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Full text of "Beschreibung der drey Principien göttliches Wesens .."

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Andeutung der Titul Figur fiber die drey 
N FRINCIPIEN, 


Vie die Morgenroͤthe ſcheidet ſich der Tag von der Nacht} 
und wird ein jedes in feiner Art und Krafft erkat / denn ohne 
Gegenfatz wird nichts offenbahr / kein Bild erſcheinet im klaren 
Spiegel / ſo eine Seite nicht verfinſtert wird. Wer weiß von 
Freuden zu ſagen / der kein deyd empfunden / oder vom Frieden / 
der keinen Streit geſehen oder erfahren. 

Alſo iſt die Widerwertigkeit eine O§ffenbahrung der Gleichheit / 
die in der ſtillen Ewigkeit in ſich ſelber unempfindlich ſchwebet / 
ohne Licht / ohne Finſternuͤß / ohne Freud / ohne Leid. N 

o kom̃t aber die Widerwertigkeit in die gleiche und ſtille E⸗ 
wigkeit / die nichts kennet / weiß / oder hat auſſer ſich? 

Wo man was haben wil / das nicht da iſt / ſo thut ſolche Begier⸗ 
de / Angſt und Wehe. Alſo ein verborgen Leben gibt keine Freu⸗ 
de: und ſo dann die einſahme Ewigkeit nichts auſſer ſich hat / ſo 
ſuchet fie die Luſt ihrer eigener Offenbahrung in ſich; denn es liegt 
Krafft Macht und Herꝛligkeit / ja alles in ihrem Buſem. Die 
tunckele Hölle / und die lichtende Hoͤlle hallet aus einem Her⸗ 
tzen durchs Wort nach der Schrifft / Ich mache das Licht / nd 
ſchaffe die Finſternuͤß / ich gebe Friede und ſchaffe das Übel. 
Ich bin der Herꝛ der ſolches alles thut / auff daß man erfahre 
beyde von der Sonnen Auffgang und der Somen Nieder⸗ 
gang / daß auſſer mir nichts ſey. Eſai: 45. v. 6.7. 

Und darumb theilet ſich die all⸗einige Freyheit / und bleibet doch 
eine ungetheilte ſanffte Einheit. Sie ſuchet Licht und Krafft / 
und machet ſich ur in der Begierde zur Angſt und Finſternuͤß. 
Alſo gebaͤhret ſie ſich aus der Finſternuͤß zum Licht / denn dit 
Finſternuͤß erwecket das Feuer / und das Feuer das Licht / und 
das Licht offenbahret die Wunder der Weißheit in Bildnuͤſſen 
und Figuren / welche ſie aus ihrer ſanfften Freyheit (aus dem 
Spiegel der Weißheit und Wunder) in die finſtere Begierde ge⸗ 
fuͤhret / und in ihr verborgen geweſen. 


welches alles durch Gottliche Offenbahrung aus der ewigen 
Tieffe erklaͤret wird in dieſem Buche. 


Cap. x. v. 15. c. 3. v. 12. 13. c. 4. v. 18. 46. 47. 48. 50. biß 53. 58. 
biß 62. 65. biß 76. c. 5. v. 7. 8. 9. 10. 13. bij 18. 21. 25. 27. 28. 
31. c. G. v. 2. 5. 14. c. 7. v. 8.9. 14. 15. 24. 26. 28. 29. 30. 3. 
34 c. 8. v. 3. 7. 46. 19. 20. 23. c. 9. v. 30. c. 17. v. 51. 52. 104. 
4. 18. v. 19. . 22. v. 14. 25 26. 9 24 v. 29. 6» 27. v. 8. Appen- 
dia, v. 357. Und 


Und nachſolgens in der 


Aurora. Cap. 14. v. 103. c. 18. v. 49. 50.51, 54. 59: 58. biß 65. 95. 
biß roy. T2. 14. 122. c. 19. v. 90. bi 96. 105. T1. 112. 114 · 
F. 117. 218. 119,120, c. 20. v. C4. 94. 96. y. c. 21. v. z. 4.7. 
S8. 9. 24. 25. c. 23. v. 70. 73. ns 
Dreyfachen Leben. Cap. g. v. 1x. 110, 113. c. 8. v. 24. 32. 
Diergig Fragen. Vier und Dreyßigſte Frage v. 1. 2. 
Menſchwerdung Chriſti. Cap. 1 v. 7. 8. 9. 10. eq. a. b. 1. 3. 5. 
8. c. II. v. 4. f 
Iweyter Theil der Menſchwerdung Chriſti. Cap. 8. v. 13. 
Sechß Puncten. Cap. o. v. 30. biß 36. 


——— 1 RER 


DieDruc-fehler in dieſem Buch der drey Prin. 
cipien find dieſe: 


Folio 22. Linie 33. dele. aus. 
I.. 232. lieſe ſo wil. 
50. L. 9. fuͤr unerbrechlich lieſe unzerbrechlich. 
ror. L. 6. fuͤr Ouall / lieſe Quell. 
20. dele der Geiſt dieſer Welt. 
265. L. 25. fuͤr die hatte lieſe und. 
26. für Element lieſe Regi ment. 
27. zwiſchen theilete / uñ gerne / lieſe haͤtte die. 
L. 19. zwiſchen Engel / ſetze (/) 
L. 36. dele er. 
L 32. für beflecketet lieſe beflecket. 
L. 34. für Bildnuͤſſen lieſe Bildnuͤß. 
341. L. 28. fuͤr als durch lie ſe als er durch 
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26, dele welcher. 
9. Hie haben die Alten ꝛc. biß zu End des S. 
I. 24. O Menſch ꝛc. biß zu End des 5. 

161. L. 4. Haͤtte die Seel ꝛc. biß zu End des 8. gehoͤ⸗ 
ren alle drey nicht zum Text / ſondern ſind 
im MSS. als frembde matginalien gefunden 
worden. 


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* 


SBefchreibungderdrepPrin- 
cipien Göttliches Weſens. 


Das iſt 


Von der ohn Urſprung ewigen Gebuhrt 
der H. Dreyfaltigkeit GOttes / und wie durch 
und aus derſelben find geſchaffen worden die 
Engel / ſo wol die Himmel / auch die Sterne und 
Elementa, ſamt allem Creatuͤrlichen Weſen / 

und alles was da lebet und ſchwebet. 


Fuͤrnemlich 


Von dem Menſchen / woraus er geſehaffen wor⸗ 
den / und zu waſerley Ende: Und dan wie Der aus 
feiner erſten Paradiſiſchen Herꝛligkeit gefallen 
in die zornige Grimmigkeit / und in ſeinem 
erſten Anfange zum Tode erſtorben / 
und wie deme wieder geholffen 
worden. 


Und dan auch 


Was der Zorn Gottes (Sünde / Todt / Teuffel und 
Hölle) ſey: Wie derſelbe in ewiger Ruhe / und in groſſer 
Freude geſtanden: Auch wie alles in dieſer Zeit ſeinen 
Anfang genommen / und wie ſichs jetzo treibet / 
und endlich wieder werden wird. 


Durch Ja con Böumen, von A. S. 
Teutonicus Philoſophus genant. 


g Word, ti 
* Zu Amſterdam / 0 LH b 
Gedruckt im Jahr Chriſti / 1682. 


O RN E d E 
An den Chriſtlichen Gottliebenden 
Leſer. 


1. 
JS kan ihm ein Menſch von 
) mutterleibe an / im ganzen 
Lauff ſeiner Zeit in dieſer Welt 
D nichts fuͤrnehmen / das ihme 
ZERO nüglicher und nötiger ſey / als 


ßen worden? und 4. Was 
&) ſein Ambt ſey ? In ſolcher 
6 Deruſtiichen Betrachtung wird 
Wos er anfänglich 1 befinden / wie 
er ſamt allen Geſchoͤpffen / die da ſind alles von GG CTT 
herkomme. Wird auch in allen Geſchoͤpffen finden / 2. wie 
er die aller Edelfte Creatur unter allen Geſchoͤpffen ſey. 
Darauß er denn wohl kan befinden / 3. wie GOTT gegen 
ihm geſinnet ſey / dieweil er ihn zum Herren uͤber alle 
Creaturen dieſer Welt gemacht / und ihn uͤber alle Crea⸗ 
turen / mit Sinn / Vernunfft und Verſtande begabet / fürs 
nemblich mit der Sprache / daß er alles was thoͤnet oder 
ſich reget / beweget / webet und waͤchſet / kan unterſcheiden / 
und von jedes Tugend / Treiben und Herkommen richten / 
und das alles unter ſeine Haͤnde gethan / daß er durch ſeine 
Sinne und Deritunfft ſolches alles kan bendigen / und nach 
feinem Willen brauchen und treiben / wie es ihme gefaͤllet. 

2. Ja noch mehr hoͤhere und groͤſſere Erkaͤntnuͤß hat ihme 
GC gegeben / daß er kan allen Dingen ins Hertze ſehen / 
waß Eſſentz, Krafft und gigenſchafft ſie haben: es ſey gleich 
in Creaturen / in Erden / Steinen / Baͤumen / Kraͤutern / in 
allen bewegenden und unbewegenden Dingen / ſo wol auch in 

Sternen und Elementen / daß er weiß weß Weſen und Krafft 
dieſſind / und wie in derſelben Krafft alle natuͤrliche Sinnlig⸗ 
beit / Wachſen / Nehren * ſtehet. 1755 

f 2 3. Ube 


3 Vorrede | 
3. Über diß alles hat GO T ihm den Verſtandt und 
die hoͤchſte Sinnligkeit gegeben / daß er kan GO TC feinen 

Schoͤpffer erkennen / was / wie / und wer er ſey / auch wo 
er ſey / worauß er geſchaffen worden und herkommen ſey / 
(verſtehe der Menſch) und wie er deß ewigen / ungeſchaf⸗ 
fenen / und unendlichen Gottes Bilde / Weſen / Zigenthumb 

und Kind ſey ; wie er auß Gottes Weſen geſchaffen 
worden: in deme GG TT fein weſen und Sigenthumb hat: 
in deme er mit ſeinem Geiſt lebet und regieret / durch wel⸗ 
chen GG & feine Geſchaͤffte verrichtet / ihn auch hertzlich 
liebet / als fein eigen Hertz und Weſen / umb welches wil⸗ 

Zen er dieſe Welt ſambt allen Creaturen geſchaffen / wel⸗ 
che meiſtentheil ohne deß Menſchen! Vernunfft und Regi⸗ 
ment nicht leben koͤnten in ſolcher Qualificirung. 

4. In dieſer hohen Betrachtung ſtehet die Göttliche 
weiß heit ſelber / ud hat weder Zahl noch Ende / und wird 
darinn erkant die Goͤttliche Liebe gegen dem Menſchen / das 
der Menſch erkennet / was Gch T T fein Schoͤpffer ſey : 
was er von ihm wil gethan und gelaſſen haben; und iſt 
dem Menſchen das allernuͤtzlichſte / das er je in dieſer 

Welt gruͤnden und ſuchen mag. Denn er lernet hierinne 
kennen Sich ſelbſt / waß fuͤr Materi und Weſen er ſey / auch 
wovon ſeine Sinnlichkeit und Verſtand herruͤhre / und 
wie er auß Gottes Weſen ſey geſchaffen. Als eine Mutter 

Ahr Kind auß ihrem eigenen Weſen gebiehret / und deß pfle⸗ 
get / und ihm alle ihr Guth zum Sigenthumb verlaͤſſet / 

und zum Beſitzer machet. Alſo thut GOTT mit dem ten: 
ſchen / feinem Kinde auch:: Er hat ihn geſchaffen / und 
pfleget ſein / und hat ihn zum Erben aller ſeiner Guͤter ge⸗ 
macht. In ſolcher Betrachtung waͤchſt die Goͤttliche Erkaͤnt⸗ 
nuͤß / und die Liebe gegen GG T Tim mMenſchen / als zwi⸗ 
ſchen den Rindern und Eltern / daß der Menſch GOTT 
feinen Vatter. liebet / dieweil er erkennet daß er fein Vatter 
iſt / in deme er lebet / webet undiſt / der fein pfleget / und 
hn nehret. Denn ſo ſpricht Chriſtus / unſer Bruder / wel⸗ 
cher uns zum Heyl vom Vatter gebohren / und in dieſe welt 

geſandt iſt: Das iſt das ewige Leben / daß fie dich / daß du 
allein wahrer GG TT biſt / und den du geſandt haſt / IZſum 

Chriſtum / recht erkennen / Joh. 17, 3. Ä 

So wir denn nun uns ſelbſt erkennen / wie wir zu 
Gottes Bilde / Weſen und Zigenthumb / auß Gottes ei⸗ 
24 a genem 


Anden Chriſtlichen Leſer. 5 
genem Weſen erſchaffen ſind: So iſts ja billig / daß wir in 
ſeinem rſamb leben / und ihme folgen / dieweil er uns 
führet / als ein Vatter feine Rinder: und haben auch die 
Verheiſſung / ſo wir ihme folgen / daß wir ſollen das Liecht 
deß ewigen Lebens haben / loban. 8. Ohne welches Betrach⸗ 
ten wir alle blind ſeynd / und keine wahre Erkaͤntnuͤß Got · 
tes haben / ſondern lauffen dahin wie das tumme Vieh / 
und ſehen uns ſelbſt und die Schoͤpffung Gottes an wie 
eine Ruhe ein new Scheunthor / ſetzen uns wider GOTT 
und ſeinen Willen / und leben alſo in der Widerſtrebung 


6 Verderben Leibes und Seele / und der edlen Geſchoͤp⸗ 


Gottes: In welche grauſame erſchreckliche Finſternuͤß 
wir gerahten / ſo wir uns ſelbſt nicht wollen lernen kennen / 
was wir ſeynd / weß Weſens / weß Wuͤrde? ob wir ewig / 
oder mit dem Leibe vergaͤnglich ſind: oder ob wir auch von 
unſerm Thun und Weſen muͤſſen Rechenſchafft geben / die⸗ 
weil wir zu Herren aller Geſchoͤpffe und Creaturen ſind ge⸗ 
macht und daſſelbe alles in unſerer Sewalt haben undtreiben. 

Dieweil wir dann unwiederſtreblich ſehen / wiſſen und 
befinden / daß GSG von allem unſern Thun wil Rechen⸗ 
ſchafft haben / wie wir mit ſeinen Geſchoͤpffen haußhalten / 

nd. ſo wir von ihme amd, feinem Geboten fallen / er uns 
ecklich darumb ſtraffet: Wie wir denn deſſen ſchreckliche 
. der Welt hero / bey Juden / Heyden 
und ſten; fuͤrnemblich das Exempel der Suͤndfluht / 
ſo wohl an Sodom und Gomorꝛha: auch an Pharao / 
und Iſtaels⸗hauffe in der Wuͤſten / und hernach immerdar 
biß auff dato: So iſts ja das allernoͤtigſte / daß wir Weiß⸗ 
heit lernen / und lernen uns ſelber erkennen / welche große 
Untugend wir an uns haben / wie greuliche Woͤlffe unter 
uns ſind / ʒu widerſtreben GOTT und ſeinem Willen. 

7. Denn es kan ſich kein Menſch entſchuldigen feiner Un⸗ 
wiſſenheit / ſintemahl Gottes Wille iſt in unjer Gemuͤhte 
e daß wir wohl wiſſen was wir thun ſollen. Es 

berzeugen uns auch alle Creaturen / darzu haben wir GGt⸗ 
tes . und Gebot / daß alſo Feine Entſchuldigung iſt / 
als unſere ſchlaͤffrige / faule Nachlaͤſtigkeit / und werden alſo 
faule / unnuͤge Knechte im Weinberg des Herm erfunden. 

8. Endlich iſt uns ja zum allerhoͤchſten noth / daßt wir 
uns lernen kennen / weil der Teuffel bey uns in dieſer Welt 
wohnet / welcher iſt Gottes u Feind / der uns nz 
3 . 


* 


— 


muth / ohne einige Beruͤhrung des Boͤſen / auch ohne ei⸗ 


6 | Vorrede 


lich verfuͤhret umd betreugt / von G TT unſerm Vatter 
abzufallen / wie er unſern erſten Eltern gethan hat / damit 
er fein Reich mehre / und uns umb unſer ewiges Heyl. 
bringe / wie geſchrieben ſtehet / 1 Per. 5. v. 8. Swer Wi⸗ 
derſacher der Teuffel gehet umbher als ein bruͤllender Lowe / 
ſuchende welche er verſchlingdee. 5 rk 
9. Weil wir dan je in ſo gar ſchrecklicher Gefahr in diefer - 
Welt ſchweben / daß wir auff allen Seiten mit Feinden umb⸗ 
geben ſind / und gar unſicher zu wandeln haben in unſerer Pil⸗ 
gramſchafft / darzu den aͤrgeſten Feind in uns tragen / den wir 
verdecken / und nicht wollen kennen lernen / welcher doch der 
allerſchaͤdlichſte Gaſt iſt / der uns in Gottes Zorn ſtuͤrtzet 
Ja er iſt ſelber der Jorn Gottes / der uns ſtuͤrtzet in das ewige 
Zorn⸗fewer / in die ewige unerleſchliche Pein. So iſts ja gar 
noͤtig / daß wir denſelben Feind wol kennen lernen / waß er 
85 wer er ſey / und wie er ſey / wie er in uns komme / was ſein 
echt und Ligenthumb in uns ſey / ſo wol des Teuffels Recht 
und Zugang in uns / wie derſelbe mit unſerm eigenen Feinde / 
der in uns wohnet / befreundet iſt / wie ſte einander guͤnſtig 
und hold ſeynd: wie ſte beyde Gœttes Feinde ſeynd / und uns 
immer nachſtellen uns zu verderben und zu ermorden. 
10. Ferner iſt uns zu betrachten / und uns ſelbſt kennen 
zu lernen / hochnoͤtig / aus den groſſen Urſachen / weil wir 
ſehen und wiſſen / daß wir umb unſers eigenen Feindes willen 
(der Gottes und unſer Feind iſt / der in uns wohnet / ja 
der halbe Menſch ſelbſt iſt) muͤſſen ſterben und verweſen / 
und ſo derſelbe in uns maͤchtig wird / daß er oberhand 
krieget / und Primas wird / ſtuͤrtzet er uns in Abgrund zu 
allen Teuffelen / bey denen ewig zu wohnen in ewiger un⸗ 
erleſchlicher Ouaal und Pein in ewiger Finſternuͤß: Ja 
er ſtuͤrtzet uns in ein Haus des Wuſtes / in die ewige Ver⸗ 
ſung alles Guten / in den Widerwillen GOttes / daß uns 
TT und alle Creaturen ewig anſeinden. 
1x. Noch viel höhere Urſache haben wir uns felbft kennen 
zn lernen / wie wir find in Guten und Boͤſen / in dem wir 
die Verheiſſung haben des ewigen Lebens / daß ſo wir unſern 
zu Feind / ſambt dem Teuffel überwinden / wir ſollen 
Gottes Kinder ſeyn / und in ſeinem Reiche · bey ihme / und 
in ihme bey feinen H. Engelen in ewiger Frewde / Klar: 
heit / Herꝛligkeit / und Wohlthun in Hulde und Saufft⸗ 


nige 


An den Chriſtlichen Leſer. 7 
nige Srkaͤndtnuͤß des Boͤſen in GOTT ewig leben. Dazu 
haben wir die Verheiſſung / daß ſo wir unſern eigenen Feindt 
haben uͤberwunden / und in die Erde verſcharret / wir in ei⸗ 
nem newen Leibe / in welchem keine Quaal ſeyn wird / ana. 
Juͤngſten Tage wiederumb ſollen herfuͤrgehen / und mit 
GOTT ewig leben / in vollenkommener Liebe / Frewde / 
Wonne und Seeligkeit. e 

12. Auch fo haben wir die Erkaͤntnuͤß und Wiſſenſchafft / 
daß wir in uns haben die vernuͤnfftige Seele / welche in 
Gottes Liebe iſt / und unſterblich; und ſo ſte von ihrem 
Gegenfag nicht überwunden wird / ſondern kaͤmpfet wider 
ihren Feind / als ein geiſtlicher Ritter / daß ihr GOTT. 
wil beyſtehen mit feinem H. Geiſte / wil ſie erleuchten und 
kraͤfftig machen zu ſiegen wider alle ihre Feinde / wil fuͤr 
fie ſtreiten / und in uͤberwindung des Boͤſen / fie als einen 
tewren Ritter glorifieiten und kroͤnen / mit der ſchoͤneſten 
Himmels Crone / 2 Tim. 4. v. 7, 8. Apoc. 2. v. 10. 

13. Dieweil der Menſch denn nun weiß / daß er auch ein 
zweifacher Menſch iſt / in guten und boͤſen habhafft / und 
daß dieſes alles fein: Eigenthumb iſt / und er felbit derſelbe 
einige Menſch iſt / der da iſt gut und boͤſe / und daß er von 
beiden die Belohnung zugewarten hat / daß wo er alhie in 
dieſem Leben hinwirbet / auch gleich ſeine Seele hinfaͤhret / 
wenn er ſtirbet / und daß er in ſeiner Arbeit / die er alhie 

macht / in Krafft wird am Juͤngſten Tage auffſtehen / 
und darinnen ewig leben / auch darinnen glorificiret wer⸗ 
den / und daß daſſelbe ſeine ewige Speiſe und Ouaal ſeyn 
wird: So iſt ihme ja hochnoͤtig / daß er ſich ſelbſt lerne 
erkennen ? wie er beſchaffen ſey: wovon ihme der gute 
und boͤſe Trieb komme: und was doch das Gute und Boͤſe 
in ihme eigen ſelbſt ſey? Auch wovon es herruͤhre: Was 
doch eigentlich der Urſprung alles Guten und alles Boͤſen 
ey? wovon oder wodurch doch das Boͤſe ſey in Teuffel und 
Nenſchen / fo wohl in alle Creatur kommen? Sintemahl. 
der Teuffel ein H. Engel geweſen / und der Menſch auch 
gut erſchaffen worden iſt / ſich auch ſolche Unluſt in allen 
Creaturen findet / daß ſich alles beiſſet / ſchlaͤget / ſtoͤſſet / 
quetſchet und feindet / und alſo ein Widerwille in allen 
Creaturen iſt / und alſo ein teglicher Coͤrper mit ihme ſelbſt 
uueins iſt; wie nicht allein zuſehen in lebendigen Creatu⸗ 
ren / ſondern auch in Sternen / Elementen / Erden / Stei⸗ 
nen / Metallen / Laub / Graß * Holß / in allen iſt Gifft 
4. und 


8 95 Vorrede 


und Boßheit: Befindet ſich auch / daß es alſo ſeyn muß / 
ſenſt wäre kein Leben noch Beweglichkeit / auch waͤre weder 
Farbe / Tugend / Dickes oder Duͤnnes oder einigerley £m- 
ꝓfindtnuͤß / ſondern es waͤre alles ein Nichts. a 
4. In ſolcher hohen Betrachtung findet man / daß diß 
alles von und auß GG T Z ſelber herkomme / und daß es ſei⸗ 
nes eigenen Weſens ſey / das er ſelber iſt / und er ſelber auß 
ſich alſo geſchaffen habe: und gehoͤret das Boͤſe zur Bil⸗ 
diring und Bewegligkeit / und das Gute zur Liebe / und das 
Strenge oder Widerwillige zur Frewde. Sofern die Crea⸗ 
tur im Liechte Gottes iſt / fo machet das ZJornige oder 
Widerwillige die auffſteigende ewige Frewde / ſo aber das 
Liccht Gottes erliſchet / machet es die ewige auffſteigende 
peinliche Quaal / und das hoͤlliſche Fewer. a f 
15. Diß alles / wie es ſey / wil ich alhie drey Goͤttliche Prin- 
cipia beſchreiben / darinnen dann alles erklaͤhret wird / was 
BOTT ſey: was die Natur ey: und was Creaturen find: 
was Gottes Liebe und Sanfftmuht iſt: was Gottes Wal⸗ 
len und Wille iſt / was der Teuffel und Zorn Gottes iſt: 
In Summa / was Frewde und Leyd iſt / und wie alles ſei⸗ 
nen Anfang nehme / und ewig waͤhre. Auch wollen wir dar⸗ 
ſtellen / den rechten Unterſcheid zwiſchen den ewigen und ver» 
gönglichen Creaturen / ſonderlich vom Menſchen und feiner 
Seelen / waß die ſey / und wie die eine ewige Creatur ſey? 
was der Himmel ſey / darinnen Gott und die H. Engel und 
Menſchen wohnen ꝛund was die Hoͤlle ſey / darinnen die Teufel 
wohnen? und wie alles im Urkund alſo geſchaffen und worden 
ſey: In Summa was das Weſen aller Weſen ſey. Dieweil mich 
die Uebe Gottes mit dieſer Erkaͤntnuͤß hat begnadet / wil 
ich mir ſolches für ein Memorial oder Gedaͤchtnuͤß auffſchrei⸗ 
ben / weil wir in dieſer Welt alſo in groſſer Gefahr zwiſchen 
Himmel und Hoͤlle leben / und uns ſtaͤts muͤſſen mit dem 
Teuffel kratzen / ob ich vielleichte möchte auch durch Schwach⸗ 
heit in Gottes Zorn fallen / dardurch mir das Liecht mei⸗ 
ner Erkaͤntnuͤß moͤchte entzogen werden / damit ich ſolches 
möchte zu einer Erinnerung / und Wiederaufrichtung haben. 
46. Denn BOTT wil daß allen Menſchen geholffen werde / 
und wil nicht den Todt des Suͤnders / ſondern daß er ſich wie⸗ 
der bekehre / zu ihm wende / und in ihm ewig lebe; zu wel⸗ 
chem Ende er fein eigen Hertze / das iſt / feinen Sohn hat laſ⸗ 
ſen Menſch werden / daß wir uns ſolten an ihn halten es 


An den Chriſtlichen Leſer. 


ihme wieder auffſtehen / und newgebohren werden / von un⸗ 
ſern Suͤnden und Widerwillen. Pi 
17. Darumb iſt dem Menſchen in dieſer Welt / aldieweil er 
in dieſem elenden / verderbten Fleiſchhau e lebet / info groſ⸗ 
ſer Gefahr / nichts nuͤtzlichers / als das / daß er ſich ſelber ler⸗ 
ne recht kennen; Und ſo er ſich nun recht kennet / ſo kennet 
er auch GG TT feinen Schöpffer / ſambt allen Creaturen / 
auch (fo erkennet er) wie GG TT gegen ihme geſmnet ſey / 
und iſt mir dieſe Erkaͤndnuͤß die allerliebſte / ſo ich jemahlen 
erfunden habe. 5 Er 
18. Ob ſichs aber nu zutruͤge / daß dieſe Schriften möch= - 
ten geleſen werden / und vielleicht die Sodomitiſche Welt und 
derſelben Maſtſaͤwe daruͤber komnien / und in meinen Luſt⸗ 
garten wuͤhlen / welche nichts koͤnnen wiſſen oder verſtehen / 
als laͤſtern und hochmuͤtig auß⸗ſchaliren / kennen alſo weder 
ſich felber noch GOTT / viel weniger feine Rinder: So wil 
ich doch denſelben nichts geſchrieben haben / und beſchlieſſe 
mein Buch mit einer ar Mawren und Riegel vor ſolchen 
Idioten und wilden Teuffels⸗Kaͤlbern / welche doch nur ins 
Teuffels Mordgruben ſttzen biß über die Ohren / und kennen 
ſich nicht / thun eben das / was der Teuffel ihr Lehrmeiſter 
thut / und bleiben Rinder des grimmigen Zorns Gottes. 
Wil aber den Kindern Gottes hierinnen klar genug ge⸗ 
ſchrieben a die Welt und Teuffel mögen. wuͤten und. 
toben biß in Abgrund / denn ihr Stunden⸗Glaß iſt auffge⸗ 
ſetzet / da ieder wird ernden / was er geſaͤet hat / und wird 
manchen das hoͤlliſche Server / deſſen er alhier keinen Glau⸗ 
zer hat / für. feinen ſtoltzen verächtlichen Hochmuth wol kit⸗ 
3 8 


19, Auch ſo iſt mir dieſes nicht wol zu unterlaſſen auffzu ⸗ 
ſchretben / dieweil GG TT von iedes Gaben wil Rechen⸗ 
ſchafft fordern / wie er die hat angeleget / denn er wil ſein uͤber⸗ 
antwortet Pfund mit Wucher fordern / und deme geben der 
viel gewonnen hat. Weil ich ihm aber auff dißmahl nicht 
mehr kan thun / laſſe ich ſeinen Willen walten / und ſchreibe 
nach meiner Erkaͤntnuͤß immer fort. 

20. Anlangend die Rinder GOttes / werden die mein 
Schreiben wohl vermerken / was das ſey / denn es hat gar 
ein treflich Jeugnuͤß / es kan mit allen Creaturen / ja mit allen 
Dingen erwieſen werden / fuͤrnemblich am Menſchen / wel⸗ 
cher iſt GOttes Bilde und * aber den .. = : 

i 5 5 » 


10 Vorrede ꝛc. 
Boßßheit bleibets verborgen / und iſt ein feſtes Siegel dafuͤr. 
Wie wol der Teuffel den Braten moͤch⸗ 
te riechen / und das Sturmwetter er⸗ 
ꝛegen / vom Auffgang gegen Mitter⸗ 
nacht / da dan im grimmen Baum ei 
ne Lilie waͤchſet mit einer Wurtzel / ſo 
breid der Baum mit ſeinen Aeſten reicht / 
und ſeinen Geruch biß in das Paradeis 
GOttes bringet. 1 
21. Es wird eine eit kommen / die 
iſt wunderlich / weil ſie aber in der Nacht 
anfaͤhet / werdens ihrer viel nicht ſehen / 
wegen des Schlaffs / und der groſſen 
Tunckelheit: Jedoch wird den Rindern 
die Sonne mitten in der Nacht ſchei⸗ 
nen. Thue denn Leſer hiemit der ſanff 
ten Liebe S Otres empfehlen. 


Das 


Das I. Capittel. 
Vom erſten Principio Sdttliches Weſens. 


I. 


So muͤſſen wir ja ſagen / daß er 


ſev. Denn von ihm iſt alles er⸗ 


men / und nehmen alle Ding ih⸗ 


11 


O wir nun von GOTT wollen 
reden was er ſey / und wo er ſey? 


ſelber das Weſen aller Weſen 
ſtz bohren / geſchaffen und herkom⸗ 


ren erſten Anfang aus Gott: 


Ho Schrifft / die da ſaget / da 
9 2 Ihm / durch Ihn / uñ in Ihm ſind 


und aller Himmel Himmel moͤ⸗ 


Solches bezeuget auch die 7 a 
von 


alle Ding Item / der Himmel 


gen dich nicht verſorgen. Item / der Himmel iſt mein Stuhl / 
und die Erde meine Fußbanck; Und im Vatter unſer ſtehet : 
Dein iſt das Reich / und die Krafft (verſtehe alle Krafft) und die 


Macht / und die Herꝛligkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit. 


2. Daß aber nun ein Unterſcheid ſey / daß das Boͤſe nicht 


Gott heiſſe und ſey / das wird im erſten Principio verſtanden / 


dan da iſt der ernſtliche auell der Grimmigkeit / nach welcher ſich 
Gott einen zornigen / grimmigen / eyferigen G Ott nennet. Den 


in der Grimmigkeit beſtehet des Lebens und aller Beweglichkeit 
urkund / ſo aber derſelbe ernſtliche aͤngſtliche Quell der Grim⸗ 


migkeit mit dem Liechte Gottes wird angezündet / ſo iſts nicht 


mehr Grimmigkeit / ſondern die aͤngſtliche Grimmigkeit wird in 
Freude verwandelt. u 
3. Da nun Gott dieſe Welt ſambk allem hat erſchaffen / hat 


Er keine andere Materi gehabt / daraus ers machete / als fein eigen 


Weſen / aus ſich ſelbſt. Nun iſt Gott ein Geiſt / der unbegreifflich 


iſt / der weder Anfang noch Ende hat / und feine Groͤſſe und Tieſſt 


iſt alles. Ein Geiſt aber thut nichts / deñ daß er auffſteige / walle / 
bewege / und ſich ſelbſt immer gebähre : Und hat fuͤrnemlich 


dreyerley Geſtalt in feiner Geburt in ſich / als x. Bitter / z Herbe / 
und 3. Hitzig: Und iſt dieſe dreyerlen Geſtalt doch keine die erſte / 


ander oder dritte / ſondern es ſind alle drey nur eine / und gebieret 
eine jede die ander und dritte 3 zwiſchen Herbe und Bitter 
* 0 A * 5 } 


gebic⸗ 


12 Von den drey Principien Cap. . 


gebieret ſich das Fewr / und die Grimme des Fewers iſt die Bit⸗ 
terkeit oder der Stachel ſelber / und iſt die Herbigkeit der Stock 
dieſer heyder Vatter / und wird doch auch von ihnen gebohren / deñ 
ein Geiſt iſt wie ein Wille oder Sinn der auffſteiget / und ſich 
ſelbſt in feinen Auffſteigen ſuchet / iniciret / oder gebieret. 

4 . Nun kan man dieſes mit Menſchen Zungen nicht reden / und 
zum Verſtand bringen / denn Gott hat keinen Anfang; ich wil 
Aber alſo ſetzen / als hätte er einen Anfang / damit das werde ver⸗ 
Kanden / was im erſten Principio ſey / damit man auch verſtehe / 
den Unter ſcheid des erften und andern principii, was Gott oder 
Geiſt ſey. Es iſt in Gott wohl kein Unterſcheid: Allein wenn 
man forſchet / wovon Boͤſes oder Gutes kom̃e / muß mans wiſſen / 
was da ſey der erſte und urkundliche Quell des Zornes / und den 
auch der Liebe / weil ſie beyde auß einem Urkunde ſeynd / aus einer 
Mutter / und find ein Ding; fo muß man auff creatuͤrliche Arth 
reden / als naͤhme es einen Anfang / auff daß es zur Erkaͤndtnuͤß 
4 bracht werde. 

5. Dann man kan nicht ſagen / daß in Gott ſey Feuer / Bit⸗ 

ter oder Herbe / vielweniger Lufft / Waſſer / oder Erde / allein man 

ſtehet / daß es darauß worden iſt. Man kan auch nicht ſagen / daß 

in Bott ſen Todt oder hoͤlliſch Feuer / oder Trawrigkeit / alleine 

nan weißtz / daß es daraus iſt worden. Deñ Gott hat keine Teuffel 
aus ſich gemacht / ſondern Engelen in Freuden zu leben / zu ſeiner 
Freude; Man ſiehet aber / daß fie Teuffel find worden / und dar⸗ 
zu Gottes Feinde: So muß man forſchen den Quell der Ur⸗ 
ſachen was prima Materia iſt zur Boßheit / und daſſelbe in Ur⸗ 
kund Gottes / fo wohl als in Creaturen. Denn das iſt im Ur⸗ 
kund alles ein Ding / es iſt alles aus Gott / aus ſeinem Weſen 
nach der Dreyheit gemacht / wie er iſt einig im Weſen / und drey⸗ 
faltig in Perſonen. 

6. Sihe es find fuͤrnemlich drey Dinge im Urkund / daraus 
find. worden alle Ding / Geiſt und Leben / Weben und Begreifflig⸗ 
keit / als Sulphur, Mercurius, und Sal, da wirſtu ſagen / es ſey in 

der Natur und nicht in Gott. Ja recht alſo: Die Natur aber 
hat ihren Grund in Gott / verſtehe nach dem erſten Principio 
des Vatters / denn Gott nennet fich auch einen zornigen / eyferi⸗ 
gen Gott. Iſt nicht der Ver ſtand / daß ſich Gott erzoͤrne in 
ich ſelbſt / ſondern im Geiſt der Ereatur / welche ſich entzuͤnde 
als dann brennet Gott in feinem erſten principio alda innen / 
und der Geiſt der Creatur leidet Pein / und nicht Gott. 

7. Nun hat Sulphur, Mercutius und sal ſolchen Verſtand / 

W. ; 5 N crea⸗ 
1 . 


Cap.. SGoͤttliches Weſens. 13 


creatuͤrlich zu reden. Sul iſt die Seele / oder deraufgegangene 
Geiſt / oder in Gleichnuͤß Gott. Bhur iſt prima materia, daraus 
der Geiſt iſt erbohren / ſonderlich die Herbigkeit. Mercurius hat 
in ſich viererley Geſtaͤlte / als Herbe / Bitter / Feuer / Waſſer: Sal 
iſt das Kind / das dieſe 4. gebaͤhren / und iſt herbe / ſtrenge / und ein 
Urſach der Begreiffligkeit. 7 
8. Nun verſtehe recht was ich dich beſcheide: Herbe / Bitter / 
Feuer / ſind im Urkunde im x. Principio, der Waſſer⸗Quell wird 
in ihnen erbohren / und heiſſet Gott nach dem erſten Principio 
nicht Gott / ſondern Grimmigkeit / Zornigkeit / ernſtlicher quall / 
davon ſich das Boͤſe urkundet / das Wehethun / Zittern und 
Brennen. We. N 
9. Das iſt nun alſo wie vorgemeldet: Die Herbigkeit iſt pri⸗ 
ma materia, iſt ſtrenge / gantz ernſtlich zuſammen ziehend / das 
iſt Sal. In der ſtrengen Anziehung wird die Bitterkeit: Dann 
im ſtrengen Anziehen ſchaͤrffet ſich der Geiſt / daß er gantz aͤngſt⸗ 
lich wird. Nim̃ ein Exempel im Menſchen / ſo er erzuͤrnet wird / 
wie ſein Geiſt an ſich zeucht / davon er bitter zitterend wird / und 
ſo nicht balde widerſtanden und geleſchet / wird ſich das Feuer des 
Zornes in ihm entzuͤnden / daß er in Boßheit brennet: Alda dañ 
im Geiſte und Gemuͤthe / alsbald eine Subſtantz und gantz We⸗ 
fen wird ſich zu rächen, SUSE 
10. Alſo iſts im Urkunde der Gebaͤhrung der Natur auch zu 
vergleichen. Jedoch muß mans verſtaͤndlicher ſetzen. Sihe was 
Mercurius ſey. Es iſt herbe / bitter / Feuer⸗ und Schwefel⸗waſſer / 
das allerſchrecklichſte Weſen; jedoch ſolſtu alhie keine Materia, 
oder begreifflich Ding verſtehen / ſondern alles Geiſt / und den 
Quell der urkundlichen Natur. Herbe iſt das erſte Weſen / das 
zeucht an ſich / weils aber ein harte und kalte Krafft iſt / ſo iſt der 
Geiſt gantz ſtachlich und ſcharff: Nun kan der Stachel und die 
Schaͤrffe das Anziehen nicht erdulden / ſondern reget ſich und 
wehret ſich / und iſt ein Widerwille / ein Feind der Herbigkeit / 
und von dem Raͤgen wird die erſte Bewegligkeit / das iſt die drit⸗ 
te Geſtalt. 2 | | 
11. Nun zeucht die Herbigkeit inner härter an ſich / daß fie 
alſo hart und ſtrenge wird / daß die Krafft ſo hart wird / gleich den 
härteften Steinen: Welches die Bitterkeit / das iſt der Herben 
eigen Stachel nicht erdulden kan / und wird alda innen groſſe 
Aengſtigkeit / gleich dem Schweffel⸗geiſt: Und der Stachel der 
Bitterkeit ſticht und reibet ſich ſo harte / daß in der Aengſtigkeit 
ein ſchielender Blitz wird / * ſchrecklich auffaͤhret / ge dig 
. 7 ere 


14: Von den drey Prineipien Cap. 1. 
Herbigkeit zubricht. Weil er aber nicht Ruhe findet / und von un⸗ 
ten immer mehr alſo gebohren wird / ſo wird er wie ein drehend 
Radt / welches ſich aͤngſtlich und erſchrecklich drehet / mit dem 
ſchielenden Blitze gleich einer Unſinnigkeit / und der Blitz in ein 
ſtachlicht Feuer verwandelt wird / welches doch nicht brennend 
Feuer iſt / ſondern gleich dem Feuer in einem Stein. 

2. Weil aber alda keine Ruhe iſt / und das drehende Radt 
alſo geſchwinde gehet / wie ein ſchneller Gedancke / denn der Sta⸗ 
chel treibts fo geſchwinde / ſo entzuͤndet ſich der Stachel alſo hart / 
daß der Blitz / welcher zwiſchen der Herbigkeit und Bitterkeit 
gebohren wird / ſchrecklich feurende wird / und auffgehet gleich ei⸗ 
nem ſchrecklichen Feuer / davon die gantze Materi erſchricket / 
und zurüuͤcke faͤllet / gleich wie todt oder überwunden / und zeucht 
nicht mehr alſo ſtrenge an ſich / ſondern giebt ſich auß einander / 
und wird duͤnne. Denn der Feuer⸗ blitz iſt nun primas worden / 
und dieſelbe Materia, welche im Urkund alſo herb und ſtrenge 
war / iſt nun wie erſtorben / und ohnmaͤchtig / und der Feuer⸗blitz 
holet feine Staͤrcke nunmehr darinnen. Denn es iſt ſeine Mut⸗ 
ter und die Bitterkeit faͤhret im Blitz aus der Herbigkeit mit 
auff / und entzuͤndet den Blitz / denn ſie iſt des Blitzes oder Feuers 
Vatter / und ſtehet das drehende Radt nunmehr im Feur⸗ blitz / 
und die Herbigkeit bleibet uͤberwunden / und ohnmaͤchtig. Das 
iſt nun der Waſſer⸗geiſt / und vergleichet ſich die Materi der 
Herbigkeit nunmehr dem Schwe fel⸗geiſt / gantz duͤnne / rauh / 
angſtlich uͤberwunden / und der Stachel darinnen zitterend / und 
im Blitz truckenet und ſchaͤrffet er ſich. Weil er aber zu duͤrre 
im Blitz wird / wird er immer ſchrecklicher und feuriger / davon 
die Herbigkeit immer ſehrer uͤberwunden wird / und der Waſſer⸗ 
geiſt immer groͤſſer. Alſo labet er ſich nun immer im Waſſer⸗ 
geiſt / und bringet den Feuer⸗blitz immer mehr Materi / darvon ' 
er fich fehrer entzündet; denn das iſt des Blitzes und Feuer⸗ 
geiſtes Holtz alſo zu vergleichen. g 

13. Nun verſtehe recht / wie diß Mercurius ſey. Das Wort 
Mer iſt erſtlich die ſtrenge Herbigkeit: Denn im Wort auff der 
Zungen verſteheſtu es / daß es aus der Herbigkeit karret / und 
verſteheſt auch wie der bitter Stachel darinnnen ſey. Denn 
das Wort Mer, iſt herb und zitterend / und ſormet ſich ein jedes 
Wort von feiner Krafft / was die Krafft thut oder leidet. Das 
Wort Cu, verſteheſtu / daß es ſey des Stachels Reibung oder 
Unruhe / der mit der Herbigkeit nicht zu frieden iſt / ſondern ſich 
erhebet und auffſteiget: dann die Sylbe dringet . vom 

43 5 Hertzen 


Cap. 2. Goͤttliches Weſens. 28: 

Hertzen zum Munde aus: Alſo geſchiehet es auch in der Krafft 

primæ materiæ im Geiſt. Weil aber die Sylbe Cu alſo einen 

ſtarcken Nachd ruck hat vom Hertzen / und doch auch balde von der 

Sylbe Ri gefangen wird / und in dieſelbe der gantze Verſtand 

verwandelt wird / ſo bedeutet und iſt es das bittere und ſtachlichte 

Rad in der Gebaͤhrung / das ſich drehet und aͤngſtet fo geſchwinde 

als ein Gedancke. Die Sylbe Us, iſt der geſchwinde Feuer⸗Blitz / 
daß ſich die Materi im geſchwinden Drehen / zwiſchen der Her⸗ 
bigkeit und Bitterkeit im geſchwinden Made entzuͤndet: Da 
verſtehet man im Worte gar eigentlich / wie die Herbigkeit er⸗ 
ſchrit / und die Krafft im Wort wieder zuruͤcke auffs Hertze 
finde d ohnmaͤchtig wird gantz dünne. Der Stachel aber mit 
dem drehenden Rade bleibet im Blitz / und faͤhret zum Munde 
durch die Zaͤhne aus / da dann der Geiſt ziſchet gleich einem ange⸗ 
zuͤndeten Feuer / und ſich zuruͤcke im Wort wieder ſtaͤrcket. 

14. Dieſe 4. Geſtalten find im Urkund der Natur / davon 
die Beweglichkeit entſtehet / und auch das Leben im Saamen in 
allen Creaturen ſich urkunde / und iſt keine Begreifligkeit im 
Urkund / ſondern ſolche Krafft und Geiſt. Denn es iſt ein giffe 
tig / feindig Weſen / und alſo muß es ſeyn / ſonſt wäre keine Be⸗ 
weglichkeit / ſondern alles ein Nichts / und iſt der Zorn⸗Auell der 
erſte Urkund der Natur. 

25. Richt verſtehe ich hiemit gaͤntzlich den Mercurĩum in dem 2 
zten Principio dieſer beſchaffenen Welt / den man in Apotheken 
braucht / ob er gleich wohl auch dieſe Krafft hat / und dieſes Weſens 
iſt. Sondern ich rede im erſten Principio vom Urkund des 
Weſens aller Weſen / von Gott und der ewigen unanfaͤnglichen 
Natur / daraus die Natur dieſer Welt iſt erbohren. Wiewohl 
in beyden / im Urkunde / keine Abtrennung iſt / als nur das aͤuſſer⸗ 
ſte / und dritte Principium. Das Syderifche und Elementifche - 
Reich iſt aus dem erſten Principio erbohren / durchs Wort und 
Geiſt Gottes / aus dem ewigen Vatter / aus dem. H. Himmel. 

Das 2. Capittel. a 

Vom erſten und andern principio, was Gott und die 

Goͤttliche Natur ſey / darinnen weitere Erklärung - 

des Sulphuris und Mercuri wird geſchrieben. 

1. Jeweil zu dieſem Verſtande ein Goͤttlich Liecht 
gehoͤret / und ohne daſſelbe alles keine Begreifflig⸗ 
keit vom Göttlichen Weſen iſt / wil ich die hohen 
Geheimnuͤß etwas auf W 


16 Von den drey Principien Cap. 2. 
bilden / damit der Leſer in die Tieffe komme. Deii das Göttliche 
Weſen kan nicht alles mit der Zungen geredet werden: Alleine 
Spiraculum vitæ, der Seelen⸗Geiſt / welcher im Liechte Gottes 
fichet/ begreifft es alleine. Denn ein iede Creatur fichet und er» 
kennet nichts weiter und tieffer / als in ihrer Mutter / daraus 
ſte urkundlich worden iſt. 5 

2. Die Seele / welche aus Gottes erſten Principio ihren Ur⸗ 
kund hat / und von Gott in Menſchen / in das dritte Principium 
eingeblaſen worden / in die Syderifche und Elementiſche Gebuhrt / 
fiehet wieder in das erſte Principium Gottes / daraus und in des 
ae fie iſt / und des Weſens und Eigenthumb ſie iſt / und iſt nichts 
wunderliches / dann fie ſtehet nur ſich ſelbſt / in ihrem Auffſteigen 
der Gebuhrt / ſo ſtehet fie die gantze Tieffe Gottes des Vatters / 
im erſten Principio. 8 5 

3. Dann ſolches wiſſen und ſehen auch die Teuffel; denn fie, 
find auch aus dem er ſten principio GYttes / welches iſt die Quell 
der urkundlichſten Natur Gottes: Sie wuͤnſcheten auch / daß 
fie es nicht ſehen und fühlen duͤrfften / alleine ſte find ſelbſt ſchuld / 
daß ihnen das ander Principium verſchloſſen iſt / welches heiſſet 
und iſt Gott / Einig im Weſen / und Dreyfaltig in perſoͤnlichem 
Unterſcheid / wie hernach recht ſoll vermeldet werden. 

4. Die Seele des Menſchen aber / welche mit dem H. Geiſte 
Gottes erleuchtet wird / welcher im andern Principio vom Vat⸗ 
ter und Sohne außgehet in dem H. Himmel / das iſt in der rech⸗ 
ten Goͤttlichen Natur / welche Gott heiſt / verſtehe der H. Geiſt / 

die ſtehet auch im Liechte Gottes in daſſelbe andere Prineipium 
der H, Goͤttlichen Gebuhrt in das himmliſche Weſen; Aber der 
SydetiſcheGeiſt / mit welchem die Seele umfangen iſt / ſo wol auch 
der Elementiſche / welcher das Quellen / und den Trieb des Ge⸗ 
bluͤts hat / ſehen keiner weiter als in ihre Mutter / daraus fie. 
ſind / und darinn fie leben. 1 a 725 | 
$..Darumb ob ich gleich eitel Himmel und alles von der kla⸗ 
ren Gottheit redete und ſchriebe / fo waͤre es doch dem Leſer ſtum̃ / 
welcher nicht die Erkaͤntnuͤß und Gaben hat. Ich wil aber alſo 
ſchreiben auff göttliche und auf creatuͤrliche Arth / ob ich manchen 
möchte luͤſterend machen / den hohen Dingen nachzuſinnen: Und 
da er befindet / daß er ſolches nicht thun kan / daß er vielleichte in 
feiner guft möchte ſuchen und anklopffen / und GHtt umb ſeinen 
H. Geiſt bitten / daß ihme die Thuͤr des anderen Principii moͤchte 
auffgethan werden: Denn Chriſtus heiſſet uns bitten / ſuchen / 
und ank lopffen / ſo ſoll uns auffgethan werden. Denn er e 1 
we 8 


Cap.. Goͤttliches Weſens. ar 


Alles was ihr den Vatter werdet bitten in meinem Nahmen / das. 
wird er euch geben: Bittet ſo werdet ihr nehmen / ſuchet ſo wer⸗ 
det ihr finden / klopffet an ſo wird euch auffgethan. 5 

6. Weil mir dan durch Suchen und Anklopffen iſt meine Er⸗ 
kaͤntnuͤß worden / ſchreibe ich es zu einem Memorial , ob ich einen 
möchte luͤſterend machen nach zuſuchen / damit mein Pfund moͤch⸗ 
te wucheren / und nicht in der Erden verborgen liegen. Aber den 
vorhin Klugen / welche alles / und doch auch nichts begreiffen und 
wiſſen / denen habe ich nichts geſchrieben / denn fie find vorhin ſatt 
und reich (arm): ſondern den Einfaͤltigen / wie ich bin / damit ich 
mich moͤchte mit meines gleichen ergetzen. 

. Weiter vom Sulphur, Mercurius und Sal und Goͤttlichem 

Weſen. Das Wort sul bedeut und iſt die Seele eines Dinges / 
denn es iſt im Wort Sulphur das Hel / oder das Liecht / welches 
aus der Sylbe Phur erbohren wird / und iſt eines Dinges Schoͤ⸗ 

ne / oder Wolthun / ſeine Liebe oder Liebſtes: In einer Creatur iſt 
es das Liecht / davon die Creatur ſtehet / und ſtehet darinnen die 
Vernunfft und Sinnen / und iſt der Geiſt / der aus der Sylbe Phur 
erbohren wird. Das Wort oder Sylbe Phur iſt prima materia, 
und hält im dritten Principio in ſich den Maerocoſmum, davon 
das Elementiſche Reich oder Weſen erbohren wird. Aber im 
erſten principio iſt es das Weſen der innerſten Geburt / aus wel⸗ 
chem Gott der Vatter feinen Sohn von Ewigkeit gebieret / und 
aus welchem der H. Geiſt außgehet. (verſtehe aus dem Sul und 
aus dem Phur. ) In dem Menſchen iſt es auch das Liecht / welches 
aus dem Syderifchen Geiſt erbohren wird im andern Centro des 

Microcoſmi: Aber in dem Spiraculo oder Seelen⸗Geiſte / in dem 
inneren Centro iſts das Liecht Gottes / welches allein dieſelbe 
Seele hat / ſo in Gottes Liebe iſt / denn es wird allein vom H. 
Geiſt angezuͤndet und aufgeblaſen. 

8. Nun mercket die Tieffe der Geburt Gottes. In Gott 
iſt kein Sulphur, iſt aber vom Ihm erbohren / und iſt in Ihmt 
ſolche Krafft: Denn die Sylbe Phur iſt die innerſte Krafft der 
urkundliche Quell des Zorns / der Grimmigkeit / oder der Be⸗ 
wegligkeit / wie im r. Cap. gemeldet / und hat in ihr viererley 
Geſtalt / als r. Herbe / 2. Bitter / 3. Feuer / und 4. Waſſer. Hera 
be zeucht an ſich / iſt rauh / kalt und ſcharff / und machet alles hart / 
derb und aͤngſtlich; und daſſelbe Anziehen iſt ein bitter Stachel / 
gantz erſchrecklich / und in derſelben Aengſtigkeit entſtehet das er» 
ſte Aufſteigen: Weils aber nicht von feinem Sede kan höherifon. 

5 g r 


18 Von den drey Principien Cap. 2. 
dern von unten immer alſo gebohren wird / geraͤth es in ein draͤ⸗ 
hend Radt / gleich einem geſchwinden Gedancken / in groſſer Aeng⸗ 
ſtigkeit / in welchem es in einen ſchielenden Blitz geraͤht / gleich 
he würden Stein und Stahl mit einander alfo mächtig ge⸗ 
trieben. ö \ 
9. Denn die Herbigkeit iſt alſo harte gleich einem Steine / 
und die Bitterkeit wuͤtet und tobet gleich einem brechenden Rade 
in der Herbigkeit / welche die Herbigkeit zubricht / und das Feuer 
auffſchlaͤget / daß alles in einen ſchrecklichen Feuer⸗ſchrack geraͤht / 
und auffaͤhret / und die Herbigkeit zerſprenget / davon die finſtere 
Herbigkeit erſchrickt / uñ zuruͤck unter ſich ſincket / uñ wie unmaͤch⸗ 
tig wird / oder gleich wäre fie erteubet und ertoͤdtet / und ſich auß ⸗ 
daͤhnet / duͤnne wird / und ſich uͤberwunden gibt. Wenn aber der 
grimme Feuer⸗Schrack wieder zuruͤcke in die Herbigkeit blicket / 
und ſich darinnen infieiret / und findet die Herbigkeit alſo dünne. 
und uͤberwunden / erſchrickt er viel ſehrer / denn es iſt wie man 
Waſſer in ein Feuer göffe / davon ein Schrack wird. Weil aber 
der Schrack nun in der duͤnnen uͤberwundenen Herbigkeit ge⸗ 
ſchiehet / ſo krieget er einen andern Quell / und wird aus der Grim⸗ 
migkeit ein Schrack groſſer Freuden / und faͤhret in der Grim⸗ 
migkeit auf wie ein angezuͤndetes Liecht. Denn der Schrack wird 
augenblicklich weiß / helle und liechte: denn alſo geſchiehet des 
Kiechtes Anzuͤndung / fo bald und augenblicklich das Liecht / das 
iſt / der neue Feuer⸗Schrack ſich mit der Herbigkeitinficiret / ſo 


entzündet ſich die Herbigkeit / erſchrickt vor dem groſſen Sicchte/ 

welches augenblicklich in fie kommet / als ob ſie vom Tode auff⸗ 

wachete / und wird ſanffte / lebendig und freudenreich / verleuret 
alsbald ihre finſtere / harte und kalte Krafft / und ſteiget freu⸗ 

denreich auff / und freuet ſich im Liechte / und ihr Stachel / wel⸗ 

cher iſt die Bitterkeit / der triumphiret im draͤhenden Rade fuͤr 
groſſer Freude. 

10. Hie mercke: Es wird der Feuer⸗Schrack in der herben 
Aengſtigkeit im Schwefel⸗Geiſt angezuͤndet / alsdenn faͤhret der 
Schrack triumphirende auff / und der aͤngſtliche / herbe oder 
Schwefel⸗Geiſt wird vom Liechte duͤnne und füffe: Denn gleich 
wie vom Feuer⸗Schrack in der uͤberwundenen Herbigkeit / das 
Liecht oder der Blitz helle wird / und fein grimmig Recht verleu⸗ 
ret; alſo verleuret die Herbigkeit vom inficirenden Liechte ihr 
Recht / und wird vom weiſſen Liechte duͤnne und ſuͤſſe: Denn 
im Urtund war die Herbigkeit gantz finſter und aͤnſtglich / we⸗ 

i HR gen 


pr. Ozttliches Weſens. 19 


gen ihres harten Anziehens / nun iſt ſie gantz liechte / darumb 
verleuret fie ihre eigene Qualitat / und wird auß der grimmen 
Herbigkeit eine Eſlentia, die iſt ſcharff / und das Liecht machet 
die Schaͤrffe gantz fuͤſſe. b 
si Die Porte Gottes. | 
X. Nur ſiehe / wenn die Bitterkeit oder der bitter Stachel / 
N welcher im Urkundt alſo bitter / wuͤtend und reiſſend war / 
als er in der Herbigkeit ſeinen Urkund nahm / dieſes helle 
Liecht in fich krieget / und koſtet nun die Suͤſſigkeit in der Her» 
kigkeit feiner Mutter / ſo iſt er nun ſo freudenreich / und mag 
[9 nicht mehr alſo erheben / ſondern zittert und frewet ſich 
in ſeiner Mutter / die ihn gebieret / und rhriumphiret wie 
ein frewdenreich Rad in der Gebuhrt / und in dieſem trium- 
Bitten kriegt die Gebuhrt die fünffte Geſtalt / und gehet auff 
er fuͤnffte Auell / nemlich die holdſehlige Liebe. Wenn der 
bitter Geiſt das ſuͤſſe Waſſer kostet ſo frewet er ſich in ſeiner 
Mutter / labet und ſtaͤrctet ſich / und machet feine Mutter in groſ⸗ 
fen Frewden ruͤge / da gehet im ſuͤſſen Waſſer⸗Geiſte auff gar 
ein ſuͤſſer holdſehliger Quell / denn der Fewer⸗Geiſt / welcher iſt die 
Wurtzel des Liechts / der im Anfang war ein grimmiger Schraͤck - 
der ſteiget nun gar lieblich und frewdenreich auff. 
12. Da iſt nichts dan eitel liebe⸗koſen / lieb⸗haben / hier hertzet 
der Braͤutigam ſeine liebe Braut / und iſt nichts anders / alß 
wenn im herben Tode das Liebe⸗Leben gebohren wird / und in ei⸗ 
ner Creatur iſt des Lebens Gebuhrt alſo. Von dieſem Ruͤgen / 
Bewegen oder Draͤhen der Bitterkeit in der Eſſentia der 
Herbigkeit des Waſſer⸗geiſtes / krieget die Gebuhrt die ſech⸗ 
ſte Geſtalt / Nemlich den Thon / und heiſſet dieſe ſechſte Geſtalt 
billig Mercurius, denn er nimmet ſeine Geſtalt / Krafft und An⸗ 
fang in der aͤngſtlichen Herbigkeit durch das Wuͤten der Bitter⸗ 
keit; denn er nimt im Auffſteigen mit die Krafft feiner Mutter / 
das iſt die Eſſentia der ſüͤſſen Herbigkeit / und bringet die in Fe⸗ 
wer⸗Blitz / davon fich das Liecht entzuͤndet / alda gehet an die Pro⸗ 
bierung / daß eine Krafft die andere ſtehet / und im Fewer⸗Blitz 
eine die andere fuͤhlet durch das Auffſteigen / und vom Nuͤgen eine 
die andere hoͤret / und in der Eſſentia eine die andere ſchmaͤcket / und 
durch den lieblichen holdſehligen Quell / der von des Liechts Suͤſ⸗ 
ſigkeit auß der Eſſentia des ſuͤſſen und herben Geiſtes (wel⸗ 
cher nunmehr der Waſſer⸗geiſt iſt) auffgehet / reucht / und 
wird auß dieſer ſechſerley Geſtalt in der Gebaͤhrung ig 95 N 
ech: 


2 Von den drey Principien Cap. 3. 


ſechſerley ſelbſtaͤndiges Weſen / welches unzertreñlich iſt / da 
je eines das ander gebiehret / und keines ohne das andere iſt / 
oder ſeyn kan / und wäre auch außer dieſer Gebuhrt und 
Weſen nichts. Denn die ſechſerley Geſtalt haben nun ein jede 
aller ſechſerley Kraͤffte Eſlentiam in ſich / und iſt gleich Ein Ding 
und nicht mehr / allein jede Geſtalt hat nun ihre eigene Art; 
denn mercke wohl alſo: 5 EN 

43. Obgleich nun in der Herbigkeit ift worden Bitterkeit / Fe⸗ 
wer / Thon / Waſſer / und auß dem Waſſer⸗quell die Liebe oder das 
Oleum, darauß das Liecht auffgehet und ſcheinend wird / ſo 
behält doch die Herbigkeit ihre erſte Eigenſchafft / ſo wohl die 
Bitterkeit ihre Eigenſchafft / das Fewer ſeine Eigenſchafft / 
der Thon oder Hägen feine Eigenſchafft / und die uͤberwindung 
in der erſten herben Aengſtigkeit (welches iſt die Zuruͤckwen⸗ 
dung unter ſich / oder der Waſſer⸗geiſt /) ſeine Eigenſchafft / 
und der vom Liechte angezündete im herben bitteren und nun⸗ 
mehr ſuͤſſen Waſſer⸗ Quell / auffgehende Quell / der holdſehli⸗ 
gen Siebe feine Eigenſchafft / und iſt doch kein abtreñlich We⸗ 
ſen auß einander / ſondern alles in einander gantz ein We⸗ 
ſen / und jede Geſtalt oder Gebuhrt nimt ihre eigene Geſtalt / 
Krafft / Wuͤrckung / Aufſteigen von allen Geſtalten / und behält 
die gantze Gebuhrt alles zuſammen / nun fürnemblich viererley 
Geſtalt in ihrer Gebuhrt / als das Auffſteigen / — 9 U und 
dann durch das draͤhende Radt in der herben Ellemia / die 
Auericht / außgehen zu beyden Seyten / gleich einem / oder 
wie ich moͤchte ſagen / es giengen auß dem Puncte auß gegen 
Aufgang / Abend / Mitternacht und Mittag. Denn von dem 
rügen / bewegen und auffſtehen der Bitterkeit im Fewr⸗blitz 
entſtehet eine F gebuhrt; denn das Fewer ſteiget über ſich / und 
das Waſſer unter ſich / und die Eſſentia der Herbigkeit quericht. 


Das 3. Capittel. 
Von der unendlichen und unzahlbahren vielfaͤltigen 
Außbreitung oder Gebaͤhrung der ewigen Natur. 
755 Die Porte der groſſen Tieffe. 2 
Eſer / verſtehe mein Schreiben recht / wir haben 
nicht Macht zu reden von der Gebuhrt Gottes / 
4 denn dieſelbe hat von Ewigkeit keinen Anfang 
mals gehabt ; allein das haben wir Macht zu re⸗ 
* den / von GST unſerm Vatter / was und wie 
er ſey / und wie die ewige Gebaͤhrung ſey. . 
0 4. 


. 


Cap. 3. Goͤttliches Weſens. 21 
2. Obs uns nun wohl nicht gut iſt / daß wir die ſtrenge / ernſt⸗ 
liche und urkuͤndligſte Gebuhrt wiſſen muͤſſen: (in welche 
Wiſſenſchaft und Erkaͤntnuͤß / auch Sühne und Begreifflig⸗ 
keit uns unſere erſte Eltern durchs Teuffels Inficirung und 
Betrug gebracht haben:) So thut uns doch nun dieſe Wiſ⸗ 
ſenſchafft hoch vonnöten / damit wir den Teuffel / welcher in der 
allerſtrengeſten Gebuhrt lebet / und unſern eignen Feind / den 
uns unſere erſte Eltern erwecket und angeerbet haben / den 
wir in uns tragen / und der wir nun felber ſind / lernen kennen. 
3 Ob ich nun wohl ſchreibe / als naͤhme es alſo einen Anfang 
in der ewigen Gebuhrt / ſo iſt es doch nicht / ſondern alſo gebie⸗ 
ret ſich die ewige Natur ohne Anfang: Mein Schreiben ſoll 
nicht creatuͤrlich gleich der Gebuhrt eines Menſchen (welcher 
iſt Gottes Gleichnuͤß) verſtanden werden: Obs nun wohl im 
ewigen Weſen alſo iſt / aber ohne Anfang und Ende; Und 
elanget mein Schreiben allein zu dem Ende / daß ſich ein Menſch 
l lernen ſelber kennen / was er ſey / was Er im Anfang ſey 
geweſen / wie gar ein herrlicher / heiliger und ewiger Menſch / 
der die Porte der ſtrengen Gebuhrt in Ewigkeit nie erkant 
haͤtte / ſo er ſich nicht darnach haͤtte laſſen geluͤſten durch des 
Teuffels Inficiren, und nicht hätte von derſelben Frucht geſ⸗ 
ſen / davon er nicht ſolte / dardurch er ein ſolcher nacketer und 
bloſſer Menſch ward mit Thieres Geſtalt / und das himmli⸗ 
ſche Kleid der Goͤttlichen Krafft verlohr / und nun in dem in- 
ficirten Salniter ins Teuffels Reich lebet / und der inkicirsen 
Speiſe iſſet. Thut uns nun Noth / daß wir uns lernen ken⸗ 
nen / was wir ſind / und wie wir moͤchten auß der ernſtlichen 
und ſtrengen Gebuhrt erloͤſet werden / und wieder newgeboh⸗ 
ren in einem newen Menſchen leben / welcher aͤhnlich iſt dem 
ver Menſchen / vor dem Fall in Chriſto unſerm Wiederge⸗ 
hrer. f | 
4. Dann wenn ich gleich lange von unſerm erſten Fall res 
de und ſchreibe / und dann auch von der Wiedergeburt in Chriſto / 
und komme nicht auff den Zweck und Grund was der Fall ſey 
gewefen / und womit wir verderbt ſind worden / waß die Krafft 
ſey / dafür Go ein Eckel habe / und wie das geſchehen / 
wider Gottes Verbot und Willen: Was verſtehe ich davon? 
nichts. Wie ſoll ich dann deme entfliehen / das ich nicht kenne? 
Oder wie ſoll ich mich zur newen Gebuhrt ſchicken / und mich 
darein ergeben? ſo ich nicht weis wie / oder wo / oder womit. 
5. Iſt doch die Wilf erfullt mit Buͤchern und Reden Au 
wu F 4 


22 Bon den drey Principien Cap. 3. 
Fall / und der newen Wiedergeburt. Es iſt aber in der Theolo- 
gen Buͤcher meiſtentheils nur die Hiltoria beſchrieben / da ßes 
einmahl geſchehen ſey / und daß wir ſollen wieder newgeboh⸗ 
ren werden in Chriſto. Was verſtehe ich aber davon / nichts 
als die Hiſtoriam, daß es einmahl geſchehen ſey / und wieder 
geſchehe / und geſchehen fol. a f 
6. Unſere Theologi legen ſich mit Händen und Fuͤſſen da⸗ 
wider / ja mit gantzem Vermoͤgen / mit Verfolgung und Schmaͤ⸗ 
hen / daß man nicht fol forſchen vom tieffen Grunde was GOTT 
ſey / man ſoll nicht in der Gottheit gruͤbelen und forſchen / fo 
ich ſoll Teutſch davon reden / was iſts aber? Ein Koth und 
Unflat iſtl es / daß man den Teuffel verdecket / und die inficirte 
Bobheit des Teuffels im Menſchen zudecket / daß man beydes 
den Teuffel / den Zorn Gottes / und die unartige boͤſe beſtia 
im Menſchen nicht kenne. 
7. Es iſt eben das / der Teuffel reucht den Braden / dar⸗ 
umb wehret er / daß fein Reich nicht erkant werde / daß er 
Großfürft bleibe / ſonſt möchte der Menſch vor ihm fliehen. 
Wo iſt ihm aber noͤtiger zu wehren / als an der Luͤcke / da der 
Feind moͤchte einbrechen? Er verdecket der Theologen Hertz / 
Sinn und Gemuͤte fuͤhret ſie in Geitz / Hoffart und Un⸗ 
zucht / daß fie ſich ſelbſt für dem Liecht Gottes entſetzen / fuͤrch⸗ 
ten und erſchrecken; darumb decken fie zu / denn fie find nac⸗ 
kend / und mißgoͤnnen auch dem Sehenden das Liecht / das 
heiſſet recht dem Teuffel gehofieret. Me | 1512 
8. Aber es komt eine Zeit / da die Morgenroͤthe des 
Tages anbricht / da die böfe beltia, das böſe Kind / ſoll 
bloß ſtehen / und in groſſen Schanden / denn das Urtheil 
der Huren des groſſen Thieres gehet an. Darumb wa⸗ 
chet auf ihr Kinder Gottes / und fliehet / daß ihr nicht 
das Mahlzeichen des groſſen und boͤſen Thiers an ewren 
Stirnen gepfetzet / mit fürs helle diecht bringet / ihr wer⸗ 
det deß ſonſt groſſe Schande und Spott haben. Es iſt 
nunmehro Zeit vom Schlaff auffzuwachen / denn der 
Bräutigam ruͤſtet ſich feine Braut zu holen. Er komt 
aber mit einem hellſcheinenden Liechte: welcher wird He⸗ 
le in ſeiner dampen haben / deſſen Lampe wird angezün: 
det werden / und der wird Gaſt ſeyn: Die aber nieht Oe⸗ 
e haben / deren Lampen werden finster bleiben / ar 


Kap z. Göttliche Weſens. 23 


ſchlaffend / und behalten das Mahl⸗zeichen des Thieres 
big die Sonne auffgehet: Dan werden fie greulich er⸗ 
ſchrecken / und in ewiger Schande ſtehen / denn das Ur⸗ 
theil wird exequiret. Die Kinder Gottes werdens mere⸗ 
ken / aber die Schlaffenden / ſchlaffen biß zum Tage. 
weiter von der Gebuhrt. 
9. D Je Gebuhrt der ewigen Natur iſt gleich wie im Men⸗ 
ſchen die Sinnen / da ſich ein Sinn von etwaß gebieh⸗ 

ret / und nachmals in unendlich außbreitet: Oder wie ſich die 
Wurtzel des Baums gebiehret / und hernach darauß der 
‚Sta und viel Zweige und Aeſte / auch von der einigen Wurtzel 
viel Wurtzeln / und viel Zweige und Aeſte; und komt alles von 
der erſten einigen Wurtzel her. Alſo auch mercke / wie forne ge⸗ 
meldet / in deme die Natur in ſechſerley Geſtalt ſtehet / So ge⸗ 
bieret nun eine iede Geſtalt wieder auß ſich eine Geſtalt nach 
Se Br Ahrt / die hat nun aller Geſtalten Qualität und 
Ahrt in ſich. 

‚zo, Aber mercke: die erſtt Geſtalt unter den ſechſen gebieret 
nur einen Quell nach ihres gleichen / nach deſſelben Quell-geiftes 
gleichen / und nicht nach der erſten Mutter der Herbigkeit / 
gleich wie ein Aſt im Baume einen andern Zweig auß ſich ge⸗ 
bieret. Denn in iedem Quell⸗geiſte iſt nur ein Centrum, dar⸗ 
‚innen der Feur⸗quell auffgehet / und auß dem Feur⸗blitz das 
Liecht / und find in jedem Quell der erſten ſechſerley Geſtalten. 

x. Aber mercke die Tieffe im Gleichnuͤß: Ich ſetze alſo: Der 
herbe Quell im Urkunde iſt die Mutter / darauß die andern 
fuͤnff Quelle / als Bitter / Feuer / Liebe / Tohn / Waſſer / ſind 
erbohren. Nun die ſeind Glieder in ihrer Gebuhrt / und ohne 
dieſelben waͤre ſte auch nichts / als ein aͤngſtlich finſter Tahl / 
da keine Bewegligkeit waͤre / auch kein Liecht oder Leben. Nun 
aber das Leben durch Anzuͤndung des Liechts in ihr iſt erboh⸗ 
ren / fo erfrewet fie ſich in ihrer eigenen Qualität / und ar» 
beitet in ihrer eigenen herben Qualität wieder zur Gebuhrt / 
und gehet wieder in ihrer eigenen Qualität ein Leben auff / da 

ſich dan wieder ein Gentrum auffſchleuſt / und wird das Leben 
wieder in ſechſerley Ge ſtalt auß ihr erbohren / aber nun nicht 
1078 in rs Aengſtligkeit / wie im Urkund / ſondern in grof⸗ 
fer Frewde. 
12. Denn der Quell der groſſen Aengſtligkeit / der im Ur⸗ 
Lund für dem Liechte in der Herkigkeit. wor / davon der 5 
E 


2 an x 4 * Pa} BER. ' 
24 Von den drey Principin Cap. 3. 
Stachel war erboren / iſt nun in dem ſanfften Quell der Liebe im 
Liechte aus dem Waſſer⸗Geiſte verwandelt / und iſt aus der Bit⸗ 
terkeit und Stachel nu der Quell und Auffſteigen der Frewde im 
Sicchte worden: So iſt der Fewer⸗blitz nunmehr des Liechtes 
Vatter / und das Liecht ſcheint in ihme / und iſt nun die einige 
Urſache der bewegenden Gebuhrt / und die Liebe⸗gebuhrt / welche 
im Urkund war der,ängftliche Quell / iſt nun Sul oder das Oleum, 
der freundliche Quell / der durch alle Quelle dringet / davon / oder 
darauß ſich das Liecht anzuͤndet. ö ö 
3. Und der Thon oder Schall im draͤhenden Rade iſt nun der 
Verkuͤndiger oder Anſager in allen Quellen / daß das liebe Kind 
geboren ſey: Denn er komt mit ſeinem Schall fuͤr alle Thuͤren 0 
und in alle Eſſentien / daß alſo in ſeinem Auffwecken alle Kraͤf⸗ 
ten rege ſind / und im Liechte einander ſehen / fuͤhlen / hoͤren / rie⸗ 
chen und ſchmaͤcken. Denn die gantze Gebuhrt nehret ſich in der 
herben Eſſentia, als in ihrer erſten Mutter: weil ſie aber nun als 
ſo duͤnne / demuͤtig / ſuͤſſe und freudenreich iſt worden / fo ſtehet 
die gantze Gebuhrt in groſſer Frewde / diebe / Demuth und Sanft⸗ 
muth / und iſt nichts dan ein eitel Liebe⸗koſten / freundlich ſeyn / 
wolriechen / gerne hören / ſanffte fühlen / und das keine Zunge re⸗ 
den noch ſprechen kan: Wie wolte da nicht Frewde und Liebe ſeyn / 
wo mitten im Tode das ewige deben gebohren wird / da keine Furcht 
einiges Endes iſt / noch ſeyn kan. 5 
14. Alſo iſt in der Herbigkeit wieder eine newe Gebuhrt / ver⸗ 
ſtehe / da die Herbigkeit in derſelben Gebuhrte ri mas iſt / und da das 
Feuer nicht nach dem bittern Stachel / oder vom Auffgang der 
Aengſtligkeit angezündet wird / ſondern die erhebliche Fremde iſt 
nun das Centrum, und Anzuͤndung des Lichts / und die Herbig⸗ 
reit hat nun in ihrer eigenen Qualitat das Sul, Oele und Liecht deß 
Vatters: Darumb wird die Gebuhrt aus dem Aſt des erften 
Baums / nun gantz nach demſelben herben Quell qualificirt, und 
äft das Feuer darinne ein herbes Feuer / und die Bitterkeit darinn 
eine herbe Bitterkeit / und der Thon ein herber Thon / und die Lie⸗ 
be eine herbe diebe / aber alles in eitel Volkommenheit und in gar 
hertzlicher Liebe und Frewde. 
x. Und alſo gebieret auch der erſte bitter Stachel / oder die erſte 
a Bitterkeit (nachdem nun das Liecht angezuͤndet und die erſte Ge⸗ 
buhrt in Volkommenheit ſtehet) wieder aus ihrer eigenen Qua- 
lität eine Eſſentiam, darinnen ein Centrum iſt / da auch ein 
newer Quell in einem Feuer oder Leben aufgehet mit al⸗ 
ler Qualitäten Art und Eigenſchafft: Und iſt doch in dieſem 
1 newen 


Cap. 3. Gioͤttliches Weſens. 25 


newen Außgange die Bitterkeit in allen Geſtalten primas; als 
eine bittere Bitterkeit / eine bittere Herbigkeit / ein bitterer Waſ⸗ 
ſer⸗geiſt / ein bitterer Thon / ein bitter Fewer / eine bittere Liebe: 
Aber alles volkoͤmlich im Auffſteigen groſſer Frewden. 

16. Und das Fewer gebieret auch nun ein Fewer nach aller 
Qualitäten Eigenſchafft / in dem herben Geiſte iſts herbe / im 
bitteren bitter: In der Liebe iſt es gar ein inbruͤnſtig Anzuͤn⸗ 
den der Liebe / gar ein hitzig Anzuͤnden / und macht gar trefflich 
Begierde: Im Thon iſt es gar ein hellklingendes Fewer / dar⸗ 
inne alles gar helle und eigentlich wird entſchieden / da der Thon 
in allen Qualitäten alles wie mündlich oder zungenlich anmeldet / 
was in allen Quell⸗geiſtern iſt: Was fuͤr Frewde / Krafft / We⸗ 
ſen und Eigenſchafft / und im Waſſer iſt es ein trucken Fewer. 

17. Fürnemlich mercke von der Liebe Außbreitunge / das iſt 
der allerſaͤnffteſte / holdſeeligſte Quell / wenn die Liebe⸗gebuhrt 
wieder eine gantze Gebuhrt mit allen Quellen der uhrkundlig⸗ 
ſten Eſſentien auß ſich gebiehret / daß alſo in derſelben newen 
Gebuhrt in allen Quellen die Liebe p-imas iſt / daß ein Centrum 
auffgehet / ſo wird die erſte Eſſentia, als die Herbigkeit gantz 
begierlich / gantz ſanffte / gantz liechte / und daͤhnet ſich aus zur 
Speiſe aller Quell⸗geiſter mit hertzlicher Begierde nach allen / 
als eine liebe Mutter ihren Kindern thut. ö 

18. Und die Bitterkeit heiſt alhier recht Frewde / denn ſie iſt das 
Auffſteigen und Bewegen. Was alhier fuͤr Frewde ſey / iſt 
dazu kein Gleichnuͤs / als ob ein Menſch uhrploͤtzlich aus der 
Hoͤllen⸗pein erloͤſet / und ins Goͤttliche Freuden⸗licht verſetzet 
würde. g 

19. Alſo thut auch der Thon / wo die Liebe primas iſt / der 
bringet gar freuden⸗reiche Botſchafft in alle Geſtaͤlte der Ge⸗ 
buhrt; So wol das Fewer in der Liebe / wie obgemeldt / zuͤndet 
die Liebe recht an in allen Quell⸗geiſtern / und die Liebe in ihrer 
eigenen Eſſentia der Liebe / wann die Liebe in der Liebe primas iſt / 
das iſt der aller⸗ſanfftmuͤtigſte / demuͤtigſte / holdſeeligſte Quell / 
der in allen Quellen auffgehet / und die himmliſche Gebuhrt 
en en und beſtaͤtiget / daß es ein heilig / Goͤttlich We⸗ 

en ſey. 

20. Nun iſt auff des Waſſer⸗geiſtes Geſtalt zu mercken / wan 
der feines gleichen gebieret / daß er in feiner Wieder ⸗gebuhrt 
ptimas iſt / und ein Centrum in ihme erwecket wird / welches er 
doch nicht in feiner eigenen Eſſentia thut / ſondern die anderen 
Auell⸗geiſter in ihme / der haͤlt ſtiile * ein ſanffte Mutter / 

f und 


26 Von den drey Principien Cap. 4. 


und laͤſſet die anderen ihren Saamen in ſich ſaͤen / und das Cen- 
trum erwecken / daß das Fewer auffgehet / davon das Leben ruͤge 
wird: In deme iſt das Fewer nicht ein hitzig brennend Fewer / 
ſondern kalt / linde / ſanfft und ſuͤſſe / und die Bitterkeit iſt auch 
nicht bitter / ſondern kalt / linde und treiblich / oder quellende / 
davon die Bildung in der Himmliſchen Pomp aufgehet / das ein 
ſichtlich Weſen iſt. Dann auch der Thon in dieſer Gebuhrt gantz 
ſanffte außgehet / alles gleich wie faßlich oder begreifflich / oder 
in Gleichnuͤs / wie ein Wort daß zu einer Subftanız , oder zu ei⸗ 
nem begreifflichen Weſen wird. Denn in dieſer Wieder⸗ge⸗ 
buhrt / welche im Waſſer⸗geiſte (das iſt / in der rechten Mutter 
der Wieder⸗gebuhrt aller Quell⸗geiſter) geſchiehet / wird alles 
gleich wie begreifflich oder ſubſtantialiſch: wiewol man allhier 
keine Begreiffligkeit verſtehen ſoll / ſondern Geiſt. 


Das 4. Capittel. 


Von der rechten ewigen Natur. 
Das iſt / | 


Von der unzahlbahren oder undenlichen Sebaͤhrung 
der Gebuhrt des ewigen Weſens / welches iſt das 
Weſen aller Weſen / darauß erſtanden / geboh⸗ 
ren / und endlich erſchaffen iſt dieſe Welt / mit 
den Sternen und Elementen / und alles was ſich be⸗ 
weget / webet und lebet. 


Die offenbahre Porte der groſſen Tieffe. 


r. bier muß ich dem Stoltzen und vorhin Klugen / 
welcher doch nur in der Finſternis verteuffet iſt / 
und nicht vom Geiſt Gottes weiß oder verſtehet / 
begegnen / und ihme ſambt dem begierlichen Gott⸗ 
liebenden Leſer troͤſten / und ein kleines Thuͤrlein 
weiſen zum himmliſchen Weſen / wie er doch dieſe Schrifften 
erkennen mag / ehe ich zum Capittel ſchreite. 1 
2. Ich weiß wohl / denn mein Geiſt und Gemuͤthe zeiget 
mirs / daß ſich mancher wird aͤrgeren an der Einfalt und Nie⸗ 
drigkeit deß Autotis, in deme er von fo hohen Dingen wil ſchrei⸗ 
ben / wird mancher dencken / er habe des keine Macht / und han⸗ 
dele gantz ſuͤndlich hieriunen / und lauffe wider G O T 5 
einen 


Cap.. Goͤttliches Weſens. 27 


ſeinen Willen / daß ein Menſch wolle reden und ſagen was 
GO T fin. 

3. Denn klaͤglich iſts / daß wir nach dem elenden / erſchrecklichen 
Fall Adæ uns immer laſſen den Teuffel aͤffen und narren / als 
waͤren wir nicht Gottes Kinder / und ſeines eigenen Weſens / 
er bildet uns immer ein / wie er Mutter Heyen gethan / die Mon- 
ſtroſiſche Geſtalt / daran ſie ſich vergaffete und wurde durch ihre 
imagination ein unverftändiges Kind dieſer Welt / gantz nackend 
und bloß. Alſo auch thut er uns noch immerdar / wil uns in an⸗ 

dere Bildnuͤß führen / daß wir uns ſollen für Gottes Liecht und 
Krafft ſchaͤmen / wie Adam und Heva im Paradeis ſich ſchaͤme⸗ 
ten; in deme fie ſich hinter die Baͤume (das iſt / hinter die Mon- 
ſtroſiſche Geſtalt) verſtecken. Als der Her: im Centro ihres 
Lebens⸗Gebuhrt erſchiene und ſagte: Wo biſtu Adam? Sprach 
er / ich bin nackend und fuͤrchte mich. Das war anders nichts / 
als fein Glaub und Erkaͤntnus des Heiligen Gottes war er⸗ 
loſſchen: denn (uhrſache war dieſe) er ſahe an feine Monſtroſi⸗ 
ſche Geſtalt / welche er ihme durch ſeine imagination und Luſt 
durch des Teuffels Fuͤrbilden / und falſch uͤberreden zu eſſen von 
deut dritten Principio, in welchem die Zerbrechlichkeit ſtehet / hatte 
zuge richtet. 

4. Dieweil er nun ſahe / und auch auß Gottes Befehl wuſte / 
daß ſo er aͤſſe vom Baume der Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes / er 
muͤſte ſterben und zerbrechen: bildete er ihm immer ein / er waͤre 
nicht mehr Gottes Kind / aus Gottes eygenem Weſen / auß 
dem erſten Principio erſchaffen / vermeinete er wäre nun nur 
bloß ein Kind dieſer Welt / dieweil er feine Zerbrechlichkeit ſahe / 
und darzu das Monſtroſiſche Bildt / fo er an ihine trug: ihm 
auch die Paradiſiſche Witze / Luſt und Frewde entfiel / in deme 
ſein Geiſt und Vollkommenheit auß dem Paradeis (das iſt auß 
dem andern Principio Gottes / in welchem das Liecht oder Her⸗ 
tze Gottes von Ewigkeit in Ewigkeit wird gebohren / da 
der heilige Geiſt vom Vatter und Sohne auß außgehet) ward 
getrieben / und er nicht mehr bloß lebete vom Worte Got⸗ 
tes / das iſt / von und in der Heiligen Gebaͤhrung Gottes / ſon⸗ 
dern aß und tranck / das iſt / feine Lebens⸗Gebuhrt ſtundt nu⸗ 
mehr in dem dritten P:incipio, als in dem Sternen und Ele⸗ 
menten⸗reich: Er muſte nun von deſſelben (Principii oder 
Reichs) Krafft und Frucht eſſen und leben. Da vermeinte er / 
nun iſts aus in mir / das Edle Bild Gottes iſt zerbrochen: in 
welchem ihm der Teuffel immer 8 Zerbrechlichkeit 9 

k 2 4 ichkeit 


28 Von den drey Principien Cap.. 
lichkeit zeigete / und er auch ſelber anders nichts ſehen kon⸗ 
te / ſintemahl er aus dem Paradiß war außgegangen / das iſt / 
aus der unzerbrechlichen heiligen Gebaͤhrung Gottes / in wel⸗ 
cher er Gottes heilige Bildnuͤß und Kind war / in welcher ihn 
GOZ ſchuff ewig zu bleiben. Und fo ihn nicht die barmhertzige 
Liebe Gottes hätte im Centro ſeines debens⸗gebuhrt wieder er⸗ 
blicket und getroͤſtet / fo hätte er vermeinet / er wäre von der ewi⸗ 
gen Goͤttlichen Gebuhrt abgetrennet / er waͤre nicht mehr in 
Got / und GOTT nicht mehr in ihme / er waͤre nicht mehr 
ſeines Weſens. | 
F. Aber die holdſeelige Liebe / das iſt / der eingebohrne Sohn 
des Vatters (oder wie ichs ſetzen moͤchte zum Verſtande / der 
ſanffte Quell / da das ewige Licht GOttes gebohren wird) gieng 
auff und gruͤnete wieder in Adam / im Centro feines Lebens⸗ge⸗ 
buhrt / in ſeiner fuͤnfften Geſtalt ſeiner Gebuhrt. Da erkante 
Adam / daß er nicht waͤre abgebrochen auß der Goͤttlichen Wur⸗ 
tzel / ſondern wäre noch Gottes Kind / und reuwete ihn feiner 
erſten boͤſen Luſt. Darauff ihm der Herr zeigete den Schlan⸗ 
gen⸗tretter / welcher feine Monſtroſiſche Gebuhrt ſolte zertretten: 
und er ſolte in deſſelben Schlangen⸗tretters der Monſtroſiſchen 
Gebuhrt / Geſtalt / Form / Macht und Krafft wieder new⸗ge⸗ 
bohren und mit Gewalt wieder ins Paradeiß / in die heilige Ge⸗ 
buhrt geſetzet werden / und wieder eſſen von dem verbo Domini 
und ewig Leben / uͤber und wider alle Porten des Grimmes / in 
welchen der Teuffel lebet / ꝛc. davon an ſeinem Orthe ſoll weiter 
gemeldet werden. 

6. Lieber Leſer / mercke und bedencke dieſes ja wohl / laß dich 
keine Einfalt irren / der Autor iſt nichts mehr als andere / er 
weiß und kan auch nichts mehr / er hat auch keine groͤſſere Macht / 
als alle Kinder Gottes / allein / ſihe dich doch an / warumb den⸗ 
ckeſtu doch irꝛdiſch von dir? warumb laͤſſeſtu dich den Teuffel 
Affen / als waͤreſtu nicht GOttes Kind / auß feinem eygnen We⸗ 
ſen? laͤſſeſt dich die Welt narren / als waͤreſtu nur ein figurlich 
Gleichnuͤß / und nicht aus GO T gebohren. 

7. Deine Monfteoßfche Geſtalt iſt nicht GOTT / oder feines 
Weſens: allein der verborgene Menſch / welcher iſt die Seele 
(fo ferne die Liebe im Liecht Gottes in deinem Centro auffgehet) 
iſt Gottes eigen Weſen / da der Heilige Geiſt aufgehet / 
darinne das andere Principium Gottes ſtehet: wie wolteſtu 
denn nicht Macht haben zu reden von GOT / der dein Vater 
iſt / deß Weſens du ſelber biſt? Schawe an / iſt doch dieſe 8 

12 


Cap.  Göttliches Wefens. 35 


Gottes: und ſo Gottes Liecht in dir iſt / ſo iſt fie auch dein / wie 
geſchrieben ſtehet: Alles hat der Vatter dem Sohne gegeben / 
und der Sohn hat dirs gegeben. Der Vatter iſt die ewige Krafft / 
und der Sohn iſt ſein Hertz und Liecht / ewig bleibend in dem 
Vatter / und du bleibeſt in Vatter und Sohne. So nun der H. 
Geiſt vom Vatter und Sohne außgehet / und des Vatters ewige 
Krafft iſt in dir / und des Sohnes ewiges Licht ſcheinet in dir / 
was laͤſſeſtu dich denn narren? weiſtu nicht was 8. Paulus ſagete 
Unſer Wandel iſt im Himmel / von dannen wir warten des Hep⸗ 
landes Jeſu Chriſti / der uns auß dieſer Monſtroſiſchen Gebuhrt 
und Vildnuͤß / in Zerbrechung des zten Princip dieſer Welt fuͤh⸗ 
ren wil in die Paradififche Gebuhrt / zu eſſen vom verbo Domini. 

8. Was laͤſſeſtu dich den Antich riſt narren mit feinen Geſetzen 
und ſchwaͤtzen? wo wilſtu GO ſuchen in der Tieffe uͤber den 
Sternen? da wirſtu ihn nicht finden: Suche ihn in deinem 
Hertzen im Centro deines Lebens Gebuhrt / da wirſtu ihn ſtn⸗ 
den / wie Vatter Adam und Mutter Heva thaͤten. 

9. Denn es ſtehet geſchrieben: Ihr muͤſſet von newen geboh⸗ 
ren werden / durch das Waſſer und Geiſt / ſonſt werdet ihr das 
Reich Gottes nicht ſehen. Dieſe Gebuhrt muß in dir geſchehen / 
das Hertz oder Sohne Gottes muß in deines Lebens⸗Gebuhrt 
auffgehen / albdan iſt der Heyland Chriſtus dein getrewer Hir⸗ 
te / und du biſt in ihme / und er in dir; und alles was er und ſein 
Vatter hat / iſt dein: und niemand wird dich auß ſeinen Haͤnden 
reiſſen: Sondern wie der Sohn (das iſt des Vatters Hertz) iſt 
einig; alſo auch iſt dein newer Menſch im Vatter und Sohne 
einig / eine Krafft / ein Liecht / ein Leben / ein ewig Paradeys / 
eine ewige Himmliſche Gebuhrt / ein Vatter / Sohn / Heiliger 
Geiſt / und du ſein Kind. Sihet doch der Sohn wol / was der 
Vatter im Hauſe machet / ſo es nun der Sehn auch lernet / wat 
Mißfallen hat der Vatter am Sohne? wird ſich nicht der Vatter 
frewen über feinem Sohne / daß er fo wol gerathen iſt? warumb 
wolte dann der Himmliſche Vatter Verdruß nehmen von ſeinen 
Kindern in dieſer Welt / die ihm anhangen und nach ihm fra⸗ 
gen / ihn gerne wolten kennen / ſein Werck treiben / und ſeinen 
Willen thun? Heiſſet uns doch der Wieder⸗gebaͤhrer zu ihm 
kommen / und wer zu ihm komt / den wil er nicht hinauß ſtoſſen. 
Wolte dann iemand wehren dem Geiſt der Weiſſagung / welche 
iſt Gottes? Sehet doch an die Apoſtel Chriſti / wer lehret ſie 
anders / als GOTT / der in ihnen war / und ſie in GOTT. 

10, O lieben Kinder Gottes in Chriſto / fliehet ja für dem 
N B 3 Anti⸗ 


* 


30 Von den drey Prineipien Cap. 4. 


Anti⸗Chriſt / der ſich über die breite der Erden geſetzet hat / der 
cuch eine Bildnuͤß fuͤrmahlet / wie die Schlange Mutter Heven 
that / und ewer Bildnuͤß Gottes weit von GOTT mahlet: 
Dencket doch wie geſchrieben ſtehet; Das Wort iſt dir nahe / ja 
in deinem Hertzen und Lippen / und GOTT ſelber iſt das Wort / 
das in deinem Hertzen und Lippen iſt. 

11. Der Anti⸗Chriſt aber hat nie nichts geſuchet / als feine 
Wolluſt in dem dritten Principio, in dieſem Fleiſch⸗hauſe zu 
volbringen / darumb hat er die Menſchen genarret mit Geſetzen / 
welche weder im Paradeiß Gottes / noch im Centro des Lebens⸗ 
er gefunden werden: auch nicht in die Natur gepflan⸗ 
tzet ſeynd. 

12. Liebes Kind dencke ihm nach / wie maͤchtig und kraͤfftig 
mit Wunder und Thaten ging der Geiſt Gottes im Worte und 
Wercke bey der Apoſtel⸗zeit: Und hernach ehe der Anti⸗Chriſt 
und Geiſt der eigenen Hoffart mit feinen Geſetzen und Syderi- 
ſchen Weißheit herfuͤrbrach / und ſich unter weltlichen und fleiſch⸗ 
lichen Arm ſetzete; nur darumb / daß er ſein eigen Wolluſt und 
Ehre ſuchte! Da muſten die theuͤren Worte Chriſti (welcher 
doch dem Menſchen kein Geſetze gab / als nur das Geſetze der 
Ratur / und das Geſetze der Liebe / welche iſt ſein eigen Her⸗ 
tze) ihme dem Anti⸗Chriſt oder Wider⸗Chriſt / Fuͤrſt in dem 
dritlen Principio ein Deckel ſeyn / das muſte nun die Stim⸗ 
me bey Moſe aus dem Buſche ſeyn / und uͤberredete ſich der 
Menſch der Hoffahrt ſelber / er hätte Goͤttliche Gewalt auff 
Erden / und wuſte nicht in feiner Blindheit / daß fich der Heilige 
Geiſt nicht binden liße. 


23. Sondern da je ein Menſch wil ſelig werden / muß er nach 


dem Zeugnuͤs Jeſu Chriſti new⸗gebohren werden durchs Waſ⸗ 
fer im Centro des Lebens⸗Gebuhrt / und durch den H. Geiſt / 
welcher im Centro im Licht Gottes auffgehet: zu welchem En⸗ 
de GOT der Vatter durch feinen Sohn die H. Tauffe geboten / 
daß wir alſo ein Geſetz und ſcharffes Denckmahl haben / wie ein 
unverſtaͤndiges Kind ein aͤuſſerliches Zeichen / und der inner⸗ 
liche Menſch die Krafft und newe Gebuhrt im Centro des Le⸗ 
bens⸗Gebuhrt empfaͤhet / und allda auffgehet die Confirma- 
tion, fo das Licht Gottes in Adam bracht / als GOTT der Vat⸗ 
ter mit ſeinem Liecht oder Hertzen im Centro der fuͤnften Geſtalt 
des Lebens⸗Gebuhrt in Adam anbrach oder auffgieng; alſo auch 
in der Tauffe des Kindes / alſo auch im bußfertigen und wieder⸗ 

kommenden Menſchen in Chriſto zum Vatter. 2 
24. Das 


Cap.4. Goͤttliches Wefens, 31 


14. Das letzte Abendmahl Chriſti mit ſeinen Juͤngern iſt eben 
dieſes / es iſt eben ein ſolcher Bundt wie die Kinder⸗Tauffe: was 
bey dem unmuͤndigen Kinde geſchiehet in der Tauffe / daß ge⸗ 
ſchiehet am armen wiederkommenden / und vom Schlaff des An⸗ 
ti⸗Chriſts auff wachenden Suͤnder zu Chriſto / und durch Chri⸗ 
ſtum zum Vatter auch / wie an ſeinen Orthe ſol außgefuͤhret 

15. Darumb hab ich dich wollen warnen und zupor weiſen / 
daß du nicht ſeheſt in dieſen hohen Dingen auff Fleiſch und 
Bluth / oder auff weltliche Weißheit der hohen Schulen / ſon⸗ 
dern dencke daß dieſe Wiſſenſchafft von GOTT ſelber in erſten 
und letzten / ja in allen Menſchen gepflantzet iſt / und fehlet nur 
daran / daß du mit dem verlohrnen Sohne wieder zum Vatter 
kommeſt / ſo wird er dich zum lieben Kind annehmen / und dir 
ein neu Kleid (verſtehe) der Edlen Jungfrawen Sophiæ, anzie⸗ 
hen / und einen Siegel⸗ring (Myfterii Magni) an deine Hand 
des Gemütes ſtecken: Und in demſelben Kleide (der newen 
Wieder⸗gebuhrt) haſtu alleine Macht von der ewigen Gebuhrt 
Gottes zu reden. 

16. Wenn du es aber nicht erlanget haſt / und wilſt viel von 
GOT ſchwaͤtzen / fo biſtu ein Dieb und Mörder / und geheſt 
nicht zur Thuͤr in Schaaf⸗Stall Chriſti / ſondern du ſteigeſt an⸗ 
ders wo mit dem Anti⸗Chriſt und Dieben in Schaaf⸗Stall / und 
wilſt nur morden / rauben / deine eigene Ehre und Wolluſt ſu⸗ 
chen / und biſt ferne vom Reiche Gottes; deine Kunſt der ho⸗ 
hen Schulen hilfft dir nichts / dein Einſitzen in groß Anſehen 
durch Menſchen⸗gunſt iſt deine Gifft / du ſitzeſt auff dem Stuhl 
der Peſtilentz / und biſt blos ein Diener des Anti⸗Chriſts; du 
ſeyeſt dann new⸗gebohren und lehreſt auß dem heiligen Geiſte £ 
fo iſt dein Sitz GOT T gahr lieb und angenehm / und deine 
Schaͤflein werden deine Stimme hören / und du wirft fie weiden 
und zum Ertz⸗hirten JEſu CHriſto fuͤhren / GOTZ wil ſie von 
deinen Haͤnden foderen: darumb dencke was du lehreſt und von 
GOT redeſt ohn Erkaͤntnuͤß feines heiligen Geiſtes / daß du 
nicht ein Luͤgener erfunden werdeſt. a 

17. Die ewige Gebaͤhrung iſt ein unanfaͤngliche Gebuhrt / 
und hat weder Zahl noch Ende / und ſeine Tieffe iſt unergruͤnd⸗ 
lich / und das Band des Lebens unzertrennlich: Der Syderifche 
und Elementiſche Geiſt kans nicht ſchawen / viel weniger faſſen / 
allein er fuͤhlet es / und ſchawet den Glantz im Gemuͤte / wel⸗ 
ches iſt der Seelen Wagen / darauff fie fahret in dem erſten Prin- 
\ 2 4 eipie, 


32 Von den drey Principien Cap. 4. 
cipio, in ihrem eignen Sitz in der Gebaͤhrung des Vatters / deñ 
deſſelben Weſens iſt ſie / gantz roh / ohne Leib / und hat doch des 
Leibes Form in ihrer eignen geiſtlichen Geſtalt / die erkennet und 
ſtehet im Liechte Gottes des Vatters / welches iſt fein Glantz 
oder Sohn / fo ferne ſte im Liechte Gottes wiedergebohren iſt / 
in die ewige Gebuhrt / in der ſie lebet und ewig bleibet. N 
18. Menſch verſtehe recht: GOTT der Vatter hat den Men⸗ 
ſchen (welches Leiblichkeit im Anfang aus dem Element oder 
Wurtzel der vier Elementen / darvon ſie außgehen / welches iſt 
das fuͤnffte Weſen den vieren verborgen / darauß das finſter 
Geſtieb fuͤr den Zeiten der Erden ward / welches Uhrkund der 
Waſſer⸗Auell iſt / und darauß dieſe Welt mit Sternen und 
Elementen ſambt dem Himmel des dritten Frineipii ward ers 
ſchaffen) gemachet. 


19. Die Seele aber iſt blos aus des Vatters uhrkundlichſten 


Gebaͤhrung (welche iſt vor des Lebens Liecht / welches iſt in den 
vier Aengſtlichkeiten / auß welchen ſich das Liecht Gottes anzuͤn⸗ 
det / allda der NRahme Gottes uhrkundet) durch den wallenden 
Geiſt / welcher iſt der H. Geiſt / der vom Vatter auß des Vat⸗ 

ters Liecht außgehet / in den Menſchen geblaſen worden: Dar⸗ 
umb iſt die Seele Gottes eigen Weſen. 

20. Und ſo fie lich zuruͤcke in die Aengſtlichkeit der vier Geſtal⸗ 
ten des Uhrkundts erhebet / und wil ſchrecklich in Fewrs Uhr⸗ 
kundt auß Hoffahrt (weil fie ſich mächtig weiß) qualificiren / 

ſo wird fie ein Teuffel: denn der Teuffel hat auch dieſen Uhr⸗ 
kundt mit ſeinen Legionen, und hats alſo aus Hoffart im Fewer 
des Grimmes zu leben / verderbet / und iſt ein Teuffel blieben. 
21. So aber die Seele ihre Imagination fuͤr ſich ins Liecht er⸗ 
hebet / in die Sanfftmuͤtigkeit und Demuͤtigkeit / und nicht 
ihre ſtarcke Fewrs⸗macht braucht im qualificiren / wie Lucifer 
thaͤt / fo wird fie vom verbo Domini geſpeiſet / und holet ihre 
Krafft / Leben und Staͤrcke im verbo Domini, welches iſt das 
Hertze Gottes; und ihr eigen uhrkundlich grimmig Quell der 
ewigen Lebens⸗gebuhrt wird Paradeiß / hochlieblich / freund⸗ 
lich / demuͤtig / ſanffte / darinn das Lachen und Quell des ewi⸗ 
gen Lobgeſangs auffgehet; und in dieſer Imagination iſt ſte ein 
Engel und Gottes Kind / und ſtehet die ewige Gebaͤhrung des 
unauffloͤßlichen Bandes / und von dieſem hat fie macht zu reden / 
denn es iſt ihr eigen Weſen: Aber von der unendlichen Gebaͤh⸗ 
rung nicht / denn es iſt kein Anfang noch Ende. 3 
22. So ſte ſich aber unterſtehe e von der Raͤumligkeit oder Ab⸗ 
1 * maͤßligkeit 


Cap. 4. Goͤttliches Weſeus. 33 
maͤgligkeit zu reden / ſo wird fie luͤgenhaft und wird turbiret:denn 
ſie leuget die unmaͤßliche Gottheit an / wie der Anti⸗Chriſt 
thut / der die Gottheit wil alleine uͤber dem geſtirneten Him⸗ 
mel haben / damit er GOTT auff Erden bleibe / reitende auff 
dem groſſen Thier / welches doch nahend von dato muß in 
uhrkuͤndlichſten Schwefel⸗pfuhl gehen / in König Luci⸗ 
fers Reich: denn die Zeit der Offenbahrung und Auß⸗ 
ſpeyung des Thiers kommet / davon den Kindern der 
Hoffnung in der Liebe mag hierinn gnugſam verſtanden 
ſeyn? Aber den Dienern des Anti⸗Chriſts iſt eine 
Mawer und Siegel dafur / biß über fie der Zorn der Hu⸗ 
rerey vollendet / und Babel / die Hure des groſſen 
Thiers bezahlet wird / und ſie ihres geweſenen Reichs 
Krone ſchaͤndet / und den blinden die Augen auffgethan 
werden: dann ſitzet ſie als eine Schand⸗hure / die jeder⸗ 

man zum Verdamnüß urtheilet. 


Die hohe tieffe Porten der H. Dreyfaltigkeit den Kin⸗ 
deren Gottes. c 


23. S O du dein Sinn und Gemuͤhte erhebeſt / und faͤhreſt 
auff der Seelen Wagen / wie obgemelt / und ſchaweſt 
dich ſampt allen Creaturen an / und denckeſt wie doch deine 
Lebens Gebuhrt ſey in dir entſtanden und deines Lebens Liecht / 
daß du kanſt von einem Glaſt die Sonne ſehen / und dann auch 
ohne Sonnenſchein durch deine imagination in eine groſſe Weir 
te / da deines Leibes Augen nicht hinreichen / und denckeſt dann / 
was doch mag die Uhrſache ſeyn daß du vernünftiger biſt als an⸗ 
dere Creaturen; ſintemal du kanſt alle Dinge erforſchen / was 
in allen Dingen iſt / und ſinneſt weiter worvon ſich die Elemen- 
ta, Fewr und Lufft uhrkunden / wie das Fewr im Waſſer ſey / 
und im Waſſer fich gebaͤhre / und wie ſich deines Leibes Licht im 
Waſſer gebaͤhre / fo wirſtu darauff kommen / was GOT und 
die ewige Gebuhrt ſey / biſtu aber aus GOTT gebohren. 
5 Denn du ſieheſt / fuͤhleſt und empfindeſt / datz dieſe Din⸗ 
ge alle muͤſſen noch eine höhere Wurtzel haben darauß ſie alſo 
werden / welche nicht fuͤr Augen iſt / ſondern verborgen / ſon⸗ 
derlich fo. du den geſtirneten Himmel anſteheſt / der alſo waͤhret / 
und ſich nicht veraͤndert / muſtu ja ſinnen / wo er ſey herkom⸗ 
men / und daß er alſo ſtehet und ge zerbricht / oder weder uͤber 
iv. » 3 


* oder 


a, 
„ ente 
. 
I: , 
I EN . 
#3 


34 Von den drey Principien Cap.. 
oder unter ſich ſincket / wiewol kein oben und unten iſt. So du 
nun ſinneſt / was das alles haͤlt / und worauß es worden ſey / 
ſo findeſtu die ewige Gebuhrt / die keinen Anfang hat / und fin⸗ 
deſt den Uhrkundt des erſten principit, als nemlich das ewige 


unaufloͤßliche Bandt: Und in anderen ſieheſtu die Scheidung / 


daß auß dem erſten iſt worden die materialiſche Welt mit den 
Sternen und Elementen / welche in ſich hat das aͤuſſerſte oder 
dritte Principium. Denn du findeſt in dem Elementiſchen Rei⸗ 
che in allen Dingen eine Uhrſache / warumb / oder wie ſichs al⸗ 
fo koͤnne gebaͤhren und treiben / du findeſt aber nicht die erſte Ur⸗ 
ſachen / worauß es alfo worden ſey / darumb find es zwey un⸗ 
terſchiedliche Principia: Denn in dem ſichtlichen findeſtu die 
Zerbrechligkeit und erkundeſt / daß es einen Anfang habe / die⸗ 
weil es ein Ende nimmet. N 

25. Zum dritten findeſtu in allen Dingen eine herꝛliche 
Krafft / welches jedes Dinges Leben / wachſen und aufſteigen iſt / 
und empfindeſt darinnen feine Schöne und ſanfftes Wohlthun / 

davon es ſich reget. Nun ſiehe an ein Kraut oder Holtz / und be⸗ 
trachte / was iſt ſein Leben / davon es waͤchſet / ſo findeſtu im 
uhrkundt Herbe / Bitter / Fewr und Waſſer: Nun ob du gleich 
dieſe vier Dinge entſcheideſt / und thuſt fie wieder zuſamen / wir⸗ 
ſtu doch kein wachſen ſehen und empfinden / ſondern bliebe Todt / 
ſo es ron ſeiner ſelbs⸗eygnen Mutter / die es anfaͤnglich gebiehret / 
getrennet wuͤrde: vielweniger wirftu den lieblichen Geruch dar⸗ 
ein bringen / auch nicht ſeine Farben. 

26. Alſo ſteheſtu / daß alda iſt eine ewige Wurtzel / die das 
giebt / und ob du koͤnteſt Farben und Gewaͤchs darein bringen / 
Fo kanſtu doch den Ruch und Krafft nicht darein bringen / und 
findeſt / daß im Uhrkund des Ruchs und Geſchmacks muß ein an⸗ 
der brineipium ſeyn / das der Stock nicht felber iſt / denn dig 
Pri ncipium uhrkundt ſich vom Lichte der Natur. 

27. Run ſiehe weiter an das menſchliche Leben / du ſieheſt / 
greiffeſt und erkenneſt durch dein Anſchawẽ nicht mehr als Fleiſch 
und Blut / darmit biſt du andern Thieren gleich. Zum andern 
findeft du das Element Lufft und Feuer das in dir qualificiret / 

und das iſt nun ein Thieriſch eben; denn ein jedes Thier hat das 
in ſich / davon es Luſt hat ſich zu füllen und wieder zugebuͤhren / 
wie alle Kräuter / daub und Graf. Du findeſt aber / daß in die⸗ 
fe allen kein recht Verſtandt iſt; Denn ob gleich das Geſtirn 
darinnen gealificirer / und ihme Sinnen gibt / ſo finds doch nur 
Sinnen ſich zu nehren und mehren / gleich allen Thieren. 


28. Den 


Cap. 4. Goͤttliches Weſens. 35 


28. Denn die Sternen ſind ſelber ſtum / und haben keine Er⸗ 
kaͤntnuͤß noch Fuͤhlung / allein ihr ſaͤmbtlich Gewircke machet im 
Waſſer ein Quellen durcheinander: und in der Tinctur des Ge⸗ 
bluͤts ein auffſteigen / ſehen / fuͤhlen / hoͤren und ſchmecken. Nun 
dencke / wovon komt aber die Tinctur, darinnen das Edle Leben 
aufgehet / daß aus Herbe / Bitter und Fewr / ſuͤſſe wird? So 
wirſtu ja kein andere Urſachen finden / als das Liecht. Wovon 
kombt aber das Liecht / daß es in einem finſtern Coͤrper ſcheinet? 
wilſt du ſagen vom Glaſt der Sonnen? was ſcheinet dann in der 
Macht / und leitet dir deine Sinnen und Verſtandt / daß du auch 
mit zugedruckten Augen ſteheſt / und weiſt was du thuſt? da wir⸗ 
ſtu ſagen / das edle Gemuͤhte fuͤhret mich. Ja recht alſo: wo hat 
aber das Gemuͤhte ſeinen Uhrkundt? So ſageſt du die Sinnen 
machen das Gemuͤhte beweglich: Iſt auch recht. Wovon kom⸗ 
men aber dieſe alle beyde? was iſt ihre Geburth oder Herkom⸗ 
men? warumb iſts nicht auch in Thieren? i N 

29. Mein lieber Leſer / kanſtu / hie ſchleuß auff / und ſiehe in 

Leib / du wirſts nicht finden / ſuche nun gleich in der Tieffe / ſuche 
in Steinen / ſuche in Elementen / ſuche in allen Creaturen / in 
Steinen / Kraͤutern / Baͤumen / in Metallen / ſuche gleich im 
Himmel und Erden / du findeſts nicht. 
30. Nun ſagſtu: Wo muß ich denn ſuchen und finden? Lieber deſer 
ich kan dir keinen Schluͤſſel darzu leihen / allein ich wil dir weiſen / 
wo du ihn findeſt: der lieget im Evangeliſten Johannes am drit⸗ 
ten. Cap. und heiſſet: Ihr muͤſſet von newen gebohren werden 
durch das Waſſer und Heiligen Geiſt. Derſelbe Geiſt iſt der 
Schluͤſſel / wann du den kriegeſt / ſo nimb ihn und gehe für das 
erſte Principium / daraus dieſe Welt iſt erſchaffen ſampt allen 
Creaturen / und ſchleus auff die Erſte Wurtzel / daraus ſolche 
ſichtliche und empfindliche Dinge ſind worden. 

31. So wirſtu ſagen: Das iſt alleine Gott / und der iſt ein 
Geiſt / und hat alle Dinge aus nichts geſchaffen. Ja recht alſo / 
Er iſt ein Geiſt und vor unſern Augen iſt ER wie ein Nichts: 
So wir Ihn nicht an der Schoͤpffung kenneten / wuͤſten wir 
nichts von Ihm: Wäre Er nicht von Ewigkeit geweſen / fo wäre 
auch nichts worden. a 

» 32. Was meineſtu aber ſey vor den Zeiten der Welt gewe⸗ 
ſen / daraus Erde und Steine find worden / ſo wohl die Sternen 
„ und Elementa? Das iſt geweſen die Wurtzel deſſelben / darauß 
„ es worden iſt. Was iſt aber die Wurtzel dieſer Dinge? Scha⸗ 
we an / was findeftu in dieſen 9 Anderſt nichts als Fewer / 


3 


36 Von den drey Principien Cap. 4. 


Bitter / Herbe / und das ſind doch nur ein Ding / und aus die⸗ 
ſen wird geboren alle Ding. Nun iſts aber vor den Zeiten der 
Welt nur ein Geiſt geweſen / und findeſt in dieſen dreyen Ge⸗ 
ſtalten noch nicht GOtt: Die pure Gottheit iſt ein Liecht / das 
unbegreiflich iſt / darzu auch unempfindlich / auch Allmaͤchtig und 
All-kraͤfftig. 


Wo findet man denn GOTT? 


33. Nun thue auff dein Edel Gemuͤthe und fiche / ſorſche wei⸗ 
ter. Dieweil dann Gott allein gut iſt / wovon kompt das Boͤſe ? 
9, Dieweil Er alleine das Leben und Liecht iſt / und die heilige 
>, Krafft / wie es dann unwiderſprechlich wahr iſt: Wovon kompt 
„ dann der Zorn Gottes / der Teufel und fein Wille / ſo wohl das 
s hoͤlliſche Fewer / wovon uhrſtaͤndet ſichs? Dieweil vor dengei⸗ 
o ten der Welt nichts war / als allein GOT / und der war und 
iſt ein Geiſt / und bleibet in Ewigkeit: wovon iſt dann die erſte 
materi zur Boßheit worden: denn es muß ja ein Wille im Gei⸗ 
ſte Gottes geweſen ſeyn / den Zorn⸗Quell zu gebaͤhren ? Alſo 
richtet die Vernunfft. ö an 
34: Nun ſaget aber die Schrifft / der Teuffel ſey ein heiliger 
Engel geweſen: und ferner: Du biſt nicht ein GOT / der das 
Boͤſe wil / und im Ezechiel: So wahr Ich lebe / Ich wil nicht 
den Todt deß Suͤnders. Welches Gottes ernſte Straffe beym 
Teuffel und allen Suͤndern außweiſet / daß Er ihn nicht wil. 

35. Was hat dann den Teufel bewogen zornig und boͤſe zu wer⸗ 
den ? was iſt die erſte materia in ihme / dieweil er aus dem 
„ uhrkuͤndtlichſten ewigen Geiſte geſchaſſen iſt? Oder woraus 
>», tft der Höllen Uhrkundt / darinnen der Teuffel fol ewig bleiben / 
wann nun dieſe Welt mit Sternen / Elementen, Erden und 
Steinen am Ende vergehen wird. ig 

36. Alhier lieber Leſer! thue deine Augen deß Gemuͤhts auff / 
und wiſſe daß keine andere Quaal ihn quälen wird / als ſein eigen 
Quaal in Ihme / denn das iſt feine Hoͤlle / Darauf er gemacht 
oder geſchaffen iſt: und das Liecht Gottes iſt feine ewige Schan⸗ 
de: Darumb iſt er Gottes Feind / daß er nicht mehr im Lichte 
Gottes iſt. 

37. Nun kanſtu hier nicht weiter etwas auffbringen / daß 
G O T T gebrauchet hätte irgends eine materi, darauf Er den 
Teuffel hat geſchafſſen : ſonſt würde ſich der Teuffel rechtfertigen / 
GO TT haͤtte ihn boͤſe / oder auß boͤſer matetia gemacht: Denn 
Er hat ihn aus nichts geſchaffen / nur bloß auß feinem e 

n fen 


Cap.. Goͤttliches Weſens. 37 


ſen / fo wohl als die anderen Engel / wie geſchrieben ftehet-: von 

hm / durch Ihn und in Ihm ſind alle Ding: Und ſein iſt al⸗ 
ein das Reich / Krafft / Macht und Herꝛligkeit von Ewigkeit 
zu Ewigkeit: und iſt alles in Ihme / vermoͤge der H. Schrifft: 
und fo das nicht wäre / fo würde dem Teuffel / ſo wohl dem Men⸗ 
ſchen nicht Suͤnde zugerechnet: So ſie nicht beyde ewig und in 
GOTT waͤren / und auß GOZ felber. f 

38. Denn keinem Viehe wird Sünde zugerechnet / das aus 
einer Materia iſt gefchaffen z Denn ſein Geiſt erreichet nicht das 
erſte Principium, ſondern uhrkundet ſich in dem dritten / im Ele- 
mentiſchen und Syderiſchen Reiche / in der Zerbrechlichkeit / und 
beruͤret nicht die Gottheit / wie der Teuffel und Seele des Men⸗ 


ſchen. ü — 

309. Und ſo du diß nicht kanſt glaͤuben / fo nimb die Heilige 
Schrifft fuͤr dich / die ſaget dir: Als der Menſch in Suͤnden ge⸗ 
fallen war / daß ihm GOTT fein eigen Hertz / Leben oder Liecht 
auß ihm ſelber geſendet ins Fleiſch / und die Porten feines Lebens 
Ge buhrt / in welcher er mit der Gottheit vereiniget geweſen / 
und im Liecht abgetrennet / aber im uhrkunde des erſten Principii 
blieben / wieder angezuͤndet / und ihme vereiniget habe. 

40. Waͤre des Menſchen Seele nicht aus ED T T dem Vat⸗ 

ter / aus ſeinem erſten Prineipio , ſondern aus einer anderen Ma⸗ 
teria, ſo haͤtte er nicht das hoͤchſte Pfandt auff ihn gewandt / fein 
eigen Hertz und Liecht / wie er ſelber zeugt: Ich bin das Liecht 
der Welt und das Leben der Menſchen: ſondern haͤtte ihm wol 
koͤnnen ſonſt helffen. 

41. Was meineſt du aber / hat er dem Menſchen ins Fleiſch 
bracht / als er kam? Nichts als nur das Adam im Paradeis 
und Mutter Heva verlohren hatten / das bracht der Schlangen⸗ 
traͤter der Monſtroßſchen Gebuhrt wieder / und erloͤſete den Men⸗ 
ſchen auß dem Elementiſchen und Syderifchen Fleiſch⸗Hauſe wies 

der / und ſetzete ihn wieder ins Paradeis. Davon ich hernach auß⸗ 
ſuͤhrlich ſchreiben wil. 8 
42. Darumb ſo du nun von Gott wilſt dencken oder reden: So 
muſt du dencken / daß er ſelber Alles iſt / und muſt ferner anſchau⸗ 
en die drey Prineipia, darinnen wirſtu finden / was GO T T 
ſey: Du wirſt finden / was Zorn / Teuſſel / Hoͤlle / Suͤnde ſey / 
was Engel / Menſch oder Thier ſey / und wie die Scheidung fol⸗ 
get / darauß alles alſo iſt worden: Du wirſt die Schoͤpffung der 
Welt finden. 8 
43. Allein Leſer / Ich wil dich ae haben / 15 
9 7 ; u 


4 


38 Von den drey Principien Cap: 


du nicht auff dem Weege des verlohrnen und wieder zum Vatter 
kommenden Sohns biſt / fo laß dig mein Buh ungeleſen / es 
wird dir ſonſt uͤbel bekommen. Denn der Groß⸗Fuͤrſt Lucifer 
wird nicht feyren dich zu betruͤben. Denn in dieſem Buche ſtehet 
er vor den Kindern Gottes gantz nackend und bloß. Er ſchaͤmet 
ſich des gleichwol als ein Menſch / ſo umb uͤbelthat willen fuͤr al⸗ 
len Leuten zu Spott geſetzet wird. Darumb ſey gewarnet / ſo dir 
ja das zarte Fleiſch zu lieb iſt / ſo laß mein Buch ungeleſen. So 
du je nicht folgeſt / und dir unheyl entſtuͤnde / ſo wil ich unſchul⸗ 
dig ſeyn / gib dir nur ſelber Schuldt. Denn was ich jetzo erken⸗ 
ne / das ſchreibe ich mir zu einem Memorial, aber GOTT weiß 
wol was Er thun wil / daß mir noch etlicher maſſen verborgen iſt. 
44. Dieweil wir denn in der gantzen Natur nichts koͤnnen fin⸗ 
den / daß wir möchten ſagen: das iſt GOTT / oder hier iſt 
GOTZ / darauf wir koͤnten ſchlieſſen / daß GOTT ein frembd 
Weſen fey : Und Er ſelbſt bezeuget / daß da feine ſey / das 
Reich / und die Krafft / von Ewigkeit zu Ewigkeit: und Er 
ſich auch ſelber Vatter nennet: Ein Sohn aber wird aus det 
Vatters Lenden gezeuget: So muͤſſen wir Ihn ja im Uhrkundt 
ſuchen / in dem Principio, darauß die Welt iſt erbohren und ge⸗ 
ſchaffen : und können anders nicht ſagen / als daß das erſte Prin · 
eipium GOZ der Vatter ſelber ſey. f 
4. Nun findet man aber im Uhrkundt die allerſtrengeſte und 
ſchrecklichſte Gebuhrt / als Herbe / Bitter und Feuer: da kan 
man nicht ſagen / daß es GOT fen / und iſt doch der innerli⸗ 
che erſte Quell / der in GOT dem Vater iſt / nach welchem Er 
ſich einen Zornigen / Eyferigen GOTT nennet / und derſelbe 
Quell (wie du forne in den erſten drey Capitulen ſindeſt vom 
Uhrkundt der ewigen Gebuhrt) iſt das erſte Principium und iſt 
GO T der Vatter in feinem Uhrkundt / darauß dieſe Welt ſich 
uhrkundet. 
456. Aber die Engel und Teuffel / auch die Seele des Men⸗ 
ſchen iſt pur lauter aus demſelben Geiſt / darinnen die Engel 
und Teuffel in Zeit ihrer Corporirung ſtehend blieben: und die 
Seele des Menſchen in Zeit des Leibes Schoͤpffung vom Geiſt 
Gottes eingeblaſen in die Wurtzel des dritten Principit, und 
iſt nun auch darin ſtehend in feine Ewigkeit (im ewig⸗uhrkund⸗ 
lichen Weſen Gottes) unzertrenlich auch unverruͤcklich. So we⸗ 
nig die pur⸗ ewige Gebuhrt / und das unauffloͤß liche Bandt des 
Vatters ſich endet oder vergehet / ſo wenig auch ein ſolcher Geiſt. 
7. Nun aber ſtehet in dieſem keineipio nichts als nur die a 
4 9 > 


Cap. 4. Goͤttliches Weſens. 39 
lerſchroͤcklichſte Gebaͤhrung / die groͤſte Aengſtlichkeit / feindliche 
Wonne / gleich einem Schwefel⸗geiſt / und iſt eben der Hoͤllen 
Pforten und Abgrund / darinnen Fuͤrſt Lucifer in verleſchung 
ſeines Liechts verblieben / und darinnen (verſtehe in derſelben 
Hoͤllen Abgrund) die Seele ( welche vom andern Principio getren⸗ 
net wird / und ihr Licht des Hertzens Gottes verleſchet) bleibet in 
derſelben Hoͤllen Abgrund. Darauff deñ auch im Ende dieſer Zeit 
eine Entſcheidung / oder Außtreibung von den Liecht⸗heiligen der 
Verdamten (welcher Quell ohne Gottes Liecht ſeyn wird) ge⸗ 
ſchehen wird / vermoͤge der Schrifft. b 

48. Nun hab ich dir alhie das Erſte Principium gewieſen / dar⸗ 
auß alle Dinge ſich uhrkunden / und muß alſo reden / als waͤre 
ein Orth / oder abtheilich Weſen / da ein ſolcher Quell ſey / 
nur zu dem ende / daß das erſte Principium verſtanden werde / 
daß man die Ewigkeit / ſo wohl Gottes Zorn / Sünde / ewigen 
Todt der 1 von verleſchung des Liechts alſo genant / ſo 
wol das hoͤlliſche Feuer und Teuffel erkenne und verſtehe. 

49. Run wil ich ſchreiben vom andern principio, von der kla⸗ 
ren reinen Gottheit / dem Hertzen Gottes. a 

so. Wie obgemeldet / fo iſt im erſten Principis Herbe / Bitter 
und Feuer / und ſind doch nicht drey Dinge / ſondern eines / und 
eines gebieret das ander. Herbe iſt der erſte Vatter / der iſt 
ſtrenge / gantz ſcharff an ſich ziehend / und daſſelbe Anziehen iſt 
der Stachel und Bitterkeit / welche die Herbigkeit nicht mag 
dulden / und ſich nicht laͤſt im Tode gefangen nehmen / ſondern 
ſticht und faͤhret auff als ein grimmig Weſen / und kan doch auch 
nicht von ſeinem Sitz. Als dan wird eine erſchroͤckliche Aengſtlich⸗ 
keit / welche nicht Ruhe findet / und ſtehet die Gebuhrt gleich 
einem drehenden Rade / alſo harte ſtechende und brechende gleich 
einer Unſinnigkeit / welches die Herbigkeit nicht mag dulden / 
ſondern zeucht je mehr und haͤrter an ſich / gleich riebe man Stein 
und Stahl in einander / davon der ſchielende Fewer⸗blitz auff⸗ 
gehet / welchen / wann ihn die Herbigkeit erblicket / ſie erſchricket 
und zu ruͤcke ſincket / gleich wie Todt / oder uͤberwunden: Und 
wann der Fewer⸗blitz in ſeine Mutter die Herbigkeit komt und 
findet fie alſo uͤberwunden und ſanffte / ſo erſchrickt Er viel ſehrer / 
und 1 in der uͤberwundenen Herbigkeit augenblicklich weiß 
und helle. 
N ri Wann nun die Herbigkeit dieſes helle weiſſe Liecht in ſich 
krieget / erſchricket ſte alſo ſehr / daß ſie gleich wie tedt uberwunden 
zu ruͤcke ſinctet / ſich außdaͤhnet und wird gang dünne uud uͤber⸗ 
rt wunden. 


4% Von den drey Principien Cap. 4. 


wunden: Denn ihr eygen Quell war finſter und harte : Nun iſt 
er liechte und ſanffte / darumb iſt er recht wie ertoͤdtet / und iſt 


nun der Waſſer⸗geiſt. 


% 


52. Alſo krieget die Gebuhrt eine Eſſentiam von der Herbig⸗ 
keit ſcharff / vom Liechte ſuͤſſe / dünne außdehnend: Und wan 
nun der Feuer⸗blitz in ſeine Mutter komt / und findet ſie alſo 
duͤnne / ſuͤſſe und liechte / fo verleuret er fein Recht in der Quali- 
ficirung / und faͤhret nicht mehr in die Hoͤhe / reiſt und wuͤtet 
nicht mehr / ſticht auch nicht mehr; ſondern bleibet in ſeiner 
Mutter und verleuret ſein feurig Recht / zittert und freuet ſich 
in ſeiner Mutter. 

53. Und in derſelben Freude im Waſſer⸗Quell gehet auff der 
holdſeelige Quell der unerforſchlichen Liebe / und iſt das ander 
Principium, welches da auffgehet. Denn die gantze Gebaͤhrung 
geraͤth nun gar in eine hertzliche Liebe / denn die Herbigkeit lie⸗ 
bet nun das Liecht / darumb daß es ſo wonneſahm und ſchoͤn iſt. 
Denn aus derſelben lieblichen Wonne wird ſie alſo ſuͤſſe / freund⸗ 
lich und demuͤtig / und die Bitterkeit liebet nun die Herligkeit / 
daß fte nicht mehr finſter und alſo ſtreng an ſich ziehende iſt / fon» 
dern iſt ſuͤſſe / milde / rein und liechte. 

54. Da gehet an der Geſchmack / daß je eines das ander koſtet / 
und mit groſſen Begierden in dem andern ingualiret / daß alda 
nichts / denn eitel Liebhaben iſt. Alſo frewet ſich nun die Bitter⸗ 
keit in ihrer Mutter / und ſtaͤrcket ſich darinnen / und gehet vor 
groſſer Freude auff durch alle Eſſentien, und verkuͤndiget das 
liebe Kind dem andern Principio daß es gebohren ſey / da dann 
alle Eſſentien aufmercken / und ſich des lieben Kindes frewen: 
von welchem das Gehoͤr entſtehet / welches iſt die ſechſte Geſtalt / 
da das Radt der Gebuhrt im Triumph ſtehet. Und in diefer 
groſſen Freude kan ſich die Gebuhrt nicht mehr enge halten / ſon⸗ 
dern gehet aus / wallende gautz freudenreich / und gebieret nun 
eine jede Eſſentia wieder ein Centrum in dem andern principio. 

‚s5. Da gehet an die unerforſchliche Vielfaͤltigung. Denn 
der wallende und außgehende Geiſt aus dem erſten und andern 
Prineipio confirmiret tind beſtaͤtiget alles: und iſt in der gantzen 
Gebuhrt wie eine Wachſung oder Vielfaͤltigung in einem Wil⸗ 
len / und krieget die Gebuhrt alhier die ſiebende Geſtalt / als 
nemlich die Vielfaͤltigung in einem Liebe⸗weſen: und in dieſer 
„ten Geſtalt ſtehet das Paradeiß oder Reich Gottes / oder die 
unzaͤhlbare Goͤttliche Gebuhrt aus einem Weſen in allen Weſen. 

56. Wiewohl alhier keine Menſchen Zunge dig erheben re 

' erzehlen 


Cap. 4. Goͤttliches Weſens. 41 


erzehlen mag / und dieſe Tieffe außforſchen / da weder Zahl noch 
Ende iſt: So haben wir doch Macht daron zu reden / wie die 
Kinder von ihrem Vatter. Aber die gantze Tieffe zu erforſchen / 
turbiret uns / denn GOTT ſelber keinen Anſang oder Ende in 
ihme weiß. 2 

7. Und ſo wir nun wollen reden von der H. Dreyfaltigkeit / 
fo muͤſſen wir erſtlich ſagen / es ſey ein GOTT : und der heiſt 
der Vatter und Schoͤpfer aller Dinge / der da iſt allmachtig und 
alles in allem / alles iſt ſein / und alles iſt von ihm / in ihm / und 
auß ihme herkommen / und bleibet in ihm ewiglich: Und dann 
ztens ſagen wir er ſey Dreyfaltig in Perſohnen / und habe von 
Ewigkeit aus ſich gebohren ſeinen Sohn / welcher iſt ſein Hertz / 
Liecht und Liebe / und ſeind doch nicht zwey Weſen / ſondern eins: 
Und dann ztens ſagen wir vermoͤge der Schrifft / es ſey ein H. 
Geiſt / der gehe vom Vatter und Sohne aus / und ſey ein Weſen 
in 5 Vatter / Sohn und heiligem Geiſte. Unb das iſt recht alſo 
geredet. 8 

58. Denn fiche x. der Vatter iſt das uhrkundlichſte Weſen 
aller Weſen. So nun nicht das ander brineipium in der Gebuhrt 
des Sohns anbraͤche und auffgienge / ſo waͤre der Vatter ein fin⸗ 
ſter Thal. Alſo ficheftu ja 2. daß der Sohn / welcher des 
Vatters Hertz / Liebe / Liecht / Schöne und ſanffte Wolthun iſt / 

an feiner Gebuhrt ein ander Principium auffſchleuſt / und den 
zornigen / grimmigen Vatter / vom Uhrkunde dem erſten Prin 
cipio alſo zu reden / verſoͤhnet / lieblich und (wie ich reden möchte) 
barmhertzig macht / und iſt ein andere Perſohn als der Vatter. 
Denn in ſeinem Centro iſt nichts / dann eytel Freude / Liebe und 
Wonne. Nun ficheftu ja auch wol 3. wie der H. Geiſt vom Vat⸗ 
ter und Sohne außgehe. Denn wan das Hertze oder Sicht Got⸗ 
tes im Vatter gebohren wird / fo gehet in der Anzuͤndung des 
Liechtes / in der fuͤnfften Geſtalt auff aus dem Waſſer⸗Quell 
im Liechte / ein gahr liebreicher / wolriechender / wolſchmaͤcken⸗ 
der Geiſt; das iſt der Geiſt / welcher im Uhrkunde war der bit⸗ 
ter Stachel in der herben Mutter / und der macht nun in dem 
Waſſer⸗Auell der Sanfftmuht viel tauſent / ja ohn Ende und 
Zahl Centrum, und das alles im ABaffer- Quell. 

59. Nun verſteheſtu ja wohl / daß des Sohnes Gebuhrt im 
Feuer ſich uhrkundet / und krieget ſeine Perſohn und Nahmen 
in der Anzuͤndung des ſanfften weiſſen und hellen Liechtes / wel⸗ 
ches er ſelber iſt / und machet ſelber den lieblichen Ruch / Schmack 
und ſanffte Wohlthun im Vatter / und iſt billich des er 

| Hertze 


42 Von den drey Principien Cap. 4. 


Hertze und ein andere Perſohn / denn er bringet und ſchleuſt auff 
das ander Principium im Vatter / und fein eigen Weſen iſt die 
Krafft und das Liecht / darumb ER billich die Krafft Gottes ge⸗ 
nant wird. N 5 
50. Der heilige Beift aber wird nicht im Uhrkund des Vatters 
dorm Liechte erkant / ſondern wann der ſanffte Quell in dem 
Liechte auffgehet / ſo gehet er als ein ſtarcker / allmaͤchtiger Geiſt 
in groſſen Freuden aus dem lieblichen Waſſer⸗quell und Liechte 
aus / und iſt des Waſſer⸗quells und Liechts Krafft. Der machet 
nun Formungen und Bildungen / und iſt in allen Eflentien 
Centrum, da ſich des Lebens Liecht uhrkundet in dem Liechte des 
Sohns oder Hertzen des Vatters. Und der A Geiſt wird darumb 
ein ſondere Perſohn genant / dieweil er als die lebendige Krafft 
vom Vater und Sohne außgehet / und die ewige Gebuhrt der 
D reyheit confirmiret. 
6x. Nun bethen wir: Unſer Vatter / der du biſt im Himmel / 
dein Nahm werde geheiliget ꝛc. und Genel cap. x. ſtehet: GOTT 
ſchuff den Himmel auß dem Mittel des Waſſers: wird verftane 
den der Himmel deß dritten Principii. Nun hat Er ihn freylich 
aus ſeinem Himmel erſchaffen / darinnen Er wohnet: So fin⸗ 
deſtu fein / wie die Gebuhrt der heyligen Gottheit im Waſſer⸗ 
quell ſtehe / und der kraͤfftige Geiſt iſt ferner darin der Formirer 
und Bilder. i 

62. Alſo iſt nun in derſelben Formirung der Himmel und die 
Formirung und Auß⸗gebuhrt in unendlich / iſt das Paradeys 
Gottes / wie dann der theure Moſes ſchreibet: Der Geiſt Got⸗ 
tes ſchwebete auff dem Waſſer in der Formirung der Welt: Das 
- bleibet und iſt alſo in feine Ewigkeit / daß der Geiſt Gottes auff 
dem Waſſer ſchwebet in der Gebuhrt des Sohnes Gottes / denn 
Er iſt die Krafft und Außgang im Vatter / aus dem angezuͤnde⸗ 
ten Liecht⸗waſſer / aus dem Waſſer und Liechte Gottes. 

63. Alſo iſt GOTT ein einiges / unzertrenliches Weſen / und 
aber dreyfaltig in perſoͤhnlichem Unterſcheid / ein GOTT Fein _ 
Wille / ein Hertze / eine Begierde / eine Luſt / eine Schoͤne / 
eine Herꝛligkeit / eine Allmaͤchtigkeit / eine Fülle aller Dinge / 
kein Anfang noch Ende. Denn ſo ich wolte von einem Ziel / An⸗ 
fange oder Ende ſinnen / fo würd ich turbiret. a 

64. Und ob ich alhier geſchrieben habe / als naͤme es einen An⸗ 
fang / in dem ich ſchreibe vom Aufgange def andern Principii und 
Gebuhrt deß Goͤttlichen Weſens / ſo ſolſtu doch keinen Anfang 
verſtehen. Denn alſo iſt die Ewige Gebuhrt / und ar 155 
- r C. 


Cap. 4. Goͤttliches Weſens. 43 


Uhrkunde. Ich ſchreibe allein zu dem Ende / daß der Menſch ſich 

lerne kennen / was er ſey / was GOTT/ Himmel / Engel / 

Teuffel und Hölle / fo wohl der Zorn Gottes und hoͤlliſch Feuer 

Er. 2. es iſt mir auch fo weit zugelaſſen zuſchreiben vom Uhr⸗ 
n * 


65. Daruͤmb bedencke dich du Menſchen⸗Kind / in dieſer Zeit / 
was du ſeyeſt / ſchaͤtze dich nicht fo leichte und geringe / und dencke ja 
daß du im Paradeiß bleibeſt / und nicht verleſcheſt das Goͤttliche 
Siechtin dir / und muſt hernach im Uhrkunde des Zorn⸗quelles / 
im finſtern Tahl ewig bleiben / und werde dein edel Bildnuͤß auß 
GO T T zu einer Schlangen und Drachen. 

66. Denn das ſoltu wiſſen / fo bald das Goͤttliche Liecht iſt in 
Teuffelen verloſchen / ſo haben ſie auch ihre ſchoͤne Engels⸗geſtalt 
und Bildnuͤß verlohren / und ſind aͤhnlich worden den Schlangen / 
Drachen / Wuͤrmen und boͤſen Thieren / wie ſolches bey Adams 
Schlange zu ſehen iſt: Und eben alſo gehets auch der verdamten 
Seele. Denn das wiſſen wir im Uhrkunde in dem erſten Prineipia 

gar eigen. Frageſtu warumb das? Folget \ 


Die Beſchreibung eines Teuffels / wie er in feiner 
eignen Geſtalt ſey / und auch in Engels 
> Geſtalt gewefen. 
67. he Menſchen⸗Kind / die Engel alle⸗ſamt feind im er⸗ 
ften Principio erſchaffen / durch den wallenden Geiſt for- 
miret und corporiret auff recht Engliſch und Geiſtliche Ahrt / und 
vom Liechte Gottes erleuͤchtet / daß ſie ſolten die Paradiſtſche 
Freude vermehren und ſolten ewig bleiben. Solten ſie aber ewig 
bleiben / fo muſten fie aus dem unauffloͤßlichen Bande figuriret 
ſeyn / aus dem erſten Principio, welches ein unauffloͤßlich Band 
iſt: Und die ſolten auff das Hertze Gottes ſehen / und eſſen von 
dem verbo Domini, und dieſelbe Speiſe hätte ſte heilig erhalten / 
und haͤtte ihre Bildnuͤß klahr und liechte gemacht / gleich wie das 
Hertze Gottes im Aufgang des andern Principii den Vatter (das 
iſt das erſte Principium) erleuchtet / und alda aufgehet die Goͤtt⸗ 
liche Krafft / Paradeis und Himmelreich. 

68. Alſo auch in Engeln / welche im Himmel⸗ reich / im rech⸗ 
ten Paradeiſe verblieben / die ſtehen im erſten Principio , in 
dem unauffloͤßlichen Bande / und ihre Speiſe iſt die Goͤttliche 
Krafft / ihre Imagination oder Einbildung iſt der Wille der H. 
Dreyheit in der Gottheit: Die Confirmation ihres Willens 
Lebens und Thuns / iſt die Krafft des heiligen Ae ehe 
Ta erſelbe 


44 Von den drey Principien Cap. 4. 


derſelbe thut in der Gebaͤhrung des Paradeiſes / deß freuen ſich 
die Engel / und ſingen den Lobgeſang des Paradeiſes / von der 
holdſeeligen Frucht und ewigen Gebuhrt. All ihr thun iſt eine 
Vermehrung der himliſchen Frewde / und eine Luſt des Hertzens 
Gottes / ein heiliges Spiel im Paradeiſe / ein Wille des ewi⸗ 
gen Vatters: Zu dem Ende hat ſte God geſchaffen / daß Er 
offenbahr wuͤrde / und ſich in feinen Creaturen frewe / und die 
Creaturen in ihme / daß alſo ſey in dem Sentro der Vielfälti⸗ 
gung oder ewigen Natur / in dem unauffloͤtlichen ewigen Bande / 
ein ewiges / freudenreiches Liebe⸗ſpiel. 

69. Dieſes Liebe⸗ſpiel hat Lucifer (alſo genant von Verle⸗ 
ſchung ſeines Liechtes / und Verſtoſſung ſeines Thrones / ein 
Fuͤrſt und Koͤnig vieler Legionen) ſelber verderbet / und iſt ein 
Teuffel worden / und hat ſein ſchoͤn und herꝛlich Bildnuͤß verloh⸗ 
ren. Denn er iſt ſo wohl als die andern Engel aus der ewigen 
Natur / aus dem ewigen unauffloͤßlichen Bande erſchaffen / und 

im Paradeiß geſtanden: auch hat er gefuͤhlet und geſehen die Ge⸗ 
buhrt der heiligen Gottheit / die Gebuhrt des andern Principii, 
des Hertzens Gottes / die confirmation des heiligen Geiſtes: 
Seine Speiſe waͤre auch geweſen vom Verbo Domini, und darinn 
waͤre er ein Engel blieben. 1 
0. Weil er aber ſahe / daß er ein Fuͤrſt inſtehend im erſten 
Principio war / verachtet er die Gebuhrt des Hertzens Gottes / 
und fein ſanfftes und liebreiches qualificiren : und vermeinete ein 

gantz gewaltiger und ſchroͤcklicher Herꝛ im erſten Pr incipio zu 
ſeyn / wolte in Fewers⸗macht qualificiren / die Sanfftmuht des 
Hertzens Gottes verachtet er / ſeine iwagination wolte er darein 

nicht ſetzen / darumb konte er vom Verbo Domini nicht geſpeiſet 
werden / und verleſchete dadurch fein Liecht. Darumb er alsbald 
zur ſtunde ein Eckel im Paradeiß ward / und ward außgeſpeyet 
von ſeinem Fuͤrſtlichen Thron mit all ſeinen Legionen / die ihm 
anhingen. 2 8 

71. Und weil nun das Hertze Gottes war von ihm gewichen / 
ſo war ihm das ander Principium verſchloſſen / verlohr alſo 
GOTT und Himmels reich / alle Paradiſiſche Witz / Luſt und 
Frewde / verlohr auch alsbald das Bilde Gottes / die confirma- 

„tion des H. Geiſtes. Dieweil er verachtete das ander Princi- 
pium, in welchem er war zum Engel und Bilde Gottes worden / 
entwiech alles von ihm / und blieb er im finſtern Thal und ver⸗ 
moͤchte feine Imagination nicht mehr in GOTT zu erheben; ſon⸗ 
dern blieb in den vier Aengſtlichkeiten des ewigen Uhrkundes. & 
8 72. Ss 


3 15 g 2 7 fe 3 e * 

Cap. 4. Goͤtliches Weſens. 45 

72. So er ſeine Imagination erhub / zuͤndete er in ihme an den 
Quell oder die Fewer⸗wurtzel: So aber die Fewer⸗wurtzel ſuchte 
das Waſſer / als die rechte Mutter der ewigen Natur / fand fie 
die ſtrenge Herbigkeit / und die Mutter im aͤngſtlichen Tode / 
und der bitter Stachel formete die Gebuhrt zu einer grimmigen 
wuͤtenden Schlangen / gantz ſchrecklich in ſich auffſteigende / in 
dem unauffloͤſlichen Bande eine ewige Feindſchafft / ein Wieder⸗ 
wille in ſich ſelbſt / eine ewige Berzweifflung alles Guten / das 
Gemuͤth ein brechendes und ſtechendes Radt / ſein Wille immer 
auffſteigend zur Fewers⸗macht / und zu verderben des Hertzens 
Gottes / und kans doch nimmer erreichen. 

73. Denn Er iſt im erſten Principio, als im ewigen Tode im⸗ 
mer verſchloſſen / und erhebet ſich doch immerdar / vermeinend 
das Hertze Gottes zu erreichen / und über das zu herꝛſchen. 
Denn fein bitter Stachel in der Gebuhrt ſteiget alſo im Fewer⸗ 
quell ewig auff und giebet ihm einen Willen der Hoffahrt alles zu 
haben / krieget aber nichts. Seine Speiſe iſt der Waſſer⸗quell / 
welches iſt die Mutter / gantz aͤngſtlich / gleich dem Schwefel⸗ 
geiſt / davon nehret ſich ſein unauffloͤßlich Band. Seine Won⸗ 
ne iſt das ewige Fewer / in der herben Mutter ewigen Froſt / in 
der Bitterkeit ewigen Hunger / im Fewers⸗quell ewigen Durſt: 
ſein Auffſteigen iſt ſein Fall. Je mehr er auffſteiget im Wil⸗ 
len / je groͤſſer iſt ſein Fall / gleich einem ſo auff einem Felſen ſte⸗ 
het / und begehret ſich in eine unmaͤßliche Tieffe zu ſchwingen / je 
tieffer er drein ſiehet / je tieffer er darein faͤllet / und findet doch 
keinen Grund. or 

74. Alſo iſt der Teuffel ein ewiger Feind des Hertzens Got⸗ 
tes / und aller H. Engel / kan auch in ihme keinen andern Wil⸗ 
len ſchoͤpffen: Seine Engel und Teuffel ſind vielerley Ahrt / 
alles nach der ewigen Gebuhrt. Denn in Zeit ſeiner Schoͤpffung 
ſtund er im Himmelreich im Principio und Loco, als der heilige 
Geiſt in der Gebuhrt des Hertzens Gottes im Paradeis unmaͤſ⸗ 
liche und unzaͤhlbahre Centra auffſchloß / in der ewigen Gebuhrt: 
Im ſelben Sitz iſt er auch corpotiret / und hat feinen Anfang 
N in Auffſchlieſſung der Centrotum in der ewigen 

atur. 

75. Darumb (wie vorne im dritten Capitel vermeldet) wann 
auffgehet die Gebuhrt des Lebens / eine jede Eſſentia wieder ein 
Centrum in ſich hat / nach feiner eignen Qualität / und ein Leben 
Figuriret nach derſelben Eſſentia: Als Herbe / Bitter / Feuer / 
Thon / und alles ferner / vermoͤge der ewigen Gebuhrt / fo im 
Himmelreich confitmiret wird. a 76. Weil 


4 Von den drey Principien Cap. 5. 


76. Weil dañ die Engel 2 155 in Zeit ihrer Schoͤpffung 
im Himmel geſtanden / iſt ihre Qualität auch vielerley worden / 
und waͤre alles Engliſch geweſen und blieben / ſo ſie der groſſe 
Bruñ Lucifer / von welchem fie außgangen / nicht hätte verder⸗ 
bet: Iſt aber gleichwol in ihrem Fall ein jeder in ſeiner Eſſentia 
blieben / allein das ander Principium iſt ihnen verſchloſſen. Alſo 
gehets auch der Seele des Menſchen / wañ das Liecht Gottes in 
ihr verleſchet / weil es aber in ihr ſcheinet / iſt fie im Paradeis / 
und iſſet vom verbo Domini. Davon an feinem Orthe ſoll klaͤ⸗ 
rer geredet werden. 


Das 5. Capittel. 


Vom dritten Principio, oder Erſchaffung der Materia- 
liſchen Welt / ſampt den Sternen und Elementen / da 
dann das erſte und ander Principium klaͤrer verſtan⸗ 
den wird. 
8 


Jewohl ich dem begierlichen Leſer nicht moͤchte 
genug verſtanden ſeyn / und dem ungoͤttlichen 
gantz ſtumm; denn nicht leicht oder balde ver⸗ 
ſtanden wird das ewige unauffloͤßliche Band / 
darinnen das Weſen aller Weſen ſtehet. Iſt 
aber dem begierlichen Leſer noth / daß er ſich mit groſſem Ernſt 
ſelber betrachte / was er ſey / und wovon ihm ſeine Vernunfft 
und Sinnen kounnen / in welchem er Gottes Gleichheit findet / 
ſonderlich / ſo er ſinnet und erkennet / was feine Seele ſey / die 

ein ewiger unzerbrechlicher Geiſt iſt. 5 
2. Es kan aber der $efer nicht eher oder näher zur Erkaͤntnuͤß 
der dreyen Principien komen / (iſt er aber aus GS TZ gebohren) 
als ſo er betrachtet die newe Gebuhrt / wie die Seele durch Got⸗ 
tes Liebe im Liecht newgebohren werde: Wie ſie aus dem Kercker 
der Finſternuͤß durch eine andere Gebuhrt ins ewige Liecht ver⸗ 
ſetzet werde. Und ſo du nun betrachteſt dieſelbe Finſternuͤß / dar⸗ 
innen fie auſſer der newen Gebuhrt muſte ſeyn / und betrachteſt 
denn auch wie die Schrifft ſaget / und auch die Erfahrung giebet 
einem jeden / fo in Gottes Zorn faͤllet / auch ſchroͤckliche Exem⸗ 
pel vorhanden find / wie die Seele in ſich ſelber muͤſſe feindliche 
Pein leiden in ihrer ſelbſt eignen Lebens gebuhrt / fo lange fie 
in Gottes Zorn iſt: uud dann fo fie wiedergebohren wird / 
in ihr erhebliche groſſe Frewde auffgehet / ſo findeſtu ja gahr hell 
i und 


* 


{ 


Gans: Goͤtlliches Weſens. 45 


— klahr zwey Principia, darzu GOTT / Paradeis und Him⸗ 
melreich. 

3. Denn du findeſt in der Wurtzel des Uhrkundes des Seelen⸗ 
geiſtes in fich ſelber in der ſubſtantz der Seelen ewigen Bande die 
allererſchroͤcklichſte feindlichſte Auaal / darinnen ſie allen Teufe⸗ 
len gleich iſt auſſer dem Liechte Gottes / darinnen ihre ewige auaal 
ſtehet / eine Feindung in ihr ſelber / ein Widerwille gegen Gott: 
Nichts gutes oder liebes wollen / ein Auffſteigen der Hoffart in 
Fewers⸗macht / eine bittere Grimmigkeit wider das Paradeiß } 
GOTT und Himmelreich / auch alle Geſchoͤpfe im andern und 
dritten Principio ſich allein erhebend / wie dan die Bitterkeit im 
Fewer thut. 

4. Nun findeſtu ja hergegen wan ſie im Liechte Gottes new⸗ 
gebohren wird / wie die Schrifft durchauß zeuget / und der new⸗ 
gebohrne Menſch ſelber erfähret / daß die Seele gar ein demuͤ⸗ 
tiges / ſanfftes / liebliches / wonneſahmes Weſen ſey / die alles 
Creutz und Verfolgung duldet / die dem Leibe wehret des ungoͤtt⸗ 
lichen Weeges / die keine Schmach von Teuffeln und Menſchen 
achtet / die ihr Vertrawen / Zuverſicht und Liebe ins Hertze Got⸗ 
tes ſetzet / die gar freudenreich iſt / die vom Worte Gottes 
geſpeiſet wird / in welcher ein Paradiſiſch lachen und triumph 
iſt / die der Teufel nicht berühren kan / denn ſte iſt in ihrer eigenen 
Subſtantz / mit welcher fie creatuͤrlich im erſten principio im un⸗ 
auffloͤſlichen Bande ſtehet / mit dem Liechte Gottes erleuchtet / 
und der H. Geiſt (welcher aus der ewigen Gebuhrt des Vatters 
im Hertzen und Liecht des Hertzens Gottes außgehet) der gehet 
auch in ihr aus / und beſtaͤtiget fie zu Gottes Kinde. 

5. Darumb alles was fie thut / geſchiehet in Gottes Liebe / 

die weil ſie in Gottes Liecht lebet / der Teuffel kan fie nicht ſehen / 
denn das ander Principium (darin ſte lebet / und darin GOTT 
und Himmelreich / auch Engel und Paradeiß ſtehet) iſt ihm ver⸗ 
ſchleſſen / und mag das nicht erreichen. 
6. In dieſer Betrachtung findeſtu / was ich mit dem Principio 
verſtehe: Denn ein Principium iſt anders nichts / als eine newe 
Geturht / ein new Leben: darzu iſt nicht mehr als ein Principiam, 
da ein ewiges Leben innen iſt / das iſt die ewige Gottheit / und 
die würde nicht offenbahr / ſo nicht GOTT in ſich ſelbſt Creatu⸗ 
ren / als Engel und Menſchen erſchaffen haͤtte / welche verſtehen 
das ewige unauffloͤſliche Band / und wie die Gebuhrt des ewigen 
Liechts in GOT ſey. ; 

7. Alſo wird nun darinnen verſtanden / wie das . 

N e⸗ 


48 Von den drey Prineipien Cap. sa 


Weſen im Göttlichen Principio habe gewuͤrcket in der Wurtzel 
des erſten Principii, welches iſt die Gebaͤhrerin in der ewigen 
Gebuhrt in dem Limbo, oder uhrkundlichſten Waſſer⸗Geiſt / 
durch welches Gewuͤrcke endlich die Erde und Steine ſeynd wor⸗ 
den. Denn im andern principio, als in der heiligen Gebuhrt / da 
iſt alleine Geiſt / Liecht und Leden / und die ewige Weißheit / die 
hat gewuͤrcket in der ewigen ſtummen und unverſtaͤndigen Ge⸗ 
baͤhrerin / als in ihrem Eigenthumb vorm Uhrkunde des Liechts / 
daraus iſt worden das finſter Geſtieb / welches in Erhebung Lu- 
cifers , als ſich ihm das Licht Gottes entzogen / und angezuͤndet 
ward der Grim des Fewer⸗Auells / zur harten Materia, als Stei⸗ 
ne und Erden ward / darauff die Zuſammentreibung der Erden 
erfolget / und die Außſpeyung Lucifers von ſeinem Thron er⸗ 
ging: Und die Schoͤpffung des dritten Principii erfolgete / und 
er ins dritte Principium verſchloſſen ward als ein Gefangener / 
nun wartend auffs Gerichte Gottes / ob ihm dig nicht mag Schan⸗ 
de / Spott und Widerwillen ſeyn / alſo zwiſchen Paradeiß und 
dieſer Welt gefangen ſeyn und keines zu begreiffen / gebe ich zu⸗ 
bedenden. 

8. So wir aber nun wollen reden vom dritten Principio , als 
vom Auffgang und Gebuhrt dieſer Welt / wird betrachtet die 
Wurtzel der Gebaͤhrerin / ſintemahl ein jedes Principium ein an⸗ 
dere Gebuhrt iſt / aber nicht aus einem andern Weſen / ſo befin⸗ 
den wir / daß im erſten Principio, in dem unauffloͤßlichen Bande 
(welches in ſich ſelbſt ſtumm iſt / und kein recht Leben hat / ſondern 
die Quell des rechten Lebens iſt erbohren durch den wallenden 
Geiſt Gottes / welcher im erſten Principio von Ewigkeit uhr» 
kundet / und im andern Principio, als in der Gebuhrt des Her⸗ 
tzens oder Sohnes Gottes / von Ewigkeit / außgehet) ſey auff⸗ 
geſchloſſen die Matrix der Gebaͤhrerin / welche iſt uhrkundlich die 
Herbigkeit / aber im Liecht die ſanffte Mutter des Waſſer⸗gei⸗ 
ſtes. So fichet und findet man nun klaͤrlich für Augen / wie der 
Geiſt Gottes habe alda in der Matrix gewuͤrcket / daß aus der un⸗ 
begreifflichen Matrix, welche nur ein Geiſt iſt / worden iſt das be⸗ 
greiffliche und ſichtliche Waſſer. 

9. Zum andern ſteheſtu klar an den Sternen und feurigen 
Himmel die Scheidung / wie in der ewigen Matrix die ewige 
Scheidung ſey / denn du ſteheſt ja wie die Sternen und der feuri⸗ 
ge Himmel mit dem waͤſſeriſchen / ſo wohl lufftiſchen / auch irdi⸗ 
ſchen aus einer Mutter ſind erbohren. Sintemahl fie in einander 
qualiſiciren und die Gebuhrt dieſes Weſens eins im andern / auch 

eins 


Cap.. Goͤttliches Weſens. 40 


eins des anderen Kaſten und Behalter iſt / und doch nicht einerley 
qualificirung haben. Alſo erkenneſtu hierinnen die Scheidung 
wie die ewige Matrix cin: Scheidung in ſich habe / wie vorn im 3: 
Cap. gemeldet / ſo der ewigen Gebuhrt von den vier Aengſtlichkei⸗ 
ten / da ſich zwiſchen Herbe und Bitter das Fewer gebieret / und 
105 Fewer⸗blitz das Liecht / und behaͤlt doch ein jeder Quell fein 

echt. i 

10. Alſo verſtehe / da der Geiſt Gottes dieſe Matrix bewege⸗ 


te / fo hat die Matrix gewuͤrcket / und im anzuͤnden des Geiſtes 


. 


iſt / daß in dieſer Welt weder im Oeſtirn / noch Elementen kein 
8 


Gottes in der fuͤnfften Geſtalt der Matrix iſt auffgegangen der 


feurige Himmel des Geſtirnes / welcher iſt eine lautere quinta 


Eſſentia erbohren / in der fuͤnfften Geſtalt der Matrix, an wel⸗ 
chem Ohrt ſich das Liecht uhrkundet / darauß auch endlich die 
Sonne erbohren / mit welcher das dritte Principium auffgangen 
iſt / welche nun im dritten Principio iſt das Leben und Auffſchlieſ⸗ 
ſer in der Matrix des Lebens aller Leben in dieſem Loco. Gleich 
wie das Hertze Gottes im Paradeiſiſchem Himmel in dem unma⸗ 
terialiſchen Himmel und Gebuhrt auffſchleuſt die ewige Krafft 
Gottes / darinnen das ewige Leben immer auffgehet / und dar⸗ 
innen die ewige Weißheit immer ſcheinet: Alſo auch ſchleuſt auff 
das Liecht der Sonnen welches auffgangen iſt in der ſtummen 
Matrix, durch den wallenden Geiſt in der Matrix das dritte Prin- 
cipium dieſer materialiſchen Welt / das dritte und anfaͤngliche 
Principium, welches wieder in dieſer Geſtalt ein Ende nimbt / 
und wieder in fein æther gehet / am Ende dieſer Enumeration, 

1. So bleibet alsdan alles wieder von dieſem dritten Princi- 
pio in der erſten Matrix: allein was in dieſem brincipio iſt ge⸗ 
ſamblet worden / und ſich uhrkundet auß dem Paradeiſiſchen 
Himmel und andern principio, als der Menſch / bleibt ewig in 
der Matrix: Hat er nun in dieſer Zeit die Gebuhrt des andern 
Principii erreichet und iſt darin wiedergebohren / wol ihme: wo 
aber nicht / fo bleibet er doch ewig in der Marrix, aber er beruͤhret 
das Liecht Gottes nicht. 

