenen Blutgefäße mit den anhaftenden 
Geweben, sowie der Luftröhre und des sehnigen Teiles des 
Zwerchfelles; 

f) das Rückenmark; 

g) der Penis (Ziemer) und die Hoden, jedoch ohne das sogenannte 
Sackfott bei den männlichen Rindern; das Euter von Kühen 
und über die Hälfte der Zeit trächtigen Kalbinnen. 

II. Bei den Kälbern: 

a) Die Füße im ersten (unteren) Gelenk der Fußwurzeln Uber 
dem sogenannten Schienbein; 


b) der Kopf zwischen dem Hinterhauptbein und ersten Hals¬ 
wirbel ohne jedes Halsfleisch; 

c) die Eingeweide der Brust-, Bauch- und Becken höhle ein 
schließlich der Brieslein mit Ausnahme der Fleisch- und 
Fettnidren, des Schlußfettes und des Kronfleisches; 

d) der Nabel und bei den männlichen Kälbern die äußeren 
Geschlechtsorgane. 

III. Bei den Schafen: 

a) Das Fell nebst den Füßen im ersten (unteren) Gelenk der 
Fußwurzeln über dem sogenannten Schienbein; 

b) der Kopf zwischen dem Hinterhauptbein und dem ersten 
Halswirbel ohne jedes Halsfleisch; 

c) die Eingeweide der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle mit 
Nieren und Nierenfett; 

d) bei Widdern und Hammeln die äußeren Geschlechtsteile, bei 
bei Mutterschafen die Euter. 

IV. Bei den Schweinen: 

a) Die Eingeweide der Brust-, Bauch- und Beckenhöfale nebst 
Zunge, Luftröhre und Schlund, jedoch mit Ausnahme der 
Fettnieren und dos Schmeres, Flomen, Liesen; 

b) bei männlichen Schweinen die äußeren Geschlechtsteile. 

Beim Ausstich der Ohren und Augen, bei Entfernung des Afters 

dürfen die benachbarten Teile nicht mitgeschnitten werden. 

Die Gewichtsermittlung hat bei den Rindern in ganzen, 
halben, viertel, bei den Kälbern und Schafen in ganzen nnd bei 
den Schweinen in ganzen oder halben Tieren zu erfolgen. 

Erfolgt die Festsetzung des Schlachtgewichts innerhalb 
2 Stunden nach dem Schlachten, so sind 2 Prozent für Warmgewicht, 
bei Mutterschweinen jedoch 3 Prozent in Abzug zu bringen. 

Wird bei Kälbern die Verwiegung im Fell, jedoch ohne Kopf' 
teil des Felles vorgenommen, so kommen für Fell- und Warmgewicht 
12 Prozent, beim Wiegen mit sogenannten Kopffellen 14 Prozent 
in Abzug. 


Viehpreise. 

Nach einer Statistik des Kaiserl. Statist Amtes betrug der 
Jahresdurchschnittspreis pro Zentner Schlachtgewicht: 




für 

bestes 

Rindvieh 


in 

Berlin 

Wien 

Budapest 

Paris 

Rotterdam 

Kopenhagen 

1907 

80.30 

72.70 

67.60 

66.80 

63.25 

56.90 

1906 

79.- 

71.20 

66.- 

60.- 

64.55 

57.45 

1905 

73.65 

70.40 

62.80 

62.70 

63.20 

55.05 

1904 

70.75 

64.30 

57.- 

61.30 

60.95 

54.30 

1903 

69.45 

63.60 

54.50 

61.70 

62.45 

56.10 

1902 

65.85 

62.30 

52.— 

58.95 

57.70 

52.50 



für 

beste : 

Schw 

eine 


1907 

57.- 

63.75 

57.10 

75.40 

52.25 

48.55 

1906 

68.50. 

59.25 

53.65 

65.60 

55.70 

51.45 

1905 

66.- 

63.50 

57.- 

58.55 

53.55 

42.60 

1904 

51.- 

55.75 

49.80 

52.95 

44.40 

40.- 

1903 

51.85 

58.- 

51.90 

57.60 

44.15 

45.45 

1902 

61.40 

52.50 

46.10 

60.- 

53.— 

43.30 


Zar Erhebung der Flelsohpreise im Kleinhandel. 

Geheimrat Dr. Ostertag erstattete im Königl. Preuß. Ökonomie- 
Kollegium, in der XI. Sitzungsperiode, einen Bericht über die Er¬ 
hebung der Fleischpreise im Kleinhandel, der in der „Zeitschrift 
für Fleisch- und Milchhyg.“, Jahrg. 18, S. 273 veröffentlicht ist 
Die Leitsätze, die von Oster tag und einem weiteren Referenten 
Engelbrecht-Obendeich aufgestellt wurden, erhob das Landes- 
Ökonomie-Kollegium zum Beschluß: 

1. Die Notierung der Großhandelspreise für Fleisch muß sich 
anlehnen an das Schema der Viehpreisnotierungen. Die für 
Berlin bereits durchgeführte Statistik der Großhandelspreise 
ist auf diejenigen Städte auszudehnen, in denen ein Fleisch- 
großhandel tatsächlich stattfindet. 

2. Die alljährlich veröffentlichte Statistik der Kleinhandelpreise 
für 165 Marktorte der Monarchie ist beizubehalten. 

3. Dagegen ist die allmonatlich veröffentlichte Statistik der 
Kleinhandelspreise für 24 Marktorte, welche große praktische 






5. November 1908. 


Bedeutung hat, als ungenügend zu betrachten und durch eine 
bessere Statistik zu ersetzen. 

4. Diese Statistik hat nur die wichtigsten Konsumplätze aufzu- 
nebmen, also die Großstädte und Zentren der Industriebezirke. 

5. Die Feststellung der Preise ist durch Sachverständige nach 
genauer Anweisung vorzunehmen. 

6. Die Feststellung der Preise hat zu erfolgen: 

beim Rindfleisch fär Keule, Bug und Bauchfleisch, 
beim Kalb- und Hammelfleisch für Keule und Bug, 
beim Schweinefleisch für Keule, Bug, Rückenfett und Kopt 
mit Beinen. 

7. Die hiernach aufzunehmende Statistik der Kleinhandelspreise 
für Fleisch hat nicht etwa den Zweck, den Verdienst des 
Fleischers zahlenmäßig festzustellen; wohl aber kann sie über 
die Bewegung der Fleischpreise und ihr Verhältnis zu den 
Viehpreisen Aufschluß geben. 

Bekämpfung der Lebensmittelteuerung. 

Im Wiener Ackerbauministerium hat nach einer Mitteilung in 
der „Wiener Approvisionicrnngs - Zeitung“ eine Konferenz zwecks 
Beratung von Schritten zur Bekämpfung der Lebensmittelverteuerung 
stattgefunden. Nach Abschluß der Beratungen, Sichtung der Ein¬ 
gaben und Berichte sind die Richtungen festgelegt, in denen das 
Ministerium seine Kräfte einsetzen will. Die leitenden Grundsätze 
sind Hebung und Schutz der eigenen Produktion, Hebung der Vieh¬ 
haltung und Vermittlung eines besseren Verkehrs zwischen Pro¬ 
duzenten und Konsumenten. Von vornherein wurden alle Anträge, 
die sich mit der Öffnung der Grenzen für Fleischimporte, der Er¬ 
richtung von Grenz8chlachtbäusern u. dgl. befassen, fallen gelassen. 
Um den heimischen Viehbestand quantitativ und qualitativ zu heben, 
wendet das Ackerbauministerium sein besonderes Augenmerk der 
Hebung der Weidewirtschaft zu, die gleichzeitig auch der Milch-, 
Butter- und Käseproduktion zugute kommen würde. Durch künst¬ 
liche Berasung und Berieselung der Weiden und den Bau von 
Unterständen für das Vieh hofft man bessere Fettweiden und damit 
bessere Produkte zu erzielen. Die Verbesserung des Futters ist 
durch Samenzüchtungen in staatlichen Anstalten anzustreben, und 
eine ausgiebige Subventionierung der Züchter und Veranstaltung 
von mit Prämien dotierten Rinderschauen würde die Viehzucht 
sicherlich heben. Eine Dezentralisation der Großschlächtereien 
durch Einrichtung von Filialen in allen Bezirken der Stadt soll das 
Publikum in raschere und bessere Verbindung mit den Produktions- 
Stellen bringen. Für den Handel mit den Nahrungsmitteln aller 
Art sind Markthallen in größerer Zahl zu errichten und die Markt¬ 
ordnungen so zu ändern, daß sie den Verkehr zwischen Produzenten 
und Konsumenten tunlichst fördern. Es müßten in den 
Markthallen zu jeder Tageszeit auch kleine FleischstUcke zu er¬ 
halten sein. Dazu sind die Transportverhältnisse günstiger zu 
gestalten. Die Lebensmittel müssen häufiger, besser und besonders 
rascher auf die Konsumplätze geschafft werden können. Viehver¬ 
wertungsstellen können den Verkehr zwischen den Viehzüchtern 
und Fleischern einfacher und billiger gestalten. Durch Kommissionen 
sind die Verhältnisse des Auslandes zu studieren, um das Brauch¬ 
bare in der Beimat zu übernehmen. Das Studium der Frage der 
Lebensmittelteuerung ist zwar noch niebt abgeschlossen, doch sind 
die Arbeiten so weit gediehen, daß die obigen Gesichtspunkte bei 
Bekämpfung der Steigerung der Lebensmittelpreise in den Vorder¬ 
grund bei den weiteren Verhandlungen zu rücken sein werden. 

Ausnahmetarif für FleiscbseodungeD. 

Die Eisenbahnverwaltung hat zur Beseitigung von Zweifeln 
bestimmt, daß der Ausnahmetarif Anwendung finden solle auf: 

1. Ganze, noch nicht abgehäutete, frischgeBchlachtete Tiere der 
im Ausnahmetarif genannten Tiergattungen. 

2. Alle Bestandteile des Schlachttieres, so yeit sie für den 
menschlichen Genuß in Betracht kommen. Hierzu sind zu 
rechnen alle in frischem Zustande aufgelieferten Eingeweide, 
Euter, Gedärme, Gekröse, Geschlinge, Hammelkram, Herz, 
Leber, Lunge, Milz, Niere, Zunge; frischer ungeräucherter 
Schweineschinken, frischer sogenannter grüner Speck. Ferner 
Kutteln (Wanst, Lab- und Blättermagen), auch wenn sie ge¬ 
brüht sind. 


815 


8. Frisches Schweinefett, Bauch- und Nierenfett (Fliesen, Flomen, 
Liesen, Lunte, Schmer); frischer Rinder- und Hammeltalg. 

4. Abfälle von frischem Fleisch, die als Fischfutter verwendet 
werden. 

Leichtes Bestreuen mit Salz zwecks besserer Haltbarmachung 
auf dem Transport ist statthaft, dagegen ist der Ausnahmetarif 
nicht anzuwenden auf gepökelte, geräucherte oder sonst zubereitete 
Waren, ebenso nicht auf frisches Blut. 

Trächtlgkeitssteuipel. 

Der Magistrat von Wien hat nach einer Notiz in der „Wiener 
Approvisionierungs-Zeitung“, das Anbringen der Marke „ohne Garantie 
für Trächtigkeit“ als unzulässig erklärt und die Anwendung mit 
Strafe bedroht. 

Versorgung durch heimisohes Vieh. 

Nach einer Mitteilung der „Amtlichen Zeitung des Deutschen 
Fleischer-Verbandes“ will man in Düsseldorf versuchen, die Zufuhr 
dänischen Viehs durch einheimische Tiere zu ersetzen; und sollen 
deshalb fortab nur 150 dänische Tiere wöchentlich zugelassen 
werden. Die Landwirte der Rheinprovinz haben in Aussicht ge¬ 
stellt, den Markt besser zu beschicken und die Stadtverwaltung 
beabsichtigt, diesen Plan durch obige Maßnahme zu unterstützen. 

Die bakteriologische Untersuchung von Fleisch notgeschlachteter Tiere. 

Von Dr. Bugge-Kiel. Vorsteher des Tierseucheninstituts 
der Landwirtschaftskammer für die Provinz Schleswig-Holstein. 

(Zeltachrift für Fleisch- und Mllchhygiene. XVIII. Jahrg. 1908. S. Ul). 

Zur Sicherung der Entscheidung in zweifelhaften Fällen von 
Notschlachtungen haben wir zurzeit als einzig brauchbares Mittel 
die bakteriologische Untersuchüng; die histiologische Prüfung, die 
Kochprobe und Feststellung der Reaktion liefern keine genügenden 
Resultate. Die Königliche Regierung zu Schleswig hat dieserhalb 
im Februar 1907 verfügt, daß in allen Fällen von Notschlachtungen 
ein Stück MuBkelfleisch an das Tierseucheninstitut in Kiel einzu¬ 
senden sei. Von letzterem war ein Fleischwürfel von 10 cm Seiten¬ 
länge verlangt worden. Dieser wurde dann zwecks Verarbeitung 
abgeglüht und mit sterilem Messer aus der Tiefe ein etwa bohnen- 
großes Stück als Aussaatmaterial für vier Agarplatten entnommen. 
Sofern aus den vorhandenen Gefäßen Blut gewonnen werden konnte, 
wurde dieses gesondert untersucht Ferner ermittelte man die 
Reaktion mit Lakmuspapier und prüfte die Muskulatur auf das Vor¬ 
handensein der Querstreifung. Da erfahrungsgemäß in zahlreichen 
Fällen die Eingeweide sich allein bakterienhaltig erwiesen, erlaubte 
der Befund an dem eingesandten Fleisch auch nur einen Schluß 
auf die Beschaffenheit der Skelettmuskulatur. Von 116 in dieser 
Weise untersuchten Proben waren 22 keimhaltig, 17 vom Rind, 
3 vom Kalb und 2 vom Schwein. Über die Arten der Keime soll 
später berichtet werden. Bei den beiden Schweinen fanden sich 
Milzbrandbazillen vor. Trotz des Keimgehaltcs reagierte die 
Muskulatur meist sauer und ihre Struktur war unverändert. Für 
die Inverkehrgabe des Fleisches entschied daher daa negative 
Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung, und in vielen Fällen 
können bei der Begutachtung des Fleisches nach bakteriologischen 
Methoden Zweifel beseitigt werden, die der anatomische Befund 
bestehen läßt 

Untersuchungen des Fleisches an Baoksteinblattern erkrankter Schweine 
auf das Vorhandensein virulenter Rotlaufbazillen. 

Von August Schuh. 

(Inaagural-Disaertation. Gießen.) 

Verfasser fand fUr weiße oder graue Mäuse virulente Rotlauf¬ 
bazillen in den Organen und dem Fleische der an Backsteinblattern 
erkrankten Schweine in allen den Fällen, in welchen typische 
Blattern zu Lebzeiten vorhanden waren. Wenn die Blattern nicht 
mehr zu Lebzeiten sichtbar waren, sondern erst nach dem Brühen, 
glückte der Nachweis von Rotlaufbazillen in den Organen und dem 
Fleische nicht Es würde daher eine Sterilisation des Fleisches 
wenigstens in den Fällen notwendig sein, in welchen die Rotlauf¬ 
bazillen schon bakterioskopisch in den Organen nachweisbar sind. 
Außerdem müßte die Beurteilung der Backsteinblattern der Zu¬ 
ständigkeit der nichttierärztlichen Beschauer entzogen werden. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



816 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


Verhütung der Anfüllung der Lungen mit Brühwasser. 

Zur Verhütung des Eindringens von Brühwasser in die Schweine¬ 
lungen war ans Fleischerkreisen empfohlen, vor dem Brühen einen 
mit Lappen umwickelten Stab durch die Maulhöhle in den Kehl¬ 
kopf einzuführen und so die Luftröhre zu verschließen. 

Neuerdings wird von der Firma H. Hauptner, Berlin NW r . 6, 
ein kleines Instrument in den Handel gebracht, das demselben 
Zwecke dient und den Vorzug einer äußerst bequemen Anwendungs¬ 
weise hat. Das Instrument, das als „LuftrÖhrenklemme“ (D. R G. M. 
Preis 1 M. pro Stück) bezeichnet wird und von einem Schlachthof¬ 
tierarzte erfunden w r orden ist, besteht aus einem Federbügel mit 
zwei gerippten Enden, die in der Ruhestellung fest aufeinander 
liegen und durch einen Druck auf den Bügel von einander entfernt 
werden, ähnlich wie die Comctpinzetten bei bakteriologischen 
Arbeiten. 

Bevor nun die Tiere in den Brühkessel gebracht werden, wird 
der Schlachtschniit am Halse nach hinten zu etwas erweitert, so 
daß man die linke Hand einführen und die I^uftröhre zwischen den 
Fingern fühlen kann. Alsdann wird mit der rechten Hand die 
Klemme in die Schlachtwunde eingeführt und über dio Luftröhre 
geklemmt. Dort bleibt sie, bis das Tier aus dem Brühkessel her¬ 
ausgenommen worden ist. 

Die Anbringung d r Klemme ist nur ein Handgriff und nimmt 
wenige Sekunden in Anspruch. Durch die Verunreinigung der 
Schweinelungen mit Brühwasser entstehen in Deutschland jährlich 
nennenswerte Verluste. Diese können durch die Anwendung der 
Luftröhrenklemme erspart werden. 

Feilhalten von verdorbenen Nahrungsmitteln. 

In Bochum wurde der Metzger Z. wegen Feilhaltens ver¬ 
dorbener Nahrungsmittel mit 60 M. Geldstrafe verurteilt. Mettwurst, 


Blutschwartemagen w’aren von dem Chemiker Dr. Sondhorst ent¬ 
nommen, welche faul, modrig und demnach völlig ungenießbar 
waren. Der Schwartemagen war aus Schlachthofabfällen hergerichtet, 
welche sich der Z. von Kopfsohlächtern zu verschaffen gewußt 
hatte. Die Berufung bei der Strafkammer wurde verworfen. — In 
Bochum wurde auch vor kurzem ein spezialistisch aus¬ 
gebildeter Polizeitierarzt angestellt.. Im tierärztlichen 
Standesinteresse liegt es, daß dergleichen Revisionen 
animalischer Nahrungsmittel auch von Fachangehörigen 
vorgenommen werden, für die sie in allererster Linie 
zuständig bleiben müssen. Dr. G. 

Paratyphus. 

Vom Infanterie-Regiment Nr. 166 erkrankten 43 Mann nach 
dem Genuß von Leberwurst unter Vergiftungserscheinungen. Als 
Ursache wurde eine Paratyphus-Infektion ermittelt. 

Fleischvergiftung. 

Nach dem Genuß von Schinken erkrankte eine Familie aus 
Oppeln an einer Fleischvergiftung. Von den vier Personen sind 
zwei gestorben. 

Fleischhackmaschinen für den Feldgebrauch. 

Seitens der Militärbehörden werden Versuche angestellt, eine 
Fleischhackmaschine für die Truppen zum Gebrauch im Felde zu 
erproben. Da eine solche Hackmaschine in einer Stunde 60 kg 
Fleisch zerkleinern kann, würde die Ernährung der Truppen viel¬ 
seitiger werden und eine bedeutende Förderung erfahren können. 

Fleischsaft Puro. 

Der als Nährmittel dienende Fleischsaft „Puro“ soll ausschließlich 
Eiereiweiß (kein Fleischeiweiß) und Lezithin enthalten. Die An¬ 
gelegenheit wirbelt viel Staub auf. Dr. G. 


Personalien. 


Vakanzen. 


Auszeichnungen: Es wurden verliehen dem Professor an der Kgl. 
tierärztlichen Hochschule zu Dresden, Meditinalrat Dr. Röder, von 
S. Kgl. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Koburg und Gotha das 
Ritterkreuz I. Klasse des Sachsen-Ernestinischen Hausordens, dem 
Professor Dr. St-kmallx -Berlin der preüß. Kronenorden III. Klasse, 
dem Stabsveterinär Schmidt im 1. Garde-Drag.-Regt das Ehrenkrenz 
dritter Klasse des Fürstlich Hohenzollernschen Hausordens. 

Ernennungen: Hofrat Professor Dr. Albrrckt aufs neue für drei 
Jahre zum Direktor der Tierärztlichen Hochschule in München. — 
Verspätet: Oberamtstierarzt Dr. ÄiW/arrf-Freudenstadt zum ord. 
Professor für Seuchenlehre, Veterinärpolizei, Geburtshilfe, Fleisch¬ 
beschau und ambulatorische Klinik an der Tierärztlichen Hochschule 
in Stuttgart, PHvatdozent am Polytechnikum zu Zürich Dr Ulrich 
Duerst zum außerordentlichen Professor für Tierzucht, Hygiene, 
Beurteilungslehre und gerichtliche Tierheilkunde an der veterinär¬ 
medizinischen Fakultät zu Bern. — Tierarzt Erich Äw/>pcr/-Brockau 
wurde mit den kreistierärztlichen Geschäften in Adelnau beauftragt, 
Friedrich ÄzcA&r-Freiburg zum Schlachthofassistenztierarzt in Nürn¬ 
berg ernannt. 

Niederlassung: Tierarzt Engen Gangloff aus Saarlouis in Waging, 
Bezirksamt Laufen, Magnus Conradus in Eisenach. — Verzogen: 
Die Tierärzte Schmeller-Gra.t\mg als bezirkstierärztlicher Assistent 
nach Markt-Oberdorf, Peter Conradi aus Eigendorf als Assistent des 
Kreisveterinärarztes nach Schotten (Oberhessen) August Bucht aus 
Eichstätt als Vertreter des Tierarztes Scholtyssek bis Ende Februar 
nach Peiskretscham bei Gleiwitz (Ober-Schlesien). 

Promoviert: Tierarzt Paul /7cwc«^o/wp-Münster zum Dr. med. vct. 
in Bern. 

Approbiert: Die Herren Joh. Ziegcrt aus Gr.-Jablau in Berlin, 
Felix Bertel aus Wiesbaden und Albert IlaUer aus Mühlau in Gießen, 
Friedrich Lücke aus Kleinmühlingen und Arthur Vrüse aus Magdeburg 
in Hannover. 

ln der Armee: Versetzt: Oberveterinär Moguitx im Ulan.-Rgt. 
Nr. 2 zum Drag.-Rgt. Nr. 8 

Todesfälle: Oberveterinär a. D. Hein in Hochkretscham, Tierarzt 
Julius Bauch in München. 


Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: Reg.-Bez. 
Kassel: Ziegenhain. Bewerbungen innerhalb 3 Wochen an den 
Regierungs-Präsidenten. — b) Nach Ablauf der Meldefrist 
noch unbesetzt: Reg.-Bez. Düsseldorf: Mettmann. — Rcg- 
Bez. Koblenz: Mayen. — Reg.-Bez. Köln: Rheinbach. — Reg.- 
Bez. Osnabrück: Lingen. — Reg.-Bez. Posen: Koschmin. 

Schlachthofstellen: a) Neu ausgeschrieben: Lippstadt: 
Verwalter, baldigst. Gehalt 2500 bis 4000 M., freie Wohnung usw. 
Privatpraxis nicht gestattet. Meldungen bis 18. November an den 
Magistrat. — b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbe¬ 
setzt: Bitburg: Tierarzt, 1600 M. — Frankfurt a. M.: Tierarzt, 
2500 M. — Hannover: Tierarzt, 2400 M. bis 4100 M. — Stargard 
(Pom.): Assistenztierarzt, 1800 M. — Wittstock (Dosse): 
Assistenztierarzt, 150 M. monatlich. 


(Nach Redaktionsschluß eingdroffttt 4 

64. General-Versammlung des tierärztlichen Zentralvereins für die 
Provinz Sachsen, die Anhaitischen und Thüringischen Staaten. 

am Sonntag, den 15. November 1908, mittags 12'/ 4 Uhr zu Magde¬ 
burg im Caf6 „Hohenzollern“, Breite weg Nr. 139. 

T agesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Herr Veterinärrat Pirl-Dessau: „Über d e Faulbrutscuclie 
der Bienen“. 

3. Herr Dr. H. Raebiger-Hallo a. S.: „Einige in der Praxis 
angestellte Versuche zur Bekämpfung der Bienenbrutpest“. 

4. Herr Dr. Burow-Halle a. S.: „Über mein neues Impfverfahren 
zur Behandlung der Lungentuberkulose der Rinder und des 
Menschen“. 

5. Fragen aus der Praxis. 

Nach der Versammlung findet ein gemeinsames Mittagessen 
(Gedeck 3 M.) statt. Anmeldungen hierzu an Herrn Kollegen 
Gundelach in Magdeburg spätestens bis zum 11. November er. 
erbeten. 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer: 

Disselhorst. H. Raebiger. 


Verantwortlich für den Inhalt (uxkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard School» in Berlin. — 


Druck von W. BUxenstcin. Berlin. 








Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich tan Verlege tob Richard Schoelz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe tum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 P£ für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert. (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk., In Petltsatx mit 
00 Bk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen belieb« man 
zu senden an Prof. Dr. Scbraaltz, Berlin. Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafie 56. Korrekturen. 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen %n die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Rlage Veterinärrat Dr. Lothe« 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Ber^n 

Verantwortlicher Redakteur. 


Dr. Schlegel 

Professor ln Freiburg. 


Professor Dr. Peter 
8taatstierarst für Hamburg. 

Dr. J. SohRlidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. 


Veterinärrat Peters 

Departements T. in Bromberg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. in Danzig. 

Wehrte 

Kais. Regierungsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor ln Dresden. 


Helfer 

Scblacbth .-Direktor ln Mfilhanten i. EL 


Dr. H. Sieber 

i Tropeninstitut in Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Trapp 

am Kaiser Wilhelm-Institut In Bromberg. 


Zündel 

Kreistierarzt in Mülhausen i. EL 

Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Jahrgang 1908. _ Jfä 46. _ Ausgegeben am 12. November. 

Inhalt: Frosch und Nevermann: Weitere Mitteilung zur Piroplasmose der Schafe (Sonnenberg). — Andrejew: Versuche 
über Wirkung und Natur des Suptol Dr. Burow als Mittel zur Bekämpfung der akuten and chronischen 
Schweineseuche. — Hillerbrand: Schlimme Erfahrungen mit Suptol - Burow. — Ripke: Schweineseuche. — 
Schlegel: Neoplasmen in den Nebennieren und accessorischen Nebennieren beim Pferd und Rind. — 
Tageegeechichte: Schmaltz: Die Vertagung der Militärveterinärreform. — Militaria. — Protokoll über die am 14. Juni 1908 
im Bakteriologischen Institut der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen zu Halle a. S. abgehaltene 63. General¬ 
versammlung des Tierärztlichen Zentralvereins für die Provinz Sachsen, die anhaitischen und thüringischen Staaten. — 
Francke: Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Nahrungs¬ 
mittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel: Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Kritiken. —- Personalien. — Vakanzen. 


Weitere Mitteilung zur Piroplasmose der 
Schafe (Sonnenberg). 

Von 

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Froech und Reg.- und Vet.-Rat Nevermann. 

ln .Nr. 35 dieser Zeitschrift haben wir in einem Zusatz zu 
dem Artikel von Sonnenberg weitere Untersuchungen über die 
von ihm, angeblich bei der Brad- 
sotkrankheit, nachgewiesenen Ein¬ 
schlüsse der roten Blutkörperchen 
in Aussicht gestellt. Schon in 
dieser ersten vorläufigen Äußerung 
hoben wir hervor, daß der Mangel 
an Ghromatin sowie gewisse Form- 
unterschiede gegenüber den bis¬ 
her bekannten Piroplasmen uns 
die Deutung der Gebilde in diesem 
Sinne erschwere. Die weitere 
Untersuchung der Frage hat unsere 
Zurückhaltung durchaus gerecht¬ 
fertigt, insofern wir diese Ein¬ 
schlüsse weder für Piroplasmen 
noch überhaupt für Parasiten halten 
können. Unsere Untersuchungen 
wurden bei der Bedeutung, die 
eine derartige Beobachtung immer¬ 
hin besitzen konnte, an dem Mate¬ 
rial des Herrn Sonnenberg selbst vorgenommen. Es bestand ans 
drei spontan erkrankten und zwar chronisch kranken Schafen, sowie 
zwei mit dem Blute dieser geimpften noch gesnnden Schafe, die 
dem Hygienischen Institut von Herrn Sonnenberg überlassen 
wurden. Die geimpften Schafe sind dauernd gesund geblieben; 
in ihrem Blnte konnten bei täglicher Untersuchung derartige 
Zelleinschlüsse nicht beobachtet werden. Bei den kranken 
Tieren wurden diese Blutkörperchen-Einschlüsse jedoch regel¬ 


mäßig bis zu dem spontan erfolgten Tode nachgewiesen. Bei 
vergleichender Untersuchung dieser Gebilde ergab sich folgendes : 
Chromatin wurde, wie nochmals hervorgehoben sei, auch bei 
Benutzung verschiedener Färbmethoden niemals in ihnen gefunden. 
Für Kunstprodnkte (Farbstoffniederschläge usw.) konnten sie 
auch nicht gelten, denn sie fanden sich nur in den roten Blut¬ 
körperchen, nicht außerhalb der¬ 
selben und fehlten in den Kontroll- 
präparaten. Über die morpholo¬ 
gischen Verhältnisse, Anordnung 
und Zahl innerhalb der roten Blut¬ 
körperchen usw. geben die beige- 
fügten Photogramme Aufschluß. 
Hierzu ist zu bemerken, daß sehr 
zahlreiche Blutkörperchen befallen 
waren, und daß namentlich diö 
Anordnung zu zweien und zu vieren 
(Fig. 1 und 4, 3, 5, 6) sehr häufig 
angetroffen wurde, ein Befund, der 
zusammen mit der relativen Größe 
dieser Gebilde die äußere Ähn¬ 
lichkeit mit der Piroplasmose be¬ 
dingt. Des weiteren wurden aber 
auch Formen wie Fig. 5 und 3 be¬ 
obachtet, die zwar der Größe nach 
noch für Piroplasmosen gelten 
konnten, aber schon nicht mehr der Zahl nach, ganz abgesehen 
davon, daß alle diese Gebilde bei der feineren Differenzierung 
überhaupt nicht die den Piroplasmen eigentümliche Form und 
Gestalt zeigten. Außerdem aber fanden sich auch Blutkörperchen 
mit mehr wie 4 Körnchen und zwar bis zu 10 oder 12. Und dabei 
ergab sich, daß mit zunehmender Anzahl der Durchmesser der 
einzelnen Körnchen immer kleiner wurde (cf. Fig. 1, 5, 7). 
Diejenigen Blntscheiben, die die meisten und gleichzeitig 



Fig. 4. 


Fig. 2. 



Fig. 5. 



Fig. 7. 











818 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOC HENSCHRIFT. 


No. 46. 


kleinsten Körnchen enthielten, unterschieden sich nicht mehr in 
ihrem Aussehen von derjenigen Veränderung, die als basophile 
Körnelung der roten Blutkörperchen bekannt ist und vorzugs¬ 
weise bei schweren Anämien beobachtet wird. Nach diesem 
Gesamtergebnis schien es nahezu sicher, daß hier eine besondere 
Form der basophilen Körnelung vorlag, ausgezeichnet durch das 
ungewöhnliche Überwiegen und massenhafte Auftreten weniger 
und dabei relativ großer Körner (Fig. 1 ). In diesem Urteil 
bestärkte uns endgültig der Obduktionsbefund der verendeten 
Schafe. Er ergab ein völliges Fehlen irgend welcher Ver¬ 
änderungen, die für Bradsot angesprochen werden konnten, 
dafür aber eine schwere und allgemeine Anämie sämtlicher 
Organe und ein massenhaftes Vorkommen von Strongyliden im 
Labmagen, bei allen drei Tieren. Wenn man diese tödliche 
Anämie auf Rechnung der Strongyliden setzt, so entbehrt dieser 
Befund, wenn er auch nicht die Behauptung von Sonnenberg 
bestätigt, doch nach einer anderen Richtung nicht des Interesses 
und der Neuheit. Es ist bekannt, daß bei den Hämatozoen- 
krankheiten — Malaria, Texasfieber, Dourine, Nagana usw. — 
derartige Tüpfelungen der roten Blutkörperchen Vorkommen, oft 
alternierend mit dem Auftreten der Parasiten selbst. Der 
Schluß liegt nicht fern, darin eine Giftwirkung der Parasiten 
bei diesen Blutkrankheiten auf das Blut oder die blutbereitenden 
Organe zu erblicken. Es war dagegen unseres Wissens bis jetzt 
nicht bekannt, daß auch Entozoen derartige Veränderungen 
oder Vergiftungserscheinungen des Blutes hervorrufen können. 
Deshalb bildet diese, von Sonnenberg allerdings gedeutete 
Beobachtung einen vielleicht nicht uninteressanten Beitrag zu 
den bekannten neueren Versuchen, eine Giftwirkung auch bei 
entozoi'schen Parasiten nachzuweisen. 


Aus dem Königl. Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin. 

Versuche Uber Wirkung und Natur des Suptol 
(Jr. Burow als Mittel zur Bekämpfung der akuten 
und chronischen Schweineseuche. 

Von Paul Andrejew, Magister der Veterinär-Medizin. 

Das unlängst im Handel erschienene, Suptol genannte, neue 
Präparat zur Bekämpfting der akuten und chronischen Schweine¬ 
seuche, soll nach einer vorläufigen Mitteilung des Erfinders, 
Dr. Burow-Halle a. S., „die Schweineseuche in allen Formen 
zu bessern oder zu heilen“ vermögen. 

Diese Aufsehen erregende Veröffentlichung ließ es wünschens¬ 
wert erscheinen, das von Burow als ein Bakterienpräparat be- 
zeichnete Mittel näher zu studieren. Ich habe mich daher auf 
Anregung des Herrn Geh. Med. Rat Prof. A. Wassermann in 
nachfolgendem bemüht, die Wirkung des Suptols an kleinen 
Versuchstieren zu prüfen und hierbei gleichzeitig seine Natur 
zu erforschen. Zu diesem Zwecke habe ich folgende drei Fragen 
zu lösen gesucht: 

1 . Hat Suptol eine heilende oder immunisierende Wirkung 
hei kleinen, für Schweineseuche empfänglichen Versuchstieren? 

2. Ist Suptol ein Aggressin? 

3. Wie ist die chemotaktische Wirkung des Suptols auf 
Leukozyten? 

Um zu ermitteln, ob Suptol eine heilende oder immunisierende 
Wirkung bei kleinen, für Schweineseuche empfänglichen Versuchs¬ 
eren zu entfalten vermag, wurde zunächst die tödliche Dosis 


der zu den Versuchen verwendeten 24 ständigen Schweineseuche- 
Agarkultur bei weißen Mäusen und Meerschweinchen festgestellt. 

Hierbei ergab sich, daß die mit Viooo, l l ioooo und Vtoooeoo 
Ösen Kultur subkutan geimpften weißen Mäuse sämtlich starben. 

Von den in gleicher Weise mit Vio ~ ' ioooo Ösen Kultur 
geimpften Meerschweinchen zeigte sich, daß Vso Öse Meer¬ 
schweinchen innerhalb zwei Tagen, geringere Dosen etwa nach 
einer Woche töteten. 

Nachdem so zunächst die Virulenz der zu den nachfolgenden 
Versuchen benutzten Schweineseuche - Agarkulturen für Meer¬ 
schweinchen ermittelt war, wurde nunmehr die Wirkung des 
Suptols an sich, das heißt seine Virulenz an Meerschweinchen 
geprüft. 

Ich verimpfte an 5 Meerschweinchen je 3 ccm Suptol sub¬ 
kutan. Diese Einspritzungen von Suptol wurden von sämtlichen 
5 Tieren ohne merkliche Reaktion vertragen. Die Meerschweinchen 
blieben andauernd munter und verloren nicht einmal ihren Appetit. 

Demnach erwies sich Suptol in relativ großen Mengen bei 
subkutaner Verimpfung für Meerschweinchen als völlig un¬ 
schädlich, als avirulent. 

Nach diesen Vorversuchen prüfte ich die Frage einer 
Aggressinwirkung des Suptols. 

Zu diesem Zwecke wurde in 6 Versuchsreihen je 1 Meer¬ 
schweinchen subkutan zunächst mit 3 ccm Suptol und darauf 1 / a Stunde 
später je mit absteigenden Dosen einer 24 Stunden alten Schweine- 
seuche-Agarkultur, gleichfalls subkutan geimpft. Das jedesmalige 
Kontroll-Meerschweinchen erhielt kein Suptol, sondern nur die 
entsprechende Dosis Schweineseuche-Agarkultur. 

Die nachstehend aufgeführten Meerschweinchen von mittlerer 
Größe erhielten dementsprechend folgende Einspritzungen:. 

Versuch I. 

Versuchs-Meerschweinchen Nr. 1 : 3 ccm Suptol und V* Stunde 
später ‘/so Öse Kultur. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 2: ohne vorherige Suptol- 
Einspritzung Vso Öse Kultur; 

Versuchsergebnis: Versuchs-Meerschweinchen Nr. 1 und 
Kontroll-Meerschweinchen Nr. 2 fielen beide am 1 . Tage nach 
der Impfung. 

Versuch II. 

Versuchs-Meerschweinchen Nr. 3: 3 ccm Suptol und Va Stunde 
später Viou Öse Kultur. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 4: Ohne vorherige Suptolein- 
spritzung V 100 Öse Kultur. 

Versuchsergebnis: Versuchs-Meerschweinchen Nr. 3 fiel 
am 6 . Tage. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 4 am 3. Tage nach der Impfung. 

Versuch III. 

Versuchs-Meerschweinchen Nr. 5: 3 ccm Suptol und Va Stunde 
später V 153 Öse Kultur. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 6 : Ohne vorherige Suptolein- 
spritzung V 150 Öse Kultur. 

Versuchsergebnis: Versuchs-Meerschweinchen Nr. 5 fiel 
am 6 . Tage. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. C fiel am 1 . Tage nach der 
Impfung. 

Versuch IV. 

Versuchs-Meerschweinchen Nr. 7: 3 ccm Suptol und Va Stunde 
später Vr.ft Öse Kultur. 





12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


819 


KontroU-Meer8chweinchen Nr. 8: Ohne vorherige Suptolein- 
spritzung Väco Öse Kultur. 

Versuchsergebnis: Versuchs-Meerschweinchen Nr. 7 fiel 
am 3. Tage. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 8 fiel am 6. Tage nach der 
Impfung. 

Versuch V. 

Versuchs-Meerschweinchen Nr. 9: 3 ccm Suptol und '/* Stunde 
später V*oo Öse Kultur. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 10: Ohne vorherige Suptol- 
einspritzung Vaoo Öse Kultur. 

Versuchsergebnis: Versuchs-Meerschweinchen Nr. 9 fiel 
am >2. Tage. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 10 fiel am 1. Tage nach der 
Impfung. 

Versuche VI. 

Versuchs - Meerschweinchen Nr. 11: 3 ccm Suptol und 
Va Stunde später V 300 Öse Kultur. 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 12: Ohne vorherige Suptol- 
einspritzung Vaoo Ö 8e Kultur. 

Versuchsergebnis: Versuchs - Meerschweinchen Nr. 11 | 
fiel am dritten Tage, 

Kontroll-Meerschweinchen Nr. 1*2 fiel gleichfalls am dritten 
Tage nach der Impfung. 

Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß bei Meerschweinchen 
dss Suptol keine infektionserhöhende, also aggressive Wirkung 
ausübte. Ebenso zeigten diese Versuche, daß bei Meerschweinchen, 
obgleich sie gegenüber Schweineseuche wenig empfindlich sind, 
die kurz vor der Infektion erfolgende Suptolinjektion selbst bei 
Verwendung unverhältnismäßig großer.Düsen (3 ccm), gegen die 
Ansteckung mit Schweineseuche nicht schützt, wiewohl nach der 
Angabe von Dr. Burow schon 5 ccm dieses seines Bakterien¬ 
präparates für Schweine aller Größen zur vollständigen Heilung 
selbst akut kranker Schweine genügen sollen. 

Zwar erfolgte in Versuch II und III der Tod, der mit 
Suptol vorbehandelten Versuchs-Meerschweinehen Nr. 3 und 5 
einige Tage später als bei den nicht vorbehandelten Kontroll¬ 
ieren Nr. 4 und 6. Da indes das Versuchs-Meerschweinchen Nr. 9 
nur einen Tag später als das Kontrollier Nr. 10, ferner das 
Versuchs-Meerschweinchen Nr. 11 zu gleicher Zeit mit dem 
Kontrollier Nr. 12, endlich das Versuchs-Meerschweinchen Nr. 7 
sogar drei Tage früher als das Kontroll-Meerschweinchen Nr. 8 
einging, so läßt sich schlechterdings aus diesen Versuchs¬ 
ergebnissen nicht folgern, daß das Suptol bei Meerschweinchen 
eine schützende Wirkung gegenüber der Schweineseucheninfektion 
ausgeübt hat. 

Der erwähnte protrahierte Verlauf bei den Versuchs-Meer¬ 
schweinchen Nr. 3 und 5 ist somit aller Wahrscheinlichkeit 
nach lediglich auf besondere individuelle Eigenschaften dieser 
Tiere zurückzuführen. 

Nachdem diese Versuche also eine schützende Wirkung des 
Suptols bei rascher Infektion mit Schweineseuche nicht hatte 
erkennen lassen, prüfte ich nunmehr, ob und inwieweit dem 
Präparat eine schützende, immunisierende Wirkung diesen 
Versuchstieren gegenüber innewohnt, wenn man das Präparat 
längere Zeit vorher injiziert. 

Hierzu wurden fünf Meerschweinchen mit je 3 ccm Suptol 
subkutan geimpft und dann zwei Stück nach neun Tagen sub¬ 
kutan mit Viöo Öse Schweineseuche-Agarkultur infiziert. 


Beide Meerschweinchen gingen am nächsten Tage ein. 

Das dritte und vierte Meerschweinchen wurde nach 14 Tagen 
mit je V 500 Öse subkutan infiziert und ging gleichfalls am folgenden 
Tage ein. 

Das fünfte Meerschweinchen, das nicht infiziert wurde, 
sondern zur Kontrolle nur Suptol erhalten hatte, blieb natürlich 
gesund. Auch die eingegangenen vier Tiere hatten sich bis 
zum Tage der Kulturinfektion völlig gesund gezeigt. 

Hieraus ergibt sich, daß Suptol, Meerschweinchen in großen 
Dosen subkutan eingespritzt, gegen künstliche Schweineseuche- 
Infektion nicht zu immunisieren vermag. 

Zur Beantwortung der anderen Frage: „Wirkt Suptol be¬ 
sonders stark auf die opsonischen Vorgänge im Organismus?“ 
wurden nachstehende Versuche angestellt : 

Vier Meerschweinchen erhielten intraperitoneal folgende 
Einspritzungen: 

Meerschweinchen Nr. 1: 1 Öse 24 ständige Schweineseuche- 
Agarkultur + 0,1 Suptol. 

Meerschweinchen Nr. 2: 1 Öse 24 ständige Schweineseuche- 
Agarkultur + 0,1 Aggressin, künstlich nach Wassermann 
I und Citron, aus Schweineseuche-Kultur hergestellt. 

Meerschweinchen Nr. 3: 1 ccm Bouillon und 

Meerschweinchen Nr. 4: 1 Öse 24 ständige Schweineseuche- 
Agarkultnr. 

Das für Meerschweinchen Nr. 1, 2 und 4 verwendete In¬ 
jektionsmaterial wurde mit Bouillon auf je 1 ccm aufgefüllt. 

Eine halbe Stunde nach jeder Einspritzung wurde mittelst 
Kapillarröhrchen Peritonealflüssigkeit zwecks mikroskopischer 
Prüfung entnommen. Meerschweinchen Nr. 3 zeigte nur schwache 
Leukozytosis, Meerschweinchen Nr. 1 und 2 eine etwas stärkere 
und endlich Nr. 4 eine stark ausgeprägte Leukozytosis. 

Somit konnte auch in dieser Beziehung von dem Suptol 
nichts beobachtet werden, was als wissenschaftliche Handhabe für 
eine etwaige Heilwirkung dieses Mittels betrachtet werden könnte. 

Nach einer Stunde ergab der Peritonealinhalt folgenden 
mikroskopischen Befund: 

Meerschweinchen Nr. 3: starke Leukozytosis, 

„ Nr. 4: schwächer ausgeprägte Leukozytosis 

als Va Stunde zuvor. 

Meerschweinchen Nr. 1 und 2: noch schwächere Leukozytosis 
als Meerschweinchen Nr. 4. 

Schließlich wurde die letzte Frage: Wie ist die chemo¬ 
taktische Wirkung des Suptols? geprüft. 

Zu diesem Zwecke wurden vier kleine, sterile Kapillar¬ 
röhrchen, eins mit Suptol, das zweite mit künstlichem Aggressin 
(aus Schweineseuche-Kultur hergestellt), das dritte mit einer 
bei 00° C. abgetöteten Schweineseuchebakterien-Aufschwemmung, 
das vierte mit Bouillon gefüllt, und jedes in eine Tasche unter 
die Haut je eines Kaninchens eingeführt. Die eine Öffnung der 
Kapillarröhrchen wurde mit Paraffin verstopft, die zweite blieb 
offen. Die Hautwunden wurden mit Watte und Kollodium luft¬ 
dicht abgeschlossen. 

Nach 24 Stunden wurden die Röhrchen wieder heraus¬ 
genommen und die am offenen Ende befindlichen, aus ein¬ 
gedrungenen Leukozyten gebildeten Pfröpfchen miteinander ver- 
verglichen. In den beiden mit Suptol und Agressin gefüllten 
Röhrchen waren die Leukozytenpfröpfchen bedeutend kleiner 
als die in den beiden anderen, mit den abgetöteten Bakterien 
und mit Bouillon beschickten Kapillarröhrchen, 





No. 46. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


H20 

Auf Grund der vorstehenden Untersuchungen erscheint das 
Suptol als ein Präparat, an dem experimentell-wissen¬ 
schaftlich keinerlei Merkmale für eine günstige Beein¬ 
flussung der Schweineseuche-Infektion sich nachweisen 
lassen. Es ist in dieser Hinsicht den keimfreien Bakterien¬ 
extrakten nach Wassermann, Ostertag, Citron, weit unter¬ 
legen, da diese, wie von allen Autoren bestätigt wurde und 
wie man sich leicht überzeugen kann, im Experimente mit 
Sicherheit gegen Schweineseuche-Infektion immunisieren d. h. 
schützen, was das Suptol niemals leistet. 


Schlimme Erfahrungen mit Suptol-Burow. 

Im Aufträge meines Herrn Vaters, des k. Bez.-Tierarztes N. Hiller¬ 
brand-Wasserburg a. Inn, von Norbert Hillerbrand, cand. med. vet. 

In dem Schweinebestand eines größeren Gutes hiesiger 
Gegend waren in den letzten Jahren die verschiedenen Heil- 
und Schutzmittel gegen chronische Schweineseuche erfolglos 
versucht worden. Zu einem kürzlich gemachten Versuch mit 
Suptol-Burow war namentlich der Umstand maßgebend, daß in 
den Anpreisungen die völlige Unschädlichkeit, das Fehlen jeder j 
unangenehmen Nebenwirkung für gesunde wie kranke Tiere 
hervorgehoben wird. Die Erfahrung aber, die wir mit dem 
Serum machen mußten, widersprechen dem vollständig. 

In dem bereits erwähnten Gehöft wurden am 19. August 
d. J. fünf Ferkel mit Suptol geimpft. Die Tiere erhielten der 
Vorsicht gemäß je 5 ccm Serum subkutan an der Innenfläche 
des rechten Hinterschenkels. Von den geimpften Schweinen 
war keins ein ausgesprochener Kümmerer, sie zeigten nur 
geringen Husten, fraßen nicht so gut und waren nicht so 
munter wie die übrigen Ferkel des Bestandes; Ekzeme fehlten. 
Am 26. August telephonierte der Besitzer, daß eins der ge¬ 
impften Tiere so schwer erkrankt sei, daß er es töten lassen 
will. Das Ferkel atme sehr heftig und dränge unter Taumeln 
ständig vorwärts. Bei der am nächsten Tage vorgenommenen 
Fleischbeschau konnte außer einigen grauroten Entzündungs¬ 
herden in der Lunge nichts Pathologisches festgestellt werden. 
In dem Befinden der übrigen vier Ferkel war weder eine 
Besserung noch eine Verschlimmerung eingetreten. Sie er¬ 
hielten an diesem Tage nochmals je 5 ccm Serum, außerdem 
noch ein weiteres Ferkel, das die letzten Tage auffallend 
schlecht gefressen hatte. Sonst zeigte das Tierchen keinerlei 
Krankheitssymptorae. Bereits am nächsten Tage telephonierte 
der Besitzer, daß das letzterwähnte Stück unter den gleichen 
Erscheinungen erkrankt sei wie das geschlachtete. Bei meinem 
Eintreffen lag das Ferkel, äußerst rasch und angestrengt 
atmend, im Stalle. Beim Auftreiben machte es sofort den 
Versuch, sich zu erheben, doch gelang ihm dies nur mit den 
Vorderfüßen, mit dem Hinterkörper fiel es immer wieder auf 
die linke Seite, so daß es sich, mit den Vorderbeinen stehen 
bleibend, wie ein Karussell im Kreise bewegte. Nach längeren 
Versuchen kam es dann auch mit der Nachhand zum Stehen 
und schritt einige Meter taumelnd weiter. Ich impfte das Tier 
noch im Stehen in die Hautfalte hinter dem Ohr mit 5 ccm 
Serum, worauf es bald wieder ermattet umsank. Sein Zustand 
verschlimmerte sich von da ab zusehends, und bereits während 
der Nacht trat der Tod ein. Bei der am nächsten Morgen 
vorgenommenen Sektion fand sich die Lunge, namentlich deren 
Vorderlappen, entzündlich — grnnrot verändert, die Pleura 


pulmonalis mit der PI. costalis verlötet, namentlich in der 
Gegend des Diaphragmas, ebenso war der Herzbeutel mit dem 
Herzen verfötet. Die übrigen Eingeweide waren anatomisch 
nicht verändert. 

Trotz dieses gewiß wenig ermunternden Ausganges unserer 
ersten Suptolimpfung wurde das Mittel noch an den Schweinen 
eines anderen Gutes versucht. Der betreffende Besitzer hatte 
sechs Ferkel, die sich schlecht nährten, wenig Freßlust zeigten, 
vollständig mit Ausschlag bedeckt waren, doch wenig husteten. 
Eines der Tiere war ein ausgesprochener Kümmerer, gegen 
seine Kameraden weit in der Entwicklung zurück. Am 
31. August wurden diese sechs Ferkel geimpft. Die nächsten 
Tage war an den Tieren • eine Abnahme des Juckreizes der 
Ekzeme zu beobachten, der übrige Befund war der gleiche. 
Am Abend des 3. September begann der erwähnte Kümmerer 
stark zu atmen und zeigte nach dem Erzählen der Stallmagd 
genau die gleichen Symptome wie die auf dem ersten Gute 
eingegangenen Ferkel. Noch im Laufe der Nacht war das Tier 
verendet, und bei meinem Eintreffen am nächsten Morgen leider 
bereits verbrannt worden. 

! Will man diese Erscheinungen nun als plötzliches Auf- 
flackem der Seuche in akuter Form oder als direkte Vergiftung 
durch im Heilmittel etwa doch enthaltene chemische Bestand¬ 
teile betrachten, sicherlich bezeugen sie, daß Suptol-Burow In 
der Anwendung nicht so harmlos ist, als wie es hingestellt 
wird. Erwähnen möchte ich noch, daß das Serum, das vor¬ 
schriftsmäßig kühl und dunkel aufbewahrt wurde, keinerlei An¬ 
zeichen von Zersetzung, wie Trübung oder Bodensatz, er¬ 
kennen Heß. 

Schweineseuche. 

Von Tierarzt Ripke-Pogorzela. 

AnschHeßend an die in der letzten Zeit über den neuen 
Impfstoff Suptol in der Fachpresse erschienenen Arbeiten, so 
auch diejenige des Herrn Tierarztes Mucha-Kranowitz, in 
Nr. 22 der B. T. W., kann auch ich über günstige Impf¬ 
ergebnisse mit Suptol nicht berichten. Bei der ersten Anwendung 
glaubte ich den Mißerfolg dem Umstande zuschreiben zu müssen, 
daß eine Mischinfektion mit Schweinepest vorlag, weshalb ich 
in drei anderen Tierbeständen weitere Versuchsimpfungen aus¬ 
führte. Aber auch hier konnte ich einen Erfolg nicht konstatieren, 
weshalb ich wieder auf die Impfung mit dem polyvalenten 
Schweineserum nach Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Wassermann 
und Geh. Regierungsrat Professor Dr. Ostertag zurückgriff. 

Die von mir mit diesem Serum ausgeführten Impfungen 
haben im Laufe der Zeit einen beträchtlichen Umfang ange¬ 
nommen, und ich muß sagen, daß mich das Resultat stets vollauf 
befriedigte. 

Auf Dominium P., in dem noch niemals geimpft worden 
war, brach die akute Schweineseuche aus. Nach Räumung des 
Bestandes und Neubesetzung im April d. J. mit eigener Zucht 
aus Dominium S., welches auch die an Schweineseuche erkrankten 
Tiere seiner Zeit geliefert hatte, und welches zu derselben 
Herrschaft gehört, wurden die neu eingesteUten Ferkel sofort 
mit Schweineseucheserum nach Geh. Medizinalrat Professor 
Dr. Wassermann und Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Ostertag 
geimpft und sind Verluste bis jetzt nicht vorgekommen; auch 
überzeugte ich mich davon, daß der Gesundheits- ]Srnährungs- 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


821 


_12. November 1908. 

zustand der Tiere als ein vorzüglicher zu bezeichnen ist. Eine 
Simultanimpfung mit Serum und Schweineseuchebazillenextrakt 
zeitigte dasselbe gute Resultat. Ein einziger Wurf war 
weniger widerstandsfähig, doch stellte sich heraus, daß derselbe 
von einer tuberkulösen Sau stammte, so daß den Impfstoffen 
eine Schuld nicht beigemessen werden kann. 

Auf einem anderen Dominium S., welches früher unter 
Schweineseuche ständig zu leiden hatte, so daß dort die Schweine¬ 
zucht geradezu in Frage gestellt war, impfe ich seit langer 
Zeit mit obigem Schweineseuche-Serum, und ist der Erfolg ein 
ganz ausgezeichneter. Während früher die größte Zahl der 
Ferkel eigener Zucht verkümmerte und starb, ist der Gesund- 
heits- und Ernährungszustand seit Vornahme der Impfung ein 
vorzüglicher. Von den Ferkeln kann nur ein Teil zur Mästung 
gestellt werden, ein großer Teil kommt, da der Stall nicht aus¬ 
reicht, zum Verkauf, während vordem noch Schweine zur Mast 
angekauft werden mußten. 

Dasselbe gute Resultat erzielte ich auf einem weiteren 
Dominium P. Dortselbst starben fast alle Saugferkel bereits im 
Alter von 14 Tagen bis 6 Wochen an akuter bzw. chronischer 
Schweineseuche. Nach längerem Zureden ließ sich der äußerst 
sparsame Besitzer endlich dazu bewegen, seine Ferkel mit dem 
polyvalenten Schweineseuche-Serum impfen zu lassen. Von dem 
am 2. Lebenstage geimpften Ferkeln starb kein einziges 
mehr, während von den älteren Tieren, die wahrscheinlich be¬ 
reits stark infiziert gewesen waren, noch sechs starben. 

Nachdem nun etwa a / 4 Jahre lang mit dem besten Erfolge 
geimpft war, glaubte der Besitzer, ein den nach seinem Dafür¬ 
halten etwas zu kostspieligen Impfungen Abstand nehmen zu 
können, er mußte aber bald einsehen, daß die Sparsamkeit hier 
nicht angebracht war; denn prompt erkrankten die ersten nicht 
geimpften Ferkel an der akuten Schweineseuche. Der betreffende 
Besitzer hatte nun natürlich nichts Eiligeres zu tun, als mich 
zu bitten, die Impfungen auch fernerhin auszuführen. 


(Aus dem tierhygienischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

Neoplasmen in den Nebennieren und accessorischen 
Nebennieren beim Pferd und Rind. 

Von Prof. Dr. M. Schlegel in Freiburg i. Br. 

(Fortsetzung und Schluß.) 

Histologisches: Schnitte aus der linken Nebennieren¬ 
geschwulst und der Unken Niere haben gezeigt, daß es sich 
um ein Hypernephroma sarcomatodes handelt. Das stark ge¬ 
wucherte Bindegeweb8stroma, welches massenhafte Spindelzellen, 
auch glatte Muskelzellen, stellenweise auch Verschleimungen 
aufweist, teilt sich in immer kleiner werdende Maschen und 
fibrilläre Faserzüge, in deren Hohlräumen kleine Rundzellen, 
spindelige Zellen und stellenweise auch noch Reste strangförmig 
angeordneter EpithelzeUen mit bläschenförmigen Kernen ein¬ 
gelagert sind. Die Sarkomzellen sind durch deutlich entwickeltes 
Zwischengewebe getrennt; die Schnitte bieten daher das Bild 
eines gemischtzeUigen Sarkoms. Sowohl in den Interstitien als 
auch in den Zellhaufen finden sich zahlreiche kleinere und 
größere rundUche Einlagerungen von Kalksalzen. Die Schnitte 
aus den kolloid entarteten Stellen zeigen geschichtetes, in Längs¬ 
fasern verlaufendes Fibrin und koUoide geronnene Eiwei߬ 
substanzen, welche oft durch flächen- und streifenförmige 


hämorrhagische Herde getrennt sind; auch hier finden sich herd¬ 
förmig zahlreiche Kalksalze und Verknöcherungen eingelagert. 

Die Metastasen in den Nieren gehen teils von den Gefäßen 
des intertubulären Gewebes teils von den Gefäßen der Glomeruli 
aus und enthalten kleine Rundzellen und spindelige Zellen. Die 
Zellen zeigen in der Mitte der größeren Herde oft starken re¬ 
gressiven Zerfall. Unter der Nierenoberfläche und an anderen 
Stellen des intertubulären Gewebes finden sich netzförmige Blut¬ 
extravasate und ektasierte Kapillaren. Die Harnkanälchen sind 
zahlreich komprimiert oder durch Nierenzylinder verstopft. (Ein¬ 
sender: Oberveterinär Koßmag in Neubreisach). 

IX. Fall: 

Adenom beider Nebennieren von einer ca. 20 Jahre alten Kuh. 

Die linke Nebenniere ist wenig vergrößert und besitzt an 
der Grenze der Rinden- und Markschicht je einen wickenkorn¬ 
großen, blutigbraunroten Herd (kleinste Adenome). Die linke 
Niere und Lymphdrüsen intakt. 

Die rechte Nebenniere ist als solche noch zur Hälfte auf 
einer straußeneigroßen, an der Oberfläche glatten, grauroten, 
festweichen Geschwulst aufgewachsen, deren Schnittfläche stark 
vorspringt und spärliches Stroma enthält. Die Schnittfläche ist 
graugelb und rot gefleckt, gleichmäßig festweich. Die Geschwulst 
zeigt einen durch die Wand der hinteren Aorta durchgebrochenen, 
kastaniengroßen Pfropf, welcher als bläulichrötlicher Geschwulst¬ 
zapfen im Aortenlumen sitzt. Rechte Nierenlymphdrüse ver¬ 
größert, blutigbraunrot gefleckt. Rechte Niere intakt. 

Histologisches: Die Kapsel und das Bindegewebsstroma be¬ 
stehen aus spärlich entwickelten Bindegewebszügen. In den 
Hohlräumen der Bindegewebsmaschen finden sich zu Ballen oder 
runden Säulen angeordnete epitheliale Zellhaufen mit bläschen¬ 
förmigen Kernen, deren Protoplasmaleib zumeist stark fettig in¬ 
filtriert oder in fettigem Zerfall begriffen ist. (Einsender: 
Schlachthofverwalter Tierarzt Metz in Freiburg.) 

X. Fall: 

Adenosarcoma suprarenale der beiderseitigen Nebennieren 
mit Metastasen in zwei Lendenlymphknoten bei einer Kuh. 

Die linke Nebenniere ist in eine faustgroße, an der Ober¬ 
fläche glatte, auf dem Halbierschnitt schwarzbraun und rot 
gefleckte, festweiche Geschwulst umgewandelt. Die rechte Neben¬ 
niere ist gänseeigroß, an der Oberfläche glatt, graurot, auf der 
Schnittfläche stark vorspringend, grau und rot gefleckt und 
durch gewuchertes Stützgerüst in bohnengroße Lappen geteilt. 
Zwei mäßig vergrößerte Lendenlymphknoten enthalten je eine 
linsen- und erbsengroße braunrötliche Geschwulstmetastase. 

Histologisches: Das verbreiterte Stroma enthält unter zahl¬ 
reichen Spindelzellen auch glatte Muskelzellen und führt viele 
spaltenförmig erweiterte Kapillaren; die Bindegewebszüge sind 
stellenweise durch Infiltration von Rundzellenbaufen und Erythro¬ 
zyten stark verbreitert, wodurch die sarkomartige Beschaffenheit 
besteht. In den Maschen des Stromas finden sich oft säulen- 
oder ballenförmig angeordnete oder regellos gelagerte polygonale 
oder rundliche, fetthaltige Drüsenepithelien. Die Metastasen 
beider Lymphdrüsen sind ebenso gebaut: säulenartig oder regel¬ 
los gelagerte, rundliche oder polygonale, fettinflltrierte Drüsen¬ 
epithelien in kleineren oder größeren Hohlräumen, dazwischen 
breite, aus Spindelzellen und zuweilen glatten Muskelfasern und 
Rundzellen bestehende sarkomartige Gewebszüge (Adenosarkom, 
Mischgeschwulst). (Einsender: Tierarzt Dr. Gersp ach-Rastatt.) 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


XI. Fall: 

Adenokarzinom in der linken Nebenniere (mit Einbruch in 
die Aorta und Durchbruch durch die Geschwulstkapsel), in vier 
accessorischen Nebennieren, in drei regionären Lymphdrüsen 
von einer Kuh. 

Die kopfgroße Gesamtgeschwulst ist 18 cm lang, 12 cm 
breit, 10 cm dick, wiegt l l / 2 kg und besteht aus einem kastanien-, 
einem apfel- und einem kindskopfgroßen Teil. Die kindskopf¬ 
große Geschwulst der linken Nebenniere und die zwei kleineren 
Geschwülste sind von einer dünnen fibrösen Kapsel umschlossen, 
unter welcher sich bei der Hauptgeschwulst noch zirka die 
Hälfte der normalen linken Nebenniere befindet. Die Farbe 
der drei Geschwülste ist graurot mit dunkelblauen Flecken, 
die Konsistenz weich bis fluktuierend; die Schnittflächen zeigen 
ein mäßig gewuchertes Bindegewebsgerüst, in dessen Maschen- 
w'erk sich zerfallene, braungraue bis graugelbe, stellenweise 
auch schwärzliche, breiige Detritusmasse befindet. Dazwischen 
sind linsengroße cystoide Hohlräume, welche teils mit getrübter 
Flüssigkeit, teils mit dunkelbraunen oder gelbroten, homogenen, 
transparenten, geronnenen Colloidherden gefüllt sind. Die 
kindskopfgroße Hauptgeschwulst ist mit einem apfelgroßen Zapfen 
in die Aorta eingebrochen, deren Lumen daselbst für eine Hand 
passierbar ist und deren durch Druckatrophie papierdünn ge¬ 
wordene Ränder den Geschwulstzapfen lippenformig umfangen 
halten. Die Hauptgeschwulst zeigt an der Oberfläche einen 
erbsengroßen Durchbruch durch die Geschwulstkapsel. 

Auf der Ventralfläche der Aorta und Hohlvene liegt vor 
der Hauptgeschwulst die selbständige, apfelgroße, graublaue, 
fluktuierende, buchtige Geschwulst, hervorgegangen aus einer 
accessorischen Nebenniere; an deren vorderem Pol liegt nochmals 
ein kastaniengroßer, gleichgearteter, aus einem weiteren ab¬ 
gesprengten Nebennierenkeim hervorgegangener Tumor. Ferner 
finden sich am hinteren Rande der apfelgroßen Geschwulst noch 
zwei bohnengroße, gleichgeartete, aus abgesprengten Neben¬ 
nierenkeimen entstandene Neoplasmen. Rechte Nebenniere intakt. 

Drei regionäre Lymphdrüsen sind haselnuß- bis kastanien- 
bis walnußgroß, blaurot; die Kapsel von Blutgefäßnetzen durch¬ 
zogen, die Schnittflächen graurot, mit dunkelbraunen, linsen¬ 
großen Geschwulstherden. 

Histologisches: Schnittbilder aus der Hauptgeschwulst der 
Nebennieren zeigen an der Peripherie eine fibröse Kapsel, unter 
welcher zahlreich ausgebreitete Blutungen sich finden; von der¬ 
selben zieht ein durch Wucherung verbreitertes Stützgerüst in 
das Geschwulstinnere. Die Septen bestehen aus fibrillärem, 
stellenweise auch mit Muskelzellen untermischtem Stroma und 
an vielen Stellen finden sich in letzterem auch lange spindel- 
und sternförmige Zellen mit langen Protoplasmaausläufern. 
Daselbst ist das Zwischengewebe stark myxomatös infiltriert 
und verschleimt. In den Hohlräumen des Maschenwerkes liegen 
säulenartig oder auch netzförmig angeordnete epitheliale, fett¬ 
körnchenreiche, polygonale oder rundliche Zellen, welche in Form 
und Fettgehalt den Rindenzellen der Nebenniere gleichen; die 
Epithelien nehmen auch auffällig große Gestalten an und sind 
dann oft zahlreich mit melanotischen Körnern und Schollen be¬ 
laden. An manchen Stellen zeigen die Zellsäulen und -ballen 
drüsenschlauchähnliche Lumina; sie sind innerhalb des zarten 
oder gewucherten, gefäßreichen Stützgerüstes angeordnet, dessen 
Blutgefäße vielfach sehr auffällige kavernöse Erweiterungen 
und angiomähnliche Umwandlungen aufweisen. 


Der histologische Aufbau der apfelgroßen accessorisch6ti 
Nebennierengeschwulst, sowie der kastaniengroßen zweiten 
accessorischen Nebennierengeschwulst gleicht demjenigen 
Hauptgeschwulst. Innerhalb des gewucherten Stromas sind die 
epithelialen fetthaltigen Zellen in Form von Haufen oder soliden 
Zellsäulen formiert; auch hier finden sich viele mit braunem uüd 
schwarzem Pigment besetzte Epithel- und BindegewebszeUett« 
Auch hier ist das Bindegewebe reich an spaltenformig er¬ 
weiterten, kavernös umgewandelten Blutgefäßen. In allett 
Geschwülsten treten vielfach ausgebreitete hämorrhagische) 
myxomatöse und fettige regressive Metamorphosen hervor. (Ein¬ 
sender: Schlachthof Verwalter Tierarzt Metz in Freiburg.) 

XII. Fall: 

Angiosarkom (Rundzellensarkom) der rechten Nebenniere 
und einer Beinebenniere von einer 10—12 Jahre alten Kali, 
Simmentaler Kreuzung. 

Der suprarenale Tumor wiegt 1670 g, ist kürbisgroß, an 
der Oberfläche glatt; die gespannte Kapsel schließt einen 
platten Rest normaler Rinde ein und ist reich an blauroten 
Gefäßnetzen, Farbenton graublau mit blutigroten Flecken. Die 
Geschwulst ist handtellergroß, mit der Aorta verwachsen, deren 
Lumen infolge Geschwulstdruckes und konsekutiver Ektasie für 
eine Hand passierbar ist, Aortenwand daselbst papierdünn und 
pfenniggroß sarkomatös infiltriert. 

Auf dem Halbierschnitt ziehen von der 3—4 mm dicken 
Kapsel gewucherte Bindegewebszüge in das Geschwulstinnere. 
Die Schnittfläche zeigt im peripheren Teil auf 1—3 Finger¬ 
breite ein blutig dunkelbraunes Kolorit, während die handteller¬ 
große Geschwulstmitte einen weißgelben Farbenton mit ein¬ 
gesprengten braunen Flecken trägt, so daß ein blutig-dunkel¬ 
braunes und weißgelb geschecktes Aussehen resultiert. Die 
Konsistenz der Schnittfläche ist elastisch, nicht vorspringend, 
sondern glatt, stark fettig glänzend, himmarkähnlich. 

Das accessorische suprarenale Neoplasma, am vorderen 
medialen Pol der Nebennierengeschwulst gelegen, ist taubenei¬ 
groß, blaugrau, mit 2 mm dicker Kapsel; Schnittfläche dunkel¬ 
graubraun, unter der Kapsel zahlreiche wickenkorngroße, blutig- 
braune und gelbweiße Geschwulstherde. 

Histologisches: Schnittbilder des Nebennieren- und Bei¬ 
nebennierentumors, in welchem normales Gewebe fehlt, zeigen 
denselben Aufbau: An der Gesellwnlstoberfläche findet sich die 
fibröse Kapsel, das Stroma besteht aus netzförmigen, gefä߬ 
reichen, verbreiterten Bindegewebszügen, welche stellenweise 
schleimige und gallertige Degeneration aufweisen. In den 
Hohlräumen des Maschenwerks liegen haufenweise markzellen¬ 
ähnliche Rundzellen, welche teilweise durch Fettdegeneration 
zerfallen sind. Dies sind die hirnmarkähnlichen gelben Ge¬ 
schwulstherde. Die blutig schwarzbraunen Partien bestehen 
lediglich aus rundlichen und netzförmigen Teleangiektasien ge¬ 
wucherter angiomatöser Kapillarnetze, welche oft fleckweise zu 
größeren kavernösen und lakunären Räumen umgewandelt und 
durch schmale Streifen von Rundzellen geschieden sind. (Ein¬ 
sender: Schlachthofverwalter Tierarzt Metz in Freiburg i. Br.) 

Allen Herren Einsendern sei auch an dieser Stelle ver¬ 
bindlichster Dank ausgesprochen. 

Von den 14 oben in chronologischer Reihenfolge aufgeführten 
Nebennierengeschwülsten entstammen zwei dem Pferde und 12 
dem Rind; darunter fanden sich 10 bösartige Tumoren beim 



12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Rind und eine maligne Geschwulst beim Pferd. Die Neben¬ 
nierengeschwülste dringen mit Vorliebe destruierend in benach¬ 
barte Organe und in regionäre Lymphknoten ein, namentlich 
brechen sie in beträchtlichen walnuß- bis apfelgroßen Geschwulst¬ 
zapfen in die Aorta, Vena cava und renalis ein; vorwiegend 
metastasieren sie sich in den daneben Regenden Nieren, aber 
auch ausgebreitete EmboHsierungen in der Leber, Milz, im 
Darm, Pankreas, Ovarien, in den Lungen, Herzen usf. kommen 
vor. Die gutartigen Nebennierengeschwülste sind zumeist 
gänseei- bis faustgroß, während die bösartigen Neoplasmen oft 
die Größe eines Mannskopfes und ein Gewicht von 1 / 2 —1—3 kg 
erreichen. Sowohl die suprarenalen Tumoren als deren Metastasen, 
welche das bedeutende Gewicht von 64 Pfund aufweisen können, 
erleiden gelegentlich Durchbrüche und Entleerung von Geschwulst¬ 
massen durch die Kapsel in die Körperhöhlen; relativ oft wurden 
Verwachsungen der Tumoren mit der Aorta, Vena cava und 
renaUs und zweifinger- bis handweite Ektasien derselben infolge 
Druckes der Geschwülste beobachtet; zufolge der dadurch 
entstandenen Stauungen schloß sich in einem Fall beim Rind 
Wassersucht an, so daß das wässerige Fleisch triefte und 
ungenießbar war. 

Die Nebennieren tumoren stellen gemeinhin graublaue, 
graugelbe bis schwarzbraune, festweiche, fluktuierende oder 
schwammige, gefäßreiche Geschwülste mit zumeist dünner, 
charakteristisch sackähnlicher Kapsel vor, welche oft noch platte 
Reste normaler Nebenniere einschließt. Der Halbierschnitt weist 
entweder ein spärRch entwickeltes, fibriHäres Stroma (Kystome, 
Adenome) auf, oder das von der Kapsel in das Geschwulstinnere 
ziehende Maschenwerk kann bis zu zentimeterdicken, leisten¬ 
artigen, transparenten oder mattgrauweißen Bindegewebszügen 
heranwuchern und groblappige Felderungen hersteilen (Sarkome, 
Adenosarkome, Angiosarkome). 

Ausgebreitete Verkalkungen und beträchtliche Verknöcherung 
treten vorwiegend bei bösartigen Sarkomen und Mischgeschwülsten, 
aber auch bei Karzinomen der Nebennieren zutage; die Ver¬ 
kalkungen bestehen in zahlreichen Einlagerungen von Kalksalzen 
in Sandkorn- bis Wickenkorngröße. Die Verknöcherungen bilden 
bald kompakte, erbsen- bis bohnen- bis walnußförmige Knochen¬ 
inseln, bald federkielstarke Knochenspangen, bald bis eßlöffel¬ 
große Knochenschalen. Verkalkung und Osteombildung kam 
unter den zwölf Nierengeschwülsten des Rindes viermal vor, 
während braune und melanotische Pigmentierung je einmal beim 
Rind und Pferd konstatiert werden konnte. 

Wechselseitig und destruierend treten die verschiedensten 
Arten der regressiven Metamorphosen in den bösartigen Neben¬ 
nieren und Beinebennieren, namentRch umfangreiche, fettige, 
schmierige Detritusmassen in größeren Erweichungscysten auf, 
ferner hämorrhagische und myxomatöse Degeneration, Ver¬ 
nichtung des Gewebes durch gaRertige Verquellung. GelbRch 
und braun gefärbte, halb erstarrte oder geronnene BaHen und 
Klumpen koRoider Degeneration führen zu kleinsten und größeren 
CystenbUdungen in Nebennierengeschwülsten. Der hyalinen 
Degeneration verfaßen oft Gefäße und das Stroma, so daß die 
suprarenalen Neubildungen den größten und kompRziertesten 
Strukturwechsel aufweisen. Die Sarkome kamen als polymorph- 
zeUige Sarkome, als RundzeUensarkome, als SpindelzeHen- 
sarkome und als Mischgeschwülste vor; oft ist der Charakter 
der Neubildung so verwischt, daß man sich zweckdienRch mit 
der Bezeichnung Hypernephrom behilft. 


In klinischer Hinsicht ist noch hervorzuhfeben, daß die 
meisten Nebennierentumoren bei älteren und alten Tieren, be¬ 
sonders bei 9 bis 12 Jahre alten Kühen vorkamen; doch er¬ 
krankte schon ein fünf Monate altes Stierrind an einer tödlichen, 
generalisierten Nebennierenkarzinose. Viele und zwar kleinere 
wie sehr umfangreiche suprarenale Neoplasmen machen keine 
klinische Erscheinung und werden bei der Sektion als zufäRiger 
Befund erhoben. 

Tagesgeschlchte. 

Die Vertagung der Militärveterinärreform. 

Von Professor Dr. Sch mal tz. 

Was schon in der vorigen Nummer der B. T. W. als ernste 
Vermutung mitgeteilt werden mußte, das kann heute Tatsache 
genannt werden: die Militärveterinärreform ist mit Rücksicht 
auf die Durchführung der Reichsfinanzreform um ein Jalir 
vertagt worden. 

Diese schlichte Mitteilung umschreibt eine sehr harte Sache, 
hart für die betroffenen Veterinäre, hart aber auch für die 
Vorgesetzte Behörde. 

Für die Militärveterinäre ist es ein unbeschreiblich harter 
Schlag, ihre allmählich fest gewordene Hoffnung wieder zer¬ 
schellen zu sehen. Seit der Allerhöchsten Kabinettsorder vom 
27. August 1903 warten die Militärtierärzte, die deutschen 
Tierärzte überhaupt, auf die Einführung einer Reform, die 
bestimmt ist, einen Gipfel in der Entwicklung des tierärztlichen 
Standes zu bilden. Sie haben geduldig gewartet, da einmal 
jedermann sich sagen mußte, daß ein so wichtiger Schritt eine 
Vorbereitungs- und Übergangszeit erfordere, andererseits von 
vornherein dankenswerterweise die Dauer dieser Zeit bekannt 
gegeben war, indem in einer Bemerkung zum Heeresetat für 
1904 geschrieben steht, daß die durch die Allerhöchste 
Kabinettsorder eingeleitete Organisation durch- 
geführt sein muß, wenn am 1. April 1909 der erste 
volle Jahrgang von Abiturienten nach bestandener 
Fachprüfung zur Truppe tritt. Hiernach durfte das Ende 
der Wartezeit als bestimmt gegeben angesehen werden. Wenn 
nun dieses Ende noch weiter hinausgeschoben wird, so bedeutet 
das nicht allein an sich einen schweren Nachteil, sondern es 
muß auch die dadurch geschaffene Unsicherheit eine tiefgehende 
Wirkung ausüben. Nicht am geringsten anzuschlagen ist es 
dabei, daß gerade die Aussicht auf die Reform eine aUgemeine 
Verzögerung sonst fäRiger Abschiedsgesuche herbeigeführt hat, 
wie sie noch nicht dagewesen sein dürfte.*) 

Hart ist das Ereignis aber auch für die Vorgesetzte Be¬ 
hörde, das Kriegsministerium. An der selbstverständlichen und 
festen Absicht desselben, die Veterinärreform zu dem verheißenen 
Zeitpunkt durchzuführen, zweifelt niemand. Sie ist ja auch 
hinreichend bewiesen dadurch, daß man vor längerer Zeit einen 
Oberstabsveterinär in das Ministerium einberufen hat mit der 
offenkundigen Aufgabe, die technische Seite der Reform zu 
bearbeiten. Muß es dem Ministerium schon an sich schwer- 
faUen, von einer solchen Absicht, wenn auch nur für kurze Zeit, 

*) Bei dieser Gelegenheit soll die bezeichnende Tatsache mit¬ 
geteilt werden, daß in der bayerischen Armee seit dem Juli 1906 
bis Ende September 1908 im Beurlaubtenstande keine einzige 
Beförderung von Veterinären vollzogen worden ist 




824 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


abzustehen, so muß ihm das um so peinlicher sein, als durch 
die oben zitierte Bemerkung zum Etat unzweifelhaft eine Zu¬ 
sicherung gegeben worden ist, die nun nicht inne ge¬ 
halten werden kann. 

Der ruhig und billig Denkende wird jedoch in Erwägung 
ziehen, daß überall einmal Umstände eintreten können, welche 
die Innehaltung auch einer Zusicherung unmöglich machen. 
Diese Umstände liegen hier im Reichsschatzamt. Niemand kann 
verkennen, daß das Reichsschatzamt gegenwärtig vor einer 
Riesenaufgabe steht. Man kann es auch begreifen, daß angesichts 
der Schwierigkeiten dieser Aufgabe das Reichsschatzamt den 
Wunsch hegt, alles, was einer neuen Anforderung gleichkommt, 
so lange zurückzuschieben, bis jene großzügige Reform durch¬ 
geführt ist. Ob die mit der Bildung eines Veterinäroffizierkorps 
verbundene Neuforderung so beträchtlich ist, daß sie die Ab¬ 
lehnung einer, wie gesagt, seit Jahren vorbereiteten Angelegen¬ 
heit zwingend bedingte, kann der Finanzlaie nicht beurteilen; 
in dieser Hinsicht müssen wir uns daher bescheiden. Man darf 
wohl annehmen, daß es auch dem Reichsschatzamt nicht leicht 
gewesen sein mag, das Kriegsministerium in diese unangenehme 
Lage zu bringen. I 

Finden wir uns also mit der Vertagung in Ruhe ab, so 
muß doch zweierlei in bestimmtester Weise hervorgehoben und 
verlangt werden. Erstens muß, sobald das Schicksal der 
Reichsfinanzreform erfüllt sein wird, die Militärveterinär¬ 
reform unverzüglich durchgeführt werden. Die Finanzreform 
muß eben die Mittel auch für die Veterinärreform beschaffen. 
An ein Aufgeben der letzteren oder an ein Verschieben auf 
längere und unbestimmte Zeit kann im Ernste nicht gedacht 
werden; dafür würde auch das Zurückgreifen auf bewährte 
Sparsamkeit und der berechtigte Grundsatz der Unterscheidung 
des Wünschenswerten von dem Notwendigen keine Berechtigung 
bilden. Denn es handelt sich hier — ich wiederhole es — um 
eine in bestimmtester Form früher abgegebene Erklärung, die 
in Verbindung mit der Allerhöchsten Order allgemein als eine 
Zusicherung aufgefaßt worden ist. Auf Grund dieser sind seit 
1904 sämtliche Aspiranten in das Militärveterinärkorps einge¬ 
treten. Auch das Reichsschatzamt wird anerkennen, 
daß die berechtigten Erwartungen dieser jungen 
Männer erfüllt werden müssen, da es sich hier um Treu 
und Glauben handelt. 

Zum zweiten muß der Wunsch zum Ausdruck gelangen, daß 
das Kriegsministerium die Tierärzte in die Lage setzen möchte, 
authentische Kenntnis von der ganzen Sachlage zu erhalten; 
eine offiziöse Mitteilung in der Zeitschrift für Veterinärkunde 
würde diesem Zweck ja gewiß gerecht werden können. Es ist 
dies um so erwünschter, als durch die Vertagung — darüber 
wird man sich nicht beklagen dürfen — das Mißtrauen wieder 
Nahrung erhält. Die Militärveterinäre werden und müssen das 
vollste Vertrauen zu den, wie gesagt, bewiesenen Absichten des 
Kriegsministeriums haben. Ebenso aber ist es ein öffentliches 
Geheimnis, daß vielfach an anderen (auch an hohen) Stellen in 
der Armee, sagen wir: entgegengesetzte Neigungen bestehen, 
die nicht durch Zusicherungen gebunden sind. Es ist wohl er¬ 
klärlich, daß die Befürchtung, diese Neigungen würden irgendwie 
die Oberhand gewinnen können, so lange nicht völlig beschwichtigt 
ist, als das Schicksal und der Zeitpunkt der Reform nicht 
feststeht. Eine baldige entsprechende Mitteilung, welche dieses 
Mißtrauen im Keime erstickte, würde auch um so zweckmäßiger 


sein, als es andrerseits ja doch nicht zu vermeiden sein würde, 
daß im Reichstag Anfragen gestellt würden, auf die dann irgend¬ 
eine Antwort erfolgen müßte; es wäre gewiß besser, diese An¬ 
fragen nicht erst abzuwarten. 

Die Geschichte des tierärztlichen Standes ist nicht arm an 
solchen unvorhergesehenen Ereignissen, welche unsere Ent¬ 
wicklung wider alles Erwarten aufhielten oder, oft auf Jahre, 
zurückwarfen — Ereignisse, für die man niemandem einen 
Vorwurf machen konnte, die einfach durch das Zusammen¬ 
treffen widriger Umstände bedingt waren. Wir Tierärzte haben 
eben ausgesprochenes „Pech“; um so ehrenvoller ist es freilich, 
daß trotzdem sich die Entwicklung befriedigend vollzogen hat. 
Wir haben solche Schicksalschläge noch immer überwunden und 
werden auch diesen — denn ein solcher ist es — überwinden. 
Wir wollen sogar an ihn eine Hoffnung knüpfen, die nämlich, 
daß nach der Vollendung der Reichsfinanzreform der Herr 
Reichsschatzsekretär sofort mit um so besserem Willen und um 
so reichlicher Mittel gewähren wird. Möge die Militärveterinär- 
reform, wenn sie noch ein volles Jahr (— aber nicht länger! —) 
zum Ausreifen Zeit erhält, dadurch an Gehalt gewinnen. 

Im Notfall würde der Deutsche Veterinärrat bei seiner 
Tagung Frühjahr 1909 eine Immediateingabe an Seine Majestät 
den Kaiser zu erwägen haben. 

Militaria. 

Es ist als eine erfreuliche Erscheinung zu begrüßen, daß 
die Verfasser aller in letzter Zeit über „Militärveterinär-Reform“ 
veröffentlichten Artikel bezüglich der Rangverhältnisse einig 
sind, welche wir für das kommende Veterinär-Offizierkorps 
fordern müssen. - . 

Der Schwerpunkt der Reform liegt demnach in der Schaffung 
von Oberstabsveterinärstellen mit Majorsrang mit den ent¬ 
sprechenden Konsequenzen [Korpsstabsveterinäre in Oberst¬ 
leutnantsrang, Veterinärinspekteur in Oberstenrang]. Der 
Veterinärinspekteur würde dann ranglich dem Generalarzt, dem 
höchsten Sanitätsoffizier eines Armeekorps, gleichgestellt sein. 
Dieser Vergleich zeigt, daß unsere Ansprüche nicht zu 
weit gehen. 

Nur schade, daß diese unsere Forderungen und Wünsche 
bei der kommenden Reform nicht ins Gewicht fallen werden, 
weil sie einmal zu spät kommen [Nein! Siehe Vertagung. D. Red.] 
und sodann nicht von einer Vertretung des ganzen Standes 
an maßgebender Stelle vorgebracht wurden! 

Überhaupt kann den preußischen Veterinären meiner Ansicht 
nach der Vorwurf nicht erspart bleiben, daß sie aus ihrer 
Passivität oder — wenn man will — Zurückhaltung gegenüber 
der Reform gar nicht bzw. nur vereinzelt herausgetreten sind. 

Die bayrischen Veterinäre haben rechtzeitig ihre einmütigen 
Wünsche betreffs der Reform zur Kenntnis ihrer obersten Be¬ 
hörde gebracht. Ob mit Erfolg, werweiß es? Jedenfalls kann 
man ihnen die Anerkennung nicht versagen, daß sie bei der 
Gestaltung ihrer zukünftigen Lage mitzuwirken versucht und 
die Hände nicht tatenlos in den Schoß gelegt haben. Darüber 
dürfen wir uns keiner Täuschung hingeben, daß wir den 
bayrischen Kollegen, wenn die Reform in ihrem Sinne, das heißt 
auch zu unserer Zufriedenheit ausfUllt, großen Dank schulden. 

Die Erfahrung aber, die ja die beste Lehrmeisterin sein 
soll, hat uns wohl ausnahmslos einen durchaus berechtigten 






12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Pessimismus in allen Standesfragen [angesichts unserer Fort¬ 
schritte „berechtigt“? Die Red.] eingeimpft, so daß wir an 
eine zufriedenstellende Lösung der Reformfrage nicht zu glauben 
vermögen. Die bisherigen Erfahrungen sind eben zu bittere. 
Und jetzt, wo jeder zwischen Furcht und der Hoffnung schwankt, 
bald aus den drückenden Verhältnissen herauszukommen, tanchen 
Gerüchte auf, wonach die Reform auf ein weiteres Jahr hinaus¬ 
geschoben wird [was inzwischen Tatsache geworden ist]. 

Das dadurch bedingte längere Verbleiben im Beamtenstande 
würde die Mehrzahl von uns wohl nicht sehr berühren, wenn 
nicht noch ein anderes Gerücht kursierte, daß für die Stabs¬ 
veterinäre im kommenden Jahre ein Gehalt von 3000 M. bis 
4200 M. vorgesehen sei. Die zurzeit im Brennpunkt des 
Interesses stehende Beamtenbesoldungsvorlage will die Gehälter 
der Beamten nach ihrer Vor- und Ausbildung bemessen. Die 
Subalternbeamten, welche bisher ein Höchstgehalt von 4200 Mark 
bezogen, erhalten nach der Besoldungsvorlage in Zukunft ein 
Maximalgehalt von 4500 bzw. 4800 bzw. 5400 Mark, zum 
Teil mit freier Wohnung und Feuerung. Und die Stabsveteri¬ 
näre, die nach ihrer Vorbildung im Verein mit der akademischen 
Fachausbildung doch vor diesen Beamten pekuniär stehen müßten, 
sollen als Höchstgehalt das frühere Höchstgehalt der Subaltern¬ 
beamten im nächsten Jahre erhalten. Angesichts solcher Aus¬ 
sichten ist man einfach sprachlos [glücklicherweise stimmt es aber 
nicht, siehe d. Folgende. D. Red.]. Die Folge davon wäre, daß 
die Oberveterinäre um höchstens 300 M. im Endgehalt gesteigert 
werden könnten, da sie andernfalls das Anfangsgehalt der 
Stabsveterinäre erreichten. Wer einen Blick hinter die Kulissen 
unseres Standes geworfen hat, der weiß, daß ein älterer Ober¬ 
veterinär [von 38 bis 42 Jahren] als Familienvater ohne Privat¬ 
praxis — und in dieser Lage befinden sich viele — sich im 
Daseinskampf aufreibt und dabei alles entbehren muß, worauf 
sozial viel tiefer stehende Berufsstände ein selbstverständliches 
Anrecht besitzen. So kann es nicht weitergehen! Sonst raubt 
man uns jede Existenzmöglichkeit. 

Und weiter, was soll der Oberveterinär-Kursus für Leute 
im Lebensalter von 38 bis 42 Jahren? Es steht wirklich einzig 
da, daß man sie noch einer Prüfung unterzieht. Will man 
durchaus an einem solchen Kursus mit nachfolgender Prüfung 
festhalten, dann soll man dazu Veterinäre im Alter von etwa 
30 Jahren einberufen [schon aus physiologischen Gründen]. Die 
Sanitätsoffiziere mußten früher in Oberarztstellung eine schrift¬ 
liche Arbeit anfertigen, um ihre Qualifikation zum Oberstabsarzt 
darzutun. Heute existiert so etwas nicht mehr, wie ich auf 
Erkundigung hin erfahren habe. Viel nützlicher wäre es, die 
Veterinäre zu Informationskursen einzuberufen, wie es auch im 
Sanitätsoffizierkorps üblich ist. Ich selbst habe mir immer gewünscht, 
einmal einen gründlichen bakteriologischen Kursus durchzu¬ 
machen. Aber Gelegenheit hierzu hat sich niemals geboten. 
Und an Kenntnissen auf diesem Gebiet fehlt es, wie ich immer 
wieder wahrzunehmen Gelegenheit hatte, dem Gros der Veterinäre. 
Wie sollen letztere unter diesen Umständen mitwirken können 
bei der Erforschung von Seuchen, welche unsere Pferdebestände 
schädigen und den Dienstbetrieb der berittenen Truppen stören? 

Doch dies nebenbei! Augenblicklich ist es wichtiger, den 
genannten beunruhigenden Gerüchten auf den Grund zu gehen. 
Und sollte eine derartige durch nichts zu rechtfertigende, geringe 
pekuniäre Bewertung unserer Tätigkeit, wie oben angedeutet, 
tatsächlich geplant sein, so müssen wir unbedingt unsere be- 


825 

gründeten Wünsche an maßgebender Stelle in irgendeiner Form 
zu Gehör bringen, denn Hoffen und Harren — bringen uns 
keinen Schritt weiter. Unus pro multis. 

Künftige Besoldung der Militärveterinäre. 

Soeben ist die Besoldungsvorlage für Reichsheer und 
Reichsbeamte erschienen und es können daraus noch die uns 
interessierenden Sätze mitgeteilt werden: 

Unterveterinäre 1206 M. 

Oberveterinäre (allein in Kl. 18) 2100—3200 M. (3 Zwischenstufen). 
Oberstabs- u. Stabsveterinäre (Kl. 42 b) 3200—5000 M. (2 Zw.-St.). 
Korpsstabsveterinäre (Kl. 48) 4500—6000 M. (2 Zw.-St.). 

Zum Vergleich: 

Korpsstabsapotheker 3000—7200 M. (7 Stufen ä 600 M.). 

Assistenz- und Oberärzte: Zwei Jahre 1500, zwei Jahre 1800, vom 

fünften ab 2100 M. 

Stabsärzte 3400—5100 M. (vom neunten Jahre ab). 

Oberstabsärzte 11. Klasse 6102 M. 

Oberstabsärzte I. Klasse und Generaloberärzte 6552 M. 

Zur Besoldung der Krelstlerftrzte. 

In Nr. 45 desB. T. W. hat Herr Kreistierarzt Schaumkell 
zwei Wünsche ausgesprochen: 1. daß den Kreistierärzten 
Wohnungsgeldzuschuß gewährt werden möge; 2. daß sie nach 
zeitlich bestimmt begrenzten Dienstaltersstufen im Gehalt auf¬ 
steigen möchten. 

Der erste Wunsch wird kaum Aussicht auf Verwirklichung 
haben. Gesetzlich gewährt der preußische Staat Wohnungs¬ 
geldzuschüsse nur den vollbesoldeten Beamten; daher können 
zurzeit die Kreisärzte und Kreistierärzte Wobntmgsgeldzuschüsse 
nicht erhalten. Eine Änderung dieses Gesetzes dürfte zurzeit 
ausgeschlossen sein.. Um so mehr dagegen hat vielleicht der 
zweite Wunsch Aussicht auf Erfolg. Wenn eine entsprechende 
Anregung im Abgeordnetenhause Annahme findet, so dürfte viel¬ 
leicht auch die Staatsregierung zur Erfüllung desselben geneigt 
sein. Es bedarf keiner weiteren Worte, daß das System der 
fest begrenzten Dienstaltersstufen außerordentliche Vorzüge be¬ 
sitzt — wirtschaftliche, weil man in bestimmter Zeit mit der 
Verbesserung rechnen kann, moralische, weil die Veranlassung 
schwindet, auf den Abgang von Kollegen zu warten. Daher ist 
die von Herrn Schaumkeil gegebene Anregung zur weiteren 
Beachtung durchaus zu empfehlen. Nur in einem Punkte möchte 
ich dabei eine abweichende Ansicht äußern. Herr Kollege 
Schaumkell wünscht, daß nicht mehr als drei Gehaltsklassen 
eingerichtet würden; vielleicht bezieht sich dieser Wunsch aller¬ 
dings nicht auf die Eventualität der Dienstaltersstufen. Aber 
abgesehen davon möchte ich doch bemerken, daß auch jetzt 
schon die Schaffung von etwa vier Klassen gerade für die in 
mittleren Jahren befindlichen Kreistierärzte vorteilhaft sein 
dürfte. Wenn z. B. statt der drei Klassen 1200, 2100, 3000 M. 
vier Klassen eingerichtet würden mit 1200, 1800, 2400, 3000 M. 
so würde das schon jetzt ein Vorteil sein. Der Sprung um 
900 M. von 1200 auf 2100 ist unnötig hoch, und anderer¬ 
seits kommt man natürlich früher zu der Stufe von 1800 M., 
wenn vier Klassen eingerichtet werden. Bei der Einführung 
von DienstaltersBtufen würde ja wahrscheinlich die Zahl der 
Klassen sich noch etwas steigern. S. 

t 

Der Senior der deutschen Tierärzte. 

Der älteste deutsche Tierarzt war wohl zurzeit Herr 
Jann Dircks in Norder - Friedrichskoog in Schleswig, der im 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


826 

Jahre 1842, also vor mehr als 65 Jahren die Approbation er¬ 
worben hatte. Am 5. November ist er gestorben, nachdem es 
ihm vergönnt gewesen war, eben noch das 90. Lebensjahr zu 
vollenden. 

Zum Andenken. 

Nachträglich soll auch in der B. T. YV. noch ein kurzes 
Wort gewidmet sein dem Andenken eines der Braven, die von 
Begeisterung erfüllt, nach Afrika gingen und ein Opfer dieses 
männermordenden Erdteils geworden sind. Unter den Militär¬ 
veterinären, die seinerzeit hinauszogen, war auch Reinhard 
Hein, geboren 1874 zu Hochkretscham in Schlesien. Er wurde 
im Oktober 1902 approbiert und trat 1904 zur Schutztruppe 
über. Nach beendigtem Feldzug kehrte er mit einem schweren 
Herzleiden in die Heimat zurück und ist diesem Leiden am 
18. August d. J. erlegen. Der Verstorbene war ein besonders 
sympathischer Mensch, und sein Andenken wird bei allen, die 
ihn gekannt haben, in Ehren bleiben. 

Protokoll über die am 14. Juni 1908 im Bakterio¬ 
logischen Institut der Landwirtschaftskammer für die 
Provinz Sachsen zu Halle a. S. abgehaltene 
63. Generalversammlung des Tierärztlichen Zentral¬ 
vereins für die Provinz Sachsen, die anhaitischen und 
thüringischen Staaten. 

Die Präsenzliste wies folgende Herren Mitgl ieder auf: L e i s t i k o w, 
0undclach und Ristow aus Magdeburg, Pirl-Dessau, Ktihn- 
Zeitz, Liebener-Delitzseh, Dolle und Y T ollmer-OscherBleben, 
Friedrichs-Barleben, Schilling-Osterwieck, Heck er-Leipzig, 
Oppermann - Wanzleben, Wilhelm - Brehna, Meyer - Stendal, 
Laders - Ermslcben, Ude - Wittenberg, Koepke - Liebenwerda, 
Hbf herr-Herzberg, Witte-Quedlinburg, Siramatund Trautwein - 
Eisleben, Naumann-Halberstadt, Rößler-Cöthen, Liebrecht- 
Zörbig, Schlemmer -Gröbzig, Worch, Rautmann, Grosso und 
Raebiger aus Halle a. S. 

Ihr Ausbleiben entschuldigt haben die Herren: Ziegenbein- 
Wolmirstedt, Sickert-Egeln, Jünger-Wcißenfels, Fleischerund 
E. Reimers-Halle. 

Als Gäste wohnten der Sitzung bei die Herren: Oberstabp- 
veterinär Bose, Oberveterinär Seidl er, Repetitor Dr. Stadie, 
Assistenz-Tierärzte Münchgesang und Dr. Skiba sämtlich aus 
Halle a. S. 

Um IVfq Uhr vormittags eröffnete der stellvertretende Vor¬ 
sitzende, Veterinärrat Leistikow - Magdeburg, die Versammlung 
und begrüßte die erschienenen Gäste und Mitglieder. Der I. Vor¬ 
sitzende, Herr Professor Dr. Disselhorst, konnte wegen des 
kürzlich erfolgten Dahinscheidens seiner Gattin die Leitung der 
Versammlung dieses Mal nicht übernehmen. Der Zentralverein hat 
Herrn Professor Disselhorst anläßlich des schweren Trauerfalles 
sein Beileid ausgedrückt und durch den Schriftführer am Grabe der 
Verstorbenen einen Kranz niederlegen lassen. Ferner gedachte der 
stellv. Vorsitzende des Todes des Kollegen Nabel in Schöningen, 
der ein Opfer seines Berufs geworden und in der Blüte der 
Jahre seiner Tätigkeit entrissen ist. Da dem Verein eine Todes¬ 
anzeige nicht zugegangen war, ist es leider nicht möglich gewesen, 
an der Beerdigungsfeierlichkeit teilzunehmen und dem Verblichenen 
eine Blumenspende zu widmen^ Sein Andenken wurde durch 
Erheben von den Plätzen geehrt 

Veterinärrat Leistikow bedauert, daß der Beteiligung an 
der Versammlung durch die Einweihungsfeierlichkeiten des 
R.-S.-C.-Denkmals in Rudolstadt starker Abbruch getan sei, es 
habe sich ein anderer Termin zur Abhaltung der Sitzung aber 
leider nicht finden lassen. Er gibt sodann bekannt, daß auch Herr 
Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Ostertag-Berlin sein Er¬ 
scheinen zugesagt hatte, aber durch vielerlei dringende Dienst¬ 
geschäfte schließlich verhindert war. Sodann verliest er den Brief des 


geschäftsführenden Direktors der Landwirtschaftskammer für die 
Provinz Sachsen, Herrn ökonomierat Dr. Rabe, welcher eine 
Dienstreise antreten mußte und die Mitglieder des Zentralvereins 
namens der Landwirtschaftskammer willkommen hieß. Herr 
ökonomierat Rabe gibt in seinem Schreiben dem Wunsche Aus¬ 
druck, daß die Beziehungen zwischen dem Tierärztlichen Zentral¬ 
verein und der Landwirtschaftskammer auch fernerhin die besten 
bleiben möchten. 

Der Vorsitzende wird dem. Direktor der Landwirtschaftskammer 
den Dank der Versammlung für die Bereitstellung der Räume des 
bakteriologischen Instituts durch ein besonderes Schreiben über¬ 
mitteln. (Ist inzwischen geschehen.) 

Nachdem der Austritt des Herrn Kollegen Meyer-Salzwedel 
infolge Niederlassung in Schwiebus verkündet war, wurde zur Ab¬ 
stimmung über die Aufnahme der neu zum Eintritt angemeldeten 
Kollegen Kais er-Seehausen, St an ge-Wittenberg und Münch- 
gesang-Hötensleben geschritten. Die Herren wurden einstimmig 
aufgenommen. 

Hierauf erfolgt die Verlesung des Schreibens des Unter¬ 
stützungsvereins für Tierärzte (vom April d. J.), dem beizutreten 
der Vorsitzende angelegentlichst empfiehlt. 

Nunmehr heißt der Leiter des bakteriologischen Instituts, 
Kollege Raebiger, die Versammlung im Aufträge der Landwirt¬ 
schaftskammer und namens seiner Institutskollegen herzlich will¬ 
kommen und gibt einen Überblick über die Tätigkeit des Instituts 
unter besonderem Hinweis auf die Hauptaufgaben, die seit dem 
Jahre 1903 in der Bekämpfung der Rindertuberkulose nach dem 
Ostertagschen Y r erfahren, in den Arbeiten zur Bekämpfung der 
infektiösen Kälberrubr durch die Serumimpfung und seit 1906 in 
der Gesundheitskontrolle zur Ermittlung und Erhaltung schweinc- 
seuchcfreier Bestände besteht. Zu diesen Arbeiten sind im ver¬ 
gangenen Jahre neben den Untersuchungen über den ansteckenden 
Kaninchenschnupfen und die Bienenbrutpost neu hinzugekommen 
Infektions versuche mit dem Schiitzschen Erreger der Brustseuche 
der Pferde und vor allem die experimentellen Arbeiten über die 
Schweinepest, deren Fortsetzung- der Herr Landwirtscbsftsminister 
nach dem Übertritt des Herrn Geheimrat Ostertag in das 
Reichsgesundheit8amt dem hiesigen Institut übertragen hat. 

Außerdem beschäftigt sich das Institut fortlaufend mit der 
Prüfung aller neueren in den Handel gebrachten Impfstoffe und 
anderer für die Seuchebekämpfung wichtiger Präparate, um auf 
Grund eigener Erfahrungen stets über den Wert oder den Unwert 
solcher Mittel unterrichtet zu sein. 

Es ist ein besonderes Laboratorium für die Untersuchung von 
Einsendungen aus der Provinz Sachsen und den Nachbarstaaten 
eingerichtet, ferner verschiedene Laboratoriumsräume für die Her¬ 
stellung von Impfstoffen und Bakterienpräparaten. Besonders 
förderlich und anregend ist für uns der Umstand, daß der eigen- 
artigeDienst derLandwirtschaftskammer Gelegenheit bietet, beständig 
mit der Praxis in Fühlung zu bleiben, sei es durch die Vortrags¬ 
tätigkeit in landwirtschaftlichen Vereinen oder durch die praktische 
Anwendung der im Laboratorium gewonneneu Ergebnisse und die 
Durchführung bewährter Seuchenbekämpfungsverfahren in den 
Genossenschaftsbeständen der Provinz. 

Am Schlüsse seiner Ausführungen nimmt Dr. Raebiger 
Veranlassung, seinen Dank den Herren Kollegen zum Ausdruck zu 
bringen, die im Laufe des nunmehr achtjährigen Bestehens des 
Bakteriologischen Instituts gemeinsam mit demselben gearbeitet 
und Versuche angestellt haben, und bittet die in der Praxis stehenden 
Herren auch weiterhin um freundliche Unterstützung. Besonderer 
Dank sei den Herren Veterinärräten Leistikow und Pirl zu 
zollen, durch deren liebenswürdige Fürsprache und Anregung und 
stets bereitwilligst erteilten Rat die Arbeiten des Instituts in hohem 
Maße gefördert worden seien. 

Der Vorsitzende sprach für den freundlichen Empfang im 
Institut den Dank der Versammlung aus und hob hervor, daß die 
Beziehungen zwischen den Kollegen und dem Institut seit dem Be¬ 
stehen desselben unter dem jetzigen Leiter stets erfreuliche und 
allerseits befriedigende gewesen wären. 

Da Herr Veterinärrat Ziegenbein nicht anwesend war, erteilte 
der Vorsitzende zu Punkt 3 der Tagesordnung das Wort. 



12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


827 


Die derzeitige Regelung der Milchkontrolle im Vereinebezirk. 

Vortrag von Schlachthofdirektor Dr. Meyer-Stendal. 

Meine Herren! Es sollte meine Aufgabe sein, Ihnen über die 
derzeitige Regelung der Milchkontrolle im Vereinsbezirk zu be¬ 
richten. Es wurden bei den Ermittlungen im allgemeinen nur die 
Städte berücksichtigt, da in den kleinen Orten diese Frage nur 
ganz vereinzelt geregelt ist. 

Aus 26 Städten des Vereinsbezirks erhielt ich die erbetene 
Auskunft nämlich aus Aschersleben, Bernburg, Burg, Cöthen, Dessau, 
Eisleben, Erfurt, Gardelegen, Halberstadt, Halle, Magdeburg, Mühl¬ 
hausen i. Th., Nordhausen, Salzwedel, Staßfurt, Tangermünde, Torgau, 
Weißenfels, Wernigerode, Wittenberg, Wolmirstedt, Zeitz und 
Zerbst. Nur in neun dieser Städte sind bisher besondere, den Milch¬ 
verkehr regelnde Polizeiverordnungen erlassen, nämlich in Aschers¬ 
leben, Dessau, Erfurt, Halle, Magdeburg, Mühlhausen, Nordhausen, 
Stendal und Werningerode, in mehreren anderen Städten, so in 
Bernburg, Merseburg, Torgau und Zerbst ist der Erlaß einer solchen 
Verordnung für die nächste Zeit beabsichtigt. 

In einzelnen Städten wie Merseburg, Staßfurt, Tangermünde 
und Wolmirstedt beschränkt sich die Milchkontrolle darauf, ebenso 
wie von den anderen Nahrungsmitteln z. B. Wein, Mehl und Fleisch, 
auch von der Milch jährlich einige Proben zu entnehmen und einem 
Nabrungsmitteluntersuchungsamto zu übersenden. 

Die Untersuchungen finden so selten statt, daß sie schon 
deshalb bei einem Nahrungsmittel wie der Milch wenig nützen 
können; vom sanitären Standpunkte aus sind diese Untersuchungen 
der Milch fast wertlos, da sie sich darauf beschränken, den Fett¬ 
gehalt, das spezifische Gewicht und den Trockensubstanzgehalt der 
Milch zu ermitteln. In Eisleben, Burg, Gardelegen, Naumburg, 
Torgau, Weißenfcls und Wittenberg finden daneben noch häufiger 
Untersuchungen der Milch durch Polizeibeamte statt. Es handelt 
sieh hierbei fast nur um Versuche durch Aräometer resp. Laktoskope 
das spezifische Gewicht bzw. den Fettgehalt der Milch festzustellen. 
Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes allein besagt wenig und 
die angewandten Methoden zur Bestimmung des Fettgehaltes sind 
unznverläBsig. Es soll duroh diese Untersuchungen auch im allge¬ 
meinen nur verdächtige Milch herausgefunden werden, um dann 
eine weitere Untersuchung durch Sachverständige herbeiführen zu 
können. Als Sachverständige werden hier bislang fast nur Chemiker, 
in einem Falle auch ein Apotheker in Anspruch genommen. Eine 
Untersuchung auf etwaige gesundheitsschädliche Eigenschaften der 
Milch findet nicht statt. Vielen Stadt- resp. Polizeiverwaltungen 
dürfte dies nicht genügend bekannt sein: denn sonst würden sie 
jedenfalls auch tierärztliche Sachverständige zuziehen. 

Die in den neun Städten erlassenen besonderen Polizei Verordnungen 
stimmen in den meisten Paragraphen überein; als Vorlage hat offen¬ 
bar der Runderlaß des preußischen Ministers des Innern an die 
Herren Oberpräsidenten vom 27. Mai 1899 und die Abänderung 
dieses Erlasses vom 25. Mai 1900 gedient. Es wird bestimmt: 1. Der 
Milchverkauf ist anzumelden; Vollmilch muß mindestens 2,7 Proz. 
Fett und 1,028 spezifisches Gewicht haben; die Beschaffenheit der 
Milchgefäße und* der Aufbewahrungsräume wird vorgeschrieben; 
die Beschäftignng von Personen, die an ansteckenden Krankheiten 
leiden, wird verboten, und endlich wird bestimmt, welche Milch 
vom Verkehre ganz auszuschließen ist. Ausgeschlossen wird 1. Milch, 
die einige Tage vor oder bis sechs Tage nach dem Abkalben ge¬ 
wonnen ist. 2. Milch von Kühen, die erkrankt sind an Milzbrand, 
Rauschbrand, Lungenseuche, Tollwut, Pocken, Gelbsucht, Ruhr, 
Eutertuberkulose oder mit starker Abmagerung oder Durchfall ver¬ 
bundener Tuberkulose, Euterentzündungen oder anderen fieberhaften 
Erkrankungen. Ferner Milch von Kühen, bei denen die Nachgeburt 
nicht abgegangen ist oder bei denen krankhafter übelriechender 
Ausfluß aus den Geschlechtsteilen besteht. — 3. Milch von Kühen, 
die mit giftigen, in die Milch übergehenden Arzneimitteln z. B. 
Arsen, Brechweinstein, Nieswurz, Opium, Eserin, Pilocarpin und 
anderen Alkaloiden behandelt werden. — 4. Milch, welche blau, 
rot oder sonst abnorm gefärbt ist, mit Schimmelpilzen besetzt, 
bitter, faulig, schleimig oder sonstwie verdorben ist, Blutreste oder 
Blutgerinnsel enthält. — 5. Milch, welche fremdartige Stoffe, wie 
Eis, insbesondere irgendwelche chemischen Konservierungsmittel 
enthält und Milch, die einen zu großen Schmützgehalt besitzt. 


Über die Höhe des zulässigen Schmutzgehaltes wird in den meisten 
Verordnungen nichts gesagt, in Stendal besteht die Bestimmung, 
daß die Milchprobe nach einstündigem Stehen im Glase keinen sicht¬ 
baren Bodensatz absetzen darf. 

Milch von Kühen, welche an Maul- und Klauenseuche leiden, 
darf nur abgekocht oder sterilisiert in den Verkehr gebracht werden; 
das gleiche wird in Magdeburg auch verlangt ftlr Milch, die von 
Kühen stammt, die mit Tuberkulose, aber nicht mit offener Tuber¬ 
kulose behaftet sind, 

Scheinbar wird also in diesen Verordnungen großer Wert dar¬ 
auf gelegt, nur gesunde Milch in den Verkehr zu lassen. In 
mancher Hinsicht gehen die Verordnungen sogar entschieden zu 
w eit, z. B. wenn verlangt wird, daß die Milch sämtlicher tuber¬ 
lösen Kühe nur abgekocht in den Vorkehr gebracht werden darf, 
oder daß die Milch keinerlei fremde Stoffe also auch keinerlei 
Schmutz enthalten darf. In Wirklichkeit sind die ganzen Be¬ 
stimmungen fast wertlos, so lange nicht durch geeignete Sach¬ 
verständige eine Kontrolle darüber ausgeführt wird, ob die Be¬ 
stimmungen auch befolgt werden. Wenn das nicht geschieht, 
dürften derartige Bestimmungen nur dazu führen, die Bevölkerung 
zu täuschen. Denn wenn derartig anscheinend treffliche, scharfe 
Bestimmungen in Kraft sind und es wird nachher auf Grund einer 
amtlichen Untersuchung die Milch als einwandfrei bezeichnet, so 
wird die große Mehrheit der Bevölkerung glauben, die Milch 
sei auch gesundheitlich einwandfrei, sie entspräche tatsächlich 
den gestellten Anforderungen. Dabei erstreckt sich heute die amt¬ 
liche Untersuchung fast nnr auf die Bestimmung des Fettgehaltes, 
die gesundheitliche Seite bleibt ganz unberücksichtigt; oft werden 
nicht einmal Bestimmungen des Schmutzgehaltes und der Reaktion 
vorgenoinmen. — In einzelnen Städten hat man wenigstens ver¬ 
sucht, eine Kontrolle über die Beschaffung gesunder Milch dadurch 
zu erreichen, daß tierärztliche Untersuchungen der Milchkühe vor¬ 
gesehen sind, so in Aschersleben, Halle, Magdeburg, Erfurt, Stendal, 
Mühlhausen und Nordhausen. In den vier zuletzt genannten Städten 
erstreckten sich die Untersuchungen nur auf die im Stadtbezirk 
aufgestellten Kühe. Eine Untersuchung der Milch selbst durch 
Tierärzte findet in unserm Vercinsbezirk, abgesehen von Stendal, 
anscheinend noch nirgends statt, und doch dürfte der Tierarzt hier 
ebenso wie bei der Fleischkontrolle, der in erster Linie in Frage 
kommende Sachverständige Bein, wenigstens wenn es sich um die 
Beschaffung gesunder Milch handeln soll. 

Eine brauchbare Milchkontrolle kann nur erreicht werden, wenn 
sie ähnlich wie die Fleischkontrolle geregelt wird. Die sanitäre 
Beurteilung der Milch muß. Sache des Tierarztes, in einigen Einzel¬ 
fällen Sache des Menschenarztes, die chemische Untersuchung in 
erster Linie Sache des Chemikers sein. Die Bestimmung des 
spezifischen Gewichts, des Geruchs, Geschmacks, Aussehens, der 
Reaktion und des Schmutzgehalts kann sowohl vom Tierarzt als 
dem Chemiker, erledigt werden. Auch für die Ermittlung des Fett¬ 
gehalts dürfte der Tierarzt zuständig sein, besonders soweit die 
einfache Gerb ersehe Methode ausreicht. Auf ein Hundertstel 
kommt es bei der Ermittlung des Fettprozents in der Praxis gar 
nicht an. Es kann diese Untersuchung nicht ausschließlich vom 
Chemiker beansprucht werden, sonst könnte er mit mindestens 
demselben Recht auch die Harnuntersuchungen beanspruchen. Zur 
Vornahme dieser einfachen Methoden ist auch der Tierarzt genügend 
chemisch vorgebildet, ganz abgesehen davon, daß sie heute in den 
Vorlesungen und Kursen auf den tierärztlichen Hochschulen gelehrt 
werden. Der Tierarzt ist auch am besten in der Lage, bei einem 
etwa gefundenen zu geringen Fettgehalte festzustellen, ob dieser 
durch eine Erkrankung der Kühe oder durch unzweckmäßiges 
Melken verursacht worden ist. Ausdrücklich möchte ich betonen, 
daß ich die segensreiche Tätigheit der in den Nahrungsmittel¬ 
untersuchungsämtern tätigen Chemiker durchaus anerkenne, nur ist 
es nicht angängig, die chemische Untersuchung einiger Fleisch¬ 
oder Milchproben als genügende Fleisch- resp. Milchkontrolle zu 
bezeichnen. Würde die Milchkontrolle in erster Linie den schon 
mit der Fleischkontrolle betrauten Tierärzten übertragen, so würde 
auf die Beschaffung gesunder Milch ein größeres Gewicht gelegt 
werden und außerdem ließe sich die Kontrolle leichter durchführen, da 
Tierärzte fast überall zur Verfügung stehen. Für die Untersuchung 






828 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


der Milch werden im allgemeinen die Laboratorien der städtischen 
Schlachthöfe die geeignetsten Stätten sein. Dort könnten die Proben 
auf Geruch, Farbe, Geschmack, Reaktion, spezifisches Gewicht, Zu¬ 
satz von Colostralmilcb, Fettgehalt und besonders Schmutzgehalt 
untersucht werden, es könnten bakteriologische Untersuchung 
des beim Zentrifugieren gewonnenen Bodensatzes, Leukocyten- 
proben nach Dr. Tromsdorff Gärproben und eventuell auch Impf¬ 
versuche vorgenommen werden. Ergibt sich hierbei der Verdacht 
auf Zusatz von Konservierungsmitteln oder sonstiger Chemikalien, 
könnte die Probe dem Chemiker zur weiteren Untersuchung über¬ 
wiesen werden. Ergibt die Untersuchung den Verdacht, daß die 
Milch von Kühen stammt, deren Milch nach den Bestimmungen 
vom Verkehr auszuschließen ist, so muß eine Untersuchung des 
Milchviehbestandes erfolgen. Auch müßte der Milchviehhalter ver¬ 
pflichtet sein, derartigen Verdacht Zur Anzeige zu bringen. Tier¬ 
ärztliche Revisionen der Milchviehbestände (etwa vierteljährlich) 
müßten auch sonst, wo irgend möglich, eingeführt werden; derartige 
Revisionen würden vom sanitären Standpunkte unvergleichlich 
wirksamer sein, ali die heute geübte Kontrolle. Sie würden auch 
für den Landwirt nhtzlich sein, da er rechtzeitig auf vorhandene 
Schäden aufmerksam gemacht würde. Die Kontrolle müßte für die 
Milchviehbalter kostenlos oder doch nur mit geringen Kosten ver¬ 
knüpft sein. Da sie in erster Linie aus Rücksicht auf die All¬ 
gemeinheit nötig ist, müßte auch die Allgemeinheit die Kosten 
tragen, allenfalls könnte eine geringe Abgabe nach der Anzahl der 
Milchkühe erhoben werden. Tierärztliche Behandlung dürfte mit 
der Kontrolle nicht verbunden werden. — Zuzugeben ist, daß die 
sanitäre Milchkontrolle heute leider noch wenig ausgebaut ist, daß 
ihr noch mancherlei Mängel anhaften, aber notwendig ist ihre 
Durchführung im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung un¬ 
bedingt dringend. Auch die Fleischbeschau war anfangs nicht so 
vollkommen wie heute, auch sie hat erst mühsam aufgebaut werden 
müssen, das gleiche würde den Tierärzten auch bei der Milch¬ 
kontrolle gelingen, man muß ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. 
Wenn bislang die Tierärzte so wenig berücksichtigt worden sind, 
so liegt das meines Erachtens besonders an dem Runderlaß von 
1899, den fast alle Städte sich heute noch als Muster nehmen. In 
diesem Runderlaß sind die Tierärzte auffallend schlecht weg¬ 
gekommen, denn abgesehen von der Kontrolle der Kindermilchkübe 
werden sie mit keinem Worte erwähnt, sondern nur der Chemiker 
und eventuell erprobte Marktpolizeibeamte. Selbst für die bak 
teriologische Untersuchung zweifelhafter Milch wird ausschließlich 
der Chemiker empfohlen. Es ist unsere Pflicht, auf die Mängel 
dieses Erlasses hinzuweisen und zu betonen, daß mehr Gewicht 
auf die Beschaffung gesunder Milch gelegt werden muß. Falls 
nicht die wesentlichsten Bestimmungen auf dem Papier stehen 
bleiben sollen, kann der tierärztliche Sachverständige nicht entbehrt 
werden, ebensowenig wie bei der Durchführung der Fleischhygiene. 
Natürlich wird sich eine einwandfreie Milchkontrolle nicht von 
heute auf morgen schaffen lassen, sollen aber überhaupt Fort¬ 
schritte gemacht werden, so muß immer wieder auf das Ziel, die 
Beschaffung gesunder Milch, hingewiesen werden; es darf nicht 
die Meinung aufkommen, daß die heute ausgeübte chemische Unter¬ 
suchung einzelner Proben eine ausreichende Milchkontrolle darstellt. 
(Aufklärende Tätigkeit durch Wort und Schrift, Beteiligung an den 
städt. Gesundheitskommissionen etc.). 

An der Diskussion beteiligen sich vor allem die Herren Gnnde- 
lach, Pirl und Leistikow. 

Veterinärrat Leistikow betonte, daß die Milchkontrolle so 
lange im argen liegen würde, als wir kein Reichsgesetz darüber 
haben. Er empfahl daher auf den Erlaß eines Reichsgesetzes hin¬ 
zu wirken und unterbreitete der Versammlung nachstehende Resolution. 

Beschluß. 

Der Tierärztliche Zentralverein für die Provinz Sachsen, die an- 
haltischen und thüringischen Staaten beschließt: 

1. Im Hinblick darauf, daß die Milch — neben dem Fleisch 
eines der wuchtigsten menschlichen Nahrungsmittel — vielfache 
Abweichungen votn ordnungsmäßigen Zustande aufweisen und da¬ 
durch selbst gesundheitsschädliche Eigenschaften annehmen kann, 
erscheint es erforderlich, die Erzeugung, Gewinnung und den Handels¬ 
verkehr mit Milch einer dauernden Kontrolle zu unterwerfen. Zur 


Grundlage dieser Kontrolle ist der Erlaß eines Reichsgesetzes an¬ 
zustreben. Bei der Milchgewinnung ist besondere tierärztliche 
Überwachung des Gesundheitszustandes der betreffenden Tiere, bei 
der Kontrolle der im Verkehr befindlichen Milch die Mitwirkung der 
Tierärzte unerläßlich. 

2. Der Vorstand wird beauftragt, den Beschluß zu 1 dem 
Deutschen Veterinärrat mit dem Ersuchen zu unterbreiten, in ihm 
geeignet erscheinender Weise auf den Erlaß eines solchen Reichs¬ 
gesetzes hinzuwirken. 

8. Die Beschlüsse zu 1 und 2.werden den dem Deutschen V.-R. 
angeschlossenen tierärztlichen Vereinen zur gefälligen Kenntnis¬ 
nahme zugefertigt. 

Begründung, 
a) Von Leistikow. 

Die Produktion der Milch, sowie der Verkehr mit diesem so 
überaus wichtigen Nahrungsmittel unterliegen zurzeit noch keiner 
allgemeinen behördlichen Überwachung, wie eine solche durch das 
Reichsgesetz vom 3. Juni 1900 für das Fleisch geschaffen ist 

In dem Zirkularerlaß der Herren Minister des Innern und für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 28. Januar 1884 an die 
Herren Oberpräsidenten, betreffend die Regelung des Verkehrs mit 
Milch wird es als Notwendigkeit bezeichnet, von einem einheitlichen 
Milchuntersuchungsverfahren für das Deutsche Reich Abstand zu 
nehmen, weil sich die Unausführbarkeit eines für den praktischen 
Gebrauch der Polizeibehörden geeigneten, einheitlichen Unter- 
suchungsverfahtens ergeben habe. 

Auch beständen erhebliche Bedenken für die Bestandteile der 
Milch, Minimalwerte aufzustellen, deren Erhöhung den Einzel¬ 
regierungen überlassen bleiben sollte. 

Auf dieselben Gründe wird in dem Zirkularerlaß vom 22. Juni 
1899 Bezug genommen und daraus eine einheitliche Regelung der 
Sache für das gesamte Staatsgebiet als zurzeit noch nicht zulässig 
bezeichnet. Es werden in diesem Erlasse neue Grundsätze aufgestellt, 
nach denen der Verkehr mit Milch „wo sich ein Bedürfnis dazu heraus¬ 
stellt, unterBerücksichtigung der örtlichenVerhältnisse“,durch Polizei¬ 
verordnung oder sonstige polizeiliche Maßnahmen geregelt werden 
soll. Nach diesen Grundsätzen haben die Ortspolizeibehörden einzelner, 
besonders größerer Städte Polizeiverordnungen erlassen. Diese 
Verordnungen haben den ZuständigkeitenVerhältnissen entsprechend, 
stets nur örtlich beschränkte Gültigkeit. Sie regeln den Verkehr 
mit Milch und die Untersuchung der im Handel befindlichen Milch 
und beschäftigen sich auch mit der Einrichtung der Stallungen, der 
Überwachung des Gesundheitszustandes, der Fütterung und Haltung 
der Kühe, von welchen Vorzugs-, Gesundheits- oder Kindermilch 
gewonnen werden soll. Wird derartige Milch für Handelszwecke, 
von außerhalb bezogen, so wird gefordert, daß sie in den Förder¬ 
gefäßen keine höhere Temperatur als 10° C und beim Abgeben an 
die Verbraucher keinen höheren Säuregrad als 2—4° nach Soxleth 
hat. Die übrigen strengen — durchaus sachgemäßen — Vorschriften 
über die Einrichtung der Stallungen usw. können nur in den seltenen 
Fällen zur Durchführung kommen, in denen zufällig auch für den 
Erzeugungsort der Milch eine entsprechende Polizei Verordnung er¬ 
lassen ist 

Nach den Grundsätzen wird die Frage ob solche Polizeiver¬ 
ordnungen erlassen werden sollen, nach dem „Bedürfnis“ entschieden. 
Das Bedürfnis müßte aber für alle Gemeinden bejaht werden, in 
welchen Handel mit Milch zum unmittelbaren Genüsse für Menschen 
stattfindet Wenn im Gegensatz hierzu nur wenig Ortspolizeibehörden 
Polizeiverordnungen der in der Rede stehenden Art erlassen haben, 
so beweist dies, daß die Notwendigkeit der Überwachung des Milch¬ 
verkehrs und besonders auch die Gefahren, welche durch den Genuß 
gesundheitsschädlicher Milch für Menschen entstehen können, noch 
nicht genügend gewürdigt werden. 

Herr Veterinärrat Dr. Foth hat in seinen vortrefflichen Vor¬ 
trägen auf der Generalversammlung des Tierärztlichen Vereins in 
Schleswig-Holstein zu Kiel am 1. September v. J. und auf dem 
Kongresse für Hygiene und Demographie die Überwachung der 
Milchgewinnung und des Verkehrs mit Milch eingehend erörtert. 
Am Schlüsse des letzteren Vortrages kommt er zu folgenden Leit¬ 
sätzen (B. T. W. 1907, S. 647 und 896): 






12, November 1908, 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


829 


I. Die Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreier Milch 
ist eine unabweisbare Forderung der öffentlichen Gesundheitspflege. 

II. Zur Erfüllung dieser Forderung ist die Klinke der Gesetz¬ 
gebung nicht zu entbehren. 

Diesen Leitsätzen kann nur zugestimmt werden. Es erscheint 
erforderlich durch Gesetz, am besten durch Reichsgesetz, die staat¬ 
liche Kontrolle der Milch, welche zum Genüsse für Menschen feil¬ 
gehalten oder verkauft werden soll, vorzuschreiben. 

Den in den eingangs erwähnten Ministerialerlassen gegen die 
Anordnung eines einheitlichen Milchuntersuchungsverfahrens für das 
Deutsche Reich erhobenen, berechtigten Bedenken würde dadurch 
Rechnung zu tragen sein, daß in das Gesetz nur allgemeine Grund¬ 
sätze aufgenommen, die speziellen Bestimmungen aber den Einzel¬ 
staaten überlassen werden. Vor allen Dingen würde in dem Reichs¬ 
gesetz von der Festsetzung eines Mindestfettgehaltes abzusehen sein. 
Ebensowenig dürfte das Untersuchungsverfahren fllr die Milch ge¬ 
setzlich festzulegen sein. Die hierfür anzuwendenden Methoden 
würden stets unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs vorzu¬ 
schreiben sein, so daß Verbesserungen des Untersuchungsverfahrens 
alsbald zur Anwendung kommen können. 

Dagegen würden in das Gesetz aufzunehmen sein: allgemeine 
Bestimmungen über die Beschaffenheit der Stallungen, in welchen 
Milchkühe, deren Milch zum Genüsse für Menschen feilgehalten oder 
verkauft werden soll, über Wartung, Pflege, Überwachung des Ge¬ 
sundheitszustandes und Reinhaltung der Tiere, Reinlichkeit beim 
Melken, Überwachung des Gesundheitszustandes der bei der Gewinnung 
und dem Vertriebe der Milch beschäftigten Personen. Auch Hin¬ 
sichtlich dieser Forderungen muß den Leitsätzen III und IV Foths 
(a. a. 0.) zugestimmt werden. 

Bemerkt sei ausdrücklich, daß dem zu erlassenden Reichsgesetze 
nur diejenigen Milchwirtschaften unterworfen werden sollen, welche 
Milch zum unmittelbaren Genüsse für Menschen produzieren, nicht 
aber diejenigen, welche die Milch an Molkereien zur Butter- und 
Käsebereitung abgeben. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß 
die Überwachung des Gesundheitszustandes der Milchkühe aus¬ 
schließlich durch Tierärzte zu erfolgen hat. Auch zur Untersuchung 
der im Verkehr befindlichen Handelsmilch erscheinen diese, vermöge 
ihres Fachstudiums besonders geeignet. 

Auch die Laboratorien der Schlachthöfe werden vorteilhaft mit 
der Untersuchung der Milch zu betrauen sein. 

b) Von Meyer-Stendal. 

Die Milch ist eines unserer wichtigsten und unentbehrlichsten 
Nahrungsmittel, da sie alle erforderlichen Nährstoffe in geeignetster 
Form und in günstiger Mischung enthält Aus volkswirtschaftlichen 
und hygienischen Gründen ist eine möglichste Hebung des Milch¬ 
verbrauchs wünschenswert Leider entspricht die Milch nicht immer 
den berechtigten Anforderungen; häufig besitzt sie sogar Eigen¬ 
schaften, die die Gesundheit des Konsumenten in hohem Maße ge¬ 
fährden. Der Konsument ist in den weitaus meisten Fällen nicht 
imstande, diese minderwertigen oder gesundheitsschädlichen Eigen¬ 
schaften der Milch zu erkennen, und der einzelne ist auch zumeist nicht 
in der Lage, die Beschaffung gesunder Milch zu erreichen. Es ist Auf¬ 
gabe der Behörde, hier helfend einzugreifen, die Bevölkerung nach 
Möglichkeit vor den durch den Milchgenuß drohenden Gefahren zu 
schützen. Die heute zu diesem Zweck ergriffenen Maßnahmen sind 
durchaus unzulänglich. In einer Reihe von Städten wird zwar bestimmt, 
daß die als minderwertig oder gesundheitsschädlich angesehene Milch 
vom Verkehr ausgeschlossen ist, doch wird dem Milchproduzenten 
keine Möglichkeit gegeben, diese Bestimmungen innezuhalten. Es 
geschieht zumeist nichts, diese Bestimmung auch wirklich durch¬ 
zuführen; sie bestehen nur auf dem Papier, und bewirken oft 
nur eine Täuschung des Publikums. Die Milchkontrolle beschränkt 
sich vielfach darauf, daß alljährlich einige Milchproben auf ihren 
Fettgehalt untersucht werden. Eine derartige Milchkontrolle kann 
nicht als eine auch nur den geringsten Anforderungen gerecht 
werdende bezeichnet werden, ebensowenig wie es als eine genügende 
Fleiscbkontrolle angesehen werden könnte, wenn lediglich einige 
Fleischproben alljährlich auf ihren Eiweiß- und Fettgehalt untersucht 
würden. Es muß sich die Kontrolle der Milch in erster Linie 
darauf erstrecken, ob die Milch in gesundheitlicher Hinsicht ein¬ 


wandfrei ist; die Untersuchungen müssen häufiger erfolgen und 
die Ursachen der Minderwertigkeit oder der Gesundheitsschädlichkeit 
müssen ermittelt werden, damit der Milchproduzent bei gutem 
Willen die Möglichkeit erhält, für Abhilfe zu sorgen, und damit der 
Milchkonsument nicht nur für einen Tag sondern dauernd geschützt 
wird. Eine diesen Ansprüchen gerecht werdende Milchkontrolle 
kann nur erreicht werden, wenn in erster Linie Tierärzte an ihrer 
Durchführung mitwirken. Es müssen die Milchviehbestände einer 
regelmäßigen tierärztlichen Überwachung unterstehen, da nur dann 
der Milchproduzent die Bestimmungen über die Beschaffung gesunder 
Milch zu befolgen in der Lage ist. Da jedoch regelmäßige tier¬ 
ärztliche Überwachungen sämtlicher Milchkühe nur in größeren 
Zwischenräumen durchführbar sind, müssen außerdem häufige Unter¬ 
suchungen der Milch selbst durch Tierärzte vorgenommen werden. 
Hierzu dürften im allgemeinen zunächst die Laboratorien der 
städtischen Schlachthöfe die geeignetsten Stätten sein. Dort 
könnten die Milchproben auf Farbe, Geruch, Geschmack, Reaktion, 
spezifisches Gewicht,Fettgehalt, Gehalt anTrockensubstanz, Schmutz¬ 
gehalt,*) Zusatz von Colostralmilch untersucht und bakteriologische 
Untersuchungen des beim Zentrifugieren gewonnenen Bodensatzes, 
Gärproben, Leukozytenproben nach Dr. Tromsdorff, sowie nötigenfalls 
Impfversuche usw. vorgenommen werden. Ergebe sich ein Verdacht 
auf Verfälschung, Zusatz von Konservierungsmitteln oder sonstigen 
Chemikalien, könnte die Probe einem Chemiker zur diesbezüglichen 
näheren Untersuchung überwiesen werden; in einzelnen Fällen 
dürfte auch die Zuziehung eines Humanmediziners erforderlich 
werden. Ergebe sich der Verdacht, daß die Milch von Kühen 
stammt, deren Milch als minderwertig oder gesundheitsschädlich vom 
Verkehr auszuschließen wäre, so müßten weitere Ermittlungen an¬ 
gestellt und eine besondere Untersuchung des in Frage kommenden 
Milchbestandes vorgenommen werden. 

Nur wenn in dieser Weise häufige Milchuntersuchungeu und 
die Überwachung der Milchviehhaltungen miteinander verbunden 
werden, dürfte eine brauchbare, dem Produzenten und Konsumenten 
gerecht werdende Regelung dieser wichtigen hygienischen Frage 
zu erreichen sein. Erforderlich ist, daß die grundlegenden Be¬ 
stimmungen über die Gewinnung und den Verkehr mit Milch für 
das ganze Reich einheitlich und verbindlich festgelegt werden, eben¬ 
so wie dies für die Fleischkontrolle durch das Reichsfleischbeschau¬ 
gesetz bereits geschehen ist So lange dies nicht geschieht, werden 
durchgreifende Erfolge schwer zu erzielen sein; es wird Flickwerk 
bleiben, die Lokal-Bestimmungen werden vereinzelt, vielfach un¬ 
genügend, unzweckmäßig und widerspruchsvoll bleiben. 

Der von Leistikow vorgeschlagenen und von ihm und Pirl 
abgefaßten Resolution wurde einstimmig zugestimmt. 

Veterinärrat Pirl empfahl die Resolution nicht nur dem 
Deutschen Veterinärrat sondern auch dem Deutschen Landwirt¬ 
schaftsrat zu unterbreiten. 

* 

Im Hinblick auf die vorgerückte Zeit verzichtete Herr Veterinär- 
rat Pirl auf das Wort zu seinem Vortrag über Faulbrutseuche der 
Bienen und stellte das Referat in freundlichster Weise auf die 
nächste Sitzung in Aussicht. 

Auch Punkt 5 der Tagesordnung, die Besprechung praktischer 
Fragen, wurde übergangen, um die von den Kollegen des bak¬ 
teriologischen Instituts gebotenen Referate zu hören und eine ein¬ 
gehende Besichtigung des Instituts vornehmen zu können. 

*) Für diesen Teil der Untersuchung ist zwar nach der heute 
noch herrschenden Ansicht in erster Linie nur der Chemiker zu¬ 
ständig, doch dürfte der Tierarzt hier dem Chemiker gleichberechtigt 
sein, da er für die Praxis ausreichende Methoden beherrscht. Die 
tierärztliche Untersuchung hat den wesentlichen Vorteil, daß die 
Kontrolle in der Hand eines Sachverständigen bleibt, und daß der 
Tierarzt infolge seiner physiologischen und pathologischen Fach¬ 
kenntnisse in der Lage ist, die Ursache der Abweichung zu er¬ 
mitteln und somit dauernde Abhilfe zu ermöglichen. Es kann 
z. B. bei der Ermittlung eines Fettgehaltes unter 2,7 Proz. nicht 
als ausreichend angesehen werden, den Milcbverkäufer zu bestrafen. 
In vielen Fällen würde dies ungerecht und wirkungslos sein, da die 
Ursache nicht immer auf eine Verfälschung zurückzuführon ist, 
sondern oft darauf, daß einzelne Kühe aus physiologischen und 
pathologischen Gründen fettarme Milch geben oder darauf, daß das 
Melken oder die weitere Behandlung der Milch unzweckmäßig sind 





830 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


Der Vorsitzende erteilte demnach Herrn Dr. Stadle, Repetitor 
des Hygienischen Instituts der Berliner Tierärztlichen Hochschule, 
das Wort Dr. Stad io wird seinen Vortrag: 

„Versuche Ober die praktische Verwendbarkeit eines mit Hilfe des 
filtrierbaren Virus hergestellten Schweinepestserums“ in dieser Wochen¬ 
schrift an besonderer Stelle ausführlich veröffentlichen. 

Die Versammlung folgte den Ausführungen des Referenten 
mit großem Interesse. 

Der Vorsitzende dankte für die eingehende Schilderung der 
für die Seuchenbekämpfung so wichtigen Untersuchungen und bat 
die anwesenden Kollegen um Nutzanwendung der Versuchsergebnisse 
in der Praxis und erteilte dann Herrn Dr. Rautmann das Wort. 

„Neueres auf dem Gebiet der Tuberkulosebekämpfung.“ 

Vortrag von Dr. Rautmann. 

Sehr geehrte Herren! Wie stark die Rindertuberkulose 
verbreitet ist, war bis vor kurzem selbst den in der Praxis stehenden 
Tierärzten nicht genau bekannt. Hier hat erst die Einführung des 
Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesotzes den letzten Schleier der 
Ungewißheit beseitigt; heute wissen wir, daß von sämtlichem in 
Deutschland geschlachteten 

Jungvieh . . 5,3 % 

Bullen . . . 13,9% 

Ochsen . . . 18,3% 

Kühen . . . 25,3% 

mit tuberkulösen Prozessen behaftet gefunden werden. 

Diese Zahlen legen ein beredtes Zeugnis dafür ab, daß im 
Kampfe mit der Tuberkulose dem praktischen Tierarzt ein reiches 
Arbeitsfeld offen steht. Trotzdem hier alle Heilmittel versagt 
haben, kann ich wohl behaupten, daß es auch ein segensreiches 
Arbeitsfeld ist. Dafür sprechen wenigstens die Erfolge, die durch 
unsere vierjährige praktische Tätigkeit erzielt sind. 

Nach zwei Gesichtspunkten versucht man neuerdings 
die Tuberkulose zu tilgen: 

1. Durch Maßregeln zur Verhütung einer Neuinfektion (= Prä- 
cautionsverfahren); 

2. durch Erzielung einer Tuberkuloseimmunität mittelst Schutz¬ 
impfungen. 

Demgemäß sind auch in der Provinz Sachsen durch unser 
Institut seit dem Jahre 1903 Versuche angestellt worden, über 
deren Ausfall schon interessante Ergebnisse vorliegen. 

Zunächst wurde im genannten Jahre das von Herrn Geh.-Rat 
Professor Dr. Oster tag modifizierte Bangsche Verfahren zur Ein¬ 
führung gebracht Wie Ihnen bekannt sein dürfte, besteht dasselbe 
in der Ausmerzung der mit einer offenen Form der Tuber¬ 
kulose behafteten Tiere, bei denen also Tuberkelbazilion mit den 
Ex- und Sekreten aasgeschieden werden, um so eine Quelle für die 
Neuinfektion bei den übrigen, bisher gesunden Stallinsasscn zu ver¬ 
stopfen. Ferner in der tuberkulosefreien Aufzucht der 
tuberkulosefrei geborenen Kälber. Diese wird erreicht durch 
Verhütung der Tuberkelbazillenaufnahme sowohl mit der 
Nahrung als der Luft; daher ist die konsequente Durchführung 
zweier Forderungen notwendig: 

1. Isolierung der Kälber; 

2. Die Ernährung mit abgekochter Milch, bzw. mit roher Ammen¬ 
milch solcher Kühe, die Bich sowohl durch die klinische 
Untersuchung, wie durch die Tuberkulinprobe als frei von 
Tuberkulose bewiesen haben. 

So einfach durchführbar diese Forderungen erscheinen, sind 
sie in Wirklichkeit nicht und zwar, weil es in vielen Fällen an 
dem nötigen Interesse des Landwirtes fehlt, und sich andererseits 
die zur Wartung und Pflege des Kindes bestimmten Leute un¬ 
zuverlässig erweisen. Unter diesen Verhältnissen hat namentlich 
die zweite Forderung des Verfahrens zu leiden.*) 

Im Gegensatz hierzu gelingt es bedeutend leichter, dem ersten 
Verlangen nachzukommen, da einerseits die Ermittlung der tuber- 

*) 22 Besitzer verfüttern abgekochte Milch; 

14 * „ Ammenmilch tuberkulinisierter Kühe. 

Die hierbei beobachteten Tuberkulinreaktionen schwanken: 
heim Großvieh von 26,27% bis 81,8%, 

„ Jungvieh „ 0% „ 65%%. 


kulösen Tiere durch die tierärztliche Untersuchung bei einiger 
Übung ziemlich sicher möglich ist, andererseits der Besitzer sich 
leicht selbst überzeugt, wie rationell er wirtschaftet, wenn er die 
kranken Tiere so schnell wie angängig ausmerzt. 

Vom 1. April 1907 bis 31. März 1908 wurden annähernd 5000 Stück 
Großvieh, die bereits mehrfach geprüft sind, untersucht und nach 
unseren Ermittlungen hiervon 86 Tiere = 1,76 Proz. mit einer 
offenen Form der Tuberkulose behaftet gefunden, und zwar litten 
80 Tiere an Lungentuberkulose = 1,64 Proz. 

9 „ „ Eutertuberkulose = 0,18 „ 

In der gleichen Zeit sind 300 Tiere der erstmaligen Untersuchung 
unterzogen, von denen 27 = 9 Proz. an offener Tuberkulose er¬ 
krankt waren. 

Es war demnach bei der Durchführung der ersten Forderung 
des Ostertagschen Verfahrens möglich, den Prozentsatz der 
gefährlich tuberkulösen Tiere von 9 Proz. auf 1,76 Proz. 
herabzudrücken. 

Es ist dies ein sehr erfreulicher Erfolg, der bei näherer Be¬ 
trachtung noch dadurch wesentlich an Wert gewinnt, wenn man 
bedenkt, daß es selbst in ganz verseuchten Beständen möglich ist, 
sowohl alle Todesfälle als alle nennenswerten pekuniären Verluste, die 
beim Verkauf von minderwertig gewordenen Tieren entstehen, zu 
vermeiden, da letztere durch die klinische Prüfung früh genug er¬ 
kannt und noch vollwertig veräußert werden können. Zur Er¬ 
mittlung der tuberkulösen Tiero wird der klinische Befund und 
daneben der Ausfall der bakteriologischen Prüfung zum 
Teil auch das Tuberkulinimpfergebnis berücksichtigt.*) 

Der Versuch, die Koch sehe Tuberkulinprüfung durch die von 
Pirquetsche Probe, bei der konzentriertes Tuberkulin kutan in 
eine oberflächliche Hautwunde eingerieben wird, zu ersetzen, ist 
im letzten Jahre gleichfalls gemacht worden, doch hat sich das 
Pirquetsche Verfahren als völlig unzulänglich erwiesen. 

Von 91 Versucbsrindern reagierte auf die Pirquetsche Probe 
kein einziges Tier, während die zur Kontrolle vorgenommene übliche 
subkutane Tuberkuliniinpfung 63 positive, 24 negative und vier 
zweifelhafte Reaktionen anzeigte.. • ..* " •* ’ " ’" 

Den gleichen negativen Befund konnten wir bei unsern kleinen 
Versuchstieren, die mit tuberkuloseverdächtigen Materiale geimpft 
waren, bei der Anwendung des Pirquetschen Verfahrens feststellen. 

Bei 44 geimpften Meerschweinchen trat in keinem Falle eine 
typische Reaktion ein. Trotzdem bei 21 Tieren nach der Tötung 
Tnberkulose ermittelt wurde, 

reagierten überhaupt nicht . . = 14 Tiere, 
braunrote Schorfbildung zeigten . = 4 „ 

Rötung und leichte Schwellung der 

Wundränder.= 3 „ 

I Diesen gegenüber zeigten sich 23 Tiere nach der Tötung nicht 
tuberkulös, auch hier keine Reaktion im Sinne Pirquets, doch 
bei zwei Tieren eine Rötung und leichte Schwellung der Wundränder. 

Zur Prüfung des Tuberkelbazillengehaltes der Ex- und Sekret¬ 
proben werden neben der mikroskopischen Prüfung Tierver¬ 
suche angestellt. Zur Beschleunigung des Krankheits- 
Verlaufes bei diesen Versuchstieren versuchten wir im letzten 
Jahre eine wiederholte Verimpfung von Tuberkulin zu verwenden. 

Trotz Verabreichung von hohen Dosen dieses Tuberkelbazillen- 
giftes, vermochten wir indes den Krankheitsverlauf nicht zu be¬ 
schleunigen; doch es zeigte sich, daß die nach der Verimpfung 
von Tuberkulin auftretende positive Reaktion der 

*) Hiernach zeigt sich die Tuberkulose am stärksten verbreitet in 

a) größeren Beständen, 

b) Abmelkewirtschaften, 

c) Wirtschaften mit regem Zukauf sowie 

d) bei unhygienischen Stallverhältnissen. 

Beispiel: 

Tiefstall mit 72 Tieren . . 17 Lungentuberkulose 

13 Lungentuberkuloseverdacht 
30 = 41% Proz. 

Eine direkte Tuberkuloseeinschleppung durch Neukauf ist bei 
vier Züchtern nachgewiesen, bei drei Züchtern konnte dieselbe durch 
unsere Untersuchung vor dem Kauf verhindert werden. 









12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


831 


Versuchstiere schon 8—10 Tage nach der Infektion den 
Schluß zuließ, ob das Untersuchungsmaterial Tuberkel¬ 
bazillen enthalte oder nicht. 

Bestätigt sich diese Erfahrung auch durch weiter festgesetzte 
Versuche, so dürfte dem Tuberkulin ein besonders hoher Wert 
als Schftelldiagnosticum zuzusprechen sein. 

Durch die bakteriologischen Prüfungen, die an 

a) 5 Schleimproben, 

b) 173 Milchproben (96 Einzelproben — 77 Gesamtmilchproben) 
ausgeführt sind, konnten in 10 Einzelmilchproben und in 5 Mischmilch¬ 
proben ganzer Bestände Tuberkelbazillen nacbgewiesen werden. 

In drei Beständen, deren Mischmilch Tuberkelbazillen enthalten 
hatte, wurde je eine mit Eutertuberkulose behaftete Kuh durch die 
klinische Untersuchung ermittelt. Da die Gesamtmilchproben von 
8,44 bzw. 88 Kühen entnommen waren, so hatte die Milch einer 
euterkranken Kuh trotz der starken Verdünnung ausgereicht, das 
Gesamtgemelk zu infizieren; daher 65 5 /? % positive Tuberkulin¬ 
reaktionen beim Jungvieh dieser Bestände. 

In zwei Beständen konnte durch die klinische Prüfung die 
Lieferantin der Tuberkelbazillen nicht ermittelt werden; da hier 
aber inzwischen durch die Besitzer Tiere verkauft waren, ist an¬ 
zunehmen, daß die Kranken inzwischen beseitigt waren. Diese 
Annahme erscheint um so mehr berechtigt, als durch eine Kontroll¬ 
prüfung der Mischmilch dieser Bestände nicht zum zweiten Male 
der Tuberkelbazillennachweis gelang. 

Eine Tuberkulosebekämpfung durch das Immunisierungs- 
verfahren nach v. Behring bzw. Koch-Schütz ist im letzten 
Jahre nicht mehr zur Durchführung gekommen. 

Maßgebend hierfür war unsere Beobachtung, daß die Bovo- 
vaccination nicht ohne jede Gefahr für die Impflinge durchführbar 
ist, andrerseits aber das praktische Ergebnis, das bisher auf Grund 
der Schlachtung erhoben werden konnte. 

Genau lassen sich die Resultate unserer Schutzimpfungen nur 
auf zwei größeren Wirtschaften verfolgen, wo die Versuche von 
uns von März 1904 bis Januar * 1907 an 101 Impflingen vor* 
genommen sind. 

Trotzdem auf beiden Wirtschaften das Jungvieh auf die Weide 
getrieben und auch sonst die Bedingungen für die Aufzucht in 
hygienischer Beziehung sehr gute sind, konnten in beiden Be¬ 
ständen je viermal, in Summa also bei acht Tieren nach der 
Schlachtung tuberkulöse Veränderungen in mehr oder weniger 
starker Ausbreitung nachgewiesen werden. Ein Tier zeigte sich 
so hochgradig erkrankt, daß es der Abdeckerei überwiesen werden 
mußte. Da keine der Tiere volle drei Jahre alt geworden ist, die 
Tuberkulose als chronisch verlaufende Krankheit sich aber erst im 
höheren Lebensalter stärker verbreitet zeigt, ist dieses Ergebnis ein 
Bebr ungünstiges und gibt zu den schwerwiegendsten Bedenken 
für die Ausführung der Schutzimpfung Veranlassung. 

Auch bei unseren Versuchen konnten wir demnach die Er¬ 
fahrungen namhafter Autoren bestätigen, wonach der auftretende 
Schutz der Tuberkelbazillenverimpfung bald nachläßt, um am Ende 
des zweiten Jahres nach der Schutzimpfung bereits vollständig ge¬ 
schwunden zu sein. 

Der Vollständigkeit halber will ich noch über die Tuberkulose¬ 
schutz- und Heilimpfung nach Prof. Heym ans-Gent berichten, 
die wir erst seit kurzem in den Bereich unserer Untersuchung ge¬ 
zogen haben. Dieses Verfahren, das in Belgien bereits allgemein 
Anwendung gefunden hat, besteht in der jährlich zu wieder¬ 
holenden subkutanen Einführung lebender, in Schilf¬ 
säckchen eingeschlossener Tuberkelbazillen. Nur die 
Stoffwechselprodnkte der Bazillen sollen durch die osmotische Haut 
hindurchgehen und den Körper des Impftieres zur Bildung von 
Schutz- und Heilstoffen der Tuberkulose anregen. Nach diesem 
Verfahren wird die Impfung sowohl bei auf Tuberkulin positiv wie 
nicht reagierenden Tieren ausgeführt. 

Bei sechs unserer Versuchsrinder ist dieses Impf verfahren 
praktisch zur Ausführung gelangt. Hiernach können wir nur be¬ 
stätigen, daß uns die Impfung für die Praxis durchführbar er¬ 
scheint und daß die Impflinge in keiner Weise auf die Einführung 
der Bakteriensäckchen reagiert haben. 


Zum Schluß möchte ich bemerken, daß gleichfalls noch in 
diesem Jahre Versuche mit dem Dresdener Tuberkulose-Schutz¬ 
impfungsverfahren mit Hilfe nichtinfektiöser Impfstoffe eingeleitet 
werden sollen. Die durch ein von Prof. Kl immer angegebenes 
Verfahren abgeschwächten bzw. avirulent gemachten Tuberkel¬ 
bazillen werden alljährlich subkutan verimpft, um dadurch die im 
Anschluß an die Injektion auftretende vorübergehende Immunität 
ständig zu erneuern. 

Hierauf sprach Herr Dr. Grosso über 

Die Herstellung von polyvalentem Kfilberruhrserum. 

Der Vortragende führt ungefähr folgendes aus: 

Die Immunisierung von Tieren gegen Krankheiten, die durch 
Erreger verursacht werden, welche verschiedene Eigenschaften 
besitzen, obwohl zu verwandten Gruppen gehörend, ist bekanntlich 
eine recht schwierige. Diese Tatsache ist nur auf die Weise zu 
erklären, daß man nicht auf eine aktive Wirkung der Schutzimpfung 
rechnen kann, weil eben eine Kulturinjektion ausbleiben muß. 

Seitdem aber das Prinzip der Polyvalenz des Serums begründet 
worden ist, wurde auch die Herstellung eines wirksamen Kälber¬ 
ruhrserums ermöglicht 

Für die Erzeugung des Serums werden in unserem Institut 
jetzt nur mit vielen Kälberruhrstämmen hochimmunisierte Rinder 
und Ziegen verwandt. Diese Tiere erhalten jeden Monat große 
Mengen von Kulturen, teilweise subkutan, teilweise intravenös 
ein gespritzt. Die Blutentnahme erfolgt etwa 14 Tage darauf und 
kann nach Bedarf noch nach 1—2 Tagen wiederholt werden, so daß 
man von jedem Rinde durchschnittlich 6—12 Liter Blut gewinnen 
kann. Die Serumausbeute findet sowohl durch Zentrifugieren wie 
auch durch Stehenlassen statt und beträgt annähernd 50Proz. der 
Blutmenge. Was die Konservierung des Serums anbelangt, so haben 
wir uns bis Anfang dieses Frühjahres der Karbollösung bedient. 
Da aber nach den Untersuchungen von Prettner das Diaph- 
therin (Oxichinaseptol-Merck) auch die Konservierung unter geringer 
Verdünnung des Serums ermöglicht, so wurde dieses Mittel versuchs¬ 
weise zur Anwendung gebracht und bis jetzt mit zufriedenstellendem 
Resultat benutzt. Es wird in einer Menge von 2 ccm (die Lösung 
ist so hergestellt, daß auf 100 ccm Serum 0,1 g Diaphtherin 
kommt) auf 1 Liter Serum zugefügt, w r o sonst 100 ccm einer 
öproz. Karbollösung nötig wären. Das so angefertigte Scnun 
bleibt in 1 Liter- 3 Liter-Flaschen etwa einen Monat stehen, w r obei 
die noch vorhandenen Blutkörperchen zu Boden sinken, um dann 
in größeren Mengen zusammengemischt zu werden. 

Die Prüfung des Serums erfolgt durch Agglutination und Tier¬ 
impfungen. Außerdem sind schon Versuche angestellt worden, um 
das Serum durch die „biotellurische Reaktion“ auf. Keim¬ 
freiheit nach den Angaben von Prof. Gosio-Rom zu prüfen. 

Zum Schluß möchte ich noch bemerken, daß die guten Re¬ 
sultate, die durch Verimpfung unseres Kälberruhrserums erzielt 
worden sind, hauptsächlich auf die umfangreiche Polyvalenz desselben 
zurückzufiühren sind. Um den Schutzwert des Serums noch weiter 
erhöhen zu können, beabsichtigen wir neue Tiere der Immunisierung 
zu unterziehen. Denselben werden dann die in letzter Zeit 
isolierten Stämme einverlcibt. Dies ist unbedingt nötig, weil wir 
den schon immunisierten Tieren nur eine beschränkte Menge Kälber¬ 
ruhrstämme verabfolgen können. 

Endlich referierte Herr Dr. Raeblger über 
„Die Opeoninmethode“ 

etwa folgendes: 

Die Forschungen Über die Schutzstoffe des Blutserums haben 
bekanntlich dazu geführt, zwei scharf getrennte Arten zu unter¬ 
scheiden, nämlich bakterizide und antitoxische Antikörper. 

• Die Untersuchungen von Wright, Neufeld und Rimpau 
haben indessen gezeigt, daß es noch eine dritte Art von spezifischer 
Serumwirkung gibt. 

Dieselbe steht zwar im Prinzip der bakteriziden nahe, bedarf 
aber einer direkten zellulären Mitwirkung und gründet sich demnach 
auf die Mets chnik off sehe Phagozytentheorie. 

Die Phagozytose ist die wertvolle Eigenschaft der weißen Blut¬ 
zellen, schädliche Substanzen zu eliminieren. Sie beruht jedoch nach 
Wright nicht auf einer diesen Blutzellen eigenen Lebenstätigkeit, 
sondern wird durch im Blutplasma kreisende Substanzen erlangt, 



832 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No: 46. 


die er „Opsonine“ nennt; diese sollen lähmend auf die Bakterien 
wirken und sie dadurch erst für die Phagozytose geeignet machen. 
Ich erlaube mir, folgendes Beispiel anzufUhren: 

Befreit man zwei gleiche Mengen weißer Blutzellen (durch 
Auswaschen) absolut vom Plasma, und mischt man die eine Menge 
mit normalem (gesundem) Serum und die andere mit normaler 
Kochsalslösung, dann braucht man die beiden Gemische nur mit je 
einer gleichen Menge von einer Tuberkelbazillenemulsion in Kontakt 
zu bringen, um zu sehen, daß im ersteren Serumgemisch sich eiue 
lebhafte Phagozytose einstellt, während im zweiten nichts dergleichen 
zu konstatieren ist Phagozyten waren aber in beiden Gemischen 
vorhanden! Wenn also nur in dem serumhaltigen Gemenge die 
Phagozytose eintritt, so ist nach Wright der Beweis dafür 
erbracht, daß im normalen Blutplasma eine diese Tätigkeit der 
Leukozyten auslösende Substanz vorhanden sein muß, ein Opsonin, 
das in dem speziellen Falle Tuberkelopsonin ist. Es wird nun an¬ 
genommen, daß für eine jede Art der pathogenen Mikroorganismen 
ein besonderes Opsonin im Blutserum vorhanden sein muß. Der 
Beweis für diese Hypothese soll in folgendem Versuch liegen: 

Mischt man bestimmte Mengen von Blutserum und Tuberkel¬ 
bazillenemulsion, läßt das Gemisch eine Zeitlang bei Körper¬ 
temperatur stehen, scheidet dann durch Zentrifugierung die Bazillen 
vom Serum vollständig ab und versetzt nun einen Teil dieses 
klaren Serums mit „ausgewaschenen“ Leukozyten und einer frischen 
Menge von Tuberkelbazillenemulsion, so erfolgt keine Phago¬ 
zytose. 

Das Tuberkelopsonin ist im Serum vollständig verbraucht! 

Wird aber ein anderer Teil desselben Serums mit aus¬ 
gewaschenen Leukozyten und irgend einer anderen Baktcrien- 
emulsion, z. B. Staphylococcen, gemischt, dann beginnt eine Phago¬ 
zytose dieser Bakterien, d. h. das Staphylococcen-Opsonin entfaltet 
seine Energie. 

Das Wort „Opsonin“ ist vom griechischen Wort oyatv&w — 
ich bereite die Nahrungsmittel zur Mahlzeit vor — abgeleitet. 

Es soll besagen, daß durch diese Opsonine die Bakterien für 
die Verzehrung durch die Freßzellen vorbereitet werden. 

Durch Zählung der von den polynukleä* en Leukozyten auf¬ 
genommenen Bakterien in einer Anzahl von Zellen (es werden 
Bakterienzählungen in etwa 25 Zellen vorgenommen) und durch 
Division der Gesamtmenge der gefressenen Bakterien durch die 
fressenden Phagozyten wird nach Wright der phagozytäre 
Index bestimmt. 

Um die opsonische Kraft eines gegebenen Serums zu be¬ 
stimmen, wird sein phagozytärer Index mit dem des Serums eines 
beliebigen gesunden Individuums verglichen. 

Der phagozytäre Index des gegebenen Serums, dividiert durch 
den phagozytären Index des gesunden, gibt den „opsonischen 
Index“ des gegebenen Serums an. 

Beträgt der phagozytäre Index des gegebenen Serums beispiels¬ 
weise 30, derjenige des gesunden Serums 20, so ist der opsonische 
Index 30:20 = 1,5. Wright scheidet die bakteriellen Infektionen 
bzw. des opsonischen Index in zwei Kategorien: 

1. streng lokale Infektionen und 

2. Systeminfektionen. 

Bei ersteren, z. B. chronischen Staphylococceninfektionen und 
lokaler Tuberkulose, findet man stets eine geringe opsonische Kraft 
des Blutes, weil hier keine bakteriellen Stoffe ins Blut gelangen 
und daher auch keine vermehrte Opsoninbildung ausgelöst 
werden kann. 

Bei W.s Systeminfektionen, z. B. akuten, fieberhaften Allgemejn- 
infektionen, schwankt der „ops. Ind.“, je nachdem die Schutzstoff¬ 
bildung stark oder schwach ist. Demnach ist der Verlauf einer 
Infektion von der Phagozytose und diese wiederum von 
dem Opsoningehalt der Körperflüssigkeit abhängig. 

Im Hinblick darauf und in Anbetracht der Tatsache, daß die 
Opsonine spezifisch sind (für jede Bakterienart wirkt eine be¬ 
sondere Art der Opsonine phagozytosefördernd), versuchte W. die 
opsonischen Kräfte seiner Infektionskranken künstlich 
zu vermehren. 


Er erreichte das durch Injektionsdosen von spezifischen 
Bazillenemulsionen, die in der Weise gewonnen werden, daß man 
die betr. Erreger auf ihnen am meisten zusagenden Nährböden 
züchtet, sodann mit physiologischer Kochsalzlösung abschwemmt 
und abtötet. 

Nun hat jede Inokulation einer solchen Vaccine regelmäßig 
eine Reihe bestimmter Erscheinungen im Gefolge. 

Zunächst bedingt sie einen Zustand, während dessen der 
opsonische Index sinkt, „die negative Phase“, auf diese folgt 
„die positive Phase“, mit welcher eine Erhöhung des opsonischen 
Index einhergeht. 

In dieser Phase ist die Resistenz des betreffenden Individuums 
gesteigert. 

Wiederholt man nun die Impfung während der negativen 
Phase, so wird diese verstärkt bzw. verlängert. 

Impft man dagegen zum zweiten Male während der posi¬ 
tiven Phase, so tritt der erwünschte Zustand, der Zweck der 
Impfung, ein, nämlich eine Kumulation im positiven Sinne: die 
Höhe des opsonischen Index wird verstärkt. 

Es kommt also darauf an, den richtigen Zeitpunkt für jede 
neue Vaccination zu treffen, was nur durch fortlaufende Be¬ 
stimmungen des „ops. Ind.“ ermöglicht wird. 

Das W.sche Heilverfahren ist als eine aktive Immuni¬ 
sierung zu bezeichnen, und unterscheidet sich von anderen 
aktiven Immunisierungen nur dadurch, daß die Injektionen streng 
nach Maßgabe des opson. Ind. auszuführen sind. 

Dieser letztere Punkt aber gestaltet das Verfahren zu einem 
äußerst zeitraubenden. 

Saathoff, der es auf seine Verwertbarkeit in der medizinischen 
Klinik in München geprüft hat, gelangte zu folgenden Schlüssen: 

1. Wegen der Kompliziertheit und äußerst schwierigen Technik 

kommt die Methode nur für einzelne Institute in Betracht, 
die womöglich in der Lage sind, einen eigenen Untersucher 
dafür zu halten. Dadurch büßt sie schon viel von ihrem 
Werte ein. ... 

2. Wegen der großen und unberechenbaren Fehlerquellen, die 
der Aufstellung des opsonischen Index anhaften, ist die 
Methode nur in den seltenen Fällen von Wert, bei denen die 
„Anschläge“ sehr groß sind. 

3. Für die therapeutische Anwendung ist der opsonische Index 
aus den eben genannten Gründen eine unzuverlässige Richt¬ 
schnur. Der Wert imd die weitere Ausbildung der aktiven 
Immunisierung bleibt dadurch unberührt 

Piorkowski ist auf Grund seiner Versuche an Meerschweinchen 
und Kaninchen der Meinung, daß die Verhältnisse in der veterinär¬ 
medizinischen Praxis wesentlich günstiger liegen. Wie die neuesten 
Erfahrungen gezeigt haben, genügen meist ein- bis zweimalige 
Bazillenextraktemulsionen, um eine Heilung zu erzielen. 

Nach ihm empfiehlt eich bei Schweineseuche im allgemeinen 
eine Injektion von 5 ccm, die „nach Ablauf des opsonischen Index“, 
also meist nach etwa 2—3 Tagen, wiederholt werden kann, bei 
Kälberpneumonie eine solche von 10 ccm. Auch bei der Kälber¬ 
ruhr ist eine 2 malige Einspritzung von 5 resp. 10 ccm angebracht. 

Für Immunisierungen genügen subkutane Injektionen der spezi¬ 
fischen Extrakte oder Emulsionen, die am besten simultan mit dem 
spezifischen Serum eingespritzt werden. Für Heilzwecke ist die 
alleinige Impfung mit den spezifischen Bakterienextrakten 
resp. -Emulsionen ausreichend, namentlich, um zurückgebliebene 
Tiere wieder vollwertig zu bekommen. Besonders erstrebenswert 
ist die 1—2 malige Injektion bei den tragenden Muttertieren, 
2—3 Wochen vor dem Werfen, um seuchenimmune Abkömmlinge 
zu erzeugen, da sich die Immunität dann von der Mutter auf die 
Nachkommen übertragen soll. 

Ich habe mit einem vom Geh. Rat Wassermann hergestellten 
Bakterienextrakt, einem von endotoxinenfreien, also für die Mutter¬ 
tiere ungefährlichen Impfstoff (Verkalben ausgeschlossen!) in ver¬ 
schiedenen Beständen Mutterimpfungen gegen die Jensensche 
Kälberruhr ausgeführt. 

Die Vorimmunisierung soll 2 bis 3 Wochen vor dem Kalben 
ausgeführt werden. Es liegen zurzeit Berichte aus 2 Beständen 




12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


833 


vor. In diesen konnten die Impfungen allerdings erst einige Tage 
vor dein Kalben und nur bei einer Kuh 13 Tage vorher ausgefiihrt 
werden. 

Von den 5 geimpften Muttertieren sind 3 Kälber unter ruhr- 
artigen Erscheinungen zugrunde gegangen, darunter auch das der 
13 Tage vor dem Kalben geimpften Mutter. Vielleicht liefern die 
zeitiger vorgenommenen Vaccinationen ein besseres Resultat. 

Neuerdings habe ich in einem Bestände anstatt der von Wasser¬ 
mann angegebenen 1 maligen Impfung jede Kuh 2 Injektionen, 3 
bzw. 2 Wochen vor dem Kalben je 20 ccm subkutan, unterzogen 
und würde mir erlauben, Ihnen auf der nächsten Versammlung von 
den weiteren Ergebnissen zu berichten. 

Sollte einer der Herren Kollegen sich an den Versuchen zu 
beteiligen wünschen, so bin ich in der Lage, den Impfstoff gegen 
Mitteilung der erzielten Resultate kostenlos abzugeben. Unser 
bakteriologisches Institut ist kürzlich damit beauftragt worden, den 
Wert der Mutterimpfungen zu prüfen. 

Besichtigung des Bakteriologischen Institutes der Landwirtschaftskammer. 

Hieran schloß sich unter Führung des Institutsleiters, Kollegen 
Raebiger, die Besichtigung des Neubaues des Bakteriologischen 
Instituts, über den folgendes zu berichten ist: 


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Der Bau der Anlage, welche eine Grundfläche von 4000 qm 
einnimmt, hat nach ihrer Fertigstellung einen Kostenaufwand von 
ca. 180 000 M. erfordert. 

Das Institut ist nach der Straßenfront hin auf drei Seiten von 
einer freundlichen Gartenanlage umgeben; an die hintere Seite des 
Hauptgebäudes schließen sich die Laufplätze für die Versuchstiere 
und an diese die allen Forderungen der Hygiene Rechnung 
tragenden Stallungen an, aus deren Mitte sich eine große, mit Ober¬ 
licht ausgestattete Operationshalle erhebt. 

Das Hauptgebäude besteht aus Erdgeschoß (mit Sektionssaal, 
Maschinenräumen und Gelassen zur Aufbewahrung von Impfstoffen 
und zur Unterbringung geimpfter kleiner Versuchstiere, einem Bade- 
und Duschezimroer, sowie dem Kesselraum zur Zentralheizung), 
Hochparterre (mit Bureauräumen, Dienstwohnung für einen Assistenten, 
Nährbodenküche und Packraum), erster Etage (mit vier großen 
Laboratoriumsräumen und einem Bibliothek- und Sammlungszimmcr), 
einer zweiten Etage (mit den Dienstwohnungen für die Buchhalter, 
sowie einem Laboratorium für photographische Zwecke) und einem 
geräumigen Hausboden. 

Das Nebengebäude enthält außer den Stallungen und der 
Operationshalle noch eine Wärterwohnung und ist ebenfalls mit 
Zentralheizung versehen. In beiden Gebäuden befindet sich Gas¬ 



leitung und elektrisches Licht Beistehende Skizze veranschaulicht 
den Grundriß der Institutsanlagen. 

In den einzelnen Laboratoriumsräumen wurden noch ver¬ 
schiedene Demonstrationen abgehalten. So zeigte Herr Kollege 
Grosso den mikrophotographischen Apparat, Herr Kollege Münch¬ 
gesang führte die elektrisch betriebene Bakterienzentrifuge (zur 
Untersuchung von Milch- und Schleimproben auf Tuberkelbazillen) 
und die Blutzentrifuge in Tätigkeit vor. Ferner erklärte er den 
neuen Lingnersehen Formaldehyd-Desinfektor. 

In der Operationshalle demonstrierte Kollege Raebiger an einem 
der Versuchsrinder 

Das Heymajt88che Verfahren zur Tuberkuloee-Schutz- und Heilimpfung 
der Rinder 

und teilt darüber folgendes mit: 

Angeregt durch die Verhandlungen, welche auf der Versammlung 
deutscher Naturforscher und Ärzte im September 1907 zu Dresden 
über die Bekämpfung der Rindertuberkulose durch die Schutz¬ 
impfung gepflogen wurden, habe ich mich mit Prof. Heymans- 
Gent in Verbindung gesetzt und seinen Impfstoff und das für die 
Impfung erforderliche Instrumentarium erhalten. 

Das Heym ans sehe Impf verfahren dient der Tuberkulose- 
Schutz- und Heilimpfung und kann bei Rindern jeden Alters, auch 
ganz jungen Kälbern angewendet werden. 

Der Impfstoff besteht aus getrockneten, virulenten Rinder- 
Tuberkelbazillen. 

Die Dosis beträgt 0,1—0,15 g diese Menge ist in ein Schilf¬ 
säckchen eingeschlossen, welches zum Schutze gegen eine Zer¬ 
trümmerung beim Impfakt von einer Gelatinekapsel umgeben ist. 

Die für die Impfung erforderliche Ausrüstung besteht aus 
einem starken Trokar mit Glasstab, einer Schere, einem Bisturi und 
Metallagraffen. 

Zur praktischen Ausübung der Impfung hat Heym ans einen 
Blechkasten konstruiert,, der die Instrumente und den Impfstoff 
aufnimmt, und nach Art einer Patronentasche um den Leib des 
linpfarztes geschnallt werden kann. 

Wir haben die Impfungen bisher an 6 Versuchsrindern in 
folgender Weise ausgeführt: 

Durch vorhergegangene dreitägige Temperaturaufnahmen wurde 
zunächst Fieberlosigkeit bei den Versuchstieren festgestellt. 

Nunmehr werden eine Hand breit hinter der linken Schulter die 
Haare im Umfange eines Handtellers abgeschoren, und die Impf¬ 
stelle mit Alkohol desinfiziert. Sodann wird eine Hautfalte parallel 
zur Körperacbse gebildet, und mit dem Bisturi senkrecht dazu ein 
Einstich gemacht (durch Einschnitte werden bisweilen zu große 
Wunden gesetzt). Hiernach wird der Trokar durch die Hautwunde 
senkrecht nach unten gestoßen, das Stilett entfernt und die Gelatine¬ 
schilfsäckchen mit Hilfe des Glasstabes in die Unterhaut geschoben. 
Nach Entfernung der Trokarhülse wird die Hautwunde mit einer 
Metallagraffe geschlossen. Die Wundränder wurden mit Tannoform 
bestreut oder man läßt die Wunde unbehandelt. 

Die Tiere verhalten sich nach der Impfung vollkommen ruhig. 
Sie reiben sich weder an der Stallwand; noch findet ein Belecken 
der Impfstelle statt, so daß mit irgendwelchen Schmerzempfindungen 
nicht zu rechnen sein dürfte. Die Wunden unserer Impflinge ver¬ 
heilten reaktionslos. Die Metallagraffen fielen nach etwa 8 Tagen 
von selbst ab. Die im Anschluß an die Impfungen 37a Tage hin¬ 
durch aufgenommenen Körpertemperaturen ließen in keinem Falle 
eine fieberhafte Temperaturerhöhung erkennen. 

Der Impfakt wird auch in der Praxis, wenn die Impfstellen 
durch Abscheren der Haare vorbereitet sind, kaum eine Minute 
Zeit in Anspruch nehmen. 

Da sich die Schilfsäckchen nach Resorption der Gelatineschutz¬ 
hüllen allmählich unter der Haut abkapseln, also ein Austritt der 
Tubcrkelbazillen in doppelter Weise verhindert wird, so dürfte 
dieses Verfahren im Gegensatz zu dem von Behring und Koch- 
Schütz den Vorzug der Ungefährlichkeit haben. Ob die in den 
Organismus des Impflings durch die Schilfsäckchenmembran aus- 
geschiedenen Stoffwechselprodukte der Tuberkelbazillen selbst bei 
alljährlich wiederholter Impfung dem Tiere die erforderliche Wider¬ 
standsfähigkeit gegen die natürliche Ansteckung verleihen, bzw. 
auf bereits vorhandene tuberkulöse Prozesse heilend zu wirken 








834 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


imstande sind, muß die Erfahrung lehren. Wir beabsichtigen, um¬ 
fangreichere Impfungen in der Praxis zur Ausführung zu bringen. 

Am Schlüsse der Versammlung sprach der Vorsitzende den 
Referenten nochmals seinen Dank aus und gab dem Wunsche Aus¬ 
druck, daß das Verhältnis zwischen den Tierärzten und dem Bak¬ 
teriologischen Institut der Landwirtschaftskammer auch ferner ein 
so freundschaftliches bleiben möge wie bisher. 

An die Versammlung schloß sich ein gemeinsames Mittagessen 
im Hotel „Stadt Hamburg“. 

Magdeburg und Halle a. S. 

Leistikow. II. Raebiger. 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

4. Sitzung, Mittwoch, 23. September 

Nachmittag 3 Uhr 

Vorsitzender: Prof. Dr. Peter-Hamburg. Die Tagesordnung 
bestritt Vet.-Rat. Dr. Fambaoh-Glauchau mit 2 Vorträgen. Unter 
Vorzeigung von über 80 Projektionsbildern sprach er zuerst über: 
Allgemeine Betrachtungen Ober die Cavicomiergehörne. 

Der Vortrag bildete die Fortsetzung des auf der vorjährigen 
Tagung gehaltenen Vortrags: Geweih und Gehörn. 

Die Cavicornierknochenzapfen zeigen im Gegensatz zu den 
Geweihstangen keine Neigung zu hyperplastischen Wachstums¬ 
formen, keine Teilungen, sondern stellen einfache Auswüchse dar. 
Geweih und Gehörnknochen werden durch die Tätigkeit der sog. 
osteoiden Substanz ohne Knorpelvorstadium gebildet, die Cavi- 
cornierknochen meist ohne, aber auch mit einem besonderen 
Knochenkern, dem os corau. Die Haut der Geweihe ist zart, 
jugendlich, fast embryonal, und verfällt bis auf w enige Ausnahmen 
einer regressiven Metamorphose bzw. Nekrose als Einleitung des 
Geweihabwurfes. 

Das die.Cervicornierknochenzapfen überziehende, ebenfalls wie 
bei den Geweihen in den untersten Lagen das Periost bildende 
Integument ist hoch differenziert und so ausgebildet, daß es dem 
Knochen genügenden Schutz durch dicke Epidermislagen und dem 
Horne auch noch durch besonderes Wachstum Schmuck verleiht 
Eine große Anzahl gut ausgebildeter Papillen bedecken den 
Knochenkegel, welche die Haut des Knochens meist wie eng an¬ 
einanderliegende gekämmte Haare bedecken. Während der 
Knochen durch die Tätigkeit des osteoiden Gewebes wächst, 
werden immer neue Papillen am Horngrunde gebildet. Die aus¬ 
gebildete hornbildende Haut sondert Horn als supra- und inter- 
papilläre Hornschichten ab. Die Art der suprapapillären Horn¬ 
bildung ist vielfach nach Gattung und Art verschieden. 

Die Richtungder Gehörne ist abhändig von dem Winkel, in welchem 
die Hornanlagen aus dem Schädel wachsen und von der ihnen 
innewohnenden, diese Richtung verfolgenden Wachstumskraft und 
Größe — konstante Wachstumsgröße. Dazu kommt ungleiches 
Hornwachstum — variable Wachstumsgrößen. Die Richtung der 
Hörner wird durch die Resultanten beider Wachstumsgrößen nach 
dem Parallelogramm der Kräfte bestimmt, wobei auch die Ver¬ 
legung des Schwerpunktes von Einfluß ist. Die Schwere der 
Hörner kann die Gestalt der Schädelknochen beeinflussen und die 
Schädelcharaktere verändern. Die Stange der Geweihe erfährt 
nach Hoff mann-Dronnecken hauptsächlich eine Ablenkung nach 
der den heraussprossenden Enden entgegengesetzten Richtung 
durch eine dem Rttckstock ähnliche Kraft. 

Seitliche Auswüchse des Hornes, aber nicht des Knochens, 
hat nur Antilocapra americana. 

In der Jugend ist das die Hornzapfen bedeckende Horn hyalin 
und dünn — Jugendhom. Erst später greifen die einzelnen Papillen 
in den Hornbildungsprozeß mit ein und bilden festeres Horn mit 
Marksträngen, Zylindern oder Hornstreifen — Dauerhorn. Dieses 
Dauerhom schiebt an der Spitze durchbrechend das hyaline Jugend¬ 
horn beiseite, letzteres bröckelt seitlich ab, eine dünne Schicht 
bleibt aber dauernd über. Dieser Vorgang kann als Hornwechsel 


nicht bezeichnet werden, wenn es auch der Abstoßung des 
Eponychiums der Hufe etc. ähnlich ist. Auch hier bleibt ein Rest 
des Jugendhornos (Saumband) übrig. 

Einen echten unregelmäßigen Wechsel des Hornes zeigt nur 
Antilocapra americana unter dem Einfluß des Haarwechsels. Es 
ist aber beobachtet worden, daß auch Antilopen-, Rinder- und 
Schafhörner gewechselt werden können. Es dürften hier aber 
pathologische Zustände einen Einfluß ausgeübt haben. An Hörnern 
von alten amerikanischen Bisonten ist das Erscheinen einer neuen 
Hornspitze beobachtet und ebenfalls als Hornwechsel bezeichnet 
worden. Auch hier handelt es sich um keinen eigentlichen Wechsel. 
Die Ursache des Auftretens dieses stub-homs an der Spitze iBt zu 
starke Abnutzung des ursprünglichen Hornes oder mangelhafte 
Hornbildung an den Seitenteilen infolge atrophischer Verhältnisse 
der Hornhaut. Solche Atrophien treten infolge starker Ausdehnung 
des Knochens an der Homwurzel auf. Außer bei Bison americanus 
auch bei der Kuhantilope, Haartebeest. 

Die /Skulptur der Hörner, die an typischen Gehörnen einzelner 
Gattungen erläutert wird, besteht in Streifung, Perlen-, Ring- und 
Knotenbildung. Die Bildung von Streifen und Perlen hat zumeist 
ihren Grund in streifenartiger oder gruppenweiser Anordnung der 
Papillen. Die ringartigen Erhabenheiten und Einschnürungen, 
sowie Knoten sind hauptsächlich auf die Tätigkeit des Papillar¬ 
körpers an der Horn- bzw. Haargrenze zurückzuführen. Es 
erfolgen dort Hebungen und Senkungen der hornbildenden Haut 
mit Verschiebungen der Papillen (Knickungen, Aufrechtstellun¬ 
gen, Zusammenlegungen mit und ohne Erweiterungen der inter- 
papillaren Flächen), aber auch bedeutende Anschwellungen der 
einzelnen Papillen. Die Ursachen dieser Gewebsdislokationen 
sind venöse Stauungen in der Hornzapfenkranzvene, Ernährungs¬ 
reduktionen und hyperämische Gefäßfüllungen der Haut und ihres 
Papillarkörpers (Haarwechsel), dauernde Faltenbildung der Haut 
(Muskelwirkung am Horngrunde). Die regelrechten, den Haar¬ 
wechsel einleitenden Perioden der Ernährungsreduktion kenn¬ 
zeichnen sich an edlen, wildlebenden Cavicorniern durch scharfe 
Einschnürungen, nach denen das Alter bestimmt .werden kann. 
Alle Ringe und Knoten werden von dem unteren Ende des Hornes 
nach der Kitze zu durch das Hornwachstum entfernt. Ringe, 
Wülste und Einschnürungen worden nicht nach Jahren an¬ 
gesetzt. Es ist falsch, sie als Jahresringe zu bezeichnen. Die 
hornbildende Haut unterliegt im Alter der Tiere bedeutender 
Rückbildung. Es wird dann weniger Horn abgeschoben, die Ringe 
liegen eng aneinander und sind niedriger. Bei starker Ring-, 
Knoten- und Zapfenbildung an den Hörnern (Antilopen, Steinböcke), 
erleidet die unter den stärksten Hornbildungen liegende Knochen¬ 
fläche infolge des starken Druckes eine Ernährungsatrophie, so 
daß die korrespondierenden Knochenflächen den Hornbildungen 
entsprechende Vertiefungen durch Knochenschwund zeigen. Auf 
diese Weise entsteht auch der Knochenvorsprung am Knochenzapfen 
von Antilocapra, der Veranlassung zu der falschen Auffassung 
gegeben hat, daß hier nach der Art der Endensprossung der Geweihe 
eine Teilung des Knochens bei weiterer Ausbildung der seltenen 
Tierart zu erwarten stehe. 

Zu dem Vortrage bemerkt Im misch Dresden: Auch bei den 
fälschlich als Papillae filiformes von ihm richtiger als Papillae 
operariae bezeichneten Papillen der Maulhöhle läßt sich nachweisen, 
daß die Homsubstanz bis in das eigentliche Oberflächenepithel ein¬ 
dringt, wo es Fambach bei den von ihm behandelten Hornbildungen 
gesehen habe. Der von Fambach erwähnte bogenförmige Verlauf 
der Hornschichten an den Spitzen der Papillen lasse sich besonders 
instruktiv an dem Epithelzahn von Felis domestica erkennen. 

Die vom Redner ah gasförmige Degeneration signierte Ver¬ 
änderung des Epithels möchte Immisch lieber als einfache Vacu- 
olenbildung bezeichnen. Er habe diese Erscheinung auch am Epithel 
der Papillae operariae bis zum Zungenrückenwulst sowie am Zungen¬ 
epithel und zwar nur bei der Ziege gesehen. Eine befriedigende 
Erklärung könne er nicht geben. Die Untersuchungen seien noch 
nicht abgeschlossen. — 

Nach einer kurzen Pause nahm wiederum Dr. Fambach-Glauchau 
das Wort zu dem Vortrage: Die Autoohromplatte im Dienste der 
praktischen und wissenschaftlichen Photographie. 




12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


835 


Vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, unter der sich auch einige 
Damen befanden, zeigte der Redner 75 größtenteils von ihm selbst 
hergestellte farbige Diapositive vor, die ihn als Meister der photo¬ 
graphischen Kunst erkennen „ließen und die der Versammlung lauten 
Beifall entlockten. 

Zunächst wurde Gelegenheit gegeben, an einer großen Anzahl 
farbenprächtiger Aufnahmen blühender Pflanzen und Bäume, von 
Gartenpartien mit Personen, ja an der wohlgelungenen Aufnahme 
des Referenten selbst, wahrzunehmen, daß die Autochromplatte die 
natürlichen Farben in der weitgehendsten Treue wiedergibt. Es 
folgte dann eine Serie von pathologisch-anatomischen Objekten und 
Präparaten aus der Fleischbeschau von überraschender Farben¬ 
echtheit. Man sah z. B. Lungenseuche- imd Tuberkulosepräparate, 
die schlechthin als lebenswahr bezeichnet werden mußten. Aber 
auch an Mikrophotogrammen erstand die ganze Farbenpracht moderner 
Färbetechnik vor den Blicken der Zuschauer. Selbst spektrosko¬ 
pische Aufnahmen ließen sich auf die Lumiäreplatte bannen, wenn¬ 
gleich für diese Aufnahme die Platte noch verbesserungsfähig ist. 

Über das Wesen der Verfahrens führte der Vortragende fol¬ 
gendes aus: 

Die Idee, gefärbte organische Körperchen zur Erzeugung der 
Farbenphotographie zu verwenden, hat schon 1858 Ducrois du 
Hucron verwirklicht. Es ist aber das hervorragende Verdienst 
der Firma Lumiöre, dieses Verfahren bedeutend verbessert und eine 
fabrikmäßige Herstellung der Platten ermöglicht zu haben. Bereits 
im Jahre 1904 zeigte die Firma Lumißre der Graphischen Kunst¬ 
anstalt zu Wien diese Fortschiitte an, aber erst Juli 1907 konnte 
wegen der großen technischen Schwierigkeiten, die zu überwinden 
waren, der volle Beweis für die Möglichkeit allgemeiner praktischer 
Verwendung vor der Akademie der Wissenschaften in Paris erbracht 
werden. 

Bisher waren farbige Photogramme nur durch Anwendung 
dreier Filter mit drei Aufnahmen möglich. Mittelst der Lumiöre- 
platte ist nur eine einzige Aufnahme zu machen. Die drei er¬ 
forderlichen Lichtfllter hat Lumi^re auf der Platte in Form ge¬ 
färbter mikroskopisch kleiner Stärkekörnchen gewissermaßen auf 
eine Ebene in drei Grundfarben grün, blau, rot gebracht. Sie 
werden auf eine Klebeschicht aufgestäubt, gepreßt, ihre Zwischen¬ 
räume werden mit feinem Kohlestaub ausgefüllt, um die Durch¬ 
dringung ungefilterten Lichtes zu verhindern. Die Lichtstrahlen 
durchdringen erst Glas, dann Stärkekörnchen, dann eine schützende 
Lackschicht, zuletzt die eigentliche lichtempfindliche Emulsions¬ 
schicht. Alle Schichten müssen, wenn scharfe Bilder erscheinen 
sollen, den gleichen Brechungsexponenten aufweisen wie das Glas und 
die Farben der Körnchen müssen so gewählt sein, daß durch eine 
Mischung der drei Grundfarben, die sie enthalten, alle uns umgebende 
Körperfarben erscheinen. Diese sind alle Mischfarben und werden 
durch die Platte tadellos und verblüffend getreu wiedergegeben. 

Mit Hilfe der Lumiäreplatte sind daher die Farben aller Gegen¬ 
stände wiederzugeben, wonn Belichtung und Entwicklung richtig 
sind. Zum Festhalten wirklicher Farbentöne wird sie auch dem 
Künstler großen Nutzen schaffen. Die Farben entstehen durch 
sogenanntes additives Farbverfahren, d. h. durch Mischung aus den 
mikroskopisch kleinen, gefärbten Stärkekörnchen. Die Farben sind 
echt und haltbar, da sie gut durch Lackschichten abgeschlossen 
sind. Aufnahmen dürfen nur bei gutem, weißem Tageslicht mittelst 
Gelbfilter gemacht werden. Bei künstlichen Lichtquellen muß ein 
anderes geeignetes Filter vorgeschaltet werden. Wegen vorge¬ 
rückter Zeit brach Referent das Thema über die Berechnung der 
Belichtungszeiten usw. ab. 

In privater Unterhaltung erwähnte er jedoch noch, daß das 
ganze Verfahren umständlich und vor allen Dingen nicht ganz 
billig sei. Der Anfänger müsse viele Mißerfolge mit in Kauf nehmen. 

Das Schlußwort nahm der Vorsitzende Prof. Dr. Peter-Ham¬ 
burg. Er dankte den Vortragenden und den Einführenden und 
Schriftführern der Abteilung für ihre Mühewaltung und führte dann 
weiter aus, es sei auffällig und stehe in scharfem Gegensatz zu den 
übrigen medizinischen Abteilungen, an deren Verhandlungen sich 
die Universitätsprofessoren lebhaft beteiligten, daß von den An¬ 
gehörigen der Lehrkörper unserer tierärztlichen Hoch¬ 
schulen kein einziger der Tagung beigewohnt habe. Es 


scheine, als ob die Naturforschertage sich mehr und mehr zu einem 
Tummelplatz für die jüngere tierärztliche Generation ausbilden wollten. 
Das sei sehr erfreulich und zu begrüßen. (Fortsetzung folgt.) 

Versammlung des tierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg. 

Der tierärztliche Verein für die Provinz Brandenburg hielt am 
1. November 1908 seine Herbstversammlung ab, bei welcher zwischen 
50 und 60 Mitglieder anwesend waren. Ein Teil der Tagesordnung 
wurde durch Wahlen ausgefüllt. Der Vorsitzende Dr. Arndt er¬ 
klärte, den Vorsitz abgeben zu wollen, weil er bei seiner starken 
überbttrdung ihn überhaupt nur für eine Wahlperiode übernommen 
habe, und weil er zweitens der Meinung sei, daß nicht immer 
Departementstierärzte Vorsitzende der Vereine sein sollten, es sich 
vielmehr empfehle, die Vorsitzenden abwechselnd aus den ver¬ 
schiedenen Gruppen zu wählen; er schlage daher vor, diesmal den 
Leiter der Gruppe der Schlachthoftierärzte zum Vorsitzenden zu 
wählen. Die Versammlung sprach ihr aufrichtiges Bedauern über 
den Rücktritt des Dr. Arndt aus, entsprach jedoch seinem Wunsche 
uod auch seinem Vorschläge und wählte einstimmig den Schlacht¬ 
hofdirektor Sehr ad er-Brandenburg zum Vorsitzenden. Zu Vor¬ 
standsmitgliedern wurden außerdem gewählt die Departements¬ 
tierärzte Arndt und Klebba, die Kreistierärzte Klaus-Berlin und 
Leb mann-Kalau (Regierungsbezirk Frankfurt) und die Tierärzte 
Arnous-Berlin und Meier-Ketzin (Regierungsbezirk Potsdam). 
Zu Delegierten für den Veterinärrat wurden gewählt Schmaltz, 
Schräder, Klaus, Klebba und Lehmann. Für die preußische 
Zentralvertretung stehen dem Verein nach seiner Mitgliederzahl 
sieben Stimmen zu; dieselben wurden übertragen den Herren 
Schmaltz, Schräder, Arndt, Arnous, Graffunder, Meier 
und Töpper. Als Mitglieder wurden neu aufgenommen die 
Regierungsräte Nevermann und Wehrle. 