12. Nun weiß ich wol / daß ich dem Leſer alhier etlicher maſ⸗ 
fen nicht werde allein ſtumm und un ver ſtanden ſeyn / ſondern auch 
kuͤmmerlich / dieweil ich geſchrieben habe von der Mutter / darinn 


vermoͤge der Schrifft. N 


die Gebuhrt des Göttlichen Weſens ſtehet: Und num ſchreibe⸗ 


wie dieſelbe Matrig ſtumm und unverſtaͤndig ſey / darauß auch ein 
unverſtaͤndig Principium gebohren ſey / wie ſolches vor Augen 


e recht 


50 Von den drey Principien Cap. 5. 
rechter Verſtandt iſt / ſo wol auch in allen ihren Creaturen iſt nur 
ein Verſtandt zu qualificiren , nehren und mehren / wie die Ma⸗ 
trix an ihr ſelber iſt. 

13. Darauff wiſſe / das die Mattix im andern Principio , wen 
che doch im erſten ihren Grundt und ewige Wurtzel hat / iſt allein 
pur ein ewiger unanfaͤnglicher / ſanffter Geiſt / welcher kein ſolch 
frurig unertraͤglich Liecht hat / ſondern alles lieblich und wonne⸗ 
ſam / und wird die ewige uhrkundlichſte Matrix nie erkaut: ſon⸗ 
dern das ſanffte Liecht des Hertzens Gottes machet alles freund⸗ 
lich und wonneſahm. f f 

14. Darumb auch der Geiſt / ſo in der ſanfften Matrix außge⸗ Ä 
het / iſt der H. Geiſt / und wohnet GOTT in ſich ſelber / und 
nennet ſich allein einen zornigen / eifferigen GO T T nach der 
uhrkundlichſten Matrix, welche im Paradeis nicht offenbahr iſt / 
und dem Menſchen auch im Anfang verbothen ward / nicht zu eſ⸗ 
fen von der Frucht der uhrkundlichſten Matrix , bos und gut: Es 
hätte auch der Menſch die uhrkundlichſte Matrix nie erkant / haͤt⸗ 
te er nicht darnach imaginirer , und von derſelben Frucht geſſen / 
davon ihn die Matrix alsbalde fieng und gefangen hielt / und in 
ihme 5 „ auch nehret und pfleget / wie numehr vor Au⸗ 

en iſt. 
5 15. Alſo wiſſe nun / daß das ander brincipium das Haͤft hat / 
und iſt alda alleine Verſtandt und Weißheit / auch nur alleine 
darinnen die Allmaͤchtigkeit / und iſt dieſes dritte Principium des 
andern Eigenthumb / nicht abgetrennet / ſondern darin allwe⸗ 
ſend / und doch eine Gebuhrt zwiſchen ihnen / wie Luc. 16. beym 
reichen Manne und armen Lazaro / da einer im Paradeis / der 
ander in der uhrkundlichſten Matrix oder Hoͤllen zuſehen. 
16. Und hat GOT T das dritte Principium darumb erbohren / 
daß er mit der materialiſchen Welt offenbahr wuͤrde; dieweil er 
im andern Principio in der Paradiſiſchen Welt hatte geſchaffen 
die Engel und Geiſter / ſo verſtunden ſie in dem dritten Principio 
die ewige Gebuhrt / auch Weißheit und Allmaͤchtigkeit Gottes / 
darinnen fie ſich konten ſpiegelen / und ihre Imagination bloß ins 
Hertze Gottes ſetzen / in welcher Geſtalt ſie konten im Paradeis 
und Engel bleiben / welches die Teuffel nicht gethan: ſondern 
vermeineten in der Matrix auffzuſteigen und in groſſer Macht 
über Paradeis und alle Engliſche Nefter zu herꝛſchen / darumb 
ſie aus dem Paradeis fielen / und wurden darzu aus ihrem Loco 
getrieben in eine Enge / alſo daß fie auch die Mattis dieſer Welt 
geſangen halt. | 
17. Denn 


Copy. Goͤtlliches Weſens. 67 


17. Denn der Locus dieſer Welt iſt ihr Engliſch Koͤnigreich 
geweſen / da ſie im Loco dieſer Welt im Paradeis und Himmel⸗ 
reich waren. a 

18. So wir nun wollen reden vom Paradiſiſchen und dann 
auch vom principio dieſer Welt / von ſeiner Krafft und wunder⸗ 
lichen Gebuhrt / wie die Göttliche und ewige Weißheit ſey / iſt 
uns nicht moͤglich zu reden: Denn der Brunn der Tieffe mag in 
keinem Geiſte / er ſey Engel oder Menſch / ergriffen werden / 
darumb machet die unzahlbahre / ewige Gebuhrt und Weißheit 
im Paradeis eine wunderliche / ewige Freude. Dieſt unzahl⸗ 
bahre Weißheit und Krafft wird nun von uns Menſchen / fo wir 

diß warnehmen im dritten Prineipio auch erkant: So wir an⸗ 
ſchawen den geſtirneten Himmel / die Elementa, fo wol die 
Creaturen / auch Holtz / Kraut und Graß / ſo ſehen wir an der 
materialiſchen Welt das Gleichnuͤß der Paradiſtſchen unbegreiff⸗ 
lichen Welt. Denn dieſe Welt herruͤhret auß det erſten Wur⸗ 
tzel / darinnen fie alle beyde ſtehen / beydes die materialiſche / und 
dann auch die Paradiſiſche / geiſtliche Welt / die un⸗untergaͤng⸗ 
lich und un⸗anfaͤnglich iſt. ie i | 
19. Und fo wir nun ſinnen und dencken vom Uhrſprung der 
vier Elementen / ſo finden wir klar / ſehen und fuͤhlen in uns ſel⸗ 
ber den Uhrſprung / fo wir aber Menſchen und nicht Thiere ſind / 
voll Boßheit und Widerſprechens wider GOTT und die Ma rix 
dieſer Welt. Denn der Uhrſprung wird im Menſchen ſo wol er⸗ 


kant / als in der Tieffe dieſer Welt: Wiewol es dem unerleuch⸗ 


ten Menſchen wunderlich fuͤrkomt / daß er ſolte ſagen vom Uhr⸗ 
kunde des Lufftes / Fewers / Waſſers und Erden / ſo wol des 
Geſtirnes / ꝛc. haͤlts mehr vor unmöglich zu wiſſen / ſchwimmet 
alſo in ſeiner eigenen Mutter / und wil die nicht kennen / iſt ihm 
auch wol nicht gut / daß ers wiſſen muß; Weil uns aber der Fall 
Adæ darein geſtuͤrtzet / fo iſts uns hochnoht zu wiſſen zu entſlie⸗ 
hen dem viehiſchen Menſchen / und zu leben im rechten Men⸗ 

chen. | 
b 20. So du nun deine Augen des Gemuͤhts auffthueſt / fo ſte⸗ 
heſtu wie das Fewer im Waſſer iſt / und wird im Wetter⸗leuch⸗ 
ten erſehen / und wird doch kein Fewer das beharlich ſey alda 
ergriffen / und iſt doch wahrhaftig Fewer / welches Haͤuſer an⸗ 
zuͤndet und verbrennet. So ſieheſtu auch / wie alda eine groſſe 
Macht des Luffts außgehe / und eines im andern iſt: darzu ſiehe⸗ 
ſtu / wie das Waſſer alſo im Sturm werde erbohren. 

21. Alhier wirſtu nun dieſe Wurtzel nicht ſinden / du muſt 


nur 


— 


NR Von den drey Principien Cap. 5. 


nur in die Matrix ſchawen / da iſt ſie gantz offenbahr / und erkenneſt 
fie in allen Dingen / denn die Matrix dieſer Welt ſtehet in der ewi⸗ 
gen Matrix, davon ſich Paradeiß und Himmel uhrkundet. 

22. Wie nun die ewige Matrix iſt eine außgehende Gebuhrt / 
da im uhrkunde iſt herbe / finſter / harte und aͤngſtlich: Alſo fie> 
heſtu / als der Geiſt Gottes die innere Matrix angezuͤndet / ſo 
iſt ſie wuͤrckende und qualificirende worden. 

23. Denn erſtlich iſt im Uhrkunde Herbe / das zeucht an ſich / 
ſchleuſt ein / machet finſter / und die ſcharffe Kälte. Nun kan die 
Bitterkeit das Anziehen nicht erdulden / denn das Anziehen in 
der Kälte machet den Stachel der Bitterkeit / welcher wuͤtet und 
ſich vorm harten Tode wehret / weil er aber nicht aus der Herbig⸗ 
keit kan wegkommen / weil fie feine Mutter iſt / darinn fie ſte⸗ 
het / ſo wuͤtet er gantz ſchrecklich / als wolte er die Herbigkeit 
zerſprengen: ſticht uͤber ſich und quericht / und findet doch keine 
Ruhe biß die Gebuhrt der Herbigkeit in ein aͤngſtlich ſchrecklich 
Weſen geraͤth / gleich einem Schwefel⸗geiſt gantz raw / harte 
in ſich ſtechende / wie ein draͤhendes Nadt / und die Bitterkeit 
gantz ſchnell uͤber ſich ſteigende / darauß ein ſchielender Blitz 
wird / fuͤr welchem die finſter Herbigkeit erſchricket / zuruͤcke 
gleich wie uͤberwunden ſincket: Und wann nun die Bitterkeit 
die Mutter alſo überwunden / und gleich wie halb ertödtet oder 
ſanffte findet / erſchrickt ſie viel ſehrer als die Mutter: Weil 
aber der Schrack in der herben Mutter / welche nun halb todt 
und ſanffte iſt / geſchiehet / verleuret die Bitterkeit ihr ſchrecklich 
Recht / und wird weiß / liecht und helle / und iſt die Anzuͤndung 
oder Gebuhrt des Fewers / wie vorne bemeldet. 

Lieber Leſer halts nicht für ſpott / auff daß dich die⸗ 
fe Gebuhrt / welche doch in deines Lebens Anfang faſt 
dergleichen geſchiehet / nicht turbire / und mercke weiter. 
234. Als ſich GOTT in der erſten Matrix zur Schoͤpffung be⸗ 
weget und die Engel geſchaffen / hat Er dieſelben im Paradeiß 
in der Liecht⸗heiligen Matrix, welche zwar nur dieſe / und kein 
andere iſt / geſchaffen. Es iſt aber die Matrix mit ihrem feuri⸗ 
gen / finſtern und herben⸗bittern Recht gantz verborgen ge⸗ 
ſtanden. Denn das Liecht Gottes hat ſie von Ewigkeit lieblich / 
helle und wonneſahm erhalten: Als ſich aber GOTT zur Schoͤpf⸗ 
fung bewegete / iſt ſie offenbahret worden: Denn die Engel ſind 
auß dem unauffloͤßlichem Bande / auß der Mattis erſchaffen / und 
vom wallenden Geiſt GOttes corpotiret. 


25. Als 


Caps. Giöͤtlliches Weſens. 5; 


25. Als nun GOTT mächtige Fuͤrſten⸗Engel groß und im 
Loco der vierdten Geſtalt in der Matrix, wo der Fewer⸗quell ſich 
uhrkundet / erſchaffen / find ſte nicht beſtanden / und haben nicht 
fuͤr ſich in die fuͤnffte Geſtalt imaginiret / in welcher die Außge⸗ 
buhrt des Paradeiſes ſtehet / ſondern haben ihre imagination zu⸗ 
ruͤck in ſich erhoben / und einen Willen in der Matrix geſchoͤpffet / 
im Fewer über das Paradeiß und Sieht GOttes zu herꝛſchen. 
Denn die fewrige Matrix als der Hollen Abgrund / hat ſich in der 
Schoͤpffung alſo harte mitbeweget / darauß Lucifer der Groß⸗ 
Fuͤrſt feinen Willen geſchoͤpffet und darinnen verblieben / ver⸗ 
meinet alſo felber ein groſſer und ſchrecklicher Herz zu ſeyn in ſei⸗ 
nem gantzen Loco. f 

26. Alſo hat der Teuffel die Matrix, und die feurige Geſtalt 
den Teuffel bewogen / denn ſte auch creatuͤrlich ſeyn wolte / wie 
alle Geſtaͤlte in der Matrix, welches doch wider die ste Geſtalt 
in der Matrix lauffet / da im ſanfften und hellen Liechte der holdſe⸗ 
lige Quell der Liebe auffgehet / darinnen das ander Principium 
ewig ſtehet. 

27. Als nun dieſer Sturm in der Schoͤpffung ergangen in 
dem erſten principio, ſo iſt die Matrix erheblich und ſehr entzün⸗ 
det geſtanden / und hat jede Geſtalt in der Matrix gewuͤrcket / weil 
ſich aber alda der Zorn und Grimmigkeit erhoben / und dieſer Lo⸗ 
cas alſo nicht im Paradeiß konte beſtehen / ſo hat Go T dieſen 
Locum noch ſehrer beweget in der Martix, welche noch ſehrer en⸗ 
tzuͤndet worden / da dem Teufel ſein Bad ward / und die vierdte 
Geſtalt im Fewer⸗ blitz ſtundt / welcher ſich zuruͤck in der Mutter 
erblicket / und den Geiſt Gottes in der formirung befund / alda 
augenblicklich ſein grimmig Recht verlohr in groſſer Frewden / 
weiß / helle und liechte wurd. e 

28. Und an dieſem Orthe ſtehet das Fiat, daß GOTT ge⸗ 
ſchaffen habe Himmel und Erden. Denn es iſt vor dem Fiat das 
dritte Principium nicht offenllahr geweſen / ſondern alleine das 
Paradeiß im Loco dieſer Welt. i 

29. Als aber GOTT ſahe / datz der Groß-Fürft Lucifer welte 
in dieſem Loco in Fewers Macht in der Matrix herꝛſchen / hat Er 
ihme die fuͤnffte Geſtalt in der atris des Paradeiſes verſchloſ⸗ 
ſen. Denn die iſt ihrer incorporlichen Geſtalt verloſchen / und 
auch euſerlich. 

30. Denn als die Matrix vom auffgegangenem Liechte wieder 
duͤnne / todt und überwunden wurdt / fo wurdt fie materialifch zu 

Waſſer / wie wir jetzt ſehen / und in derſelben Anzuͤndung vorm 
8 C3 Liechte 


54 Von den drey Prineipin Cap. G. 


Liechte der Sonnen / als die Matrix noch im herben Grimm 
ſtund / hat die Matrix das Gewuͤrcke zuſammen gezogen im Waſ⸗ 
ſer⸗geiſt / daraus Felſen und Steine ſind worden / und die fin⸗ 
ſter Erde / welche vor der Zeit der Schoͤpfung nur ein Geſtieb 
geweſen / und iſt in dieſer Stunde auffgangen das dritte Prin; 
cipium, der fewrige Himmel in der fünfften Geſtalt der Matrix 
durch das Fiat, welches GOTT der Vatter durch fein Hertz oder 
Sohn geſprochen. Durch und in Ausgang ſeines Geiſtes / wel⸗ 
cher alda über der Matrix geſchwebet / und in der Matrix in der 
fuͤnfften Geſtalt den feurigen Himmel formiret / wie der theure 
Moles klar davon ſchreibet. Denn die Matrix iſt im Uhrkund der 
Waſſer⸗geiſt in der erſten Geſtalt / und als ſie nun im Loco die⸗ 
fer Welt matetialiſch ward / ſchwebete der Geiſt auff dem Waſ⸗ 
ſer in der himliſchen Matrix, welche nun materialiſch iſt / von 
welcher das materialiſche Waſſer erbohren wird / und formete 
die Geſchoͤpfe. 

32. Alſo iſt mit dieſem Aufgang der materialiſchen Matrix wie⸗ 
der geleſchet / und in ſeinen Sitz kommen die Grimmigkeit / und 
iſt der Teuffel im Urkund der Matrix, welche in Ewigkeit nicht 
mag geändert werden / zwiſchen Paradeis und dieſer Welt in 
der ſinſtern Matrix blieben / und mit der Schöpfung der Erden 
vom hoͤhern Sitz (wo jetzt der feurige geſtirnete Himmel iſt) 
geſtoſſen worden. | 


Das 6. Capittel. 


Von der Scheidung in der Schoͤpfung im dritten 
Principio. 
O man nun uhrkundet die Scheidung und Aus⸗ 
gang im dritten Principio dieſer Welt / wie auf⸗ 
gangen ſey der geſtirnete Himmel / und wie jeder 
Stern eine ſonderliche Eygenſchaft und Geſtalt 
in ſich habe / da in jedem ein ſonderlich Centrum 
rermercket wird / alſo / daß ein jeder nx und ein Meiſter vor ſich 
iſt / und herꝛſchet ein jeder in der Matrix dieſer Welt / qual ifici⸗ 
ret und gebieret in der Matrix nach ſeiner Art. Und ſehen darnach 
an die Sonne / welche ihr König / Hertz und Leben iſt / ohn 
welcher Liecht und Krafft ſie alle keine Wuͤrckung verbraͤchten / 
fondern im harten / finſtern Tode ſtuͤnden / und wäre in die⸗ 
ſer Welt alles ein Nichtes / alles als nur eine grimmige / rauhe 
Herbigkeit. Und ſehen weiter an die Elementa: Feuer / Lufft 
a f N und 


I 


U 


f Cap 6. Goͤttliches Weſens. 55 


und Waſſer / wie ſich die immer gebaͤhren / eines im andern / 
und dann wie das Geſtirn in dieſem / als in ſeinem Eygenthumb 
herꝛſchet / und ſehen an die Mutter / davon dieſes Weſen alles 
ausgehet. So kommen wir auff die Scheidung und auff die 
ewige Mutter / der Gebaͤhrerin aller Dinge. 

2. Und haben das ja klar vor Augen in uns ſelbſt und in al⸗ 
len Dingen / ſo wir nicht ſo toll / blind und eygenſinnig waͤren / 
und lieſſen uns einen Lehrbuben führen / ſondern hielten uns am 
Meiſter / der da iſt der Meiſter aller Meiſter. Denn wir ſehen 
ja . Daß das alles herruͤhret aus der ewigen Mutter / wie die 
in ihrer ewigen Geburt iſt / Alſo auch hat fie dieſe Welt gebohren / 
und alſo auch wird eine jede Creatur gebohren: und wie dieſelbe 
in ihrem Ausgange iſt in der Vielfaͤltigung / da ein jeder Quell 
wieder ein Centrum der Gebaͤhrerin in ſich hat / und eine Schei⸗ 
dung / aber nicht abtheilig aus einander; Alſo auch iſt dieſe 
Welt aus der ewigen Mutter gebohren / welche nun auch eine 
ſolche Gebaͤhrerin iſt / und von der ewigen Mutter nicht abge⸗ 
traut / ſondern iſt auff eine materialiſche Ahrt worden / und 
hat durch die Sonne ein ander Liecht und Leben bekommen / wel⸗ 


ches nicht der weiſe Meiſter ſelber iſt / ſondern der weiſe Meiſter / 


welcher GOTT iſt / der haͤlts / daß es ſtehe in der ewigen Matrix, 
une vort nicht ey die ewige ανοννt ee | 

3. Sintemahl dieſe Gebuhrt einen Anfang hat durch den 
Wiilen Gottes / und wieder in fein Sther gehet / fo hat ſie 
nicht die Krafft der Weißheit / ſondern fie bawet nach ihrer Ahrt 
immer hin / macht lebendig und toͤdtet / was fie trifft / das trifft 
fie / boͤſe / krum / lahm oder gut / ſchoͤn oder mächtig / macht 
geben und Toͤdtet / giebt Macht und Staͤrcke / zerbricht die auch 
wieder / und alles ohne vorbedachte Weißheit / Daran zu ſehen 
daß fie nicht die Göttliche Vorſichtigkeit und Weißheit felber 
ſey / wie die Heyden gedichtet / und ſich in ihrer Macht vergaf⸗ 
fer haben. 

4. So wir nun ihren Grund wollen ſehen / muͤſſen wir nur 
die erſte Mutter anſchawen in ihrer Gebuhrt / fo ſehen und fine 
den wir alles. Denn gleich wie die erſte Mutter / ſo wir ſinnen / 
wie ſie im Uhrkunde auſſer dem Lichte ſey / iſt Herbe / Finſter / 
Harte / Kalt / und iſt doch in der Ausgebuhrt der Waſſer⸗ 
Geiſt / alſo findeſtu / als die materialiſche Welt iſt auffgangen / da 
hat Gott den erſten Tag geſchaffen / den Himmel und die Erden. 

5. Nun iſt der Himmel aus der herben Mattix, welche im 
Paradeiſiſchen der Waſſer⸗geiſt iſt / aus der ſelben paradeiſt⸗ 
* C4 ſchen 


— 


56 Von den drey Principien Cap. 6. 


ſchen iſt geſchaffen der materialiſche / wie Moſes ſchreibet: der 
Himmmel ſey auß dem Mittel des Waſſers gemacht / auch gantz 
recht. Nun iſt die Erde und Steine / fo wohl alle Metall in der⸗ 


ſelben Stunde zugleich / als die Matrix dieſer Welt noch finſter 


“ 


geweſen / aus der Matrix erbohren. 

6. Denn als die Matrix beweget ward / und Herꝛ Lucifer wol⸗ 
te im Fewr herꝛſchen / ſo hat fie die herbe finſtere Matrix zuſam⸗ 
men gezogen / das gantze Gewuͤrcke in der Außgebuhrt / darauß 
Erde / Steine / Metalla, Schwefel und Saltz iſt worden / und 
iſt dem Fuͤrſten Lucifer hiermit ſein Reich verſchloſſen worden / 
der im inneren Centro blieben / im aͤuſſern gefangen. 

7. Daß aber in der Matrix ſolche Dinge möchten gewuͤrcket 
werden / daß giebt die Krafft / ſo in der Matrix war / denn ein 


Dag aber alda eine Scheidung ſey ergangen / machet daß die Ge⸗ 


buhrt in groſſen aͤngſten iſt geſtanden / und in der Gebuhrt die 
Scheidung begehret: Denn die Bitterkeit mit der Herben ſich 


nicht vertraͤget / und iſt doch Mutter und Sohn ein Glied im an⸗ 


deren / und muß alſo ſeyn / ſonſt waͤre nichts. Denn es iſt das 
ewige Band und Lebens Uhrkund. i 1 

ro. Ferner / ſo nun die Bitterkeit alſo in der herben Mutter 
wuͤtet / auffſteiget / ſich aͤngſtet / geraͤht ſie in einen ſchielenden 
Blitz gantz erſchrecklich: In dieſer Geſtalt iſt in der Matrix der 
Mercur us oder Gifft erbohren. Denn wenn die Matrix dieſen 
Fewr⸗ Blitz in ihrer ſinſtern / herben Geſtalt erblicket / erſchri⸗ 
cket ſie / und wird ertoͤdtet in ihrem harten / herben Recht. Und 


an dieſem Hhrte iſt in der Matrix erbohren der Todt / Gifft / Hin⸗ 


fallen und Zerbrechen / ſo wohl auch das edle Leben im Mercurio 
und Auffgang des dritten Principii. 

41. Nun ferner / als der Fewer⸗Schrack iſt in die herbe Mut⸗ 

f x 2 W. s „. ter 


N 
* | 


2 x * © . 3 7 2 

Cap.. Goͤttliches Weſens. 57 
ter kommen / und hat ſeine Mutter alſo uͤberwunden / iſt er viel 
ſehrer erſchrocken: denn er fein grimmig Recht alda verlohren / 
dieweil die Mutter einen andern Quell bekommen / und auß dem 
Fewer⸗Schrack eine Hoͤlle worden / in welchem in der ſtummen 
Matrix iſt die Materia mitten im Schrack zu weicherer und lichte⸗ 
rer vermengter Materia worden / als vom Liechtes⸗Schrack / Gold / 
Silber / Kupfer / Zinn / Bley / alles weiters / wie an jedem Ohrte 
die Ma rix im riegenden Centro iſt geſtanden. 

12. Denn die Gebuhrt iſt im gantzen Raum dieſer Welt / ſo 
weit Lucifers Koͤnigreich hat gereichet / alſo geſtanden. Darumb 
an einem Ohrte viel ander Erdreich / auch Metall und Weſen 
iſt worden / als am andern. Und ſtehet man für Augen / wie alle 
Metallen ſind vermenget / das macht alles die Auß⸗gebuhrt in 
unendlich / welches wir zwar verſtehen und ſchawen / aber nicht 
reden koͤnnen noch duͤrffen / denn es turbiret uns / und gelanget 
in die Gottheit / die ohne Anfang und Ewig iſt: darumb die 
Creatur demſelben weichen ſoll / bey verlierung der Vernunfft 
und Sinnen. ö * 

13. Nun dieſes weiter zu erklaͤren; Als nun die Mattis iſt al⸗ 
ſo in der Gebuhrt geſtanden / alda die Materia der Erden iſt er⸗ 
bohren worden / ſo iſt die Matrix mit der Anzuͤndung zu Waſſer 
worden. Da verſtehe recht / nicht gantz im Weſen / ſondern gleich 
wie ſich hat Erde / Steine und Metall gebohren / und doch die 
Matrix blieben / alſo auch Waſſer in der Toͤdtung und Überwin⸗ 
dung / mit welcher die matexialiſche Welt iſt angegangen: Alda 
in dieſer Bewegung iſt die Kugel der Erden zuſaumnen getrieben 
worden / und ſtehet mitten im Circkel als ein Punct von unten 
und oben. g N * 

14. Alda iſt der Geiſt Gottes im Centro in der Paradeiſi⸗ 
ſchen Matrix geſtanden / und im Paradeiſiſchen Himmel geſtan⸗ 
den in ſeinem ewigen Sitz / davon nicht gewichen / und hat auff 
dem materialiſchen Waſſer geſchwebet mit dem Fiat, und alda 
den Himmel formiret, welcher aus dem Mittel der waͤſſerigen 
Mattix geſchaffen worden / und die Wurtzel der Finſternuß vom 
Liecht in der Matrix geſchieden / in welcher Finſternuß die Teuffel 
verblieben / und die Materia in der Matrix, ſo wol auch das newe 
Kecht nicht ergrieffen / welches in der Matrix auffgangen. Ada 
iſt mit dieſem Geſchoͤpff und Scheidung eines Tages Laͤnge hin» 
gangen / und iſt aus Anſang und Ende Morgen und Abend wor⸗ 
den der erſte Tag / wie Mofes ſchreibet. 

* Daß wir aber vom Himmel reden / und den Leſer verſtän⸗ 
4 C5 digen 


) 


78 Von den drey Prineipien Cap. c. 


digen / was er ſey / den GOT alda geſchaffen / fo ſchreibet Mo⸗ 
ſes darvon / GOTT habe eine Feſte zwiſchen die Waſſer gemacht / 
und das Waſſer unter der Feſte von dem Waſſer uͤber der Feſten 
geſchieden / und die Feſte Himmel geheiſſen: Iſt gar recht / aber 
kißher ſchwer verſtanden worden. f 5 
16. Nun ſtehe der Himmel iſt die gantze Tieffe / fo weit ſich die 
B ther haben zur Gebuhrt dieſer Welt eingegeben / und der iſt die 
Matrix, aus welcher die Erde / Steine / und matetialiſch Waſ⸗ 
ſer ene Run hat GOTT das materialiſche Waſſer al⸗ 
da entſchieden von der Matrix, und ſiehet man gahr eigentlich al⸗ 
hier / wie das matezialifche Waſſer gleich wie ertödtet / oder dar⸗ 
innen der Todt iſt / denn es hat nicht koͤnnen in der ſchwebenden 
Mutter bleiben / ſonder iſt auff die Erd⸗Kugel geſchaffen worden / 
und GOTT hat es Meer geheiſſen / darinnen verſtanden wird 
in der Natur⸗ſprache ein gruͤnen im Tode / oder ein Leben in der 
Zerbrechlichkeit. Wiewol ich dem deſer mit dieſem ſtum ſeyn wer⸗ 
de / weiß ichs doch wol / laſſe mir auch genügen / dieweil der vie⸗ 
hiſche Menſch dieſes zu wiſſen nicht wehrt iſt / wil derowegen die 
Perlen alhie nicht gar fuͤr die Saͤw werffen. Anlangend die Kin⸗ 
der Gottes / welchen dieſes alleine gilt / wird der Geiſt Gottes 
wol unterweiſen und lehren. 

17. Nun als der Himmel iſt von der Erden und finftern Ge⸗ 
ſtieb in der Zuſammen⸗treibung lauter worden; So ſind alda 
in der Matrix des Himmels geſtanden die drey Elementa : Fewer / 
Lufft und Waſſer. Dieſes ſind drey Dinge in einander in einer 
Mutter / und die Mutter wird alhier der Himmel geheiſſen / 
darumb werde ich nun im ſchreiben vor das Wort Matrix das 
Wort Himmel gebrauchen / denn der Himmel iſt die Matrix. 

18. Und heiſſet darumb Himmel / wegen der Scheidung / daß 
die quinta Eſſent ia des Geſtirns iſt entſchieden und in hoͤhern 
Himmel geſetzet / alda die Mattix mehr fewrend it / wie in der 
Natur⸗Sprache eigentlich verſtanden wird / und auch für Aue 
gen iſt. 

19, Alhier iſt aber nun des Himmels Qualität / Gebuhrt 
und Eigenſchafft zu beſchreiben / dieweil die 4 Elementa alda / 
als in ihrer Mutter außgehen / und alda innen die Krafft aller 

Leben dieſer Welt ſtehet. Muß man den Uhrſprung der Elemen⸗ 
1 a 2 u in welchen man erſt recht verſtehet / was Him⸗ 
Nit liſt. ꝛc. 


Das 


Cap. 7. Goͤttliches Weſens. 39 
Das 7. Capittel. 


Vom Himmel / ſeiner Ewigen Gebuhrt und Weſen / 

und wie die Elementa erbohren werden: darinnen 
dann das ewige Band durch Anſchawen und Vetrach⸗ 
tung der materialiſchen Welt beſſer und mehr ver⸗ 


ſtanden wird. b N 
Die groſſe Tieffe. 


x. In jeder Geiſt ſiehet nicht weiter als in feine Mut⸗ 
ter / darauß er ſeinen Uhrkund hat / und darinnen 
erſtehet / denn es iſt keinem Geiſte muͤglich in ey⸗ 
gener natuͤrlicher Macht in ein ander Principium 

2 zu ſehen und das zu ſchawen / er werde dan darin⸗ 
nen wiedergebohren. 5 

2. Der natürliche Menſch aber (welchen die Matrix dieſer Welt 
hat in feinem Fall geſangen / deſſen natürlicher Geiſt ſchwebet 
zwiſchen zweyen Principien, als dem Goͤttlichen und hoͤlliſchen / 
und ſtehet in beyden Pforten / und in welch Principium er faͤllet / 
alda wird er wiedergebohren / entweder zum Himmel / oder Hoͤl⸗ 
len⸗Reich / und vermag doch in dieſer Zeit keines zu ſchawen. Der 
iſt in ſeiner Subſtantz und gantzem Weſen ein zweyfacher Menſch / 
denn feine Seele in ihrer eigenen Subftang iſt aus dem erſten 

Principio, welches von Ewigkeit keinen Grund oder Anfang hat / 

und die iſt in Zeit der Schöpfung des Menſchen im Paradeiß 

oder Himmel⸗Reich durch das Fiat auff Geiſtes Ahrt recht cor⸗ 
poriret worden / iſt aber mit der erſten Kraft / welche von Ewig⸗ 
keit iſt in der erſten ihrer eigenen Krafft / in der erſten Wurtzel 
unabtrenlich blieben ſtehen / und durch das ander Principiom, als 
das Hertze Gottes durchleuchtet / damit im Paradeis inſtehend 
vom wallenden Geiſte Gottes in die Matrix des dritten Prin⸗ 
epii, in den geſtirneten und elementiſchen Menſchen eingebla⸗ 
ſen worden. Der verſtehet / ſo ferne das Liecht Gottes in ihm 
ſcheinet / den Grund des Himmels / ſo wol der Elementen und 
auch der Hoͤllen. Denn ſo das Liecht in ihme iſt / ſo iſt er in allen 
dreyen Principien gebohren / ohn das er nur ein Funcke darvon 
iſt / und nicht der groſſe Brunn / welcher GOTT iſt ſelber. 

3. Darumb ſaget auch Chriſtus: So ihr Glauben habet als 
ein Senſſ⸗Korn / So moͤget ihr ſagen zum Berge: Stuͤrtze 
dich ins Meer / ſo ſols geſchehen; Und in dieſer Macht haben 
Menſchen durchs Wort W Krafft Todten aufferwe- 


cker / 


60 Von den drey Principien Cap. 7. | 


cket / und Krancken geſund gemacht. Anders hätten fie dieſes 
nicht thun koͤnnen / fo ſie nicht in der Macht aller dreyen Princi⸗ 
pien waͤren geſtanden. a 

4. Denn der geſchaffene Geiſt des Menſchen / welcher aus 
der Matrix dieſer Welt iſt / der herꝛſchet ins Liechtes Krafft / 
verſtehe durch Krafft des andern Principii, uber und in Krafft 
des Sternen und Elementiſchen Geiſtes / alles gantz maͤchtig 
als in ſeinem Eigenthumb. Aber im Fall Adams haben wir die⸗ 
fe groſſe Macht verlohren / in deme wir das Paradeiß raume⸗ 
ten und wanderten ins dritte Principium, in die Matrix dieſer 
„ Welt / die hielt uns alsbald im Zwang gefangen. Darumb 
„ haben wir die Erkaͤntnuͤß noch im Glaſt / und ſehen gleich wie 
v durch einen tunckelen Spiegel die ewige Gebuhrt. 

5. Dieweil wir nun ſo unmaͤchtig in allen dreyen Gebuhrten 
ſchweben / daß uns die Paradeiſiſche Pforte fo offte vertun⸗ 
ckelt wird / und der Teuffel uns ſo offte in die hoͤlliſche Pforte 
zeucht / auch die Elementa uns die syderiſche Pforte verdecken 
und gantz geſchwul machen / daß wir alſo offte in der gantzen 
Matrix ſchweben als taub / ſtumm / oder halb ertoͤdtet : So uns 
aber das Paradeiſiſche Liecht ſcheinet / ſo ſehen wir hindurch in 
die Mutter aller dreyen Principien. Denn die mag uns nichts 
hindern / der dreyfache Geiſt des Menſchen fiehet eine jede Ge⸗ 
ſtalt und Qualitat in feiner Mutter. 

6. Darumb ob wir gleich reden von der Schoͤpfung der Welt / 
als waren wir dabey geweſen und haͤtten ſolches geſehen / deß 
darff ſich kein Menſch wunderen / und vor unmoͤglich halten / 
denn der Geiſt / ſo in uns iſt / den ein Menſch vom anderen 
erbet / der iſt aus der Ewigkeit in Adam geblaſen / der hat 
es alles geſehen / und ſiehet es alles im Liechte Gottes / und iſt 
gahr nichts fernes / oder unerforſchliches: denn die ewige Ge⸗ 
buhrt / fo im Menſchlichem Centro verborgen ſtehet / thut 
nichts newes / ſie erkennet / würdet und thut eben das / was 
ſte von Ewigkeit gethan hat / wuͤrcket zum Liecht und Finſter⸗ 
nuͤß und arbeitet in groſſen Aengſten. Wenn aber das Liecht in 
IE ſcheinet / So iſt in ihrem Gewuͤrcke eitel Frewde und Er⸗ 
aͤntnuͤß. 

7. Darumb fo man redet vom Himmel und von der Gebuhrt 
der Elementen / ſo redet man nicht von fernen Dingen / ſo weit 
von uns ſind / fordern wir reden von Dingen / fo in unſerem 
Leibe und Seele geſchehen / und iſt uns nichts näher als dieſe 
Sebuhrt / denn wir leben und ſchweben dax innen / als in 1 5 

f ’ His 


Cap.). Gitlichs Wesens. Er 


Mutter / reden alſo nur von unſerem Mutter⸗Hauſe / und ſs 
wir vom Himmel reden / fo reden wir von unſerm Vatter⸗Lan⸗ 
de / welches die erleuchte Seele wohl ſchawen kan / und obs gleich 
dem Leibe verborgen ſtehet. 

8. Denn gleich wie die Seele des Menſchen im Menſchen zwi⸗ 
ſchen der Sternen und Elementen Krafft ſchwebet und ſchwim⸗ 
met: alſo auch ſchwebet der geſchaffene Himmel zwiſchen Para⸗ 
deiß und Hoͤllen⸗Reich / und ſchwimmet in der ewigen Matrix, 
ſein Weſen iſt unfaßlich und unbegreifflich / und iſt eine eitele 
Krafft aus der ewigen Matrix, ſein Ende iſt ſo weit als ſich die 
æthet haben zur Schoͤpfung eingegeben / fo weit als Lucifers Koͤ. 
nig⸗Re ich hat gewehret oder gereicht / dadoch kein Ende gefſpuͤret 
wird. Denn die Goͤttliche Krafft iſt ohn Ende / allein unſer Sinn 
reichet biß in fewrigen Himmel der Sternen / welche ſind eine 
Außgebuhrt in der fuͤnfften Geſtalt der ewigen Mutter / oder 
eine quinta Eſſentia, in welcher die Scheidung in Zeit des drit⸗ 
ten Principii, oder Anfang dieſer Welt / die Krafft der Matrix 
entſchieden / da alſo die entſchiedene ſchwebend ſtehet / und eine 
jede Eſſentia in der Außgebuhrt in den vielfältigen Centris der 
Sternen ein ſehnlich Begehren nach der andern hat / einen ſtaͤten 
Willen zu inficiren / und iſt eine Ellentia und Krafft der andern 
Speiſe und Tranck / auch Kaſten und Behalter. 

9. Denn gleich wie im Paradeiſiſchen brincipio der H. Geiſt 
in der Dreyheit der Gottheit immer außgehet / und wallet gantz 
ſanffte / unbeweglich und der Creatur unempfindlich / und ſor⸗ 
met und bildet doch alles in der Paradeiſiſchen Matrix; Alſo auch 
iſt das dritte principium, nach dem die Matris ſichtbar und ma⸗ 
terialiſch worden / ſo hat ein jede Krafft in der Matrix ein groß 
ſehnen und verlangen in der andern / ein immer auffſteigen / 
bluͤhen und wieder abſteigen / gleich einem Gewaͤchſe oder ſieden⸗ 
der Materia, da die herbe / kalte und ſtrenge Matrix, ohn unter⸗ 
laß an ſich zeucht / und daſſelbe anziehen / oder Stachel ohn un⸗ 
terlaß ſich immer reget und wehret / alſo daß die herbe Matrix we⸗ 
gen der innern hoͤlliſchen oder uhrkuͤndlichſten Matrix immer in 
Aengſten ſtehet mit groſſem begehren des Liechtes / welches ſte in 
der Fewrwurtzel erblicket / und davon immer erſchricket / milde / 
ſanfft und warerialiſch wird / davon ſich das Element Waſſer im⸗ 
mer gebieret. a 

10. Alſo muſtu den Grund der vier Elementen verſtehen / wel⸗ 
che doch nicht vier abtheilige Weſen ſeynd / ſondern ein Weſen / 
und ſind doch vier unterſchiede 11 Gebuhrt / und liegt 5 

f N 7 jedes 


82 Von den drey Principien Cap. 7. 

jedes Element in des andern Kaſten / und iſt ſein Behalter / auch 

Glidt in ihme. ! 
(Verſtehe den Grund recht / wie folget: } 

11. Die Herbigkeit iſt Matrix, und eine Uhrſache aller Din⸗ 
ge / die iſt in ihrer eigenen Subſtantz gantz finſter / kalt und wie 
ein Nichts. Dieweil aber die ewige Gottheit iſt / und ſich in der 
Herhigkeit ſpiegelieret / ſo wird die finſtere Herbigkeit nach der 
Goͤttlichen Krafft begierlich / und zeucht an ſich / wiewol alda in der 
Herbigkeit kein Leben oder Verſtand iſt / ſondern es iſt der Grund 
der erſten Eſſentz, und der Uhrkundt das etwas werde. Den 
Grund der Gottheit koͤnnen wir alhier weiter nicht forſchen / deñ 
es kurbiret uns. 

12. Nun zeucht die Herbigkeit in ihrer Luſt und groſſem 
Sehnen nach dem Liecht immer an ſich / und iſt in ihrer eige⸗ 
nen Subſtantz nichts / als ein hefftiger Hunger / gantz dürzf 
gantz wie Nichts / ein begehrender Wille / der Finſternuͤß 
nach dem Liechte: Und ihr Hunger oder Anziehen machet die 
Bitterkeit / das Wehe / daß fie nicht kan erſaͤttiget / oder ge⸗ 
ſaͤnfftiget werden / davon die Aengſtligkeit entſtehet / daß ſich der 
Wille / oder der Stachel der Luſt / des Begehrens in ſich rei⸗ 
bet / noͤhtiget / und ſich nicht dem finſtern Nichtes oder Tode 
wil ergeben / ſondern ſetzt feine Begierde und Aengſtlichkeit / auch 
ſtarcken Willen alſo harte gegen dem verborgenen Liechte Got⸗ 
tes / daß der Wille ein ſchielender Blitz wird / gleich einem 
Feuer⸗ſchrack / davon die Herbigkeit alß augenblicklich immer 
erfüllet wird und gleich getoͤdet / davon der herbe Geiſt ſanfte / 
fuͤſſe und materialiſch wird zu Waſſer. 

13. Weil aber die Bitterkeit alſo harte vor dem Feuer⸗ blitz 
in der Herbigkeit erſchricket / ſo faſſet er ſeine Mutter die Her⸗ 
bigkeit / welche vom Schrack iſt marerialifch worden / und faͤh⸗ 
ret aus / und iſt von der matesiafifchen Herbigkeit geſchwul / 
gleich als wäre er auch materialiſch / und webet / ſtaͤrcket ſich im⸗ 
mer in der Mutter / und das iſt das Element Lufft in dieſer 
Welt / welches feinen luhrkundt in der waͤſſerigen Mutter hat / 
und das Waſſer von der Lufft / und das Feuer von der ſaͤhnli⸗ 
chen Aengſtlichkeit. Und die Erde und Steine haben ihren An⸗ 
fang mit dem grimmen Anziehen beym Fall Lucifers bekom⸗ 
men / als die Herbigkeit alſo ſtrenge im erhebenden Anziehen 
ſtundt / welches Anziehen das Liecht im dritten Principio 
wieder leſchete. | 

14. Alſo 


Cap. 7. Goͤttliches Weſens. 67 
14. Alſo verſtehet man gar eigentlich / wie das Liecht Got⸗ 
tes aller dinge eine Uhrſache iſt / und verſtehet hierinnen alle 
drey Pri cipia. Denn wann die Göttliche Krafft und Liecht nicht 
waͤre / ſo waͤre auch in der finſtern Ewigkeit kein ſehnen dar⸗ 
nach / ſo waͤre das herbe begehren (welches iſt die Mutter der 
Ewigkeit) auch alles ein Richts: Und verſtehet man wie die 
Goͤttliche Krafft in allen Dingen erſcheinet / und iſt doch nicht 
das Ding ſelber / ſondern der Geiſt Gottes iſt im andern 
Principio, das Ding aber iſt ſein Glaſt / welches von dem ſe⸗ 
henden Willen alfe worden iſt. Nun iſt aber das Hertze Got⸗ 
tes in dem Batter der erſte Wille / und der Vatter iſt das erſte 
Begehren nach dem Sohne / und der Sohn iſt des Vatters 
Krafft und Liecht / davon die ewige Natur immer luͤſternd iſt / 
und gebieret alſo von der Krafft des Hertzens Gottes in der 
ewigen Matrix das dritte Principium, denn alſo iſt GOTT offen⸗ 
bahr / ſonſt ſtuͤnde die Gottheit ewig verborgen. 

15. Nun ſagen wir / vermoͤge der Schrifft / GOTT wohne 
im Himmel / und das iſt wahr. Nun ſiehe / Moſes ſchreibet / 
„GOTZ ſchuff den Himmel aus dem Mittel des Waſſers / und 
„ die Schrifft ſaget: Go T wohnet im Himmel. So dencke 
nun wie das Waſſer ſeinen Uhrkund hat als vom Sehnen der 
„ewigen Natur / nach dem ewigen Liechte Gottes. Nun aber 
wird die ewige Natur vom Sehnen nach Gottes Liecht offenbahr / 
wie vorhin gemeldet / und Gottes Liecht iſt gegenwertig und 
bleibet doch der Natur verborgen. Denn die Natur empfaͤhet 
nur des Liechtes Krafft / und die Krafft iſt der Himmel / dar⸗ 
innen das Liecht Gottes verborgen wohnet / und ſcheinet in der 
Finſternuͤß. Das Waſſer iſt die Materia, fo vom Himmel er⸗ 
bohren wird / und darinnen ſtehet das dritte Principium, das 
wieder ein Leben und begreiflich Weſen aus ſich gebieret / als die 
Elementa und Creaturen. 

26. Darumb du edler Menſch / laß dich ja den Teuffel und 
den Antichrilt nicht narren / der dir die Gottheit weit von dir 
zeigen wil / und dich in einen weit abgelegenen Himmel weiſet. 
Es iſt dir nichts naͤher als der Himmel / allein du ſteheſt wor 
der Thuͤr des Himmels / und biſt mit Adam aus dem Paradeiß⸗ 
Himmekaußgegangen ins dritte Principium , du ſteheſt aber in 
der Pforten. Mache es nur wie die ewige Mutter / welche mit 
groſſem Sehnen und Begierde nach GOT / das Himmelreich 
wird / da GO T innen wohnet / darinnen das Paradeis auff⸗ 
gehet. Alſo thue du auch / ſetze alle deine Begierde ins Hertze 

5 Gottes 


64 Von den drey Principien Cap. 7. 
Gottes / ſo dringeſtu mit Gewalt ein / wie die ewige Mutter 
der Natur / ſo wirds mit dir gehen / wie Chriſtus ſaget: Das 
Himmels⸗reich leidet Gewalt / und die Gewalt thun / reiffen 
es zu ſich. Alſo wirſtu dir Freunde im Himmel mit dem unge⸗ 
rechten Mammon machen / und biſt recht Gottes Gleichnuͤß / 
Bilde und Eigenthumb. Denn in dir ſind alle drey Principia 
mit der Ewigkeit / und in dir wird wieder erbohren das heilige 
Paradeiß / da GOTT innen wohnet / wo wilſtu doch GOTT 
ſuchen? Suche Ihn nur in deiner Seelen / die iſt aus der ewi⸗ 
gen Natur / darinnen die Goͤttliche Gebuhrt ſtehet. 

17. O ach! daß ich Menſchen Griffel hätte und Eönte den 
Geiſt der Erkaͤntnuß ſchreiben! Muß ich doch an dem groſſen 
Geheimnuͤß ſtamlen gleich einem Kinde / das gehen lernet: So 
gar kans die irꝛdiſche Zunge nicht erheben / was der Geiſt be⸗ 
greifft und verſtehet. So wil ichs doch wagen / ob ich manchen 
möchte luͤſternd machen zu ſuchen die Perlen / darmit ich in 
meinem Paradeiſiſchen Roſen⸗Garten auch Gottes Werck 
wuͤrcke. Denn mich treibet auch die Luſt der ewigen Matrix darzu / 
mir ſolche meine Erkaͤntnuͤß zu ſchreiben und zu uͤben. 

18. So wir nun wollen unſer Gemuͤht erheben / und forſchen 
nach dem Himmel / da GOTT innen wohnet / fo koͤnnen wir 
nicht ſagen / daß GOTT alleine uͤber den Sternen wohnet / und 
alfo eine Feſte umb ſich habe geſchloſſen / welche aus dem Waſ⸗ 
for ſey gemacht / da niemand hinein kaͤme / es würde ihm dann 
auffgethan. Welcher Gedancke die Menſchen faſt narret: Oder 
aber auch koͤnnen wir nicht ſagen / wie etliche vermeinen / Gott 
der Vatter mit dem Sohne ſey alſo im obern eingeſperreten 
Himmel mit den Engelen / und regiere alſo alhier in dieſer Welt 
nur mit dem Heiligen Geiſte / welcher vom Vater und Sohne 
außgehet. Dieſe Gedancken alle / haben noch keine rechte Era 
kaͤntnüß von GOTT / denn alſo wäre GOTT zertheilet und 
wäre umbfaßlich gleich der Sonnen / welche hoch über ung 
ſchwebet / und ihre Krafft und Liecht zu uns ſcheuſt / daß alſo 
die gantze Tieffe Lichte wird und uberall wuͤrcket. a 

N. Dieſer Gedande narret die Vernunfft faſt ſehr / und 
das Antichriſtiſche Reich ſtehet in dieſen Gedancken gebohren / 
und hat ſich der Antichriſt mit dieſer Meinung an Gottes ſtat 
geſetzet / und vermeinet GY TT auff Erden zu ſeyn / und maſſet 
ihm Goͤttliche Gewalt zu / und verſtopft dem Geiſte Gottes 
ſeinen Mund / und wil ihn nicht hoͤren reden. 

20. Alſs komt kraͤfftiger J rꝛthumb daß fie glauben dem Ba 

z der 


Cap. 7f Goͤttliches Weſens. 65 
v der Luͤgen / welcher in gleißnerey kraͤfftige Irꝛthumb redet 
55 er verfuͤhret werden die Kinder der Hoffnung / wie S. Paulus 
a» bezeuget. 

21. Der rechte Himmel / da GO T innen wohnet / iſt uͤber⸗ 
all / an allen Orthen / auch mitten in der Erden. Er begreift 
die Hölle / da die Teuffel wohnen / und iſt nichts auſſer GOTT: 
denn da Er geweſen iſt vor der Welt Schoͤpfung / da iſt Er 
noch / als in ſich ſelber / und iſt ſelber das Weſen aller Weſen: 
Alles iſt von Ihme erbohren / und uhrkundet von Ihme / und 
heiſt darumb GOTT / daß er alleine iſt das Gute / das Hertze 
oder Beſtes / verſtehe das Liecht und die Krafft / davon die Na⸗ 
tur uhrkundet. ; 

22. So du nun wilſt von BOT ſinnen / ſo nimb dir vor die 
ewige Finſternüß / die auſſer GOTT iſt / denn GOTT woh⸗ 
net in Sich Selber / und vermag Ihn aus eigener Macht nichts 
zu faſſen / die hat ein groß Sehnen nach dem Liechte / dieweil 
ſich das Liecht in der Finſternuͤß ſpiegelieret und in ſich ſchei⸗ 
net / und in demſelben Sehnen oder begehren findeſtu die 
Quell / und die Quell faͤnget des Liechtes Krafft / und das Seh⸗ 
nen macht die Krafft materialiſch: und die materialiſche Krafft 
iſt der Schluß vor GOT / oder der Himmel. Denn in der 
eee e e 
Vatter und Sohne ausgehet / wuͤrcket / dieſes alles iſt der Crea⸗ 
tur unbegreifflich / aber nicht unempfindlich im Gemühte. 
Denn im Gemuͤhte der heiligen Seelen ſtehet das Paradeiß 


offen. 

23. Alſo ſteheſtu wie GOT T Alles aus Nichts habe geſchaf⸗ 
fen / nur aus ſich: und iſt doch die Aus⸗gebuhrt nicht ſeines 
Weſens / ſondern uhrkundet ſich aus der Finſternuͤß. 

24. Die Quahl der Finſternuͤs iſt das erſte Principium, und 
die Krafft des Liechtes iſt das ander Principium; und die Ausge⸗ 
buhrt aus der Finſternuͤs durchs Liechts Krafft iſt das dritte 
Prineipium, und heiſſet nicht GOTT / alleine GOTT iſt das 
Liecht und des Liechtes Krafft / und der Aus gang außem Liechte 
iſt der H. Geiſt. 

25. Ein Gleichnuͤß nimb an dir ſelber / deine Seele in dir 
giebt dir 1. Vernunfft / das du kanſt ſinnen / die bedeut GOTT. 
den Vatter / 2. Das Liecht / fo in deiner Seele ſcheinet / daß 
du die Krafft erkenneſt und dich leiteſt / bedeut GOTT den 
Sohn / oder Hertze / die ewige Krafft. Und z. das Gemuͤthe 
welches iſt des Liechtes Krafft / und der Ausgang vom ra 

\ g am 


6 Von den drey Principien Cap. 7. 
damit du den Leib regiereſt / das bedeut GO T T den Heiligen 


Geiſt. . 

26. 1. Die Finſternuͤß in dir / welche ſich ſehnet nach dem 
Liechte / iſt das erſte Principium. a ; 

11. Des Liechts Krafft in dir / dadurch du ohne Augen ſieheſt 
im Gemuͤthe / iſt das andere Principium. 

III. Und die ſehnende Krafft / ſo im Gemuͤthe ausgehet / und 
an ſich zeucht / und ſich fuͤllet / davon der materialiſche Leib 
waͤchſt / iſt das dritte Principium. N 

27. Und verſteheſt gar eigentlich / wie zwiſchen jedem Prin; 
eipio ein Schluß iſt / und Go T der Anfang und erſte Krafft 
in allem iſt: und verſteheſt auch / daß du in dieſem toͤlpiſchen 
Leibe nicht im Paradeiſe biſt. Denn er iſt nur ein geſchwule 
Aufgebuhrt im dritten principio, in welchem die Seele gefan⸗ 
gen ligt / als in einem finſtern Kercker. Davon du beym Fall 
Adam ſolſt aus fuͤhrlichen bericht finden. 

2088. Nun ſiehe / da ſich GOTT mit der materialiſchen Welt 

wolte offenbahren / und die Mattix in der aͤngſtlichen Gebuhrt⸗ 
ſtund / da der Schöpfer das erſte Principium bewegete zur 
Schoͤpfung der Engel / da iſt die Matrix unzertheilet in einem 
Weſen geſtanden / denn da iſt keine Begreiffligkeit geweſen / ſon⸗ 
dern nur WEHT und Nrafft vom Geiſte. Oer Geiſt war GOTT 
und die Krafft war Himmel / und der Geiſt wuͤrcket in der Krafft / 
daß die Krafft ſehnend und luͤſternd ward. Denn der Geiſt ſpie⸗ 
gelierete ſich in der Krafft / da ſchuf der Geiſt die Krafft / dar⸗ 
aus ſind worden die Engel: Alſo wurd die Krafft die Wohnunge 
der Engel / und das Paradeiß / in welchem der Geiſt wuͤrcket / 
und die Krafft ſehnet ſich nach dem Liechte; und das Liecht ſchien 
in der Krafft / alſo iſt eine Paradeiſiſche Wonne / und iſt Gott 
offenbahr darin ein Liebes ⸗ſpiel. 

29. Nun ſchwe bet das ewige Liecht / fo wol die Krafft des Liech⸗ 
tes / oder das Himliſche Paradeiß in der ewigen Finſternuͤß / und 
die Finſternuͤß kan das Liecht nicht ergreiffen / denn es find zwey 
unterſchiedliche brincipia, und ſehnet ſich die Finſternuͤß nach dem 
Liecht. Uhrſachen / daß ſich der Geiſt darinn ſpiegelieret / und die 
Göttliche Krafft darinnen offenbahr iſt; weil fie aber die Goͤttli⸗ 
che Krafft und Liecht nicht hat ergriffen / hat ſie ſich doch gegen der⸗ 
ſelben mit groſſer duſt immer erhaben / biß fte vom Glaſt des Liechts 
Gottes in ihr die Fewrwurtzel hat enttzuͤndet / da iſt auffgegan⸗ 
gen das dritte Principium, und uhrkundet ſich auß dem erſten / 
aus der finſtern Matrix, durch die ſpiegelierung der a ra 
i rafft; 


Cap7. Goͤttliehes Weſens. 67 
Krafft: Weil aber die angezuͤndete Krafft in dieſem Auffgang 
in der Finſternüß ſewrend geweſen / ſo hat GOTT daß Fiat da⸗ 
her geſtellt / und hat durch den wallenden Geiſt / welcher in des 
Liechtes Krafft ausgehet / die fewrende Quell auff corporliche 
Art geſchaffen / und von der Matrix entſchieden / und hat der 
Oral die fewrige geſchaffene Art Sternen geheiffen wegen ihrer 
ualitaͤt. 

30. Alſo iſt vor Augen / wie der fewrige geſtirnte Himmel / oder 
aber wie ichs dem erleuchten Leſer möchte beſſer ſetzen / die quinta 
Eſſentia, oder die fuͤnffte Geſtalt in der Geburt iſt entſchieden 
von der waͤſſerigen Matrix, ſonſt würde nicht ſeyn auffgehoͤret 
worden Steine und Erde zu gebaͤhren / ſo die fewrige Art nicht 
waͤre entſchieden worden. So ſich aber das ewige Weſen / als 
Gott hat wollen offenbahren in der finſtern Matrix, und aus dem 
Nichts etwas machen; ſo hat er die angezuͤndete Krafft entſchie⸗ 
den / und die Matrix helle und rein gemacht. 

31. Alſo ſtehet nun die Matrix unbegreiflich / und ſehnet ſich 
nach der ſewrigen Art / und die fewrige Art ſehnet ſich nach der 
Matrix, denn der Geiſt Gottes / welcher iſt der Geiſt der Saͤnfft⸗ 
muth / ſpiegelieret ſich in der waͤſſerigen Matrix, und die Matrix 
empfaͤhet Krafft von iin. Alſo iſt ein ſtaͤter Wille zu gebaͤhren 
und zu wuͤrcken / und ſtehet die gantze Natur in groſſem Saͤhnen 
und Aengſten immer willens zu gebaͤhren die Göttliche Krafft / 
dieweil Gott und Paradeiß darinnen verborgen ſtehen / fie gebie⸗ 
ret aber nach ihrer Art / nach ihrem Bermoͤgen. 

32. Als nun Gott die Matrix mit ihrer fewrigen Geſtalt ent⸗ 
ze hatte / und wolte fich mit diefer Welt offenbahren / fo hat 

r das Fiar in die Matrix geſtellet / und aus ſich geſprochen: Es 
gehe herfuͤr Kraut / Graß / Baͤume / Thiere / ein jedes nach ſei⸗ 
ner Art. Das Sprechen war das Hertz / oder die Krafft des ewigen 
Vatters / der Geiſt aber der das kia hatte / ging vom ewigen Bat⸗ 
ter in der Krafft des Hertzens Gottes aus mit dem Willen / und 
der Wille war das Flat, und ſchuff die Krafft der Ausgebuhrt im 
dritten Principio materialiſch / ſichtbarlich und begreiflich / ein je⸗ 
des nach feiner Eſſentia: wie die Krafft war / alſo wurd auch fein 
Leib. Denn da hat die ſewrige Matrix, oder das Geſtirn feine 
Krafft gegeben dem kiat, und die waͤſſerige Matrix mit den Ele⸗ 
menten hat die Krafft empfangen / iſt ſchwanger worden und ge⸗ 
bohren / ein jedes Element ſeine Creaturen aus ſich ſelbſt / auch ein 
jede Geſtalt in der fewrigen und waͤſſerigen Natur aus ſich ſelbſt / 
und iſt doch kein abtrennlich Weſen worden alleine die i 8 
dach e fing 


68 Von den drey Principien Cap. 7. 


ſe ſind abtheilig worden / ein jedes nach ſeiner Art / nach der ewi⸗ 

gen Krafft / welche iſt im Sehnen durch Luſt aufgangen / und 

8 das dritte Principium, welches vor den Zeiten nicht gewe⸗ 
en war. f 

33. Alſo herꝛſchet der geſtirnete Himmel in allen Creaturen / 
als in feinem Eigenthumd / er iſt der Mann / und die Matrix, oder 
waͤſſerige Geſtalt iſt ſein Weib / welches er immer ſchwaͤngert / 
und die Matrix iſt die Gebaͤrerin / die gebieret das Kind / daß der 
Himmel machet. Und iſt daß der geſchaffene Himmel im dritten 
Principio, daraus die Elementa ausgehen / als nemlich die waͤſſe⸗ 
rige Matrix. daraus ſich das ſichtliche Waſſer hat erbohren / und 
noch immer in der Sehnligkeit gebieret. 

34. Darumb ſchreibet Moyſes recht: Gott ſchuff den Him⸗ 
mel aus dem Mittel des Waſſers. Allhie aber muſtu verſtehen / 
aus der ewigen waͤſſerigen Matrix, welche nur ein Geiſt iſt / darin⸗ 
nen das Paradeiß und der Heilige Himmel iſt / als die Goͤttliche 
Krafft / nach welchem die finſtere Matrix im Hunger geluͤſtet / 
daraus iſt worden die ſichtbahre Matrix der Elementen / aus wel⸗ 
cher durchs Fiat find geſchaffen worden durch den ewigen Geiſt 
Gottes die Weſen aller Weſen / ſo da nur find, 

35. Denn eine jede Geſtalt in der Mattis hat feine Creaturen 
Mathe und unſichteahr der menſchlichen Augen / welche eln 
Theil gegen uns zu rechnen nur wie ein figurlicher Geiſt lind; als 
im Fewer hats unſichtbahre Geiſter und Creaturen vor unſeren 
materia iſchen Augen / und koͤnnen die nicht ſehen: Im Lufft auch 
unſichtbahre Geiſter / welche wir nicht ſehen / dieweil die Lufft un⸗ 
materialiſch iſt / alſo auch ihre Geiſter. Im Waſſer hats mate 
tialiſche Ereaturen / die find aber uns nicht ſichtbahr / dieweil fie 
nicht aus dem Fewer und Lufft ſind / ſind ſie einer andern Qualitat / 
und den lufftigen auch fewrigen verborgen / ſte wollen ſich denn ſel⸗ 
ber offenbahren. 

36. Alſo / gleichwie Fewr / Lufft / Waſſer / Erden in einem einigen 
Kaſten liegt / und die vier nur ein Ding ſind / und doch vier Unter⸗ 
ſcheide / und vermag keines das ander zu ergreiffen oder zu halten / 
und etwan von den vieren eines in einer jeden Creatur fix iſt / nach 
demnſelben kan ſich die Creatur nicht bergen / ſondern ſtehet darin⸗ 
nen offenbahr / und demſelben Geiſte nach fichtlich und begreifflich / 
und den andern Element⸗Geiſtern unbegreifflich. 

37. Denn alle Ding ſind aus dem Nichts zu Etwas worden / 
und hat ein jede Creatur das Centrum, oder den Circkel des Le⸗ 
bens gebuhrt in ſich ſelber. Nun gleichwie die Elemente in ee 

ander 


Caps. _ Böttliches Weſens. 89 


ander in einer Mutter verborgen liegen / und keines das ander er⸗ 
greiffet / obs gleich des andern Glied iſt; Alſo auch ſind die ge⸗ 
ſchaffene Creaturen einander verborgen und unſichtbahr. Denn 
eine jede fichet nur in feiner Mutter / welche in ihme fix iſt / das 
materialifche ſiehet das materialiſche Weſen / ſiehet aber nicht das 
unmaterialiſche Weſen / die Geiſter im Fewr und Lufft / gleich wie 
der Leib nicht die Seele ſiehet / die doch in ihme wohnet / oder wie 
das dritte Principium nicht das ander / in welchem Gott iſt / era 
greiffet oder faſſet; und ob es gleich in Gott iſt / ſo iſt doch eine 
Gebuhrt darzwiſchen / gleichwie mit dem Seelen⸗geiſte des Men⸗ 
ſchen / und dem Elementiſchen — im Menſchen / welches doch 
eines des andern Kaſten und Behalter iſt / davon du bey Erſchoͤpf⸗ 
fung des Menſchen findeſt. 


Das 8. Capittel. 


Von der 3 der Creaturen und Aufgang 
aller Gewaͤchſe: So wohl von den Sternen 
und Elementen / und Uhrkund der We⸗ 
ſen dieſer Welt. 


*. AN Je im naͤheſten Capittelim Eingange gemeldet 
worden / nichts freinbdes iſt es / ob ein Menſch 
redet / ſchreibet und lehret von der Welt Schoͤp⸗ 
fung / ob er gleich nicht iſt dabey geweſen / ſo er 

8 nur die wahre Erkaͤntnuͤß im Geiſte hat. Denn 
da fichet er als in einem Spiegel in der Mutter der Gebaͤhrerin 
alle Ding / denn es liegt je ein Ding im andern / und je mehr 
er ſuchet / je mehr er findet / und darff fein Gemuͤhte nicht auffer 
dieſer Welt ſchwingen / er findet alles in dieſer Welt / darzu 
in ſich ſelber / ja in allem deme was lebet und webet; Alles was 
er nur anfichet und forſchet / fo findet er darinnen den Geiſt mit 
dem Piat, und ſpiegelieret ſich die Göttliche Krafft in allen Din⸗ 
gen / wie geſchrieben ſtehet: Das Wort iſt dir nahe / ja in dei⸗ 
nen Lippen und Hertzen. Denn wenn das Liecht Gottes im Cen- 
tro des Seelen⸗Geiſtes anbricht / ſo ſiehet der Seelen⸗Geiſt / 
als in einem hellen Spiegel / die Schoͤpfung der Welt gar wol / 
und iſt nichts ſernes. 

2. Ich wil den Sefer an die Geſchoͤpfe gewieſen haben / er mag 
darinnen forſchen / er wird es alles alſo befinden / und noch viel 
wunderlicher / daß man nicht ſchreiben / oder reden kan / ” er 

aber 


70 Von den drey Princißjen Cap. 8. 
aber aus GOTT gebohren. Wir muͤſſen unſern Verſtandt und 
Wiſſenſchafft nicht gruͤnden von dem Goͤttlichen machen oder 
Schaffen / als wie ein Menſch etwas machte / gleich wie ein 
Töpfer aus Tohn ein Gefäß / oder Schnitzer ein Bild / wie ihm 
das gefaͤllet / welches er zerbricht / ſo es ihme nicht gefaͤllet. Nein 
die Wercke Gottes in der Schöpfung der Welt find alle fir / gut 
und volkommen geweſen / wie Moyſes ſchreibet / und GOTT 
ſahe an alles was er gemacht hatte / und ſtehe es wahr ſehr gut. 
3. Denn er hat nicht einen Klumpen Erden nach dem andern / 
oder viel Klumpen Erden zu gleich genommen und Thiere daraus 
emacht / das bewaͤhret ſich nicht / und iſt mehr ein viehiſcher 
Gedancken als Menſchlich / ſondern wie vorhin ee! nach⸗ 
dem der Teuffel mit ſeinen Legionen gefallen / welcher ſeinen En⸗ 
gliſchen Sitz und Koͤnigreich im Loco dieſer Welt gehabt im er⸗ 
ſten Principio, corporlich nach Geiſtes Ahrt inſtehende / und 
init dem andern durchleuchtet recht im Paradeis und Goͤttli⸗ 
chen Krafft wohnend / aber aus Hoffart außem Liechte Gottes 
gefallen; und nach feiner eignen Mutter der Feuer⸗wurtzel ges 
griffen / vermeinend uͤber die Sanfftmuht des Hertzens Gottes 
zu herꝛſchen / ſo iſt ihm feine Wohnung im erſten principio, in 
der feuerigen finſtern Matrix blieben: Ihn hat GOTT die Aus⸗ 
gebuhrt aus der Matrix zu einem Principio erſchaffen / und in der 
ewigen Matrix in ihrem ſehnenden Willen auffgeſchloſſen / das 
Centrum oder Lebens⸗gebuhrt / alda iſt auffgegangen nach der 
Gottheit recht (in forma, wie ſich die ewige Gottheit von Ewig⸗ 
keit immer gebieret) das dritte Principium , in welchem die Gott⸗ 
heit gleich wie verborgen ſtehet / aber doch in allen Dingen ſich 
5 5 einbildet / das iſt nun dem Teuffel unbegreifflich und kein 
utze. | 

4. Es iſt aber das dritte Principium ein Gleichnuͤs der Para⸗ 
deiſiſchen Welt / welche geiſtlich iſt / und darinnen verborgen 
ſtehet / und hat ſich GOTT alſo offenbahret / dieweil die geiſt⸗ 
liche Welt der Engel in dieſem Loco nicht iſt beſtanden / ſo hat 
er dem Loso ein ander Principium gegeben / da doch ein Liecht 
auffgehet / und eine liebliche Wonne iſt. Denn der Fuͤrſatz Got⸗ 
tes muſte beſtehen / und muſten eher die erſten Creaturen in der 

Finſternuͤß bleiben. 
5. Alſo muß man nun die Matrix dieſer Welt mit den Ster⸗ 
nen und Elementen nicht anſehen / als wenn GOTT nicht alda 
waͤre: Seine ewige Weißheit und Krafft hat ſich mit dem Piat 
in alle Ding eingebildet / und er iſt ſelber der Werck⸗meiſter / und 
in 


Cap. 8. Goͤttliches Weſens. yi 


in dem Fiat ſeynd alle Ding herfuͤr gegangen / ein jedes in feiner 
tia, Krafft und Eygenſchafft. 

6. Denn gleichwie ein jeder Stern am Firmament eine ande⸗ 
re Eigenſchafft vorm andern hat; Alſo iſt die Mutter / darauß 
die quinta Eſſentia der Sternen iſt außgegangen auch / denn als 
die fewrige Geſtalt der Sternen von ihr getrennt ward / ſo iſt fie 
darumb vom erſten ewigen Gebuhrt⸗ recht nicht getrennt worden / 
ſondern hat ihre ewige Kraſſt behalten / alleine die erhobene 
Fewers⸗ macht iſt von ihr entſchieden / daß ſte eine liebliche Won⸗ 
ne iſt / und eine ſanffte Mutter ihrer Kinder. 

7. Als nun GOTT am erſten Tage hat den Klumpen der Er⸗ 
den in der groſſen Tieffe dieſer Welt zuſammen getrieben / ſo iſt 
die Tieffe lauter worden / aber finſter / und hat kein Liecht gehabt 
in der Matrix, als die quinta Eſſentia, das iſt / die fuͤnfte Ge⸗ 
ſtalt in der Matrix , hat als ein Fewer geleuchtet / in welcher der 
Geiſt Gottes mit dem Fiat auff der waͤſſerigen Matrix geſchwe⸗ 
bet / Ba iſt die Erde gantz wuͤſte und leer / auch kein Graͤßlein 
geweſen. | 

8. So fpricht nun Moſes / und GOTT ſprach: Es werde 
Liechte / und es ward Liecht. Dieſes Liecht iſt nun die fuͤnfte Ge⸗ 
ſtalt in der Matrix geweſen. Denn die quinta Eſſentia iſt noch 
nicht in der Matrix geſchaffen und entſchieden worden / biß an vier⸗ 
ten Tag / da GOTT Sonn und Sternen darauß geſchaffen hat / 
und das Liecht von der Finſternuͤß entſchieden. Da dann das Liecht 
die Krafft des Glantzes in ſich habhafft bekommen / und die 
Feuer⸗wurtzel im Centro in der Finſternuͤß verborgen blieben. 

9. Am andern Tage hat Go T die Faͤſte des Himmels ge⸗ 
ſchaffen / den ſtarcken Schlus zwiſchen die Finſternuͤß der uhr⸗ 
kundlichſten Martix, daß ſich dieſelbe nicht mehr entzuͤnde / und 
Erde und Steine gebaͤhre / darumb hat er den Schluß / oder Faͤ⸗ 
ſte aus dem Mittel des Waſſers gemacht / welches der Fewers⸗ 
macht wehret / und iſt worden der ſichtbahre Himmel / darauß die 
Geſchoͤpffe gangen ſind / darauß nun die Elemente / Fewer / Lufft 
und Waſſer außgehen. 

10. Den dritten Tag hat GOTT durch das Fiat die Waſſer 
auff Erden zertheilet / und an ſondere Oehrter geſchaffen / daß es 
eine Wonne ſey auff Erden / daß die Erden iſt trocken worden. 
Als nun dieſes geſchehen iſt / ſo hat GOTT das Geſchoͤpffe ge⸗ 
ſucht / und ſprach der ewige Vatter / das iſt / wuͤrckete durch den 
Sohn / welcher iſt ſein Hertze und Glantz im Fiat in der Erden. 
Da gruͤnete das Leben durch den Todt / und gieng auff * und 

raut 


„z .  DBondendreyPrincapin Cap.8. 
Kraut und allerley Bäume / allerley Kräuter / ein jedes nach der 
ewigen Quell / wie der war vorhin geweſen. Alſo wird eine jede 
Eſſentia ſichtbahr / und offenbahret GOTT feine ewige Krafft 
mit den mancherley Kraͤutern / Baͤumen und Stauden / daß wer 
das anſtehet / Gottes ewige Krafft und Weißheit erkennet / iſt 
er aber aus Gott gebohren / ſo erkennet er an allen Graͤſelein 
ſeinen Schoͤpffer / in deme er lebet. 

x, Alſo iſt in dieſer Stunde herfuͤr gegangen / alles was in 
der Erden lebet / und iſt die Matrix der Erden biß an dritten Tag / 
gleich wie im Tode geſtanden / von dem groſſen Sturm / aber im 
Fiat hat das Leben durch den Todt gegruͤnet / und hat ſich die ewige 
Krafft und Weißheit GOTTES an der blühenden Erden laſſen 
ſehen / welche ſich im Fiat hatte eingebildet. Hier iſt ein groß Ge⸗ 
heymnuͤß / wie Chriſtus der Menſch biß am dritten Tag in der 
Erden geweſen / und herwiederbracht die Zeit des Todes: Aber 
der Menſch wil zu blind ſeyn / und nichts wiſſen. 

12. Da ſiehet man das Gleichnuͤß der Paradeiſiſchen Welt 
gahr ſchoͤn. Denn obgleich viel tauſenderley Kraͤuter in einer 
Wieſen neben einander ſtehen / und eines je kraͤfftiger und ſchoͤner 
iſt als das ander / noch mißgoͤnnet keines dem andern ſeine Ge⸗ 
ſtalt / ſondern iſt eine liebliche Wonne in einer Mutter; Alſo iſt 
auch ein Unterſcheid im Paradeiſe / da eine jede Creatur nur feine 
groͤſte Frewde an des andern Krafft und Schoͤne hat / und iſt die 
ewige Krafft und Weißheit Gottes ohne Zahl und Ende / wie du 
vorne im dritten Capittel von Auffſchlieſſung der Centtorum des 
„ ewigen Lebens findeſt. Du wirft kein Buch finden / da du die 
Goͤttliche Weißheit koͤnteſt mehr inne finden zu forſchen / als 
4, wann du auff eine grüne und blühende Wieſe geheſt / da wirſtu 
die wunderliche Krafft Gottes ſehen / riechen und ſchmecken / 
wiewohl es nur ein Gleichnuͤß iſt / und iſt die Göttliche Krafft 
„ im dritten Principio materialiſch worden / und hat ſich GOTT 
„ im Gleichnuͤß offenbahret: Aber dem Suchenden iſts ein lieber 
3, Lehr⸗Meiſter / er findet gahr viel alda. 

13. Den vierdten Tag hat GOTT den Locum dieſer Welt recht 
beym Hertzen genommen; Denn da hat er den weiſen Meiſter 
aus ſtiner ewigen Weißheit im dritten Principio erſchaffen / als 
die Sonne und Sternen. Hierinnen ſtehet man erſt recht die 
Gottheit und ewige Weißheit Gottes als in einem hellen Spie⸗ 
gel / wiewol das für Augen ſichtbahre Weſen nicht GOTT ſelber 
iſt / ſondern es iſt die Göttin im dritten principio, welche endlich 
wieder in ihr æther gehet und ein Ende nimbt. 4 

14. Wie⸗ 


Cap.9. Goͤttliches Weſens. 7 
14. Wiewol man die Perlen nicht ſol auff den Weeg werffen / 
daß die Thiere darauff mit Fuͤſſen gehen / vielweniger den Saͤwen 
in die Traͤber zu verſchlucken. Denn der leichtfertigen Welt dieſes 
nichts nutze iſt / fie ſucht nur ihren Mißbrauch dadurch / denn 
der Teuffel / dem ſie dienet / lehret ſie das / fo fie nun den Grund 
des Himmels und der Sternen gelernet / ſo wil ſie G OTZ ſeyn / 
wie Lucifer auch thaͤt. So wil ich doch etwas ſchreiben vom Auff⸗ 
gang und Krafft der Sternen / dieweil der Menſch und alle Crea⸗ 
turen in derer Krafft / Trieb und Weſen leben / und ein jede 
Creatur ihre Eigenſchafft davon empfaͤhet / umb der Suchenden 
willen / welche gerne dem viehiſchen Menſchen entfliehen / und im 
rechten Menſchen / welcher Gottes Bilde und Gleichnuͤßz iſt / le⸗ 
ben wollen / denen iſts hochnötig zu wiſſen / auch umb der Li⸗ 
lien willen / ſo da waͤchſt im Baum des Grimmes gegen 
Mitternacht in der Matrix. 
15. Moſes ſchreibet / GOTT habe geſprochen: Es werden 
Liechter an der Feſte des Himmels / die da ſcheiden Tag und Nacht / 
und geben Zeichen / Zeiten / Tage und Jahr / und ſeyen Liechter 
an der Feſte des Himmels / daß ſie ſcheinen auff Erden. Und es 
ge ſchach alſo: und GOTT machte zwey groſſe Liechter / ein groß 
Liecht / das den Tag regiere / und ein klein Liecht / das die Nacht 
regiere / darzu auch Sternen. Und GOT ſetzte fie an die Feſte 
des Himmels / daß ſie ſchienen auff Erden / und den Tag und die 
Nacht regierten / und ſcheideten Liecht und Finſternuͤß. 

16. Ob nun wol Moſes recht geſchrieben / daß fie ſollen Tag 
und Nacht regieren / auch Liecht und Finſternuͤß ſcheiden / auch 
Zeiten / Jahr und Tage machen: So iſts doch dem begierlichen 
Leſer nicht gnug verſtanden / denn man findet gahr ein hohes in 
der Sternen Krafft und Gewalt: Als / wie alles Leben / Ge⸗ 
waͤchß / Farben und Tugend / Dickes und Duͤnnes / Kleines und 
Groſſes / Gut und Boͤſe durch ihre Krafft herruͤhre / darumb ſich 
dann auch die weiſen Heyden vergaſſet / und ſie fuͤr GOTT ge⸗ 
ehret. Darumb wil ich etwas von ihrem Uhrkund ſchreiben / ſo 
weit mir dißmahl zugelaſſen wird / umb der Suchenden willen / 
welcher der Perlen begehren. Aber den Saͤwen und anderen wil⸗ 
den Thier⸗menſchen hab ich nichts geſchrieben / welche die Perlen 
in Dreck traͤten / und den Geiſt der Erkaͤntnuͤß ſpotten und ver⸗ 
achten; Die mögen mit der erſten Welt der Suͤnd⸗fluht des 
Fewers gewarten / und ſo ſie nicht wollen Engliſche Bildnuͤß tra⸗ 
gen / fo muͤſſen fie Löwen und Drachen / auch boͤſer Wuͤrmen 
und Thiere Bildnuͤß tragen / wenn 5 ihnen ja nicht wollen 10 > 

en 


74 Von den drey Principien Cap. 8“ 


fen rahten / daß ihnen Go helffe / fo muͤſſen fie doch erfah⸗ 
ren / ob ihnen die Schrifft der Weiſſagung wird luͤgen. 

17. Der Evangeliſt Johannes ſchreibet vom Uhrkunde der 
Weſen und Geſchoͤpffe dieſer Welt alſo gantz hoch und recht / als 
man ſonſt in keiner Schrifft in der Bibel findet: Im Anfang 
war das Wort / und das Wort war bey GOTT / und Go TT 
war das Wort / daſſelbe war im Anfange bey GOTT: Alle 
Ding ſind durch daſſelbe gemacht / und ohne daſſelbige iſt nichts 
gemacht / was gemacht iſt. In ihme war das Leben / und das Le⸗ 
ken war das Liecht der Menſchen / und das Liecht ſchiene in der 
Finſternuͤß / und die Finſternuͤß habens nicht begriffen. 

18. Siehe was Johannes ſaget: Im Anfange der Schoͤp⸗ 
fung / und vor Zeiten der Welt iſt geweſen das Wort / und das 
Wort iſt GOT geweſen / und im Wort iſt das Liecht geweſen / 
das hat in der Finſternuͤß geſchienen / und die Finſternuͤß hats 
nicht können faſſen. Da verſtehet man klar x. wie das ewige Liecht 
Got ſey / und verſteheſt 2. wie es in der ewigen Krafft feinen 
ewigen Uhrkundt habe / und verſteheſt 3. wie es das ewige Wort 
ſey / das in der Finſternuͤß ſcheine. Weil dann daſſelbe Wort an 
allen Orthen hat alles geſchaffen / ſo iſts auch an allen Orthen 
geweſen / denn ohne daſſelbe iſt nichts gemacht. 

19. Nun hat daſſelbe Wort keine Materia gehabt / darauß es 
etwas gemacht hat / ſondern aus der Finſternuͤß hats alle Ding 
geſchaffen und ans Liecht gebracht / das es erſcheine und da 
ſey. Dan in ihme war das Leben / und er gab das Leben ins Ge⸗ 
ſchoͤpffe; Und das Geſchoͤpfft iſt aus feiner Krafft / und die Krafft 
iſt matetialiſch worden / und das Liecht ſcheinet darinnen / und 
die materialiſche Krafft kans nicht ergreiffen / denn fie iſt im Fin⸗ 
ſternuͤß. Weil aber die materialiſche Krafft nicht kan das Liecht 
ergreiffen / das von Ewigkeit in der Finſternuͤß ſcheinet: So 
hat ihm GOTT ein ander Liecht gegeben / das aus der Krafft 
worden iſt / als die Sonne / die leuchtet in dem Geſchoͤpffe / daß 
das Geſchoͤpffe im Liechte und offenbahr ſey. 

20. Denn 1. gleich wie die Gottheit iſt die Krafft und Liecht 
des Paradeiſes im andern Principio; Alſo iſt die Sonne die 
Krafft und Liecht dieſer materialiſchen Welt im dritten Prinei- 
pio. Und 2. wie die Gottheit ſcheinet in der ewigen Finſternuͤß 
im erſten Principio; Alſo ſcheinet die Sonne in der Finſternuͤße 
im dritten Principio: Und 3. wie die Gottheit iſt die ewige 
Krafft und der Geiſt des ewigen Lebens; Alſo iſt die Sonne die 
Krafft und der Geiſt in dem zerbrech lichen Leben. | 9 f 

ö , 21. Nun 


Caps. Göttliches Weſens. 75 
"27, Nun iſt ein Geiſt anders nichts / als ein auffſteigender 


Wille / und im Willen iſt die Aengſtlichkeit zur Gebuhrt / und 
in der Aengſtlichkeit gebieret ſich das Fewer / und im Fewer das 


Kiecht / und vom Liechte wird der Wille freundlich / lieblich / mil⸗ 


de und ſuͤſſe / und im ſuͤſſen Willen gebieret ſich die Krafft / und 
aus der Krafft gebieret ſich das Reich und die Herrlichkeit. Alſo 
behält das Liecht die Macht / wo das verleſchet / ſo hoͤret auff die 
Krafft und Herrlichkeit / und auch das Reich. | 

22. GHTT der daift das ewige Liecht / der iſt der ewige Wil⸗ 
len / der ſcheinet in der Finſternuͤß / und die Finſternuͤß hat er⸗ 
griffen den Willen / und im ſelben Willen den die Finſternuͤß 
ergrieffen / gehet auff die Aengſtlichkeit / und in der herben 
Aengſtlichkeit das Fewer / und im Fewer das Liecht / und aus 
dem Liechte die Krafft / und aus der Krafft das Reich. Nun iſt 
worden aus dem Fewer das Geſtirn / und ferner die Sonne / und 
aus der Krafft der Himmelen / und das Reich iſt Gottes. Die⸗ 
ſes alles war im erſten Willen in der Schoͤpffung untereinan⸗ 


der. Da ſcheidet GOTT den fewrigen Willen vom milden Liech⸗ 


tes Willen / und hieß den fewrigen / Sternen / und den milden / 
Himmel / wegen jeders Krafft. 

23. Die Sonne iſt die Goͤttin im dritten Prineipio in der ge⸗ 
ſchaſſenen Welt / verſtehe in der materialiſchen Krafft / die iſt 
außgegangen aus der Finſternuͤß in der Aengſclichkeit des Wil⸗ 
lens / auff Ahrt und Weiſe der ewigen Gebuhrt. Denn als das 
Sieht Gottes das Fiat ſetzete in die Finſternuͤß / fo hat die Fin⸗ 
ſternuͤß den Willen Gottes empfangen / und iſt ſchwanger wor⸗ 


den zur Gebuhrt / der Wille macht die Herbigkeit / das Anzie⸗ 


hen und das Regen des Anziehens zur Beweglichkeit macht die 
Bitterkeit / die Bitterkeit das Wehe / und das Wehe macht die 
Aengſtlichkeit / und die Aengſtlichkeit machet das Ruͤgen / Bre⸗ 
chen und Auffſteigen. Nun kan die Herbigkeit das Ruͤgen nicht 
erdulden / und zeucht viel haͤrter an ſich / und die Bitterkeit oder 
das Anziehen laͤſſet ſich nicht halten / ſondern bricht und ſticht alſo 
harte im anziehen / bis es die Hitze erwecket in welcher auffgehet 
der Blitz / und vom Blitz erſchricket die finftere Herbigkeit / und im 
Schrack zündet ſich an das Fewer / und im Feuer das Liecht. Nun 
würde alda keindiecht wenn nicht der Schrack inder Herbigkeit ge⸗ 
ſchehe / ſondern bliebe nur Fewer: Der Schrack aber in der Herbig⸗ 
keit vom Fewer ertödtet die harte Herbigkeit / daß fie wie zu bodem 
unter ſich ſincket / und wird wie todt und ſanfte / und wann ſich 
der Blitz in der Herbigkeit ar fo erſchricket er viel ſehrer / 
. 4 i 


76 Von den drey Principien Cap. 8. 


in dem er die Mutter fo milde und halb ertödtet in ohnmacht fit 
det / in dieſem Schrack wird fein fewrig Recht weiß / ſanfte und 
milde / und iſt des Liechts Anzuͤndung / da das Fewer in eine weiſ⸗ 
ſe Helle verwandelt wird. 

24. Auff eine ſolche Arth iſt im Fiat auffgangen die Sonne / 


und aus der Sonnen in ihrer erſten Anzuͤndung die andern Pla- 


neten, als uͤber ſich aus der wuͤttenden Bitterkeit / Mars, wel⸗ 
chen der Sonnen Glantz / als ihn der erblicket / gehalten / und aus 


der Sonnen Krafft / welche ſich hoͤher erhoben / der Jupiter im 


Centro vom Fiat gefangen / und aus der aͤngſtlichen Kammer Sa- 
turnus ; Unter ſich Venus von der ſanften Mildigkeit / als die 
Herbigkeit überwunden wurde / und fanfte/ ſuͤſſe / gleich dem 
Waſſer unter ſich ſanck / als ſich das Liecht anzuͤndete: ſo wurde 
aus dem herben Grün die Liebe und Demuͤhtigkeit / welche unter 
ſich ſtieg / und aus der uͤberwundenen Kraft in der Herbigkeit 
Mercurius, darinnen ſtehet die Wiſſenſchaft / was im uhrkun⸗ 
de vorm Liechte ſey. Als aber das Liecht die Krafft im Loco der 
Sonnen materialiſch machete / gleich wie auff irꝛdiſche Ahrt / der 
Mond. 

25. Wiewohl die Welt dieſes nicht begreiſt / ſondern verſpot⸗ 
tet es nur / ſo wil ich alhier weiter die Perlen nicht den Saͤuen 
geben : denn es gehoͤret ein ander Licht zu dieſer Erkaͤntnuͤß / wil 
ichs übergehen und fortfahren. 

26. Auß der Aengſtlichkeit der Finſternuͤß / als GO T das Fot 
darein geſprochen / ſind auffgangen alle Ding: Die Aengſtligkeit 
uhrkundet ſich im Fiat, und das Fiat im Willen / und der Wil⸗ 


le iſt ewig ohn Uhrkund / denn er iſt in GO T T die Matrix der 


Gebaͤhrerin. 

27. Nun it GOTT unſichtbahr / und der Wille auch un⸗ 
ſichtbahr / und die Matrix auch unſichtbahr / und find doch im We⸗ 
ſen / und ſind von Ewigkeit / und bleiben in Ewigkeit / und das 
Wort iſt die Krafft des Willens / und die Krafft macht das Fiat, 
und das Fiat machet das Reich / und das iſt alles gleich ewig in 
einem Weſen. Der Wille hat von Ewigkeit gebohren das Wort / 
und das Wort die Krafft / und die Krafft den Geiſt / und im 
Geiſt iſt das Liecht / und im Liechte die Macht / Verſtaͤndtnuͤtz 
und Erkaͤntnuͤß / ſonſt waͤre alles ein Nichtes. 5 

28. Daſſelbe Liecht hat in der Erkaͤntnuͤß und Verſtaͤndnuͤß 
gewuͤrcket und gebohren ein Gliechnuͤß feines Weſens / und das 
Weſen / das da wuͤrckete / war das Fiat, und daͤs Fiat formete 
die Gleichnuͤß / welche eee eee 


Cap. 8. Goͤttliches Weſens. 77 
und machte fie ſichtbar. Und die Gleichnuͤß ward gebohren aus 
der Finſternüß / aus dem ewigen Nichts / und da doch etwas war 
als der Uhrkund der Aengſtligkeit / darauß ſich ter ewige Wille 
von Ewigkeit uhrkundet. 
29. Nun hat die Gleichnuͤß aus dem Fiat auch empfangen er⸗ 
nen ſolchen Willen / wie der ewige Wille iſt / und hut gebohren 
die Krafft / und die Krafft iſt der Himmel / und das ziecht / fo in der 
Krafft iſt ſcheinend worden / iſt die Sonne / und die wuͤrcket in 
der Krafft / das da iſt Verſtaͤndnuͤß und Erkaͤntnüͤß / ſonſt wäre 
in dieſer Welt alles ein unbeweglich Weſen / und laͤge alles ſtille / 
auch wüchfe kein Kraut noch Graf. 5 

30. Nun iſt im Fiat aus der aͤngſtlichkeit aufgangen das Gleich⸗ 
nuͤß / der Erkaͤntnuͤß und des Verſtandes / das iſt das Geſtirn / 
und iſt die fuͤnffte Geſtalt im Fiat der Gebuhrt / und das Fiat hat 
die Geſtalten in der Gebuhrt entſchieden / daß jeder Eſſentia ſey 
beſonder / als harte / weich / dicke / duͤnne / hitze / kaͤlte / bitter / 
herbe / ſawr / ſuͤſſe und ſo fort / wie fuͤr Augen iſt / und in der 
Matrix des Himmels iſt blieben. Der Geiſt gehet von ihr aus / 
als die Lufft / und der Geiſt empfaͤhet vom Geſtirn die Verſtaͤnd⸗ 
nuͤß / denn das iſt ein Glidt im andern in einer Mutter. 

31. Nun iſt die Matrix, als der geſchaffene Himmel im Piat 
mit den Sternen das Gleichnuͤß / deß / das von Ewigkeit geweſen 
iſt / wiewol nicht ſichtbar: Und das Fiat iſt im Gleichnuͤß / und 
das Paradeiß / da die Engel inne wohnen iſt in der Matrix ver⸗ 
borgen / und Go im Paradeiß ſcheinend und doch unbegreiſ⸗ 
lich / ſo wenig der Sonnen Glantz mag ergrieffen werden. 

32. Nun iſt GOTT unmaͤßlich / und die Gleichnuͤß iſt auch 
unmaͤßlich. Er iſt in der Gleichnuͤß / und die Gleichnuͤß begreiſt 
ihn nicht / die Gleichnuͤß iſt fein Werck / und das Piat iſt der 
Werck⸗Meiſter / das Geſtirn iſt der Werck⸗zeug / die Matria 
mit den Elementen iſt die Materia, darauß der Meiſter ſchnitzet 
und machet. N 

3. Run machet der Meiſter immerhin ohn bedacht / was er 
trift / daß machet er / denn der Bedacht iſt im Wercke. Darumb 
ſtehet die gantze Natur in greffen ängften und ſaͤhnen von der 
Eytelkeit loß zu werden. Wie die Schrifft ſolches auch bezeuget / 
dieweil ſte in ſich ſchmecket das Paradeis / und im Paradeis die 
Volkommenheit / fo aͤngſtet und erhebet fie ſich nach dem Liechte 
Gottes und Paradeis / und bringet in ihrer Aengſtlichkeit immer 
her fuͤr was ſchoͤners / hoͤhers und newes / wie das in der Men⸗ 
ſchen Gemuͤthe gnugſam W verſtanden wird / auch ei⸗ 

ö 3 nem 


* 


78 Von den drey Principien Cap. 8. 

nem geringen Verſtande gar ſichtlich iſt / daß alſo im Wer⸗ 

cke immer was wunderliches an Tag komt / wie das an Men⸗ 

Be! Thieren / ja an Kraut und Graß zu ſehen iſt / biſtu nicht 
ind. \ 

34. Alſo hat GOTT aus der Krafft durch das Fiat das Gleich» 
nuͤß ſeines Weſens am vierdten Tage zugerichtet / daß es ſey eine 
Matrix, die gebähre alle feines Weſens ein Gleichnuͤß aus der 
Weißheit / ſo von Ewigkeit in ihme geweſen iſt / daß alle Ge⸗ 
ſtaͤlte her fuͤr giengen und ſichtbahr würden / ſo von Ewigkeit in 
der Matrix geweſen find / und das Gleichnuͤß der vielerley ja un⸗ 
erforſchlicherley Ahrt / Krafft und Tugend ſind die Sternen / die 
geben ihre Krafft alle in die Matrix des Himmels / und der Him⸗ 
mel gibt denſelben Geiſt den Creaturen / alſo gehen alle Creatu⸗ 
ren nach demſelben Weſen einher / und werden nach demſelben 
Geiſt formiret / der iſt ihr Krafft / Geiſt und Leben. 

35. Als nun GOTT ſolches am vierdten Tage vollendet hatte / 
ſahe er ſolches an und betrachtets / und es war gut / wie Moſes 
ſchreibet. Da wolte GOTT in ſeinem ewigen Willen / daß dis 
Reich oder Principium auch Creatuͤrlich waͤre / wie das volkomme⸗ 
ne Reich deß Paradeiſes / daß lebendige Creaturen darinnen waͤ⸗ 
ren. Und der Wille ſetzete die Krafft / welches iſt das Wort ins 
Fiat, da gebahr die Matrix allerley Creaturen am fuͤnfften Tas 
ge / jedes nach ſeiner Ahrt. Die Ahrt muſtu ſo verſtehen / als 
80 Ahrt die Matrix iſt wie du diß am Geſtirn magſt er⸗ 

innen. a 

36. Nun werde ich dem Meiſter in ſeinem gekroͤneten Huͤtlein 
in ſeine Schule fallen / der wird fragen worauß die Thiere / Voͤgel / 
Fiſche und Wuͤrme ſind gemacht worden? Denn er wil haben es 
ſey alles aus Erden gemacht / und bewehret das aus Moſe / und 
er verſtehet doch den Moſen ſo wenig / als das Paradeiß / wel⸗ 
ches er alles wil alleine leiblich haben / darumb iſt ein groſſer Todt 
im Verſtande. Wiewol ich Teutſch genug ſchreibe / ſo werde ich 
doch demſelben Tode in der unverſtaͤndigen Seele auch noch ſtum 
ſeyn / dafuͤr kan ich nun nicht: Es heißet / Ihr muͤſſet von ne⸗ 
wen gebohren werden / wolt ihr das Reich Gottes ſehen. Wilſtu 
diß wiſſen / ſo lege das Huͤtlein der Hoffahrt in deinem Gemuͤh⸗ 
te beyſeyte / und ſpatzire mit in Paradeiſiſchen Roſen⸗Garten / 
da findeſtu Kraut ſtehen / ſo du deſſelben iſſeſt / ſo werden deine 
Augen auffgethan / daß du es erkenneſt / und ſieheſt was Moſes 
geſchrieben hat. > 

37. Die Gloſſen, fo über dem Moſe aus e 

f e 


Capı8. Goͤttliches Weſens. 79 


ſetzt find / werden dirs Paradeiß nicht zeigen / viel weniger 
den Schöpfer. Der Prophet und Apoſtel hat in der Paradeiß⸗ 
Schule in einer Stunde mehr gelernet / als der Doctor in ſeiner 
Schule in dreißig Jahren. Es lieget nichts am eigenen Witz / 
wem GOTT wil dem giebt Ers umbſonſt / es iſt umb kein Geldt 
oder Gunſt zu kauffen / das wird dir König Salomon ſagen. 
So wir ja nun wolten alſo irꝛdiſch geſinnet ſeyn / und wolten 
dencken / GO T hätte alle Thier bloß auß Erd⸗Klumpen ges 
macht / worauß iſt dann ihr Geiſt gemacht? fintemahl die Era 
de doch nicht Fleiſch / und das Bluth nicht bloß Waſſer / auch die 
Erde und das Waſſer kein Leben iſt? Und wenn gleich die Lufft 
drein komt / fo bleibts doch nur eine Eſſentia, welche nur im 
Fiat gruͤnet / und die Tinctur, welche im Fewr auffgehet / iſt 


verborgen / davon das edle Leben ruͤge wird. 


38. Moſes ſchreibet alſo: Und GO ſprach / es gehen her⸗ 
fuͤr allerley Thier / ein jegliches nach ſeiner Ahrt. Iſt die Frage / 
worauß ſolte es gehen ? Aus der Matrix, wer iſt die Matrix dar⸗ 
auß die Thiere ſolten gehen ? Es ſind die vier Klementa, ſo in 
der Erden gleich fals find. Das Fiat hat herauß gebracht die Thie⸗ 
re gantz ungeſchickt / wie ſie im Weſen ſind / nicht vom Himmel / 
ſondern auß der Erden Matrix: Und die Matrix der Erden iſt 
mit der Matrix der Tieffe über der Erden ein Ding / ein Regi⸗ 
ment: Das Geſtirn herꝛſchet in allem / und iſt der Limbus oder 
Mann / darinnen die Tinctur ſtehet / und in der Erden Matrix 
iſt der Geiſt Aquaſtriſch. Alleine darumb find ſte aus der Erden 
Matrix herauß gangen / daß ſie der Erden Eſſentiæ waͤren / daß 
ſie eſſen von der Frucht / ſo auß der Erden waͤchſet. Denn einem 
jeden Geiſt luͤſtert nach feiner Mutter / darauß er iſt. . 

39. So nun das Thier bloß aus einem Erden⸗Kloß waͤre / ſo äffe 
es Erde / ſo es aber aus der Matrix der Erden iſt durchs Fiat her⸗ 
fuͤr gegangen / ſo begehret es auch ſolche Speiſe / welche die Ma⸗ 
trix aus ihrer Eſſentia herfür giebt / und iſt nicht Erde / ſondern 
Fleiſch / das Fleiſch aber iſt ein Menſch oder Maſſa, darauß iſt 
worden das Corpus, und der Geiſt des Geſtirns machet darin 
nen die Tinctur, der als in einer Mutter uͤberall herꝛſchet / und die 
Verſtaͤndnuͤß in allen Leben dieſer Welt machet. Denn der Geiſt 
des Geſtirns herꝛſchet in allen Dingen / in Erde / Steinen / Mes 
tallen / Elementen und Creaturen. 

40. Denn es iſt im Anfang der Schöpfung alles aus einem 
Weſen erbohren / zur Zeit / da die Erde materialiſch ward / und 
aſt nur eine Entſcheidung von a geſchehen / darumb iſt je 

4 ein 


80 Von den drey Principien Cap. 8. 


ein hefftiger Hunger in einem jeden / eines nach dem andern: 
wie du deſſen ein Exempel haſt an der Fortpflantzung / umb wel⸗ 
ches willen die Scheidung auch alſo geſchehen iſt. Denn du fies 
heſt / daß ein Maͤnnlein und ſein Weiblein iſt / und je eines des 
undern hefftig zur Vermiſchung zubeſaamen begehret / das iſt ein 
groß Geheimnuß. Siehe da der Schöpfer durchs Fiat die Matrix 
geſchieden / da hat er die fuͤnffte Geſtalt in der Matrix von dem 
Aquaſter geſchieden. Denn die fünfte Geſtalt iſt Him̃liſch und un⸗ 
erbrechlich / weil diß Reich der Welt ſtehet / und die Wurtzel der 
fuͤnfften Geſtalt haͤlt das Paradeiß. Ich wils verſtaͤndlicher ſetzen 
umb der begierigen Einfalt willen. 

42. Siehe wie ofte gemeldet / als auffgegangen iſt im Fiat in 
der aͤngſtlichen Matrix der finſtern Herbigkeit das Fewer im bre⸗ 
chenden Rade in der Anzuͤndung / und im Fewer das Liecht der 
Sonnen und aller Sternen / da iſt in der herben Matrix / welche 
vom Liechte duͤnne / demuͤtig und marerialifch zu Waſſer worden 
iſt / auffgangen der holdſeelige Quell der Liebe / daß eine Geſtalt 
die ander hefftig liebet wegen der Sanfftmuht des Liechtes / wel⸗ 
ches in alle Geſtaͤlte kommen war. Nun war aber die Sanfft⸗ 
muht ein newes Kind / das nicht im finſtern Uhrkund in der aͤngſt⸗ 
lichkeit war / und daſſelbe Kind war das Paradeiß: Weils aber 
nicht in der materia ſtund / fo konte es die Matrix der Herbigkeit 
nicht ergreiffen / ſondern gab ſich aus gantz begierig und ſaͤhnend 
mit groſſem Willen nach dem Fewr und Bitterkeit / zu ergreiffen 
den freundlichen Quell der Liebe / und konte ihn doch nicht faſſen / 
denn er war Paradeiſtſch / und alſo ſtehet fie noch in der groſſen 
Saͤhnligkeit / und gebieret Waſſer. N 

42. Nun hat aber Gott das Fewer als die Quinta Eſſentia oder 
ſuͤnffte Geſtalt vom Waſſer entſchieden / und daraus Sternen ge⸗ 
macht / und das Paradeiß iſt in der Matrix verborgen: So begeh⸗ 
ret nun die Waſſers⸗Mutter mit groſſem Ernſt die Fewers⸗ 
Mutter / und ſuchet das Kind der Liebe / und die Fewers⸗Mutter 
ſuchts in der Waſſers⸗Mutter / als da es gebohren ward / und iſt 
tin hefftiger Hunger zwiſchen ihnen eines nach dem andern / ſich 
zu vermiſchen. 7 

43. Nun ſprach Gott: Es gehen herfuͤr allerley Thiere / ein 
jedes nach feiner Art. Da iſt aus jeder Effentie Art herfür ge⸗ 

gangen das Maͤnnlein und ſein Fräwlein. So ſich nun der 

Sternen⸗geiſt / oder der Geiſt in der Fewer⸗geſtalt / durch ſein 

Saͤhnen uit dem waͤſſeriſchen vermiſchet hatte / ſo giengen aus 

einer Eſſentiazwey Geſchlechte / eines nach dem Limbo in enge 
. eſtalt, 


Caps. Söͤttliches Weſens. 37 
Geſtalt / das ander nach dem Aquaſter in waͤſſeriger Geſtalt / doch 
alſo vermiſchet / daß ſte am Leibe gleiche waren. Alſo wurde das 
Maͤnnlein nach dem limbo oder Fewers⸗geſtalt qualificiret / und 
das Weiblein nach dem Aquaſter, oder waͤſſerigen Geſtalt. 

44. Alſo iſt nun eine hefftige Begierde in den Creaturen / der 
Sc des Maͤnnleins ſucht das liebe Kind im Weiblein / und das 
Weiblein im Maͤnnlein. Denn die Unvernunfft des Leibes in 
den unvernuͤnfftigen Ereaturen wriß nicht was es thut / ſein Leib 
wuͤrde ſich nicht alſo hefftig zur Fortpflantzung bewegen / es weiß 
auch wol nichts von der Schwaͤngerung: Allein ſein Geiſt nach 
dem Kinde der Liebe iſt alſo entbrandt / daß es die Liebe ſucht / wel⸗ 
che doch Paradeiß iſt / und nicht kan ergreiffen / fondern macht nur 
einen Saamen / dar innen wieder das Centrum zur Gebuhrt iſt. 
Und alſo iſt der Uhrkund beyder Geſchlechte und ihrer Fortpflan⸗ 
tzung. Aber das Paradeiſtſche Kind der Liebe erreichen fie nicht / 
ſondern es iſt ein hefftiger Hunger / alſo gehet die Fortpflantzung 
mit groſſem Ernſt. 5 

45. Daß ich aber nun ſchreibe / wie die Sternen / fo wol in allen 
Thieren und Creaturen herꝛſchen / und daß alle Creatur in der 
Schoͤpffung der Sternen⸗geiſt habe empfangen / und daß noch 
alles in derſelben Regiment ſtehet / wird der Einfältige nicht 
glauben wollen / wiewol es der Doctor weiß / den weiſe ich an die 
Erfahrung: Siehe ein Maͤnnlein und ein Fraͤwlein zeugen 
Junge / und das oͤffter; nun kommen ſte aus einem Leibe / und ha⸗ 
ben doch nicht einerley Art / Farbe und Tugend / auch Geſtalt des 
Kibes / das macht alles der Sternen Aenderung. Denn wenn 
der Saame geſaͤet iſt / ſo machet der Schnitzer daraus ein Bilde / 
wie er wil / zwar nach der erſten Eſſentia, die kan er nicht aͤnderen / 
aber den Geiſt in der Eſſentia giebt er ihm nach feinem Gewalt / 
mit Sitten und Sinnen / Farben und Gebaͤrden / wie er iſt / und 
wie das Geſtirn zur Zeit wenn es feinen Odem von der Lufft holet / 
in feiner Eſſentia iſt im boͤſen oder guten / zu beiſſen / ſtoſſen / ſchla⸗ 

gen / auch zur Sanfftmuth: Alles wie der Himmel diß⸗ 

i mahl tſt: Alſo wird auch des Thieres Geiſt 

f und Willen. 


5 Das 


82 Von den drey Principien Cap. 9. 


Das 9. Capittel. 


Vom Parade iß / und dann von aller Creatur Ver⸗ 
gaͤngligkeit / wie alles feinen Anfang und Ende 
nimt / und zu waſerley Ende es allhie 
erſchienen iſt. 


Die edle hoch⸗theure Pforten der vernüͤnff⸗ 
tigen Seelen. 

x. Ein Geld noch Gut / weder Kunſt noch Macht wird 
dich bringen zur ewigen Ruhe der ewigen Sanfft⸗ 
muth des Paradeiſes / alleine die edele Erkaͤndnuͤß / 
darein kanſtu deine Seele wicklen / das iſt die Per⸗ 

le die keine Motte friſt / und kein Dieb ſtielet / 
darumb ſuche die / ſo findeſtu einen edelen Schatz. 

2. Unſer Wiſſen und Erkaͤntnuͤß iſt uns alſo harte zerrun⸗ 
nen / daß wir keine Erkaͤndnuͤcß mehr vom Paradeiß haben / es ſey 
dann daß wir wieder new gebohren werden / durch das Waſſer 
und Heiligen Geiſt / ſonſt ligt uns immer die Decke Moyſts vor 
unſern Augen / wann wir ſeine Schrifften leſen / und vermeinen 
daß ſey das Paradeiß geweſen / davon Moſes ſaget: Gott habe 
Adam in den Garten Eden geſetzet / den er gepflantzet hatte daß er 
den bawe. 

3. Mein lieber Menſch es iſt nicht das Paradeiß / Moſes ſa⸗ 
get ſolches auch nicht / ſondern es iſt der Garten in Eden geweſen / 
da fie find verſucht worden / davon du beym Fall Adams findeſt. 
Das Paradeiß iſt die Böttliche Wonne / die iſt in ihrem eigenen 
Gemuͤthe geweſen / da ſte in Gottes Liebe waren. Als aber der 
Ungehorſam kam / wurden fie ausgetrieben / und ſahen daß fie na⸗ 
ckend waren / denn es empfing ſie zur Stunde der Geiſt dieſer 
Welt / darinnen eytel Angſt / Noth / Kummer und Elend iſt / und 
endlich die Zerbrechlichkeit und der Todt. Darumb war es 
Moth / daß das ewige Wort Fleiſch ward / und fuͤhrete fie wieder 
in die Paradeiſtſche Ruhe / davon du an ſeinem Orte findeſt beym 
Falle des Menſchen. 

4. Das Paradeiß hat ein ander Prineipium, denn es iſt die 
Goͤttliche und Engliſche Wonne / aber nicht auſſer dem Loco dieſer 
Welt / wol auſſer der Krafft und Quell dieſer Welt / es mags auch 
der Geiſt dieſer Welt gar nicht begreiſſen / viel weniger einige 
Creatar / denn es ſtehet nicht in der aͤngſtlichen Gebuhrt / und obs 
gleich alſo ſeinen Uhrkund empfangen / ſo ſtehets doch in 5 57 


Volle 


Cap.  Göttliches Weſens. 83 


Vollkommenheit / in eytel Liebe / Frewd und Wonne / da kein 
Furcht iſt / auch kein Todt noch Auaal; Kein Teufel kan das 
beruͤhren / kein Thier erreichet das. 

5. Wann wir aber wollen reden von des Paradeiſes Quell 
und Frewde / und von feinem hoͤchſten Weſen / was das ſey / fo 
haben wir kein Gleichnuͤß in dieſer Welt / wir duͤrfften Engels⸗ 
Zungen darzu / und Engliſche Erkaͤndtnuͤß / und ob wir die haͤt⸗ 
ten / ſo koͤnnen wirs doch mit dieſer Zungen nicht reden. Im 
Gemuͤthe ſo die Seele auff dem Paradeiſiſchen Braut⸗ wagen 
faͤhret / wird es wohl verſtanden / aber mit der Zungen koͤnnen 
wirs nicht erheben: jedoch wollen wir das Abe nicht weg⸗werf⸗ 
fen / und derweil mit den Kindern reden / biß uns ein anderer 
Mund zu reden wird gegeben werden. 7 

6. Als Gott die Thier geſchaffen hatte / brachte er die zu A⸗ 
dam / daß er ihnen Nahmen gebe / einem jeden nach ſeiner Eſſentia 
und Art / wie das qualificirt war. Nun war Adam im Garten 
Eden in Hebron / und auch zugleich im Paradeiß: Kein Thier 
aber kan ins Paradeiß gehen / denn es iſt die Göttliche und En⸗ ;, 

gliſche Wonne / darinnen nichts Unreines iſt / auch kein Todt 
oder zerbrechlich Leben / viel weniger die Erkaͤndnuͤß Boͤſes und 
Gutes: Da doch Moſes ſchreibet / daß in dem Garten Eden fen 
geweſen der Verſuch⸗Baum / der getragen hat die Erkaͤndtnuͤß 
Boͤſes und Gutes. Welches zwar wohl kein anderer Baum ge⸗ 
weſen / als wir noch von Baͤumen eſſen in der Zerbrechlichkeit / und 
auch kein anderer Garten / als wir noch haben / da irꝛdiſche Frucht 
waͤchſet / boͤß und gut / wie fuͤr Augen iſt. 

7. Allein das Paradeiß iſt etwas anders / und doch auch kein 
anderer Ort / aber in einem andern Principio, da GOtt und Engel 

wohnen / und da die Vollkommenheit iſt / da eitel Liebe / Frewd 
und Erkaͤndnuͤß iſt / da keine Quaal iſt / welches der Todt und 
Teuffel nicht beruͤhren / auch nicht wiſſen / welches doch weder 
Erde noch Steine zur Fuͤr⸗mauren hat. Es iſt aber eine folche 
Klufft zwiſchen dem Paradeiß und dieſer Welt / daß die da wol⸗ 
len von dannen hinein fahren / koͤnnen nicht / und die von ihnen 
wollen zu uns fahren / können auch nicht / und die Hölle mit dem 
Reich der Finſternuͤß iſt darzwiſchen / und kan niemand hinein 
reichen / als durch eine newe Gebuhrt / davon Chriſtus redet zu 
Nicodemo: Die Seelen der Heiligen und Newgebohrnen muͤſ⸗ 
ſen durch den Todt der Finſternuͤß hinein gehen / welche der 
Ertz⸗hirte JEſus Chriſtus mit den Engeln auff ſeinem Braut⸗ 
wagen hinein führet / davon du an ſeinem gebuͤhrendem Orte in 
der Ordnung findeſt. D 6 8. Die⸗ 


— 


84 Von den drey Principien Cap. 9. 


8. Dieweil mir aber aus Gnaden der Goͤttlichen Krafft iſt et⸗ 
was verliehen worden / zu erkennen den Weeg zum Paradeiß / 
und einem jeden gebuͤhret Gottes Werd zu wuͤrcken / darinnen 
er ſtehet / davon dann auch Gott wil von einem jeden Rechen⸗ 
ſchafft ſorderen / was er gearbeitet hat in feinem Tage⸗werck in 
dieſer Welt / und wil ſein Werck / ſo er einem jeden gegeben mit 
Nutze forderen / und nicht leer haben / oder dem faulen Knechte 
Haͤnde und Fuͤſſe binden / und ihn in die Finſternuͤß werffen / da 
er doch wuͤrcken muß / aber in der Aengſtlichkeit / und in Vergeſ⸗ 
ſung ſeines ihme allhie gegebenen Tage⸗wercks / darinnen er ein 
unnuͤtzer Knecht erfunden worden. 

9. So wil ich doch mein Tage⸗werck nicht fo gar uͤbergehen / 
ſondern arbeiten auff dem Weege ſo viel ich kan / und ſolte ich 


gleich kaum koͤnnen auff dieſem hohen Weege die Buchſtaben 


zehlen / ſo wirds doch ſo hoch ſeyn / daß mancher ſein Leben lang 
wird dran zu lernen haben; der vermeinet / er wiſſe es gar wohl / 
wird noch nicht den erſten Buchſtaben vom Paradeiß erlernet 
haben. Denn es werden keine Doctores auff dieſem Weege in 
dieſer Schule gefunden / ſondern nur eytel Schuͤler. 5 
10. Darumb darff ſich Meiſter Hans in ſeinem gekroͤneten 
Huͤttlein nicht fo klug hierinnen duͤncken / und feinen Spott fo 
kuͤhn ausſchuͤtten. Denn er weiß noch nicht es / alſo lange er ein 
Spoͤtter iſt: Er laſſe ihm nur fein Huͤttlein nicht fo wohl an⸗ 
ſtehen / und ruͤhme ſich ſeines menſchlichen Ruffes / wie er durch 
Göttliche Ordnung in feinem Ruff ſitze / da er doch nicht von 
Gott / ſondern durch Menſchen⸗gunſt iſt eingeſeſſen / er verbiete 
nicht zu viel den Weeg zum Paradeiß / er weiß ihn ſelber nicht / 
und wird von feinem Einſttzen durch Menſchen⸗gunſt muͤſſen 
ſchwere Rechenſchafft geben / in dem er ſich Goͤttliches Ruffes 
ruͤhmet / und der Geiſt Gottes il doch ferne von ihm / wird er ein 
Luͤgner / und leuget die Gottheit an. f 
r. Darumb ſehe ein jeder was er thut: Ich ſage noch / wer 
ſich ohne Göttlichen Ruff / ohne Erkaͤndnuͤß Gottes / zum Hir⸗ 
ten eindringet / der iſt ein Dieb und Mörder / und geht nicht zur 
Thur ins Paradeiß / ſondern kreucht mit den Hunden und 


Woͤlffen in Raub⸗Stall / und meinet nur ſeinen Bauch und ei⸗ 


gen Ehre. Er iſt nicht Hirte / ſondern haͤnget an der groſſen 
Huren / am Antts⸗chriſt / und meynet doch er ſey Hirte / aber er 
wird im Paradeiß nie erkandt. / 

12. Chriſtus lehret und warnet uns trewlich für den Zeiten / 
dit kounnen wurden / da ein jeder wurde ſagen: Siehe / er 
. % & 0 f hie 


Cap.. Goͤttliches Weſens. 85 


Chriſtus / dort iſt Er / Er iſt in der Wuͤſten / Er iſt in der Kam⸗ 
mier / ſo gehet nicht hinaus / und glaubts nicht. Denn wie der 
Blitz auffgehet vom Auffgang und ſcheinet biß zum Niedergang / 
alſo wird auch ſeyn die Zukunfft des Menſchen Sohns. 
tz. Darumb du Menſchen⸗Kind / ſehe / obs nicht alſo gehet / 
, da die falſchen Hirten ohne Goͤttlichen Ruff immer zancken / 
s und ein jeder ſaget: Lauffet mir zu / hie iſt Chriſtus / da iſt 
„ Chriſtus / und einer richtet den andern / und giebt ihn den Teu⸗ 
55 fel / zerſtöͤret die Eintraͤchtigkeit / und verleſchet die Liebe / 
, darinnen der Geiſt Gottes gebohren wird / und macht eytel 
„Bitterkeit / und verfuͤhret den Leyen / daß er vermeinet Chri⸗ 
y ſtus ſey ein Zanck⸗ Hirte / und greifft alſo in feine Wiederpart / 
„ richtet Krieg und Mordt an / da ſoll nun der Geiſt Gottes 
5 ſeyn / das ſoll der Weeg zum Paradeiß ſeyn. N 
14. Chriſtus ſprach: liebet einander / dabey wird man erken⸗ 
nen / daß ihr meine Junger ſeyd: So dich einer auff einen Bas 
cken ſchlaͤget / ſo beut ihm auch den andern dar: So ihr verfol⸗ 
get werdet umb meines Rahmens willen / fo frewet euch alsdann / 
ewer Lohn iſt im Himmelreich groß. Jetzt aber wird eytel 
Schmach gelehret / es muͤſſen auch die gerichtet werden / die vor 
viel hundert Jahren todt / die im Gerichte Gottes ſind / eins 
theils wohl im Paradeiß / die werden von den Zanck⸗Hirten ver⸗ 
maledehet. Solte nun der Heilige Geiſt aus ihnen reden / wie 
‚fie ſchreyen / da fie doch voll bitter Gallen ſind / und nichts als 
Geitz und Rache in ihnen ſtecket / und ſind ferne vom Paradeiß⸗ 
Weege. N 
ng 7 Darumb O Menſchen⸗Kind! Siehe dich in dieſer Zeit 
fuͤr / laß dir die Ohren nicht jucken / wenn du hoͤreſt die falfchen 
Hirten die Kinder Chriſti hinrichten / es iſt nicht Chriſti Stim⸗ 
me / ſondern des Anti⸗chriſts. Der Weeg zum Paradeiß hat 
gar einen andern Eingang. Dein Hertz muß zu Gott gerich⸗ 
tet ſeyn aus gantzen Krafften / und wie GGtt wil / daß allen 
Menſchen geholfen werde / und daß einer des andern Laſt tra⸗ 
gen / einander freundlich mit zuͤchtiger Ehr⸗erbietung im Heili⸗ 
gen Geiſt entgegenen ſollen: Auch ein jeder ſeines Nechſtens 
Heyl mit Demuth und Ernſt ſuchen / und gerne wollen / daß er 
von der Eitelkeit loß wuͤrde / und mit ihme in Roſen⸗garten 


Menge. 0 
16. Die Erkaͤntnuͤß iſt in dem unendlichen GOTT mancher⸗ 
ley: Es ſol ſich aber ein jeder des andern Gaben und Erkaͤnt⸗ 
nüͤß frewen / und dencken / daß uns nn. in der Pen 
ir 7 [% 


86 Von den drey Principien Cap. 9 
ſchen Welt wird fo uͤberſchwengliche Wiſſenſchafft geben / wel⸗ 
ches wir alhie mit den unterſchiedlichen Gaben nur ein Fuͤrbilde 
haben. Darumb ſolten wir nicht zancken wegen der Gaben und 
Erkaͤntnuͤß / denn der Geiſt giebt einem jeden nach feiner Effen- 
tia in dem wunderlichen GOTT aus zuſprechen nach feiner Ge⸗ 
ſtalt. Denn das wird im Paradeis in der vollkommenen Liebe 
gar ein ſaͤnliches Liebeſpiel ſeyn / da ein jeder aus ſeiner Erkaͤnt⸗ 
nuͤß der groſſen Wunder / in der heiligen Gebuhrt wird reden. 

17. O ach des Dornenſtechens! Das der Teuffel in diz hohe 
Liebe⸗Spiel gebracht hat / daß wir in der edlen Erkaͤntnuͤß einen. 
ſolchen hoffaͤrtigen Zanck treiben / daß man den H. Geiſt mit 
Geſetzen bindet! Was ſind die Geſetze im Reich Chriſti / der 
uns frey gemacht / daß wir ſollen in ihme wandelen im heiligen 
Geiſte? Worzu ſind ſie anders erdichtet / als zur Wolluſt des 
Antichriſts / damit er maͤchtig und praͤchtig einhergehe / und 
GOTT auff Erden ſey? O fliehe vor Ihm du Menſchen⸗ 
Kindt / die Zeit vom Schlaf des Antichriſts auffzu⸗ 
wachen iſt kommen / Chriſtus komt mit der ſchoͤnen Li⸗ 
lien aus dem Paradeiſe in Jo ſaphats Thall: Es iſt Zeit 
die Lampen zu ſchmuͤcken / wer zur Hochzeit des Lambs 
gehen wil. 


Die Pforten. 


18. Die Darapeie ſtehet in der Goͤttlichen Krafft / und iſt 
Dnichts leibliches oder begreiffliches / fondern feine Leib⸗ 
ligkeit oder Begreifflichkeit iſt gleich den Engelen / da ein helle 
ſichtliches Weſen iſt / gleich als wäre es materialiſch / und iſt 
auch materialiſch / aber bloß aus der Krafft figuriret/ da alles 
durchſichtig und ſcheinend iſt / da das Centrum der Gebuhrt 
auch in allen Dingen iſt / darumb die Gebuhrt ohne Ende und 
Zahl i IE 
19: 5 gebe dir ein Gleichnuͤß von des Menſchen Gemuͤte / 
daraus die Gedancken gebohren werden / welcher kein Ende noch 
Zahl iſt. Denn ein jeder Gedancken hat wieder das Centrum zu 
gebaͤren andere Gedancken. Alſo ift das Paradeis von Ewigkeit 
zu Ewigkeit: weil aber das Liecht Gottes ewig iſt / und ohne 
wancken oder mangel ſcheinet / ſo iſt auch in der Gebuhrt ein un⸗ 
wandelbahr Weſen / da alles in eytel Vollkommenheit auffgehet 
in groſſer Liebe. ’ a 3 
20. Denn das gibt der Geiſt der Erkaͤntnuͤß / daß im er 
eiſe 


Cap. 9. Goͤttliches Weſens 95 


deiſe ſo wohl Gewaͤchſe ſind / als in dieſer Welt / in ſolcher 
form / aber nicht in ſolcher Quell und Begreifflichkeit. Denn 
die Materia oder Corpus iſt Krafft und Weſen im himliſchen 
Limbo, die Wurtzel ſtehet in der Mattig, in welcher weder 
Erde noch Steine iſt / denn es iſt ein ander Principium. Das 
Feuer darinnen iſt GOTT der Vatter: und das Liecht darinnen 
iſt GOT der Sohn: und die Lufft darinnen iſt GOTT der H. 
Si und die Krafft da alles auffgehet / iſt Himmel und das 
aradeis. 

21. Als wir ſehen das alhie waͤchſet aus der Erden alles 
Kraut und Frucht / welches ſeine Krafft von der Sonnen und 
Geſtirn empfaͤhet: Alſo iſt der Himmel oder himliſche Limbus 
an ſtatt der Erden / und das Sicht Gottes an ſtatt der Sonnen / 
und der ewige Vatter an ſtatt der Sternen Krafft. Die Tieffe 
dieſes Weſens iſt ohne Anfang und Ende / feine weite iſt nicht 
zu erreichen / es iſt weder Jahr noch Zeit / keine Kaͤlte / keine 
Hitze / kein weben der Lufft / kein Sonne und Geſtirne / kein 
Waſſer noch Feuer / kein Geſichte der boͤſen Geiſter / von die⸗ 
fer Welt Truͤbſal keine Erkaͤntnuͤtz noch Wiſſenſchafft / weder 
Felß noch Erde / und doch alle dieſer Welt Geſchoͤpffe ein figur⸗ 
lich Weſen. Denn zu dem ende ſind alle Creaturen dieſer Welt 
erſchienen / daß fie ſollen ſeyn ein ewig figurlich Gleichnuͤß / nicht 
daß fie in dieſem Geiſte in ihrer dubſtantz bleiben; Rein / das iſt 
nicht / es gehen alle Geſchoͤpfe wieder in ihr Aether, und zer⸗ 
bricht der Geiſt / aber die Figur und Schatten bleibet ewiglich. 

22. Auch alle Worte / die alhie geredet werden durch Men⸗ 
ſchen Zungen / bleiben ſtehen im Schatten und figurlichen 
Gleichnuͤß / boͤſe und gute: und erreichen die guten im heiligen 
Geiſte das Paradeis / und die Falſchen und Gottloſen den Ab⸗ 
grund der Hoͤllen: Darumb ſaget Chriſtus: Der Menſch 
muͤſſe Rechenſchafft geben von jeglichem unnuͤtzen Worte. Denn 
wan die Erndte wird kommen / ſo wuͤrd alles entſchieden wer⸗ 
den. Denn Chriſtus ſpricht auch / daß einem jeglichen ſein 
Werck wird folgen / und wird alles durchs Feuer der Natur be⸗ 
wehret werden / und werden alle falſche Wercke / Reden und 
Thun im Feuer der Natur bleiben / welches wird ſeyn die Hölle 
darvor die Teuffel / wenn ſte diß hoͤren / erzittern. 

23. Es wird alles im Schatten bleiben / und ein jedes in ſei⸗ 
ner Quell. Darumb wird dig den Gottloſen ein ewige Schande 
ſeyn / daß ſie in Ewigkeit werden alle ihre Wercke ſehen / und 
alle ihre Worte als ein beflecktes Tuch / welche werden * Be 
5 e 


85 Von den drey Principien Cap. 9 


Gottes ſtecken / und brennen nach ihrer Eſſentia, und hier an⸗ 
gezuͤndeten Quaal. 

24. Denn dieſe Welt iſt gleich einem Acker / da guter Saa⸗ 
me geſaͤet wird / und der Feind Unkraut drein wirfft / und gehet 
darvon / welches beydes waͤchſet biß zur Erndt⸗zeit / da alsdan 
ein jedes geſamlet und in ſeine Scheune gebracht wird / davon 
Chriſtus auch redet / da das Unkraut wird in Buͤndel gebunden 
und ins Feuer geworffen / und der Weitzen in die Schewren ge⸗ 
ſamblet werden. 


Die heilige Pforten. 

25, Doe Vernunfft / welche mit Adam aus dem Paradeis 

ift ausgangen / fraget / wo iſt das Paradeis anzu⸗ 
treffen? Iſt es weit oder nahe? Oder wo fahren die Seelen hin / 
wan fie ins Paradeis fahren? Iſt es in dieſer Welt / oder auſſer 
dem Loco dieſer Welt über den Sternen? Wo wohnet denn 
GOTT mit den Engelen / und wo iſt das liebe Vatterland / da 
kein Todt iſt / weil keine Sonne und Sternen darinnen ſind / 
ſo muß es ja nicht in dieſer Welt ſeyn / ſonſt waͤre es lange fun⸗ 
den worden? 5 ; 

26. Liebe Vernunfft / es kan keiner dem andern einen Schlüfs 
ſel darzu keihen / und ob es iſt / das einer einen hat / fa ſchleuſt 
er doch dem andern nicht auff / wie der Antichriſt ruͤhmet / er 
habe Schluͤſſel zu Himmel und Hoͤlle: Zwar er mag in dieſer 
Zeit beyde Schlüffel haben / es iſt wahr / aber er kan keinem 
andern mitte auffſchlieſſen / ein jeder muß mit ſeinem eignen 
Schluͤſſel auffſchlieſſen / ſonſt komt er nicht hinein / denn der 
Schluͤſſel iſt der heilige Geiſt / wann er den Schluͤſſel hat / fe 
gehet er ein und aus. ; 

27. Es iſt dir nichts näher / als Himmel / Paradeis und 
Hoͤlle / zu welchem du geaneygenet biſt und hinwirbeſt / dem 
biſtu in dieſer Zeit am naͤheſten: Du biſt zwiſchen beyden / und 
iſt zwiſchen jeden eine Gebuhrt / du ſteheſt in dieſer Welt in 
beyden Thuͤren / und haft beyde Gebuhrten in dir. GOTT haft 
dich in einer Pforten und ruffet dich / und der Teuffel hält dich 
in der andern Pforten / und rufft dich auch / mit welchem du 
geheſt da komſtu hin. Der Teuffel hat in ſeiner Hand Macht / 
Ehre / Wolluſt und Freude / und die Wurtzel darinnen iſt der 
Todt und Feuer. So hatt GOTT in feiner Hand Creutz / Ver⸗ 
felgung / Jammer / Armuth / Schmach und Elende / und die 
Wurtzel deſſelben iſt auch ein Feuer / und in dem I 4 

5 ie 


Cap. 9. Goͤttliches Weſens. 85 
Liecht / und in dem Liechte die Krafft / und in der Krafft das Pas 
radeis / und im Paradeis die Engeln / und bey den Engeln die 
Ber: Die toͤlpiſchen Augen können es nicht ſehen / denn fie 

nd aus dem dritten Principio, und ſehen nur vom Glaſt der 
Sonnen / wenn aber der heilige Geiſt in die Seele komt / ſo 

gebieret er fie new in GOTT / fo wird fie ein Paradeiſiſch Kind / 
en krieget den Schluͤſſel zum Paradeis / dieſelbige ſchawet 

inein. ö 

28. Aber der toͤlpiſche Leib kan darumb nicht hinein / er ge⸗ 
hoͤret auch nicht hinein / er gehoͤret in die Erde / und muß putriti⸗ 
eiret werden / und in newer Krafft / welche dem Paradeis gleich 
iſt / in Chrifto auffſtehen am Ende der Tagen / dam mag er 
auch im Paradeis wohnen / und eher nicht / er muß das dritte 
Principium zuvor ablegen / als dieſen Peltz / darein Vatter Adam 
und Mutter Heva ſind geſchloffen / darinnen ſie vermeinten klug 
zu werden / wan ſie alle drey brincipia an ihnen offenbahr truͤgen: 
Haͤtten ſie ihrer zwey verborgen getragen / und waͤren in einem 
blieben / d as waͤre uns gut; davon beym Falle. Ä 
29. So ſeynd nun in dem Weſen aller Weſen drey unter» 

ſchiedliche Quell / welche doch nicht zutrennt ſeynd / da eine Quell 
weit von der andern waͤre: Sondern es iſt wie ein Weſen in⸗ 
einander / und da doch keines das ander begreifft / gleich wie die 
drey Elemenra: Feuer / Lufft und Waſſer alle drey in einander 
ſind / und keines begreifft das ander / und wie ein Element das 
ander gebieret / und iſt doch nicht daſſelbe Weſen / dieſelbe Duell; 
Alſo ſind die drey Principia in einander / und eines gebieret das 
ander / und begreifft doch keines das ander / und iſt auch keines 
des andern Weſen. N 


Die Tieffe im Centro. 


30. Ass wie offt gemeldet / GO Z iſt das Weſen aller Weſen / 

darinnen ſind zwey Weſen in einem / ewig ohn Ende / und 
ohne Herkommen: Als x. das ewige Liecht / das iſt GO T T 
oder das Gute. Und dan 2. die ewige Finſternuͤß / das iſt die 
Quaal: und wäre doch keine Quaal darinnen / wan nicht das 
Liecht waͤre. Das Liecht machet / daß ſich die Finſternuͤß aͤngſtet 
nach dem Liecht / und dieſelbe Angſt iſt GOttes Zorn⸗quell oder 
Hoͤlliſch Feuer / darinnen die Teuffel wohnen / davon auch ſich 
GO TT einen zornigen / eyferigen GO T T nennet. Das find 
zwey Principia, da wir von ihrem Uhrkunde nicht wiſſen / alleine 
wiſſen wir die Gebuhrt darinnen / das unaufloͤßliche Band / das 
iſt alſo. 3 31. Im 


90. Von den drey Principien Cap. 9. 

31. Im uhrkund der Finſternuͤß iſt Herbe / Strenge / das 

uhr ſachet das Liecht / daß es herbe iſt. Denn Herbe iſt eine Bes 

gierligkeit / ein Anziehen / das iſt der erſte Grund des Willens 

nach dem Liechte / und doch nicht muͤglich zu ergreiffen / und das 

Anziehen im Willen iſt der Stachel / welchen die Begierlichkeit 

anzeucht / das erſte Ruͤgen: Und mag der Stachel das Anziehen 

im Willen nicht leiden / und wehret ſich / faͤhret über ſich / und 

kan doch auch nicht von dannen / denn er wird im Anziehen ge⸗ 

bohren. Weil er aber nicht von dannen kan / und auch das An⸗ 
ziehen nicht mag dulden / ſo wird alda eine groſſe Aengſtlichkeit / 

eine Begierlichkeit nach dem Liechte / gleich einer Unſinnigkeit 
und brechendem draͤhendem Rade / und die Angſt in der Bitter⸗ 
keit ſteiget auf im Grit nach dem Liechte / kans aber nicht faſſen / 
in Willens in der Aengſtlichkeit ſich uͤber das Liecht zu erhoͤben / 

kriegts aber nicht / findern wird vom Liecht infiei ret / und kriegt 

einen ſchielenden Blitz / und wan ihn die Herbigkeit oder Har⸗ 

tigkeit / als die Finſternuͤß in ſich krieget / erſchrickt ſie / und 
weicht uhrploͤtzlich in ſein Ether, und bleibet doch im Centro die 
Finſternuͤß. Und in dieſem Schracke wird die Hartigkeit / oder 

Herbigkeit milde / dünne / weich / und der Blitz geſchiehet in 
der Bitterkeit / welche alſo auffaͤhret im Stachel / alſo erblicket 
ſich der Stachel in der Mutter / welcher die Mutter mit dem 

Blitz alſo erſchrecket / daß ſte ſich uͤberwunden gibt. Und wan 

ſich der Stachel in der Mutter ſtaͤrcket und findet ſte alſo milde / 
erſchricket er viel ſehrer / und verleuret ſein grimmig Recht / und 

wird augenblicklich weiß / helle / und gehet gar freudenreich auff / 
zitterende mit groſſer Luſt und Willen / und die Mutter der 
Herbigkeit wird vom Liechte ſuͤſſe / milde / und duͤnne / und ma⸗ 

terialiſch zu Waſſer. Denn die Eſſentia der herben Ahrt verleu⸗ 

ret ſie nicht / darumb zeucht die Ellentia noch immer an ſich aus 

der Mildigkeit / daß aus dem Nichtes etwaß wird / als Waſſer. 
32. Nun wie vorbemeldt / wann auffgehet aus der Mutter 
die Frewde / wann das Liecht in ſte komt / welches fie doch nicht 
fahen kan: So hat die Freude im aufſteigenden Willen wieder 

ein Centrum in ſich / und gebieret wieder aus ſich gar einen ſanff⸗ 
ten / ſuͤſſen und lieblichen Quell / einen demuͤtigen / holdſeeli⸗ 

gen Quell / und der iſt unmaterialiſch; denn es mag nun nichts 

wonnſahmers gebohren werden. Darumb iſt hie der Natur Ende / 

und der iſt die Warm / oder das Barm / oder wie ich reden ſolte / 

die Barmhertzigkeit. Deñ die Natur ſuchet und begehret hier 
weiter nichts / keine Gebuhrt / es iſt die Vollkommenheit. 85 

33 


Cap.. - Göttliche Weſens. 91 


33. In dieſem ſanfften Quelle gehet nun aus der wallende 
Geiſt / der im Uhrkund in der Anzuͤndung war der bitter oder 
aͤngſtliche Geiſt / gar wonneſahm / ohne bewegung / und iſt 
der Heilige Geiſt / und der ſanffte Quell / ſo im Centro aus 
dem Liechte gebohren wird / iſt das Wort oder Hertze Gottes / 
und in dieſer Wonne iſt das Paradeiß / und die Gebuhrt iſt 
die ewige Dreyfaltigkeit. In der muſtu wohnen / wilſtu in Pa⸗ 
radeiß ſeyn / und die muß in die gebohren werden / wilſtu Got⸗ 
tes Kindt ſeyn / und deine Seele in derſelbigen / ſonſt kanſtu 
das Reich Gottes weder ſchawen / noch genieſſen. 

34. Darumb bringt uns der feſte Glaube und Zuverſicht wie⸗ 
der in GOTT / denn er faſſet das Goͤttliche Centrum zur Wie⸗ 
der⸗gebuhrt im H. Geiſt / ſonſt hilffts nichts. Das ander was 
der Menſch alhie machet / ſind nur Weſen / ſo ihme im Schat⸗ 

ten nachfolgen / darinne er ſtehen wird. Denn gleich wie da iſt 
die Gebuhrt in der heiligen Gottheit / die im uhrkunde ſtehet 
im Willen und Aengſten fürm Liechte; Alſo muſtu außgegan⸗ 
gener Menſch aus dem Paradeiß im aͤngſten / ſaͤhnen und be⸗ 
gehrenden Willen wieder zur Gebuhrt eingehen / ſo erreicheſtu 
wieder das Paradeiß und Liecht Gottes. 15 
35. Nun ſtehe du vernuͤnfftige Seele / mit dir rede ich und 
nicht mit dem Leibe / du begreiffeſts alleine. Wann die Gebuhrt 
nun alſo immer erbohren wird / ſo hat ein jede Geſtalt ein 
Centrum zur Wiedergebuhrt. Denn das gantze Goͤttliche We⸗ 
ſen ſtehet in ſtaͤter und ewiger Gebuhrt / aber unwandelbahr / 
gleich des Menſchen Gemuͤthe / da aus dem Gemuͤthe immer 
Gedancken gebohren werden / und aus den Gedancken der Wil⸗ 
le und Begierlichkeit / und aus dem Willen und Begierlichkeit 
das er welches zu einer Subſtantz gemacht wird im Wil⸗ 
len: alsdann greiffen zu Mund und Haͤnde / und verbringen 
das / was im Willen ſubſtantialiſch ward. 

36. Alſo auch iſt die ewige Gebuhrt / da von Ewigkeit iſt 
immer erbohren worden die Krafft / und aus der Krafft das 
Liecht / und das Liecht uhrſachet und machet die Krafft / und die 
Krafft und das Liecht ſcheinet in der ewigen Finſternuͤß / und 
machet den ſaͤhnenden Willen im ewigen Gemuͤte / daß der Wil⸗ 
le in der Finſternuͤß gebieret die Gedancken / und die Gedan⸗ 
cken die Luſt und Begierlichkeit / und die Begierlichkeit iſt 
das ſaͤhnen der Krafft / und in der Krafft ſaͤhnen iſt der Mund / 
der ſpricht aus das Fiat, und das Fiat macht die Materia, und 
der Geiſt der in der Krafft außgehet / zerſcheidets und 423 

ni 


92 Von den drey Principien Cap. 9. 
nicht eine Eſſentia von der andern / ſondern zerſcheidets / und 
in dem zerſcheidenen Weſen / weil jedes gantz iſt / unzerbro⸗ 
chen / iſt wieder in jedem Dinge das Centrum der Vielfaͤlti⸗ 
gung / gleich des Menſchen Gemuͤthe mit Außgang der Ge⸗ 
dancken. Run was ſoll aber in dieſem Centro gebohren werden? 
Erſtlich wieder ein Geiſt in ſolcher Gebuhrt und Auell / wie ob⸗ 
gemeldet / ein Wille in der Angſt / und im Willen eine Be⸗ 
gierde / und die Begierde macht das Anziehen / und ſtehet im 
Willen fort der Gedancke / und im Gedancken der Mund / und 
im Munde wird aus der Krafft geſprochen das Fiat, und das 
Fiat machet die Materia, und der Geiſt zerſcheidets / und formet 
es nach dem Gedancken. 

37. Darumb find fo mancherley Geſchlecht der Creaturen / 
als wie der ewige Gedancken in der Weißheit Gottes iſt. Es 
hat der Geiſt ein jedes Geſchlecht nach jeden Gedancken der ewi⸗ 
gen Weißheit Gottes figuriret / und das Fiat hat jedem ſein 
Fleiſch nach des Gedanckens Eſſentia geben. Denn im Gedane⸗ 
ken ſtehet die Qualität. Alſo iſt die Gebuhrt und auch erſtes her⸗ 
kommen aller Creaturen / und in ſolcher Gebuhrt ſtehets noch 
im Weſen / und iſt auff ſolche Ahrt aus dem ewigen Gedancken / 
welcher iſt Gottes Weitheit / durchs Fiat aus der Matrix gebracht 
worden. Weils aber iſt aus der Finſternuͤß herfuͤr gangen / aus 
der Außgebuhrt / aus dem Centro, fd da in der Zeit iſt im 
e erbohren worden / ſo iſts nicht ewig / ſondern zerbrech⸗ 
lich wie ein Gedancken / und obs gleich materialiſch iſt / ſo nimbt 
doch ein jeder Quell wieder das ſeine in ſich / und machts wieder 
zu dem Richtes / als es vorm Anfang war. 

38. Nun zerbricht aber nichts als der Geiſt im Willen / und 
ſein Leib im Fiat, und die Figur bleibet ewiglich gleich einem 
Schatten / und dieſe Figur moͤchte nicht alſo in Form zum 
Liecht und Sichtligkeit gebracht werden / daß es ewig beſtuͤnde / 
wann es nicht waͤre im Weſen geweſen / nun aber kans auch 
nicht zerbrechen / denn es iſt kein Weſen in ihme. Das Centrum 
in der Quell iſt zerbrochen / und in ſein æther gangen / und thut 
die Figur weder Boͤſes noch Guts / ſondern bleibet ewig zu 
re Wunderthat und Hersligkeit / und zur Frewde der 

ngel. 

39. Denn wann das dritte Priacipium dieſer watetialiſchen 
Welt wird zerbrechen / und in fein æther gehen / als dan bleibet 
aller Creatur / auch aller Gewaͤchſe / und alles deß / was if ans 
Liecht kommen / Schatten / auch aller Worte und * 0 5 
N ata 


Cap. 9. Göͤtttliches Weſens, 93 


Schatten und Figur / und iſt unbegreiflich / auch ohne Ver⸗ 
ſtandt und Erkaͤntnuͤß / gleich wie ein Nichts oder Schatten 
gegen dem Liechte. 

40. Dieſes iſt geweſen des groſſen und unerforſchlichen Got⸗ 
tes Fuͤrſatz in ſeinem Willen / und darumb hat er alle Ding 
erſchaffen. Und wird nach dieſer Zeit nichtes ſeyn als Liecht 
und Finſternuͤß / in welchem in jedem die Quell bleibet / wie von 
Ewigkeit geweſen iſt / da keine die andere begreiffen wird / wie 
von Ewigkeit auch nie geſchehen iſt. 

41. Ob aber auch GOTT nach dieſer Zeit etwas mehrers aus 
ſeinem Willen ſchaffen wird / iſt meinem Geiſte nicht wiſſend / 
denn er greifft nicht weiter als in fein Centru nn, darinn er lebet / 
iu welchem ſtehet das Paradeiß und Himmelreich / wie du ſolches 
bey Erſchoͤpfung des Menſchen leſen magſt. 

42. So bleiben nun die Engel und ſeeligen Menſchen in der 
ewigen Gebuhrt des Liechtes / und die Geiſter der Verwandlung 
auß dem Liechte in die Quaal / ſampt den Gottloſen Menſchen⸗ 
Geiſtern in der ewigen Finſternuͤß / da kein wiederruffen gefun⸗ 
den wird / denn ihre Geiſter koͤnnen nicht wieder in die Zerbrech⸗ 
lichkeit gehen: Sie find aus dem Limbo Gottes gefchaffen / aus 
der herben Matrix, darauf das Liecht Gottes von Ewigkeit uhr⸗ 
kundet / und nicht auſſer der Außgebuhrt wie das Viehe / welches 
aus dem Limbo des gefaſten Fuͤrſatzes GOttes außgieng / welches 
endlich iſt / und nur darumb alhie geweſen / daß es ſey ein ewiger 
Schatten und Figur. a 

43. Der ewige Wille iſt un zerbrechlich und unwandelbahr / 
denn das Hertze Gottes wird darauß gebohren / welches der Na⸗ 
tur und des Willens Ende iſt: Haͤtten die Geiſter der Quall ihre 
Imagination und ſaͤhnenden Willen für ſich ins Liecht der Sanfft⸗ 
muht in der Natur Ende geſetzet / fo wären fie Engel blieben 
Weil fie aber über die Sanfftmuht über der Natur Ende aus 
Hoffahrt hinauß wolten / und das Centrum erwecketen / ſo fun⸗ 
den fie keines mehr. Denn es war von Ewigkeit keines mehr ge⸗ 
weſen: Erwecketen derowegen das Centrum der Quall in ſich ſel⸗ 
ber / das haben fie nun / und find aus dem Liechte in die Finſternuͤß 
geftoffen worden. 

44: Alſo verſteheſtu GOTT / Paradeiß / Himmelreich und 
Hölle: und den Eingang und Ende der Creaturen / des Ge⸗ 
ſchoͤpffs dieſer Welt: Biſtu aber aus GO T T gebohren / wo 
nicht / fo wird dir die Decke fo wohl vor ſeyn / wie im Mofe. Dar⸗ 
umb ſpricht Chriſtus: Suchet ſo werdet ihr finden / ARTE U 

0 0 


94 Von den drey Principien Cap. 9. 
fo wird etch auffgethan: Kein Sohn bittet den Vatter umb ein 
Ey / daß ihm der Vatter einen Scorpion biethe. Item / Mein 
Vatter wil den. H. Geiſt geben denen die ihn darumb bitten. 

45. Darumb verſteheſtu dieſe Schrifften nicht / ſo mache es 
nicht wie Lucifer, nimb nicht den Geiſt der Hoffahrt zur hand 
mit ſpotten / und ſchreibs dem Teufel zu: ſondern ſuche das demuͤ⸗ 
tige Hertze Gottes / das wird dir ein kleines Senff⸗koͤrnlein vom 
Gewaͤchſe des Paradeiſes in deine Seele bringen / und ſo du in 
Gedult verharreſt / ſo wird ein groſſer Baum darauß wachſen. 
Wie du wol dencken magſt / daß es dieſem Autor auch ergangen 
iſt / denn er iſt gar eine einfältige Perſohn gegen den en 
lehrten zu achten. Aber Chriſtus ſpricht: Meine Krafft iſt in den 
Schwachen maͤchtig: Ja Vatter es war alfo gefällig vor dir / daß 
du es den Klugen und Weiſen haſt verborgen / und den Unmuͤn⸗ 
digen offenbahret / auff daß da ſey dieſer Welt Weißheit vor dir 
eine Thorheit. Ob nun wol die Kinder dieſer Welt in ihren Ge⸗ 
ſchlechten kluͤger ſindt als die Kinder des Liechts / fo iſt ihre Weiß⸗ 
heit 0 nur ein zerbrechlich Weſen; Aber dieſe Weißheit bleibet 
ewiglich. b 

46. Darumb ſuche die Edle Perle / ſte iſt viel koͤſtlicher den 
dieſe Welt / ſte wird nimmermehr von dir weichen / und wo die 
Perle iſt / da wird auch dein Hertze ſeyn / du darffeſt weiter alhier 
nicht nach Paradeiß / Freud und Wonne des Himmels fragen. 
Suche nur die Perle / wenn du die findeſt / ſo findeſtu Paradeiß 
und Himmelreich / und wirſt ſo gelehrt / daß du es auſſer dieſem 
nicht glaubeſt. f 

47. Du moͤchteſt dich vieleicht aͤngſten / und dieſes in der Kunſt 
ſuchen / vermeinend alda zu finden: O nein! Du darffſt nicht / es 
ſtecket nicht darinnen. Der Door weiß es nicht auſſer dieſem 
Weege / er habe dan auch die Perle funden / ſo iſt er ein Publicus, 
groͤſſer denn ich / gleich wie S. Paulus über die andere Apoſtel / aber 
in einem Weege der Sanfftmuht / als ſich den Kindern Got⸗ 
tes geziemet. 0 

Was alhier mangelt / darnach dich luͤſtert / das ſuche ferner / 
du findeſt den Grund nach deiner Seelen Luſt. 


Das 


Cap. ro: Goͤtliches Weſens. 25 
Das 10. Capittel. 


Von Erſchaffung des Menſchen und feiner Seelen / 
5 und vom Einblaſen Gottes. 


Die liebreiche Porten. 


K. Jeler Meiſter Schrifften habe ich durchſuchet ! 
verhoffende die Perlen zu finden vom Grunde des 
Menſchen / hab aber nicht koͤnnen finden / darnach 
meine Seele luͤſterte. Ich habe auch gar wider⸗ 
wertige Meinungen gefunden; Auch habe ich ei⸗ 
nes theils gefunden / die mir das Suchen verbieten / ich weiß aber 
nicht mit was Grunde oder Verſtande / als das ein Blinder dem 
Sehenden die Augen nicht goͤnnet. Mit dieſem allem iſt meine 
Seele gar unruhig in mir worden / und hat ſich geaͤngſtet als ein 
Weib zur Gebuhrt / da doch nichts iſt erfunden worden / biß ich 
den Worten EASNISTI nachgefahren / der da ſpricht: Ihr 
muͤſſet von newen gebohren werden / wolt ihr das Reiche Gottes 
ſehen. Welches mir erſt mein Hertz verſperꝛte / und vermeinte / es 
moͤchte in dieſer Welt nicht geſchehen / ſondern in meinem Ab⸗ 
ſchiedt von dieſer Welt. Da ſich dan erſt meine Seele aͤngſtete 
zur Gebuhrt / welche gerne die Perle geſchmecket haͤtte / und ſich 
in dieſem Weege viel hefftiger zur Gebuhrt gegeben / biß ihr end⸗ 
lich ein Kleinod worden. Demſelben nach wil ich nun ſchreiben 
mir zu einem Memorial, und dem Suchenden zu einem Liechte / de 
Chriſtus ſpricht: Niemand zuͤndet ein Liecht an / und ſteckts un⸗ 
ter eine Banck / oder Scheffel; ſondern ſetzets auff einen Tiſch / 
auff daß alle / ſo in dem Gemach ſind / davon ſehen. Und zu dem 
Ende gibt er dem Suchenden die Perle / daß er ſoll dem Armen 
e zu ſeiner Geſundheit / wie er ſolches gar ernſtlich ge⸗ 
oten hat. 

2. Zwar Moſes ſchreibet: GO T T machte den Menſchen 
aus dem Erden⸗kloß / ꝛc. das iſt faſt vieler Meinung / und ich 
hatte es auch nicht gewuſt / wie das wäre zu verſtehen: Und haͤtte 
es aus dem NMo ſe nicht erlernet / auch nicht aus den Gloſſen, ſo 
daruͤber ſind gemacht / und waͤre mir die Decke auch fuͤr meinen 
Augen blieben / wiewol in groſſem Kummer: Als ich aber die 
Perle fand / ſahe ich dem Mofi ins Angeſicht / und fand daß 
Moſes hatte recht geſchrieben / und ich hatte es nicht recht 
verſtanden. f f 


3. Denn 


96 Von den drey Principfen Cap. 103 


3. Denn GOTZ ſprach auch alſo nach dem Fall zu Adam und 
Heva: Du biſt Erde und ſolſt wieder Erde werden. Und ſo ich 
nicht haͤtte den Limbum betrachtet / ae die Erde iſt worden / 
ſo waͤre ich alſo verblendet blieben. Derſelbe zeiget mir nun dem 
Grund / was Adam vorm Falle und nach dem Falle ſey ge⸗ 


weſen. R 

. Denn keine ſolche Erde / oder ſolch Fleiſch / wie wir jetzt tra⸗ 
gen / beſtehet im Licht Gottes / darumb ſprach auch Chriſtus & 
Niemand faͤhret gen Himmel / als des Menſchen Sohn / der voin 
Himmel kommen iſt / und der im Himmel iſt. Alſo war unſer 
Fleiſch vorm Falle Himmliſch aus dem Himmliſchen Limbo; Als 
aber der Ungehorſahm kam ſich in einem andern Centro zugeboͤh⸗ 
ren in Luſt dieſer Welt / ſo ward es irꝛdiſch. Denn mit dem irꝛdi⸗ 
ſchen Apfel⸗biß im Garten Eden fieng das irꝛdiſche Reich an / und 
fieng alſobald die Mutter der groſſen Welt mit ihrer Macht die 
kleine Welt / und machte aus ihr Thieres⸗Ahrt im Anſehen / und 


5. Waͤre nun nicht die Seele im Mittel geweſen / ſo ſolte A⸗ 
dam wol ein unvernuͤnfftig Thier blieben ſeyn / weil aber die Sees 
le aus dem Limbo Gottes war in Adam geblaſen worden vom 
Heiligen Geiſte: So muſte nun die Barmhertzigkeit / als das 
Hertze Gottes / wieder das beſte thun / und wieder aus dem 
himmliſchen Limbo bringen das Centrum, und ſelber Fleiſch 
werden / und in der Seelen gebaͤhren durchs Fat den newen Men⸗ 
ſchen / welcher im Alten verborgen iſt / denn der Alte gehoͤret nun 
in die Zerbrechlichkeit / und gehet in fein ether, und der newe blei⸗ 
bet ewiglich. Wie nun ſolches ſey zugangen / folget ein gruͤndli⸗ 
cher Bericht / da kanſtu dem alten und newen Menſchen ins Her⸗ 
tze ſehen / biſtu aber aus GOTT wiedergebohren / und haſt die 
Perle; wo nicht / ſo ſteheſtu alhier kaum den alten Adam / und 
wir ſt den newen nicht ſchawen. 

6. Die Decke Molis muß weg / und muſt dem Moſi ins Ange» 
ſichte ſehen / wilſtu den newen Menſchen ſehen / und ohne die Per⸗ 
le bringeſtu die nicht weg / und kenneſt den Adam vor ſeinem 
Falle nicht. Denn Adam hat nach ſeinem Fall den erſten Men⸗ 
ſchen ſelber nicht mehr gekant / darumb ſchaͤmete er ſich ſeiner 
monſtroſiſchen Geſtalt / und verſteckete ſich hinter die Baͤume im 
Garten. Denn er ſahe ſich an / wie er eine viehiſche Geſtalt an 
ſich hatte / da hat er auch alsbalde viehiſche Glieder zu feiner Fort⸗ 
Pfllantzung bekommen / welches ihme das kiat im dritten Principio 
ſchuff / durch den Geiſt der groffen Welt. 80 

7. 


4 . * 5 
Cap ro. ‚Göttliche Weſen. 97 

7. Es fol niemand waͤhnen / daß der Menſch habe vor ſeinem 
Falle viehiſche Glieder zur Fortpflantzunge gehabt / ſondern 
Himmliſche / und auch keine Daͤrmer / denn ſolcher Stand und 
Auell / fo ein Menſch im deibe hat / gehoͤret nicht in die Heilige 
Dreyfaltigkeit / ins Paradeis / ſondern in die Erde / die muß 
wieder in ihr æther gehen. Der Menſch aber war unſterblich ge⸗ 
ſchaffen / und darzu heilig / gleich den Engeln; und ob er wol aut 
dem Limbo war gemacht / ſo war er doch rein. Nun wie er ſey / und 
worauß er ſey gemacht worden / folget ſerner. 

8. Siehe / als GOTZ das dritte Principiam hatte erſchaffen 
nach dem Fall der Teuffel / als die aus ihrer Herꝛligkeit fielen / 
denn ſie waren Engel geweſen im Loco dieſer Welt inſtehende: 
So wolte er noch dennoch / das fein Wille und Fuͤrſatz beſtunde / 
und wolte dem Loco dieſer Welt wieder ein Engliſch Heer geben / 
das ewig beſtuͤnde. Und als er nun die Creaturen hatte geſchaf⸗ 
fen / welcher Schatten folte ewig bleiben nach der veraͤnderung 
der Welt / ſo war keine Creatur gefunden / die da koͤnte frewde 
daran haben / auch ſo war keine Creatur erfunden / welcher der 
Thiere in dieſer Welt pflegete. Darumb ſprach G HTT: Laſſet 
uns Menſchen machen / ein Bilde das uns gleich ſey / das da herꝛ⸗ 
ſche über alle Thier und Creaturen auff Erden: Und SOTE 
2 5 den e ihm zum Bilde / ja zum Bilde Gottes 

ſchuff er ihn. 5 
g 9. Nun fraget ſichs / was iſt Gottes Bilde? Schawe an / 
betrachte die Gottheit / fo kompſtu darauff. Denn GOTT iſt 
nicht ein thieriſcher Menſche / der Menſch aber ſolte ſeyn ein Bil⸗ 
de / und auch ein Gleichnuͤß Gottes / in deme Got wohnete. 
Nun iſt GOTT ein Geiſt / und in ihme find alle drey Principia, 
und ein ſolch Bilde wolte er machen / das alle drey Principia an 
ſich hätte) das iſt recht ein Gleichnuͤß Gottes. Und er ſchuff ihn⸗ 

da verſteht man den Moſen recht / daß ihn GOTT habe geſchaf⸗ 
fen / und nicht aus einen Klumpen Erden gemacht. 

ro. Der Limbus aber / darauß er ihn ſchuff / iſt der Erden 
Matrix: und die Erde wurd daraus erbohren. Die Materia aber 
daraus er ihn ſchuff / war eine Maſſa, eine Quinta Eſſentia aus 
Sternen und Elementen / welche alsbald irꝛdiſch ward / als der 
Menſch das irꝛdiſche Centrum erweckte / und zur ſtunde in die 
Erde und Zerbrechlichkeit gehoͤrete. N 

11. Nun war aber die Maſſa aus der Himmliſchen Matr'x, 
welche iſt die Wurtzel der Außgebuhrt oder irꝛdiſchen: Das 
Himmliſche Centrum ſolte fix 24 22 und das n 
ER nicht 


98 Von den drey Printipien Cap. 10. 


nicht erwecket werden / und in ſolcher Krafft war er ein Here 
über Sternen und Elementa , und haͤtte ihn alle Creatur ge⸗ 
fuͤrchtet / und waͤre unzerbrechlich geweſen: Er hatte aller 
Creaturen Krafft und Eigenſchafft in ſich / denn ſeine Krafft 
war aus der Krafft der Verſtaͤndnuͤß. Nun muſte er haben alle 
drey Principia, ſolte er Gottes Gleichnuͤß ſeyn. x. Die Quell 
der Finſternuͤß / und 2. auch des Liechtes / und z. auch die Quell 
dieſer Welt / und ſolte doch nicht in allen dreyen leben und quali- 
ficiren / ſondern in einer / als in der Paradeiſiſchen / in welcher 
fein Leben auffgieng. g 5 

12. Daß nun deme beweißlich gewiß alſo ſey / ſo ſtehet ge⸗ 
ſchrieben: Und Go Z bließ ihm ein den lebendigen Odem / da 
ward der Menſch eine lebendige Seele. Alle andere Creaturen 
welche aus dem zerbrechlichen Limbo durchs Fiat herfuͤr gangen 
waren: denen allen hatte der Wille im Fiat in ihrem Centro 
den Geiſt erwecket / und gieng jeder Creatur⸗Geiſt aus ihrer 
felben Effentiaund Eigenſchafft / und inqualirete hernach mit dem 
Geiſte der groſſen Welt / der Sternen und Elementen. Und 
das ſolte im Menſchen nicht ſeyn. Sein Geiſt ſolte nicht mit 
der Sternen und Elementen Geiſte inqualiren, es ſolten zwey 
Principia, als die Finſternuͤß / und der Geiſt der Lufft ſtille ſte⸗ 
hen in ſolchem Weſen. Darumb bließ er ihme ein den lebendigen 
Odem. Verſtehe Gottes Odem / das iſt der Paradeiſiſche 
Odem / oder Geiſt / der Heilige Geiſt / der ſolte im Centro der 
Seelen ſeyn der Seelen Odem / und der Geiſt / welcher aus dem 
Limbo, oder der Quinta Eſſentia außgieng / welcher iſt der 
Sternen Ahrt / ſolten maͤchtig ſeyn uͤber die Quinta Eſſentia die⸗ 
ſer Welt. Denn der Menſch war in einem Weſen / und war 
auch nur ein Menſch / den GOTT alſo ſchuff / und der hätte kon⸗ 
nen ewig leben / ob gleich GOTT haͤtte die Sternen wieder in 
ihr ærher gebracht / und auch die Matrix der Elementen mit ſampt 
den Elementen in das Nichts gezogen / ſo waͤre doch der Menſch 
blieben. Darzu hatte er das Paradeiſiſche Centrum in ſich / und 
hätte koͤnnen aus ihme aus feinem Willen wieder gebaͤhren / und 
das Centrum erwecken / und alſo ein Eugliſch Heer ins Para⸗ 
deiß gebaͤhren ohne Noth und Angſt / auch ohne Zerreiſſung. 
Und ein ſolcher Menſch muſte er ſeyn / ſolte er aber im Paradeiß 
bleiben und unverruͤckt ewig ſeyn. Denn das Paradeiß iſt hei⸗ 
lig / fo muſte der Menſch auch heilig ſeyn: Denn in der Heilig⸗ 
keit ſtehet die Göttliche Krafft und Paradeiß. 


Die 


Cap. ro. Goͤttliches Weſens. 99 
1 Die tieffe Porten der Seelen. 


13. D Je Seele des Menſchen / welche ihme GOTTeinge⸗ 
: blaſen / iſt aus dem ewigen Vatter / doch vernimbs 
recht. Es iſt ein Unterſcheid / verſtehe aus feinem unwandelbah⸗ 
ren Willen / aus welchem er ſeinen Sohn und Hertze von Ewig⸗ 
keit gebieret / aus dem Goͤttlichen Centro, darauf das Fiat auß⸗ 
gehet / das da ſchaffet und hat alle Weſen der ewigen Gebuhrt in 
ſich / nur die Gebuhrt des Sohnes Gottes (daſſelbe Centrum, 
das der Sohne Gottes ſelber iſt) hat ſte nicht / denn daſſelbe 
Centrum iſt der Natur Ende / und nicht creatuͤrlich / es iſt das 
5 Centrum der feurflammenden Liebe und Barmhertzig⸗ 
eit Gottes / der Vollkommenheit; aus dem gehet keine Crea⸗ 
tur / ſondern erſcheinet in der Creatur / als in Engeln und See⸗ 
len der heiligen Menſchen. Den der Heilige Geiſt gehet da 
aus / und die Allmaͤchtigkeit / welcher in dem Vatter ſchoͤpfet den 
ewigen Willen. a 
24. Nun ſtehet die Seele in zweyen Porten / und beruͤhret 
zwey Principia, als x. die ewige Finſternuͤß / und 2. das ewige 
Liecht des Sohnes Gottes / wie dan GOTT der Vatter ſelber 
auch alſo iſt. Nun wie GOTT der Vatter feinen unwandelbah⸗ 
ren Willen ewig haͤlt zu gebaͤhren ſein Hertz und Sohn: Alſo 
hält der Engel und Seele feinen unwandelbahren Willen in 
das Hertze Gottes: Alſo iſt er im Himmel und Paradeiß / und 
geneuſt der unaußſprechlichen Freuwde Gottes des Vatters / 
welche er in dem Sohne hat / und hoͤret die unaußſprechlichen 
Worte deß Hertzens Gottes / und frewet ſich der ewigen und 
aug geſchaffenen Bildnuͤß / welche nicht in Weſen / ſondern 
figuͤr lich ſeynd. 
35. Da iſſet die Seele von einem jeglichen Worte Gottes / 
denn es iſt ihres Lebens Speiſe / und ſinget den Lobſang des Pas 
radeiſes / von der holdſeligen Frucht / die im Paradeiß waͤchſet 
in der Goͤttlichen Krafft des Goͤttlichen Limdi, welche deß 
Leibes Speiſe iſt: Denn der Leib iſſet vom Limbo, darauß 
5 11 5 und die Seele von GOTT und feinem Worte / darauf 
ſte iſt. 
16. Mag mir das nicht fremde und wonne ſeyn ? mag nicht 
alda lieblichkeit ſeyn mit den viel tauſenderley Ahrten der En⸗ 
gel Himmel⸗Brodt zu eſſen / und ſich in ihrer Gemeinſchafft 
frewen? Was moͤchte doch genant werden / das lieblicher ſey? 
da keine Furcht iſt / kein Zorn / 9 Todt / keine e 
a 2 erer 


100 Von den drey Principien Cap. 10. 


derer aller Stimmen und Sprache iſt / Heil / Krafft / Staͤrcke und 
Macht iſt unſerm Gotte. Und das getoͤhn gehet auff in Ewigkeit. 


Alſo mit dieſem gehet auff die Goͤttliche Krafft des Paradeiſes U 
und iſt eytel wachſen in dem Goͤttlichen Centro der Gewaͤchſe 


im Paradeiß. Und das iſt der Ohrt / daS. Paulus unaußſprech⸗ 


liche Worte hat gehoͤret / die niemand reden kan. Ein ſolcher 


Menſch war Adam vor ſeinem Falle / und das du nicht zweifelſt / 


das es gar gewiß und wahrhafftig alſo ſey / ſo ſiehe doch nur die 
Umbſtaͤnde an. 
17. Als GOTT Adam hatte alſo geſchaffen / da war er alſo 


im Paradeiß in Wonne / und war ein verklaͤret Menſch gar 
ſchoͤn / voller Erkaͤntnuͤß / da brachte G O T T alle Thiere zu 
ihme / als zu dem groſſen Herꝛn in der Welt / das er ſie anſe⸗ 
he / und einem jeden nach ſeiner Eſſentia und Krafft wie ſein 
Geiſt in ihme figuriret waͤre / Nahmen gebe. Und Adam wuͤſte 


alles was in jeder Creatur waͤre / und gab einem jeglichen einen 


Rahmen nach der qualificirung ſeines Geiſtes: Gleich wie 


G00 TT allen Dingen kan ins Hertze ſehen: Alſo konte das A⸗ 


dam auch thun / daran ja ſeine Vollkommenheit wohl zu ſpuͤren 
iſt geweſen. 


18. Nun waͤren Adam und alle Menſchen auffm Erdboden 
gegangen / als er dan gieng / gantz blotz / ſein Kleid war die 


Klarheit in der Krafft Gottes / keine Hitze oder Kaͤlte hette ihn 
beruͤhret: ſein ſehen war Tag und Nacht mit auffgeſperten Au⸗ 


gen ohne wiperen / in ihme war kein Schlaf / und in ſeinem Ge⸗ 


muͤhte keine Nacht; Denn in feinen Augen war die Goͤttliche 
Krafft / und er war gantz und vollkommen / er hatte den Lim- 
bum und auch die Matrix in ſich: Es war kein Mann und auch 
kein Weib: gleich wie wir in der Aufferſtehung ſeyn werden: 
wiewol die Erkaͤntnuͤß des Zeichens in der figur bleibet / aber 


nicht der Limbus und Matrix entſchieden / wie jetzunder. 


19. Nun ſolte der Menſch auff Erden wohnen / ſo lange die 
ſtuͤnde / und der Thiere pflegen / und feine Wonne und Frewde an 


allen haben: Er ſolte aber keine irꝛdiſche Frucht eſſen / darin⸗ 


nen die Zerbrechlichkeit ſtehet. Zwar er ſolte eſſen von der Frucht / 
aber im Maule und nicht im Leib: Denn er hatte keine Daͤr⸗ 


mer / und nicht ſolch harte / finſter Fleiſch / es war alles voll⸗ 
kommen / denn es wuchs ihm Paradeiſiſche Frucht / welche her⸗ 
nach vergieng / wie er aus dem Paradeiß gieng / da verfluchte 


* 


GOT die Erde / und ward ihme der Himliſche Limbus entzo⸗ 


gen mit ſambt der Frucht und verlohr Paradeiß / GO T T und 


Him: 


Cap. ol Goͤttliches Weſens. 101 
Himmelreich: Denn die Erde war nicht alſo boͤſe vor der Suͤn⸗ 
de / da das Paradeiß auff Erden war. Dr h g 
20. Wenn Adam waͤre blieben in der Unſchuld fo hätte er Pa⸗ 
radeiß⸗Frucht geffen an aller Frucht: Und fein Eſſen war Hun⸗ 
liſch / ſein Trincken war aus der Himliſchen Wuſſer⸗ Mutter 
vom Null des ewigen Lebens: Die Auß⸗Gebuhrt beruͤhrete 
ihn nicht / des Elements Luffts auff ſolche Ahrt durffte er nicht: 
Zwar er holete Odem von der Lufft / er ſieng aber vom Geiſt der 
unzerbrechlichkeit ſeinem Odem / denn er inqualirete nicht mit 
dem Geiſte dieſer Welt: ſondern fein Geiſt herꝛiſchete kraͤfftig. 
über den Geiſt dieſer Welt / über Sternen / ſo wohl Soñe und 
Mond und uͤber die Elementa. r b i 
2x1. Das moͤchte mir ein Adam ſeyn : Und alſo war er ein 
recht und warhafftig Gleichnuͤs und Bilde GoTrES: In 
feinem Fleiſche hatte er nicht ſolche harte Beine / und ob es Bei⸗ 
ne waren / fo waren ſte Staͤrcke und ſolche Kraſſt / auch fo war 
fein Bluht nicht aus der Tinctur der Aquaſtriſchen Matrix, ſon⸗ 
dern aus der Himliſchen. In Summa es war alles himliſch / 
wie wir im Tage der Aufferſtehung werden erſcheinen. Denn 
der Fuͤrfatz Gottes beſtehet / das erſte Wilde muß wieder kom⸗ 
men und im Paradeiß bleiben. Uns da es nicht konte in anderer 
Geſtalt geſchehen und herwieder bracht werden / ſo lies ſichs G Ott 
der Vatter eher fein Hertze und Sohn koſten / ſeincwiger Wille 
iſt unwandelbahr / er muß beſtehen. een 1 
23. Und als GOTZ den Meuſchen geſchaffen hatte / bauwe⸗ 
te er einen Garten in Eden gegen dem Morgen / und ſatzte ihn 
darein / und ließ auffwachſen allerley Frucht luſtig anzuſehen / 
allerley Baͤume / davon gut zu eſſen / und den Baum des Lebens 
mitten im Garten / den Barum der Erkaͤntnuͤß gutes und boͤſes. 
Und als Got den Menſchen im Garten ſetzete / gebot er ihm 
und ſprach: Du ſolt eſſen von allerley Baͤumen im Garten / a⸗ 
ber von dem Baume der Erkaͤntnuͤß gutes und boͤſes ſoltu nicht 
eſſen / denn welches Tage du dar von iſſeſt / wirſtu des Todes 
ſterben. Alhier liegt die Decke uͤber dem Moſe und wil ſcharffe 
Augen habe / dem Moh ins Ange ſichte zu ſehen. GOT T hal 
es dem Modi nicht ohne uhr ſachen laſſen alſo heymlich ſchreiben. 
23. Denn was waͤre doch GO T angelegen geweſen an einem 
Apſel⸗biß / eine ſo ſchoͤne Ereatur zu verderben / vergibt er doch 
groͤſſere Sünde / und hat den Menſchen alſo geliebet / daß er 
ſeines einigen Sohnes nicht hat verſchonet / ſondern laſſen Menſch 
werden / und in Todt gegeben / konte er dann nicht eine kleine 
ia E 3 Suͤn⸗ 


20 Von den drey Principien Cap. 10. 


Suͤnde vergeben? Oder warumb ließ ers zu / daß der Menſch 
aß von der Frucht / fo er allwiſſend iſt? War umb ließ er den 
Baum des Erkaͤntnůß boͤſes und gutes wachſen? 

24. Alſo richtet die Vernunfft: hätte GOT nicht gewolt / 
Adam haͤtte nicht alſo geſſen / oder haͤtte kein Gebott uͤber dieſen 
Baum alleine gemacht / er muß ihn ja zum Anſtoß gemacht ha⸗ 
ben? Alſo richtet eine Part. Die ander Vernunfft wils beſſer 
machen / die iſt ja etwas weiſer und nicht viel / die ſpricht: Gott 
hat den Menſchen ver ſucht / ob er wolle in feinem Gehorſam lea 
ten / und als er Ungehorſam ſey erfunden worden / habe Gott 
ſo einen maͤchtigen Zorn auff ihn geworffen / und ihn verflucht 
zum Tode / und ſein Zorn koͤnne nicht geleſchet werden / er muͤ⸗ 
ſte alſo verſuͤhnet werden. Dieſe Vernunfft machet aus Gott 
ein eitel Unbarmhertzigkeit / gleich einem boͤſen Menſchen die⸗ 
ſer Welt / der doch verſuͤhnet wird wan er ſich hat einmahl gnug 
g und hat noch keine Wiſſenſchafft von GOT T und Pa⸗ 
radeis. . N 

25. O liebe Seele 1. es iſt gar ein ſchweres / davon ſich wol 
möchte haben der Himmel entfärber. In dieſem Verſuchen iſt 
gar ein groſſes in Moſe verborgen / welches die unerleuchte 
Seele nicht verſtehet. Es war GOT nicht umb einen Apffel 
und Birnenbiß zu thun / eine ſolche ſchoͤne Creatur alſo zu ſtraf⸗ 
fen / die Straffe rührete nicht von feiner Handt / ſondern (vom 
Geiſt majoris Mundi) vom Geiſte der groſſen Welt / vom drit⸗ 
ten Principio. G O TT meinete es gar barmhertzig mit dem 
Menſchen / darumb verſchonete er ſeines Hertzens nicht / und 
ließ es Menſch werden / daß er den Menſchen wieder huͤlffe. 
Du darffeſt nicht alſo dencken: GO T T iſt die Liebe und das 
Gute / inn ihm iſt kein zorniger Gedancke / hette ſich der 
Menſch nur ſelber nicht geſtrafft c. Wie du an ſeinem Ohrte 


eh 


leſen wirſt. N ; 
Die heimliche Pa Verſuchen des Men⸗ 


26. Mils an dieſem Ohrt viel Fragen gibt / denn des Men⸗ 
ſchen Gemuͤthe ſorſchet wieder nach feinem Vatterlan⸗ 

de / darauß es iſt gewandert / und begehret wieder heym zur e⸗ 
wigen Ruhe: und mir in meiner Erkaͤntnuͤß ſolches zu gelaſ⸗ 
lane wil ich den tieffen Grund vom Fall ſetzen: Da man 
dem Mo kan in die Augen ſehen / biſtu aber aus GOTT geboh⸗ 
ren / ſo iſt dirs wol begreiflich: Aber kein unerleucht e ö 
» * * L (2 


4 


Cap. o. Von den drey Principien 103 


begreifft den Zweck. W age muß im ſelben Hau⸗ 
ſe ſeyn / wils ſehen was uſt iſt. Denn von hören ſagen / 
und nicht ſelber ſehen / iſt immer Zwziffel / ob die Dinge wahr 
ſeynd / fo man hoͤret ſagen / was abek das Auge ſiehet / und 
das ri the erkennet / das glaubts vollkommen / denn es hats 
ergriffen. 


27. Das Gemuͤhte forſchet / warumb doch der Menſch hat 
muͤſſen verſucht werden / da ihn doch GOTT hat vollkommen 
geſchaffen / weil GOTT Allwiſſend iſt / fo leget es immer die 
Schuld auff Gott: Solchs thun auch die Teuffel. Denn ſpricht 
das Gemuͤhte: Waͤre der Baum gutes und boͤſes nicht gewach⸗ 
ſen / ſo waͤre Adam nicht gefallen. 5 RT 

28. O Liebe Vernunfft / ſo du nicht mehr erkenneſt / ſo thue 
deine Augen feſte zu / und forſche nicht / bleib unter der Gedult / 
in der Hoffnung / und laß nur GOT walten: Du faͤlleſt ſonſt 
in die groͤſte Unruhe / und fuͤhret dich der Teuffel in Verzweife⸗ 
lung / welcher immer fürgibt / GO TI habe das Boͤſe gewolt / 
er wolle nicht alle Menſchen ſeelig haben / darumb habe er den 
Zorn⸗Baum geſchaffen. 1 

29. Liebes Gemuͤhte ſtehe ab von ſolchen ſinnen / du macheſt 
ſonſt auß dem holdſeeligen und lieblichen G O T T einen lin 
barmhertzigen mit einem feindlichen Willen: Laß nur von 
GOT ab mit dieſen Gedancken / und betrachte dich ſelber / was 
du biſt / in dir ſelber wirſtu den Verſuch⸗Baum finden / und 

auch den Willen darzu / daß er iſt gewachſen: ja die Quell zum 
Gewaͤchſe ſtecket in dir / und nicht in GOTT. Wenn wir wol⸗ 
len von der lautern Gottheit reden / welche ſich im andern 
principio durchs Hertze Gottes offenbahret / fo iſts alfo und 
nicht anders. g 

30. Wann wir aber vom Uhrkunde vom erſten principio ſin⸗ 
nen ſo finden wir die Ahrt des Baumes und auch des Willens zum 
Baum: wir finden alda der Höllen und des Zornes Abgrundt: 
Ja wir finden der Höllen und des Zorns Willen: wir finden wei⸗ 
ter aller Teufel Willen: wir finden den neydiſchen Willen aller 
Creaturen dieſer Welt / warumb ſich alles feindet / neidet / beiſ⸗ 
ſet und ſchlaͤget. Meine liebe Vernunfft hier wil ich dir den Ver⸗ 
ſuch⸗Baum weiſen / und ſolſt dem Moſi ins Angeſichte ſehen / 
Nur halt dein Gemuͤht ſtaͤte / daß du es begreiffeſt. 

31. Ich habe dirs in dieſem Buche ſchon offt zu verſtehen ge⸗ 
geben / was das Weſen aller Weſen ſey / weils aber an Dur 
Hhrte die hoͤchſte Nothurfft iſt zu 2 den Grundt / fo 10 72 
* ou 4 * 


104 Bon den drey Principien Cap. 10 


»irs alles weitleufftig gantz gr ſetzen / daß du ſolches an 
Dir ſelber wirft erkennen / ja an allen Creaturen ſolſtu dig er⸗ 
kennen / und an allemſias da nur iſt / was du anſieheſt / oder 
immer erſinnen magſt / das ſoll alles ein Zeuge ſeyn. Ich 
Ten Himmel und Erden / fo wohl Sonne / und Sternen und 
Elementa zum Zeugen fuͤhren / und nicht mit bloſſen Worten 
und Verheiſſungen / ſonderu gantz maͤchtig in ihrer Krafft und 
We ſen ſol dirs fuͤrgeſtellet werden: Und du haſt keine Krafft in 
deinem Leide / die dich nicht uͤberzeugen wird: Laß dir nur nicht 
den Luͤgen⸗Geiſt / die alte Schlange / das Gemuͤhte vertuncke⸗ 
len / der dan ein tauſent Kuͤnſtler iſt. 

32. Wann er ſtehet / daß er dem Menſchen nicht kan mit 
Zweyfel an Gottes Barmhertzigkeit beykommen / ſo macht er 
ihn gahr leichtmuͤhtig / daß er alles nichts achtet / machet ihm 
fein Gemühte gahr ſchlaͤfftrig / daß er ſich gahr leicht ſchaͤtzet / als 
waͤre es alles ein gering Ding / es moͤge ſeyn wie es wolle / er 
wolle ihm fein Hertze damitte nicht zerbrechen / und laſſen die 
Pfaffen forſchen / die ſollens verantworten: Alſo faͤhret das 
Gemuͤhte ſo leichte dahin / wie ein Windt⸗Wirbel oder Waſ⸗ 
ſerſtrohm. Davon ſaget Chriſtus auch / und ſpricht: Der 
Teuffel reiſſet das Wort von ihren Hertzen / das ſte es nicht 
19 65 glauben und ſeelig wuͤrden / daß es nicht zu einer Wur⸗ 
tzel koͤmt. 955 | 7 

33. Die Perle möchte ſonſt wachſen / und die Lilien gruͤnen: 
Er (verſtehe der Teufel) moͤchte offenbahr werden / ſo wuͤrde 
jederman fuͤr ihm fliehen. und ſtuͤnde er in groſſem Spotte. 
Das hat er von der Welt her getrie ben / und wie heff⸗ 
tig er wehret / fo wird ihm doch eine Lilie in feinem ver⸗ 
meinetem Reiche wachſen / weleher Ruch ins Para: 
deiß Gottes reichet / wider alles fein wuͤtten und toben 
zeuget der Geiſt. 

34. Siehe du Menſchen⸗Kind / wann du wilt zu dieſer Er⸗ 
kaͤntnuͤß nahe und leicht kommen / fo nimb nur dein Gemuͤhte zu 
betrachten fuͤr dich / da findeſtu alles innen. Du weiſſeſt daß dar⸗ 
auß gehet Frewd und Leid / Lachen und Weinen / Hoffnung und 

Zweifel / Zorn und Liebe / Atſt zu einem Dinge und auch die An» 

ſeindung deſſelben / du ſindeſt darinnen Zorn und Boßheit / und 
auch Liebe / Sanfftmuht und Wolthun.. ee 
F. Nun fraget ſichs: Möchte dann das Gemuͤthe nicht in 

einem Willen ſtehen / als in eytel Liebe / wie G HT felber ? Da 
8 4 1 * 


ſtecket 


Sap. ro. Goͤtlliches Weſens. 10 


— — allen drey Prineipien ſey in einem Willen und Weſen / es iſt 
einn 
0. 


i 


het der ewige Wille / fe . So aber iſt das ewi⸗ 


Die Tieffe. 


38. N Un ſiehe / das Gemühte iſt in der Finſternuͤß und faſſet 
feinen Willen zu dem Liechte / das zu gebaͤhren / ſonſt 

wäre kein Wille und auch keine Gebuhrt. Daffelbe Gemuͤte 
ſtehet in der Aengſtligkeit und im Saͤhnen / und das ſaͤhnen iſt 
der Wille / und der Wille faſſet die Krafft / und die Krafft erfuͤl⸗ 
fullet das Gemuͤthe. Alſo ſtehet das Reich Gottes in der 
Krafft / die iſt r GO T T der Vatter / und das Liecht machet 
die Krafft ſaͤhnend zum Willen / das iſt 2 GOT der Sohn / denn 
in der Krafft wirdt das Liecht 12 Ewigkeit immer gebohren / 
dae 8 "5 und 


ros Von den drey Principien Cap. 10. 

und ner auß der Krafft gehet auß z der H. Geiſt / der gebieret 

wieder im finſtern Gemuͤhte den Willen des ewigen Weſens. 
39. Nun fiche liebe Seele das iſt die Gottheit / und haͤlt in 


ſich das ander / oder mitler Principium, darumb iſt Go T al⸗ 


leine guht / die Liebe und das Liecht und die Krafft. Nun dencke / 
daß in Got nicht waͤre eine ſolche ewige Weißheit und Wiſ⸗ 
ſenſchafft / wenn das Gemuͤhte nicht in der Finſternuͤß ſtuͤnde. 
Denn darinnen ſtehet die Angſt im Willen zu gebaͤhren / und 
die Angſt iſt die Qualitat / und die Qualität iſt die Vielheit / 
ON das Gemuͤhte / und das Gemuͤhte macht wieder die 
Bielheit. ö 11865 19424114 


40. Nun fiche dich umb liehe Seele in dir Selber / und in al⸗ 


len Dingen / was findeſtu darinnen ? Du findeſt nichts als die 
Angſt / und in der Angſt die Qualitat / und in der Qualität das 
Gemuͤhte / und im Gemuͤhte den Willen zum wachſen und ge⸗ 
baͤhren: und im Willen die Krafft / und in der Krafft das Liecht / 
und im Liechte ſeine Fortpflantzung oder forttreibenden Geiſt / 
der macht wieder einen Willen einen Zweig auß dem Baume 
zugebaͤhren / wie er iſt. Und das heiſſe ich in meinem Buch das 
Centrum, da der gebohrne Wille iſt zu einem Weſen worden / 
und gebieret nun wieder ein ſolch Weſen. Denn alſo iſt die Mut⸗ 
ter der Gebaͤrerin. b 
42. Nun hat die Angſt in ſich habhafft das erſte Principium, 
dieweil fie in der Finſternuͤß ſtehet / ſo iſt fie ein ander Weſen / 
als das Weſen im Liechte iſt / da nur eytel diebe und Sanfft⸗ 
muht iſt / da keine Quaal erblicket wird. Und iſt die Qualität wel⸗ 


che im Licht⸗Centro wird erbohren / nun nicht Qualitat / ſon⸗ 


dern die ewige Wiſſenſchaft und Weißheit / was vorm Liechte 
in der Angſtiſt. Dieſelbe Weißheit und Wiſſenſchafft komt 
nun immer dem gefaſten Willen in der Angſt zu huͤlffe / und 
macht in ihm wieder das Centrum zur Gebuhrt / alſo daß ſich in 
der Qualität wieder gebieret das Gewaͤchſe / als die Krafft / und 
auß der Krafft das Fewr / und auß dem Fewr der Geiſt / und 
der Geiſt macht im Fewr wieder die Krafft / alſo daß es ein un⸗ 
auffloͤßlich Band iſt. Und auß dieſem Gemuͤhte / welches ſtehet 
in der Finſternuͤs / hat GOT gebohren die Engel / welche find: 
Fewr⸗Flammen / aber mit dem Liechte Gottes durchleuchtet. 
Denn in dieſem Gemuͤthe kan und mag ein Geiſt gebohren wer⸗ 
den / und ſonſt in Richtes. Denn für ſich im Hertzen und Liecht 
Gottes kan keiner gebohren werden / denn es iſt der Natur Ende 
und hat keine Qualitat. Darumh wird auch nichts mehr ur 
Ha 


Cap. ro. Goͤttliches Weſens. 107 


ſondern bleibet unwandelbahr in Ewigkeit / und ſcheinet in das 
nee der Qualitat der Finſternuͤß / und die Finſternuͤß kans 
nicht faſſen. f OR 15 

42. Nun iſt im aͤngſtlichen Gemuͤhte der Finſternuͤß die un- 
auß ſprechliche Quaal / davon der Nahme Qualicät als von viel 
Quaalen in einer Quell uhrkundet / und auß demſelben viel qua⸗ 
len in einer Quaal eutfpringet die viel Wiſſenſchafft / daß viel 
ſey / und der Geiſt Gottes auß dem Liechte komt jeder Wiſſen⸗ 
ſchafft zu huͤlffe / und macht in jeder Wiſſenſchafft des Quelles in 
der Qualitat durch feine freundliche Liebe inficiren wieder das 
Centrum, und in dem Centro gebieret ſich wieder ein Quell / wie 
ein Zweig aus dem Baume / da wieder auffgehet ein Gemuͤthe 
in der aͤngſtligkeit / und der Liebe⸗Geiſt machet mit feinem Liebe⸗ 
inficiren alles / jeden Gedancken und Willen weſentlich. Denn 
der Wille im Centro ſteiget ſo hoch / daß er das Fewer gebieret / 
und im Fewer wird Subftang und Weſenheit erbohren. 

43. Denn es iſt ſein Geiſt / und iſt des Willens im fi 
Gemuͤthe ſein Ende / und kan in der Aengſtlichkeit nichts hoͤhers 
erbohren werden / als das Fewer. Denn es iſt der Natur Ende / 
und gebieret wieder die Aengſtlichkeit und die Quaal / wie das fuͤr 
Augen iſt. Nun hat das finſter aͤngſtliche Gemuͤthe nicht nur eis 
ne Subſtantz / als ein Weſen in ſich / ſonſt koͤute es kein Qualitaͤt 
gebaͤhren / ſondern viel / und iſt doch wahrhafftig nur ein Weſen / 
und nicht mehr Weſen. 

44. Du liebe Seele / mit dir redet der hohe Geiſt / gib her dein 
Gemuͤhte / ich wil dirs zeigen. Siehe was faſſet deinen Willen 
oder worinnen ſtehet dein geben? Sagſtu im Waſſer und Flei⸗ 
ſche? Nein / es ſtehet im Fewer / in der Waͤrme: wann die 
Waͤrme nicht waͤre / ſo erſtarrete der Leib / und das Waſſer 
zes 5 So entſtehet nun das Gemuͤhte und Leben im 

ewer. 2 N 

45. Nun was iſt aber das Fewer? Es iſt erſtlich die Finſter⸗ 
nuͤß / die Hartigkeit / die ewige Kaͤlte / die Duͤrre / da nichts iſt 
als ein ewiger Hunger. . 

Nun wie wird das Fewer? > 

Liebe Seele! Hie komt der Geiſt Gottes / als das ewige 
Lechte dem Hunger zu Huͤlffe: Denn der Hunger entſtehet auch 
vom Liechte / dieweil ſich die Göttliche Krafft in der Finſternuͤß 
ſpieguliret / ſo wird die Finſternuͤß begierig nach dem Liechte / und 
die Begierligkeit iſt der Wille. * 

36. Nun kan der Wille / oder 5 a in der Duͤrrigkeit 
das 


208 Von den drey Principien Cip. 10 


das Liecht nicht erreichen / und darinnen ſtehet die Angſt im 
Willen nach dem Liechte / und die Augſt iſt anziehend / und im 


Anziehen iſt das Wehe / und das Wehe macht die Angſt groͤſſer / 


daß die Angſt in der Herbigkeit viel ſehrer anzeucht / und daſſelbe 


Anziehen im Wehe iſt der bitter Stachel / oder die Bitterkeit 


ron dem Wehe / und die Angſt greifft nach dem Stachel mit dem 


Anziehen / und kan ihn doch nicht faſſen / denn er wehret ſich / und 


je ſehrer die Angſt anzeucht / je ſehrer wuͤtet der Stachel. 

47. Nun iſt die Angſt / Bitterkeit und das Wehe im Sta⸗ 
chel gleich einem Schwefel⸗geiſte / und alls Geiſter in der Na⸗ 
tur ſind ein Schwefel / das ängſtet ſich in einander / biß ihm 
das Liecht GITTES zu Hülffe komt / fo wird es ein Blitz / 
und da iſt fein Ende / denn hoͤher Fans in der Angſt nicht ſtei⸗ 

gen / und das iſt das Fewr / welches im Blitz ſcheinend wird 

in der Seelen / oder auch im Gemuͤthe. Denn die Seele erꝛeicht 
des Liechtes Krafft / welches ſie in Sanfftmuht ſetzet / und in 
dieſer Welt iſts das brennende Fewr: In der Hoͤllen iſts un⸗ 
materialiſch / da iſts das ewige Fewr / das in der Qalitaͤt brennet. 

48. Run dt liebe Seele! alhier ſteheſtu im Spiegel / wie 

GOT ſs nahe iſt / und iſt ſelber das Hertze aller Dinge / und 
gibt allen Krafft und Leben! Alhier hats Lucifer verſchuͤttet / 

und iſt alfo hoffaͤrtig worden / als dieſer Schweffel⸗geiſt im 

Willen des Gemuͤhtes Gottes geſchaffen ward / wolte er über 


der Natur Ende. hinauf / und das Fewr uͤber die Sanfftmuht 


außfuͤhren / und ſolte ihm alles im Fewr brennen / er wolte 


Herꝛ ſeyn. Die Fewr⸗funcken im Schweffel⸗geiſt haben ſich zu 


fehr erhaben / und find dem Schoͤpffer / als dem Geiſt im Fiat 
dieſe Geiſter nicht zu Engel gerahten / wiewol er ihme im erſten 
Gemuͤhte / als das Centrum zun Geiſtern auffgeſchloſſen ward / 
zu Hüͤlffe kam / und erblickte wie die andern Engel: So has 
ben ſie doch / als ſie nun ſolten ihr Oenttum zur Wiedergebuhrt 
ihres Gemuͤhts auffſchlleſſen / und den Willen Engliſch gebaͤh⸗ 
ren / einen feurigen gebohren. 
49. Der erſte Wille darauß ſie wurden geſchaffen / der war 

Gottes / und der machte ſie guht / und der ander Wille / den fie 
als gehorſahme ſolten auß ihrem eigenen Centro gebaͤhren in 
Sanfßftmuht / der war boͤſe / alſo ward der Batter umb des Kin⸗ 


d illen auß der Krafft Gottes geſtoſſen / und verdarb das En⸗ 


gli ſche Reich / und blieb im Fewrs⸗quell / die weil das boͤſe Kind 
ihres Gemuͤhts ſich von der Sanfftmuht wendete / alſo kriegten 


ie was ſe haben wolten. Denn das Gemuͤhte iſt des 1 5 | 


. in nie 


Sapıır. Göͤttliches Weſens. rog 


GOTT und Schoͤpffer / das iſt in der ewigen Natur frey / und 
was es ihme gebieret / das hat es. RR 1 
so. Nun frageſtu: Warumb kam ihm nicht die Liebe Got⸗ 
tes wieder zu Huͤlffe? Nein Fritz: Ihr Gemuͤhte hatte ſich ers 
hoben biß in der Natur Ende / und wolte über das Liecht Got⸗ 
tes hinauß / ihr Gemühte war ein angezuͤndter Fewer⸗quell 
worden im Grimme / die Sanfftmuht Gottes kan nicht hinein / 
der Schweſel⸗geiſt brennet ewig / alſo iſt er ein Feind Gottes / 
ihm kan nicht geholffen werden. Denn das Centrum iſt bren⸗ 
nend im Blitz / ſein Wille iſt noch uͤber die Sanfftmuht Got⸗ 
tes hinauß zu fahren / er kan auch keinen andern Willen ſchoͤpf⸗ 
fen / denn reg e loanıe Natur Ende im Fewr erꝛeichet / 
und bleibet ein unerloͤſchlicher Fewr⸗quell. Das Hertze Got⸗ 
tes in der Sanfftmuht / und das Principium Gottes iſt vor 
ihme feſte zu / und das in Ewigkeit. Selk 5 
Ir, In Summa GOTT wil keinen Fewr⸗geiſt im Paradeis 
haben / ſie muͤſſen im erſten Principio in der ewigen Finſternuͤß 
bleiben. Waͤren ſie blieben / wie ſte GOTT ſchuff / als ſte die 
Sanfftmuht anblickete / und haͤtten das Centrum ihres Ge⸗ 
muͤhts in die Sanfftmuht geſetzet / fo hätte fie das Liecht Gottes 
ewig durchleuchtet / und hätten geffen vom Verbo Domini, und 
wären mit der Wurtzel ihres Uhrkundes im erſten Principio ge⸗ 
ſtanden / wie GOTT der Vatter ſelber / und mit dem Willen 
im Gemühte im andern Principio : Alſo haͤtten fie Paradeiſi⸗ 
ſche Quell gehabt / und Engliſchen Willen / und waͤren freund⸗ 
lich im Limbo des Himmels geweſen und in Gottes Liebe. 


Das ır. Capittel. 
Von allen Umbſtaͤnden des Verſuchens. 


Un iſt die hoͤchſte Frage / was dan dem Teuffel ſeln 
Gemuͤhte habe geurſachet ſich alſo hoch zu erheben / 
und daß ihr ſo eine groſſe Anzahl ſind gefallen in 
Hochmuht? Siehe! als GOTT das kiar in den 
Willen ſetzte / und wolte Engel ſchaffen / ſo hat der 
Geiſt im erſten alle Qualitäten zerſcheiden auff Ahrt / wie du jetzt 
die mancherley Ahrt der Sternen ticheft/ und das Fiat ſchuffs al⸗ 
fo} da wurden geſchaffen die Fuͤrſten und Thron⸗Engel nach je⸗ 
der Qualität/ als harte / herbe / bitter / kalte / rauhe / ſanffte / und 
ſo fort in der Eſſeutia, biß an der Natur Ende ans Feuers ⸗quell / 
wie du ein Gleichnuͤß an Sternen haſt / wie die unterſchiedlich 

nd. 8 a: 7 2, Nun 


110 Von den drey Printipien Cap. 11. 


2. Nun ſeynd die Thron⸗ und Fuͤrſten⸗Engel ein jeder gewe⸗ 
ſen ein groſſer Brunn / wie du an der Sonne gegen den Sternen 
dencken moͤgeſt / und das an der bluͤhenden Erden ſieheſt: Der 
groſſe Brunn im Quell wurde der Fuͤrſt⸗ oder Thron⸗Engel in 
der Stunde des Fiars im finſtern Gemuͤhte / da iſt aus jederm 
Brunnen wieder das Centrum in viel tauſendmahl tauſend aus⸗ 
gangen. Denn der Geiſt im Fiat erblickete ſich nach der ewigen 
Weißheit Ahrt / in der Natur der — alſo giengen aus / 
aus einem Brunn die vielerley Eigenſchafften / ſo in der gantzen 
Natur waren / vermoͤge der ewigen Weißheit Gottes / oder wie 
ichs zum beſſern Verſtande ſetzen möchte im Gleichnuͤtz / Als haͤt⸗ 
te ein Fuͤrſten⸗Engel in einem Huy viel Engel gebohren aus ſich 
ſelber / da fie doch nicht der Fuͤrſt gebahr / ſondern die Effentien 
und Qualitäten mit dem Centro in jeder Eſſentia giengen aus 
vom Fuͤrſten⸗Engel / und der Geiſt ſchuffs mit dem Fiat, das 
blieb weſentlich ſtehen. Darumb kriegete ein jedes Heer / welches 
aus einem Brunn war gangen / einen Willen in dem Brunn / 
welcher ihr Fuͤrſt war: wie du ſieheſt / daß die Sternen alle ih⸗ 
ren Willen in der Sonnen Krafft geben / und die Sonne herꝛ⸗ 
ſchet in allen / und haben auch alſo ihren Anfang. Davon Mei⸗ 
ſter Hanſen nicht viel zu ſagen iſt / er haͤlts für unmuͤglich zu wiſ⸗ 
fen / da doch in G O T Talles muͤglich iſt / und für ihm tauſend 


Jahr . KR 
3. Nur iſt unter dieſen Gürften- Engeln einer gefallen) denn 
er ſtund in der vierdten Geſtalt der Matrix der Gebaͤhrerin in 


dem finſtern Gemuͤhte / im Gemuͤhte im Loco, wo ſich der Feuers 
Blitz uhrkundet / mit ſeinem gantzen Heer von ihm außgegan⸗ 
gen; Alſo hat ihn die feurige Ahrt bewogen uͤber der Natur En⸗ 
de / als uͤber das Hertze Gottes zu fahren / welche Ahrt alſo hart 
in ihm entzuͤndet ſtund. 

4. Denn gleich wie GO T T zur Matrix der Erde ſprach: Es 
gehen herfuͤr allerley Thiere. Und das Fiat ſchuff aus allen Effen- 
tien Thier / und zertheilete erſtlich die Matrix , und darnach 
die Effentien und Qualitäten / darnach ſchuff es aus der zerthei⸗ 
leten Matrix, je ein Maͤnnlein und fein Weiblein: Weil aber 
die Creaturen materia liſch waren / muſte fich auch alſo ein jedes 
Geſchlechte einer jeden Eſſentiæ felber fortpflantzen. Aber mit 
den Engeln nicht alſo / ſondern geſchwinde wie die Gedancken 
Gottes / ſeynd ſie worden. 

5: Aber das iſt der Grund: Ein jede Qualität oder Eſſentz im 
Auelle wolte creatuͤrlich ſeyn / und hat ſich die feurige zu 1 5 

erho⸗ 


Cape r:  Göttliches Wein). - 11 


erhoben / darinnen hat Lucifer feinen Willen gefchöpffet. Alſo 
iſt es auch zugegangen mit Adam mit dem Verſuch⸗Baum / wie 
geſchrieben ſtehet: Und GOTT ließ allerley Baͤume im Garten 
Eden suffgehen/und den Baum des Lebens und Erkaͤntnuͤß Gu⸗ 
tes und Boͤſes mitten innen. en | 
6. Mofes ſaget: GOTT lies auffwachſen aus der Erden 
allerley Baͤume / luſtig anzuſehen und gut zu eſſen. Nun alhier 
iſt die Decke im Moſe, und iſt doch im Worte helle / klar und 
offenbahr / daß es iſt Frucht geweſen / luſtig im anſehen / und 
N 17 5 eſſen / in welcher kein Todt / Zorn oder Zerbrechligkeit 
iſt geweſen / ſondern Paradeiſiſche Frucht / davon Adam konte 
in Klarheit und G Ottes Willen in feiner Liebe in Vollköm⸗ 
menheit ewig leben / alleine in dem Baume der Erkaͤntnuͤß Gu⸗ 
tes und Boͤſes iſt der Todt geſtecket / welcher den Menſchen al⸗ 
leine in ein ander Bildnuͤß konte fuͤhren. 9 
7. Nun iſts uns ja klar zu dencken / daß die Paradeiſſſche 
Frucht / welche gut geweſen / nicht iſt alſo gantz irꝛdiſch gewe⸗ 
ſen / ſintemahl auch wie Moſes ſelber ſaget / iſt zweyerley ge⸗ 
weſen / eine gut zu eſſen und luſtig anzuſehen / und in der an⸗ 
dern der Todt und Zerbrechligkeit: In der Paradeiſiſchen iſt 
kein Todt ge en und auch keine Zerbrechligkeit: Solte aber 
darinnen ar ein Todt geweſen / fo hette Adam an aller Frucht 
den Todt geſſen: So aber nun kein Todt darinnen war / fo 
konte die Frucht auch nicht gantz irꝛdiſch ſeyn / ob ſie wol aus 
der Erden wuchs / ſo war doch die Krafft Gottes des anderen 
Principii darein gebildet / und war doch warhafftig in den drit⸗ 
ten Prineipio aus der Erden gewachſen / welche GOTT nach 
dem irꝛdiſchen Eſſen verfluchete / daß nicht mehr Paradeis⸗frucht 
aus der Erden wuchs. | a 
8. Auch fo Adam haͤtte ſollen irꝛdiſche Frucht eſſen / fo muͤſte 
er in Leib geſſen / und daͤrmer gehabt haben: würde dan auch 
ſolcher Geſtanck / ſo wir jetzt im Leibe tragen / ſeyn im Paradeis 
beſtanden in Gottes Herꝛligkeit? darzu ſo haͤtte er mit dem irꝛ⸗ 
diſchen Eſſen von der Sternen und Elementen Frucht geſſen / 
welche albalde in ihme hatten inqualiret / wie dan im Falle ge⸗ 
ſchehen iſt / auch ſo waͤre ſeine Frucht uͤber alle Thiere ausge⸗ 
wachſen. Denn es würde ſich als balde die thieriſche Eſſentia der 
menſchlichen in Krafft haben gegleichet / und ein Staͤrcker uͤber 
den andern haben geherꝛſchet. 8 RT 
9. Darumb hat es gar ein andere Geſtalt mit Adam gehabt: 
Er iſt ein himliſcher und paradeiſiſcher Menſch geweſen / 800 
® e 


rr Von den drey Principſen Tap. 1 k. 
ſolte auch von hinüliſcher und paradeiſtſcher Frucht eſſen / und in 
derſelben Krafft uͤber alle Thiere / ſo wol Sternen und Ele⸗ 
menten herꝛſchen; Es ſolte ihn keine Kaͤlte noch Hitze rühren / 
ſonſt haͤtte ihm Go T ZT auch eine rauhe Haut gleich allen Thies 
ren geſchaffen / und nicht alſo nackenddz. ’ 

10. Nun fraget ſichs / warumb wuchß dan der irrdiſche 
Baum der Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes / ware er nicht' 
da geweſen / fo haͤtte Adam nicht geſſen? Oder warumb 
muſt Adam verſuchet werden? Höre hierumb ſeage dein Gl 
mühte / warumb ſich alsbald darinten ein Gedanke zum 
Zorn / als zur Liebe innen faſſet und gebieret? Sprichſtu von 
Hören oder Anſthawen: mare das wuſte Gore auch 
wol / darumb müſte Adam verſuchet werden / denn das Cen⸗ 
trum des Gemuͤhts iſt frey / und gebieret den Willen von Hö⸗ 
ren und Anſchawen / daraus entſtehet die Imagination und Luſt. 

11. Dieweil Adam ein Bilde und gantze Gleichnuͤß Gottes 
war erſchaffen / und hatte alle drey Principia an ſich / als Gott 
ſelber / ſo fofte fein Gemuͤhte und Imagination auch bloß ins 
Hertze GYttes ſehen / und ſeine zuſt und Willen darein ſetzen. 
Und gleich wie er war ein Herz über alles / und fein Gemuͤhtt 
ein dreyfacher Geiſt in den dreyen Principien in einem Weſen ; 
Alſo ſolte auch ſein Geiſt / und der Wille im Geiſte in einem 
Weſen offen ſtehen / als im paradeiſtſchen / himliſchen / und 
ſolte ſein Gemuͤhte und Seele eſſen vom Hertzen Gottes / und 
der Leib von der Krafft des himliſchen Limbi. 

12. Weil aber der hunlifche Limbus war durch den irꝛdiſchen 
offenbahr worden / und war in der Frucht in einem Weſen / und 
Adam war auch alſo / ſo gebuͤhrete Adam (als der die lebendige 

Seele hatte aus dem erſten Prineipio empfangen / und vom hei⸗ 
ligen Geifte eingeblaſen / vom Liechte Gottes erleuchtet / im 
ee Principio inſtehend) nicht nach der irꝛdiſchen Matrix zu⸗ 
greiffen. 

13. Darumb gab ihm auch G O T T alhier das Gebot / ſich 
nicht laſſen zu geluͤſten nach der irꝛdiſchen Matrix und ihrer 
Frucht / welche ſtund in der Zerbrechlichkeit und Vergaͤnglichkeit / 
und aber des Menſchen Geiſt nicht. Er ſolte eſſen von der 
ae aber darvon nur die paradeiſiſche Ahrt und Eygen⸗ 

afft / nicht von den irꝛdiſchen Effentien, Denn die paradeiſt⸗ 
ſche Eſſentien hatten ſich in alle Frucht eingebildet: Darumb 
iſt ſie ſehr gut auff Engliſche Ahrt zu eſſen geweſen / und auch 

lleblich anzuſchen / wie Moſts ſagee 4 2 
N mr 


Cap. 11. Göttliches Weſens. 113 


Nun fraget ſichs: Was iſt denn eygentlich das Verſuchen in 
Adam geweſen? 5 


| Die Porten Gutes und Boͤſes. 
14. Dez haben wir gar ein maͤchtig Zeugnuͤß / und wird er⸗ 
SR kant in der Natur / und allen ihren Kindern / in 
Sternen und Elementen / in Erden / Steinen und Metall, 
ſonderlich an den lebendigen Creaturen / als du ſteheſt / wie fie 
ſind als boͤſe und gute / als liebliche Creaturen / fo wol gifftige 
boͤſe Thiere / fo wol Kroͤten / Nattern und Wuͤrme / auch ſo 
iſt Gifft und Boßheit in allem Leben des dritten Prineipi, und 
muß in der Natur die Grimmigkeit ſeyn / ſonſt waͤre alles ein 
Todt und ein Nichtes. h ne 
? Die Tieffe im Centro. 
25: Wos vorne auch bemeldet / ſo ſtehet das ewige Gemuͤhte 
in der Finſternuß / das aͤngſtet und ſaͤhnet ſich nach 
dem Liechte / das zu gebaͤhren / und die aͤngſtlichkeit iſt die 
Quell / und die Quell hat viel Geſtaͤlte in ſich / biß fie in ihrer 
Subſtantz das Feuer erreichet / als bitter / herbe / harte / kalt / 
grimmig / ſchielend oder Gifft / in welcher Wurtzel die Frewde 
und Pein zugleich ſtecket: als wans an die Feuer⸗wurtzel komt / 
und mag das Liecht erreichen / fo wird aus dem Grim die groſſe 
Freude / denn das Siecht ſetzet die grimmige Geſtalte in groſſe 
Sanfftmuht / dagegen / welche Geſtalt nur an die Feuer⸗wur⸗ 
tzel komt / die bleibt im Grin. 

16. Als uns zu wiſſen iſt / als GOTT das ewige Gemuͤhte 
in der Finſternüß wolte offenbahren im dritten Principio mit 
dieſer Welt / fo wurden alle Geſtalte erſtlich im erſten Principio 
offenbahr biß ans Feuer / und welche Geſtalt nun das Liecht hat 
ergriffen / die iſt Engliſch und Paradeiſiſch worden / welche aber 

nicht / die iſt grimmig / moͤrderiſch / herbe und boͤſe worden / ein 
jede in ihrer Eſſentien oder eignen Geſtalt / denn eine jede Geſtalt 
wolte auch offenbahr ſeyn. Denn das war der Wille des ewigen 
Weſens / ſich zu offenbahren. Nun aber vermochte ſich eine Ge⸗ 
ſtalt in der ewigen Gebuhrt alleine nicht zu offenbahren / denn 
eine iſt des andern Glied / und wäre eine ohndie ander Nichts. 
17. Darumb hat das ewige Wort oder Hertze Gottes ge⸗ 
wuͤrcket in der finſteren und geiſtlichen Matrix, welche in ihr ſel⸗ 
ber im Uhrkunde ohne das Liecht ſtumm waͤre / und gebohren ein 
leiblich und begreiflich Gleichnuͤß feines Weſens / N eh 15 
2 eſtaͤlte 


114 Von den drey Principien Cap. 11. 


Geſtaͤlte aus der ewigen Geſtalt ſind heraus gebracht worden / 
und ins Weſen kommen. Denn aus der Geiſtlichen Geſtalt iſt 
erbohren das Leibliche / und hat das ewige Wort durchs Fiat ge⸗ 
ſchaffen / daß es alſo ſtehe. 
18. Nun find aus dieſen Geſtalten aus der Erden Matrix 
durchs Fiat im Worte heraus gegangen alle Creaturen dieſer 
Welt / ſo wol Baͤume / Kraut und Graß / jedes nach ſeiner Ge⸗ 
ſtalt / auch Wuͤrme / boͤſe und gute / wie jede Geſtalt in der Matrix 
der Gebaͤhrerin ſich hat geuhrkundet. Alſo iſts auch geweſen 
mit den Fruͤchten im Paradeiß dieſer Welt im Garten Eden. 
Als das Wort ſprach: Es gehen herfuͤr allerley Baͤume und 
Kraut / ſo ſind aus allen Geſtalten Baͤume und Kraut / herfuͤr 
gegangen und gewachſen / welche alle gut und lieblich ſeynd gewe⸗ 
Et denn das Wort hatte fich im Fiat in alle Geſtaͤlte einge⸗ 
ildet. f 3 
19. Nun war aber die Finſternuͤß und Quaal mitten im Cen- 
tro, als darinnen der Todt / Grimmigkeit / hin fallen und zerbre⸗ 
chen ſtecket / und wann das nicht waͤre geweſen / ſo ſtuͤnde dieſe 
Welt ewig / und waͤre Adam nie verſucht worden / die hat auch zu 
gleiche als ein Mors, oder zerbrechlicher Wurm der Qugal mit 
gewuͤrcket / und den Baum gutes und boͤſes in mitten aus ſeinem 
Sede gebohren / dieweil der Mors in der mitten im Centro ſtecket / 
durch welchen dieſe Welt am Ende der Tagen wird im Feur an⸗ 
gezuͤndet werden: Und iſt dieſe Quaal eben der Zorn Gottes / 
welchen das Hertze / oder Liecht Gottes in dem ewigen Vatter 
immer in die Sanfftmuth ſetzet / darumb heiſt das Wort / oder 
Hertze Gottes die ewige Barmhertzigkeit des Vatters. 
20. Weil dann alle Geſtaͤlte in der ewigen Natur ſolten her⸗ 
fuͤr gehen / als muſte die Geſtalt des Zornes und Grimmes auch 
berfür gehen / wie du es ſieheſt an Kroͤten / Nattern / boͤſen Wuͤr⸗ 
men und Thieren: Denn es iſt die Geſtalt / ſo in der Mitten in 
der Gebuhrt in allen Creaturen ſtecket / als die Gifft oder der 
Schwefel⸗geiſt / wie du dann ficheft / das alle Creaturen Gifft 
und Gallen haben / und ſteckt der Creatur Leben in dieſer Macht: 
Und wie du ſolches in dieſem Buch vorne in allen Capitulen 
2 wie der ewigen Natur uhrkundt / gewuͤrcke und We⸗ 


nift. 

21. Nunift der Baum des Grimmes / als welcher in der 
Natur im mitten iſt / auch mitten im Garten Eden gewachſen / 
und der aller groͤſſeſte und mächtigfte geweſen / vermoͤge feiner 
eignen Geſt alt: ſo er im Uhrkund / in der ewigen Qualitat wi 

u 


Cap. rr. Göoͤttliches Weſens. 115 


und ſtehet man allhier klar / daß Gott den Menſchen hat wollen 


im Paradeiß erhalten und haben / denn er hat ihm dieſen Baum 
verboten / und ſonſt gnug Baͤume und Früchte jeder Geſtalt und 
Eſſentien laſſen auffgehen. 5 


Die Verſuch⸗Porten. 
22. CAnct paulus ſpricht: Gott hat die Menſchen in Chrifte: 
JeEſu verſehen / ehe der Welt Grund iſt geleget worden. 
Allhier finden wir den Grund alſo ſchoͤn / daß uns luͤſtert fort zu 
ſchreiben / und die Perlen zu ſuchen. Denn ſiehe es iſt in der ewi⸗ 
gen Weisheit GSttes vor der Schoͤpffung der Welt in der ewi⸗ 
gen Matrix erblicket und geſehen worden der Fall des Teuffels 
und auch des Menſchen / dieweil das ewige Wort im ewigen 
Liechte wol erkante / daß / fo es würde den Brunn der ewigen Ge⸗ 
buhrt offenbahren / jede Geſtalt wuͤrde herfuͤr brechen / nicht 
aber iſt es der Liebe Willen im Wort des Liechtes geweſen / daß 
ſich die Geſtalt der Grimmigkeit ſolte über die Sanfftmuth erhe⸗ 
ben / er fie aber eine ſolche mächtige Geſtalt hatte / ſo iſt es doch 
geſchehen. N 2 
23. Darumb wird auch der Teuffel ein Fuͤrſt dieſer Welt in 
der Grimmigkeit genant / wegen der Grimmigkeit / Macht ꝛc. 
davon du beym Falle findeſt. Und darumb ſchuff Gott nur ei⸗ 
nen Menſchen. Denn die Liebe Gottes wolte / daß der Menſch 


ſolte im Paradeiß bleiben / und ewig leben: So wolte die Grim⸗ 


migkeit ihn verſuchen / ob er auch feine Imagination und Willen 
wuͤrde gantz ins Hertze Gottes und Paradeiß / darinnen er 
24. Dieweil Adam gleichwol war aus der grimmigen Effen- 
tien ausgezogen / ſo e er verſuchet werden / ob feine Eflentia, 
daraus ſeine Imagination und Luſt gieng / koͤnte beſtehen in 
himmliſcher Qualitaͤt / und ob er wuͤrde effen vom verbo Domi⸗ 
ni, welche Eſſentia würde überwinden in Adam / die Paradeiſt⸗ 
ſche / oder grimmige. je 120 er 25 
25. Und das war des Hertzens Gottes Fuͤrſatz / darumb - 
nur einen Menſchen zu ſchaffen / daß der möchte verſucht werden / 
wie er beſtuͤnde / damit auffn Fall ihme deſto baß zu helffen waͤ⸗ 
re / und hat ihm das Hertze Gottes vor der Welt Grund in ſei⸗ 
ner Liebe bedacht zu Huͤlffe zu kommen / und da es je nicht anders 
ſeyn moͤchte / wolte das Hertze Gottes ehe ſelber Menſch werden / 


und den Menſchen wieder gebaͤhren. 
26. Denn Adam iſt nicht aus grünmiger Hoffart nan b 


* 
wirt 


116 Von den drey Principien Cap. 


wie der Teuffel / ſondern die Eſſentia der Irꝛdigkeit hat feine Pa⸗ 
radeiſiſche Eſſentia überwinden und in Luſt der Irꝛdigkeit 
bracht / darumb iſt ihm auch Gnade wiederfahren. i 


Die hoͤchſte / ſtaͤrckſte und maͤchtigſte Porte des 
Verfuchens in Adam. 
27. A wil ich den Leſer trewlich erinnern / daß er dem 
A xoſi ſcharff nachſinne / denn allhier kan er unter die De⸗ 
cke Moſis, dem Moſi ins Angeſichte ſehen. Item / Er kan den 
andern Adam in der Jungfrawen Leibe ſehen. Item / Er kan 
ihn ſehen in feiner Verſuchung / und am Creutze / ſo wol im Tode / 
und endlich in der Krafft der Aufferſtehung / und zur Rechten 
Gottes. Item / Du ſieheſt Moſen auffm Berge Sinai / und 
endlich die Verklaͤrung Chriſti / Moſis und Eliæ auffm Berge 
Thabor. Item / Du ſieheſt hierinnen die gantze Geſchrifft des 
Altemund Newon Teſtaments: Du ſindeſt hierinn alle Prophe⸗ 
ten von der Welt her / auch alle Macht und Gewalt aller Tyran⸗ 
nen / warumb es alſo ergangen iſt / und noch ergehen muß. End⸗ 
lich findeſtu die guͤldene Porten der Allmaͤchtigkeit und groſſen 
Gewalt in der Liebe und Demuͤthigkeit / und warumb doch die 
Kinder Gottes muͤſſen verſucht werden / und warumb doch das 
edle Senff⸗Koͤrnlein muß im Sturm / Creutz und Elende wach⸗ 
ſen / warumb es je nicht kan anders ſeyn. Item / hierinnen fin⸗ 
deſtu das Weſen aller Weſen. 
28. Und iſt der Lilien Porten / davon der 1 
get / die nahe wachſen 28 im grimmen Baum. el⸗ 
che wann ſie waͤchſet / bringet ſie uns durch ihren ſchoͤnen 
und ſtarcken Ruch wahre 9 in der H. Drey⸗ 
faltigkeit / durch welcher Ruch erſtickt der Antichriſt / und 
berſtet ſich auff der Baum des Grimmes / und wird er⸗ 
grimmet das groſſe Thier / fo von dem Baum feine 
Staͤrcke und Macht hatte eine Zeit / biß es duͤrꝛ und 
fewrig wird / weil es keinen Saft mehr vom grimmen 
Baum / welcher zerborſten iſt / erlangen mag; da ſiehs 
alsdann im Grimm erhebt wider den Baum / und die 
Lilien / biß der Baum / davon das Thier aß und ſtarck 
ward / das Thier zubricht / und ſeine Macht im Fewr 
des Uhrkundes bleibet: Alsdann ſtehen im groſſtu 
Bau der Natur alle Thuͤren offen / und — 
dig er 


Cab. rr. Goͤttliches Wen 117 
ſter Aaron fein Kleid und ſchoͤnen Schmuck dem Lamme / 
welches erwuͤrget ward / und wieder kam. 

29. Gottliebender Leſer / dir wird hiermit angezeiget / daß 
uns entgegnen die groſſe Myfterien der Geheimnuͤß / welche in 
Adam vor feinem Falle waren / und noch viel groͤſſer nach feinem: 
Falle / da er war als todt / und doch auch lebendig: Uns wird ge⸗ 
zeiget die Gebuhrt des ewigen Weſens / und warumb es doch alfo 
hat ſeyn muͤſſen / daß Adam hat muͤſſen verſucht werden / warumb 
es dann je nicht hat moͤgen anders geſeyn. Da doch die Ver⸗ 
nunfft immer dawider ſpricht / und zeucht Gottes Allmaͤchtig⸗ 
keit an / daß der hat zu thun und zu laſſen gehabt. 

30. Liebe Vernunfft laß nur von deinem Duͤnckel abe / denn 
du kenneſt mit dieſem Dencken und Sinnen weder GOTT noch 
das ewige Weſen: Wie wilſtu denn mit ſolchem Sinn erken⸗ 
nen das Gleichnuͤß / welches GOtt aus dem ewigen Gemuͤthe hat 
erbohren ? Dir iſt zum oͤfftern allhier bemeldet worden / wie das 
Geimuͤthe / welches im Menſchen doch das groͤſſeſte Weſen iſt / 
nicht in einer Quaal ſtehe. a 5 

3x. So wir nun ſinnen von der Anneigligkeit / was doch Adam 
habe geanneiget und gezogen wider das Verbott / daß ihn moͤchte 
luͤſtern wider Gottes Gebott / da er doch in groſſer Vollkom⸗ 
menheit war: So finden wir das ewige Gemuͤthe / aus welchem 

Adam auch wurd geſchaffen / und dieweil er ein Auszug war aus 
dem ewigen Gemuͤthe / aus allen Eſſentien aller drey Principien; 
So muſte er verſucht werden / ob er im Paradeiß koͤnte beſtehen: 
Denn das Hertze Gottes wolte / daß er ſolte im Paradeiß blei⸗ 
ben: Nun konte er im Paradeiß nicht bleiben / er eſſe dann Pa⸗ 
radeiſiſche Frucht / ſo ſolte ſein Hertz nun gantz geanneiget ſeyn 
in Gott. Alſo haͤtte er im Goͤttlichen Centro gelebet und hätte 
Gott in ihm gewuͤrcket. n 

32. Nun wer war dann wider ihn / oder wer zog ihn vom Pa⸗ 
radeiß in Ungehorſam / daß er in andere Bildnuͤß trat? 

Siehe du Menſchen⸗Kind: Es war ein dreyfacher Streit 
in Adam / auſſer Adam / und in allem was Adam anſahe. 

Sprichſtu: Was iſts geweſen? Es ſind die drey Principia 
geweſen: Der Hoͤllen⸗Reich als die Macht der Grinumigfeit 

für eins: und dann dieſer Welt⸗Reich / als die Sternen und 

Elementa, fuͤrs ander; und zum zten das Reich des Paradeiſes / 
das wolte ihn auch haben. 

33. Nun waren die drey Reiche in Adam und auch auſſer A⸗ 
dam / und war in den Eſſentien ein maͤchtiger Streit: Alles zog 
N in 


118 Von den drey Principien Cap. 1x 


in Adam und auſſer Adam / und wolte Adam haben / denn er war 


ein groſſer Herꝛ / genommen aus allen Kraͤfften der Natur. Das 
Hertze Gottes wolte ihn haben im Paradeiß / und in ihm woh⸗ 
nen. Denn es ſprach: Es iſt mein Bild und Gleichnuͤß. Und 
das Reich der Grimmigkeit wolte ihn auch haben / denn es ſprachz 
Er iſt mein und iſt aus meinem Brunne / aus dem ewigen Ge⸗ 
muͤthe der Finſternuͤſſe gegangen / ich wil in ihm ſeyn / und er ſoll 
in meiner Macht leben / denn aus mir iſt er erbohren / ich wil 
ſtarcke und groſſe Macht durch ihn erzeigen! Und das Reich die⸗ 
ſer Welt ſprach: Er iſt mein / denn er traͤget mein Bildnuͤß / 
und lebet in mir / und ich in ihme: mir muß er gehorſam ſeyn / 
ich wil ihn baͤndigen und zaͤhmen: Ich habe alle meine Glieder 
in ihm / und er in mir: Ich bin groͤſſer als er: Er ſoll mein 
Haushalter ſeyn: Ich wil meine Schoͤne / Wunder und Krafft 
in ihme erzeigen; Er ſoll meine Krafft und Wunder offenbah⸗ 
ren: Er ſoll huͤten und pflegen meine Heerde: Ich wil ihn klei⸗ 
den mit meiner ſchoͤnen Herꝛligkeit / wie nun klaͤrlich für Au⸗ 


gen iſt. n 

334. Als aber ſolches das Reich der Grimmigkeit / des Zornes / 
Todes und der Hoͤllen ſahe / daß es verlohren hatte / und konte den 
Menſchen nicht erhalten: So ſprach es: Ich bin Mors, und ein 
Wurm / und meine Krafft iſt in ihme / und wil ihn zubrechen 
und zumalmen / und ſein Geiſt muß in mir leben: Und ob du 
Welt meineſt / er ſey dein / dieweil er dein Bildnuͤß traͤget / ſo iſt 
doch ſein Geiſt mein / aus meinem Reich erbohren / darumb nimm 
hin von ihm was dein iſt / ich behalte das meine. 

35. Nun was thaͤt die Krafft in Adam zu dieſem Streit? 
Sie heuchelte mit allen dreyen. Zum Hertzen Gottes ſprach 
fie: Ich wil im Paradeiß bleiben / und du ſolſt in mir wohnen: 

Ich will dein ſeyn / denn du biſt mein Schoͤpffer / und haſt mich 
al ſo aus allen dreyen Principien ausgezogen und geſchaffen / deine 
Wonne iſt lieblich / und du biſt mein Braͤutigam / von deiner 
Fuͤlle hab ich empfangen / darumb ſo bin ich ſchwanger / und wil 
mir eine Jungfraw gebaͤhren / daß mein Reich groß werde / und 
du eitel Frewde an mir habeſt / ich wil eſſen von deinem Gewaͤch⸗ 
ſe / und mein Geiſt ſoll eſſen von deiner Krafft / und dein Nahe 
ſoll in mir heiſſen Eunnanuel / Gott mit uns. 

36. Und als der Geiſt dieſer Welt ſolches vernahm / ſprach 
er: Was wiltu alleine eſſen von deme / was du nicht begreiffeſt / 

und trincken von deme was du nicht fuͤhleſt / biſtu doch nicht bloß 
ein Geiſt / du haſt alle Art der Begreiffligkeit von mir an . 
iche 


Cap. r. Göttliches Weſens. 119 


ſtehe die begreiffliche Frucht iſt ſuͤſſe und gut / und der begreiffliche 
Tranck iſt mächtig und ſtarck / if und trinck von mir / ſo erlange⸗ 
ſtu alle meine Krafft und Schoͤnheit / du kanſt in mir maͤchtig 
ſeyn uͤber alle Creaturen: das Reich dieſer Welt wird dir zum 
Eigenthumb / und wirft ein Herz auff Erden. 

37. Und die Krafft in Adam ſprach: Ich bin auff Erden / und 
wohne in der Welt / und die Welt iſt mein / ich wil ſie brauchen 
nach meiner Luſt. n 

Da kam das Gebott Gottes / gefaſſet im Centro Gottes 
aus dem ewigen Lebens⸗Circkel / und ſprach: Welches Tages 
du iſſeſt von der irzdiſchen Frucht / ſoltu des Todes ſterben. 
Dieſes Gebott ward gefaſſet / und uhrkundet in dem ewigen Vat⸗ 
ter / in dem Centro, wo der ewige Vatter ſein Hertz oder Sohn 
von Ewigkeit immer gebuͤhret. 2 

38. Als nun der Wurm der Finſternuͤß ſahe das Gebott 
Gottes / dacht er: Hie wirſtu nichts ſchaffen: Du biſt Geiſt 

ſonder deib / fo iſt Adam leiblich: Du haſt nur ein Drittentheil 
an ihm / darzu iſt das Gebott im Weege / du wilſt in die Eflen- 
tien ſchlieffen und mit dem Geiſt dieſer Welt heuchlen / und 
einer Creaturen Geſtalt an dich nehmen / 10 einen legaten aus 
meinem Reich darinn verkleiden in einer Schlangen Geſtalt / 
und wilſt ihn bereden / daß er eſſe von der irꝛdiſchen Frucht / und 
alsdann / fo zerbricht das Gebott feinen Leib / und der Geiſt blei⸗ 
bet mein. Zu dieſem war nun der Legat. als der Teuffel / gantz 
wilfaͤrtig / voraus weil Adam an ſeiner Stell im Paradeiß war⸗ 
da er ſolte ſeyn / und dachte: Nun haſtu dich zu raͤchen / du wilſt 
Luͤgen und Warheit untereinander miſchen / daß es Adam nicht 
kennet und wilſt ihn verſuchen. 


Vom Baum des Erkaͤntnuͤß Guts und Boͤſes. 


39. I Ch habe dir vorhin gefagt; Aus waſſer Macht der Baum 
gewachſen ſey / als daß er aus der Erden gewachſen ſey / 
und hat gaͤntzlich der Erden Natur an ſich gehabt / als heute noch 
alle irꝛdiſche Baͤume ſind / und nichts anders / weder beſſer noch 
boͤſer / dar innen die zerbrechlichkeit ſtehet / gleich wie die Erde 
zerbrechlich iſt / und am Ende vergehet / da alles in fein æther ge⸗ 
het / und bleibet nur die Figur davon. Das iſt nun geweſen der 
Baum / der iſt geſtanden in mitten des Garten in Eden: Daran 
muſte Adam verſuchet werden in allen Eſſentien. Denn fein 
Geiſt folte mächtig über alle Eſſemien herꝛſchen / als die heiligen 
Engel und GOTT ſelber thut. 


40. Darzu ö 


220 Voon den drey Prineißien Cap. 12. 


40. Darzu war Er vom Wortoder Hertzen Gottes geſchaf⸗ 
ſen / daß er ſolte fein Bilde oder Gleichnuͤß ſeyn / gantz maͤchtig 
in allen dreyen Principien, alſo groß als ein Fuͤrſten oder Thron 
Engel. Als aber dieſer Baum / welcher unter allen Baͤumen 
alleine irꝛdiſche Frucht trug / alſo im Garten Eden ſtund / ver⸗ 
gaffete ſich Adam ſo offte daran / dieweil er wuſte / daß es der 
Baum Guts und Boͤſes war / dazu drang ihn auch ſehr die Krafft 
des Baums / welche auch in ihm war / daß alſo ein Luſt die ander 
inficirete / und der Geiſt der groſſen Welt drang Adam alſo har⸗ 
te / daß er inficiret ward / und ſeine Krafft ward uͤberwunden / 
da war es geſchehen umb den Paradeiſtſchen Menſchen. Da 
ſprach das Hertze Gottes: Es iſt nicht gut das der Menſch al⸗ 
455 ſey / wir wollen ihm einen Gehuͤlffen machen / der umb 
ihn ſey. N 
41. Alhier hat GOTT geſehen ſeinen Fall / daß er nicht beſte⸗ 
hen koͤnte (dieweil Adams Imagination und Luſt ſo harte nach 
dem Reiche dieſer Welt war und nach der irꝛdiſchen Frucht) und 
daß Adam nicht wuͤrde einen vollkommenen Paradeiß Menſchen 
aus ſich gebaͤhren / ſondern einen inficireten von der Luſt / und 
würde in die Zerbrechlichkeit fallen. Und der Text in Moſe 
lautet ferner gantz recht: Und GOTT ließ einen tieffen Schlaff 
fallen auff den Menſchen / und er entſchlieff. 


Das 12. Capittel. 


Von Eröffnung der Heiligen Schrifft / die Umbſtaͤn⸗ 
de hoch zu betrachten. 


Die Güldene Porte / die GOTT der letzten Welt goͤn⸗ 
net / in welcher wird grünen die zilien. 


= Jeber Leſer! Ich duͤrffte zu dieſer Befchreibung 

wohl eine Engels Zunge / und du ein Engliſch Ge⸗ 

muͤhte / ſo wolten wir einander wohl verſtehen: So 

wir aber das nicht haben / wollen wir doch mit irꝛ⸗ 

diſchen Zungen die groſſen Thaten Gottes reden 

nach unſeren Gaben und Erkaͤntnuͤß / und dem Leſer die Schrifft 

eroͤffnen / und ihm ferner nach zu dencken Urſach geben / damit 

die Perlen möchten geſuchet und endlich gefunden werden / wol⸗ 

len wir in unſerm Tag⸗werck arbeiten / und unſere Nachkommen 
in ihrem / biß gefunden wird die Perle der Lilien. 

2. Nun fraget die Vernunfft: Wie lange war dann 2 7 im 

N Para⸗ 


Cap. 12. Goͤttliches Weſens. v2 


Paradeiſe vorm Falle / und wie lange waͤhrete die Verſuchung? 
Dieſes kan ich dir aus Moſis Beſchreibung von der Schöpfung 
nicht ſagen / denn es iſt aus groſſen Urſachen ſtumm blieben. Ich 

wil dir aber die Wunder Gottes anzeigen und darinnen gruͤn⸗ 
den / als mir in der Erkaͤntnuͤß iſt gegeben / damit du die Ver⸗ 
ſu chung und den Fall Adams lerneſt beffer betrachten. 

3. Liebe Vernunfft / nun ſtehe in Spiegel der Geſchichte und 
Thaten Gottes: Als GOTZ Moſi erſchien im Buſche in Feuer⸗ 
flammen / ſprach er: Zeuch deine Schuch aus: Denn hier iſt 
eine Heilige Stätte. Was war das? GOTT zeigete ihm ſeine 
irꝛdiſche Gebuhrt darmit. Denn er wolte ihm ein Geſetze geben / 
daß / fo es muͤglich waͤre / der Menſch darinnen ſolte leben / und 
Seeligkeit dadurch erlangen. Wer war aber der es gab / und den 
Menſchen gebot darinnen zu leben? Das war GOTT der Vat⸗ 
ter auß ſeinem Centro, darumb geſchahe es mit Fewer und Don⸗ 
ner / deñ in dem Hertzen Gottes iſt kein Fewer und Donner / ſon⸗ 
dern die holdſeelige Liebe. 9 8 

4. Nun ſpricht die Vernunfft: Iſt denn GOTT der Vatter 
mit dem Sohne nicht ein Einig Weſen? Ja / es iſt ein We⸗ 
ſen und Wille. Durch was Mittel gab er dann das Geſetze 2 
durch den Geiſt der groſſen Welt / dieweil Adam nach dem Falle 
und alle Menſchen darinne lebeten / fo ward verſuchet / ob der 
Menſch koͤnte im Vertrawen auff GOTT darinnen leben: Dar⸗ 
umb beſtaͤtigte er das mit groſſen Wundern / und gab ihme Klar⸗ 

heit / wie am Moſe zu ſehen / welcher ein verklaͤhrtes Angeſich⸗ 
te gehabt. Und als er ihm dig Volck hatte erwehlet / verderbte er 
die Kinder des Unglaubens / und fuͤhrete fie auß mit Wunder 
und Thaten in . da ward verſuchet / ob der Menſch 
koͤnte unter dieſer Rlarheit in vollkommenem Gehorſam leben. 

5. Was geſchach nun alda? Moſes ward durch GOTT von 
den Kindern Iſrael auff den Berg Sinai geruffen / und blieb al⸗ 
da viertzig Tage: Alda wolte er diß Volck verſuchen / obs moͤg⸗ 
lich wäre / daß es ſein Vertrawen in GOTT ſetzte / daß es möchte 
mit Himmel⸗Brod geſpeiſet werden / daß es möchte zur Voll⸗ 
kommenheit kommen. Nun ward aber das Volck ver ſuchet / deñ 
Moſes mit ſamt der Wolcken und Fewer⸗Seulen wiech von 
ihnen / und verzog viertzig Tage. Da ſtund nun das Gemuͤhte Ma- 
joris Mundi des Geiſtes der groſſen Welt / wider das ewige Ge⸗ 
muͤhte Gottes gegeneinander abermahl im Streit. GOTT 
forderte Gehorſam / und das Gemuͤhte dieſer Welt forderte Wol⸗ 
luſt dieſes vergaͤnglichen Lebens Pas Freſſen / Saufen Ei 

N 2 


. * 


122 Von den drey Principien Cap. 2. 
len und Dantzen; Darzu erwehlete es ihm feinen Bauch⸗GOZt / 
ein gůlden Kalb / daß es möchte ohne Geſetze frey leben. f 

6. Alhier ſiheſtu abermahl / wie die drey brincipia haben mit 
einander geſtritten umb den Menſchen. Das Geſetz bey Adam 
in Garten Eden brach wieder herfuͤr / und wolte Gehorſam ha⸗ 
ben: So brach der Geiſt der Grimmigkeit auch wieder herfuͤr / 
mit der falſchen Frucht und Wolluſt / und ſuchte das zerbrechli⸗ 
che Leben. Nun waͤhrete dieſer Streit viertzig Tage / ehe fie das 
Kalb auffrichteten und von GO fielen / alſo lange waͤhrete der 
Streit der drey Principien. 

7. Als ſie aber nun von GOTT waren gefallen / fo kommet 
Moſes mit Joſua und ſtehet den Abfall / und zerbricht die Taffeln 
in ſtuͤcke / und fuͤhret fie in die Wuͤſten / da muſten ſie alle big 
auff Joſua nnd Caleb ſterben. Denn die Klarheit des Vatters im 
Fewer / im erſten Principio, konte ſie nicht ins gelobte Land fuͤh⸗ 
ren / und ob fie gleich Manna aſſen / es half kein Verſuchen / es 
muſte es nur der Joſua / und endlich der Jeſus thun. 

8. Und als nun die Zeit kam / daß der rechte Held außm Pas 
radeiß wieder kam / und ward der Jungfrauwen Kind: Da 
kam wieder der Streit der drey Prineipien/ Denn da ward er wies 
der fuͤrn Verſuch⸗Baum geſtellet / und der muſte nun den harten 
Stand vorm Verſuch⸗Baum beſtehen / und außſtehen die Verſu⸗ 
chung der drey Prineipien / was dem erſten Adam nicht muͤglich 
war. Da waͤhrete der Streit wieder viertzig Tage und viertzig 
Nacht / fo lange der Streit mit Adam im Paradeiß gewaͤhret 
hat / und laͤnger keine Stunde / ſo hat uͤberwunden der Held: 
Darumb thue deine Augen recht auff / und ſiehe die Schrifft recht 
an / od ie gleich kurtz und dunckel iſt / ſo iſt fie doch warhafftig. 

9. Du findeſt nicht im Moſe / daß Adam ſey den erſten Tag 
außm Paradeiß getrieben worden: Die Verſuchung Iſraels 
und Chriſti bewaͤhret uns viel ein anders. Denn die Verſuchung 
7 70 iſt der Berſuchung Adams ſchnur gleich mit allen Umb⸗ 

aͤnden. F 

10. Denn Adam ward vierkig Tage verſucht im Paradeiſe / 
im Garten Eden / vorm Verſuch⸗Baum / ob er koͤnte beſtehen / 
daß er ſeine Anneigligkeit ſetzete ins Hertze Gottes / und aͤſſe al⸗ 
leine vom verbo Domini, fo wolte GOTT ihme (feinem Leibe) 
geben vom himmliſchen Limbo zu eſſen / daß er aͤſſe im Maule 
und nicht in Leib. Er ſolte aus ihm gebaͤhren der Jungfrawen 
Kind / denn er war kein Mann / und auch kein Weib: Er hat⸗ 
te die Mattix und auch den Mann in ſich / und ſolte gebaͤhren auß 

der 


LE 


Caprz. Sittliches Weſen 123 


| der Matrix die Jungfraw voller Zucht und Keu chheit / ohne Zer⸗ 


reiſſung ſeines Leibes. SH f 
xx. Ind hie iſt der Streit in der Offenbahrung Johannis / da 
eine Jungfraw einen Sohn gebohren / welche der Drache und 
Wurm wolte verſchlingen / da ſtehet die Jung fraw auff dem irꝛ⸗ 
diſchen Monden / und verachtet das irꝛdiſche / tritt es mit Fuͤſſen: 
Alſo auch ſolte Adam das Irꝛdiſche mit Fuͤſſen tretten / und es 
hat ihn uͤberwunden: Darumb muſte hernach der Jungfrawen 
Kind / als es vorm Verſuch⸗baum ſiegete / auch in den erſten 
Mors der Grimmigkeit in Tod gehen / und überwinden das erſte 
Principium. 8 KR | 
12. Denn viertzig Tage iſt Chriſtus geſtanden in der Wuͤſten 
zu Verſuchen / da kein Brod / auch kein Tranck war / da kam 
der Verſucher und wolte ihn aus dem Gehorſam fuͤhren / und 
ſagte: Er ſolte aus den Steinen Brod machen. War anders 
nichts / er ſolte das Himmel⸗Brod / welches der Menſch im Glau⸗ 
ben und ſtarcker Zuverſicht in GOTT empfähet / verachten / und 
ſeine Imagination ſetzen in den Geiſt dieſer Welt: und darin⸗ 


nen leben. 


13. Als ihm aber der Jungfrawen Kind das Himmel⸗Brod 
fuͤrwarff / das der Menſch nicht allein lebe von dieſer Welt / von 
dem irꝛdiſchen Eſſen und Trincken: So kam hervor die andere 
Ahrt der Verſuchung / als die Maͤchtigkeit dieſer Welt: Es 
wolte ihme der Fuͤrſt der Grimmigkeit geben alle Gewalt der 
Sternen und Elementen / fo er nur feine Imaginat on wolte in 
ihn ſetzen und ihn anbeten: das war eben die rechte Peitſche / da 
Adam mit gepeitſchet ward mit der Macht / Reichthumb und 
Schoͤnheit dieſer Welt / darnach ſich Adam endlich ließ geluͤſten 
und ward gefangen: Aber der Jungfrawen Kind warf ihm fuͤr / 
das Reich ſey nicht ſein / des Fuͤrſten der Grimmigkeit / ſondern 
dem Wort und Hertzen Gottes / er ſolte GOTT anbeten / und 
ihme alleine dienen. 

14. Die dritte Verſuchung war eben der Knuͤttel / darinnen 
der Teuffel war aus Hochmuht auch gefallen / da er ſolte vom 
Tempel herab fliegen / und ſich erheben uͤber die Demuͤtigkeit und 
Sanfftmuht. Denn die Sanfftmuht machet den zornigen Vat⸗ 
ter im Urkund ſanffte und frewdenreich / daß die Gottheit iſt 
ein lieblich ſanfftes Weſen. N 

15. Aber Herr Lucifer wolte in der Schoͤpfung über die 
Sanfftmuth des Hertzens Gottes hinauß über der Ratur Ende / 
darunib wolte er auch der Jungfrawen Sohn dahin r 

2 ber 


224 Von den drey Printipien Cap. 12. 


Über der Natur Ende zu fliegen ohne Fluͤgel auß Hoffart ꝛc. davon 
an feinem Ohrte fol außfhuͤrlich gehandelt werden. Ich habe dieſes 
jetzo nur kurtz alſo eingefuͤhret / daß du meine Beſchreibung beſ⸗ 
ſer verſteheſt / wie ſie auff der Schrifft Grund ſtehe / und nichts 
Newes ſey / es wird auch nichts newes werden / als nur wahre 
Erkaͤntnuͤß im Heiligen Geiſte / der Weſen aller Weſen. 


Von Adams Schlaffe. 


16. A Dam hat nicht geſſen von der Frucht vor ſeinem Schlaf⸗ 
fe / biß aus ihm fein Weib ward erſchaffen: Alleine 
feine Eſſentien und Anneigligkeiten / die haben durch Imagina- 
tion im Geiſte davon geſſen / und nicht im Maule. Derowegen 
hat ihn der Geiſt der groſſen Welt gefangen / und mächtig in ihme 
inqualiret / da dan alsbalde Sonn und Sternen mit ihme gerun⸗ 
gen / und alle vier Elementa, alſo mächtig und ſehr / biß fie ihn 
uͤberwunden / daß er iſt nieder geſuncken in Schlaff. 

17. Nun iſts bey einem verſtaͤndigen Menſchen gahr leichte 
zu gruͤnden und wiſſen / datz in Adam / als er in Gottes Bild⸗ 
nuͤß war / kein Schlaff war / noch ſeyn ſolte. Denn Adam war 
ein ſolch Bildnuͤß / alß wir werden in der Aufferſtehung vom To⸗ 
de ſeyn. Da wir nicht werden duͤrffen der Elementen / weder 
Sonne noch Sternen / auch keinen Schlaff / ſondern unſere Au⸗ 
gen ſtehen offen immer und ewig zu ſchawen die Herꝛligkeit Got⸗ 
tes / davon wird uns unſer Speiſe und Tranck / und das Cen- 
trum in der Vielheit oder Auffgang der Gebuhrt gibt eytel Luſt 
und Frewde. Denn Gott wird keinen andern Menſchen auß der 
Erden herfuͤr bringen zum Himmelreich / als wie der erſte vorm 
Fall war. Denn er war auß Gottes ewigen Willen erſchaffen / 
und der iſt unveraͤnderlich / und muß beſtehen / daruͤmb dencke 
dieſen Dingen ſcharff nach. 

18. Du liebe Seele! die du ſchwimmeſt in einem finſtern 
Bade / neige dein Gemuͤhte zur Himmels⸗Porte / und ſiehe / 
was doch der Fall in Adam ſey geweſen / daran GOTT einen fo 
groſſen Eckel trage / daß Adam nicht hat koͤnnen im Paradeis 
bleiben. Schawe und betrachte den Schlaff / fo findeſtu alles. 

19. Der Schlaff iſt anders nichts / als eine Überwindung. 
Den die Sonne und das Geſtirn iſt immer im maͤchtigen Streit 

mit den Elementen / und iſt das Element Waſſer / die Matrix, 
dem Fewer und Geſtirn all zu unmaͤchtig. Denn es iſt die Uber⸗ 
wundenheit im Centro der Natur / wie du vorne an vielen Ohrten 


findeſt. 
20 Nun 


\ 


£“ - — & fr F 1 * „ 
Cap. 12. Goͤttliches Weſens. 125 

20. Nun iſt der Sonnen⸗Liecht / gleich wie ein G O T T in 
der Natur dieſer Welt / das zuͤndet immer mit ſeiner Krafft an 
das Geſtirne / davon das Geſtirne / welches doch ein gantz ſchreck⸗ 

lich und aͤngſtlich Weſen iſt / immer auffſteigend im Triumph 
gantz frewdenreich iſt / denn es iſt ein Weſen. Gleich wie das 
Liecht Gottes das finſter und ſtrenge Gemuͤhte des Vatters an⸗ 
zuͤndet und erleuchtet / davon im Vatter auffgehet durchs Liecht 
die Goͤttliche Wonne und Frewdenreich. 

21. Alſo machet daſſelbe Triumphiren oder Auffſteigen in der 

Waſſers-mattix immer wie ein; Sud: Denn die Sternen werf⸗ 
fen ihre Krafft alle in die Waſſers matrix, als die in ihr ſind: So 
iſt die Matrix nun immer im Sieden und im Auffſteigen / davon 
das wachſen im Holtz / Kraut / Graß und Thieren herruͤhret / 
denn das ober Regiment der Sonnen und Sternen mit den Ele⸗ 
menten herꝛſchet in aller Creatur / und iſt ein Bluhme oder Ge⸗ 
waͤchs von ihnen / und ohne derer Macht iſt in dieſer Welt im drit⸗ 
ten Principio fin Leben noch Bewegligkeit in keinem Dinge / 
nichts außgenommen. ER 

22. Nun hat die lebendige Creatur als Menſchen ) Thier und 
Voͤgel die Tinctur in ſich / denn fie find ein Aut zug von der Ster⸗ 
nen und Elementen Qualität im Anfang durchs Fiat Und in der 
Tinctur ſtehet das immer anzuͤndliche Fewer / welches aus dem 
Waſſer immer auß zeucht die Krafft / oder das Oleum, davon wird 
das Geblüͤte / darinnen daß edle Leben ſtehet. 

23. Nun zuͤndet die Sonne und das Geſtirn die Tinctur im⸗ 
mer an / denn fie iſt fewerig / und die Tinctur zündet den Leib 
an / mit der Waſſer- matrix, daß er immer warm iſt und ſeudet. 
Das Geſtirn und Sonne iſt der Tinctur Fewer / und die Tin- 
Aurift des Leibes Fewer : Alſo iſt alles im ſteden: Und wann 
nun die Sonne untergehet / daß ihr Glantz nicht mehr da iſt / ſo 
wird die Tinctur ſchwach / denn ſte hat keine Anzuͤndung von der 
Sonnen Krafft / und ob ſie gleich der Sternen Krafft mit der 
Sonnen Qualitat anzuͤndet / fo iſts doch alles zu wenig / und 
wird gleich wie unmaͤchtig. Nun weil die Tinctur unmaͤchtig 
wird / fo wird auch die Krafft im Gebluͤte / welches iſt die Tin- 
ctut, gar unmaͤchtig / und finder in eine ſanffte Ruhe wie todt 
und uͤberwunden. 

24. Nun iſt aber in der Tinctur alleine der Verſtand / der 
das Gemuͤthe regieret / und die Sinnen machet. Darumb wird 
alles wie todt / und regieret alleine noch das Geſtirne in der 
Wurtzel des erſten Prineipii, da 9 Gottheit / als wie ein gr 

3 £ 


126 Von den drey Principien Cap. 122: 


oder Krafft in allen Dingen wuͤrcket. Da ſtehet der geſtirnete 
Geiſt im Glaſt des Spiegels der Goͤttlichen Krafft im Element 
Fewer in der Waſſers. matria, und ſperret feinen Gaumen auff 
nach der Tinctur, aber ſie iſt unmaͤchtig / fo nimt er der Tin- 
ctur Krafft / als das Gemuͤhte / und inqualiret mit deme: So 
ſuchet alsdan das Gemuͤhte die Elementa, und wuͤrcket darinnen 
alles nach der Sternen Krafft / denn es ſtehet in der Sternen 
Sewuͤrcke und Qualitat. Und das iind nun die naͤchtliche Traͤume 
und Fuͤrbildungen im Schlaffe. 


Die Porten der hoͤchſten Tieffe des Lebens von der 
N Tinctur. 


.O B der Doctor weiß / was die Tinctur iſt / ſo weiß es 
8 doch der Einfaltige und Ungelehrte nicht / der manch⸗ 
mal wol beſſer Gaben und Verſtand hat / haͤtte er die Kunſt / als 
der Doctor. Darumb ſchreibe ich den Suchenden: Wiewol ichs 
achte den Grund der Tinctur hat keiner / weder Doctor, noch 
der Alchymiſt, er ſey dann im Geiſt wieder gebohren / der ſtehet 
hindurch / er ſey gelehrt oder ungelehrt / bey GOTT gilt der Do · 
ctor ſo viclalsder Vawer. 

26. Die Tinctur iſt ein Ding / die da ſcheidet / und das reine / 
oder lautere von dem unreinen bringt / die aller Geiſter Leben / 
oder alle Eſſentien in feinen hoͤchſten grad bringet: Ja ſte iſt die 
Urſache des Scheines oder Glantzes / ſie iſt eine Urſache / daß 
alle Creaturen ſehen und leben: Aber ihre Geſtalt iſt nicht ei⸗ 
derley /-fie iſt im Viehe nicht als im Menſchen / auch in Stei⸗ 
nen / Metallen und Kraͤutern unterſchieden: Wiewol fie wahre 
hafftig in allen Dingen iſt / aber in etlichen ſtarck / und in etli⸗ 
chen wie unmaͤchtig. . 

27. So wir aber forſchen / was ſie an Eſſentia und Eygen⸗ 
ſchafft ſey / und wie ſie erbohren werde; ſo finden wir gar ein 
theures und edles Weſen in ihrer Gebuhrt: Denn ſte herruͤhret 
von der Krafft und Brun⸗QAuell der Gottheit / welche ſich in al⸗ 
le Ding hat eingebildet / darumb iſt fie auch fo heimlich und ver⸗ 
borgen / und wird keinem falſchen ungoͤttlichen Gemuͤhte in der 
Erkaͤntnuͤß zu theil zu er finden / oder zu erkennen: Und ob ſte 
gleich alda iſt / ſo iſt es doch kein leicht falſch Gemuͤhte wehrt / 
darumb bleibet ſie ihm verborgen / und regieret GOTT alles in 
allem / der Creatur unbegreifflich und unempfindlich. Es gehet 
dahin und weiß nichts / wie im geſchiehet 3 Es lebet / und Be 


Cap. 12. Goͤttliches Weſens. 127 
nicht worinnen: Es zerbricht / und weiß nicht wie: Und der 
Tinctut Schatten und Figur bleibet ewiglich. Denn ſie iſt auß 
dem ewigen Willen erbohren / aber der Geiſt wird ihr gegeben 
durchs Fiat , nach jeder Creatur Ahrt / auch in den Gemmen, 
Steinen und Metallen iſt ſie im Anfang der Schöpfung nach je⸗ 
des Ahrt mitte eincorporiret und gepflantzet worden. 

28. Von Ewigkeit iſt ſie geweſen in GOTT / darumb iſt fie, 
auch in GOTT ewig: Als aber GOTT wolte ſchaſſen ein 
Gleichnuͤß feines Weſens / und ſolte erbohren werden auß der 
Finſternuͤß / fo ſtund fie im auffgegangenem Fewr⸗Blitz an dem 
Ohrt als ſich die fuͤnffte Geſtalt der Liebe⸗-Gebuhrt in Gleichnuͤß 
erbahr / denn fie war auß dem Brunnquaͤll des Willens / aus 
dem Hertzen GOttes erbohren / darumb bleibet ihr Schatten im 
Willen Gottes ewig / und umb deß willen bleibt aller Crea⸗ 
turen und aller Weſen / ſo je im Gleichnuͤß ſind erbohren wor⸗ 
den / Schatten ewig. Denn ſie iſt die Gleichnüs Gottes welche 
aus dem ewigen Willen iſt erbohrez Aber ihr Geiſt bleibt im drit⸗ 
ten Principio dieſer Welt nicht ewig: Er zerbricht mit Auffhoͤ⸗ 
rung des Auellens oder Lebens. . 

29. Denn alles was lebet im dritten Principio, zerbricht / und 
gehet in feinen æ ther und Ende / biß auff die Figur der Tindur, 
die bleibet als ein Schatten oder Willen ohne Geiſt und Beweg⸗ 

ligkeit ewig ſtehen. Aber im andern Pripe pio bleibet die Tindur 
im Geiſt und im Weſen alles gantz maͤchtig / als in Engeln und 
Menſchen / ſo wohl im Auffgang aller Weſen ewig ſtehen. Denn 
ihr Centrum zur Gebuhrt iſt ewig fix. 


Von der Tinctur Effentia und Eygenſchafft / die tieffe 
Porten des Lebens. 


30. J Hre Eſſentia iſt der Blitz im Circkel des Lebens Auffgang / 
welcher im Waſſer den Glantz und Schein machet / und 
ihre Wurtzel iſt das Fewer / und der Stock iſt die Herbigkeit. 
Nun ſcheidet der Blitz die Bitterkeit und Herbigkeit vom Waſ⸗ 
ſer / daß das Waſſer ſanffte und helle ſey. Darinnen ſtehet das 
ſehen aller Creaturen / daß der Geiſt im Blitze in der Waſſers⸗ 
Matrix ſtehet. Denn der Blitz ſtehet darin nen als ein Glantz 
und erfuͤllet den Geiſt der Eſſentien. Von dieſem zeucht die El⸗ 
ſentia gewaltig an ſich / denn es iſt die Herbigkeit / und der Blitz 
ſcheidet immer die Finſternuͤß vom Liechte / und das unreine vom 
reinen. Allda ſtehet nun die Gottliche Krafft / und bildet ſich der 
Goͤttliche Glantz immer in . reine / daron wird .. 

| 4 


128° DBonpendrey Principien Cap. 12. 
das ſtrenge auß der Natur / und machet der Goͤttliche Glantz das 
reine ſuͤſſe. Denn er inficiret ſich alda. - 

31. Das Suͤſſe aber iſt gleich einem Oele oder Fetten / darin⸗ 
nen entzuͤndet ſich immer der Blitz / daß er ſcheinet / weil aber das 
Vele ſuͤſſe iſt mit der Waſſers- matrix vermiſchet / fo iſt das ſchei⸗ 
nende Liecht ſtaͤte und ſanffte. Weils aber in der Waſſers Natur 
nicht ver mag alleine ein Oele zu bleiben wegen der Inficirung des 
Waſſers / fo wirds dicke / und faͤrbets die Fewres⸗ahrt roht / 
das iſt das Gebluͤte und die Tinctur in einer Creatur / darinnen 
das edle Leben ſtehet. 


Vom Tode und Sterben. 
Die Porten des Jammers und Elendes. 


32. (As edle Leben ſtehet alſo in der Tinctur in groſſer Ge⸗ 
ö fährligkeit / und iſt der Zerbrechung alle Stunde ge⸗ 
waͤrtig. Denn ſo bald das Gebluͤte / darinnen der Geiſt lebet / 
wegfleuſt / fo zerbricht die Eſſentia und fleucht die Tinctur als 
rin Glaſt oder Schatten dahin / ſo iſt der Fewer⸗Quell aus / und 
erſtarret der Leib. f . 

33. Ach wie viel groſſer und maͤchtiger Feind hat das Leben / 
ſonderlich von den vier Elementen und Geſtirne! So bald ein 
Element zu ſtarck wird / fo fleucht die Tinctur davon / fo hat das 
eben ein Ende. So es mit dem erſten Waſſer uͤberfuͤllet wird / 
ſo erkaltet es und erliſcht das Fewer / fo faͤhret der Blitz dahin 
wie ein Glaſt. Wird es dan mit der Erden / als unreiner Mate- 
ria uͤberſchuͤttet / fo vertunckelt der Blitz und faͤhret dahin. Wird 
es dann fuͤrs dritte mit der Lufft uͤberfuͤllet / daß die beharret / ſo 
erſtickts die Tinctur, und die quellende Efentiam , und zerſprin⸗ 
get der Blitz im Glaſt und gehet in ſein æther. Wird es aber vors 
vierdte mit deen Fewer oder Hitze uͤberfuͤllet / fo entzuͤndet ſich der 
Blitz / verbrennet die Tinctur, davon wird das Gebluͤte dun⸗ 
ckel / ſchwartz und verloͤſcht der Blitz in der Sanfftmuht. 

34. Ach wie viel Feinde hat doch das Leben am Geſtirne / wel⸗ 
che mit der Tinctur und den Elementen inqualiren. Wan die 
Planeten und Sternen ihre Con junction haben / da ſte ihre giff⸗ 
tige Straalen in die Tinctur werffen / davon Stechen / Reiſſen 
und Wehe im Leben der ſanfften Tinctur entſtehet. Denn die 
ſuſſe Tinctur, als in einer lieblichen und ſanfften Wonne / mag 
nichts unreines dulden. Darumb wan ſolche gifftige Stralen in 
fie geſchuͤttet werden / fo wehret fie ſich und reiniget ſich 1 75 

5 ar 


Cap. 2. Goͤttliches Weſens. 129 
dar : So balde ſte uͤberſchuͤttet wird / daß ſie tunckel wird / fo 

erlöfcht der Blitz und zerbricht das Leben / faͤllet der Leib dahin / 
und wird ein cadaver, oder ein todtes Aas / denn der Geiſt iſt 
das Leben. | 

35. Dieſes habe ich alhier gar kurtz / als in einer Summa . 
nicht nach allen Umbſtaͤnden / wollen anzeigen / damit das fee 
ben möge verſtanden werden. An feinem Ohrte ſoll alles weit⸗ 
leufftig erklaͤret werden. Denn es iſt gar viel hierinnen / und ge⸗ 
hörten groſſe Bücher darzu; nur das die Überwindung und der 
Schlaff in Adam moͤchte begrieffen werden. 


Die Porte der Himmliſchen Tinctur, wie ſie iſt gewe⸗ 
fen in Adam vor dem Falle / und wie ſie in uns 
ſeyn wird nach dieſem Leben. 

36. GE und mächtig find die Geheimnuͤß / und wer fie ſu⸗ 

chet und findet / der hat eytel Freude daran; Denn ſie 
ſind der Seelen ein recht Himmelbrod. So wir uns entſinnen 
und empfangen die Erkaͤntnuͤß der Himmliſchen Tinctur, fo 
gehet Ahne auff die Erkaͤntnuͤß der Goͤttlichen Freuden⸗Reich / 
daß wir wuͤnſcheten von der Eytelkeit loß zu ſeyn / und zu leben in 
ſolcher Gebuhrt / welches doch nicht ſeyn mag / ſondern wir muͤſ⸗ 
ſen unſer Tagwerck vollenden. 

37. Die Vernunfft ſpricht: Ach haͤtte ſich doch Adam nicht 
laſſen geluͤſten / ſo waͤre er nicht entſchlaffen: Solte ich an ſeiner 
Stelle ſeyn / ich wolte feſte ſtehen und im Paradeiß bleiben. Ja 
liebe Vernunfft / du triffſts wohl / miß dir nur viel zu / ich wil dir 
deine Stärde und die Porte weiſen / nur dencke / wie feſte du 
möͤchteſt ſtehen / ſtuͤnde ſtu fürn Verſuch⸗Baum wie Adam 

8. Siehe! ich gebe dir ein gerecht Gleichnuͤß / du ſeyeſt ein 
Juͤngling oder Jungfrau / wie dann Adam alles beydes in einer 
Perſon war / wie laͤſſeſtu dich duͤncken / daß du ſtehen wuͤrdeſt? 
Ich ſetze alſo / und ſtelle einen Maͤnnlichen Juͤngling / guter 
Complexion, mit ſchoͤner Geſtalt und Tugend: Und dann eine 
ſchoͤne wohlgeſtalte zuͤchtige Jungfrau gegeneinander / und laſ⸗ 
fe fie nicht alleine zu Sprache zuſammen / daß fie ſich freundlich 
bereden / ſondern daß fie auch einander mögen angreiffen und faſ⸗ 
ſen / und gebiete ihnen daß keines gegen dem andern in Luſt oder 
Lebe entbrenne mit keinem Gedancken / auch keine Anneigligkeit 
aus ihm laſſe / viel weniger einigerley Inficirung im Willen / und 
laſſe fie 40 Tage und Nacht 1 ſeyn / und mit einander 
ſpatzieren in eytel Freuden; und is ihnen ferner / En 
: x ; 


130 Von den drey Prineipien Cap. 2 
Wille und Gemuͤthe fräte ſey / nimmermehr einigen Gedancken 
zu faſſen einander zu begehren oder zu inticiren / mit keiner EL- 
ſentia oder Eigen ſchafft / ſondern daß ihr Wille und Anneiglig⸗ 
kett alſo ſtaͤte und fefte in mein Gebott gefaſt ſey: Und ſoll der 
Juͤngling im Willen ſeyn / ſich nimmer und ewig mit dieſer / oder 
einer andern Jungfrauen zu vermiſchen / deßgleichen / auch die 
Jungfrau im Gegentheil alſo c. Wie laͤſſeſtu dich beduͤncken / 
du elende Vernunfft / voll Mangel und Gebrechen / daß du alhie 
beſtehen wuͤrdeſt? wuͤrdeſtu nicht zuſagen wie Adam / aber halten 
koͤnteſtu nichts. b 


39. Alſo meine liebe Vernunfft / hab ich dir einen Spiegel 


fuͤrgeſtellet / iſt es auch geweſen mit Adam. Gott hatte ſein 
Werck alles weißlich und gut geſchaffen / und eines aus dem an⸗ 
dern gezogen: Der erſte Grund war Er / daraus hatte er dieſe 
Welt geſchaffen / und aus der Welt den Menſchen / dem gab er 
ſeinen Geiſt / und befahl ihme in ihm ohne Wancken / oder eini⸗ 
ges andern Willens zu leben / gantz vollkommentlich. 

40. Nun hatte der Menſch auch den Geiſt der Welt / denn er 
war aus der Welt / und lebete in der Welt / ſo war nun Adam 
die zuͤchtige Jungfrau / verſtehe / der Geiſt / ſo ihm von GOTT 
wurde eingeblaſen / und der Geiſt / den er aus Natur von der 
Welt ererbet hatte / war der Juͤngling / die waren nun beyde bey⸗ 
tinander und ruheten in einem Arm. N 

41. Nun ſolte die Zucht der Jungfrauen ins Hertze Gottes 


\ 


geſetzet ſeyn / keine andere Imagination zu haben / und ſich der 


Schoͤnheit des wohlgeſtalten Juͤnglings nicht laſſen geluͤſten. 
Nun war aber der Juͤngling gegen der Jungfrauen entbrandt / 
und begehrete ſich mit ihr zu infciren. Denn er ſprach: Du 
biſt meine liebſte Braut / mein Paradeiß und Roſenkrantz / laß 
mich doch in dein Paradeiß / ich wil ſchwanger werden in dir / 
auff daß ich deiner Eſſem ien empfahe / und deiner holdſeligen Lie⸗ 
be genieſſe. Wie gerne wolte ich koſten die freundliche Suͤſſigkeit 
deiner Krafft / ſo ich nur empfahen moͤchte dein ſchoͤnes Liecht / wie 
waͤrt ich fo freudenreich! 

42. Und die zuͤchtige Jungfrau ſprach: Du biſt ja mein 
Braͤutigam und mein Geſell / aber du haft nicht meinen 
Schmuck / meine Perle iſt koͤſtlicher denn du / meine Krafft iſt 
unvergaͤnglich / und mein Gemuͤth iſt immer beſtaͤndig / du haſt 
ein unbeſtaͤndiges Gemuͤth / und deine Krafft iſt zerbrechlich: 
Wohne in meinen Vorhoͤfen / ſo wil ich dich freundlich halten / 
und dir viel gutes thun / ich wil dich mit meinem Schmuck; 1 

xen / 


. { 2 \ ß * ** 
Cap. 12:  Böttliches Wefens: 11 
ren / und wil dir mein Kleid anziehen / aber meine Perle gebe ich 
dir nicht / denn du biſt finſter / und fie iſt liecht und ſchoͤne. (In 
Chriſto hat Adam die Perle empfangen: Denn fie ſenckte ſich in 
Wurm der Seelen / und gebahr ihn wieder neu und zum Liechte / 
und iſt eben der Streit alhie. Denn alhie wolte die Jungfrau 
die Perle (verſtehe die reine Gottheit) dem Wurm nicht geben / 
8 er ſolte in ihren Vorhoͤfen leben / und ſie wolte ihn er⸗ 
euchten und kroͤnen: auff das ward Adam verſucht / als ſeyn 
koͤnte: Da es aber nicht ſeyn konte / ſo gab die Jungfrau die 
Perle der Jungfr auen Sohn Chriſto / dem Fuͤrſten in Gott.) 

43. Da ſprach der Geiſt der Natur / als der Juͤngling: mei⸗ 
ne ſchoͤne Perle und Zucht / laß mich doch genieſſen deines Troſts / 
wilſtu dich je nicht mit mir vermiſchen / daß ich nicht kan in dir 
ſchwanger werden: ſo ſchleuß doch deine Perle in mein Hertze / 
auff daß ich die habe zum Eigenthumb / biſtu doch meine guͤldene 
Krone / wie gerne wolte ich koſten deiner Frucht. 

44. Da ſprach der zuͤchtige Geiſt aus Gott in Adam / als die 
Jungfrau: Mein lieber Buhle und Geſelle / ich ſehe wol deine 
kLuſt / du wilſt dich gerne mit mir vermiſchen / aber ich bin eine 
Jungfrau und du ein Mann / du wuͤrdeſt mir meine Perle be⸗ 
flecken und meine Kron zubrechen / darzu wuͤrdeſtu meine Suͤſ⸗ 
ſigkeit in deine Saurigkeit miſchen / und verdunckelen mein helles 
Kecht / da rumb wil ich nicht. Meine Perle wil ich dir leihen und 
mit meinem Kleide zieren / aber zum Eigenthumb gebe ich dirt 
nicht. i 

45. Und der Geſelle / als der Geiſt der Welt in Adam / ſprach / 
ich laſſe dich nicht / wilſtu nicht / daß ich mich mit dir ve rmiſche / fo 
nehm ich mein innerſte und ſtaͤrckeſte Macht / und brauche dich 
nach meinem Willen nach der innerſten Macht. Ich wil dich 
mit der Macht der Sonnen / Sternen und Elementen bekleiden / 
da wird dich niemand kennen / du muſt mein ſeyn ewiglich / und 
ob ich unſtaͤtig bin / wie du ſagſt / und meine Krafft iſt nicht wie 
deine / fo wil ich dich doch in meinem Schatz behalten / und du muſt 
mein Eigenthumb ſeyn. Alſo wolte der Geiſt in Adam in eige⸗ 
ner Macht auff Erden herꝛſchen / denn der Geiſt der groſſen 
Welt wolts alſo haben. Gleich wie Lucifer wolte uͤber die 
Jungfrau mit ſeinem Wurm herꝛſchen: Hätte er die Jungfrau 
in Liebe behalten / und hätte in ihren Vorhoͤfen gewohnet / ſo wäre 
er ein Engel blieben. N 

46. Da ſprach die Jungfrau / warumb wiltu Gewalt uͤben / 
in ich doch deine Zierheit / und 8 6 Kron / ich bin hell / . 

8 i 


. N N . .. 5 x 
132 Von den drey Principien Cap. 12. 
biſt finſter: Siehe / fo du mich verdeckeſt / ſo haſtu keinen Glantz / 
und biſt ein finſter Wurm / wie mag ich bey dir wohnen: daß nur 
ab / ich gebe mich dir nicht zum Eigenthum: Ich wil dir meine 
Zierheit geben / und ſolt in meiner Freude leben / meiner Frucht 
ſoltu genieſſen / und meine Suͤſſigkeit ſchmecken / aber mit mir 
inqualiren kanſtu nicht. Denn meine bſlentia iſt die Goͤttliche 
Krafft / darinnen wird gebohren meine ſchoͤne Perle und helles 
Liecht: Mein Brunn iſt ewig. So du mir verdunckelſt mein 
Liecht / und beſudelſt mein Kleid / ſo haſtu keine Schoͤne / und 
kanſt nicht beſtehen / ſondern dein Wurm zubricht dich / ſo verlier 
ich alsdann meinen Geſellen / den ich mir hatte zu einen Braͤuti⸗ 
gam erwehlet / mit dem ich wolte Freude haben / ſo wird alsdann 
meine Perle und Schönheit keinen Geſpielen haben: (Jeſ. 5. 
Matt. 21. Davon Eſaias und auch Chriſtus redet in gleichen / daß 
zr auch wolte gerne von den edlen Trauben eſſen vom Weinſtock. 
Mich. 7. Marc. 12.) Hatte ich mich doch umb meiner Freude 
willen zu dir geſellet / und du wilt nicht meiner Schoͤne genieſſen / 
dleib doch in meiner Zierheit und Tugend / und wohne bey mir in 
Freuden / ich wil dich ewig ſchmuͤcken. 

47. Und der Juͤngling ſprach: Dein Schmuck iſt vorhin 
mein / ich brauche dich nach meinem Willen / wie du ſageſt: Ich 
‚merke zubrechen / fo iſt doch mein Wurm ewig / mit deme wil ich 
herꝛſchen / in dir aber wil ich wohnen / und dich mit meinem Kleide 
verkleiden. A 

48. Da wandte ſich die Jungfrau zum Hertzen Gottes und 
ſprach: Mein Hertz und meine Liebe / du biſt meine Krafft / aus 
dir bin ich helle / aus deiner Wurtzel bin ich von Ewigkeit erboh⸗ 
ren / erloͤſe mich von dem Wurm der Finſternuͤß / der meinen 
Braͤutigam inficiret und verſuchet / laß mich doch nicht verdun⸗ 
ckelt ſeyn im Finſternuß / bin ich doch deine Zierheit / und darumb 
temmen / daß du Freude an mir haͤtteſt: warumb ſoll ich dann mit 
meinen Bräutigam im finftern ſtehen? Und die Göttliche Ant⸗ 
wort ſprach: Des Weibes Saamen ſoll der Schlangen / dem 
Wurm / den Kopff zutreten; und fie wird ihn in die Ferſen 

techen. f 
17 49. Siehe liebe Seele / hierinnen ſtecket die himmliſche Tin · 
ctut, die wir in Gleichnuͤß muͤſſen ſetzen / und mit Worten nir⸗ 
gends koͤnnen reden: ja haͤtten wir Engels⸗Zungen / fo wolten 
wir recht reden / was das Gemuͤthe begreifft / aber die Perle iſt 
bekleidet mit dem finſtern Kleide. Die Jungfrau rufft ſtaͤts dem 
Hertzen Gottes / daß er wolle ihren Geſpielen erlöfen von 155 
5 its 


Eap.ız. Gböttliches Weſens. 133 


finftern Wurm. Aber die Göttliche Antwort ſaget: Des 
Weibes Saamen ſoll der Schlangen den Kopff zertreten / das iſt / 
der Schlangen Finſternuͤß foll geſcheiden werden von deinem 
Braͤutigam. Das finſtere Kleid damit die Schlange deinen 
Bräutigam hat bekleidet / und deine Perle und ſchoͤne Kron ver⸗ 
dunckelt / ſoll zerbrechen und zur Erden werden / und du ſolt mit 
deinem Braͤutigam dich in mir freuen / das war mein ewiger 
Wille / der muß beſtehen. 
so. So wir uns nun entſinnen der hohen Myſterien / ſo eroͤff⸗ 
net uns der Geiſt die Verſtaͤndnuͤß / daß dieſes der rechte Grund 
ſey mit Adam: Denn ſein uhrkuͤndlichſter Geiſt als die Seele / 
die war der Wurm / der war aus Gottes des Vatters ewigen 
Willen erbohren / und in der Zeit der Schoͤpffung durchs Fiat 
auff Geiſtes Art geſchaffen aus dem Loco, wo der Vatter ſein 
Hertz von Ewigkeit gebieret / zwiſchen der vierdten und fuͤnfften 
Geſtalt im Centro Gottes / da ſich das Sicht GOttes von Ewig⸗ 
keit immer erblicket und uhrkundet. Darumb kam ihm das 
Licht Gottes / als eine ſchoͤne Jungfrau zu Huͤlffe / und nahm 
die Seele zu ihren Braͤutigam an / und wolte die Seele zieren 
mit ihrer ſchoͤnen Himmels⸗Krone / mit der edlen Krafft der 
Perle / und ſteſchmuͤcken mit ihrem Kleide. 
sr. So brach nun herfür die vierdte Geſtalt im Centro der 
Scelen / als da der Srelen⸗gelſt zwiſchen der vierdten und füͤnff⸗ 
ten Geſtalt im Centto geſchaffen ward / naͤchſt dem Hertzen Got⸗ 
tes / fo war die vierdte Geſtalt im Glaſt in der Finſternuͤß. 
Daraus iſt geſchaffen dieſe Welt / welche in ihrer Geſtalt ſich 
wieder theilet in ihrem Centro in fuͤnff Theile / im Auffgange big 
an der Sonnen Liecht. Denn die Sternen ſind auch in ihrem 
Centro zwiſchen der vierdten und fünften Geſtalt erbohren / und 
die Sonne iſt der Brunn der fünften Geſtalt im Centro, gleich 
wie das Hertze und Liecht Gottes im ewigen Centro, welcher 
keinen Grund hat: Dieſer aber der Sternen und Elementen 
hat ihren Grund in der vierdten Geſtalt in dem finſtern Gemuͤ⸗ 
the / im Auffgange des erweckten Feuer⸗Blitzes. 
52. Alſo iſt die Seele zwiſchen beyden Centris erbohren / 
. zwiſchen dem Centro Gottes / verſtehe des Hertzens oder 
Lichtes Gottes / da das erbohren wird aus einem ewigen Loco. 
Und dann 2. zwiſchen dem anffgegangenen Cen ' ro dieſer Welt / 
und iſt beyden anhaͤngig und inqualiret mit beyden / darumb fie 
alle drey Principia hat / und kan in allen dreyen leben. 
53. Aber das war der Kr Geſetz und Wille / dag 
7 


gleich 


134 Von den drey Principien Cap. 12. 
gleich wie Gott uͤber alle Ding herꝛſchet / und ſich uͤberall einbil⸗ 
det / und giebt allem Krafft und Leben / und das Ding begreifft 
ihn doch nicht / ob er gleich alda iſt. Alſo auch ſolte die Seele 
ſtille ſtehen / und der Jungfrauen Geſtalt ſolte in der Seelen res 
gieren / und die Seele kroͤnen mit dem Liechte Gottes. Die 
Seele ſolte ſeyn der ſchoͤne Juͤngling / der geſchaffen war / und die 
Krafft Gottes die ſchoͤne Jungfrau und das Liecht Gottes / die 
ſchoͤne Perlen⸗Krone / damit wolte die Jungfrau den Juͤngling 
ſchmuͤcken. 5 

54. So wolte aber der Juͤngling die Jungfrau zum Eygen⸗ 
thumb haben / da ſie doch einen grad hoͤher in der Gebuhrt war / 
als er / und konte nicht ſeyn. Denn die Jungfrau war von E⸗ 
wigkeit / und der Braͤutigam ward ihr zu gegeben / daß ſie ſolte 
Freude und Wonne darmit in Gott haben. ’ 1 

55. Da aber der Juͤngling dieſes bey der Jungfrauen nicht 
mochte erhalten / ſo griff er zuruͤcke nach dem Wurm in ſeinem 
Centro, Denn die Geſtalt dieſer Welt drang fo harte auff ihn / 
welche auch in der Seelen war / und haͤtte gerne gehabt die Jung⸗ 
frau zum Eigenthumb / und daraus ein Weib zu machen / wie 
dann auch im Falle geſchehen iſt. Aber nicht aus der Perle / 
ſondern aus dem Geiſte dieſer Welt wird das Weib. Denn es 
aͤngſtet ſich noch immerdar die Natur dieſer Welt nach der Jung⸗ 
frawen von der Eytelkeit loß zu werden / und vermeinet mit der 
Jungfrawen zu inqualiren, aber es kan nicht ſeyn / denn die 
Jungfraw iſt hoͤher gebohren. > 

56. Und wann dieſe Welt gleich wird zerbrechen / und der Ey⸗ 
telkeit des Wurmes loß werden / ſo erlanget ſie doch nicht die 
Jungfraw / ſondern ſie bleibet ohne Geiſt und Wurm unter ih⸗ 
rem Schatten / in ſchoͤner und ſanffter Ruhe / ohn einiges Rin⸗ 
gen und Begehren / denn fie komt darmit in ihren höchften Grad 
und Schoͤne / und feyret ewig von ihrer Arbeit. Denn der Wurm . 
der fie alhier quaͤlet / gehet in fein Principium, und beruͤhret dies 
fer Welt Schatten und Figur ewig nicht mehr. Dann regieret 
die Jungfraw mit ihrem Braͤutigamb. 

57. Mein lieber Leſer! Ich wil dirs deutlicher ſetzen: denn 
nicht ein jeder hat die Perle die Jungfraw zuergreiffen / und wil 
doch gleichwol ein jeder gerne wiſſen / wie es ſey mit dem Falle 
Adams beſchaffen. Siehe wie ich jetzt gemeldet habe / ſo hat die 
Seele alle drey Principia an ſich: Als x. das innerſte / den 
Wurm / oder Schwefel⸗geiſt und Quell / nach welchem ſie ein 
Geiſt iſt / und dan 2. die Goͤttliche Krafft / welche ie 

f ußfte 


Cap. 12. Goͤttliches Wefens: 135 
ſanffte / helle und frewden reich machet / nach welcher der Wurm / 
oder Geiſt ein Engel iſt / wie GOTT der Vatter ſelber / ver ſtehe 
auff ſolche Ahrt und Gebuhrt. Und dan 3. fo hat fie das Princi- 
pium dieſer Welt gantz unzertheilet aneinander / und begreift doch 
auch keines das ander / denn es ſeynd drey Principia, oder drey 
Gebuhrten. 5 N 
8. Siehe / der Wurm iſt das Ewige und in ſich ſelber Eigen⸗ 
thuͤmbliche / die andern zwey ſeynd ihm gegeben / jedes durch eine 
Gebuhrt / eines zur rechten / das ander zur lincken. Nun iſts 
muͤglich / daß er beyde zugegebene Geſtalten und Gebuhrten 
verleuret. Denn ſo er zuruͤcke greifft in die grimmige Feuers⸗ 
macht / und wird falſch gegen der Jungfrawen / fo weicht fie von 
ihme / und bleibt als eine Figur in ihrem Centro, ſo iſt der Jung⸗ 
frawen Thuͤre zu. f r 
59. Wiltu nun wieder zur Jungfrawen / fo muſtu wieder ges 

bohren werden durch das Waſſer im Cem ro, und Heiligen 
Geiſt / ſo erlangeſtu ſie wieder mit groſſen Ehren nnd Freuden. 
Davon Chriſtus ſaget: Es wird Freude im Himmel ſeyn uͤber 
einen Suͤnder / der Buſſe thut / mehr als über 99 Gerechten / die 
der Buſſe nicht duͤrffen. Alſo ſchoͤn wird der arme Suͤnder von 
der Jungftawen wieder empfangen / daß fie nicht mehr ein 
Schatten ſeyn darff / ſondern eine lebendige und verſtaͤndige 
Crcatur und Engel Gottes. Dieſe Freude kan niemand ſagen / 
alleine die wiedergebohrne Seele weiß darvon / welches der Leib 
1 verſtehet / ſondern er zittert / und weiß nicht wie ihm ge⸗ 

chiehet. 8 

60. Die andere Geſtalt / oder Frincipium verleuret der Wurm 

mit Abſcheidung des Leibes / daß / obs gleich in der Figur bleibet / 
ſo iſts ihm doch nur eine Schande und Quaal / daß er ein Engel 
geweſen / und nun ein greulicher / grimmiger / giftiger Wurm 
und Geiſt iſt. Davon die Schrifft ſaget: daß der gottloſen 
Wurm nicht ſtirbet / und ihre Quaal ewig bleibet. Wan der 
Wurm nicht haͤtte Engels und Menſchen Geſtalt gehabt / ſo 
waͤre feine Quaal nicht fo groß: Aber alſo machet ihm diß ein 
ewig reuen und nichts erreichen; Er kennet den Schatten ſeiner 
Herzligreit/ und kan darin nicht mehr leben. 

61. Darumb ſo iſt das nun der Grund in einer Summa vom 
Fall Adams zu reden in der hoͤchſten Tieffe. Adam hat durch ſei⸗ 
ne Luſt verlohren die Jungfraw / und hat in ſeiner Luſt empfan⸗ 
gen das Weib / welche iſt ein cagaltriſche Perſon: und die 
Jungfrau warttet ſeiner noch immerdar / ob er wil wieder tretten 


136 Von den drey Principien Cap. 13. 


in die newe Gebuhet / ſo wil fie ihn mit groſſen Ehren wieder an? 
nehmen. Darumb bedencke dich du Menſchen⸗Kind: Ich ſchrei⸗ 
be alhier was ich gewiß weiß / und der es geſehen hat / bezeuget es / 
ſonſt wuͤſte ichs auch nicht. N 


Das 13. Capittel. 
Von Erſchoͤpffung des Weibes aus Adam. 


Die fleiſchliche / elende und finftere Porte. 

1. Ur Unmuht mag ichs wol kaum ſchreiben / weils 
aber nicht anders ſeyn mag / ſo wollen wir derweil 
der Frawen Kleid tragen / aber in der Jungfrauen 

„] Kebenz Und ob wir wol viel Truͤbſal in der Frauen 
empfangen / ſo wird uns doch die Jungfrau wol er⸗ 
getzen: Muͤſſen uns alſo mit der Frauen ſchleppen / big wir fie zu 

Grabe ſchicken / alsdan ſoll ſie ſeyn ein Schatten und Figur, 

und die Jungfraw ſoll ſeyn unſere Braut und wehrte Krone / 

die wird uns geben ihre Perle und ſchoͤne Kron / und kleiden 

mit ihrem Schmuck / darauff wollen wirs wagen umb der Li⸗ 

lien willen / ob wir gleich werden groſſen Sturm erwecken / 

und ob der Aati⸗Chriſt von uns hinriſſe die Fraw / fo muß uns 
doch die Jungfraw bleiben. Denn wir ſind mit ihr vermaͤhlet. 

Ein jedes nehme nur das ſeine / ſo bleibet mir das meine. 

2. Als nun Adam im Garten Eden ging / daß alſo die dretz 
Principia in Adam ſolchen Streit fuͤhreten / wurd feine Tin&ur 
gang müde und entwiech die Jungfraw / denn der Luſt⸗geiſt 
dieſer Welt in Adam hatte überwunden / darumb fand er nieder 
in Schlaff : Zu dieſer Stunde wurd fein himliſcher Leib zu 
Fleiſch und Bluht / und ſeine ſtarcke Krafft zu Beinen: Da 
gieng die Jungfraw in ihr cher und Schatten / aber in das 
Himmliſche æther ins Prineipium der Krafft / und wartet alda 
auff alle Adams Kinder / ob ſie jemand zu einer Braut wil wie⸗ 
der annehmen / durch die newe Gebuhrt. 

3. Was ſolte aber GOT thun? Er hatte Adam aus ſeinem 
ewigen Willen geſchaffen / weils nun nicht konte ſeyn / daß A» 
dam hätte die Jungfraw auff Paradeiſiſche Ahrt gebohren aus 
ſich ſelber / fo ſtellete GOTT das biat der groſſen Welt ins Mit⸗ 
tel. Denn Adam war nun dem Fiat wieder heimgefallen / als eine 
halb zerbrochene Perſohn / weil er durch feine Luſt und Imagina- 
tion war halb er toͤdtet; ſolte er nun leben / ſo muſt ihm GOT 

wie 


Cap.rz. Göͤtlliches Weſen. 137 


wieder rahten: Solte er ein Reich gebuͤhren / fo muſte nun 
eine Fraw ſeyn / gleich allen andern Thieren mit der Fort⸗ 
pflantzung: Das Engliſche Reich in Adam war weg / es muſte 
nun ein Reich dieſer Welt werden. g 

4. Was thaͤt dan nun Gott mit Adam? Moſes ſpricht: Als 
Adam entſchlieff / nam er ſeiner Rippen eine und bawete 
ein Weib daraus (auß der Rippe / die er von dem Manne 
nam) und ſchloß die Staͤtte zu mit Fleiſch. Nun hat Moſes 
gar recht geſchrieben / wer wolte ihn aber alhier verſtehen? 
So ich nicht den erſten Adam kennete in ſeiner Jungfrawen 
Geſtalt im Paradeis / fo bliebe ich darauff / und wuſte nichts 
anders / als Adam wäre auß einem Erden⸗klumpen gemacht 
worden zu Fleiſch und Bluht / und Heva ſein Weib auß ſei⸗ 
ner Rippen und harten Knochen / welches mich doch vor der 
Zeit offte hat wunderlich angeſehen / wenn ich die Gloſſen über 
Moſen habe geleſen / daß fo Hochgelaͤhrte alſo haben geſchrie⸗ 
ben: Wollen ein Theil auch noch wol von einer Gruben in 
Morgen⸗Landt ſagen / da Adam ſey herauß genommen und 
gewagt worden / wie der Toͤpffer einen Hafen oder Topff 
machet. 

5. So ich nicht die Schrifft haͤtte betrachtet / die da ſa⸗ 
get: Was vom Fleiſch gebohren iſt / das iſt Fleiſch: Item / das 
Fleiſch und Bluht ſoll das Himmelreich nicht erben. Item / Nie⸗ 
mand führet gen Himmel / als des Menſchen Sohn / der vom 
Himmel (als die reine Jungfraw) kommen iſt / und der im Him⸗ 
mel iſt. Darzu halff mir wol / daß der Jungfrawen Kind war 
der Engel der Wiederbringung / was in Adam verlohren war. 
> G OT Tbrachte in der Frawen in ihrem Jungfraͤwlichen 
Leibe herwieder das Jungfrawen-Kind / das Adam gebaͤhren ſol⸗ 
te. Hätte ich nun den Text in Moſe nicht betrachtet / da GOTT 
ſprach: Es iſt nicht gut / daß der Menſch alleine ſey / wir wollen 
3 e Gehüuͤlffen machen / ich ſteckte noch wol in der Frawen 

illen. ; 

6. Aber derſelbe Text ſaget: GOTT ſahe an alles was Er 
gemacht hatte / und fiche es war alles ſehr gut. Iſts nun gut ge⸗ 
weſen in der Schoͤpfung / fo muß es fuͤrwar ſeyn boͤfe worden / 
daß GOTT ſprach: Es iſt nicht gut / daß der Menſch alleine 
ſey. Hätte fie GOTT wollen allen Thieren gleich haben mit 
viehiſcher Fortpflantzung / er haͤtte wol balde einen Mann und 
Fraw gemacht / daß aber GOTT einen Eckel daran gehabt / 
weiſet wol das erſte Kind der Frawen / Kain der ene 

h der 


138 Von den drey Prineipien Cap. 13. 
der / auch ſo weiſets der Fluch der Erden auß. Ach was ſoll ich 
den Raum mit dieſem Zeugnuͤß zubringen / wird doch der Bes 
weiß klar folgen / und iſt nicht allein auß der Schrifft / welche 
zwar einen Deckel machet / zu bewähren / ſondern an allen Din⸗ 
gen / ſo wir uns wolten Raum nehmen / und unſer Arbeit mit 
vergeblichen Dingen zubringen. 5 
7. Nun ſpricht die Vernunfft / was find denn Moſis Worte 
vom Weibe? Das ſagen wir: Moſes hat recht geſchrieben / aber 
ich / nach dem ich in der Frawen lebete / verſtund es nicht recht: 
Moſes hatte wol ein verkläret Angeſicht / aber er muſte einen 
Deckel dafuͤr hengen / daß man ihm nicht koͤnte ins Angeſichte 
ſehen. Da aber der Jungfrawen Sohn / als die Jungfraw / 
kam / der ſahe ihm ins Angeſichte / und that weg den Deckel. 
So fraget die Vernunfft: Was war die Rippe zum Weibe 


aus Adam ?- 135 
Die Porten der Tieffe. R 


2, Yung zeiget die Jungfraw / daß / als Adam uͤberwun⸗ 
den war / und die Jungfraw in ihr ærher getreten / fo ward 
die Tinctur, darinnen die ſchoͤne Jungfraw gewohnet hat / irꝛ⸗ 
diſch / muͤde / matt und ſchwach. Denn die kraͤfftige Wurtzel der 
Tinctur, davon ſie ihre Maͤchtigkeit ohn einigen Schlaff oder 
Ruhe hatte / als die Himmliſche Matrix , welche Paradeis und 
Himmelreich haͤlt / entwiech in Adam / und gieng in ihr æther. 

9. Leſer! verſtehe es recht / nicht iſt die Gottheit / als die 
ſchoͤne Jungfraw / zerbrochen und zu nichts worden: das kan 
nicht ſeyn / allein fie iſt blieben im Goͤttlichen Prinei pio, und der 
Geiſt oder Seele Adams iſt blieben mit ſeinen eigenthuͤmblichen 
Wurm im dritten Principio dieſer Welt / die Jung fraw aber / 
als die Goͤttliche Krafft ſtehet im Himmel und Paradeiß / und 

ſpiegelieret ſich in der irꝛdiſchen Qualität der Seelen / als in der 
Sonnen und nicht Monden / verſtehe im hoͤchſten Principio des 
Geiſtes dieſer Welt / da die Tinctur am edelſten und helleſten iſt / 

da des Menſchen Gemuͤhte enſtehet. a 
10ð. Und wolte gern wieder in ihren Locum zu ihrem Braͤuti⸗ 
gam / wenn nur nicht das irꝛdiſche Fleiſch mit dem irꝛdiſchen Ge⸗ 
muͤthe und Sinnen im Weege waͤre. Dan in das gehet die Jung⸗ 
fraw nicht / fie laͤſſet ſich nicht ins irꝛdiſche Centrum binden. Ihre 
Spiegelierung mit verlangen und viel ruffen / vermahnen und 
inbruͤnſtigem ſaͤhnen / verbringen fie die gantze Zeit / weil die 
Fraw an ihrer ſtat lebet / aber dem Wiedergebohrnen * 
N e 


Cap. 1 z. Goͤttliches Weſens. 139 
fie in hoch triumphirender Geſtalt im Centro des Gemuͤhts / ver⸗ 
taͤuffet ſich auch ofte big in die Tinctur des Hertzen Gebluͤhts / 
davon der Leib mit Gemuͤhte und Sinnen ſo hoch zitternd und tri⸗ 
umphirend wird / gleich als waͤre er im Paradeiß / krieget auch 
alsbald Paradeiſiſchen Willen. M 

tx. Alda wird das edle Saͤnfftkoͤrnlein geſaͤet / davon Chriſtus 
ſaget / welches erſtlich klein iſt / und hernach als ein Baum waͤch⸗ 
ſet / ſo fern das Gemuͤht im Willen beharꝛet. Aber die edle Jung⸗ 
fraw verharꝛet nicht beſtaͤndig / denn ihre Gebuhrt iſt viel hoͤher / 
daruuib wohnet ſie nicht in irꝛdiſchen Gefaͤſſen / ſondern ſie be⸗ 
ſuchet alſo ihren Braͤutigam zu zeiten einmahl / wan er ihr auch 
begehret / wiewol fieiyme mit Ehrerbietung allezeit eher zu vor 
komt / und rufft ihm / als er / welches alleine in der Lilien 
verstanden wird / ſaget der Seiſt hoch- theur ohne Schertz: 
Darumb merket auff ihr Kinder Gottes / der Engel des 
groſſen ale di komt in Joſaphats Thal mit einer guͤl⸗ 
denen Bulle / die verkaufft er umb Oehle ohne Gelt / wer 
da komt / den trifts. 

12. Als nun die Tinctur faſt irꝛdiſch und unmächtig war wor⸗ 
den / durch die Überwindung des Geiſtes der groſſen Welt / konte 
fie nicht him̃liſch gebaͤhren / und war alſo beſeſſen mit Unmacht. 
So ſtund nun der Raht Gottes alda / der ſprach: Weil er iſt irꝛ⸗ 
diſch worden und vermags nicht / ſo wollen wir ihm einen Gehuͤlf⸗ 
fen machen / und das Fiat ſtund im Centro, und ſcheidete die 
Matrix vom Limbo, und das Fiat faſſete eine Rippe in der mitten 
von Adam auß ſeiner Seyten zur rechten / und ſchuff das Weib 
darauf. 2 5 f e 

13. Nun :nuſtu aber klahr verſtehen / als das Fiat zur Schoͤpf⸗ 
fung in Adam war da er ſchlieff / fo war fein Leib noch nicht alſo 
gar zu harten Knochen und Beinen worden. O nein / das geſcha⸗ 
he erſt / als Mutter Heva in Apfel biß / und gab Adam auch. Al⸗ 
leine die infieirung und der irꝛdiſche Todt ſteckete ſchon mit der 
Sucht und toͤdtlichen Kranckheit darinnen / die Knochen und Rip⸗ 
pen waren noch Staͤrcke und Krafft / und Heva ward geſchaffen 
auß der Staͤrcke oder Krafft / daͤrauß die Rippe ſolte werden. 

14. Du muſt aber theuer verſtehen / ſte iſt nicht herauß gezogen 
worden als ein Geiſt / ſonder gantz im Weſen. Man muß ſagen / 
daß Adam hat einem Riß bekommen; und das Weib traͤget A⸗ 
dams Geiſt Fleiſch und Bein: Aber im Geiſte iſts etwas entſchei⸗ 
den. Denn das Weib traͤget die Matrix und Adam den Limbum, 
oder Mann / und ſind die zwey ein Fleiſch / ungetrennet in 2 

7 tur 


140 Von den drey Principien Cap. 13. 


tur / denn die beyden muͤſſen wieder einen Menſchen gebaͤhren / 
welches zuvor einer konte thun. : 


Eine liebliche Porten. 
15. A Ls wir in der Zerbrechung Adams alhier find zu ſchrei⸗ 
ben / erinnert uns der Geiſt eines heimlichen Myfterii 

von Adams Rippe / welche ihme das Piat genommen / und ein 
Weib darauß gemachet / welche Adam hat hernach müffen ent⸗ 
behren. Denn der Text in Moſe ſaget recht: Gott habe die Staͤ⸗ 
te mit Fleiſch zugeſchloſſen. a 

16. Nun aber hat diß der Grimm der Schlangen zu wegen ge⸗ 
bracht / daß Adam iſt in Luſt gefallen / und muß gleichwol der Fuͤr⸗ 
ſatz Gottes beſtehen. Denn Adam muß am Jüngſten Tage gantz 
unzerbrochen wieder auffſtehen im erſten Bilde / 5 er war ge⸗ 
ſchaffen. Nun aber hat gleichwol die Schlange und Teufel zu 
wegen gebracht / daß ein ſolcher Riß iſt in ihr geſchehen / ſo zeuget 
uns der Geiſt / daß / ſo wenig als dem Wurm oder Seelen⸗ 
Geiſte hat koͤnnen gerahten werden / die Jungfraw kaͤme und 
gieng dan in Todt / in Wurm / in Abgrund des Seelen⸗Geiſtes / 
welcher in ſeinem Abgrunde der Hoͤllen und grimmigen Zorne 
Gottes Porten erreichet / und gebie re ihn (Adam) new zu einer 
newen Creatur in der erſten Bildnuͤß / welches iſt geſchehen in der 
Jungfrawen Sohn in Chriſto. N 

17. Alſo wenig hat auch Adams Rippe und hole Seiten / da 
ſte iſt geſtanden / moͤgen gerahten werden zu ihrer Vollkommen⸗ 
heit / es lieſſe ſich dan der ander Adam in der Jungfrawen an die⸗ 
ſer ſtaͤte verwunden / daß ſein theures Blut dem erſten Adam 
wieder zu huͤlffe kaͤme / und ſeine zerbrochene Seyte wieder bawe⸗ 
te. Reden wir nach unſerer Erkaͤntnuͤß theur / welches / wan 
wir vom Leiden und Sterben Chriſti der Jungfrawen Sohn 
ſchreiben werden / wollen dermaſſen erklaͤren / das die durſtige 
Seele ſoll einen Quaͤll⸗Brun finden / welches dem Teuffel we⸗ 
nig nutz ſein wird. 


Ferner vom Weibe. 


18. Es ſpricht die Vernunfft: Iſt dan Heva nur bloß aus 
einer Rippe aus Adam erſchaffen worden / fo muß fie viel gerin⸗ 
ger ſeyn als Adam? Nein Liebe Bernunfft / das iſt nicht; das 
Fiat als ein ſcharffes Anziehen / hat aus allen Eſſen tien und Ey⸗ 
genſchaften aus Adam / aus jeder Krafft genommen / aber 
mehr Glieder im Weſen hat es ihme nicht genommen / denn 
das Bild ſolte ſeyn im Limbo ein Menſch auff t 

5 rt ⸗ 


Cap;  Göttliches Weſens. z4r 


Ahrt / aber doch nicht mit dieſer Ungeſtalt. Verſtehe es recht 
im Gründe! Er folte ſeyn / und war auch ein Mann / und 
hatte ein Jungfraͤwlich Hertze / gantz zuͤchtig in der Matrix, 

19. Darumb aber / daß Heva gewiß aus allen Eſſentien A⸗ 
dams iſt er ſchaffen worden / und alſo Adam einen groſſen Riß 
bekommen / und gleichwol auch das Weib zu ihrer gantzen Vol⸗ 

kommenheit zum Bilde Gottes kaͤme / bewaͤhret mir abermahl 
das große Myſterium, da die Jungfraw bezeuget gantz theuer / 
daß nicht alleine ſich habe der Jungfrawen Sohn in der Wieder⸗ 
ebuhrt laſſen in ſeine Seite ſtechen / und ſein Blut aus der ho⸗ 
en Seiten vergoſſen / ſondern auch laſſen feine Hände und Fuͤſ⸗ 
fe durchgraben / und auff ſein Haupt eine doͤrnerue Krohne dru⸗ 
cken / und ſich an feinem Leibe laſſen peitſchen / daß das Bluht 
iſt allenthalben gefloſſen. Alſo hoch hat ſich der Jungfrawen 
Sohn getieffet zu helffen dem Krancken und zerbrochenen Adam 
und feiner ſchwachen und unvolk ommenen Heva / fie zu erbawen / 
und wieder zu bringen in die erſte Herrligkeit. 

20. Darumb ſoltu gewiß wiſſen / daß Heva iſt aus allen Eſ⸗ 
ſentien Adams gefchaffen worden / aber nicht find mehr Rippen 
oder Glieder aus Adam gebrochen worden / das weiſet der Wei⸗ 

ber Bloͤdigkeit und Schwacheit / und auch das Gebott Gottes / 
der da ſprach: Dein Wille ſol deinem Manne unterworffen ſeyn / 
und er fol dein Herz ſeyn: Darumb daß der Mann gantz und 
volkommen iſt / biß auff eine Rippe / ſo iſt das Weib ſeine Ge⸗ 
huͤlffin / die umb ihn iſt / und ſol ihme helffen fein Geſchaͤffte trei⸗ 
ben in Demuht und Unterthaͤnigkeit / und der Mann ſol erken⸗ 
nen / daß ſte gantz ſchwach iſt / auß feinen Eſſentien, ſol ihr in 
ihrer Schwacheit zu huͤlffe kommen / und ſte lieben / als fein ei⸗ 
gen Eſſentz: Deßgleichen ſol das Weib ihre Eſſentien und Wil⸗ 
len in des Mannes ſtellen / und freundlich ſeyn gegen ihrem 
Manne / daß der Mann eine Luſt an ſeiner Eſſentia im Weibe 
habe / alſo daß die zwey eines Willens ſind / denn fie ſind ein 
Fleiſch / ein Bein / ein Hertze / und gebaͤhren Kinder in einem 
Willen / welche nicht ſind des Mannes / und auch nicht des Wei⸗ 
bes / ſondern aller beyder zugleich / als waͤren ſie auß einem Lei⸗ 
be. Darumb ſtehet das ſtrenge Gebott Gottes den Kindern da: 
Daß fie ſollen Vatter und Mutter mit Ernſt und Unterthaͤnig⸗ 
keit ehren / bey zeitlicher und ewiger Sraffe / ꝛc. Davon ich wil 
bey der Tafel Moſis ſchreiben. i 


Von 


442 Von den drey Prineipien Cap. 130 
Bon der Seelen Fortpflantzung die Edle Porten. 


21. D As Gemuͤhte hat von der Welt her alſo viel mit dieſer 
Porten zu thun / und darinnen immer zu ſuchen ge⸗ 
habt / daß ich den Unluſt der scribenten nicht erzehlen mag. A⸗ 
ber in der Lilien wird dieſe Porte gruͤnen als ein Lorber Baum. 
Denn ihre Zweige werden von der Jungfrawen beſaͤfftiget / dar⸗ 
umb find fie gruͤner dan Kleeh / und weiſſer dan Roſen / und den 
ſchoͤnen Ruch traͤget die Jungfraw auff ihrem Perlen Krantz / 
und reicht ins Paradeiß Gottes. 6 
22. Weiln uns dan das Myſterium begegnet / ſo wollen wir 
die Blume des Gewächſes croͤffnen / wollen aber unſer Arbeit 
nicht den Hunden / und Woͤlffen und Saͤwen geben / welche in 
unſerm Luſt⸗garten wuͤhlen gleich den Saͤwen / ſondern den Su⸗ 
chenden / auff daß der krancke Adam getroͤſtet / und die Perle ge⸗ 
funden werde. Br 
23. So wir nun die Tinctur uhrkunden / was fie ſey in ihrem 
hoͤchſten grad, ſo finden wir den Spiritum. Denn wir koͤnnen 
nicht ſagen / daß das Fewr die Tinctur ſey / auch nicht die Lufft. 
Denn das Fewr iſt der Tinctur gahr zuwider / ſo erſtecket ſie die 
Lufft: Sie iſt gar eine liebliche Wonne: Ihre Wurtzel dar⸗ 
aus ſie gebohren wird / iſt ja das Fewr: So ich aber ihren rech⸗ 
ten Sitz ſol nennen / wo ſie ſttzt / fo kan ich anders nicht ſagen / 
als daß jie ift zwifchen den dreyen Principien, als Gottes Reich / 
item der Hoͤllen Reich / und dieſer Welt Reich in mitten / und 
hat keines zum Eigenthumb / und wird auch von allen dreyen ge⸗ 
bohren / und hat gleich wie ein ſonderlich Principium; da es doch 
kein Principium iſt / ſondern eine helle liebliche Wonne: Sie iſt 
auch nicht der Geiſt ſelber / ſondern der Geiſt wohnet in ihr / und 
fie renoviret den Geiſt / daß er helle und ſichtig iſt. Ihr rechter 
Nahme iſt wunderlich / und kan ihn niemand nennen / als der 
ſo er gegeben iſt / der nennet ihn nur in ſich / auſſer ihm nicht. 
Sie hat keine Stätte ihrer Ruhe in der Subſtentz / und ruhet doch 
immer in ſich ſelber / und giebt allen Dingen Krafft und Schoͤne / 
gleich wie der Sonnen⸗glantz allen Dingen in dieſer Welt Liecht / 
Krafft und Schoͤne giebt / und iſt doch nicht das Ding / und wuͤr⸗ 
cket doch im Dinge / und machet das Ding wachſend und bluͤhend / 
und fie wird doch auch warhafftig in allen Dingen erfunden / und 
und iſt aller Dingen Leben und Hertz / aber nicht der Geiſt wel⸗ 
cher aus den Eſſentien erbohren wird. N 
24. Die Tinctur iſt in einem wolriechendem Kraute und Blu⸗ 
me / 


Cape. Göttliches Weſens, 143 


me / die liebliche Suͤſſigkeit und Sanfftigkeit / und ſein Geiſt 
iſt bitter und herbe / und fo die Tinctur nicht wäre / fo kriegete 
das Kraut keine Bluhme noch Ruch: Sie gibt allen Eflentien 
Krafft / daß ſte wachſen. Alſo iſt ſte auch in Metallen und Stei⸗ 
nen / ſie macht daß Silber und Gold waͤchſet / und ohne ſte wuͤch⸗ 
fe nichtes in dieſer Welt. Sie iſt eine Jungfraw unter allen Kin⸗ 
deren in der Natur / und hat nie nichts aus ſich gebohren / und 
kan auch nicht gebaͤhren / und machet doch daß fich alles ſchwaͤn⸗ 
gert. Sie iſt am aller heimligſten und doch auch am alleroffen⸗ 
bahrlichſten. Sie iſt eine Freundinne Gottes / und eine Ge⸗ 
ſpielin der Tugend: Sie laͤſſet ſich von nichts halten / und iſt doch 
in allen Dingen / aber wo ihr wider Ratur⸗ recht geſchiehet / fo 
fleucht ſie / und dar zu gar leichtlich: Sie ſtehet nicht fe ſte / und 
at doch unbeweglich / ſie bleibet in keiner Verderbung einiges 
Dinges; weils in der Wurtzel der Natur ſtehet / daß es nicht 
veraͤndert oder verderbet wird / fo bleibet fie. Sie leget reinem 
Dinge eine Laſt auff / l fie leichtert die Saft in allen Dina 
gen. Sie machet daß ſich alles frewet / und gebiehret doch kein 
Jauchtzen / ſondern die Stimme komt aus den Eſſentien, und 
wird im Geiſte lautbar. : 5 
25. Der Weeg zu ihr iſt gar nahe / und wer ihn findet / darff 
ihn nicht offenbahren / er kan auch nicht; denn es iſt keine Spra⸗ 
che die fie nennen kan. Und ob fie einer gleich lange ſuchete / fo ſte 
nicht wil / findet er ſte doch nicht: Jedoch begegnet ſte dem Su⸗ 
chenden / die fie recht fischen / auff ihre Ahrt wie ſie iſt / mit ei⸗ 
nem Jungfraͤulichen Gemuͤhte / und nicht zum Geitze und Wol⸗ 
luſt. Sie laͤſt ſich einbilden durch den Glauben / ſo der recht iſt in 
Jungfraͤwlicher Ahrt / in ein Ding / da ſte nicht war: Sie iſt 
mächtig und thut doch auch nichts: wenn fie von einem Dinge 
außfaͤhret / fo komt ſte nicht wieder nein / ſondern bleibt in 
ihrem zrber, Sie zerbricht nimmermehr / und DR doch auch. 
26. So wirſtu ſagen: Das muß GOTT ſeyn ? Nein / es iſt 
nicht GO / ſondern Gottes Freundin. Chriſtus ſpricht: 
Mein Vater wuͤrcket / und ich wuͤrcke auch. Sie aber wuͤrcket 
nichts / iſt in einem Dinge unempfindlich / und man kan fte doch 
gewaltigen und brauchen / ſonderlich in Metallen, da kan ſie quß 
Eyſen und Kupffer rein Goldt machen / ſo ſie lauter iſt. Sie kan 
auß einem Wenig viel machen / und treibet doch auch nichts. Ihr 
Weeg iſt ſo ſubtile, wie des Menſchen Gedancken / und die Ge⸗ 
dancken entſtehen auch darauß. 8 
27. Darumb wan der Menſch ſchlaͤfft daß ſie ruhet / Ayers 
tine 


244 Von den drey Prineipien Cap. 132 


keine Gedancken im Geiſt / ſondern das Geſtirn poltert in den 
Elementen, und blewet dem Gehirn ein / was ihm kuͤnfftig be⸗ 
gegnen ſoll durch ihr Gewuͤrcke / welches doch offte wieder zer⸗ 
brochen wird durch andere Conjunction, daß es nicht zum Wer⸗ 
cke komt. Darzu kan es nichts gantzes anzeigen / es geſchehe dan 
durch eine Conjunction der Planeten und fix · Sternen / das gehet 
fuͤr ſich / allein es bildet alles irꝛdiſch vor nach dem Geiſte dieſer 
Welt / da der Syderifche Geiſt ſoll reden von Menſchen / fo redet 
er offte von Thieren / und treibet immer das Widerſpiel / wie 
ſich der irꝛdiſche Geiſt am Sternen⸗geiſt vergaffet / ſo traͤumet 
er auch. 

28. So wir nun von der Tinctur geredet haben / als vom Hau⸗ 
fe der Seelen / fo wollen wir auch von der Seelen reden / was fie 
ſey / und wie ſie koͤnne fortgepflantzet werden / darinnen wir die 
Tinctur können beſſer an Tag geben. Die Seele iſt nicht alſo (ub- 
tile als die Tinctar, aber fie iſt mächtiger und hat groſſe Gewalt. 
Sie kan durch die Tinctur Berge umbſtuͤrtzen / fo fie auff dem 
Jungfraulichen Braut⸗wagen in der Tinctur faͤhret / wie Chri- 
Bus davon redet. Welches im reinen Glauben geſchiehet / an wel⸗ 
chem Ohrte die Tinctur Meiſter iſt / die es thut / und die Seele 
gibt den Stoß / da doch keine Macht geſpuͤret wird: gleich wie 
die Erde ſchwebet auff der himmliſchen Tincdur, da doch nicht mehr 
als eine Tinctur iſt im Himmel und dieſer Welt / aber mancher⸗ 
ley Ahrt nach jedes Eſſentien, im Thiere nicht als in Men⸗ 
ſchen / auch in Fiſchen nicht als in Thieren / in Steinen und 
Gemmen auch anderſt / in Engeln auch anderſt / als im Geiſt dies 
ſer Welt. 

29. Aber in Go / Engeln und Jungfraͤulichen Seelen 
emuſt verſtehen reiner Seelen) iſt fie gleich / da fie doch nur vor 
GOTT iſt. Der Teuffel hat auch eine Tinctur, aber eine falſche: 
Sie ſtehet auch nicht im Fewr / darmit kan er dem Menſchen / 
welcher ihn einlaͤſſet / ins Hertze greiffen / als ein Schmeich⸗ 
ler und falſcher Dieb / welcher ſchmeichlend komt und ſtelen 
fel vor welcher uns Chriſtus warnet / wir uns fuͤrſehen 

ollen. f 

30. So wir nun von der Seelen Subftantz und von ihren 
Eſſentien wollen reden / fo muͤſſen wir je ſagen / daß die Seele 
das allerrauheſte im Menſchen iſt / denn ſie iſt der andern We⸗ 
fen Uhrkundt / fie iſt fewrig / herbe / bitter und ſtrenge / und 
gleicht ſich einer groſſen Macht: Ihre Eſſentis gleicht ſich einem 
Schweffel / ihre Porte / oder Sitz auß dem ewigen Uhrkund 5 

i 


Cap. 13. Goͤtlliches Weſens. 145 


iſt zwiſchen der vierden und fuͤnfften Geſtalt in der ewigen Ge⸗ 
buhrt / und unafflöglichem Bande der ſtarcken Macht Gottes 
des Vatters / wo ſich das ewige Licht ſeines Hertzens / welches 
machet das andere Principium , erbieret. Und fo fie gaͤntzlich ver⸗ 
leuret die zugegebene Jungfraw der Goͤttlichen Krafft / auß wel⸗ 
cher ſich das Liecht Gottes erbieret / welche der Seelen zur Per⸗ 
le iſt gegeben worden / wie obgemeldet / fo wird und iſt fie ein 
Teuffel / allen andern an Eſſentien und Geſtalt / auch Quahl 
gleich. (Hie haben die alten Weiſen gedichtet / der Menſch ha⸗ 
be zwey Engel / der eine treibe ihn zu allen boͤſen / ſo thue der an⸗ 
der ihn erloͤſen. Es iſt war / der Streit waͤhret alſo weil der 
Menſch alhier lebet / obs gleich 1. Engel ſeind.) 

31. So fie aber ihren Willen für ſich in die Sanfftmůtigkeit / 
als in Gehorſam Gottes ſetzet / fo iſt fie ein Quell des Hertzens 
Gottes / und empfaͤhet die Göttliche Kraft / fo werden alle ihre 
rauhe Eſſentien Engliſch und freuden⸗ reich / und dienen ihr als⸗ 
dan ihre rauhe Eſlentien wol / und ſind ihr nuͤtzer und beſſer / als 
waͤren fie im Uhrkund alle ſuͤſſe / in welchen keine Staͤrcke und 
Macht ſeyn wuͤrde / als in den herben / bittern und feurigen. 

32. Denn das Fewe wird in der Eſſentia zu einem ſanfften 
Liechte / und iſt nur ein bruͤnſtig Anzuͤnden der Tinctur, und 
die herbe Eſſentia macht daß ſte die Boͤttliche Krafft kan an ſich 
ziehen und ſchmecken / denn in der Eſſentia iſt der Schmack in der 
Natur. So dienet ihr die bittere Eſſentia zur beweglichen auff⸗ 
ſteigenden Frewden und guten Geruch und Gewaͤchſe / und auß 
dieſen Geſtalten gehet auß die Tinctur, und iſt der Seelen Haus. 
Gleich wie der Heilige Geiſt vom Vatter und e ohne; Alſo auch 
gehet die Tinctur vom Liechte der feurigen Seelen zund dan von 
ihren kraͤfftigen Eſſentien auß / und vergleicht ſich dem Heiligen 
Geiſt / aber der Heilige Geiſt Gottes iſt ein grad hoher Deni 
er gehet auß dem Liechts⸗ centro gantz in der fuͤnfften Geſtalt auß 8 
dem Hertzen Gottes an der Natur Ende aus. Ba ae: 

33: Darumb iſt die Tin&ur im Meuſchen zwiſchen dem H. 
Geiſte ein Unterſcheidt / und die zugegebene Jungfrqw der Goͤtt⸗ 
lichen Krafft wohnet in der Seelen Finctur, fo ſte krew iſt „ wo 
nicht / fo weichet ſte in ihr Cem tum, welches nicht gantz geſchloſ⸗ 
ſen iſt / den es iſt nur eine halbe Gebuhrt darzwiſchen. Es ſey 
dan / daß die Seele in Stock der Herbigkeit und Boßheit trette / 
ſo iſt eine gantze Gebuhrt darzwiſchen. Denn die Herbig keit ſte⸗ 
het in der vierdten Geſtalt der Finſternuͤß / und die Bitterkeit im 
Fewer zwiſchen der vierdten und fünfften Geſtalt / wie vorne ge⸗ 
meldet. G 34. Nun 


— 


146 Von den drey Principien Cap. rz. 


34. Nun fraget ſichs: Wie hat die Heva von Adam die Seel 
empfangen? Siehe! Als das herbe Fiat Gottes die Rippe in Adam 
nahm / ſo zoch es aus allen Eſſentien an ſich / und bildete ſich das 
Fiat init ein / immer und ewig alda zu bleiben: Nun war die 
Tinctur in Adam noch nicht verloſchen / ſondern Adams Seele 
ſaß noch in der Tinctur gantz kraͤfftigund maͤchtig: Alleine die 
Jungfraw war gewichen / fo empfing das Fiat nun die Tin- 
ctut und die herbe Eflentia inqualirete mit dem herben Fiat, denn 
fe ſind einer Eſſentz, das Fiat und die Herbigkeit in der El- 
entia. 7 n 
35. Alſo anneigete ſich nun das Fiat zum Hertzen Gottes: 
So empfiengen die Effentien die Goͤttliche Kraft / da gieng auff 
die Bluhme im Fewer / und aus der Bluhme wieder die eigne 
Tinctur, ſo war Heva eine lebendige Seele / und die Tinctur fuͤl⸗ 
lete ſich im Gewaͤchſe / wie ſie dan alles Wachſens eine Urſache 
iſt / alſo / daß in der geſchwinden Wuͤrckung in der Tinctur 
ein gantzer Leib ward / denn das war muͤglich / fie waren noch 
nicht in die Suͤnde gefallen / und waren noch nicht harte Kno⸗ 

chen und Beine. au 8 

36. Du muſts recht verſtehen: Heva hat nicht Adams Seele 
bekommen / auch nicht Adams geib / alleine eine Rippe: Aber 
aus den Eſſentien ward fie außgezogen / und kriegete ihre Seele 
in ihren gegebenen Eflentien in der Tinctur, und der Leib wuchs 
ihr in ihrer eigenen auffgegangenen Tinctur zwar in Krafft / aber 
das Fiat hatte ſie ſchon zu einer Frawen formitet, wol nicht un⸗ 
geſchaffen / ſondern gantz lieblich; denn fie war noch in Him⸗ 

liſcher Ahrt im Paradeis / aber die Zeichen waren durchs Fiat 
der groſſen Welt / ſchon mit angehaͤngt / und konte nun nicht 

anders ſeyn / ſie ſolte eine Fraw des Adams ſeyn. Doch waren 
fie im Paradeiß / hätten fie nicht vom Baume gegeſſen / und 
hätten ſich umbgewant zu GOT mit ihrer Imagination, fie 
waͤren im Paradeiß blieben / aber die Fortpflantzung haͤtte nun 
muͤſſen auff Weibliche Ahrt geſchehen / und waͤren doch nicht be⸗ 
ſtanden / denn der Sathan hatte es zu weit gebracht / wiewol er 
ſich noch nicht hatte ſehen laſſen / nur im Geiſt der groſſen 
Welt hatte er Zucker auffgeſtrewet / biß ſich das liebliche Thier⸗ 
lein darnach am Baume anlegete / als ein Schmeichler und Luͤ⸗ 
gener. . N 

Die Porte unſerer Fortpflantzung im Fleiſche. 