Es folgten Mitteilungen aus der Praxis und allgemeine Be¬ 
sprechungen. 

Wulff regte an, daß die Tierärzte nunmehr, da ein Kur¬ 
pfuschergesetz in Kraft treten solle, sich endlich zur Vertretung 
ihrer Wünsche in dieser Richtung aufraffen möchten. Der Verein 
beschloß, dahingehende Anträge sowohl beim Deutschen Veterinär¬ 
rat als bei der preußischen Zentralvertretung zu stellen. 

Schmaltz brachte den jüngsten Beschluß des tierärztlichen 
Vereins für die Provinz Schleswig-Holstein, betreffend die Gründung 
eines Pressebureaus, zur Sprache. Er erklärte, daß diese von 
Krüger-Ohlau empfohlene Institution den modernen Verhältnissen 
entspreche, daß sie aber sehr bedeutende Mittel erfordern werde, 
wenn sie wirklich eine Wirksamkeit haben solle, und daß sie nur 
der Deutsche Veterinärrat durchführen könne, wie dies auch 
Krüger gewollt habe. Deshalb sei das Vorgehen eines einzelnen 
Vereins der Sache nicht förderlich, und da eine Aufforderung zum 
Anschluß an den Beschluß des schleswig-holsteinischen Vereins an 
alle Vereine ergehen solle, so empfehle er, daß der Brandenburger 
Verein sich dem nicht anschließe. Die Versammlung ermächtigte 
ohne Widerspruch ihren Vorstand, gegebenenfalls in diesem Sinne 
zu hatadeln. 

Hiernach hielt der Abteilungsvorsteher an der Tierärztlichen 
Hochschule zu Berlin, Borchmann, einen Vortrag über biolo¬ 
gischen Nachweis des Pferdefleisches. 

Nach der Versammlung fand ein Festmahl statt. 

Aus anderen Vereinen. 

Auch der schlesische Provinzialverein und die Berliner tier¬ 
ärztliche Gesellschaft mußten einen Wechsel ihrer Vorsitzenden vor¬ 
nehmen, weil die bisherigen, Schlachthofdirektor Ri eck und Prof. 
Dr. Eberlein, die Leitung nicht länger weiterführen zu wollen 
erklärt hatten. Der schlesische Verein wählte zum Vorsitzenden 
den Professor Casper-Breslau, die Berliner tierärztliche Gesellschaft 
den Professor Regenbogen. 

(Nach Schluß der Redaktion eingetroffen.) 

Begründang eines tierärztlichen Fressebnreans. 

Von Veterinärrat Dr. Foth in Schleswig. 

Auf die temperamentvollen Ausführungen des Herrn Prof. 
Dr. Schmaltz in der vorigen Nummer dieser Zeitschrift habe 
ich folgendes zu erwidern: 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


^ 836 

Herr Schmaltz scheint zunächst anzunehmen, ich hätte 
den Krügerschen Gedanken der Begründung eines Zentral¬ 
pressebureaus für mich in Anspruch nehmen wollen. Die An¬ 
nahme weise ich entschieden zurück. Ihre Grundlosigkeit ist 
weithin sichtbar. Jedermann weiß es, daß der Gedanke zuerst 
von Herrn Kreistierarzt Krüger ausgesprochen ist. Aufsätze 
von Herrn Krüger werden überall mit Interesse gelesen und 
seine Idee erregte allgemein in der tierärztlichen Welt größte 
Aufmerksamkeit und freudige Zustimmung. Solche Anregungen 
geraten nicht in Vergessenheit. Es wäre lächerlich gewesen, 
hätten der Vorstand oder ich jetzt den Versuch machen wollen, 
die Idee als unsere eigene auszugeben. 

Mir ist es wirklich vollkommen gleichgültig, von wem ein 
dem Wohle des tierärztlichen Standes dienender Gedanke 
kommt. Ich habe nur das lebhafte Interesse, daß ein solcher 
Gedanke auch in die Tat umgesetzt werde. Und das war 
das Motiv unseres Vorgehens. Deshalb war die unserem 
Anträge beigegebene Begründung (siehe Nr. 44 dieser Zeit¬ 
schrift) auch so kurz, weil sie den Gedanken selbst als bekannt 
voraussetzen konnte. Die Tierärzte im Lande sind es müde, 
immer nur Worte zu hören. Sie wollen Taten sehen. Sie 
wollen nicht immer warten, bis der Segen von oben kommt. 
Sie haben gefunden, daß das manchmal etwas lange dauert und 
daß sie über dem Warten ihre Zeit versäumen könnten. Das 
war es! Soll überhaupt ein Pressebureau gebildet werden, das 
das gebildete Publikum aller Stände mit den Fortschritten 
unserer Wissenschaft vertraut macht und das allgemeine Ver¬ 
ständnis für die Aufgaben der Veterinärmedizin und für ihre 
Bedeutung für das gesamte wirtschaftliche Leben des Volkes 
weckt und fördert, so ists nachgerade die höchste Zeit! 
Daher wollen wir den Anfang machen. Wir wollen in der 
Sache keine Rolle spielen, ich nicht und meine Freunde im 
Vorstande auch nicht. Dazu habe ich weder Zeit noch Neigung. 
Nur den Anfang wollen wir machen. Aber den mit der 
Tat. Und das ist geschehen! 

Was will nun Herr Schmaltz? Zunächst gar nichts. 
Warten, bis der Deutsche Veterinärrat im Jahre 1909 in Stutt¬ 
gart Zusammentritt und sich „vielleicht“ mit der Sache be¬ 
faßt. Vielleicht, bitte! Es ist nicht zutreffend, daß Herr 
Schmaltz früher gesagt hat, die nächste Plenar-Versammlung 
des Deutschen Veterinärrats werde sich darüber schlüssig 
machen und die Weiterverfolgung des Krügerschen Gedankens 
sei in baldige und sichere Aussicht gestellt. In seinem 
früheren Artikel*) heißt es wörtlich: „Inzwischen könnte man 
vielleicht schon einen bescheidenen Anfang machen, indem die 
nächste Versammlung des Deutschen Veterinärrats zu Stuttgart, 
die im nächsten Jahre stattfinden wird, ihrem Ausschuß oder 
vielmehr ihrem Präsidenten ein Bureau oder wenigstens einen 
gebildeten Sekretär, der zur Ausführung einer Anzahl von Auf¬ 
trägen im Sinne Krügers befähigt wäre, durch eine dauernde 
Einrichtung zur Verfügung stellte“. Dieser Wechsel auf un¬ 
bestimmte Sicht genügte uns nicht. Deshalb beschlossen 
wir, die Sache zunächst einmal selbst in die Hand zu 
nehmen. Ich verstehe nicht, wie man uns bei dieser Sach¬ 
lage vorwerfen kann, wir wollten dem Deutschen Veterinär¬ 
rat vorgreifen. Ich bin mit meinem Verein und mit 
sehr vielen anderen Herren der Ansicht, daß wir in einer so 

*) Nr. 24 dieser Zeitschrift, 1908. 


dringenden Frage gar keine Veranlassung haben, zu warten, 
ob der Deutsche Veterinärrat damit befaßt werden wird und 
welche Stellung er dazu einnehmen wird; ob er „vielleicht“ 
selbst einen Versuch wagen will oder ob er sie vielleicht uns 
noch weiter vertagt, etwa bis nach Einführung der Tierärzte¬ 
kammern! Vielleicht gar eine Kommission einsetzt, die die 
Sache „prüft“! 

Und nun die Sache selbst: Herr Schmaltz denkt an eine 
große Organisation, eine Zentralstelle im Sinne Krügers, mit 
sehr weitschichtigen Aufgaben. Schön! Es soll uns alle freuen, 
wenn es ihm gelingt, diese ins Leben zu rufen, und es wird 
ihm gelingen, wenn er nur selbst ernstlich will. Alle Tierärzte 
würden es ihm danken. 

Was wollen dagegen wir? Nichts weiter, als einen Teil 
dieser Fata morgana aus dem Bereich des Nebelhaften 
schleunigst in die Wirklichkeit übertragen, den Teil, der natur¬ 
gemäß der erste, Herrn Schmaltz persönlich nicht der 
sympathischste ist (vgl. Nr. 24 d. Zeitschr. 1908, S. 434, Abs. 2 
von oben), das Pressebureau. Damit können wir die große 
Organisation praktisch vorbereiten. Will dann der Deutsche 
Veterinärrat sie schaffen, so findet er wenigstens schon etwas 
vor, worauf sich weiter bauen läßt. 

Diesen Versuch aber auf ein kleines Gebiet, auf die Provinz 
Schleswig-Holstein, zu beschränken, wie Herr Schmaltz rät, 
wäre ganz verfehlt. Ganz im Gegenteil muß unsere große 
TagespreBse, die bekanntlich nicht in Schleswig-Holstein sitzt, 
interessiert werden. Daß das nicht so leicht ist, weiß ich. 
Dazu gehört natürlich ein Manu, der Fühlung mit dieser 
Presse und Beziehungen zu einflußreichen Politikern und sonstigen 
Persönlichkeiten hat. 

Ebensowenig ist einzusehen, weshalb wir diesen Versuch 
nur auf unsern Verein beschränken sollen. Im Gegenteil; je 
größer die Beteiligung, desto besser. Desto mehr Erfahrungs¬ 
material liegt später dem D. V.-R. vor, wenn er an die Schaffung 
jener großen Organisation einmal herangehen will. 

Wollen wir aber die Sache praktisch anbahnen, so müssen 
wir den anderen Vereinen zunächst einmal mit bestimmten Vor¬ 
schlägen kommen. Es kann gar keine Rede davon sein, ihnen 
eine bestimmte Persönlichkeit oktroyieren zu wollen. Aber wir 
müssen doch einen Herrn vorschlagen! Sonst kommen wir nicht 
vorwärts. Natürlich muß dies eine Persönlichkeit sein, die den 
Vereinen nicht unbekannt ist. Sie können dann urteilen, ob sie 
das Vertrauen zu ihm haben und ob sie den Versuch mitmachen 
oder weiter warten wollen. Gemacht wird der Versuch jeden¬ 
falls werden, ob sich nun viele oder wenig Vereine daran 
beteiligen! 

W T ir werden die den Vereinen zu unterbreitenden Vorschläge 
in allernächster Zeit beraten. Ich kann die Vereine nur dringend 
bitten, sie ruhig und sachlich zu prüfen. Auch an Herrn Prof. 
Schmaltz richte ich die Bitte, das zu tun, und, wenn er auch 
dann noch glaubt, den Versuch nicht unterstützen zu können, 
ihn wenigstens nicht zu hindern. Ich wiederhole: wir woUen 
nichts, als dem Wohle des Ganzen dienen. Auf praktische Art. 
Ehrgeizige Sonderbestrebungen verfolgen wir nicht. Wir treten 
bescheiden zurück, sobald eine lebens- und entwicklungsfähige 
Organisation geschaffen ist. 

(Ich komme in nächster Nummer auf diese Ausführungen zurück. 

Schmalix.) 




12. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


887 


Hertatversanmlung de« Verein« der Tierärzte des Regierungsbezirk« 
Düsseldorf 

am Sonntag, den 15. November d. J., vormittags 11 1 / 3 Uhr, im 
Hotel Heck zu Düsseldorf. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Kassenbericht. 

3. Aufnahme neuer Mitglieder. 

4. Besprechung eines Antrages der Versicherungs-Gesellschaft 
Deutscher Anker. 

5. Erfahrungen bei der Embryotomie (Berichterstatter Herr Kreis¬ 
tierarzt 0. van Straaten). 

6. Mitteilungen aus der Praxis und nochmalige Verhandlung der 
GebOhrenfrago. 

Nach Schluß der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen 
in gewohnter Weise. 

Duisburg, im November 1908. 

I. A.: Fr. Bettelhaeuser, Schriftführer. 

Maul- und Klauenseuche. 

Die Ein- und Durchfuhr von Rindern und Ziegen aus den 
schweizerischen Kantonen Aargau, Basel, Bern, Freiburg, Neuen¬ 
burg, Schaffhausen und Solothurn nach und durch Bayern ist von 
der bayerischen Regierung von besonderen Bedingungen abhängig 
gemacht worden. 

Maul- und Klauenseuche-Ausbrüche. 

Neue Ausbrüche sind dem Kaiserlichen Gesundheits-Amt ge¬ 
meldet aus Dominium Grombowsee, Kreis Mogilno (Reg.-Bez. 
Bromberg) vom 6. November 1908 und Domäne Schloß Meseritz 
(Reg.-Bez. Posen) vom 4. November 1908. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Reichsgesetz, betr. Preisfeststellung beim Schlachtvieh. 

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Gesetzes, be¬ 
treffend die Preisfeststellung beim Markthandel mit Schlachtvieh, 
nebst Begründung zugegangen: 

§ 1 . 

Die Landeszentralbehörden sind befugt, für Schlachtviehmärkte 
zum Zwecke der Feststellung von Preis und Gewicht der Tiere 
Vorschriften zu erlassen und Einrichtungen anzuordnen. 

Die hierdurch entstehenden Kosten fallen dem Unternehmer 
des Marktes zur Last; der § 68 der Gewerbeordnung findet An¬ 
wendung. 

Schriftstücke, deren Ausstellung auf Grund des Abs. 1 an- I 
geordnet ist, sind stempelfrei. 

§ 2 . 

Die Landeszentralbehörden sind befugt, für Orte, «an denen eine 
Regelung auf Grund des § 1 getroffen ist, und für deren Umgebung 
marktähnliche Veranstaltungen für Vieh zu untersagen und den 
Handel mit Vieh außerhalb des Marktplatzes während des Markt¬ 
tags sowie an dem voraufgehenden und dem nachfolgenden Tage 
zu verbieten. 

§ 3. 

Wer den auf Grund der §§ 1 und 2 erlassenen Vorschriften 
zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark 
und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen bestraft 

In der Begründung heißt es u. a.: 

Das Bedürfnis zur Regelung der Viehpreisfeststellungen besteht 
unstreitig nur für einzelne Schlachtviehmärkte, insbesondere für solche, 
die einen maßgebenden Einfluß auf die Preisbildung in weiteren Ge¬ 
bieten ausüben, während namentlich für Märkte, die überwiegend lokale 
Bedeutung haben und an denen die Landwirte in der Regel selbst teil- 
nehmen, die bisherigen Verhältnisse bestehen bleiben können. Schon 
die Grenze zwischen beiden Arten von Märkten entzieht sich der gesetz¬ 
lichen Feststellung. Aber selbst auf den Märkten, bei denen die Regelung 
des Notierungswesens geboten erscheint, sind die Verhältnisse so ver¬ 
schiedenartig gestaltet, daß der Erlaß einheitlicher Vorschriften durch 
den Gesetzgeber selbst nicht in Frage kommen kann. Eine Uniformierung 
auf diesem Gebiete würde hier ihren Zweck verfehlen, dort über das 
Ziel hinausschließen. 

Der Gesetzentwurf ist bereits am 9. November im Reichstag 
in erster Lesung beraten worden. Er findet offenbar eine starke 


Mehrheit, da auch die Redner der Nationalliberalen Partei und des 
Zentrums sich dafür, nur Freisinn und Sozialdemokraten sich da¬ 
gegen aus8prachen. Die Verweisung an eine Kommission wurde 
abgelehnt, es folgt daher die zweite Lesung im Plenum. 


Kleinhandelspreise von Fleisch In Preußen. 

(Mittelpreis aus 23 Marktorten.) 

Durchschnitt für Januar bis Juni in den Jahren 1901—1908. 


Fleischgattung 

Kleinhandelspreise für 1 kg in 
Pfennigen 

Januar bis Juni 

1908 Zunahme 

(4) 

oder Abnahme 
(-) 

gegen 1907 in 

1901 

1902! 1903 

1904 

1 

i 

Rindfleisch, 






1* 



Keule 

137 

137 

141 

142 

144 

157 163 

158 

-3,1 

„ Bauch 

117 

116 

119 

121 

123 

134 1138 

135 

-2,2 

Schweinefleisch 

136 

148 

142 

130 

144 

169 149 

148 

—0,7 

Kalbfleisch . . . 

135 

136 

141 

145 

145 

162.164 

159 

—3,0 

Hammelfleisch . 

150 

130 

188 

141 

141 

156 162 

! 1 

160 

—1,2 


Ausgleich zwischen Vieh- und Fleischpreisen. 

W T ie in Deutschland wird auch in Österreich darauf hin¬ 
gewiesen, daß die Spannung zwischen den Vieh- und Fleisch¬ 
preisen eine unangemessene große sei. Im Ackerbauministerium 
beschäftigt man sich nach der „Wiener Approvisionierungs- 
Zeitung“ mit der Frage, wie den ungerechtfertigten Preis¬ 
steigerungen für Fleisch entgegengetreten werden kann. Die 
Differenz im Preise sucht man zugunsten der Produzenten zu 
verringern. 

Fleisch- und Wurstkontrolle. 

Die häufig von den Gerichten nicht einheitlich gelöste Frage, 
die für die animale Nahrungsmittelkontrolle stets sehr wichtig ist, 
ob nämlich zur Wurstfabrikation vorbereitetes Fleisch bereits als 
Fleischwaren anzusehen sind, die analog der Wurst begutachtet 
werden müssen, hat das Reichsgericht in bejahendem Sinne ge¬ 
löst. Der Fleischermeister K. in Stettin war vom Landgericht 
Stettin zu einer Woche Gefängnis verurteilt worden, weil das 
Gewerbekommissariat in seinen Geschäftsräumen gelegentlich einer 
Visitation zu beanstanden hatte, daß 15 Pfund in Würfel geschnittenes 
Rind- und Schweinefleisch in dem Keller grünliches Aussehen hatte 
und schlechten Geruch verbreitete. Das Fleisch sowie die Zunge 
wurden beschlagnahmt. Vor der Strafkammer erklärte der Fleischer¬ 
meister K., daß das Fleisch von Stücken Btamme, die im Arbeits¬ 
raume aufbewahrt, äußerlich etwas schlecht geworden waren. Er 
habe durch Wasser versuchen wollen, das Fleisch verwendbar zu 
machen und es demnach in Würfel geschnitten. Wär es nicht ge¬ 
lungen, hätte er das Fleisch vernichtet. Das Gericht verurteilte den 
Meister wie oben erwähnt In der Revision behauptet der Ange¬ 
klagte, die Absicht, Wurst herzustellen, sei nicht einwandfrei fest¬ 
gestellt; der Umstand, daß es üblich sei, das zur Wurstfabrikation 
bestimmte Fleisch in Würfel zu schneiden, genüge für diese Fest¬ 
stellung nicht. Das Reichsgericht hielt jedoch das Delikt für aus¬ 
reichend festgestellt und verwarf die Revision. Dr. G. 

Milzbrand in der Sohlachthalle. 

Am Hamburger Schlachthofe wurde am 28. September d. J. 
bei einem geschlachteten Schwein Milzbrand festgestellt Außer 
dem betreffenden Tier mnßten noch eine Anzahl anderer gesunder 
Schweine beschlagnahmt werden, da für das Ausschlachten der¬ 
selben von den Fleischern dieselben Schlachtutensilien gebraucht 
worden waren, demnach eine Verunreinigung des Fleisches mit 
Milzbrandbazillen in Frage kam. Diese Tiere wurden der Koch¬ 
anstalt zur Verwertung überwiesen. 

Russischs Butter und Cholera. 

Die Zentralstelle der preußischen Landwirtschaftskammern hat 
auf Grund einer Anregung der Landwirtschaftskammer für die 
Provinz Pommern den dringlichen Antrag an den Landwirtschafts¬ 
minister gerichtet, daß zur Vermeidung der Einschleppung der 
Cholera unverzüglich ein Einfuhrverbot für russische und sibirische 
Butter herbeigeführt werden möge und auch der Nachweis gefordert 
werde, daß aus anderen Ländern eingeführte Butter nicht russischen 
Ursprungs sei. 




838 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46 


Das Blut der Schlachttiere. 

Von M. C. Pag6s. 

(L’Hygtene de I» Viande et da Latt. 1908. II Jabrg 8.193.) 

Verfasser bestimmte gemeinsam mit Galibert und Mich ault 
die Blutmenge, welche man bei der Schlachtung gewinnen kann. 
Für den Schlachthofbetrieb interessiert es nicht, die absolute Blut¬ 
menge festzustellen in der Weise, wie es seitens der Physiologen 
geschieht, sondern nur die bei üblichem Schlachten tatsächlich zu 
gewinnende. 

Beim Pferde schwankt die Menge nach dem Gewicht, der Rasse 
und dem Nährzustand. Bei mittleren Pferden von etwa 460 kg Ge¬ 
wicht beträgt die Menge 23 Liter, bei besseren 25 Liter, so daß das 
Blut etwa Vjo des Körpergewichts beträgt. Vollblüter haben mehr 
Blut (im Mittel 2 Liter) als Halbblüter, und diese mehr als gemeine 
Pferde (etwa 3 Liter). 

Beim Esel sind die individuellen Verschiedenheiten größer als 
beim Pferd. Im Mittel wiegt das Blut v« des Körpergewichts. 

Die Blutmenge des Rindes schwankt naturgemäß ebenfalls sehr. 
Sie wird beeinflußt von Rasse, Geschlecht, Alter usw. Die 
Schwankungen belaufen sich auf das doppelte bis dreifache der 
Menge. Meist ergibt sich V 20 des Körpergewichts, wie beim Pferde. 
Der Bulle besitzt mehr Blut als der Ochse, und die Milchkuh mehr 
als der Bulle. Ein Ochse der normannischen Rasse hat z. B. bei 
einem Gewicht von 600 kg 22 Liter Blut, ein Bulle 25 Liter und 
eine Kuh während der Laktation 28 Liter. 

Das Kalb hat verhältnismäßig mehr (2—5 Prozent) Blut als ein 
Rind derselben Rasse, doch ist auch hier eine mittlere Zahl schwer 
festzulegen, da besonders Rasse und Mastzustand von größtem Ein¬ 
fluß sind. Ein fettes Kalb besitzt 2—3 Liter Blut weniger al9 ein 
Mastkalb derselben Rasse mit dem gleichen Körpergewicht. 

Was das Schaf und die Ziege anbelangt, so wechselt die Menge 
bis zum doppelten nach der Rasse. Man kann sagen, daß ein gut¬ 
genährter Hammel 2 Liter Blut besitzt, d. h. etwa 7w des Körper¬ 
gewichts. 

Beim Schwein endlich kann die Blutmenge zwischen Vis bis Vio 
des Gewichtes schwanken. 

Blutmehl. 

Die deutsche Blutverwertungsgesellschaft zu Leipzig errichtete 
im vorigen Jahr eine Blutmehlfabrik in Budapest zwecks Ver¬ 
arbeitung des Blutes des Schlachthofs. Mit diesem Blutmehl hat 
nun die Königlich ungarische tierphysiologische Versuchsstation in 
Budapest Versuche auf den Nährwert hin angestellt, deren Resultate 
von Zaitschek in den „Landw. Jahrbüchern“ veröffentlicht werden. 
Das Blutmehl wurde an zwei junge Schweine mit Mais zusammen 
verfüttert, die es gern nahmen. Die Ration bestand aus 1300 g 
Mais (1114,5 g Trockensubstanz) und 250 g Blutmehl (209,3 g 
Trockensubstanz). Nach den Versuchsergebnissen werden die Roh- 
fasera und stickstofffreien Substanzen des Mais bei Beigabe von 
Blutmehl weniger vollständig verwertet, als bei Verfütterung von 
reinem Mais. Die Depression wird wahrscheinlich durch die große 
Menge des leicht verdaulichen Blutmehl-Eiweiße9 hervorgerufen. 
Abgesehen hiervon ist das Blutmehl bei der Mast wachsender 
Schweine mit gutem Erfolge anwendbar, und zwar um so mehr, da 
in diesem nach Stickstoffprozenten gehandelten Futtermittel der 
Marktpreis von 1 kg verdaulichem Protein in der Regel geringer 
ist als in den übrigen Futtermitteln. 

Enthalten die Tlerkärpermehle Ptomalne und Toxine? 

Von Dr. Haefcke-Berlin-Friedenau. 

(Zeilachr. f. Fleisch- u. Milcbtayglone. XVIII. Jabrg. 1906, 8. 245) 

Gegen die Verwendung des auf den Abdeckereien hergestellten 
Tierkörpermehles als Futtermittel hat man unter anderem den Ein¬ 
wand erhoben, daß dasselbe giftig wirken könne, da das Roh¬ 
material vorwiegend faules oder mit Infektionsstoffen behaftetes 
Fleisch sei und die Stoffwecbselprodukte durch Erhitzen vielfach 
nicht zerstört würden. Solche Vergiftungen sind freilich in der 
Literatur noch nicht notiert worden. Um aber auch den 
theoretischen Einwänden zu begegnen, prüfte Verfasser fauliges 
Material auf Giftstoffe vor der Verarbeitung, und in derselben 
Weise das gewonnene Produkt. Aus dem Rohmaterial gelang es, 


eine Anzahl bekannter und noch unbekannter Giftstoffe zu isolieren, 
aus der Masse, die in dem Autoklaven vier Stunden auf vier 
Atmosphären erhitzt war, dagegen nicht. Die vollkommene Zer¬ 
setzung der Ptomaine in der kurzen Zeit ist zweifellos auf 
Rechnung der gleichzeitigen Einwirkung des Druckes von vier 
Atmosphären und der entsprechenden Temperatur von etwa 150° C 
zu setzen. Neben den Versuchen, die für die Unschädlichkeit 
sprechen, beweist auch die Praxis, daß das Tierkörpermehl nicht 
giftig ist. Nach einer in den letzten Monaten des Jahres 1907 von 
Haefcke angestellten Umfrage sind bis dahin nicht weniger als 
rund 2 560 000 Kilo verfüttert worden, eine Zunahme von 150 Proz. 
gegenüber 1905. Wenn das Tierkörpermehl sich so Bahn ge¬ 
brochen hat und trotz seiner verbreiteten Verwendung keine Ver¬ 
giftungen sich ereigneten, Bind solche überhaupt nicht zu befürchten. 

Knoohenverwertung. 

Während in den großen Schlächtereien Nordamerikas zur 
fabrikmäßigen Verarbeitung der anfallenden Knochen-Anlagen er¬ 
richtet sind, die sich gut rentieren, ist ein Versuch der Firma 
Schaub, in derselben Weise die Knochenabfälle beim deutschen 
Vieh zu verwerten, mißlungen. Als Ursache hierfür wird die 
geringe, auf unnatürliche Haltung zurückzuführende und durch die 
Zucht bedingte Entwicklung der Knochen des hiesigen Viehs an¬ 
gesehen. Es erwiesen sich unter 100 Pfund der für die Knochen¬ 
fabrik fertig gelieferten Beinknochen meistens 60 Pfund als un¬ 
brauchbar. Die Knochen sind zu weich und porös, während die¬ 
jenigen der amerikanischen und australischen Rinder stärker aus¬ 
gebildet sind, so daß sie in der Industrie mit Vorteil verwandt 
werden können. 

„Flelschsaft Puro.“ 

Das unter dem Namen Puro im Handel bekannte Präparat ist 
als ein Gemisch von Hühnereiweiß und Fleischextrakt entlarvt 
worden. Der Verfertiger des Präparates Dr. Sc ho 11-München ver¬ 
sendet eine Broschüre zur Abwehr der erfolgten Angriffe. 

Häutefleisch! 

Die sanitätspolizeiliche Behandlung des Häutefleisches. (Mini- 
sterialerlaß la 3 b Nr. 2758 vom 27. April 1908.) Die auf den 
Runderlaß vom 9. Mai 1906 eingegangenen Berichte haben ergeben, 
daß an verschiedenen Orten sogenanntes Häutefleisch als Nahrungs¬ 
mittel für Menschen verwendet wird, sei es, daß es in den Haus¬ 
haltungen der Besitzer von Gerbereien oder Häutehandlungen oder 
in den Haushaltungen ihrer Arbeiter verzehrt, sei es, daß es an 
Dritte verkauft worden ist. Dabei ist vereinzelt der Verdacht aus¬ 
gesprochen worden, daß das zum Verkauf gebrachte Fleisch zur 
Wurstfabrikation verwendet worden sei; auch soll bei als Hunde¬ 
futter oder Hühnerfutter abgegebenem Fleische Mißbrauch nicht 
ausgeschlossen sein. Es erscheint daher geboten, die Ortspolizei¬ 
behörden anzuweisen, dort, wo eine mißbräuchliche Verwendung 
von Häutefleisch zu vermuten ist, der Angelegenheit besondere 
Aufmerksamkeit zuzuwenden. 

Euer Hochwoblgeboren ersuchen wir ergebenst, in dieser Be¬ 
ziehung das weitere zu veranlassen, indem wir gleichzeitig bemerken« 
daß die bestehenden Vorschriften ausreichenden Schutz gegen die 
bestehenden Mißstände gewährleisten, denn soweit es sich um 
Fleisch handelt, das den Vorschriften des Fleischbeschaugesetzes 
zuwider einer Untersuchung entzogen oder bei einer solchen Unter¬ 
suchung nicht für genußtauglich erklärt worden ist, stehen dem 
Inverkehrbringen des Fleisches die Strafbestimmungen des erwähnten 
Gesetzes entgegen. Soweit Häutefleisch als verdorben im Sinne 
des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes zu gelten hat, was nach den 
Betriebsverhältnissen in den Gerbereien und Häutehandlungen viel¬ 
fach anzunehmen sein wird, sind die Polizeibehörden in der Lage, 
auch auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes einzuschreiten und eine 
strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen. Unter Umständen könnte, 
da als Konsumenten des Häutefleisches zumeist die in den betreffen¬ 
den Betrieben beschäftigten Arbeiter in Betracht kommen, zur Ver¬ 
hinderung der Abgabe gesundheitsschädlicher Bestandteile an die 
Arbeiter auch der Erlaß von Schutzvorschriften aus § 120 a. u. re. 
der Reichsgewerbeordnung in Frage kommen. 



12. November 1908. _ BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


839 


Berlin: Auszug aus dem Fleischbeschaubericht für die Monate Juli bis September 1908. 




A. 

Schlachthof 


B. Untersuchungsstationen 


Rinder 

Jung¬ 

rinder 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

(Ziegen) 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht. 

30032 

7 458 

41 760 

126 825 

267 087 

6 756 

6 684 

649 

9 784 

Es wurden beschlagnahmt: ganz. 

821 

133 

173 

55 

2 018 

96 

42 

8 

57 

„ „ „ teilweise . . . 

In der Zahl der beschlagnahmten ganzen Tiere 

14 304 

1289 

600 

12 074 

63 737 



■ 


sind nicht enthalten: 










a) verendete Tiere. 

2 

1 

5 

11 

58 

— 

— 

— 

— 

b) ungeborene Tiere. 

— 

— 

33 

- 

14 

— 

— 

— 

— 

Wegen Tuberkulose teilweise beanstandet: 










„ „ minderwertig . . . 

198 

12 

15 

— 

926 

12 

1 


2 

„ „ bedingt tauglich . . 

166 

17 

24 

— 

427 

4 

— 

| — 

4 

„ „ untauglich .... 

36 

9 

1 

— 

14 

29 

11 

i> ; 3 

16 

Fleischviertel, verschieden beurteilt. . . . 

98 

6 

15 

— 

101 

— 

— 

jt — 

— 

Wegen Finnen minderwertig. 

215 

55 

— 

— 

7 

— 

— 

i _ 

1 _ 

„ „ bedingt tauglich. 

40 

6 

2 

— 

15 

— 

— 

1 

1 


„ „ untauglich. 

1 

— 

1 

— 

15 

— 

— 


“ 

Wegen Trichinen bedingt tauglich .... 

— 

— 

— 

— 

5 

— 

— 

1 _ 

1 

1 

„ „ untauglich. 

— 


— 

— 

11 

— 

— 

i 

1 


Häutefleitch. 

Da nach amtlichen Berichten Häutefleisch in verschiedenen 
Orten als Nahrungsmittel in verschiedenen Gerbereien verwendet 
werden soll, sind die Ortspolizeibehörden zu besonderer Wachsam¬ 
keit seitens der Regierungspräsidenten aufgefordert worden, um 
das zu verhindern, da auf Grund des Fleischbeschaugesetzes das 
Inverkehrbringen des Häutefleisches verboten ist. 


Gewicht der Häute. 

Als Höchstgewichte von Häuten wurden bei einer großen 
Häuteverwertungs-Vereinigung nach einer Notiz in der „Amtlichen 
Zeitung des Deutschen Fleischer-Verbandes“ ermittelt für eine 
Bullenhaut 208 Pfund, für eine Ochsenhaut 196 und eine Kuhhaut 
126 Pfund. 


Schabefleisch mit Blutgerinnseln. 

Wegen Verkaufs mit Blut durchsetzten Schabefleisches wurde 
eine Fleisehermeistersfrau von dem Landgericht ni in Berlin zu 
einer Geldstrafe verurteilt - Vor dem Schöffengericht hatte sie Frei¬ 
sprechung erzielt Da die Verwendung des Stichfleisches zu Hack¬ 
fleisch allgemein üblich ist, interessiert das Urteil. In Hamburg 
sind wegen derselben Sache bislang stets Freisprechungen erfolgt. 


Flelsohpreise der säohslschen Sohlaohtviehversicherung. 

(Vgl. Nr. 27, S. 475.) 

Gemäß § 14 des Gesetzes, die staatliche Schlachtvieh Versicherung 
t ^ 2. Juni 1898 , , „ . 

betreffend, vom %4 April '~ i9Ö6 ) 8 ' n< * vom ' erwaltungsausschusse der 

Unterzeichneten Anstalt hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Oktober bis 
‘ 81. Dezember 1908 stattfindenden Schlachtungen die der Er- 
> mittlung der Entschädigungen nach § 2 des angeführten Gesetzes zu¬ 
grunde zu legenden Durchschnittspreise für die einzelnen Fleiscb- 
gattungen für je 50 kg Schlachtgewicht wie folgt festgesetzt 
worden: 


A. Ochsen: 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 
wertes bis zu 6 Jahren. 

2. junge fleischige — ältere ausgemästete.... 

8. mäßig genährte junge — gut genährte ältere 

4. gering genährte jeden Alters. 

6. a) magere. 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 
des Gesetzes' von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind ... ... 

B. Kalben und Kühe: 

1. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten 

Schlachtwertes. 

2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten 

Schlachtwertes bis zu 7 Jahren. 


(1 kg demnach) 


M. 

M. 

78,- 

1,56 

73,- 

1,46 

66,50 

1,33 

58,60 

1,17 

48— 

—,96 

35,— 

—,70 


76,- 

1,50 

72,- 

1,44 


(1 kg demnach) 

M. M. 

3. ältere ausgemästete Kühe und gut entwickelte 

jüngere Kühe und Kalben.66,— 1,32 

4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 59,— 1,18 

5. gering bzw. mäßig genährte Kühe und gering 

genährte Kalben. 49,60 — ,99 

6. a) magere dergl. ..41,— —,82 

b) abgemagerte dergl., soweit sie nicht nach § 1 

Ziff. lb des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.30,— —,60 

G. Bullen: 

1. vollfleischige höchsten Schlachtwertes .... 69,— 1,38 

2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 66,50 1,31 

3. gering genährte. 61,— 1,22 

4. a) magere.45,— —,90 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 

des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.40,— —,80 

D. Schweine: 

1. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlacht¬ 

wertes und zwar der feineren Rassen und deren 
Kreuzungen im Alter bis zu l l /4 Jahren . . 66,— 1,30 

2. fleischige. 62,60 1,25 

3. gering entwickelte Mastschweine, sowie aus¬ 

gemästete Schnitteber (Altschneider) und aus¬ 
gemästete Sauen .68,— 1,16 

4. nicht ausgemästete Sauen, Schnitteber (Alt¬ 
schneider), Zuchtsauen und Zuchteber .... 43,— —,86 

5. a) magere bzw. im Ernährungszustände zurück¬ 

gebliebene Tiere.30,— —,60 

b) abgemagerte, soweit sie nicht nach § 1 Ziff. lb 
des Gesetzes von der Versicherung aus¬ 
geschlossen sind.28,— —,66 

Dresden, den 24. September 1908. 


Anstalt für staatliche Schlachtviehversicherung. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Merkbuch für Ziegenhalter. Von G. Franke, K. Kreistierart in 
Köln. Berlin 1908, Richard Schoetz. Preis 50 Pf. (bei Bezug von 100 
Exemplaren 35 Pf.). 

Dem Titel entsprechend behandelt der Verfasser in knapper, allgemein¬ 
verständlicher Form die wichtigsten Gebiete der Ziegenzucht- und 
Haltung. Anlage der Stallungen, Fütterung und Pflege, Bockhaltung, 
Auswahl der Zuchttiere, Ausführung der Zucht, Gewinnung und Be¬ 
handlung der Milch erfahren sachgemäße Besprechung. Für Ver¬ 
hältnisse, in denen die Bestrebungen zur Hebung der Ziegenzucht- und 
Haltung erst im Beginne stehen, erscheint das 31 Seiten haltende 
Schriftchen zur Belehrung der Züchter bestens geeignet 

Kronacher. 

Das Reichs-Fletschbeschaugesetz vom 3. Juni 1900, nebst den 
Ausfnhrungsbestimmangen des Bnndesrates A, B, C, D b und E, sowie 
den preußischen Ausführungsbestimmungen. Zusamraengestellt von 






































840 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No, 40. 


Dr. Heine, Schlachthofdirektor in Duisburg a. Rh. Verlag von M. und H. 
Schaper, Hannover 1908. Preis 1,25 M. 

Daa^Bnch enthält die Reichsgesetze und die preußischen Ausfuhrungs- 
gesetze, so weit sie für die nichttierärztlichen Fleischbeschauer in Frage 
kommen. Glage. 

Neue Eingänge (Besprechung Vorbehalten). 

Prof. Eugen Fröhner, Lehrbuch der Arzneimittellehre für 
Tierärzte. 8. umgearb. Auflage. Ferdinand Enke, Stuttgart 1909. 

Prof.Emil Abderhalden, Lehrbuch der physiologischen Chemie 
in zweiunddreißig Vorlesungen. Zweite, vollständig nmgearbeitete 
und erweiterte Anflage. Mit 19 Figuren. Urban und Schwarzenberg, 
Berlin und Wien 1909. 

Prof. Alph.Degive, Precis de m£dicine operatoirc veterinaire. 
Avec un Atlas comprenent 720 Fignres. Asselin & Houzeau, Paris 1908. 

Dr. Wilhelm Baumeier, Zur vergleichenden Anatomie nnd 
Morphologie des Musculus obliquus abdominis externns und 
der Fascia flava. Mit 11 Abbildungen auf 9 Tafeln. E. Schweizer- 
bartsche Verlagsbuchhandlung (E. Nägele), Stuttgart 1908. 

O. Fuhrmann, Die Ccstoden der Vögel. Gustav Fischer, Jena 1908. 
Preis 8 M. 

Jahresbericht über die Leistungen aut dem Gebiete der 
Veterinärmedizin. Herausgegeben von Medizinalrat Prof. Dr. Ellen- 
herger und Geh. Reg-Rat Prof. Dr. Schütz. 27. Jahrg. (1907). August 
Hirschwald, Berlin. 

Statistischer Veterinär-Sanitäts-Bericht über die preußische Armee 
und das XIII. (Königl. Württembergische) Armeekorps für das Rapport¬ 
jahr 1907. Ernst Siegfried Mittler nnd Sohn, Berlin 1908. 

Bericht über die Königliche Tierärztliche Hochschule zu Dresden 
für das Jahr 1907, erstattet vom Rektor uud Senat, v. Zahn und Jaensch, 
Dresden 1908. 

Bericht Aber das Veterinärwesen im Königreich Sachsen für das 

Jahr 1907. Herausgegeben v. d. KgL Kommission f. d. Veterinärwesen. 
25. Jahrgang, v. Zahu und Jaensch, Dresden 1908. 

Jahresbericht der Landwirtschaftskammer für die Provinz 
Schlesien für das Verwaltungsjahr 1907. Breslau 1908. 

Bericht über die Tätigkeit des Bakteriologischen Instituts 
für dio Landwirtschaftskammer der Provinz Sachsen zu 
Halle a. S. während des Jahres 1907 08 Erstattet von Dr. H. Raebiger 
(Sonderabdrock aus dem Jahresbericht der Landwirtschaftskammer tür 
die Provinz Sachsen). Halle a. S. 1908. 

Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungs¬ 
lehre. Herausgegeben von C. Coriens, V. Haecker, G. Steinmann, 
R. v. Wettstein. Redigiert von E. Baur. Band I, Heft 1/2. September 
1908. Verlag von Gebrüder Bornträger, Berlin 1908. 

Desinfektion. Monatsschrift I. Jahrg., 2. Heft. Deutscher Verlag 
für Volkswohlfahrt, Berlin 1908. 

Dr. Otto Leers, Methoden und Technik der Gewinnung, 
Prüfung und Konservierung des zur forensischen Blut- 
bzw. Eiweißdifferenzierung dienenden Antiserums. Verlags¬ 
buchhandlung von Richard Schoetz, Berlin 1908. Preis 80 Pfg. 

Paul Hummel, Vergleichende Untersuchungen über die 
im Darm der Pferde vorkommenden Knoten und geschwürs¬ 
artigen Veränderungen mit besonderer Berücksichtigung 
der Rotzkrankheit. (Inaug.-Diss. der med. Fakultät Gießen.) Mit 
5 Abbildungen auf Tafel 1—3. Berlin 1908. 

Franz Schwaebel, Über die knotige Muskeltuberkulose des 
Rindes (Inveterierte Tuberkulose Dürbeck—Blastomykose Foulerton). 
(Inaug.-Diss. der raed. Fakultät Gießen.) Stuttgart 1908. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose und spezifischen Tuber¬ 
kulose-Forschung. Herausgegeben von Prof. Dr. Ludolph Brauer. 
Bd. X, Heft 3. Francke, Der krankhafte Druckschmerz — ein 
Erkennungsmittel der beginnenden Schwindsucht. Berliner, 
Zur Behandlung der Tuberkulose mit Eukalyptolinjektionen 
Weber, Neuere Gesichtspunkte bei der Behandlung der 
Lungentuberkulose. Graetz, Der Einfluß des künstlichen 
Pneumothorax auf die tuberkulöse Lunge. Mit 3 Tafeln. 
Goldschmidt und Knobel, II. Bericht über intravenöse Behand¬ 
lung Tuberkulöser mit Hetol. Preis 4,50 M. 

— Band X, Heft 4: Landmann, Tuberkulol und Tuberkulin. 
Beraneek. Sahli, Erwiderung auf den vorstehenden Artikel 
Btraneck, Reponse ä Monsieur le Dr. Landmann. Landmann, 
Sahli und BSraneck, $chlußbcmcrkungen. Konzeimann, Über den 
Einfluß pleuritischer Exsudate auf den Verlauf der Lungen¬ 
tuberkulose. Preis 4 M. Curt Kahitzsch (A. Stübers Verlag), Würz¬ 
burg 1908. 

Prof. Dr. E. Joest, Medizinalrat, Bericht über das Phatholo- 
gische Institut (Sonderabdruck a. d. Bericht der Königl. Tierärzt¬ 
lichen Hochschule zu Dresden auf das Jahr 1907.) Dresden 1908. 

Prof. Dr. E. Joest und Dr. W. Felber, über lokale Eosinophilie 
in der Leber der Haustiere. Zugleich ein Beitrag zur patholo¬ 
gischen Anatomie der zooparasitären Lebererkrankungen. (Sonderab¬ 
druck ans der Zeitschrift für Infektionskrankheiten, parasitäre Krank¬ 
heiten uud Hygiene der Haustiere. IV. Band, 5./6. Heft.) Verlags¬ 
buchhandlung von Richard Schoetz, Berlin. 

Hermann Georg Lustmann, Untersuchungen über die Agglu¬ 
tination des Rotzbazillus. (Inaug.-Diss. der vcL-med. Fakultät 
Zürich.) Mit 10 Tabellen, 4 Temperaturkurven und 2 schematischen Ab¬ 
bildungon. Zürich lpos. 


E. Joest, Die Amyloiddegeneration bei Tieren. (Separat¬ 
abdruck aus Ergebnisse der Allgemeinen Pathologie und pathologischen 
Anatomie des Menschen und der Tiere. XIV. Janrg.) J. F. Bergmann, 
Wiesbaden 1907. 

Otto Zietzschmann, Ein Beitrag zum Studium der Folgen 
der Sehilddrü8enexstirpation. Thyreoidectomie bei Ziegen. 
(Soparatabdrnck aus den Mitteilungen ans* den Grenzgebieten der Medizin 
und Chirurgie. XIX. Band, 2. Heft.) Gustav Fischer, Jena 1908. 

G. Zuegler, Max Dohrn und Anton Marxer, Neuere Unter¬ 
suchungen über den experimentellen Diabetes. (Sonderabdruck 
aus den Deutschen medizinischen Wochenschrift.) Georg Thieme,- 
Leipzig 1908. 

Dr. W. Völtz, über die Bedeutung des Problems der Ver¬ 
erbung sog. erworbener Eigenschaften für die landwirtsch aft. 
liehe Tierzucht. (Sonderabdruck aus „Deutsche Landw. Presse“ 1908.) 

Bericht über die Verwaltung des städt. Schlacht- und V ieh- 
hofes zu Breslau für die Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März 1908. 
(Sonderabdrock aus „Breslauer Statistik“Band XXVIII Heft 2) Breslau 1908. 


Personalien. 

Auszeichnung: Es wurde verliehen dem Großh. Bezirkstierarzt 
Veterinärrat Georg Fentzlrng-Yreiburg das Ritterkreuz I. Klasse des 
Ordens vom Zähringer Löwen; dem Oberveterinär a. D. Kimmermann 
(Bez.-Kommando Wehlau) der Charakter Stabsveterinär. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Alois Uschi ans Trostberg in 
Perlach bei München, L. Haller in München, L Loeb in Würzburg, 
F. VoUcmann-Bruck in München. — Verzogen: Tierarzt Leopold 
Höming von Perlach nach München, Schlachthoftierarzt Jakob 
Brunner von Stuttgart in gleicher Eigenschaft nach Frankfurt a. M. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Wilh. Mugler z. Zt. in 
München, Oscar IForeA-Halle a. S., Oberveterinär Gustav Dolitca im 
Militär-Reitinstitut Hannover und Schlachthofdirektor Hugo Windisch- 
Görlitz zum Doktor med. vet. in Bern. — Approbiert: Die Herren 
Friedrich Bickele aus Rindelbach, Theodor Claus aus Stuttgart, Emst 
Frommherx aus Stuttgart, Matthias Rungerbuhler aus Weigheim, 
Julius Krug aus Rastatt, Georg Lichtenstern aus Niederlauterbach, 
Alfons Maag aus Ebingen, Gabriel Schäfer aus Betra, Hans Sigwart 
aus Süßen ha- Stuttgart»-..*---- 

In def Armee: In Preußen: Befördert: Oberveterinär Vogler 
im Feldart.-Regt. Nr. 36 znm Stabsveterinär, die Unterveterinäre 
Bock im Feldart.-Regt Nr. 51, Woggon im Feldart-Rcgt Nr. 3, 
Grosche im Kür.-Regt. Nr. 1 zum Oberveterinär. — Überetatsmäßiger 
Oberveterinär Krack in eine etatsmäßige Oberveterinärstclle ein¬ 
gerückt. — Versetzt: Mit Wirkung vom 1. Dezember 1908 die 
Oberstabsvetcrinäre Gramm lieh , Inspizient der Militär-Veterinär- 
Akademie, kommandiert zum Kriegsministerium, und Wilde , im 
Regiment Königs-Jäger zu Pferde, kommandiert znr Militär- 
Veterinär-Akademie, gegenseitig mit der Maßgabe, daß Oberstabs¬ 
veterinär Grammlich als veterinärtechnischer Hilfsreferent im 
Kriegsministerium kommandiert bleibt; die Unterveterinäre Zoglotcek 
im Ulan.-Regt Nr. 16 zum Ulan.-Regt. Nr. 15, Meyer im 3. Garde- 
Ulan.-Regt. zum Ulan.-Regt. Nr. 9. — Verabschiedet: Unter- 
veterinär SpiUner im Hus.-Regt. Nr. 12. — Im Beurlaubten¬ 
stande: Befördert: Die Unterveterinäre der Reserve Hinrichs 
(Bez.-Kdo. Aurich), Wienholtx (Bez.-Kdo. Aurich [Garde]), Dr. Bussenius, 
Haas und Dierick (Bez.-Kdo. Hannover), Werner (Bez -Kdo. I Braun¬ 
schweig), Wiethüchter (Bez.-Kdo. Hildesheim), Pante (Bez.-Kdo. 
Osnabrück), Herxberg (Bez.-Kdo. Marienburg [Garde]), Goldmann 
(Bez.-Kdo. Lingen), Krudeteig (Bez.-Kdo. 11 Oldenburg) zu Ober- 
veterinären des Beurlaubtenstandes. — Abgang: Dem Oberveterinär 
der Landwehr 2. Aufgebots Ehrhardt (Bez.-Kdo. I Essen) der er¬ 
betene Abschied bewilligt 

Todesfälle: Königl. Bezirkstierarzt L. Widenmayr in Eschenbach, 
Tierarzt Jann Dircks in Norder-Friedrichskoog. 


Vakanzen. (v g i. Nr. 45.) 

Schlaohthofetelle: Jarotschin: Schlachthof-Inspektor baldmög¬ 
lichst Gehalt 2100 M., freie Wohnung usw. Bewerb, bis 15. No¬ 
vember er. a. d. Magistrat. 


Verantwortlich für dun Inhalt (ex kl. In»eratentcil): Prof. Dr. Schmält* in Berlin. — Vorlag und Eigentum der Vurlagabu« hhandlung von Richard Schoets in Berlin. — 

Druck von W. Büxenstein, Berlin. 








842 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


spürte. Die Bulbi beider Augen sind weder vergrößert noch 
verkleinert; die Augen sind nicht eingefallen, auch vermögen 
die Augenlider den Bulbus vollkommen zu bedecken. In der 
Conjunktiva Bulbi beider Augen sind viele grauweiße, miliare 
und submiliare Knötchen sichtbar. Die oberflächlich liegenden 
größeren Knötchen ragen in geringem Grade über die Schleim¬ 
hautoberfläche hervor. Die tiefer liegenden Knötchen sind als 
grauweiße Flecke sichtbar. Besonders schön zu sehen sind 
einige größere Knötchen an der unteren Conjunktiva Bulbi des 
rechten Auges (Abbildung II, Tb. 1). Beide Augen zeigen 
Korneatrübungen. 

Am linken Auge besteht eine totale diffuse grau mattblaue, 
wolkenförmige Trübung der Kornea, die jedoch den Einblick in 
die vordere Augenkammer nicht völlig verhindert. Bei seitlicher 
Betrachtung läßt sich feststellen, daß die Trübung ihren Sitz 
in den tieferen Schichten der Kornea hat. Der Humor aqueus 
der vorderen Augenkammer läßt keine Beimischung exsudativer 
Natur erkennen. Der untere Teil der Iris ist stark in die 
vordere Augenkammer hervorgewölbt und verursacht so eine 
derartige Verengerung der Pupille, daß ein Einblick in das 
Innere des Auges nicht möglich ist. Eine vordere Synechie 
besteht nicht. Die schwarzgraue Iris nimmt auf der Höhe der 
Hervorwölbung einen graugelblichen Farbenton an. 

Bei der später erfolgenden Präparation des Auges konnten 
folgende Veränderungen des Auges festgestellt werden: 

Der gallertartige Glaskörper ist klar und durchsichtig. 
Die getrübte Unterhaut läßt sich leicht abheben. Die Linse ist 
in ihrer Befestigung gelöst und hat eine Senkung nach unten 
erfahren. Sie hat hier die Iris vorwärts gedrängt und so eine 
tiefe Aussackung in derselben gebildet (Abbildung I). Am 
Grunde dieser Aussenkung ist die Iris fest mit der Linsen¬ 
kapsel verwachsen. Beim Herausholen der Linse aus ihrer 
Aussackung werden in dem neugebildeten Gewebe, das zum 
Teil an der Linsenkapsel, zum Teil an der Iris haften geblieben 
ist, submiliäre knötchenartige Gebilde von grauweißer Farbe 
sichtbar. Die übrige Uvea, die sich von der Sklera ablösen 
läßt, schillert bläulichgrün und läßt keine Veränderungen 
tuberkulöser Natur erkennen. 

In dem nach der Ziehl-Neelsenschen Methode gefärbten 
Quetschpräparate (5 und 6) konnten Stäbchen nachgewiesen 
werden, die in bezug auf Größe und Form mit Tuberkelbazillen 
übereinstimmten. Die Stäbchen lagen frei im Gesichtsfelde, teils 
in Rinsenzellen. 

Es müssen Ernährungsstörungen der Linse vorausgegangen 
sein, die eine vollständige Luxation der Linse und Verwachsung 
derselben mit der Iris bewirkt haben. Tuberkelbazillen haben sich 
in dem neugebildeten Gewebe zwischen Iris und Linse angesiedelt 
und ihre proliferierende Wirkung ausgeübt. 

Typisch sind die Veränderungen am rechten Auge. Die 
unteren beiden Korneaquadranten zeigen unzählige trübe, grau¬ 
weiße Punkte oder Fleckchen, die in den tieferen Schichten 
der Kornea ihren Sitz haben. Die meisten dieser Fleckchen 
haben einen scharfen Rand. Verschiedene Punkte zeigen da¬ 
gegen einen schwach getrübten Hof. Nach den oberen beiden 
Quadranten verliert sich die fleckige Trübung, so daß die 
fleckige Komeahälfte nahezu klar und durchsichtig ist. Humor 
aqueus enthält keine Beimischungen. Eine Verwachsung der Iris¬ 
vorderfläche mit der Kornea besteht nicht. Die schwarzgrau er¬ 
scheinende Iris zeigt verschiedene hirsekorngroße weißliche 


Knötchen (Abb. HI Tb.). Die Pupille ist starr, die Linse 
erscheint getrübt. 

An den inneren Organen konnte folgender Befund festgestellt 
werden: 

Die getrübte Netzhaut läßt sich leicht abheben; nur dort, 
wo sich Knötchen in der Uvea befinden, ist eine Verwachsung 
der Netzhaut mit der Uvea eingetreten. Die Chorioidea mit ihrem 
bläulich schillernden Tapetum der hinteren Hälfte des Augapfels, 
der durch einen Äquatorialschnitt in eine vordere und hintere 
Hälfte zerlegt ist, zeigt keine sichtbaren tuberkulösen Ver¬ 
änderungen. An der vorderen Hälfte des Augapfels fällt die 
totale gleichmäßig getrübte, grauweiße Linse auf. Die Linsen¬ 
kapsel ist mit der hinteren Irisfläche total verwachsen, so daß 
Pupillarabschluß besteht. Nach Entfernung der Linse zeigen 
sich auf der hinteren Irisfläche viele submiliare, graue Knötchen. 
Einzelne größere Knötchen von grauweißer Farbe treten deutlich 
hervor (Abbildung HI Tb). Im oberen rechten Quadranten und 
zwar im Strahlkörperrand der Uvea besteht eine erbsengroße 
gelb-weißliche Neubildung (in. g.), welche sich als ein Konglo¬ 
merat kleinster Knötchen erweist. Vereinzelte grauweiße, sub¬ 
miliare Knötchen sind auf der vorderen Uveahälfte sichtbar. 

Interessant sind die Veränderungen an der Kornea des 
rechten Auges. In den anfangs erwähnten Fällen von Matthieu, 
Heß über Augentuberkulose handelte es sich ausschließlich um 
tuberkulöse Veränderungen der Iris und Chorioidea nebBt Retina. 
In keinem Falle (mit Ausnahme des Falles von Moncet) waren 
Veränderungen tuberkulöser Natur an der Kornea und Konjunktiva 
festgestellt worden. Es sind zwar in verschiedenen Fällen 
gleichzeitig Trübungen der Kornea beobachtet worden, ob dieselben 
aber als endogene tuberkulöse Keratiten aufzufassen sind, er¬ 
scheint zweifelhaft. 

Fröhner (2) beschrieb schon im Jahre 1884 eine eigen¬ 
tümliche Erkrankung der Cornea bei Pferden, die er mit Keratitis 
punctata bezeichnete. Bayer hatte 1891 in fünf Fällen über 
dieselbe Erkrankung berichten können. Bei dieser Keratitisform 
wurden sehr zarte Punkte gesehen, die in gleichen Abständen 
von einander entfernt standen. Ich erwähne diese Erkrankung 
der Hornhaut kurz, weil die Veränderungen bei der Keratitis 
punctata viel Ähnlichkeit mit der oben beschriebenen Keratitis¬ 
form haben. 

Beim Loslösen der Kornea aus dem Korneafalz läßt sich 
das Hornhautepithel leicht von der Bowmannschen Schicht 
lösen. Desgleichen läßt sich die Eigenschicht der Kornea von 
der deszemetischen Haut leicht trennen. Sowohl an dem Horn¬ 
hautepithel, sowie an der deszemetischen Haut sind keine 
Trübungen zu erkennen. Die fleckigen Trübungen befinden sich 
ausschließlich in der Parenchymschicht der Kornea. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Parenchymschicht 
erweisen sich die Fleckchen und Punkte als Anhäufungen von 
zelligen Elementen. Im Zentrum liegen die Zellen sehr dicht. 
Nach der Peripherie hin nimmt die Dichte der Zelllagen ab. 
Regelmäßig finden sich im Zentrum dieser Zellanhäufungen 
große, mehrkernige Zellen, Riesenzellen, Ich halte diese Zell¬ 
anhäufungen für junge Tuberkel. 

Zum Schlüsse möchte ich den Befund an den übrigen 
Organen kurz erwähnen. Die Pia-Arachnoidea des Kleinhirns 
und beider Großhirnhemisphären ist mit grauweißen und gelb¬ 
lichen trüben Knötchen von Stecknadelkopf- bis Erbsengröße 
besäet. An mehreren Stellen der rechten, alB auch der linken 



19. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


843 


Hemisphäre reichen Konglomerate von Tuberkel von Haselnuß- 
größe in die graue Hirnsubstanz. In der Höhe des zweiten 
Lendenwirbels befindet sich eine haselnußgroße Neubildung im 
Lendenmark, deren Durchschnittsfläche viele gelbe, hirsekorn- 
große Knötchen zeigt. Auffallend ist, daß das Tier trotz der 
Größe der Neubildung, die eine bedeutende Druckatrophie der 
Nervenbahnen nach sich ziehen mußte, keinerlei Schwäche- und 
Lähmungserscheinungen der Hinterhand zeigte. Im übrigen 
weisen sämtliche Organe der Brust- und Bauchhöhle, sowie die 
FleischlymphdrÜ8en starke tuberkulöse Veränderungen auf. Be¬ 
merkenswert ist, daß die linke subparotideale Lymphdrüse starke 
tuberkulöse Neubildungen zeigte, während die korrespondierende 
rechte Drüse keine Veränderungen aufwies. 

Herrn Schlachthofdirektor Z*ühl, welcher die Anregung zu 
dieser Arbeit gab und mich mit Rat und Tat unterstützte, 
möchte ich auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. 
Literatur: 

1 . Friedberger und Fröhner, Spezielle Pathologie und 
Therapie, 1904. 

2. Bayer, Augenheilkunde, 1906. 

3. Möller, Lehrbuch der Augenheilkunde, 1889. 

4. Lubarsch und Ostertag, Ergebnisse der Allgemeinen Patho¬ 
logie und Pathologischen Anatomie des Auges, 1901. 

5. Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau, 1904. 

6 . Bongert, Bakteriologische Diagnostik, 1904. 


Mißbildung beim Kalbe. 

Von Tierarzt Leeb- Wurzen. 

Bei einem im lebenden Zustande frisch und munter aus¬ 
sehenden, sehr gut genährten, 16 Tage alten Kalbe fand ich 
bei der Fleischbeschau folgende, offenbar kongenitale Mißbildung, 
die sehr selten zu sein scheint. Zwischen dem Spiegel sehen 
Lappen und dem unteren Rande des rechten Leberlappens hing 
eine eigentümlich geformte Zyste. Dieselbe stellte sich als ein 
vierteiliger, fluktuierender Sack dar, dessen mittelster Teil der 
größte und am meisten herabhängende war. Abteilung 1 und 2 
der Zyste standen durch eine 2—3 cm lange Öffnung der ge¬ 
meinschaftlichen Wand mit einander in Verbindung, so daß 
beim Heben des einen Beutels mit der Hand der Inhalt teil¬ 
weise in den anderen floß. Dagegen waren Beutel 3 und 4 
vollständig durch Zwischenwand von einander getrennt. An 
der Ansatzstelle der Zyste an der Leber und wo sie auf dem 
rechten Lappen auflag, war eine Vertiefung in der Leber 
jedenfalls durch den Druck der Zyste, die das respektable 
Gewicht von 3 V 2 Pfand hatte. Die Blase mit ihren einzelnen 
Fächern war gefüllt mit einer dünnen, klaren, gelblichen 
Flüssigkeit, ähnlich dem Ham des Menschen und mit ganz 
schwachem, süßlichem Geruch. Am Boden der Blase war eine 
wie ein Niederschlag aussehende, weißliche, fibrinähnliche Masse. 
Die Wandung der Zyste war ganz dünn und durchsichtig, so 
daß man den Inhalt ganz genau betrachten konnte. Durch ge¬ 
ringen Druck platzte die ganze Blase, wobei der auf das Pflaster 
fallende Inhalt schäumte. 


Antwort auf den Artikel des cand. med. vel Hiller¬ 
brand in Nr. 46 dieser Zeitschrift. 

Von Dr. Burow-Halle a. S. 

Der Herr Kandidat Hillerbrand, Sohn des Königlich- 
Bayerischen Bezirkstierarztes Herrn Hillerbrand in Wasser¬ 


burg, hat sich bemüßigt gefühlt, im Aufträge seines Vaters in 
dieser Zeitschrift einen Artikel zu veröffentlichen, betitelt 
„Schlimme Erfahrungen mit Suptol-Burow“. 

Als ich diese Überschrift las, fiel es mir schwer aufs Herz, 
was mein armes Präparat Schweres verbrochen haben könnte. 
Je mehr ich mich aber in den glücklicherweise nur kurzen 
Artikel vertiefte, um so mehr atmete ich auf und fühlte mich 
am Schluß desselben von einer großen Sorge erleichtert. Also 
das war’s. Da ich das größte Interesse daran habe, daß dieses 
literarische Produkt nur möglichst kurze Zeit unbeanwortet sich 
in der Welt breit macht, will ich dem Herrn Kandidaten, der 
im Aufträge seines Vaters schreibt, sofort antworten. 

Hören wir, was er sagt! In einem Gehöft wären am 
19. August der Vorsicht gemäß fünf Ferkel mit 5 ccm Suptol 
geimpft. Von den geimpften Tieren wäre keines ein aus¬ 
gesprochener Kümmerer gewesen, sie hätten nur geringen Husten 
gezeigt und wären nicht so munter gewesen, wie die übrigen 
Ferkel des Bestandes und hätten nicht so gut gefressen. Am 
26. August also nach sieben Tagen hätte der Besitzer 
telephoniert, daß eines der geimpften Tiere schwer erkrankt 
sei, es atme sehr heftig, und dränge unter Taumeln ständig 
vorwärts, er wolle es töten lassen. Bei der am nächsten Tage 
vorgenommenen Fleischbeschau konnte außer einigen grauroten 
Entzündungsherden in der Lunge nichts Pathologisches fest- 
gestellt werden. In dem Befinden der übrigen vier Ferkel wäre 
weder eine Besserung noch eine Verschlimmerung eingetreten, 
diese Tiere hätten an diesem Tage nochmals je 5 ccm Suptol 
erhalten, außerdem noch ein weiteres Ferkel, das die letzten 
Tage auffallend schlecht gefressen, aber sonst keinerlei 
Krankheitssymptome gezeigt hätte. Bereits am nächsten Tage 
habe der Besitzer telephoniert, daß das letzt genannte Ferkel 
unter den gleichen Erscheinungen erkrankt sei, wie das 
geschlachtete. 

Bei seinem Eintreffen — wessen? des Kandidaten oder 
des Bezirkstierarztes ? — habe er das Tier gelähmt vorgefunden, 
nach längeren Versuchen sei es mit der Nachhand zum Stehen 
gekommen und einige Meter taumelnd weiter geschritten. Das 
Tier sei noch mit 5 ccm Suptol geimpft worden, der Zustand 
hahe sich aber von da ab zusehends verschlimmert und während 
der darauffolgenden Nacht sei der Tod eingetreten. Bei der 
Sektion fand sich die Lunge, namentlich die Vorder¬ 
lappen, entzündlich graurot verändert, die Pleura 
pulmonalis mit der Pleura costalis verlötet, namentlich 
in der Gegend des Diaphragmas, ebenso war der Herz¬ 
beutel mit dem Herzen verlötet. Die übrigen Eingeweide 
wären anatomisch nicht verändert gewesen. 

Ans dieser Erzählung geht erstens hervor, daß von fünf 
mit Suptol geimpften Ferkeln nach sieben Tagen eines so schwer 
erkrankt ist, daß es hat getötet werden müssen. Die Deduktion, 
daß das Suptol schuld an dem Tode dieses Tieres sei, dürfte 
für jeden objektiv Urteilenden hinfällig sein. Abgesehen von dem 
inzwischen verflossenen Zeitraum von sieben Tagen geht das 
ja auch daraus hervor, daß bei den anderen vier geimpften 
Tieren des Bestandes, selbst bei der Wiederholung 
der Suptolimpfung keine unangenehmen Nebenerschei¬ 
nungen bemerkt worden sind. Über das weitere Schicksal 
dieser vier Tiere habe ich aus dem Artikel nichts erfahren 
können» 



844 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


Was das zweite eingegangene Ferkel anbetrifft, so weiß 
jeder sachverständige Leser, daß nach der ganzen Schilderung 
des Krankheitsbildes und nach dem Sektionsbefund, diesem Tier 
kein Tierarzt der Welt mehr helfen konnte. Das Tier ist an 
den Folgen der akuten und chronischen Schweineseuche, den 
weitverbreiteten Degenerationen unter Herzschwäche zugrunde 
gegangen oder will der Herr Kandidat vielleicht für 
die Verwachsungen und die chronischen Veränderungen 
der Lunge, der Pleura, des Herzbeutels und des 
Herzens das Suptol verantwortlich machen? Geradezu 
unglaublich sind aber die Ausführungen des Herrn Kandidaten 
über den Todesfall in dem anderen Gehöft, die gerade in der 
Hauptsache auf den Erzählungen einer Stallmagd 
basieren. Ein Besitzer habe 6 Ferkel am 31. August mit 
Suptol impfen lassen, die zwar wenig husteten, sich aber doch 
schlecht nährten, wenig Freßlust zeigten und vollständig mit 
Ausschlag bedeckt waren. Nur eines der Tiere sei ein aus¬ 
gesprochener Kümmerer gewesen. In den nächsten Tagen wäre 
an den Tieren eine Abnahme des Juckreizes der Ekzeme zu 
beobachten gewesen, der übrige Befund der gleiche geblieben. 
Am Abend des 3. September, also nach drei Tagen, habe der 
erwähnte Kümmerer stark zu atmen angefangen und nach dem 
Erzählen der Stallmagd genau die gleichen Symptome gezeigt, 
wie die beiden auf dem ersten Gut eingegangenen Ferkel. 
Noch im Laufe der Nacht sei das Tier verendet und bei seinem 
Eintreffen am nächsten Morgen leider schon verbrannt ge¬ 
wesen. — Schade — wirklich schade! Was ist aus den anderen 
5 Ferkeln geworden? 

Auf Grund dieser drei nichtssagenden Fälle, von denen bei 
einem der Tod durch Schweineseuche durch die Sektion fest¬ 
gestellt, bei den andern wahrscheinlich ist, fühlt sich der Herr 
Kandidat berechtigt, noch dazu im Aufträge seines Vaters, einen 
Artikel zu schreiben, betitelt „Schlimme Erfahrungen mit 
Suptol-Burow“. Ich überlasse es getrost dem Leser, der sich 
nicht damit begnügt, die Überschrift zu lesen, zur Beurteilung, 
ob der Herr Kandidat, wenn auch im Aufträge seines Vaters, 
auf Grund seines kläglichen Materials eine Berechtigung hatte, 
zu einer solchen Abfassung resp. Betitelung seines Artikels. 
Der Beweis für eine den Titel rechtfertigende Behauptung ist 
durch nichts erbracht worden. 

Dem Herrn Kandidaten aber möchte ich doch noch folgenden 
Vorschlag machen: Wenn er sich berufen fühlt, auf den 
schlüpfrigen Boden der literarischen Tätigkeit zu treten, so rate 
ich ihm, zunächst erst noch zu lernen und zu versuchen, sich 
praktische Erfahrungen zunutze zu machen und ich rate ihm 
ganz besonders, in seiner späteren Tätigkeit sich nicht auf das 
Urteil und die Meinung einer Stallmagd zu berufen, noch viel 
weniger die Äußerung einer Stallmagd als maßgebend zu er¬ 
achten, daß er daraufhin in einer wissenschaftlichen Zeitschrift 
einen Artikel veröffentlicht, der geeignet ist, noch dazu auf 
Grund eines nicht stichhaltigen Materials, falsche Vorstellungen 
zu erwecken. Wie kann überhaupt ein Kandidat sich über prak¬ 
tische Fragen der Schweineseuche, die in allen Phasen noch gar 
nicht vollständig geklärt ist, öffentlich in einer wissenschaftlichen 
Zeitschrift ein Urteil erlauben? Daß der Vater, der Königl. 
Bezirkstierarzt, seinen Sohn dazu veranlaßt, auf so schwachen 
Füßen stehende Behauptungen in seinem Namen in die Welt zu 
setzen, darüber enthalte ich mich irgendwelcher Äußerung. 
Was ist das überhaupt für ein neuer Weg? „Im Aufträge 


meines Vaters veröffentlicht.“ Wenn ein Vater seinen Sohn in 
der Welt glänzen lassen will, so möge er es auf andere Weise 
tun. Die Leser dieser Zeitschrift sind so objektiv, daß sie der 
Sache auf den Grund gehen und mir wird man unter diesen 
Umstäuden eine Abwehr nicht verdenken können. 

Bisher sind in der kurzen Zeit von 18 Monaten über 
100 000 Impflingen mit Suptol ausgeführt worden und es ist 
absolut ausgeschlossen, daß eine Verschlimmerung des 
Zustandes geimpfter Tiere Infolge der Impfung eintreten 
kann. Diese irrige Auffassung der Welt zu unterbreiten, 
mußte Herrn Kandidat Hillerbrand Vorbehalten bleiben. 

Vielleicht ist aber nun der Stein ins Rollen gekommen. 
Ich habe naturgemäß ein großes Interesse daran, daß mit 
weiteren Veröffentlichungen nicht zurückgehalten wird. Natürlich 
sind hier und dort Mißerfolge zu verzeichnen gewesen. Bei 
der Kompliziertheit der Erscheinungen ist das ganz natürlich. 
Ideal ist kein Heilverfahren. So viel aber ist sicher, daß auf 
Grund der mir in großer Zahl bisher zugegangenen schriftlichen 
und mündlichen Mitteilungen die durchgehende günstigen Erfolge 
bestätigt worden sind; das Präparat hat also die Erwartungen 
in der Mehrzahl der Fälle erfüllt. 

Zum Schluß will ich noch Gelegenheit nehmen, zu erklären, 
daß ich auf den in derselben Nummer dieser Wochenschrift 
erschienenen Artikel des Herrn Mag. Andrejew in nächster 
Zeit zurückkommen werde. 


ln Sachen Kälberruhrimpfung nach Raebiger- 
H abelschwer dt. 

Von Stabsveterinär Dr. Goldbeok.*) 

Als ich in Nr. 35 und 36 der B. T. W. den Ansichten des 
Herrn Kollegen, Kreistierarzt Raebiger-Habelscliwerdt ent¬ 
gegentrat, war ich mir von vornherein klar darüber, daß er 
versuchen werde, seine Meinung zu verfechten. Eine Antwort 
hatte ich erwartet — aber was ich nicht erwartet hatte, war, 
daß sie gar so dürftig ausfallen würde, wie dies in Nr. 37 
der B. T. W. geschah. Dieselbe enthält sachlich nichts, was 
sich bei näherer Betrachtung nicht als unrichtig erweisen ließ, 
in der Hauptsache aber an Stelle der fehlenden Widerlegung per¬ 
sönliche Angriffe. 

Ich hoffe es dadurch zu vermeiden, einen ähnlichen Ton 
anzuschlagen, wie die Replik in Nr. 37, dazu ist die Sache 
zu wichtig, um in persönliche Reibereien auszulaufen. Wenn 
Herr Kollege Raebiger sich in Nr. 37 „die genügende Einsicht 
in landwirtschaftliche Betriebs- und Lebensfragen* 1 zu und mir 
ab spricht, so wird er sicher auch nicht durch die Tatsache 
überzeugt, daß ich bereits eine gesuchte tierärztliche Ver¬ 
trauensstellung bei den Landwirten im Elsaß genoß und viel 
Kälberruhr dort sah, als er das Studium unserer schönen 
Wissenschaft noch nicht begonnen hatte. Das hätte ein Blick 
in den Veterinär-Kalender gezeigt. Im übrigen kennen die Land¬ 
wirte mich und mein Interesse für die Tierzucht recht gut und 
wie ich leicht beweisen kann, wie auch Herr Kollege Raebiger 
leicht hätte feststellen können, genieße ich bei denselben 
einiges Vertrauen, sie wissen, daß nach meiner Auffassung 
der Tierarzt ein Förderer der Landwirtschft sein muß — 

*) Der Artikel ist vor längerer Zeit eingelaufen, die Veröffent¬ 
lichung ist durch meine Abwesenheit verzögert. Schmaltz. 



19. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


andererseits dürfte ihnen auch Herr Kreistierarzt Raebiger 
als Entdecker des Lumbagin nicht unbekannt sein. 

Daß die Sache selbst noch nicht erledigt ist, dafür spricht 
das reiche Material, was ich znm Punkte „Impfungen “ 1 noch 
besitze; vielleicht auch die mir gewordenen znstimmenden Briefe 
auB Kollegenkreisen von Nord und Süd. 

Wenn Herr Kreistierarzt Raebiger den auch von mir 
hochgeschätzten Herrn Veterinär- und Regierungsrat Never- 
mann für sich mobil macht, so muß ich erwidern, daß diese 
Ansicht aus dem Jahre 1906 stammt. Ob derselbe auch im 
Jahre 1908 dieser Meinung ist, besonders wenn ihm bekannt 
wird, wie heut (1908) im Gegensatz zu damals (1906) die 
Serum-Propaganda betrieben wird — das möchte ich beweifeln. 

Herr Kreistierarzt Raebiger stützt sich in seiner Ent¬ 
gegnung vor allem darauf, daß Impfungen bei Kälberzucht nur 
von Erfolg sind, wenn sie in den ersten Lebensstunden aus¬ 
geführt werden.*) Schade, daß er nicht auch die Zahl der 
Stunden angibt. Vielleicht stellt er auch fest, wie viel Kälber 
am Tage und wie viel bei Nacht geboren werden und versucht 
unter Zugrundelegung dieser Statistik, ob sich mein in der Praxis 
erzielter Vorschlag — auf den ich mir gar nichts einbilde, da 
zahlreiche Tierärzte diese Lösung ebenfalls gefunden haben — 
nicht doch etwas anderes verdient als „homerisches Gelächter“. 
Mir scheint, daß man in tierärztlichen Kreisen, für die ich hier 
schreibe, ein so wichtiges Standesinteresse doch ernster nimmt, 
als dies Kollege Raebiger tut. Daß aber auch der Landwirt 
von der tierärztlich vorgenommenen Impfung bessere Erfolge 
verspürt, als von der Laienimpfung, hat z. B. die Rotlaufimpfung 
klar ergeben. 

In einer ganzen Reihe, viel gelegener landwirtschaftlicher 
Zeitungen (mir liegt vor Nr. 36 der landwirtschaftlichen Zeitung 
für Pommern Stettin, 4. September 1908; Nr. 36 Deutsche land¬ 
wirtschaftliche Tierzucht, Hannover, 4. September 1908; Nr. 36 
Landwirtschaftliche Centralblatt für die Provinz Posen 1908; 
Nr. 72 Deutsche landwirtschaftliche Presse, Berlin, 5. September 
1908, empfiehlt die Firma L. W. Gans Sera außer für Kälberruhr 
auch für Schweineseuche, Schweinepest und septische Pneumonie 
der Kälber, Lämmer und Fohlen. Druse der Pferde, Rotlauf. 
Es ist vielleicht in Erwägung zu ziehen, ob letztere Sera gleich¬ 
falls in den ersten Stunden nach der Geburt einzuspritzen sind? 
— In diesen, wie auch in einer ganzen Reihe anderer landwirt¬ 
schaftlicher Zeitungen, erschien das Referat des Artikels des 
Kollegen Herrn Tierarzt Mucha in Kranowitz im Annoncenteil 
als „Separatabdruck aus der Berliner tierärztlichen Wochen¬ 
schrift 1908, Nr. 22“, in welchem gesagt ist, daß er das neue 
G an 8 sehe Serum nicht nur bei saugenden, sondern auch bei 
bereits abgesetzten Ferkeln angewandt habe. Hier ist doch klar 
ausgesprochen, daß Landwirte, die sich in gleicher oder ähn¬ 
licher Lage befinden, Zeit genug haben, ihren Tierarzt zuzuziehen, 
ohne selbst zur Spritze zu greifen. Und doch erfolgt die 
Reklame an den Landwirt direkt in der „Deutschen“ land¬ 
wirtschaftlichen Tierzucht, Hannover vom 11. September 1908, Nr. 37 
erschienen drei Inserate, welche den Landwirten Sera für ver¬ 
schiedene Tierkrankheiten anboten. Darunter dürfte namentlich 
das des Bakteriologischen Laboratoriums Dr. Kirstein-Berlin 

*) L. W. Gans empfiehlt in Nr. 34,1908 der landwirtschaftlichen 
Zeitung für die Rheinprovinz einen polyvalenten keimfreien Kälber- 
ruhr-Bazillen-Extrakt zur Verhütung der Kälberruhr, an Muttertieren 
zu verimpfen. Da hat es doch gar keine Eile! 


81“) 

interessant sein, da dieser den Landwirten u. a. Schweineseuche- 
Bazillen-Extrakt, zum Impfen tragender Sauen (Ferkel 
geschützt gegen Seuche. Sehr gute Erfolge. Sau 80 Pf.) 
empfiehlt. 

Andere Gesellschaften versenden Prospekte über alle nur 
denkbaren Impfstoffe an jeden Landwirt, der es wünscht, weitere 
Annoncen liest man in vielen landwirtschaftlichen Zeitungen. 

Meine Ansicht, daß die Landwirte, welche einmal selbständig 
mit Serum gearbeitet haben, den Tierarzt für diesen Zweck 
nicht mehr hinzuziehen werden, obgleich dies auf jeden 
Fall in ihrem eigensten Interesse läge, werden die 
meisten meiner Kollegen teilen. 

Wie recht ich hatte, als ich in Nr. 36 B. T. W. äußerte, 
daß Schäfer, Stallschweizer, Tierheilkundige, wenn sie einmal 
mit 'dem Gebrauche der Serumspritze vertraut sind, sie auch 
bei anderen Krankheiten als bei Kälberruhr benutzen würden, 
geht aus Nr. 9 1908 der Mitteilungen der Landwirtschafts¬ 
kammer für das Herzogtum Sachsen-Altenburg hervor. In 
dieser bringt die Firma L. W. Gans einen Separatabdruck aus 
Nummer 11 der Deutschen Güterbeamten-Zeitung, Eberswalde 
(einem mit Recht sehr geschätzten Blatte) 1907 zur Wieder¬ 
gabe. Es tut dabei nichts zur Sache, daß es sich in diesem 
Falle nicht um einen Schweizer, sondern um einen Inspektor 
handelte. Aus den Erfahrungen des Herrn Inspekteur Ernst 
Brill in Gr. Labrost geht hervor, daß er auch bei Lämmerruhr 
Serum und zwar ohne Zuziehen eines Tierarztes anwendet. 

Und nun zur Hauptsache. Dem aufmerksamen Leser 
landwirtschaftlicher Zeitungen (um das zu sein, muß man aller¬ 
dings viel Interesse und sogar einige Kenntnis von landwirt¬ 
schaftlichen Dingen besitzen) ist es nicht entgangen, daß in 
letzter Zeit nicht weniger als vier Firmen sich mit „Serum“ 
direkt an die Landwirte wenden. Aber man kann nicht von 
jedem in der Praxis stehenden Tierarzt erwarten, daß er diese 
Lesefreudigkeit besitze. Diesen Kollegen unterbreite ich das 
Material und glaube damit im Standesinteresse ohne jeden 
selbstsüchtigen Gedanken gearbeitet zu haben. Den betreffenden 
Firmen selbst kann man es nicht einmal so übel nehmen, wenn 
sie ihr Geschäftsinteresse wahren — ich werde mich hüten, sie 
noch einzeln aufzuführen. Zweckmäßiger wäre es meines Er¬ 
achtens, eine Liste derjenigen Firmen herzustellen, welche nur 
an Tierärzte liefern — wie B engen & C o.-Hannover, die chemische 
Fabrik Trommsdorf-Aachen, Schreibers Serum-Institut 
Landsberg a. W. — oder welche, die ja auch rein landwirtschaft¬ 
liche Artikel hersteilen, den Tierärzten besondere Vorzugspreise 
einräumen, wie Hauptner. Diese Liste ist natürlich bei 
weitem nicht vollständig, dürfte aber leicht mit Hilfe der 
Kollegen und speziell der Tierärztlichen Wirtschaftsgenossenschaft, 
die sich die Wahrung der tierärztlichen Interessen zur beson¬ 
deren Aufgabe gemacht hat, vervollständigt werden können. 
Das ist aber nicht mein Ziel; mir lag daran, auf eine Ent¬ 
wicklung im Serumvertrieb hinzuweisen, der das Interesse aller 
Kollegen verdient. Die Anregung dazu aber verdanke 
ich dem Kollegen Herrn Kreistierarzt Raebiger-Habel- 
schwerdt. 

Ich bin dabei überzeugt, daß sich über kurz oder lang 
doch ein für das Standesinteresse wachsamer und mit der Ent¬ 
wicklung der Dinge vertrauter, genügend belesener Kollege ge¬ 
funden hätte, der auf diese Dinge hingewiesen hätte. Im Stande 
der Ärzte oder Apotheker wäre das sicher schon längst ge- 



No. 47. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCH RIFT . 


_846 

schehen. Zum mindesten dürfte es an der Zeit sein, dagegen 
Front zu machen, daß ein Tierarzt selbst diese wichtige tier¬ 
ärztliche Operation an die Landwirte überträgt. 

Anmerkung. 

Es ist gewiß für die Tierärzte ungünstig, wenn auch hier 
wieder eine heilsame Methode schließlich der Ausübung durch 
andere verfällt. Aber in diesem Falle fragt es sich doch, ob 
die Erreichung des Heilzwecks, der ja zweifellos für uns ma߬ 
gebend ist, sich auf andere Weise sichern läßt. Jedenfalls 
steht Herr Kreistierarzt Raebiger mit seiner Ansicht keines¬ 
wegs aUein. Ich erinnere mich, daß vor einiger Zeit im 
Brandenburger Verein ein Kollege in bevorzugter Stellung sich 
in ähnlichem Sinne äußerte. Schmaltz. 


Hundestaupe-Serum (Or. Piorkowski). 

Von Hoftierarzt Dr. med. vet. Richter. 

Zu meinem Bedauern sehe ich mich infolge des in Nr. 43 
dieser Wochenschrift veröffentlichten Artikels genötigt, nochmals 
das Wort betreffs des Hundestaupe-Serums (Schutzmarke: 
Dr. Piorkowski) zu ergreifen. Da ich auf dem Standpunkt 
stehe, daß Auseinandersetzungen persönlicher Angelegenheiten 
in wissenschaftlichen Zeitungen unzweckmäßig und unangebracht 
sind, gestatte ich mir nur rein sachlich folgendes zu be¬ 
merken : 

Herr Dr. Piorkowski ist zweifellos im argen Irrtum, 
wenn er annimmt, daß sich die ungünstigen Ergebnisse mit dem 
Hundestaupe-Serum (Dr. Piorkowski) zu den günstigen wie 
1:60 stellen. Weder das zuerst von ihm konstruierte Serum, 
bei dessen Anwendung in prophylaktischer Hinsicht ich früher 
Erfolge zu verzeichnen geglaubt hatte, noch sein polyvalentes 
(verstärktes) Serum, welches von Dr. Puttkammer in der 
Hundeklinik der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin und von 
mir durch Zwingerversuche geprüft wurde, zeigte irgendwelche 
Schutz- oder Heilwirkung. Dieselbe Ansicht ist seinerzeit 
bereits öffentlich von Meis, Paszotta und Casper vertreten 
worden, und viele andere Kollegen schließen sich, wie ich durch 
Briefwechsel und persönliche, mündliche Mitteilungen erfahren 
habe, jenem Standpunkte an. Den anderen Herren Kollegen 
(Lange, Creutz), welche sich in den Fachblättern für die 
Wirksamkeit des Serums ausgesprochen haben, und den Herren, 
die mit oder ohne erteilte Erlaubnis von der Deutschen Schutz- 
und Heilserum-Gesellschaft als Gutachten für die günstigen Er¬ 
folge des Impfstoffes angeführt worden sind, mag es vieUeicht 
ebenso ergangen sein, wie seinerzeit mir, das heißt man ist gar 
zu gern auf Kosten der Helferin „Natur“ geneigt, an eine 
günstige Beeinflussung der Staupe durch die Impfung zu glauben, 
wenn eine Besserung im Befinden des Patienten kurz nach der 
Injektion des Serums eingetreten ist, oder wenn mehrere prophy¬ 
laktisch geimpfte Hunde ein Jahr und älter werden, ohne an 
Staupe zu erkranken. Hierbei darf aber vor aUem nicht ver¬ 
gessen werden, daß, wie ich schon anderorts angeführt habe, 
die prophylaktisch geimpften Hunde zum großen Teil aus dem 
Gesichtskreis derjenigen, welche die Impfungen auBgeführt haben, 
entschwinden, und das meist wenig zuverlässige und häufig auf 
Selbsttäuschungen beruhende Nachrichten über die Wirksamkeit 
des betreffenden Serums einlaufen. Ganz besonders gilt dies 
für Zeitabschnitte, in welchen die Seuchengänge zufällig milder 
Art sind. Es greifen deshalb leicht falsche Anschauungen bei 


derartigen Schutzimpfungen Platz. Ebenso verhält es sich mit 
den Heilimpfungen. Hier kommt außerdem noch die neben der 
Serumtherapie häufig angewendete medikamentöse Behandlung 
hinzu, von welcher der behandelnde Tierarzt in manchen Fällen 
gar nichts erfahren mag. Wohl nur auf diese Weise lassen 
sich die den Zwingerversuchen gerade entgegengesetzten 
Resultate erklären. Es ist jedoch allein durch derartige Ver¬ 
suche möglich, die Hundestaupe-Sera einwandfrei zu prüfen. 
Und auf diese Weise habe ich nun leider die Erfahrung ge¬ 
wonnen, daß das Hundestaupe-Serum Dr. Piorkowskis für die 
Schutz- und Heilimpfung wertlos ist. 

Von den zu meinen Versuchen benutzten und mit ver¬ 
schiedenen Impfstoffen behandelten 140 Impf- und Kontrollhunden 
impfte ich 29 Stück mit dem Serum Piorkowski; 13 Kontroll- 
hunde standen ihnen gegenüber. Der Schutzimpfung waren 
25 Stück unterzogen worden, zugleich nahm ich bei fünf von 
diesen Tieren, nachdem sie trotz der Impfung an Staupe 
erkrankt waren, teilweise wiederholte Heilimpfungen mit ver¬ 
hältnismäßig großen Quantitäten des Serums vor. Außerdem 
benutzte ich noch vier an Staupe erkrankte und vorher nicht 
immunisierte Hunde zur Erprobung des Heilwertes, so daß 
demnach im ganzen neun Heilimpfungen und 25 Schutzimpfungen 
stattgefunden haben. 

Die Resultate der Schutzimpfungen waren vollkommen 
erfolglos, denn es blieb kein Hund von der Ansteckung ver¬ 
schont. Weder der tödliche Verlauf der Krankheit erfuhr 
gegenüber den Kontrollhunden durch die Schutzimpfung eine 
Beeinträchtigung, noch war dies für die Krankheitsdauer, 
Krankheitssymptome und für das Inkubationsstadium der Fall. 

Auch bei den Heilimpfüngen konnten nach keiner Richtung 
hin bei den geimpften Hunden günstige Resultate gegenüber 
den Kontrollhunden erzielt werden. 

Jene Versuche habe ich bis auf einige Impfungen mit dem 
verstärkten, polyvalenten Serum vorgenommen. Gemäß des 
neuerdings erschienenen Prospektes der Deutschen Schutz- und 
Heilserum-Gesellschaft ist das Serum durch Verbindung mit 
polyvalenten Staupe-Bakterien-Emulsionen abermals verstärkt 
worden. Ich bin jedoch auch trotz dieser versuchten Vervoll¬ 
kommnung des Serums der Ansicht, daß es ebenso wenig Wirkung 
entfalten wird wie das frühere, da doch zweifellos mit demselben 
angeblichen Staupeerreger gearbeitet worden ist, welchen man 
für das frühere polyvalente Serum benutzte. Das zu meinen 
Versuchen gebrauchte Hundestaupe-Serum hat aber weder den 
Krankheitsverlauf, noch die Empfänglichkeit der Hunde für die 
Staupe nach der einen oder anderen Richtung auch nur im 
geringsten beeinflussen können. 

Über die Spezifizität des von Herrn Dr. Piorkowski 
isolierten und gezüchteten Staupeerregers mir ein bestimmtes 
Urteil anmaßen zu wollen, steht mir nicht zu. Ich gestatte 
mir aber darauf aufmerksam zu machen, daß erst in jüngster 
Zeit bedeutende Forscher und hervorragende Pathologen erklärt 
haben, der Infektionsstoff der Staupe sei zur Zeit nicht mit 
einwandfreier Sicherheit nachgewiesen. 

Neuerdings hat sich der französische Forscher Car re auf 
Grund seiner ergiebigen Untersuchungen und Versuche veranlaßt 
gesehen, die von zahlreichen Bakteriologen isolierten Staupe¬ 
erreger, welche die verschiedenartigsten und mannigfaltigsten 
morphologischen und biologischen Eigenschaften besitzen sollen, 




10. November 100S. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


847 


zu negieren und als spezifischen pathogenen Erreger der Hunde¬ 
staupe ein ultravisibles, filtrierbares und mit Erfolg überimpf- 
bares Virus hinzustellen. 

Referate. 

Beiträge zum Studium der Pathogenität der Arthritis 
nnd der Hydarthrose der Fohlen. 

Von Marq. 

(Aonales de Bruxelles. August/September 1908.) 

Die bei mehreren Fällen von Polyarthriten und Hydarthrosen 
bei Fohlen gewonnene Gelenkflüssigkeit hat der Verfasser direkt 
untersucht und außerdem mit ihr Kulturen auf verschiedenen 
Nährböden angelegt und diese kleinen Laboratoriumstieren ein¬ 
geimpft. Hinsichtlich des Vorhandenseins von Keimen im 
Exsudat fiel die direkte Untersuchung meist negativ aus, es 
fanden sich aber stets weiße Blutkörperchen in mehr oder 
weniger reichlicher Anzahl darin vor. In den gewonnenen 
Kulturen hatten sich in allen Fällen neben anderen Keimen 
Kolonien aus Staphylococcus pyogenes aureus gebildet. Bei den 
mit dem Inhalt der Hydarthrosen angelegten Kulturen ging 
das Wachstum der Kolonien nur sehr langsam und nicht so 
üppig vor sich als bei den mit Material des Polyarthriten be¬ 
schickten Nährböden. In vier Fällen von Hydarthrose erzielte 
er Reinkulturen von Staphylococcus aureus. 

Obschon nicht gut anzunehmen ist, daß ein so vulgäres 
Bakterium wie der Staphylococcus die Ursache einer bestimmten 
Läsion sein kann, so muß er doch bei der Entstehung der 
Polyarthritis und besonders der Hydarthrose der Fohlen eine 
Hauptrolle spielen. In einem Falle von eitriger Polyarthritis 
hat der Ausstrich von Milzpulpa einzig und allein Staphylococcen 
ergeben. Ein Kaninchen, dem von einer auf Agar gezüchteten 
Kultur, die einer Polyartliritis mit sero-fibrinösem Exsudat 
entstammte, in die Ohrvene eingeimpft worden war, zeigte nach 
vier Tagen eine Lahmheit des linken Vorderfußes, die ihren 
Grund in einer Arthritis und Synovitis des Karpalgelenks hatte. 
Das Tier war nach 16 Tagen eingegangen. Kulturen, welche 
mit dem käsigen Eiter der Sehnenscheiden des Karpalgelenks 
angelegt worden waren, wiesen den Staphylococcus aureus auf, 
während aus dem Herz entnommenes Blut und das ganze trübe 
Gelenkexsudat Kulturen überhaupt nicht ergaben. In mehreren 
Fällen von Arthritis des Hüftgelenks des Rindes und in einem 
Falle von Arthritis des Sprunggelenks des Pferdes hat der 
Verfasser weder Kulturen von Staphylococcus albus noch solche 
von Staphylococcus aureus züchten können. 

Von verschiedenen Forschem ist die Vorliebe der Staphylo¬ 
coccen für die Gelenke nachgewiesen worden, die sich besonders 
bei abgeschwächten Infektionen auf den Synovialhäuten zu 
lokalisieren suchen. Wenn wir beim Fohlen die gewöhnlichen 
Bedingungen, unter welchen sich die Arthritis bei ihm einstellt, 
untersuchen, so sehen wir, daß die Infektion meistens auf 
venösem Wege einsetzt und von weniger virulenten Keimen hervor¬ 
gerufen wird. Der Gefäßreichtum der im Wachstum begriffenen 
Gelenke kann bis zu einem gewissen Punkte die Lokalisation 
der Bakterien an diesen Stellen erklären. Als interessante 
Tatsache ist dabei auch zu verzeichnen, daß der Staphylococcus 
gerade wie andere Keime den natürlichen Gang hat, sich auf 
solchen Gewebsarten anzusiedeln, die die gleichen sind wie 
jene, aus deren Läsionen er stammt. Ein aus eineri Arthritis 


stammender Staphylococcus wird daher auch mit Vorliebe 
wieder eine Arthritis erzeugen. 

Die anderen Keime, welche der Verfasser in den Fällen 
von Arthritis mit den Staphylococcen vergesellschaftet gefunden 
hat, waren gewöhnlich die Streptococcen und die Kolibazillen. 
Bis jetzt ist es dem Verfasser nicht gelungen, jeder Bakterienart 
eine für den Verlauf der Krankheit bestimmte Rolle zuzuschreiben 
aber es steht fest, daß die aus der schweren Form der Ar¬ 
thritis gewonnenen Kulturen reicher an Kolibazillen und Strepto¬ 
coccen sind, was nicht überraschen darf, weil die letzteren viel 
häufiger eine allgemeine eitrige Blutvergiftung hervorrufen und 
viel stärkere Eitererreger sind als die Staphylococcen. 

Die gewöhnliche Eintrittspforte für die Keime bildet der 
Nabel. Dieser gilt als solcher nicht allein, sondern auch von 
Hautwunden und vielleicht auch vom Darm aus können die 
Bakterien einwandern. Der Einfluß der Heredität scheint auch 
in denjenigen Fällen, in welchen die Infektion nicht durch den 
Nabel geschieht, unter der Einwirkung einer angeborenen 
ererbten Familiendisposition, die unter dem Namen autoinfektiöse 
Diatliese bekannt ist, zu erfolgen. 

Der Umstand, daß der Verfasser bei seinen bakterio¬ 
logischen Untersuchungen sowohl der Arthriten als auch der 
Hydarthrosen der jungen Tiere immer die gleichen Erreger, und 
in den mit dem kranken Gewebe angelegten Kulturen den 
Stophylococcus gefunden hat, spricht für die Identität dieser 
beiden Krankheiten. Wenn die Veränderungen in den Gelenken 
dabei auch verschieden sind, so ist dies der jeder Bakterienart 
eigentümlichen Virulenz, dem Infektionsmodus und der Wider¬ 
standsfähigkeit der befallenen Tiere zuzuschreiben. 

Zum Schluß führt der Verfasser noch an, daß ihm die 
anaeroben Kulturen bis jetzt noch kein Resultat von Belang 
gegeben haben. Helfer. 

Mitteilangen aas den Berichten der sächsischen Bezirks¬ 
tierärzte auf das Jahr 1906. 

Von Medizinalrat Professor Dr. Edelmann. 

(Her. über d. Veterinärw. i. Königr. Sucbaen f. d. Jahr 1906, S. 69.) 

Bemerkenswerte Einzelfälle. — Enteritis catar- 
rhalis chronica bei einer Kuh. Das Tier litt seit acht 
| Wochen an Durchfällen; Appetitsverminderung, unterdrücktes 
Wiederkauen, Fieber zeigten sich später. Tannin und Creolin 
in Leinschleim brachten einen vorübergehenden Erfolg; eine 
plötzliche Verschlechterung (starke Durchfälle) führte zur 
Schlachtung. Der gesamte Dünndarm war in ein starrwandiges 
Rohr verwandelt; die Schleimhaut war wulstig verdickt und 
gerötet, die Submukosa außerordentlich verdickt, ähnlich wie 
bei Lymphadenie. (Zietzschmann-Kamenz). 

Diffuse Lymphadenie des Labmagens und des 
Herzens fand Zietzschmann-Kamenz bei einem Ochsen, der 
seit einem Vierteljahre Verdauungsbeschwerden-gezeigt hatte und 
dann plötzlich unter Erscheinungen erkrankt war, die das Vor¬ 
handensein eines nach dem Herzen vorgedrungenen Fremd¬ 
körpers vermuten ließen. Außerdem war der gesamte Herz¬ 
beutel stark verdickt; zwischen Peri- und Epikard fand sich 
massenhaft junges Bindegewebe mit zahlreichen Blutgefäßen, 
die in großer Ausdehnung zystisch erweitert waren. Vielleicht 
handelte es sich um ein in Organisation befindliches Häniato- 
perikardium. Ein Fremdkörper war nicht nachzuweisen. 

Eutergeschwüre sah Otto-Dresden in einer Milchkur¬ 
anstalt in kurzer Folge bei zehn Kühen auftreten, nachdem sich 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


H4* 

vorher an den betroffenen Stellen schmerzhafte Knoten in der 
Haut des Euters gebildet gehabt hatten. Milchertrag und 
Allgemeinbefinden waren wenig beeinflußt. Separiertes Auf¬ 
stellen und Melken brachte das Leiden zum Stillstand. Reinigung 
der Geschwüre mit Seifenwasser und Desinfektion mit essig¬ 
saurer Tonerdelösung täglich mehrmals, führte bald zur Heilung. 

Thrombose der Pfortader führte bei einer Kuh zu Er 
scheinungen schwerster akuter Dyspepsie. G Öhre-Großenhain 
fand den Thrombus, etwa 10 cm lang, in der Pfortader in 
nächster Nähe der Leber, das Gefäßlumen zu etwa % ausfüllend. 

Blutige Beschaffenheit der Milch sah Zietzschmann 
auf allen vier Vierteln bei einer Kuh auftreten, die nach Zurück¬ 
halten der Nachgeburt an einem hochgradigen Euterödem er¬ 
krankt war. Öfteres vorsichtiges Ausmelken, knappe Fütterung, 
Verabreichung von salinischen Mitteln reichten aus; nach acht 
Tagen war die Milch wieder normal. 

Ein Aktinomykom an der Vulva einer fünfjährigen 
Oldenburger Kuh beobachtete Sch all er-Zwickau. Die Ge¬ 
schwulstmassen saßen zu beiden Seiten der Schamlippen, waren 
kopfgroß und wogen ausgeschält 2 kg. Alle anderen Organe 
waren frei von Erkrankungen. Richter. 

Vorkommen der Trichinen in Schweden. 

(M&anedafkrift for Dyrlaeger 1908, Heft 11.) 

Einem Berichte des Stadttierarztes Ny st edt über die Fleisch¬ 
beschau in Stockholm ist zu entnehmen, daß in Stockholm im 
Jahre 1906 89 831 ganze und 2350 halbe Schweine, sowie 3576 
kleinere Stücke schwedischen und 5463 kleinere Stücke amerika¬ 
nischen Fleisches auf Trichinen untersucht worden sind. Von 
den ganzen Schweinen wurden 50 Stück = 0,0557 Proz. 
trichinös befunden. Von dem amerikanischen Fleisch waren 
0,567 Proz. trichinös. Dr. St. 

(Aus dem pathologischen Institut der Tierärztl. Hochschule Berlin.) 

Die Knti- and Ophthalmoreaktion bei Rotz. 

Von Stabsveterinär Dietrich. 

(Archiv für wissenach. u. prakt Tierheük., Bd. 84, H. 5.) 

Um den Wert der beiden neuesten Methoden zur Sicherung 
der Rotzdiagnose zu erproben, nahm Dietrich eine Reihe von 
Untersuchungen an Pferden vor, welche durch Tötung eine 
genaue Sektion zuließen. Das für die Reaktionen benötigte 
Mallein stellte er sich selbst als M. siccum her und verdünnte 
es im Verhältnis 1: 5 oder 1 : 10 oder 1:100. Zur Ophthal¬ 
moreaktion wurde stets das linke Auge benützt, während das 
rechte zum Vergleich diente. Eingebracht wurde die Mallein¬ 
lösung mit steriler Pipette in den unteren Teil des Konjunktival- 
sackes und danach leicht das untere Augenlid massiert zur 
möglichst schnellen Verteilung, um so recht ausgedehnte 
Schleimhautgebiete mit dem Reaktionsmittel in Berührung zu 
bringen, ehe durch etwa reichliche Tränenabsonderung eine 
allzustarke Verdünnung einträte. 

Für die Kutireaktion wählte Dietrich die von Märtel 
angegebene Stelle zwischen Jochbogen und Oberlippe seitlich 
des Nasenrückens. Vor Anbringung der Schnitte wurde die 
Haut stets rasiert und desinfiziert, worauf die Malleinisation 
in der oben geschilderten Weise mit zwei Schnitten von ver¬ 
schiedener Tiefe und einem Kontrollschnitt vorgenommen wurde. 
Länge der Schnitte betrug ungefähr 3 cm, die Entfernung von¬ 
einander ca. 2 cm. 


Außer den Pferden wurden auch infizierte Meerschweinchen 
mit zu den Untersuchungen herangezogen. Bei keinem 
konnte eine sichere Reaktion festgestellt werden. 
Hinsichtlich der bei den Pferden erzielten Resultate äußert 
sich Dietrich dahin, daß sowohl die Kuti- als auch die 
Ophthalmoreaktion mit Mallein ein unzuverlässiges 
Diagnostikum darstellt. Beiden muß jeder praktische 
Wert zur Sicherung der Diagnose abgesprochen werden. 

J. Schmidt. 

Ein weiterer Beitrag zur Ophthalmo-Reaktion bei 
Rindertuberkulose. Ophthalmo-Reaktion. — 
Tuberkulin-Reaktion. 

Von Dr. Garth, Dr. Kranich und Grünert, Darmstadt. 

(Dcutscbo Tierärztliche Wochenschrift 1908, Nr. S9.) 

Die Verfasser haben bei 15 Rindern die Ophthalmo-Reaktion 
geprüft. Als Impfstoff wurde Bovo-Tuberkulol D. Solutio I 
(50 Proz.) und zwar Va ccm für das Auge verwendet. Von 
15 Impflingen zeigten 13 die Ophthalmo-Reaktion. 12 davon 
waren nachweislich tuberkulös. Dieselben Rinder wurden kurze 
Zeit vor der Schlachtung auch der Tuberkulinprobe unterzogen. 
Jedes Rind erhielt subkutan 5 ccm einer 10 proz. Lösung von 
Tuberkulin-Kochii. Von den 15 Impflingen reagierten nur 6, 
aber 12 wurden tuberkulös befunden. Die Verfasser ziehen 
folgende Schlüsse: 

„Die Ophthalmo-Reaktion, hervorgerufen durch Bovo- 
Tuberkulol D. Sol. I, ist ein zuverlässigeres Mittel zur Er¬ 
kennung der Tuberkulose am lebenden Rind als der Ausfall der 
Tuberkulinprobe (subkutane Injektion von Tuberkulin-Kochii). 
Die Herbeiführung der O.-R. (= Ophthalmo-Reaktion) ist ein¬ 
facher, weniger zeitraubend als die Tuberkulinprobe. 

Durch die Instillation leiden die Impflinge in keiner Weise, 
während sie infolge der Tuberkulininjektion bei vorhandener 
Tuberkulose oft recht schwer krank werden, das Futter ver¬ 
sagen und in der Milchproduktion nachlassen. 

Die tuberkulösen Prozesse im Körper werden durch die 
Instillation nachweislich nicht irritiert, was bei der Tuberkulin¬ 
injektion im hohen Grade der Fall ist. 

Die O.-R. kann nach 3 Tagen mit gleichem Erfolge durch 
wiederholte Instillation nochmals hervorgerufen werden. Die 
kurz nach der ersten wiederholte subkutane Injektion von 
Tuberkulin ergibt keine Reaktion bei tuberkulösen Tieren, 
wodurch dem Betrüge Vorschub geleistet werden kann. Es 
gibt auch andere Mittel, welche das Eintreten der Reaktion bei 
tuberkulösen Tieren verhindern. 

Nach Lignit res verhindert die vorausgegangene Tuberkulin¬ 
probe nicht das Zustandekommen der O.-R. 

Durch subkutane Einspritzung von Tuberkulin nach Eintritt 
der O.-R. wird in vielen Fällen die Eiterabsonderung am Auge 
verstärkt.“ Rdr. 

Die kutane und koqjunktivale Tuberkulinprobe in der 
tierärztlichen Praxis. 

Von 8tädt. Tierarzt R. Sekyra im Schlachthaus Hernals in Wien. 

(Tierztärztlicbei ZentrzlbUtt 1908, Nr. 16.) 

Mit Unterstützung des Dr. CI. v. Pirquet hat Sekyra eine 
große Reihe von Versuchen mit der kutanen und konjunktiv&len 
Tuberkulinprobe bei Schlachtrindern vorgenommen. Zur Ver¬ 
wendung kam Tuberkulin ans Höchst a. M. Bei den ersten 
Versuchen mit der kutanen Probe wurde entweder ein Strich 




19. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


849 


des Euters skarifiziert oder Tuberkulin in die Haut eingerieben. 
Dann aber bediente sich Sekyra des von v. Pirquet emp¬ 
fohlenen Hautbohrers. Mit dem Bohrinstrument (erhältlich bei 
Dohnal & Co., Wien IX, Spitalgasse 21) wird in folgender 
Weise verfahren: Der Strich wird mit Daumen und Zeigefinger 
der linken Hand ergriffen und etwas angespannt. Mit dem 
zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten 
Hand gehaltenen Bohrer wird mit leichtem Druck eine drehende 
Bewegung ausgeführt, nachdem der Bohrer mit einem Tropfen 
Tuberkulin benetzt worden war. Mit diesem einzigen Tropfen 
Tuberkulin reicht man für die 2—3 Bohrungen am Striche aus. 
Durch das Bohren wird nur die Epidermis weggenommen und 
man sieht nach einigen Minuten an der gebohrten Stelle ein 
rotes Pünktchen. 

Die angestellten Versuche, auf die hier nicht näher ein¬ 
gegangen werden kann, sprachen sehr zugunsten der Ver¬ 
wertbarkeit der Probe. Bemerkt sei, daß die Nachprüfung 
zweifelhafter Fälle Prof. Dr. Schnürer von der Wiener tier¬ 
ärztlichen Hochschule vornahm. Sekyra stellte fest, was so¬ 
wohl Dr. v. Pirquet, als auch Prof. Dr. Schnürer bestätigten, 
daß bei besonders starken Reaktionen die tuberkulösen Ver¬ 
änderungen oft nur sehr gering, bei schwachen Reaktionen aber 
meist hochgradige akute Veränderungen vorhanden waren. 

Sekyra zieht aus seinen Versuchen folgende Schlüsse: 

1. Das tuberkulöse Rind zeigt ähnlich wie der Mensch lokale 
Entzündungserscheinungen bei Einbringung von Tuberlin 
auf Haut und Schleimhaut. 

2. Die neuen Tuberkulinproben ergeben mit dem Schlachtbefonde 
eine gute, wenn auch nicht vollständige Übereinstimmung. 
Es ist zu hoffen, daß mit Verbesserung der Technik der 
Proben und der Nachschau die Übereinstimmung noch voll¬ 
ständiger werden wird. 

3. Als Methode der Ausführung der Proben empfiehlt sich die 

gleichzeitige Anwendung der Einträufelung von Tuberkulin 
ins Auge und der kutanen Impfung am Striche mit einem 
Impfbohrer. Die Revision hat nach 24 und 48 Stunden zu 
geschehen. Bei Tieren mit entzündeten Augen ist nur die 
kutane Probe auszuführen. Rdr. 

Beitrag zum diagnostischen Wert der Ophthalmo- and 
Kutireaktion bei Tuberkulose. 

Von Tierarzt Otto Gratz, Adjunkt der Landwirtschaftlichen 
Akademie in Debreczen. 

(Allatorvo.i Lapok. 1908, Nr. 25.) 

Gegenüber der subkutanen Injektion des Tuberkulins besitzt 
die Pirquet sehe Kntireaktion und die Ophthalmoreaktion nach 
Wolf-Eisner jenen Vorteil, daß diese bequemer ausführbar 
sind. Beide wurden bei Menschen, aber auch bei Tieren bereits 
vielfach angewandt, aber die erreichten Resultate widersprechen 
derart einander, daß man über den Wert dieser Reaktionen 
noch kaum ein endgültiges Urteil sagen kann. Im allgemeinen 
stimmen die meisten Autoren in dem überein, daß die positive 
Kuti- und Ophthalmoreaktion für das Vorhandensein der Tuber¬ 
kulose spricht, der negative Ausfall hingegen für das Gegenteil 
keine beweisende Kraft hat. Bei Tieren, hauptsächlich beim 
Rind, haben Vallee, Moussu, Guerin, Lignieres, Arloing, 
Vanderheyden u. a. Versuche mit der Kuti- und Ophthalmo¬ 
reaktion angestellt; ihre Resultate entsprechen den voran an¬ 
geführten. Gratz wandte bei 21 Tieren: 20 Kühen und einem 
Bullen die Kutireaktion, bei 19 Kühen die Ophthalmoreaktion an 


und nahm nach einer Woche später die gewöhnliche, subkutane 
Tuberkulinprobe zur Kontrolle der beiden anderen Reaktionen 
vor. Von den untersuchten Rindern zeigte keines klinische Er¬ 
scheinungen der Tuberkulose. 

Zur Kutireaktion wurde die weiche, möglicherweise farblose 
Haut des Widerristes oder, in einigen Fällen, die des Halses 
gewählt; an dieser Stelle hat man die Haare 7—8 cm breit ab¬ 
rasiert und die Haut in einem talerbreiten Umfange mit einer 
Impflanzette skarifiziert, so tief, daß an den Einschnittstellen 
Blutserum heraussickerte. Die skarifizierte Stelle wurde mit 
dem Gemisch von Tuberkulin von (dem königl. ung. staatlichen 
Bakteriologischen Institut bezogen) und sterilisiertem Wasser 
(ää partes) eingepinselt und die Tiere während drei Tage jeden 
Vor-und Nachmittag beobachtet. Die von Vallüe beschriebenen 
Erscheinungen der Kutireaktion (Anschwellung, Röte, papulöser 
Ausschlag, später Krustenbildung) konnte man bei 8 Tieren (von 
21 Stück) beobachten, auf das subkutan angewandte Tuberkulin 
reagierten aber nur 5, und zwar 4 solche, welche auf die Kuti¬ 
reaktion keine positiven Erscheinungen zeigten; nur bei einer 
Kuh stimmten die Resultate der subkutanen und der Kutireaktion 
überein, während die anderen 7 Kühe mit positiver Kutireaktion 
auf subkutanes Tuberkulin keine positive Reaktion gaben. 

Bei der Ophthalmoreaktion ließ man mittelst Tropfglas 2 bis 
3 Tropfen einer lOprozentigen Tuberkulinlösung in den rechten 
Augenlidsack kommen. Die auf diese Art behandelten 19 Kühe 
wurden dann nach 8, 24, 36, 48 und 60 Stunden genau be¬ 
obachtet. Bei 4 Kühen trat eine positive Reaktion (Tränenfluß, 
Hyperämie und Ödem des Augenlides, in der 24. Stunde 
schleimig-eitriges Sekret) auf, von diesen 4 reagierten aber nur 
2 Kühe positiv auf subkutanes Tuberkulin, während wieder zwei 
andere Kühe derselben Gruppe, welche keine positive Ophthalmo¬ 
reaktion zeigten, auf subkutanes Tuberkulin positiv reagierten. 

Nach Gratz’ Versuchen können also sowohl tuberkulöse als 
auch gesunde Tiere die Kuti- und Ophthalmoreaktion zeigen, 
während beide Reaktionen bei gesunden, aber auch bei tuber¬ 
kulösen Tieren ausbleiben können; eben deshalb ist keines ge¬ 
eignet, die bisher angewandte Tuberkulinprobe zu ersetzen. 

Dr. Z. 

Aus der medizinischen Literatur. 

Deutsche Medixxnische Wochenschrift , 34. JahrgNr. 40 , S. 1707. 

Neue Methoden zur Frühdiagnose der Tuberkulose. Von A. Cal- 
mette. — Für die Heilung der Tuberkulose ist die möglichst 
frühe Diagnose von größter Bedeutung. Die Vermehrung der 
Zahl der diagnostischen Hilfsmittel und die Steigerung ihrer 
Zuverlässigkeit ist daher eine wichtige Aufgabe der experimen¬ 
tellen Forschung. Die Methoden der klinischen Untersuchung 
sind hauptsächlich für die Lokaldiagnose von hohem Wert und 
deshalb stets mit Sorgfalt anzuwenden. Labilität der Körper¬ 
temperatur und Asymmetrie der Inspiration (Granchersches 
Phänomen) reichen, so wertvolle Hinweise sie auch für die 
Diagnose geben können, doch zur Erkennung des Anfangsstadiums 
der Krankheit nicht aus. Dasselbe gilt in noch höherem Maße 
von der Probe der prätuberkulösen Albuminurie (Teissier), 
der Albumosurie (Ott), der Vesikatorenprobe) von Rogü und 
Josuü, sowie von der von Robin und Binet angegebenen 
Methode der Bestimmung des Gaswechsels (Atmungschemismus). 
Die Ehrlich sehe Diazoreaktion ist weder konstant noch spe¬ 
zifisch. Die Methoden zur Untersuchung des Thorax (Pneumo- 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


850 

graphie nach Hirtz und Brouardel), Radioskopie und Radio¬ 
graphie sind zum Nachweise beginnender Prozesse ungeeignet. 
Die bakteriologische Forschung über die Biologie der Tuberkel¬ 
bazillen und das Studium der Reaktion der Körperzellen auf 
diese Bazillen haben in neuerer Zeit mehrere Methoden von 
außergewöhnlicher Schärfe und Empfindlichkeit hervorgebracht. 
Unter diesen sind als Laboratoriumsmethoden zu nennen: die 
Bakterioskopie, der Tierversuch, die Sero- und Cytodiagnostik, 
die Bordet-Gengousche Reaktion sowie die Aktivierung des 
Cobragiftes. Klinische Methoden sind: Die Komplementablenkung, 
die Opsonin- und Tuberkulinprobe. 

Der Nachweis von Tuberkelbazillen in den Körper¬ 
flüssigkeiten und im Blut ist unzuverlässig; denn im Anfangs¬ 
stadium der Tuberkulose sind die Bazillen in diesen Flüssig¬ 
keiten nicht oder nur sehr spärlich vorhanden. Auch die 
verfeinerten Methoden der Bakterioskopie, wie Inoskopie und 
andere, lassen Fehlerquellen nicht mit genügender Sicherheit 
vermeiden. Der Tierversuch ist ein verläßliches Mittel, um 
den tuberkulösen Ursprung von Eiter, Sekreten und Exsudaten 
sicherzustellen. Um die sechs- bis achtwöchige Frist, vor der 
eine Entscheidung bei dieser Methode bisher nicht möglich war, 
abzukürzen, hat Nattan-Larrier empfohlen, das zu unter¬ 
suchende Material einem säugenden Meerschweinchen an der 
Basis der Milchdrüse einzuimpfen. Virulente Bazillen ver¬ 
mehren sich in der Mamma mit großer Schnelligkeit und sind 
bereits vom fünften bis spätestens vom zehnten Tage ab in 
einem ausgedrückten Milchtropfen massenhaft zu finden. Zur 
Frühdiagnose der Drüsen- und Lungentuberkulose ist diese 
Methode nicht anwendbar, eignet sich dagegen vorzüglich 
zur Feststellung der Natur von serösen Exsudaten oder 
Abszeßeiter. 

Das Widalsche Phänomen der Agglutination von Typhus¬ 
bazillen durch das Serum Typhuskranker ist von S. Arloing 
und Courmont auch bezüglich der Tuberkulose auf seine dia¬ 
gnostische Anwendbarkeit geprüft worden. Die von den ge¬ 
nannten Forschern ausgearbeitete Methode ist technisch kom¬ 
pliziert und kann leicht zu Irrtümern führen. Sie hat daher 
bei der Tuberkulose keine Verbreitung gefunden. 

Die Cytodiagnostik (Widal und Ravaut) beruht auf 
der Bestimmung der in den Exsudaten enthaltenen Zellformen. 
Bei tuberkulösem Exsudat überwiegen die Lymphocyten gegen¬ 
über den spärlich vorhandenen Polynukleären. Auch diese 
Methode kommt als Hilfsmittel zur Frühdiagnose bei Tuber¬ 
kulose nicht in Betracht. 

Der Bordet-Gengouschen-Reaktion liegt das Phänomen 
der Komplement ab lenkung zugrunde. Man verschafft sich 
ein auf Kaninchen-Erythrocyten hämolytisch wirkendes Ziegen¬ 
oder Hammelserum, ferner gewaschene und durch mehrfaches 
Zentrifugieren mit physiologischer NaCl-Lösung völlig vom 
Serum gereinigte Kaninchenblutkörperchen. Dann beschickt 
man einen Satz enger Reagenzröhrchen mit dem Serum des 
Tuberkuloseverdächtigen in verschiedenen Mengen und fügt 
dazu eine bestimmte Quantität einer möglichst homogenen 
Emulsion von Tuberkelbazillen aus einer frischen Kartoffel¬ 
kultur. Weiter bringt man in jedes Röhrchen dasselbe, stets 
sehr geringe Quantum (höchstens 0,2 ccm) frischen Meer- 
scliweinchenserums, welches das Alexin oder Komplement ent¬ 
hält, und läßt nun das Gemisch unter zeitweiligem Umschütteln 
zwei Stunden im Brutofen stehen. Zuletzt kommt in jedes 


Röhrchen ein Tropfen einer 5 proz. Aufschwemmung gewaschener 
Kaninchenblutkörperchen und 0,2 ccm des für Kaninchenblut¬ 
körperchen hämolytischen, vorher durch halbstündiges Erhitzen 
auf 58 Grad inaktivierten Ziegen- oder Hammelserums. Enthält 
das Serum des Tuberkuloseverdächtigen Antikörper, so binden 
diese das Alexin (Komplement) des frischen Meerschweinchen¬ 
serums an die Tuberkelbazillen; durch diese Komplement¬ 
ablenkung verliert das inaktivierte hämolytische Serum seine 
Fähigkeit, die Kaninchenblutkörperchen zu lösen. Sind dagegen 
keine Antikörper im Serum des Patienten, so bewirkt es auch 
keine Ablenkung des im Meerschweinchenserum enthaltenen 
Komplements auf die Tuberkelbazillen; das freibleibende 
Komplement aktiviert das für Kaninchenblutkörperchen hämo¬ 
lytische Serum, und in wenigen Augenblicken tritt die 
Hämolyse ein. Für die Praxis ist die vorstehend beschriebene 
Methode zu kompliziert, außerdem gibt sie bei besonders 
schwerer oder rasch fortschreitender Infektion negative 
Resultate. 

Die Reaktion der Cobragiftaktivierung ist erst seit 
kurzer Zeit von dem Verfasser angegeben worden. Sie beruht 
auf der Aktivierung des Cobragiftes durch das Serum Tuber¬ 
kulöser und auf der in vitro erfolgenden Bindung einer lipoiden 
Substanz durch das Tuberkulin bzw. den Tuberkelbazillus. 
Manche Sera haben die Eigenschaft, auch nach ihrer durch 
halbstündiges Erhitzen auf 58° erfolgten Inaktivierung dem 
Cobragift die Fähigkeit der Hämolyse gegenüber den Blut¬ 
körperchen verschiedener Tierarten zu verleihen, während diese 
Blutkörperchen durch das Gift allein nicht aufgelöst werden. 
Die giftaktivierende Wirkung der Sera ist nach Ehrlich an 
das Lecithin oder eine ihm ähnliche lipoide Substanz gebunden. 
Calmette und seine Schüler fanden, daß Serum von Spezies, 
die leicht an Tuberkulose erkranken (Mensch, Rind, Schwein), 
nur dann dem Cobragift hämolytische Eigenschaft zu verleihen 
vermag, wenn es von tuberkulösen Individuen stammt. Dagegen 
wirken Pferde-, Hunde-, Ratten-, Ziegen-, Hammel- und 
Kaninchenserum, also Serum von Tieren, die für natürliche und 
künstliche Ansteckung wenig empfindlich sind, stets aktivierend. 

Mehr Bedeutung für die Praxis als die bisher genannten 
Methoden hat der vor vier Jahren von Wright gemachte Vor¬ 
schlag der Bestimmung des opsonischen Index. Wright 
hat nachgewiesen, daß bei Tuberkulösen die polynukleären 
Leukocyten viel weniger Bazillen in sich aufnehmen, als die 
Leukocyten gesunder Menschen. Um die phagocytäre Fähigkeit 
der Leukocyten in vitro zu messen, bedient man sich folgender 
Technik: Man nimmt von der gesunden Kontrollperson und von 
dem Tuberkuloseverdächtigen gleichzeitig etwa 1 ccm Blut und 
trennt alsbald das Serum ab, entweder durch Zentrifugieren oder 
indem man den Blutkuchen sich langsam absetzen läßt. Anderer¬ 
seits fängt man einige Tropfen Blut vom Gesunden in 2 ccm 
physiologischer NaCl-Lösung auf, welche 0,5 Proz. Natrium 
citricum enthält. Nach mehrmaligem Waschen und Zentrifugieren 
isoliert man die vom Serum sorgfältig befreiten Leukocyten 
mittelst Abpipetierens der Flüssigkeit und bringt erstere sogleich 
mit einer sehr verdünnten Emulsion von Tuberkelbazillen aus 
einer frischen Kultur und mit der gleichen Menge Serum des 
Tuberkuloseverdächtigen zusammen. Das Gemisch kommt auf 
20 Minuten in einen Brutschrank von 37° und wird dann so 
gleichmäßig als möglich auf dem Objektträger ausgestrichen. 
Die Präparate werden der üblichen Ziehlschen Doppelfärbung 





19. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


851 


mit Karbolfuchsin und Methylenblau unterworfen. Dann stellt 
man identische Kontrollpräparate her, bei welchen demLeukozyten- 
Bazillengemisch das Serum des Gesunden statt desjenigen vom 
Tuberkuloseverdächtigen zugesetzt wird, und bestimmt nun in 
den beiden Serien von Präparaten die mittlere Zahl der Bazillen, 
welche sich in 100 Leukocyten eingeschlossen finden. Die 
Relation zwischen der Zahl der phagocytierten Bazillen und 
derjenigen der Leukocyten in den beiden Gruppen ist der 
opsonische Index. Bei Tuberkulösen ist der Index gewöhnlich 
niedriger als 0,9, beim Gesunden dagegen schwankt er zwischen 
0,8 und 1.2. Auch diese bei vielen Klinikern sehr beliebte 
Methode ist zu kompliziert und die Deutung ihrer Befünde ist 
oft zu schwierig, als daß sie mit Vorteil zur Stellung der 
Frühdiagnose bei Tuberkulose verwendet werden könnte. 

Ein weit zuverlässigeres Mittel ist das von R. Koch vor 18 
Jahren eingeführte Tuberkulin nebst den seither von Koch 
und anderen Forschern aus Tuberkelbazillenkulturen hergestellten 
ähnlichen Substanzen. Schon Koch hat als die charakteristischen 
Symptome der Tuberkulinwirkung die fieberhafte Allgemein¬ 
reaktion und die Lokalreaktion tuberkulöser Herde bezeichnet. 
Als Diagnostikum ist das Tuberkulin erstmals durch von 
Bergmann (1890) verwendet worden. Die Tatsache, daß in 
einigen seltenen Fällen auch nichttuberkulöse Individuen auf 
Tuberkulin reagieren, tut dem Werte dieses Mittels nur geringen 
Eintrag. Die oft übertriebene Besorgnis, daß durch die Tuberkulin¬ 
injektion unvollständig geheilte Herde wieder zum Aufflackern 
gebracht werden, ist durch die lokalen, ohne Fieber verlaufenden 
Methoden der kutanen Impfung und der konjunktivalen 
Instillation gegenstandslos geworden. Von Pirquet hat im 
Mai 1907 beobachtet, daß ein Tropfen Tuberkulin auf die leicht 
skarifizierte Haut eines tuberkulösen Menschen, namentlich eines 
Kindes gebracht, genügt, um nach einigen Tagen an der be¬ 
treffenden Stelle eine Papel hervorzurufen. Bei Gesunden bleibt 
die Reaktion aus. Im gleichen Jahre (Mai-Juni) haben Wolff- 
Eisner und Calmette die konjunktivale Instillation in die 
klinische Praxis eingeführt. Die Ophthalmodiagnostik ist 
ein einfaches und ungefährliches Verfahren, mit dem man in 
weniger als 48 Stunden erkennen kann, ob eine tuberkulöse Aflfek- 
tion vorliegt oder nicht. Man träufelt einen Tropfen 1 proz. 
oder V 2 proz. Tuberkulinlösung in die Lidspalte eines Auges und 
sieht dann bei Tuberkulösen schon nach sechs Stunden Rötung und 
später leichte C’onjunktivitis auftreten. Die Rötung verschwindet 
nach 24 bis 48 Stunden, bisweilen erst nach einigen Tagen 
wieder. Temperatursteigerung findet nicht statt. Sehvermögen 
und Allgemeinbefinden werden nicht beeinträchtigt. Jeder Mensch, 
bei dem die Reaktion deutlich positiv ausfällt, ist tuberkulös. 
Der negative Ausfall schließt dagegen Tuberkulose nicht aus. 
Bei älteren tuberkulösen und kachektischen Erkrankungen 
tritt die Reaktion schwach ein oder bleibt ganz aus. Die 
Ophthalmoreaktion ist im allgemeinen ungefährlich. Vereinzelte 
Beobachtungen über Augenaffektionen wollen gegenüber der 
großen Zahl der ohne Schädigung vorgenommenen Instillationen 
nicht viel besagen. Jedenfalls haben die fieberlosen Lokalreak¬ 
tionen, besonders wenn sie gleichzeitig als Kutan- und Ophthalmo¬ 
reaktion bei ein und demselben Patienten angewendet werden, 
erhebliche diagnostische Bedeutung, die diejenige der früher ge¬ 
nannten Laboratoriumsmethoden weit übertriflft. Wenn daher 
auch das Tuberkulin als Heilmittel gegen die Tuberkulose nicht 
angesehen werden kann, so ist es doch zurzeit das sicherste 


Mittel zur frühzeitigen Erkennung der Krankheit und bildet 
daher indirekt eine starke Waffe im Kampfe gegen die ver¬ 
heerende Seuche. W. 

Berichtigung. 

In dem Originalartikel von Dr. Bernhardt über "die Zahl der 
Spermien beim Hengst sind leider einige Druckfehler stehen ge¬ 
blieben. In einem Falle ist Beschäler in Beschläger verdruckt; 
ferner ist die Hagemsche Lösung in Zagemsche verkehrt worden. 


Tagesgeschichte. 

Zur Begründung eines tierärztlichen Pressebureaus. 

Erwiderung auf den Artikel des Herrn Dr. Foth in Nr. 46, S. 835. 

Von Professor Dr. Schmaltz. 

Auf die Ausführungen des Herrn Veterinärrats Dr. Foth 
muß ich nochmals eingehen im Interesse der Sache. Eben 
deshalb möchte ich zuvor von meiner Erwiderung alles Persönliche 
abstreifen und folgendes bemerken. 

Herr Dr. Foth nennt meine Ausführungen in Nr.,45, S. 799 
„temperamentvoll“. Wenn das heißen soll, daß sie ihm zu scharf 
erschienen sind, so kann ich darin einen solchen Charakter nicht 
erkennen. Ich habe gesagt: „ich kann das Vorgehen nicht recht 
verstehen und ihm nicht zustimmen; — ich muß mich ganz ent¬ 
schieden gegen ein gesondertes Vorgehen aussprechen“. Das 
ist alles; eine persönliche Schärfe kann darin wohl nicht 
gefunden werden. In keinem Falle aber habe ich — das möchte 
ich ausdrücklich konstatieren —, wie Herr Foth zu glauben 
scheint, zum Ausdruck bringen wollen, daß er etwa den Ge¬ 
danken Krügers hätte okkupieren wollen. Da dieser Gedanke 
öffentlich ausgesprochen ist, so wäre ein solcher Versuch absurd 
und die Annahme des Versuchs daher ebenfalls. Ich habe nur 
meine Voraussetzung festgestellt, daß Herrn Foth der Artikel 
nicht entgangen sei, was er auch selbst zugibt, und habe auf 
Grund dieser Voraussetzung bemängelt, daß er die Ausführung 
eines fremden Gedankens okkupiere, die der Urheber (Krüger) 
sich in anderer Weise, nämlich durch den Deutschen Veterinär¬ 
rat denkt. 

Zweitens muß ich mit der Möglichkeit rechnen, daß man 
mir selbst ein persönliches Interesse zuschieben könnte. Denn 
das ist nicht zu verkennen, daß die Einrichtung einer Zentral¬ 
geschäftsstelle (im Sinne Krügers) bei dem Deutschen Veterinär¬ 
rat die Tätigkeit des Schriftführers, wie ich sie bisher ge- 
handhabt habe, sehr erheblich beeinflussen, bis zu einem 
gewissen Grade ersetzen kann; der Schriftführer könnte 
andererseits sehr wohl ein großes Interesse daran haben, daß 
ihm jene Zentralgeschäftsstelle möglichst zur Verfügung steht, 
und es würde ihm dann keineswegs gleichgültig sein können, 
wer diese Stelle repräsentiert und wo sie sich befindet. 

Deshalb will ich nicht versäumen, auszusprechen, daß bei 
mir ein solches Interesse nicht besteht, und zwar aus einem 
sehr einfachen Grunde. Ich habe schon vor Jahren dem Herrn 
Präsidenten des Deutschen Veterinärrates mitgeteilt, daß die 
jetzt ablaufende Wahlperiode, mit der für mich eine 15 jährige 
Tätigkeit abschließt, meine letzte sein werde. Ich würde also 
höchstens, wenn dies etwa besonders gewünscht würde, noch bei 
der Einrichtung jener Zentralgeschäftsstelle mitwirken, keines¬ 
falls aber mehr mit derselben zu arbeiten haben. Damit halte 
ich die Möglichkeit eines solchen persönlichen Einwandes gegen 
meine Ausführungen für beseitigt. Betonen will ich auch noch, 
daß die Behauptung des Herrn Dr. Foth, das Pressebureau sei 


85 2 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


der mir unsympathische Teil, nur auf einem Irrtum beruhen 
kann. Ich habe, dächte ich, in Nr. 24 (S. 434 oben links) die 
Notwendigkeit eines Pressebureaus ausführlich und rückhaltlos 
genug befürwortet, gerade weil, wie ich zum Schluß erklärte, 
ich persönlich eine ähnliche Tätigkeit nicht ausüben könne. 

Wenn ich nun, um mich zu der Sache selbst zu wenden, 
dem Plane des Herrn Dr. Foth widerspreche, so tue ich das 
nicht so sehr, weil ich noch dem Ausschuß des Deutschen 
Veterinärrats angehöre; ich tue es vielmehr als Publizist. Als 
solcher habe ich seit gerade 20 Jahren*) die Ereignisse im 
tierärztlichen Stande beobachtet und besprochen, bin keiner 
auch noch so heiklen Frage aus dem Wege gegangen und 
glaube, die Standesinteressen in der Richtung auf eine Förderung 
des Gesamtwohles vertreten zu haben. — Daher kann ich 
nicht Stillschweigen, wenn ich sehe, wie der Ast angesägt wird, 
auf dem unsere besten Früchte gereift sind und auch in Zu¬ 
kunft reifen werden; das ist unsere im Veterinärrat verkörperte 
Organisation. Das Vorgehen des Herrn Dr. Foth (an ihn als 
den intellektuellen Urheber darf ich mich halten) enthält meiner 
Ansicht nach mindestens die Gefahr eines solchen Eingriffs, und 
zwar nach dem Artikel in doppelter Hinsicht, sowohl in der Art 
der Schilderung der Tätigkeit des Deutschen Veterinärrats als 
auch in seinem Plane an sich. 

Überblickt man die Entwicklung des tierärztlichen Standes 
etwa seit 1S85, so erscheint mir das Ergebnis als ein vor¬ 
zügliches. Soweit an diesem Ergebnis tierärztliche Kräfte 
überhaupt beteiligt sind, hat meiner Ansicht nach der Deutsche 
Veterinärrat, als Gesamtheit betrachtet, das größte Verdienst. 
Er dient überdies dem Interesse des deutschen Vaterlandes, 
weil er eine Gruppe seiner Bürger, die Tierärzte, im ganzen 
Reich zusammenfaßt; der tierärztliche Stand ist ja einer der 
ersten gewesen, der in dieser Beziehung ein gutes Beispiel 
geboten hat. Der Deutsche Veterinärrat ist in dieser Stellung 
und mit diesen Verdiensten der Kern unserer Standes¬ 
organisation und muß es bleiben. Andere organisatorische Ein¬ 
richtungen mögen sich verändern, mögen auch schwinden, um 
neuen Platz zu machen; den Deutschen Veterinärrat müssen 
wir, so wie er ist, erhalten. 

Was aber sagt Herr Dr. Foth? Ich zitiere wörtlich B. T.W. 
S. 836: „Die Tierärzte im Lande sind es müde, immer nur Worte zu 
hören. Sie wollen Taten sehen. Sie wollen nicht immer warten, 
bis der Segen von oben kommt. Sie haben gefunden, daß das 
manchmal etwas lange dauert, und daß sie über dem Warten 
ihre Zeit versäumen könnten.“ Gegenüber dieser Kritik, die 
sich nach der ganzen Lage der Sache nur auf den Deutschen 
Veterinärrat beziehen kann, frage ich angesichts der Ereignisse 
der letzten 20 Jahre: Hat vielleicht der Deutsche Veterinärrat 
für die Tierärzte nur schöne Worte gehabt? Haben die Tierärzte 
vielleicht keine Taten gesehen? Hat der Veterinärrat irgendwo 
gezaudert oder etwas versäumt? Gewiß hat manches Werk 
(ich erinnere an das Abiturientenexamen) lange Zeit erfordert, 
bis es durchgesetzt war; aber wenn irgendwer beim Warten müde 
geworden ist, der Veterinärrat ist unermüdlich geblieben, 
er hat immer und immer wieder attackiert, bis der Widerstand 
gebrochen war. Und was soll das Wort bedeuten: „warten bis 
der Segen von oben kommt“? Der Veterinärrat steht zum 
tierärztlichen Stande weder oben noch außerhalb; alle Tier- 

*) Die erste Nummer der B. T. W. erschien am 6. IX. 1888. 


ärzte bilden ihn gemeinsam; er ist nicht oben, sondern er 
ist mitten unter uns, unser Zentrum. Ich glaube, daß der Vor¬ 
wurf ermüdender Tatenlosigkeit oder Schwerfälligkeit von dieser 
Körperschaft abprallt. 

Aber ist vielleicht speziell die vorliegende Sache, dieGründung 
einer Zentralgeschäftsstelle oder eines Pressebureaus lau be¬ 
handelt worden, oder liegt vielleicht hier besondere Gefahr im 
Verzüge? Keineswegs. Der Gedanke ist zum erstenmal aus¬ 
gesprochen worden von Krüger in diesem Jahre. Krüger 
sagte dabei wörtlich (B. T. W. Nr. 7, Seite 125): Deshalb 
möchte ich die Gründung eines dem Deutschen Veterinär¬ 
rat bzw. dessen Ausschuß unterstellten Zentralbureaus 
vorschlagen. Der Urheber des Planes, dem man doch wohl 
billigerweise die Direktive lassen muß, hat die Ausführung also 
von vornherein dem Deutschen Veterinärrat zugewiesen. Die 
nächste Sitzung des Veterinärrats findet nach Breslauer Beschluß 
1909, vermutlich im Frühjahr statt. Wenn es Herrn Dr. Foth 
nicht sicher schien, daß dort die Angelegenheit behandelt wurde, so 
hätte eine vorherige Anfrage gewiß den Zweifel zerstreut, oder es 
bedurfte ja nur eines Antrages seinerseits, um die Verhandlung 
sicherzustellen. Aber hat vielleicht die Ausführung des Planes 
wirklich bis zum nächsten Jahre nicht Zeit? Davon kann 
meiner Ansicht nach keine Rede sein. Eine Umschau in 
den Verhältnissen des tierärztlichen Standes zeigt uns gegen¬ 
wärtig nichts, was einer dringenden Behandlung gerade durch 
die allgemeine Presse bedürfte; die wichtigen Fragen 
sind entschieden. Die Hauptaufgabe jenes Pressebureaus 
würde vorläufig seih, das große Publikum mit den 
Verhältnissen des tierärztlichen Standes, mit der Bedeutung 
der tierärztlichen Wissenschaft vertrauter zu machen, den 
inneren Ausbau des Standes zu fördern. Ihrer ganzen Natur 
nach kann eine solche Aufgabe nur allmählich erfüllt werden, 
und deshalb braucht auch die Vorbereitung derselben nichts 
Plötzliches an sich zu haben. Im Gegenteil; die Tierärzte 
selbst, die Vereine in ihren Versammlungen müssen Zeit haben, 
sich mit diesem Gedanken wirklich gründlich vertraut zu machen. 
Die Ausführung ist an Schwierigkeiten so reich, sie erfordert 
die Prüfung so vieler Fragen, daß oberflächliche Geschäftigkeit 
hier nur zu Fehlschlägen und Unzulänglichkeiten führen könnte. 
Bereiten wir diese Angelegenheit sorgfältig vor im Schoße der 
Vereine, die doch den Deutschen Veterinärrat ausmachen, damit 
wir dann auf der nächsten Plenarversammlung alle wissen, was 
wir wirklich wollen und können! Herr Foth glaubt, daß kein 
Grund bestehe, auf den Deutschen Veterinärrat zu warten. Ein 
solcher Grund besteht denn doch. Die tierärztliche Gesamt¬ 
heit kann verlangen, daß ihrer Gesamtvertretung in solchen 
organisatorischen Fragen nicht vorgegriffen wird; selbst in 
eiligsten Fällen würde man an dem Veterinärrat nicht Vorbei¬ 
gehen dürfen, denn für solche eiligen Fälle ist der ständige 
Ausschuß in Permanenz. Daß Herr Foth in bester Absicht 
handelt, bezweifle ich keinen Augenblick; daß er sich der 
Krüger sehen Idee warm annimmt, verdient sogar alle An¬ 
erkennung; sein Vorgehen läßt schon hoffen, daß auf der 
nächsten Plenarversammlung des Deutschen Veterinärrats diese 
Frage von allen Seiten energisch aufgenommen wird. Aber 
wenn er glaubt, mit seinem jetzigen Plan der späteren Ver¬ 
wirklichung der Angelegenheit durch den Deutschen Veterinär¬ 
rat vorzuarbeiten, so halte ich das für einen Irrtum. 

Wenn sich dem Vorschläge, den Herr Dr. Foth in Aussicht 



19. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


853 


stellt, eine Anzahl von Vereinen anschlösse nnd der Vorschlag dann 
die Billignng der Gesamtheit nicht findet, so ist das Wahr¬ 
scheinliche nicht, daß man ans dem Vorläufer Nutzen zieht, 
sondern vielmehr, daß aus der schon getroffenen Sondereinrichtung 
eine Gegenströmung entspringt und neue Reibungsflächen geschaffen 
werden; würde z. B. die von einzelnen Vereinen mit der Leitung 
eines Pressebureaus beauftragte Persönlichkeit dann nicht vom 
Veterinärrat angenommen, so würde schon in dieser Persönlich¬ 
keit uns ein Gegner erwachsen. Wenn eine Zentralgeschäfts¬ 
stelle des Deutschen Veterinärrats entstehen soll, so muß man 
doch biUigerweise dem Ausschuß, der damit arbeiten soll, zuerst 
Gelegenheit geben, einen Plan zu entwickeln. Wenn sich ferner 
nur einige Vereine beteiligen würden und der erste Versuch 
dann notwendigerweise mit unzulänglichen Mitteln erfolgen 
müßte, so würde das Ergebnis keine Vorbereitung bedeuten, 
sondern im Gegenteil vielleicht von der Weiterverfolgung des 
großen Planes abschrecken. Werden kann aus dieser Einrichtung 
nur dann etwas, wenn sie geschlossen von allen Seiten, vor 
allen Dingen mit reichen Geldmitteln unternommen wird und 
wenn ihre Leitung absolut einheitlich, also von der berufenen 
Zentralinstanz aus erfolgt (vergleiche B. T. W. Nr. 24, S. 434, 
links oben). 

Deshalb kann ich bei aller Anerkennung des guten Willens 
des Herrn Dr. Foth nur bei meinem Standpunkt verharren und 
die tierärztlichen Vereine bitten, diese Angelegenheit in ihren 
Versammlungen sorgfältig zu erwägen, an der vorgeschlagenen 
provisorischen Ausführung sich jedoch nicht zu beteiligen, ihre 
Entschließungen vielmehr von dem Votum abhängig zu machen, 
das ihre Vertreter bei der nächsten Plenarversammlung des 
Deutschen Veterinärrats auf Grund gemeinsamer münd¬ 
licher Verhandlung abgeben werden. 

Wohnungsgeldzuschuß und Steuerprivileg der Beamten in Preußen. 

Wie die politische Presse bereits mitgeteilt hat, ist der 
Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Heranziehung der Beamten 
zur Eommunalsteuer, dem preußischen Abgeordnetenhause zu¬ 
gegangen. Bisher durften die preußischen Beamten zu den 
Kommunalsteuern nur mit höchstens 50 Proz. der Staatsein¬ 
kommensteuer herangezogen werden. Dieses Privilegium soll 
insofern verändert werden, als die Beamten künftig bis zum 
vollen Betrage der Staatseinkommensteuer auch Kommunal¬ 
steuern zahlen sollen. Eine tatsächliche Beseitigung des Steuer¬ 
privilegs liegt also (erfreulicherweise) in dieser Absicht auch 
noch nicht, sondern nur eine Verschiebung von 50 auf 100 Proz. 
Da es Städte gibt, in denen 200 und mehr Prozent Kommunal- 
Bteuerü erhoben werden, so wird in jenen Orten der Beamte 
auch künftig noch wirksam vor übergroßer Belastung durch 
die unverschuldete Wahl seines Wohnsitzes geschützt. Überdies 
bezieht sich, was mit besonderer Freude zu begrüßen ist, die 
Veränderung überhaupt nicht auf diejenigen Beamten, die zur¬ 
zeit schon anggstellt sind, sondern nur auf die, welche von 
jetzt ab zur Anstellung gelangen. 

Ebenso ist das Gesetz, betreffend den Wohnungsgeld¬ 
zuschuß, fertig gestellt und ergibt eine Steigerung der bisherigen 
Sätze um 50 Proz. Die IV. und V. Klasse der Beamten 
bezieht z. B. in der Ortsklasse A 1350 M. gegen bisher 900 M. 

Zur Pauschalvergütung für die Krelatierfirzte. 

Kreistierarzt Krüger-Ohlau hat zu der Bemessung und Ver¬ 
teilung der Pauschalvergütungen Zusammenstellungen und Erläute¬ 
rungen eingesandt, die wahrscheinlich für die demnächstige Tagung 
des Vereins beamteter Tierärzte Interesse haben. Es war leider 
nicht möglich, den Artikel noch in diese Nummer zu nehmen, er 


erscheint in der nächsten, also noch vor der Versammlung; es wird 
dafür gesorgt sein, daß dort Exemplare zur Verfügung sind. 

Zur Stellung der Sohlachthoftlerfirite. 

Dom Schlachthofdirektor Witte zu Quedlinburg wurde vom 
1. April ab sein Gehalt, das bisher 2400 bis 3600 M. betrug, auf 
4200 bis 5100 M. mit zwei Zwischenstufen neben freier Wohnung 
und sonstigen Naturalbezügen erhöht. 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Arzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

Sonstige Veranstaltungen der Abteilung 31. 

Der Dienstagnachmittag war dem Besuch der neuen Ticr- 
körpervernicbtungsanstalt der Stadt Köln, sowie des städti¬ 
schen Schlacht- und Viehhofes und der städtischen Kinder¬ 
milchanstalt gewidmet. 

Die Besichtigung der Tierkörperverwertungsanstalt wurde 
durch einen Vortrag des Schlachthofdirektors Kühn au, dessen Leitung 
die Anstalt unterstellt sein wird, eingeleitet, in welchem derselbe aus¬ 
führte, daß zunächst ein Privatunternehmer sich mit der technischen 
Verarbeitung der in der Stadt Köln anfallenden Tierkörper und Kon- 
fiskate beschäftigte. Da dessen Betrieb zu berechtigten Klagen An¬ 
laß gab, mußte derselbe seinen Betrieb einstellen, und es ging die 
Stadt dazu über, die Kadaver und Abfälle zu verscharren. Für die 
Verscharrung wurde ein eingezäunter Platz in der Gemeinde 
Merheim zur Verfügung gestellt und dort für die Verscharrung der 
zugeführten Transporte ein Abdecker beschäftigt. Da dieser Zustand 
für die Dauer unhaltbar war, so wurde von der Stadt die Errichtung 
einer Tierkörperverwertungsanstalt ins Auge gefaßt, und nachdem 
eine Kommission, bestehend aus einem Magistratsmitglied, Baumeister, 
Schlachthofdirektor und Ingenieur mehrere Abdeckereien besichtigt 
hatte, ein Projekt aufgestellt. Die Grundidee desselben war, daß 
die sogenannte „unreine“ Seite d. h. der Seite, wo die Kadaver 
und Abfälle zur Verarbeitung angeliefert werden, vollkommen von 
der „reinen“ Seite, d. h., wo die fertigen Produkte zum Versand 
gelangen, getrennt werde. Die Räume, in denen das Rohmaterial 
angeliefert wird, sind demnach abseits von den Verkehrswegen 
belegen. Die angefahrenen Kadaver und Abfälle werden auf einer 
Rampe direkt in den Schlachtraum gefahren und sofort in die 
Trommeln der Apparate entleert. Es sind zwei Apparatsystome vor¬ 
handen und zwar das System Podewils und das System Hartmann. 
Das erstere ist gewählt worden, weil sich als Ergebnis der 
Besichtigungsreise ergeben hatte, daß das Material im Hartmannschen- 
Apparat besser entfettet w’ird, während der Podewiissche Apparat 
das knochenhaltige Material besser verarbeitet. Andererseits wollte 
man auch die Wertigkeit der beiden Apparate erproben. Jeder 
Apparat hat ein Fassungsvermögen von 1000 kg, so daß 2000 kg 
gleichzeitig verarbeitet werden können. Die gewonnenen Produkte 
Fett, Leim und Fleischmehl werden in folgender Weise weiter 
behandelt: das Fett wird geklärt und zur technischen Verwertung 
abgegeben, der Leim der nächsten Charge zugesetzt und mit dem 
Fleischmehl zusammen eingetroknet. Das Fleischmehl wird mittelst 
einem Elevator nach dem Speicher befördert und dort in einer 
Seetschen Mühle vermahlen, in Säcke verpackt und als Kraftfutter 
abgegeben. Die Häute werden gesalzen oder getrocknet und ebenso, 
wie die Haare, Klauen, Hufe und Eisen verkauft. Die Nebenräume der 
Anstalt enthalten einen Obduktionsraum, in welchem sich ein fahrbarer, 
verstellbarer Sektionstisch und ein bakteriologisches Laboratorium 
befindet, ein Häutelager, ein Verwalterzimmer, Desinfektionsgelegen¬ 
heiten für den Tierarzt und die Arbeiter, ein Kesselhaus mit zwei 
Kesseln, einen Maschinenraum, Ställe, Eß- und Schlafräume für die 
Kutscher und Arheitsleute und Wohnräume für die Angestellten. 
Die Gesamtanlagekosten inkl. Bodenerwerb belaufen sich auf 
360 000 M. Nach dem Etat für das laufende Jahr beziffern sich 
die Einnahmen auf 35 000 M. und die Ausgaben auf 42000 M. Am 
1. Oktober soll die Anstalt dem Betriebe übergeben werden. 

Um 4 Uhr versammelten sich zahlreiche Kollegen im tierärzt¬ 
lichen Kasino des Schlachthofes. Hier erläuterte zunächst Schlacht- 


854 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


No. 47. 


hofdirektor Kühnau an der Hand eines Planes in ausführlicher Weise 
Einrichtungen und Betrieb des Kölner Schlacht- und Vieh¬ 
hofes, der in allen Teilen als mustergültig bezeichnet werden 
muß. Dann erfolgte ein Rundgang durch die ausgedehnte Anlage. 
In der Kindermilchanstalt gab Dr. Clevisch die nötigen Er¬ 
klärungen. Die Sammlungen des Schlachthoflaboratoriums demon¬ 
strierte Dr. Tiede. In den veterinärpolizeilichen Nebenanlagen 
führte Vet.-Rat Dr. Lothes. Hier zeigte im Anschlüsse an seinen 
Vortrag in der Vormittagsitzung Dr. Krautstrunk-Bonn die 
Methode der klinischen Untersuchung der Kühe auf Tuber¬ 
kulose. 

Im Laboratorium der Veterinärpolizei war Gelegenheit zur Be¬ 
sichtigung einer reichhaltigen Sammlung von Rotzpräparaten ge¬ 
geben, worunter si<jh seltene und interessante (Hodenrotz, Nieren- 
und Darmrotz) befanden. 

Am Freitag Morgen vereinigte sich eine Anzahl von Kollegen 
zu einem Ausflug nach dem früher Bleichröderschen, jetzt in 
Staatsbesitz übergegangenen Gestüt Roemerhof bei Liblar. 

Für den Freitag Nachmittag war die Abteilung 31 zu dem Vortrage 
von Prof. Hagemann-Bonn über das Respirationskalorimeter 
und zur Besichtigung des letzteren im tierphysiologischen Institut 
der landwirtschaftlichen Akademie in Bonn-Poppelsdorf eingeladen. 
Das nach Atwater-Rosa von Hage mann konstruierte Kalori¬ 
meter ist in einem besonderen Gebäude untergebracht. Seine Aus¬ 
messungen sind derart, daß kalorimetrische Untersuchung auch an 
großen Haustieren vorgenommen werden können. Der Apparat 
besteht auB drei ineinander geschachtelten Kästen aus — von innen 
nach außen gerechnet — Kupfer, Zink und Holz, in die in sinn¬ 
reicher Weise Vorrichtungen zur Fütterung der Versuchstiere und 
zur getrennten Entfernung der flüssigen und festen Exkremente 
eingebaut sind. Eine im innern angebrachte Tretbahn, die sich 
nach Art einer endlosen Kette abrollen kann, ermöglicht auch die 
Untersuchung während der Arbeitsleistung der Versuchstiere. 

(Fortsetzung folgt.) 

l>ie 65. ordentliche Mitgliederversammlung des 
Tierärztlichen Landesvereins in Württemberg. 

Die Versammlung fand am Samstag, den 10. Oktober d. J., im 
Rathauskeller (Ratsherrnstube) zu Stuttgart unter dem Vorsitz des 
Stadtdirektions- und ersten Stadttierarztes Veterinärrat Kösler- 
Stuttgart statt Das Kgl. Ministerium des Innern und das Kgl. 
Medizinalkollegium war durch Herrn Oberregierungsrat von Beiß- 
wänger vertreten, welchem der Vorsitzende zugleich mit dem 
Danke für sein Erscheinen die herzlichsten Glückwünsche des 
Vereins zu der ihm zuteil gewordenen hohen Ordensauszeichnung 
aussprach. Von den Ehrenmitgliedern waren die Ehren Vorstände 
des Vereins Herr Direktor Professor Dr. von Sußdorf und Herr 
Veterinärrat Ostertag-Gmünd, und von den Mitgliedern etwa 
80 Tierärzte anwesend, welchen der Vorsitzende in seinen Be¬ 
grüßungsworten für ihr Erscheinen dankte. 

Entschuldigungsschreiben waren eingelaufen von den Ehren¬ 
mitgliedern: Herren Geheimen Regierungs- und Medizinalrat Prof. 
Dr. Dam mann-Hannover, Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Ellen¬ 
berger-Dresden und Tierarzt Schmid -Kolding, und von den 
Mitgliedern: Oberamtstierarzt Speidel-Oberndorf, Oberamtstierarzt 
Hezel- Cannstatt und Tierarzt Umgelt er-Wadersloh. 

Vor Eintritt in die Tagesordnung bat Herr Professor Lüpke- 
Stuttgart um Zusendung von Material bezüglich der Muskeltuber¬ 
kulose des Rindes. 

I. Erläuterungen zur neuen tierärztlichen Taxe. 

Der Referent, Herr Oberregierungsrat von Reiß wänger, führte 
etw'a aus, was er geben wolle, sei keine autentische Interpretation 
der betreffenden Ministerialverfügung, sondern seine persönliche 
Ansicht. Die Absicht bei Erlassung der neuen Taxe sei gewesen, 
bis zur Neuregelung der Gehaltsverhältnisse der Oberamtstierärzte 
einen billigen Ausgleich in den Einkommensverhältnissen der 
württembergischen beamteten Tierärzte zu schaffen. Der Referent 
besprach sodann ausführlich die einzelnen Paragraphen der Ministerial¬ 
verfügung, um nach einer regen Erörterung noch auf eine Anzahl 
aus der Mitte der Versammlung gestellte Fragen eingehend zu 


antworten. So hob er hervor, daß die Ergänzungsbeschau als eine 
amtliche Verrichtung nicht anznsehen sei. Der in § 25 der Min.- 
Verf. vom 1. Februar 1903 enthaltene Satz für Schlachtvieh- und 
Fleischbeschaugebühren will nur Anhaltspunkte geben für die Fest¬ 
setzung der Gebühren, aber keine bindende Norm. 

Was die Gebühren für Gesundheitszeugnisse betrifft, so ist der 
amtliche Satz anzuwenden in den Fällen, in welchen eine amtliche 
Verpflichtung zur Ausstellung der Zeugnisse gegeben ist, also z. B. 
in den Fällen, in welchen Vieh ausgeführt werden will in Bundes¬ 
staaten, welche ein Gesundheitszeugnis verlangen. Wo aber die 
Ausstellung von Gesundheitszeugnissen lediglich auf privaten Wunsch 
hin erfolgt, beruht auch die Vergütung hierfür auf privater Ver¬ 
einbarung wie sonst in der Privatpraxis. 

Die Gebühren für Marktkontrolle in anderen Oberämtern als 
dem eigenen sind auf Grund einer Vereinbarung mit den betreffenden 
Gemeinden festzusetzen, am besten unter Zugrundelegung der 
Medizinaltaxe von 1875. 

II. Tätigkeit des Tierarztes in der Milchhygiene. 

Nach einer Frühstückspause wurden von dem Vorsitzenden, 
Veterinärrat Kös 1 er - Stuttgart, Stadttierarzt Schenzle -Gmünd, 
Stadttierarzt Diener-Ravensburg und Stadttierarzt Haug-Leutkirch 
über diesen Gegenstand Referate erstattet, welche die diesbezüg¬ 
lichen Verhältnisse in den angegebenen Städten eingehend schil¬ 
derten. 

III. Errichtung besonderer Professuren für animalische 
Nahrungsmittelkontrolle an den Tierärztlichen Hoch¬ 
schulen. 

Auch hierüber referierte der Vorsitzende, welcher die Resolution 
der Tierärztlichen Gesellschaft zu Berlin vom 20. Januar 1908 in 
dieser Sache (vgl. Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 
XVIII. Jahrg. 1908, Heft 5) zur Kenntnis der Versammlung brachte, 
der die Vertreter der hiesigen Tierärztlichen Hochschule, ins¬ 
besondere deren Direktor, Herr Professor Dr. von Sußdorf, bei¬ 
wohnten. 

IV. Erweiterung der Befugnisse der Schlachthoftierärzte. 

Der Vorsitzende referierte über vorstehende Frage und den 

Antrag des Zweigvereins, der Landesgruppe Württemberg des 
Vereins süddeutscher städtischer und Schlachthoftierärzte, welcher 
bezweckte, den Schlachthoftierärzten die Ermächtigung zu ver¬ 
schaffen, auch in den Fällen, in welchen Fleisch für bedingt tauglich 
oder für minderwertig erklärt wurde, die Brauchbarmachung und 
Verwertung des Fleisches auf der Freibank dann ohne besonderen 
Beschluß der Polizeibehörde veranlassen zu dürfen, wenn der Be¬ 
sitzer mit der Art der Behandlung einverstanden ist. 

Herr Oberregierungsrat von Beißwänger machte demgegen¬ 
über geltend, daß nach dem württembergischen Gesetz ein Eingriff 
in das Privateigentum, wie die Verwertung von Fleisch auf der 
Freibank und dessen vorherige Brauchbarmachung es sei, nur den 
Polizeibehörden zustehe, daß also ohne Gesetzesänderung dieser 
Wunsch nicht erfüllbar sei. 

Der Antrag wird hierauf vorläufig zurückgezogen, um ihn 
nochmals im Verein der Schlachthoftierärzte zur Beratung zu 
bringen. 

V. Einführung der obligatorischen Trichinenschau in 
Württemberg. 

Auch hierüber referierte der Vorsitzeede im Auftrag desselben 
Zweigvereins und stellte den Antrag, das Königl. Ministerium dos 
Innern zu bitten, „es wolle die Einführung de? obligatorischen 
Trichinenschau für alle gewerblichen Schlachtungen in Württemberg 
in geeignete Erwägung ziehen und falls eine solche allgemeine 
Beschau zurzeit großen Schwierigkeiten begegnen sollte, die 
obligatorische und gleichmäßige Durchführung wenigstens für alle 
Gemeinden mit öffentlichem Schlachthof und für diejenigen Plätze, 
an denen ein reger Fremdenverkehr stattfindet, oder die als be¬ 
suchte Bade-, Kur- oder Sommerfrischorte in Württemberg gelten, 
veranlassen.“ 

Herr Oberregierungsrat v. Beißwänger erklärte, daß seitens 
des Königl. Medizinalkollegiums seit einiger Zeit grundlegende 
Arbeiten zur Beurteilung der Trichinengefahr in Württemberg in 
Behandlung genommen worden seien. Unter Ablehnung eines An- 



19. November 1908. 


B ERLIN ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


träges auf Streichung des zweiten Teils wird der Antrag des Vor¬ 
sitzenden hierauf vollständig und einstimmig angenommen. 

VI. Standesangelegenheiten. 

Der Vorsitzende berichtet über den gegenwärtigen Stand der 
Gehalts-, Pensions- und Rangfrage der württembergischen Ober¬ 
amtstierärzte* Die Wünsche der Oberamtstierärzte wurden neuer¬ 
dings wieder in einer Eingabe an das Königl. Ministerium des 
Innern vom 9. September 1908 begründet und in einer Audienz bei 
Sr. Exzellenz dem Herrn Staatsminister des Innern persönlich ver¬ 
treten, wobei Se. Exzellenz eine wohlwollende Behandlung der 
fraglichen Angelegenheit zusagte. Die Eingabe wurde auch auf 
Grund eines Beschlusses des Ausschusses gedruckt und sämtlichen 
Oberamtstierärzten zwecks Weitergabe an die Landtagsabgeordneten 
ihrer Bezirke zugestellt. 

VII. Mitteilungen aus der Praxis. 

Oberaintstierarzt Häberle-Blaubeuren regte im Verein der 
oberschwäbischen Tierärzte an, praktische Fälle von Kurpfuscherei 
zu sammeln und das Material den Vorständen der Zweigvereine 
resp. dem Vorstand des Landesvereins zur Weiterbehandlung zu 
überweisen. Es findet diese Anregung allseitige Zustimmung. 

Oberamtstierarzt Dr. Mai er-Geislingen tritt für Bildung von 
Tierärztekammern ein, zieht aber seinen Antrag auf Grund von 
weiter cingezogenen Erkundigungen wieder zurück. Weiterhin regt 
Oberamtstierarzt Dr. Maier an, Material darüber zu sammeln, welchen 
Zeitaufwand die einzelnen amtlichen Arbeiten verursachen. 

Mit dem Danke an die Versammelten für die lebhafte Anteil¬ 
nahme an den Verhandlungen schloß der Vorsitzende um 5 Uhr 
abends die Versammlung, nachdem Veterinärrat Ostertag noch 
dem Vorsitzenden den Dank des Vereins für sein eifriges und 
energisches Arbeiten zur Förderung des Vereins und des Standes 
ausgesprochen hatte. 

25jfthrlge8 Beniftjubiläum. 

Die im Jahre 1883 in Berlin approbierten Tierärzte begingen 
— leider nicht mehr vollzählig — am 15., 16. und 17. Oktober d. J. 
die Feier ihres 25 jährigen Berufsjubiläums. 

Am Abend des 15. Oktobers fanden sich die aus allen Gegenden 
unseres lieben deutschen Vaterlandes in Berlin eingetroffenen, größten¬ 
teils mit Familie, im Restaurant zum „Alten Askanier“ zu erster 
Begrüßung zusammen. — Wenn auch viele von ihnen eich auf ihrem 
Lebenswege seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr gesehen hatten 
und in ihrer Eigenschaft als Militär- oder Kreistierärzte, Schlacht¬ 
hof- und Privattierärzte alle Spezialitäten des tierärztlichen Berufes 
repräsentierten, so zeigte doch die in aller Augen glänzende Freude 
des Wiedersehens, daß alle noch eines Sinnes waren, und daß die 
alte kameradschaftliche und kollegiale Zuneigung im Laufe der 
Jahre eher zu- als abgenommen hatte. 

Mit herzlichen Worten begrüßte Kollege Nehrhanpt-Köln 
die Erschienenen, insbesondere den als Gast geladenen, ehemaligen 
Inspizienten der Militärstudierenden des Semesters 1883, Herrn 
Oberstabsveterinär Naumann-Berlin und dessen Frau Gemahlin. 
In seiner Erwiderung verband Herr Naumann mit seinem Danke 
den Ausdruck lebhafter Freude, wieder einmal mit seinem alten 
Semester zusammen zu sein und sich von den beruflichen Erfolgen 
und dem Wohlergehen jedes einzelnen überzeugen zu können. 
Allgemeine Lieder, deren echt rheinischer Humor ihre Herkunft leicht 
erkennen ließen, trugen dazu bei, die allseitig herrschende Fröhlich¬ 
keit noch besonders zu heben. 

Am 16. Oktober, mittags 2 Uhr, fand das Festessen in den ebenso 
gemütlichen, als prächtigen Sälen der „Gesellschaft der Freunde“ 
Potsdamerstr. 9, statt. An der herrlich dekorierten Tafel nahmen 
54 Teilnehmer Platz. Nach einigen herzlichen Begrtißungsworten 
des Kollegen Nehrhaupt wurde als erster Toast das Kaiserhoch 
von Kollegen Bächstaedt-Deutz ausgebracht und mit Begeisterung 
aufgenommen. Sodann gedachte Kollege Volmer-Hattingen mit 
humorvollen Worten der Damen und weiterhin dankte Kollege 
Fränzel-Thorn in gleicherweise noch einmal dem alten Semester- 
Inspizienten Oberstabsveterinär Naumann für sein Erscheinen, dabei 
durch mancherlei Erinnerungen an die Studienzeit allgemeine Heiter¬ 
keit hervorrufend. Herr Naumann sprach hierauf für die ihm 
bewiesene Anhänglichkeit seinen Dank aus. 


855 


Wiederholte gesangliche Darbietungen aus der Reihe der Damen, 
allgemein bewunderte Kunstleistungen auf der Violine von seiten 
eines Gastes und fröhliche Chorgesänge haben im Verein mit dem 
wirklich vorzüglichen materiellen Genüssen die Stimmung außer¬ 
ordentlich gehoben. 

Nach aufgehobener Tafel wurde mit bestem Erfolge ein Gruppen¬ 
bild der Festteilnehmer aufgenommen und nach einer gemütlichen 
Kaffeepause bis Mitternacht flott getanzt 

Am 17. Oktober fand in Kistenmachers Etablissement in den 
Zelten gemeinschaftliches feudales Frühstück mit Musik statt, bei 
welcher Gelegenheit Kollege Fränzel der ungeteilten Befriedigung 
aller Teilnehmer über das wohlgelungene Fest Ausdruck gab und 
den Veranstaltern desselben herzlichen Dank für die bewiesene 
Opferwilligkeit und die große Mühewaltung sagte. 

Eine gemeinschaftliche, trotz der Herbstfrische herrliche Dampfer¬ 
fahrt nach Potsdam beschloß die Feier, die allen Teilnehmern gewiß 
dauernd eine liebe Erinnerung bleiben und dazu beitragen wird, 
daß die nach fünf Jahren am Rhein geplante Zusammenkunft tat¬ 
sächlich stattfindet. tz. 

Versammlung der beamteten Tierärzte Hohenzollems. 

Am 7. d. M. fand in dem Sitzungszimmer der Königlichen 
Regierung in Sigmaringen die Versammlung der beamteten Tier¬ 
ärzte Hohenzollerns statt, zu der auch die Privattierärzte des Be¬ 
zirkes geladen waren. Der Königl. Regierungspräsident Herr Graf 
von Brühl übernahm den Vorsitz und leitete die Versammlung. 
Bezirkstierarzt Deubel-Hechingen referierte nach der Tagesordnung 
über die neu eingegangenen Fleischbeschaubestimmungen in ein¬ 
gehender, gründlicher Weise; ferner zog er in den Kreis seiner Er¬ 
örterungen die Regelung des Fleischverkehrs in den Grenzdörfern, 
über Aufstellung der Konfiskatgefäße, Errichtung von Freibänken, 
über Milchkontrolle und über Ziegenzucht. Veterinärrat Deigen- 
desch hatte als Thema: Influenza der Pferde und deren Bekämpfung, 
ferner sprach er über Fremdkörper und deren Folgeerscheinungen 
beim Rind. 

Nach Schluß der Versammlung folgten alle Teilnehmer der 
liebenswürdigen Einladung des Herrn Vorsitzenden, Grafen von 
Brühl zu einem Mittagessen in Hotel „Deutsches Haus <( , wobei in 
anregender und gemütlicher Unterhaltung die Stunden allzuschnell 
vergingen. D. 

IX. Internationaler Tierärztlicher Kongreß Im Haag. 

13—19. September 1909. 

Mitteilungen an die Presse I. 

Das Exekutiv-Komitee bittet ergebenst die nachstehende Be¬ 
kanntmachung in Ihrer Zeitschrift zu erwähnen: 

Der Kongreß verspricht sehr besucht zu werden; in dieser 
Hinsicht sind Mitteilungen aus fast allen Ländern bei dem Komitee 
eingegangen; außerdem ist solches aus der Bildung der verschiedenen 
nationalen Komitees zu folgern. 

In höchst erfreulicher und zu schätzender Weise werden die 
Interessen des Kongresses auch von dem Ständigen Ausschuß der 
internationalen tierärztlichen Kongresse und von den verschiedenen 
Tierärztlichen Zeitschriften gefördert 

Vom Exekutiv-Komitee im Haag wurden bereits zwei Rund¬ 
schreiben über den Kongreß veröffentlicht und in zahlreichen 
Exemplaren den verschiedenen Interessenten übermittelt Ein drittes 
ist in Vorbereitung, welches in diesem Fall nur denjenigen zuge¬ 
schickt werden kann, welche sich bei dem Allgemeinen Kassen- 
führer, Herrn D. F. van Esveld, Dozent an der Staats-Tierarznei- 
schule in Utrecht als Mitglied haben einschreibcn lassen. 

Letzteres Rundschreiben wird außer den Namen der Mitglieder 
des ständigen internationalen Ausschußes, und ergänzenden Angaben 
bezüglich der nationalen Komittees eine Angabe über die Bericht¬ 
erstatter der verschiedenen zu behandelnden Gegenstände, sowie 
andere vom Exekutiv-Komitee notwendig zu erachtenden Mitteilungen 
enthalten. 

Demjenigen also, der über die Vorbreitungen des Kongresses 
orientiert zu bleiben wünscht, wird empfohlen, sich als Mitglied bei 
dem Kassenführer anzumelden, unter Hinzufügung des Beitrages 
ad 17 Mark, worauf er seine Mitgliedskarte, einen Statuten-Entwurf 



856 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


und weiterhin alle vom Exekutiv-Komitee zu veröffentlichenden 
Drucksachen bekommen wird. 

Im Namen des Exekutiv-Komitees: 

D. A. dcJong, General-Sekretär. Leyden (Holland). 20, MareBingel. 

Verein badischer Tierärzte, E. V. 

42. ordentliche Mitgliederversammlung am 21. November 1908, 
vormittags 10 Uhr, in Karlsruhe, Hotel „Friedrichshof“. 

Tagesordnung: 

1. Berichterstattung über die Tätigkeit des Vereins im laufenden 
Vereinsjabr. 

2. Verkündung, Prüfung und Verbescheidung der Rechnung des 
Vereins. 

3. Aufstellung des Voranschlages für das Jahr 1909. 

4. Rechenschaftsbericht über die Unterstützungskasse, Prüfung 
und Vorbescheidung der Rechnung. 

5. Vortrag des Herrn Professor Dr. Heß von Bern über: „Die 
Sterilität des Rindes“. 

G. Verhandlungen über zwei Anträge des unterbadischen Kreis- 
vereins: 

a) über Festsetzung einer Taxe für die Tierärzte Badens. 
(Referenten: Herr Tierarzt Kling-Ladenburg und Herr 
großh. Bezirkstierarzt Vaeth-Heidelberg.) 

b) Über die Verleihung des Dispensierrechtes an die Tier¬ 
ärzte Badens. (Referenten: Die Herren großh. Bezirks¬ 
tierärzte Ulm-Mannheim und Schncider-Schwelzingen.) 

7. Vorschlag zur Ernennung von Ehrenmitgliedern. 

8. Bestimmung des Ortes der nächsten ordentlichen Mitglieder¬ 
versammlung. 

9. Neuwahl des Gesamtvorstandes. 

Nach den Verhandlungen findet im Hotel „Friedrichshof“ ein 
gemeinsames Mittagessen statt. Der Vereins Vorstand: Braun. 

49. Generalversammlung des Vereins der Tierärzte des Regierungsbezirks 
Wiesbaden 

am Samstag, den 28. November 1908, 
im Hotel Drexel zu Frankfurt a. M. (Große Friedbergstraße 20). 

Beginn der Versammlung 12 Uhr mittags. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. „Wesen, Bedeutung und Behandlung der Acarusräude“. 
Klinischer Vortrag mit Demonstrationen (Herr Prof. Dr. med. 
et med. vet. Gm ein er-Gießen). 

3. Mitteilungen aus der Praxis. 

4. Wünsche und Anträge. 

Um 2 Uhr: Gemeinsames Mittagsmahl. Gäste sind willkommen. 
Anmeldung der Gedecke (Preis 3 M.) bis spätestens 26. November 
an den Unterzeichneten erbeten. 

Langenschwalbacb, November 1908. 

1. A.: Simmermacher, Schriftführer. 

Riesenschmuggelprozeß. 

Vor der Strafkammer zu M -Gladbach hat am 26. Oktober ein 
Schmuggelprozeß seinen Anfang genommen, wie er in diesem Um¬ 
fange kaum jemals dagewesen ist. Es sind 19 Personen, meist 
Viehhändler und Schlächter, angeklagt, die seit 1901 auf der ganzen 
Grenzstrecke von Kaldenkirchen bis Herzogenrath einen auf das 
vollkommenste eingerichteten Schmuggel mit holländischem Rind¬ 
vieh betrieben haben. Es sind 200 Zeugen geladen. 

Ledumin. 

Über das Ledumin erschien in Nr. 29 der B. T. W. eine Mit¬ 
teilung. Zu dieser ist* jetzt ergänzend zu bemerken, daß, wie 
nachträglich zur Kenntnis gekommen ist, das Vichwaschmittel von 
dem Fabrikanten einschließlich der Verpackung fracht- oder porto¬ 
frei nach allen Stationen Deutschlands zu folgenden Preisen ver¬ 
kauft wird: 

in 5 Liter-Kannen zu 1,20 M. pro Liter, 

» I2*/ 3 „ „ * UOO „ „ „ 

» 2“ „ „ „ 0,80 „ „ „ 

,, 100 ,, ,, ,, 0,55 „ ,, ,, 


NeuusbrUohe der Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet aus 
Brzosken, Kreis Johannisburg (Regierungsbezirk Allenstein) am 
12. November 1908. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Neue Eingänge. (Besprechung Vorbehalten.) 

Möller’s Lehrbuch der Chirurgie für Tierärzte. Bcarb. von 
Prof. Dr. II. Möller und Prof. H. Frick. 2 Bände. Band II. Spezielle 
Chirurgie. Vierte, vermehrte und teilweise umgearbeitete Auflage. 
Mit 8t Textabbildungen. Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. Preis 22 M. 

Prof. Dr. Reinhold Schmaltz, Anweisung zur Exenteration der 
Bauchhöhle des Rindes. Mit 7 Tafeln nach Zeichnungen von Bruno 
Heroux in Leipzig und einer Gefrierschnitt-Skizze. Verlagsbuchhandlung 
von Richard Schoctz, Berlin 1908. Preis 4,50 M. 

Jno. T. Share-Jones, F. R. C. V. S., The Surgical Anatoray of 
the Horse. Part III. Williams and Norgate, London 1908. Price 15 s. net. 

Prof. Dr. Karl Camillo Schneider, Histologisches Praktikum 
der Tiere für Studenten und Forscher. Mit 434 Abbildungen im Text. 
Gustav Fischer, Jena 1908. Preis 15 M. 

Prof. Dr. Wilhelm Schlampp, Therapeutische Technik mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung der speziellen Therapie für Tierärzte. 2 Bde. 
Bd. II. 2. Hälfte. 1. Lieferung, Geschlechts-Apparat. Mit 124 
in den Text gedruckten Abbildungen. Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. 
Preis 5 M. 

Prof. Dr. Robert Müller, Das Problem der sekundären 
Geschlechtsmerkmale und die Tierzucht Eine wissenschaft¬ 
liche Untersuchung. Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. Preis 2,80 M. 

Sven Wall, Die Euterentzündungen der Kuh. Mit 29 Ab¬ 
bildungen im Text. Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. Preis 3 M. 

Prof. Dr. Kitt, Was muß jeder Hundebesitzer wissen? 
Die Gesetzt; und polizeiliehen Vorschriften über das Halten von Hunden 
(Hundesteuer. Haftpflicht, Tollwutparagraphen etc.). Die auf den Menschen 
und auf Tiere übertragbaren Krankheiten des Hundes. Die Pflege und 
Erziehung des Hundes. Mit 1 Tafel und 21 Textabbildungen. Ferdinand 
Enke, Stuttgart 1908. Preis 2 M. 

Dr. Franz Heinemann, Albrccht von Haller als Vlvisektor 
Ein Beitrag zn seinem 200. Geburtstag. A. Francke, Bern. Preis 70 Pf. 

A. Zieger, Die Diagnose der Trächtigkeit des Rindes. 
(Inaug.-Diss. der vet-med. Fakultät, Bern.) Mit 9 Abbildungen. Ver¬ 
lagsbuchhandlung von Zahn und Jaensch, Dresden. Preis 2,50 M. 

Dr. W. Franz, Die Druse der Pferde und ihre Behandlung 
mit Serum nach DDr. Jeß-Piorkowski (Deutsche Schutz- und 
Heilserumgesellschaft). Verlagsanstalt Merkur (Aug. Haufe). Leipzig- 
Gautzsch 1908. 

Panisset et Alilaire, Influence de la Coagulation et de la 
Dccoagulation des Antigones Heinatics sur la prodnetion 
des Anticorps. (Extrait des Comptes rendus des seances de la 
Soeiete de Biologie. T. LXV, p. 74.) 

Willy Lehmann, Über Bau und Entwicklung der Wand der 
hinteren Hohlvene des Rindes und Vcnenklappen bei Pferd 
und Rind. (Inang.-Diss. der vet.-med. Fakultät Bern.) Mit 22 nach 
der Natur selbst verfertigten Zeichnungen. Verlagsbuchhandlung von 
Richard Schoetz, Berlin 1908. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: Dem Stabsveterinär a. D. 
Slottsmeister zu Weißenhöhe, bisher beim Remontedepot Wirsitz, 
der Rote Adlerorden IV. Klasse. 

Verabschiedet: Die Bezirkstierärzte Veterinärrat Georg Fentxling- 
Freiburg und Peter Diisfac/r-NeckargemUnd. 

Niederlassungen : Dr. A. Rosendahl in Schwelm, Dr. Giorg Schumacher, 
bisher Assistent des Großherzogi. Kreisveterinärarztes, in Groß- 
Gerau (Hessen). — Verzogen: Die Tierärzte Plans Sigicart aus 
Süßen als Assistent des Großherzogi. Bezirkstierarztes nach 
Sinsheim, Arthur Friedmann von Schwarzaoh als Assistent des 
Großherzogi. Bezirkstierarztes nach Bühl. 

Examina: Promoviert: Die städtischen Tierärzte Max Seher 
und Kurt Wölfel in Dresden zum Dr. med. vet. in Zürich. — 
Approbiert: Die Herren Albert Balxer aus Mtthlau und Felix 
Hertel ans Wiesbaden in Gießen. 

Todesfall: Kreistierarzt Veterinärrat Baldeicein in Bielefeld. 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 45.) 

Krelstierarzt8telle: Reg.-Bez. Minden (Westf.): Bielefeld: 
Bewerb, bis 20. Dezember er. an den Regierungs-Präsidenten. 

Tlerhygienisehe* Institut in Freiburg 1. Br.: Hilfsarbeiter zur Her¬ 
stellung von Rotlaufserum und des zum Nachweis von Pferdefleisch 
nötigen Serums. Bewerb, bis 23. November er. an den Vorstand. 

Schlachthofstellen : Rügenwalde: Schlachthofinspektor zum 
1. April 1909. Gehalt 2100 M. bis 2700 M. Bewerb, bis 5. Dezember er. 
an den Magistrat. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltx in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schocts in Borlin. _ 

Druck von W. BOxenstcin, Berlin. 



Die „Berliner Tierärztliche Wochen«chrift“ erzehelnt 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 Pf. für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Poat-Zeitunga- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Orlglnalbelträge werden mit 50 Hut In Petitsatz mit 
00 Hk* für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstrafie 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Loth68 

Hamburg. Departoments-T. in Cöln. 

Med.-Rat Dr. Boeder Dr. Schlegel 

Prof, ssor in Dresden. Professor in Freiburg. 

Helfer 

Schlachth.-Direktor in Mülhausen i. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

8taautierarzt für Hamburg. Departements-T. in Bromberg. Departements-T. ln Danzig. Professor in Dresden. 

Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte Zünde! 

Professor ln Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarzt ln Mülbaasen 1. E. 

Dr. H. Sieber Dr. Städter Dr. Zimmermann 

E. am Tropeninsiitut in Hamb irg. 8tadt-Tlerarzt in Hamburg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. Jtg 48. Ausgegeben am 26. November. 

Inhalt: Horneck: Die Behandlung des Icterus catarrhalis bei Hunden mit physiologischer Kochsalzlösung. — 
Wiegand: Vergiftung durch Mückenstiche. — Train: Eklampsie bei einer kalbenden Kuh. — Michael: Rückfall 
von Gebärparese beim Rind. — Haupt: Ein Hypernephrom beim Rind. — Referate: Holth: Untersuchungen überden 
Bacillus pyogenes und die durch ihn hervorgerufenen Gewebsveränderungen. — Dammann und Frese: Über das Vorkommen 
des „Bacillus pyogenes“ bei der Ziege und den Nachweis seiner Identität mit dem Bacillns pyogenes bovis et suis. — 
Fölger: Angeborener Kropf der Ziege. — Preisz: Virulenz und Therapie. — Holsteinische Euterseuche. — Dörrwächter: 
Über einen Fall von Morbus maculosus beim Rind. — Jakob: Gastroenteritis catarrhalis acuta bei einem Löwen. — Marcone: 
Sporozoen-Dermatosen des Hundes. — Aus der medizinischen Literatur. — Tageegeaehlchte: Preußische Tierärztekammer. — Tier¬ 
ärztekammer in Braunschweig. — Schmaltz: Zur Begründung eines tierärztlichen Pressebureaus. — Krueger: Die Jabres- 
pauschalien der Kreistierärzte. — Die Militärveterinäre in der Besoldungsvorlage für die Reichsbeamten. — Francke: Die 80. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. (Fortsetzung.) — Protokoll über die XXVIII. Sitzung des Vereins 
Ostpreußischer Tierärzte zu Königsberg i. Pr. — Versammlung der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks PoBen. — 
Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen._ 


Die Behandlung des Icterus catarrhalis bei Hunden 
mit physiologischer Kochsalzlösung. 

Eine Anregung zu weiteren Versuchen. 

Vorläufige Mitteilung. 

Von Tierarzt Horneck - Frankfurt a. M. 

Das verhältnismäßig seltene Vollkommen des Icterus 
catharrhalis bei Händen — nach den Aufzeichnungen Fröhners 
zu 0,15 Proz. — und die wenigen Erfolge des Therapeuten sind 
zwei Faktoren, die es nach zwei außergewöhnlich rasch mit 
Heilung verlaufenen Fällen nicht angezeigt erscheinen lassen, 
mit der Veröffentlichung der angewandten Behandlung bis zur 
Erlangung eines größeren Krankenmaterials länger zurück¬ 
zuhalten, zumal sich für die Art der Behandlung eine plausible 
Erklärung in bezug auf ihre Wirkung erbringen läßt. 

Der erste Fall betraf einen 14 Jahre alten Spitz, der ohne 
nachweisbare Ursache abends plötzlich zu erbrechen anfing und 
kurz darauf Durchfall zeigte. Die Besitzerin, die einen ver¬ 
dorbenen Magen vermutete, hoffte auf eine Selbstheilung, die 
jedoch nicht eintrat, so daß ich am vierten Tage der Erkrankung 
hinzugezogen wurde. Zu diesem Zeitpunkte konnte ich bereits 
schweren Icterus mit der Prognose schlecht bei dem Alter des 
Tieres feststellen. Als die zweitägige Behandlung mit Tinct. 
Rhei aquos. und Kaltwasserklißtieren ein Intensiverwerden der 
Gelbfärbung und damit eine Verschlechterung des Allgemein¬ 
befindens des Patienten nicht aufzuhalten vermochte, injizierte 
ich, in der Annahme, die noch nicht darniederliegende Diurese 
zu erhöhen, an drei aufeinander folgenden Tagen je 30,0 
physiologischer NaCl-LÖsung mit einem Gehalt von 0,935 NaCl, 
wie sie Pore her*) als mit Blutserum isotonisch bezeichnete. 

Bereits nach der zweiten Injektion war eine bedeutende 
Besserung des Allgemeinbefindens des Patienten zu verzeichnen, 
auch die Gelbfärbung an der Sklera war bereits merklich zurück¬ 
gegangen. Am zweiten Tag nach der dritten Injektion, also 


am 5. Tage nach der ersten, war das Tier bereits derart leb¬ 
haft, daß ich von einer weiteren Behandlung bis anf die 
täglich dreimal angewandten Kaltwasserklistiere, die 8 Tage 
hindurch fortgesetzt wurden, glaubte Abstand nehmen zu können. 
Vier Wochen später besuchte ich den Patienten wieder und 
fand ihn in denkbar bester Verfassung. Von einer Gelbfärbung 
der Sklera war nicht die geringste Spur mehr zu sehen. 

Der zweite Patient war ein 3Va Jahre alter schottischer 
Schäferhund, der als Begleiter auf einer Radtour in stark er¬ 
hitztem Zustand Pfützenwasser getrunken hatte. Die ersten 
Erscheinungen seiner Krankheit waren die eines Magenkatarrhs 
mit gleichzeitigerAffektion der oberen Luftwege. Bei meinem zweiten 
Besuch am dritten Tage stellte ich die Erscheinung des Icterus 
fest mit einer für diese zwei Tage bereits erheblich voran¬ 
geschrittenen Gelbfärbung. Er erhielt sofort 30,0 der 
NaCl-Lösung subkutan und täglich je eine weitere Injektion, 
insgesamt deren vier. Nach der dritten Injektion war bereits 
anch bei ihm eine Lebhaftigkeit vorhanden, die einen Ausgang 
in Heilung erwarten ließ, die anch eintrat. 

Nach 14 Tagen, vom ersten Tag der Erkrankung an ge¬ 
rechnet, waren die Skleren nur noch so schwach gelblich 
gefärbt, so daß es ohne einen besonderen Hinweis einem Unter¬ 
suchenden nicht mehr aufgefallen wäre. 

Was nun die Wirkung der physiologischen NaCl-Lösung 
angeht, so bedingt sie zunächst eine vermehrte Diurese und 
dabei gleichzeitig eine, für diese günstige Verdünnung der im 
Körper kreisenden und aufgespeicherten Gallenbestandteile. 
Fernerhin wird der Diffusionsstrom zwischen Blut- und Gewebs¬ 
zellen beschleunigt, der Körper wird gewissermaßen wie sich 
Sahli*) ausdrückt, ausgewaschen. Dabei bleibt die Wirkung 
das NaCl auf die Sekretion der Magen- und Darmdrüsen sicher 

*) Sahli, H. Über Auswaschung des menschlichen Organismus 
und über die Bedeutung der Wasserzufuhr in Krankheiten. Sammlung 
klinischer Vorträge von R. v. Volkmann. 


*) Journal de Lyon 1906. 









858 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


nicht ohne Einfluß auf den Appetit, und die Gesamtverdauung. 
Gleichzeitig wird aber auch hier die durch die Anwesenheit 
der Gallensäure wesentlich herabgesetzte Alkaleszenz des Blutes 
erhöht. 

Die von mir angewandten Mengen der NaCl- Lösung wird 
man in geeigneten Fällen vielleicht auch noch erhöhen können, 
haben doch bereits die französischen Forscher Dastre und Loye*) 
Hunden mehr als das vierfache Blutvolumen physiologischer 
Kochsalzlösung von Körpertemperatur allmählich in die Blut¬ 
hahn einfließen lassen, ohne daß die Tiere Schaden litten. 

Wie ich schon eingangs dieser Veröffentlichung erwähnte, 
verfolgt sie hauptsächlich den Zweck, die Tierärzte sowohl wie 
die Ärzte zu weiteren Versuchen anzuregen, weil auch beim 
Menschen die Beschwerden der Gelbsucht ganz erhebliche sind, 
wie wohl jeder, der einmal damit behaftet war, zur Genüge 
hat erfahren müssen. 


Vergiftung durch Mückenstiche. 

Von Dr. phil. Paul Wigand, Tierarzt in Schwarmstedt. 

Seit etwa einem Jahrzehnt lenken zwei Mücken, Simulia 
reptans und Simulia ornata, die Aufmerksamkeit der Viehzüchter 
wie nicht minder der Tierärzte auf sich. Der deutsche Name 
der Insekten ist „Kriebelmücken“, vulgär werden sie in Nord¬ 
west-Deutschland allgemein „Gnitten“, an der Havel „Kanker“ 
genannt. 

Als ständige Bewohner der Flußniederungen bekannt und 
wegen ihrer empfindlichen Stiche verhaßt, sind sie erst in den 
letzten Jahren berüchtigt geworden, nachdem sie, in ungeheuren 
Massen auftretend, zahlreiche Erkrankungen und Todesfälle unter 
dem Weidevieh bedingten. — Massenauftreten der Simulien und 
dementsprechend häufige Vergiftung von Weidetieren wurde in 
den letzten Jahren besonders in Ostpreußen, in Hannover und 
in Schweden beobachtet, im Mai 1908 auch in Ost- und West- 
Havelland. An der Havel hat vor 30 Jahren bereits einmal ein 
Massensterben des Weideviehs infolge der Mücken stattgefunden. 
Dies ist von besonderem Interesse, da zur selben Zeit auch in 
den Leinemarschweiden der Provinz Hannover am ersten Tage 
des Hinaustreibens sechs Rinder durch Gnittenstiche fielen. 

Winzig klein, nur 2—4 mm messend, weicht die Simulia in 
ihrer Körperform erheblich ab von dem, was wir uns unter dem 
landläufigen Begriff „Mücke“ vorstellen. Der gedrungene, 
bucklige Körper mit kurzem Stechapparat und kurzen Beinen 
gleicht in seinen Proportionen viel eher einer Fliege. Die 
Grundfarbe unserer Simulien ist ein mattes Schwarz, von dem 
die weißen oder weißlich-gelben Vorderschienen auffallend ab¬ 
stechen. Die glashellen Flügel schillern in hellem Lichte in 
allen Farben des Regenbogens. Der Flügelgrund ist übrigens 
bei Simulia ornata gelblich gefärbt zum Unterschiede von 
Simulia reptans. 

Puppenstadium machen die Simulien im Wasser ab, und 
zwar im Gegensatz zu anderen Stechmücken in fließendem 
Wasser. Daher erscheint das Insekt in ungewöhnlichen Massen 
nur in nächster Nähe von Flüssen. Ende April bis Mitte Mai 
— je nach Temperatur — in Schweden erst Anfang Juni, ver¬ 
lassen die ersten Simulien die Puppenhülle und damit das Wasser. 
Bei kühlem, windigem oder Regenwetter würde man vergeblich 

*§ Arch. de Physiologie 1888, p. 93. 

**) Ibidem 1889, p. 253. 


nach ihnen suchen; sobald aber bei Windstille upd Trockenheit 
die Lufttemperatur genügend hoch ist, begeben sie sich auf die 
Nahrungssuche. Sie fallen einzeln oder zu mehreren Exemplaren 
oder selbst in unschätzbaren Legionen über Säugetiere, ganz 
gleich welcher Art, her, um sich am Blute der Überfallenen zu 
sättigen! Während des Blutsaugens entleert die Mücke in die 
feine Stichwunde eine winzige Menge Gift, welches, ähnlich dem 
Gift der Schlangen, den Speicheldrüsen entstammt und wahr¬ 
scheinlich ein Eiweißkörper ist. Ob es sich aus zwei ver¬ 
schiedenen giftigen Elementen zusammensetzt, von denen eins 
direkt vom Lymph- und Blutstrom aufgenommen, das andere 
dagegen in nächster Nähe des Stiches infolge Gerinnens fest- 
gehalten wird, bleibt eine offene Frage. Es spricht jedoch für 
diese Annahme folgendes. Jeder Stich erzeugt eine derbe, 
heiße und schmerzhafte Quaddel, die noch nach mehr als einer 
Woche beim Reiben brennt und juckt, ein Beweis, daß ein Teil 
des Giftes noch immer in nächster Nähe des Stichkanals lagert. 
Dagegen treten die schweren Allgemeinerscheinungen bei Tieren, 
die von großen Massen der Insekten gestochen wurden, fast 
momentan auf. Der Organismus reagiert auf das aufgenommene 
! Gift ebenso schnell, wie auf die subkutane Einverleibung eines 
in Lösung befindlichen stark wirkenden Medikaments. 

Die Erscheinungen der Vergiftung durch Simulienstiche 
sind höchst eigentümlich, eine Verwechslung mit anderen Krank¬ 
heiten ist nahezu ausgeschlossen. Die überfallenen Rinder 
zeigen große Unruhe, laufen umher, schlagen mit den Beinen 
nach dem Leibe, legen sich nieder, um im nächsten Augenblick 
wieder aufzustehen. Selbst schwerkranke Stücke, die sich nur 
mühsam und schwankend aufrecht erhalten können, liegen nicht 
lange still, sondern springen von Zeit zu Zeit auf, um bald 
wieder niederzusinken. Bald nach dem Stich schwellen Kopf, 
Kehle, Unterhals und Unterbrust meistens auffällig an. Nur 
bei wenigen Kranken vermißte ich diese Schwellung, die heiß, 
empfindlich und von deutlich teigiger Beschaffenheit ist. Der 
Blick des Tieres wird ängstlich und stier. In den Muskel¬ 
gruppen der Anconäen und des Quadriceps femoris tritt heftiges, 
von kurzen Ruhepausen unterbrochenes oder selbst ununter¬ 
brochenes Zittern auf. Die Atmung ist in leichteren Fällen 
etwas beschleunigt, sonst nicht verändert, in schweren Fällen 
dagegen geschieht sie unter sichtbarer Anstrengung der 
Zwischenrippenmuskeln. 

Die beiden auffälligsten Symptome jedoch, die, in gleicher 
Weise vereinigt, bei keiner anderen Krankheit beobachtet 
wurden, sind Störungen im Zirkulationsapparat und das 
Sinken der Innentemperatur. Die Zahl der Herz¬ 
kontraktionen steigt rapide. Selbst bei mäßiger Erkrankung 
zählte ich 120 bis 150 derselben. Beide Herztöne sind rein, 
außerordentlich deutlich und scharf abgesetzt, dabei von solch 
ungewöhnlicher Stärke, daß man sie in voller Deutlichkeit 
mehrere Schritte bis 10 m und noch mehr von dem Tier ent¬ 
fernt wahrnimmt. In einiger Entfernung klingen die Herztöne, 
wie wenn man mit der Hand leicht gegen eine leere Tonne 
Bchlägt. — Ein höchst auffallendes Bild bilden die Jugular- 
venen. Als gewaltige, strotzend bis zum Maximum gefüllte 
Schläuche liegen sie zu beiden Seiten des Halses. Jede Herz¬ 
kontraktion jagt eine kräftige, deutlich begrenzte Pulswelle in 
ihnen empor bis zum Unterkiefer. Die enorme Füllung und 
den auffallenden Puls zeigen die Jugularen in allen 
Fällen, auch dann, wenn die Schwellung an Kehle, Hals und 



26. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Unterbrust fehlt, und wenn die Stärke der Herztöne nicht er¬ 
heblich über die Norm hinausgeht. 

Bei diesen stürmisch auftretenden schweren Allgemein¬ 
erscheinungen ist es bemerkenswert, daß keine Steigerung 
der Innentemperatur auftritt, sondern, daß diese im Gegen¬ 
teil fast stets unter die Norm sinkt. Die höchste Temperatur, 
39,3, zeigte eine mäßig kranke Kuh nach ca. 36 ständiger 
Krankheitsdauer. Die niedrigste maß ich bei einem sehr schwer 
leidenden einjährigen Rinde zwei Stunden nach der Erkrankung; 
dieses Tier zeigte eine Innenwärme von 36,7°. In den meisten 
Fällen bewegte sich die Temperatur um 38° herum, ohne die 
untere physiologische Grenze 38,5° zu überschreiten. Mit fort¬ 
schreitender Genesung steigt die Körperwärme ganz allmählich 
wieder zur normalen Höhe, die gewöhnlich erst nach 36 bis 
48 Stunden erreicht wird. Ob die Temperatur in tödlich ver¬ 
laufenden Fällen bis zum Exitus fortgesetzt sinkt, vermag ich 
nicht anzugeben, da alle von mir untersuchten Tiere genasen. 

Bei denjenigen Rindern, die durch zahllose Massen von 
Simulien überfallen wurden, tritt der Tod unter rascher Zunahme 
der Schwäche innerhalb 24 bis 36 Stunden, frühestens nach 
einer halben Stunde, ein. Einige Beobachter glauben den tödlichen 
Ausgang auf Ersticken infolge Verschwellung der Luftwege 
zurückführen zu dürfen. Meiner Überzeugung nach erfolgt der 
Tod durch Herzlähmung. Ich habe bei Sektionen niemals eine 
derartig starke Verlegung der Luftwege durch Schwellung ge¬ 
sehen, und außerdem beobachtete ich mehrere schwerkranke 
Tiere ohne jede nennenswerte Schwellung, deren Herzschwäche 
geradezu beängstigend war. 

Hochträchtige Tiere verkalben, selbst wenn sie nur 
leicht erkrankt waren, regelmäßig nach zwei bis drei Tagen. 
Die Geburt ist schwer, da die Eröffnung des Scheidenschlusses 
nur ungenügend erfolgt. Nach der Geburt bleiben die Eihäute 
zurück. 

Über die Sektionserscheinungen ist in den letzten Jahren 
wiederholt so ausführlich berichtet worden, daß ich darüber 
hinweggehen darf. 

Differentialdiagnostisch kommen Milzbrand, Rausch¬ 
brand, malignes Ödem, Wild- und Rinderseuche und 
Tod durch Blitzschlag in Betracht, mit denen hie und da 
die Vergiftung durch Siraulienstiche verwechselt sein mag. Um 
jeden Irrtum oder Zweifel in der Diagnose zu vermeiden, ist 
folgendes zu beachten: Am Kadaver eines durch Simulien ge¬ 
töteten Rindes finden sich auffallende sulzige Schwellungen nur 
an der Unterseite. Die über den Schwellungen gelegene 
Haut ist an den nicht pigmentierten Stellen stets mit den sehr 
charakteristischen, rot bis blau gefärbten, flohstich¬ 
ähnlichen kleinen runden Flecken dicht bedeckt. Jeder 
dieser Flecke rührt von dem Stich einer Mücke her und läßt 
bei genauem Hinsehen im Zentrum den sehr feinen, dunkler 
als die Umgebung gefärbten, Stichkanal erkennen. Nochmals 
erwähnt sei an dieser Stelle, daß Simulien in verheerenden 
Massen nur in der Nähe von Flüssen auftreten. Niemals wurde 
in mehr als 5 km Entfernung vom Flußufer ein Todesfall unter 
den weidenden Rindern beobachtet. In Deutschland erscheinen 
die Hauptschwärme nur Ende April bis Anfang Mai, selten noch 
einmal Ende Juli bis Anfang August. 

Intra vitam ist eine Verwechslung mit einer der vier oben 
genannten Infektionskrankheiten unmöglich. 


Um die Rinder vor Erkrankung durch Simulien zu schützen, 
gibt es ein sehr einfaches und dabei durchaus zuverlässiges 
Mittel. Die Mücken befallen in dichten Mengen nur die Unter¬ 
seite der Tiere. Bestreicht man Kehle, Unterhals, Unterbrust, 
Bauch und die Innenfläche der Schenkel mit zähem Öl, so wird 
es den Mücken unmöglich gemacht, einen Stich anzubringen. 

Das Einölen hat selbstverständlich vor dem Hinaustreiben 
der Tiere in die gefährdeten Weiden und, falls nötig, wiederholt 
zu geschehen, sobald die Ölschicht zu verschwinden droht. Sehr 
gut eignet sich zum Einschmieren Tran oder altes Leinöl mit 
geringem Petroleum-Zusatz. Die sorgfältig auf diese Weise 
behandelten Tiere sind selbst inmitten der stärksten Simulien¬ 
schwärme mit voller Sicherheit gegen Erkrankungen geschützt. 

Ganz besondere Aufmerksamkeit ist denjenigen Tieren zu¬ 
zuwenden, die nachträglich, wenn das übrige Vieh bereits tage¬ 
lang draußen geht, in die Weide getrieben werden. 

Merkwürdigerweise werden diese frisch aus dem Stall 
kommenden Tiere mit ganz besonderer Vorliebe von den Mücken 
aufgesucht. 

Der diesen Tieren anhaftende intensive Stallgeruch scheint 
die Mücken zu veranlassen, sich in Massen auf die Neuankömmlinge 
zu stürzen. Die übrigen schon tagelang in der Weide befind¬ 
lichen Tiere werden jetzt kaum noch beachtet. So ist es mehr¬ 
fach beobachtet worden, daß ein einzelnes nachträglich zu einer 
Herde in die Weide getriebenes Tier an demselben oder dem 
nächsten Tage inmitten der übrigen gesundbleibenden tot auf¬ 
gefunden wurde. 

Bereits erkrankte Rinder sind baldmöglichst in den Stall 
zu bringen. Sie erhalten innerlich sofort je nach Konstitution 
>/ 2 bis Vf? Liter Branntwein mit der doppelten Menge Wasser. 
Bei hochgradiger Erkrankung gibt man weiter in Pausen von 
1 bis 2 Stunden l / 4 bis Va Liter Branntwein bis zur Besserung. 
Das Allgemeinbefinden hebt sich nach den Alkoholgaben in den 
meisten Fällen sichtlich. — Als Gegenmittel bei Schlangenbiß 
spielt der Alkohol seit altersher eine große Rolle. Erst in 
jüngster Zeit jedoch ist man zu der Überzeugung gelangt, 
daß diese Behandlung nicht nur rein symptomatischer Art ist, 
sondern daß der Alkohol dem Schlangengift gegenüber ein 
direktes Gegengift darstellt. Ganz ähnlich scheint der Alkohol 
sich zu dem Simulien-Gifte zu verhalten. — Bei bedenklicher 
Herzschwäche habe ich Folia Digitalis in Dosen von 5,0 bis 
10,0 mit gutem Erfolge gegeben. Falls nötig erscheinend, kann 
diese Gabe nach einigen Stunden wiederholt werden. 

Literatur. 

1. Veröffentlichungen aus den Jahres-Veterinär-Berichten der beamteten 
Tierärzte Preußens. 1901. Pag. 31. 

2. Ibidem. 1903. Pag. 27. 

3. Bergmann, Die Columbaczer- und die Kriebelmücken als Krankheits¬ 
erreger. Fortschritte der Veterinär-Hygiene. 1. Jahrgang. Heft 3. 

4. Löns, Das Viehsterben im Leinetale. Berliner Tierärztliche Wochen¬ 
schrift 1906 Nr. 44 und (mit Ergänzungen) HannoverschesTageblatt 
1907 Nr. 30, Unterhaltungsblatt 

6. Illustrierte Landwirtschaftliche Zeitung. Berlin 1908, Nr. 42, 
Pag. 371. Auftreten der Kolumbatschermiicken in West- und Ost¬ 
havelland. 


Eklampsie bei einer kalbenden Kuh. 

Von pr. Tierarzt Train-Baruth M. 

Am 21. April wurde ich von dem Halbbauer S. zu L. zu 
einer Kuh gerufen, bei der sich heftige Wehen gezeigt haben 
sollen, ohne daß die Geburt vonstatten ginge. Die Kuh war 
nach Angabe des Besitzers 284 Tage tragend. 


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No. 48. 


Die Kuh liegt ruhig flach auf der Seite. Die Körper¬ 
temperatur beträgt 38,7° C. Während der Untersuchung streckt 
die Kuh plötzlich die Gliedmaßen steif von sich; an den Vorder¬ 
gliedmaßen treten leise Zitterkrämpfe auf, die allmählich stärker 
werden und schließlich so heftig sind, daß die Klauen laut 
klappernd aufeinanderschlagen; die Krämpfe erstrecken sich 
dann über den ganzen Körper; das Tier fliegt geradezu, wenn 
ich mich so ausdrücken darf. Der Hals mit dem Kopf biegt 
sich nach dem Rücken zu, die Augen verdrehen sich; ein¬ 
wirkendes Licht wird nicht wahrgenommen, das Bewußtsein 
ist aufgehoben; es stellen sich Kaukrämpfe und Zähne¬ 
knirschen ein. Plötzlich brüllt die Kuh auf in derartig mitleid¬ 
erregender Weise, wie ich sie bei Rindern noch nie gehört 
habe und so, daß der Besitzer der Kuh laut aufweint. Der 
ganze Anfall währte etwa eine Minute. Das Bewußtsein kehrt 
langsam wieder, und die Kuh ist anscheinend ganz gesund. 
Nach Aussage des Besitzers, der diesen Anfall mit einer Wehe 
verwechselt hatte, soll die Kuh derartige Anfälle schon seit 
etwa sechs Stunden zeigen; sie sollen anfänglich bedeutend 
kürzer gewesen sein und sich erst nach längeren Pausen wieder¬ 
holt haben. Während meiner Anwesenheit kehrten die Anfälle 
nach etwa 3—4 Minuten langen Pausen wieder. Die Unter¬ 
suchung der Geburtswege ergab, daß der Gebärmuttermund nur 
für zwei Finger durchgängig war. Die Kuh erhielt zweimal 
je 25,0 Chloralhydrat als Klistier. Die Anfälle blieben darauf 
aus. Nach etwa fünf Stunden sollen sich nur schwache Wehen 
eingestellt haben. Der Besitzer entwickelte mit Leichtigkeit 
ein schwaches Kalb, das nur schwache Lebenszeichen gegeben 
haben soll und erst nach etwa 3 / 4 ständigem, fortwährendem 
Frottieren lebhafter geatmet haben soll. Sofort nach der Ent¬ 
wicklung des Kalbes traten die Anfälle wieder auf, und ich 
wurde wieder hinzugerufen. Die Anfälle waren jedoch jetzt 
langanhaltender, die Pausen kürzer; letztere dauerten nur zwei 
Minuten. Ein heftiger Anfall konnte sofort ausgelöst werden, 
wenn der Gebärmuttermund (der keine Verletzung aufwieB) 
berührt wurde; auch bei den Versuchen eine Ausspülung zu 
machen, stellten sich sofort heftige Anfälle ein. Die Dauer der 
Krämpfe wurde mit der Zeit immer länger, die der Pausen 
immer kürzer; schließlich löste ein Anfall den andern ab, so 
daß von einer Pause nichts zu merken war. Das Bewußtsein 
war völlig verschwunden. Ein Klysma von 50,0 Chloralhydrat 
hatte keine Wirkung. Etwa neun Stunden nach dem Kalben 
verendete die Kuh plötzlich während eines Anfalls. Die Sektion 
ergab ein völlig negatives Resultat. 

Ich habe geglaubt, diesen Fall genauer beschreiben zu 
müssen, da er eine so große Ähnlichkeit mit der Eklampsia 
puerperalis des Weibes hat, daß ich ihn als einen Fall von 
Eklampsia puerperalis der Kuh bezeichnen möchte. Professor 
Schröder (Lehrbuch der Geburtshilfe, 5. Aufl. § 1022) definiert 
die Eklampsie folgendermaßen: „Am häufigsten tritt während 
der Geburt eine Art der Krämpfe auf, die dadurch charakteri¬ 
siert ist, daß, während der einzelne Anfall vollständig einem 
epileptischen ähnelt, die Krämpfe in kürzeren oder längeren 
Pausen sich wiederholen, und daß, während nach den ersten 
Anfällen das Bewußtsein noch wiederkehrt, in der Folge auch 
in den Zwischenpausen Sopor eintritt. Man bezeichnet diese 
Krampfform als Eklampsie.“ Auf den beschriebenen Fall paßt 
nach meiner Meinung in allen Punkten diese Definition. Der 
Umstand ferner, daß Berührungen des Muttermundes oder Ver¬ 


suche, zu irrigieren, sofort neue Anfälle auslösten, berechtigt 
die Diagnose Eklampsia puerperalis, denn L. Blumreich 
schreibt in der „Deutschen Klinik“ Band IX (1904), S. 592: 
„Ist die Eklampsie erst einmal ausgebrochen, so genügen oft 
geringe Reizungen der Genitalien, wie Desinfektion, Urin¬ 
entleerung usw. oder auch andersartige unbedeutende Ein¬ 
wirkungen, wie Türschließen usw., um bei der enorm gesteigerten 
Reflexerregbarkeit erneute Anfälle hervorzurufen.“ 

Über Eklampsie bei erwachsenen Tieren besitzen wir nur 
eine sehr spärliche Literatur, und ich möchte außerdem einige 
unter der Diagnose Eklampsie veröffentlichte Fälle nicht als 
Eklampsie ansprechen, so z. B. den vom Bezirkstierarzt Reuter 
in Nr. 44 der W. f. T. u. V. 1907 veröffentlichten. Nach dem 
mir zur Verfügung stehenden Referat soll die betreffende Kuh 
auf den Barren gesprungen sein und sich dort eingebissen haben; 
derartige, tobsuchtsähnliche Anfälle gehören, so viel wie ich 
weiß, nicht zu den Symptomen der Eklampsie. 

Die Ätiologie der Eklampsie ist noch nicht aufgeklärt. Die 
wichtigsten Theorien sind folgende: 1. Urämie erzeugt durch 
primäre Nephritis; 2. Erkrankung durch Bakterien; 3. Auto¬ 
intoxikation; 4. Vergiftung der Mutter durch die Frucht; 5. Folge 
der Verschleppung von Plazeutarteilchen in die mütterliche 
Blutbahn. 

In der Menschenheilkunde wird als Therapie bei der 
Eklampsia puerperalis empfohlen: schleunigste Entbindung, 
narkotische Mittel, Anregung der Nierentätigkeit, Aderlaß, 
Kochsalzinfusionen, Abführmittel, Hautreize zum Schwitzen. 


Rückfall von Gebärparese beim Rind. 

Von Tierarzt B. Michael-Stollberg i. Erzg. 

Bezugnehmend auf den Artikel, Seite 733, der diesjärigen 
B. T. W. bemerke ich, daß ich bisher in zwei Fällen Rückfall 
bei Kalbefieber oder Gebärparese nach leichter Geburt beob¬ 
achtet habe. 

In dem ersten Falle handelte es sich um eine kleine, gut¬ 
genährte Zugkuh, die schon 3 Jahre nacheinander am zweiten 
bzw. dritten Tage nach der Geburt an Gebärparese erkrankte. 
Das Tier genas regelmäßig nach 4—5 Stunden infolge der ein¬ 
geleiteten Behandlung, die in starken Hautreizen, Klistieren, 
der bekannten Luftinfusion und subkutaner Injektion von Koffein 
natrio-salicyl. 4,0 mit Arecol. hydrobr. 0,02—0,03 (größere 
Dosen Arecolin sind auf Grund meiner Erfahrungen bei Gebär¬ 
parese bedenklich) bestand. Die Zitzen lasse ich stets mit den 
Händen zweier Gehilfen ca. 10 Minuten lang schließen, mit 
den empfohlenen Gummiringen habe ich schlechte Erfahrungen ge¬ 
macht. Trotzdem ich an dem Euter vor Ablauf von ca. 12 Stunden 
niemals etwas tun lasse und Patient als Nahrung nur Stroh und 
Wasser erhielt, trat nach ca. 32 Stunden Gebärparese in der¬ 
selben heftigen Form wie zuvor auf und wurde auch in der¬ 
selben Weise abermals erfolgreich behandelt. 

Im anderen Falle trat bei einer ebenfalls gut genährten 
Stallkuh die Krankheit ca. 30 Stunden nach dem Kalben auf, 
das Tier erhob sich bereits zwei Stunden nach der eingeleiteten 
Behandlung und in ca. 40 Stunden wurden Rezidive beobachtet. 
Das Tier erholte sich auch dieses Mal sehr bald. 

Es handelte sich auch in diesem Falle durchaus nicht etwa 
um Festliegen anschließend an die GebärpareBe, wie ich es oft 
zu beobachten Gelegenheit hatte, sondern um dieselbe Krankheit 



26. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


861 


mit genau denselben Erscheinungen, und meiner Meinung ist 
dies zu vermeiden, wenn man das Euter nicht zu zeitig von 
der eingepumpten Luft befreit. 


Ein Hypernephrom beim Rind. 

Von Tierarzt Haupt-Gelsenkirchen. 

Bei einer ungefähr vierjährigen Kuh, die lebend keinerlei 
Störungen des Allgemeinbefindens zeigte, findet sich nahe der 
rechten Niere eine fast kindskopfgroße fluktuierende Geschwulst. 
Nach dem Lospräparieren der umgebenden Fettschichten zeigt 
sie sich von einer elastischen, gefäßhaltigen Kapsel umgeben. 

Die Schnittfläche ist hervorspringend, die Peripherie ist 
bis 4 cm breit, fest und hart elastisch, dunkelbraunrot verfärbt, 
stark bluthaltig. In der Mitte der Schnittfläche befindet sich 
ein Hohlraum, der angeföllt ist mit einem breiigen, blutig 
durchtränkten, geronnenen Sekret. 

Ein weiterer Querschnitt durch die eine Hälfte der Geschwulst 
zeigt von der Peripherie ausgehende, sich strahlenförmig nach 
der Mitte zu ziehende gelblichweiße, bis 1,3 cm breite Zuge, 
die an der Peripherie sehnige Durchsetzung von der umgebenden 
Kapsel aus zeigen, nach der Mitte zu jedoch weich und auf 
Fingerdruck zerstörbar werden. Zwischen diesen stützbalken- 
ähnlichen Gebilden, die an das Trabekelsystem der normalen 
Niere erinnern, sieht man das diffus-blutig durchtränkte Parenchym 
von dunkelgelber bis braun- bis dunkelbraunroter Eärbung ohne 
jede Kon8truktur. 

Das Gewicht beträgt annähernd 1 kg. Die linke Neben¬ 
niere, sowie beide Nieren zeigen keine Veränderungen. 

Trotz einzelner Abweichungen in vorstehendem Befunde 
von denen Hornes (Revue generale d. möd. vütös 1905, Nr. 62) 
spreche ich die Geschwulst ebenfalls als Hypernephrom an. 

Die mikroskopische Untersuchung und Veröffentlichung 
behalte ich mir vor. 


Referate. 

Untersuchungen über den Bacillus pyogenes und die 
durch ihn hervorgerufenen Gewebsveränderungen. 

Von Halfdan Holth. 

(ZeiUchr. f. Infektlonskr, paras. Krankh. u. liyg. d. Haust. Bd. III, S. 155.) 

In seiner umfangreicheren Arbeit bespricht H. in einzelnen 
Abschnitten die Morphologie, Biologie, die Anlage von Rein¬ 
kulturen, die Resistenz des Bac. pyogenes und hierauf seine 
Eigentümlichkeiten als Entzündungserreger. In dieser Beziehung 
ist u. a. zu sagen, daß der Bac. pyogenes im tierischen Gewebe 
Entzündungen hervorruft, die in vieler Hinsicht von denjenigen 
durch andere pyogene Bakterien erzeugten abweichen. Diese 
Entzündungen sind besonders durch ihren chronischen und 
schleichenden Verlauf charakterisiert, der nur selten Pyämie 
zur Folge hat. Sie unterscheiden sich von den anderen afc- 
szedierenden Entzündungen dadurch, daß vor dem Zerfall des 
Gewebes eine bedeutende Proliferation desselben stattfindet, die 
zur Bildung einer geschwulstartigen Wucherung führt. 

Die zahlreichen bis jetzt in der Literatur niedergelegten 
Infektionsversuche zeigen, daß der Bac. pyogenes, abgesehen 
vom Schwein und Rind, auch für eine Reihe kleiner Versuchs¬ 
tiere pathogen ist, so für Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen, 
Hund, Schaf und Ziege, während Ratten und Tauben völlig 
jmmun zu sein scheinen. Gewöhplich sind ziemlich bedeutende 


Mengen Bakterienkultur zur Erzeugung einer Entzündung 
erforderlich. 

Aus dem Vorkommen des Bac. pyogenes beim Schwein ist 
zu entnehmen, daß durch ihn bedingte, mit Abszeßbildung ver¬ 
laufende Entzündungen in fast allen Organen entstehen können, 
in Milchdrüse, Gelenken, Verdauungskanal, Lunge jedoch be¬ 
sonders; vielfach findet man dann den Bac. pyogenes in Gemein¬ 
schaft mit anderen Bakterien. 

Beim Rind ist der Bac. pyogenes gleichfalls bei Ent¬ 
zündungen der verschiedensten Organe anzutreffen, aber auch 
bei dieser Tierspezies scheinen gewisse Teile des Körpers be¬ 
sonders prädisponiert zu sein. So findet man bei den durch 
das Eindringen fremder Körper durch die Haut veranlaßten 
suppurativen Entzündungen in der Regel den Bac. pyogenes, 
gewöhnlich aber vergesellschaftet mit anderen Bakterien, ferner 
oft bei Pyelonephritis, Metritis, Bronchopneumonie, Gelenk- und 
Sehnenscheidenentzündungen und bei Mastitis. Bei diesen 
Mastitiden kann das Eutersekret ein in hohem Grade ver¬ 
schiedenes Aussehen haben. Unter den verschiedenen Sekret¬ 
typen gibt es namentlich zwei, die für den Bac. pyogenes 
charakteristisch zu sein scheinen, nämlich: 1. dünnes milch¬ 
ähnliches Sekret mit festen, gelben eckig en Flocken und 
2. purulentes übelriechendes Sekret. Übelriechendes 
Sekret läßt überhaupt in hohem Grade das Vorhandensein des 
Bac. pyogenes vermuten. — Genaue Befundaufnahmen und Ver¬ 
suche dienen zur Stütze seiner Darlegungen. — Diese Versuche 
haben zwar die Frage nach der Bedeutung des Bac. pyogenes 
für die Entstehung der Mastitiden nicht völlig geklärt, sie 
machen es aber im höchsten Grade wahrscheinlich, daß der 
Bacillus pyogenes für sich allein keine Mastitis zu 
erzeugen vermag, daß er in dieser Beziehung vielmehr 
nur alB Begleiter anderer Mikroben eine — dann 
allerdings äußerst große und verhängnisvolle — 
Rolle spielt. Richter. 

Über das Vorkommen des „Bacillos pyogenes“ bei der 
Ziege und den Nachweis seiner Identität mit dem 
Bacillus pyogenes bovis et suis. 

Von Dr. Dammann, Dirigent, und Dr. Freese, Repetitor 
des Hygienischen Instituts der Tierärztl. Hochschule in Hannover. 

(Deutache Tier&rxtl. Wochenschrift 1908, Nr, 28.) 

Die Verfasser fanden bei einer zur Sektion eingelieferten 
Ziege ähnliche Erscheinungen, wie sie bei der Schweineseuche 
angetroffen werden. In den Eiterherden fanden sich in großer 
Menge Bazillen, . die dem von Grips bzw. von Künnemann 
entdeckten Bac. pyogenes suis bzw. Bac. pyogenes bovis gUchen. 
Dieselben Bazillen fanden die Autoren auch bei einer an Euter¬ 
entzündung leidenden Ziege. Hier waren diese Bazillen die 
Erreger der Euterentzündung. Durch Übertragungs-, Züchtungs¬ 
und Färbungsversuche gelangten Dammann und Freese zu 
folgenden Schlußfolgerungen: 

Der Bacillus pyogenes ist außer beim Rind und Schwein 
auch ein spezifischer Eitererreger bei der Ziege. 

Bezüglich seiner morphologischen, kulturellen und pathogenen 
Eigenschaften verhält sich der bei der Ziege vorkommende 
Bacillus pyogenes im großen und ganzen so wie der des Rindes 
bzw. Schweines. 

Es ist demnach der Bacillus pyogenes caprae identisch mit 
dem Bacillus pyogenes bovis (Künnemann) bzw. suis (Grips) 

Rdr. 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


8(v2 

Angeborener Kropf der Ziege. 

Von A. F. Folger. 

(Mauncdaskrift for Dyrlaeger, 1908, Heft 10.) 

Es handelte sich im vorliegenden Fall um angeborenen 
Kropf bei drei zu einem Wurf gehörigen, völlig ausgetragenen 
weiblichen Ziegenlämmern, die im allgemeinen einen normalen 
Eindruck machten, nur der Kopf erschien etwas unregelmäßig. 
Namentlich bei einem der Tierchen fand sich ein stark hervor¬ 
tretender Unterkiefer (Fig. 1). Dieser Zustand gab Ver¬ 
anlassung zu einer Schwergeburt, welche tierärztliche Hilfe 
erforderte. 

Sektionsbefund: Die Lungen waren bei allen drei Tierchen 
lufthaltig und hellrosarot, auch die übrigen Organe waren ganz 
normal. An der Vorderfläche und an den Seitenflächen des 
Halses zeigte sich eine große, querliegende, vor der Trachea 
etwas schmäler erscheinende Geschwulst. Es sah fast so aus, 
als ob die Tierchen mit einer Halskrause versehen wären. Man 
fühlte durch die Haut hindurch zwei rundliche, wohlabgegrenzte 


der Thymusdrüse, der Nebennieren und der Hypophysis förderte 
nichts Abnormes zutage. 

In ätiologischer Hinsicht interessant ist der Umstand, daß 
der Vater der drei Tierchen nach Ansicht des Besitzers eben¬ 
falls mit Struma behaftet w r ar. Dr. Stödter. 

Yirulenz und Therapie. 

Von Prof. Dr. Hugo Preisz-Budapest. 

(Gyögyksz&t. 1907. Nr. 42.) 

Wenn wir auch nicht mit Bestimmtheit wissen, welche 
Grundlage die Virulenz hat, wenn wir auch annehmen müssen, 
daß die Ursache derselben bei den verschiedenen Bakterien eine 
verschiedene sei, so gibt es doch ein Symptom, welches 
konsequent auftritt und den Unterschied zwischen virulenten 
und nichtvirulenten Bakterien bezeichnet. Dieses Symptom 
ist die reichliche Ansammlung von Leukozyten um die nicht 
virulenten Bakterien herum an der Stelle der Infektion. Die 
lebhaftere Tätigkeit der Leukozyten im immunisierten Organis¬ 
mus ist eine so auffallende Tatsache, daß sogar diejenigen, 



Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3 a. Fig. 3b. 

Die Figuren zeigen die drei Ziegenlämmer von verschiedenen Seiten. Fig. 3 ist teils von der Seite (a), teils 
von der unteren Hals fache (b) gesehen. Ca. 3 / 10 natürlicher Größe. 


verschiebbare Knoten. Nach Entfernung der Haut fand man, daß | 
die Knoten der Schilddrüse entsprachen; letztere war vergrößert, | 
etwa gänseeigroß, der sog. Isthmus war ungefähr fingerdick. 
Die Farbe der Schilddrüse war hellgelbgrau bis rötlich. Unter¬ 
halb der vergrößerten Schilddrüse lag (besonders bei einem der 
Tierchen deutlich sichtbar) ein länglichrundes Organ von völlig 
gleichem Aussehen — eine überzählige Schilddrüse. Das Hals¬ 
bindegewebe war sehr ödematös. Die Thymusdrüse und die 
Nebennieren sowie das Gehirn ließen makroskopisch nichts 
Abnormes erkennen. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Schilddrüsen 
zeigte sich in allen drei Fällen, daß das Drüsengewebe durch 
schmale Bindegewebszüge in Lappen geteilt war, von denen 
jeder drei bis zwölf verschieden weite Alveolen enthielt, ln 
allen Alveolen befand sich ein kolloider, von kubischem bzw. 
Zylinderepithel begrenzter Inhalt. In einigen Alveolen waren 
alle Zellen kubisch oder alle Zellen zylindrisch, in anderen 
Alveolen dagegen zeigten die Epithelzellen teils eine kubische, 
teils eine zylindrische Form. Im Bindegewebsstroma waren 
viele stark gefüllte Blutgefäße zu konstatieren. Alles in allem 
mußte der krankhafte Zustand als diffuse Hypertrophie des 
Organs bezeichnet werden. Die mikroskopische Untersuchung 


welche die Wirkung des Immunserums gelösten bakteriziden 
Mitteln zuschreiben, annehmen, daß in dem Immunserum nebst 
den spezifischen bakteriziden Stoffen auch noch solche Stoffe 
eine Rolle spielen, welche eine spezifische Phagozytose erzeugen. 
Verfasser berichtet über seine Untersuchungen, mit Hilfe deren 
er das Wesen der Virulenz des Milzbrand-Bazillus erkannte. 
Seit 10 Jahren studiert der Verfasser die Veränderungen, welche 
der Anthraxbazillus während des Verlustes oder während der 
Abschwächung seiner Virulenz durchmacht. Als wichtigstes 
Ergebnis seiner Untersuchungen bezeichnet der Verfasser die 
Erfahrung, daß die Virulenz des Bazillus innig mit der Zähigkeit 
der Kapselbildung zusammenhängt. Der virulente Bazillus bildet 
nur in dem dazu geeigneten tierischen Organismus Kapseln, 
welche sich langsam lösen. Die einigermaßen gezähmten Bazillen 
bilden schon in den gebräuchlichen Nährböden reichliche und 
zerfließende Kapseln. Der nichtvirulente Anthrax-Bazillus bildet 
weder im tierischen Organismus noch auf Nährböden Kapseln. 

Dr. Z. 

Holsteinische Euterseuche. 

In der Tagespresse las ich kürzlich eine Notiz, daß in 
Schleswig-Holstein im Kreise Tonderu wiederum in größerem 




26. Novem ber 1908. 

bezirke und unter Benutzung des Verzeichnisses der Kreis¬ 
tierarztstellen im deutschen Veterinärkalender habe ich vor¬ 
stehende Tabelle angefertigt, aus der sich folgendes ergibt: 

Das nach dem Durchschnitt der Jahre 1906 und 1907 be¬ 
rechnete, an die Kreistierärzte abzuführende Jahrespauschale 
für 1908,09 beträgt 1521000 M. Pauschaliert sind 487 Stellen. 
Auf jede Stelle entfallen durchschnittlich 3123 M. Mehr 
als den Durchschnitt erhalten 199 Stellen (41 Proz.) und zwar 
22 Stellen (4 l /2 Proz.) — Allenstein, Bromberg — mehr als 
6000 M.; 148 Stellen (30 Proz.) — Königsberg, Oppeln, Gum¬ 
binnen, Posen, Marienwerder, Breslau, Liegnitz, Schleswig — 
zwischen 4000 und 5000 M. 

Diese 170 Stellen liegen in Grenzprovinzen im Osten und 
Norden des Staates. 

Die letzten 29 Stellen (6 Proz.) — Potsdam, Koblenz —, 
für die der Durchschnitt höher als 3123 M. liegt, erhalten 3300 
bis 3600 M. 

Weniger als den Durchschnittsbetrag beziehen 288 Stellen 
(59 Proz.) und zwar 160 Stellen (33 Proz.) — Kassel, Arns¬ 
berg, Münster, Frankfurt, Lüneburg, Stralsund, Aachen, Stettin, 
Düsseldorf, Magdeburg, Minden — zwischen 2000 und 
3000 M.; 103 Stellen (21 Proz.) — Köslin, Trier, Merseburg, 
Wiesbaden, Stade, Hannover, Sigmaringen, Hildesheim — 
zwischen 1500 und 2000 M. und schließlich 25 Stellen 
(5 Proz.) — Aurich, Köln, Erfurt — Beträge unter 1500 M. 
Unter 1033 M. gehen die Durchschnittspauschalien nicht herunter. 

Dieser Überblick gibt noch kein klares Bild über die wirk¬ 
liche Situation, da innerhalb der Regierungsbezirke die Zahlen 
noch recht erheblich schwanken können und auch tatsächlich 
schwanken. Größe d$s Bezirkes, Viehzahl, Seuchen begünsti¬ 
gende Verhältnisse usw. sind die Ursachen dieser Schwankungen. 

In dem an der Spitze stehenden Regierungsbezirk Allenstein 
mit dem Durchschnittspauschale von 6744 M. können die Ver¬ 
hältnisse tatsächlich so liegen, daß für die eine Stelle das 
Pauschale auf 3400 M. fällt, während es für die andere Stelle 
auf 10 000 M. hinaufschnellt. Von diesen beiden Summen bildet 
eben die Zahl 6744 den Durchschnitt. 

In ähnlicher Weise kann in dem an letzter Stelle stehenden 
Bezirk Erfurt das Jahrespauschale in maximo und minimo 
1550 bzw. 520 betragen. 

So werden das Maximum im höchst dotiertesten, das 
Minimum im niedrigst ausgestatteten Bezirk ungefähr die Grenzen 
der Pauschalien angeben. Der Wahrscheinlichkeit nach werden 
sie in keinem Kreise unter 500 M. und in keinem über 10 000 M. 
betragen. 

Schon dieser Überblick gibt reichlichen Anlaß zum Nach¬ 
denken. Interessanter würde er sich gestalten, wenn man das 
Pauschale einer jeden Stelle kennen würde. 

Wir haben bei der Pauschalierung etwas besser abge¬ 
schnitten als die Kreisärzte; nicht etwa jedoch im Sinne von 
Herrn Veterinärrat Preuße (B.T.W. 1908, S. 520), der lediglich 
die für Kreisärzte und Kreistierärzte bewilligten absoluten 
Zahlen verglich, und aus dem Umstande, daß für die Kreisärzte 
865 000 M. p. a. in den Etat gestellt, während für uns 760 500 M. 
für das halbe Jahr bewilligt waren, den Schluß zog, daß die 
Kreistierärzte viel besser gefahren sind. 

Bei den Kreisärzten sind 90 Proz. der im Jahre 1905 ent¬ 
standenen Gesamtkosten in den Fonds hineingegeben worden; 
davon wurden 80 Proz. verteilt und 10 Proz. in Reserve be¬ 


867 


halten, um solchen Beamten, die zu einer besonders gesteigerten 
Reisetätigkeit genötigt werden, nachträglich Zuschüsse zu geben 
(Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 28. Februar 1908). 

In fast gleicher Weise sind bei den Kreistierärzten die 
ganzen im Jahre 1906 entstandenen Kosten in den Fonds ge¬ 
schüttet; es kommen aber nicht 80, sondern 90 Proz. zur Ver¬ 
teilung. In Zahlen umgesetzt ergibt sich folgendes Verhältnis: 
Für die Kreisärzte stehen im Etat 865 000 M. Da diese 
90 Proz. der entstandenen Gesamtkosten ausmachen, so betrugen 
diese 961111 M. Hiervon gehen 96111 M. in den Reserve¬ 
fonds und 865 000 — 96 111 = 768 889 M. werden verteilt. 

9 

Bei uns beträgt die verteilte Summe 1521000 M. = ^ 

der entstandenen Gesamtkosten im Betrage von 1 690 000 M. 

1690 000.1 

Der Ausfall bei den Kreistierärzten beträgt--= 

961 111.2 

169 000 M., bei den Kreisärzten -^— = 192 222 M. Ab¬ 

gesehen davon, daß er bei diesen um 23 222 M. höher ist als 
bei jenen, kommen den Kreistierärzten jene 169 000 M. indirekt 
wieder zugute, während bei den Kreisärzten nur 86111 M. 
nachträglich wieder zur Verteilung kommen können. 86 111 M. 
hat der Stand durch die Pauschalierung total verloren, so daß 
er sich um 23 222 -f 86 111 = 109 333 M. uns gegenüber ver¬ 
schlechtert hat oder bei 472 Stellen um 231 M. pro Stelle. 
Unberücksichtigt darf unsererseits aber nicht bleiben, daß die 
Kreisärzte um 50 Proz. höhere Tagegelder und Reisekosten 
haben, die ja dem Pauschale zugrunde liegen. Insbesondere 
aber sind die Kreisärzte den Kreistierärzten gegenüber dadurch 
im Vorteil, daß bei ihnen nicht die gesamten Reisen in Seuchen¬ 
angelegenheiten pauschaliert sind. Die Kosten der ersten 
Seuchenfeststellungen in einem Orte fallen nicht der Staatskasse 
zur Last, sondern den Gemeinden und Verbänden, und die Kreis¬ 
ärzte liquidieren für derartige Reisen nach wie vor 12 bzw. 
15 M. Tage und 60 bzw. 9 Pf. Kilometergelder. 

Hieraus erklärt sich auch der Umstand mit, daß die 
Pauschalsumme der Kreisärzte nur 865 000 M. gegen 1 690 000 
bei den Kreistierärzten beträgt. Die geringere Summe kann 
nicht zum Beweise dafür dienen, daß die Kreistierärzte besser 
abgeschnitten haben, sondern sie ist ein Ausdruck dafür, daß 
die Pauschalierung bei den Kreisärzten nicht in dem Umfange 
durchgeführt ist, wie bei uns und auch nicht durchgeführt 
werden konnte, wenn der Staat nicht die den Gemeinden ob¬ 
liegende Kostenlast übernehmen wollte. 

Die Militärveterinare in der Besoldung»Vorlage für 
die Beichsbeamten. 

Die Vertagung der Militärveterinärreform hat, wie voraus¬ 
zusehen war, eine weitgehende Erschütterung in den beteiligten 
Kreisen herbeigeführt. Im allgemeinen überwiegt jedoch die 
Auffassung, der ich in Nr. 46 der B. T. W. Ausdruck gegeben 
habe. Wenn auch angesichts der vielen bitteren Erfahrungen 
Besorgnisse über das endgültige Schicksal der Reform keines¬ 
wegs ganz zu unterdrücken sind, so ist man doch allgemein 
der Überzeugung, daß den besonderen Umständen Rechnung zu 
tragen sei und daß das Kriegsministerium den vollen Willen 
habe, nach der Durchführung der Reichsfinanzreform auch die 
Militärveterinärreform durchzubringen. Viele können es aller¬ 
dings schwer begreifen, warum die Finanzlage zu dieser Ver¬ 
tagung, die ja angesichts der gegebenen Zusicherung immer 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




868 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


einen besonderen Charakter hat, geführt habe, da doch gegen¬ 
über den vorgeschlagenen Besoldnngsverbessemngen die Über¬ 
führung der Veterinäre unter die Offiziere einen so großen 
Aufwand gar nicht bedingen werde. 

Zahlreiche Zuschriften befassen sich mit der Besoldungs¬ 
vorlage selbst. Es werden deren Mängel hervorgehoben und 
Wünsche ausgesprochen, daß die einzelnen Positionen ent¬ 
sprechende Abänderungen erfahren möchten, daß z. B. namentlich 
ein Teil der Unterveterinäre unter die Beamten übergeführt 
werde usw. Gegenüber den mehrfachen Anregungen möchte ich 
folgende Meinung offen aussprechen: Die Aufbesserungen, welche 
durch die Besoldungsvorlage wie alle Beamten natürlich auch 
die Veterinäre erfahren, können und dürfen für diese nichts 
anderes bedeuten als ein Provisorium, sagen wir kurz und gut: 
ein Flickwerk, das nur ein Jahr zu halten bestimmt ist; 
an diesem verlohnt es sich daher nicht noch herumzubessern. Daß 
man z. B. in der Chargenverteilung bezüglich der Unterveterinäre 
ein Jahr vor der Durchführung einer großen Reform keine 
Änderungen vornehmen wird, liegt auf der Hand. Ein Punkt 
allerdings wird überall mit einer großen Bitterkeit hervor¬ 
gehoben und verdient eine besondere Beurteilung. Das ist die 
Bemessung des Wohnungsgeldzuschusses. Hier stehen 
nämlich, abgesehen von den Korpsstabsveterinären (Klasse III) 
sämtliche Veterinäre mit den Snbalternbeamten zusammen in 
Klasse V; die Stabsapotheker dagegen befinden sich in der 
Klasse III. Durch diese Rangierung scheint denn doch der tier¬ 
ärztliche Beruf als solcher so betroffen, daß das nicht still¬ 
schweigend hingenommen werden kann. Dieser Punkt wird eine 
weitere Besprechung und Behandlung erfahren. Schmaltz. 

Die 80. Yersammlang Deutscher Naturforscher und 
Ärzte In Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

Verträge in den allgemeinen Sitzungen, den Geeamteitzungen beider 
Hauptgruppen und ln den Einzelsitzungen. 

Aus der großen Fülle auch für tierärztliche Leser interessanter 
Vorträge können, um eine ungebührliche Inanspruchnahme des 
Raumes zu vermeiden, nur einige wenige kurz skizziert, oder 
lediglich erwähnt werden. 

Im Anschluß an die Eröffnungsfeier fanden zwei Vorträge statt. 

Prof. Dr. Stadler-München sprach über: Albertus Magnus von 
Köln und das Kölner Autogramm seiner Tiergeschichte. Albertus 
Magnus — Albert von Bollstädt wurde 1193 in Rauingen ge¬ 
boren, trat später in den Dominikanerorden, und war von 1260 ab 
Bischof in Regensburg. Seit 1262 bis zu seinem 1280 erfolgten 
Tode lebte er in Köln, wo er in der Andreaskirche begraben liegt. 

Wegen seiner umfassenden Gelehrsamkeit, die sich nicht allein 
auf Philosophie und Theologie sondern auf alle Gebiete der 
Naturwissenschaften erstreckte, nannte ihn das Mittelalter „Doctor 
universaliB“. Er war ein sehr fruchtbarer Schriftsteller. Später 
sind ihm viele Schriften abergläubischen Inhalts untergeschoben 
und seine Schriften arg entstellt und verstümmelt Dadurch ist 
Albertus Magnus zu Unrecht stark'in Mißachtung gekommen. Denn, 
wenn er auch in erster Linie als Scholastiker die Schriften des 
Aristoteles und der Araber kommentierte, was er schreibt, zeugt von 
Verstand und kritischer Beobachtungsgabe. Vor allem gilt das von 
seiner Tiergeschichte, die Schilderungen aus dem Tierleben da¬ 
maliger Zeit in Deutschland enthält Unsere meisten Ausgaben 
dieser Tiergeschichte sind sehr mangelhaft und besonders die Tier¬ 
namen zur Unkenntlichkeit verändert. Diese für die Geschichte 
der Zoologie und die Tiergeographie sehr wichtige Abhandlung 
konnte daher noch nicht genügend ausgenutzt werden. Einen 
brauchbaren Text enthält das Kölner Stadtarchiv. Es spricht alles 


dafür, daß diese Schrift das Autogramm der Tiergeschichte darstellt. 
Der Vortragende will unter Benutzung des Autogrammes eine neue 
Ausgabe der Tiergeschichte vorbereiten. 

Als zweiter Redner sprach, beim Betreten des Rednerplatzes 
lebhaft begrüßt, Major von Parseval-Berlin Uber Motorballoii und 
Flugmaschinen. 

An der Hand einer großen Reihe von Lichtbildern verbreitete 
sich der Vortragende über die verschiedenen Typen der Luftfahr¬ 
zeuge, den Ballon des Grafen Zeppelin, sowie des näheren über 
das von ihm konstruierte Luftschiff, und schilderte eingehend den 
Unfall desselben und den Untergang des Zeppelinschiffes. Endlich 
kam er auch auf die Flugmaschinen von Farm an, Delagrange 
und der Brüder Wright zu sprechen. Seine Ausführungen gaben im 
wesentlichen die den Lesern dieser Zeitschrift hinlänglich ausderTages- 
presBO bekannten Tatsachen wieder, erweckten aber dadurch, daß sie 
der kühne und erfolgreiche Besieger der Lüfte vortrug, ein neues 
und erhöhtes Interesse. 

In der zweiten allgemeinen Sitzung sprachen zunächst Professor 
Rubncr-Berlin über Kraft und Stoff im Haushalt des Lebens, 
Prof. Heim-Zürich über den Deckenbau der Alpen und an 
dritter Stelle Professor Klaat sch -Breslau über: Der primitive 
Mensch in Vergangenheit und Gegenwart. Aus diesem Vortrage 
sei folgendes wiedergegeben: Die Entwicklung der Lehre von 
den fossilen Menschenrassen ist in Deutschland jahrzehntelang 
durch den Einfluß R. Virchows gehemmt worden. Virchow 
verkannte die wahre Bedeutung des 1857 im Düsseltale gemachten 
Aufsehen erregenden Neandertalskelettfundes vollständig. Er hielt 
die abweichende Schädeldecke für pathologisch, obwohl Bpäter (1887) 
gleichartige Funde in der Grotte von Spy in Belgien gemacht 
wurden. Erst die Untersuchungen des Skelettes der Neandertal- 
rasse durch den Vortragenden und die Studien über das Schädel¬ 
dach von Schwalbe konnten 1901 eine Wandlung herbeiführen. 
Neue Funde von Menschenresten aus der Diluvialzeit in Krapina 
bei Agram, die den typischen Neandertalcharakter trugen, bestätigten, 
daß zu dieser Zeit oder noch früher eine primitive Menschenrasse 
in Mitteleuropa gelebt hat. In allerletzter Zeit ist von K]aat*$h 
ein weiterer Fund eines Neanderskelcttes, und zwar von einem 
jugendlichen männlichen Individuum herrührend, in dem als Fund¬ 
grube für altsteinzeitliche Überreste bekannten V6z6retal und zwar 
in der Grotte Le Moustier gehoben worden. Diese fossile Menschen¬ 
rasse vereinigt charakteristische Merkmale heute lebendender sehr 
von einander verschiedener Menschenrassen. Der kurze gedrungene 
Bau der Extremitätenknochen erinnert an die heutige arktische 
Rasse (Eskimo), die Knochenstärke und das kolossale Gebiß an 
den Afrikaneger. Sehr vieles gemeinsam hat die Neandertalrasse mit 
dem heutigen Eingeborenen Australiens, die noch vielfach unter den 
altdiluvialen Europäern stehen. Sie sind vermutliche Nachkommen 
eines zu Beginn der Menschenausbreitung abgesprengten Teiles der 
Urhorde, daher ihre, wie Klaatsch es nennt, „praeneandertaloiden* 
Charaktere. Die gemeinsamen niederen Zustände der fossilen 
Europäer und der jetzigen Australier weisen auf keine gemeinsame 
Wurzel der Menschheit hin, und gelten daher für alle Zweige 
derselben, somit auch für unsere Vorfahrenreihe, wenn diese auch 
keineswegs über den Neandertaltypus führen dürfte und die 
Australier heute nur unsere armen, infolge ihrer langen Isolierung 
rückständigen Vettern darstellen. 

Unsern eignen Zustand können wir nur durch Studium des 
Primitivmenschen verstehen, denn wie mit eisernen Klammern ist 
die Gegenwart an unsere niedere Vergangenheit gebunden. Mitten 
in unsere scheinbar hohe Kulturwelt ragen die alten Zustände noch 
hinein und offenbaren sich als Bestialitäten und Borniertheiten, die 
zu dem Homo sapiens schlecht passen. 

Die Konsequenzen einer paläontologischen Betrachtungsweise 
beschränken sich nicht auf das Körperliche, sie betreffen auch das 
Kulturelle, das Geistige und das Psychische. Der jetzige Australier 
kann das Bild, das wir uns in dieser Hinsicht vom paläolithischen 
Europäer zu machen haben, ergänzen. Der primitive Mensch war 
weder dumm noch schlecht, wie es scheinen könnte. Die Australier 
sind sehr entwicklungsfähig, es wird ihnen nur nicht die Hilfe zu¬ 
teil, um den ungeheuren Sprung aus altsteinzeitlicher Naivität in 
die moderne Kultur ungefährdet ausführen zu köpnen. Die Europäer- 



26. November 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


809 


kinder wiederholen den primitiven Menschen in vielen ihrer Be¬ 
schäftigungen, Neigungen, Fehler und Tugenden. Der Begriff des 
Unrechts und der Sünde muß beim primitiven Menschen vorsichtig 
angewandt werden; manches, was so scheint, ist nur Unfähigkeit. 
So ist die Scheidung des Wirklichen von dem Eingebildeten anfangs 
sehr schwer, so lange, wie bei den Australiern, die Träume für 
Wahrheit gehalten werden. Hang zum Lügen darf weder bei 
Australiern noch bei Europäerkindern zu tragisch genommen 
werden. Anders der Diebstahl, dieser ist dem Urmenschen fremd. 
Treue im Halten von Versprechen, gegenseitige Liebe innerhalb 
der Gemeinschaft und Horde, Pietät vor dem Alter und den Toten 
sind Fundamentaltugenden der Menschheit. Aus dem Traumleben 
ist der Glaube an die Unabhängigkeit der Seele vom Körper und 
daher die Idee der Unsterblichkeit als ein uralter Besitz der Mensch¬ 
heit zu erklären. 

In der Gesamtsitzung beider Hauptgruppen sprach Professor 
Wien er-Leipzig über: Die Entwicklung der Farbenphotographie. 
Redner schilderte unter Vorführung von Experimenten und 
Projektionsbildern die Entstehung der physikalisch einfachen 
farbigen Strahlen, die verschiedenen Strahlenmischungen und die 
Entstehungsweise der Körperfarben. Er ging dann in eingehenderer 
Weise, als dies Fambach getan, auf das Dreifarbenverfahren ein 
und verbreitete sich auch über die verschiedenen Arten der Farben¬ 
photographie, immer unter Vorzeigung entsprechender Aufnahmen, 
das Sanger-Shepharsche Verfahren, das Lippmannsche Inter¬ 
ferenz- oder Strukturverfahren und endlich das Körperfarben- oder 
Ausbleichverfahren. Schließlich wurde die Bedeutung der Farben¬ 
photographie für die Theorie unserer Farbenwahrnehmung behandelt. 

Danach verbreitete sich Prof. Doflein-München über: Die 
krankheitserregenden Trypanosomen, ihre Bedeutung für Zoologie, Medizin 
und Kolonialpolitik. 

Nach Ansicht des Vortragenden stehen die Trypanosomen nicht 
in einem ähnlichen Verhältnis zu den Stechfliegen wie die Malaria¬ 
parasiten. Auf Grund der Erfahrung, daß es leicht gelingt, die 
Trypanosomen umzuzüchten, durch künstliche Kultur und Ver¬ 
impfungen in Organismen zu verwandeln, die vollkommen zur 
Gruppe Herpetomonas gehörigen harmlosen Darmparasiten der 
Insekten gleichen, und umgekehrt durch Kultur Herpetomonaden den 
in Trypanosomen umzuwandeln, vertritt er den Standpunkt, daß die 
Trypanosomen durch allmähliche Anpassung an das ihnen beim 
Sangakt dargebotene Wirbeltierblut zu Blutschmarotzern geworden 
sind und noch jederzeit werden können. Daher erkläre sich auch, 
daß nicht nur die Tsetsefliege sondern auch andere Blutsauger die 
Trypanosomen übertragen könnten. Diese Verhältnisse seien be¬ 
sonders wichtig, da sie die Entstehung neuer pathogener Trypano¬ 
somenstämme gewissermaßen unter unsem Augen möglich erscheinen 
lassen. Sie zeigen auch, wie eng auf dem Gebiete der Forschung 
Zoologie und Medizin verknüpft sind. 

In der medizinischen Hauptgruppe sprachProf.Einthoven-Leyden 
Uber: das Elektrokardiogramm. Bei jeder Herzkontraktion bildet sich 
ein elektrischer Strom, der nach allen Teilen des Körpers hin¬ 
geleitet wird und mittelst elektrischer Meßinstrumente, die man mit 
dem Körper verbindet, gemessen und registriert werden kann. Der 
Aktionsstrom des Herzens läßt sich so als Kurve darstellen — 
Elektrokardiogramm. Diese Kurve zeigt eine Vorkammer- und vier 
Kammerspitzen. Form, Größe und zeitliche Aufeinanderfolge geben 
ein genaues Bild der Herzaktion. Es ist so möglich, mit größter 
Sicherheit, Genauigkeit und Leichtigkeit die Art der Herzarbeit 
unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen zu studieren 
und graphisch darzustellen und umgekehrt aus der Form der 
Kurven diagnostische Schlüsse zu ziehen. 

Die elektrischen Kontraktionsströme sind auch auf weite Ent¬ 
fernungen hin fortzuleiten. In Leyden konnten im physiologischen 
Laboratorium von den im 1,5 km entfernten Krankenhause befind¬ 
lichen Personen Elektrokardiogramme aufgenommen werden — 
Telekardiogramme. Das Elektrokardiogramm kann mit Vorteil zur 
Ergänzung der mechanischen Untersuchungsmethoden des Herzens 
herangezogen werden. 

In der Abteilung 15behandelte Prof.Orth-Berlin die experimentelle 
enterogene Tuberkulose. Zu diesem Vortrag war auch die Ab¬ 
teilung 71 geladen. 


Orth bat durch seine Versuche die Tatsache bestätigt ge¬ 
funden, daß eine tuberkulöse Infektion vom Darm her stattfinden 
kann, ohne daß dieser selbst erkrankt Wenn, wie der Referent 
hervorhebt, die Ergebnisse von Tierexperimenten auch nicht ohne 
weiteres auf den Menschen übertragen werden können, so hält er 
doch dafür, daß seine Experimente zu einer Änderung der An¬ 
schauungen über die Entstehung der menschlichen Lungentuber¬ 
kulose führen müssen. 

Aus der Abteilung 16 sei erwähnt der Vortrag von Kienböck- 
Wien: Über Röntgentherapie. 

Die Röntgenstrahlen üben eine zerstörende Wirkung besonders 
auf pathologische Zellen, demnach auch auf Geschwulstgewebe 
aus. Die Behandlung der Geschwülste mit Röntgenlicht ist 
schonender als chirurgische Eingriffe, auch in kosmetischer Hin¬ 
sicht von besserem Erfolg. Zur therapeutischen Verwendung wird 
hartes Röntgenlicht oder ein Strahlenfilter (Aluminiumplatte, 
Sohlleder) verwandt. 

Der Röntgentherapie zugänglich sind: anormaler Haarwuchs, 
Favus, Lupus (in Verbindung mit der Finsenmethode). Bei 
Tumoren ist die Röntgentherapie in 50 bis 80 Proz. der Fälle er¬ 
folgreich, am wenigsten bei Karzinomen, wo die Tiefenwirkung 
gering ist. Manchmal wird jedoch Magen- und Speiseröhrenkarzinom 
gebessert, ebenso Brustkrebs. Die Schmerzen werden fast stets 
beseitigt. 

Für die Röntgentherapie eignen sich ferner akute Anämie 
(70—80 Proz. Besserung der leichteren Fälle), Gelenkrheumatismus, 
Neuralgie. Bei Epilepsie und Lungentuberkulose hat das Ver¬ 
fahren im Stich gelassen. 

In Abteilung 18 berichtet Professor Friedrich-Marburg über 
„Lungen-Chirurgie“. Bei dem Stande der heutigen Operationstechnik 
sind Kavernen und Bronchiektasien der chirurgischen Behandlung 
zugänglich. Es läßt sich eine operative Einengung der erkrankten 
Lungenpartien herbeiführen. Vereinzelt sind auch Amputationen 
erkrankter Lungenteile gemacht. Auch das Emphysem kann chirur¬ 
gisch behandelt werden. Bei beginnender Lungentuberkulose ist 
dagegen äußerste Zurückhaltung geboten. Fortgeschrittene Fälle 
mit Kavernenbildung können erfolgreich durch Kompression (Luft- 
cinblasung in den Brustraum) der Lunge (Funktionsausschaltung) 
zum Stillstand gebracht werden. (Fortsetzung folgt.) 

Protokoll über die XXYIII. Sitzung des Vereins 
Ostpreußischer Tierärzte zu Königsberg i. Pr. 

am 19. Januar 1908 im Sitzungssaale der Landwirtschaftskammcr 
für die Provinz Ostpreußen. 

Der Vorsitzende, Veterinärrat Dr. M-ehrdorf, eröffnet um 
ll 1 /* Uhr die Sitzung mit dem Hinweis darauf, daß infolge des im 
Dezember vorigen Jahres erfolgten Eindringens und des schnellen 
Umsichgreifens der Maul- und Klauenseuche in Ostpreußen und der 
hierdurch bedingten Unabkömmlichkeit der beamteten Kollegen die 
schon für den 15. Dezember 1907 anberaumte Sitzung habe ver¬ 
schoben werden müssen, bis die Hauptgefahr der gefährlichen 
Seuche gebrochen war, was erfreulicherweise für den gegenwärtigen 
Zeitpunkt zu konstatieren sei. 

Alsdann begrüßt der Vorsitzende die 57 an der Zahl erschienenen 
Mitglieder und Gäste, darunter den Hauptgeschäftsführer der Land¬ 
wirtschaftskammer Dr. Tolkichn und eine Anzahl von Militär¬ 
veterinären der Königsberger Garnison, und bittet den ersteren, dem 
Vorsitzenden der Kammer, Herrn Majoratsbesitzer, Landrat a. D. 
von Batocki-Blcdau den Dank des Vereins für die Überlassung 
des Saales zur Abhaltung der Sitzung übermitteln zu wollen, wobei 
er daran erinnert, daß Landwirtschaft und Tierärzte miteinander in 
Verfolgung derselben Wirtschaftsziele im engsten Zusammenhänge 
bleiben müssen. Die daraus erwachsenden Vorteile liegen auf beiden 
Seiten. Dort Sanierung der Tierbestände, hier Hebung des Standes 
in sozialer und materieller Hinsicht. 

Hierauf weist der Vorsitzende auf die im Landwirtschafts¬ 
ministerium an maßgebenden Stellen vorgekommenen Personal¬ 
veränderungen hin, die auch für die Tierärzte von hoher Bedeutung 
Beien und nur eine günstige Deutung zuließen. 




870 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


Die Einführung der amtlichen Zusammenkünfte der beamteten 
Tierärzte wäre als ein bedeutender Fortschritt zu bezeichnen. Mit 
besonderem Nachdruck hob der Vorsitzende hervor, daß der orsten 
Zusammenkunft der beamteten Tierärzte des Regierungsbezirks 
Königsberg Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Wilhelm 
von Preußen beigewohnt und auch an dem darauffolgenden gemein¬ 
samen Mittagsmahle teilgenommen hat Einige Tage darauf hätte 
auch der Vorsitzende die Ehre gehabt, zusammen mit verschiedenen 
Nötabilitäten der Provinz alB Gast Seiner Königlichen Hoheit im 
hiesigen Königlichen Schlosse weilen zu dürfen. Die vom 
patriotischen Geiste getragene Ansprache des Vorsitzenden schließt 
mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Seine Majestät den 
Kaiser und das Kaiserliche Haus. 

Hauptgeschäftsfithrer Dr. Tolkiehn übermittelt die Grüße des 
Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Majoratsbesitzer und 
Lnndrat a. D. v. Batocki an die Versammlung und betont, daß 
die Kammer den Bestrebungen der Tierärzte stets ihr ungeteiltes 
Interesse entgegenbringe, ohne sie dabei in ihrer Selbständigkeit 
und beruflichen Tätigkeit irgendwie beeinflussen zu wollen. 

Der Vorsitzende bringt alsdann die Beschlüsse der letzten 
Versammlung des tierärztlichen Provinzialvereins für Schleswig- 
Holstein über die Überwachung der Milchgewinnung und des Ver¬ 
kehrs mit Milch zur Verlesung und bringt in Anregung, diese 
wichtige Materie der allgemeinen Hygiene im Schoße des Vereins 
demnächst einer eingehenden Erörterung zu unterwerfen. 

Dr. Tolkiehn führt hierzu etwa folgendes aus: 

Die Anforderungen der Städte hinsichtlich des Verkehrs mit 
Konsummilch an die Hygiene seien zu hoch gespannt. Wollte man 
diese in die Praxis umsetzen, so müßten die Milchproduzenten 
auch dementsprechend höher bezahlt werden. Gewiß gelinge es in 
Musteranstalten, die er besichtigt hätte, den Keimgehalt der Milch 
bedeutend herabzusetzen, aber in den landwirtschaftlichen Betrieben 
wäre ein solches System geradezu unmöglich und würde auf die¬ 
selben ruinös wirken. 

Da man nun nach entsprechenden Vorgängen im Auslande 
auch in Deutschland geneigt sei, ähnliche strenge Vorschriften zu 
erlassen, so bitte er die Tierärzte dringend, Bich gleichfalls mit der 
brennenden Frage zu beschäftigen und der ganzen Bewegung durch 
Beratungen innerhalb des Vereins zu folgen. 

Um so mehr sei solches erwünscht, weil die Tierärzte durch 
ihre Praxis in die landwirtschaftlichen Betriebe Einsicht erhielten * 
und daher auf Grund ihrer täglichen Erfahrungen als kompetente 
Gutachter in der Frage anzusehen seien. Nachdem zu derselben 
noch der Vorsitzende und einige andere Vereinsmitglieder das 
Wort genommen hatten, beschließt die Versammlung, diesen Gegen¬ 
stand auf die nächste Tagesordnung zu setzen. Als Referenten 
werden bestimmt die 'Kreistierärzte Dr. Fischöder-Königsbcrg 
und E icke-Rastenburg. 

Der Vorsitzende erinnert alsdann an das obsiegende Vorteil, 
welches der Zuchtdirektor Marks-Posen gegen die dortige Land¬ 
wirtschaftskammer in allen Instanzen erlangt hätte und teilt mit, 
daß er im Namen des Vereins ihm drahtlich die Glückwünsche des 
Vereins übermittelt und umgehend auch drahtlich von Herrn Marks 
eine Dankantwort erhalten habe. Hierauf gedenkt der Vorsitzende 
der verstorbenen Kollegen Bösenroth-Allenstein und Nothnagel- 
Königsberg. Das Andenken der Verstorbenen ehrt die Versammlung 
durch Erheben von den Sitzen. 

Ihr Fernbleiben von der Sitzung entschuldigt, bzw. Begrüßungs¬ 
schreiben und Telegramme eingesandt haben: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin, die Veterinärräte: Dr. Felis ch- 
Mcrseburg, Dr, Augst ein-Wiesbaden und Bern dt-Gumbinnen; 
ferner Ogilvie-Schippenbeil, Lorenz-Lyck, Kegel-Gcrdauen, 
Korpsstabsveterinär König und Oberstabsvetcrinär Pankritius 
von hier. 

Ihren Austritt aus dem Verein haben angemeldet die Kollegen 
Bolz und Lin den au, welche nach anderen Provinzen verzogen 
sind. 

Aufgenommen in den Verein wurden die Tierärzte: Stolla- 
Mcmel, Wittstock-Memel, Schmidteben-Wormditt, Lockau- 
Postnieken, Ogilvi-Schippenbeil, Kubbich-Friedland u. Herhudt- 
Bladiau. 


Der Vorsitzende teilt ferner mit, daß sich im letzten Jahre ein 
„Verein der Privattierärzte Ostpreußens“ konstituiert habe, dessen 
Vorsitzender Tierarzt von Lojewski-Lyck wäre, und bringt den 
zwischen dem jungen Verein und ihm stattgehabten Schriftwechsel 
zur Verlesung. 

Der Vorsitzende spricht den Wunsch aus, daß der neue Verein 
keine Kampfesorganisation werden, sondern sich in irgendeiner 
Form dem Provinzialverein als Gruppe oder Sektion anschließen 
möchte, um so die doch allen Tierärzten gemeinsamen Standes¬ 
interessen auch gemeinsam und auf diese Weise mit um so 
größerem Nachdruck zu vertreten. Dies sei auch zur Hebung des 
gegenseitigen Vertrauens der Standesglieder zu einander in hohem 
Maße erwünscht; er könne aber nur bedauern, daß der junge Verein 
zwecks Durchsetzung von Sonderwünschen bereits vollständig auf 
eigene Hand etwas einseitig ins Leben getreten und schon für sich 
mit einer Eingabe an den Herrn Minister herangetreten sei. Bei 
dieser Sachlage könne die Versammlung in eine Diskussion über 
diesen Gegenstand heute nicht eintreten. 

Tierarzt Kalcher erklärt als Vertreter des neuen Vereins, daß 
dieser in keiner Weise daran denke, sich von dem Provinzialverein 
zu trennen, daß er vielmehr seinen Mitgliedern dringend empfehle, 
dem Proviuzialverein beizutreten, so weit dies noch nicht geschehen 
sei. Diese Erklärung wird von der Versammlung mit besonderer 
Genugtuung entgegengenommen, und gibt der Vorsitzende diesen 
Empfindungen entsprechend Ausdruck. 

Der Vorsitzende teilt ferner mit, daß die in der letzten Sitzung 
beschlossene Drucklegung der ohnehin als veraltet und den jetzigen 
Verhältnissen nicht mehr angepaßten Satzungen nicht erfolgt sei, 
weil inzwischen der oben genannte Verein der Privattierärzte ge¬ 
gründet und hierdurch auch eine Neuredigierung der Satzungen 
bedingt sei und weil mit der baldigen Einrichtung der Tierärzte¬ 
kammern gerechnet werden müsse, die denselben Effekt haben 
würde. Beide Umstände würden daher in absehbarer Zeit eine 
wesentliche Abänderung der Satzungen notwendig machen, deshalb 
halte er ein Abwarten für kurze Zeit noch als erwünscht. 

Veterinärrat Dr* Marks-AJlenstein empfiehlt, die Änderung 
der Satzungen nicht hinauszuschicben, sondern diese Frage schon 
in der nächsten Sitzung zum Abschlüsse zu bringen. Die Satzungen 
müssen so abgefaßt sein, daß sie dem Verein der Privattierärzte in 
irgendeiner Form ein Verbleiben im Provinzial verein ermöglichen. 
Dr. Marks schlägt vor, eine Kommission zu wählen, welche der 
nächsten Versammlung einen Satzungsentwurf vorlegen soll. 

Dieser Vorschlag wird einstimmig angenommen und in die 
Kommission mit dem Rechte der Kooptation werden gewählt: 
Veterinärrat Dr. Mehrdorf-Königsberg, Veterinärrat Dr. Marks- 
Allenstcin, Tierarzt Loewenthal-Tapiau als Vertreter der Privat¬ 
tierärzte und Schlachthofdirektor Maske-Königsberg als Vertreter 
der Schlachthoftierärzte. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung erstattet der Kassenführer, 
Kreistierarzt Völkel-Wehlau, den Kassenbericht. Darnach betrugen 
die Einnahmen des letzten Jahres 460,90 M. Die Ausgaben 372,83 M.; 
der Gesamtkassenbestand beläuft sich auf 818,20 M. 

Nach Prüfung der Rechnungen durch die Veterinärräte Eisen- 
blätter-Memel und Stern-Braunsberg wird dem Kassenführer 
Entlastung erteilt. 

Zu Punkt3 der Tagesordnung hält Kreistierarzt Lü bk e einen 
Vortrag über: „Bemerkenswerte Fehlschläge bei der Simultan- 
Rotlauf-Schutzimpfung und die Nachprüfung der Rotlaufdiagnosen 
durch die zur Entschädigungsleistung verpflichteten Serum-Institute. 

Der Redner schildert eingehend das von ihm beobachtete Auf¬ 
treten der akuten Schweinepest im Anschlüsse an die in zahlreichen 
ganz unverdächtigen Schweinebeständen in zwei Ortschaften seines 
Amtsbezirkes von einem Tierarzte gegen Rotlauf ausgeführtc 
kombinierte Impfung und berücksichtigt hierbei besonders den Zeit¬ 
punkt des Eintritts der Erkrankung nach der Impfung, die Ursachen, 
die klinischen und anatomischen Erscheinungen und den Verlauf 
der Impfkrankheit. 

Die zur Verwendung gelangten Impfstoffe seien am Tage vor¬ 
her von dem betreffenden Impfinstitute frisch bezogen. Da an dem¬ 
selben Tage in andern Orten mit Serum derselben Sendung Schweine 
geimpft und gesund geblieben und andere Ursachen des Pest- 


26. November 1908. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


ausbruche8 nach allen in Betracht kommenden Verhältnissen aus¬ 
geschlossen seien, so müsse das Pestvirus der Kulturflüssigkeit an¬ 
gehaftet haben. Die Richtigkeit dieser Annahme sei dadurch 
erwiesen, daß bei den aus ganz ungefährdeter Gegend bezogenen 
Schweinen durch Verimpfung der Restkultur in der Untersuchungs¬ 
stelle der Landwirtschaftskammer die typische Schweinepest hervor¬ 
gerufen werden konnte. 

Indem Redner sich demnächst über die seitherigen Nach¬ 
prüfungen der tierärztlichen Rotlaufdiagnosen in Hinsicht auf die 
an die Impfinstitute gestellten Ersatzansprüche eingehend äußert 
und sie als einseitig bemängelt, fordert derselbe eine Vornahme 
der Nachuntersuchung durch unparteiische Organe, als welche die 
Scrum Lieferungsinstitute nicht angesehen werden könnten. 

Wo die Träger der Entschädigung sich nicht bereit fänden, der 
letzteren die Gutachten des behandelnden und des beamteten Tier¬ 
arztes ihre Entschließungen zugrunde zu legen, da dürften nur die 
Gutachten der Untersuchungsstellen au den Tierärztlichen Hoch¬ 
schulen in Berlin und Hannover, das Kaiser Wilhelm-Institut in 
Bromberg und die Institute an den Landwirtschaftskammern als 
maßgebend erachtet werden. 

Dieser Vortrag führt zu einer lebhaften Diskussion. 

An Stelle des behinderten Korreferenten, Kreistierarztes Kegel- 
Gerdauen, referiert Tierarzt Steiner-Nordenburg über die nach 
der Simultanimpfung im Kreise Gerdauen unter den geimpften 
Schweinen zahlreicher Bestände an verschiedenen Orten unmittelbar 
aufgetretenen Massenerkrankungen an Schweinepest, welche nicht 
nur die höheren Verwaltungsbehörden beschäftigt haben, sondern 
gegenwärtig noch Gegenstand einer Klage bei den Zivilgerichten 
bilde. Er selbst hätte diese Impfungen vorgenommen unter Schweine¬ 
beständen, in denen niemals vorher die Schweinepest oder eine 
dieser ähnliche Erkrankung vorgekommen ist. 5 bis 6 Tage nach 
der Impfung wäre unter den Impflingen wie mit einem Schlage die 
Schweinepest bei allen Impflingen in der bösartigsten Form auf¬ 
getreten, und zwar nur unter denjenigen Beständen, die aus ganz 
bestimmten Gläsern die Kultureinspritzungen erhalten haben. Wenn 
auch bedauerlicherweise die betreffenden Kultären hier bakterio¬ 
logisch nicht geprüft worden sind, weil die betreffenden Gläser 
mit dem restlichen Inhalte ahnungslos unmittelbar nach der Impfung 
verbrannt wurden, so Bei doch aus der ganzen Sachlage zweifellos 
zu entnehmen, daß sich in einigen zur Verimpfung gelangten Rot¬ 
laufkulturen Erreger der Schweinepest befunden haben, die den 
Ausbruch der Schweinepest nach der Impfung zur Folge gehabt haben. 

Dr. Müller, Direktor des bakteriologischen Instituts der Land¬ 
wirtschaftskammer Königsberg hat die in Galtyerben und Postnicken, 
Kreis Königsberg, benutzte Rotlaufkulturflüssigkeit, nach welcher 
Schweinepest zur Entstehung gekommen ist, im Laboratorium ge¬ 
prüft und erstattet auf Grund seiner Untersuchungsergebnisse einen 
längeren Bericht, aus dem zweifellos hervorgeht, daß in den Resten 
der verimpften Kulturflüssigkeit die Keime der Schweinepest ent¬ 
halten waren. 

Veterinärrat Dr. Mehrdorf-Königsberg hat sich mit den zur 
Sprache gebrachten Schweinepestausbrüchen in den Kreisen Gerdauen 
und Königsberg amtlich befaßt. In beiden Fällen wäre von den 
betreffenden Tierärzten vor und während der Impfung sachgemäß 
verfahren und die größte Vorsicht zur Anwendung gekommen. 
Nicht nur wären die betroffenen Schweinebestände vor der Impfung 
frei von Schweinepest gewesen, sondern die Schweinepest hätte 
auch in den betreffenden Gegenden seit Menschengedenken nicht 
geherrscht. Ankäufe von Schweinen aus anderen Gegenden hätten 
nicht stattgefunden. Nach seinen Ermittlungen sei das Serum an 
den Ausbrüchen der Schweinepest unbeteiligt gewesen, denn andere 
damit geimpften Schweine seien völlig gesund geblieben. Schuld 
daran wäre bestimmt die Rotlaufkulturflüssigkeit gewesen, welche 
das Pestgift enthalten hätte. Das gehe nicht nur aus den ganzen 
genau festgestellten Umständen hervor, sondern auch aus dem Er¬ 
gebnisse der Untersuchung der im Kreise Königsberg zur Ein¬ 
spritzung benutzten Kulturen, welche im Institute der Landwirtschafts¬ 
kammer zur Ausführung gekommen ist. 

Hier wäre die Beweiskette für die Schuld der Kulturen am 
Mißerfolge der Impfung vollständig geschlossen. 

Kreistierarzt Michalik-Lötzen erwähnt einen Fall, in welchem 


871 


ganz frisch bezogene Rotlaufkulturen vollständig verdorben waren 
und beim Öffnen des Glases stanken, so daß sie als unbrauchbar 
vernichtet werden mußten. 

* Kreistierarzt Dr. Fischöd er-Königsberg hat auch bei der 
Prüfung ganz frischer Milzbrandkulturen, die er zur Schutzimpfung 
eines Rinderbestandes bezogen hatte, fremde Keime festgestellt 
Es waren kleine Coccen, die zu zweien, zu vieren und auch in 
Traubenform an einander gelagert waren und sehr lebhafte Eigen¬ 
bewegung zeigten. Auf Platten wuchsen sie als zahlreiche ganz 
kleine, dem bloßen Auge kaum auffallende kreisrunde bzw. spindel¬ 
förmige schwach grau durchscheinende Rasen. Die Rinder, die mit 
den diese Coccen enthaltenden Milzbrandkulturen geimpft worden 
sind, zeigten indes nach der Tmpfung keinerlei Störungen der Ge¬ 
sundheit. Er sieht hierin einen Beweis dafür, daß Reinkultur- 
flüssigkeiten sehr wohl durch Keime anderer Art und auch durch 
pathogene verunreinigt werden können. Aber das Verhalten der 
Coccen kleinen Versuchstieren gegenüber sind die Untersuchungen 
noch nicht abgeschlossen. 

Kreistierarzt P au lat -Bartenstein hat die Erfahrung gemacht, 
daß die Mißerfolge der Rotlaufimpfungen um so größer sind, je 
größer der Umsatz in den Serum-Instituten ist. Die Fehlschläge 
wären daher wohl nur mit der zeitweiligen Überlastung der Serum- 
Institute in Zusammenhang zu bringen. Gar keine Mißerfolge hatte 
er bisher nur mit den Mohrunger Impfstoffen gehabt, obwohl er mit 
diesen schon über 2000 Schweine geimpft hätte. Hoffentlich bleibt 
es so auch bei größerem Umsatz. 

Veterinärrat Kleinpaul-Johannisburg, hat in seinem Kreise 
große Verluste an Schweineseuche ohne vorhergehende Rotlauf¬ 
impfung gesehen. Im übrigen hätten die Seruminstitute die Rotlauf¬ 
fälle in seinem Kreise nach der Impfung sehr prompt bezahlt, 
obwohl die Entschädigungen etwa 2000 M. betragen haben. 

Kreistierarzt Lübke-Königsberg hat in seinem Kreise dieselben 
Erfahrungen bezüglich der Entschädigung gemacht. Er spricht 
sich aber dagegen aus, daß den Kreistierärzten die endgültige Ent¬ 
scheidung in der Entschädigungsfrage übertragen wird. Den Ver¬ 
sicherungen, die das Geld bezahlen sollen, muß das Recht zu¬ 
gestanden werden, noch weitere Beweise für die Zahlungspflicht 
zu verlangen. 

Veterinärrat Eisenblätter-Memel hält die Zuziehung des 
Privattierarztes zur amtlichen Feststellung des Rotlaufs durch den 
Kreistierarzt für notwendig. Diese beiden Sachverständigen würden 
sich denn schon bezüglich der Diagnose einigen. Sollte eine 
Einigung nicht zustande kommen, so soll das Gutachten des be¬ 
amteten Tierarztes für die Entschädigung maßgebend sein, auch in 
solchen Fällen, in denen auch die bakteriologische Untersuchung 
ein negatives Resultat ergibt. 

Kalcher-Lasdehnen hält die bakteriologische Untersuchung 
für notwendig, weil man auf Grund des klinischen Bildes und der 
Sektion nicht immer eine sichere Diagnose stellen könne. 

Kreistierarzt Eike-Rastenburg teilt einen Fall mit, in dem die 
Entschädigung nicht gezahlt worden ist, weil es sich um ein Schwein 
handelte, welches zur Verlängerung des Schutzes das zweite Mal 
nicht mit Serum vorbehandelt, sondern genau nach den Bedingungen 
des Impfinstitutes nur mit Kulturen naebgeimpft worden ist. 

Veterinärrat Dr. Mehrdorf-Königsberg tritt ebenfalls für die 
bakteriologische Nachprüfung der zu entschädigenden Fälle ein. 
Die Nachprüfungsstellen dürfen aber nicht zugleich Lieferanten der 
Impfstoffe sein und nicht in irgendeinem Abhängigkeitsverhältnis 
zu den Serum-Gesellschaften stehen. 

Das Ergebnis des Vortrages und der Diskussion faßt der Vor¬ 
sitzende in folgende Sätze zusammen: 

1. Die Schweinepest kann bei der Impfung durch Impfstoffe 
insbesondere auch durch Rotlaufkulturen auf gesunde Schweine 
übertragen werden, wenn in diesen Stoffen infektionstüchtige Er¬ 
reger der Schweinepest enthalten sind. 

2. Für die Entschädigungsfrage sollen nicht nur die Gutachten 
der Zentral-Institute in Berlin, Hannover und Bromberg, sondern 
auch die der bakteriologischen Institute der Landwirtschaftskammer 
entscheidend sein. 

Der zu Punkt 4 der Tagesordnung angesetzte Vortrag des Dr. 
Müller über „Die biologisohe Diagnostik der Infektionskrankheiten'‘ 



872 


BERLINER TI ERÄ RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


wird wegen vorgerückter Zeit auf die nächste Versammlung ver¬ 
schoben. Es findet nur eine Demonstration der für diesen Vortrag 
aufgestellten Präparate statt, an welche sich eine Besichtigung des 
Institutes unter Führung des Direktors Dr. Müller anschließt 

Die nächste Sitzung soll wieder in Königsberg stattfinden. 
Wegen der zur Verhandlung stehenden internen Angelegenheiten 
des Vereins und wegen der umfangreichen Tagesordnung sollen an 
dieser Sitzung nur Tierärzte teilnehmen und das gemeinsame Essen 
nach der Sitzung ohne Damen stattfinden. 

Der Vorsitzende dankt den Referenten und Rednern des Tages 
für ihre Mühewaltung und schließt um 3 Uhr die Sitzung. 

Nach der Sitzung vereinigten sich die Mitglieder und Gäste 
unter zahlreicher Beteiligung der Damen in den oberen Räumen 
des Theaterrestaurants zu einem durch zahlreiche Toaste gewürzten 
Mittagsmahle. Hieran schloß sich ein w f ohlgelungenes Tanzkränzchen, 
welches die Festteilnehmer bis spät in die Nacht hinein in fröhlicher 
Stimmung zusammenhielt 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer: 

gez. Dr. Mehrdorf. gez. Dr. Fischoeder. 

Versammlung der beamteten Tierärzte des Begierungs- 
bezirks Posen. 

Die diesjährige Versammlung der beamteten Tierärzte des 
Regierungsbezirks Posen fand am 14. November 1908 im Plenar¬ 
sitzungssaale der Königl. Regierung zu Posen um 11 Uhr vormittags 
statt. Außer den beamteten Tierärzten des Bezirkes nahmen daran 
der Herr Regierungspräsident Kr ahm er, sowie die Herren Ober¬ 
regierungsrat von Mi kusch-Buchberg und Regierungsassessor 
Dr. Zorn teil. 

Nachdem Herr Regierungspräsident Krahmer die Versammlung 
begrüßt und den Vorsitz dem Herrn Departementstierarzt Veterinär¬ 
rat Heyne übertragen hatte, wurde in die Tagesordnung einge¬ 
treten, in welcher folgende Punkte zur Verhandlung standen: 

1. Die Influenza der Pferde und die zu ihrer veterinärpolizeilichen 
Bekämpfung notwendigen Maßnahmen. Referent: Kreistierarzt 
Jaco bi-Pieschen. Korreferent: Kreistierarzt. Huth-Same- 

2. Die Revisionen der Fleischverkaufsstellen. Referent: Kreis¬ 
tierarzt Dr. Bartels-Posen. 

3. Anderweitige Besprechungen: Veterinärberichte, Viehseuchen¬ 
statistik, Fleischbeschau usw. 

Die Verhandlungen, welche von den Vertretern der Königl. 
Regierung mit großem Interesse, auch durch persönliche Teilnahme 
in den Diskussionen verfolgt wurden, waren um V*8 Uhr beendet. 

Im Anschluß an die Versammlung fand um 3 Uhr im Hotel 
Mylius ein gemeinsames Essen der beamteten Tierärzte statt, 
welches ebenfalls der Herr Regierungspräsident Krahm er und der 
Oberregierungsrat von Mi kusch-Buchberg durch ihre Teilnahme 
beehrten. Dr. Bartels-Posen. 

Verband der Privattierärzte in Preußen. 

Am 6. Dezember hält der Verband eine allgemeine Versammlung 
in Berlin ab, die Tagesordnung dürfte in der nächsten Nummer 
veröffentlicht werden können. Zahlreicher Besuch ist sehr erwünscht. 

Verein der Sehlaohtheftierftrzte Westfalens. 

Versammlung am Sonntag, den 13. Dezember 1908, vormittags 
lD/a Uhr, zu Hagen i. W. im Logenhause, Elberfelderstraße 46. 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliches und Rechnungslage. 

2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

3. Allgemeine Grundsätze bei Aufstellung einer Wiegeordnung. 
Referent: Schlachthofdirektor Clausnitzer-Dortmund. 

4. Bakteriologische Fleischuntersuchung. Referent: Tierarzt 
Dr. Rüther-Altena. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

6. Verschiedenes. 

Nach der Versammlung gemeinsames Mittagessen. Gäste sind 
willkommen. 

Haspe, den 17. November 1908. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Kirsten, Schriftführer. 


Genossenschaftliches. 

Der Umsatz der Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tierärzte 
(E. G. m. b. H.) zu Posen betrug im Oktober 1908 bei 587 Waren¬ 
ausgängen 15148,19 M. gegenüber 430 Ausgängen im Werte von 
11 509,15 M. im Oktober 1907. 

Den Reingewinn für 1907/08 beschloß der Vorstand und Auf¬ 
sichtsrat gemäß Bestimmung der Generalversammlung vom 24. Mai 
1908 wie folgt zu verwenden: 

a) Verzinsung der Geschäftsanteile der Mitglieder mit 4,8 Proz. 
= 1064,40 M. 

b) Zum Reservefonds 1600 M. (Bestand 3974,52 M.) 

c) Unterstützungsverein für Tierärzte 1000 M. 

d) Unterstützungsverein bayrischer Tierärzte 299,10 M. 

e) Zur Verfügung der nächsten Generalversammlung 1960,74 M. 

Marks-Posen. 

Neue Maul- und Klauenseuche-Ausbrüche. 

Neue Ausbrüche sind gemeldet aus Groß-Ottlau, Kreis Marien¬ 
werder, vom 19. November, aus Genschmar, Kreis Lebus (Reg.- 
Bez. Frankfurt) vom 21. November, aus Böckum, Kreis Düsseldorf 
vom 23. November und aus Weinmüllcrhof, Bezirk Aichach (Ober¬ 
bayern) vom 18. November. 


Personalien. 

Auszeichnung: Dem Tierarzt Oelkers zu Wittingen, Kreis Isen¬ 
hagen, ist der Rote Adler-Orden IV. Kl. verliehen worden. 

Ernennungen: Duvinage, Oberveterinär beim Kgl. Marstall in 
Berlin, zum Marstall-Stabsveterinär; Veterinärassessor Otto Hock- 
Karlsruhe zum Zuchtinspektor für Unterbaden in Heidelberg; die 
Tierärzte E. Schüler zum Assistenten am Bakteriologischen Institut 
der Landwirtschaftskammer in Bonn, Max Gressd zum Assistenten 
am Tierphysiologischen Institut der Kgl. Landwirtschaftl. Akademie 
Bonn-Poppelsdorf, Georg Schnotx aus Ansbach zum Schlachthof¬ 
tierarzt in Ludwigshafen a. Rh. — Versetzt: Kgl. Bezirksti erarxt 
Adolf A/lei^r-Homburg auf Ansuchen nach Frankenthal. 

Niederlassungen: Die Tierärzte Dr. med. vet. Fri'x Kay »er in 
Anlowönen (Ostpr.), Hans Ebert aus Bruckberg in Hof (Saale), 
Gottlieb Sauter aus Stuttgart in Sulzfeld (Baden), Jakob Schafliixd 
aus Mittelstetten in Hof (Saale), Joseph Zimmermann-Bi^koieVi in 
Oberschneiding (Niederbayern), Distriktstierarzt Ottmar Schmidt- 
Sünching in Reisbach (Niederbayern). — Verzogen: Die Tierärzte 
Dr. Adolf Bittcrich aus Eppingen als bezirkstierärztlicher Assistent 
nach Buchen (Baden), Theodor Hügel von Apenrade nach Eilenburg 
(Prov. Sachs.), Joseph Maier von Reisbach nach Sünching (Oberpf.). 

Promotionen: Die Tierärzte Fritx Bartel und Bernhard May aus 
Berlin, JYiedrich Ebhardt , Assistent an der Tierärztlichen Hochschule 
Hannover, F. R. i?Afers-Braunschweig, Joseph Aferx-Oberlahnstein 
zum Dr. med. vet. in Bern; Erich E. F. Alexander aus Wangerin, 
Herbert Turoicski aus Schwentainen, Paul F. E. Knauer aus Tilsit 
zum Dr. med. vet. in Gießen; Walter G. Rand , Assistent an der 
Tierärztlichen Hochschule Dresden, Gerhard O. L. Hünsd in Dresden, 
Gustav E. Mades zum Dr. med. vet. in Leipzig; Bernhard Kobler, 
Assistent am Tierspital Zürich zum Dr. med. vet in Zürich. 

In der Armee: Abgang: Dem Stabsveterinär Friedrich Reutiter, 
Landwehr II. Aufg. (Weilheim) der Abschied bewilligt 


Vakanzen. 

(Vgl. Nr. 45.) 

Schlachthofetelle: Stettin: Bakteriolog. durchgebildeter Tierarzt 
mit längerer Schlachthofpraxis. Gehalt 2700 M. Meldungen bis 
I, Dezember an den Magistrat. 

Besetzt: Stelle am Bakteriolog. Institut der Landwirtschafts¬ 
kammer in Bonn und die Stelle am Tierphysiolog. Institut der 
Königl. Landwirtschaft!. Akademie Bonn-Poppelsdorf. 


Verantwortlich fftr den Inhalt («xkl. Inseratenteil): Prot. Dr. 8ebmaHz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard SehoeU ln Berlin. — 

Druck roa W. Bttxeustein, Berlin. 







Dte „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ enehetnt 
wöchentlich im Verlage ton Richard Schoetz ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 18 Pt für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitungs- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk«, fn Petitsats mit 
00 Uk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen and redaktionellen Anfragen beliebe man 
an senden an Prof. Dr. 8chmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule* NW., Luisenstrafie 66. Korrektoren, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
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Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. In Cöln. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Med.-Rat Dr. Roeder 

Proftssor in Dresden. 


Dr. Schlegel 

Professor in Frei bürg. 


Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße 

Staatstierarzt für Hamburg. Departements-T. in Bromberg. Departements-T. in Danzig. 

Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrle Zßndel 

Professor in Dresden. Landestieraret in München. Kais. Regierangsrat in Berlin. Krelstierarxt in Mülhausen L E. 


Helfer 

,Schlachtb .-Direktor in Mülhanfen L E. 


Dr. H. Sieber 

i Tropeninstitut in Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt in Hamburg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. JW. 49 . Ausgegeben am 3. Dezember. 

Inhalt: Loewenthal: Über Atoxyl, mit besonderer Berücksichtigung der damit angestellten experimentellen Tier¬ 
versuche und dessen bisheriger Anwendung in der Veterinärmedizin. — Holterbach: Aus der Praxis. — Sommer: 
Dealin, ein neues Antiseptikum! — Scheffer: Rückfall von Gebärparese bei Kühen. — Leeb: Eigenartige 
Milzteilung. — Hillerbrand: Schlimme Erfahrungen mit Suptol Burow. — Piorkowski: Hundestaupeserum Pior- 
kowski. — Tagesgeachiohte: Das Aufblühen der österreichischen tierärztlichen Hochschulen. — Krueger: Gehaltsklasscn und 
Dienstaltersstufen. — Die Gehälter der Kreistierärzte und die Beamtenbesoldungskommission. — Sitzung der General¬ 
versammlung des Verbandes der Privattierärzte in Preußen. — Francke: Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen: Nevermann: Zur Beschälseuche in Ostpreußen. — 
Nahrungsmittelkunde, .Fleischbeschau und Viehhandel: Denkschrift über die Fleischbeschau. — Personalien. — Vakanzen. 


Über Atoxyl, mit besonderer Berücksichtigung der 
damit angestellten experimentellen Tierversuche und 
dessen bisheriger Anwendung in derVeterinärmedizin. 

Von Tierarzt Loewenthal-Breslau. 

Atoxyl, ein neues Arsenpräparat, ist nach den ersten Ver¬ 
öffentlichungen Schilds 1 ) einMetaarsensäureanilid(C«H 5 NHA80 2 ). 
Es enthält demnach 37,69 Proz. Arsen, also etwa halb so viel, 
als die arsenige Säure. Es ist ein weißes geruchloses Pulver von 
schwach salzigem Geschmack, das sich in warmem Wasser bis 
zu 20 Proz. löst, wovon heim Erkalten etwa 2 Proz. in Gestalt 
von wasserhellen Kristallen wieder ausfallen. Die Lösung hat 
eine neutrale bis schwachsaure Reaktion und nimmt bei län¬ 
gerem Stehen eine leicht gelbliche Färbung an. Nach W. L. 
Jakimoff 2 ) muß die Lösung bei den geringsten Anzeichen 
einer Gelbfärbung durch eine neue ersetzt werden, da die Zer¬ 
setzung der Atoxyllösung beim Auftreten von Intoxikations¬ 
erscheinungen eine große Rolle spielt. In Alkohol ist Atoxyl 
sehr schwer löslich. 

Nach neueren Untersuchungen von Ehrlich 3 ) und Bertheim 
ist das Atoxyl das Natronsalz der p. Amidophenylarsinsäore 
(NH.jC 6 H 4 A803HNa) mit einem As-Gehalt von 24,1 Proz. 

Zernik 4 ) fand bei seinen Untersuchungen, daß der Kristall¬ 
wassergehalt des Atoxyls Schwankungen unterworfen ist. Das 
Handelspräparat enthält ^annähernd 4 Moleküle Krystallwasser 
= 23,05 Proz., doch neigt es sehr zum Verwittern und muß 
infolgedessen sehr gut verschlossen aufbewahrt werden. Nach 
Zerniks Meinung beeinflussen die Schwankungen im Kristall¬ 
wassergehalt auch den relativen As-Gehalt. 

Die toxikologischen Untersuchungen Blumenthals 5 ) über 
Atoxyl ergaben, daß dieses Präparat 40—50 mal weniger giftig 
wirkt als ’ arsenige Säure, und daß man dem Körper 10 mal 
mehr As zuführen kann, als mit arseniger Säure. Nach 
Blumeuthal liegt die Hauptwirkung des Atoxyls im Blut, wo 


es entweder direkt durch Abspaltung arseniger Säure wirkt 
oder auch katalytisch in Funktion treten kann, indem es auf 
die, für die Heiluog wichtigen Vorgänge einwirkt. Bei seinen 
ersten Versuchen an Kaninchen war bei für die Tiere ungiftigen 
Dosen der As des Atoxyls erst nach 30 Stunden nachweisbar, 
nur bei giftigen Dosen war er schon erheblich früher zu er¬ 
kennen. Bei seinen späteren Versuchen fand Blnmenthal noch 
nach 16—18 Stunden sehr große Mengen von As im Blut 
zirkulieren, während die As-Ausscheidung manchmal schon nach 
einer Stunde begann und nach einer einmaligen Dosis von 0,3 
bei einem 1V* kg schweren Kaninchen 6 Tage dauerte. Nach 
Salkonski zeigte sich nach einer Einspritzung von 0,2 Atoxyl 
bei einem Kaninchen erst am zweiten Tage As, während Spuren 
noch sieben Tage nachzuweisen waren. 

Croner 8 ) und Seligmann erzielten bei ihren Untersuchungen 
über das Verhalten des Atoxyls im Körper und die Ansscheidung 
von As an Hunden und Menschen ganz andere Resultate als 
Blumenthal. Allerdings muß hierbei die von Uhlenhuth 7 ), 
Hoffmann, Weidanz, Gonder 8 ) und Yakimoff 2 ) beobachtete 
verschiedene Wirkung des Präparates auf die verschiedenen 
Tiergattungen berücksichtigt werden. Die Versuche Croners 
und Seligmanns ergaben, daß die Hanptmenge des As bei 
einmaligen Atoxylinjektionen in den ersten 4—8 Stunden durch 
den Urin ausgeschieden war, Spuren von As waren noch nach 
22 Stunden vorhanden. Bei wiederholten Injektionen erstreckt 
Bich die As-Ausscheidung auf einen längeren Zeitraum. So 
schied ein Versuchshand nach drei Atoxylinjektionen noch nach 
80 Standen As aus; auch trat hierbei As im Kot auf. Quantitativ 
wurde stets eine As-Menge ansgeschieden, die kleiner war, als 
die durch Atoxyl eingeführte; gleichviel ob man dasselbe als 
Metaarsensänreanilid mit 37,65 Proz. As oder als das Natron¬ 
salz der p. Amidaphenylarsinsäure mit 24,1 Proz. As-Gehalt 
ansprach. Es wurden nur 30—50 Proz. resp. 50—75 Proz. der 
eingeführten As-Menge ausgeschieden. 







874 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


Die Ursachen der bei Anwendung des Atoxyls in der 
Humanmedizin so häufig beobachteten Vergiftungserscheinungen, 
die sich in Erblindung, Krämpfen, Magenschmerzen, Durchfällen, 
Appetit- und Schlaflosigkeit, Albuminurie, Blasenreizung, Haut- 
5demen und Hyperkeratosen äußerten, sind verschiedene: 

1. Die Idiosynkrasie gegen Atoxyl; 

2. die Inkonstanz dieses Mittels (Zernik 4 ), Rosenthal 5 ’); 

3. die Verwendung von zersetzten Lösungen (Helopeau 10 ), 
Yakimoff 3 ); 

4. die unrichtige Dosierung; 

5. die kumulative Wirkung ((Lassar 11 ), Hallopeau 10 ), 
Dobrowolsky 12 ); 

6. die unbestimmte Permanenz des Mittels im Organismus und 
die Einwirkung von As in unbekannter und unkontrollier¬ 
barer Menge (Rosenthal 9 ); 

7. soll nach Hallopeau 10 ) das deutsche Präparat in 80Proz., 
das französische in 17 Proz. der behandelten Fälle In¬ 
toleranzerscheinungen hervorrufen; 

8. sollen kleine und ältere Personen und solche mit Organ¬ 
fehlern (Hallopeau, Spiethoff 13 ), Schild) und 

9. Personen mit starkem Paniculus adiposus empfindlicher 
gegen dieses Mittel sein (Rosenthal); 

10. Schild, Lassar, Felir 14 ) glaubten, daß durch Abspaltung 
des Anilins eine Vergiftung hervorgerufen wurde, was 
jedoch Blumenthal durch Versuche mit sehr toxischen 
Atoxyldosen widerlegte. Sowohl der klinische wie patho- 
logisch-anatomische Befund zeigten nach Blumenthal 
eine typische Arsenvergiftung. 

Gleich dem As der bereits seit Jahrhunderten in derHuman- 
wie in der Veterinärmedizin gegen die verschiedensten Krank¬ 
heiten, wie Anämie, Leukämie, Hautkrankheiten, parasitäre Er¬ 
krankungen usw. verwendet wurde, versuchte man jetzt das 
Atoxyl bei denselben Krankheiten 15 ). Von den durch tierische 
Mikroorganismen erzeugten Krankheiten, war es zuerst die 
Malaria, zu deren Bekämpfung der As herangezogen wurde, 
nachdem er schon vorher als Volksheilmittel gegen das Wechsel¬ 
fieber Verwendung gefunden hatte. Erst im Jahre 1904 wurde 
dieser Verwendung wieder erneute Beobachtung entgegen gebracht, 
indem damals das erste Mal von den Erfolgen der As-Anwendung, 
bei den in den Tropen heimischen Trypanosomenerkrankungen 
berichtet wurde. 

Die günstigen Erfolge englischer und belgischer Forscher 
mit Atoxyl bei den durch Protozoen hervorgerufenen Tropen¬ 
krankheiten, wie auch die erfolgreichen Resultate Kochs mit 
diesem Mittel bei Bekämpfung der Schlafkrankheit, veranlaßten, 
nach der Entdeckung des Erregers der Syphilis durch Schaudinn, 
viele Ärzte des Atoxyl gegen diese Krankheit zu versuchen. 

Wenn auch im allgemeinen durch die Atoxylbehandlung 
ein günstiger Einfluß auf die Erscheinungen des Syphilis wahr¬ 
genommen werden konnte, so traten doch, abgesehen von den be¬ 
obachteten Vergiftungen, fast ausnahmslos Intoleranzerscheinungen 
und schädliche Nebenwirkungen bei den Patienten auf, die ein 
AusBetzen der Behandlung mit diesem Mittel bedingten. 

Nach den bisherigen Erfahrungen mit Atoxyl bei Syphilis 
dürfte dieses Mittel seiner starken Giftigkeit wegen, die bisher 
erprobten Medikamente gegen diese Krankheit, kaum verdrängen. 

In der Veterinärmedizin sind bisher nur verhältnismäßig 
wenig praktische Versuche mit Atoxyl gemacht und veröffentlicht 
worden, während experimentelle Tierversuche mit Atoxyl, bei 


den durch Trypanosomen und Spirochäten hervorgerufenen 
Krankheiten der Tiere, schon häufiger angestellt worden sind. 

Uhlenhuth 16 ), Groß und Bickel untersuchten die Wirkung 
des Atoxyls auf die Trypanosomen der Dourinekrankheit der 
Pferde. Diese Parasiten, welche bei Pferden eine chronische 
Krankheit erzeugen, töten Mäuse und Ratten in Form einer 
ausgesprochenen Blutinfektion, die in zwei bis sechs Tagen 
auftritt. Durch gleichzeitige Einspritzung von Atoxyl und des 
infizierenden Stoffes, ließ sich der Ausbruch der Krankheit bei 
Ratten und Mäusen verhüten. Ebenso gelang es Uhlenhuth, 
Groß und Bickel schon erkrankte Tiere durch mehrmalige 
Atoxylinjektionen zu heilen. Die Heilung war jedoch nicht 
immer eine dauernde. Die nach den ersten Einspritzungen aus 
dem Blute verschwundenen Trypanosomen traten zuweilen nach 
8 bis 10 Tagen wieder auf, so daß erneute Einspritzungen 
gemacht werden mußten. Auch konnten mit dem Blute von 
Tieren, die bis zu vier Wochen gesund geblieben waren und bei 
denen bei mikroskopischer Untersuchung Parasiten im Blut nicht 
mehr nachgewiesen wurden, andere Tiere infiziert werden. 

Die Einzeldosis deB Atoxyls betrug bei Ratten 0,02—0,03 g, 
bei Mäusen 0,005 g. Bei der Spirillose der Hühner, einer durch 
Spirochäten hervorgerufenen Seuche, konnten Uhlenhuth 17 ) 
und Groß durch Atoxyl den Ausbruch der Krankheit coupieren, 
doch die Tiere gegen die Infektion nicht vollkommen schützen. 
Das Präparat hemmt die Vermehrung des Parasiten und die 
Hühner machen eine latente Krankheit durch, wodurch sie eine 
hohe Immunität erwerben. Bei Heilversuchen genügte eine ein¬ 
malige Dosis von 0,05 Atoxyl, um die Spirochäten in 20 bis 
30 Stunden zum Verschwinden zu bringen und schwerkranke 
Tiere zu heilen. Nach Uhlenhuth und Groß wird durch 
Atoxyl die Bildung von parasitischen Schutzstoffen gesteigert 
und beschleunigt, wodurch die Spirochäten geschädigt werden. 
Schließlich soll auch noch durch das Mittel eine die Parasiten 
vernichtende Phagozytose unterstützt und begünstigt werden. 

Die Verfasser fordern eine systematische Atoxylbehandlung 
der unter den Pferden Algiers und Nord-Amerikas vorkommenden 
Dourinekrankheit und der in Brasilien heimischen Hühnerseuche. 

Pli mm er 18 ) und Thomson fanden, daß die Trypanosomen 
bei den mit Atoxyl behandelten Ratten unfehlbar wiederkommen. 
Der Tod wurde nur eine Zeitlang hinausgeschoben, je nach der 
Höhe der gegebenen Dosis. Bei genügender Dosis, 1,0—1,5 ccm 
einer 5 proz. Lösung (3—5 Dosen jeden oder jeden zweiten Tag), 
wurde selbst bei viermaligem Rückfall die Milz bei der Obduktion 
im allgemeinen sehr klein oder nur mäßig vergrößert gefunden. 
Eine zu große Dosis hat scheinbar, außer Haarausfall und 
schlechter Beschaffenheit der Haare, ein frühes Wiederauftreten 
der Trypanosomen zur Folge. Gibt man Atoxyl fortgesetzt und 
reichlicher als nötig bei Fällen, bei denen es zu zahlreichen 
Rückfällen gekommen ist, so bildet sich bei einigen wenigen 
Exemplaren von so behandelten Ratten ein Trypanosomenstamm 
aus, der gegen Atoxyl vollkommen unempfindlich ist und sich 
ungeachtet fortgesetzter Gaben des Arzneimittels weiter ent¬ 
wickelt und vermehrt. Impft man diesen Stamm auf frische 
Ratten, so behält er seine Unempfindlichkeit dem Atoxyl 
gegenüber. 

Ehrlich 19 ) konnte einen solchen Stamm bei Mäusen züchten 
und nennt ihn „atoxylfest“. 

Auch Pli mm er und Thomson kannten eine solche atoxyl- 
unempfindliche Trypanosamenspielart bei Ratten in Nagana- und 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


875 


_ _3. Dezember 1908. 

Surrafällen bekommen. Pli mm er und Thomson räumen zwar 
dem Atoxyl einen günstigen Einfluß auf die Trypanosomiasis 
ein, doch bestreiten sie einen Dauererfolg durch dieses Mittel; 
es traten Rückfälle bis siebenmal auf. 

Die hauptsächlichsten Veränderungen bei der Obduktion, der 
mit Atoxyl behandelten Ratten, bestanden in Nieren- und Leber¬ 
degeneration und eiweißhaltigem [Irin. 

Weitere experimentelle Tierversuche über die Wirkung 
des Atoxyls bei der Dourine-Krankheit der Pferde machten 
Uhlenhuth 30 ), Groß und Woithe an Pferden, Hunden, 
Kaninchen, Ratten und Mäusen. Durch die Atoxylbehandlung 
konnte ein Pferd bedeutend länger am Leben erhalten werden, 
als ein Kontrollpferd; eine Dauerheilung ist nach Ansicht der 
Verfasser zweifelhaft. Bei Hunden und Ratten ist wegen ihrer 
Intoleranz gegen Atoxyl eine Dauerheilung ausgeschlossen. Ein 
therapeutischer Erfolg kann nur bei frühzeitiger Behandlung 
genügend große Dosen erzielt werden. 

Nach Gonder 21 ) ist Atoxyl als Heil- und Schutzmittel 
bei Piroplasmose der Hunde nicht brauchbar. Bei einer Reihe 
von Hunden wurde dadurch der Verlauf der Krankheit in keiner 
Weise beeinflußt, es schien sogar, als ob die Krankheit eher 
gefördert wurde. 

Uhlenhuth 27 ), der bei der experimentellen Dourine- und 
der Spirillose der Hühner eine ausgesprochene Präventiv- und 
Heilwirkung durch Atoxyl festgestellt hatte, berichtet gemein¬ 
schaftlich mit Hoffmann und Weidanz über die Präventiv¬ 
wirkung des Atoxyls bei experimenteller Affen- und Kaninchen- 
syphilis. Bei keinem vom Tage der Infektion ab behandelten 
Tiere, zeigten sich Primareffekte. Bei 40—50 mit syphilistischem 
Material intraokulär geimpften Kaninchen, traten bei gleich¬ 
zeitiger intravenöser Atoxylbehandlung, bei keinem Tier eine 
spezifische Keratitis oder Knötchenbildung der Iris auf. Es 
wurden bei der ersten Injektion 0,5 einer lOproz. Lösung, bei 
der zweiten 0,08 bei der dritten und den folgenden Injektionen 
0,1 jeden vierten Tag eingespritzt. 

von Eisler-Wien 32 ) ebenso Hey mann 23 ) stellten fest, 
daß sich das Atoxyl, wenn es den Tieren gleich nach der 
subduralen Injektion mit Virus fixe der Tollwut injiziert wurde, 
als vollkommen unfähig erweist, den Ausbruch der Lissa zu 
verhindern oder auch nur zu verzögern. 

Praktisch wurde das Atoxyl in der Veterinärmedizin bisher 
verhältnismäßig selten angewendet. 

Korpsstabsveterinär Walthers-Leipzig berichtet über fünf 
Fälle von Brustseuche, bei denen Atoxyl subkutan verwendet 
wurde. Abgesehen von einem geringen Rückgang der Körper¬ 
temperatur in der 2. bis 5. Stunde nach der Injektion (0,6—1,1° C) 
konnte ein besonderer Einfluß des Medikaments auf den Verlauf 
der Krankheit nicht beobachtet werden. Allerdings waren die 
dazu benutzten Dosen kaum höher, als die tägliche Maximal¬ 
dosis beim Menschen. Walther erwähnt noch einen weiteren, 
vom Stabsveterinär Rudolph mit täglich steigenden Dosen einer 
2 prozentigen Atoxyllösung behandelten Fall von Hämoglobinurie. 
Trotz 8 tägiger Behandlung trat am 9. Tage der Exitus letalis 
ein, den Rudolph dem Umstand zuschrieb, daß das Atoxyl in 
einem ganz hoffnungslosen Zustande zur Anwendung kam. 

Distriktstierarzt Dorn 25 )-Markterbach, der das Atoxyl, aller¬ 
dings in Verbindung mit Sublimat, bei der infektiösen Gehirn- 
Rückenmarksentzündung der Pferde in mehreren Fällen angewendet 
hatte, konnte einige ermutigende Erfolge bei dieser Krankheit 


mit der kombinierten Sublimat-Atoxyltherapie feststellen, die 
unbedingt zu weiteren Versuchen bei der infektiösen Gehirn- 
Rückenmarksentzündung Veranlassung gaben. 

Nach persönlichen Mitteilungen von Veterinärrat Dr. 
Fambach-Glauchau und Tierarzt Zeeh-Lichtenstein, welche 
das Atoxyl auch bei der Meningitis cerebrospinalis in vielen 
Fällen anwendeten, konnte in keinem einzigen Falle auch 
nur der geringste Einfluß auf den ^ Krankheitsverlauf beob¬ 
achtet werden. Zeeh, der bis 3 g Atoxyl täglich intravenös 
injizierte, konnte dadurch weder das Fieber herabdrücken, noch 
den Appetit beleben, noch auf das Gehirn irgendwelche Ein* 
Wirkungen ausüben. Obgleich manche Pferde bis 3 g Atoxyl 
täglich erhielten und in 14 Tagen bis zu 20 g sind irgend¬ 
welche Vergiftungssymptome nie aufgetreten. Ebenso zeigten 
sich nach Dr. Fambach trotz großer Dosen Atoxyl bei Sektionen, 
außer Darmkatarrhen, keine Erscheinungen, die auf Arsen¬ 
einverleibung schließen ließen. 

Ostertag 26 ) konnte bei zwei Pferden mit infektiöser Anämie 
durch subkutane Einspritzungen von 5, 10 und 15 ccm einer 
10 prozentigen Atoxyllösung eine auffallende Besserung des 
Allgemeinbefindens herbeiführen. 

Wenn auch die Atoxyltherapie in der Veterinärmedizin 
bisher noch keine großen Erfolge gezeitigt hat, so liegt dies 
wohl hauptsächlich an der noch unbekannten Dosierung des 
Atoxyls. 

Jedenfalls steht fest, daß selbst bei großen Dosen (3 g 
pro die intravenös) keinerlei Vergiftungserscheinungen wahr¬ 
genommen wurden, welche gerade die Anwendung dieses Mittels 
in der Humanmedizin illusorisch machen. 

Literatur. 

1. Schild, Berl. klin. Wochenschr. 1902, Nr. 13. 

2. Jakimoff, Deutsche med. Wochenschr/1908, Nr. 15. 

3. Ehrlich, Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 10. 

4. Zernik, Deutsche med. Wochenschr. 1908, Nr. 7. 

5. Blumenthal, Medizinische Woche 1902, Nr. 15. 

Blumenthal, Medizinische Klinik 1907, Nr. 12. 

Blumenthal, Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 26. 

6. Croner u. Seligmann, Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr.25. 

7. Uhlenhuth, Hoffmann, Weidanz, ^Deutsche med. Wochen¬ 
schrift 1907, Nr. 39. 

8. Gonder, Arb. a. d. kaiserl. Gesundheitsamt 1907, Bd. 27, Heft 2. 

9. Rosenthal, Berl. klin. Wochenschr. 1908, Nr. 3. 

10. Hallopeau, Bullet, de l’acadämie de m6d. 1907, Nr. 23. 
Hallopeau, Gazette m£d. de Paris 1907, 15. Juni. 

11. Lassar, Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 22. 

12. Dobrowolski, Praktischeski Wratsch 1907, Nr. 41. 

13. Spiethoff, Deutsche med. Wochenschr. 1908, Nr. 6. 

14. Fehr, Deutsche med. Wochenschr. 1907, Nr. 42. 

15. Maas, Berl. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 17. 

16. Uhlenhuth, Groß, Bickel, Deutsche med. Wochenschr. 1907, 
Nr. 4. 

17. Uhlenhuth, Groß, Arb. a. d. kaiserl. Gesundheitsamt 1907, 
Bd. 27, Heft 2. 

18. PI i mm er u. Thomson, Royal society London, 1907. 

29. Ehrlich, Münch, med. Wochenschr. 1907, Nr. 8. 

20. Uhlenhuth, Groß, Woithe, Arb. a. d. kaiserl. Gesundheits¬ 
amt 1907, 27. Bd., 2. Heft. 

21. Gonder, Arb. a. d. kaiserl. Gesundheitsamt, ebenda. 

22. v. Eisler, Centralbl. f. Bakt. I. Abt., Bd. XLV, Heft 1, S. 71. 

23. Hey mann, Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 59. 

24. Walther, Berl. tierärztl. Wochenschr. 1908, Nr. 15. 

25. Dorn, Tierärztl. Rundschau 1908, Nr. 26 u. 27. 

26. Ostertag, Zeitschr. f. Infektionskrankheiten, Bd. III, Heft 1 u. 2. 



876 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49 


Aus der Praxis. 

Von Tierarzt H. Holterbach-Offenburg. 

I. Fremdkörper in der Harnröhre eines Hundes. 

Es kamen hier und in der Umgebung in kurzer Zeit 
einige Roheitsdelikte an Tieren vor, von denen das nachstehend 
verzeichnete vielleicht kasuistisch beachtenswert ist, nicht als 
seltenes Beispiel einer Erkrankung, sondern weil sich bei dem 
überraschenden Befund die Frage aufdrängte: Ist hier ein 
merkwürdiger Zufall im Spiel gewesen, oder hat 
menschliche Rohheit wieder einmal an der wehrlosen 
Kreatur gesündigt? Ich gebe hier ganz objektiv die Species 
facti. 

Herr Metzgermeister Bock in Offenburg besitzt einen 
8 Jahre alten gelben Rattler von kleinem Schlag und kernfester 
Gesundheit; er war, von einigen im Geraufe erhaltenen Bi߬ 
wunden abgesehen, noch nicht krank; dabei rühmte der Besitzer 
die Anhänglichkeit an das Haus und das Mißtrauen gegen 
Fremde. Er streunte nicht und hielt sich gewöhnlich im 
Pferdestall auf, der in einer kleinen Seitengasse, abseits vom 
Geschäft liegt. Am 19. Juni wurde ich gerufen: der Hund 
müsse krank sein, da er nicht mehr fresse, keine Ruhe habe I 
und sich verkrieche. Der nach vielem Suchen gefundene Hund 
ist fieberlos, Athmung klar und ruhig, Bewegung frei, Aus¬ 
scheidungen angeblich normal. Es wird nichts gefunden als der 
anamnetisch als gänzlich mangelnd bezeichnete Appetit und eine 
dem Naturell des Patienten sonst fremde Unaufmerksamkeit und 
Neigung zum Liegen. Da zurzeit hier die Hundepiroplasmose all¬ 
gemein verbreitet ist, so lag der Gedanke an diese Seuche sehr 
nahe, deren Anfangsstadium ja auch durch Unaufmerksamkeit und 
Müdigkeit gekennzeichnet ist und fieberlos verläuft (wenigstens 
in unseren Breitegraden!) Ich beschloß also, den weiteren 
Verlauf abzuwarten. Bei meiner Untersuchung am nächsten 
Tage hatte sich in dem Krankheitsbild nur ein Zug ganz 
wesentlich geändert: Der Patient, den es auch jetzt noch in 
auffälliger Unruhe treibt, alle Augenblicke einen anderen, 
möglichst versteckten Aufenthaltsort zu suchen, fährt, wenn er 
zum Gehen gezwungen wird, nach wenigen Schritten mit blitz¬ 
schneller Bewegung und unter Annahme einer hockenden 
Stellung nach dem Penis und beginnt ihn eifrig zu lecken. 
Wenn er ruhig in seinem Versteck liegt, leckt er diesen Teil 
ebenfalls. Hier muß also der Sitz des Leidens sein. 

Das Präputium ist etwas geschwollen, Ausfluß irgend¬ 
welcher Art fehlt, und Druck, auf diesen Teil ausgeübt, löst 
keinen Schmerz aus. Dieser beginnt erst etwa in der Mitte 
des Schlauches und erreicht an dessen Grund die höchste Inten¬ 
sität. Nun konnte auch durch Befragen festgestellt werden, 
daß der Hund sich wohl häufig zum Urinieren anstellte, aber 
unter lebhaftem Gewinsel trotz aller Anstrengung nur einige 
Tropfen lassen konnte. Die Diagnose konnte jetzt nicht mehr 
zweifelhaft sein: es handelte sich um einen Verschluß der 
Harnröhre durch einen Fremdkörper. Die Operation war un¬ 
abweisbar. Der Besitzer aber willigte nicht ein, sondern ließ 
den Patienten durch Chloroform töten. Die Operation, die intra 
vitam versagt wurde, machte ich nun post mortem, unmittelbar 
nach dem Chloroformtod. Ich fand in der Urethra eine 
Kornähre von ö l / 2 cm Länge! 

Daß diese nicht „spontan“ durch die enge Öffnung der 
Glans penis eingedrungen sein kann, ist schon durch die Dicke 
der Ähre klar bewiesen, abgesehen davon, daß der Hund wohl 


selbst das Eindringen, das nicht ohne Schmerz vor sich gehen 
kann, unmöglich gemacht hätte. Es kann sich nur um eins der 
vielen Roheitsdelikte handeln, die immer zahlreicher werden. 


Dealin, ein neues Antiseptikum! 

Von W. Sommer, prakt. Tierarzt, Jeßnitz (Anhalt). 

Bei der großen Anzahl von antiseptischen Wundmitteln 
neueren und älteren Ursprunges wird es dem Praktiker heute 
oft schwer, das eine dem anderen hintanzusetzen und anderer¬ 
seits Versuche mit neuen Präparaten anzustellen! 

So wurden mir vor mehreren Monaten von den Dealin- 
Werken, Berlin W., Klosterstraße, Proben ihres neuen Desin- 
ficiens und Antiseptikums zu Versuchszwecken übermittelt. 

Die guten Erfolge mit dem Präparat veranlassen mich zur 
Veröffentlichung meines Urteils über Dealin! 

Dealin ist ein fast geruchloses, weiß-graues Pulver. Es stellt 
einen an trockenen Fettsubstanzen gebundenen hochwertigen 
Sauerstoff dar und besiegt infolge dieses hohen Sauerstoffgehaltes 
eine stark desinfizierende, adstringierende und intensive Tiefen- 
| Wirkung! 

Nach den Untersuchungen des Herrn Dr. Piorkowski- 
Berlin ist das Dealin dem Jodoform an desinfizierender, Bak¬ 
terien tötender Kraft bedeutend überlegen! 

Bei den verschiedenen Tiergattungen habe ich es mit geradezu 
glänzendem Erfolg angewandt! 

Bei Pferden mit großen Flächenwunden, Nageltritt, operierter 
Brustbeule und vor allem bei alten, schweren Dermatiten der 
Fesselbeuge! 

Bei Hunden mit Otorhoe, nässendem Ekzem und Panaritium. 

Bei einem Ochsen mit einer Stichwunde in das Fesselgelenk. 

Zugleich möchte ich noch auf die guten Eigenschaften der 
von derselben Firma in Vertrieb gebrachten Dealin-Hufsalbe 
und des Dealin-Huffettes hinweisen! 

Jedenfalls ist Dealin allen übrigen Wundpulvern höchst 
ebenbürtig und für die Praxis sehr zu empfehlen! 


Rückfall von Gebärparese bei Kühen. 

Von Kreistierarzt A. Scheffer in Grevenbroich. 

Die von Herrn Kollegen Wieland in Nr. 41 der B. T. W. 
veröffentlichte Beobachtung eines Rückfalls von Gebärparese 
bei einer Kuh habe auch ich einige Male machen können. Zwei 
derartige Fälle sind mir in Erinnerung geblieben, ich will sie 
daher, dem Wunsche des Herrn Kollegen Wieland entsprechend, 
hier mitteilen. Der erste Fall betraf eine Kuh des Gutes B., 
zu der ich am 5. November 1900 gerufen wurde. Bei meiner 
Ankunft lag das gut genährte Tier, welches frisch melk war, 
bewußtlos platt auf der Seite im Stall. Da es sich nur um 
sog. Milohfieber handeln konnte, wurde sofort die damals übliche 
Kal. jodat.-Infusion in das Euter von mir gemacht. Wie mir 
der Besitzer des Tieres später mitteilte, hat sich die Kuh bald 
nach der Infusion aufgerichtet und mit erhobenem Kopf und 
klarem Blick, wie eine gesunde Kuh dagelegen. Aufgestanden 
ist sie allerdings nicht. Diese Besserung hat einige Stunden 
gedauert, dann ist das Tier plötzlich wieder umgefallen, worauf 
die ängstliche Haushälterin es schnell hat schlachten lassen. 

Der zweite Fall betiaf eine Kuh des Müllers K. in H. 
Zu diesem Tier wurde ich am 6. Oktober 1903 gerufen und 




3. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


877 


fand die Kuh, welche am Tage vorher gekalbt hatte, unter den 
typischen Symptomen des Milchfiebers bewußtlos im Stall liegend 
vor. Die sofort eingeleitete übliche Behandlung hatte den 
Erfolg, daß die Kuh am andern Tage wieder vollständig her¬ 
gestellt war. Am 27. Oktober 1903, also genau drei Wochen 
später, wurde ich abermals zu derselben Kuh gerufen und fand 
das Tier zu meinem Erstaunen wiederum schwer an Milchfieber 
erkrankt vor. Nach der üblichen Behandlung war die Kuh 
auch jetzt wieder am andern Tage hergestellt. 

Im Anschluß an vorstehende Mitteilung möchte ich bemerken, 
daß ich mehrfach Gelegenheit hatte, die typischen Erscheinungen 
des Milchfiebers bei hochtragenden Kühen einige Tage bzw. 
einige Wochen vor dem Kalben zu beobachten. Auch bei einer 
größeren Anzahl von Kühen, welche bereits sechs bis zwölf 
Monate melk und nicht trächtig waren, konnte ich dieselben 
Erscheinungen feststellen. 

Alle diese Tiere wurden durch die übliche Euterbehandlung 
innerhalb weniger Stunden hergestellt. 

Eigenartige Milzteilung. 

• Von Tierarzt Leeb -Wurzen. 

An einem Ende Oktober d. J. hier geschlachteten Schweine, 
das frisch und munter, zirka % Jahr alt war und 1,80 Ztr. 
Schlachtgewicht aufwies, fand ich bei der Fleischbeschau eine 
eigenartige Veränderung, Anomalie, der Milz. Wiederholt habe 
ich im Laufe der Jahre bei Schlachtschweinen sogenannte 
Doppelmilzen, die am Hilus miteinander verwachsen waren, ge¬ 
sehen; ebenso einmal eine gespaltene Milz; aber eine quer voll¬ 
ständig in zwei Teile getrennte Milz beobachtete ich zum 
ersten Male bei oben bezeichnetem Tiere. Die Milz dieses 
Schweines lag, ohne verdreht zu sein, ganz normal und zeigte 
keine Zeichen einer Abschnürung und dadurch hervorgerufene 
Trennung in zwei Teile. Die beiden Teile waren ungleich lang 
und geformt. Der eine Teil war zirka 12 cm lang, zeigte ab¬ 
gestumpfte Ränder, der andre 8 cm lang, spitz und scharfrandig. 
Der Zwischenraum zwischen beiden Milzen betrug 3 cm und 
war durch einen Strang des Netzes mit Blutgefäßen überbrückt. 

Schlimme Erfahrungen mit Suptol Burow. 

Vom Köngl. Bezirkstierarzt N. Hillerbrand-Wasserburg a. Inn. 

Unter diesem Titel hat mein Sohn, der Kandidat der Veterinär¬ 
medizin N. Hillerbrand, einige praktische Erfahrungen in Nr. 46 
der B. T. W. veröffentlicht und zwar in meinem Einvernehmen, da 
mir zu publizistisch-literarischer Tätigkeit Zeit und Lust mangelt. 

Hierauf glaubte Herr Dr. Burow in Nr. 47 des genannten 
Blattes Antwort geben zu müssen. 

Da ich selbstverständlich für das, was in meinem Auftrag ver¬ 
öffentlicht wird, die Verantwortung übernehme, bin ich genötigt, 
in Kürze auf die rubrizierte Materie zurückzukommen. 

Obwohl die Veröffentlichung in Nr. 46 rein objektiv gehalten 
war und lediglich Mitteilung von faktischen Vorkommnissen bot, 
konnte Herr Dr. Burow in Nr. 47 nicht unterlassen, persönlich 
aggressiv vorzugehen und namentlich den Umstand einem scharfen 
Tadel zu unterziehen, daß den Mitteilungen von Stallpersonal über 
Krankheitserscheinungen ihrer Pfleglinge Glauben beigemessen 
wurde. Diesen Umstand als Anlaß zu benutzen, Lehren daran zu 
knüpfen, wie sich der Tierarzt bei Verwertung der Anamnese zu 
verhalten habe, erscheint nicht gerechtfertigt und müssen darum 
diese Lehren auch zurückgewiesen werden. 


Was Herrn Dr. Burow veranlaßt hat, aus den schlichten Aus¬ 
führungen des Artikels in Nr. 46 herauszulesen, daß ich meinen 
Sohn glänzen lassen wollte, erscheint schleierhaft, wenn man nicht 
annehmen will, daß die gleichzeitige Veröffentlichung von drei 
Aufsätzen, die ungünstiges über Suptol berichten, genannten Herrn 
in erklärlicher Aufregung veranlaßten, zunächst die ganze Schale 
seines Unmutes über den am wenigsten wehrhaften, armen Kandidaten 
zu entleeren. 

Von einer irrigen Auffassung zu sprechen, daß infolge Ver¬ 
wendung des Suptol Verschlimmerung und der Tod der geimpften 
Tiere eintraten, wäre angesichts der gegebenen nackten Tatsachen 
besser unterblieben, denn ohne dem Satze post hoc, ergo propter 
hoc zu huldigen, ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Ver¬ 
schlimmerung bei den fraglichen Tieren dem Suptol zuzuschreiben 
war, da die gefundenen Sektionsdaten in gleicher Weise an 
Hunderten von Tieren wahrgenommen werden, die trotz chronischer 
Schweineseuche als relativ fette Schlachtobjekte der Fleischbeschau 
unterstehen und wenn unter 12 Tieren, von denen sich keines 
krank zeigte, auf Impfung drei verenden, so muß dieser Prozentsatz 
(25 Proz.) vom Eigentümer wie Tierarzt immerhin sehr unangenehm 
empfunden werden; jedenfalls kann man nicht mehr von „nichts¬ 
sagenden“ Fällen sprechen. Nachdem ich nunmehr 33 Jahre lang 
Praxis ausübe, bin ich auch in der Lage, nichtssagende Fälle von 
bedeutungsvollen zu unterscheiden und erlaube mir hiermit derartige 
Belehrung dankend abzulehnen. 

Übrigens ist durch die Arbeit von Paul Andrejew-Berlin 
auch wissenschaftlich der Stab über Suptol gebrochen. 

Zum Schluß möchte ich noch auf einen Druckfehler des 
Artikels in Nr. 46 hinweisen. 

Der Satz: „Die Tiere erhielten der Vorsicht gemäß je 5 ccm 
subcut“ muß selbstverständlich heißen: Die Tiere erhielten „der 
Vorschrift“ gemäß usw. 

Die Spalten vorliegender Zeitschrift werden schon zur Genüge 
von Fehde-Artikeln verschiedener Kollegen untereinander ausgefüllt, 
so daß Mehrung derselben kaum mehr erwflnschenswert sein dürfte, 
und erkläre ich hiermit, auch mich auf weitere Kontroversen nicht 
einzulassen, da die objektive Seite der Angelegenheit wohl genügend 
behandelt erscheint. 


Hundestaupeserum Piorkowski. 

Von Dr. Piorkowski. 

Zu dem Artikel Hundestaupeserum (Dr. Piorkowski) sehe 
ich mich leider veranlaßt, noch einmal das Wort zu ergreifen. Ich 
hoffe, in dieser Art zum letzten Male, denn auch mir ist jede Aus¬ 
einandersetzung persönlicher Art in wissenschaftlichen Zeitungen 
unangenehm. Ich tue es auch nur, weil ich einige Ausführungen 
des Herrn Dr. Richter rektifizieren muß. Ein Artikel, der sach¬ 
liche Ausführungen bringen soll, wird, wie ich denke, demnächst 
erscheinen. 

Zn den Bemerkungen des Herrn Dr. Richter versichere ich 
zunächst, daß mir eine sehr große Zahl freiwilliger Zuschriften zu¬ 
gegangen ist, die sich durchaus belobigend über den Wert des 
Serums aussprechen, so daß ich das Verhältnis von 1:60 eher noch 
zu niedrig gegriffen habe. Dann meine ich, ist es wohl doch nicht 
angebracht, ein Serum* mit dem so scharfen Ausdruck wertlos zu 
belegen, noch dazu, wenn man ihm selbst erst kurz vorher vorzüg¬ 
liche Wirkungen zugeschrieben hat 

Einer weiteren, eingehenderen Kritik will ich mich enthalten, 
nur möchte ich zu erwägen geben, daß die Abhandlung über 
140 Versuche, bei denen nicht einmal die Größe der Injektionsdosen 
angegeben worden ist, welche zur Verwendung gelangte, Tempe¬ 
raturen usw., weder als zweckdienlich noch als exakt bezeichnet 
werden kann. Relative Zahlen besagen nichts. 

Was die Spezifität des Staupeerregers anlangt, so behalte ich 
mir weitere Publikationen vor. Weder Herr Carr6 noch sonst ein 
bedeutender Forscher hat meine Kulturen bisher untersucht und 
kann also unmöglich die Identität dieses Erregers negieren. 


** 



878 

Tagesgeschichte. 

Das Aufblühen der österreichischen tierärztlichen 
Hochschulen. 

In Österreich haben die Ereignisse an den tierärztlichen 
Hochschulen zn einem Fortschritt auf der ganzen Linie geführt, 
der allem Anschein nach die österreichischen Hochschulen, von 
denen namentlich die Wiener bisher mit so vielen Nöten zu 
kämpfen hatte, auf den Gipfel ihrer Entwicklung tragen wird. 
Die Einführung des Abiturientenexamens am 31. Dezember 1896 
brachte zunächst eine jähe Abnahme der Studentenzahl und 
führte auch sonst trotz der Verleihung des Hochschulnamens 
nicht zu einer akademischen Entwicklung, nicht einmal zu einer 
Sanierung der schwersten Übelstände, weil namentlich in Wien 
das Verbleiben unter militärischer Verwaltung und der Fort¬ 
bestand der veralteten militärischen Organisation die akademische 
Entfaltung völlig hinderten. Mit einem Schlage ist das anders 
geworden. Die Verleihung des Promotionsrechtes durch Order 
vom 5. September 1908 stellt nur einen Teil, wenn auch den 
äußerlich wirkungsvollsten, der vollzogenen oder in Vollzug be¬ 
griffenen Verbesserung dar. Die Verleihung des Rechtes der 
Wahl des Rektors,, womit die akademische Verfassung ab¬ 
geschlossen wird, ist in sichere Aussicht gestellt. In Wien ist 
bereits insofern ein Anfang damit gemacht, als die provisorische 
Wahl eines Prorektors, des Professors Dr. v. Tschermak, 
stattgefunden hat. Vor der definitiven Einführung des 
Rektorates wünscht man eine Gleichheit zwischen Wien und 
Lemberg herbeizuführen, das einen auf Lebenszeit ernannten 
Direktor besitzt. In Preußen sind bekanntlich seinerzeit die 
Versuche, eine Gleichheit beider Hochschulen herbeizuführen, 
daran gescheitert, daß der auf Lebenszeit ernannte Direktor 
der Tierärztlichen Hochschule zu Hannover auf seine Ernennung 
nicht verzichtete. In Osteneich scheint man auf einen anderen 
Verlauf dieser Angelegenheit zu hoffen. 

Von größter Wichtigkeit ist drittens eine Kundgebung des 
Reichskriegsministers, Feldzeugmeisters v. Schönaich. Ge¬ 
legentlich einer Sitzung der Delegation vom 30. Oktober er¬ 
klärte derselbe nach einer Mitteilung des Tierärztlichen Zentral¬ 
blattes: Er müsse sich nunmehr entschieden dagegen verwahren, 
daß weiter gegen das Reichskriegsministerium in der Veterinär¬ 
angelegenheit Stimmung gemacht werde; er habe dem Unter¬ 
richtsministerium jedes Entgegenkommen bewiesen durch den 
Vorschlag, das jetzige Grundstück der Hochschule und des 
k. k. Militärtierarzneiinstitutes zu verkaufen und mit dem Erlös 
eine neue tierärztliche Hochschule zu errichten, die mit der 
Armee gar nichts zu tun haben würde. Das ist in der Tat ein 
Vorschlag, wie er gar nicht besser gedacht werden kann, und 
man kann es verstehen, wenn das Tierärztliche Zentralblatt, 
das offenbar die Meinung der österreichischen Tierärzte wieder¬ 
gibt, und das sich in der Entwicklung der Angelegenheit durch 
seine Haltung mannigfache Verdienste erworben hat, dem 
Kriegsminister einen fast begeisterten Dank widmet. Man kann 
nur hoffen, daß der Vorschlag recht bald ausgeführt werde. 
Daß aber auch schon gegenwärtig das Kriegsministerium alten 
tierärztlichen Wünschen durchaus entgegenkommt, zeigt sich 
aus der Einschränkung des bisherigen militärischen Kommandos 
der Tierärztlichen Hochschule, dessen Funktionen sich nur noch 
auf die Militärabteilung erstrecken, zeigt sich namentlich in 
dem bereits feststehenden Beschluß, daß der älteste Stein des 
Anstoßes endlich beseitigt werde, nämlich die Kurschmiede¬ 


No. 49. 


kurse abgeschafft werden sollen, daß der Kurschmied endlich 
verschwindet und künftig lediglich Beschlagmeister existieren 
werden, die ihre Ausbildung fern von der Hochschule erhalten. 

Mit der Durchführung dieser Reform hat das österreichische 
Veterinärwesen einen glänzenden, in seiner Wirkung noch gar 
nicht zu ermessenden Erfolg errungen. Wie sich aus den ver¬ 
schiedenen Mitteilungen des Tierärztlichen Zentralblattes ent¬ 
nehmen läßt, hat sich auch das Professorenkollegiom den 
Wünschen der Tierärzte völlig angeschlossen und die Vertretung 
der tierärztlichen Interessen in die Hand genommen. Ein im 
Vergleich mit früheren Verhältnissen ungemein bezeichnender 
Beschluß des Professorenkollegiums soll dahin gehen, künftig 
an der Tierärztlichen Hochschule nur solche Privatdozenten zu¬ 
zulassen, welche als Tierärzte approbiert sind. Dieser Beschluß 
ist hinsichtlich seiner Gesinnung sehr anerkennenswert bei 
einem Kollegium, das aus Medizinern besteht. 

Dem neuerwählten Prorektor Professor v. Tschermak, dem 
Physiologen der Wiener Hochschule, spendet das Tierärztliche 
Zentralblatt ein hohes Lob. Es bekennt freimütig, daß derselbe 
nach Antritt seiner Professur einen ziemlich schweren Stand 
gehabt habe, daß es ihm aber gelungen sei, sich allgemeine 
Sympathien zu erwerben, namentlich auch dadurch, daß. er die 
Interessen der jungen Tiermediziner mit warmem Herzen ver¬ 
treten habe. Wie weiter mitgeteilt wird, beabsichtigt der Pro¬ 
rektor die gleichmäßige Zulassung aller an der Hochschule 
zugelassenen Korporationen zum Rechte des Tragens von Ab¬ 
zeichen und Farben. Um die Zulassung sind eingekommen: 
sechs deutschnationale Korporationen, drei deutsche Landsmann¬ 
schaften, vier katholisch-deutsche, eine evangelisch - deutsche, 
zwei slavische und eine italienische Korporation. Unter den 
430 Studierenden der Hochschule sind 48 Proz. deutscher, 
44 Proz. slawischer und 8 Proz. italienischer Nationalität. 
Bisher haben die verschiedenen Stämme untereinander erfreulicher¬ 
weise eine durchaus einträchtige Haltung bewahrt. Nach einer 
Mitteilung der Deutschen tierärztlichen Wochenschrift ist die 
erste Immatrikulation nach der neuen Hochschulordnung in 
besonders feierlicher Weise in Anwesenheit des ganzen Pro¬ 
fessorenkollegiums vollzogen worden, wobei der Prorektor eine 
mit großem Beifall aufgenommene Rede hielt. Die Studenten¬ 
schaft sang nach der Feier das Gaudeamus. 

Die neue Promotionsordnung gibt nach dem Tierärztlichen 
Zentralblatt den österreichischen Tierärzten Grund zu allge¬ 
meiner Befriedigung. Aus dieser Promotionsordnung seien 
folgende Bestimmungen mitgeteilt: 

Zur Erlangung des Doktorates der Tierheilkunde (Doktor 
medicinae veterinariae) ist neben dem tierärztlichen Diplom die 
Vorlegung einer wissenschaftlichen Abhandlung sowie die Ablegung 
einer strengen Prüfung (eines Rigorosums) erforderlich. Es 
soll dadurch der Beweis erbracht werden, daß der Kandidat 
auch zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung befähigt ist. 
Kasuistische Mitteilungen oder kompilatorische Arbeiten sind von 
der Annahme als Dissertation ausgeschlossen (§ 1). Für die 
Zulassung wird unter anderen Nachweisen das Maturitäszeugnis 
verlangt (§ 2, unter Einschränkung dieser Bestimmung durch 
§ 11). In dem Gesuch um Zulassung sind ferner zwei veterinär¬ 
medizinische Fächer zu bezeichnen, in denen der Kandidat außer 
dem die Dissertation betreffenden Fache beim Rigorosum geprüft 
sein will. Die veterinärmedizinischen Fächer sind in zwei 
Gruppen geteilt, und jeder Gruppe muß je ein Fach angehören. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



3._[><>zoinl>or 1908. 

Allgemeine naturwissenschaftliche Fächer (Chemie, Physik, 
Botanik, Zoologie) sind nicht Prüfungsgegenstand (§ 3). Die 
wiederholte Einreichung einer neuen Dissertation im Falle 
ungenügenden Ergebnisses ist sogar zweimal zulässig, die Wieder¬ 
holung des Rigorosums nur einmal. 

Der wichtigste Paragraph ist der § 11. Danach können 
solche Tierärzte, welche vor Einführung der Universitätsreife für 
das tierärztliche Studium das Diplom erlangt haben, auf Antrag des 
ProfeBsorenkollegiums vom Unterrichtsminister im Einvernehmen 
mit dem Ackerbauminister ausnahmsweise unter Erfüllung aller 
sonstigen Bedingungen zur Promotion zugelassen werden. 

Die Anerkennung ausländischer Doktorprädikate erfolgt 
nach § 14 gemäß derselben Grundsätze, wie sie nach einer 
Ministerialverordnung vom 6. Juni 1850 auf alle übrigen Doktor¬ 
prädikate Anwendung finden; das heißt, der die Anerkennung 
Nachsuchende hat sich an das betreffende Professorenkollegium 
zu wenden, und nach dessen Beurteilung wird entweder das 
Prädikat unbedingt anerkannt oder es wird zur Anerkennung 
die Erfüllung bestimmter Leistungen, namentlich die Ablegung 
des Rigorosums verlangt. 

Der § 11 wird von den österreichischen Tierärzten mit be- j 
sonderer Freude begrüßt, weil er auch den nicht im Besitz der 
Universitätsreife befindlichen Kollegen die Erwerbung des 
Doktorats gestatte und so „ein Zweiklassensystem“ verhindere. 
Obwohl man nicht wird zugeben können, daß ein Zweiklassen¬ 
system dadurch entstehe, daß der eine promoviert und der 
andere nicht, kann man doch in die Freude der österreichischen 
Kollegen durchaus einstimmen. Auf der einen Seite ist in be¬ 
gründeten Fällen die Möglichkeit gegeben, von der Universitäts¬ 
reife abzusehen; auf der andern Seite aber ist auch die ebenso 
berechtigte Forderung erfüllt, daß eine solche Befreiung nur 
als Ausnahme unter bestimmten Kautelen zugelassen wird. 
Wenn in Deutschland das Promotionsrecht der tierärztlichen 
Hochschulen endlich zur Einführung gelangt, so wird es ein 
berechtigtes Ziel sein, eine solche Ausnahme ebenfalls zu er¬ 
möglichen. Gewiß werden sich ^die Nächstbeteiligten alle Mühe 
geben, eine der österreichischen ähnliche Bestimmung durch¬ 
zusetzen. Abzuweisen ist nur das hier und da geäußerte Ver¬ 
langen, daß man auf das Reifezeugnis allgemein verzichten solle 
und sogar auf das Promotionsrecht, wenn diese Konzession nicht 
gleichzeitig zu erlangen wäre. Schmaltz. 

Das Promotionsrecbt der Tierärztlichen Hochschulen. 

Von Zeit zu Zeit erscheinen jetzt in den politischen 
Blättern kurze Mitteilungen darüber, daß man beabsichtige, den 
Tierärztlichen Hochschulen das Promotionsrecht zu verleihen. 
Nach der ganzen Fassung stammen diese Mitteilungen nicht aus 
tierärztlichen Kreisen, sondern scheinen eher auf Beziehungen 
zum Kultusministerium zurückzuführen zu sein. Die Hochschul¬ 
nachrichten teilen in Nr. 19 mit, daß das Promotionsrecht den 
Gegenstand von Beratungen in verschiedenen Bundesstaaten 
bilde, daß man aber mehr zur Verleihung dieses Rechtes an 
die Tierärztlichen Hochschulen als zum sächsischen System 
neige, „was in Hinsicht auf das durchgeführte Maturitätsprinzip 
nur zu begrüßen ist“. (Für diese Ansicht sind wir den Hoch¬ 
schulnachrichten, die überhaupt in dieser Frage den tierärztlichen 
Interessen durchaus gerecht geworden sind, sehr dankbar.) Es 
gewinnt fast den Anschein, als ob durch diese Mitteilungen die 
den Universitäten nahe stehenden Kreise allmählich auf die 


879 


bevorstehende Einführung des Promotionsrechts der Tierärztlichen 
Hochschulen vorbereitet werden sollten. Unseres Wissens haben 
in Preußen entscheidende Schritte noch*nicht stattgefunden; 
doch darf man die von den Hochschulnachrichten ausgesprochene 
Hoffnung teilen. 

Mit der Absicht, in naher Zeit diese Frage zu entscheiden, 
dürfte es Zusammenhängen, wenn einzelnen Tierärzten, die die 
Genehmigung zur Führung eines in der Schweiz erworbenen 
Doctor philosophiae nachgesucht haben, seit Monaten keine 
Antwort zuteil geworden ist. Man beabsichtigt vielleicht, auch 
die Frage der Anerkennung ausländischer Doktortitel bei Tier¬ 
ärzten allgemein mit der Einführung des Promotionsrechtes zu 
lösen. Freilich hat man doch kein Recht, die einzelnen Gesuchs¬ 
steller allzu lange warten zu lassen, und eben dies mag vielleicht 
ein Zeichen dafür sein, daß man sich bald zu einem entscheiden¬ 
den Schritt entschließt. Schmaltz. 

Gekaltsklassen und Dleiistaltersstufen. 

Von Kreistierarzt Krucger-Ohlau. 

Im Gegensatz zu Herrn Kreistierarzt Schaum keil (B. T. 
W. 1908, S. 800) ist in der B. T. W. 1908, S. 825 ausgeführt 
worden, daß die Umwandlung der jetzigen drei Gehaltsstufen in 
vier gerade für die in mittleren Jahren stehenden Kreistierärzte 
vorteilhaft wäre. Das trifft nicht zu. 

Ich bin kein hervorragender Rechenkünstler, aber folgende 
Aufstellung dürfte Fehler nicht enthalten. 

Bei einer Zahl von 472 Kreistierärzten und drei Gehalts¬ 
klassen sind in jeder 157, bei vier Gehaltsklassen 118 Kreis¬ 
tierärzte. Bei 1200 M. Mindest-, 3000 M. Höchstgehalt und bei 
gleichmäßigem Aufrücken würden die Gehaltssätze bei drei 
Klassen 1200, 2100 und 3000 M. betragen, bei vier Klassen 
1200, 1800, 2400 und 3000 M. 

Bei drei Klassen würden die Kreistierärzte 
Nr. 1—157 je 3000 M. 

„ 158-314 „ 2100 „ 

„ 315—472 „ 1200 „ Gehalt beziehen. 

Dagegen würden bei vier Klassen die Kreistierärzte 
Nr. 1—118 je 3000 M. 

„ 119—236 „ 2400 „ 

„ 237—354 „ 1800 „ 

„ 355—472 „ 1200 „ p. a. erhalten. 

Bei drei Gehaltsklassen hätten die Kreistierärzte 
Nr. 119—157 je 3000 M. 

„ 158-236 „ 2100 „ 

„ 237—314 „ 2100 „ 

„ 315—354 „ 1200 „ p. a. Gehalt. 

Bei Einrichtung von vier Klassen würden sich 
39 Kreistierärzte (Nr. 119 — 157) um 600 M. verschlechtern, 


78 

„ 

( „ 

158 - 236) „ 

300 „ 

verbessern, 

78 

„ 

c „ 

237-314) „ 

300 „ 

verschlechtern. 

39 

11 

(.. 

315-354) „ 

600 „ 

verbessern. 


Der Kreistierarzt Nr. 236 bildet die Mitte. 78 Nummern 
nach oben und nach unten verbessern bzw. verschlechtern sich 
um den gleichen Betrag. Daher ist die Annahme, daß sich 
gerade die in mittleren Jahren befindlichen Kreistierärzte ver¬ 
bessern, keine zutreffende. Im Gegenteil verbessern sich 39 
junge Kreistierärzte um je 600 M., während sich 39 alte Kreis¬ 
tierärzte um denselben Betrag verschlechtern. 

Will man daher die Gehaltserhöhung hauptsächlich den 
älteren Kreistierärzten zuwenden, so muß man so wenig wie 
möglich Klassen einrichten und umgekehrt. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



880 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


Jedenfalls sind für die älteren Kreistierärzte drei Gehalts - 
klassen annehmbarer, als vier. 

In den Kreisen €er Kreistierärzte besteht der Wunsch, daß 
vornehmlich die Stellen der älteren Kreistierärzte aufgebessert 
werden. Diesem Wunsch ist, wenn ich recht unterrichtet bin, 
auch an entscheidender Stelle Ausdruck gegeben worden. 

Der Wunsch ist vom Standpunkt der Mehrheit wohl ver¬ 
ständlich. Der neu in das Amt tretende Kreistierarzt würde 
sowohl den Vorteil als auch den Nachteil der Neuregelung er¬ 
fahren; er würde sowohl die anfängliche Verbesserung um 
600 M. als auch die nachträgliche Verschlechterung voraus¬ 
sichtlich mitmachen. Die Kreistierärzte der Stellen über 315 
verspüren aber nur die Verschlechterung um 600 M. 

Alle Kreistierärzte sind einig in dem Wunsche, in Zu¬ 
kunft das Gehalt nach Dienstaltersstufen zu erhalten. Dadurch 
würden alle Kreistierärzte die Aussicht erhalten, in das Höchst¬ 
gehalt auch wirklich eintreten zu können, was jetzt für viele 
recht zweifelhaft ist. 

Bei Dienstaltersstufen sind die Aufsteigefristen bis zur 
Erreichung des Höchstgehaltes ungefähr derart bemessen, daß 
Beamte von Erststellen das Höchstgehalt im Alter von etwa 
50 Jahren beziehen. Die Lehrer erhalten es schon mit etwa 
47 Jahren. Inhaber vorgerückter Stellen erreichen das Höchst¬ 
gehalt nach 12 Jahren, wie z. B. die Departementstierärzte. 

Die Kreistierärzte kommen heute nicht vor 35 Jahren zur 
Anstellung, und müßten sie daher bereits nach 15 Dienstjahren 
in das Höchstgehalt einrücken. Das wird vielleicht nicht zu 
erreichen sein, vielmehr besteht die Wahrscheinlichkeit, daß man 
den Kreistierärzten, falls überhaupt Dienstaltersstufen eingerichtet 
werden, in Gleichstellung mit ähnlichen Beamtenkategorien die 
Aufrückungsfrist auf 18 Jahre festsetzt, so daß sie das Höchst¬ 
gehalt in einem Alter von etwa 53 Jahren erreichen. 

Bei 1200 M. Mindest-, 3000 M. Höchstgehalt, bei 7 Klassen 
und 6 Stufen mit gleich hohem Aufstieg würden die Besoldungen 
1200, 1500, 1800, 2100, 2400, 2700 und 3000 M. betragen. 

Nehmen wir den 1. April 1908 als Anfang der Besoldungs¬ 
verbesserung an, so würden die am 1. April 1905 angestellten 
Kreistierärzte 1500, die am 1. April 1902 angestellten 1800, 
die am 1. April 1899 angestellten 2100, die am 1. April 1896 
angestellten 2400, die am 1. April 1893 angestellten 2700 und 
die am 1. April 1890 angestellten 3000 M. Gehalt beziehen. 


Nach unserer Besoldungsliste (Deutscher Vet.-Kal. 1908, 
Teil IH, S. 205) würden am 1. April 1908 beziehen: 


64 Kreistierärzte 

(Nr. 1— 64) je 3000, 

zusammen 192 000 M. 

40 

( „ 65—104) „ 2700, 

„ 108 000 „ 

57 

( „ 105 -161) „ 2400, 

„ 136 800 „ 

78 

( „ 162—239) „ 2100, 

„ 163 800 „ 

74 

( „ 240—333) „ 1800, 

„ 133 200 „ 

57 „ 

( „ 334—390) „ 1500, 

„ 85 500 „ 

82 

( „ 391—472) „ 1200, 

„ 98 400 „ 

472 Kreistierärzte 


zusammen 917 700 M. 

am 1. April 1911: 
104 Kreistierärzte 

(Nr. 1—104) je 3000, 

zusammen 312 000 M. 

57 

( „ 105—161) „ 2700, 

„ 153 900 „ 

78 

( „ 162—239) ,, 2400, 

„ 187 200 „ 

74 

( „ 240-333) „ 2100, 

„ 155 400 „ 

57 

( „ 334-390) „ 1800, 

„ 102 600 „ 

82 

( „ 391—472) „ 1500, 

„ 123 000 „ 

472 Kreistierärzte 

. zusammen 1 034 100 M. 


am 1. April 1914: 

161 Kreistierärzte (Nr. 1—161) je 3000, zusammen 483 000 M. 


78 


u 

162—239) 

„ 2700, 

tt 

210 600 

74 

„ 


240—333) 

„ 2400, 

„ 

177 600 

57 

>> 

u 

334-390) 

„ 2100, 

tt 

119 700 

82 

>» 


391—472) 

„ 1800, 

ft 

147 600 


472 Kreistierärzte zusammen 1138 500 M. 

am 1. April 1917: 


239 Kreistierärzte (Nr. 1—239) je 3000, zusammen 817 000 M. 


74 

?> 

(„ 

240-333) 

„ 2700, 

tt 

199 800 „ 

57 

tt 


334—390) 

„ 2400, 

tt 

136 800 „ 

82 

tt 

u 

391—472) 

„ 2100, 


172 200 „ 


472 Kreistierärzte zusammen 1 325 800 M. 


Wegen des erst vor kurzem erfolgten Revirements des 
kreistierärztlichen Personals wird in den 9 Jahren vom 1. April 
1908 bis 1. April 1917 der Abgang ein minimaler sein, ab¬ 
gesehen von den Kollegen, die schon lange auf die Gehalts¬ 
verbesserung und die damit verknüpfte Pensionierung warten. 
Im Durchschnitt dieser 9 Jahre hätten die jetzigen Inhaber 
917 700 -f 1 034 100 -f 1138 500 -f 1 325 800 = 4 416 100 : 4 = 
1 104 025 M. p. a. bezogen. 

Bei Dnrchschnittsgehältem von 2 100 per Stelle würde der 
Gesamtbetrag p. a. sich auf 991 200 M. stellen. 

Wir bezögen daher bei Dienstalterszulagen mehr 1 104 025— 
991 200 = 112 825 M. durchschnittlich p. a. und in den 9 Jahren 
1 015 425 M. 

Wie aus obigem erhellt, geben Dienstaltersstufen nicht nur 
ein größeres Gefühl der Sicherheit, daß man die Höchststufe 
erreicht, sondern sie sind pekuniär auch äußerst vorteilhaft, für 
die Staatskasse allerdings kostspielig. Jedenfalls verlohnt es 
sich, ein derartiges Ziel mit Kraftanstrengung zu verfolgen. 
Die Zeit ist sehr günstig, daß kaum eine bessere Gelegenheit 
in Zukunft sich finden dürfte. Ist die Besoldungsordnung ge¬ 
setzlich einmal festgelegt, so wird es schwer fallen, eine Änderung 
der Art der Gehaltszahlung zu erzielen, in den nächsten 9 Jahren 
wohl überhaupt nicht. Deshalb videant consules. 

Übersehen darf indes nicht werden, daß im Jahre UK)8 die 
Gesamtheit bei DienstalterBzulagen sich um 991 200—917 700 = 
73 300 M. schlechter stehen würde. Dieser Verlust verringert 
sich indes derart schnell, daß bereits am 1. April 1911 ein Plus 
von 1034 100—991 200 = 42 900 M. vorhanden wäre. 

Der Wunsch, Dienstaltersstufen wie fast alle andern 
Beamten zu erhalten, ist um so gerechtfertigter, als wir den 
WohnungBgeldzu8chuß entbehren müssen, der nach dem neuen 
Gesetzentwurf für die Beamten der 4—5 Rangklasse 720—1350M., 
bei den Subalternen 450—810 M. beträgt, von denen sogar 900 
bzw. 556 M. pensionsfähig sind. 

Ob die Möglichkeit besteht, den neuen Gesetzentwurf, durch 
den die bestehenden Bestimmungen über den Wohnungsgeld¬ 
zuschuß abgeändert werden sollen, auch nach der Seite zu er¬ 
weitern, daß auch nicht vollbesoldete Beamte den Wohnungs¬ 
geldzuschuß erhalten können, entzieht sich meiner Beurteilung, 
da mir der Text des Gesetzentwurfs nicht zur Verfügung steht. 
Jedenfalls sollte der Versuch gewagt werden, vielleicht in Ver¬ 
bindung mit dem Medizinalbeamtenverein, der bei den Dienst¬ 
alterszulagen und dem Wohnungsgeldzuschuß ebenso interessiert 
ist wie der V. d. B. T. 







3: Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


881 


Die Gehälter der Kreistierärzte and die 
Beamtenbesoldangskommission. 

Die Kommission für die preußische Beamtenbesoldungs¬ 
vorlage bat in einer ihrer letzten Sitzungen beschlossen, das 
Durchscbuittsgehalt der Kreisärzte um 600 M. zu erhöhen, 
so daß dasselbe 2400 bis 4200 M. betragen soll. Das Wohl¬ 
wollen ging sogar so weit, daß beantragt wurde, sämtliche 
Kreisärzte voll zu besolden mit bis 7200 M., ein erstaunlicher 
Antrag, der allerdings abgelebnt wurde. Diese Erhöhung ist 
den Kreisärzten an sich wohl zu gönnen; sie hat hat aber eine 
höchst ungünstige Nebenwirkung auf die Kreistierärzte. Während 
in Bayern die beamteten Ärzte und Tierärzte gleichgestellt 
sind, während in Baden der Unterschied sehr erheblich verringert 
werden ist, ist in Preußen schon durch die Regierungsvorlage 
eine Differenz von 600 M. geblieben, die nunmehr verdoppelt 
werden soll. Das ist nicht allein eine gänzlich ungerechtfertigte 
Zurücksetzung der Kreistierärzte, sondern es muß auch einen 
ungünstigen Einfluß auf die Stellung und die Entwicklung des 
tierärztlichen Berufes üben, wenn die Kreistierärzte, statt an 
die Kreisärzte heranzurücken, immer weiter hinter ihnen Zurück¬ 
bleiben. Der Verein beamteter Tierärzte, welcher glücklicher¬ 
weise gerade seine Jahresversammlung abhielt, hat sofort die 
folgende Eingabe an die Kommission gerichtet und überreichen 
lassen. Hoffentlich gelingt es, einflußreiche Persönlichkeiten 
noch in der Kommission selbst davon zu überzeugen, daß die 
Kommission einen Akt der Gerechtigkeit vornehmen muß, indem 
sie bei der zweiten Lesung auch die Gehälter der Kreistierärzte 
ebenmäßig erhöht. Das ist sicher, daß der ganze tierärztliche 
Stand die Erbitterung der Kreistierärzte über diese Behandlung 
teilt. Schmaltz. 

Berlin, den 29. November 1908. 

Eingabe des Vereins beamteter Tierärzte Preußens um Abänderung des 
auf sie bezüglichen Teiles der Besoldungsvorlage. 

Die Kommission zur Vorberatung der Beamtenbesoldungs¬ 
vorlage hat eine Erhöhung der Gehälter der nicht vollbesoldeten 
Kreisärzte um 600 M. beschlossen. Eine gleiche Erhöhung für 
die Kreistierärzte ist nicht beantragt oder beschlossen worden. 
Nach dem Regierungsvorschlag blieben die Kreistierärzte um 
600 M. im Gehalt hinter den Kreisärzten zurück; wenn die von 
der Kommission beschlossene Erhöhung auf die Kreisärzte be¬ 
schränkt bliebe, so würde der Unterschied sich auf 1200 M. 
steigern und bei der Pensionsberechnung infolge Verschiedenheit 
der Anrechnung der Nebenbezüge auf 1500 M. anwachsen. Diese 
Vergrößerung der Unterscheidung führt für die Kreistierärzte 
schwere Nachteile sowohl in pekuniärer, ganz besonders aber 
in ideeller Hinsicht herbei. 

Wir erlauben uns, die Hauptgründe hierfür in Kürze an¬ 
zuführen. 

Die Stellung des Kreisarztes und des Kreistierarztes ist 
immer in Vergleich gestellt worden, was sich aus der engen 
Verwandtschaft der beiden Wissenschaften und aus Ähnlichkeit 
der dienstlichen Obliegenheiten erklärt. Die bestimmten Be¬ 
ziehungen beider Beamtenklassen sind historisch erwachsen, und 
beide haben z. B. gemeinsam unter dem Gebührengesetz 
für Medizinalbeamte gestanden. Die Neufestsetzung der 
Gehälter hat in Bayern zu einer völligen Gleichstellung 
der Bezirkstierärzte und Bezirksärzte (mit 6000 M. Endgehalt) 
geführt und in Baden nur einen geringfügigen Unterschied 
^wischen beiden Beamtenklassen bestehen lassen. In Preußen 


ist nach der Regierungsvorlage die Unterscheidung eine erheb¬ 
lichere geblieben. Wenn diese aber nun durch eine einseitige 
Erhöhung der Gehälter der Kreisärzte noch vergrößert 
werden soll, so kommen dadurch die preußischen Kreistierärzte 
in eine ungünstige Lage sowohl gegenüber den Medizinalbeamten 
als gegenüber den süddeutschen Kollegen. 

Eine Vergrößerung des Abstandes im Gehalt steht im 
direkten Widerspruch mit den Fortschritten der Ausbildung wie 
der Leistungen der Veterinärbeamten. Für das tierärztliche 
Studium wird die Universitätsreife verlangt, die Studiendauer 
steht der des Mediziners wenig nach. Die Diensttätigkeit der 
Kreistierärzte ist namentlich in den Kreisen des Ostens außer¬ 
ordentlich groß und wird durch die Novelle zum Viehseuchen¬ 
gesetz noch bedeutend gesteigert werden; es darf behauptet 
werden, daß sie diejenige der Kreisärzte in ihrem Umfang 
zum Teil erheblich übertrifft, und daß sie auch an Bedeutung 
nicht zurücksteht infolge der Wichtigkeit, welche die 
Veterinärpolizei für die Landwirtschaft und die ganze Volks¬ 
wirtschaft gewonnen hat. 

Wenn trotzdem die Kreistierärzte so erheblich hinter den 
Kreisärzten zurückgesetzt werden, so ist das nicht nur eine 
nicht begründete Benachteiligung der Kreistierärzte, sondern es 
drückt den ganzen Beruf und gefährdet den Zugang zu dem¬ 
selben. Für diesen ist die kreistierärztliche Stellung ent¬ 
scheidend, weil sie das allgemeine Ziel darstellt. Erscheint da¬ 
her diese Stellung gegenüber der des Kreistierarztes äußerlich 
geringwertiger, so werden sich die Studierenden natürlich lieber 
der Medizin zuwenden. Eine Verringerung der Zahl der Tier¬ 
ärzte würde aber bei der gesteigerten Wichtigkeit der tierärzt¬ 
lichen Tätigkeit auch in sanitärer Hinsicht, ein allgemeiner 
Nachteil namentlich auch für die Landwirtschaft sein. 

Für die Gleichstellung der Kreistierärzte mit den Kreis¬ 
ärzten spricht ferner auch die Gleichartigkeit der Er¬ 
werbsverhältnisse beider Beamtenklassen. Denn die Kreis¬ 
tierärzte müssen infolge ihrer dienstlichen Tätigkeit die Privat¬ 
praxis in vielen Kreisen vollständig, in anderen immer mehr 
einschränken oder aufgeben; im Osten können sie dieselben fast 
nur noch mit Hilfe von Assistenten aufrecht erhalten, wodurch 
natürlich der Ertrag erheblich vermindert wird. 

Der vielfach verbreitete Glaube, daß die Kreistierärzte bei 
der Ausübung der Privatpraxis irgendwie erhebliche Beträge 
erübrigen, ist in das Gebiet der Fabel zurückzuweisen, nachdem 
durch statistische Erhebungen feststeht, daß über die Hälfte der 
Kreistierärzte gar keine oder nur bis zur Höhe von 1500 M. 
reichende Reineinnahmen aus privater Tätigkeit erzielt. Eben¬ 
so werden die Überschüsse aus den Reisekosten bei der gegen¬ 
wärtigen Teuerung (Verkehrsmittel) stark überschätzt. Da die 
rein dienstliche Tätigkeit der Kreistierärzte umfangreicher ist 
als die der Kreisärzte, so ist auch die Beeinträchtigung 
in ihrer Praxis größer. Hiernach muß billigerweise auch 
ihre Entschädigung bemessen werden. 

Endlich zeigen die Erfahrungen die Schwere des kreistier¬ 
ärztlichen Dienstes nur zu deutlich. Es ist geradezu auffällig, 
wieviele Kreistierärzte in verhältnismäßig jungen Jahren sterben. 
Infolge der Handhabung der Veterinärpolizei ist der Beruf 
des Kreistierarztes zu einem der aufreibensten geworden. 
Daß er an den Körper viel größere Anforderungen stellt, als 
der des Kreisarztes, ergibt sich aus der Art der Tätigkeit. 
Unter diesen Umständen würde es als besonders hart empfunden 


*** 



882 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


werden, wenn der Kreistierarzt in seinem pensionsfähigen 
Gehalt nm nicht weniger als 1500 M. hinter dem Kreis¬ 
arzt zurückbliebe, zumal der Kreistierarzt derzeit 
erst im Alter von ca. 45 Jahren Pensionsberechtigung 
erlangt. Wir wissen, daß der ganze tierärztliche Stand diese 
Empfindung der Kreistierärzte teilt. Die Kreistierärzte bitten 
daher, sie entweder den Kreisärzten völlig gleichzustellen oder 
sofern dies für die Gegenwart nicht erreichbar sein sollte, den in 
der Regierungsvorlage vorgesehenen Abstand in Gehalt und Pension 
der Kreisärzte und Kreistierärzte keinesfalls zu vergrößern. 

Im Aufträge des Vereins beamteter Tierärzte: 

Rust, Vorsitzender. Bischoff, Schriftführer. 

Versammlung des Vereins beamteter Tierärzte in Preußen. 

Der Verein hielt am Sonnabend, den 28. November seine 
Jahresversammlung in Berlin ab. Dem ersten Teil der Verhand¬ 
lungen wohnte Geheimer Oberregierungsrat Schröter bei, der 
auch selbst das Wort ergriff. Die Stimmung über den Beschluß 
der Beamtenbesoldungs-Kommission kam in einem energischen 
Protest zum Ausdruck (s, oben). Von einer Neuwahl des Vor¬ 
sitzenden wurde abgesehen, der nach dem Ausscheiden des früheren 
ersten Vorsitzenden Prof. Peter an dessen Stelle getretene 
zweite Vorsitzende Rust vielmehr bis zum Ablauf der Wahl¬ 
periode als Vorsitzender bestätigt. 

Die Tagesordnung war folgende: 

1. Jahresbericht. 

2. Bericht über Kasse und Unterstützungswesen. 

3. Das erneute Erscheinen der Lungenseuche in Preußen und 
ihre Bekämpfung. Regierungs- und Veterinärrat Never- 
m an n-Berlin. 

4. Die Pauschalierung. Huth-Sarne. 

5. Neuwahl des Vorsitzenden. 

6. Anträge der Mitglieder des Regierungsbezirks Kassel über 
Satzungsänderungen (Änderung des Abstimmungsmodus nur 
durch Bezirksdelegierte, deren Wahl, Verlegung der Haupt¬ 
versammlung an andere Provinzialhauptstädte) und Erhöhung 
der Gebühren der Kreistierärzte. — Referent wird noch 
bestimmt. 

7. Besprechung der Resolutionen über Überwachung der Milch¬ 
gewinnung und des Milchverkehrs. (Bericht der VII. Haupt¬ 
versammlung Seite 16.) Eingeloitet von Simon-Otterndorf. 

8. Beteiligung der Tierärzte an der Landestierzucht. Bartels- 
Salzwedel. 

Am Sonntag fand ein Vortrag des Geheimrats Dr. Schütz 
über Rotzdiagnose statt; auch demonstrierte Veterinärrat 
Lorenz-Lyck an einer der medizinischen Klinik der tierärzt¬ 
lichen Hochschule übersandten kranken Stute die Symptome der 
Beschälseuche. 

Sitzung der Generalversammlung des Verbandes der 
Privattierärzte in Preußen 

Sonntag, den 6. Dezember a. c., vormittags 11 Uhr, im 
Ratssaale des Kaiserkellers, Berlin W., Friedrichstr. 176—178. 

Tagesordnung: 

I. Geschäftliches. 

1. Jahresbericht. 

2. Kassenbericht. 

3. Statutenänderung. 

a) Soll der Vorstand jährlich oder für die Dauer von 
3 Jahren gewählt werden. (Referenten: Dr. Flatten- 
Köln, Kalcher-Lasdehnen.) 

b) Im § 16 Absatz 4 der Satzungen soll im letzten Satze 
auf das Wort „jedoch“ folgen: „falls sie nicht rein 
lokaler Natur sind“. § 36 soll auf das Wort „Maßnahmen“ 
folgen: „ausgenommen in Fällen § 16 Absatz 4. 
(Referent: Höxter-Treysa). 


Die alte Fassung lautet: 

§ 16. 

Die Verbandsgruppen haben: 

1. Über Aufnahmegesuche von Tierärzten ihres Bezirks nach Ma߬ 
gabe der §§ 6—7 zu beraten bzw. zu beschließen. 

2. Die notwendige Tätigkeit im Interesse des Verbandes innerhalb 
ihres Bezirkes nach den Intentionen des Ausschusses auszuüben 
(insbesondere auch Führung der Mitgliederliste, Aushändigung der 
Mitgliedskarten, Einziehung von Eintrittsgeldern und Umlagen, 
Einreichung der Listen und Beiträge nach der vom Ausschuß 
beschlossenen Geschäftsordnung, Werbung neuer Mitglieder, Ver¬ 
teilung von Drucksachen). 

3. Über die Angelegenheiten der Privattierärzte in ihrem Bezirk 
zu beraten. 

4. Bezüglich solcher Angelegenheiten die ihnen erforderlich 
erscheinenden Schritte zu tun, entweder durch Anträge an den 
Verbandsausschuß oder durch selbständige Maßnahmen. Von 
letzteren ist jedoch dem Ausschuß so rechtzeitig Kenntnis zu 
geben, daß derselbe sein im § 36 vorgesehenes Recht ausüben kann. 

5. Die vom Ausschuß überwiesenen Themata zu beraten. 

6. Beratungsgegenstände aufzustellen und dem Ausschuß zur Be¬ 
schlußfassung oder für die Tagesordnung der nächsten General¬ 
versammlung zu überweisen. 

7. Zur Deckung ihrer Auslagen Umlagen nach § 52 zu erheben. 

8. Für ihre Tätigkeit eine Geschäftsordnung zu beschließen. 

9. Für ihre Vertretung bei den Generalversammlungen nach Maßgabe 
des § 17 Sorge zu tragen. 

§ 36. 

Der Ausschuß hat ein Vetorecht gegenüber allen Maßnahmen, 
mit welchen eine Verbandsgruppe sich an Regierungen und 
Provinzial-Verwaltungsorgane wenden will, sowie gegenüber 
solchen Kundgebungen einer Gruppe, welche geeignet sind, den 
Zusammenhalt und das Einvernehmen im tierärztlichen Stande zu 
gefährden (vgl. § 16, 4). Das Veto hat aufschiebende Wirkung 
bis zur Entscheidung der nächsten Generalversammlung, 

c) Die „Provinzialgruppen* 4 sind selbständige Vereine und 
sollen sich als solche bezeichnen. (Referent: Althof- 
Betzdorf.) 

4. Streichung eines Mitgliedes der Gruppe Rheinprovinz in 
der Mitgliederliste. (Referent: Althof-Betzdorf.) 

5. Die einzelnen Gruppen sollen unter Angabe der Ziele des 
Verbandes (§ 1 der Satzungen: 

§ 1 . 

Der „Verband der Privattierärzte in Preußen“ bezweckt die 
Förderung der besonderen Interessen der Privattierärzte, die 
Wahrung des Ansehens der tierärztlichen Kunst, die Verteidigung 
und Erweiterung ihres Gebietes und die Aufrechterhaltung der 
tierärztlichen Standesehre in der privaten Berufstätigkeit) 
den Königlichen Regierungen Kenntnis von dem Bestehen 
des Verbandes geben. Ebenso soll der Verband auch dem 
Königlicheu Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten sein Bestehen anzeigen. (Referenten: Höxter- 
Treysa, Meßler-Borken.) 

6. Vorstandswahl, 
n. Fleischbeschau. 

1. Jedem Tierarzt ist die Ergänzungsfleischbeschau nach 
§ 7 der Preußischen Ausführungsbestimmungen zu über¬ 
weisen, sobald derselbe darum einkommt und gegen seine 
Person keine Bedenken vorliegen. (Referenten: Dr. Flatten- 
Köln, Schulte-Dortmund, Baumhöfener-Minden.) 

2.. Die Gebührenzahlung für Ausübung der Ergänzungsfleisch¬ 
beschau ist einheitlich zu handhaben und ihre Änderung bei 
Eisenbahnfahrten anzustreben. (Referenten: Beckedorf- 
Krefeld, Kindl er-Canth, Maak-Boxhagen-Rummelsburg.) 

3. In Zuschriften darf den tierärztlichen Fleischbeschauem 
der Titel „Tierarzt“ nicht vorenthalten werden. Es ist 
nicht zulässig, ihnen ohne Angabe von Gründen zu 
kündigen oder ihre Absetzung ohne gerichtliches Ver¬ 
fahren zu verfügen. 

Es ist den Privattierärzten mehr als bisher die 
Ergänzungsfleischbeschau zu übertragen, sie sind in allen 
Fällen der Fleischbeschau bei Anstellungen mehr zu berück¬ 
sichtigen als die Laien. (Referenten: Höxter-Treysa, 
Meßler-Borken.) 



3. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


883 


4. Bei Einsprüchen gegen Entscheidungen der tierärztlichen 
Fleisch- bzw. Ergänzungsfleischbeschauer darf nicht der 
dem Privattierarzte konkurrierende Kreistierarzt, sondern 
nur der zuständige Departementstierarzt zugezogen werden. 

Es ist außerdem eine amtliche Zentralstelle zu bilden, 
die bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem tierärzt¬ 
lichen Fleischbeschauer und dem von der Regierung be¬ 
stellten Kontrollbeamten endgültig gutachtet. (Referenten: 
Baumhöfener-Minden, Höxter-Treysa, Meßler-Borken, 
Schulte- Dortmund.) 

III. Veterinärpolizei. 

1. Es müßte angeordnet werden, daß die Privattierärzte in 
von ihnen angezeigten Seuchefällen von der amtstierärzt¬ 
lichen Untersuchung und Obduktion so zeitig unterrichtet 
werden, daß sie diesen Feststellungen beiwohnen können, 
wenn es in ihrem und in ihrer Kunden Interesse liegt. 
(Referenten: Baumhöfener-Minden, Schulte-Dortmund.) 

2. Bei dem Ausbruch von Maul- und Klauenseuche sowie von 
Tollwut ist verschiedentlich angeordnet worden, daß die 
Untersuchung der zur Ausführung aus dem Sperrgebiete 
bestimmten Tiere dem Kreistierarzt Vorbehalten sei. Ent¬ 
spricht das dem § 59,7 der Bundesratsbestimmungen? 
(Referent: Dr. Flatten-Köln.) 

Diversa: 

1. Die Überwachung der Milchgewinnung und des Verkehrs 
mit Milch seitens der Tierärzte. (Referent: Masch-Wilster.) 

2. Aussprache über die gegenwärtige Lage und Aussichten 
der Tierärzte (Tierärztekammern!) (Referent: Meier- 
Ketzin.) 

3. Abänderung der Taxe, eventuell unter Zugrundelegung der 
Gebührenordnung für Sachsen vom 2 8. 92. (Referent: 
Kolbe- Königshütte) 

4. In der Kommission zur Beratung über den „Gesetz¬ 
entwurf betr. die Ausübung der Heilkunde durch nicht 
approbierte Personen und den Geheimmittelverkehr“ muß 
auch ein Privattierarzt Sitz und Stimme erhalten. (Referent: 
K a 1 c h e r - Lasdehnen.) 

5. Besprechung der Eingabe des Vereins der Privattierärzte 
Ostpreußens vom 7. 12. 07 an den Herrn Landwirtschafts¬ 
minister. Erklärt sich der Verband mit dieser Eingabe 
solidarisch? (Referent: Kal eher-Lasdehnen.) 

6. Verlesung eines Schreibens des tierärztlichen Provinzial¬ 
vereins für Schleswig-Holstein betr. die Gründung eines 
Pressebureaus. 

Um 5 Uhr: Diner mit Damen im Kaiserkeller, Friedrich¬ 
straße 176-78. (Um möglichst zahlreiche Beteiligung und tun¬ 
lichste Voranmeldung bei dem Vorsitzenden wird gebeten.) 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

vom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Fortsetzung.) 

Immunisierung gegen Sterbe der Einhufer. 

Vortrag von Veterinärrat Rickmann-Höchst in der Abteilung für 
Tropenhygiene. 

Rickmann berichtet zunächst über die geographische Ver¬ 
breitung der Sterbe in Südafrika und ist der Ansicht, daß dieselbe 
auch weiter äquatorwärts, wohl auch im Norden vorkomme. Exakte, 
differential-diagnostische Arbeiten fehlen darüber, speziell Try- 
panosomiasen und Piroplasmosen erschweren die Diagnose. 

An der Ausarbeitung eines brauchbaren Impfverfahrens haben 
Edshington, Theiler, Kuhn, Koch und Rick mann gearbeitet 
Heutigen Tags sind Theiler und Rickmann so weit, daß Maul¬ 
tiere erfolgreich und ohne nennenswerte Verluste immunisiert werden 
können, während bei Pferden noch gewisse Schwierigkeiten be¬ 
stehen, deren Beseitigung jedoch nur eine Frage der Zeit und der 
zur Verfügung stehenden Mittel sein kann. 

Die Reihenfolge der Empfänglichkeit und besonders der Sterb¬ 
lichkeit für Sterbe ist Zebra, Esel, Maultier, Pferd. Während z. B. 


Esel nur sehr leichtgradig erkranken, aber nicht eingehen nach 
künstlicher oder natürlicher Infektion, sterben ca 95—100 Proz. 
aller erkrankten Pferde. Zwischen beiden, doch bedeutend näher 
dem Pferde, steht das Maultier. Diese Tiere erkranken ausnahmslos 
schwer, die Sterblichkeit ist fast die gleiche wie bei Pferden, 
jedoch gelingt es bei rechtzeitigem Einsetzen der Therapie (Koffein, 
Serum), einen höheren Prozentsatz zu retten. Von anderen Tieren 
sind Hunde für das Sterbevirus empfänglich. Dies wurde durch 
RUckimpfung von Hunden (Hundepassagen) «auf Einhufer bewiesen. 

Rick mann hat verschiedene Wege zur Immunisierung ein¬ 
geschlagen. Durch Abschwächung des Virus mit chemischen Mitteln 
konnte bei Pferden kein Erfolg erzielt werden. Sodann gelang es, 
durch Eselpassage eine Abschwächung des Virus für Pferde zu 
erzielen, jedoch waren auch hierbei die Impfverluste zu bedeutend. 
Allen diesen Anfangsarbeiten lag die Idee der Gewinnung immuner 
Pferde zwecks Präparation derselben zu Serumtieren zugrunde. 
Als Rickmann durch den Hereroaufstand seine mühevoll ge¬ 
wonnenen Serumtiere verloren hatte, versuchte er solche Tiere mit 
Hilfe eines von Koch vorgeschlagenen Verfahrens zu erhalten. 
Pferde wurde mit kleinsten Anfangsdosen Gift behandelt und die 
nächst höhem Dosen folgten in Zwischenräumen von 14 Tagen. 
Als damit keine Resultate erzielt wurden, gelangte diese von Rick- 
mann mit dem Namen der Progressionsimpfung belegte Methode 
bei Maultieren zur Anwendung, allerdings in der Modifikation, daß 
die Virusverdünnungen mit 1 % wäßriger Karbollösung bereits 
einige Zeit vor der subkutanen Injektion hergestellt würden. Auf 
diese Weise gelang es ca. 50—60 Proz. der geimpften Maultiere 
gegen Sterbe zu immunisieren. Der hohen Impfverluste wiegen 
konnte auch diese Methode als für die Praxis verwendbar nicht 
angesehen werden. 

Immerhin war nun in diesen immunisierten Maultieren die 
Grundlage für die Serumtherapie gegeben, indem dieselben durch 
allmähliche Steigerung der intravenös gegebenen Virusmengen zu 
Serumlieferanten präpariert wurden. Das auf diese Weise erhaltene 
mmnn86rum war jedoch nicht bei allen Tieren gleichartig. Be¬ 
sonders die hämolytischen Eigenschaften w'aren unangenehm. Des¬ 
halb mußte jedes Serum in vitro und bei einigen Maultieren auf 
Freisein von Hämolysinen geprüft werden. Aus Mangel an kleinen, 
für die Sterbe empfänglichen Versuchstieren wurde die Wertigkeit 
des Immunserums ebenfalls an Maultieren geprüft, indem gleiche 
Serum- und Virusmengen verschieden großen Tieren oder in den 
gleich großen Tieren verschiedene Impfdosen gegeben wurden. Bei 
der Impfung selbst kann Serum und Virus gleichzeitig an örtlich 
getrennten Körperstellen (Simultanimpfung) oder zeitlich und eben¬ 
falls örtlich getrennt (Inkubationsimpfung) verimpft werden. Bei 
der Inkubationsimpfung erfolgt die Virusimpfung drei bis vier Tage 
der Serumimpfung. Ungefähr 14 Tage nach der ersten, subkutan 
ausgeführten Virusimpfung erfolgt eine intravenöse Nachimpfung 
mit erhöhter Virusmonge zwecks Festigung und Erhöhung der 
Immunität. Rickmann gibt der Inkubationsimpfung vor der 
Simultanimpfung den Vorzug, da mit ersterer bessere Reaktionen 
ausgelöst w erden und der Grad der Immunität proportional der Impf¬ 
reaktion zu sein scheint. Außerdem ist zu beachten, daß mit ein¬ 
wandfreiem, vor allen Dingen nicht hämolytischem Immunserum 
bei Erkrankungen von Maultieren infolge natürlicher Infektion und 
rechtzeitigem Erkennen der Erkrankung prompt Heilerfolge erzielt 
werden konnten. 

So erscheint wissenschaftlich und praktisch der Erfolg der 
Immunisierungsimpfungen bei Maultieren gesichert Erschwerend 
kommen dafür unter anderen Momenten vor allen Dingen Herz¬ 
schwäche und die latente Piroplasmose in Betracht. Für Pferde 
dagegen ist z. Z. noch keine allgemein verwendbare Impfmethode 
gefunden. Während bei 100 Maultieren auch ca. 100 gleichartige 
Impfreaktionen zu beobachten sind, können bei ebensoviel Pferden 
ebensoviel verschiedene Impfreaktionen eintreten und einen letalen 
Ausgang bedingen. 

Die Ursachen dafür zu erkennen muß weiteren Experimental¬ 
studien Vorbehalten bleiben. 

Im Laufe des Vortrags berichtete Rickmann noch über einige 
Beobachtungen und daraus für die praktische Durchführung der 
Sterbeimpfungen zu folgernde Verhaltungsmaßnahmen. 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


884 


Die Immunität nach der natürlich überstandenen Sterbe 
schwindet nach einiger Zeit, wenn nicht in jeder Sterbesaison 
Gelegenheit zur natürlichen Infektion und Festigung der Immunität 
gegeben wird. Die natürlichen Infektionsmöglichkeiten sind ab¬ 
hängig von dem Aufenthaltsort des Tieres zur Zeit der Sterbe und 
von der Schwere der Sterbesaison im allgemeinen. Um Verlusten 
durch das allmähliche Ausklingen der Immunität vorzubeugen, ist 
speziell bei Impflingen eine alljährliche, künstliche Infektion an¬ 
geraten. Tiere, welche in sehr sterbereicher Gegend gehalten und 
alljährlich den natürlichen Infektionen ausgesetzt sind, erkranken 
nach einmaligem Überstehen der Sterbe nicht mehr offensichtlich 
daran. 

Tiere, welche nach natürlicher Infektion nur an der sog. Dick- 
kopfziekte erkrankt waren, können bei späterer Gelegenheit an der 
schwereren Form, der sog. Dünnpaardziekte schwer erkranken und 
eingehen. Bei den künstlichen Immunisierangsmethoden ist zwischen 
subkutaner und intravenöser Infektion ein analoger Unterschied zu 
beobachten. Deshalb erscheint als Schluß einer Immunisierung das 
Vertragen intravenös verabfolgter Virusmengen erforderlich. 

Von Süden nach Norden zu scheinen Theilers Beobachtungen 
zufolge Schwankungen oder vielmehr Steigerungen in der Virulenz 
des Sterbekontagiums vorzukommen. Deshalb ist bei den Immuni- 
sierungBarbeiten das virulenteste Sterbekontagium zu verwenden. 

Das Sterbovirus geht in utero von der Mutter auf das Kind 
über, wie experimentell erwiesen ist; Fehlgeburt ist allerdings die 
Regel, sowie die Mutter bei vorgeschrittener Trächtigkeit an Sterbe 
erkrankt. Nach dem Überstehen der Sterbe ist das Blut der 
immunen Tiere nicht mehr virulent. Hoch immune, dauernd in 
sterbereicher Gegend lebende Eltern bringen immune Kinder zur 
Welt. Die Immunität der letzteren schwindet allmählich nach Auf¬ 
hören des Säugens. Deshalb wird die hochgradige Festigung 
gegen Sterbe mit Vorteil während der Laktationsperiode einzusetzen 
haben. Dieser Fingerzeig ist besonders für Pferdezucht in sterbe- 
armen Gebieten, welche ihren Absatz in sterbereichen Gebieten 
suchen, wertvoll. In letzteren selbst erfolgt die weitere Festigung 
der vererbten resp. durch die Milch verliehenen passiven Immunität 
auf dem Wege der dauernd gegebenen natürlichen Infektionen. 

(Schluß folgt.) 

Tierärztlicher Zentralverein für die Provinz Sachsen, die Anhaitischen 
und Thüringischen Staaten. 