37. A Ls wie ich oben gemeldet habe / fo wird aus der Seelen 


erbohren die edle Tinctur, nunmehr in * 175 
eib⸗ 


Gerz. Göttliches Weſen 147 


ren Geſchlechte: Die iſt alſo ſubtil und mächtig / dag 
einem andern ins Hertze gehet / in ſeine Tinctur welches die 
Teuffels Zauberhuren wol wiſſen / aber nicht ver ſtehen die edle 
Kunſt / ſondern ſie brauchen des Teuffels Tinctur, und infici- 
sen manchen in Marck und Beinen durch ihre incantation, dar⸗ 
für fie werden Lohn bekommen / wie Lucifer, der ſeine Tinctur 
wolte über GOT T erheben. n a - 

38. Alſo wiſſet / daß die Tinctur in Mannen ſchon etwas an⸗ 
ders iſt / als in Frawen; Denn die Tinctur in Maͤnnern gehet 
aus dem Limbo, oder Manne: Und die Tinctur in der Frawen 
gehet aus der Matrix. Denn es bildet ſich nicht alleine der Seelen 
Krafft in die Tinctur, ſondern des gantzen deibes / denn der Leib 
waͤchſet in der Tinctut. ER 1 76 

39. So iſt aber die Tinctur der Arth grofker Saͤhnlichkeit nach 
der Jungfrawen / welche in die Tinctur gehoͤret / denn ſte iſt ſub⸗ 
tile ohn Verſtanb ſte iſt die Göttliche Anneigligkeit / und ſuchet 
immer die Jungfraw ihre Geſpielin / die Maͤnnliche ſucht ie in 
Weiblichen / und die Weibliche im Maͤßlichen: ſonde rlich in der 
zarten Complexion, da die Tinctur gantz edel / helle und bruͤnſtig 
iſt / davon konnt dz groſſe Begehren den Maͤnnlichen und Weib⸗ 
lichen Geſchlechts / daß ſich je eines begehret mit dem andern zu 
vermiſchen / und die groſſe feurige diebe / daß ſich die Tincturen 
alſo mit einander vermiſchen / und einander koſten mit ihren 
5 7 Geſchmack / da je eines meinet / das ander habe die 
Jungfraw. 5 1 nne 

40. Und der Geiſt der groſſen Welt meinet / er habe die Jung⸗ 
ſraw nu gekrieget / der greiffet zu · mit ſeinem tappen / und wil 
ſich mit der Jungfraw inficiren , und dencket / er habe den Bra⸗ 
ten / der werde ihm nun nicht entlauffen / er wolle die Perle wol 
finden. Aber es gehet ihm wie einem Diebe / der auß einem ſchoͤ⸗ 
nen Luſt⸗Garten iſt ausgetrieben / da er wolſchmeckende Frucht 
hat geſſen / komt alſo und gehet umb den verſchloſſenen Garten 
und Age gerne mehr der guten Frucht / und kan aber nicht hin⸗ 
ein: ſondern muß mit einer Hand hinein langen und kan die 
Frucht nicht erlangen: Es komt aber der Gärtner und 
nimt ihm die Frucht aus der Hand / alſo mus er ledig ab⸗ 
ziehen / und wird ſeine Luſt in Unluſt geſetzet; Alſo gehet es ih⸗ 
me auch / er ſaͤet alſo in feiner inbruͤnſtigen Luſt das Korn in die 
Matrix, und die Tinctur empfaͤhet es mit groſſen Frewden / und 
vermeinet / es ſey die Jungfraw / ſo iſt das Herbe Fiat uͤber 
her / und zeucht es an ſich / weiles der Tinctur alſo wohlgefället. 

* G 2 41. Nun 


7 


148 Von den drey Principien Cap. 13. 


41. Nun komt ihm die Weibliche Tinctur auch zu huͤlſſe / und 
reiſſet ſich umb das liebe Kind / und dencket / ſte habe die Jungfrau / 
und reiſſen ſich die zwo Fincturen allebeyde umb die Jungfraw / 
und hat ſie doch keine / und welche ſieget / nach derſelben bekomt die 
Frucht das Zeichen: Weil aber die Weibliche ſchwach iſt / ſo 
nimt fie das Gebluͤte mitte in der Matrix, darmit meinet fie die 
Jungfraw zubehalten. 5 

Die heimliche Porte der Weiber. 
4. A Fhier muß ich den Grund weiſen dem Suchenden / denn 
der Doctor kan ihm den nicht weiſen mit feiner Anato- 
mi, und wenn er gleich tauſent Menſchen ſchlachtete / fo findet 
er ihn doch nicht / alleine der dabey iſt geweſen / der weiß ihn. 

43. Darumb ſo wil ich ſchreiben aus der Jungfrawen / die 
weiß wohl / was in der Frawen iſt / ſie iſt fo ſubtile / als die Tin- 
&ur, fie hat aber ein Leben / und die Tinctur keines / ſondern 
fie iſt nur ein auffſteigender frewden⸗ reicher und mächtiger Wil⸗ 
le und ein Gehaͤuſe der Seelen / und 1 Paradeiß der 
Seelen / welches der Seelen Eigenthumb iſt / ſo lange die Seele 
an Go TT hanget mit ihrer Imagination und Willen. 

44. Wenn fie aber falſch wird / daß ihre Ellentien heuchlen 
mit dem Geiſt der groſſen Welt / und begehren der Welt 
Fuͤlle / als in der Herbigkeit viel Reichthum / viel Freſſen 
und Sauffen und ſich immer fuͤllen. Und in der Bitterkeit 
groſſe Macht / hoch auff zu ſteigen / gewaltig zu herꝛſchen / uͤber 
alles ſich erheben und ſehen zu laſſen / wie eine ſtoltze Braut: 
Und im Fewers⸗Quell grimmige Macht mit Anzuͤndung des Fe: 
wers / vermeinen in dieſem Glantz ſchoͤn zu ſeyn / und einen 
wohlgefallen an ſich ſelbſt zu rar komt der Schmeichler 
und Luͤgner der Teuffel / und bildet ſich im Geiſt der groſſen 

Welt mit ein / wie im Garten Eden / und fuͤhret die Seele in 
Geitzigkeit / in Freſſen und Sauffen und ſpricht immer; Du 
wirft nicht gnug haben; Zeuch an dich / wo du es kriegeſt / daß 
du immer gnug habeſt: Und in der bittern Geſtalt ſpricht er: 
Du biſt reich und haſt viel / ſteig auff / erhebe dich / du biſt groͤſ⸗ 
ſer als andere Leute / der Niedrige iſt dir nicht gleich: Und in 
der Fewrs⸗macht ſpricht er: Zuͤnde an dein Gemuͤte / mache 
das ſlarrend / und beuge dich vor Niemand / erſchrecke den Bloͤ⸗ 
den / ſo kriegſtu Furcht / und bleibet deine Macht / ſo thuſtu 
was du wilſt / und wird dir alles zu Theil / was du begehreſt. 
Mag dir das nicht eine Herꝛligkeit ſeyn / du biſt ja ein Herꝛ auff 
Erden. | 45. Und 


Welt / als der Sternen und Elementen init ein / und fuͤllet die 
Tinctuten mit ſeinen Elementen, welches die Lincturen im Fiat 
mit groſſen Frewden annehmen / und meinen ſie haben die Jung⸗ 
ee EN a 
N 17. Weil aber das Fiat das maͤchtigſte unter allen iſt / denn 
1 ein 6 iſt / und obs gleich kein Geiſt iſt / fo iſt die ſcharf⸗ 
entia , die zeucht an ſich und begehret den L imbum Gottes 
im Paradeiß / darauß Adams Leib dürchs kiat war geschaffen / 
und wil einen Aba affen aus dem Himliſchen Limbo; ſo 
anneigek ſich der Geiſt der groſſen Welt / und dencket: Mein 
iſt das Kind / i wil Henke 1 ungfrawen / und fuͤllet 
inner drein die Flement, buvon die Tlöctur voll wird / gantz 
dicke; da krieget dan die Find ar einen Eckel vor der Fuͤlle / denn 
ſte iſt helle / und das kia: mit den Elementen iſt dicke geſchwullen 
da von die Weiber wol wiſſen zu ſagen / wenn ſie ſchwanger wer⸗ 
den / wie mancher eckelt vor Eſſen und Trincken / und wollen 
immer was frembdes haben. Denn die Tinctur bekomt einen 
Eckel für der Einfuͤllung des Geiſtes dieſer Welt mit feinen Ele- 
menten, und wil etwas anders haben. Denn dieſe Jungfraw 
ſchmecket ihme nicht / und gehet Rewel mit ihme an / und mag die ſes 
nicht / und gehet in ſein ærher und komt nicht wieder. 
48. So dencket dan der Geiſt der Sonnen / Sternen und E⸗ 
lementen dieſer Welt: Nun haſtu recht / dein iſt das Kind / der 
G 3 Grund 


150 Von den drey Prineipien Cap. 13. 


Grund iſt geleget / du wilt deß pflegen: Die Jung fraw muß 

deine ſeyn / du wilt darinnen Leben / und deine Frewde haben in 
ihr / ihr Schmuck muß dir werden / und zeucht alſo in feiner groſ⸗ 
ſen Luſt durchs Fiat, welches in Ewigkeit nicht weicht / immer 

an ſich / und vermeint / es habe die Jungfrau. 
49. Da wird in den Saamen gezogen der Mutter Gebluͤthe / 
in welchem der Mitter Tinctur iſt. Und wenn es nun das herbe 
Fiat koſtet / daß es ſuͤſſer iſt als ſeine Elſentia, ſo bildet ſichs mit 
groſſem Sehnen ein / und wird in der Tinctur ſtarck / und wil 
Adam ſchaffen / und unterſcheidet die materiam, fo iſt der Ster⸗ 
ne und Elementen Geiſt im mittel und herꝛſchet mächtig im 

dt. ' 

59. So wird die materia entſchieden 7 55 made der Ster⸗ 
nen / wie fie dißmahl inne ſtehen in der Oröffung / verſtehe die 
Planeten / und welcher Primas iſt / der figurirer durchs Flat die 
Materiam am ſehrſten und bekomt das Kind ſeiner Ahrt eine 
Geſtalt. Gier n 3 
Fr. Alſo wird die Materia in Glieder durchs Flat geſchieden. 
Und wann nun das Fiat der Mutter Gebluͤte alſo in die Mate- 
iam zeucht / ſo erſtickt es / fo wird die Tinctur des Gebluͤhts 
falſch und gantz aͤngſtlich. Denn die herbe Elſentia, als das Fiat, 
erſchrickt / und weichet alle Frewde / welche das herbe Fiat in der 
Tinctur des Gebluͤts kriegte / und hebet daß Fiat im Schrack an 
zu zittern in der herben Eſſentia, und der Schrack weichet als 
ein Blitz / und wil auß der Eſſentia weichen / und weg fliehen / 
und wird aber vom kiat gehalten. Der iſt nun harte / und von 
der Eſſentia zaͤhe / denn die Eſſentia macht ihn in ihrer. Her⸗ 
bigkeit zaͤhe / der umbſchleuſt nun das Kindt / das iſt die 
Haut des Kindes / und die Tinctur faͤhret plotzlich im Schrack 
uber ſich / und wil weichen / und kan doch auch nicht. Denn 
fie ſtehet in der Eſſeutien Außgebuhrt / ſondern dehnet ſich 
geſchwinde im Schrack über ſich / und nimbt aller Effentien 
Krafft mit ſich / da bildet ſich der Sternen und Elementen⸗ 
Geiſt mit ein / und fuͤllet ſich mit ein im Fluge / und dencket / er 
habe die Jungfraw / er wolle mit fahren / und das Fiat ergreifft 
alles und haͤlts / und dencket es ſey das Verbum Domini alda in 
dem Aufflauff / es ſoll Adam ſchaſſen / und ſtaͤrcket ſich in der 
ſtarcken Macht des Schracks / und ſchaffet wieder den hoͤhern 
Leib als den Kopf / und vom harten Schrack / welcher immer im 

weichen iſt / und doch nicht kan / wird die Hirnſchale / welche 

das ober Centtum umbſchleuſt / und vom weichen (auß ie 
| Huch — 4 


Cap. 13. Goͤttliches Weſens. 151 
ſentien der Tinctur mit dem Schracke ins ober Centrum) wer⸗ 
den die Adern und Halß / alſo aus dem Leibe in Kopf ins obere 
Centrum. 3 „ 
. Auch fo werden alle Adern im gantzen Leibe vom Schrack 
der Erſtickung / da der Schrack aus allen Eſſentien gehet und 
wil weichen / und das Fiat haͤlts mit ſeiner ſtarcken Macht. Dar⸗ 
umb hat eine Ader immer eine ander Eſſentiam, als die ander / 
wegen der erſten Weichung / darin ſich der Sternen und Ele⸗ 
menten Eſſentia mit einbildet / und das Fiat haͤlts alles und ſchaf⸗ 
fets / und vermeinet das Verbum Domini ſey da mit der ſtarc⸗ 
ken Macht Gottes / da das Fiat muſte Himmel und Erden 
ſchaffen. 150 ae 
Die Porte der groſſen Muͤhſeeligkeit und des 
3 13 Elendes. 
53. V Ns zeiget abermahl der Geiſt der Jungfrawen das Ny⸗ 
ſterium und groſſe Geheimnuͤß. Denn die Erſtickung 
des Gebluͤhts in der Matrix, ſonderlich in der Frucht / iſt der EL- 
ſentien erſtes Sterben / da ſie vom Himmel abgetrennet werden / 
daß alda nicht kan die Jungfraw gebohren werden / welche in 
Adam ſolte ohne Weib / auch ohne Zerbrechung feines zeibes der 
Himmliſchen Krafft / gebohren werden / und gehet alhie an im 
Menſchen das Sternen⸗ und Elementiſche⸗Reich / da ſie den 
Menſchen empfahen / und mit ihme inqualiren / auch machen 
und zubereiten / ihn auch nehren und pflegen / davon beym Cain 
zu leſen. (O Menſch alhier bedeucke dich / wie harte du geſangen 
wirſt: und wie du dein Elend in Mutter Seibe empfaͤheft. Merckt 
auff ihr Juriſten / aus welchem Geiſte ihr richten toͤnnet / be⸗ 
denckts alhier wohl / denn es iſt tieff.) N 
Weitter in der Menſchwerdung. 
F). Und wan das kiat den Schrack alſo in ſich haͤlt / daß ihn di 
EFlementa fuͤllen / fo wird dieſelbe Fuͤllung zu harten Beinen / da 
figurixet das Fiar den gantzen Menſchen mit feiner leiblichen Ge⸗ 
ſtalt / alles nach dem erſten Ringen der zweyen Tincturen; als 
fie mit einander rungen im Liebe⸗ſpiel / als der Saame geſaͤet 
ward: Und welche Tinctur daſelbſt hat uͤberhand gekrieget / die 
Maͤnnliche oder Weibliche / nach demſelben Geſchlecht wird der 
Menſch figuriret/ und die kigurirung geſchicht alles geſchwinde 
im Sturm des aͤngſtlichen Schracks / da das Gelluͤte erſticket / 
da gehet auff der Sternen⸗ und Elementen⸗Menſch / und gehet 
. 64 unter 


#4 


152 Von den drey Principien Cap. 13 
unter der himmliſche. Denn im Schrack wird der bittere Stachel 
erbohren / der wuͤttet und tobet in der harten erſchrockenen Her⸗ 
bigkeit in der groſſen Aengſtligkeit des erſtickten Gebluͤtes. 

55. Dieſes werden die Weiber im dritten Monat (wann die⸗ 
ſes in der Frucht geſchiehet) wol gewahr / wie wuͤtten / ſtechen 
in Zaͤhnen / Nuͤcken und der gleichen komt / das komt ihnen von 
der erſtickten Tinctur in der Frucht und ihres erſtickten Gebluͤ⸗ 
tes in der Matrix, dieweil die böfe Tinctur mit der guten ihres 
Leibes inqualiret / darumb auff welche Ahrt die Tinctur in der 
Matrix noht leidet / in derſelben Ahrt leidet auch die gute in der 
Mutter Glieder noht / als in den harten Beinen / Zaͤhnen und 
Rippen / wie ihnen wohl bewuſt iſt. 5 5 N 

56. So nun der bittere Stachel / welcher im angſtlichen Schrack / 
in der Erſtickung und Eingang deß Todes erbohren wird / alſo in 
der Herbigkeit wuͤttet und tobet / und fich alſo erſchrecklich erzei 
get / über ſich ſticht und führet / fo wird er von der Herbigkeit ge⸗ 
fangen und gehalten / daß er nicht uͤber ſich kan. Denn die Her⸗ 
bigkeit zeucht ihn wegen ſeiner Wuͤtterey immer ſehrer an ſich / 
und kans nicht erleiden / darvon der Stachel vielmals ſchreckli⸗ 
cher wird / und iſt alhie keine andere Ahrt / als wann Leib und 
Seel zubricht ins Menſchen ſterben. Denn der bittere Todt iſt 
auch alda im erſticktein Gebluͤte. Und fo nun der bittere Stachel 
nicht uͤber ſich kan wegen der Herbigkeit / fo wird er wie ein un⸗ 
Unnig draͤhend Radt / oder geſchwinder erſchroͤcklicher Gedan⸗ 
cke / der ſich wuͤrget und aͤngſtet / und iſt alhier recht ein Schwe⸗ 
fel⸗Geiſt / ein gifftig / erſchrecklich aͤngſtlich Weſen im Tode / 
denn es iſt der Wurm zum Auffgang des Lebens. 

i 57. Weil ſich denn nun der Sternen und Elementen⸗Geiſt 
hat mit⸗ eingebildet in der Menſchwerdung / ſo wird der Sternen 
und; Elementen Krafft auch mitte gedraͤhet in dieſe Wuͤtterey / da 
denn der Sternen Geiſt in dieſer Angſt der Sonnen Krafft an 
ſich zeucht / und ſich in der Sonnen Krafft erblicket / davon in die⸗ 
ſer Wuͤterey ein ſchielender Blitz entſtehet / davon die harte her⸗ 
be Aengſtligkeit erſchricket und unter ſich ſincket / da gehet die 
ſchreckliche Ninctur in ihr æther. Denn die Eſſentia der Herbig⸗ 
keit im kiat erſchrickt alſo ſehr fuͤrm Blitz / daß ſte ohnmaͤchtig 

wird und zu ruͤcke ſincket / ſich außdaͤhnet und dünne wird. 
38. Und der Schrack oder Fewer⸗Blitz geſchicht im bittern 
Stachel / und wan ſich der zu ruͤcke in der finſtern herben Aengſt⸗ 
ligkeit erblicket in der Mutter / und findet ſich alfo uͤberwunden 
und ſauffte / erſchricket er viel ſehrer als die Mutter: er a 
iefer 


Cap. 13. Goͤttliches Weſens. 153 


dieſer Schrack in der ſanfften Mutter geſchiehet / ſo wird er au⸗ 
3 weiß und helle / und der Blitz bleibt in der Aengſtlig⸗ 
eit die Fewer⸗Wurtzel. Nun iſt das ein Schrack groſſer Frew⸗ 
den / und iſt gleich als göffe man “U je in. eier LER N iter 
herbe Quell erliſchet / und die Herbigkeit wird von dem Liechte 
alſo hart erfrewet / und das Liecht von der Hekbigkeſt der Mut⸗ 
ter / in der es gebohren wird / daß darzu kein Gleichnůt iſt / denn 
das iſt des Lebens Gebuhrt und Anfang. 

59. Und fo bald ſich des Lebens Liecht in der Herbigkeit und 
ſanfften Mutter erblicket / daß die Herbigkeit das Laht koſtet 
wie es fo ſanffte / lieblich und frewdenreich iſt / erhebet fie ſich 
mit ſo groſſer Luſt nach dem Liechte ſich mit demſe eee 
ren / und das zu ergreiffen / daß ihre Luſt und Krafft von ihr auß⸗ 
gehet nach dem Liechte: welche Luſt iſt des Liechtes Krafft / und 
dieſe außgehende Luſt in Liebe iſt die edle Tinctur, die alda new 
erbohren wird dem Kinde zum Eigenthumb / und der Geiſt / wel⸗ 
cher auß der Aengſtligkeit im Fewer⸗ blitz erbohren wird / iſt die 
wahrhafftige Seele / die im Menſchen erbohren wird. 

60. Hierbey iſt nun das fuͤhrnehmſte zu mercken / wo ſie woh⸗ 
net / und wovon Hertze / Lunge und Leber herruͤret / ſonderlich 
die Blaſe und Daͤrmer / und dan das Hirn im Kopfe / und der 
Verſtandt und Sinnen. Dieſes wil ich alhier nach einander ſet⸗ 
zen. Man kan es wol mit Menſchen Zungen nicht gut reden / ſon⸗ 
derlich die Ordnung / welche in einem Augenblick in der Natur 
geſchiehet / zu beſchreiben / duͤrffte der Seribent wol ein groſſes 
Buch darzu. Und ob uns die Welt wird zu wenig darzu achten / 
ſo ſagen wir / daß wir uns noch viel weniger achten / und gehet 
uns / wie Eſaias ſaget: Ich bin funden von denen / die mich 
nicht geſuchet / und erkant worden von denen die mich nicht erkant / 
und nach mir nicht gefraget haben. ö 
Bx. Ich ſage daß dieſes iſt nicht geſuchet worden / ſondern wir 

ſuchten das Hertze Gottes / uns darinnen zuverbergen vor dem 
Ungewitter des Teuffels. Als wir aber dahin gelangeten / 
begegnete uns die holdſeelige Jungfraw auß dem Pa⸗ 
radelß / und entbot uns ihre diebe / fie wolte uns freund: 
lich ſeyn / und ſich mit uns vermaͤhlen zu einem Geſpie⸗ 
len / und den Weeg weiſen zum Paradeiß / da wir ſol⸗ 
ten ſicher ſeyn vorm Ungewitter. Und ſie trug einen 
Re in ihrer Hand / und ſprach: Dieſen wollen wir 
etzen / fo wird eine Lilie 1 1 en / und ich wil wieder zu 
5 dir 


154 Von den drey Principien Cap. 14. 
dir kommen. Davon haben wir eine ſolche Luſt bekom⸗ 
men zu ſehreiben von der holdſehligen Jungfrawen / die 
uns den Weeg weiſete ins Paradeiß / da muſten wir 
gehen durch dieſer Welt⸗und auch Hoͤllen⸗Reich / und 
uns geſchah kein Leid / und demſelben nach ſchreiben wir. 


Das 14. Capittel. 2 85 


Von des Menfiben Gebuhrt und Fortpflantzung / die 
ſehr heimliche Porte. f 
3 O wir uns nun entſinnen vom Auffgange des Le⸗ 
bens / und an welcher Stelle im Leibe ſey die Stel⸗ 
le oder der Ohrt / da das Leben gebohren wird / ſo 
finden wir recht allen Grund des Menſchen / und 
i iſt nichts ſo heimlich im Menſchen / das nicht mag 
gefunden werden. Denn wir muͤſſen je ſagen / daß das Hertze 
ſey die Staͤtte / da das edle Leben inne werde gebohren / und das 
Leben gebieret wieder das Hertze. 3 
2. Wie obgemeldet / ſo nimbt das Leben alſo in der Aengſt⸗ 
ligkeit / mit Anzuͤndung des Liechtes ſeinen Auffgang vom Glaſt 
des Sonnen⸗ſcheins / im Sternen und Elementen⸗Geiſte / in 
der groſſen Aengſtligkeit / da Todt und Leben ringen. Denn da 
der Menſch außm Paradeis gieng in eine andere Gebuhrt / als 
in Geiſt dieſer Welt / in der Sonnen / Sternen und Elemen⸗ 
ten Qualitat / da verlaſch das Paradeiſiſche Sehen / da der Menſch 
ohne Sonne und Sternen ſiehet aus der Goͤttlichen Krafft / da 
des Lebens Auffgang iſt im Heiligen Geiſte / und der Glantz 
des Geiſtes / davon er ſtehet / iſt das Liecht Gottes / das ver⸗ 
485 Denn der Seelen⸗Geiſt gieng in das Prineipium dieſer 
elt. 75 833 N 
3. Nicht muſtu verſtehen / daß es in ſich verloſchen ſey / nein / 
ſondern Adams Seele gieng aus / aus dem Principio Gottes / 
in das brincipium dieſer Welt / und darinnen wird nun ein je⸗ 
der Seelen⸗Geiſt wieder durch Menſchliche Fortpflantzung / al⸗ 
ſo (wie ob gemeldet) gebohren / und kan auch nun nicht anders 
ſeyn. Darumb ſollen wir zum Himmel⸗Reich tuͤglich ſeyn / fa 
müfſen wir wieder im Geiſte Gottes new gebohren werden / ſonſt 
kan niemand das Himmel⸗Reich erben / wie Chriſtus uns treu⸗ 
lich lehret / davon ich hernach ſchreiben wil / den Durſtigen zu ei⸗ 
N nem 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 155 
nem Quellbrunne / und zum Liecht des edlen Weeges in der Li⸗ 
lien⸗Blumen. EEE N 
4. Uns iſt alhier zu wiſſen / daß unſer Leben / das wir in 
Mutter Leibe bekommen / bloß und alleine ſtehet in der Sonnen 
Sternen und Elementen Gewalt / daß ſie ein Kind in Muter Lei⸗ 
be nicht allein figuriren, und ihme das Leben geben / ſondern auch 
an dieſe Welt bringen / und es die gantze Zeit feines Lebens nehren / 
pflegen / auch Gluͤck und Ungluͤck ihme zufuͤgen / und endlich den 
Todt und Zerbrechung: Und ſo unſere Eſſentien, darauß unſer 
leben wird erbohren / nicht höher wären aus ihrem hoͤchſten grad, 
aus Adam / ſo waͤren wir eg | 
5. Aber unſere Eſſentien find viel höher im Schens- Eingang in 
Adam erbohren / als das Viehe / welches ſeine Eſſentien nur 
bloß vom Geiſte dieſer Welt hat / und muß auch mit dem Geiſte 
dieſer Welt in ein zerbrechlich Weſen gehen / in fein ewig æther. 
Da des Menſchen Eſſentien hergegen find auß dem unwandel⸗ 
bahren / ewigen Gemuͤte Gottes gegangen / welche in Ewigkeit 
nicht koͤnnen zerbrechen. 5 N 
6. Denn deſſen haben wir gewiſſen Grund / in deme / daß un⸗ 
fer Gemuͤte kan alles erfinden und erſinnen / was im Geiſte die⸗ 
ſer Welt iſt / das kan kein Thier thun. Denn keine Creatur kan 
höher ſinnen als in fein brincipĩum, darauf feine Eſſentien find 
im Anfang außgegangen. So koͤnnen wir Menſchen je ſinnen 
biß ins Prineipium Gottes / und dan auch in der aͤngſtlichen 
Hoͤllen⸗Reich / da ſich unſer Seelen⸗Wurm im Anfang in A⸗ 
dam uhrkundet / das keine andere Creaturen thun. N 
7. Sondern fie ſinnen nur wie fie ſich wollen füllen und neh⸗ 
ren / daß ihr Leben beſtehe / und wir empfangen von dem Ster⸗ 
nen und Elementen⸗Geiſte auch nichts mehr: Darumb ſind un⸗ 
ſere Kinder nacket und bloß / mit groſſer Unvermoͤgenheit / und kei⸗ 
nem Verſtande. Haͤtte nun der Geiſt dieſer Welt volle Gewalt 
über die Eſſentien eines Kindes in Mutter Leibe / ſo wuͤrde er 
ihm auch wol ſein rauh Kleid anziehen / als eine rauhe Haut. 
Das muß er wol bleiben laſſen / und unuß die Eſſent ien dem er⸗ 
ſten und andern Principio hinlaſſen in deß Menſchen eigen 
Wahl / ſich zu vermahlen und zuergeben / welchem er wil / wel⸗ 
ches dan der Menſch unwiederſprechlich in voller Gewalt hat / 
welches ich an feinem Ohrte wil theuer aufführen / und hoch be⸗ 
weiſen / wider alle Porten des Teuffels und dieſer Welt / wel⸗ 
che viel dawider ſtreiten. 
8, Unſer Leben in Mutter 82 hat gaͤntzlich feinen Anfang 
ö e wie 


156 Von den drey Principien Cap. 14. 


wie obgemeldet / und ſtehet nun da in der Sonnen und Sternen 
Qualitat / da dan mit des Liechtes Anzuͤndung wieder ein Centrum 
auffgehet / und ſich die edle Tinctur als balde außm Liechte auß der 

eudenreichen Eflentien der herben / bittern und feurigen Ahrt 
erbieret / und den Seelen⸗Geiſt in groſſe liebliche Wonne ſetzet / 
und werden die drey Eſſentien, als Herbe / Bitter und Fewer 
in der Anzuͤndung des Lebens alſo harte mit einander verbunden / 
daß fie in Ewigkeit nicht koͤnnen getrent werden / und die Tin- 
ctur iſt ihr ewig Haus / da ſte innen wohnet / welches fie ſelber 
von Anfang biß in Ewigkeit gebaͤhren / welches ihnen wieder Le⸗ 
ben / Frewd und Luſt giebet. 


Die ſtarcke Porte des unaufflöflichen Bandes 
9 der Seelen. 


9. S Jehe die drey Effentien , als Herbe / Bitter und Fewer / 
ſind der Wurm oder Geiſt. Herbe / iſt eine Eſſentia, 
und iſt im Fiat Gottes aus dem ewigen Willen Gottes / und 
das Anziehen der Herbigkeit iſt der Stachel der Bitterkeit / wel⸗ 
ches die Herbigkeit nicht kan dulden / und zeucht immer ſehrer an 
ſich / davon der Stachel immer groͤſſer wird / welchen die Her⸗ 
bigkeit doch gefangen haͤlt / und iſt zuſammen die groſſe Aengſt⸗ 
ligkeit / die da war im finſtern Gemuͤhte Gottes des Vatters / 
als ſich die Finſternuͤß aͤngſtet nach dem Liechte / davon ſie von 
des Liechtes Glantz in der Aengſtligkeit den ſchielenden Fewer⸗ 
Blitz krieget / darauß Die Engel ſind geſchaffen worden / wel⸗ 
che hernach vom Liechte Gottes durch ihre Imagination ins 
Hertze Gottes erleuchtet worden / und die andern / als Lucifer 
1 Blitz und Aengſtligkeit blieben umb ihrer Hoffahrt 
willen. f 8 
xo. Dieſelbige Gebuhrt mit dem unauffloͤſlichen Bande wird 
in jeder Menſchen Seele gebohren / und vor des Liechtes Anzuͤn⸗ 
dung im Kinde in Mutter Leibe iſt keine Seele / denn mit der 
Anzuͤndung wird das ewige Band verknuͤpffet / daß es ewig ſte⸗ 
het / und dieſer Wurm der dreyen Effentien ſtirbet / noch zer⸗ 
trennet ſich nicht / denn es kan nicht muͤglich ſeyn. Sie werden 
alle drey aus einem Brunnen erbohren / und haben drey Quali- 
taͤten / und iſt nur ein Weſen / gleich wie die Heilige Dreyfal⸗ 
tigkeit iſt dreyfaltig / und doch nur in einem Weſen / und hat 
doch drey Uhrkunde in einer Mutter / und ſind ein Weſen in ein⸗ 
ander: Alſo iſt auch die Seele des Menſchen und gar nichts we⸗ 
niger / als nur ein Grad im erſten Außgange, Denn ſie 70 
| 282 8 ‘ 


00 


Cap. 14. Göttliches Weſen 157 


des Vatters ewigen Willen / und nicht auß dein Hertzen Gottes 
erbohren / aber das Hertze Gottes iſt ihr am naͤheſten. 
xx. Run verſtehet man aber an der Seelen Eſſentien und Ei» 
genthumb gar ſehr / daß fie in dieſem Fleiſch⸗hauſe / da fie gleich 
erbohren wird / nicht daheim iſt / und erkennet man ihren er⸗ 
ſchrecklichen Fall. Denn ſte hat kein eigen Liecht in ſich / ſie muß 
ihr Liecht von der Sonnen entleihen / das gehet zwar in ihrer Ge⸗ 
buhrt mit auff / aber es iſt zerbrechlich / und der Seelen Wurm 
nicht. Und ſihet man / wie es in des Menſchen Sterben verli⸗ 
ſchet / und fo alsdan nicht das Göttliche Liecht im Centro wieder 
erbohren iſt / fo bleibt die Seel in ewiger Finſternuͤß / in der ewi⸗ 
gen aͤngſtlichen Quahl der Gebuhrt / da nicht mehr als ein ſchreck⸗ 
lich Fewer Blitz geſpuͤret wird im anzuͤndlichen Fewer / in welcher 
Auahl auch die Teuffel wohnen. Denn es iſt das erſte Principium. 

x2. Und braucht die Seele / alhie in dieſer Welt das Liecht des 
Iten Prineipii, darnach ſich Adams Seele ließ geluͤſten / und ward 
vom Seiſt der groffen Welt gefangen. So aber die Seele wieder⸗ 


gebohren wird im Heiligen Geiſte / daß ihr Centrum zur Wieder 


gebuhrt fuͤr ſich auffgehet / ſo ſiehet fie mit zweyen Liechtern / und 
lebet in zweyen Principien / und iſt das innerſte / als das erſte / 
feſte zu / und hanget ihr nur an / darinnen der Teuffel die Seele 
anficht und ver ſucht; Da hingegen die Jungfraw (welche in die 
Tinctat der Wieder gebuhrt gehoͤret / und im Abſcheid des Leibes 
von der Seelen wird wohnen) mit dem Teuffel part und ſtreit 
haͤlt / und ihme den Kopff zertritt / in Krafft der Jungfrawen 
Sohn / ihrem Fuͤrſten und Held / wenn ein newer Leib in der 
Seelen Tinctur auß der Seelen-Krafft herfuͤr gehen wird. 
13. Und daß wann die Seele vom Leibe iſt geſchieden / ſie nicht 
mehr koͤnne verſucht werden vom Teufel und Geiſt dieſer Welt / 
ſo iſt beſchloſſen / der Stelen eine ſanffte Ruhe in ihrem Centro, 
in ihrer eigenen Tinctur, welche im verborgenen Element im Pa⸗ 
radeiß ſtehet zwiſchen dieſer Welt⸗ und Hoͤllen⸗ reich / zu bleiben / 
biß GO dieſe Welt in ihr æther ſetzet / daß die Zahl der Mens 


ſchen und Figuren nach der Tieffe deß ewigen Gemühtes Gottes 


vollendet iſt. \ 
24. So wir uns nun entſinnen / wie das zeitliche und vergaͤn⸗ 
Er Leben erbohren wird / fo finden wir / daß die Seele ſey eine 
rſache aller Glieder zu des Menſchen Leben / und ohne fie wuͤr⸗ 
de kein Glied zum Leben im Menſchen erbohren. Denn wenn wir 
uhrkunden des Lebens Auffgang und Anzuͤndung / ſo befinden 
wir maͤchtig mit hellem Zeugnuͤß 88 Glieder / daß / wann ſich 
7 das 


* 


i N 8 22 

158 Von den drey Principien Cap. 14. 
das helle Liecht der Seelen anzuͤndet / ſo ſtehet das Fiat in fo groſ⸗ 
fen Frewden / und ſcheidet augenblicklich in der Matris das un⸗ 
reine vom reinen / zu welchem der Seelen Tinctur im Liechte der 
Werck Meiſter iſt der da renovirer , und das Fiat ſchaffet es. 

15. So nun die herbe Matrix vom Liechte alſo demuͤtig / dünne 
und ſuͤſſe wird / ſo gehet der grimmige Schrack / welcher vorm 
Liechte alſo gifftig war / uͤber ſich / denn er erſchrickt vor der Sanfft⸗ 
muht der Matrix, und iſt ein Schrack groſſer Frewden / doch be⸗ 
haͤlt er ſein grimmig Recht / und kan nicht verwandelt werden / 
und kan auch nicht weit von dannen / denn er wirdt vom Fiat ge⸗ 
halten: Sondern daͤhnet ſich nur geſchwinde in die Hoͤhe / und der 
Schrack macht ihm ein Fell vom herben Fiat, welches den Schrack 
huͤlt / das iſt nun die Galle ob dem Hertzen. f a 
106. Weil aber die Matrix, von welcher der Schrack war auß⸗ 

gegangen / nun vom Schracke der Aengſtligkeit entlediget / und al⸗ 
fo füffe iſt / als ein ſuͤſſes Waſſer / fo bildet ſich der Geiſt der groſ⸗ 
fen Weld alſo geſchwinde mit ein in die Matrix, und fuͤllet die vier 
Elementa hinein / und denckt: Nun hab ich die ſuͤſſe Jungfraw / 
und das Fiat ſchaffet es / und entſcheidet die Elementa, welche auch 

im Streite ſind / und ein jedes wil die Jungfraw haben / und ſind 
im ringen biß ſte uͤberwinden / je eines das ander / und das Feuer 
oben bleibet / als das maͤchtigſte und ſtaͤrckeſte / und das Waſſer 
unter ihme / und die Erde muß als ein ſchwer toͤlpiſch Ding unten 
bleiben und die Lufft wil ein eigne Region haben. 

17. Denn ſie ſpricht: Ich bin der Geiſt und das Leben: Ich 
wil wohnen in der Jungfrawen / und das herbe Fiat zeucht alles 
an ſich / und machts zu einen Meſch / und ferner zu Fleiſch / und 
das Fewer behaͤlt die ober Region, als das Hertze. Denn wegen 
ihres Zancks entſcheideten ſich die vier Elementa, und macht ih⸗ 
me jedes eine ſonderliche Region, und das Fiat machte alles zu 
Fleiſche / nur die Lufft wolte kein Fleiſch haben. Denn ſie ſprach: 
Ich wohne ohne Haus. Und das kiat ſprach: Ich habe dich ge⸗ 
ſchaffen / du biſt mein / und umbfaſſet He mit einen Schluſſe / das 
it die Blase. F 

18. Nun ſtelleten ſich die andern Regionen nacheinander / 
er ſtlich der grimmige Blitz / das iſt die Galle / und unter dem 
Blitz das Fewer / ſtine Region iſt das Hertze / und unter demFewer 
das Waſſer / ſeine Region iſt die Leber / und unter dem Waſſer die 
Erde / ihre Region iſt die Lunge. f . 

19. Nun Qualificirte ein jedes Element in feinem Quelle / und 
konte doch eines ohne das ander nichts machen / hatte auch 5 

82 


- 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 159 
Bewegligkeit ohn das ander / denn eines gebieret das ander / und 
gehen alle Vier aus einem Urkunde und iſt ein Weſen mit ihrer 
Gebuhrt / wie ich vorne von der Schoͤpffung außführlich gemel⸗ 
det habe von der Gebuhrt der vier Ele menten. 
20. Die grimmige Galle / als der ſchroͤckliche gifftige Fewer- 
Blitz / zuͤndet im Hertzen die Waͤrmbde oder Fewer an / und iſt 
deſſen Urſache / davon ſich ferner alles uhrkundet. 
21. Alhier befinden wir abermals in unſerm Entfinnen den 
ſchröͤcklichen / klaͤglichen und elenden Fall in der Menſchwerdung / 
in dehme wan des Lebens Liecht auffgehet / daß das Fiat in des 
Stelen geiſtes Tinctur die Matrix renoviret / fd ſtoͤſſet das Fiat 
den Todt der Erſtickung und Verderbung im Grimme / als das 
unreine des erſtickten Gebluͤts von ſich auß feinen Eſlentien / und 
wirffet das weg / wils auch nicht im Corpus leiden / und zum uͤber⸗ 
fluß fuͤhret es das Fiat ſelber auß / und machet auß ſeiner zaͤhen 
Herbigkeit einen Schluß rings umb / als ein Fell oder Darm / 
daß es weder das Fleiſch noch den Geiſt beruͤhret / und laͤſſet Fir 
die untere Porten offen / und verweiſet es ewig / als daß das Lin 
reine nicht in dieſes Reich gehoͤret / gleich wie mit der Erden auch 
geſchehen iſt / als ſte das Fiat auß der Mattix auff einen Klumpen 
mitten ins Centrum geſtoſſen / als das welches nicht in Himmel 
taug / alſo auch alda. BE, 21 
22. Roch viel groͤſſere Myſterien finden wir zum Zeugnuͤtz des 
grewlichen Falls / denn nachdeme ſich die vier Elementen alſo has 
ben eingeſetzet / jedes in eine ſonderliche Region / fo haben fie ſich 
nun gar zum Herm uͤber den Seelen-Geiſt gemachet / welcher 
auß den Eſſentien erbohren wird / und haben den in ihre Macht ge⸗ 
nommen und inquali ren mit ihme. Das Fewer als das maͤchtigſte / 
hat ihn in ſein Region ins Hertze genommen / da muß er halten / 
und gehet ſeine Blume und Liecht auß dem Hertzen / und ſchwe⸗ 
bet uͤber dem Hertzen wic ein angezuͤndetes Liecht einer Kertzen. 
Da die Kertze das fleiſchliche Hertze bedeutet mit den Eflentien / 
darauß das Liecht ſcheinet / und das Fewer hat ſich über die Eſſen 
tien geſetzet / und greiffet immer nach dem Liechte / und meinet es 
habe die Jungfraw der Goͤttlichen Krafft. 
23. Alda wird die heilige Tin&ur erbohren auß den Eſſentien / 
die fraget nichts nach dem Fewr / ſondern ſetzet die Effentien / 
als die Stele in ihre liebliche Wonne / da kouunen die andern drey 
Elementa auß ihren Regionen / und füllen ſich mit Gewalt mitte 
ein; Ein jeder wil die Jungfraw koſten / und fie nehren / und 
wil mit ihr inqualiren / als: Das Waſſer füllt ſich mitte ein N 
11 un 


160 Von den drey Principien Cap. 14 


und ſchmecket die ſuͤſſe Tinctur der Seelen / und das Fewer ſpricht: 
Ich wil das Waſſer gerne behalten / denn ich kan meinen Durſt 
mitte leſchen / und mich drinnen erfrewen. Und die Lufft ſpricht: 
Ich bin ja der Geiſt / ich wil deine Hitze und Fewer auffblaſen / 
daß dich das Waſſer nicht erſtecket. Und das Fewr ſpricht zur 
Lufft: Ich wil dich erhalten / denn du erhaͤlteſt mir meine Qualr⸗ 
taͤt / daß ich nicht verloͤſche. So komt denn das Element Erde / 
und ſpricht: Was wolt ihr drey alleine machen / ihr werdet ja 
verhungern / und einander ſelber verzehren. Denn ihr hanget 
alle drey aneinander / und freſſet euch / und wan ihr das Waſ⸗ 
fer verzehret habt / ſo erlöſchet ihr / denn die Lufft kan nicht we⸗ 
ben / ſie habe denn das Waſſer / denn das Waſſer iſt der Lufft 
Mutter / das die Lufft gebieret / darzu wird das Fewer / ſo das 
Waſſer verzehret iſt / viel zu grimmig und verzehret den Leib / ſo 
iſt unfer Region auß / und kan keines beſtehen. 

2234. So fprechen die drey Elementa, das Fewer / Lufft und 
Waſſer zur Erden: Du biſt ja zu finſter / rauhe und kalt / und 
biſt vom Fiat ver ſtoſſen / wir können dich nicht einnehmen / du 
verderbeſt unſer Wohnung / und macheſt fie finſter und ſtinc⸗ 
kicht / und betruͤbeſt uns die Jungfraw / die da iſt unſer eigener 
Schatz und Liebe / in welcher wir leben. Und die Erde ſpricht: 
So nehmet doch meine Kinder ein / die find lieblich und guter EL 
ſentien, fie geben euch Speiſe und Tranck / und pflegen euch / 
daß ihr nimmer Noht habet. 

25. So ſprechen die drey Elementen: Sie moͤchten aber her⸗ 
nach in uns wohnen / und moͤchten ſtarck und groß werden / ſo 
muͤſten wir weichen / oder ihnen unterthaͤnig ſeyn / darumb wol⸗ 
len wir ſie auch nicht einnehmen / denn ſie möchten fo rauhe und 
kalt werden wie du. Jedoch das wollen wir thun / du magſt deine 
Kinder laſſen in unſerm Vorhoſe wohnen / fo wollen wir zu ihnen 
zu Gaſte kommen / und eſſen von ihrer Frucht / und trincken 
von ihrem Tranck / dieweil uns das Waſſer ſonſt möchte zu we⸗ 
nig ſeyn / ſo im Element iſt begriffen. 

26. So ſprechen nun die drey klementa, Feuer / Waſſer und 
Lufft zu dem Geiſte: Hole uns der Erden Kinder / daß fie in un⸗ 
ſerm Vorhofe wohnen / wir wollen von ihren Eſſen len eſſen / 
und dich ſtarck machen. Da muß der Seelen⸗Geiſt / als ein Ge⸗ 
fangener gehorſam ſeyn / und muß mit feinen Eflentien greiffen / 
und die außſperꝛen / fo komt das Fiat und ſpricht: Nein / ihr 
moͤchtet mir entrinnen / und ſchaffet das Greiffen / ſo werden 
Haͤnde drauß / mit aller Eſſent en Zeichen und Geſtalt / wie das 

vox 


* 


& . 4 a 8 
Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 161 
vor Augen iſt / und der Aſtronomus wol weiß: Aberdie Heym“ 
ligkeit weiß er nicht / wiewol er die Zeichen kan deuten nach dem 
Geſtirne und Elementen, welche in den Eſſentien des Serlen⸗ 
Geiſtes mitte inqualiren. Hätte die Seele an dieſem Orhte vom 
Verbo Domini geſſen / und haͤtte die aͤuſſerlichen Rlementa unge⸗ 
heyet gelaſſen / waͤre beſſer. rm 
27. So nun die Haͤnde greiffen im Willen / nach det Erden 
Kinder / welches doch im Geiſte des Kindes nur ein Wille iſt in 
Mutter⸗leibe / fo iſt das Fiat her / und machet einen großen 
Naum im Vothoffe der drey Elementen / und einen zaͤhen faͤſten 
Schluß darumb / daß es das Fleiſch nicht beruͤhre / denn es fuͤrch⸗ 
tet ſich vor der Erden Kinder / dieweil die Erde weggeworffen 
iſt / wegen ihrer rauhen ſtinckenden Finſterkeit / und iſt im zittern 
vor groſſer Furcht / und verſtehet ſich doch nach dem beſten / "fo ihm 
ja der Erden Kinder zu rauhe waͤren / und wolten einen Stanck 
anrichten / darmit es ein Loch haͤtte / und koͤnte den Stanck und 
Grobheit weg ſtoſſen / und machet auß dem Vorhoffe / welches der: 
Magen iſt / einen Außgang und loch und umbſchleuſt den mit ſei⸗ 
ner zaͤhen Herbig keit / fo wird ein dam. 
28. Dieweil aber der Feind noch nicht im Weſen iſt / ſondern 
nur im Willen des Geiſtes / ſo gehet es gar langſam unter ſich / 
und ſuchet die Porten / wo es einen Außgang und doch wil ma ⸗ 
chen / daß es den Stanck und Grobheit kan weg werffen / darvon 
werden die Daͤrmer alſo lang und krumb. a e 
29. So nun das Geſpraͤche / welches geiſtlich iſt / alſo zwiſchen 
den drey Elementen / Fewer / Lufft und Waſſer / der Geiſt der 
Erden vernimt / als der Erden Eſſentien im Lungen Region, 
ſo komt er zu letzt / wann die Wohnung oder Vorhoff der Erden 
Kinder ſchon erbawet iſt / und ſpricht zu den drey Elementen: 
Warumb wolt ihr den Leib vor den Geiſt nehmen? Ihr wolt 
der Erden Kinder nehmen und von ihnen eſſen / ich bin ihr Geiſt / 
und bin lauter / ich kan der Seelen Eſlentien mit meiner Krafft 
der Eſſentien ſtaͤrcken und wol erhalten / nehmet mich ein. 
30. Und ſie ſagen ja / wir wollen dich einnehmen / dennn du biſt 
ein Glied an unſerm Geiſte / du folt in uns wohnen und ſtaͤrcken 
unſers Geiſtes Eſſentien / daß er nicht verſchmachte; aber der 
Erden Kinder muͤſſen wir auch haben / denn ſte haben unſere Qua 
lität auch in ſich / auff daß wir uns frewen. Und der Geiſt der 
Lungen ſpricht: ſo lebe ich in euch allen / und frewe mich mit euch. 


Die 


162 Von den drey Prineſpien Cap. 14. 
Die Porte des 8yderiſchen oder Sternen Geiſtes. 


31. Sd nun das Liecht der Sonnen / welches ſich im Fewer⸗ 
i Blitz der Eſlentien des Geiſtes hatte erblicket / und ein⸗ 
gebildet / und im Fewr⸗ Blitz ſcheinende war / als in einer fremb⸗ 
den Krafft / und nicht der Sonnen eigen / fichet/ daß es die Region 
bekommen hat / daß ſich die Eſſemien der Seelen / welches iſt der 
Wurm oder Geiſt / ſo wol die Elementen wollen in ihrer Krafft 
und Glantz erfrewen / und daß ihnen die Elementen haben vier 
Regionen und Wohnungen gemacht zu einem immerwaͤrenden 
Sitze / und daß fie wie ein König gehalten wird / alfe / daß fie ihr 
im Geiſte der Eſſentien im Hertzen zu Hofe dienen / und ſie alſo 
lieben / und ſich in ihrem Dienſte erfrewen / und haben noch der 
Erden Kinder beſtellet / daß ſie der Geiſt fol bringen / da ſie dann 
erſt wollen froͤlich und mächtig ſeyn / und von der Erden Kinder 
Eſſentien eſſen und trincken: So dencket ſte / hier iſts gut wohnen 
du biſt Koͤnig / du wilſt dein Geſchlecht auch hieher bringen und 
fie erhohen über. die Elementa, und dir eine Region machen / du 
biſt ja Koͤnig / und zeucht alſo das Geſtiirne an ſich / und bringts in 
die Eſſentien / und ſetzts über die Elementa mit ihren wunderlichen 
und unerforſchlichen mancherley Eſſentien / derer Zahl ungruͤnd⸗ 
lich iſt / und machet ihm ein Region und Reich / auß ſeinem Ge⸗ 
ſchlecht in einem fremden Lande. (Alhier iſt die Porten / da die 
Kinder dieſer Welt kluͤger werden als die Kinder des Liechts.) 
32. Denn die Eſſentien der Seelen ſind nicht dieſes Koͤnigs 
eigen / er hat fie nicht erbohren / und fie ihn auch nicht / ſondern er 
hat ſich auß Luſt mitte in ihre Eſſentien eingebildet / und in ihrem 
Fewer⸗Blitz angezuͤndet / in willens ihre Jungfraw zu ſuchen / und 
darinnen zu leben / welches iſt die holdſeelige Göttliche Krafft. 
dieweil der Seelen Geiſt auß dem ewigen iſt / und die Jungfraw 
hatte vor dem Falle / fo ſuchet nun immer der Geiſt der groſſen 
Welt die Jungfraw im Seelen⸗Geiſte / und meinet / ſte ſey noch 
alda / wie vorm Falle / da ſich der Geiſt der groſſen Welt in Adams 
Jungfraw erblickte mit ſo groſſen Frewden / und wolte auch in der 
Jungfraw leben und ewig ſeyn / dieweil er fuͤhlete ſeine Zerbrech⸗ 
ligkeit / und wie er alſo rauhe in ſich ſelber waͤre / wolte er empfahen 
der Jungfrawen Suͤſſigkeit und Freundligkeit / und in ihr leben / 
daß er nicht wieder zerbraͤche / ſondern ewig lebete. 

33. Denn durch das groſſe Saͤhnen der Finſternuͤß nach dem 
Sicchte und Krafft Gottes / iſt dieſe Welt auß der Finſternüß 
erbohren / da ſich die heilige Krafft Gottes in der Sint m 

; gulierete 


Capra. Göͤttliches Weſens. 163 
gulierete / darumb blieb dieſe groſſe Sucht und Saͤhnen nach der 
Goͤttlichen Krafft im Geiſt der Sonnen / Sternen und Elemen⸗ 
ten / und in allen Dingen. Alles aͤngſtet und ſaͤhnet ſich noch nach 
der eee ee und wolte gern der Eytelkeit des Teufels 
laß ſeyn / weils aber nicht kan ſeyn / fo muͤſſen alle Creaturen war⸗ 
ten big in ihre Zerbrechung / da ſie in ihr æther gehen / und erlan⸗ 
gen den Sitz im Paradeis / aber nur in der Figur und Schatten / 
und der Geiſt wird zerbrochen / welcher eine ſolche Luſt alhier 
verbringt : 
34. Run aber muß dieſe Luſt alfo ſeyn / ſonſt würde keine gute 
Creatur / und waͤre in dieſer Welt eine eytel Hölle und Grim⸗ 
migkeit. Als dann nun die Jungfeaw im andern rineipio ſiehet / 
daz ſie der Geiſt dieſer Welt nicht kan erreichen / und ſich gleich wol 
die Jungfraw immer im Geiſt dieſer Welt ſpiegulieret zu ihrer 
Lüſt der Fruͤchte und Gewaͤchſe aller Dinge / fo iſt er alſo luͤſtern / 
und ſuchet immer die Jungfraw / erhebet manche Creatur mit 
groſſer Witze und Liſt / und bringet Hein hoͤchſten Grad, ſo er nur 
kan / und vermeinet immer es ſoll ihme die Jungfraw wieder er⸗ 
kehren werden / welche er in Adam hatte erblicket vor feinem Falle. 
Der Geiſt dieſer Welt / welcher auch Adam zum Falle brachte / 
daß er in feiner Jungfrauwen wolte wohnen / und alſo Adam 
zwaͤnget mit ſeiner groſſen Luſt / daß er in Schlaf ſiel / das iſt / 
er ſatzte ſich mit Gewalt in Adams Tinctur zur Jungfrauwen / 
und wolte in ſie und mit ihr änqualiren und ewig leben / davon die 
Tinctur müde ward / und die Jungfraw wiech. i 
35. So fiel Adam nieder und war unmaͤchtig / welches der 
Schlaf heiſſet / das iſt geweſen der Verſuchbaum / obs muͤglich 
waͤre / daß Adam moͤch te ewig in der Jungfrawen leben / und aus 
ſich wieder erbaͤren die Jungfraw / und alſo fort ein Engliſch 
Reich. 5 
36. Als es aber nicht konte ſeyn wegen der Überwindung des 
Geiſtes dieſer Welt / fo wurd erſt das euſſerliche Verſuchen vor 
die hand genomen mit dem Baume der Fruͤchte dieſer Welt / da 
ward Adam vollend ein Menſch dieſer Welt / aß und tranck von 
den irꝛdiſchen Eſſentien, und inficirete fich mit dem Geiſte dieſer 
Welt / und ward ihme zum Eigenthumb / wie nun klaͤglich zu ſe⸗ 
hen iſt / wie er ein Kind in Mutter Leibe in der Menſchwerdung 
beſitzet. Denn er weiß die Jungfraw nun nirgend zu ſuchen / als 
im Menſchen / da er fie zum erſten hat erblicket. 
37. Darum ringet er in manchem Menſchen / welcher kraͤfftiger 
Complex ion iſt / in welchem ſich die Jungfraw ofte elende 
ä f alſe 


164 Von den drey Principien Cap. 14 
alſo harte / verme inet immer / Er wolle die Jungfraw bekommen / 
ſte ſolle gebohren werden / und je ſehrer ſich die Seele vor ihme weh⸗ 
ret / und zum Hertzen Gottes dringet / ſich deme zu ergeben zum 
Eigenthumb / da ſich dann die liebliche Jungfraw freylich wol nicht 
alleine ſpigulieret / ſondern darf ſich wol manche Stunde einſetzen 
in ihr Neſt der Seelen Tinctur, je maͤchtiger und begieriger wird 
der Geiſt dieſer Welt. 

38. Da denn der Koͤnig als der Sonnen Liecht im Geiſte alſo 
frewden· reich wird / triumphiret, fauchtzet / und ſich ſo hoch erfrewet / 
daß er alle Ellentien der Sternen beweget und in ihren hoͤchſten 
Grad bringet / ſich hoch zu er baͤhren / da denn alle Centta der Ster⸗ 
nen auffgehen / und ſich die holdſelige Jungfraw darinnen erbli⸗ 
cket / da denn der Seelen Eflentien in der Jungfrawen Liecht in 
die a Sternen ſehen kan / was in ihrem Urkunde und 

39. Davon meine Seele wol weiß / und auch ihre Erkaͤntnuͤß alſo 
empfangen hat / welches Meiſter Hang im gekroͤneten Huͤttlein 
nicht kan glauben / dieweil ers nicht begreifft / haͤlts fuͤr unmuͤg⸗ 
lich / und miſſets dem Teuffel zu / wie die Juden der Jungfrawen 
Sohn thaͤten / da er in der Jungfrawen Wunder: zeichen thaͤte. 
Nach welchem meine Seele nichts fraget / ihrer Hoffahrt auch 
nichts achtet / ſie hat an der Perle gnug / und hat luſt dem Dur⸗ 
ſtigen das Waſſer zu weiſen. Das gekroͤnete Huͤttlein mag 
unter der Decke des Antichrifts fröfich ſpielen / biß die Li⸗ 
lie waͤchſet / dann wird der Ruch der Lilien das Huͤttlein 
weg werffen / ſaget die Jungfraw / und wird der Durſtige 
trincken vom Waſſer des Lebens und regieret der Jungs 
frawen Sohn in ſolaphats Thal. 

40. So uns denn nun das Nyſterium in der Jungfrawendiecht 
alſo wunderlich entgegnet / wollen wir dem ſuchenden Gemuͤhte / 
welches in Ernſt der Hoffnung ſuchet / zu finden die Perle / alhie 
noch eine Porte eroͤffnen / wie fie uns dan in der Jungfrawen 
eroͤffnet iſt. Denn das Gemuͤhte fraget: So die Sonne / Ster⸗ 
nen und Elementen niemals find im ander Principio geweſenf / 
wo ſich die Jungfraw auß dem Liechte Gottes erbieret / wie haben 
ſte dan mögen die Jungfraw in. Adam erkennen / daß fie alſo tref⸗ 


lich mit Saͤhnen nach der Jungfraw tuhn? 
Die Tieffe im Centro. 
41. S Ihe / du ſuchendes Gemuͤhte / das / was du fuͤr Augen 
ficheft / iſt nicht das Klement, weder im Fewer N 
affer 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 16% 


Waſſer noch Erden: Auch ſo ſind derer nicht vier ſondern nur 
Eines / das iſt fix und ünſichtbahr / auch unempfindlich / denn das 
Fewer / das da brennet / iſt kein Element, ſondern der Grimm / 
welcher in der Anzuͤndung des Zornes / als die Teuffel aus dem E- 
lement fielen / alfo ward: Das Element iſt weder heiß noch kalt / 
ſondern es iſt die Anneigligkeit ind OT / denn das Hertze G oOt⸗ 
tes iſt Barm / und ſeine Afcenhon iſt anziehend und immer fin⸗ 
dend / und dan iſt es Hertz / das Ding fuͤr ſich / und nicht in ſich / 
behaltend / und denn fo iſt es Ig / das Ding immer erblickend / und 
das iſt alles ewig: und das iſt der Grund deß innern Elements, 
welches der Zorn rn e daß es ſichtlich und emp⸗ 
findlich war / welchen Lucifer mit feinen Legionen erweckete - 
darumb iſt er auch nun ein Fuͤrſt im Zorn im angezuͤndeten Ele- 
ment blieben / wie ihn Chriſtus nach dieſer Geſtalt einen Fuͤrſten 
dieſer Welt nennete. Joh x2. v3. 

42. Und bleibt das Element dem Zorn und Grimm verborgen / 
und ſtehet im Paradeiß / und gehet doch der Grimm vom Element 
auß / darumb hat O T die Teufel mit dem Element im Grimm 
gefangen / und haͤlt ſte mit dem Element, und der Grimm kan 
das Element nicht ergreiffen / gleich wie das Fewer das diecht / denn 
das Liecht iſt weder heiß noch kalt: Aber der Grimm iſt heiß / und 
haͤlt eines das ander / und erbieret eines des ander. 

43. Hie mercke / Adam war auß dem Element erſchaffen / auß 
dem Anziehen des Hertzens Gottes / welches iſt des Vatters Wil⸗ 
le / und darinnen iſt die Jungfraw der Goͤttlichen Krafft / die 
hatte das euſſere Element, welches ſich in der Anzuͤndung in vier 
Theile theilete / gerne in ſich / das iſt / der Grimm des Teufels 
wolte gerne im Hertzen Gottes wohnen und uͤber daſſelbe herꝛ⸗ 
ſchen und ein Centrum allda auffſchlieſſen / welches die Grimmig⸗ 
keit ohne das Liecht nicht thun kan. Denn ein jedes Centrum wird 
mit Anzuͤndung des Liechtes erbohren und auffgeſchloſſen: So wol⸗ 
te nun gerne die Grimmigkeit über die Sanfftmuht. Darumb hat 
GOTT die Sonne laſſen auffgehen / daß ſie in der Herbigkeit hat 
vier Centra auffgeſchloſſen / als den Außgang auß dem Element. 

44. Als ſich das Liecht der Sonnen in der grimmen Herbigkeit 
erblickete / ſo wurde die Herbigkeit duͤnne und ſuͤſſe zu Waſſer / 
und der Grimm im Fewer⸗Blitz wurde geleſchet durchs Waſſer / 
daß der Zorn ſtille ſtund / und der Wille konte doch nicht ruhen / 
ſondern gieng in der Mutter auß / auß dem Waſſer / und bewe⸗ 
gete ſich / welches die Lufft iſt / und was der Grimm hatte an 5 

4 gezogen 


166 Von den drey Principien Cap. 14. 
gezogen / ward aus dem Element ins Waſſer geſtoſſen / wie du es. 
ſieheſt / daß die Erde im Waſſer ſchwimmet. 

45. Alſo aͤngſtet ſich nun das boͤſe Kind nach der Mutter / und 


waͤre gerne in die Mutter / ins Element, und kans nicht erbli⸗ 


cken: Aber in A dam erblickte es das Element, darumb haben die 
vier Elementen Adam an ſich gezogen / und vermeinen ſie haben 
die Mutter / dieweil ſich die Jungfraw alſo allda ließ ſehen / in 
dem lebendigen Geiſte Adams. f 

46. So wil nun der Geiſt der Sternen und Elementen immer 
wieder ins Element, denn im Element iſt Sanfftmuth und Rus 
he / und in ihrer Anzuͤndung iſt eitelAnſeindung und Widerwil⸗ 
len / und regioniret der Teufel auch darinnen / waͤren alſo gerne 
des ſchadlichen boͤſen Gaſtes loß / und ſaͤhnen ſich mit groſſen ange 


ſten nach der Entledigung / wie S. Paulus ſagt: Alle Cxeatur fi aͤhnet N 


ſich mit uns von der Eytelkeit loß zu werden. 

47. Eo ſpricht das Gemuͤhte: Warumlb laͤſſet es denn GOT 
alſo lange in aͤngſten ſchweben? Ach wann ſoll es dan geſchehen / 
daß ich die Jungfraw mag ſehen! Hoͤre du Edles und theures 
Gemuͤthe / es ſoll alles zur Herꝛligkeit Gottes eingehen / und 
GOTT preiſen / wie geſchrieben ſtehet: Alle Zungen ſollen 
GOTT loben: Laß fuͤruͤber gehen big die Zahl zum Lobe Gottes 
voll iſt / nach dem ewigen Gemuͤhte. 7 


48. Sprichſtu: Wie groß iſt ſie dan? Siehe / zehle die Ster⸗ 


nen am kirmament ; zehle die Baͤume / Kräuter und Graͤſelein / 
tanſtu? Alſo groß iſt die Zahl / fo zur Ehren und Herꝛligkeit fol 
eingehen. Denn alle Sternen treten am Ende wieder ins Element 


in die Mutter / und wird allda erſcheinen wie viel gutes ſie alhier 


haben erbohren mitihremGewürde. Denn aller Weſen Schatten 


und Bildnuͤß werden im Element vor GOTT erſcheinen und ewig 
ſtehen / darinnen wirſtu groſſe Frewde haben. Du wirſt alle dei⸗ 


ne Wercke darinnen ſehen / auch deine erlittene Truͤbſal / die wer⸗ 
den alle in groſſe Frewde verwandelt werden / und wirſt dich wol 


ergetzen: Rur harre des Hern: Der Geiſt deutet: Wenn der 


Lilien zeit umb iſt / ſo ſols geſchehen. 


49. Darumb halt GOTT alſo lange / vor unſern Augen zu 
achten / auff / daß fein Reich der Herꝛligkeit in der Zahl groß 


werde / aber vor ihme iſts nur ein Augenblick. Nur gedulde dich / 
dieſe Welt zergehet gewiß mit ſambt der Grimmigkeit / welche 

bleibt im erſten Principio, darumb huͤte dich dafür. 
so. Mein lieber Leſer: Ich führe meine Fuͤrbildung der Eſ⸗ 
ſentien der Menſchwerdung in Mutterleibe ein mit 3855 Ge⸗ 
f praͤche 


Ri 
4, 


D 
„ 


— 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 167 
fpräche des Geiſtes mit den Eflentien und Elementen; Ich Fans. 
fuͤglicher nicht zuverſtehen geben / alleine daß du wiſſeſt7 daß es 
kein Geſpraͤch iſt / ſondern geſchiehet in Eſlentien, und im Gei⸗ 
ſte gewiß alſo. Da wirſtu ſagen / du ſteckeſt nicht in der Menſch⸗ 
werdung / und ſteheſt es / du biſt einmahl Menſch worden / und 
weiſt nicht wie oder wenn / und kanſt nicht wieder in Mutter⸗ 
leib kommen oder gehen / und ſehen wie es zugehet. Gerade ein 
ſolcher Doctor war ich auch / und koͤnte nicht anderſt richten in 
meiner eigenen Vernunfft / ſo ich noch in meiner eigenen Blind⸗ 
heit ſteckete. Aber GOTT ſey lob / der mich wieder erbohren hat 
zu einer lebendigen Creatur / durch das Waſſer und H. Geiſt / 
daß ich kan in ſeinem Liechte ſehen meine groſſe angebohrne Un⸗ 
tugend / ſo in meinem Fleiſche ift. f 
5x. So lebe ich nu in meinem Fleiſche im Geiſte dieſer Welt / 
und dienet mein Fleiſch dem Geiſt dieſer Welt / und mein Ge⸗ 
muͤhte dienet GOTT Mein Fleiſch iſt von dieſer Welt erboh⸗ 
ren / und hat ſein Region von Sternen und Elementen / die 
wohnen darinnen / und ſeynd des Leibes mächtig / und mein 
Gemuͤhte iſt in GO TZ wieder erbohren / und lebet GOTT E: 
Und ob ich wol die Jungfraw nicht kan faffen und halten / alſo 
daß das Gemuͤhte in Suͤnden faͤllet / ſo ſolls doch auch darumb der 
Geiſt dieſer Welt nicht immer gefangen halten. a 
52. Denn die Jungfraw hat mir Trewe zugeſaget / mich nicht 
zuverlaſſen in keiner Noth; Sie wil mir zu huͤlffe kommen in 
der Jungfrawen Sohne / ich ſoll mich nur wieder an ihn halten / 
er wird mich wohl wieder zu ihr ins Paradeiß bringen / dahin 
wil ich es wagen und gehen / durch Dornen und Diſteln / durch 
allerhand Spott und Schande ſo mir begegnen wird / wie ich 
kan / biß ich wieder finde mein Vatterland / daraus meine See⸗ 
le gewandert iſt / da meine liebſte Jungfraw wohnet: Ich ver⸗ 
ſehe mich ihrer trewen Zuſage / als fie mir erſchien / ſie wolte all 
mein Trauren in groſſe Frewde verkehren. Als ich lag am Ber⸗ 
ge gegen Mitternacht / und alle Baͤume uͤber mich fielen / und 
alle Sturm⸗ winde uͤber mich giengen / und der Antichtiſt feinen 
Rachen gegen mir aufſperrete mich zu verſchlingen / kam ſte mir 
zu Troſt / und vermaͤhlete ſich mit mir. 5 
53. Darumb bin ich nun munterer / und frage nichts nach 
dem Antichriſt, Er regioniret nichts weiter über mich / als uͤber 
das Haus der Sünden] deſſen Parron iſt er / er mags immer 
hinnehmen / fo komme ich in mein Vatterland: doch iſt er nicht 
gantz deſſelben ein Herz / ſondern er iſt Gottes Affe. Gleic a 
wie 


463 Von den drey Principien Cap. 14. 
wie ein Affe ihme allerley Gauckel⸗Spiel vornimt wenn er ſatt 
iſt / daß er Frewde hat / und wolte gerne das ſchoͤnſte Thier ſeyn 
und am behaͤndeſten; Alſo iſt der Anti Chriſt auch / ſeine Macht 
haͤngt am groſſen Baume dieſer Welt / und kans Ihme ein 
Sturm ⸗Wind hinwehen. N 

54. So ich denn nun dem Leſer gewieſen / wie daß rechte Ele- 
ment gantz verborgen in den euſſern angezuͤndeten ſtecket / ihme 
zu einem Troſt / daß er auch weiß / was er iſt / und nicht in ſol⸗ 
cher ernſthafften Offenbahrung verzaget / fo wil ich fortfahren 
mit meinem Geſpraͤche zwiſchen den Elementen, Sonnen und 
Sterne / da ein ſtaͤtes Ringen und uͤberwinden iſt / darinnen das 
Kind in Mutter Leibe wird üguriret, und füge dem Leſer dieſes / 
daß freylich das rechte Element in den euſſern im Menſchen ver⸗ 
bergen liegt / welches der Seelen Schatz⸗kaſten iſt / fo ſie trewe 
iſt / und ſich in GOTT anneiget. 

55. So dann nun dem Kinde im Mutter Leibe alſo wunder⸗ 
lich iſt ſein Hertz / Leber / Lunge / Blaſen / Magen und Geiſt / 
ſampt andern Gliedern figurirer durch das Geſtirn und Elemens 
ta: So gehet nun auff die Region oder Regiment / welches vol⸗ 
lends alles bildet / was noch mangelt / und iſt uns nun treflich zu 
bedencken / vom Uhrkunde der Sprache / Gemüͤthe und Sin⸗ 
nen / in welchen der Menſch Gottes Bilde und Gleichnuͤs / 
ie] und in welchem die edle Erkaͤntnuͤß aller dreyen Principien 

C 

f 56. Denn in dem jetzt vorgemeldten Schens-Auffgang in Mut⸗ 
ter⸗Leibe ſtehet auch wol ein jedes Thier / und nimt feinen An⸗ 
fang im Mutter⸗ Leibe gleich auch alſo / und fein Geiſt lebet 
auch in den Sternen und Elementen, und haben ihr Sehen 
vom Glaſt der Sonnen / und iſt in dem kein Unterſcheid zwi⸗ 
ſchen den Menſchen und Thieren / denn ein Thier iſſet und trin⸗ 
cket / reucht / hoͤret / ſtehet und fuͤhlet eben ſo wol als der Menſch / 
und iſt doch kein Verſtandt in ihme / als nur zum nehren und 
mehren / wir muͤſſen hoͤher dran / und ſehen was das Bilde Got⸗ 
tes iſt / das GOT alſo geliebet hat / daß er fein Hertz und Sohn 
an ihn gewendet / und laſſen Menſch werden / daß er den Men⸗ 
ſchen nach dem Falle wieder huͤlffe / und ihn von dieſer viehiſchen 
Gebuhrt wieder entledigte und erloͤſete / und wiederbraͤchte ins 
Paradeis / in die Himliſche Region. N 1 

57. So muͤſſen wir ſehen nach dem Grunde / wie nicht alleine 
ein viehiſcher Menſch mit viehiſcher Qualißcirung werde figurirer, 
fossdern auch ein himliſcher und Bilde Goltes / zu Gottes Ehre 

5 und 


— 


Cap.. Gottliches Wefens. 169 


und wunderthaten / zu welchem Ende Er den Menſchen alſo hoch 
gtadiret, daß er haͤtte ein ewig Gleichnuͤß ſeines Weſens / ein 
Ebenbildt: Denn zu dem Ende hat er ſich mit Himmel und Erden 
offenbahret / und etliche Creaturen geſchaffen zum ewigen / verſtaͤn⸗ 
digen und vernuͤnfftigen Geiſte in ſeiner Krafft und Herꝛligkeit 
zu leben / und etliche zur figur, daß wann ihr Geiſt ins Æther ge⸗ 
het und zerbricht / die Geiſter ſo ewig ſind / ihre Frewde und 
Spiel mitte haͤtten. } 

358. So muͤſſen wir gründen und ſehen / was es dan vor ein 
Vildnuͤs iſt / und wie es feinen Anfang alſo nehme: daß der 
Menſch x. eine Irꝛdiſche / Elementiſche / und denn auch 2. eine 
Himmliſche Bildnuͤs traͤget. Und nicht alleine dieſes / ſondern 
traͤget z. ein Hoͤlliſche an ſich / welche geanneiget iſt zu aller Suͤn⸗ 
de und Boßheit. Und dieſes alles gehet mit des Lebens Auffgang 
zugleiche an. 

509. Und dan muͤſſen wir ſehen / wo dan der eigne Wille ſtecket / 
daß ſich ein Menſch kan in eigener gewalt ergeben welchem er wil / 
dem Himmel⸗ oder Hoͤllen · Reich. Fuͤr dieſen Spiegel wollen wir 
den Hungerigen und Durſtigen nach der edlen Erkaͤntnuͤs gela⸗ 
den haben / und Ihme zeigen den Zweck / damiter der Irꝛthumb 
und zaͤnckiſchen Streite im Antichriſtiſchen Reiche in ſeinem Ge⸗ 
muͤhte entledigt werde. Wer nun dieſe Porte recht ergreiffet / 
der verſtehet das Weſen aller Weſen / und lernet verſtehen / ſo 
er ſich recht befinnet/ was Moſes und alle Prophete / dazu die 
heiligen Apoſteln geſchrieben haben / und in welchem Geiſte ein 
jeder geredet / und was da je geweſen iſt / und noch werden kan 
und wird. 


Die ſehr hochtheure Porte in der Alien Wurtzel. 


60. S O wir uns entſinnen der dreyen Principien, wie die in 
. ihrem Uhrkunde ſind / und wie fie ſich alſo erbaͤhren / fo 
finden wir das Weſen aller Weſen / wie eines alſo auß dem an⸗ 
dern gehet / wie eines alle höher gradiret iſt als das andere / wie ei⸗ 
nes ewig / und das ander zerbrechlich iſt / und wie eines ſchoͤner und 
beſſer iſt als das ander / auch finden wir / warumb eines für ſich / 
und das ander hinter ſich wil: Item, die Liebe und Begierde / 

und dan die Anfeindung aller Dinge. 
6x. So können wir im Uhrkunde der Weſen aller Weſen erſt⸗ 
lich anderſt nicht ſagen / als das im Uhrkunde iſt nur ein einig 
Weſen / darauß gehen nun die Weſen aller Weſen / und daſſelbige 
Weſen iſt das ewige Gemuͤhte Gottes / das ſtehet in der 5 in⸗ 
9 ſter⸗ 


170 Von den drey Principien Cap. 14. 


ſternuß / und daſſelbige Weſen hat ſich von Ewigkeit geſaͤhnet / 
und im Willen gehabt zu gebaͤhren das Liecht / uud daſſelbe Saͤh⸗ 
nen iſt die Quaͤll / und derſelbe Wille iſt das Auffſteigen. Nun 
machet das Auffſteigen das Ruͤgen und Bewegligkeit / und die Be⸗ 
wegligkeit machet das Anziehen im Wille / und der Willen ma⸗ 
chet wieder die Saͤhnligkeit / daß ſich der Wille immer ſaͤhnet 
nach dem Liechte / und iſt das ein ewig Band / das ohne Anfang und 
ohne Ende iſt. Denn wo ein Willen iſt / da iſt auch ein Begehren / 
und wo ein Begehren iſt / da iſt auch ein Anziehen in des Willens 
Begehren / deſſen ſo der Wille begehret. Nun iſt das Begehre her⸗ 
be / harte und kalt / denn es zeucht an ſich und haͤlt. Denn wo nichts 
ik da kan das Begehren nichts halten / wil der Wille nun was 
halten / ſo muß das Begehren harte ſeyn / daß es der Wille kan 

faſſen. Und da von Ewigkeit nichts war / ſo konte der Wille auch 
nichts faſſen und halten. 

62. So finden wir nun / daß die drey von Ewigkeit ein un⸗ 
anfänglich und unaufloͤßlich Band ſind / als Saͤhnen / Wollen 
und Begehren / und gehieret je eines das ander / und ſo eines 
nicht waͤre / fo waͤre das ander auch nicht / davon Niemand weiß 
was das iſt. Denn es iſt in ſich ſelber nichts als ein Geiſt / der 
iſt in ſich ſelber im Finſternuͤs / und da es doch nicht Finſternuͤtz 
iſt / ſondern ein Nichtes / weder Finſternuͤß noch Liecht. 

63. Nun iſt das Saͤhnen eine Sucht / oder eine inficirung 
des Begehrens / und der Wille iſt eine Behaltnuͤs im Begehren. 
Soll es nun der Wille behalten / ſo muß es faßlich werden / und 
muß nicht ein Ding ſeyn im Willen / ſondern zwey: So ihr deñ 
nun zwey ſind / ſo muß das Anziehen das dritte ſeyn / daß das 
Faßliche in Willen zeucht. So dieſes nun alſo von Ewigkeit iſt / 
ſo befindet ſich daß von Ewigkeit ein quaͤllen und bewegen iſt / 
denn das gefaſſete muß quaͤllen und etwas ſeyn / daß der Willen 
kan etwas faſſen / ſo dan daſſelbe etwas iſt / ſo muß es herbe 
ſeyn und anziehend / daß es zu etwas werde. So es dan herbe iſt 
und anziehend / fo macht das Anziehen ein Begreifliches / daß 
der Wille etwas zu faffen und zu halten hat. Und ſo es dan be⸗ 
greiflich iſt / fo iſt es dicker als der Wille / und beſchattet den 
Willen / und verdecket ihn / und iſt der Wille in ihme / und das 
Saͤhnen machet die alle beyde. So nun der Wille in dem Be⸗ 
greiflichen iſt / fo iſt das Vegreifliche des Willens Finſternüͤß / 
deñ es hat den Willen mit ſeiner Begreiflichkeit umbfaſſet. Nun 
kan der Wille nicht aus dem Begreiflichen / und ſaͤhnet ſich doch 
immer nach dem Liechte / daß es moͤchte der Finſternuͤß sign 

ge 


| 


Cap. 14. Gbottliches Weſens. ın 
get ſeyn / welche er ihme doch ſelber mit dem fahnen und anziehen 
machet. IS 

64. Davon komt nun die Aengſtligkeit / daß der Wille 
im finfern verſchloſſen iſt / und das Anziehen des Willens 


machet die Bewegligkeit / und die Bewegligkeit macht des 


Willens Auffſteigen aus der Finſternuͤß. Nun iſt das Auff⸗ 
ſteigen die erſte Eſſentia, denn er erbieret ſich im Anziehen / 


und iſt ſelber das Anziehen. Nun kan auch der Wille das An⸗ 


ziehen nicht leiden / denn es macht ihn finſter mit dem angezo⸗ 
genen Weſen / welches der Wille faſſet und wehret ſich / und 
das wehren iſt das Ruͤgen / und das Ruͤgen machet in dem ange zo⸗ 
genen eine Zertrennung oder Zerbrechung / denn es ſcheidet. Das 


kan die Herbigkeit im anziehen auch nicht dulden / und wird die 


Angſt im Willen groͤſſer / und das Anziehen das Ruͤgen zu hal⸗ 
ten auch groͤſſer. Und ſo dan das Ruͤgen alſo harte wird angezo⸗ 
gen / und gehalten vom herben Anziehen / ſo preſt ſichs / und 
wird ſtachlicht / und ſticht in der herben Angſt. So zeucht die 
Herbigkeit noch ſehrer an ſich / alßdan wird der Stachel alſo 
groß in der Aengſtligkeit / daß der Wille ſchrecklich auffgehet / und 
ſetzet feinen Fuͤrſatz aus der Finſternuͤß zu entfliehen. 

65, Und alda uhrkundet ſich das ewige Gemuͤhte / daß der 
Wille aus der Quaͤll wil in ein ander Quaͤllen der Sanfftmuht⸗ 
und daher uhrkundet ſich auch die ewige Qualitaͤt in der Angſt / 
und iſt der ewige Wurm / der ſich ſelber gebiehret / und auch friſ⸗ 
ſet / und in ſeinem eigenen Grim̃ in ſich ſelber lebet / in der Finſter⸗ 
nuͤß / welche er ſelber machet / und alda uhrkundet ſich auch die 
ewige Inficirung / davon hinter ſich nichts weiter zu gruͤnden iſt / 
denn es iſt nichts tieffers oder ehers. Dieſes machet ſich von Ewig⸗ 
keit immer ſelber / und hat keinen Macher oder Schoͤpffer / und 


iſt nicht GOT / ſondern Gottes uhrkundlichſter Grimm / ewi⸗ 


ge Aengſtligkeit / in ſich gebaͤhren / und auch in ſich freſſen / und 
doch nichts verzehren / weder mehren noch wenigern. 

66. So dann nun der ewige Wille / welcher alſo erbohren wird 
von Ewigkeit in der Angſt ihme ein Gemuͤht faſſet nach etwas an⸗ 
ders / zu entfliehen der Grimmigkeit und zu erheben in die Sanfft= 
muth / ſo kans doch anders nicht geſchehen / als aus ſich ſelbſt / ſo ge⸗ 
bieret das Gemuͤhte wieder einen Willen zu leben in edr Saufft⸗ 
muht / und dieſes Willens Urhkund ſteiget aus dem erſten Willen / 
aus dem aͤngſtlichen Gemuͤhte / aus der finſtern Herbigkeit / wel⸗ 
cher im Ruͤgen ein brechend Radt machet: Da ſich dann der wieder⸗ 
gefaſſete Wille im brechenden Rade in der groſſen Aengſtligkeit im 


— 


Ss) 2 ewigen 


172 Von den drey Principien Cap. 14. 


wigen Gemuͤhte erblicket / wo etwas ſoy / das ſtunde in Sanfft⸗ 
muht. Und derſelbige Blick im Aengſtlichen brechenden Nabe, 
iſt ein Blitz einer groſſen Geſchwindigkeit / welchen die Angſt al⸗ 
fo ſchaͤrffet in der Herbigkeit / daß des Blitzes Schaͤrffe verzehrend 
iſt / und das iſt der Fewer⸗Blitz / wie das zu ſehen iſt in der Na⸗ 
tur / ſo alſo ein hart weſen durch einander faͤhret / wie ſichs 
ſchaͤrffet / und einen Fewer⸗Blitz gebieret / der vor nicht war. 
Und das wiedergefaſſete Gemuͤhte faffet den Blitz / und erblicket 
ſich nun in die Herbigkeit / und der Blitz mit feiner grimmen 
Schaͤrffe verzehret die gefaſſete Herbigkeit / welche ihn in der Fin⸗ 
ſternuͤß gefangen hielt / verſtehe den Willen in Gemuͤhte / der iſt 
nu von der Finſternuͤß frey. 
67. Alſo empfaͤhet die Herbigkeit den Blitz / und gehet im 
Schrack zu ruͤcke wie uͤberwunden / und wird ſanffte vom Schrac⸗ 
ke / in welcher Sanfftmuth ſich der Blitz erblicket / als in ſeiner eige⸗ 
nen Mutter / und wird von der Sanfftmuht weiß und helle / und 
geſchicht im Blitz wieder ein Schrack wegen der Sanfftmuht / und 
das iſt ein Blitz groſſer Frewden / darin der Wille von der Fin⸗ 
ſternuͤß entlediget iſt. | 
68. Alſo an⸗eignet ſich nun das ewige Gemuͤhte im wiederge⸗ 
faſten willen in die Sanfftmuht der Erledigung aus der Finſter⸗ 
nuͤß der Aengſtligkeit / und bleibet im Blitz der Sanfftmuth die 
Schaͤrffe der Verzehrung der ewigen Finſternuͤß / und der Blitz 
erblicket ſich in dem aͤngſtlichen Gemuͤhte in viel tauſent mahl tau⸗ 
ſent / ja ohne Ende und Zahl / und in demſelben Blick ſtehet 
immer wieder der Wille und die Anneigligkeit im groſſen Saͤh⸗ 
nen aus der Finſternuͤß auß zugehen: Da denn in jedem Wil⸗ 
len wieder der Blitz ſtehet zur Auffſchlieſſung / welches ich das 
Centrum heiſſe in meinem Schreiben / an allen Ohrten dieſes 
Buches. 
Pr Nun bleibet das erſte (als die grimmige Gehährungim 
erſten Willen) Saͤhnen und Begehren mit dem finſtern Gemuͤhte 
für ſich / und der Blick vom immerwehrenden Fewer⸗Blitz im 
finftern Gemuͤhte darinnen ( und ſtehet daſſolbe finſter Gemuͤh⸗ 
te ewig in aͤngſten und im Blitz / im brechen“ anziehen / auff; 
feigen und begehren / ohne unterlag über die Sanfftmuth / ſo in 
der Zerbrechung mit dem Fewer⸗Blitz in der Schaͤrffe des Blitzes 
in der Eſſentia das Anziehen auffgehet / als ein Centrum oder 


Triocipium. 
Die 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 173 
b Die Porte Gottes des Vatters. 


70. V Nd fo nun in der Schaͤrffe deß Fewer - Blitzes auffgehet 

das Liecht in dem ewigen Gemuͤhte / aus dem wiederge⸗ 
faſſetem Willen zur Sanfftmuth und Liechte / von der Finſter⸗ 
nuͤß frey zu ſeyn: So iſt dieſelbe Freyheit von der Finſternuͤß 
eine Sanfftmuth und Wohlthun des Gemuͤhts / das es der Aengſt⸗ 
ligkeit frey iſt / und ſtehet in der Schaͤrffe des Fewer⸗ Blitzes / wel⸗ 
cher 0 herbe Finſternuͤß zerbricht / und im Blick helle und liecht 
machet. f ' 
72. Und in dieſem Blicke der Schaͤrffe ſtehet nun die Allmaͤch⸗ 
tigkeit / denn er zerbricht die Finſternuͤß in ſich ſelber / und ma⸗ 
chet die Wonne und groſſe Sanfftmuht / gleich einem / ſo aus 
einem aͤngſtlichen Fewer in eine ſanffte Wonne ſaͤſſe. So dañ 
der Blitz in ſich alſo ſtrenge geſchwinde iſt / groͤſſer und geſchwin⸗ 
der als ein Gedancken / und alſo aus der Finſternuͤß in ſich ſelber 
in feinem enttzuͤnden ins Liecht ſtehet / erſchricket er alſo ſehr 7 
das er ſeine Macht laͤſſet ſincken / ſo er im Fewer hat. Und die⸗ 
ſer Schrack geſchiehet in der Schaͤrffe des Blitzes / das iſt nun der 
Schrack groſſer Freuden / da begehret der wiedergefaſſete Wil⸗ 
le des Fewer⸗ſchracks in der Sanfftmuht / und das Begehren ist 
das Anziehen der Frewden / und das Anziehen iſt die injicirung 
im Willen / und das angezogene macht den Willen ſchwanger / 
denn es iſt in ihme / und der Wille haͤlts. 

72. Nun iſt alda nichts / das der Wille koͤnte mit der Schaͤrf⸗ 
fe oder Eſſentia an ſich ziehen / als die Sanfftmuth / die ent⸗ 
ledigung der Finſternuͤß / das iſt des Willens begehren / und 
darinnen ſtecket die liebliche Wonne / das zeucht der Wille an 
ſich / 405 das Anziehen im Willen ſchwaͤngert den Willen / daß 
er voll iſt. 

73. Nun iſt der gefaſſete Wille ſchwanger der Freuden in der 
Sanfftmuth / die begehret er ohn unterlaß aus ſich zu gebaͤhren / 
zu ſeiner wieder freuden und zum ſuͤſſen Schmack in der Freuden / 
und derſelbe Wille zu gebaͤhren / faſſet die Sanſſtmuth in der 
are welche ſtehet im geſchwaͤngerten Willen / und die El- 
entia oder Anziehen des Willens bringt fie wieder aus dem Wil⸗ 
len fuͤrn Willen. Denn das Begehren zeucht aus die Schwaͤn⸗ 
gerung aus dem ſchwangeren Willen fuͤrn Willen / und das 
außgezogene iſt die holdſeelige Krafft / Fremde und Sanfftmuht. 
Das iſt nun des ewigen Willens Begehren und nichts mehr / 
dieſe Krafft wieder in ſich zu ur oder zu ziehen / und = 
93 


174 Von den drey Principien Gap.ız. 
ſatt zu ſeyn / und nichts hoͤhers oder wonne ſamers zu begehren / 
denn es iſt darinnen die Vollkommenheit der hoͤchſten Frewden 
und Sanfftmuth. ö 
74. Nun ſtehet in derſelben Krafft / pin GOTT dem Vat⸗ 
ter iſt / wie jetzt bemeldet / die Allwiſſenheit / was im Uhrkun⸗ 
de in der Ewigkeit iſt / da ſich denn der Blitz in viel tauſentmahl 
tauſent ohne Zahl erblicket / denn dieſe Frewden⸗Krafft in der 
Wonne iſt aus der Schaͤrffe des Blickes auffgegangen / und fichet 
in der Schaͤrffe der Allmacht über die Finſternuͤß wieder in die e⸗ 
wige Schärffain das finſtere Gemuͤhte / und das Gemuͤhte aneig⸗ 
net ſich zu der Krafft / und begehret der Krafft / und die Krafft gehet 
nicht wieder zu ruͤcke in die Finſternuͤß / ſondern ſpiegulieret ſich 
darinnen / davon das ewige Gemuͤhte immer luͤſternd iſt nach der 
Krafft / und die Krafft iſt die Schaͤrffe / und die Schaͤrffe iſt das 
Anziehen / und heiſt das ewige Fiat, das da ſchaffet und corpo- 
riret, was der ewige Wille in der Allmächtigen Sanfftmuth 
(welche iſt die Macht und Zerbrechung der Finſternuͤß / und 
Bawung des Principii) wil / was der Wille in der ewigen Wiſ⸗ 
ſenheit erblicket und in ſich faſſet zu thun / was ſich aneigenet der 
Sanfftmuht / daß wil der Willen durch das ſcharffe Fiat (wel⸗ 
ches iſt die ewige Eſſentia) ſchaffen. Das iſt nun Gottes Wil⸗ 
le / was ſich zu ihm aneignet und ſein begehret / das wil er 
ſchaſſen in die Sanfftmuht: Alles was ſich in feine Krafft 
aus den vieltauſentmahl tauſent aus dem unendlichen zu ihm 
aneignet. 5 
75. Nun hat das unendliche die Muͤgligkeit / das es ſich zu 
ihm aneignen kan / weil es noch im erſten Weſen iſt. Du muſt 
aber alhier kein Gantzes mehr verſtehen: Denn GOTT iſt alleine 
das Gantze und die groͤſte Tieffe überall. Dieſes aber in dem Un⸗ 
endlichen iſt zertheilet / und iſt im Blicke der Vielheit / da ſich 
das Gantz in ſich / und durch ſich ſelbſt in der ewigen geſchwaͤnger⸗ 
ten Finſternuͤß in unendlich erblicket: Dieſelbigen Blicke ſte⸗ 
hen alle im Uhrkunde des Fewer⸗Blitzes / und moͤgen ſich in die 
geſchwaͤngerte Finſternuͤs / als in die Herbigkeit des Froſts / und 
im Blitze des Fewers wieder erblicken und aneignen / oder aus 


der Finſternuͤß wieder einen Willen faſſen aus der Aengſtligkeit 


des Gemuͤhts / durch die Schaͤrffe im Blitze zu gehen in die 

Sanfftmuth zu GOTT. f 
a 56. Deñ die Schaͤrffe im Blitze iſt allemahl das Centrum zur 
Wiedergebuhrt in das ander Principium, zu welchem ſich nun 
der Wurm in Funcken aneignet ſich zu erbaͤhren / entweder in 
f ewigen 


Eap.r4. OGiöͤttliches Weſens 175 


igen Froſt aus der ſcharffen Eſſentia durch den Blitz im 


Grimm des Fewers / oder aus der Schaͤrffe in die Wiedergeburth 


der Sanfftmuth zu GOT / darinnen ſtehet er / und iſt kein 
wiederruffen / denn die Sanfftmuht gehet nicht zu ruͤcke in fin⸗ 
fern Grimm und kalte Ellentiam in das erſte Anziehen / welches 
von Ewigkeit iſt fuͤrm wieder⸗geſetzten Willen / ſondern komt 
deme zu huͤlffe / und erleuchtet es / was zu ihm komt aus der 
ſtarcken Macht Gottes / das lebet in der Krafft und im Liechte 
Ewiglich bey GOTT. N 

77. Nun iſt die Tieffe der Finſternuß alſo groß / als die Won⸗ 
ne des Liechts / und ſtehet nicht gegen einander / ſondern untere 


einander / und hat keines weder Anfang noch Ende; Es iſt kein 


* 


Ziel oder Ohrt / ſondern die ſcharffe Widergeburth iſt das Ende 
und Ziel / und iſt das Scheidemahl zwiſchen dieſen zweyen 
Principien. 8 1 8 RR 

78. Es iſt keines weder Unten noch Oben / alleine die Wieder⸗ 


geburt aus der Finſternus in die Sanfftmuth heiſt Oben. Und 


iſt eine ſolche Feſte zwiſchen ihnen / daß keines das ander begreif⸗ 
fet / denn es iſt eine Geburt oder Principium ein feſt Centrum, 
das Scheideziel: daß keines kan in das ander gehen / als der 
farffe Fewer⸗blitz der ſtarcken Macht Gottes / welcher mitten 
m Centro der Wiedergebuhrt ſtehet / der ſtehet alleine in den 
Wurm der Finſternuͤs / und macht mit ſeinem ſchrecken in der 
Finſternuͤs die ewige Angſt und Quaal / das aufſteigen im Fewr / 
und doch nichts erreichen / als nur die Angſt / und in der Angſt 


den Grimmen⸗ blitz / und was nun alda im grimmigen Gemuͤthe 


im Blicke deß unendlichen corporiret wird / und nicht ſeinen Wil⸗ 
len in der corporirung für ſich ins cent rum der Wiedergebuhrt in 
die Sanfftmuth Gottes ſetzet / das bleibet im finſtern Gemuͤhte 
im Fewr⸗blitz. f N 
79. So hat nun dieſelbe Creatur keinen andern Willen in ſich / 
kan auch keinen fchöpffen aus irgend etwas / denn es iſt nichts 
mehr darinnen / als immer in eigener Macht unwiedergebohren 
über das centrum aus zufahren und zu herꝛſchen in ſtarcker 
eee, uͤber die Sanfftmut Gottes / und kans doch nicht 
erreichen. | 
So. Und hier iſt der Uhrkund / das die Creatur der Finſternuͤs 
wil uͤber die Gottheit ſeyn / als der Teuffel. Und iſt alhier der 
uhrkund der eigenen Hoffart. Denn wie der Quaͤll in der Creatur 
iſt ; alſo iſt auch die Creatur. Denn die Creatur iſt aus der Eſſen- 
tia: ſo iſt der Quaͤll / als ſein Wurm / aus dem ewigen Willen 
dis finſtern Gemuͤhtes. 84 82. Und 


176 Von den drey Principien Cap. 14 


81. Und iſt dieſer Wille nicht Gottes Wille / und iſt auch 
nicht GOTT: fondern der wieder gefaſſete Wille im Gemuͤhte 
zu der Sanfftmuth iſt Gottes wiedererbohrner Wille / welcher 
ſtehet im entto der Gebuhrt / in der Schaͤrffe der Zerbrechung der 
Finſternus / und in ſanfften Wohltuhn der Frewden⸗ reich und 
Aufgang des Lichtes in der Wiederſchwaͤngerung deß Willens 
und gebaͤhrens der Krafft der ewigen Allwiſſenheit und Weißheit 
in der Liebe / das iſt GOT / und der Außgang von ihme / iſt fein 
Wille / welchen die Eſſentia, als das ſcharffe Fiat ſchaffet / und 
wohnet GOTZ im andern principio, da aus dem ewigen centro, 
aus dem ewigen Willen wird ewig erbohren das Reich Gottes 
ahne End und Zahl / wie ferner folget: a 


Die Porte deß Sohnes Gottes / der hold: 
a ſeligen Lilien im Wunder. 
82. S O denn der ewige Wille ſich alſo von Ewigkeit immer 
ſchwaͤngert / ſo hat er auch ewigen Willen immer zuge⸗ 
raͤhren das Kind / deſſen er ſchwanger iſt / und derſelbe ewige 
Wille zugebaͤhren / gebieret ewig das Kind / deſſen der Wille 
ſchwanger iſt / und das Kind iſt die ewige Krafft der Sanfftmuht / 
welches der Wille wieder in ſich faſſet / und ſpricht aus die Tieffe 
der Gottheit / und die ewige Wunder und Weißheit Gottes. 
83. Deñ der Wille ſpricht aus / und das Kind der Krafft und ewi⸗ 
gen Sanfftmuht iſt das Wort / das der Wille ſpricht. Und der 
Außgang aus den gefprochene) Worte iſt der Geiſt / ſo in der 
ſcharffen Macht Gottes im centro der Wiedergebuhrt aus dem 
ewigen Gemühte / aus der Aengſtligkeit im Fewr⸗ blitz in der 
Schaͤrffe der Zertrennung der Finſternuß und Auſſchließung des 
Lichtes in der Sanfftmuht / aus dem ewigen Willen von Ewigkeit 
aus dem Worte Gottes außgehet / mit dem ſcharffen Fiat der 
großen Macht Gottes / und iſt der H. Geiſt Gottes: welcher 
iſt deß Vatters Krafft und gehet vom Vatter durchs Wort aus 
dem Munde Gottes ewig aus. 


Die Wunder ⸗Porte Gottes in der Lilien Roſen. 

84. Nun ſpricht die Vernunfft: Wo gehet der H. Geiſt 

Gottes hin / wan er aus dem Vatter und Sohne durchs 
Wort Gottes außgehet? Sihe du Krancker Adam, hie ſtehet 
deß Himmels Porten offen / wol zuerkennen / wer nur ſelber 
wil. Denn die Braut ſpricht: Komm: und wen da duͤrſtet / der 
kemme / und wer da komt / der trincket vom Auaͤll der N 

5 nuͤ 


Cap. 14. Goͤttliches Weſens. 177 


nuͤß deß ewigen Lebens / im Ruche und Krafft der Lilien Gottes 
im Paradeis. 

84. Wie obbemeldt: So iſt das der Grundt der Heyligen 
Dreyfaltigkeit in einem Goͤttlichen und unzertrennlichen We⸗ 
ſen / GOTT Vatter / Sohn / Heiliger Geiſt / von Ewig⸗ 
keit von Nichts herkommend / von und aus Sich Selber 
von Ewigkeit immer erbohren / keinen Anfang noch Ende / ſon⸗ 
dern in Sich Selbſt wohnend / mit Nichtes gefaſſet / keiner 
Raunnligkeit unterworffen / weder Ziel noch Ohrt / fie hat kei⸗ 
ne Stätte ihrer Ruhe / ſondern die Tieffe iſt groͤſſer als wir ſin⸗ 
nen / da es doch keine Tieffe iſt / ſondern die unerforſchliche 
Ewigkeit / und wer hier nach einem Ziel und Ende wil ſinnen / 
der wird von der Gottheit turbiret, denn es iſt keines / es iſt der 
Natur Ende / und der tieffe Sinner thut wie Lucifer, der uͤber 
die Gottheit wolte außfahren in Hochmuth / und war doch keine 
Staͤtte / ſondern fuhr in ſich ſelber / in die fewrige Grimmigkeit / 
und verdarb am Auaͤll deß Reiches Gottes. f 

86. Nun ſiehe die Lilie du edles Gemuͤhte / voll aͤngſtens und 
Trüͤbſal dieſer Welt. Sihe die heilige Dreyfaltigkeit hat einen 
ewigen Willen in ſich / und der Wille iſt dz Begehren / und dz 
Begehren find die ewigen Eſſentien, darinnen ſtehet die Schaͤrffe / 
als das ewige Fiat, das aus dem Hertzen und Munde Gottes 
durch den heiligen Geiſt außgehet. Und der außgegangene Wille 
aus dem Geiſte iſt die Göttliche Krafft / die faſſet der Wille und 
haͤlt ſie / und das Fiat ſchaffet ſie / daß alſo alle Eſſentien in ihr 
find / als in GOTT ſelber / und die Bluhme deß Liechtes auß dem 
Hertzen Gottes gruͤnet in ihr / und ſie iſt doch nicht GOTT / 
ſondern die zuͤchtige Jungfraw der ewigen Weißheit und Ber⸗ 
ſtandnuͤß / davon ich in dieſem Buche offt handele. 

87. Nun iſt die Jungfraw vor GOT / und an⸗ eignet fich zu 
dem Geiſte / von deme die Krafft anggehet / darauß fe die zuͤch⸗ 
tige Jungfraw der Weißheit wird / die iſt nun GOttes Geſpielin / 
zur Ehre und Frewde Gottes / die erblicket ſich in dem ewigen 
Wunder Gottes / und in dem erblicken wird ſie ſaͤhnend nach 
dem Wunder in der ewigen Weißheit / welche ſie doch ſelber iſt / 
und ſaͤhnet ſich alſo in ſich ſelber / und ihr ſaͤhnen ſind die ewigen 
Eſſentien, die ziehen an ſich die heilige Krafft / und das herbe 
Fiat ſchaffet es / daß es im Weſen ſtehet / und ſte iſt eine Jung⸗ 
fraw / und hat nie nicht gebohren / und nimt auch nichts 
in ſich: Ihre An⸗neigligkeit ſtehet im H. Geiſt / der gehet 
ven Go aus / und nicht zu ruͤcke / und zeucht nicht an 

8 0 5 ich / 


178 Von den drey Principien Cap. 14. 
ſich 0 n wallet vor GOT / und iſt die Bluhme des Ge⸗ 
waͤchſes. 

88. Alſo hat die Jung fraw auch keinen Willen ſich zu ſchwaͤn⸗ 

zern mit etwas / ſondern ihr Wille iſt die Wunder Gottes zuer⸗ 
ffnen. Darumb iſt fie im Willen in den Wundern zuerblicken ° 
die Wunder in den ewigen Eſſentien: und denſelben Jungfraͤw⸗ 
lichen Willen ſchaffet das herbe Fiat in den Eſſentien / das es ein 
Weſen iſt / und ewig ſtehet vor GOT / darinnen die ewigen 
Fi lg Jungfrawen / als der Weißheit Gottes / offen⸗ 
yahr find. 

89. Und daßelbe Weſen iſt das ewige Element, darinnen alle 
Eſſentien in der Goͤttlichen Krafft offen ſtehen / und ſichtlich 
ſeynd / in welchen ſich die ſchoͤne und zuͤchtige Jungfraw der Goͤtt⸗ 
lichen Weißheit immer erblicket nach der zahl der Unendligkeit 
aus den viel tauſentmal tauſent ohne Ende und Zahl / und in der⸗ 
ſelbigen Erblickung als aus dem ewigen Element gehen aus Far⸗ 
ben / Kunſt und Tugend / und die Gewaͤchſe der Klien GYttes / 
welches ſich die Gottheit immer erfrewet in der Jung frawen der 
Weißheit: Und dieſelbige Frewde gehet aus den ewigen Eflen- 
tien, und heiſt Paradeis / wegen der Schaͤrffe der Gebaͤhrungen 
der lieblichen Frucht der Lilien in unendlich / da dan der Lilien 
Eſſentien auffgehen in Wunder in viel tauſentmahl tauſent ohne 
Zahl / wie du ein Gleichnuͤß an der bluͤhenden Erden haſt. 

90. Du liebes Gemuͤhte / ſthe / betrachte es / dieſes iſt nun 

GOTT und fein Himmelreich mit dem ewigen Element und 
Paradeiß / und alſo ſtehet es im ewigen Uhrkunde von Ewigkeit 
zu Ewigkeit. Was nun vor Frewde / Wonne und Liebligkeit dar⸗ 
innen ſey / darzu hab ich keine Feder / daß ichs ſchreiben kan / 
ich kans auch nicht ſagen / denn die irꝛdiſche Zunge iſt viel zu we⸗ 
nig darzu. Es iſt gleich wie Koht gegen Golde zu achten / und 
noch viel weniger. Obs gleich die Jungfraw ins Gemuͤhte brin⸗ 
get / ſo iſt doch alles viel zu finſter und kalt am gantzen Menſchen / 
das er wolle nur ein Fuͤncklein da von außſprechen / wir wollens 
ſraren biß in der Jungfrawen Schos. Wir haben dieſes nur eine 
kurtze Andeutung gegeben / zu verſtel en den Autorem dieſes 
Buchs. Denn wir ſind nur ein Funcke aus dem Vrunnen der 
Weißheit Gottes / und reden als ein klein Fuͤncklein? aber uns 
irꝛdiſchen alhier auff Erden zu unferer ſchwachen Erkaͤntnuͤs ge⸗ 
nug. Denn wir duͤrffen in dieſem Leben von GOTT keine hoͤhere 
Erkaͤntnuͤß vom ewigen Weſen / fo wir bloß reden von dem / was 
von Ewigkeit geweſen iſt / ſo iſts gnug. Das 


eig. Gittüches Werne" ws 
3 Das 15. Capittel. 


Von Verſtändnüs der Ewigkeit! in der zer 
f brechlichkeit der Weſen aller Weſen. e 


= O wir uns denn alſo entfinnen deß ewigen Wil⸗ 
lens Gottes von dem Weſen aller Weſen / fo bes 
finden wir im Uhrkunde nur ein Weſen / wie ob⸗ 
bemeldet / aus demſelben Weſen iſt von Ewigkeit 
erbohren das ander Weſen / als das Goͤttliche / 
und befinden das beyde Weſen in Goͤttlicher Allmacht ſtehen / aber 
nicht in einer Quaͤll / und vermiſchen ſich nicht / und mag auch 
keines zerbrochen werden. 

2. Nun haben fie aber zweyerley Anneigligkeit ein jedes in ſich 
ſelber zu den ſeinen. Weil aber das Goͤttliche Weſen iſt von E⸗ 
wigkeit aus fich ſelber erbohren / ſo iſts ge⸗aneignet dem Schwa⸗ 
chen zu 5 und heiſſet recht Barmhertzigkeit. N 

3. So ſich deñ nun die Jungfraw der ewigen Weißheit hat in 
dem ewigen Uhrkunde erblicket / und gefunden in dem ewigen 
Gemuͤhte in der ſcharffen Eſſentia der Zerbrechung der Finſter⸗ 
nuͤs / im Fewrblitz die tieffe des Ebenbildes Gottes / wie alda 
Gottes Gleichnuͤs im ewigen Uhrkunde ſey / ſo iſt fie luͤſternd⸗ 
worden nach der Gleichnuͤs / und dieſelbe Luſt machete das An 
ziehen im Willen / und der Wille ſtund gegen der Gleichnuͤs / 
und das Fiat im Anziehen deß Willens ſchuff den Willen in der 
Gleichnuͤs / darauß ſind worden die Engel alle ſampt. Nun wa⸗ 
ren aber in der Gleich nuͤs die ewigen Effentien, und die Weiß⸗ 
heit erblickte ſich in den Eſſentien in viel tauſent mahl tauſent / 
auff daß die ewige Wunder offenbahr wuͤrden. So giengen aus 
ai jeder Eſſentien, als aus einem Quelle viel tauſent mahl 
tauſent. 5 

4. Und daher komt der Thron⸗ und Fuͤrſten Nahmen / als nach 
der Eſſentia des erſten und groſſen Quaͤlles / welcher wieder in 
der Erblickung der ewigen Weißhet Gottes außgehet in viel 
tauſent mahl tauſent / doch iſt eine gewiße Zahl / und im Centro 
Gottes keine. Alſo find aus jeder Eſſentien Brunne außgangen / 
erſtlich die Throne / und im Thron viel tauſent mahl tauſent. 

5. Das hat das Fiat geſchaffen zu einer Gleichnůs Gottes und 
zum Ebenbilde / und das im Fiat mit der uͤberſchwenglichen 
Kraft Gottes uͤberſchattet: und 7 fe der Wille Gottes ge⸗ 

0 Ä gen 


280 Von den drey Principien Cap. 15. 


gen dem Bilde und Gleichnuͤs geſtellet / elche nun den Willen 
annahmen / das waren Engel / denn ſie ſtelleten ihre Imagina- 
tien in Willen / ins Hertze Gottes / und die aßen vom verbo 
Domini; welche aber ihre Imagination ſetzten in das finſtere Ge⸗ 
muͤhte / als Lucifer über die Gottheit und Sanfftmuht hinaus 
in der Fewers⸗macht im Fewer⸗ blitz zufahren / in der ſcharffen 
Macht Gottes / und alleine Herꝛ zu ſeyn / die wurden Teuffel / 
und haben den Rahmen wegen der Verſtoßung aus dem Liechte / 
denn ſie waren / als fie das Fiat ſchuff / im Liechte / denn das Fiat, 
daß fie ſchuff / ſtund im Liechte. N 

6. Alſo iſt der Teufel ſchuldt an ſeinem Falle / denn er ließ 
ſich bewegen die Matrix der Grimmigkeit / da er doch feinen Wil⸗ 
len hatte zu greiffen zum Liechte oder Finſternuͤß / und Lucifes 
war ein Thron / das iſt / ein Quell einer groſſen Eſſentien, dar⸗ 
aus giengen alle ſeine Diener / und thaten wie er: Alſo wurden 
ſie zu ruͤcke in die Finſternuͤß geſtoſſen / denn das Liecht Gottes 
gehet nicht in die Grimmigkeit. 

7. Aldar iſt das Fiat, welches die grimigen Teuffel ſchuff / 
in Hoffnung / ſie wuͤrden Engel von den Teuffelen (welche ihre 
Imagination drein ſetzten darmit uͤber GOTT und Himmelreich 
zu herꝛſchen) inſiciret worden / in der figurirung der Gleichnuͤß. 

Und hat alſobald das Element in der Gleichnuͤs / als in der Auß⸗ 
gebuhrt in der Spiegislierung entzuͤndet / daß die Eſſentia hat 
Eſſentien hoch erbohren / davon ausgehen die vier Elementa die⸗ 
fer Welt deß dritten Principii. Und das ſcharſſe Fiat Gottes / 
welches in der Außgebuhrt ſtund / hat die Außgebuhrt geſchaffen / 
daraus ſind die Erde und Steine worden. 

8. Denn als das Fiat das Element in der Auß⸗gebuhrt entzuͤn⸗ 
dete / ſo wurd die entzuͤndete materia begreiflich: das taugete nun 
nicht im Paradeiß / ſondern wurd außgeſchaffet. Damit aber 
das Element mit ſeiner Außgebuhrt nicht mehr alſo gebaͤre / ſchuff 
GOTT aus dem Element den Himmel / und ließ aus dem Ele- 
ment, welches iſt der Himmliſche Limbus, auffgehen das drit⸗ 
te Principium. Da ſich dan der Geiſt Gottes in der Jungfrau⸗ 
en wieder erblickete / als in der ewigen Weißheit / und befand 
wieder die Gleichnüs in der Außgebuhrt in dem zerbrechlichen 
Weſen. Unddie Erblickung ſtund im ſcharffen Anziehen des 
Fiats: und das Fist ſchufs / daß es weſentlich war / und das find 

die Sternen / eine eitel quinta Eſſentia, ein Außzug deß Flats 
eus dem Limbo GITTES / darinnen das verborgene Element 


ſtehet. 
9. Da⸗ 


Cap 1. Göttliches Weſens. 21 


9. Damit aber auffhoͤre die ſcharſſe und ernſte Elfentia mit 
dem Anziehen / fo erbahr GST ein Gleichnuͤs des Brunnes 
deß Hertzens GOTTES / als die Sonne / und gieng hiermit 
auff das dritte Principium dieſer Welt / die ſetzte alle Ding in die 
Sanfftmuht und Wohlthun. i 

ro. Dieweil ſich aber die ewige Weißheit Gottes / als in den 
zuͤchtigen Jungfrawen der Goͤttlichen Krafft hatte im Principio 
dieſer Welt erblicket / in welchem loco der Groß⸗Fuͤrſt Lucifer 
war im Himmel geſtanden im andern Principio, fo war dieſelbi⸗ 
ge Erblickung ewig / und wolte GOTT daß Gleichnuͤſſe aus den 
Eſſentien außgiengen / welche das Fiat nach jeder Eſſentien Ahrt 
ſchuff die ſolten ſeyn nach der Zerbrechung dieſes eußerlichen We⸗ 
ſens / eine Figur und Bildnuͤß im Paradeis / und ein Schatten 
dieſer Weſen. ' 

ır. Damit nichts vergeblich aus der Weißheit Gottes gien⸗ 
ge / ſo hat Go Thiere / Vögel / Fiſche / Wuͤrme / Baͤume 
und Kraut aus allen Eflentien geſchaffen / darzu auch figurliche 
Geiſter in den Elementen aus der quinta Efentia, damit nach 
vollendeter Zeit / ſo die Außgebuhrt wieder ins æther gehet / alles 
vor ihm erſcheine / und feine ewige Weißheit erkant werde in ſei⸗ 
nen Wunderthaten. 

12. Dicweil aber fein Wille war in dieſem Thron im ewigen 
Element auch Creaturen zu haben / welche an des gefallenen 
Teuffels ſtelle wären / und den Locum im Himmel im Paradeiß 
vertraten / ſo ſchuf er den Menſchen aus dem Element. 

13. Und fo dieſer Locas nun zweyfach war / und mit dem e⸗ 
wigen Uhrkunde dreyfach / als das erſte brineipium in der groſ⸗ 
ſen Aengſtligkeit. Und dan das ander Principium in der Goͤttli⸗ 
chen Wonne im Paradeis. Und dan das dritte Prineipium im 
Sonnen ⸗Liecht / in der Sternen und Elementen Qualität ; fo 
muſte der Menſch auch aus allen dreyen geſchaffen werden: ſolte 
er aber ein Engel in dieſem Loco ſeyn / und alle Erkaͤntnuͤs und 


Verſtaͤndnuͤs empfangen / damit er auch koͤnte ewige Frewde ha⸗ 


ben mit den figuren und Bildnuͤſſen / welche nicht im ewigen Gti⸗ 
ſte ſtehen / ſondern in der ewigen figur, alßdan find alle Ding in 
dieſer Welt. 5 
14. Da erblicket ſich GO T T nach ſeinem ewigen Willen in 
feiner ewigen Weißheit der Edlen Jungfrawen in dem Element, 
welches ſtehet im Paradeiß der Schaͤrffe der Goͤttlichen Krafft. 
Und das Fiar ſchuff den Menſchen aus dem Element im Para: 
delß. Denn es zoch an aus der Quinta Eſſentia der Sonnen / 
7 Ster⸗ 


’ 


282 Von den drey Principien Cap. 15. 
Sternen und Elementen im Pardeiß ins Element des uhrkun⸗ 
des / da die vier Elementa von außgehen / und ſchuff den Men⸗ 
ſchen zum Bilde Gottes / das iſt / zu Gottes Gleichnuͤs / und 
blies ihm ein ins Element des Leibes / welches doch nur Paradei⸗ 
ſiſche Krafft war / den Geiſt der ewigen Eſſem ien aus dem ewi⸗ 
ge Uhrkunde / da ward der Menſch eine lebendige Seele und Bild 
Gottes im Paradeiſe. 

15. Und die Weißheit Gottes der holdſeligen Jungfrawen 
erblickte ſich in ihme / undieroͤffnete mit dem Blick Adams Cen- 
trum in viel tauſent mahl tauſent / die ſolten gehen aus dieſem 
Brunne dieſer Bildnuͤs / und wurd ihme die Edle Jungfraw der 
Weißheit und Krafft Gottes vermaͤhlet / daß er ſolte keuſch ſeyn 
und gantz zuͤchtig bey ſeiner Jungfrawen / und keinen Willen / 
weder ins erſte / noch ins dritte Principium ſetzen / darinnen zu 
.  gualific'ren/ oder zu leben / ſondern feine Anneigligkeit ſolte 

ſeyn ins Hertze Gottes / und eſſen vom verbo Domini an allen 

Fruͤchten in dieſer Welt. 

16. Denn die Fruͤchte waren auch gut / und ihre Anneiglig⸗ 
keit gieng aus dem inneren Element aus dem Paradeis / ſo koͤn⸗ 
te Adam eſſen von aller Frucht im Maule / aber nicht in Leib in 
die Zerbrechligkeit / das ſolte nicht ſeyn / denn fein Leib folte ewig 
beſtehen und im Paradeitz bleiben / und aus ſich gebaͤhren eine 
Jungfraw der Zucht / wie er war / ohn Zerreißung ſeines Leibes / 
denn das konte ſeyn / ſintemahl ſeyn Leib aus dem Himliſchen 
Element war / aus der Goͤttlichen Krafft. 

17. Als ſich aber die zuͤchtige Jungfraw alſo in Adam befand / 
mit groſſer Weißheit / Sanfftmuht und Demuht / ſo wurden 
die aͤußeren Elemen a luͤſterend nach dem ewigen / ſich in die zuͤch⸗ 
tige Jungfraw zuerheben / und darinnen zu qualificiren / die⸗ 
weil Adam aus ihnen / aus der Quinta Eſſentia war außgezogen / 
ſo begehreten ſie das ihre / und wolten in dem ihren qualificiren / 
welches doch GOT T Adam verbot / er ſolte nicht eſſen vom Er⸗ 
kaͤntnuͤs Gutes und Boͤſes / ſondern in einem Leben ſich laſſen 
genügen am Paradeiß. 

18. Aber der Geiſt der groſſen Welt uͤberwandt Adam, und 
faͤtzte ſich mit Macht ein in die quintam Eſſent iam, welches iſt 
die fuͤnffte Geſtalt oder Auß zug aus den vier Elementen und 
Sternen. Da muſte GOTT dem Adam ein Weib aus ſeinen 
eſſentien ſchaffen / ſolte er das Reich nach der Erblickung der E⸗ 
dlen Jungfrawen erfüllen und bauen und wurd der Menſch irꝛ⸗ 
diſch / und wich die Edle Jungfrqw von ihme ins * : 


Cap. 15. Goͤttliches Weſens. 183 
da wartet ſie ſeyn / er ſol das Irꝛdiſche ablegen / ſo wil ſie ſeine 
Braut und lieber Buhle ſeyn. Und mag nun mit dem Menſchen 
in dieſer Welt nicht anderſt ſeyn / er muß in Krafft der aͤußern 
Sternen und Elementen erbohren werden / und darinnen leben / 
biß das irꝛdiſche hinfaͤlt. 

19. Nun iſt er in dieſem Leben dreyfach / und hanget ihm der 
dreyfache Geiſt an / und wird darinnen erbohren / kan ſein auch 
nicht loß werden / er zerbreche dan. Zwar deß Paradeiſes kan 
er loß werden / ſo ſein Geiſt in die Grimmigkeit und Falſcheit 
imagiairet und ſich darein ergiebet / alſo in Hoffahrt uͤber die 
Saufftmuht und Gerechtigkeit in ſich ſelbſt als ein Herz / wie 
Lucifer, zu leben / fo füllet das Paradeiß und iſt zu / und ver⸗ 
leuret er die erſte Bildnuͤs / welche ſtehet im verborgenem Ele- 
ment im Paradeiß. 

20. Denn es kan der Adamiſche Menſch gleichwohl im Para⸗ 

deiß⸗leben nach dem innern Element, welches im Gemuͤht offen 
ſtehet / ſo er der Boßheit wiederſtrebet / und ergibt ſich gaͤntzlich 
aus gantzem Vermoͤgen ins Hertze Gottes / ſo wohnet ihm die 
Jungfraw im innern Element im Paradeiß bey / und erleuch⸗ 
tet ſein gemuͤhte / daß er kan den Adamiſchen Leib zaͤhmen. 
2 xł. Denn dieſe drey Gebuhrten werden einem jeden in Mut⸗ 
terleibe mit angebohren / und darf keiner ſagen: Ich bin nicht 
erwehlet: Es iſt eine Luͤgen / die das Element, darinnen der 
Menſch auch lebet / anleugt / darzu leuget ſte die Jungfraw der 
Weißheit an / welche GOTT einem jeden gibt / der fie mit Ernſt 
und Demuht ſucht. So iſt die Muͤgligkeit des Suchens auch in 
jedem / und wird ihm mit dem allmoͤglichen verborgenen Element 
angebohren. Und iſt keine andere Uhrſach des Verderbens im 
Menſchen / als wie beym Lueifer, deſſen Wille frey ſtund / Er 
folte greiffen in GO / in die Demuͤtigkeit / Keuſchheit und 
Sanfftmuht / oder ins finſter Gemuͤht / in die auffteigende Boß⸗ 
heit und Grimmigkeit / welche ſich zwar in ihrem Auaͤlle nicht 
uͤber GG TZ begehret zu erheben / ſondern aneignet ſich nur uͤ⸗ 
ber die Sanfftmuht im Fewr⸗Blitz in der ſtrengen Wiederge⸗ 
buhrt. Alleine die Teuffel wolten als Creaturen uͤber aus und al⸗ 
keine Herꝛ ſeyn; Alſo gehet es auch dem Menſchen alhier. 

22. Es an⸗neiget die Hoffahrt der Natur freylich wol einem 
Menſchen ſehrer als dem andern: Sie zwinget aber keinen / daß 
er muß hoffaͤrtig ſeyn; und ob ein Zwang iſt / ſo laͤſſet doch der 
Menſch muhtwillig umb zeitlicher Ehr und Wolluſt den Teuffel 
in die ewige Effentien „ der ſiehet bald wie der Menſch 9 

ö ti 


184 Von den drey Principien Cap. 15. 


Geiſt dieſer Welt ge⸗anneiget iſt / alſo verſucht er ihn auch: Laͤſt 
ihn der Menſch nur ein / ſo iſt er ein ſchwerer Gaſt außzutrei⸗ 
ben. Doch iſts wol muͤglich / ſo der Menſch ihme gaͤntzlich und 
harte fuͤrnimt umbzukehren / und zu leben im Willen Gottes / 
fo iſt die Jungfraw ſchon auff der Bahn ihme zu helffen. 

23. Es gehet wol harte zu / wenn das edle Senff⸗koͤrnlein ſoll 
geſaͤet werden / denn der Teuffel wehret ſich gewaltig? Aber wer 
beharret / der erfaͤhret was in dieſem Buche geſchrieben ſtehet. 
Und ob er gleich der Untugend der aͤuſſerlichen Elementen ihres 
Triebs nicht kan loß werden / noch bleibet ihme der edle Saame 
im limbo Gottes / welcher gruͤnet und waͤchſet / und endlich ein 
Baum wird / welcher dem Teuffel nicht ſchmecket / ſondern ge⸗ 
het umb den Baum als ein ſchmeichlender Hund / welcher an 
Baum bruntzet; Alſo ſchmeiſt er auch alles Ungluͤck von feinen 
Dienern an ihn / reiſſet auch manchen durch ſeine Rotte hinaus 
aus ſeinem Hauſe / daß er ihm nicht mehr Schaden thut / aber 
aha geſchicht wol / und komt ins Land der Lebendigen. 

24. So ſagen wir nun nach unſerer hohen Erkaͤntnuͤß / daß die 
Quell aller dreyen brinciplen ſich mit einbildet in der Menſchwer⸗ 
dung eines Kindes im Mutterleibe ; denn nach dem der Menſch 
von den Sternen und Elementen durchs Fiat ift figurirer worden / 
daß die Elementa ihre Region haben eingenommen / als Hertze / 
Leber / Lunge / Blaſe und Magen / darinnen fieihre Region ha⸗ 
ben: So muß nun auffgehen aus allen Elementen, der Meiſter 
in ſeiner zweyfachen Geſtalt. Denn es ſtehet nun da x. das Bil⸗ 
de Gottes. Es ſtehet auch da 2. das Bilde dieſer Welt / und 
auch z. des Teuffels Bilde. Nun koſtets ringen und uͤberwinden / 
und thut noht der Schlangen⸗traͤter auch in Mutter⸗leibe. 

25. Darumb ihr Vaͤtter und Mütter ſeyd Gottes⸗Fuͤrchtig 
und fromb / daß der Schlangen⸗tretter auch ſey in ewerer Frucht. 
Denn Chriſtus ſpricht: Ein guter Baum kan nicht arge Fruͤch⸗ 
te bringen / und ein fauler Baum kan nicht gute Fruͤchte brin⸗ 
gen. Ob dieſes nun wol iſt gemeinet auff das gebohrne Gemuͤ⸗ 
the / der feinen Verſtand hat / daß kein falſch Gemuͤthe gute / 
und kein gut Gemüthe boͤſe Früchte bringet / ſo iſts doch dem 
Kind treflich noht; Sintemahl das Kind von der Eltern Effen- 
tia erbohren wird. 

26. Obwol die Sternen die Eſſentien in einem jeden in der aͤuſ⸗ 
ſerlichen Gebuhrt veraͤnderen nach ihrem Auell / ſo iſt aber das 
Element noch da / das koͤnnen fie nicht veraͤnderen mit ihrer 
Macht / der Menſch thue es dan ſelber / ſie haben nur die u 

- 


N 2 
Cap. 15. Goͤttliches Weſens. 185 
Region: So darff ſich der Teuffel auch nicht einbilden vor Zeit 
des Verſtandes / da der Menſch ſich kan ſelber anneigen zum 
Boͤſen oder Guten: Jedoch ſol Riemand darauff pochen. Sind 
die Eltern Gottloſe / fo kan auch G O T T wol einen gott⸗ 
loſen Saamen verlaſſen. Denn er wil nicht / daß man 
die Perlen ſoll vor die Saͤw werffen / ob er woll genejget 
iſt / allen Menſchen zu helffen / ſo iſts doch nur / die ſich zu 
ihm wenden. Wiewol das Kind in linſchuld iſt / fo iſt doch 
der Saame nicht in Unſchuld / und thut ihme nur noht der 
Schlangen⸗treter. Darumb dencket ihr Eltern / was ihr thut / 
voraus ihr Huren und Buben / ihr habt ein ſchwer Latein, be⸗ 
ſinnet euch wol / es iſt kein Schertz / es ſol euch an feinem Ohrte 
gewieſen werden / daß der Himmel krachet: Fuͤrwar die Zeit 
der Roſen bringets mitte und iſt hohe Zeit auffzuwa⸗ 
chen / denn der Schlaff iſt auß / es wird ein groſſer 
Riß werden fuͤr der Lilien / darumb hab ein jeder acht 
auff ſeine Sachen. 

27. So wir nun uhrkunden des Menſchen Leben im Mutter⸗ 
leibe ron ſeiner Krafft / Rede und Sinnen / und von dem edlen 
hochtheuren Gemuͤthe / ſo ſinden wir die Urſachen / warumb 
wir ſo ein lang Regiſter haben vor dieſem von der ewigen Ge⸗ 
buhrt gemacht. Denn die Sprache / Sinnen und Gemuͤthe har 
ben auch einen ſolchen Uhrkundt / wie obgemeldet von der ewigen 
Gebuhrt Gottes / und iſt eine theure Porte. 

28. Denn ſiehe / wann die Porten dieſer Welt im Kinde fertig 

iſt / daß das Kind eine lebendige Seele auß den Eſſent ien iſt / und 
ſtehet nun im Sonnen⸗Liecht / und nicht im Liechte Gottes; fo 
komt der rechte Meiſter gerade zur Stunde und Augenblick / 
wenn ſich des Lebens⸗Liecht anzuͤndet und figuriret das ſeine / Des 
das Centrum bricht in allen dreyen Principienauff. Erſtlich find 
die herben Eſſentien im Flat in der ſtarcken Macht Gottes / wel⸗ 
che ſind des Kindes Eigenthumb / ſein Wurm der Seelen / die 
ſtehen im Haufe der groſſen Aengſtligkeit wie im Uhrkunde. 
Denn der Saame wird im Willen geſaͤet / und der Wille 
empfaͤhet das Fiat in der Tin&ur , und das Fiar zeucht an ſich 
denn Willen innerlich / und aͤuſſerlich den Saamen zu einem 
Meſch, denn es iſt der innerliche und auch aͤuſſerliche Meiſter da. 

29. So nun der Wille alſo an ſich zeucht / fo wirder ſchwanger 
innerlich und aͤuſſerlich / und wird verdunckelt / das kan der Wil⸗ 
le nicht dulden / daß er ſoll in die Finſternuͤß geſetzet werden 5 

un 


186 Von den drey Principien Cap.. 


und geraͤht in groſſe Angſt nach dem Liechte. Denn die äufferlis 


che Materia wird mit den Elementen gefuͤllet / und das Gebluͤhte 


erſticket / da dann die Tinctur weicht / da dann recht des Todes Ab⸗ 


1 


grund iſt. So wird der innerliche von den Eſſemien der Krafft ge⸗ 


füuͤllet / und gehet in den innerlichen auff einander Willen / aus der 
ſtrengen Krafft der Eſſentien ſich zu erheben ins Liecht der 
Sanfftmuht / und in dem aͤuſſerlichen ſtehet das Begehren ſich zu 


ſcheiden das Unreine von dem Reinen / denn das thut das aͤuſſer⸗ 


liche Fiat. 


30. Uns iſt zu entſinnen in Krafft der Jung frawen / daß der 


Wiͤlle erſtlich dreyfach iſt / und ein jeder iſt in feinem Centro fix 
und rein: Denn er gehet aus der Tinctur. Im erſten Centro ge⸗ 
het auff zwiſchen den Eltern des Kindes die Anneigligkeit und 


— 


viehiſche Begierde zu vermiſchen / das iſt das euſſer Elementiſche 


Centrum, das vor ſich ſelbſt fix. Zum andern / im andern Cen- 
tro gehet auff die anneigliche Liebe zur Vermiſchung / und ob ſie 


einander ſonſt im Anblick gram waͤren / ſo gehet doch in der ver⸗ 
miſchung das Centrum der Liebe auff alleine in die Vermiſchung / 


denn eine reine Tinctur faͤhet die ander / und in der Vermiſchung 


empfaͤhet ſie die Maſſa beide. Bat: 
3. Nun inqualiret die Liebe mit dem innern Element, und 
das Element mit dem Paradeiſe / und das Paradeiß iſt vor 


GOT. Und der aͤuſſerliche Saamen hat feine Eſſentien, dit 
inqualiren erſtlich mit den aͤuſſerlichen Elementen und die aͤuſ⸗ 


1 ſerlichen Elementen inqualiren mit den aͤuſſerlichen Sternen / 
und die aͤuſſerlichen Sternen inqualiren mit der aͤuſſerlichen 
Grimmigkeit / Zorn und Boßheit / und der Zorn und Boßheit im 


Grimme inqualitet mit dem Uhrkunde der ernſten Griummigkeit 


der Hoͤllen Abgrund / der Abgrund inqualirer mit den Teuffelen. 


32. Darumb 6 Menſch! bedencke / was du haſt empfangen 


mit dem Thieriſchen Leibe / zu eſſen und zu trincken von Boͤß und 


Gut / welches GOTT doch verbot. Alhier ſtehe in der Eſſentie n 


Grund / und ſprich nicht mit der Vernunfft / es ſey bloß umb 


einen Ungehorſam geweſen / darumb ſey GOTT alſo erzuͤrnet / 


daß ſein Zorn nicht koͤnte geloͤſchet werden. Du irꝛeſt. So die Ela» 
re Gottheit zuͤrnete / ſo waͤre ſie nicht umb deinet willen Menſch 
worden / dir zu helffen. Siehe nur auff den Zweck in die Ewig⸗ 


keit / fo find eſtu alles. f 
33. Alſo wird mit der Vermiſchung mit geſaͤet das Reich der 
Finſternuͤß / des Teuffels / und gehet mit auff das dritte Cen⸗ 
trum der groſſen Inbrunſt / darauß die Grimmigkeit Fin * 
* eiſch⸗ 


Cap. 15. Goͤttlies Weſens. 187 
Fleiſch⸗haus erbohren wird. Denn die reine Liebe / welche das 
Element, und fort das Paradeis erreichet / hat gar ein keuſches 
zuͤchtiges Centrum, und iſt in ſich felber fix. 

34. Dieſes gebe ich dir ein gerecht Exempel fleißig und hoch 
zu betrachten: Siehe zwey junge Menſchen / welche numehr 
die Bluhme der edlen Tinctur in der Matrız und Limbo erreichet 
haben / daß ſte angezuͤndet iſt / wie gar hertzliche Trewe und rei⸗ 
ne Liebe fie gegeneinander tragen / da eines dem andern fein 
Hertz in Liebe goͤnnet mit ihme zu theilen / koͤnte es ſeyn ohne 
noht und Todt. Das iſt nun die rechte Paradeiſiſche Bluhme / 
und dieſe Bluhme erreichet und inqualiret mit dem Element und 
Naradeyß : So bald fie aber einander nehmen und ſich vermi⸗ 
ſchen / fo inficiren ſie einander mit ihrer Brunſt / welche aus den 
aͤuſſern Elementen und Sternen wird erbohren / und erreichet 
den Abgrund / fo werden fie einander manchmahl ſpinnen feind. 
Und obs waͤre / daß die complexion edel waͤren / daß noch eine 
Liebe bleibet / ſo iſt ſie doch nicht ſo rein und trew / als die erſte 
vor der Vermiſchung / welche feurig iſt / und die in der Brunſt 
irꝛdiſch und kalt. Denn die muß ja trew halten / weils nicht an⸗ 
derſt ſeyn kan / wie ſichs bey manchem wol weiſet / wie man her⸗ 
nach in der Ehe Huren und Buben nachlaͤufft / und fuchet den Zu⸗ 
cker des Teuffels / welchen er in die edle Tinctur ſtrewet / fo ihme 
der Menſch zulaͤſſet. 5 hir 

35. Da man denn allhier abermahl ſiehet / daß GOTT die 
ir:diſche Vermiſchung nicht gewolt hat / der Menſch ſolte blei⸗ 
ben in der feurigen Liebe / die war im Paradeiß / und auß ſich 
gebaͤhren. Aber die Fraw war in dieſer Welt / im aͤußer lichen 
elementiſchen Reiche / in der Brunſt der verbotenen Frucht / 
davon ſolte Adam nicht eſſen. Und ob er hat geſſen und uns alſo 
verderbet / ſo gehet es ihm doch nun wie einem Diebe / der in ei⸗ 
nem Luſtgarten iſt geweſen / und iſt daraus gegangen zu ſtehlen / 
komt nun und wil wieder in Garten / und der Gaͤrtner laͤſt ihn 
nicht ein / er muß mit einer Hand in Garten langen nach der 
Frucht / ſo komt der Gaͤrtner und reiſſet ihm die Frucht aus der 
Hand / und er muß in ſeiner Inbrunſt und Zorne davon gehen / und 
komt nicht wieder in Garten / und bleibt ſein ſaͤhnende Brunſt vor 
die Frucht / das hat er vor die Paradeiſiſche Frucht bekommen / dar⸗ 
von muͤſſen wir nun eſſen / und leben in der Frauen. 

36. Alſo gebe ich dir ſcharff zu erkennen / was ein Menſch iſt / 
und was der Menſch ſaͤet / und was im Saamen waͤchſet / als 
drey Reiche / wie obbemeldet. So dan nun die drey Reiche al 

geſaͤe 


188 Vonden drey Principien Cap. 15 


geſaͤet werden / ſo ſeynd ſie erſtlich fuͤrm Verſuch⸗baume / da gehet 
an Zanck und großer Streit:da ſtehen die drey Reiche in einander / 
und tragen große Luſt und Sehnen nach einander. Das Klement 
iin Paradeiß wil behalten das reine Gemuͤhte und Willen / wel⸗ 
ches ſtehet in der Liebe in der Tinctur deß Saamens. Und die 
auſſere Elementa, als der Außgang vom Element wil haben das 
Element, und ſich mit ihme vermiſchen / ſo komt der aͤußerliche 
Grimm der Sternen / zeucht es zuſammen mit dem aͤußerlichen 
Fiat, und ſetzet ſich darein / ſo wird der innerliche Wille in der 
Liebe mit dem Element und Paradeiß verdunckelt / und gehet die 
Siehe ins Paradeiß in ſeyn ærher, und erliſcht. in der Tinctur des 
Saamens / und gehet unter das Himmliſche Centrum, denn es 
trit in fein Principium. 

37. So komt alsdan die Frawe mit ihrem erſticktem Gebluͤ⸗ 
te / mit den Sternen und Elementen, und ſetzet ſich ein / und 
iſt alhie der Todt des Paradeiſes / da Adam ſtarb mit lebendigem 
Leibe / das iſt / er ſtarb dem Paradeiß und heiligen reinen Ele- 
ment, und lebete der Sonnen / Sternen und aͤußerlichen Ele- 
menten, davon ihm GOTT ſagte: Welches Tages du iſſeſt vom 
Boͤſem und Gut / wirſtu des Todes ſterben. Und das iſt die Por⸗ 
ten des erſten Todes im Paradeiß / da nun der Menſch in der 
Elementiſchen Frawen dieſer Welt lebet in der Zerbrechlichkeit. 

38. Und iſt uns thewer zu erkennen und zu wiſſen / daß wan 
der Saaten geſaͤct iſt in die Matrix, daß er vom Fiat zuſamen 
gezogen wird / in deme fich die Sternen und aͤußerlichen Elementa 
einſetzen / und die Liebe und Sanfftmuht verliſchet. Denn es wird 
ein grimmig Weſen in der Erſtickung der Tinctur, daß vor an⸗ 
zuͤndung des Lebens ⸗Liecht im Kinde keine himmliſche Creatur iſt / 
und ob fie gleich ſiguriret ift mit allen Geſtaͤlten des Leibes / ſo iſt 
doch die him̃liſche Bildnuͤß nicht darinnen / ſondern die thieriſchez 
und fo derſelbe Leib zerbricht vor Anzuͤndung des Seelen⸗geiſtes 
im Lebens⸗auffgang / ſo erſcheinen am Tage der Wiederbringung 
vor GOTT aus dieſer figur nur fein Schatten und figur, denn 
es hat noch keinen Geiſt nie gehabt. 

39. Nicht faͤhret die figur in Abgrund / wie manche richten / 
ſondern nach dem die Eltern ſind / alſo iſt auch ihre figur, denn 
dieſe figur iſt noch der Eltern biß zu ſeines Lebens⸗Anzuͤndung / 
fo iſts nicht mehr der Eltern / ſondern fein Eigenthumb / die 
Mutter goͤnnet ihm nur die Herberge und Nahrung / und ſo ſie 
das mit Willen umbbringet in ihrem Leibe / ſo iſt ſie eine Moͤr⸗ 
derin / und richtet ſie das Göttliche Geſetzt zum zeitlichen 2 

40. Al⸗ 


Cap. 15. SGoͤttliches Weſens. 189 

40. Alſa nehmen nun die Sternen und Elementa das Haus 
nach Abweichung der Liebe in der Tinctur ein / und fuͤllen das den 
erſten Monden. Und im andern ſcheiden fie die Glieder durchs 
herbe Fiat, wie vorne bemeldet. Und im dritten gehet an der 
Streit und die Region der Sternen und Elementen, da ſie ſich 
dan entſcheiden / und jeder Element macht ihm fein Haus und Re- 
gion, als Hertze / Leber / Lunge / Blaſe / und Magen / ſo woll 
den Kopff zum Sternen Haufe / da ſie ihre Region haben / und 
ihren Fuͤrſtlichen Sitz / wie ferner folget. 

41. Nachdem nun die Sternen und Elementa, wie vorne bes 
meldet / ihre Region und das Haus zur wohnung haben zugerich⸗ 
tet / fo gehet nun an der mächtige Streit in großen Aengſten / umb 
den Koͤnig deß Lebens. Denn die Kammer deß Gebaͤweg ſtehet in 
ſehr groſſen Aengſten. Und iſt uns zu entſinnen der Uhrkund der 
Weſen aller Weſen / die ewige Gebuhrt und Wurtzel aller Din⸗ 
ge / als daß in dem 2er der Aengſtligkeit iſt erſtlich ein einiges 
Weſen / und daſſelbe Weſen iſt die Vermiſchung aller Weſen / 
und hat erſtlich einen Willen zu gebaͤhren das Liecht / und der» 
ſelbe Wille iſt anziehend. | 

42. Denn das Begehren iſt das Anziehen deſſen / ſo der Wille 
begehret / und derſelbe Wille iſt erſtlich rein / weder Finſter noch 
Liecht / denn er wohnet in ſich ſelber / und iſt eben die Porte der 

Goͤttlichen Krafft / die alle Ding erfuͤllet. Nun erfuͤllet das An⸗ 
ziehen den Willen mit dem Dinge / als der Wille begehret / und 
ob er gleich rein iſt / und nur das Liecht begehret / fo iſt doch kein 
Liecht in der finſtern Aengſtligkeit / das es koͤnte anziehen / ſondern 
zeucht in fich den Geiſt / oder die Eſſentien der Sternen und Ele- 
menten, damit wird der Wille der Goͤttlichen Krafft gefuͤllet / 
und das iſt alles rauh und finſter. Alſo wird der Wille in die 


Finſternuͤß geſetzet / dieſes geſchiehet im Hertzen. 
4 dann nun der Wille in der Finſtern Aengſtligkeit 
ſtehet er ihme wieder einen andern Willen aus der Aengſt⸗ 
ligkeit zu entfliehen und zu gebaͤhren das Liecht. Und derſelbe an⸗ 
dere Wille iſt das Gemuͤhte / dar auß die Sinnen gehen / in dieſer 
Aengſtligkeit nicht zu bleiben / und der Wille erblicket ſich in die 
Eſſentien der Herbigkeit / als in die grimme Haͤrtigkeit des To⸗ 
des / und der Blick bricht durch die Eſſentien der herben Hͤrtig⸗ 
keit als ein geſchwinder Blitz / und ſchaͤrffet ſich in der herben 
Haͤrtigkeit / daß er blanck wird wie ein Feuer⸗ blitz / und zerbricht 
in ſeiner geſchwinden Fahrt die herbe Finſternuͤß / da ſtehet die 
Haͤrtigkeit und Herbigkeit deß Todes / wie ein e kan 
| ende 


190 Von den drey Principien Cap. 15. 


hendes Radt / das mit dem Blitz der Zerſprengung geſchwinde 
gehet wie ein Gedancke / wie ſich dan der wiedergefaſſete Wille / 
welcher iſt das Gemuͤthe / alſo geſchinde erblicket / und weil er⸗ 
nicht aus den Eſſentien kan fliehen für ſich / fo muß er im draͤhen⸗ 
dem Rade gehen / deñer kan nicht von der Staͤtte / und zerbricht 
die Finſternuͤß. Und wann er alſo die Finſternuͤß zerſprenget / 
erblicket ſich der ſcharffe Blick in der lieblichen Wonne außer der 
Finſterkeit in der Schaͤrffe des Willens / als im Gemuͤhte / und 
befindet ſich darinnen wonneſahm / davon erſchricket der Blick 
oder Blitz / und faͤhret auff mit ſtarcker Macht durch die zer⸗ 
ſprengte Eſſentien auß dem hertzen / und wil zum Munde aus / 
und daͤhnet ſich weit vom Hertzen / und wird doch vom herben Fiat 
gehalten / und macht ihm aber eine ſonderliche Region als die 
Zunge / darinnen ſtehet der Schrack der zerſprengten Eflentien, 
und ſo er ſich dan wieder zu ruͤcke in das Hertze / als ſein erſt 
Wohnhaus / erblicket / und findet das alſo wonneſahm und liech⸗ 
te / in dem die Thoren der Finſternuͤß zerſprenget find / ſo entzuͤn⸗ 
det er ſich alſo hoch im Liebe⸗willen wegen der Sanfftmuht / und 
gehet durch alle Eſſentien nicht mehr als ein grimmig Blitz / ſon⸗ 
dern zitternd mit groſſen Frewden: und iſt die Macht der Frew⸗ 
den nun viel hundert mahl ſtaͤrcker als erſtlich der Blick / ſo ſich 
ſchwang durch die herben harten Eſſentien des Todes / und gehet 
mit ſtarcker Macht aus dem Hertzen in Kopff / in willens die 
himliſche region zu beſitzen. Br ; 
44. Denn er ift Paradeiß / und hat feine innerſte Wurtzel 
in deme / da Adam in Suͤnden des erſten Todes ſtarb / ſo ſprach 
GOTT: Def Weibes Saamen ſoll der Schlangen den Kopff 
zertreten. Daßelbe Wort bildet ſich in Adam im Centto ſeines 
Lebens auffgang / und fort mit der Schoͤpffung der Heya in ihres 
Lebens Auffgang / und fort in alle Menſchen / daß wir koͤnnen 
in unſerm ernſten Gemuͤhte durch das Wort und Krafft Gottes 
in dem Schlangen⸗tretter / welcher in der Zeit ein Menſch ward / 
dem Teuffel ſeinen Kopff und Willen zertretten; und ſo dieſe 
Macht nicht an dieſem Ohrte waͤre / ſo waͤren wir im ewigen 
Tode. Alſo iſt das Gemuͤhte ſein ſelbſt im freyen Willen / und 
ſchwebet in der Krafft Gottes und ſeiner Verheißung im 
freyen Weſen. BE 
45. So dan alſo der Frewdenſchrack in der Krafft Gottes / 
welche die Thoren der tieffen Finſternuͤß zerſprengete / auffgehet 
im Hertzen / und faͤhret mit dem Blick in Kopff / fo ſetzet ſich die 
Krafft der Frewden oben an / als das ſtaͤrckeſte / und der Blick 
; unten 


Eapırz. 7 Götliches Weſens. 191 


unten / als das ſchwaͤcher iſt / und der Blick / wann er in Kopff / 
in ſeinen Sitz komt / machet er ihme zwo offene Porten / denn 
es hat die Thoren der tieffen Finſternuͤß zerſprenget. Darumb 
bleibet er nicht mehr im Fin ernuͤß / ſondern muß frey ſeyn / als 
ein Sieges ⸗fuͤrſt / und laͤſt ſich nicht gefangen halten. Und deutet 
uns die Aufferſtehung Chriſti aufm Tode an / welcher nun frey 
iſt / und ſich nichts halten laͤſt. Davon gar thewer an ſeinem 
Ohrte ſoll geſchrieben werden. Und dieſelbe Porten / ſo der Blick 
offen haͤlt / find die Augen / und ihre Wurtzel ſind der Frewden⸗ 
geiſt / welcher zum erſten in des Lebens Anzuͤndung auffgehet. 
46. So ſich dan alſo der ſtarcke wieder⸗gefaſte Wille zu ent⸗ 
fliehen aus der Finſteruuͤß / und zu ſeyn im Liechte / im Hertzen 
gebieret / koͤnnen wir anders nicht erkennen / denn es ſey die edle 
Jungfraw der Weißheit Gottes / welche alſo in Frewden auffe 
gehet / und ſich mit dem Seelen⸗geiſte im Anfang vermaͤhlet / und 
ihme zum Liechte huͤlfft / welche nach auffgang der Seelen / als 
nach Anzuͤndung der Sonnen⸗krafft in die Eſſentien ſich in ihr 
Centrum des Paradeifes ſetzet / und die Seele immer warnet 
vor dem ungoͤttlichen Weege / welche ihr werden von den Sternen 
und Elementen fuͤrgehalten / und in ihre Eſſentien bracht. Dar⸗ 
umb behaͤlt die Jungfraw ihren Thron im Hertzen und auch im 
Kopffe / daß fie allenthalben der Seelen wehre und ſteure. 
47. Uns iſt weiter zu erſinnen / daß als ihu der Schrack fein 

Wohnhaus machte in ſeinem ſtarcken Durchriß aus den Thoren 
der aͤngſtlichen Finſternuͤß / als die Zunge / daß der Schrack noch 
nicht die Jungfraw erblicket hatte / ſondern als er ſich wieder zu 
ruͤcke ins Hertze in die eröffnete Finſternuͤs erblickte / und fand fie 
fo Wonneſam / da gieng ihm erſt auff die Fremde / Wonne und 
Lieblichkeit / und wurd Paradeiß / und wolte nicht wieder in die 
Zunge / ſondern in Kopff / und alda ſeine Region aus dem Quaͤll 
deß Hertzens haben. Darumb darff man der Zungen nicht alles 
glauben / denn ſie figet nicht in himliſcher Region , wie die 
wonneſame liebliche Krafft / ſondern ſie hat ihre Region im 
Schrack und Blitz. Denn der Blitz iſt der hoͤlliſchen Region ſo 
nahe / als der Schrack / denn ſie werden beyde in der ſtrengen 
Schaͤrffe / in den Eſſentien erbohren / und redet die Zunge Luͤgen 
und Wahrheit / in welcher ſte der Geiſt wapnet / ſo reuthet ſte: 
fie redet auch ofte Luͤgen bey den hohen Menſchen / wan ſie von 
der Eſſentien gewapnet wird / fo reuthet ſte im Schrack / als ein 
Reuther in feiner Hochmuht. f er 


Dag 


192 Von den drey Principien Cap. 5. 

c Das Leben der Seelen die Porte. 

48. S O dan nun deß Lebens Krafft und Geiſt des andernPrin- 

cipii iſt erbohren in dem erſten Uhrkunde des erſten 
Principii , als in den Thoren der tieffen Finſternuͤß / welche der 
Wille der Krafft der Jungfrauen in dem ſtrengen ernſtlichen 
Blicke der ſtrengen Macht Gottes zerſprengete / und ſich in die 
liebliche Wonne ſetzte / fo drungen die Eſſentien der Sternen und 
Elementen, als bald im Blick des Lebens Auffgang mitte ein / 
doch erſt nach erbawung der lieblichen Wonne. 

49. Denn die Wonne iſt das Element, und des innern Ele- - 
ments Krafft iſt die Liebe des Paradeyſes / das wollen die aͤuße⸗ 
ren Elementa als die auß dem Element ſind erbohren / von ihrer 
Mutter haben / und das ſcharffe Fiat bringet ſie in die Wonne / 
da wird des Lebens Liecht recht angezuͤndet / und leben alle Efen- 
tien in der Wonne / und gehet die Sonne der Sternen auff in der 
g denn im Lebens Anfang faͤngt ein jedes Principium ſein 

iecht. 

so. Das erſte Principium, als die Finſternuͤß fängt den grim⸗ 
men und geſchwinden Feuer- Blitz / als ſich der wieder gefafte 
Wille im erſten Willen / der angezogenen Finſternuͤß der Her⸗ 
bigkeit erblicket / und im Blick die Finſternuͤß zerſprenget / fo 
bleibt im erſten Willen der herben Finſternuͤß der Fewer⸗ blitz / 
und ſtehet ob dem Hertzen in der Gallen / und zuͤndet das Fewer 
in den Eſſentien des Hertzens an. N 

51. Und das ander Frincipium behält auch fein Liecht vor ſich / 
welches iſt die liebliche Wonne / welche erſcheinet / wo die Finſter⸗ 
nuͤß zerſprenget iſt / darinnen die holdſelige Krafft und Lieblich⸗ 
keit auffgehet: davon der Schrack in der ſtarcken Macht alſo 
frewdenreich wird / und ſein groß Reiſſen leget in ein frewdenreich 
zittern / da ihme dan der Fewer⸗ blitz deß erſten Principii anhaͤnget / 
davon er zitternd iſt / aber feine Quaͤll iſt Lieblichkeit und Freude / 
das man nicht ſchreiben kan / wol deme der es erfaͤhret. 

52. Und das dritte Principium behält fein Liecht gantz vor ſich / 
welches / wan deß Lebens Liecht auffgehet / eindringet in der See⸗ 
Jen Tipctur zu dem Element, und greifft nach dem Element, be⸗ 
komt aber nicht mehr als der Sonnen- liecht / welches auß der 
quinta Eſſentia iſt aufgangen außm Element. Alſo herꝛſchen die 
Sternen und Elementen in ihrer Sonnen Liecht und Krafft / und 
inqualiren mit der Seelen / und bringen viel Untugend / auch 
KLrauckheit in die Eſſertien, davon ſtechen / reißen / geſchwulſt / 
und Sucht in ihnen entſtehet / und endlich ihre Zerbrechung und 
Todt. 53. & 


Cap. 15. Goͤttliches Weſens. 193 
53. So dan nun das Liecht in allen dreyen Principien ſchei⸗ 
net / ſo gehet auß die edle Tinctur aller drey Principien, und iſt 
hoch zu mercken / daß das mittel Principium kein Liecht von der 
Natur annimt / ſondern ſo bald die Finſternuͤß zerſprenget iſt / 
ſo erſcheinet es in hochfreudenreicher Wonne / und die edle Jung⸗ 
frau in der Wonne / als in derſelben Tinctur wohnend. Uns er⸗ 
ſcheinet die Gottheit im Menſchen gar hoch und ſehr / da wir ſie 
180 ſonſt in keinem Dinge alſo finden / wir betrachten was wir 
wollen. * a 
“54. In dem erſten principio iſt der Fewer⸗Blitz / und feine 
Tin&ur 5 das ſchreckliche Liecht der Sonnen / welches ſich außm 
ewigen Uhrkunde / aufm erſten Principio mit feiner Wurtzel / 
aus der guinta Eſſentia durchs Element gar ſcharff urkundet / 
welches an einem andern Orte kan ausgefuͤhrt werden / und hier 
zu lang iſt: Auch wil es verborgen ſeyn / der es weiß / geſchwei⸗ 
get es / gleich wie mit dem Auffgang der Sternen und Planeten / 
denn das gekroͤnete Huͤtlein wil in ſeiner Schulen recht haben / 
ob es wol im Liechte der Natur das wenigſte begreifft: Es 
bleibt zur Lilien⸗Zeit / da ſtehet alles offen / und iſt die 
Tinctur der Welt Liecht. 

55. Und ſiehet man gar eigen hierinnen / wie ſich das dritte 
Principium mit dem erſten aneignet / wie ſie faſt einen Willen 
haben. Denn es gehet aus einander / und wan das ander brin- 
cipium nicht in mitten waͤre / ſo waͤre alles ein Ding. So wir 
aber allhier von der Tinctur im Leben reden / ſo wollen wir den 
rechten Grund im Liechte der Natur anziehen von allen dreyen 
Gebuhrten. 

56. Die edle Tinctur iſt das Wohnhauß des Geiſtes / und hat 
drey Geſtalten: Eine Geſtalt iſt ewig / unzerbrechlich: die an⸗ 
der iſt veraͤnderlich / und auch ewig⸗bleibend bey den Heiligen / 
aber in Gottloſen veraͤnderlich / und fliehet ins æther: die dritte 
iſt zerbrechlich / als im Tode. f 

57. Die erſte Tinctur des erſten Principii, iſt eigentlich die 
Wonne im Fewer⸗Blitz / das iſt die Quell in der Galle / die ma⸗ 
chet dem Schwefel⸗Geiſte (als dem unauffloͤßlichen Wurm der 
Seelen / welcher in den ſcharffen Eſſentien gewaltig herꝛſchet und 
den Leib beweget und traͤget / wo das Gemuͤhte im andern Cen- 
tto hinwil) ſein Wohnhauß: Seine Tinctur vergleicht ſich der 


ſtrengen und ſcharffen Macht Gottes / ſie zuͤndet den gantzen 


Leib an / daß er warm iſt / daß er nicht erſtarret / und erhaͤlt das 
* J Radt 


194 Von den drey Principien Cap. 152 


Radt im Schracke in den Eflentien , darauß das Gehör entſte⸗ 
het. Sie iſt ſcharff und probirer den Geruch aller Dinge in den 
Eſſentien, fie machet das Gehör / wiewol fie nicht das Gehör 
und Ruch iſt / ſondern die Porte welche Boͤſes und Guts ein⸗ 
läffet / wie die Zunge / das Ohr auch / das machet alles / daß 
ihre Tinctur ihren Grund im erſten Principio hat / und des Le⸗ 
bens Anzuͤndung geſchiehet in der Schaͤrffe / in der Durchbre⸗ 
chung / durch die Porten der ewigen Finſternuͤß. 

58. Darumb werden die Eſſentien des Seelen Geiſtes alſo 
ſcharff und feurig / und gehet auß den Eſſentien eine ſolche ſcharf⸗ 
fe feurige Tinctax. Darinnen ſtehen nun die fuͤnff Sinnen: als 
1. Sehen / 2. Hoͤren / 3. Riechen / 4. Schmecken und 5. Fühlen. 
Denn die grimmige Schaͤrffe der Tinctur des erſten Principii 
probitet in ihren eigenen Eſſentien der Seelen / oder des See⸗ 
len⸗wurms an dieſem Orte / alſo recht genant die Sternen und 
Elementa, als die Außgebuhrt außm erſten principio, und 
was ihr aneignet / daß nimbt ſie an in ihre Eſſentien des See⸗ 
len⸗wurms / als nemlich alles was da iſt herbe / bitter / ſtrenge 
und feurig / alles was ſich im Grim̃ erhebet / alles was der Effen- 
tien Eigenſchafft iſt / das da im Fewr⸗quaͤlle mit auffſteiget / 
und ſich erhebt in der Zerſprengung der Thoren der Finſternuͤß / 
und quäflet über die Sanfftmuht / alles was ſich gleichet der 
ſcharffen und ſtrengen Ewigkeit / und inqualiret mit dem 
ſcharffen und grimmigen Zorn Gottes der Ewigkeit / in wel⸗ 
chem er das Reich der Teuffel gefangen haͤlt. (O Menſch bedencke 
dich alhie: Es iſt der gewiſſe Grund vom Autor im Liecht der 
Natur erkant / im Willen Gottes.) 

59. Und in dieſer Tinctur des erſten Prineipil fecht der Teuf⸗ 
fel den Menſchen an / denn es iſt ſein Quell / darinnen er auch 
lebet / er greifft ihm hierinnen ins Hertze / in ſeine Eſſentien der 
Seelen / und fuͤhret ihn von GOTT in die Begierde / zu leben in 
ven ſcharffen Eſſentien, als in der feurigen ſich zu erheben über 
die Demuͤtigkeit und Sanfftmuht des Hertzens Gottes / und 
über die Liebe der Sanfftmuht aller Creaturen / alleine der ſchoͤ⸗ 
ne und glaͤntzernde Wurm im Fewer⸗ Blitz zu ſeyn / und zu herꝛ⸗ 
chen uͤber das ander Principium, und machet des Menſchen Seele 
hoch und ſtoltz / ſich mit keiner Saufftmuht zu vergleichen / ſon⸗ 
dern mit alle dem / was auch in ſolcher Qualitat lebet. 

60. Und in der bittern Eſſentia macht er den Seelen⸗ Wurm 
ſtachlicht / anfe indlich / neydiſch / Niemand nichts goͤnnend / wie 


uch dan die Bitterkeit mit nichts freundlich vertraͤget / gen 
ic 


Sapırz.  GötllichesWefend kz 


ſticht und bricht / wuͤtet und tobet / wie der Hollen Abgrund / und 
iſt das rechte Mordt⸗Haus des Liebe⸗Lebens. 