Der Vorstand bittet uns, folgende Richtigstellung mitzuteilen: 

In Nr. 319 des Magdeburger Generalanzeigers findet sich ein 
Referat von unberufener Hand über die am 15. November d. J. in 
Magdeburg abgehaltene Generalversammlung des Vereins, welches 
in einigen Punkten auf bewußter Unwahrheit beruht, in andern 
ungenau ist. Insbesondere ist von einer Besprechung der äußeren 
Lage der Tierärzte in jener Sitzung nicht die Rede gewesen, und 
die hierüber gemachten Angaben sind frei zu einem bisher nicht 
erkennbaren Zweck erfunden. Ebensowenig ist zutreffend,. daß ein 
Privatdozent Freytag, welcher weder dem Verein als Mitglied 
angehört, noch auch dem Vorsitzenden irgendwie näher bekannt 
ist, in eine Diskussion über den Wert der Burow sehen Tuber- 
kuloseimmunisation eingetreten sei; derselbe war dem Vernehmen 


naeh als Gast anwesend, hat jedoch zu einer sachlichen Diskussion 
weder das Wort erbeten noch erhalten. Dies zur Richtigstellung. 
Das authentische Protokoll über die Verhandlungen wird, wie 
immer, in der Berliner Tierärztlichen Wochenschrift veröffentlicht 
werden. 

Verband der praktischen Tierärzte im GroBherzogtum Hessen. 

1. Generalversammlung 

am Sonntag, den 6. Dezember 1908, nachmittags 1 Uhr, 
im Hotel „Prinz Heinrich“ zu Frankfurt a. M., Scharnhorststr. 50. 
Tagesordnung: 

1. Aufnahme neuer Mitglieder. 

2. Regelung der Kassengeschäfte. 

3. Vorträge mit nachfolgender Diskussion und Beschlußfassung, 
a) Referat über das Ergebnis der Fragebogen: 

1. Bezüglich der Fleischbeschau (Referent Dr. Lehmann- 
Ingelheim). 

2. Bezüglich der Rotlaufimpfungen im Anschluß an den Vor¬ 
trag: „Über die Handhabung des hessischen Rotlauf¬ 
gesetzes“ (Referent Seigel-Viernheim). 

4. Wünsche und Anträge. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

Nach Schluß der Verhandlungen gemütliches Beisammensein. 
Nachdem nunmehr ein Zusammenschluß der praktischen Tier¬ 
ärzte im Großherzogtum Hessen, ebenso w r ie es in anderen Staaten 
bereits längst geschehen ist, stattgefunden hat, muß es jeder Kollege 
als Ehrenpflicht betrachten, nicht allein dem Verbände als Mitglied 
anzugehören, sondern auch durch sein Erscheinen und Mitarbeiten 
die gedeihliche wirtschaftliche und soziale Entwicklung unseres 
Verbandes fördern zu helfen. 

Die Geschäfte in Frankfurt sind am Versammlungstage den 
ganzen Tag hindurch geöffnet. 

Dr. Lehmann, Vorsitzender. Zipp, Schriftführer. 

Zum Kurpfuschergesetz. 

Dieser Tage ist im Kultusministerium die wissenschaft¬ 
liche Deputation für das Medizinalwesen zusammengetreten, 
um über den Entwurf des Kurpfuschereigesetzes zu beraten. 
Zu diesem Zwecke ist die Deputation um je ein Mitglied der 
12 Ärztekammern verstärkt worden. Das Gutachten wird sodann 
dem Reichsamt des Innern zur Unterlage für die Vorberatung 
des Reichsgesetzes zugehen. Es ist nunmehr, wie auch aus dieser 
Mitteilung erhellt, an der Zeit, daß sich auch die tierärztlichen 
Kreise mit dieser Materie befassen und, soweit sie hierzu nicht 
amtlich Gelegenheit haben, durch den Deutschen Veterinärrat und 
eventuell auch durch die Landeszentralvertretungen entsprechende 
Eingaben ausarbeiten lassen. (Vgl. Wulff, Brandenburger Ver¬ 
ein, B. T. W. Nr. 46, S. 835.) 

Kommunale Tätigkeit. 

In Pleß wurde der Kreistierarzt Veterinärrat Gabbey zum 
Stadtverordneten gewählt. (Die Wählbarkeit der Kreistierärzte 
ist bekanntlich früher vergeblich angefochten worden.) 


Staatsveterinärwesen. 

Zur Beschälseuche in Ostpreußen. 

Von Nevermann, Reg. und Vet.-Rat im Ministerium für Land¬ 
wirtschaft, Domänen und Forsten. 

Neuerdings ist die Beschälseuche in Ostpreußen aufgetreten. 
Damit hat diese seit längerer Zeit in Deutschland erloschene 
Seuche für die deutschen Tierärzte ein erhöhtes Interesse verlangt. 
Mit Genehmigung des Herrn Ministers veröffentliche ich nach¬ 
stehend den von mir über den Stand der Krankheit erstatteten 
Bericht. 

Reisebericht. 

In der Zeit vom 26. bis 30. Oktober d. J. habe ich in 
Gemeinschaft mit dem Geheimen Regierungsrat Professor 


| Dr. Schütz, dem Departementstierarzt Veterinärrat Dr. Marks 
' aus Allenstein und den Kreistierärzten Veterinärrat Kleinpaul in 
! Johannisburg und Veterinärrat Lorenz in Lyck eine Besichtigung 
: der in den Kreisen Lyck und Johannisburg ermittelten beschäl- 
■ seuchekranken Pferde, soweit das in dieser Zeit möglich war, 
ausgeführt. 

Durch unsere Besichtigung ist bestätigt worden, daß in 
Ostpreußen die Beschälseuche herrscht. Bis jetzt sind 
seuchekranke oder seucheverdächtige Tiere nur in den Kreisen 
Lyck und Johannisburg und in dem Landgestüt Rastenburg er¬ 
mittelt worden. Von diesem Gestüt sind im Anfang Februar d. J. 
die vier Hengste Lichtstrahl, Trepow, Ali und Marbod der Station 
B. (Kreis Lyck) als Landbeschäler überwiesen worden. Nach 





3. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


885 


dem Stande der heutigen Ermittelungen kann als feststehend 
gelten, daß die Hengste in der ersten Zeit frei von der Seuche 
waren. Die von ihnen bis etwa Mitte März gedeckten Stuten 
sind bisher sämtlich frei von der Seuche geblieben. Von den 
später gedeckten Stuten ist eine größere Zahl erkrankt. Bis 
jetzt sind in dem Kreise Lyck 27 Stuten krank und 12 Stuten 
seucheverdächtig befunden worden. Von den ansteckungsver¬ 
dächtigen, d. h. mit den Hengsten der Station B. in Berührung 
gekommenen Stuten, sind bis jetzt 95 untersucht worden. 52 
ansteckungsverdächtige Stuten sind noch nicht untersucht; drei 
Stuten sind verendet, ehe sie untersucht wurden; zwei Stuten 
sind vor der Untersuchung verkauft worden. Bei 18 Stuten 
ist die Beobachtungszeit von sechs Monaten bereits abgelaufen. 

Im Kreise Johannisburg sind bis jetzt von insgesamt 59 
ansteckungsverdächtigen Stuten 9 Stuten krank und 6 Stuten 
seucheverdächtig befunden. Bei 22 Stuten ist die Beobachtungs¬ 
zeit schon abgelaufen; eine Stute ist verendet. 

Der Hengst Ali ist in der Tierärztlichen Hochschule in Berlin 
am 25. Oktober obduziert worden. Die Obduktion ergab Schwund 
der Muskulatur der linken Kruppe, Schwund des linken Nervus- 
ischiadicus, Knorpeldefekt im linken Hüftgelenk, Vergrößerung 
mehrerer Lymphdriisen, Ansammlung von Flüssigkeit in den 
Rückenmarkshäuten. Im Leben bestand Lahmheit auf dem linken 
Hinterschenkel. Der Hengst Marbod ist am 29. v. M. in B. 
untersucht, getötet und obduziert worden. Er war nach Ablauf 
der Deckzeit dem Herrn von K. auf B. freihändig verkauft 
worden. Der Hengst zeigte mäßig guten Nährzustand, Schwanken 
im Kreuz, Stolpern und Knickein in den Fesselgelenken. 

Die beiden Hengste Lichtstrahl und Trepow wurden am 
27. Oktober 1908 durch Geheimrat Schütz und mich im Land¬ 
gestüt in Rastenburg untersucht. Lichtstrahl zeigte eine flache 
Schwellung der Haut am Bauche vor dem Schlauche und eine 
Vergrößerung der Lymphknoten über dem Schlauche. Trepow 
wies auf jeder Seite der Brustwand etwa in der Mitte zwischen 
Wirbelsäule und Brustbein zwei kreisrunde Anschwellungen der 
Haut auf. Die Anschwellung links war am Rande stärker, als 
in der Mitte, die Haare auf dem angeschwollenen Ringe waren 
aufgerichtet, besonders am Rande; ferner zeigte der Hengst an 
der rechten Seite des Schweifansatzes eine flache, eiförmige 
Quaddel, auf der die Haare aufgerichtet waren. Hiernach ist 
dieser Hengst mit Erscheinungen behaftet, wie sie bei der 
Beschälseuche vorzukommen pflegen. Das genauere Ergebnis 
der Untersuchung der Hengste bitte ich aus den Anlagen I 
und II zu ersehen. 

Durch die Untersuchung der Stuten, durch Einsichtnahme 
in das Deckregister und durch die Verhandlungen mit den 
Stutenbesitzern ist erwiesen, daß die kranken Stuten sämtlich 
von Hengsten, vielfach von mehreren Hengsten der Station B. 
gedeckt sind. Unter diesen kranken Stuten befinden sich aber 
Tiere, die nur von je einem dieser Hengste gedeckt sind; 
folglich muß jeder der Hengste die Seuche übertragen haben. 

Ferner ist ermittelt, daß die von den königlichen 
Hengsten gedeckten Stuten zum Teil auch durch Hengste von 
Privatpersonen gedeckt worden sind. Bis jetzt ist das fest¬ 
gestellt bei Tieren des Gutes R., Kreis Johannisburg, und bei 
einer Stute des Hengsthalters E. in M. Da in den Kreisen 
Johannisburg und Lyck eine Körung für Hengste nicht besteht 
nud somit die Zahl der hier stehenden Hengbte den Behörden 


nicht bekannt ist, so ist durch die Landräte schleunigst die 
Ermittlung aller Deckhengste veranlaßt worden. Die Privat¬ 
hengsthalter führen in der Regel keine Decklisten; infolge¬ 
dessen können die von Privathengsten gedeckten Stuten nicht 
mit Sicherheit ermittelt werden. Es erscheint daher notwendig, 
in den gefährdeten Bezirken der beiden Kreise sämtliche 
über drei Jahre alten Stuten alsbald zu untersuchen. 

An den kranken Stuten wurden im wesentlichen Abmagerung, 
Schwanken im Kreuz, Lähmungen an den Hinterschenkeln und 
der Unterlippe, beetförmige, ringförmige und strahlige Taler¬ 
flecke in der Haut und weiße pigmentlose Flecke in der Um¬ 
gebung der Scham und des Afters (Krötenflecke) festgestellt. 
Daneben bestanden bei einem Teil der Tiere leichte Schwellungen 
der Scham, entzündliche Veränderungen der Scheiden- und Uterus¬ 
schleimhaut, der Schleimhaut der Nasenhöhle, der Oberkiefer¬ 
höhle, der Stirnhöhle und Schwellung der Lymphdriisen (Kehl- 
gangs-, Leisten-, Kniefalten-, Euter- und Schlauchlymphdrüsen). 

Übereinstimmend gaben die Besitzer der Stuten an, daß 
einige Zeit nach dem Deckakte sich Krankheitserscheinungen an 
den Geschlechtsteilen der Stuten gezeigt hätten, nämlich 
Schwellung der Scham, „Blasen“, „Geschwüre“, „wunde Stellen“ 
und Ausfluß aus den Geschlechtsteilen. 

Nach einiger Zeit seien diese Erscheinungen verschwunden. 
Die Tiere hätten dann einen gesunden Eindruck gemacht. 
Mehrere Monate später hätten die Tiere wiederum sich krank 
gezeigt; sie seien magerer geworden, hätten Schwanken im 
Kreuz, Quaddeln in der Haut und weiße Flecke an den Ge¬ 
schlechtsteilen gezeigt. 

Einzelne Tiere haben schließlich nicht mehr stehen können, 
sind niedergefallen, haben nicht mehr aufstehen können und 
sind verendet oder getötet worden. 

Nach dem gesamten Befunde kann es nicht zweifelhaft 
sein, daß die Kreistierärzte in Lyck und Johannisburg die 
Seuche richtig als Beschälseuche erkannt haben. Das Ergebnis 
der Obduktionen hat gezeigt, daß keine andere Erkrankung 
vorliegt. 

Zugleich ist aber auch ermittelt worden, daß durch die 
Obduktion allein sich die Beschälseuche in der Regel nicht 
feststellen läßt. 

Das Ergebnis der Untersuchung der einzelnen Tiere bitte 
ich aus den Anlagen I und H ersehen zu wollen. 

Die Art der Einschleppung der Seuche hat mit Sicherheit 
bisher nicht ermittelt werden können. Da die Hengste in der 
ersten Zeit des Deekens Stuten nicht infiziert haben, so muß 
angenommen werden, daß sie während der Deckzeit durch eine 
ihnen zugeführte Stute angesteckt worden sind. Ob den Hengsten 
russische Stuten zugeführt sind, wird noch festgestellt. Ob die 
Einschleppung der Seuche durch Vermittlung eines Privat¬ 
hengstes erfolgt ist, wird sich erst beurteilen lassen, wenn die 
in den Kreisen Lyck und Johannisburg stehenden Deckhengste 
ermittelt und sie sowie die etwa von ihnen gedeckten Stuten 
untersucht worden sind. Da Deutschland seit vielen Jahren 
frei von Beschälseuche ist, da in den verseuchten Kreisen nur 
eine Einfuhr von Pferden aus Rußland besteht und da die Ver¬ 
schleppung der Beschälseuche anders als durch Pferde ganz un¬ 
wahrscheinlich ist, so ist die Einschleppung der Seuche aus 
Rußland sehr wahrscheinlich. 

(Es folgen Vorschläge für die Bekämpfung der Seuche.) 




886 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


Untersuchungsbefunde. 

Anlage I. 

I. Landgestüt Rastenburg. 

Hengst Lichtstrahl. 

Dankelbraun, Stichelhaare, 8 Jahre alt. 

An der unteren Seite des Bauches vor dem Schlauche 
mehrere flachangeschwollene Stellen in der Haut von der Größe 
eines Handtellers. Die Schwellung ist hart, schmerzlos und 
setzt sieh in die Unterhaut fort. Die Vorhaut etwas derb, aber 
nicht geschwollen. Die Lymphknoten über dem Schlauche 
ziemlich groß, nicht empfindlich und derb. Die einzelnen 
Lappen haselnußgroß und nicht miteinander verwachsen. Die 
Lymphknoten in der Leistengegend und in der Kniefalte von 
gewöhnlichem Umfange und weich. 

Ernährungszustand gut. Keine erhöhte Empfindlichkeit in 
der Haut, namentlich kein Juckgefühl. Haare glatt. Keine 
Muskelzuckungen, auch keine Lähmungen. Unter dem Reiter 
wird das Hinterteil normal bewegt. Nirgends Muskelschwund. 

Der hintere Teil des erigierten Penis schwarz pigmentiert, 
der vordere Teil desselben blaßrot und mit schwarzen Flecken 
besetzt, die letzteren namentlich reichlich in der Nähe des 
schwarzen Abschnittes. In den blaßroten Teilen einige grau¬ 
weiße Stellen von geringem Umfange. Die Oberfläche des 
Penis stellenweise mit schmierigen Massen bedeckt. 

Hengst Trepow. 

Fuchs, Blässe, drei Füße weiß, 5 Jahre alt. 

Auf jeder Seite der Brustwand etwa in der Mitte zwischen 
Wirbelsäule und Brustbein zwei kreisrunde Anschwellungen in 
der Haut, deren Durchmesser 10 bzw. 12 cm beträgt. Die 
Anschwellung ist am Rande stärker als in der Mitte. Die 
Haare auf dem angeschwollenen Teile aufgerichtet, besonders 
am Rande. An der rechten Seite des Schweifansatzes eine 
flache, gleichfalls scharf begrenzte, eiförmige Anschwellung der 
Haut, auf der die Haare aufgerichtet sind. Sonst keine Ver¬ 
änderungen in der Haut. Die fühlbaren Lymphknoten weich, 
schmerzlos und von gewöhnlicher Größe. Nur in dem rechten 
Unterkieferlymphknoten zwei haselnußgroße weiche Stellen. 
Kein Ausfluß aus der Nase. 

Eine Veränderung in der Empfindlichkeit der Haut ist 
nicht nachzuweisen. Beim Reiten werden die Muskeln regel¬ 
mäßig bewegt, namentlich auch diejenigen des Hinterteiles. 
Alle Muskeln zeigen den natürlichen Umfang; nirgends besteht 
Verkleinerung. Der vordere Teil des erigierten Penis ist ganz 
gleichmäßig rosarot gefärbt und die Oberfläche desselben 
stelllenwei8e mit einer schmierigen Masse bedeckt. 

2. Kreis Lyok. 

Gemeinde Sa., Besitzer: Gutsbesitzer D. 

Von den Bieben Zuchtstuten sind vier in S. von einem 
Privatbeschäler und drei von königlichen Hengsten in B. gedeckt 
worden. Die von den Privatbeschälern gedeckten Stuten sind 
zur Zeit frei von allen verdächtigen Erscheinungen; von den 
durch königliche Hengste gedeckten Stuten ist eine 21 Jahre 
alte Fuchsstute schwerkrank, eine zweite Fuchsstute zeigt 
weiße, pigmentlose Flecke in der Umgebung der Scham und ist 
somit seucheverdächtig. Die schwerkranke Fuchsstute zeigt 
Abmagerung, Schwanken im Kreuz, eigentümlich tappenden Gang 
der Hinterfüße, weiße Flecke an der Scham und geringen Ausfluß 
aus der Scham. Dieses Tier wird alsbald getötet. Das Ergebnis 
der Obduktion ist unter Nr. 2 der Anlage 2 wiedergegeben. 


Gemeinde S., Besitzer: K. 

Zwei von den königlichen Hengsten gedeckte Stuten, eine 
Fuchsstute und eine braune Stute, fressen angeblich sc ile cht, sind 
mäßig gut genährt. Die Fuchsstute soll im Juni d. Js. Quaddeln 
in der Haut gezeigt haben und weist jetzt runde weiße, pigment¬ 
lose Flecke neben der Scham auf. Die Stuten sind im Mai 
gedeckt. In der Bewegung bestehen keine Unregelmäßigkeiten. 

Gemeinde M., Besitzer: Hengsthalter E. 

E. besitzt zwei Hengste; einen Fuchshengst, Belgier, der 
am 7. Juni 1908 sich krank gezeigt hat. Der Tierarzt von 
Lojewski in Lyck hat damals Bläschenausschlag feBtgestellt. 
Am 14. Juni hat der Kreistierarzt Lorenz bei diesem Hengst 
in der Abheilung begriffene Erosionen und leichte Schwellung 
am Schlauch und am Penis festgestellt. Am 6. Oktober hat, 
veranlaßt durch die Beschälseuche-Ermittlungen, der Kreistier¬ 
arzt Lorenz den Hengst nochmals untersucht und nunmehr 
eine unvollkommene Lähmung des Penis ermittelt. Am 14. Oktober 
haben Departementstierarzt und Kreistierarzt den Hengst noch¬ 
mals gemeinschaftlich untersucht und dabei neben der teilweisen 
Penislähmung eine Schwellung des linken Nebenhodens fest¬ 
gestellt. Bei der Untersuchung am 28. Oktober zeigte der 
Hengst schlechten Nährzustand, rauhes Haar, unvollkommene 
Penislähmung und Schwellung des linken Nebenhodens. 

Am 28. Oktober war der zweite Hengst dieses Besitzers 
noch frei von verdächtigen Erscheinungen. Am 29. Oktober 
zeigte der Besitzer die Erkrankung auch dieses Hengstes an. 
Bei unserer Untersuchung am 30. Oktober zeigte der sieben¬ 
jährige braune Hengst ringförmige Quaddeln auf der Kruppe, 
eine strahlenförmige Quaddel an der linken Halsseite, eine 
Schwellung des rechten Hodens und Nebenhodens und eine 
Mastdarmtemperatur von 38,4° C. Bei der Vorführung einer 
Stute zeigte der Hengst keine Lust zum Decken. 

Die Stuten des Besitzers E. zeigen zur Zeit keinerlei 
Krankheitserscheinungen. 

Gut B., Besitzer: v. K. 

Hengst Marbod, Fuchshengst, Stern, rechte Hinterkrone 
innen weiß, 22 Jahre alt. 

Das Tier soll 14 Tage nach Ankunft in B. (Mitte August) 
Quaddeln in der Haut gezeigt haben, die etwa 8 Tage 

bestehen blieben. An der Innenseite der Hinterschenkel be¬ 
stehen mehrere Hautabschürfungen, aus der linken Augenlid¬ 
spalte etwas schleimiger Ausfluß, ebenso geringer schleimig- 

wässeriger Ausfluß aus den beiden Nasenlöchern. Die linke 
Unterkieferlymphdrüse ist etwas geschwollen, einzelne Lappen 
nicht ganz haselnußgroß. 

Bei der Bewegung im Schritt bemerkte man leichtes 

Schwanken im Hinterteil, besonders deutlich beim Wenden und 
einen etwas tappenden Gang, besonders vorn. Die Hinter¬ 

extremitäten werden nicht ganz regelmäßig hoch gehoben. Das 
Tier stolperte mehrfach und zeigte Knickein in den Fessel¬ 
gelenken. Der Ernährungszustand ist mäßig gut, aber schlechter 
als der Nährzustand der übrigen Hengste des Gestüts Rasten- 
bnrg. Das Haarkleid ist glatt und glänzend. Die Futter¬ 
aufnahme soll schlecht sein. 

Das Tier wurde an demselben Tage getötet, das Ob¬ 
duktionsergebnis bitte ich aus der Anlage 2 Nr. 3 zu entnehmen. 

Gut B., Besitzer; Gutsbesitzer v. K. 

Scheckstute, schwarzgestreift, gedeckt am 5. Mai von Ali, 
soll im Juni d. J. Schwellung am Euter gehabt haben, die 



3. Dezember 1908. 


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langsam an Größe zunahm. Die Stute zeigt jetzt ein sehr 
großes, derbes Euter und ein vom Euter sich über die untere 
Seite des Bauches bis über das Brustbein hin ausdehnende 
Schwellung der Haut und Unterhaut, die weich, warm und 
empfindlich ist und Fingereindrücke anniramt. Das Tier wird 
getötet. Das Ergebnis der Obduktion ist in der Anlage II, 
Nr. 4 niedergelegt. Die übrigen Stuten desselben Besitzers 
zeigen zur Zeit keine verdächtigen Erscheinungen. 

Gemeinde N., Besitzer: Sb. 

Braune Stute, ca. 7 Jahre alt, von Trepow am 7., 24. und 
31. März und am 7. April gedeckt. Die Schamspalte ist etwas 
geöffnet, die sichtbaren Teile der Scheide sind stark gerötet 
und geschwollen. Aus der Scheide fließt schleimig-eitrige 
Flüssigkeit. Unter dem äußeren linken Darmbeinwinkel besteht 
eine Anschwellung der Haut in Größe eines Talers. In der 
Sattellage rechts eine ebensolche in der Größe eines Fünfmark¬ 
stückes, ebenso eine markstückgroße Quaddel an der linken Seite 
des Halses. Auf beiden Seiten der Kruppe etwa bleistiftstarke 
Stränge in der Haut, die sich verzweigen. Alle Hautstellen sind 
schmerzlos. Aus den Nasenöffnungen fließt etwas wäßrig¬ 
schleimiger Ausfluß, der am Rande der Nasenlöcher zu Krusten 
angetrocknet ist. Nasenschleimhaut am Eingang stark gerötet, 
die Oberfläche mit einer bräunlichen trockenen Masse bedeckt. 
Die Lymphknoten im Kehlgang etwas vergrößert. Es besteht 
allgemeine Abmagerung, schwankender Gang im Hinterteil und 
eine Mastdarmtemperatur von 39° C. Der Ausfluß aus der 
Scheide soll seit der Deckzeit bestehen. Die Stute wurde am 
30. Oktober getötet. Das Obduktionsergebnis ist in der Anlage 2 
unter Nr. 5 angegeben. 

Sb. besitzt außerdem eine schwarzbraune Stute, 4 Jahre, 
gedeckt von Ali am 14., 22. und 29. März und 5. April, und von 
Marbod am 14. Mai ohne Krankheitserscheinungen, sowie eine 
am 9. Juni gedeckte Stute, gleichfalls ohne Krankheitser¬ 
scheinungen. 

Gemeinde B., Gutsbesitzer: H. 

Eine Stute ist im Laufe des Sommers angeblich an Hitz- 
schlag verendet. 

RappBtute mit Stern, 12 bis 13 Jahre alt, gedeckt von 
Trepow am 11., 18. und 30. März und von Marbod am 18. und 
25. Mai. Das Tier soll Quaddeln gezeigt haben. Die Scheiden¬ 
schleimhaut ist gerötet, die Schamspalte etwas geöffnet. Bei 
der manuellen Eröffnung der Scheide entleert sieb in großer 
Menge trübe gelbliche Flüssigkeit. Aus beiden Nasenlöchern 
ein geringer wässriger Ausfluß. In der rechten Kehlgangslymph- 
drüse ein etwa haselnußgroßer Knoten. Im Augenwinkel etwas 
eingetrocknete Absonderungsmasse. Die Konjunktiven etwas 
gerötet; die Unterlippe hängt etwas herab. Fibrilläre Zuckungen 
in der Unterlippe. Temperatur 38,8° C. Die Stute wurde am 
30. Oktober getötet. Das Obduktionsergebnis enthält die 
Anlage 2 unter Nr. 6. 

FucliBstute mit Stern, linker Hinterfuß hoch weiß, 8 Jahre 
alt, gedeckt von Trepow am 8. und 30. März. Ausfluß aus 
beiden Nasenlöchern in geringem Grade, der an den Rändern 
zu dicken Krusten eingetrocknet ist. Keine Schwellung der 
Kehlganglymphdrüsen. Keine Conjunctivitis. An der rechten 
Seite der Kruppe eine flache ringförmige Anschwellung von 
über Fünfmarkstückgröße, auf dem angeschwollenen Ringe sind 
die Haare etwas gesträubt. 


Außerdem besitzt H. noch drei Stuten, von denen je eine 
von Lichtstrahl, Ali und Marbod gedeckt ist. Diese Tiere sind 
bisher ohne Krankheitserscheinungen geblieben. 

Gemeinde B., Besitzer: N. 

Braune Stute mit Stern, rechter Hinterfuß weißer Ballen, 
8 Jahre alt, gedeckt von Trepow am 21. und 28. April d. J. 

Es besteht etwas Nasenausfluß, leichte Anschwellung beider 
Unterkieferdrüsen, die Schamspalte etwas geöffnet, Scheiden¬ 
schleimhaut gerötet, die Haut in der Umgebung der Scham 
weiß, ohne Pigment. 

Gemeinde B., Besitzer: D. 

Die Stute ist von Ali am 25. März und von Trepow am 
2. und 10. April gedeckt worden. Einige Monate nach dem 
letzten Decken (August) soll die Stute mager und schwach 
geworden sein, eine geschwollene Scheide, Ausfluß aus der Scham 
und Weißfärbung der Scham gezeigt haben. Schließlich hat sie 
nicht mehr aufstehen können; der Besitzer hat sie töten lassen. 

Gemeinde B., Besitzer: M. 

Schimmelstute, 8 Jahre, gedeckt von Ali am 24. Juni und 
von Marbod am 30. Juni. Schamspalte wenig geöffnet, Scheiden¬ 
schleimhaut nicht gerötet, neben der Scheide mehrere weiße, 
pigmentlose Flecke, allgemeine Abmagerung. 

3. Kreis Johannisburg. 

Gemeinde K., Besitzer: Johann M. 

Fuchsstute, Blässe, 10 Jahre alt, gedeckt von Ali am 
13. und 26. Mai und am 10. Juni. 

Kein Nasenausfluß, keine Veränderungen der Unterkiefer- 
lymphdrüsen, Scliamspalte etwas gerötet, geringer Ausfluß. 
Schleimhaut der Scheide stark gerötet, die Oberfläche mit 
schleimiger Masse bedeckt. Das Euter groß und schmerzhaft. 
Die Lymphdrüsen an beiden Kniefalten und in der Leistengegend 
nicht vergrößert. In der Haut zu beiden Seiten der Scham 
weiße Flecke, besonders in der Tiefe der Falten, am unteren 
Winkel der Scham ist die äußere Haut in Markstückgröße ganz 
weiß. An der linken Halsseite eine halbmondförmige, quaddel¬ 
artige Anschwellung von Handgroße, auf der die Haare gesträubt 
sind. Das Tier geht steif und gespannt im Hinterteil, der 
Ernährungszustand mangelhaft. 

Gemeinde N., Besitzer: K. 

Braune Stute mit Stern, 4 Jahre alt, gedeckt am 17. Mai 
von Ali. 

Kein Nasenausfluß, Unterkieferlymphdrüsen unverändert, 
Schamspalte etwas geöffnet, Schamlippen etwas geschwollen, in 
der Haut der Scham mehrere weiße, pigmentlose Flecke, 
Schleimhaut der Scheide gerötet und geschwollen, die Oberfläche 
mit etwas Schleim bedeckt. Nährzustand mittelmäßig; in der 
Haut keine Veränderungen. Das Pferd soll im August Krank¬ 
heitserscheinungen an den Geschlechtsteilen gezeigt haben. 

Gemeinde 0., Besitzer: J. 

Dunkelfuchsstute mit Stern und strichförmiger Blässe, 
8 Jahre alt, gedeckt am 25. April von Ali. 

Acht Tage später soll das Tier nochmal gedeckt worden 
sein. Dieser Sprung ist im Deckregister nicht eingetragen. 
Die Stute ist mager und schwankt im Hinterteil, sie zieht den 
linken Hinterfuß leicht schleppend über den Boden und hat seit 
zwei Jahren am linken Hinterhufeisen eine große Zehenkappe. 

Gemeinde M., Besitzer: J. 

Hellbraune Stute, 7 Jahre alt, gedeckt von Lichtstrahl am 
25. März, 1., 8., 15., 22. und 29. April, am 4. und 15. Mai. Die 



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No. 49. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Stute soll Schwellungen an den Geschlechtsteilen und vor 
14 Tagen talergroße Flecke in der Haut gezeigt haben. Am 
25. Oktober ist durch den Kreistierarzt taumelnder Gang, weiße 
Flecke an der Scheide, Schwanken im Kreuz, Rötung der Nasen¬ 
schleimhaut und dicker gelber Ausfluß aus der Nase festgestellt 
worden. Befund am 29. Oktober: Kein Nasenausfluß, keine 
Schwellung der Kehlgangslymphdrlisen, Schwellung des Euters 
und Schwellung der Haut vor dem Euter, Schamspalte geöffnet, 
schleimigeitriger Ausfluß aus der Scheide, Scheidenschleimhaut 
stark gerötet, mehrere kleine weiße, pigmentlose Flecke am 
oberen Winkel der Scham. Temperatur 39,4° C. 

Schwere Störung in der Bewegung des Hinterteils; die 
Stute geht breitbeinig und kann die Extremitäten nur schwer 
hoch heben; besonders betroffen ist die rechte Hinterextremität. 
Das Tier knickt mehrmals zusammen. Der rechte Hinterfuß 
wird in der Ruhe nach außen gestellt und wenig belastet. 

Das Obduktionsergebnis enthält die Anlage II unter Nr. 7. 

Gemeinde S., Besitzer: Sk. 

Dunkelbraune Stute ohne Abzeichen, 8 Jahre alt, gedeckt 
von Ali und Marbod am 3., 12. und 19. Juni. Nach der An¬ 
gabe des Besitzers soll das Tier auch von Lichtstrahl gedeckt 
worden sein, was im Deckscheine nicht notiert ist. 

Schampalte geschlossen, Scham nicht geschwollen, kein 
Ausfluß, Scheidenschleimhaut nicht gerötet. Euter normal, 
ebenso Kniefalten- und Leistendrüsen. Allgemeine Abmagerung. 
Im Schritt werden die Hinterschenkel nur mangelhaft gehoben, 
die Hufzehen schleifen etwas über dem Erdboden. Beide Hufe 
zeigen am Zehenteil deutliche Abschleifungen. 

Gemeinde Groß-R., Besitzer: K. 

Rappstute, 13 Jahre alt, ohne Abzeichen, gedeckt von Trepow 
am 4., 11., 18. und 25. April. 

Aus den Nasenöffnungen kein Ausfluß, Kehlganglymphdrüsen 
unverändert. Deutliche Lähmung der Unterlippe. An der 
rechten Seite der Brust sechs talerförmige Anschwellungen der 
Haut, links zwei ähnliche Anschwellungen, ebenso zwei an der 
rechten Halsseite. Die Stute kann nur mit Mühe aus dem 
Stalle gebracht werden, sie geht mit gespreizten Hinterbeinen 
und knickt während des Gehens im Hinterteil mehrfach ein. 
Besonders schwer wird dem Tiere das Wenden. In der Rahe 
stellt das Pferd den rechten Hinterschenkel nach außen und 
belastet die Extremität sehr wenig. Zeitweise hebt es den 
rechten Hinterschenkel unter Beugung in allen Gelenken hoch 
und macht, ohne den Fuß aufzusetzen, mehrere Beugungen und 
Streckungen. An den Bauchmuskeln und Kniescheibenstreckern 
bestehen Muskelzuckungen. 

Das Tier wurde alsbald getötet. Der Obduktionsbefund ist 
in der Anlage 2 unter Nr. 8 enthalten. 

Gut R., Gutsbesitzer: W. 

1. Fuchsstute ohne Abzeichen, 12 Jahre alt, Jucker, gedeckt, 
von Ali und Lichtstrahl. 

Keine Flecke an der Scham, geringer schleimiger Ausfluß 
aus der Scheide, Scheidenschleimhaut etwas gerötet. Nähr¬ 
zustand gut. Keine Bewegungsstörungen. 

2. Fuchsstute, 10 Jahre alt, gedeckt von Ali und Marbod. 

Mehrere weiße, pigmentlose Flecke an der Scham, etwas 

schleimiger Scheidenausfluß, Scheidenschleimhaut gerötet, je ein 
talergroßer Fleck am Halse rechts und in der linken Flanken¬ 
gegend. Das Tier soll das Fohlen verworfen haben. 


Beide Stuten sind von einem neuerdings gekauften Schimmel¬ 
hengst des Besitzers nachgedeckt worden. An dem Hengste 
bestehen zur Zeit keinerlei Krankheitserscheinungen. 

Obduktionsbefunde. 

Anlage II.*) 

I. Obduktionsbericht 

über den am 25. Oktober 1908 getöteten Hengst „Ali“ 
des Landgestütes Rastenburg. 

Kadaver eines gut genährten Pferdes. Die Untersuchung 
der äußeren Haut ergibt nichts Krankhaftes. Die Glutaeal- 
muskulatur der linken Seite ist deutlich atrophisch. Auch der 
bis unter das Sprunggelenk herauspräparierte Nervus ischiadicus 
ist dünner als der entsprechende Nerv der rechten Seite. 

Die Lage des Darmes und der übrigen Baucheingeweide 
ist normal. Das Bauchfell spiegelt überall. Alle Eingeweide 
sind blaß (Verblutung); ungehöriger Inhalt ist in der Bauch¬ 
höhle nicht vorhanden. Auffallend ist eine starke Vergrößerung 
der inguinalen, lumbalen und mesenterialen Lymphknoten. Die 
inguinalen besonders bilden faustgroße Pakete. Ihre Durch- 
schnittsflächen sind saftig, das Parenchym gleichmäßig rötlich¬ 
grau gefärbt, die Kapseln überall erhalten. Verwachsungen 
zwischen den Einzelknoten fehlen. Die Urogenitalorgane 
wurden im Zusammenhänge herausgenommen. An der Harnblase 
war keine krankhafte Veränderung wahrzunehmen. Die beiden 
Hoden erschienen etwas klein. Ihre Albuginea wies nirgends 
Verdickungen auf, die Durchschnittsflächen sind gleichmäßig 
fein gekörnt, mattbraun gefärbt und frei von Narben oder 
sonstigen Abweichungen. Die Schleimhaut der Harnröhre ist 
in ihrer ganzen Ausdehnung intakt, insbesondere fehlen Geschwüre 
und abnorme Pigmentationen völlig. Auch die Außenfläche des 
Penis und das äußere Präputium sind unverändert. An der 
ventralen Übergangsstelle des parietalen Blattes vom inneren 
Präputium zum visceralen Blatte ist eine 10 cm lange und 5 cm 
breite, ganz unpigmentierte Stelle vorhanden, deren Begrenzungs¬ 
linien nicht überall glatt sind, sondern mehrfach bogenförmig 
nach außen abweichen. Von einer Sektion des Gehirnes und 
Rückenmarkes mußte abgesehen werden. Doch fiel beim Ab¬ 
trennen des Kopfes vom Halse auf, daß Cerebrospinalflüssigkeit 
in erheblicher Menge aus dem Wirbelkanal abfloß (80—100 ccm). 

Nach der Eröffnung des linken Hüftgelenkes zeigte sich 
am äußeren oberen Pfannenrand ein Knorpeldefekt von etwa 
3 cm Länge und 1 cm Breite. Der Grund des Defektes war mit 
dickem Granulationsgewebe erfüllt. Die Ränder waren unregel¬ 
mäßig, in der Umgebung fehlten Entzündungserscheinungen. 
An der korrespondierenden Stelle des Femurkopfes ist eine 
ähnliche aber kleinere Knorpelusur vorhanden. 

Die Organe der Bauch- und Brusthöhle waren im übrigen 
unverändert, ebenso auch die Halsorgane. In der Arteria ilco- 
coeco-colica fand sich ein walnußgroßes Aneurysma. 

Die histiologische Untersuchnng von Stücken aus dem linken 
N. ischiadicus ergab, daß es sich um Degeneration zahlreicher 
Nervenfasern, besonders in der Peripherie der Nervenbündel 
handelte. Teilweise nahm junges Granulationsgewebe die ent¬ 
stehenden Lücken ein. Die hyperplastischen Lymphknoten 
zeigten auch histologisch das reine Bild der Hyperplasie mit 
sehr starkem Hervortreten der Keimzentren. 

*) Die Obduktionsbefunde sind nach den Angaben des Herrn 
Geheimrat Prof. Dr. Schütz wiedergegeben. 



Dezember 1908. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Schwund der Muskulatur der linken Kruppe. Entartung 
und Schwund des linken N. ischiadicus. Schwellung der Lymph¬ 
knoten der Leisten- und Lendengegend, sowie der Gekröslymph- 
knoten. Knorpeldefekte im linken Hüftgelenk. Starke ■ An¬ 
sammlung von Flüssigkeit in den Rückenmarkshäuten. Pigment¬ 
mangel an der inneren Vorhaut. Aussackung der Hüftblind- 
grimmdarmarterie. 

2. Obduktionsbericht 

über eine am 28. Oktober 1908 in S. getötete Fuchsstute, 
21 Jahre alt, des Gutsbesitzers D. 

Sehr schlecht genährter Kadaver. In der Umgebung der 
Scham weiße, pigmentlose Flecke von Erbsen- bis Pfennigstück¬ 
größe. In der Unterhaut über der Milchdrüse, hinter den 
Ellenbogenmuskeln, in den Kniefalten und unter dem Bauchfelle 
sind nur Spuren eines rötlich-gelben schleimigenGewebes vorhanden. 
DieLeichenstarre ist an den Körpermuskeln noch nicht eingetreten; 
letztere sind auf dem Durchschnitte graurot, trocken und schlaff. 

Im freien Raume der Bauchhöhle kein fremder Inhalt. An 
Darm, Magen, Leber und Nieren keine besonderen Abweichungen. 
Die Milz ist etwas größer als gewöhnlich, graublau gefärbt; 
auf dem Durchschnitte sind die Malpighischen Körperchen mit 
dem bloßen Auge leicht zu erkennen; einige Körperchen sind 
fast hirsekorngroß. 

Die Lungen bieten nichts Erwähnenswertes. Im Herzbeutel 
befinden sich einige Kubikzentmeter einer klaren gelblichenFlüssig- 
keit. An Stelle des Fettes befindet sich in den Kranz- und Längs¬ 
furchen des Herzens ein gallertiges gelbliches Gewebe. Beide 
Herzkammern sind leer. Klappen und Innenhaut unverändert. 
Herzfleisch auf dem Durchschnitt graurot, trocken und mürbe. 

Die Schleimhaut des Kehlkopfes, der Rachenhöhle und der 
Luftröhre sind blaß, an der Oberfläche glatt ; nirgends Geschwüre 
oder Narben. Die Venen der Nasenhöhlenschleimhaut sind 
schwach mit Blut gefüllt. Die Schleimhautoberfläche ist glatt 
und glänzend. 

Die Hüftblindgrimmdarmarterie ist Sitz einer hühnereigroßen 
Erweiterung, deren Wand 4 mm dick und die durch ein Gerinnsel 
verstopft ist. 

Letzteres reicht bis in die Aorta, ist graurot, bröckelig und. 
wandständig. Von dem fortgesetzten Gerinnsel sind Stücke ab¬ 
gelöst, wie die zerklüftete Endstelle zeigt. An der Teilungs¬ 
stelle der hinteren Aorta sitzt ein Pfropf, der aus zwei Teilen 
besteht. Der größere Teil füllt die beiden Becken- und Schen¬ 
kelarterien. Der kleinere Teil liegt in der Aorta und ist 
hühnereigroß. Der größere Teil reicht mit fingerförmigen Fort¬ 
sätzen in alle Äste der Schenkelarterie hinein und verstopft 
diese völlig. 

In der Haut der Schamlippen dicht am oberen Scham Winkel 
befindet sich eine sehr flache und ausgebuchtete Narbe. Ober¬ 
fläche glatt und graurötlich. Schleimhaut des Scheideneinganges 
dick, zeigt an der rechten Wand eine linsengroße warzige Neu¬ 
bildung, die rötlich gefärbt und derb ist. Scheide weit; Oberfläche der 
Scheideschleimhaut mit grauweißer schleimig-eitriger Masse be¬ 
deckt, die sich leicht abspülen läßt. Gebärmutterhals derb, 
fest verschlossen und schwer zu schneiden. Gebärmutter weit 
und mit trüber Flüssigkeit etwas gefüllt, ihre Schleimhaut sehr 
dick. Die einzelnen Falten derselben zeigen die Form glatter 
Wülste. Viele Uterindrüsen sind weit, erheben sich in Form 
von Bläschen über die Oberfläche und enthalten eine gelbliche 


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klare Flüssigkeit; an manehen Stellen sind die Bläschen zu 
Polypen zusammengetreten. In beiden Eierstöcken mehrere 
walnußgroße und viele kleinere Blasen, die mit klarer ungefärbter 
Flüssigkeit angefüllt sind. Das Gewebe der Eierstöcke derb 
und ganz weiß. 

Das Euter schlaff; auf dem Durchschnitt kleine Läppchen, 
die sich schwer trennen lassen. Zitzen klein. Die Haut über dem 
Euter ist schwarz, nur an einer erbsengroßen Stelle fehlt das 
Pigment. 

Die Leisten und Lenden, sowie die über dem Euter gelegenen 
Lymphknoten sind sehr groß, auf dem Durchschnitte derb, 
rötlichgrau, fast markig. Die einzelnen Knoten nicht mit¬ 
einander verwachsen. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Chronische wuchernde Zysten bildende Entzündung der 
Gebärmutterschleimhaut. Follikelwassersucht und chronische 
Entzündung der Eierstöcke. Wurmaneurysma und Thrombose 
der Hüftblindgrimmdarmarterie. Embolie der Becken- und 
Schenkelarterien. 

3. Obduktionsbericht 

über den am 28. Oktober 1908 getöteten Hengst Marbod des 
Gutsbesitzers v. K. auf B. 

Gut genährter Kadaver. In der Unterhaut hinter den 
Ellenbogenmuskeln, in den Kniefalten, über dem Schlauche und 
hinter dem Bauchfell in reichlicher Menge graurötliches Fett 
von deutlich lappigem Bau. Die Fettschicht hinter dem Bauch¬ 
fell ist 2 cm dick. 

In der Bauchhöhle kein fremder Inhalt. Magen, Darm, 
Leber, Milz und Nieren zeigen nichts Abnormes. 

Die Brustfellsäcke enthalten keine Flüssigkeit. Im Herz¬ 
beutel etwa ein Eßlöffel einer klaren gelblichen Flüssigkeit. 
In den Herzfurchen zusammenhängende Fettmassen. Die Ränder 
der zweizipfligen Klappen sind etwas verdickt, sonst nichts 
besonderes am Herzen. An der Innenhaut des Anfangsteils der 
Aorta mehrere dicke Stellen von Zehnpfennigstückgröße, die 
sehr fest sind und sich schwer schneiden lassen. 

In der Hüftblindgrimmdarmarterie eine sackförmige walnu߬ 
große Erweiterung mit dicken Wänden, in der ein wandständiges, 
graurotes, festes Gerinnsel liegt. 

An den Halsorganen und den Kopfhöhlen keine Ver¬ 
änderungen. 

Nach der Herausnahme des Gehirns zeigt sich keine Flüssig¬ 
keit an der Grundfläche der Schädelhöhle. Die weiche Hirn¬ 
haut ist überall zart, die venösen Gefäße mit Blut gefüllt. 
Beim Einschneiden findet sich in den seitlichen Himhöhlen eine 
geringe, nicht meßbare Menge klarer Flüssigkeit. Höhlen 
nicht erweitert. Hinterhörner fast ganz verwachsen. Ader¬ 
geflechte dunkelrot durch starke Füllung der Gefäße. Auf dem 
Durchschnitt zeigt sich das Großhirngewebe durchweg feucht¬ 
glänzend. Konsistenz des Kleinhirns gut, Feuchtigkeit mäßig. 
Keine Veränderung am Gewebe. Brücke und verlängertes Mark 
blaß. Die weiße Substanz mit zahlreichen gefüllten Venen 
durchzogen. 

Im Vorhautsack viel fettige, grauschwärzliche Masse, die 
auch das Penisblatt des Präputiums bedeckt. Das innere Blatt 
der inneren Vorhaut und die Fortsetzung desselben auf den 
Penis ist weiß gefleckt. Die Harnröhre und die Harnblase, 
die zusammengezogen ist, zeigen keine Abnormitäten. Auch 
Hoden und Nebenhoden ohne Veränderung. Dasselbe gilt von 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




890 


No. 49. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


der Vorsteherdrüse. Die Eichelgrube ist mit fester, schmieriger 
Masse ausgefüllt. An der Eichel nichts Krankhaftes. 

Die Leisten-, Scham-, Kniefalten- und Lendenlymphknoten 
bilden große Pakete und sehen ziemlich gleichmäßig rötlich weiß 
und durchscheinend aus. Die einzelnen Knoten lassen sich 
leicht verschieben. Das Gewebe ist ziemlich derb und glänzt 
auf dem Schnitt. 

Pathologisch-anatomische Diagnose. 

Hyperplasie der Leisten-, Lenden-, Kniefalten- und Scham¬ 
lymphknoten. Chronische Entzündung der Aorteninnenhaut und 
der zweizipfligen Herzklappen. Erweiterung und Blutgerinnung 
in der Htiftblindgrimmdarmarterie. Guter Ernährungszustand. 

4. Obduktionsbericht 

über eine am 28. Oktober 1908 zu B. getötete Scheckstute 
des Gutsbesitzers v. K. 

Mäßig gut genährter Kadaver. In der Unterbaut über dem 
Euter, hinter den Ellenbogenmuskeln, in den Kniefalten und 
unter dem Bauchfell in mäßiger Menge graurötliches Fett¬ 
gewebe von lappigem Bau. Totenstarre noch nicht eingetreten. 

Im freien Raum der Bauchhöhle kein fremder Inhalt. An 
den Organen der Bauchhöhle lassen sich keine besonderen Ver¬ 
änderungen nachweisen. 

Die Brustfellsäcke frei von fremdem Inhalt. Die Lungen 
haben sich gut zurückgezogen, sind rosarot gefärbt. In der 
rechten Lunge befinden sich zwei Knötchen; das eine von 
Hirsekorngröße liegt am oberen stumpfen Rande unter dem 
Lungenfell, schneidet sich schwer und zeigt auf dem Durch¬ 
schnitt einen kleinen Bronchus mit dicken Wänden. Das andere 
Knötchen liegt im vorderen Lappen und besteht auf dem Durch¬ 
schnitt aus zwei Teilen, die von einer bindegewebigen Hülle 
umschlossen sind. In jedem Teil eine kleine gelbliche Stelle, 
die sich leicht herausheben läßt und scharf abgesetzt ist. Die 
Stelle ist trocken. In der linken Lunge ein Kalkknoten von 
Stecknadelkopfgröße und ein etwas kleinerer glasiger Knoten, 
der auf dem Durchschnitt durchscheinend ist. Die an der 
Teilungsstelle der Luftröhre gelegenen Lymphknoten sind groß, 
weich und steUenweise grau gefärbt. 

Die Schleimhaut der Luftröhre, des Kehl- und Schlund¬ 
kopfes blaß, glatt und spiegelnd, nirgends Knoten, Geschwüre 
oder Narben. Auch an der Nasenschleimhaut keine Ver¬ 
änderungen. Die Unterkieferlymphknoten sind etwas groß, auf 
dem Durchschnitt grauweiß, durchscheinend, gleichmäßig derb. 
Die Lymphknoten um den Kehl- und Schlundkopf nicht ver¬ 
ändert. 

Das Euter ist groß und hart. Die linke Zitze ist etwas 
kleiner als die rechte und liegt in einer seichten Grube des 
Euters. Beide Euterhälften schneiden sich schwer und sind auf 
dem Durchschnitt fast weiß. Zwischen den weißen Gewebs- 
massen liegen kleine Reste des alten rötlichen Gewebes. Die 
Euterlymphknoten sehr groß, einzelne Knoten erreichen die 
Größe einer Haselnuß und sind grau gefärbt. Das Gewebe um 
das Euter ist derb und dick; auf dem Durchschnitt sieht man 
breite weiße Züge, zwischen denen gelbliche Flüssigkeit an¬ 
gesammelt ist. Die Verdickung des bezeichneten Gewebes reicht 
bis an den Schaufelknorpel. Die Haut über dem verdickten 
Unterhautgewebe nicht verändert. 

An den Geschlechtsorganen keine Abweichungen; 
auch die in der Leistengegend und am Kreuzbein ge¬ 
legenen Lymphknoten sind nicht verändert. 


Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Chronische Euterentzündung mit Retraktion der linken Zitze. 
Chronische Entzündung des um das Euter gelegenen Gewebes 
und der Euterlymphknoten. 3 bronchitische und 2 parasitäre 
Knötchen in den Lungen. Entzündliche Vergrößerung der im 
Kelilgange gelegenen Lymphknoten. 

5. Obduktionsbericht 

über ein am 30. Oktober 1908 getötetes Pferd des Herrn Sb. zu N. 

Kennzeichen: braune Stute, 7 Jahre alt. 

Schlecht genährter Kadaver. Über der Milchdrüse und in 
der Unterhaut, hinter dem Bauchfelle, in den Gekrösen und im 
Netz befinden sich nur Spuren von schmutziggelbem Fettgewebe. 
Die Körpermuskeln sind schlaff, blaß und trocken. 

In der Bauchhöhle kein fremder Inhalt. Magen und Darm 
ohne besondere Veränderungen. Die Milz ist 49 cm lang, 24 cm 
breit und 2,5 cm dick, fühlt sich derb an. Die Malpighischen 
Körperchen sind auf dem Durchschnitt mit bloßem Auge deut¬ 
lich zu erkennen. Leber klein, derb, graubraun; Läppchen klein. 
Nieren klein und derb. 

Brustfellsäcke ohne fremden Inhalt. Lungen groß, rosarot 
gefärbt. Die Luftröhrenäste im vorderen Lappen der linken 
Lunge sind sehr weit und die Wände derselben dick. In den 
erweiterten Luftröhrenästen eine ganz weiße, schleimig-eitrige 
Flüssigkeit, die sich schwer fortspülen läßt und die Äste ver¬ 
stopft. Um die letzteren derbe Gewebsziige, die sich bis in die 
Lungensubstanz verfolgeu lassen. Die bronchialen und Mittel¬ 
felllymphknoten sehr groß und von gelblichen durchscheinenden 
Gewebsmassen umgeben. Auf dem Durchschnitt sind die Knoten 
rötlichweiß, leicht durchscheinend. Herz nicht verändert. Das 
Fettgewebe in den Herzfurchen weich, fluktuierend, gallert¬ 
artig und leicht gelb gefärbt. 

Die Oberfläche der Schleimhaut des Kehlkopfes und der 
Luftröhre ist mit einer zähen, schleimig-eitrigen Masse bedeckt. 
Darunter ist die Schleimhaut glatt; nirgends Geschwüre oder 
Narben. Die Schleimhaut in beiden Oberkiefer- und Stirnhöhlen 
dick, gelb gefärbt und an der Oberfläche hügelig. In den 
Höhlen etwas schleimiges Absonderungsprodukt. Ferner ist 
verdickt die Schleimhaut am oberen Ende der linken Nasen¬ 
muschel. Die Schleimhaut ist hier gleiclifalls gelblich gefärbt 
und mit kleinen strichförmigen Flecken besetzt, die sich bei der 
weiteren Untersuchung als Blutgefäße erweisen. In den Nasen¬ 
gängen eine geringe Menge gelblichgrauer Masse. Die im Kehl¬ 
gange gelegenen Lymphknoten sehr groß; einige Knoten 
erreichen die Größe einer Walnuß. Auf dem Durchschnitt sind 
sie gang homogen, leicht fleischig. Auch die liinter dem 
Schlundknopfe gelegenen Lymphknoten zeigen rundliche oder 
längliche bohnengroße Körper, die auf dem Durchschnitt gleich¬ 
mäßig grauw r eiß und feucht sind. 

Das Euter ist derb, die Zitzen platt gedrückt und etwa 
6—8 cm lang; Drüsensubstanz weiß-rötlich. Zwischen den 
Drüsenläppchen größere Mengen weißlichen Bindegewebes. In 
den Milchzisternen und den großen Milchgängen eine etwas 
trübe seröse Flüssigkeit. 

Die Gebärmutter etwas weit und die Wandungen derselben 
dick; sie enthält wenig klare Flüssigkeit, in der größere weiße 
Fetzen schwimmen. Die Schleimhautfalten bilden dicke Wülste, 
auf denen kleine Vertiefungen in Form unregelmäßiger Züge 
nachznweisen sind. Diese Vertiefungen erweisen sich auf dem 
Durchschnitt als oberflächliche Substanzverluste, deren Wände 





3. Dezember 1908. 


BERLINER TI ERÄRZTLIC HE WOCHENSCHRIFT. 


keine Reizungserscheinungen erkennen lassen. Im rechten Eier¬ 
stocke zwei haselnußgroße Corpora lutea, deren Höhlen mit Blut 
angefüllt sind, das eine bräunliche Farbe hat. Am Rande der 
corpora lutea liegt eine breite Schicht neugebildeter Zellen, die 
den dicken Inhalt halskrausenartig umschließen. Ferner sind 
im rechten Eierstocke einige, im linken aber viele himsekorn- 
bis erbsengroße Blasen nachzuweisen, die von festem Eierstock¬ 
gewebe umschlossen sind. Im Gebärmutterhalse, der versclilossen 
ist, ein schleimig-epitheliales Sekret. Oberfläche der Schleim¬ 
haut der Scheide und des Scheidenvorhofs glatt. Auf der 
Scheidenklappe mehrere kleine zottige Auswüchse. 

Die Lenden-, Darmbein-, Kniefalten-, Leisten- und Scham¬ 
lymphknoten groß und ziemlich derb. Die einzelnen Knoten 
sind auf dem Durchschnitt gleichmäßig, weißlich oder rötlich, 
leicht durchscheinend, zuweilen markig, an einzelnen Stellen grau. 

Die beiden Nervi ischiadici lassen bei der Untersuchung 
mit bloßem Auge keine Veränderungen erkennen. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Allgemeine Abmagerung. Schwund der Muskeln. Chronischer 
Katarrh der linken Nasenhöhle und der Stirn- und Oberkiefer¬ 
höhle. Chronische Entzündung der Unterkieferlymphknoten. 
Schleimig-eitrige Bronchiektasie und gemischte Entzündung der 
bronchialen und Mittelfelllymphknoten. Chronischer Katarrh der 
Gebärmutterschleimhaut. Zwei ältere corpora lutea und Follikel¬ 
wassersucht der Eierstöcke. Hyperplasie der Leisten-, Lenden-, 
Kniekehlen- und Schamlymphknoten. 

6. Obduktionsbericht 

über ein am .‘10. Oktober 1908 getötetes Pferd des Guts¬ 
besitzers H. zu B. 

Kennzeichen: Rappstute, 12—13 Jahre alt, mit Stern. 

Schlecht genährter Kadaver. In der Unterhaut über dem 
Euter, hinter dem Bauchfell nur Spuren eines gelblichen Fett¬ 
gewebes. Die Körpermuskeln sind schlaff, sehr blaß und auf 
dem Durchschnitt trocken. 

Im freien Raum der Bauchhöhle ein Liter klarer, gelb¬ 
rötlicher Flüssigkeit. Magen und Darm außen blaß, sonst 
unverändert. Die dem Darm zugehörigen Lymphknoten liegen 
zerstreut als rundliche oder längliche Körper in dem gallertigen 
Gewebe, das an Stelle des Fettgewebes in den Gekrösen nach¬ 
zuweisen ist. Auch das Netz ist fettarm. Milz klein; Kapsel 
gerunzelt. Menge der Pulpe gering; dagegen tritt des Trabe- 
kulargewebe stärker hervor. Leber klein, auffallend braun. 
Nieren klein, ohne Veränderung der Oberfläche. Harnblase 
leer und zusammengezogen. Schleimhaut der Harnblase mit 
dicken Falten besetzt, die sich leicht ausziehen lassen. 

In den. BrustfeUsäcken und im Herzbeutel etwas klare 
gelbrötiiche Flüssigkeit. Die Lungen haben sich gut zurück¬ 
gezogen, sind rosarot gefärbt. Im Lungengewebe einige Kalk¬ 
knoten von Stecknadelkopfgröße. 

Die Schleimhaut der linken Oberkieferhöhle dick gelb und 
etwas glasig. In der genannten Höhle etwas • getrübter Schleim. 
Die Oberfläche der Schleimhaut der Nasenhöhlen, des Kehlkopfes 
und der Luftröhre glatt und mit gaUertartiger Schleimmasse 
bedeckt. Im Gaumensegel eine haselnußgroße Zyste, die mit 
zähem Schleim gefüllt und deren Innenwand glatt ist. Die im 
Kehlgange gelegenen Lymphknoten groß; einige Knoten kirschen¬ 
groß, auf dem Durchschnitt wenig feucht, gleichmäßig grau¬ 
weiß und durchscheinend. 

Euter etwas derb, Drüsengewebe rötlich; zwischen den 


891 

Läppchen desselben schmale weiße Züge. Milchgänge und 
Zisternen leer. 

Gebärmutterwand im ganzen etwas dick. In der Gebär¬ 
mutterhöhle eine geringe Menge Flüssigkeit. Die Schleim¬ 
hautfalten treten stark hervor. Der äußere Muttermund ist 
trichterförmig erweitert und in demselben befinden sich kleine 
pilzförmige Wucherungen. Die Schleimhaut Oberfläche in der 
Scheide und im Scheidenvorhof ist glatt und nur am Rande 
der Scheidenklappe einige papilläre Auswüchse. Schamlippen 
wulstig. Schleimhaut an der inneren Fläche derselben mit 
trockenen, kleienartigen Schüppchen besetzt. 

Die Leisten-, Lenden- und Schamlymphknoten sehr groß. 
Die einzelnen Knoten sind leicht voneinander zu trennen. Auf 
dem Durchschnitt haben sie ein fast homogenes, leicht fleischiges, 
stellenweise graues Aussehen; Gewebe mäßig derb. 

An den Nervi ischiadici, die bis zur Teilung heraus¬ 
geschnitten sind, zeigt sich bei der Untersuchung nichts Ab¬ 
normes. In den hinteren Teilen des Rückenmarkes ist die 
weiche Rückenmarkshaut reichlich mit Flüssigkeit gefüUt. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Allgemeine Abmagerung, besonders des Fettes und der 
Muskeln. Chronischer Katarrh der Gebärmutter und Scheide, 
Hyperplasie der Leisten-, Lenden- und Schamlymphknoten. 
Wassersüchtiger Zustand in der Bauchhöhle, den Brustfellsäcken 
und dem Herzbeutel. Chronischer Katarrh der linken Ober¬ 
kieferhöhle. Chronische Entzündung der Unterkieferlymphknoten. 
Zyste im Gaumensegel. Reichliche Ansammlung von Flüssigkeit 
in der weichen Rückenmarkshaut. 

7. Obduktionsberioht 

über eine am 29. Oktober 1908 in M. getötete Stute des 
Besitzers K. 

Stute, 7 Jahre alt. 

Schlecht genährter Kadaver. Unterhaut fettarm. Die 
Körpermuskeln sind noch nicht totenstarr, auf dem Durchschnitt 
graurot, trocken schlaff. Zwischen ihnen keine Spur von Fett. 
Sehr stark abgemagert sind die Muskeln des Hinterteiles. Am 
oberen Winkel der Scham mehrere weiße, pigmentlose Flecke 
von der Größe einer Erbse. 

Magen und Darm bieten nichts Erwähnenswertes. Auf dem 
Durchschnitt der Milz sind die Malpighischen Körperchen deut¬ 
lich sichtbar. Die vordere Fläche der Leber ist mit rötlichen 
Zotten besetzt; die Leber ist derb, außen bläulichbraun, Gewebe 
durchscheinend. An den Nieren nichts verändert. Die Leisten-, 
Kniefalten- und Lendenlymphknoten bilden große Pakete. Die 
Leistenlymphknoten haben die Größe einer- Kinderfaust. Die 
einzelnen Knoten zeigen auf dem Durchschnitt ein gleichmäßiges, 
rötliches, fast markiges und durchscheinendes Aussehen. Ähn¬ 
liche Veränderungen zeigen die Gekröslymphknoten, von denen 
einzelne Walnußgröße erreichen, und die über dem'Euter ge¬ 
legenen Lymphknoten. Das Euter ist klein, aber derb. Zwischen 
den Drüsenläppchen sieht man zarte, weiße Züge. Die Milch¬ 
zisterne enthält eine gelbliche trübe Flüssigkeit. 

An den Lungen keine Abweichungen. Die Bronchiallymph¬ 
knoten sind etwas groß, weich und stellenweise grau gefärbt. 
Das Fettgewebe um das Herz ist gallertartig und gelblich. An 
den Halsorganen nichts Besonderes. Die Unterkieferlymphknoten 
klein, die einzelnen Knoten bohnengroß, mäßig derb und auf 
dem Durchschnitt grauweiß und wenig feucht. Nasenschleim¬ 
haut glatt; nirgends Narben. 




892 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


An der äußeren Haut der Schamlippen weiße Flecke. Der 
untere Teil der Schamspalte etwas geöffnet und die um den 
geöffneten Teil gelegenen Ränder der Schamspalte mit kleinen 
trockenen Krusten besetzt, die sich leicht abheben lassen. Die 
Oberfläche der Schleimhaut des Scheidenvorhofs und der Scheide 
ist mit einer schleimigen trüben Masse bedeckt, die sich ab¬ 
spülen läßt. An der Scheidenklappe mehrere kleine warzen¬ 
artige Fortsätze. Der Gebärmutterhals ist eng und mit Schleim 
gefüllt. An den Schleimhautfalten des äußeren Muttermundes 
einige zottige Vegetationen. Die Gebärmutter etwas groß, 
ihre Wände ziemlich dick. Sie enthält eine geringe Menge 
trüber schleimiger Flüssigkeit. Die Falten der Gebärmutter¬ 
schleimhaut sind dick und ihre feineren Gefäße mit Blut gefüllt. 
Eierstöcke klein und hart, lassen sich schwer schneiden. Auf 
dem Durchschnitt kirschkerngroße Säcke, die mit klarer Flüssig¬ 
keit gefüllt sind. 

Beide Hüftnerven mit den nn. peronei und tibiales zeigen 
keine Veränderungen. In den Maschen der weichen Rücken¬ 
markshaut befindet sich eine große Menge klarer Flüssigkeit. 
Ihre Gefäße enthalten wenig Blut. Der Lendenteil und der 
Endteil des Rückenmarks zeigen auf dem Durchschnitt keine 
Veränderungen; sie sind blaß. Nirgends finden sich Blutungen. 
Namentlich lassen sich an den Dorsalsträngen keine Abweichungen 
erkennen. 

Die mikroskopische Untersuchung von Teilen der Hüft¬ 
nerven und des Rückenmarks ist noch nicht abgeschlossen. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Chronische Entzündung der Scheide und der Gebärmutter. 
Leichte chronische Entzündung des Euters. Hyperplasie der 
Leisten-, Lenden-, Kniefalten-, Gekrös- und Euterlymphknoten. 
Allgemeine Abmagerung, namentlich der Körpermuskeln. 

8. Obduktionsbericht 

über eine am 29. Oktober 1908 in Gr.-R. getötete Stute 
des Besitzers K. 

Stute, 13 Jahre alt, ohne Abzeichen. 

Abgemagerter Kadaver. In der Unterhaut, unter dem 
Bauchfell, zwischen den Gekrösblättern und den Blättern des 
großen Netzes befinden sich noch Spuren eines rötlichgelben 
Fettgewebes. Die Muskelbäuche sind »schlaff, auf dem Durch¬ 
schnitt bräunlich. 

In der Bauchhöhle befindet sich etwa ein ; halbes Liter 
gelblicher wässeriger Flüssigkeit. Magen und Darm zeigen 
nichts Ungewöhnliches. Die Milz ist derb und außen graublau; 
auf dem Durchschnitt große Malpighische Körperchen. Nieren 
klein, sonst ohne Veränderungen. Leber graubraun, derb und 
klein. In der Hüftblindgrimmdarmarterie ein apfelgroßes 
Aneurysma, an dessen Wand ein haselnußgroßer Thrombus liegt. 

In den Brustfellsäcken 100 ccm gelblicher klarer Flüssig¬ 
keit. Im Herzbeutel 200 ccm derselben Flüssigkeit. Das Herz 
ist klein, rötlichbraun. In den Herzfurchen hat das Fettgewebe 
eine gallertige Beschaffenheit. Lungen unverändert, Brustfell 
glatt, glänzend. 

An der Schleimhaut des Kehl- und Schlundkopfes, der Luft¬ 
röhre und der Nasenhöhlen keine Veränderungen; nirgends 
Geschwüre, Knoten oder Narben. Die Oberfläche der Haut am 
Naseneingange ist mit einer weichen klebrigen, grauweißen 
Masse bedeckt. Die im Kehlgange und um den Kehl- und 
Sclilnndkopf gelegenen Lymphknoten zeigen nichts Bemerkens¬ 
wertes. 


Der untere W 7 inkel der Scham etwas offen, so daß der 
Kitzler sichtbar ist; letzterer blaß. In der Kitzlergrnbe und in 
der Falte um die Eichel des Kitzlers eine weiße schleimige 
Masse, die sich leicht abwischen läßt. An der Schleimhaut 
des Scheidenvorhofes und der Scheide keine Abweichungen. 
Gebärmutter zusammengezogen. Die Schleimhautfalten und 
-vorsprünge nicht verdickt und nur die Oberfläche derselben 
mit einer wässerigen Flüssigkeit bedeckt. Die Harnblase ist 
leer und zusammengezogen; die Schleimhaut derselben ist dünn 
und zart und läßt die unter ihr gelegenen Muskelzüge deutlich 
erkennen. Beide Eierstöcke von Zysten ganz durchsetzt. Die 
Wände der Graafschen Follikel verdickt und verdichtet. Das 
Euter stellt ein derbes Gebilde dar. Auf dem Durchschnitt 
ist die eigentliche Drüsensubstanz noch vollständig erhalten; 
zwischen den Läppchen liegt etwas weißes, dichtes Gewebe. 
Die größeren Milchgänge und Milchzisternen enthalten etwas 
trübe, gelbliche Flüssigkeit. 

Leistenlymphknoten sehr groß, außen rötlichweiß, die 
einzelnen Knoten nicht miteinander verwachsen. Das Gewebe 
ist ziemlich derb, dicht und glänzt auf dem Durchschnitt 
Letzterer hat ein ziemlich gleichmäßiges, durchscheinendes, 
markiges Aussehen. Lenden- und Schamlymphknoten sind in 
ähnlicher Weise verändert. Von den Gekröslymphdrüsen treten 
einzelne scharf begrenzt hervor und lassen auf dem Durchschnitt 
ein ziemlich. gleichmäßiges, wenig feuchtes, rötlichweißes Ge¬ 
webe erkennen. 

In den Maschen der weichen Rückenmarkshaut am Lenden¬ 
teile und am Endteile des Rückenmarkes eine große Menge 
klarer Flüssigkeit. 

Die beiden n. n. ischiadici, die vom Ursprung aus dem 
Rückenmark bis zur Teilung herausgeschnitten wurden, zeigten 
nichts Abnormes. Das im hinteren Teile des Wirbelkanals 
gelegene Lendenmark und der kegelförmige Endteil lassen auf 
Querschnitten keine Veränderungen erkennen. Das Resultat der 
mikroskopischen Untersuchung der genannten Nerven und des 
Rückenmarks steht noch aus. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: 

Allgemeine Vergrößerung der Leisten-, Lenden- und Scham¬ 
lymphknoten. Follikelwassersucht der Eierstöcke. Allgemeine 
Abmagerung und leichte wassersüchtige Zustände der Bauch¬ 
höhle, der Brustfellsäcke und des Herzbeutels. Braune Atrophie 
des Herzens und der Muskeln. Starke Ansammlung von Flüssig¬ 
keit in den Rückenmarkshäuten. 


Nahrungsmittelkunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Denkschrift über die Fleischbeschatt, 

eingereicht 

dem Ministerium für Landwirtschaft 
vom Verbände der Privattierärzte in Preußen. 

Die Einführung der allgemeinen Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau hat zur Folge gehabt, daß gegenwärtig fast alle Tier¬ 
ärzte mehr oder weniger in der Fleischbeschau beschäf¬ 
tigt sind. Nur die in den Großstädten praktizierenden dürften 
hiervon eine Ausnahme machen. Während früher die Tätigkeit der 
Privattierärzte fast ausschließlich in der Ausübung der Heilkunde 
bestand, ist das heute nicht mehr zutreffend, denn auch die 
Fleischbeschau stellt ein tierärztliches Arbeitsfeld dar. , Für 
viele Tierärzte ist die Fleischbeschau zur Haupt- 
beschäftigung geworden und die kurative Praxis bildet 



3. De zember 1908. 

nur einen Nebenerwerb. Somit hat das Fleischbeschaugesetz 
auf den tierärztlichen Stand einen wesentlichen Einfluß ausgeübt, 
der sich vorzugsweise bei den Privattierärzten bemerk¬ 
bar macht. Die beamteten Tierärzte, die in der Regel die 
ordentliche Beschau nicht ausüben, nehmen nach dem Gesetz in 
der Fleischbeschau eine ganz andere Stellung ein als die 
übrigen Tierärzte. Sie sind aufsichtführende und diese aus¬ 
führende Organe. Nach fünfjährigem Bestehen des Ge¬ 
setzes dürfte man wohl in der Lage sein, beurteilen zu 
können, in welcher Weise die Verhältnisse der Tier¬ 
ärzte durch die Fleischbeschau beeinflußt worden sind. 

Es steht fest, daß sich die Hoffnungen, die ein 
großer Teil der Tierärzte auf die Fleischbeschau ge¬ 
setzt hatte, nicht erfüllt haben. Der Freudenstimmung ist 
die Enttäuschung gefolgt. Immer häufiger werden Klagen von 
Tierärzten laut über Ärger und Verdruß und über geringe Be¬ 
friedigung in der Ausübung der Beschau. Daß dies so kommen 
mußte, war vorauszusehen. Die Verstimmung ist die unaus¬ 
bleibliche Folge davon, daß die Tierärzte gezwungen 
sind, auf ihrem Gebiet mit Laien zusammen arbeiten 
zu müssen. 

Zugegeben muß werden, daß durch die Beschau 
eine nicht unbedeutende Summe Geldes den Tierärzten, 
besonders den Privattierärzten zufließt. Gar manchem 
hat sie eine gesicherte Stellung verschafft und viele neue 
Stellen sind durch sie bedingt worden. Das letztere aber 
hatte zur Folge, daß die Konkurrenz, namentlich in der Nähe 
der Großstädte, vergrößert und der Bezirk der Praxis verkleinert 
worden ist. Oft hat ein Gebiet, das früher ein Tierarzt be¬ 
herrschte, jezt drei, vier oder noch mehr Tierärzte aufzuweiseif. 
Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Untersuchungen 
viel Zeit erfordern, und so eine große Behinderung in 
der Ausübung der Praxis darstellen. Erst die Fleisch¬ 
beschau, dann die Praxis, dürfte die Regel sein. Die meisten 
durch die Beschau geschaffenen Stellen gewähren nur 
ein recht bescheidenes Einkommen und können als be¬ 
friedigende nur gelten, so lange sie als Durchgangsstellen 
benützt werden. Und doch wird mancher, sei es in der Hoffnung 
auf Besserung, sei es, daß er sich nach einigen Jahren in die 
Praxis nicht mehr hinauswagt, in dieser Stellung verbleiben. 
Ersparnisse sind ausgeschlossen, Pensionsberech¬ 
tigung besteht nicht und somit gewähren diese 
Existenzen keine einigermaßen gesicherte Zukunft 
und keine dem Studium angemessene Lebensstellung. 
Dem tierärztlichen Stande aber können solche 
Stellen nicht zum Vorteil gereichen, denn sie 
bedingen ein tierärztliches Proletariat. 

Die Ergänzungsbeschau hat für die Tierärzte 
keine Bedeutung gehabt. Als neue Einnahmequelle kann 
sie nicht gelten, da sie in der Regel Notschlachtungen betrifft, 
zu deren Begutachtung die Tierärzte schon früher zugezogen 
wurden. Steht dem Tierarzt im Bezirk seiner Praxis nicht 
überall das Recht zur Vornahme der Ergänzungsbeschau zu, so 
erleidet er sogar einen Verlust. Es hat den Anschein, als 
ob die Fälle von Ergänzungbeschau von Jahr zu Jahr 
seltener würden. Fast alle Tierärzte sprechen sich 
dahin aus, daß sie gegenwärtig von den Laienbeschauern nicht mehr 
annähernd so häufig zugezogen würden als früher. Der Grund hierfür 
liegt hauptsächlich in der Außerachtlassung der gesetzlichen Be- 


893__ 

Stimmungen über die Zuständigkeit der nichttierärztlichen Beschauer. 

So viel steht fest, daß diejenigen Beschauer, denen 
man das Zeugnis der Brauchbarkeit und Zuverlässig¬ 
keit ausstellen muß, den Ergänzungsbeschautierarzt 
am häufigsten zuziehen, daß andere dagegen eine Er¬ 
gänzungsbeschau überhaupt nicht zu kennen scheinen. 

Die wirtschaftliche Wirkung der Fleischbeschau ist 
also die gewesen, daß zwar der tierärztlichen Gesamtheit eine 
bedeutende Einnahme erwächst, diese aber überwiegend von 
entstandenen neuen Stellen aufgesogen wird, so daß von den 
vordem vorhandenen tierärztlichen Niederlassungen nur wenige 
aufgebessert sind, die meisten jedoch eine Einbuße durch Ver¬ 
kleinerung ihrer Praxis erlitten haben. 

Somit hat der tierärztliche Beruf trotz der ihm 
erwachsenen Einnahme eine wirtschaftliche Kräfti¬ 
gung in der Lage seiner einzelnen Mitglieder nicht 
erfahren, es ist vielmehr die Zahl der unzulänglichen 
Existenzen gestiegen. 

Noch viel bedenklicher aber ist der Einfluß, den 
die Fleischbeschau auf das Ansehen des Standes aus¬ 
geübt hat. Vor allem ist das Ansehen der Privattierärzte 
durch dieselbe nicht gebessert, sondern — hierüber dürfte kein 
Zweifel mehr bestehen — vielfach verschlechtert worden. 

Den schlimmsten Einfluß auf das Ansehen und die Stellung der 
Tierärzte hat die Anstellung von Laien in der Fleischbeschau gehabt, 
und dieser wird bei der Unentbehrlichkeit der Laien nie ganz 
verschwinden. 

Eb kann unmöglich zur Förderung des tierärztlichen An¬ 
sehens beitragen, wenn Leute in einfacher Lebensstellung auf 
Grund eines mehrwöchentlichen Kursus im wesentlichen dasselbe 
au8führßn dürfen und die gleiche Bezahlung für ihre Leistungen 
erhalten, wie die Tierärzte. Die Ergänzungsbeschau, welche 
man gern zugunsten der Tierärzte anführt, kommt kaum in 
Betracht, denn ein großer Teil des Publikums ist hierüber nicht 
unterrichtet. Nicht nach einer gelegentlichen Verrichtung, son¬ 
dern nach ihrer täglichen Beschäftigung werden die Tierärzte 
beurteilt werden. Preisgeben können sie jedoch deshalb 
die Fleischbeschau nicht, weil sie ein tierärztliches 
Gebiet zu erhalten verpflichtet sind. Aber das müssen die 
Tierärzte erstreben, daß ihre Stellung in der Fleischbeschau 
verbessert und derartig gestaltet wird, daß sie den Laien gegen¬ 
über eine andere Stellung einnehmen als bisher. Wie hier 
Wandel zu schaffen ist, erlauben wir uns im nachstehenden 
auseinanderzusetzen. 

Der oberste Grundsatz in der Fleischbeschau muß 
lauten: Die Fleischbeschau ist durch Tierärzte oder 
unter Aufsicht von Tierärzten auszuführen. Laien sind 
nur dort als Beschauer anzustellen, wo Tierärzte nicht zur Ver¬ 
fügung stehen. Hieraus folgt für jeden Tierarzt die Verpflich¬ 
tung, sich so viel als möglich für die Beschau zur Verfügung 
zu stellen, was bei einer derartigen Gestaltung jeder Tierarzt 
gern tun wird. Die Behörden sollten mehr als bisher 
darauf Bedacht nehmen, ansässigen Tierärzten allein 
die Beschau zu übertragen und nicht neben diesen Laien 
anzustellen. In vielen Orten mit mehreren Beschauern könnte 
sehr wohl ein Tierarzt allein die Beschau ausüben. Gerade 
das Nebeneinanderarbeiten schädigt das tierärztliche 
Ansehen. Ist der Tierarzt nicht imstande, die gesamte Beschau 
auszuführen und will er sich dieserhalb keinen Assistenten 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



894 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. _ N o. 49 . 


halten, so daß man zum Laien greifen muß, dann richte man 
ein unter Leitung des Tierarztes stehendes Beschau¬ 
amt ein. Die etwaigen Kosten würden durch einen Gebühren¬ 
abzug wie bei der Ergänzungsbeschau, die ja hier fortfällt, zu 
decken sein. Ist am Wohnort des Tierarztes ein Laie als 
Beschauer nicht tätig, oder geschieht die Beschau der Laien 
unter Aufsicht des Tierarztes, dann dürfte die tierärztliche 
Stellung nach Möglichkeit gewahrt sein. 

Ein zweiter Punkt, der dringend der Abhilfe be¬ 
darf, ist die Stellvertretung der Tierärzte durch Laien. 
Soweit als irgend möglich sollten als tierärztliche Vertreter die 
benachbarten Kollegen bestellt werden (cf. Kreistierärzte). Da 
die Vertretung nur selten notwendig wird, so werden diese im 
Interesse ihres Standes zur 'gegenseitigen Unterstützung für 
eine kurze Zeit gewiß bereit sein, bis seitens des Behinderten 
für entsprechenden Ersatz gesorgt ist. An einzelnen Orten 
muß wohl mangels eines Tierarztes ein Laie zum Vertreter er¬ 
nannt werden. Das wird sich leider nicht ändern lassen. Aber 
das muß in Wahrung tierärztlicher Interessen gefordert werden, 
daß der Laie als Vertreter nicht fungiert, wenn ein anderer Tierarzt 
sich zur Übernahme der Stellvertretung bereit erklärt Von einer 
unrechtmäßigen Benachteiligung des Laien kann wohl keine Rede 
sein, da ihm die Vertretung doch nicht zur Erhöhung seiner Ein¬ 
nahmen, sondern zur ordnungsmäßigen Durchführung der gesetz¬ 
lichen Bestimmungen übertragen ist. Die Tierärzte sind ja 
auch Stellvertreter in der Ergänzungsbeschau, betrachten jedoch 
diese Vertretung nicht als eine besondere Einnahmequelle, sondern 
als eine Notwendigkeit, der sie sich nicht entziehen dürfen. 
Nichts hat auf das Ansehen der Tierärzte so ungünstig eingewirkt als die 
Laienvertretung. Schon die von Zeit zu Zeit in den Kreisblättern 
erfolgende Bekanntmachung der Ernennung von Laien zu 
Stellvertretern der Tierärzte kann den tierärztlichen Stand nicht 
angenehm berühren. Gar’zu gern, oft in nicht zu'verkennender 
Absicht, wird vom Publikum auf diese Vertreter hingewiesen. 
Recht unerfreulich jedoch gestalten sich die Verhältnisse, wenn 
bei längerer Behinderung des tierärztlichen Beschauers sein 
Vertreter in der Praxis die Beschau nicht ausüben darf, sondern 
der Laie eintreten muß. Das Publikum 'hält den Tierarzt für 
den Sachverständigen, den Laien für einen Notbehelf und hat 
keine Erklärung dafür, daß der Tierarzt hinter dem Laien zu¬ 
rückstehen muß. 

Im Regierungsbezirk Potsdam ist jetzt eine Verfügung 
erlassen, nach welcher, falls der Stellvertreter nicht am Orte 
wohnt, oder falls er infolge der Vertretung in der Beschau über¬ 
lastet wird, oder falls die Ausfuhr von Fleisch eine tierärztliche 
Untersuchung wünschenswert erscheinen läßt, von den ernannten 
Laien Vertretern abgesehen werden und der tierärztliche Vertreter 
für die Praxis mit der Ausübung der Fleischbeschau beauftragt 
werden kann. In allen anderen Fällen jedoch darf in Behinderungs¬ 
fällen grundsätzlich nur der ordentliche Stellvertreter d. h. der 
Laie herangezogen werden, es sei denn, daß derselbe aus¬ 
drücklich auf diese Vertretung verzichtet. Die Tierärzte 
haben sich bei Stellung von Anträgen betreffs Vertretung stets 
vorher dieser Zustimmung zu vergewissern und dies in dem An¬ 
träge zum Ausdruck zu bringen. Dieser Erlaß kommt den 
Wünschen der Tierärzte teilweise entgegen. In vielen Fällen 
wird es nun möglich sein, dem tierärztlichen Vertreter die Be¬ 
schau zu übertragen. Befriedigen jedoch kann diese Verfügung 
die Tierärzte nicht, denn sie müssen in derselben ‘eine schwere 


Schädigung ihrer Steilung erblicken. Die Tierärzte können 
und dürfen nicht auf die freiwillige Verzichtleistung 
der Laien auf die Stellvertretung angewiesen werden, 
denn dadurch müssen sie ja in ein direktes Abhängig¬ 
keitsverhältnis zu diesen geraten. Nicht jeder Tierarzt 
ist gewillt, auf die Beschaugebühren während längerer Zeit zu 
verzichten, mancher ist gar nicht in der Lage, dieselben ent¬ 
behrenzukönnen, und somit sind sie darauf angewiesen, sich 
um jeden Preis mit den Laien gut zu stellen. Verderben 
sie es mit ihm, dann folgt die Strafe nach. Also die Laien 
sind nicht von den Tierärzten, sondern diese von den Laien ab¬ 
hängig. Ein solches Verhältnis liegt wohl nicht im Interesse 
der Fleischbeschau. 

Daß sanitäre Maßregeln dem finanziellen Interesse 
eines Laien untergeordnet werden müssen, hat wohl mit 
Recht in manchen Gemeinden Verstimmung und Widerspruch 
hervorgerufen. So hat z. B. die Stadt Ketzin, die bereits seit 
1890 eine tierärztliche Fleischbeschau besitzt, gegen die Aus¬ 
übung der Beschau durch einen Laien als Stellvertreter des 
Tierarztes Einspruch erhoben. Viele kleineStädte, die nicht 
in der Lage sind, ein Schlachthaus zu erbauen, hatten sich 
längst vor dem Inkrafttreten des Fleischbeschaugesetzes durch 
Erlaß einer Polizeiverordnung eine Fleischbeschau ge¬ 
schaffen und hierdurch eine wesentliche Besserung in der 
Fleischversorgung erreicht. Nicht bloß das am Orte geschlachtete 
Vieh, sondern auch das eingeführte Fleisch unterlag einer Unter¬ 
suchung durch Sachverständige. Als solche fungierten aus¬ 
schließlich Tierärzte. Diese waren verpflichtet im Behinderungs¬ 
falle tieräztlichen Ersatz zu stellen. Mit diesen Einrichtungen, 
die namentlich in der Provinz Brandenburg in zahlreichen Orten 
bestanden, ist man wohl allenthalben ganz zufrieden gewesen. 
Das Fleischbeschaugesetz hob dieselben auf und nun erkannte 
man mit Bedauern, daß in der Fleischversorgunng nicht 
eine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung ein¬ 
getreten ist. Vor allem machte sich der Fortfall der tier¬ 
ärztlichen Untersuchung des eingeführten Fleisches geltend. 
Da in den Städten mit Schlachthäusern alles eingeführte und 
nicht von Tierärzten untersuchte Fleisch einer nochmaligen Unter¬ 
suchung unterliegt, so kann hier schlechtes Fleisch nicht passieren. 
Dieses wandert nun in die Städte, die eine solche 
Kontrolle nicht einführen dürfen. Während früher die 
Großstädte die Hauptabsatzgebiete für mangelhaftes 
Fleisch waren, sind es jetzt vielfach die Kleinstädte. 
Jeder in der Praxis stehende Tierarzt kann dies aus eigener 
Erfahrung bestätigen. Eine weitere Verschlechterung in 
der Beschau erfolgt in diesen Orten dadurch, daß dieselbe — 
was früher niemals der Fall war — bei Behinderung des Tier¬ 
arztes nicht bloß vorübergehend, sondern selbst wochenlang 
durch den zum Stellvertreter ernannten Laien ausgeübt werden 
muß. Da als Beschauer Tierärzte und Laien nicht auf gleich¬ 
wertiger Stufe stehen, so erscheint das Verlangen nach tier¬ 
ärztlicher Untersuchung durchaus berechtigt. Auch die reellen 
Gewerbetreibenden haben unter der zunehmenden, un¬ 
gehinderten Einfuhr von Fleisch zweifelhafter Güte 
schwer zu leiden und fordern Schutz für ihre gefährdete 
Existenz. Das Recht der Nachuntersuchung des eingeführten 
Fleisches kann ohne Änderung des bestehenden Gesetzes den 
Städten ohne Schlachthaus nicht eingeräumt werden, um so mehr 
aber sollte man ihrem Wunsche, die Beschau im Behindemngs- 




3. Dezember 1908. ^ __ BERLINER TIERARZTI 

falle des tierärztlichen Beschauers nicht durch einen Laien, 
sondern durch einen anderen Tierarzt ausführen zu lassen, nach- 
kommen. Wo Tierärzte als Beschauer angestellt sind, wird es 
sich immer um zahlreiche Schlachtungen in einer ganzen Anzahl 
von Schlächtereien handeln, und ist die Beaufsichtigung und 
ordnungsmäßige Durchführung der Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau meist mit erheblich größeren Schwierigkeiten verbunden 
als in den kleinen Schlachthäusern, wo der Betrieb leicht zu 
übersehen ist. Vergehen gegen das Fleischbeschaugesetz 
können dort ungleich leichter begangen werden als 
hier. Daher ist es ein großer Fehler, die Beschau 
vertretungsweise Laien zu übertragen. 

In der Regel werden diese auf die Vertretung nicht ver¬ 
zichten, was ihnen auch niemand verdenken kann, denn jetzt 
wollen sie als tierärztliche Vertreter ihre Stellung zur Geltung 
bringen. Nicht ihnen kann man einen Vorwurf machen, aber 
die gesetzlichen Bestimmungen müssen eine Aender ung 
dahin erfahren, dafi es Tierärzten gestattet ist, im Behinderungs- 
faiie die Fleischbeschau durch einen tierärztlichen Vertreter ausüben zu 
lassen. Das liegt nicht nur im Interesse der Fleischbeschau 
treibenden Tierärzte, sondern des ganzen Standes. Diese Stell¬ 
vertretung setzt aber voraus, daß die Bestallueg des Ver¬ 
treters möglichst schnell bewirkt werden kann. 
Vielleicht in der Weise, daß die Ortspolizeibehörde nach 
Prüfung der vorgeschriebenen Papiere die Genehmigung tele¬ 
graphisch einholt. 

Ferner dürfte es sowohl für die Stellung der Tierärzte als 
auch für die Ausübung der Beschau von größter Bedeutung 
sein, wenn von dem den Landespolizeibehörden eingeräumten 
Recht, die Laienfleischbeschauer den Ergänzungs¬ 
beschauern zu unterstellen, allgemein Gebrauch gemacht 
würde. Die gegenwärtige Stellung der Tierärzte den Laien gegenüber 
ist ungenügend. Die Ergänzungsbeschau allein vermag diese 
nicht zu heben. 

Dieses kann nur dadurch geschehen, daß die Tierärzte die 
Beschauer ihres Ergänzungsbeschaubezirks zu überwachen 
haben. Hierdurch würde die Fleischbeschau eine 
ganz wesentliche Verbesserung erfahren. Alle Tier¬ 
ärzte sind darüber einig, daß die gegenwärtige, alle 2 Jahre 
stattfindende Kontrolle der Laien durch den Kreistierarzt eine 
völlig unzureichende Beaufsichtigung ist. 

In einer unter dem Vorsitz des Herrn Regierungs¬ 
präsidenten stattgefundenen Versammlung der beamteten Tier¬ 
ärzte des Regierungsbezirks Königsberg wurde über das 
Thema verhandelt: „Haben nach den bisherigen Er¬ 
fahrungen die Laienbeschauer bei Durchführung des 
FleischbeschaugesetzeB ihre Aufgaben erfüllt?“ Die 
Berichterstatter, zwei Kreistierärzte und ein Schlachthofdirektor, 
erklärten übereinstimmend, daß der eine Teil sich als brauchbar 
und zuverlässig erwiesen habe, während der andere Teil sich 
Verfehlungen gegen die bestehenden Bestimmungen habe 
zuschulden kommen lassen. Namentlich wurde hervorgehoben, 
daß häufig Verstöße gegen § 11 und § 30 der Ausfährungs¬ 
bestimmungen, welche die Zuständigkeit der Laienbeschauer bei 
der Schlachtvieh- und Fleischbeschau genau vorschreiben, vor¬ 
kämen. So seien auf dem städtischen Schauamt zu Königsberg 
im Jahre 1906/07 als genußuntauglich vernichtet 4 Rinder, 
24 Kälber, 1 Schaf, für bedingt tauglich erklärt l*/ 4 Rind, 

1 Kalb, 16 Schweine, für minderwertig 25 17 /4 Rinder, 110 Kälber, 


jC HE WOCHENSCHRIFT^_ ^ 895 

3 Schweine, 6 Schafe. Alle diese Tiere waren von den 
Laienbeschauern als tauglich ohne Einschränkung ab¬ 
gestempelt, obwohl fast alle Fälle außerhalb der Zuständig¬ 
keit der Laien lagen. Solche Verfehlungen kommen aber nicht 
bloß um Königsberg, sondern auch anderwärts vor, und jeder 
praktizierende Tierarzt wird hier aus eigener Erfahrung ge¬ 
nügend Material Vorbringen können. Zur Beseitigung dieser 
Mißstände ist in erster Linie eine schärfere Kon¬ 
trolle der Geschäftsführung erforderlich, besonders, 
wie in der Versammlung von dem Herrn Regierungs¬ 
präsidenten sehr zutreffend gesagt wurde, in der Aus¬ 
übung ihrer Tätigkeit, nicht nach den geführten 
Büchern. Bei der großen, sich über den ganzen Kreis er¬ 
streckenden Anzahl von Beschauern ist eine solche Beauf¬ 
sichtigung durch den Kreistierarzt allein gar nicht 
denkbar. Die in letzter Zeit vielfach empfohlenen halb¬ 
jährlichen Revisionen würden an den bisherigen Verhältnissen 
wenig ändern. Eine wirksame Kontrolle läßt sich nur dadurch 
erreichen, daß die in der Fleischbeschau als Ergänzungs¬ 
beschauer angestellten Tierärzte in ihrem Bezirk die 
| Aufsicht über die Laien zu führen haben. Da immer 
nur wenige Beschauer in dem Ergänzungsbeschaubezirk tätig 
sind, bo ist der Tierarzt in der Lage, die Brauchbarkeit jedes 
einzelnen Beschauers beurteilen zu können. Vor allem aber 
wird er bestrebt sein, sich ein möglichst brauchbares und zu¬ 
verlässiges Beschaupersonal zu verschaffen. Hierzu bietet sich 
ihm die beste Gelegenheit dadurch, daß er häufig am Schlacht¬ 
tier mit den Beschauern zusammentrifft und hier durch praktische 
Tätigkeit deren Kenntnisse auf bessern kann. Es unterliegt 
keinem Zweifel, daß hierdurch die Weiterbildung und Tüchtig¬ 
keit viel mehr gefördert wird als durch Vorträge in den Ver¬ 
einen. Auf die praktische und nicht auf die theoretische 
Schulung muß das Hauptgewicht gelegt werden. Man 
versuche es nur einmal in der angegebenen Weise, und man 
wird zu besseren Resultaten als bisher gelangen. Die Klagen 
über Verfehlungen würden nachlassen, und ein zuverlässiges 
Beschaupersonal würde herangezogen werden. 

Nach den jetzigen Bestimmungen über die Beaufsichtigung 
der Fleischbeschau haben die amtlichen Revisionen bei Tier¬ 
ärzten und Laien in gleicher Weise stattzufinden; sie werden 
somit auf gleiche Stufe gestellt. Liegt wirklich nicht das Be¬ 
dürfnis vor, die Laien einer anderen Kontrolle zu unterstellen 
als die Tierärzte? So viel Vertrauen sollte man den Privattier¬ 
ärzten entgegen bringen, daß man ihnen ein Aufsichtsrecht über 
die Laienbeschauer einräumt. Hierdurch soll an der bisherigen 
Stellung der beamteten Tierärzte bezüglich Beaufsichtigung der 
Laien nichts geändert werden. Jeder Laienbeschauer soll 
dem Ergänzungsbeschauer und die Gesamtheit der 
Laienbeschauer eines Kreises soll dem Kreistierarzt 
unterstellt sein. Die völlig unzulängliche^ Stellung der 
Privattierärzte zwischen beamteten Tierärzten und Laien wird 
ein jeder anerkennen müssen, und daher den Wunsch nach 
Verbesserung der jetzigen Verhältnisse für durchaus berechtigt 
halten. Die Weiterentwicklung des tierärztlichen Standes ge¬ 
bietet die Erfüllung dieses Wunsches. 

Ein weiteres Erfordernis zur Beseitigung von Mi߬ 
ständen in der Fleischbeschau ist ein Verbot für Laien¬ 
beschauer, bei Notschlachtungen jeder Art, sowie bei 
Schlachtungen ohne Lebendbeschau die Fleischbeschau 




BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


8t k; 

auszuüben. Hier dürfen nur Tierärzte zuständig sein. Es 
muß in der Fleischbeschau Grundsatz sein, daß die Laien¬ 
beschauer nur dann zuständig sind, wenn sich bei der Lebend¬ 
beschau keine wesentlichen Störungen im Gesundheitszustände 
finden, und wenn nach der Schlachtung nur geringgradige Ab- i 
weichungen vom Normalen und Gesunden vorliegen. Daß die 
Laienbeschauer den Fleischern gegenüber keinen leichten Stand 
haben, und daß sie von diesen zum Überschreiten ihrer Be¬ 
fugnisse häufig gedrängt werden, steht außer Zweifel. Hier 
ist es Sache der Ergänzungsbeschauer den Beschauern beizu¬ 
stehen und ihre Rechte und Pflichten dem Viehbesitzer klar 
zu machen. Wenn gar die Ergänzungsbeschau für den Besitzer 
noch mit hohen Kosten verbunden ist, und häufig notwendig 
wird, dann werden tatsächlich hohe Anforderungen an die 
Charakterfestigkeit des Beschauers gestellt und sind Streitig¬ 
keiten kaum zu umgehen. Die Gebühren der Ergänzungs¬ 
beschau sollten daher niemals die Viehbesitzer zu 
tragen haben, wie das gegenwärtig noch häufig der Fall ist. 
Die gewissenhafte Ausführung der Fleischbeschau darf nicht zu 
einer besonderen Belastung führen. 

Endlich sei noch auf eine ministerielle Verfügung 
vom 17. August 1907 hingewiesen. Hiernach sollen die 
Fleischverkaufs- und Aufbewahrungsräume einer regelmäßigen 
polizeilichen Beaufsichtigung unterliegen. Zu dieser Kontrolle 
sollen die beamteten Tierärzte und nötigenfalls auch die als 
Beschauer angestellten Tierärzte zugezogen werden. Im Inte¬ 
resse des Ansehens des Standes der Privattierärzte liegt es wohl, 
daß sie bei diesen Revisionen nicht zurückstehen müssen, sondern 
in gleicher Weise wie die beamteten Tierärzte daran 
teilnehmen, damit nicht immer mehr die Ansicht Platz greift, 
daß den Kreistierärzten in der Fleischbeschau ein Aufsichtsrecht 
über die Privattierärzte zusteht. Jedem tierärztlichen Beschauer 
muß daran gelegen sein, sich von Zeit zu Zeit durch Revisionen 
zu überzeugen, ob in seinem Beschaubezirk bei den Gewerbe¬ 
treibenden keine Hintergehungen Vorkommen. 

Eine Besserung der Stellung der Privattierärzte in der 
Fleischbeschau würde sich demnach in folgender Weise erreichen 
lassen. 


1. Übertragung der Fleischbeschau ausschließlich 
an Tierärzte, wenn solche in ausreichendem 
Maße zur Verfügung stehen. 

2. Errichtung eines unter tierärztlicher Leitung 
stehenden Beschauamtes, wenn in einem Orte 
neben dem Tierarzt noch Laien als Beschauer 
angestellt sind. 

3. Berechtigung der Tierärzte, in Behinderungs¬ 
fällen die Beschau durch einen anderen Tierarzt 
als Stellvertreter ausführen zu lassen. 

4. Ausschließliche Zuständigkeit der Tierärzte bei 
Not Schlachtungen. 

5. Beaufsichtigung der Laienbeschauer durch die 
zuständigen Ergänzungsbeschauer. 

6. Vornahme der polizeilichen Revisionen unter 
Zuziehung der in dem betreffenden Bezirke als 
Beschauer angestellten Tierärzte. 

Die vorstehenden Vorschläge bezwecken, eine Verbesserung 
der Fleischbeschau ebenso sehr als eine Verbesserung der 
Stellung der Tierärzte. Diese Verbesserung sollte die Königliche 
Staatsregierung sowohl im Interesse der Tierärzte wie der Land¬ 
wirte herbeiführen, denn die Stellung und das Gedeihen des 
tierärztlichen Standes sind heut von dem Fleischbeschauwesen 
nicht mehr zu trennen, und bisher durch dieses höchst ungünstig 
beeinflußt worden. Man muß von einem Rückgang in der tier¬ 
ärztlichen Konjunktur sprechen. 

Es beginnt sich ein unverkennbarer Widerspruch zu ent¬ 
wickeln zwischen der hohen Steigerung der tierärztlichen Vor¬ 
bildung und den Zukunftsaussichten der tierärztlichen Stellung. 

Tritt dieser Widerspruch erst in die Öffentlichkeit, so 
wird er den Zuzug von Studierenden hindern, die in anderen 
Berufen ihre sozialen Ansprüche besser sichergestellt sehen. 
Da nur die kleinere Zahl der Tierärzte in die als gut 
bekannten Beamtenstellen einzurücken, Aussicht hat, so ist für 
die Zukunftsaussichten des Berufes die Stellung der Privat¬ 
tierärzte entscheidend. Für diese aber ist gegenwärtig eine 
Krisis eingetreten, zu deren Behebung die erbetene Verbesserung 
im Fleischbeschauwesen besonders wirksam beitragen würde. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Stabsveterinär Seiffert 
im Hus. Regt. Nr. 6 der Kronenorden vierter Klasse. 

Versetzungen: Die Königl. Bezirkstierärzte Benedikt Kögl in Rehau 
und Max S>hmutterer in Landshut in gleicher Eigenschaft nach 
Aichach bzw. Erding. 

Verzogen: Die Tierärzte Gabriel Boyer-Gräfenberg nach Schnaitach 
(Bez.-Amt Lauf), Waller JEt/Z-Köstritz nach Ortenburg (Niederbayern). 

Promotionen: Die Tierärzte Friedrich Bartel in Berlin, Bans 
Biclefeldt in Tiglcff (Schlesw.-Holst.), Berthold Knabe in Lehrte, 
Bernhard Mey in Berlin, Dr. Maximilian Meyer in Wiesbaden und 
Frant Sokolotcski in Berlin zum Dr. med. vet. in Bern. 

Die krel8tierärztllche Prüfung haben in Berlin bestanden: Tierarzt 
Wilhrhn Konps , Polizeitierarzt Dr. Erich VahJkampf ‘ Polizeitierarzt 
Dr. Friedrich Otto, Tierarzt Fritx Wittstock , Tierarzt Dr. Conrad 
Rühmehrrf, Oberveterinär Franz Poddig, Tierarzt Gustav Koenig , 
Tierarzt Willy Meyerhoff. 

Todesfälle: Die Tierärzte Siegmund Jacobsohn in Friedrichshagen 
bei Berlin, J. Will/. Efflandt in Schönberg (Schlesw.-Holst.), Eduard 
Siemela in Ratibor. 


Vakanzen. 

Kreistierarztstellen: a) Neu ausgeschrieben: Reg.-Bez. 
Minden (Westf. : Bielefeld: Bewerb, bis 20. Dezember er. an den 


Regierungspräsidenten. Reg.-Bez. Kassel: Ziegenhain. Bewerb, 
innerhalb 3 Wochen an den Regierungspräsidenten. — b) Nach 
Ablauf der Meldefrist noch unbesetzt: Reg.-Bez. Düssel¬ 
dorf: Mettmann. — Reg-Bez. Koblenz: Mayen. — Reg.-Bez. 
Köln: Rheinbach. — Reg.-Bez. Osnabrück: Lingen. — Reg.- 
Bez. Posen: Koschmin. 

Sohlachthofstelleii: a) Neu ausgeschrieben: Lippstadt: 
Verwalter, baldigst. Gehalt 2500 bis 4000 M., freie Wohnung usw. 
Privatpraxis nicht gestattet. Meldungen bis 18. November an den 
Magistrat. — Rügenwalde: Schlachthofinspektor zum 1. April 
1909. Gehalt 2100 M. bis 2700 M. Bewerb, bis 5. Dezember er. an 
i den Magistrat. — b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbe- 
| setzt: Bitburg: Tierarzt, 1600 M. — Hannover: Tierarzt, 2400 M. 
I bis 4100 M. — Jarotschin: Inspektor 2100 M. — Stargard (Pom.): 
I Assistenztierarzt, 1800 M. — Wittstock (Dosse): Assistenztierarzt, 

I 150 M. monatlich. 


j In den letzten Wochen hat zu meinem Bedauern eine Anzahl von 
! Kollegen auf Erledigung ihrer Anfragen bei mir warten müssen. Zn 
! meiner Entschuldigung möchte ich hier die kleine Notiz bringen, daß 
| die Korrespondenz eine außerordentlich rege war und ich innerhalb 
; 10 Tagen nicht weniger als 160 Briefe habe diktieren und expedieren 
müssen. Ich bin überzeugt, daß dies die einzelnen Empfänger zur 
1 Nachsicht stimmen wird. Schmal tz. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inacratenteil): Prof. Dr. Sclitnalti ln Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagabuchhandlung von Riehnrd Schoets ln Berlin. — 

Druck von W. Bttxenstein, Berlin. 




Die ,3«r1tner Tler&ntllcbe Wochenschrift“ er« eheint 
wöchentlich lm Verlage von Richard Scboets ln 
Berlin BW. 48, Wilhelmstr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe tun Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 fQr die Wochenschrift, 12 PC für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitung»- 
Preisliste Nr. 674. Ungarische Nr. 86.) 


Berliner 


Orlgtnalbeltrige werden mit 60 Mk., fn Petltsate mit 
00 Uk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
su senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., LuisenstraOe 66. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 

Med.-Hat Dr. Boeder Dr. Schlegel 

Professor in Dresden. Professor ln Frei barg. 

Helfer 

Schlachtb.-Direktor in Malbauten L 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Dr. Peter 

8taatstierarzt für Hamburg. 

Dr. J. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Veterinärrat Peters 

Departements-T. in Bromberg. 


Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt ln Manchen. 


Veterinärrat PreuQe 

Departements-T. ln Danzig. 

Wehrte 

Kais. Regierangsrat in Berlin. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 

Zündel 

Kreistierarzt in Mttlh&usen L E. 


Dr. H. Sieber 

i Tropeninstitnt in Hamburg. 


Dr. Stödter 

Stadt-Tierarzt in Hamborg. 


Dr. Zimmermann 

Dozent ln Budapest 


Jahrgang 1908. JV°. 50 . Ausgegeben am 10. Dezember. 


Inhalt: Mayer: Untersuchungen bei der Brustseuche der Pferde. — Zu dem Artikel: „In Sachen Käjberruhrimpfung 
nach Raebiger-Habelschwerdt“ von Stabsveterinär Dr Goldbeck. — Referate: Zieger: Die Diagnose der Trächtigkeit 
des Pferdes. — Rühm: Untersuchungen über das Vorkommen und die Häufigkeit der Streptococcenmastitis bei Kühen. — 
Krüger: Über das Vorkommen von Mikroorganismen im Bindehautsack des Pferdes und ihre Beziehungen zu den Augen¬ 
krankheiten. — Die abschüssige Kruppe. — Ans der medizinischen Literatur. — Tageageschichte: Neueste Nachrichten. — 
Das Deutsche Veterinär-Offizierkorps. — Krueger: Die Gehälter der Kreisärzte und Kreistierärzte. — Verband der Privat¬ 
tierärzte in Preußen. — Francke: Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Köln. (Schluß.) — Bericht 
über die Versammlung des Vereins der Scblachthoftierärzte Westfalens. — Tagesordnungen. — Kleine Mitteilungen. — Staats* 
voterInärwesen: Erste Kommissions-Lesung der Novelle zum Viehseuchengesetz. — Dienstliche Versammlung der beamteten 
Tierärzte des Regierungsbezirks Allenstein. — Gemeinfaßliche Belehrung über die als Influenza der Pferde bezeichneten 
Krankheiten. — Personalien. — Vakanzen. 


(Aus der bakteriologischen Untersuchungsstation II. Bayr. Armee¬ 
korps beim Garnisonlazarett Würzburg.) 

Untersuchungen bei der Brustseuche der Pferde. 

Von Stabsarzt Dr. Georg Mayer. 

Bei der Brustseuche der Pferde wurde von Schütz 1887 
ein Gram negativer Diplococcus beschrieben von länglich ovaler 
Gestalt, ähnlich dem Pneumococcus; es wird Kapselbildung an¬ 
gegeben im Blute von Tieren, Wachstum auf Agar und Gelatine 
bei Zimmertemperatur. Der Coccus wurde im Blute, in den 
Langen, in der BrnsthÖhlenflüssigkeit gefunden. Er fand keine 
allgemeine Anerkennung, man schrieb ihm Verwandtschaft mit 
den Eiterbakterien zu. Es wurde eine Wirkung auf die Kom¬ 
plikationen and Nachkrankheiten angenommen. — Ligniäre 
und andere Antoren fanden in den Lungen einen Streptococcus. 
— Neuerlich sind von Lorenz auf der Haut kranker Pferde 
Streptococcen gefunden worden, welche Erkrankungen mit 
typischem Fieber machen können. .— Nach Lud ewig (Zeitr 
schrift für Veterinärknnde 1907, Heft 2) sollen Versuche unter 
der Leitung von Koch einen Coccus ergeben haben, der mit 
dem von Schütz entdeckten völlig übereinstimme. Es soll die 
Vermutung bestehen, daß die Krankheit durch Zwischenträger, 
Mücken, Mäuse nsw., verbreitet werde. — In letzter Zeit hat 
Willerding (Berliner Tierärztliche Wochenschrift Nr. 34, 1908) 
mitgeteilt, daß er bei mikroskopischer Untersuchung des Blutes 
und intraperitonealer Verimpfung desselben anf Mäuse und 
Kaninchen, sowie bei subkutaner Verimpfung anf 18 gesunde 
Pferde verseuchter Bestände negative Ergebnisse hatte. Das 
Blnt kranker Tiere komme als Infektionsträger kaum in Frage. 
Er züchtete ans den krankhaften Ausscheidungen der Schleim¬ 
haut von Nase und Auge Bakterien von Diplococcenform, aus¬ 
nahmsweise von Coccenform, welche sich in Bonilion und 
flüssigem Blutserum an den Polen in nicht sehr stabilen kurzen 
Ketten aneinander lagern. Es wird noch erfolgreiche Be¬ 
handlung erkrankter und Schatz gesunder Pferde durch ein 


Serum angegeben, welches unter Vorbehandlung mit jenem 
Coccus aus Pferden und Rindern gewonnen wurde. 

Die Mitteilung Willerding8 veranlaßt mich, Untersuchungen 
bekannt zn geben, welche ich im Mai und Juni d. J. im 2. und 
11. bayerischen Feld-Artillerie-Regiment zu Würzburg anzustellen 
Gelegenheit hatte. Die Herren Stabsveterinäre Müller und 
Mo r har dt haben mich bei Ausführung dieser Untersuchungen 
in liebenswürdigster Weise unterstützt. 

Bei genannten Regimentern, deren Ställe bis jetzt zusammen¬ 
lagen, entstand dnrch Einschleppung eine ziemlich ausgedehnte 
BruBtsencheepidemie. Bei der Vornahme der Untersuchungen 
ging ich von der ja überhaupt bekannten Beobachtnng aus, daß 
bei menschlichen Infektionskrankheiten: Typhus, Paratyphus, 
Genickstarre, krnpöse Lungenentzündung, beim ersten Beginn 
der Erkrankung die Erreger im Blute, gefunden werden können, 
demnach bei solchen Krankheiten zunächst sich eine Bakteriämie 
findet, welcher spezifische Lokalisierongen im Körper folgen. 
Eine ähnliche Annahme schien nach dem klinischen and patho¬ 
logischen Bild für die Brustseuche der Pferde naheliegend. 

Die Blutentnahme wurde nach peinlicher Sänberung, 
Rasiernng und Desinfizierung der Hant mit der Fliete ans der 
Halsvene gemacht in der Weise, daß das im Strahl hervor¬ 
spritzende Blnt anfgefangen wurde; es dürften daher von der 
Haut stammende Verunreinigungen ausznschließen sein. Von 
dem Blute wurden 10 ccm in großen Reagierröhren aufgefangen, 
welche mit 10 ccm einer Nährlösung beschickt war; die ähnlich 
dem Vorgang von Conradi für die Züchtung von Typhusbazillen 
aus Blut, zur Hälfte ans sterilisierter Galle nnd zur Hälfte aus 
neutraler Bouillon bestand; zur Verhütung der Gerinnong wird 
die Mischung sofort leicht geschüttelt. Sie blieb 24 Stunden 
bei 37,5° C, alsdann wurden Ausstriche auf Serumagar bzw. 
Kutsch ersehen Agar (Plazentabouillon-Rinderserum-Peptone de 
Chapoteaut-Mischung) gemacht. Die Resultate finden sich in 
Beilage I. Es ergibt sieh, daß bei 16 Blutproben nnd einer 







898 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Sektion ein positives Ergebnis erschien, daran nehmen teil 
3 Pferde mit Blutentnahme am 1. Tag der Erkrankung, 2 Pferde 
am 2. Erkrankungstag, eins am 3. Erkrankungstag; bei dem 
gefallenen Tiere ergab nur die Herzbeutelflüssigkeit einen 
einwandlosen Befund; bei einem Pferd verlief die Untersuchung 
am 1., 5. und 10. Krankheitstage negativ, bei einem weiteren 
am 2. Tag, bei 3 am 3. Das Blut eines unter den verseuchten 
Tieren stehenden gesunden Pferdes war steril, bei einem Pferde 
(Frage), welches am 1. Tage positiven Befund ergab, fand sich 
nach 4 und 9 Tagen nichts mehr. 

Die Blutausstrich-Präparate ergaben unter 26 Entnahmen 
sechsmal die lange bekannte, traubenförmige Degeneration des 
Plasmas der Lymphzellen des Blutes, sonst war kein Befund 
zu erheben. 

Bei den 7 Pferden mit positivem Blutbefund fanden sich 
bei zwei Pferden (Nr. 1 und 4) im Blut Coccen, welche nach 
ihrem biologischen Verhalten bzw. dem Resultat der Verimpfung 
auf Mäuse als Staphylococcus pyogenes albus zu bezeichnen 
sind, bei einem dritten Pferde (Nr. 5) wurde Staphylococcus 
pyogenes aureus identifiziert; diese albus und aureus wichen 
nur insofern etwas ab, als sie sehr langsam, erst nach fünf bis 
sechs Tagen Gelatine verflüssigten, die Gram-Färbung nach 
Löffler nur teilweise annahmen und dabei eigentümliche 
Teilungsflguren zeigten, so daß die Coccen in der Mitte mit 
einem feinen Bande versehen zu sein schienen. 

Im Blut von sechs kranken Pferden und in der Herzbeutel¬ 
flüssigkeit des gefallenen fand sich ein Bakterium, welches 
nähere Besprechung verdienen dürfte; dasselbe war ein sehr 
kleiner Doppelcoccus, welcher im Klatschpräparat dort, wo er 
in größeren Verbänden zusammenliegt, leicht länglich runde 
Individuen zeigt, während die Doppelcoccen. dort, wo sie einzeln 
liegen ausgesprochene Lanzettform haben, wobei die beiden 
Coccen mit den spitzen Enden sich berühren und ferner in einem 


spitzen Winkel zu einander stehen, so daß die Form einer 
gekrümmten Hantel erscheint. Eine Kapselbildung konnte ich 
weder in Kulturen noch in Ausstrichpräparaten aus Mansblut 
beobachten. 

In Beilage II finden sich die Eigenschaften des Coccns 
zusammengestellt, soweit die Untersuchung bis jetzt abgeschlossen 
ist. Es wäre speziell darauf hinzu weisen, daß der Coccns nur 
auf solchen Nährböden ein einigermaßen gutes Fortkommen 
bildet, welchen Serum zugesetzt wurde, das nicht über 60° C 
erhitzt ist. Wesentlich scheint mir auch der Umstand, daß die 
Serumkulturen, im Gegensatz zu sonstigen Diplococcen, nicht 
sehr empfindlich sind, da sie bis zu 14 Tagen übertragbar 
bleiben, auch Austrocknung wird verhältnismäßig gut, bis zu 
drei Tagen, vertragen. Ein Stamm blieb bei starker Aus¬ 
trocknung des Nährbodens vom 23. Juli bis zum 7. November 
übertragbar. 

Was die Tierversuche betrifft (siehe Beilage III), so 
stimmen dieselben mit denen Willerdings insofern überein, 
als es mir nicht gelang, mit dem Blute kranker Tiere, selbst 
solcher, bei welchen sich der Diplococcus fand, Kaninchen bei 
intraperitonealer Verimpfung zu infizieren. Die Coccen sind 
für die gebräuchlichen Versuchstiere entschieden nicht sehr 
pathogen; dies geht auch aus den Versuchen an Mäusen hervor 
(siehe Beilage III), bei welchen verhältnismäßig große Dosen 
von Impfmaterial ziemlich lange Zeit gebrauchten, um den Tod 
der Tiere herbeizufuhren; erst die wiederholte Passage des 
Stammes Frieda gab diesem größere Virulenz, doch mußte 
immer noch V 2 ccm Kutsch er-Bouillonkultur verwandt werden, 
um in 48 Stunden zu töten. Der Sektionsbefund war nur bei 
vier Mäusen einigermaßen charakteristisch, indem sich eine 
doppelseitige, disseminierte, katarrhalische Pneumonie, je nach 
der Dauer der Erkrankung stärker vorgeschritten, eingestellt 
hatte. Der Versuch an Meerschweinchen, welchen gleichzeitig 


Beilage I. 


Lfd. 

Nr. 

Datum der 
Blut¬ 
entnahme 

Name 

des Pferdes 

Er¬ 

krankungs¬ 

tag 

Wachstum aus Blut auf 
Serumagar-Platten nach 
Vorkultur in Galle-Bouillon 

Blutausstrich-Präparat 

Gruber-Widalsche Reaktion 
des Blutes gegen den 
Diplococcus lanceolatus 
(Stamm Frieda) 

1. 

21. 5. 

Diocletian. 

1. 

Diploc. lanceol. Staphylo¬ 
coccus albus. 

Traubenförmige Degene¬ 
ration der Lymphocyten. 

1:10 + ; 1:20 +; 1:30-. 

2. 

23. 5. 

Ziska. 

1. 

[Steril. 

Normal. 

1:10 —. 

3. 

22. 5. 

Frieda. 

2. 

Diploc. lanceol. 

n 

1 : 50 +; 1:100 —. 

4. 

23. 5. 

Gisela. 

1. 

Diploc. lanceol. Staphyloc. 
albus. 

Wie Nr. 1. 

1:25 4-J 1:50 —. 

5. 

27. 5. 

Frage. 

1. 

Diploc. lanceol. Staphyloc. 
aureus. 

Wie Nr. 1. 

1:10+; 1:20 ±; 1:30—. 

6. 

» 

Weihe. 

Gesund. 

Steril. 

Normal. 

1:10 —. 

7. 

„ 

Ziska. 

5. 



1:10 +. 

8. 


Derwisch. 

3. 

„ 


1:25+; 1:50 -. 

9. 

„ 

Eulalia. 

3. 

„ 

v 

1:25+; 1:50-. 

10. 

„ i 

Frage. 

4. j 


Wie Nr. 1. 

1:20+; 1:40-. 

11. 

1. 6. 

Zenobia. 

Verendet 
(17. Tag) 

IIerzbeutelflü8sigkeit: 
Diploc. lanceol. 

— 

1:25—; 1:50-. 

12. 

n 

Grethe. 

2. . 

Steril. 

Normal. 

1:10 —. 

13 

r> 

Herold. 

3. 

Diploc. lanceol. 

„ 

1:10+; 1:20—. 

14. 

„ 

Bertha. 

3. 

Steril. 

r> 

1:10-. 

15. 


Ziska. 

10. 

„ , 


1:25+; 1:50-. 

16. 

„ 

Frage. 

9. 

* 


1:30+; 1:40+; 1:50-. 

17. 

9. 6. 

General. 

1 i 

2. 

Diploc. lanceol. 


1:10 ±. 


Die Untersuchung des Blutausstriches von 9 anderen kranken Pferden ergab bei 2 Pferden wieder die Degeneration der Lynipho- 
cytcn, der sonstige Befund war negativ. 












10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


899 


Butter eingespritzt war, ergibt, daß bei dieser Methode der 25. Oktober Abszeß am Hals: albus und die Dippcoccen. Seit 
Diplococcus in ähnlicher Weise, wie eine Reihe anderer weniger 24. Oktober Husten, tot 1. November: Katarrhalische Herde in 
pathogener Bakterien, infektiöse Eigenschaften zu entfalten den Lungen. Tier 3 seit 31. Oktober Husten, 6. November 
vermag. Am 16. Oktober wurden drei Meerschweinchen, das Lähmung der Hinterbeine und tot. Darm- und Mageninhalt 
erste subkutan, das zweite intraperitoneal, das dritte ebenso blutig verfärbt, Lungen mit tief blauroten, katarrhalischen 
mit Butter geimpft, jeweils 1 ccm 4 Wochen alte Kutscher- Herden, Uterus an der Hörnervereinigung blaurot, Niere mit 
Bouillon-Kultur. Tier 1 erkrankt 24. Oktober mit Husten, punktförmigen Blutungen. 

verendet 31. Oktober. Herzbeutel verdickt, Lungen mit Brust- Die Gruber-Widalsche Reaktion des Blutes der unter¬ 
korb verwachsen, kontrahieren sich nicht, haben diffuse, tiefrote suchten Pferde (siehe Beilage I) wurde makroskopisch mit 
kleine Herde; Schwellung von Penis uud After. Histologisch mikroskopischer Kontrolle mit dem aus Pferd Frieda gezüchteten 
katarrhalische Pneumonie mit den Diplococcen. Tier 2 seit Stamm angestellt, 12 Stunden Einwirkung bei 37,5° C. Sie war 

Beilage II. I einzelstehenden, graulichen, gewöhnlich nur punktgroßen, manch. 

Biologlsohe Eigenschaften des Diplocoocus lanceolatus. I mal fein tautröpfchenartigen Kolonien; unter der Lupe grau und 

Der Coccus ist gegenüber dem Löfflerschen Verfahren i undurchsichtig, Ränder leicht unregelmäßig. Kutscher-Bouillon: 

absolut Gramnegativ. ! nach zwei Tagen dick gelblich-milchig getrübt. — Die Kulturen 

Gelatine: kein Wachstum. Traubenzuckeragar: kein Wachs- I bleiben auf Serumnährböden bis zu 14 Tagen noch übertragbar, 
tum. Bouillon: geringer Bodensatz. Glyzerinagar: aus dicken ^ Zehn Minuten langer Aufenthalt im Wasserbad von 56° C tötet 
Aussaaten nur einzelne, feinste Kolonien wachsend, die nach sie sicher ab. Aus Seidenfäden, die in Kutscher-Bouillon¬ 
drei Tagen abgestorben sind. Nutroseager: kein Wachstum. | Kultur getaucht und dann im Brutschrank von 37.5° C 
Milch: nicht gerinnend. Lackmusmolke: Spur rotviolett nach getrocknet waren, ließ sich nach drei Tagen kein Wachstum 
zwei Tagen. Neutralrotagar: feiner Schleier um den Einstich, | mehr erzielen. Solche Seidenfäden, ein Tag alt, bzw. Granaten, 
im Stich kein Wachstum. Serum: feinster Rasen aus einzel- in Kutsch er-Bouillon-Kultur getaucht und getrocknet, ließen 
stehenden, durchsichtigen, pünktchenartigen Kolonien. Ascites- i mit Vioproz. Sublimatlösung fünf Minuten zusammengebracht 
agar: feiner Rasen aus einzelstehenden, gräulichen, pünktchen- und sofort mit sterilem Wasser gespült, keine Kolonien mehr 
förmigen, etwas erhabenen Kolonien. Kutscher-Agar: Rasen aus auskeimen. 

Beilage III. Tler-Versuohe. 

A. Kaninchen. 



C. Meerschweinchen. 

14. Juli |Diploc. lanceol. aus Mausblut Frieda 2 ccm 2 Tage alte Kutscher-| Tier bleibt gesund. 

I 11. Juli Bouillon-Kultur, 

! intraperitoneal 

„ „ „ }, „ Frieda 2 ccm Kutscher-Bouillon- + Nacht vom 15. zum 16. Juli, fibrinös-schwartige Peritonitis; 

i 11. Juli Kultur und 6 ccm Butter katarrhalische Pneumonie der linken Lunge, Milztumor. 

| | intraperitoneal Herzblut: Diploc. lanceol. 

















900 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


bei dem geBonden Tier (Nr. 6), sowie den kranken Nr. 12 und 
14 negativ, 13 und 17 gaben nur den Grenzwert 1:10. Wesent¬ 
licher scheint folgendes: Diokletian hat Grenze 1: 20, 4 Pferde 
(Nr. 4, 8, 9, 11) haben positive Reaktion noch bei 1:25, der 
eigene Stamm wird von Nr. 3 bis 1: 50, agglutiniert. Bei Ziska 
und Frage findet sich eine richtige Steigerung der Agglutination 
während der Erkrankung und Genesung, wie ich sie bei Typhus, Para¬ 
typhus, Ruhr, Genickstarre beobachten konnte. Diese Steigerungder 
Agglutination, während des Verlaufes der Krankheit und in der 
Genesung ist dort so typisch, daß ich wiederholt in ärztlichen 
Veremssitzungen, Konferenzen usw. darauf hinwies, daß die 
Steigerung, selbst in niedrigen Werten z. B. von 1:10 auf 
1:20, wie dies gerade bei schweren Erkrankungen oft nur der 
Fall ist, wesentlich für die Diagnose sei. Wollte man den Satz 
umkehren, so würde die Steigerung der Widalschen Reaktion 
gegenüber einem bestimmten Bakterium diesem für die be¬ 
treffende Krankheit eine gewisse Spezifität zusprechen. Jedenfalls 
ist das Verhalten der Reaktion, auch bei solchen Pferden, in 
deren Blut der Diplococcus sich nicht fand, gegenüber dem 
Stamm Frieda nicht ohne Interesse, wenn auch die Reaktion, 
wie oft bei Coccen, nur in niedrigen Verdünnungen positiv war. 
Gleichwohl ist dem Umstand Rechnung zu tragen, das durch 
Mit-Agglutination eine spezifische Reaktion vorgetäuscht sein kann. 

Es wäre noch zu erwähnen, daß ein Zusammenhang zwischen 
der Schwere der Erkrankung und dem Befund der Coccen nicht 
zu bestehen scheint, auch nicht hinsichtlich von Komplikationen. 
Das Pferd Frage, bei welchem aureus und lanceolatus sich im 
Blut fanden, litt nur 2 Tage an Fieber und bronchitischen Er¬ 
scheinungen. * 

Irgendwelche weitgehende Schlüsse können natürlich aus 
den wenigen Untersuchungen nicht gezogen werden; es dürfte 
wohl gar nicht so unmöglich sein, daß ähnlich wie bei der 
Pneumonie oder Genickstarre des Menschen, so auch bei der 
Brustseuche der Pferde verschiedene Erreger bei den spora¬ 
dischen wie bei den gehäuften Erkrankungen in Betracht kommen, 
womit dann die Unwirksamkeit mancher Schutzimpfungsversuche 
eine Erklärung fände; es dürfte sich aber vielleicht doch 
empfehlen, die von mir angewandte Methode der Untersuchung 
des Blutes gleich bei Krankheitsbeginn mit Anreicherung in 
Galle-Bouillon und Aussaat auf Seruraagar einer Nachprüfung, 
speziell auch hinsichtlich des dabei gefundenen Diplococcus 
lanceolatus, zu unterziehen. 


Zu dem Artikel: „In Sachen Kälberruhrimpfung 
nach Raebiger-Habel8Chwerdt“ von Stabsveterinär 
Dr. Goldbeck. 

In der B. T. W. hat Herr Stabsveterinär Dr. Goldbeck wieder¬ 
holt seiner Entrüstung darüber Ausdruck verliehen, daß Herr Kreis¬ 
tierarzt Raebiger-Habelschwerdt, die Impfungen gegen Kälber¬ 
seuchen den Landwirten überlassen und damit den tierärztlichen 
Interessen schwer geschadet habe. In seinen Ausführungen geht 
Herr Dr. Goldbeck noch weiter und moniert scharf die Abgabe 
der Impfstoffe direkt an Landwirte durch verschiedene Serum- 
Institute und deren Annoncieren in den landwirtschaftlichen Zeit¬ 
schriften. Insbesondere werden nun diese Anschuldigungen gegen 
unser Institut erhoben, weshalb wir uns veranlaßt sehen, die Streit¬ 
frage von unserem Standpunkte aus zu beleuchten und gleichzeitig 
Unrichtigkeiten des Ilerrn Dr. Goldbeck richtig zu stellen. 

Herr Dr. Goldbeck kennt die landwirtschaftlichen Verhältnisse 
sehr genau, wir hatten daher geglaubt, aus seiner Feder eine beiden 


Teilen gerecht werdende Beurteilung zu vernehmen. Seine Kollegen 
werden seine Vorschläge zur Abstellung sehr vermißt haben, denn 
der vom tierärztlichen StandeBinteresse sehr verständliche Schlacht¬ 
ruf: „Beziehet Eure Impfstoffe nur von solchen Instituten, die nur 
an Tierärzte liefern“, wird dem Impfen der Landwirte den Boden 
nicht entziehen. Die Ausführungen des Herrn Dr. Goldbeck haben 
uns den Beweis erbracht, daß er von unseren Geschäftsprinzipien 
und unserem Verkehr mit Tierärzten und Landwirten sehr wenig 
unterrichtet ist. 

Seit Bestehen unseres Institutes haben wir stets die tierärzt¬ 
lichen Interessen wahrgenommen, den Wünschen der Herren Tier¬ 
ärzte nach jeder Richtung hin Rechnung getragen, weil wir bo 
vernünftig sind, einzusehen, daß die Entwicklung unserer Serum¬ 
abteilung in erster Linie von dem Wohlwollen der Tierärzte ab¬ 
hängig ist. Nachdem nun die Serumtherapie auch zur Behämpfung 
der Kälberseuchen festen Fuß faßte und infolge der Wirksamkeit 
unserer Impfstoffe immer größere Verbreitung fand, insbesondere — 
und das ist der springende Punkt — es zur Erzielung durch¬ 
schlagender Erfolge erforderlich wurde, daß die Kälber in den 
ersten Lebensstunden, die Ferkel am zweiten oder dritten Lebens¬ 
tage, geimpft werden mußten und jeder Impfling einer Nachimpfung 
zu unterziehen war, änderte sich das Bild ohne unser besonderes 
Zutun. Daß die Postulate der frühzeitigen Impfungen zu Recht 
bestehen, wird und muß jeder Tierarzt, der mit genannten Infektions¬ 
krankheiten tagtäglich zu tun hat, bestätigen. Es muß nun doch wohl 
vielen Tierärzten ganz unmöglich sein, jede geforderte Impfung selbst 
vorzunehmen, die bei großen Viehbeständen fast täglich auszufahren 
ist. Jedesmal aber die geborenen Tiere dem Tierärzte vor die Wohnung 
zwecks Impfung zu fahren, dürfte nur da möglich sein, wo besonders 
günstige Verhältnisse bezüglich Lage der Güter und Anzahl der 
Tiere in Frage kommen. Für den größten Prozentsatz der Tier¬ 
besitzer ist aber der Vorschlag des Herrn Dr. Goldbeck undurch¬ 
führbar! Wie denkt sich Herr Dr. Goldbeck die Ausführung 
im östlichen Deutschland, wo z. B. zur Winterszeit bei 20 km 
Entfernung, bei starker Kälte und Schneewehen der Bauer endlich 
vor der Wohnung anlangt, um zu erfahren, daß der Tierarzt seit 
7 Uhr fort und vor abends spät nicht zurückerwartet wird. Wenn 
wir unsere Akten sprechen ließen! Wir können nur so viel mit- 
teilen, daß in richtiger Erkenntnis dieser Tatsachen viele Tierärzte 
dem Landwirte die Impfung überlassen mußten, wenn nicht Mi߬ 
erfolge über Mißerfolge auftreten sollten. Unseres Wissens 
steht Herr Kreistierarzt Raebiger durchaus nicht allein. 
Eine sehr große Anzahl seiner Kollegen hat mit der ersten Impfung 
die Kontrolle über den Tierbestand behalten und die weiteren 
Impfungen dem Besitzer überlassen. Erklärlicherweise werden 
diese Herren sich schwer auf den Kampfplatz der öffentlichen Aus¬ 
sprache begeben, so wünschenswert dies auch sei. Aus leicht 
begreiflichen Gründen heißt es für uns in diesem Kampfe non nomina. 

In den erwähnten Fällen erfolgt mit Wissen der Tierärzte und 
auf deren Wunsch die weitere Zusendung der notwendigen Impf¬ 
stoffe direkt an die fraglichen Güter. Bei unserem ausgedehnten 
Geschäftsbetriebe würde eine jedesmalige Rückfrage zu erheblichen 
Verzögerungen in der Zusendung der meist dringend benötigten 
Sera führen. Wie kann man dafür uns verantwortlich machen? 
Außerdem bestellen viele Landwirte nach Rücksprache mit ihrem 
Tierarzte die Sera, um nach Eintreffen derselben den Tierarzt zur 
Vornahme der Impfung zu bitten. Diese Art der Zusendung 
geschieht, um die Nachnahme gleich durch den Besitzer einlösen 
zu lassen, anstatt oft erhebliche Beträge monatelang und noch 
länger unter Zins Verlust vorzulegen. Ist das unsere Schuld? Daß 
es vorkommt, daß Landwirte ohne irgendwie tierärztlichen Rat 
eingeholt zu haben, die Impfstoffe direkt beziehen, ist nicht ab¬ 
zustreiten, kann aber kaum verhindert werden. In allen unseren 
Zuschriften an Landwirte betonen wir ausdrücklich, daß im eigensten 
Interesse zur Vermeidung von Verlusten es notwendig ist, daß die 
Impfung durch den Tierarzt ausgeführt wird und es keinen Zweck 
hat, zu impfen, wenn nicht erst durch diesen die Natur des Leidens 
erkannt und Ratschläge erteilt wurden. Zudem könne in der Hand 
des Laien die Impfung wegen der Anwesenheit latenter Seuchen 
gefährlich werden. Bei Mißerfolg erstatten wir nur dann die Kosten 
zurück, wenn die Impfung durch den Tierarzt resp. durch eine von 



10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


901 


ihm dafür angelernte Persönlichkeit ausgeführt wurde. Mehr kann 
man doch nicht tun? 

Es gibt eine große Anzahl von Tierärzten, die gar nicht daran 
denken, Impfungen gegen Schweineseuche, -Pest oder Kälber¬ 
seuchen auszuführen! Im östlichen Deutschland kommen infolge 
Überhäufung durch Amtsgeschäfte die beamteten Tierärzte überhaupt 
nicht zu Impfungen! Wie soll sich da der Landwirt helfen? Im 
anderen Falle kennen wir eine Anzahl von Tierärzten, deren Zeit 
es zuläßt, jede Impfung vorzunehmen, in solchen Fällen denken 
die Besitzer gar nicht daran, diese unter Umgehung des Tierarztes 
zu machen*). Viele Landwirte klagen, daß der Tierarzt für die 
Impfungen überhaupt nicht zu -haben ist! Bei ruhiger Betrachtung 
dieser Tatsachen drängt sich doch die Frage auf, ob nicht die 
klagenden Tierärzte viel selbst daran schuld sind, daß ihnen die 
Impfungen verloren gehen! 

Was das Druse- und Rotlaufs$rum anbetrifft, so weisen wir 
ausdrücklich darauf hin, daß diese in unseren Annoncen nicht auf¬ 
geführt sind; von einer Anpreisung derselben an Landwirte kann 
daher auch keine Rede sein. Keinem Landwirte sind jemals 
von uns Rotlaufkulturen oder Druseserum in die Hände 
gegeben worden. Diesen Irrtum des Herrn Dr. Goldbeck 
stellen wir hiermit richtig. 

Was den erwähnten Kälberruhrbazillenextrakt anbelangt, so ist 
dieser überhaupt noch nicht in Verkehr gegeben, wurde vielmehr 
probeweise zum Versuch abgegeben. Diese Immunisierungsart 
wird erst jetzt spruchreif. 

Wie nun Herr Dr. Goldbeck sich darüber beklagen kann, daß 
unsere Annoncen in landwirtschaftlichen Zeitungen erscheinen, ist 
uns ganz unverständlich. Wenn Impfstoffe, die sich als sehr gut 
bewährt haben, im Interesse der Seuchenbekämpfung eine mög¬ 
lichste Verbreitung finden sollen, so ist es notwendig, daß die 
Tierzüchter hierauf aufmerksam gemacht werden. Es handelt sich 
doch nicht immer um Heilimpfungen bereits verseuchter Bestände, 
sondern um Schutzimpfungen gesunder Tiere gegen teilweise nicht 
anzeigepflichtige Seuchen. Durch die Annoncen erhält aber der 
Besitzer Kenntnis davon, welche Impfstoffe zur Gesunderhaltung 
seines Tierbestandes in Frage kommen. Dadurch trägen wir viel 
zur weiteren Verbreitung der Impfungen bei, und schließlich hat 
der Landwirt, so lange kein gesetzlicher Impfzwang besteht, selbst 
zu bestimmen, ob er seine Tiere impfen lassen will oder nicht, 
er wird sich früher oder später mit den Impfstoffen so wie so 
bekannt machen müssen. Wird nicht in der großen landwirtschaft¬ 
lichen Woche von berufenen Fachleuten den Landwirten fast in 
jedem Jahre die Herstellung, Wirkung und Anwendungsweise der 
Impfstoffe, besonders neuer, vorgetragen? Werden nicht in vielen 
landwirtschaftlichen Versammlungen von Tierärzten die Tierseuchen 
behandelt und die Bekämpfung unter Heranziehung der Impfung 
betont? Warum sollen unsere Annoncen, die sehr ruhig gehalten 
sind, an allem schuld sein? Interessant wäre es uns, einmal 
hierüber die Ansicht der Landwirtschaftskammer zu hören, die doch 
als die berufensten Vertreter der Landwirte in der Streitsache eine 
große Erfahrung haben. 

Aus unseren Ausführungen dürfte hervorgehen, daß die gegen 
uns erhobenen Anschuldigungen des Herrn Dr. Goldbeck nicht zu 
Recht bestehen, daß vielmehr bei dem Bedürfnis der Landwirte für 
die Schutzimpfungen von seiteu der Herren Tierärzte eine größere 
Impffreudigkeit Platz greifen muß und damit ein nach unserer An¬ 
sicht etwas zu wenig beachtetes Feld der tierärztlichen Praxis auch 
dem Interesse der Tierärzte näher gerückt wird. So weit wir unsere 
Unterstützung hierzu geben können, sind wir jederzeit bereit. 

Pharmazeutisches Institut Ludwig Wilhelm Gans, 
Abteilung für Bakteriologie und Serumgewinnung. 


Berlchtioung. 

In dem Artikel von Bezirkstierarzt Hillerbrand Nr. 49, S. 877, 
ist im Absatz 2 ein Wort ausgefallen. Es mußte heißen: „und 
wenn unter 12 Tieren, von denen sich keines schwer krank zeigte“. 


*) Daran erlaube ich mir denn doch zu zweifeln? 

Schmaltz. 


Referate. 

(Aus der medizinischen Klinik der Tierärztl. Hochschule Dresden.) 

Die Diagnose der Trächtigkeit des Rindes. 

Von Dr. med. vet. Zieger, Tierarzt in Strehla a. Elbe. 

(Inaugural-DUsertttion, Bern 1908.) 

{Buchhandlung von Zahn St J&enscb, Dresden, Waisenhauastr., Preis 2,50 M.) 

Verfasser hat sich in vorliegender Arbeit der Aufgabe 
unterzogen, alles wissenschaftliche und praktische Material 
zusammenzustellen, welches die Diagnose der Trächtigkeit beim 
Rinde ermöglicht. Zunächst wird die Anatomie und Physiologie 
der weiblichen Geschlechtsorgane des Rindes abgehandelt. 
Bezüglich der ersteren sind der Aufgabe der Arbeit ent¬ 
sprechend das Gekröse für den Genitalapparat — die Ligamenta 
lata uteri und die Ligg. suspensoria ovariorum —, die Lage 
und Form des Bchlaflfen ingraviden, des in Erektion befindlichen 
ingraviden und die Lage des graviden Uterus, sowie das Ver¬ 
halten der Genitalgefäße bei jungfräulichen, gravid gewesenen 
und graviden Uteri besonders hervorgehoben, während bezüglich 
der letzteren die für die innere Palpation zum Zwecke der 
Trächtigkeitsbestimmung im Vordergrund stehende, mit Form- 
und Konsistenzveränderungen verbundene Reizempfindlichkeit 
und Kontraktionen des ingraviden und des noch vor dem End¬ 
stadium der Gestation sich befindenden graviden Uterus an der 
Hand von eigenen Versuchen in fünf Abschnitten eingehend 
beschrieben werden. Was nun das Kapitel der Diagnose der 
Trächtigkeit betrifft, so hat Verfasser zuerst die verschiedenen 
Methoden und Ergebnisse der äußeren Untersuchung besprochen. 
Wenngleich diese auch häufig einen sicheren Schluß zuläßt, so 
muß doch, um etwaigen Irrungen zu entgehen, der inneren 
Untersuchung der Vorzug gegeben werden. Dieselbe umfaßt 
die vaginale und die rektale Exploration. Am schnellsten wird 
die Diagnose gesichert durch die kombinierte Methode, mit 
welcher bei eventueller Nichtträchtigkeit der unbefruchtete 
Uterus bei einiger Übung ohne weiteres aufzufinden ist und bei 
eventueller Trächtigkeit durch Feststellung der Veränderungen des¬ 
selben unter Berücksichtigung der Ovarien in Form, Größe, Kon¬ 
sistenz und Lage schon eine 4—6 Wochen dauernde Trächtigkeit 
bestimmt werden kann. Chronische Endometritis, Tuberkulose 
und ähnliche Leiden des Uterus, sowie Pyometra, Hydrometra, 
die namentlich leicht mit den Veränderungen der Gebärmutter 
im ersten Stadium der Gestation zu Verwechselungen Anlaß 
geben können, haben ihr pathognomisches Kriterium gefunden. 
Es wird dann des weiteren auf die Untersuchungsbefunde in 
den einzelnen Trächtigkeitsstadien eingegangen und dabei auch 
der Diagnose der Zwillingsträchtigkeit, Eihautwassersucht, Speck¬ 
kälber und abnorm stark entwickelten Jungen bei erstkalbenden 
Rindern, sowie der Bestimmung des Geburtseintrittes gedacht. 
In der zweiten Gestationshälfte, insbesondere im letzten Drittel 
der Trächtigkeit wurde die Beobachtung gemacht, daß die 
rektale Exploration bisweilen im Stiche lassen kann. Dieses 
Umstandes und der Einfachheit halber sah sich Verfasser nach 
einem anderen diagnostischen Hilfsmittel um, und dieses ist 
gegeben in den charakteristischen Veränderungen der zuführenden 
Genitalgefäße (A. uterina candalis und A. uterina media). Da 
das Dickerwerden und die mit demselben einhergehende Schlingen- 
bildung der zuführenden Gefäße auf der Seite stärker in die 
Erscheinung treten, die dem graviden Horn entspricht, so kann 
auch einwandfrei die Trächtigkeit des rechten oder linken 
Hornes bestimmt werden. Dieser Umstand ist besonders be- 



902 

achtenswert, weil bei Gravidität des linken Hornes nicht selten 
eine Abnormität vorliegt. 

Schließlich wird auch des Gesäßschwirrens als eines 
sicheren diagnostischen Hilfsmittels gedacht, welches mittelst 
modifizierten Endophonoskopes* gegen Ende der Gravidität als 
ein dem Uteringeräusch des menschlichen Weibes identisches 
Phänomen auskultiert werden kann. Die Arbeit findet ihren 
Abschluß in der Schilderung des vom Verfasser geübten Unter¬ 
suchungsganges, wobei noch das Aufsuchen der Ovarien be¬ 
schrieben und eine kurze Schlußbetrachtung angeknüpft wird. 
Im übrigen muß auf das Original verwiesen werden, dessen 
Studium für den Geburtshelfer nicht unwichtig sein dürfte. Eine 
bunte und acht einfarbige Abbildungen veranschaulichen den Text 
und tragen wesentlich zur leichten Orientierung bei. Z. 

Untersuchungen über das Vorkommen und die Häufig¬ 
keit der Streptococcenmastitis bei Kühen. 

Von Tierarzt G. Kühm-Perlach. 

(Woclien*chrIft für Tierheük. u. Viehzucht, 62. J*hrg., Nr. 7.) 

Von pathogenen Milchkeimen kommen außer den Tuberkel¬ 
bazillen besonders Streptococcen in Betracht. Dieselben finden 
sich ziemlich häufig und werden von manchen Ärzten als 
Ursache der Kindersterblichkeit bezeichnet. Mit dem Genuß 
einer derartigen verunreinigten Milch ist daher auch eine große 
Gefahr für die Gesundheit des Säuglinges verbunden. Bergey 
bat zuerst auf den Zusammenhang zwischen Streptococcen und 
Leukozyten hingewiesen und die Behauptung aufgestellt, daß 
Milch mit einer größeren Menge von Leukozyten verdächtig ist, 
streptococcenhaltig zu sein. Trommsdorff-München hat nun 
ein Verfahren (die sog. Milchleukozytenprobe) ersonnen, mit 
welchem es möglich ist, den Leukozytengehalt zu untersuchen. 
Der Untersuchungsgang hierbei ist folgender: Der zu unter¬ 
suchenden Misch-Milch einer Kuh entnimmt man mit einer Pipette 
10 ccm Milch und füllt dieselbe in ein Zentrifugiergläschen, das 
unten in eine Kapillare ausgezogen ist (zu beziehen von der 
Firma Hugershoff-Leipzig). In einer Zentrifuge — mit etwa 
1200 Umdrehungen in der Minute — wird das Gläschen etwa 
3 Minuten lang geschleudert. In der Kapillare sammeln sich 
dann die etwa vorhandenen Leukozyten als gelblicher Bodensatz 
an. Ueber der Kapillare steht die bläuliche Magermilch und 
darauf die Rahmschicht des Fettes. Um dem Kapillarröhrchen 
sind die Marken 1 und 2 angebracht, welche auf 1000 Teile 
Milch 1 bzw. 2 Teile Leukozyten anzeigen (0,01 :10). 

Die Milch gesunder Tiere darf im Höchstfall etwa 0,5 Teile 
auf 100 Teile erreichen, der Bodensatz darf also noch nicht die 
Marke 1 berühren. Ist letzteres aber der Fall, so wird die 
Milch verdächtig; steigt der Bodensatz bis zur Marke 2, so ist 
sicherlich das betreffende Euter erkrankt. Kann man mit der 
Zentrifuge gleichzeitig eine größere Anzahl Röhrchen ver¬ 
arbeiten, so ist im Zeitranm von einer Stunde die Untersuchung 
von 100—200 Rindern ohne besondere Schwierigkeiten möglich. 

Um nun die Brauchbarkeit der Trommsdorffschen Methode 
für die Praxis zu prüfen, hat Rühm in einem gewöhnlichen 
bäuerlichen Betriebe während dreier Monate Untersuchungen 
angestellt. Zur Kontrolle benutzte er die klinischen Unter- 
suchungsniaßnahmen und das Züchtungsverfahren mit Agar platten. 
Aus fünf beigefügten Tabellen sind die näheren Ergebnisse er¬ 
sichtlich. Mit Hilfe der „Milchleukozytenprobe“ gelang es dem 
Verfasser bei 5 unter IG Kühen eines Stalles Streptococcen¬ 


No. 50. _ 

mastitis nachzuweisen, die bei drei von ihnen je ein Euter¬ 
viertel zum Versiegen der Milch brachte. Als praktisch 
wichtig ist hervorzuheben, daß es gelang, frühzeitig 
— noch bevor durch Milchinspektion und Palpation 
des Euters Entzündung festgestellt werden konnte — 
auf einfache Weise eiterige Mastitis zu erkennen. 
Gegen die Trommsdorffsche Probe scheint der Umstand zu 
sprechen, daß die Milch an einigen Tagen trotz des hohen Ge¬ 
haltes an Streptococcen nur Spuren von Leukozyten enthielt, 
daß also das Vorhandensein einer Mastitis der Untersuchung 
entgehen könnte. Dieser Einwand wird aber sofort hinfällig, 
wenn die Stallprobe periodisch — vielleicht wöchentlich — 
ausgeführt wird, dann ist das Nichtbemerken einer Mastitis 
so gut wie ausgeschlossen. 

Die Entstehung der Mastitis ist in den meisten Fällen 
auf Unreinlichkeit beim Melken zurückzuführen. Mit Rücksicht 
auf den durch eine Euterentzündung bedingten Milch-Ausfall 
erschienen die Forderungen: das Euter vor dem Melken zu 
reinigen, die Hände nach dem Melken einer jeden Kuh sauber 
zu waschen, euterkranke Kühe zuletzt vorzunehmen — nicht 
unerfüllbar. Der Produzent von Kindermilch, der sich doch 
höhere Preise als für die Marktmilch zahlen läßt, hat aber die 
Verpflichtung, auf peinlichste Reinlichkeit zu achten. 

Die näheren Vorgänge bei der Bildung einer Mastitis faßt 
Rühm so auf, daß zunächst während der Inkubationszeit sich 
die Streptococcen vermehren, ohne eine Schädigung der Euter¬ 
substanz zu veranlassen. Infolge Anhäufung der Bakterienstoff¬ 
wechselprodukte kommt es zur entzündlichen Reizung und ver¬ 
mehrtem Auftreten von Leukozyten. Letztere sind 
also, sobald sich ihre Zahl in der Milch vergrößert, 
ein untrüglicher Beweis für die beginnende Entzündung. 
Durch das Ausmelken der Streptococcen und ihrer Toxine, sowie 
der Leukozyten mit den Antitoxinen wird der Verlauf verzögert, 
die klinischen Symptome werden unklarer und das betreffende 
Euterviertel verödet allmählich. J. Schmidt. 

Über das Vorkommen von Mikroorganismen im Binde¬ 
hautsack des Pferdes und ihre Beziehungen zu den 
Augenkrankheiten. 

Von Stabsveterinär Ernst Krüger. 

l,Zeit8<-hr. f. VeterinÄrk. 1908, S. 193.) 

Im gesunden Bindehautsack des Menschen und der Haus¬ 
tiere finden sich Mikroorganismen. Krüger hat den Inhalt 
des Bindehautsackes zahlreicher gesunder Bowie auch augen¬ 
kranker Pferde untersucht und konnte feststellen, daß der 
BindehautBack des gesunden Pferdes in ähnlicher Weise wie 
der der übrigen Haustiere und des Menschen zahlreiche Mikro¬ 
organismen enthält; es fanden sich hauptsächlich Staphylococcus, 
daneben Streptococcus pyogenes und aureus, auch Stäbchen, 
die au das Bacterium coli erinnerten, und eine dem Nekrose- 
bazillus ähnliche Mikrobe, außerdem Diplococcen, deren Aus¬ 
sehen und Wachstum große Ähnlichkeit mit dem Fränkelschen 
Pneumococcus aufwies. — Diese Mikroorganismen gelangen aus 
der umgebenden Atmosphäre, von den Tränenwegen oder durch 
direkte Berührung in den Bindehautsack. Der geringste Epithel* 
Verlust des vorderen Augenabsclmittes öffnet daher der Infektion 
Tür und Tor. Zu den auf diese Weise entstandenen Augen¬ 
krankheiten gehören verschiedene Katarrhe der Bindehaut, Ent¬ 
zündungen und besonders Geschwüre der Hornhaut usw. Be 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



10. boznilbor 1908. 

letzteren handelt es sich nicht nur um Staphylococcengeschwüre, 
sondern auch um das Ulcus corneae serpens, jenes beim Menschen 
so häufig vorkommende, sehr gefürchtete Pneumococcengeschwür, 
welches beim Pferd allerdings viel seltener zu sehen ist. 

Die früher oft angewandte Behandlung größerer oder 
kleinerer Verletzungen des vorderen Abschnittes des Auges mit 
Kaltwasser- oder mild antiseptischen Umschlägen dürfte in 
vielen Fällen nicht nur nutzlos sondern oft sogar schädlich 
sein. Die gründliche, wiederholte Desinfektion des Bindehaut¬ 
sackes und des Krankheitsherdes ist von großer Wichtigkeit, 
wozu sich 2 V 2 —5proz. Borsäurelösung eignet. Nach der ört¬ 
lichen Behandlung des Bindehautsackes und der Verletzungen 
ist das Einstreichen einer 3—lOproz. Borvaselinsalbe (Acid. 
boric. 0,3, Vasel. americ. alb. 10.0) zu empfehlen, der bei er¬ 
heblicher Schmerzhaftigkeit noch Cocain zugesetzt werden kann 
(Ac. boric. 0,3, Cocain, muriat. 0,2, Aqu. dest. q. 8., Vasel. 
americ. alb. 10,0). Die Salbe wird mit einem abgerundeten 
Glasstäbchen in den Bindehautsack und auf den Augapfel auf¬ 
gestrichen. Richter. 

Die abschüssige Krappe. 

In Nummer 44 dieses Blattes macht Herr J. Schmidt die 
Leser auf die Arbeit des Herrn Zuchtinspektor Hink in Freiburg 
aufmerksam, die in Heft 4 der „Zeitschrift für Gestütkunde“ 
erschienen sei. Ich gestatte mir den Hinweis, daß jener Artikel 
des Herrn Hink über die abschüssige Kruppe der Zugpferde, 
sowie noch eine zweite Einsendung desselben Verfassers in 
Heft 7, zwei Erwiderungen von meiner Seite im 6. und 8. Hefte 
der „Zeitschrift für Gestütkunde“ gefunden haben. Dieselben 
siqd.für. Interessent^n vpn .d®? 1 ,.Verlagsbuchhandlung Schaper 
in Hannover, Marienstr. 8, zu beziehen. 

Prof. Dr. H. Kraemer. 

Aas der medizinischen Literatur. 

CV ntralblatt f. Bakteriologie usir., I. Abt., Originale. Bd. 48, S. 162. 

Ein Trypanosoma des Wisent von Bielowesch. Von K. i. Wrublewskf. 

— Zu den bisher bekannten für Säugetiere pathogenen Trypa¬ 
nosomen Rougeti undTheileri hat Verfasser ein neues Trypa¬ 
nosoma und zwar bei dem in Litauen im Walde von Bielowesch 
wild lebenden Wisent entdeckt. Er glaubt, daß die von ihm 
gefundene Flagellate eine selbständige Art ist, will ihre Patho¬ 
genität für das Wisent aber noch dahingestellt sein lassen. 
Wladimir off und Yak im off halten das Trypanosoma auf Grund 
seiner morphologischen Eigentümlichkeiten zweifellos für eine 
neue Spezies und schlagen vor, es Tr. Wrublewskii zu nennen. 

Dieselbe Zeitschrift, S. 249. 

Die Schnellagglutination und ihre Verwendung bei der Serodiagnose 
des Rotzes. Von Dr. MieBner. — Bei dem gewöhnlichen Agglu¬ 
tinationsverfahren vergehen mindestens zwei Tage bis ein 
Resultat gewonnen werden kann. Um den Vorgang zu be¬ 
schleunigen, hat Mießner die von Gaehtgens bei Typhus und 
Paratyphus angewandte Zentrifugiermethode mit Erfolg benutzt. 
Bringt man die in Zentrifugierröhrchen gefüllte Testflüssigkeit, 
die mit den entsprechenden Serumverdünnungen nur 10 Minuten 
lang bei 37° aufbewahrt wurde, in eine Zentrifuge und belaßt 
sie hier weitere 10 Minuten, so wird das Agglutinationsphänomen 
erkennbar. Die Niederschläge sind für die Beurteilung des 
Agglutinationswertes nicht immer ausschlaggebend. Dagegen 
ist der durch Schütteln des Röhrchens aufgewirbelte Bodensatz 


903 


charakteristisch und reicht zur Diagnose völlig aus. Dabei ist 
zu beachten, daß die Körnung und Flockung ein Zeichen für 
den positiven Ausfall der Agglutination sind, während ein zopf- 
förmiger Schleier das Ausbleiben der Agglutination anzeigt. 
Bei Anwendung der Wasserzentrifuge mit 1000 Umdrehungen 
in der Minute reichen 10 Minuten aus und bei der elektrischen 
Zentrifuge mit 4000 Umdrehungen genügen 3 Minuten, um den 
Niederschlag hervorzurufen. Die Schnell-Agglutinationsmethode 
verbindet Sicherheit mit Schnelligkeit und ist deshalb zur Rotz¬ 
diagnose besonders geeignet. 

Deutsche Medixinalxeitung. 29. Jahrg. IDOS, S. 9S3. 

Curare bei Tetanus. Von G. A. Lubenetzki und N. A. 
Sinakewitsch-Kasan. — Bei einem seit vier Tagen be¬ 
stehenden sehr schweren Tetanusfall, bei dem Morphium selbst 
in großen Dosen auf die tagsüber alle 15—30 Minuten sich 
wiederholenden Krämpfe wirkungslos blieb, wurde durch In¬ 
jektionen von 4p.roz. Curarelösung zunächst Erleichterung des 
Zustandes herbeigeführt. Die Injektionen von 0,5 ccm der 
genannten Lösung wurden Tag und Nacht stündlich wiederholt. 
Außerdem erhielt der Kranke dreimal täglich 0,01 Morphium 
und vier Nährklistiere. Vollkommene Heilung nach acht 
Wochen. Die Eingangspforte der Starrkrampfinfektion blieb 
unaufgeklärt. Antitetanusserum stand nicht zur Verfügung. 
(Praktitscheski Wratsch 29/08.) 

Dieselbe Zeitschrift , S. 1046. 

Experimentelle Beiträge und Demonstration zur Pathogenese des 
Tetanus. Von H. Pochhammer. Verfasser hat bei Menschen 
und Tieren lokale Tetanuserscheinungen beobachten können. 
Entgegen der Annahme, daß das Tetanusgift in den Nerven 
fortgeleitet wird, glaubte Zupnyk, daß auch nach Resektion 
der Nerven des infizierten Gebietes Starrkrampf sich entwickeln 
könne. Verfasser prüfte die Versuche nach und fand sie nicht 
bestätigt. Kaninchen, die nach Exstirpierung des Nerv, cruralis, 
ischiadicus und obturatorius an der so entnervten Extremität 
geimpft wurden, erkrankten nicht an Tetanus. Das Tetanus¬ 
toxin wird offenbar von den peripherischen Nerven gebunden 
und zwar von Substanzen, die chemische Affinität zum Toxin 
haben. Solche sind die lipoiden Stoffe der Markscheide. Anti¬ 
toxin wird nicht von kranken sondern von anderen Zellen 
produziert. Einspritzungen von Tetanus-Antitoxin haben nur 
so lange eine paralysierende Wirkung auf das Toxin, als solches 
im Blut kreist und noch nicht an die Nervenzellen gebunden 
ist. Nach Bockenheimer kann man statt des Antitoxins 
andere sehr viel billigere lipoide Substanzen, z. B. eine Chole- 
stearinsalbe, in die verdächtige Wunde bringen. (Freie Ver¬ 
einigung der Chirurgen Berlins. Sitzung vom 9. November 1908.) 

Dieselbe Zeitschrift, S. 1028. 

Über das Wesen der Alkohottoleranz. Von Pringsheim. — 
Aus Untersuchungen über das Schicksal des Alkohols im 
Organismus der an Alkohol nicht gewöhnten und der an ihn 
gewöhnten Tiere hat sich ergeben, daß beide die gleichen 
Mengen Alkohol durch die Nieren, die Lungen und die Haut 
ausscheiden. Der Kot ist immer alkoholfrei. An Alkohol ge¬ 
wöhnte Tiere verbrennen ihn in etwa 2 /3 der Zeit wie die nicht 
daran gewöhnten. Bei der akuten Alkoholvergiftung beträgt 
der Alkoholprozentsatz des Körpers bei nicht gewöhnten Tieren 
etwa 66 Proz. mehr als bei den gewöhnten. Die Verbrennung 
des Alkohols erfolgt bei den nicht daran gewöhnten Tieren wohl 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


hauptsächlich in der Leber. Dasselbe ist bei den an Alkohol 
gewöhnten Tieren der Fall. Daneben aber findet bei diesen noch 
eine fast ebenso starke Verbrennung im Herzmuskel statt und eine 
wenn auch geringere im Gehirn. (Biochem. Zeitschr. 12, 1 und 2.) 
Dieselbe Zeitschrift S. 1027. 

Atropin bei akuter Morphium- und Opiumvergiftung. Von Dr. 

Maurice Roch-Genf. — Das Atropin ist bei Morphium Vergiftung 
von unbestreitbarem Nutzen. Es wirkt antagonistisch auf das 
Atmungszentrum, verbessert die'Zirkulation und fördert dadurch 
die Ausscheidung des Giftes; ferner regt es das Brechzentrum 
an und lähmt die Bronchialdrüsen, deren Produkte zuweilen die 
Luftwege verstopfen. Mißerfolge oder schädliche Wirkung bei 
Atropinbehandlung erklären sich aus zu starken oder zu 
schwachen Atropindosen, zu intensiver Morphiumvergiftung oder 
aus Idiosynkrasien. Außer Atropin kommen bei Morphium¬ 
vergiftungen noch in Betracht: hautreizende Mittel und Ex- 
zitantien, wie Kaffee, Kampferöl, Strychnin und Kokain. Am 
meisten empfiehlt sich die subkutane Injektion von Atropinum 
sulfnricum in einer Menge von 0,002 g, die nach 2 bis 3 Stunden 
wiederholt werden kann. Die Wirkung des Mittels, läßt sich in 
der Pupille kontrollieren, außerdem ist die Pulsfrequenz zu be¬ 
achten. Nach erreichter Mydriasis und bei beunruhigender 
Tachykardie ist von weiteren Atropingaben abzusehen. (Revue 
med. de la Suisse Romande 4—6/07.) 


Tagesgeschichte. 

Neueste Nachrichten. 

Zentralvertretung der tierärztlichen Vereine Preußens. 

Vorläufige Mitteilung. 

Es ist beabsichtigt, die Zentralvertretung der tierärztlichen 
Vereine Preußens zu einer Plenarversammlung in der Zeit der 
landwirtschaftlichen Woche, etwa am 20. Februar, nach Berlin 
einzuberufen. Der endgültige Termin und die Tagesordnung 
werden baldigst bekannt gemacht werden. Den Vorständen der 
zugehörigen Vereine stelle ich ergebenst anheim, Wünsche oder 
Anträge für die Tagesordnung mir bald zukommen zu lassen. 

Der Vorsitzende: Dr. Esser. 

Preußische Tierärztekammer. 

Die Berliner Neuesten Nachrichten bringen (Dienstag Abend- 
Nummer) folgende, anscheinend nicht aus tierärztlichen 
Kreisen stammende Nachricht: 

Zur Frage der Errichtung von Tierärxtekammem hören wir, daß 
gegenwärtig in dem xustehenden Ressort, dem Ministerium für Land¬ 
wirtschaft, Erwägungen über die Gestaltung solcher Kammern schweben. 
Es dürften zunächst die Oberpräsidenten Erhebungen über die geeignetste 
Organisation und die Wünsche der beteiligten Kreise anstellen, von 
deren Ergebnis die definitice Regelung der Frage abhängen wird. Als 
feststehend kann man aber schon heute annehmen, daß es sich nicht 
um Kammern auf Grund gesetzlicher Einführung handeln wird nach 
Art der Ärztekammern mit Beitragspflicht und Disxiplinarbefugnissen, 
sondern um Kammern auf Grund königlicher Verordnung ähnlich wie 
die Apothekerkammern , welche lediglich die Regelung von Standes¬ 
interessen zur Aufgabe haben. Diese Form der Tierärxtekammem 
würde auch den Wünschen der beteiligten Kreise am meisten ent¬ 
sprechen (für eine Übergangseinrichtung trifft dies zu. S.). 

I)as Deutsche Veterinär-Offizierkorps. 

Es ist das Wort, das die deutschen Tierärzte seit sechs 
Jahren in Atem hält, jenes Wort, an dessen Fersen sie ihr Glück 


geheftet denken: das „Deutsche Veterinär-Offizierkorps“. Das 
soll mit der Maturität die beiden Grundpfeiler des Triumphbogens 
bilden, durch den die tierärztliche Wissenschaft, wie einst 
Prof. Dr. Schmaltz verkündete, in eine neue Ära eintritt. 
Mit aufregender Spannung sah die Tierärzteschaft Deutschlands 
der Eröffnung des Deutschen Reichstages im November 1908 
entgegen, dem die Vorlage eingebracht werden sollte, nach 
folgender Erläuterung zu Kapitel 35, Titel 53 des Reichsmilitär¬ 
etats für das Rechnungsjahr 1904: „Infolge Erhöhung des 
wissenschaftlichen Vorbildungsgrades für das Studium der Tier¬ 
heilkunde ist zur Sicherung des Nachwuchses eine Hebung der 
militärtierärztlichen Laufbahn geboten. Die Umgestaltung muß 
durchgeführt sein, wenn am 1. April 1909 der erste volle Jahr¬ 
gang von Abiturienten nach bestandener Fachprüfung zur Truppe 
tritt. — Zu den vorbereitenden Maßnahmen, die zunächst ohne 
Belastung des Etats durchgeführt sind, gehört die Änderung 
der Dienstgradbezeichnungen. u 

Mögen auf Grund dieses Nachsatzes einige oder viele gehofft 
haben, daß die kommenden Etats vorbereitende Maßnahmen 
brächten, die mit Belastung des Etats durchzuführen sind, etwa 
in der Art, daß 1905 der Wohnungsgeldzuschuß der Korps¬ 
stabsveterinäre und OberstabBveterinäre, 1906 jener der Stabs¬ 
veterinäre erhöht und 1907 die Umänderung der. Unterveterinäre 
in Assistenzveterinäre erfolgen würde, so daß 1908 der Etat 
nur noch mit der Regelung einzelner Stellen und der sämtlicher 
Gehälter belastet worden wäre, — so viel wußte jeder bestimmt, 
daß die ganze Organisation zum 1. April 1909 durchgeführt 
sein mußte. 

Da trat plötzlich etwas ganz Unerwartetes ein — die Um¬ 
gestaltung wurde verschoben! 

Wie hart dieser Schicksalsschlag traf und welchen Schmerz 
er den deutschen Tierärzten und ihren Familien bereitete, das 
hat in trefflicher, würdiger Weise der Rektor der tierärztlichen 
Hochschule in Berlin, Herr Prof. Dr. Schmaltz, der Schrift¬ 
führer des Deutschen Veterinärrates, in Nr. 46 der Berliner 
Tierärztlichen Wochenschrift zum Ausdruck gebracht; er hat 
den Emst der Lage geschildert für die Tierärzte und ein ge¬ 
treues Bild entworfen von der Lage, in welcher sich das 
preußische Kriegsministerium befunden hat. Die Verlängerung 
nur um ein Jahr wird zur Folge haben, daß die frohe Kunde 
so manchen nicht mehr erreicht, daß so mancher in den Genuß 
der neuen Epoche nicht mehr tritt. 

Prof. Schmaltz hat zugleich eine offizielle Kundgebung 
von zuständiger Stelle gewünscht, damit Klarheit geschaffen 
werde, hat mit bestimmten Worten die Wege gezeigt, welche 
von den deutschen Tierärzten beschritten werden müssen, um 
sicher an das gesteckte und verheißene Ziel zu gelangen und 
hat schließlich die Hoffnung daran geknüpft, daß in diesem 
einen Jahre die Vorlage so ausreifen möge, daß sie als ganze 
Arbeit mit Freude und Dankbarkeit von den deutschen Tier¬ 
ärzten in Empfang genommen werden könne. 

Die Stimmung und die Stimmen der deutschen Tierärzte 
sind in diesem Artikel enthalten. Die deutschen Tierärzte er¬ 
tragen ihr Geschick mit Ruhe und Würde und erkennen als 
allezeit gute Patrioten den elementaren Druck an, demzufolge 
die obersten Reichsbehörden zu ihrem Vorgehen gezwungen 
waren; es ist nicht das erstemal, daß sie dem Vaterlande ein 
Opfer bringen. Gleichzeitig bekunden sie hiermit aufs neue 




10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


905 


ihr unerschütterliches Vertrauen zu Sr. Exzellenz dem 
preußischen Herrn Kriegsminister, General der Kavallerie 
von Einem, dem als Schöpfer des deutschen Veterinär-Offizier¬ 
korps der Deutsche Veterinärrat zu Breslau 1906 eine offizielle 
Dankeskundgebung einstimmig dargebracht hat. 

Seit der Vertagung der Veterinärreform ist eines geschehen; 
die zuständigen höchsten Stellen sind dem von Herrn Prof. 
Dr. Schmaltz ausgesprochenen Wunsche bereits zuvor¬ 
gekommen gewesen. Die Bekanntgabe des Königl. Bayrischen 
Kriegsministeriums durch Erlaß vom 7. November 1908 lautet: 
„Nach Mitteilung des Königl. Preußischen Kriegsministeriums 
hat es sich mit Rücksicht auf die Durchführung der Reichs¬ 
finanzreform nicht umgehen lassen, die für 1809 beabsichtigte 
Etatforderung für Bildung eines Veterinär-Offizierkorps um 
ein Jahr zurückzustellen. gez. Frhr. von Horn.“ 

Die durch die Vertagung der Reform im ersten Momente 
geschaffene Unklarheit und Unsicherheit ist dadurch endgültig 
beseitigt: Die Mittel für Bildung des Veterinär-Offizier¬ 
korps werden im Reichsmilitäretat für das Rechnungs¬ 
jahr 1910 gefordert. 

Wie steht es aber mit dem anderen, am Schlüsse seiner 
Ausführungen von Herrn Prof. Dr. Schmaltz verlautbarten 
Wunsche? Ist die Hoffnung berechtigt, daß in diesem einen 
Jahre die Vorlage zur „ganzen Arbeit“ ausreifen wird? Wird 
im Jahre 1910 das deutsche Veterinär-Offizierkorps dem deutschen 
Sanitäts-Offizierkorps zum mindesten ähnlich (nicht gleich) 
sein? Wird im nächsten Jahre etwas Besseres herauskommen, 
namentlich auch hinsichtlich der Dienstgradfestsetzung, als unter 
dem schweren Drucke der gegenwärtigen Zeit? 

Wenn die deutschen Tierärzte diese Frage mit einem ^festen 
„Ja“ beantworten könnten, dann wäre jedes weitere Wort über¬ 
flüssig; es würde schaden statt nützen. Leider ist die Frage: 
„Wie wird das deutsche Veterinär-Offizierkorps?“ noch nicht 
zur Beruhigung der deutschen Tierärzte gelöst. 

In der Deutschen tierärztlichen Presse hat es bezüglich 
dieser Frage seit dem Tage, an welchem der kaiserliche Befehl 
zur Bildung eines Veterinär-Offlzierkorps ergangen ist, an 
gründlichen Erörterungen nicht gefehlt. Die Wünsche haben 
sich verdichtet und geklärt und sind auch durch eingehend 
begründete Denkschriften zur Kenntnis der beteiligten Kriegs¬ 
ministerien gelangt. Nord und Süd sind einig! Die Gesamt¬ 
vertretung der deutschen Tierärzte — der Deutsche Veterinär¬ 
rat — hat im Juni 1906 zu Breslau durch wiederholten 
lebhaften Beifall zu dem Korreferate des Herrn Obertierarztes 
Moelter-München seine vollste Zustimmung kund getan. 

Die Ausführungen Moelters gipfelten in nachstehender 
Gestaltung des Deutschen Veterinär-Offizierkorps: 

GeneralveteTinär (Generalarzt; Referent im Kriegs¬ 
ministerium) ; 

Generaloherveterinäre (Generaloberarzt; Armeekorps); 

Oberstabsveterinäre (Oberstabsarzt; Kavallerieregimenter, 
Lehrschmiede); 

Stabsveterinäre (Stabsarzt; jedes Kavallerieregiment einen 
neben dem Oberstabsveterinär, jedes Artillerie-Regiment, 
jedes Train-Bataillon, jedes Remontedepot, die Equitations- 
Anstalt); 


Oberveterinäre (Oberarzt) 
Veterinäre (Assistenzarzt) 


\ (jedes Kavallerie-und Artillerie¬ 
regiment einen Oberveterinät 
' oder Veterinär), 


Darnach wären z. B. bei einem Kavallerieregiment ein¬ 
geteilt: 1 Oberstabsveterinär, 1 Stabsveterinär und 1 Ober¬ 
veterinär (oder statt des letzteren ein Veterinär); bei einem 
Artillerieregiment: 1 Stabsveterinär und 1 Oberveterinär (oder 
statt des letzteren ein Veterinär). Die Angabe des ent¬ 
sprechenden Dienstgrades des Sanitätsoffiziers hat den Zweck, 
daß dadurch in aller Kürze Dienstgrad, Dienstgradabzeichen, 
Gehaltssatz, pensionsfähige Zulage, Wohnungsgeldzuschuß, 
Tagegeld, Reisegebühren und Umzugskosten des betreffenden 
Veterinärs zum Ausdruck gebracht werden sollen. 

Der springende Punkt in der Gestaltung des Veteri¬ 
näroffizierskorps ist sonach der Oberstabsveterinär. Die 
deutschen Tierärzte haben einmütig zum Ausdruck 
gebracht, daß derselbe mit den Kompetenzen des Ober¬ 
stabsarztes ausgestattet werden möge, und daß sich 
die übrigen Dienstgrade nach oben und nach unten an 
ihn anreihen sollen; der „Oberstabsveterinär“ soll 
nicht nur einen leeren Titel darstellen. Zum mindesten 
das ältere Drittel der Gesamtheit aller OberstabB- 
veterinäre und Stabsveterinäre soll zum Oberstabs¬ 
veterinär = Oberstabsarzt aufrücken und gleichzeitig 
bei den Regimentern mit höherem Pferdestande (das 
sind die Kavallerie-Regimenter) sowie auf besonders 
wichtigen Stellen (das sindMilitär-Veterinär-Akademie, 
Militärlehrschmieden, Militär - Reitinstitute) ver¬ 
wendet werden. 

Wenn im großen deutschen Reiche der ganze tierärztliche 
Stand diese Forderung einstimmig erhoben hat und sie für 
berechtigt hält, so kann ihr der Makel der Unbescheidenheit 
nicht anhaften und es werden sich ihr aus Billigkeitsgründen 
auch die maßgebenden Stellen nicht verschließen können; am 
wenigsten in dem Momente, in welchem man z. B. in Bayern 
durch die vom 1. Januar 1909 an gültige Gehaltsordnung für 
die etatsmäßigen Staatsbeamten Ärzte und Tierärzte gleich¬ 
gestellt hat. Die Begründung dieser Art der Ausgestaltung des 
Veterinär-Offizierkorps ist in den letzten Jahren so vielfach 
und so eingehend geschehen, daß hier Umgang davon genommen 
werden kann; die deutschen Tierärzte würden eine neue Ent¬ 
täuschung erleben, wenn dem „Oberstabsveterinär“ die sämtlichen 
Kompetenzen des „Oberstabsarztes“ nicht zuerkannt würden. 

Der Kostenpunkt kann hierfür kaum ein Hindernis bilden; 
der Referent auf dem Deutschen Veterinärrate zu Breslau 1906, 
Herr Professor Dr. Eberlein-Berlin, schätzte die Kosten der 
Militär-Veterinär-Reform für Preußen, Sachsen und Württemberg 
auf ungefähr 340 000 M. und wies dabei eigens darauf hin, daß 
im Etat desselben Jahres allein für die Zahlmeister eine Auf¬ 
besserung von 370 000 M. eingestellt sei. 

Professor Dr. Eberlein hat sich in der Summe nicht ver¬ 
griffen, sondern gezeigt, daß er den Mehraufwand für die 
spezielle Aufbesserung der Militärveterinäre sehr genau be¬ 
rechnet hat. Wenn von der gegenwärtig dem Reichstage vor¬ 
liegenden Erhöhung der Gehälter und des Wohnungsgeld¬ 
zuschusses der Reichsbeamten usw. — die ja eine allgemeine 
Aufbesserung darstellt — abgesehen wird, so stellt sich tat¬ 
sächlich heraus, daß alsdann für die Durchführung der Militär- 
Veterinär-Reform in angegebenem Sinne die Summe von rund 
340 000 M. benötigt ist. Der Hauptteil hiervon trifft auf die 
Überführung der Unterveterinäre in den Grad der Assistenz¬ 
veterinäre (= Assistenzärzte) und auf die Erhöhung des 

*** 







906 


BERLINER TIERÄRZTL ICHE WOCH E NSCHR IFT. 


No. 50. 


Wohnungsgeldzuschusses für die Oberstabsveterinäre und Stabs¬ 
veterinäre mit rund 169 000 M.; in Bayern sind diese Ma߬ 
nahmen längst durchgeführt. Einen kleinen Teil nimmt die 
Umwandlung von mindestens 18 Oberveterinärstellen in solche 
von Stabsveterinären (bei den Train-Bataillons) in Anspruch, 
ungefähr 13 000 M. 

Für die Gehaltsregelung der Oberstabsveterinäre (== den 
Oberstabsärzten) und der Korpsstabsveterinäre (= den paten¬ 
tierten Generaloberärzten), sowie für die Etatisierung des General¬ 
veterinärs im Kriegsministerium (= Generalarzt), also für 
jene Grade, welche dem deutschen Veterinär-Offizierskorps sein 
eigentliches Gepräge verleihen sollen, welche es herausheben 
sollen aus denjenigen Offizierkorps, deren Ergänzung aus 
früheren Unteroffizieren erfolgt, welche ihm die Ähnlichkeit mit 
dem Sanitäts-Offizierskorps vermitteln sollen, sind 156 000 M. 
erforderlich. 

Würde der Reichsmilitäretat im Jahre 1910 nur mit diesen 
156 000 M. belastet werden — wie es leicht der Fall sein 
könnte —, so würde wohl niemand, der bei der seinerzeitigen 
Bewilligung mitzureden hat, ein Wort darüber verlieren; gerade 
diese Position stellt aber den integrierenden Bestandteil des 
künftigen deutschen Veterinäroffizierkorps dar, diese Summe 
macht den Wert und das Ansehen desselben in der Armee aus. 
Es ist der Wunsch und die Bitte der deutschen Tierärzte, daß 
auch diese Summe noch bewilligt werden möge und sei es nur 
gewissermaßen als Ersatz für die Vertagung der Reform; diese 
Liberalität des Reiches wird dem dienstlichen Interesse zugute 
kommen. 

Es fehlt noch Bayern; für Bayern trifft gemeinhin der 
etwa siebente Teil der Summe, welche fürs Reich benötigt ist, 
was etwa 49 000 M. betragen würde; doch darf nicht übersehen 
werden, daß Bayern keine Unterveterinäre im Sinne Preußens 
kennt und daß die bayrischen Oberstabsveterinäre und Stabs¬ 
veterinäre schon im Besitze des Wohnungsgeldzuschusses nach 
Tarifklasse III (wie die preußischen Korpsstabsveterinäre) sich 
befinden. In Bayern zählen jedoch die auf der tierärztlichen 
Hochschule verbrachten Studienjahre später bei der Pensionierung 
nicht als Dienst jahre; es ist natürlich wünschenswert, daß 
dieser Nachteil gegenüber den sämtlichen Veterinären im Reiche 
bei der generellen Regelung des deutschen Militärveterinär¬ 
wesens beseitigt wird; es wird daher nötig sein, daß in dieser 
Richtung der Deutsche Veterinärrat, ähnlich wie zu Breslau in 
der Frage der Beförderung zum Stabsveterinär des Beurlaubten¬ 
standes, die erforderlichen Schritte einleitet. 

Legt man der künftigen Reform im nächsten Jahre die 
Mehrforderung von rund 340 000 M. zugrunde und berechnet 
hieraus bei einem Personalstande von 649 Veterinären im 
Deutschen Reiche (ausschließlich Bayern mit 74 Veterinären) 
den einzelnen Kopfteil, so trifft durchschnittlich pro Kopf ein 
Mehr von etwa 530 M. 

Prof. Dr. Eberlein sagte als Referent auf dem deutschen 
Veterinärrate zu Breslau im Juni 1906 wörtlich bei Beginn 
seiner Ausführungen: „Meine Herren, es erübrigt sich, an dieser 
Stelle auf das große, vielfache und berechtigte Interesse hin¬ 
zuweisen, welches der tierärztliche Stand an der Entwicklung 
des deutschen Militärveterinärwesens hat und haben muß. Das 
weitgehende Interesse erhellt auch daraus, daß fast auf allen 
Versammlungen des deutschen Veterinärrates das Militärveterinär¬ 
wesen Gegenstand der Besprechung lind eventuell der Beschlu߬ 


fassung gewesen ist. Besonders eingehend haben sich 416 
Tagungen in Kassel und München mit dieser Frage beschäftigt“» 
Es geht daraus unzweifelhaft die Tatsache hervor, daß der 
ganze tierärztliche Stand Deutschlands dieser Frage die größte 
Bedeutung zumißt und daß jeder einzelne deutsche Tierarzt, oh 
er nun dem aktiven Dienststande und dem Beurlaubtenstande 
angehört oder nicht, ein hervorragendes Interesse für die 
Militärveterinärreform hat — ein lebhafter Beweis für den 
soldatischen Geist, der im Deutschen steckt. Ist es da zu ver¬ 
wundern, wenn im gegenwärtigen Zeitpunkte die Herzen der 
deutschen Tierärzte von der Sorge um die Zukunft des deutschen 
Veterinär-Offizierkorps erfüllt sind und ihr Sinnen und Trachten 
darauf gerichtet ist, die gedeihliche Entwicklung desselben mit 
all ? ihren Kräften zu fördern? Wer wäre berufener, ein ent¬ 
scheidendes Wort an maßgebender Stelle zur Geltung zu bringen, 
als die Gesamtvertretung der deutschen Tierärzte, der deutsche 
Veterinärrat? Wo die Entscheidung so nahe bevorsteht, ist 
es da nicht Pflicht, die Zeit zu nützen? Oder ist etwa die 
Frage des Veterinär-Offizierkorps im Sinne des einstimmigen 
Wunsches des deutschen Veterinärrates zu Breslau bereits 
glücklich gelöst? Es ist undenkbar, daß sich der letzt* 
deutsche Veterinärrat vor der großen Entscheidung — der iü 
Stuttgart im Frühjahre 1909 — nicht mit dieser Frage be¬ 
fassen sollte! Mehr noch! Es wird der Ausschuß des deutschen 
Veterinärrates sicher schon zuvor die geeigneten Schritte *ttr 
rechten Zeit unternehmen, um die Durchführung obigen Veterinär- 
Offizierkorps für die deutschen Tierärzte zu sichern. Dafür 
bieten jene ausgezeichneten Männer Gewähr, unter deren auf¬ 
opfernder selbstloser Führung schon manches, das unerreichbar 
schien, errungen wurde. Es ist nicht ausgeschlossen;;• daß dieser 
Ausschuß schon in der allernächsten Zeit beschließen wird, 
eine Audienz bei Seiner Exzellenz dem preußischen Herrn 
Kriegsminister nachzusuchen und daß dann Gelegenheit gegeben 
ist, die ganze künftige Reform in eben beregtem Sinne zur 
Sprache zu bringen; denn wer die Stimmung in den beteiligten 
Kreisen kennt, dem kann nicht entgehen, daß eine große Be¬ 
nachteiligung darin empfunden wird, daß in der neuen Besoldungs¬ 
vorlage bei Bemessung des Wohnungsgeldzuschusses die Ober¬ 
stabs veterinäre und Stabsveterinäre in Klasse V, die Stabs¬ 
apotheker aber in Klasse III eingereiht sind; um hierin Abhilfe 
zu schaffen, ist wohl kein Zeitpunkt geeigneter als der gegen¬ 
wärtige, in welchem ohnedies über das Kapitel des Wohnungs¬ 
geldzuschusses im Reichstage verhandelt wird; es dreht sich 
*für die Oberstabsveterinäre und Stabsveterinäre um eine Summe 
von rund 73 000 M., die ihnen nach billigem Ermessen zuzu¬ 
wenden wäre. .n. 

Die Gehälter der Kreisärzte und Kr^istierärzte. 

Von Kreistierarzt Krueger-Ohlau. 

In bezug auf die beabsichtigte Erhöhung des Gehalts der 
Kreisärzte auf 2400—4200 M. gegenüber 1200—3000 M. kreis¬ 
tierärztlichen Gehalts ist von Mitgliedern der Besoldungs¬ 
kommission zum Ausdruck gebracht worden, daß die verhältnis¬ 
mäßig höhere Steigerung des Gehalts der Kreisärzte deshalb 
berechtigt wäre, weil die nebenamtlichen Gebühren der Kreis¬ 
tierärzte höhere wären. 

Diese Anschauung ist falsch. 

Die Kreisärzte haben nicht allein aus Krankenkassen, als 
Bahn-, Impf-, Gefängnisärzte usw. ein hohes, zwar aus kurativer 





10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT; 


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Tätigkeit entspringendes, aber mit der Stelle verbnndenes Ein 
kommen, wie es bei Kreistierärzten überhaupt nicht vorkommt, 
sondern es sind die rein amtlichen Nebengebühren (Atteste für 
die Unfall- und Invaliditätsversicherung, für anzustellende, 
kranke, abgehende Beamte usw.) höher als bei den Kreis¬ 
tierärzten. Dieses ergibt sich klar und einwandfrei daraus, 
daß den Kreistierärzten 1500 M. Gebühren bei der Pensionierung 
in Anrechnung gebracht werden (S. 108 der Besoldungsordnung), 
den Kreisärzten dagegen 1800 M. (Besoldungsordnung S. 57). 
Diese ZahleD stellen nach genauen Berechnungen des Staates 
die vollen Einnahmen ans nebenamtlichen Gebühren dar. 

Hieraus wäre der Schluß zu ziehen, daß die Kreisärzte 
am Wohnorte ungefähr um y 6 stärker beschäftigt sind als die 
Kreistierärzte. 

Diese stärkere Beschäftigung der Kreisärzte am Wohnort 
wird aber um ein Vielfaches wettgemacht durch die Tätigkeit 
der Kreistierärzte außerhalb des Wohnortes. 

In welcher Weise wir hier amtlich mehr in Anspruch 
genommen werden als die Kreisärzte, erhellt daraus, daß diese 
für ihre Reisen auf Staatskosten p. a. mit 865 000 M. pauschaliert 
sind, wir dagegen mit 1 690 000 M., trotzdem unsere Tagegelder 
und Reisekosten, auf die die Pauschalien sich gründen, nur y 3 von 
denen der Kreisärzte ausmachen, und trotzdem die Zahl der 
Kreisärzte eine größere ist, als die der Kreistierärzte (527 gegen 
487, einschließlich der Kreistierarztgeschäfte wahrnehmende 
Departementstierärzte). 

Wären für die Kreistierärzte die Reisekosten und Tage¬ 
gelder der Kreisärzte der Berechnung der Pauschalgebühren zu¬ 
grunde gelegt, so würden wir ein Pauschale von etwa 27s Millionen 
Markerbaltenhaben. .- -. .. 

Danach reisen wir auf Staatskosten etwa 3 mal so viel wie 
die Kreisärzte. 

Wir sind aber nicht allein stärker beschäftigt, als die Kreis¬ 
ärzte, sondern wir tragen diese Geschäftslast, die bei den Kreis¬ 
ärzten in der Besoldungskommission als Grund für die Voll¬ 
besoldung und mindestens als Grund für eine erhebliche 
Steigerung des Gehalts bezeichnet ist, nicht wie die Kreisärzte 
erst seit einigen Jahren, seit dem Erlaß des Menschenseuchen¬ 
gesetzes, sondern seit 1880, seit Erlaß des Reichsviehseuchen¬ 
gesetzes. Trotzdem hat bei uns die Reform der Gehälter vier 
volle Jahre später eingesetzt, als bei den Kreisärzten, und sollen 
wir jetzt wiederum Zurückbleiben. 

Die Besoldungskommission darf aber. nicht aus dem Um¬ 
stande, daß wir höhere Pauschalien beziehen, schließen, daß 
wir mehr Einnahmen haben. Im finanztechnischen Sinne sind 
Tagegelder und Reisekosten, auf denen die Pauschalien beruhen, 
keine Einnahmen, sondern stellen Aufwandskosten dar. 

Indessen kann uns in bezug auf die Höhe der Pauschalien 
und der darin sichtbaren Arbeitslast entgegenhalten werden, daß 
„Gehalt“ im staatsrechtlichen Sinne keine dem Werte der ge¬ 
leisteten Arbeit entsprechende Bezahlung darstellt. Die Arbeit 
der Kreistierärzte an sich sei zwar gleichwertig der der Kreis¬ 
ärzte, da zu ihrer Verrichtung die gleiche Vorbildung er¬ 
forderlich ist. 

Jedenfalls kann nicht bestritten werden, daß „Gehalt“ nach 
der staatsrechtlichen Definition „Alimentation“ ist, d. h. die 
Gewährung desjenigen Unterhaltes, dessen der Beamte bedarf, 
um sich und eine Familie bei bescheidenen Ansprüchen seiner 
Stellung entsprechend zu unterhalten. 


Ist das jetzt für Kreisärzte in Vorschlag gebrachte 
Gehalt von 2400—4200 M. erforderlich — wer will es be¬ 
streiten? —, so steht den Kreistierärzten dasselbe Gehalt zu, 
um den Anforderungen ihrer dienstlichen Stellung gerecht zu 
werden. 

Auf dem Gemälde von Defregger „der kranke Dackel beim 
Tierarzt“ sind Patient, Krankenwagen, die sorgenden Kinder 
hübsch und mit viel Humor gegeben; das Häuschen des Tier¬ 
arztes paßt auch in die Stimmung hinein, der Wirklichkeit aber 
entspricht es nicht. 

Nach der Seite des gesellschaftlichen Auftretens und des 
Unterhalts für die Familie kann man Unterschiede zwischen 
beiden Beamtengruppen nicht mehr wahrnehmen und nicht mehr 
aufstellen. 

Wenn ein Unterschied zwischen den Haushaltungen von 
Kreistierärzten und Kreisärzten hier und da bestehen sollte, so 
ist er geringer, als zwischen den einzelnen Beamtengruppen der 
Besoldungsklasse 41 oder denen der Klasse 39. In dieser be¬ 
finden sich Ökonomiekommissare, aus dem Stande der Volks¬ 
schullehrer hervorgegangene Kreisschulinspektoren, Gewerbe¬ 
inspektoren, Staatsanwälte, kurz Beamtengruppen, die keines¬ 
wegs eine gleiche Vorbildung haben. Dennoch wird nicht die 
Person, sondern das Amt bewertet. 

Stichhaltige Gründe, Kreisärzte und Kreistierärzte ver¬ 
schiedenartig zu besolden, gibt es nicht. 

Daß wir bisher irgendwie besser gestellt waren, entspricht 
nicht den Tatsachen. Das Gegenteil ist der Fall. Bei den 
Kreisärzten gibt es 50 vollbesoldete Stellen mit 3000—7200 M. 
Gehalt und 900 M. pensionsfähigem Wohnungsgeldzuschuß, bei 
uns keinen. 

Die Kreisärzte werden sofort angestellt, wir frühestens 
nach sechs Monaten. Dazu soll jenen auch noch die 
Vorbereitungszeit angerechnet werden, wovon man bei uns 
nichts hört. 

Wir sind zu unserm Schaden völlig pauschaliert, jene nicht. 

Die Kreisärzte erhalten in gerichtlichen Angelegenheiten 
Reisekosten und Tagegelder nach den Sätzen für die Richter 
(15; 12; 0,6; 0,09; 3 M.), wir weniger, als selbst unsere rang¬ 
mäßigen betragen (7,50 bzw. 0,35 bzw. 0,07 bzw. 2 M.). 

Wenn die Mitglieder der Besoldungskommission vielleicht 
meinen sollten, daß uns mehr Orden und Titel zu teil geworden, 
so irren sie auch hierin: 200 Kreisärzte gegen 64 Kreistierärzte 
haben den Ratstitel, 80 Kreisärzte gegen 22 Kreistierärzte be¬ 
sitzen den Roten Adlerorden oder Kronenorden IV. Klasse. 

Wir haben immer unsere Stimmen dafür erhoben, daß beide 
Beamtengruppen gleich bewertet werden und sich in ihren Be¬ 
zügen immer mehr nähern. Wir hatten bisher noch nicht das, 
was uns zukam, und nun will man uns noch mehr gegenüber 
den Kreisärzten verschlechtern, will die Unterschiede noch mehr 
vergrößern. Ein Kreistierarzt, der heute mit 35—40 Jahren 
Zur Anstellung kommt, soll 1200 M. beziehen, der früher in das 
Amt kommende Kreisarzt das Doppelte. 

Sollte das Tatsache werden, dann hätte nicht allein die 
landwirtschaftliche Verwaltung allen Anlaß, für den Ersatz in 
Sorge zu sein, sondern es würde auch ein großes Unrecht be¬ 
gangen werden. 

Daß das die Staatsregierung zulassen sollte, daß uns die 
hohe Staatsregierung wiederum auf die Zukunft vertrösten sollte, 
das können wir Kreistierärzte vorläufig nicht glauben. 





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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Yerband der Privattierärzte in Preußen. 

Am Sonntag, den 6. Dezember, fand im Kaiserkeller in 
Berlin die diesjährige, von etwa 60 Mitgliedern besuchte 
Generalversammlung des Verbandes der Privattierärzte in 
Preußen statt. An derselben nahmen teil: vom Ministerium für 
Landwirtschaft Herr Regierungsrat Nevermann, und vom 
Verein der beamteten Tierärzte in Preußen Herr Veterinärrat 
Dr. Arndt-Berlin. Beide Herren nahmen lebhaften Anteil an 
den Verhandlungen und griffen wiederholt unter großem Beifall 
der Versammlung in die Debatte ein. Ihr Bedauern, an der 
Tagung nicht teilnehmen zu können, hatten die Herren 
Professoren Schmaltz, Eberlein und Frick, sowie Herr 
Kreistierarzt Rust-Breslau ausgesprochen. Einen telegraphischen 
Gruß übersandte Herr Kollege Borchmann-Berlin. 

Aus dem Jahresbericht des Vorsitzenden ist besonders 
die erfreuliche Tatsache hervorzuheben, daß sich die Gruppe 
Ostpreußen dem Verbände angeschlossen hat, und daß auch die 
westpreußischen Tierärzte die Absicht bekundet haben, dem 
Verbände beizutreten. Der Vorstand wird nun noch mit den 
Kollegen in Posen Fühlung nehmen, dann wäre endlich das 
Ziel erreicht, daß sich die Organisation der Privattierärzte über 
ganz Preußen erstreckt. Von dem erfolgreichen Vorgehen des 
Verbandes in Sachen des Reichsseuchengesetzes ist seinerzeit 
durch die Fachpresse Mitteilung gemacht worden. Auch be¬ 
züglich des Kurpfuschergesetzes hat der Verband insofern 
einen Erfolg zu verzeichnen, als auf Ersuchen des Landwirt¬ 
schaftsministeriums der Vorsitzende in einem Gutachten die 
Wünsche der Privattierärzte zum Ausdruck bringen konnte. 

Auf Antrag der rheinischen Gruppe wird beschlossen, den 
Vorstand künftighin für die Dauer von drei Jahren zu wählen. 
Von weiteren Statutenänderungen wird Abstand genommen 
und beschlossen, eine Kommission durch den Vorstand einsetzen 
zu lassen, welche die Statuten einer Durcharbeitung unterzieht. 

Betreffs der Überwachung der Milchgewinnung und des 
Milchverkehrs wird nach eingehender Debatte beschlossen, 
den Deutschen Veterinärrat und die Preußische Zentralvertretung 
zu ersuchen, an maßgebender Stelle dahin vorstellig zu werden, 
daß eine geregelte Milchkontrolle eingeführt wird, bei der wie 
bei der Fleischkontrolle in erster Linie die Tierärzte heran¬ 
zuziehen sind; hierbei sollen die beamteten und die Privattier¬ 
ärzte in gleicher Weise berücksichtigt werden. 

Den Höhepunkt der Verhandlungen bildete das Referat des 
Kollegen Meier-Ketzin über die gegenwärtige Lage und 
die Aussichten der Privattierärzte; der Vortrag wird dem¬ 
nächst im Wortlaut in der B. T. W. erscheinen. Die Ver¬ 
sammlung nahm die Ausführungen des Redners mit lebhaftem 
Beifall auf und sprach ihm ihren Dank und ihre Zustimmung 
durch Erheben von den Sitzen aus. Der Vortrag gipfelte in einer ein¬ 
stimmig angenommenen Resolution, welche die Preußische Zentral¬ 
vertretung und den Deutschen Veterinärrat auffordert, die 
Bestrebungen der Privattierärzte um Verbesserung ihrer Lage 
unterstützen zu wollen. Im Anschluß daran kommt all¬ 
seitig der Wunsch zum Ausdruck, daß die Privattierärzte 
für eine möglichst zahlreiche Vertretung bei den 
Tagungen dieser beiden Körperschaften im nächsten 
Frühjahr sorgen möchten. Es wird weiter einstimmig 
eine Resolution angenommen, welche den Herrn Minister für 
Landwirtschaft bittet, baldmöglichst die Gründung von Tier¬ 
ärztekammern in die Wege zu leiten. Die Versammelten 


N o. 6 0._ 

sind sich ferner dann einig, daß zur Hebung des Ansehens der 
Tierärzte eine Vervollkommnung der praktischen Ausbildung 
unerläßlich ist, und es wird daher beschlossen, beim Ministerium 
für Landwirtschaft dahin vorstellig zu werden, daß das tier¬ 
ärztliche Studium um ein Semester verlängert werde, und 
daß dieses achte Semester lediglich der praktischen 
Ausbildung zugute kommen solle. Schließlich erklärt sich 
der Verband mit der Eingabe solidarisch, die der Verein der ost¬ 
preußischen Privattierärzte am 7. Dezember 1907 dem Herrn 
Minister für Landwirtschaft eingereicht hat, und in der die 
Wünsche der Privattierärzte niedergelegt sind. 

Es wird Abstand davon genommen, auf eine Abänderung 
der tierärztlichen Taxe hinzu wirken, da es Sache der Tierärzte- 
kammem sein würde, auf diesem Gebiete Verbesserungen zu 
erstreben. Auch in den die Fleischbeschau betreffenden 
Angelegenheiten soll von einer erneuten Eingabe an das Ministerium 
Abstand genommen werden, da Herr Veterinärrat Nevermann 
erklärt, daß die in der B. T. W. Nr. 49 abgedruckte Eingabe 
des Verbandes dem Ministerium für Landwirtschaft Veranlassung 
geben werde, in eine wohlwollende Prüfung darüber einzutreten, 
inwieweit unter Berücksichtigung der Wünsche der Privattierärzte 
eine Neuregelung der die Fleischbeschau betreffenden Be¬ 
stimmungen erfolgen kann. Die westfälische Gruppe zieht ihren 
Antrag zurück, daß auf den Erlaß einer Anordnung hingewirkt 
werden möge, wonach die Privattierärzte in den von ihnen an¬ 
gezeigten Seuchen fällen von dem Zeitpunkt der amtstier¬ 
ärztlichen Untersuchung und Obduktion rechtzeitig unterrichtet 
werden sollen; die weitere Verfolgung dieser Angelegenheit er¬ 
übrigte sich durch die Erklärung des Herrn Regierungsrats 
Nevermann, daß er diese Benachrichtigung. Tür eine 
ganz selbstverständliche Pflicht der Kollegialität der 
beamteten Tierärzte halte, und daß er auch bereit sei, 
darauf hinzuwirken, daß den Kreistierärzten nahe gelegt wird, 
den behandelnden Tierarzt, wenn irgend möglich, zu benach¬ 
richtigen. 

Der tierärztliche Provinzial verein für Schleswig-Holstein 
hat dem Verbände nahe gelegt, einen Beitrag zu der Gründung 
eines tierärztlichen Pressebureaus zu bewilligen. Die 
Versammelten sind sich darüber einig, daß der Krüger sehe 
Gedanke alle Förderung verdient, und daß auch der Verband 
der Privattierärzte nach besten Kräften an der Verwirklichung 
seiner Idee mitzuwirken habe. Die Versammlung lehnt es 
jedoch ab, sich an dem Sondervorgehen der schleswig¬ 
holsteinischen Kollegen zu beteiligen, danur dann etwas 
Ersprießliches für die Tierärzte erreicht werden könne, 
wenn die Gesamtvertretungen des Standes für Preußen 
beziehungsweise für Deutschland die Einrichtung und 
Leitung des Pressebureaus in die Hand nehmen. 

Der Witwe und den Kindern des verstorbenen Kollegen 
Jacobsohn in Friedrichshagen wird eine Unterstützung von 
300 M. bewilligt. 

Die Neuwahl des Vorstandes hatte daB Ergebnis, daß 
die bisherigen Mitglieder wiedergewählt wurden; nur wurde 
statt des Kollegen Pauly-Teltow, der sich zum Bedauern des 
Verbandes durch Krankheit zur Niederlegung seines Amtes 
genötigt sieht, der Kollege Kal eher gewählt. Der Vorstand 
besteht somit für die nächsten drei Jahre aus den Kollegen 
Arnous-Berlin als Vorsitzendem, Wigge-Düsseldorf als stell¬ 
vertretendem Vorsitzenden, Naumann-Halberstadt als Kassierer 




10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


909 


und Loewner-Schöneberg, Meier-Ketzin, Kalcher-Lasdehnen 
als Generalsekretären. 

Der Verband beschließt, dem Vereine beamteter Tierärzte 
in Preußen seinen Dank dafür auszusprechen, daß er energisch 
für eine Verbesserung der Gehaltsbezüge der beamteten Tier¬ 
ärzte eingetreten ist, denn auch das Ansehen des ganzen tier¬ 
ärztlichen Standes und die Entwicklung des Berufes muß dar¬ 
unter leiden, wenn eine derartige Zurücksetzung der Kreis¬ 
tierärzte eintreten sollte. 

Die Verhandlungen, die ein erfreuliches Bild von der Ein¬ 
mütigkeit und dem Vorwärtsstreben des Verbandes gaben, zogen 
sich von 11 bis gegen 6 Uhr hin. Dann vereinte ein fröhliches 
Mahl die Teilnehmer der Versammlung und ihre Damen. 

Amons. 

Die 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Ärzte in Köln 

yom 20.—26. September 1908. 

Berichterstatter: Kreistierarzt Francke-Köln. 

(Schluß.) 

Die Ausstellung. 

Die auch mit dem diesjährigen Naturforschertag verbundene 
Ausstellung von Neuheiten auf dem Gebiete der Naturwissenschaften 
und der Medizin hatte, wie schon erwähnt, in den Sälen und im 
Treppenhause der Kgl. Maschinenbauschule ihren Platz gefunden. 
Diese Räume waren für eine übersichtliche Anordnung der Aus¬ 
stellungsgegenstände nicht gerade günstig und der stellenweise 
sehr starke Besuch beeinträchtigte — wie auf den meisten Aus¬ 
stellungen — das für viele der Objekte nötige ruhige Studium. 
Immerhin wird der Besucher reichlich auf seine Kosten gekommen sein. 

Die Ausstellung umfaßte in 5 Gruppen physikalische und natur¬ 
wissenschaftlichen Zwecken dienende Apparate einschießlich medi¬ 
zinische Elektrotechnik und. Photographie, medizinisch-chirurgische 
Instrumente und Apparate, Erzeugnisse der chemisch-pharmazeu¬ 
tischen Industrie, naturwissenschaftliche Lehrmittel und Gegenstände 
aus dem Bereiche der Hygiene und Bakteriologie. 

Die erstgenannten Gruppen standen unter dem Zeichen der 
Röntgenphotographie und Therapie. Zahlreiche Photogramme zeigten 
die großen Fortschritte, die die Röntgenphotographie gemacht hat 
und die hohe diagnostische Bedeutung der Röntgenstrahlen für die 
Humanmedizin. Interessant waren die Apparate zur Kranken¬ 
behandlung mit Hochfrequenzströmen(Fulguration-Blitzbestrahlung) 
wie sie unter andern von Czerny-Heidelberg beim Krebs versucht 
worden ist. Deneben war auffallend die große Zahl der Hilfsmittel 
für den wissenschaftlichen Anschauungsunterricht: Projektionsappa¬ 
rate, Handstereoskope und die dazu gehörigen Diapositive und 
Bilder in zum Teil prachtvoller Ausführung. Man kann wirklich 
die heute studierende Generation um die ihr gebotenen Anschauungs¬ 
mittel beneidet). 

Einen ganzen'Hörsaal nahm die bekannte Firma Leitz-Wetzlar 
mit ihren Fabrikaten, Mikroskopen und Zubehör, ein. In einem 
Sonderraum war von dieser Firma ein großer Projektionsapparat 
aufgestellt, der die optische Ausrüstung für Diaskopie, Episkopie 
und Mikroprojektion in sich vereinigte und Bilder von tadelloser 
Schärfe liefert, wie man sich überzeugen konnte. 

Erwähnenswert ist auch ein mikrophotograpischer Apparat, den 
die Frankfurter physikalischen Werkstätten-Frankfurt a. M. ausgestellt 
hatten, und der sehr handlich und sinnreich gebaut für den billigen Preis 
von 40 M. zu haben war. Der kleine Apparat für die Bildgröße 6:9 
bestimmt, wird auf den Tubus des Mikroskopes gesetzt, und ermög¬ 
licht es in jedem Augenblick und ohne besondere Vorkehrungen 
Aufnahmen des gerade beobachteten Präparates zu machen. 

In der außerordentlich reich beschickten chemisch-pharma¬ 
zeutischen Abteilung hatten sich fast sämtliche Firmen Deutsch¬ 
lands von Ruf und Namen ein Stelldichein gegeben; auch Frank¬ 
reich und die Schweiz waren vertreten. Die Ausstellung bot ein 
interessantes Bild von dem Stande und den heutigen Zielen dieser 
Industrie. Es sind nicht mehr allein die komplizierten chemischen 


Präparate, deren volltönende, zum Teil zungenbrecherische Be¬ 
zeichnungen nicht immer im geraden Verhältnis zu ihrem thera¬ 
peutischen Werte stehen, die ausschließlich die Produktion be¬ 
herrschen, mehr und mehr erscheinen, den Spuren der medizinischen 
Wissenschaft nachgehend, organotherapeutische und für die Serum¬ 
therapie und Schutzimpfpungen bestimmte Stoffe auf der Bildfläche. 
So zeigte z. B. die chemische Fabrik auf Aktien (vorm. E. Scbering)- 
Berlin: Antistreptococcen-, Diphtherie- und Typhusserum) ein 
Tuberkelbazillenpräparat Tebean (Tb!) und ein Rotzheilmittel Farase. 
Die Höchster Farbwerke waren mit zahlreichen organotherapeutischen 
Präparaten aüf dem Plan erschienen und führten daneben Diphtherie-, 
Dysenterie-, Antistreptococcen-, Meningococcenserum, Tetanusanti¬ 
toxin, Druseserum (Drüsonserum sagt der Katalog) Suisepsin, 
Tauruman und Tuberkelinpräparate vor. 

Nicht vergessen soll die Ausstellung der Bremer Kaffehandels- 
Aktiengesellschaft (HAG) werden, die in einen Ausschank Proben 
ihres koffeinfreien — alkoholfreien kam einem unwillkürlich über 
die Lippen — Kaffees darbot, die namentlich vor und nach den 
Sitzungen sehr begehrt und in der Tat vorzüglich waren. 

Aus der Gruppe der naturwissenschaftlichen Lehrmittel soll 
die prächtige Sammlung im Insektenhause des Zoologischen Gartens 
zu Köln gezüchteter Insekten und aus der Gruppe Hygiene und 
Bakteriologie die Ausstellung der städtischen Desinfektions¬ 
anstalt und des Bakteriologischen Laboratoriums in Köln hier noch 
erwähnt sein. 

Die Festwoche. 

Reichhaltig wie die Tagesordnung der wissenschaftlichen Ver¬ 
handlungen war auch das Programm der Festlichkeiten und Ver¬ 
gnügungen der Woche, und wer alles mitgemacht hat, darf mit 
Recht auf seine Leistungsfähigkeit stolz sein. 

Vom Sonntag, der den rheinischen Tierärztetag brachte, ist 
schon genügend gesprochen. Es bleibt nur noch nachzuholen, daß 
am Sonntag Abend für die Teilnehmer an der Tagung in den Sälen 
der Bürgergesellschaft eine Begrüßungsfeier stattfand, die bei sehr 
großer Beteiligung einen animierten Verlauf genommen haben soll. 

Am Montag Abend boten die wissenschaftlichen Vereine Kölns 
den Kongreßteilnehmern ein abendliches Gartenfest im Zoo¬ 
logischen Garten, das sich dank der günstigen Witterung auch 
wirklich — der Chronist muß das in diesem Jahre unterstreichen — zu 
einem Fest im Freien entwickelte. Der prächtig beleuchtete Garten, 
namentlich die breite Terrasse von Hunderten bunter Lampions 
erhellt, boten einen überraschend schönen Anblick. Die Weisen 
zweier Militärkapellen, Liedervorträge des Kölner Lehrer- und 
Lehrerinnen-Gesangvereins und nicht zuletzt Küche und Keller des 
in dieser Hinsicht mit Recht berühmten Zoologischen Gartens 
wirkten zusammen, um jene Stimmung zu erzeugen, die man mit 
den Worten „echt rheinisch“ am besten kennzeichnet. 

Am Dienstag Abend fand das übliche große Festmahl im großen 
Saale des Gürzenich statt — gewissermaßen der offizielle Teil des 
Vergnügungsprogramms, und am Mittwoch Abend erschlossen sich 
die Pforten des Opern- und Schauspielhauses den Kongreßteilnehmern. 
Im Opernhaus wurde die vielumstrittene „Salome“ und die Fest¬ 
wiesenszene aus unserer deutschesten Oper „Die Meistersinger von 
Nürnberg“ gegeben. Im Schauspielhaus ging die Tragödie der 
Vasallentreue im japanischen Gewände „Terakoya“ und Kleists 
unvergängliches Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ über die Bretter. 
Beide Theater waren vollständig besetzt und die Aufführungen 
einer Stadt wie Köln, die alle zwei Jahre Festspiele veranstaltet 
und eines der schönsten Theater Deutschlands besitzt, würdig. Am 
gleichen Abend um 8 Uhr — die Theaterbesucher kamen später — 
versammelte der Verein rheinpreußischer Tierärzte seine Gäste und 
Mitglieder zu einem „Bierabend“ wiederum im Restaurant des 
Zoologischen Gartens. Mit unermüdlicher Festfreudigkeit widmeten 
sich die sehr zahlreich erschienenen Damen und Herren der guten 
Sache und den guten Sachen, die auf einem reich besetzten Buffet 
appetitlich angerichtet standen. Das fröhliche Toasten und Prosten, 
Singen und Tanzen dehnte sich bis in die ersten Stunden des 
folgenden Tages aus und schließlich mußte ein Extrawagen der 
„Elektrischen“ Gäste und Gastgeber nach Hause bringen. 

Aber es gab noch eine Steigerung der Genüsse: den Be¬ 
grüßungsabend der Stadt Köln am Donnerstag beim Vater 



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No. 50. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


Gürzenich, der nicht nur bei ernsten Gelegenheiten ein würdiges 
Gesicht machen, sondern auch heiter und lustig dreinschauen kann, 
wenn die Menschen zu fröhlichem Tun bei ihm eingekehrt sind. Im 
blumengeschmückten Saale entbot Oberbürgermeister Wallraf den 
Willkomm der Stadt, Prof. Dr. Wettete in-Wien, der erste Vor¬ 
sitzende der Gesellschaft, dankte. Aber Gruß und Dank gingen 
unter in dem brausenden Gewoge, in dem die feuchtfröhliche 
Stimmung von über 3000 Festteilnehmern beredten Ausdruck fand. 
Nur dem Kölner Männergesangverein mit seinen herrlichen Lieder¬ 
spenden gelang es, sich Gehör zu erzwingen. 

Im Isabellensaale hatte sich eine tierärztliche Ecke gebildet, 
die auch hier beim „1904er Erbacher“, den die Stadt ihren Gästen 
vorsetzte, den übrigen 30 Abteilungen würdig sich anreihte. 

Den Schluß der Woche bildeten in hergebrachter Weise Ausflüge. 
Größere Gesellschaften besuchten die Bäder Ems und Neuenahr. 
Wer ein schönes Stück Eifel kennen lernen wollte, konnte sich 
einem Ausflug nach der großartigen Urfttalsperre bei Gmünd an¬ 
schließen. 

Schlußbetrachtungen. 

Wenn man rückschauend die Eindrücke der verflossenen Tagung 
zusammenfaßt, so wird man nicht umhin können, dieselbe als eine 
in allen Teilen wohlgelungene zu bezeichnen. 

Namentlich darf auch die Abteilung 31 auf den Verlauf ihres 
Anteils an der Tagung mit vollem Recht befriedigt zurückblicken. 
Die Kölner dürfen wohl, ohne sich der Überhebung schuldig zu 
machen, annebmen, daß die Tagung den Teilnehmern Gewinn und 
Genuß gebracht hat und daß sie bei ihnen angenehme Erinnerungen 
hinterlassen wird. 

Wenn alles, wie man zu sagen pflegt, „geklappt“ hat, so ist 
das nicht zum wenigsten der umsichtigen Tätigkeit des ersten Ein¬ 
führenden der Abteilung und seinem Einfluß zuzuschreiben, der der 
Abteilung 31 üherall die gebührende Berücksichtigung sicherte. 

Einige Dinge müssen hier noch kurz zur Sprache gebracht 
werden. 

Zuerst eine Frage: Warum führt die Abteilung 31 dio Be¬ 
zeichnung' „Praktische Veterinärmedizin?“ Ein Blick auf die 
Verhandlungsgegenstände der abgelaufenen Tagung wird diese 
Frage berechtigt erscheinen lassen. Es wurden hier doch nicht 
Sachen abgchandelt, die lediglich oder vorwiegend praktischer 
Natur sind. Das Beiwort „praktische“ kann Fernerstehende aul 
Vermutungen bringen, die man besser erst gar nicht auftauchen zu 
lassen braucht. Man nenne doch die Abteilung einfach „Veterinär¬ 
medizin“, wie es auch einfach Augen-Ohren-Zahnheilkunde etc. 
heißt, damit wird man das Verhandlungsgebiet bündig und umfassend 
bezeichnen. Der Zusatz scheint auf alter Überlieferung zu beruhen, 
gegen die man nicht allzu pietätvoll sein sollte. Hoffentlich ver¬ 
schwindet er in der Versenkung. 

Ein anderes. Wenn man sieht, welch regen Besuches sich die 
Vorträge in den allgemeinen Sitzungen erfreuen, so muß man es 
bedauern, daß hier nicht auch einmal ein tierärztlicher Redner über 
eine Frage aus dem weiten Gebiete der Veterinärwissenschaft 
spricht. Man braucht doch wahrlich nicht lange nach einem Thema zu 
suchen, das bei einer Versammlung von der Zusammensetzung der 
allgemeinen Versammlungen der Naturforschertage auf Interesse und 
Beifall rechnen kann. Und an gewandten Beherrschern der Rede 
fehlt es doch unter den Vertretern des tierärztlichen Berufes auch 
nicht. Hier wäre eine höchst passende Gelegenheit, unsern Stand 
in eindrucksvoller und nachhaltiger Weise vor der Öffentlichkeit 
zu repräsentieren. 

Im Jahre 1909 w ird die Naturforscherversammlung auf öster¬ 
reichischem Boden tagen. Als Versammlungsort ist Salzburg aus¬ 
ersehen. An den Kollegen des treubefreundeten Nachbarreiches ist 
es nun in erster Linie, der Veterinärmedizin zu einer würdigen 
Vertretung zu verhelfen. Wir zweifeln keinen Augenblick daran, 
daß ihnen das in Salzburg durchaus gelingen wird. Sie werden 
dort zeigen, daß die für unseren Stand so unrühmliche Verlauf 
einer Tagung im schönen Land Tirol nur in mißlichen lokalen Ver¬ 
hältnissen ihren Grund hatte. Die reichsdeutschen Kollegen werden 
ihnen gewiß durch recht stattliche Beteiligung helfen, die Scharte 
von Meran auszuwetzen. 


Bericht über die Versammlung 
des Vereins der Schlachthoftierärzte Westfalens 

am 12. Juli 1908 «u Unna-Königsborn. 

(Verspätet.) 

Die Mitglieder des Vereins der Schlachthoftierärzte Westfalens 
versammelten sich am Sonntag, den 12. Juli d. J., ll 1 /* Uhr vor¬ 
mittags, im schattigen Kurgarten des Bades Unna-Königsborn zu 
ihrer diesjährigen Sommertagung. Von Mitgliedern waren er¬ 
schienen: Clausnitzer-Dortmund, Clausen-Hagen, Dr. Kirsten, 
Haspe, Re tzg en-Hohenlimburg, Westhoff-Menden, Lange- 
Neheim-Hüsten, Eil ert-Iserlohn, Joch im-Wanne, Meyer-Kamen, 
Dr. Doenecke-Bochum, Volmer-Hattingen, Thurmann-Altona, 
Dr. Henze-Linden (Ruhr), Dr. Hetkamp-Sprockhövel, Frick- 
inger Bochum, Seiberth-Langendreer,Voß-Gladbeck,Krekeler- 
Recklinghausen; entschuldigt hatten sich Veterinärrat Blome- 
Arnsberg, Dreymann - Castrop, Rosenplenter - Gelsenkirchen. 
Als Mitglieder neu aufgenommen in den Verein wurden Albrecht- 
Minden und Dr. Maaß-Hagen. 

Nachdem noch der Vorsitzende des verstorbenen langjährigen 
Mitgliedes und Mitbegründers des Vereins, des Kollegen Neubaus- 
Schwerte, in ehrenden Worten gedacht und die Versammelten sich 
von ihren Plätzen erhoben hatten, wurde in die eigentlichen Ver¬ 
handlungen eingetreten. 

Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Bericht über die Versammlung 
preußischer Schlachthoftierärzte, erstattete Clausen-Hagen ein 
kurzes Referat. Er erwähnte dabei lobend die außerordentlich 
zweckmäßig angelegte Fleischvernichtungs- und Verwertungsanstalt 
zu Rüdnitz bei Berlin, deren Kosten V/ 4 Million Mark betragen 
und zu deren Besichtigüng die Teilnehmer an der Versammlung des 
Vereins Preußischer Schlachthoftierärzte unter Führung von Goltz- 
Berlin am 20. Juni d. J. erschienen waren. Über den weiteren 
Verlauf der Berliner Versammlung näher einzugehen, dürfte sich 
erübrigen, da in Heft 10 der Zeitschrift für Fleisch- und Milch¬ 
hygiene über diesen Punkt eingehend referiert wurde. 

Kreistierarzt Vo 1 ra er-H^ttipgeu, kieJtsQdann einen . .Vortrag 
über die lokalen Sohlachttlervereleherungen, insbesondere über den 
Interessentenverein im Kreise Hattingen. 

Redner führte folgendes aus: lm Laufe der beiden letzten 
Dezennien ist über das Thema „Schlachttierversicherung“ von 
verschiedenen Autoren geschrieben worden. Ich erinnere nur an 
die Broschüre von Strauch „die Schlachttierversicherung“ 1895, 
an den in Nr. 19 der B. T. W. vom Jahre 1901 veröffentlichten 
Aufsatz über „Aufgaben der Schlachtviehversicherung“ von Kühnau, 
an die vorzügliche Abhandlung über „Schlachtviehversicherung“ in 
dem Werke „der Preußische Kreistierarzt“ 1905 von Kopp, ferner 
an den vom Schlachthofdirektor Hengst in Leipzig auf der zehnten 
Plenarversammlung des deutschen Veterinärrats 1906 in Breslau 
gehaltenen Vortrag über Schlachtviehversicherung, sowie endlich 
an den in der „Deutschen Schlacht- und Viehhofzeitung“ vor kurzem 
bekannt gegebenen Vortrag des Schlacht- und Viehhofdirektors 
Opel in München. 

Da ich nun Bekanntes nicht ausführlich wiederholen will, so 
werde ich die allgemeinen Erläuterungen nur auf das Notwendigste 
beschränken und mich eingehender über die Erfahrungen äußern, 
welche ich im Kreise Hattingen auf dem Gebiete der Schlachttier¬ 
versicherungen bisher gemacht habe. 

Als primitivste Art der Schlachttierversicherung ist der Jahr¬ 
hunderte hindurch geübte Brauch in manchen landwirtschaftlichen 
Gegenden anzusehen, bei Notschlachtungen durch Abnahme des 
Fleisches aus der Nachbarschaft den Verlust zu erleichtern. Das 
Gefühl der Mildtätigkeit veranlaßte jedoch bald hier und da den 
Zusammenschluß einer größeren Anzahl von Tierbesitzem zu einer 
Vereinigung mit bestimmten Satzungen. So entwickelten sich bei 
den „Kuhgilden“, jetzt hier noch im Westen als „Kuhladen“ all¬ 
gemein bekannt, welche ursprünglich nur Lebend-Tierversicberungen 
darstclltcn, Sonderbestimmungen, nach denen die Mitglieder anch 
gegen Verloste an Schlachttieren versichert sind. 

Seit der Regelung der Fleischbeschau durch das Schlachthaus¬ 
gesetz und später durch das Reichs-Fleischbeschaugesetz tragen 
dem allgemeinen Versicherungsbedürfnis eine große Zahl von sehr 



10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


911 


verschiedenartig gestalteten Schlachttierversicherungsvereinen Rech¬ 
nung. Bekannt sind im allgemeinen folgende Gruppen von 
Vereinen: 

1. Die lokalen Schlachttierversicherungen und zwar: a) die 
Interessentenvereine, welche von Landwirten, Metzgern oder Vieh¬ 
händlern gegründet worden sind; b) die kommunalen Schlachttier¬ 
versicherungen, in Deutschland am wenigsten verbreitet. 

2. Die (über weite Landesteile sich erstreckenden) privaten 
Schlachttierversicherungsgesellschaften, meist angegliedert den 
Lebend-Tierversicherungen. 

3. Die staatlichen Versicherungsanstalten, wie sie z. B. in Süd¬ 
deutschland, im Königreich Sachsen, im Fürstentum Schwarzburg- 
Sondershausen, in den beiden Fürstentümern Reuß und im Gro߬ 
herzogtum Hessen bestehen, sowie in Preußen und sogar für das 
ganze Reich geplant sind. 

Aus der großen Zahl der so verschiedenartig eingerichteten 
Arten von Schlachttierversicherungen geht hervor, daß die Ein¬ 
führung einer zweckmäßigen Versicherung allenthalben als ein 
dringendes Bedürfnis empfunden wird. Als zweckmäßigste Schlacht¬ 
tierversicherung kann meines Erachtens nur eine solche gelten, 
welche keine Sonderinteressen verfolgt, sondern ausschließlich dem 
Allgemeinwohl dient und sich auf folgenden Grandsätzen aufbaut. 

1. Die Mitglieder des Schlachttierversicherungsvereins sind ver¬ 
pflichtet, ihre sämtlichen zur Schlachtung kommenden, versicherungs¬ 
fähigen Rinder, Schweine und Kleinvieh, auch die Hausschlachtungen, 
innerhalb einer kurzen bestimmten Frist vor der Schlachtung zu 
versichern. 

2. Notschlachtungen jeder Art müssen von der Versicherung 
ausgeschlossen sein.. 

3. Das Versicherungsverfahren muß ein möglichst einfaches sein. 

4. Der Ersatz muß sich auf die ganze Höhe des Schadens er¬ 
strecken. 

5. Die Versicherung muß für alle Fehler eintreten, welche den 
Ausschluß des Fleisches anscheinend gesunder Tiere vom freien 
Verkehr bedingen. 

6. Die Versicherung darf für die Schlachtung keine bestimmten 
Orte vorschreiben. 

7. Die Verwaltung muß eine sparsame sein, so daß die Prämien¬ 
sätze möglichst niedrig bemessen werden können. 

8. Die Versicherung darf sich über keinen zu großen Geschäfts¬ 
kreis erstrecken, damit die Übersicht nicht verloren geht (Kreis). 

9. Die Gutachter, welche die Aufnahme der Schlachttiere be¬ 
wirken, müssen durchaus zuverlässig sein, so daß die Aufnahme 
kranker und krankheitsverdächtiger Tiere ausgeschlossen ist. 

10. Dem Vereinsvorstande muß ein Tierarzt angeboren. 

11. Die Tätigkeit sämtlicher Vorstandsmitglieder muß eine 
ehrenamtliehe sein. Hierzu gestatte ich mir folgenden Kommentar: 

Eine Schlachttierversicherung darf, um ihren Zweck, der All¬ 
gemeinheit zu dienen, ganz zu erfüllen, keinesfalls die Erzielung 
hoher Überschüsse im Auge haben, die Berechnung muß dahin 
gerichtet sein, daß Einnahme und Ausgabe sich das Gleichgewicht 
halten, und lediglich für schlechtere Zeiten allmählich ein an¬ 
gemessener Reservefonds gesammelt wird. Die Mitgliedschaft muß 
den Besitzer zur Versicherung aller Schlachttiere verpflichten, um 
ihm die Möglichkeit abzuschneiden, die Versicherung nur auf die 
ihm nicht ganz zuverlässig erscheinenden Tiere zu beschränken. 
Die Festsetzung bestimmter, kurzer Fristen, innerhalb deren vom 
Tage der Aufnahme ab die Schlachtung stattfinden muß, erscheint 
deshalb angezeigt, weil bei längeren Fristen naturgemäß häufiger 
Erkrankungen der als anscheinend gesund versicherten Tiere Vor¬ 
kommen würden. Die Ausschließung aller Notschlachtungen, deren 
genaue Feststellung oft Schwierigkeiten macht, trägt zur Ver¬ 
einfachung des Versicherungsverfahrens bei. In derselben Richtung 
wirkt die allgemeine Beteiligung der Fleischbeschauer im Kreise 
Hattingen, welche die Aufnahme der Tiere bei Gelegenheit der 
Lebendbeschau vornehmen. Aus ebendemselben Grunde findet im 
Schlachtversicherungsverein des Kreises Hattingen eine Entschädi¬ 
gung für beanstandete Eingeweideteile nicht statt. 

Die vielfachen Klagen, welche die Beschränkung des Schaden¬ 
ersatzes auf 80 Proz. des Schadens in Sachsen veranlaßt hat, und 
der Umstand, daß beim Schlachttier im Gegensatz zum Nutztier 


sich der Wert genau ermitteln läßt, lassen die Forderung auf Ersatz 
des Schadens in voller Höhe als durchaus berechtigt erscheinen. 
Da ferner die Entschädigungspflicht sich nicht nur auf die Gewähr¬ 
mängel, sondern auf sämtliche, die Beanstandung herbeiführenden 
Fehler erstreckt, sind Verkäufer und Käufer gegen jeden unvorher¬ 
gesehenen Schaden geschützt, weshalb der Kaufabschluß von beiden 
Seiten bestimmt und ohne besondere Bedingungen erfolgen kann. 
Das Vorschreiben bestimmter Schlachtorte oder eines engen Bezirks 
würde dem Tierbesitzer unter Umständen die Freiheit im Handel 
erheblich einschränken. Eine möglichst niedrige Prämienbemessung, 
das Ziel aller Versichernden, kann nur durch größte Gewissen¬ 
haftigkeit und Sparsamkeit in der Verwaltung ermöglicht werden. 
Die Notwendigkeit, die genaue Befolgung der Satzungen zu über¬ 
wachen, schließt zunächst eine allzugroße Ausdehnung des Geschäfts¬ 
kreises aus. Die Gewissenhaftigkeit bei der Aufnahme der Tiere, 
eins der wichtigsten Erfordernisse für die Lebensfähigkeit des 
Vereins, glaube ich bei unseren Fleischbeschauern unbedingt voraus- 
setzen zu können. Diese sind, da sie die Aufnahme bei der Lebend¬ 
beschau oder sonst gelegentlich ohne großen Zeitaufwand bewirken, 
auch in der Lage, ihre Tätigkeit gegen ein geringes Entgelt aus¬ 
zuüben. Sie in zweckentsprechender Weise auf die zu beobachtenden 
Vorsichtsmaßregeln aufmerksam zu machen und fortdauernd zu in¬ 
formieren, ist nur ein Tierarzt imstande, weshalb ein solcher dem 
Vereinsvorstande angehören muß. Die Tätigkeit aller Vorstands¬ 
mitglieder, die bei anderen Versicherungen neben dem Aufsichtsrat 
hohe Tantiemen beziehen, kann in Rücksicht auf die Allgemeinheit 
bzw. auf das Bestreben, jede Verteuerung zu vermeiden, nur eine 
ehrenamtliche sein, was, nebenbei bemerkt, auch dem Tierärzte 
Gelegenheit gibt, sich ohne materiellen Schaden zum Nutzen des 
Standes in der Öffentlichkeit zu betätigen. 

Indem ich mich von vorstehenden Gesichtspunkten leiten ließ, 
habe ich vor nunmehr fast einem Jahre unter dem Namen „Schlacht¬ 
tier-Versicherungsverein für den Kreis Hattingen und Umgegend“ 
einen Verein ins Leben gerufen, welcher Landwirte und Metzger 
gegen alle Verluste infolge amtlicher Beanstandung der geschlachteten 
Tiere (Rinder; Kälber, Schweine) schützt und bisher alle Vereins¬ 
mitglieder vollauf befriedigt hat. Die Anregung zur Gründung des 
Vereins gab mir mein Material über die Ergebnisse der Fleisch¬ 
beschau; hiernach wurden im Kreise Hattingen, der 140,71 qkm 
groß ist und 92312 Einwohner zählt, im Jahre 1907 113 Kühe, 
87 Schweine und 10 Kälber der Freibank überwiesen und 14 Kühe, 
12 Schweine und 6 Kälber als genußuntauglich vernichtet. Ich be¬ 
rechnete den pekuniären Verlust hieraus auf rund 21000 Mark; 
nahm ich von diesen 11000 Mark als durch Versicherung gedeckt 
an, so blieben immer noch 10 000 Mark übrig, welche einige wenige 
Schlachttierbesitzer zu tragen hatten. Nach reiflicher Überlegung 
der Prämiensätze, der zu entschädigenden Prozente von versicherten 
Tieren und des Anteils der Verwaltungskosten entschloß ich mich 
als Prämiensatz für Rinder 4 Mark, Jungrinder, welche noch nicht 
gekalbt haben, bis zu einem Schlachtgewicht von 150 kg 3 Mark 
für das Stück, für Schweine 1 Mark und für Kälber 0,20 Mark vor¬ 
zuschlagen. Mein Vorschlag fand bei den 25 Mitgliedern, mit denen 
der Verein ins Leben trat, Annahme. (Jetzt zählt der Verein 
105 Mitglieder.) 

Nach den bisherigen Schlachtungen ist zu berechnen, daß jedes 
Mitglied pro Jahr 6 Stück Großvieh, 6 Schweine und 3 Kälber 
durchschnittlich schlachtet bzw. schlachten läßt, so daß sich als 
Summe der Prämieneinnahme 3213 Mark ergeben. Die Unkosten 
stellen sich wie folgt: 

Die Gutachter (Fleischbeschauer) erhalten für ihre Bemühungen eine 


Entschädigung von 10 % der vereinnahmten Prämie . . 321,30 M. 
der Geschäftsführer (ein Verwaltungsbeamter) .... 200,00 M. 
die Ausgaben für Plomben, Schriftsachen, Porto usw. 

betragen ca. . 378,70 M. 

Zusammen 900,00 M. 


Rechne ich für voraussichtlich zu zahlende Entschädigungen 
rund 2000,00 M. so bleiben noch 

3213 M. 

— 2900 M. 

= 313 M. 

übrig, welche dem Reservefonds zufließen könnten. 






912 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Die sehr mäßigen Prämien, meine Herren, erregen von vorn¬ 
herein einiges Bedenken; dennoch hat die bisherige Geschäftsführung 
ergeben, daß alle Verluste und Kosten der Verwaltung gedeckt 
werden können. Die letzte Abrechnung wies ein Vereinsvermögen 
von 1950 M. auf; hiervon entfallen allerdings 1050 M. auf das Ein¬ 
trittsgeld, da die Mitgliedschaft durch eine einmalige Zahlung von 10M. 
erworben wird. Tatsächlich haben die Unkosten im ersten Jahre 
des Bestehens des Vereins die Höhe im obengenannten Voranschlag 
nicht erreicht. Es wurden bis heute nicht 313 M., sondern 900 M. 
von den erhobenen Prämien erspart. Der Reservefonds beträgt 
zurzeit 1500 M. Entschädigt wurden 4 Rinder, 7 Schweine und 
1 Kalb, deren Fleisch zugunsten der Vereinskasse minderwertig 
verkauft werden konnte. 

Daß der Hattinger Verein als ein idealer zu bezeichnen ist, 
möchte ich nicht behaupten; ich erinnere hierbei nur an die gänz¬ 
liche Ausschließung der Notschlachtungen und der Entschädigung 
der Eingeweide (auch zu bestimmten Sätzen), sowie daran, daß die 
im allgemeinen gesundheitlichen Interesse platzgreifenden Verluste 
am idealsten nicht nur von den Vereinsmitgliedern, sondern von 
allen Kreiseingesessenen (wenn auch nur zum Teil) getragen würden. 
Gleichwohl hat ein lokaler Schlachttierversicherungsverein, welcher 
auf den von mir besprochenen Grundsätzen basiert, zweifelsohne in 
volkswirtschaftlicher, landwirtschaftlicher und sanitäts- bzw. veteri¬ 
närpolizeilicher Hinsicht eine große Bedeutung. Volkswirtschaft¬ 
lich insofern, als die im Interesse der öffentlichen Gesundheit den 
Schlachttierbesitzern auferlegten Verluste auf die Schultern einer 
größeren Zahl von Interessenten verteilt und die Härten des Fleisch¬ 
beschaugesetzes somit wesentlich gemildert werden. Da das be¬ 
anstandete Tier dem Verein gehört, wird auch mit Nachdruck auf 
eine möglichst vorteilhafte Verwendung des minderwertigen Fleisches 
hingewirkt, wodurch der Verlust an Nationalvermögen auf ein 
Mindestmaß eingeschränkt wird. Die landwirtschaftlichen 
Interessen fördert das Unternehmen, indem durch die Versicherung 
der Handelsverkehr wesentlich erleichtert wird; denn weder der 
Landwirt als Produzent, noch der Metzger als Käufer haben etwas 
zu befürchten, so daß spitzfindige Verkaufebedingungen fortfälleh. 
Auch wird der Einfluß, den das Fehlen der Versicherung beim 
Zwischenhandel auf die Preisfestsetzung hat, beseitigt. Da ferner 
der Landwirt mit Rücksicht auf die Gefahr einer Beanstandung 
seiner zur Schlachtung bestimmten Tiere nicht mehr gezwungen ist, 
letztere nach Orten zu verkaufen, an denen Schlachttierversiche¬ 
rungen bestehen und sich geschützt weiß gegen alle unvorher¬ 
gesehenen Ereignisse, welche ihm bei der Fleischbeschau einen 
pekuniären Verlust verschaffen können, besitzt der Produzent mehr 
Ellbogenfreiheit im Handel. Es ist daher außer Zweifel, daß eine 
Versicherung wie die beschriebene, den Handel mit Schlachttieren 
in gesundere Bahnen lenkt und geeignet ist, den Zwischenhandel 
zu beseitigen. Schließlich werden auch viele Zwistigkeiten zwischen 
Käufer und Verkäufer und die so lästigen Prozesse gänzlich ver¬ 
mieden. Für die Sanitäts- und Veterinärpolizei ist ein 
solcher Verein deshalb von Bedeutung; weil er die Durchführung 
der Fleischbeschau und Veterinärpolizei wesentlich unterstützt; 
denn Käufer wie Verkäufer haben an einer Entstellung des Tat¬ 
bestandes nach der Schlachtung kein Interesse; da auch Haus¬ 
schlachtungen der Versicherung unterliegen, werden Seuchenherde 
entdeckt, die an nicht versicherten Tieren leichter „übersehen“ 
werden. 

Der Vorsitzende dankte dem Redner im Namen des Vereins 
für die in dem Vortrag gegebenen Anregungen. Im Anschluß hier¬ 
an entwickelte sich eine ziemlich lebhafte Diskussion, an der sich 
Thurmann, Albrecht und Clausen beteiligten. Letzterer führte 
aus, daß es wohl am vorteilhaftesten wäre, wenn auch die be¬ 
anstandeten Organe entschädigt würden, dies geschehe in Hagen, 
wo sämtliche Organe, ausgenommen Lungen, zum vollen Wert bei 
Beanstandungen in Anrechnung gebracht werden; die Einnahmen 
an Prämien des Hagener Schlachtvieh- Versicherungsvereins betrugen 
im vergangenen Jahre 24 000 M., die Ausgaben 2*2000 M. 

Alsdann ergriff Dr. Maaß-Hagen das Wort zu seinem Vortrag: 
Die Stellungnahme zum Anträge der Tierärztlichen Gesellschaft zu 
Berlin betr. außerordentliche Fleischbeschau bzw. Markt- und 
Ladenkontrolle. Er berief sich dabei auf den in Heft 5 der Zeit¬ 


schrift für Fleisch- und Milchhygiene enthaltenen Separatabdruck 
von Polizeitierarzt Borchmann-Berlin, betr. die außerordentliche 
Fleischbeschau als besonderer Lehrgegenstand an den tierärztlichen 
Hochschulen. Diesen Ausführungen von Kollegen Borcbmann 
fügte er noch etwa folgendes hinzu: 

Den Anregungen von Borchmann-Berlin zufolge faßte die 
Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin folgende Beschlüsse: 

1. Die Tierärztliche Gesellschaft erblickt in der Überwachung 
des Marktverkehrs mit animalischen Nahrungsmitteln ein¬ 
schließlich der außerordentlichen Fleischbeschau eine dringende 
Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege. 

2. Zu ihrer technischen Ausführung sind mit Rücksicht auf den 
Ursprung dieser Nahrungsmittel an erster Stelle Tierärzte 
berufen. 

3. Zwecks einheitlicher und wirksamer Durchführung hält die 
Gesellschaft die Einführung der gesamten animalischen 
Nahrungsmittelkunde einschließlich der außerordentlichen 
Fleischbeschau als besonderen Lehrgegenstand der Tierärzt¬ 
lichen Hochschulen für ein zeitgemäßes und dringendes 
Bedürfnis. 

4. Die Gesellschaft beschließt, diese Anregung sämtlichen tier¬ 
ärztlichen Vereinen zu unterbreiten. 

Wie notwendig die außerordentliche Fleischbeschau ist, unter 
welcher ich die Untersuchung sämtlicher animalischer Lebensmittel 
auf den Märkten und in den Fleischerläden sowie in den Wild-, 
Geflügel- und Fischhandlungen verstehen möchte, das werden nicht 
nur die Kollegen, welche im Haupt- oder Nebenamte mit der Aus¬ 
führung solcher Untersuchungen beauftragt sind, erkannt haben, 
sondern das muß jedem in der Fleischbeschau beschäftigten Tier¬ 
ärzte zur Erkenntnis gekommen sein. Die ordentliche Fleisch¬ 
beschau, welche die auf den Schlachthöfen und auf dem Lande 
angeführten Untersuchungen der frisch geschlachteten Tiere um¬ 
faßt, bietet uns, so weit dieselbe von Tierärzten vorgenommen wird, 
im großen und ganzen wohl die Gewähr, daß kein krankhaftes oder 
die Gesundheit schädigendes Fleisch in die Hände der Schlächter 
kommt; sie kann aber nicht verhindern, daß von auswärts einge¬ 
führtes minderwertiges Fleisch, ferner mit verbotenen Zutaten ver¬ 
sehenes Fleisch, sei es als Hackfleisch, sei es als Wurst, in den 
freien Verkehr gelangt. Die ordentliche Fleischbeschau schließt 
weiter die Untersuchung von Wild, Geflügel und Fischen aus, ein 
Mangel, der zu beseitigen wohl an der Zeit wäre. 

Daß wir als Tierärzte in erster Linie dazu berufen sind, diese 
außerordentliche Fleischbeschau auszuüben, ist wohl jedem ersichtlich, 
daß wir aber nach dem bisherigen Studiengang auf den tierärztlichen 
Hochschulen für dieses neue und schwierige Gebiet nicht genügend 
ausgebildet sind, können wir wohl kaum in Abrede stellen. Dies 
müssen wir daraus folgern, daß unsere Dozenten bei einer Studien¬ 
zeit von nur sieben Semestern den umfangreichen Lehrstoff nicht 
mit der ihm eigentlich gebührenden Ausführlichkeit behandeln 
können. Und doch ist es unbedingt erforderlich, daß der Polizei¬ 
tierarzt, der ja wegen der Revisionen beim Fleischer und Händler 
nicht gern gesehen ist, sich durch unbedingte Sicherheit bei 
der Vornahme seiner Untersuchungen dem Gewerbetreibenden 
gegenüber Ansehen zu verschaffen weiß. Es wäre deshalb auch 
zu wünschen, daß der Polizeitierarzt imstande ist, wenigstens die 
einleitenden chemischen Untersuchungen des zubereiteten Fleisches 
vorzunehmen. 

Begrüßen können wir vorläufig wohl alle die neue Einrichtung, 
welche die Berliner tierärztliche Hochschule inzwischen getroffen 
hat, indem sie die Stelle eines Abteilungsvorstehers für Nahrungs¬ 
mittelkunde geschaffen hat Dadurch ist bereits den Studierenden 
der Berliner tierärztlichen Hochschule Gelegenheit gegeben, sich 
mit diesem neuen und wichtigen Gebiet der außerordentlichen 
Fleischbeschau vertraut zu machen. 

Denjenigen Kollegen aber, die bereits auf diesem Gebiete tätig 
sind, müßte die Möglichkeit geboten werden, an jährlich auf der 
Berliner Tierärztlichen Hochschule abzuhaltenden Kursen, welche 
dieses Gebiet der außerordentlichen Fleischbeschau behandeln, 
teilzunehmen, um dort sich weiter fortbilden zu können. Die 
städtischen Verwaltungsbehörden wären auf Grund geeigneter 






10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


913 


Broschüren zn veranlassen, die von ihnen mit der Überwachung 
der animalischen Lebensmittel beauftragten Tierärzte zu diesen 
Fortbildungskursen zu beurlauben resp. zu entsenden. Die bis 
dahin zum größten Teil nur kümmerlich eingerichteten Laboratorien 
auf den Schlachthöfen müßten für die bei der Ausführung der 
außerordentlichen Fleischbeschau in Frage kommenden tierärzt¬ 
lichen Untersuchungen weiter ausgebaut werden. Dann wären die 
in der Fleischbeschau tätigen Tierärzte auch eher in der Lage, 
durch bakteriologische Untersuchungen die Beurteilung des Fleisches 
von notgeschlachteten Tieren sicherzustellen und die Zweifel zu 
beseitigen, die sich dem Beschauer oft nach dem makroskopischen 
Befunde solchen Fleisches aufdrängen. 

Ich glaube deshalb, im Sinne aller hier anwesenden Kollegen 
zu sprechen, wenn ich vorschlage, den Beschlüssen der Tierärztlichen 
Gesellschaft zu Berlin betreffs Neuregelung der Fleischbeschau voll 
und ganz zuzustimmen. Die Art und Weise, in welcher dies der 
Berliner Tierärztlichen Gesellschaft mitzuteilen wäre, möchte ich 
den Mitgliedern des hiesigen Vereins resp. dem Vorstande selbst 
überlassen. 

* 

Der beifällig aufgenommene Vortrag gab dem Verein Ver¬ 
anlassung, hierzu Stellung zu nehmen. Clausnitzer erwähnte, 
daß in Dortmund bereits ein nahrungsmitteltechnisches Unter¬ 
suchungsamt eingerichtet ist, das bei Beanstandungen dem 
Chemiker stets Proben zur Untersuchung überweist Schließlich 
ermächtigt die Versammlung den Schriftwart, im Aufträge des 
Vereins der Berliner Tierärztlichen Gesellschaft mitzuteilen, daß 
die von dieser gegebenen Anregungen die Billigung auch der west¬ 
fälischen Schlachthoftierärzte gefunden haben. 

Bei Punkt 4 der Tagesordnung, Besprechung der Vorschriften 
für die Wiegeordnung, waren verschiedene Redner der Ansicht, daß 
die Metzger bei Verfehlungen gegen dieselbe nicht zur Verant¬ 
wortung gezogen werden können, während wieder andere vom 
Gegenteil überzeugt schienen. Man einigte sich endlich dahin, bei 
der nächsten Versammlung den Entwurf einer Wiegeordnung 
näher* zu beraten«. . 

Auch beim letzten Punkt der Tagesordnung gab es noch recht 
interessante und lehrreiche Aussprachen, bis nach getaner Arbeit 
und Festsetzung der nächsten Versammlung, die in Hagen statt¬ 
finden soll, zur Mittagstafel geschritten wurde. Das Mahl mundete 
unter den Klängen der Kurkapelle vortrefflich, und die später 
kredenzte obligate Erdbeerbowle hielt noch lange die Teilnehmer 
zusammen. 

Alles in allem, es war ein schöner Tag, den wir verlebten. 

B. Kirsten, Schriftführer. 

Tagesordnungen. 

Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin. (E. V.) 

Einladung 

zur Sitzung am Montag, den 14. Dezember 1906, abends 8 l /i Uhr 
pünktlich, im Restaurant „Zum Heidelberger 0 , Berlin (am 
Bahnhof Friedrichstraße). 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Vortrag des Herrn Regierungstierarzt Dr. Springefeldt: 
Ein Streifzug durch Kamerun. 

3. Mitteilungen aus der Praxis. 

Gäste willkommen. 

Der Vorstand. 

I. A.: Bongert, Schriftführer. 

Außerordentliche Generalversammlung des Tierärztlichen Vereins der 
Provinz Westfalen 

am Sonntag, den. 20. d. Mts., vormittags 11 Uhr, im Hotel 
Feldhaus in Hamm. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mitteilungen. 

2. Mitgliederaufnahme. 

3. Vortrag mit Demonstrationen über das von der Landwirtschafts¬ 
kammer eingeführte Tuberkulose-Tilgungsverfahren. Referent: 
Herr Geh. Rat Prof. Dr. Dam mann-Hannover. 


Nach der Sitzung findet um 2*/a Uhr ein gemeinschaftliches 
Mittagessen, Gedeck 3,00 M., statt, zu dem Anmeldungen an den 
Schriftführer des Vereins, Herrn Tierarzt Wolfram in Bochum zu 
richten sind. Der Vorsitzende. 

Nutt. 

Kleine Mitteilungen. 

Von einem Kollegen aus München wird angefragt, ob in 
Berlin eine Konferenz von Hochschullehrern getagt habe, wie 
in der Tierärztlichen Rundschau mitgeteilt sei, und was der 
Beratungsgegenstand gewesen sei. Hierzu ist zu bemerken, 
daß eine Konferenz tierärztlicher Hochschullehrer hier jeden- 
faUs nicht stattgefunden hat; es müßte denn damit die Beratung 
einer neuen Prüfungsordnung gemeint sein, über welche in 
Nr. 44 der B. T. W., S. 787, kurz berichtet worden ist. 

Rostock. 

In Rostock in Mecklenburg ist ein tierärztlicher Kollegenabend 
gebildet worden, der jeden Sonnabend im Hotel „Rostocker Hof“ 
oder „Europäischer Hof“ Zusammentritt, und zu welchem alle 
Kollegen freundlichst eingeladen sind. 

Bolle I, Tierarzt am Schlachthof. 

Promotion. 

Die Universität Rostock hat sich bekanntlich den tierärztlichen 
Promotionen gegenüber in neuester Zeit durch sehr strenge Be¬ 
stimmungen ziemlich abgeschlossen. Demgegenüber hat es ein 
allgemeineres Interesse, daß neulich Herr Tierarzt Zschlösche 
aus Breslau dort summa cum laude zum Dr. phil. promoviert 
worden ist. 

Berichtigung. 

In dem mit K. Unterzeichneten Artikel zur Militärveterinär¬ 
reorganisation in Nr. 45 sind einige Druckfehler stehen geblieben. 
Seite 800, linke Spalte, Zeile 13 von oben muß es heißen: „so 
ihüssefa immer wietter die schon anderweitig usw.“; und in der 
rechten Spalte, Zeile 14 muß es statt Haltung heißen „Erhaltung“, 
sowie in der siebenten Zeile vom Schluß „Zusicherungen“ statt 
Zuführungen. 

Viehzählung. 

Am 1. Dezember d. J. hat in Preußen eine außerordentliche 
Viehzählung stattgefunden. 

Dymal. 

Ein Kollege bittet, in der B. T. W. darauf aufmerksam zu 
j machen, daß der Preis für das von Zimmer&Co. jn Frankfurt a. M. 
hergestellte Dymal seit 3 Jahren von 12 M. auf 40 M. pro Kilo 
gestiegen ist, das Mittel daher fast doppelt so teuer als Jodoform 
geworden ist, so daß es natürlich erscheint, die Kollegen darauf 
aufmerksam zu machen. 

Blcsulin. 

Der Nr. 49 1908 der „B. T. W.“ lag ein Prospekt über Bissulin 
zur Behandlung des ansteckenden Scheidenkatarrhs der Rinder bei. 
Auf der ersten Seite des Prospektes befand sich, unterstrichen, der 
Aufdruck: „Nur für die Herren Tierärzte“. Bezeichnenderweise 
brachte aber auch Nr. 49 1908 der „Deutschen landwirtschaftlichen 
Tierzucht“ denselben Prospekt, natürlich ohne diesen Hinweis. Die 
Anpreisung des Bissulin findet sich wahrscheinlich noch in manchen 
anderen landwirtschaftlichen Zeitungen als Beilage. R. 

Redaktionelle Bitte. 

Im Frühjahr und im Herbst pflegen in einem kurzen Zeitraum 
die Versammlungen aller tierärztlichen Vereine stattzufinden. Die 
Protokolle werden in der Regel zur Veröffentlichung eingesandt. 
Es ist natürlich nicht möglich, in einer Nummer mehr als ein 
Protokoll zu veröffentlichen, und es ist daher sehr erwünscht, 
wenn sich die Einsendung der Protokolle verteilt. Ein großer 
Teil pflegt erst kurz vor der nächstbevorstehenden Versammlung 
einzutreffen, so daß dann die Veröffentlichung vor dieser Versamm¬ 
lung sich nicht mehr bei allen ermöglichen läßt. Ich möchte 







914 


BERLIN KR TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._ _No. 50. 


deshalb die Bitte ausBprechcu, die Protokolle doch möglichst früh¬ 
zeitig einzusenden. Schmaltz. 

Genossenschaftliches. 

Der Umsatz der Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tier¬ 
ärzte, E. G. m. b. H. zu Posen, betrug im November 1908 bef 
654 Ausgängen 16 644,65 M. gegenüber 441 Ausgängen im j 
Werte von 12 446,69 M. im November 1907. Inzwischen wurde 1 
das 13. Mitglied eingetragen. Die ordentliche Generalversamm- | 
lung tagt am 12. Dezember 1908 in Posen um 12 Uhr im Hotel j 
Mylius. Eine außerordentliche Generalversammlung soll in den ! 
nächsten Monaten nach Berlin berufen werden. 

i 

Mark 8-Posen. 


Hengstkörung und Hengstmarkt am 28., 29. u. 30. Januar 1909 
In Oldenburg I. Gr. 

Wir weisen auf die in unserer heutigen Nummer enthaltene 
Annonce des Vereins der Oldenburgischen Hengsthalter hin. Be¬ 
sonders machen wir darauf aufmerksam, daß die Geschäftsstelle 
des genannten Vereins jede gewünschte Auskunft gern erteilt, 
auoh die Beschaffung von gutem Hotel-Quartier und die Versendung 
der Kataloge für die Körung besorgt. 

Literarische Unterstatzung. 

In Ermangelung von Quellen, die die Vor- und Nachteile 
(weniger die Ausführung der Operation) der Kastration der 
Kühe behandeln, bitte ich die Herren Kollegen höflichst mir solche 
anzugeben. Alois Oeller, prakt. Tierarzt, 

Holzkirchen b. München. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 

Erste Kommissions-Lesung der Novelle zum 
Yiehsenchengesetz. 

Die Kommission des Reichstages für das Viehsenchengesetz 
hat nunmehr die erste Lesung des Gesetzentwurfs beendet. 
Außer den bereits mitgeteilten hat sie noch verschiedene sehr 
wichtige Abänderungsbeschlüsse gefaßt, die, wenn sie auch die 
Genehmigung des Plenums des Reichstages finden, geeignet sein 
können, das Zustandekommen des ganzen Gesetzes zu gefährden, 
da die Reichsregierung mit diesen Abänderungen nicht durchweg 
einverstanden ist. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die 
Änderungen zu § 58 betr. die Entschädigungsleistungen. Bereits 
zu § 4 wurde ein Zusatz angenommen, welcher bestimmte, daß 
die durch das Verfahren entstehenden Kosten aus der Staats¬ 
kasse zu bestreiten sind. Die Bedeutung dieses Antrages ist 
seinerzeit in der B. T. W. besprochen worden. Nachdem dann 
der deutsche Landwirtschaftsrat in seiner Sitzung vom J.O. Fe¬ 
bruar 1908 den Wunsch ausgesprochen hatte, daß das Gesetz 
nicht an Diiferenzen zwischen der Regierung und dem Reichs¬ 
tage bezüglich der Kostenfrage scheitern möge, konnte man 
wohl annehmen, daß die Kommission bei der Beratung des § 58 
den bei § 4 gefaßten Beschluß zum mindesten sehr wesentlich 
mildern werde. Dies war aber nicht der Fall. Es fand trotz 
energischen Widerspruchs seitens der Regierung folgender Antrag 
znm § 58 mit starker Mehrheit Annahme: 

„Die Kosten der Entschädigung sind aus öffentlichen 
Mitteln zu bestreiten. Der landesrechtlichen Regelung bleibt 
Vorbehalten, Bestimmungen darüber zu treffen: 1. von wem 
die Entschädigung zu gewähren und wie dieselbe aufzubringen 
ist, 2. wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln 
und festzustellen ist. Werden von den Besitzern der be¬ 
treffenden Tiergattung Beiträge erhoben, so dürfen diese ins¬ 
gesamt die Hälfte der Gesamtsumme der jährlichen Ent¬ 
schädigungen nicht Übersteigen. Sofern in den Einzelstaaten 
bereits für die Tierhalter günstigere Bestimmungen bestehen, 
bleiben diese unberührt. Die Vorschriften der §§ 59 bis 64 
dieses Gesetzes sind in allen Fällen maßgebend.“ 

Das heißt also, es dürfen von den Besitzern der betreffenden 
Tiergattung Beiträge zu Entschädigungsleistungen nur bis zur 
Hälfte der Gesamtsumme der jährlichen Entschädigung erhoben 
werden. Die andere Hälfte ist aus öffentlichen Mitteln zu be¬ 
streiten, d. h. Staatskasse oder Kommunal verbände. Die hierdurch 
den letzteren auferlegten Mehrleistungen müssen natürlich durch 
Erhöhung der Abgaben aufgebracht werden. Es ist also hierbei 


das Prinzip verfolgt worden, die Kosten für die Entschädigung 
von infolge von Seuchen getöteten oder daran gefallenen Tieren 
zur Hälfte den Besitzern der betreffenden Tiergattung und zur 
andern Hälfte der Gesamtheit der Steuerzahler aufzuerlegen. 

Hoffentlich wird das Plenum des Reichstages in seiner 
Mehrheit anders denken, wie die Kommissionsmehrheit und wird 
es bei den bisherigen Bestimmungen über die Entschädigungs¬ 
leistungen belassen. Die übrigen Bestimmungen über die Ent¬ 
schädigungen für Viehverluste §§ 59 bis 64 wurden von der 
Kommission mit unwesentlichen Abänderungen, die sich teilweise 
als Konsequenzen aus dem vorerwähnten Anträge ergaben, an¬ 
genommen. 

Die Strafbestimmungen wurden mit einer Milderung nur im 
§ 65, welcher von den vorsätzlichen Vergehungen handelt, an¬ 
genommen. Zu § 67 c (Schlußbestimmungen) gelangte eine vom 
Zentrum beantragte Resolution zur Annahme: 

Den Reichskanzler zu ersuchen, 1. durch das Reicks¬ 
gesundheitsamt eine volkstümlich gehaltene Zusammenfassung 
der Vorschriften des Viehseuchengesetzes verfassen zu lassen; 
2. Merkblätter über die einzelnen Viehseuchen und deren Be¬ 
kämpfung verfassen zu lassen; 3. diese Schriften unter den 
Viehbesitzern unentgeltlich verteilen zu lassen. 

Zu § 67 d, welcher Bestimmungen über die Behandlung von 
Beschwerden des Besitzers enthält, gelangte ein von national¬ 
liberaler Seite gestellter Antrag einstimmig zur Annahme: 

„Beschwerden gegen Anordnungen bei der Bekämpfung 
von Viehseuchen im Inlande (§ 9 ff.) sind bei den von den 
Landesregierungen dazu zu bestimmenden Organen anzubringen. 
Vor der Entscheidung ist eine Kommission zu hören, die 
mindestens zur Hälfte aus Sachverständigen zusammengesetzt 
sein muß.“ 

Hiermit wird ein Novum für die Seuchengesetzgebung ge¬ 
schaffen. Also eine ad hoc zusammengesetzte Kommission soll 
gehört werden, wenn ein Besitzer sich über Maßregeln beschwert 
fühlt, welche von einer Behörde oder einem Beamten angeordnet 
worden sind, bevor die zur Entscheidung bestimmten Organe ihr 
Urteil abgeben. 

Daß dadurch das Verfahren der Viehseuchentilgung eine 
Vereinfachung erleidet, wird wohl niemand behaupten können. 
Was ist hier überhaupt unter Sachverständigen zu verstehen, 
sollen dies Tierärzte oder Landwirte sein. Man möchte fast 
geneigt sein, letzteres anzunehmen. Eine solche Kommission 
hat auch gerade noch gefehlt, um den beamteten Tierärzten 
des Lebens Bitterkeit noch mehr fühlbar zu machen, und um 
ihnen ihre Berufsfreudigkeit, an der sie es bisher gewiß nicht 














10. Dezemb er 1908 . _BERLINER TIE RÄRZTE 

haben fehlen lassen, zu rauben. Doch von dem Kommissions¬ 
beschluß bis zu seiner Verwirklichung ist noch ein weiter Weg, 
hoffen wir, daß dies nur Beschluß bleibt. 

Zum Schluß der Beratungen wurde noch folgende Resolution 
angenommen, den Reichskanzler zu ersuchen, die auf Grund der 
§§ 0, 6 a und 7 des Viehseuchengesetzes ergangenen Änderungen 
alljährlich dem Reichstag zur Kenntnis vorzulegen. 

Damit war die erste Lesung des Gesetzentwurfs beendigt. Die 
zwoite Lesung dürfte erst nach den Weihnachtsferien stattfinden, 
damit den verbündeten Regierungen Zeit bleibt, zu den Be¬ 
schlüssen der Kommission Stellung zu nehmen. Eine solche 
Stellungnahme ist mit Rücksicht auf die prinzipiellen Änderungen 
der Vorlage durch die Kommission erforderlich. Eine solche 
prinzipielle Änderung ist in der Mitbeteiligung der Staats- oder 
Reichskasse an der Aufbringung der Entschädigungskosten zu 
finden. Da die Regierung das reine Versicherungsprinzip hierbei 
aufrecht erhalten will, so erscheint es keinesweges ausgeschlossen, 
daß, wenn eine Einigung im Plenum nicht erzielt werden kann, 
das Gesetz von der Regierung zurückgezogen wird. Ein 
solcher Ausgang wäre aber sehr bedauerlich, da das jetzige 
Viehseuchengesetz in vieler Hinsicht dringend der Änderung 
und Vervollständigung bedarf. Pr. 

Dienstliche Versammlung der beamteten Tierärzte des 
Regierungsbezirks Allenstein. 

Mit Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft 
wurde die diesjährige Versammlung in Lyck abgehalten, um 
den beamteten Tierärzten Gelegenheit zu geben, im Anschluß 
an die Sitzung die klinischen Erscheinungen der in den Kreisen 
Lyck und Johannisburg ausgebrochenen Beschälseuche durch 
eigene Anschauung kennen zu lernen. Die Sitzung fand am 
14. November statt. An derselben nahmen sämtliche beamteten 
Tierärzte des Bezirks und auf Anordnung des Herrn Ministers 
der Kreistierarzt des Kreises Goldap teil (der gleichfalls mit 
der Teilnahme beauftragte Kreistierarzt des Kreises Oletzko 
w'ar durch Krankheit am Erscheinen verhindert). Als Vertreter 
des Herrn Regierungspräsidenten wohnte der Verwaltungs- 
Dezernent in Veterinärangelegenheiten, Regierungsrat Dr. Leh- 
feldt der Sitzung bei. 

Die Tagesordnung lautete: 

1. Die Beschälseuche in den Kreisen Lyck und Johannisburg. 

Berichterstatter: Veterinärräte Lorenz und Kleinpaul. 

2. Die landespolizeiliche Anordnung betr. die Influenza der Pferde. 

Berichterstatter Kreistierarzt Migge. 

3. Verschiedene Mitteilungen und Besprechungen. 

Um 8 l / 4 Uhr abends eröffnete der Vorsitzende, Veterinärrat 
Dr. Marks, die Sitzung und führte aus, daß er glaube, im 
Sinne der Herren gehandelt zu haben, wenn er beim Herrn 
Minister die Genehmigung zur Abhaltung der Sitzung in Lyck 
erbeten habe, da Ihnen hierdurch die Möglichkeit gegeben sei, 
ohne erhebliche Kosten die Beschälseuche an den kranken 
Tieren selbst kennen zu lernen. 

Alsdann erhält Veterinärrat Lorenz-Lyck das Wort zu 
Punkt I der Tagesordnung. 

Referent bespricht zunächst das Geschichtliche der Beschäl¬ 
seuche oder Zuchtlähme, geht dann auf die Verbreitung der 
Seuche in den verschiedenen Ländern ein und erörtert die 
gegenwärtig herrschenden Ansichten über die Ursache der 
Krankheit. Nach seiner Meinung müßten Blutparasiten als 


ICHE WOCHENSCHRIFT. _ _915 

Ursache angesehen werden, da im Sekret kranker Stuten 
Trypanosomen gefunden worden seien. 

Die Beschälseuche ist eine chronische Infektionskrankheit 
des Pferdegeschlechts, die nur Zuchttiere befällt und aus¬ 
schließlich durch den Begattungsakt übertragen wird. Die 
Krankheitserscheinungen teilt Referent in zwei Stadien; im 
ersten treten lokale Erscheinungen an den Geschlechtsteilen, im 
zweiten allgemeine Erscheinungen auf, welche auf eine Er¬ 
krankung des Nervensystems hinweisen. 

Das Inkubationsstadium soll nach den Angaben von 
Maresch acht Tage bis zwei Monate, nach Marek sogar noch 
länger betragen. Referent hat das erste Stadium niemals selbst 
zu Gesicht bekommen, da die Infektion in den von ihm beob¬ 
achteten Fällen bereits im Frühjahr bzw. Sommer erfolgt war 
und die Ermittlung der Seuche erst im Oktober erfolgte. Nach 
den übereinstimmenden Berichten der Besitzer aber traten die 
ersten Erscheinungen 8—14 Tage nach der Begattung auf. 



Fig. 1. 


Bei Stuten zeigen sich als örtliche Erscheinungen zuerst 
eine teigige Schwellung der Scham und deren Umgebung, die 
sich häufig bis auf das Euter, ja selbst unter dem Bauch und 
| der Brust bis zu den Vorderschenkeln fortsetzt. Die Scheiden¬ 
schleimhaut ist höher gerötet und geschwollen, aus der Scheide 
entleert sich mitunter ein graugelblicher Ausfluß, der zu Krusten 
eintrocknet. Daneben besteht heftiges und andauerndes Rossig- 
sein und Drang zum Urinieren, wobei Harn in geringer Menge 
öfters abgesetzt wird. Zuweilen finden sich auch Knötchen und 
Geschwüre auf der Scheidenschleimhaut. In weiterem Verlaufe 
der Krankheit treten in vielen Fällen auf der äußeren Fläche 
der Scham und in deren Umgebung pigmentlose Stellen auf; 
diese sind öfter zuerst kaum erbsengroß und vereinzelt, sie 
werden dann immer größer und zahlreicher, konfluieren und 
schließlich kann die ganze Scham woiß werden. Referent sah 
auch Fälle, in denen sogar das Euter teilweise weiß geworden 
w r ar. Auch beobachtete er, entgegen den Angaben in der 
Literatur, daß diese woißen Stellen sich regelmäßig ohne voran¬ 
gegangene Geschwüre entwickelten und er konnte auch fest¬ 
stellen, daß sich im späteren Verlaufe der Krankheit das 
Pigment allmählich wiederfindet. 

Beim Hengste bestehen die örtlichen Erscheinungen in 
Schwellung des Penis, des Schlauches, des Hodensackes und der 
Nebenhoden. Aus der Harnröhre fließt zuweilen graugelbliche 



916 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Flüssigkeit. Daneben bestehen ebenfalls Drang zum Urinieren 
und häufiges Ausschachten. An der Außenfläche des Penis sieht 
man zuweilen runde Geschwüre auftreten, welche unter Zurück¬ 
lassung weißer Narben abheilen. Bei einem Hengst sah Referent 
eine Penislähmung, bei einem anderen die schon erwähnten 

pigmentlosen Stellen am 
Hodensack. Diese lokalen 
Erscheinungen können wieder 
vollständig verschwinden oder 
sie bleiben zum Teil bestehen, 
wie die Anschwellung der 
Scheide, der Scheidenausfluß 
und die Weißfärbung der 
Scham, und es stellen sich 
neben diesen oder für sich 
allein ' nach Wochen oder 
Monaten die allgemeinen Er¬ 
scheinungen ein. Von diesen 
sind zunächst die in der 
äußeren Haut auftretenden 
Quaddeln, die sogenannten 
Talerflecke zu erwähnen. Es 
sind dies flache, derbe An¬ 
schwellungen von verschiedener Größe und Form. Sie sind 
bald kreisrund, taler- bis handtellergroß, bald länglich, bald 
gewunden und striemenförmig. Die Peripherie der runden 
Quaddeln ist höher als das Zentrum. Diese Anschwellungen 
fahren plötzlich auf, können aber ebenso schnell wieder ver¬ 
schwinden. In einem 
Falle bestanden sie 
in wechselnder An¬ 
zahl vier Wochen. 
Der Sitz der Qua¬ 
ddeln ist meist die 
Kruppe und der 
Rücken, aber auch an 
den Brustwandungen 
und am Halse werden 
sie vorgefunden. Zu¬ 
weilen sollen an der 
Brust und am Bauche 
Hautausschläge mit 
starkem Juckreiz auf¬ 
treten. Referent be¬ 
obachtete nurin ei¬ 
nem Falle, daß eine 
Stute Juckreiz an 
den Hinterfüßen 
Fig 3 hatte und sich stark 

scheuerte. 

Später stellt sich bei den erkrankten Tieren Schwäche ein, 
besonders im Hinterteil. Die Tiere können sich nur schwer 
erheben, der Gang wird unsicher, schwankend. Die Tiere 

stolpern, brechen während der Bewegung zusammen, knicken 
oft in den Fesseln über. In der Ruhe werden die Füße nicht 
gleichmäßig belastet, die Tiere schildern häufig, heben den Fuß 
zuweilen in die Luft und in diesem Moment beobachtet man 
dann Zittern des ganzen Fußes. Schließlich werden die 

Lähmungserscheinungen immer hochgradiger, die Tiere können 


sich nicht mehr erheben und verenden. Auch an den Lippen, 
Ohren und Augenlidern werden, wenn auch seltener, Lähmungs¬ 
erscheinungen beobachtet. Mit diesen Schwäche- und Lähmungs¬ 
erscheinungen geht hochgradige Abmagerung einher, die be¬ 
sonders im Hinterteil bemerkbar ist, so daß die Konturen der 
Beckenknochen und Rippen stark hervortreten. 

Manche Tiere fressen andauernd gut, bei anderen ist der 
Appetit wechselnd. Die Temperatur ist mitunter erhöht. Referent 
beobachtete Temperaturen zwischen 38,5 und 39,5 0 G. Bei 
vielen Tieren stellt sich bei vorgeschrittener Krankheit ein 
Katarrh der oberen Luftwege ein, wobei eine mehr oder weniger 
starke Anschwellung der Kehlgangslymphdrüsen und schleimig¬ 
eitriger Nasenausfluß auftreten. Letzterer ist meist gering, 
trocknet an den Nasenrändern und auf der Nasenscheidewand 
zu bräunlichen Krusten ein, entfernt man diese, so sieht man 
die Schleimhaut gerötet und fein granuliert. Die Kehlgangs¬ 
lymphdrüsen erreichten in einem Falle die Größe von kleinen 
Hühnereiern, waren jedoch weich und schmerzhaft. Bei einer 
großen Anzahl der erkrankten Pferde stellte sich eine starke 
Konjunktivitis ein. Einzelne Pferde zeigten, nachdem sie mehrere 
j Schritte im Trabe bewegt worden waren, ein schniebendes 
Atemgeräusch und Atemnot, was Referent auf eine Rekurrens¬ 
lähmung zurückführt. 

Bei Stuten tritt, wenn sie tragend geworden sind, fast stets 
Abortus ein, meist werden sie jedoch gar nicht tragend. 

Bei der Sektion fand Referent keine charakteristischen 
Merkmale. In einigen Fällen bestand eine Endometritis chronica, 
in einem Falle waren außerdem Narben in der Uterusschleim¬ 
haut von abgeheilten Geschwüren vorhanden. Regelmäßig war 
eine Schwellung der Leisten- und Lendendrüsen vorhanden. In 
einem Falle (es wurde zweimal das Rückenmark herausgenommen) 
fand sich eine geringe Flüssigkeitsansammlung zwischen den Rücken¬ 
markshäuten; am Rückenmark und den großen Nervenstämmen 
waren makroskopisch Veränderungen nicht nachzuweisen. 

Der Verlauf der Krankheit ist nach den Literaturangaben 
immer ein chronischer. Die Krankheitsdauer beträgt 1—2 Jahre, 
nach anderen Angaben 2—4 Jahre. Die Prognose ist un¬ 
günstig; die Mortalität soll zwischen 50 und 70 Proz. schwanken. 
Zuweilen tritt auch eine nur vorübergehende Besserung ein. 

In den Kreisen Lyck und Johannisburg ist die Beschäl¬ 
seuche durch die Königlichen Hengste des Landgestüts Rasten¬ 
burg verbreitet worden, die in Baitkowen stationiert waren. 
Es sind von den 4 Hengsten im Kreise Lyck 149 Stuten gedeckt 
worden. Die Ansteckung des ersten Hengstes muß etwa Mitte 
März erfolgt sein, da von dieser Zeit an Erkrankungen der in 
Baitkowen gedeckten Stuten beobachtet wurden. Von den 
Stuten sind 37 erkrankt und 18 seucheverdächtig. Von diesen 
sind bisher 6 getötet und 3 verendet. Außerdem sind von 
Stuten, die zuerst den Baitkower Hengsten zugeführt waren, 
noch 2 Privathengste angesteckt worden. Von den von diesen 
gedeckten 67 Stuten ist 1 krank, 2 sind seucheverdächtig. 

Das zweite Referat zu dem Thema Beschälseuche erstattete 
VeterinärratKleinpaul-Johannisburg. Von den von den Baitkower 
Hengsten gedeckten 59 Stuteu im Kreise Johannisburg sind 
10 krank, 10 seuchenverdächtig; von den kranken sind 2 getötet 
worden. Der Korreferent bestätigt im allgemeinen die Aus¬ 
führungen des Referenten, hebt aber im besonderen noch folgendes 
hervor: Die beiden Krankheitsstadien sind auch von Kleinpaul 
beobachtet worden, sie lassen sich aber im Einzelfalle nicht 






10. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


917 


immer genau abgrenzen. — Knötchen und Geschwüre auf der 
Scheidenschleimhaut hat Kleinpaul nicht beobachtet. — Es 
bestehen zwar die äußeren Erscheinungen des Rossigseins, doch 
nehmen die Stuten zuweilen den Hengst nicht an. — Die 
pigmentlosen Flecken treten auch in der Gegend des Afters auf. 
[Sie finden sich übrigens, worauf man erst bei den jetzigen 
Untersuchungen genauer geachtet hat, auch bei ganz gesunden 
Tieren, hier sind sie, mit Ausnahme von Schimmeln, in der 
Regel klein und verändern ihre Größe und Form nicht.] 

Die von dem Referenten beobachteten Veränderungen in 
der Haut beschreibt Korreferent als flache, jedoch nicht harte, 
sondern festweiche, teigige Schwellungen, die sich manchmal 
bloß durch die gesträubte Stellung der Haare markieren. Der 
Gang der Tiere ist besonders hinten tappelnd, taumelnd. 
Die Pferde fußen dann hinten zuerst mit den Trachten, 
ähnlich wie ein rehekrankes Pferd mit den Vorderhufen fußt. 

Die geschwollenen Kehlgangslymphdrüsen unterscheiden sich 
von den rotzigen dadurch, daß sie weicher sind und nicht am 
Unterkiefer festsitzen. Angeregt durch die Angaben französischer 
Forscher (Schneider und Buffard) hat Kleinpaul in Ge¬ 
meinschaft mit seinem Assistenten Dr. Neumann bakteriologische 
Untersuchungen angestellt und den Nachweis erbracht, daß das 
Trypanosoma equiperdum sich bei der Beschälseuche vorfindet. 
Die zuerst angestellten Blutuntersuchungen blieben resultatlos. 
Später wurden folgende Impfversuche angestellt: Von 4 schwer 
kranken Stuten wurden je 2 Tropfen Nasenschleim mit 2 ccm 
sterilen Wassers in angewärmten sterilen Schalen verrieben und 
von dieser Verreibung 0,2 ccm 2 Mäusen subkutan injiziert. 
Beide Mäuse starben an einer Bakteriämie. 

Ferner wurden 4 Mäuse mit sehr großen Dosen (1 ccm) 
defibrinierten Blutes von kranken Stuten sofort nach der Ent¬ 
nahme des Blutes subkutan geimpft. Die 4 Mäuse blieben, 
ebenso wie die zugesetzten Kontrollmäuse, am Leben. [Der 
Versuch lehrt, daß sich mäuse-pathogene Parasiten in dem Blute 
beschälseuchekranker Pferde nicht oder doch nur in sehr geringer 
Zahl vorfinden. Hieraus ergibt sich, daß die Blutuntersuchung 
bei beschälseucheverdächtigen Tieren zur Sicherung der Diagnose 
nicht, wie bei der Tsetsekrankheit diagnostisch verwendbar ist. 
Es gilt dies natürlich nur für den Nachweis körperlicher Elemente 
und nicht für den Nachweis der etwa von den Trypanosomen 
ausgeschiedenen Substanzen.] Daß man demnach die Diagnose 
Beschälseuche durch den Nachweis der Trypanosomen im Blute 
nicht sichern kann, ist um so bedauerlicher, als die klinische 
Diagnose im Einzelfalle außerodentlich schwer ist und manch¬ 
mal überhaupt nicht mit absoluter Sicherheit ausgesprochen 
werden kann, zumal eine Anzahl anderer Krankheiten differential- 
diagnostisch in Betracht kommen: Bläschenausschlag, Urticaria, 
Rotz, chronische Kreuzlähme; Lumbago in der Form wie sie 
hier in Ostpreußen auftritt; phlegmonöse Prozesse an der Scham 
mit Scheidenausfluß; chronischer Blasenkatarrh mit häufigem 
Urinabsatz und Abmagerung verbunden. 

Da die Geschlechtsorgane den Ausgangspunkt der Krank¬ 
heit bilden, untersuchten K. und N. auch den Vaginal- bzw. den 
Uterusschleim. Den vier genannten, schwerkranken Stuten 
wurden ungefähr je drei Tropfen des Sekretes entnommen und 
diese zwölf Tropfen sofort in erwärmtem sterilen Gefäß mit 3 ccm 
sterilen lauwarmen Wassers verrieben. Von dieser Verreibung 
wurden zwei weiße Mäuse gleich nach der Herrichtung des 
Materials mit 0,15 ccm subkutan geimpft. Zwei Mäuse wurden 


als Kontrolltiere in dasselbe Glas gesetzt. Die eine Impfmaus 
starb am zweiten Tage an einer Bakteriämie, die zweite zeigte am 
fünften Tage nach der Impfung Lähmungserscheinungen des 
Hinterteils. Sie war im übrigen munter, fraß gut, die Vorder¬ 
extremitäten wurden normal bewegt. Am Abend des fünften 
Tages verendete die Maus. Aus dem Herzblute wurden Aus¬ 
strichpräparate gemacht, die mit Metbylenblaulösung und nach 
Giemsa gefärbt wurden. Es fanden sich in ihnen zahlreiche 
Trypanosomen, die zwischen den Blutkörperchen lagen und 
kleiner und schmäler waren als die der Surrah- und Tsetse¬ 
krankheit; sie sind demnach wohl mit den von Schneider und 
Buffard gefundenen Trypanosomen, wie ähnlich beschrieben 
werden, zu identifizieren. Bei späteren Versuchen gelang es 
auch, direkt in frischen Ausstrichen aus dem Scheidenscbleim 
die Trypanosomen nachzuweisen. 

Aus äußeren Gründen wurden weitere Versuche von K. 
und N. nicht angestellt; mit der weiteren wissenschaftlichen 
Erforschung der Seuche sind das pathologische Institut und die 
interne Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Berlin und die 
Abteilung für Tierhygiene des Kaiser Wilhelm-Institutes in 
Bromberg beschäftigt. Den Trypanosomenfund haben FrÖhner 
und Mießner bereits bestätigt. Die von Kleinpaul und 
Neumann hergestellten Trypanosomen-Präparate wurden am 
1. November im Anschluß an die Sitzung des Vereins Ost¬ 
preußischer Tierärzte von K. demonstriert. 

Über die biologischen Verhältnisse des Trypanosoma 
equiperdum ist nichts Näheres bekannt. Interessant ist es, daß 
die Übertragung nicht durch den Stich eines Zwischenträgers, 
sondern durch den Geschlechtsakt erfolgt. 

Veterinärrat Lorenz .hat} gleichfalls mehrfach die Trypano¬ 
somen im Scheidenschleim nachweisen können. Sie fanden sich 
auch zahlreich vor, wenn man nur einen Objektträger in die 
Scheide einführte und an die Scheidenwand andrückte. 

Der Vorsitzende dankte den Referenten für ihre hoch¬ 
interessanten Ausführungen und gibt seiner Freude darüber 
Ausdruck, daß es zwei in der Praxis außerordentlich stark be¬ 
schäftigten Kreistierärzten gelungen sei, nicht nur die anscheinend 
schwierige klinische Diagnose der ihnen bisher völlig fremden 
Seuche sofort zu stellen, sondern daß sie auch auf bakterio¬ 
logischem Gebiete sich so hervorragend betätigt und die 
Trypanosomen bei der Beschälseuche einwandfrei nachgewiesen 
hätten. Hierdurch würde die Klarstellung der Ätiologie der 
Beschälseuche und ihres Verhältnisses zur Dourine erheblich 
gefördert oder auch ganz sichergestellt werden. 

Veterinärrat Michalik-Lötzen teilt noch auf Veranlassung 
des Vorsitzenden, zu dessen Kenntnis er den Fall bereits vor 
der Sitzung gebracht hat, mit, daß er am Tage zuvor einen 
Fall in der Praxis zu Gesicht bekommen habe, welcher den 
Verdacht erwecke, daß es sich um abgeheilte Beschälseuche 
handle und daß die Seuche schon 1907 im Kreise Lötzen ge¬ 
herrscht zu haben scheine.*) 

*) Dieser Verdacht hat sich bestätigt. Die inzwischen an¬ 
gestellten Ermittlungen und Untersuchungen haben folgendes er¬ 
geben: Eine im Oktober oder November 1906 aus Rußland ein¬ 
geführte Stute wurde am 25. Februar und später noch zweimal im 
Mai von ihrem Besitzer, einem Spediteur in Lötzen, einem Ge¬ 
nossenschaftshengst in Paprodtken (Kreis Lötzen) zugeführt, weil 
sie abmagerte und dauernd rossig war. Der Besitzer bezog die 
Abmagerung auf unbefriedigten Geschlechtsdrang, während beide 
Erscheinungen, Rossigsein und Abmagerung, Symptome der Beschäl- 





018 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Es wird nun in eine Besprechung der veterinärpolizeilichen 
Maßnahmen gegen die Seuche eingetreten. Der Vorsitzende 
führt aus, daß die erste praktische Erprobung der Bestimmungen 
der Bundesrats-Instruktion bezüglich der Beschälseuche ergeben 
habe, daß dieselben mangelhaft und nicht ausreichend seien. 
Insbesondere sei der § 112 der Abänderung in drei Punkten 
dringend bedürftig. 1. Da nach den Literaturangaben die 
Inkubationsdauer der Krankheit häufig bis 8 Monate betrage, 
sei eine Beobachtungsfrist von 6 Monaten nach der Begattung 
unzureichend und dieselbe müsse auf 9 Monate erhöht werden. 

2. Die Krankheitserscheinungen seien in vielen Fällen so gering¬ 
gradig, daß sie von den Besitzern übersehen oder nicht richtig 
gedeutet, auch wohl absichtlich verheimlicht werden könnten. 
Nach den Bestimmungen der Instruktion (§ 114) findet eine 
Untersuchung der verdächtigen Tiere durch den Tierarzt nur 
nach Ablauf der sechsmonatlichen Beobachtungsfrist statt. Er 
wird dann häufig nicht feststellen können, ob die betr. Pferde 
überhaupt nicht erkrankt oder durchgeseucht sind, und es 
werden manchmal Pferde zur Begattung freigelassen werden, 
die als durchgeseuchte für drei weitere Jahre von der Zucht 
ausgeschlossen werden müßten. Es erscheint bei der Art des 
Verlaufs der Krankheit vielmehr erforderlich, daß jedes Pferd, 
welches mit seuchekranken oder seucheverdächtigen in geschlecht¬ 
liche Berührung gekommen ist, sofort und dann regelmäßig in 
Zwischenräumen von 14 Tagen amtstierärztlich untersucht wird. 

3. Da einzelne Erscheinungen häufig schnell verschwinden (z. B 
die Talerflecke), ist es auch erforderlich, daß der Besitzer wie 
bei Rotz (§ 48 der Instruktion) von allen verdächtigen Er¬ 
scheinungen an den unter Beobachtung stehenden Tieren Anzeige 
zu erstatten hat, damit in diesen Fällen eine sofortige tier¬ 
ärztliche Untersuchung herbeigeführt Werden kann. 

Die Versammelten stimmen dem Vorsitzenden bei und halten 
eine Abänderung der Instruktion in diesen Punkten für er¬ 
forderlich. 

Eine längere Diskussion entsteht dann über den § 113. Die 
Bestimmung, daß bei größerer Ausdehnung der Seuche die Zu¬ 
lassung zur Begattung „allgemein von einer vorgäugigen Unter¬ 
krankheit waren. Die Stute infizierte den Hengst mit Beschälseuche. 
Der Hengst deckte 1907 im ganzen 23 Stuten im Lötzener Kreise, 
von denen drei anscheinend an Beschälseuche eingegangen sind 
und drei die Seuche Überstunden haben. Er ist im vorigen Jahre 
nach Kruglanken (Kreis Angerburg) verkauft worden und hat in 
diesem Jahre noch einige 20 Stuten gedeckt, von denen mehrere 
mit Beschälseuche behaftet sind. Der Hengst soll bis vor "wenigen 
Wochen, abgesehen vom dürftigen Nährzustand, keine Krankheits¬ 
erscheinungen gezeigt haben. Zurzeit hat er Schwellung der Hoden 
und des Schlauches sowie des Unterbauches, weiße Flecke am 
Scrotum und Schlauch, Schwäche in der Nachhand. Von diesem 
Hengste im Lötzener Kreise gedeckte Stuten haben einen Genossen¬ 
schaftshengst in Dombrowken (Kreis Johannisburg) infiziert, der 
seit November 1907 Erscheinungen der Beschälseuche gezeigt hat 
und im August d. J. eingegangen ist. Der Hengst hat eine größere 
Anzahl von Stuten in den Kreisen Lötzen, Sensburg und Johannis¬ 
burg gedeckt. Es muß angenommen werden, daß von hier infizierte 
Stuten direkt oder indirekt durch Vermittlung eines weiteren 
Hengstes die Ansteckung der Königlichen Beschäler in Baitkowen 
bewirkt haben. Die Ermittlungen nach dieser Richtung sind noch 
nicht abgeschlossen. — Die Einschleppung der Seuche aus Rußland 
ist demnach erwiesen und cs ist anzunehmen, daß es sich nicht 
um zwei verschiedene Fälle der Einschleppung handelt, sondern 
daß die ganze Verseuchung von der russischen Stute von Lötzen 
aus im Frühjahr 1907 ihren Ausgang genommen hat. 


Buchung durch den beamteten Tierarzt abhängig gemacht werden“ 
kann, ist unklar in der Fassung und der verschiedensten Aus¬ 
legung fähig. Es wäre eine Bestimmung darüber erforderlich, 
wie oft und in welcher Weise diese Untersuchungen ausgeführt 
werden sollten. Wünschenswert wäre eine Fassung, daß die 
Zulassung zur Begattung von der Beibringung eines amtstier¬ 
ärztlichen Gesundheitsattestes abhängig zu machen sei mit einer 
Gültigkeitsdauer von 4 Wochen für Stuten und 14 Tagen für 
Hengste. 

Mangelhaft ist auch der § 116. Es ist erforderlich, daß 
auch bezüglich derjenigen Pferde, welche auf 3 Jahre von der 
weiteren Begattung ausgeschlossen werden, eine KontroUe über 
ihren Verbleib ausgeübt wird. Es muß hier ein Zusatz gemacht 
werden, daß ein Wechsel des Standortes nur mit Genehmigung 
der Polizeibehörde erfolgen darf. 

Der Vorsitzende bespricht dann noch kurz die Maßregeln 
der aus Anlaß des Seuchenausbruches erlassenen landespolizei¬ 
lichen Anordnung, welche die Bildung eines Beobachtungsgebietes 
vorschreibt, welches das verseuchte Gebiet und seine Umgebung 
umfaßt. 

Darauf werden von den beiden Referenten an zwei Mikro¬ 
skopen eine Reihe von Trypanosom'en-Präparaten demonstriert, 
die teils aus dem Scheidensekret kranker Stuten, teils aus dem 
Blute geimpfter Mäuse hergestellt sind. 

Zum 2. Punkte der Tagesordnung erhält hierauf Kreis¬ 
tierarzt Migge-Osterode das Wort. Er bespricht die Ab¬ 
änderungen, welche die neue landespolizeiliche Anordnung betr. 
die Influenza der Pferde gegenüber der seit zehn Jahren in 
Ostpreußen in Kraft befindlichen aufweist. Die Verlängerung 
der Frist zwischen Abheilung des letzten Falles und Unver¬ 
dächtigkeitserklärung von 4 Wochen auf 5 Wochen hält Referent 
für unnötig, da 4 Wochen völlig ausreichend gewesen seien. 
Die übrigen Abänderungen seien zu begrüßen, insbesondere die 
Vorschriften über Düngerabfuhr und Düngerbehandlung und über 
die Anordnung der Desinfektion durch den beamteten Tierarzt. 
— Dagegen sei die gemeinfaßliche Belehrung in einigen Punkten 
nicht ganz zutreffend. Das Inkubationsstadium sei auf bis 
8 Tage angegeben; es vergehen aber oft 14 Tage, bis sich die 
ersten Krankheitserscheinungen zeigen. Auf die leicht ver¬ 
laufenden Seuchengänge sei nicht scharf genug hingewiesen und 
gerade bei diesen würde der Anzeigepflicht häufig nicht genügt, 
weil die Erscheinungen nicht für die der Influenza gehalten 
würden. 

In der anschließenden Diskussion wird von mehreren Herren 
die gemeinfaßliche Belehrung dahin kritisiert, daß sie eine Ver¬ 
quickung von gemeinfaßlicher Belehrung und Anweisung für 
den Sachverständigen sei, als erstere gebe sie zu viel, da 
manches von ihrem Inhalt gar nicht für den Laien verständlich 
sei, für den Sachverständigen sei sie wieder als Anweisung 
nicht erschöpfend genug. 

Es wird dann zu Punkt 3 der Tagesordnung übergegangen 
und es werden folgende Punkte besprochen: Veröffentlichung 
der Seuchenausbrüche durch das offizielle Organ der Landwirt¬ 
schaftskammer; Formulare für die Abschätzung; Formen des 
schriftlichen Verkehrs. 

Mit einem Dank an die Herren Referenten schließt der 
Vorsitzende um IIV 2 Uhr die Versammlung. 

Am folgenden Morgen früh um 7 Uhr fuhren die Teilnehmer 
in 7 Wagen bei —18° C in die Schneelandschaft hinaus in das 




10. Dezember 1908._BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


919 


Beschälseuchegebiet. Die Fahrt war bei wundervollem Rauhreif, 
vollkommener Windstille und Sonnenschein eine köstliche und 
lieferte nach der wissenschaftlichen Seite reiche Ausbeute. Es 
wurden in einer Reihe von Ortschaften eine größere Anzahl 
von kranken Stuten und 2 kranke Hengste besichtigt. Die 
Teilnehmer hatten Gelegenheit, sämtliche Krankheitsformen des 
chronischen Stadiums vom leichtesten bis zum schwersten Falle 
und sämtliche Symptome kennen zu lernen — bis auf die 
Talerflecke, welche bei keinem der Pferde vorhanden waren, 
während fast alle der vorgestellten sie gehabt, 3 sogar noch 
einige Tage vor der Besichtigung gezeigt hatten. 

Von einzelnen der kranken Pferde wurden von Herrn 
Kollegen Schulze, Grenztierarzt-Assistenten in Prostken, 
einige wohlgelungene photographische Aufnahmen gemacht. 

Fig. 1 zeigt eine braune Stute mit charakteristischer 
Weißfärbung der Scham und des Afters, sowie Schwellung der 
Scham. 

Fig. 2 stellt einen Hengst mit starker Schwellung des 
Hodensackes und Penislähmung, 

Fig. 3 einen anderen Hengst mit starker Schwellung des 
Hodens und Hodensackes dar. 

In allen 3 Abbildungen sind auch deutlich Abmagerungs¬ 
erscheinungen wahrzunehmen: Schwund der Muskulatur, starkes 
Hervortreten der Rippen und der Beckenknochen. 

Nach der schönen und lehrreichen Fahrt vereinigte ein 
gemeinsames Mittagsmahl im Hotel Kronprinz in Lyck die 
Teilnehmer für einige fröhliche Stunden. 

Gemeinfaßliche Belehrung über die als Influenza 
der Pferde b©zeichneten Krankheiten. 

Der Begriff der Pferdeinfluenza umfaßt zwei ihrem Wesen nach 
verschiedene seuchenhafte Krankheiten der Pferde. Die eine dieser 
Krankheiten ist eine ansteckende Lungenbrustfellentzündung und 
wird daher als Brustseuche bezeichnet. Die andere ist durch 
hochfieberhafte Allgemeinerkrankung, durch Schwellungen der Haut 
und Augenschleimhaut sowie durch Entzündung der Magen- und 
Darmschleimhaut gekennzeichnet. Diese Krankheit wird als 
Pferdestaupe oder Rotlaufseuche oder als Influenza im 
engeren Sinne bezeichnet. Zuweilen erkrankt ein und dasselbe 
Pferd gleichzeitig an Brustseuche und an Pferdestaupe. 

I. Die Brustseuche. 

Wesen. Die Brustseuche ist eine ansteckende Entzündung 
der Lunge und des Brustfells. Der Ansteckungsstoff ist zur¬ 
zeit noch nicht sicher bekannt. Auch die Art und Weise dor An¬ 
steckung steht noch nicht fest. Vermutlich wird der Ansteckungs¬ 
stoff durch die Atmungsluft und die Ausscheidungen, außerdem aber 
auch durch Zwischenträger (Dünger, Streu, Personen usw.) von den 
kranken Pferden auf gesunde übertragen. Die Seuche tritt namentlich 
in den größeren Pferdebeständen der Städte auf und zeigt gewöhnlich 
im Winter eine größere Verbreitung als im Sommer. Erkältungen, 
Überanstrengungen, Transporte erhöhen die Empfänglichkeit der 
Pferde für die Erkrankung. 

Das einmalige Überstehen der Brustseuche schützt die meisten 
Pferde gegen wiederholte Erkrankung. Die durchgeseuchten Pferde 
können jedoch noch viele Wochen nach der Genesung den An¬ 
steckungsstoff auf gesunde Pferde übertragen. 

Nach der Aufnahme des Ansteckungsstoffs werden die Er¬ 
scheinungen der Brustseuche nicht sofort sichtbar. Zwischen dem 
Eindringen des Ansteckungsstoffs in den Körper und dem Auftreten 
der ersten offensichtlichen Krankheitserscheinungen liegt vielmehr 
eine verschieden lange sogenannte Inkubationszeit, die vielfach fünf 
bis zehn Tage beträgt. 

Merkmale an den lebenden Tieren. Die ersten Er¬ 
scheinungen der Brustseuche sind gelbrote Färbung der sichtbaren 
Schleimhäute (Augenbindehaut, Maulschleimhaut), verminderte 


oder aufgehobene Freßlust, Verstopfung, Mattigkeit und 
in schweren Fällen Schwanken der Nachhand. Außerdem besteht 
Fieber; die Mastdarmtemperatur steigt auf 40—41°. 

Sehr bald, schon in den ersten Tagen, tritt das Krankheitsbild 
der Lungenentzündung hinzu. Diese gibt sich zu erkennen 
durch matten Husten, Beschleunigung und Erschwerung der Atmung, 
rostfarbigen oder bernsteingelben Nasenausfluß, der zuweilen 
auch ausbleibt, und durch besondere, beim Beklopfen und Be¬ 
horchen der Brustwandungen in den unteren Partien nachweis¬ 
bare Veränderungen (Dämpfung, Trommelton, Unterdrückung der 
Atemgeräusche, Rasselgeräusche usw.). 

Das Hinzukommen einer Brustfellentzündung wird durch 
Schmerzhaftigkeit der Brustwand (Stöhnen beim Betasten und bei 
der Bewegung), durch starke Atembeschwerde und durch besondere, 
beim Beklopfen und Behorchen feststellbare Veränderungen 
(horizontal verlaufende Dämpfung, Reibungsgeräusche) dargetan. 

Verlauf. Die Krankheit erreicht bei regelmäßigem Verlauf 
am fünften oder sechsten Tage ihren Höhepunkt. Von da ab sinkt 
die Fiebcrtemporatur raBch, der Appetit stellt sich wieder ein, die 
Munterkeit kehrt zurück, die Harnabsonderung ist auffallend reich¬ 
lich, und die Dämpfungen hellen sich auf; nach etwa einer Woche 
sind die meisten Krankheitserscheinungen verschwunden. Bis zur 
vollständigen Genesung vergehen jedoch, auch wenn die Krankheit 
in dieser milden Weise verläuft, mehrere Wochen. 

Zeitweise nimmt die Krankheit einen sehr schweren Verlauf, 
namentlich bei schwächlichen Pferden und solchen Tieren, die, ob¬ 
wohl bereits erkrankt, noch zur Arbeit verwendet werden. Es 
treten in diesen Fällen gefährliche Nebenerscheinungen auf, 
die häufig zum Tode führen: Herzschwäche und Herzlähmung 
(80 bis 120 schwache Pulse, Herzklopfen), Lungenbrand (übler 
Genich der ausgeatmeten Luft, Lungenblutung), Darmentzündung 
(Kolik, Durchfall), Gehirnentzündung (Krampfanfälle, Lähmung), 
Nierenentzündung (Eiweißharnen, Blutharnen). Andere Neben¬ 
erscheinungen undNachkrankheiten sind: Sehnenscheidenentzündung 
(Lahmheit), innere Augenentzündung (Lichtscheue, flockige Ge¬ 
rinnsel in der vorderen. Augenkammer), Kehlkopfpfeifen, Lungen- 
und Herzdämpfigkeit, Krenzschwäche, Schweiflähmung, Blasen¬ 
lähmung, Mastdarmlähraung, Lähmung der Rute. 

In besonders milden Seuchengängen kommt endlich ein sog. 
abgekürzter Verlauf der Brustseuche vor; die Krankheitsdauer be¬ 
trägt dann nur einige Tage. 

In den einzelnen Pferdebeständen verläuft die Krankheit ver¬ 
schieden. Häufig erkranken innerhalb 8—14 Tagen alle empfäng¬ 
lichen Pferde des Stalles, so daß die Seuche nach etwa sechs 
Wochen vollständig wieder erloschen ist. In anderen Fällen ist die 
Verbreitung unregelmäßig und sprunghaft; der Seuchengang kann 
dann in einem größeren Pferdebestande mehrere Monate andauern. 

Die Häufigkeit der Todesfälle bei der Brustseuche wechselt, 
jedenfalls ist sie aber viel höher als bei der Pferdestaupe (Rotlauf¬ 
seuche, Influenza im engeren Sinne); sie beträgt im Durchschnitt 
4—15 Proz. 

Merkmale an den toten Tieren. Die Entzündung der 
Lunge erstreckt sich in der Regel auf die mittleren, unteren und 
die in der Nähe der Lungenwurzel gelegenen Teile. Die Ausbreitung 
der Entzündung ist verschieden; bald sind größere Abschnitte der 
Lungen, bald kleinere Herde in Form von Knoten erkrankt. Auch 
der Grad der Lungenentzündung zeigt Abweichungen. Im all¬ 
gemeinen weist die Lungenentzündung einen blutigen Charakter 
auf, der häufig zu einem Absterben der betreffenden Lungenteile 
führt. In den leichten. Graden sind die entzündeten Lungenteile 
braunrot, luftleer, auf dem Durchschnitt glatt und glänzend, anfangs 
feucht, später trockener und derb anzufühlen. In den schweren 
Graden sind sie schwarzrot (Blutungen), auf dem Durchschnitt 
körnig und derb anzufühlen. Die abgestorbenen Lungenherde sind 
graugelblich; aus den abgestorbenen Herden können sich brandige 
Höhlen oder Eiterherde in der Lunge entwickeln. 

Die Entzündung des Brustfells äußert sich in Rötung und 
Trübung, in der Auflagerung gelblicher, geronnener, abziehbarer 
Massen und in der Ansammlung einer meist trüben, rotgelben oder 
schmutzig graugrünen, mit Flocken vermischten Flüssigkeit im 
freien Raume der Brusthöhle (bis zu 30 Liter und darüber). 







920 


Außerdem findet man entzündliche Veränderungen an der Nasen-, 
Kehlkopf- und Luftröhrenschleimhaut, sowie Veränderungen am 
Herzen, an der Leber, an der Milz und an den Nieren. 

Wenn in einem Pferdebestande zwei oder mehr Pferde gleich¬ 
zeitig oder bald hintereinander unter den beschriebenen Erscheinungen 
erkranken, wenn mithin ein ansteckender Charakter der Lungen¬ 
entzündung dargetan ist, muß angenommen werden, daß die 
Brustseuche ausgebrochen ist. Boi vereinzelten Fällen von 
Lungenentzündung ist namentlich dann anzunehmon, daß Brust¬ 
seuche vorliegt, wenn sie mit Gelbfärbung der Schleimhäute, rost¬ 
farbigem Nasenausfluß und schweren Allgemeinerscheinungen (hohes 
Fieber, Schwanken) verlaufen und andere Ursachen der Lungen¬ 
entzündung sich nicht nachweisen lassen. Die nicht unter den 
Begriff der Brustseuche fallenden, nicht ansteckenden, durch andere 
Ursachen bedingten Lungenentzündungen entstehen nach dem Ein¬ 
dringen von Fremdkörpern in die Lunge (Eingüsse bei Kolik, Ver¬ 
schlucken bei Halsentzündung und Gehirnentzündung), nach äußeren 
Verletzungen und Quetschungen der Brustwand, nach längerem 
Hochbinden und anhaltendem Liegen der Pferde, nach Erkältungen, 
dnreh Einatmung von Rauch sowie im Verlaufe der Blutvergiftung 
im Anschluß an eitrige Entzündungen und verunreinigte Wunden. 

Der Verdacht der Brnstseuche liegt schon bei jedem Pferde 
vor, das ohne nachweisbare äußere Veranlassung (Eindringen von 
Fremdkörpern, Hochbinden, Verletzungen, Erkältung, Raucheinatmung, 
Blutvergiftung) auch nur einige der nachstehend aufgeführten 
Krankheitserscheinungen zeigt: Husten, Fieber, Mattigkeit oder 
Schwanken, gelbrote Färbung der Schleimhäute, rostfarbigen Nasen¬ 
ausfluß, beschleunigtes und erschwertes Atmen, Dämpfung und 
unterdrücktes Atemgeräusch in der Lunge. 

Von dem Ausbruch der Brustseuche und dem Brustseuche¬ 
verdacht ist der zuständigen Behörde sofort Anzeige zu erstatten. 
Bis zu behördlichem Einschreiten empfiehlt eB sich, die kranken 
und verdächtigen Pferde unverzüglich abzusondem, mit Arbeit zu 
verschonen und alsbald einen Tierarzt zu Rate zu ziehen. 

2. Pferdestaupe (Rotlaufseuche, Influenza im engeren Sinne). 

Wesen. Die Pferdestaupe (Rotlaufseuche) ist eine außer¬ 
ordentlich leicht übertragbare, hochfieberhafte Krank¬ 
heit, die mit entzündlichen Schwellungen der Haut und der Augen¬ 
schleimhaut verläuft. Eine Lungenentzündung besteht bei der 
Pferdestaupe meist nicht. Ihre Ansteckungsfähigkeit übertrifft die 
aller übrigen Pferdeseuchen. Sie verbreitet sich daher gewöhnlich 
in ganz kurzer Zeit über große Bestände. Der Ansteckungsstoff 
ist nicht bekannt; er wird von den kranken Pferden auf die ge¬ 
sunden wahrscheinlich durch die Atmungslust übertragen. Das 
einmalige Überstehen der Pferdestaupe schützt viele Pferde gegen 
eine nochmalige Erkrankung. Die durchgeseuchten Pferde können 
jedoch den Ansteckungsstoff noch Monate nach ihrer Genesung auf 
gesunde Pferde übertragen. Zwischen der Aufnahme des Ansteckungs¬ 
stoffs und dem Auftreten der ersten sichtbaren Krankheits¬ 
erscheinungen liegt gewöhnlich ein Zeitraum von vier bis sieben 
Tagen. 

Merkmale an den lebenden Tieren. Die Tiere zeigen 
plötzlich große Mattigkeit, aufgehobene Freßlust und sehr hohes 


No. 50. 

Fieber (40 bis 42° und darüber); die Krankheit kann schon im 
Verlaufe des ersten Tages ihren Höhepunkt erreichen. Gleichzeitig 
werden die Pferde von schwerer Benommenheit des Kopfes 
und Schlafsucht befallen, so daß häufig der Verdacht auf Ge¬ 
hirnerkrankung entsteht; außerdem besteht auffallende Muskel¬ 
schwäche, die sich in Zittern, Schwanken und Taumeln äußert. 
Kennzeichnende Erscheinungen sind ferner schnell auf tretende und 
oft ebenso schnell wieder verschwindende Schwellungen der Haut 
und Unterhaut an den Beinen, an der Unterbrust, am Unterbauch 
und Schlauche, Schwellung der Augenlider, sowie glasige, wulstige 
Schwellung der Augenbindehäute mit Lichtscheue und Tränen¬ 
fluß. Sehr häufig besteht ferner Verstopfung, wobei die spärlich 
abgesetzten harten und kleinen Kotballen mit schleimigen Massen 
überzogen sind; in anderen Fällen beobachtet man Durchfall 
und Kolikerscheinungen. Manchmal stellen sich auch wässeriger 
oder schleimiger Nasenausfluß, Husten und leichte Schwellung der 
Kehlgangslymphdrüsen ein. Viele Pferde zeigen außerdem eine 
auffallend rasche Abmagerung. 

Verlauf. Die Pferdestaupe verläuft in der Regel gutartig. 
Die überwiegende Mehrzahl der Pferde ist nach einer Woche wieder 
fieberfrei und nach ein bis zwei weiteren Wochen wieder gesund. 
Nur in einer geringen Anzahl von Fällen, bei ausnahmsweise 
schwerem Seuchenvcrlaufe sowie dann, wenn die noch nicht ganz 
genesenen Pferde zu früh wdeder zur Arbeit verwendet werden, 
treten gefährliche, unter Umständen tödliche Nebenerkrankungen, 
wie Lungenentzündung, Herzschwäche, Magen-, Darmentzündung und 
Gehirnentzündung hinzu. 

Merkmale an den toten Tieren. Bei der Eröffnung der an 
Pferdestaupe gestorbenen Tiere findet man außer den Veränderungen 
der Haut und Unterhaut im Bereiche der Beine durch Entzündung 
bedingte Schwellungen der Schleimhaut des Magens und Darmes, 
der Kehlkopfschleimhaut, der Augenbindehaut von sulziger oder 
glasiger Beschaffenheit, Schwellung der benachbarten Lymphdrüsen, 
Vergrößerung der Milz, sowie trübe Schwellung der Leber, der 
Nieren und des Herzmuskels. 

Wenn in einem Pferdebestande zweT~bder mehr Pferde gleich¬ 
zeitig oder rasch hintereinander unter den beschriebenen Er¬ 
scheinungen erkranken, ist anzunehmen, daß die Pferdestaupe aus¬ 
gebrochen ist Bei vereinzelten Krankheitsfällen ist das Vor¬ 
handensein der Pferdestaupe namentlich dann anzunehmen, wenn 
ein Pferd sehr hohes Fieber, starke Benommenheit und Mattigkeit 
sowie Schwellungen der Haut und Augenschleimhaut zeigt. 

Der Pferdestaupe verdächtig sind alle Pferde, die auch nur 
einige der nachstehenden Krankheitserscbeinungen zeigen: sehr 
hohes Fieber, starke Benommenheit, glasige Schwellung der Augen¬ 
schleimhaut, Schwellungen der Haut an den Beinen, an der Brust 
oder am Bauche. 

Von dem Ausbruche der Pferdestaupe (Rotlaufseuche) und dem 
Verdachte dieser Krankheit ist der zuständigen Behörde sofort 
Anzeige zu erstatten. Bis zu behördlichem Einschreiten empfiehlt 
es sich, die kranken und verdächtigen Tiere im Stalle zu belassen 
und alsbald einen Tierarzt zu Rate zu ziehen. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen dem Oberstabsveterinär 
Karl Was8er8leben beim Feldart.-Regt. Nr. 10 der Rote Adlerorden 
vierter Klasse. 

Ernennungen: Tierarzt Dierick , Repetitor an der chirurgischen 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in Hannover wurde mit den 
kreistierärztlichen Geschäften in Neuerburg beauftragt. — Versetzt: 
Kreistierarzt Kranx von Neuerburg nach Mayen; Oberamtstierarzt 
Honeker von Maulbronn nach Freudenstadt (Wtirtt.). 

Niederlassungen: Die Tierärzte Belmar Dun aus Frankfurt a. M. 
in Aschaffenburg, Michael Heckmann aus München in Wörth [Isar] 
(Niederbayern). — Verzogen: Tierarzt Rudolf Klaiber- Augsburg 
als Assistent nach Sonthofen (Algäu). 


Examina: Das Examen als beamteter Tierarzt haben be¬ 
standen: in Berlin: die Tierärzte Franz Balxer aus Rheydt, Emil 
Huber aus Diersburg, Lothar Stephan aus Krempa; in Sachsen: 
Tierarzt A. Hengst- Blasewitz bei Dresden. — Approbiert: die 
Herren Walter Bergien aus Tiergart, August Jarnsen aus Vechta, 
Nikolai Jadin aus Joensum (Finnland), Waino Rantanen aus Abo 
(Finnland). 

Todesfall: Städtischer Tierarzt Georg Hüfner in München. 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 49.) 

Kaiser Wilhelms-Institut für Landwirtschaft ln Bromberg: Wissenscb. 
Hilfsarbeiter für die Abteilung ftlr Tierhygiene zum 1. Januar 1909. 
Gehalt 1800 M- Bewerb, a. d. Vorsteher der Abteilung. 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmalts in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung ron Richard 8ohoetx in Berlin. — 

Druck ron W. BOxenstein, Berlin. 




Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift" eraehelnt 
wöchentlich im Verlage von Richard Sohoetx ln 
Berlin 8W. 48, Wilhelmatr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— Vierteljahr* 
lieh (M. 4,88 fllr die Wochenschrift, 18 P£ für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeitungs* 

Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.) 

Tierärztliche Wochenschrift 


Berliner 


Originalbeitrftge werden mit 60 Mk., In Petltaata mit 
00 Mk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Scbmaltz, Berlin, Tierlrat* 
liehe Hochschale. NW., LuisenstraSe 56. Korrekturen, 
RezensionS'Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothes 

Hamburg. Departements*T. in Cöln. 

Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Sohlegel 

Professor in Dresden. Professor in Freiburg. 

Helfer 

Schlachth.-Direktor In Mülbamen 


Verantwortlicher Redakteur. 

Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat PreuBe Dr. Richter 

Staatstierarzt für Hamburg. Departements*T. in Bromberg. Departements*T. In Danzig. Professor in Dresden. 

Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte Zfindel 

Professor in Dresden. Landestierarzt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistlerarst in Mülhausen L E. 

Dr. H. Sieber Dr. Stüdter Dr. Zimmermann 

LE. am Tropeninstitut In Hamburg. Stadt-Tierarzt in Hamburg. Dozent in Budapest « 


Jahrgang 190S. J|£ 51 . Ausgegeben am 17. Dezember. 

Inhalt: Kaiser: Beiträge zum Kälbersterben. — Nissen: EFn Beitrag zur Impfung gegen den Rauschbrand nach 0. Thomas. — 
Pekaf: Zum „eigenartigen Fall von Erkrankung des Bewegungszentrums (?)“. — Referate: Cadeäc: Über die 
Oateo-Arthriten. — Guhrauer: Pansenlähmung infolge reichlicher Aufnahme von Sand. — Stenose des Ostium pulmonale bei 
einer Kuh. — Orth und Rabinowitsch: über Resorption körperlicher Elemente im Darm, mit besonderer Berücksichtigung 
der Tuberkelbazillen. — Broll: Zum Wachstum der ovoiden Bakterien in Form von längeren Stäbchen und Fäden. — Tages¬ 
geschichte: Braunschweigisches Tierärztekammer-Gesetz. — Schmaltz: Zur Besoldung der Kreistierärzte. — Die Gehälter der 
badischen Bezirkstierärzte. — Kunze: Ein Wort zur Besetzung amtlichor Stellen. — Verschiedenes. — 60. ordentliche General¬ 
versammlung des tierärztlichen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. — Staatsveterinärwesen: Jahresbericht über die 
Verbreitung der Tierseuchen im Deutschen Reiche 1907. — Verschiedenes. — Nahrungsmittelkontrolle, Fleischbeschau und Vieh¬ 
handel. — Verschiedenes. — Personalien. — Vakanzen. 


Beiträge zum Kälbersterben. 

Ein neues Schutz- und Heilserum gegen die septische Pneumonie. 

Von Tierarzt Felix Kaioer-Seehausen (Altm.) 

Die enormen Schäden, die unsere Landwirtschaft durch das 
massenhafte Hinsterben jüngerer und älterer Kälber nicht nur 
in beschränkten Gebieten, sondern im ganzen Reiche tagtäglich 
erfährt, haben von jeher mein Interesse erregt und mich seit 
Jahren schon veranlaßt, durch Experimente mannigfachster Art, 
diesen früher allgemein Kälbersterben genannten Krankheiten 
wirksam entgegenzutreten zu versuchen. Seit fünfzehn Jahren 
wohne ich in einem intensiven Zuchtgebiet, stehe mit vielen 
Züchtern in andauernder Fühlung und pflege mit letzteren bei 
scharfer Beobachtung einen regen Meinungsaustausch. Zwei 
Krankheiten sind es hauptsächlich, die den jungen Nachwuchs 
gefährden, einmal die Ruhr und dann die septische Pneumonie 
der Kälber. 

Die Ruhr (ätiologisches Moment: Kolibakterien) befällt die 
jungen Kälber in der Regel in den ersten Lebensstunden bzw. 
Tagen, ist eine Stallseuche und hat ansteckenden Charakter. 

Im Stalle geborene und hier anfwachsende Kälber erkranken 
viel häufiger an Ruhr als im Freien geborene und im Freien 
aufwachsende Tiere. Kälber, die an der Mutter saugen, 
erkranken seltener als sogenannte gewässerte Tiere, auch wenn 
die genossene Milch vorher pasteurisiert war. 

Die gewöhnlichste Eintrittspforte für die Kolibakterien ist 
meiner Erfahrung nach der Digestionsschlanch. 

Der Infektion durch den Nabel und der deshalb geforderten 
Nabelpflege der jungen eben geborenen Tiere wird eine über¬ 
große Bedeutung beigemessen. 

Die wichtigsten Faktoren für die wirksame Bekämpfung 
der Kälberruhr sind: Licht, Luft, freie Bewegung und rohe 
Kolostralmilch. 

In der Mehrzahl der Fälle komme ich mit diesen biologischen 
Forderungen aus. Hunderte und Aberhnnderte von Fällen habe 


| ich lediglich nach dieser Methode wirksam bekämpft, und zwar 
' verfahre ich dabei folgendermaßen: Die hochtragenden Kühe 
lasse ich einige Tage oder Wochen vor dem Kalben aus dem 
infizierten Stalle entfernen. Wo eine Koppel zur Verfügung 
steht, lasse ich die Muttertiere ins Freie bringen, auch im Winter. 
Sogar höhere Kältegrade werden von den Neugeborenen gut 
vertragen. Ein Schilf- oder Bretterschnppen oder ein dichtes 
Gebüsch oder eine Hecke gewähren Muttertier wie Säugling 
hinreichenden Schutz vor etwaigen starken Winden, Schnee- 
und Regenschauern. Steht keine Koppel zu Gebote, so werden 
die tragenden, kalben sollenden Kühe in eine leere Scheune 
oder auf eine Scheunendiele gebracht und am besten frei umher¬ 
laufen gelassen. 

Eine Nabelpflege der frisch geborenen Kälber wird nicht 
eingeleitet. 

Das Junge verbleibt mindestens 8 Tage bei der Mutter, 
eventuell können zwei Kälber einer Mutter gegeben werden. 
Eine etwaige intrauterine Infektion des Fötus mit Kolibazillen 
wird von den in der Kolostralmilch befindlichen Antikörpern 
in der Mehrzahl der Fälle wirksam bekämpft. 

Steht weder eine Koppel noch eine Scheune zur Verfügung, 
so ist unter allen Umständen zu fordern, den Kälbern Gelegen¬ 
heit zu geben, die Kolostralmilch der Mütter in rohem Zustande 
zu genießen; am besten geschieht dies durch Säugenlassen an 
der Mutter. 

Die Kolostralmilch fördert infolge ihrer leicht abführenden 
Wirkung den rechtzeitigen Abgang des Mekoninms, in dem die 
Darmbakterien die günstigsten Lebensbedingnngen finden. 

Tritt trotz dieser hygienischen Maßnahmen eine sichtbare 
Erkrankung des Darmes (Ruhr) auf, so greife ich zu den 
Darmadstringentien; die polyvalenten Sera haben mich infolge 
ihrer inkonstanten Wirkung nicht befriedigt. Gleiche Erfahrungen 
! haben auoh andere Kollegen gemacht. 








022 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Von den vielen, die Kälberkranklieiten wirksam bekämpfen 
sollenden älteren und neueren Mitteln ist wohl keines von mir 
unversucht geblieben. Die Thüringer Pillen, jetzt Thürpil ge¬ 
nannt, deren Ruhr bekämpfende Eigenschaft der Fabrikant mit 
schwungvoller Reklame täglich in landwirtschaftlichen und tier¬ 
ärztlichen Blättern anpreist, sind von mir seit langem als 
wirkungslos beiseite getan. Ebenso erging es dem Vitnlosol 
und vielen anderen Mitteln, wohin gegen andere Darmadstrin- 
gentien mit gutem Erfolg verwertet wurden. Ein besonderes 
Verdienst gebührt in dieser Beziehung dem Ben gen sehen 
Salicyltannin-Albuminat, das mit Recht als exzellentes Mittel 
gepriesen wird und als zurzeit bestes Antidiarrhöikum in 
Tausenden von Dosen von mir zur Anwendung kommt. Die 
septische Pneumonie befällt die Kälber in der Regel nicht in 
den ersten Lebenstagen, sondern erst, nachdem sie einige Wochen 
alt geworden sind, oft erst nach 4-8 Wochen; ich habe sie 
auch schon bei halbjährigen Rindern beobachtet, ja sogar bei 
erwachsenen Rindern Erscheinungen gesehen, die dem Bilde der 
septischen Pneumonie der Kälber vollkommen analog waren. 

Es gibt eine akute und eine chronische Form dieser Pneumonie. 

Die akute Form verläuft innerhalb eines bis weniger Tage 
tödlich oder geht in die chronische Form über, welche letztere 
ein Siechtum von verschieden langer Dauer zur Folge hat und 
schließlich letal endet. 

Eine sorgfältig beobehtete biologische Haltung gibt auch 
in diesem Falle mit eine vorzügliche Prophylaxe ab; jedenfalls 
hat die Art der Haltung der Muttertiere wie des jungen Nach¬ 
wuchses auf den eventuellen Ausbruch und Verlauf der septischen 
Pneumonie einen ganz gewaltigen Einfluß. Damit soll aber 
andrerseits nicht gesagt sein, daß die Krankheit sicher durch 
eine entsprechende Hygiene vermieden werden kann. Ich habe 
z. B. sogar den Ausbruch der septischen Pneumonie auf der 
Weide konstatieren können. 

Während wir neue wirksame Arzneimittel zur Bekämpfung 
der Kälberrnhr besitzen, habe ich bezüglich der septischen 
Pneumonie der Kälber jede medikamentöse Behandlung als 
zwecklos eingesehen und seit Entdeckung der verschiedenen 
polyvalenten Sera diese in großen Mengen teils selbst verimpft, 
teils nach von mir gegebener Anweisung von den Besitzern ver- 
impfen lassen. 

Zweifellos sind mit der Verimpfung dieser Sera Erfolge 
erzielt worden; in meiner Gegend waren jedoch diese Erfolge 
sehr ungleich und befriedigten mich nicht. Auf manchen 
Gütern habe ich sogar nach voraufgegangener Einsendung von 
Kadavern an die betreffenden Institute (um somit den eventuellen 
Einwand der Polyvalenz auszuschließen) und dann folgender 
umfangreichster Schutz- und Heilimpfungen das Ausbleiben jed¬ 
weder positiven Wirkung konstatieren müssen. 

Auf Grund meiner vielfachen Beobachtungen und Erfahrungen 
konstruierte ich mir eine neue Theorie zur Herstellung eines 
Serums zur Bekämpfung der Kälberpneumonie; und Material bot 
sich mir denn auch in Hülle und Fülle, um die zunächst noch 
graue Theorie in der Praxis zu erproben. 

In folgendem will ich eine Reihe von Versuchsergebnissen 
mit teilen, die mit dem von mir neu hergestellten Serum erzielt 
wurden und den Herren Kollegen anheimstellen, sich an der 
Hand der einfach geschilderten Tatsachen ein Urteil zu bilden 
und weitere Versuche mit meinem Serum vorzunehmen, 


Wenn ich auch jetzt nur mit einer vorläufigen kurzen 
Mitteilung eines Teiles meiner Versuche und Erfolge an die 
Öffentlichkeit trete, so bemerke ich hiermit aber ausdrücklich: 

1. Meine Versuche umfassen eine Zeit von 2 l j. 2 Jahren, 
sind an einem immerhin umfangreichen Material vorgenommen 
und daher als abgeschlossen zu betrachten. 

2. Die betreffenden Bestände sind zum weitaus größten 
Teile von mir untersucht, die Diagnose ist mithin einwandfrei 
und durch zahlreiche Sektionen gesichert. Die Impfungen 
dagegen sind zum Teil von mir selbst zum Teil selbständig von 
den betreffenden Besitzern vorgenommen worden. 

Die ersten Versuche nahm ich an 10 Kälbern vor, die ich 
mir von Händlern aus den verschiedensten Stallungen kaufte uni 
in meinen eigenen Stallungen unterbrachte. Eine Nabelbehandlung 
hatte bei diesen Tieren vorher nicht stattgefunden. 

Diese Versuchstiere wurden der Muttermilch so frühzeitig 
entwöhnt und künstlich von mir mit durch Diastasolin ver¬ 
zuckerter Stärke und Magermilch ernährt, mit virulentem 
Material infiziert und mit Serum geheilt. 

Trotz mehrfacher Blutentnahmen gediehen die Tiere gut. 
Ein Kalb bekam infolge der künstlichen Ernährung Tympanitis 
"und verendete daran, da ich nicht rechtzeitig zur Behandlung 
zugegen sein konnte. Bei der Sektion dieses verendeten Tieres, 
sowie der später geschlachteten Kälber konnten in der Lunge 
keine pathologisch - anatomischen Erscheinungen festgestellt 
werden. Eine wissenschaftliche Arbeit über diese am eigenen 
lebenden Material ausgeführten Versuche behalte ich mir für 
später vor. 

Der Rittergutsbesitzer Voigt-Herzfelde importierte im 
Spätsommer 11106 80 Milchkälber aus Ostfriesland. In der 
Herde brach die septische Pneumonie unter den bekannten Er¬ 
scheinungen aus. Die Diagnose wurde durch die Sektion einiger 
Tiere gesichert. Nachdem zirka sechs von den Tieren verendet 
waren, wurden die überlebenden mit Ausnahme zweier Tiere 
mit meinem Serum geimpft. Weil ich zurzeit nicht genügend 
Serum vorrätig hatte, mußten die einzelnen Dosen, namentlich 
die Heildosen, etwas knapp bemessen werden. Die beiden 
nicht geimpften Tiere hatten derartige Veränderungen in den 
Lungen, daß eine Heilung von vornherein ausgeschlossen 
werden mußte. Die beiden Tiere wurden geschlachtet. 

Nach der Impfung ließ der Husten der tagtäglich trotz 
rauhen Wetters weidenden Kälber mehr und mehr nach, und 
das Allgemeinbefinden besserte sich zusehends. 

Auf Antrag der Perleberger Vieh-Versicherungs-Gesellschaft, 
bei der der Viehbestand versichert war, wurde 14 Tage später 
eine nochmalige Impfung vorgenommen. Die geimpften Kälber 
überstanden sämtlich die septische Pneumonie resp. blieben 
davon verschont. 

Herr Gutsbesitzer Schmidt-Groß-Holzhausen besaß ca. 
15 Kälber verschiedenen Alters. Zwei Kälber waren hinter¬ 
einander an septischer Pneumonie verendet. 

Bei der von mir vorgenommenen Untersuchung des Bestandes 
fand ich noch zwei Tiere hochgradig erkrankt vor; die übrigen 
schienen gesund zu sein. Dem Besitzer wurde geraten,* die 
beiden sehr schwer erkrankten Tiere nicht mehr impfen zu lassen, 
da der Erfolg ungewiß sei, und die Impfung zu teuer werden 
würde (es hätte eine mindestens vierfache Heildosis verimpft 
werden müssen). Der Besitzer bestand jedoch auf der Impfung. 
Einmal wären die Tiere erst einen Tag krank und zweitens 





17. Dezember 1908. 

wolle er den Wert des Serums hieran kennen lernen. Darauf 
wurden alle Tiere mit verschiedenen Mengen Serum geimpft, die 
noch gesunden mit 5 und 10 ccm, die bereits erkrankten mit 
20 bis 40 ccm. Am nächsten Tage fand ich die beiden kranken 
Kälber ganz wesentlich gebessert, der Husten hatte merklich 
nachgelassen, die Tiere standen mehr, atmeten ruhiger und 
bekundeten regeren Appetit. 

Durch diesen ganz frappanten Impferfolg ermutigt, wurden 
jedem der beiden erwähnten kranken Kälber nochmals 10 ccm 
Serum eingespritzt. Am folgenden Tage sprangen die beiden 
Kälber bereits im Stalle umher und blieben sowie die übrigen 
ebenfalls geimpften Tiere andauernd gesund. 

Das in diesem Bestände verimpfte Serum stammte seinem 
bakteriellen Ursprünge nach vom Rittergut Schönberg. 

Auch auf dieses Gut wurde ich zur Behandlung der an 
septischer Pneumonie leidenden Kälber gerufen. Nach dem Vor¬ 
bericht war ein Kalb nach dem andern erkrankt und verendet 
bzw. notgeschlachtet worden. 

Zwei Kälber impfte ich mit Heildosen, ein drittes sehr 
schwer erkranktes wurde zwecks Blutentnahme von mir ge¬ 
schlachtet. Nach mehreren Wochen wurden in Schönberg 
wieder 10 Kälber geboren und' diese Kälber mit von der 
Schmidt sehen Wirtschaft aus Groß-Holzhausen stammenden 
Serum schutzgeimpft. Resultat: Die Impflinge erkrankten nicht. 

Das Schönberger und Groß-Holzhauser Serum gelangte des 
ferneren bei verschiedenen kleineren Besitzern in Groß-Holz- 
hausen und in dem benachbarten Dorfe Kruden als Heilimpfung 
mit durchweg günstigem Ergebnis zur Verwendung. 

Diese Impfungen wurden nicht von mir selbst aus- 

gefuhrt, sondern von einem ebenfalls in Groß - Holzhausen 

ansässigen größeren Besitzer, namens Öttken, einem Herrn 
mit großem praktischem Blick, in dessen Bestand vorher 
gleichfalls die Septikämie herrschte, vorgenommen. Der be¬ 
treffende Herr ist im Besitze einer Serumspritze und beherrscht 
nach meiner Unterweisung die Impftechnik. Die kleinen Besitzer 
hatten sich gewöhnt, zunächst die Diagnose und den Rat dieses 
Herrn zu hören, der denn in der Weise erteilt wurde, daß den 
betreffenden Nachbarn die zur Impfung benötigte Quantität 

Serum genannt wurde, die diese dann von mir telephonisch 

erforderten. Aus Billigkeitsrücksichten den kleineren Besitzern 
gegenüber geschah diese Art der Impfung mit meinem aus¬ 
drücklichen Einverständnis. 

Alle diese von Herrn Öttken mit meinem Serum des 
öfteren mit einfacher Dosis heilgeimpften Kälber haben sich 
nach Aussage der Besitzer schnell zusehends gebessert und 
sind sämtlich genesen. 

Interessant und bemerkenswert ist folgender Fall: Ein 
Herr Nitzow aus Groß-Garz erbat meinen Rat wegen des Hin¬ 
sterbens aller seiner Kälber (Diagnose: Septische Pneumonie). 
Die neugeborenen Kälber werden vom Besitzer mit meinem 
Serum geimpft. Erfolg bei allen positiv. — Ein halbes Jahr 
vergeht, ohne daß wieder Kälber geboren werden. Aus Spar¬ 
samkeitsrücksichten wird von nun an die Impfung wieder 
unterlassen. Der Besitzer rechnete auch mit der Möglichkeit 
des nach so langer Zeit ev. spontanen Erloschenseins der 
Seuche. — Sofort geht das zuerst wieder geborene Kalb an 
septischer Pneumonie ein. Bei den nun folgenden Geburten 
wird die Schutzimpfung wieder vorgenommen. — Erfolg positiv. 

Auf dem Rittergute Pallitz werden jährlich ca. 100 Kälber 


923 

geboren. Trotz sorgfältigster Pflege und peinlichster Aufsicht 
haben die Kälberkrankheiten ihren Einzug in den Stall gehalten, 
Ruhr so wohl wie auch Pneumonie. 

Die zuerst bezogenen fremden Sera waren in ihrer Wirkung 
inkonstant besonders bezüglich der Ruhr, so daß das Impfen 
gegen die Ruhr alsbald gänzlich unterlassen wurde. Aber auch 
die Impfung gegen die Pneumonie beschloß der Besitzer ein¬ 
zustellen, weil die Schutz- resp. Heilerfolge zu den Mißerfolgen 
in keinem günstigen Verhältnis standen und eine Rentabilitäts¬ 
berechnung in Frage stellten. 

Die Kalamität auf diesem Gute bestimmte mich vornehmlich 
dazu, auf dem Gebiete der Serumbereitung und Serotherapie 
eigene Forschungen und Versuche anzustellen. 

Seit Einführung der Impfungen mit meinem Serum wird 
*auf dem genannten Gute in jeder Beziehung ein befriedigender 
Erfolg erzielt. Die Todesfälle, die jetzt noch eintreten (es 
handelt sich jährlich um einen ganz geringen Prozentsatz), 
sind purulenter und aktinomykotischer Natur; ganz selten 
wurde auch eine Enteritis beobachtet. 

Ganz analoge Impfresultate könnte ich ferner vom Ritter¬ 
gute Eickerhöfe bei Wittenberge berichten. Hier hörte das 
Kälbersterben sofort nach Einführung der Impfung mit meinem 
Serum auf, nachdem vorher in fortlaufender Aufeinanderfolge 
ein Kalb nach dem andern an septischer Pneumonie verendet war. 

Beim Amtsvorsteher Koch in Geest-Gottberg lagen die 
Verhältnisse ganz gleich, ferner auf dem Rittergute Nienfelde 
bei Seehausen, auf welch letzterem ich die Pneumonie in einem 
Bestände von 20 Kälbern feststellte. Sichtbare hochgradige 
Krankeitssymptome zeigten zwei Kälber. Eins wurde wegen 
voraussichtlicher Unheilbarkeit sofort geschlachtet. Kalb 2 er¬ 
hielt 40 ccm Serum, die übrigen je 20 ccm. Alle Kälber genasen. 
Nach einigen Wochen wurden einige der Tiere nochmals vom 
Besitzer mit 10 ccm nachgeimpft. 

Auf dem Rittergute Voßhof lierrschte in einem Bestände 
von 15 Kälbern hochgradige akute Pneumonie. Das am schwersten 
erkrankte Tier wird zu töten geraten. Der Besitzer verlangte 
jedoch die Impfung. Das Tier repräsentierte nach seiner 
Schätzung mindestens einen Wert von 50 M., und da kämen 
nach seinen Worten die 7 M. für Serum nicht in Betracht, 
wenn der Patient geheilt werden könne. Auf nochmaligen Vor¬ 
behalt meinerseits wurde das Kalb mit 45 ccm Serum geimpft. 
Der Patient genas ohne Kräfteverfall und Gewichtsabnahme. 
Irrtümlicherweise wurde das Tier ca. 21 Tage später anstatt 
eines anderen geschlachtet. Bei der Fleischbeschau fanden sich 
nur noch ganz kleine in Schrumpfung begriffene hepatisierte 
lokale Herde als Residuen der glücklich überstandenen akuten 
septischen Pneumonie vor. Die übrigen verschieden alten Tiere 
erwarben die Immunität. 

Herr Gutsbesitzer Müller-Schallubn, bittet mich, nachdem 
er von der Möglichkeit Kälber zu immunisieren gehört, ca. 
12 Kälber gegen das Sterben zu impfen. Ein Patient wird als 
hoffnungslos erkrankt bezeichnet, jedoch auf ausdrücklichen 
Wunsch mit größerer Heildosis geimpft. Geringere Heildosen 
erhalten die andern Kälber. Alle Tiere gesunden. 

Bei den folgenden Geburten wurde die Impfung aus mir 
nicht bekannten Gründen unterlassen. Jetzt, nach Monaten, 
bittet mich der Besitzer, die Impfung an sechs wieder geborenen 
Tieren vorzunehmen mit folgenden Worten: „Merkwürdig, sowie 
ich ein Kalb zu impfen unterlasse, krepiert es, lasse ich die 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



924 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. i)l. 


Tiere impfen, erkranken sie nicht“. Bei diesem letzten Impf¬ 
besuch wurde mir voller Freude das erstmals als hoffnungslos 
krank bezeichnete Tier robust und in brillanter Kondition be¬ 
findlich gezeigt. 

Nach dem Gute Schindelhöfe wurde ich zur Behandlung* 
eines wertvollen auf Mast gestellten sog. Doppellenders gerufen. 
Diagnose: Septische Pneumonie. Therapie: 40 ccm Serum. 
Restitutio ad integrum. Die Mast konnte fortgesetzt werden. 

Beim Gutsbesitzer Tbaden in Rethhausen impfte ich zehn 
ca. V 2 Jahre alte an septischer Pneumonie leidende Kälber. 
Alle Tiere genasen. 

Vom Gutsbesitzer Zimmermann in Ferchlipp wurde in 
diesem Jahre wieder Serum, hinreichend zur Immunisierung von 
20 Kälbern angefordert, weil sich die Impfung im Vorjahr 
günstig bewährt hatte. 

Auf dem Rittergut des weitesten Kreisen bekannten Züchters 
und Vorsitzenden der Gesellschaft für Züchtungskunde, Herrn 
Ökonomierat Felix HoeBch in Neukirchen, werden alljährlich 
ca. 100 Kälber aufgezogen. Auch hier hatte die septische 
Pneumonie ihren Einzug gehalten und zahlreiche Opfer gefordert. 
Nach Bekanntgabe des Herrn Ökonomierats als Vorsitzenden 
im hiesigen landwirtschaftlichen Verein hätten die vielen, von 
den verschiedensten Seruminstituten bezogenen und zahlreich 
verimpften Sera keinen Erfolg gehabt, wohingegen nach der 
Verimpfung meines Serums kein einziger Todesfall mehr zu 
verzeichnen gewesen wäre. 

Ich möchte meinen Bericht nicht schließen ohne vorher 
noch des Impferfolges auf dem Gräflich Bernstorffschen 
Rittergute Quarnstedt im Kreise Lüchow Erwähnung getan 
zu haben. 

Wenn mir recht berichtet ist, wurde der Kälberbestand 
bislang mit anderen Seris behandelt. 

Zur genaueren Skizzierung des von mir gar nicht erwarteten 
Erfolges lasse ich diesbezügliche Stellen aus den an mich ge¬ 
richteten Briefen des Administrators des Gutes in Abschrift folgen: 

22. April 1908. Wie mir Herr Schmidt, Pollitz, vor 
einigen Tagen mitteilte, verfertigen Sie Serum gegen die Pneu¬ 
monie der Kälber. Da ich nun hiermit auch einen Versuch bei 
unseren Kälbern machen wollte, möchte ich freundlichst um 
Übersendung eines Quantums Serum zum Impfen von ca. zehn 
Kälbern bitten. 

2. Mai 1908. Bestätige hiermit den Empfang Ihrer Sendung. 
Ich habe die Impfung der Kälber nach Ihrer Vorschrift aus¬ 
geführt und ist auch scheinbar schon eine bedeutende Besserung 
eingetreten. Bei einigen Kälbern war die Krankheit jedoch 
schon sehr weit vorgeschritten, so daß diese wohl kaum wieder 
durchkommen. Sollte das Serum sich nun bis zum nächsten 
Winter aufbewahren lassen, so würde ich, Ihrem Wunsche gemäß, 
Ihnen gern ein erkranktes Tier zusenden, und wollen Sie mir 
hierüber Nachricht zukommen lassen. 

15. Mai 1908. Übersende Ihnen heute ein größeres krankes 
Kalb, welches dem Anscheine nach auch an septischer Pneumonie 
leidet. Die übrigen Kälber haben sich recht gut gebessert und 
glaube ich, daß diese alle wieder durchkommen. Es waren 
einige hiervon damals so krank, daß ich diese schon aufgegeben 
hatte und das Impfen ganz unterlassen wollte. Nachdem ich 
diese jedoch zweimal geimpft hatte, haben sich die Kälber zu 
meiner größten Freude ausgezeichnet gebessert. Einige der 
Tiere möchte ich jedoch noch mal impfen und bitte Sie daher 
freundlichst, dem Knecht noch zirka 100 ccm Serum mitgeben 
zu wollen. Kälber ziehen wir hier pro Jahr zirka 70 Stück 
auf. Die Krankheit zeigte sich hier hauptsächlich auch bei 
älteren Kälbern; diese waren die ersten 10—12 Wochen nach 
der Geburt gesund und munter und wurden dann von der 
Krankheit befallen. Das Ihnen heute per Wagen übersandte 
Tier ist wohl annähernd l j. 2 Jahr alt. 


28. Mai 1908. Den Empfang Ihrer Serumsendung bestätige 
ich hiermit dankend. Ich habe die Kiste Ihrer Vorschrift 
gemäß an einem kühlen aber trockenen Orte zur Aufbewahrung 
hingestellt. 

Ich hatte hier vor einiger Zeit drei Stück 6—8 Wochen 
alte, sehr kranke Kälber, welche ich bereits aufgegeben hatte 
und deshalb an den Schlächter verkaufen wollte. Da ich aber 
von diesem ein sehr niedriges Angebot bekam, verkaufte ich 
nicht, sondern machte mit dem Serum auch noch bei diesen 
einen Versuch. Ich habe diese Kälber jetzt in kurzen Ab¬ 
ständen dreimal geimpft und kann Ihnen zu meiner großen 
Freude heute mitteilen, daß die betreffenden Tiere sich aus¬ 
gezeichnet gebessert haben. 

So könnte ich noch von vielen ähnlichen Erfolgen be¬ 
richten. Aus diesen mannigfachen Versuchen geht aber schon 
zur Genüge hervor, 1 daß mein Serum die akute wie chronische 
Form der septischen Pneumonie der Kälber in ganz hervor¬ 
ragender Weise erfolgreich bekämpft hat. Sogar Fälle, die 
vom Besitzer wie auch von mir als hoffnungslos angesprochen 
wurden, sind in überraschendster, geradezu frappierender Weise 
in kürzester Zeit geheilt worden. 

Die günstige Wirkung des Serums wurde bei allen an¬ 
geführten Beständen beobachtet, manchmal sogar schon am 
Tage nach der Impfung. 

Die verimpften Dosen schwankten, es wurden Mengen von 
5 bis 40 ccm Serum verimpft. Die kleinen Dosen erwiesen 
sich in derselben Weise wirksam wie die großen; auch nach 
den kleineren Dosen wurde sofort ein Nachlassen des Husten¬ 
reizes und eine Besserung des Allgemeinbefindens beobachtet. 

In einigen besonders schweren Fällen ist die Wiederholung 
der Impfung notwendig geworden, im allgemeinen wurde aber 
nach der Verimpfung einer Schutz- resp. Heilimpfung die 
Ifnmunität oder Restitutio ad integrum erworben. 

Reaktionserscheinungen sind nach der Impfung nicht beob¬ 
achtet worden, im Gegenteil, die Impfung wurde in allen 
Fällen gut ertragen. 1 

Manchmal kam es mir vor, als beeinflusse das Serum auch 
den Verlauf der Ruhr günstig. 

Die Schutzdosis beträgt für eben geborene Tiere 5 bis 
10 ccm, die Heildosis muß individuell höher bemessen werden. 

I Außer in meiner eigenen Praxis will ich das Serum nur an 
Kollegen abgeben, und habe ich den Preis für diesen Fall auf 
1 M. pro 10 ccm festgesetzt. 

Bei ersten Bestellungen von Serum bitte ich gleichzeitig 
eine größere Menge nicht defibrinierten ungeschlagenen lebenden 
Blutes eines am besten schon längere Zeit an septischer Pneu¬ 
monie erkrankten Kalbes oder lieber noch ein lebendes krankes 
Kalb an mich einsehden zu wollen. Bei späteren Bestellungen 
kann die Sendung von Blut unterbleiben. 

Es wird von den zu impfenden Beständen am besten ein 
älteres Kalb geschlachtet und das ganze Blut unter Beobachtung 
antiseptischer Kautelen in einem oder mehreren durch Kochen 
usw. vorher steril gemachten Werkschen oder ähnlichen ver¬ 
schließbaren Gefäßen aufgefangen. 

Ich empfehle folgende Methode: Der Hals des zu tötenden 
Kalbes wird geschoren und mit antiseptischen Lösungen ge¬ 
waschen, hinterher abgetrocknet. Darauf wird der Ösophagus 
frei präpariert und in der Mitte des Halses thorakalwärts wie 
pharyngealwärts unterbunden, um das peristaltische resp. anti¬ 
peristaltische Kontraktionen bedingte spätere Ausfließen von 
Maul- oder Mageninhalt zu verhindern. 




17. Dezember 1008. 

Dann wird der Ösophagus zwischen den beiden Ligaturen 
zugleich mit den Jugularen und den Carotiden durchschnitten, 
das dann ergiebig strömende Blut schnell aufgefangen und so 
wie es ist, in den schnell verschlossenen Gefäßen versandt. 

In der wärmeren Jahreszeit setzt man dem Blute etwas 
KonBervierungsflüssigkeit bei notwendig werdenden eventuell 
weiteren Transporten nach folgendem Rezept hinzu: Glycerin 
20,—, acid. carbol 5,5, aqu. dest. 74,5. 

Das geforderte Serum kann in größeren Mengen erst nach 
10 Tagen, in kleineren Quant eventuell von meinem Vorrat 
umgehend geliefert werden. 


Ein Beitrag zur Impfung gegen den Rauschbrand 
nach 0. Thomas. 

Von L. P. Nissen, Tierarzt in Bredstedt. 

Die Thomas sehe Rauschbrandimpfmethode besteht darin, 
unter die Haut eines Rindes am untern Drittel des Schwanzes 
mit einer besonderen Nadel ein mit Impfstoff getränktes Stück 
Schnur zu bringen, an welcher Stelle dieselbe, ohne daß sie 
herausgezogen werden kann, während vieler Monate verbleibt, 
wodurch das Rind seine Immunität dauernd bewahrt und gegen 
jede natürliche Ansteckung gegen Rauschbrand geschützt bleibt. 
Die Dosis des Impfstoffes ist immer bereit und bedarf weiter 
keiner Herstellung, die Impfung selbst geht schnell und leicht 
von statten. Der Impfstopf und seine Nadel lassen sich bequem 
in der Westentasche mitführen. 

Nach dieser Thomas sehen Methode impfte ich im letzten 
Frühjahr den jungen Rinderbestand eines Hofbesitzers, der in 
jedem Jahre den Verlust vieler Jungrinder durch Rausehbrand¬ 
infektion zu beklagen hatte. Angeblich infizierten sich die 
Tiere auf einem Weidestück, auf dem vor ca. 20 Jahren mehrere 
an Rauschbrand gefallene Tiere verscharrt sein sollten. Die 
von mir nach obigem Verfahren geimpften Rinder ließ ich nun 
späterhin absichtlich diesen Teil der Weide abgrasen. Ein 
Rauschbrandfall ist nicht mehr aufgetreten. Der Bestand wird 
auf Grund des durchschlagenden Erfolges in jedem Frühjahr 
der Thomas sehen Schutzimpfung unterzogen werden. 

Diese einfache, bequeme Impfmethode verdient infolge ihrer 
zuverlässigen Wirkung höchste Beachtung. Den General-Ver¬ 
trieb für ganz Deutschland hat das bekannte Pharmazeut. Institut 
Ludwig Wilhelm Gans in Frankfurt a. Main. 


Zum „eigenartigen Fall von Erkrankung des 
Bewegungszentrums (?)“. 

Von k. k. Bezirkstierarzt Josef PekapBoskowitz. 

Der oben bezeichnete, in Nr. 41 der B. T. W. von Tier¬ 
arzt Wolfstein-Bochum veröffentlichte Artikel erinnert mich 
an einen ähnlichen Fall von Lahmheit nach Lumbago bei 
einem zweijährigen belgischen Stutfohlen. Bei der Untersuchung 
desselben gab der Eigentümer an, daß dieses Fohlen vor etwa 
drei Monaten einen leichten Kolikanfall hatte, der jedoch nach 
Ausstrahlung schwarzen Harnes und einer vorübergehenden 
Schwäche in der Nachhand bald in Genesung überging. Nach 
kurzer Zeit hatte man bei diesem Pferde einen eigentümlichen 
und unsicheren Gang der Vorderfüsse, mit zeitweiligem Hoch¬ 
heben des Vorderkörpers beobachtet, welcher im Verlaufe weiterer 
zwei Monate mit dem Unvermögen des Vorwärtsgehens einsetzte. 


925 

Da dieser Zustand bei gutem Appetit immer schlechter wurde, 
hat die Versicherung das Pferd keulen lassen. Bei der Sektion 
fand ich die Marksubstanz der Röhrenknochen flüssig, mit zahl¬ 
reichen blutigen Infiltrationen durchsetzt. Das Rückenmark 
war an der Lendenpartie mit gelblichen Flecken gezeichnet, 
die als Reste aufgesaugter blutiger Infiltrate anzusehen sind. 
Es dürfte auch in dem obbezeichneten Falle sich um die Folgen 
einer vom Eigentümer nicht bemerkten, leichtgradigen Er¬ 
krankung von Lumbago handeln, was durch eine genaue Sektion 
hätte ermittelt werden können. In einem zweiten Falle von 
Lumbago habe ich auch wiederum bei einem zweijährigen Fohlen 
eine totale Lähmung des Sehzentrum (Erblindung) zu beob¬ 
achten Gelegenheit gehabt. 

Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unerwähnt lassen, 
daß bei Pferden mit schwarzer Harnwinde in manchen Fällen 
die eine oder die andere Vene thrombosiert ist, so daß beim 
Aderlaß überhaupt kein Blut herausfließt. Diese Thrombose ist 
also nicht immer die Folge einer intravenösen Injektion. 

Referate. 

Über die Osteo-Arthriten. 

Von Prof. Cadeäc. 

(Journal de Lyon 29. Februar 1908.) 

Die unter den Namen trockene, deformierende, ankylosierende 
Arthriten bekannten Osteo-Arthriten sind chronische Osteiten, 
welche durch die Oberfläche der Gelenke und mit Vorliebe der¬ 
jenigen, welche am meisten unter der Ermüdung zu leiden 
haben, hindurchzudringen suchen, um eine zentrale (wahre) oder 
eine periphere (falsche) Ankylose zu bewerkstelligen. Sie sind 
infektiöser Natur und durch Ecchymosen im Knochen und Ulze- 
rationen am Knorpel gekennzeichnet. Sie treten in verschiedenen 
Graden auf, einmal bestehen die ganzen Läsionen in einer oder 
mehreren Ulzerationsstellen auf der Gelenkoberfläche, ein ander 
Mal ulzeriert nicht nur diese, sondern auch die an sie anschlie¬ 
ßenden Knochenendteile und der Prozeß geht sogar auf die 
periartikulären Gewebe über. Klinisch zeigen sie sich durch 
einen mehr oder weniger heftigen Schmerz im Gelenk und durch 
eine wenig ausgeprägte Schwellung an, welche die Entzündungs¬ 
erscheinungen auf die Knorpel und Knochen abzugrenzen scheint, 
die Osteo-Arthriten treten häufig symmetrisch und polyartikulär 
auf, können aber auch monoartikulär sein und bei generalisierter 
Osteitis sogar alle Gelenke befallen. 

Ätiologie: Die trockene Arthritis scheint sich den 
chronischen Formen des infektiösen Pseudo-Rheumatismus anzu¬ 
schließen, welche sowohl die Knochen als die Gelenke beschädigen. 
Da die Osteitis den Ausgangspunkt und das Grundübel dieser 
Arthritis darstellt, so steht ihr der Name Osteo-Arthritis am 
besten zu. Die entwickeltsten und bei der Fortbewegung oder 
bei der Unterstützung des Tieres die Hauptrolle spielenden Ge¬ 
lenke werden am meisten von ihr befallen. Es sind dies das 
Sprunggelenk, das Karpalgelenk, das Fessel-, Krön- und Huf¬ 
gelenk. Dies hat seinen Grund noch darin, daß diese Scharnier¬ 
gelenke keine ausgiebige Bewegung zulassen und die Gelenk¬ 
oberflächen dicht aneinanderliegen, wodurch es bei der Be¬ 
schädigung der letzteren sehr leicht zu ihrer Verschmelzung 
kommt. 

Die innere Ursache der trockenen Arthritis liegt in einer 
schleichenden, latenten oder chronischen Entzündung des 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



926 

Knochengewebe8, in welches sich früher einmal Infektionskeime 
eingenistet haben, denn nur die Infektion kann ihr hartnäckiges 
Fortbestehen, ihre progressive Entwicklung, ihr immerwährendes 
Wiederaufleben und ihre regellosen Vorstöße erklären, welche 
das Gelenk schließlich zur Ankylose bringen, die nichts anderes 
als die Überbleibsel einer erloschenen Infektion darstellt. Ohne 
infektiöse Ursache ist das Auftreten einer Osteitis undenkbar. 

Die Ermüdung der Knochen und die Überanstrengung des 
Lokomotionsapparates wirken wohl als prädisponierende Momente, 
dadurch daß sie den im Körper herumirrenden Infektionskeimen 
in den geschwächten Organen, wie es die Knochen und Gelenke 
durch die Überarbeitung geworden sind, die Gelegenheit dar¬ 
bieten, sich zu lokalisieren. Es steht in der Tat fest, daß der 
tätigste und der physiologisch wie pathologisch Läsionen am 
meisten ausgesetzte Knochen am ehesten von ihnen befallen 
wird. So wird der im Wachstum begriffene Knochen mit Vor¬ 
liebe von den Infektionskeimen aufgesucht, denn die Zonen des 
physiologischen Wachstums geben einen guten Boden für patho¬ 
logische Prozesse ab. Daraus resultiert, daß die Lokalisierung 
dieser Keime in den Knochen um so leichter stattfindet, je jünger 
das Tier ist und desto früher es nach Überstehung einer an¬ 
steckenden Krankheit, wie z. B. der Druse, zur Arbeit an¬ 
gehalten wird; man sieht daher oft Lahmgehen, ohne bestimmten 
Sitz, an mehreren Füßen, bei solchen Tieren auftreten, welche 
kurz vorher infektiös erkrankt waren. Diese Lokomotions¬ 
störungen schließen sich in manchen Fällen direkt an die 
primäre Krankheit an, in anderen sind sie durch einen längeren 
Zeitraum des besten Wohlergehens von ihr getrennt, mitunter 
treten sie, ohne völlig auszusetzen, einmal schwächer einmal 
stärker auf. 

Pathogenität: Um die Pathogenität der Osteo-Arthritis 
der Pferde erklären zu können, hat man der Menschenmedizin 
die von ihr darüber aufgestellten Hypothesen entlehnt. Dort 
wird die Entstehung der trockenen Arthritis l. dem Rheumatis¬ 
mus, 2. der physiologischen Unterernährung, 3. der Gefäßsklerose, 
4. der Veränderung des Nervensystems und 5. der Infektion 
zugeschrieben. Da es aber feststeht, daß sie das Werk der 
verschiedensten pathogenen Einflüsse sein kann, und eine und 
dieselbe Ursache je nach ihrer Qualität und Intensität an dem 
Ort ihrer Einwirkung verschiedenartige Gelenkläsionen hervor- 
rufen kann, so wäre es vermessen, ihre Pathogenität in eine 
unveränderliche Formel einzuschließen. 

Die Auffassung, daß die trockene Arthritis ihre Entstehung 
der gemeinsamen Einwirkung zweier pathogener Einflüsse näm¬ 
lich der mangelhaften Ernährung und der Gefäßsklerose ver¬ 
danken, hat Pecus aus der Menschenmedizin in die Veterinär¬ 
medizin übergeführt. In seiner Arbeit über diesen Punkt sagt 
er, daß die Podotrochleitis, die nichts anderes als eine trockene 
Arthritis des Hufgelenkes ist, mit arteriosklerotischen und haupt¬ 
sächlich mit phlebosklerotischen Läsionen einhergehen, so daß 
die erstere die Folge der letzteren sein müsse. Diese Theorie 
wäre begreiflich, wenn die Osteo-Arthriten anderer Gelenke, z. B. 
des Sprung- oder des Karpalgelenks, von den gleichen Gefä߬ 
alterationen begleitet wären. Auch steht es für den Verfasser 
noch nicht ganz fest, daß die Podotrochleitis regelmäßig eine 
trockene Arthritis sein müsse, weil bei ihr in den meisten Fällen 
die osteophysische Wucherung welche eine Begleiterscheinung 
der trockenen Arthritis in den meisten anderen Gelenken ist, 
gewöhnlich fehlt. Da die Phlebiten der Extremitäten ihrerseits 


No. 51. 

häufig traumatischen (Schläge, Wunden usw.) oder infektiösen 
Ursprungs (Mauke, Furunkel, Abszesse usw.) sind, so ist die 
Gefäßveränderung vermutlich selbst auf eine Infektion zurück¬ 
zuführen. 

Beim Pferd veranlaßt die Druse, welche als die Krankheit 
der sekundären Lokalisationen gilt, die meisten schleichenden 
Infektionen des Knochengewebes. Sie ist auch die Erzeugerin 
von Arteriten, Phlebiten, Nervenläsionen, Synoviten, Arthriten, 
trockenen Pleuriten und Endokarditen. Bei jungen Pferden 
sieht man die trockene Arthritis des Huf- (Podotrochleitis), des 
Sprung- (Spat) und des Karpalgelenks sehr häufig schon im 
Anfang der Ausbildung und des Trainings auftreten, ohne daß 
sie zu sehr angestrengt worden wären, und dies wohl nur 
infolge der Infektion. Bei jungen Tieren sind die Knochen 
wegen ihres Wachstums und ihrer spät eintretenden Ossifikation 
sehr empfänglich und infolgedessen den bakteriellen Lokali¬ 
sationen der Druse und ihrer toxischen Einwirkung am meisten 
ausgesetzt. Da die Druse sowohl eine Krankheit des Blutes 
als auch des Lymphapparates ist, so sucht sie auch das das Blut 
und die Lymphe bereitende jugendliche Knochenmark am ehesten 
heim. Dabei lokalisiert sich die Infektion zuerst im Knochen¬ 
mark der Markhöhle, von -da in dem in den Knochenkanälchen 
sich befindlichen und schließlich in dem subperiostalen Mark, 
da der ganze Knochen mit Mark durchsetzt ist, geht sie 
schließlich auf das ganze Knochengewebe über. Sie erzeugt 
darin zuerst eine infektiöse Osteomyelitis, die sich in einem 
Schwinden des Knochengewebes dokumentiert, dann schreitet 
sie gegen das Gelenk zu weiter, erreicht die unter dem Gelenk¬ 
knorpel gelegenen Gewebe, worin sie sich durch eine mehr 
oder weniger intensive, meistens mit Ecchyomosierung verbundene 
Kongestion bemerkbar macht, welche die Ulzeration des 
Knorpels und den Einbruch der Entzündung in die Gelenk¬ 
höhle vorbereitet. Die Osteitis und die Chondritis sind die 
beiden ersten Etappen auf dem Wege, den die Arthritis 
befolgt, die primäre beim Pferde gewöhnlich von der Druse 
herstammende Infektion wird während der Lebzeit des 
Tieres durch Rezidiven dieser Krankheit, durch ihre ver¬ 
schiedenen Komplikationen, durch andere Bakterienarten, welche 
sich zu den Drusecoccen hinzugesellen oder durch sekundäre 
Infektionen, die sich in den schon durch ihre Erkrankung dafür 
prädisponierten Knochenregionen festzusetzen suchen, immer auf¬ 
recht erhalten. 

Anatomische Pathologie. Die Läsionen der trockenen 
Arthritis erstrecken sich hauptsächlich auf die Knochen und 
Knorpel, dann auf die Synovialis und die Bänder und sind fast 
immer in mehreren und zwar symmetrisch liegenden Gelenken an¬ 
zutreffen. 

1. Der Knochen. Die Infektion des Knochenmarks schleicht 
sich gegen das Ende der Epiphysen hin und erweitert die 
Hoversschen Kanälchen, die sich mit granulierendem Mark an- 
füllen. Makroskopisch zeigt sich die primäre Osteitis durch 
rötliche Ecchymosen oder hochrote Pedechien an, die unter dem 
Knorpel oder in noch tieferen Schichten liegen und sich beim 
durchgesägten Knochen sehr deutlich von der normalen gelblichen 
Farbe abheben. Jeder ecchymotische Herd im Knochen ist ein 
Entzündungsherd, der seinerseits wieder einen solchen im Gelenk 
hervorbringt. Ist ein Entzündungsherd ins Gelenk gelangt, so 
überträgt er sich auf den anderen das Gelenk mitbildenden 
Knochen, sobald er auf diesen stößt und eine Zeitlang mit 


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ihm in Berührung bleibt. Die die primäre Knochenentzündung 
kennzeichnenden Ecchymosen sind von der schwammigen Knochen¬ 
substanz ausgegangen und lassen vorerst die unter dem Knorpel 
gelegenen Schichten noch frei, dies zeigt an, daß die schwammige 
Knochensubstanz der Ausgangspunkt des ganzen Übels ist. Von 
ihr gehen Gefäßwucherungen aus, die sicli durch die kompakte 
Knochensubstanz hindurchziehen und unter dem Knorpel eine 
rarefizierende Osteitis zutage fördern. Die abnorme Vaskularisation 
der unter dem Knorpel gelegenen Knochenschicht bedingt eine 
abnorme Ernährung des Knorpels, wodurch dieser in seinen 
Embrionenzustand zurückkehrt, seinen Glanz und seine Glätte 
verliert, sich abschürft und sich vollständig auflöst und so die 
Ulzeration entstehen läßt. Diese Ulzerationen haben die Form 
von Strichen, Furchen und Kluften, die sich nach allen Richtungen 
hinziehen und das Knochengewebe immer mehr zum Schwinden 
bringen. Sie beginnen im Zentrum des Gelenks, suchen aber 
gewöhnlich die Peripherie des Knorpels zu erreichen, an dessen 
Ränder sie sich fortentwickeln, um auf das andere Knochenende 
überzugreifen; dabei zerstören sie die ganze Gelenkoberfläche 
nach allen Richtungen hin. Durch die üppigen Gefäßwucherungen, 
welche die Knochensubstanz zum Schwinden gebracht haben, 
wird der Entzündungsherd mit Nährstoffen überschwemmt und 
mit embrionalen Elementen, deren Wachstum durch die überaus 
reichliche Ernährung gewährleistet ist, bereichert. Die Lakunen 
der schwammigen Knochensubstanz füllen sich mit Zellen an, 
die sich in parallelen Reihen anordnen und die Grundlage zu 
den Gefäßwucherungen abgeben. Diese werden gegen die 
Peripherie des Gelenkes bin, wo sie nur einen geringen Wider¬ 
stand finden, überaus üppig und lassen die Osteophyten ent¬ 
stehen, die einen Kranz um die Gelenksränder herum bilden. 
Von da greifen diese Wucherungen auf die Ansatzstellen der 
Bänder über, die Verknöcherung schreitet weiter, die Osteitis 
wirkt verdichtender und die Ankylose des Gelenkes ist fertig. 

2. Der Knorpel. Durch die progressive Usur verschwindet 
im Zentrum der hyaline Überzug des Knorpels, während sich an 
der Peripherie des Gelenks Ecchondrosen bilden, die sich ge¬ 
wöhnlich in kompakte oder spongiöse Osteophyten von ver¬ 
schiedenen Formen und Dimensionen umwandeln. 

Histologisch betrachtet verläuft der Prozeß der trockenen 
Arthritis mit einer Neubildung von Knorpelgewebe, die sich be¬ 
sonders stark in den fibrösen Partien des Gelenks vollzieht und 
mit einer Entzündung des ursprünglichen Gelenkknorpels. Die 
zentrale Partie des Gelenkknorpels, welche den stärksten Druck 
auszuhalten hat, wird zerstört und resorbiert und die nun direkt 
aufeinanderstoßenden Knochenenden bekommen eine elfenbein¬ 
artige Konsistenz und werden glatt oder gestreift. 

Eine Ankylose kann sich ausbilden, ohne daß sie sich durch 
eine äußere Deformation am Gelenk sichtbar macht. Die von 
ihren Oberflächen entblößten, mit Gefäßwucherungen versehenen 
Gelenkknochen vereinigen sich durch neu gebildete Knochen¬ 
masse, die das Aussehen des alten Knochens annimmt und die 
Ankylose ist fertig. Diese Erscheinung tritt nur in den wenig 
beweglichen Wechselgelenken auf, bei allen anderen über¬ 
schreitet die Knochenvegetation die Gelenksränder, erzeugt 
eine Entwicklung von Osteophyten, deren Bildung in Form einer 
deformierenden Arthritis in Erscheinung tritt. Diese den 
Gelenksrand überschreitende Hyperplasie ist eine periphere 
Entzündung, welche das ankylosierende Werk der Arthritis zu 
Ende führt. 


3. Die Bänder. Die Bänder sind verdickt und mit Knochen- 
und Knorpelzellen infiltriert, die um das Gelenk herumliegenden 
Sehnen und Muskeln sind verknöchert. 

4. Die Synovialis. Die Synovialis bleibt oft unverändert, 
gewöhnlich aber ist sie der Sitz einer chronischen Entzündung 
und daher verdickt, sowie mit Vegetationen von hypertrophierten 
Zotten, in deren Mitte sich Knorpel- und Knochenzellen, fibröses 
und Fettgewebe vorfinden, besetzt, zu gleicher Zeit ist sie durch 
eine seröse, weniger ölige Flüssigkeit, wie die normale Synovia, 
erweitert. Die neuen Produkte sind bald gestielt, bald sitzen 
sie fest, bald finden sie sich frei im Gelenk vor, wenn der 
Stiel abgerissen ist. 

Symptome. Die Osteo-Arthritis ist ein sehr heimtückisches 
Leiden, das sich zuerst durch einen schwer zu lokalisierenden 
Schmerz anzeigt. Man sagt, das Tier lahmt an einem nicht 
herausgekommenen Spat, an einer in Bildung begriffenen Schale 
oder es hat einen Anfang von Podotrochleitis oder Anzeichen 
einer chronischen Hufrehe. Sie ist die Ursache von dreiviertel 
aller Lahmheiten; dabei ist der Schmerz oft sehr gering, be¬ 
sonders dann, wenn der Prozeß sehr langsam vor sich geht oder 
nur gelinde eingesetzt hat. 

Ihr Auftreten ist durch lokale und funktionelle Störungen 
gekennzeichnet, die Anzeichen der Entzündung sind oft wenig 
ausgeprägt, der Schmerz ist dumpf, sitzt tief und ist bei der 
Exploration .kaum feststellbar. Beim Herumtreten, beim Rück¬ 
wärtsgehen, beim Bergansteigen des Pferdes oder beim plötzlichen 
Beugen der Gelenke wird er noch am besten wahrgenommen. 
Er stellt sich mit der Entzündung ein, um das Tier bis zur 
vollständigen Ankylose nicht zu verlassen. Die Entzündungs¬ 
wärme ist auch schwer festzustellen. Die Deformation der 
Gelenke ist unregelmäßig und kann enorm werden. Die Funktions¬ 
störungen bestehen oft nur in einer geringen Beeinträchtigung 
der Beweglichkeit des Gelenks, deren Grad mit der oft sicht¬ 
baren Größe der Läsion in keinem Verhältnis steht. Mit dem 
Fortschreiten der Ankylosierung mindert sich der Schmerz und 
hört auf, so bald jene vollständig zustande gekommen ist. Es 
gibt keine Gelenksaffektion, welche so wenig die freie Beweg¬ 
lichkeit der Gelenke beeinträchtigt wie die Osteo-Arthritis, denn 
in den meisten Fällen fällt nur eine gewisse Steifheit der Ge¬ 
lenke auf, ja die Ankylose kann sich sogar ohne jegliches Lahm¬ 
gehen des Pferdes ausbilden. Manche Pferde lahmen gleich von 
Anfang der Krankheit an, andere gar nie. 

Gang und Behandlung. Hat die Osteo-Arthritis einmal 
ein Gelenk befallen, so verläßt sie es nie mehr. Sie kann darin 
stationär bleiben oder langsam forts ehr eiten. Manchmal stellt 
sich auch noch eine Hydrarthrose im Gelenk ein und zum Spat 
können sich noch Gelenksgallen hinzugesellen. 

Eine wirksame Behandlung der Osteo-Arthritis ist nicht 
bekannt. Das Stehenlassen der Pferde und Druckverbände 
wirken nur schädlich, auch die Ignipunktur ist von geringer 
Wirkung. Helfer. 

Pansenlähmung infolge reichlicher Aufnahme von Sand. 

Von Oberveterinär Guhrauer. 

(Zeitschrift für Veterinärkunde, 1908, S. 67.) 

Eine etwa 7 jährige Kuh litt nach Aussage des Besitzers 
seit 3 Tagen an verminderter Freßlust, lieferte weniger Milch, 
kaute nicht wieder und war verstopft. — Der Pansen war am 
Tage der Untersuchung in seinem oberen Drittel mit Gasen an¬ 
gefüllt, der übrige Inhalt war so fest, daß sicli schwer Ein- 





928 

drücke mit der Faust von außen machen ließen; hierbei zeigte 
das Tier große Schmerzen. Der Pansen arbeitete nicht. Es 
wurde Pansenlähmung festgestellt. Trotz der Behandlung mit 
verschiedensten Mitteln (Tart. stibiat., Rhizom, veratr., Natr. 
sulf., Aloe, Keratrin., Eserin) blieb die Lähmung bestehen. Auf 
den Vorschlag der Operation (Pansenschnitt), welcher in der 
Annahme des Vorhandenseins eines größeren Fremdkörpers 
gemacht worden war, war der Besitzer nicht eingegangen. Die 
Kuh wurde deshalb am 14. Krankheitstage geschlachtet. — Aus 
dem Sektionsbefund sei folgendes wiedergegeben: Der Pansen 
ist auffallend schwer, er ist angefüllt mit Gasen und zur 
kleineren Hälfte mit festen, dunkelgrünen Inhaltsmassen. Die 
tieferen Schichten erweisen sich als reiner Sand. Das Gewicht 
des im Pansen befindlichen Sandes beträgt 23 Pfund. Die 
Pansenwand ist im unteren Teil verdickt, die Schleimhaut ent¬ 
zündet. — Der Besitzer hatte vor einigen Wochen den Fu߬ 
boden vor den Krippen mit einigen Kasten voll Sand aus¬ 
gebessert. Richter. 

Stenose des Ostium pulmonale bei einer Kuh. 

(Veröffentl. a. d. Jahrcaveterinürberichten der beamt, Tierärzte Preußens f. d. Jahr 
1905, II. Teil, S. 45. Berlin 1908.) 

Kreistierarzt Francke in Mülheim fand bei einer Kuh Er¬ 
scheinungen, die zur Diagnose Pericarditis traumatica führten. 
Bei der Sektion fanden sich jedoch neben Stauungstranssudaten 
in Brust- und Bauchhöhle sowie im subkutanen Bindegewebe 
folgende Veränderungen am Herzen: „Von den Klappen der 
Art. pulmonalis ist nur noch eine als solche erkennbar, jedoch 
stark verdickt und geschrumpft. An Stelle der beiden anderen 
Klappen findet sich ein etwa kleinhühnereigroßer Tumor, der 
das Lumen des Ostiems fast völlig ausfüllt. IJie Geschwulst 
setzt sich aus einem sehr derben, sehnig-fibrösen Gewebe zu¬ 
sammen und ist zweifellos das Produkt einer chronischen 
Entzündung der beiden Semilunarklappen. Die Oberfläche des 
Tumors ist blumenkohlartig zerklüftet und mit dicken Fibrin¬ 
ablagerungen bedeckt. Sinnfällige Erscheinungen einer Hyper¬ 
trophie des rechten Ventrikels fehlten.“ Rdr. 

Über Resorption körperlicher Elemente im Darm, 
mit besonderer Berücksichtigung der Tuberkelbaziilen. 

Von Orth, unter teilweiser Mitarbeit von Lydia Rabinowitsch. 

(Sitzungsberichte der Kgl. preuß. Akademie der Wissenschaften 1908, XXXIX.) 

Verfasser haben zunächst nachgewiesen, daß im Dickdarm 
befindliche rote Blutkörperchen von den regionären Lympli- 
drüsen resorbiert werden. Es sind dann eine größere Anzahl 
von Versuchen angestellt worden, um den Nachweis zu führen, 
daß Tuberkelbazillen vom Darme aus resorbiert werden, und 
auf hämatogenem Wege in die Lungen gelangen. Um eine 
Infektion des Respirationstraktus zu verhüten, werden die 
Bazillen per Klysma verabfolgt und die Meerschweinchen ver¬ 
schieden lange Zeit nach der Applikation der Tuberkelbazillen 
getötet. Genaue Versuchsprotokolle fehlen. Verfasser konnten 
in einigen Fällen drei Tage nach der Infektion Tuberkelbazillen 
in den Lungen nachweisen, eine Darmerkrankung war selten, 
dagegen fanden sich stets Tuberkelbazillen in den mesenterialen 
Lymphknoten. Es sind demnach die Drüsen stets primär er¬ 
krankt. Ob von dort aus die Lungen hämatogen oder lymphogen 
erkranken, ließ sich nicht ermitteln. Nach des Referenten 
Ansicht haben die Verfasser unberücksichtigt gelassen, daß die 
Lungen auch vom oberen Respirationstraktus aus erkrankt 
sein konnten. Wir wissen durch neuere Untersuchungen, daß 


No. 51. 

per Klysma eingegebene Mikroorganismen bis in den Schlund 
durch rückläufige Bewegung gelangen. Die Verfasser haben 
selbst in zwei Fällen nachgewiesen, daß per Klysma eingespritzte 
Tuberkelbazillen 1 bzw. 3 Tage nach der Infektion im Magen 
zu finden waren. Diterlen (Arb. a. d. K. G. A.) hat neuerdings 
stets schon 4 Stunden nach der Rektalinjektion von Mikroorga¬ 
nismen diese in der Speiseröhre und im Schlunde nachreifen 
können. Die in der Hauptsache von Calmette verbreitete 
Ansicht, daß die Pneumokoniosen vom Darme aus entstehen, 
dürfte als endgültig widerlegt gelten, besonders auch durch die 
neuesten Versuche von Ruata (Zentralbt. f. Bakt. 1908. Br. 48). 
Hiermit fällt eine der wichtigsten Stützen, auf welche sich die 
Anhänger des enterogenen Ursprungs der Lungentuberkulose 
bisher beriefen. M i e ß n e r. 

Zum Waehstnm der ovoiden Bakterien in Form von 
längeren Stäbchen nnd Fäden. 

Von W. Broll. 

(Zeitscbr. f. Iufektionskrankh. nsw. Bd. IV, S. 137.) 

Bei Züchtung von Schweineseuchestämmen auf Agarkulturen 
hat Junack als zufälligen Befund wahrgenommen, daß einzelne 
Stämme neben kürzeren Formen lange Fäden bilden. Diese 
Fadenbildung läßt sioh nach Broll künstlich durch Züchtung 
der Bakterien auf stark alkalischem Agar hervorrufen. 
Nach Zusatz von 5~h8proz. Normal-Sodalösung zu dem im 
übrigen in der üblichen Weise hergestellten Nähragar sieht 
man in Ausstrichen neben ovoiden Formen längere Stäbchen 
und lange Fäden. — Diese Fadenbildung konnte außer bei 
Schweineseuchebakterien auch bei Geflügelcholera- 
und Wild- und Rinderseuchebakterien, beobachtet werden, 
so daß die Bakterien dieser Gruppe auch bezüglich des Merk¬ 
mals der Fadenbildung sich konform verhalten. Richter. 


Tstgesgcscliichte. 

t 

Ezio Nlarchi. 

Am 25. Juli d. J. ist in Florenz, nach schwerer Erkrankung, 
im Alter von 39 Jahren, Professor Dr. Ezio Marchi gestorben, 
einer der unermüdlichsten Männer der Wissenschaft, die Tier¬ 
zucht und Veterinärmedizin je unter ihren Jüngern gezählt haben. 

Es geziemt sich auch für uns, das Andenken dieses Mannes 
zu ehren, dessen reger Geist über die Grenzen seiner italienischen 
Heimat hinaus an allem Anteil nahm, was in seinem Berufe ge¬ 
arbeitet wurde, und rfer besonders auch für das Deutsche Reich 
eine warme Sympathie an den Tag legte. Davon zeugten seine 
Briefe an den Unterzeichneten, in denen er durch unermüdliche 
Fragen über alles Auskunft zu haben wünschte, was auf dem 
Gebiete der Tierzucht in Deutschland und in der Schweiz 
während der letzten Jahrzehnte geleistet worden ist. Im schrift¬ 
lichen wie im persönlichen Verkehr zeigte er sich zugleich auch 
als feingebildeter, liebenswürdiger Mann, von herzlicher Dank¬ 
barkeit, wenn man seine Arbeiten durch gelegentliche Winke 
zu unterstützen vermochte, und selbst stets hilfsbereit und ge¬ 
fällig, so bald man sich für italienische Verhältnisse interessierte. 
Als bei uns die Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde ins 
Leben gerufen und die Aufgabe ins Auge gefaßt wurde, durch 
ausgedehnte Erhebungen mehr Klarheit in züchterischen Fragen 


BERLINER^IERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 







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zu gewinnen, da war Marchi der erste Ausländer, der die Be¬ 
deutung solcher Untersuchungen zu würdigen wußte, und sich 
mit dem ihm eigenen selbstlosen Eifer zur Mitarbeit auf 
italienischem Boden bereit zeigte. ' Nnn hat d$r Tod seinem 
rastlosen Streben ein jähes Ende* bereitet. Wir aber wollen 
den Entschlafenen ehren, als einen der Besten,. die Italien be¬ 
sessen hat. 

Als Mann der Wissenschaft, als Lehrer, und als ein von 
Vaterlandsliebe durchdrungener Bürger, hat Marchi, besonders 
in der Gegend des trasimenischen Sees, im Tale von Chiana, 
eine fruchtbringende Tätigkeit entfaltet und stets neue Quellen 
für die Hebung des Wohlstandes zu finden gewußt. Stets war 
er bestrebt, die Bevölkerung Mittelitaliens auf eine höhere 
wirtschaftliche und soziale Stufe zu heben, durchglüht von 
Begeisterung und von der Überzeugung des endlichen Erfolges. 
Er erweckte, wie Dr. Curradi in einem warmen Nachrufe 
schreibt, in diesen fast verkommenen Gegenden bei der Be¬ 
völkerung das Bewußtsein ihres Seins, belebte wieder die 
Gefühle von Menschenwürde und Brüderlichkeit, von Rechten 
und Pflichten, von Seelen, welche vom tatkräftigen Willen zum 
Handeln erfüllt sind, und ließ sie, gebessert an Leib und Seele 
und geeigneter zum Kampfe ums Dasein zurück.*) 

Im Val di Chiana scheint Marchi wie ein Apostel verehrt 
worden zu sein. Er hat sich um die kulturelle Hebung der 
dortigen Bauern unvergängliche Verdienste erworben, Ver¬ 
dienste, die heute in ganz Italien und darüber hinaus an¬ 
erkannt sind. 

Nachdem Ezio Marchi an der Universität von Pisa seine 
Studien in der Tierheilkunde vollendet hatte, verzichtete er 
schon nach kurzer Zeit auf die praktische Ausübung des tier¬ 
ärztlichen Berufes, um im landwirtschaftlichen Institute in Vegni 
zu wirken, wo er wiederum die schon im Athenaeum zu Pisa 
bewiesenen Eigenschaften entfaltete: entschiedenen Willen, 
schärfste Beobachtungsgabe und einen hingebenden Fleiß, der 
ihn freilich auch zur Rücksichtslosigkeit gegenüber seiner 
eigenen Gesundheit verführte. Von Pisa ging er nach dem 
landwirtschaftlichen Versuchsinstitut von Pertfgia, dann nach 
der königl. tierärztlichen Hochschule in Reggio Emilia, und 
schließlich wiederum nach Perugia an die landwirtschaftliche 
Hochschule, welche ihn festzuhalten bemüht war, bis zu seiner 
kürzlichen Berufung nach Bologna. So war die Laufbahn 
glänzend, und die Erfolge auf dem Gebiete der Wissenschaft 
ganz überraschend. Überall, wo seine Arbeit einsetzte, hinter¬ 
ließ er die Spuren seines Wirkens und brach durch die Neuheit 
und Ursprünglicl\keit seiner Ansichten den Nachfolgern Bahn. 
Und so leidenschaftlich er auch für alles einzutreten gewöhnt 
war, was er einmal als richtig erkannt hatte, so war er doch 
eine vornehme und friedfertig-heitere Natur. In literarischen 
Kämpfen fiel er nie mit persönlichen Kränkungen über seine 
Mitmenschen her, sondern suchte durch wissenschaftliche Beweis¬ 
führung den Gegner zu überzeugen. Voll Mut in der Sache, 
war er voll Maß in der Form. 

BeiMarchis feiner Geisteskultur und umfassender Bildung, 
die ihn vor schroffer Einseitigkeit bewahrte, ist es begreiflich, 

*) „Egli risuscitö in quelle popolazioni la coscienza delT essere, 
ravvivö il sentimento della dignitü e fratellanza umana, dei diritti 
e doveri, delle aspirazioni dotatc di volantä f&ttive e dictro a se 
le traase migliorate nell’ anima c nella mente, piii atte e pronte alle 
battsglie della vita.“ 


daß es ihm vergönnt war, eine eigene Schule ins Leben zu 
ruferf und enthusiastische Anhänger zu gewinnen, die in seinem 
Sinn und Geist in Italien weiter arbeiten. So ist er in seiner 
Heimat zum Begründer der wissenschaftlichen Tierzucht ge¬ 
worden, die • er auf biologischen Forschungen nnd der Rassen- 
geschichte auf baute. Und’ Iso begrüßte er auch die Deutsche 
Gesellschaft für Züchtungskunde, deren Ziele und Aufgaben bei 
ihm das tiefste Verständnis gefunden haben. 

In all seinen Schriften, Erinnerungen, Monographien, ex¬ 
perimentellen Forschungen, Kritiken nnd Berichten, wie auch 
in seinen größeren zootechnischen Abhandlungen traten in voller 
Klarheit die wissenschaftlichen Leitgedanken zutage, von denen 
aus Ezio Marchi die nationale Tierzucht betrachtete. Und es 
geht daraus hervor, daß er auch ein hohes Verständnis für alle 
Forderungen des praktischen Lebens besaß. 

Aus diesem Grunde wurden seine Ratschläge auch oft von 
den größten Zuchtzentralen Italiens gewünscht, und wo solche 
gegründet öder technisch verbessert werden sollten, Marchis 
Arbeit und seine organisatorischen Fähigkeiten in Anspruch 
genommen. Er hat die Tierzucht in seiner Heimat auf eine 
höhere Stufe gehoben, und alle ihm in Italien oder im Auslande 
anvertrauten Aufträge von Privaten oder Behörden stets zur 
Zufriedenheit und höchsten Anerkennung erledigt. Die Land¬ 
wirtschaft Italiens genießf jetzt die Vorteile seines Wirkens 
und wird auch noch in Zukunft von den Fachschriften und dem 
unermüdlichen Wirken dieses für uneigennützige Arbeit be¬ 
geisterten Mannes Gewinn ziehen. 