6. Und in der herben Eſſentia der Tinctur des Seelen⸗ 
wurms inficirer er die herbe Eſſentiam, fo wird fie ſcharff anzie⸗ 
hend / krieget einen Willen alles an ſich zu ziehen / und mags 
doch nicht: denn der gefaſſete Wille laͤſſet ſich nicht gern fuͤllen / 
ſondern iſt ein duͤrrer / helliger / durſtiger Hunger / alles z 
haben / und obs alles kriegte / ſo waͤre der Hunger doch nicht 
minder: ſondern es iſt der ewige Hunger und Durſt des Abgrun⸗ 
des / der Wille des hoͤlliſchen Fewers/ und aller Teuffel / wol⸗ 
che immer hungert und durſtet / und eſſen doch nichts / ſondern 
das iſt ihre Sättigung / daß ſie den grimmigen Quällder Eflen- 
tien der herben / bittern / und Fewers⸗Macht in ſich ziehen / dar⸗ 
innen ſtehet ihr Schen und Guuͤge und deß Zornes / und der Hoͤl⸗ 
len Abgrund iſt auch alſo. 2 N 

62. Und dieſes iſt der Quaͤll des erſten Principii, welcher aufs 
ſer dem Liechte Gottes nicht anders ſeyn kan: er kan ſich auch 
nicht verändern / denn er iſt von Ewigkeit alſo geweſen. Uud 
aus dieſem Qualle find die Effentien deß Seelen⸗wurms in Zeit 
ſeiner Schoͤpffung durchs Fiat Gottes außgezogen / und im Pa⸗ 
radeiß vor Gottes Sicchte geſchaffen worden / welches den Fewer⸗ 
Blitz erblicket und in gar hohe Sanfftmuht und Demuͤtigkeit 
geſetzet hat. ö 

63. Denn dieweil der Menſch ſolte ewig ſeyn / ſo muſte er 
auch aus dem Ewigen ſeyn. Denn aus dem Brunne des Her? 
tzens Gottes wird nichts geſchaffen / denn er iſt der Natur En⸗ 
de / und hat keine ſolche Eſſentien, es gehet nichts faßlichs hin⸗ 
ein. Sonſt würde es auch eine Fülle und Finſternuͤtz / und das 
kan nicht ſeyn: So iſt von Ewigkeit ſonſt nichts geweſen / als 
nur die Quaͤll / darob die Gottheit von Ewigkeit / wie vorne be⸗ 
meldet / immer auch ſtehet. | 

64. Und dieſe Quaͤll des Seelen⸗Geiſtes iſt ewig / und ſeine 
Tinctur iſt auch ewig / und wie die AQuaͤlle zu allen Zeiten dieſer 
Welt / weil ſie im Elementiſchen Fleiſch⸗Hauſe ſtecket / iſt / alſo 
iſt auch die Tinctur und Wohn⸗Haus der Seelen / in welche 
AQuaͤll / es ſey gleich in die göttliche oder hoͤlliſche / ſich das Ge⸗ 
muͤthe an⸗ eignet / in derſelbigen lebet der Wurm / und aus dem⸗ 
ſelben Principio iſſeter / und iſt entweder ein Engel oder Teuf⸗ 
fel; wiewol fein Gerichte in dieſer Zeit nicht iſt / denn er ſte⸗ 
het in beyden Porten / ſo lange er im Fleiſche lebet / er verteuffe 
ſich denn gar in Abgrund / nn ich / wan ich von den Sünder 

f 5 3 der 


96 Von den drey Principien Cap. 15. 
der Menſchen ſchreibe / handele gantz hoch und ſcharff. Liß beym 
Cain. 8 8 
65. Das Gemuͤthe / ſo im Liechte der Natur nichts erkennet / 
wird ſich wundern ob ſolchem Schreiben / und vermeinen / es 
ſey nicht alſo: GO T T habe den Menſchen nicht aus ſolchem 
Urkunde gezogen und geſchaffen. Nun ſiehe du liebe Vernunfft 
und theures Gemuͤthe: Recke deine fünf Sinnen her / ich wil 
dirs zeigen obs wahr ſey / ich wil dirs beweiſen / daß du nicht einen 
Funcken haſt / dich in andern Grundt zu zwingen / du wolleſt dir 
dann laſſen den Teuffel dein Hertz verbittern in der thieriſchen 
Vernunfft / und das Liecht der. Natur / welches doch vor GOTT 
iſt / verachten / und fo du je auff ſolchem viehiſchen Weege biſt / fo 
laß meine Schrifften ungeleſen / ſie ſind nicht vor ſolche Saͤw 
geſchrieben / ſondern vor die Kinder / die da ſollen beſttzen das 
Reich Gottes / denn ich habe ſie mir geſchrieben / und den Su⸗ 
chenden / und nicht den Klugen und Weiſen dieſer Welt. 
66. Siehe was ſind deine fuͤnff Sinnen / in was Krafft ſte⸗ 
hen ſie / oder wie kommen fie ins Leben des Menſchen? wovon 
komt dein Sehen / daß du in der Sonnen⸗Liecht ſieheſt / und 
ſonſt nichts? Bedencke dich hoch wilſtu ein Natur⸗Kuͤndiger 
ſeyn / und vom Liechte der Natur ruͤhmen! du kanſt nicht ſagen / 
du ſteheſt alleine aus der Sonnen / es muß auch etwas ſeyn / daß 
der Sonnen⸗Liecht faͤhet / und mit der Sonnen⸗Liecht eine inſi⸗ 
cirung hat / altzdan der Stern in deinen Augen iſt / der iſt nun 
nicht Sonne / ſondern er ſtehet im Fewer und Waſſer / und fein 
Glaſt / der der Sonnen ⸗Liecht faͤhet / iſt ein Blitz / welcher aus der 
fewrigen herben und bittern Galle urkundet / und das Waſ⸗ 
ſer⸗ macht ihn 1 ge Nun vernimſtu hier zwar nur das aͤuſ⸗ 
ſere / als das dritke Principium, darinnen die Sonne / Ster⸗ 
nen und Elementa ſtehen. Solches iſt auch in allen Creaturen in 
dieſer Welt. a 5 
67. Nun was machet dann das Gehoͤr / daß du hoͤreſt was 
£hönet und ſich reget / wilſtu ſagen vom Schalle der aͤuſſern Din⸗ 
ge / ſo da ſchallen? Rein / es muß auch etwaß ſeyn / das den 
Schall faͤnget und mit den Schalle inqualirer., und den Thon 
unterſcheidet was gepfiffen oder geſungen iſt: das aͤuſſere kans 
alleine nicht thun / das innere muß den Schall fangen und un⸗ 
terſcheiden. Siehe! alhier findeſtu des Lebens Auffgang und 
die Tinctur, darinnen das Leben ſtehet: denn die Tinctur des 
Schracks ins Lebens Auffgang in der Zerſprengung der finſtern 
Thore / ſtehet im Schalle / und hat feine Porten ug dem 
ewer⸗; 


Es 


Cap. 15. Gottliches Weſens. 195 


Fewer⸗Blitze neben den Augen offen / und faͤnget allen Schall / 
was thoͤnet. a a 
68. Denn das aͤuſſerliche Thoͤnen inqualirer mit dem innern / 
und wird durch die Eflentien entſchieden / und die Tinctur, nimt 
alles an / es ſey boͤg oder gut / und bezeuget darmit / daß ſie mit 
ihren Eſſentien, welche fie gebaͤhren / nicht iſt aus der Gottheit ge⸗ 
bohren / ſonſt lieſſe die Tinctur nicht das Boͤſe und Falſche in die 
Eſſentien der Seelen. 
69. So iſt uns nun zu entſinnen / daß der Schall in der Tin- 

- ur des Menſchen höher iſt / als der in Thieren / denn er urs 

kundet und entſcheidet alle Dinge / was thoͤnet / und weiß wo⸗ 
von es kommet / und wie ſichs urkundet / das kan kein Thier 
thun / ſondern es gaffer es an / und weiß es nicht / was es iſt. 
Daran verſtehet man wie des Menſchen Urkund iſt aus dem 

Ewigen / daß er kan unterſcheiden das Ding / das da worden iſt 
in der Außgebuhrt aus dem Ewigen / und daher urkundet ſichs / 
daß / dieweil alle Dinge aus dem ewigen Nichts ſind geſetzet in 
Etwas das begreifflich iſt / und da es doch nicht ein Nichtes / ſon⸗ 
dern ein Quaͤll iſt / fol nach Zerbrechung des Corporis in der cwi⸗ 
gen Figur ſtehen / und nicht im Geiſte / dieweil es nicht aus dem 
ewigen Geiſt iſt: Sonſt wo es aus dem Geiſte waͤre / ſo uhr⸗ 
kundet es auch die Anfaͤngligkeit aller Dinge / wie der Menſch / 
welcher in ſeinem Schalle alle Ding faͤnget und unterſcheidet. 
50. So muß nun deß Menſchen Gehaͤufe des Schalles / dar⸗ 
innen der Verſtandt iſt / von Ewigkeit ſeyn / wiewol er ſich im 
Fall Adams in die Zerbrechligkeit und in groſſen Unverſtandt ge⸗ 
ſetzet hat / wie folgen wird. In gleichem Fall finden wir auch 
von dem Ruche / denn ſo der Geiſt nicht im Schalle ſtuͤnde / fo 
druͤnge kein Ruch einiges Dinges in die Eſſent ien, denn der 
Geiſt waͤre gantz und geſchwull. So er aber in der Porten der 
zerſprengten Finſternuͤß im Schrack und Schall ſtehet / fo drin⸗ 
get alle Krafft von allen Dingen ein in dieſelbigen Porten / und 
probirer ſich mit einander / und was deß Geiſtes Eſſentien Leib 


iſt / begehret er / und zeucht es in die Tinctur, da greiffet denn 
Maul und Haͤnde zu / und ſacket es in Magen / in Vorhoff der 
vier Elementen , davon die irꝛdiſchen Ellentien der Sternen und 


Elementen eſſen. . 

7r. So iſt der Geſchmack eben daſſelbe eine probirung und An⸗ 
ziehen der Tinctur in des Geiſtes Eſſentien, und die Fuͤhlung 
auch. So deß Menſchen Geiſt mit ſeinen Eſſentien nicht im 
Schalle ſtuͤnde / fo ware keine Fuͤhlung ; denn fo die herbe EL- 
— . ſentia 


198 Von den drey Principien Cap. 16. 
ſentia an ſich zeucht / fo erreget fie den bittern Stachel im Fewer⸗ 
Blitz / welcher ſich ruͤget / es ſey mit greiffen / ſtoſſen oder ſchla⸗ 
gen / To wird in allem Anruͤhren der bitter Stachel im Fewer⸗ 
Blitz erwecket / und darinne ſtehet das Ruͤgen als in der Tinctur. 


Das 16. Capittel. 


Von dem edlen Semuͤhte / vom Verſtande / Sin: 
nen und Gedanden. 


Von dem dreyfachen Geiſte und Willen / und von der 

Tinctur der Anneigligkeit: Was einem Kinde in 
Mutter Leibe mit angebohren werde. 

Item / 125 

. Vom Bilde Gottes: und dan auch 2. vom viehi⸗ 

ſchen Bilde: und denn 3. vom Bilde der Hoͤllen Ab⸗ 

grund und Gleichnuͤß des Teuffels / in dem einigen 
Menſchen zu urkunden / und zu finden. 


Die edle Porte der theuren Jungfrawen: und auch 
hr Fe der Frawen dieſer Welt / gar hoch zube⸗ 
trachten. 5 


2 O wir uns entſinnen in der Erkaͤntnuͤs / ſo uns 
durch die Liebe Gottes / in der edlen Jungſrawen 
der Weißheit Gottes eroͤffnet wird / nicht nach 
unſerm Verdienſt / Froͤmmigkeit oder Wuͤrdig⸗ 

| keit / ſondern aus feinem Willen und urkundli⸗ 
chen ewigen Fuͤrſatz derer Dinge / ſo uns in ſeinet Liebe erſcheinen / 
ſo erkennen wir uns freylich viel zu unwuͤrdig zu ſolcher Offen⸗ 
bahrung / ſintemahl wir Suͤnder ſind; und mangeln alle deß 

NRuhmes / den wir haben ſolten vor ihme. 

2. Dieweil es aber fein ewiger Wille und Fuͤrſatz iſt uns wolzu⸗ 
thun / nd zu eröffnen feine Geheimnuͤſſe nach feinem Naht / ſo 
ſollen wir nicht widerſt reben / und das gegebene Pfund in die Erde 
3 : de nn wir muͤßen darvon in der Erſcheinung ſeiner 


ukunfft Rechenſchafft geben: Wollen alſo in unferem Weinber⸗ 
ge arbeiten / und ihme ferner die Frucht befehlen / und uns ſol⸗ 
ches zu einem Memorial auffſchreiben / und es ihme befehlen / deñ 
wir koͤnnen weiters nicht forſchen oder erſinnen / als wur was 
f 5 wir 


Cap. 16. Goͤttliches Wefens. 199 


wir im Liechte der Natur ergreiffen. Da denn unſere offene Por⸗ 
ten ſtehet / nicht nach dem Maaß unſers Fuͤrſatzes / wenn und wie 
wir wollen / ſondern nach ſeinen Gaben / wan und wie er wil: 
Wir koͤnnen auch nicht den kleineſten Funcken von ibme ergreif⸗ 
fen / es ſey dan daß uns die Thoren der Tieffe aufgethan find in 
unſerm Gemuͤhte / da denn der eyferige und hochbegierige ent⸗ 
zuͤndete Geiſt gehet als ein Fewer / deme der irꝛdiſche Leib billich 
unterthaͤnig iſt / und ſich keine Muͤhe ſol laſſen tawren / dem bes 
gierigen fewrigen Gemuͤhte zu dienen: und ob er gleich von der 
Welt nichts / als Schmach und Spott hat zu gewarten fuͤr ſeine 
Arbeit / noch ſoll er ſeinem Herꝛn gehorſam ſeyn: ſintemahl ſein 
Herꝛ iſt maͤchtig und er un⸗maͤchtig; und fein Herr ihn fuͤhret 
und naͤhret / er aber in ſeinem Unverſtande nichts weiß was er 
thut / ſondern lebet allem Vieh gleich / auch ſo iſt ſein Wille alſo 
zu leben / ſo ſoll er dem theuren Gemuͤhte ſolgen / welches forſchet 
nach der Weißheit Gottes / und das Gemuͤhte ſoll folgen dem 
Liechte der Natur. Denn GOTT offenbahret ſich in demſelben 
Liechte / ſonſt wuͤſten wir nichts von ihme. | 
3. So wir uns nun entſinnen im Liechte der Natur von un⸗ 
Fern Gemuͤhte / was das ſey / das uns eyferig machet / das da 
brennet wie ein Liecht / und gierig iſt wie ein Fewer / das da be⸗ 
gehret an dem Orte zu empfahen / da es nicht geſaͤet hat / und ernd⸗ 
ten in dem Lande / da der Leib nicht daheime iſt: So entgegnet 
uns die theure Jungfraw der Weißheit Gottes im mitlern Sede 
im Centto des Lebens Liecht / und ſpricht: Mein iſt das Liecht / 
die Krafft und Herꝛligkeit / Mein iſt die Porten der Erkaͤntnuß: 
Ich lebe im Liechte der Ratur / und ohne mich kanſtu nichts ſehen 
vder erkennen von meiner Krafft: Ich bin im Liechte dein Braͤu⸗ 
tigamb / und deine Begierde nach meiner Kraſt iſt mein Anziehen 
in mich / ich ſitze in meinem Thron / aber du kenneſt mich nicht / 
ich bin in dir / und dein Leib nicht in mir. Ich unterſcheide / und 
du ſieheſt es nicht: Ich bin das Liecht der Sinnen / und die Wur⸗ 
tzel der Sinnen iſt nicht in mir / ſondern neben mir: Ich bin der 
Wurtzel Braͤutigamb / aber fie hat ein rauh Roͤcklein ange zo⸗ 
gen / ich lege mich nicht in ihre Arme / biß ſie das auß zeugt / als⸗ 
denn wil ich in ihren Armen ewig ruhen / und die Wurtzel zieren 
mit meiner Krafft / und ihr geben meine ſchoͤne Geſtalt / und 
mich mit ihr vermaͤhlen mit meiner Perlen. N 
4. Drey Dinge ſeynd die das Gemuͤhte inne haben und regie⸗ 
ben / das Gemuͤhte aber an ihme ſelbſt iſt der begehrende Wille / 
und die drey Dinge ſind drey Reiche / a drey Principia: 9 f 
er 4 j 


200 Von den drey Principien Cap. 16. 
iſt ewig / das ander iſt auch ewig / und das dritte iſt zerbrechlich. 
Eines hat keinen Anfang / und das ander wird in dem ewigen 
un⸗anfaͤnglichen gebohren / und das dritte hat einen Anfang und 
Ende / und zerbricht wieder. 
5. Gleich wie das ewige Gemuͤhte in der groſſen unerforſch⸗ 
lichen Tieffe iſt von Ewigkeit / das unaufloͤßliche Bandt / der 
Geiſt in der AQuaͤll / der fich ſelber immer erbieret / und nie ver⸗ 
gehet / und darinnen im Centro der Tieffe der wiedergefafte Wille 
zum Liechte iſt / und der Wille iſt das Begehren / und das Be⸗ 
gehren zeucht an ſich / und das Angezogene macht die Finſternuͤß 
im Willen / daß alſo im erſten Willen ſich wieder der ander 
Wille gebieret zu entfliehen aus der Finſternuͤß / und derſelbe 
andere Wille iſt das Gemuͤhte / welches ſich erblicket in der Fin⸗ 
ſternuͤs / und der Blick zerſprenget die Finſternuͤß / daß fie ſtehet 
im Schall und Schrack / da ſich dan der Blick ſchaͤrffet / und alſo 
ewig in der zerſprengten Finſternuͤß ſtehet: Alſo daß die Fin⸗ 
ſternuͤß ewig im ſtrengen Schall ſtehet / und in der Zerſprengung 
der Finſternuͤß iſt der wiedergefaſte Wille frey / und wohnet 
außer der Finſternuͤß in ſich ſelber / und der Blick / welcher i 
die Zertrennung und die Schaͤrffe / und der Schall iſt die Wo 
nung des Willens oder immer gefaften Gemuͤhts / und der Schall 
und die Schärffe des Blickes werden in der Wohnung des Wil⸗ 
lens frey von der Finſternuͤß / und der Blick erhebt den Willen / 
und der Wille triumphiret in der Schaͤrffe des Blickes / und der 
Wille erblicket ſich in der Schaͤrffe des Schalles im Blick des 
Liechtes außer der Finſternuͤß / in der Zerſprengung in unend⸗ 
lich / undſin derſelben Unendligkeit deß Blickes / iſt in jedem An⸗ 
blicke vom gantzen in die particular, in iedem Gegenblicke wieder 
das Centrum einer ſolchen Gebuhrt / wie im Gantzen / und die⸗ 
ſelben particular ſind die Sinnen / und das Gantze iſt das Ge⸗ 
muͤhte / da die Sinnen von außgehen / darumb ſind die Sinnen 
veraͤnderlich und nicht im Weſen: Das Gemuͤhte aber iſt gantz 
und im Weſen. ö i f 
6. Alſo mein lieber Leſer / iſt unſer Gemuͤhte auch das un⸗ 
aufloͤſliche Bandt / welches GOTT durchs Fiat im wallenden 
Geiſt auß dem ewigen Gemuͤte in Adam bließ / und find unfere 
ewige Eſſentien, nur eine particular, oder ein Funcke aus dem 
ewigen Gemuͤhte / welcher das Centrum der Zerſprengung in 
ſich hat / und in der Zerſprengung die Schaͤrffe / und ch 
Wille fuͤhret den Blick in der Zerſprengung / und die Sch“ 
der Verzehrung der Finſternuͤß iſt im Blicke des Willens / ze 
27 75 er 


Cap. 16.  Göttliches Weſens. or 


der Wille iſt unſer Gemuͤhte / der Blick find die Augen im Fewr⸗ 
blitz / der erblicket ſich in unſern Eſſentien in uns / und auch 
außer uns / denn er iſt frey / und hat beyde Porten offen / die in 
Finſternuͤß / und auch die im Liechte: denn ob er gleich in die 
Einſternuͤß blickt / fo zerſprenget er doch die Finſternuͤß / und 
macht ihm alles liechte in ſich / und wo er iſt / da ſiehet er / wie un⸗ 
ſere Gedancken / die koͤnnen uͤber viel Meilen ſehen in ein Ding / 
da der Leib weit von iſt / auch manchmal an dem Ende nie geweſen. 
7. Der Blick gehet durch Holtz und Steine / durch Marck 
und Beine / und kan ihn nichts halten / denner zerſprenget ohne 
Zerreiſſung des Leibes einigerley Dinge / uberall die Finſternuͤß / 
und der Wille iſt ſein Reut⸗Pferd / darauff er reuthet. (Alhier 
muß man viel geſchweigen / wegen der Teuffliſchen incantation s 
wir wolten ſonſt alhier noch viel eroͤffnen / denn der Nigroman- 
ticus wird alhier gebohren. ) 0 2 
8. Nun aber iſt der erſte Wille im Gemuͤhte aus der ſtrengen 
Aengſtlichkeit / und fein Blick im urkunde iſt der bitter / ſtrenge 
Fewr⸗ blitz / in der Schaͤrffe / der macht das Ruͤgen und Schallen / 
und das Sehen im Glaſt des Blitzes Schaͤrffe / daß die wiederge⸗ 
Kir Blicke in den Gedancken ein Liecht in ſich haben / davon ſie 
ehen / wan ſte lauffen als ein Blitz. 5 
9. Dieſem erſten Willen im Gemuͤhte gebuͤhret nun nicht hin⸗ 
ter ſich in Abgrund des Grimmes zu blicken / in welchem iſt die 
ſtrenge Boßheit / ſondern für ſich ins Centrum der Zerſprengung 
aus der Finſternuͤß ins Liecht / denn im Liechte iſt eitel Sanfft⸗ 
muht und Demuht / und Wohl woͤllen und freundlich begehren / 
auch mit dem wiedergefaſten Willen aus ſich ausgehen / und ſich 
eröffnen mit ſeiner theuren Schatzkammer. Denn im wiederge⸗ 
faſſeten Willen zur Liechtsgebuhrt iſt keine Quaͤll der Aengſtlig⸗ 
keit / ſondern eitel Linhe⸗begehren. Denn der Blick gehet auff 
auſſer der Finſternuͤß in ſich ſelber / und begehret das Liecht / und 
das Begehren zeucht das Liecht in ſich. Da wird aus der Angſt eine 
erhebliche Frewde / in ſich ein demuͤtig Lachen / einer ſanfften 
Wonne / denn der wiedergefaſſete Wille im Liechte iſt ſchwan⸗ 
ger / und feine Frucht im Leibe / iſt Krafft / die begehret der Wille 
zu gebaͤhren und darinnen zu leben / und das Begehren bringet 
die Frucht aus dem ſchwangern Willen fuͤrn Willen / und der 
geile erblicket ſich in der Frucht in einer unendlichen Liebe⸗zahlꝛ. 
da gehet aus in der Liebe⸗zahl in dem erblickten Willen die hohe 
Benedeyung / wohl goͤnnen / freundlich ſeyn / lieblich aneignen / 
Geſchmack der Frewden / Wohlthun der Saufftmuht / und dass 
Teer TS BEINE 


202 Von den drey Prineipien Cap. 16 


meine Feder nicht ſchreiben kan / viel lieber waͤre das Gemuͤhte 
frey von der Eitelkeit / und lebte ohne wancken darinnen. 

10. Dieſes ſind nun zwey Porten in einander: die untere 

gehet in Abgrund / und die obere ins Paradeiß / zu dieſem komt 
nun die dritte aus dem Element mit ſeinen vier Außgaͤngen / und 
drenget ſich mit ein / mit Fewer / Lufft / Waſſer und Erden / und 
ihr Reich ſind die Sonne und Sternen / die inqualiren mit dem 
erſten Willen / und ihr Begehren iſt ſich zu füllen / geſchwul und. 
groß zu werden: die ziehen an ſich / und fuͤllen die Kammer der 
Tieffe / den freyen und bloſſen Willen im Gemuͤhte: ſie bringen 
die Blicke der Sternen in die Porten des Gemuͤhtes / und inqua⸗ 
liren mit der Schaͤrffe des Blickes; die zerſprengte Thoren der 
Finſternuͤß füllen fie mit Fleiſch / und ringen ſtaͤts mit dem er⸗ 
ſten Willen / von welchen: fie find außgangen umb die Region, 
und ergeben ſich dem erſten Willen / als ihrem Vatter / der nimt 
ihre Region gerne an / deñ er iſt dunckel und finſter / ſo ſind ſie 
rauhe und herbe / darzu bitter und kalt / und ihr Leben iſt ein 
ſtedend Feuer⸗quaͤllen / damit regieren fie im Gemuͤhte / in Galle / 
Hertze / Lunge und Leber / und in allen Gliedern des gantzen Lei⸗ 
bes / und iſt der Menſch ihr Eigenthumb. Der Geiſt / ſo im 
Blitze ſtehet / bringet das Geſtirne in die Tinctur feines Eigen⸗ 
thums / und figuriret die Gedancken nach der Sternen regierung; 
ſte nehmen den Leib und zaͤhmen ihn / und bringen darein ihre 
bittere Rauhigkeit. 

Ir. Zwiſchen dieſen beyden Regionen ſtehet nun die Porte 
des Liechtes / als in einem Centro, mit Fleiſche umbſchloſſen / 
und leuchtet in der Finſternuͤß in ſich ſelber / und webet gegen der 
Macht des Grimmes und der Finſternuͤß / und ſcheuſt aus ihre 
S ttraalen in den Schall der Zerſprengung / darauß außgehen die 
Porten des Sehens / Hoͤrens / Riechens / Schmeckens / und 
Fuͤhlens. Und wan dieſe Porten die ſuͤſſen / freundlichen und 
lieblichen Straalen des Liechts orgreiffen / fo werden fie fo hoch⸗ 
freundenreich / und lauffen in ihre hoͤchſte Region ins Hertze / als 
ins rechte Wohnhaus / in die Eſſentien des Seelen⸗geiſtes / der 
nimts mit Frewden an / und erquicket ſich darinnen. 5 

12. Alda gehet auff ſeine Sonne / als die liebliche Tinctur in 
dem Element Waſſer / das wird durch die ſuͤſſe Frewde zu Blute. 
Denn es erfreuen ſich alle Regionen darinnen / und vermeinen 
fie haben die edle Jungfraw wieder⸗bekommen / da es doch nur 
ihre Straalen find. Gleich wie die Sonne die Erden anleuchtet 
daron ſich alle Ellentien der Erden erſrewen / grünen 25 

dir wada 


Cap. 16. Göttliches Weſens 20e 
wachſen / davon die Tinctur in allen Kraͤutern und Blumen 


auffgehet. 

I 5 Und iſt hie ſcharff zu ſinnen / worinnen ſich eine jede Re- 
gion erfrewet. Dann die Sonne und Sternen ergreiffen nicht 
das Goͤttliche Liecht / wie die Eflentien der Seelen / und doch auch 
nur / die in der Wiedergebuhrt ſtehet / ſondern ſie ſchmecken 
die Suͤſſigkeit / ſo ſich in die Tinctur hat eingebildet: denn das 
Hertzen⸗gebluͤte / darinnen die Seele ſchwebet / iſt alſo ſuͤſſe / 
dat es ſich mit nichts vergleichet. ir 

14. Darumb hat GOTT dem Menſchen beym Moſe verboten / 
nicht das Fleiſch in ſeinem Bluhte zu eſſen / denn das Leben ſtecket 
drinnen / denn das thieriſche Leben gehoͤret nicht im Menſchen / 
daß en inficiret werde. 

25. Die drey Regionen empfangen mit Anfang der Tinctur im 
Gebluͤte ein ede und behaͤlt ein jedes ſeine Tinctur. 
Der Sternen Region behalt der Sonnen Liecht / und das erſte 
Principium den Fewr⸗blitz / und der heiligen Seelen Eflentien 
empfahen das theure und wehrte Liecht der Jungfrawen / doch in 
dieſem Leibe nur ihre Straalen / mit welchem ſie fichtet im Ge⸗ 
muͤhte wider die liſtigen Anſchlaͤge deß Boͤſewichts / wie S. Pau- 
lus zeuget. Epheſ. 6. vf. 16. 

46. Und ob das theure Licht in manchem in der Wiederge⸗ 
buhrt wohl etwas beharret / ſo iſts doch im Sternen und Elemen- 
ten- hauſe in der aͤuſe buhrt nicht beharꝛlich / ſondern es woh⸗ 
net in feinem Centro im Gemuͤhte. 

5 Die Porte der Sprache. 
7 Ss nun das Gemuͤhte im freyen Willen ſtehet / ſo erblicket 
ſich der Wille nach deme / was die Regionen haben in die 
Eſſentien eingefuͤhret / es fen Boͤſes oder Gutes / es ſey zum Him⸗ 
mel⸗ oder Hoͤllen⸗ reich / tuͤchtig / was der Blick ergreiffet / das 
‚ führeter in Willen des Gemuͤhts ein und im Gemuͤhte ſtehet der 
Koͤnig / und der Koͤnig iſt das Liecht deß gantzen Leibes / und der 
hat fuͤnff Raͤhte / die ſitzen alle im Schalle der Tinctur, und ein 
jeder probirer das jenige / was der Blick hat mit feiner inficirung 
in Willen gefuͤhret / obs Gut oder Boͤſe ſey / und die Raͤhte find. 
die fuͤnff Sinnen. . 8 

18. Erſtlich gibts der König x. den Augen zu ſehen / obs Boͤſe 
oder Gut iſt: und die Augen gebens 2. den Ohren zu hoͤren von 
wannen es komt / obs aus einer rechten Region, oder falſchen 
keit / obs erlogen oder wahr ſey: 5 Ohren gebens 3 55 4 


\ 


204 Von den drey Principien Cap. re, 


Naſen / dem Ruche / die ſol riechen das eingefuͤhrete / ſo vor dem 
Könige ſtehet / obs aus guten Eſſentien oder falſchen komme. Und 
die Naſe gibts 4. dem Geſchmack / der ſols wol probiren, obs 
rein oder falſch iſt. Darumb hat der Schmack die Zunge / daß 
er es ſoll wegſpeyen / ſo es falſch iſt; iſts aber ein Gedancke zu 
einem Worte / ſo ſind die Lippen der Thuͤr⸗huͤter / die ſollen zu⸗ 
ſperren / und die Zunge nicht mit heraus laſſen / ſondern ſols in 
die Region der Lufft / in die Blaſe und nicht ins Hertze führen 
und erſtecken / ſo iſts todt. 

19. Und wans der Schmack hat probiret, daß es den Eſſentien 
der Seelen wohlthut / fo gibt ers 5. in die Fuͤhlung / die fol pro⸗ 
biten, aus welcher Qualität es iſt / obs heiß oder kalt / harte oder 
weich / dicke oder duͤnne ſey / und ſo es leidlich iſt / ſo gibts die 
Fuͤhlung ins Hertze fuͤrn Blick des Lebens / und vor den Koͤnig 
des Lebens ⸗licht / und der Wille deß Gemuͤhtes erblicket ſich ferner 
in dem Dinge in eine groſſe Tieffe / und ſihet was darinnen iſt / 
wie viel er deß Dinges wolle . und einlaſſen: wans 
guug iſt / alsdan gibts der Wille dem Geiſte der Seelen / als 
dem ewigen Obriſten / der führets aus dem Hertzen mit feiner 
ſtarcken und ſtrengen Macht im Schalle / auff die Zunge unterm 

Gaumen / da zerſcheidets der Geiſt nach den Sinnen / wie ſich 
der Wille hat erblicket / und die Zunge zerſcheidet es im Schalle. 

20. Denn die Region der Lufft muß alhie das Werck fuͤhren 
durch dem Hals / da denn alle Adern im gantzen Leibe hingehen / 
und alda zuſammen kommen / und brian die Krafft der edlen 
Tinctur dahin / und vermiſchen ſich mit dem Worte / darzu alle 
drey Regionen deß Gemuͤhts kommen / und vermiſchen ſich mit 
dem unterſcheiden des Worts / da iſt gar eine wunderliche Ge⸗ 
ſtalt. Denn ein jede Region wil das Wort nach ihren Eſſentien 
ſcheiden. Denn der Schall gehet aus dem Hertzen / aus allen 
dreyen Principien. 

21. Das erſte Principium wil es nach ſeiner ſtrengen Macht 
und Pracht zieren / und miſchet darein ſtachlichten Grimm / Zorn 
und Voßheit: und das ander Principium mit der Jungfrawen 
ſtehet im Mittel / und ſcheuſt feine Straalen der lieben Sanfft⸗ 
muht drein / und wehret dem erſten: und ſo der Geiſt in dem⸗ 
ſelben entzuͤndet iſt / fo iſt das Wort gahr ſanffte / freundlich 
und demuͤtig / und anneiget ſich zu der Liebe deß Naͤchſten / be⸗ 
gehret Niemand mit dem hochmuͤtigen Stachel deß erſten Princi- 
ii anzugreiffen / ſondern verdeckt den Zorn-ftachel / und figuriret 
das Wort aus der Lauterkeit / und wapnet die Zunge 2 * 

f x ka’ 


1 


Eap.ıs. Goͤttliches Weſen. og 


Gerechtigkeit und Wahrheit / und ſcheuſt ihre Straalen fort 
im Willen des Hertzens / und ſo der Wille die lieblichen / hold⸗ 
ſeligen Straalen der Liebe empfaͤhet / ſo zuͤndet er das gantze Ge⸗ 
muͤhte an mit der Liebe / Gerechtigkeit / Keuſcheit der Jung⸗ 
frawen / und Wahrheit der Dingen / fo auff der Zunge appto· 
biret ſind von allen Regionen: Alſo macht es die Zunge mit den 
fuͤnff Sinnen lautbar / und erſcheinet das theure Bilde GOttes 
von innen und auſſen / daß man das kan hoͤren und ſehen im gan⸗ 
tzen Abgrunde / wie es eine Geſtalt hat. 


O Menſch / ſihe / was dir das Liecht der Natur zeiget! 


22. QO Um dritten komt das dritte Regiment zur Bildung des 

Worts / der Geiſt der Sternen und Elementen, und 
vermiſcht ſich im Gehaͤuſe und Sinnen des Gemuͤhts / und wil 
das Wort aus eigener Macht bilden / denn es hat die groͤſte 
Macht / denn es haͤlt den gantzen MEnsCHEn gefangen / und hat 
ihn mit Fleiſch und Bluht bekleidet / und inficirer den Willen 
des Gemühtes / und der Wille erblicket ſich im Reiche dieſer 
Welt / an Luſt und Schoͤnheit / an Macht und Gewalt / an 
Reichthumb und Herꝛrligkeit / an Wolluſt und Frewden: dage⸗ 
gen an Trauren und Elend / an Kummer und Armuht / an 
Kranckheit und Schmertzen. Item an Kunſt und Weißheit / da⸗ 
gegen an Narꝛheit und Thorheit. 

23. Dieſes alles bringet der Blick der Sinnen in Wjllen des 
Gemuͤhts fürn Koͤnig / für das Liecht des Lebens / da wirdes pro⸗ 
biret, und der König gibts erſtlich den Augen / die ſollen ſehen / 
was unter dieſen allen guht iſt / was ihnen gefaͤllet. Alhie gehet 
nun an die wunderliche Geſtalt der Menſchen aus den Com- 
plexionen, da das Geſtirn das Kind in Mutterleibe alſo man⸗ 
cherley figuriret hat in feinen Regionen. Denn nach dem das 
Geſtirne in Zeit der Menſchwerdung des Kindes in ſeinem in⸗ 
ſtehenden Rade einander anſthet / wenn die Gehaͤuſe der vier 
Elementen, und das Sternen⸗haus im Kopffe im Hirn erbawet 
wird vom Fiat, nf iſt auch die Krafft im Hirn / ſo 
wohl im Hertzen / Galle / Lung und Leber / und nach dem aneignet 
ſich die Region der Lufft / und nach dem gehet auch eine Tinctur 
auff zur Wohnung des Lebens. Als man denn ſihet die wunder⸗ 
liche Sinnen und Geſtaͤlte der Menſchen. . 

24. Wiewol wir dig mit Grunde der Wahrheit ſagen konnen / 
daß das Geſtirne keinen Menſchen bildet / das da ſey ein Gleich⸗ 

nuͤß Gottes und Vilde Gottes figuriret / ſondern ein Thier im 

g J * Willen 


ie IS. 8 . = 
206 Von den drey Printipien Cap. 18 
Willen / Sitten und Sinnen: Es hat auch keine Macht oder 
Verſtandt darzu / daß es koͤnte ein Gleichnuͤß Gottes figuriren / 
und wan ſichs gleich auffs hoͤchſte erhebet im Willen nach der 
Gleichnuͤß Gottes / ſo gebieret es ein freundlich und liſtig Thier 
und nichts mehr / im Menſchen ſo wohl als in anderen Creaturen. 
Alleine die ewigen Eſſentien von Adam auff alle Menſchen geer⸗ 
bet / bleiben mit dem verborgenen Element im Menſchen ſtehen / 
darinnen die Bildnuͤs ſtehet / aber gantz verborgen / auſſer der 
Wiedergebuhrt im Waſſer und H. Geiſt Gottes. 

25. Alſo iſt je ein Menſch in ſeinem Gehaͤuſe deß Hirns und 
Hertzens / ſo wohl in allen fuͤnff Sinnen / in der Region der 
Sternen / baldt einer nach einem Wolſe / als hoͤniſch / liſtig / 
ſtarck und freſſend: bald nach einem Lewen / als ſtarck / grimmig 
und praͤchtig / im Grimme freſſend geſtnnet: bald nach einem 
Hunde / als hundiſch / ſpitzfindig / neydiſch / boßhafftig: bald 
nach einer Nattern und Schlangen / als liſtig / ſtechend / giftig 
mit Worten und Wercken / verleumbderiſch und luͤgenhafft / wie 
deß Teuffels in der Schlangen Ahrt vor dem verſuch⸗Baum: bald 
nach einem Hafen / in Muͤhe / Luſt / und darzu immer fluͤchtig: 
balde nach einer Kroͤten / welcher Gemuͤhte alſo gifftig/ daß es 
ein zart Gemuͤthe zum zeitlichen Tode vergifftet mit feiner Ima- 
gination, welche manchmahl gute Hexen und Zauber⸗huren 
geben / denn der erſte Grund dienet wol darzu: bald nach einem 
zahmen / gerechten / einfültigem Thier: bald zu einem frewden⸗ 
reichen Thier / und ſo fort. Alles nach dehme das Geſtirne iſt in 
feiner Menſchwerdung im ringenden Rade mit feiner Krafft der 
fünften Eſſentien geſtanden / alſo iſt das Stern⸗gemuͤhte in ſei⸗ 
ner R gion figuriret 5 wiewol die Gebuhrt⸗ſtunde deß Menſchen 
viel veraͤndert / und dein erſten Einhalt thut / davon ich hernach 
wil ſchreiben an ſeinem Orte / bey deß Menſchen Gebuhrt. 

26. Nun ſo ſich der Blick aus dieſem Gemuͤhte / aus dieſer 
oder andern alhie unnahmhafften Geſtaͤlten einer durch die Au⸗ 
gen erblicket / ſo faͤhet es auff ſein eigen Geſtalt aus jedem Dinge / 
wie ſein Sternen region am maͤchtigſten iſt zu allen Zeiten deß 
Himmels im Guten oder Boͤſen / in Falſcheit oder Wahrheit: 
dieſes wird fuͤrn Koͤnig gebracht / da ſollens die fuͤnf Raͤhte pro⸗ 
bieren / welche doch ſelber ungerechte Schaͤlcke ſind / von Ster⸗ 
nen und Elementen inficiret / und in ihre Region alſo eingeſetzet / 
die begehren nun nichts mehr als dieſer Welt Reich / zu welcher 
Art das Sternen⸗haus des Gehirns und Hertzens am ſehrſten 


geneiget iſt / zu demſelben geben die fuͤnf Raͤhte auch Raht / 5 8 
55 wol⸗ 


Capes. Goͤttliches Weſens. 20% 


wollens haben: Es ſey zu Pracht und Hoffahrt / zu Reichthumb / 
Schoͤnheit / Wolleben. Item, zu Kunſt und Tugend ir:diſcher 
Dinge / und deß armen Lazari begehret kein Sinn. Da ſind die 
Raͤhte gahr geſchwinde der Sachen eins. Denn fie ſind in ihrer 
eigenen Geſtalte alle fuͤnffe ungerechte vor GOTT / aber nach 
der Region dieſer Welt ſind fie fix. Alſo rahten fie dem Könige / 
und der König gibts dem Seelen⸗geiſte / der rafft die Eſſentien 
auff / und greifft mit Haͤnden und Maul zu. Sinds aber Wor⸗ 
te / ſo bringt ers in Gaumen / da zerſcheidens die fuͤnf Raͤhte 
nach dem Willen des Gemuͤhtes / und fort auff der Zungen zer⸗ 
ſcheidens die Sinnen im Blicke. * 

27. Alda ſtehen die drey Prineipia im Streit. Das erſte Prin- 
eipium, als das Reich der Grimmigkeit ſpricht: Heraus mit 
in ſtarcker Feuers⸗macht / es muß ſeyn: So ſpricht das ander im 
Gemuͤhte: Halt und ſchawe es / GOTZ iſt hie mit der Jung⸗ 
frawen / fürchte der Hoͤllen Abgrund: und das dritte ſpricht / 
als das Reich dieſer Welt: hie find wir daheime / das muͤſſen 
wir haben / daß wir den Leib zieren und nehren / es muß ſeyn / 
und faſſet die Region der Lufft / als feinen Geiſt / und faͤhret zum 
Munde auß / und behalt den Unterſcheidt nach dem Reiche 
dieſer Welt. ö 

28. Alſo gehen aus den irꝛdiſchen Sinnen und Gemuͤhte Luͤ⸗ 
gen und Wahrheit / Betrug und Falſcheit / eitel Liſt ſich zu erhe⸗ 
ben / mancher in Fewers⸗macht / als durch Staͤrcke und Zorn: 
Mancher in Kunſt und Tugend dieſer Welt / welche doch auch 
vor GOTT ein Heuchler und Schalck iſt / und haͤlt biß ſie das 
Heft kriegt: mancher in der einfaͤltigen und zahmen Thieres Ge⸗ 
ſtalt / gantz liſtig an ſich ziehend unter gutem Schein: mancher 
in Hoffahrt und Wollgeſtalt des Leibes und der Gebaͤrden / wel⸗ 
cher eine rechte Teuffliſche beſtia iſt / alles was ſich ihme nicht 
gleichet / verachtet er / und erhebt ſich alleine über alle Sanfft⸗ 
muht und Demuͤtigkeit / uͤber das Bilde Gottes; und der fal⸗ 
ſchen Unluſt iſt alſo viel / daß ichs nicht erzehlen mag / ein jeder 
folgt der Streit-Region, was ihme dienet zur Wolluſt des irꝛ⸗ 
diſchen Lebens. 

29. In ſumma, das Sternen reg ment macht keinen heiligen 
Menſchen / und ob er unter einem heiligen Schein gehet / ſo iſt er 
doch nur ein Heuchler / und wil damit geehret ſeyn / ſein Gemuͤht 
ſteckt gleichwol im Geitze der Hoffahrt / auch in Wolluſt des 
Fleiſches / in eitel boͤſer Brunſt und Luſt / und ſind vor GOTT 
nach dem Trieb dieſer Welt / nichts als eitel Schaͤlcke / Hoffaͤr⸗ 

N tige / 


208 Dondendrey Principien Cap. 18. 


tige / eigenſinnige Diebe / Näuber und Mörders Es iſt nicht 
einer der nach dem Geiſte dieſer Welt gerecht iſt / wir ſind allzu⸗ 
mahl Kinder des Trugs und Falſcheit / und gehoͤren dieſer Bild⸗ 
nuͤß nach / ſo wir vom Geiſt dieſer Welt haben empfangen / in 
ewigen Todt / und nicht ins Paradeiß. Es ſey denn Sache / daß 
wir new wiedergebohren werden / aus dem Centro der theuren 
Jungfrawen / welche mit ihren Straalen dem Gemuͤhte wehret 
des ungoͤttlichen Weeges der Suͤnden und Boßheit. 

30. Und ſo die Liebe Gottes nicht im Centro des Gemuͤhtes 
im Scheide ⸗ziel ſtuͤnde / welche des Menſchen Bild fo hoch liebet / 
daß ſie iſt ſelber Menſch worden / fo wäre der Menſch ein leben⸗ 
diger Teuffel / wie er es dan auch iſt / wenn er die Wiedergebuhrt 
verachtet / und faͤhret hin nach ſeiner angebohrnen Natur des 
erſten und dritten Principi.. 

31. Denn es bleiben nicht mehr als zwey Principia ewig / das 
dritte darinnen er alhier lebet / vergehet: So er nun das ander 
alhier nicht wil / ſo muß er im erſten urkundlichſten bey allen 
Teuffelen ewig bleiben. Denn nach dieſer Zeit wird nichts an⸗ 
ders. Es iſt kein Quaͤll der ihme zu Huͤlffe komt. Denn das Reich 
Gottes gehet nicht zu ruͤcke in Abgrund; ſondern es ſteiget ewig 
für ſich auff ins Liecht der Sanfftmuht / reden wir theuer ohnt 
Schertz / hoch erkant im Liechte der Natur / im Straal der Edlen 
Jungfrawen. 


Die Porte des Unterſcheides zwiſchen 
Menſchen und Thieren. | 
3 N Eine theure und liebe Vernunfft recke her deine fuͤnff 
5 Sinnen / und beſchawe dich nun in den obgemeldten 
Dingen / was du ſeyeſt / wie du ein Bild Gottes erſchaffen biſt / 
und wie du dir in Adam haft laſſen durchs Teuffels inficiren, den 
Geiſt dieſer Welt dein Paradeis einnehmen / welcher nun an der 
Stelle des Paradeiſes ſitzet. Wiltu nun ſagen: Du ſeyſt zu die⸗ 
fer Welt alſo in Adam im Anfang geſchaffen worden / fo ſtehe 
dich an und betrachte dich / in deinem Gemuͤhte und Sprache 
finde ſtu ein ander Bildnuͤß. 

33. Ein jedes Thier hat ein Gemuͤht eines Willens / und dar⸗ 
innen die fuͤnff Sinnen / daß es kan darinnen unterſcheiden / was 
ihm gut oder boͤſe ift. Wo bleiben aber die Sinnen im Willen 
aus den Thoren der Tieffe / da ſich der Wille im erſten Principio 
in unendlich erblicket / daraus der Verſtandt gehet / daß ein 
Menſch kan allen Dingen in ihre Ellenlien ſehen / wie hoch ein 

f jedes 


Cap. 16. Goͤttliches Weſens. 109 


jedes graditet iſt / daraus der Unterſcheid auff der Zunge folget. 
So ein Thier das haͤtte / fo koͤnte es auch reden / und den Hall 
unterſcheiden / und ſagen von den Dingen die da ſind im Weſen / 
und gruͤnden in dem irtunde; und aus den Urſachen / daß es 
nicht aus dem Ewigen iſt / ſo hat es keinen Verſtand im Liechte 
der Natur / wie liſtig und geſchwinde es auch immer iſt / ſo hilfft 
es auch nicht feiner Staͤrcke und Krafft fich zu erheben in dem 
Verſtande / es iſt alles umbſonſt. 

34. Der Menſch hat alleine Verſtandt / und ſeine Sinnen 
greiffen in die Eflentien. und Qualitäten der Sternen und Ele- 
menten, und forſchen den Grund aller Dinge in der Sternen 
und Elementen Region. Dieſes urkundet ſich nun im Menſchen 
in dem ewigen Element, daß er iſt aus dem Element urn 
und nicht aus der Außgebuhrt der vier Elementen, darumb ſiehet 
die Ewigkeit in die anfaͤngliche Außgebuhrt in die Zerbrechlich⸗ 
keit / und die Anfaͤnglichkeit in der Außgebuhrt kan nicht in die 
Ewigkeit ſehen. Denn der Verſtandt urkundet ſich aus der 
Ewigkeit / aus dem ewigen Gemuͤhte. 5 e 

35. Daß aber der Menſch alſo blind und unverſtaͤndig iſt / 
machet daß er in dem Regiment der Sternen und Elementen ge⸗ 
fangen ligt / welche offt ins Menſchen Gemuͤhte figuriren ein 
wildes Thier / einen dewen / Wolff / Hund / Fuchs / Schlan⸗ 
gen und dergleichen. Ob der Menſch wol nicht einen ſolchen Leib 
bekommet / ſo hat er doch ein ſolch Gemuͤhte / davon Chriſtus re⸗ 
det zu den Juͤden / und etliche / Woͤlffe / Fuͤchſe / Nattern und 
Schlangen heiſſet; auch: Johannes der Taͤuffer ſolches zu den 
Phariſeern ſagte / und bewehret ſich augenſcheinlich / wie man⸗ 
cher Menſch faſt gantz viehiſch lebet aus ſeinem viehiſchen Ge⸗ 
muͤhte / und iſt doch fo kuͤhn / und richtet den / fo in der Bildnuͤß 
Gottes lebet / und ſeinen Leib zaͤhmet. ; 

36. So er aber nun etwas gutes redet und richtet / ſo redet er 
nicht aus der thieriſchen Bildnus des Gemuͤhts / darinnen er le⸗ 
bet; ſondern er redet aus dem verborgenen Menſchen / der in dem 
viehiſchen verborgen iſt / und richtet wider ſein eigen viehiſch 
Leben. Denn das verborgene Geſetze der ewigen Natur ſtehet in 
der viehiſchen Natur verborgen / und iſt in einer groſſen Gefaͤng⸗ 
nuͤß / und richtet wider die Boßheit deß fleiſchlichen Gemuͤhts. 

37. Alſo ſind im Menſchen drey / die wider einander ſtreiten: 
als x. der ewige hoffaͤrtige / boßhafftige und zornige / auß des 
Gemuͤhtes urkunde. Und zum 2. der ewige / heilige / zuͤchtige 
und demuͤtige / welcher aus dem ewigen mn, 


210 Von den drey Principien Cap. 1c. 


Und zum 3. der zerbrechliche / thieriſche / gantz viehiſche / von 
Sternen und Elementen erbohren / welcher das gantze Haus und 
Wohnung inne haͤlt. 10 5 

38. Und gehet nun dem Menſchen⸗Bilde alhier / wie S. 
Paulus ſaget: Welchem ihr euch begebet zu Knechten in Gehor⸗ 
ſam / deß Knechte ſeyd ihr: Entweder der Suͤnden zum Tode / 
oder dem Gehorſam Gottes zur Gerechtigkeit / deſſen Trieb habt 
ihr. So ſich der Menſch begiebet mit feinem Gemuͤhte in Boß⸗ 
heit / Hoffart / eigene Macht und Pracht / zu unterdrucken den 
Elenden / ſo iſt er gleich dem ſtoltzen hoffaͤrtigen Teuffel / und 
iſt fein Knecht in Gehorſam / und verleuret die Bildnuͤß Got⸗ 
tes / und wird aus der Bildnuͤtz ein Wolff / Drache und Schlan⸗ 
de Alles nach feinen Eſſentien, wie er in deß Gemuͤhtes Figur 

ehet. 

39. Begibt er ſich aber zu einer andern ſaͤwiſchen und viehi⸗ 
ſchen Art / als in eitel viehiſcher Wolluſt zu leben / in vollen und 
tollen freſſen / ſauffen / unzucht / ſtelen / rauben / morden / lie⸗ 
gen und triegen / ſo figuriret ihm auch das ewige Gemuͤhte gin 
ſolch Bildnuͤs / gleich einem unvernuͤnfftigen / haͤßlichen Thie · 
re und Wurme. Und ob er gleich in dieſem Leben die Elementi» 
ſche Menſchliche Bildnuͤß traͤget / ſo hat er doch nur eine Natter⸗ 
Schlangen⸗ und Thieriſche Bildnuͤs darinnen verborgen / wel⸗ 
che mit Zerbrechung des Leibes offenbahr wird / und in Gottes 
Reich nicht gehoͤret. 33 | 

40. Begiebt er fich aber in Gehorſam Gottes / und anneiget 
fin Gemuͤhte in GOT / zu widerſtreben der Boßheit und 
fleiſchlichen Luſt und Sucht auch allem ungerechten Leben und 
Wandel / in die Demuht unters Creutze / fo liguriret ihme feine 
ewiges Gemuͤht ſein Bildnuͤs zu einem Engel / welcher da iſt 
keuſch / rein und zuͤchtig / und der behaͤlt ſein Bildnuͤs auch in 
Zerbrechung des Leibes / und wird ihm hernach vermaͤhlet die 
theure Jungfraw der ewigen Weißheit / Keuſcheit und Zucht 
des Paradeiſes. 

41. Und alhier in dieſem Leben muß er zwiſchen Thuͤr und 
Angel ſtecken / zwiſchen der Hoͤllen⸗ und dieſer Welt⸗Reich / und 
muß ſich das edle Bildnuͤß wohl quetſchen laſſen. Denn er hat ſei⸗ 
ne Feinde nicht alleine von auſſen / ſondern an und in ihme ſel⸗ 
ber. Er traͤget die thieriſche und auch hoͤlliſche Zorn⸗bildnuͤß an 
ihme / weil dieſes Fleiſch⸗Haus waͤhret. Darumb gilt es ſtrei⸗ 
tens und wiederſtrebens / wider ſich ſelber / und auch auſſer ih⸗ 


me wider die Boßheit der Welt / welche der Teuffel maͤchtig — 
a er 


Cap. 16. Goͤttliches Weſens. 211 


der ihn fuͤhret / und auff allen Seiten verſuchet / verfuͤhret und 
überall quetſchet und preſſet / und find feine eigene Hausgenoſ⸗ 
ſen in ſeinem Leibe / ſeine aͤrgeſte Feinde. Darumb ſeynd die 
Kinder Gottes Creutztraͤger in dieſer Welt / in dieſer boͤſen irꝛ⸗ 
diſchen Bildnüͤß. 

42. Nun ſiehe du Menſchen⸗Kind / das haſtu zugewarten 
nach Zerbrechung deines Leibes / dieweil du ein ewiger Geiſt biſt / 
entweder du wirſt ein Engel Gottes im Paradeiß / oder ein 
haͤßlicher / ungeſtalter / Teuffliſcher Wurm / Thier / Drache: 
Alles nach deme du dich alhier in dieſem Leben begeben haſt: 
dieſelbige Bildnuͤß (ſo du alhier in deinem Gemuͤhte getra⸗ 
gen haſt / mit derſelbigen Bildnuͤß wirſtu erſcheinen / denn 
es kan keine andere Bildnuͤß aus deinem Leibe in feiner Zerbre⸗ 
chung auß fahren / als eben die / ſo du alhier getragen haſt) die 
wird in der Ewigkeit erſcheinen. 

43. Biſtu nun geweſen ein hoffaͤrtiger / praͤchtiger / eigen⸗ 
muͤhtiger zu deiner Wolluſt / zu unterdrucken den Duͤrfftigen / 
ſo faͤhret ein ſolcher Geiſt aus dir aus / und dann ſo iſt er in der 
Ewigkeit / da er nichts faſſen oder behalten kan zu ſeinem Geitz / 
auch ſo kan er ſeinen Leib mit nichtes zieren / als nur mit deme 
was da iſt / und er ſteiget doch ewiglich in ſeiner Hoffahrt auff. 
Denn es iſt kein ander Quaͤll in ihme / und erreichet alſo in ſei⸗ 
nem Auffſteigen nichts / als die grimmige Fewers⸗macht in ſei⸗ 
ner Erhebung / anneiget ſich in ſeinem Willen ſtaͤts in ſolch Vor⸗ 
haben gleich dieſer Welt / wie ers alhier getrieben hat / das er⸗ 
ſcheinet alles in feiner Tinctur, darinnen ſteiget er ewig auff in 
der Hoͤllen Abgrundt. 6 dem 

44. Biſtu aber geweſen ein leichtfertiger Laͤſterer / Luͤgner / 
Trieger / Falſcher / moͤrderiſcher Menſch / ſo faͤhret ein ſolcher 
Geiſt von dir aus / und der begehret in der Ewigkeit nichts als ei⸗ 
tel Falſcheit / ſpeyet aus ſeinem Rachen feurige Pfeile / voll greu⸗ 
el der Laͤſterung: Iſt ein ſtaͤter Brecher und Ruͤger in der 
Grimmigkeit / in ſich freſſend und nichts verzehrend: Alle feine 
Weſen erſcheinen in ſeiner Tinctur, ſein Bildnuͤß iſt ſiguriret nach 
ſeinem alhier geweſenen Gemuͤhte. 

45. Darumb ſage ich / iſt ein Thier beſſer / als ein ſolcher 
Menſch / der ſich in die hoͤlliſche Bildnuͤß begibt / denn es hat 
nicht einen ewigen Geiſt / ſein Geiſt iſt auß dem Geiſte dieſer 
Welt / auß der Zerbrechligkeit / und vergehet mit dem Leibe / 
biß auff die Figur ohne Geiſt / die bleibet ſtehen. Dieweil fie das 
ewige Gemuͤhte durch die Jungfraw der 8 in der 

5 ußge⸗ 


212 Von den drey Principien Cap. 16. 


Außgebuhrt erblicket hat / zu eröffnen die groſſen Wunder Got⸗ 

tes / fo muͤſſen die ewigen und auch figurfichen Wunder für ihme 

ſtehen; wiewohl keine thieriſche Figur oder Schatten nicht leidet 

zer thut / ſondern ift gleich einem Schatten oder gemahleten 
igur. i 

46. Darumb iſt dem Menſchen in dieſer Welt alles in feine 
Gewalt gegeben / dieweil er ein ewiger Geiſt iſt / und alle andere 
Creaturen find nur eine Figur im Wunder Gottes. 

47. So ſol ſich der Menſch nun wol beſinnen was er redet / 
thut und fuͤrhat in dieſer Welt. Denn alle ſeine Wercke folgen ih⸗ 
me nach / und hat die ewig vor Augen / und lebet darinnen; es 
ſey dan / daß er wieder aus der Boßheit und Falſcheit new geboh⸗ 
ren werde / durch das Blut und Todt Chriſt i, im Waſſer und hei⸗ 

en Geiſte / ſo bricht er auß der höllifchen und irꝛdiſchen Bild⸗ 

b in eine Engliſche / und komt in ein ander Reich / da feine 
Untugendt nicht hinnach kan / und wird erſaͤuffet im Bluht 
Chriſti, und wird das Bildnuͤß Gottes auß der irꝛdiſchen und 
hoͤlliſchen renoviret. d f 
468. Alſo iſt uns zu entſinnen und im Liechte der Natur hoch zu 
erkennen der Grund deß Himmels ⸗ und Hoͤllen⸗ / fo wohl dieſer 
Welt⸗Reich / wie dem Menſchen in Mutterleibe drey Reiche 
ange · erbet werden / und wie der Menſch in die ſem eben eine drey⸗ 
ſache Bildnuͤß traͤget / welche uns unſere Eltern durch die erſte 
Suͤnde haben ange erbet. Darumb thut uns noht der Schlan⸗ 
gen-tretter / der uns wieder in die Engliſche Bildnuͤß bringet / 
und thut dem Menſchen noht ſeinen Leib und Gemuͤhte mit groſ⸗ 
ſem Ernſte zu zaͤhmen / und ſich unter des Creutzes Joch zubege⸗ 

ben: nicht alſo nach Wolluſt / Reichthumb und Schoͤnheit dieſer 
Welt zu trachten / denn es ſtecket das Verderben darinnen. 

49. Darumb ſaget Chriſtus: Es wird ſchwerlich ein Reicher 
ins Himmelreich eingehen / dieweil ihme der Pracht / Hochmuht 
und Wolluſt des Fleiſches ſo wohl gefaͤllet / und das edle Gemuͤhte 
am Reiche Gottes todt und in der ewigen Finſternuͤß bleibet. 
Denn im Gemuͤhte ſtecket die Bildnuͤß des Geiſtes der Seelen / 
wo zu ſich das Gemuͤhte anneiget und begiebet / allda innen wird 
ſein Seelen⸗geiſt von dem ewigen Piat figuriret. N 

50. Iſts nun daß der Seelen -geiſt unwiedergebohren in ſei⸗ 
nem erſten Principio (welches er aus der Ewigkeit mit ſeines Le⸗ 
bens Auffgang hat ererbet) bleibet / ſo erſcheinet mit ſeines Leibes 
Zerbrechung auß ſeinem ewigen Gemuͤhte auch eine ſolche Crea⸗ 
tur, wie alhier in diſem Leben iſt fein ſtaͤter Wille 2 0 
4 . 51. Haſtu 


Caparo. Göttliche Weſens. 21 5 


Fr. Haſtu nun gehabt ein neidiſch Hundes gemuͤhte / und Nie⸗ 
mand nichts gegoͤnnet / als ein Hund umb ein Beyn / das er doch 
ſelber nicht freſſen kan; fo erſcheinet daſſelbe Hundes gemuͤhte / 
und nach derſelben Quaͤll wird dein Seelen wurm figuriret / und 
einen ſolchen Willen behaͤlt er in der Ewigkeit im erften Pr’nci- 
o, und iſt kein wiederruffen. Alle deine neidiſche / boßhaftige / 
haffärtige Wercke erſcheinen in deiner Auall deiner eigenen Tin- 
ctur des Seelen⸗wurmes / und muſt ewig darinnen leben. Du 
kanſt auch keinen Willen zur Abſtinentz faſſen oder ergreiffen / 
ſondern biſt ewig Gottes und aller heiligen Seelen Feind. 

52. Denn die Thoren der Tieffe zum Liechte J Ottes erſcheinen 
dir icht mehr / denn du biſt nun eine volkommene Crearur im er» 
ſten brincipio. Ob du dich erhuͤbeſt / und wolteſt die Thoren der 
Tieffe zerſprengen / ſo kans doch nicht ſeyn / denn du biſt ein gantzer 
Geiſt / und nicht nur bloß im Willen / in welchem die Thoren der 
Tieffe koͤnnen zerſprenget werden / ſondern du faͤhreſt uͤberauß 
über das Reich Gottes / und kanſt nicht hinein / und je höher du 
faͤhreſk / je tieffer biſtu in Abgrunde / und ſieheſt doch nicht OT / 
der dir doch fo nahe iſt. 5 

53. Darumb kans alleine alhier in dieſem Leben geſchehen / 
weil deine Seele im Willen des Gemuͤhtes ſtecket / daß du die 
Thoren der Tieffe zerſprengeſt / und zu GOTT durch eine newe 
Gebuhrt eindringeſt. Denn alhie haſtu die theure und hoch⸗ edle 
Jungfraw der Goͤttlichen Liebe zum Beyſtand / welche dich durch 
die Thoren des Edlen Braͤutigambs führer / welcher im Centro, 
im Scheide ⸗ziel / zwiſchen Himmel⸗ und Hoͤllen⸗Reich ſtehet / 
und dich im Waſſer des Lebens / ſeines Bluhts und Todes er⸗ 
biehret / und deine falche Wercke darinnen erſaͤuffet und abwaͤ⸗ 
ſchet / daß ſte dir nicht nachfolgen / auff daß deine Seele nicht dar⸗ 
innen figuriret werde / ſondern nach der erſten Bildnuͤß in Adam 
vorm Falle / als ein reines / zuͤchtiges und keuſches / edles Jung⸗ 
„ ohn einige Erkaͤntnuͤß deiner alhie gehabten Un⸗ 
tugend. f 

54: Sprichſtu / Was iſt die Rewe Wieder⸗Gebuhrt? Oder / 
Wie geſchicht die im Menſchen? Hoͤre und ſtehe / verſtopffe 551 

dein Gemuͤhte / laß dir den Geiſt diefer Welt mit ſeiner Macht 

und Pracht nicht dein Gemuͤht erfüllen / faſſe dein Gemuͤht und 

reiß durch ihn auß: aneigne dein Gemuͤht in die freundliche Liebe 

Gottes / mache dir deinen Fuͤrſatz ernſt und ſtrenge mit deinem 

Gemuͤhte / durch die Wolluſt dieſer Welt durch 25 reiſſen / und 

derer icht zu achten : dencke daß du in dieſer Welt nicht W 
i 


214 Von den drey Principien Cap. 16. 


biſt / ſondern biſt ein ſrembder Gaſt in einer ſchweren Gefaͤng⸗ 
nüß gefangen : Ruffe und flehe zu deme / der den Schluͤſſel 
zur Gefaͤngnuͤß hat / ergib dich ihm in Gehorſam der Gerech⸗ 
tigkeit / Zucht und Wahrheit / ſuche nicht das Reich dieſer Welt 
alſo harte; es wird dir ohne das gnug anhangen / ſo wird dir ent⸗ 
gegnen die zuͤchtige Jungfraw hoch und tieff in deinem Gemuͤhte / 
die wird dich führen zu deinem Braͤutigamb / der den Schluͤſſel 
hat zu den Thoren der Tieffe. Fuͤr deme muſtu ſtehen / der wird 
dir geben von dem himmliſchen Manna zu eſſen / das wird dich er⸗ 
gquicken / und wirft ſtarck werden und ringen mit den Thoren der 

Tieffe. Du wirſt durchbrechen als die Morgenroͤhte / und ob du 
gleich alhier in der Nacht gefangen liegeſt / fo. werden dir doch 
die Straalen der Morgenroͤhte des Tages im Paradeiſe erſchei⸗ 
nen / in welchem Orte deine zuͤchtige Jungfraw ſtehet / und dei⸗ 
ner mit der frewdenreichen Engel⸗ſchaar warttet / die wird dich in 
deinem newen wiedergebohrnen Gemuͤhte und Geiſte gar freund⸗ 
lich annehmen. ö Be 

55. Und ob du gleich mit deinem Leibe in der finftern Nacht 

fin Dornen und Diſteln baden / daß der Teuffel und auch 
Peſe Welt dich kratzet und quetſchet / und dich nicht alleine von 
aluſſen ſchlagen / verachten / verhoͤnen und ſpotten / ſondern ver⸗ 
ſtopffen dir offte dein theures Gemuͤhte / und fuͤhren es gefangen 
in die Luſt dieſer Welt in das Suͤnden⸗badt: So wird dir die ed⸗ 
le Jungfraw doch noch beyſtehen / und dich ruffen von dem un⸗ 
göttlichen Weege abzulaſſen. W 
56. Sihe ja zu / verſtopffe nicht dein Gemuͤhte und Verſtandt⸗ 
Wenn dein Gemuͤhte ſpricht: Kehre umb / thue es nicht; ſo wiſſe 
daß dir geruffen wird von der theuren Jungſrawen / kehre bald 
umb / und dencke wo du daheime biſt / in welchem ſchweren Dienſt⸗ 
hauſe deine Seele gefangen lieget / und forſche nach deinem Vat⸗ 
terlande / darauf deine Seele iſt außgewandert / und dahin fie 
wieder gehen fol. 

57. Wirſtu nun folgen / (nemlich dem Naht der edlen Sophiæ) 
ſo wirſtu erfahren in dir ſelber / nicht alleine nach dieſem Leben / 
ſondern auch noch in dieſer Welt / in deiner Wiedergebuhrt / 
welche dir theuer entgegnen wird / auß welchem Geiſte dieſer Au- 
tor geſchrieben hat. 5 a 


Das 


Cap. 17 Goͤttliches Weſen. 2:7 


Das 17. Capittel. 


Von dem er ſchrecklichen / klaͤglichen und elenden Falle 
Adams und Hevæ im Paradeiß. 
Der Menſchen Spiegel.. 


O mir nicht in meinem Gemuͤhte die Thoren der 
Tieffe eröffnet würden / daß ich ſehen kan / was die 
Widerwertigkeit wider GOttes Reich iſt: fo ver⸗ 
meinte ich auch / es waͤre bloß umb einen Ungehor⸗ 
d ſam zu thun / und umb einen Apffel⸗biß / wie es der 
Text in Moſe bloß uͤbergehet: wiewol Moſes gar recht ſchreibet. 
2. Denn es war umb das ir:diſche Eſſen und Trincken zu 
thun: mit welchem der Paradeiſiſche Menſch vom Geiſt dieſer 
Welt gefangen ward / welcher nun mit allen Menſchen inquali⸗ 
zer. So bezeuget auch ſolches die H. Schrifft und die Vernunfft / 
daß der Menſch in dem Elementiſchen Reich dieſer Welt nicht 
daheim iſt. Dan Chriſtus ſpricht: Mein Reich iſt nicht von die⸗ 
fer Welt. Und zu ſeinen Apoſteln ſpricht er: Ich habe euch von 
dieſer Welt beruffen: Item / Fleiſch und Bluht kan das Reich 
Gottes nicht erben. f 

3. Auch ſo ſehen wir / daß das Reich dieſer Welt vom Men⸗ 
ſchen abſtirbet und zerbricht. So dan Adam hat die Bildnuͤß 
de Reichs Gottes getragen / welche ewig unzerbrechlich war / 
und im Paradeiß ſtund; ſo koͤnnen wir mit keinem Grunde ſa⸗ 

gen / daß er habe die Bildnuͤß deß Reiches dieſer Welt getragen / 
denn dieſe Welt iſt vergaͤnglich und zerbrechlich: Aber die Bild⸗ 
nuͤß in Adam war unvergaͤnglich und unzerbrechlich. 

4. Auch fo wir wolten ſagen / Adam haͤtte im Quaͤll der vier 
Elementen gelebet vor ſeinem Falle / fo können wir gar nicht er⸗ 
halten / daß Adam nicht ſey ein zerbrechlich Bild geweſen: denn 
die vier Elementa muͤſſen am Ende vergehen / und ins einige E⸗ 
lement tretten. f 

5. Auch fo wäre er ja der Quaͤll unterworffen geweſen / denn 
es hätte Hitze und Kälte über ihn geherꝛſchet: da wir doch in 
Moſe ſehen / wie GO T T durch den Geiſt / oder Engel deß 
Raths dieſer Welt hat nach dem Falle erſt Kleider von Fellen 
gemacht und ihnen die angezogen / wie ſolches der Deckel in Mo= 
ſe zudecket / daß man ihme nicht ins Angeſicht ſihet / wie bey 
Iſrael zu ſehen iſt. Auch fo er bloß von Erden und den Elementen 


wäre 


ars Vonden drey Principien Cap. 17. 


waͤre geweſen / ſo haͤtte er koͤnnen im Fewer verbrennen / und im 
Waſſer ertrincken / und in der Lufft erſticken: Item, Es haͤt⸗ 
ten ihn koͤnnen Holtz und Steine zerbrechen / da doch geſchrieben 
ſtehet: Daß er am Tage der Wiederbringung ſoll durchs Fe⸗ 
wer gehen / und bewehrt erfunden werden / welches ihn nicht 
wird letzen. a 

6. Nun wird ja kein anderer Menſch auſſſtehen / als GOTT 
im Anfange ſchuff / denn er iſt auß dem ewigen Willen geſchaf⸗ 
ſen nach ſeiner Seelen / welche ihm wurd eingeblaſen / und ſein 
Leib iſt auß dem ewigen Element geſchaffen / das war und iſt im 
Paradeiß / und die vier Außgaͤnge der vier Elementen außn 
Element ſind dieſe Welt / darinnen war Adam nicht geſchaffen. 
7. Der Text ſaget in Mefe: Er ſey im Paradeis geſchaffen 
worden in Hebron, das iſt / in den Thoren der Tieffe zwiſchen 
der Gottheit / und dem Abgrunde des Hoͤllen⸗Reichs. Sein 
Leib war aus dem Element, und ſein Geiſt wurde ihme aus dem 
ewigen Gemuͤhte Gottes deß Vatters / von der zuͤchtigen Jung⸗ 
frauen der Goͤttlichen Weißheit und Liebe eingeblaſen. 

8. Denn das Element iſt ohne Verſtandt / und iſt das ange⸗ 
zogene in Gottes Willen / darinnen ſich die ewige Weißheit 
ee in unendlich erblicket / und darinnen auffgehet Farben / 

unſt und Tugend / und die ewigen Wunder / aus welchem im 
Anfang in der Anzuͤndung des Fewers im Grimm ſind auffge⸗ 
gangen die vier Elewenta. 

9. Denn das iſt gar faßlich und ſichtlich an der Erden und 
Steinen / daß die vier Elementa ſind in einem geweſen / und 
daß die Erde und Steine ſind im Grimme der Anzuͤndung des 
Elements erbohren worden. Denn ein Stein iſt doch nur Waſ⸗ 
ſer: So iſt ja zu finnen / wie ein Grimm mag geweſen ſeyn / der 
das Waſſer alſo harte zuſammen gezogen. F 

10. Darzu ſiehet man da den Außgang der vier Elementen im 
Grimm des Fewers / wie alsbald die ſtarcke Lufft außm Fewer 
außgehet / und der Stein oder Holtz iſt nichts als ein Sulphur 
des Waſſers und der Erden / und ſo die Tinctur verzehret wird 
vom Grimme / fo wirds zu Aſche und endlich zu einem Richtes: 
wie dan dieſe Welt mit den vier Elementen wird im Ende zu ei⸗ 
nem Nichts werden / und wird nur derer Schatten und Figur 
im ewigen Element im Wunder Gottes bleiben. Wie wol⸗ 
teſtu dan nun dencken / daß GOTT den ewigen Menſchen 
habe aus den vier Außzaͤngen geſchaffen / welche doch zerbrech⸗ 
lich ſind? 

11. Zwar 


Cap. Goͤttliches Weſens. 217 


kx. Zwar wir muͤſſen ja ſagen / daß die Heva iſt zu dieſem zer⸗ 
l Leben geſchaffen worden. Denn fie iſt die Fraw die⸗ 

Welt. Es konte aber dißmahl ſchon nicht anderſt ſeyn / denn 
der Geiſt dieſer Welt mit ſeiner Tinctur hatte Adam uͤberwun⸗ 
den und beſeſſen / daß er niederfiel in Schlaff / und konte nicht 
das Jungfraͤwliche Bild aus ihme gebaͤhren / nach Erblickung 
der Edlen und zuͤchtigen Jungfrawen der Weißheit Gottes / wel⸗ 
che ihme war vermaͤhlet aus dem himmliſchen Limbo, welcher 
war die Matrix in ihme / da ihme hernach in feiner uͤberwindung 
die Elementiſche Frau ward zugeſellet als die Heva, welche in 
der uͤberwindung des Geiſtes dieſer Welt ward nach Thieres ge⸗ 
ſtalt aus dem Adam figuriret. f 

12. Damit wir aber den $efer in einer kurtzen Summa recht 
verſtaͤndigen / was unſer Eskaͤntnuͤß und hoher Sinn im Liechte 
der Natur hoch ergriffen / ſey / fo ſetzen wir nach unferer Erkaͤnt⸗ 
nüͤß alſo: Adam iſt geweſen das Bilde Gottes / nach dem Gleich⸗ 
nuͤß Gottes / das Gott die heilige Dreyfaltigkeit in einem Goͤtt⸗ 
lichen Weſen / durch die Jungfraw ſeiner ewigen Weißheit / in 
der Weißheit hatte erblicket in dem ewigen Element an der gefal⸗ 
lenen Teufel Stelle zu haben; denn fein Naht in dem ewigen Wil⸗ 
len muſte beſtehen : Es ſolte wu muſte ein Thron⸗und Fuͤrſten⸗ 
Region in dieſem Loco ſeyn / der die ewigen Wunder offenbahrete. 

13. So ſchuff nun GO T T die Bildnuͤß und Gleichnuͤß aus 
dem ewigen Element ; in welchem die ewigen Wunder zu ur⸗ 
kunden find / und bließ ihm ein den Geiſt der Eſſentien, aus 
feinem ewigen urkuͤndlichſten Willen / aus den zerſprengten 
Thoren der Tieffe / da das Radt der Nügung und Durchbrechung 
im ewigen Gemuͤhte ſtehet / welches erreichet die klare wahre und 
reine Gottheit deß Hertzens Gottes. 

14. Richt iſt es das Hertze Gottes / ſondern es reichet big 
ins Hertze Gottes / und empfaͤhet Krafft / Liecht und Wonne 
vom Hertzen und Liechte Gottes: Denn es iſt ins Vatters ewi⸗ 
gen Willen / aus welchem er ſein Hertz und Wort von Ewigkeit 
immer gebieret / und ſeine Eſſeatien, die ihm ins Element ſei⸗ 
nes Leibes / als des Unverſtandes im ewigen Wunder Gottes 
wurden eingeblaſen / waren Paradeiß / wegen der hoch⸗triumphi- 
renden Frewden des Anblicks außm Hertzen und Liechte Gottes. 
Sein Speiß und Tranck waren paradeiſiſch aus dem Element 
in ſeinem Willen / damit zog er die Krafft der ewigen Wunder 
Gottes in ſich / und gebahr den Schall / Tohn / oder ewigen 
Lobgeſang von den ewigen — Gottes aus ſich fuͤrm . 

* en 


218 Von den drey Principien Cap. ry. 


len / das ſtund alles vor der zuͤchtigen / hoch⸗ edlen und ſeeligen 
Jungfrawen der Weißheit Gottes im Liebe⸗ſpiel / und war recht 
Paradeis. ; 

15. Was aber dieſes nun ſey / kan meine Feder nicht ſchrei⸗ 
ben / mich verlanget viel ſehrer darnach in Vollkommenhet zu 
ergreiffen und darinnen zu leben / welches wir alhier im Liecht 
der Natur / in den Thoren der Tieffe erkennen und ſchawen / und 
unſer dreyfach Gemühte nicht können hinein erheben / biß das 
rauhe Roͤcklein außgezogen wird / dann wollen wir es ſchawen 
ohne Wancken. 

16. Dieweil aber die vier Elementa numnehr aus dem Ele- 
ment außgiengen / und machten mit der Quinta Eſſentia der 
Sternen / und mit dem Hertze der Eſſentien, als der Sonnen / 
das dritte Principium, darinnen auch die groſſen Wunder ſtun⸗ 
den / und keine Creatur erfunden ward / die ſie koͤnte offenbah⸗ 
ren / als nur alleine das Bild und Gleichnuͤß Gottes / der Menſch / 
welcher die zuͤchtige Jungfraw der Weißheit Gottes in ſich hat⸗ 
te: So drang der Geiſt dieſer Welt alſo hart auff die Bildnuͤß 
nach der Jungfrawen / hiermit ſeine Wunder zu offenbahren / 
und beſaß den Menſchen / davon er erſt feinen Rahmen Menſch 
kriegte / als eine vermiſchete Perſon. 

17. Als aber die Weißheit Gottes ſahe / wie der Menſch 
luͤſternd ward vom Geiſte dieſer Welt / ſich mit den vier Ele 
menten zu vermiſchen: So kam das Gebott und ſprach: Du 
ſolt nicht eſſen vom Baum deß Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes. 

18. Nun iſt ja die Erkaͤntnuͤß gutes und boͤſes im Paradeiß 
und Himmelreich nicht offenbahr / als nur im Außgang aufm 
Element im Grimme / da ſtehet die Erkaͤntnuͤß des Boͤſen allei⸗ 
ne offenbahr / da ſind die Eſſent ien alleine entzuͤndlich / und ſtec⸗ 
ket darinnen der Todt / davon GOT ſagte: Wann du davon 
iſſeſt / wirſtu des Todes ſterben. 

19. Gott meynete den Leib / ſo er von Inficirung der vier Ele⸗ 
menten würde bekommen / der muͤſte ſterben / und würde auch 
alſobalde in ſeinem zarten Jungfraͤwlichen Gemuͤhte dem Pa⸗ 
radeiß abſterben / und das Gemuͤhte dieſer Welt bekommen / 
in welchem eitel ſtuͤck⸗ und flickwerck / Kranckheit und Verderben 
der kſſent ien, und endlich der Todt ſteckete. 8 

20. Daß aber die vier Elementen mit der Sonne und Ster⸗ 
nen konten alſo auff Adam dringen / und ihn infic'reren, das 
war die Urſache / daß er aus ihnen als aus dem Element, war aus⸗ 


gezogen / und hatte im Urkunde alle drey Reiche in ſich / ug drey 
Lin- 


Sapız ; Goͤttliches Weſen “ 219 


Prineipia, Darumb muſte er verſucht werden / ob er koͤnte im 
Paradeiß im Himmelreich beſtehen / da ward ihm Fam 
ade Frucht fuͤrgeſtellet 

Denn der Verſuch⸗ Baum war irꝛdiſch / als noch heute 
alle Aume find / und die andere alle waren paradeififch / da 
konte Adam im Maule von eſſen die paradeiſiſche Krafft / und 
durffte keinen Magen noch Daͤrmer / denn fie waren gleich ſei⸗ 
nem Leibe und dem 1 und der Verſuch⸗Baum war gleich 
den vier Elementen. 
22. Daß aber Moſes fo hart darauff dringet und ſaget: Gott 
ſchuff den Menſchen aus dem Erden⸗Klos / da iſt fein Deckel vor 
feinem Ange ſichte / daß i n der irꝛdiſche Menſch nicht ſoll ins 
Angeſichte ſehen. Freylich ward er ein Erden⸗Klos und Erde / 
da er irꝛdiſche Frucht aß / welche ihm doch GO ver bott. Waͤ⸗ 
re Adam fuͤrm Falle irꝛdiſch aus Erden geweſen / GOTT hätte 
ihme die irꝛdiſche Frucht nicht verbotten / darzu fo er aus der Era 
den Element waͤre erſchaffen geweſen / warumb zoch ihm denn 
nicht auch das ir diſche Element als balde fein Kleid mit einer 
rauhen Haut an? warumb ließ es den Menſchen nacket und 
bloß ? und da es ihn ſchon gleich beſeſſen hatte / ſo ließ es ihn doch 

et und bloß. 

23. Allein Kur, redet von der Tafel Gottes / welche durch⸗ 
graben war mit den zehen Geboten / daß man kan hindurch ſehen 
ins Paradeiß / den Deckel haͤnget er fuͤr ſein Angeſicht / wie bey 
Iſrael zu ſehen / darumb daß der Menſch ir wiſch iſt worden / fo 
ſoll er das Irꝛdiſche wider ablegen / als dan ſoll er mit Iofua und 
Jeſu ins gelobte Land des Paradeiſes gehen / und nicht mit Moſe 
in der Wuͤſten dieſer Welt bleiben / da ihm der Deckel dieſer Welt 
vorm Paradeiß hanget. 

24. Er ſoll ihme keine Vernunfft laſſen einbilden / das Gott 

0 ein Thier habe aus einem Erden⸗Klos gemacht / wie der 
pffer einen Topff / ſondern er ſprach: Es gehen herfuͤr aller: 
ley Thiere / ein jedes nach feiner Ahrt; een iſt aus allen Eſſen · 
tien, ein jedes nach feiner Ellentien Eigenſchafft; alſo wurds 
auch durchs Flat aus feiner eigenen Elſentia figuriret / ſo wol 
auch alle Baͤume / Kräuter und Graͤßlein / alles auff einmahl 
zugleich: Wie wolte dann das Bilde Gottes aus den zerbrech⸗ 
lichen Eflentien ſeyn gemacht worden? ſintemahl es im Paradeis 
ward erſchaffen aus dem Swigen. 
25. Die Erde iſt nicht ewig / und umb deß zerbrechlichen wil⸗ 
len muß des Menſchen Leib n die weil er das * 


liche 


2 


220 Von den drey Principien Cap. 17. 


liche hat an ſich gezogen / ſo iſt ihm auch die Paradeiſiſche Witz / 
zuſt und Frewde entwichen / und iſt er in den angezuͤndeten Zorn / 
der ange zuͤndeten vier Elementen gefallen / welche mit dem ewi⸗ 
gen Zorn im Abgrund nach ihrem Grimm inqualiren: Wicwol 
die aͤuſſere Region von der Sonnen geſaͤufftiget wird / daß es eine 
liebliche Wonne iſt / wie vor Augen iſt. So aber die Sonne ver⸗ 
gienge / fo wuͤrdeſtu wol Gottes Zorn ſehen / fühlen und emp⸗ 
finden; dencke ihme nur nach. h 

26. Alſo wird uns im Liechte der Natur gezeiget / als Adam 
ron dem Geiſte dieſer Welt alſo ward geſchwaͤngert / ſo bawete 
G. O T T einen Garten Eden, auff Erden im Paradeiß / und 
ließ auffwachſen allerley Fruͤchte des Paradeiſes / lieblich anzu⸗ 
ſehen und gut zu eſſen / und den Verſuch⸗baum mitten inne / der 
hatte feine Eflentien vom Geiſt dieſer Welt / und die andere hat⸗ 

ten paradeiſiſche Eflentien. 

27. Darinnen ſtund nun das Bilde Gottes gantz frey: Es 
mochte greiffen wozu es wolte / allein an den Verſuch⸗Baum 
nicht / da war das Verbot vor. Da iſt er in den Garten gegangen 
viertzig Tage in Paradeiſiſcher Witze / Freud und Wonne / da 
vor ihme doch kein Tag noch Nacht war / ſondern die Ewigkeit. 
Er ſahe mit ſeinen Augen aus der Goͤttlichen Krafft / es war 

kein Zuſperren feiner Augen in ihme: Er durffte der Sonnen 


Liecht nicht gaͤutzlich / wiewol ihm alles muſte dienen und unter⸗ 


thaͤnig ſeyn. Die Außgebuhrt der vier Elementen beruͤhrete ihn 
nicht: es war kein Schlaf noch Schmertzen / oder Furcht in ih⸗ 


me: Es waren vor ihme tauſent Jahr wie ein Tag. Er war ein 


ſolch Bild / wie am Juͤngſten Tage wird auffſtehen / und kein an⸗ 
— — / als GOT im Anfang ſchuff. Darumb dencke 
ihm nach. . 

28. Daß ich aber ſage: Der Menſch / Adam, ſey viertzig 
Tage im Paradeiß geweſen / zeiget mir die Verſuchung Chri- 
fi des andern Adams, und die Verſuchung Ifraelis am Berge Si- 
nai, bey Moſe auffm Berge / welche alle beyde viertzig Tage ge⸗ 
waͤhret haben / welches du beym Moſe und der Verſuchung Chri- 


ſti magſt leſen / du wirſt Wunder finden. g 


29. Als aber die Luſt vom Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes zu 
eſſen den Adam infieirete / und der Geiſt dieſer Welt den Adam 
draͤngete / darzu der liſtige Teuffel im Geiſt dieſer Welt einge⸗ 
ſchloffen / trewlich auff Adam ſchoß / daß Adam am Reiche Got⸗ 
tes muͤde und blind ward / ſprach GOTT : Es iſt nicht gut daß 
der Menſch alleine fen / (denn er wird doch nicht die er 

che 


1 3 

Cap. 17. Göͤttliches Weſens. 221 
fe Jungfraw gebaͤhren / ſintemal er vom Geiſt dieſer Welt in- 
fieiret iſt / fo iſt die Keuſcheit und Zucht aus) wir wollen ihm 
eine Gehuͤlffin machen / die umb ihn ſey / daraus er ſein Fürs 
ſtenthumb kan bawen / und ſich fortpflantzen / es wil doch nicht 
anderſt ſeyn. Und Er ließ einen tieffen Schlaff fallen auff den 

Menſchen / daß er entſchlieff. 
Zo. Alhier verſtehet man gar eigen und wohl / wie die Jung⸗ 
fraw ſey in Adam ins æther, in ihr Principium gewichen / denn 
der Text ſaget: GOTT ließ einen tieffen Schlaff fallen auff 
Adam. Wo nun Schlaff iſt / da iſt die Goͤttliche Krafft im 
Centro verborgen: wo ſie im Geiſte gruͤnet / da iſt kein Schlaf dei 
der Hüter Ifrael ſchlaͤfft noch ſchlummert nicht / ſtehet geſchrieben. 

31. Fragſtu wie lange ſchlieff adam? Sihe die Ruhe Chriſti 
im Grabe an / ſo findeſtu den Zweck. Dann der andere Adam 
muß den erſten mit ſeiner Aufferſtehung außm Grabe aus ſei⸗ 
nem ewigen Schlaffe der Finſternuͤß der Höllen außm Grabe 
dieſer Welt wider auffwecken. g 

32. Alſo hat ihme GOT in feinem Schlaffe die Frame aus 
ihme gemacht / durch welche er ſolte ſein Reich gebaͤhren / denn 
es konte nun nicht anders ſeyn. Und als er auffwachte / ſahe er 
fie / und nam fie zu ſich / und ſprach / das iſt Fleiſch von meinem 

Fleiſche / und Bein von meinem Beine. Adam war in ſeinem 
Schlaffe gar ein ander Bildnuͤß worden. Denn GOTT hatte 
den Geiſt dieſer Welt in ihn gelaſſen / welcher feine Tinctur mit: 
de machte zum Schlaffe. 

33. Fuͤrm Schlaffe war Adam in Engels geſtalt / und nach 
dem Schlaffe hatte er Fleiſch und Bluth / und war ein Erden⸗ 
Kloß in ſeinem Fleiſche / und ſahe aus einem dreyfachen Geiſte / 
ſieng mit feinen Augen das Liecht der Sonnen / und kandte 
die erſte Bildtnüß nicht mehr / wiewohl die vier Elementa noch 
nicht auff ihn fielen und ihn ruͤgeten / denn er war noch in der 
Unſchuldt. 

34. Da machte ſich der Teuffel geſchefftig / und ſchlof in die 
Schlange / die er doch ſelber in ſeiner eigenen Geſtalt iſt / und 
legete ſich an Baume / und ſtrewete Zucker auff / denn er ſahe wol / 
daß die Heva eine Frawe war / und mit den vier Elementen in 
ficiret / und ob ſie ſich etwas wehrete / und Gottes Gebot fuͤr⸗ 
warff / lies fie ſich doch gar leichte überreden / als der Luͤgen⸗ 
Geiſt ſagte / die Frucht machte klug / ihre Augen würden ihr 
auff gethan werden / und würden ſeyn gleich wie Go / und 

wiſſen Gutes und Boͤſes. Er Er ihr aber nicht / daß fie nn 

3 en 


222 Von den drey Principien Cap. 17. 


den muͤſte / fo fie davon Affe / ſondern fie würde klug werden und 
ſchoͤn ſeyn / welche Sucht den Weibern noch im Hirn ſticket / 
daß fie gern wollen das ſchoͤnſte Thier ſenn. 

35. Alſo rieß ſie einen Apffel abe und aß / und gab ihrem A- 
dam auch / und er aß auch davon. Das iſt ein Biß dafuͤr ſich wol 
der Himmel möchte entfaͤrbet und das Patadeiß erzittert haben. 
Wie es dann auch wahrhafftig geſchehen iſt / wie im Tode Chri- 
ſti zu ſehen / da er in Todt gieng / und mit der Hoͤllen rang / 
daß die Erde und Elementa erzitterten / und die Sonne entwich 
mit ihrem Scheine / als dieſer Apffel⸗biß ſolte heyl werden. 


Die Porte des groſſen Jammers und Elendes 
der Menſchen. 


36. D Je Vernunfft ſtecket vor dem Deckel Moſis, und ſiehet 
nicht durch die durchgrabene Tafel / ſo ihme G O T T 
gab auff dem Berge Sinai. So mag ſte auch nicht den Deckel vor 
feinen Augen aufheben / und ihme ins Angeſicht ſehen / denn er 
hat ein verklaͤretes Angeſichte im Fewer⸗Schrack / ſte fuͤrchtet 
lich dafůr und erzittert darob. Sie ſpricht immer zu Mofe : Re⸗ 
Te du mit dem Herꝛn / denn wir ſind erſchrocken / darzu gantz 
bloß und nackend. f f 
37. Sie wendet wohl Gottes Zorn fuͤr / und erzittert vor ih⸗ 
rem Fall / aber ſie weiß nicht wie ihr geſchehen iſt: Ste wendet 
alleine den Ungehorſam vor / und machet aus GOTT einen zor⸗ 
nigen / boßhafftigen Teuffel / der nicht koͤnne verſuͤhnet werden: 
Da fie doch felber das Zorn⸗Kleid in Adam und Heya an eib und 
Seel gezogen hat / und ſich ſelber in das ſchroͤckliche Zorn⸗Bad 
geſetzet wider Gottes Willen / mit welchem GO T T fo ein 
groß Erbarmen getragen / das er ſeines eigenen Hertzens nicht 
verſchonet hat / das in die Tieffe des Zornes und der Hoͤllen 
Abgrund zu ſenden / in den Todt und Zerbrechung der vier E- 
lementen, vom heiligen und ewigen Element, dem gefalle⸗ 
nen Menſchen zu helffen / und ihn aus dem Zorn und Tode zu 
etretten. g 5 
38. Weil aber der Deckel von Mofis Aügeſichte im Tode 
Chriſti ift auffgehoben / an welches ſtatt doch die Sternen mit 
den vier Elementen haben den Menſchen einen Dunſt und Nebel 
durchs Teuffels inficiren gemacht / daß er dem Mol nicht in die 
Augen fiehet. Denn die Region dieſer Welt hat den Anti · Chriſt 
erbohren / und für Moſis Angeſichte in den Dunſt geſetzet / als 
f 172 er de en e n 


— 


Cap. 17. Goͤttliches Weſens. 223 


waͤre er der Chriſtus, daß alſo Moſis Angeſicht nicht mag ergrif⸗ 
fen werden. So thut uns noht die Lilie / welche wird gruͤ⸗ 
nen durch die durchgegrabene Taffel Molis, mit ihrem 
ſtarcken Ruch / welcher ins Paradeis Gottes reuchet / 
von welcher Krafft die Voͤlcker alſo kraͤfftig und ſtarck 
werden / daß fie den Anti · Chriſt verlaſſen / und durch die 
Dunckelheit zu dem Ruch der Bluhmen lauffen / denn 
der Durch⸗Brecher durch die Thoren der Tieffe / hat die 
Lilien gepflantzet / und hat ſie geben in die Haͤnde der 
Edlen Jungfrawen | und fie waͤchſet im Element im 
Wunder / gegen dem ſchroͤcklichen Sturm der Hoͤllen / 
und dieſer Welt Reich / da denn viel Zweige zu Bodem 
fallen / von welchem der Anti -Chriſt verblendet / und 
im Dunſt und Nebel gantz toll und unſinnig wird / und 
die vier Elementa im Grimm erreget. Da den Kin⸗ 
dern GOT Tes vom Schlaffe des Dunſtes auffzuwa⸗ 
chen noht iſt: deutet der Geiſt im Liechte der Natur 

ohne Schertz. 8 | 
39. So wollen wir nach unſerer Erfantnüß eine Andeutung 
geben von des Menſchen Falle / welches alles gantz offenbahr / 
und im Liechte des Tages erſcheinet / und uns uͤberzeuget / und 
duͤrffen alſo der Raͤrrung des Anti Chriſts nicht / welcher mit 
dem Bluthe und Tode Chriſti nur ſeinen Geitz / Hoffart und 
Wolluſt ſuchet / und uns den Deckel Mofis vor unſere Augen 
zeucht / daß wir nicht ſollen durch die durchgrabene Tafel den Io- 
ſua oder Ieſum im gelobten Lande des Paradeiſes ſehen / damit er 
nur getroſt auff ſeinem grewlichen und freſſenden Thiere des 
Geitzes und Hoffahrts reuthe / welches alſo groß und ſtarck iſt 
worden / daß es den Kreiß der Erden uͤberſchattet / und her: 
ſchet ſo wunderlich mit feinem Grim über alle Berge und Thal. 
Welches doch der Lilien Ruch ohne Haͤnde zerbricht / 
davon ſich die Völker verwundern und ſagen: Wie bi⸗ 
ſtu ſchroͤck liche und groſſe Macht auff fo liederlichen und 

loſen Grunde geſtanden? 8 

40. So wir dann nun den elenden Fall Adams und Hevx be⸗ 
trachten / ſo duͤrffen wir nicht lange dem tollen Anti · Chriſti nach⸗ 
lauffen / von ihme Weißheit zu forſchen; er hat keine / wir ſe⸗ 
hen uns nur ſelber an / und BEER das himmliſche und 125 
F * > 5 che 


224 Von den drey Principien Cap. 17. 


ſche Bildt gegen einander / ſo ſehen wir den Zweck und Grund 
gar mit einander / wir duͤrffen keinen Doctor darzu / auch kei⸗ 
ner frembden Sprache / es ſtehet in unſerm Leibe und Seele ge⸗ 
ſchrieben / und ſo wir das ſehen / erſchrecket es uns alſo ſehr / 
daß wir darob erzitteren / wie der Heva und Adam in ihrem Falle 
geſchehen iſt. 

41. Und ob wir nicht den Schlangen⸗tretter im Scheide⸗ziel 
in den Thoren der Tieffe zwiſchen dieſer Welt und Hoͤllen⸗Reich 
erblicketen / fo fähen wir nichts als eitel Noht und Todt / wel⸗ 
ches uns billich auffwecken ſolle vom Schlaff. 

42. Sihe dich nur an du blindes Gemuͤhte / und betrachte dich / 
wo iſt deine Engels⸗geſtalt in dir? warumb biſtu ſo zornig / grim⸗ 
mig / und boßhafftig? warumb ſteigeſtu noch in deiner Boßheit 
auff in Hoffahrt / in Macht und Pracht / und vermeineſt ein ſchoͤ⸗ 
nes Thier zufeyn ? Was thuſtu? warumb haſtu den Geiſt die⸗ 
ſer Welt in dich gelaſſen / der dich fuͤhret wie er wil in Hochmuht 
und Stoltzheit / in eigen Macht und Pracht / in Geitz und Luͤgen / 

in Falſcheit und Trug / und dann in Kranckheit und Zerbrechung? 

43. Was haſtu nun nach deiner Zerbrechung / ſo du ſtirbeſt? 
Betrachte dich / was biſtu? Ein Geiſt biſtu. Was haſtu fuͤr 
Auahl in dir? Zorn / Boßheit / Hoffahrt / Eigenſinnigkeit im 
Auffſteigen nach zeitlicher Wolluſt und doch kein finden. Ein fal⸗ 
ſches Gemuͤhte im Geiſte / voll liegen und truͤgen / moͤrderiſch 
aus den Eſſentien. Wie du auff Erden gegen dem Menſchen wa⸗ 
reſt / alſo iſt ein ſolcher Geiſt von dir ausgefahren aus dem zer⸗ 
brechlichen Leibe der Elementen. Wo ſol er nun bleiben / ſo dieſe 
Welt vergehet / meineſtu er ſey ein Engel? Hat er Engliſche 
Quell / iſt ſeine Quell in der Liebe / Demuth und Sanfftmuͤtig⸗ 
Leit? Iſt ſie in Gehorſam Gottes / im Liechte der Frewden? 

44. O du blindes Gemuͤhte mit deiner Macht und Pracht / 
voll Boßheit und Grim̃ des Teufels / du biſt bey allen Teuffeln 
in Abgrund der Hoͤllen / ſo du nicht umbkehreſt und tritteſt in 
die Engliſche Fußſtapffen / durch ernſte Rew und Buſſe deines 
Grewels / daß dir der Heyland und Schlangen⸗tretter des Grim⸗ 
mes / Zornes / Boßheit / Luͤgens und Truͤgens / und deiner ans 
gebohrnen Hoffahrt und Geitzes entgegnet / und dich in ſeine Ar⸗ 
nen nimt / und in ihm new gebiehret / und gibt dich in die Schoß 
der zuͤchtigen Jungfrawen / daß du ein Engel werdeſt / ſonſt 
biſtu des ewigen Todes in der ewigen Finſternuͤß / und erreicheſt 
nimmermehr das Reich Gottes. 

45. Oder aber meineſtu / ich ſchreike ohne klecht und Erkaͤnt⸗ 

ch nuͤß 


Cap. 17. Goͤttliches Weſens. ie 


nuͤß vom Falle des Menſchen? Iſt ſolches nicht auch in der heili⸗ 
gen Schrifft zu ſehen / was die davon ſaget / daß der Menſch 
vorm Falle ſey Engliſch geweſen in feinem Gemuͤhte und Leibe? 
So ſtehe was Chriſtus Matthæi 22. v. 30. ſaget: In der Auffer⸗ 
ſtehung der Todten werden ſie weder freyen / noch ſich ſreyen laſ⸗ 
ſen / ſondern fie find gleich den Engelen Gottes. Ein ſolch Bild 
hat auch GOTT im Anfang zu feiner Gleichnuͤß geſchaffen. 

46. Denn kein zornig / boßhafftig / hoffaͤrtig / eigen⸗ehrig / 
luͤgenhafftig / diebiſches / rauberiſches / moͤrderiſches / unzuͤchti⸗ 
ges / unteufches Gemuͤhte iſt Gottes Gleichnuͤtz: Sondern ein 
demuͤtiges / zuͤchtiges / keuſches / reines / freundliches Gemuͤhte / 
das ſich mit ſeiner Begierde und Liebe zum Hertzen Gottes an⸗ 
eignet / das iſt Gottes Gleichnuͤß / in welchem der fewer⸗flam⸗ 
mende Geiſt in der Frewd und Sanſſtmuht auffgehet außm 
Willen / fuͤrm Willen / ſeinen Bruͤdern den Willen ſeines Gei⸗ 
ſtes / ſo von ihme außgehet / gerne auch goͤnnen / ſich mit ihnen 
zu anneigen / und wie man im Sprichwort redet / das Hertze 
mit zu theilen / welches im Geiſte geſchicht: darinnen die him⸗ 
liſche Frewde im ewigen Element auffgehet / und die Wunder 
Gottes in der Jungfrawen erblicket werden zum ewigen Ge⸗ 
muͤhte und Lobgeſange Gottes / da das Gemuͤhte ſpielet auff der 
Harpffe Davids auß dem Lobgeſange Gottes: Da dan in dem 
ewigen heiligen Gemuͤte auffgehen Erkaͤntnuͤtz / Farben im Ele- 
ment und Wunder im Geiſt mit Tahten und Krafft. 

47. Und daß iſt das Bilde Gottes / das GOTT zu ſeinem 
Lobe und Frewden erſchuff und kein anders. Laß dir nur kein an⸗ 
ders fuͤrmahlen durch den tollen Antichriſt. Es iſt kein anders ! 
es uͤberzeuget dich dein Leib und Seel: So wol Himmel und 
Erden / Sternen und Elementa. Siehe an was du wilt. Es 
uͤberzeuget dich alles / und wirſtu nicht umbkehren / und in die 
Bildnuͤß tretten darzu dich GY ZT Z ſchuff / ſo wirſtu dich vor allen 
Creaturen ſchaͤmen / in deines Leibes Zerbrechung / wenn dein 
Gemüte im Seelen⸗Geiſt wird rohe ohne Leib ſtehen / ſagen 
wir theuer im Willen Gottes hoch erkant. f 

48. Alſo iſt uns hoch erkaͤndlich der elende Fall unſerer erſten 
Eltern / warumb es doch GOTZ zu thun geweſen / daß ſein Zorn 
in uns iſt / und daß wir muͤſſen ſterben / und ſo wir nicht den 
Schlangen⸗tretter ergreiffen / auch ewig verderben. Damit wir 
aber eine kurtze Summa des Falles wegen der Einfalt unſerer 
kalten unbegreiflichen und dunckelen Bemühter fegen / dem Sefen 
ver ſtaͤndlich / der unſern Sinn und E EN nicht mag Ban 
71 K. ſen 


226 Von den drey Principien Cap. 17 
fen / ſo wollen wirs kurtz und klar andeuten / ihme auch unſer 
Erkaͤntnuͤß und Gemuͤhte gerne goͤnnen / als uns dan in der 
Goͤttlichen Bildnuͤß gebuͤhret. 

49. Adam iſt in Engliſcher Bildnuͤß geſtanden vor ſeinem 
Schlaff viertzig Tage / und in ihme war kein Tag noch Nacht / 
auch keine Zeit / wiewol er nicht bloß ein Geiſt geweſen iſt / als 
ein Engel / denn ſein Leib war aus dem Element, welches nicht 
ein verſtaͤndiger Geiſt iſt / ſondern das angezogene im Willen 
Gottes (oder der Limbus) das vor GOT ſtehet / darinnen 
die zuͤchtige Jungfraw der Weißheit Gottes / wohnet / welches 
aus dem Element durchs Fiat Gottes die Bildnuͤß erblickte 
und ſchuff. F 

Fo. Und aus demſelben Limbo find in Zeit deß Zorns der Er⸗ 
den corporirung die vier Elemente, als aus einem Brunne aus⸗ 
gegangen / und das erblickete durch die Jungfraw der Weiß⸗ 
heit Gottes in unzahlbar / wurden Sternen / als eine Krafft 
oder Außgebuhrt aus dem Limbo, und ſind das fuͤnffte Weſen 
vor den vier Elementen, nicht abgetrant von den vier Elementen, 
ſondern mit einander inqualitende, und doch von den vier Auß⸗ 
Hängen außgezogen mit ihrer ſchaͤrffen Eſſentia, und find die 
Sucht der vier Elementen, oder wie ichs in Gleichnuͤß ſetzen 
moͤchte / der Mann / und die Elementen die Fraw / und das Hertze 
dieſer Dinge iſt das Element in einem Weſen / und die Eſſentien 
darinnen ſind Krafft der Wunder und Weißheit Gottes / und 
heiſſen Paradeiß / eine Wonne der Frewden. N 

5x. Und der Geiſt der ewigen Eſlentien (der da iſt verſtaͤndig / 
und hat die Erkaͤntnuͤß / auch Fuͤhlung und Probierung aller 
Dinge / darinnen die Quaͤll ſtehet / ſo im Menſchen iſt) wird 
ihme durch die Weißheit Gottes durch den treibenden Willen / 
welcher fuͤr ſich gehet / aus dem ewigen Gemuͤhte / aus den zer⸗ 
ſprengten Thoren dex Tieffe eingeblaſen durchs Wort / mit dem 
wallenden Geiſte Gottes / und hat die Anruͤrung des Abgrun⸗ 
des der ewigen Qual (x) hinter ſich / als ein Band / und das 
Hertze und Sicht GT TES (2) für ſich als einen Glantz der 
Frewden und Anzuͤndung des Paradeiſes ! welches in den Elfen- 
tien auffgehet mit dem Frewden⸗Liechte / und den Außgang der 
vier Elementen (3) unter ſich / in Gebuhrt aus dem Limbo, ſo 
in ihme war. N 

92. Und fo lange er ins Hertze Gottes feine Imagination 
ſetzte / fo war das Paradeiß in ihme reß / und war das Band 


des Abgrundes ein Paradeiß / der auffſteigenden Frewden in 
5 SE der 


1 


Cap. 72 Goͤttliches Weſens. 227 


der Auahl / und das Reich dieſer Welt hatte ihn von unten auch 
am Bande / dieweil es von Element außgehet. Und weil er ſein 
Gemuͤhte ins Hertze Gottes ſetzte / konte es ihn nicht ergreif⸗ 
ſen / und war an ihme unmaͤchtig / gleich wie dieſe Welt vor 
GOT iſt. N b e 

53. Alſo ſtund der Geiſt und Seele Adams mitten im Para⸗ 
deiß der Frewden⸗ reich viertzig Tage / als einen Tag / und nei⸗ 
gete ſich alles zu ihme / das Hoͤllen⸗Reich des ewigen Urkundes 
aus dem finſtern Gemuͤhte fuͤr eines / aus welchem ſein Seelen⸗ 
wurm in den zerſprengten Thoren war auß gangen. Und dan die 
Gottheit deß Himmelreiches in den zerſprengten Thoren vor 
ihme / ihn freundlich erblickend fuͤrs ander. Und dan der Geiſt 
der Sternen und Elementen ſeiner an ihrem Bande anziehend 
und hertzlich begehrend fuͤrs dritte. 

54. Und ſtund Adam recht in der Verſuchung / denn fein zor⸗ 
nig Gemuͤhte aufm Urkund des erſten Principii ſtund vom 
Lichte Gottes in Frewden / und die Quell des Zorns machte die 
auffſteigende Frewden. Deñ das Liecht machte alles ſanffte und 
freundlich ſich zu der Liebe zu anneygenen / und damit ſtund er 
recht im Paradeiß auff Erden. f 5 
F. Die vier Elementa dieſer Welt ſampt der Sonne und 
Sternen / koͤnten in ihm nicht inqualiren. Er holete keine Lufft 
in ſich / ſondern der Geiſt Gottes in der Jungfrawen war ſein 
auffblaſen und anzuͤnden des Fewers im Geiſte. 

56. Weil er aber alſo im Paradeiß / zwiſchen der Hollen · nnd 
dieſer Welt-⸗Reich Fund / mit beyden angebunden / und doch 
auch gantz frey in der Macht Gottes / ſo erblickte er ſich in die 
groſſe Tieffe dieſer Welt⸗reich / darinnen dann auch die groſſen 
Wunder im Centro verborgen ſtehen / wie wir ſehen / daß ſie der 
Menſch durch ſein ewiges Gemuͤhte erblicket / und an Tag bracht 
hat / wie vor Augen / und in feinem Erblicken iwaginirte er / 
und gericht in Luſt ! Denn der Geiſt dieſer Welt fieng ihn wie 
eine Mutter einem Kinde in Mutter-$eibe ein Anmahl zurich⸗ 
tet. Und wird in der Luſt ſchwanger des Geiſtes dieſer Welt. 
Da ward er an GOTT blind / und ſahe nicht mehr GO T und 
feine Jungfraw in feinem Gtmuͤhte. Alſo blieb das Himmel⸗ 
reich in den zerſprengten Thoren der Allmacht im Paradeiß / 
in ſeinem principio für ſich / und darinnen die Jungfraw im 

Centto verborgen / und war in Adam, aber Adam war nicht in 
GO mit feinen Gemuͤhte / ſondern im Geiſte dieſer Welt / 
und ward am Reiche Gottes unmaͤchtig / fiel nieder und ſchlieff. 

SE K 6 57 Da 


228 Von den drey Principien Cap. 7. 


57. Da bawete GOT durch den Geiſt dieſer Welt durchs 
Fiat, das Weib dieſer Welt aus ihme / dadurch er ſein Reich 
mehrete. Das Weib war aus der Matrix, welche für derinfici- 
rung eine keuſche Jungfraw war / welche Adam aus ſich gebaͤh⸗ 
ren ſolte. Als aber die Zucht der Weißheit und Vermuͤgenheit 
von ihme wiech / in dem er in Geiſt dieſer Welt trat / konte er 
nicht gebaͤhren / denn der Geiſt dieſer Welt bekleidet ihn in ſei⸗ 
nem Schlaffe mit Fleiſch und Bluht / und ſigurirete ihn zu ei⸗ 
nem Thier; wie wir nun mit groſſem Jammer ſehen / und uns 
erkennen / daß wir blind und am Reiche Gottes nacket ſind / mi 
keiner Krafft / im Schlaffe des groſſen Elendes / mit zerbrech⸗ 
lichem Fleiſche und Blute bekleidet. ö 

58. Als aber Adam vom Schlaff auffwachete / war er ein 
Menſch / und nicht ein Engel / er holete Odem von der Lufft / 
und zuͤndete damit ſeinen Sternen⸗geiſt an / welcher ihn hatte 
beſeſſen. Er erkennete ſein Weib / daß die eine Fraw waͤre / und 
aus ihme genommen / und nam ſte zu ſich / als ſich alle Thiere 
begatten. Doch hatte er noch reine Augen / denn der Grimm 
ſteckete noch nicht drinnen / ſondern die Sucht und der Meſch. 
Das Element Fewer mit ſeiner Bitterkeit hatte ihn noch nicht 
gänzlich / welches mit der Hoͤllen Abgrund inqualiret. 

50. Alſo iſt Adam mit feinem Weibe in groſſer Luſt und 
Frewden in Garten Eden gegangen / da ihr dan Adam von dem 
Gebott des Baums ſagete. Heva aber als eine Fraw dieſer 
Welt / achtete deß wenig / und wendete ſich von Adam zum Bau⸗ 
me / und ſahe ihn mit Luſt an / da ſie dann die duſt ſieng / und 
der Luͤgen⸗Teuffel beredete / in deme fie mit ihme ſchwaͤtzete / und 
fie ihn nicht kante / auch von keinem Teuffel wuſte / grieff an 
Baum / rieß ab und aß von der Frucht der vier Elementen und 
der Sternen / und gab Adam auch / und weil Adam ſahe / daß 
Hera nicht ſtarb / aß er auch. 

6o. Da wurden ihre Augen auffgethan / und erkanten daß fie 
Fleiſch und Bluth hatten / und gantz nacket waren. Denn der 
Geiſt der groſſen Welt fleng fie mit den vier Elementen, und 
figuriret ihnen Magen und Daͤrmer / wiewol die Geſtalt im 
Schlaffe des Adams / als die Matrix vom Limbo wurd geſchie⸗ 
den / ſchon figuriret ward / aber fie erkanten es nicht big nach 
dem Apfel⸗biß. Da zog der Geiſt der Grimmigkeit erſt ein / und 
macht ihm ſeine Region, wie zu ſehen am Hertze / Leber / Lunge / 
Galle und Blaſen / ſo wol am Magen. Dieſes Regiment hat A⸗ 
dam im Schlafe bekommen / und mit dem Apfel-bi hat lich de 
E ciſt der groſſen Welt eingeſetzet. 61. Da 


Cap. 17. Goͤttliches Wefens. 229 
61. Da ſahen ſie einander an / und ſchaͤmeten ſich vor einan⸗ 
der / und fuͤrchteten ſich vor dem Grimme / der in ſie kam / denn 
es wag der Zorn Gottes. Alſo fieng fie das erſte Principium, 
als der Poͤllen Abgrund / und hielt Adam und Hera in ihrer See ⸗ 
len gefangen in dem Ewigen / denn es gieng auff mit Schrecken / 
Furcht und Zweiffel am Reiche Gottes / und ſie vermochten kei⸗ 
nen Troſt zu haben / denn fie ſahen nicht mehr das Paradeiß / 
ſondern den Garten in Eden, auch hatten fie die Gottheit vers 
lohren / konten keinen Willen darein ſetzen / denn der Zorn und 
Zweiffel war darfuͤr. 
62. Da kam der Geiſt dieſer Welt mit ſeinem rauhen Roͤck⸗ 
lein / mit Hitze und Kälte / und drang auff ſie / als auff nackete 
Menſchen / und ſchlugen alſo das Bildt Gottes halb todt mit 
ihrem Zorn / Angſt und Zweiffel / mit ihrer Quahl der Hitze und 
Kalte / und lieſſen es liegen in Marter / Angſt und Zweiffel. 
Alhier iſt der Menſch von Jeruſalem aus dem Paradeiß gen 
Jericho ins Haus der Moͤrder gangen / welche ihm das Para⸗ 
deiſiche Kleidt außgezogen / und raubeten / und ſchlugen ihn mit 
ihren Gift) Marter / Plage / Kranctheit ihrer inficirung / 
halb todt / und gingen davon / wie der ander Adam im Evangelie 
ſaget im Gleichnuͤß. 

63. Alhier war nun kein Rath / weder im Himmel noch in 
dieſer Welt: Sie wahren gefangen in einer ſchweren Dienſt⸗ 
barkeit / in Roht und Todt / denn der Höllen Abgrund hielt die 
Seele / und der Geiſt dieſer Welt den Leib / und war der Todt 
und Zerbrechung im Leibe / und war nichts dan eitel ſelbſt eigen 
Anfeindung in ihnen / von den rauhen Sternen Eflentien da je 
eine QAuahl wieder die ander gehet / und eine die ander zerbricht / 
mit groſſer Marter und Wehthun des Leibes / mit Zittern und 
Schreyen / und endlich die Zerbrechung und Todt / wie es vor 
Augen iſt. f 

64. Da hatte der Teuffel gewonnen Spiel / denn das Reich 
dieſer Welt war abermahl ſeine / er hatte einen Zugang im Meu⸗ 
ſchen bekommen / und konte ihm in die Eſſentien feiner Seelen 
greiffen. Denn ſie waren nun beide in einem Reiche. 

65. Er vermeinete / nun iſt das Reich dieſer Welt deine / du 
wilſt mit dem Menſchen⸗Bilde / welches deinen Sthul ſolte be⸗ 
ſitzen / wol ſpielen nach deiner Macht: Sein Geiſt iſt in deinem 
Reich / und verſpottete GO T in ſeinem Gemuͤhte: Wo iſt nun 
dein edles Bild / das du geſchaffen haft zu herꝛſchen über meine: 
Thron? bin nicht ich der Herꝛ der K Nn Fewers⸗ macht? Ich 
. 7 wil 


230 Von den drey Principien Cap. 17. 


wil herꝛſchen über deinen Thron / und mein iſt Krafft und Macht / 
ich fahre aus über die Thronen der Staͤrcke / und Niemands 


Macht kan mir widerſtehen. b 

65. Ja freylich / er faͤhret wol aus über die Thronen ter er 
kan nicht in die Thronen: Er faͤhret in dem erſten ewigen Ur⸗ 
kunde deß ſtrengen und herben / finſtern / harten / kalten / rauhen 
und hitzigen Feur⸗quall auff / aber er kan nicht hindurch in die 
zerſprengten Thoren der Tieffe / ins Liecht fuͤr GOT / ſondern 
er faͤhret uͤber aus in ſeinem Abgrunde in die Ewigkeit / in der 
grimmigen Hoͤllen⸗quahl / und ſonſt erreicht er nichts. Darumb 
iſt er ein Fuͤrſte / aber in der Hollen Abgrunde / welche am Men⸗ 
ſchen nach ſeinem elenden Falle gnug erkant wird. 

67. Wiewol ich dem Leſer nicht moͤchte verſtanden ſeyn / in 
deme ich ſchreibe: der Menſch wohnet in der Hoͤllen Abgrunde 
beym Teuffel / ſo wil ich ihme den Zweck zeigen / daß ers fuͤhlet 
und greiffet / wil er nicht fliehen / ſo iſts ihm doch zu wiſſen ge⸗ 
macht / ſo wirds ein Zeugnuͤß uͤber ihn ſeyhn. 

68. Chriſtus nennet den Teuffel nicht vergebens einen Fürften. 
dieſer Welt. Denn er iſts auch nach dem erſten Principio, nach 
dem Reiche der Grimmigkeit / und bleibets in Ewigkeit. Aber 
nach dem Reiche der vier Elementen und Sternen iſt ers nicht: 
So er darinnen volle Macht haͤtte / ſo wuͤrde kein Gewaͤchſe noch 
Creatur auff Erden ſeyn. Er kan den Außgang der vier Elemen- 
ten nicht betretten. Denn er iſt im Urkunde / und iſt ein Princi- 
pium darzwiſchen: Alleine wenn das Geſtirne in den Elementen 
den Grim des Fewrs im Ungewitter erreget / da iſt er Meiſter / 
Gauckel⸗fechter / und erluſtiget ſich / wiewol er auch nicht Ge⸗ 
walt hat / es werde ihm dan verhengt aus Gottes Zorn / ſo iſt. 
er Henckers⸗Knecht / und exequiret das Recht als ein Diener / 
und nicht Richter / ſondern Scharff⸗ richter. 5 

69. Er iſt im Reiche dieſer Welt Scharff⸗ richter / die Ster⸗ 
nen find der Raht / und GOTT iſt des Landes König; Wer nun 
von GOTT faͤllet / der faͤlt in Raht der Sternen / die lauffen 
mit manchem zum Schwerd / ſich ſelber zu ermorden / mit man⸗ 
chem zum Stricke oder Waſſer / da iſt er geſchaͤfftig / und iſt 
Auß fuͤhrer und Hencker. . f 
Fo. Alſo gar in groß Elend iſt der Menſch gefallen / und iſt 
dem Reiche der Sternen und Elementen nach ſeinem Leibe gantz 
heimgefallen / was die mit ihme thun / das iſts / und das ſtehet 
im Weſen. Sie machen einen groß den andern klein / einen ge⸗ 
rade den andern ſchielicht und krum / ſte fuͤgen einem 1 er 

Ä R KReich⸗ 


Cap. 17. Goͤttliches Weſens. 231 
Reichthumb zu / dem andern Armuht: Aus einem machen fie 
einen liſtigen / witzigen Menſchen / nach dem Reich dieſer Welt / 
und aus dem andern einen Narren: Sie machen einen Koͤnig / 
und zubrechen den andern / einen toͤdten fie / den andern gebaͤhren 
ſte / und führen deß Menſchen Gemuͤhte zu aller Zeit / jedoch 
nur in eitel Muͤhe / Schmertzen und Unluſt. 

71. Darzu ſchnapt das Reich der Hoͤllen und des Grimmes / 
immer nach der Seelen / und ſperret ſeinen Rachen auff / zu ver⸗ 
ſchlingen die arme gefangene Seele / die ſitzt mit zweyen ſchwe⸗ 
ren Ketten umbfaſſet: Eine vom Reich der Hoͤllen / die ander 
vom Reich dieſer Welt / und wirdt gefuͤhret mit den ſchweren / 
toͤlpiſchen / viehiſchen / gantz ſuͤchtigen Leibe als ein Dieb / den 
man immer zum Gerichte fuͤhret / welcher immer durch eine 
Fuͤrbitte wird entlediget / und ins Gefaͤngnuͤß geleget / und muß 
die arme Seele die Zeit des gantzen Leibes alſo gefangen liegen / 
da bald der Teuffel auff einer ſeyten uͤber ſie rauſchet mit ſeinem 
Luder / Grimme / Zorne und Boßheit / und wil mit ihr in Ab⸗ 
grund: bald die gleißneriſche Welt mit Macht / Pracht / Geitz 
und Wolluſt des Verderbens / bald Kranckheit und Furcht / und 
iſt immer im zittern. Wie entſetzet ſie ſich doch / ſo nur der Men⸗ 
ſche im Finſtern gehet / und fuͤrchtet immer es werde ſie der 
Scharff⸗ richter ergreiffen / und das Recht exequiren. 


Die Porte der groſſen Suͤnden und Wiederwillen 
wider GOTT durch den Menſchen. 
Ss wir uns des Grewels und groſſen Suͤnden vor GOT 

g im Menſchen entſinnen / welche uns unſere erſte Eltern 
haben angeerbet / ſo moͤchten wir wol in dieſer Welt nimmer 
froͤlich werden / ſo uns nicht der Geiſt dieſer Welt in naͤrriſche 
ſpie gel⸗fechter Frewde ſtuͤrtzete / in unſerm Gefaͤngnuͤß: Oder 
aber wann uns nicht die Wieder⸗gebuhrt ſo offte hoch erfrewete 
aus dieſer Gefaͤngnuͤß loß zu werden. Denn wir befinden doch 
in dieſem Leben nichts als eitel Grewel / Suͤnde / Noht und 
Todt / und erlangen kaum einen Anblick der ewigen Frewde in 
dieſem Leben. 

73. Nun ſpricht das Gemuͤhte: Was iſt dann Sünde ?oder 
wie iſt es Suͤnde? Warumb hat GOTT einen Eckel an dem 
Weſen / ſo er geſchaffen hat? Siehe du Menſchen⸗Kind / vor 
GOTT iſt keine Suͤnde im Himmel / alleine in dir iſt die Suͤn⸗ 
de / und die Sünden ſcheiden uns und unſern GOTT von ein⸗ 
ander. Sonſt iſt alles fir / und in ſeinem eignen Weſen age 17 

5 . gern |; 


232 Von den drey Princißien Cap. 17. 
Reich der Höllen und des Zornes iſt in fich ſelber nach feiner Re- 
gion gut / es legt ihm ſelber keine Marter oder Wehe an / ſon⸗ 
dern ſeine Wehe iſt feine Gebuhrt und Auffſteigen der QAuahl / es 
begehret auch ſonſt nichtes. 

74. So iſt das Reich dieſer Welt auch fuͤr ſich ſelber fir und 
gut / es legt ihm auch keine Wehe an / ſondern das Erheben der 
Elementen, als des Anzuͤndens / der Hitze / Kaͤlte / Luffts und 
Waſſers iſt ſein wachſen und gruͤnen / und thut ihm in ſich ſel⸗ 
RN nichts wehe: es hat auch Fein Zagen oder Furcht in ſich 

elber. 8 
75. Alleine der Menſch / welcher aus einem andern Prineipio 
iſt außgegangen / der hat in dieſen beyden Principien Wehe / 
Noht / Klagen und Zagen / denn er iſt nicht in feinem Vatter⸗ 
lande / und koͤnnen dieſe beyde Principia keines fein Vatterland 
erreichen. Darumb muß ſich die arme Seele alſo quetſchen und 
drengen / daß ſie wieder in ihr Vatterland reichet ; ſie muß wie⸗ 
der durch die Thoren der tieffen Angſt des Todes gehen / ſie muß 
zwey Reiche. zerſprengen / und ſtecket alhie zwiſchen Thür und 
Angel / und wird immer inficiret mit denen Dingen / die ſie zu 
rücke halten und ſehr quetſchen / fie ſtecket wie in einer Preſſe. 

76. Dringet fie zu GOTT / ſo haͤlt ſie der Teuffel auſſ einer 
feiten an einem Bande / und die Welt am andern Bande / und 
ſchlagen auff ſie zu / der Teuffel zuͤndet ſte an mit Grimm und 
Zorn / das iſt eine Quall und Suͤnde / die nicht kan das Reich 
Gottes erreichen. Und die Welt fuͤhret ſie in Hoffart / Geitz 
und Fleiſches luſt / daß der Seelen Eſſentien vom fleiſchlichen 
Willen voll werden. Denn der Wille des Gemuͤhts zeucht dieſe 

Dinge in die Seele / ſo wird die Seele gantz unrein / Geſchwull 
und finſter von dem angezogenen / und kan das Liecht Gottes 
nicht erreichen. Ihre Eſſentien, die fie ſollen in GOTT aneig⸗ 
nen / koͤnnen nicht / denn ſie ſind zu rauhe / und koͤnnen nicht 
ins Liecht. Es zuͤndet fich nicht darinnen an. Es muͤſſen nur die 
Thoren der Tieffe zerſprenget ſeyn / ſo dringen die Eſſentien in 
die Freyheit auſſer der Finſternuͤtz. So aber das Gemuͤhte gefuͤl⸗ 
let iſt / fo Fans nicht / da gehet dan an / Schrecken / Furcht / Zagen / 
Verzweifeln am Reich Gottes / und macht der Seelen eine 
eitel Quahl. a a 

77. Auch fo ſolſtu wiffen / wie es vor GOTT Suͤnde iſt / du 
haft in dir das Element, welches iſt eine Wonne vor GOTT: 
So du nun alſo mit der Hoͤllen Quahl wuͤteſt und tobeſt / be⸗ 
ruͤhreſtu das Element und erweckeſt den Grim nene 

un 


* 2 . 8 

Cap. 17. Goͤttliches Weſens. 233 
und thuſt eben als der Teuffel thaͤt / da er den Grimm im Fiat er⸗ 
regte und anzuͤndete / davon der Grimm die Erde und Steine 
gebahr. Du ſuͤndigeſt big in Himmel fuͤr GOTT. Davon die 
Propheten an vielen Enden klagten / daß das ungehorſame Volck 
ihren GOTT beleidigten / obs ihme wol in ſich nicht wehe thut / 
fo wird doch fein Grimm nach dem erſten Principio in den Thoren 
der Tieffe / darinnen die Seele ſtehet / entzuͤndet / und iſt ein 
ettel Grewel vor ihme. i 

78. Siehe alles was du in dein Gemuͤhte einlaͤſſeſt / fo deine 
Seele nicht in GOT geanneiget iſt / daß ſie im Glauben und 
zuverſicht auff ihn ſtehet / ſo iſt dir alles Suͤnde / was du thuſt. 
Denn du fuͤhreſt ein irꝛdiſch Gemuͤhte in die Thoren der Tieffe da 
der Geiſt Gottes gehet / und verunreinigeſt das Element, wel⸗ 
ches vor GOT if. f 

79. Sagſtu / wie? Go TT wohnet im Himmel! O du blindes 
Gemuͤhte / voll Finfternüg! der Himmel / da GY TT wohnet 
iſt auch in dir / gleich wie Adam auff Erden im Paradeiß war; 
Laß dich den Antichriſt nicht auſſer dieſer Welt aber die Ster⸗ 
nen weiſen. Er leugt wie der Teuffel ſelbſt. GOTZ iſt uͤberal / 
der Hoͤllen Grund iſt auch uͤberal / wie der Prophet David ſagt: 
Schwinge ich mich an die Morgenroͤhte / oder in die Hölle ſo 
biſtu da: Item, Wo iſt die Staͤtte meiner Ruhe / bin nicht Ichs / 
der alles erfuͤllet? Ich ſehe aber an den Elenden / der zerbrochenez 
Geiſtes iſt / in dem wil ich wohnen. Item: In lacob wil ich 
wohnen / und Ifrael fol meine Hütte ſeyn. 

80. Verſtehe recht: Er wil wohnen in dem zerſprengten und 
zerbrochenen Geiſte / der die Thoren der Finſternuͤß zerſpren⸗ 
get / und zu deme wil er eindringen. 

Sr. Darumb huͤte dich fuͤr der Sucht / ſprich nicht: Ich ſteht 
im Finſtern / der Herz ſthet mich nicht / was ich dencke und thue: 
Er ſtehet in der Porten deines Gemuͤhtes / wo die Seele in den 
zerſprengten Thoren ſtehet vor Gottes klarem Angeſichte / und 
werden alle deine Grewel vor GOTT erkant / und du eutfaͤrbeſt 
damit das Element Gottes: Du betruͤbeſt die zuͤchtige Jung⸗ 
fraw / fo dir zur Geſellin iſt in dein Gemuͤhte gegeben / welche 
wohnet in ihrem Centro, und warnet dich vor ungoͤttlichem 
Weege / fo du folgeft und kehreſt umb / und brichſt durch ernſte 
Buſſe zu iht ein / fo kroͤnet ſie dir dein Gemuͤhte mit Weißheit 
und Verſtaͤndt / datz du dem Teuffel wol kanſt entfliehen. Wo 
aber nicht / ſo faͤlleſtu aus einer Suͤnde und Grewel in den an⸗ 
dern / und mache ſt dein Maß voll und uͤberfluͤſſig / ſo hilfft dir 

3 dan 


234 Von den drey Principien Cap. 17. 


dan der Teuffel in ſeinem Reich: Du dieneſt ihm wol / denn du 
biſt eine rechte Peitſche der Kinder Gottes / nicht alleine mit 
ſpotten / ſondern mit thaͤtiger Handt / welches der Teuffel nicht 
thun darff / du giebſt ihm einen guten Diener: Er kitzelt dich 
noch fein mit dem Nahmen Gottes / daß du denſelben in deinen 
Lippen fuͤhreſt / und ſelber lehreſt / aber dein Hertz iſt ein Moͤr⸗ 
der und Dieb / und biſt am Himmelreich gantz todt. 

82. Darumb / o liebes Gemuͤthe / pruͤfe dich / wozu du gean⸗ 
neiget biſt / ob du zur Gerechtigkeit / Liebe / Trewe und War⸗ 
heit biſt geanneiget: Item, zur Keuſcheit / Zucht und Barm⸗ 
hertzigkeit / wohl dir / ſo iſts gut! Wo aber nicht / fo greiff in 
deinen Buſen / und beſtehe dein fleiſchlich Hertze und prüfe es / 
raffe deine Sinne zu ſammen in ein Gefaͤngnuͤß / und ſetze dei⸗ 
nem fleiſchlichen Hertzen zu / daß die Elementa in dir erbeben / 
der Schmeichel⸗ und Luͤgen⸗Teuffel / der ſich in dein fleiſchlich 
Hertz hat geſetzet / wird wol weichen / wird er dieſe ftöffe fuͤhlen / 
welche ihm nicht ſchmecken / du wirſt wol anders geſinnet werden / 
es iſt aus keinem ungeuͤbten Gemuͤhte gedichtet / es hats ſelber 
erfahren; darumb ſols ſtehen zu einem Memorial, und immer 
Auffrichtung: Wem nun luͤſtert / der verſuche es / er wird 
Wunder erfahren. 1 

83. Als nun Adam und fein Weib hatten von der irꝛdiſchen 
Frucht geſſen / ſchaͤmeten fie fich vor einander / denn fie wurden 

ewahr der thieriſchen Glieder ihres Leibes Fortpflantzung / und 
ſie brachen Stauden ab / und hielten ſie vor die Schaam: Und 
die Stimme Gottes gieng im Garten hoch in ihrem Gemuͤhte / 
und ſte ver ſteckten ſich hinter die Baͤume im Garten. 

84. Alhier ſehen wir klar / und greiffen es ja / daß GOTT. 
im Anfang nicht eine ſolche Bildnuͤß mit thieriſchen Gliedern 
zur Fortpflantzung hatte geſchaffen. Denn was GOT ſchaffet 
zur Ewigkeit / davor iſt keine Schame. Auch ſo wurden ſie erſt 
gewahr / daß ſte nacket waren / die Elementa hatten fie beſeſſen 
und kein Kleidt angezogen / ſte konten auch nicht / denn des 
Menſchen Geiſt war nicht der Elementen Eſſentien und Eigen⸗ 
ſchafft / ſondern aus dem Ewigen. 

89. Und iſt an dieſem Orthe nichts greiflichers / als daß man 
fiehet und erkennet / daß Adam vorm Schlaffe vor ſeinem Weibe 
keine thieriſche Geſtalt gehabt hat. Denn er war weder Weib 
noch Mann / ſondern eine Jungfraw ohne thieriſche Geftalt ; 
Er hatte keine Schaam und Bruͤſte; er durffte ſie auch nicht: 


Er haͤtte gebohren in Liebe der Zucht / ohne Wehe oder Eroͤff⸗ 
ö nung 


Cap. 7. Goͤttliches Weſens. 235 


nung ſeines Leibes / eine Jungfraw / wie er war / und waͤre 
muͤglich geweſen / daß das gantze Heer der engliſchen Menſchen / 
waͤre aus einem Brunnen aus einem ausgegangen / wie bey den 
Engeln / ſo er in der Verſuchung waͤre beſtanden. Gleichwie 
ſie durch einen Menſchen ſind alle erloͤſet worden vom ewigen 
Tode und Hoͤllen⸗QAual / welche kommen zu dem einigen Ertz⸗ 
Hirten zu ſeiner Ruhe. R 25 N 

86 Alhier befinden wir nun / wie ſte die Stimme Gottes im 
Garten gehoͤret haben. Denn das Element hat erzittert ob den 
Suͤnden / welches vor GOTT iſt / mit welchem der Menſch 
znqualiret / und iſt die Suͤnde im Element des Gemuͤhts erſt 
offenbahr worden in Adam und Heva / da iſt Furcht und Schrec⸗ 
ken in die Eſſentien der Seelen gefallen. Denn das erſte Princi- 
pium in der Grimmigkeit iſt geruͤget worden / es hat wie man 

ſagen moͤchte / Holtz zu einem Feuer⸗quell bekommen / und iſt 
entzuͤndlich auffgegangen im Wider⸗willen in den Eſſentien, da 
je eine Geſtalt iſt wider die ander gegangen: als die Herbigkeit 
und Kaͤlte mit ſeinem Anziehen hat erwecket das bitter Stechen 
und Wehe⸗ thun in den Ellentien der Tinctur des Gebluͤhts im 
— * und die bitter Wuͤtterey und auffſteigen hat erwecket 
as Feuer, 

87. Und iſt für die Paradeififche Freude und Wonne ein ei⸗ 
tel Schwefel⸗geiſt worden / welcher ſtehet in Angſt und Zittern 
der Zerbrechung / welcher die Tinctur des Gebluͤhts anzuͤndet / 
darinnen reiſſen / ſtechen / marter und wehe geſchiehet; und ſo 
ſich das Feuer im Schwefel⸗geiſt zu ſehr anzuͤndet / ſo verbrennet 
es die Tinctur, daß des Lebens Liecht verliſchet: So faͤllet der 
Leib hin als ein todt Aaß. Entzuͤndet ſich dan die Herbigkeit mit 

dem harten Anziehen / ſo wird die Tinctur harte / finſter und kalt 
vom Einziehen und Halten: fo erloͤſchet auch des Lebens; Liecht / 
und verdirbet der Leib. Deßgleichen auch vom Waſſer / ſo ſich 
die Tinctur in der Sanfftmuht entzuͤndet / fo wird ſte feiſte / dicke 
und geſchwull / gantz ſuͤchtig / auch finſter und ſchielicht / in 
welchem der Blitz des Lebens gehet / als ein Dorn⸗ſtachel. Und 
iſt alſo des Menſchen Leben allenthalben mit Feinden umbgeben / 

und iſt die arme Seele immer in der ſchweren Gefaͤngnuͤß mit 
vielen Ketten umbgeben / und fuͤrchtet immer / wan der Leib 
zerbricht / daß ſie moͤchte dem Scharff⸗ richter dem Teuffel in ſein 
Reich heim fallen. f 

88. Alſo iſt auffgegangen in Adam und Heva im Garten 
Eden nach dem Apfel⸗biß die erſte Frucht in den 8 fe 

a ieffe 


7 


236 Von den drey Principien Cap. 17. 


Tieffe / wo die Seele vor GOTT ſtehet / und mit des Vatters 
gerechten Willen inqualiret “ welcher feinen Willen vor ſich 
ſetzet in der Zerbrechung der Finſternuͤß ins Liecht der Sanfft- 
muht / und fein liebes Hertze und Sohn / in Krafft der Sanfft⸗ 
muht deß Willens / als ſein ewiges Wort / von Ewigkeit immer 
ebieret. a 

? 89. Alſo folte auch der Engliſche Menſch feinen Willen vor 
ſich in die zerſprengten Thoren der Finſternuͤß / durch Vatters 
Willen / mit welchem die Seele inqualiret / in die Sanfftmuht 
des Hertzens Gottes ſetzen / ſo haͤtte ihn die Qual der Finſter⸗ 
nuͤß im Grimm nicht geruͤget / ſondern wäre ein Siegs⸗fuͤrſte 
im triumph des Paradeyſes / uͤber der Hoͤllen und dieſer Welt 
Reich blieben. 

90. Als er aber ſeine imagination ins Reich dieſer Welt ſetzte / 
fo zoch fein heller und lauter Wille der Seelen das geſchwule 
Reich der Ausgebuhrt an ſich in Willen / alſo ward die reine 
Paradeiſtſche Seele finſter / und des Leibes Element krigte den 
Meſch oder Maſſa, welche den Willen der Seelen / des Gemuͤhts 
ins Element zoch / alſo ward er ein Fleiſcherner Menſch / und 
bekam den Grim̃ deß erſten Principii, welcher die ſtarcke Durch» 
brechung in den Thoren der Tieffe zu GOTT zu harten Knochen 
und Beinen machete. 

gr. Und iſt uns treflich und hoch zu erkennen: Denn es wird 
ins Lebens⸗Liecht erſehen / wie daß in Beinen das Marck / die 
edleſte und hoͤchſte Tinctur hat / darinnen der Geiſt am ſuͤſſeſten / 
und das Liecht am helleſten iſt / welches im Feuer mag erkand 
werden / ſo du ja ſonſt blind biſt mit wiederſprechen / und wird 
ſcharff erkant / daß dieſe Gaͤnge / wo jetzt die harten Beine ſind / 
ſind Wunder⸗krafft geweſen / welche die Thoren der Finſter⸗ 
nüß haben zerſprenget / in welchem der Engliſche Menſch iſt im 
Liechte geſtanden. 8 

92. Darumb hat die Göttliche Vorſichtigbeit / als Adam in 
die Sucht fiel / ihn dieſe Krafft und Staͤrcke / mit der Macht 
deß erſten Principii, als der ſtrengen Macht der Schaͤrffe Got⸗ 
tes umbgeben / daß es nicht ſollen alſo leichte des erſten und drit⸗ 
ten Principii Quaal rühren. Und das iſt geſchehen in Adams 
Schlaffe / als GO TT den Adam zu dieſer Welt bawete / davon 
S. Paulus auch redet / daß der natuͤrliche Menſch ſey ins zer⸗ 
brechliche Leben dieſer Welt geſchaffen worden / welches iſt ge⸗ 
ſchehen in der Verſuchung Adams / in Zeit als GOT fein na⸗ 
tuͤrlich Weib aus ihme machte: Vor deme aber war me 

Nils 


Cap. 17. Goͤttliches Weſens. 237 


himliſche Bildnuͤß / und die muß er wieder werden in ſeiner 
Wiederkunfft am Juͤngſten Tage. 

93. Und laß gleich den Teuffel und dieſe Welt dawider wuͤt⸗ 
ten / ſo iſts der Grund der Warheit hoch im Wunder Gottes 
erkant / und nicht aus Tand und Meynungen / wie die hoffertige 
gleißneriſche Welt jetzt umb den Kelch It ſu Chriſti tantzet / zu 
ihrer Pracht und Hochmuht / auch eigen Ehren und vermeinter 
Weißheit / zu ihrer Wolluſt und Bauch-fülle/ als die ſtoltze 
Braut zu Babylon, reuthende auff dem boͤſen und freſſenden 
Thier des Elenden. (Ob wir alhie an dieſem Orte wol aus dem 
erſten Adam geredet / ſo bekomt doch der ander im Fleiſche nur 
Spott zu Lohn.) So deutet nun der Geiſt / ich habe dich aus⸗ 
geſpeyet gen Babel in die Verwirrung / in der Zeit des Zornes ſol⸗ 
tu trincken vom Kelch deiner Hoffahrt / und deine Quaal ſteiget 
auff in Ewigkeit. a 
Ven der Stimme Gottes im Garten in Eden / zwi⸗ 

ſchen GO T und den zween Menſchenzdas Geſpraͤch 

von der Suͤnden. | 
94: Iſ es nun Adam und feine Heva nach dem Apfel⸗ biß ſich 
auſahen / wurden ſie gewahr des monſtroſiſchen Bildes 
und Thieres Geſtalt / und fuͤhleten in ſich den Zorn Gottes / 
und die Grimmigkeit der Sternen und Elementen, denn ſie 
wurden gewahr des Magens und Daͤrmer / in welche ſie die irꝛ⸗ 
diſche Frucht hatten geſaͤcket / die hub an zu qualificiren / und 
ſahen ihre thieriſche Schaam; da erhub ſich ihr Gemuͤhte nach 
dem Paradeiß / und funden das nicht mehr / lieffen in Zittern 
und Furcht / und krochen hinter die Baͤume / denn der Zorn hat⸗ 
te ihre Eſſentien im Geiſte geruͤget mit der irꝛdiſchen Frucht. Da 
kam die Stimme Gottes im Centro der Thoren der Tieffe / und 
rieff Adam, und ſprach: Adam, wo biſtu? Und er ſprach: 
Hie bin ich / und fürchte mich: denn ich bin nacket. Und der 
Herr ſprach: Wer hat dirs geſagt / das du nacket biſt / haſtu 
nicht geſſen von dem Baum / davon ich dir ſagte: du ſolt uicht 
davon eſſen? Und er ſprach: Das Weib gab mir / und ich aß 
davon. Und er ſprach zum Weibe: Warumb thateſtu das? Und 
fie ſprach: die Schlange betrog mich / daß ich aß. 

95. Alhier fiehet man gar eigentlich / wie der Teuffel feine 
Engliſche Bildnuͤß hatte verlohren / und komt nun in einer 
Schlangen Geſtalt / mit feinen moͤrderiſchen Luͤgen / und be⸗ 
treugt das Weib: Weil er Adam nicht hatte koͤnnen gaͤntzlich 
fallen / fo ſetzet er dem Weibe zu / und verheiſſet ihr Klugheit 

i und 


238 Von den drey Principjien Cap. 17. 


und dieſer Welt Reichthumb / ſte wuͤrden darinnen ſeyn gleich 
wie GOTT. N 

96. Der Teuffel miſchete Luͤgen und Warheit untereinander / 
und ſagete: Sie würden ſeyn als G O T T. Er meinete aber 
nach dem Reiche dieſer Welt / und nach dem erſten Principio des 
Grimmes / und das Paradeis ließ er auſſen. Heva aber ver⸗ 
ſtundts / ſie wuͤrde im Paradeis in der goͤttlichen und lieblichen 
Wonne bleiben. ih 

97. Darumb iſt es nicht gut mit dem Teuffel ſchwatzen / er iſt 
ein Moͤrder und Luͤgner von Anfang ſeines Reiches / und ein 
Dieb darzu. Er komt nur / daß er morden und ſtehlen wil / wie 
alhier. Und iſt der Teufſel die hoͤchſte Urſache des Falles: Dañ 
dem Adam ſtrewete er auch Zucker auff / daß er nach dem Reich 
dieſer Welt iwaginirete / wiewohl ihn Adam nicht wolte / ſo 
ſchliech er doch in die Eſſentien des Grimmes / und ſtrewe⸗ 
1 ad Paradeiſiſchen Hoͤllen Zucker darauff / daß Adam 

uͤſterte. Me 
98. Weil er aber Adam und Heva betrogen mit feinem Zuc⸗ 

ker / ſo hat ihm GOTT ein ſolch Wohn⸗Haus zugerichtet / als 
wie Adam von dem irꝛdiſchen Zucker zum Unter⸗Außgange auß⸗ 
laͤſſet: Das fol ihm We Erden bleiben / wan 
fie ins ærher gehet / fo ſol ihm der liebliche Ruch vom Stand der 
Suͤnden und Grewel / im Reiche des Grimmes bleiben / den⸗ 
ſelben Zucker ſol er ewig eſſen / und ſeinen Willen darinnen wi⸗ 
der ſchoͤpffen zu anderem Zucker im Back⸗Ofen des Feuers. Dan 
mag er ihm denſelben zurichten / wie er ihme am beſten ſchme⸗ 
cket / vor welchem er erzittert / wann ers den Geiſt hoͤret deu⸗ 
ten. Und iſt allen gottloſen Menſchen hiermit angedeutet / daß 
deſſelben Zuckers / den ſte alhier haben immer gebacken / mit laͤ⸗ 
ſteren / fluchen / geitzen / ſpotten / dornſtechen / morden / rau⸗ 
ben / dem Elenden feinen Schweiß nehmen / und darmit Hoch⸗ 
muht treiben / ſollen ewig mitte eſſen. 

99. So nun die armen gefangenen zwey Menſchen vom Teuf⸗ 
fel und dieſer Welt alſo por GOTT ſtunden / mit Furcht und 
groſſem Schrecken / und fuͤhleten Gottes Zorn und eruſtes Ge⸗ 
richte / jammerte es das Hertze Gottes / der ſie gemacht hatte / 
und ward erblicket / ob irgend ein Raht wäre dem armen Mens 
ſchen zu helffen / und ihn zu erloͤſen vom Bande des ewigen Grim⸗ 
mes / und vom tödlichen Leibe dieſer Welt / aber es ward nichts 
gefunden im Himmel und dieſer Welt das fie möchte frey ma⸗ 
chen: Es war kein Fuͤrſten⸗ und Thron Engel / der die Rach 

f hatte: 


Cap. 17. Goͤtlliches Welend 239 


hatte: Es war alles aus / fie waren im ewigen Gerichte des 
zeitlichen und ewigen Todes. Denn das erſte Principium hatte 
ſie im Geiſte der Seelen gefangen / und inqualirete mit der See⸗ 
len: Das Himmel⸗Reich im Liechte war zu / und war ein ſeſter 
Schluß eines Principii darzwiſchen / und konte das nicht wider 
erreichen / er würde dann wieder aus GOTT gebohren / ſonſt war 
kein Raht / weder Huͤlffe noch Zuflucht zu etwas. 

100. Da ſpottete der Teuffel des Bildes / und die Hölle ſperre⸗ 
te den Rachen auff / und hatten den Zuͤgel in ihren Eſſentien, 
und zog immer mit ihm ins hoͤlliſche Fewer des Grimmes zu: 
Da war im Gemuͤht zittern und ſchrecken / und die Liebe GOttes 
konten fie nicht erreichen: Der Himmel feindete ſie an / kein 
Engel nahete zu ihnen / als nur die rauhen Teuffel / die lieſſen 
ſich ſehen und ſchrien: Joh! wir haben gewonnen / wir ſind 
Fuͤrſten der Menſchen / wir wollen fie wol quälen für unſern 
Stuhl / den fie uns wolten beſitzen / wir ſolten ihrer Fuͤſſe 
Schemel ſeyn / nun ſind wir ihre Richter / was fragen wir 
nach GOT t / wohnet er doch nicht in unſerm Reiche / wars 
umb hat er uns außgeſtoſſen / wir wollen uns an ſeinem Bil⸗ 
de wol raͤchen. 


Die Allerholdſeeligſte und Lieb⸗reichſte Porte von der 
Waren des Schlangen⸗tretters hoch zu be⸗ 
achten. 


101. A Ls nun kein Raht gefunden ward / und die Menſchen 
in die Hölle ſuncken im groſſen triumph der Teufel: 
So ſprach GO T T zur Schlangen dem Teuffel: Weil du 
das gethan haft / Verfluchet ſeyſtu: Und des Weibes Saa⸗ 
Pr 0 Br den Kopff zutretten / und dis wirft ihn in die Fer⸗ 
ſen ſtechen. f 
102. Dafür erzitterte wol der Höllen Abgrund / aber der 
Teuffel verſtundts nicht gaͤntzlich / was es ſeyn ſolte: Alleine 
daß er ſahe / daß ſich das Wort in Adam und Hevaim Centro des 
Lebens einbildete / und ſtund dem Grimme der Hoͤllen⸗Reich ent⸗ 
gegen / da fuͤr er ſich wol fuͤrchtete / und ſein jubiliren kleiner ward: 
Deñ der Braten ſchmeckete ihme nicht. N ö 
103. Moſes ſchreibet alhier / gleich als haͤtte die Schlange He- 
vam betrogen. Denn GO verfluchte ſie / daß ſte ſolte Erden 
eſſen / und auff dem Bauche gehen. Aber Moſes macht alhier den 
Deckel fuͤr die Augen / daß man ihme nicht ins Ange chte ſiehet. 
Denn alle Prophezey ſtehet in einem dunckeln Worte / auff das 
4 es 


246 Von den drey Principien Cap. 17. 
es der Teuffel nicht kennet / und die Zeit erlernet / daß er nicht 
ſeinen falſchen Saamen zuvor einſtrewete / ehe die Wunder 
Gottes erſcheinen: Wie ſolches in allen Propheten zu ſehen iſt / 
welche vom Schlangentretter weiſſagen. 

104. Uns iſt erkaͤndlich daß der Teuffel ſey in die Schlange 
geſchlichen / und habe aus der Schlangen geredet / denn GOTT 
meynete nicht daß der Schlangen⸗tretter ſolte der thieriſchen 
Schlangen den Kopff zutretten / ſondern dem Teuffel / und der 
Hoͤllen Abgrund zerſtoͤren. Das war aber der thieriſchen 
Schlangen Straffe / daß ſte ſolte ein gifftiger Wurm / ohne 
Fuͤſſe bleiben / und Erde eſſen / und mit dem Teuffel Gemein⸗ 
ſchafft haben: Denn alſo erſchienen auch alle böfe Geiſter in der 
Hoͤllen / in ihrer eigenen Geſtalt / nach ihrer Quahl / als Schlan⸗ 
gen / Drachen / grewliche Wuͤrme und boͤſe Thiere. 

205. Das verſtund der Teuffel nun nicht / weil GV T von der 
Schlangen redete / und fie verfluchete zu einem ſchrecklichem 
Wurm / ſo meynete er es gienge ihn nichts an / er weiß auch 
noch ſein Gerichte nicht / allein was er vom Menſchen erlernet / 
welcher im Geiſte Gottes deutet / wiewohl ihm der Geiſt Got⸗ 
tes fein Gerichte nicht gaͤntzlich andeutet / ſondern alles in der 
Tieffe gantz weit / daß ers nicht gantz verſtehet / denn es werden 
dem erleuchteten Menſchen alle Prophezeyen / auch uͤber die Boß⸗ 
heit der Menſchen alſo gegeben / er darff ſie nicht helle darſtellen / 
auff das der Teuffel den Rath Gottes nicht gaͤntzlich erlernet / 
und feinen Zucker darein ſtrewet / wie wohl in dieſem Orthe gar 
treffliche Dinge ſtehen / welche man der Welt nicht darff offen⸗ 
bahren / denn fie bleiben zum Gerichte Gottes / auff daß der 
Teuffel nicht newe Secten darein bringet / und den Menſchen 
1 Zweiffel fuͤhret / fo ſoll es uͤbergangen werden / big zur Li⸗ 
ien Zeit. f 
N 106. So wir uns nun entſinnen der groſſen Liebe und Barm⸗ 

hertzigkeit Gottes / ſo er zu dem Menſchen hat gewandt ſo fin⸗ 
den wirlirſache genug von dieſen Thaten zu ſchreiben und zu leh⸗ 
ren / denn es trifft unſer ewig Heyl / und die Erloͤſung aus der 
Hoͤllen Rachen; derwegen wil ich den Grund vom verheiſſenen 
Meſſia ſetzen / die nachfolgende Schrifften beſſer zu verſtehen / 
8 5 den Moſen in ſeinem Geſetz⸗Buche / da es denn noth 
thut. Wer nun hier nichts ſehen wil / dem rahte GOTT / er 
muß wol blind ſeyn / denn die Zeit der verſtockten Juden / 
Tuͤrcken und Heyden Heimſuchung komt; Wer ſehen 
wil der ſehe / die dampe des Breutigams wird nahe aus 
gezuͤn⸗ 


Cap. 17. Göͤttliches Weſens. 24 


gezündet: Er komt / wer Gaſt ſeyn wil / der ſchicke ſich 
mit einem hochzeitlichen Kleide. 

1207. Nun ſpricht die Vernunfft / wie hat Adam und Hera 
mögen erkennen / was GOTT mit dem Schlangen⸗tretter mey⸗ 
nete? Ja freylich erkanten ſie es nicht gaͤntzlich / alleine das ſie 
ſahen daß der Teuffel weichen muſte von ihnen / und ſich aͤuſſer⸗ 
lich nicht mehr ſehen ließ; Aber das Gemuͤht im Centro des Le · 
bens Durchbrechung ins Element, vor die zuͤchtige und keuſche 
Jungfraw der Weißheit Gottes verſtunde es wohl / denn es 
empfing einen thewren und wehrten Gaſt: Denn das Wort 
das GOT der Vatter / vom Schlangen⸗tretter zu ihnen rede⸗ 
dete / gieng aus dem Hertzen und Munde Gottes / und es war 
der Funcke der Liebe aus dem Hertzen Gottes / welcher von 
Ewigkeit in dem Hertzen Gottes geweſen war. In welchem 
GOTZ der Vatter das menſchliche Geſchlechte erblicket und er⸗ 
wehlet hatte / ehe der Welt Grund geleget ward / daß fie im ſel⸗ 
ben ſolten leben / und daß derſelbe ſolte ſtehen in des Lebens Auff⸗ 
gang / und Adam ſtund in ſeiner Schoͤpffung auch darinnen. 

108. Und das iſt es das Paulus redet: Der Menſche ſey in 
Chriſto ſeſu erwehlet vor der Welt Grund / und nicht die Zwei⸗ 
ſel⸗Suppe / die man jetzt lehret von der Gnaden⸗wahl / es iſt 
nicht der rechte Verſtand: Ich wil dir Paulum mit ſeiner Gna⸗ 
den⸗wahl an ſeinem Orthe wol weiſen / ſo ich ſchreibe von den 
thieriſchen / woͤlſiſchen / und hundiſchen Gemuͤhtern der Men⸗ 
ſchen / welche den Schlangen⸗tretter nicht einlaſſen wollen / auff 
daß fie der him̃liſche Vatter in feinem Sohn Jefu Chrifto, durch 
feine Menſchwerdung / ſterben und Todt zu ſich zoͤge: Das Zie⸗ 
hen wollen ſie nicht dulden / denn fe haben der Schlangen Elien- 
tien, welche in die Hoͤlle ziehen / aber ſolches iſt nicht aus Gott 
alſo / der ſie gerne verließ / ſondern aus ihrer Hundes⸗Art / 
von Sternen und Teuffel eingeſaͤet / welche GO T T wohl ken⸗ 
net / und wil nicht die Perlen für die Sawe und Hunde werffen ; 
Da es doch muͤglich waͤre / kehreten ſte nur umb / und traͤtten in 
die Wider⸗Gebuhrt / ſie erreicheten das Kleinoht / wiewol es we⸗ 
nig geſchiehet; Darumb kennet GOTT die feinen. 

109. Wie obgemeldet / fo hat ſich daſſelbe Wort aus dem Her⸗ 
gen Gottes / da GOTT zu Adam und Heva ſprach / in Adam 
und Heva ins Lebens Liecht / in ſeinem Centro mit⸗eingebildet / 
und vermaͤhlet mit der thewren und wehrten Jungfrawen der 
Zucht / ewig bey Adam und Heva zu * und ſie zu . 

| r 


242 Von den drey Principien Cap. 17. 


für den feuerigen Eſſentien und Stichen des Teuffels. Auch ſo ſte 
ſich zu demſelben Worte würden aneignen / würden fie davon die 
Straalen der H. Dreyfaltigkeit enpfahen/ und die Weißheit 
der Jungfrawen. 5 

110. Und dieſes Wort ſolte die Seele erleuchten / und in Zer⸗ 
Brechung des Leibes der Seelen Liecht ſeyn / und die Seele durch 
die Thoren der Fiuſternuͤß ins Paradeiß für Gottes klares 
Angeſichte fuͤhren ins ander Principium, ins Element da keine 
Quaal iſt. a . 

TT. Denn das Wort hat die Seele bekleidet / und zugeſchloſ⸗ 
fen das Hoͤllen⸗Reich / da ſoll fie warten biß an Tag der Wider⸗ 
bringung / ſo ſoll ſte aus dem Element, aus ihrem hie geweſe⸗ 
nem Leibe (wann der Grimm abgewaſchen / und im Fewer ab⸗ 
geſchmeltzet ſeyn wuͤrde) am Juͤngſten Tage wider einen Leib 
bekommen und zwar keinen frembden / ſondern den fie als 
hier im Element hat getragen / in den vier Elementen verbor⸗ 
gen / derſelbe ſoll herfuͤr gehen / und grünen als Adam in der 


Schoͤpfung. f | 
| Die Porte der Erloͤſung. 


II2. V Nd daſſelbe Wort iſt durch die erſten zween Menſchen 
fortgepflantzet worden von einem auffs ander / als in 

des Lebens Gebuhrt / und Anzuͤndung der Seelen / aber im Cen- 
tro, und iſt einem jeden das Himmelreich in ſeinem Gemuͤhte 
nahe / und kan es erreichen / fo er nur ſelber wil / deñ GOTT hat 
es ihme aus Gnaden geſchencket. RR 

113. Du ſolt aber wiſſen / daß daſſelbe Wort nicht in deinem 
Fleiſch und Blut ſtecket / ſo wenig dein Fleiſch kan das Him⸗ 
melreich erben / ſo wenig ſteckt es im Fleiſch / ſondern in ſeinem 
Principio, in der Seelen Centro, und iſt der Seelen Braͤuti⸗ 
gamb / ſo fie trew iſt / fo ruhet es in ihrer Schoß / und ſo ſie falſch 
wird / ſo gehet ſie vom Worte aus. . 25 

114. Denn die Seele ſtehet in der Porte im Centro, als in 
der Thuͤr / zwiſchen Himmel und Hölle / und das Wort iſt im 
Himmel!: So ſich die Seele laͤſſet aus der Porten ziehen / fo 
verleuret fie das Wort / fo ſie aber wieder fuͤr ſich nach der Porten 
greiffet / fo ergreiffet fte jte wieder / und die Jungfraw / welche des 
Worts Dienerin iſt / gehet ſtaͤts mit der Seelen und warnet 
ſte des boͤſen Weeges. 5 

115. Aber ſo die Seele ein Hund / Natter und Schlange wird / 
fo we ichet fie zum Worte in Himmel / und iſt die Thuͤr zu ri 


Cap. ry.  Böttliches Weſens. 243 


wird eine gantze Gebuhrt zwiſchen der Seelen und dem Worte / 
da ſonſt nur eine halbe iſt / da gilts kaͤmpfens / und wird ſchwer⸗ 
lich ins Himmelreich gehen doch iſts möglich. 