Da Marchi sich bewußt war, daß eine ersprießliche Arbeit 
in der Tierzucht einen weiten Horizont, sowie Anschauungen 
und Erfahrungen erfordert, so reiste er, so oft sich Gelegenheit 
bot, zur unmittelbaren Beobachtung umher und studierte dann 
wieder in seinen Laboratorien und Sammlungen, die von der 
fieberhaften Tätigkeit dieses Mannes Zeugnis ablegen. Seine 
in Italien hochgeschätzte Feder erhöhte auch im Auslande, wo 
er ein sehr geachteter Mitarbeiter bedeutender Zeitschriften war, 
das Ansehen der italienischen Wissenschaft. Von seinen An¬ 
hängern geliebt und verehrt, wurde er mit öffentlichen Ämtern 
betraut, und die hohe Achtung, welche ihm seine tadellose 
Lebensführung eintrug, sowie sein streng rechtlicher, unabhängiger 
Charakter, ließen es als gegeben erscheinen, daß er auch zum 
Führer der organisierten Tierärzte Italiens erwählt wurde. 

Sein kurzes Dasein verbrachte er mit jedem Atemzuge auf 
beruflichen Reisen oder in seinem Studierzimmer, kurz, in dem 
ununterbrochenen, fruchtbaren Wirken für seine Wissenschaft; 
und wenn das Leben für eine edle Natur wahrhaftig kein Ver¬ 
gnügen, sondern eine hohe Aufgabe ist, dann tat gerade 
Marchi wie kein zweiter seine Pflicht, zum Segen für die 
Wissenschaft und die Menschheit, unter Aufopferung seines 
eigenen Selbst. 

Professor Dr. H. Kraemer. 

Braunschweigisches Tierärztekammer-Gesetz. 
Angenommen in der Sitzung des Braunschweigischen Landtages 
vom 20. November 1908. 

§ 1. Die approbierten Tierärzte, welche sich zur Ausübung 
der Tierheilkunde im Herzogtums niedergelassen haben, werden 
durch die Tierärztekammer des Herzogtums Braunschweig in der 
durch dieses Gesetz bestimmten" Weise vertreten. 

Auf die Militärveterrnäre finden die Bestimmungen dieses Ge¬ 
setzes keine Anwendung. 


*** 





930 _BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.___No. 51. 


§ 2. Die Tierärztek«immer hat ihren Sitz in der Stadt Braun¬ 
schweig; sie führt ein Dienstsiegel mit dem springenden P/erde 
und genießt Freiheit von Stempel und Gebühren. 

§ 8. Die Tierärztekammer übt die Disziplinargewalt über die¬ 
jenigen approbierten Tierärzte aus, welche sich zur Ausübung der 
Tierheilkunde im Herzogtume niedergelassen haben; ‘jedoch unter¬ 
liegen dieser Disziplinargewalt die beamteten Tierärzte und 
städtischen Schlachthoftierärzte nur insoweit, als es sich um Ver¬ 
fehlungen in der Ausübung der Privatpraxis handelt. Darüber, ob 
die Verfehlung bei Ausübung der Privatpraxis oder bei Verrichtung 
der Amtsgeschäfte vorgekommen ist, entscheidet im Zweifelsfalle 
die Vorgesetzte Dienstbehörde des Angeschuldigten. 

§ 4. Kommen in bezug auf einen beamteten Tierarzt oder 
städtischen Schlaohthoftierarzt Tatsachen zur Kenntnis der Tier¬ 
ärztekammer, welche bei einem anderen Tierärzte die Einleitung 
eines Disziplinarverfahrens zur Folge haben würden, so bat der 
Vorsitzende der Kammer hiervon der Vorgesetzten Dienstbehörde 
des Angeschuldigten Mitteilung zu machen. 

§ 5. Die Tierärztekammer setzt sich aus fünf tierärztlichen 
Mitgliedern zusammen, von welchen je eins von den Tierärzten der 
Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt, zwei gemein¬ 
schaftlich von den in den Kreisen Gandersheim, Holzminden und 
Blankenburg ansässigen Tierärzten gewählt werden. 

Herzogliches Staatsministerium ist befugt, auf Antrag der I 
Kammer die Anzahl der Mitglieder der Kammer zu erhöhen, und 
wird im Falle einer entsprechenden Anordnung zugleich wegen der 
Wahlkörper Bestimmung treffen. 

Die Wahl der Kammermitglieder erfolgt auf sechs Jahre. Alle 
drei Jahre scheiden abwechselnd drei bzw. zwei Mitglieder aus, um 
durch Neuwahl ersetzt zu werden. Über das erstmalige Ausscheiden 
entscheidet das Los. Wiederwahl ist zulässig. Für jedes Kammer¬ 
mitglied ist zugleich ein Stellvertreter zu wählen. 

Mit beratender Stimme nimmt an den Sitzungen der Kammer 
deren Rechtsbeistand teil, welcher von ihr aus der Zahl der Braun¬ 
schweigischen öffentlichen Beamten oderRechtsanwälte gewählt wird. 

§ 0. Die Wahl der KammermitgKeder und ihrer Stellvertreter 
erfolgt von seiten der in den einzelnen Wahlkreisen des Herzogtums 
ansässigen Tierärzte auf Anordnung des Vorsitzenden der Tierärzte¬ 
kammer schriftlich durch Einsendung von Stimmzetteln an die 
Tierärztekammer. 

Zu diesem Zweck hat der Vorsitzende der Tierärztekammer die 
einzelnen Tierärzte mittelst eingeschriebenen Briefes aufzufordern, 
bei Vermeidung einer von der Kammer endgültig festzusetzenden 
Ordnungsstrafe von 10 M. und binnen einer Ausschlußfrist von drei 
Wochen einen Stimmzettel in einem Umschläge einzusenden, dem 
der Wählende, unter Angabe von Wohnort und Datum, eine be¬ 
sondere schriftliche Erklärung des Inhalts beizufügen hat, daß sich 
in dem Umschläge ein Wahlvorschlag zur Tierärztekammer befinde. 

Auf dem Stimmzettel sind die als Karamermitglieder und Stell¬ 
vertreter vorgeschlagenen Tierärzte nach Namen und Wohnort zu 
bezeichnen. 

Ungültig sind Stimmzettel, auf deren Umschlag die Person des 
Wählenden nicht bestimmt kenntlich gemacht ist oder welche die 
Person des bzw. der Vorgeschlagenen nicht deutlich bezeichnen 
oder die Namen nicht wählbarer Personen enthalten oder welche 
erst nach Ablauf der Ausscblußfrist eingehen. 

Sind mehr Namen auf dem Stimmzettel angegeben, als Mit¬ 
glieder oder Stellvertreter zu wählen sind, so gelten der Reihen¬ 
folge nach die zuerst Genannten als gewählt. 

Fehlt auf dem Stimmzettel die Angabe, wer von den Vor¬ 
geschlagenen als Mitglied und wer als Stellveitreter gewählt werden 
soll, so gelten die zuerst Genannten als zu Mitgliedern, die nächsten 
als zu Stellvertretern vorgeschlagen. 

Die Wähler sind bei der Wahl auf die in ihrem Wahlkreise 
ansässigen Tierärzte nicht beschränkt. 

Das Wahlergebnis wird durch die Tierärzlekammer festgestellt. 

Bei der Öffnung der die Wahlvorschläge enthaltenden Umschläge 
ist so zu verfahren, daß das Wahlgeheimnis gewahrt, bleibt. So weit 
erforderlich, werden die zu dem Zwecke nötigen näheren Vor¬ 
schriften im Verwaltungswege erlassen. Zur Wahl genügt einfache 


Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Vor¬ 
sitzenden der Tierärztekammer zu ziehende Los. 

Der gewählte Tierarzt ist von der auf ihn gefallenen Wahl 
durch eingeschriebenen Brief mit der Aufforderung zu benach¬ 
richtigen, sich binnen einer Woche über die Annahme der Wahl zu 
erklären. 

Die Wahl kann abgelehnt werden von demjenigen, welcher 
sechs Jahre hindurch Kammermitglied gewesen ist, für die nächsten 
sechs Jahre, und aus anderen Ablehnungsgründen, welche die Tier¬ 
ärztekammer als triftig anerkennt. Unberechtigte Ablehnung hat 
den Verlust des Wahlrechts auf die Dauer von sechs Jahren 
zur Folge. 

Das Wahlergebnis wird in den Braunschweigischen Anzeigen 
i bekannt gemacht und dem Landesmedizinalkollegium mitgeteilt. 

Mit Zustimmung der Tierärztekammer ist die Niederlegung des 
Amtes zulässig. Unberechtigte Niederlegung desselben hat den 
Verlust des Wahlrechtes für die gleiche Zeitdauer zur Folge, wie 
die unberechtigte Ablehnung der Annahme der Wahl. 

§ 7. Die Aufgabe der Tierärztekammer umfaßt: 

1. die Führung der Rollen der Tierärzte; 

2. die* Wahrnehmung der tierärztlichen Standesinteressen durch 
Anträge an die Landesregierung; 

8. die Sorge für Entfaltung und Erhaltung eines würdigen 
Standesgeistes durch Erlaß einer Standesordnung, in welcher 
diejenigen Pflichten zusammengestellt werden, die den 
approbierten Tierärzten in Ausübung ihres Berufs zur 
Wahrung der Ehre und des Ansehens ihres Standes in- und 
außerhalb ihrer Berufstätigkeit obliegen; 

4. die Ausübung der Disziplinargewalt über die Tierärzte (§ 3); 

5. die Sorge, Streitigkeiten unter den Tierärzten vorzubeugen, 
bei entstandenen Streitigkeiten die gütliche Beilegung zu 
versuchen und über eingereichte gegenseitige Beschwerden 
zu entscheiden; 

6. die Erstattung von Gutachten über Angelegenheiten der 
Tierärzte und der Tiergesundheitspflege, insbesondere über 
den Erlaß und die Veränderung einer Gebührenordnung für 
die approbierten Tierärzte, wenn solche vom Herzoglichen 
Staatsministerium oder von dem Landesmedizinalkollegium 
gefordert werden; 

7. die Erstattung von Gutachten über Streitigkeiten zwischen 
Privatpersonen und Tierärzten anläßlich der Berufsausübung 
der letzteren, wenn solche Gutachten von den Streitenden 
oder einer Behörde angefordert werden; 

8. die Beaufsichtigung der Kassen- und Rechnungsführung der 
Kammer; 

9. die weitere Verfolgung von Beschwerden, welche Tierärzte 
gegen Behörden oder Beamte zu führen haben und zur 
weiteren Verfolgung an die Kammer abgeben; 

10. die schiedsrichterliche Entscheidung über die Höhe des im 
Einzelfalle zur Anwendung zu bringenden Satzes der tier¬ 
ärztlichen Gebührenordnung auf Anrufen beider Teile. 

§ 8. Die Kammer kann nach Anhörung der Beteiligten 
folgende Disziplinarstrafen verhängen; 

1. Warnung; 

2. Geldstrafe bis 500 Mark; 

3. Schriftlichen Verweis; 

4. Verweis vor versammelter Kammer; 

6. Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts für eine oder 
mehrere Wahlperioden und entsprechende öffentliche Be¬ 
kanntmachung. 

Es bleibt dem Ermessen der Kammer überlassen, unter diesen 
Strafübeln zu wählen oder auch mehrere zugleich anzuwrenden. 

Die durch ein eingeleitetes Disziplinarverfahren erwachsenen 
Kosten (Auslagen) können dem Bestraften ganz oder teilweise 
auferlegt und im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens ein¬ 
gezogen werden. 

Von den abgegebenen Disziplinarverfügungen ist dem Landes¬ 
medizinalkollegium Mitteilung zu machen. 

$ 9. Disziplinarverfügungen der Kammer, einschließlich der 
nach § 8 Absatz 3 ergehenden Kostenentscheidungen, können von 




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dem V erurteilten mittelst Beschwerde beim „tierärztlichen Disziplinar- 
hof*‘ angefoehten werden; dessen Entscheidung ist endgültig. 

Der Disziplinarhof besteht aus einem von der Herzoglichen 
Landesregierung zu ernennenden richterlichen Beamten, welcher 
den Vorsitz führt, einem gleichfalls von Herzoglicher Landes¬ 
regierung zu ernennenden Mitgliede des Landesmedizinalkollegiums 
und einem von der Tierärztekammer auf sechs Jahre zu wählenden 
Mitgliede, welches nicht zugleich Mitglied der Kammer sein darf. 
An den Disziplinarhof zu richtende Beschwerden sind binnen einer 
Ausschlußfrist von 14 Tagen nach Zustellung der anzufechtenden 
Verfügung bei der Kammer einzureichen und von dieser unter 
Beifügung der Vorakten an den Disziplinarhof weiter zu befördern. 

§ 10. Der Geschäftsgang der Tierärztekamraer bei Ausübung 
ihrer Disziplinarbefugnis und des Disziplinarhofes regelt sich nach 
einer Anweisung, die vom Herzoglichen Staatsministerium nach 
Anhörung der Tierärztekammer zu erlassen ist. 

§ 11. Für den Geschäftsgang der Kammer ist, insoweit nicht 
die nach dem § 10 vom Herzoglichen Staatsministeriura zu er¬ 
lassenden Vorschriften in Frage kommen, die von der Kammer 
selbst festzustellende „Geschäftsordnung“ maßgebend. 

Die Kammer wählt in der ersten nach jeder Neuwahl von 
Kammermitgliedern stattfindenden Sitzung mit voller Stimmen¬ 
mehrheit aus ihren Mitgliedern einen Vorsitzenden und einen 
Stellvertreter, welche die Geschäfte nach der Geschäftsordnung zu 
leiten haben. 

Mitglieder der Kammer, gegen welche eine der in § 8 Ziffer 3, 
4 und 5 aufgeführten Disziplinarstrafen verhängt oder eine gericht¬ 
liche Bestrafung wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens 
erfolgt ist, scheiden für die betreffende Wablzeit aus der Kammer aus. 

Scheidet aus diesen oder anderen Gründen ein Mitglied der 
Kammer aus, so hat der Vorsitzende bis zu der alsbald anzu¬ 
ordnenden Ersatzwahl seinen Stellvertreter einzuberufen und für 
diesen mit Zustimmung der Kammer einen einstweiligen Vertreter 
zu bestimmen. 

Die Ersatzwahl hat nur für die Dauer der regelmäßigen Wahl¬ 
periode Geltung. 

§ 12. Die Kammer ist beschlußfähig, wenn mindestens drei 
Mitglieder, unter denen sich der Vorsitzende oder dessen Stell¬ 
vertreter befinden muß, anwesend sind. 

Ihre Beschlüsse werden nach voller Stimmenmehrheit gefaßt. 
Bei Stimmengleichheit entscheidet in Disziplinarsachen die für den 
Beschuldigten günstigere Meinung, in anderen Fällen die Stimme 
des Vorsitzenden. 

$ 18. Die Kammer versammelt sich, so oft der Vorsitzende 
sie zusammenruft, oder sobald mindestens zwei Mitglieder der 
Kammer die Anberaumung einer Sitzung bei dem Vorsitzenden 
unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragen. 

Ein Mitglied, welches am Erscheinen behindert ist, hat dies 
unter Angabe der Gründe vor der Sitzung beim Vorsitzenden an¬ 
zuzeigen und zugleich seinen Stellvertreter zu benachrichtigen, auf 
welchen dadurch die Pflicht zum Erscheinen übergeht. Mitglieder 
und Stellvertreter, welche ohne genügende Entschuldigung nicht 
erscheinen, und Mitglieder, welche im Falle eigener Behinderung 
ihfen Stellvertreter rechtzeitig zu benachrichtigen versäumen, ver¬ 
fallen in eine Strafe bis zu 15 Mark, welche endgültig von der 
Kammer verfügt wird. 

§ 14. Mindestens alle zwei Jahre hat die Kammer einen Bericht 
über ihre Tätigkeit abzufassen und nebst einer Abrechnung über 
die Kassenverhältnisse den wahlberechtigten Tierärzten des Herzog¬ 
tums, sowie dem Landesmedizinalkollegium zugehen zu lassen. 

§ 15. Bei der Kammer wird eine Kasse eingerichtet; die 
Kassen- und Rechnungsführung wird von der Kammer geordnet. 

In die Kasse fließen: 

1. Die einmaligen Eintrittsgelder von je 15 Mark, welche als¬ 
bald nach dem Inkrafttreten gegenwärtigen Gesetzes von 
jedem eine tierärztliche Tätigkeit im Herzogtum ausübenden 
und darin wohnenden approbierten Tierarzt und demnächst 
von jedem neu hinzukommenden approbierten Tierärzte zu 
entrichten sind; 

2. die von der Kammer verhängten Disziplinär- und Ordnungs¬ 
geldstrafen; 


3. die von den Tierärzten aufzubringenden Beiträge, welche 
ihrer Höhe nach von der Kammer je nach Bedarf festgestcllt 
und ausgeschrieben werden. 

Alle diese Kasseneinnahmen werden erforderlichenfalls im Wege 
des Verwaltungszwangsverfahrens beigetrieben. 

Aus der Kasse bestritten werden die durch die Geschäfts 
führung der Kammer entstehenden Kosten, insbesondere auch die 
dom juristischen Beistand und dem etwa außerdem angenommenen 
Schrift-, Kassen- und Rcchnungsführer auszuwerfende feste Ent¬ 
schädigung und die den auswärtigen Mitgliedern der Kammer für 
die Reisen zu den Sitzungen nach Maßgabe der Geschäftsordnung 
zu bewilligenden Tagegelder und Reisekosten. 

§ 16. Die im Herzogtum ansässigen Tierärzte haben den von 
der Kammer innerhalb ihrer Zuständigkeit gefaßten Beschlüssen 
und abgegebenen Verfügungen Folge zu leisten. Gegen Ungehor¬ 
same kann die Kammer nach Befinden Ordnungsstrafen bis zu 
30 Mark verhängen. Die Herzoglichen Behörden und Beamten 
haben der Kammer und dem Disziplinarhof bei den derselben nach 
ihrer Zuständigeit obliegenden Geschäften auf Ersuchen die er¬ 
forderliche Hilfe zu leisten. Insbesondere haben in Disziplinär- 
Untersuchungssachen die Herzoglichen Amtsgerichte bei der Er¬ 
mittlung oder Feststellung von Tatsachen auf Ersuchen mitzuwirken 
und auf Antrag Zeugen öder Sachverständige unter Beiladung des 
Beschuldigten und des von der Kammer bestellten Berichterstatters 
eidlich zu vernehmen. Bei den bezüglichen Handlungen der er¬ 
suchten Gerichte finden die §§ 158—160, 166 G. V. G. bzw. die 
Bestimmungen der St. P. 0. über die Vernehmung von Zeugen und 
Sachverständigen mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß 
die zur Erzwingung des Zeugnisses zulässige Haft nicht über die 
Zeit von sechs Wochen hinaus angeordnet werden kann. 

§ 17. Die Kammer steht unter der unmittelbaren Aufsicht des 
Herzoglichen Staatsministeriums, welches solche durch einen dazu 
besonders ernannten Beauftragten ausüben wird. 

Der Regierungsbeauftragte ist berechtigt allen Sitzungen der 
Kammer beizuwohnen und gegen ihre Beschlüsse, insoweit diese 
nicht nur Disziplinarverfügungen enthalten, Einsprache einzulegen. 
Geschieht dies, so ist die Ausführung der Beschlüsse bis dahin, 
daß das Herzogliche Staatsministerium entschieden hat, auszusetzen. 

Der Regierungsbeauftragte ist von den angesetzten Kammer¬ 
sitzungen zeitig zuvor zu benachrichtigen. Die von der Kammer 
gefaßten Beschlüsse sind ihm mitzuteilen. 

§ 18. Übergangsbestimmung. 

Bei der erstmaligen Bildung der Tierärztekammer werden die 
durch § 6 dem Vorsitzenden der Tierärztekammer bzw. dieser 
selbst zugewiesenen Obliegenheiten von einer Kommission wahr¬ 
genommen, welche aus dem Kreistierarzt des Kreises Braunschweig 
als Vorsitzenden und zwei weiteren, von jenem auszuwählenden in 
der Stadt Braunschweig ansässigen Tierärzten besteht. 

§ 19. Dieses Gesetz tritt, soweit es sich um die zu seiner 
Durchführung erforderlichen Maßnahmen handelt, mit dem Tage 
seiner Verkündigung, im übrigen am 1. April 1909 in Kraft 

Alle, die es angeht, haben sich hiernach zu achten. 

* 

Die Braunschweigischen Tierärzte sind zu diesem Erfolge 
ilirer Bestrebungen zu beglückwünschen. Das Gesetz im ganzen 
kann als mustergültig bezeichnet werden und erfüllt alle be¬ 
rechtigten Wünsche. Namentlich ist es gelungen, in § 3 einen 
klaren und richtigen Mittelweg zur Abgrenzung der Disziplinar- 
befugnisse zu finden. S. 

Zur Besoldung der Kreistierärzte. 

Von Professor Dr. Schmaltz. 

Die Kommission für die Beratung der Beamtenbesoldungs¬ 
vorlage in Preußen hält in dieser Woche die zweite Lesung 
ab. Es wäre also jetzt die letzte Möglichkeit gegeben, jenen 
Beschluß zu revidieren, durch welchen die Kreistierärzte eine 
ebenso peinliche als unbegründete Zurücksetzung gegenüber 
den Kreisärzten erfahren haben. Der Antrag, das Gehalt 
der Kreisärzte zu erhöhen, kam ganz überraschend; er war, 





032 

da er von allen Parteien aufgenommen wurde, offenbar in aller 
Stille vorzüglich vorbereitet werden. Wenn die Kreistierärzte 
eine ähnliche Einwirkung auf die KommissionBmitglieder nicht 
versucht haben, so kann ihnen das die Kommission eigentlich 
nur hoch anreebnen, und die Standesgenossen dürfen ihnen nicht 
den Vorwurf der Lässigkeit machen; denn man hatte eben an¬ 
genommen, daß an den vorgeschlagenen Sätzen, wenn das ganze 
Werk zustande kommen sollte, nicht allzu viel gerüttelt werden 
dürfe, und daß gerade die akademischen Kreise sich mit ihren 
Wünschen Zurückhaltung auferlegen müßten. Der Antrag auf 
Erhöhung des Gehalts der Kreisärzte hätte gerechtigkeishalber 
mit einem gleichen Antrag für die Kreistierärzte beantwortet 
werden müssen. Regierungsseitig konnte ein solcher Antrag 
nicht gestellt werden, da die ganze Vorlage auf festen Ab¬ 
machungen beruht. Daß aus der Kommission heraus ein solcher 
Antrag nicht gestellt worden ist, findet nicht dadurch allein 
seine Erklärung, daß die Position der Kreistierärzte vor der 
für die Kreisärzte zur Beratung gekommen war. Es gewinnt viel¬ 
mehr — man muß es mit Bedauern aussprechen — den Anschein, 
als ob auf mehreren Seiten des Hauses und gerade unter den 
landwirtschaftlich interessierten Parteien die Stimmung gegen 
die Kreistierärzte, die früher eine durchaus wohlwollende war, 
öleh merklich zuungunsten verändert habe. Es ist dies um so 
befremdlicher, als doch wirklich gerade von den sachverständigen 
Seiten unmöglich verkannt werden kann, daß die Kreistier¬ 
ärzte nicht allein ihre Schuldigkeit im Dienste der Land¬ 
wirtschaft voll getan haben, sondern gerade in den letzten 
Jahren z. B. mit der Niederhaltung der Maul- und Klauenseuche 
und mit der Tilgung der Lungenseuche glänzende Erfolge erzielt 
haben, für die sie eigentlich auch von den Interessenten einige 
Anerkennung erwarten dürften. Wehn statt dessen bei letzteren 
— das schien auch bei den Beratungen des Seuchengesetzes 
durchzusickern — eine Art von Gereiztheit sich bemerklich 
macht, so wird man vergeblich nach einem berechtigten Grunde 
dazu suchen. Es scheint fast,, als ob die Bekämpfung der 
Schweineseuchen eine Mißstimmung in der Landwirtschaft erzeugt 
hätte, die man bei der Erfolglosigkeit jenes Kampfes an sich 
verstehen kann, die aber auf die Kreistierärzte unter keinen 
Umständen sich entladen darf. Es ist dies um so unberechtigter, 
als jener Kampf jetzt ganz andere Bahnen einzuschlagen beginnt 
und die Tätigkeit der Kreist ierärzte auf diesem Gebiete ganz 
außerordentlich zurückgegangen ist. Die Vertreter der Parteien, 
namentlich, wie gesagt, der landwirtschaftlich interessierten, 
sollten es sich daher doch in zwölfter Stunde ernstlich über¬ 
legen, ob sie angesichts der Erfolge der Veterinärpolizei den 
Kreistierärzten nicht wenigstens Gerechtigkeit widerfahren lassen 
sollten. Es wäre vielleicht nicht einmal politisch klug, wenn 
die Kreistierärzte gerade von dieser Seite — anscheinend 
wenigstens — vor den Kopf gestoßen würden; denn auch die 
Landwirtschaft hat durchaus ein Interesse daran, daß die Kreis¬ 
tierärzte auf ihrer Seite stehen und nicht etwa, auch einer 
Mißstimmung folgend, ihren vielfach nicht unerheblichen Einfluß 
in anderer Richtung geltend machen. Wenn der zweitgrößte 
deutsche Bundesstaat seine Bezirkstierärzte den Ärzten gleich¬ 
stellt, so kann der größte Staat unmöglich gerade das Gegenteil 
tun. Die Kreistierärzte haben nichts gesagt, als sie die Gleich¬ 
stellung nicht erlangten; aber es muß ihnen die Geduld reißen, 
wenn nun nicht einmal der von der Regierung vorgeschlagene 
Abstand innegehalten wird. Die (angeblich gefallene) Be¬ 


No. 51 


hauptung, daß die Kreist ierärzte viel höhere Einnahmen hätten, 
ist eine vollkommen willkürliche; mit Recht hat Krüger auf 
die entsprechenden Nebeneinnahmen der Kreisärzte hingewiesen. 
Wer in einer arbeits- und verdienstreichen Kreistierarztstelle 
sitzt, der ist auch in längstens 20 Jahren fertig mit seiner 
Kraft; denn an Anstrengung ist der kreistierärztliche Dienst 
allerdings doppelt so reich als der des Kreisarztes. Es wird in 
mehr als einer Richtung keine gute Wirkung haben, wenn der 
Kommissionsbeschluß bestehen bleibt. Das Richtigste wäre daher 
schon, wenn die Kommission zu dem A nun auch das B sagte, 
den Kreisärzten die Erhöhung ließe und sie den Kreistierärzten 
ebenfalls zuspräche. 

Anträge in der Kommission. 

Dem Vernehmen nach sind bereits Anträge von Kommissions¬ 
mitgliedern gestellt worden. Der eine besagt einfach, daß das 
Gehalt der Kreisfierärzte auf 1500—3300 M., im Durchschnitt 
2400 M., festgesetzt werden soll. Im Fall der Ablehnung 
wird beantragt werden: 1200—3300 M. in 5 Stufen und zwar 
95 zu 1200, 94 zu 1800, 95 zu 2300, 94 zu 2800, 94 zu 3300, 
wobei sich auch noch eine mäßige Erhöhung des Durchschnitts¬ 
gehaltes ergeben würde. Ein Antrag, das Gehalt auf 1200 bis 
3300 M. festzusetzen, unter Belassung des ursprünglichen 
Durchschnittsgehaltes von 2100 M., hat natürlich gar keinen 
wirklichen Wert. Ferner wird beantragt werden, bei der 
Pensionierung statt 1950 M. in Anrechnung zu bringen 2250 M. 

Das Ergebnis. 

Soeben meldet die Morgenzeitung, daß die Kommission ihre 
Beschlüsse schon gefaßt hat. Den Kreisärzten ist ihre Gehalts¬ 
erhöhung von 600 M. (2400—4200 M., durchschnittlich 3300 Mv) 
gegen einen konservativen Antrag belassen worden. Dem 
Durchschnittsgehalt der Kreistierärzte sind — sage und 
schreibe: 250 M. hinzugefügt worden (2350 M. statt 2100 M.). 
Hat’s für 300 M. wirklich nicht gelangt? Gott der Gerechte! 
Nähere Angaben fehlen noch. 

Die Gehälter der badischen Bezirkstierärzte. 

In den Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte hat 
Oberregierungsrat Hafner die gegenwärtige Stellung der 
Bezirkstierärzte im neuen Gehaltstarif historisch besprochen, 
woraus folgendes zu entnehmen ist. 

Durch das Beamtengesetz vom 24. Juli 1888 erhielten die 
Bezirkstierärzte Gehälter von 700 bis 1600 M. (sie erreichten 
dadurch in Deutschland damals eine bevorzugte Stellung); dazu 
kam ein Wohnungsgeld von 130 M.; nach 30 jähriger Anstellung 
konnte man in den Bezug des Höchstgehalts einrücken. Die 
Novelle zur Gehaltsordnung von 1894 versetzte die Bezirks¬ 
tierärzte aus der Klasse G nach F. 0. Z. 6 mit einem Gehalt 
von 1000 bis 2200 M., welches letztere in 17 Jahren erreicht 
werden konnte. Durch das Wohnungsgeldgesetz von 1902 
wurde eine erhebliche Erhöhung des Wohnungsgeldes erreicht. 

Nach der neuen Regelung vom 24. Juni d. J. sind die 
Bezirkstierärzte aus der Klasse F in die Klasse D 4 versetzt 
mit einem Gehalt von 1200 bis 2800 M., welches in 16 Jahren 
erreicht wird; dazu werden bei der Pensionierung 700 M. wandel¬ 
bare Bezüge angerechnet und ebenso ein Wohnungsgeld von 
900 M., so daß das höchste pensionsfähige Einkommen in dieser 
Klasse sich auf 4400 M. beläuft. Ein Drittel der Bezirks¬ 
tierarztstellen ist jedoch in eine gehobene Klasse C 5 gebracht 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



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HERLINER TIERÄRZTLICHE„WOCHKNSCmiFT. 


worden mit einem Gehalt von 2000 bis 3800 M., erreichbar 
in 12 Jahren, einem Wohnungsgeld von 1050 M. und einer An¬ 
rechnung von 1000 M. Nebenbezügen bei der Pensionierung, 
so daß hier das pensionsfähige Höchsteinkommen sich auf 
5850 M. beläuft. Dazu treten noch außerordentliche Zulagen 
in Klasse D 200 M. und in Klasse € 300 M. Der Referent 
gedenkt lobend der Tätigkeit der Kommission, die von den 
Bezirkstierärzten zur Vertretung ihrer Wünsche gewählt worden 
ist. Er betont, daß mit dem Erfolg die Reorganisation des 
Veterinärwesens in bezug auf die Stellung der beamteten Tier¬ 
ärzte einen voraussichtlich längere Zeit dauernden befriedigenden 
Abschluß gefunden hat. Eine völlige Gleichstellung aller 
Veterinärbeamten mit den Sanitätsbeamten auch in betreff des 
Gehaltes ist allerdings noch nicht erreicht worden; dieser letzte 
Wunsch wird einer künftigen Revision Vorbehalten bleiben 
müssen. 

Ein Wort zur Besetzung amtlicher Stellern 

Von Amtstierarzt Kunze-Lommatzsch. 

Die Erörterung dieser Frage macht sich nachgerade einmal 
notwendig, nachdem speziell in Sachsen zu wiederholten Malen 
bei Besetzung amtlicher Stellen Gesichtspunkte maßgebend ge¬ 
wesen sind, die keinesfalls den Beifall der praktischen Tier¬ 
ärzte finden konnten. 

Früher herrschte, speziell in Sachsen zu Siedamgrotzkys 
Zeiten, die Ansicht, daß zur Bekleidung einer amtlichen staat¬ 
lichen oder höheren städtischen Stellung ohne weiteres ganz 
besonders die Militärveterinäre vorgebildet seien, gleichviel ob 
sie in der Praxis gestanden, ob sie jemals Fleischbeschau aus¬ 
geübt hatten pder nicht« Meist hatten dieselben keins von 
beiden getan, denn die einseitige Pferdepraxis bei der Truppe 
kann, zumal vom Standpunkte der Seuchenbekämpfung aus, als 
allgemeine praktische Ausbildung wohl nicht gelten. Ein Nicht- 
Militär kam verhältnismäßig selten an die Reihe, der Militär¬ 
veterinär war eben der Mann für alles. Oder ist es etwa 
Zufall, daß die große Anzahl Zivilstudierender aus ihren Reihen 
weniger Inhaber .solcher Stellen entsandte ^als die verschwindend 
geringe Zahl der Militärstudierenden? Daß diese Stellen in 
der Folge natürlich Hand in Hand gingen, dafür könnte man 
noch aus der letzen Zeit der Siedamgrotzkyschen Tätigkeit ein 
schlagendes Beispiel anführen. Hat neuerdings das alte Vor¬ 
recht der Militärveterinäre zu existieren aufgehört, so findet 
dennoch eine auffällige Bevorzugung, nur nach anderer Richtung 
hin, statt. Zunächst die Äußerlichkeit der Promotion, die ich 
als Vorbedingung gern gelten lasse für Dozenten, und welche 
zu erwerben ich jedem jungen Kollegen nur empfehle, die aber 
für die Tüchtigkeit unserer beamteten Tierärzte ganz ohne 
BelaDg ist, denn sonst müßten die meisten unserer älteren be¬ 
amteten Tierärzte als nicht genügend \ tüchtig pensioniert 
werden. Und doch war es gerade die promotionslose 
Generation, die im Verein mit meist immaturen Hochschul¬ 
lehrern den Aufschwung im Veterinärwesen mit herbeiführten, 
die den jüngeren Kollegen, die sicherlich nichts für die Ein¬ 
führung der Maturität und die Möglichkeit der jetzt so ge¬ 
wichtig hervorgekehrten Promotion können, als reife Frucht in 
den Schoß fällt. Mit der Hervorhebung einer jetzt zufällig er¬ 
möglichten reinen Äußerlichkeit sanktioniert der Staat geradezu 
die Zweiteilung der Tierärzte in solche erste und zweiter 
Klasse, er beleidigt direkt die nichtpromovierten Kollegen, 


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indem er sie für unfähig zur Bekleidung einer amtlichen 
Stellung erklärt. Wieviele Angehörige anderer Berufe, in 
denen man nicht derart durch solche Äußerlichkeiten zu 
imponieren sucht und braucht, wo man vielmehr den Mann nach 
seinem wirklichen Werte schätzt, erklimmen auch ohne 
Promotion viel höhere Rangstufen, als es uns überhaupt 
möglich ist, ich erinnere nur an höchstgestellte Juristen, 
Gesandte, Minister usw. Bei uns hingegen glaubt man ohne 
diese Äußerlichkeit fast nicht leben zu können. 

Ein weiterer Punkt, und zwar der wichtigste, ist die ganz 
offensichtliche Bevorzugung der ehemaligen Hoch¬ 
schulassistenten. Nicht jeder hat Neigung zu solchem Amte 
oder es fehlen ihm die Verbindungen zur Erlangung eines solchen. 
Es sind nicht stets die tatkräftigsten Kollegen, die den Weg 
in die an die Person selbst viel höhere Anforderungen stellende 
Praxis scheuen und ein ruhiges und sorgenfreies Leben unter 
den Fittichen der Hochschule vorziehen. Warum auch, diese 
Hoehschule versorgt ja so manchen später mit einer bequemen 
Existenz!*) Wenn die nötigen Jahre abgeschraubt sind, vielleicht 
als Übergang noch einige Zeit Fleischbeschau ausgeübt ist, oder 
auch nicht, dann ist man ja wohl heutzutage das Ideal eines 
Bewerbers um eine amtliche Stellung. Daß diese meine Ansicht 
auch von anderen geteilt wird, also wohl richtig ist, beweist 
neben den Ausführungen des Kollegen Haupt (cf. B. T. W. 
Nr. 32) unter anderem die Tatsache, daß ein Tierarzt, vor 
zirka einem Dezennium approbiert, im Besitze der Promotion 
und des amtlichen Examens, alles im Stiche gelassen hat und 
jetzt an der Dresdener Hochschule eine mäßig bezahlte Assistenten- 
Btelle bekleidet. Warum? Doch nicht etwa, um sich in dem 
betreffenden Fache, in welchem nach Lage d^ Falles ein Weiter¬ 
arbeiten oder Nutzen für später so gut wie ausgeschlossen ist, 
weiter auszubilden! Wer weiß es, die Zukunft wird es lehren, 
wir werden ja sehen! Einstweilen jedenfalls berechtigt das 
Geschehene zu eigenen Gedanken. Denn vor einigen Jahren 
avancierte ein Assistent desselben Instituts unter ähnlichen 
Verhältnissen kurzerhand zum Königlich Sächsischen Bezirks¬ 
tierarzte, auch ohne die nötigen praktischen Erfahrungen. 
Oder, so möchte ich mit Haupt fragen, hält man einen Assistenten 
eines Hochschulinstituts z. B. auch desjenigen für Tierzucht, 
ohne weiteres für geeignet, eine solche Stelle einzunehmen? 
Man kann sich dessen Klage, daß zuweilen recht wenig geeignete 
Persönlichkeiten den Vorzug erhalten, nur anscbließen. Sollte 
da die Aussicht, daß die Assistentenstellung das Sprungbreit 
zum beamteten Tierarzte bildet, nicht verlockend genug sein, 
um den dargelegten Rückschritt zu machen! 

Es wäre schlimm, wenn die Professoren unserer Hoch¬ 
schulen sich den nötigen Nachwuchs an Assistenten dadurch 
sichern müßten, daß man ihnen in Aussicht stellt, als Entgelt 
für ihre Dienste die beamteten Tierärzte aus ihren Reihen zu 
wählen; nebenbei auch ungerecht, da man doch beim besten 
Willen nicht alle unterbringen kann. Ist die Aussicht, als 

♦) Jeder wirkliche oder vermeintliche Übelstand mag öffentlich 
besprochen werden und jede solche Besprechung, die sich durch 
ihren Charakter qualifiziert, findet in der B. T. W. eine Stätte. 
Aber ich muß hier doch Verwahrung dagegen einlegen, als ob die 
Bequemlichkeit das reguläre Zugmittel für Bewerbungen um 
Assistentenstellen wäre. Ich denke, es ist doch wohl ein gewisser 
Drang nach Fortbildung (Ausnahmen kommen vor). So bequem 
sind auch die Assistentenstellen gar nicht, von der „Bezahlung“ (?) 
ganz abgesehen. S. 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Assistent sich in einem zusagenden Fache besonders auszubilden, 
bei der Promotions- oder amtlichen Arbeit die Hilfsmittel der 
verschiedenen Institute, die Bibliothek usw. der Hochschule so¬ 
fort zur Hand zu haben, nicht Zugmittel genug, dann mag man 
einfach die Bezahlung erhöhen, statt umgekehrt sich zum 
Schaden anderer zu verpflichten. Daß man jetzt in besser 
bezahlte Stellen vielfach unter Beiseiteschiebung älterer d. h. 
im richtigen Alter stehender Kollegen zu junge, zum Teil recht 
unerfahrene Tierärzte, die versorgt werden möchten, wählt, ist 
von anderer Seite an dieser Stelle mit Hecht schon gerügt 
worden. Es gibt nicht wenige Fälle, in denen sicher der 
Untergebene dem Vorgesetzten über war. Wohin aber soll das 
führen? Soll eine solche absichtliche Kränkung eines großen 
Teiles unserer Tierärzte durch offensichtliche Bevorzugung 
Einzelner dem Ganzen zum‘Gedeihen gereichen? Mit nickten, 
das gerade Gegenteil ist der Fall! — Wenn ich behaupte, daß 
nur derjenige Tierarzt zur Abgabe eines der fachmännischen 
Kritik standhaltenden Gutachtens ev. Obergutachtens im Gebiete 
der Fleischbeschau oder der kurativen Praxis mit Einschluß 
der Seuchenbekämpfung fähig ist, der die dazu erforderliche Er¬ 
fahrung besitzt, so wird mir wohl jeder recht geben. Gründliche 
Erlernung der Fleischbeschautechnik usw. an einem größeren 
Schlachthofe, die anschließende Beurteilung der zum Teil recht 
schwierigen Notschlaclitungen in Verbindung mit umfangreicherer 
kurativer Praxis während eines möglichst langen Zeitraumes, 
nicht etwa nur ein Jahr oder gar Monate, sind die unerläßliche 
diesbezügliche Vorbedingung. Man bedenke, daß der beamtete 
Tierarzt bei divergierenden Gutachten von den Gerichten oft 
als Obergutachter angerufen wird und in Fleischbeschauangelegen¬ 
heiten überhaupt die letzte Instanz bildet. Die älteren unserer 
beamteten Tierärzte werden dem Werdegange unserer noch 
jungen FleischbeschauwissenBchaft durch Selbststudium* gefolgt 
sein, unterstützt von ihrer praktischen Erfahrung. Von einem 
jungen angehenden beamteten Tierärzte dagegen muß man mit 
allem Nachdruck fordern, daß er die nötige praktische 
Erfahrung in Praxis und Fleischbeschau unbedingt 
mitbringt. Wird er den oben angegebenen Bedingungen nicht 
voll und ganz gerecht, dann ist er für solche Stelle nicht 
genügend qualifiziert, dann gehört er eben nicht dorthin. Es 
darf keinesfalls mehr geduldet werden, daß die Herren Kollegen 
nach ihrer Anstellung erst sich die fehlende und doch so nötige 
Erfahrung aneignen wollen bzw. müssen, nicht zuletzt auf Kosten 
der umwohnenden Privattierärzte. Wie darf der neuangestellte, 
noch unerfahrene beamtete Tierarzt, der bisher hinter Schlacht¬ 
hof- oder Hochschulmauern ein von den Mühen und Beschwerden 
aber auch den Problemen der Praxis unberührtes, sorgsam be¬ 
hütetes beschauliches Dasein führte, beurteilen, ob die Ansicht 
des wohlerfahrenen älteren Praktikers betreffs einer Not¬ 
schlachtung oder einer Seuche, die der jüngere vielleicht noch 
nie allein gesehen, die richtige ist! Bei Seuchen, die der be¬ 
treffende anzeigende Privattierarzt wohl fast immer bereits fest¬ 
gestellt hat, mag das Dilemma ja nicht allzu gefährlich sein, 
anders in der kurativen Praxis. Man kann getrost behaupten, 
daß alle diese Bedingungen bei den meisten Neuanstellungen 
speziell in Sachsen m. v. w. nicht erfüllt worden sind. 

Auch die Besetzung der Stellen der Sachverständigen bei 
der staatlichen Schlachtviehversicherungsanstalt fand in Sachsen 
wenig Verständnis, zumal als man den Fehler machte, an die 
zweite Stelle wiederum einen Herrn, noch dazu von jungen 


Jahren, zu wählen, der keine Erfahrung aus der Praxis betreffs 
Notschlachtungen mitzubriugen hatte und doch über die 
Beurteilung der im Lande vorgekommenen zu Gericht sitzen 
soll. Fehler kann man machen, aber man soll dieselben nicht 
in verstärktem Maße wiederholen. Völlig fern liegt es mir, den 
betreffenden Herren aus dem Mangel an vorheriger Praxis einen 
Vorwurf machen zu wollen, sie selbst werden nicht zum 
wenigsten darunter zu leiden gehabt haben. Diese Stellen 
sollten älteren, geeigneten Praktikern, die nach den Beschwer¬ 
nissen langjähriger Praxis noch einige Jahre ruhiger Arbeit 
leben und auch einmal die angenehmen Seiten des Lebens kennen 
lernen wollen, eventuell unter Modifizierung der Pensionsver¬ 
hältnisse unbedingt Vorbehalten bleiben. Ich glaube, es gäbe 
deren genug. 

Aus vorstehendem ergibt sich eigentlich von selbst, welche 
Gesichtspunkte bei Besetzung amtlicher Stellen maßgebend sein 
sollten; doch das sind nicht alle. Man nehme sich die Mühe, die 
vorhandenen Anwärter auf ihre Geeignetheit zu prüfen, man wähle 
unter ihnen einen ans. Man schreibe ferner offene Stellen, statt 
in dem von keinem Tierärzte gelesenen Regierungsblatt, in einer 
tierärztlichen Fachzeitung aus oder wenigstens in der am meisten 
gelesenen gleichzeitig mit aus, wie es mit den preußischen 
Stellen schon geschieht, sonst gelangt die Vakanz nur zur 
Kenntnis der in der Zentrale wohnenden oder auf irgendeine 
andere Weise mit ihr in Verbindung resp. Fühlung stehenden 
Tierärzte. Der Provinztierarzt, zumal der nicht inkorporiert 
gewesene, erfährt natürlich nichts. Doch nicht nur die Fähig¬ 
keit, auch das Verdienst entscheide bei der Wahl, die 
am besten aus mancherlei Gründen, zumal in Sachsen, eine 
solche ohne vorgängige Ausschreibung und Bewerbung ist. 
Man spricht vom dankbaren Vaterlande! Jeder noch so 
kleine Beamte, der eine oft weniger verantwortungsvolle, 
doch meist angenehmere Position innegehabt, als der 
praktische Tierarzt, hat ein Recht auf diesen Dank in Form 
seiner Pension. Anders der praktische Tierarzt. Dieser darf 
zeitlebens, Tag und Nacht und tagtäglich, Sonn- und Feiertage 
inbegriffen, für das Wohl der vaterländischen Landwirtschaft und 
Erhaltung des Nationalvermögens tätig sein, bis er nicht mehr 
kann. Und das auch noch unter ständiger Gefährdung seiner 
Gesundheit und seiner Person überhaupt, unter Verzicht auf 
so manchen Lebensgenuß bis an das Ende seiner Tage, da 
nicht genügend hohes Einkommen ein früheres Aufgeben der 
Berufstätigkeit unmöglich machen. Noch mehr, der Praktiker 
soll z. B. auf Anordnung der Behörde durch Belehrung bei 
jeder sich bietenden Gelegenheit über Verhütung von Krank¬ 
heiten usw. sogar den Ast, auf den er oft recht notdürftig sich 
gegen die Stürme des Lebens behauptet, höchst eigenhändig 
absägen. Dabei wird die Praxis täglich geringer, dank der viel 
zu weit gehenden Aufklärung oder richtiger der Anleitung zum 
Selbstkurieren, die unsere als Lehrer an landwirtschaftlichen 
Schulen tätigen Kollegen zum Teil geben. In Sachsen speziell 
fällt es außerdem fast keinem Besitzer seit Einführung der 
staatlichen Schlachtviehversicherung ein, sich auf eine längere 
Behandlung von Rindern oder Schweinen einzulassen. 
Dies alles zeitigt einen Konkurrenzkampf, der gerade von 
jüngeren Tierärzten, zum Teil mit unnötiger Schärfe, bisweilen 
sogar mit unfairen, die Allgemeinheit und das Standesansehen 
schwer schädigenden Mitteln geführt wird. Dazu hat man bis 
vor kurzem die Überproduktion an Tierärzten künstlich gefördert. 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Man möge also in erster Linie Tierärzte wählen, die sich um 
die heimische Landwirtschaft verdient gemacht haben, man 
verpflichte sich nicht gegenüber den Hochschul-Assistenten, 
sondern zahle lieber besser, man halte sich frei auch von allen 
anderen Rücksichten, man hole sich den Ersatz, gleich unserem 
Heere, wieder aus der Provinz und räumt im übrigen bei sonst 
gleicher Tüchtigkeit dem verdienten Kollegen den Vorzug 
ein. Denn wenn auch leider bei uns noch nicht gesetzlich, so 
ist der Staat doch zweifellos moralisch verpflichtet, sich denen 
gegenüber, die ihre besten Lebensjahre, ihre beste Kraft unter 
steten Mühen und Gefahren in aufopferungsvoller Weise für das 
Allgemeinwohl eingesetzt haben, wenigstens einigermaßen 
dankbar zu erweisen. Nicht beiseite geschoben wollen wir sein, 
wir mögen ebenso wenig einige Wochen vor unserem Ende 
einen Titel oder Orden haben, nein, wir wollen Taten sehen in 
der obenbezeichneten Richtung neben Maßregeln anderer Art, 
auf die ich ein anderes Mal zurttckkomme. Dann wird die Wahl 
die jetzt so sehr zurückgestellten Praktiker auch befriedigen 
und auch beim großen Publikum Verständnis finden, wo dies 
jetzt meist nicht der Fall war, weil man vergebens nach einem 
besonderen Grunde, nach einer großen Tat der gewählten 
jüngeren Herren und einem Verschulden der übergangenen 
älteren suchte. 

Tut man das nicht, sondern schreiten die maßgebenden 
Stellen auf dem eingeschlagenen Wege weiter, dann wird bald 
auch bei uns eine tiefe Unzufriedenheit und ein Klassenhaß 
großgezogen werden, wie er Ende Juli a. c. in einem Artikel 
der Nationalliberalen Korrespondenz wegen der offensichtlichen 
Bevorzugung des Adels bei Besetzung höherer preußischer 
Verwaltungsstellen zum Ausdruck kam. Am Schlüsse führte der 
betreffende Schreiber aus: „Der Wunsch der Unzufriedenen geht 
ja, so weit man sieht, auch nur dahin, daß bei gleicher 
Tüchtigkeit und gleicher Pflichttreue der Bürgerliche dem 
Adeligen nicht nachstehe und daß weiter innerhalb des 
Bürgertums nicht in ungerechter Weise der den obersten 
Schichten durch studentische oder andere persönliche Be¬ 
ziehungen nahestehende Teil bevorzugt werde.“ Diese Worte 
kann man bei sinngemäßer Anwendung voll und ganz unter¬ 
schreiben, ja man muß dies sogar tun, weil keiner unserer 
neuen beamteten Herren ein sogenannter „gewöhnlicher Bürger¬ 
licher“ ist, sondern die eine oder die andere der der Bevorzugung 
unterliegenden Eigenschaften besitzt. 

Zum Schlüsse möchte ich bemerken, daß es mir weder um 
dabei beteiligte „bevorzugte“ Personen noch um egoistische 
Motive zu tun war. Nein, nur das bisher geübte Verfahren be¬ 
mängele ich, im Interesse des Friedens und der Ermöglichung 
eines gedeihlichen Zusammenarbeitens der beamteten und der 
praktischen Tierärzte möchten in Zukunft andere Gesichtspunkte 
maßgebend werden. 

Vorbildung der Zahnärzte. 

Nach Zeitungsmeldungen ist die Steigerung der zahnärzt¬ 
lichen Vorbildung nunmehr beschlossene Sache. Mehrfach ist 
irrtümlich angenommen worden, daß die Universitätsreife schon 
eingeführt worden sei (eine solche Mitteilung hat sich auch in 
der B. T. W. befunden). Dies ist nicht der Fall; man hatte 
sich nur über diese Forderung in maßgebenden Instanzen ge¬ 
einigt. Der Bundesratsbeschluß, durch den die Einführung 
perfekt wird, steht noch aus und wird gleichzeitig eiue neue 


Prüfungsordnung zur Einführung bringen, die dem Bundesrat 
bereits vorliegt. Die Studiendauer soll auf sieben Semester 
festgesetzt werden; auch ist dem Vernehmen nach außerdem 
die Einführung eines praktischen Semesters beabsichtigt. 

Ausbildung der Nahrungsmittelchemiker 

Mit Rücksicht auf schwebende Fragen wird es für die 
tierärztlichen Leser von Interesse sein, zu erfahren, welche An¬ 
forderungen an die Vorbildung der Nahrungsmittelchemiker gestellt 
werden. Chemiker, die die Befähigung zum Nahrungsmittel¬ 
chemiker erhalten wollen, müssen nach Ablegung des Doktorexamens, 
das unerläßliche Vorbedingung ist, noch zwei Semester studieren und 
dann eine Vorprüfung ablegen, auf Grund deren sie zu den 
staatlich autorisierten Vorbereitungsanstalten zugelassen werden; 
dort müssen sie drei Semester praktisch tätig sein und können 
sich dann der Prüfung als Nahrungsmittelchemiker unterziehen. 
Diejenigen Apotheker, die das Staatsexamen mit „Sehr gut“ 
bestanden haben, können auch ohne Universitätsreife Nahrungs¬ 
mittelchemiker werden, wenn sie nach dem Apothekerexam* n eine 
9semestrige Vorbildung durchmachen, und zwar sechs Semester 
Universitätsstudium und drei Semester praktische Tätigkeit an einer 
staatlich zur Vorbildung von Nahrungsmittelchemikern autorisierten 
Anstalt. Danach können sie sich der Prüfung als Nahrungsmittel¬ 
chemiker unterziehen, ohne daß sie die Vorprüfnng abgelegt und 
promoviert haben. 

Demonstration offener Tuberkulosefälle der Landwlrtsohaftskammer in 
Königsberg. 

Im Anschluß an die Versammlung des Vereins der ostpreußischen 
Tierärzte und einen dort von dem Leiter des bakteriologischen 
Instituts der Landwirtschaftskammer, Herrn Dr. Müller gehaltenen, 
vorbereitenden Vortrag fand am nächsten Tage die Vorführung von 
19 mit Lungen-, Gebärmutter-, Euter- und Darmtuberkulose behafteten 
Rindern auf dem Schlachthofe statt, die lebhaftes Interesse erweckte, 
wie die Zahl zum Teil aus großer Entfernung herbeigeeilter Kollegen 
bewies. Und ihre Erwartung wurde, wie alle übereinstimmend 
anerkannten, nicht getäuscht, jeder hat etwas Neues gelernt und 
dankbar mit nach Hause genommen. 

Die Veranstaltung war in der Art getroffen, daß sämtliche 
Rinder in zwei Reihen mit zur Untersuchung genügend weiten Ab¬ 
ständen angebunden waren. Vor jedem Tiere war auf einer ange¬ 
nagelten Papptafel der genaue klinische Befund verzeichnet, z. B. 
Lungentuberkulose, sakkadiertes Atmen, links oben knarrendes 
Geräusch, rechts Piepsen, Euter so und so verändert usw., so daß 
jeder in der Lage war, die Befunde schnell selbst aufzunehmen und 
seine eigenen Wahrnehmungen, wenn nötig, zu verbessern. Durch 
diese buchstäbliche Festnagelung der klinischen Befunde, die bei 
so vielen Tieren niemand hätte im Gedächtnis behalten können, 
war es auch jedem Teilnehmer möglich, nach der erfolgten 
Schlachtung die Genauigkeit der bei Lebzeiten gestellten Diagnose 
naebprüfen zu können. 

Es wurde nach der Tötung bei jedem Rinde die dazu gehörige 
Tafel laut verlesen und es ergab sich eine verblüffende Überein¬ 
stimmung der Befunde. Selbst einzelne kleine Herde in den Lungen 
waren mit Sicherheit ermittelt worden. Bei einer sehr fetten Kuh, 
die lediglich mehrmals umgerindert batte, war uns das Vorhanden¬ 
sein charakteristischen, mit Flocken versehenen Zervikalscbleims 
mittelst Entnahme durch den Scheidenlöffel demonstriert worden; 
die Tafel gab nur Gebärmuttertuberkulose als vorliegend an. Bei 
der Obduktion wurde tatsächlich auch nur eine solche gefunden 
nebst wenigen alten Herden in den Mediastinaldrüsen. Daß es nicht 
unmöglich ist, flockenhaltiges Sputum mittelst des Scheidenlöffels 
zur bakteriologischen Untersuchung zu gewinnen, wurde uns praktisch 
bewiesen, an einem Tiere wurde die Harpunierung des Euters 
gezeigt. 

Kurz, es gab vieles zu sehen und zu hören. Zu bedauern war 
nur, daß es in der bis zum Abgang der Züge zur Verfügung stehen¬ 
den Zeit nicht möglich war, die einzelnen Fälle mit Muße noch mehr 
auszunutzen. 




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No. 51. 


B ERLINER TIERAEZTLICHE W OCHENSCHKI^T. 


Alle anwesenden Kollegen waren darüber einig, daß die Land- 
wirtscbaftskammer und deren Vertreter, unser Berufsgenosse, Herr 
Dr. Müller, der Tuberkulosetilgung durch diese mit sehr großen 
Geldopfern verknüpften alljährlichen Vorführungen und die damit 
verbundene Vertiefung der Kenntnisse der Sachverständigen große 
Dienste leisten. Beiden darf ich wohl an dieser Stelle für das, was 
sie uns Teilnehmern gütigst geboten haben, unseren aufrichtigen 
Dank abstatten. Dr. .Johann-Bütow i. P. 

60. ordentliche Generalversammlung des tierärztlichen 
Vereins von Unterfranken und AsehafFenburg. 

Zu der auf Sonnabend, den 19. September, früh IO 1 /* Uhr im 
Bahnhofhotel zu Würzburg anberaumten 60. ordentlichen General¬ 
versammlung waren die Mitglieder aus allen Teilen Unterfrankens in 
der stattlichen Zahl von 32 Kollegen erschienen, nämlich Bauer- 
Dettelbach, Besenbeck-Mellrichstadt, Brohm-Alzenau, Fried- 
rich-Wemeck, Garrecht-Karlstadt, Göpfert-Eltmann, Gold¬ 
mann - Königshofen, Grottenmüller - Stadtlauringen, Grün- Königs¬ 
hofen, Gutbrod-Schweinfurt, Härtlc-Aschaffenburg, Handschuh- 
Obernburg, Hauck-Wttrzburg, Hockh-Kissingen, Hofmann- 
Volkach, Huß-Gemünden, Kamm- und Klingler-Neustadt a. H., 
KÖrber-Schweinfurt, Lechle-Aub, Lenz-AsehafFenburg, Miller- 
Brückenau, Dr. Reis in ger-Amorbach, Ritzer-Bütthard, Schäfer- 
Schöllkrippen, Schwaimair - Haßf urt, S t a u d i n g e r - Lohr, S t e n g e r - 
Würzburg, Summa-Münnerstadt, Vill-Gerolzhofen, Weißgerber- 
Hofheim und Zießler sen.-Kitzingen. 

Als Vertreter der k. Kreisregierung war anwesend Herr 
k. Kreistierarzt Schneider, als liebe Gäste konnte der Verein in 
seiner Mitte begrüßen die Kollegen Louis-Neustadt a. H., Hitt- 
linger-Hanau, Sand-Uffenheim und Dr. Regn-Volkach. 

Der Vorstand, Stenger, hieß alle Erschienenen, insbesondere 
den Vertreter der k. Kreisregierung, Herrn k. Kreistierarzt 
Schneider und die Gäste herzlichst willkommen, er gedachte 
sodann mit ehrenden Worten der im vergangenen Jahre gestorbenen 
Mitglieder Loos und Fröber, zu deren Andenken sich die An¬ 
wesenden von ihren Sitzen erhoben. 

Hierauf erstattete er eingehend Bericht über die Tätigkeit, des 
Vorstandes im letzten Jahre, insbesondere in der Angelegenheit der 
Gehaltsaufbesserung und anderer Standesfragen; die Versammlung 
hieß einhellig die unternommenen Schritte gut. 

Die vom Kassierer Garrecht vorgetragene Rechnung schließt 
bei 468,29 M. Einnahmen und 237,26 M. Ausgaben mit einem Aktiv¬ 
rest von 231,03 M. ab, so daß der bisherige Jahresbeitrag von 
3 M. auch fernerhin genügt. 

Die durch Miller und Vill vorgenommene Prüfung gab zu 
Beanstandungen keinen Anlaß. 

Beschlossen wurde, von Kollegen, die aus anderen Kreisvereinen 
übertreten, eine Beitrittsgebühr nicht zu erheben, beschlossen wurde 
ferner, sich den Beschlüssen der tierärztlichen Gesellschaft 211 
Berlin anzuschließen, wonach besondere Vorlesungen über die 
gesamte animalische Nahrungsmittclkunde an den tierärztlichen 
Hochschulen ein zeitgemäßes und dringendes Bedürfnis seien. An¬ 


gefügt wurde noch, daß auch eine Prüfung in diesem Fache er- 
j wünschenswert sei. 

| Die bekannt gewordene Notlage einer Bezirkstierarztwitwe 
, gab dem Vorsitzenden berechtigten Anlaß, allen jüngeren Kollegen 
dringend den Beitritt zu dem so segensreich wirkenden, tierärztlicheil 
Unterstützungsverein ans Herz zu legen. 

I Bei der anschließenden Wahl wurde zum Schriftführer Gutbrod 
| gewählt, als Delegierter zum Obermedizinalausschnß Stenger, 

; als Vertreter Gutbrod, in den Initiativausschuß Stenger, Gar- 
recht, Gutbrod, Härtle und Staudinger, als Ersatzmänner 
Handschuh, Huß und Lenz. 

Sodann erstattete Dr. Reißin ger einen einstündigen, hoch- 
i interessanten Vortrag über „chronische Erkrankungen des Sprung- 
gelenks“. Die Demonstration guter Photographien und sehr hübscher 
Knochenpräparate unterstützte wirksam den Vortrag. 

Wegen vorgerückter Zeit mußte zum lebhaften Bedauern vieler 
Kollegen das zweite Referat über Erfahrungen über Tollwut auf 
die nächste Gauversammlung verschoben werden. 

Anschließend an die Sitzung fand ein gemeinsames Mahl statt, 
bei dem der Vorsitzende Gelegenheit nahm, in herzlicher Weise 
verschiedener Jubilare zu gedenken, zum ersten des Vereins, der 
vor 60 Jahren, im Sturm- und Drangjahre 1848 gegründet wurde, 
dann des leider abwesenden Kollegen Hollenbach, der heuer 
sein 50jähriges Jubiläum als Tierarzt feiern konnte, endlich der 
Mitglieder Hauck und Zießler, die vor 40 Jahren, und Besen¬ 
beck und Härtle, die vor 25 Jahren ihre Studien vollendeten. 

An Hollenbach wurde ein Glückwunschtelegramm gesandt, 
ein telegraphischer Abschiedsgruß auch an den bisherigen Schrift¬ 
führer Nuss er, jetzt in Berneck. 

Nach dem exquisiten Mahle erfolgte ein Bummel durch die 
elegant belebten Straßen Wttrzburgs, dem sich ein für viele Kollegen 
leider zu früh endender Dämmerschoppen anschloß. Gutbrod. 

Wiesbadener Verein. 

Der Verein der Tierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden 
hat in seiner General-Versammlung zu Frankfurt a. M. am 
28. November d. J. nachstehende Resolution angenommen: „Der 
Verein der Tierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden drückt 
dem tierärztlichen Verein für Schleswig-Holstein seine volle 
Sympathie aus und sagt tatkräftige Unterstützung zu/ 

In der sehr lebhaften Diskussion wurde die Erwartung aus¬ 
gesprochen, daß das Vorgehen des schleswigschen Vereins zu 
keiner Spaltung in der tierärztlichen Standesvertretung führen 
dürfe, sondern nur die durchaus notwendige Schaffung eines 
Presse-Bureaus schon vor Zusammentritt des Deutschen Veterinär¬ 
rates bewirken solle. 

Der Verein der Tierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden: 

I. A.: 

Siinmerinacher, stellvertr. Vorsitzender. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigiert von Veterinärrat Preuße. 
Jahresbericht Aber die Verbreitung der Tierseuchen 
im Deutschen Reiche 1907. 

Der 22. Jahrgang des Jahresberichtes über die Verbreitung 
von Tierseuchen im Deutschen Reich, welcher das Jahr 1907 
umfaßt, ist nunmehr im Verlage von Julius Springer ln 
Berlin erschienen. Der Inhalt und seine Anordnung ist die 
gleiche wie in den früheren Jahrgängen. Das statistische und 
Tabellenmaterial ist ein sehr umfangreiches. Besonders sorg¬ 
fältig bearbeitet ist wiederum das Kapitel Gesetze und Ver¬ 
waltungsverordnungen auf dem Gebiete der Veterinärpolizei und 
verwandter Gebiete im In- und Auslande. Dem Bericht an¬ 
gehängt sind 4 kartographische Darstellungen über Häufigkeit 


- der Tollwutanfälle unter den Händen, der Häufigkeit von Rotz- 
fallen unter den Pferden, der Verbreitung der Maul- und Klauen¬ 
seuche und der Verbreitung der Schafräude, welche uns in sehr 
instruktiver und übersichtlicher Weise über die Ausbreitung der 
genannten Seuchen im Jahre 1907 informieren. 

Aus dem Inhalt des Jahresberichtes ist folgendes zu ent- 
! nehmen: 

Allgemeines: 

Von den der Anzeigepflicht unterliegenden Seuchenkrank- 
! heiten der Haustiere sind sämtliche bis auf die der Rinderpest 
und die Beschälseuche zur Beobachtung gekommen. Es sind 
insgesamt erkrankt 1473 Pferde, 12 986 Rinder, 560 Schafe, 
17 Ziegen, 167 882 Schweine und 66 093 Geflügel, außerdem 
1 Hund an Milzbrand, 700 Hunde und 3 Katzen an Tollwut. 






17. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Es sind dies 5,5 Proz. weniger Erkranknngen von Pferden, 
5,3 Proz. weniger von Rindern, 7,5 Proz. weniger von Schweinen 
und 12,3 Proz. weniger von Geflügel. Bei Schafen und Ziegen 
hat sich nicht viel geändert. Bei Hunden kamen 14,7 Proz. 
mehr Erkrankungen zur Kenntnis. Die Zahl der an Maul- und 
Klauenseuche, Schafpocken und Schafräude erkrankten Tiere 
ist nicht bekannt, dagegen die Zahl der Tiere in den durch die 
genannten Seuchen betroffenen Gehöfte. Diese Zahlen waren 
bis auf die Ziegen durchweg höher wie 1906, bei Rindern 
154,5 Proz., bei Schafen 58,3 Proz., bei Schweinen 74,6 Proz. 
Abgesehen von den durch Maul- und Klauenseuche, Bläschen¬ 
ausschlag, Räude der Pferde und Schafe verursachten Ver¬ 
luste sind an Seuchen gefallen oder getötet 589 Pferde, 7178 
Rinder, 772 Schafe, 17 Ziegen, 126 932 Schweine und 66 093 
Stück Geflügel. Dies ist im allgemeinen weniger wie 1906, die 
Differenz ist am größten beim Geflügel, hier beträgt sie 12,3 Proz., 
bei Schweinen 5,5 Proz. Auf je 10 000 nach der Zählung vom 
1. Dezember 1904 vorhandenen Tiere der betreffenden Art ent¬ 


halten. 

erkrankte gefallen oder getötet 

1907 0906* 1907 (1906) 

Pferde . 3,45 (3,65) 1,38 (1,39) 

Rinder . 6,72 (7,10) 3,71 (3,79) 

Schafe . 0,71 (0,69) 0,98 (0,82) 

Ziegen . 0,05 (0,05) 0,05 (0,05) 

Schweine. 88,73 (95,98) 67,09 (70,99) 

Geflügel. 10,24 (11,67) 10,24 (11,67) 


Von je 10 000 vorhandenen Tieren entfallen nachweislich 
12,41 (4,88) Rinder, 125,35 (79,16) Schafe, 0,40 (0,76) Ziegen 
und 6,97 (3,99) Schweine auf die durch Maul- und Klauenseuche, 
Pockenseuche und Schafräude neu betroffenen Gehöfte. An Ent¬ 
schädigungen wurden auf Grund reichsgesetzlicher Bestimmungen 
zusammen 247 639,79 M. gezahlt, 16,7 Proz. mehr wie 1906, auf 
Grund landesgesetzlicher Bestimmungen 2240784,84 M., 20 Proz. 
mehr wie 1906. 

Die durch die Schätzung verursachten Kosten, für Ver¬ 
nichtung von Stallutensilien und sonstige Unkosten verursachten 
Ausgaben sind hierbei nicht mitgerechnetj, 

Fälle von Übertragung auf Menschen sind bei Milzbrand, 
Tollwut, Rotz, Maul- und Klauenseuche, Schweinerotlauf und 
Pferderäude gemeldet worden. 

Im Jahre 1906 (für 1907 liegen noch keine Angaben vor) 
wurden folgende gerichtliche Verurteilungen wegen Zuwider¬ 
handlungen gegen die zur Abwehr und Unterdrückung von Tier¬ 
seuchen erlassenen Bestimmungen durch deutsche Gerichte aus¬ 
gesprochen! 720 wegen Vergehen gegen § 328 Str. G. B. und 
20 wegen Vergehen gegen die zur Abwehr der Rinderpest er¬ 
lassenen Einfuhrverbote. Die wegen Übertretungen verhängten 
Strafen sind nicht mitgeteilt. 

Der Milzbrand im Jahre 1907. 

Im Vergleich zum Vorjahre sind 0,72 Proz. weniger Er¬ 
krankungsfälle an Milzbrand vorgekommen und sind 1,09 Proz. 
weniger Gehöfte betroffen worden. Es sind erkrankt 127 Pferde, 
5343 Rinder, 492 Schafe, 14 Ziegen und 205 Schweine, zu¬ 
sammen 6181. Von diesen sind 2,7 Proz. wieder genesen, die 
Sterblichkeit betrug demnach 97,3 Proz. Es sind in 4204 Ge¬ 
meinden usw. und 5000 Gehöften Fälle an Milzbrand festgestellt 
worden. Die meisten Erkrankungen fallen auf die ersten beiden 
Vierteljahre. In 309 Kreisen kamen Milzbranderkrankungen 


überhaupt nicht vor. Von Bundesstaaten blieb nur Mecklenburg- 
Strelitz milzbrandfrei. 

Die größte räumliche Verbreitung zeigte die Seuche in dem 
Regierungsbezirk Schleswig (305 Gemeinden und 445 Gehöfte), 
Posen (191 und 212), Breslau (182 und 204) und Liegnitz 
(164 und 177), sowie in den Kreisen Steinburg (49 und 89), 
Pinneberg (37 und 67), Lebus (34 und 36), Dippoldiswalde 
(33 und 42), Rendsburg (31 und 40) und Wolfenbüttel (30 
und 37). In 20,7 Proz. aller betroffenen Kreise verseuchte 
nur je 1 Gehöft. Hohe Erkrankungsziffern weisen auf die 
Regierungsbezirke Schleswig (506), Posen (309), Düsseldorf 
(294), Merseburg (249) und Stettin (247), sowie die Kreise 
Pyritz (147) Steinburg (110), Halle (71), Pinneberg (67), 
Cleve (66), Mosbach (55) und Tecklenburg (54). In 18,6 Proz. 
aller betroffenen Kreise kam nur je ein Erkrankungsfall vor, und 
in 87,3 Proz. aller betroffenen Gehöfte. 

Unter je 1000 nach der Zählung vom 1. Dezember 1904 
vorhandenen Tiere sind erkrankt: 0,30 Proz. Pferde, 2,76 Rinder 
0,62 Schafe, 0,04 Ziegen und 0,11 Schweine. 

Von ausländischen Staaten hatten viele Milzbrandfälle zu 
verzeichnen: Österreich, hier kamen die meisten Fälle in den 
drei Monaten August, September, Oktober vor; Mitte September 
waren 37 Gehöfte betroffen; Ungarn mit ebenfalls sehr starker 
Verseuchung in den Sommer- und Herbstmonaten, auch hier fiel 
die größte Zahl der gleichzeitig betroffenen Gehöfte, 437, auf 
die dritte Septemberwoche; Rumänien, hier erkrankten 15 Pferde, 
291 Rinder und 177 Schafe. Die Zahl der erkrankten Tiere 
betrug in Rußland 46 636, davon entfallen allein 40 273 auf das 
europäische Rußland; in Bosnien und Herzegowina erkrankten 
38 Pferde, 384 Rinder und 108 Schafe, in Serbien 7 Pferde, 
70 Rinder und 28 Schafe; in Bulgarien wurden 46 Ortschaften 
durch Milzbrand betroffen. Die Zahl der erkrankten Tiere 
betrug in Italien 2925, in der Schweiz 418; in Frankreich ver¬ 
seuchten 457 Gehöfte, in Großbritannien 1095 mit 1494 Er¬ 
krankungen. In Belgien erkrankten 688 Tiere, in den Nieder¬ 
landen 471, in Norwegen 503; in Dänemark wurden 146 Ställe, 
in Schweden 219 Ställe neu betroffen. Der Milzbrand ist also 
überall in Europa ziemlich stark verbreitet gewesen. 

Eine direkte Einschleppung des Milzbrandes aus dem Aus¬ 
lande nach Deutschland wurde in keinem Falle nachgewiesen. 
Je eine Milzbranderkrankung in zwei württembergischen Ober¬ 
amtsbezirken wurde mit der Einschleppung des Ansteckungs¬ 
stoffes durch ausländische Tierhäute in Verbindung gebracht. 
Die Verfütterung russischer Kleie wurde in mehreren Fällen als 
Anlaß zu Milzbranderkrankungen beschuldigt, desgleichen andere 
russische und amerikanische Futtermittel, insbesondere russisches 
Gerstenschrot. Auch Baumwollensamenkuchen, Sesamölkuchen, 
Baumwollensamenmehl werden als Träger des Ansteckungsstoffes 
beschuldigt. In einem Gehöft in Mecklenburg - Schwerin, in 
welchem vorher niemals Milzbrand vorgekommen war, ereigneten 
sich plötzlich nach Verabreichung von Baumwollensamenmehl 
unter dem Jungvieh mehrere Milzbrandfälle. Der erste Fall 
trat bereits 30 Stunden nach Verabreichung des Futtermittels 
ein. Nach dem Auf hören der Verfütterung des verdächtigen 
Mehles traten weitere Erkrankungen nicht auf. Bei der 
bakteriologischen Untersuchung des Baumwollensamenmehls 
konnten Milzbrandkeime nicht nachgewiesen werden. In zehn 
Fällen waren die mit Milzbrand behaftet befundenen Tiere 










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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


bestimmt oder doch wahrscheinlich erkrankt oder angesteckt, als 
sie in den Besitz der betreffenden Eigentümer gelangten. 

Im Regierungsbezirk Magdeburg erkrankte ein Ochse vier. 
Tage nach der Impfung mit Pasteurschem Milzbrandimpfstoff. 
In einem württembergischen Oberamtsbezirk wurden zwei 
Seuchenfülle auf die Verfütterung infizierten Heues aus dem 
Schmeie-Gebiet zurückgeführt. Durch Verfütterung von Grün- 
utter einer infizierten Wiese traten drei Erkrankungen in einem 
Gehöft im Kreise Dessau auf. Heu von Wiesen aus dem Über¬ 
schwemmungsgebiet der Elbe veranlaßte mehrere Milzbrandfälle 
in den Kreisen Dessau und Zerbst. Im Kreise Köthen trat der 
Milzbrand unter den Schafen eines Gehöftes auf, als ein Brunnen, 
der vor mehr als zehn Jahren anläßlich einer Milzbrandepizootie 
geschlossen worden war, vom neuen Pächter wieder in Be¬ 
nutzung genommen wurde. Die Erkrankungen hörten auf, sowie 
der Brunnen nicht mehr zum Tränken der Schafherde verwandt 
wurde. Im gleichen Kreise verendete ein Rind an Milzbrand, 
das einige Zeit vorher an einem Abdeckerwagen geleckt hatte 
der gerade zum Transport eines Milzbrandkadavers gedient 
hatte und in ungereinigtem Zustande vor einem Wirtshaus hielt. 
Im Kreise Saargemiind verendeten plötzlich drei Rinder an 
Milzbrand, die auf einer Wiese geweidet hatten, welche die 
Abwässer eines Gehöftes aufhimmt, in welchem vor längerer 
Zeit der gesamte Viehbestand vermutlich an Milzbrand ein 
gegangen war. In einem Falle ist die Ansteckung eines Rindes 
wahrscheinlich durch einen Fliegenstich erfolgt, an der Vorder¬ 
brust hatte sich eine typische Milzbrandgeschwulst entwickelt. 
Unterlassene oder mangelhafte Ausführung der Desinfektion 
wird als Ursache der Milzbranderkrankungen im Regierungs¬ 
bezirk Frankfurt a. 0. beschuldigt. Im Regierungsbezirk 
Koblenz veranlaßte ein Viehbesitzer, der beim Vergraben eines 
Milzbrandkadavers behilflich gewesen war und sich nicht 
genügend desinfiziert hatte, einen Neuausbruch dieser Seuche. 
Durch Blut milzbrandkranker Tiere, die im Stalle notgeschlachtet 
worden waren, und welches den Fußboden infiziert hatte, wurden 
mehrfach neue Milzbrandfälle verursacht, da eine genügende 
Desinfektion des Fußbodens nicht stattgefunden hatte. Durch 
das Blut notgeschlachteter Tiere sind auch sonst noch Ver¬ 
schleppungen der Seuche veranlaßt worden. 

Ein sehr häufiger Anlaß zu Neuausbrüchen des Milzbrands 
war die unzweckmäßige Beseitigung von Milzbrandkadavern 
oder Teilen von solchen. In einem Gehöft im Kreise Rastenburg 
(Ostpr.) war ein Milzbrandfall nicht erkannt worden, Blut und 
Kadaverteile wurden in den Ställen und im Hofraum verstreut. 
Infolge davon forderte die Seuche das ganze Jahr hindurch 
immer wieder neue Opfer. Im Marienwerder Bezirk erkrankten 
16 Schweine, welche von dem Fleische eines an Milzbrand ver¬ 
endeten Pferdes gefressen hatten. Der Schäfer, der die er¬ 
krankten Schweine geschlachtet hatte, verschleppte die Seuche 
in den Schafstall, und erkrankten hier 5 Schafe. Auf einem 
Gute im Kreise Anklam in Pommern wurde ein Sandberg zur 
Gewinnung von Bausand aufgewühlt, dabei wurden zahlreiche 
Knochen von Schafen und Rindern bloßgelegt. An diesen wurde 
durch bakteriologische Untersuchung das Vorhandensein von 
Milzbrandsporen festgestellt. 200 bis 300 m von dem Sandberg 
entfernt lagen oberflächliche Schnitzel- und Rübenblättermieten. 
Auf diese wurde der Sand heraufgeweht, wodurch sie vermutlich 
infiziert wurden, denn es erkrankte ein Ochse dieses Gutes an 
Milzbrand. Eingesäuerte Rübenblätter, die in einer Grube im 


Kreise Witkowo (Posen) eingemietet worden waren, die vor 
29 Jahren zur Aufnahme von Rindviehkadavern gedient hatte, 
verursachten das Auftreten mehrerer Milzbranderkrankungen. 
Nach dem Einstellen der Rübenblätterfütterung hörten auch die 
Erkrankungen auf. In einer Gemeinde im Bez. Schleswig ver¬ 
endete ein Schwein, welches Bohnenkaff erhalten hatte, das von 
einem Acker herstammte, auf welchem das Jahr vorher ein 
Milzbrandkadaver verbrannt worden war. Es war unterlassen 
worden, die durch den Kadaver infizierte Erde abzustoßen und 
mitzu verbrennen. Durch Verwertung des Fleisches einer 
milzbrandkranken Kuh als Hundeftitter wurde im Kreise Uslar 
der Milzbrand verbreitet. Es sind auch eine Reihe anderer Fälle 
mitgeteilt, welche auf die unzweckmäßige oder ungenügende 
Beseitigung von Milzbrandkadavern oder von Blut solcher zurück¬ 
zuführen sind, sie besitzen jedoch kein besonderes Interesse. 

Die Ermittlung der Seuchenausbrüche erfolgte in 158 Fällen 
bei der tierärztlichen Beaufsichtigung der Schlachthäuser, der 
ordentlichen und der Ergänzungsfleischbeschau, in 65 Fällen in 
Abdeckereien, und in einem Falle im bayrischen Bezirk Staffel¬ 
stein bei einer polizeilich angeordneten Untersuchung aller durch 
die Seuche gefährdeten Tiere am Seuchenorte oder in dessen 
Umgebung. 

An sicher ermittelten Inkubationszeiten sind angegeben 
in je einem Fall 2 Tage, 3 Tage 23 Stunden, 4 Tage eine 
Stunde, 5, 6, 7, und 9 Tage. 

In 7 Gemeinden in Württemberg wurden 398 Rinder nacli 
Pasteur geimpft. Mehrere Jungrinder und im Zahn Wechsel 
begriffene Kalbinnen erkrankten nach der 1. Impfung mehr oder 
weniger heftig. Die Umgebung der Impfstelle schwoll an, die 
Tiere fieberten und bekundeten Schmerzen in den Extremitäten. 
Verluste traten nicht ein, auch blieben die Impflinge vom 
natürlichen Milzbrand verschont. 

Im Kreise Bernburg wurden drei an Milzbrand erkrankte 
Rinder mit Sobernheimschein Serum erfolgreich behandelt. 
In Elsaß Lothringen wurden 196 Rinder, 7 Pferde und 6 Schweine 
mit Pasteurschem Impfstoff erfolgreich behandelt. Erkrankungen 
und Verluste kamen nicht vor. 

Von Übertragungen des Milzbrandes auf Menschen wurden 
156 Fälle mitgeteilt, von denen 21 also 13,4 Proz. tödlich ver¬ 
liefen. Über ein Drittel der erkrankten Personen waren Schlächter, 
ferner 5 Abdecker, 4 Schäfer, 3 Fleischbeschauer, 2 Gerber 
und andere Berufe, auch ein Tierarzt und ein Laboratoriums¬ 
diener sind an Milzbrand erkrankt, letzterer starb. 

Die meisten Erkrankungen, 26, ereigneten sich in der 
Provinz Schlesien. 

Der Rauschbrand im Jahre 1907. 

Auch die Rauschbranderkrankungen sind im Vergleich zum 
Vorjahre an Zahl etwas zurückgegangen. Es sind in 15 Staaten 
1643 Gehöfte betroffen worden und 1831 Tiere erkrankt, 

5 Pferde, 1762 Rinder, 61 Schafe, 2 Ziegen und 1 Schwein, 
11,3 Proz. weniger verseuchte Gehöfte und 9,6 Proz. weniger 
Erkrankungen. Bis auf ein Rind sind sämtliche erkrankten 
Tiere verendet oder getötet worden. Etwas weniger als die 
Häfte aller Erkrankungen ereignete sich im 3. Vierteljahre, 
demnächst im 2., im 4., am wenigsten im 1. Vierteljahre. 

Die höchsten Erkrankungsziffern wurden wiederum aus dem 
Reg.-Bez. Schleswig (719), Münster (138) und Schwaben (103) 
gemeldet. Räumlich am stärksten war die Seuche im Reg.-Bez. 
Schleswig verbreitet. 



17. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


939 


Im Auslande kamen Rauschbrandfälle vor in Österreich, 
besonders zahlreich aber in Ungarn und zwar im Monat 
November am stärksten, in der dritten Novemberwoche waren 
172 Gemeinden und 210 Gehöfte betroffen. In Italien erkrankten 
an Rauschbrand 16 Pferde und 379 Rinder. In Frankreich 
wurden 753 Gehöfte betroffen, in der Schweiz 264 Gemeinden, 
in welchen 921 Rinder erkrankten. In Belgien betrug die Zahl 
der betroffenen Gehöfte 200, die der erkrankten Tiere 299. In 
anderen Staaten kamen nur wenige oder gar keine Rauschbrand¬ 
fälle vor. 

Einschleppungen des Rauschbrands aus dem Auslande haben 
nicht stattgefunden, ebenso nicht Verschleppungen aus einem in 
den anderen Bundesstaat. In Westfalen ist ein rauschbrand¬ 
krankes Tier beim Besitzwechsel, wahrscheinlich schon krank 
oder angesteckt gewesen. In den Kreisen Marienburg und 
Elbing (Reg.-Bez. Danzig) sind viele Weiden derartig mit 
Rauschbrandkeimen durchsetzt, daß sich beim Beweiden derselbe 
trotz vorschriftsmäßiger Ausführung der veterinärpolizeilichen 
Maßnahmen immer wiederholte Ausbrüche des Rauschbrandes 
nicht verhindern lassen. Im Bezirk Schleswig wurden drei 
Rauschbrandfälle auf das vor Jahren erfolgte oberflächliche 
Verscharren von Rauschbrandkadavern znrückgefülirt. Daß aber 
nicht nur die Weide, sondern das auf diesen gewonnene Rauh¬ 
futter Rauschbrandkeime enthält, beweist das wiederholte Auf¬ 
treten der Seuche bei Stallhaltung in den Wintermonaten. 

Der Rauschbrand .wurde in einigen 20 Fällen bei der tier¬ 
ärztlichen Beaufsichtigung der Schlachthäuser, der ordentlichen 
Fleischbeschau und der Ergänzungsbeschau festgestellt und in 
21 Fällen in Abdeckereien. An Inkubationszeiten wurden er¬ 
mittelt 24 Stunden, 31 Stunden, zwei und drei Tage. 

Über Rauschbrandschutzimpfungen wird aus Bayern, Baden 
und Elsaß-Lothringen berichtet. In Bayern wurden in 119 Ge¬ 
meinden 14 249 Jungrinder geimpft. An Impfrauschbrand er¬ 
krankte 1, d. s. 0,007 Proz., an natürlichem Rauschbrand 23, 
d. s. 0,16 Proz. Von 7052 nicht geimpften Tieren derselben 
Gemeinden fielen an Rauschbrand 119, d. s. 1,68 Proz. 

In Baden wurden in 4 Amtsbezirken 712 Rinder geimpft, 
welche sämtlich von der Seuche verschont blieben. In Elsaß- 
Lothringen wurden 165 Rinder mit gutem Erfolg geimpft. 

Entschädigungen für Milz- und Rauschbrand. 

In Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen-Weimar, Braun¬ 
schweig, Sachsen-Altenburg und Elsaß-Lothringen wurden für 
Milz- und Rauschbrand zusammen an Entschädigungen gezahlt: 
1453 548,24 M., in Sachsen, Baden, Hessen und Sachsen- 
Meiningen, Anhalt, Waldeck, Reuß j. L., Reuß ä. L. und Lippe 
für Milzbrand allein 230 249,26 M., und in Sachsen, Baden, 
Hessen, Sachsen-Meiningen für Rauschbrand allein 27 599,24 M. 
Insgesamt wurden also für Milz- und Rauschbrandfälle in Deutsch¬ 
land gezahlt 1 711 396,74 M. 

Die Viehseuchenkommission des Reichstages hat ihre 
Sitzungen wieder begonnen. In ihren Beratungen ist sie bis 
zu den Vorschriften über Maul- und Klauenseuche gekommen. 
Während die besonderen Vorschriften für Milzbrand, Rausch¬ 
brand, Wild- und Rinderseuche, Tollwut und Rotz ohne wesent¬ 
liche Änderungen angenommen wurden, erhielt § 44 a, betreffend 
Maßregeln gegen Maul- und Klauenseuche, folgende Fassung: 

„Für einen verseuchten Ort oder einen bestimmten ge¬ 
fährdeten Bezirk kann der Verkehr von Personen auch in 
Räumlichkeiten (Gehöft, Stall, Standort, Hofraum, Weidefläche, 


Viehausstellung, Marktplatz usw.), in denen sich für die Seuche 
empfängliche Tiere befinden, beschränkt oder insoweit aus¬ 
geschlossen werden, als er nicht zur Wartung und Pflege des 
Viehes erforderlich ist, mit der Maßgabe, daß zur Ein¬ 
bringung der Ernte auf die Beschränkung des Ver¬ 
kehrsmittels Rücksicht genommen werden solle. Inner¬ 
halb eines gefährdeten Bezirkes dürfen, unbeschadet 
der nach den allgemeinen Vorschriften zulässigen 
Beschränkungen des Verkehrs mit Tieren, öffentliche 
Wege vorübergehend gegen den Verkehr, auch von 
Personen, gesperrt werden, wenn dadurch die Be¬ 
nutzung von Tieren, die einer Sperre (§ 522) unter¬ 
liegen, zur Feldarbeit, oder der Auftrieb solcher 
Tiere auf die Weide ermöglicht oder erleichtert wird.“ 
Der letztgenannte Zusatz bedeutet eine Verschlechterung 
der im § 44a vorgeschlagenen veterinär-polizeilichen Ma߬ 
nahmen, da jede Erleichterung des Verkehrs von gesperrtem 
Vieh die Möglichkeit der Verschleppung der Seuche vermehrt. 

Nachweisung Ober den Stand der Tlereenohen In Deutschland 

vom 15. November 1908. 

Die Zahlen bedeuten die Kreiae (Oberamtabealrke) usw., eingeklammert die Gemeinden. 

Schweineseuche und Schweinepest 


Regierungs¬ 
bezirk usW. 

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Auf je 1000 
Gemeinden 
waren verseucht 

Regierungs¬ 
bezirk usw. 

Kreise 2 

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er- 

jhte 

4 § 

Preußen: 




Sigmaringen . . . 

— 

— 

Königsberg.... 

13 

29 

9 

Waldech. 

3 

6 

Gumbinnen .... 

6 

8 

3 

Bayern: 



Allenstein .... 

4 

6 

3 

Oberbayem .... 

6 

12 

Danzig. 

5 

12 

10 

Niederbayern. . . 

4 

14 

Marienwerder . . 

12 

20 

9 

Pfalz. 

— 

— 

Berlin. 

— 

— 

— 

Oberpfalz. 

1 

3 

Potsdam. 

12 

76 

29 

Oberftanken . . . 

— 

— 

Frankfurt . . . .*. 

16 

69 

25 

Mittelfranken. . . 

2 

3 

Stettin. 

9 

24 

18 

Unterfranken. . . 

— 

— 

Köslin. 

6 

23 

12 

Schwaben. 

$ 

12 

Stralsund .... 

— 

— 

— 

Württemberg . 

— 

— 

Posen . 

22 

74 

22 

Sachsen. 

2 

2 

Bromberg. 

11 

89 

40 

Baden . 

7 

9 

Breslau ....*. 

23 

156 

41 

Hessen. 

6 

9 

Liegnitz. 

15 

98 

35 

Meckl.-Schwerin 

7 

17 

Oppeln. 

13 

32 

11 

Meckl.-Strelitz . 

2 

2 

Magdeburg .... 

5 

! 8 

6 

Oldenburg . . . 

10 

18 

Merseburg .... 

10. 

20 

8 

Sachs.-Weimar. 

3 

8 

Erfurt. 

4 

12 

20 

Sach s.-Meiningen 

1 

1 

Schleswig .... 

9 

30 

14 

Sach s.-Altenburg 

1 

2 

Hannover . 

5 

6 

9 

Sachs.-Kob.-Got 

— 

— 

Hildesheim .... 

7 

12 

17 

Anhalt. 

2 

5 

Lüneburg . 

9 

14 

9 

Braunschweig 

6 

31 

Stade . 

11 

19 

26 

Schwarzb.-Sond. 

1 

1 

Osnabrück .... 

5 

7 

12 

Schwarzb.-Rud. 

— i 

— 

Aurich. 

— 

— 

— 

Reuß ä. L. 

— | 

— 

Münster. 

5 

7 

27 

Reuß j. L. 

— 

— 

Minden ...... 

4 

5 

10 

Schaumb.-Lippe 

2 

3 

Arnsberg. 

11 

22 

26 

Lippe-Detmold . 

8 

27 

Kassel. 

12 

41 

25 

Hamburg .... 

3 

4 

Wiesbaden .... 

8 

27 

29 

Lübeck . 

.1 

1 

Koblenz. 

7 

17 

16 

Bremen. 

— 

_ 

Düsseldorf .... 

11 

33 

77 

Elsaß. 

1 

1 ' 

Köln.. 

2 

2 

7 

Lothringen . . 

— 

— 

Trier. 

5 

10 

9 




Aachen. 

2 

2 

5 




























940 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


No. 51. 


Maul- und Klauenseuche. 


Regierungsbezirk usw\ 
bzw. Staat 
(* = neu verseucht) 


fl 


Gegenüber d. 15. Oktober 

Kreise 

T3 

a 

a 

a> 

O 

Gehöfte 

Kreise 

Gemein¬ 

den 

Gehöfte 

Preußen: 







*Allcnstein .... 

1 

2 

7 

+ i 

+ 2 

+ ? 

Potsdam. 

1 

1 

1 

0 

0 

0 

Stettin. 

1 

3 

3 

0 

0 

o 

*Posen . 

1 

1 

1 

+ 1 

+ 1 

+ i 

*Bromberg .... 

1 

1 

1 

4- 1 

4- 1 

+ i 

Preußen zusammen 

5 

8 

13 

+ 3 

4- 4 

4- 9 

Bayern: 







Oberbayern .... 

I 

2 , 

2 

— 4 

— 5 

- 21 

Oberfranken . . . 

0 

0 

0 

— 1 

- 1 

- 1 

Mittelfranken . . . 

1 

2 

3 

0 

0 

- 6 

Schwaben .... 

0 

0 

0 

— 1 

— 1 

— 2 

Elsaß-Lothringen: 







Unter-Elsaß . . . 

3 

3 

20 

0 

' - 7 

“ 9 

Ober-Elsaß .... 

1 

0 

o | 

0 

- 2 

— 3 

- 13 

Lothringen .... 

1 

1 1 

11 

— 2 

- 4 

1 — 7 

Zusammen 

11 1 

16 | 

49 

— 7 j 

- 17 | 

— 50 


Rotz. 

Preußen: Im Stadtkreis Berlin 1 (1), in den Reg.-Bez. Oppeln, 
Düsseldorf je 1 (1), Marienwerder 2 (3), Frankfurt, Posen je 3 (3), 
Breslau 4 (4), Cöln 4 ^8), Bromberg 5 (5), Potsdam 6 (6). Zusammen 
35 Gemeinden (38 im Oktober). 

Lungenseuche. 

Preußen: Stadtkreis Berlin in einer Gemeinde. 

Landespolizeiliche Anordnung. 

Wegen des wiederholten Ausbruchs der Maul- und Klauen¬ 
seuche und der Lungenseuche im Landespolizeibezirk Berlin 
und seiner Umgebung und wegen der bestehenden Gefahr der 
Verbreitung dieser Seuchen wird auf Grund der §§17 bis 20 
des Gesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894, betreffend die 
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen und der §§ 1 und 7 
des dazu erlassenen Preußischen Ausführungsgesetzes vom 
12. März 1881, sowie des § 1 der Bundesratsinstruktion vom 
30. Mai bis 27. Juni 1895 mit Genehmigung des Ministers für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten für den Umfang des 
Landespolizeibezirks Berlin folgendes angeordnet: 

§ 1. Die mit der Eisenbahn von außerhalb .in den Landes¬ 
polizeibezirk Berlin gebrachten Rinder dürfen von der Bahnhofs¬ 
rampe nicht entfernt werden, bevor sie von dem zuständigen 
Kreistierarzt oder dessen Vertreter auf ihren Gesundheitszustand 
untersucht worden sind. Die Untersuchung hat beim Ausladen 
der Tiere und bei ausreichendem Licht zu erfolgen. 

§ 2. Die rechtzeitige Benachrichtigung des Kreistierarztes 
ist Sache des Besitzers oder Führers (Begleiters) der Vieli- 
sendung. Der Kreistierarzt ist nicht verpflichtet, die Unter¬ 
suchung zur Nachtzeit vorzunehmen. 

§ 3. Zuwiderhandlungen gegen § 1 dieser Anordnung 
werden, sofern nicht nach § 328 des Strafgesetzbuches eine 
höhere Strafe verwirkt ist, auf Grund der §§ 66 und 67 des 
Reichsviehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 bestraft. 

§ 4. Diese Anordnung tritt am 1. November dieses Jahres 
in Kraft und wird aufgehoben werden, wenn die vorhandene 
Seuchengefahr beseitigt ist. 

Berlin, den 15. Oktober 1908. 

Der Polizeipräsident, von Stuben rauch. 


Gebührentarif. 

(Gen. 654. II a. D. 08.) 

Für die amtstierärztliche Untersuchung des auf den Bahn¬ 
höfen des Landespolizeibezirks Berlin zur Entladung kommenden 
Rindviehs ist von den Pflichtigen, so weit nicht mit polizeilicher 
Genehmigung etwas anderes vereinbart ist, eine Gebühr von 
0,25 M. für jedes untersuchte Stück Rindvieh zu entrichten. 
Für Sendungen, die weniger als sechs Stück Rindvieh zählen, 
wird eine Mindestgebühr von 1,50 M. erhoben. Wenn mehrere 
Rindviehtransporte desselben oder verschiedener Besitzer gleich¬ 
zeitig eintreffen oder zu gleicher Zeit untersucht werden, so 
ist die — alsdann nötigenfalls auf die verschiedenen Zahlungs¬ 
pflichtigen nach der Stückzahl der Tiere zu verteilende — 
Mindestgebühr von 1,50 M. nur dann zu erheben, wenn die 
Gesamtzahl der Tiere dieser Transporte weniger als sechs 
beträgt; andernfalls ist die Stückgebühr von 0,25 M. in Ansatz 
zu bringen. 

Berlin, den 15. Oktober 1808. 

Der Polizeipräsident, von Stubenrauch. 

Maul- und Klauenseuche. 

Nach der im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten Statistik 
über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen Reich während 
des 2. Vierteljahrs 1908 trat die Maul- und Klauenseuche neu auf 
in 300 Gehöften gegen 156 im 1. Vierteljahr 1908. 

Am Schlüsse des 2. Vierteljahrs 1908 blieben noch 163 Gehöfte 
in 49 Gemeinden (Gutsbezirken) verseucht. 

Neuausbruch. Dominium Lohne, Krdis Rotenburg, Reg.-Bez. 
Stade am 14. Dezember, Mietesheim, Kreis Hagenau am 16. Dezember. 

Nahrungsmitteikunde, Fleischbeschau und Viehhandel. 

Redigiert von Glage. 

Verfügung, betreffend den biologischen Nachweis von Pferdefleisch. 

Im Ministerialblatt der königlich preußischen Verwaltung 
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom November d. J. 
ist eine Verfügung vom 13. Oktober veröffentlicht, der folgendes 
zu entnehmen ist: 

Der biologische Nachweis von Pferdefleisch ist für die 
Auslandsfleischbeschau in erster Linie vorgeschrieben. In einer 
Abhandlung der Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt 
(Band 28, S. 449 ff.) ist Technik und Methodik dieses Verfahrens 
eingehend besprochen. Das Verfahren wird sich mit Nutzen 
auch bei Untersuchungen von Fleisch im Inlande da anwenden 
lassen, wo es sich um Nachweis von Pferdefleisch, besonders 
beim Verdacht von Wurstverfälschungen handelt. Das Kaiser¬ 
liche Gesundheitsamt ist in der Lage, das pferdefleischausfällende 
Serum ebenso, wie dies für die Auslandsbeschaustellen geschieht, 
auch für andere Untersuchungsanstalten vorrätig zu halten, und 
ist bereit, die für eine Untersuchung genügende Dosis von 
1 ccm zum Preise von 2 M. abzugeben. Das Untersuchungs- 
Verfahren beruht bekanntlich darauf, daß in Auszügen von 
Fleischeiweiß durch ein spezifisches Serum eine Trübung erzeugt 
wird, wenn es sich um Pferdefleischeiweiß handelt; es ist dann 
aber nicht ausführbar, wenn das Eiweiß in unlöslichen Zustand 
z. B. durch Kochen und scharfes Räuchern übergeführt ist. 
Die Ausführung sowohl wie die Beurteilung der Ergebnisse ist 
nicht ganz einfach, und nur mit einer gewissen Übung und 
Erfahrung läßt sich ein sicheres Urteil gewinnen. Das Kaiser¬ 
liche Gesundheitsamt hat sich bereit erklärt, Sachverständigen, 
die sich mit dem Verfahren vertraut machen wollen, dazu Ge- 








17. Dezember 1908. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 941 


legenheit zu geben. Die Regierungspräsidenten werden durch 
die Verfügung ersucht, die mit der Nahrungsmittelkontrolle be¬ 
auftragten Stellen auf das Verfahren und gleichzeitig auf die 
Fehlerquellen aufmerksam zu machen, sowie die Namen der¬ 
jenigen, welche sich im Gesundheitsamt unterrichten wollen, 
dem Ministerium mitzuteilen. 

Protest gegen den Viehhandel nach Lebendgewicht. 

Der Verband der Viehhändler Deutschlands hat, wie die 
Zeitungen berichten, eine Protestversammlung gegen die be¬ 
absichtigte Einführung des Handels nach Lebendgewicht ver¬ 
anstaltet. In dieser Versammlung hat der Schlachthofdirektor 
Goltz-Berlin nach der Fleischerzeitung darauf hingewiesen, 
daß die Einführung der Notierung nach Lebendgewicht der 
Stadt Berlin au einmaligen Kosten 2 Millionen und an dauernden 
Kosten 7a Million jährlich verursachen würde. Außerdem würden 
die Händler stark vermehrte Kosten haben. — Es wird nicht 
darauf ankommen, ob einzelnen Beteiligten erhöhte Kosten er¬ 
wachsen, sondern darauf, eine Methode zu finden, die eine 
gerechte Preisermittlung sicherstellt. 

„Erwiderung“. 

In Nummer 45 der „Berliner Tierärztlichen Wochenschrift“ be¬ 
richtet Herr Dr. G. unter der Überschrift „Feilhalten von ver¬ 
dorbenen Nahrungsmitteln“ über eine Gerichtsverhandlung gegen 
den Metzger Z. in Bochum wegen Feilhaltens verdorbener Nahrungs¬ 
mittel. 

Herr Dr. G. bemängelt die Hinzuziehung des städt. Nahrungs¬ 
mittel-Chemikers und weist darauf hin, daß derartige Revisionen 
animalischer Nahrungsmittel in tierärztlichem Standesinteresse nur 
von Fachangehörigen (Tierärzten) vorgenommen werden sollten, 
zumal in Bochum vor kurzem ein spezialistisch ausgebildeter Polizei¬ 
tierarzt angestellt worden wäre. 

Aus dem Herrn Dr. G. zur Kenntnis gekommenen Berichte über 
die fragliche Gerichtsverhandlung hätte derselbe vermutlich bei der 
nötigen Aufmerksamkeit den Zeitpunkt des zur Aburteilung stehenden 
Vergehens ersehen können. Weiter wird Herrn Dr. G. bei seiner 
vorzüglichen Kenntnis tierärztlicher Personalien und Vakanzen 
bekannt gewesen sein, daß die hiesige Polizeitierarztstelle erst zum 
1. April d. J. — also viel später als das fragliche Feilhalten ver¬ 
dorbener Nahrungsmittel geschah — besetzt worden ist. Die bis 
dahin am städtischen Schlachthofe vorhandenen Tierärzte aber 
waren wegen anderweitiger dienstlicher Ihanspruchnahme außer¬ 
stande die außerordentliche Fleischbeschau äuszuüben. 

Dem als Polizeitierarzt tätigen Kollegen sind nach seinem 
Dienstantritt die Revisionen der Wochenmärkte, Metzgerläden, 
Wurstküchen usw. von der Stadtverwaltung übertragen worden. 
Damit sind aber auch die von Herrn Dr. G. an den Prozeß ge¬ 
knüpften Bemerkungen hinfällig, und der Artikel desselben war 
zur Wahrung der tierärztlichen Standesinteressen in Bochum weder 
erforderlich, noch hat er etwas dazu beigetragen. 

Dr. Doenecke. 

Versammlung des Bundes deutscher Nahrungsmittelfabrikanten und -hfindler. 

Vom 5.-8. Oktober tagte in Berlin der Bund deutscher Nahrungs¬ 
mittelfabrikanten und -händler, u‘m über die Anträge und Abänderungs¬ 
vorschläge für das im September 1905 vom Bunde herausgegebene 
„Deutsche Nahrungsmittelbuch“ zu beraten. Bei dem Kapitel 
„Molkereierzeugnisse“ war von der Handelskammer Dessau für 
Vollmilch die Festsetzung eines Mindestfettgehaltes gefordert, für 
Kindermilch von 3 Proz., und eines Höchstgehaltes an Bakterien in 
1 ccm Milch, für Ziegen-, Esels- und Schafmilch wurde des ferneren 
Deklarationszwang verlangt. Diese Anträge lehnte dio Versammlung 
ab. Ein Mindestgehalt an Fett kann nicht festgelegt werden, da 
der Fettgehalt von Rasse, Alter, Art der Fütterung usw. zu sehr 
beeinflußt wird. Eine Mindestgrenze wird außerdem leicht zur 
Nonualgrenze und daher oft die Ursache zu Verfälschungen. Da 
z, B, Zugtiere fettreiche Milch zu liefern pflegen, so würde der 


Händler geneigt sein, den Fettgehalt durch Verwässerung herab¬ 
zudrücken. Ebenso ist die Festsetzung eines Höchstgehaltes an 
Bakterien nicht angängig, denn es kommt mehr auf die Art als die 
Menge der Bakterien an. Die Benennung „Kuhmilch“ endlich 
macht eine Deklaration für Ziegen-, Schaf- und Eselsmilch über¬ 
flüssig. — Die Handelskammer Hannover wünschte die Frist von 
mindestens 14 Tagen nach dem Kalben, die zur Abgrenzung der 
Kolostralperiode festgesetzt war, auf „mindestens 8 Tage nach dem 
Kalben“ herabzusetzen. Nach Weigmann ist die Festlegung einer 
Grenze überhaupt untunlich. Die Versammlung einigte sich denn 
auch dahin, daß bei Neuauflage des Buches einfach zu sagen sei: 
„Als Milch ist Kuhmilch mit unverändertem Gehalt zu verstehen, 
wie sie von gesunden, gutgefütterten Kühen durch regelmäßiges, 
ununterbrochenes und vollständiges Ausmelken genügende Zeit nach 
dem Kalben gewonnen wird“. — Weiter beschloß die Versammlung: 
Zur Feststellung des Schrautzgehaltes wird die Methode Weig¬ 
mann empfohlen, die darin besteht, daß man beobachtet, ob sich 
nach Vs ständigem Stehen ein Bodensatz bildet; Milch, die mit dem 
doppelten Volumen neutralen 50 proz. Alkohols sofort gerinnt, ist 
nicht als frisch anzusehen, sie als verdorben zu bezeichnen, wäre 
zu weitgehend; pasteurisierte Milch ist als solche zu deklarieren. 
(Nach der Milchzeitung.) 

Schlachthöfe. 

Schlachthofbauten sind geplant in Einbeck, Kulenbach, Pfaffen¬ 
hofen und in Grünstadt. 

Gesundheitliche Aufgaben des Schlachthofes. 

Die Begründung der Vorlage über den neuen Schlachthof zu 
Bruchsal besagt, daß die Anlage nicht lediglich den Interessen der 
Metzger, sondern in erster Linie der Allgemeinheit durch die Garantie 
einer einwandfreien Beschaffenheit des wichtigsten Nahrungsmittels 
dienen soll Die veranschlagten Gebühren sind so angesetzt, daß 
sie kaum die Hälfte der Ausgaben aufbringen. Es ist erfreulich, 
daß bei der Ordnung die hygienische Bedeutung des Schlachthofes 
klar hervorgehoben wird, der keine Einnahmequelle für die Ge¬ 
meinden bilden soll. 

Freibankordnung. 

In Hannover ist verfügt worden, daß Fleisch von der Freibank 
an Kinder unter 14 Jahren nicht mehr abgegeben wird. Die Be¬ 
stimmung, daß jeder Kunde nicht über 5 Pfund erwerben darf, war 
wiederholt dadurch umgangen worden, daß mehrere Kinder derselben 
Familie sich das erlaubte Quantum hatten verabfolgen lassen. 
Diesen Mißbrauch soll die neue Bestimmung beseitigen. 

Trichinenschau. 

Der Tierärztliche Landesverein in Württemberg hat beschlossen, 
das Ministerium des Innern zu bitten, es wolle die Einführung der 
obligatorischen Trichinenschau in Württemberg in Erwägung ziehen. 

Viehschmuggel. 

Einer der größten Schmugglerprozesse, die jemals verhandelt 
wurden, gelangte vor der Strafkammer zu M.-Gladbach zur Ent¬ 
scheidung. Es handelte sich um eine seit 1901 betriebene, banden¬ 
mäßige Einschmuggelung von Vieh an der holländischen Grenze. 
Das Vieh wurde teils mit gefälschten oder unrechtmäßig erworbenen 
Einführungsscheinen, teils nachts auf Schleichwegen über die Grenze 
gebracht Ferner waren Unregelmäßigkeiten bei der Stallkontrolle 
und in der Führung der Viehbestandsbücher mancher Landwirte 
festgestellt worden. Angeklagt wurden 19 Personen, Händler, 
Metzger, Landwirte, Ackerer und Handwerker. Für die Verhandlung 
waren über 200 Zeugen geladen; die Anklage lautete auf Schmuggel, 
Betrug und Urkundenfälschung. Die vier Hauptangeklagten wurden 
zu 38000 M. Schadenersatz für Unterzogene Zölle und zu 5 bis 
10 Monaten Gefängnis verurteilt 

Erfreuliche Folgen der „Trommsdorffschen Miloheiterprobe“. 

Von Dr. W. Rull mann in München. 

(Milch-Zeitung. 1908. S. 39.) 

Die von Trommsdorff-Miinchen empfohlene Milchleukocyten- 
probe dient bekanntlich zur Feststellung der so häufig vorkommenden 
chronisch verlaufenden Euterentzündungen. Das Verfahren hat sich 
vielerorts eingebürgert und ist auch von wissenschaftlicher Seite 
nachgeprüft, wobei die meisten Autoren wie Bergey u. a. sich 





1 


942 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Uber den Wert sehr günstig geäußert haben. Auch in München 
wird in der amtlichen Milchuntersuchungsstelle die Methode benutzt. 
Wiederholt konnten hier Produkte euterkranker Kühe in der Sammel¬ 
milch nachgewiesen werden. Die Sammellieferanten erhielten daher 
den Auftrag, jeden Milchlieferanten und Produzenten vor der Bei¬ 
mengung der Milch euterkranker Tiere zu warnen. Die amtliche 
Milchuntersuchungsstelle nahm auch Gelegenheit, auf die Unzulässig¬ 
keit der Beigabe von Milch von ein-, zwei- oder dreistrichigen 
Kühen aufmerksam zu machen, da die Milch aus den anscheinend 
gesunden Vierteln bereits schädlich wirken kann, ohne augenfällig 
verändert zu sein, ferner auf die Übertragbarkeit der Euter¬ 
entzündungen von Tier zu Tier hinzuweisen und vor dem Melken 
in das Stroh zu warnen. Das Verbot, die Milch solcher Tiere in 
den Verkehr gelangen zu lassen, mag als eine Schädigung des 
Produzenten aufgefaßt werden können, in Wirklichkeit bedeutet es 
durch Verhütung der Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten 
einen direkten Nutzen für den Landwirt und Milchviehhalter. 

In einem Nachtrag in der Milchzeitung 1908, Nr. 6, Seite 62, 
wird ein Erlaß der Milchuntersuchungsstelle der Stadt München zur 
Kenntnis gebracht, der an die Milchproduzenten herausgegeben 
wird und im wesentlichen folgenden Inhalt hat: 

Der Besitzer eines Stalles wird davon benachrichtigt, daß die 
Untersuchung der von ihm gelieferten Milch zweifellos die Anwesen¬ 
heit euterkranker Tiere auf seinem Gehöft bewiesen bat und daß 
er sich durch Lieferung der Milch von solchen Tieren der Über¬ 
tretung des N.-M.-G. schuldig macht. Dann heißt es weiter: 

„Wollen Sie weiter Milch nach München liefern, so haben Sie 
die Verpflichtung, ihre Kühe durch einen Tierarzt auf Euterkrank¬ 
heiten untersuchen zu lassen. Es ist zu empfehlen, daß der be¬ 
treffende Unternehmer von dem Gemelke jeder Kuh entsprechend 
bezeichnete Proben gut gekühlt in kleinen, reinen Gläsern an die 
amtliche Milchuntersuchungsstelle sendet. Nach der Untersuchung 
werden Ihnen die Kühe bezeichnet, deren Milch in den Verkehr 
darf. Bis dahin wird die amtliche Milchuntersuchungsstelle jede 
solche Milchsendung aus Ihrer Stallung beschlagnahmen, die nach 
München geschickt wird, da die Milch verdorben im Sinne des 
Nahrungsmittelgesetzes ist und die menschliche Gesundheit 
schädigen kann. 

Es ist daher in Ihrem Interesse, wenn Sie bis nach Bestimmung 
der kranken Tiere die Anlieferung derMilch nach München unterlassen/ 

Übertragung von Typhus duroh die Milch. 

ln der „Medizinischen Statistik des Hamburgischen Staates für 
das Jahr 1906“ ist ein interessanter Fall der Verbreitung des 
Typhus durch den Milchhandel geschildert. Fünf Angestellte eines 
Postamts, die sich mittags Milch von einer benachbarten Handlung 
zu holen pflegten, erkrankten kurz nach einander an Typhus. In 
der Familie des Milchhändlers und in der Nachbarschaft war Typhus 
nicht vorgekommen, so daß die Quelle weiter rückwärts bei den 
Lieferanten liegen mußte. Da vier Lieferanten mit etwa 50 Pro¬ 
duzenten in Frage kamen, ließ sich die Herkunft zunächst nicht 
sicher ermitteln; sehr verdächtig erschien aber ein an der Oberelbe 
gelegenes Dorf. Nach einiger Zeit brach eine zweite Epidemie aus 
mit 19 Infektionen, darunter zwei tödlichen. Hier kamen sechs 
Milchhändler in Betracht, die ihre Milch ebenfalls aus dem ver¬ 
dächtigen Dorf bezogen. Die Ermittelungen ergaben denn auch, daß ein 
typhuskranker Knecht beim Melken und Umgießen der Mischmilch 
in die Sammelgcfäße beschäftigt gewesen war und somit Ver¬ 
anlassung zu den Epidemien gegeben hatte. Der Knecht wurde 
am 4. Juni ins Krankenhaus gebracht, muß aber vorher noch eine 
Kanne infiziert haben, da im Kundenkreise des Milchhäudlers, in 
dessen Hände diese gelangte, allein zwölf weitere Typhusfälle nach 
2—J Wochen vorkamen, ebenso vier im Juli, später keine mehr, 
ln der „Medizinischen Statistik“ für 1905 wird ferner ein Fall mit¬ 
geteilt. in dem sich acht Erkrankungen nach dem Genuß infizierter 
Milch in einer Schule ereigneten. 

„Bazillen mit Sporen“. 

Bei Schilderung des bakteriologischen Befundes an einer 
Fleischware erwähnte ein Sachverständiger vor dem Schöffengericht 
zu 11., daß er Bazillen in dem Fleisch gefunden habe, darunter 
auch solche, die Sporen getragen hätten. Das Wort „Bazillen“ 


mochten die Schöffen schon gehört haben, daß aber Bazillen auch 
Sporen tragen, erschien, wie die verwunderten Fragen des einen 
bewiesen, unglaublich. Offenbar hatte der Gute zunächst an 
Sporen anderer Art gedacht, als man in der Bakteriologie meint. 
Das Vorkommnis zeigt die Notwendigkeit einer populären Aus¬ 
drucksweise vor Gericht in drolliger Weise. 

Studien Uber die sogenannte sterilisierte Milch des Handels. 

Einen Beitrag zur Biologie der peptonisierenden Milchbakterien. 

# Von Otto Knüsel. 

lnaugural-Diasertation. Berlin 1908. Verlagsbuchhandlung von Richard Scho et?., 
Wilhelmatraße 10. 

Verfasser hat in einer eingehenden, im hygienischen Institut 
der Berliner tierärztlichen Hochschule angefertigen Arbeit fest¬ 
gestellt, daß von der sterilisierten Milch des Handels nur 
0—87 Proz. der untersuchten Proben aus den verschiedenen Be¬ 
zugsquellen keimfrei waren. Je größer der Prozentsatz der keim¬ 
freien Flaschen war, desto deutlicher hafteten der Milch Be- 
warmung und Kochgeschmack an. Die Schwierigkeit der voll¬ 
ständigen Sterilisation ist bedingt durch die Anwesenheit sehr 
lebenszäher Sporen von Anaerobiern und Probeolyden. Die 
Knackprobe beweist nur, daß das Vakuum über der Milch in der 
Flasche noch vorhanden ist, also in der Milch keine Gasentwicklung 
stattgefunden hat. Die Peptongärung verläuft aber ohne Gas¬ 
bildung und beeinflußt das Vakuum daher nicht. Keimhaltige 
Flaschen können im Thermosteten noch lange unverändert bleiben. 
Zur Vorprüfung auf die Sterilität eignen sich die Koch- und 
Alkoholprobe nur wenig, die Wasserstoffsnperoxydprobe zeigt da¬ 
gegen durch sehr energische Sauerstoffentwicklung die An¬ 
wesenheit von I’roteolyden schon an, bevor die Milch sinnlich 
wahrnehmbare Abweichungen erkennen läßt, und kann daher zur 
Kontrolle die Sterilität der Flaschenmilch Anwendung finden. 

Die anaerobischen Bakterien spielen in der sterilisierten Milch des 
Handels eine untergeordnete Rolle. Hinsichtlich der peptonisieren¬ 
den Milchbakterien kommen in der Praxis nur die raschpeptonisie- 
renden in Betracht. Diese Bakterien bilden ein proteolytisches 
Ferment, ein Labferment, eine Redukdase und eine Superoxydase. 
Bakterienlab ist verschieden von Tierlab und koaguliert auch ste¬ 
rilisierte Milch. Es wirkt bei 60° Grad eben so gut wie bei 37°. Das 
häufig beobachtete Gerinnen der Milch im Thermostaten ist auf 
Labwirkung von Proteolyten zurttckznführen, unter 22° wirkt dieses 
jedoch nicht mehr. Das proteolytische Ferment greift das Kasein 
dagegen auch bei Temperaturen unter 22° an. Daher kann Milch 
bitter werden ohne zu gerinnen. Die peptonisierenden Milchbak¬ 
terien entwickeln auf verschiedenen Nährböden Ammoniak und 
Schwefelwasserstoff, sind aber keine oder schlechte Indolbildner, 
haben zumeist die Fähigkeit, Nitrate und Nitrite abzubauen und 
vermögen zum Teil Nitrate bei Gegenwart von Glyzerin zu ver¬ 
gären. Die Peptongärung ist ein Fäulnisprozeß der Milch. Wegen 
des Wachstums in der breiten Grenze von 8—65° können einige 
peptonisierende Bakterien fast bei jeder praktisch in Frage kom¬ 
menden Aufbewahrungstemperatur sich in der Milch rasch ver¬ 
mehren. Dies zu verhüten, wäre daher eine Aufbewahrung unvoll¬ 
ständig sterilisierter Milch bei unter 8° nötig. Die Milchkuranstalten 
haben endlich die Möglichkeit durch aseptisches Melken und sofor¬ 
tige Sterilisation eine Infektion der Milch mit Sporen zu verhindern 
oder beträchtlich zu beschränken. 

Die Bedeutung der Kommunalen Kinder- und Kurmilchanstalten und die 
Bedeutung der Tierärzte für die Leitung dleeer Wohlfahrtseinriciitiiagen. 

Von Schlachthofdirektor Edm. Suckow, Leiter der städtischen 
Kinder- und Milchkuranstalt Bergisch - Gladbach. 

(Verlag von Chr. Illinger in Bergiach-Gladbach.) 

Die Broschüre behandelt in statistischen Darlegungen die 
Säuglingssterblichkeit, die Notwendigkeit der Versorgung der 
Säuglinge mit einwandfreier Milch und die Gesichtspunkte, nach 
denen diese in den Städten zu geschehen hätte. Verfasser verweist 
dabei auf den von ihm herausgegebenen „Leitfaden zur Errichtung 
von Kindermilcbanstalten“ (erschienen bei Schaper in Hannover 
und gibt in der obigen Broschüre, die feinen Vortrag auf der 5. all¬ 
gemeinen Versammlungen des Vereins preußischer Scblachtboftier 
ärzte in Berlin darstellt, deshalb nur einen allgemein gehaltenen 
überblick über die ganze Frage. Glage. 





BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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17. Dezember 1908. 

FUtterungsversuohe mit Milchkühen. 

Im Aufträge des Sonderausschusses für Fütterungs wesen der 
Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft dargestellt von Professor 
Dr. J. Hansen-Bonn. 

(Herl!n SW. 11, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Deasauerstr. 1-1. 1907.) 

Der erste Teil der Arbeit behandelt die Ernährung der Abmelk¬ 
kühe. Für diese ist, da sie große Milchmengen liefern uud gleich¬ 
zeitig beim Sinken des Milchertrags auf 8—10 Litern fett sein 
sollen, eine intensive Ernährung notwendig. Der für Milch-Zuchtvieh 
gültige Maßstab scheint nach den Versuchen für die Fütterung 
dieser Tiere nicht ohne weiteres angelegt werden zu können. Drei 
Versuchsreihen mit fünf Kühen zeigten, daß zur Erreichung be¬ 
friedigender Milchleistung und gleichzeitiger Mästung eine Menge 
von 12,6 kg Stärke in dem Gesamtfutter nicht ausreichend war. 
Genügende Nährstoffzufuhr ergeben dagegen 14,3 bis 14,4 kg 
Stärkewert auf 10U0 kg Lebendgewicht. Ferner sind 2,5 kg Eiweiß 
und 3 bis 3,1 kg Rohprotein erforderlich, während 2,2 bis 2,3 kg 
Eiweiß bzw. 2,7 kg Rohprotein nicht genügten. Vielleicht ist eine 
Steigerung auf 3 kg Eiweiß und 3,5 Rohprotein wirtschaftlich am 
zweckmäßigsten, wobei in erster Linie an eine befriedigende Zu¬ 
nahme des Lebendgewichts gedacht ist. • 

Der zweite Teil der Arbeit schildert einen Versuch, bei dem 
eingesäuerte Rübenblätter mit trockenen Rübenblättern in Vergleich 
gestellt worden sind. Glage. 

Milchkontrolle in New-York (Konzessionsschluß). 

Die Beaufsichtigung der Milch ist sehr unähnlich derjenigen des 
Fleisches in manchen Bundesstaaten der Union eine sehr gewissen¬ 
hafte und auch für uns vorbildliche. So ist der Kleinverkauf der 
Milch möglichst beschränkt, in der richtigen Voraussicht, daß bei 
Kleinbetrieben mit ihrem kunterbunten Durcheinander (in manchen 
Großstädten bei uns sind sogar kleine Kohlenlager neben den 
.Milchkannen oder sogar offenen Behältern etabliert) keineswegs 
geeignet sind, eine geruch- und geschmackfreie Aufbewahrung vom 
Produzenten bis zum Konsumenten zu garantieren. Demzufolge 
verabfolgt die Polizeiverwaltung in New-York auch nur Lizenz¬ 
scheine auf je ein Jahr, die nur dann auf ein weiteres Jahr verlängert 
werden, wenn die sämtlichen Kontrollgänge der Beamten zu keinem 
Anstand Anlaß gegeben haben. Die Konzessionsscheine sind un- 
übertragbar, können nicht einem andern Individuum so wenig wie 
auf ein anderes Lokal übertragen werden. Jeweils vielmehr ist 
eine neue Konzession bei Geschäftsverlegung oder beim Verkauf 
eines solchen neu einzuholen. Der Lizenzschein enthält vollständige 
Adresse der Milchhändler, auch fehlt nicht der Vermerk, daß zu 
jeder Zeit die Konzession entzogen werden kann. Die Kontroll- 
beamten überzeugen sich bei jeder Revision, daß sämtliche Be¬ 
dingungen eingebalten werden. Was uns nun ferner besonders 
interessiert, ist, daß fast sämtliche Kontrollbeamten (Inspektoren) 
aus Tierärzten bestehen, die einem Oberbeamten unterstellt 
sind. Dieselben sind angehalten, jedesmalige eingehende Unter¬ 
suchungen des Milchviehes vorzunehmen, kranke Tiere auszurangieren 
und Protokolle über die sanitären Verhältnisse im allgemeinen der 
Tiere sowohl wie der Ställe, der Einrichtungen samt und sonders 
aufzunehmen. Demzufolge sind die Ställe, ihre Ausdehnung, 
VentilationsVerhältnisse, Anstrich, Böden, Geräte, Futter und 
Reinlichkeit der Milchtiere genau zu berücksichtigen. Desgleichen 
müssen die Manipulationen der Milchgewinnung und Milchbehandlung 
Situationsplan der Brunnen, die zum Betriebe nötig sind, Dung¬ 
gruben, Reinlichkeit des Personals, Transport der Milch genau unter 
Aufsicht gehalten werden. Aucli die Produzenten erhalten solche 
Lizenzscheine. Ohne diese Scheine ist der Eintritt in die Stadt 
New-York für Milchlieferanten verboten. In solchem Falle werden 
Produzenten wie Wiederverkäufer unter Strafe gestellt, die Milch 
fällt ohne weiteres der Vernichtung anheim. In Deutschland wäre 
verhältnismäßig schon viel erreicht, wenn schon die den Kranken¬ 
häusern gelieferte Milch und die betreffenden Stallungen unter 
regelmäßiger Kontrolle ständen. Dr. G. 

Einfluß der Tuberkulinprobe auf die Mllch8ekretion. 

Von S. H. Gillilaudet und E. L. Gorumann. 

(American veterinary Review, Januar 1908.) 

Über den Einfluß der Tuberkulinprobe auf die Milchsekretion 
gesunder und kranker Tiere hat Dr. Schweinitz im Jahre 1896 


Beobachtungen angestellt. Gesunde Tiere werden kaum beeinflußt, 
wohin gegen bei reagierenden eine Abnahme des Ertrages zu be¬ 
merken ist. Moore hat eine Verminderung festgestellt, welche mit 
der Temperaturerhöhung zusammenhängt Gillilaudet und Coru- 
mann wollten besonders den Einfluß der Tuberkulinprobe auf 
nicht reagierende Tiere ermitteln und prüften 500 derartige Kühe 
neben 48 reagierenden. Die Resultate sind die folgende: 


•Nicht reagierende Tiere. 


Zeit seit der Zahl der 

In 

Mittlere 

Impfung 

Tiere 

Prozenten 

Schwankung 
in kg. 


f 243 

48,6 

+ 0,5175 

24 Stunden . . | 

26 

5,2 

+ 


[ 231 

46,2 

— 0,545 

1 

f 189 

37,8 

4- 0,472 

2. Tag.| 

14 

2,08 

+ 

l 297 

59,4 

- 0,625 

I 

[ 193 

38,6 

-f 0,5175 

3. Tag. 

13 

2,6 

58,8 

4- 

l 294 

— 0,648 

1 

f 192 

38,8 

4 0,509 

4. Tag.| 

14 

2,8 

-F 

l 294 

58,8 

44 0,63 

Durchschnitt in den i 

f 189 

37,8 

4- 0,472 

vier Tagen nach 

18 

3,6 

-F 

der Impfung . . 1 

[ 293 

58,6 

— 0,553 

Die Autoren beziehen die geringe Verminderung der Milchmenge 


j bei 58,6 Proz. der Tiere auf die Beunruhigung, welche die Kühe 
bei der Impfung und den Temperaturmessungen erleiden. 


Reagierende Tiere. 


Zeit seit der 

Zahl der 

In 

Mittlere 

Impfung 

Tiere 

Prozenten 

Schwankung 




in kg. 


f 5 

10,4 

+ 0,432 

24 Stunden 

• • 1 

2,08 

•F 


l 42 

87,5 

- 1,12 


1 3 

6,25 

+ 0,45 

2. Tag . . . 

' • I 45 

93,7 

— 1,96 

3. Tag . . . 

■■ 1 12 

25 

-f 0,55 


1 36 

75 

— 1,13 


1 17 

35 

+ 0,97 

4. Tag . . . 

. . 8 

6,25 

+ 


l 28 

58,3 

- 1,00 

Durchschnitt in 

(len 1 7 

14 

©3 

ö 

-f 

4 Tagen nach 

der 41 

85,4 

- 1,017 

Impfung 





(Nach L’Hygiene de la Viande et la Lait.) 

Milohverbrauoh der Welt 

Der gesamte Verbrauch beträgt nach einer amerikanischen 
Statistik täglich 1 324 500 000 Liter Milch. Den größten Bedarf mit 
505 000 Tons täglich hat Nordamerika, darauf folgen Rußland mit 
190 000, Deutschland 160 000, Österreich 85 000 und Italien mit 
75 000. Die nächsten Stellen nehmen ein Canada 65 000, die 
Niederlande 60 000, Frankreich und England mit je 10 000. 

Einfuhr von Milch und Milcherzeugnlssen nach Deutschland Im Jahre 1907. 

Nach den „Monatlichen Nachweisen über den auswärtigen 
Handel Deutschlands“ gelangten im Jahre 1907 zur Einfuhr in 
Doppelzentnern (100 kg) an: Milch, frisch, auch entkeimt usw. 
401106; Rahm, frisch, auch entkeimt usw. 100692; Magermilch 
3509; Buttermilch, Molken 127; Milchbutter 388119; Butterschmalz 
7325; Hartkäse, außer Margarinekäse 183 941; Weichkäse, außer 
Margarinekäse 19 091. 

Sibirischer Butterexport. 

Der Butterexport aus Sibirien ist in den letzten Jahren so 
rapide gestiegen, daß 1907 in den monatlichen Ausweisen über den 
auswärtigen Handel Deutschlands Rußland in Europa mit 73 151 
und Rußland in Asien mit 18 483 Doppelzentner vermerkt ist, 
während 1905 eine solche Trennung noch nicht vorgenommen 
werden konnte. Sibirien hat danach bereits Schweden, Dänemark, 
Frankreich und Österreich bei der Versorgung Deutschlands über¬ 
flügelt, und die Niederlande stehen mit 152 291 Doppelzentner noch 
an der Spitze. 









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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Der Einfluß der Molkereigenossenschaften auf die Viehzucht. 

In einem auf dom Verbandstag des Verbandes hannoverscher 
landwirtschaftlicher Genossenschaften gehaltenen Vortrag äußerte 
sich Prof. l)r. Hansen* Bonn nach der Milchzeitung dahin, daß 
ausweislich der Ergebnisse der Viehzählung der Anteil der Kühe 
und Färsen immer kleiner, derjenige des Jungviehs im Alter von 
V, bis 2 Jahren stetig größer geworden ist. Das trifft für ganz 
Deutschland zu, besonders auch für Schleswig-Holstein und Hannover. 
Es hat also keine Abnahme der Zucht stattgefunden, sondern die 
neu entstandenen Molkereien haben im Gegenteil die letztere ge¬ 
fördert. In der Einführung der Kontrollvereine und Molkereien auf 
genossenschaftlicher Grundlage sind deshalb zwei wichtige Fort¬ 
schritte zu sehen, die die Rente aus der Viehhaltung dauernd zu 
steigern in der Lage sind. 

Ertrag der Milchwirtschaft in Württemberg. 

In Württemberg sind nach einer vorläufigen Zusammenstellung 
der Ergebnisse der letzten Viehzählung vom 2. Dezember 1907 an 
Milchkühen vorhanden 505 000 Stück, an Ziegen etwa 71 000 Stück. 
Der Jahresmilchertrag einer Kuh ist nach dem statistischen Landes¬ 
amt auf durchschnittlich 1700 1, derjenige einer Ziege zu 550 1 
zu berechnen. Demnach beträgt der Gesamtmilchertrag des Landes 
rund 9 Millionen Hektoliter, von denen die Kühe 96 Proz., die 
Ziegen 4 Proz. liefern. Der Milchpreis ab Stall beträgt im Landes¬ 
durchschnitt 13,5 Pf. für das Liter. Der Gesamterlös für die Land¬ 
wirtschaft beläuft sich auf 31,1 Millionen Mark das Jahr für die 
Milch, welche hier von der städtischen Bevölkerung geliefert wird. 
Dieses Quantum ist auf 2,3 Millionen Hektoliter zu berechnen. 
Verarbeitet in gewerblichen und genossenschaftlichen Molkereien 
und Käsereien wird für 29,5 Millionen Mark Milch. Der Erlös aus 
der Selbstverarbcitung in den landwirtschaftlichen Betrieben, d. h. 
für Verkaufsbutter ferner, beträgt 7,2 Millionen Mark. Alles in 
allem beläuft sich nach der „Württemb. Zeitung“ der Ertrag aus 
Milch und Molkereiprodukten für die württembergische Landwirt¬ 
schaft auf nahezu 67,8 Millionen Mark Bargelderlös. 

Die Konservierung der Milchproben für analytische Zwecke. 

Von Prof. I)r. Karl W indisch-Hohenheim. 

(Milcbwirtschaftlichea Zentralblatt 190S, 8. 97.) 

Unter den zahlreichen empfohlenen Mitteln zur Konservierung 
der Milch für chemische Analysen kommen nur Formaldehyd, Kalium- 
bichromat und allenfalls noch Kupferammonikumsulfat in Frage. Von 
diesen wird in dem Institut vom Verfasser nach eigenen Unter¬ 
suchungen Kaliumbichromat benutzt (0,15—0,2 g auf 100 ccm Milch), 
wobei zufriedenstellende Resultate erhalten wurden. 

Milchkannen aus Papier. 

Eine Londoner Fabrik bringt Milchgefäße in den Handel, die 
aus Papier (Papier Mache) bestehen. Die Behälter sollen sowohl 
in dem Großhandel als auch bei der Lieferung von Flaschenmilch 
Verwendung finden. Die Flaschen und Gefäße sind von hellbrauner 
Farbe, außerordentlich leicht und angeblich sehr sauber. 


Milchersatz bei der Kälberaufzucht. 

Daß alle bisherigen Versuche, die Milch durch Surrogate 
bei der Kälberaufzucht anzuwenden, nahezu vergeblich sind, be¬ 
weisen auch die Experimente Fingerlings. Die diätetischen 
Eigenschaften der Milch konnten niemals ersetzt werden, wenn 
auch Lebendgewichtzunahme und Stickstoffansatz befriedigten. 
Am nächsten kam noch Leinsamen hinsichtlich des diätetischen 
Einflusses; ebenso war Erdnußöl (Arachisöl) in Emulsionsform 
nicht ganz wertlos. Verkleisterte Stärke hingegen vermochte 
die ungünstige diätetische Wirkung nicht aufzuheben, vielmehr 
war die Reizung der Darmschleimhaut die gleiche wie die beim 
Tränken mit reiner Magermilch. Dr. G. 

Verdienst in der Meiereibranche. 

Nach der Berliner Molkereizeitung zahlt Kommerzienrat 
Dr. med. Bolle, Inhaber der bekannten Bo 11 eschen Meierei 
65332 Mark Einkommensteuer jährlich. Es entspricht dieser 
Satz Einkommensteuer einem Jahreseinkommen von weit über 
einer halben Million Mark! Dr. G. 

Abgeschaffte Milchsteuer. 

Zu den 1300 Mark Kosten der Milchkontrolle in Dessau 
wurden bisher nur die Milchhändler herangezogen, Diese 
Steuer soll nun abgeschafft werden. Dr. G. 

Häufigkeit der Eutertuberkulose in den französischen Schlachthäusern. 

Nach einer Notiz in „L’Hygiene de la Viande et du Lait“ wurde 
1904 bei den tuberkulösen Kühen in den französischen Schlachtböfen 
Eutertuberkulose ermittelt in den nordwestlichen Departements bei 
5,33 Proz., 1905 bei 4,85 Proz., in den südwestlichen 1904 bei 15,26 
Proz. und 1905 bei 10,22 Proz. In Saint-Nazaire waren unter 18 
tuberkulösen Kühen, von denen 6 generalisierte Tuberkulose auf- 
wieBen, 16 mit Eutertuberkulose behaftet. 

Beförderung von Milch auf der Eisenbahn. 

Am 1. Juli traten neue Bestimmungen über den Versand der 
Milch auf der Bahn in Kraft. Die Abweichungen betreffen die 
Höhe der Milchgefäße und die Beschilderung derselben. Der Fassungs¬ 
gehalt soll nicht über 40 Liter, die Höhe nicht über 75 cm betragen, 
das Schild aus Messingblech bestehen. Die alten nicht vorschrifts¬ 
mäßigen Gefäße sind noch 3 Jahre zugelassen. 

Ultraviolettes Licht beim Sterilisieren von Milch. 

Nach dem deutschen Reichspatent Nr. 195 012 wird Milch bei 
niederer Temperatur (etwa 4° Celsius) abgekühlt und eine ent¬ 
sprechende Lüftung der Milch bewirkt. Die Abkühlung kann durch 
einen Halogenhydrat bewirkt werden, welchem durch eine Kühl¬ 
flüssigkeit die seitens der zu sterilisierenden Flüssigkeit abgegebene 
Wärmemenge entzogen wird. Dr. G. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen: dem Oberstabsveterinär 
Wilden im Hus.-Rogt. Nr. 9 das Ritterkreuz zweiter Klasse des 
Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens. 

Ernennungen: Tierarzt AiVwWer-Kanth mit den kreistierärztlichen 
Geschäften in Habelschwerdt betraut. — Städt. Tierarzt 0 Büdel 
zum III. Schlachthoftierarzt in Freiburg i. Breisgau. — Versetzt: 
Kreistierarzt tfacäi^er-Habeischwerdt nach Bielefeld. 

Examina: Promoviert: Die städt. Tierärzte Albert Georyi- 
Pausa, Fauß- Giengen, Julius Scigel - Heppenheim a. Bergstr. zum 
Dr. med. vet. in Bern. — Approbiert: Die Herren Otto Fobl/c 
aus Hannover, Alfred Grimm aus Riesalingen in Hannover. 

Todesfälle: Oberstabsveterinär Albert Dönickc- Wesel, Stabs¬ 
veterinär Josojth La uger-'S elfte. Frankreich: Professor Baron 

in Alfort. 


Verantwortlich fa r den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Sehmalt* in Berlin. 

Druck von W. 


I Vakanzen. (v*i. Nr. 49.) 

| Stellen für ambulatorische Fleisch beschau und Privatpraxie: Herx- 
! heim bei Landau (Rheinpfalz): Tierarzt Gesuche an das Bürger- 
| meisteramt. 

Tierarzt Jacobsohn in Friedrichshagen bei Berlin, der seit 
' Jahren gelähmt war, ist gestorben und hat seine Witwe mit kleinen 
I Kindern in größter Not zurückgelassen. Der Verein der beamteten 
und der Privattierärzte haben je 300 M. bewilligt, auch der Unter¬ 
stützungsverein, der übrigens seit Jahren laufende Untcr- 
stützunggewährt hatte, gibt eine Weihnachtsspende — Zeichen, 
daß die Not überall anerkannt ist. Das Ziel muß sein, der Witwe 
ein kleines Kapital zur Begründung eines Erwerbs zu verschaffen. 
Die B. T. W. ist gern bereit, Spenden anzunehmen und ihrem Zwecke 
zuzuführen. Die Sendungen werden an die Verlagsbuchhandlung 
j von R. Schoetz, Berlin SW. 48, Wilhelmstraße 10, erbeten. 

Schmal tz. 

- Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung tou Richard ßchoeta ln Berüu. — 
Iftxeaatelu, Berlin. 






. Die „Berliner Herbstliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich im Verlage von Richard Seboets ln 
Berlin SW. 48, Wilhelmatr. 10. Durch Jede« deutsche 
Postamt wird dieselbe tum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, IS P£ für Bestellgeld) 

* frei ins Haus geliefert (österreichische Post-Zeltongs- 
Preisliste Nr. 574. Ungarische Nr. 86.1 

Tierärztliche Wochenschrift 


Redaktion: 

Professor Dr. Sehmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 

Professor 6lage Veterinärrat Dr. Lothes Professor Dr. Peter Veterinärrat Peters Veterinärrat Preuße Dr. Richter 

Hamburg. Departementa-T. in Cöln. Staatstierarst für Hamburg. Departements-T. in Bromberg. Departements-T. in Danaig. Professor in Dresden. 

Med.-Rat Dr. Roeder Dr. Schlegel Dr. J. Schmidt Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel Wehrte Zöndel 

Professor in Dresden. Professor ln Freiburg. Professor in Dresden. Landestlerarxt in München. Kais. Regierungsrat in Berlin. Kreistierarzt ln MUlhaoaen i. B. 

Helfer Dr. H. Sieber Dr. Städter Dr. Zimmermann 

8cblacbtb.-Direktor in Mfllbau en 1. EL am Tropeniostitot in Hamburg. Stadt-Tieiarxt in Hamborg. Dozent ln Budapest 


Berliner 


Original beitrüge werden mit S§ ttk. y fn Petltsata mit 
00 Bk. für den Bogen honoriert. Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Lui»enstraB6 56. Korrekturen. 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagabuchh andl u n g. 


Jahrgang 1908. JV£. 52 . Ausgegebeh am 24. Dezember. 


Inhalt: Toepper: Ausgewählte Kapitel aus der Kastration. — Referate: Gläsraer: Tierseuchenbekämpfung im Felde. — 
Donath: Die Rolle der Neurotoxine in der Auslösung epileptischer Krampfanfälle. — Wierth: Ein Beitrag zur Statistik der 
Hundestaupe. — Jakob: Gastroenteritis acuta beim Bären. — Möller: Der Brechweinstein als Antbelminthicum. — Schade: 
Floria-Fliegenöl. — Aus der medizinischen Literatur. — Tageogeacblohte: Witt: Zur tierärztlichen Ausbildung. — Bayern voran. 
Preußische Beamten-Besoldungskommission. — Gebühren und Reisekosten der Oberamtstierärzte in Württemberg. — Das 
Fothsche Pressebureau. — Kleine Mitteilungen. — Sitzungsbericht über die 97. Frübjahrsversammlung des Vereins Schlesischer 
Tierärzte. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


Ausgewählte Kapitel aus der Kastration. 

Vortrag, gehalten im tierärztlichen Verein für die Provinz Brandenburg 
am 21. Juni 1908. 

Von Dr. Paul Toepper-Berlin. 

Meine Herren! Die Veranlassung zn dem heutigen Vortrage 
ist unser hochverehrter Vorsitzender Herr Veterinärrat Dr. Arndt. 
Die Wahl des Themas war mir überlassen. Daß ich gerade 
die Kastration wählte, hat seine besonderen Gründe. Wenn 
unser bedeutendster Spezialist der Kryptorchidenkastration und 
der Kastration überhaupt, Professor Degive-Brüssel, einen 
geharnischten Artikel in die tierärztliche Welt wirft und dabei 
vor den neuen Kastrationsmethoden warnt, so gibt dies mindestens 
znm Nachdenken Veranlassung. Der von Degive in den 
Annales de med.-vet., T. I—V, pag. 675, erschienene Artikel 
ist betitelt: „Die Kastration des Pferdes. Eine neue Kluppe 
mit besonderer Schnürvorrichtung. Der Wert der neuen 
Kastrationsmethoden bei den Einhufern.“ Degive rät, zur 
alten Kluppenkastration zurückzukehren. Seine Gründe hierfür 
sind, daß jede Operation nicht allein schön, sondern daß sie 
unter allen Umständen sicher sein soll. 

Professor Fr ick-Hannover nimmt zu diesem Artikel in 
der Deutschen tierärztlichen Wochenschrift Nr. 47, 1907 

Stellung. Seine Ausführungen über Kastration und Kastrations¬ 
methoden der männlichen Haustiere sind so ausgezeichnet, daß 
ich die Gesichtspunkte, von denen Frick ausgeht, nicht nur 
gutheißen, sondern auch bei der Beschreibung der Kastration 
mir als Richtschnur nehmen will. Dies schließt jedoch nicht 
aus, daß wir in einigen Maßnahmen verschiedener Meinung sind 
und daß wir zn den Zielen, die wir beide erstreben, in anderer 
Ausführung gelangen. 

Endlich beschloß im Dezember 1907 der Vorstand der 
westprenßischen Landwirtschaftskammer auf eine Vorlage des 
Landrates in Dirschan and nach einem eingehenden Referat 
des Herrn Wannow-Fischau die Errichtung von Kursen zur 


Ausbildung von Viehkastrierern bei dem Kaiser Wilhelm-Institut 
zu Bromberg bei dem Herrn Landwirtschaftsminister zu be¬ 
antragen. Fürchten Sie nicht, meine Herren, daß ich Sie mit 
der Beschreibung der Operation und der Literatur über dieselbe 
lajigweilen will. Wollte ich die letztere auch nur oberflächlich 
ötreifen, so könnte ich bis morgen früh sprechen, ohne sie nur 
einigermaßen zn erschöpfen. In dem heutigen Vortrage habe 
ich vielmehr nur die Absicht, einige Fragen zu beantworten; 
Fragen, die nicht allein den praktischen Tierarzt, der sich mit 
der Kastration beschäftigt, sondern auch die beamteten Tierärzte 
interessieren. Die Antworten sind die Frucht der eigenen 
Erfahrung, die ich im Laufe von 31 Jahren gesammelt habe. 
Theoretische Schlußfolgerungen sollen dabei nicht in Betracht 
kommen. 

Beschäftigen wir uns zunächst mit der Frage: Soll der 
praktische Tierarzt kastrieren? Davon ausgehend, daß jede 
an Tieren auszufübrende Operation das unbestrittene Recht 
und die Pflicht des Tierarztes ist, müssen wir die Frage 
unbedingt bejahen. Es kommen jedoch so viel Nebenumstände 
hierbei in Betracht, die wohl eine Berticktigung verdienen. 
Zunächst die Operation selbst. Hoffman n-Stuttgart sagt in 
den tiermedizinischen Vorträgen Band II, Heft 12 darüber 
in treffender Ausführung: „Die Kastration ist eine bedeutungs¬ 
volle Operation und um sie in allen Fällen korrekt aus¬ 
führen zu können, dazu gehört ein wissenschaftliches Studium 
und tierärztliche Fertigkeit. Wer will sich dessen schämen? 
Wenn aber einige Tierärzte deshalb, weil sie im Anfänge nicht 
genügende Erfolge hatten, auf die Kastration ganz verzichten 
oder sich doch nur an einige Haustiere wagen, so beweisen 
sie damit, daß sie nicht den Grad von Mut besitzen, der für 
die Ausübung des Berufes eines Tierarztes gehört, daß sie 
nicht das Vertrauen zu ihrer Wissenschaft besitzen, das not¬ 
wendig ist, daß sie auch in anderen Dingen unentschlossen 
sein Werden, daß sie sich im eigenen Bezirk ein Pfuschertum 







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946 _BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._;_No. 52. 


großzielien, welches mit ihnen ans einer Schüssel ißt und durch 
welches noch Nachbarn und Nachfolger gestört werden. Trotz¬ 
dem wird die Kastration von Laien, sogenannten Viehkastrierern, 
ausgeführt, die weder die geringsten anatomischen Kenntnisse 
über die Geschlechtsorgane noch die einfachsten Regeln der 
Chirurgie und Desinfektion kennen. Das Gewerbe der Kastrierer 
ist verachtet und vererbt sich in der Regel vom Vater auf den 
Sohn oder bleibt wenigstens in der Familie. Es gibt Leute 
unter ihnen, die eine bewunderungswerte Geschicklichkeit in , 
der Ausführung der Operation erlangen. In Ostpreußen ist es 
besonders die Familie Ambrosius (Vater der Dichterin Johanna 
Ambrosius), in Pommern die Familie Specht. Nach der alten 
Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 mußten die Kastrierer 
einen Befähigungsnachweis beibringen. Dies geschah dadurch, 
daß sie vor dem Departeraentstierarzt ein Examen ablegen 
mußten. Die Examina wareA durch Polizeiverordnungen in den 
einzelnen Provinzen geregelt. Für die Provinz Pommern hatte 
ich eine solche in der Hand. Sie stammte aus den fünfziger 
Jahren des vorigen Jahrhunderts und enthielt genaue Angaben 
über die Forderungen, die an die Kastrierer gestellt werden. 
Zurzeit wird die Kastration der Tiere von den Viehkastrierern 
gewerbsmäßig betrieben. Dieselben sind verpflichtet, sich einen 
Gewerbe- bzw. Wandergewerbeschein zu lösen. Jeder, der einen 
solchen besitzt, kann die Kastration vornehmen. Unsere land¬ 
wirtschaftlichen Haustiere repräsentieren besonders in letzter 
Zeit einen solch hohen Wert, daß ich in bezug auf die Aus¬ 
führung der Kastration bei der Forderung des Befähigungs¬ 
nachweises für Kastrierer stehen bleiben muß. In derselben 
Weise wie für Schmiede der * Befähigungsnachweis gesetzlich 
geregelt ist, ebenso sollte auch für Kastrierer ein solcher 
gefordert werden. Daß wir Tierärzte aber diejenigen sein 
sollen, welche für die Kastrierer einen Instruktionskursus auf 
der Akademie in Bromberg abhalten sollen, wie die Landwirt¬ 
schaftskammer in Westpreußen will, das können die Landwirte 
von uns nicht verlangen. Wir würden uns hiermit ins eigene 
Fleisch schneiden. Das Richtigste und Beste wäre es ja, wenn 
es wie in Dänemark wäre. In Dänemark besteht ein Gesetz, 
nach welchem sämtliche Operationen an Tieren nur von 
approbierten Tierärzten, beziehentlich von dem Besitzer des | 
Tieres ausgeführt werden dürfen. Daher kommt es auch, daß 
die dänischen Tierärzte alle kastrieren und eine außerordent¬ 
liche Geschicklichkeit in der Ausführung dieser Operation besitzen. 

Zur Ausführung einer jeden Operation ist eine gewisse 
natürliche Anlage notwendig. Gute Sinne, ein scharfes Auge, 
ein feines Gefühl, eine ruhige Hand sind erforderlich. Setze 
ich dieses voraus, so empfehle ich jedem jungen praktischen 
Tierarzte, sich mit der Kastration zu beschäftigen. Es wird 
ihm die Operation nicht nur viel Geld einbringen, sondern ihn 
auch für die Vornahme anderer Operationen befähigen. 
Geschicklichkeit im Werfen, in der Handhabung des Messers 
und verschiedener Instrumente wird er hierbei gleichzeitig 
erlernen. Zum Kastrieren der Haustiere gehört aber auch 
körperliche Kraft. Ebenfalls bringt die Operation, bevor man 
sich eine gewisse Fertigkeit angeeignet hat, zeitige Aufregungen 
mit sich. Darum rate ich jedem Tierarzt, der das 40. Lebens¬ 
jahr überschritten und bis dahin nicht kastriert hat, überhaupt 
diese Operation zu unterlassen. 

Die Begründung dieses letzten Ratschlages hängt mit der 
Geldfrage zusammen, die ich hier kurz berühren will. Die 


Kastrierer erhalten in der Regel wenigstens in Pommern und 
in Ostpreußen 3 M. für die Kastration eines jährigen Hengstes. 
Daß wir Tierärzte für den Preis nicht kastrieren können, ist 
klar. In ^Pommern liquidierte ich für die Kastration eines 
jährigen Hengstes 6 M., für diejenige eines zweijährigen 9 M.; 
für einen dreijährigen 12 M. und für einen vierjährigen Hengst 
15 M. Alle über vier Jahre alten Hengste gelten als große 
Hengste und berechnete ich für die Kastration eines solchen 
Hengstes 20 M. Außerdem hatte ich mit den Besitzern in 
Pommern folgendes vereinbart: Wurde die Kastration an einem 
bestimmten Tage gewünscht und machte ich hierzu eine direkte 
Reise nach dem Ort mit eigenem Fuhrwerk, so berechnete ich 
Reisekosten. Waren vier oder mehr Hengste zur Kastration 
vorhanden, so wurde für die Reise nichts liquidiert. Im übrigen 
meldeten die Besitzer die zu kastrierenden Hengste in jedem 
Frühjahr, bis Anfang Mai bei mir an. Die Kastration führte 
ich denn aus, wenn ich gelegentlich nach dem Ort selbst oder 
in die Nähe desselben kam. In Ostpreußen hatte ich dieselben 
Preise eingeführt. In einigen Kreisen Ostpreußens namentlich 
Rastenburg und Angerburg starben im Jahre 1896 fast die 
Hälfte aller der durch Kastrierer kastrierten Fohlen. Infolge¬ 
dessen baten die Besitzer die dortigen Kreistierärzte, doch die 
Kastration zu übernehmen und erboten sich aus freien Stücken 
für jeden einjährigen Hengst 10 M. zu zahlen. Dies reizte uns, 
Kreistierarzt Poeschke-Rastenburg und mein alter Freund 
Oskar Schumann baten mich, ihnen genau die Kastration zu 
zeigen. Poeschke kastrierte unter meiner Aufsicht sechsjährige 
Hengste und obwohl derselbe zuerst recht wenig gewandt war, 
kastrierte er später recht gut. Mißerfolge blieben aber auch 
nicht aus, weil er in Beständen kastriert katte, in denen Druse 
bzw\ ‘Brustseuche herrschte oder geherrscht hatte. Dennoch 
bekam Poeschke so viel Aufträge zur Kastration, daß er sich 
gerade durch die körperliche Anstrengung, die die Kastration 
mit sich bringt, überarbeitete und nervös wurde. Ähnlich ging 
es meinem Freund Oskar Schumann-Angerburg. Derselbe 
freute sich ungemein, als er an einem Vormittag auf einem 
großen Gut Ostpreußens 90 M. durch Kastration verdient hatte, 
schrieb mir aber nach einigen Tagen, daß ihm die Hände und 
Glieder dermaßen wehe täten, daß er auf die weiter^ Aus¬ 
führung der Kastration verzichten müßte. 

Wollen wir aber, meine Herren, daß unsere jungen Tier¬ 
ärzte kastrieren, müssen wir auch ihnen Gelegenheit geben, 
dies praktisch zu erlernen und hierzu möchte ich folgenden Vor¬ 
schlag machen. Es wäre zweckmäßig, Instruktionskurse zu 
errichten, nicht aber, wie die Landwirtschaftskammer in West¬ 
preußen will, für Kastrierer, sondern für Tierärzte. Für 
Westpreußen und Posen wäre die Akademie in Bromberg dazu 
ein geeigneter Ort. Als Lehrer müßte aber eine Kraft ge¬ 
wonnen werden, die nicht allein theoretisch die Operation in 
jeder Hinsicht beherrscht, sondern und dies ist die Hauptsache, 
die auch in der Praxis selbst viel kastriert hat Es ist ein 
großer Unterschied, ob ich in meinem Institut eine Operation 
vornehme oder in der Praxis. Um Material für den Kursus zu 
gewinnen, wäre es angebracht, eine Annonce zu, erlassen, daß 
während der Zeit des Kursus (zirka 10—14 Tage würden ge¬ 
nügen) alle dorthin gebrachten Hengste umsonst kastriert 
würden. Würden von einem Besitzer mehr als zehn Hengste 
angemeldet, könnte man sich auch auf das Gut begeben, um die 
Kastration an Ort und Stelle vorzunehmen. Unter Aufsicht des 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Lehrers müßte jeder Kursist ein bis zwei Hengste selbständig 
werfen und kastrieren, nachdem der Lehrer vorher genau die 
Operation ausgeführt und auf die besonders wichtigen Punkte 
dabei aufmerksam gemacht hatte. Käme dieser Vorschlag zur 
Ausführung, dann, meine Herren, seien Sie versichert, wären 
nicht allein die westpreußischen Landwirte zufrieden und zahlten 
gern statt 3 M. 6 M., sondern auch die Tierärzte, die sich mit 
der Kastration beschäftigten, würden Freude und Passion für die 
Operation gewinnen. Wenden wir uns nun zu den Vorbereitun¬ 
gen für die Kastration. Dieselben möchte ich einteilen in Ma߬ 
nahmen, welche der Tierarzt auszuführen hat und in solche, 
welche für die Tiere Anwendung finden. Ad. 1. Vor jeder 
Operation prüfe der Tierarzt genau sein Wurfzeug, überzeuge 
sich von der Beschaffenheit der Taue, der Lederriemen, der 
Schnallen usw., denn von der Haltbarkeit des Wurfzeuges hängt 
das Wohl und Wehe nicht nur des Tierarztes selbst, sondern 
auch der ihm zur Beihilfe gegebenen Leute ab. Diese Vorsichts¬ 
maßregel ist seit Bestehen des bürgerlichen Gesetzbuches um 
so wichtiger, als der Tierarzt für den Schaden, der ihm von 
dem Tier selbst oder den Leuten zugefügt wird, verantwortlich 
ist. Es kommen hierbei die §§ 833 und 834 des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs in Betracht. Dieselben haben folgenden Wortlaut: 

§ 833 „Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper 
oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache 
beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, 
dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 

§ 834. Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung 
der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für 
den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der 
im § 833 bezeichnten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit 
tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im 
Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden 
auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde“. 

Auf Grund dieser Paragraphen liegt die Sache in betreff 
der Haftpflicht des Operateurs nach verschiedenen Ent¬ 
scheidungen des Reichsgerichts folgendermaßen: Über¬ 
nimmt der Tierarzt an einem Tier die Ausführung einer 
Operation, so schließt derselbe stillschweigend mit dem Be* 
sitzer während der Dauer der Operation einen Werkvertrag. 
Von diesem Zeitpunkt an geht die Haftpflicht von dem Besitzer 
auf den Tierarzt über. Der Tierarzt ist jetzt nicht allein für 
alle Schäden haftpflichtig, die ihn selbst, sondern auch den¬ 
jenigen Leuten zugefügt werden, die ihm bei der Operation 
helfen. Erst dann geht die Haftpflicht von dem Tierarzt wieder 
auf den Besitzer zurück, wenn der Tierarzt nachweisen 
kann, daß ihm auch nicht der geringste Teil einer 
Schuld zur Last fällt. Dies ist oft äußerst schwer und für 
uns Tierärzte recht hart, um so mehr, als wir oft gezwungen 
sind, mit ungeübten, ängstlichen und unverständigen Leuten / 
eine Operation auszuführen. Ein Glück ist es vorläufig noch, 
daß ein großer Teil der Besitzer das Gesetz in seiner Aus¬ 
legung noch nicht genau kennt. Ich fürchte aber auch, daß 
die Operationsfreudigkeit der Tierärzte durch das Gesetz stark 
eingedämmt werden wird. Von verschiedenen Juristen wird 
neuerdings gegen diese Auslegung des Gesetzes folgendes 
geltend gemacht Es ist fraglich, ob mit der Übernahme einer 
Operation stillschweigend ein Werkvertrag abgeschlossen 
wird. Zur Übernahme eines Werkvertrages gehört nicht allein 
die Ausführung einer Handlung, die ich übernommen habe,, 


sondern vor allen Dingen auch die Garantie für den Erfolg, 
für das Gelingen dieses Werkes. Eben so wenig wie die Ärzte 
eine Garantie für das Gelingen einer Operation übernehmen 
können, eben . so wenig können wir Tierärzte dies. Was 
Tillmanns-Leipzig in seiner „Modernen Chirurgie“ für die 
Ärzte sagt, gilt auch für uns. „Wir Ärzte können vor jeder 
Operation nur versprechen, den operativen Eingriff nach bestem 
Wissen und Gewissen sachgemäß unter strengster Beobachtung 
der modernen chirurgischen Technik auszuführen, auch können 
wir nach menschlichem Ermessen den wahrscheinlichen glück¬ 
lichen Ausgang in sichere Aussicht stellen, mehr aber nicht. 
Wenn also der Erfolg nicht garantiert werden kann, ist es 
auch kein Werkvertrag. Am 7. Mai d. J. ist zu § 833 in 
dritter Lesung vom Reichstag folgender Zusatz angenommen 
worden: „Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden 
durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der Er¬ 
werbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen 
bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beauf¬ 
sichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt be¬ 
obachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt 
entstanden sein würde“. Ob dieser Zusatz für die Haftpflicht 
des Tierarztes eine besondere Auslegung finden wird, müssen 
wir abwarten. Das einzige, meine Herren, sich einigermaßen 
gegen Unfälle bei Operationen zu schützen, ist, sich Unfall- und 
Haftpflicht zu versichern. 

Als Vorbereitung für die zu kastrierenden Hengste ist es 
in Deutschland Brauch, dieselben einen Tag vor der Kastration 
hungern zu lassen bzw. ein bis zwei Futter vorher zu ent¬ 
ziehen. Bei meinen Kastrationen in Pommern legte ich hier¬ 
auf gar kein Gewicht, da die Kastration in der Regel ge¬ 
legentlich einer anderen Reise bei den vorher angemeldeten 
Jährlingen ausgeführt wurde. In Ostpreußen wollte ich es aber 
besonders gut machen. Als ich den Auftrag bekam, an dem¬ 
selben Tage auf einem Gute vormittags 27 Hengste und auf 
einem anderen Gute nachmittags 11 Hengste , zu kastrieren, bat 
ich die Besitzer, die Jährlinge bzw. zweijährigen Hengste einen 
Tag vorher hungern nnd dursten zu lassen. Wer beschreibt 
aber, meine Herren, meinen Schreck, als ich vormittags bei 
27 Hengsten 5 Netzbrüche und nachmittags bei 11 Hengsten 
sogar 6 Netzbrüche vorfand. Obwohl die Netzbrüche nicht ge¬ 
fährlich sind, wenn man damit Bescheid weiß, so sind sie immer 
unangenehme Begleiter bei der Kastration. Anfänglich konnte 
ich mir die Sache nicht erklären. Da erschien im Jahre 1896 
ein Artikel von Masch in den Mitteilungen für Tierärzte, Heft 4, 
dem dasselbe bei Jährlingen passiert war und der daher vor 
dem Hungernlassen von ein- bis dreijährigen Hengsten warnt. 
Masch erklärt sich die Entstehung der Netzbrüche durch die 
Lageveränderung des leeren Magens bzw. des am unteren 
Rand des Magens befestigten Netzes. Ferner könne eine völlig 
leere Darmschlinge leicht durch den Leistenkanal gepreßt 
werden, eine mäßig gefüllte Darmschlinge könne überhaupt nicht 
in den Leistenkanal treten. 

Ältere Hengste, besonders aber Vollbluthengste, lasse ich 
in der Regel einen Tag vorher hungern und dursten. An dieser 
Stelle möchte ich aber auf ein Ereignis aufmerksam machen, 
das infolge des Huugerns und Dnrstens bei den Tieren vor¬ 
kommt, dessen Beschreibung man aber vergeblich in der 
Literatur sucht. Ich habe dasselbe nur bei Vollbluthengsten 
und solchen Hengsten beobachtet, die vor der Kastration durch 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


Chloroform, Chloralhydrat, Morphiam usw. narkotisiert waren. 
Bei Russen und anderen Halbbluthengsten, die nicht narkotisiert 
waren, sah ich dasselbe nicht. Läßt man nach der Kastration 
die Tiere aufstehen, führt sie in den Stall und wirft ihnen in 
der Krippe etwas Heu vor, so greifen sie mit großer Hast das 
Heu, kauen wenig und versuchen dasselbe herunterzuschlucken. 
Dann tritt sehr oft ein eigentümliches Würgen ein, der Kopf 
wird krampfhaft an den Hals gezogen, die Tiere werden un¬ 
ruhig und fließt ihnen oft Schleim in Mengen aus dem Maul. 
Dann muß -man die Tiere sofort herunterbinden, will man nicht 
unangenehme Folgen haben. Einige Pferde husten dann sofort 
und stoßen auf diese Weise das zusammengeballte Heu und 
Schleim aus. Geschieht dies nicht und dauert das Würgen 
fort, so erfaßt man entweder die Zunge und zieht sie lang aus 
dem Halse heraus oder greift direkt mit der Hand tief ins 
Maul und holt das geballte Heu heraus. Korpsstabsveterinär 
Hell-Altona (mündliche Mitteilung) wurde zu einem Vollblüter, 
den er kurze Zeit vorher kastriert hatte, mit dem Bericht ge¬ 
rufen, der Hengst wolle ersticken und künne kaum noch atmen. 
Hell fand einen großen Heuballen in der Rachenhöhle. Nach 
Entfernung desselben hörten die beängstigenden Atembeschwerden 
sofort auf. Auch Oberstabsveterinär Koedix-Hoppegarten, der 
viel Vollbluthengste kastriert, beobachtet oft diesen Zustand. 
Um dies zu vermeiden, lasse ich den Pferden nach der 
Kastration nicht mehr zuerst Heu geben, sondern biete ihnen 
lauwarmes Wasser oder lauwarmen Kleientrank an. Haben die 
Tiere dann nun etwas gesoffen, so daß der Schlund funktioniert 
hat, so tritt dies Würgen nach dem Fressen von Heu nicht 
mehr ein. 

Dann, meine Herren, wollen Sie sich eines Kunstfehlers 
nicht schuldig machen, so vergessen sie vor der Kastration 
nicht die Untersuchung des Hengstes auf Weite des Leisten¬ 
kanals bzw. äußeren Bauchringes. Seit 25 Jahren, als mir der 
erste Dannvorfall bei der Kastration eines vierjährigen Hengstes 
passierte, beschäftige ich mich mit dieser Frage und habe da¬ 
raufhin mindestens 500 Hengste untersucht. Dabei bin ich zu 
folgendem Resultat gekommen: Am stehenden Pferde ist es 
nicht möglich, den äußeren Bauchring in seiner Ausdehnung 
und Weite zu betasten. Außerdem kommt hinzu, daß ein großer 
Teil der Hengste selbst bei Anwendung der Bremse und Auf¬ 
heben eines Vorderfußes sich die Untersuchung der Leisten¬ 
gegend nicht gefallen läßt. Bei Anwendung des Berliner Wurf¬ 
zeuges ist im Liegen des Pferdes der äußere Bauchring nur 
dann zu betasten, wenn das betreffende Bein der zu unter¬ 
suchenden Seite auBgebunden ist. Nur bei Benutzung des 
dänischen Wurfzeuges ist man imstande, und zwar auch genau 
nur bei mageren Pferden, die Konturen des äußeren Leisten¬ 
ringes festzustellen. Oft liegen bei gut genährten Pferden so 
große Fettmassen in der Leistengegend, daß dadurch die Unter¬ 
suchung sehr erschwert wird. Auf Grund dieser meiner Unter¬ 
suchungen stehe ich jetzt auf dem Standpunkte, am stehenden 
Pferde keine Untersuchungen auf Weite des äußeren 
Bauchringes vor der Kastration mehr vorzunehmen. Wohl 
aber untersuche ich die Weite des äußeren Bauchringes und 
die Samenstränge sehr genau am liegenden Pferde nicht 
allein vor, sondern auch während der Kastration, da ich 
ältere Hengste schon seit zehn Jahren nur noch mit verdeckter 
Scheidenhaut kastriere. Erscheint mir nach freigelegter Scheide¬ 
haut der Samenstrang oberhalb der Hoden besonders stark, so 


taste ich genau den Samenstrang ab und kann, da derselbe nur 
von der tunica vaginalis communis bedeckt ist, sehr genau fest? 
stellen, ob neben dem Samenstrang sich Netz oder Darm in der 
Scheidenhaut befindet. Wenn wir auch am stehenden'Pferde 
nicht gut imstande sind, den äußeren Bauchring zu untersuchen, 
so können wir aber genau die Samenstränge jeder Seite befühlen 
und betasten. Und dies ist nicht allein in bezug auf die Kolik 
der Pferde beim Bestehen eines Leistenbruchs von großer Wich¬ 
tigkeit, sondern läßt auch Rückschlüsse in bezug auf die Weite 
des äußeren Leistenringes zu. Ist bei demselben Hengste der 
eine Samenstrang dem anderen gegenüber besonders weit und 
stark, so können Sie versichert sein, dann ist der Leistenkanal 
derjenigen Seite, an welchem sich der starke Samenstrang be¬ 
findet, abnorm weit. Ich hatte Gelegenheit, dies an verschiedenen 
Hengsten festzustellen. Es ist dies auch leicht erklärlich, da 
Samenstrang und Leistenkanal in Wechselbeziehung zu einander 
stehen. 

Die Dicke, Weite, Härte der Samenstränge ist außerordent¬ 
lich verschieden. In der Regel sind die Samenstränge desselben 
Tieres normal ziemlich gleich. Ebenso wie der linke Hoden 
meistens tiefer herunterhängt, ebenso ist der linke Samenstrang 
vielfach etwas stärker. Zunächst muß man iu bezug auf die 
Untersuchung der Samenstränge zwei große Gruppen von 
Hengsten trennen: 1. Solche Hengste die gedeckt haben und 
2. solche die noch nicht gedeckt haben. Bei Hengsten, die 
viel gedeckt haben, also Beschäler sind oder gewesen sind, sind 
die Samenstränge oft mehr wie doppelt? so stark. Haben 
Hengste das Deckgeschäft längere Zeit nicht mehr aasgeübt, 
wie z. B. die Hengste, die wir als Wagenpferde im Königlichen 
Marstall benutzen, so verkleinern sich ganz allmählich wieder 
die Samenstränge. Interessant wäre es, wenn Messungen da¬ 
rüber existierten. Ferner haben wir außerordentliche Unter¬ 
schiede bei den einzelnen Rassen der Pferde. Die Schlaffheit 
oder Festigkeit der Gewebe, der Muskulatur wird hierbei von 
großem Einflüsse sein. Den Unterschied bei den Samensträngen 
einzelner Rassen sehen Sie recht deutlich bei der Kastration 
besonders beim Abdrehen. Manche Samenstränge sind weich und 
elastisch, andere wieder zähe, spröde, dünn und leicht brüchig, 
so daß sie bei den geringsten Zerrungen schon einreißen, brechen 
und bluten. 

Leistenbrüche bei jungen Fohlen sind angeboren und gerade 
nicht selten. In der Regel sind sie so leicht zu diagnostizieren, 
daß sie von Laien fast immer gesehen werden. In Pommern 
operierte ich zwei Leistenbrüche bei jungen Fohlen. Die Ope¬ 
ration war gerade nicht schön, jedoch praktisch und von Erfolg. 
Eiaem vier Wochen altem kräftigen dänischen Fohlen injizierte 
ich 0,2 Morphium, warf es mit dem Berliner Wurfzeug und 
band den Hinterfuß, an dem der Leistenbruch vorhanden war, 
aus. Dann legte ich das Fohlen, das tief eingeschlafen war, 
auf den Rücken, wodurch die Eingeweide sofort in den Bauch 
zurücktraten. Jetzt wurde der Hoden mit der rechten Hand 
erfaßt. Der Daumen und Zeigefinger der linken Hand fest um 
Haut und Samenstrang gelegt und so weit wie möglich nach 
dem unteren Bauchring geschoben. Dann legte ich über die 
Haut, gemeinschaftliche Scheidenhaut und Samenstrang fest eine 
Kluppe und rieb die Umgebung sofort mit scharfer Salbe ein. 
Nach 14 Tagen fiel die Kluppe ab und war die Wunde in 
drei Wochen geheilt. Auf gleiche Weise operierte ich ein 
Fohlen iih Schievelbeiner Kreise mit demselben guten Erfolge. 




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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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In Trakehnen wurde in den Jahren 1894 bis Herbst 1897 bei 
100 bis 140 Hengstfohlen in jedem Jahre drei bis sechs Fohlen 
mit Leistenbruch geboren. Als mir dies zuerst von dem Stuten¬ 
meister gemeldet wurde, fragte ich, was früher damit gemacht 
worden wäre. Das heilt von selbst, sowie die Fohlen größer 
und kräftiger werden, war die Antwort. Dies war auch richtig. 
Ich habe mir diese Fohlen notiert, um nicht bei der Kastration 
durch Darmvorfall überrascht zu werden. Es kam jedoch bei 
der Kastration kein Bruch zum Vorschein. Ich rate Ihnen 
daher, wenn nicht direkt die Operation gefordert wird, dieselbe 
vor Ablauf des ersten Jahres nicht zu machen, da die Leisten¬ 
brüche meistenteils von selbst heilen. Ist der Leistenbruch 
nach Ablauf eines Jahres nicht von selbst geheilt, muß derselbe 
operiert werden, da dann Naturheilungen in der Regel nicht 
mehr eintreten. 

Bei der Ätiologie der rezenten Leistenbrüche kommen alle 
diejenigen Momente in Betracht, welche zur Verkleinerung des 
Bauchraumes und zur Erweiterung des inneren Leistenringes 
führen. Eine Verkleinerung des Bauchraumes bedingen die 
Bauchmuskeln, bei einer Erweiterung des inneren Leistenringes 
kommen mehr die Schenkelmuskeln in Betracht. Es treten 
Leistenhernie bei noch so heftiger Gewalteinwirkung auf 
die erschlafften Bauchdecken sehr selten ein. Dies beweist 
die Tatsache, daß Pferde, die bei Verladung in Schiffsräumen an 
breiten Gurten aufgezogen werden, fast nie Hernien sich zu¬ 
ziehen. Ebenso tritt fast nie eine Hernie bei Ausübung des 
Coitus ein, obwohl der auf die Bauchwand ausgeübte Druck ein 
sehr starker ist. Daß eine übermäßige Anspannung der Kruppen- 
und Schenkelmuskeln z. B. beim Steigen und Ausschlagen her¬ 
vorruft, wußte schon Bouley, der diese Ursachen genau be¬ 
schrieben hat. Ebenso ereignen sich Darmvorfälle nach der 
Kastration dadurch, daß die Hengste die Hinterfüße nach hinten 
stellen und sich dehnen und strecken. Auf diese auch von mir 
beobachtete Tatsache machte schon Dieckerhof aufmerksam. 
Beim Strecken der Hengste erweitert sich der Leistenkanal und 
kann so das Hervorschlüpfen der Darmeingeweide begünstigen. 
Der nach der Kastration zur Aufsicht hingestellte Mann muß 
hierauf aufmerksam gemacht werden, damit er dasselbe durch 
einfaches Antreiben der Hengste mit einer Gerte verhindert. 
Rezente Leistenbrüche bei Beschälern kommen nach meinen Er¬ 
fahrungen selten vor. Vom Jahre 1881—1894 war ich Gestüt¬ 
inspektor am Landgestüt Labes, das durchschnittlich einen 
jährlichen Bestand von 180—200 Hengsten hatte. Obwohl 
Koliken bei den Beschälern nicht selten waren, so kamen solche 
infolge von Darmeinschiebungen in den Leistenkanal nur bei 
einem Hengste, namens Jacob, vor. Während fünf Jahren traten 
dieselben ungefähr jährlich drei- bis viermal ein. Die Kolik 
trat immer des nachts oder frühmorgens vor dem Futtern ein. 
Ebenso beobachtete ich bei einem Hengste im Königl. Marstalle 
zweimal Kolik durch Darmeinschiebung immer dann, wenn der¬ 
selbe drei bis vier Stunden im Zuge gegangen war und der 
Magen und die Dünndärme leer waren. Zum erstenmale trat 
die Kolik auf, als derselbe vom Marstall des Neuen Palais bei 
Potsdam nach Berlin kam. Acht Tage hierauf machte er die¬ 
selbe Tour in entgegengesetzter Weise. Als derselbe im 
Marstall des Neuen Palais eintraf, erkrankte derselbe an Kolik. 
Am nächsten Morgen wurde mir die Erkrankung gemeldet, 
wobei ich Kollegen Th in ins sofort meine Vermutung einer 
Darmeinschiebung in den Leistenkanal mitteilte. Doch schon 


eine halbe Stunde darauf starb der Hengst. Die Obduktion 
bestätigte meine Annahme. Tritt bei einem Hengste Kolik auf, 
so ist mein erster Griff nach dem Pulse, mein zweiter nach den 
Samensträngen. Fühlt man die Konturen derselben bis hoch 
hinauf, so liegt keine Darmeinschiebung vor. Liegt eine solche 
vor, so ist der Samenstrang meistens verdeckt, der Hoden der 
Seite ist geschwollen, die Tiere beim Betasten empfindlich. Ich 
behandelte beide Tiere folgendermaßen: Bei dem Beschäler 
Jacob des Pommerschen Landgestüts trat die Kolik in der Regel 
unter so heftigen Erscheinungen auf, daß es kaum möglich v war, 
an denselben heranzukommen. Ich ließ ihn im Stande hernm- 
drehen, legte mich über den Raumbaum und injizierte 0,1 
Eserinsulfuric. in Lösung. Dann wurde er in eine große Boxe 
mit hoher guter Streu gebracht und frei gelassen. Sofort warf 
sich der Hengst und legte sich auf den Rücken, wobei er den¬ 
jenigen Schenkel, an dem die Darmeinschiebung lag, beugte und 
weit vom Körper absperrte. Oft sprang er dann schon nach 
Verlauf von fünf Minuten auf, schüttelte sich und war gesund. 
Am 1. Mai 1894 wurde ich nach Trakehnen versetzt, im Juli 
desselben Jahres wurde Jacob ausrangiert und kastriert. Sofort 
bei Öffnung der tunica vaginalis communis kamen die Darm¬ 
eingeweide zum Vorschein und der Kollege ließ den Hengst 
töten. Bei dem Königl. Marstallhengste injizierte ich 0,1 Arecol. 
hydrobrom. und ließ ihn ebenfalls in eine große Boxe bringen. 
Auch dieser Hengst legte sich sofort auf den Rücken und sperrte 
den betreffenden Schenkel ab. Der Hengst lag einmal zehn 
Minuten auf dem Rücken. Nach einer Stunde sprang er plötzlich 
auf, schüttelte sich und war gesund. Wäre derselbe nach einer 
Stunde nicht gesund gewesen, hätte ich denselben mit dem 
dänischen Wurfzeuge gefesselt, unter das Kreuz und die Kruppe 
quer zwei festgeschnürte Strohbunde gebracht, damit das Hinter¬ 
teil höher lag, und dann die Schenkel abgesperrt. Gelingt die 
Reposition auf diese Weise nicht, fasse ich behutsam in den 
Mastdarm und versuche sehr vorsichtig den Darm aus dem 
Leistenkanal in die Bauchhöhle zu ziehen, wobei ein Gehilfe 
den Hoden erfaßt und straff nach oben zieht. Erst dann ver¬ 
suche ich die Reposition, indem ich gleichzeitig mit verdeckter 
Scheidenhaut kastriere. Darum, meine Herren, werden Sie zu 
einem Hengste mit Kolik gerufen, vergessen Sie nicht die 
Untersuchung der Samenstränge und nehmen Sie immer ein 
festes, wenn möglich dänisches Wurfzeug mit, da nach meiner 
Erfahrung dies sich für die Reposition des Darmes am besten 
eignet. 

Aus der verhältnismäßig geringen Zahl von Leistenbrüchen 
bei älteren Hengsten und den sehr viel häufiger auftretenden 
Darmvorfällen bei der Kastration, die vielfach immer den¬ 
selben Operateuren passiert, drängt sich uns die Überzeugung 
auf, daß diese Vorfälle besonders häufig durch bestimmte Wurf¬ 
zeuge bzw. durch gewisse Kastrationsmethoden hervorgerufen 
werden. So passierte dem Oberinspektor Heidemann in Hoppe¬ 
garten bei der Kastration fast in jedem Jahre ein Darmvorfall. 
Ebenso ging es meinem Vorgänger Dr. Albrecht. Derselbe 
kastrierte 4 Hengste im Marstalle. Der eine brach sich das 
Kreuz, bei den 3 anderen waren Darmvorfälle die Todesursache. 
Ältere Hengste kastriere ich jetzt nur noch mit verdeckter 
Scheidenhaut und stelle sie nach der Kastration sofort in einen 
Stand, dessen Boden in seiner hinteren Abteilung durch Sand 
und dünne Strohlagen so erhöht ist, daß der Hengst 1—IV 2 Fuß 
mit den Hinterbeinen höher als mit den Vorderbeinen steht. 




950 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


Dann, meine Herren, vergessen Sie nicht 1—2 Kluppen 
mitzunehmen,, nicht aber unsere alten Holzkluppen, sondern die 
von Kreistierarzt Pflanz konstruierten, die ich Ihnen zeigen 
und beschreiben will. Endlich erkundigen Sie sich bei dem 
Besitzer, ob Brustseuche, Pferdestaupe oder Druse unter seinen 
Pferden herrsche oder ob häufiger Starrkrampf auf dem Gute 
vorkomme. In ersterem Falle kastrieren Sie nicht, und ver¬ 
schieben die Kastration auf spätere Zeit. Im anderen Falle 
impfen Sie die zu kastrierenden Pferde mit Pasteur scher 
Präkautionslymphe, bei deren Anwendung besonders Kollegen 
im Elsaß gute Erfolge zu verzeichnen haben. 

Zur Frage der Narkose stehe ich genau auf dem Stand¬ 
punkte Fröhners, der jede Narkose zur Ausführung der 
Kastration verwirft. Sind Sie gezwungen, dieselbe bei der 
Kastration anzuwenden, so rate ich Ihnen zur Narkose mit 
Chloralhydrat per clysmam, wie sie Fröhner beschreibt und 
ausführen läßt. Ich habe bei der Kastration Chloroform, Mor¬ 
phium, Morphium-Atropin, Chloralhydrat intravenös und per 
clysma versucht und wieder verlassen. Die Gründe hierfür sind 
die Nachwehen, die der Narkose folgen und die die Tiere viel 
mehr mitnehmen, als der kurze Schmerz bei Ausführung der 
Kastration. Durch Chloroform verlor ich einen Cryptorchiden in 
folge von Fremdkörperpneumonie, nach Morphium, besonders aber 
Morphium-Atropininjektionen trat fast immer das Würgen und 
große Unruhe ein, nach Chloralhydrat tritt starke Herabsetzung 
der Freßlust ein und endlich sehen wir bei sämtlichen Narkoticis, 
daß die Wunden viel schwerer und schlechter heilen, als ohne 
Narkose, da die Vitalität der Gewebe sicher darunter leidet. 
Ob endlich bei Anwendung der Narkose die Brüche beim Werfen 
der Tiere vollständig ausbleiben, ist doch eine sehr große Frage. 

Die Kastration wird entweder am stehenden Pferde vorge- 
nomraen oder die Tiere werden niedergelegt. Ich persönlich 
habe nie am stehenden Pferde die Kastration ausgeführt, da ein 
nach dieser Richtung hin bei einem Fohlen ausgeführter Versuch 
mißglückte. In Lothringen sah ich einen gewerbsmäßigen 
Kastrierer 4 Hengste im Stehen von der Seite aus mit Kluppen 
kastrieren. Denselben wurde nur eine Bremse aufgesetzt und 
der eine Vorderfuß aufgehoben. Die Franzosen Joyeux 
Mesnar (Rec. 1890 pag. 123) und Blaueuil (Rec. Bull. 1890 
pag. 470) kastrieren immer am stehenden Pferde, dem beide 
Hinterfüße und ein Vorderfuß eingeschnallt sind. Ebenso ge¬ 
schieht die Kastration am stehenden Pferde vielfach in Amerika. 
Ein amerikanischer Tierarzt kastrierte hier in Hoppegarten 
mehrere Vollbluthengste im Stehen, als sich aber einige Pferde 
dabei losrissen und wegliefen, verschwand auch er aus Hoppe¬ 
garten. Tierarzt Klingner-Berlin kastrierte im Beermann- 
schen Institute einige Hengste im Stehen, indem er ihnen die 
Hinterfüße ebenso spannte, als wie man Stuten beim Deckakte 
spannt. Bei uns in Deutschland ist es üblich, die Hengste zur 
Kastration niederzulegen. Ich habe in meinem Leben nur zwei 
Arten von Wurfzeugen benutzt 

1. das Berliner Wurfzeug und 

2. das dänische Wurfzeug. 

Ad 1. Das Berliner Wurfzeug eignet sich für die Kastration 
absolut nicht. Ich habe dasselbe vom Jahre 1877 bis 1896 
dazu benutzt. Glücklicherweise passierte mir bei Anwendung 
desselben nur ein Oberschenkelbruch bei einem 2jährigen Hengste 
Will man es aber durchaus benutzen, so muß man den rechten 
Hinterschenkel ausbinden. Dies kann nach zwei Methoden ge¬ 


schehen. Entweder legt man den Ausbindestrick um den Fessel, 
geht unter dem Halse durch nach der anderen Seite des Halses 
und schlingt den Strick vom Widerrist aus nochmals über den 
Fessel, den man nicht höher als bis zum Ellenbogengelenk 
hervorziehen soll oder man benutzt die Gerlachsche Ausbinde¬ 
methode. Eine Schlinge des Ausbindestrickes legt man ober¬ 
halb des Sprunggelenks um die Achillessehne, dann führt man 
den Strick zwischen den Vorderfüßen hindurch und unter dem 
Halse weg zur anderen Seite und schlingt vom Widerrist ans 
den Strick um den Fessel, den man bis zur Höhe des Schulter¬ 
gelenks zieht. Gut ist es noch, wenn man den Hinterfuß durch 
nach Hintendrücken der Zehe beugen läßt. Die Haupt aufraerk- 
samkeit beim Berliner Wurfzeug ist auf den Kopf zu richten, 
der immer gestreckt gehalten werden muß. Um ein Beugen 
des Kopfes zu verhindern, haben die Franzosen Bernadot und 
Butel einen Apparat ersonnen, den ich auch angewendet habe, 
der aber selbst bei sehr starker Ausführung von Hengsten mit 
starkem Halse sehr leicht gesprengt wird. 

Ad 2. Das dänische Wurfzeug habe ich genau beschrieben 
und durch Abbildungen erläutert in meiner Abhandlung über 
die Kastration der Kryptorchiden. B. T. W. 1898 S. 301. 
Auch die Chirurgie von Müller u. Frick, sowie die Operations¬ 
lehre von Bayer bringen die Abbildungen. 

Zum Schlüsse meiner Ausführungen will ich die Kastration 
besprechen. „Als die idealste Kastrationsmethode männlicher 
Tiere ist stets diejenige anzusehen, wie Frick sagt, wobei die 
Hoden entfernt werden, ohne einen Fremdkörper (Ligatur, 
totes Gewebe) in der Wunde zu hinterlassen und die gesetzten 
Wunden per primam intentionem oder mindestens ohne Hinzn- 
tritt von Infektionen zu heilen.“ 

Für die Kastration gibt es folgende Operationsarten: 

1. Die Kastration mit unbedecktem Samenstrange 
und Hoden; 

2. die Kastration mit bedecktem Samenstrange und 
unbedeckten Hoden. Diese von Vanderelst im Jahre 
1845 in Belgien zuerst angewandte Methode wurde von 
Degive besonders volkstümlich gemacht; 

3. die Kastration mit bedecktem Hoden und Samen* 
sträng. Die Abtragung der Hoden kann geschehen: 

1. Durch Kluppen; 

2. durch Unterbindung (mit Asepsis vereinigt durch Bayer u. 
Frick besonders ausgeführt und beschrieben): 

3. durch Abquetschen. Der Ekraseur von Chassaignac ist 
besonders häufig angewandt worden. Da das Abquetschen 
aber sehr langsam geschehen muß, will man nicht starke 
Blutungen haben, so ist derselbe für die Praxis un¬ 
brauchbar ; 

4. durch Abreißen, eine rohe Methode, wie sie häufig von 
Kastrierern ausgeführt wird; 

5. durch Abschaben (muß sehr langsam geschehen); 

6. durch Abbrennen; 7. durch Abschneiden. 

Zur Vollständigkeit der Übersicht habe ich nun die sämt¬ 
lichen Methoden angeführt, bespreche jedoch nur diejenigen, 
welche ich selbst in der Praxis angewandt und probiert habe. 

Die Kastration vermittelst Etappen auf unbedeckten Samen¬ 
strang und Hoden habe ich vom Jahre 1877—1892 angewendet. 
Zuerst kastrierte ich mit Kluppen, die in der Mitte der Innen¬ 
fläche eine Rinne hatten. In diese Rinne wurde Mehlkleister 
gestrichen, der mit einem Gemisch von Kupfervitriol und essig- 





24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


951 


saurem Kupfer bestreut wurde. Später kastrierte ich mit soliden 
Kluppen, deren Innenflächen mit Gummi arabicum bestrichen 
wurden, auf welche dann Sublimat gestreut wurde. Auch 
probierte ich die von Schlamp-München empfohlene Methode, 
nach welcher auf die Innenflächen der Kluppen Leinwandstreifen 
geklebt wurden, die vorher mit Sublimatspiritus, der verdunstet 
war, imprägniert wurde. Die Leinwandstreifen enthielten dann 
nur so viel Sublimat, als nötig war, nm den gequetschten Samen¬ 
strang zum Absterben zu bringen. Die Stümpfe der Samen¬ 
stränge waren dann gleich einem Papierblatte, sauber und frei 
von überschüssigen Ätzmitteln. Der Kastration mit Kluppen 
auf dem unbedeckten Samenstrang und Hoden kann ich nicht 
das Wort reden, da dieselbe keine Vorteile, wohl aber viele 
Nachteile besitzt. Jeder, der den Mut gehabt hat, die alte 
Kluppenmethode zu verlassen und in der ersten Zeit kein Pech 
gehabt hat, wird wohl nie wieder zu derselben zurückkehren. 
Unsere ganze Kluppenmethode krankte daran, daß die Kluppen 
den Samenstrang breit drückten. Hierdurch war es nicht 
möglich, einen solchen Druck auf den Samenstrang auszuüben, 
daß der Samenstrang vollständig abstarb. Um dies sicher zu 
erzielen, unterstützte man die Kompression durch Ätzmittel, die 
zwar gleichzeitig desinfizierend wirkten, deren Wirkung aber 
nicht in der Hand des Operateurs lag. Derselbe Nachteil des 
Breitquetschens haftete der früheren Methode der Kastration 
vermittelst Abdrehens an Alle zu diesem Zwecke erfundenen 
Zangen, die Tö gl sehe, die Renaultschen, die von Beaufils, 
die Möller sehe, quetschen den Samenstrang breit und waren 
daher nicht imstande, die Hauptwirkung, auf die es ankam 
nämlich die Blutung, vollständig zu verhindern. Dieser Fehler 
an unseren Instrumenten zur Kastration wurde erst gehoben, 
als Professor Sand-Kopenhagen seine Zange konstruierte. 
Schon an anderer Stelle habe ich geäußert, daß die Erfindung 
der Sand sehen Zange auf dem Gebiete der Kastration der be¬ 
deutendste Fortschritt des vorigen Jahrhunderts ist. Die 
Sand sehe Zange quetscht den Samenstrang nicht breit, sondern 
rollt ihn auf und erst dann erfolgt die Quetschung gleichmäßig 
von allen Seiten. Ich bin der Meinung, die Sandsche Zange 
ist die Grundlage für alle unsere neuen Instrumente, ja sogar 
des Emasculators, denn dieser stellt doch auch nichts weiter 
dar als eine Sandsche Zange, die an einer Seite schneidet. 
Durch die Liebenswürdigkeit meines alten hochverehrten Lehrers 
Prof. Dr. Möller kam ich schon in den Besitz derselben im 
Jahre 1892. Von dieser Zeit an benutze ich ein und dieselbe 
Zange, habe mit derselben zirka 3000 Tiere kastriert und sie 
nur im Jahre 1898 und kürzlich wieder steifen lassen. Die 
zuerst von der Firma Hauptner angefertigten Zangen waren 
anders wie die jetzigen. Die ersteren waren leichter, die 
Zangenschenkel dünner und elastischer, die Zangenmäuler etwas 
schmaler im Querdurchmesser und die Ränder des Mundes oft 
zu scharf, so daß dieselben bei schnellem und festem Schließen 
den Samenstrang direkt abschnitten und zerrissen. Besonders 
geschah dies, wenn man die Sandsche Zange direkt auf den 
entblößten Samenstrang legte und daher resultierten dann oft 
auch die Blutungen, die bei der Anlegung der Sandsehen Zange 
vorkamen. Bei den jetzt von der Firma Hauptner an¬ 
gefertigten Zangen sind die oben gerügten Mißstände 
beseitigt worden. Will aber der praktische Tierarzt 
immer sicher mit dem Instrument arbeiten, so muß er 
dasselbe häufiger nachsehen und probieren, ob es auch 


noch genügend schließt, drückt und funktioniert, denn 
auch die Instrumente lassen in ihrer Wirkung nach. Frick 
sagt sehr treffend: „Will man die Kastration durch Abdrehen, 
Abquetschen und mit dem Esmaskulator richtig beurteilen, so 
darf man folgendes nicht vergessen. Erstens muß die Quetschung 
eine genügend kräftige sein. Zweitens darf nicht zentralwärts 
von der Quetschungsstelle eine Läsion der Gefäße zustande 
kommen, so daß von dort aus Blutungen erfolgen. Drittens 
muß die Quetschung nicht zu hastig oder flüchtig ausgeführt 
werden, sondern sie muß eine bestimmte Zeit andauern. 
Schließlich müssen auch alle Gefäße, welche für eine Blutung 
in Frage kommen, also auch die Venen an der Außenseite der 
gemeinschaftlichen Scheidenhaut berücksichtigt werden. Frick 
kommt nun zu folgendem Schluß: Mit Rücksicht auf die 
Blutstillung soll die Kastration mit bedecktem Hoden 
die Regel sein. Unter Beachtung der obigen vier 
Punkte kann die Kastration sowohl durch Abdrehen, 
Abquetschen, als auch namentlich mit dem Emas- 
kulatur ausgeführt werden, ohne wesentliche 
Blutungen befürchten zu müssen.“ Letztere Sätze unter¬ 
schreibe ich voll und ganz. Seit zehn Jahren kastriere ich 
ältere Hengste nur noch mit verdeckter Scheidenhaut, 
trage den Samenstrang aber nicht, wie Frick will, mit dem 
Esmaskulator ab, sondern drehe mit Hilfe der Sandschen Zange 
und einer der Mathiasschen Abdrehzange ähnlichen Zange den 
Samenstrang mit verdeckter Scheidenhaut ab. MitdemEmaskulator 
allein habe ich nur zwölf Hengste kastriert. Bei zehn Hengsten 
trat keine Blutung aus dem Samenstrang ein, bei dem elften 
Hengste aber eine außerordentlich heftige, ebenso bei dem 
zwölften Hengste. In der Praxis wurden von den meisten 
Kollegen dieselben Erfahrungen gemacht, so daß der Emaskulator 
allein, weil derselbe die Blutungen nicht absolut verhindert, 
zur Kastration in der Regel nur in seltenen Fällen verwendet 
wird. Frick gibt uns nun die Erklärung für die verschieden¬ 
artige Wirkung des Emaskulators, indem er betont, daß es 
gerade für den Emaskulator wichtig ist, den Druck eine ge¬ 
wisse Zeit einwirken zu lassen. Ich möchte hinzufügen, daß 
die Verschiedenartigkeit der Wirkung des Emaskulators auch 
wohl zurückzuführen ist auf die Instrumente selbst und auf die 
Verschiedenheit der Saraenstränge in ihrer inneren Konstruktion, 
die ich bereits erwähnte. Alle Emaskulatoren sind in ihrer 
Wirkung nicht gleich, wie Frick 1901 angibt. Auch die Größe 
derselben läßt in der Wirkung auf die Blutgefäße eine große 
Verschiedenheit erkennen. Ich besitze drei verschieden große 
Emaskulatoren, einen sehr großen mit Sperrvorrichtung, einen 
gewöhnlichen mittelgroßen und einen kleinen. Den großen hatte 
ich mir mit Sperrvorrichtung anfertigen lassen, da es mir nicht 
möglich, durch Druck beider Hände die mannesarmdicken 
Samenstränge von Beschälern, die ich für den Königl. Marstall 
zu kastrieren hatte, zu durchschneiden. Erst die Kastration 
mit verdeckter Scheidenhaut ergibt eine viel gleichmäßigere 
Wirkung des Emaskulators, da die Quetschung zuerst die 
Scheidenhaut trifft und dann sekundär auf die Blutgefäße des 
Samenstrangs einwirkt. 

Die ungleichmäßige Wirkung des Emaskulators war die 
Veranlassung, den Emaskulator mit der Sandschen Zange zu 
kombinieren. Im Jahre 1900 war es, als ich auch einen Vor¬ 
trag über Kastrationsmethoden mit neuen Instrumenten im 
Verein Brandenburger Tierärzte hielt und die Vereinigung der 



952 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 52. 


Sandschen Zange mit dem Emasknlator empfahl. Ich hätte 
nicht geglaubt, meine Herren, einen wie großen Umfang diese 
Konstruktionsmethode genommen hat. Fast sämtliche jüngeren 
Tierärzte Schleswig - Holsteins, Ostpreußens, Westpreußens, 
Brandenburgs, Posens und besonders Meckenburgs bedienen sich 
ihrer meistens mit verdeckter Scheidenhaut und offenen Hoden. 

So empfiehlt Schiel im Jahre 1901 (Berliner Tierärztliche 
Wochenschrift Nr. 35. S. 527) die Toeppersche Methode, die 
er bei 210 Hengsten (darunter 24 drei- und 59 zweijährige) 
mit sehr gutem Erfolge ohne jegliche Nachblutung ausführte. 
Auch Rasmußen (MaanedsBkrift for Dyrlaeger 1902, XIV, S. 58) 
hat 100 Fohlen mit Sand scher Zange und Emasknlator kastriert, 
da bei Anwendung des Emaskulators allein Blutungen erfolgten. 
Im Jahre 1905 kastrierten nach dieser Methode Dörrwächter 
(Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte, Bd. V, S. 68), 
Hope (Norsk Veterinair Tidsskrift, Bd. XVII, S. 82), Schaible 
(Mitteilungen des Vereins badischer Tierärzte, Bd. V, S. 188), 
Herlov-Müller (Maanedsskrift for Dyrlaeger, Bd. XVII, 1906, 
S. 463) in dieser Weise mit verdeckter Scheidenhaut 300 Pferde 
mit sehr gutem Erfolge. 

Über die Brauchbarkeit einer Methode entscheidet allein 
die Praxis, die Ausübung derselben an vielen Pferden jeden 
Alters von verschiedenen Operateuren. Erst dann erhält man 
ein richtiges Urteil. Fr ick spricht sich gegen diese Methode 
aus und hat entschieden recht, wenn die Voraussetzung, von 
der Fr ick ausgeht, richtig ist. Fr ick sagt: „Übrigens muß aber 
bei dieser Variation der Samenstrang stumpf von der Quetschungs¬ 
stelle mit der Sandschen Zange bis zur Durchtrennungsstelle 
häufig nekrotisch werden, was mit Rücksicht auf die In¬ 
fektion und den Wundverlauf ja eben vermieden werden sollte.“ 
Nach meinen Erfahrungen, die sich anf 300 nach dieser Methode 
kastrierten Jährlinge stützen, stirbt der Samenstrangstumpf 
bei diesen jungen Tieren nie ab und die Heilung erfolgte fast 
immer per primam intentionem. Diese Jährlinge wurden mit 
offenem Hoden und bedeckter Scheidenhaut kastriert, die Sand- 
sche Zange auf die Scheidenhaut gelegt und hierunter die 
Scheidenhaut inkl. Samenstrang mit dem Emasknlator ab¬ 
geschnitten. Anders liegt die Sache bei alten Hengsten. Bei 
einigen der auf diese Weise kastrierten Hengsten, bei denen 
auch die Heilung sehr bald nach 14 Tagen erfolgte, mußten 
die Wunden nach drei Wochen wieder geöffnet werden, da An¬ 
schwellungen des Samenstranges der einen Seite erfolgten. Es 
entleerten sich dann kleinere Mengen Serum oder es waren kleine 
nekrotische Stückchen der gemeinschaftlichen Scheidenhaut oder 
des Samenstranges zu dieser Anschwellung die Veranlassung. 
Aus diesen Gründen kastriere ich alte Hengste nur noch mit 
verdeckter Scheidenhaut und bewirke die Abtragung des Samen¬ 
stranges und der Testikel durch Abdrehen mit besonders kon¬ 
struierter Zange. 

Bald nach der von mir angegebenen Kombination der Sand¬ 
schen Zange mit dem Emasknlator entwickelte sich eine fieber¬ 
hafte Tätigkeit unter den Kollegen, die fast an Manie grenzt, 
neue Instrumente für die Kastration zu schaffen, um die den 
beiden anderen Instrumenten anhaftenden Mängel zu beseitigen. 
Die meisten der Instrumente stellen weiter nichts als eine mehr 
oder minder gute Vereinigung der beiden genannten Instrumente 
dar. Die Firma Hauptner hatte die Freundlichkeit, mir folgende 
Instrumente zur Verfügung zu stellen, die ich in ihrer Wirkung 
und Anwendung nicht besprechen will und nicht besprechen 


kann, weil ich selbst keins derselben zur Kastration benutzt 
habe. Ich Btehe auf dem Standpunkte, daß ein Instrument nur 
dann richtig beurteilt werden kann, wenn dasselbe in der Praxis 
bei der Operation, zu welcher es konstruiert worden ist, sehr 
oft und von verschiedenen Operateuren angewendet 
worden ist. Die Firma Hauptner stellt die Instrumente 
Kollegen, die dieselben probieren wollen, kostenlos gern zur 
Verfügung. 

Instrumente zur Kastration männlicher Tiere. 

4 verschiedene Kluppenzangen Nr. 3750, 3753, 3755, 3756. 

1 Kluppenzange nach Masch mit Sperrvorrichtung Nr. 3751. 

1 Kluppenzange nach Frick Nr. 3758. 

1 Kluppenzange mit langem Maul Nr. 3759. 

1 Kluppenzange nach Krolikowski, Lemberg, Nr. 3761. 

1 Kluppenschraube nach Krolikowski, Lemberg, Nr. 3762. 

2 Kluppenschrauben Nr. 3764 und 3765. 

1 Kluppenschraube nach Münich Nr. 3766. 

1 Kluppenschraube nach Eckeberg Nr. 3768. 

4 Holzkluppen. 

2 englische Kastrierklammern Nr. 3781 und 3782. 

1 Kastrierzange nach Mögele Nr. 3784. 

1 do. nach Tögl Nr. 3787. 

1 do. mit Sperrverschluß Nr. 3788. 

1 do. nach Bayer Nr. 3790. 

1 do. zum Halten des Samenstranges Nr. 3792. 

1 do. nach Kraft Nr. 3795. 

1 do. nach Sand Nr. 3797. 

1 do. do. modif. nach Wessel Nr. 3798. 

1 do. nach Masch Nr. 3800. 

1 do. nach Bernhard Nr. 3802. 

1 do. nach Cinotti Nr. 3804. 

1 do. franz. Modell nach Renault Nr. 3806. 

1 do. do. do. Nr. 3807. 

1 do. nach Vennerholm Nr. 3809. 

1 do. do. Nr. 3810. 

1 do. zum Abdrehen Nr. 3812. 

1 Torsionszange nach Petersen Nr. 3813. 

1 Kastrierzange nach Matthias Nr. 3815. 

1 do. do. Nr. 3816. 

1 do. Modell des Herrn Dr. Toepper, Hier. 

1 do. (Emasknlator) 26 cm lang Nr. 3820. 

1 do. do. 34 cm lang Nr. 3821. 

1 do. do. 19 cm lang Nr. 3822. 

1 do. verstärkt (Mod. Hochschule Hannover 
Nr. 3823. 

1 Kastrierzange nach Verböczy Nr. 3825. 

1 do. nach Blunk Nr. 3827. 

1 Duplexemaskulator nach Torma-Babolna Nr. 3829. 

1 Kastrierzange für Kryptorchiden nach Degive Nr. 3831. 
1 Universal-Kastrier2ange nach Mögele Nr. 9085. 

1 stumpfen Emaskulator nach Blunk Nr. 10 101. 

1 Kastrierzange nach Reimers Nr. 10 103. 

1 do. nach Pflanz Nr. 10 105. 

1 Kastrierkluppe nach Pflanz Nr. 10 106. 

Instrumente zur aseptischen Kastration von Hengsten, naoh Prof. Hofftnann. 
1 Greifzange Nr. 3851. 

1 Klammerzange Nr. 3852. 

1 Doppelhakenzange Nr. 3853. 

1 Torkulum Nr. 3854. 



24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1 Messer Nr. 3850. 

1 Wundklammer nach Kragerud Nr. 3835. 

1 do. nach Bernhard Nr. 3836. 

1 Fixierzange nach Kragerud Nr. 3838. 

1 Dänisches Wurf zeug. 

1 Beigurt. 

Alle die Ihnen gezeigten Instrumente sollen eine der ge- 
fürchtetsten Folgen bei der Kastration, „die Blutung“ ver¬ 
hindern. Die Blutung erfolgt aber bei der Kastration nicht 
allein aus dem Samenstrangstumpfe bzw. seinen Gefäßen (Art. 
spermatic. und plexus pampiniformis), sondern auch vielfach aus 
den die gemeinschaftliche Scheidenhaut umgebenden Gefäßen, 
großen Venen, die nach der Mittellinie des Körpers schwächer, 
nach dem Schenkel zu größer und umfangreicher werden. Diese 
Venen besitzen keine Klappen. Liegt das Pferd auf dem Rücken, 
so fließt ihr Inhalt nach dem Innern des Körpers ab, und daher 
bluten dieselben erst und zwar stark, wenn das Pferd auf¬ 
gestanden ist. Endlich kann die Blutung noch erfolgen, wenn 
oberhalb der Abtragungsstelle eine Läsion des Samenstranges 
bzw. der Gefäße stattfindet. Dies geschieht häufiger dadurch, 
daß bei der Kastration mit unbedeckten Hoden und nicht be¬ 
deckter Scheidenhaut der Operateur in dem Momente den Hoden 
fest erfaßt und womöglich daran zieht, wenn gleichzeitig das 
Pferd denselben anzieht. Es erfolgt dann oft ein Einreißen des 
Samenstranges hoch oben und eine starke Blutung. Vermieden 
kann dies werden durch Kastration mit bedeckten Hoden und 
bedeckter Scheidenhaut, wodurch auch die Blutungen aus den 
großen oben erwähnten Venen geringer sind. Um eine Infektion 
bei und nach der Kastration zu umgehen, ist die größte Sauber¬ 
keit und Desinfektion der Instrumente, Hände und des 
Operationsfeldes notwendig. Ich bewirke, dieselbe folgender¬ 
maßen: Die Instrumente, welche ich zur Kastration benutze, 
verwende ich nie zu anderen Operationen; dieselben kommen 
daher nie mit Eiter oder anderen Infektionserregern 
in Berührung. Nehme ich nacheinander mehrere Kastrationen 
vor, dann koche ich dieselben eine Stunde in starker Soda¬ 
lösung. Sonst lege ich sie 10—15 Minuten vor der Operation 
in eine heiße 3proz. Septoformlösung. Ich verwende überall 
bei meinen Operationen deshalb Septoform, weil mir der Geruch 
desselben angenehm ist, bald von den Händen nach der Operation 
verschwindet und dasselbe eine genügende Desinfektionskraft 
besitzt. Die Hände bürste ich 3—4 Minuten mit Septoform¬ 
lösung, reinige dann das Nagelbett der Finger und den Unter¬ 
nagelraum, wasche mit Seifenspiritus und dann mit SOproz. 
Alkohol. Das Operationsfeld bürste ich ebenfalls mit Septoform¬ 
lösung, reibe erst mit Watte trocken und dann mit Seifen¬ 
spiritus so lange, bis die Watte weiß bleibt, dann wird zum 
Schluß mit 50 proz. Spiritus nachgerieben. In die Vorhaut 
schiebe ich einen Pansch reiner Wundwatte. Es ist dies die¬ 
selbe Desinfektion, wie ich sie bei der Kryptorchidenkastration 
anwende. Auch verwende ich bei den gewöhnlichen Kastrationen 
nur sterilisierte Wundwatte. Die 5 Pf., die jedes Paket Watte, 
wenn es sterilisiert wird, teurer ist, kommen gar nicht in Betracht. 
Die Operation mache ich ziemlich schnell. In der Regel dauert 
die Kastration mehrerer großer Hengste hintereinander je 
10—15 Minuten inkl. Werfen und Desinfektion, die Operation 
eines Hengstes inkl. Vorbereitung, Instruktion der Leute usw. 
30 Minuten. Auch geschieht die Operation viel mit Instrumenten 
und beschränke ich das Anfassen mit den Händen auf das 


953 

notwendigste. Da ich alle großen Hengste nur mit verdeckter 
Scheidenhaut kastriere, findet eine Berührung des Samenstranges, 
speziell aber des Endothels der Scheidenhaut, des Processus 
vaginalis, nie direkt statt, sondern immer erst vermittelst der 
Scheidenhaut. Dann, meine Herren, um sekundäre Infektionen 
des Samenstranges zu vermeiden, möchte ich auf eine Maßnahme 
aufmerksam machen, auf welche Fr ick mit Recht großes 
Gewicht legt. Es ist dies die Absetzung des Samenstranges 
so hoch wie möglich. Gerade bei Verwendung des dänischen 
Wurfzeuges geschieht dies sehr leicht. Ist der Samenstrang 
inkl. Scheidenhaut, die ich zugedreht habe, hoch genug abgesetzt, 
so verschwindet derselbe bei Loslassen aus der Zange sofort 
auf Nimmerwiedersehen. Endlich, um Stauungen des Wund- 
sekretes zu vermeiden, muß der Hautschnitt ein langer, 
ergiebiger sein. Ich kastriere zurzeit große Hengste 
folgendermaßen: Der Hoden wird fest mit der linken Hand in 
der bekannten Weise erfaßt, so daß das Scrotum straff darüber 
liegt. Dann Führe ich genau parallel mit der Raphe und 1 cm 
von derselben entfernt (da hier die erwähnten großen Venen 
am schwächsten sind) über den ganzen Hoden einen langen 
Schnitt durch die Haut und Tunica dartos, aber so vorsichtig, 
daß die Tunica vaginalis communis nicht verletzt wird. Doch 
müssen, wenigstens an einer größeren Stelle, die verschiedenen 
dünnen Bindegewebsschichten der Tunica dartos vollständig 
durchschnitten werden. Dies ist nämlich der Pfiff, durch 
den es gelingt, mit Leichtigkeit die Tunica vaginalis communis 
von ihrer Umgebung zu trennen. Jetzt lege ich das Messer 
weg und schiebe mit dem Zeige- und Mittelfinger, mich immer 
dicht an der Außenseite der Tunica vaginalis communis haltend, 
die Hand in die Tiefe und trenne mit einem festen Stoß die 
gemeinschaftliche Scheidenhaut von ihrer Umgebung. Dasselbe 
mache ich mit der anderen Hand an der Innenseite. Jetzt 
habe ich die Hoden, nur umgeben von der gemeinschaftlichen 
Scheidenhaut, vor mir und entblöße die gemeinschaftliche 
Scheidenhaut so weit, bis dieselbe anfängt dünner zu werden. 
Hier lege ich die Sand sehe Zange fest um und schließe sie. 
Dicht über derselben erfasse ich die gemeinschaftliche Scheiden¬ 
haut mit Samenstrang fest mit der Abdrehzange, schließe sie 
und hänge den Hoden an den an derselben befindlichen Haken. 
Jetzt drehe ich fest, gleichmäßig aber ruhig ab und behalte 
oberhalb der Sand sehen Zange einen kurzen Stumpf, der aus 
der rosettenartig zusammengedrehten Tunica vaginalis communis 
und aus kleinen Stückchen Muskel vom Cremaster besteht. 
Auf diesen Stumpf lasse ich ein Glutol-Schleich raspat. streuen 
und reibe dies mit den Fingern fest ein. Die kleinen Muskel¬ 
stückchen werden dabei abgerieben. Ist der Stumpf mir zu 
groß geworden, so schneide ich entweder, mit dem Emaskulator 
oder auch der einfachen Schere etwas ab und öffne dann die 
Zange. Der Stumpf verschwindet sofort. Den anderen Hoden 
kastriere ich auf dieselbe Weise. Dann erfasse ich die Ecken 
des langen Hautschnittes und ziehe den Hodensack in die 
Höhe. Derselbe bildet dann einen weiten Trichter. In dem¬ 
selben liegt das von der gemeinschaftlichen Scheidenhaut ab¬ 
gerissene Bindegewebe und Fett. Dies bepudere ich mit 
Tannoform oder besser, da Tannoform zu sehr ballt und stein¬ 
harte Stücken bildet, Tannoform und Acid-Tannana. Es kommt 
oft vor, daß, läßt man das Pferd aufstehen, aus der Schnitt¬ 
wunde das lose Bindegewebe heraushängt. Vielfach schneide 
ich dasselbe mit dem Emaskulator ab. Im Hochsommer bei 


*** 



954 

großer Hitze habe ich zweimal durch dies Abschneiden recht 
erhebliche Blutungen gehabt. Schneidet man es nicht ab, ist 
die Schwellung nach der Kastration bedeutender. In der Regel 
schneide ich jetzt nach dem Aufstehen, sollte etwas heraus¬ 
hängen, mit der Schere ab, sonst nicht. 

Nachdem die Kastration vollendet, drücke ich einen großen 
Pausch Watte auf die Kastrationswunde, um sie vor Ver¬ 
unreinigung zu schützen und lasse dann das Pferd aufstehen. 
In den Stall geführt, wird dasselbe hochgebunden und dem¬ 
selben lauwarmes Wasser oder warmer Kleientrank zum Saufen 
gegeben. Dann bekommt das Pferd Heu zu fressen. Zur Be¬ 
aufsichtigung wird ein Mann hingestellt, der die Blutung beob¬ 
achtet. Tritt eine stärkere Blutung ein, so lasse ich das Pferd 
durch einen Raumbaum fest an die Wand stellen, um ein Hin- 
und Hertreten des Pferdes zu vermeiden und die Schenkel fest 
zusammenzudrücken. Dann hört in den meisten Fällen die 
Blutung sofort auf. 

Tropfenweise Blutungen sind nicht zu vermeiden und diese 
sind auch hier nur gemeint. 

Dem Besitzer wird eingeschärft, ein Berühren der 
Wunde und des ganzen Operationsfeldes absolut zu 
unterlassen. Nur gestatte ich, das auf den unteren Teil der 
Extremitäten abgeflossene Blut und Blutserum nach einigen 
Tagen abzuwaschen. Vom nächsten Tage wird nun das Pferd 
täglich vormittags und ebenso nachmittags eine Stunde auf 
einem möglichst staubfreien Platz oder Straße im Schritt ge¬ 
führt. Während des ersten Führens lasse ich, wenn möglich, 
eine Boxe gründlich reinigen und den Boden mit reiner Stroh¬ 
streu bedecken. Die Pferde, die in Boxen gestanden haben, 
werden dann losgelassen und können sich je nach Belieben hin¬ 
legen. Durch das Führen des Pferdes erfolgt ein besseres Ab¬ 
fließen der Wundsekrete und zweitens, und dies ist die Haupt¬ 
sache, wird die Blutzirkulation wieder hergestellt. Am siebenten 
Tage reinige ich in der Regel die Wunden, indem ich mit dem 
desinfizierten Finger dieselben weit öffne und die fast immer 
vorhandenen Stückchen Tannoform und einige abgestorbene 
Fetzen der Tunica dartos, die von der Tunica vaginalis communis 
losgerissen sind, entferne. In 14 Tagen bis höchstens in drei 
Wochen sind dann die Wunden vollständig geheilt. 

Diejenigen Forderungen, die bei Ausführung einer Kastration 
nach dem heutigen Standpunkt der Wissenschaft gestellt werden 
müssen, sind kurz gefaßt folgende: 

1. Die Kastration soll so antiseptisch wie möglich erfolgen; 

2. der Hautschnitt soll lang und ergiebig sein und parallel 
und 1 cm von der Raphe entfernt verlaufen; 

5. die Kastration geschehe am besten mit verdecktem Hoden 
und verdeckter Scheidenhaut oder wenigstens mit ver¬ 
deckter Scheidenhaut und offenem Hoden; 

4. die Abtragung des Samenstranges erfolge hoch und kann 
durch Abdrehen, Abquetschen oder Abschneiden mit dem 
Emaskulator oder Kombination der Sandschen Zange mit 
dem Emaskulator geschehen. Jeder kastriere mit 
Instrumenten, mit denen er besonders eingeübt ist und 
daher am besten arbeitet. 

Nicht besprochen habe ich heute meine Erfahrungen über: 

1. Die Folgen der Kastration in bezug auf Wachstum ver¬ 
schiedener Körperteile, speziell der Knochen usw., ein für 
die Züchter äußerst interessantes Kapitel; 

2. die Operation der Netz- und Darmleistenbruehe, besonders 


No.52 . 

aber die der Samenstrangfisteln, die ich nach besonderem 
Verfahren operiere; 

3. die Kastration der Bullen, Eber, Ziegenböcke, Hunde» 
Katzen und endlich die der Kaninchen. 

Diesen zweiten Teil will ich gern später in einem Vortrag 
zusammenfassen, sollten einige Herren unter ihnen sein, die 
Nutzen aus demselben erhoffen könnten. 


Vorläufige Mitteilung. 

Um den Vorwürfen des Herrn Dr. Piorkowski in Nr. 49 
der B. T. W. entgegenzutreten, habe ich mich veranlaßt ge¬ 
sehen, der Redaktion dieser Zeitschrift umfassendes Material 
zur Verfügung zu stellen. Die Veröffentlichung desselben wird 
erfolgen, sobald es die redaktionellen Verhältnisse gestatten. 

Dr. Richter-Dessau. 


Referate. 

Tierseuchenbekämpfung im Felde. 

| Von Dr. Curt GläBmcr, Oberveterinär im Leib-Garde-Husaren- 
Regiment, qualifiziert zum preußischen Kreistierarzt. 

Der Verfasser behandelt die Schwierigkeiten, die sich in 
den Feldzügen in China und Deutsch-Südwestafrika der Durch¬ 
führung veterinärpolizeilicher Maßnahmen beim Herrschen von 
Tierseuchen entgegengestellt haben, und will Fingerzeige für 
künftige Feldzüge geben. Da die Abhandlung manche Behaup¬ 
tungen enthält, die zum Widerspruch herausfordem, sollen in 
folgendem einige Irrtümer, so weit Südwestafrika in Betracht 
kommt, berichtigt werden; auch füge ich einige ergänzende Be¬ 
merkungen ein. 

Bei der Besprechung der Rinderpestimpfung behauptet 
Gläsmer (S. 20 und 21), die Galle rinderpestkranker Tiere 
enthielte Schutzstoffe und Rolle-Turners Methode bestände darin, 
„daß man an der einen Seite des Halses Galle pestkranker 
Tiere oder Rinderpestschutzserum einspritzt und auf der an¬ 
deren Halsseite Blut, das von rinderpestkranken Tieren stammt“; 
ferner will Gläsmer größere Mengen Rinderpestgalle (20 bis 
100 ccm) zur Heilimpfung von Tieren, bei denen sich die Krank¬ 
heit noch im Inkubationsstadium befindet, verwenden. 

Dem gegenüber ist zu bemerken, daß die Rolle-Tumerscke 
Impfung eine Simultanimpfung mit Immunserum und Rinderpest¬ 
blut ist. Die Pestgalle enthält höchst wahrscheinlich das Virus 
in abgeschwächter Form und die -Immunität tritt nach Ein¬ 
spritzung der Galle frühestens 6 Tage später ein. Daher darf 
die Injektion von virulentem Blut erst nach dieser Zeit erfolgen, 
was aus Gläsmers Darstellung nicht hervorgeht; in der Praxis 
haben sich jedoch die nachfolgenden Blutinjektionen in vielen 
Fällen als nicht ungefährlich erwiesen. Eine Heilwirkung aber 
hat die Galle keinenfalls. 

Entschieden zu widersprechen ist der Empfehlung der 
Simultanimpfung, die Gläsmer als „ungleich sicherer und für 
den Feldzug verwertbar“ bezeichnet (Verschleppung der Seuche, 
Texasfieber!), und geradezu gemeingefährlich ist der Vorschlag 
Gläsmers, das Rinderpestvirus dadurch vorrätig zu halten, 
daß man „in einem Institut von Zeit zu Zeit ein oder 
zwei Tiere rinderpestkrank macht“ (S. 22). Sollte man 
in Südafrika noch einmal mit einem Ausbruch von Rinderpest 
zu tun haben, so werden nach dem Urteil aller maßgebenden 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


95Ö 


Fachleute in erster Linie Injektionen von größeren Dosen Immun- 
serum in den verseuchten und gefährdeten Herden zur An¬ 
wendung kommen; das Serum wird in Südwestafrika an mehreren 
Orten vorrätig gehalten. Die Gallenimpfung gilt nur als Not¬ 
behelf. Im übrigen möchte ich auf die Ausführungen Rick- 
manns in seinem Buche „Tierzucht und Tierkrankheiten in 
Deutsch-Südwestafrika“ verweisen. 

Zu dem Abschnitt Milzbrandimpfung (S. 32) teile ich 
ergänzend mit, daß im Jahre 1906/07 im Bezirk Windhuk etwa 
2000 Tiere nach Sobernheim geimpft worden sind. Die Impf¬ 
verluste betrugen ca. 2 Prom. Der Impfschutz war gut. Ein 
Farmer, der mit geimpften wertvollen Zuchtrindern und Merino¬ 
schafen einen Marsch durch stark verseuchtes Gebiet machen 
mußte, schrieb mir sehr erfreut, daß er keinen Verlust an 
Milzbrand gehabt habe, während er kurz vorher auf demselben 
Wege bei ungeimpften Tieren schwere Verluste infolge dieser 
Seuche zu beklagen hatte. 

Eine Anzahl Zugochsen jedoch bekam noch 4 bis 6 Wochen 
•nach der Impfung, nachdem sie in Gebrauch genommen waren, 
umfangreiche Ödeme an den Impfstellen des Halses. Ein Teil 
der Erkrankten ging ein, wahrscheinlich an Erstickung; weder 
aus den Sektionsberichten noch aus dem Ergebnis der bakterio¬ 
logischen Untersuchungen (Material auf Gipsstäben) war auf 
Milzbrand als Todesursache zu schließen. Die Entstehung der 
Ödeme hängt wohl mit der eigenartigen afrikanischen Anspannung 
zusammen (Druck der Jochscheite auf die Impfstellen). Für 
Zugochsen ist daher als Impfstelle die Haut hinter der Schulter 
zu empfehlen; auch müssen die Tiere mehrere Wochen nach der 
Impfung außer Dienst gestellt werden. 

Bei dem Fall von Tollwut, der in Swakopmund aufgetreten 
ist, wurde doch nicht so leichtfertig verfahren, wie Gläsmer er¬ 
zählt (S. 36). Der Kopf des verdächtigen Hundes wurde von 
dem Stabsveterinär Ludwig in Glyzerin an das Laboratorium in 
Gamams gesandt und dort durch subdurale Impfung zweier Hunde 
die Diagnose bestätigt. 

In dem Abschnitt über Räude (S. 53) wäre ein sehr wirk¬ 
sames und leicht zu beschaffendes Heilmittel, nämlich eine 
Mischung von 1 Teil Petroleum und ca. 4 Teile Fett oder Öl 
(kein Leinöl) zu erwähnen. 

Die ansteckende Lymphangitis ist nicht, wie Gläsmer 
(S. 61) erwähnt, zuerst von Oberveterinär Erhardt, sondern 
bereits im Jahre 1904 von Veterinärrat Rickmann in Swakop¬ 
mund bei Pferden, die aus der Kapkolonie kamen, festgestellt 
und in einem Bericht an das Gouvernement erwähnt worden; 
in diesem Bericht, der an das Truppenkommando weiter gegeben 
wurde, hat Rickmann auf die differentialdiagnostische Be¬ 
deutung der Krankheit hinsichtlich Rotz und Druse aufmerksam 
gemacht. Nachdem im Jahre 1905 die Versuchsstation Gamams 
wieder in Betrieb gesetzt war, hat Rick mann die Lymph¬ 
angitis durch Kultur der Hefepilze und Tierversuche näher 
studiert und in einer Veröffentlichung in der „Deutsch-Südwest¬ 
afrikanischen Zeitung“ auf die Krankheit und ihre Diagnose 
durch den mikroskopischen Nachweis der Hefepilze im un¬ 
gefärbten Präparat hingewiesen. Oberveterinär Erhardt ist 
an dieser Sache insofern beteiligt, als er im Jahre 1905 die 
Truppenveterinäre auf diese Seuche erneut aufmerksam machte 
und dem Laboratorium in Gamams auf Rickmanns Bitte 
weiteres Untersuchungsmaterial übersandte. Leipziger. 


Die Rolle der Neurotoxine in der Auslosung 
epileptischer Krampfanfälle. 

Von Dr. Julius Donath-Budapest 

(Oroosl Hetilap 1907, Nr. 43) 

! Um die Frage, ob bei genuiner Epilepsie durch Ein¬ 
schmelzung und Resorption von Gehirnmasse und besonders von 
Rindensubstanz krampferregende Gifte frei werden, experimentell 
zu lösen, hat Verfasser Meerschweinchen und Hunden die feine 
Emulsion der ganzen Gehirnmasse derselben Tiergattung bei 
Einhaltung der strengsten Asepsis intraperitoneal injiziert. Das 
Resultat der Versuche war folgendes. Weder bei Meer¬ 
schweinchen noch bei Hunden konnte die intraperitoneale In¬ 
jektion eines ganzen emulgierten Gehirnes auch nur Spuren 
von Krämpfen erzeugen. Auch psychische Veränderungen oder 
andere pathologische Veränderungen, sowie anatomische Läsionen 
konnten nicht beobachtet werden. Bei den Hunden stellte sich 
mitunter Unlust und verminderter Appetit ein, am Tage der 
Operation kann auch Erbrechen auftreten, vom nächsten Tage 
jedoch blieben auch diese Tiere während der ganzen, drei Monate 
lang währenden Behandlung ganz gesund. Das Peritoneum 
resorbiert die Gehirnmasse rasch und vollständig. Die Versuche 
bieten daher keinen Anhaltspunkt für die Hypothese, daß bei 
genuiner Epilepsie die supponierte Einschmelzung des Gehirns, 
insbesondere der Rindensubstanz, Konvulsionen zu erzeugen 
imstande wäre. Dr. Z. 

| Ein Beitrag znr Statistik der Hundestaupe. 

| Von cand. med. vet. D. Wierth. 

j (Aus der medizinischen Klinik der K. K. Tierärztl. Hochschule in Wich.) 

! (Tierärztliches Zentralhlait 1908, Nj. 13.) 

W. hat die von 1901—1906 in der Wiener medizinischen 
Klinik zur Behandlung gekommenen Staupefälle nach Rasse, 
Geschlecht, Form der Erkrankung und nach dem Behandlungs¬ 
erfolg statistisch geordnet. Er kommt zu dem Resultat, daß 
die Rasse keinen Einfluß ausübt auf die Anzahl der erkrankten 
Tiere; wohl aber scheint ein solcher Einfluß der Rasse in bezug 
auf den günstigen oder ungünstigen Ausgang der Staupe zu 
bestehen. Die wenigsten ungünstigen Ausgänge lieferten die 
Foxterriers. Weiter fand Wierth, daß das weibliche Geschlecht 
eine größere Disposition für die nervöse Form der Staupe be- 



keine größere ist, als bei erwachsenen Tieren. Rdr. 


| Gastroenteritis acuta beim Bären. 

j Von Dr. H. Jakob, München. 

i (Woehenscbr. f. Tierheilk. u. Viehzucht, 52. Jabrg., Nr. 6). 

Jakob konstatierte bei einem 4 Monate alten braunen Bären, 
der 14 Tage zuvor aus Rußland importiert worden war, akuten 
Magendarmkatarrh aufGrund der wahrgenommenen Erscheinungen: 
mangelnder Appetit, Brechreiz, Erbrechen, heftiger wässeriger 
Durchfall, Unlust, große Schwäche. Das fürchterliche Schreien 
des Tieres verhinderte eine genaue Untersuchung. Es wurde 
Tannoform (5 g täglich in dickem, etwas gezuckerten Milchreis) 
verabreicht, und das Tier in einem warmen Raume untergebracht. 
Heilung trat am 5. Tage ein. J. Schmidt. 

Der Brechweinstein als Anthelminthlcum. 

Von Tierarzt Dr. Albert Möllcr-Alpirsbach (Schwarzwald). 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1908. Nr. 29.) 

Der Verfasser macht darauf aufmerksam, daß die für Pferde 
übliche Dosis Brechweinstein von 10—15 g bei weitem noch zu 
, hoch gegriffen sei. Bei* einer Tagesdosis von 8 bis 10 g be- 




956 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


obachtete Möller in zwölf Fällen nacheinander Vergiftungs¬ 
erscheinungen. Die Pferde erkrankten samt und sonders an aus¬ 
gesprochener akuter Hufrehe, und zwar beginnt das Leiden 
etwa 5 bis 6 Stunden nach Aufnahme des Mittels. Verlauf und 
Dauer variierten. Der Brechweinstein war aus verschiedenen 
Apotheken bezogen. Rdr. 

Floria-Fliegenöl. 

Von Amtstierarzt Schade. 

(Deutsche Tierärztlich« Wochenschrift 1908. Nr. 31.) 

Schade verwendete mit recht gutem Erfolge das von der 
chemischen Fabrik Dr. Nördlinger in Flörsheim a. M. hergestellte 
Floria-Fliegenöl gegen die Fliegen- und Mückenplage bei Pferden. 
Das Öl (pro Kilo 2,50 M.) wird nach dem Putzen mittels eines 
Leinwandläppchens auf die Körperoberfläche gewischt. Eine 
einmalige Einreibung genügt gewöhnlich für zwei Tage. Rdr. 

Aas der medizinischen Literatur. 

Münchener Medizinische Wochenschrift, 55. Jahrgang , 100K, S. 2601. 

Beitrag znm Nachweis von Parasiten im Blute. Von 0. Stäubli- 
Basel. Die vom Verfasser angegebene Sedimentierungs- 
methode mit Essigsäure ermöglicht das Auffinden selbst spärlich 
im Blute kreisender Parasiten. Das frisch gewonnene Blut wird 
unter möglichster Vermeidung von Gerinnung und anderen Ver¬ 
unreinigungen mit einer größeren Menge 3 proz. Essigsäure ver¬ 
dünnt. Hierdurch lösen sich die roten Blutkörperchen auf, 
während die Parasiten unbeschädigt bleiben. Durch Zentrifugieren 
werden dann die Parasiten nebst den noch erhalten gebliebenen 
Leukocytenkernen sedimentiert. Bei Trichinose gelang es 
dem Verfasser, im Blute künstlich infizierter Tiere junge 
Trichinen nachzuweisen. Er glaubt, daß es auch beim Menschen 
gelingen wird, in Fällen von Trichinose, bei denen infolge 
stärkerer Infektion eine einigermaßen erhebliche Auswanderung 
von jungen Trichinen stattfindet, solche im Blute z. B. 
der Fingerbeere oder des Ohrläppchens nachzuweisen. Hier¬ 
durch wäre die Diagnose auch ohne Muskelexzision ge¬ 
sichert. Bei den eigentlichen Blutparasiten gelingt der 
Nachweis ihres Vorhandenseins noch sicherer als bei den 
Trichinen, die sich nur vorübergehend im Blut aufhalten. So 
gelang es leicht, Filarien, Trypanosomen und Malariahalbmonde 
im Blute festzustellen. Bei Lues haben Noeggerath und 
Stähelin mit der genannten Methode die Spirochaeta pallida 
im Blute nachgewiesen. Verfasser zweifelt nicht, daß sich 
Ankylostomalarven, Spirillen und Bakterien (namentlich Tuberkel- 
und Milzbrandbazillen) durch die Sedimentierungsmethode leicht 
im Blute werden ermitteln lassen, so daß ihr bei diesen und 
bei eiuer großen Reihe von parasitären und Tropenkrankheiten 
bei Mensch und Tier ein praktisch - diagnostischer Wert bei¬ 
zumessen ist. 

Dieselbe Zeitschrift S. 2615. 

Eine seltene Lokalisation des Echinokokkus. Von M. Rudolph. 
Ein vier Monate altes Kind hatte einen über hühnereigroßen 
Tumor der Orbita. Der Augapfel war intakt und extrem nach 
außen und oben gedrängt. Die Probepunktion ergab deutlich 
bernsteinsäurehaltiges, fast eiweißfreies, leicht gelbliches Exsudat, 
das zwar keine Skolices, wohl aber geschichtete Hüllenfetzen 
erkennen ließ. Es handelte sich sonach um eine Echinococcen- 
cyste. 


Deutsche Medizinische Wochenschrift , 34. Jahrg. Nr. 51, S. 2224. 

Schwarzes Kolostrum. Von Dr. M. Semon. Bei einer 44 Jahre 
alten Frau wurde zufällig beobachtet, daß ihre rechte Mamma 
schwarzes Kolostrum absonderte. Auf Befragen ergab sich, daß 
die Frau die Absonderung der „schwarzen Milch“ schon seit 
18 Jahren, und zwar seit Beendigung ihres ersten Wochenbettes 
beobachtet hatte. Seitdem war bei jeder Menstruation starke 
Absonderung aus beiden Brüsten eingetreten. Stets war das Sekret 
der rechten Brust schwarz, das der linken wässerig-farblos oder 
weiß. Es konnte festgestellt werden, daß die Pigmentation 
weder auf eine Blutbeimischung, noch auf Anwesenheit eines 
besonderen geformten Pigmentes, noch auf irgendeine mykotische 
Einwirkung zurückzuführen war. Eine maligne Neubildung war 
mit Sicherheit auszuschließen. Mikroskopisch waren in dem 
schwarzen Sekret von Formbestandteilen nur sehr große, stark 
lichtbrechende und bräunlich tingierte Kolostrumkörperchen 
nachzuweisen. Eine exakte Erklärung der merkwürdigen Er¬ 
scheinung kann nicht gegeben werden. Verfasser ist geneigt, 
eine zelluläre Anomalie anzunehmen und hält es für möglich, 
daß die besonders gearteten Kolostrumkörperchen den von 
Bizzozoro und Vas alle während der Schwangerschaft ge¬ 
fundenen Pigmentzellen entsprechen, die Unger als pigment¬ 
beladene Mastzellen auffaßt, die das Pigment nach dem Warzen¬ 
hof transportieren. Man müßte also in dem vorliegenden Falle 
an eine auch außerhalb der Schwangerschaft fortbestehende 
Bildung solcher Zellen denken. W. 

Schädelbruch durch HundebiD. Von Gerichtsärzten Dr. Pfleger 
und Dr. Marx. Ein l l / 2 jähriges Kind wurde von einem großen 
Hofhunde derart in den Kopf gebissen, daß es starb, bevor es 
noch von dem Tiere befreit werden konnte. Die gerichtliche 
Obduktion ergab, daß am Schädel zahlreiche den Formen der 
Hundezähne entsprechende Lochbrüche vorhanden waren. Dabei 
war der Ausbruch an der der ein wirk enden Gewalt abgekehrten 
Knochentafel größer als an der ihr zugekehrten Tafel. Das 
eine Scheitelbein war zertrümmert und die Kranznaht klaffte 
weit auseinander. Hirnhäute und Gehirnsubstanz waren an den 
den Knochenverletzungen entsprechenden Stellen gleichfalls ver¬ 
letzt. (Zeitschr. f. Med.-Beamte 16/08.) • W. 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 28. November d. J. verschied nach langem, schwerem 
Leiden im 63. Lebensjahre der Tierarzt Eduard Niemela zu 
Ratibor. 

Niemela wurde 1846 zu Branitz, Kreis Leobschütz 0. S., 
geboren, besuchte die Realschule in Troppau (Österr. Schles.), 
verließ dieselbe mit dem Einjährigenzeugnis und widmete sich 
zuerst dem Baufach. Von 1864—1866 studierte er an der Tier¬ 
arzneischule in Wien, von 1866 an in Berlin, wo er 1868 die 
Approbation als Tiererzt I. Klasse erhielt. Als Unterroßarzt 
beim Feldartillerie-Regiment Nr. 5 machte er den Feldzug 
1870/71 mit, nahm an den Schlachten von Weißenburg, Wörth, 
Sedan teil und wurde vor Paris verwundet. Als Invalide ent¬ 
lassen war Niemela von 1871 an praktischer Tierarzt in 
Kätscher, seit 1880 in Ratibor. Vor zwei Jahren sah er sich 
wegen fortschreitender Krankheit genötigt, seine umfangreiche 
praktische Tätigkeit aufzugeben. 



24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


957 


Dem Verein Schlesischer Tierärzte gehörte der Verstorbene 
seit langer Zeit an. Er war ein treues und eifriges Mitglied, 
und fehlte auch in den letzten Jahren selten bei einer Ver- 
8ammlnng. Sein besonderes Interesse wendete er der Tuber¬ 
kulose zu und er hatte sich früher in weiten Kreisen der Land¬ 
wirte einen Namen erworben durch das „Niemelin“, ein haupt¬ 
sächlich aus Carbo und Glyzerin hergestelltes Präparat, das nach 
seiner Ansicht ein Heilmittel gegen Tuberkulose sein sollte und 
in sehr vielen Beständen angewandt wurde. 

Niemela war ein tüchtiger, mühsamer Tierarzt und von 
seinen Kollegen und weiteren Kreisen geschätzt. Der Verein 
Schlesischer Tierärzte wird dem Entschlafenen ein dankbares 
Andenken bewahren. 

Leicht sei ihm die Erde. 

Der Verein Schlesischer Tierärzte. 

Prof. Dr. M. Casper. 

« 

Am 7. d. M. verschied plötzlich in Breslau, wo er Heilung 
seines Leidens gesucht hat, der Tierarzt des städtischen Schlacht¬ 
hofes zu Neiße Herr Stabsveterinär a. D. Josef Langer. Er 
war am 18. März 1857 zu Neiße geboren und trat nach Besuch 
des dortigen Realgymnasiums in das Feld-Artillerie-Regiment 
Nr. 21 ein, um sich der militär-tierärztlichen Laufbahn zu 
widmen. 1881 approbiert, leistete der Verstorbene dem Staate 
als Roßarzt und Oberroßarzt treue Dienste, nahm 1895 seinen 
Abschied, um sich nahe seiner Heimatsstadt in Steinsdorf, 
Kreis Neiße, als praktischer Tierarzt zu betätigen; 1897 jedoch 
wurde er mit den tierärztlichen Funktionen des Schlachthofes 
zu Neiße betraut, und trotz dieser anstrengenden und auf¬ 
reibenden Tätigkeit fand er dennoch Zeit, an der dortigen land¬ 
wirtschaftlichen Winterschule zu unterrichten. 

Mit dem Verstorbenen ist ein Mann aus dem Leben ge¬ 
schieden, der seinem Beruf mit Leib und Seele treu ergeben 
war. Seltene Pflichttreue, eiserner, nie ermüdender Fleiß, außer¬ 
ordentliche Sorgfalt und Peinlichkeit im Dienst waren seine 
hervorragenden Eigenschaften. Nicht minder ausgezeichnet war 
seine treue, wahre Kollegialität und herzlich sein Verkehr mit 
den Kollegen. — Groß war daher auch die Zahl seiner Freunde 
und Verehrer. — In dem stattlichen Trauergefolge, dessen | 
Größe *von der Liebe, Wertschätzung und Achtung des Dahin¬ 
geschiedenen Zeugnis ablegte, folgten dem mit Kranzspenden 
überladenen Sarge die Abgeordneten der städtischen Behörden 
mit dem Oberbürgermeister an der Spitze, eine Deputation des 
Feld-Artillerie-Regiment8 Nr. 21, Mitglieder der verschiedenen 
Vereine und sämtliche neun Kollegen des Kreises Neiße. — An 
seinem Grabe trauert die tiefgebeugte Gattin. — Er ruhe in 
Frieden! 

Der Verein Schlesischer Tierärzte, insonderheit die Gruppe 
Schlesischer Schlachthoftierärzte betrauert tief den Verlust des 
tüchtigen, verehrten Kollegen und liebgewordenen Freundes. 

Ein dauerndes und ehrendes Gedenken ist ihm allezeit 
gesichert. I. A.: Henschel-Oels, 

Obmann der Gruppe Schlesischer Schlachthoftierärzte. 

* 

Am 11. Dezember er. starb in Wesel der Königliche Ober¬ 
stabsveterinär im Feldartillerie - Regiment Nr. 43 Herr Albert 
Doenicke. 

Im Jahre 1883 approbiert, war er einer der Teilnehmer an 
der Feier des 25 jährigen Berufsjubiläums, welches die „1883 er“ 


Mitte Oktober d. J. in Berlin festlich begingen. An der Seite 
seiner Gattin und seines ältesten Sohnes war er in dieser Fest¬ 
versammlung einer der Fröhlichsten und keiner von den Semester¬ 
kollegen konnte ahnen, daß gerade diesem so»kräftigen und 
gesunden Manne zuerst und so bald die Todesstunde schlagen 
würde. 

Am 7. Dezember erkrankte Doenicke an Influenza; zwei 
Tage später trat Lungenentzündung hinzu, welche so rapid 
verlief, daß schon am 11. Dezember nachmittags 4 Uhr der 
Tod eintrat. 

Der so plötzlich Dahingeraffte hatte sich durch seine außer¬ 
gewöhnliche Tüchtigkeit als Veterinär und durch seine Arbeits¬ 
freudigkeit eine vorzügliche militärische Stellung geschaffen. 
Auch in der Zivilbevölkerung von Stadt und Land genoß er ein 
bedeutendes Vertrauen als Tierarzt, so daß sein Schaffen und 
Wirken weit über Wesels Mauern hinaus bekannt war,- und ihm 
den Ruf eines hervorragenden Praktikers eintrug. 

Daß er aber auch als Mensch hoch geachtet und verehrt 
wurde, davon legte die große Zahl von Leidtragenden, welche 
seinem Sarge folgten, und die herrlichen und zahlreichen Blumen¬ 
spenden bei seiner Beerdigung auf dem Militär-Friedhof beredtes 
Zeugnis ab. 

Sein Andenken wird bei uns in Ehren fortleben. 

Nehrhaupt. 

Zar tierärztlichen Ausbildung. 

Von Witt, Hadersleben. 

Die von mir in Nr. 36 der B. T. W. gemachte Äußerung über 
Ausbildung der Tierärzte als kurze Einleitung zu meinem Artikel 
über Malaria des Rindes sollte den Zweck haben, die Kollegen 
anzuregen zur Besprechung einer Sache, die sicherlich vielen am 
Herzen liegt. 

Ich habe nun die Befürchtung, daß die Kürze des Aus¬ 
drucks, wie sie in der erwähnten Einleitung geboten erschien, 
zu Mißdeutungen Veranlassung geben könnte, und halte es des¬ 
halb für richtig, wenn ich meine Gedanken ausführlicher erläutere 
und schärfer präzisiere, bevor die Kritik an die anatomische 
Zerlegung und die histologische, bakteriologische Untersuchung 
geht. Ich hoffe damit zu erreichen, daß Meinungen der Art 
nicht aufkommen, als beabsichtigte ich Ungerechtigkeiten und 
wollte meine Pfeile gegen bestimmte Personen richten. Nichts 
liegt mir ferner. Aber ich will freimütig und offen, ohne Furcht 
vor Tadel und Kritik daB sagen, was ich im Interesse unseres 
Standes für notwendig halte. Wer mitten im Leben steht, der 
weiß, wie oft Rücksichten nach oben und unten hindern, das 
auszusprechen, was das Herz bewegt, weiß, daß solche Rück¬ 
sichten direkt proportional sind der Standeshöhe, die jemand 
erreicht hat. Deshalb mag dem Manne draußen im Lande, fern 
an der Grenze gestattet sein, das zu beleuchten, was sein 
offenes Auge zu sehen wähnt und für tadelnswert erachtet. 

Als ersten Punkt habe ich angedeutet, daß ich die Zahl von 
7—8 Semestern als tierärztliche Studienzeit für nicht ausreichend 
halte. Viele Beweise werde ich hierfür nicht zu liefern brauchen, 
da jeder Tierarzt diese Ansicht teilen wird, teilen muß. Und 
weisen wir den Landwirt und Laien darauf hin, welche Aus¬ 
dehnung unsere Wissenschaft gewonnen hat, welche Anforderungen 
die Veterinär-, die Sanitätspolizei stellt, welche Fähigkeiten das 
bakteriologische Arbeiten voraussetzt, so wird auch der Laie 
zugeben, daß ohne Anwendung eines Nürnberger Trichters das 





958 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


alles nicht in 7—8 Semestern dem menschlichen Hirn zu über¬ 
liefern ist. 

Welche Verantwortung muß heute der Tierarzt tragen 
z. B. in der Fleischbeschau?! Welche Schwierigkeiten bieten 
sich ihm, nicht so sehr auf den großen Schlachthöfen, sondern 
weit mehr auf dem Lande?! Es ist keine so schwere Arbeit, 
einen Menschen mit einem Milzbrandkarbunkel ärztlich zu be¬ 
handeln. Ein anderes .ist es, wenn in der Praxis auf der einen 
Seite die Interessen des Landmannes, die der armen Witwe zu 
berücksichtigen sind, welche in der Verzweiflung ihre schwer 
erkrankte Kuh notschlachten ließ, auf der anderen die Gesetze 
drohen, die Gesundheit von Hunderten von Mitmenschen auf dem 
Spiele steht. Dann setzt die Entscheidung weniger Minuten 
einen ganzen Mann, ein ganzes Wissen und Können voraus 
Es ist leicht gesagt, wenn unsere Lehrer vom Katheder herab 
verkünden: in dubio malum. Aber ich wage zu behaupten, daß 
Konflikte oben geschilderter Art manchem Tierarzt schon die 
Ruhe einer langen Nacht gekostet haben! 

Mehr und mehr dringt auch die Ansicht durch, daß sich 
die Ausbildung der Tierärzte heben wird mit der Angliederung 
ihrer Hochschulen an die Universitäten. Ist diese erreicht, so 
wird auch in dem stud. med. vet. das Verlangen reifen, durch 
Hören von Vorlesungen auf den verschiedensten Gebieten der 
Wissenschaft seinen Horizont zu erweitern. Erst eine solche 
Umschau wird das geistige Niveau der Tierärzte zur vollen 
Höhe heben, sich aber nie in einer Studienzeit von 7—8 Semestern 
ermöglichen lassen. 

Die früher von seiten der Landwirtschaft gehegte Be¬ 
fürchtung, daß durch Verlängerung und Verteuerung des Studiums 
sich die pekuniäre Leistung an die Tierärzte steigern würde, 
hat sich nach Einführung der Maturitätsforderung als unbe¬ 
gründet erwiesen. Sie wird kaum wiederkehren, da Angebot 
und Nachfrage im wesentlichen die Preise regeln, und das 
Angebot tierärztlicher Kräfte in den meisten Gegenden die 
Nachfrage überwiegt, mit anderen Worten, eine Überproduktion 
an Tierärzten vorhanden ist. Außerdem wird auf allen ärztlichen 
Gebieten nicht die Entschädigungsfrage, sondern vor allem 
ärztliches Wissen und Können maßgebend sein und bleiben 
müssen! Ich möchte nun davon abraten, nach dem Kuhhandel¬ 
system sich mit der Mehrforderung von einem Semester zu be¬ 
gnügen. Es wird nötig sein, ganze Arbeit zu machen. Wir 
begegnen oft dem Einwand, daß in der Humanmedizin manche 
Gebiete, z. B. der Gehirnkrankheiten oder Krankheiten der Sinnes¬ 
organe U8W. eine Ausdehnung gewonnen haben, welche sie in der 
Veterinärmedizin nie erreichen können. Hierauf will ich ent¬ 
gegnen, daß auf jenen Spezialgebieten der Humanmedizin ein 
Meister nicht vom Himmel fällt, ein Meister nie in der Studien¬ 
zeit ersteht, und daß ganz abgesehen von der Mannigfachheit 
unserer Behandlungsobjekte viele Fächer unserer Wissenschaft 
diejenigen der Schwesterwissenschaft weit an Bedeutung über¬ 
wiegen. 

Erforderlich halte ich eine Ausbildungszeit von 10 Semestern; 
läßt sich diese Forderung nicht durchsetzen, so wird jedes 
abgestrichene Semester durch ein Semester praktischer Tätigkeit, 
ähnlich dem praktischen Jahre der Humanmediziner, zu er¬ 
setzen sein! 

H. Nun zur Doktorfrage: 

Es liegt wohl im Geiste unserer Zeit, daß dem jungen 
Studiosus der Doktor, ich meine das Dr., als höchstes Ziel vor 


Augen schwebt. Er empfindet, daß dies heute an vielen Orten 
zum guten Ton gehört, und er wird von vor- oder weitsichtigen 
Eltern oder Basenkreisen darüber belehrt, daß besonders für die 
Damenwelt der Dr. eines gewissen Reizes nicht entbehrt. Und 
was tut man nicht den Damen zuliebe?! Was Wunder also, 
wenn auch viele Tierärzte trachten, sich mit einem solchen 
gesellschaftlichen Nimbus zu umgeben, zumal sie merken, daß 
vielerorts die Bezeichnung Tierarzt nicht den rechten Klang hat. 
Die Mode müssen wir mitmachen, denn wer gegen herrschende 
Moden kämpft, fällt leichter auf als derjenige, der sie willig 
befolgt. Es hat auch ohne Frage der Dr. nicht bloß dekorativen 
Wert, wenn Kollegen rein wissenschaftliche Bahnen beschreiten 
wollen, oder in späteren Jahren einmal einen Vortrag halten 
wollen, bei denen ihnen die Dissertation als gefällige Lücken¬ 
büßerin stets zur Seite steht. Also wohl gemerkt, ich bekämpfe 
den Dr. an sich nicht; ja, ich gestehe offen, daß ich zu meiner 
Assistentenzeit auch an Dr.-Anwandlungen gelitten, sie allerdings 
bald niedergezwungen habe. Aber — ich gewinne mehr und 
mehr die Überzeugung, daß die heutige Sucht nach dem Dr. 
die Jugend leicht zur Äußerlichkeit verführt, und daß* viele, 
oder milder gesagt, einige meiner Kollegen dem Dr. einen über¬ 
großen Wert beilegen. Es erscheint dann der Dr. groß, der 
Tierarzt klein geschrieben, vielleicht auch in Klammern gesetzt. 
Soll allem die Krone aufgesetzt werden, so entbrennt ein Streit 
darüber, welcher Dr. schwerer wiegt, der mit med. oder mit 
phil., ob der mit med. vet. konkurrenzfähig ist, und ob der in 
der Schweiz erworbene überhaupt noch als Nimbus gelten kann!!! 

Hiergegen will ich mich wenden aus Furcht, es könnten 
andere Stände über uns lachen, und ich will einmal klipp und klar 
erklären: „Haben viele unserer jungen Kollegen nicht das zum 
Promovieren nötige Kleingeld geerbt, zwingt der Kampf ums 
Brot sie zu einem Verzicht, so ist das kein Grund zum Ver¬ 
zagen. Die Zeit wird kommen, wo man sich in unserem Vater¬ 
lande wieder auf sich selbst besinnt, wo der Hang zum Luxus, 
der Trieb nach Titeln überwunden wird vom gesunden deutschen 
Idealismus. Dann wird die Leistung, nic^it der Name 
entscheidend sein!“ 

Was die Landwirtschaft braucht, sind tüchtige 
praktische Tierärzte, ob beamtete oder private. Sie 
bilden den wichtigsten Faktor zur Hebung des tier¬ 
ärztlichen Standes! Gewiß können auch die Kollegen 
tüchtige Tierärzte sein; ich bin der letzte, der das bestreiten 
will. Müssen aber unsere Kollegen zum Dr. phil. ihre Zuflucht 
nehmen, diesen erkaufen durch ein längeres Studium für den 
tierärztlichen Beruf bedeutungsloser Fächer, so läßt es sich nicht 
vermeiden, daß eben eine längere Zeit dem eigentlichen Berufe 
verloren geht. Dann schwindet das Interesse für die tierärztliche 
Praxis, und der sogenannte praktische Blick erleidet eine Trübung, 
d. h. wenn er vorhanden ist. Wird man eine Statistik aufstellen 
darüber, wie viele Dr. phil. Kollegen noch in die Praxis gehen, 
so werde ich eines Beweises für meine Worte enthoben sein. 
Sind wir aber bestrebt, uns durchzusetzen als prak¬ 
tische Tierärzte, sind wir selbstbewußte, anständige 
Menschen, so wird es uns bald gelingen, Ehre und 
Achtung zu gewinnen. Seien wir Tierärzte, nichts mehr, 
nichts weniger. Zeppelin baute sein Luftschiff ohne 
Dr., und Bismarck hat ohne Dr. das Deutsche Reich 
gegründet! Können viele von uns den Dr. nicht ent¬ 
behren, so muß das Ziel der Tierärzte sein der 



24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


959 


Dr. med. vet., von Tierärztlichen Hochschulen ver¬ 
liehen. Beherzigen wollen und müssen wir aber das 
eine: das ceterum censeo des tierärztlichen Standes 
ist nicht die Dr.-Frage, sondern es ist die wirklich 
hinreichende wissenschaftliche und praktische Aus¬ 
bildung der jungen Tierärzte!!! 

HL Zum dritten habe ich darauf hingewiesen, daß ich es 
für einen Fehler halte, wenn wir an unseren Hochschulen die 
Einrichtung des Privatdozententums noch immer entbehren müssen. 
Mit diesem Ausdruck habe ich weder ein Schlagwort prägen, 
noch durch ein Panacöe servieren wollen. Was ich sagen wollte, 
ist kurz folgendes: 

An allen Universitäten finden wir neben den Ordinarien und 
Extraordinarien die Privatdozenten, und zwar in einem Verhält¬ 
nis, daß letztere zuweilen 2 / ;{ aller Lehrfächer vertreten. Der 
Privatdozent wählt sich sein Feld, das er beackern, vielleicht 
ganz neu anlegen will, auf dem er zeigen will, daß er geeignet 
ist, im Kampfe der Wissenschaft eine Führerrolle zu übernehmen. 
In seinem selbstgewählten Fache reift er heran zum 
außerordentlichen und ordentlichen Professor. 

Sollen bei uns Lehrstühle neu besetzt werden, so rächt sich 
stets von neuem das Fehlen der Privatdozenten. Die letzten 
Jahre haben es deutlich genug erwiesen. Es mag etwas für sich 
haben, wenn in einzelnen Fällen bei der Professorenwahl einmal 
auf Männer der Praxis zurückgegriffen werden muß, und Namen 
wie R. Koch oder Dieckerhoff zeigen, daß es auch in der 
Praxis tüchtige Männer gibt. Im allgemeinen wird man mir aber 
zugeben müssen, daß eine solche Wahl stets ein gewisses Risiko 
in sich birgt gegenüber der Möglichkeit, aus der Zahl der be¬ 
währten Privatdozenten die Lehrkräfte zu entnehmen. 

Kommt bei uns nun ein homo novus zur Hochschule, so 
sieht er sich in vielen Fällen gezwungen, vorerst mit Fächern 
fürlieb zu nehmen, die ihm absolut nicht Zusagen. Bei Frei¬ 
werden eines besseren Stuhles rückt er auf und wirft dann alleB 
das als unnützen Ballast über Bord, was ihm ein gut Teil seiner 
besten Jugendkraft raubte. Ich sage nicht mit Unrecht „unnützer 
Ballast“. Die Hochschullehrer sollen m. E. nicht Universal¬ 
menschen, sondern Spezialisten in des Wortes ureigenster Be¬ 
deutung sein. Herrscht an unseren Hochschulen aber 
immer noch das alte Regime, so muß dies dazu führen, 
daß viel beste’Jugendkraft vergeudet wird, anstatt sie 
zu sammeln, sie auf ein Fach zu konzentrieren. Hier 
sei mir eine Frage gestattet: War es richtig, daß ein Mann 
wie Geheimrat Ostertag gezwungen war, Jahre hindurch in der 
Poliklinik Pferde „in die Gabel“ zu schicken, um nachher als 
Hygieniker, als Direktor der Vet.-Abt. des Kaiserl. Gesundheits¬ 
amtes zu endigen?! Ist die Klinik für kleine Haustiere an der 
Berliner Hochschule nicht eine solche Durchgangsstation, wo 
verschiedene Professoren im Stillen geseufzt haben, wo die Zer¬ 
splitterung der Geisteskräfte einem Manne wie Eber das Leben 
kostete?!*) 

Doch ich will nicht weitschweifig werden. Mag der Streit 
der Meinungen beginnen. Mögen jetzt, wie Prof. Schmaltz 
sagt, in erster Linie die Hochschulen antworten. Im Lande, 
weiß ich, werden viele meiner Kollegen meine Ansicht teilen und 
die mich kennen, sind dessen gewiß, daß nicht Ungerechtigkeiten, 
beabsichtigt oder nicht, auch nicht persönliche Motive mir die 


Feder führten. Lust und Liebe zu meinem Beruf zwangen mich, 
ein offenes Wort zu reden. 

„Wer die Wahrheit kennet und saget sie nicht, 

Der ist fürwahr ein erbärmlicher Wicht!“ 

Bayern voran. 

Daß Bayern im Militärveterinärwesen vorangestanden hat 
und noch voransteht, hat ihm noch niemand bestritten. Daß 
die Parole Abiturientenexamen zuerst in Bayern ausgegeben 
worden ist, soll unvergessen bleiben. (In der Hochschul¬ 
verfassung hat allerdings Preußen den Weg gewiesen.) Nun 
hat auch das Zivilveterinärwesen in Bayern mit einem Schritt 
die Spitze erreicht: Durch die neue Gehaltsordnung sind die 
bayrischen Bezirkstierärzte den Bezirksärzten gleichgestellt 
worden. Die Gleichstellung ist nunmehr auch in der Regierungs¬ 
instanz vollendet. Durch Allerhöchste Verordnung vom 
12. Dezember 1908 ist bestimmt worden, daß vom 1. Januar 
1909 ab die Kammern des Innern bei den Kreisregierungen 
(Regierungsbezirken) besetzt werden mit Regierungs- und Bau¬ 
räten, Regierungs- und Medizinalräten und Regierungs- und 
Veterinärräten. Die obersten Tierärzte in den bayrischen 
Regierungsbezirken haben also als erste die Gleichstellung mit 
den Medizinern und die Stufe des Regierungs- und Veterinär¬ 
rates erreicht. Ihr (für Preußen mißverständlicher) Titel Kreis¬ 
tierarzt ist beseitigt. Man braucht diesen Erfolg in Bayern 
nicht zu benutzen, um bei seinem Lichte die preußischen Ver¬ 
hältnisse in den Schatten zu stellen, weil hier dieses Ziel noch 
vor uns sich befindet. Wir freuen uns vielmehr einfach dieses 
Fortschrittes in Bayern und rufen: Vivat sequens! 

Schmaltz. 

Preußische Beamten-Besoldungskommission. 

Die Kommission für die preußische Beamtenbesoldungs- 
vorlage hat ihre zweite Lesung bekanntlich beendet und ist in 
einer Anzahl von Positionen über die Regierungsanträge hinaus¬ 
gegangen. Die in letzter Nummer eben noch aus der Morgen¬ 
zeitung übernommene Mitteilung betreffs der Kreistierärzte 
ist jedoch nicht ganz zutreffend. Den Kreisärzten ist ihre 
in der ersten Lesung beschlossene Erhöhung um 600 M. trotz 
sehr starken Widerspruchs erhalten geblieben; die Konservativen 
hatten beantragt, nur 300 M. zu bewilligen. Wenn dann die 
Kreistierärzte um 300 M. heraufgesetzt worden wären, dann 
würde die Differenz ausgeglichen gewesen sein. Dies ist 
nun nicht erreicht worden. Immerhin haben die Kreistierärzte 
auch noch eine Verbesserung davon getragen, über die jedoch 
nicht richtig berichtet war. Das Gehalt ist auf 1200 bis 3300 M., im 
Durchschnitt 2250 M., erhöht worden; es ist also die Durchschnitts¬ 
erhöhung nicht um 250 M., wie Seite 932 mitteilt, sondern nur um 
150 M. erfolgt. Trotzdem ist der Beschluß günstiger insofern aus¬ 
gefallen, als bei der Berechnung des pensionsfähigen Gehalts außer¬ 
dem noch 300 M. zugelegt werden sollen, so daß das pensionsfähige 
Durchschnittsgehalt sich tatsächlich um 450 M. steigert. Das 
pensionsfähige Höchstgehalt hat demnach in Wirklichkeit eine 
ebenso hohe Verbesserung erfahren, wie die den Kreistierärzten 
bewilligte Zulage beträgt. Denn nach der Regierungsvorlage 
beträgt das Höchstgehalt 3000 + 1950 gleich 4950 M., 
während es jetzt beträgt 3300 M. + 2250 M. gleich 5550 M. 
Das Durchschnittsgehalt bleibt freilich mit 2250 M. hinter 
3300 M. bei den Kreisärzten um 1050 M. zurück, also um 
450 M. mehr, als die Regierungsvorlage vorsah. Immerhin ist 


*) Diese Auffassung ist irrtümlich. S. 







960 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


es doch ein Trost und auch ein anerkennenswerter Erfolg, daß 
wenigstens in den Höchstgehältern der Vorsprung der Kreis¬ 
ärzte ausgeglichen worden ist. Dabei dürfte die unzweideutige 
Stellungnahme unseres Ministeriums gegen die Benachteiligung 
der Kreistierärzte von ausschlaggebender Wirkung gewesen sein. 

Trotz der Genugtuung, welche die Kreistierärzte därüber 
empfinden können, sollte man sich nun aber, nachdem einmal 
der Stein ins Rollen gekommen ist, damit nicht zufrieden geben. 
Hinter der Kommission steht noch das Plenum, und obwohl das 
Plenum viel schwerer in Bewegung zu setzen ist, ist das doch 
nicht völlig aussichtslos. Nun also: heran an die Abgeordneten 
in den Weihnachtsferien! Wir wollen nur den Abstand, den die 
Regierung selbst uns hat zubilligen wollen, nicht nur im Höchst¬ 
gehalt, sondern auch im Durchschnittsgehalt erreichen. Aber es 
wird nützlich sein, dabei zu betonen, daß auch gegenüber der 
Regierungsvorlage die Kreistierärzte sich nur beschieden haben, 
und daß im übrigen wie in Bayern so auch in Preußen die 
Kreistierärzte den Kreisärzten gleichgestellt werden sollten. 

Eine sehr erfreuliche Anregung hat übrigens die Kom¬ 
mission noch gegeben. Unter dem Widerspruch des Finanz¬ 
ministeriums wurde eine Resolution aller Parteien angenommen, 
in der die Regierung ersucht wird, die Verhältnisse der Assi¬ 
stenten von wissenschaftlichenlnstituten der Universitäten, 
Technischen Hochschulen und sonstigen gleichstehenden wissen¬ 
schaftlichen Anstalten einer weiteren Prüfung zu unterziehen 
und die sich etwa als angemessen herausstellende Erhöhung 
der Remunerationen vorzunehmen. Das ist in der Tat ein 
absolut dringendes Bedürfnis. Die Assistenten müssen so ge¬ 
stellt werden, daß sie bei durchaus bescheidenen und soliden 
Ansprüchen von ihrem Einkommen leben können. Gewiß ist es 
für sie eine Lehrzeit, und sie haben davon erhebliche Vorteile; 
aber auch um zu lernen, muß man existieren können, und die 
Möglichkeit zu lernen darf kein Monopol für diejenigen werden, 
die Zuschüsse von Hause haben. Es ist ein Jammer, wenn 
tüchtige Leute für solche Stellen verloren gehen. 

Schmaltz. 

Gebühren nnd Reisekosten der Oberamtstierärzte 
in Württemberg. 

Die Gebühren der Oberamtstierärzte in Württemberg sind 
durch Verfügung vom 23. Juli 1908 neu festgesetzt worden. Die 
Sätze sind folgende: 

Für Dienstleistungen, die zu den ordentlichen Amteobliegen¬ 
heiten gehören, haben die Oberamtstierärzte nach § 1 folgende 
Gebühren zu beanspruchen: 

I. Gegenüber der Staatskasse und der Zentralkasse der Tier¬ 
besitzer für Feststellung des Milzbrandes bei Entnahme einer 
Blutprobe ohne Leichenöffnung 4 M., bei Eröffnung der Bauch¬ 
höhle 6 M., für die Zerlegung einer Leiche samt Obduktions¬ 
bericht nach abgekürztem Verfahren bei Milzbrand, Tollwut und 
Rotz 8 M., in anderen Fällen bei großen Tieren 6 M., bei kleinen 
Tieren 4 M., bei ausführlichem Obduktionsverfahren bei den 
genannten Seuchen 10 M., in anderen Fällen 8 bzw. 5 M. bis zu 
einem Höchstbetrage von 20 M. an einem Tage. Für die Unter¬ 
suchung einer bereits zerlegten Tierleiche zwei Drittel der 
Sätze. Für die Untersuchung auf Geflügelseuchen unter An¬ 
wendung der üblichen bakteriologischen Methode mit Protokoll 
und kurzem Gutachten ohne Tierversuch 3 M., mit Tierversuch 
5 M., wobei jedoch die Gebühr in jedem Versuchsfalle auch bei 
mehreren Untersuchungen nur einmal gewährt wird. Für die 


Malleinprobe bis zu 5 Pferden 5 M., bei größeren Beständen 1M. 
für jeden Impfling. Für die Schutzimpfung gegen Milzbrand 
40 Pf., gegen Rotlauf bei zweimaliger Kultureinspritzung 20 Pf., 
bei einmaliger Einspritzung 15 Pf. für jeden Impfling. Für die 
Nachprüfung eines Fleischbeschauers 5 M. bis zum Höchstbetrage 
von 20 M. am Tage. Für die Behandlung der Haustiere im 
Staatsbesitz die in der Privatpraxis geltenden Sätze: 

II. gegenüber anderen Verpflichteten, soweit nicht besondere 
Vereinbarungen bestehen: für die veterinärpolizeiliche Beauf¬ 
sichtigung eines Marktes 5 M. für Tierschauen, Ausstellungen 
usw. 2 M. für jede angefangene Stunde. Am Wohnort darf der 
Zu- und Abgang eingerechnet werden, auswärts nur die eigent¬ 
liche Dauer des Dienstgeschäftes; die daneben etwa für andere 
Verrichtungen verwendete Zeit muß außer Berechnung bleiben. 
Für die Ausstellung von Gesundheitszeugnissen, a) für große 
Tiere, ausgenommen Rinder 2 M., für jedes weitere Tier 1 M., 
b) für Rinder, ausgenommen Kälber, für 1 Tier 60 Pf., für 
jedes folgende Tier 30 Pf. bis zum Höchstbetrag von 5 M. für 
je ein Zeugnis, c) für kleine Tiere (Fohlen, Kälber, Schafe, 
Schweine) für 1 bis 3 Stück 60 Pf., für jedes weitere Stück 
20 Pf. bis zum Höchstbetrage von 5 M. für ein Zeugnis, d) für 
wandernde Schweineherden bis zu 10 Tieren 1 M., von 11 bis 
30 Tieren 2 M., von 31 bis 50 Tieren 3 M., von 51 bis 100 Tieren 
4 M., von über 100 Tieren 5 M., e) für Schafherden von 5 bis 
100 Tieren 1 M., von 101 bis 200 Tieren 2 M., von über 200 
Tieren 3 M., f) für Geflügel bis zu 10 Stück 1 M., für jedes 
weitere Stück 10 Pf. Für Gesundheitszeugnisse, welche an 
Markttagen am Marktort ausgestellt sind, darf nur die Hälfte 
der Sätze berechnet werden. Für die auf der Entladestation 
vorzunehmende seuchenpolizeiliche Untersuchung von eingeführten 
Tieren, einschließlich Geflügel, für jede angefangene Stunde 2 M. 
Neben diesen Gebühren, mit Ausnahme derjenigen für die Nach¬ 
prüfung eines Fleischbeschauers, findet Reisevergütung statt. 

Nach § 3 erhalten die Stellvertreter der Oberamtstierärzte 
dieselben Gebühren und Reisevergütungen. Wird ein fester 
Gehalt nicht gewährt, so hat der Stellvertreter dem Auftraggeber 
gegenüber außer den genannten Vergütungen noch gewisse be¬ 
sondere Entschädigungen zu beanspruchen, die in § 3 im einzelnen 
aufgeführt werden. 

§ 4 regelt die Reisevergütungen. Danach erhalten die 
Oberamtstierärzte und deren Stellvertreter bei Verrichtungen, 
die zu ihren ordentlichen Amtsobliegenheiten gehören, innerhalb 
ihres Amtsbezirks d. h. des Bezirks, für den sie ein oberamts¬ 
tierärztliches Gehalt beziehen) als Gesamtvergütung für Tage¬ 
gelder und Reisekosten für den vollen Tag 15 M., für den halben 
10 M.; außerhalb ihres Amtsbezirks Tagegelder und Reisekosten 
nach den Bestimmungen der jeweiligen Reisegebührenordnung 
für Staatsbeamte, und außerdem an Entschädigung für ent¬ 
gehenden Erwerb für einen vollen Tag 8 M. und für einen halben 
Tag (weniger als 8 und mehr als 2 Stunden) 5 M. 

Die Verfügung ist am 1. August in Wirksamkeit getreten. 

Das Fothsche Pressebn re au. 

Der von Herrn Veterinärrat Dr. Foth in Nr. 48 der 
„B. T. W.“ in Aussicht gestellte Aufruf an die Vereine ist in¬ 
zwischen ergangen. Da Herr Dr. Foth mit Recht den Wunsch 
zu erkennen gegeben hat, daß bei der Besprechung sein Plan 
berücksichtigt werde, so teile ich hier den Wortlaut des 
Schreibens, aus dem sich jener Plan ergibt, mit. 




24. Dezember 1908. 


Ab sämtliche deutschen tierärztlichen Vereine. 

Die tierärztliche Fachpresse beschäftigt sich seit Monaten mit 
dem von Herrn Kollegen Kreistierarzt Krüger-Ohlau gegebenen 
und in tierärztlichen Kreisen schon vielfach ventilierten Gedanken 
der Gründung eines Pressebureaus. 

Es liegt im Sinne unserer gesellschaftlichen und sozialen 
Struktur, daß ein Einfluß auf die Öffentliche Meinung und eine Ver¬ 
tretung gewisser sozialer sowie Standesinteressen nur dann mit 
Nachdruck und Erfolg betrieben werden kann, wenn man eine gute 
Vertretung im Parlament und eine gute Presse hat. Eine Vertretung 
beider in unserem Interesse müssen wir zurzeit leider entbehren. 
Wenn andere Stände, z. B. der Stand der Gymnasiallehrer, in den 
letzten Jahren so überaus glückliche Erfolge aufzuweisen haben, 
so verdanken sie es anerkanntermaßen in erster Linie einer teils 
maßvollen, teils scharfen, dauernden und nachdrücklichen Ver¬ 
tretung ihrer Interessen in der Presse. 

Der große Wert tierärztlicher Standesvertretungen und der 
Dienst, welchen sie uns bisher in aufopfernder Weise geleistet 
haben, wird allgemein mit Dank anerkannt werden. 

Die von unseren Zentralorganisationen an zuständigen Stellen 
zu vertretenden Wünsche können aber erst dann auf einen 
befriedigenden Erfolg rechnen, wenn die öffentliche Meinung, und 
das ist die Presse, unsere Wünsche mit vertritt 

Was über uns, unsere Arbeit und Bedeutung im wirtschaftlichen 
Leben in der breiten Masse des Publikums bekannt ist, ist so 
außerordentlich der Berichtigung bedürftig, daß schon nach dieser 
Richtung hin ein großes Maß von Arbeit in unserem Interesse nutz¬ 
bringend geleistet werden muß. Die noch so vielfach anzutreffenden 
Meinungen über uns sind dringend einer nachdrücklichen Korrektur 
bedürftig. Die öffentliche Meinung bearbeiten kann aber nur eine 
Zentralstelle, welche sich dieser Au'V ibe speziell widmet. 

Durch die Verbesserung des Resonanzbodens der öffentlichen 
Meinung wird wohl sicher Einfluß auf die gesetzgebenden Körper¬ 
schaften und auf die Regierungen gewonnen. 

Hierüber dürften wohl in keiner Weise Zweifel erhoben werden. 
Als nun dieser glückliche und uns so notwendige Gedanke der 
Gründung eines Pressebureaus in unserer Fachpresse der Allgemein¬ 
heit zur Erwägung anheimgegeben wurde, konnte dieser Gedanke 
nicht mehr als solcher bestehen, er mußte nach unserem Erachten 
in die Tat umgesetzt werden. 

Wenn nun von einer Seite mit Nachdruck der Gedanke ver¬ 
fochten worden ist, daß die Gründung und Leitung eines Presse¬ 
bureaus die Domäne des deutschen Veterinärrates unbedingt sein 
müßte, so können wir uns dieser Ansicht nur anschließen. Der 
deutsche Veterinärrat tagt aber frühestens im Frllhjahr 1909 in 
Stuttgart Seine Beschlüsse können erst im Sommer in die Hände 
der in ihm vertretenen tierärztlichen Vereine gelangen, nachdem 
diese längst ihre großen Frtthjahrssitzungen gehabt haben. Die 
Beschlüsse könnten demnach frühestens im Herbst 1909 in den 
einzelnen Vereinen zur Beratung gestellt werden, und günstigenfalls 
wäre eine Übersicht über den Erfolg aller Mühen erst im Winter 
1909/10 zu erwarten, mit anderen Worten, es würde mindestens ein 
Jahr vergeben, ehe die Sache so weit gediehen wäre, daß sie Leben 
bekommt Wir haben nun diese kostbare Zeit nicht verstreichen 
lassen wollen, ohne den Gedanken in die Tat umzusetzen. Wie 
den Vereinen bekannt sein dürfte, sprach unsere Generalversammlung 
vom 26./2T. September 1908 durch einstimmigen Beschluß die Not¬ 
wendigkeit der Gründung eines Pressebureaus aus und bewilligte 
zu diesem Zweck einen Beitrag von jährlich 800 M. Wir erlauben 
uns nunmehr, an die verehrlichen Vereine mit der Bitte heran¬ 
zutreten, unsere Bemühungen nach dieser Richtung tatkräftig zu 
unterstützen und nach ihrem Können und der Wichtigkeit der Auf¬ 
gabe ihr Scherflein beizusteuern. 

Wir bemerken nochmals ausdrücklich, daß wir dem Deutschen 
Veterinärrat nicht vorgreifen und seine Beschlüsse in keiner Weise 
bestimmend beinflussen wollen, und daß wir schließlich abtreten 
würden, wenn er die Sache in die Hand genommen hat. Es liegt 
uns nur daran, daß keine wertvolle Zeit weiter verloren und schon 
jetzt Arbeit geleistet wird. Der Verein behält sich vor, seinerzeit 
beim Deutschen Veterinärrat weitere Schritte zu tun. 


961 


Was nun die Organisation der Versorgung der Presse mit uns 
dienendem Material anlangt, so dürfte es einleuchtend sein, daß die 
zu bewältigende Arbeit eine außerordentlich große ist. Geleistet 
kann sie nur werden, wenn sie warmen Herzens für den Stand, 
unter intimster Kenntnis unseres Sehnens und Strebens geleistet und 
in die Form gegossen wird, welche uns dienstbar sein kann. Wir 
stehen auf dem Boden, daß die Zentralisation unserer Bestrebungen 
in der Presse nur in eine Hand gelegt werden kann, die wie wir 
und für uns denkt, fühlt und auch weiß, wo uns der Schuh drückt. 
Wir sind der Ansicht, daß z. B. ein Nationalökonom eine Menge 
Zeit und Mühe drangeben müßte, um erst das zu fühlen, was wir 
wollen. Eine solche Kraft würde dann immer noch auf die 
Informationen, die ihm von unseren Standesangehörigen gegeben 
werden, angewiesen sein und ob der Betreffende dann das Material 
so verarbeitet, wie wir es als Tierärzte empfunden wissen wollen, 
ist noch die Frage. Wir selbst wissen besser wie jeder andere, 
wie es uns ums Herz ist und einer der Unsrigen kann sicher eher 
der Dolmetsch unserer Gefühle und Wünsche sein, als jeder andere. 
Auch die Philologen erkoren sich einen aus ihren Reihen zum Rufer 
im Kampf für ihre Interessen. Wenn man einwendet, die großen 
landwirtschaftlichen Organisationen z. B. hätten mit Erfolg National¬ 
ökonomen in ihren Dienst gestellt, z. B. Dr. Diedrich Hahn im 
Bund der Landwirte, Dr. Dade im Deutschen Landwirtschaftsrat, 
so ist das wohl richtig, der Vergleich ist aber nicht treffend. In 
dem Bund der Landwirte findet jeder Mann, der landwirtschaftliche 
Interessen mit Nachdruck vertritt, seinen Platz. Der erste ver¬ 
storbene Vorsitzende, Herr von Ploetz, ferner die Herren von Wangen¬ 
heim, von Oldenburg, Dr. Roesike sind teils Offiziere, bzw. Juristen 
gewesen, die dann als Landwirte in hervorragender Weise agitatorisch 
und organisatorisch tätig waren und sind. Überdies verfolgt der 
Bund große politische Ziele, die mit unserem Wollen gar nicht in 
Vergleich zu ziehen sind. Die Geschäftsführer in den großen 
Berufsorganisationen, z. B. im Deutschen Landwirtschaftsrat, in den 
Handels-, Handwerker- und Landwirtschaftskammern, in denen teil¬ 
weise Nationalökonomen vorteilhaft arbeiten, haben ebenfalls ganz 
anderen Zwecken zu dienen, als wir sie im Auge haben, und sind 
ebenfalls mit dem, was wir erstreben, nicht zu vergleichen. 

Was wir wollen, erstreckt sich lediglich darauf, sobald als 
möglich durch eine uns geeignet erscheinende Persönlichkeit, die 
unser aller Vertrauen hat, die große Tagespresse und die Provinz¬ 
presse periodisch mit Material zu versorgen/ welches in unserem 
Sinne wirksam sein soll. Die Notwendigkeit dieses Strebens dürfte, 
wie wir annehmen, von keiner Seite bestritten werden. Es fragt 
sich nun, wie soll dor Plan verwirklicht werden, durch wen und 
mit welchen finanziellen Hilfskräften. Wenn wir uns eingangs nur 
als Vorläufer einer eventuell vom Deutschen Veterinärrat dauernd 
zu schaffenden Einrichtung ansprechen, so möchten wir diesen 
Standpunkt nochmals wiederholen. Es soll sich zunächst darum 
handeln, die Presse mit uns genehmen Artikeln durch einen der 
Unsrigen zu versorgen. Das wäre ein Anfang, der nur nützen, 
keinem aber schaden kann, auch nicht eventuell späteren Tat**n des 
Deutschen Veterinärrates hindernd vorgreift, im Gegenteil, ihm die 
Arbeit und Stellungnahme zur Sache ganz wesentlich erleichtert. 

Ein in unseren Reihen genügend bekannter Kol¬ 
lege, Herr Zuchtdirektor Marks in Posen, hat sich be¬ 
reit gefunden, in dem Provisorium für urfs tätig zu sein. 
Wenn wir gerade auf ihn kamen, so glaubten wir einen Kollegen zu 
gewinnen, der mit Geschick und Nachdruck der Aufgabe gewachsen 
sein dürfte. Vielseitige und weitreichende Beziehungen neben 
sonstigen, ihn qualifiziert machenden Eigenschaf>en bestimmen uns, 
ihn für diesen Zweck vorzuschlagen. Dazu kommt, daß ein Bureau, 
in dem die erforderlichen Arbeiten zu leisten sind, dank dem Ent¬ 
gegenkommen des Vorstands und Aufsichtsrats der Wirtschafts¬ 
genossenschaft Deutscher Tierärzte, der ein Zehntel aller Tierärzte 
Deutschlands zurzeit angehört, in der Genossenschaft zur Verfügung 
steht Da Herr Kollege Marks ferner die nötige Zeit für die Arbeiten 
hat und diese im Standesinteresse unentgeltlich zu leisten sich 
erbot, so wäre die finanzielle Seite ziemlich einfach gelöst, denn es 
sind nur notwendig die Mittel für eine Schreibkraft, Portis, Papier, 
Drucksachen usw. Allerdings werden diese nicht niedrig sein, es 
dürfte aber vor der Hand eine Etatisierung dieser Posten mit 300Q M. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



962 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52 


für das Jahr angemessen erscheinen. Daß bei einer sehr aus¬ 
giebigen Korrespondenz, die teils mit den heranzuziehenden Mit¬ 
arbeitern der Presse zu pflegen sein wird, dieser Betrag nicht sehr 
hoch gegriffen ist, wird wohl zugegeben sein. Das vorläufig in 
Posen befindliche Pressebureau wird sachgemäß mit einem Stabe 
von Mitarbeitern tätig sein müssen, es wird den Stoff sichten, bear¬ 
beiten und gleichsam die redaktionelle Zentrale für unsere Presse¬ 
arbeit sein. Bewährt sich diese Idee, so kann späterhin der Deutsche 
Veterinärrat eventuell die Arbeit und Erfahrungen des interimisti¬ 
schen Pressebureaus verwerten, andernfalls sich zu einem Besseren 
verstehen. * 

Daß Herr Kollege Marks sich die Sache wird sehr angelegen 
sein lassen, dessen sind wir sicher. Zu der Sache braucht er aber 
das allgemeine Vertrauen und dieselbe glückliche Hand, wie in 
seiner Genossenschaftssache. Wird ihm ersteres zuteil, worum wir 
bitten, so können wir das weitere ruhig der Zeit überlassen. Gehts 
wider Erwarten nicht und befindet der Deutsche Veterinärrat über 
die Materie in anderem Sinn, so ist Herr Kollege Marks der Mann, 
der still von der Bühne abtritt, um einer anderen Kraft Platz zu 
machen. 

Wir denken, daß vor der Hand die Agitation wie folgt zu be¬ 
treiben ist: Herr Kollege Marks sucht die Fühlung mit der Presse 
teils direkt, teils durch ihm bekannte einflußreiche Persönlichkeiten. 
In Frage kommt die große Tagespresse und die größere Lokal¬ 
presse von konservativer bis zur freisinnigen Schattierung. Diese 
Zeitungen werden mit allen uns nabegehenden Fragen durch die 
Sendung von Originalartikeln und Notizen periodisch zu versorgen 
sein. Da die Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten vielfach 
verschieden liegen, so wird eine Mitarbeit anderer Kollegen nicht 
zu vermeiden, ja sehr vorteilhaft sein. Artikel über die verschiedensten 
Gebiete unserer Standes- und Berufsfragen werden aus sach¬ 
kundigen Federn herauszuholen sein und in dem Pressebureau so 
zusammengestellt werden müssen, daß sie in ihrer Einheitlichkeit 
innerhalb der ganzen Artikelserie keine Lücke lassen. Schiefe 
Urteile über uns interessierende Sachen werden in ruhiger Form 
dauernd zu berichtigen sein. Jeder Kollege, der Beruf und Neigung 
hat, seine Arbeib in den Dienst unserer gemeinsamen Interessen zu 
stellen, wird hiermit freundlichst zur Mitarbeit eingeladen. Je 
reichlicher und vielseitiger das Material an unser Presseburean 
fließt, um so nutzbringender dürfte es sein. Es erscheint vorteilhaft, 
daß für die agrarische Presse eine Nuance anders geschrieben 
werden muß, wie für die liberale. Hier das Richtige zu treffen, 
wird nicht geringes Geschick erfordern. Von nicht zu unter¬ 
schätzender Bedeutung wird auch die Pflege der Interessen der 
Militärkollegen sein. Gerade diese besitzen keine Vereins¬ 
organisation, welche ihre Wünsche öffentlich vertritt 

Es werden nicht nur in Frage kommen längere Artikel, sondern 
auch dauernd kurze Notizen über die Allgemeinheit interessierende 
Fragen, welche in unserem Interesse ausgenützt werden können. 

Was nun die Zusammenbringung der erforderlichen Mittel an¬ 
langt, so kann nur mit Hilfe aller Kollegen, insbesondere mit Hilfe 
der Vereine etwas Brauchbares aus der Sache werden. Wir wenden 
uns daher an Ihren Verein mit der Bitte, den oben skizzierten Plan 
billigen zu wollen. Sollte der Verein sich unseren Ausführungen 
anschließen, so richten wir an ihn die dringende und herzliche 
Bitte, eine Beihilfe für die Zwecke des Pressebureaus b willigen zu 
wollen. Unser Verein bewilligte vorläufig, wie wir oben sagten, 
jährlich 300 M. Über die uns von den anderen Vereinen zur Ver¬ 
fügung gestellten Mittel werden wir seinerzeit Rechnung legen. 
Werden diese nicht verbraucht und organisiert der deutsche 
Veterinärrat ein gleichen Zwecken dienendes Bureau, so würden 
wir nach vorherigem Einvernehmen der sich an unserer Arbeit mit 
Geldmitteln beteiligenden Vereine die bei uns noch vorhandenen 
Mittel dem deutschen Veterinärrat zuführen oder auch sie auf 
Wunsch pro rata der gemachten Zuwendungen den Vereinen wieder 
zur Verfügung stellen. Je kräftiger und einheitlicher die Unter¬ 
stützung unseres Planes erfolgt, um so mehr vorbereitet käme dann 
die Sache an den Deutschen Veterinärrat und könnte diesem die 
Stellungnahme zu der Angelegenheit ganz außerordentlich erleichtert 
werden. Die von dem verehrlichen Verein zu bewilligende Summe 


bitten wir, an die Schleswig-Holsteinische Genossenschaftskasse m. 
b. H. in Kiel für Rechnung unseres Vereins abführen zu wollen. 

Wir glauben, daß, solange der Deutsche Veterinärrat ein 
Pressebureau nicht eingerichtet hat, die von uns eingeleiteten 
Bestrebungen mit der Unterstützung aller Vereine Deutschlands 
schon gute Früchte tragen werden. Sollte in nächster Zeit der 
Deutsche Veterinärrat sich entschließen, mit den Vereinen ein 
Pressebureau einzurichten, so würden wir uns gern bescheiden, und 
diejenige Organisation, welche unsere gemeinsamen Interessen zu 
wahren berufen wird, an unsere Stelle treten lassen, damit sie, 
unterstützt von der ganzen tierärztlichen Welt, etwas Großes auch 
nach dieser Richtung hin für den Stand leistet. 

Schleswig, 22. November 1908. 

Namens des Vorstandes 

des tierärztlichen Provinzial Vereins für Schleswig-Holstein. 

Der Vorsitzende: 

Veterinärrat Dr. Foth, 

Ivönigl. Departementstierarzt. 

* 

Ich versage mir eine Besprechung dieses Planes im einzelnen 
und bemerke nur, daß ich auch nach der Enthüllung auf meinem 
Standpunkt stehen bleibe: jedes einseitige Vorgehen, gleichgültig 
mit welchem Plane, ist eine Quelle der Gefahr. Derartige 
Unternehmungen gehören den großen Standesvertretungen. Da 
der Plan in Preußen aufgetaucht ist, so wird die preußische 
Zentral Vertretung sich zunächst mit demselben zu befassen 
haben. Da sie am 20. Februar Zusammentritt, uns also nur 
noch 6 Wochen davon trennen, so erübrigt es sich völlig, die 
Diskussion in der Presse weiterzuspinnen. Schm alt z. 

Zur Kurpfu8Cherfrage! 

Bei Erörterungen über das Pfuschertum ist wiederholt 
geklagt, daß einzelne Apotheken diesbezüglich nicht handeln, 
wie man es eigentlich erwarten dürfte, trotzdem glaube ich, 
daß man der Tätigkeit des Apothekers auf diesem Gebiete 
nicht die nötige Aufmerksamkeit schenkt. 

Ich möchte aus meiner Praxis einige Fälle hier Vorbringen, 
aus denen jeder sich selbst seine Schlüsse ziehen kann. 

I. Auf Umschlägen und am Kopf von Rechnungen der 
hiesigen Apotheke ist zu lesen: 

„Tierarzneimittel für sämtliche Haustiere nach bewährten 
Vorschriften.“ 

II. Die hiesige Apotheke stellte auf den Dörfern in Gast¬ 
häusern sogenannte Arzneikästen auf, wobei die „"Vieharznei¬ 
mittel“ keine geringe Rolle spielten. Inwieweit diese „Filialen“ 
noch bestehen, weiß ich nicht, doch noch vor einigen Tagen 
wurde ich in einem Dorfe durch ein Schild am Gasthause er¬ 
freut, das auf gelbem Grunde ein weit sichtbares weißes Kreuz 
und die Aufschrift „Drogen, Vieharzneimittel“ usw. hatte. 

III. Ein Landwirt konsultiert mich wegen eines Rindes, 
das angeblich an „Blutnetzen mit hochgradiger Verstopfung“ 
litt. Auf mein Befragen, was er bereits dem Tiere verabfolgt 
hat, erklärt er mir, daß er das nicht wisse, der Apotheker 
habe aber seinem Sohne vor einigen Tagen etwas für die Kuh 
verordnet und wenn nötig, wollte er in der Apotheke nach- 
fragen, was es gewesen sei. Ich ließ ihn hingehen mit der 
Bemerkung, daß er sich das Mittel aufschreiben lassen möge. 
Der Mann bringt mir nun folgenden Zettel wieder: „Herrn — 
prakt. Tierarzt, Hier. 

Es war verabfolgt: 01. ricini 350,0, 01. croton gtt IIII., 
Rhiz. Tamentill 25,0, Nat. bic. 75,0. 

Hochachtungsvoll 

p. Dr. — 




24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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IV. Vor einiger Zeit holt mich ein Lehrer von einem 
benachbarten Dorfe, nebenbei erwähnt er, daß seine Knh nicht 
rindern will, früher habe er immer dafür in der Apotheke ein 
Pulver bekommen, das gut geholfen habe, diesmal trete aber 
keine Wirkung ein. Auf näheres Befragen betreffs dieses 
Pulvers erklärte er, daß er das Pulver nicht kenne, es habe 
aber grün ausgesehen. 

Ähnliche Fälle könnten die hiesigen praktischen Ärzte aus 
ihrer Praxis sicher auch zum besten geben, von dieser Seite 
sind auch schon Schritte gegen das Verhalten der hiesigen 
Apotheke getan, anscheinend jedoch ohne jeden Erfolg. 

Der ganze Zweck meiner Zeilen ist, daß ein Berufener, der 
sich schon eingehend mit der Materie beschäftigt hat, darüber 
sich ausläßt, in wieweit ein Apotheker berechtigt ist, auf Grund 
einer ihm vorgetragenen Krankengeschichte Arzneien zu ver¬ 
ordnen. Auch wäre es vielleicht zweckmäßig zu erörtern, wie 
man der „Königl. Apotheke“, eine Bezeichnung, die Landleuten 
mächtig imponiert, in dieser Frage entgegentritt. N. 

Kleine Mitteilungen. 

Ministerium für Landwirtschaft 

Anläßlich der Hundertjahrfeier der Begründung preußischer 
Ministerien sind verliehen worden dem Unterstaatssekretär 
v. Conrad der Stern zum Roten Adlerorden H. Klasse, dem 
Geheimen Oberregierungsrat Schröter der Rote Adlerorden 
II. Klasse mit Eichenlaub, dem Ministerialdirektor Wirklichen 
Geheimen Rat Dr. Thiel der Kronenorden I. Klasse. 

Berlin. 

Der Professor der Zoologie an der Landwirtschaftlichen 
und an der Tierärztlichen Hochschule, Dr. Plate, hat einen 
Ruf nach Jena als Nachfolger Haeckels erhalten und an¬ 
genommen. 

Welcher Mangel an allgemein anerkannten physiologischen 
Kräften besteht, wird wohl durch nichts besser als durch die 
Tatsache illustriert, daß der Lehrstuhl Dubois-Reymonds 
von Professor Rubner eingenommen wird, der schon vor einer 
sehr langen Zeit von der Physiologie zum Fach der Hygiene 
übergegangen war. 

Schweizer Promotion. 

Nach einer Mitteilung der „Deutschen Tierärztlichen Wochen- 
schrift u hat das Herzoglich Anhaitische Ministerium die Führung 
des an der Universität Zürich erworbenen Dr. med. vet. (wohl in 
einem bestimmten Falle) bedingungslos anerkannt. 

Veterinär-Institut zu Dorpat. 

Die Zahl der Studierenden betrug im Jahre 1907 im ganzen 305. 
Neu immatrikuliert wurden 191, darunter 78 frühere Studenten des 
Warschauer Veteriilär-Institutes. Wirklicher Staatsrat, Professor 
v. Raupach, ist in ( den Ruhestand getreten, außerordentlicher 
Professor Wald mann wurde zum ordentlichen Professor, Dozent 
Negotin zum außerordentlichen Professor, Prosektor Schröder 
zum Dozenten ernannt 

Verfügung betreffs Erkrankung und Vertretung beamteter Tierärzte. 

Über alle Erkrankungen von Kreistierärzten, die Vertretung 
erfordern und voraussichtlich länger als vier Wochen dauern, 
sowie über Erkrankungen, die entgegen der ursprünglichen 
Annahme länger dauern, ist fortab dem Herrn Minister zu 
berichten und Mitteilung über die Regelung der Vertretung zu 
machen. Die Vertretung ist grundsätzlich benachbarten Kreis¬ 
tierärzten zu übertragen. Zu einer Abweichung von diesem 
Grundsatz ist Genehmigung des Ministers erforderlich. 


Tierzuchtinspektoren in Pommern. 

Die Landwirtschaftskammer der Provinz Pommern fängt in 
der Tierzucht an, aus dem Vollen zu wirtschaften, indem sie 
nicht weniger als 6 Tierzuchtinspektoren, sämtlich natürlich 
Landwirte, aufstellt. Die Tätigkeit erfolgt nach einem be¬ 
stimmten Arbeitsplan kostenlos; Beratung außerhalb dieses 
Planes ist gebührenpflichtig. ' Die Tätigkeit umfaßt die gesamte 
Haustierzucht einschließlich Pferdezucht, Einrichtung von Jung¬ 
viehweiden U8W. 

Berichtigung. 

Herr Amtstierarzt Kunze bittet mit Rücksicht auf meine 
Anmerkung zu seinem Artikel S. 933, seine Auffassung dahin 
richtig zu stellen, daß er nicht gemeint habe, die Assistenten¬ 
stellen seien bequem, sondern die Versorgung mit amtlichen 
Stellen sei bequem. 

Maul- und Klauenseuche. 

Neuausbrüche werden gemeldet aus Niederhof, Kreis Neiden- 
burg, Regierungsbezirk Allenstein, vom 17., aus Gieraltowitz» 
Kreis Tost-Gleiwitz, Regierungsbezirk Oppeln, vom 17. und aus 
Lützelrimbach, Kreis Heppenheim in Hessen, vom 18. Dezember. 

I Genossenschaftliches. 

Die am 13. Dezember d. J. in Posen stattgehabte General¬ 
versammlung der WirtschaftsgenoBsenschaft deutscher Tierärzte 
E. G. m. b. H. zu Posen hat die im Anzeigenteil dieser Nummer 
veröffentlichte Bilanz genehmigt. Von den im Jahre 1907/08 er¬ 
zielten Gewinn sind endgültig verwendet worden: 

4,8% Zinsen für die Geschäftsanteile der Mitglieder 
1500,00 M. dem Unterstützungsverein für Tierärzte 
300,00 „ dem Unterstützungsverein bayerischer Tierärzte 
1192,14 „ zum Reservefonds (jetziger Bestand 4366,66 M) 
1068,00 „ Gewinnvortrag für 1908 09. 

Die den Mitgliedern im Jahre 1907/08 zugeführten Rabatte 
betrugen rd. 15000 M. Im November wurde das 513. und nicht, 
wie an dieser Stelle irrtümlich zu lesen war, das 13. Mitglied ein¬ 
getragen. Marks-Posen. 

Lieferung von Impfstoffen an Landwirte. 

Der Artikel von Dr. Goldbeck hat begreiflicherweise viele 
Interessenten an- und aufgeregt. Eine Verteidigung des Pharma¬ 
zeutischen Instituts von L. W. Gans glaubte ich in der B. T. W. 
aufnehmen zu sollen. Gerade hier, wo es immerhin schwer ist, 
die Grenzen zu finden, muß ja jede Seite zu Worte kommen 
können. Der in den Ausführungen zu findende Vorwurf jedoch, 
daß die Tierärzte gewissermaßen nicht genug Impffreudigkeit 
hätten, darf nicht unwidersprochen bleiben. Er trifft nament¬ 
lich auch für den Osten nicht zu. Andererseits fehlt in dem 
Bukett von Firmen, die Dr. Goldbeck genannt hat, eine 
besonders saftige Blüte; das ist die Vereinigung Deutscher 
Schweinezüchter, der doch hier bescheinigt werden soll, daß 
ihre Annoncen in einer ganzen Anzahl landwirtschaftlicher 
Zeitungen ganz besonders hervorstechen. 

Bissulin. 

Die Firma Tromsdorff, chemische Fabrik in Aachen, 
bittet mit Bezug auf die Notiz in Nr. 50, S. 913, ihr Bissulin 
betreffend, folgendes festzustellen: Ein Prospekt von ihr trägt 
die Aufschrift „Nur für die Herren Tierärzte“, weil sein Inhalt 
von einem anderen für Landwirte bestimmten Prospekt abweicht. 
Auch in diesem für Landwirte bestimmten Prospekt ist aber 
ausdrücklich folgendes gesagt: ,,Da der ansteckende Scheiden¬ 
katarrh zu den Krankheiten gehört, deren Behandlung unbedingt 
durch einen Tierarzt erfolgen sollte, weil nur der Fachmann in 
der Lage ist, angeben zu können, welche Tiere sich zur Be- 



964 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


handlang eignen, wann die Krankheit als erloschen zu betrachten 
ist usw., so liefert die Fabrik Bissulin nur an die Herren Tier¬ 
ärzte, nicht aber an Guts Verwaltungen usw.“ Die Fabrik 
wünscht ferner festgestellt zu sehen, daß sie die Ausführung 
eines jeden, nicht durch einen Tierarzt erfolgten Auftrages 
grundsätzlich ablehnt. 

Sitzungsbericht über die 97. Frülgahrsversanunlung 
des Vereins Schlesischer Tierärzte 
in Breslau am 31. Mai 1908. 

Anwesend waren: a) Mitglieder: 1. Anders-Trebnitz, 2. Angen¬ 
heister-Breslau, 3. Berenz - Schönau, 4. Bi sch off - Ratibor, 
5. Brandes-Trachenberg, 6. Prof. Dr. Casper-Breslau, 7. Dinter- 
Münstorberg, 8. Eh rieht - Strehlen, 9. Enderle in - Salzbrunn, 
10. Dr. Franke-Breslau, 11. Dr. Fröhner-Groß-Strehlitz, 12. Füll¬ 
bier - Freiburg, 13. Gerlach - Liegnitz, 14. Goedel - Strehlen, 
15. Herwig - Quaritz, 16. Hey-Namslau, 17. John - Trebnitz, 
18. Jungmann-Festenberg, 19. Kattner-Neustadt, 20. Kindler- 
Canth, 21. Kolbe-Rosenberg, 22. Kretschmer-Ziegenhals, 23. Lux - 
Beuthen, 247 Machnig-Habelschwerdt, 25. Mahlendorff-Breslau, 
26. Manasse-Lähn, 27. Dr. Marschner-Breslau, 28. Marx-Zobten, 
29. Mattauschek-Waldertburg, 30. Müller-Horka, 31. Nissen- 
Namslau, 32. Nowag-Sprottau, 33. Östreich-Kattowitz, 34. Ort¬ 
mann-Domslau, 35. Pflanz-Kreuzburg, 36. Prasse-Kühnem, 
37. Proske - Obemigk, 38. Rieck - Breslau, 39. Riedel - Ohlau, 
Richter-Lublinitz, 41. Dr. Roth-Breslau, 42. Rilckner-Brieg, 
43. Ruppert- Brockau, 44. Rust-Breslau, 45. Schliwa-Brieg, 
46. Schmidt-Hirschberg, 47. Schmidt-Bernstadt, 48. Schönfeld- 
Leobschütz, 49. Schüber - Hundsfeld, 50. Schwintzer - Öls, 

51. Stöcker-Lüben, 52. Siissenbach-Woblau, 53. Tappe-Beuthen, 
54. Ulm-Bunzlau, 55. Wancke - Neiße, 56. Wierzba - Zabrze, 
57. Wittenbring-Waldenburg, 58. Dr. Wölfel-Breslau; b) Gäste: 
59. Becker-Guhrau, 60. Becker-Zirlau, 61. Vet.-Rat Bermbach- 
Oppeln, 62. Böhm - Wüstegiersdorf, 63. Heintzel - Friedland, 
64. Henrich - Raudten, 65. Hieronym i-Breslau, 66. Hirsch- 
Guttentag, 67. H o y e r- Breslau, 68.1 rrg an g- Falkenberg, 69. Jo s c h k o - 
Strehlen, 70. Kleiner - Löwenberg, 71. Loewenthal - Breslau, 
72. Pommrich-Breslau, 73. Wittlinger - Hanau, 74. Woost- 
Steinau a. 0. 

Nach Erledigung der Vorstands- und Gruppensitzungen, welche 
in der Zeit von 10—lD/a Uhr stattfanden, eröffnete der Vorsitzende 
um ll 3 / 4 Uhr die Hauptversammlung und begrüßte die erschienenen 
Mitglieder und Gäste. 

Zu Punkt la der Tagesordnung teilt der Vorsitzende der Ver¬ 
sammlung die eingelaufenen Schreiben unserer lieben Ehrenmitglieder, 
der Herren Prof. Dr. Schmaltz-Berlin, Dr. Marks-Allenstein und 
Riedel-Neisse mit, worin diese Herren ihr Fernbleiben entschuldigen 
und dem Verein ihre Grüße übermitteln. An Herrn Kollegen Riedel, 
welcher krankheitshalber am Erscheinen verhindert ist, entsendet 
der Verein ein Telegramm mit dem Dank für das Interesse und 
mit dem Wunsche baldiger Genesung. Es waren ferner Ent¬ 
schuldigungsschreiben von einigen Mitgliedern, und zwar den Herren 
Böhner-Ober-Glogau, Lehnert-Leobschütz und Rudloff-Sprottau 
eingegangen. 

Alsdann widmet der Vorsitzende dem verstorbenen Herrn 
Kollegen Andrich in Kattowitz Worte der Erinnerung und die 
Versammlung ehrt das Andenken des Verblichenen durch Erheben 
von den Plätzen. 

In Erledigung za lb werden die Herren Becker-Guhrau, 
Vet.-Rat Bermbach-Oppeln, Böhm-Wüstegiersdorf, Heintzel- 
Friedland, Henrich-Raudten, Hieronym i-Breslau, Hirsch- 
Guttentag, Irrgang-Falkenberg, Jos chko-Strehlen, Kleiner- 
Löwenberg, Loewenthal-Breslau und Wo o st-Steinau a. 0. in 
den Verein neu aufgenommen und vom Vorsitzenden herzlich be¬ 
grüßt. Diesem erheblichen und freudigen Zuwachs gegenüber 
haben die Herren Hoehne-Ohlau und Krüger-Jauer unbegründet 
ihren Austritt aus dem Verein erklärt. 

Zu 1 c der Tagesordnung gibt der Kassierer einen Finanzbericht 
und nach Prüfung der Kasse durch eine Kommission wird dem 
Kassenwart Entlastung erteilt. 


Überwachung der Milchgewinnung und des Marktverkehrs. 

Darauf ging der Vorsitzende zu Punkt 2 a der Tagesordnung 
über und erteilte Herrn Obertierarzt Dr. Marschner-Breslau das 
Wort zu seinen Referaten über die Stellungnahme unseres Vereins: 

1. zur Resolution des tierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein 
betreffend die tierärztliche Überwachung der Milchgewinnung 
und des Verkehrs mit Milch; 

2. zur* Resolution der Tierärztlichen Gesellschaft in Berlin, be¬ 
treffend die tierärztliche Überwachung des Marktverkehrs mit 
animalen Nahrungsmitteln, sowie die Schaffung eines beson¬ 
deren Lehrauftrages hierfür an den tierärztlichen Hochschulen. 

Zu 1 führt Redner aus, daß es schon längst das Bestreben der 
Tierärzte gewesen ist, die Gewinnung und den Vertrieb der Milch, 
des wichtigsten Volksernährungsmittels, unter behördliche Bewachung 
und Kontrolle zu stellen. Später haben auch die Ärzte diesem 
Zweige der öffentlichen Gesundheitspflege ihre besondere Aufmerk¬ 
samkeit gewidmet und auf dem letzten Kongresse für Hygiene und 
Demographie zu Berlin ist die Frage der Milchhygiene mehrfach 
Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen. Dr. Marschner 
empfiehlt Interessenten den Vortrag des Herrn Reg.-Rat Dr. Weber 
über Herstellung tadelloser Kindermilch zu lesen. 

Der Umstand, daß der internationale hygienische Kongreß sich 
mit der Frage der Milchhygiene beschäftigt hat, ist dann wohl auch 
Veranlassung gewesen, daß der tierärztliche Provinzialverein für 
Schleswig-Holstein zu dieser Frage Stellung genommen und be¬ 
schlossen hat, die Milchkontrolle als ständigen Verhandlungsgegen¬ 
stand auf die Tagesordnung zu setzen. Hat doch gerade der Herr 
Vorsitzende dieses Vereins bei den auf dem Kongreß über die Milch¬ 
kontrolle geführten Debatten sich in dankenswerter Weise bemüht, 
die Notwendigkeit einer Mitwirkung der Tierärzte bei der Milch¬ 
kontrolle darzulegen. 

Zurzeit wird der Verkehr mit Milch in vielen Städten durch 
ortspolizeiliche Vorschriften geregelt, die mehr oder minder streng 
sind und zumeist darauf hinauszielen, Verfälschungen der Marktmilch 
zu begegnen. Einzelne Verordnungen haben auch die Gewinnung 
einer einwandfreien Kindermilch zum Zweck. Der Mitwirkung der 
Tierärzte wird hierbei ln vielen Städten, wenigstens der Ostprovinzen, 
wenig oder gar keine Bedeutung beigemessen, jedenfalls nicht die 
Bedeutung, welche die Tierärzte ohne allen Zweifel hierbei zu be¬ 
anspruchen haben. Darum wäre es sehr erwünscht, wenn die ganze, 
die Milchhygiene betreffende Frage eine reichsgesetzliche Regelung 
erfahren möchte, eine Hoffnung, welche sich bei den vielfachen 
Wandlungen, die die Wissenschaft gerade bezüglich dieser Frage 
in der letzten Zeit vorgenommen hat, kaum so bald erfüllen dürfte. 
Dennoch müssen wir Tierärzte eine reichsgesetzliche Regelung an¬ 
streben, dürfen dabei aber die beiden Hauptforderungen niemals 
außer acht lassen, nämlich 

1. daß die zu ergreifenden Maßnahmen derartige sind, daß sie 
allgemein durchführbar sind, und 

2. daß der Preis der Milch ein solcher bleibt, daß jedermann 
aus dem Volke denselben bezahlen kann. 

Im weiteren führt Redner aus, daß von den zu ergreifenden 
Maßnahmen bei Einführung einer Milchkontrolle vier Punkte zu 
berücksichtigen wären: 

1. Kontrolle des Gesundheitszustandes der Milchküche, 

2. Beaufsichtigung der Fütterung und Stallhaltung, 

3. Überwachung der Milchgewinnung, 

4. Beaufsichtigung der Milchbehandlung. 

Es bedarf wohl nicht besonderer Erörterung, daß bei einer 
gesetzlichen Regelung der Milchkontrolle die beiden zuerst ge¬ 
nannten Forderungen ausschließlich durch Tierärzte durchgeführt 
werden können, doch auch bei Überwachung der Milchgewinnung 
wird man der Mitwirkung der Tierärzte nicht entraten können. 

Alsdann setzt Redner seine Ansicht über die zu ergreifenden 
Maßnahmen nebst Begründung auseinander. 

Als Krankheit der Milchkühe kommt zunächst die Tuberkulose 
in Betracht. Während man früher die Forderung stellte, alle der 
Erkrankung an Tuberkulose verdächtigen Kühe von der Milch¬ 
gewinnung auszuschließen, denkt heut kein Sachverständiger ernstlich 
mehr an die Durchführung dieser Forderung. 






24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


965 


Die Ärzte sind der Meinung, daß ein gesunder Mensch durch 
einen Phthisiker nur durch die sogenannte Tropfeninfektion und 
auch nur dann angesteckt werden kann, wenn ein ständiges Zu¬ 
sammensein mit solchen Kranken stattfindet. Milch, welche Tuberkel¬ 
bazillen vom Typus bovinus enthält, soll erwachsenen Menschen 
überhaupt keine Gefahr bringen, nur junge, schwächliche, kranke 
Individuen sollen sich durch tuberkclbazillenhaltige Milch infizieren 
können. Somit wären nur diejenigen tuberkulösen Kühe von .der 
Milchgewinnung auszuschließen, welche an Eutertuberkulose oder 
offener, klinisch feststellbarer Tuberkulose leiden. Auf die klinisch 
feststellbare Form ist besonderer Wert zu legen, weil die Tuberkulin¬ 
probe vielfach unzuverlässig sich erwiesen und bei vorgespritzten 
Tieren sogar zu falschen Schlüssen geführt hat; daher kann die 
Tuberkulinprobe nur als Hilfsmittel für die klinische Diagnose 
herangezogen werden. Kühe, die zu Immunisierungszwecken mit 
Bovovaccin behandelt wurden, sind als äußerst gefährlich von der 
Milchgewinnung au<zuschließen, da sie Tnberkelbazillen vom Typus 
humanus mit der Milch ausscheiden. 

Von sonstigen Krankheiten, welche die zeitliche oder dauernde 
Ausschließung einer Kuh als Milchtier verlangen, ist hier nur die 
Streptococcenmastitis zu erwähnen. Da solche Streptococcen mit 
der Milch ausscheidendc Kühe häufig keine klinisch qaehweisbare 
Eutererkrankung zeigen, so kann das Vorhandensein einer solchen 
nur dadurch geführt werden, daß man den Leukozyten gehalt der 
Milch feststellt. Wenn in 10000 mg Milch 10 mg Leukozyten naeh.- 
zuweisen sind, so gilt das Tier als mastitiskrank. Zu beachten ist 
aber, daß Kolostralmilch sowie die Milch hochträchtiger Tiere 
immer einen übernormalen Leukozytengehalt besitzt. 

Bezüglich der Fütterung der Milchkühe stand man früher auf 
dem Standpunkt, Kühe, welche Kindermileh liefern sollten, nur 
trocken zu füttern. Durch gleichmäßige Zusammensetzung der 
Nahrung erhält man eine ständig sich gleich bleibende Milch. 
Heute empfiehlt man den Weidegang der Milchkühe, weil die im 
Grünfutter enthaltenen mineralischen Stoffe leichter resorbiert 
werden als aus dem Trockenfutter. Zu verbieten ist unbedingt 
wenigstens bei der Kindermilchgewinnung die Darreichung von 
rohen Kartoffeln, Rübenblättern, frischen Schnitzeln, Schlempe und 
Bierträbern, ferner die bei der ölfabrikätion gewonnenen Rück* 
stände, weil diese einmal den Geschmack der Milch beeinflussen 
und dann auch giftig wirken können. Frische Erdnuß-Palmkern- 
und Kokosnußkuchen sind allenfalls zu gestatten, auch der Dar¬ 
reichung von Rüben in geringen Mengen kann man das Wort reden. 
Die Schrote des Weizens, Hafers, Roggens und der Gerste sind als 
vorzügliche Kraftfuttermittel sehr zu empfehlen, stellen sich aber 
leider sehr teuer. Die bei der Gewinnung von Kindermilch ver¬ 
botenen Futterstoffe sind natürlich da zuzulassen, wo es sich um 
Gewinnung einer Normalmilch handelt, doch sind dieselben niemals 
in großen Mengen, sondern immer in einem bestimmten Mischungs¬ 
verhältnisse mit den bei der Kindermilchgewinnung gestatteten 
Futtermitteln zu geben. 

Der Stall darf vor allem nicht feucht sein, daher muß für 
trockene Wände und Decke sowie für undurchlässigen Fußboden 
Sorge getragen werden. Bei Neubauten sollen die Fenster des 
Stalles möglichst groß angelegt werden, die Stände müssen leichten 
Fall nach hinten haben und sollen lang und breit sein, um dem 
Tiere möglichste Bewegungsfreiheit zu garantieren. Reinlichkeit 
und Sauberkeit sind natürlich ein Haupterfordernis in jedem Milch¬ 
viehstalle, daher müssen solche Ställe Wasserleitung und offene 
Jaucheabzugsrinnen besitzen. 

Als Einstreumaterial ist Roggen- oder Weizenstroh, welches je 
nach Bedarf erneuert werden muß, zu verwenden. Dumpfiges Stroh, 
Torf, Müll oder Sägespäne sind zu vermeiden. 

Die Stalltemperatur soll 16—18° C betragen/ dabei ist für 
ständige Lüftung Sorge zu tragen. Den Kühen ist tunlichst täglich 
ein kurzer Aufenthalt im Freien zu gewähren. Kranke Tiere sind 
aus dem Stalle zu entfernen, ebenso solche, bei denen nach dem 
Abkalben die Nachgeburt nicht innerhalb 24 Stunden abgeht. 

Der Vortragende kommt dann zur Frage der Überwachung 
der Milchgewinung. Hier ist natürlich das Haupterfordernis Rein¬ 
haltung des Milchtieres und peinlichste Sauberkeit des Melkpersonahs*. 


Die Milch bietetbekanntermaßen..infolge .ihre« Zusammen* 
setzung einen vorzüglichen Nährböden iür Baktf^iöiieniwteldubgi 
Diese Bakterien entstammen zum äflorgeringeten. Teil ^em.Eutet 
des Milchtieres, sondern gelängen Zumeist aus dev. Außenwelt in 
die Milch. So entstammen nach Webers.Äbsicbt diein der.Hitoddläi 
milch Vorgefundenen Tubcrkelbazülen des /Typus hUwanAs flicht 
dem Milchtier, sondern sind aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine 
Verunreinigung durch phthisische Perfeoiien zurüekzirfübren. \Mmi 
auch die Erreger anderer spezifisch menschlicher Krankbcite^ wio 
Typhus, Ruhr, Cholera,. Scharlach und Masern,>können durchraiiä 
Milch verbreitet werden. Noch viele andej-f», Bakterjcnarte$ der 
Außenwelt können sich in der Milch ansammel», Appb i$t es; 
Ansicht des Redners falsch, den Wert dqr .Milch in gesundheitlicher 
Beziehung ganz allgemein nach der Anzfchb dei yoriiagdopen-K^m^ 
zu beurteilen, weil sich doch Keime, .wie ;z. B. die. .LuftkpJ^ken 
Heubazillen, in der Milch ansiedeln können, ohne, 4ieaclbe^4irgei^> 
wie zu beeinträchtigen. Hingegen muß die Anwesenheit ^90 gpring^x 
Mengen von Staphylokokken .oder KoUbfkterico, in df^MjJch 
große Bedenken erregen. v _vi 

Das Euter der Milchkuh ist täglich mit, La^yy^m^ Wassep..^! 
zuwaschen und alsbald abzutrocknen, sodann ist os vorteilhaft das¬ 
selbe einzufetten. Die Schwanzquasteij der, Milchkühe sind-täglich 
zu w aschen und zu trocknen. Die zur Aufnahme Mikb lj«* 
stimmten Gefäße sind vor der jedesmaligen, Ipgebtaucbpahnje 
gründlich zu reinigen. Das gleiche hat; mit den Futterkrippen 
Tränkgefäßen vor Beginn des Melkens zu geschehen. llfppij 
erfordernis ist die Sauberkeit des Mplkef* und.ih^bei 
in der Praxis auf die größten Schwierigkeiten, Dr.. Marschner be¬ 
schränkt deshalb die in dieser Beziehung zu steflenden Fpr% ri lüKp9 
auf das allernotwendigste und beansprucht, daß der Melker sich 
zunächst Hände und Arme sauber mit $etfe wäscht, den Kopf mit 
einem Tuche bedeckt und sich mit eineip mit 'kurzen Anpein y^ 
sehenen, frisch gewaschenen Melkmapfej'bekleidet . Frauen jjä^eji 
statt dessen eine -mit Brustlatz versehene breite Schürfe, anzuJegejnL 
Kranke und besonders an Hautausschlägen Icidpnde P.ejrsynep sind 
mit dem Melkgeschäfte nicht zu betrauen. Das Au^werferi vpp 
Speichel während des Melkens ist zu unterlassen,, ebenso Bolj ’daf 
Husten unterdrückt werden. Bei Beginn de? Melkens sind "dm 
ersten Milchstrahlen in die Streu oder noch besser in ein b^söndeyes 
Gefäß zu melken, weil sich sehr hähfig ihi StJritfhltänäPBakterlfeti 
der Umwelt ansiedeln, die bei Vermeidung dieser Vorschrift iii älb 
Milch gelangen und den Keimgehalt "der' Mübh ! ;hrhe1)iih^*yei^S.b ; rhh 
würden. ‘ v ’' 1 " ”/ ' !l ' f “ : ,fi 

Es ist stets für das Vorhandensein einer'bösöiadcren, heben 
dem Viehstalle gelegenen Milchstube Sorge zq tragen, i/i 3 <fef fräs 
Milchsammelgefäß anfgestellt ist. Die im Stalle' abgemö'lkene ^lilch 
wird sofort aus dem Stalle gegeben, geseiht‘ und 1 dem mit hiiiht 
Kühlvorrichtung versehenen Satomhlgeföße ein verleibt. Sehr vor¬ 
teilhaft ist es, die Milch doppelt zu seiheti tiiitjl z l wär benützt J mkti 
am besten das erste Mal ein feines Drahtsieb, das zweite Mal ein 
Wattefilter. Während des Melkens sowie 1 auch' X —2 Stuüdfeh ‘Vbr 
dem Melken ist das Füttern und; Einsfreuen zu Verbietdeh, 
im Futter und in der Streu enthaiteneti.lKhime t.erspi'eDgt werdöd 
und durch Zwischenträger in die Milch gelangen können." ' 

Was die Milchbehandlung betrifft, so interessiert' uns zuhäöbkf 
die Frage der notwendigen Abkühlung nnmitte'Ibar' häch Jef Ge¬ 
winnung. Großen Sammelmolkereien mit Kühlvotnchtungen' öoyiyih 
den in Verbindung mit öffentlichen Schlachtllöfeh' örrichtetcfl’ M1T6h- 
kuranstalten bereitet diese Frage keine Schwierigkeiten; für Äbs 
kommt aber hauptsächlich das platte Land als die HaupfgfeWibnüngs- 
stätte der Milch in Betracht. Hier kann nur djh Tlökuhfuhgünd 
die Kühlung mit kaltem Wasser in Frage kommen. 'Ersterö ' er¬ 
möglicht zwar eine Herabsetzung auf 4° CV ftoch stellcri Sich dtjj 
Unkosten so hoch, daß ihre unbedingte Anwendung ;iicbt gö^bfjÖfert 
werden darf. Es bleibt also nur die WasshrküVuhg.übrig ühd'piij, 
deren Hilfe läßt sich im Durchschnitt keine niedere Tempefätur 
als höchstens 12*C erzielen. Diese Temperatur genügt äupil yö(U 
ständig, nur ist es nötig, daß die Milch ‘‘auf efem “ eventuellen 
Transport zur Stadt und in den Verkaufshalleii' der Händler auf 
dieser Temperatur erhalten bteibt oder doch' wenigsten? 1? °C n^e.hf 
Übersteigt. Eine allzulange Aufbewahrung ' ist 1 ja “äuch' nicht *4r- 







T" 


966_BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT._No. 52. 


wünscht, weil erfahrungsgemäß die Milch die ihr innewohnenden 
bakteriziden Eigenschaften bald verliert Hierbei ist des Umstandes 
Erwähnung zu tun, daß die Milch zirka 5 Stunden nach der Ge- 
winnung, selbst wenn sie nicht gekühlt wird, eine nur geringe 
Bakterienentwicklung zeigt, erst wenn die bakteriziden Eigenschaften 
der Milch verloren gegangen sind, beginnt ungehindert eine Bakterien* 
Vegetation in derselben. Gerade die in der frischen Milch ent* 
haltenen Antitoxine sind bei Bluttemperatur am wirksamsten, 
weshalb man z. B. der kuhwarmen Milch zur Heilung mancher 
Krankheiten, wie der Barlowscben Krankheit, nicht entraten kann. 

Keine Frage dürfte in der Neuzeit so viele sich wider¬ 
sprechende Ansichten gezeitigt haben als die: „Ist die Milch ab¬ 
zukochen, iu sterilisieren oder zu pasteurisieren?“ Die Furcht vor 
dem Tuberkelbazillus hatte allgemein die Forderung entstehen 
lassen, keine Milch ungekocht zu genießen, sondern dieselbe stets 
vor dem Gebrauch zu erhitzen. Demgegenüber wird geltend 
gemacht, daß die Milch durch den Erhitzungsprozeß Umsetzungen 
erfahre, welche die Eiweißverdauung erschweren und die Milch 
ihrer natürlichen Schutzstoffe beraube. Die Ansichten, welcher 
Nachteil der schwerere sei, sind heute noch verschieden, 
von Behring und seine Schüler Römer und Much glaubten 
einen Ausweg aus diesem Dilemma darin gefunden zu haben, daß 
sie versuchten, dem Organismus Immunkörper gegen Tuberkulose 
mit der rohen Kuhmilch zuzuführen. So empfahlen sie die 

Formaldehydmilch, später die Perhydrasemilch und die Sufonin- 
milch, doch keine hat sich Eingang verschafft. Der Zusatz von 
Formaldehyd ist sogar für unzulässig erklärt worden. 

Somit dürfte es ratsam erscheinen, den Säuglingen pasteuri¬ 
sierte Milch zu verabreichen, weil dieses Verfahren den Chemismus 
der Milch am wenigsten verändert. Die zur Ernährung Er¬ 

wachsener bestimmte Milch ist ratsam vor dem Genuß abzukochen. 
Wenn auch die Abkochung der Milch keine volle Maßregel be¬ 
deutet, so ermöglicht sie doch, daß ein großer Teil der vor¬ 
handenen Keime abgetötet wird. Nicht unerwähnt muß bleiben, 
daß die Butter sehr oft, vielleicht häufiger als die Milch, Tuberkel¬ 
bazillen enthält, so daß vor der Verabreichung von nicht 
pasteurisierter Butter wenigstens an kleine Kinder zu warnen ist. 

Die marktpolizeiliche Kontrolle der Milch, soweit dieselbe sich 
auf die Bestimmung des spezifischen Gewichtes und des Fett¬ 
gehaltes erstreckt, erwähnt der Redner kurz und schließt seinen 
Vortrag mit dem Wunsche, daß bei ev. gesetzlicher Regelung der 
Milcbkontrolle ein bedeutender Teil der zur Durchführung not¬ 
wendigen Maßnahmen dem tierärztlichen Wirkungskreise zugewiesen 
werden möchten. 

Die Anregung des tierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein 
ist daher mit Freuden zu begrüßen und Dr. Marschner empfiehlt, I 
den Beschlüssen dieses Vereins zuzustimmen bzw. dieselben auch 
zu den unseren zu machen. 

Alsdann geht der Vortragende zum zweiten Referat über, in¬ 
dem er ausführt, daß in verschiedenen Großstädten Preußens Ver¬ 
ordnungen besteben, welche nicht nur eine regelmäßige Beauf¬ 
sichtigung der Fleischverkaufsstellen anordnen, sondern auch be¬ 
stimmen, daß die Wurst-, Wild- und Geflügelhandlungen in bestimmten 
Zeiträumen durch beamtete Tierärzte revidiert werden. Diese Ver¬ 
ordnungen sind indessen alle lückenhaft und sie müßten vielmehr 
alle auf öffentlichen Märkten bzw. in den Markthallen feilgebotenen 
Nahrungsmittel berücksichtigen und der polizeilichen Kontrolle 
unterwerfen. 

Die „Tierärztliche Gesellschaft zu Berlin“ hat nun auf Grund 
eines durch Herrn Polizeitierarzt Borchmann über diesen Gegen¬ 
stand gehaltenen Vortrages sich dahin schlüssig gemacht, daß sie 
nicht nur die Überwachung des Marktverkehrs mit animalen 
Nahrungsmitteln durch Tierärzte für nötig erachtet, sondern daß sie 
auch die Schaffung eines besonderen Lehrstuhles für animalische 
Nahrungsmittelkunde, einschließlich der außerordentlichen Fleisch¬ 
beschau sowie der Auslandsfleischbeschau an den tierärztlichen 
Hochschulen für erforderlich hält. 

Wenn wir Tierärzte von den Behörden verlangen, daß wir bei 
der vom Staate eingeführten Nahrungsmittelkontrolle nicht nur mit- 
wirken, sondern daß wir an erster verantwortlicher Stelle unseren 


Platz erhalten, so können die Behörden andererseits beanspruchen, 
daß die mit jenen Obliegenheiten zu betrauenden Beamten auch nach 
jeder Richtung hin volle Gewähr für das in sie gesetzte Vertrauen 
bieten. Nun sind ja zweifelsohne die Tierärzte ganz allgemein auf 
Grund ihrer Ausbildung, besonders in der Tierhygiene, der Zoologie, 
der Tieranatomie und pathologischen Anatomie und der Fleisch¬ 
beschau zurzeit die einzigen, welche bei der Einführung jener 
animalen Nahrungsmittelkontrolle überhaupt als Sachverständige in 
Frage kommen können, aber dasjenige Wissen und diejenige Sach¬ 
kenntnis, welche für dieses Amt erforderlich sind, bringen unsere 
jungen Kollegen von der Hochschule sicherlich nicht mit. Es ist 
dies ja bei dem Fehlen eines Kolleges und eines praktischen Kursns 
Uber diesen Gegenstand auch nicht zu verlangen, ihnen ergeht ob 
ebenso, wie es den vor 20 Jahren approbierten Kollegen mit der 
Fleischbeschau ergangen ist. Wer es damals in der Fleischbeschau 
und wer es jetzt auf dem Gebiet der Nahrungsmittelhygiene zu 
einer Vollkommenheit gebracht hat, hat sich dieselbe nur durch 
Selbststudium und durch praktische Erfahrung erwerben können. 
Je besser vorgebildet aber ein Sachverständiger ist, um so größere 
Bedeutung wird er erlangen und um so höher wird das Vertrauen 
sein, das Vorgesetzte sowohl wie Interessenten zu seinem Gutachten 
haben und in seine Entscheidungen setzen. 

Zwar würde man ja mit der Kontrolle der animalen Nahrungs L 
mittel nur ältere Tierärzte, nach Ansicht des Redners nur beamtete 
Tierärzte, betrauen, weil mit Recht anzunebmen ist, daß diese eine 
gewisse Summe von Erfahrungen für ihr Amt mitbringen.; doch 
Erfahrungen kann jemand in einer Sache nur dann sammeln, und 
es darin zu einer gewissen Vollkommenheit bringen, wenn er 
theoretisch gut vorgebildet ist. Darum ist es ohne Zw'eifel von¬ 
nöten, daß die für eine ev. Nahrungsmittelkontrolle zu kreierenden 
Sachverständigen — das sind nur die Tierärzte — eine entsprechende 
Ausbildung in diesem Fache erhalten. Mit dieser Ausbildung könnten 
sehr gut die Unterweisungen über die Kontrolle des aus dem Aus¬ 
lande eingeftihrten Fleisches verbunden werden. Einen besonderen 
Lehrstuhl hierfür zu schaffen, hält Redner bei der noch im Entstehen 
begriffenen Spezialwissenschaft wenigstens zurzeit für nicht erforder¬ 
lich, sondern Referent ist der Meinung, daß dieser Zweig dem Lehr¬ 
auftrage über Fleischbeschau angeglicdert werden müßte. Dies 
würde sich an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin um so be¬ 
quemer bewerkstelligen lassen, als dort ja die Fleischbeschau von 
der Hygiene abgetrennt und zur selbständigen Disziplin erhoben 
worden ist. Hierbei wäre anzustreben, daß die allgemeine 
animale Nahrungsmittclkunde Prüfungsgegenstand im Approbations- 
Examen wird. 

Es empfiehlt Dr. Marschner dem Verein die Annahme folgender 
Resolution: 

1. Der Verein schlesischer Tierärzte hält es für wünschenswert, 
daß mit Rücksicht auf eine zur Einführung gelangende staat¬ 
liche Kontrolle der animalen Nahrungsmittel Unterweisungen 
über diesen Wissenszweig an den tierärztlichen Hochschulen 
stattfinden; die Vorlesungen und praktischen Übungen könnten 
dem Lehrstuhl für Fleischbeschau angeschlossen werden. 

2. Bei der Prüfuug zum Zwecke Erlangung der Approbation 
als Tierarzt wäre die animale Nahrungsmittelkunde als 
Prüfungsgegenstand der Fleischbeschau anzugliedern. 

Die Resolution wird von dem Verein einstimmig angenommen. 

Nunmehr erhielt Herr Kreistierarzt Bischoff aus Ratibor von 
dem Vorsitzenden das Wort zu Punkt 2b der Tagesordnung: 

Über tierärztliche Geburtshilfe. 

Ein volkstümlicher Vortrag in Wort und Bild, zur 
Bekämpfung des Kurpfuschertums. 

In diesem Vortrage führt Referent zunächst aus, daß in dem 
Kampfe gegen das überhandnehmende Kurpfuschertum bisher keine 
Erfolge zu verzeichnen seien, daß dasselbe von nun ab unter staat¬ 
licher Aufsicht weiter existieren werde. Die Tierärzte seien also 
auf Selbsthilfe angewiesen. In einem seiner früheren Referate über 
„das praktische Jahr“ habe Redner darauf hingewieBen, daß er¬ 
höhte Leistungen auf dem kurativen Felde der Tierheilkunde am 
besten geeignet sein würden, die Pfuscher zurückzudrängen. Ein 
anderes Hilfsmittel erblicke er in Abhaltung von Vorträgen in 



24. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


967 


landwirtschaftlichen Vereinen. In diesen seien die intelligentesten 
und leistungsfähigsten Tierbesitzer zusammengeschlossen. Hier 
mUBse diesen gezeigt werden, was die Tierärzte zu leisten imstande 
seien, wie sie ihnen tatsächlich helfen könnten, wenn rechtzeitig 
ihre Hilfe beansprucht würde; es muß ferner dem Landwirt über¬ 
zeugend dargetan werden, wie er es nicht machen soll und daß 
alle Quacksalberei, Bücherbehandlung und alles Kurpfuschertum 
ihm nicht in dem Maße helfen können, wie dies einem tüchtigen 
Tierarzt möglich sei. Nun ging Referent näher auf oben genanntes 
Thema als Beispiel für derartige Vorträge ein, indem er von der 
Beschreibung des normalen Geburtsaktes ausging. An der Hand 
von verschiedenen Wandtafeln mit Abbildungen anormaler Lagen 
des Fötus und mit Hilfe eines Phantoms erläutert Redner in für 
Laien leichtverständlichen, gemeinfaßlichen Worten die erste Hilfe 
in derartigen Fällen, Boweit solche Hilfe von Laien ohne Gefahr 
für das Neugeborene sowohl als auch für das Muttertier ausgeführt 
werden kann. Er warnt vor Eingriffen roher Gewalt, schildert 
deren schädigenden Folgen und hebt die Fälle hervor, in welchen 
die Hilfe eines Tierarztes beansprucht werden soll. 

Folgende vom Referenten dem Verein vorgeschlagene Resolution 
fand einstimmige Annahme: 

1. Der Verein schlesischer Tierärzte beklagt lebhaft, daß in 
tierärztlichen Kreisen so wenig mit Erfolg gegen die Kur¬ 
pfuscherei getan wird. 

2. Neben erhöhten Leistungen auf kurativem Gebiete sieht der 
Verein in Vorträgen in landwirtschaftlichen Vereinen, welche 
das tierärztliche Wissen in allgemeinen Umrissen zeigen und 
dem Landwirt überzeugend dartun sollen, wie er es nicht 
machen soll, um sich vor Schaden zu schützen, ein wirk¬ 
sames Bekämpfungsmittel gegen das Kurpfuschertum. 

3. Der Verein empfiehlt daher die Entfaltung einer rührigen 
Betätigung in landwirtschaftlichen Vereinen auf diesem Ge¬ 
biete zum Schutze tierärztlicher Interessen. 

Hierauf Punkt 2c anschließend, demonstriert Herr Kreistierarzt 
Pflanz ans Kreuzburg ein von ihm neu konstruiertes Instrument, 
um bei Schwergeburten leicht und schnell erfprderliche Stricke an¬ 
zulegen. Das Instrument ist von der Firma H. Hauptner-Berlin 
zu beziehen und dürfte vielen Praktikern willkommen sein, denn 
es vervollkommnet unser geburtshilfliches Instrumentarium. 

Alsdann erbittet Herr Depart-Tierarzt Veterinärrat Bermbach 
aus Oppeln vom Vorsitzenden das Wort und stellt nachstehenden 
Antrag: 

Der Verein Schlesischer Tierärzte wolle beschließen, folgende 
Schritte zu unternehmen: 

I. Bei der Zentralvertretung der tierärztlichen Vereine Preußens 
dahin zu wirken, daß 

a) baldigst Tierärztekammem gebildet werden, die aus den Ver¬ 
tretern sämtlicher tierärztlichen Gruppen nach dem Verhältnis 
ihrer numerischen Stärke zusammengesetzt sein sollen und 
vor allen wichtigeren Neuerungen auf dem Gebiete des 
Veterinärwesens gutachtlich zu hören sind;*) 

b) die veraltete Taxe von 1815, wie dies bei den Ärzten und 
Zahnärzten schon seit Jahren geschehen ist, bald durch eine 
neue, den heutigen Verhältnissen Rechnung tragende Taxe 
ersetzt werde; 

c) auf dem Wege der Ausführungsbestimmungen unzweideutig 
zum Ausdruck gebracht werden möge, daß die Tierärzte bei 
der Neubesetzung von Fleischbeschauerstellen in erster 
Linie zu berücksichtigen sind; 

d) verdienten älteren Privat- und Schlachthaustierärzten eben¬ 
falls der Titel „Veterinärrat“ verliehen werden möge; 

e) durch Anstellung zuverlässiger Ermittelungen über die Ver¬ 
hältnisse der einzelnen Schlachthaustierarztstellen, deren 
Ergebnis zu veröffentlichen und den Interessenten jederzeit 
zugänglich zu machen ist, Unterlagen zur Einleitung der 

*) Der Antrag ist in der Vereinssitzung am 30. Mai d. J., also 
noch vor der Veröffentlichung des Artikels von Schmaltz über 
die Notwendigkeit der Bildung von Tierärztekammem (S. 433 
B. T. W.), gestellt 


nötigen Schritte behufs Verbesserung der Stellung der 
Scblacbthoftierärzte gewonnen werden; 

f) den Kreistierärzten durch die Verleihung des Ranges der 
Räte V. Klasse und den Departementstierärzten durch die 
Ernennung zu Regierungs- und Veterinärräten eine ihrer 
dienstlichen Tätigkeit und der Bedeutung des staatlichen 
Veterinärwesens entsprechende Stellung eingeräumt werde.*) 

II. Obige Beschlüsse nicht nur der tierärztlichen Zentralver- 
tretung, sondern auch sämtlichen übrigen tierärztlichen Vereinen 
mit der Bitte um gleichartiges Vorgehen bekannt zu geben. 

Mit Rücksicht auf die bereits vorgerückte Zeit der Sitzung 
wurde von einer eingehenden Besprechung und Begründung seitens 
Antragstellers sowie einer allgemeinen Diskussion über den Antrag 
Abstand genommen, der Antrag selbst aber als Hauptberatungs¬ 
gegenstand auf die nächste Tagesordnung angenommen, wobei 
namentlich der Umstand maßgebend war, daß den diesmal nicht 
anwesenden Vereinsmitgliedem Gelegenheit geboten werden sollte, 
sich auch zu den Anträgen, von denen sie jetzt keine Kenntnis 
hätten, zu äußern. 

Mit dem Dank der Versammlung schloß der Vorsitzende die 
Vorträge und Ausführungen der Herren Redner sowie die Sitzung 
selbst gegen 2Va Uhr. 

Ein gemeinsames Mittagsmahl mit Beteiligung einer Anzahl 
von Damen vereinigte noch die meisten Versammlungsbesucher im 
Kammermusiksaal des Konzerthauses. 

Der Vorstand. 

I. A.: Ri eck, I. Vorsitzender. 


ßücheranzeigen und Kritiken. 

Neue Eingänge. (Besprechung Vorbehalten.) 

Prof. Emil Abderhalden, Neuere Ergebnisse auf dem Gebiete 
der speziellen Eiweißchemie. Gustav Fischer, Jena 1909. 

Dr. R. Abel, Geh. Medizinalrat, und Prof. Dr. M. Ficker, Ein¬ 
fache Hilfsmittel zur Ausführung bakteriologischer Unter¬ 
suchungen. Zweite Auflage. Kurt Kabitzsch (A. Stübers Verlag) 
Würzburg 1909. Preis 1,20 M. 

Dr. C. Nörner, Praktische Schweinezucht Ein Hand- und 
Lehrbuch für Landwirte und Tierärzte. Zweite, völlig umgearbeitete 
und vermehrte Auflage mit 112 in den Text gedruckten Abbildungen. 
J. Neuroann, Neudamm 1909. 

Fritz Zahn, Schlachthofdirektor, Der Nährwert der Milch, ihre 
zweckmäßige Behandlung un'd Verwendung im Haushalt nebst 
einem Merkblatt für Säuglingsernährung. Heidelberger Verlags¬ 
anstalt «nd Druckerei (Hörning & Berkenbach), Heidelberg 1908. 

Internationales Centralblatt für die gesamte Tnberknlose- 
Forschung. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrten des In« und 
Auslandes, herausgegeben von Prof. Dr. L. Brauer, Prof. Dr. Oskar de 
la Camp und Dr. G. Schröder. III. Jahrg., Nr. 1. Curt Kabitzsch 
(A. Stübers Verlag), Würzburg 1908. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose und spezifischen 
Tuberkuloseforschung. Herausgegeben von Prof. Dr. L. Brauer. 
Band XI., Heft 1. Shingu, Beiträge zur Physiologie des künst¬ 
lichen Pneumothorax und seiner Wirkung auf die Lungen¬ 
tuberkulose. Mit 6 lithographierten Tafeln. Eber, Experimentelle 
Übertragung der Tuberkulose vom Menschen auf das Rind. 
(Dritte Mitteilung). Much, Granula und Splitter. Wlrths, Die 
Machschen „Granula“ und die Cor Spenglerschen „Splitter 44 . 
Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag). Würzburg 1908. Einzelpreis 5,50 M. 

Zeitschrift für wissenschaftliche und praktische Veterinär- 
medizin, herausgegeben von dem Veterinärinstitut zu Jurjew (Dorpat) 
Bd. H, Liefg. 1. 1908. 

La Macellazione ed ilConsumo Carneo in Roma. Negli anni 
1906—1907. 

Sleeping Sickness Bureau« Bulletin Nr. 1, 1908. London 1906. 

O. Fuhrmann, Die Cestoden der Vögel. Suplement 10, Heft 1 der 
von Prof. Dr. Spengel herausgegebenen zoologischen Jahrbücher. Jena, 
Verlag von Gustav Fischer. 232 Seiten, Preis 8 M. 

Das vorliegende Werk ist nicht eine einfache Zusammenstellung der 
Literatur, sondern das Ergebnis elfjähriger eigener Untersuchungen des 
Verfassers über alle bei den Vögeln vorkommenden Cestoden. Sehr 
beachtenswert ist hierbei die Feststellnng, daß eine bestimmte 
Taenion-Art immer nur in einer bestimmten Vogelgruppe 
vorkommt und für dieselbe typisch ist. ■■ 

Das Werk gliedert sich in einen allgemeinen Teil, welchem 
Bemerkungen über die Cestoden der verschiedenen Vogelgruppen sowie 
über die geographische Verbreitung der Vogel-Cestoden beigegeben sind 
und in einem sehr umfangreichen systematischen Teil. Ein alpha¬ 
betisches Verzeichnis der Familien, Genera und Arten sowie ihrer 


*) Der Antrag wegen der Verleihung der V. Rangklasse an 
die Kreistierärzte ist inzwischen infolge Einspruchs des stell¬ 
vertretenden Vorsitzenden des Vereins beamteter Tierärzte zurück¬ 
gezogen worden. 






mn 


BERLINER TIERÄRZTLICHE W0 CHENSGHRIFT. 


No. 52. 


Äytiooynife' tfiad -rein mnfaai^reirti«'»' Literaturverzeichnis beschließt. das 
Bach. Bei dem anerkanuiep Rufe, den der genannte Verfasser als 
Cestoden-Forscher genießt, empfiehlt sich das werk von selbst. Auch 

dfefi, tietärtrtfeclteft InstJtuteü des ln- und Auslandes dürfte es in 
jtokunft £ein .wertvolles Hilfsmittel bei. der Bestimmung der Vogel- 
Ceatodeh werden. * Knuth. 

~' r - Report öf th'« kovernmenfU vetCrlhary bacteriologist. 1906—1907. 
PnWöria» .im> i 

In .dein yorliegendcn Jahresbericht gibt der Direktor des Ticrärzt- 
licheit 'Regiernngs-Liiboratorinms in Pretoria Dr. A. Theiles unter 
öfldeteta ^ine übertiefrt ictier seine.experimentellen Studien, welche das 
Piroplasma onutans, die Unterschiede zwischen englicliem und südafrika¬ 
nischem Reil water, al6 Übertragbarkeit des Ostküstenfiebers mittelst 
Zecken; ate RfcSultnte d^r Pferdesterbeimpfungen in der Praxis, ole 
Impfungen gegen die Pferdepiroplasmose, die Blue tongue, die Unter¬ 
suchungen über <fie ( Gouw-Z1ckte und die Stiff-Sickness oder Three days 
i fnÄessK betreffeil. : 

- ‘ Die uibfangreiohefi Versuche sind vom Verfasser ebenso wie in den 
früheren Jahren mit großer Sorgfalt beschrieben worden. Über die 
Etiizeilieiteiv und die gCwönmnien Resultate muß im Original nachgelcsen 
iw^fden. .Denr Berieht beweist «*iufB neue, daß die Tätigkeit Dr. Theiles 
ftr. die. Xierfteuchenbehämpfung in Transvaal nnd Südafrika überhaupt 
eine seiir .erfolgreiche gewesen ist. 

'• ; AüA deiti Vei*w:dt\itighberioht des Laboratoriums dürfte noch inte- 
4 $fftieren, daß l>r.iTheiles i,m laufenden Jchrc über einen Etat von 
620000 M. verfügte. Beachtenswert ist hierbei, daß das Laboratorium einen 
bedeutenden Teil der Ausgaben durch Einnahmen aus dem Verkauf von 
Pbckenlymphe'Und ^eryehiedjBner Serumarten zu decken verstanden hat. 

,,J>r# K-unibert Möller,, Bestimmungen des Gewichtes des 
^ItgCrts lind foartnes bei mageren, mittelfetten nnd fetten 
Tieren und Gewichtsbestimmungen des Magen- und Darm- 
inh-altes, ..soweit di.e letzte Fütterung bekannt ist. Verlags- 
Bucnhanalühg vün' Richard Schöetz, Berlin. Preis 80 1 f. 

^ ; Tlis<rBdnkdletufbr‘ für Fleischbeschauer und Trichinen¬ 
schau er. Neunter Jahrgang. 1909. Herausgegeben vom Geh. Medi¬ 
zinalrat Professor Dr. A. Johne. Mit einem auswechselbaren Taschen¬ 
tagebuch nach amtlicher Vorschrift. Verlagsbuchhandlung Paul Parey. 
Berlin 1909. Preis gebunden 2,23 M. 

Professor Antonio Pirocchi, La Razza ovina d! Karakul. Proposta 
d’importarla in Italia per una prova di acclimamento c d’incrocio. Rela- 
zione al consiglio zootecnico (Sessione ordiuaria del 1908). Roma 1908. 

Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. 
Heft 9, lguSfrrD^^fWterlqnf-Beitrag zur Frage der Hchnell- 
diagnose tTßYThb er k‘u lo s e inr Ti er verbuch. - Dr. F. Dieterlen, 
Beitrag zur....Fnagö - der Infektions wege. — Regierungsrat 
Dr. C. Tltze, Ausscheiden von Tuberkclbakillen mit der Kuh- 
wriflli wamh intravenöser Injektion menschlicher Tuberkel- 
bazillah. o— Regjerüugsriit Dr. C. Tltze und Dr. O. Weidanz, Iri- 
friktianä-vcfrsKcIrö air Hunden mit Tuborkelbazillen des 
Typus boVinira üntb Tubevkelbazillen des Typus humanus. — 
Regienmgsrat • Dr. A. Weber, Regierungsrat Dr. Tltze und Dr. O. Weidanz, 
Über Papageien- und Kanaricnvagel-Tuberkulose. —■ Re- 
fefenmgsrfct Dr, A.'Weber ;tind Regierungsrat Dr. Tltze, Die Immuni¬ 
sierung *der vRIjrder gegen Tuberkulose. II. Mitteilung. — Re- 
girrungarat Dr. A. Weber, Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Schflzt, 
Regierungsrat Dr. Tltze und Dr. Holland, Versuche über die Halt- 
bnr^eit dfe c be huf» -I tivtinnis iemirg ein ge spritzten mens.ch- 
Itcheii'Tübexfcelbazil 1 en- ira Körper des Rindes. (Vorlag von 
Springer in Berlin.) 

Neünter Internationaler Tierärztlicher Kongreß im Haag. 13.—19. 
September 1909 Ndtional-Komitees, Verhandlungsgegenstände usw. Nr. ri 
1 c;. Dr. H^Markus, BiJdrageTot de Kennis Der Torsio Ventricul. 
By den-Hnhd.' fMcdedeöling uit liet Pathologisch lnstitunt van’B Rijkes 
eiwartHeiiyscböol.] (Overihnk nit het Tijdachrift voor „Vceartscniykmido“, 
deel 36 atlevering 1.) 

Magyar Klnalyi Ailatbrvasi Fftiskola Evkönyve az 19«»7 , i908. 
Taaevröl ) Atf iifteCet FenniBüänak GXXI., Mint Föciskolänak IX. Eve) 
Budapest 1008. r * i ^. T ' rr. 

f •.* ftepott' öf the Government Veterihary Bacteriologist 1906 -1907 
Pretoria diföft.’i i r-- 

Profi Dn . L.e Edlnger und Prof. Dr. Ed. Clapartde, Über Tler- 
risycfralögfe. ZwleiiVorträge. M;t 16 Abbildungen. Inhalt: Edinger: 
.Die Beziehungen del* vergleichenden Anatomie zur vergleichenden 
J>SiVcHbtdg*ei Neue Aufgaben^ CIaparede: Die Methoden der tier- 
paychoiogisfcheh' lieobne jungen nnd Vtrsnehe. Johann Ambrosius Barth, 
Letoalg 1909v Preis ^ Al. 

H. Kurtzwig, über Peridentitls (Periostitis alveolarls) beim Pferde, 
imit besonderer Berücksichtigung drr Erkrankung des M, im Unterkiefer. 
Mit 15 Abbildungen auf Tafel I—IV. (Inaugural-Diss. der verein, ined. 
Fakultät Gießen.) . 

•; Sohdetabdrnck. aas „Mönatshcfte für praktische Tierheilkunde“, 
XX.Ufcmd. Union^ Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1908. 

Beiträge zur Klinik der Tuberkulose und spezifischen Tuberkulose- 
forscJuing. Bd. XI, Heft. 2: Römer, Spezifische Überempfindlichkeit 
mM-TntocihutoseimumnitäL Mit 1 Tafel. — Cohn, über die durch 
Romplemonrbindungnaebweisbareo Tuberkulose-Antikörper im Blute von 
Phthiuikernv — Meißen, Tnbeikulöse Infektion und tuberkulöse Er¬ 
krankung. - Schröder, über das Vorkommen von Perlsnclitbazillen 
im Sputum der Phthisiker und ihre Bedeutung für die Therapio der 
chronischc<ii Lungentuberkulose. j — Tcndelor, Die Bedeutung der 
Atmungsgrößo tür die Entstehung und die Ausdehnung bzw. Heilung 
der Lungentuberkulose. — Roepke, Die diagnostische und prognostische 
Bedeutung der Konjimktivalreaktioiu Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag). 
Würzlmrg 1908. Preis 5,50 

G. Zuelzcr, in Gemeinschaft mit Max Dohrn und Anton Marxer y 
Spezifische Anregung der Darmperfstaltik durch intravenöse Injektion 
dos ..Peristaltik-Hormons“ fSondcrabdruck aus der Berliner klinischen 
Wdcnenschrift 1908, Nr. 46). 


Verwaltungsbericht Aber den städtischen Vieh- und Schlichthol 
zu Zwickau auf das Jahr 1907. (Sonderabdruck aus dem Verwaltungs¬ 
bericht. der Stadt Zwickau.) Zwickau 1908; 

Stabsarzt Dr. Walter Guttmann, Medizinische Terminologie. Ab¬ 
leitung und Erklärung der gebräuchlichsten Fachausdrücke aller Zweige 
der Medizin und ihrer Hilfswissenschaften. Dritte nmgearbeitete und 
erweiterte Anfrage. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1909. 
Preis gebunden 18 M. 

Tierärztlicher Taschenkalender für 1909. Bearbeitet und heraus¬ 
gegeben von Hofrat Professor Dr. M. Albrecht und K. Bezirkstierarzt 
H. Bürchner XIII. Jahrgang, 3 Teile. CI. Attenkofersche Buchhandlung, 
Straubing. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Es wurde verliehen den Stabsveterinären Paul 
Klingberg im Feldart.-Regt. Nr. 2 und Karl Aulich im Feldart.-Regt. 
Nr. 6 der Königl. Kronenorden vierter Klasse. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Dr. Walter Rogge- 
DelmenborBt zum Assistenten an der medizinischen Klinik und 
Dr: T’ÄMroM'sfo-Königsberg i. Pr. zum wissenschaftlichen Hilfsarbeiter 
am Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin, 
Dr. Paul Aro^s-Dresden zum Assistenten am Pathologischen Institut 
der Tierärztlichen Hochschule Dresden. — Veterinärbeamte: 
Bezirkstierarzt Dr. Hermann Männer - Karlsruhe zum veterinär¬ 
technischen Hilfsarbeiter beim Ministerium des Innern, Gr. Bezirks¬ 
tierarzt August Anz-Stockach (Baden) .etatsmäßig angestellt. Dem 
Leiter der Auslandfleischbeschaustelle und Assistenten am bakterio¬ 
logisch-hygienischen Institut der Universität Straßburg Dr. Max 
Müller wurde der Titel Kreistierarzt verliehen. — Schlachthof¬ 
verwaltung: Oberveterinär Nikolaus «Sc^arx-Aschaffenburg zum 
Schlachthoftierarzt in Frankfurt a. M. 

Niederlassungen: Dr. Münieh jr. in Straubing, Emil Ruitmann 
in Zwiesel, Dr. Arte^er-Reisbach als Vertreter des Distriktstierarztes 
Wirthl in Gangkofen, Tierarzt Helmar Dun in Bahnhof-Hösbach 
bei Aschaffenburg (nicht in Aschaffenburg, wie in Nr. 50 irrtümlich 
angegeben. — Verzogen: Die Tierärzte Hans Ebert- Hof nach 
Schwarzach (Niederbayern), Heinrich Müller von Buchen nach 
Grünsfeld, Friedrich Rütger von Freiburg nach Nürnberg, Dr. Frilx 
Eichacker von Heidelberg nach Stuttgart. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Karl Dammkahn in 
Wittenberg, Emü Honigmann in Cönnern, Franx Lerne aus Geseke, 
Christian Mühlenbruch aus Othfresen, Carl Stern in Grünberg 
(Hessen), Kurt Weineck aus Erfurt zum Dr. med. vet. in Gießen; 
Alfred Zschiesche aus Breslau zum Dr. phil. in Rostock; 
Hermann Müller in Herbede (Westfalen) zam Dr. med. vet. in Bern. 
— Approbiert: Die Herren Emst Schaele aus Bärwalde, August 
Theis aus Mainz, Heinrich Buschbaum aus Hambergen bei Bremen, 
Karl Boemer aus Greußen (Thüringen), Wilhelm Schmidt ans Darm¬ 
stadt, Hermann Buttron aus Hungen (Oberhessen), Jacob Roßkopf 
aus Sauer-Schwabenheim in Gießen; Friedrich Neubert aus Bernburg, 
Ludwig Krieger aus Reisbach, Julius Siehring aus Mannheim, Paul 
Lange ans Bnnzlau in Hannover; Ruppert Seidl ans Erding in 
München, Franx Orucxa aus Peiskretscham, Gustav Lewek aus Oels 
(Schlesien), Michael Ruthenberg aus Angermünde in Dresden. 

In der Armee: Preußen: Versetzt: Die Unterveterinäre Melxer 
im Hus.-Regt. Nr. 18 zum Feldart.-Regt. Nr. 30, Otto im Feldart.- 
Regt. Nr. 1 und Fröhlich im Hus.-Regt. Nr. 5 gegenseitig; letzterer* 
unter Belassung in dem Kommando zur Militär-Lehrschmiede in 
Berlin. — Verabschiedet: Oberveterinär Quba im Feldart-Regt. 
Nr. 8. Im Beurlaubtenstande: Befördert: Oberveterinär der 
Landwehr 1. Aufgebots Ehrhardt (Bez.-Kdo. Stendal) zum Stabs¬ 
veterinär. Die Unterveterinäre der Reserve Schulx (Bez.-Kdo. 
NeuhaldenSleben) [Garde], Dunkel (Bez.-Kdo. I, Bochum), Retxgen 
(Bez.-Kdo. Hagen [Garde], Braun (Bez.-Kdo. Detmold). 


Vakanzen. (Vgi. Nr. 49 .) 

Schlachthofstellen: Stargard i. Pomm. Assistenztierarzt zum 
1. Februar 1909. Gehalt 1800 M., freie möblierte Wohnung nsw. 
Meldnngen an Herrn Schlachthofdirektor Zahl. 


Verantwortlich ftlr den Inhalt (exkl. Inseratenteil); Prof. Dr. Schmalta in Berlin.'— Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Srboets in Berlin. — 

Druck ron W. Bftxenstcln, Berlin. 




Die „Berliner Tierärztliche Wochenschrift* 4 eraohelnt 
wöchentlich im Verlage von Richard Schoetz in 
Berlin SW. 48, Wilhelmatr. 10. Durch jedes deutsche 
Postamt wird dieselbe zum Preise von M. 5,— vierteljähr¬ 
lich (M. 4,88 für die Wochenschrift, 12 P£ für Bestellgeld) 
frei ins Haus geliefert (Österreichische Post-Zeitunga- 
Preisliate Nr. 674. Ungarische Nr. 85.) 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk., in Petitsatz mit 
00 Hk. für den Bogen honoriert Alle Manuskripte, 
Mitteilungen und redaktionellen Anfragen beliebe man 
zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, Berlin, Tierärzt¬ 
liche Hochschule. NW., Luisenstra&e 68. Korrekturen, 
Rezensions-Exemplare und Annoncen dagegen an die 
Verlagsbuchhandlung. 


Tierärztliche Wochenschrift 


Professor Glage Veterinärrat Dr. Lothe« 

Hamburg. Departements-T. in Cöln. 


Med.-Rat Dr. Boeder 

Professor in Dresden. 


Redaktion: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin 

Verantwortlicher Redakteur. 


Professor Dr. Peter 

Staatstierarzt für Hamburg. 


Veterinärrat Peters 

Departements-T. in Bromberg. 


Dr. Schlegel 

Professor in Freibnrg. 


Dr. J. Schmidt 

Professor in Dresden. 


Ober-Reg.-Rat Dr. Vogel 

Landestierarzt in München. 


Dr. Richter 

Professor in Dresden. 


Helfer 

Schlachth.-Direktor in Mülhausen L E. 


Dr. H. Sieber 

am Tropeniustitut in Hamburg. 


Veterinärrat Preuße 

Departements-T. in Danzig. 

Wehrte Zilndel 

Kais. Rogierungsrat in Berlin. Kreistierarzt in Mülhausen L E. 

Dr. Stödter Dr. Zimmermann 

Stadt-Tierarzt in Hamborg. Dozent in Budapest 


Jahrgang 1908. 53 . Ausgegeben am 31. Dezember. 

Inhalt: Nielsen: Eine neue Euterseuche in Schleswig-Holstein. — Dexler: Die Schreekziegen oder Fainting goats. — 
Hohmann: Über das Koppen der Pferde und ein Instrument dasselbe zu verhüten. — Piorkowski: Antiformin. — 
Holterbach: Mitteilungen aus der Praxis. — Becher: Weitere günstige Impfergebnisse mit Suptol-Burow. — 
Zum Artikel „Kälberruhrimpfungen von Dr. Goldbeck“. — Referate: Okholm: Filaria papillosa im Auge des Pferdes. 
— Fayot und Gas send: Über den Widerstandsgrad der Magen Wandungen des Pferdes gegen den Luftdruck. — Edelmann: 
Mitteilungen aus den Berichten der sächsischen Bezirkstierärzte. — Pincemin: Puerperale Pyämie bei der Stute. — Neven: 
Cystoide Hodendejreneration. — Dammann und Hasenkamp: Einiges über Tollwut — Dammann: Versuche der Immuni¬ 
sierung von Rindern gegen Tuberkulose nach dem Behringschen Verfahren. — Rühm: Zur Frage der Pathogenität der 
Streptococcenmilch. — Fölger: Über lokale Eosinophilie (Gewebseosinophilie) bei zooparasitären Leiden. — Ostertag: Die 
Bekämpfung der Schafräude. — Tageageschlchte: Mascb: Selbsthilfe gegen die veraltete tierärztliche Taxe. — Uhlmann: 
Berufs-überfüllung. — Unterstützungsverein für Tierärzte. — Eröffnung des Kolonialinstituts. — Zur Geschichte der inter¬ 
nationalen tierärztlichen Kongresse. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vakanzen. 


Eine neue Euterseuche in Schleswig-Holstein. 

Von Tierarzt Nielsen-Tondern. 

Eine ansteckende Enterentzündung, die man in den mir zur 
Verfügung stehenden Lehrbüchern wenig oder gar nicht beschrieben 
findet, herrscht seit einigen Jahren hier in der Umgegend von 
Tondem unter den trocken stehenden Kühen, die auf die 
Weide gehen. Die Euterseuche verursacht großen Schaden. 
Wohl sterben nicht Hunderte oder 20—50% von den erkrankten 
Kühen, wie Glage nach einer Zeitungsnotiz in Nr. 47 derB.T.W. 
angibt, aber die betroffenen Kühe leiden unter der Krankheit 
sehr, magern ab und das betroffene — resp. die betroffenen — 
Enterviertel sind bei dieser Euterentzündung immer unrettbar 
verloren. Die Ursache dieser Euterentzündung ist in einer 
Mischinfektion von Pyogenesbazillen nnd anderen Mastitidis- 
bazillen zu suchen. Die Verbreiter sind sicher in den meisten 
Fällen Fliegen und andere Insekten. Ist der Vorsommer 
sehr warm nnd trocken, dann tritt die Seuche im verstärkten 
Grade auf. 

Klinische Symptome: Bei den infizierten Kühen beginnt 
gewöhnlich die Zitze des betroffenen Enterviertels anzuschwellen. 
Am zweiten Tage hat sich schon eine ausgeprägte parenchy¬ 
matöse, bzw. interstitielle Euterentzündung eingefunden. Das 
betroffene Euterviertel schwillt an. Es wird hart und ist ver¬ 
mehrt warm. Ans dem entzündeten Euterviertel kann man eine 
übelriechende, grau-gelbe, anfangs dünnflüssige, späterhin 
dickflüssige Masse melken. Der üble Geruch rührt sicher von 
Pyogenesbazillen her. In anderen Fällen — nach meiner Be¬ 
obachtung die schlimmsten Fälle — melkt man in geringer 
Menge aus dem kranken Euterviertel eine übelriechende, wasser¬ 
ähnliche Flüssigkeit, die mitunter mit Blut vermengt ist. Die 
betroffene Kuh hat hohes Fieber bis zu 42°. Die Freßlust ist 
sehr vermindert. Herzschlag und Puls sind in den meisten 
Fällen wenig alteriert. Wird keine sorgfältige Behandlung 
sofort eingeleitet, bekommen die Kühe in wenigen Tagen ein 


sehr schlechtes Aussehen nnd magern stark ab. Bei geeigneter 
Behandlung kann die Krankheit in 10, 14—20 Tagen in Heilung 
übergehen. Oft wird der Verlauf chronisch und kann monate¬ 
lang dauern. In den schlimmsten Fällen tritt dann Herz¬ 
schwäche hinzu, und geht das Tier zugrunde. Bei eingetretener 
Heilung atrophiert das betreffende Euterviertel. Tragende 
Kühe verwerfen oft das Kalb. Dann tritt häufig eine eitrige 
Gebärmutterentzündung hinzu, die stets tödlich verläuft. Auch 
Lungen- und Nierenentzündungen habe ich infolge dieser Euter¬ 
entzündung gesehen. Die Krankheit greift anfangs gewöhnlich 
nur ein Euterviertel an, doch können nach und nach alle 4 Euter¬ 
viertel angegriffen werden, so daß die Kuh nach eingetretener 
Geburt überhaupt keine Milch gibt. Bei einigen Kühen scbwelleh 
die Hinterbeine an. Es rührt diese Anschwellung meiner Ansicht 
nach von kleinen Wanden her, die mit dem Sekret des kranken 
Euters infiziert werden. Der Gang wird dann steif und schwer¬ 
fällig, nnd liegen diese Kühe fast ausschließlich. Graskühe 
werden am besten sofort verkauft, so sie einigermaßen in gutem 
Nährzustande sich befinden. Tragende Kühe müssen in Behand¬ 
lung genommen werden nnd zwar gleich zu Anfang. Außer 
Borwasserinjektionen, habe ich auch Injektionen von schwachen 
Jodlösungen — Tinct. Jod. 100,0 zu Spiritus 1000,0 täglich 
70—100,0 ins Euter injiziert — angewandt nnd gute Erfolge er¬ 
zielt. Ich wende außer Einreibungen von Jodvasoliment bei 
sehr großem Schmerz Einreibungen von schmerzlindernden 
Salben an. Bei Anschwellungen der Beine tun feuchte Umschläge 
mit Burowscher Mischung gute Dienste. Innerlich gebe ich 
Acetanilitt und sterile Bierhefe von Bengen & Co. Nach meiner 
Beobachtung leiden bei Anwendung von steriler Bierhefe die 
Tiere nicht so sehr. Tritt bei Beginn der Krankheit Herz¬ 
schwäche ein, gebe ich subkutan oder innerlich Kampfer 
in großen Dosen. Zwar wird das Fleisch durch Kampfer un¬ 
brauchbar, aber das Fleisch ist von euterkranken Tieren, so 
Herzschwäche eintritt, doch unbrauchbar, worauf ich den Besitzer 




5)70 


BERLIN ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


stets aufmerksam mache. Man läuft daun nicht so leicht Gefahr, 
daß der nach dem behandelnden Arzt kommende Beschauer dem 
Besitzer einredet, das Fleisch sei deshalb unbrauchbar, weil 
dem Tiere Kampfer gegeben sei. 

Als Vorbeugungsmittel wendet man verschiedene Insekten 
abhaltende Einpinselungen an. Abgesehen davon, daß diese 
Einpinselungen bei richtiger Anwendung das Euter und die 
Zitze wund machen, so wird der Landmann dessen von selbst 
bald müde. Auch Gummibezüge werden zur Vorbeugung an¬ 
gewandt. Die sind jedoch sehr wenig haltbar und deshalb ein 
uns sicheres Vorbeugungsmittel. Hoffentlich werden wir Tier¬ 
ärzte ein sicheres Vorbeugungsmittel im Laufe der Zeit finden, 
damit dieser mit Recht von den Gräsern gefürchteten Seuche 
Einhalt getan wird. 


Aus dem tierärztlichen Institut der k. k. deutschen Universität 
in Prag.) 

Die Schreckziegen oder Fainting goats. 

Von Prof. H. Dexler. 

Gelegentlich der Untersuchungen über die Störungen der 
sensoriellen und affektiven Erregbarkeit der Tiere stieß ich 
u. a. auf eine Arbeit von White und Plaskett, die für die ein¬ 
schlägige Kasuistik von besonderer Bedeutung war. Nach diesen 
Autoren soll in Nordamerika die Zucht eines Ziegenstammes 
betrieben werden, dessen Individuen sich durch eine besonders 
hohe Reizempfindlichkeit gegen Schall, Schreck und andere an 
sich geringfügigen Anlässe auszeichnen. Diese Ziegen fallen 
bei lautem Anrufen steif nieder und bleiben wie bei einer 
Strychninvergiftung starr liegen. Die Körpermusknlatur ist 
dabei so starr und hart, daß eine passive Beugung der Gelenke 
fast unmöglich wird. In einigen Fällen soll die Schreckreaktion 
dieser sogenannten Fainting goats so stark gewesen sein, das 
sie daran starben. 

Da ich mich lebhaft dafür interessierte, hierüber genaueres 
zu erfahren, wendete ich mich an den mir befreundeten Assistenten 
des pathologischen Institutes der Cornell University in New 
York, Dr. J. F. Gudernatsch, der nach Örtlichen Erhebungen 
folgenden mir zur Verfügung gestellten Bericht abgab: 

In Spring Hill, Maury County, Tennessee wird auf der 
E well-Farm ein besonderer Schlag von Ziegen gezogen, der 
zur Zeit etwa 70 Köpfe zählt. Man nennt sie „steife“ oder 
„nervöse“ Ziegen. Ihre Vorfahren wurden von den Farmbesitzern 
Campeil Brown vor beiläufig 7 Jahren aus der benachbarten 
Uounty of Marshall erworben und vornehmlich aus 2 besonderen 
(iriinden gezüchtet: Einmal als Kuriosität wegen ihres sonder¬ 
baren Verhaltens; zweitens weil sie gerade infolge dieser 
Eigenschaft in den Umzäunungen leichter zu halten waren wie 
andere Ziegen. Die Zäune oder Fences sind auf den weiten 
Territorien der Ewell-Station nicht immer in tadellosem Zustande 
sodaß gewöhnliche Ziegen oft ausbrechen und sich verlaufen. 
Bei den „nervösen“ Ziegen pflegt dies nie vorzukommen. 

Die „Ohnmachtsziegen“ unterscheiden sich äußerlich kaum 
von gewöhnlichen Artgenossen: sie scheinen nur etwas zarter 
gebaut zu sein, weil sie ein mittleres Lebendgewicht von 
Gu Pfund haben sollen. In ihren Lebensäußerungen weichen 
*ie aber von diesen durch den oben erwähnten Zug beträchtlich 
ab. Sie sind alle melir oder weniger scheu und in krank¬ 


hafter Weise schreckhaft: „If these goats are suddenly 
surprised or friglitened, they will at once become perfectly rigid, 
and in their efforts to escape will fall to the ground. The fit 
laste a few seconds and unless the frlght is continued, they will 
soon arise and gallop away. Once limbered up they are difflcult 
to frighten again into prostration untill they have had a period 

of repose.they do not jump fences and are easely 

confined within pour fences, as the effort to jump will throw them 
into a state of prostration such as you will find fully described in 
an article written by White and Plaskett of Nashville.“ 
Eine Ziege, die von diesen letztgenannten Autoren in deren 
Krankenstallungen durch mehrere Monate beobachtet worden 
war, kam nach dieser Frist auf die Farm zurück. Durch die 
vielen Untersuchungen und Besichtigungen seitens Neugieriger 
war das Tier infolge der fortgesetzten Schreckreaktionen so 
herabgekommen, daß es ganz marantisch wurde und jämmerlich 
schrie. Doch erholte es sich in der Freiheit innerhalb zweier 
Wochen völlig. 

Nach den vorliegenden Berichten bereiten sich die Muskel¬ 
kontraktionen allem Anscheine nach über den ganzen Rumpf 
aus und sind schmerzhaft, weil die Ziegen das Eintreten der¬ 
selben durch Unterlassen des Springens zu vermeiden trachten. 
Eigentümlich bleibt, daß schon die Sprungbewegung den Krampf 
auslösen soll, der reflexartig eintritt und sich wie ein Reflex 
bei schnell nach einander vorgenommener Reizfolge bald er¬ 
schöpft. Auch konsumieren die tonischen Kontraktionen die 
Kräfte der Tiere beträchtlich; daß sie aber zum Tode führen, 
wissen die Ewell-Farmer nicht zu berichten. Dagegen ist es 
nach den vorhandenen, nun von mehreren Seiten erstatteten 
Mitteilungen ganz unzweifelhaft, daß sich die Krampfneigung 
sicher vererbt und bei Kreuzungen unregelmäßig durchschlägt, 
also vermutlich mendelt. 

Über die Herkunft dieser Ziegen konnte nichts Sicheres in 
Erfahrung gebracht werden. Bekannt war den Ewelleuten nur, 
daß sie in Marshall County seit 50—GO Jahren rein gezogen werden. 
Aber auch dort scheint man über ihren Ursprung nicht ganz 
orientiert zu sein. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine 
ganz lokale Erscheinung,denn die Farmer berichten weiter, daß 
sie neuestens in den Besitz eines hornlosen Ziegenbocks ge¬ 
langten, der aus Canada eingeführt wurde und einer dort ein¬ 
geborenen Familie von „stiff goats“ angehörte. Es wäre im 
Interesse mehrerer biologischer Fragen sehr wünschenswert, 
Exaktes über diese Tiere in Erfahrung zu bringen, da es sich 
bei ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach um die Stammesvererbung 
von pathologischen oder degenerativen Eigenschaften handelt, 
die in eine gewisse Parallele zu stellen wären mit den Sinnes- 
8 törungen der Tanzmäuse und albinotischer tauber Tiere. 

Ich wende mich mit dieser Skizzierung der vorliegenden 
Angaben an die Leserschaft dieser weit verbreiteten Zeitschrift 
mit der kollegialen Bitte, im Interesse wissenschaftlicher 
Förderung in den eventuell vorhandenen Ziegenzucht treibenden 
Kreisen ihrer Einflußsphären Nachschau halten zu wollen, ob 
ähnliche Erscheinungen erhoben werden können oder bekannt 
geworden sind. Die Publikation eventueller Ergebnisse dieser 
Art oder ihre Einsendung an mich würden von den oben er¬ 
wähnten Gesichtspunkten aus ein sehr wertvolles Material liefern. 





31. Dezember 1908. 

Über das Koppen der Pferde und ein Instrument 
dasselbe zu verhüten. 

Von Tierarzt Hohmann- Borken (Bez. Kassel). 

Über die Art und Weise, wie der Akt des Koppens bei 
dem Pferd sich abspielt, sind die Ansichten der Autoren von 
alters her geteilt gewesen und stimmen auch nocli heute nicht 
überein. 

Im allgemeinen ist zu beachten, daß die Pferde das 
Koppen nur nach entsprechender Einübung. der Zunge aus¬ 
zuführen vermögen und daß die Zunge wesentlich dabei be¬ 
teiligt ist. Durch wiederholtes, ziemlich rasch aufeinander¬ 
folgendes Herausstrecken und Wiederzurückziehen der Zunge, 
leckenden Bewegungen derselben gegen die Oberlippe, die oberen 
Schneidezährie und den harten Gaumen unter wiederholten, 
ziemlich rasch sich folgenden nickenden Bewegungen mit dem 
Kopf, wird der Akt bei den sog. Freikoppern eingeleitet, welche 
koken, ohne die Schneidezähne auf irgendeinen erreichbaren 
festen Gegenstand aufzusetzen. Die sog. Krippensetzer drücken 
die oberen Schneidezähne fest auf die Krippe oder einen 
anderen erreichbaren Gegenstand, beißen nicht selten förmlich 
in denselben hinein, fixieren so den Kopf nach vorn und 



bringen Kopf und Hals in eine möglichst gestreckte, der An¬ 
spannung der am vorderen Halsrande gelegenen Muskeln 
günstige Lage, dabei füllen sie infolge des Auseinanderweichens 
der Schneidezähne und Zurückziehen der Zunge ihre Maulhöhle 
mit Luft. Nachdem die Maulhöhle, wie oben beschrieben, unter 
spielenden Bewegungen mit der Zunge mit Luft gefüllt und 
die Maulspalte geschlossen worden ist, wird der Kehlkopf, sowie 
Schlundkopf und Zungengrund durch die langen Kehlmuskeln 
(Mm. sterno-thyreoidei, sterno-hyoidei und omo-hyoidei) will¬ 
kürlich stark nach abwärts gezogen, wobei die Feststellung des 
Kopfes und die gestreckte Lage des Kopfes und Halses bei den 
Krippensetzern eine starke Kontraktion der oben erwähnten 
Muskeln ermöglicht. Dann öifnet das Pferd, ebenfalls willkürlich, 
den Verschluß der Maulspalte, sowie den Abschluß der Maul¬ 
höhle gegen die Rachenhöhle dadurch, daß das velum 
palatinum durch die Zusammenziehung der Mm. palatinus und 
palato-pharyngeus gehoben wird. In diesem Augenblick stürzt 
die in der Maulhöhle angesammelte Luft in die Rachenhöhle 
hinein und erzeugt dadurch den Koppenton. 

Daß der Vorgang beim Koppen auf diese Weise stattfindet, 
und nicht, wie Dieckerhoff glaubte, ein Einatmungsspiel eigen¬ 
tümlicher Art ist, hat Professor Malkmus durch Untersuchungen 
an koppenden Pferden vermittelst eines sinnreich erdachten 


971 

Pneumographen (vgl. Deutsche tierärztliche Wochenschrift 1903, 
Nr. 40) überzeugend nachgewiesen. 

Ohne auf die Ansichten anderer Autoren über die Art und 
Weise des Zustandekommens des Koppakts des weiteren ein¬ 
zugehen, der dieselben durch die oben zitierten Untersuchungen 
von Malkmus meines Erachtens ziemlich gegenstandslos geworden 
sind, will ich die gebräuchlichsten der gegen das Koppen in 
Anwendung gebrachten Mittel kurz erwähnen und erörtern. 

1. Operation das heißt Durchschneidung beziehungsweise 
Resektion der Brustzungen und Brustschildmuskeln nach der 
von Dreckerhoff angegebenen Methode: Der Erfolg dieser 
Operationen ist nach dem Fröhner-Friedbergerschen Lehr¬ 
buch der speziellen Pathologie und Therapie nach den zahlreichen 
in der preußischen Armee in den Jahren 1897 und 1898 ge¬ 
machten Erfahrungen, sowie nach den Erfahrungen von Hering, 
Bassi, Vogt, Schwendimann u. a. unsicher, indem die 
Operation in den meisten Fällen nicht die gewünschte Wirkung 
hatte. Auch ich hatte in zwei Fällen mit der Operation nach 
Dieckerhoff nicht den gewünschten bzw. nur einen vorüber¬ 
gehenden Erfolg. Dagegen ist diese Operation in Amerika von 
einem dortigen Tierarzt (der Name desselben ist mir entfallen) 
bei einem Weidepferd mit Erfolg ausgeführt worden, was um so 
bemerkenswerter ist, weil das Mittel, welches meinen Erfahrungen 
nach das wirksamste ist, nämlich die modifizierte Günther sehe 
Koppröhre, bei Weidepferden nicht in Anwendung gebracht 
werden kann. Indessen dürfte bei solchen der Fehler wohl nur 
selten sich vorfinden. 

Die Koppriemen verschiedener Art und Konstruktion er¬ 
füllen meines Erachtens alle ihren Zweck nicht, da sie einesfalls 
bei routinierten Köppern den Fehler auf die Dauer nicht ver¬ 
hindern können, andererseits bei längerem Liegen leicht sich 
verschieben und dadurch unwirksam werden, weil sie umständ¬ 
lich in der Anwendung sind und auch durch die andauernde 
Kompression venöser Gefäße mit Behinderung der Blutzirkulation, 
bzw. durch wiederholte Verletzungen der Haut, welche zu 
phlegmonösen Anschwellungen führen können, nachteilig wirken. 

3. Einschüchterung durch Strafen hilft gewöhnlich 
nicht, da nicht stets Wache zu den Pferden gestellt werden 
kann, welche dieselben bei Ausübung der Untugend abstraft. 

4. Entfernung aller Gegenstände, auf welche die Pferde 
die Schneidezähne aufsetzen können, Zerlegung der Krippe auf 
den Erdboden, Beschlagen der Krippe mit Blech, Anbringen von 
spitzen Stacheln auf dem Krippenrand: kann zu Verletzungen 
führen, ist ein tierquälerisches Mittel, ist meistens sehr umständ¬ 
lich, hilft meistens nicht auf die Dauer und kann bei den Frei- 
koppern überhaupt keinen Erfolg haben. 

5. Angestrengte Arbeit und Vermeidung längeren un¬ 
tätigen Stehens im Stall hat meistens guten Erfolg. 

Bei enragierten und routinierten Köppern schlagen gewöhn¬ 
lich alle angewendeten Mittel fehl. Nur eins vermag das Kop¬ 
pen wirksam zu verhindern und den Pferden die Lust dazu zu 
verleiten, nämlich die Günthersehe Koppröhre. Sie ver¬ 
hindert mit Sicherheit das Koppen dadurch, daß sie es den 
Pferden unmöglich macht, die Maulspalte an den Lippenwinkeln 
zu schließen und die Maulhöhle mit Luft anznfüllen, da sie 
ausgiebige Bewegungen der Zunge unmöglich macht und ver¬ 
hindert, daß dieselbe gegen den harten Gaumen gepreßt werden 
kann. Das Instrument verhindert nicht nur das gewöhnliche 
Koppen (welches ja nach dem bürgerlichen Gesetzbuch alsGewährs- 


B ERLIN ER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 








972 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


mangel gilt, aber meines Erachtens von keiner so großen Bedeutung 
ist, weil es keine besonderen Nachteile im Gefolge hat, weil 
ferner die Köpper meist gute und ausdauernde Arbeitspferde 
sind), sondern auch dessen unangenehmste Komplikation, näm¬ 
lich das Abschlucken eines Teils der beim Koppen in die Rachen¬ 
höhle hineinströmenden Luft, mit darauf folgender, oft sehr 
hartnäckiger Windkolik. Ein Teil der in der Rachenhöhle an¬ 
gesammelten Luft entweicht beim Schluckakt durch die Choanen. 

Mehrere auf dem Fehler des Koppens mit Abschlucken von 
Luft und konsekutiver starker Windkolik behaftete Pferde 
konnte ich durch Anwendung der Koppröhre dauernd • heilen. 
Die Röhre wird nur während des Fressens aus dem Maul ent¬ 
fernt. Nachteilige Folgen sind nicht eingetreten, obgleich 
ein Pferd das Instrument schon länger als zwei Jahre 
dauernd trägt. 

Da routinierte Köpper die Unart trotz Anwendung der 
gewöhnlichen Günthersehen Koppröhre praktizierten, habe ich 
die letztere modifiziert durch entsprechende Vergrößerung 
des Querdurchmessers der Röhre und durch eine einfache Be¬ 
festigungsvorrichtung derselben vermittelst der seitlichen Halfter¬ 
ringe. 

Interessenten, welche eineKoppröhre zu gebrauchen wünschen, 
haben nur anzugeben: 1. Die Entfernung (in Zentimetern) des 
Maulwinkels (Lippenwinkels) der einen von dem der andern 
Seite quer durch die Maulhöhle gemessen an der Stelle, w r o das 
Gebiß auf der Zunge liegt. 2. Die Entfernung des Maulwinkels 
(Lippenwinkels) von dem untern seitlichen Halfterring der 
gleichen Seite beiderseits. 3. Ob die Röhre für ein kleines, 
mittleres oder großes, schweres Pferd bestimmt ist. 

Die Firma H. Hauptner fabriziert das Instrument in be¬ 
kannter, gediegener Ausstattung, je nach Wunsch in einfacher 
oder feinerer, für Luxuspferde bestimmter Form, auf Verlangen 
mit Kautschuküberzug der Röhre. 


Antiformin. 

Von Dr. Piorkowski. 

Die kürzlich in der Nr. 29 der Berl. kl. Wochenschrift er¬ 
schienene, in Nr. 44 der B. T. W. referierte Arbeit über Anti¬ 
formin, von Prof. Dr. Uhlenhuth und Dr. Xylander aus dem 
Kaiserlichen Gesundheitsamt, die zu bemerkenswerten Ergeb¬ 
nissen bezüglich der dort angestellten Versuche geführt hat, 
veranlaßt mich, einige kurze Erläuterungen zu dieser Arbeit wie 
auch zu diesem Präparat zu geben. 