116. Daſſelbe Wort hat die Seelen der Menſchen / welche 
ihr Gemuͤhte haben darein gean⸗eigenet / von der Welt her / wañ 
der Leib iſt geſtorben / in die Schoß Abrahæ gefuͤhret / ins Para⸗ 
deis / ins Element, in die Ruhe ohne Quaalß doch hat die Seele oh⸗ 
ne Leib nicht Paradeififche Quaal / ſondern fie ruhet in den zer⸗ 
ſprengten Thoren / im ſanfften Element, in der Jungfrawen 
Schoß fuͤr ihrem Braͤutigamb / auff den langen Streit der Un⸗ 
ruhe / und wartet ihres Leibes ohne Schmertzen; und fuͤr ihr iſt 
keine Zeit / ſondern fie iſt in der Stille / ſchlaͤffet nicht / ſondern 
ſtehet ohne wancken im Liechte des Worts. 

217. Dieweil aber die Eſſentien der Seelen waren mit des 
Teuffels und der Hoͤllen Gifft inficiret / daß der Seelen nicht 
konte gerahten werden / fie würde dann wieder new⸗gebohren 
durch das Wort aus dem Munde Gottes / als durch ſein liebes 
Hertze; ſolte fie aber wieder Paradeififche Freude und Quaal has 
ben / in den Paradeififchen Eſſentien inqualiren, und ſolte an» 
ders ihr Leib aus dem Element wieder zur Seelen kommen / ſo 
muſte das Wort Menſch werden in Jungfraͤwlicher Zucht / und 
deß Menſchen Fleiſch und Bluht an ſich nehmen / und eine 
menſchliche Seele werden / und in Todt / fo wol ins erſte Princi- 
pium, ins finſter Gemuͤhte der Ewigkeit / wo ſich der Seelen 
Wurm urkundet / in der Hoͤllen Grund eingehen / und die fin⸗ 
ſtere Thoren in der Seelen Abgrund / und die Ketten des Teu⸗ 
fels zerſprengen / und die Seele aus dem Grunde wider new 
gebaͤhren / und ein newes Kind ohne Suͤnden und Zorn für 
GOT ſtellen. 

118. Und gleichwie die erſte Suͤnde von Einem auff alle 
drang; alſo dringet auch die Widergebuhrt durch Einen auff 
alle / und iſt Niemand außgeſchloſſen / wer nur ſelber wil / wer 
anderſt redet / der hat keine Erfäntnüß im Reich Gottes / ſon⸗ 
dern redet hiſtoriſch / ohne Geiſt des Lebens. 

rg. Wir wollen die groſſen Wunderthaten Gottes ſcharff / 
hoch und ordentlich alhier nachſetzen / dem krancken Adam zum 
Troſt / welcher itzo in der Preſſe ſtecket / und ſich muß laſſen 
wol geiſeln / das ſol ſtehen wider alle Porten des Teuffels / auch 
aller Rotten und secten, Und ſolches im Grunde und Liechte / ſo 
uns von GOTT gegeben iſt: darzu auff der heiligen Schrift 
Grund / auff die theuren RN der Verheiſſung in den Pro⸗ 

* £ 2 


he. 


244 Von den drey Principien Cap. 17. 


pheten und Pſalmen / fo wol auff die Apoſtoliſchen / welche / ob 
wir wol nicht alhier ihre Schrifften alle anziehen / wir doch einem 
jeden wollen gnug erweiſen / fo ihme mit dieſer ſummariſchen 
Beſchreibung nicht vergnuͤgte. 


Die Porte der Menſch⸗werdung Jeſu Chriſti des 
Sohnes Gottes. 


Die ſtarcken Glaubens Artikul der Chriſten. 


120. C Jebes Gemuͤhte / wir ſchreiben nicht Tandt⸗maͤhrlein / 

es iſt Ernſt / und koſtet Leib und Seele / wir muͤſſen da⸗ 
von Rechenſchafft geben / als von dem Pfund / ſo uns iſt vertra⸗ 
wet: Wil ſich jemand aͤrgeren / der ſehe wol zu / was er thut. Es 
iſt warlich Zeit vom Schlafe auff zu wachen / denn der Braͤuti⸗ 
gamb komt. RE 

121. I. Wir Chriſten gläuben und bekennen / daß das ewige 
Wort Gottes des Vatters (IE SUS CHRIS TVs) iſt ein 
wahrer ſelb⸗ſtaͤndiger Menſch / mit Leib und Seel worden in der 
Jungfrawen Marien Leibe / ohne Zuthuung eines Mannes. 
Denn wir glauben er ſey empfangen vom heiligen Geiſte / und 

gebohren aus der Jungfrawen Leibe / ohne Verletzung ihrer Jung⸗ 
fraͤwlichen Zucht. 5 

II. Item / wir gläuben / er ſey in feinem menſchlichen Leibe ge⸗ 
ſtorben und begraben worden. b f 

III. Item / er ſey niedergefahren in die Hoͤlle / und habe des 
Teuffels Bande / damit er den Menſchen gefangen hielt / zerbro⸗ 
chen / und die Seele des Menſchen erloͤſet. 

Iv. Item / wir glaͤuben / er ſey freywillig umb unſer Schuld 
willen geſtorben / daß er feinen Vatter verſoͤhnete / und uns bey 
ihme zu Gnaden braͤchte. CR 

v. Item wir glaͤuben / er ſey am dritten Tage vom Tode wider 
erſtanden / und auffgefahren gen Himmel / da figend zur rechten 
Gottes des Allmaͤchtigen Vatters. 

vI. Item / wir glaͤuben / er werde wiederkommen am Juͤngſten 
Tage zu richten die Lebendigen und die Todten / und ſeine Braut 
zu ſich einfuͤhren / und die Gottloſen verdammen. f 

VII. Item / wir glaͤuben er habe eine Chriſtliche Gemeine al⸗ 
hier auff Erden / welche in ſeinem Blute und Tode ſey zu einem 
Leibe erbohren in viel Glieder / derſelben pflege er / und regiere 
fie mit feinem Geiſte und Worte: und vereinige fie immer durch 
die heilige Tauffe feiner ſelbſt⸗Einſetzung / und durch das sacra 

h ment 


* 


Cap. 13. Göttliches Weſens⸗ | 245 


ment feines Leibes und Bluts zu einem Leibe in ihme felber. . 
VIII. Item / wir glauben / daß er dieſelbe beſchuͤtze und beſchir⸗ 
me / und in einem Sinn erhalte. 
So wollen wir nun aus dem tieffen Grunde / alles in ſei⸗ 


nem Weſen hienach ſetzen / welches jetzt Noht iſt / was unſer Era 
kaͤntnuͤß ſey. 


Das 18. Capittel. 


Vom Verheiſſenen Weibes Saamen und Schlan⸗ 
gen⸗tretter: und vom Außgange Adams und Hevæ 
außm Paradeiß / Item, vom Fluche Gottes / wie er 
die Erden verfluchete umb der Menſchen Suͤnden 
h willen. 5 ? n 
. W᷑ Ir ſollen nicht den Brey im Munde kochen / und mit 
g den Geheymnuͤſſen ſpielen / ein anders ſchreiben / und 
ein anders mit dem Munde bekennen / den Ohren der Menſchen 
zu gefallen / wie jetzunder geſchiehet / da man ſich immer mit ei⸗ 
nem frembden Mantel decket / und eine Gleiznerey und Spie⸗ 
gel⸗ fechten iſt. In einem ſolchen iſt kein Geiſt Gottes / ſondern 
er iſt ein Dieb und Mörder / und fuͤhret feine Feder nur feiner 
Hoffart: hätte er Gewalt / fo riſſe er das alles umb / fo er 
gleich mit halben Munde bekennet unter einer frembden Decke: 
ſondern er ſol frey aus ſeines Zn Abgrund reden und 
ſchreiben / ohne Deckel. Denn Chriftus hat den Deckel weggethan / 
und erſcheinet ſein freundliches Angeſichte vor der gantzen Welt 
zu einem Zeugnuͤß über alle Voͤlcker. 
2. Darumb ſehe ein jeder und habe acht auff die Gleiß ner und 
Heuchler / denn fie find Diener des Anti · Chriſts, und nicht Chri- 
ſti. Denn der Anti- Chriſt hat feinen Fuß über die Breite der Er⸗ 
den geſetzet / und reuthet auff dem grewlichen freſſenden Thier / 
welches fo groß iſt / als er ſelber / und noch groͤſſer. Es wil wahre 
lich Noht ſeyn / daß ein jeder in feinen Buſem greiffe und fein 
Hertze beſchawe / wie es gericht iſt / daß er ſich nicht ſelber betrie⸗ 
ge / und ihme unerkant / einen Diener des Anti- Chriſts gebe / 
und die Prophecey erfuͤlle. Denn er ſtehet jetzt im Augen⸗Liech⸗ 
te / die Zeit feiner Heimſuchung iſt vorhanden / er wird ins Le⸗ 
bens ⸗ Liecht offenbahr: und huͤtte dich fuͤrm Geitz / denn du wirft 
deſſen nicht genieſſen. Denn ur iter e 
8 n 


* 


246 Von den drey Principien Cap. 18. 


und Huͤgel / und wird dein Geitz dem Grimm zu theile: Die 
Zeit iſt nahe. l 

3. Als nun der arme gefallene Menſch Adam und Heva, alſo 
in groſſen Furchten / Schrecken und Zittern ſtunden / am Bande 
des Teuffels und der Hoͤllen faͤſte angebunden / in groſſem Spott 
und Schande fuͤrm Himmel und Paradeiß: So erſchien ihnen 
GOTT der Vatter mit feinem zornigen Gemuͤhte des Abgrun⸗ 
des / darein fie waren gefallen / und fein lieb reiches Hertz 
gieng durchs Wort aus dem Vatter aus / in Adam und Heva, 
und ſtellete ſich fuͤrm Zorn hoch in die Porten des Lebens des 
Menſchen / und erblickete wieder die arme Seele / aber fie kon⸗ 
tens nicht ergreiffen in die Eflentien der Seelen / ſondern emp⸗ 
fingen feine Straalen der allmaͤchtigen Krafft: davon Adam 
und Hera wider froͤlich wurden / und ſtunden doch in Zittern / we⸗ 
gen des Grimmes in ihnen / und hoͤreten den Sententz ſo ihnen 
GOTZ ſagete. Denn GOTT ſprach: Weil du haft geſſen von 
dem Baum / davon ich dir ſagte / du ſolt nicht davon eſſen; ver⸗ 
flucht ſey der Acker umb deinet willen: mit Kummer ſoltu dich 
darauff nehren dein lebenlang: Dorn und Diſteln ſol er dir tra⸗ 
gen / und du ſolt das Kraut auff dem Felde eſſen / und im Schweiß 
deines Angeſichts ſoltu dein Brod eſſe ; / big du wider zur Erden 
werdeſt davon du genommen biſt / denn du biſt nun Erde / und 
ſolſt wider zur Erden werden. \ 

4. Alhier ſtehen nun die groſſen Geheymnuͤß / welche wir mit 
unſern irꝛdiſchen Augen nicht mehr ſehen koͤnnen / gantz bloß und 
offen / und iſt kein Deckel dafuͤr / als nur daß wir blind ſind am 
Reiche Gottes. Denn GOTT verflucht die Erden / und ſaget / 
ſie ſol nun Dorn und Diſteln tragen / und der Menſch ſol die 
Frucht der verfluchten Erden eſſen. 

5. Das iſt ja nun ein newes ; Er befahl ihm im Paradeiß 
nicht das irꝛdiſche Kraut zu eſſen / ſondern von der lieblichen 
Frucht / und ob er haͤtte geſſen von dem Kraut des Feldes / ſo war 
es doch him̃liſch / das er eſſen ſolte: und als der Herꝛ die Erde 
verfluchte / fo ward alles irꝛdiſch / und ward ihme das heilige E= 
lement entzogen / und wuchs die Frucht in dem Außgange der vier 
Elementen, im Anzuͤnden des Grimmes / aus welchem Dorn und 
Diſteln wachſen. 

6. Uns iſt zu entſinnen / daß gar eine liebliche Wonne ſey auff 
Erden geweſen / denn alle Fruͤchte haben aus dem verborgenen 
Flement durch den Grimm der vier Elementen gegruͤnet: Und 
pb die vier Elementa ihre Fruͤchte wol auch gehabt haben / fo fi 25 

K 


Cap. 18. Goͤtliches Weſens. 247 


a der Menſch nicht davon eſſen / ſondern die Thiere des 
Feldes. ö * 

7. So aber nun der Herꝛ die Erden verfluchete / ſo wiech das 
Element von der Wurtzel der Frucht. Denn Gottes Fluchen 
iſt anders nichts / als von einem Dinge fliehen. Alſo iſt die Hei⸗ 
ligkeit Gottes von der Wurtzel der Frucht geflohen / ſo iſt die 
Wurtzel in den vier Elementen blieben / in der Außgebuhrt / und 
Adam und Heva waren auch drein gefallen / ſo kam nun gleiche 
und gleiche zuſammen: Sein Leib war auch irꝛdiſch worden / und 
muſte zu Erden werden. | 

8: Daß aber GOTT ſagte: Du folt Erden werden / davon 
du genommen biſt. Das iſt gar recht alſo. Aber der Verſtand 
iſt im Worte / und hanget der irꝛdiſche Deckel dafuͤr. Man muß 
untern Deckel ſehen. Denn Adam war von der Erden genommen / 
ein Außzug aus dem Element, welches mit der Erden inquali- 
ret / nicht aus den vier Außgangen der Elementen. Als er aber 
in die vier Elementa fiel / fo war er Erden / darzu Fewer / Lufft 
und Waſſer. Was ſoll nun dem thieriſchen Menſchen die him⸗ 
liſche Paradeiß⸗Frucht / konte er fie doch nicht genieſen? So 
wirfft auch GOTT fein Himmel reich nicht für die Thiere und 
Saͤwe / ſondern es gehoͤret den Engeln. 

9. Auch ſo ifts gar helle / daß vorm Fluche nicht find ſolche 
gifftige Dorn und Diſteln mit gifftiger Frucht gewachſen / und 
waͤre kein Thier alſo grimmig und boͤſe geweſen / ſo GOT die 
Erde nicht hätte verfluchet vom Element: denn GOTT ſprach: 
Umb deinet willen ſey die Erden verfluchet. Darumb denn auch 
nun der Ungehorſam der Thiere und die Flucht derſelben gegen 
dem Menſchen entſtanden / und fie auch alſo grimmig und boͤſe 
find / und ſich der Menſch fuͤr ihrem Grim̃ bergen muß. Da ihm 
doch GOTZ in der Schoͤpffung alles in feine Gewalt gab: Alle 
Thier auff dem Felde ſolten ihm unterthaͤnig ſtyn: welches nun 
wohl im Widerſpiel iſt. Denn der Menſch iſt ihr Wolff worden / 
und fie find Lewen gegen ihme / und iſt ein eitel Anfeindung ge⸗ 
geneinander / er mag die zahmen Thiere kaum baͤndigen / viel 
weniger die wilden. f 

10. Und iſt uns zu erkennen / daß er auch ein großer Unterſcheid 
ſey in den Thieren geweſen vor dem Fluche. Dennetliche / als 
die zahmen / dem Element gar nahe verwand geweſen / mit wel⸗ 
chen der Menſch haͤtte Freude und Spiel gehabt: dargegen et⸗ 
liche / als die wilden / den vier Elementen, welche fuͤr den Men⸗ 
ſchen fliehen. Denn die Wunder⸗ urſachen ſtecken gar in den El⸗ 

84 ſentien 4 


248 Von den drey Prineipien Cap. 18. 


#enien, und wird ins Lebens Liecht / in der Jungfrawen Witze 
gar wol erſehen und erkant. Es iſt nichts ſo tieff / daß der 
Menſch nicht koͤnte gründen / und gar gewiß ſehen: Sd er nur 
den Deckel weg thut / und ſihet durch die durchgegrgbene Tafel 
mit dem loſua ins gelobte Land. 
kx. Und GOT ſprach; Im Schweiß deines Angefichtes 
foltu dein Brodt eſſen / biß du wieder zur Erden werdeſt. Da iſt 
nun alles helle und im Liechte. Denn er hatte die him̃liſche Frucht 
verlohren / die ihm ohne Muͤhe wuchs. So muſte er nun in die 
Erden graben / ſaͤen und pflantzen / daß er Frucht in den vier 
Elementen bawete in Kummer / Muͤhe und Noht. Denn weil 
das Element, oder die Krafft aus dem Element, durch die Er⸗ 
den gruͤnete / ſo war eine immer⸗waͤrende Wurtzel der Frucht; 
als aber das Element durch den Fluch wich / ſo war der erſtar⸗ 
rete Todt in der Wurtzel und die Verweſung / und muſte immer 
wieder gepflantzet werden. Alſo hat ſich die Muͤhſeeligkeit der 
Menſchen angefangen / darinnen wir nun baden muͤſſen. 
132. Es hätte ihme GOTT ſchon Creaturen geſchaffen / die 
der Thier gepflogen hätten zu aller Zeit. Der Menſch hätte wol 
mögen im Paradeiß in Engels⸗Geſtalt bleiben: Sind doch 
vhne das in allen vier Elementen Cteaturen ohne Seele. GOTT 
wuͤrde wol einem andern Geſchlechte haben die Arbeit der Pflege 
mit den Thieren auffgeleget / welches auch irꝛdiſch waͤre geweſen. 
Aber er ſahe wohl / daß der Menſch nicht beſtunde / darumb ward 
ihm auch bald die Laſt zu erkant / wie Moſes davon ſchreibet. 
z. Haͤtte aber GOTT wollen thieriſche Menſchen haben / fo 
hätte er fie im Anfange alſo geſchaffen / und ihnen kein Gebott 
gegeben: hätte ſie auch nicht verſucht / wie dann das Vieh kein 
Geſetz hat. 

14. Darumb ſind alle Einreden ſo in die Vernunfft fallen / 
anders nichts / als des Teuffels liſtig Widerſpiel / der je gerne 
wolte erhalten / daß GOTT des Menſchen Fall gewolt hätte. Es 
find auch deuthe / die da duͤrffen ſagen: GOTT habe ihn gewolt / 
er habe der Schlangen die Zunge gewapnet / Hevam zu verfuͤh⸗ 
zen. Welcher Urtheil gantz recht über ſie iſt / weil ſte dem Teufel 
fein Wort der Luͤgen beftätigen / und aus GOTT einen Luͤge⸗ 
ner machen. f 
15. Ja recht nach dem erſten Principio der Hollen Abgrund / 
hat er den Fall deß Menſchen gewolt: daſſelbe Reich heiſt aber 
nicht GOT T. Es iſt noch ein ander Principium und feſter Schluß 
darzwiſchen. Denn im andern Prineipio da GOTT 
ö hat 


Cap. 18. Goͤttliches Weſens. 249 


hat er ihn nicht gewolt. Es iſt wohl alles Gottes / aber das erſte 
Principium iſt das Band der Ewigkeit / das ſich ſelber macht. 
Darauß iſt Go T der Vatter von Ewigkeit außgangen ins an⸗ 
dere Principium, darinnen gebiehret er fein Hertz und Sohn / 
und da gehet der heilige Geiſt vom Vatter und Sohne aus / und 
nicht im erſten: und iſt der Menſch zum andern Principio er⸗ 
chaffen. N 
l 50 Darumb hat ihn auch das Hertze deß andern Principii aus 
dem Bande des erſten Principii durch ſich ſelber wieder newge⸗ 
bohren / und vom grimmen Bande erloͤſet / und ſoll ein iedes fuͤr 
ſich ſtehen in feine Ewigkeit / und iſt doch allein GOTT der 
Herꝛ / und alleine Allmaͤchtig / aber das ewige Band iſt unzer⸗ 
trennlich / ſonſten wuͤrde die Gottheit auch zertrennet; ſo aber 
muß ihm alles zu ſeiner Frewde und Ehren ſtehen: Und er iſt 
allein der Schoͤpffer aller Dinge / und muß alles vor ihm ſtehen; 
wie dan geſchrieben ſtehet: Du wirſt ſehen / und dich frewen / 
wie es dem Gottloſen vergolten wird: Da doch im andern Prin- 
eipio keine Begierde zur Rache iſt / ſondern in der Schärffe der 
Durchbrechung aus dem erſten ins ander / da die Seele aus der 
Auetſche auß reiſſet / in die Paradeiſiſche Wonne / fo frewet fie 
ſich / daß der Treiber gefangen iſt / der fie quetſchete / daß ſie nun 
vor ihm ſicher iſt / wie denn das des Himmelreichs Frewde iſt / 
daß der hoffaͤrtige Teuffel im erſten Principio gefangen iſt / daß 
er nicht mehr den Himmel betruͤbe / und die Wonne des heiligen 
reinen Elements entzuͤnde. 

17. Darumb iſt auch im Himmel groſſe Frewde uͤber dieſe 
Welt / daß alda ein Principium iſt erbohren / daß alſo der Teuf⸗ 
fel den Grimm / welchen er außgeſchuͤttet und entzündet in Zeit 
feiner Schoͤpffung / nicht mehr kan gebrauchen / ſondern er iſt 

zwiſchen zweyen Reichen / welche beyde gut ſind / gefangen. 

18. Alſo muſtu verſtehen was es iſt / wann die Schrifft redet 
von der Rache der Gottloſen / daß in den Heiligen daruͤber eine 
Frewde ſey; Denn der Hoͤllen Grim und Quahl iſt des Him⸗ 
meld Fremder wann keine Quahl waͤre / fo wäre kein Auffſteigen; 
So aber das Liecht in die grimmige Quaal komt / ſo iſts eitel 
Fremde / und in der Finfternüß iſts eine ſelbſt Anfeindung in 
ſich / und wird hierinnen der ewige Wurm gebohren. 

19. Darumb ſoltu wiſſen / daß alſo GOTT alles in allem iſt / 
wo er nicht in der Liebe im Liechte iſt / da iſt er im Finſtern in der 
Grimmigfeit und QAuaal. Denn vor der Zeit der Schoͤpffung 
war nichts als die Quaal / W die Gottheit / das bleibet 

e $ in 


250 Von den drey Principien Cap. 18. 
in Ewigkeit / und iſt kein anderer Grund / du findeſt nichts mehr / 
laß nur ab vom tieffen forſchen / denn es iſt der Natur Ende. 
20. Wiewohl ſolche Offenbahrungen von der Welt 
her ſind verborgen geſtanden / weil ſie (die Welt) aber 
nun ſoll ins æther, und in die Zerbrechung gehen / fo 
bloͤſſet ſich alles was in der Natur verborgen iſt / und 
werden gar groſſe Dinge offenbahr werden / welche nie 
offenbahr geweſen; und ii das Myfterium die Morgen⸗ 
roͤhte des Tages; darumb iſts Zeit aufzuwachen / denn 
der Todten Auffwachung iſt nahe. 
221. Als nuGO T dem Adam ſeinen Sententz geſprochen / und 
ihme den Schlangen⸗tretter zum Troſt und Beyſtand geordnet / 
in feiner Muͤhſeeligkeit auff Erden: So ſprach er der Hera 
ihren Sententz auch / und beſtaͤtigt fie vollend zu einer Frawen 
dieſer Welt / und ſprach zu ihr: Ich wil dir viel Schmertzen 
ſchaffen wenn du ſchwanger wirſt / du ſolt mit Schmertzen Kin⸗ 
der gebaͤhren / und dein Wille ſoll deinem Manne unterworffen 
ſeyn / und er ſoll dein Herꝛ ſeyn. i 
22. Und iſt alhie Sonnen⸗klar / daß der Menſch nicht im 
Anfang iſt auff eine ſolche weiſe verſehen worden zu gebaͤhren / 
denn es ſolte alles ohne Schmertzen zugehen / ohne viehiſche 
Schwaͤngerung / ohne Weib und ohne Mann darumb muſte der 
Schlangen⸗tretter ohne Mannes Saamen von einer Jungfra⸗ 
wen gebohren werden / obs gleich nun muͤſte auff eine folche 
menſchliche weiſe geſchehen / ſo war es nur zu dem Ende / daß 
die Gottheit konte ins Fleiſch gehen / und die fleiſchliche Seele 
wieder aus dem finſtern Fleiſche / aus dem Todte ins Leben ge⸗ 
baͤren. Sonſt iſt der Held durchauß der Jungfrawen Sohn / 
und eine Jungfrau im Gemuͤhte / gleich dem erſten Adam in der 
Schoͤpfung. 0 
23. Denn du muſt es ernſtlich und ſcharff verſtehen / was Chri- 
ſtus vor eine Perſon iſt. Er iſt erſtlich GOTZ / und iſt im Vat⸗ 
ter der Ewigkeit erbohr en / aus dem Vatter der Ewigkeit / von 
Ewigkeit / ohne Anfang und Ende / aus der Tieffe der Allmacht; 
aus den zerſprengten Thoren der Schaͤr ffe Gottes in der Won⸗ 
ne / da der Vatter die liebliche Wonne in ſeinem ewigen Willen 
zeugt / davon der Wille ewig ſchwanger iſt der angezogenen 
Krafft des Liechts. Aus welcher Schwaͤngerung der Vatter den 
andern Willen faſſet / die Krafft zu gebaͤhren: Und das faſſen 
itt ſein Wort / das der Vatter ſpricht ans dem Willen / 4 
Wil⸗ 


Cap. 18. Soͤttliches Weſens. 251 
Willen; und das Sprechen bleibet in des Vatters Munde als 
ein gefaſſet Wort mit dem andern Willen: Und der Außgang 
aus dem geſprochenen Wort / der aus dem Willen durchs Wort 
außgehet / iſt der Geiſt des Mundes Gottes / der H. Geiſt / und 
das außgeſprochene vorm Willen / iſt dieewige Weißheit Got⸗ 
tes / die Jungfraw der Zucht. b \ 

24. Denn GOTT gebiehret allein ſein Hertz und Sohn / und 
wil ſonſt nichts mehr aus ſich gebaͤhren; drumb iſt das außge⸗ 
ſprochene vorm Willen eine Jungfraw der Zucht / welche auch 
nichts mehr gebieret / ſondern erblicket ſich im H. Geiſte / in un⸗ 

endlich / in den tieffen Wundern der Allmacht / und eroͤffnet die⸗ 
felben ; und die hat das ſtarcke Fiat Gottes zum Werckzeug / da⸗ 
mit ſie alles ſchaffet / und im Anfang geſchaffen hat / und erblicket 
ſich in allen geſchaffenen Dingen / daß die Wunder aller Dinge 
durch fie. an den Tag gebracht werden. f 


Die ſtarcke Porte der Menſchwerdung Jeſu Chriſti 
li * des Sohns Gottes. 5 iet 


25. Nd aus demſelben Hertzen und Worte Gottes des Vat⸗ 
ters / mit und durch die zuͤchtige Jungfraw® Dftes/ feiner 
ewigen Weißheit / der Allwiſſenheit / iſt ausgangen der Schlan⸗ 
gen⸗tretter / in und mit dem Worte der Verheiſſung Gottes des 
Vatters / dem Adam und Heva / und ihren Kindern / und hat 
ſich in Adams und Heva Gemuͤhte eingebildet und vermaͤhlet in 
Ewigkeit / und der Seelen die Thoren zum Himmelreich eroͤff⸗ 
net / und ſich mit der keuſchen Jungfrawen ins Centrum deß 
Lebens⸗liecht eingeſetzet in die Porten Gottes / und die Jung⸗ 
fraw der Seelen zum ſtaͤten Geſellen gegeben / davon der Menſch 
fein Witz und Verſtand hat / ſonſt hätte ers nicht: Sie iſt die 
Morten der Sinnen / jedoch laͤſſet fie den natürlichen Rath den 
Sternen / dieweil die Seele im Sternen⸗quaal lebet / und zu 
rauhe iſt / kan ſie ſich nicht in die Seele einbilden / ſondern wei⸗ 
ſet ihr den Weeg GOttes: So aber die Seele ein Hoͤllen⸗ wurm 
wird / fo weicht fie in ihre Thoren / und ſtehet vor Gott / vor 
ſeinem Worte und Hertzen. f ‚ 
26. Dieweil aber die Seele Adams und Hevæ und aller Men⸗ 
ſchen⸗Kinder zu rauhe / wild / vom erſten Principio zu harte an⸗ 
geſtecket war / daß ſie die Quaal der Hoͤllen in ſich hatte zu allem 
boͤſem gean⸗eignet / ſo bildete ſich das Wort und der Schlangen: 
tretter nicht in die Seele erg balde / ſondern aa | 
8 e 


252 Von den drey Prineipien Cap.ı$. 
Gemuͤhte wider des Teuffels und der Hoͤllen⸗Reich und ihre giff⸗ 
tige Pfeile / und zertratt der Schlangen dem Teuffel feinen 
Kopff im Gemuͤhte der Menſchen / welche ſich zu dem Schlangen⸗ 
tretter aneigneten / und ſich ihme ergaben. 

27. Da ward verſuchet eine lange Zeit / obs muͤglich waͤre / 
daß der Menſch doch auff dieſe weiſe koͤnte geneſen / daß er ſich 
SO TZ ergaͤbe / daß die Seele möchte alſo im Worte erbohren 
werden / und endlich vor GOTT beſtehen. Aber es war verge⸗ 
bens / die angezuͤndete Seele konte nicht beſtehen / ſondern es 
wurden Mörder und Todt⸗ſchlaͤger / darzu eigen⸗willige / in 
eitel Brunſt der viehiſchen Unzucht / auch auffſteigende in Hof⸗ 
fart und Herꝛſchafft nach dem Regiment der Sternen und Ele- 
menten, die trieben des Menſchen Leib und Seele zu aller Zeit / 

und waren je nur etliche / welche am Worte Gottes hiengen. 

28. Da ſchickte GOT die Suͤndfluht uͤber die gantze Welt / 
und erſaͤuffte alles Fleiſch / biß auff Noam, welcher am Worte 
Gottes hieng / der ward verſchonet mit ſeinen Soͤhnen und 
Weibern. Und ward die Welt aber verſuchet / ob ſie wolten ein 
Schrecken an der grewlichen Straffe nehmen / und am Worte 
bleiben. Aber es war alles vergebens. So erwehlete ihm GOTT 
das Geſchlechte Sens / welcher am Worte hieng / alſo ein Liecht 
und Predigt⸗Ambt zu erbawen / daß die Welt ſolte von ihnen 
erlernen. Aber es halff alles nichts / die Sternen regireten die 
Menſchen nach ihrer Quaal in eitel Geitz / Unzucht und Hoffart / 
welche auch fo groß ward / daß ſte ihnen fuͤrnahmen einen Thurm 
zu bawen / deſſen Spitze in den Himmel reichete. Solche blinde 
Leuthe waren fie am Reiche Gottes. 

29. Da verwirrete GOTT ihre Sprachen / daß ſie doch ſolten 
ſehen / wie ſte verwirrete Sinnen hatten / und ſich zu GOTT. 
aneignen / auch daß ſie die Sprache der heiligen aus Sems 
Stamme nicht verſtuͤnden / daß fie ſich muſten zutrennen in die 
gantze Welt / daß doch moͤchte ein heiliger Saame erhalten 
werden / und nicht alles verduͤrbe: Aber es halff nichts / fie wa⸗ 
ren boͤſe. Da zündet GOT Sodom und Gomorrha , die fünf 
Koͤnigreiche an / aus dem Grimm des erſten Principii, ihnen 
zu einem Schrecken / aber es halff nichts / die Suͤnde wuchs als 
ein grüner Zweig. Da that ihnen GOTT Verheiſſung dem er⸗ 
wehleten Geſchlechte / ftefolten vor ihme wandelen / ex wolte fie 
ſeegnen wie die Sternen am Himmel / und ihre Zahl ſo groß 
machen: Es waren aber gleichwol Buben in der Haut unter 
ihnen. Da fuͤhrete fie GOTT in ein frembdes Land / 3 

L hnen 


Eap.ı8. Goͤtlliches Weſens. 253 


ihnen wohl / ob ſie moͤchten erkennen ſeine Guͤte / und an ihme 
hangen / aber ſie wurden nur boͤſe. | Wi‘ 

31. Da erweckete ihnen GO TT einen Propheten den Moſen, 
der gab ihnen Geſetze und ſcharffe Lehre / ſo die Natur erfordert / 
und ward ihnen gegeben durch den Geiſt der groſſen Welt im 
Eyfer im Fewer. Die weil fie ja in der Rauhigkeit wolten leben / 
fo ward verſuchet / ob ſie im Vatter konten leben / und gab ihnen 
GOTT Brodt vom Himmel / und ſpeiſete fie viertzig Jahr / zu 
ſehen was es doch vor ein Volck wolte werden / ob ſie moͤchten ir⸗ 
gend auff einem Weege an GOTT hangen. Er gab ihnen Sit⸗ 
ten und Ordnung in Speiſe und Tranck / darzu eine Prieſter⸗ 
liche Ordnung mit ſchwerem und ſtrengen Gebot der Straffen / 
welche er auch ließ unter ihnen ergehen. Aber es halff alles nichts / 
fie waren nur boͤſe / und wandelten im Sternen Regiment, und 
noch viel boͤſer / gar aus der Hoͤllen Grimmigkeit. 

32. Und iſt uns ein groſſes zu ſehen vom Unterſcheidt der Spei⸗ 
ſen / welche ihnen GOTT verbot / ſonderlich vom Schweinen 
Fleiſch; welches QAuaal im Fewer nicht beſtehet / ſondern nur ei⸗ 
nen Stand giebet; alſo auch im Fewer der Seelen / welche den 
Urk und des erften Principũ erruͤhret / davon das erſte Prineiptum 
einen Stanck in der Seelen machet / welches wider das Wort 
und edle Jungfraw iſt / und macht die Thoren der Zerſprengung 
8 und finſter. Denn die Seele iſt auch ein Feuer / die da 

rennet / und fo fie ſolche Quaal empfaͤhet / verdunckelt fie ſich 
noch ſehrer / und brennet im Dunſte als ein Blitz / wie im 
Schweinen⸗fette zu ſehen iſt / umb welches willen es ihnen 
GOT verbott. 

33. Und war fonft kein andere Urſach / dieweil fie mit Opf⸗ 
fern umbgiengen / daß der Menſch ir wiſch war / und das Wort 
neben der Seelen ſtund / in den Thoren des Lebens⸗liecht / ſo erhoͤ⸗ 
rete er ihr Gebet durch die irꝛdiſche Quaͤll ihres raͤucheren / daß 
fie ein Zeichen am Fewer haͤtten / daß ihr Gebet GOTT ange; 
nehm wäre; wie an vielen Enden zu ſehen iſt bey Moſe, welches 
an ſei nem Obrt fol erklaͤret werden. 

34. Und iſt uns beym Mofe gar ein ſehr groſſes zuſehen wegen 
feines verklaͤhreten Angeſichts. Da denn verſuchet ward / obs 
muͤglich waͤre daß die Seele koͤnte durch des Vatters Klarheit im 
Fewer gerantzioniret werden / fd ſie lebeten in feinem Geſetze / 
welches ſchaͤrffete und verzehrete / und der Seelen eine groſſe 
Schaͤrffe war. Aber es war vergebens / es mochte nicht ſeyn. 

35. Da deutete die edle Sungiram im Geiſte der Propheten 
0 7 auff 


254 Boon den drey Principien Cap. 18. 
auff den Weibes-Saamen / auff ſeine Menſchwerdung / Leiden 
und Sterben / für die arme Seele des Menſchen / daß ſie doch 
möchte erloͤſet werden vom ewigen Tode / und new gebohren 
werden in der Jungfrawen Sohn. Welches geſchehen nach 3970: 
Jahren / das iſt das Wort der Verheiſſung (welches GOTT. 
der Vatter dem Adam und Hevæ im Paradeiß / im Garten in 
Eden, als ſie in die Suͤnde fielen / verhieß / welches ſich ins 
Centrum des Lebens einbildete / durch welches alle Menſchen / 
fo zu GOTT kommen / gerechtfertiget werden) Menſch worden. 
36. Es war eine lange Zeit im Bund der Beſchneidung in 
des Vatters Leben und Liecht / mit dem Schatten und Fuͤrbil⸗ 
dung des Sohnes Menſchwerdung. Aber es konte den Ernſt. 
deß Leibes Wiederkunfft aus dem Grabe nicht erreichen. Es 
muſte nur das Wort Menſch werden / ſolte der Menſch wieder 
auffſtehen aus dem Grabe. Es tanzionierte wol die Seele / daß 
ſte konte vor dem Vatter beſtehen in den Thoren der Zerſpren⸗ 
gung im Fewr der Schaͤrffe / aber nicht in der lieblichen Wonne. 
vorm Liechte der heiligen Dreyfaltigkeit: Darzu konte es auch 

nicht den newen Leib aus dem Element herfuͤr bringen / denn er 
war zu ſehr beſudelt mit Suͤnden. 

37. Alſo iſt in dieſem Jahr / wie obgemeldet / der Engel Ga- 
briel kommen zu einer armen / aber zuͤchtigen und keuſchen Jung⸗ 
frawen / von GOTT dem Vatter geſant gen Nazaret / Maria: 
genannt. Ihr Nahme heiſſet recht auff Deutſch in der Natur⸗ 
ſprache / eine. Errettung aus dem Jammerthal. (Ob wir wol. 
nicht aus der hohen Schulen dieſer Welt ſind erbohren mit vie⸗ 
len Sprachen: ſo haben wir doch die Sprache der Natur in 
unſerer Wunder⸗Schule auch fix / welches Meiſter Hans in 
feinem freyen Huͤtlein nicht glaͤubet.) Der gruͤſſete ſie durch 
GO / und brachte des ewigen Vatters Befehl aus feinem: 
Willen / und ſprach zu ihr: Gegruͤſſet ſeyſtu Holdſeelige / der 
Herꝛ iſt mit dir / du gebenedeyete unter den Weibern. Luc. 1. 28. 
Und da ſte ihn anſahe / erſchrack fie über feiner Rede / und dachte: 
Welch ein Gruß iſt das? Und der Engel ſprach zu ihr: Fuͤrchte 
dich nicht Maria: Du haſt Gnade bey GOTT funden / ſihe du 
wirſt ſchwanger werden im Leibe / und einen Sohn gebaͤhren / 
deß Namen ſoltu Jeſus heiſſen. Der wird groß und ein Sohn 
des Hoͤch ſten genennet werden. Und GOT der Herꝛ wird ihme. 
den Stuhl ſeines Vatters Davids geben: Und er wird ein König: 
ſeyn über das Haus lacobEwiglich / und feines Koͤnigreichs wird 
fein Ende ſeyn. 

N 7 38. Da 


Cap. 18. Goöͤttliches Weſens. „ 


38. Da ſprach Maria zu dem Engel: Wit ſol das zu gehen / 
ſintemahl ich von keinem Manne weiß? Und der Engel antwor⸗ 
tet ihr und ſprach: Der heilige Geiſt wird über dich kommen / 
und die Krafft des Hoͤchſten wird dich uͤberſchatten / darumb 
auch das Heilige / das von dir gebohren wird / wird Gottes 
Sohn genennet werden. Maria aber ſprach: Sihe ich bin def 
Herren Magd / mir geſchehe wie du geſaget haſt. Und der Engel 
ſchied von ihr. 

39. Als nun dieſer Befehl von GOTT dem Vatter kam / da 
entſetzte ſich die Natur des Seelen Geiſtes in Maria, wie der Text 
lautet. Denn es ruͤgete ihn ein thewrer Gaſt: Er gieng in eine 
wunderliche Herberge ein. 15 

40. Und ſoll der Leſer hier recht verſtehen: Es iſt nicht diß⸗ 
mahl das Wort zur Menſchwerdung erſt aus dem hohen Him⸗ 
mel uͤber den Sternen herunter gefahren und Menſch worden / 
wie die Welt in Blindheit narret. Nein / ſondern das Wort / 
das Gott zu Adam und Heva im Paradeiß ſprach vom Schlan⸗ 
gen⸗tretter / welches ſich in die Thoren des Lebens⸗Liecht einbil⸗ 
dete im Centro der Himmels porten inne ſtehend / und ins heili⸗ 
gen Menſchen Gemuͤhte empfindlich wartend biß auff dieſe Zeit. 
Daſſelbe Wort iſt Menſch worden / und iſt das Göttliche 
Wort wider in die Jungfraw der Göttlihen Weißheit / welche 
Adams Seelen ward neben dem Wort gegeben zu einem Liechte / 
und dem Worte zu einem Diener / eingegangen. 

. 41. Der Wille des Hertzens Gottes im Vatter iſt aus dem 
Hertzen in den Willen der Weißheit vorm Vatter eingegangen 
in ewige Vermaͤhlung / und dieſelbe Jungfraw der Weißheit 
Gottes im Worte Gottes hat ſich in der Jungfrawen Marien 
Schoß in ihre Jungfraͤwliche Matrix eingegeben / und einver⸗ 
maͤhlet eigenthumlich / unweichend in Ewigkeit / verſtehe in die 
Eſſentien, und in der Tinctur des Elements, welches vor Gott 
rein und unbefleckt iſt: darinnen iſt das Hertze Gottes ein En⸗ 
gliſcher Menſch worden / als Adam war in der Schoͤpffung: 
Und der Außgang aus dem Hertzen Gottes mit voller Fuͤlle der 
Gottheit / aus welchem auch der heilige Geiſt GOttes und aus 
dem Geiſte die Jungfraw außgehet / machet dieſe hohe Engliſche 
Bildnuͤs groͤſſer als Adam ,. oder irgend ein Engel iſt. Den es 
iſt die Benedeyung und Macht aller Dinge / welche ewig in dem 
Vatter iſt. 

42. Denn das Wort iſt mit ſeiner Eingehung ins Element in 
die Jungfraͤwliche Marriz vom Vatter nicht abgetrant / 7 

eibet 


256 Von den drey Principien Cap. 18. 


bleibet ewig im Vatter und iſt an allen Enden gegenwertig im 
Himmel des Elements, in welches es iſt eingegangen / und eine 
newe Cteatur im Menſchen worden / die GOTT heiſſet. Und 
ſolt hie verſtehen gar hoch und ſcharff / daß dieſe newe Cteatur im 
heiligen Element nicht iſt von der Jungfrawen Fleiſch und Blut 
gebohren / ſondern von GOTT aus dem Element, in voller Fuͤl⸗ 
le und Einigung der H. Dreyfaltigkeit / welche mit voller Fuͤl⸗ 
le ohne Wancken ewig darinnen bleibet / welche uͤberall alles er⸗ 
fuͤllet in allen Thronen der Heiligkeit / deſſen Tieffe kein Grund 
iſt / und ohne Zahl und Nahmen. 

43. Doch ſoltu wiſſen / daß die Scibligkeit des Elements dieſer 
Creatur unter der GOttheit iſt: Denn die Gottheit iſt Geiſt / 
und das H. Element iſt aus dem Worte von Ewigkeit erbohren / 
und iſt der Herꝛ in den Knecht eingegangen / deſſen ſich alle En⸗ 
gel im Himmel wundern / und iſt das groͤſte Wunder / ſo von 
en geſchehen iſt / denn es iſt wider die Natur / und das mag 

iebe ſeyn! f a 

44. Und nach dem dieſe Hoch⸗Fuͤrſten⸗Engliſche Creatur iſt 
augenblicklich im Worte und heiligem Geiſte im heiligen Ele- 
ment figuriret worden / zu einer ſelbſtaͤndigen Creatur, mit vol⸗ 
len Leben und Liechte im Worte / ſo hat ſie auch im ſelben Au⸗ 
genblicke die vier Elementa, mit der Sonnen Sternen⸗Negi- 
ment in der Tinctur des Gebluͤhts mit ſampt dem Gebluͤht in 
allen menſchlichen Eſſentien, fo in der Jungfrawen Marien 
Leibe waren in ihrer Matrix nach Gottes Naht ans Element der 
Creatur angenommen / gantz eigenthumlich als eine Creatut 
und nicht zwo. ö 8 

47. Und iſt das heilige Element des Himmels / welches die 
Gottheit beſchleuſt / der Limbus oder maͤnnliche Saamen ge⸗ 
weſen zu dieſer Creatur, und der H. Geiſt mit dem heiligen Piat 
in der Jungfrawen der Goͤttlichen Weißheit / iſt der Werck⸗ 
Meiſter geweſen / der Vilder und erſte Anfaͤnger / und hat 
Fe jedes Regiment das feine in feinem Centro darinnen er⸗ 

awet. 

46. Der Heilige Geiſt Gottes hat die Formierung in der 
Weißheit der Jungfrawen im Element in ſeinem Centro des 
Himmels erbawet die hoch⸗theure Fuͤrſtliche und Engliſche For⸗ 
mierung: und das Regiment der Sternen und Elementen dieſer 
Welt hat den aͤuſſerlichen Menſchen gantz mit allen Eſſentien 
unſerer menſchlichen Leibe formieret mit einem naͤtuͤrlichen Lei⸗ 
be und Seele / gantz uns gleiche in einer Perſon. 5 

5 5 f 47. Und 


Kapıd. Soͤttliches Weſens. 257 


47. Und hat doch eine jede Geſtalt feine Hochheit / Sehen / 
Quaal und Empfindung / und hat ſich die Göttliche nicht alſo ver⸗ 
miſchet / daß fie kleiner waͤre / ſondern was fie war das blieb ſte / 
und was fie nicht war / das ward fie ohne Abtrennung des Goͤtt⸗ 
lichen Weſens. Und iſt das Wort im Vatter blieben / und die 
Creatur des heiligen Elements vorm Vatter / und die natuͤr⸗ 
liche Menſchheit in dieſer Welt in der Schoß der Jungfrawen 


Mariæ. f 


Von den dreyen Regionen der Menſchwerdung / der 
Bildung des Herren Jeſu Chriſti. 
48. D Je Bildung dieſer hochthewren Perſon iſt unterſchied⸗ 
lich / x. iſt das Wort / oder die Gottheit / die hat ſei⸗ 
ne Bildung von Ewigkeit im Vatter gehabt / und auch in der 
Menſchwerdung keine andere an ſich genommen / ſondern blieb 
im Vatter / wie ſte von Ewigkeit war in feinem Sitze. 

49. Die 2. Bildnuͤß iſt natuͤrlich geſchehen in der Stunde des 
Gruſſes des Engels Gabriels / als die Jungfraw Maria zum 
Engel ſagte: Mir geſchehe wie du geſaget haſt. In Vollendung 
deſſelben Worts geſchahe die Bildung im Element / welche iſt 
gleich dem erſten Adam vorm Falle / der da ſolte eine ſolche En⸗ 
gliſche Creatur aus ſich gebaͤhren / und war die gantze Fortpflan⸗ 
tzung der Engliſchen Menſchen alſo: und das konte er nicht 
thun / dieweil er in Geiſte dieſer Welt eingieng. Darumb mu⸗ 
ſte eine ſolche Jungfraͤwliche Creatur in der irꝛdiſchen Jungfraw 
gebohren werden / und die irꝛdiſche Jungfraw mit ihren Brüs 
dern und Schweſtern / aus der Irꝛdigkeit wieder ins Element 
vor GO T T einfuͤhren / durch ſich ſelber. Und dieſe Bildung 
iſt augenblicklich geſchehen / gantz vollkomlich / ohne einigen man⸗ 
gel / und iſt mit der laͤnge der Zeit nichts mehr darzu gekommen. 

50. Und die 3. Bildung iſt auch im ſelben Augenblick der an⸗ 
dern Bildung zu gleich auff einmahl in einem Augenblick ans 
Element angegangen / gleich als wuͤrde ein irꝛdiſcher Saamen 
geſaͤet / daraus ein gantzes Kind waͤchſet / und hat feinen An⸗ 
fang natürlich genommen / und die newe Creatur in vollen kom⸗ 
menheit des Elements / iſt des irꝛdiſchen Menfchen männlicher 
Saame ge weſen / welchen die irꝛdiſche Matrix der Jungfrawen / 
in der Jungfrawen Marien Schoß empfangen. Je doch hat dit 
Irꝛdigkeit den Limbum der newen Creatur im heiligen Element 
nicht verunreiniget / denn das Wort der Gottheit verwehrete 
das / welches das Scheide⸗Ziel war. 
i 51. Und 


258 Von den drey Principien Cap. 18. 
Fr. Und iſt das aͤuſſerliche Bildt am Limbo des Elements 
natürlich zu Fleiſch und Blut worden / mit aller natürlichen 
Regionen der menſchlichen Glieder Einſetzung und Figurirung / 
aller dreyen brincipien, gleich allen Menſchen Kindern / und hat im 
Außgang des dritten Monden / ſeine natuͤrliche Seele / gleich al⸗ 
len Adams Kindern bekommen; welche ihren Grund aus dem 
erſten Principio hat / und hat ihren Stuhl und Sitz ins Element 
Gottes erhaben in die Wonne / darinnen fie ſaß in der Schoͤpf⸗ 
fung in Adam. Alda hat ſte ihren fuͤrſtlichen Stuhl im Him⸗ 
melreich vor GOTT wieder bekommen / aus welchem fie mit der 
Suͤnden in Adam war außgangen. 

52. Alda hat fie der ander Adam mit feiner Menſchwerdung 
wieder eingefuͤhret / und mit dem Worte Gottes verbunden in 
Liebe und Gerechtigkeit / als ein him̃liſches Kind: Alda iſt die 
nene Creatur aus dem Element der Seelen Leib worden. Denn 
in der newen Creatur des Limbi Gottes iſt die Seele heilig / und 
die irꝛdiſchen Eſſen ien aus Fleiſch und Blut / hangen ihr in Zeit 
des irꝛdiſchen Leibes an / welche Chriſtus, als feine Seele mit 
der newen Creatur in Todt gieng / im Tode lies / und mit dem 
newen Leibe in der natuͤrlichen Seelen aus dem Tode auffſtund / 
und uͤber den Todt triumphirete / wie du hernach im Wunder ſe⸗ 
hen ſolt / vom Tode und Aufferſtehung Chriſti. 

53. Daß aber die Seele Chriſti konte zugleich in der Newen / 
und denn auch in der alten irꝛdiſchen Creatur gebohren werden / 
das machts / daß der Seelen Thore im erſten principio im 
Quaal der Ewigkeit ſtehet / und reichet in die tieffe Thoken der 
Ewigkeit / ins Vatters urkundlichſten Willen / mit wel⸗ 
chem er die Thoren der Tieffe zerſprenget / und an wigen Liechte 
erſcheinet. er 

54. Weil dan nun das Wort Gottes im Vatter iſt / und 
aus dem Vatter außgieng ins Element, und daſſelbe Wort dem 
Menſchen in ſeinem Falle aus dem Element durch die Stimme 
des Batters mit der Verheiſſung vom Schlangen⸗tretter wieder 
aus Gnaden gegeben ward / ins Centrum des Lebens⸗Liecht: So 
fieng die natuͤrliche Seele Chriſti mit ihrer erſten Anzuͤndung 
in ihrem Centro des Lebens⸗liecht / wo ſich das Wort hat mit 
Bewilligung der Jungfrawen Marien eingeſetzet / durch das 
Wort im Vatter der Ewigkeit das Principium Gottes des Vat⸗ 
ters im Liechte. f 

55. Alſo ward Chriftus nach dieſer geſtalt / Gottes des Vat⸗ 


bers natürlicher. ewiger Sohn / und ward die Seele Christi 
5 im 


* 


Cap. 18. Goͤttliches Weſens. 259 


5 3 ein ſelbſtaͤndige natuͤrliche Perſon in der H. Drey⸗ 
altigkeit. 

56. Und iſt in der gantzen tieffen Gottheit keine ſolche wun⸗ 
derliche Perſon mehr / als dieſer Chriſtus, welchen leſaias der 
Prophet billich im Geiſte hoch erkant; Wunderbar / Raht / 
Krafft / Held / ewiger Vatter / Friede⸗Fuͤrſt / heiſſet; Welches 
Heriſchafft groß iſt / und auff ſeinen Schultern / verſtehe der 
Creaturen des (innern) Elements. | 1 

57. Und die andere Gebuhrt der Seelen Chrifti ſtund in der 
natuͤrlichen Fortpflantzung / wie aller Menſchen Kinder. Deñ 
er iſt ſo wohl in ſechs Monden mit natuͤrlichem Leibe und Seele / 
mit allen Porten des Gemuͤhts und Sinnen gaͤntzlich figutiret 
worden / die Seele im erſten Principio, und der Leib im dritten 
Principio, und Chriſtus / der rechte Durchbrecher / blieb im 
andern Principio, im Reiche Gottes ſtehen / und ward nach 
a‘ Monden ein Menſch aus der Jungfrawen Marien Leibe 
gebohren: Und wir ſahen feine Herzligkeit/ eine Herꝛligkeit 
als des eingebohrnen Sohnes Gottes vom Vatter. 

58. Und alhier ſchien das Liecht in der Finſternuͤß des natuͤr⸗ 
lichen äufferlichen Leibes / wie Johannes zeuget Cap. J. 11. Er 
kam in ſein Eigenthumb / und die ſeinen nahmen ihn nicht an / 
ſte kanten ihn nicht: Welche ihn aber annahmen / denen gab er 
Macht Gottes Kinder zu werden / die wurden durch ihn zum 
Himmelreich erbohren ; Denn fein iſt das Reich / Krafft / Macht 
Heri von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

59. Alſo betrachte alhier du liebes Gemuͤhte / du wirft alhier 
den Zweck finden / wodurch die Menſchen vor Chriſti Gebuhrt 
find zur Seeltgkeit eingangen ; Verſteheſtu dieſe Schrifften 
recht / wie ſie vom Autor erkant ſind / in der Gnaden Gottes / 
ſo verſteheſtu alles was Moſes und die Propheten geſchrieben 
haben / und auch alles was der Mund Chriſti gelehret und ge⸗ 
redet hat. Du darffſt keiner Larven oder Brillen darzu / die Er⸗ 
kaͤninuͤß darff nicht vom Antichriſtiſchen Stuhl beſtaͤtiget wer⸗ 
den / der da ſpricht: Die Goͤttliche Ordnung muͤſſe von ſeinem 
Stuhl beſtaͤtiget werden / was der Menſch lehren und glauben 
ſolle / er koͤnne nicht irren. 

60. Das Liecht der Natur zeiget uns in Gottes Liebe jetzt 
viel einen andern Stuhl / den Gott der Vatter mit ſeinem 
Sohne Jeſu Chriſto beſtaͤtiget hat / der iſt der einige Stuhl in 
Gnaden / da unſere Seelen koͤnnen newgebohren werden / und 
nicht in dem Antichriſtiſchen Stuhl. Er iſt nichts als der Stuhl 

zu 


266 Von den drey Principien Cap. 28. 


zu Babel der Verwirrung / daß er der Affe Chriſti auff Erden 
bleibe mit ſeinem ſchoͤnen Huͤtlein. Da wir newlich einen 
Juͤngling geſehen / der ihm die Perlen von feiner Schnur ab⸗ 
pfluckete / und die Schnur zerbrach / da war er gleich einem an⸗ 
dern irꝛdiſchen Menſchen / und Niemand gruͤſſete ihn. 


Der Unterſcheid zwiſchen der Jungfrawen Maria und 
ihrem Sohne Jeſu Chriſto: Die ernſte und gerechte 
Porte der Chriſtlichen Religion und Glaubens Ar⸗ 
ticuln / ernſtlich zu betrachten umb des Menſchen 
Seeligkeit willen / auch umb aller Ketzer und Schwaͤ⸗ 
tzer Fund und Meynung willen / von wegen der ver⸗ 
wirreten Babel des Antichriſts. 


Die hoch tieffe Porte der Morgenröte und Tages Auff⸗ 
gang in der Wurtzel der Lilien. | 


6:. JR entgegnet das Myſterium, welches wir zuvor nie 
erkant / auch den Grund nie gewuſt / uns auch niemaln 
würdig geachtet hatten zu ſolcher Offenbahrung. Weil fie uns 
aber aus Gnaden erſcheinet durch die Barmhertzigkeit des 
freundlichen Sohnes Gottes unſers Herꝛn Jeſu Chriſti: fo 
ſollen wir nicht ſo laß ſeyn / ſondern in dem Gaͤrtlein der Lilien 
arbeiten / umb unſers Naͤheſten Liebe willen / und umb die Kin⸗ 
der der Hoffnung / ſonderlich umb des armen krancken Lazari / 
welcher zu Babel verwundet lieget / und nach ſeiner ſchmertzli⸗ 
chen Kranckheit im Ruch der Lilien wird heyl werden / wan er 
von Babel ausgegangen iſt / wollen wir ihme eine Wurtzel in 
Hebron darſtellen / davon er Krafft bekomme / und ausgehe von 

Babel zu ſeiner Geſundheit. 

62. Denn die Jungfraw hat uns eine Roſen verehret / von 
der wollen wir ſchreiben mit ſolchen Worten / als wir im Wun⸗ 
der geſehen / und anderſt koͤnnen wir nicht / oder es iſt unſere Feder 
zerbrochen / und die Roſe von uns genommen / und ſind als wir 
vor der Zeit waren. Da doch die Roſe im Centro def Paradei⸗ 
ſes ſtehet in der Jungfrawen Hand / welche ſie uns darreichet 
im ſelben Ohrte / da ſie in Thoren der Tieffe zu uns kam / und 
uns ihre Liebe anboht / da wir lagen am Berge gegen Mitter⸗ 
nacht im Streit und Sturm vor Babel / welche unſer ir diſcher 
Menſch nie geſehen und erkant hat. 

63. Darumb ſchreiben wir aus einer andern Schulen ac 
inne 


Cap 13. Giöttliches Weſens. 26% 


innen der irꝛdiſche Leib mit ſeinen Sinnen nie ſtudieret hat / 
auch das ABC nie gelernet. Denn in der Jungfrawen Roſen 
lerneten wir das A BC, welches wir vermeineten die Sinnen 
des Gemuͤhts zu lehren / aber es konte nicht ſeyn / ſie waren viel 
zu rauhe und finſter / konten es nicht faſſen / und muſte dero⸗ 
wegen der irꝛdiſche Leib in dieſer Schulen ungelehrt bleiben / und 
konte ſeine Zunge nicht darein erheben. Denn das Gemuͤhte die⸗ 
ſer Schulen ſtund in den Thoren der Tieffe im Centro verbor⸗ 
en. Duͤrffen uns derowegen dieſer Schulen nicht ruͤhmen / denn 
8 iſt nicht des irꝛdiſchen Menſchen Sinnen und Gemuͤhtes 
Eigenthumb. So wir im Centro von der edlen Jungfrawen 
ausgehen / ſo wiſſen wir ſo wenig aus dieſer Schulen als an⸗ 
dere / wie es Adam auch gieng / als er aus dem Paradeis Got⸗ 
tes gieng in Schlaff der Überwindung / ſo wuſte er in feiner Auff 
wachung in dieſer Welt nichts mehr vom Paradeis / und kante 
ſeine liebe Jungfraw nicht mehr. f 

64. Darumb haben wir keine Gewalt / Macht oder Ver⸗ 
ſtand zu lehren von den Wundern Gottes in unſerm irꝛdiſchen 
Willen / wir verſtehen nichts darinnen nach unſerer ange bohrnen 
Natur / und darff Niemand von unſerm eigenen Willen etwas 
fordern / denn wir haben nichts. . i 

65. Aber diß deutet der Geift: werdet ihr von Ba⸗ 
bel ausgehen in die Sanfftmuht Jeſu Chriſti / ſo wird 
euch der Geiſt in Hebron Lehrer geben mit groſſer Ge⸗ 
walt / von welcher Macht die Elementa werden erzit⸗ 

tern / und die Thoren der Tieffe zerſpringen / und aus⸗ 

gehen von Lazaro feine Kranckheiten durchs Wort und 
Wunder seht Männer. Denn die Zeit iſt nahe / der 
Braͤutigamb komt! 

66. So wir uns nun entſinnen in unſerer eignen Vernunfft / 
und ſehen an das jenige / in Betrachtung unſerer hohen Erkaͤnt⸗ 
nuͤß / was die Welt zu Babel in dieſem Articul / davon wir alhie 
wollen handelen / eingefuͤhret hat / in deme ſich der Antichriſt hat 
eingeſetzet / und erzeiget darinnen ſeine groſſe Macht / ſo 
moͤchte uns wol billich unſer Vernunfft zuruͤcke halten / wegen 
der groſſen Gefahr des Grimmes des Antichriſts / ſo uns moͤchte 
zu ſtehen. Weil es aber uns erſcheinet ohne unſer Wiſſen / ſo 
wollen wir der Stimme Gottes mehr gehorſam ſeyn als der 
irꝛdiſchen Furcht / in Hoffnung uns wol zuergetzen. Und ob es 
geſchaͤhe / fo der Antichriſt unſern irꝛdiſchen Leib zerbraͤche en 

es 


263 Von den drey Prineipien Cap. 18. 


ches doch in der Verhaͤngnuͤß Gottes ſtehet / deme wir nicht wi⸗ 
derſtreben ſollen) ſo wollen wir doch das Zukuͤnfftige hoͤher ach⸗ 
ten / als das Zerbrechliche / welches / ſo wirs erreichen / unſer 
rechtes Vatterland iſt / aus welchem wir in Adam ſind ausge⸗ 
gangen. Und ladet der Geiſt aller Menſchen Ohren für dieſen 

piegel. ö 

67. Man hat biß anhero die Ehre der Anruffung der heiligen 
Jungfrawen Marien und andern heiligen alhier geweſenen 
Menſchen / getahn; da doch in dem Grunde des Liechtes der 
Natur dieſe Geſetze nie erkant werden. Und iſt uns ja hoch zu er⸗ 
kennen / daß es ſeinen Grund in der verwirreten Babel hat ge⸗ 
nommen / als die Menſchen des armen Chriſti / welcher in die⸗ 
ſer Welt nicht hatte / da er ſein Haupt hinlegte / uͤberdruͤßig 
waren: So thaͤten ſie wie Iſrael bey Moſe / welche ihnen ein 
Kalb macheten zum GOTT / und ſagten: Sihe Ifrael, das 
find deine Götter / die dich aus Aagypten gefuͤhret haben / und 
machten ein Kaͤlber⸗Gottes⸗dienſt zu ihrer Wolluſt des Lebens / 
und fragten nicht nach Moſe: ſondern ſagten / wir wiſſen nicht 
was dieſem Manne Moſt wiederfahren iſt. Und zu Aaron ſag⸗ 
ten ſte: Mache du uns Goͤtter / die vor uns hergehen / und er 
machte ihnen das Kalb. Als aber Moſes kam und ſahe es / ward 
er zornig / und nahm die Tafel Gottes / und zerbrach fie/ warff 
ſte von ſich weg / und ſprach: Her! die den Herꝛn angehoͤren: 
Guͤrte ein jeder ſein Schwerd / und ermorde ſeinen Bruder den 
Kalber⸗ diener / auff daß der Zorn Gottes verfühnet werde. 

68. Eben eine ſolche Geſtalt hat es auch mit der verwirreten 
Babel im Reiche Chriſti auff Erden / in der blinden Irꝛdigkeit des 
Menſchen eignen Vernunfft / da man Chriſtum im Reiche dieſer 
Welt ſuchete / fo konte man ihn nicht finden / wielfrael den Mo- 
ſen, weil er auff dem Berge war. So haben ihnen die Menſchen 
andere Goͤtter gemacht / und in ihrem Gottes dienſt ein koͤſtlich 
Wolleben angerichtet / und ihren Gottesdienſt mit dem reicheften 
ver ſehen / und ſagen immer: Wir wiſſen nicht / was dieſem leſu 
geſchehen iſt / daß er von uns iſt gegangen / wir wollen ihm einen 
Gottes⸗dienſt in unſerm Lande anrichten / und wollen darbey 
frölich ſeyn / das fol geſchehen nach unſerm Willen / damit wir 
reich und feifte ſeyn / und uns dieſes leſus wol ergetzen. 

69. Wir find ja Herrn in Chriſti Reiche / weil wir in feinem 
Dienſte ſeynd / ſo ſeynd wir die allerheiligſten und beſten / wer 
mag uns gleichen? Chriſtus iſt gen Himmel geſtiegen / und hat uns 
fein Regiment auff Erden gegeben: Der Schluͤſſel 8. 4 

3 ; Stat⸗ 


Cap. 18. Goͤttliches Weſens. 263 
Stathalter ſeyn / den hat er uns gelaßen / zum Himmel⸗ und Hoͤl⸗ 
len⸗Reich / wer wil uns den nehmen? wir kommen ja in Himmel / 
ſind wir gleich boͤſe ſo ſchadets nicht / wir haben den Schluͤſſel / der 
kan auffmachen. Wir ſind Prieſter in Macht: Wir wollen ein⸗ 
laſſen wer uns feiſte maͤſtet / wer unſerm Reiche viel giebet / ſo 
wird die Chriſtliche Kirche in groſſen Ehren ſtehen / weil man 
feine Diener fo hoch ehret / das wird unſerm Herꝛn wolgefallen ! 
Wo iſt ein ſolch Reich als wir haben? Sol man das nicht kroͤ⸗ 
nen mit der ſchoͤnſten Krone dieſer Welt / und ſich vor ihme nei⸗ 
gen und beugen? 

70. Ja ſagen fie / wir ſelber find boͤſe Menſchen: Aber dieſer 
Orden macht uns heilig / unſer Ampt iſt ja heilig / wir ſind ja im 
Dienſte Chriſti, und ob wir boͤſe ſind / fo bleibet doch unfer Ampt 
heilig / und gehoͤret uns die hoͤchſte Ehre wegen unſers Ampts / 
gleich wie Aaron mit dem Kalber⸗dienſt / ſein Ampt muſte heilig 
ſeyn / und ob fie gleich deß Mofis vergaſſen / ſtunden von Freſ⸗ 
ſen und Sauffen auff zu Tantzen und Spielen / dennoch muſte 
Aaron hoch geehret ſeyn wegen des Kalber-dienftes. N 

72. Damit aber das Reich Chriſti auff Erden zuBabel in groſ⸗ 
ſem Ernſt ſtehe / wollen wir heilige GOttes⸗dienſte ordnen / welche 
von der Welt eutſondert ſind / und da verſchaffen / daß unſere 
Geſetze alda getrieben werden / wollen ihnen aufflegen groſſe 
Faſten und Feyren / daß die Welt einen Spiegel habe auch zur 
Heiligkeit / und uns hoch ehre / und erkenne / daß unſer Dienſt / 
ſo wir vor GOTZ thun / heilig ſey. Wir muͤſſen ja die heiligen 
Prieſter Gottes ſeyn / wer anders richtet den wollen wir ver⸗ 
dammen / und wir thun ja recht daran und Gott einen Dienſt: 
Denn ob ein Engel vom Himmel kaͤme / und predigte anderſt als 
wir / iſt er verfluchet / wie Paulus ſaget. 

72. Was wir in Verſamlung der Obriften geſetzt haben mit 
unſerer aller Willen / durchs Concilium, daß iſt heilig. Denn es 
ſtehet ja geſchrieben: Du ſolt dem Oberſten deines Volcks nicht 
fluchen. Und ob unſere Hertzen vorm Liecht der Natur zappelen / 
daß wir uns muͤſſen vor GO Z ſchaͤmen und für groſſe Sünder 
bekennen / ſo wollen wir die heilige Mutter Chriſti mit ſeinen 
Juͤngern anruffen / daß ſie fuͤr uns bitten / daß unſer Suͤnde 
nicht erkant werde / ſo wir ihr zu Ehren Walfahrten und Got⸗ 
tes dienſte thun / wird ſie uns bey ihrem Sohne wol vertretten / 
und fuͤr uns bitten / daß wir in ihrem Dienſte heilig ſind / ob wir 
gleich ſtaͤts in viehiſcher Brunſt und Eigen⸗Ehre / auch Wolluſt 
ſtecken / was ſchadets? wir haben S. Petri Schluͤſſel und die Mut⸗ 
ger Chriſti zum Beyſtande. 73. Gleich 


184 Von den drey Principien Cap. 18. 

73. Gleich wie auch Iſraels Meynung beym Moſe nicht war 
vom Kalbe / daſſelbe für GOTT zu erkennen / und für den wah⸗ 
ren GO T zu halten / dieweil ſte wuſten daß es Gold war / und 
ihnen der rechte GOTT war fonften bekant gemacht / hatten deß 
auch gute Erkaͤntnuͤß an den Wundern vor Pharao. Sondern jte 
wolten den abweſenden GOTT damit ehren / und ihnen ein Ge⸗ 
daͤchtnuͤß und Gottes dienſt machen / wie König Je robeam mit 
feinem Kaͤlber⸗dienſte / da doch die Ehre ſolte den rechten Gott 
anreichen. i 

74. Und nun gleich wie Jerobeams Kalb ift vor Go TT ein 

Grewel geweſen / welches er doch mit Ernſt trieb dem rechten 
Got damit zu dienen / nur daß er auch fein weltlich Koͤnig⸗ 
reich behielte / daß das Volck nicht von ihme abſtele / fo fie gen 
Jeruſalem ſolten zum Opfer gehen / und GOT ihn / und fein: 
gantzes Haus darumb verwarff. Und gleich wie Mofes kam im 
Zorn zu ihrem Gottesdienſt fuͤrm Kalbe / und zubrach die Tafel 
des Goͤtt lichen Geſetzes / und griff zum Schwerde / und muſte ein 
Bruder den andern ermorden / wegen ihres Grewels und Suͤn⸗ 
de des falſchen GoOttesdienſtes. Alſo auch du blinde Welt zu 
Babel der Berwirrung / weil du biſt vom allgegenwaͤrtigen / all⸗ 
wiſſenden / allſehenden / allhoͤrenden / allriechenden / allfuͤhlenden 
Hertzen Jefu Chriſti abgefallen auff deine erdichtete Weege / und 
wilt das freundliche Angeſichte Jeſu Chriſti nicht ſelber ſehen / und 
deine Schande der Hurerey / Gleißnerey / eigenſtnnigen Hoffart / 
Macht und Pracht ablegen / ſondern lebeſt in erdichteten Heilig⸗ 
thumb / zu deiner Wolluſt / in Geitz / Freſſen und Sauffen / und 
in eitel eigen Ehre. So hat der andere Moſes, den der erſte ver⸗ 
hieß / den man ſolte hoͤren / ſeine Tafel ſeines Geſetzes / darauff 
feine theure Menſchwerdung / Leiden / Todt / Auffer ſtehung und 
Himliſche Einführung ſtund / vor deinen Ohren verſtopfft und 
zerbrochen / und dir kraͤfftige Irꝛthumb geſendet / aus dem Geiſt 
deiner ſelbſt erdichteten Gleißnerey / wie S. Paulus ſaget: Daß 
du glaͤubeſt dem Geiſte der Luͤgen / und lebeſt nach deines Fleiſches 
Luſt / und dich deine erdichtete Scheinheiligkeit mit deinem fal⸗ 
ſchen Schluͤſſel / welcher nicht das Leiden und Sterben leſu Chri- 
ſti in feinem Tode auffſchleuſt / betreuget. 

75. Denn du biſt nicht durch Menſchen Fürbitte zum Batter 
eingangensfondern durch die theure Menſchwerdung leſu Chtiſti, 
und ſo du nicht alsbalde in der letzten Stimme Gottes ſeines 
Ruffs / da dir doch ſchon viel geruffen worden / umbkehreſt und auß 
Babel außgeheſt / ſo ſtehet Moſes im Zorn und ſpricht: Guͤrte ein 

jeder 


Bapııd. Goͤttliches Weſens. 265 


jeder fein Schwert an ſich / und erwuͤrge ſe einen Bruder zu Babel, 
und du vertilgeſt dich ſelber. Denn der Geiſt deines eigenen 
Mundes ſol dich erſticken / auff daß du nicht mehr Babel, fon» 
dern ein grimmig Zorn⸗Schwert in ſich felber heiſt / daß dich auff 
friſt / und nicht ſchonet. Denn du töͤdteſt dich felber / du groffes 
Wunder der Welt. 

76. Wie haben doch alle Propheten von dir geſchrieben / und 
du kenneſt dich nicht / reutheſt alſo auff deinem feiften Thier / und 
gefaͤllet dir das reuthen ſo wohl / daß du je zumdeuffel in Abgrund 
fuͤhreſt / ehe du vom Thier abſtiegeſt / was iſt dann auf dir zu 
machen du blinde Babel? Steige doch herunter von dem groſſen / 
boͤſen / ſcheußlichen Thier deiner Macht / Pracht und Hoffart. 
Sihe dein Braͤutigam komt und reichet dir ſeine Hand / und 
wil dich auß Babel fuͤhren. 

77. Iſt er doch zu Fuſſe auff Erden gangen und nicht alfe 
geritten / er hatte nicht da er ſein Haubt hinlegte / was baweſtu 
ihm dan vor ein Reich! wo iſt die Staͤtte ſeiner Ruhe? Ruhet er 
nicht in deinen Armen / warumb faſſeſtu ihn nicht? Iſt er in 
dieſer Welt zu arm / ſo iſt er doch im Himmel reich: Wen wiltu 
zu ihm ſenden dich zu verföhnen ? die Mutter Jefu ? O nein 
Menſch / es gilt nicht! Er ſtehet nicht dorte / und abfolviret deine 
Boßheit wegen deiner anneiglichen Falſchheit / er kennet deine 
Brieffe nicht / die du ihm mit den Heiligen ſchickeſt / welche in der 
ſtillen Ruhe ſind im him̃liſchen Element vor ihme. 

78. Ihr Geiſt der Seelen iſt in der Stille / in der ſtillen Won⸗ 
ne vor GOTZ: Er laͤſſet nicht deine rauhe Suͤnden in ſich / ſich 
damit zu ſchleppen / ſondern feine imagination und gantzer Wille 
ſtehet ins Hertze Gottes / und der Geiſt des erſten Principli ſein 
urkundliche Quahl ſpricht: Herz! wan raͤcheſtu unſer Bluht? 
Und die Sanfftmuht jeſu Chrifti antwortet: Ruhet in der Stille / 
bit ewre Brüder auch darzu kommen / welche zu Babel erwuͤrget 
werden umb des Zeugnuͤß leſu willen. 

79. Sie thun keine Fuͤrbitte fuͤr dich / es gilt auch nicht / es 
iſt anderſt / du muſt von newen gebohren werden durch ernſte 
New und Buſſe. Du muſt von deinem Thier abſitzen / und mit 
Chrifto zu Fuſſe über den Bach Kidron, in fein Leiden und Todt 
gehen / und durch ihn auffſtehen auß ſeinem Grabe: Du muſt ſel⸗ 
ber dran / kein anderer kan dich erretten. Du muſt in die Gebuhrt 
Ieſu Chriſti eingehen / und mit ihme vom heiligen Geiſte emp⸗ 
fangen werden. Deine Seele muß im Worte / und newen Mens 
ſchen Chriſto, in einem H. reinen Element, auß den vier Ele- 

M menten 


266 Von den drey Principien Cap. 18. 


menten gebohren werden / im Waſſer des Elements des ewigen 
Lebens. Deine AntiChriftifche gedichtete Fabeln helffen dir nichts. 
Denn es heiſſet: Was ein Volck vor einen Glauben hat / alſo 
hats auch einen Go zum ſegenen. 

80. Daß deine Vorfahren ſind in Wunderthaten nach ihrem 
Tode erſchienen / darauff du baweſt / das machet der Glaube der 
F und ihre Einbildung in ihre Tinctur, welcher alſo 

arck iſt / daß er Berge verſetzet. Kan doch ein falſcher Glaube / 
ſo er ſtarck iſt / auch Wunder erwecken im erſten Principio, wie 
an der Incantation zu ſehen / und bey den falſchen Beſchwerern 
der Zeichen vor Pharao, wie fie glaͤubeten / fo geſchahe ihnen. 

81. Und weil der Lebendigen Glaube noch etwas gut und rein 
war am Reiche Gottes / und ſucheten nicht alſo den Bauch und 
Pracht / ſo aneignete ſich ihr Glaube biß in Himmel / ins Ele- 
ment zu den Heiligen / welche auch alſo den lebendigen Heiligen 
in ihrem Element im ſtarcken Glauben natuͤrlich erſchienen mit 
Wunderthaten / welche doch nur im Glauben gefangen wurden / 
und der Gottloſe ihr nicht zu theil ward. 

82. Denn eine Tinctur fieng die andere / daß auch die Heiligen 
im Element luͤſterend wurden des ſtarcken Glaubens / ſonderlich 
dieſe / welche auff Erden hatten viel zur Gerechtigkeit bekehret; 
ſintemahl einem jeden ſeine Wercke des Glaubens nachfolgen / ſo 
folgete ihnen auch ihr Wille nach / gerne mehr Menſchen zu be⸗ 
kehren: Darumb fing ein Glaube in der Tinctur des heiligen E- 
lements den andern / und geſchahen Wunderwercke bey den Ge⸗ 

daͤchtnuͤſſen der Heiligen. 

83. Dieſes verhieng GOTT umb der Heyden willen / daß fie 
fähen / daß die Todten der Heiligen in GOTT waͤren / und daß 
noch ein ander Leben nach dieſem waͤre / daß ſie ſich ſolten bekehren / 
darumb ließ er Wunderwercke geſchehen. 

84. Aber im Grunde des Urkundes iſts nicht / daß ein Ver⸗ 
ſtorbener einem Lebendigen koͤnte ins Himmelreich helffen / oder 
daß er ſich folte unterſtehen der Lebendigen Noht vor GOTT zu 
klagen / und ſuͤr ſte zu bitten. Denn das waͤre dem Hertzen Got⸗ 
tes eine groſſe Schmach / welches ohne Bitten feine Barmhertzig⸗ 
keit über alle Menſchen außſchuͤttet / mit außgebreiteten Armen / 
und ſeine Stimme nicht anderſt iſt / als nur: Komt alle zu mir / 
die ihr hungerig und durſtig ſeyd; Ich wil euch erquicken. Zu 
mir und allen / ſpricht er: Kom̃t / Ich wils gerne thun. Item Es 
ſoll meine luft ſeyn / den Menſchen⸗Kinderen wohl zu thun. 

85. Wer wil ſich da unterwinden vor den * 

7 Brun⸗ 


Cap. rs. Goͤttliches Weſens. 267 


Brut- quell der Barmhertzigkeit zu tretten / und für einen Anruf⸗ 
fenden zu bitten / gleich als wäre die Liebe todt im Hertzen Got⸗ 
tes / und wolte dem Anruffenden nicht helffen; da doch feine Arme 
ohn Ende und Zeit immer außgebreitet ſtehen zu helffen / allen / die 
ſich zu ihme kehren von gantzem Hertzen. 

86. Du falſcher Antichtiſt, du ſageſt: Der Glaube rechtfer⸗ 
tiget nicht alleine die Seele / ſondern deine erdichtete Wercke zu 
deinem Geitze muͤſſen das beſte thun. Worinnen wiltu new ge⸗ 
bohren werden? in deinem Mauſim, oder durch die Geburth 
Jeſu Ehriſti; welches iſt der Gottheit am neheſten? Deine 
Wercke vergehen / und folgen dir im Schatten nach: die Seele aber 
darff keines Schattens / ſondern es muß ein Ernſt ſeyn / ſie muß 
durch die Thoren der Tieffe / und durch das Centrum der Grim⸗ 
migkeit des Todes / durch den Zorn des ewigen Bandes / in die 
ſanffte Menſchwerdung Jeſu Chriſti eingehen / und ein Glied 
am Leibe Chriſti werden / und von ſeiner Fuͤlle nehmen / und 
darinnen leben. Chriſti Todt muß dein Todt ſeyn / Chriſti El« 
ſent ien muͤſſen in dir quaͤllen / und du muſt in ſeiner Quall leben. 
Alſo gantz muſtu in Chriſto new gebohren werden / wiltu vor 
feinem Vatter beſtehen / anderſt hilfft nichts. Hätte etwas wollen 
helffen / wäre das in der Tieffe der gantzen Gottheit geweſen / ſo 
haͤtte es GOTT auff Adam gewandt: Er hätte nicht fein Hertze 
laſſen Menſch werden / wider der Ratur Lauff. Aber es war kein 
Raht weder im Himmel / noch in dieſer Welt / es wurde dann 
GOTZ ein Menſch. Darumb laß dir das ein Ernſt ſeyn / und 
ſuche keine Irꝛweege zu Babel. 

87. Gott hat vorzeiten ja viel verhangen umb der Heyden Be⸗ 
kehrunge willen. Er hat aber den Antichtiſt nicht alſo geordnet / 
mit ſeinem Geitz / Geſetzen und Schwaͤtzen der Concilien, da 
man dem Geiſte Gottes ſeinen Mund hat geſtopffet / daß er 
nicht mehr ſoll reden / ſondern der Geiſt dieſer Welt ſolte reden / 
und bawen ein Himmelreich auff Erden / in Geſetzen und Schwaͤ⸗ 
tzen. Darumb muſte auch das Himmelreich auff Erden mit theu⸗ 
rem Eyde verbunden ſeyn / weil es nicht in der Freyheit des hei⸗ 
ligen Geiſtes ſtund / daß es koͤnte fett / groß und geil werden / 
und auch nimmer zubraͤche. Aber es iſt ein Babel der Verwirrung 
darauß worden / und zubricht ſich ſelber in der Verwirrung. 

88. So du nun wilt anſehen die Jung fraw Mariam mit ihrem 
Sohne Jeſu Chriſto / ſo wirſtu finden / wie fie durch ihren Sohn 
ſey gerecht und ſeelig worden: wiewohl ſie in groſſe Volkommen⸗ 
heit iſt kommen / gleich dem hellen RN vor 8 

5 2 ter⸗ 


269 Von den drey Principien Cap. 1 7. 
Sternen / darumb fie denn auch der Engel die gebenedeyete un⸗ 
ter den Weibern hieß / und ſagte: Der HE RR iſt mit dir. 

89. Aber die Goͤttliche Allmacht hat ſie nicht: Denn das Wort / 
das GOTT im Garten Eden verhieß / bluͤhete in ihres Lebens ⸗ 
liecht im Centro GOttes. Und als es der Engel Gabriel aus deß 
Vatters Befehl ruͤgete mit der Botſchafft / ſo ließ es ſich in die 
zuͤchtige Jungfraw ein ins Element, und nicht alſo gantz und 
gar in der Jungfrawen Seele / oder in den irꝛdiſchen Leib / daß 
fie wäre vergoͤttet worden. Nein / denn Chriſtus ſpricht ſelber: 
Niemand faͤhret gen Himmel / als des Menſchen Sohn der vom 
Himmel kommen iſt / und der im Himmel iſt. Die andern muͤſſen 
alle durch Chriſtum in Himmel fahren: Chriſtus iſt ihr Him⸗ 
mel / und der Vatter iſt Chriſti Himmel. Chriſtus war im 
Himel / und auch in der Jungfrawen Schoß in dieſer Welt. Die 
Welt war durch ihn gemacht / wie wolte ſie ihn dan begreiffen? 

90. Die Jungfraw begrieff ihn / als eine Mutter ihr Kind / 
ſie gab ihm die natuͤrlichen Eſſentien, welche ſie von ihren El⸗ 
tern hatte ererbet / die nahm er an ſich an die Creatur / fo Menſch 
und GOTT war. Die Eſſentien ſeiner Mutter in ihrer Jung⸗ 
fraͤwlichen Matrix aus Fleiſch und Bluth / nahm er an den Lim 
bum Gottes ans Element, unperletzet des Elements, und ward 
in dieſem eine lebendige Seele / und das Wort war in mitten. 
Der Seelen Macht / Hoheit und Tieffe reichete biß in Vatter. 
Und das aͤuſſere Reich dieſer Welt hieng am innern / gleich wie 
die vier Elementa am H. reinen Element, welche ſich am Ende 
werden wieder legen / und gehen durchs Fewer. 

gr. Und wie das Kind eine andere Perſon iſt / als die Mut ⸗ 
ter / und des Kindes Seele nicht der Mutter Seele iſt; alſe 
auch alhie an dieſem Orte. Denn die aͤuſſerliche Jungfraw kon⸗ 
te es nicht begreiffen / daß ſie den Heyland der Welt truͤge / forte 
dern befahl es in ihrer Jungfraͤwlichen Zucht GOTT / was der 
mit ihr thaͤte / da wolte fie ſtille ſeyn. 8 

92. Aber das ſoltu wiſſen du gremliches Anti- Chriſti ſches 
Thier / das alles wil aufffreſſen von der Jungfrawen Marien 
Heiligkeit / daß die Jungfraw Maria hoͤher iſt / und eine groͤſ⸗ 
ſere Fuͤlle des Glantzes hat / als ein ander Kind aus einem an⸗ 
dern Leibe / wiewol du boͤſes Thier ſolches kaum wehrt biſt / daß 
man dirs ſaget / weil du ein Freſſer biſt / doch hats der Raht 
Gottes beſchloſſen / es fol ſtehen zu einem Zeugnüß über dich in 
deinem Urtheil. > 

93. Sihe weiſtu / wie ein Kind zu Fleiſch und Blute wird . 

8 j un 


Cap. 18. Goͤttliches Weſens. 269 


und endlich eine lebendige Seele? Weiſtu nicht / daß der Mut⸗ 
ter Tinctur das erſte iſt / ſo ein Kind ſoll empfangen werden / 
welches geſchiehet in der Begierde des Willens zwiſchen Mann 
und Weib / da dann der Saame geſaͤet wird / nimt ihn die 

TFTinctur an in der Matrix, mit Einmiſchung des Liwbi von Man⸗ 
ne. Und ſo gleich die aͤuſſere Mutter nicht des Kindes begehret / 
ſondern wil oͤffter nur ihrer Wolluſt pflegen / ſo begehret es doch 
die innere / welche ſich auch zum erſten in der Tindbur ſchwaͤngert / 
als dan zeucht das Fiat an ſich / und haͤlt den Limbum des Man⸗ 
nes / und wird ſchwanger. 

94. Nun aber inqualiret dieſelbe Tinctur mit dem gantzen Lei⸗ 
be / und auch mit der Seelen / denn ſo ſie trewe iſt / ſo erreicht 
ſie die Jungfraw Gottes im Element, und iſt recht der H. See⸗ 
len Wonnc / in welcher ihr GOTT beyſtehet. N 
95. Nun inqualiret das Kind mit der Mutter mit allen EL- 
ſentien, biß fich des Lebens Liecht anzuͤndet / als dan lebet das 
Kind in feinem Geiſte / und iſt die Mutter fein Wohnhaus. 
So aber nun des Kindes Seele aus dem Limbo, un der 
Mutter Eſſentien erbohren wird / ſo iſt ie ja halb der Milter / 
ob fie gleich nun iſt ein Eigenthumb worden. e 

66. Alſo auch in Chriſto, der Wille war ja der Mutter / als 
ihr das der Engel verkuͤndigte / und die Tinctur, die den Lim- 
bum Gottes empfieng und in Willen brachte / daß fie ſchwanger 
ward im Element, war auch der Mutter / und war die Gottheit 
empfangen in der Mutter Tinctur in ihrem Willen / als ein an⸗ 
der natuͤrlich Kind. 5 


97. So dann nun die Seele ihres Kindes in der H. Dreyſal“ 


tigkeit iſt / was meyneſtu alhie / welche aus der Mutter Eflen- 

tien iſt außgegangen / ob nicht die Heiligkeit des Kindes / ſon⸗ 
derlich fein hohes Liecht in der Mutter möge ſchoͤn leuchten / ob 
dieſe Mutter nicht billich auff dem Monden ſtehet / und das irꝛ⸗ 
diſche verachtet / wie in der Offenbahrung zu ſehen iſt. 

98. Denn fie hat gebohren den Heyland aller Welt ohne irꝛ⸗ 
diſche Vermiſchung / und iſt eine Jungfraw der Zucht / hochgebe⸗ 
nedeyet von ihrem Sohne Jeſu Chriſlo, im Goͤttlichen Lichte 
und Klarheit über die Himmel / gleich den Fürftlichen Thronen 
der Engel. Denn aus ihr iſt außgegangen der Leib / welcher alle 
Glieder an ſich zeucht / welche ſind die Kinder Gottes in Chriſto. 

Darum iſt ihr Glantz über des Himmels Glantz / und der 

Glantz ihrer Seelen iſt in der heiligen Dreyfaltigkeit / da 

alle andere Adams Kinder / fe in Chriſto gebohren find 5 
3 au 


270 Von den drey Prineipien Cap. 18. 
auch Glieder darinnen find in dem einigen Chriſto Ieſu. 

99. Oder vermeineſtu / ich mache einen GOTT aus ihr? Nein / 
die Anruffung gebuͤhret ihr nicht. Denn die Staͤrcke zu helffen 
komt allein aus dem Vatter durch den Sohn / denn im Vatter 
iſt alleine der Quell der Allmacht / welche er im Sohne auß⸗ 
ſpricht. Denn die Macht der Staͤrcke iſt im erſten principio, 
e der Vatter ſelber iſt / und der Sohn iſt ſeine Liebe und 

iecht. 

100. So wohnet nun die Jungfraw Maria im Himmel im 
Liechte / und in der Liebe des Vatters / und nicht in der ſtrengen 
und ſcharffen Macht Gottes des Vatters / ſo wohl auch alle an⸗ 
dere Heiligen. 
10x. Daß aber gedichtet wird / fie fey mit Leib und Seele in 
Himmel lebendig genommen worden / daß ſie ſich alſo koͤnne mit 
unſerer Roth ſchleppen / und dieſelbe alſo für ihren Sohn trage 
moͤchte ich gerne wiſſen was dieſer Autor, der es gedichtet hat / 
vor einen Verſtandt am Himmelreich hat / er hat gewiß ſchon 
das Reich dieſer Welt zum Himmel gehabt. f 

102. Ich laſſe gut ſeyn / und iſt wahr / daß fie ja mag mit 
Leib und Seel im Himmel ſeyn / aber mit einem ſolchem Leibe / 
wie Mo ſes und Elias auffm Berge Tabor, in der Erſcheinung vor 
Chriſto hatten / als den neuen Leib aus dem Element, das verwaͤß⸗ 
liche gehoͤret in die Erde. Hätten wir koͤnnen in dieſem Leibe in 
Gott beſtehen / Gott waͤre nicht Menſch worden / und waͤre fuͤr 
uns geſtorben / ſind doch Chriſti Apoſtelen alle geſtorben / und 
leben doch. Alſo mags auch ſeyn / daß der Jungfrawen Leib ſey 
verwandelt worden in das himũliſche / und habe das irꝛdiſche aba 
geleget / was hilfft uns das? ſte iſt keine Göttin. 

103. Und die Anruffung der Heiligen iſt gantz wider die Na⸗ 
tur des erſten Principii. Sie iſt wohl bey GOT / wir duͤrffen 
darumb nicht diſputiren / wir moͤgen nur ſehen / daß wir in ihrem 
Sohn Jeſu Chriſto auch zu ihr kommen / ſo werden wir ewige 
Frewde mit ihr haben / daß fie iſt aus Gottes Gnaden die gebe⸗ 
nedeyete unter den Weibern worden / und daß wir den gruͤnen 
Lilien⸗zweig an ihr ſehen / daß ſie iſt die Mutters unſers Heyls / 
aus welcher das Heyl durch GOTT gebohren ward. 

| Vom Fegefewr. 
104. D As gedichtete und wolgeſchmidete Fegefeuer hat ja et⸗ 
was Grund in der Natur / aber auff ſolche Weege / 
wie es gelehret wird / iſts eine Luͤgen / und ſteckt des grimmigen 
Thiers unerſaͤttliche Bauch⸗fuͤlle darinnen / denn es hat 2 
ein 


Caps.) Göttliche Weſens. 23 


‚fein Himmmelsreich darauff geſetzet / und den Schlüffel Petti, den 
es auch nie gehabt / zum Fege⸗fewr zu ſich genommen. 

105. Zwar ich laſſe es zu das es den Schluͤſſel zum Fegfewr 
habe auffzuſchlieſſen / aber der andere Schluͤſſel / den es hat / 
ſchleuſt nicht den Himmel auff / ſondern nur die reiche Gelt⸗ 
kaͤſten / da man den jungen Frawen ihren Sold außgiebt / und 
fie mit guten Paßporten ins Fege⸗fewr ſchicket / fo meynet die 
Metze / ſie fahre in Himmel zu S. Petro, und betreuget der fal⸗ 
ſche Gott die falſche Goͤttin. 

106. Ach du blinde Welt / mit deinen erdichteten Seel⸗Meſ⸗ 
ſen / wie dein Seegen iſt / ſo biſtu auch: Du thuſts umbs Gel⸗ 
des willen / gaͤbe man dir das nicht / du hielteſt kein Begaͤngnuͤß. 
So du wilt für deines Naͤchſten Seele bitten / fo thue es weil ſte 
zwiſchen Himmel und Hölle iſt / im Leibe dieſer Welt / da kanſtit 
wohl was auß richten / und iſt GOT gar lieb / das du begehreſt 
einen einigen Leib in Chriſto, und deines Gliedes Roht hilffſt 
in GOTT bringen. Es iſt Gottes Befehl und Willen / daß 
einer ſol des andern Laſt tragen / und in einer bruͤderlichen Liebe 
und in einem Leibe ſeelig werden. 

1207. Du blinder Diener am Reiche des Antichrifts, wenn 
du alſo Meſſe haͤlteſt vor die Seele / wie wan du zu Zeiten eine 
bekomſt zu rantzioniren / die im Himmel iſt / oder gar im Ab⸗ 
grund beym Teuffel / meyneſtu nicht der Teuffel ſpotte dein / was 
wirſtu dan der / die im Himel iſt / helffen? Du ſchreyeſt; Sie ſey in 
der Quaal / und biſt vor GOTT ein Luͤgner / wie wird dich dan 
die heilige Seele ſegnen und dir dancken? wie iſts denn / ſo du 
ſelber in Abgrund bey allen Teuffeln biſt? Und ſteheſt auch / und 
wilſt andere aus dem Fege⸗fewr rantzioniren / und thuſt folches 
nur umbs Geldes willen / das du hernach mit Huren ver⸗ 
ſchlingeſt? 

108, O pfuy dich an / du groſſe Hure / wie haſtu dir ein Him⸗ 
melreich zu deiner Wolluſt auff Erden gemachet / und betriegeſt 
die armen Seelen der Menſchen! Du muſt dich bekehren / oder 
ins ewige Fege⸗fewr gehen. 

109. So denn gleichwol etwas am Fegẽſewer iſt / und nicht 
alſo todt / wie der Wolff des Thieres dichtet / damit er nur das 
Thier / ſampt dem Weibe / ſo darauff ſitzet / möge verſchlingen. 
Und er iſt auch ein Wolff / und haͤnget ein Fuchs hinten an ihme / 
und im Fuchſe waͤchſt wieder ein Anti Chriſt, nichts beffer / als 
der erſte. Er gehet nur ſchmeichlen mit der Fuchs⸗haut / und 
ſteckt der Wolff darinnen / biß 8 krieget / wuͤrde m 


272 Von den drey Principien Cap. 19. 


alt / wie ſolte er den armen Leuten die Huͤner freſſen: Aber 
ehe er reiff wird zu freſſen im Grimme / ſo vertreibet 
ihn die Lilie im Wunder / die da waͤchſet gegen Mitter⸗ 
nacht / mitten im Grimmen Sturme. 

110. Weil die Welt ſo viel vom Fege⸗fewr dichtet / fo wollen 
wir den Grund im Liechte der Natur auch darzu ſetzen / und 
ſehen wie ſichs vertrage / ob wirs möchten gründen. Denn wir 
muͤſſen das Leben und den Todt anſehen / und dann die Porten / 
wo die Seele durch den Todt ins Leben gehet / und alle Principia. 
was gilts der Zweck ſteckt darinnen. 


Das 19. Capittel. 


Vom Eingang der heiligen Seelen zu GOTT / und 
vom Eingang der gottloſen Seelen ins Verderben. 


Die Porten des Leibes Zerbrechung von der Seelen. 


4. O wir uns denn alſo im Liechte der Natur entſin⸗ 
nen von dem Bilde Gottes / dem Menfchen / von 
ſeinem Anfang / und denn von ſeinem ewig waͤh⸗ 
renden Weſen / und dan von feines Leibes Zer⸗ 
brechung / wie ſich Leib und Seele ſcheide / und wo 

die Seele hinfahre/ wañ der Geiſt feines Odems in ihme zer⸗ 

bricht / und auffhoͤret das Quallen in der Tinctur dieſer Welt: 

So finden wir den Grund von der Seelen Unruhe / fo ſte vom 

Leibe geſchieden iſt / fo fie und iedergebohren vom Leibe abſchei⸗ 

det / davon Klagen und Begehren entſtehet / darauf dan die 

Babel der Verwirrung iſt entſtanden / das man alſo gar viel 

Dinge hat gedichtet / die Seelen zu rantzioniren. 

2. Welches eins Theils keinen Grund im Liechte der Natur hat / 
und nicht kan gefunden werden / und iſt vielmehr zum Geitz und 
zur Bauch fuͤlle deß Trugs gedichtet / damit das Anti-Chriſti- 
ſche Reich auff dieſem Grunde ſtehe / und iſt eint rechte Babel 
der Verwirrung darffug worden. Darauf dann auch iſt der 
Grimm außgangen / welcher die Babel in ſich ſelber zerbricht / 
und iſt aus der Babel gebohren / und iſt der grinnne Zorn Got⸗ 
tes / welcher erſcheinet in der Zerbrechung der Babel, darum 
daß ſie iſt im Trug erbohren. 

3. Daß aber der Grim nun alles auff friſſet / und die Myſte · 
zien gantz verdunckelt / und aus dem Quaal der ewigen Gebuhrt 
. h eins 


Cap.ıs. Goͤttliches Weſens. 273 


eine Finſternuͤſſe machet / alleine ſeinen Grimm zu erhoͤhen / 
und nicht ſtehet in die Gebuhrt der Ewigkeit / ſondern macht aus 
dem Dinge das da iſt / alles ein Richts / das iſt viel ein groͤſſer 
Babel. Denn es friſſet ſich nicht alleine auff / ſondern es machet 
ſich auch im Liechte der Natur ſtock⸗blind / und machet aus dem 
Menſchen⸗ hilde eitel boͤſe Woͤlfiſche Thiere / welche vermeynen / 
ſie ſind von der Babel außgegangen / und ſind doch in der Babel 
gebohren / und find im Leibe des boͤſen und freſſenden Thieres / 
und freſſen alſo ihrer Mutter Haus / und ſtellen das dar als eine 
unreine Schand⸗grube / und wollen doch auch nicht davon auß⸗ 
gehen. Und iſt alles zuſammen ein Reich / das ſich in ſeiner eignen 
Wolluſt und Hoffart immer gebieret / und auch ſeine eigene 
Schande immer darſtellet / und ſich im Grimme ſeiner Suͤnden 
ſelber friſt / und heiſſet wol recht Babel. 

4. So wir aber von Babel außgehen in die newe⸗Wiederge⸗ 
buhrt / und betrachten unſere Verderbung / darinnen die arme 
Seele gefangen ligt / und denn unſere Wieder⸗gebuhrt inChrifte 
leſu, wie wir aus GOTT find wieder erbohren worden / und 
denn wie der Menſch muͤſſe in dieſe newe Wiedergebuhrt ein⸗ 
gehen / und in der Gebuhrt Chriſti wiedergebohren werden / fa 
werden wir wol finden / was der Stelen Unruhe nach des Leibes 
Zerbrechung ſey. 

FJ. Denn die Seele iſt aus dem erſten Principio aus dem Band 
der Ewigkeit in des Leibes Element, dem Bilde Gottes aus der 

ſtarcken Macht Gottes eingeblaſen / und vom Liechte Gottes 

erleuchtet worden / daß ſie Engliſche Quaal hat empfangen. 

6. Als ſie aber außgieng aus dem Liechte Gottes in Geiſt 
dieſer Welt / fo quaͤlete in ihr die Quaal des erſten Prineipii, 
und ſahe noch fuͤhlete nicht mehr das Reich Gottes / biß ſich das 
Hertze Gottes wieder ins Mittel ſtellete / darein ſolte die Seele 
wieder gehen / und new gebohren werden. 

7. Und daß fie ſolches koͤnte thun / fo ward das Hertze Got⸗ 
tes ſelber eine menſchliche Seele / und wuͤrgete ab mit ſeinem 
Eingang in Todt den Geiſt dieſer Welt / und brachte wieder in 
feine menſchliche Seele die Fülle der Gottheit / daß wir alle⸗ 
ſampt koͤnnen alſo in feiner! als in unſerer eigenen menſchlichen 
Seelen durch ihn ins heilige Element für GOTT eindringen. 
Und fehlet nun an nichts mehr / als an unſerer faulen ſchlaͤffrigen 
Geſtalt / daß wir uns laſſen den Geiſt dieſer Welt alſo gantz 
und gar mit eitel hoffaͤrtigen / eigen⸗ehrigen / geitzigen Bauch⸗ 
fate erſuͤllen / und ſehen nicht 3 daß wir Wande 

* te 


2714 Von den drey Principien Cap. 19. 
ente ſeind / und ſo bald uns der Geiſt dieſer Welt in Mutterlei⸗ 
be hat gefangen / fo find wir Wanders⸗ leute / und muͤſſen mit 
unſerer Seelen in ein ander Land wanderen / da der irꝛdiſche Leib 
nicht daheim iſt. N 

8. Denn gleich wie dieſe Welt zerbricht und vergehet / alſo 
muß auch alles Fleiſch / welches aus dem Geiſte dieſer Welt iſt 
erbohren / zerbrechen und vergehen: So denn nun die arme See⸗ 
le wanderen muß aus dem Leibe darinnen ſte doch iſt erbohren / 
und hat nicht das newe Kleidt der Wiedergebuhrt des H. Geiſtes 
in ſich / und iſt nicht bekleidet mit dem Kleide des reinen Ele- 
ments, mit der Decke Chriſti / mit feiner Menſchwerdung / 
Leyden / Todt / und Aufferſtehung in ihme / ſo gehet groſſe Unru⸗ 
he und Reuel an. Alleine bey denen / welche in ihres Leibes Zer⸗ 
brechung noch in der Porten find] und alſo zwiſchen Himmel 

und Hoͤlle ſchweben / da gilts ringen und kaͤmpffens / wie bey 
manchem wohl zu ſehen iſt / wenn er ſterben ſoll. 

9. Da denn die arme Seele im erſten Prineipio in den Thoren 
der Tieffe ſchwebet / mit dem Sternen⸗Region alſo hart beklei⸗ 
det / daß von dem weltlichen Weſen eine eitele Unruhe iſt: Da 
ſich dan die arme Seele aͤngſtet / und alſo in Krafft der Sternen 
Region, in Geſtalt ihres hie gehabten Leibes erſcheinet / und 
offt diß oder jenes begehret / welches ihr letzter Wille iſt geweſen / 
in Hoffnung Abſtinentz und Ruhe damit zu erlangen / auch offte in 
gantz unruhiger weiſe bey Nachte nach dem Syderiſchen Geiſte 
ſich erzeiget / mit poltern und des Leibes umbgehen / welches un⸗ 
ſere Gelehrten von der Schulen dieſer Welt / dem Teuffel zu⸗ 
Schreiben / haben aber darinnen keine Erfäntnüß. 

10. Weil dann dieſes der ſchwereſte Articul iſt / und auf eine 
ſolche weiſe nicht mag ergrieffen werden / ſo wollen wir des Mena 
ſchen Sterben und der Seelen Abſcheid vom Leibe beſchreiben / 
obs möchte zur Erkaͤntnuͤß gebracht werden / daß der Leſer moͤchte 
den Sinn ergreiffen. 1 

12. Das Menſchen⸗Bilde vom Weibe gebohren / iſt alhier in 
dieſem Leben in einer dreyfachen Geſtalt / und ſtehet in dreyen 
Prineipien : Als die Seele hat ihren Urkund aus dem erſten 
Principio, aus der ſtarcken und ſtrengen Macht der Ewigkeit / 
und ſchwebet zwiſchen zweyen Pzincipien mit dem dritten umb⸗ 
geben. Sie reichet mit ihrer urkundlichen Wurtzel in die Tief⸗ 
ſe der Ewigkeit / in den Auaal / wo GOT der Vatter von E⸗ 

wigkeit durch die Thoren der Durchbrechung und Zerſprengung 
in ſich ſelber ins Liecht der Wonne eingehet / und iſt am ä 


Cap. 19. Goͤttliches Weſens. 275 
da ſich Gott einen eyferigen / zornigen / ſtrengen Gott nennet / 
ein Funcke aus der Allmacht erblicket in den groſſen Wundern 
der Weißheit Gottes / durch die theure Jungfraw der Zucht / 
und geſchaffen durchs ſtarcke Fiat Gottes aus dem ewigen Wil⸗ 
len: Und ſtehet mit dem wiedergefaſten Worte Gottes in Chri- 
Ro ſeſu in dem Thor des Paradeiſes mit der Geſtalt der newen 
Wiedergeburth / und mit der Geſtalt des erſten Principii „ im 
Thor des Grimmes der Ewigkeit / mit der Sonnen⸗ und Ster⸗ 
nen- Region inqualirende / und mit den vier Elementen umbge⸗ 
ben; und iſt das heilige Element als die Wurtzel der vier Ele; 
menten, der Seelen⸗Leib im andern Principio in den Thoren 
gegen Gott: und das Sternen ⸗ region iſt der Seelen Leib nach 
dem Geiſte dieſer Welt: Und der Außgang der vier Elementen ſind 
das Quaal⸗haus / oder der Geiſt dieſer Welt / welches das Ster⸗ 
nen⸗ region zum Quallen anzuͤndet. f 

12. Und lebet die Seele in einer ſolchen dreyfachen Qual / und 
iſt mit dreyen Zuͤgeln angebunden / und wird von allen dreyen 
angezogen. Denn der erſte Zuͤgel iſt das Band der Ewigkeit / 
gebohren im Auffgange der Aengſtligkeit / und erreicht der Hoͤl⸗ 
len Abgrund. Der ander Zuͤgel iſt das Himmelreich / erbohren 
durch die Thoren der Tieffe im Vatter / und aus der Suͤnden⸗ 
Gebuhrt wieder erbohren durch die Menſchheit Chriſti / da iſt 
die Seele in der Menſchwerdung IEfu Chriſti des Sohnes 
Gottes auch angeknuͤpffet / und wird von der theuren Jungfraw⸗ 
en im Worte Gottes gezogen. Der dritte Zuͤgel iſt das Sternen⸗ 
Reich mit der Seelen inqualirende / und wird mit den vier Ele- 
menten hart gezogen und gehalten / auch gefuͤhret und geleitet. 

13. Nun iſt aber das dritte Reich nicht mit in der Ewigkeit / 
ſondern es iſt erbohren aus dem Element in Zeit der Anzuͤndung 
des Flats, das iſt nun zerbrechlich / und hat ein gewiß Seculum, 
Ziel und Zeit. Alſo auch hat daſſelbe Region in der Seelen / 
wenn ſich des Lebens⸗Liecht anzuͤndet / ein gewiß Seculum und 
Zeit zu ſeiner Zerbrechung. Und daſſelbe Reich zeucht auff den 
Menſchen / und gibet ihm die Quaal ſeiner Sitten / Willens und 
Begehrens zum Boͤſen und Guten / und ſetzet ihn ein in Schoͤn⸗ 
heit / Herꝛligkeit / Reichthumb und Ehren / und machet aus 
ihme einen irꝛdiſchen Gott / und eröffnet ihme die großen Wun⸗ 
der in ihme / und laͤuffet mit ihme ohne bedacht biß an ſein Secu; 
lum und Ende / da ſcheidet ſichs von ihme: Und wie es hat dem 
Menſchen zu ſeinem Leben geholffen / alſo hilfft es ihme auch im 
Todt / und bricht ſich von der Seelen ap, 

25 M 6 4 · Erſt⸗ 


376 Von den drey Principien Cap. 19. 

14. Erſtlich brechen die vier Elementa vom Element, fo hoͤret 
das Quallen im dritten Principie auff / und iſt das ſchrecklichſte / 
daß die vier Elementa in ſich ſelber zerbrechen / und iſt das der 
Tod / daß der Schwefel-Geift / welcher ſich von der Galle ur⸗ 
kundet / und des Hertzens Tinctur anzuͤndet / erſticket; da dan 
die Tinctur mit dem Schatten des Menſchen Weſens ins zrher 
gehet / und mit dem Schatten ſtehen bleibet in der Wurtzel des 
Elements, von welchem die vier Elementa waren erbohren 
und außgiengen. Und ſtehet darinnen alleine das Wehethun 
in der Zerbrechung / davon der Seelen ein Quaal⸗Haus abge⸗ 
brochen wird. 

15. So aber nun die Eſſentien der Seelen des erſten Princi- 
pi dem Region dieſer Welt find alſo gar hart geaneignet gewe⸗ 
ſen / das der Seclen Eſſentien nur haben den Wolluſt dieſer 
Welt geſucht mit zeitlicher Ehre / Macht und Pracht / ſo haͤlt 
die Seele / oder die Eſſentien aus dem erſten Principio das Ster⸗ 
nen Region noch an ſich / als ſein liebſtes Kleinod / in willens 
darinnen zu leben; dieweil es aber nicht mehr die Mutter / als die 
vier Elementa hat / fo verzehret ſichs mit der Zeit ſelber in den Ki- 
ſentien aus dem erſten Principio ; und bleiben die Elentien des 
erſten Principiirohe. 17 

16. Und allhier ſtehet nun das Fegefewer / du blinde Welt / 
kanſtu nun was / ſo hilff deiner Seelen durch die ſtren⸗ 
ge Porten / wird ſie nun nicht alhier den Schlangen⸗tret⸗ 
ter am Zügel haben / fo wird fie wohl im erſten Prineipio blei⸗ 
ben. Allhier iſt nun das groſſe Leben / und auch der groffe Todt / 
da die Seele in das eine muß eingehen / und iſt her nach ihr 
ewig Vatterland / denn das dritte Principium fället hinweg / 
und verlaͤſſet die Seele / fie kan des in Ewigkeit nicht mehr 
gebrauchen. 


Vom außfahren der Seelen. 
17. O dan der Menſch alſo ſehr irꝛdiſch iſt / ſo hat er auch 
faft nur irꝛdiſch Erkaͤntnuͤß / er ſey dan in den Thoren 
der Tieffe wieder erbohren / er vermeynet immer die Seele fahre 
im abſterben des Leibes bloß zum Munde aus / und verſtehet 
nichts von ihren tieffen Eſſentien über die Elemente. So er es 
het einen blawen Straal von des Menſchen Munde in ſeinem 
Sterben außgehen / davon ein ſtarcker Ruch im gantzen Gemach 
wird / fo verineynet er / es ſey die Seele. * 
28. O nein liebe Vernunfft / fie iſts nicht / 3 


Cap. 19. Goͤttliches Weſens. 277 
den aͤuſſern Elementen erſehen oder ergriffen / fondern es iſt der 
Schwefel⸗Geiſt / der Geiſt des dritten Principii. Gleich als 
wann du eine Kertzen auß leſcheſt / davon ein Rauch und Stand 
außgehet / der vorhin nicht war / als die Kertze brandte; alſo iſtt 
hier auch / wañ des Leibes Liecht zerbricht / ſo erſticket der Schwe⸗ 
fel⸗Geiſt / davon gehet fein Dunſt und toͤdlicher Stand aus / mit 
ſeiner quallenden Gifft. | 

19. Verſtehe es recht / es iſt der Auaal-Beift aus der Galle / 
welcher das Hertz anzuͤndet / davon das Leben ruͤge iſt / der er⸗ 
ſtickt / wann die Tinctur im Hertzen⸗Gebluͤhte erliſchet. Die 
rechte Seele darff keiner ſolchen Auß fahrt / fie iſt vielmahl ſabti⸗ 
2 vr der Schwefel⸗geiſt / wie wohl es in Zeit des Leibes in einem 

eſen iſt. 

20. Aber wenn ſich der Geiſt der vier Elementen ſcheidet / fa 
bleibet die rechte Seele / ſo dem Adam ward eingeblaſen / in ſei⸗ 
nem principio ſtehen. Denn ſie iſt alſo ſubtile daß ſie nichts kan 
faſſen / fie gehet durch Fleiſch und Beine / auch Holtz und Stei⸗ 
ne / und zubricht der keines. 

2x1. Alſo kan fie gefaſſet werden / fo fie ſich in Zeit des Leibes 
hat in etwas verlobet / und das nicht widerruffen / fo faſſet fie 
daſſelbe Wort und ernſte Zuſage / davon alhier billig geſchwie⸗ 
gen wird / ſonſt faſſet ſie nichts / als ihr eigen Principium darin⸗ 
nen fie ſtehet / es ſey der Hoͤllen⸗oder Himmelreich. 

22. Sie faͤhret nicht zum Munde aus / gleich einem Coͤrper⸗ 
lichen Weſen / fie iſt roh ohne Leib / und tritt alsbalde mit der 
vier Elementen Abſcheiden ins Centrum, in die Thoren der 
Tieffe / und womit fie bekleidet iſt / das faſſet fie / und haͤlts. Iſt 
es der Schatz / Wolluſt / Macht / Ehr / Reichthumb / Boßheit / 
Zorn / Luͤgen / Falſcheit dieſer Welt / fo faſſet die ſtrenge Macht 
der Eſſentien aus dem erften Principio dieſe Dinge durch den Sy» 
detiſchen Geiſt / und haͤlts / und quaͤllet nach der Sternen-Re- 
gion damit / aber in ſeine eigene Geſtalt kans der Seelen⸗geiſt 
nicht bringen / ſondern verbringet ſein Gauckel⸗ſpiel darmit. 
Dieweil in feinem Wurm keine Ruhe iſt / fo Hänger ſein Seelen⸗ 
wurm an feinem Schatze / wie Chriftus ſaget: Wo ewer Schatz 
iſt / da iſt auch ewer Hertze. 

23. Darumb begiebt ſichs offt / daß man deß verſtorbe⸗ 
nen Menſchen⸗Geiſt fiehet umbgehen / auch reuthen / offt 
in gantzer Fewers Geſtalt / auch in anderer Unruhe / alles 
nach dein die Seele iſt bekleidet worden in Zeit ihres Leibes / 
alſos iſt auch hernach ihre Quaal / und eine ſolche Geſtalt 

f M 7 nach 


278 Von den drey Principien Cap. 19. 


nach ihrer Quaal hat ſie in ihrer figur, nach abſcheiden des Lei⸗ 
bes an ſich / und reuthet alfo in ſolcher Geſtalt in der Sternen⸗ 
Quaal / biß ſich dieſelbe Quaal auch verzehret. Denn iſt fie gantz 
rohe / und wird nicht mehr von keinem Menſchen geſehen / ſon⸗ 
dern der tieffe Abgrund ohn Ende und Zahl / iſt ihr ewig Wohn⸗ 
Haus / und ihre Wercke / ſo ſie allhier gemacht hat / ſtehen in 
der Figur in ihrer Tinctur, und folgen ihr nach. 
24. Hat fie es nun alhier gut gebacken / ſo iſſet ſte es gut / 
denn alle Sünden ſtehen vor ihr in ihrer Tinctur. So ſie ſich 
erinnert des Himmelreiches / welches ſte doch nicht erkennet und 
fiehet / fo fiehet fie ihre Uhrſachen / warumb fie in ſolcher Auaal 
iſt / denn ſie hat ihr die ſelber gemachet. Da ſind aller Beleidig⸗ 
ten Thraͤnen in ihrer Tinctur, und ſind fewrig / ſtechende / und 
feindlich brennende / in ſich ſelbſt nagende / und machen in den 
Eſſentien eine ewige Verzweiflung / und einen feindlichen 
Willen gegen GOTT je mehr ſte nach abſtinentz gedenckt / je 
mehr gehet der Nagewurm in ſich ſelber auff. 
25. Denn da iſt kein Liecht / weder von dieſer Welt / noch von 
GOTT / ſondern ihre ſelbſt Fewers Anzuͤndung in ſich felber iſt 
ihr Liecht / welches ſtehet im ſchroͤcklichen Blitze des Grimmes / 
welches in ſich ſelber auch eine Anfeindung iſt: Jedoch iſt die 
Auaal gar ungleich / alles nachdem ſich die Seele alhier hat be⸗ 
laden. Einer ſolcher Seelen iſt kein Raht / ſie kan nicht in Got⸗ 
tes Liecht kommen; und wan gleich S. Petrus viel tauſent 
Schluͤſſel Hätte auff Erden gelaſſen / fo ſchleuſt keiner den Him⸗ 
mel auff / denn fie iſt vom Bande Iefu Chriſti abgetrennet / und 

iſt eine gantze Geburt zwiſchen ihr und der Gottheit / und heiſt 
wie beym reichen Manne: Die von dannen hinauff wollen / 
koͤnnen nicht / ꝛc. Dieſes mag nun von der un⸗buß fertigen See⸗ 
len verſtanden ſeyn / welche alſo in Gleißnerey unwidergebohren 
vom Leibe ſcheidet. 

26. Es iſt aber gar ein groſſer Unterſcheid zwiſchen den See⸗ 
len / darumb iſt auch die hinnenfahrt gar ungleich. Etliche wer⸗ 
den durch wahre Buße und New ihrer ÜUbelthat / durch ihren 
Glauben / ins Hertze Gottes geſetzet / in Zeit ihres Leibes wi⸗ 
der new gebohren durch die Gebuhrt Jeſu Chriſtt / und die ver» 
laſſen alsbalde mit des Leibes Zerbrechung alles irꝛdiſche / und 
legen auch alsbald ab das Sternen Region, und faſſen in ihre 
Eſſentien des erſten Principii die Barmhertzigkeit Gottes des 
Vatters / in der freundlichen Liebe Jeſu Chriſti / und . 
auch in Zeit ihres Leibes nach der Seelen Eſſendien, fa fie 22 

tie - 


Cap. 1 9. Göttliche Weſens. 179 


Leiden und Tode Chriſti bekonunen / in den Thoren des Himmels; 
und iſt ihr Abſchiedt vom Leibe gar ein freundlicher Eingang ins 
Element vor GOTT / in eine ſtille Ruhe / wartend ihres Lei⸗ 
bes ohne Verlangen: Da dann wird wieder gruͤnen daß Para⸗ 
deis / welches die Seele gar wohl ſchmecket / aber keine Quaal 
verbringet / biß der erſte Adam vorm Falle wieder an ihr ſtehet. 

27. Dieſen heiligen Seelen folgen auch ihre Wercke nach / 
in ihrer Tin&ur des Seelen⸗Geiſtes / im heiligen Element, daß 
ſie ſehen und erkennen / wie viel ſie guts haben alhier gewuͤrcket / 
und iſt ihre hoͤchſte suft und Begierde in ihrer Liebe noch immer⸗ 
mehr guts zu würden / wiewol fie ohne den Paradeiſiſchen 
Leib / welchen ſie erſt werden in der Wiederkunfft bekommen / 
nichts wuͤrcken / ſondern ihre Quaal iſt eitel Luſt und ſanfftes 
Wolthun. ö f 

28. Jedoch ſoltu wiſſen / daß der Heiligen Seelen nicht alſo 
bloß ohne Vermuͤgenheit find / denn ihre Effentien find aus der 
ſtarcken Macht Gottes / aus dem erſten Principio, ob fie die⸗ 
ſelben nun wol nicht brauchen / wegen ihrer groſſen Demuht ge⸗ 
gen GOTT / da fie noch immer in ſtiller Ruhe / mit groſſer Des 
muht warten ihres Leibes / fo iſt ihre Liebe und Luft doch alſo 
groß / daß ſie haben zu manchen Zeiten Wunder auff Erden ge⸗ 
wuͤrcket bey den Glaͤubigen / welche ihre Liebe und Begierde ha⸗ 
ben alſo harte in fie geſetzt / da hat eine H. Tinctur die ander ges 
fangen / daß alſo durch der Lebendigen Glauben ſind Wunder 
geſchehen / denn dem Glauben iſt kein Ding unmuͤglich. 

29. Und iſt der heiligen Seelen / ſo vom Leibe geſchieden / 
nicht ſchwer zu erſcheinen einem ſtarcken Glauben des Lebendi⸗ 
gen / denn der feſte Glaube des Lebendigen / fo er aus GOTT 
iſt erbohren / erreichet auch das Himmelreich ins heilige Ele. 
ment, wo die abgeſchiedene Seelen ihre Ruhe haben. 

30. So nun die verſtorbene oder abgeſchiedene Seele iſt al⸗ 
hier in dieſer Welt ein Leuchter und verkuͤndiger Gottes gewe⸗ 
ſen / und hat ihr viel zur Gerechtigkeit bekehret / ſo erſcheinet 
ſte auch gegen den lebendigen Heiligen / ſo ſich ihr Glaube alſo 
hart zu ihnen an⸗eignet. Und iſt nichts ſchweres / ob vor Zei⸗ 
ten in der Heiligen Zeit ſind groſſe Wunder geſchehen / denn der 
Lebendigen Glaube / und der Abgeſchiedenen Liebe gegen den le⸗ 
bendigen Heiligen haben ſolches in der ſtarcken Macht Gottes 
gewuͤrcket / und Gott hats laſſen geſchehen / zu bekehren die Voͤlc⸗ 
ker / daß fie doch möchten ſehen der verſtorbenen groſſe Macht in 
Go / wie fie in einem andern Reiche find / und lebendig / ee 
mit 


280 Von den drey Principien Cap. 19. 


mit fie der Todten Aufferſtehung möchten gewiſſert ſey / an den 
groſſen Wunderthaten der abgeſchiedenen Seelen / welche ge⸗ 
meiniglich alle umb des Zeugnüg Jeſu waren entleibet worden: 
Damit die Heyden und alle Boͤlcker doch ſaͤhen / was vor eine Bez 
lohnung der Heilige haͤtte / fo er fein Leben umb des Zeugnuͤß 
Chriſti willen auffſetzete / durch welche Krempel denn auch ſind 
viel Voͤlcker bekehret worden. i 

31. Daß aber nun iſt ein Zabel der Verwirrung daraus wor⸗ 
den / in deme es dahin tonnen / daß man die verſchiedenen Hei⸗ 
ligen vor Fuͤrbitter gegen GOT anruffet / und ihnen Goͤttli⸗ 
che Ehre anthut / das iſt nicht der abge ſchirdenen Heiligen See⸗ 
len ſchuld / daß fie ſolches begehreten / oder des Menſchen Noht 
vor GOTZ truͤgen / ſondern des erdichteten Aberglaubens det 
falſchen Anti Chriſts, der feinen Stuhl der Hoffart hat dar⸗ 
auff geſetzet / nicht als ein lebendiger Heilige / welcher ſich mit 
den Heiligen zu GOTT an⸗eignet / ſondern als ein irꝛdiſcher 
GOT. Er nimt ihm damit Goͤttliche Allmacht / und hat doch 
keine / ſondern er iſt der geitzige / hoffartige Wider⸗Chriſt / reu⸗ 
thend auff dem ſtarcken Thier dieſer Welt. 

32. Die abgeſchiedene Seelen tragen unſer Noht nicht vor 
Gott / deñ Gott ſelber iſt uns naͤher als die abgeſchiedene Sees 
len. Auch fo fie das thun ſolten / ſo müften ſte einen Leib haben / und 
Paradeiſtſche Auaal im Auffſteigen und Wuͤrcken / ſo ſie doch 
in ſtiller / demuͤtiger / ſanffter Ruhe ind / und laſſen unſere rauhe 
Roht nicht in ſich / ſondern eine heilige Tinctur faͤngt wol die an⸗ 
dere zur Liebe und Luſt / aber fie machen aus ihrem Groß⸗Fuͤr⸗ 
ſten Chriſto nicht einen verſtockten Hörer / der nicht ſelber hoͤre / 
ſehe und fuͤhle / welcher feine Armen außgebreitet / und felber 
ohne Auffhoͤren mit ſeinem heiligen Geiſte ruffet / und alle Men⸗ 
ſchen⸗kinder zur Hochzeit ladet / er wil ſie gerne annehmen ſie ſol⸗ 
len nur kommen. a 

33. Wie wird dann nun eine Seele für Chriſtum tretten / 
und für einen lebendigen anruffenden bitten? da doch Chriſtus 
ſelbſt ſtehet und ladet die Menſchen / und iſt ſelber die Verſoͤh⸗ 
nung des Zorns im Vatter. Denn der Vatter hat die Men⸗ 
ſchen dem Sohne gegeben / wie er ſelber zeuget: Vatter die 
Menſchen waren deine / und du haſt ſte mir gegeben / und ich 
wil daß ſte bey mir find und meine Herꝛligkeit ſehen / die du mir 

gegeben haſt. f 
34. O du verirrete Babel / gehe aus vom Anti-Chriſt! und 


tritt mit einem buß fertigen Hertzen und Gtmuͤhtt vor er 
arm 


Cap.ıg. Goͤttliches Weſens. 281 


barmhertzigen Bruder und Heyland aller Menſchen / er wird 
dich viel lieber erhoͤren / als du zu ihme kommeſt / tritt nur aus 
dieſer boͤſen Vabel in eine newe Gebuhrt / und laß dir das Reich 
dieſer Welt nicht zu lieb ſeyn / biſtu doch nur ein Gaſt darinnen. 
Was hilfft dir deine zerbrechliche Ehre von Menſchen / die kaum 
einen Augenblick waͤhret / wirſtu doch in der newen Gebuhrt viel 
groͤſſere Frewde und Ehre bekommen / da ſich die heiligen See⸗ 
len im Himmel mit den Engeln mit dir erfrewen werden. Denc⸗ 


ke was du vor Frewde im Hertzen Jeſu Chriſti damit erweckeſt / 


da dir denn alsbalde das thewre Pfand des heiligen Geiſtes ge⸗ 
geben wird / und kriegeſt den Schluͤſſel zum Himmelreich / daß 
du kanſt ſelber auffſchlieſſen. Oder meyneſtu es ſey nicht wahr / 
verſuche es nur mit ernſtem Gemuͤhte / du wirſt Wunder er⸗ 
fahren / du wirſt ſelber erkennen / und gewiß ohne einigen 
Zweiffel in deinem Gemuͤhte ſehen / aus welcher Schule diefes 
geſchrieben iſt. ö 

35. Nun dencket das Gemuͤthe: So denn der Seclen alle 
ihre Wercke / fo ſie alhier gewuͤrcket / in der Figur nachfolgen / 
wie wird es dan ſeyn / fo eine Seele hat groſſe Laſter und Suͤn⸗ 
den alhier eine Zeitlang gewuͤrcket / fo wird ſte deß groſſe Schan⸗ 
de haben / dieweil es in der figur ſtehet vorm Augenſcheine? 

36. Das iſt ein groſſer Knittel des Teuffels / welcher die 
Seele pfleget darmit in Zweifel zu treiben / daß fie immer ih⸗ 
te grobe Sünden für Augen ſtellet / und an Gottes Gna⸗ 
den zweifelt. N f 

7. Nun ſiehe du liebe Seele / vom Heilande Chrifto theuer 
erloͤſet / mit ſeinem Eingang in die Menſchheit / und mit ſei⸗ 
nem Eingange in der Hoͤllen Abgrund / vom Reiche des Teuf⸗ 
fels ins Vatters Macht abgeriſſen / und mit feinem Blute und 
Tode verſiegelt / und mit feinem Triumph⸗faͤhnkein bedecket. 
Alle die Wercke die du haſt gewuͤrcket / böfe oder gute / folgen dir 
im Schatten nach / aber nicht im Weſen und in der Quelle. Sie 


werden aber die heiligen Seelen im Himmel nichts verkleinern / 


welche haben umbgewand in die Wieder⸗Gebuhrt in Chriſto / 
fondern fie werden ihre hoͤchſte Frewde daran ſehen / daß ſie in 
ſolcher groſſen Sünden noht fine geſtecket / und fie ihr Heiland 
Chriſtus hat rauß gezogen / und wird darauß ein eitel ſich⸗fre⸗ 
wen ſeyn / daß fie von dem Treiber der Sünden aus der groſſen 
Noht find erloͤſet / daß der Treiber gefangen iſt / der fie Tag und 
Nacht alſo in ſolchen Sünden hatte gequaͤhlet. ( Solchen Lob und 
Frewden⸗geſang der Seeligen beſchreibet der heilige Geiſt im 
403. Pſalm.) 38. Da 


282 Von den drey Principien Cap. 19. 

38. Da werden ſich alle heilige Seelen und Engel in einer Lie⸗ 
be hoch erfrewen / daß die arme Seele aus ſolchen groſſen Noͤh⸗ 
ten iſt erloͤſet worden / und wird angehen die groſſe Frewde / da⸗ 
von Chriſtus ſaget: Über dem Suͤnder der Buße thut / wird 
Frewde ſeyn / mehr denn über neun und neuntzig Gerechten / 
die der Buße nicht beduͤrffen: und wird die Seele GOTT loben / 
daß er fie aus dieſen groſſen Suͤnden hat erloͤſet. 

39. Darmitte gehet das Lob Chriſti / ſeines Verdienſtes / 
Leydens und Sterbens fuͤr die armen Seelen auff in Ewigkeit: 
und iſt recht der Erloͤſeten Braut⸗geſang / welcher auffſteiget 
in dem Vatter / da ſich die Seelen alſo hoch erfrewen / daß der 
Treiber gefangen iſt mit ſeinem Anhange. 

40. Und hier wird erfuͤllet / was Koͤnig David ſinget: Du 
wirſts ſehen und dich frewen wie es den Gottloſen vergolten 
wird / wie der gottloſe Treiber und Anzuͤnder der Boßheit da⸗ 
fluͤr in feiner Gefaͤngnuͤß gequaͤlet wird. Denn die abgewaſche⸗ 
ne Suͤnden werden nicht im Himmel in Fewers⸗geſtalt erſchei⸗ 
nen / wie in der Hoͤllen Abgrund / ſondern wie Eſaias ſaget: 
Ob euere Sünden Bluht⸗roht waͤren / fo ihr umbkehret / ſollen 
ſte Schnee⸗weiß werden als Wolle: Sie werden in Himliſcher 
Figur ſtehen / dem Menſchen zu einem Lob⸗geſange und Danck⸗ 

Pſalm / für die Erloͤſung vom Treiber. f 

A. So dann nun dz Abſcheiden der Seelen fo mancherley 
iſt fo iſt auch die Quaal nach dem Abſcheide mancherley / daß 
manche Seele freilich wol eine geraume Zeit ein Feg⸗Fewer hat. 
Welche alſo mit groben Suͤnden beflecket / und nie recht in die 
ernſte Wieder⸗Gebuhrt getretten / und doch etwat dran gehan⸗ 
gen wie es pfleget zuzugehen mit denen / welche mit zeitlicher 
Ehre und Macht alhier beladen ſind / da manchmal eigener Ge- 
walt in eigen Nutz für Recht gehet / da die Boßheit Richter iſt / 
und nicht die Weißheit: Da ladet man viel auff die arme Seele / 
und die arme Seele wolte auch gerne ſeelig ſehnn. 

42. Da komt der Menſch / und bettet vor GOTT umb vers 
gebung der Suͤnden / und der Fuchs haͤnget hinten an ſeinem 
Mantel: Er wil gerechtfertiget ſeyn / und feine Ungerechtig⸗ 
keit ſteckt im Abgrunde / die laͤſſet ihn nicht in die newe Wie⸗ 


5 der⸗Gebuhrt / ſein Geitz hat ihn zu ſehr beſeſſen. Seine falſche 


Babel aus des Anti- Chriſts Meynung laͤſſet ihn nicht zu 
rechter ernſter Bekehrung / fie ſchleuſt zu die Porten der Lie⸗ 
be / der Geiſt dieſer Welt in Fleiſcheß Sucht / bleibet zu allen 
Zeiten Primas. * 

N 43. Und 


Cap. 19. Goͤttliches Weſens. 283 


43. Und dan gleichwohl / wann das Sterb⸗ſtuͤndlein komt / 
daß die Gewiſſen auffwachen / und die arme Seele zappelt vor 
groſſer Furcht vor der Hoͤllen⸗qual / da wolte man dan auch 
gerne ſeelig ſeyn / und iſt wenig Glauben da / ſondern eitel 
Ungerechtigkeit / Falſchheit / Wolluſt des irꝛdiſchen Lebens / 
der Armen Seufftzen und Traͤhnen ſtehen harte vor / der Teuffel 
lieſet dem Gemuͤhte das Buch ſeines Gewiſſens: da ſtehet auch 
die wolluſtige Welt davor / und wolten gerne laͤnger leben / und 
ſaget zwar zu / ſeinen Weeg in Abſtinentz zu fuͤhren / ſein Ge⸗ 
muͤhte an⸗eignet ſich ja etwas zu GOT / aber feine Sünden 
ſchlagen das wieder nieder / und gehet auff groſſer Zweiffel in 
Unruhe / jedoch ergreifft manche den Heyland an einem Fadem. 

44. So dann nun der Todt komt / und ſcheidet den Leib und 
Seele von einander / ſo haͤnget die arme Seele am Fadem / und 
wil nicht nachlaſſen / und ihre Eſſentien ſtecken noch harte in 
Gottes Zorn / die Quaal der groben Sünden quälen ſie / der 
Fadem des Glaubens in der Newen⸗gebuhrt iſt gar ſchwach. 
Man ſol nun durch die Thoren der Tieffe / durch das Leiden und 
Todt Chriſti, durch der Hoͤllen⸗ reich zu GOTT eindringen / 
und die Hoͤlle hat noch ein groß Band an der Seelen / die Falſch⸗ 
heit iſt noch nicht abgewaſchen. 

45. Da ſpricht der Braͤutigam: Komm! So ſpricht die 
arme Seele: Ich kan noch nicht / meine Lampe iſt noch unge⸗ 
ſchmuͤcket: jedoch haͤlt fie den Heyland am Fadem / und ſtellet 
ferner ihre imagination durch dem Fadem des Glaubens und 
Zuverſicht ins Hertze Gottes / da fie doch endlich aus der putre- 
faction durch das Leiden Chriſti rantzioniret wird. 

46. Aber was ihre putrefaction ſey / begehret meine Seele 
mit ihnen nicht zu theilen / denn es ſind ihre grewliche Suͤnden / 
im Zorne Gottes entzuͤndet / da muß die arme Seele baden / bi 
fie durch den kleinen Glauben in die Ruhe komt: da ihre Verklaͤ⸗ 
rung den recht⸗gebohrnen Heiligen in Ewigkeit nicht gleich 
wird. Ob ſie wohl aus der Hoͤllen erloͤſet werden / und der Him̃⸗ 
liſchen Freude genieſſen / ſo ſtehet doch die groͤſſeſte Freude in i 
der ernſten Wieder⸗geburt / darinnen Paradeiß / Krafft und 
Wunder auffgehet. N 

47. Und wird dich deine weltliche Pracht und Herꝛligkeit / 
Schoͤnheit / und Reichthumb nicht vor GOT erheben / wie 
du meyneſt: dein hier gehabtes Ampt / du ſeyſt Koͤnig oder Prie⸗ 
ſter / auch nicht / du muſt durch den Heyland new⸗gebohren 
werden / wiltu im Himmel ſchoͤn ſeyn: du muſt zur Geruch, 


234 Von den drey Prineipien Cap. 19. 


keit fuͤhren / ſo wirſt du mit deinem Ampt vor GO TT leuchten 
wie des Himmels Glantz / und werden dir deine Wercke nach⸗ 
folgen. O Menſch bedencke dich hierinnen! 

48. Was ſol ich aber von dir ſchreiben / du irꝛdiſche Babel? 

ich muß dir gleichwol den Grund zeigen / daß deine Gleiß neren 
zum Liecht gebracht werde / und der Teuffel nicht alſo in En⸗ 
gels ⸗geſtalt ſtehe / und alfe im wolluſtigen Reiche dieſer Welt 
im Page ein GOZ ſey / wie dan das fein höchftes trach⸗ 
ten iſt. ä ; 
459. Siehe du nenneſt dich einen Chriſten / und ruͤhmeſt dich 
ein Kind Gottes / das bekenneſtu ja mit dem Munde / aber 
dein Hertz iſt ein Moͤrder und Dieb; du trachteſt nur nach 
weltlicher Ehre und Reichthumb / und wie du das magſt an 
dich bringen / da fraget dein Gewiſſen nicht nach. Du fuͤhreſt 
wohl einen Willen tin mahl in die ernſte Buſſe einzugehen / aber 
der Teuffel haͤlt dich / daß du nicht kanſt / du ſageſt: Morgen / und 
das waͤhret immerdar / und dencke t: Hätte ich meine Kaſten voll / 
fo wolte ich hernach einen frommen Menſchen geben / ſo ich nur 
zuvor gnug haͤtte / daß ich auch hernach nicht Mangel haͤtte: 
Das treibeſtu biß an dein Ende / welches dir der Teuffel noch 
weit mahlet. 5 

50. In det verzehreſtu dem Elenden feinen Schweiß und 
Bluht / und ſam l leſt alle feine Noht und Klagen in deine Seele / 
du nimbſt ihme ſe nen Schweiß / und treibeſt darmit Hoffart 
und de in Thun muß man heilig halten: Du aͤrgerſt den Elenden / 
daß er an dir / an deinem Thun auch leichtfertig wird / und thut / 
das vor GOTT unrecht iſt. Er ſluchet dir / und verderbet ſich 
auch darmit / und wird Grewel aus Grewel gebohren / du aber 
biſt die erſte Urſache; und ob du dich noch ſo zierlich und weißlich 
ſtelleſt / ſo iſt doch der Treiber immer vor dir / und du biſt die 
Wurtzel aller Suͤnden. 

5r. So du gleich beteſt / ſo haſtu dein finfter Kleidt an / das 
iſt beſudelt mit eitel Laſtern / mit Wucher / Geitz / Hochmuth / 
Unzucht / Hurerey / Zorn / Neidt / Diebſtal; iſt moͤrderiſch / 
neidiſch / boßhafftig. Du ſchreyeſt zu GTZ / er ſol dich hoͤren / 
und du wilt doch dieſen Peltz nicht außziehen: Meyneſtu / daß 
ein ſolcher Teuffel in GOTT gehe / daß GOTT einen ſolchen 
rauhen Teuffel in ſich laſſe? dein Gemuͤhte ſtehet in einer Schlan⸗ 
gen figur oder in eines Wolffes / Loͤdens / Drachens oder Kroͤ⸗ 
ten: So du zierlicher auffzeuchſt / ſo biſtu kaum ein liſtiger 
Fuchs. Wie deines Hertzens Wille und Quaal iſt / alſo — 

au 


Cap. 19. Göttliche Weſens. 385 


auch deine Figur, tine ſolche Geſtalt hat deine Seele: Meyneſtu 
du wilt ein ſolch Thierlein ins Reich Gottes einfuͤhren? 

52. Wo iſt deine Bildnuͤß nach GOTT? haſtu fie nicht zu 
einem ſcheußlichen Wurm und Thiere gemacht? O du gehoͤreſt 
nicht ins Reich Gottes / du werdeſt dan new gebohren / daß deine 
Seele in der Bildnuͤß Gottes erſcheine; denn ſo iſt Gottes 
Barmhertzigkeit uͤber dir / und decket das Leiden Chriſti alle deine 
Suͤnden zu. 

53. So du aber in deiner Thieres Geſtalt beharreſt biß ans 
Ende / und denn ſteheſt und gibſt GOTT gute Worte / er fol 
dein Thier in Himmel nehmen / da doch kein Glaube in dir iſt / 
ſondern dein Glaube iſt nur ein hiſtoriſche Wiſſenſchafft von 
GO / wie der Teuffel das auch wohl weiß / fo biſtu nicht am 
Bande leſu Chriſti angeknuͤpffet / und bleibt deine Seele am 
Wurm und Thier / und traͤget nicht die Goͤttliche Bildnuͤß / 
und wann ſie vom Leibe ſcheidet / bleibet ſte im ewigen Fege⸗ 
fewer / und erreichet nimmermehr die Thoren der Durchbrechung. 


Die ernſte Porte vom Fege⸗fewr. 


54. Ss ſpricht das Gemuͤhte: Mag dan nicht eine Seele 

aus dem Fege⸗fewr durch menſchliche Fürbitt ranızio- 
niret werden? Mit dieſem hat der Anti Chrift viel Gauckel⸗ 
ſpiel getrieben / und ſein Reich darauff geſetzet / aber ich werde 
dir den Zweck weiſen im Liecht der Natur hoch⸗erkant. 

ss. Die Menſchliche Fuͤrbitte hafftet alſo weit / fo ferne die 
Seele am Fadem der Wiedergeburt hanget / und nicht gantz 
ein Wurm oder Thier iſt / daß fie mit Begierde zu GOTT 
eindringet / und ſo denn rechte Chriſten ſind / die da ernſtlich in 
der newen Geburth ſtehen / und ihr Seelen⸗geiſt am Fadem des 
Bandes der armen Seelen / mit der armen Seelen in ihrer in⸗ 
bruͤnſtigen Liebe gegen der armen Seelen zu GOTZ eindringet / 
fo hilfft fie ja der armen gefangenen Seelen ringen / und die 
Ketten des Teuffels zerſprengen. 

56. Vorab wenn dieſes geſchicht vorm Abſcheiden der armen 
Seelen vom Leibe / und ſonderlich von Eltern oder Kindern / 
oder Geſchwiſtern / oder Bluts⸗freunden / denn in denſelben 
inqualiren ihre Tincturen, als die von einem Gebluͤhte find er⸗ 
bohren / und gehet ihr Geiſt viel williger in dieſem groſſen 
Kampf / ſieget auch eher und maͤchtiger als Frembde / ſo ferne 
ſie nur in der newen Geburth ſtehen / aber ohne dieſes wird 
nichts erhalten / kein Teuffel zerbricht den andern. 34 

57. Ji 


286 Vonden drey Principien Cap. 19. 


57. Iſt aber die Seele der ſterbenden vom Bande leſu Chriſti 
gantz los / und erreichet nicht den Fadem ſelber durch ſich / mit 
ihrem eigenen Eindringen / ſo hilfft der umbſtehenden Gebet 
nichts / ſondern es gehet ihnen wie Chriſtus zu ſeinen ſtebentzig 
Juͤngern ſagte / Matt. xo. 12. welche er außſandte: Wann ihr 
in ein Haus gehet / fo gruͤſſet fie; iſt nun ein Kindt des Friedens 
in ſolchem Hauſe / ſo wird euer Frieden⸗gruß auff ihme ruhen / 
wo nicht / ſo wird euer Frieden⸗gruß wider zu euch kommen: 
Alſo bleibet ihr hertzlicher Liebewunſch / und zu GOT TTernſt⸗ 
lich eindringen / wieder bey den Glaͤubigen / ſo ſich ihres Freun⸗ 
des Seele alſo hertzlich annehmen. 
“58 Waß aber anlanget das Pfaffen⸗gedichte von der Seel⸗ 
Meſſe / welches ſie ohne Andacht / ohne hertzliche Eindringung 
zu GOTT umb Geldes willen thun / das iſt alles ſalſch / und 
ſtehet in Babel, es hilfft die Seele wenig und nichts: Es muß 
nur ein Ernſt ſeyn mit dem Teuffel ſtreiten / du muſt gewapnet 
ſeyn / denn du zeucheſt wider einen Fuͤrſten im Streit: fiche zu 
3 nicht ſelber nieder geſchlagen werdeſt in deinem rauhen 
Roͤcklein. 108 

59. Ich ſage wohl nicht / daß ein Rechtglaͤubiger in der New⸗ 
en⸗gebuhrt einer Seelen / ſo in Thoren der Tieffe ſchwebet / 
zwiſchen Himmel und Hölle / nicht koͤnne mit feiner ernſten 
Ritterſchafft zu huͤlffe kommen; Er muß aber ſcharff gewapnet 
ſeyn / denn er hat mit Fuͤrſten und Gewaltigen zu thun / ſon⸗ 
ſten werden ſie ſeiner ſpotten; Als dan gewiß geſchiehet / wenn 
der Pfaffe mit ſeinem weiſſen oder gleiſſenden Kleide / voll 
Brunſt / zwiſchen Himmel und Hoͤlle tritt / und wil mit dem 
Teufel fechten. ö 

60. O hoͤre Pfaffe! es gehoͤret kein Gelt oder Gut darzu / 
auch keine ſelſt erwoͤhlete Heiligkeit / es iſt gar ein thewrer Rit⸗ 
ter / welcher der armen Seelen beyſtaͤndig iſt / wird ſie in deme 
nicht ſtegen / deine Heucheley hilfft ſte nichts: Du nimbſt Gelt / 
und won. vor alle Meſſe / ſie find gleich im Himmel oder Hoͤlle / 

du frageſt nichts darnach / du biſt deß auch gar ungewiß / ohne 
daß du ein ſtaͤter Luͤgner vor GOTT erſcheineſt. 

61. Daß man aber der Seelen bißhero eine ſolche ſcharffe Er⸗ 
kaͤntnuͤß nach deß Leibes Abſchiede hat zu geſchrieben / daß iſt gar 
unterſchiedlich / alles nach deme fie gewapnet iſt / iſt ſie alhier 
in dieſem Leibe in die Newe⸗gebuhrt getretten / und iſt ſelbſt mit 
ihrem Edlen Ritter durch die Thoren der Tieffe zu GOTT ein⸗ 
gedrungen / daß ſie hat erlanget die Krone der hohen Weißheit 

RT von 


Cap. 19. Goͤttliches Weſens. 287 


von der edlen Weißheit der ſchoͤnen Jungſrawen / fo hat fie wohl 
groſſe Weißheit und Erkaͤntnuͤß / auch uͤber die Himmel / den 

fie iſt in der Jungfrawen Schoß / durch welche die ewigen Wun⸗ 
der Gottes eroͤffnet werden / die hat auch groſſe Frewde und 
Klarheit uͤber die Himmel des Elements, denn der Glantz der 
H. Dreyfaltigkeit leuchtet aus ihr / und verklaͤhret fie. 

62. Aber daß man einer Seelen / welche kaum und endlich 
mit groſſer Noht vons Teuffels Band loß wird / welche ſich in 
dieſer Welt umb die Goͤttliche Weißheit hat unbekuͤmmert ge⸗ 
laſſen / ſondern nur nach Wolluſt getrachtet / ſoll groſſe Er⸗ 
kaͤntnuͤß zumeſſen / welche in dieſer Welt vom H. Geiſte nie⸗ 
maln iſt gekroͤnet worden / das iſt nicht. Spricht doch Chriſtus 
ſelber: Die Kinder dieſer Welt ſind in ihrem Geſchlechte kluͤger / 
als die Kinder des Liechtes. 

63. So die Seele vons Teuffels Bande loß iſt / ſo lebet ſie in 
Sanfftmuht und groſſer Demuht / in der Stille des Elements , 
ohne Auſſſteigen des Wuͤrckens / fie wird keine Wunder⸗zeichen 
thun / ſondern ſie demuͤtiget ſich vor GOTT. Aber bey dap hoch⸗ 
theuren ritterlichen Seelen iſts muͤglich / Wunder zu thun 
denn ſie haben groſſe Erkaͤutnuͤß und Krafft / wiewohl ſie alle in 
demuͤtiger Liebe vor Gottes Angeſtchte erſcheinen / und iſt keint 
Mißgunſt unter ihnen. . a 


Die rechte Porten deß Eingangs im 
Himmel oder Hoͤlle. 


D Je Vernunfft ſuchet immer das Paradeiß / darauß ſte 
iſt außgangen / und ſpricht: Wo iſt dann die Staͤtte der 
Ruhe der armen Seelen? Wo komt ſie hin wann fie vom Leibe 
ſcheidet? faͤhret fie weit weg / oder bleibet ſie hier? . 
65. Wiewohl es iſt / daß wir in unſer hohen Erkaͤntnuͤß moͤ⸗ 
gen ſchwer verſtanden werden: Denn ſo eine Seele diß ſchawen 
wil / ſo muß ſie in die Newe⸗gebuhrt eingehen / ſonſt ſtehet ſie 
hinter der Decke / und fraget immer / wo iſt der Ort? f 
66: Jedoch wollen wirs ſetzen umb der Lilien⸗Roſen 
willen / da denn der H. Geiſt im Wunder wird manche 
Porten eröffnen | das man jetzt fir unmuͤglich hält] 
und 5 = Welt Niemand e iſt / ſondern ſie ſind 
u Babel. 25 
3 67. So wir dan alſo von unſerm lieben Vatterland / darauß 
wir mit Adam find außgewandert / wollen reden / und wollen 


ſagen 


288 Von den drey Principien Cap. 19. 


ſagen von der Seelen Ruh⸗haͤuſlein / ſo duͤrffen wir unſer Ge⸗ 
muͤhte nicht weit ſchwingen. Denn weit und nahe iſt in GOTT 
alles ein Ding. Es iſt uͤberall die Staͤtte der heiligen Dreyfaltig⸗ 
keit. Es iſt in dieſer Welt überall Himmel und Hoͤlle / und der 
Menſch Chriftus wohnet überall. Denn er hat abgeleget das 
Zerbrechliche und verſchlungen den Todt / und das Zeitliche / und 
lebet in GOTT. Sein eib iſt das Weſen des Elements, das auß 
dem Wort der Barmhertzigkeit von Ewigkeit aus den Thoren 
der Tieffe erbohren iſt; es iſt die Wonne / wo die Schaͤrffe Got⸗ 
tes die Finſternuͤß zerſprenget / da die ewige Krafft im Wunder 
erſcheinet / und iſt die Tinctut der Gottheit / welche vor GOTT 
iſt / aus welcher erbohren werden der Himmel⸗kraͤffte / der Nah⸗ 
me iſt wunderbahr / die irꝛdiſche Zunge nennet ihn nicht. 

68. Und Adams $eib war auch aus demſelben erſchaffen / und 
es iſt die gantze Welt durchs Element aus ſeinem Außgang ge⸗ 
machet. Nun iſt dieſelbe Porte überall / daß allerinnerſte iſt 
auch das alleraͤuſſerſte / das mittelſte aber iſt daß Reich GOttes. 
Die auffere Welt haͤnget am alleräufferften / und iſt doch nicht 
das aͤuſſerſte / ſondern der Hoͤllen⸗grund iſt das aͤuſſerſte / und 
begreifft keines das ander / und iſt doch ineinander / und wird 
keines in dem andern geſehen / aber die Quaal wird geſpuͤret. a 
69. Wir ſpuͤren in dieſer Welt wohl des Himmelreichs Krafft 
an allen Dingen / ſo ſpuͤren wir auch der Hoͤllen⸗Krafft in allen 
Dingen und wird doch das Ding mit keinem verletzet / was nicht 
iſt erbohren aus einem Einigen. f ; 

70. Des Menſchen Seele ift erbohren aus den Porten der 
Durchbrechung aus dem aͤuſſern ins Innere / und iſt außgan⸗ 
gen aus dem Innern in die Außgeburth des Innern in das aͤuſ⸗ 
ſere / und die muß wieder in das Innere eingehen: So ſte im 
aͤuſſern bleibt / fo iſt fie in der Hoͤllen / in der tieffen groſſen 
Weite ohn Ende / da ſich die Qugal erbieret nach dem Innern / 
und in ſich ſelbſt außgehet in dem aͤuſſern. 

71. Die Quaal in der Zerſprengung aus dem aͤuſſern ins in⸗ 
nere iſt des Himmelreichs Schaͤrffe und Allmacht über das aͤuſ⸗ 
ſere. Das aͤuſſere iſt das ewige Band / und das Innere iſt die 
ewige Krafft und Liecht / und kan nicht vergehen. Alſo iſt GOTT 
Alles in allem / und haͤlt oder faſſet Ihn doch nichts / und iſt in 
nichts eingeſperret. 

72. Darumb darff die Seele keiner weiten fahrt / wann fie 
vom Leibe ſcheidet / an der Stelle / da der Leib ſtirbet / iſt Himmel 
und Hoͤlle / es iſt GOTT und Teuffel alda / aber ein jedes in 

a ſeinem 


Eap.zo) Goͤttliches Weſens. 239 


feinem Reiche. Das Paradeiß iſt auch da / und darff die Seele 
nur durch die tieffe Thoren ins Centrum eingehen. Iſt fie Heilig / 
ſo ſtehet ſie ins Himmels Porten / und hat ſie nur der irꝛdiſche 
Leib außer dem Himmel gehalten. So der nun zerbricht / ſo iſt 
fie ſchon im Himmel / fie darff keiner Auß⸗ oder Einfahrt / Chri- 
Rus hat fie im Arm; denn wo die vier Elementa zerbrechen / da 
bleibet die Wurtzel derſelben / das iſt / das heilige Element, und 
in deme ſtehet der Leib Chriſti, und auch das Paradeiß / welches 
ſtehet in der aufffteigenden Frewden⸗quaal / und das Elemem 
iſt die ſanffte ſtille Wonne. * 

73. Alſo auch mit den Verdamten / wenn der Leib zerbricht / 
fo darff die Seele keiner Auß fahrt oder weiten Weichung / fte 
bleibt am aͤuſſerſten auſſer den vier Elementen in der Finſternuͤß / 
und in der aͤngſtlichen Auaal. Ihre Quaal iſt nach dem Liechte / 
und ihr Aüffſteigen iſt ihre ſelbſt Anfeindung / und ſteiget alſo 
immer uͤber die Thronen der Gottheit aus / und erfindet die ewig 
nicht / ſondern reuthet in ſeiner Hoffart uͤber die Thronen in ſei⸗ 
nem eigenen Spiel / mit der ſtarcken Macht des Grimmes / davon 
du bey 3 Beſchreibung des Juͤngſten Gerichts weitlaͤufftig fine 
den wirſt. 


| Das 20. Capittel. 
1. Vom Außgang Adams und Hevæ aus dem Para⸗ 
deiß / und vom Eingang in dieſe Welt. | 
2. Und dan von der rechten Christlichen Habeliſchen 
Kirchen auff Erden / und dan auch | 
3. Von der Antichriſtiſchen Cainiſchen Kirchen. 


1. Ir werden alhier dem Antichriſt nicht gefaͤllig 
ſeyn / viel weniger feinem ſtoltzen Roͤſſel / weil 
es uns aber im Wunder erſcheinet / wollen wirs 
uns zu einem memorial ſchreiben / und ſehen // 
wie eines ieden Dinges Anfang und Ende iſt / 

auff daß wir in unſerer Ritterſchafft auch arbeiten in den Thoren 

der Tieffe: Ob wir wohl in dieſer Welt vor dieſe Eroͤffnung vom 

Antichriſt und ſeinem Thier nur Spott / Hohn / auch Gefahr 

unſers zeitlichen Lebens darumb muͤſſen gewarten ſo troͤſtet uns 

doch die ewige Ritterſchafft in unſerm Heylande Chriſto / da 
wir denn unſern groſſen Lohn zu gewarten haben / welches An⸗ 

blick uns alhie in groſſem Wunder erg eine, Wollen . 

> en 


* 


296 Von den drey Prineipien Cap. 28. 


gen fortfahren / und dieſe Welt nicht anſehen / ſondern das kuͤnff⸗ 
tige groͤſſer achten als Alles. 

2. Auch ſo wird unſer ſchreiben zu ſeiner Zeit wol dienen / 
wenn bluͤhen wird der Lilien⸗Roſen. Denn es iſt manch edles 
Roͤſlein darinnen / welches ietzt wegen der groſſen Finſternuͤß 
in Babel nicht mag erkant werden / aber es iſt eine Zeit / da es 
ſtehet nach ſeinem Geiſt. 

3. So wir alhier den Antichriſt bloͤſſen / wird uns der Teuffel 
maͤchtig in ſeinem Thier widerſtehen / und uns außſchreyen / als 
wolten wir Auffruhr und Empoͤrung erwecken / aber es iſt alles 
nicht wahr. Siehe nur mit Ernſt / was ein Chriſt iſt / ihm ge⸗ 
buͤhret keine Auffruhr. Denn er iſt ein Schaͤflein mitten unter 
den Woͤlffen / und er ſoll in Schaffs⸗ und nicht in Wolffs ⸗ge⸗ 
ſtalt und Gemuͤthe ſtehen. | 

4. Wiewol der Geiſt Gottes manchen in Eyfer und groffer 
Macht des Vatters im Grimme wapnet / wie beym Elia zu 
ſehen iſt / da bißweilen Gottes Zorn⸗Schwerd dem Engel ge⸗ 
geben wird / zu erwuͤrgen die Baals Pfaffen in Babel, beym Elia: 
Da Mofes die Tafel zerbricht / und das Schwerd fuͤhret wider 
die Suͤnde der Kaͤlber⸗diener / welches nicht Moſes und Elias 
thut / ſondern das Zorn⸗fewer GOttes beym Elia auff dem Berge. 

5. Als nun GOTT der Herr Adam und Heya ihren Sententz / 
wegen ihres irꝛdiſchen Elendes / auch Muͤhe / Kummer und 
ſchwerer Laſt / fo fie würden muͤſſen tragen / geſprochen / und 
ſie beſtaͤtiget zu Mann und Weib / ſie auch in Eheliche Pflicht 
verbunden an einander zu hangen als ein Leib / und einander zu 
lieben und zu helffen / als ein Leib in ſeinen Gliedern / ſo waren 
fie nun gantz nackend und bloß / ſtunden und ſchaͤmeten fich des 
irzdiſchen Bildes / und ſonderlich der Glieder ihrer Schaam / 
auch des Außganges der irꝛdiſchen Speiſen in ihrem Leibe. Denn 
fie ſahen daß fie nach dem aͤuſſeren Leibe mit allem Weſen thieri⸗ 
ſche Art hatten; auch fiel Hitze und Kalte auff ſte / und war das 
zuͤchtige Bild Gottes verloſchen / und ſolten ſich nun auff Thie⸗ 
res geſtalt fort⸗pflantzen. 2 

6. Da machte ihnen GOTT der Herꝛ durch den Geiſt dieſer 
Welt Kleider von Thieres⸗fellen / und zog fie ihnen durch den 
Geiſt die ſer Welt an / daß fie doch ſaͤhen / daß fie nach dieſer Welt 
Thiere waͤren / und lehrete ſie / wie ſie ſolten die Wunder im 
Geiſt dieſer Welt ſuchen und eroͤffnen / und ſich aus den Wun⸗ 
dern kleiden. | 
7. Und ſiehet man alhier gar eben / wie der Menſch in ale 

e 


Cap. 26. Göttliches Weſens. 297 


Welt nicht daheimen iſt / ſondern er iſt darein kommen als ein 

Gaſt / und hat nicht das Kleid mitte bracht / wie alle andere 

Oreaturen, fo in dieſer Welt daheimen find: Sondern er muß 

ſein Kleid von der Sternen und Elementen Kindern entlehnen / 
und muß ſich mit einem fremben Kleide decken / das er nicht mit⸗ 

bracht hat / als er in Geiſt dieſer Welt eingieng. Darmit pran⸗ 
get er nun als eine ſtoltze Braut / und duͤncket ſich darinnen ſchoͤ⸗ 
ne ſeyn / und iſt doch nur geborget vom Geiſte dieſer Welt / wel⸗ 
cher es zu ſeiner Zeit wieder nimt und verzehret / und leihet ihme 
das nur eine weile / dan verzehret ers wieder. 

8. Und dieſes geſchiehet zu dem Ende / dieweil der Geiſt dieſer 
Welt die edle Jungfraw der Weißheit Gottes immer ſuchet / 
und weiß / daß ſie im Menſchen iſt / daß der Menſch ſoll die groſ⸗ 
ſen Wunder / ſo in ihme ſind / ſuchen / und zum Liechte bringen. 

Er vermeynet immer / er wolle durch den Menſchen die edle Tin- 
ctur ans Sicht bringen / auff daß das Paradeiß erſcheine / und 
er der irꝛdiſchen Eitelkeit loß werde. 

9. Denn das heilige Element ſaͤhnet ſich immer durch die vier 
Elementa der Eitelkeit der vier Elementen loß zu werden / und 
auch der Qalificirung der grimmen Sternen / drumb fuͤhret es 
den Menſchen in ſolche wunderliche Geſtalt zu ſuchen / auff daß 
die ewigen Wunder Gottes offenbahr werden / welche in Zer⸗ 
brechung der Welt werden alle in der Figur im Schatten ſtehen. 