Im November 1902 wurde mir Gelegenheit gegeben, die 
Eigenschaften eines Desinfektionsmittels zu untersuchen, das 
Antiformin genannt wurde und das seiner reinigenden, bakteri¬ 
ziden und besonders schleimlösenden Wirkungen wegen, einen 
vorteilhaften Eingang in die Gärungsindustrie, namentlich in 
das Brauereigewerbe zu gewinnen begann. 

Die Firma Hans Knorr hatte ein Patent erworben, das 
sich auf ein Reinigungsverfahren für die Gärungsindustrie 
gründete und seit 1900 erteilt war. (Patent Nr. 133 895 für 
Axel Sjöö und Viktor Törneil.) Danach handelt es sich 
um ein Eau de Javelle, d. h. ein Natriumhypochlorid mit 
0,32 Proz. nativem Chlor, dem noch 0,32 Proz. Natriumhydrat 
beigemengt war. Der Zusatz von Alkalihydrat bewirkte hierbei 
eine Anzahl Vorteile, wie namentlich eine gesteigerte Löslichkeit 
des Biersteins, eine Desinfektionserhöhung und Unterdrückung 


des starken Chlorgeruchs. Ein mir vorgelegtes Gutachten des 
Gerichtschemikers Dr. Jeserich vom 8. Dezember 1902 gab 
als Analysen-Resultat folgende Zusammensetzung an: 


Gesamt-Chlor. 1,6746 Proz. 

Wirksames Chlor .... 1,2993 „ 

Ätznatron. 13,200 r 

Total-Natron als Ätznatron . 16,202 r 


Schwefelsäure (als Anhydrid) 0,150 „ 

Eine bereits vorhandene Arbeit von Will konstatierte die 
starke Entwicklungshemmung uud Abtötung an obergärigen, 
untergärigen und wilden Hefen. Auch Professor Lindner hatte 
sich in ähnlichem Sinne ausgesprochen. 

Ich ließ mir nun von dem bei Herrn Dr. Jeserich lagern¬ 
den Vorrat eine Quantität des Antiformins holen* und stellte 
eine Anzahl Versuche an, die sich zunächst in der Richtung 
obiger Arbeiten bewegte. Wie üblich wurden Glasperlen, Seiden- 
fäden usw. mit den verschiedensten Kulturarten imprägniert und 
der Einwirkung des Mittels in verschiedenen Verdünnungen 
ausgesetzt. 

Sowohl sehr resistente Hefearten wie Sarcinen und Schim¬ 
melpilze konnten in verhältinismäßig kurzer Zeit in der Ent¬ 
wicklung gehemmt oder abgetötet werden. Weit schneller 
spielte sich der Prozeß mit Säurebakterien und Typhusbakterien 
ab, wobei noch konstatiert wurde, daß Holz, Gummi und Leder 
in den in Betracht kommenden Verdünnungen nicht angegriffen 
wurde. Im übrigen war die Wirkung auf die im Antiformin 
zustande gebrachte Kombination von Chlor mit Natronhydrat 
zurückzuführen. 

Durch diese Vorarbeiten, angeregt, wurde im nächsten Jahre 
eine Anzahl weiterer Versüche unternommen, indem zur Reti- 
nierung der Keime in der Milch, diese mit abgestuften Mengen 
Antiformin versetzt wurde, wie auch Mäuse mit 7 2 Proz. Anti¬ 
formin enthaltender Milch injiziert wurden. Die Ergebnisse 
waren nur zum Teil günstige, die Mäuse blieben am Leben. 

Weiterhin wurde dann dazu übergegangen, den bei einer 
großen Anzahl Tierseuchebakterien, wie Kälberruhr-, Schweine¬ 
seuche-, Geflügelcholera-Bakterien etc. erzielten Desinfektions¬ 
erfolgen entsprechend, die Desinfektion im größeren Maßstabe 
auszuführen. Im Jahre 1905 wurde eine Anzahl größerer 
praktischer Versuche vergleichsweise mit anderen Methoden aus¬ 
geführt, über die ich demnächst Gelegenheit haben werde, mich 
eingehender zu äußern, die ich daher heute übergehen möchte. 

In den darauffolgenden Jahren wurden auf 2 größeren 
Rittergütern Versuche angestellt, die die Nutzanwendung der 
bisherigen Ergebnisse im großen ausweisen Bollten. Es wurden 
demzufolge Schweineställe, die stark verseucht waren, Rinder¬ 
und Kälberställe mit 5 proz. Antiforminlösung behandelt. Gleicher¬ 
weise wurden Stalldünger, Abortjauche, künstlich infizierte 
Fäkalien und Strohmassen untersucht. Die Resultate waren 
hierbei sehr bemerkenswert. 

Wenn man bedenkt, wie außerordentlich schwierig gerade 
die Desinfektion solcher Stallungen bewirkt werden kann, daß 
die häufig ungedielten Fußböden und namentlich die sog. Buchten 
eine gründliche Bearbeitung fast zur Unmöglichkeit machen, so 
muß doch der erzielte Erfolg; schon ein recht bedeutender 
genannt werden. Vor allem war daneben noch die erzielte 
Desodorierung der Fäkalien, die in wenigen Minuten erreicht 
war, eine außerordentliche zu nennen. 




31. Dezember 1908, 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


973 


Die im Laboratorium vorgenommenen Versuche erklärten 
die Vorgänge. Wenn auch resistentere Arten einen längeren 
Einwirkungsprozeß zur Abtötung beanspruchen, so konnten andere 
doch in sehr kurzer Zeit vernichtet werden. Beispielsweise 
wurden Coli- und Staphylococcen-Kulturen bereits nach 10 und 
15 Minuten von öprozentigen Antiforminlösungen abgetötet. 

Am auffallendsten waren die Agglutinations- und Bakterio- 
lysen-Vorgänge beim Zusammenbringen von Bouillonkulturen mit 
Antiformin. In wenigen Minuten wurden die Lösungen völlig 
klar und ließen am Boden der Gefäße nur einen schwachen 
Hauch als Reste der Bakterien zurück oder lösten auch diese 
noch auf. Der Vorgang war so bezeichnend, daß ich in der 
Folge diesen Umstand benützte, um mit ihm in den Kursen 
Demonstrationen über Bakteriolyse und* Agglutination zu ver¬ 
anstalten, sowohl makroskopisch wie im hängenden Tropfen. 

Alle die obigen Arbeiten sind in einer Reihe von Gutachten 
niedergelegt und ich habe sie hier nur kurz skizziert, um darauf 
hinzuweisen, daß ich durch die Erfolge, die ich hierbei ge¬ 
wonnen, angeregt, den Fabrikanten des (übrigens auch billigen) 
Desinfektionsmittels Antiformin (50 Pf. pro Liter) veranlaßt 
habe, im Reichsgesundheitsamt, auf Grund der bisher erzielten 
Resultate, weitere Versuche anstellen zu lassen, um auch nach 
anderen Richtungen hin das Mittel seiner allgemeineren Ver¬ 
wendung entgegenführen zu können. 


Mitteilungen aus der Praxis. 

Von Tierarzt H. Holterbach-Offenburg. 

(Vgl. Nr. 49.) 

2. Ein durchschlagender Yohlmvetolerfolg. 

Wird eine Kuh, eine Hündin usw. im Verlauf eines 
chronischen Leidens steril oder bleiben derartige Tiere infolge 
mangelhafter Entwicklung der Geschlechtsdrüsen frigid, kommt 
es bei einem männlichen Tier im Anschluß an eine Hoden¬ 
erkrankung oder wegen kümmerlicher Entwicklung dieser Organe 
zu Impotenz: Dann ist alle Welt darüber einig, daß Frigidität 
oder Impotenz auf Grund der von jeder chronischen 
Erkrankung mehr oder minder unzertrennlichen 
„degenerativen“ Veränderungen in den betreffenden 
Organen sich eingestellt hat. Wollte nun jemand kommen 
und sich anheischig machen, diesen Zustand innerhalb 24 Stunden 
mit einer einmaligen Medikation zu heben, so würde man über 
den Mann und seine wissenschaftliche Logik mitleidig lächeln. 
Man würde sich vermutlich nicht einmal die Mühe geben, einen 
solchen Optimisten darüber zu belehren, daß degenerative 
Veränderungen im günstigsten Falle erst nach längerer 
Zeit, die sich nach dem Grade der bereits eingetretenen 
Degeneration richtet, abheilen können. Und doch 
machen wir uns in praxi fast alle der gleichen logischen Sünde 
schuldig, sobald es sich darum handelt, ein impotentes oder 
frigides Tier zu „heilen“. Das hat sich auch bei der Ein¬ 
führung des Yohimvetol in die tierärztliche Praxis gezeigt, 
nachdem, zu unserem Tröste, die Herren Mediziner bei der 
Behandlung der männlichen Impotenz in den gleichen Fehler 
verfallen waren. Kühe, die schon seit Jahren absolut 
frigid waren, wollten praktische Tierärzte mit einer 
Dosis Yohimbin heilen! Was davon zu halten ist, das 
kann man getrost der ruhigen Überlegung überlassen; diese wird 
sich nicht wundern, wenn bei einer solchen Behandlungsweise 


der Erfolg ausbleibt; sie wird aber auch nicht so ungerecht 
sein, den Mißerfolg auf die Rechnung des Yohimvetol zu setzen. 
Die Schablone, die elende, gedankenlose Routine ist in jeder 
Wissenschaft die gefährlichste Feindin des Fortschrittes. 

Ich hatte gleich bei meinen ersten Veröffentlichungen betont, 
daß nicht „die hohe Dosis, sondern die fortgesetzte 
Verabreichung kleiner Dosen“ den Erfolg nach sich ziehe; 
in allen Abhandlungen der Theoretiker begegnet man dem Satz, 
daß „minimale Dosen genügen um den Effekt auf die 
Blutgefäße hervorzubringen“. Wie überraschend dieser 
Effekt ist, das lehrten uns die Versuche von Daeis, der auf¬ 
merksam geworden durch die tierärztlichen Erfolge bei weib¬ 
lichen Tieren, an Hündinen die Wirksamkeit des Yohimbin 
studierte. Es gelingt nach ihm, durch wenig Yohimvetoldosen die 
Ovarien und den Uterus in den Zustand höchster Blutfülle zu 
versetzen, der dem makroskopischen Zustand der Brunst ent¬ 
spricht. Und diese Hyperämie ist eine dauernde, wochenlang 
fortbestehende und läßt sich, wenn sie nachlassen will, durch 
eine oder einige neue Yohimvetoldosen wieder herstellen. Das 
ist durch die Laparotomie an yohimbinisierten Tieren deutlich 
bewiesen. Und darin liegt die Bedeutung des Yohimbin für die 
Behandlung chronischer Leiden der weiblichen Geschlechtsorgane. 
Es entspricht der heut herrschenden Anschauung, daß man 
degenerative Zerstörungen der Gewebe durch eine 
künstlich hervorgerufene Hyperämie heilen kann. 
Bei der Impotenz und Frigidität haben wir in den meisten 
Fällen es mit einer solchen mehr oder minder ausgeprägten Dege¬ 
neration zu tun; die Yohimbinwirkung setzt uns in den Stand, 
diese Stellen dauernd mit einer gewaltigen Hyperämie zu be¬ 
einflussen, versuchen wir also diese Tatsachen zu einer ratio¬ 
nellen Heilung dieser annoch in den meisten und schwersten 
Fällen als unheilbar geltenden Zustände auszunutzen. 

Nachdem es mir schon früher gelungen war, in monate¬ 
langer, mit Unterbrechungen geübter Yohimbintherapie einige 
solche als hoffnungslos auch von Fachleuten betrachteten Fälle 
zu glücklicher Heilung zu bringen, bot sich mir im Frühjahr 
1908 eine schöne Gelegenheit, diese Yohimvetolwirkung demon¬ 
strativ darzutun; die Details sind folgende: 

Herr Bürgermeister Eidmann aus Richen in Hessen- 
Starkenburg hatte im April 1906 eine hochträchtige Kalbin in 
Erlenbach (Schleswig) zu dem Preis von 2000 Frcs. gekauft. 
Sie kalbte im Juli leicht und rasch, die Nachgeburt ging normal 
ab, Folgezustände irgendwelcher Art traten nicht ein; vor allem 
fehlte jeder Ausfluß. Im September und Dezember 1906 wurde 
diese wertvolle Simmenthalerin noch je einmal brünstig und 
erfolglos gedeckt, dann blieb sie dauernd frigid. Selbst¬ 
verständlich machte diese Frigidität dem Besitzer schwere 
Sorgen und veranlaßte ihn, ihre Heilung mit allen erdenklichen 
diätetischen Maßnahmen zu versuchen. Darüber verging 
das ganze Jahr 1907. Im Januar 1908 beschloß er einen 
Versuch mit dem Yohimvetol, von dem er in der „Deutschen 
landwirtschaftlichen Tierzucht“ gelesen hatte. Sein Tierarzt, 
ein enimenter Praktiker, riet ihm weder ab noch zu, hielt aber 
den Fall für hoffnungslos. Im Januar, Februar und März 
wurden 45 Tabletten verabreicht, nicht gerade in der 
rationellsten Weise. Eine Wirkung trat nicht ein. Da Herr 
Eidmann einen letzten Versuch mit einem so hochpreisigen 
Tier machen wollte, wandte er sich an mich. Ich reiste im 
März nach Richen und fand: Bildschönes Rassetier von ein wand- 




974 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53 


freier Gesundheit in jeder Beziehung, mit Ausnahme der 
Frigidität. Die äußeren Genitalien sind vollständig normal. 
Die Exploratio per rectum ergab: Ovarien von normaler 
Größe, ohne Cysten. Da die Kuh schon seit Januar 
unter dem Einfluß des Yohimvetol stand, hatte ich mit 
Bestimmtheit erwartet, ihre Ovarien im Zustand 
starker Hyperämie zu finden, muß also den tatsächlich 
normalen Befund als abnorm bezeichnen und daraus 
schließen,daß dieseDriisen ohne Yohimbinisierung und 
vor dieser sicherlich atrophisch waren. Ich riet zu 
weiterer Behandlung mit Yohimvetol und verordnete aufs neue 
30 Tabletten (ä 0,1 Yohimbin, muriatic. enthaltend). Drei Tage 
lang sollte die Patientin je drei Dosen bekommen, dann sollte 
einige Tage (6—7 Tage) ausgesetzt werden, dann wieder einen 
Tag lang drei Dosen Yohimvetol gereicht werden usw. Im 
Verlauf des Mai und Juni kam es zu einer ausgesprochenen 
Schwellung der Schamlippen, das einzige sichtbare Zeichen der 
Yohimvetolwirkung. Am 2. Juni trat starke Brunst ein, das 
Tier wurde sofort gedeckt. Am 13. Juni wiederholte Brunst, 
erneuter Deckakt. Seitdem ist die Kuh „normal“, d. h. ruhig, 
wie eine Kuh, die aufgenommen hat. 

Daß der Eintritt der Brunst, nach mehr als 1V 2 Jahre 
langer Pause, nur dem Yohimvetol zuzuschreiben ist, wird man 
nicht ableugnen können. Der Fall regt auch zu allerlei, für 
die Tierzucht wesentlichen Betrachtungen an. 

Es itft eine ziemlich häufige Klage der besten Züchter, 
daß sie oft durch unheilbare, Frigidität und Sterilität wertvoller 
weiblicher Zuchttiere große pekuniäre Verluste erleiden. Es 
fragt sich nun, ob die Versuche zur Heilung dieser Zustände, 
wenn sie mit Yohimbin, dem einzigen Spezifikum das wir heute 
besitzen, angestellt wurden, auch rationell inszeniert und nicht 
zu früh als aussichtslos aufgegeben wurden. Ein jeder 
Versuch, diese Heilung durch eine kurz dauernde Behandlung 
mit hohen Dosen Yohimvetol zu erreichen, ist verwerflich. Das 
einzig rationelle Verfahren besteht darin, daß man den Patienten 
drei Tage lang je 3 Dosen Yohimvetol verabreicht, um damit 
die Hyperämisierung der Ovarien, des Uterus (der Hoden etc.) 
zu erreichen und daß man sich dann bestrebt, in wöchentlichen 
Intervallen je einen oder zwei Tage lang je 2 Dosen Yohimvetol 
zu geben, um diesen Zustand der Hyperämie dauernd aufrecht 
zu erhalten. Dadurch wird nebenbei noch der Geldbeutel des 
Tierbesitzers und das Tier selbst geschont, denn das Yohimvetol 
„greift an“. Das dürfen wir nie vergessen. Es gehört zu den 
stark wirkenden Arzneimitteln. 

Aus dem vorstehenden ergibt sich von selbst die Form der 
Applikation: Rationell kann für die Praxis nur die von mir 
stets verteidigte Verabreichung per os sein. Daß dabei die 
Denaturirung des Präparates irgendwelche schädliche Folgen 
haben können, ist eine ganz grundlose Befürchtung. Mir ist 
noch niemals über eine schädliche, auf die Denaturirung zurück¬ 
zuführende Wirkung bekannt geworden, trotzdem ich selbst 
massenhaft die Yohimvetoltabletten verwende und mit Kollegen 
aus den verschiedensten Ländern, die von dem Mittel in 
denaturierter Form Gebrauch machen, in Verbindung stehe. 
Man lasse sich also durch ein derartiges Bedenken nicht abhalten, 
die handlichen Tabletten zu benutzen. 

Diese neue Seite der Yohimbinwirkung hat auch für unsere 
Stiefbrüder in Asculap, die Mediziner, einige Bedeutung. Seine 
Verwendung in der Gynäkologie ist noch jungen Datums und 


man hat wohl kaum bei der Behandlung chronischer Frauenleiden 
zu einer dauernden, mit Intervallen geübten Yohimbinisierung 
der Patientin gegriffen. Dem stand noch vielfach das Vorurteil 
gegenüber. Ob es durch die tierärztlichen Erfolge bei der 
Behandlung chronischer weiblicher Leiden gebrochen wird? Ich 
zweifle nicht. Die Tage, in denen der Mediziner hochmütig 
die Erfolge der Veterinärmedizin ignorieren zu müssen glaubt, 
um dem Nimbus seines Standes nichts zu vergeben, sind zum 
Segen für Medizin und Veterinärmedizin endgültig abgetan. 
Wir hatten den Medizinern vieles zu danken; es ist Zeit, daß 
wir diese Dankesschuld abtragen. Und der Mediziner, der sich 
in anachronistischem Dünkel heute eine Einmischung der 
Veterinärmedizin in sein Fach verbitten wollte, der Mann könnte 
sich, und wäre er der’berühmteste Professor, als „Attraktion“ 
im Panoptikum bewundern lassen. 

Zum Schluß sei mir gestattet, anhangsweise noch der 
Yohimvetolwirkung beim Geflügel zu gedenken. Sie ist 
so unwichtig nicht. 

Das Mittel bei Hühnern zu versuchen, lag sehr nahe. 
Leider fand ich bei den hyperkonservativen deutschen Geflügel¬ 
züchtern für meine diesbezüglichen Bestrebungen wenig Interesse. 
Oder trauten sie mir, da ich keine Geflügelzucht treibe, nicht 
die Befähigung zu, mitreden zu können? Das mag wohl der 
Grund sein. Ich kann also nur auf drei eigene Versuchsserien 
mich stützen, die aber durch ausgedehnte Versuche englischer 
Züchter Bestätigung finden. 

Das Yohimvetol (0,001—0,005 täglich dreimal) wirkt schon 
nach 3—4 Tagen auffallend ein auf Gefieder und Kamm (Lappen). 
Ersteres wird glänzend, Kamm und Lappen werdeu 
leuchtend rot. Man hat deshalb in England Tiere, 
die ausgestellt werden sollen, yohimbinisiert, um sie 
repräsentabler zu machen. Ferner hat sich das Mittel 
bewährt bei einem Leiden der Hühner, das zu mangelhaftem 
Legen geführt hatte. Ich hatte in einem Fall vollen Erfolg, 
der auch von England ans bestätigt wird. (Siehe Illustrated 
Kennel News vom 8. Mai 1908.) Kollegen haben also zur 
Betätigung ihres Forschertriebes noch Spielraum genug vor sich. 

Mit dieser Publikation schließe ich meine YohimbinBtudien 
ab. Es sitzt jetzt fest im Sattel, und daß es reiten kann, hat 
sich vielfach gezeigt. Der nicht immer sehr wissenschaftliche 
Widerspruch, den ich seitens meiner Kollegen und der inter¬ 
essierten Laien gefunden habe, war für meine Energie der 
Stimulus zu stets neuen Versuchen gewesen. Was ich mit 
ihnen beweisen wollte, habe ich bewiesen. 


Weitere günstige Impfergebnisse mit Suptol-Burow. 

Von Tierarzt Becher-Salzmünde. 

In Nr. 27 dieser Zeitschrift, Jahrgang 1907 habe ich bereits 
Gelegenheit genommen, über meine Erfahrungen mit Suptol- 
Burow in günstigem Sinne zu berichten. Nach dieser Zeit habe 
ich das Präparat in verschiedenen unten angeführten Schweine¬ 
beständen angewendet, und hat sich dasselbe auch bei diesen 
Impfungen als durchaus brauchbar erwiesen. Ich muß daher 
auch jetzt, wie schon früher, wiederum die Ansicht vertreten, 
daß wir in dem Suptol, welches bekanntlich aus dem Bacillus 
suisepticus hergestellt wird, ein äußerst zuverlässiges Mittel 
zur Behandlung resp. Heilung der Schweineseuche besitzen. 







BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


975 


_31. Dezember 1908 . 

Zum Beweise dessen gestatte ich mir, in folgendem sämt¬ 
liche von mir noch ausgeführten Impfangen nebst Resultat hier 
anzogeben. 

Auf einem Qnte in Naundorf bei Salzmünde, woselbst seit 
längerer Zeit Schweinezucht betrieben wird, impfte ich nach 
bereits angeordueter Sperre am 25. November 1907 zunächst 
23 Zuchtsauen, welche mit wenigen Ausnahmen mehr oder 
weniger schwer an der Seuche erkrankt waren. Zwei Tage 
darauf wurden dieselben nochmals geimpft, ein Todesfall ist bei 
diesen Tieren nicht vorgekommen. Dieselben konnten vielmehr 
nach etwa vier Wochen als geheilt angesehen werden. Weiter 
wurden auf demselben Gute geimpft: 

18. Dezember 1907 8 Ferkel 10 Wochen alt, 

8. Januar 1908 43 „ 12 ., „ 

8. Februar 1908 8 „ 8 „ r 

20. Februar 1908 15 „ 3 r 

9. März 1908 12 r 3 „ 

Diese 86 erkrankten Tiere wurden, da erfahrungsgemäß 
mit einer einmaligen Impfung nicht immer der gewünschte 
günstige Erfolg erzielt wird, zwei-, einige sogar dreimal geimpft. 
Eingegangen sind von den drei Wochen alten Tieren etwa die 
Hälfte, die anderen älteren Impflinge sind gesund geworden. 
Es ist dies vielleicht ein Hinweis darauf, daß man die Ferkel 
nicht so früh nach der Geburt impfen darf, oder sollten die von 
den vorher erkrankten Muttertieren geworfenen Ferkel in ihrer 
Entwicklung gehemmt und nicht genügende Widerstandsfähigkeit 
besessen haben? Der Besitzer schreibt mir wörtlich folgendes: 

Bei den älteren Tieren, die mit Suptol geimpft wurden, 
ist kein einziger Todesfall vorgekommen, während von den drei 
Wochen alten Ferkeln fast die Hälfte (12 Stück) verendet ist. 
Jedenfalls ist die Impfung bei ganz jungen Tieren nicht so 
nützlich wie bei älteren. Ich muß aber betonen, daß die ge¬ 
heilten während der Mastperiode ebenso gut und schnell zu¬ 
genommen haben, als früher meine gesunden Schweine, nur 
schien es mir, als wenn dieselben in der Zeit der Impfung und 
kurz nach derselben nicht so recht gedeihen wollten. Trotzdem 
glaube ich, daß wir an dem Suptol ein recht wirksames Mittel 
zur Bekämpfung dieser schrecklichen Seuche haben, denn 
schrecklich muß ich sie nennen, weil ich fast ein halbes Jahr 
gesperrt gewesen bin. 

Auf dem Rittergute Schochwitz bei Salzmünde, welches 
gleichfalls wegen Schweineseuche gesperrt war, habe ich von 
Mitte Februar bis Anfang März 132 Schweine im Alter von 
4 Wochen bis zu 3 Monaten geimpft, welche zum Teil schwer an 
der Seuche litten. Eine zwei- resp. dreimalige Impfung führte 
zu dem Ergebnis, daß sämtliche Impflinge, mit Ausnahme von 
sieben schwer erkrankten und später verendeten Tieren, genesen 
sind. Durch die Sektion konnten schwere krankhafte Ver¬ 
änderungen an der Lunge, am Herzen etc. nachgewieseu werden, 
so daß eine Heilung von vornherein als ausgeschlossen betrachtet 
werden mußte. 

Auf einem Rittergute in Beesenstedt wurde Mitte März d. J. 
amtlich Schweineseuche festgestellt. 43 etwa 3—4 Monate 
alte Schweine, die außer häufig vernehmbarem Husten sonstige 
erhebliche Krankheiten nicht erkennen ließen, wurden zweimal 
in zeitlichen Zwischenräumen von 3 Tagen geimpft. Nach kaum 
14 Tagen ließ der Husten nach, die Tiere wurden schnell 
gesund; ein Todesfall ist nicht vorgekommen. 


Im ganzen kann ich also, wie auch aus vorstehendem her¬ 
vorgeht, nunmehr über das Impfresultat bei 284 Schweinen 
berichten mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß es sich in 
allen Fällen um reine Schweineseuche gehandelt bat. Die 
Verluste in N. betrugen 12, in Sch. 7 Stück, in B. kein Todes¬ 
fall; sicherlich ein günstiges Resultat. 

Ich werde daher bei vorkommenden Fällen zur Bekämpfung 
der Schweineseuche mich stets des Suptols bedienen und bin 
überzeugt, daß bei richtiger Anwendung ev. rechtzeitiger 
Wiederholung der Impfung auch die von anderen Kollegen 
bereits vielfach bestätigten günstigen Wirkungen nicht aus- 
bleiben werden. 


Zum Artikel „Kälberruhrimpfungen von Dr. Goldbeck '. 

Von Tierarzt Kaiser-Seehausen. 

Zum Artikel Kälberimpfungen in Nr. 47 B. T. W. von 
Herrn Kollegen Dr. Goldbeck möchte ich mir auch einige 
Worte zu sagen erlauben: 

Ich bin ganz gewiß dafür, daß die Impftherapie den Tier¬ 
ärzten erhalten bleibt; aber ganz wie der Herr Dr. Goldbeck 
sich dies wünscht, geht es wirklich manchmal nicht. Hier 
sprechen örtliche Verhältnisse und besondere Eigentümlichkeiten 
bestimmter Distrikte unseres Vaterlandes mit, die billigerweise 
berücksichtigt werden müssen. 

Ich selbst habe verschiedene Herren meiner Klientel in 
der Impftechnik unterwiesen, ohne deshalb irgendwie Reue zu 
empfinden. 

In meiner Praxis gibt es beinahe keine geschlossenen 
Dörfer, sondern nur vereinzelt liegende Güter und kleinere 
Gehöfte. Und das wollen wir uns zunächst doch auch vor 
Augen halten. Abgesehen von der Rotlaufimpfung, welche 
Impfung war denn bezüglich ihrer Wirkung bisher wirklich 
ideal, ich habe noch keine kennen gelernt. 

Wenn dann ein Besitzer, der von mir 21 km entfernt 
wohnt, mich zur Impfung eines Kalbes bestellen resp. mit 
dem Kalbe bei grundlosen Wegen zu mir mit dem W T agen 
kommen soll und nicht einmal die Garantie des positiven Er¬ 
folges hat, so kann ich ihm das wirklich nicht verdenken, 
wenn er in Anbetracht der hohen Kosten das Impfen ganz 
unterläßt und es dem Zufall anheimgibt, das Kalb groß werden 
resp. den Kälberseuchen zum Opfer fallen zu lassen. 

Damit nun der Segen der Impfung der Landwirtschaft in 
meiner Praxis nicht verloren geht, habe ich verschiedene 
Herren mit der Impftecbnik vertraut gemacht. 

Allerdings stelle ich selbst Sera her und habe die Genug¬ 
tuung, daß sich die Herren meiner Sera auch bedienen. 

Übrigens vertrete ich auch den Standpunkt, daß man Firmen 
wie Bengen & Co., die ausschließlich mit Tierärzten arbeiten, 
nach Kräften unterstützen soll. 

Vielfach haben die Tierärzte selbst schuld, daß sie über¬ 
gangen werden und zwar lediglich dadurch, daß die allzu ver¬ 
schwenderisch in der Ausstellung von freiwilligen und an¬ 
geforderten Gutachten sind. 

Heutzutage liegen die Verhältnisse so: 

Wenn irgendein Fabrikant ein neues Serum oder ein neues 
Desinfektionsmittel, Streupulver etc. von seinem Chemiker hat 
ausfindig machen lassen, so versendet er zunächst Gratisproben 
in unglaublichen Mengen an jeden tierärztlichen Reflektanten. 




976 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


Nach kurzer Zeit folgt ein ergebenes Schreiben mit der 
Bitte um gefällige Mitteilung, respektive kurzes Gutachten über 
die mit dem betreffenden Mittel eventuell erzielten Erfolge. Die 
ungünstig lautenden Berichte wandern in den Papierkorb, 
die günstigen werden fein säuberlich zu Reklamestatistiken zu¬ 
sammengestellt und gelangen so in Separatdruckschriften in die 
verschiedensten Zeitungen und Betriebe. 

Ich bin fest überzeugt, daß die Zahl der ungünstig lautenden 
Berichte häufig die der günstigen tiberwiegt. Jedenfalls ent¬ 
ziehen sich derartige Anpreisungen hinsichtlich ihres wahren 
Wertes jeglicher Kontrolle, besonders dann, wenn es z. B. heißt: 
„Herr Tierarzt B. in H. schreibt.... etc.“. Wer dieser Herr 
B. und so fort ist, und wo er wohnt, weiß niemand. 

Manche derartiger von Tierärzten gegebenen Empfehlungs¬ 
schreiben prangen dann sogar häufig auf bunten Reklameschildern 
womöglich mit einem Pferdekopf darauf, wie man das hier zu 
Lande in jedem Sattler- und Schnsterladen z. B. vom Fricol 
sehen kann. Solche Mittel helfen bekanntlich gegen alle Krank¬ 
heiten und Leiden und der Sachverständige wird überflüssig. 

Die betreffenden Kollegen graben sich mit derartigen ge¬ 
gebenen gutachtlichen Äußerungen selbst ihr Grab und ich halte 
es für angebracht, darauf hinzuweisen, daß solche leichthin 
gemachten Empfehlungsschreiben in Zukunft ganz unterbleiben 
sollten. 


Referate. 

Filaria papillosa im Auge des Pferdes. 

Von Tierarzt V. Okholm-Oksböl St 

(Maanedsskrift for Dyrlaeger, 1908, Heft 12.) 

Das in Frage stehende Pferd — eine zweijährige dänische 
Stute — wurde Okholm mit dem Bemerken vorgeführt, daß 
sich auf dem rechten Auge seit längerer Zeit eine „Haut“ zeige, 
welche am unteren Rande der Hornhaut ihren Anfang genommen 
hätte. Tränenfluß und Lichtscheu waren nicht beobachtet, 
dagegen soll das Tier oft mit dem Kopfe schlagen. 

Bei näherer Untersuchung fand Okholm folgendes: 

Das Allgemeinbefinden des Pferdes ist einwandfrei. Das 
linke Auge ist normal und zeigt einen lebhaften Ausdruck; das 
rechte, halbgeschlossene Auge sieht schläfrig aus; es zeigt eine 
Keratitis parenchymatosa, welche in der unteren Hälfte der 
Cornea am deutlichsten ausgeprägt ist und sich nach oben zu 
allmählich verliert; der obere Rand der Cornea ist fast normal, 
aber doch nicht völlig durchsichtig. Eine Untersuchung des 
inneren Auges ist deshalb zunächst unmöglich. Konjunktivitis 
und Tränenfluß sind nicht vorhanden, der Bulbus oculi ist rechts 
wie links von normaler Größe. Das Sehvermögen ist auf dem 
rechten Auge erloschen. Ordination: Zweimal täglich Einträufeln 
einer einprozentigen Höllensteinlösung und einer zweiprozentigen 
Borsäurelösung; gleichzeitig Applikation eines feuchten Um¬ 
schlages. 

Im Laufe dieser Behandlung ging die Keratitis in der 
oberen Hälfte der Cornea etwas zurück und man konnte in der 
vorderen Augenkammer einen Wurm erblicken, der sich deutlich 
bewegte. 

Der Patient wurde im Anschluß an diese Feststellung 
niedergelegt und chloroformiert, nachdem das erkrankte Auge 
zunächst, kokainisiert war. Die Cornea wurde im äußeren oberen 
Teil mit der Spaltnadel geöffnet; es floß eine geringe Menge 


Flüssigkeit ab, der Wurm aber blieb im Auge liegen und mußte 
mit einer feinen, durch den Corneaspalt in die vordere Augen¬ 
kammer eingeführten Pinzette entfernt werden. Nach erfolgter 
Operation wurde das Auge mit einem Verband versehen, der 
dauernd mit Borwasser befeuchtet wurde. Eine Eiterung trat 
nicht ein, die Keratitis aber blieb bestehen; das Sehvermögen 
des rechten Auges konnte trotz erfolgreich durchgeführter 
Operation nicht wiederhergestellt werden. Das lästige Schlagen 
mit dem Kopfe aber hörte sofort nach der Operation auf. 

Dr. Stödter. 

Über den Widerstandsgrad der Magenvrandungen des 
Pferdes gegen den Luftdruck. 

Von Fayot und Gassend. 

(Recueil d’Alfort, 81. Mirz 1908.) 

Eine Stnte, welche infolge eines Unterkieferbruchs keine 
feste Nahrung aufnehraen konnte und nur stark verdünnte 
Gerstenmehltränke erhalten hatte, wurde 3 Tage nach dem 
Unfall durch intravenöse Chloralhydratinjektion und durch Genick¬ 
stiche getötet, und gleich nachher in die Rückenlage gebracht 
und ihr der Bauch in der Mittellinie direkt hinter dem Schaufel¬ 
knorpel geöffnet. Nachdem der Schlund vor der Kardia durch 
eine elastische Ligatur fest zugebunden worden ist, wird in das 
Ende des Pylorus ein Kautschukschlauch hineingesteckt, welcher 
mit einer Luftpumpe in Verbindung steht. Alle Organe werden 
in ihrer natürlichen Lage liegen gelassen, der Einschnitt durch 
eine Knopfnaht zugenäht, der Kadaver auf die rechte Seite 
gelegt und etwas Luft eingepnmpt. 

Kaum zeigt das am Schlauch angebrachte Manometer 
V12 Atmosphäre Druck, so vernahmen die Verfasser ein aus der 
Tiefe der Bauchhöhle herauskommendes dumpfes Geräusch, zu 
dem sich noch ein Flüssigkeitsgeräusch gesellte. Im gleichen 
Moment wurden die Bauchorgane nach hinten und oben ver¬ 
schoben. Diese Verschiebung bewirkte ein leichtes Auftreiben 
der Bauchwand, das aber sofort wieder zurückging, als Luft 
durch die Schnittwunde in die Bauchhöhle hineindrang. Die auf 
die Wunde aufgelegte Hand nahm ein Kleinerwerden des Magens 
wahr, während der Zeiger des Manometers auf 0 zurückging, 
was eine Magenruptur anzeigte. 

An dem herausgenommenen Magen wurde festgestellt, daß 
die bei einem Innendruck von V12 Atmosphäre erfolgte Zer¬ 
reißung an der großen Krümmung 3 cm von der Anheftungs¬ 
stelle des Netzes und fast ganz am rechten Magensack unter 
den gleichen Bedingungen und mit denselben Anzeichen wie bei 
den Rupturen erfolgt ist, welche manchmal nach Magenindigestionen 
zustande kommen. Der Riß in der Schleimhaut beginnt schon 
an der Grenze der beiden Magensäcke, um sich 10 cm lang auf 
der rechten Magenhälfte hinzuziehen. Der Magen selbst hat 
infolge des Hungerns des Pferdes nur eine sehr kleine Menge 
halbflüssigen Futters enthalten. 

Schlußfolgerung: Aus diesem Versuche geht hervor, daß 
der Magen des Pferdes gegen den inneren Druck nur wenig 
widerstandsfähig ist. 

Erwägungen: Ist auf die Erscheinungen, wie sie bei dieser 
künstlichen Magenruptur wahrgenommen worden sind, wie das 
dumpfe und das gurgelnde Geräusch, das Zurückdrängen des 
Darmes und das schnelle Aufblähen nicht ein besonderer Wert 
zu legen, da sie doch vom aufmerksamen Praktiker bei der 
Magenberstung infolge von Magenindigestion auch aller Wahr- 




31. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


977 


scheinlichkeit nach zu beobachten sind, und können sie, falls 
sie bei einem an heftiger Kolik leidenden Pferde nach dem 
plötzlichen Niederstürzen und nachherigen Besserwerdens auf- 
treten, bei der Troquote nicht auch die gleiche Bedeutung haben 
wie das Erbrechen, das als pathognostisches Symptom der 
Magenruptur angesehen wird? Helfer. 

Mitteilungen ans den Berichten der sächsischen 
Bezirkstierärzte. 

Von Obermedizinalrat Professor Dr. Edelmann in Dresden. 

(Her. Uber d. Veterinärwr. im Kgr. Sachsen, 1907, S. 77.) 

Arzneimittel und Kurmethoden. 

Antipyrin wandte Lange-Dippoldiswalde bei Hündinnen 
gegen Milchandrang nach Wegnahme der Jungen in dreimaligen 
Dosen zu je 0,25—1,0 g pro die mit dem Erfolg an, daß die 
Milchsekretion nach 2—3 Tagen zum Versiegen gebracht wurde. 

Das Dr. Reißsche verstärkte Ester-Dermasan für Tiere 
leistete Zietzsckmann-Kamenz bei Verdickungen des Unter¬ 
hautzellgewebes, Streichballen und dergleichen gute Dienste. 

Formaldehyd. Hufkrebs brachte Freytag-Plauen in 
zwei vorgeschrittenen Fällen, die schon länger vergeblich be¬ 
handelt worden waren, durch Bestreichen mit einer Lösung von 
Formaldehydum solutum (1:4) und durch Aufträgen von 
Schlagschem Pulver zur Heilung. Nach Bestreichen mit der 
Formalinlösung traten erhebliche Schmerzen auf. 

Hämostogen ist vier Jahre hindurch von Lange- 
Dippoldiswalde als hervorragendes Kräftigungsmittel, das auch 
von einem sehr schwachen Darmkanal gut vertragen wird, in 
der Hundepraxis (Staupe) angewendet worden. Auch als 
Knochenbildner wurde es bei Rachitis der Hunde und Schweine 
mit gutem Erfolg gegeben. 

Physiologische Kochsalzlösung, subkutan injiziert in 
täglicher Dosis von 20—50 g, hat in fünf Fällen von leichter 
und mittelschwerer Hundestaupe nach 5—8 Tagen Heilung 
erzielt. Lange warnt aber, an einer Stelle über 20 g ein¬ 
zuspritzen, da in jedem Falle, in welchem dieses Quantum 
überschritten wurde, zehnpfennig- bis talergroße Hautstücke 
gangränös ausüelen. 

Spießglanzbutter (Liquor Stibii chlorati) hat sich | 
Dehne-Schwarzenberg als gutes Mittel gegen frische Exostosen 
(Überbein, Spat) bewährt. Je nach beabsichtigter Wirkung 
wird auf die Exostose täglich mit einem Pinsel so viel von dem 
Mittel aufgetragen, daß die Stelle vollkommen befeuchtet ist. 
Nach 8—10 Tagen bildet sich ein trockener Schorf; die Ätzung 
ist eine langsame und hauptsächlich in die Tiefe gehende. 

Mit Tetanusantitoxin hat Haubold-Meißen den Starr¬ 
krampf der Schafe oft mit Erfolg behandelt. Es genügen bei 
manchen Tieren zwei Dosen von 5 g zur Heilung, sogar bei 
großen Böcken, welche bereits steif waren und festlagen. 

Des Bierschen Saugverfahrens mit der Glocke be¬ 
diente sich Lange in drei Fällen von parenchymatöser Mastitis. 
Alle drei Fälle sind ohne andere Medikation in 3—4 Tagen 
und ohne Verödung der Viertel zu hinterlassen, geheilt worden. 
Ein wesentliches Erfordernis zum Gelingen ist starkes Einfetten 
von Euter und Glockenrand. 

Die Kastration der Pferde hat Eichhorn-Rochlitz mit 
der Kastrierzange nach Masch mehrfach ausgeführt. Die bei 
Verwendung des Emaskulators hin und wieder vorkommenden 
Nachblutungen sind nie beobachtet worden. 


Heiße Prießnitzumschläge haben sich nach Grund¬ 
mann-Marienberg bei Kolik der Pferde als ein vorzügliches 
Beruhigungsmittel bewährt und vielfach bessere Dienste als 
Morphium geleistet. 

Einziehen von Bullenringen. Bei acht etwa V/ 2 bis 
2 jährigen Bullen waren die Ringe in den Scheidewandknorpel 
eingelegt worden. Der Besitzer stellte bei den kommenden 
Wägungen eine nennenswerte Minderzunahme gegen früher fest. 
Die Bullen waren nicht krank, die Ringe jedoch beschmutzt, 
nicht blank, die Tröge nicht rein geleckt. Jede Berührung des 
Ringes löste Schmerzen aus, was die Tiere zu vorsichtigem 
Umgang mit dem Ring veranlaßte. Bei vier Bullen wurden die 
Ringe entfernt und anschließend neue Ringe vor der knorpeligen 
Scheidewand eingezogen. Nach 14 Tagen bereits brachte die 
Wage die Entscheidung. Die vier übrigen Bullen bekamen 
ebenfalls andere Ringe; von da an — äußerte der Besitzer — 
waren die Bullen gesund. Richter. 

Puerperale Pyämie bei der Stute. 

Von Pincemin, Veterinär in Bell&ne, Frankreich. 

(Österreichische Monatsschrift für Tierheilkunde 1908, S. 971.) 

Es kommt selten vor, daß vom Uterus ausgehende Infektionen 
sich rasch generalisieren, ohne daß schwere Läsionen des Uterus 
oder des Peritonäums vorhanden sind. Einen solchen Fall be¬ 
obachtete Pincemin bei einer Percheronstute. Das Tier hatte 
verworfen, Fötus und Eihüllen zusammen ausgestoßen. Im 
Laufe der übernächsten Nacht erkrankfe das Tier unter An¬ 
schwellen der Füße und starken Schweißausbrüchen. Am Morgen 
zeigte die Stute die Symptome einer akuten Rose. Im weiteren 
Verlaufe entstanden auf der ganzen Körperoberfläche etwa nu߬ 
große Beulen in der Haut, welche nach 48 Stunden beim 
Punktieren weißgelblichen Eiter entleerten; neue Anschwellungen 
bildeten sich an den Extremitäten zu kleinen Ketten sich 
ordnend. Unter starkem Fieber, vermehrter Pulszahl und 
Atmung sowie starken Schmerzen verschlimmerte sich der Zu¬ 
stand; es trat Exitus letalis ein. Der Uterus erscheint normal, 
Peritonitis fehlt, die Nieren sind in ihrem Volumen vervierfacht 
und zeigen viele eitrige Herde; die Lungen — namentlich die 
j linke — enthalten viele Abszesse von gleichmäßiger Größe einer 
Nuß. Der Ansteckungssfoff rührte vermutlich von zwei Fällen 
von Pyämie her, der im verflossenen Jahre zwei Fohlen in dem 
Stalle erlegen waren. Richter. 

Cystoide Hodendegeneration. 

Von Oberveterinär Neven. 

(Zeitschrift für Veterioärkunde 1908, S. 102.) 

Ein 17 jähriger Deckhengst hatte einen heftigen Kolikanfall 
überstanden; beim Gehen wurde der rechte Hinterschenkel unter 
leichtem Stöhnen stark abduziert; der Hodensack war verdickt, 
die Hoden waren von normaler Größe und Konsistenz, der rechte 
jedoch schmerzhaft. Nach drei Tagen wurde Neven wegen 
anfallsweiser kolikartiger Schmerzen zu erneuter Untersuchung 
des Tieres gerufen. Der rechte Hoden war kindskopfgroß 
geschwollen, nach weiteren sieben Tagen wuchs die Schwellung 
zu Mannskopfgröße, das Skrotum hing bis zur Hälfte des Unter¬ 
schenkels herab. Bei der Sektion zeigte sich der rechte Hoden 
als weiche Masse; gallertartige, sulzige Maschen umschlossen 
große Mengen klarer Flüssigkeit, vom eigentlichen Hodengewebe 
war nichts mehr zu sehen. Der linke Hoden war normal. 
Peritonitis fehlte; die Ursache dieser cystoiden Hodenentartung 

*** 





978 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


No. o 8. 


ließ sich nicht ermitteln. Die Kürze der Zeit von elf Tagen, 
welche für die Veränderung des Hodens genügte, dürfte 
beachtenswert sein. Richter. 

Einiges über Tollwnt. 

Von Geheimrat Dr. Dammann, Leiter, und Hasenkamp, Assistent 

des hygienischen Instituts der Kgl. Tierärztlichen Hochschule 
zu Hannover. 

(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift, 1908, Nr. 32.) 

Dammann und Hasenkamp erzengten bei Katzen experi¬ 
mentell die Tollwut, indem sie in den langen Rückenmuskel in 
Emulsionsform Teile der Medulla oblongata und der Ammons¬ 
hörner von wutkranken Kaninchen einspritzten. Die Katzen 
erkrankten stets an der stillen Wut. Es war also die Weiter¬ 
entwicklung des Virus im Rückenmark vor sich gegangen. Die 
Tiere erkrankten am 12. bis 20. Tage nach der Impfung und 
am 3. Tage der offensichtlichen Erkrankung war die Lähmung 
vollständig, jedoch wurde in keinem Falle das Herabhängen des 
Unterkiefers beobachtet. Jüngere Katzen konnten leichter 
infiziert werden als ältere. Die Verfasser beschreiben aus¬ 
führlich die Methoden des Nachweises der Negri sehen Körperchen. 

Der zweite Teil der vorliegenden Arbeit behandelt die 
Frage, ob die Wut vererbbar ist. Von mehreren Autoren wird 
diese Frage verneint. Callignac hingegen hat eine erbliche 
Übertragung der Tollwut beobachtet. Auch Dammann und 
Hasenkamp sahen einen solchen Fall, denn es erwiesen sich 
einwandfrei die drei Jungen, die ein wutkrankes Kaninchen 
gebar, als wutkrank. Möglicherweise ist die Übertragung auf 
dem Wege des Plazentarkreislaufes erfolgt. 

# Im dritten Teile wird über einen Abortivverlauf der Tollwut 
bei einem Hunde berichtet. Ein mit Virus fixe geimpfter Hund 
zeigte die ersten Krankheitserscheinungen. Um nachzuweisen, 
ob der Speichel schon in diesem Stadium infektiös ist, ließen 
sie von dem Hunde eine Katze beißen, die jedoch gesund blieb. 
Mit dem Speichel impften sie aber auch zwei Kaninchen. Das 
eine Kaninchen starb am 3. Tage an Sepsis, das andere er¬ 
krankte jedoch am 20. Tage an der Wut und ging daran ein. 
Bei dem Hunde nahm die Erkrankung nicht den typischen 
Verlauf, vielmehr trat Heilung ein. 

Endlich nahmen Dammann und Hasenkamp auch Infektions¬ 
versuche bei Fröschen und Fischen vor. Diese Versuche fielen 
negativ aus. Rdr. 

Versuche der Immunisierung von Rindern gegen Tuber¬ 
kulose nach dem Behringschen Verfahren. 

Von Prof. Dr. Dammann in Hannover. 

(Archiv f. wlaicmchaftl. und prakt. Ticrheilk. Bd. 34, II. 4.) 

In vorliegender Arbeit veröffentlicht Dammann den ersten 
Bericht über die von ihm mit Behringschem Bovovaccin vor¬ 
genommenen Schutzimpfungen und Prüfung deren Wirksamkeit 
durch spätere künstliche Infektion. Je drei Bullenkälber und 
ein Schafbock dienten zu diesen Versuchen und als Kontroll¬ 
iere. Von den vier mit Bovovaccin vorbehandelten Tieren 
widerstand nur eins der späteren künstlichen Infektion mit 
virulenten Perlsuchtbazillen, während das andere, ebenfalls 
intravenös infizierte Kontrollkalb an ausgebreiteter Miliar¬ 
tuberkulose einging. Die übrigen drei bovovaccinierten Tiere 
zwei Kälber und ein Schafbock — leisteten der künstlichen 
Infektion keinen Widerstand. Sie sind nach der subkutanen 
Einverleibung einer Perlsuchtreinkultur ebenso tuberkulös ge- ' 


worden, wie die drei gleichzeitig mit derselben Kultur¬ 
aufschwemmung und auf demselben Wege infizierten Konfron¬ 
tiere. Es ist nicht zu verkennen, daß Grad und Ausdehnung 
der Tuberkulose wenigstens bei den beiden mit Bovovaccin 
vorbehandelten Kälbern etwas geringer waren als bei den beiden 
Kontrollkälbern; für den bovovaccinierten Schaf bock trifft 
solches aber in keiner Weise zu, denn er erkrankte beinahe 
noch heftiger, als der nicht immunisierte Bock. Anhaltspunkte 
für die Dauer eines etwaigen Impfschutzes bieten die Versuche 
nicht. 

Nach Dammann genügen die von ihm beschriebenen 
Versuchsresultate noch nicht zur eingehenden Kritik des 
Behringschen Verfahrens. Hierzu gehören vor allem die 
Beobachtungen, welche er an schutzgeimpften Rinderbeständen 
der Güter Grohnde und Jeinsen machen wird. 

J. Schmidt. 

Zur Frage der Pathogenität der Streptococcenmilch. 

Von Tierarzt G. Rühm, Perlach. 

(Wocliensehr. f. Tierblk. und Viehzucht, 52. J&hrg., Nr. 9.) 

Verfasser bespricht die von Albrecht-München mit der 
Verfütterung von streptococcenhaltiger Milch vorgenommenen 
Versuche. Das zur Infektion benötigte Material hatte Rühm 
mit Hilfe der Trommsdorffschen Leukocytenprobe gewonnen. 
Die Milch wurde bis zur Verwendung als Impfstoff im Eis¬ 
schrank aufbewahrt, um eine Vermehrung der Keime zu ver¬ 
hindern. Als Infektionsweg wurde die Fütterung gewählt, da 
diese der natürlichen Weise am besten entspricht. Bei den 
Kälbern wurde auch der Nabel mit der Eitermilch bestrichen, 
weil die Eintrittspforte für die Erreger der Kälberseptikämien 
erwiesenermaßen der Nabel ist. 

Für die Experimente kamen zur Verwendung 2 Meer¬ 
schweinchen, 2 Hühner, 4 kleine Hunde, 2 junge Ziegen und 
7 Kälber. Die Fütterungsversuche verliefen negativ. Nur bei 
einem Hunde wurde eine geringe Temperatursteigerung, bei 
einem anderen Erbrechen nach dem Genuß streptococcenhaltiger 
Milch beobachtet. Aus der geringen Versuchsziffer läßt sich 
nach Rühm keineswegs der Schluß ziehen, daß die erwähnte 
Milch etwa nicht pathogen wäre. Vor allem hätte die Ver¬ 
fütterung längere Zeit hindurch geschehen müssen. Verfasser 
führt im Anschluß hieran einige von ihm in der Praxis beob¬ 
achtete Fälle an, die für die Pathogenität sprechen. 

Wegen des überaus häufigen Vorkommens von Strepto¬ 
coccenmastitis sollte Säuglingen rohe Milch nur dann gegeben 
werden, wenn sie mittelst der Milcheiterprobe nach Tromms¬ 
dorff als einwandfrei befunden wurde. 

J. Schmidt. 

Über lokale Eosinophilie (Gewebseosinopliilie) bei 
zooparasitären Leiden. 

Von A. F. Fölger-Kopenhagen. 

(Zcitschr. f. InfekUonskrankh. uaw., Bd. IV, S. 102.) 

Das gegenseitige Zahlenverhältnis der verschiedenen 
Gruppen der farblosen Blutkörperchen ist nicht konstant, sondern 
schwankt bei verschiedenen physiologischen Zuständen, so daß 
sich unter normalen Verhältnissen in einigen Geweben ein ge¬ 
wisses Übergewicht irgendeiner Zellenart geltend macht. Dieses 
Verhalten kann sich bei krankhaften Vorgängen in verschiedener 
Weise ändern, z. B. dadurch, daß große Mengen von Zellen auf- 
treten, die normalerweise nicht an den betreffenden Orten ange¬ 
troffen werden. Zu den Änderungen dieser Art gehört eine starke 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


970 


■ »1. Dezember 1908. 

Infiltration mit eosinophilen Zellen bei der Distomatose der 
Leber, bei der Myositis unter starker Infektion mit Sarko- 
sporidien und bei Einwanderung des Cysticercus tenuicollis in 
die Leber. 

Folger hat sich überzeugt, daß die acidophilen Zellen in 
allen Fällen von Myositis und Glossitis sarcosporidica vorhanden 
sind. Ferner wird man nach Fölger beim Rind wohl kaum 
eine Leber finden, die Egel enthält oder vor kurzem enthalten 
hat, und nicht wenigstens einige eosinophile Infiltration zeigte. 
Die Untersuchung einiger nicht durch Leberegel erregter Fälle 
von Leberzirrhose ergab, daß in solchen Fällen keine Gewebs- 
eosinophilie vorhanden war. Außer beim Rinde stellte Fölger 
auch bei einigen anderen an Distomatose leidenden Tieren 
(Schaf, Pferd, Schwein, Meerschweinchen) Gewebseosinophilie 
fest. — In fünf Fällen von Einwanderung von Cysticerken in 
die Leber fand Fölger gleichfalls eine (übrigens nicht be¬ 
sonders große) Vermehrung der eosinophilen Zellen. 

Richter. 

Die Bekämpfung der Schafrände. 

Von Vct.-Rat Ostertag in Schwäb.-Ginfind. 

(Deutsche Tier&rztl. Wochenschrift 1908, Nr. 32.) 

Der Verfasser berichtet über die guten Erfolge, die er mit 
der Schmierkur bisher gehabt hat. Er verwendet die von 
Kapp & Sohn in Mühlacker zum Preise von 80 Pf. pro Liter 
zu beziehende Tabakpresse, welcher er vor der Verwendung 
ca. 5 Proz. Terpentinöl zufügt. Zur Vornahme der Schmierkur 
sind 4—6 Mann nötig, welche die Schafe Stück für Stück mit 
zusammengebundenen Füßen auf einen Schrägen zu legen haben. 
Hierauf wird die Wolle mit allergrößter Sorgfalt vom Kopf bis 
zum Schwanz gescheitelt, so daß auch nicht die kleinste Stelle 
der Körperoberfläche unberücksichtigt bleibt. In jede verdickte 
Hautstelle, die sich vorfindet, wird ein Einschnitt gemacht, mit 
Tabakpresse übergossen und geknetet, um die in der Tiefe 
liegende Milbenbrut zu zerstören. Am 7. und 14. Tage wird 
das Verfahren wiederholt. Die behandelten Schafe werden von 
den unbehandelten getrennt gehalten. Hürden und Stallungen 
werden am 1., 7. und 14. Tage vorschriftsmäßig desinfiziert. 
Jedes Schaf, welches sich noch nachträglich juckt oder reibt, 
wird sofort gefangen und nachgeschmiert. Nach drei Wochen 
ist die Herde, auch wenn sie noch so räudig war, geheilt. Ein 
Bad hält Ostertag nicht für erforderlich. Da es aber so vor¬ 
geschrieben ist, verwendet er die Badekur nach Zündel. 

Die Schafräude aus der Liste der anzeigepflichtigen Krank¬ 
heiten zu streichen, wie dies Landrat von Schwenzel auf der 
letzten Generalversammlung der Landwirtschaftskammer für den 
Regierungsbezirk Kassel beantragte, hält Ostertag für verfehlt, 
weil dann die ,,reinen“ Schäfereien schutzlos der Ansteckung 
ausgesetzt wären. Auch würde der mit großen Schwierigkeiten 
kämpfenden deutschen Schafzucht insofern ein empfindlicher 
Schlag versetzt, als z. B. die Ausfuhr räudekranker Schafe nach 
Frankreich verboten und überdies ja auch der Verlust an Wolle 
und Fleisch ganz belangreich ist. Rdr. 

Tagesgeschichte. 

Selbsthilfe gegen die veraltete tierärztliche Taxe. 

Vortrag,, gehalten im Verein der Tierärzte Schleswig-Holsteins 
von Tierarzt Masch-Wilster. 

/. Die im Kreise Schleswig ansässigen Tierärxfe sind überein - 
gekommen, nach einheitlicher Taxe xu liquidieren und erklären j 


sich xu Hilfeleistungen außerhalb des Ortes während der Nacht 
nur dann bereit, wenn Fuhrwerk gestellt wird. 

2. Liquidationen sind halbjährlich xu senden. 

3. Die Weiterbehandlung eines bereits in Behandlung befindlichen 
Tieres darf ohne Einverständnis mit dem behandelnden Kollegen 
nicht übernommen teer den. 

4. Es ist dringend von der Übernahme eines Jahresfixums ah- 
x u raten. 

5. Es ist ferner dringend erwünscht , mit der alten Kluppen- 
Kastrafionsmethode xu brechen und sich der modernen Richtung 
anxuschließen. 

fi. Das Abhalten von regelmäßigen Sprechstunden außerhalb des 
Wohnortes ist untersagt. 

7. Rexepte sind — wenn irgend möglich — nicht ahxugebcn , 
Atteste in möglichst geringer Zahl. 

■N. Für Nachtbesuche (von abends 9 Uhr bis morgens 6 Uhr) wird 
die Taxe auf das Doppelte erhöht. 

Meine Herren! Die sozialen Verhältnisse haben in dem 
letzten Jahrzehnt gewaltsam dahin gedrängt, daß die Zu¬ 
gehörigen der einzelnen Stände sich zu engen Vereinigungen 
zusammenfinden mußten. Kein Stand konnte sich auf die Länge 
der Zeit der Ansicht verschließen, daß nur in solchen Ver¬ 
bänden der einzelne den in Ausübung seines Berufes not¬ 
wendigen Schutz finden und zu dem Ziele gelangen könne, in 
eine den sozialen Verhältnissen seines Standes entsprechende 
Stellung einzurücken. 

Welche oft riesigen Vereinigungen, Verbände heutzutage 
bestehen, darüber ist hier kein Wort zu yerlieren. 

Diesem Drängen der Zeit folgend, sind die Tierärzte in 
ganz Deutschland bald in größeren, bald in kleineren Verbänden 
vereint. In solchen werden die Standesinteressen vertreten und 
bei unseren Versammlungen die Standesfragen erörtert. Was 
können wir Tierärzte in unseren Vereinen zur Förderung 
unserer notwendigen Interessen, zur Hebung unseres Standes 
in zeitentsprechender Weise erreichen? Darüber, meine geehrten 
Herren Kollegen, wird man sich zurzeit in den einzelnen Provinzial¬ 
vereinen unterhalten. Man ist bestrebt, ohne persönliche Über¬ 
hebung die rechten Wege zu finden, wie das zu erreichen, was 
auch uns Tierärzten nottut. 

Im Kreise Schleswig ist in der Versammlung vom 30. August 
über eine Reihe Standesfragen in gleicher Weise verhandelt, 
wie dies in Westfalen und anderen Provinzen bereits vorher 
geschehen. 

In der Versammlung zu Schleswig, wo 17 Kollegen aus 
den Kreisen Flensburg, Rendsburg, Husum und Schleswig er¬ 
schienen waren, hat man die ihnen gedruckt vorliegenden acht 
Grundsätze aufgestellt, nach welchen die Ausübung der tierärzt¬ 
lichen Praxis erfolgen soll. 

Der Vorstand hat mir nun die Aufgabe gestellt, mich zu 
diesen Grundsätzen zu äußern. 

Ob man sich solcher Aufgabe leichten Herzens unterziehen 
kann, oder ob deren Erfüllung Schwierigkeiten bietet, darüber 
mag jeder nach seinem Ermessen urteilen. Ich stehe auf dem 
Standpunkt, daß wir zu einem, allen Kollegen willkommenen 
Ziele hinsichtlich aüer dieser Fragen, welche in den Grund¬ 
sätzen angeschnitten sind, nur dann gelangen können, wenn wir 
zunächst einmütig uns des Grundsatzes erinnern „Juncti 
valemus collidentes frangimor“. Einig lassen Sie uns darin 
sein, daß wir in unseren Verbänden nicht nur an eine Förderung 
der materiellen Interessen denken, daß eine wahre innere Stärke 
unserer Vereinigung nur dann innewohnen kann, wenn wir auch 
das Ideale nicht aus den Augen verlieren. Die rechte Freude 




980 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


in und für unseren Beruf muß uns beseelen, dann wird, von 
kleinen Ärgernissen abgesehen, auch der materielle Erfolg uns 
nicht fehlen. Ich persönlich kann nicht dafür eintreten, daß der 
einzelne Kollege in Ausübung seines Berufs durch allzueng 
gezogene Schranken sich behindert fühlt. Grundsätze, welche 
für den einen passen, können für den anderen leicht hinderlich 
sein. Persönlichkeiten, Wirkungskreise sind doch nicht überall 
gleich. Ein jeder von uns muß wissen, daß er Mitglied eines 
Verbandes ist, der auf sich etwas hält nnd der darauf achtet, 
daß auch seine Mitglieder ihre Stellung würdig ausfüllen. 

Von solchen Erwägungen ausgehend, will ich in eine kurze 
Besprechung der uns mitgeteilten acht Grundsätze eintreten. 

Meine Herren! Seit den letzten dreißig Jahren sind die 
ländlichen Besitzungen und erst recht alle landwirtschaftlichen 
Produkte, besonders aber das Vieh, als Pferde, Rinder und 
Schweine, um zirka 30—50 Proz. und noch mehr in ihrem 
Werte gestiegen. Ebenso sind auch alle industriellen Erzeug-, 
nisse in dem letzten Jahrzehnt im Preise ganz rapide in die 
Höhe gegangen. Mit, diesen Steigerungen mußten naturgemäß 
auch die Löhne für die Land- und Fabrikarbeiter, sowie der 
Verdienst der Handwerker den Bedürfnissen entsprechend ge¬ 
steigert werden. Durch die Erhöhung der Lebensmittelpreise 
sowie die Preissteigerung für alle anderen Lebensbedürfnisse 
wurde es ebenfalls nötig, die Gehälter der Beamten, einerlei, 
welchem Berufe sie angehören, aufzubessern. Ebenso haben 
sich andere Berufsklassen, als Anwälte, Ärzte usw. zusammen¬ 
getan, um ihren Verdienst mit den gesteigerten Lebensbedürfnissen 
in Einklang zu bringen. Was sich in dieser Hinsicht erreichen 
läßt, wenn alle Berufsgenossen einmütig Zusammenhalten, das 
zeigt uns der Leipziger Verband der Ärzte. 

Also alle, Arbeiter, Handwerker, Beamte und sonstige 
BerufBklassen sind dem Drange der Zeit gefolgt und haben ihre 
Einnahmen zu den für das Leben notwendigen Ausgaben ins 
richtige Verhältnis zu bringen gesucht. Nur wir Tierärzte sind 
zum großen Teile noch zurückgeblieben und liquidieren für 
unsere Hilfeleistungen noch dieselben bescheidenen Preise, die 
schon vor 30 Jahren, als das zu behandelnde Objekt nur einen 
geringen Wert hatte, in Ansatz gebracht wurden. Durch solche 
vorweltlichen, dem Grade unserer Vor- und Ausbildung nicht 
entsprechenden Preise wird es vielen, besonders aber jüngeren 
Kollegen recht schwierig gemacht, sich redlich, d. h. ihrer 
Bildung entsprechend, durchs Leben zu schlagen, weshalb denn 
auch recht viele Tierärzte lieber eine Beschäftigung am Schlacht¬ 
hause oder Hygienischen Institut oder dergleichen suchen, als 
sich der mühsamen und oft noch mit materiellen Sorgen ver¬ 
knüpften Privatpraxis zu widmen. Aber die auskömmlichen 
Stellen an genannten Instituten sind auch nicht so reichlich 
aufgetischt, es ist stets mehr Nachfrage als Angebot, das sieht 
man an den vielen Inseraten in unseren laufenden Zeitschriften, 
in denen junge Kollegen Stellung suchen und bereit sind, jede 
auch noch so kärglich dotierte Stellung anzunehmen, nur, um 
vor äußerster Not bewahrt zu bleiben. Andere, denen es ver¬ 
sagt blieb, eine Stellung am Schlachthof zu erhalten, stürzen 
sich in die Praxis und suchen nun mit aller Gewalt und oft 
auch wohl mit nicht ganz einwandfreien Mitteln, einen Kunden¬ 
kreis zu erwerben. Mancher ideal veranlagte Tierarzt mag 
über das, unserem Stande oft unwürdige Gebaren eines solchen 
Kollegen die Nase rümpfen, aber er muß wohl bedenken, daß 
der betreffende meist nicht aus eigenem Triebe, sondern der 


Not gehorchend, so handelt, ohne zu überlegen, daß er sein 
eigenes Ansehen und das seines ganzen Standes in den Augen 
des Publikums untergräbt; denn auch der gebildete Landmann 
begleitet das Auftreten eines solchen Tierarztes nur mit einem 
höhnischen Lächeln. 

Ganz anders ist das Verhalten derjenigen praktizierenden 
Tierärzte zu beurteilen, die da Landtouren von 15 bis 20 km 
und noch mehr, bis in den Wohnort des Nachbarkollegen oder 
noch darüber hinausfahren für einen Preis, den der Nachbar¬ 
kollege im Wohnorte liquidiert. Die Landleute konsultieren einen 
Tierarzt mit so niedrigen Preisen gern und nehmen ihren eigenen 
Vorteil wahr; im übrigen aber haben sie für seine Habgier oder 
seinen zweifelhaften Dünkel „Hier! Ich bin der Tüchtigere, ich 
werde weit und breit geholt“, nur ein verächtliches Achsel¬ 
zucken. Wir aber, meine Herren, müßten ein solches Verhalten, 
welches das Ansehen unseres ganzen Standes tief herabdrückt, 
einfach als trivial bezeichnen. Das Wort ist heraus, verzeihen 
Sie, meine Herren, diesen scharfen Ausdruck. Aber ich merke, 
ich schweife ab, ich wollte ja über einheitliche Taxe sprechen. 

Meine Herren! Wenn Sie meinen Ausführungen gefolgt 
sind, werden Sie leicht begreifen, daß wir, ebensowenig wie die 
Schwarzen und die Roten, deren Zugehörige doch unter sehr 
scharfer Kontrolle stehen, es bis jetzt nicht vermocht haben, 
all ihre Schäfchen unter einen Hut zu bringen, ebensowenig es 
fertig bringen werden, daß all unsere Kollegen in der ganzen 
Provinz für ihre Leistungen gleiche Preise liquidieren. 

Von diesen Erwägungen ausgehend, haben denn auch die 
am 30. August in Schleswig versammelten Herren nur eine 
Mindesttaxe festgelegt, und zwar so niedrig, daß die gewerbs¬ 
mäßigen Empiriker meistens darüber hinausgehen. Es wäre 
wirklich unseres ganzen Standes unwürdig, wenn wir mit 
unseren Forderungen noch unter dieser vorgeschlagenen Mindest¬ 
taxe bleiben würden. 

Die zweite Forderung in dem unter Nr. 1 aufgeführten 
Grundsätze, wonach wir uns zur Nachtzeit zu Hilfeleistungen 
außerhalb des Wohnortes nur dann bereit erklären sollen, wenn 
Fuhrwerk gestellt wird, hat mich nicht allein in Staunen ver¬ 
setzt, sondern sogar sehr unangenehm berührt. Wie wäre es, 
meine Herren, wenn nachts jemand käme, der nur ein Pferd 
hat und gerade dieses wäre krank, oder er hat gar kein Pferd, 
sondern nur eine Kuh oder gar nur eine *Ziege, die nicht ge¬ 
bären kann, und die sein ganzes Vermögen repräsentiert, wollten 
Sie auch diesem Mann Ihre Hilfe versagen, weil er außerstande 
ist, ein Fuhrwerk zu stellen? Das hieße doch, ihn direkt dem 
Pfuscher in die Arme treiben. Der Empiriker würde meilen¬ 
weit mitgehen und der Hilfesuchende würde ihm dankbaren 
Herzens und freudig seinen ganzen Wochenlohn opfern, auch 
wenn die Kur zu seinem Nachteil ausgefallen wäre. Den be¬ 
treffenden Tierarzt aber würde er verfluchen und jede erdenk¬ 
liche Gelegenheit benutzen, um seine Mitmenschen vor diesem 
zu warnen. 

Dem unter 2 aufgestellten Grundsatz, wonach Liquidationen 
halbjährlich zu senden sind, dürfen wir alle wohl freudig zu¬ 
stimmen. 

Der Landwirt von heute ist ein sehr scharfer Rechner, er 
verkauft seine Produkte nur gegen bar und trägt das empfan¬ 
gene Geld, sofern er es nicht anderweitig verwenden will, sofort 
auf die Bank oder zur Sparkasse, um es zinstragend zu belegen. 
Wir aber, meine Herren,, die wir unsere Rechnungen nur all- 






981 


1S H K LI NEU TIEKÄKZTLICH E WOCHENSCHRIFT. 


1. Dezember 1908 

jährlich ausstellen, verlieren, wenn wir brutto 10000 M. im 
Buche haben, jährlich 2—300 M. an Zinsen, die unsere Kunden 
vorweg eingeheimst haben. Meine Herren, das ist also nicht 
kaufmännisch gerechnet. Hierzu kommt noch ein zweiter, 
größerer Übelstand. Der junge Anfänger, der von Hause aus 
nicht so viel Barmittel mitgebracht hat, daß er ein ganzes 
Jahr sorgenlos davon leben und alle die noch zum Geschäfte 
gehörigen, laufenden Ausgaben für Fuhrwerk, Arzneien, Instru¬ 
mente, Verbandstoffe und Bücher usw. bezahlen kann, oder der 
gar noch ein Minusvermögen aus der Studienzeit mitgebracht 
hat, der ist unter diesen Verhältnissen gezwungen, das ganze 
Jahr auf Pump zu leben, was natürlich noch viel höhere Zinsen 
frißt und ihn womöglich nicht ganz einwandfreien Manichäern 
in die Hände treibt. Wenn nun das Jahr um ist und er hat 
mit den eingegangenen Geldern seine Schulden bezahlt, dann 
steht er mit seinen Kenntnissen wieder allein und die Pump¬ 
wirtschaft muß von neuem beginnen, was nicht gerade zur Er¬ 
höhung seines Ansehens beiträgt. Ferner hat die Rechnungs¬ 
ausstellung in kürzeren Fristen noch den Vorteil, daß die 
Summen nicht so groß und von den Kunden leichter bezahlt 
werden, was besonders bei den ärmeren und säumigen Zahlern 
zutrifft. Es erscheint daher dringend geboten, unsere Liqui¬ 
dationen halbjährlich, und noch besser quartaliter auszustellen, 
wie solches von den Ärzten, Anwälten, von allen Kaufleuten 
und Handwerkern schon seit einer Reihe von Jahren eingeführt 
worden ist. 

Dem unter Nr. 3 aufgestellten, wohl am schwersten ins 
Gewicht fallenden Grundsatz kommen wir am leichtesten nach, 
wenn wir uns als Kollegen und nicht als Konkurrenten be¬ 
trachten. Wenn die Kollegen einmütig Zusammenhalten, dann 
kann das Publikum gar nichts gegen uns machen; wir und auch 
unser ganzer Stand können dadurch in der Achtung des 
Publikums nur steigen. Nichts ist mehr geeignet, das Ansehen 
der Tierärzte zu fördern, als dieser Grundsatz. Wenn es auch 
nicht in jedem Falle angängig sein mag, daß der zuerst be¬ 
handelnde Tierarzt vor der Übernahme der Weiterbehandlung 
eines Patienten benachrichtigt wird, so muß man doch dem Be¬ 
sitzer klar machen, daß man solches lieber gesehen, oder am 
liebsten mit dem Kollegen zusammen konsultiert hätte. Viel- | 
fach verschweigt der Besitzer aber auch, daß der Patient vor¬ 
her von einem anderen Kollegen behandelt war. Häufig aber 
auch versucht der Besitzer, die Behandlungsmethode des ersten 
Tierarztes zu kritisieren oder abfällig zu beurteilen, um dem 
zweiten Tierarzt zu schmeicheln. Wehe dem Tierarzt, der sich 
in überhebendem Dünkel dadurch geschmeichelt fühlt und ihm, 
sei es durch eine zustimmende Geberde oder gar durch Wort 
beipflichtet; der Besitzer wird bei nächster Gelegenheit wieder 
zu seinem früheren Tierarzt zurückkehren und ihm, zu seiner 
Entschuldigung, brühwarm erzählen: „Ja, Ihr Kollege war aber 
auch der Ansicht, daß Ihre Behandlung nicht die richtige war.“ 
Die natürliche Folge davon würde sein, daß die beiden Kollegen 
sich fortan scheel ansehen, oder gar in unstillbaren Haß ver¬ 
fallen. Derartige herabwürdigende Verdächtigungen der Tier¬ 
ärzte seitens des Publikums können nicht schroff genug zurück¬ 
gewiesen werden. Dadurch erst zwingt man dem Landwirt 
Achtung ab vor unserem ganzen Stand. 

Ob es zu 4 ratsam oder nicht ratsam ist, die Behandlung 
eines Viehbestandes für ein Jabresfixum zu überlassen, darüber 
kann ich mir kein Urteil erlauben, denn ich habe noch nie, ab¬ 


gesehen von der Fleischbeschau, für ein Jahresfixum gearbeitet 
und so viel mir bekannt, ist solches auch an der ganzen West¬ 
küste unserer Provinz nicht Sitte. Dieser Modus wird meines 
Wissens nur auf den großen Gütern gehandhabt und muß ich 
daher das Urteil denjenigen Kollegen überlassen, die ihr Ein¬ 
kommen aus solchen Jahresabschlüssen beziehen. 

Meine Herren! Die Wissenschaft schreitet stetig vorwärts, 
was heute als Norm hingestellt wird, ist morgen nicht mehr zu¬ 
treffend, wer nicht mit der Wissenschaft vorwärts schreitet, der 
geht zurück, einen Stillstand gibt es nicht. Die größten Fort¬ 
schritte sind nächst der Bakteriologie wohl in der Chirurgie zu 
verzeichnen. Sie alle wissen, meine Herren, daß wir heute 
bald vor keinem chirurgischen Eingriff zurückschrecken brauchen. 
Dieser Fortschritt fällt dem Landwirt am meisten in der Ge¬ 
burtshilfe und den täglich vorkommenden Kastrationen in die 
Augen. Wir haben bei letzteren mit der Kluppenmethode längst 
gebrochen, sie mußte vor zirka zehn Jahren der Kastrations¬ 
methode vermittelst Emaskulators resp. der von verschiedenen 
Konstrukteuren zweckmäßig abgeänderten Sandschen Zange 
weichen. Diese Methode, die so furchtbar einfach und so wenig 
nachhaltig in das Empfinden des Kastraten einzugreifen scheint, 
zwang dem Tierbesitzer hohe Bewunderung ab. Aber gerade 
infolge der verblüffend einfachen Handhabung dieser Instrumente 
sind wir schon längst nicht mehr die alleinigen Beherrscher 
dieser Kastrationsmethode. Fast alle gewerbsmäßigen Kastrierer 
und auch schon recht viele Bauern haben sich diese Zangen 
von der Firma Hauptner-Berlin kommen lassen und kastrieren 
ihre Bullen, Kälber und Eber selbst, ja nicht bloß die eigenen, 
sondern auch vielfach noch die ihrer Nachbarn. 

Ich habe in den beiden letzten Jahren, besonders ira letzten 
Winter und auch in der heißen Jahreszeit, verschiedene 
Kastrationen bei Hengsten und Bullen aseptisch ausgeführt und 
die Wundränder sofort wieder vernäht. Eine Schwellung des 
Operationsfeldes trat nur in ganz geringem Maße ein und die 
Heilung erfolgte in ganz kurzer Zeit per primam. Diese 
Methode hat den Vorteil, daß eine Infektion der Wunde unter 
allen Umständen vermieden wird und daß sie von dem Laien 
nicht nachgeahmt werden kann, da ihm das Verständnis für eine 
vollkommene Asepsis abhanden geht. 

Ich möchte Ihnen dringend empfehlen, meine Herren, sich 
stets den neusten Errungenschaften in der Chirurgie anzupassen 
und besonders bei sehr schmerzhaften Operationen die Narkose 
anzuwenden, oder, wo solche unter gegebenen Umständen nicht 
tunlich erscheint, sich der^Lokalanästhesie zu bedienen, denn 
gerade darin stehen wir so hoch über dem Empiriker. 

Was nun 6. das Abhalten von regelmäßigen Sprechstunden 
außerhalb des Wohnortes und die regelmäßigen Rundfahrten 
anbetrifft, so sind diese absolut zu verpönen, denn wir sind 
weder Scherenschleifer noch Siebmacher, die in gewissen Zeit¬ 
abschnitten von Dorf zu Dorf fahren und sich dann Haus bei 
Haus zum Schleifen stumpfer Scheren oder zur Ausbesserung 
defekter Siebe anbieten. Meine Herren, eine solche Hausier¬ 
praxis ist unserer unwürdig, man soll sie den Zigeunern und 
Wahrsagern überlassen. Auch mit dem Abgeben von Rezepten 
hat man vielfach recht traurige Erfahrungen gemacht; nicht 
allein, daß der Apotheker solche gelegentlich weiter benutzt, 
sondern besonders auch, weil sie vielfach im ganzen Dorfe und 
der näheren Verwandtschaft herumwandern und hierdurch nicht 




1)82 


HEHLINEU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. . r >3. 


nur der Tierarzt umgangen und in seinem Verdienste geschmälert, 
sondern auch vielfach großer Unfug damit angerichtet wird. 

Dieses erinnert mich an ein Bild in einem früheren Jahr¬ 
gange der Fliegenden Blätter: „Steht da ein Bäuerlein hinter 
seinem Zaun und raucht seine Pfeife. Sein Nachbar kommt 
und sagt: Du Nahwer! min Kauli is krank, Din wär jo nülich 
ok krank, giff mi doch mal dat Rezept. Jawoll Nahwer! Er 
holt das Rezept und übergibt es dem Nachbarn. Am nächsten 
Tage erscheint dieser wieder, kratzt sich hinter den Ohren und 
sagt: Du Nahwer! Dat Rezept is min Kauli awerst siecht 
bekanfn, se is krepiert! Ja - - sagt der erstere: Dat is 
min ok.“ — 

Ferner dürfen wir mit dem Abgeben von Attesten nicht so 
leicht bei der Hand sein, weil sie oft nur dazu dienen sollen» 
dem einen oder anderen einen nicht ganz einwandfreien Vorteil 
einzubringen. Hierzu dürfen wir die Hand nicht bieten. 

Endlich, für Nachtbesuche ist die Taxe anf das Doppelte 
zu erhöhen. 

Meine Herren! Es kommt recht häufig vor, daß ein Pferd 
schon den ganzen Tag über an Kolik erkrankt war. Da werden 
alle Nachbarn zusammengetrommelt, der eine weiß diesen Rat» 
der andere jenen. Der eine hat dies schon mal erlebt und der 
andere schon ganz was anderes und alle Mittel werden durch¬ 
probiert. Die Nachbarn sitzen den ganzen Tag mit im Stall 
und unterhalten den Besitzer. Wenn es aber Abend wird, sagt 
der erste Nachbar: „Ja Nahwer, ik will nu to Bett, wenn wat 
passieren sehull, denn schick man Order, denn kam ik gliks 
wedder.“ „Ja, velen Dank ok Nahwer.“ — Ebenso verfahren 
auch der zweite und dritte Nachbar. Jetzt sitzt der Besitzer 
allein bei seinem Kranken und langweilt sich. Sobald nun der 
Patient unruhig wird, bekommt der Bauer es mit der Angst, 
er hat ja keinen mehr, mit dein er den Fall besprechen könnte; 
er holt schleunigst den Knecht oder Dienstjungen aus dem Bett 
und schickt ihn zum Tierarzt mit der Weisung, daß er sofort 
hinkommen möchte, ohne zu bedenken, daß auch der Tierarzt 
seiner Nachtruhe bedürftig ist. 

Der Geldbeutel ist aber ein kitzlicher Punkt, wenn der 
Viehbesitzer weiß, daß er nachts doppelt bezahlen muß, richtet 
er sich meistens schon so ein, daß er den Tierarzt am Tage 
konsultiert. 

Hiermit will ich meine Ausführungen schließen, meine 
Herren, mit dem Wunsche, daß die nun folgenden Debatten zu 
einem uns alle befriedigenden Ziele führen mögen. 

Bernfs-ÜberfüHuiig. 

Von Dr. med. vet Uhl mann-Lengefeld i. Krzgh. 

Zu dem Artikel „Berufsüberfüllung“ in Nr. 40 der „B. T. W.“ 
kann ich nicht schweigen, obwohl ich mich mit mancher Ansicht 
des Verfassers identifiziere. In einem Punkte besonders nicht. 

Es sollen immer nur die jungen Kollegen mit dem großen 
Einkommen, zwar solche, die sich damit brüsten, die Schuld 
tragen au der beklagenswerten Proletarisierung unseres Berufes. 
Ist hier nicht ein Widerspruch? Erst werden die jungen Tier¬ 
ärzte beschuldigt, in weiteren Schriftsätzen werden die „lukrativen“ 
Stellenangebote in den Fachzeitschriften glossiert, zuletzt wird 
nachgererhnet. wie hoch denn in Wirklichkeit ein tierärztliches 
Einkommen steigen kann. Am Schluß der Appell an die tier¬ 
ärztlichen Vereine behufs Aufklärung der Abiturienten. 


Alles sehr gut gemeint! Wird die Sache im Kern getroffen? 
Sind nach den Ausführungen des Kollegen die „Jungen“ wirklich 
immer nur die Schuldigen? 

Der Praktiker, mit wenig Zeit wie immer, liest den Artikel 
und freut sich, daß es doch noch Leute gibt, die aufpassen, wie 
die Vogel des Kapitols, denen ihre Tätigkeit noch Zeit läßt, 
Artikel in die Zeitung zu lancieren. Wenn nur von Zeit zu 
Zeit ein Warnungsruf ertönt, so ist der „Praktische“ zufrieden, 
schläft weiter. 

Mir war es schwer, die bekannte Seitenbewegung der 
Mundwinkel zu unterdrücken, als ich die Nr. 40 beiseite 
legte. Vergleichsweise fiel mir ein, mit welchen Mitteln die 
Verbindungen an unseren Hochschulen sich ihren heiß ersehnten 
Nachwuchs zu sichern suchen. Die ähnliche Methode der Fuchs¬ 
gewinnung an anderen Hochschulen kann hier füglich nicht zum 
Vergleich dienen, weil diese Verbindungen keine Fachkorpo¬ 
rationen, wie bei uns, repräsentieren. 

Zu den illustren Mitteln gehört unter anderen das Keilen 
der alten Herren in den Städten mit höheren Schulen. Dies 
mag seine Berechtigung haben, sobald ein alter Couleurstudent 
| einen Mulus für seine Verbindung keilt, der bereits sicher fürs 
I tierärztliche Studium sich entschieden hatte. Wenn aber Tier¬ 
ärzte in ihrer Keilwut sich so w r eit hinreißen lassen, noch 
schwankende durch die Kraft ihrer Rede dahin zu bringen, 
Veterinärmedizin zu studieren, um sie natürlich auch in die 
betreffende Korporation hineinzulavieren, so betrachte ich dies, 
gelinde gesagt, als eine Todsünde gegen unseren Beruf als 
Praktiker. Als Praktiker sage ich. Der beamtete und der 
Schlachthoftierarzt steht der Überfüllung schon bedeutend kühler 
gegenüber. Kann es nach den heutigen Verhältnissen auch. 
Ihnen erwächst nicht die sogenannte Konkurrenz wie den prak¬ 
tizierenden Veterinären. Letztere müssen alles aufnehmen. Solche, 
die das amtliche in der Tasche, auf Anstellung lebenslänglich 
warten, wieder solche, die wegen allzu großer fleischbeschau¬ 
licher Tüchtigkeit einen Schlachthofposten nie erreichen. Zur 
Praxis reichte noch immer! 

Doch zurück zum Nachwuchs! Hier gehört die Sonde auch 
angesetzt. Ich bin der letzte, der gegen das Wachsen, Blühen 
und Gedeihen unserer tierärztlichen Verbindungen einen Stein 
würfe. Daß aber in der recht in Aufnahme gekommenen 
Methode, die ich kennzeichnete, für den gesamten Stand eine 
schwere Gefahr liegt, muß jeder sehen, dem des Blickes Schärfe 
nicht durch die ermüdende Couleurbrille gestumpft ward. 

Die tierärztlichen Vereine dagegen mobil zu machen, stiftet 
m. A. nach nicht den ersehnten Nutzen. Die sind zu etwas 
anderem da. In deren Versammlungen werden vielfach ganz 
neue Errungenschaften der Wissenschaft der staunenden Zuhörer¬ 
schaft übermittelt. Sie dienen mehr informatorischen, instruktiven 
Zwecken und führen die praktischen Tierärzte herrlichen Zielen 
entgegen. 

Vollständig abseits hiervon noch einige Streiflichter: Vor 
ca. einer Woche stand in den „Leipziger N. N.“ ein Artikel, 
wonach den Pädagogen die Erwerbung des Doktortitels nicht 
mehr in Aussicht stand. Nur Maturp sollten ihn noch erwerben 
können. Prompt acht Tage später stand an gleicher Stelle: 
Der Verein akademisch gebildeter Seminarlehrer hätte sich in 
beregter Frage ans Ministerium um Auskunft gewandt. Diese 
Behörde hätte von ersterer Zeitungsmeldung nichts gewußt, die 
j Möglichkeit für die Pädagogen zu promovieren, nach wie vor 


31. Deze mber 190«. BERLINER TIERÄRZTE! 

nach den bisherigen Bestimmungen ins Bereich der Möglichkeit 
gestellt. 

Hierzu paßt nachstehendes: In letzter Nummer der Tier¬ 
ärztlichen Rundschau fragt ein Kollege an, welche Auskunft die 
oberste Behörde auf eine vor langer, langer Zeit erfolgte Ein¬ 
gabe des „Deutschen Veterinärrats“ behufs Anerkennung des 
Doctor helvet. gegeben habe. — Jedenfalls noch im Stande der 
Erhebungen und Erwägungen. 

Die sächsischen Lehrer halten wenigstens einmal im Jahre 
eine Wanderversammlung mit erschütternden Resolutionen als 
Beratungsgegenständen ab. In einem größeren Orte stets, wo 
Sitz mehrerer Behörden. Zu den Versammlungen erscheinen, 
wie ich mir vorstelle, auf Einladung regelmäßig die obersten 
Beamten der Stadt, bringen Willkommen aus und wünschen 
guten Fortgang .... Auch erscheint vom Ministerium ein 
Geheimrat, um den Versammelten die Huld der Regierung zu 
versichern. Um ihnen zu sagen, wie großen Wert man ira 
Ministerium auf ihre Beratungsgegenstände legt. 

Wenn Tierärzte, speziell praktische, Zusammenkommen, ist 
es anders. Quantitö negligeable! Wir, die folgsamen Kinder, 
die sich immer nur freuen, wenn einigen Vertretern des Standes 
gewisse Ehrungen in den Schoß geworfen werden. Sonst aber 
nur auf die Brosamen, die vom Tische fallen, warten. 

Dort bei den Pädagogen. Eine einzige schiefe Beurteilung 
des Standes in der Zeitung, bei Behörden, beim Ministerium ! 
Sofort setzt eine — einmütige — polemische Behandlung des 
Gegenstandes ein, die ihresgleichen sucht. — Jedoch, sie 
erreichen was! 

Wir haben immer einen vollen Bauch, sind satt. 

Unterstfitzungsverein für Tierärzte. 

Der Unterstützungsverein ist nach Kräften bemüht, in allen 
Fällen, in denen sich Tierärzte oder Hinterbliebene solcher in 
Not befinden, nach Maßgabe seiner Mittel zu helfen. Wenn 
dies nicht immer ganz gelingt, so liegt dies einesteils daran, 
daß die Not zu groß ist, andernteils, daß unsere Mittel zu 
klein sind. Es ist daher nicht zu vermeiden, daß trotz des 
Bestehens des Unterstützungsvereins in einzelnen Fällen immer 
wieder zur Hilfeleistung öffentlich aufgefordert werden muß. 
Dies war jetzt wieder der Fall, als der seit Jahren gelähmte 
und arbeitsunfähig gewesene Tierarzt Jak ob sohn in Friedrichs¬ 
hagen starb und seine Frau und Kinder völlig mittellos zurück¬ 
ließ. Jakobsohn hat durch den' Unterstützungsverein fast 
sechs Jahre hindurch teils regelmäßige, teils außerordentliche 
Unterstützungen erhalten. Als er starb, ließ es sich der 
Unterstützungsverein nicht nehmen, auch hier wieder helfend 
einzugreifen. Da unsere Mittel jedoch sehr beschränkt sind, 
so konnte auch unsere Unterstützung nur eine beschränkte sein, 
und da sehr große Not vorlag, so mußte auch von anderer 
Seite eingegriffen werden. Das ist u. a. auch geschehen von 
seiten des Vereins beamteter Tierärzte und des Verbandes der 
Privattierärzte. Einzelnen Herren Kollegen scheint dieses 
jedoch noch nicht zu genügen. So bat uns kürzlich ein Herr 
Kollege, seinen Namen als Mitglied des Unterstützungsvereins 
für Tierärzte streichen zu wollen. Er habe für die Familie 
Jakobsohn in Friedrichshagen fünf Mark abgesandt, er werde 
von jetzt an direkt unterstützen. 

Nachdem er nun seinen Austritt erklärt hat, bittet dieser 
Herr in demselben Atem als Mitglied des Unterstützungsvereins, 


CHE WO< 1IENSCHR1FT. 983 

daß der Verein die Familie Jakobsohn doch reichlich unter¬ 
stützen möge. Wir danken dem Herrn Kollegen für seine 
Anregung; aus vorstehendem möge er jedoch ersehen, daß wir 
seinem Wunsche längst zuvorgekommen sind. Die Absicht des 
Herrn Kollegen, von jetzt an direkt unterstützen zu wollen, ist 
ja sehr löblich, und wenn viele so denken wollten, wäre ein 
Unterstützungsverein überflüssig. Da es aber viele vorziehen, 
lieber regelmäßig Beiträge zu zahlen als im Einzelfalle unter 
ihrem Namen kleine Unterstützungen auszuteilen, so bedarf es 
einer größeren Organisation, welche ihrerseits die Auszahlung 
von größeren Unterstützungen in die Hand nimmt. Diese bedarf 
natürlich einer sehr tätigen Unterstützung seitens der Tierärzte 
durch Anmeldung zur Mitgliedschaft. Es sollte daher kein Kollege 
versäumen, dem Unterstützungsverein für Tierärzte beizutreten, 
damit dieser in die Lage versetzt wird, alle erforderlichen 
Unterstützungen übernehmen zu können, und damit endlich einmal 
die öffentlichen Aufrufe zur Mildtätigkeit aus unseren Fachblättern 
verschwinden. Viel werktätige Hilfe ist uns in unserem Unter¬ 
nehmen schon zuteil geworden. So hat die Wirtschaftsgenossen¬ 
schaft deutscher Tierärzte uns auch diesmal wieder zu Weih¬ 
nachten 1500 M. überwiesen, um damit bedürftigen Tierärzten 
oder Hinterbliebenen solcher eine Weihnachtsfreude machen zu 
können. Tausend Dank den hochherzigen Spendern. Eine eben¬ 
solche Weihnachtsfreude würden aber auch alle diejenigen Herrn 
Kollegen, die noch nicht Mitglied unseres Vereins sind, unseren 
Schützlingen bereiten, wenn sie jetzt bei Gelegenheit des Weih¬ 
nachtsfestes dem Unterstützungsverein beitreten. 

Anmeldungen zum Beitritt nimmt der Unterzeichnete Vor¬ 
sitzende. sowie der Schatzmeister Herr Veterinärrat Heyne in 
Posen an, außerdem auch die übrigen Mitglieder des Vorstandes, 
die Herren Geh. Rat Esser-Göttingen, Prof. Dr. Schmaltz- 
Berlin und Veterinärrat Dr. Arndt-Berlin. 

Veterinärrat Preuße-Danzig. 

Eröffnung des Kolonialinstituts. 

Das Kolonialinstitut in Hamburg wurde am 20. Oktober 
durch eine würdige Feier eröffnet. Anwesend waren Vertreter 
des Reichs, des Hamburgischen Senats, die Spitzen der Zivil¬ 
und Militärbehörden und ein Kreis von Gelehrten und Kaufleuten. 
Das Lehrerkollegium war vollzählig versammelt. Im Namen 
des Reichs begrüßte Staatssekretär Dernburg in warmen 
Worten die Schaffung einer Stätte zur Ausbildung der Beamten 
für die Kolonien und zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen 
der Schutzgebiete durch wissenschaftliche Arbeit. „Der Boden“, 
so führte der Staatssekretär aus, „war in Hamburg für das 
Kolonialinstitut längst gut vorbereitet, aber die große Tatkraft, 
mit der das Unternehmen angegriffen wurde, als das Institut 
ins Leben treten sollte, ist bewundernswert. In kurzer Zeit ist 
eine bedeutende Anstalt auf die Füße gestellt worden!“ 

Der Staatssekretär wandte sich darauf den Aufgaben und 
Zielen des Hamburgischen Kolonialinstitutes zu, im wesentlichen 
den allgemeinen Aufgaben: „Wir hoffen und wünschen, daß die 
in Hamburg gepflegte Wissenschaft der wissenschaftlichen 
Kolonialkunde eine Zentralstätte werde. Den Schülern des * 
Hamburgischen Kolonialinstitutes wünschen wir, daß ihnen — 
seien sie Farmer, Pflanzer, Kaufleute, Beamte — das unent¬ 
behrliche Rüstzeug mitgegeben wird, das sie drüben brauchen, 
wenn sie hinausgehen. Zu einem tüchtigen Verwaltungsbeamten 
oder Pflanzer oder Kaufmann gehört Begabung und Erfahrung. 



BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


984 

Aber es wird jeder lernen, für die mannigfachen Fragen, die 
drüben an ihn herantreten, die richtige Anknüpfung zur Be¬ 
antwortung zu linden. Im Institut werden die wichtigsten 
Probleme des Kolonialwesens zur Erörterung kommen. 

Die Schüler sollten auch gleich hier für die richtige Sanierung 
ihres Körpers sorgen.“ 

Der Staatssekretär hob dann hervor, daß im Kolonialinstitut 
junge Leute aus allen Schichten gemeinsam und einträchtig 
theoretischen Unterricht über das gesamte Kolonialwesen er¬ 
halten und für die Praxis vorbereitet werden: Juristen mit ab¬ 
geschlossener Berufsbildung, Ärzte, Zollbeamte, Kaufleute, 
Farmer: „Sie alle sollen jeder für das Gebiet des anderen 
Verständnis erlangen, und so soll es allmählich zu einer gerechten 
Würdigung anderer in den Kolonien kommen. Wer mit einem 
anderen gemeinsam auf derselben Schulbank gesessen hat, der 
wird den eigenen Beruf nicht überschätzen und den des anderen 
nicht unterschätzen, sondern diesen als gleich wertvoll an¬ 
erkennen. So soll und wird drüben eine gesellschaftliche Wert¬ 
schätzung entstehen, die auch auf die Heimat nicht ohne Rück¬ 
wirkung bleiben wird. 

Mein Wahlspruch, den ich heute dem Kolonialinstitut mit¬ 
gebe, ist dieser: 

Der Erfolg einer Kolonisationsarbeit hängt nicht von unserer 
Machtstellung ab auch nicht von dem Maße der Wohlhabenheit 
des einzelnen in den Kolonien, vielmehr von dem Geist, in dem 
alle arbeiten an der Lösung der ethischen und kulturellen Auf¬ 
gaben. Nur die Nation, die diese Aufgaben mit gebührendem 
Emst angreift, wird mit Ehren bestehen im Kolonisieren vor 
der Mit- und Nachwelt.“ 

* 

Geh.-Rat Dr. Stuhlmann ist zum Generalsekretär des 

Kolonialinstituts ernannt worden. 

* 

Ausbildung der Kolonialbeamten. 

Mit der Eröffnung des Hamburger Kolonialinstituts treten 
für die Ausbildung der Kolonialbeamten neue Bestimmungen in 
Kraft. Hamburg wird in Zukunft die Beamten für Deutsch- 
Südwestafrika, Kamerun und Togo, also die westafrikanischen 
Schutzgebiete, ausbilden, Berlin diejenigen für Deutsch-Ostafrika 
und die Schutzgebiete in der Südsee. Die Ausbildung in Berlin 
erfolgt am Orientalischen Seminar und auf der Handelshochschule. 
Die Anwärter haben jetzt das Recht, unter den Kolonien zu 
wählen, während sich bisher alle Beamten für alle Kolonien 
verpflichten mußten. 

Zur* Geschichte der internationalen tierärztlichen 
Kongresse. 

In Nr. 33, S. 586 der B. T. W. habe ich einige Angaben 
über die internationalen tierärztlichen Kongresse gemacht und 
zugleich ein Fragment aus einer Photographie veröffentlicht, 
welche von 50 Teilnehmern am ersten Kongreß zu Hamburg 
aufgenommen worden war. Diese Veröffentlichung ist an¬ 
scheinend mit Interesse aufgenommen worden und hat eine gute 
Wirkung insofern gehabt, als einige Irrtümer aufgeklärt worden 
sind, die sich namentlich auch auf das Kongreßbild beziehen. 
Zunächst verdanke ich meinem verehrten Kollegen, dem Biblio¬ 
thekar des Veterinärinstituts zu Dorpat Herrn Professor emer. 
Rosenberg die Mitteilung, daß auch von den ersten drei 
Kongressen selbständige amtliche Berichte vorhanden sind. Der 


amtliche Bericht über den ersten Kongreß ist von Hering und 
Probstmayr verfaßt und befindet sich sogar auf der Universität 
zu Berlin. Der Bericht über den zweiten Kongreß ist von 
Roll und Förster veröffentlicht, Wien 1865. Der dritte 
Kongreßbericht ist in Zürich 1865 von Zanger herausgegeben. 
Über den ersten und zweiten Kongreß sind auch Berichte in 
englischer Sprache erschienen; sie finden sich in einem Werk; 
The cattle plague von Gamgee, London 1868, worauf mich Herr 
Dr. Knuth-Berlin aufmerksam gemacht hat. Dem interessanten 
Bilde der Teilnehmer am ersten Kongresse ist sogar eine ge¬ 
druckte Skizze mit Namenregister beigegeben worden; Herr 
Veterinärrat Struve-Altona, in dessen Besitz sich ebenfalls 
ein Exemplar des Bildes befindet, hat die Freundlichkeit gehabt, 
mir dieselbe zu übersenden. Danach ist der Nachbar von Roll 
in der sitzenden Reihe Falke-Jena; die am Boden sitzende 
Persönlichkeit ist der Professor Köhne. Unterberger sen. 
ist irrtümlich von mir als Haubner bezeichnet worden. Der 
zwischen Leisering und Fürstenberg stehende alte Herr ist 
W T üst, und zwischen ihm und Fürstenberg erscheint der 
interessante Kopf des verdienten Direktors der Münchener Tier- 
arzneiSchule Probstmayr. Leider ist auf dem wiedergegebenen 
Ausschnitt des Bildes gerade der links neben Röll sitzende Be¬ 
gründer der Kongresse Gamgee ausgefallen, dessen Bild ge¬ 
legentlich besonders veröffentlicht werden soll. Den freundlichen 
Zusendern der Ergänzung zu meinen Notizen sage ich meinen 
verbindlichsten Dank. Schmaltz. 

Sachsen-Weimar. 

Zu denjenigen Staaten, die den Veterinärrats-Titel verleihen, 
ist als erster in Thüringen nunmehr auch das Großherzogtum 
Weimar getreten, indem die Bezirkstierärzte Hepke in Weimar 
und Krüger in Eisenach nach über 25jähriger Dienstzeit vom 
Großherzog hierzu ernannt wurden. Zwei Bezirkstierärzte sind 
auch staatlich ernannte Zuchtinspektoren. Einer davon hat das 
betr. Zuchtinspektoren-Examen in Jena vor 14 Tagen „magna cum 
laude“ bestanden. Auch hören wir, daß eine Tierärztekammer 
angestrebt wird. Noch fehlt ein tierärztlicher Referent im 
Ministerium, über das Veterinärwesen referiert ein Mediziner. 
Hoffentlich tritt auch in diesem Punkte bald Weimar dem Bei¬ 
spiele von Anhalt, Baden usw. bei. 

Professoren und Naturforscherversammlung. 

Anläßlich der Naturfors.cherversammlung zu Köln haben die 
tierärztlichen Professoren einen milden Tadel erhalten darüber, daß 
sie sich an dieser Versammlung nicht beteiligt haben (vgl. B. T. W. 
Nr. 46, S. 835). Es ist nicht das erstemal, daß derartige Be¬ 
merkungen gefallen sind. Demgegenüber möchte ich doch auf 
folgendes hinweisen. 

Wenn aus der im Vergleich zu den tierärztlichen Professoren 
enormen Zahl von Universitätslehrern sich auf jeder Naturforcher- 
versammlung eine kleine Anzahl einfindet, so beweist dies nicht, 
daß die Teilnahme in diesen Kreisen relativ eine regere wäre. Im 
allgemeinen haben die tierärztlichen Professoren während des 
Semesters außerordentlich viel zu tun; sie müssen unzweifelhaft 
auch den größten Teil ihrer Ferien für ihre wissenschaftlichen 
Arbeiten verwenden, wenn sie solche überhaupt leisten wollen. 
Unter diesen Umständen ist es ihnen wohl nicht zu verargen, wenn 
sie den verbleibenden Rest wirklich zu ihrer Erholung ausnutzen. 
Daß eine heutige Naturforscherversammlung mit ihrer Überfülle und 
ihrem Trubel alles andere eher als eine derartige stille Erholung 
ist, wird niemand bestreiten können; daß heutzutage ferner ihre 
wissenschaftliche Bedeutung insofern zurttckgetreten ist, als die 
Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen sich auf literarischem 



31. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Wege viel bequemer einem größeren Kreise zugänglich machen 
lassen, ist ebenfalls nicht zu verkennen. Unter diesen Umständen 
möge man es verzeihen, wenn die Professoren es nicht als eine 
Pflicht empfinden, auf den Naturforscherversammlungen zu repräsen¬ 
tieren. In der Tat sind diese Versammlungen viel wichtiger, wie 
auch in Köln zutreffend hervorgehoben wurde, für die jungen wissen¬ 
schaftlichen Kräfte, welche sich noch bekannt machen und unter¬ 
einander persönliche Beziehungen anknttpfen wollen. 


Kürzlich ist in Wien der Hofrat Professor Dr. Lechner in den 
Ruhestand getreten und durch den Professor Dr. Günther ersetzt 
worden. Aus einer Rede des letzteren, die im Tierärztlichen 
Zentralblatt mitgeteilt wird, sind folgende interessante Daten zu 
entnehmen: 

Jakob Lechner ist 1838 geboren. Nach mannigfachen Hinder¬ 
nissen ermöglichte er den Besuch des Gymnasiums und kam nach 
Wien auf das Tierarzneiinstitut, um dort als Zivilschüler zu 
studieren. Er unterbrach das Studium im Kriegsjahr 1859 und 
rückte bei einem Infanterieregiment ins Feld, wo er bei Magenta 
die Feuertaufe erhielt, verwundet wurde und in französische Kriegs¬ 
gefangenschaft geriet. Im Herbst 1859 kehrte er zum Tierarznei¬ 
institut zurück, wurde Militäruntertierarzt und kam in ein ungarisches 
Gestüt Er setzte privatim seine Studien fort und legte 1865 am 
deutschen Gymnasium zu Temesvar die Reifeprüfung ab. Nun 
ging er nach Wien und studierte Medizin. 1866 machte er zum 
zweitenmale den Feldzug in Italien, und zwar als Militäruntertierarzt 
im Hauptquartier mit. 1870 promovierte er dann und wurde Landes¬ 
tierarzt in Salzburg, wo er sich namentlich Verdienste um die 
Tierzucht erwarb. 1879 wurde er als ordentlicher Professor an das 
Tierarzneiinstitut berufen und erhielt hier einen Lehrauftrag für 
Arzneimittel- und Instrumentenlehre, Exterieur und Hufbeschlag. 
Die Verdienste, die er auf diesem Gebiete sich erworben hat, sind 
in tierärztlichen Kreisen allgemein bekannt. 

Ungünstige Entscheidung betr. die Flelschbeschaugebühren. 

Unter Bezugnahme auf die Eingabe vom 19. Juni v. J., 
Reisekostenentschädigung für die bei der Fleischbeschau be¬ 
teiligten Tierärzte betreffend, erwidere ich ergebenst, daß der 
Herr Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten nur 
dann eine Zu- und Abgangsgebühr von 1,50 M. bei Benutzung 
von Eisenbahnen zugestehen will, wenn gleichzeitig die Gebühr 
für Landweg von 40 Pf. auf 30 Pf. pro Kilometer herabgesetzt 
wird. Da eine solche Regelung für die Herren Tierärzte eine 
Verschlechterung dem jetzigen Zustande gegenüber bedeuten 
würde, so habe ich unter Berücksichtigung der Verhältnisse der 
Ergänzungsbeschaubezirke des Regierungsbezirks beschlossen, 
es hinsichtlich der Gewährung der Reisekosten bei den bisherigen 
Bestimmungen bewenden zu lassen. 

Der vorstehende Bescheid ist an einen Tierarzt des 
Regierungsbezirks Lüneburg ergangen. In die Herabsetzung 
der Gebühren für Landweg können die Tierärzte natürlich nicht 
willigen. Auch diese Gebühren sind gerade niedrig genug. 
Der Ab- und Zugang mit 1,50 M. wird eben doch schließlich 
bewilligt werden müssen. So können die Gebühren nicht bleiben. 

Zu den Abdeckereiprivilegien. 

Die privilegierten Abdecker haben bekanntlich zur Abwehr der 
zahlreichen und harten Anfechtungen, die ihr Privileg auf Über¬ 
lieferung abgestandenen usw. Viehes erfahren hat, einen eigenen 
Verein gegründet, dem auch eine Zeitschrift für das gesamte 
Abdeckereiwesen zur Verfügung steht. In dieser Zeitschrift, die in 
Eberswalde in der Mark redigiert wird, sind in Nr. 17 und 19 An¬ 
griffe gegen die Tierärzte erschienen, die angeblich irrige An¬ 
schauungen bezüglich der Abdeckereiprivilegien verbreiteten. Dabei 
ist auch ausdrücklich auf den Deutschen Veterinärkalender Bezug 
genommen worden, welcher angeblich eine irrige Darstellung ent¬ 
halten sollte. Hierzu bemerke ich, daß der geehrte Redakteur der 
Zeitschrift für das gesamte Abdeckereiwesen sich im Besitz eines 
älteren Jahrganges des Kalenders befunden haben muß; dort war 


eine Kammergerichtsentscheidung über die Ablieferung von Schweinen 
an die Abdecker angezogen, die inzwischen durch eine andere Ent¬ 
scheidung umgestoßen ist. Dieses neue und maßgebende Urteil, 
durch welches dem Abdecker das Recht auch auf die Ablieferung 
von Schweinen und ferner bei unterlassener Ablieferung ein Ent¬ 
schädigungsanspruch nach heutigem Werte zugebilligt wird, ist in 
dem vorliegenden Jahrgang des Deutschen Veterinärkalenders be¬ 
rücksichtigt. Die Bemängelung der Zeitschrift für das gesamte 
Abdeckerei wesen ist also gegenstandslos. Schmaltz. 

Siebente Versammlung der Veterinärbeamten des 
Regierungsbezirks Schleswig. 

Beschluß über das Presse-Bureau. 

Auf Einladung des Kreistierärztes, Veterinärrats Rodewald 
in Kiel hielten die Veterinärbeamten des Regierungsbezirks 
Schleswig am 20. Dezember d. J. im Hansa-Hotel in Kiel ihre 
diesjährige zweite nicht amtliche Versammlung ab. 

Nach Erledigung einer umfangreichen Tagesordnung, die sich 
auf Gegenstände aus dem Gebiete der Veterinär- und Gesundheits¬ 
polizei erstreckte, brachten die Unterzeichneten die bekannten 
neuesten Vorgänge in der Besoldungskommission des Hauses der 
Abgeordneten zur Sprache. 

Allzufrüh habe sich gezeigt, wie recht der Vorsitzende des 
Schleswig-Holsteinischen-Provinzialvereins gehabt habe, als er auf 
der letzten Generalversammung des Vereins der beamteten Tier¬ 
ärzte Preußens am 28. November d. J. bei der Beratung der Ein¬ 
gabe an das Abgeordnetenhaus empfahl, di^ Hoffnungen nicht zu 
hoch zu spannen, weil nicht erwartet werden könne, daß die über 
die tierärztliche Wissenschaft und ihre Bedeutung für das wirtschaft¬ 
liche Leben unseres Volkes, ihre Fortschritte, ihi^e Erfolge und über 
den tierärztlichen Stand und die innere Berechtigung seiner Wünsche 
teils gar nicht, teils mangelhaft oder falsch unterrichteten Kom¬ 
missionsmitglieder nur allein durch eine, noch dazu im letzten 
Augenblick kommende Eingabe bestimmt werden könnten, die 
Kreistierärzte den Kreisärzten gleichzustellcn. 

Heute müsse auch der Befangenste zugeben, daß die 
Beratungen der Kommission einen ganz anderen Verlauf 
genommen hätten, wenn die öffentliche Meinung und 
damit auch die Abgeordneten über die Tierärzte und die 
tierärztliche Wissenschaft gründlich informiert gewesen 
wären. 

Noch aber sei es nicht vollends zu spät. Das Plenum des 
Hauses der Abgeordneten hat noch die Entscheidung. Bis dahin 
könne immerhin noch aufklärend und orientierend in der Öffentlich¬ 
keit gewirkt werden. Manches Vorurteil gegen die Veterinärmedizin 
und ihre Vertreter könne noch durch einige ruhige, jeder Polemik 
sich enthaltende, sachliche Aufsätze in gelesenen Blättern ver¬ 
schiedener Parteirichtungen zerstreut, manches Verständnis ge¬ 
weckt werden. 

Daher werde beantragt: Die Versammlung wolle den 
Schleswig-Holsteinischen Provinzialverein ersuchen, so¬ 
bald als möglich in diesem Sinne zu wirken und wolle 
ihn durch Bewilligung eines angemessenen Betrages 
unterstützen. 

In der Diskussion wurde von allen Seiten zum Ausdruck ge¬ 
bracht, daß es tief bedauerlich sei, daß die aus idealen Beweg¬ 
gründen hervorgegangene Aktion des Schleswig-Holsteinischen 
tierärztlichen Provinzialvereins von mancher Seite mißverstanden 
sei; daß vielfach befürchtet werde, der Verein wolle gesondert Vor¬ 
gehen, er greife dem Deutschen Veterinärrat vor und lege den 
Keim zur Zwietracht; daß es anscheinend heute noch manche 
Tierärzte gäbe, die die Dringlichkeit der Sache nicht einsehen 
könnten oder wollten. 

Nur die Not der Zeit, die außerordentliche Dringlichkeit 
der Aufgabe habe den Verein bewogen, mit der Information der 
öffentlichen Meinung schon jetzt zu beginnen. Freudig zu be¬ 
grüßen seien daher auch die zustimmenden Beschlüsse des Vereins 
der beamteten Tierärzte Preußens am 28. November 1908 
(Deutsche Tierärztliche Wochenschrift Nr. 49, S. 708) und des 
tierärztlichen Vereins des Regierungsbezirks Wiesbaden 



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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


(Berliner Tierärztliche Wochenschrift Nr. 51, S. 936 und Deutsche 
Tierärztliche Wochenschrift Nr. 51, S. 740). Es sei zu hoffen, daß 
noch weitere Vereine die selbstlosen und nur auf die Förderung 
der Interessen des tierärztlichen Standes gerichteten Bestrebungen 
des Schleswig-Holsteinischen Provinzialvereins unterstützen würden. 

Den Bemühungen des Vereins sei ein um so sichererer Erfolg 
beschieden, je weniger er selbst oder seine Beauftragten in der 
Tagespresse hervortreten, je weniger die die tierärztlichen Dinge 
behandelnden Aufsätze ihre Herkunft verrieten, wie dies ja auch 
beabsichtigt sei. 

Die Versammlung nahm hiernach den Antrag der 
Unterzeichneten einstimmig an und bewilligte einen Bei¬ 
trag von 200 M. 

Es kam die Überzeugung zum Ausdruck, daß der Provinzial¬ 
verein die Aufgabe so weit fördern werde, daß der Deutsche 
Veterinärrat sich bei seiner nächsten Tagung bereits ein Urteil 
bilden könne. Rodewald. Meifort. 

Bericht über die am 3. Mai 1908’ abgehaltene Fruh- 
jahrsyersammlung des Yereins der Tierärzte des 
Regierungsbezirks Düsseldorf. 

Der Vorsitzende, Herr Veterinärrat Schmitt, eröffnete um 
12 l / 4 Uhr die Versammlung und begrüßte aufs herzlichste die er¬ 
schienenen Gäste und Mitglieder und sprach seinen Dank aus für 
den überaus zahlreichen Besuch. Anwesend waren: 1. Veterinärrat 
Schmitt, 2. Schlachthofdirektor Schenk, 3. Tierärzte Schnackers, 
4. Platen, 5. Dr. ^ausmann, 6. Wigge, 7. tho Gempt, 
8. Bolle, 9. Bath, 10. Dr. Hipp-Düsseldorf, 11. Bettelhäuser, 
12. Dr. Heine, 13. Luckmann, 14. Nienhaus-Duisburg, 15. van 
Straaten, Kreistierarzt, Dinslaken, 16. Dennemark-Großenbaum, 
17. Kreistierarzt Grube, 18. Beckedorf, 19. Möhling, 20. Direktor 
Heckmann-Krefeld, 21. Kreistierärzte Dr. Keuten - Geldern, 
22. Lehmke-Emmerich, 23. Veterinärrat Eckardt-Neuß/24. Tier¬ 
ärzte Lütkefels-Emmerich, 25. Heinen-Homberg, 26. Kraus- 
Odenkirchen, 27. Niens-Oberhausen, 28. Diekmann, 29. Spangen- 
berg-Remscheid, 30. Kreistierarzt Pfleger - Opladen, 31. Dr. 
Bettendorf-Ürdingen, 32. Tacke-Ratingen, 83. Schache-Alten- 
essen, 34. Knüppel-Solingen, 35. Knörrchen-Werden, 36.Schulte- 
Borbeck, 37. Wielers - Xanten, 38. Kreistierärzte Scheffer- 
Grevenbroich, 39. Meyer-Wesel, 40. Beckers-Kempen, 41.Belcour- 
Gladbach, 42. Gebhardt-Vohwinkel, 43. Tierärzte Levens-Goch, 
44. Schröder-Straelen, 45. Sommers-Dormagen, 46. Thal- 
Dülken, 47. Dr. Kallenbach-Kevelaer, 48. Dr. Coenders-Rees, 
49. Friedheim-Solingen, 50. Bähr-Hilden, 51. Coppel-Mörs, 
52. Platen-Viersen, 53. Hoffmanns-Kempen, 54. Maintz-Neuß, 
55. Kühl - Burscheid, Kreistierärzte 56. Dr. Neuhaus - Lennep, 
57. Otte-Essen, 58. Schmitz-Mülheim, 59. Brandmann-Benrath, 
60. Kahlert-Essen; als Gäste: 61. Steinke, 62. Krampe, Stabs¬ 
veterinär, 63. Brühlmeyer, Oberveterinär, 64. Kettner, Ober- 
veterinär, Düsseldorf, 65. Mohr, Stabsveterinär, Krefeld, 66. Kreis¬ 
tierarzt Prayon-Call, 67. Tierarzt Dümme 1-Osterath, 68. Meisen- 
Viersen. 

Der Schriftführer Bettelhäuser verlas das Protokoll der 
letzten Versammlung, dasselbe wurde genehmigt. Der Kassierer 
Otte bittet von einer Erhebung von Eintrittsgeld absehen zu dürfen, 
da erstens die pekuniäre Lage des Vereins eine sehr gute sei, 
zweitens sei es aber vielen Herren unangenehm, da sie doch immer 
mehreren Vereinen angehörten und oft auch nur kürzere Zeit im 
Verein seien. Der Antrag des Kassierers wurde einstimmig an¬ 
genommen. Der Herr Vorsitzende verlas sodann ein Entschuldigungs¬ 
schreiben des Kollegen Lünnemann und zwei Empfehlungsschreiben 
der Firmen Mittler & Sohn, Berlin und Schaper in Hannover; 
letztere Firma empfiehlt den Bezug von Druckexemplaren des Vor¬ 
trages des Kollegen Suckar über Schrittpferdezucht. Diese wird 
vom Herrn Vorsitzenden warm empfohlen. 

Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren 1. Schlacht¬ 
hofdirektor Dr. Heine in Duisburg, 2. Schlachthoftierarzt W. S as s e n - 
liagen in Duisburg, 3. Tierarzt Coppel in Moers, 4. Tierarzt 
Lütkefels in Emmerich, 5. Tierarzt Schroeder in Straehlen. 

Der Herr Vorsitzende heißt die neu aufgenommenen Herren, I 


soweit sie erschienen sind, aufs herzlichste willkommen und teilt 
ihnen mit, daß sie durch die Aufnahme nicht nur Rechte erwürben, 
sondern auch Pflichten übernähmen, wie z. B. regelmäßigen Besuch 
der Versammlungen und Teilnahme an den Verhandlungen, er über¬ 
reicht jedem der Aufgenommenen ein Exemplar der Statuten. 
Herr Tierarzt Tacke berichtet sodann über die Beratungen der 
Kommission, betreffend Herbeiführung eines Abschlusses mit einer 
Unfall- und Haftpflichtversicherung, als Resultat empfiehlt er den 
Abschluß mit der Stuttgarter Haftpflicht-Versicherungs-Gesellschaft. 
Bettelhaeuser, Wigge, Dümmel und namentlich Gebhardt 
sprechen gegen diesen Vertrag. Dr. Kallenbach spricht für die 
Zürich-Winterthur-Gesellschaft. Gebhardt schlägt die Gesellschaft 
Deutscher Anker vor, da diese gleichzeitig eine Krankenversicherung 
sei, neben der Unfallversicherung. Bettelhaeuser erwähnt, er 
habe an die Gesellschaft geschrieben, aber leider bis zur heutigen 
Sitzung keine Antwort erhalten, er will bei der nächsten Ver¬ 
sammlung darüber Bericht erstatten. Auf Vorschlag des Vor¬ 
sitzenden wird diese Angelegenheit bis zur nächsten Versammlung 
vertagt 

Auf Anmahnen des Schriftführers traten der allgemeinen Unter¬ 
stützungskasse noch bei die Herren Dr. Neuhaus, Thal, Beckers, 
Schulte, Wieler, Tacke, Niens, Möhling und Spangenberg. 

Nunmehr erhält Herr Veterinärrat Eckard als Vorsitzender der 
Kommission für die Vorberatung der Gebührenordnung das Wort. 
Er teilt mit, daß die 14 Mitglieder im April zusammengekommen 
seien und daß alle es als ein dringendes Bedürfnis anerkannt hätten, 
eine Mindesttaxe, welche den heutigen Verhältnissen entspräche, 
für den Regierungsbezirk festzusetzen. Nach längerer Beratung 
habe man sich dahin geeinigt, der Versammlung folgende Taxe 
vorzuschlagen, die sich im wesentlichen auf die von Westfalen auf¬ 
baue. Herr Veterinärrat Schmilt wollte, ehe er die Besprechung 
über die einzelnen Punkte eröffnete, wissen, ob man nun auch all¬ 
gemein für die Einführung der neuen Taxe sei. Lehmke-Emmerich 
sprach sich gegen die Einführung aus, da er zum Teil mit hollän¬ 
dischen Kollegen konkurrieren müßte, die sehr billig arbeiteten. 
Dr. Neuhaus glaubte sich auch dagegen aussprechen zu müssen, 
da in seinem Kreise sehr viele arme Leute wohnen. Gebhardt, 
Wigge und andere sprachen sich aber mit Begeisterung für die 
Einführung der erhöhten Gebührenordnung aus und halten die 
Bedenken der beiden Vorredner für zu gering, sie fordern die Ver¬ 
sammlung auf, sich den Beschlüssen der Kommission anzuschließen. 
Eckardt glaubt, wenn die Taxe festgelegt würde, so sei dies doch 
auch angenehm für die einzelnen Behörden. Diese könnten nach 
Kenntnisnahme die Taxe als Grundlage benutzen. Nachdem sich 
noch viele Redner für dieselbe ausgesprochen hatten, konnte der 
Herr Vorsitzende feststellen, daß sämtliche 68 anwesende Tierärzte 
für eine erhöhte Gebührenordnung stimmten. Es wurde nunmehr 
in die Besprechung der einzelnen Punkte eingetreten. Nach vielem 
Hin- und Herdebattieren einigte man sich auf folgende Normen. 

Zu unserm größten Bedauern muß nun bemerkt werden, daß 
durch Ministerialerlaß vom 23. Juli er. es den beamteten Tierärzten 
verboten wurde, die Anerkennung der beschlossenen Minimaltaxe 
zu unterschreiben, da durch die bei Nichtbefolgung derselben fest¬ 
gesetzte Strafe eine Disziplinargewalt über die Beamten ausgeübt 
würde. Bei der Drucklegung sind daher jetzt die Sätze, welche 
über Bestrafung usw. handeln, fortgelassen worden. Es kann nun¬ 
mehr jeder Kollege, auch der beamtete, die Gebührenordnung ge¬ 
brauchen und in seiner Praxis dieselbe benutzen, um eine Erhöhung 
überall da durchzuführen, wo bis jetzt diese Taxe nicht erreicht 
worden ist. Der Vorstand nimmt an, daß es jeder Tierarzt des 
Regierungsbezirks sich angelegen Bein läßt, im Interesse des Standes 
streng unter Zugrundelegung dieser Minimaltaxe zu liquidieren. 

Allgemeine Bestimmungen. 

§ 1. Die Tierärzte deB Regierungsbezirks Düsseldorf be¬ 
schlossen, in Ausübung der Privatpraxis nicht unter folgenden 
Sätzen zu liquidieren. 

§ 2. Verrichtungen, für welche diese Taxe Gebühren nicht 
aus wirft, sind nach Maßgabe derjenigen Sätze, welche für ähnliche 
Leistungen gewährt werden, zu vergüten. 

§ 3. Die nachfolgend genannten niedrigsten Preise verstehen 




31. Dezember 1908. 


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sich für die Behandlung eines Tieres. Für jedes weitere auf dem¬ 
selben Gehöft befindliche Tier, für welches die Behandlung ver¬ 
langt wird, ist ein Aufschlag von 1 M. zu gewähren. 

§ 4. Die Preise verstehen sich für alle Tiergattungen. Bei 
der Behandlung der Tiere unbemittelter Besitzer können die Preise 
ermäßigt werden. 

§ 5. Für Nachtbesucbe und -Beratungen sind die doppelten 
Gebühren zu gewähren. Als solche gelten diejenigen, welche im 
Sommer in der Zeit von 9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens, im 
Winter in der Zeit von 8 Uhr abends bis 7 Uhr morgens verlangt 
und ausgeführt werden. 

§ 6. Die Taxe für Besuche versteht sich einschließlich Unter¬ 
suchung und Verordnung nebst Auslagen für Fuhrwerk und Eisen¬ 
bahn, jedoch ausschließlich operativer Eingriffe resp. mikroskopischer 
oder chemischer Untersuchungen. Hierfür ist nach den für diese 
oder ähnliche Verrichtungen angesetzten Gebühren resp. nach der 
ZeitversUumnis zu liquidieren. Besondere Zeitversäumnis ist mit 
2 M. pro Stunde zu honorieren. 

§ 7. Wird ein Besuch zu einer bestimmten Stunde oder am 
Sonntag verlangt, so erhöhen sich die Sätze um die Hälfte. 

§ 8. Sämtlichen im Regierungsbezirk praktizierenden Tier¬ 
ärzten soll ein Exemplar dieser Gebührenordnung zugestellt werden. 

A. Taxe für allgemeine Verrichtungen. 
Beratungen: 

1. Für eine Beratung in der Behausung des Tier¬ 
arztes, auch falls dieselbe durch Fernsprecher erfolgt 1,00 M. 

Besuche: 

2. Für den ersten Besuch eines Tieres am Wohnorte 

des Tierarztes.2,00 „ 

Für jeden anderen Besuch.1,50 „ 

3. Besuche über Land: 

a) in einer Entfernung von 2 bis 7 km, pro km . 1,00 * „ 

b) betrügt die Entfernung über 7 km, für jedes 

folgende km mehr.0,50 „ 

c) gelegentliche Besuche im Orte oder bis 7 km 

entfernt 2 M., mehr als 7 km.3,00 „ 

d) Ist der Weg per Eisen- oder Straßenbahn ge¬ 
macht, so muß die Entfernung und dem Zeit- 
aufwande entsprechend liquidiert werden, min¬ 
destens aber 3 / 4 des Landweges. 

Gutachten: 


4. Für kurze Bescheinigung.1,50 „ 

5. Für gutachtliche Untersuchung zum Zweck von An¬ 

oder Verkauf eines Pferdes oder eingehende Unter¬ 
suchung auf besonderen Mangel.3,00 „ 

sonst 5,00 „ 

Die schriftliche Bescheinigung des Befundes erhöht 

die Sätze um.2,00 „ 


0. Für Obduktion, Bericht und Gutachten, wird ge¬ 
richtliche Taxe liquidiert 

B. Besondere Verrichtungen. 

1. Für einfache, durch einen einzigen Kunstakt zu 
vollbringende Operation, wie Injektion von Arzneien, 

Anlegen von Ligaturen und Heften, Spalten ober¬ 
flächlicher Abszesse, Hufoperation . . .1,50 bis 3,00 M. 

2. Für leichtere Operationen wie Anwendung der 

Schlundsonde, des Katheters, des Troikars, 
öffnen tiefliegender Abszesse, Amputation des 
Schweifes.3,00 bis 5,00 M. 

3. Für schwierigere Operationen, wie Brennen, Aus¬ 
schneiden von Geschwülsten, Tracheotomie, Teno 

tomie, größere Zahnoperation.5,00 bis 15,00 M. 

4. Für besondere schwierige Operationen, Trepanation, 

Operation von Hufknorpelfisteln, Brüchen, Samen¬ 
strangfisteln, Neurektomie u. dgl. . . . 10,00 bis 30,00 M. 

5. Für Operation am liegenden Tier .10,00 M. 

6. Narkose.3,00 M. 

(Die Kosten der verwendeten Arznei extra.) 

7. Kastration.10,00 M. 

bei mehreren Tieren desselben Besitzers, oder 

wenn mehrere Tiere auf einem Gehöft kastriert 


werden, kann eine Ermäßigung bis zu 6,00 M. pro 
Stück eintreten 

8. Für den Tierärztlichen Beistand 


a) bei einer einfachen Geburt.6,00 M. 

b) bei einer Schwergeburt.12,00 M. 

Embyrotomie. 20,00 M. 


Da die Zeit zu weit vorgeschritten war, konnte Herr Dr. 
Bettendorf mit seinem Vortrage leider nicht mehr zu Worte 
kommen, so viel Zeit nahm man sich aber noch, um die Apparato 
zu besichtigen und sich erklären zu lassen. Der Herr Vorsitzende 
dankte allen für die außerordentliche rege Teilnahme, mit der sie 
den Verhandlungen gefolgt wären und spricht gleichzeitig die 
Hoffnung aus, eine solche Teilnehmerzahl für die Folge immer hier 
zu sehen und schließt nunmehr die Versammlung. 

I. A.: Bettelhäuser, Schriftführer. 

Bericht über die 53. Sitzung des tierärztlichen Vereins 
in Westpreußen. 

Am 21. Juni 1908 fanden sich zahlreiche Mitglieder des tier¬ 
ärztlichen Vereins in Westpreußen im Zoppoter Kurhause zu seiner 
diesjährigen Hauptversammlung ein. Das idyllisch gelegene Seebad 
und das schöne Frühjahrswetter hatte viel westpreußische Tierärzte, 
zum Teil mit ihren Damen, hierher gelockt, um sich ein paar Stunden 
froher Geselligkeit im Kreise guter Freunde und Kollegen zu er¬ 
freuen. Leider war aber der Besuch etwas schwächer, als er sonst 
zu sein pflegt. 

Die Versammlung wurde um 11 */ a Uhr durch den Vorsitzenden, 
Veterinärrat Preuße, eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung 
gedenkt er zunächst mit ehrenden Worten des verstorbenen ältesten 
Vereinsmitgliedes, des Tierarztes Uhl sen. in Briesen. Als ersten 
Punkt der Tagesordnung werden eine Reihe geschäftlicher An¬ 
gelegenheiten erledigt und zahlreiche Begrüßungs- und Ent¬ 
schuldigungsschreiben zur Kenntnis der Mitglieder gebracht. Der 
Schriftführer verliest hierauf das Protokoll über die letzte gemein¬ 
same Sitzung des Posener und des westpreußischen tierärztlichen 
Vereins im November v. J. in Bromberg. Zu dem bei dieser Ge¬ 
legenheit von Dr. Mießner gehaltenen Vortrag über infektiöse 
Schafkrankheiten, bemerkt Dr. Müller, daß er auch in Ostpreußen 
Bradsot nachgewiesen habe. Er glaube wohl berechtigt zu sein, 
die von ihm beobachtete Krankheit für Bradsot zu halten, da sich 
hierbei das von Jen sen hergestellte Btadsot-Serum wirksam er¬ 
wiesen habe. Dr. Mießner teilt mit, daß er auch in Pommern 
Bradsot beobachtet habe. Erhalte den von Jen sen beschriebenen 
Bradsot-Bazillus nicht für den Erreger der Seuche, da er auch in 
stark gefaulten Kadavern verschiedener nicht an Bradsot verendeter 
Tiere vorkomme, es sei auch nicht möglich, ihn vom Ranschbrand- 
und Ödembazillus zu unterscheiden. Nach Aufnahme zweier neuer 
Mitglieder, Raether-Ortelsburg und Huser-Danzig, berichtet der 
Kassenführer über den Stand der Vereinskasse. Am Beginn des 
Jahres war Kassenbestand 2286,90 M., es w'urden eingenommen 
779,55 M. und ausgegeben 261,95 M., so daß am Jahresschluß ein 
Bestand von 2804,50 M. in der Kasse verblieb. Nach eingehender 
Prüfung durch zwei Revisoren wird die Kasse als richtig anerkannt 
und dem Kassenftthrer Entlastung erteilt. 

Die tierärztliche Gesellschaft in Berlin hat an sämtliche tier¬ 
ärztlichen Vereine ein Zirkular betr. die Überwachung des Markt¬ 
verkehrs mit animalischen Nahrungsmitteln und die Einführung 
dieser Disziplin als besonderen Lehrgegenstand in das Lehrpensum 
der tierärztlichen Hochschulen versandt. Den hierzu gefaßten Be¬ 
schlüssen wird einstimmig beigepflichtet. Hierauf erhebt sich 
Veterinärrat Jacob und beglückwünscht den Vorsitzenden, Veterinär¬ 
rat Preuße zu seinem 25 jährigen Berufsjubiläum unter besonderer 
Hervorhebung seiner Verdienste um den tierärztlichen Stand und 
insbesondere auch um den westpreußischen Verein, Als sichtbares 
Zeichen des Dankes des Vereins überreicht Herr Jacob dem Vor¬ 
sitzenden eine schwere silberne Jardiniere. Im Namen der Militär- 
veterinäre des 17. Armeekorps spricht Korpsstabsveterinär Bleich 
dem Vorsitzenden herzliche Glückwünsche aus, er dankt ins¬ 
besondere für seine Bemühungen, allezeit ein gutes kollegialisches 
Verhältnis zwischen Zivil- und Militärveterinären herzustellen und 
zu erhalten und überreicht einen sehr schönen silbernen Pokal mit 


















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BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 58. 


entsprechender Widmung. Der Vorsitzende dankt für die Glück¬ 
wünsche und die schönen Spenden in bewegten Worten. Es 
folgte sodann ein Vortrag des Herrn Dr. Müller-Königsberg über 
die Bekämpfung der Rindertuberkulose. Die schweren Verluste, 
welche die Tuberkulose mit sich bringe, sowohl die direkten, und 
noch mehr die indirekten, mache eine Bekämpfung dieser Krankheit 
unbedingt notwendig. Sie gewinnen fortdauernd an Umfang durch 
das immmer mehr aufblühende MeiereiweBen. Eine Vernarbung der 
Tuberkulose erfolge nicht. Die Infektion geschehe erst nach der 
der Geburt. Nur wenige Kälber kommen bereits erkrankt zur Welt, 
diese seien von der kranken Mutter infiziert. In der Jugend erfolge 
die Infektion durch die Milch, besonders wenn diese von Kühen 
mit Eutertuberkulose herkomrae. Bei dieser Krankheit sei die Menge 
der Bazillen in der Milch so groß, daß sie die gesamte Milch aus 
dem Stalle infizieren können. Auch nach dem Zentrifugieren der¬ 
artiger Milch seien immer ausreichend Bazillen in der Magermilch 
vorhanden. Eutertuberkulose komme bei 0,2 bis 0,7 aller Rinder 
vor. Redner führt einige Beispiele an, in denen ein Fall an Euter¬ 
tuberkulose in einer Herde den größteu Teil des Nachwuchses 
infiziert hatte. Nach Behrings Ansicht finde die Infektion der 
Menschen fast nur mittelst der Milch statt. Wenn dieser Stand¬ 
punkt auch nicht als richtig anzuerkennen sei, so treffe dies doch 
sehr häufig zu. Die mit der Nahrung aufgenommenen Tuberkel¬ 
bazillen können in die Drüsen gelangen, ohne in ihnen Veränderungen 
hervorzurufen. Sie können dann später gelegentlich frei werden 
und sich in anderen Organen festsetzen. Die Injektion erwachsener 
Tiere erfolge durch das Zusammenleben mit solchen Tieren, die mit 
offener Tuberkulose behaftet sind. Es bestehe auch die Möglichkeit 
der Übertragung der Tuberkelkeime durch Ratten. Bei der Be¬ 
kämpfung der Tuberkulose sei vor allem der Schutz der Nachzucht 
anzustreben. Dieses Ziel erstrebe auch die Behrings che Schutz¬ 
impfung. Diese gewähre jedoch nur Schutz für die Dauer eines 
Jahres. Die Anwendung der Schutzimpfung bei älteren Tieren 
sei bedenklich, weil zur Impfung menschliche Tuberkelbazillen be¬ 
nutzt werden und diese noch lange Zeit hindurch von den geimpften 
Tieren mit der Milch ausgeschieden werden. Das Koch-Schütz- 
sche Verfahren sei dem Behringschen sehr ähnlich, es werde 
voraussichtlich auch nicht mehr leisten. Redner besprach sodann 
das Heymannsche Verfahren, welches darin besteht, daß Tuberkel¬ 
bazillen in Schilfsäckchen unter die Haut geschoben werden. Hier 
geben sie ihre Stoffwechselprodukte an den Körper ab, ohne 
letzteren selbst infizieren zu können, ferner das Klimm ersehe 
Verfahren, die Verwendung von Tuberkelbazillen, die durch eine 
Passage durch den Molch abgeschwächt worden sind. Diese alle 
haben bisher große Erfolge nicht aufzuweisen. Auf wesentlich 
anderen Grundsätzen beruhen die Verfahren von Bang und von 
Oster tag. Ersteres habe sich in Deutschland der Schwierigkeit 
seiner Durchführung wegen nicht einzubürgern vermocht. Dagegen 
breche sich das Ostertagsche Verfahren immer weiter Bahn. In 
Ostpreußen werde es seit 1901 mit gutem Erfolg angewendet. Der 
Hauptgrundsatz dieses Verfahrens sei der Schutz des Nachwuchses 
vor der Infektion. Die Kälber müssen bald nach der Geburt von 
den erwachsenen Tieren getrennt und mit der Milch nachweislich 
tuberkulosefreier Ammenkühe ernährt werden. Das Kochen der 
Milch sei nicht gut durchführbar. Um zu vermeiden, daß den 
Kälbern infektiöse Magermilch verabreicht wird, unterliegen die 
Viehbestände, die einer Meierei angehören, der tierärztlichen Auf¬ 
sicht. Tiere mit offener Tuberkulose insbesondere Eutertuberkulose 
müssen alsbald ausgemerzt werden. Die Milch aus den Meiereien, 
die sich der Tuberkulosetilgung angeschlossen haben, wird von 
Zeit zu Zeit auf das Vorhandensein von Tuberkelbazillen unter¬ 
sucht Die gefährlichsten Tiere werden ausgemerzt. Die klinische 
Untersuchung der Viehbestände werde alle Jahr wiederholt. Ver¬ 
dächtige Milchproben werden im bakteriologischen Institut der 
Kammer auf das Vorhandensein von Tuberkelbazillen untersucht. 
Viermal jährlich erfolgt eine Untersuchung des Gesamtgemelkes. 
Werden Tuberkelbazillen gefunden, so erfolgt eine nochmalige 
klinische Untersuchung der Tiere. Um die Tierärzte der Provinz 
mit dem klinischen Verfahren der Tuberkulosetilgung eingehend 
vertraut zu machen, habe die ostpreußische Landwirtschaftskammer 
einen Kursus veranstaltet, an dem sich etwa 70 Tierärzte beteiligt haben. 


Für den sehr instruktiven Vortrag dankt der Vorsitzende Herrn 
Dr. Müller und spricht er hierbei die Hoffnung aus, daß, wie 
viele andere Landwirtschaftskammern, sich auch die westpreußische 
Kammer bald von der Nützlichkeit des Ostertagseben Tilgungs¬ 
verfahrens überzeugen und in der Provinz zur Einführung 
bringen möge. 

In der darauffolgenden lebhaften Diskussion kommt Dr. Mi eßner 
auf das von Ostertag neuerdings empfohlene Verfahren zu sprechen, 
die Tuberkulinisierung der Kälber und deren getrennte Aufzucht. 
Es sei dies eine nicht zweckmäßige Verschärfung des Tilgungs¬ 
verfahrens. Je schwieriger die Durchführung eines Tilgungs¬ 
verfahrens sei, desto weniger seien die Landwirte geneigt, ein 
solches zur Anwendung zu bringen. Mi eßner erwähnt zudem 
nochmals die verschiedenen Immunisierungsmethoden, von denen er 
die Bovovaccin- und Taurumanimpfungen noch für die besten ansebe, 
da sie doch immerhin ein Jahr hindurch Schutz verleihen mögen. 
Augenblicklich schweben Versuche, die Schutzzeit durch wiederholte 
Einspritzung eines unschädlichen Impfstoffes zu verlängern. Auf 
eine Anfrage vom Veterinärrat Jakob über den Verbleib der 
tuberkulös befundenen Rinder, erwidert Dr. Müller, daß die Besitzer 
durch Vertrag verpflichtet sind, diese Tiere zu beseitigen. Hierzu 
wird dem Besitzer durch den Vertrauenstierarzt ein Termin gestellt, 
bis zur Beseitigung muß das kranke Tier von den gesunden 
getrennt werden. 

Kreistierarzt Schoeneck bittet um statistische Angaben über 
die Abnahme der Tuberkulose seit Anwendung des Tilgungs¬ 
verfahrens. Dr. Müller erwidert hierauf, daß die Fälle der offenen 
Lungentuberkulose von 4.4 auf 0,8 Proz. zurückgegangen seien, 
auch die Gebärmutter- und Eutertuberkulose sei sehr zurück¬ 
gegangen. 

Inzwischen war die Zeit sehr weit vorgerückt, so daß der 
zweite auf der Tagesordnung stehende Vortrag über die Bekämpfung 
der Maul- und Klauenseuche abgesetzt werden mußte. 

Als Ort der nächsten Versammlung im Frühjahr 1909 wird 
wiederum Zoppot gewählt. Auf die Sitzung folgte ein gemeinsames 
Mittagsmahl unter Teilnahme zahlreicher Damen in den ächöhen 
Räumen des Zoppoter Kurhauses. Nach diesem folgte ein Spazier¬ 
gang nach dem herrlich an der See gelegenen Restaurant Stolzen¬ 
fels, wo der Kaffee eingenommen wurde und wo sich die Teilnehmer 
mit ihren Damen noch einige Stunden fröhlichen geselligen Zu¬ 
sammenseins erfreuen konnten. 

Preuße, Felbaum, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Das Automobil für die ärztliche Praxis. 

Von Dr. med. Kötschau-Schönwölkau. 

Alle Automobilfirmen haben zuerst mit der Fabrikation von 
kleinen Wagen begonnen, sind dann aber schnell der Sport- 
bogeisterung folgend zum Bau von großen Wagen, speziell von 
Rennwagen mit mehr oder weniger Glück tibergegangen; jetzt, wo 
sich infolge der polizeilichen Maßnahmen und der überaus großen 
Unkosten bei den reichen Leuten die Begeisterung legt, kommen 
auch alle Firmen wieder zurück zur Fabrikation von kleinen Wagen, 
und sie machen das einfach so, daß sie ihre großen Modelle ins 
kleine übertragen: Das führt aber durchaus nicht zum rechten Ziel, 
diese Wagen bewähren sich in der Praxis nicht und daher die fort¬ 
währenden Umkonstruktionen. Andere Firmen und zwar haupt¬ 
sächlich solche, die früher Fahrräder fabrizierten, glaubten die Kon¬ 
struktion des Fahrrades mehr oder weniger auf das Automobil 
übertragen zu müssen und stellen somit das andere Extrem vor. 
So brachte z. B. eine bekannte Firma bei ihren kleinen Wagen im 
vorigen Jahr den ganz komplizierten Zweizylinder in V-Form, in 
diesem Jahre wieder Parallelzylinder, dazu eine Unmenge kom¬ 
plizierter Einzelheiten an den Wagen, die den Anfänger und auch 
den Geübten verwirren müssen und die Demontage erschweren. 
Die V-Motoren haben sich zwar bei Motorrädern und Cyklonetten 
mit gutem Erfolg eingeführt, verschwinden aber beim Motorwagen 
ebenso schnell wie sie aufgetauebt sind, und das hat seinen guten 
Grund. Die Außenwände am Motor sind durch die schräge Lage 
der Zylinder naturgemäß mehr beansprucht wie bei Vertikal¬ 
anordnung, die Zylinder laufen leicht oval, die Verteilung des Öles 





.‘31. Dezember 1908. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


989 


erscheint meist unregelmäßig, man findet bei V-Motoren häufig un¬ 
vollkommene Schmierung des Kurbelzapfens, bedingt durch den 
Angriff beider Pleuelstangen ans demselben; Folge davon ist dann 
ein früher Verschleiß der Pleuelstangenlagerschalen. 

In diese Kategorie, dem Fahrradbau am nächsten stehend, 
zählen auch sogenannte luftgekühlte Fahrzeuge. Wie das Motor- 
Zwei- und Dreirad mit luftgekühlten Motoren ganz ansprechende 
Leistungen erzielt, ist dies auch bei kleinen Wagentypen mehr 
oder weniger der Fall, doch kann ein Wagen mit luftgekühltem 
oder besser gesagt mit ungekühltem Motor niemals die Ansprüche 
auf Vollkommenheit und Leistungsfähigkeit erheben, als ein Wagen 
mit guter Wasserkühlung. Luftgekühlte Fahrzeuge mögen wohl 
befriedigen, so lange die Maschine neu ist, die Ventile gut abdichten 
und alle einzelnen Konstruktionen regelrecht zusammen funktionieren; 
dieses regelrechte Zusammenfunktionieren läßt jedoch in kürzester 
Zeit schon nach, denn durch die kolossale Überhitzung, deren ein 
solcher Motor insbesondere in Sommermonaten ausgesetzt ist, ent¬ 
stehen nur zu leicht umfangreiche Deformationen einzelner Teile, 
wie Ventile — dieselben werden leicht undicht — und dergleichen, 
es findet eine unregelmäßige Funktion der Maschine statt und dem¬ 
entsprechend ist die Leistung sofort eine herabgeminderte und der 
Besitz eines derartigen Fahrzeuges eine Kette fortwährenden Ver¬ 
drusses. Gewiß lassen sich die Ventile auch wieder einschleifen 
und der Motor, wenn er peinlich beobachtet wird, auch wieder auf 
frühere Leistung oder wenigstens annähernd dahin zurückbringen, 
doch ist dies stets nur von kurzer Dauer, und die Arbeit, die man 
fast täglich mit derartigen Fahrzeugen hat, ist eine solch weit¬ 
gehende, daß sie nicht im Vergleich steht zu^der geringfügigen 
Arbeit des Wasserablassens, welche mit einem wassergekühlten 
Motor während der Frostmonate verknüpft ist Die Scherereien, 
welche man angeblich mit der Wasserkühlung im Winter hat, wurde 
tatsächlich nur von den Leuten, welche ein Interesse haben, den 
luftgekühlten Wagen zu empfehlen (also -nur Fabrikanten und 
Händler mit solchen Fahrzeugen), in die Welt gesetzt, in Wirklich¬ 
keit sind die Umstände mit der Wasserkühlung minimaler Natur 
und habe ieh beispielsweise nichts werter zn beobachten-, als nach 
erledigter Praxis den Wasserhahn zu öffnen, worauf das Wasser 
ohne Umstände ins Freie abläuft; anderntags oder sobald eben eine 
neue Fahrt gemacht werden muß, sind 6—7 Liter Wasser in den 
Kühler einzugießen, was das Werk von zwei Minuten ist. Während 
der Fahrten in der Praxis selbst besteht absolut keine Frostgefahr, 
denn das Wasser im Kühlsystem erwärmt sich durch die Tätigkeit 
der Maschine in Kürze ziemlich hochgradig und zwar so, daß keines¬ 
wegs innerhalb 10 oder 20 Minuten, die eine Arztvisite gewöhnlich 
erfordert, ein Frostschaden eintreten kann. Zu aller Vorsicht breite 
ich beim Absteigen meine Reisedecke über den Kühler, was eine 
gewisse Isolation bedeutet und das Wasser noch langsamer dem 
Gefrierpunkt entgegenführt. Hat man länger beim Kranken zu tun, 
beispielsweise bei Operationen, Entbindungen und dergleichen, so 
ist es wiederum nur eine Kleinigkeit, vorsichtshalber das Wasser 
eben abzulassen und beim Wegfahren wieder frisch aufzugießen. 
Letzteres besorgen sogar in der Regel mit größter Bereitwilligkeit 
die Hausgenossen "des betreffenden Patienten. Kurz es kann ein 
Frostschaden nur dann eintreten, wenn man leichtsinnigerweise 
sein Fahrzeug mehrere Stunden beispielsweise über Nacht an un¬ 
geschütztem Ort mit vollem Wasser stehen läßt, und selbst dazu 
gehören schön ganz bedeutende Kältegrade. Auf der Fahrt selbst 
ist, wie schon oben erwähnt, ein Einfrieren des Kühlsystems aus¬ 
geschlossen und wenn man ab und zu von derartigem hört, dann 
kann es sich nur um äußerst schnellaufende Fahrzeuge, also so¬ 
genannte Rennwagen, Vierzylinder mit 30, 40 und mehr HP., die 
aber als Ärztegebrauchswagen gar nicht in Betracht kommen, handeln, 
wobei die Schnelligkeit des Luftzuges entsprechende Wirkungen 
ausübt. Derartige Momente kommen jedoch beim üblichen Doktor¬ 
wagen nicht in Frage. Übrigens kann man durch Zusatz von 
Glyzerin und anderen Chemikalien die Frostgefahr des Kühlwassers 
vollständig beseitigen, so daß selbst das mehrerwähnte Ablassen 
des Kühlwassers überflüssig ist. Es ist also die Frage, ob Wasser¬ 
kühlung oder Luftkühlung vorzuziehen sei, ganz entschieden für 
erstere zu bejahen. Der beste Beweis dürfte schließlich sein, daß 
die ganze Fahrzeugindustrie, von Fahrrädern einschließlich drei¬ 


rädrigen Vehikeln abgesehen, in ihre Wagen wassergekühlte 
Motoren baut; unter den vierrädrigen Fahrzeugen gibt es nur eine 
Firma in Deutschland, die Luftkühlung an dem Mcrtor besitzt, so 
daß auf 100 in Deutschland gebaute Wagen 99 wassergekühlte und 
1 luftgekühlter kommen. Wasserkühlung allerdings ist mit etwas 
mehr Anschaffungsunkosten verursacht, allein dieser Grund kann 
nicht ausschlaggebend sein, denn wer seine Apparate (ich meine 
nicht allein Motorwagen) der Billigkeit nach kauft, wird stets und 
immer zu klagen haben, denn in der Regel ist ein Apparat um so 
unvollkommener, je billiger er hergestellt wird; überdies ist nicht 
alles Gold was glänzt, luftgekühlte Maschinen, deren Zylinder stets 
mehr oder weniger die Temperatur glühenden Eisens aufweisen, 
erfordern ganz bedeutende Mengen von Zylinderöl, da nur durch 
eine sehr reichliche Ölung eine Überhitzung nach Möglichkeit ver¬ 
mieden werden kann. Durch den Verbrennungsprozeß dieser großen 
Ölquantität verbleiben aber eine ganze Menge Rückstände, die sich 
durch Verschmutzen und Verrußen der Ventile in der unangenehmsten 
Weise bemerkbar machen. 

Da wir gerade beim Ölverbrauch sind, mag auch der anderen 
Verbrauchsmaterialien gedacht werden. Den Kenner mutet es 
manchmal recht eigentümlich an, wenn ein Neuling nach dem 
Benzinverbrauch fragt und er dementsprechend den Kostenpunkt 
für sein Gebrauchsautomobil berechnen möchte, dabei aber nicht 
berücksichtigt, daß der Benzinverbrauch gegenüber dem Pneumatik- 
verschleiß gar keine Rolle spielt, leider ist die Pneumatikbereifung 
jedoch nicht zu entbehren. Es wird also bei Anschaffung eines 
Automobils hierauf ein Hauptaugenmerk zu richten sein. Der 
stärkste Gummireifen, der sich auf die Felge des Wagens auf¬ 
montieren läßt, ist wohl in der Anschaffung der teuerste, aber für 
den intensiven Gebrauch der billigste; er hält erheblich länger aus 
als der schwächere Reifen; außerdem hat man sehr selten einen 
Gummidefekt. Übrigens hilft ja auch das Stephneyreserverad, das 
sich in wenigen Minuten an das Rad mit dem Gummidefekt an¬ 
schrauben läßt, über den früher so unangenehmen Gummidefekt 
auf der Fahrt hinweg. Man kann so den defekten Reifen in aller 
Rahe zu Hause reparieret* 1 . 1 . . 

Sehr häufig werde ich auch gefragt über meine Ansicht in 
bezug auf die Antriebsart, ob Kettenantrieb oder Kardanantrieb 
vorzuziehen sei, und stelle ich hierauf die Gegenfrage: Warum 
haben wir beim Fahrrad noch immer die Kette und nicht allgemein 
den Kardan? Kettenlose Fahrräder werden ja schon seit Jahren 
fabriziert, sie führen sich aber doch nicht ein, und das hat folgenden 
Grund: Alle Stöße, welche durch die Unebenheit dea Bodens auf 
das Fahrrad einwirken, werden beim Kettenantrieb durch die Kette 
abgefangen upd abgeschwächt, schonen daher die Lager und den 
Rahmen; beim Kardan werden alle Stöße direkt auf das Getriebe 
übertragen und führen vorzeitig zum Verschleiß des Getriebes. 
Alles in der Welt hat zwei Seiten und so auch dieser Punkt: Die 
Kette hat den Nachteil, daß sie etwas mehr Geräusch verursacht 
und daß sie sich nach mehr oder weniger angestrengtem Gebrauch 
ausreckt, was vielen Herren Kollegen wohl von ihrem Fahrrad aus 
schon bekannt ist und dementsprechend natürlich nach ihrem Ver¬ 
brauchtsein ersetzt werden muß. Ein Kettendefekt anf der Straße 
ist nichts angenehmes und solche Punkte sind es auch, die den 
Wunsch nach einer anderen Antriebsart rege machen. Doch will 
ich nicht unerwähnt lassen, daß nichts leichter vermieden werden 
kann, als gerade ein Kettendefekt. Bei häufiger Untersuchung 
durch äußerliche Besichtigung, ohne die Kette abzunehmen, lassen 
sich defektwerdende Kettenglieder erkennen, und kann also ein 
derartiges Glied schon zu Hause in aller Ruhe ansgewechselt 
werden. Das allmähliche Recken der Kette muß wieder ausge¬ 
glichen werden durch rechtzeitiges Nachspannen derselben, wie wir 
dies vom Fahrrad kennen; sind die Kettenglieder jedoch allmählich 
soweit ausgereckt, daß sie nicht mehr in die einzelnen Zähne der 
Kettenräder passen, was sich durch entsprechendes Knacken, 
Knistern und Knirschen genügend rechtzeitig bemerkbar macht, so 
hat die Kette eben ausgedient und muß durch eine neue ersetzt 
werden. Man kann annehmen, daß eine gute Kette 5—6000 km 
vorhält. Wer also vorstehende Winke beobachtet, der wird wohl 
kaum jemals in die Lage kommen, auf der Straße eine Ketten¬ 
reparatur vornehmen zu müssen. Es muß also unbedingte Zuver- 









990 


lässigkeit der Kette and ständige Betriebssicherheit als ein großer 
Vorzug des Kettenantriebes anderen Betriebsarten gegenüber hervor¬ 
gehoben werden. Ein weiterer Vorzug ist der, daß man jederzeit 
durch Auswechslung eines Kettenrades, was etwa zehn Minuten 
Zeit in Anspruch nimmt, die Übersetzung des Wagens jederzeit 
ändern kann, was manchem Käufer als eine sehr angenehme Bei¬ 
gabe willkommen sein dürfte. 

Der Kardanantrieb dagegen hat den Vorzug eines etwas 
ruhigeren Ganges, sowie denjenigen, daß man irgendwelche 
nennenswerte Arbeiten (ausgenommen Schmieren) während des 
Betriebes an demselben nicht vorzunehmen hat, mit anderen 
Worten, man braucht den Mechanismus dieses Antriebes nicht 
so zu beobachten als die Kette, wie denn auch derartige Mani¬ 
pulationen, wie Nachspannen der Kette usw., in Fortfall kommen. 
Es sind dies also ganz unleugbare Vorzüge, dagegen ist auch 
diese Antriebsart nicht ohne Schattenseiten, und zwar ist der 
Nachteil, der dem Kardanantrieb dem Kettenantrieb gegenüber 
anhängt, ein nicht unbedeutender insofern, als bei einem etwaigen 
Defekt (und diese Defekte sind gar nicht so selten) die Betriebs¬ 
störung eine ganz empfindliche ist. Während bei der Kette, selbst 
der schlimmste Fall, ein Defekt auf der Landstraße angenommen, 
dieser Defekt innerhalb weniger Minuten beseitigt ist (denn einige 
Kettenglieder wird jeder vorsichtige Fahrer in seinen Reserven 
mitführen), ist man bei einem Defekt im Kardangetriebe unrettbar 
einer längeren Betriebsstörung verfallen. Der Wagen kann nicht 
mit eigener Kraft in die nächste, wenn auch noch so nahe gelegene 
Ortschaft befördert werden, sondern es muß fremde Hilfe requiriert 
werden und die Auswechslung, Reparatur und Erneuerung des 
Getriebes erfordert unter Umständen mehrere Wochen; daß eine 
derartige Reparatur auch noch ganz bedeutende Unkosten ver¬ 
ursacht, ist klar. Derartige Unannehmlichkeiten können den Käufer 
bestimmen, von der Antriebsart abzugeben. Hierzu kommt noch 
der Nachteil, daß man stets nur auf ein und dieselbe Übersetzung 
angewiesen ist. Man sieht also, daß man über die beiden Antriebs¬ 
arten verschiedenerlei Meinung sein kann, und Tatsache ist ferner, 
daß sich die Gesamtindustrie in ihrer Herstellung in beide Antriebs¬ 
arten ziemlich gleichmäßig teilt. Schließlich sei noch erwähnt, daß 
man beim Kauf eines Automobils mehr als bei jedem anderen 
Apparat auf Einfachheit in der Konstruktion und Stabilität der 
Einzelteile größtes Gewicht zu legen hat. Ersteres kommt einem 
in der Bedienung des Wagens außerordentlich zustatten, denn je 
weniger Teile vorhanden sind bzw. je einfacher dieselben in ihrer 
Konstruktion sind, desto schneller ist man mit der täglichen Instand¬ 
setzung des ganzen fertig, wie auch naturgemäß Reparaturen viel 
seltener Vorkommen, als bei kompliziert gehaltenen Fahrzeugen. 
Stabilität aber ist beim Fahrzeug des Arztes erste Bedingung. Ein 
Wagen, der Sommer und Winter bei Tag- und Nachtzeit alle vor¬ 
kommenden Berge fahren muß, darf seine Konstruktion nicht dem 
Fahrradbau entlehnt haben, sondern muß so stabil sein, daß er allen 
Schwierigkeiten gewachsen ist. 

Einige wenige Firmen haben von vornherein die Herstellung 
kleinerer Wagen als Spezialität vorgenommen und zwar nach dem 
goldenen Mittelwegsprinzip, nicht so schwach wie Fahrrad ähnliche 
Vehikel und auch nicht ins Ungeheuerliche gehend ä la Renn- und 
Tourenwagen der großen Firmen, die heute schon mehr Lokomotiven 
und Eisenbahnwaggons ähnlich sind und deshalb keinen Anspruch 
machen können, in der ärztlichen Praxis verwendet werden zu 
können. Zu diesen wenigen Firmen nach dem Mittelwegsprinzip 
zählt die Nürnberger Motorfahrzeugo-Fabrik „Union", die seit reich¬ 
lich 8 Jahren ihre wohlbewährten, so überaus einfachen und stabilen 
Gebrauchswagen hinausgibt. Die genannte Firma hat sich nie 
bemüht, große Rennen zu belegen, hat dagegen auf allen Zuver- 
lässigkeitsfahrten, die sie mitmachte, stets die ersten Preise geholt, 
wie denn auch gerade der Maurer-Union-Wagen in Ärztekreisen sich 
großartig bewährt hat, wo es vor allem auf einen betriebssicheren, 
leistungsfähigen Wagen, der wenig Wartung benötigt, ankommt. 

Der Maurer-Union-Wagen ist ein Gebrauchswagen im vollen 
Sinne des Wortes, so einfach, übersichtlich in der Konstruktion, 
leicht zugänglich in allen Teilen, betriebssicher bei geringster 
Abwartung und sehr leistungsfähig auf jedem Terrain. Die Union 
hat ihren Wagen immer ab- statt zukonstruiert und auf diese Weise 


No. 53. 


haben wir seit vielen Jahren bereits den ärztlichen Gebrauchs wagen, 
der sich ja nach den vielen glänzenden Zeugnissen stets bewährt 
hat. Es gibt kein einfacheres, übersichtlicheres, leichtverständ¬ 
licheres und ebenso zu fahrendes, dabei zuverlässiges, leistungs¬ 
fähiges und zugleich dauerhaftes System in der Automobilbranche, 
als die Friktionsübertragung, wie sie die Union baut. Jeder ge¬ 
wöhnliche Kutscher ist in der Lage, den Wagen nach wenigen 
Tagen Instruktion zu bedienen und zu fahren. 

Man hat bei der Friktion, für deren Nicht- Versagen di6 Fabrik 
jede gewünschte Garantie leistet, nicht bloß drei oder vier ver¬ 
schiedene, sondern eine beliebig variable Abstufung der Geschw indig¬ 
keiten und kann somit aus dem Motor das jeweil Möglichste den 
Terrainverhältnissen entsprechend herausholen. 

Diese ideale Terrainanpassung ist einer der Hauptvorzüge des 
Maurer-Union-Wagens. Anfahren und Übersetzungswechsel geht 
vollkommen sanft und stoßfrei vor sich und schont im Gegensatz 
zur Zahnradübertragung ganz außerordentlich die Reifen, und die 
bilden ja, wie wir oben gehört haben, den Hauptkostenpunkt im 
Automobilbetrieb. Es ist nachgewiesen, daß ein Zahnradw r agen, 
dessen Antrieb stets und immer ruck- und stoßweise erfolgen muß, 
wenn auch die einzelnen Fabriken ihre Erzeugnisse stets als 
möglichst stoßfrei hinstellen, genau den doppelten Verbrauch an 
Pneumatiks aufweist, als ein Friktionswagen, wenigstens sofern es 
sich um die Hinterräder, die den Antrieb zu betätigen haben, handelt. 

| Wegebeschaffenheit und Steigeverhältnisse kommen bei diesem 
Friktionswagen (System Maurer-Union) überhaupt nicht in Betracht, 
die Wagen ziehen selbst auf schlechtesten Sandwegen durch und 
überwinden glatt jede Steigung. 

Der Nutzeffekt ist der denkbar günstigste, w'eil die Kraftüber¬ 
tragung durch Andruck einer auf der Kurbelwelle des Motors 
befestigten Scheibe gegen ein zu dieser senkrecht verlaufendes auf 
einer Achse seitlich verschiebliches Rad, also durch Hebelarme 
geschieht Dank dieser einfachen Konstruktion ist es auch uns 
Laien bei einigem guten Willen möglich, uns mit der Handhabung 
des Wagens genügend vertraut zu machen. Wir brauchen deshalb 
weder zum Ankauf noch zur Unterhaltung dieses einfachen Wagens 
einen Zwischenhändler und können uns zudem bei etwaigen Repara¬ 
turen ganz auf die anerkannte Kulanz der Firma verlassen. 

Ein Einzylinder 6 HP genügt für die Praxis; bei sehr guten 
Wegeverhältnissen und weniger forcierter Beanspruchung mag sogar 
der 4—5 HP-Wagen vollkommen genügen. Legt man Wert auf 
ruhigeren Gang, größere Bequemlichkeit der Sitze und eleganteres 
Äußere, so ist Zweizylinder 9—11 HP zu empfehlen, zumal der 
Preisunterschied zwischen Ein- und Zweizylinder nicht sehr erheb¬ 
lich ist. Vierzylinder sind für die Praxis nicht zu empfehlen, sie 
benötigen unverhältnismäßig mehr Benzin und öl zu ihrer Leistung 
und sind auch etwas kompliziert in Bau und Behandlung, dement¬ 
sprechend Reparaturen häufiger. 

Über die Antriebsarten habe ich mich oben schon ausgelassen. 
Die Nürnberger Motorfahrzeugefabrik „Union“ baute bisher in der 
Hauptsache ihre Wagen mit Kettenantrieb, stellt aber in neuerer 
Zeit vielfachen Wünschen entsprechend auch Kardanwagen her, wie 
es von jeher Bestreben dieser Firma war, den Wünschen der All¬ 
gemeinheit sich nach Möglichkeit anzupassen. Dieser Kardanantrieb 
in Verwendung mit Friktionsübertragung, die jeden Ruck und Stoß, 
der sonst auf das Kardangetricbe ausgeübt w ird, vollständig ver¬ 
meidet, stellt einen wirklich idealen Antrieb vor und dürften die so 
gefürchteten Kardandefekte auf diese Weise gänzlich ausgeschaltet 
sein. Für diejenigen Herren, die also dem Kardanantrieb besonders 
zuneigen, dürfte somit in dem neuen Maurer-Union-Kardanwagen 
ein Fahrzeug geschaffen sein, wie es keine andere Firma in dieser 
Vollkommenheit zu bieten vermag. 

Über einen weiteren Punkt werde ich häufig gefragt, und 
dieser betrifft das Differentialgetriebe. Beim Maurer-Union-Wagen 
weicht auch dieses Getriebe vorteilhaft von anderen Konstruktionen 
ab, indem sich dasselbe auf der ungebrochenen Achse befindet, 
was natürlich ganz bedeutende Vorzüge mit sich bringt, indem 
verschiedene Lager, die durch eine gobrochene und durch ein be¬ 
sonders stark konstruiertes Gehäuse wieder verbundene Achse be¬ 
nötigt werden, in Fortfall kommen. Irgend einen Defekt habe ich 

I mit diesem Getriebe noch nicht gehabt und wenn ein solcher ein- 


BERLI NER TIERÄRZTLICHE WOCHE NSCHRIFT. 



.11. Dezember 1908. 


tritt — er kann aber nur eintreten, wenn man sinnlos durch tiefe 
Löcher jagt, ohne auszukuppeln — so ist derselbe nicht besonders 
störend, da ein Weiterfahren immerhin noch leicht möglich ist, 
indem man das große Kettenrad mit dem linken Laufrad durch 
einen Riemen oder Bindfaden verbindet. Es erfolgt dann allerdings 
der Antrieb nur auf eines der beiden Hinterräder statt auf beide, 
doch ist der Zweck, den Wagen nach Hause zu bringen, damit 
vollständig erreicht. Gibt es doch verschiedene Fahrzeuge, die 
überhaupt nur mit einem Rad angetrieben werden. 

Die vorstehenden Punkte sind in der Hauptsache diejenigen, 
über die ich häutig interpelliert werde, und die scheinbar den einen 
Wagenkauf beabsichtigenden Herren Kollegen zu denken geben. Ich 
will deshalb auch nicht näher auf andere Einzelheiten eingehen, 
als da sind die äußerst vollkommene und zu Störungen nie Anlaß 
gebende Boschzündung, welche die Nürnberger Motorfahrzeugefabrik 
„Union“ seit ihres Anbeginns verwendet und die auch nicht nach 
der Billigkeit gearbeitet ist, sondern in erster Linie nach dem 
Prinzip der Vervollkommnung, ein minimaler Benzinverbrauch durch 
einen vorzüglich ausgearbeiteten Vergaser usw., wie ich mich über¬ 
haupt nicht berufen fühle, mich über technische Einzelheiten weiter¬ 
gehend zu äußern. Ich habe in vorstehendem lediglich das nieder¬ 
gelegt, was ich als Laie am eigenen Leibe erfahren habe, und 
möchte diese meine Erfahrungen auch nur dem Laien gegenüber 
zum Ausdruck gebracht wissen. Wenn ich insbesondere das Fabrikat 
der Nürnberger Motorfahrzeugefabrik „Union“ als das für den 
ärztlichen Gebrauch vollkommenste Fahrzeug, das mir je unter¬ 
gekommen ist, hervorhebe, so hat dies seine sehr berechtigten Gründe, 
die einzig und allein in der Vollkommenheit des Fabr-kats zu 
suchen sind, und daß ich mit dieser meiner Ansicht nicht allein 
stehe, ist den Lesern dieses Blattes zur Genüge bekannt. Haben 
sich doch im Sommer vorigen Jahres, als es sich um einen Konkurrenz¬ 
angriff auf das Union-Fabrikat handelte, mehr als 60 Stimmen ira 
Briefkasten zusammengefunden, die diesem Fabrikat das höchste 
Lob zum Ausdruck brachten. Tatsache ist ferner, daß für den viel¬ 
beschäftigten Arzt die Erledigung der Praxis mittelst Automobil 
eine Wohltat bedeutet, wie ich denn auch verschiedene Herren 
kenne, die um keinen Preis zum Pferdebetrieb zurückkehren möchten; 
eine große ausgedehnte Praxis läßt sich eben in sicherer, an¬ 
genehmer und überaus schneller Weise mit dem Auto erledigen. 

Seuchennachrichten. 

Maul- und Klauenseuche. 

Neuausbriiche werden gemeldet aus Hochzoll, Bezirksamt Fried¬ 
berg (Oberbayern) vom 22. Dezember, aus Beuthen, Stadtkreis (Reg.- 
Bez. Oppeln) vom 24. Dezember. 

Tierseuchen im Auslande II. Semester 1907. 

Großbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 482 Ausbrüchen 650 Tiere, wovon 
415 auf England, 11 auf Wales und 224 auf Schottland kamen. An 
Rotz erkrankten in England 779, in Schottland 16 Pferde. (In 
Wales ist im Berichtssemester keine Rotzkrankheit vorgekommen.) 
Die Zahl der wegen Sehweinefieber getöteten, erkrankten und an¬ 
steckungsverdächtigen Tiere betrug 5030, wovon 4625 auf England, 
210 auf Wales und 195 auf Schottland kamen. Von Schafräude 
wurden 356 Ausbrüche konstatiert, wovon 103 auf England, 207 auf 
Wales und 46 auf Schottland kamen. Tollwut, Lungenseuche und 
Maul- und Klauenseuche sind nicht beobachtet worden. 

Belgien. 

Zahl der Krankheitsfälle an Milzbrand 322, Rauschbrand 185, 
Wut 161, außerdem wurden 56 Hunde, 18 Katzen und 2 Rinder als 
wutverdächtig getötet, Maul- und Klauenseuche 6233. Rotz und 
Wurm wurde bei 27 Pferden festgestellt: außerdem wurden in 
Schlachthäusern 46 Pferde als rotzkrank ermittelt (darunter 30 aus 
England, 1 aus Frankreich, wovon 1 auf den Hafen von Antwerpen, 
4 auf den Hafen von Gent kamen). Räude ist im Oktober bei 
137 Schafen und im Dezember bei 50 Schafen festgestellt worden. 

Niederlande. 

Milzbrand in 227, Rotz in 21, Maul- und Klauenseuche in 335 063, 
Räude der Schafe in 991, Schweinerotlauf in 829, bösartige Klauen¬ 
seuche der Schafe in 228 Fällen. Außerdem Tollwut in 10 Fällen. 


991 


F rankreich. 

Milzbrand herrschte im Juli in 29, im August in 66, im Sep¬ 
tember in 44, im Oktober in 33, jm November in 49, im Dezember 
in 32, Rotz und Wurm in 24 bzw. 25, 37, 18, 34, 27 Ställen. Ge¬ 
tötet wurden wegen dieser Seuche 34 bzw. 29, 46, 27, 43, 31 Pferde. 
Die Zahl der gemeldeten tollen Hunde belief sich auf 268 bzw. 146, 
122, 118, 132, 118. Die Maul- und Klauenseuche trat im Juli in 340, 
im August in 467, im September in 533, im Oktober in 392, im 
November in 169, im Dezember in 127 Gemeinden auf. Schafpocken 
herrschten im Juli in 6, im August in 10, im September in 10, im 
Oktober in 18, im November in 42 und im Dezember in 7 Herden. 
Schafräude wurde ermittelt in 3 bzw. 3, 5, 34, 11, 14 Herden. 
Rauschbrand trat in 59 bzw. 59, 86, 96, 100, 75 Ställen auf. Rotlauf 
der Schweine herrschte in 22 bzw. 22, 18, 18, 24, 25 Departements. 
Schweineseuche (einschließlich Schweinepest) wurde festgcstellt in 

21 bzw. 19, 14, 19, 16, 40 Beständen. Die Lungenseuche ist im 
Benchtssemester nicht aufgetreten. 

Italien. 

Es wurde festgestellt Milzbrand bei 2377, Rauschbrand bei 291, 
Tollwut bei 283, Rotz und Wurm bei 269, Maul- und Klauenseuche 
bei 129 962, Pockenseuche bei 181, Räude bei 24 634, Schweine¬ 
seuche bei 6390 Tieren. 

Schweiz. 

Die Zahl der gefallenen oder getöteten Tiere betrug bei Rausch¬ 
brand 739, Milzbrand 176. Die Zahl der verseuchten und verdächtigten 
Tiere betrug bei Maul- und Klauenseuche 462 in 28 Gemeinden 
(43 Ausbrüchen). Von Stäbchenrotlauf und Schweineseuche wurden 
517 Gemeinden bei 936 Ausbrüchen betroffen, die Zahl der ge¬ 
fallenen und getöteten Tiere betrug 1341, der verseuchten und ver¬ 
dächtigten 3948. Außerdem Wut bei 2 Hunden in 2 Gemeinden: 
Rotz und Hautwurm in 4 Gemeinden 4 Pferde und 6 rotzverdächtig: 
Räude bei 55 Schafen bei 1 Gemeinde in 1 Herde. 

Österreich. 

Die Zahl der verseuchten Orte betrug in den einzelnen Monaten 
des Berichtssemesters 57, bzw. 62, 65, 91, 46, 19 bei Milzbrand; 
27 bzw. 30, 15, 33, 4, 8 bei Rauschbrand: 95 bzw. 66, 66, 109, 49, 
58 bei Tollwut; 78 bzw. 78, 61, 75, 64, 52 bei Rotz und Wurm; 

22 bzw. 39, 73, 192, 343, 165 bei Maul- und Klauenseuche; 233 bzw. 
87, 74, 35, 5, 8 bei Bläschenausschlag; 156 bzw. 117, 141, 149, 107 bei 
Räude der Einhufer; 12 bzw. 6, 11, 9, 5, 5 bei Räude der Schafe; 
1030 bzw. 1118, 964, 613, 243 bei Rotlauf der Schweine; 723 bzw. 
576, 563, 760, 575, 472 bei Schweinepest (Schweineseuche); 47 bzw. 
50, 49, 144, 113, 49 bei Geflügelcholera. Die Lungenseuche, Pocken¬ 
seuche der Schafe, die Beschälseuche der Zuchtpferde und die 
Hühnerpest sind nicht aufgetreten. 

Ungarn. 

Es waren in den Monaten Juli, August, September, Oktober, 
November und Dezember folgende summarisch aufgeführten Orte 
verseucht: Mit Milzbrand 635 bzw. 558, 1086, 1332, 831, 544; Rausch¬ 
brand 444 bzw. 363, 393, 605, 637, 548; Wut 831 bzw. 635, 545. 
631, 530, 620; Rotz 243 bzw. 231, 216, 211, 169, 108; Maul- und 
Klauensenche 142 bz\y. 175, 599, 1458, 1370, 812; Pockenseuche 
der Schafe 72 bzw. 67, 103 186, 185, 198; Bläschenausschlag 
274 bzw. 164, 98, 88, 46, 32; Räude der Einhufer 1791 bzw. 948, 
738, 718, 406, 253; Räude der Schafe 188 bzw. 97, 79, 89, 87, 78; Rot¬ 
lauf der Schweine 3911 bzw. 3078, 2617, 2148, 1260, 795; Schweine¬ 
seuche (Schweinepest) 6024 bzw, 5676, 5441, 5592, 3381, 2271. 
Geflügelcholera 87 bzw. 48, 49, 96, 129, 149; Hühnerpest 5 bzw. 1, 
die übrigen Monate frei. 

Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Tierbestände betrug bei Milzbrand: 
Juli 6, August 4, September 5, Oktober 11, November 18, Dezember 
16; Rotlauf der Schweine: Juli 15, August 23, September 21, 
Oktober 53, November 43, Dezember 22; Chronische Schweine¬ 
diphtherie (Schweinepest): Juli 2, September 3, November und 
Dezember je 1; Rückenmarkstyphus der Pferde: Juli 3, August 2, 
September 2, Oktober, November, Dezember je 1; Katarrhalfieber 
des Rindes: Juli 9, August 13, September 4, Oktober 1, November 
und Dezember je 2. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 






BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 53. 


992 


Norwegen. 

Zahl der Krankheitsfälle in den Monaten Juli, August, September, 
Oktober, November, Dezember: Milzbrand 45 bzw. 31, 27, 28, 34, 
28; Rauschbrand 6 bzw. 1, 7, 2, 2, 1; Schweineseuche (einschl. 
Schweinepest) 1 bzw. 1, keine, keine, 2, keine; bösartiges Katarrhal- 
fiebcr der Rinder 77 bzw. 46, 25, 26, 34, 24; Bradsot 2 bzw. 1, 2, 
11, 29, 12 Fälle. 

Schweden. 

Die Zahl der verseuchten Ställe betrug: Milzbrand: im Juli 
16, August 9, September 14, Oktober 14, November 22, Dezember 30; 
hiervon neu betroffen 15 bzw. 3, 12, 7, 19, 18. liauschbrand: im 
Juli 9, August 5, September 5. Oktober 6, November 12, Dezember 9; 
hiervon neu betroffen 5, bzw. 5, 4, 5, 9, 3. Rotlauf der Schweine: 
im Juli 1, August 3, September 5, Oktober 5, November 6, 
Dezember 3; hiervon neu betroffen 1 bzw. 2, 3, 3, 3, 2. Schweine¬ 
seuche: im Juli 1, August 5, September 8, Oktober 18, November 22, 
Dezember 17; hiervon neu betroffen 1 bzw. 5, 8, 5, 8, 4. 


Biicheranzeigen und Kritiken. 

Atlas der tierärztlichen Operationslehre in fünf Büchern. I. Ruch: 
Zwangsmittel und Zwangsmaßregeln. II. Buch: Instrumenten- 
lehre. III. Buch: Verbandsichre. IV. Bnch: Allgemeine 
Operationen. V. Buch: Spezielle Operationen. Bearbeitet von 
Professor Leonhard Ho ff mann, Vorstand der chirurgischen Klinik 
und Dozent für Chirurgie, Operationslehre und Operationstechnik an 
der K. W. tierärztlichen Hochschule in Stuttgart. Mit 107 i afeln und 
307 Textfiguren. Stuttgart 1908. Verlagsbuchhandlung von Eugen Ulurer, 
Verlag für Landwirtschaft und Naturwissenschaften. 

Vorliegendes Werk enthält 508 Seiten, 107 Tafeln mit 2545 Figuren 
nnd 307 im Texte befindlichen Abbildungen. Durchblättert man das 
großartig angelegte Werk zunächst oberflächlich, so glaubt man sich in 
das 18. Jahrhundert versetzt, so primitiv, so technisch minderwertig ist 
die Ausführung eines großen Teiles der Abbildungen. Besonders machen 
die auf der Tafel 25 (Zwangsmittel bei Schweinen) abge dldeten Figuren 
der Männer den Eindruck, als wenn es sich um Karikaturen in einem 
Witzblatte und nicht um ein wissenschaftliches Werk, mn einen Atlas 
für Operationsichre handelte. Gleich minderwertig sind die Figuren der 
Tafeln 27 und 28. Ob dort einige Tiere Hunde oder Fischotter, Katzen 
oder Eichhörnchen darstellen sollen, ist fraglich Abgesehen aber von 
der schlechten Ausführung dieser Abbildungen sind säimliche Figuren 
auf de*) Tafeln, besonders aber die des 1., H. und TH. Buches, so klein 
und infolgedessen so wenig deutlich, daß selbst die Form und Eigen¬ 
tümlichkeit der jedem Tierärzte bekannten Instrumente hieraus nicht 
ersichtlich ist. Jeder Tafel ist aber nicht allein ein Text, sondern anch 
eine besondere Erklärung der Abbildung beigegeben. Leider sind diese 
Erklärungen und Texte nicht immer der Reihenfolge nach geordnet, 
wodurch die Übersichtlichkeit leidet. Was den Inhalt anbetriffr, so stellt 
das vorliegende Werk dar: Auszüge aus den Chirurgien- und Operations¬ 
lehren von Hertwig, Hering, Bayer, Möller, Hoffmann, Frick, Möller- 
Frick, Vennerholm und dein großen Sammelwerke von FrÖhuer und 
Bayer, sowie Auszüge aus vielen Einzelarbeiten, die in tierärztlichen 
Zeitschriften in den letzten 20 .Jahren erschienen sind. 

Die Beschreibungen der speziellen Operation geschehen in großartig 
angelegtem Rahmen. Sie enthalten nicht nur die aus den angeführten 
Werken gemachten Auszüge, sondern auch die persönlichen chirurgischen 
Erfahrungen des Verfassers selbst. Es ist wohl selten in einem Buche 
so viel wertvolles Material mit solchem großen Eifer und Flciße zu- 
sammengetragen worden, wie in dem vorliegenden Werke. Daß bei 
der Fülle des Materials nicht immer der beabsichtigte Zweck erreicht, 
ist, ist selbstverständlich Wer vieles bringt, wird jedem etwas bringen. 
An Mängeln möchte ich folgendes hervorheben. Das fünfte Bnch ent¬ 
hält außerordentlich viele Druckfehler, die bei genauer Durchsicht wohl 
hätten vermieden werden können. Dann vermisse ich bei den speziellen 
Operationen gerade die praktischen Methoden, Methoden, die es dem 
Tierärzte in der Praxis ermöglichen auch große, schwierige Operationen 
ohne Assistenten und ohne diejenigen Hilfsmittel, die dem Operateur 
in den Kliniken zur Verfügung stehen, auszuführen. Bei der Operation 
der sogenannten Kniebeule vulgo Knieschwainm beim Rinde fehlt die 
äußerst wertvolle Operationsmethode von Mas eh (Mitteilungen für 
Tierärzte Hamburg II. 10). Bei der Kastration sind nicht verzeichnet 
die neue letzte Abhandlung, die je über diese Operation geschrieben 
ist, von Frick (Dt. T. W. 1907), die Abhandlung von Mascli (Netzbrüche), 
die vorzüglich wirkenden Metallkluppcu von Pflanz. Bel der Operation 
der Samenstrangfistel fehlt die ausgezeichnete Methode von Malkinus 
i Dt. T. W. 1S99, S. 161) und bei der Knorpelfisteloperation ist die fast 
nur in der Praxis angewandte Methode von Möller gar nicht erwähnt. 
Wünschenswert bei einer Neuauflage wäre: Wegfall aller derjenigen 
Abbildungen von Instrumenten, welche in der .Jubiläumsausgabe von 
Hauptner vorhanden sind, da dieselben sich in der Hand eines jeden 
Tierarztes befinden. Vereinfachung der Beschreibung der Instrumente, 
deren Erklärung, wenn Nummer des Textes und der Tafel zusammenfallen, 
überflüssig Gr. An .Stelle des hierdurch entstehenden Platzes wäre es 
von großem Worte, wenn mindestens jeder speziellen Operation ein voll¬ 
ständiges Literaturverzeichnis beigegehen würde, das jedem Leser in 
Anbetraeht. des kurzen oft telegrammmäßig verfaßten Textes es möglich 
machte, die Original»* nachzulesen. Endlich wichtige Stellen im Texte ' 
durch großen Druck hervorzuheben, da der kleine gleichmäßige Druck i 
sehr ermüdend auf die Augen wirkt. T. I 


Recht und Unrecht im Pferde- und Viehhandel. Systematische 
Darstellung nach Reichsrecht mit tierärztlichen Erläuterungen. Be¬ 
arbeitet von Dr. Viktor Wrede, Rechtsanwalt und Dr. Paul Oehmke, 
Hof- und Kreistierarzt. Carl Ileymanns Verlag, Berlin 1909. 

Prof. Dr. M. Braun und Privatdozent Dr. M. Lühe, Leitfaden zur 
Untersuchung der tierischen Parasiten der Menschen und der Haus¬ 
tiere für Studierende, Ärzte und Tierärzte. Mit 100 Abbildungen im 
Text. Kurt Kobitzsch (A. Stübers Verlag) Würzbnrg 1909. Preis 5,20 M., 
gebunden 6 M. 

Dr. W. Müller nnd Dr. G. v. Wendt, Abhandlungen aus dem Ge¬ 
biete der Tierhaltung. Heft 1. Wie futtert der Landwirt zweck¬ 
mäßig Rübenblätter? Ein Beitrag zur Kenntnis der Ursachen der 
durch Rübcnblattfütternng hervorgerufenen Übelständc. Preis 50 Pf. 
Heit 2. Milchgewinnung vom hygienischen und w irtschaft¬ 
lichen Standpunkte aus nebst Vorschlägen zur Bekämpfung der 
Rindertuberkulose und Regelung des Verkehrs mit Milch. Preis 1,20 M. 
Heft 3. Grundzüge einer wirtschaftlichen Ernährung der 
Milchkühe nebst Anleitung zur schnellen Berechnung der Fntterationen 
und Einschätzung des Futterwertes der Ernte. Preis 1,20 M. Verlags¬ 
buchhandlung Paul Parev, Berlin 1908 09. 

Dr. Erich Simon, Vieh- und Schlachthöfe in den Jahren 1904 n d 
1905. (Sonderabdrnck ans den« Statist. Jahrbuch Deutscher Städte, 
Jahrg. XV. Wilh. Gottl. Korn, Breslau.) 

Jahresbericht über die Ergebnisse der Immunitätsforschung. Unter 
Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Dr. Wolfgang 
Weiehardt, Privatdozent. Bd. III: Bericht über das Jahr 1907 ein¬ 
schließlich einer zusammenfassen len tibersicht „über Anaphylaxie“ 
von C. Levaditi und über „Phagozytose, Opsonintheorie und 
Verwandtes“ von Dr. W. Rosenthal. Ferdinand Enke, Stuttgart 1908. 
Preis 17 M. 

Bayer-Fröhner, Handbuch der tierärztlichen Chirurgie und Geburts¬ 
hilfe. 111. Bd. 2. Teil. Bartke, Sattel- und Geschirrdrücke, Widerrist¬ 
fisteln. Gutmann, Chirurgische Krankheiten des Magens nnd Darmes. 
Hendrick, Männliche Gcsrhlechts- nnd Harnorgane inkl. Kastration. 
Gmelin, Die Krankheiten des Nabels. 

In verhältnismäßig kurzer Zeit ist eine neue Auflage dieses Teiles 
notwendig geworden. Einzelne Kapitel haben Zusätze und Erweiterungen 
erfahren, die sich aus der Literatur der letzten Jahre ergeben. So sind 
in der schwierigen Behandlung der Verlagerungen und Vorfälle des 
Darmes selbst bei größeren Haustieren durch die Ausbildung der 
chirurgischen Technik einige gute Erfolge zu verzeichnen, die den 
Praktiker ermutigen, in geeigneten Fällen einen operativen Eingriff 
vorzunchmeu. T. 

Bayer-Fröhner,.Handbuch der tierärztlichen Chirurgie und Geburts¬ 
hilfe. IV. Band, 1. Teil. Zschokke, Die Krankheiten der Knochen. 
Hell, Krankheiten der Muskeln, Faszien, Nerven und Gefäße an den 
Extremitäten. Siedamgrotzky-Lungwitz, Krankheiten der Sehnen, Sehnen¬ 
scheiden nnd Schleimbeutel. Bartke, Kriegschirurgie und Statistik. 
Lanzilloti-Bunnsauti, ..Kraukheiieu-4er Geleuko inkL -Spat nnd Schale. 

Vor kurzem ist d< r IV. Baud, 1. Teil des obengenannten Lehrbuches 
in zweiter Auflage erschienen. In dem Kapitel über Sehnen lind Sehnen- 
sch iden sind die neueren Untersuchungen über das Zustandekommen 
und die Beurteilung der partiellen Sehnenzerreißungen eingefügt und die 
vielfachen neuen Erfahrungen in der Behandlung der Sehnenscheiden¬ 
gallen initgeteilt worden. Neil aufgenommen sind desgleichen die Unter¬ 
suchungen über die Kniegelenksbeule des Rindes. Die in der neuesten 
Literatur bekannt gewordenen Erfolge in der Behandlung der Gelenk¬ 
erkrankungen sind ebenfalls berücksichtigt worden. T. 


Personalien. 

Ernennungen: Wissenschaftliche Stellen: Tierarzt ff. Eick¬ 
mann zum Assistenten am Bakteriologischen Institut der Land¬ 
wirtschaftskammer für die Rheinprovinz in Bonn. — Schlachthof¬ 
verwaltung: Schlachthoftierarzt Dr. Jfaa/?-Hagen zum Schlachthof¬ 
tierarzt in Essen (Ruhr), Tierarzt Wilhelm Sindt -Nortorf zum Schlacht¬ 
hoftierarzt in Hagen i. W. — Versetzt: Kreistierarzt Ooldmann- 
Sögel in die Kreistierarztstelle zu Ziegenhain. 

Niederlassung: Dr. Richard Meckelburg aus Masehnen in Drengfurt 
(Ostpr.). — Verzogen: Tierarzt Ritteimann aus Karlsruhe als 
Assistent des Oberamtstierarztes nach Freudenstadt. 

Examina: Promoviert: Die Tierärzte Franx Tinschert- 
St. Wendel zum Dr. med. vet. in Gießen, Zeller, Assistent am 
Gesundheitsamt der Landwirtschaftskammer für Pommern in 
Züllichow-Stettin zum Dr. med. Vet in Leipzig, Dr. Hahn in 
Dresden, Barbarossastr. 9. zum Dr. med. vet. in Bern. — Appro¬ 
biert: Die Herren Friedrich Gmßnickel aus Horn, Willi Jesse aus 
Neustadt-Eberswalde, Florian Kasper aus Seeg (Bayern), Christian 
Winter aus Veldhausen, Leopold Pins aus Dillmen, Paul Sach weh 
aus Dortmund, Entert Srhrum aus Rendsburg in Hannover. 

Todesfall: Veterinär I. Klasse a. D. Richard Öreger in München. 


Vakanzen. (Vgi- Nr. 49.) 


Verantwortlich für den Inhalt (exkl. Inseratenteil): Prof. Dr. Bebmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum der Verlagsbuchhandlung von Richard Schont* in Berlin. — 

Druck tob W. Büxenstein, Berlin. 




































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