10. Darumb find alle Kuͤnſte und Weißheit von GOT durch 
den Sternen Geiſt dieſer Welt im Menſchen eroͤffnet / daß es 
im Wunder erſcheine: und zu dem Ende hat GOT dieſe Welt 
geſchaffen / daß feine Wunder offenbahr wuͤrden / und zu dem Ende 

hat GO verhaͤnget / daß der Menſch iſt in Geiſt dieſer Welt 
eingangen / daß er feine Wunder durch ihn offenbahret. 

1. Er wil aber nicht / daß er dieſer Welt ſoll mi brauchen / 
ſondern aus dieſer Welt wieder zu ihme eingehen: Er wil daß 
der Menſch ſoll ſeyn wo er iſt. Darumb hat er dem Adam und 
Heva ihre monſtroſiſche Geſtalt alfo bald gezeiget mit dem thie⸗ 
riſchen Kleide / ſo er ihnen durch den Geiſt wajoris undi anzog. 
Waͤre Adam nur im Paradieß blieben / er haͤtte die Wunder 
gleichwol können / und noch viel beſſer eröffnen : Denn ſte wären 
der Engliſchen Geſtalt naͤher geweſen / und waͤre mit manchem 
nicht ſolche Suͤnde und Schande begangen worden / als nun ge⸗ 

chiehet. 
! 12. Aber der Geiſt der Grimmigfeitim.ewigen Qugal wolte 
auch offenbahr ſeyn / und feine 1 eroͤffnen / davon vn 
2 vie 


292 Von den drey Principien Cap. 20“ 
viel zu ſchreiben iſt / denn es iſt ein Myſterium, das uns nicht 
gebuͤhret zu eroͤffnen / ob wirs gleich erkennen; Es bleibt 
zur Lilien Zeit / da die Roſe bluͤhet / fo ſtechen uns nicht 
die Dornen in Babel. 

13. Wann dem Treiber ſeine Ketten zerbricht / und der Dorn⸗ 
ſtrauch verbrennet / fo gehet man ficherer für den Stacheln des 
brennens / ſo mag diß Myſterium wohl im Liechte ſtehen / denn es 
iſt groß und wunderſahm / und langet in die Porten Gottes 
des Vatters. 8 

14. Der Roſenzweig im Wunder wird uns wol verſtehen / 
aber die Babel iſt des nicht wehrt I fie ſuchet nur die Dornen / und 
wil ſtechen: Drumb wollen wir dem Treiber keine Urſa⸗ 
che geben / und eher dieſe Myſterien den Kindern in der 
Lilien Roſen laſſen ſtehen / fiefind weis / und haben die 
edle Tinctur im Liechte / des Treibers Glantz wird nicht 
mehr ſo thewer ſeyn / denn die Gaͤſte der Welt habens 
in Haͤnden. | 

15. Dein hoffaͤrtiges Roͤſſel / du Schand⸗hure / wird nicht 
mehr allein reuthen uͤber 9 Knie; Es heiſſet zu der Zeit 
nicht mehr: Die Macht ſtecket in meinem Gelt⸗kaſten / das Erst 
wird zu einer Blumen im Liechte / und die Tinctur ſtehet im Li⸗ 
lien Blad / die Steine ſind nimmer alſo thewer / das Kleid der 
Jungfrawen iſt ſchoͤner als deine Hoffart / wie ſtehet doch der 
Schmuck dieſer Welt fo ſchoͤne an der Zucht und Gottes furcht / 
ſo das Hertze demuͤtig 15 : Wie zieret dich dein Kleidt von Sei⸗ 
den und Golde geſticket? Erſcheineſtu doch in Gottes Wunder⸗ 
that / wer wil dich eine falſche Frawe heiſſen / ſo du alſo zuͤchtig 
biſt? Steheſtu nicht zu ehren dem groſſen GOTT ? Biſt du 
nicht fein Wunderwerck? Iſt doch freundlich lachen vor dir / wer 
kan ſagen / du ſeyſt eine zornige Fraw? Dein zuͤchtig Antlitz 
leuchtet über Berg und Thal; biſtu doch an den Enden der Welt / 
und dein Glantz wird im Paradieß erſehen. Warumb ſtehet 
deine Mutter zu Babel, und iſt alſo boßhafftig? O du Schand⸗ 
hure gehe aus / denn Babel iſt mit Fewer angeſtecket / oder du 
verbrenneſt dich ſelber. . 

26. Oder meyneſtu / wir find tolle? fo wir dich nicht ſaͤhen / ſo 
wolten wir doch fhmweigen ; Du ruͤhmeſt dich jetzt einer guͤldenen 
Zeit durch deine Heuchler / aber fie find meiſten⸗theils Woͤlffe zu 
Babel, wann der Tag anbricht / ſo werden ſie erkant. Oder ſoll 
ich dirs nicht ſagen du ſtoltze Hure? Sihe / da du mit Adam und 

8 Hęva 


Cap. z0. Goͤttliches Weſens. 293 


Heva aus dem Paradeiß giengeſt in Geiſt dieſer Welt / fo 
wareſtu gleich wie GOTT im Geiſte dieſer Welt / du mochteſt 
alle Myſterien ſuchen und zu deinem Schmuck brauchen. So du 
waͤreſt in eitel Purpur und Seiden gekleidet gegangen / du haͤt⸗ 
teſt GOTT nicht erzuͤrnet: ſondern du waͤreſt dem groſſen 
GOT zu Ehren in feiner Wunderthat einhergangen. War⸗ 
umb haſtu die Liebe verlaſſen / und biſt ein Mörder worden? 
war nicht der Geitz deine Suͤnde / daß du deines Leibes Gliedern 
nicht fo viel goͤnneſt / als dir ſelber? Du wolteſt alleine ſchöͤn 
ſtyn; dein Wecg ſolte alleine heilig ſeyn. 5 

17: Warunmb war der Bruder⸗mord zwiſchen Abel und Cain? 
Die eigen⸗ehrige Hoffart brachte den zu wege / daß Cain dem 
Habel nicht gönete feine Frommigkeit / umb welcher willen er von 
GOTT geliebet ward. Warumb war Cain nicht auch demuͤtig 
und fromm | 

18. Sprichſtu der Teuffel habe ihn betrogen: Ja recht! Er 
betreuget dich auch / daß du andern Menſchen nicht goͤnneſt deine 
ſchoͤne Geſtalt. Hat dich dann GOZ höher gradiret / biſtu nicht 
der Hevæ Kind? Lieber ſage mir die Wahrheit / biſtu nicht der 
Anti-Chriſt, der unter einer Decke aufs Teuffels Pferd reuthet / 
mich deucht ich ſehe dich? Hoͤre / da du aus dem Paradeiß gien⸗ 
geſt in diefe Welt / wa rumb bliebeſtu nicht in einer Liebe? War⸗ 
umb hatteſtu nicht deine Frewde an deinem Naͤheſten; Warumb 
liebeteſtu nicht die Glieder deines Leibes? Warumb ziereteſtu 
nicht deinen Bruder mit deinem Schmucke? Hatteſtu ihn doch 
gleichwol geſehen / war doch die Erde dein / du mochteſt darauß 
machen was du wolteſt / wer wehrete dir das? Warumb aßeſtu 
nicht mit deinem Bruder? ihr haͤttet alle gnug gehabt / es waͤre 
kein mangel nie geweſen / fo deine Demuht gegen deinem Bruder 
waͤre blieben / ſo waͤre auch ſeine gegen dir blieben. Welch ein 
feine Wonne waͤre auff Erden geweſen: was hättet ihr des Sil⸗ 
ders und Goldes zur Muͤntze gedürfft / fo die Einigkeit wäre 
ch wohl moͤgen deinen Schmuck darauß 


blieben / haͤtteſt 
machen. 
19. So du haͤtteſt deinen Bruder und Schweſter gezierrt / fo 
hätte er dich mit ſeiner dienſtlichen Liebe wieder gezieret: Mey⸗ 
neſtu das wäre Suͤnde ob du waͤreſt in eitel Gold und Seiden 
gangen / deinem Bruder zum willen / und dem groſſen GOT 
zu Ehren? | | A | 

20. O du blinde Babel! Ich muß dirs ſagen / wie du alſo tolle 
biſt worden / du haſt dich laſſen N ai n, 
N 3 


294 Von den drey Principin Cap. 20. 


und den grewlichen Teuffel verfuͤhren / und biſt an Go T eine 
meineydige Hure worden. Nach den Sternen haſtu dir ein Reich 
auff Erden gebawet / wie fie ihr Region fuͤhren / alſo fuͤhreſtu 
deines auch; wie fie durch die Elementa gebaͤhren und wieder 
verzehren / alſo thuſtu auch mit deinen Kindern du gebiereſt 
fie / und ermordeſt fie wieder / du richteſt Krieg an und wirſt ein 
Moͤrder umb deiner Hoffart willen / umb deines Geitzes willen / 
daß du auff Erden nirgend raum haft. ' 

21. Meyneſtu GOTT habe einen gefallen daran? Ja reuch 
Fritz: Der Geiſt der groſſen Welt hat einen gefallen daran / 
und durch denſelben Geiſt der grimmige Zorn Gottes / dieweil 
ſie mit einander inqualiren / und aus einer Wurtzel ſeynd. 

22. Meyneſtu die Propheten haben alle aus der holdſeligen und 
freundlichen Liebe Gottes / aus dem Hertzen Gottes geredet / wenn 
fie geſaget haben zu den Koͤnigen Ifrael: Zeuch in Streit / du 
wirft ſiegen / GOTZ wird dir Sieg geben. Sie haben wohl aus 
GOTT geredet / aber aus feinem Grimme über die Sünde 5 
durch den Geiſt der groſſen Welt / der wolte auff freſſen was er 
gemacht hatte / darumb daß die Liebe war verloſchen. 

23. Oder meyneſtu / daß Go T Mofen habe geſandt / daß 
er die Koͤnige der Heyden im gelobten Lande ſoll erſchlagen / daß er 
an der Mord⸗taht ſo einen groſſen Wohlgefallen habe? Nein 
Fritz / ſihe unter die Decke Moſis, du findeſt weit ein anders. 
24. Warumb hielt GOTT Ifrael viertzig Jahr in der Wuͤ⸗ 
ſten / und ſpeiſete ſte mit Himmel⸗brod? daß fie ſolten ein Lieb⸗ 
reich Volck werden / das einander liebete / und in einer Liebe an 
GOT hiengen: Darumb gab er ihrem Geſetze Klarheit / ob 
fie koͤnten in des Vatters Liebe leben / ſo wolte er ſie ſchicken un⸗ 
ter die Heyden / und ſie mit ihren Wundertahten bekehren / wie 
bey der Apoſtel Zeit geſchahe. Sie ſolten erkennen an deme / daß 
er ſie vom Himmel ſpeiſete / und keiner keinen Mangel hatte / 
der viel oder wenig ſamlete / daß das Reich ſey Gottes / und 
daß ſie in ihme waͤren: fie ſolten vom r e und eine 


bruͤderliche Liebe auff Erden untereinander egen / keiner ſolte 
auff ſeinen Geitze dencken / wie er dann 
raffet. 

5 25. Auch ſo die Heyden höreten / daß GOTT ditz Volck wolte 
unter fie ſchicken und fie vertilgen / welches er mit groſſen Wun⸗ 
derthaten haͤtte außgefuͤhret / daß fie ſich ſolten bekehren zu 
GOTZ / und vom Geitze in eine bruͤderliche Liebe tretten / dar⸗ 
umb gab er ihnen lange Zeit friſt / und ein Exempel an — 5 

f i welches 


en Geitz grewlich 


Cap. 20. Goͤttliches Weſens. 295 


welches er vom Himmel ſpeiſete / daß ein Volck folte ein Ex⸗ 
empel am andern haben / daß ein GOTT waͤre / der All⸗ 
mächtig ſey. he 

26. Da fie aber allebeyde zu iradifch waren / und nur boͤſe / 
und lebeten im Grimme des Vatters / ſo luͤſterte auch den Zorn 
und Grimm Gottes fie zu verſchlingen / dieweil ſie ihn ſtaͤts 
entzuͤndeten. i 

27. Darumb ſprach er zu Joſua: Zeuch uͤber dieſen Jor⸗ 
dan / und vertilge diß Volck / und laß keines unter dir / auff 
das du nicht beflecket werdeſt. Diß fein Sprechen geſchahe nicht 
aus ſeiner Liebe / als er ſie hieß die Heyden ermorden: Gleich⸗ 
wie auch die Propheten nicht haben alle aus ſeiner Liebe geredet / 
ſondern aus ſeinem Zorne / welchen der Menſchen Boßheit hat⸗ 
te erreget: So redet er durch den Geiſt der groſſen Welt in den 
Propheten und auch im Moſe / offte im Fewer / oder andern 
Schrecken in Zornes Eyfer. 9 

28. Solten wir dann nun ſagen / daß GOT einen Wolge⸗ 
fallen habe am Zorn und Streite 2 Nein / die Propheten klagten 
im heiligen Geiſte Gottes gar offte / daß diß boͤſe Volck ihren 
Got beleidigten. In deme fie ihn erzuͤrneten / daß hernach 
fein Grimm gieng auff zufreſſen. David faget im; Pfalm. v. 5. 
Du biſt nicht ein Got / der das Böfe wil. 

29. So nun der Menſch die Suͤnde erreget / ſo wird Got⸗ 
tes Grimm in ihme ſelber (verſtehe im Menſchen) raͤge / wel⸗ 
cher ſonſt ruhete; und ſo der Menſch in Demuht ſtuͤnde / ſo wuͤr⸗ 
de er in große Frewde verwandelt / wie vorne offte gemeldet. So 
er nun brennet / ſo friſt ein Volck das andere / eine Suͤnde die 
andere. Ware Irael fromm geweſen / ſo haͤtten ſie nicht dürfe 
ſen kriegen / ſondern waͤren mit Wundern eingegangen / und 
hätten die Voͤlcker bekehret / fo hätte fie Moſes mit ſeiner Wun⸗ 
derthat eingefuͤhret: So fie aber böfe waren / ſo koͤnten ſie nicht 
mit Mofis Klarheit / mit Wunderthaten in des Vatters Glantz 
eingehen / die Heyden zu bekehren: ſondern Moſes muſte in 
der Wuͤſten bleiben mit feinen Wunderthaten / und ward das 
gantze Volck im Zorne auffgefreſſen / und muſte der Joſua mit 
Krieg an die Heyden / und ſie vertilgen. Denn ein Grim̃ fraß 
den andern. { 

30. Da doch loſua ein Bild und Gleichnuͤß war / daß Iſrael, 
weil fie nicht konten in des Vatters Klarheit und Liebe beſtehen / 
ſie der ander loſua oder leſus ſolte aus dem Grimme in die Liebe 
führen! durch Zerbrechung vn Leibes / und in Todt 955 

< 12 


* 


296 Von den drey Principien Cap. 20. 


Der Moſes muſte durch den Todt ins Leben gehen / und ſeine 
Klarheit durch den Todt ins Leben fuͤhren; wie er denn neben dem 
Elia, dem andern Iofua oder Ieſu, auff dem Berge Tabor in 
des Vatters Klarheit erſchien / und ihm anzeigete des Vatters 
Befehl / das er (der ander Iofua ) folte Iſrael durch feinen Todt 
und Klarheit ins gelobte Land deß Paradeiſes einfuͤhren. 

31. Es konte nur nicht ſeyn / daß der Menſch konte aus ei⸗ 
gener Macht ins Paradeiß eingehen / wie harte es verſuchet 
ward: Und muſte derowegen der arme gefangene Menſch alſo in 
dieſer Welt ins Teuffels Mord⸗gruben ſitzen. Da dann nun der 
Teuffel ſeine Capelle neben die Chriſtliche Kirche hat erbawet / 
und die Liebe deß Paradeiſes gar zerſtoͤret / und an deſſen Stat 
hat auffgerichtet eitel geitzige / hoffaͤrtige / eigenſinnige / trew⸗ 
loſe / ſtoͤrrige / boßhafftige Laͤſterer / Diebe / Raͤuber und Moͤr⸗ 
der / welche auffſteigen wider Himmel und Paradeiß; und ha⸗ 
ben ihnen ein Reich nach der grimmen Sternen⸗Region erbau⸗ 
et / darinnen fie herꝛſchen mit Silber und Gold / und versch» 
ren einander ihren Schweiß; Wer da kan / der drucket den an⸗ 
dern zu Bodem / und ob er fuͤr ihme flaͤhet / ſo recket er doch nur 
feine Drachen⸗zunge aus / und ſpeyet Fewer auff ihn / ſchrecket 
ihn mit ſeiner harten Stimme / und quaͤlet ihn Tag und Nacht. 

32. Was ſoll man denn nun von dir fagen ö Cain ? Meyne⸗ 
Ft GOTT ſehe dich nicht / du Wunder⸗thier? Du ſolt bloß ſte⸗ 
hen / deutet der Geiſt im Wunder / auff daß dein Schmuck er⸗ 
kant werde. Wie biſtu denn alſo worden? O Heva, ſinds doch 
deine Kinder / die du alle gebohren haſt / von deinen Lenden kom⸗ 
men ſie alle: Iſts denn Gottes Fuͤrſatz alſo geweſen / daß das 
Boͤſe unter dem Gute ſoll herꝛſchen / und eines das andere plagen? 

33. O Nein / ſondern des Teuffels / welcher eine Urſache 
iſt der Grimmigkeit. Adam war gar 1 aus dem rei⸗ 
nen Element, aber die Sucht des Teufels betrog ihn / daß er in 
Geiſt dieſer Welt eingieng. | 

34. Nun kan es nicht anderſt ſeyn / die zwey Reiche ringen 
mit einander in den Menſchen⸗Kindern. Eines iſt Chriſti Reich 
durch die newe Wieder⸗Gebuhrt ins Paradeis / das iſt in der 
Welt Elend und Veracht / nicht viel begehren das: Denn es hat 
eitel Spott und Verachtung vom Teufel und ſeinem Anhange: 
Es ſtehet in Gerechtigkeit und Wahrheit / und die gilt in der 
Welt nichts / darumb muß er mit dem armen Lazaro fuͤr des rei⸗ 
chen Mannes Thür ligen / und zu feinen Fuͤſſen. Laͤſſet er ſich 
blycken / daß er Gottes Kind iſt / fo wil der Teufel mit ihme . 

oder 


Cap. 20. Goͤttliches Wefens:- 19 


oder ſetzet ihn ja in ſolchen Spott / daß er nicht erkant wird / daß 
nur der Teuffel Groß⸗Fuͤrſt auff Erden bleibe / daß ihn die Welt 
nicht kennet. | | 

35. Das andere Reich iſt des-Anti-Chrifts „mit einem guͤlde⸗ 
nen Schein hoch herein trabend / es gleiſſet auff allen Seiten / je⸗ 
dermann ſpricht: Es iſt gluͤckſelig: denn es ſchmuͤcket ſich auffs 
ſchoͤueſte / es ſetzet ſeinen Stuhl uͤber die Huͤgel und Berge: 
Jederman gruͤſſet das / es zeucht die Tin&ur der Erden an ſich / 
daß es nur alleine gleiſſe / es raubet dem Reiche Chriſti fein zeit⸗ 
lich Brodt / es friſſet dem Elenden feinen Schweiß / und ſaget 
zu ihme : Du biſt meine / ich bin dein GOTT / ich fee dich wie 
ich wil: du biſt der Hund zu meinen Fuͤſſen / fd ich deiner nicht 
wil / jage ich dich aus meinem Hauſe / du muſt thun was ich wil 
Und das elende Thierlein muß ſagen: Ich bin ja dein elender 
Knecht / verſchone nur mein. ; 

36. Und ſo ihn dann der Schweiß feiner Raſen drucket / daß 
es ihme wehe thut / welchen ſein Herꝛ verzehret / ſo wird er un⸗ 
leidig auff feinen Herꝛn und fluchet ihm / und ſuchet den Weeg 
der Luͤgen und des Trugs / wie er der ſchweren Saft. möchte leich⸗ 
ter werden. R 

37. So ihn dan fein Herꝛ alſo ungerecht erfindet / ſchlaͤget 
er auff ihn / und nimt ihm ſein falſches Brodt / welches er ver⸗ 
meynete zu effen unter einem ſanfften Joch / und würget ihn auffs 
aͤrgeſte / und laͤſſet ihm keine Zeit zu entfliehen. Er aber ſteckt 
voll Ungedult unter dem ſchweren Joch / gruntzet und murret / 
und ſuchet alle falſche Außfluͤchte ſein Joch zu leichtern / auff daß 
er ſein Brod moͤchte in Ruhe eſſen. Es wil aber nicht ſeyn / der 
Treiber iſt hinter ihme und nimbt ihm ſein Brodt / und ſpeiſet ihn 
mit Jammer unter ſeinem Joche. 

38. So gehet er dann in Liſten und Trug / und dencket / wie 
er mit Lift moͤge ſeinen Bauch fuͤllen / daß er lebe: Er fluchet 
feinem Herm heimlich / und ſtielet dem andern Elenden fein 

Brodt heimlich mit Liſt / ſo muß es recht ſeyn: Darnach fraget 
fein Herꝛ nichts / fo er nur nicht von feiner Koſt iſſet / und fein 
Hund bleibet unter ſeinem Joche. 

39. Alſo iſt fein Herr ungerecht und falſch / und machet auch 
daß fein Knecht ungerecht und falfch wird / da er ſonſt / ſo er ſein 
Brodt im Friede unter einem leichten Joche aͤſſe / nicht alſo fluch⸗ 
ende und liſtig im Diebſtal waͤre. 

40. Was ſol aber der Geiſt von dieſem Reiche ſagen? Biſtu 
nicht gleiſſend ? haft nicht alle Porten inne? haſtu nicht die 

Bü N. 5 Erden 


298 Von den drey Principien Cap. 20. 
Erden beſeſſen mit Freyheit / wie ſie dir GOT T gab? Schafe 
feſtu nicht recht? du ſtraffeſt ja den Boͤſen / und fiheft wo der 
Feind einbricht; du ſchuͤtzeſt ja dein Land / du biſt ja dem Blin⸗ 
den ein Liecht / und ſchaffeſt ihm Lehrer / die ihn zur Gedult trei⸗ 
ben: Das Reich iſt ja deine / du haſts erkauffet / der Arme iſt ja 
dein Knecht / das kan nicht fehlen. 

41. Aber die Göttliche Antwort im Liechte der Natur ſaget 
mir: Sihe / woraus biſtu gewachſen? habe ich dich gepflan⸗ 
tzet? biſtu nicht in meinem wilden Garten gewachſen / als Adam 
im wilden Garten gieng / da hat er dich gepfropffet / wie biſtu ſo 
groß gewachſen ? wer hat dir Krafft gegeben / du wilder Baum? 
hat dich doch meine Liebe nie geruͤget / und haſt eitel wilde Zwey⸗ 
ge / und wilde iſt deine Frucht. Meyneſtu meine Seele luͤſtere 
von deiner Speiſe ? von deiner Frucht eſſe ich nicht. Ich bin al⸗ 
leine ſtarck / und mein iſt das Reich / wer ſich unter meine Fitti⸗ 
gen gibt / den decke ich; es mag ihn kein Sturm beruͤhren. Dar⸗ 
zu iſt das Land meine: Ich habe es euch gelaſſen in eintraͤchtiger 
Liebe zu gebrauchen / und habe euch alle aus einer Wurtzel gezeu⸗ 
get / daß ihr ſolt gleich ſeyn / und einander lieben / und mit zuͤch⸗ 
tiger Liebe einander begegnen. f 

42. Wo komſtu her / du wildes Thier / alſo groß und ſtarck / 
haſtu mir nicht meinen Roſen⸗Garten zertretten / und dein La⸗ 
ger hingemachet ? wo ſeynd deine Brüder und Schweſtern ? 
wie daß ſte zu deinen Fuͤſſen ligen / und ſind ſo mager / und du 
biſt alleine ſtarck. Haſtu nicht gefreſſen meine Zweige / und jun⸗ 
ge Wölffe gebohren / die deine Heerde auch freſſen? Und du biſt 
ein wildes Thier mit deinen Jungen? ſoll ich dich dan in meinen 
Noſen⸗Garten gedulden? Wo iſt die edle Frucht / ſo ich geſaͤet 
hatte / haſtu nicht eitel wilde Zweige darauß gemachet ? wo folk 
ich dan den Nutz und die Frucht meines Roſen⸗Gartens ſuchen? 
und meine Seele wolte auch gerne eſſen der guten Frucht / du a⸗ 
ber haſt alles zertretten / und eine Moͤrder⸗gruben gemachet. 

43. Darzu höre ich ein Geheule und groß Geſchrey / daß alle 
deine Knechte wehe uͤber dich ſchreyen / daß du ſie aͤngſteſt: dar⸗ 
zu haſtu vergeſſen meinen edlen Saamen / und den nicht geſaͤet / 
ſondern deinen wilden / zu deiner groſſen Freſſerey und Pracht. 
Sihe! ich habe dich außgeſpeyet gegen Babel in die 
Kaͤlter meines Grimmes / da wil ich dich kaͤltern / und 
wil meinen Lilien⸗zweig ſetzen in meinen Roſen⸗garten / 
der mir Frucht bringet / welche meine Seele luͤſtert / Bas 

* 


Cap.. Goͤtliches Weſens. 299 
von ſoll eſſen mein krancker Adam / auff das er ſtarck 
werde / und in ſein Paradeiß gehe. 


Von Adams und Hevz Außſtoſſung / aus dem Paras 
deiß deß Garten in Eden. 


44. V Nd als GOTT Adam und Heyam alſo mit einem thie⸗ 


riſchen Kleide verſehen / daß ſie ihre Schande zugedec⸗ 
ket hatten / und ſich des Froſtes konten erwehren / ließ er ſte aus 
dem Garten / und legte den Cherub / mit einem blotzen hawen⸗ 
den Schwerd dafuͤr / zu bewahren den Weeg zum Baum des Le⸗ 
bens / und er ſolte nun das Feldt bawen. Es iſt der Verſtand in 
uns armen Adams und Hevaͤ Kindern alſo gantz harte verſunc⸗ 
ken / daß wir kaum zu letzte in unſerm letzten Alter werden et⸗ 
was davon erreichen / von dem klaͤglichen Falle Adams und He⸗ 
vaͤ / da wir doch ſolches müffen gar tieff im Centro des Lebens⸗ 
Sicht ſuchen. Denn wunderbahrlich iſt es / das Moſes ſaget: 
GOT habe den Cherub fuͤr den Garten geleget / den Weeg zu 
bewahren zum Baum des Lebens: Wer wolte das verſtehen / fo 
uns GOT nicht die Augen auffthaͤte / wir würden ſchlechts von 
einem Hüter mit einem Schwerd reden / und die Vernunfft ſie⸗ 
het nichts anders. 

45. Aber die edle Jungfraw weiſet uns die Porten / wie 
wir durch des Schwerdtes Schaͤrffe muͤſſen wieder ins Pa⸗ 
radeiß eingehen; aber das Schwerdt ſchneidet den inpifchen 
Leib vom heiligen Element rein weg / denn mag der newe Menſch 
auff dem Weege des Lebens ins Paradeiß eingehen. Und 
das Schwerd iſt anders nichts / als das Reich oder die Por⸗ 
te der Grimmigkeit im Zorne Gottes / da der Menſch muß 
durch den grimmen Todt durchs Centrum ins andere Principium 
ins Paradeiß des H. Elements für GOTT eindringen / da deñ 
der grimme Todt den irꝛdiſchen Leib / als die vier Elementa vom 
heiligen Element abſchneidet. 

46. Und der Hüter des Gartens iſt der Cherub, der Abhaw⸗ 
er der Sternen⸗Qual / der die vier Elementa eine Zeitlang er⸗ 
haͤlt / und dan zerbricht / und mit feiner bittern Schärffe von 
der Seelen ſcheidet / und auch vergehet mit ſeinem Schwerde. 
Der iſt alhie im Weege / daß wir nicht zum Baum des ewigen Le⸗ 
bens koͤnnen / er iſt im Mittel / und laͤſſet uns nicht ins Para⸗ 


deitz. Der geſchwule Garten Eden iſt unſer ir:diſches Fleiſch / 


das iſt der Zaun fuͤr den Garten. 
N 6- 4. Wil. 


300 Von den drey Principien Cap. 20. 
47. Wil nun jemand in Garten / ſo muß er durch das 
Schwerd des Todes eindringen.: wiewohl Chriſtus das 
Schwerdt hat zerbrochen / daß wir jetzo mit unſeren Seelen koͤn⸗ 
nen viel leichter eingehen. Aber es iſt doch ein Schwerd dafuͤr / 
aber der nur den Weeg findet / den ſchneidet es nicht ſehr / denn 
es iſt ſtumpf / und wird gebogen / ſo nur die Seele in die Por⸗ 
ten ins Centrum eingehet / ſo wird ihr ſchon von dem edlen Rit⸗ 
ter Chriſto geholffen. Denn er hat das Schwerd in feine Hände. 
bekommen. Er iſt das erwürgete Lamb vom Haufe Iſrael , 
in der Offenbahrung Johannis / c. 3. und 5. welches das Buch 
des feſten Principii dem Alten / der auff dem Stuhle ſaß / mit 
ſeinen vier und zwanzig Elteſten / welches ſieben Siegel der fieben. 
Geiſter der Gebuhrt Gottes hatte / aus ſeiner Hand nahm / und 
auffthaͤt / da die Elteſten vor ihme nieder fielen / und das erwuͤr⸗ 
gete Lamb anbeteten / und gaben Preiß und Ehre deme / der auff 
dem Stuhle ſaß / daß überwunden. hatte der Held vom Haufe 
Hrael. Die ſteben guͤldene Leuchter ſind feine Menſchheit / die ſie⸗ 
ben Sternen ſind ſeine Gottheit / wie denn die Goͤttliche Ge⸗ 
buhrt in ſiebenderley Geſtalt in ſtch ſtehet / wie im Eingange in. 
den erſten vier Capitteln dieſes Buches wird gemeldet. 
48. Alſo hat Moſes einen Deckel für feinen Augen / wiltu. 
ihm ins Angeſichte ſehen / ſo muſtu nur Chriſtum deinen Ritter 
fuͤr dich ſtellen / daß er ihme ſeinen Deckel auffhebet / dan wir⸗ 
ſtu ſehen / daß Moſes nicht Hoͤrner hat / ſondern ein gedulti⸗ 
ges Lamb iſt / am Tode Chriſti fe ſte angebunden / und daß ſein. 
Deckel iſt das zugetahne Buch geweſen / daß wir nicht moͤch⸗ 
ten geneſen biß der Held kam / und brach feine ſieben Sie⸗ 
gel mit ſeinem Eingange in Todt / da ward die Decke weg⸗ 
gethan / und im Buche ſtund das heilige Euangelium vom 
Reiche Gottes: das laſe uns der thewere Ritter Jeſus Chriſtus. 
49. Als nun Adam und Heva aus dem Garten giengen / 
hielten fie ſich zuſammen / als noch Eheleute thun / und wol⸗ 
ten nun verſuchen ihre thieriſche Art / was doch wunderg” 
moͤchte aus ihnen kommen / und wird ſte der Geiſt der groſſen 
Welt nun wohl in ihrer Vernunfft gelehret haben / was ſie 
thun ſolten. 5 i 
so. Und Adam erkante fein Weib Hevam / und fie ward 
ſchwanger / und gebahr einen Sohn / und hieß ihn Cain. Denn 
ſte ſprach: Ich habe den Mann den Herꝛn. Welche verſiegelte 
Worte ſind das! Moſes ſaget / ſie habe geſagt: Sie habe den 
Mann den Herꝛen. So ſagte die groſſe Welt: Ich * den 
erꝛn 


Cap. 20. Goͤttliches Weſeus. 301 
Herꝛn dieſer Welt. Heva redet anderſt nicht als die Apoſtel dach ⸗ 
ten: Chriſtus wuͤrde ein Weltlich Koͤnigreich anrichten / alſo 
dacht Heva auch / ihr Sohn ſolte als ein ſtarcker Ritter dem 
Teuffel ſeinen Kopff zertretten / und ein herꝛlich Reich anrichten. 
Von welchem dann iſt als balde zweyerley Verſtand erfolget / 
und zweyerley Kirchen: Eine auff die Barmhertzigkeit Got⸗ 
tes / und die andere auff eigene Macht. Darumb konte Cain ſei⸗ 
nen Bruder nicht dulden / dieweil Habel auff die Barmhertzig⸗ 
keit Gottes drang / und Cain auff ſeine eigene Macht / er 
dachte / er waͤre der Herꝛ der gantzen Welt / wie ihn dann ſeine 
Mutter alſo hatte unterrichtet / ſo wolte er nun der Schlangen 
den Kopff zertretten in eigener Macht / als ein Kriegs⸗Mann / 
und fieng an ſeinem Bruder Habel an; Denn ſein Glaube war 
nicht zu GOT gerichtet / ſondern auff ſeine Mannheit. Und al⸗ 
hier ſtach die Schlange zum erſtenmahl den Schlangen⸗tretter 
in die Ferſen. 8 a 
Die Porte der Myſterien. 
jr Doe Vernunfft ſpricht: Wie muß das zugehen / daß 
der erſte Menſch vom Weibe erbohren / ein böfer: 
Mörder ward? Siehe du unzuͤchtige. / unflaͤtige / huriſche 
Welt / hie wirſtu einen Spiegel finden / befihe dich was du biſt. 
Uns begegnet alhier abermahl die groſſe Geheimnuͤß im Liecht 
der Natur gar ſichtlich und wohl zu erkennen. Denn Adam und 
Hera waren in Geiſt dieſer Welt eingangen / und die grimme 
Sternen⸗ region mit deß Teuffels inficirung hatte fie beſeſſen / 
und ob fie gleich nun etwas an der Verheiſſung des Schlangen⸗ 
tretters und an GOTT hiengen / ſo war doch die rechte Luſt und 
Liebe gegen GOTT ſehr verloſchen / und dargegen die Luſt und 
Begierde zu dieſer Welt iu ihnen entzuͤndet; darzu bekamen fie: 
eine thieriſche Brunſt aus der Sternen⸗ region gegeneinander / 
alſo daß ihre Tinctur eine grimmige viehiſche Sucht war / denn 
fie hatten kein Geſetze / als das Liecht der Natur / das ſchlugen fie. 
nieder: und entzuͤndeten ſich in der Brunſt / darzu der Teuffel 
wohl geholffen. 

52. Als nun Heva ward geſchwängert / ſo war ihre Tinctur 
gantz irꝛdiſch und falſch; Denn ihr Geiſt in der Liebe ſahe nicht 
mit ganzem Vertrawen auff GOT / fo ſtund die Weißheit 
Gottes im Sentro ihres Lebens⸗liecht verborgen. Heva aneig⸗ 
nete ſich darein nicht mit Liebe und Zuverſicht / ſondern viel⸗ 
mehr in die Luſt dieſer Welt / fie 5 ſte muͤſte es nun Er; 

| 2 ſolte 


* SE 
45 


302 Von den drey Principien Cap. 20. 
ſolte etwas ſeyn. Und weil ihre Zuverſicht nicht in Gott war / ſo 
war auch Gott nicht in ihr / ſondern in feinem Centro, und hub 
der Zorn an zu quellen. a 5 5 

53. Und iſt alhie eben das was Chriſtus ſaget: Ein boͤſer 
Baum bringet boͤſe Fruͤcht: Alſo waͤchſet aus einer ſalſchen 
Tinctur eine grimmige boͤſe Wurtzel / und fort ein ſolcher Baum 
mit ſolcher Frucht. Alſo giengs da auch / wie ihre Tinctur in der 
Vermiſchung war / alſo zeugeten ſie auch ein Kind. Denn des 
Lebens Geiſt gebieret ſich aus den Eſſentien. 

54. Dieweil Adam war aus dem Paradeiß gangen in Geiſt 
dieſer Welt / ſo war nun ſchon der Streit mit den zweyen 
Regionen, als des Himmel⸗ und Hoͤllen⸗Reichs umb die Kin⸗ 
der der Hevaͤ. N 5 

55. Und ſihet man alhier wie der Zorn habe geſieget / und kla⸗ 
get der Geiſt Gottes nicht ohne Urſache: Ich bin wie ein Wein⸗ 
gaͤrtner / der da nachlieſet / und wolte doch auch gerne der beſten 
Frucht eſſen. 8 

56. Die Schuld iſt aber des Menſchen / ſetzete er ſein Vertra⸗ 
wen in die Liebe Gottes / fo ſtegete das Reich Gottes. So ers 
aber in ſeiner boͤſen Brunſt in ſich ſelber auff ſein Vermoͤgen 
ſetzet / ſo iſt er vom Zorne gefangen / und iſt ſein Leib und See⸗ 
le im Zorne. So er aber fein Gemuͤte und Zuverſicht in GOTT 
ſetzet / ſo gehet er vom Zorne aus / und wuͤrcket das Reich Got⸗ 
tes zur Gerechtigkeit in ihme. Und ſiehet man Sonnenklahr / 
was die Urſache iſt / das der erſte Menſch vom Weibe ein Moͤr⸗ 
der ward. 5 

57. Denn wie der Baum war / ſo war auch die Frucht / ſo 
doch der Baum nicht gantz falſch war / ſondern zu der Zeit der 
Menſch⸗werdung war die Finctur wegen deß Ringens der zwey 
Regionen falſch. Dazu halff ihme hernach die Heva ſeine Mut⸗ 
ter auch fein / in dehme ſte einen irꝛdiſchen Herꝛn und Schlan⸗ 
gen⸗tretter ſuchete / und ihn alſo lehrete / er waͤre der Kriegs⸗ 
ma des Teuffels / ſo meynete er / er waͤre der Herꝛ der Welt / und 
auch des Teuffels / er wolte es thun. Alſo hielt ihn der Zorn ge⸗ 
fangen / und waren feine Opffer Gott nicht angenaͤhme / dies 
weil er im Zorn auff ſich ſelbſt bawete / fo erreichte fein Gebet 
nicht des Himmels Porte / ſondern der Treiber nahm das auff / 
weil es aus einer Hoffart mit dem ſtoltzen Phariſeer / aus einem 
falſchen Gemuͤhte außgieng. ö i f 

58. Und haft du geile Hure zu Babel voller Unzucht und 
Brunſt in ſolcher Hurerey alhie einen Spiegel en 

an 


Eap.2o. Goͤtlliches Weſeus. 303 
Vermiſchung ohne GOttes⸗Furcht / du magſt ſehen was 
du ſaͤeſt / daß nicht ein Baum im hoͤlliſchen Fewer darauf wach⸗ 
ft: Du denckeſt es ſey ein ſchlechtes Hurerey zu treiben / lieber 
beſinne dich / wo ſchickeſtu deine Tinctur hin / welche ſo ſie trew 
iſt / das Element Gottes erreichet. So du fie nur auff einem 
ſolchen falſchen Weege / im Trieb der Sternen-Region mit infi- 
eiren des Teuffels alſo außſchuͤtteſt / auch in ein ſolch ſpuͤlicht 
Faß / was meyneſtu / wer das annehme. Weiſtu nicht / daß die 
Tinctur im Saamen eine Blume des Lebens iſt 2 die mit deinem 
Leibe und Seele inqualiret, die da / ſo offte fie erbohren wird / 
eine Figur vor GOTT iſt / wie meyneſtu / daß fie ſtehe / in GoOt⸗ 
tes Liebe oder Zorn? i 
59. O du Babelſche Hure / fo du alſo hureſt / und zerbrichſt 
hernach den Limbum, mit ſambt der Matrix, darinnen die Fi- 
gur des Bildes Gottes ſtehet / nur umb deiner geylen Unzucht 
willen z was meyneſtu / wie möge wohl dieſe Figur erſcheinen ? 
Sintemahl alles was aus der Tinctur je iſt erbohren / ſoll im 
Schatten nach Zerbrechung der Welt vor GOTT ſtehen. Wird 
dieſe Figur nicht im Zorn Gottes erfiheinen ? oder haſtu deß 
Ablaß / daß du in die Hoͤlle ſaͤeſt? Siehe zu / daß nicht dieſelbe 
Figur mit deinem Leib und Seele inqualire, denn die Tinctur iſt 
noch zu keinem Geiſte worden / fie erreichet dich / wirſtu nicht 
neu gebohren durch das Blut Chriſti / ſo muſtu ewig darinnen 
baden / ſage nicht ich / ſondern der hohe Geiſt in der Jungfraw⸗ 
en Schoß. a 

60. Darumb bedencke dich / ſprich nicht: Ich ſtehe im fin⸗ 
ſtern / und pflege der Liebe / Niemand ſiehet mich. Du ſteheſt vor 
dem klaren Angeſichte Gottes. Item: Du ſteheſt vor der Höfe 
len Abgrund / vor dem Raht aller Teuffel / die ſpotten deiner. 
Darzu haſtu eine falſche / untrewe Liebe / und iſt nur eine vie⸗ 
hiſche / thieriſche Brunſt / waͤre ſte trew / du beflecketeſt nicht dei⸗ 
nen Bruder und Schweſter. Ihr beflecketet beyde einander das 
Bilde Gottes / und ſeyd die aͤrgeſten Feinde gegen einander / 
ihr wolt beyde einander ins Teuffels Mordgruben werffen / und 
ſeyd im Ringen. Aber der Teuffel kuͤtzelt euch / und ſtrewet Zuc⸗ 
ker auff / daß er euch anbinde / dan fuͤhret er euch gen Jericho / 
und peitſchet euch / und naget euch dan wohl. 

61. Wenn dann die arme Seele ſoll wanderen / ſo find groſſe 
Berge auff ihrer Straſſen / da erſcheinet dan ewer ſchoͤne Tin. 
&ur vorm Element, wie ein beflecktes Tuch / da ſtehet der Teu⸗ 
ſel / und lieſet euch Leges davon / da zappelt die arme Seele / 

5 und 


_ 


704 Von den drey Principien Cap. 2 07 
und gehet zweiffel an / wann ſie ſoll durch die bittere Thoren 
(des herubs) durchbrechen / da fürchtet fie immer / es werde 
fie der grimme Zern Gottes ergreiffen und anzuͤnden. Wie es 
dan auch wahrhafftig geſchiehet / ſind ſte nicht durch ernſte Buſ⸗ 
ſe in Chriſto wieder new gebohren. 

62. Darumb O Menſch / bedencke was du hier ſaͤeſt / das 
wirſtu erndten! Nim dir ein Exempel an Cain. Oder gedenc⸗ 
keſtu / es iſt eine gedichtete Fabel? Frage nur dein eigen Ge⸗ 
muͤthe / es wird dich überzeugen: du waͤreſt denn j ja zu ſehr vom 
Teuffel gefangen. 

63. Sihe an die grewlichen Straffen des Zornes Gottes 
von der Welt her / die Suͤndfluht iſt eine Straffe der Unzucht / 
daß der Zorn Gottes wolte die Matrix der bruͤnſtigen Unzucht 
erſaͤuffen / darumb ſtraffete er die Welt mit Waſſer. Denn das 
Waſſer iſt die Matrix aller Dinge. 

64. Darumb hat Go T den ⸗Eheſtandt ſelber mit Adam⸗ 
und Hera eingeſetzet / und ſie feſte mit einer ſtarcken Ketten ver⸗ 
bunden / in dem er ſaget: Es ſoll ein Mann Vatter und Mut⸗ 
ter verlaſſen / und an feinem Weibe hangen / und ſollen die zwey 
ein Fleiſch ſeyn. Und duldet GOTT ihre Bkunſt / in deme ſie 
ſollen mit trewer zuͤchtiger Siebe verbunden ſeyn / als ein Leib in 
feinen Gliedern / und darzu in GoOttes⸗Furcht auff Kinder Zeu⸗ 
gen gerichtet ſeyn / ſonſt iſt die Brunſt in ſich ſelber ohne trewe 
Liebe des Eheſtandes / durchaus eine viehiſche Sucht und Suͤn⸗ 
de; und ſo du im Eheſtande nur die Brunſt ſucheſt / ſo biſtu in 
dieſem Weege nicht beſſer als ein Viehe. Denn dencke ihm nur 
nach / du ſteheſt ohne das in einer viehiſchen Gebuhrt wieder. 
die erſte Schoͤpffung / gleich allem Viehe. Denn der heilige 
Menſch in Adam war nicht alſo verſehen ſich zugebaͤhren / ſon⸗ 
dern in groſſer Liebe⸗ zucht aus ſich ſelber. 

65. Darumb o Menſch! ſtehe zu / wie du der thieriſchen 

Brunſt gebraucheſt / fie iſt in ſich ein Grewel vor GOTT / fie 
ſey in der Ehe / oder auſſer der Ehe. Aber die rechte Liebe und 
Trewe in der Furcht Gottes decket fie vor Gottes Angeſichte zu / 
und wird durch der Jungfrawen Sohn wieder zu einer reinen. 
unbeſleckten Creatur im Glauben erbohren / ſo deine Zuverſicht. 
in GOTT ſtehet. 

66. Aber fuͤr die Huren und Buben / ſo in Brunſt auſſer 
der Ehe alſo lauffen / haben wir kein ander Latein / wir koͤnnen 
auch im Liecht der Natur keines erſehen / als nur Grewel in 

Gottes Zorn / und fo nicht mit Maria Magdaleng ernſte at 


Cap. 20. Götliches Weſens. 305 


ſe in der Wiedergebuhrt geſchiehet / Gottes Zorn und das Hoͤl⸗ 
liſche Fewer zu Sohn. Amen. ' 


Von dem frommen gerechten Habel / die Porte der 
Chriſtlichen Kirchen. 
67. D Jeweil ſich denn Adam und Heva hatten in Geiſt 
dieſer Welt begeben / und lebten in zweyen / als 
in dem heiligen Element vor GOT / und dan auch in der 
Außgebuhrt der vier Elementen, welche erreichen das alleraͤuſ⸗ 
ſerſte / das Reich der Grimmigkeit / fo wurden auch zweyer⸗ 
ley Kinder aus ihnen gebohren: als ein Spoͤtter und ein from⸗ 
mer Menſch / wie das bey Abraham und Ifans und Iſmael / fo 
wohl bey Jacob und Eſau gnug zu erſehen. 

68. Wiewohl die Kirche zu Babel alhier viel von der Gna⸗ 
den⸗wahl aus Gottes Fuͤrſatz wil rumpelen / und hat deſſen doch 
fo wenig Erkaͤntnuͤß / als der Thurn zu Babel von GOT / deſ⸗ 
fen Spitze ſolte am Himmel reichen. 5 

C0. Gleich als waͤre es nicht möglich / das ein Kind koͤn⸗ 
te ausgehen aus dem Zorne in die Liebe Gottes; Da doch die 
Liebe in der Zerſprengung des Zorns voͤllig erſcheinet / und feh⸗ 
Pe an der Buſſe / dat ſich der Menſch laͤſſet den Zeuffek 

alten. 

70. Und iſt die Verſtockung nicht alſo gar in der Gebuhrt / 
daß die Seele von Mutterleibe in Gott todt waͤre / oder daß 
Gott derſelben nicht wolte. Iſt doch der Zorn im Quall des 
Vatters / und der Vatter iſt gleichwol Gott / und gebieret ſein 
liebes Hertz und Liebe in dem zerſprengten Thoren / in der Wonnt 
aus ſich ſelber: Wird er dann mit ihm je uneinig ſeyn / daß 
fein Zorn unter der Wurtzel der Liebe iſt! Wird er ſich dan ſelber 
anfeinden? Sein Zorn iſt feine Staͤrcte und Allmacht / ein ver⸗ 
zehrend Feuer / und fein Hertze in der Liebe iſt feine Demuht: 
Was ſich nun in ſeinem Zorn nahet und eingehet / das wird im 
Zorn gefangen. 

71. Es iſt aber muͤglich aus dem Zorne außzugehen / gleich 
wie fein liebes Hertze aus dem Zorne außgebohren wird / welches 
den Zorn ſtillet / und heiſſet recht Paradeiß oder Him̃elreich / und 
wird fein Zorn im Himmelreich nie erkant. Alſs auch alda feine 
Gnaden ⸗Wahl gehet allemahl uͤber die Kinder ſeiner Liebe / die 
gehören ins Himmelreich : Und s. Paulus redet nicht anderſt als 
von ſeiner Wahl / er meynet aber die ſich zu ihme nahen / und in 
ſeinen Bund tretten / und die ſich zu ihme aneignen / die zeucht 
des 


zes Von den drey Principien Cap. 20 


der Vatter mit dem H. Geiſte / durch den Tod Chriſti ins reine 
Element für den Vatter. (Jeſ. 44. v. 2. Fuͤrchte dich nicht mein 
Knecht Jacob / und du Frommer / den ich erwaͤhlet habe.) 

72. Aber daß Gott ſolte einem feinen Willen verſtocken / und 
finſter machen aus ſeinem Fuͤrſatze / das iſt nicht wahr. Dem 
Gottloſen der nur zur Feuers⸗Macht ringet / wird der Geiſt 
Gottes entzogen / denn er gehet ſelber von Gott aus / und wil 

nicht Gott. Gott entzeucht ſich Niemanden: Der Menſch hat 
einen freyen Willen / er mag greiffen worzu er wil / aber er wird 
von zweyen gehalten / vom Himmel und Hoͤlle / in welches er ſich 
begiebet / in demſelben iſt er. 5 

73. Cain iſt nicht in Mutterleibe verworſſen geweſen / ob 
Gott wohl einen falſchen Saamen nicht liebet / ſo ſtehet er doch 
frey / er mag zur Liebe oder zum Zorn eindringen / ſte nehmen ihn 
beyde an; wie S. Paulus auch ſelber ſaget / Rom. 6. v. 16. Welchen 
ihr euch begebet zu Knechten in Gehorſam / deß Knechte ſeyd ihr: 
Dem ihr gehorſam ſeyd / es ſey der Suͤnde zum Tode / oder dem 
Gehorſam zur Gerechtigkeit. ; 

74. So wil nun Gott keine boßhafftige Seele in der Liebe 
haben / ſondern in ſeinem Zorne. Er iſt aber ein Hertzenkuͤndi⸗ 
ger / und weiß wohl was im Menſchen iſt / und was er thun wird / 
auch noch weil er ein Saame iſt / und wil die Perlen nicht für die 
Saͤue werffen. Nicht aber iſt der falſche Saame aus Gottes 
Willen un Fuͤrſatz / ſonſt muͤſte er den Teuffel auch gewolt haben. 

75. Weiſtu nicht daß das Band der Ewigkeit frey ſtehet / 
und machet ſich ſelber? aber was fich zu ihme aneignet / das wird 
auch in Gott gebohren: Dringet doch die Liebe nicht in Zorn / 
ſondern die Liebe wird aus dem Zorn gebohren / und iſt gantz freyz 
Darumb iſt auch das Hertze Gottes in der Liebe eine andere 
Perſon / (welche nicht wieder in Zorn eingehet) als der Vatter / 
und der Außgang iſt der H. Geiſt. 

576. Warumb gehet die Seele des Menſchen nicht auch aus / 
aus dem Zorne in die Liebe / ſo waͤre ſie eine andere Creatur in der 
Liebe gebohren 2 S. Paulus faget: Die Gott zuvor verſehen hat / 
die hat er auch geheiliget / daß fie gleich und ähnlich find feinem 
Bilde. Die Verſehung iſt in ſeiner Wahl / er erwaͤhlet ihme 
allezeit ſeine Schaͤfflein; die zu ihme kommen / die verſtehet er 
zum ewigen Leben. Nicht iſt es daß er einen / ſo zu ihme mit 
Ernſt begehret zu kommen / verſtocke / und nicht verſehen wolte: 
Sein Wille iſt allen Menſchen zu helffen. Und Chriſtus ſa⸗ 
get ſelber: Kommet alle zu mir / die ihr muͤhſelig und a 

eyd / 


Cap. 20. Goͤttliches Weſens. 307 


ſeyd / (da ſtehet ja / die ihr mit Sünden beladen ſeyd) ich wil euch 
erquicken / das iſt / ich wil euch gewiß verſehen / und zu mir ziehen / 
und fehlet nur am kommen. 

77. Nun was liegt denn dem Gottloſen im Weege / daß er nicht 
kom̃t? Das Zorn⸗Schwerdt des Engels Cherub / das wil er nicht 
zerbrechen; Die gleißneriſche ſanffte Welt in ſeinem Buſem / 
im Fleiſch und Blute thut ihm zu wohl. Er wil nicht ſein Ge⸗ 
muͤthe zerbrechen / deß er doch Macht hat / und fo org zerbricht / fo 
wird er von Gott gezogen durch Chriſtum / zum Vatter / und 
wird zur ſtund erwehlet zum Kinde Gottes / und wird aus dem 
Schlangen⸗Bildnuͤß ein Engliſch Bildnuͤß. 

78. Denn ſo lange die Bildnuͤß im Zorne ſtehet / ſo iſts der 
Schlangen Bildnuͤß: So fie aber außgehet in die Zerbrechung / 
fo wird ihme durch den Schlangen⸗Tretter eine him̃liſche Bild» 
nuͤß figuriret / und wird der Schlangen der Kopff zertretten. Die 
zwey Reiche kaͤmpffen mit einander / und welches ſieget / das bildet 
die Bildnuͤß. 3 

79. Darumb ſiehet man / wie der Zorn in Adam und Heva iſt 
groß geweſen / daß alſo das Grimme⸗Reich hat eher geſteget / als 
das Himmelreich: Und iſt der Spoͤtter eher gebohren / als der 
Fromme. ; 1 

80. Nun lag das aber auch an den Eltern / haͤtten die nicht ge⸗ 
ſuͤndiget / und den Zorn in fich gelaſſen / ſo wäre es nicht geſchehen: 
Alſo auch auff heute noch. 

81. Wiewohl es iſt / daß die Natur das Kind in Mutterleibe 
faͤngt und bildet / das Sternen⸗Region aber hat nur die Bildnuͤß 
in den vier Elementen / und nicht im heiligen Element. 

82. Ob fie gleich nun einen Menſchen im aͤuſſern / thieriſch 
gnug mit kleinem Verſtand manchmal bilden / ſo liegts daran 
nicht. Der aͤuſſere Menſch iſt der Sternen Thier / aber der inne⸗ 
re im Element / iſt die Gleichnuͤß Gottes / und geſchiehet die 

Goͤttliche Bildung nicht im aͤuſſern / ſondern im innern Element. 
8 z. Denn ein Menſch iſt offte im auffern alſo boͤſe von Ster⸗ 
nen genaturiret / daß er ihm ſelber gramm wird / aber wenn er ſich 
bedencket / ſo gehet er in ſich / in den innern Menſchen / und laͤuffet 
zur Abſtinentz / und mag doch des aͤuſſern boßhafftigen Menſchen 
nicht loß werden: ſondern er muß immer mit dem innern dem 
aͤuſſern / das iſt / der Schlangen den Kopfſ zertretten. ö 

84. Denn die Schlange ſteckt manchem im aͤuſſern / kriegt ſie 
aber den innern Menſchen / ſo iſt die Bildnuͤß Gottes hinweg. 
Die Boßheit der Sternen treibet manchen zu morden / face 
. ug 


308 Von den drey Principien Cap. 20. 
luͤgen und truͤgen / wohl biß zum Galgen und Schwerdt / und hat 
doch noch den Innern nicht gaͤntzlich / er iſt noch in der Porte / und 
kan durch Buſſe in eine andere Bildnuͤß eingehen / welche der 
aͤuſſern nicht ahnlich iſt. Man kan den innern Menſchen nach 
dem aͤuſſern alſo gar nicht richten / man ſehe denn daß er Gott 
verachtet / und den H. Geiſt laͤſtert / in deme iſt keine Goͤttliche 
Bildnuͤß / und iſt ſchwer. Jedoch iſt fein Gerichte nicht in die⸗ 
ſem Leibe / die Pforte der Barmhertzigkeit ſtehet gegen ihme 
offen / weil er in dieſem Hauſe iſt. 

85. Aber nach dieſem Leben wird ihme nichts mehr / er habe 
dann die Barmhertzigkeit am Fadem: So wil doch Gott das 
glimmende Tocht nicht außloͤſchen / wie Jelaias ſaget: Wiewohl 
er in ſeinen Suͤnden muß baden / biß der Zorn uͤberwunden wird 
durch den Tod Chriſti / an welchem Fadem er hangen muß. Und 
die putre faction iſt ſein Fegefeuer in feinen Suͤnden / und kein 
frembdes / davon der Antichriſt dichtet und narret / ſondern ſein. 
eignes in ſeinen Suͤnden. 

86. Und iſt auch mit dem Fegefeuer nicht ſo gar ohne / wie der 
Wolff des Thieres der Huren dichtet. Denn man weiß auch 
wohl / daß nach dieſem aͤuſſern vergaͤnglichen eben / ein ewig Le⸗ 
ben iſt / und hie alle Suͤnden vergeben werden / aber weil du zwi⸗ 
ſchen Thuͤr und Angel biſt / und hangeſt an einem Haͤrlein / fo 
biſtu noch nicht gaͤntzlich im ewigen deben. Blſtu aber im ewi⸗ 
gen Leben / ſo biſtu vollkommen / entweder im Himmel oder Hoͤl⸗ 
len / daraus iſt keine Erloͤſung / denn es iſt das ewige Leben. 
87. So wir aber nun alſo von dem frommen Habel reden / 
ſo koͤnnen wir darumb auch nicht ſagen / daß ihme das Reich 
der Himmel nicht ſey beyſtaͤndig geweſen / daß er bloß aus eige⸗ 
ner Macht habe alſo einen frommen Menſchen aus ſich gemacht. 
Denn es iſt im Ringen geweſen / und hat dem Zorne obgeſteget. 
Denn ein Menſch iſt ſchwach und unverſtaͤndig / und kan aus ei⸗ 
gener Macht wenig thun / doch hat er die Imagination und die 
Wahl / oder freye Ergebung / da denn der Macher ſchon vorhanden 
iſt / der ihn machet / wonach er luͤſtert / wie bey Adam zu ſehen / als er 
in Geiſt dieſer Welt luͤſterte da war bald der Macher da / und 
machte aus einem Engliſchen Bilde einen Menſchen. 

88. Die guſt iſt die Einführung in ein Ding / und aus der Luſt 
wird die Geſtalt der duſt als ein Corpus, und ſteckt der Suͤnden⸗ 
Quall darinnen. So iſt der Luſt doch beſſer zu wehren / als den 
Leib zerbrechen / welches ſchwer iſt. Darumb iſts gut / die Augen 
abwenden / ſo faͤhret die Tinctut nicht in die Eſſentien, . 5 
0 ; eiſt. 


Cap. 20. Goͤttliches Weſens. 309 
Geiſt ſchwanger wird. Denn die Luſt iſt das Gemuͤthe wohl nicht 
gaͤntzlich / aber fie find Geſchwiſter. Denn wann die Luſt das 
Gemuͤthe ſchwaͤngert / ſo iſts ſchon eine halbe Subſtantz / und muß 
ſchon eine gerbrechung folgen / oder wird eine gantze dubſtantz und 
ein Weſen eines Dinges. N 

89. So iſt Habel nun die erſte Chriſtliche Kirche in Gedult / 
welche Gott darſtellet / daß ſich die Cainiſche Kirche ſoll durch 
Habel bekehren: Er hat darumb die Cainiſche Kirche nicht alſo 
verworffen / daß er kein Glied wolte aus ihr haben. Sie ( verſtehet 
die rechte Chriſtliche Kirche) ſtehet als ein Schaff unter den Woͤl⸗ 
fen: wiewol wir Menſchen / und nicht Woͤlfe ſind / aber doch wohl 
im Gemuͤthe / und in der Figur: fie lehret den Gottloſen / bekehret 
er ſich / fo hat fie ihn gewonnen / und wird zur heiligen himliſchen 
Bildnuͤß figuriret / und iſt Freude darmit vor den Engeln Got⸗ 
tes / daß alſo das Himmelreich ſieget. N 

90. Oder meyneſtu / daß das Wort im Daniel vom Engel 
Gabriel / der da ſaget / der Fuͤrſt in Perſten habe ihm ein und 
zwantzig Tage wider ſtanden / und unſer Fuͤrſt Michael ſey ihm 
beyſtaͤndig geweſen / nichts ſey ? Man ſiehet auch dadurch / wie 

die Fuͤrſten⸗und Thron⸗Engel wider das Reich der Grimmig⸗ 
keit ſtreiten und dem Menſchen beyſtehen. Denn / Urſache iſt 
dieſes / der Teuffel erreget den Zorn GYOttes wider die Menſchen / 
fo halten ihn auch die Engel Gottes / als die Thron⸗Fuͤrſten 
auff / daß ja Gott das Böfe nicht wil. 

91. Es iſt uns fuͤrnemlich beym Cain und Habel zu mercken / 
was ihr Vorhaben ſey geweſen. Cain iſt ein Ackermann gewe⸗ 
ſen / und Habel ein Schäfer : Habel hat auf Gottes Segen ſei⸗ 
ne Heerde gebauet / ſich durch GOttes Segen zu naͤhren : Und 
Cain hat auf ſeine eigene Arbeit gebauet ſich in eigener Kunſt zu 
naͤhren. Da iſt die Heva dem Cain beygefaͤllen / und Adam dem 
Habel. Denn fie hielt ihn für den Fuͤrſten auff Erden / deme das 
Reich ſolte / und meynete / er wuͤrde als ein Held den Teuffel wohl 
ver jagen / wiewohl fie dehn nicht kanten. 

92. Aber ſo mans gar tieff ſuchet / ſo iſt diß wohl der rechte 
Grund: Heva war das Kind in Adams Matrix, daß / fo Adam 
nicht waͤre uͤberwaͤltiget worden / er aus ſich in groſſer Zucht und 
Heiligkeit gebohren hatte. Weil aber Adams Matrix vom Gei⸗ 
ſte dieſer Welt geſchwaͤngert ward / fo muſte Gott ein fleiſchlich 

Weib daraus bauen / welche hernach auch in ihrer erſten Frucht 
alſo ſuͤchtig / und vom Teuffel inticiret war / fo wohl auch der 
Limbus in Adam. 
93. Dar⸗ 


310 Bon den drey Principien Cap. 28. 


93. Darumb haben ſie auch ein ſolch fromm Kind gebohren / 
welches nur auff den Geis ſahe / wie Heva auch / fie wolte ſeyn 
gleich wie GOTT: Gewißlich iſts Adam auch daran gelegen 
geweſen / ſonſt ware er in Geiſt dieſer Welt nicht eingegangen. 

94. Alſo war auch nun ihr Sohn Cain / er meynete / er waͤre 
Her: auff Erden / und goͤnnete feinem Bruder nicht / daß er 
auch etwas waͤre: Vorauß da er ſahe / wie er vor GOTT ange⸗ 
nehm waͤre / verdroß es ihn / und gedachte / Habel moͤchte Her 
auff Erden werden / und war ihm nicht unib die Gotts⸗furcht im 
Opffer zu thun / ob er gleich als ein Gleißner auch opfferte / ſon⸗ 
dern umb die Region. a8: 

95. Und alhier hebet ſich das Anti- Chriſtiſche Reich an / da 

man vor GOTT gute Worte giebt / und das Hertz iſt mit Geis 
be ſeſſen / und trachtet nur nach Macht und Gewalt über den 
Elenden zu herꝛſchen / der GOTT vertrawet. Darumb hat der 
Anti Chriſt feinen GOTT in dem Kaſten / und in der Staͤrcke 
ſeiner Macht / und hanget ein Fuchs an ſeinem Nocke: Er betet / 
aber er begehret nur von GOTT das Reich dieſer Welt / fein 
Hertz laͤſſet nicht abe vom Treiber und Jäger des armen Habels. 
Aber Habel betet zu dem Herrn / und fein Hertz aneignet ſich 
in die Liebe Gottes / in die rechte Bildnuͤß: denn er begehret das 
Himmelreich / und alhier Gottes Seegen zu ſeiner Nahrung. 

96. Das kan nun der Teuffel nicht leiden / daß ihme eine hei⸗ 
lige Kirche in ſeinem Lande wachſe. Er wil den Habel immer er⸗ 
morden. Wie dann alda auch geſchehen iſt: Weil Cain nicht 
GO TT fuͤrchtete / fo krigte der Teuffel einen Zutritt zu ihme / 
und erweckte den angebohrnen Grin in Cain wider Habel / daß 
er ihn erſchlug. 

97. Da werden gewiß alle Teuffel gedantzet haben / und ge⸗ 
dacht / nu iſt abermahl das Reich unſer. Davon dan Adam und 
Heva ſind erſchrocken / als fie ſahen / daß der / welchen fie für 
einen Fuͤrſten hielten / ein Moͤrder ward: und wie die Riſtoria 
lautet / fie ſich in ſiebentzig Jahren nicht mehr in Vermiſchung 
eingelaffen. 

98. Wie deme nun ſey / fo haben fie doch nun gar viel einen 
andern Schlangen⸗tretter geſuchet / auch hat ſich ihr Hertze nun 
fort zu GOTT geaneignet / daß fie nach dieſem Mord / nach 
fiebengig Jahren / haben gar einen heiligen Gotts⸗-fuͤrchtigen 
Sohn gezeuget / welcher die reine Kirche von der Gottes⸗furcht 

und verheiſſenem Weibes Saanen hat wieder auffgerichtet / 
welcher Seth hat geheiſſen; der da wieder gar einen . 
Sohn 


Cap. 20. Göttliches Weſens. 317 


ohn den Enos zeugete / da man hat angefangen oͤffentlich von 
Got zu lehren: Und iſt die Chriſtliche Kirche / wider alles 
wauͤtten des Teuffels / immer als ein ſchwach Haͤufflein auff⸗ 
gangen. i 

99. Aber Cain hat ſich zum Herꝛn uͤber fein Geſchlecht erho. 
ben / davon iſt die Herꝛſchafft und das Regiment dieſer Welt 
entſtanden / alles nach der Sternen influentz erbohren / durch 
den Geiſt der groſſen Welt / und nicht alſo von der klaren Gott⸗ 
heit geordnet / wie Herꝛ Cain meynet. 

100. Zwar / da die Welt alſo boͤſe und mörderifch ward / fo 
muſten Richter und Obriſten ſeyn / daß der Grimm auffgehaͤlten 
ward durch Straffe und Furcht. Aber waͤreſtu in der Liebe 
blieben / du haͤtteſt keine Herꝛn / ſondern liebe Brüder und 
Schweſtern. f 

rox. Dein gewaltig Reich / O Cain / iſt nicht durch GOTT 
influiret, ſondern durch den Geſtirneten Himmel im Zorn / der 
herꝛſchet nun uͤber dich / und gibt dir offte Tyrannen / die dir 
oe Schweiß in Hoffart verzehren: Das haftu für dein 

aradeiß. 

102. S. Paulus ſchreibet wohl: Es iſt keine Obrigkeit ohne 
von GOT: Er spricht aber: Sie iſt eine Raͤcherin der Gott⸗ 
loſen / und traͤget das Schwerd nicht umb ſonſt. Du haſt Grun⸗ 
des gnug hierinnen / wie GOTT das Weltliche Regiment und 
deſſen Schwerd umb der Gottloſen willen gebrauche / darunter 
du nun dein Joch muſt tragen umb der Suͤnden willen / dieweil 
du ein ſtaͤter Freſſer und Moͤrder biſt. Beſchawe dich nur mit 
ſambt dem Rach⸗ſchwerd / vielleicht wirſtu dich erſehen. So 
man aber ſaget / daß GOTT einen Eckel habe an der groffen Ti⸗ 
ranney und Schinderey / indehm dem Elenden / ſein Schweiß 
mit Hoffart wird verpranget / das kan Cain nicht leiden: 
Wann nicht das ſchreckliche Exempel der Suͤnd⸗ fluht dar ſtuͤnde / 
ſo muͤſte es Heiligkeit ſeyn. ö | 
. 203. Aber dein Reich / O Cain! ißt zu Babel erbawet / und 
herꝛſchet dein Thier zu Sodom und Gomorra: Es iſt ein Fewer 
darinnen vom Herin vom Himmel. Es iſt Zeit daß du geheſt 
uit Loth aus Sodom. . 


Die Suͤnde wachet in Cain auff. 
104. As nunCain ſeinen Bruder hatte ermordet / gieng er ſicher 
als ein Herꝛ / und dachte: Nun biſtu alleine Fuͤrſt auff 
Erden. Aber die Stimme des grimmen Zornes Gottes kam / 
N und 


318 Von den drey Principien Cap. 20. 


und ſprach: Wo iſt dein Bruder Habel? Und er ſprach: Ich 
weiß nicht / ſoll ich meines Bruders Huͤter ſeyn? Er ſprach: 
Was haſtu getahn / fihe die Stimme deines Bruders Bluts 
ſchreyet zu mir von der Erden: Und nun verflucht ſeyſtu auff Er⸗ 
den / die ihr Maul hat auffgetahn / und deines Bruders Blut 
von deinen Haͤnden empfangen: Wann du den Acker baweſt / 
ſoll er dir fort fein Vermoͤgen nicht geben / unſtaͤte und flüchtig 
ſoltu ſeyn auff Erden. 

1056. Als nun der Zorn Gottes die Suͤnde in Cain ruͤhrete / 

o wachete ſie auff / und ward ihm bange / da ſahe man feinen 
fachen Glauben / denn er zweiffelte und ſchrie: Meine Suͤnde 
ſind groͤſſer / als daß ſie mir koͤnten vergeben werden: Sihe du 
treibeſt mich heute aus dem Lande / und muß mich fuͤr deinem 
Angeſichte verbergen und muß unſtaͤt und flüchtig ſeyn auff Er⸗ 
den: So wird mirs nun gehen / daß mich todtſchlaͤget / wer 

mich findet. f 

106. Uns erſcheinet alhier die gantz ſchroͤckliche / jaͤmmerliche 
und elende Porte der Verzweifflung uͤber die begangene Suͤn⸗ 
de. Denn da GOTT ſprach: Verfluchet ſeyſtu auff Erden / die 
ihr Maul hat auffgethan / und deines Bruders Blut von deinen 
Haͤnden empfangen / ſo iſt das auffgeblaſene / ſelbſt eigen⸗maͤch⸗ 
tige / gleißneriſche / heuchleriſche Reich des Anri-Chrifts von 
GO verworffen worden / und hat ſich ſelber / mit ſeinem Ein⸗ 
gange in Grimm in die Mord⸗ that / von GOTT getrant. 

10. Darumb ſprach GOTT : Ver fluchet ſeyſtu: Und iſt dig 
Fluchen / oder Fliehen aus dem Grimm der Unterſcheidt / daß die 
Liebe Gottes im Grimm nicht wohnen wil / und ſoll diß Reich 
nicht nach feinem Nahmen genennet ſeyn. Denn GOTT hat 
nicht in die Mord⸗that gewilliget / ſondern der Grimm / vor 
welchem doch GOTT den Cain warnete beym Opffer / er ſolte 
fromm ſeyn / fo wäre er angenaͤhme / wo aber nicht / fo ruhete die 
Suͤnde mit dem grimmen⸗Reiche vor der Thuͤr / er ſolte ihr nicht 
Gewalt laſſen / ſondern über ſie herꝛſchen. Da er ihr aber Ge⸗ 
walt ließ / fo herꝛſchete fie über ihn / und bezwang ihn. 

108. Alſo flohe auch GOTT: das iſt / Cain gieng aus GST / 
aus Gottes Reich ins Reich der Grimmigkeit des Treibers; 
darumb war auch ſein Weſen / was er ferner fuͤrgab / nicht aus 
GO / ſondern aus dem Reiche der Grimmigkeit / die ihn 
fuͤhrete und erbahr / oder erweckete durch ihn ſeine Wunder / auff 
daß es aueh offenbahr würde / als es denn ein groß Wunder war / 
wie das edle Bild in Habel moͤchte vom Grimme der Hoͤllen und 

f dieſer 


Cap. 20. Goͤttliches Weſens. 313 
dieſer Welt in der Zerbrechung des Leibes geſchieden werden / da 
der Hoͤllen Reich folches haͤtte gerne mögen empfinden / und dero⸗ 
wegen der erſte Todt in eyl muſte geſchehen / da denn der Schlan⸗ 
gen⸗tretter fein erſt Schul⸗ recht gethan hat / als ſich das Reich 
dieſer Welt von Habel geſchieden / da der Cherub zum erſten⸗ 
mahl die vier Elementa vom heiligen Element geſchnitten. 

109. Da iſt das Wort oder der Schlangen⸗tretter im newer 
wieder⸗erbohrnen Element in Habels Seele / im Centro, in den 
Thoren der Tieffe geſtanden / und hat der Schlangen (das iſt 
dem Reiche der Grimmigkeit) den Kopff ſeiner Macht zertretten. 
Denn der Kopff bedeutet die ſtarcke Macht des grimmen Zornes. 
Alda hat die Liebe Gottes / aus GOttes Hertzen ſich in die Hölle 
des Zornes eingelaſſen / und der armen Seelen angezuͤndetes 
Fewer wieder in der Liebe erſticket / und iſt alhier das erſte 
Werck ver ſuchet worden / wie es denn GOTT Adam und Heva 
alſo verhieß. 1 

210. Zum andern / iſt das ſchroͤckliche Werd des Eingangs 
in die Grimmigkeit auch verſuchet worden in Cain. Denn ein 
jedes Reich verſuchte das ſeine. Da nun Cain in Zorne gieng / 
fo ſtund die Liebe Gottes im Centro vor ihine gantz verborgen. 
Da ſolte nun Cain als ein Ritter / der Schlangen den Kopff 
zertretten / welches er ſich zuvor hatte laſſen beduͤncken / welches 
er in feiner Macht thun wolte / uud ward alhier recht verſuchet / 
obs müglich wäre in eigener Macht / durch des Vatters Glantz 
im Fewer das Reich Gottes zu beſitzen. 

11. Aber es war Elende und alles umbſonſt. Denn Cain 
ſchrie in feiner zarten Menſchheit / Wehe und Ach über ſich / 
ſeine Suͤnde waͤre groͤſſer als er / er konte nicht aus ſeiner Macht 
zu GO Teingehen / ſtund / zitterte und erblaſſete vor der Hoͤl⸗ 
len Abgrund / welche ihn hatte gefangen / und hielt ihn in ſich: 
Er abſonderte ſich auch nun von den Menſchen / und ſprach: Nun 
wird mich erſchlagen wer mich findet / denn ich muß von deinem 
Angeſichte fliehen. ' 12 

112. Und ſihet man alhier die Entſonderung der Chriſtlichen 
Kirchen von der Cainiſchen / da GOT Cain außtrieb / daß er 
muſte an einem andern Ohrte wohnen: Und ſtecket der rechte 
Verſtand dieſer hohen Geheimnuͤß alles im Worte unter der 
Decke / und iſt faſt nie erkant worden: Soll aber in der Li⸗ 
lien Zeit im Wunder ſtehen. Und magſt du Anti- Chriſtiſche 
Cainiſche Kirche auff Erden dieſes wohl wiſſen / daß alles was du 
dichteſt ohne GOttes Geiſt Wes Schmuck und Hoffart / 

a au 


314 Von den drey Principien Cap. 20. 
auch Staͤrcke und Macht / das iſt mit Cain außgegangen von 
Habel aus Chriſti Kirchen / jenſeit Eden / ins Land Nod / ſo du 
alſo hoch gelehrt biſt / und diß verſteheſt in der Natur⸗Sprache / 
was es ſey / wie deine Heuchler im feinen Huͤthel wol meynen / 
ergreiſſen aber nur die vier Elementa im Außgang mit Cain / und 
nicht das Element vor GOT T: Darumb iſts die kabel der Ber» 
wirrung / und vielerley Meynung / und nicht der Grund im 
Element, welcher in Einem und nicht in Vielen ſtehet. 

213. Du haft alhier einen feinen Spiegel von des Menſchen 
eigenem Wahn an Cain. Was der eigene Wahn ohne Gottes 
Geiſt ſey. Cain gieng nicht zur Thuͤr / die GOT T Adam und 

eva bawete / mit dem Worte und Schlangen⸗tretter / in 

chafſtal / ſondern ſtieg anders wo hinein / durch fein ſtarck Loͤ⸗ 
wen⸗gemuͤhte / und wolte ein Herꝛ uͤber die Schafe ſeyn / und 
ward ein Dieb und Moͤrder der Schafe / und die Schafe fol⸗ 
geten ihme nicht / ſondern giengen mit Habel durchs Schwerd 
des Engels Cherub aus dieſem vergaͤnglichen und zerbrechlichen 
Leben mit dem Schlangen⸗tretter / in ihren ruhigen Schaf⸗ 
ſtall / da kein Wolff mehr iſt. Denn der Cherub laͤſſet keinen 
mehr ein z und ob einer kaͤme / fo ſchneidet er ihme das Wolffs⸗ 
Hertze des Grimmes / des Reichs dieſer Welt / rein weg / ſo 
wird er auch ein Schaff / und leget ſich gedultig unter die 
Schaͤfflein / und ſuchet nicht mehr den Wolff / denn er iſt jenſeit 
Eden / im Lande Nod. Er aber iſt durchs Schwerdt des Che⸗ 
rubs ins Paradieß gegangen / da gehet kein Wolff ein / es iſt ein 
Zaun eines Principii, (das iſt / einer gantzen Gebuhrt) dafür. 
14. Und magſt dich / O du Cainiſche Kirche mit deinen Ge⸗ 
ſetzen und Schwaͤtzen deiner ſcharffen Außlegung der Schrifften 
der Heiligen ſo im Geiſte Gottes geredet / wohl beſchawen / und 
dir dein wolluͤſtiges / ſanfftes Reich nicht zu feſte darauff ſetzen. 
Denn fie find meiſtentheils im Paradeiß im Element: Sie reden 
aus der Wurtzel des heiligen Elements durch die Außgeburth der 
vier Elementen, und faſſen offt in der Außgeburth den Grimm / 
welchen die Menſchen hatten erwecket. Darumb ſiehe / daß du 
nicht Stoppel⸗ſtroh / oder wildes Kraut aus den vier Elementen 
darauff baweſt. Haſtu nicht den Geiſt der Erkaͤntnuͤß aus dem 
heiligen Element, ſo laß bleiben / bekleiſtere es nicht mit den vier 
Elementen, es ſtehet ſonſt in Babel: Es iſt nicht gut die vier 
Elementen darauff bawen. Denn der Cherub (mit dem bloß⸗ 
hawenden Schwerd) ſtehet dazwiſchen / und wird abſchneiden 
was nicht in Schaf⸗ſtall gehoͤret / du wirft ee 2 3 
aben. 


Cap. 00. Göͤttliches Weſens. 315 


haben. Denn deine Arbeit bleibet im Lande Nod. (in der Selb⸗ 
heit und Ichtheit.) 

xxx. O Cain! ſchawe nur dein Reich an / und gedencke was 
deinem Großvatter Cain begegnet iſt / der diß Reich bawete / 
der da ſchrie: Ach meine Suͤnde ſind groͤſſer / denn daß ſte mir 
moͤgen vergeben werden; da er ſahe / daß er mit ſeinem Reiche 
auſſer GOTT war / in der Hoͤllen Abgrunde. Und wann nicht 
das freundliche Wort Gottes haͤtte wiederruffen / in deme es 
ſprach: Rein / wer Cain erſchlaͤget / der ſoll ſiebenfaͤltig gero⸗ 
chen werden. Und GOTT machte ein Zeichen an ihm / daß ihn 
Niemand erſchluͤge / wer ihn fuͤnde / fo ware er gar verzaget. 
Das ſind wunderliche Worte: So gar iſt Moſis Angeſichte un⸗ 
ter dem Deckel. Denn der Deckel iſt recht die Cainiſche Kirche / 
welche das Reich Chriſti verdecket. 

116. Man ſiehet allhier helle und klar den Grund und Wur⸗ 
tzel der falſchen Cainiſchen Kirchen. Denn Cain hatte ſich zum 
Herin der Welt gemacht / und trawete auff ſich ſelber: Nun 
hatte er aber in ſich ſelber nichts zum Eigenthumb / als das erſte 
und dritte Principium. Denn nach ſeiner Seelen war er im er⸗ 
ſten Principio, wie alle Menſchen / und nach dem Leibe war er 
im dritten Principio, im Reiche dieſer Welt. 

117. Nun ſolte er mit Feiner Seelen aus dem Reiche dieſer 
Welt ins ander brincipium, als ins Vertrawen auff GOT / 
ins Wort der Verheiſſung zu Go TT eingehen / wie Habel thaͤt / 
und mit den Haͤnden im Reiche dieſer Welt arbeiten / pflantzen 
und bawen / aber fein Gemuͤthe ſolte ins Vertrawen in GOTT 
gerichtet ſeyn / und das Reich dieſer Welt GOTT befehlen / und 

ſich darinnen halten als ein frembder Wanders mann / welcher 
nur mit dieſem frembden Leibe in ſeinem Eigenthumb waͤre / 
dem Leibe nach / und der Seelen nach nur ein Frembder darzu 
beſchaͤmter Gaſt / gleich als ein Gefangener darinnen waͤre / 
welches Tichten und Trachten ſeyn ſolte wieder in ſein recht Vat⸗ 
terland / aus welchem er mit feinem Vatter Adam war außgegan⸗ 
gen / einzugehen. Aber er ließ fahren das andere Prineipium, 
das Reich der Himmel / und begab ſich mit ſeiner Seelen gaͤntz⸗ 
lich ins Reich dieſer Welt / darinnen wolte er ein Herꝛ ſeyn: 
Alſo fieng ihn der Zorn. Denn er gieng aus dem Worte der 
Bnaden-verheiffung aus. 

18. Da ſtund das Wort im Centro des Himmels gegen ihme / 
und er ſtund in der Wurtzel der Grimmigkeit gegen dem Worte. 
Denn ſein Geiſt gieng aus der 1 * des Himmliſchen Centrĩ 

2 aus / 


316 Von den drey Printipien Cap. 20. 


aus / und ſtund im Qualle des Urkundes der Schoͤpffung in der 
grimmen Fewers⸗wurtzel / und begehrte die Außgeburth aus 
dem H. Element, welche auch ſtund im Grimme der Anzuͤn⸗ 
dung / als die vier Elementa. a 

119. Und davon entſtund ſein Zorn gegen Habel / daß Habel 
nicht in dieſer Geburt ſtund / und ſein Geiſt wolte Habels Reich 
nicht in ſeinem Reiche leiden. Denn er wolte als Eigen⸗maͤchtig 
in den zweyen Principien, darinnen er ſtundt / herꝛſchen / dar⸗ 
umb erſchlug er Habel. 

120. Aber GOTT wolte das nicht haben / ſondern entzuͤn⸗ 
dete den Zorn in Cain / welcher zuvor im geſchwulen Reiche der 
vier Elementen hatte geruhet / und war nur in groſſer Frewden⸗ 
macht auffgeſtiegen / da ihn Cain nicht erkante / auch davon 
nichts wuſte. Alleine die Eſſentien der Seelen wuſtens / daß ſie 
falſch handelten / aber die Grimme⸗Quaal in der Fewers⸗An⸗ 
zuͤndung wuſten ſie nicht / biß He aus dem Centro Gottes auß⸗ 
giengen in die Falſchheit / da fuͤhleten fie das Zorn fewer mit 
groſſen ſchrecken / zittern und ſchreyen; denn ſte waren von Gott 
aufgegangen / und ſahen noch fuͤhleten nicht mehr die himliſche 
Quaal / darumb verzweifelten ſte / dieweil fie ſich im Zorn⸗quaal 
beſunden; alſo ſchrie der Leib mit allen Eſſentien: Meine 
Suͤnde ſind groͤſſer / als daß ſie mit koͤnten vergeben werden. 

121. Und ſiehet man alhier recht den Spiegel der Hoͤllen⸗Ab⸗ 
grund und ewigen Verzweiflung / wann der Zorn Gottes auff⸗ 
gehet im Quaal / daß ihn die Boßheit ruͤge machet / da gehet an 
zittern / gelffen und ſchreyen / in ſich ſelber an GOTT verzwei⸗ 
feln / da ſuchet die Seele im Reiche dieſer Welt Abſtinentz / und 
findet aber nichts / da verlaͤſt ſie auch das Reich dieſer Welt / 
und lauffet in Urkund / in die Wurtzel der ewigen Gebuhrt und 
fuchet Abſtinentz / findet aber nichtes: Da ſchwinget ſte fich in die 
grawſame Tieffe / vermeinend den Urkund der Abſtinentz / oder die 
Thoren der Einbrechung zu erreichen / ſte faͤhret aber nur über die 
Himmel aus / in das alleraͤuſſerſte / in die grimme Ewigkeit. 

122. Alſo wird ſie dan dem Leibe / darinnen ſie die Bildnuͤſſen 
Gottes hat getragen / Spinnen⸗feind / und lauffet manches 
zum Waſſer / Strick und Schwerd / und ermordet den eib / 
welcher ſte umb die Bildnuͤß Gottes hat gebracht / wegen der zeit⸗ 
lichen Wolluſt / falſcher Zuverſicht / auff ſich ſelbſt vertrawen / 
ſeinen Bruder und Schweſter verachten / ermorden / ihm ſein 
zeitlich Brod nehmen / und ſeinen Bruder und Schweſter auch 
zur Leichtfertigkeit urſachen. 

123. Und 


Cap. 20.  Göttliches Weſens. 317 


123. Und haft du Cainiſche Kirche zu Babel in deinem Auf⸗ 
ſteigen der Hoffart und Eigen⸗macht / auch wolluͤſtigen / ei⸗ 
gen⸗ehrigen Leben alhier einen Spiegel / beſiehe dich nur Darin 
nen. Denn du biſt in Geiſt dieſer Welt eingangen / und haſt 
dir das Reich dieſer Welt zum Himmelreich gemacht / und traw⸗ 
eſt nur auff dich ſelber: du macheſt dich zum Herin übern Ha⸗ 
bel / und zeuchſt nur mit Macht und Liſt das Reich dieſer Welt 
an dich / und macheſt dich zum Patronen darinnen / und geheſt 
darmitte von Gott aus. Du meyneſt du ſeyeſt gleichwol heilig / 
ob du gleich den armen Habel niederdruͤckeſt unter dein Joch / 
und qualeſt ihn Tag und Nacht: Er muß alhier dein Jagt⸗hund 
ſeyn / und du haͤlteſt ihn fuͤr dein Eigenthumb / da du doch nicht ei⸗ 
nen Splitter an ihm haſt / der deine waͤre: du biſt nur ſein Trei⸗ 
ber in Jericho / ſein Moͤrder / der ihn außzeucht / ſchlaͤget und 

124. Frageſtu warumb? Siehe / ich wil dirs ſagen: Du 
biſt Cain / der Herz dieſer Welt / denn du haſt dich ſelber dar zu 
gemacht: So iſt nun Habel dein Knecht / der iſt in dieſe Welt 
eingangen als ein Gaſt. Er ſtehet aber und gebieret aus dieſer 
Welt wieder in ſein Vatterland: den kanſtu nicht leiden / du 
druckeſt ihn zu bodem auff zweyerley weiſe / alles gantz liſtig und 
in eigener Macht. Erſtlich mit deiner gleißneriſchen / falſchen 
Lehre zu Babel / in dem er ſol und muß glaͤuben was du ihm ohne 
Gottes Geiſt fuͤrſchreibeſt / dadurch du nur dein auffgeblaſen 
fett Reich ſtaͤrckeſt / damit zeuchſtu ihn auff einen Weege von 
GOTZ in Geiſt dieſer Welt / daß er auff dein Geſchwaͤtze muß 
ſehen / und thut er das nicht / ſo ermordeſtu ihn mit Habel. 

125. Zum andern haſtu dich zum Herꝛn uͤber ihn geſetzet [und 
haft dir ihn leib⸗ eigen gemacht / und prangeft alſo uber ihn / als 
die ſtoltze Fraw dieſer Welt. Du quäleſt ihn Tag und Nacht / 
und verzehreſt ihm ſeinen Schweiß in Hochmuht / alles nach der 
Rache des Grimmes. Alſo ſtecket er nicht alleine in Finſternuͤß / 
ſondern in groſſem Kummer und Elende / und ſuchet den Weeg 
der Außluͤchte / wie er doch möchte ans Liecht kommen / und den 
Treiber entfliehen. 1 i 

126. Er findet aber in deinen Thoren nichts als den Weeg der 
8 mit Finantz / Liſt / Luͤgen / Trug / auch Geitz / und 

ch außzuwinden / daß er nur unter deinem Joch moͤge leben. 
Und ermordet alſo ſeine arme Seele / auch ſelber unter deinem 
Joche / und trennet ſich alſo vom Reiche Gottes / und begibt ſich 
in Geiſt dieſer Welt / kniet und Po vor deinem Thiere / und 


3 chret 


318. Vonden drey Principien Cap. 20. 
ehret deine ſtoltze Braut / ſo auff deinem Thiere reuthet / wie uns 
der Geiſt Gottes in der Offenbahrung Jeſu Chriſti zeiget. 

127. Alſo ermordeſtu ſtaͤts den armen Habel auff zweyerley 
Art / und giebeſt ihm groſſe aͤrgernuͤß mit deiner Macht und 
Pracht / zeuchſt ihn von GOTT in Geiſt dieſer Welt / da er 
denn ſtock⸗ blind wird / und wil dir immer. nach reuthen / er wil 
immer auff dein Thier ſitzen / und auch ein Herꝛ ſeyn / und über. 
die gebogene Knie reuthen / und iſt das Reich dieſer Welt eine 
rechte Mord⸗grube / und vor GO TT eine Schand⸗grube. 

128. Der Geiſt deines ſtoltzen Thieres iſt der Hoͤlliſche 
Wurm; Die gekroͤnete Braut fo darauff ſitzet / iſt das falſche 
Weib zu Babel / Sie trincket nur aus dem Becher der Hurerey 
und Grewel. Ihr Tranck darinn iſt der grimme Zorn Gottes / 
davon trincken die Voͤlcker und werden kruncken / und werden 
alſo in ihrer Trunckenheit Mörder / Rauber / Diebe / Falſche / 
treuloſe Veraͤchter / Spoͤtter / Auffgeblaſene / Eigen⸗ ehrige / 
Seoͤrrige / Boßhafftige / derer Zahl kein Ende iſt / welche ſich 
untereinander ſelbſt anfeinden. Ein ieder meynet fein Weeg ſey 
der rechte / und gehe auff rechter Bahne; So ſein Bruder und 
Schweſter nicht auch denſelben gehet / ſo verachtet er ihn / heiſſet 
ihn einen Ketzer / und beiſſet ſich alſo ein Wolff mit dem andern. 
Sein Weeg iſt in ſeinem Duͤnckel / wie ihn ſein . erꝛ lehret / wel⸗ 
cher doch nur ſeinen Abgott⸗bauch meynet / daß ſein Glantz groß 
werde vor den Menſchen. Alſo betreugt ein Heuchler den an⸗ 
dern / und ſind Spoͤtter und Verfolger untereinander in ſich 
ſelber / und iſt ein Wolff als der ander; und muß der arme Ha⸗ 
bel / welcher im rechten Vertrawen und Zuverſicht in GOTT 
ſtehet / ſtuͤts nur Fuß⸗hader ſeyn: Er wird immer ermordet auff 
zweyerley Weiſe. i a 

129. Eine Weiſe iſt / daß er betrogen / auch in Babel ein⸗ 
gehet / und am Himmelreich ermordet wird. Die andere / ſo er 
be ſtandig bleibet / fo wil ihn der Teuffel mit Cain nicht dulden / 
und ermordet ihn aͤuſſerlich nach dem Leibe / oder ſeinen guten 
Nahmen und Ehre / und verdecket ihn / daß er nicht erkant wird / 
damit das Reich dem Cain und Antichriſt zu Babel bleibe. Da⸗ 
von wir wol wuͤſten zu ſagen / aus ſelbſt⸗Erfahrung / ſo uns der 
Grimm geliebte: Aber unſerm Habel geſchiehet gar wohl / und 
gehet unſer Spott auff im Lilien⸗Blade / deſſen wollen wir uns 
wohl ergoͤtzen / ſo wir aus Jericho wieder gen Jeruſalem kom⸗ 
men / zu unſerm Vatter Habel. | 
130. Was haſtu ſtoltze Braut zu Babel nun für deine Hufe 

fart 


Cap. 21. Goͤttliches Weſens. 319 
fart vom Geiſte dieſer Welt zu gewarten / daß du ihm alſo trew⸗ 
lich dieneſt? Siehe Dreyerley: Eines / daß dich der Geiſt die⸗ 
ſer Welt verlaͤſſet / und von dir weichet / und reiſſet dir deinen 
ſtoltzen Leib hinweg / und machet ihn zu Aſche und Erden / und 
nimbt dein Gut / auch Macht und Pracht / und gibts einem an⸗ 

dern / und quaͤlet ihn auch eine Zeit darinnen. f 
132. Und denn zum andern / daß er dir alle deine Thaten und 

Fuͤrhaben faffer / und in die Tiäar deiner Seelen ſtellet / und 

deiner Seelen ein ander Wohn⸗ haus darauß machet / damit er 

ſte auch nicht bloß von ſich ſchicke. 

132. Und denn zum dritten / daß er deine Seele hat auß dem 
Himmel in den Wolluſt dieſer Welt gefuͤhret: Alſo laͤſſet er fie 
nun in ihrem Elende gantz nackend und wol beſudelt ſttzen / und 
faͤhtet davon / und fraget weiter nichts wo ſie iſt / oder wie es ihr 
gehe / ob fie gleich in Abgrund der Hoͤllen bleibet Das haſtu 
vom Geiſte dieſer Welt zu gewarten vor deinen Lohn / daß du 
ihm ſo treulich haſt gedienet. ie 

233. Drumb O Cain! ſleuch auß vom Geifte dieſer 
Welt / es iſt ein Jewer darinnen vom Herꝛn vom Him⸗ 
mel / aus der rtzel deß Urkundes; Es wird ange⸗ 
zuͤndet dein geſchwules und heimliches Reich / auff daß 
man dich an allen Orten Bene Du ſolt gantz offen 
ſtehen / mit allen deinen Heimligkeiten: Denn der Geiſt 
der groſſen Welt hat die Tinctur funden / und bluͤhet 
auff ſeiner Roſen im Wunder. 

f Das 21. Capittel. 

Von dem Cainiſchen / und dan auch Habeliſchen Rei⸗ 
che wie die beyde in einander ſind: Auch von ihrem 
Urkunde / Auffgange / Weſen und Trieb / und denn 

von ihrem endlichen Außgauge. f 

Item: 

Von der Cainiſchen⸗Antichriſtiſchen Kirchen / und dann 

auch von der Habeliſchen rechten Ehriftlichen Kir⸗ 
chen / wie dieſe beyde in einander / und gar ſchwer zu 

erkennen ſind. 
| 4 | Item; 


320 Von den drey Prineipien Cap. 21. 
Item: 


Von den mancherley Kuͤnſten / Staͤnden und Ordnun⸗ 

gen dieſer Welt. | 
Item: 

Vom Regenten Ambt / und feinen Unterthanen / wie 
in allem eine Goͤttliche und gute Ordnung ſey / und 

dann auch eine falſche / boͤſe und Teufliſche / da man 
die Göttliche Fuͤrſichtigkeit in allen Dingen ſpuͤret / 
und des Teufels Trug / Liſt und Boßheit auch an 
allen Dingen. an 


dr finden an der Göttlichen uͤrſichtigkeit an allen 
5 Dingen / ſo wohl an allen Kuͤnſten und Standen / 
daß die Weſen dieſer Welt alle gut und nuͤtzlich 
ſind / alleine des Teuffels eingeſaͤete Gifft dariñ / 
das iſt böͤſe. So finden wir auch / daß alle Stände 
aus einem Brunne herruͤhren hoch- und niedrige / und gehet je 
eines aus dem andern / daß alſo die Goͤttliche Fuͤrſichtigkeit allen 
Dingen zu huͤlffe komt / und die ewigen Wunder in allen dreyen 
Principien eröffnet werden: Zu welchem Ende dan auch GOTT 
die Schoͤpffung aller Dinge ans Liecht gebracht hat / welche von 
Ewigkeit in ſich nur im Quallen iſt geſtanden / aber mit der 
Schoͤpffung dieſer Welt iſts ins Wunder geſetzet worden. 

2. So koͤnnen wir ja nun anders nichts reden und ſchreiben / 
als von ſeinen Wundern. Denn deſſen haben wir ein groß Exem⸗ 
pel an Cain / als das Reich der Grimmigkeit nach ſeiner Mord⸗ 
that in ihm auffwachte / und wolte ihn verſchlingen / wie ihme 
GOTT zu huͤlffe kam. Als ihn das Goͤttliche Recht zum Tode 
urtheilete in feinem Gewiſſen / fo ſprach die Goͤttliche Antwort 
dawider: Nein / wer Cain erſchlaͤgt / der ſoll ſiebenfaͤltig ge⸗ 
rochen werden. Mit welchem Spruch der grimme Raͤcher / der 
Hoͤllen Abgrund von ihme getrieben ward / daß Cain nicht ver⸗ 
zagete / und ob er war von GOTT aufgegangen / fo ſtunde doch 
das Reich der Himmel gegen ihme / er mochte umbkehren / und 
in die Buſſe tretten. GOTT hatte ihn noch nicht gar verworffen / 
ſondern feine boͤſe Mord⸗that / und feine falſche Zuverſicht / die 
ver fluchte er / und wolte darinnen nicht ſeyn. N 

3. Denn GO T wiech nicht von Cain / ſondern Cain gieng 
ſelber von GOTZ aus / waͤrt er nun ſtarck im Glauben und Zu⸗ 
. Bir> 


Cap. 1. Goͤttliches Weſens. 321 


verſicht in GOTT geweſen / fo haͤtte er koͤnnen wieder in GOTT 
eingehen / wie er ſich vorm Falle ließ duͤncken / er wolte der Schlan⸗ 
gen den Kopff zertretten. f 

4. Aber da ſahe man / was des Menſchen Vermoͤgen war; 
Haͤtte er den rechten Schlangen⸗tretter gefaſſet / fo waͤre er als⸗ 
bald wieder zu Gott eingegangẽ in des Schlangen⸗tretters Krafft. 

5. Aber Cain hatte Fleiſch und Bluht / und verſtund nicht 
die Meynung vom ewigen Tode / ſondern da er von G Ott geſichert 
war / daß ihn Niemand ſolte erſchlagen / ſo war er wieder frölich/ 
denn die Elfentien feiner Seelen hatten ſich wieder erquicket von 
dem Goͤttlichen Wieder⸗ruffe. Denn die Gnaden⸗thuͤr fund 
gegen ihme offen / er ſolte umbkehren / Gott wolte nicht den 
Todt des Suͤnders. 

6. Und ſiehet man alhier gar ernſtlich / wer des Cains An⸗ 
klaͤger ſey geweſen / als nemlich das Blut Habels / welches von 
der Erden zu Gott ſchrie / und den grimmen Zorn Gottes er⸗ 
rägte über Cain. Als da die Eſſentien der Seelen Habels find 
durch die tieffe Thoren des Zornes zu Gotteingedrungen durch 
den Schlangen⸗tretter / fo haben fie die Fewers⸗wurtzel in Cain 
geruͤget / davon der Zorn auffgewachet iſt. 

7. Als ſich aber der hat wieder geleget durch die Stimme Got⸗ 
tes / ſo hat Cain nicht gewuſt / wie das zugehe / und hat ſeine 
Mord⸗that in eine Ruhe geſetzet / gleich einen der einen heimi⸗ 
ſches Nage⸗huͤndel im finſtern ſitzen hat: iſt aber ſortgefahren / 
und hat ſein gewaltig irꝛdiſch Reich gebawet / und ſein Vertraw⸗ 
en nicht gaͤntzlich auff Gott geſetzet. Denn dieweil er ſahe / 
daß er ſein Brod muſte aus der Erden ſuchen / und ſein Kleid 
von der Erden Kinder nehmen / ſo war es ihm nur umb die 
Kunſt des Suchens zu thun / wie er moͤchte finden / und denn 
umb den Schatz des gefundenen zu beſitzen / daß er immer genug 

haͤtte / dieweil er Gott nicht mehr ſahe. So thaͤte er wie Iſrael / 
welche Moſes aus Egypten fuͤhrete / und als ſie ihn nicht mehr 
ſahen / weil er auff dem Berge war / ſo fingen ſie ihren Reyen und 
falſchen Gottesdienſt an / und fragten nichts nach Moſe. 

8. Alſo bawete nun Cain das irꝛdiſche Reich / und fing an zu 
ſuchen allerley Kuͤnſte; nicht alleine den Ackerbaw / ſondern in 
Metall / und ferners nach den ſieben Geiſtern der Natur / wel: 
ches am Buchſtaben wol zu ſehen iſt / in welchem unſere Schule! 
jene wollen Meiſter ſeyn / aber fie find noch im Grunde nie 
Schuͤler geweſen. 8 

9. Und bewaͤhret ſich trefflich / wie ſte das Liecht der Tinckut 

1 Y 5 haben 


322 Von den drey Principien Cap. 2 1. 


haben in Haͤnden gehabt / darinnen ſie gefunden / aber nicht 
gaͤntzlich erkant / denn der Sünden ſind noch nicht viel auff Er⸗ 
den geweſen. Darumb haben ſich auch die Mylterien nicht alſo 
hart vor ihnen verborgen / und iſt alles leichte erfunden worden / 
ſonderlich von Adam / welcher die Nyſter ien in der Hand hatte / 
und aus den Wundern des Paradeiſes in die Wunder dieſer 
Welt war eingegangen:welcher nicht allein aller Thier Ellentien, 
Art und Eigenſchafft wuſte / ſondern auch aller Kraͤuter und 
Metallen: Er wuſte auch den Grund der Heben freyen Kuͤnſte 
aus den ſteben Geſtalten der Natur / aber nicht alſo gantz auzm 
Grunde / fondern es war der Baum / aus welchem hernach alle 
Zweige und Wurtzeln wuchſen. 

10. Aber die Tieffe im Centro der Gebuhrt hat er viel beſſer 
gewuſt / als wir in unſern Schulen / das bewaͤhret die Sprache / 
daß er allen Dingen hat Namen gegeben / einem jeden nach 
feiner Eſſentz / Art und Eigenſchafft / gleich als haͤtte er in al⸗ 
len Dingen geſtecket / und alle Ellentien probirct / da er daſſelbe 
doch nur von ſeinem Hall / auch Geſtalt des Anſchawens / und 
dem Ruche und Schmacke hat erkaur / und die Metalle im Glaſt 
der Tinctur, und im Fewer / als das noch wohl zu erkennen iſt. 

*r. Denn Adam war das Hertze aller Weſen dieſer Welt / 
erſchaffen außm Urkunde aller Dinge: Seine Seele außm er⸗ 
ſten principio mit dem andern durchleuchtet / und ſein Leib aus 

dem Element aus dem Barm / oder Gebuhrt aus der Goͤttlichen 
Krafft vor Got / welcher war eingegangen in die Ausgebuhrt 
des Elements, als in die vier Elementa, und gaͤntzlich in Geiſt 
dieſer Welt / als ins dritte Principium. Darumb hat er die Tin- 
Gar aller Weſen in ſich gehabt / mit welcher er in alle Eſſentien 
gegriffen / und alles probiret im Himmel / Erden / Fewer / Lufft 
und Waſſer / und alles was darauß iſt erbohren worden. 

12. Alſo hat eine Tinctur die andere gefangen / und hat die 
mächtige die unmaͤchtige probiret / und allen Dingen nach ſeiner 
Eſſentz Namen gegeben. Und das iſt der rechte Grund des Falls 
Adams / daß er iſt aus dem Ewigen in die Außgebuhrt des Zer⸗ 
brechlichen eingegangen / und — angezogen das verwefliche 
Bild / welches ihm GOTZ verbot. 

23. Und ſihet man alhier die zwey ſtarcke Regionen der Ewig⸗ 
keit / welche miteinander ſind im Streit geweſen und noch im⸗ 
mer ſeynd: und bleibet der Streit in Ewigkeit / denn er iſt auch 
von Ewigkeit. Als x. der Grim und 2. die Sanfftmuht: (denn 
fo kein Grimm waͤre / ſo waͤre auch keine e der 

wig⸗ 


Eapır: Goͤttliches Weſens. 323 
wigkeit. Er ſieget aber nach dieſer Welt nur in der Hoͤllen⸗ 
reich / und im Himmel machet er die auffſteigende Frewde.) 

14. Und iſt uns im Liechte der Ratur hoch zu erſinnen und zu 
finden / wie der Grimm die Wurtzel aller Dinge / dar zu des 
Lebens Urkund ſey / in welchem alleine ſtehet die Macht und Ge⸗ 
walt / und aus welchem alleine außgehen die Wunder / und waͤre 
ohne den Grim keinerley Empfindnuͤß / ſondern alles ein Richts / 
wie vorn gemeldet. 2 

15. Und dan ſo befinden wir / wie die Sanfftmußht ſey die 
Krafft und der Geiſt / daß / wo die Sanfftmuht nicht iſt / fo iſt 
der Grimm in ſich nichts / als eine Finſternuͤß und ein Todt / da 
keinerley Gewaͤchſe mag auffgehen / und kan feine Wunder nie 
gebaͤhren oder erzeigen. 

16. Und finden alſo / daß der Grimm ſey die Urſache der Ef- 
ſentien, und die Saufftmuht eine Urſache der Frewden / und deß 
Auffſteigens und Wachſens aus den kſſen tien. Und dan / daß der 
Geiſt werde erbohren mit dem Quellen / oder Auffſteigen aus den 
Eſſentien: und daß alſo der Grimm ſey die Wurtzel des Geiſtes / 
und die Sanfftmuht ſey ſein Leben. 

17. Nun aber mag keine Sanſſtmuht ſeyn ohne das Liecht / 
denn das Liecht machet die Sanfftmuht / und kan auch kein Grim 
ſeyn ohne das Liecht. Denn das Liecht machet ein Saͤhnen in der 

inſternuͤß / und da doch keine Finfternüg iſt / ſondern das 

ahnen machet die Finſternuͤß und den Willen / daß der Wille 
an ſich zeucht / und ſchwaͤngert das Saͤhnen / daß es dicke und 
finſter wird. Denn es iſt dicker als der Wille / darumb beſchat⸗ 
tet es den Willen / und iſt des Willens Finſternuͤß. 

18. Und fo der Wille alſo in Finſternuͤß iſt / ſo iſt er in der 


igſt / denn er begehret aus der Finſternuͤß / und das Begehren 


iſt das Quellen und Anziehen in ſich ſelber / da doch nichts geſpuͤ⸗ 
ret wird als eine grimmige Quaal in ſich ſelber / welche mit ſei⸗ 
nem Anziehen harte und rauhe macht / welches der Wille nicht 
mag erdulden / und erreget alſo die Fewers⸗wurtzel im Blitze / 
wie ba davon der wieder ⸗gefaſſete Wille außm 
Blitze außgehet in ſich ſelber / und zerſprenget die Finſternuͤß / 
und wohnet in der zerſprengten Finſternuͤß / im Liechte / in einer 
lieblichen Wonne / in ſich felter / nach welcher Wonne der Wille 
in der Finſternuͤß immer luͤſtert / davon das Saͤhnen ent ſtehet / 
und iſt alſo ein ewig Band / welches nicht kan auffgeloͤſet 
werden. 
19. So arbeitet nun der Wille Ir zerſprengten Thoren / 
d da 3 


324 Von den drey Principien Cap. z r. 


daß er feine Wunder eroͤffne aus ſich ſelber / wie an der Schoͤpf⸗ 
fung der Welt und allen Creaturen genug zu ſehen iſt. 

20. Daß wir aber alhie den Grund der Gottheit / ſo weit uns 
gebühret und wir erkennen / nicht abermahl gantz ſetzen / achten 
voir. unnoͤtig / du findeſt es vorne bey der Menſchwerdung eines 
Kindes in Mutter Leibe. Wir ſetzens alhier zu dem Ende / das 
Region dieſer Welt zu verſtehen / und geben dem Leſer ſcharff zu 
erkennen und zu verſtehen / wie das Region Gutes und Boͤſes in 
einander ſey / und wie ſolches ein unvermeidlich Weſen ſey / daß 
alſo eines aus dem andern erbohren wird / und eines aus dem 
andern außgehet in ein anders / das es im Anfang nicht war. 
Wie du ſolches magſt erlernen vom Menſchen / welcher in ſeinem 
Anfang / im Willen Mannes und Weibes / als im Limbo und 
in der Matrix in der Tinctur wird empfangen / und geſuͤet in ei⸗ 
nen ir diſchen Acker / da dan die erſte Tinctur im Willen zer⸗ 
bricht / und auffgehet feine eigene aus der aͤngſtlichen Kammer 
der Finſternuͤß und des Todes / aus der aͤngſt lichen Quaal / und 
bluͤhet aus der Finſternuͤß in den zerſprengten Thoren der Fin⸗ 
ſternuͤß / in ſich ſelber / als eine liebliche Wonne / und gebieret 
alſo ſein Liecht aus der aͤngſtlichen Grimmigkeit aus ſich ſelber / 
da dann im Liechte wieder außgehet der unendliche Quaal der 
Sinnen / welche machen einen Thron und Region der Vernunfft / 
welche das gantze Haus regieret / und begehret in das Region 
der Himmel einzugehen / darauß es nicht iſt außgegangen. So 
iſt nun diß nicht der urkundliche Wille / der da begehret in das 
Region der Hiumel einzugehen / ſondern es iſt der wiedergefaſe 
ſete Wille aus dem Quaal der aͤngſtligkeit / durch die tieffe Tho⸗ 
ren zu GOT T einzugehen. 5 N 

21. So dann dem Menſchlichen Geiſte ſolches nicht muͤglich 
war / wie faſt es verſucht war: So muſte GOTT wieder in die 
Menſchheit eingehen / und dem menſchlichen Geiſte helffen die 
Thoren der Finſternuͤß zerſprengen / daß er möchte und koͤnte in 
Goͤttlicher Krafft eingehen. 

22. Nun lebet er in zweyen / welche ihn beyde ziehen und ha⸗ 
ben wollen: als rim Grimmen⸗quaal / welches Urkund iſt die 
Finſternuͤß des Abgrundes / und dann z in der Goͤttlichen Krafft / 
welches Quaal iſt das Liecht und Göttliche Wonne in den zer⸗ 
ſyrengten Thoren der Himmel / wie dan das Wort Hinnnel in 
der Natur⸗ſprache feinen eigentlichen ſcharffen Verſtand hat 
vom Durchdringen und Eingehen / und dan mit der Wurtzel blei⸗ 
den im Stocke der Ewigkeit ſitzen / darinnen recht die Allmacht 
. f 5 ver⸗ 


Cap. 21. Goͤttliches Weſens. 32 5 

verſtanden wird / welches uns Meiſter Fritz wohl nicht glaͤubet / 

— er hat nicht die Erkaͤntnuͤß darinnen / es gehoͤret in die 
ilien. 

23. Alſo wird der Menſch von beyden gezogen und gehalten / 
aber in ihme ſtehet das Centrum, und hat die Wage zwiſchen 
den zwyen Willen / als den urkundlichſten / und dann den wieder 
geſaſſeten zum Himmelreich / und iſt eine jede Schale ein Mach⸗ 
er / der da machet / was er in fein Gemuͤhte laͤſſet. Denn das Ges 
muͤhte iſt das Centrum der Wage / die Sinnen ſind der An⸗ 
gel / welche aus einer Schalen in die ander gehen. Denn eine 
Schale iſt das Reich der Grimmigkeit und des Zornes / und 
die 1 iſt die Wiedergebuhrt in der Krafft Gottes in die 
Hinunel. 

24. Nun ſihe Menſch wie du biſt irꝛdiſch / und dan auch 
Hiurmliſch / in einer Perſon vermiſcht / und traͤgeſt das irꝛdi⸗ 
ſche / und dan auch das Himmliſche Bild in einer Perſon / und 
dan biſtu aus der grimmigen Quaal / und traͤgeſt das Hoͤlliſche 
Bild an dir / welches gruͤnet in Gottes Zorn aus dem Quaal 
der Ewigkeit. 

25. Alſo iſt auch dein Gemuͤhte / und das Gemuͤhte haͤlt die 
Wage / und die Sinnen laden in die Schalen ein. Nun dencke / 
was du einladeſt durch deine Sinnen / du haſt das Reich der 
Himmel in deiner Gewalt. Denn das Wort der Goͤttlichen 
Krafft in Chriſto hat ſich dir zum Eigenthumb gegeben: So 
haſtu das Hoͤlliſche Reich am Zuͤgel in der Wurtzel / und haſts 
aus Natur⸗recht zum Eigenthumb: Auch fo haſtu das Reich 
dieſer Welt nach deiner angenommenen Menſchheit von Adam 
her zum Eigenthumb. 

26. Nun ſiehe was du in dein Gemuͤhte einlaͤſſeſt durch die 
Sinnen. Denn du haſt in jedem Reiche einen Macher / der da 
machet / was du durch die Sinnen in die Schale legeſt / denn 
es ſtehet alles im machen / und biſtu in die ſem Leibe ein Acker / 
dein Gemühte iſt der Saͤeman / und die drey Principia ſind der 
Saame. Was dein Gemuͤhte ſaͤet / deſſen Leib waͤchſet / das 
wirſtu in dir ſelber erndten. So nun der irꝛdiſche Acker zerbricht / 
ſo ſtehet der new⸗gewachſene Leib in Vollkommenheit / er ſey nun 
im Himmel⸗oder Hoͤllen⸗reiche gewachſen. 

27. Aus dieſem magſtu nun erkennen und gruͤnden / wie das 
Reich dieſer Welt ſey erbohren / wie alſo eines im andern ſey / 
und eines des andern Kaſten und Behalter ſey; da doch keine 
Faſſung einiges Dinges iſt / . es iſt alles frey in ſich rent 

Er; 7 und 


326 Von den drey Principien Cap. 2 . 


und der Menſch ſtehet in allen dreyen offenbahr / und erkennet doch 
keines im Grunde / es ſey dann / daß er aus der Finſternuͤß ins 
Liecht werde erbohren / fo kennet derſelbe Quaal die grimme E⸗ 
wigkeit / und dan die Ausgebuhrt aus der Ewigkeit. Aber das 
Liecht vermag er nicht zu erforſchen / denn er iſt damit umbfan⸗ 
gen / und iſt fein Wohnhaus / da er alſo mit dieſem Leibe if in 
dieſer Welt / und mit der Seelen Urkunde im Grimme der 
ewigen Quaal / und mit der edlen Blumen der Seelen im 
Reiche der Himmel bey G O TT. Und iſt recht ein Fürft im 
Himmel und über Hoͤlle und Erden. Denn die grimme Quaal 
ruͤhret ihn nicht / ſondern die Blume macht aus dem Grim⸗ 
men ⸗AQuaal das Paradeiß der hochauffſteigenden Frewden 
im Quelle. 

28. Und ſtheſtu irꝛdiſcher Menſch / wie du alhie in dreyen le⸗ 
beſt / ſo fern ſich aber dein Gemuͤhte in GOTT aneignet: Wo 
ſich das aber nur in Quaal dieſer Welt aneignet / fo ſteheſtu⸗ 
fuͤrm Himmel / und ſaͤeſt mit zweyen Principien, als mit 
dem Geiſte dieſer Welt / und dan mit dem Grimmen ⸗ qual der 
Ewigkeit. b 


Vom Antichriſtiſchen Reiche der Quell⸗Brunn. 


29. D Er Menſch hat dieſe Welt beſeſſen / und ihm ein herꝛ⸗ 

lich Region: erbawet zu feiner Herꝛligkeit / wie für 
Augen. Nun iſt er in dem zwar nicht verdamlich / wiewohl es 
die Urſache der Suͤnden iſt / dieweil ihm GOTT aus Gnaden 
hat ſein liebes Hertze ins Fleiſch geſandt / daß er ſol durch daſſel⸗ 
be wieder aus dem Fleiſche ins Himmliſche eingehen: So muß 
ja nun ſein ttꝛdiſcher Leib Nahrung haben / daß er lebe und ſich 
fortpflantze: Und ſtehen alle Regimenten und Kuͤnſte dieſer 
Welt in dieſer Nohtturfft / welche der irꝛdiſche Leib nicht kan 
entbehren / und wird unter Goͤttlicher Gedult getragen / damit 
die groſſen Wunder offenbahr werden. 

30, Aber das iſt fein verdamliches daß er nur den irꝛdiſchen b 
und hoͤlliſchen Saamen ſaͤet / und laͤſſet den Himliſchen in ſei⸗ 
ner Schewren: Er bleibet fürm Himmel ſtehen / und gehet 
nicht hinein nach dem edlen Saamen / ſondern giebt GOTT gu⸗ 
te Worte / er ſoll ihm gnaͤdig ſeyn und ihn annehmen in ſein 
Reich: und er ſaͤet nur des Teuffels Unkraut in Leib und See⸗ 
le. Was wird dan fuͤr ein newer Leib wachſen? Wird er im 
Himmel im heiligen Element ſtehen / oder im e oder 
ſoll man die Perlen fuͤr die Saͤwe werffen? 5 

37. 


Cap.: 1. Goͤttliches Weſens. 32 
31. So dein Macher in dir nicht die Bildnuͤß Gottes ma⸗ 
f 25 ſondern der Schlangen Bildnuͤß / wie / wiltu dann dein 

hier ins Himmelreich bringen? Meyneſtu GOTT habe Nat⸗ 
tern und Schlangen in den zerſprengten Thoren der Wieder⸗ 
gebuhrt / in der loͤblichen Wonne? Oder meyneſtu / er frage nach 
deiner Heucheley / daß du ihme groſſe ſteinerne Haͤuſer baweſt / 
und treibeſt darinnen deine Heucheley und Pracht? Was fra⸗ 
get er nach deinem Klingen und Singen / ſo dein Hertz ein Moͤr⸗ 
der und Freſſer iſt? Er wil einen newgebohrnen Menſchen ha⸗ 
ben / der ſich in Gerechtigkeit und Gottes ⸗ furcht zu ihme nahet: 
den nimbt der Schlangen⸗tretter in ſeine Arme / und bildet ihn 
zur Himliſchen Bildnuͤß / und der iſt ein Kind der Himmel und 

nicht dein Fuchs. i 

32. Nun fraget ſichs: Warumb Heift man dich den Anti- 
Chriſt? Höre / du biſt der Wieder⸗Chriſt / und haſt dir ein 
gleißend / heuchliſch Reich erbauwet / mit groſſem Anſehen / dar⸗ 
innen treibeſtu deine Heucheley: Du fuͤhreſt Gottes Geſetze 
auff deiner Lippe / und lehreſt das: aber mit deiner Krafft und 
That verleugneſtu das. Dein Hertz iſt nur in Geiſt dieſer Welt 
gerichtet: dein Reich der Gleißnerey iſt nur zu deiner Ehre ges 
richtet / daß du ſcheinheilig ſeyeſt / man muß für dir die Knie 
beugen / als waͤreſtu der Chriſtus / und du haſt ein geitzig 
Wolffs⸗hertze. % 

33. Du ruͤhmeſt dich der Schluͤſſel des Himmelreichs / und 
biſt ſelber im Abgrunde: dein Hertze hanget am Schluͤſſel / und 
nicht am Hertzen Gottes: du haſt deinen Schluͤſſel im Geld⸗ 
kaſten / und nicht in Thoren der Durchbrechung ins Vertrawen 
in GOTT: Du macheſt Geſetze / und haͤlteſt ſelber keines / 
und dein Geſetze iſt ſo viel nuͤtze als der Thurn zu Babel / wel⸗ 

cher ſolte in Himmel reichen; alſo erreicht dein Geſetz auch 
den Himmel. 

34. Du beteſt vor Go / aber in deinem Wolffs⸗thier: 
der Geiſt dieſer Welt nimbt dein Gebet auff / und nicht GOTT. 
Denn dein Hertz iſt ein Freſſer / und es faͤhret in den Freſſer: 
Du begehreſt nicht mit Ernſte in GOTT einzugehen / ſondern 
nur mit dem Hiſtoriſchen Heuchleriſchen Munde / und dein 
Hertze dringet nur mit Ernſte in Geiſt dieſer Welt: du be⸗ 
gehreſt nur viel zeitlich Gut und Ehren / darzu Macht und 

Gewalt in dieſer Welt / darmit zeuchſtu das Region dieſer Welt 
an dich. f 
35. Du druͤckeſt den Elenden nieder / und zwingeſt 15 17 


328 Von den drey Principien Cap. 2 1. 


Noht / und macheſt ihn leichtfertig / daß er deinem Thier nach⸗ 
laͤufft / und ſich an dir vergafft / und auch ein Diener des Wie⸗ 
der⸗Chriſts iſt: Dein Thier / darauff du reutheſt / iſt deine Staͤrc⸗ 
ke und Macht / die du dir ſelber nimbſt: Du maͤſteſt dein Thier 
mit der Fettigkeit der Erden / und ſteckeſt in das des Elenden 
Schweiß: es ſtecket voll Thraͤnen des Elenden / welches Seuff⸗ 
Ken dringet durch die Thoren der Tieffe zu GOT / und erreget 
mit ſeinem Eindringen den Zorn Gottes in deinem Thier / gleich 
wie Habels Blut den Zorn in Cain. 
36. Alſo komſtu nun auff deinem ſtoltzen Roſſe einher getra⸗ 
bet / und tritſt fürs Himmels Thuͤr / und begehreſt Abſtinentz / 
und biſt in deiner Figur ein Wolff. Was wirds Petrus darzu 
ſagen? Meyneſtu / er gebe dir deß Himmelreichs Schluͤſſel? O 
Rein / er hat keinen für die Woͤfffe / er hat nur einen fuͤr ſich / 
er hat nie keinen gehabt weg zu leihen. 
37. Wiltu in Himmel / ſo muſtu deinen Wolff ausziehen / 
und in einen Lambs ⸗peltz kriechen / nicht mit Heucheley in ei⸗ 
nen Winckel / Kloſter oder Wildnuͤß / ſondern mit Ernſt in 
die newe Wiedergebuhrt / und dein Liecht muß in Gerechtigkeit 
und Barmhertzigkeit leuchten wider das Reich des Teuffels / 
und ihme mit ſanfften Wolthun gegen den Bedraͤngten / ſein Neſt 
zerſprengen. | 
38. Höre du Wieder⸗Chriſtiſcher Spoͤtter / es iſt nicht ge⸗ 
nug / daß du ſteheſt und ſprichſt: Ich habe den rechten Grund 
der Erkaͤntnuͤß zum Himmelreich: Ich habe die wahre Reli- 
gion funden / und richteſt den / fo deine Erkaͤntnuͤß nicht hat / 
oder deiner Meynung nicht Beyfall gibt. Du ſprichſt: Er ſey ein 
Ketzer und des Teuffels / und du biſt ein Wolff / und verwirreſt 
nur mit deinem Grimme die Schafe / und macheſt ſie laͤſterend / 
daß auch der laͤſtert / ſo weder dich noch ihn kennet / wie die E⸗ 
xheſer über Paulum. Meyneſtu du habeſt hiemit den Wolff ver⸗ 
jaget / oder haſtu nicht einen Hauffen junge Laͤſter⸗Woͤlffe ge⸗ 
bohren / die gauchtzen und ſchreyen / und ein jeder wil freſſen / 
und wiſſen doch nicht wo das boͤſe Thier iſt / ohne das / das das 
allerbofefte iſt / das fie gebohren hat. O blinde Babel! das 
Reich Chriſti ſtecket nicht darinnen / ſondern der Laͤſteriſche An- 
ti Chtiſt zu Babel der Verwirrung. 5 
39. Aber was fol man ſagen? der Teuffel machets nicht an⸗ 
derſt / wenn man ſein Reich an einem Ohrte anhebt zu ſtuͤrmen / 
ſo blaͤſet er den Sturm in allen auff: in den Kindern Gottes 
wird getrieben der Geiſt der Straffe / und in den Thieriſchen 


elt⸗ 


Cap. 1. Goͤttliches Weſens. 329 


Welt⸗Menſchen blaͤſet der Teuffel auff eitel hoͤniſche Spoͤtte⸗ 
rey / denn ſie haben Chriſti Reich in der Hiſtoria, und des Teu⸗ 
fels Reich in ſich zum Eigenthumb. h 

40. Was hilfft dich deine Wiſſenſchafft / du Wieder⸗Chriſt / 
daß du weiſt vom Himmelreich / vom Leiden und Tode Chriſti / 
und von der Rewen⸗Gebuhrt in Chriſto zu reden / ſo du auſſer 
derſelben in der Hiſtorien ſteheſt? wird nicht deine Wiſſen⸗ 
ſchafft ein Zeugnuͤß über dich ſeyn / die dich richten wird? Oder 
wiltu ſagen / du ſeyeſt nicht der anti · Chriſt zu Babel? du biſt 
ja der Heuchler / und maͤſteſt dein boͤſes Thier je länger je groͤſ⸗ 
ſer / und du biſt der Freſſer in der Offenbahrung Jeſu Chriſti / 
du wohneſt nicht alleine zu Rom / ſondern du haſt die Breite 
der Erden beſeſſen / ich habe dich im Geiſte geſehen / darumb 
ſchreibe ich von dir / du Wunder der Welt / des Himmels und 
der Hoͤllen. N 

41. Alſo hat dieſes Reich feinen Anfang mit Cain genom⸗ 
men / und hat ſeinen Grund vom Teuffel / der ein Spoͤtter Got⸗ 
tes iſt / denn der Teuffel begehret nur ſtarck und maͤchtig Auff⸗ 
ſteigen in eigner Gewalt uͤber die Thronen der Himmel. Er 
kan aber nicht hinein / darumb iſt er alſo boßhafftig / und ſei⸗ 
ne Quaal ſtehet in der Angſt nicht zur Gebuhrt / ſondern zur 
Fewers⸗Quaal. 


Vom Reiche Chriſti in dieſer Welt. 


41. MM Eil dan nun der Menſch war in Geifte diefer Welt 
9 1 eingegangen / und hatte nun alle Porten innen / als das 

Himmelreich / ſo wol der Hoͤllen⸗Reich / und auch dieſer Welt 
Reich / und muſte alſo in der Quaͤtſche zwiſchen Himmel und die⸗ 

ſer Welt leben / da der Teuffel einen Spoͤtter nach dem andern 
erweckete / welcher das Reich der Grimmigkeit auffzoch / und 
immer wider die Kinder Gottes erregte; daß alſo Tyrannen / 
— viehiſcher Bluht⸗Schaͤnder / die Welt voll ward / auch 
Mörder und Diebe / dieweil der Geitz war gewachſen / fo war das 
Regenten⸗Ambt das allernuͤtzlichſte / das mit Gewalt den Gott⸗ 
loſen Treiber wehrete. 

43. Und ſiehet man wie die Göttliche Fuͤrſichtigkeit ſey dem 
Reiche dieſer Welt zu huͤlffe kommen / und durch den Geiſt die⸗ 
ſer Welt Regenten erwecket / welche Straffe geuͤbet. Aber der 
Geiſt Gottes klaͤget uͤber fie / daß fie Tyrannen find worden / 
welche mit Gewalt alles unter ſich drucketen. Und wolte nun nicht 
Habels Kirche in der Liebe darinnen beſtehen / ſondern die pas 

er 


330 Von den drey Principien Cap. 21 
ke Macht Gottes / zu unterdrucken den Hbelthäter, 

44. Zwar die Richter und Könige / fo wol Fuͤrſten und 
Regierer ſind Gottes Ambt⸗Leute im Hauſe dieſer Welt / 
welche GO T T wegen der Suͤnden geſetzt hat / daß fie fol- 
ten ſcharff ſchneiden / damit dem Treiber des Gottloſen ge⸗ 
wehret werde. ö 

45. Und iſt ihr Stand im Urkundt der Weſen aller Weſen. 
fundiret / da GHTT im Anfang die Thronen nach feiner ewi⸗ 
gen Weißheit erſchuff / da denn im Himmel / fo wol auch in der 
Hoͤllen / Thron⸗Fuͤrſten ſind / und alſo ein Region nach den 
ſteben Geiſtern der ewigen Natur / davon alhie nicht viel zu 
ſagen iſt. Denn die Welt haͤlts vor unmuͤglich zu wiſſen / 
da doch ein Geiſt in GOT T gebohren / ins Himmel⸗Reich 

ruͤndet. i 
; 46. Aber ein rechter Richter / der da richtet nach Gerechtig⸗ 
keit / iſt Gottes Statthalter / im Reich dieſer Welt: damit 
ſich nicht duͤrffe allzeit fein Grimm ausgieſſen uͤber die Boͤlcker / 
ſo hat er ihnen das Schwerd in die Haͤnde gegeben / zu ſchuͤtzen 
den Gerechten / und zu ſtraffen den Falſchen / und ſo er das mit. 
Ernſte thut in Gottes⸗furcht / und nicht nach Gunſt / ſo iſt er 
im Himmelreich groß / denn er führer zur Gerechtigkeit / und 
leuchtet wie die Sonne und Mond uͤber die Sternen. 5 
47. So er aber ein Tyrann iſt / der ſeinen Unterthanen nur 
das Brod friſſet / und feinen Hut nur mit Hoffahrt ſchmuͤcket / 
u unterdrucken den Elenden der nur nach Geitz trachtet / und. 
en Elenden nur für feinen Hund achtet / und ſein Ambt nur in 
Wolluſt ſetzet / und nicht wil hoͤren den Bedraͤngten / ſo iſt er ein 
auffſteigender Quaal⸗Fuͤrſte / und Regent im Reiche des An- 
ti · Chriſts, und gehoͤret unter die Tyrannen / und reuthet auff des 
Anti Chriſts Pferde. | 
48. Und iſt uns nun zu entſinnen / wie die rechte Chriſt liche 
Kirche alſo mit der Cainiſchen Antichtiſtiſchen umb fangen ſey / 
und in dieſer Welt in einem Reiche lebe. Gleich wie das erſte 
Principium alles umbſchleuſt / und doch nicht kan faſſen oder hal⸗ 
ten / ſondern das Reich der Himmel wird von Ewigkeit aus dem 
Zorn außgebohren / gleich wie eine ſchoͤne wolriechende Blume 
aus der wilden Erden. 
459. Alſo auch ſtehet die heilige Kirche in der Antichriſtiſchen / 
da ihr zween mit einander gehen vor GO T zu bethen / einer 
wird von Gott angenommen / der ander vom Geiſte dieſer Welt. 
Eine jede Bildnüß gehet in feine Region. 45 
98. Es. 


Cap. 1. Goͤttliches Weſens. 33 K 


50. Es iſt nichts heimlichers in dieſer Welt als das Reich 
Chriſti / und iſt auch nichts offenbahrlichers / als das Reich 
Chriſti: und geſchiehet offte / daß der da meynet er habe es / und 
lebe darinnen / der hats nicht. Er hat das Reich des Anti-Chriſts, 
und iſt ein Heuchler und Spoͤtter / darzu ein Moͤrder / und hat 
der Schlangen Figur: auch fo ift fein De nur ein geitzig 
Wolffs ⸗hertze / und ſtehet nicht in der Engliſchen Figur, 

52. Dagegen ſtehet mancher in groſſen aͤngſten und Verlan⸗ 
gen darnach / und gebiehret gantz aͤngſtlich / und wolte es gerne 
haben: So rauſchet der Teuffel uͤber ihn her / erwecket offte 

Zorn und Widerwillen / auch uͤberſchuͤttet er ihn wol mit gro⸗ 
ben Suͤnden / daß er ſich ſelber nicht kennet / da gehet dan Zwei⸗ 
fel und Ungedult mit unter. Aber ſein Hertze ſtehet immer in 
aͤngſten / und wolte gerne aus der Boßheit / und treibet immer 
zur Abſtinentz / offte mit Schmertzen / Saͤhnen und Verlangen: 
So haͤlt ihme dan der Teuffel feine Sünde für / und verriegelt 
ihme die Thuͤr der Gnaden Gottes / daß er ſoll zweifeln. d 

52. Aber er ſaͤet in ſeiner truͤbſeligen Angſt die Perlen / und 
der Teuffel verdeckt es ihme / daß er ſie nicht kennet / und kennet 
ſich ſelber nicht. Er ſaͤet ins Reich Gottes / und kennet nicht 
ſeinen Saamen / ſondern nur den Saamen der Suͤnden und 
des Treibers. ö 

53. So williget er nun nicht in die Suͤnde / die er doch ſel⸗ 
ber thut / ſondern der Teuffel mit feiner Rotte uͤberſchuͤttet ihn / 
daß der Adamiſche Menſch im Zorn thut / was der newge⸗ 
bohrne im heiligen Element nicht wil: So ers nun thut / ſo 
9 — der newe Menſch in der Bildnuͤg / ſondern der al⸗ 

im 


54. Darumb iſt ein ſtaͤter Streit in ihme / und lauffet im⸗ 
mer zur Buſſe / da doch der Menſch im Zorne nicht mag die Lilien 
erreichen / ſondern der Verborgene. N 
55. Darumb ſtehet er offte in Zweiffel und Ungedult / und iſt 
ein groſſer Streit in einem ſolchen Menſchen / und kennet ſich 
nicht: Er kennet und ſtehet nur feine Baßheit / und iſt doch in 
GT T gebohren. Denn fein Geiſt zerſprenget ſtaͤts die Thoren 
der Finſternuͤß: So haͤlt ihn dann der Zorn in ihme / daß er 
nicht kan eingehen / ohne daß er bißweilen einen Blick erreichet / 
davon die Seele froͤlich wird / und die edle Perle geſaͤet gantz 
in einen finſtern Thal. 
56. So er ſich dan erinnert des fuͤſſen Vorſchmacks der Per⸗ 
leu / ſo er je gekoſtet hat / ſo wil die Seele hindurch / und 1 


332 Von den drey Principien Cap. 21. 


die Perlen; So komt der ſchwartze Geiſt / und verdeckts ihme / 
da gehet dan Sturm und Streit an umb die Perle / ein jedes 
wil recht haben: Die Seele wil ſie haben / ſo verdecket ſie der 
Teuffel / und wirfft ihr den Grim̃ und die Sünde dafür hin / fie 
ſoll ſich darinn beſchawen. Da faͤllet denn offte Schwachheit und 
Nachlaͤtigkeit ein / daß die arme Seele matt / ſchwach / und furcht⸗ 
ſamb wird / und ſitzet alſo in der Stille / und dencket immer 
auff einen andern Weeg nach Abflineng / wie fie möchte die 
Perle bekommen. 

57. Aber der Treiber iſt ein Kuͤnſtler / und komt alsdan 
mit dem Region dieſer Welt / mit weltlicher Fleiſches⸗Luſt / 
mit zeitlichen Ehren und Reichthumb / und haͤlts der armen 
Seelen für / fie ſoll an ſeine ſawre Aepffel beiſſen. Alſo fuͤhret 
er manche eine geraume Zeit an ſeiner Ketten in Gottes Zorn 
gefangen. 

58. So aber das edle Senf⸗korn geſaͤet iſt / fo huͤtet deß die 
edle Jungfraw Gottes / und erinnert die arme Seele immer⸗ 
dar / ſte ſoll zur Abſtinentz lauffen / und mit dem Teuffel in Streit 
ziehen. O ein wunderlicher Weeg iſt es doch mit den Kindern 
Gottes in dieſem elenden Fleiſch⸗Hauſel da es doch die Vernunfft 
der Gleißner weder ſaſſen noch glauben kan / alleine der es er faͤh⸗ 
ret der weis es. a 

59. Wiewohl die theure Erkaͤntnuͤß nicht iſt / es ſey dan daß 
er eines im Sturm geſteget / und den Teuffel niedergeſchlagen / 
daß die Seele die Himmels⸗Pforten eines hat ergriffen / daß fie 
das Ritter⸗Kraͤntzlein bekemt / welches ihr die holdſehlige 
Jungfraw der Zucht auffſetzt zu einem Sieges⸗zeichen / daß ſie 
in ihrem theuren Ritter Chriſto hat geſieget; da gehet auff die 
Wunder⸗Erkaͤntnuͤß / aber mit keiner Vollenkommenheit. 

60. Denn der alte Feind iſt liſtig und ſtarck / er ſetzet immer 
wieder an die Seele / wie er die mag betruͤben und betriegen; kan 
er fie nicht mit Sünden überhäuffen/ ſo faͤhet er einen aͤuſſer⸗ 
lichen Krieg wider fie an / und erreget die Kinder der Boßheit 
wider fie / daß fie die verachten / ſpotten / hoͤnen / und alles übels 
anthun / daß fie ihr nachſtehen / nach Leib und Gut / ſte ſcher⸗ 
tzen / ſchmaͤhen / laͤſteren / und als ein Feg⸗Offer der Welt hal⸗ 
ten / 1 Cor. 4. 13. Sie werffen ihr vor ihre Unvolkommen⸗ 
heit; ſtraffet ſie ihre Laſter und Ungerechtigkeit / ſo muß ſie ein 
Heuchler ſeyn. a 

61. Solches thun ihr nicht alleine die Kinder der Boßheit / 
ſondern der Teuffel fuͤhret offt die arme Seelen der Kinder 3 


Cap. 21. Goͤttliches Weſens. 333 


tes an ſeiner Ketten wider fie / daß fie aus Blindheit raſende toll 
werden / wie Saulus zu Jeruſalem uͤber Stephanum / Actor. 7. 
Alſo muß die arme Seele in Dorn und Diſtelen baden / und 
immer gewaͤrtig ſeyn / wan ihr der Sturm der boͤſen Welt den 
Leib hinraffet. 


Die Ritterliche Porte der armen Seelen. 


62. N Un ſpricht die Vernunfft: Was iſt dan der armen See⸗ 

len zu rahten / daß fie thue in dieſem Dorn und Diſtel 
Bade: Siehe wir wollen dir zeigen der Jungfrawen Rath / als es 
dan uns zu einem ritterlichen Troſt iſt gegeben worden / und ſol⸗ 
ches uns ſelber zu einem ſtarcken Memorial. Schreiben / denn wir 
ſolches ſelber mächtig beduͤrffen: So wir denn nun ſchon zim⸗ 
liche Weile in dieſem Dorn und Diſtel Bade geſchwitzet / darin⸗ 
nen wir auch dieſes Kraͤntzlein erlanget / drumb wir dan nicht 
ſtum̃ ſeyn ſollen / ſondern dar ſtellen der Jungfrawen Geſchenc⸗ 
ke / wider alle Porten des Teuffels. 

63. Siehe du arme Seele in deinem Dornen⸗ bade / wo Kiffer 
daheim? Biſtu in dieſer Welt daheime? Warumb ſucheſtu 
nicht der Welt Gunſt und Freundſchafft? Warumb trachteſtu 
nicht nach zeitlichen Ehren / nach Wolluſt und Reichthumb / auff 
daß dirs in dieſer Welt wolgehe: Warumb macheſtu dich zum 
Narren der Welt / und biſt jedermans Eule und Fußhader? 
Warumb laͤſſeſtu dich dieſe verachten / welche weniger find und 
wiſſen als du? Moͤchteſtu nicht auch mit dem Gleißner einher 
traben / fo waͤreſtu lich] und geſchaͤhe dir kein Leid / du waͤreſt 
deines Leibes und Gutes ſicherer / als auff dieſem Weege / in de⸗ 
me du nur der Welt Eule und Narꝛ biſt. ö 

64. Aber meine liebe Jungfraw ſpricht: Du mein lieber Buh⸗ 
le / den ich erwehlet habe / gehe mit mir / ich bin nicht von dieſer 
Welt / ich wil dich auß dieſer Welt fuͤhren in mein Reich / da iſt 
eitel ſanffte Ruhe und Wolthun / es iſt in meinem Reiche eitel 
Frewde / Ehre und Heraligfeit: Es iſt kein Treiber darinnen: 
Ich wil dich ſchmuͤcken mit GOttes Herꝛligkeit / und dir anziehen 
meinen ſchoͤnen Schmuck: Ich wil dich zum Herꝛn machen im 
Himmel) und zum Richter über dieſe Welt: Du ſolſt helffen ur⸗ 
theilen den Treiber in ſeiner Boßheit: Er ſoll liegen zum Schem⸗ 
mel deiner Fuͤſſe: Er ſoll nicht auffthun feinen Rachen gegen dir / 
ſondern ſoll ewiglich verriegelt ſeyn in ſeinen grimmen Thoren: 
Du ſolt eſſen von meinem Tiſche: Es ſol keine Mißgunſt oder 
Mangel ſeyn: Meine Frucht iſt ſuͤſſer und lieblicher 5 ei 

| rucht 


334 Von den drey Principien Cap. 21. 
Frucht dieſer Welt / dir wird davon nimmer wehe. Alle dein 
Gebaͤhren ſol ſtehen in freundlichen Lachen und holdſeligen Ge⸗ 
ſpraͤche: Vor dir wird erſcheinen eitel Demuͤthigkeit in groſſer 
Liebe. Sind doch deine Geſpielen alſo ſchoͤne / du ſolt an allen 
Frewde haben: Warumbachteſtu das zerbrechliche Leben? Du 
ſolt eingehen in ein unzerbrechliches / das ewig waͤhret. 

65. Aber ich habe ein kleines wider dich: Ich habe dich außge⸗ 
zogen auß dem Dorn⸗bade / da du ein wildes Thier wareſt / ſo 
hab ich dich zu meiner Bildnuͤß figuriret. Nun ſtehet dein wildes 

Thier im Dorn⸗ bade / das nehme ich nicht in meine Schoß / du 

ſteheſt noch in deinem wilden Thier: Wann nun die Welt dein 

wildes Thier / welches ihr iſt / nimmet / ſo wil ich dich nehmen: 
So nimbt ein jedes das ſeine. 

66. Was haͤlteſtu das wilde Thier alſo lieb / das dich nur be⸗ 
truͤbet? darzu kanſtu das nicht mit dir nehmen. Es iſt auch nicht 
deine / ſondern der Welt / laß die Welt darmit machen was ſie 
wil / bleib du an mir. Es iſt noch umb ein kleines / ſo zerbricht 
dein Thier / ſo biſtu loß / und bleibeſt bey mir. i 

67. Ich habe aber auch ein Geſetz in meiner Liebe / und be⸗ 
gehre nicht alleine dich / ſondern auch deine Bruͤder und Schwe⸗ 
ſtern in der Welt / welche noch ein Theil unwiedergebohren ſind / 
welche der Treiber gefangen haͤlt. Du ſolt deine Perle nicht ver⸗ 
ſtecken und vergraben / ſondern ihnen zeigen / auff daß fie auch 
kom̃en in meine Arm / dein Mund ſoll nicht zugeſchloſſen ſeyn / 
du ſolt tretten in mein Geſetze / und ſagen die Wahrheit. 

68. Und ob dich der Treiber umbfaͤngt / und wil mit dir fort / 
ſo iſt doch deinem Thier ein Ziel geſtecket / wie weit das gehen 
ſoll; der Treiber kans nicht eher zerbrechen / als an ſeinem Ziel: 
und ob ers zerbricht / ſo geſchichts doch nur zu Gottes Wunder⸗ 
that / und dir zum beſten. Alle deine Kraͤllen (das iſt Strie⸗ 
men und Wunden) im Dorn⸗bade / ſollen dir ſtehen zu einem 
ſchoͤnen Zeichen deiner Ritterſchafft in meinem Reiche / du ſolt 
deſſen groſſe Freude vor Gottes Engeln haben / daß du den 
Treiber verachtet und aus einer wilden Gebuhrt in eine Eng⸗ 
liſche biſt eingegangen. Wie wirſtu dich erfreuen / ſo du denckeſt 
an dein wildes Thier / das dich kraͤnckete Tag und Nacht / und 
nun davon erlediget biſt. 

69. So dir denn groſſe Ehre fuͤr Schmach entgegnet / war⸗ 
umb traureſtu? Steig aus als eine Blume aus der Erden aus 
deinem wilden Thier. Oder du wildes Thier / meyneſtu mein 
Geiſt ſey toll / daß er dich verkleinert und geringe gr 1 

prichſt: 


Cabal. Gzaliches Wesens. 333 


ſprichſt: Ich bin ja dein Thier / und in mir biſtu gebohren / wäre 
ich nicht gewachſen / ſo waͤreſtu auch nicht. Hoͤre mein Thier / ich 
bin groͤſſer als du / da du ſolteſt werden / war ich dein Werck⸗ 
meiſter: Meine Eſſentien ſind aus der Wurtzel der Ewigkeit / 
du aber biſt von dieſer Welt / und zerbrichſt / ich aber lebe in mei⸗ 
ner Quaal ewiglich / darumb bin ich viel edler als du. Du lebeſt 
in grimmer Quaal: Ich aber wil meine grimme Quaal ins Liecht / 
in die ewige Freude ſetzen: Meine Wercke ſtehen in Kraſt / und die 
deine bleiben in der Figur. So ich deiner eins loß werd / ſo neh⸗ 
me ich dich nicht wieder zu meinem Thier an / ſondern meinen 
neuen Leib / welchen ich in dir gebaͤhre / in deiner tieffſten Wur⸗ 
tzel des heiligen Elements. Ich wil deine rauhe Ausgaͤnge der 
vier Elementen nicht mehr haben / der Todt verſchlinget dich: 
Ich aber gruͤne mit meinem neuen Leibe aus dir / als eine Blume 
aus ſeiner Wurtzel. Ich wil deiner vergeſſen / denn Gottes 
Heriligkeit / welcher dich mit der Erden verfluchete / hat meine 
Wurtzel in ſeinem Sohne wieder gepfropfet / und mein Leib 
waͤchſet im heiligen Element vor GOTT: Darumb biſtu nur 
mein wildes Thier / das mich alhier kraͤncket und plaget / auff 
welchem der Teuffel reuthet / als auff ſeinem verfluchten Pferde. 
Und ob dich die Welt ſpottet / deß achte ich nichts / ſte thuts umb 
meinent willen / kan ſie mich doch nicht ſehen / und kennet mich 
nicht / warumb iſt ſie dan alſo tolle? Sie kan mich nicht ermor⸗ 
den / denn ich bin nicht in ihr. i 5 
70. Aber was ſoll der Geiſt ſagen / du tolle Welt / biſtu doch 
mein Bruder / meines Geiſtes Eſſentien ruͤgen dich: Gehe auß 
aus deinem Thier / ſo wil ich mit meinem Geſpielen in Roſen⸗ 
Garten gehen / in die Lilien Gottes. Warumb bleibeſtu dahin⸗ 
den / und laͤſſeſt dich den Teuffel halten / iſt er doch dein Feind? 
Er trachtet nur nach deiner Perlen / kriegt er die / ſo iſt dein 
Geiſt ein Wurm und Thieres⸗Figur: Warumb laͤſſeſtu dir 
die Engliſche Bildnuͤß nehmen umb zeitlicher Wolluſt willen? 
Iſt doch deine Wolluſt nur in dem zerbrechlichen Thier / was 
hilfft das deine Seele? Sie wird ewig Rewen dafuͤr bekommen / 
geheſtu nicht aus. 
7r. Oder was ſoll der edle Ritter Chriſtus darzu ſagen: Hab 
ich nicht dein wildes Thier zerbrochen? Bin ich nicht in Todt ge⸗ 
gangen / und habe von deiner Seelen abgeſchnitten die vier Ele- 
menten, darzu die Boßheit des Teuffels / und habe deine Seele 
gepfropffet in meine Krafft / daß dein Leib foll wieder grünen aus 
me iuem Leibe / aus dem heiligen Element vor GOTT ? Und Br 
en 


336 Von den drey Principien Cap. 22 


be mich mit dir verbunden mit meinem Geiſt? Habe ich nicht 
einen Bund mit dir gemacht / daß du ſolteſt mein ſeyn? Habe 
ich dir nicht meinen Leib zur Speiſe / und mein Blut zum Tranck 
gegeben? Habe ich dir nicht meinen Geiſt zum Gleidtsman ge⸗ 
geben / und mein Reich zum Eigenthumb beſchieden? War⸗ 
umb verachteſtu mich und geheſt von mir aus / du laͤuffeſt den 
Woͤlffen und Hunden nach / und heuleſt mit ihnen / und ſucheſt 
nur Zorn / wie du moͤchteſt beiffen / du friffeft nur die Grimmig⸗ 
keit. Was ſoll ich ſagen? Ich habe in meinem Leiden und Tode 
durch meine Wiedergebuhrt kein ſolch Thier gebohren / darumb 
wil ichs auch nicht haben / es werde dann in mir wieder newge⸗ 
bohren / zu einer Engliſchen Bildnuͤß / ſo ſolls ewig bey mir ſeyn. 


Das 22. Capittel. 


Von der neuen Wiedergebuhrt in Chriſto aus dem 
alten Adamiſchen Menſchen. 


Die Blume des heiligen Gewaͤchſes: 


Die edle Porte der rechten / wahren Chriſtenheit. 

1. Je weil wir biß daher haben geſchrieben / von dem 

Er Urkunde der Weſen aller Weſen / wie alles ſei⸗ 

nen Anfang nimt; auch angezeiget das Ewig⸗ 

bleibliche / und auch das Veraͤnderliche / ꝛc. So 

wollen wir nun ferner anzeigen / was dem Men⸗ 

ſchen das allernuͤtzlichſte im Thun und Laſſen ſey. Darinnen wir 

dann wollen anzeigen / was Gott durch fein ewiges Wort jemals 

geredet / durch ſeinen heiligen Geiſt durch Moſen und die Pro⸗ 

pheten / ſo wohl was der Mund Chriſti und ſeine Apoſtel geredet 

haben / was GOTZ wil von uns Menſchen gethan und gelaſſen 
haben. 

2. Dieweil wir arme Adamiſche Menſchen ſeynd mit unſerm 
Vatter Adam und unſerer Mutter Heva außgegangen / auß dem 
unzerbrechlichen und unverwelcklichen Erbe / aus unſerm rech⸗ 
ten Vatterlande in eine frembde Herberge / darinnen wir 
nicht daheim ſind / ſondern nur ein Gaſt / und darinnen wir 
in ſo groſſem Elende muͤſſen immer warten / wann uns der 
fremde Würth auß ſtoͤſſet / und uns all unſer Haabe / Thun und 
Vermoͤgen raubet; daß wir alſo wohl recht in einem tieffen 
Jammer⸗Meer ſchwimmen und in einem frembden Dorn⸗ 
und Diſtel⸗bade baden / und wiſſen gantz gewiß / ſehen 1 

taͤgli 


Cap. Gijzttliches Weſens. 347 


taglich für Augen / daß wir nun Pilgrims⸗leute in dieſer 
Herberge ſind / die immer muͤſſen warten / wann der Zerbrecher 
komt / und nimbt uns Hertze / Sinn / Muht / auch Fleiſch / 
Bluht und Guht ꝛc. So thut uns ja Noth / daß wir den Weeg 
zu unſerm rechten Vatterlande lernen kennen und wiſſen / daß 
wir dem groſſem Jammer und Elende moͤgen entfliehen / und 
eingehen in eine ewige Herberge / welche unſer eigen iſt / da uns 
Niemand mag außtreiben. 

3. Weil aber derfelben Herbergen zwo find / welche ewig oh⸗ 
ne Ende und Austreibung ſind ; und eine in ewiger Freude / in 
groſſer Klarheit und Vollkommenheit in eitel Liebe und Sanfft⸗ 
muht ſtehet: Die ander aber in ewigem / groſſem Kummer / 
Angſt / Truͤbſahl / Hunger und Durſt / da nie keine Erquickung 
von Gottes Liebe eingehet. 

4. So thut uns Noth / daß wir mit groſſem Ernſt den rech⸗ 
ten Weeg lernen kennen / zum Eingange in die ewige Frewde / 
auff datz wir nicht mit den Hunden des Teuffels muͤſſen in der 
ängftlichen Herberge ewig heulen. 

5. So wir uns nun umbſchawen am Himmel und Erden / an 
Sternen und Elementen, ſo — wir doch keinen Weeg / den 
wir mochten erkennen / da wir möchten hingehen zu unſerer Ruhe. 

6. Wir ſehen nichts als den Weeg im Eingang unſers $e- 
bens / und dan neben dehme / das Ende unſers Lebens / da unſer 
Leib in die Erden faͤhret / und all unſere Arbeit / auch Kunſt und 
Herꝛligkeit ein anderer erbet / der ſich auch nur eine kleine weile 

mitte quaͤlet / alsdan faͤhret er uns nach. Und dieſes wehret alſ⸗ 
von Anfang dieſer Welt / biß zu ihrem Ende. 

7. Wir können in unſerem Elende nimmer erkennen / wo un⸗ 
fer Geiſt bleibet / wann der Leib zerbricht / und zu einem Gadaver 
wird; Es ſey dann / daß wir aus dieſer Welt wieder new gebohren 
werden / daß wir alſo nach unſerm Leibe in dieſer Welt wohnen / 
und nach unſerm Geiſt und Gemuͤhte in einem andern / ew igen / 
vollkommenen / newen Leben; In welchem unſerm Geiſte und 
Gemuͤhte wird ein newer Menſch angezogen / darinnen er ſoll 
und wird ewig leben: Darinnen erkennen wir erſt / was wir 
ſind / und wo wir daheimen ſind. 

8. Weil wir dan klar ſehen und verſtehen / daß wir unſeren 
Anfang gantz ir:diſch nehmen / und in einen Acker geſaͤet werden / 
gleich als ein Korn in die Erde / da unſer Leben auffgehet / waͤch⸗ 
ſet / und endlich gruͤnet als ein Korn auß der Erden / da wir an 
uns nichts / als ein jrꝛdiſch geben und * koͤnnen . 

* 


338 Von den drey Principien Cap. 22. 


Wir ſehen zwar wohl / daß das Geſtirne und die Elementa in uns 
qualificiten, uns nehren / treiben / regieren und führen / uns 
füllen und auffziehen / und eine Zeit unſer Leben erhalten / und 
denn wieder zerbrechen / und zu Staub und Aſchen machen / gleich 
allen Thieren / Baͤumen / Kraͤutern und Gewaͤchſen: Wir ſehen 
aber nicht / was nach dieſem mit uns iſt / obs auß iſt / oder ob wir 
mit unſerem Geiſte und Wandel in ein ander Leben reiſen: So 
iſt uns noht zu lernen und zu ſuchen den rechten Weeg. 

9. Das bezeugen uns nun die Geſchrifften der jenigen / welche 
auß dieſer Irꝛdigkeit ſind wieder erbohren worden / und endlich 
eingegangen in ein heiliges / ewiges / unzerbrechliches Leben / wel⸗ 
che geſchrieben und gelehret haben von einem ewigen frewden⸗ 
reichen Leben; und dan von einem ewigen / verderblichen / aͤngſt⸗ 
lichen Leben: Und uns gelehret / wie wir ihnen ſollen nachfahren / 
und wie wir ſollen in ein newe Gebuhrt tretten / darinn wir wuͤr⸗ 
den wieder zu einer newen Creatur auß dieſer Irꝛdigkeit geboh⸗ 
ren werden. Und daß wir anders nichts darzu thun duͤrfften / als 
daß wir nur nn — — ſo uw in der That. 
erfahren / was ſie geredet / rieben / und gelehret haͤtten. Auch 
noch in dieſem Leben wuͤrden wir unſer recht Vatterland in der 
newen Wiedergebuhrt ſehen / und in dem newen wiedergebohr⸗ 
nen Menſchen in groſſer Frewde erkennen / da ſich dann all un⸗ 
fer Gemuͤhte würde dahin an⸗eignen / und in unſerer newen Er» 
kaͤntnuͤß im newen Menſchen wuͤrde wachſen der rechte Glaube / 
und hertzliche Begierde der rechten ungefälfchten Liebe gegen dem 
verborgenen GOTT. Umb welcher edlen Erkaͤntnuͤß willen fie 
offte haben ihr irꝛdiſch deib und Leben / dem unwiedergebohrnen 
Widerſprecher / nach ſeiner teuffliſchen Raache in Todt gegeben / 
und mit groſſer Frewden angenommen / und ihnen erwehlet 
das ewige unzerbrechliche Leben. 

ro. Dieweil dan in der newen Wiedergehuhrt die — 5 
und groͤſte Liebe iſt / nicht alleine gegen GOTT / oder ſich 
ſelbſt / ſondern gegen die Menſchen / feine Bruͤder und Schwe⸗ 
ſtern / daß dieſelbe Newgebohrne haben ihre Begierde und Lie⸗ 
de gegen den Menſchen getragen / und ſie gantz ernſtlich ge⸗ 
lehret mit Sanfftmuht und Straffe: Daß fie auch umb 
ihrer Liebe in ihrer Lehre haben ihr Leben williglich in Todt 
gegeben / mit all ihrem irꝛdiſchen Haab und Guht / aufff ge⸗ 
wiſſe Hoffnung in ihrer ſtarcken und feſten Erkaͤntnuͤß / ſolches 
in groſſen Ehren wieder zu empfahen. * 

zı. Als hat uns auch gelüftet dieſelbe Perle zu ſuchen / da⸗ 

8 von 


Cap. 22. Goͤttliches Weſens. 339 


von wir jetzt ſchreiben. Und ob uns nun der Unwiedergebohrne / 
im Reich dieſer Welt Gefangene / nicht möchte Glauben geben / 
wie dan unſeren Vorfahren von den Kindern dieſer Welt auch 
geſchehen iſt / dafür koͤnnen wir nun nichts. Es ſoll ſtehen zu 
einem Zeugnuͤß über ſte / da fie dan werden ewig rewen / daß 
fie Pen einer — 2 — — une haben eine ſo 
groſſe ewige Herꝛligkeit und igkeit verſchertzet. 
11 12. Und — in unſerer tiefen Erkaͤntnuͤß / daß ſie ha⸗ 
ben recht gelehret und geſchrieben / daß da ſey ein Einiger Gott / 
welcher iſt Dreyfaltig im perſoͤnlichen Unterſcheidt / wie for ⸗ 
ne bemeldet. Auch ſo wiſſen wir / daß er iſt der Schoͤpffer aller 
Dinge / daß er alles hat auß feinem Weſen erbohren / beydes Liecht 
und Finſternuͤß / auch die Thronen und Regimenten alles Weſens. 
3. Fürnemlich wiſſen wir / wie die heilige Schrifft durch⸗ 
auß e e, den chen hat zu ſeinem Bilde und 
Gleichnuͤß e daß er ſoll ewig in ihme in ſeinem Him⸗ 
melreich leben und ſeyn. 

14. Und dan ſo wiſſen wir / daß dieſe Welt / darinnen wir 
jetzt leben und ſind / iſt auß dem ewigen Urkunde / in der Zeit 
durchs reine Element im Fiat erbohren und geſchaffen worden / 
alſo daß fie nicht iſt das Weſen des Heiligen und reinen E- 
lements, ſondern eine Außgebuhrt auß dem ewigen Limbo 
Gottes / in welchem das ewige Element ſtehet / daß vor der 
klaren Gottheit iſt / darinnen Paradeiß und Himmelreich 
ſtehet. Und iſt doch der Limbus mit dem reinen Element nicht 
die pure Gottheit / welche alleine in ſich heilig iſt / und die 
Krafft des ewigen Liechts in ſich ewig ſcheinend hat / auch 
keine Eſſentien im Liecht der Klarheit in ſich hat / ſon⸗ 
dern die Eſſentien werden erbohren von der Krafft nach dem 
Liechtj / als eine Begierde / und die Begierde zeucht an ſich 
davon die Eſſentien urkunden / ſo wohl auch die ewige Finſter⸗ 
nuͤß in der Quaal / wie vorne gemeldet. 

x15. So denn GO Alles in allem iſt / und hat den Men⸗ 
ſchen zu ſeinem Gleichnuͤß und Bilde geſchaffen / bey ihme e⸗ 
wig zu leben / in ſeiner Liebe / Liecht / Frewde und Herꝛlig⸗ 
keit; So koͤnnen wir nicht ſagen / daß er bloß von der Ver⸗ 
gaͤnglichkeit dieſer Welt ſey geſchaffen. Denn darinnen iſt kein 
ewig vollkommen Leben / ſondern der Todt / darzu Kummer / 
Angft und Noht. Sondern gleich wie GOTT wohnet in ſich 
ſelber / und gehet durch alle feine Wercke / denſelben unbegreiflich / 
und wird von Nichts verletzet: Alſo a auch die e 
2 ihm 


340 Von den drey Principien Cap. 22 


ihme aus dem reinen Element, zwar in dieſer Welt geſchaffen / 
aber das Reich dieſer Welt ſolte ſte nicht begreiffen / ſondern die 
Gleichnuͤß / der Menſch ſolte mächtig/ und in vollkommener 
Krafft durch die Eſſentien, mit den Eſſentien aus dem reinen 
Element des Paradeis⸗himliſchen Limbi regieren durch das 
Regiment dieſer Welt. 

16. Darumb bließ er ihm ein die lebendige Seele aus dem ewi⸗ 
gen Willen des Vatters / welcher Wille allein dahin gehet / ſei⸗ 
nen Einigen Sohn zu gebaͤhren / und auß demſelben Willen goß 


er in den Menſchen / daß iſt / ſeine ewige Seele die ſoll bloß 


ihren Wiedererbohrnen Willen in des Vatters ewigen Willen / 

ins Hertze Gottes ſetzen / fo empfaͤhet ſie die Krafft des Hertzens 
Gottes und auch ſein heiliges / ewiges Liecht / darinnen Para⸗ 
dei / Himmelreich / auch die ewige Fremden auffgehet. 


17. Und in dieſer Krafft gehet ſie durch alle Ding / und zer⸗ 
bricht derer keines / und iſt uͤber alles mächtig / als GOT ſel⸗ 


ber. Denn ſie lebet in der Krafft des Hertzens Gottes / und iſſet 
vom Worte aus GOT gebohren. # 

18. So wiſſen wir / daß die Seele iſt ein Geiſt / erbohren 
auß GOTT dem Vatter / im Thron und Eingang aus dem wie⸗ 
dergefaſten Willen / aus der Finſternuͤß ins Liecht / zu Gottes 


— 


Hertzen zu gebaͤhren / und die iſt frey / ſich daruͤber im Willen 


zu erhoͤben / oder in der Sanfftmuht in des Vatters Willen ſich 


zur Gebuhrt des Hertzens Gottes des Vatters zu faſſen / und 


zu eineigenen. i N 
19. Ihr Leib aber der die rechte Bildnuͤß Gottes iſt / die Gott 


ſchuff / iſt vor der klaren Gottheit in und aus dem heiligen reinen 


Element, und der Limbus des Elements, daraus die Eſſentien 
ſich erbaͤhren / iſt Paradeiß / eine Wonne Gottes / der heiligen 
Trinität. Alſo war der Menſch ein Bilde oder Gleichnuͤß vor 
GOTT / in dem GOTT wohnete / in welchem er wolte durch 
ſeine ewige Weißheit ſeine Wunder eroͤffnen. 
20. Als wir dan nun verſtehen / daß der rechte Menſch mit 


der Gleichnuͤß / in welcher GOTT wohnet / nicht bloß in dieſer 


Welt daheim iſt / viel weniger in dem ſtinckenden Cadaver, ſo iſts 
offenbahr / dieweil wir am Paradeis alſo blind ſeynd / daß un⸗ 


ſere erſte Eltern ſeynd aus dem him̃liſchen Paradeis mit ihrem 
Geiſt außgangen in Geiſt dieſer Welt. 


21. Da dann auch alsbald der Geiſt dieſer Welt hat ihren a 
Leib gefangen / und irꝛdiſch gemacht / alſo das Leib und Seele 
verderbet find / und haben wir nun nicht mehr das reine Element. 


zu 
* 


Cap. 22. Goͤttliches Weſens. 347 


zu einem Leibe / ſondern die Außgebuhrt / als die vier Elementa 
mit dem Regiment der Sternen / und iſt die Sonne nun bloß 
des Leibes⸗Liecht / und gehoͤret dieſer Leib nicht in die Gottheit. 
GOT eröffnet ſich nicht im ſtinckenden Cadaver, ſondern im 
heiligen Menſchen / in der reinen Bildnuͤz / welche er im An⸗ 
fange ſchuff. „ 0 
22. So nun der Menſch alſo war gefallen aus dem Heiligen 
in das Unheilige / aus der Bildnuͤß Gottes in die irꝛdiſche Zer⸗ 
brechliche / ſo war ſein Leib in dem zerbrechlichen Tode / und 
ſeine Seele im ewigen Willen des Vatters inſtehende / aber vom 
Hertzen Gottes abgewandt in Geiſt dieſer Welt / von der ewi⸗ 
gen Finſternüͤß ergriffen. Denn was von Gott außgehet / das 
gehet 5 4 Finſternuͤß / und ift auffer dem Hertzen Gottes 
kein Liecht. a 
23. Nun war dieſer Bildnuͤß kein Naht / fie würde dan durch 
die Seele wieder new⸗gebohren / durch das Hertze und Liecht 
Gottes / durch welches das newe Element vor GOT / als der 
Seelen Leib / wieder erbohren wuͤrde / anderſt koͤnte und wolte 
die Gottheit darinnen nicht wohnen / ſo vermochte der Menſch 
ſolches in eigenen Kraͤfften nicht zu erreichen / ſolte es nun ge⸗ 
ſchehen / ſo muſte es die Barmhertzigkeit Gottes thun. 

24. Und beſcheide den Gottliebenden Leſer allhier in der groſ⸗ 
ſen Tieffe klar / was das reine Element ſey / darinnen unſer 
Leib iſt geſtanden vorm Falle Adx , und jetzo in der newen Wie⸗ 
dergebuhrt ſtehet. Es iſt die himliſche Leibligkeit / die nicht nur 
bloß ein Geiſt iſt / in welchem die klare Gottheit wohnet / es 
iſt nicht die pure Gottheit / ſondern erbohren aus des heiligen 
Vatters Eſſentien, als durch die ewige Thoren im ewigen Ge⸗ 
muͤhte in ſich ſelbſt / durch den wiedergefaßten Willen / in die 
ewige Wonne immer und ewig eingehet / alda er ſein ewiges 
Wort gebieret. 

25. So iſt das reine Element das Barm in den Eſſentien des 
Anziehens zum Worte / die Eſſentien ſind Paradeiß / und das 
Barm iſt Element. So nun der Vatter das ewige Wort immer 
ſpricht / ſo gehet aus dem Sprechen der H. Geiſt / und das Auß⸗ 
geſprochene iſt die ewige Weißheit / und iſt eine Jungfraw / und 
das reine Element, als das Barm / iſt ihr Leib: darinuen er⸗ 

blicket ſich der H. Geiſt durch die ausgeſprochene Weißheit / ſo 
heiſt der Blick aus dem Liecht Gottes im H. Geiſt / Hertz: Dan 
faͤngt das Element in den Eſſentien des Paradeiſes / daß es we⸗ 
ſentlich wird / ſo heiſts Ig / und des Vatters ſtarcke und groffe 
P 3 Fewers⸗ 


9 


34 Von den drey Principien Cap. 22. 


Fewers⸗macht gehet als ein Blitz in den Eſſentien, das heiſt 
Reit / gleich einer Macht / die durchdringet / und das Weſen 
nicht zertrennet / gleich einem Schalle: Und heiſt dieſes zuſam · 
men Barmhertzigkeit / und ſtehet vor Gott / und Gott die 
H. Trinitæt wohnet darinnen. 

26. Und die Jungfraw der Weißheit Gottes / welche GOTZ 
der Vatter durchs Wort auß ſpricht / iſt der Geiſt des reinen 
Elements, und wird darumb eine Jungfraw geneñt / daß fie alſo 
zuͤchtig iſt / und nichts gebiehret / ſondern als der flammende 
Geiſt im Menſchen Leibe nichts gebieret / ſondern eroͤffnet alle 
Heimligkeit / und der eib gebieret alfo auch alda. Die Weißheit 
oder ewige Jungfraw Gottes eröffnet alle die groſſen Wunder 
im heiligen Element. Denn alda ſind die Eſſentien, in welchen 
auffgehen die Gewaͤch ſe des Paradeiſes. 

27. Und ſo wir nun das ewige Band / in welchem ſich die 
Gottheit von Ewigkeit gebieret / darzu nehmen / fo heiſſet es der 
twige Limbus Gottes / darinnen ſtehen die Weſen aller Weſen. 

28. Denn in des Limbi Wurtzel in der finſtern u iſt 
der Zorn und Finſternuͤß / und die erſte Urſache der Eſſentien. 
Dieweil wir dan forne haben nach der länge davon geredet / laſſen 
wirs allhier alſo ſtehen / denn wir möchten nicht ver ſtanden wer⸗ 
den / und greiffen alſo nach unſerm Emmanuel. l 

29. Alſo mein lieber Leſer wiſſe / aus dieſer Herꝛligkeit iſt 
unſer Vatter Adam anfgangen in die Außgebuhrt dieſer Welt 
Weſen. Solte ihme nun gerahten werden / ſo muſte ihn wieder 
die Barmhertzigkeit / wie obgemeld / new gebaͤhren / und iſt der 
Menſch in dieſer Barmhertzigkeit Gottes verſehen worden / 
darinnen ewig zu leben / ehe der Welt Grund geleget ward. 
Denn er iſt nach ſeiner Seelen aus dem ewigen Willen Got⸗ 
tes des Vatters / aus welchem dieſe Barmhertzigkeit erbohren 
wird. ö 
Die Porte Emanuels. 
30. M $fo liebes Chriſtliches Gemuͤhte wiſſe / wie dir iſt ge⸗ 
A xraͤhten worden / und betrachte dieſe Porten fleiſſig / fie 
iſt ernſtlich. Denn Moſes und alle Propheten zeugen von dieſen 
Dingen / als von unſerm Heyl der Wiederbringung: Sey nicht 
ſchlaͤffrig allhier im leſen / es iſt die allerſchoͤnſte Porten dieſes 
Buchs / je mehr du fie lieſeſt / je lieber wirftu fie haben. 
31. So wir dan wiſſen / daß wir unſeren him̃liſchen Mens 
ſchen haben verlohren in unſerm erſten Falle / ſo wiſſen wir auch / 
daß uns in Gottes Barmhertzigkeit iſt ein newer 5 in 

welchen 


; 
Cap. —Göͤtllahes Weſens. 34 
welchen wir ſollen und muͤſſen eingehen / wollen wir Kinder 
Gottes ſeyn / und auſſer dieſem ſind wir Kinder des Zorns 
Gottes. * 1 f 

32. Und als die Propheten davon ſchreiben / ſo iſt der newe 
Menſch / der uns von GOTT gebohren iſt / der Jungfrawen 
Sohn / nicht von irꝛdiſchen Fleiſch und Bluhte / auch nicht von 
Mannes ⸗Saamen / ſondern vom heiligen Geiſt empfangen / 
und von einer reinen Goͤttlichen / zuͤchtigen Jungfrawen e 
ren / und in dieſer Welt in unſerm Fleiſch und Blut eroͤffnet / 
und mit ſeinem heiligen Leibe in Todt gegangen / und hat das irꝛ⸗ 
diſche mit der Macht des Zornes vom heiligen Element getrañt / 
und die Seele wieder eingefuͤhret / und die Porte zum Liechte 
Gottes wieder eröffnet / daß die abgewichene Seele kan wieder 
mit des Vatters Eflentien im heiligen Willen das Sicht Gottes 
erreichen. 

33. So erkennen wir nun / daß wir nicht find geſchaffen wor⸗ 
den Ir iſch zu gebaͤhren / ſondern Himliſch / aus dein Leibe des 
reinen Elements, den Adam vor ſeinem Schlaffe vor ſeiner 
Heva hatte / da er kein Mann und auch kein Weib war / ſon⸗ 
dern einig ein Bilde Gottes / voller Zucht aus dem reinen Ele; 
ment, der ſolte wieder gebaͤhren ein Bilde ſeines gleichen. Weil 
er aber in Geiſt dieſer Welt einging / ward ſein Leib irꝛdiſch: 
alſo war die him̃liſche Gebuhrt hin / und muſte Gott das Weib 
aus ihme machen / wie vorne gemeldet. 

34. Solte uns armen Hevæ-Kindern nun gerahten werden / fo 
muſte eine andere Jungfraw kommen / und uns einen Sohn ge⸗ 
baͤren / der da waͤre GOTT mit unß / und GOTT in unßz. 

35. Und iſt zur Stunde des Falles / das Wort Gottes des 
Vatters / und im Worte das Liecht durch den H. Geiſt ins H. E= 
lement in die zuͤchtige Jungfraw der Weißheit Gottes einge⸗ 
gangen / und hat einen theuren Bundt gemacht / in dieſer Jung⸗ 
frawen eine Creatur zu werden / und dem Teuffel ſeine Macht 

un Zorne zu nehmen / und ihm ſein Reich zu zerſtoͤren; und wolte 
ſich dieſer Chriſtus einlaſſen in die verderbte Menſchheit / und 
mit feinem Eingange im Todt / die Hoͤlle des Zorns / und das 
Reich dieſer Welt von uns abtrennen. Und hat GOT T der Vat⸗ 
ter dieſes Wort alſobalde im Garten Eden eröffnet nach dem 
Falle / vom verheiſſenen Weibes Saamen / da ſichs alsbaldohat 
in ewige Vermaͤhlung ins Centrum des Lebens⸗liechts eingeben / 
und aller Menſchen Seelen / welche ſich zu ihme haben gean⸗ 
eigener / und in des Leibes Bag ergeben / von Gottes ae 
A 


344 Ben den drey Prineipien Cap. 22“ 


und vom Reich dieſer Welt abgetrañt / und zu ſich ins reine Ele- 
ment deß Paradieſes eingefuͤhret in die keuſche und zuͤchtige 
Jungfraw / allda in groſſer e warten / biß Gott 
das Reich dieſer Welt mit den Sternen und Elementen zerbricht; 
da denn alſobald das reine Element an ſtat der Außgebuhrt ſtehen 
wird; Da ſoll gruͤnen und auffgehen der newe Leib an der See⸗ 
len / in dem H. Element, vor GOTT ewiglich. 

36. So wir uns nun entſinnen ſeiner thewren Menſchwer⸗ 
dung / ſo muͤſſen wir recht die Augen des Geiſtes auffthun / und 
nicht alſo irꝛdiſch geſinnet ſeyn / wie es jetzo zu Babel geſchiehet: 
und muͤſſen recht betrachten wie GOTT ſey Menſch worden / 
denn die Schrifft ſaget: Er ſey ohne Suͤnde empfangen / und 
gebohren worden von einer reinen Jungfrawen. Da dencke du 
liebes Gemuͤhte / waß das vor eine Jungfraw ſey geweſen: Denn 
alles was vom Fleiſch und Blut dieſer Welt gebohren wird / das 

iſt unrein / und kan keine reine Jungfraw in dieſem verderbten 
Fleiſche und Blute gebohren werden. Der Fall Adams zerbricht 
alles / und iſt alles unter der Suͤnden / und wird keine reine 
Jungfraw von Mannes Saamen gebohren; und dieſer Chriſtus 
iſt von einer reinen Jungfrawen / ohne Suͤnde empfangen und 
geboren worden. N N f 

37. Alhier hoͤret der Gelehrte von der Schulen dieſer Welt 
auff / und muß der Schüler auf GOTT gebohren / anfangen 
von dieſer Gebuhrt zu lehren. Denn der Geiſt dieſer Welt be⸗ 
greifft alhier weiter nichts / es iſt ihm eine Thorheit / und ſo er 
weit komt / ſo iſt er doch in Babel / in ſeiner eigenen Vernunfft. 

38. Alſo ſetzen wir nach unſerer Erkaͤntnuß / daß die reine zuͤch⸗ 
tige Jungfraw / in welcher GOTT gebohren iſt / iſt die reine 
zuͤchtige Jungfraw vor GOT / und iſt eine ewige Jungfraw: 
Ehe Himmel und Erden geſchaffen worden / war fie eine Jung⸗ 
fraw / und darzu gantz rein ohne einigen Mackel. Und dieſelbe 
reine / zuͤchtige Jungfraw Gottes hat ſich in Marien eingelaſ⸗ 
ſen in ihrer Menſchwerdung / und iſt ihr newer Menſch im hei⸗ 
ligen Element Gottes geweſen / darumb iſt ſie die gebeuedeyte 
unter allen Weibern / und der Herꝛ iſt mit ihr geweſen / wie 
der Engel ſaget. 

39. So uns dan nun erkaͤntlich iſt / daß Gott Alles in allem iſt / 
und alles erfuͤllet / wie geſchrieben ſtehet: Bin nicht ich der alles 

erfuͤllet? ſo wiſſen wir / daß das reine heilige Element im Pa⸗ 
radeiß feine Wohnung iſt / das iſt das ander Principium, daſ⸗ 
ſelbe ſtehet in allen Dingen / und das Ding / als eine todte At, 

5 Auß⸗ 


% 


Cape. Göttliche Weſens. 345 


Außgebuhrt kennet es nicht / als der Topff ſeinen Töpfer / auch 
ſo ergreiffet oder faſſet es nicht. Denn ich kan nicht ſagen / ſo ich 
etwas auffhebe oder faſſe / daß ich das heilige Element mit dem 

Paradeiß oder Gottheit ſaſſe / ſondern ich faſſe die Außgebuhrt / 
das Reich dieſer Welt / als das dritte Principium und deſſen 
Weſen / und bewege darmit die Gottheit nicht. Alſo iſt uns zu 
erkennen der Heilige newe Menſch im alten verborgen / und doch 
nicht getrennet biß in zeit lichen Todt. N 
40, So dann nun das Heilige an allen Ohrten iſt / und unſer 
Seele ein Geiſt iſt / ſo fehlets an nichts / als das unſere Seele 
das Heilige ergreiffe / daß fie deſſen eigenthumblich habhafft wer⸗ 
de / und ſo fie deſſen habhafft wird / ſo zeucht fie an das reine Ele» 
ment, darinnen GOTT wohnet. 

41. Alſo auch ſagen wir von Maria / ſie hat ergriffen die hei» 
lige / him̃liſche / ewige Jungfraw Gottes / und angezogen das 
reine und heilige Element , mit dem Paradeiß / und iſt doch 
wahrhafftig eine Jungfraw in dieſer Welt / yon Joachim und 
Anna geweſen. Nun aber wird ſie nicht eine heilige / reine Jung⸗ 
fraw genannt nach ihrer irꝛdiſchen Gebuhrt / das Fleiſch das fie 
von Joachim und Anna hatte / war nicht rein ohne Mackel / ſon⸗ 
dern nach der himliſchen Jungfrawen iſt ihre Heiligkeit und 
Reinigkeit. Auch ſo hat ſie die him̃liſche Jungfraw nicht aus ei⸗ 
gener Macht an ſich gebracht / denn der Engel ſagte zu ihr: Der 
H. Geiſt wird uͤber dich komen / und die Krafft des Hoͤchſten 
wird dich uͤberſchatten / darumb das Heilige / das von dir geboh⸗ 
ren iſt / wird Gottes Sohn genennet werden. 

42. Alhier verſtehe recht: Die Krafft iſt die Hifilifche Jung⸗ 
ſraw / denn ſie iſt GOttes Barmhertzigkeit / und das Heilige iſt 
das Centrum darinnen / das iſt die ewige Gebuhrt der heiligen 
Dreyfaltigkeit und der heilige Geiſt / der aus dem Centro Got⸗ 
tes außgehet / hat die Menſchheit Matiæ überfchattet. Du ſolt 
nicht dencken / dag die verderbte Menſchheit habe die heilige Gott⸗ 
heit eigenthumblich ergriffen / daß wir koͤnten ſagen: Maria in 
ihrer verderbten Menſchheit ſey GOtte gleich. Nein / iſt doch das 
reine Element ſambt dem Paradeiß unter Gott / und obs gleich 
von feiner Krafft erbohren wird / fo ifts doch ſubſtantialiſch / 
und GOTT iſt pur Geiſt. Denn der Nahme Gottes urkundet 
ſich im Centro deß Geiſtes und nicht im Himmel / alleine das 
Liecht im Centto iſt das Heilige / und hat kein Centrum, denn 
es iſt das Ende aller Weſen. | 

43. Alſe fagen wir von Maria / daß fie hat empfangen das 

Be. Y 5 heim⸗ 


346 Von den drey Principien Cap. 22. 
heimliche Pfand / daß der Natur war unbekant / und ſte in ih⸗ 
rem aͤuſſerlichen Menſchen gar nicht kant / als die himmliſche 
zuͤchtige Jungfraw Gottes / und in der ſelbigen das ewige Wort 
Gottes des ewigen Vatters / welches ewig in dem Vatter blei⸗ 
bet / aus welchem der heilige Geiſt ewig außgehet / in welchem er⸗ 
griffen a. gantze Gottheit. 

44. Wir koͤnnen nicht ſagen / daß die himliſche Jungfraw 
der Barmhertzigkeit / als die in Maria iſt eingegangen / aus 
Gottes Rath iſt irꝛdi ſch worden: ſondern wir ſagen / daß die 
Seele Maria hat die himmliſche Jungfraw ergriffen / und daß 
die himmliſche Jungfraw hat der Seelen Mariaͤ das himmliſche 
newe reine Kleidt des heiligen Elements, aus der zuͤchtigen Junge 
frawen Gottes / als aus Gottes Barmhertzigkeit / angezogen / 
als einen newen wiedergebohrnen Menſchen / und in demſelben 
hat ſie den Hehland aller Welt empfangen / und zu dieſer Welt 
gebohren. Darumb ſpricht er zu den Juͤden: Ich bin von oben 
her / ihr aber ſeyd von unten her / aus dieſer Welt; Ich bin nicht 
aus dieſer Welt. Und ſagt auch zu Pilato: Mein Reich iſt nicht 
von dieſer Welt. ö 

45. Das ſoltu nun wiſſen: Gleich wie Maria hat getragen 
das himmliſche Bild / als einen newen Menſchen aus Gottes. 
Barmhertzigkeit erbohren / in dem alten irꝛdiſchen / als im Rei⸗ 
che dieſer Welt / welches ſie eigenthumblich in ihr hatte / welcher 
doch den neuen nicht faſſet. Alſo auch iſt Gottes Wort eingegan⸗ 
gen in den Leibe der Jungfrawen Mariä in die himmliſche Mas 
trix, in die ewige Jungfraw Gottes / und iſt in derſelben ein 
himmliſcher Menſch worden / aus dem Paradeififchei heiligen 
reinen Element in der Perſon des newen wieder ⸗erbohrnen 
Menſchen der Jungfrawen Mariä) und iſt zugleich mit der ewi⸗ 
gen Gottheit in der Jungfrawen Maria anfänglich eigenen 
Seele auch erbohren worden / und hat mit ſeinem Eingange ſei⸗ 
ner Gottheit die Seele der Mariaͤ wieder in den heiligen Vat⸗ 
ter bracht / daß die Seelen der Menſchen / welche waren von der 
H. Gottheit außgegangen / nun in Chriſti Seele ſind wieder 
newgebohren / und zum Hertzen Gottes erkohren. 

46. Denn Chriſtus hat keine frembde Seele aus dem Him⸗ 
mel mitte bracht in die hochgebenedeyete / himmliſche reine Jung⸗ 
fraw / ſondern wie alle Seelen erbohren werden/ alſo hat Chri⸗ 
ſtus feine Seele in feinem Leibe empfangen / aber in ſeinem un⸗ 
befleckten Leibe der Heiligkeit / welcher der Marien Eigenthumb 
wax worden. Denn wir muͤſſen ſagen / daß das reine * 


Cap. 22. Göttliches Wefene: 347 
in der Barmhertzigkeit Gottes iſt der Marien Eigenthumd 
en darinnen ihr newer Leib mit ihrer urkundlichen See» 
ehet. \ 

47. Denn es wird keine andere Seele gebohren in keinem 
Menſchen / ſondern ein newer Leib / alleine die Seele wird reno- 
viret mit der reinen Gottheit / und Chriſtus hat ſte mit ſeinem 
Eingange in Todt / in dem er hat ſeinen heiligen Menſchen vom 
Reiche dieſer Welt abgeriſſen / auch von der Grimmigkeit des 
ewigen Zornes und Quaals des Urkundes abgeriſſen. 

48. Und wie das reine Element, welches vor GOTT iſt / dar⸗ 
innen GOTT wohnet / warhafftig in dem gantzen Raum dieſer 
Welt iſt / an allen Orten / und hat das Reich dieſer Welt / als 
feine eigene Außgebuhrt an ſich gezogen / als einen Leib / und da 
doch dieſer Leib das Element nicht ergreifft / als wenig der Leib 
die Seele: Alſo auch hat Chriſtus warhafftig in der Jungfraw⸗ 
en Maria Leibe unſere menſchliche Eſſentien an ſich gezogen / 
und iſt unſer Bruder worden. Und die menſchliche Eſlentien 
koͤnnen doch ſeine ewige Gottheit nicht ergreiffen / alleine der 
newe Menſch in GOTT gebohren / ergreifft die Gottheit / auff 
Art wie der Leib die Seele / und gar nicht anderſt. 

49. Darumb iſt der Leib Chriſti unter der Gottheit / und in 
dieſen unſern Menſchlichen Eſſentien hat er den Todt erlitten / 
und iſt feine Gottheit deß heiligen Menſchen im reinen Elemend 
mitte in Todt gegangen / und hat dem Tode ſeine Macht genom⸗ 
men / und die natuͤrliche Seele / welche Chriſtus ſeinem Vatter 

befahl / als er am Ereuge ſtarb / vom Reiche dieſer Welt / auch 

vom Tode / Teuffel und der Hoͤlle in ſtarcker Goͤttlicher Macht 
abgetrannt / und uns allen eine Porten eroͤffnet / die wir zu ihm 
kommen / und uns mit Sinn und Gemuͤhte zu ihm an⸗eignen; 
ſo zeucht uns der Vatter unſere Seele / welche in ihme iſt / in die 
reine Liebe Chriſti / da fie dan ihre Imagination wieder durch 
Chriſtum vor ſich in die heilige Dreyſaltigkeit ſetzet / und wird 
wieder geſpeiſet vom verbo Domini, da ſie dan wieder ein Engel 
iſt / vom Reiche deß Teuffels / und dieſer Welt / im Tode Chri⸗ 
ſti reine abgetrannt. 

50. Und umb dieſer Urſachen willen iſt GO TT Menſch wor⸗ 
den / daß er die arme Seele des Menſchen wider in ſich new⸗ge⸗ 
biere / und von den Ketten der Grimmigkeit deß Zorns erlöfete : 
und gar nicht umb des thieriſchen Leibes willen / welcher muß. 
wieder in den vier Elementen zerſchmeltzen / und ein Nichts wer⸗ 
den von welchem nichts mehr ai: l zen Schatten in der Fi⸗ 

N 0 ge 


348 Bon den drey Principien Cap. 223 


gur aller ſeiner Wercke und Weſen / ſo er je hat gemachet. 

Fr. Aber in dem newen Menſchen / welchen wir in der Jung⸗ 
frawen Schoß anziehen an unſere Seele / werden wir gruͤnen 
und wiederkommen / und darinnen iſt kein Leid noch Todt / denn 
das Reich dieſer Welt vergehet. Darumb welcher nicht dieſe 
Bildnuͤß wird haben in der newen Gebuhrt / deme wird die Bild⸗ 
nuͤß ſeines hie⸗geweſenen Hertzens und Zuverſicht angezogen 
werden in der Wiederbringung vom Geiſte der ewigen Natur. 
Denn ein jedes Reich bildet feine Creaturen nach ihren Eflentien, 
in ihren hie⸗geweſenen Willen. 

52. Und daß du uns recht und eigent verſteheſt / wir verſtehen 
keinen frembden Chriſtum, der nicht unſer Bruder waͤre / wie er 
ſelber ſaget in ſeiner Aufferſtehung: Gehe hin zu meinen Bruͤ⸗ 
dern / und zu euren Bruͤdern / und ſage ihnen / ich fahre auff zu 
meinem GOTT und zu eurem GOTT. 

53. Gleich wie der Leib / den wir alhie tragen / nicht iſt die 
Bildnuͤtz Gottes / welche GOTT ſchuff. Denn das Reich dies 
fer Welt zog uns ihre Bildnuͤß an / als Adam darein willigte: 
und wir mit unſerm newen Menſchen ( find wir aber wiederge⸗ 
bohren) nicht in dieſer Welt daheimen ſind / wie Chriſtus zu ſei⸗ 
nen Juͤngern ſaget: Ich habe euch von dieſer Welt beruffen / 
daß ihr ſeyd wo ich bin. Und s. Paulus ſpricht: Unſer Wandel 
(nach dem newen Menſchen) iſt im Himmel. Alſo auch verſta⸗ 
hen wir unſern Emanuelem, den Allerheiligſten / der mit ſeiner 
wahren Bildnuͤß Gottes / darinnen unſere rechte Bildnuͤß Got⸗ 
tes auch ſtehet / nicht von dieſer Welt / ſondern wie uns der alte 
toͤdtliche Menſch deß Reichs dieſer Welt anhangt / alſo hieng 
unſer toͤdtlicher Menſch am Bilde Gottes in Chriſto / welches 
er von ſeiner Mutter Maria an ſich zog / gleich wie das reine 
Element das Reich dieſer Welt. 

54. Nun iſt uns aber nicht zu gedencken / daß der heilige 
Menſch in Chriſto geſtorben ſey. Denn der ſtirbet nicht / ſon⸗ 
dern der tödliche vom Reiche dieſer Welt / der ſchrie am Creutze: 
Mein Go / Mein GOTT / wie haſtu mich verlaſſen! Und 

ſehen wir klar die groſſe Macht des Heiligen Menſchen in Chri⸗ 
ſto / als der toͤdtliche von dieſer Welt angenommene in Todt 
gieng / wie der Heilige / Allmaͤchtige mit dem Tode gerungen / 
davon die Elementen erzitterten / und die Sonne / als das Liecht 
der Natur dieſer Welt / ihren Schein verlohr / als ſolte ſte nun 
zerbrechen / da hat der lebendige Ritter in Chriſto mit dem Zorn 
geſtritten / und iſt in der Hoͤllen deß Zornes Gottes . 
1. 


Cap. 22. Goͤttliches Weſens. 349 


und hat die Seele / welche er ſeinem Vatter befahl / vom Zorn 
Gottes / auch von der Hoͤllen Auaal getrannt. Und das iſt / was 
David ſaget: Du wirſt meine Seele nicht in der Hoͤllen laſſen / 
noch zugeben / daß dein Heiliger verwaͤſe. 
Fp. Die Gottheit iſt in der Menſchlichen Seele geweſen / und 
hat alhie dem Cherub fein Schwerdt zerbrochen / daz gleich wie 
Adam hat ſeine Seele in die Gefaͤngnuͤß des Zornes gefuͤhret / 
und hernach alle Seelen ſind von Adam erbohren worden / und 
ſind alle / als in einer Wurtzel im Zorn des Todes gefangen ge⸗ 
weſen biß auff Chriſtum; Alſo hat der edle Ritter Chriſtus al⸗ 
hier in der Menſchlichen Seelen den Todt zerbrochen / und die 
Seele durch den Todt in ſeine ewige newe Menſchheit eingefuͤh⸗ 
ret / und in ewige Vermaͤhlung geſetzet. 

56. Und wie Adam hat die Porten des Zornes eroͤffnet; Alſo 
hat Chriſti Gottheit die Porten des ewigen Lebens eroͤffnet / alſo 
daß alle Menſchen koͤnnen in dieſer offenen Porten zu GOTT 
eindringen. Denn alhier iſt das dtitte Principium zerbrochen / 
und gehet das Gerichte über den Fuͤrſten der Finſternuͤß / wel⸗ 
cher uns alſo lange im Tode gefangen hielt. 

57. Dieweil dan der Menſch alſo zaͤher Begreiffligkeit iſt / fo 
moͤchten wir alſo noch nicht gnug verſtanden ſeyn / wollens dero⸗ 
wegen noch eins kurtz und eigentlich ſetzen / wie dieſe groſſe Ge⸗ 
heimnuͤſſe find. Denn wir wiſſen / waß wir vor einen Wie⸗ 
derpart haben / als nemblich den Fuͤrſten dieſer Welt / der 
wird nicht ſchlaffen / koͤnte er dieſes edle Sanff-körnlein un⸗ 

terdrucken. N 

8. Sihe du edles Gemuͤhte / der du das Reich Gottes begeh⸗ 
reſt / mit dir reden wir / und nicht mit dem Anti- Chriſt in Ba⸗ 
bel / der nur das Reich dieſer Welt begehret / mercke auff / der 
Schlafſ iſt aus / der Bräutigam komt / denn die Braut ſpricht: 
Kom! Laß dirs ernſt ſeyn / vergaffe dich nicht an der Hand die⸗ 
ſer Feder / es hats ein andere Feder geſchrieben / welche du und 
ich nicht kennen. Dann das Gemuͤhte / ſo es trew iſt / ergreifft 
die Gottheit / ſchaͤtze dich nicht ſo leichte / ſo du in Gott gebohren 
biſt / ſo biſtu groͤſſer als ur Welt. 
J. Mercke / der Engel ſagte zu Maria: Du ſolt ſchwan⸗ 
ger werden und einen Sohn gebaͤhren / deß Nahmen ſoltu Jeſus 
heiſſen / der wird groß / und ein Sohn des Hoͤchſten genennet 
werden; und GOT der Herꝛ wird ihm den Stuhl ſeines Vat⸗ 
ters Davids geben / und er wird ein Koͤnig ſeyn uͤber das Haus 
Jacob ewiglich / und ſeines Koͤnigreichs wird kein Ende ſeyn. 
e ꝓ 7 60. Vera 


330 Vonden drey Principien Cap. 22, 

60. Verſtehe / Maria folte ſchwanger werden im Seibe / (ver⸗ 
ſtehe) in ihrem eigenen Leibe / nicht in einem frembden ange⸗ 
nommenen / ſie hat keinen frembden angenommen / wie es der 
unerleuchtete in unſerer Schrifft moͤchte deuten / der das Reich 
Gottes nicht begreifft. Auch ſo iſt das nicht der Grund / den die 
Alten (welche zwar auch treflich hoch ſind gegangen) geſetzet ha⸗ 
ben / als ſey Maria in Ternario Sancto von Ewigkeit verbor⸗ 
gen geweſen / und ſey in dieſer Zeit in den Kaſten Annaͤ einge> 
gangen / und ſey nicht vom Saamen Joachim / und vom Fleiſch 
und Blut Unna. 

61. Sie ſagen / fie ſey eine ewige Jung fraw aus der Trinitaͤt / 
und von dieſe r ſey Chriſtus gebohren worden / dieweil er nicht 
vom Fleiſch und Bluht eines Mannes ſey herkommen / und wie 
er ſelber bezeuget / er nicht von dieſer Welt ſey / ſondern vom 
Himmel kommen. Er ſpricht / er ſey von GOTT außgegangen / 
und gehe wieder zu GOTT. Und zu Nicodemo ſpricht er: Es 
faͤhret Niemand gen Himmel / als des Menſchen Sohn / der vom. 

Himmel kommen iſt / und der im Himmel iſt. f 
62. Da redet er ja klar von des Menſchen Sohn / von ſeiner 
Menſcheit / und nicht bloß von ſeiner Gottheit / da er ſpricht: 
Deß Menſchen Sohn. GOTT von Ewigkeit iſt nicht eines 
Menſchen Sohn geweſen. Darumb kan kein Menſchen Sohn 
aus der Trinitaͤt gehen / fo muͤſſen wir recht ſehen. Wäre Ma⸗ 
ria aus der Trinitaͤt kommen / wo blieben unſere arme gefangene 
Seelen? Hätte Chriſtus eine frembde Seele vom. Hiunnel bracht / 
wer wolte uns erloͤſen? Waͤre es moͤglich geweſen den Men⸗ 
ſchen zu erloͤſen / was hätte GOTT doͤrffen in unſere Geſtalt 
kommen / und ſich creutzigen laſſen? Haͤtte es können ſeyn / fo. 
haͤtte ja GOTT Adam alsbald vom Tode abgetrennt / in deme er 
fiel / oder meyneſtu / daß GOTT alſo ein boßhafftiger Eyferer 
ſey / der alſo zuͤrne? 

63. Zwahr da fein Grimm im Menſchen gewachſen war / fo 
wolte er ſeine Wunder eroͤffnen / das war aber nicht Gottes 
Fuͤrſatz / als er Adam ſchuff / ſondern es ward verſucht / welches 
moͤchte ſiegen: die Sanfftmuth / oder die Grimmigkeit in der 
ewigen Wurtzel / ſo war doch die Seele in Adam frey / und 
er nichts mehr / daß da koͤnte verderben / als der eige⸗ 
ne Wille. 

64. So war nun dir Seele der Wille / welche Adam war 
durch den Geiſt Gottes aus dem ewigen Willen des Vatters 
eingeblaſen / und zwahr auß dieſem Hhrte / da der 1 2 


Cap.22. Goͤttliches Weſens. 352 
G0 T T aus der Finſternuͤß in feinen eigenen wieder gefaſ⸗ 
ſeten Willen in ſich ſelber eingehet / und in ſich ſelber die Sanfft⸗ 
mut in feinem eigenen wiedergefaſten Willen erbiehret. 

65. Alſo iſt die Seele des Menſchen aus derſelben Wage im 
Angel des wiedergefaften Willens zum Liechte / und dann im er⸗ 
ſten Willen in ſich in ihr eigen Centrum eingegangen / da hin⸗ 
ter ſich die Finſternuͤß ergriffen wird / und vor ſich iſt des ewigen 
Bandes Ende / und wäre in ſich ſelbſt nichts als eine aͤngſtli⸗ 
che Quaal. Soll aber etwas anders werden / fo muß der erſte 
Wille im ewigen Bande einen andern Willen faſſen in ſich 
ſelbſt u aus der finſtern Quaal einzugehen in eine Wonne ohne 
Quaal. 


66. So nun der erſte ewige Wille alfo einen anderen faſſet / 
fo zerſprenget er die Quaal der Finſternuͤß / und wohnet in ſich 
ſelber / in der Wonne / und die Finſternuͤß bleibet doch eine Fin⸗ 
ae eine Quaal in ſich / aber fie ruͤget den wiedergeſaſ⸗ 
ſeten Willen nicht / denn er wohnet nicht in der Finſternuͤß / 
ſondern in ſich ſelber. Alſo verfichen wir die eigene Macht der 
Seelen / welche GO TT dem Adam / aus den Thoren der 
Durchbrechung in ſich ſelber / ins Liecht der Wonne / einbließ. 

67. Dieſe Seele / als ſie mit dem reinen Elementiſchen und Pa⸗ 
radeiſiſchen Leibe war umbgeben / hat ihren Willen / aus des Vat⸗ 
ters Willen welcher nur dahin gehet ſeine Krafft zu faſſen / davon 
er ſchwanger iſt / fein Hertze zugebaͤhren / von des Vatters Willen 
abgetrannt / und iſt in Luſt dieſer Welt eingangen / da nun hinter 
ſich in Zerbrechung der Welt kein Riecht / und vor ſich keine begreiff⸗ 
ligkeit der Gottheit iſt: und da war kein Raht / es gienge dan der 
reine Wille Gottes des Vatters wieder in ſie / und führete fie in. 
ſeinem eigenen Willen wider in ihren erſten Sitz / alſo daß ihr 
Wille wieder gerichtet ſey ins Hertze und Liecht Gottes. 

68. Solte dehr nun geholffen werden / ſo muſte das Hertze 
Gottes mit ſeinem Liechte / und nicht der Vatter / in fie konnnen. 
Denn im Vatter ſtehet fie ohne das / aber von dem Eingang zur 
Gebuhrt des Hertzens Gottes abgewandt zuruͤcke in dieſe Welt / 
da weder hinter ſich / noch vor ſich kein Liecht mag ergriffen wer⸗ 
den / denn wann das Weſen des Leibes zerbricht / fo ſtehet die ar⸗ 
me Seele un finſtern Kercker gefangen. Und hie wird die Liebe 
von Gott gegen der armen gefangenen Seelenerkant. Bedende 
dich / O theures Gemuͤhte! 5 

69. Alhiet iſt nun kein Raht geweſen / weder in GOT T noch 
einiger Cceatut, es muſte nur die bloſſe Gottheit 8 


352 Von den drey Principien Cap. 225 
Gottes in Ternarium Sanctum eingehe / verſtehen in die Barm⸗ 
hertzigkeit / welche aus ſeiner Heiligkeit iſt von Ewigkeit erboh⸗ 
ren / darinnen die ewige Weißheit / welche aus dem Sprechen 
des Worts durch den heiligen Geiſt / als eine Jungfraw vor der 
Goltheit ſtehet / und iſt das groſſe Wunder / und iſt ein Geiſt 
in der Barmhertzigkeit / und die Barmhertzigkeit machet Ter- 
narium Sanctum, die heilige Erde: des Vatters Eſſentien 


im Anziehen zum Worte / ſind das H. Geſtirne / alſo zuver⸗ 


gleichen. 

70. Als wir dencken / daß in dieſer Welt iſt Fewer / Lufft / 
Waſſer und Erde / und dan die Sonne und Sternen / und dar⸗ 
innen ſind alle Weſen dieſer Welt. Alſo dencke im Gleichnuͤß / 
daß der Vatter ſey das Fewer des gantzen Geſtirnes / und auch 
im Element: und der Sohn ſein Hertze ſey die Sonne / der al⸗ 
les Geſtirne in eine liechte / ſuͤſſe Wonne ſetzet / und der H. 
Geiſt ſey die Lufft des Lebens / ohne welches keine Sonne und 
Geſtirn beſtuͤnde / und der zuſammen gefafte Geift Majoris 
Mundi, ſey die zuͤchtige Jungfraw vor Gott / welcher Geiſt 
Majoris Mundi in dieſer Welt allen Creaturen Gemuͤhte / Sinn 
und Verſtand / durch der Sternen Einfluß gibt / alſo auch im 
Himmel. 


71. Die irꝛdiſche Erden vergleicht ſich Ternario Sancto, dar⸗ 


innen iſt der Himmliſche Aquaſter, verſtehe in der Himliſchen 
Erden / welche ich das Element heiſſe / daß da rein iſt. Alſo iſt 


GO TT ein Geiſt / und das reine Element iſt Him̃liſche Erde / 


denn es iſt ſubſtantialiſch / und die Eſſentien in der Him̃liſchen 
Erden ſind Paradeis des Auffwachſens / und die Jungfraw der 
Weißheit iſt der groſſe Geiſt der gantzen Him̃liſchen Welt alſo 
zu vergleichen / und die eroͤffnet nicht alleine in der himmliſchen 
Erden die groſſen Wunder / ſondern auch in der gantzen Tieffe 
der Gottheit. 

72. Denn die Gottheit iſt unfaßlich und unſichtlich / aber em⸗ 
pfindlich: Aber die Jungfraw iſt ſichtlich / als ein reiner Geiſt / 


und das Element iſt ihr Leib / das heiſt Ternarius Sanctus, die 


heilige Erde. a 5 
73. Und in dieſen Ternatium Sanctum iſt die unſichtliche Gott⸗ 
heit eingegangen / daß ſie eine ewige Vermaͤhlung ſey / daß alſo 
im Gleichnuͤß zu reden / die Gottheit ſey im reinen Element, 
und das Element ſey die Gottheit. Den GOTT und Ternarius 
Sanctus iſt ein Ding worden / nicht im Geiſte / fondern im 
Weſen / wie Leib und Seele / und wie die Seele uͤber den 15 
5 a alſo 


| 


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| 


Cap. 22. Goͤttliches Weſens. 333 


alſo auch GOTT. über Ternarium Sanctum. TR 

74. Das iſt nun die Himmliſche Jungfraw / davon der Geiſt 
Gottes in den alten Weiſen hat geredet / und Ternarius Sanctus 
iſt unſer rechter Leib in der Bildnuͤß / welchen wir haben verloh⸗ 
ren / dehn hat nun das Hertze Gottes an ſich genommen zu einem 
Leibe. Und dieſer edele Leib iſt Maria / mit ſambt der zuͤchtigen 
Jungfrawen Gottes angezogen worden / nicht als ein Kleid / 
ſondern gantz maͤchtig in ihre Eſſentien, und doch den Eſſentien 
dieſer Welt des Fleiſches und Blutes im Leibe Mariä unfaß⸗ 
lich / aber der Seelen Mariä faßlich. Denn die Seele tratt in 
Ternarium Sanctum: Sie koͤnte aber alſo noch nicht vom Grim⸗ 
me getrannt werden / ſondern in Zerbrechung des Ir:diſchen vom 
Himmliſchen im Tode Chriſti. 

75. Alſo hat ſich das Wort im Ternario Sancto in die Irꝛdig⸗ 
keit eingelaſſen / und eine warhafftige Seele aus den Eflentien 
der Seelen Maris / wie alle Menſchen / an ſich in der Zeit als 
in Außgang der dreyer Monden empfangen / nicht aus Ternario 
Sancto, ſondern unſere Seele / aber nicht unſern Leib / in welchem 
das Reich dieſer Welt mit den Suͤnden ſteckete. | 
76. Zwar er hat unſern Leib an ſich genommen / aber nicht mi 
Ternario Sagcto vermiſcht. Denn in unſerm Leibe ſteckete der 
Todt / und Ternarius Sanctus war fein Hertz unſers Todes Tod 
und Überwindung: Und im Ternario Sancto war feine Gottheit. 
Und derſelbe Menſch iſt vom Himmel kommen / und hat den Irꝛ⸗ 
diſchen angezogen / und das Werck der Erloͤſung zwiſchen den 
Himliſchen und Ir:diſchen verbracht / da die Seele vom Zorn und 
Grimme ward abgetrannt. 

77. Du muſt nicht ſagen / der gantze Chriſtus mit Leib und 
Seele ſey vom Himmel kommen: Er brachte keine Seele aus 
Ternario Sancto. Die Himliſche Jungfraw war die Seele in 
Ternario Sancto, und die bracht er mitte / unſerer Seele zu einer 
Braut / wie diß gantze Buch alſo handelt. 

78. Was huͤlffe mich das / fo er eine frembde Seele haͤtte 
mitbracht? nichts. Aber daß er meine Seele hat in Ternarium 
Sanctum eingefuͤhret / deß frewe ich mich: Alſo kan ich ſagen: 
Chriſti Seele iſt mein Bruder / und Chriſti Leib iſt meiner See⸗ 
len Speiſe. Wie er in Joh. im 6. cap. v. 55. faget Mein Fleiſch 
iſt die rechte Speiſe / und mein Bluht iſt der rechte Tranck. 

79. Allhier ihr Zanck⸗hirten zu Babel / thut ewer Augen auff / 
und dencket was Chriſti Teſtamenta mit der Zauffe und letzten 
Abendmahl ſeyn / ich werde euchs noch zeigen / ſeyd ihr nd 

wehr 


354 Vonden drey Principien Cap.22. 
wehrt / wiewol wir den Kindern der Lilien ſchreiben. Darumb 
ſehe ein jeder zu / wo er jetzt daheime ſey / es iſt kein Scherg ! 
Wir ſchertzen nicht der alten Verſtandt / er mag gantz rein im 
Anfang gebohren ſeyn geweſen / aber wir befinden / wie ſich 
der g hat drein geſetzet / und auß der Creatur / Goͤtter 
gemacht. N 

80. Man kan ja nicht ſagen: Maria ſey auß einem unfrucht⸗ 
bahren Leibe erbohren / ob gleich der Leib Annz ſey unfrucht⸗ 
bahr geweſen / das iſt auß Gottes Naht / dieweil ſie fromme 
Gottsfuͤrchtige Leute find geweſen / damit ihre Tinctux nicht 
möchte befleckt werden / ſintemahl fie diefe ſolte gebaͤhren / wel⸗ 
che der Herz wolte hoch benedeyen. Go T weiß wol auffzu⸗ 
ſchlieſſen zu ſeiner Zeit / und zwar im Alter / wann die Brunſt 
dieſer Welt auß den Elementen erlöfchet / wie bey Sarah Abra- 
hams Weib. 

81. Denn ſo die Seele in Gottes⸗furcht ſtehet / ſo iſt die 
Tinctur, in welcher die Seele auffgehet / auch reiner / wiewohl 
ſte von der Erb⸗Suͤnde nicht frey iſt: So iſt doch Maria warhaff⸗ 
tig von Joachim gebohren / und hat ihre Seele von Vatter und 
Mutter: Und der Chriſtus hat auß der Tinctur der Marien feine 
natuͤrliche Seele / aber nur halb. Denn der Limbus Gottes war 
der Mann / und darinnen die zuͤchtige Jungfraw Gottes im 
Ternario Sancto, und im Ternario Sancto die Trinität/ die 
gantze Fuͤlle der Gottheit / der H. Geiſt war Werck⸗meiſter. 

82. Allhier befinden wir klar / was Chriſtus von uns Men⸗ 
ſchen ſagte zu ſeinem him̃liſchen Vatter: Siehe die Menſchen 
waren dein / und du haft fie mir gegeben / Joh. 7. v. 6. 24. 
Und ich wil daß fie fein wo ich bin / daß fie meine Herrligkeit 
ſehen. Als das Wort oder Hertze Gottes in Ternarium San- 
ctum einging / da war er des Vatters Sohn / und auch ſein 
Knecht / wie Eſaias ſaget / und in Pfalmen ſtehet: Denn er 
hatte ſich im Element vermaͤhlet / und hatte Knechts Geſtalt / 
aber das Wort das ins Element gieng / war ſein Sohn. Nun 
nahm er unſere Seele an ſich / nicht allein als Bruder / denn 
der Limbus Gottes in der Himliſchen Tinctur war Mann / 
und derſelbe war unſer Herz: denn die gantze Welt ſtehet in 
derſelben Macht / und dieſelbe Macht wird die Tennen dieſer 
Welt fegen. Alſo ſind wir ſeine Knechte / und auch ſeine Bruͤ⸗ 
der. Bruͤder ſind wir von ſeiner Mutter / aber Knechte von ſei⸗ 
nem Vatter. Und vor dem Falle waren wir des Vatters / auch 
biß auff feine Menschheit / wiewohl im Worte der 3 7 


Cap.z2. Göͤttliches Weſens. 357 
ſung / in welchem die Glaͤubigen zu GO T eingingen. 

83. Alſo iſt er ein Koͤnig uͤber das Haus Jacob ewiglich / 
und ſein Koͤnigreich hat kein Ende / und er hat den Stuhl ſeines 
Vatters Davids / denn dieſe Welt iſt ſein worden. Er iſt in die⸗ 
fe Welt eingangen / und hat fie gefaſſet : Er ſtehet in Tetna· 
tio Sancto, und auch in der Trinitaͤt / und auch in dieſer 
Welt. Er hat die Worffſchauffel / wie Johannes der Taͤu 
ſaget / in der Handt / das Gerichte iſt feine / darob die Teuffel 
erzittern. Er hat den Stuhl Davids auß Gottes Raht: Denn 
David war fein Fuͤrbilde / und hatte die Verheiſſung: Und 
GOTZ ſatzte ihn in der Verheiſſung auff den Stuhl / denn 
ſeines Reiches Scepter war das Scepter der Glaͤubigen / die 
auff GOT ſahen / daß er der König wäre / und gleichwohl 
war auch das aͤuſſere Reich feine. Alſs auch Chriſtus / der war 
ein König in Ternario Sancto, und war gleichwohl auch diefe 
Welt fein eigen: nf 


Von dem theuren Namen Immanuel. 


84. Ach koͤnnen wir recht ſagen Immanuel? GO ⁊ mit uns / 

GOT in uns! In der Natur⸗ſprache lautets recht / 
aber unſere Zungen von dieſer Welt ſtamlen nur daran / und 
koͤnnens nicht nennen nach unſerm Verſtande. Denn Im iſt 
das Hertze Gottes in Ternario Sancto, denn es iſt gefaſſet / 
wie du es in des Worts Faſſung / verſteheſt. Ma iſt ſein Ein⸗ 
gang in die Menſchheit in die Seele: Denn das Wort oder 
Sylbe dringet außem Hertzen / und verſtehen / daß er hat das 
Hertze / als des Vatters Krafft in der Seelen gefaſſet / und faͤh⸗ 
ret mit dem Worte Nu / in die Hoͤhe / bedeutet ſeine Himmel⸗ 
fart nach der Seelen. El / iſt der Name deß groffen Engels / der 
mit der Seelen uͤber die Himmel triumphiret; nicht allein im 
Himmel / ſondern in der Trinität. 

85. Denn das Wort Himmel hat in der Natur⸗ſprache ei⸗ 
nen andern Verſtand: Die Sylbe Him / faͤhret auß dem Hertzen / 
als auß des Vatters Krafft / oder auß der Seelen Eſlentien / 
und ſtoͤſſet über ſich in Ternatium Sanctum, da faffet ſichs mit 
beyden Lippen / und fuͤhret den Engels Namen unter ſich / als 
die Silbe Mel bedeutet der Ba Demuͤthigkeit / daß ſie ihr 
Hertze nicht fliegend in die Trinitaͤt auß Hoffart erheben: Son⸗ 
dern wie Jefaias ſaget / daß ſie haben mit ihren Flügeln das Ant⸗ 
litz vor dem H. GOTT auß Demuͤthigkeit verdecket / und immer 
geſchrien: Heilig / Heilig / Heilig / iſt der Her 1 


2 


3 56 Von den drey Principien Cap. 2. 


86. Alſo verſteheſtu / daß dieſer Engel gröffer iſt als ein Engel 
im Himmel / denn er hat x. einen Him̃liſchen Menſchen⸗Leib / 
und hat 2. eine Menſchliche Seele / und 3. hat er die ewige Him⸗ 
mels Braut / die Jungfraw der Weißheit / und hat 4. die hei⸗ 
lige Trinitaͤt; und koͤnnen wir recht ſagen: Eine Perſon in 
der heiligen Dreyfaltigkeit im Himmel / und ein wahrer Menſch 
im Himmel / und in dieſer Welt / ein ewiger König / ein Herr 

immels und der Erden. > 

: 87. Sein Name JEſus zeiget daß in der Natur⸗ſprache viel 
eigentlicher an. Denn die Sylbe Ihe / iſt ſeine Erniedrigung 
auß ſeinem Vatter in die Menſchheit / und die Sylbe Sus iſt der 

Seelen Einführung / über die Himmel in die Trinitaͤt / wie dan 
die Sylbe Sus in die Hoͤhe durch alles dringet. 

88. Vielmehr wird in dem Namen Chriſtus verſtanden / der 
faſſet nicht ſeine Menſchwerdung / ſondern gehet als ein gebohr⸗ 
ner Menſch durch den Todt / denn die Sylbe Chris dringet durch 

den Todt / und bedeut ſeinen Eingang in Todt / und den maͤch⸗ 
tigen Streit / aber die Sylbe Tus bedeut ſeine ſtarcke Macht / 

daß er aus dem Tode außgehet / und durchdringet. Und verſte⸗ 
het man im Worte gar eigent / wie er das Reich dieſer Welt 
und den Engliſchen Menſchen von einander trennet / und im 

Engliſchen Menſchen in GOTT bleibet. Denn die Sylbe Tus 
iſt rein ohne Todt. i N 

89. Wiewohl wir allhier möchten vor der Welt ſtumme ſeyn / 
ſo haben wir doch fuͤr uns geſchrieben / denn wirs wol verſtehen / 
iſt auch dem Lilien Baum deutlich gnug. Damit dem Leſer die 
Perſon Chriſti recht gezeiget werde in ſeinen Thaten und We⸗ 
ſen / und er die recht ergreiffe / weiſe ich ihn an ſeine Verſuchung 
in der Wuͤſten nach ſeiner Tauffe / da magſtu deine Augen auff⸗ 
thun / und nicht ſagen wie der Geiſt in Babel / welcher ſpricht: 
Wir wiſſen nicht was ſeine Verſuchung ſey geweſenzſchelten alſo 
auff den Teuffel / daß er alſo unverſchaͤmet Chriſtum habe ver⸗ 
ſuchet / ſagen darneben: Wir ſollen darinnen nicht gruͤbelen / 
wir ſollens ſparen / biß wir dort hin kommen / ſo werden wirs 
ſehen: Verbiethen noch wohl dem Sehenden die Augen / er ſoll 
nicht forſchen und gruͤnden / heiſſen ihn einen Flatter⸗geiſt / und 
ſchreyen ihn aus als einen Rewling und Ketzer. 

90. O ihr blinden Woͤlffe zu Babel / was haben wir mit 
euch zu thun? ſind wir doch nicht auß ewrem Reich erboh⸗ 
ren / warumb wolt ihr uns unſern lieben Immanuel auß 


unſern Augen und Hertzen reiſſen / und wolt uns blind 
8 ma⸗ 


Sap.22. | Goͤttliches Weſens. 357 


machen? Iſt das Suͤnde / daß wir ewrer Schwermerey und 
Laͤſterung zuhören / darmit ihr auß unſern Weib und Kindern 
Laͤſter⸗baͤlge machet / daß ſie nur hoͤniſche Schand⸗worte lernen / 
und alſo in Babel einander darmit treiben. Wird dan Chriſtt 
Reich dariñen erkant / oder bawet ihr nicht hiermitte die Schanda 
Laſter⸗Kirche zu Babel? Wo iſt ewer Apoſtoliſch Hertze in der 
Liebe? Iſt ewer Spott die Sanfftmuht Chriſti? der da ſprach: 
Kiebet einander / folget mir nach / ſo wird man erkennen / da 
ihr meine Juͤnger ſeyd / Joh. 13. 34, 35. Euch wird geſaget / 
daß der Zorn in Babel brennet / wenn der auffgehet / ſo werden 
die Elementa erzittern / und Babel im Fewer brennen. f 
gr. Die Verſuchung Chriſti bewehret uns feine Perſon 
recht / darumb thue die Augen auff / laß dich Babel nichts an⸗ 
fechten / es koſtet Leib und Seel / denn es iſt der harte Stand 
im Garten in Eden bey Adam / dehn Adam nicht konte außſtehen / 
dehn hat alhier der theure Ritter außgeſtanden / und behalten den 
Sieg in ſeiner Menſcheit / in Himmel und uͤber dieſe Welt. 

92. Als wir haben angezeiget den rechten Chriſtum / der da iſt 
Gott und Menſch in einer unzertrennlichen Perſon / fo müfs 
ſen wir nun auch anzeigen / was er eigentlich vor ein Menſch 
ſey / nach dem Reiche dieſer Welt / denn man kan die groſſen 
Wunder nicht gnug beſchreiben / ſie ſind noch immer groͤſſer. 
Denn wir ſolten darzu eine Engels Zunge / und dan auch eine 
irꝛdiſche haben: So wir dan nur eine ir diſche haben / fo wol⸗ 
len wir doch auß einem Engliſchen Gemuͤhte ſchreiben / und mit 

der irꝛdiſchen Zungen reden die groſſen Wunder Gottes. 

93. Wir ſehen an ſeine Tauffe / und dan ſeine Verſuchung 
alsbalde auff die Tauffe / ſo werden wir finden unſere newe Wie⸗ 
dergebuhrt / und dan in welchem Reiche wir gefangen ligen; 
und es erfrewet uns hoch in dieſer Erkaͤntnuͤß / daß Gott iſt 
Menſch worden. So wir dan dieſes wollen ergreiffen / fo wol⸗ 
len wir im — . die Tauffe Chriſti ſetzen / und dan die Verſu⸗ 
chung / ſo ſtehets in rechter Ordnung. i 


Von der Tauffe Chriſti auff Erden im Jordan. 
94. A Ls wir wiſſen / daß wir im Fall Adams ſind in Gottes 
Zorn gefallen / in deme ſich der Geiſt oder Seele Adams 
vom Hertzen Gottes gewandt in Geiſt dieſer Welt / da alsbald 
das heilige / himliſche Bilde verloſchen / und der Zorn in der 
Sinfternüß die arme Seele gefangen hielt / da denn der Teuffel 


alsbalde feinen Zutritt und Wohnung im Zorn der e 
ele 


358 Von den drey Principien Cap. 22 
Seele bekam / und wann der Schlangen⸗tretter nicht waͤre ins 
Scheide⸗ziel / ins Centrum des Lebens ⸗liecht alsbald eingegan⸗ 
gen / ſo haͤtte uns der Zorn verſchlungen / und waͤren ewige Ge⸗ 
ellen aller Teuffel blieben. a a . 
9. So aber der Schlangen⸗tretter iſt alſo ins Mittel getret⸗ 
ten / wiewohl nicht in der Menſchheit / ſondern ins Centrum des 
Lebens ⸗liecht / fo find die arme Gefangene Seelen / welche wie⸗ 
der umbgewandt haben zu GOT / alſo im Centro wieder an 
die Gottheit angebunden worden / biß der Held in die Menſch⸗ 
heit kam / da hat er den gantzen Menſchen wieder in ſeiner Em⸗ 
pfaͤngnuͤß und Menſchheit angenommen. Und ſehen wir das 
klar in ſeiner Tauffe: Denn da ſtund eine Perſon / die Gott 
Bm Br war: Er hatte den himliſchen und auch den irꝛdi⸗ 
en Leib. 

96. Nun war aber die Tauffe nicht angeſehen worden / und 
auffgerichtet umb des ir:diſchen / zerbrechlichen / welcher in die 
Erde gehoͤret / auch nicht umb des himmliſchen willen / welcher 
ohne das rein ohne Mackel war / ſondern umb der armen Seelen 
willen / dieweil der himliſche Menſch in Chriſto hatte unfere 
Natuͤrliche Seele in der Marien Leibe an ſeinen himliſchen 
Menſchen genommen / und auch zugleiche der Irꝛdiſche an der 
Seelen hieng; fo hat GOT die heilige Dreyfaltigkeit durch 
Menſchen Hand das Waſſer des ewigen Lebens im reinen Ele- 
ment genommen / und die Seele darein getauchet / oder getaufft / 
wie ich reden moͤchte. a 

97. Siehe duliebe Seele / du wahreſt aus GOTT außgegan⸗ 
gen / aber ſeine Liebe fieng dich wieder / und band dich an ſeinen 
Fadem mit der Verheiſſung: Run kam der Verheiſſung Er⸗ 
fuͤllung / und zog dir einen andern newen Leib an: Run kanſtu 
aber keine andere Seele bekommen / denn deine war ohne das aus 
der Ewigkeit. Nun gleich wie der heilige Geiſt Mariam uͤber⸗ 
ſchattete und erfülletes alſo hat das Waſſer aus der Himmels 
Matrix welches ſeinen Anfang aus der Trinitaͤt hat / in der Tauffe 
Chriſti und aller getaufften Chriſten / die Seele Chriſti / und 
aller Chriſten in der Tauffe im Jordan uͤberſchattet und erfuͤllet / 
und alſo das irꝛdiſche Waſſer der Außgebuhrt in der Seelen re · 
noviret und ſchoͤn gewaſchen / daß fie in dem newen Leibe fuͤr ſich 
ein reiner Engel ſey / der für ſich mag eſſen von der Himmels ⸗ 
frucht / und das iſt die Urſache der Tauffe. 


Meng 


„ 


Cap. 2. Goͤttliches Weſens. 3 5 3 


5 | O Menſch bedencke dich! 
Sd nun die arme Seele alſo gebadet im Waſſer des ewigen 
7 > Lebens / aus dem reinen Element, welches im Ternario 
Sancto iſt / datz fie daſſelbe nicht alleine von auſſen genoſſen / 
ſondern damit erfuͤllet / gleich wie der H. Geiſt Mariam im 
Ternario Sancto: So ſtundt fie vor ſich / verſtehe / recht vor ſich 
gegen GOTT und in GOTT / als eine newgebohrne und halb⸗ 
gewaſchene Creatur, und hinter ſich gegen dem Zorne der Fin⸗ 
ſternuͤß im Reich dieſer Welt / noch feſte angebunden / daß fie 
alſo nicht koͤnte gantz loß werden / ſie gienge dan in Tod / und 
breche das Reich dieſer Welt rein ab. 


Von der Verſuchung Chriſti. 

99. D Aruub muſte nun Chriſtus nach der Tauffe verſuchet 

˖ werden / und ward gegen dem Reiche der Grimmig⸗ 
keit geſtellet / ob dieſer andere Adam jetzund alſo auffs newe zuge⸗ 
richtet / welcher in den newen und alten Menſchen / mit der halb 
newgebohrnen und gewaſchenen Seelen koͤnte beſtehen / daß er 
feine Imagination in GOTT ſetzete / und aͤße vom verbo Do- 
mini. Alda ward die Seele verſuchet / ob fie wolte zu GOTZ 
eindringen / oder wieder in Geiſt dieſer Welt? 

100. Und ſoltu hier klar wiſſen / daß als der Geiſt Gottes 
hat dieſen Chriſtum in die Wuͤſten zu der Verſuchung gefuͤhret / 
da iſt dem Teuffel vergoͤnnet worden in Gottes Zorn⸗ reich gegen 
ihm zu tretten / und dieſen andern Adam zu verſuchen / wie er 
den erſten im Garten in Eden hatte verſuchet. ’ 

rox. Da ift nun keine irꝛdiſche Speiſe und Tranck geweſen / 
und hat die Seele in Chriſto nun wohl verſtanden / in welcher 
Herberge fie ſey / daß ſie in GOTT ſey / und daß fie konte aus 
Steinen ir:diſch Brod machen / weil ſonſt ktines da war: Sie 
ſolte aber nicht irꝛdiſch Brod eſſen / ſondern Himliſch / aus Ter- 
nario Sancto, in ihren himmliſchen Leib / und muſte der irꝛdiſche 
Leib im Hunger ſtehen / auff daß die Seele recht verſuchet würde; 
Denn den irꝛdiſchen Leib hat gehungert / wie der Text gantz recht 
im Evangelio ſaget. 

102. Nun ſolte der himmliſche den irꝛdiſchen uͤberwinden / 
daß alſo der irꝛdiſche gleich wie tod und unmaͤchtig ſey / und der 
himmliſche das Regiment behalte. Nun gleich wie Adam ſtund 
im Angel / zwiſchen Liebe und Zorne / als er verſuchet ward / da 
ſtunden beyde Reiche gegen ihme / und zogen in ihme: Und wie 
Gott der Vatter 1. für ſich in feinem wiedergefaſſeten 3 1 

a 


* 


360° Von den drey Principien Cap. 22. 


das Himmelreich mit der klaren Gottheit iſt / und 2. hinter ſich 

in die ewige Wurtzel der Natur ſein Grimm und Zorn iſt / und iſt 

doch beydes im ewigen Vatter. Und wie in der ewigen Natur der 

Grimmigkeit das Liecht / oder Reich Gottes nicht erkant wird / 
und im ewigen Liechte nicht das Reich deß Grimmes und Zorns / 

denn ein iedes in ſich felber iſt. Alſo iſt die Seele des Menſchen 
auch / ſie hat beide Reiche an ſich / in welches fie wirbet / darinnen 

ſtehet fie. So fie nun in das Himmelsreich wirbet / ſo iſt das 

Hoͤllen⸗ reich tod in ihr / nicht daß es verginge / ſondern das Him⸗ 

melreich wird raͤhs / und das grimmige Reich wird in Frewde 

verwandelt. Alſo auch / ſo fie ins grimmige Reich wirbet / ſo iſt dafs 
ſelbe raͤhs / und das Himmelreich wie tod / obs gleich in ſich nicht 

vergehet / ſo iſt doch die Seele nicht darinnen. 

103. Alſo iſt die Verſuchung Chriſti auch geweſen / welch 
Reich in der Seelen möchte fiegen. Darumb iſt dem ir:diſchen 
Leibe die Speiſe und Tranck entzogen worden / und iſt das Him⸗ 
melreich raͤht in ihme geweſen / verſtehe in Ternario Sancto und 
in ſeiner Gottheit. Und das grimmige Reich auch / und der Teuf⸗ 
fel gegen ihme / da iſt die new⸗gewaſchene / und halb wiederge⸗ 
bohrne Seele in mitten geſtanden / und iſt von beyden Reichen 
gezogen worden / wie Adam im Paradeiß. 5 

tog. Die Gottheit in Chriſto / in Ternario Sancto ſprach: 
Iß vom Verbo Domini, ſo geheſtu aus dem irꝛdiſchen Menſchen 
aus / und ruheſt im Himmelreich / lebe im Newen Menſchen / 
ſo iſt der Alte tod umb des Newen willen. So ſprach der Teuffel 
zu der Seelen: Deinen irzdiſchen Leib hungert / auff daß er 
27 §veil kein Brod da iſt / ſo mache aus Steinen Brod / daß 
er lebe. 5 

roy. Und die ſtarcke Seele in Chriſto als ein Ritter ſtund 
und ſprach: Der Menſch lebet nicht vom Brod allein / ſondern 
von einem jeglichen Worte / das durch den Mund Gottes auß⸗ 
gehet. Und verwarf das ir:diſche Brod und Leben / und ſtellete 
feine Imagination ins Wort Gottes / und aß vom Verbo Do- 
mini, da ward die Seele im Himmelreich raͤhs / und war der 
irꝛdiſche Leib wie tod umb des Himmelreiches willen / da er doch 
nicht tod war / ſondern ward des Himmels Knecht / und verlohr 
ſein maͤchtig Regiment. 5 

106. Als nun das Hoͤllen⸗ reich dieſen mächtigen Stoß krieg⸗ 
te / und alſo auff dieſe Weiſe uͤberwunden ward / ſo verlohr der 
Teuffel ſein Recht in der Seelen. Noch ſprach er in fich: Du Haft 

Recht über den irꝛdiſchen Leib / und ward ihm nnn: 5 
a 


Sapırı. Goͤtlliches Weſens. 30 r. 


da faſſete er den Leib mit der Seele / und fuͤhrete ſie auff die Spitze 
des Tempels / und ſprach: Laß dich hinab / denn du biſt maͤchtig / 
und kanſt alles thun / ſo werden die deute ſehen / daß du GOT T 
biſt / und haft überwunden. Das iſt der rechte Flatter⸗geiſt / 
damit der Teuffel immer wil über die Thronen auß fahren über 
die Gottheit / und faͤhret alſo nur in ſich ſelber / ins hoͤlliſche 
Fewer / und ergreifft die Gottheit nicht. . 
roy. Und alhier ward Adam auch verſuchet / ob er wolte ſtaͤts 
ſeine Imagination ins Hertze Gottes ſetzen / ſo waͤre er im Pa⸗ 
radeiß geblieben; da er aber ſein Gemuͤhte vom Hertzen Gottes 
abwandte in Geiſt dieſer Welt / und wolte uͤber die Demuͤhtig⸗ 
keit außfahren / und GOTT gleich ſeyn / fo fuhr er uͤber GOttes 
Thron aus in Geiſt der Grimmigkeit / deß Zornes. a 
108. Darumb muſte die Seele Chriſti alhie recht verſuchet 
werden / ob fie nun / weil ſie das Himmel⸗ brod hatte erhalten / 
auch wolte in Hoffart in Fewers⸗macht fliegen / oder ob fie 
wolte in Demuht nur auffs Hertze Gottes ſehen / und ſich deine 
ergeben / auff das ſie alleine in Gottes Willen getragen / und 
ein Engel der Demuht wuͤrde / und ſich auff ſich alleine nichts 
verlaſſen in eigener Macht zu fliegen. 
10g. Und ſiehet man des Teuffels Meiſter⸗ſtuͤck / wie er die 
Schrifft anzeucht / und ſpricht: Die Engel werden ihn auff den 
Haͤnden tragen / da es doch alhie nicht umb den Leib zuthun war / 
ſondern umb die Seele / die wolte er in Hoffart fuͤhren / daß fie 
ſich ſolte aus Gottes Liebe reiſſen / und ſich auff der Engel tra⸗ 
gen verlaſſen / ſie ſolte wieder aus dem newen Leibe auß reiſſen / 
welcher ohne das wohl fliegen kan / und ſolte einen Sprung her⸗ 
unter in den alten thun / und ſich auff die Engel verlaſſen / und 
ſolte alſo aus GOTZ fliegen wieder in Geiſt dieſer Welt. 
110. Aber man ſiehet Chriſti Ritterſchafft / ob er gleich mit 
‚feinem irꝛdiſchen Leibe auff der Spitzen des Tempels ſtund / be⸗ 
fahl er doch ſeinen irꝛdiſchen Leib GOTT / und trawete in ihn / 
daß er allenthalben in GOT ſey / und ſprach zum Teuffel: Es 
ſtehet geſchrieben: Du ſolt GOTT deinen Herꝛn nicht verſu⸗ 
chen. Alhier iſt recht des Teuffels Hoffart im Reiche der Grim⸗ 
migkeit uͤberwunden worden / und iſt die Demuht / Staͤrcke und 
Macht geblieben unſers Chriſti / und iſt Chriſti Seele in Terna- 
rium Sanctum, als in die demuͤhtige Liebe eingegangen / und 
hat ſich vermaͤhlet mit der demuͤhtigen zuͤchtigen Jungfrawen der 
Weißheit Gottes. | 
II. Als er dan nun in * kam 
907 


362 Von den drey Principien Cap. 22. 


er mit der endlichen maͤchtigen Verſuchung / wie er Adam auch 
thaͤt / er wolte ihm die gantze Welt geben / ſo er nicderfiele / und 
ihn anbetete. 4 

112. Es war Adam auch umb dieſe Welt zu thun: Er wolte 
dieſe Welt anziehen / und alſo darmit gleich ſeyn wie Gott / 
dieweil Gott dieſe Welt hat an ſich gezogen / darmitte ſeine 
groſſe Wunder zu eroͤffnen / ſo dachte die Seele in Adam: Du 
diſt Gottes Gleichnuͤß / du wilſts auch alſo machen / fo biſtu 
wie sen : aber ſie gieng darmit aus Gott auß / in Geiſt die⸗ 

er Welt. 
f 113. Nun muſte der andere Adam den Stand des erſten Adams 
beſtehen / da dann verſuchet ward / ob die Seele wolte im newen / 
heiligen / himmliſchen Menſchen bleiben / und in Gottes Barm⸗ 
hertzigkeit leben / oder im Geiſte dieſer Welt. 

114. Alſo ſtund nun die Seele Chriſti / als ein theurer Rit⸗ 
ter / und ſprach zum Sathan: Hebe dich weg Sathan! du ſolt 
Gott deinen Herꝛn anbeten / und ihme alleine dienen: Ich 
mag dein nimmer. Da iſt dem Teuffel / der Hoͤllen / und dem 
Reiche dieſer Welt Urlaub gegeben worden / und hat geſteget der 
theure Ritter / und hat ſich der Teuffel muͤſſen weg machen / und 
iſt überwunden worden das Irꝛdiſche. Alhie tritt nun der theure 
Ritter auff den Monden / und nimt allen Gewalt im Himmel / 
Hoͤllen und auff Erden in ſeine Gewalt / und regiret mit ſeiner 
Seele in Ternarıo Sancto, in dieſem aͤuſſern Leibe über Tod 
und Leben. a 

115. Und alhie iſt dieſe Welt Chriſto eigen worden: Denn 
er hat ſie uͤberwunden / er konte in Gott leben / und durffte nicht 
der irꝛdiſchen Speiſe und Trauck. 

116. Und ſoll der Leſer wiſſen / daß der Streit mit der Ver⸗ 
ſuchung iſt in Leib und Seele gehalten worden: und daß uns 

dieſe Verſuchung Chriſti auch angehet. Chriſtus hat uns geſte⸗ 
get; ſo wir unſer gantze Zuverſicht in Chriſtum ſetzen / fo ſiegen 
wir in ihme uͤber Suͤnde / Tod / Teuffel / Hoͤlle / und auch uͤber 
dieſe Welt. Denn den letzten Sieg hat er in ſeinem Tode erhal⸗ 
ten / da er dem Cherub hat ſein Schwerd zerbrochen / und dem 
Teuffel die Hölle zerſtoͤret / und hat das Geſaͤngnuͤß gefangen 
gefuͤhret / davon du beym Tode Chriſti magſt leſen. s 

117. Und ſehen wir / daß das alles wahr iſt / wie obgemeldet / 
denn da er in der Verſuchung gefieget/ und viertzig Tage war 
beſtanden / hatte er gantz geſteget / biß auff den letzten Sieg im 
Tode (denn alſo lange ſtund Adam auch im Garten rn 
8 bs 


Cap.23. Goͤttliches Weſens. 363 


Verſuchung) da fieng er fein Prieſterlich Königreich an / als 
tin König über Himmel und dieſe Welt / mit Wunder und Zei⸗ 
5 und machte in ſeinem erſten Miracul Waſſer zu guten 
Weine / machte auch Krancke / Blinde / Lahme / Auſſaͤtzige 
geſund / ſehend und rein: auch ſo weckete er Todten auff / und 
erzeigete ſich als der rechte Koͤnig uͤber Todte und Lebendige / und 
ſaß auff dem Stuhl Davids der Verheiſſung / und war der 
rechte Prieſter in der Ordnung Melchiſedech. Alles was Aaron 
war in des Vatters Macht im Fuͤrbilde geweſen / das war dieſer 
Hohe⸗Prieſter Chriſtus in der Krafft / mit Wunder und Thaten / 
welches wir wollen im andern Buche nach dieſem / gantz klar 
auß fuͤhren und beſchreiben / fo wir leben und uns Gott dieſes 
wird vergoͤnnen. 


Das 23. Capittel. 


Von Chriſti hochwuͤrdigen Teſtamenten / als von der 
Tauffe und feinem letzten Abendmahl / am grünen 
Donnerstage zu Abend / mit ſeinen Juͤngern gehal⸗ 
ten / welches er uns zu einer tege gelaſſen. 


Die Aller⸗edelſte Porte der Chriſtenheit. 


Je man biß anher umb den Kelch Jeſu Chriſti / 
und umb ſeine heilige Teſtamenta in Babel ge⸗ 
dantzet / iſt am Tage / da man auch viel Krieg 
und Blut⸗vergieſſen hat dadurch angerichtet / 
f was aber vor ein Erkaͤntnuͤß iſt in Babel davon 
ge weſen / das zeigen die Wercke ihrer Siebe untereinander. Das 
haben ihre Concilia angerichtet / da man dem heiligen Geiſte 
hat ſeinen Mund geſtopfet / und aus Chriſti Prieſterthumb ein 
Weltlich Regiment gemachet. N 8 
2. O ihr Hohen⸗Prieſter und Schrifft⸗gelehrten! was wolt 
ihr Chriſto antworten / fo ihr alſo erſunden werdet? Oder mey⸗ 
net ihr / ihr ſtehet im Dunckelen? O ihr ſtehet vor dem klaren 
Angeſichte Jeſu Chriſti / der da iſt ein Richter der Lebendigen 
und der Todten. Thut doch ewere Augen auff / und weydet die 
Heerde Jeſu Chriſti recht: Er komt und fordert ſie von euch; Ihr 
ſeyd nicht alle Hirten / ſondern eingedrungene / geitzige Woͤlffe: 
Ihr verlaſſet euch auff ewre Kunſt ewerer Schulen / O es gilt vor 
Box nichts! Der H. Geiſt A er * 
— * 3 4 


X. 


364 Von den drey Principien Cap. 23. 


nicht binden. Wolt ihr Chriſti Hirten ſeyn / ſo muͤſſet ihr in der 
Verſuchung beſtehen / und des Lambs Kleid im Hertzen anziehen / 
und nicht nur ihre (der Schafe der Heerde) Wolle meynen. Ihr 
muͤſſet ihnen Speiſe deß heiligen Geiſtes geben in rechter Siebe / 
und ſelber Thaͤter ſeyn. Wie wolt ihr ſte aber geben / ſo ihr nur 
in der Wuͤſten ſeyd / und habt euch in der letzten Verſuchung das 
Reich dieſer Welt erwehlet? Was ſoll man doch davon ſagen ? 
Iſt doch der Zorn entbrandt / traget nur Holtz zu / denn Babel 
verbrennet / das Waſſer iſt vertrocknet / oder was habe ich mit 
dir zu thun / daß ich alſo ſchreiben muß? 3 
3. So wir alſo haben mit wenigen angezeiget die Menſch⸗ 
werdung und Gebuhrt Jeſu Chriſti des Sohnes Gottes / und 
wir aber doch nur alſo irꝛdiſch ſind / und koͤnnens nirgend begreif⸗ 
fen / ſtehen alſo und fragen immerdar: Wo iſt dann Ehriſtus 
mit ſeinem Leibe? Wo ſollen wir ihn ſuchen? So luͤſtert unſere 
Seele zu ſchreiben von ſeiner Allgegenwart / und ſolches wieder 
alles Wuͤtten und Toben des Teuffels und Anti-Chriſts. 


— 13 — Fe 


4. So wir dan klar geſetzet / wie GOT fein liebes Hertz 
hat aus ſeiner Liebe und Barmhertzigkeit aus Gnaden wieder zu 
uns gewandt / und wie er unſerer Seelen habe die Porte zum Him⸗ 
melreich eröffnet / ꝛc. Iſt uns nun ferner zu entſinnen von Chriſtt 
Leibe. Denn die Vernuunfft ſpricht immer: Chriſti Leib iſt in 

Himmel geflogen: Er iſt weit von uns / wir muͤſſen ein Reich 
auff Erden anrichten / darmit wir ihm abweſend dienen: wie 
Jerobeam mit den Kaͤlbern / alſo heiſſet das Reich recht Babel. 

5. Ruͤhmeſtu dich ja einen Chriſten / warumb glaubeſtu dann 
nicht Chriſti Worten / da er ſaget: Er wolte alle Tage bey uns 
ſeyn / biß an der Welt Ende. Und ſpricht ferner: Er wolle uns 
feinen Leib zur Speiſe geben / und fein Blut zum Trancke. Item, 
Sein Leib ſey die rechte Speiſe / und ſein Blut ſey der rechte 
Tranck: Was verſteheſtu hiermit? Einen abweſenden? O du 
armer krancker Adam! Warumb biſtu abermahl aus dem Pa⸗ 
radeitz außgegangen? hat dich doch Chriſtus wieder nein gefuͤh⸗ 
ret: Warumb biſtu nicht drinnen geblieben? Saheſtu nicht / daß 
die Apoſtel Chriſti und ihre Nachkommen welche in Chriſti 
Paradeiß mit ihrer Seelen waren / groſſe Wunder thaͤten / 
warumb biſtu wieder in Geiſt dieſer Welt eingangen? Meyneſtu 
du wilt das Paradeiß mit deiner Vernunfft in deiner Kunſt fin⸗ 
den? Weiſtu nicht / daß es ein ander Prineipium hat / und dag 
du es nicht findeſt / du werdeſt dann wieder new gebohren? 

6. Du ſprichſt: Chriſtus iſt gen Himmel gefahren / wie kau 

8 2 Fr 


Cap. 23. Goͤttliches Weſens. 366 
et dan in dieſer Welt ſeyn? Wann du weit kommeſt / ſo dencke⸗ 
fin} er ſey alleine mit ſeinem heiligen Geiſte alhie in feinen Te⸗ 
Ramenten gegenwartig / und die Teſtamenta ſeyen nur ein Zeichen 
feines Verdienſtes: Was ſageſtu von deinem newen Menſchen / 
ſo ja die Seele mit dem H. Geiſte geſpeiſet wird / was hat dann 
dein newer Menſch? Denn ein jedes Leben iſſet von ſeiner Mutter. 
Die Seele iſt Geiſt / die iſſet geiſtliche Speiſe / und der newe 
Menſch iſſet von dem reinen Element, und der aͤuſſere Menſch 
iſſet von der Außgebuhrt der vier Elementen. i 
7. So nun die Seele von der klaren Gottheit iſſet / was hat 
denn der Leib? Denn du weiſt daß Seel und Leib nicht ein 
Ding iſt. Wol iſt es ein Coͤrper / aber die Seele iſt Geiſt / und 
muß geiſtliche Speiſe haben / und der Leib muß leibliche Speiſe 
haben: Oder wiltu dem newen Menſchen irꝛdiſche Speiſe geben? 
ſo das iſt / fo biſtu noch fern von Gottes Reich. Hat doch Chriſti 
himmliſcher Leib nicht irꝛdiſche Speiſe genoſſen / ſondern nur der 
aͤuſſere irꝛdiſche. Iſt doch Chriſti Leib jetzo in Ternario Sancto, 
(verſtehe in der reinen heiligen Weſenheit / als in der Engli⸗ 
ſchen Welt) und iſſet der Speiſe des Paradeiſes / warumb auch 
nicht unſer newer Menſch? Hat er nicht in der Wuͤſten 40. Tage 
himmliſche Speiſe gegeſſen / und hernach immerdar? Sprach er 
nicht beym Jacobs⸗Brunnen zu feinen Juͤngern: Ich habe eine 
Speiſe zu eſſen / davon ihr nichts wiſſet. Und ferner: Das iſt 
meine Speiſe / daß ich thue den Willen meines Vatters im 
Himmel. Iſt Gottes Wille feine Speiſe / warumb nicht auch 
unſere / fo wir in ihm leben? Hat nicht Chriſti Gottheit das 
Himmelreich zu einem Leibe angezogen? Iſt nicht das reine Ele- 
ment ſein Leib / da die Gottheit innen wohnet? f 
8. So ſpricht die Vernunfft: Der Leib Chriſti iſt an einem 
Orte / wie kan er uͤberall ſeyn / er iſt eine Creatur? Nun kan ja 
eine Greatur nicht auff einmahl zugleich überall ſeyn? Höre liebe 
Vernunfft / da das Wort Gottes in Marien Leibe Menſch 
ward / war es dan damahls nicht auch hoch uͤber den Sternen? 
Da es zu Nazareth war / war es nicht auch zu Jeruſalem / und 
überall in allen Thronen? Oder meyneſtu / da GOTT Menſch 
ward / daß er ſey alſo in der Menſchheit eingepreſſet geſtecket / 
und ſey nicht uberall geweſen? Meyneſtu die Gottheit habe ſich 
in Chriſti Menſchwerdung zertrennt? O nein / er iſt nie von ſei⸗ 
nem Sitz gewichen / daß kan nicht ſeyn. 
9. Nun ſo er dan Menſch iſt worden / ſo iſt ja ſeine Menſch⸗ 
heit überall geweſen / wo feine — war: Denn du kanſt⸗ 
3 nicht 


366 Von den drey Principien Cap. 23. 


nicht ſagen / daß ein Ort im Himmel und in dieſer Welt ſey / da 
nicht GOTZ fen: Wo nun der Vatter iſt / da iſt auch fein Hertz 
in ihme / da iſt auch der H. Geiſt in ihme. Nun iſt ſein Hertz 
Menſch worden / und iſt in der Menſchheit Chriſti: So du nun 
wolteſt dencken / Chriſti Leib iſt ferneim Himmel / ſo muſtu ja 
auch ſagen / das Hertze Gottes iſt in ihme. Wolteſt du dan nun 
ſagen / wan du ſageſt GOZ der Vatter ſey alhier gegenwaͤr⸗ 
tig / es ſey nicht auch ſein Hertz in ihme alhier gegenwaͤrtig? 
Oder wiltu Gottes Hertz zertheilen / und wilt einen Funcken 
in Chriſti Leibe haben / und dan das ander gantz überall? Was 
thuſtu? ſtehe ab / ich wil dir zeigen den rechten Grund warhaf⸗ 
tig und eigentlich. 
zo. Siehe / GOTT der Vatter iſt uͤberall / und ſein Hertz 
und Liecht iſt uberall in dem Vatter: Denn es wird von Ewig⸗ 
keit immer uͤberall in dem Vatter gebohren / und ſeine Gebuhrt 
hat keinen Anſang noch Ende. Es wird noch heute immer vom 
Vatter gebohren; Und da es gleich im Leibe Mariæ war / fo 
ſtund es doch in der Gebuhrt des Vatters / und ward vom Vat⸗ 
ter immer gebohren: und der H. Geiſt iſt von Ewigkeit immer 
vom Vatter durch fein Hertze außgegangen; Denn die gantze 
Gebuhrt der Gottheit iſt nichts anders / und kan nicht an⸗ 
derſtthun. N 3 
11. Nun iſt der Vatter groͤſſer dan alles / und feine Barm⸗ 
hertzigkeit auch groͤſſer dan alles / und der Sohn in ihme auch 
groͤſſer dan alles: Und das Element ſtehet in ſeiner Barmher⸗ 
tigkeit / und iſt ſo groß als GOTT / allein daß es von GOTT 
erbohren iſt / und iſt weſentlich / und iſt unter GOTT / und 
darinnen ift Ternarius Sanctus, mit Gottes Weißheit in den 
Wundern / denn alle Wunder werden darinnen eroͤffnet / und 
das iſt Chriſti him̃liſcher Leib / mit unſerer hie angenommenen 
Seele darinnen / und die ganke Fülle der Gottheit im Centro 
darinnen / und iſt die Seele alſo mit der Gottheit umbgeben / 
und iſſet von GO / denn ſie iſt Geiſt. Alſo meine liebe Seele / 
ſo du in Chriſto wieder erbohren wirſt / ſo zeuchſtu den Leib Chri⸗ 
ſti an aus dem heiligen Element, und der gibt deinem newen Leibe 
Speiſe und Tranck / und der Geiſt dieſer Welt in den vier Ele- 
menten, dem alten irꝛdiſchen. 5 
12. Alſo wiſſe hochthewer / gleich wie Chriſtus hat einen Bund 
im Garten Eden mit uns gemacht / daß er alſo wolle (wie ob⸗ 
bemeldet) ein Menſch werden. Alſo hat er auch einen Bund ge⸗ 
macht mit uns / nach deme er das irꝛdiſche ablegete / und 15 uns 
1 5 einen 


Eap.23. Goͤttliches Weſens. 367 


ſeinen Leib zur Speiſe beſcheiden / und ſein Blut zum Trancke / 
und das Waſſer des ewigen Lebens im Urkunde der Gottheik / zu 
einer H. Tauffe / und befohlen / daß wir ſolches ſollen brauchen 
big er wieder komme. f 

13. Nun ſprichſtu: Was hat Chriſtus ſeinen Juͤngern im 
letzten Abendmahl gegeben / da er bey ihnen am Tiſche ſaß? Siehe / 
die Gottheit iſt nicht umbfaßlich / und der heilige Leib Chriſtt iſt 
auch nicht meßlich / er iſt wol Creaturlich / aber nicht meßlich. 
Er gab ihnen ſeinen heiligen / himmliſchen Leib / und ſein heili⸗ 
ges himmliſches Blut zu eſſen und zu trincken / wie feine eigene 
Wort lauten / Matt. 26. 26, 27, 28. | 5 

14. Sprichſtu / wie kan das ſeyn? ſage mir / wie kan das 

yn / daß das heilige Element hat dieſe Welt angezogen / und 

t ein ander Principium in dem Leibe R Welt / und das hei⸗ 
lige Element iſt Chriſti himliſcher Leib? Alſo hat Chriſtus ſei⸗ 
nen Juͤngern aͤuſſerlich Brod gegeben / und aͤuſſerlichen Wein 
im Reiche dieſer Welt / und darunter ſeinen heiligen himmli⸗ 
ſchen Leib im andern principio, welcher das aͤuſſere haͤlt / und 
fein heiliges himmliſches Blut / darinnen die himmliſche Tinctur 
ſtehet / und das heilige Leben. 

15. So ſpricht die Vernunfft: Das waͤre ein frembder Leib 
in frembden Blute / und waͤre nicht der Leib feiner Creatur. 

Liebe Vernunfft / ſage mir / wie das ein frembder Leib ſeyn 
kan / wol iſt er in einem andern principio, aber von keiner an⸗ 
dern Creatur. Sprach nicht Chriſtus: Ich bin nicht von die ſer 
Welt / und er war doch auch wahrhafftig nach dem aͤuſſern 
Menſchen von dieſer Welt. Oder ver ſteheſtu das alleine von ſei⸗ 
ner Gottheit / wo bliebe dan ſeine ewige Menſchheit / nach 
welcher er ein Koͤnig der Verheiſſung auff dem Stuhl Davids 
war? 

16. So uns die Verheiſſung haͤtte koͤnnen rantzioniren / ſo 
hätte das Werck nicht dörffen erfolgen: So hätte Moſes auch 
koͤnnen das Volck Iſrael ins rechte gelobte Land einfuͤhren / wel⸗ 
ches auch Joſua / der da war ein Fuͤrbilde dieſes Jeſu Chriſti / 
nicht thun koͤnnen: ſondern fuͤhrete ſie nur ins Land der Heyden / 
da immer Krieg und Streit war / und nur ein Jammerthal. 

17. Aber dieſer Chriſtus ſitzet auff dem Stuhl Davids / auff 
dem Stuhl der Verheiſſung. Gleich wie David war ein aͤuſſer⸗ 
licher König / und in feinem Geiſte ein Prophet vor GOT / 


und ſaß alſo aͤuſſerlich als ein Richter in der Welt / und innerlich 


als ein Prieſter vor GH T / der da von dieſem Chriſto weiſſa⸗ 
2 4 gete 


U 


* 


368 Von den drey Principien Cap. 23 
gete / daß er kommen ſolte / und hieß alle Thuͤren auffmachen / 
und alle Thoren hoch erheben / daß dieſer Koͤnig der Ehren ein⸗ 
zoͤge. Alſo redete er nicht alleine von ſeiner Gottheit / aus wel⸗ 
cher er weiſſagete / denn die war ohne das bey ihme / und er redete 
in derſelben Krafft und Erkaͤntnuͤß / ſondern er weiſſagete von 
feiner ewigen Menſchheit. Denn das wäre kein Koͤnig / der nur 
im Geiſte da ſaͤſſe / den koͤnten wir nicht ſehen / und mit ihm 
1 aber das iſt ein Koͤnig / der in der Menſchheit da 

itzet. 
18. Nun iſt derſelbe König von GO verheiſſen worden / 
daß er ſoll beſitzen die Thoren feiner Feinde / und ſoll die Feinde 
gefangen fuͤhren / und ſeynd dieſelben Feinde die Teuffel. 33 

19. Wie meyneſtu nun / ſo dieſelbe Creatur haͤtte die Teuffel 

zu Jeruſalem gebunden / und als eine meßliche Creatur / die 
nicht weiter reichte / gefangen gefuͤhret / wer haͤtte dann die zu 
Nom gebunden? Sprichſtu: Seine Gottheit. O Nein / das 
war nicht ihr Ambt: Die Teuffel ſind ohne das ins Vatters in⸗ 
nerſten Wurtzel in ſeinem Zorne: Es muſte es nur eine Crea⸗ 

Pi thun / die fo groß waͤre / daß fie überall. beyn Teuffeln ſeyn 

onte. Bi 

20. Darumb muſte Chriſtus in feiner Berfichungdas Reich 

des Zornes und feiner Außgebuhrt überwinden / und in feinene. 
Eingange in Tod zertratt er der Schlangen (dem Teuffel / und 
allen Teuffeln) den Kopff / und nahm ſie gefangen. Das ſoltu. 
alſo verſtehen / daß das innere Element, welches haͤlt den gan⸗ 
zen Leib dieſer Welt / Chriſti ewiger Leib iſt worden. Denn die 
gantze Gottheit in dem Worte und Hertzen Gottes iſt allda ein⸗ 
gegangen / und hat ſich vermaͤhlet in Ewigkeit darinnen zu blei⸗ 
ben / und iſt dieſelbe Gottheit eine Creatur worden / eine ſolche 
Creatur / die überall ſeyn kan / wie die Gottheit ſelber. Und 
dieſelbe Creatur hat alle Teuffel im Reich dieſer Welt gefangen: 
amd alle Menſchen / welche mit ihrem Gemuͤhte fich zu dieſem 
Chriſto nahen / und ſeiner im rechten Ernſte begehren / die wer⸗ 
den durch des Vatters Geiſt / als von der klaren reinen Gottheit 
in dieſe Menſchheit Chriſti / als ins reine Element, fuͤr die Tri- 
nitaͤt gezogen. * f BE 
21. Und ſo ſte beſtaͤndig bleiben / und nicht wieder von GOTT 
außgehen in die Sucht des Teuffels / ſo wird in ihre Seele die 
cebdle Perle geſaͤet / als das Liecht Gottes / das zeucht an ſich den 
edlen Leib Jeſu Chriſti mit dem Paradeiß und Himmelreich. 
Und waͤchſet an der Seelen der rechte newe Menſch Chriſtus on 
1 


der himmliſchen Jungfrauen der Weißheit Gottes in Ternario 
Sancto im Himmelreich. Und-ift alſo ein ſolcher Menſch nach 

dieſem neuen Menſchen im Himmel im Leibe Jeſu Chriſti / und 
nach dem alten irꝛdiſchen Menſchen / welcher dem Heiligen an⸗ 

hanget / in dieſer Welt im Suͤnden⸗hauſe / und treibet den neu⸗ 
en Menſchen die Gottheit / und den Alten der Geiſt dieſer 
Welt / biß er den im Tode ableget. Denn er iſt ein Menſch im 
Himmel gebohren / in der Barmhertzigkeit Gottes / im Leibe 
Jeſu Chriſti. (Mit den innern Seelen⸗Menſchen in der newen 
Gebuhrt im Himmel der Ewigkeit: Und mit dem äuſſern ſterb⸗ 
lichen Menſchen in der Eitelkeit der Zeit / darinnen das Suͤn⸗ 
den⸗Joch noch lebet.) 

22. Ich ſetze hoch: Siehe / wie die Thron⸗ und Fuͤrſten⸗En⸗ 

el im Anfang ſind durch die Weißheit Gottes erblickt / welchen 
lick das Fiat gefangen hat zuſchaffen / und im Thron⸗Engel die 
unzaͤhlbare Vielheit / alles nach der ewigen Weißheit in den 
Wundern Gottes / welches alles alſo geſchaffen worden im Piat 
Gottes nach allen Eſſentien des ewigen Limbi Gottes: daß 
alſo alle Engel in jedem Thron ihren Willen in den Thron⸗ und 
Fuͤrſten⸗Engel geben / wis ſolches beym Falle Lucifers gnug zu 
erkennen iſt / und auch an den Regionen der Koͤniglichen Regi⸗ 
mente dieſer Welt mag erkant werden / ſo nicht der Teuffel die 
rechte Einigung alſo verwuͤſtete / wie dan gar klaͤglich zu ſehen iſt. 
23. Alſo auch / du edles hoch⸗theures Gemuͤhte / verſtehe uns 
doch / iſt dieſe andere hoch⸗theure Schoͤpffung im Fiat. Als GOTT. 
ſahe und erkante unſern klaͤglichen Fall / erblickete er ſich durch 
ſeine heilige ewige Jungfraw ſeiner Weißheit in den ewigen 
Wundern in der Barmhertzigkeit / ſo aus ſeinem Hertzen immer 
erbohren wird / und faſſete mit ſeinem Blick den Thron / und 
erblickte ſich ferner in dem Thron in viel tauſent⸗mahl tauſent 
ohne Zahl / und ſetzete feinen Bund mit feinem Eyde darein mit 
ſeiner theuren Verheiſſung vom Weibes⸗Saamen. 

24. Alſo mein hoch⸗theures Gemuͤhte / vernimbs / derfelbe- 
Thron iſt in der Zeit / als die Zeit ſeines Bundes eroͤffnet ward / 
ein Hoch⸗Fuͤrſten⸗Engel in der Barmhertzigkeit Gottes / im 
heiligen reinen Element im Ternario Sancto (das iſt / in der hei⸗ 
ligen Erden / in welcher die Gottheit ſubſtamlaliſch erkant wird) 
worden / alſo daß die gantze Barmhertzigkeit Gottes / welche 
unmeßlich und überall iſt in Ternario Sancto, welche auch alſo 
groß iſt im heiligen Element, welches den Himmel und dieſe 
Welt haͤlt / ein Menſch worden / das iſt eine lubſtantisliſche 

A 5 Gleich⸗ 


370 Von den drey Principien Cap. 2 3. 


Gleichnuͤß des Geiſtes der Trinitaͤt / in welcher die Trinitaͤt mit 
gantzer Fülle wohnet Col. 2. 9. Und in dieſem groſſen Throne 
und Fuͤrſten⸗Engel iſt im Anfang und von Ewigkeit geſtanden 

der Blick in der unendlichen Vielheit aus allen Eſſentien im Lim- 
bo des Vatters / und in Zeit der Verheiſſung recht im Fiat erblic⸗ 
ket worden. f 

25. Alſo ſtehet jetzo noch auff heute alle Ding in dem Schaffen / 
und hat die Schoͤpffung kein Ende biß ins Gerichte Gottes / da 
wird das jenige / welches im heiligen Baume iſt gewachſen / von 
den unheiligen Diſteln und Dornen geſchieden werden. Und ſind 
wir Menſchen dieſelben unzehlbaren Blicke im Fiar des groſſen 
Fuͤrſtlichen Thrones / und die wir Heilig ſind / werden geſchaf⸗ 
fen in dem Leibe dieſes Fuͤrſtens in GOTT: Die wir aber ver⸗ 
derben / werden außgeworffen / als faule Aepffel für die Saͤwe 
des Teuffels. 

26. Alſo ſind wir in Chriſto Jeſu verſehen worden / ehe der 
Welt Grund iſt geleget worden / daß wir ſeine Engel und Die⸗ 
ner in ſeinen Hoch⸗fuͤrſtlichem Throne in dem Leibe feines Ele · 
ments ſeyn ſollen / in welchem ſein Geiſt / als die heilige Trinitaͤt / 
wohnen wil. * 

27. Dieſes wolte ich dir am Reiche dieſer Welt klar erwei⸗ 
fen / ja an allen Dingen: du ſolt nicht etwas koͤnnen nennen / 
darans nicht zu erweiſen iſt / ſo es uns GOTT zu lieſſe. Weil es 
aber zu viel Raum darff / wil ich ein eigen Buch davon ſchreiben / 
ſo es der Herꝛ zulaͤſſet. 5 

28. Darumb meine liebe Seele ſey lebendig / und ſiehe was 
dir dein edler Braͤutigamb zu einer Letze in ſeinen Teſtamemen 
hat gelaſſen: als nemlich in der Tauffe das Waſſer ſeines Bun⸗ 
des aus ſeinem heiligen Leibe des Urkundes / da wir in dieſer 
Welt / als in der Außgebuhrt ſeines Leibes / erkennen vier Din⸗ 
ge 5 25 Fewer / Lufft / Waſſer / Erde / darinnen unſer ir:diſcher 
Leib ſtehet. N 

29. Alſo auch im Himũliſchen Leibe ſtehen ſolcher vier Dinge: 
Das Fewer / iſt die Anzuͤndung der Goͤttlichen Begierde; Das 
Waſſer iſt das jenige / welches das Fewer begehret / davon das 
Fewer ſanffte und ein Liecht wird: Die Lufft iſt der frewden⸗ 
reiche Geiſt / der das Fewer auffblaͤſet / und in dem Waſſer die 
Bewegligkeit machet; und die Erde iſt recht das Weſen / was 
in den dreyen erbohren wird / und heiſt recht Ternarius Sanctus . 
in welcher die Tinctur erbohren wird im Liechte der Sanfftmuht / 
derinnen das heilige Blut aus dem Waſſer / als Man 1 

affere: 


Eap.23. Goͤttliches Weſens. 37t 


Waſſers erbohren wird / in welchem das Liecht ſcheinet / und der 
Geiſt des Lebens ſtehet. 8 

30. Alſo verſtehe / iſt das Waſſer des ewigen Lebens in dem 
Limbo Gottes / in Te nario Sancto, und das iſt das Waſſer / 
welches die Seele taͤuffet / ſo wir den Gebrauch ſeines Teſta⸗ 
ments halten. Denn die Seele wird in Chriſti Bunde in daſſel⸗ 
be Waſſer eingetauchet und gewaſchen / und iſt recht ein Badt 
der Wieder ⸗gebuhrt. Denn ſie wird mit dem eintauchen in das 
heilige Waſſer / vom heiligen Waſſer empfangen und erquicket / 
und komt in Bund Chriſti, in die Seele Chriſti, zwar nicht drein 
ſondern in ſeinen Leib / und wird Chriſti Seelen Bruder. Denn 
Chriſti Seele iſt eine Creatur als unfere Seelen / und iſt im Leĩ⸗ 
be der Barmhertzigkeit in der Trinität darmit umbgeben / und 
derſelben in ſich habhafft zu einer Speiſe und Staͤrcke: Alſo auch 
unſere Seelen im Bunde / ſo ſie trew und an Gott bleiben / ſind 
fie Chrifti Seelen Brüder... 

31. Denn diefes Pfand / als unfere Seele / hat Chriſtus von 
uns Menſchen in Maria angenommen / deß frewen wir uns in 
Ewigkeit / daß Chriſti Seele unſer Bruder iſt / und Chriſti Leib 
unſer Leib im newen Menſchen iſt. 

32. Solte ich mich nicht frewen / daß meine Seele in Chriſt 
Leibe iſt / und Catiſti Seele mein Bruder / und die heilige Tri- 
nitaͤt meiner Seelen Speiſe und Krafft Wer wil mich rich⸗ 
ten / oder fangen / oder verderben / ſo ich in meinem rechten Men⸗ 
ſchen in GOT Z bin / ſo ich unſterblich bin in meinem newen Men⸗ 
ſchen? Was zage ich dan viel in dem Irꝛdiſchen / welcher der Er⸗ 
den gehöret!. Nehme ein jedes das ſeine / fo. wird mein Seele des 
Treibers loß. ö 

33. Oder was ſol ich ſagen / muß ich nicht in dieſem Leibe / den 
ich alhier trage in der Ir:digkeit / durch den newen Menſchen 
Gottes Wunder eroͤffnen / daß alfe feine Wunder offenbahr 
werden? Nicht rede ich allein von mir / ſondern von allen Men⸗ 
ſchen / gut und boͤſe. Es muß ein jeder in ſeinem Reiche die groſ⸗ 
fe Wunder eroͤffnen / darinnen er ſtehet / es ſey in diebe oder Zorn. 
Es wird nach Zerbrechung der Welt alles in der Figur ſtehen. 
Dei dieſe Welt ſtehet jetzt in der Schoͤpffung und im Saamen⸗ 
und iſt gleiche einem Acker / der Frucht traͤget. 

37. Alſo wollen wir ein jeder fein Tag⸗werck in ſeinem Acker 
herfuͤr bringen und vollenden / und in der Erndte wird ein 
jeder in feiner Arbeit ſtehen / und ſeines Gewuͤchſes / fo er ge⸗ 
Bet! genisffen ; darumb ſoll . Hand nicht laß * 


372 Von den drey Principien Cap. 2 3. 
ben / ſagen wir ohne Schertz / och⸗thewer in den Wundern Gottes 
erkant / im Raht der edlen Jungfrawen. 


Von dem Gebrauche der hochwuͤrdigen Teſtamenten 
| Jeſu Chriſti des Sohnes Gottes. 


* C Hriſtus hat den Brauch der Tauffe mit Johanne ange⸗ 
fangen / welcher ſein Vorlaͤuffer war / und Johannes 
war vor Chriſto zu dieſer Welt gebohren / das bedeut was: Thue 
die Augen auff. Gleich wie das Waſſer iſt im Urkunde / und eine 
Urſache und Anfang des Lebens / und in dem Waſſer wird erſt 
durch die Tinctur der Sulphur erbohren / in welchem das Leben 
raͤge wird / und die Tinctur erbieret wieder den Sulphur und das 
Waſſer / in welchem hernach das Blut in der Tinctux wird. Nun 
alſo wie des Lebens Anfang iſt / alſo muſte auch die Ordnung in der 
Wieder⸗Gebuhrt ſeyn / daß die arme Seele erſt empfinge das 
Waſſer des ewigen Lebens / und in daſſelbe eingetauchet wuͤrde: 
alsdenn gibt ihr GOTT. das Senff⸗korn der Perlen / daß fo fie 
dieſelbe annimbt / ein new Gewaͤchſe in GOTT wird. 
36. Darumb hat er ſeinen Engel vor ihm hergeſandt / daß er 
mit dem Waſſer des ewigen Lebens tauffe. Denn ſo kam der ewi⸗ 
ge Leib / in welchen die Seele muſte eingehen / und in feiner Tin- 
ctur in feinem Blute wieder newgebohren werden / und in den 
Leib Chriſti verſetzet werden. Darzu im ſchreiben viel Raum ge⸗ 
hoͤrete / wils aber kurtz enden / und im andern Buch melden / und 


5 jetzt zum Weſen des Brauchs greiffen. Denn der Einfaͤltige iſt 


faſt unbegreiflich / fo wollen wir kindlich mit ihm umbgehen / ob 
er moͤchte ſthend werden / und die Perle finden. Denn nicht alle 
werden finden / was wir in Gottes Liebe funden haben / od wirs 
wol gerne allen goͤnneten / fo iſt doch ein groſſes darzwiſchen / 
als das geſchwule Reich dieſer Welt mit dem Teuffel / der wird 
ſich wehren als ein gebeißiger Hund / wiewohl ihn der Lilien Ruch 
unmaͤchtig machet / ſo wollen wir jetzt kindlich reden. 

37. Der Diener im Bruͤderlichen / Chriſtlichen Ambte des 
Bundes und Teſtaments Chriſti / nimbt Waſſer / und geuſt das 
in ſeinem Bunde und Teſtament auf Befehl Chriſti dem Taͤu⸗ 

fling auffs Haubt / im Namen des Bundes / und im Namen der 
H. Dreyfaltigkeit / des Vatters E / Sohnes Pſund Heiligen 
Geiſtes F. Das iſt nun Chriſti Befehl geweſen / und hat damit 
feinen Bund mit uns auffgerichtet / und iſt ein Teſtament / wel⸗ 

ches er hernach mit ſeinem Tode beſtaͤtigte. Das ſollen wir thun 

und 


„ er & 22 9 
Cap. 23. Goͤttliches Weſens. 375 
und nicht laſſen. Es ſtehet nicht in der Chriſten Wilkuͤhr zu thun 
oder zu laſſen / ſondern wollen fie Chriſten ſeyn / fo follen ſte das 
2 oder verachten fein Teſtament / und wollen nicht zu ihme 
ommen. 

38. Denn der Teſtator ſtehet im Bunde / und ſpricht : Kom / 
und wer nicht kommen wil / der gehet nicht zu ihme ein. Darumb 
liegts nicht an unſerer hohen Erkaͤntnuͤß und Wiſſenſchafft / den 

er ſtehet in ſeinem Bunde / und iſt ihm das newgebohrne Kind ſo 
lieb / als der alte ſuͤndige Menſch / welcher umbkehret und in ſei⸗ 
nen Bund tritt. Denn es lag nicht an uns / daß er Menſch ward / 
und uns in ſeine Liebe nahm / ſondern an ſeiner Liebe in ſeiner 
Barmhertzigkeit. Wir wuſten nichts von ihme / oder ob uns 
moͤchte gerahten werden / alleine er erwehlete uns / und kam aus 
Gnaden zu uns in unſere Menſchheit / und nahm ſich unſerer an / 
fo war doch fein. Bund der Verheiſſung ein Liebe-Bund aus 
Gnaden / und nicht aus unſern Vorwiſſen und Verdienſte. 
Darumb wer anderſt lehret / der iſt ein Babel / und verwirret den 
Bund Chriſti. 

39. Denn Chriſtus ſprach auch: Laſſet die Kindlein zu mir 
kommen / denn ſolcher iſt das Reiche Gottes. Sprich nicht: 
Was ſoll einem Kind die Tauff ? Es verſtehets nicht. Es 
liegt nicht an unſerm Verſtande / wir ſind alzumahl unver⸗ 
ſtaͤndig am Reiche Gottes. So das Kind dein Zweiglein / ift: 
in deinem Baum gewachſen / und ſteheſt im Bunde / warumb 

bringeſtu nicht auch dein Zweiglein in den Bund? Dein Glau⸗ 
be iſt fein Glaube / und deine Zuverſicht im Bunde zu GOTT / 
iſt ſeine Zuverſicht / es ſind ja deine Eſſentien, und von deiner 
Seelen erbohren. Und du ſolt thewer wiſſen / biſtu ein rechter: 
Chriſt im Bunde Jeſu Chriſti / daß auch dein Kind in ſeines Le⸗ 
bens Anzuͤndung in den Bund Chriſti tritt / und obs in Mutter⸗ 
Leibe ſtuͤrbe / im Bunde Chriſti erfunden wird. Deſi die Gottheit 
ſtehet im Sentro des Lebens⸗Liecht: So nun der Baum im Bun⸗ 
de ſtehet / billich auch ſeine Zweige. 

40. Nicht ſoltu darumb die Tauffe unterlaſſen. Denn ſo das 
Kind zur Welt gebohren iſt / ſo iſts von ſeinem Baume abge⸗ 
trannt / und iſt in dieſer Welt; da ſolls ſelber in Bund tretten / 
und du mit deinem Glauben ſolſts darſtellen / und mit deinem 
Gebete GOTT in feinen Bund geben. Es darff keiner Pracht 
darzu / mit welcher der Bund verunehret wird / es iſt Ernſt. 

41. Es ſind drey Zeugen zu dieſem Bunde: Einer heiſt 
GT Vatter / der ander GOTT Sohn / und der dritte 


27 GOTT 


374 Von den drey Principien Cap. 2 3 


G OTT H. Geiſt. Die find der Werck⸗meiſter / die das Ambt 
treiben / die da tauffen. So du unflaͤtige Spiegel⸗hure nun alſo 
komſt gepranget / und bringeſt die arme Seele zum Bunde 
Chriſti / ſteheſt nur und prangeſt / verſteheſt wol nichts von der 
Tauffe / thuſt wol nicht eins ein Vatter unſer zu GOTT. Was 
meyneſtu / wie du vor dieſem Bunde / vor der H. Dreyfaltigkeit 
ſteheſt? wie eine Saw vorm Spiegel. 

42. Oder ſoll ich ſchweigen? Ich muß es ſagen / denn ich ſehe 
es / thue was du wilt / es iſt wahr / du traͤgeſt eine new⸗gewaſche⸗ 
ne Seele von der Tauffe / aber du biſt eine beſudelte Saw / wol 
im Reiche aller Teuffel / aber das Badt der Wieder⸗geburt ligt 
nicht an dir: ſo du gleich ein Thier biſt / und ferne von Gottes 
Reich / es ligt an Chriſti Bunde. 

43. Aber das ſage ich nach meiner Erkaͤntnuͤß / und nicht aus 
Befehl / ſo die Eltern Gottloſe / auch wol im Reiche deß Teuffels 
ſind / und haben aus ihren falſchen Eſſentien alſo ihre Frucht ge⸗ 
zeuget / in denen wol kein Glaube iſt / als nur eine falſche 
Schein⸗heucheley / daß ſie alſo nur fuͤr Chriſten Spotts halben 
wollen geachtet ſeyn: Und wie der Teuffel ſich auch offte in Ge⸗ 
ſtalt deß Liecht⸗Engels verſtellet / und ſchicken denn auch ihre 
Kinder mit dergleichen geſchmuͤcktem falſchen Engeln für den 
Bund Chriſti / daß es wol gantz faͤhrlich iſt / welches ſich dan 
auch alsbald in des Baumes Wachſung erweiſet. Der Bund blei⸗ 
bet wol / aber es wil ein Ernſt ſeyn / dem Teuffel zu entfliehen. 
Es mag auch wol manches im Zorne Gottes getauffet werden / 
weil man den Bund nur verachtet / und manchmahl wol heylloſe 
trunckene Pfaffen darzu ſind / die wol auch im hoͤlliſchen Fewer 
big übern Kopff ſtehen. 

44. Darumb ſtehet der Gnaden⸗bund auch wol zum Zeug⸗ 
nuͤß über den Hauffen der Gottloſen / und das / was fie ſehen und 
wiſſen / aber nicht im Ernſte thun / wird ſie richten. 

45. Nun ſprichtdie Vernunfft: Wie iſt dan die Tauffe / ich 
ſehe doch nur Waſſer und Worte? Hoͤre liebe Vernunfft / dein 
aͤuſſerer Leib iſt auch nur in diefer Welt / darumb muß ein aͤuſſer⸗ 
lich Waſſer darzu ſeyn : Aber gleich wie der verborgene Menſch 
Chriſtus mit ſeinem reinen Element die Außgebuhrt dieſer Welt 
(als die vier Element a, in welchen unſer Leib ſtehet) haͤlt / und 
iſtalles fein 5 Alſo auch Halter das aͤuſſere Waſſer / und tauffet 
mit dem innern Waſſer feines Elements, mit dem Waſſer des 
ewigen Lebens / aus ſeinem heiligen Leibe. Denn der H. Geiſt 
im Bunde tauffet mit dem innern Waſſer / und der Diener gr 


& x 
Cap. 23. Goͤttliches Weſens. 375 


fet mit dem aͤuſſern: Der aͤußere empfaͤhet das irꝛdiſche Elemen- 
tiſche Waſſer / und die Seele das Waſſer des Bades in der 
Wieder⸗Gebuhrt. 

46. Die Seele wird im heiligen Waſſer gewaſchen / und dat 
Wort ſtehet gegen ihr / und ſie im Bunde. Nun mag ſie nach 
der Perle greiffen: Ob fie wol hinter ſich am Reich dieſer Welt 
angebunden ſtehet / fo ſtehet fie doch im Bunde. Und ſo fie alſo 
im rechten Glauben der Eltern / Prieſter und Beyſtehenden im 
Bade der Wiedergebuhrt gewaſchen iſt / und in Bund getretten / 
mag fie der Teuffel nicht rühren / biß ſie erkennet was boͤſe und 
gut iſt / und in derſelben eins in freyen Willen eingehet. i 

47. So ſie nun in die Boßheit dieſer Welt eingehet / und laß 
ſet ſich den Teuffel ziehen / ſo gehet ſte aus dem Bunde aus / und 
verlaͤſſet GOT T und Himmelreich. Da ſtehet dann die edle 
Jungſraw Gottes im Centro deß Lebens Liecht / welche ſich alſo⸗ 
balde imEingange deß Lebens ins Centrum des Lebens Liechts be⸗ 
giebet / der Seelen zu einem Geleits⸗manne / zu einem lieben 
Buhlen / und warnet die Seele fuͤrm ungoͤttlichen Weege / fie 
ſoll umbkehren / und wieder in Bund tretten: wo nicht / und Sie 
ins Teuffels Reich bleibet / ſo bleibet Sie im Centro des heiligen 
Paradeiſes ſtehen / und iſt eine Jungfraw fuͤr ſich / aber die 
Seele hat ſte betruͤbet. Alſo find fie geſchieden / die Seele kom⸗ 
me dann wieder in wahrer New und Buſſe / ſo wird fie von 
ihrer Jungfrawen mit groſſen Ehren und Frewden ange⸗ 
nommen. 

48. Darumb hat Chriſtus zwey Teſtamenta gemacht / eines 
in dem Waſſer des ewigen Lebens / und das ander in ſeinem wah⸗ 
ren Leib und Blute ; daß ob je die arme Seele vom Teuffel wie⸗ 
der beſudelt wuͤrde / daß fie doch in dem andern kan wieder inChri⸗ 

ſti Leib eingehen; Und fo ſie umbkehret mit Rew uͤber ihre be⸗ 
gangene Suͤnde / und ſetzet ihr Vertrawen wieder in die Barm⸗ 
hertzigkeit Gottes / fo tritt fie wieder in den erſten Bund / fo mag 
fie zu dem andern Teſtament kommen / und ſich zu GOTT na⸗ 
hen / ſo wird ſie mit Frewden wieder angenommen / wie Chriſtus 
ſpricht: Daß mehr Frewde im Himmel iſt über einen armen Suͤn⸗ 
der / der Buſſe thut / dann uͤber neun und neuntzig Gerechten / die 
der Buſſe nicht bedüͤrffen. 
4% So ſpricht die Vernunfft: Ich ſehe nur Brod und 
—.— und Chriſtus gab feinen Juͤngern auch Brod und Wein. 
ntwort. 

30. Gleich wie die Tauffe im aͤuſſern ein Waſſer iſt / und das 

innert 


a 

376% VBoͤn den drey Principien Cap. 232 
innere iſt das Waſſer des ewigen Lebens / und die heilige Drey⸗ 
faltigkeit tauffet / wie am Jordan zu ſehen / daß drey Perſo⸗ 

nen erſchienen / der Sohn Gottes im Waſſer / und der Vatter 

in der Stimme des Worts / und der H. Geiſt uͤber dem Waſſer 

auff dem Haͤubt Chriſti ſchwebend / und tauffen alle drey Per⸗ 

ſonen in der Gottheit dieſen Menſchen Chriſtum. 

51. Alſo auch im Abendmahl. Das aͤuſſere iſt Brod und 
Wein / wie dein aͤuſſerer Menſch auch irꝛdiſch iſt / und das innere 
in ſeinem Teſtament iſt ſein (Chriſti) Leib und Blut / das 
empfaͤhet dein innerer Menſch. Verſtehe es recht: Die Secle 
empfaͤhet die Gottheit / denn ſte iſt Geiſt / und dein newer Menſch 
empfaͤhet Chriſti warhafftigen Leib und Blut / nicht als einen 
Gedancken im Glauben (wiewol der Glaube auch da ſeyn muß) 
ſondern im Weſen / dem aͤuſſern Menſchen unfaßlich. 

52. Nicht verwandelt ſich das Heilige in das aͤuſſere / daß du 
wolteſt ſagen von dem Brod / daß du mit dem aͤuſſern Munde 
iſſeſt / ſo wol auch von dem Weine / den du mit dem aͤuſſern Mun⸗ 
de trinckeſt / daſſelbe aͤuſſere ſey Chriſti Fleiſch und Blut: Nein / 
ſondern es iſt der Kaſten / und da es doch der Kaſten nicht kan fass 
fen noch einſperren / gleich wie dieſe Welt den Leib Chriſti im 
heiligen Element, oder wie der aͤuſſere Leib an uns nicht kan den 
innern newen an der Seelen faſſen / das lehret dich auch das er⸗ 

ſte Abendmahl Chriſti / da Chriſtus bey ſeinen Juͤngern am Ti⸗ 
ſche ſuß / und gab ihnen feinen heiligen verborgenen Leib und 
Blut unter Brod und Wein / auff ſeine eigene Art zu eſſen 
und zu trincken. 

53. Denn du kanſt nicht ſagen / ſo du das geſeegnete Brod au⸗ 
greiſſeſt: Hie halte ich in meinen Haͤnden den Leib Chriſti: Ich 
kan ihn betaſten. Nein / mein Gefelle / das aͤuſſere iſt irꝛdiſch 
Brod aus dem aͤuſſern Element, und das unbegreiffliche im hei⸗ 
ligen Element iſt Chriſti Leib / der wird dir in dieſem ſeinen 
Bunde und Teſtament / unter dem aͤuſſern Brod dargereichet / 
den empfuͤhet dein newer Menſch / und der Alte das Brod: Alſo 
auch mit dem Weine. 

54. Mache mir mit Chriſti deibe und Blut keine Abſent jam 
oder Abweſenheit / die Seele darf nicht weit darnach lauffen / auch 
fo iſt der Leib Chriſti in feinem Blute nicht der Seelen Speiſe in 
dieſem Teſtäment / ſondern die bloße Gottheit iſt der Seelen 
Speiſe / und der Leib Chriſti iſt des newen Menſchen (welchen 
die Seele hat aus dem Leibe Jeſu Chriſti angezogen) Speiſe. 

Der Leib und das Blut Jeſu Chriſti ſpeiſet den newen 12 55 
| hen / 


Bapıız. Sböͤttliches Weſens. 377 
ſchen / und fo der newe Menſch trew bleibet im Leibe Jeſu Chris: 
fi / fo wird ihm die edle Perle deß Liechtes GOttes gegeben / daß 
er kan ſehen die edle Jungfraw der Weißheit Gottes / und die 
Jungfraw nimt die Perle in ihren Schoß / und gehet ſtaͤts mit 
der Seelen in dem newen Leib / und warnet die Seele für dem 
falſchen Weege. Was aber das fuͤr eine Perle 165 wuͤnſchete 
ich / daß fie. alle Menſchen kenneten / aber wie fie erkant wird / 
das iſt leider vor Augen. Sie iſt ſchoͤner als der Sonnen⸗glantz / 
und groͤſſer⸗ſchaͤtzig als die gantze Welt: Aber wie helle ſie iſt / ſo. 
iſt ſte doch auch ſo heimlich. ENT, | 
F). Nun ſpricht die Vernunfft: Was empfaͤhet dann der 
Gottloſe / der nicht wiedergebohren iſt? Antwort: Hoͤre mei⸗ 
ne Vernunfft was ſaget S. Paulus: Darumb daß er nicht unter⸗ 
ſcheidet den Leib Chriſti / empfaͤhet ers ihme zum Gerichte. Wie 
der Herr beym Propheten ſaget: Mit ihren Lippen nahen ſie ſich 
zu mir / aber ihr Hertze iſt ſerne von mir. Und wie vorn gemel⸗ 
det: Wer von GOTT außgehet / der gehet in feinen Zorn ein. 
56. Wie wiltu den heiligen Leib Chriſti in der Liebe empfa⸗ 
hen / ſo du ein Teuffel biſt? Iſt doch der Teuffel auch ein Engel. 
geweſen / warumb gieng er aus GOTT aus (in die grimme Ma- 
trix) ſo nur dein alter Menſch im Zorn an deiner Seelen iſt / und 
kein neuer / ſo empfaͤhet deine Seele den Zorn Gottes / und dein 


alter Menſch das Elementiſche Brod und Wein. Man wirffet 


die edle Perlen * die Säwe : Zwar das Teſtament ſtehet 
da / und der Teſtatot laͤdet dich darzu / du aber ſpotteſt deß / er wol⸗ 
te dir gerne helffen / und du wilt nicht. 

57. Nicht fage ich / daß du im Brod und Wein Gottes Zorn 
empfaͤheſt / ſondern in deiner falfchen Zuverſicht. Du biſt mit 
Leib und Seele im Zorne / und wilt nicht ausgehen: Was na⸗ 
heſtu dan viel zu Gottes Bunde / ſo du vom Teuffel gefangen 

biſt? Meyneſtu GOTT werde deine Heucheley ſchmuͤcken / und 
werde ſeine Perle daran haͤngen / ſo du ein Wolff biſt? Du 

heuleſt mit den Hunden / dein Mund betet / und deine Seele 
iſt ein Schalck. 

58. Wann fie vom Teſtament Chriſti gehet / fo gehet fie wies 
der in Raub⸗ſtall / und iſt ein Moͤrder: Sie heulet mit den 
Hunden / ſte iſt eine meineydige Hure / wann ſie vom Bunde 
gehet / ſo gehet ſie in Hurenwinckel / in Diebswinckel / da ſtehet 

man denn und gibt groſſe Heiligkeit fuͤr: Ach es iſt mir heute ein 
heiliger Tag / ich darff nicht fuͤndigen / und dencket doch / morgen 
oder uͤbermorgen wiltu wieder hingehen. N 8 
79. 


378 Dondendrey Principien Cap. 24. 


59. O du Schalck / bleib nur von Chriſti Teſtament auſſen / 
ſo du nicht einen andern Menſchen darzu bringeſt / du biſt nur 
ein Mörder / und aͤrgerſt deinen Naͤheſten / fo lange du auff 
ſolchem Weege biſt. Dein Gebet iſt falſch / es gehet dir nicht von 
Grund deines Hertzens. Dein Hertz begehret nur den Wolluſt 
dieſer Welt / und dein Gebet nimbt der Treiber auff / der iſt dein 
GOT / darumb dencke was du thuſt. 

60. O Babel / wir hätten viel mit dir zu reden / aber alhie 
nicht. Es wird eins mit dir im Zorne geredet werden / davon 
die Elementa werden erzittern / gehe aus es iſt Zeit / daß ſich 
der Zorn lege. 


Das 24. Capittel. 


Von rechter wahrer Buſſe: Wie der arme Suͤnder 
wieder zu GOTT in ſeinen Bund kan tretten / und 
wie er ſeiner Suͤnden kan loß werden. 


Die Porte der Rechfertigung deß armen Suͤnders vor 
5 GOTT. 


Ein fihöner Spiegel für alle hungerige bußfertige 
Seelen. 


Ein lieber Leſer! wir fügen dir diefes / daß allt 
Dinge vom Urkunde her der Weſen aller We⸗ 
ſen / ein jedes von ſeinem Urkunde ſeinen Trieb 
in ſeiner Geſtalt hat / und machet immer daſ⸗ 
ſelbe Weſen deßen der Geiſt ſchwanger iſt: Der 
Leib muß immer in demſelben arbeiten / worinnen der Geiſt 
entzuͤndet iſt. So ich mich entſinne und dencke / warumb ich alſo 
ſchreibe / und es nicht andern ſcharffſinnigen ſtehen laſſe / fo ſin⸗ 
de ich / daß mein Geiſt in dieſem Weſen / davon ich ſchreibe / 
entzuͤndet iſt. Denn es iſt ein lebendig lauffend Fewer dieſer 
Dinge in meinem Geiſte. Darumb was ich mir auch ſonſt fuͤr⸗ 
nehme / ſo quillet doch immer das Ding oben / und bin alſo in 
meinem Geifte damit gefangen / und iſt mir auffgeleget als ein 
Werck / das ich treiben muß. So es dann je mein Werck iſt / 
das mein Geiſt treibet / ſo wil ich mirs zu einem Memorial ſchrei⸗ 
ben / und eben auff eine ſolche Art / wie ichs in meinem Geiſt 
erkenne / und dann auff die Art / wie ich darzu kommen bin / 
und wil nichts frembdes ſetzen / was ich nicht ſelber ja A 
e 


Cap. 24. Göttliches Weſens. 375 


habe / damit ich mir nicht ſelber ein Luͤgner vor G O T T er» 
funden werde. 

2. Wäre es nun / daß einen luͤſterte mir nach zufahren / und 
begehrte dieſer Dinge Wiſſenſchafft / davon ich ſchreibe / dem 
gebe ich den Raht / daß er mir in der Nachfolge⸗Tafel nicht mit 
der Feder alſo balde / ſondern mit der Arbeit deß Gemuͤhtes nach⸗ 
fahre / fo wird er erfahren / wie ich habe koͤnnen alſo ſchreiben / 
da ich doch nicht von der Schulen dieſer Welt gelehret bin / als 
ri ein 4. wenig / mit dieſer geringen Handſchrifft / wie vor 

igen iſt. 

3. Weil ich aber iso mit dem Articul der Buſſe umbgehe / fo 
füge ich dem Leſer / daß in meinem Ernſte mir dieſe Feder iſt ge⸗ 
geben worden / welche mir der Treiber wolte zerbrechen / da ich 
dann alſo einen ernſten Sturm mit ihm angefangen / daß er mich 
zu bodem unter die Fuͤſſe des Treibers geworffen hatte / aber 
der Odem Gottes halff mir auff / daß ich noch ſtehe / und ha⸗ 
be noch die erſte Feder in meinem Gemuͤhte / darmit wil ich 
W und ſolte der Teuffel aus Boßheit die Hölle 
ſtuͤrmen. 15 

4. So wir dan nun wollen von dieſem ernſthafften Articul 
reden / fo muͤſſen wir von Jeruſalem gen Jericho gehen / und ſe⸗ 
hen wie wir unter den Moͤrdern liegen / welche uns alſo ſehr ha⸗ 
ben verwundet und zerſchlagen / daß wir halb todt ſind; und 
muͤſſen uns umbſehen nach dem Samariter mit feinem Thier / 
daß er uns verbinde / und in ſeine Herberge fuͤhre. 

5. O klaͤglich und jaͤmmerlich iſts / daß wir von den Moͤrdern 
den Teuffeln ſind alſo harte geſchlagen worden / daß wir halb todt 
find / daß wir auch unſere Schmertzen nicht mehr fühlen ! O 
wann doch der Artzt kaͤme / der uns verbuͤnde / daß unſere See⸗ 
le wieder lebendig wuͤrde / wie wolten wir uns frewen ! So 
richtet die Begierde / und hat ihr ſaͤhnlich Wuͤnſchen: Und wie⸗ 
wol der Artzt da iſt / fo kan ihn doch das Gemuͤhte nirgend er⸗ 
greiffen / denn es iſt zu ſehr verwundet und lieget halb todt. 

6. Mein liebes Gemuͤhte / du denckeſt / du ſeyeſt gar geſund / 
aber du biſt alſo ſehr zerſchlagen / daß du deine Kranckheit nicht 
mehr fuͤhleſt / biſtu doch dem Tode gar nahend unterworffen / wie 
kanſtu dich dan geſund ſchaͤtzen? ö 

7. Ach meine liebe Seele / ruͤhme dich nicht von deiner Ge⸗ 
ſundheit / du liegeſt gar in ſchweren Banden gefangen / gar in 
einem finſtern Kercker / du ſchwimmeſt in einem tieffen Waſſer / 
welches dir biß ans Maul gehet / und muſt immer des Todes ge⸗ 

war⸗ 


B 3 “> 5 ER 3 2 DR 
380 Von den drey Principien Sap.24.. 
warten; darzu iſt der Treiber hinter dir mit einer groſſen Rot⸗ 
te deiner aͤrgſten Feinde / da er dich dan an ſeiner Ketten immer 
hinab zeucht / in die grauſame Tieffe / in der Hoͤllen Abgrund / und 
ſeine Rotte ſtoͤſſet immer hernach / und lauffen auff allen Seiten 
ne 1 bellen und jagen gleich ſam haben fie die Hinde / der ſie 
nachjagen. N 

8. & ſpricht die Bernunfft: Warumb thun fie das? O 
meine liebe Seele / ſie haben def eine groſſe Urſache / fihe du biſt 
ihre Hinde geweſen / und biſt aus ihrem Garten ausgeriſſen: 
Darzu ſo biſtu ſo ſtarck worden / daß du haſt ihren Zaun am Gar⸗ 
ten zerbrochen / und ihnen ihre Wohnung eingenommen / darzu 
haſtu ihnen ihre Speiſe vergallet / daß ſie die nicht koͤnnen eſſen: 
Du haſt mit deinen Hoͤrnern ihren Stuhl zerbrochen: Darzu 
haſtu ein frembdes Heer eingefuͤhret in ihren Garten / und einer 
frembden Macht gebrauchet / ſie aus ihrem Garten zu treiben. 
Und ob fie dich an ihrem Bande haben / fo ſtelleſtu dich gegen 


üöhnen / als wolteſtu ihr Reich zerbrechen / ihre Seyle reiſſeſtu 


auff ſtuͤcken / und ihre Bande zerbrichſtu / und biſt ein ſtaͤter 
Stuͤrmer ihres Reiches: Du biſt ihr aͤrgſter Feind / und ſte dei⸗ 

ner / und ſo du noch aus ihrem Garten außgiengeſt / ſo waͤ⸗ 
ren ſte doch zu frieden: So du aber darinnen biſt / fo waͤhret 
der Krieg / und hat kein Ende / biß der Alte komt / der wird 

euch ſcheiden. 

9. Oder meyneſtu / wir find unſinnig / daß wir alſo ſchreiben? 
So wir das nicht wuͤſten und ſaͤhen / Je wuͤrden wir doch ſchwei⸗ 
gen. Oder kanſtu denn dein Dorn⸗badt nicht eins erkennen / 
darinnen du badeſt? Sageſtu noch / du biſt gantz im Roſen⸗ 
Garten? So du ja im Roſen⸗Garten biſt / wie du meyneſt / ſte⸗ 
he ja zu / daß du nicht auffs Teuffels Weyde biſt / und biſt ſeine 
liebſte Hinde / die er maͤſtet zu einem Schlacht⸗Mahl zu ſei⸗ 
ner Speiſe. 5 

10. Warlich ich ſage dirs / und iſt kein Schertz / als ich zu 
Jericho war / da eroͤffnete mir mein lieber Gefehrte meine Au⸗ 
gen daß ich ſahe / und ſtehe / ein groß Geſchlechte und Hauffen 
der Voͤlcker der Menſchen waren untereinander / und waren ein 
Theil gleich als Thiere / und ein Theil als Menſchen / und es 
war ein Streit unter ihnen / und der Höllen- Abgrund war uns 
ker ihnen / und die Thiere ſahen das nicht / aber die Menſchen 
fuͤrchteten ſich und wolten fliehen / fo wolte der Teuffel ihnen das 
nicht verjahen / denn fein Garten hatte keine Thuͤren / und fie 
lerbrachen ihme ſeinen Garten: Alſo muſte er die Thiere 1 5 

f aß 


f 2 7 Mn 8 2 x 
Eapr2a. Goͤttiches Weſens. 38: 
daß ſie ihm nicht auch entlieffen. Aber die Thiere / welche auch 
Menſchen waren / aſſen ſeiner Speiſe / und truncken ſeines 
Trancks / und er thaͤt ihnen nichts / denn er maͤſtete ſie zu ſei⸗ 
nem Schlaht-Mahl : und es war eine ſtaͤte Feindſchafft zwi⸗ 
ſchen den rechten Menſchen und den Thier⸗Menſchen. 

11. Oder nieyneſtu / es ſey nicht wahr / was mir mein lieber 

Geſehrte gewieſen hat / in deme er mir meine Augen auffthaͤt / 
daß ich ſahe. So kom̃ und gehe mit mir gen Jeruſalem / wir 
wollen mit einander den Weeg hinab gen Jericho gehen / und 
denſelben wol beſchawen / und unterwegen iſt dieſer Garten / da 
der Teuffel mit dieſem groſſen Geſchlechte innen wohnet: Wir 
wollen dir groſſe Wunder weiſen / du wirſt das alles / wie hiero⸗ 
ben gemeldet worden / ſehen und erkennen / biſtu aber ein Menſch 
und nicht des Teuffels Maſt⸗Thier. 

12. Sihe wir verſtehen mit Jeruſalem das Paradeiß / und mit 
dem Weege gen Jericho / den Außgang aus dem Paradeiß in die⸗ 
ſe Welt / da uns dann dieſe Welt in ihrem Garten hat gefan⸗ 
gen / darinnen iſt das groſſe Jammer⸗Meer / da unſere See⸗ 
le innen ſchwimmet: Auch ſo iſt der Teuffel darinnen / der uns an 
Gottes Zorn⸗Kette hat gebunden / und fuͤhret die arme Seele im 
finſtern Garten des Fleiſches und Bluts in feinem grimmengorn⸗ 
garten gefangen: Da ihm dan die newgebohrnen Seelen immer 
aus ſeinem Garten ausreiſſen / und zerſprengen ihm fein Hoͤllen⸗ 
reich. Auch ſo haben ſie ihme ſeinen Koͤniglichen Stuhl eingenom⸗ 
men / da er ein Engel war / und haben ihme ſeinen hoͤlliſchen erbau⸗ 
eten Stuhl mit dem Sturm ihrer Hoͤrner (welche ſind der Geiſt 
Gottes) zerſprenget: auch fo wuͤtten fie wider ihn mit ihrem 
Sturm aus der Hoͤllen in Himmel / und ſtuͤrmen ihm fein Reich: 
aber er hält die arme Seele an der Ketten des Zornes in dieſem 
boͤſen Fleiſche und Blute gefangen / und hetzet immer wider ſie 
die Rotte der Gottloſen / daß fie die verfuͤhren und in Gottes 
Zorn tauchen biß ans Maul. Da ſtehet die arme Seele im Jam⸗ 

mer⸗meer big an ihren Gaumen / als folte fie erſauffen / da ſtoſſet 
der Teuffel mit deß Leibes Suͤnden und Laſter immer hinnach / 
und wil die arme Seele in Gottes Zorn in der Höllen Abgrund 
erſaͤuſſen. 

23. Alle boßhafftige gefangene Menſchen / fo er hat gefangen / 
ſind ſeine Jagt⸗hunde / die jagen die arme Seele mit Hochmuht / 
Pracht / Geitz / Unzucht / Zorn / Gottes ⸗laͤſterung / mit ſal⸗ 
ſchem Drangſal; alſo daß die arme Seele mit dieſen Dingen in- 
kciret / und gar offte auffs Teuffels Pferd geſetzet wird / als Fe | 

Er Ge⸗ 


382 Von den drey Principien Cap. 24. 
Gefangener / da denn der Teuffel wil mit ihr in die Hölle reuthen / 
in Gottes Zorn. Ach wie raubet er der armen Seelen offt ihr 
ſchoͤn Kleid der Erkaͤntnuͤß Gottes; wie reiſt er das Wort Got⸗ 
tes von ihren Ohren und Hertzen / wie Chriſtus klar ſaget. So 
ſie dann nicht wil wie er wil / und wil je aus ſeinem Garten auß⸗ 
reiſſen / da wirfft er erſt ſeinen Koht undlinflaht auff ſie / da erraͤget 
er alle feine Jagt⸗hunde / die muͤßen ſie anbellen / und eitel Spott 
auff fie werffen. Da ſtehet fie dann als eine Eule unter den Bde 
geln / welche fie alle anſchreyen / und ein jeder wil ſie beiffen ; 
Alſo auch gehets dieſer armen Seelen / welche aus des Teuffels 
Retze durch ernſte Buſſe in die newe Wiedergebuhrt tritt. 

14. Dargegen ſtehen die jenigen / welche des Teuffels Un⸗ 
kraut im feinem Garten / in Sünden und Laſtern in ſich freſſen / 
in gutem Frieden. Denn er maͤſtet ſie in Gottes Zorne / und fie 
find feine Jagt⸗hunde / damit er die Hinde / die arme Scele 
(welche ihme wil entrinnen und fein Hoͤllen⸗ reich ſtuͤrmen) 
jaget. g 
15. Der Teuffel waͤre ja noch zu frieden / ob ihme gleich etliche 
Scelen außriſſen / wiewol er fein Reich lieber groͤſſer machete / 
als ſchwaͤchete; Aber daß ihm ſein Reich darmit zerbrochen wird / 
damit iſt er nicht zu frieden. 

16. Denn gleich wie er in feinem Reich jaget und die armen 
Seelen faͤnget / wie er nur kan / und durch ſeine Diener der 
armen Seelen nachſtellet mit allen Laſtern / und ſtellet der See⸗ 
len ſtaͤts einen Spiegel für / daß fie ſich ſoll in feinen Laſtern bes 
ſehen / kitzelt ſie auch noch wol mit groſſer Verheiſſung groffer 
Ehren / Macht und Gewalt / ſtellet ihr das arme verachtete 
Haͤufflein fuͤr / und ſaget zur Seelen: Was wiltu alleine der 
Welt Narꝛ ſeyn? Gehe mitte / ich wil dir das Reich dieſer Welt 
zubeſitzen geben / wie er Chriſto thaͤte. 

17. Alſo auch in gleichem Fall / wann die Seele das Himmel⸗ 
reich hat angezogen / daß fte alſo in dieſem finſtern Thal im 
Fleiſch und Blut ſtecket / und ſiehet des Teuffels Morden an 
ihren Bruͤdern und Schweſtern / p wird fie gleich auch von 
Gott gewapnet / wider den Teuffel zu ſtreiten / und ihme fein 
Raub ⸗ loch zu offenbahren. Denn die Liebe zu ihrem Naͤheſten 
treibet ſie auch dahin / daß fie wil helffen ihr Himmel⸗ reich meh⸗ 
ren. Darumb lehret und ſtraffet ſie / ſie warnet vor Sünden 
und lehret den Weeg zum Himmel ⸗ reich / welches zwar der aͤuſ⸗ 
fere thieriſche Leib nicht verſtehet. 1 

28. Er gehet dahin / als ein grober W 

Fa 


Cap. 24. Goͤttliches Weſens. 383 


Sternen und Elementiſchen Gemuͤhte: Ach welch uͤbel thue ich 


mir doch ſelber an / daß ich mich zum Narren der Welt mache / 


was habe ich darvon als Spott? Bin ich doch meines Lebens da⸗ 
mit nicht ſicher / und entziehe mir und den meinen darmit das taͤg⸗ 
liche Brod und Nahrung / und mus immer des Todes warten / 
und in der Leute Spott baden. Ach! wie balde magſtu nicht irren / 
ſo wirſtu verfolget / und wirſt als ein ſauler Apfel weg geworf⸗ 
fen: Was haben dan die deinen nach dir darvon zu Lohn / als 
daß fie muͤſſen deiner entgelten? 

19. Alſo richtet der Menſch in Fleiſch und Blute / und wenn 
das der Teuffel verſtehet / ach! iſt er doch alsbald da / als eine 
Katze nach der Mauß / der ſpricht: O wer weiß obs wahr iſt was 
du lehreſt / haſtu das doch nicht geſehen / ſo iſt auch keiner von 
den Todten kommen und hat dirs geſaget; ihrer find viel geſtorben / 
die alſo haben gelehret als du. Darumb ſtehet die Welt nicht in 
ihrem Orden einmahl als das ander: man hielt jene vor Nar⸗ 
ren / das geſchicht dir auch / und nach dir bleibts als es je war / 
was huͤlfft dich dann dein groſſer Kummer und Mühe ? 

20. Endlich komt er mit dem liſtigen Stuͤcke / und ſpricht 
durch den Geiſt der groſſen Welt im Gemuͤhte in ſich ſelber: O 
der Himmel hat dich alſo erbohren / daß du alſo ſolche naͤrriſche 
Dinge treibeſt / er hat alſo ſein Gauckel⸗ſpiel in dir: Du haſt 
deine Gaben nicht von Gott / hat doch Gott nie mit dir gere⸗ 
det / was weiſtu dan das? Stehe nur abe / laß gut ſeyn / kanſtu 
doch ſonſt wol ein Chriſten⸗Menſch ſeyn / wenn du gleich ſtille 
biſt: Laß die Pfaffen lehren / die haben ihren Lohn davon / was 
gehet dichs an? Siehe mein lieber Leſer / mit dieſem Knittel iſt 
dieſe Feder einmahl zu boden geworffen worden / und wolte fie 

der Treiber zerbrechen / aber der Odem Gottes hub fie wieder 
auff / dar umb fol fie ſchreiben / wie es ihr gieng / allen Liebha⸗ 

bern zu einem Exempel / und iſt hochtheuer. 8 
2x. Als ſie uun der Teuffel hatte alſo niedergeſchlagen / ward 
fie ſtum̃ / und wolte nicht alleine nicht mehr ſchreiben / ſondern 
der Teuffel rauſchete über ſie her / und wolte fie zerbrechen: Er 
kam mit feinen Saw⸗aͤpfelen auffgezogen / und hielt ſie der See⸗ 
len dieſer Feder fuͤr / ſie ſolte eſſen von feiner Koſt / auch ſtrewete 
er Zucker darauff: Hatte er ſie wieder an feine Ketten bekommen / 
wie ſolte er ſich gerochen haben: Als es dan hernach im Sturm 
erkant ward / da ſein Gemuͤhte gar wohl erkant ward. Als es 
nun alſo ergieng / verwelckete die Lilien / und verlohr ihren ſchoͤ⸗ 
nen Ruch / die Perle verbarg ſich / und der Perlen Jane 
umd 


384 Von den drey Prineipien Cap. 24. 


ſtund in hohen tieffen Trawren / und das edle Goͤttliche Ge⸗ 
mühtefand nieder in eine groſſe Unruhe. | 

22. Der Treiber fügte wol im Anfange / ſie wuͤrde mit ihrem 
ſtille⸗ſtehen Ruhe haben / aber es war eine Ruhe im Fleiſch und 
Blute / und da es doch nicht Ruhe war / ſondern ein hefftig Trei⸗ 
ben zum Jaͤger: Als ſich aber das Gemuͤhte wegen der Seelen 


in groſſer Unruhe fand / raffete es die Seele zu hauffe / und ſu⸗ 


chete die Perlen / welche die Seele hatte vor dieſem gehabt / und 
meynete ſie laͤge im Kaͤſtel der Seelen / als ein Schatz verborgen / 
aber ſie war hinweg: Da ſuchete ſie das Gemuͤhte in Leib und 
Seele / und ſihe / ſie war weg / ſie konte nicht gefunden werden / 
und ward nichts erſehen als des Teuffels Saͤw⸗aͤpffel / die waren 
für die Seele geſtrewet / fie ſolte davon eſſen; aber die Seele 
ſtund in groſſen Trawren / und mochte ſeiner falſchen Frucht 
er Rip: ; ſie rieff ihrer Jungfrawen / aber fie erzeigete ſich als 
chlieffe fie. 5 
f 23. Alſo ſtund die Seele mit groſſem Saͤhnen und Verlangen / 


auch gar offte in groſſen Streit gegen den Treiber / der ſte dan 


immer wolte zu bodem werffen: wan ſie ſich gegen ihm in Streit 
ſtellete / ſo nahm er alle Untugend / ſo im Fleiſch und Blut ſtec⸗ 
ken / und warff das auff die Seele / verwickelte ſie damitte / daß 
fie nur nicht ſolte wieder die Jungfraw ergreiffen. Aus der Suͤn⸗ 
den im Fleiſche machte er Centner Berge / und deckete darmit 
Gottes Barmhertzigkeit / als den newen Menſchen in Chriſto 
feſte zu. Die Porten des Himmelreichs / welche zuvoren waren 
weit offen geſtanden / die waren feſte zu: Es haͤuffete ſich 
nur Jammer und groſſe Arbeit mit der Seelen / biß fie ſich der⸗ 
mahleines aus Gottes Odem / welcher wieder in ſie kam / ver⸗ 
wegete dem Teuffel ſeine Ketten zu zerſprengen / und mit ihme in 
Streit zoch / daß er zu bodem lag / und ſeine Decke zerſprang / 
da ſahe die Seele wieder ihre liebe Jungfraw. Was nun alda 
vor ein freundlich beneveniren ſey geweſen / wolte ich lieber daß 
es der Leſer ſelber erführe / denn daß ichs ſchreiben ſoll. 1 
24. Alſo begehrte die Seele der edlen Perle wieder / aber fie 
war weg / und muſte von newen gebohren werden. Als ein Seuff⸗ 


korn geſaͤet wird / welches klein und wenig iſt / und hernach ein 


Baum darauß waͤchſt; Alſo waͤchſet die Perle in der Seelen / in 
der Jungfrawen Schoß. 
Darumb halt lieber was du haſt / 
Noht leiden iſt ein boͤſer Gaſt. 
Kaß dir den Teuffel nicht Zucker guffſtrewen / ob dir das 919 
ö ; dieß 


Cap. 24. Goͤttliches Weſens. 385 
dieſer Welt gleich Zucker⸗ſuͤſſe gemacht wird / fo iſt doch nur 
Galle darinnen: Dencke nur daß die arme Seele in dieſer Welt / 
fo wohl auch in deinem Fleiſche und Blute nicht daheime iſt / fie ’ 
muß wandern in ein ander Land. Darumb laß ſte den Teuffel 
nicht mit dem Unluſt des Fleiſches alſo verdecken. Denn es gehoͤ⸗ 
ret gar ein groſſer Ernſt darzu den Teuffel abzutreiben / wiewohl 
das in unſern Kraͤfften nicht ſtehet / ſo uns der theure Ritter 
Jeſus Chriſtus nicht beyſtuͤnde. ü 

25. Darumb ſoll man nicht alſo kuͤhn ſeyn zu ſpotten der Kin⸗ 
der Gottes / welche im Streit ſtehen gegen den Teuffel / dencke 
du muſt auch daran / wiltu nicht bey deinen guten geſunden Ta⸗ 

gen / ſo muſtu in deinem Tode / wenn die arme Seele muß vom 
Leibe ſcheiden / ſo muß ſte in Streit / es iſt kein anderer Raht / 
denn ſie muß vom Leibe aus dem Geiſte dieſer Welt / da ſtehen 
alsdan zwo Porten offen / als Himmel» und Hoͤllen⸗reich / in 
der eins muß ſie / es iſt ſonſt kein Ohrt noch Staͤte mehr auſſer 
dieſer Welt. N 

26. So fie nun alſo harte iſt in Sünden gefangen / und hat 
nur immer auff Morgen geſuͤndiget / und iſt alſo mit GOttes 
Zorne bekleidet / und hat nur eitel Spott der Kinder Gottes auff 
ſich gehaͤuffet / daß ſie in Gottes Zorn ſtecket biß an Gaumen / 
und hanget kaum an einem Fadem. 

27. O Ach ſchwer iſt das / da dencke / ob nicht die Seele muß 
in dem Spotte / dehn ſie den Kindern Gottes hat angetahn / eine 
weile baden? Wird ſie auch die edle Jungfraw in der Liebe und 
Barmhertzigkeit Gottes können alſobalde erreichen? Wo blei⸗ 
bet dan der edle Perlen⸗baum / der da geſaͤet wird als ein klei⸗ 
nes Senff⸗korn / und in Beharrung waͤchſet als ein Lorber⸗baum? 
Wo hat er ſeinen Safft zum Gruͤnen / ſo die Seele alſo im Zorn⸗ 
bade ſtehet? O er wird in vielen in Ewigkeit nicht recht gruͤnen! 
Darumb ſaget Chriſtus: Sie werden in der Aufferſtehung ein⸗ 
ander mit Klarheit uͤbertreffen / als Sonne / Mond und Sternen. 

28. Was huͤlfft dich dan nun dein hie⸗gehabtes Gelt und Gut / 
auch deine Ehre und Gewalt? So dich das alles verläffer / und 
du muſt davon? was hilfft dich dein Spott und Verachtung der 
Kinder Gottes ſſo wohl dein Geitz und Neid / fo du nun mit groſ⸗ 
fen Schanden in groſſer Angſt muſt ſelber drinnen baden? da 
du deßen groſſe Schande vor Gottes Engeln haſt / und alle 
Teuffel ſpotten dein / daß du biſt ein Gewaͤchſe Gottes geweſen / 
und haſt ſo lange Zeit darzu gehabt / und biſt nun ſo ein duͤrres 
magers Zweiglein! a 

> R 29. Oder 


— 


— 


386 Von den drey Principien Cap. 24. 


29. Oder wie meyneſtu / ſo alſo dein Zweiglein gar verdorret 
iſt / und du muſt ewig in Gottes Zorne baden / da dir dan auch 


alſobalde deine menſchliche Bi 9 genommen wird / und wirft. 


gleich den graͤulichſten Thieren / Wuͤrmen und Schlangen hgu- 
xiret / alles nach deinem hier⸗geweſenen Trieb und Thaten / da 
dir dan deine Thaten in der Figur in der Tinctur ewig unter Au⸗ 


gen ſtehen / und dich wol nagen / daß du immer denckeſt: Haͤtte⸗ 


ſtu diß und jenes nicht getahn / ſo koͤnteſtu zur Hulde Gottes 
kommen: dein Spotten ſtehet vor deinen Augen / und ſchaͤmeſt 
dich / daß du wolteſt nur einen guten Gedaucken in deine Seele 
laſſen / denn das Gute iſt vor dir als ein Engel / und darffſts 


mit deinem Gemuͤhte wegen groſſer Schande nicht anruͤhren / 


viel weniger erblicken: Sondern du muſt alſo deinen Spott mit 
allen Laſtern und Suͤnden ewig in dich freſſen / und muſt ewig 
verzweifelen. Ob du meyneſt nach Abſtinentz außzufahren / ſo 
ſchlaͤget dich doch das Liecht in groſſen Schanden nieder / und 
fahreſt alſo nur in deinem freſſenden Wurm in dir ſelber über 
die Thronen Gottes aus / und iſt dir gleich als einem / der au 

einem Felſen ſtehet / und begehret ſich in eine unmeßliche Klufft 
zu ſchwingen / und je tieffer er drein ſtehet / je tieffer faͤllet er 


darein. Alſo ſind deine eigene Suͤnden / Spott und Laſter in 
Verachtung Gottes / dein hoͤlliſch Fewer / welches dich ewig 


naget / ſagen wir im Worte des Lebens. N 
Z3o. Darumb O liebe Scele / kehre umb / laß dich den Teuffel 
nicht fangen / achte nichts der Welt Spott / alle dein Trauren 
muß in groſſe Frewde verkehret werden: Ob du in dieſer Welt 
gleich nicht groſſe Ehre / Macht und Reichthumb haſt / huͤlfft 
dich doch das nichts / du weiſt nicht / ob nicht morgen der Tag 
iſt / da du an den Reyen ſolſt. Schmecket doch dem Duͤrfftigen fein 
Biſſen Brod beſſer / als dem Maͤchtigen das beſte; was hat er 
dan Vortheil / als daß er viel ſiehet / und muß ſich in vielen 
quaͤlen / und muß am Ende von alle feinen. Thun und Hauſ⸗ 
halten Rechenſchafft geben / wie er ein Pflantzer iſt in dieſer Welt 
geweſen. Er muß von allen feinen Knechten Rechnung geben / 
fo er denſelben iſt mit boͤſen Exempeln fuͤrgegangen / und hat fie 
geärgert / daß ſie auff den gottloſen Weeg ſind getretten: So 
ſchreyet ihre arme Seele ewig Ach und Wehe uͤber ihren Obern: 
Da ſtehet alles in der kigur in der Tinctur. Was reiſſeſtu dich dan 
alſo harte nach weltlichen Ehren / weiche vergehen? Trachte 


ieber nach dem Perlen⸗baum / den nimſtu mitte / und freweſt 


dich ewig ſeines Gewaͤchſes. | 
| 31. Ach 


ö 
ö 
| 
| 


Cap. 24. Goͤttliches un 387 

zr. Ach iſt das nicht freundlich Wolthun / ſo die Seele darf in 
die heilige Dreyfaltigkeit ſehen / davon ſie erfuͤllet wird / daß 
alſo ihre Eſſentien im Paradeiß gruͤnen / da immer der Lobge⸗ 
fang auffgehet / in Gottes Wunderthat / da die immer⸗wach⸗ 
ſende Frucht in unendlich nach deinem Willen auffgehet / da du 
alles maͤchtig biſt / da keine Furcht / Neid oder Leid iſt / da eitel 
Liebe untereinander iſt / da ſich eines des andern Geſtalt erfreu⸗ 
et / da einem jeden Frucht nach feinen Ellentien auffgehet; 
wie ein Fuͤrbilde war bey Ifrael in der Wuͤſten vom Manna / 
da es einem jeden ſchmeckete nach feinen Ellentien. l 

Vom Weege des Einganges. 
32. (232629 Gemüuͤhte / fo du dieſes Weeges begehreſt / und 
wilt dehn erlangen mit der edlen Jungfrawen in demPer⸗ 

len⸗baum / fo muſtu gar einen groſſen Ernſt brauchen. Es muß 
nicht Mund⸗heucheley ſeyn / da das Hertze ferne davon iſt; nein / 
dit erreicheſt nichts auff ſolchem Weege. Du muſt dein Gemuͤhte 
mit allen deinen Sinnen und Vernunfft gaͤntzlich zuſammen 
raffen in einen Willen / daß du dich wilt bekehren / und von dei⸗ 
nen Greweln ablaſſen / und muſt deinen Sinn in GOTT ſetzen / 
er feine Barmhertzigkeit / mit gewiſſer Zuverſicht / du wirſts 
erlangen. 

33. Und ob der Teuffel in deinen Suͤnden ſpricht: Es kan 
jetzt nicht ſeyn / du biſt ein zugroſſer Suͤnder. Laß dichs nicht 
ſchrecken / er iſt ein Luͤgener / und machet dir dein Gemüte ver⸗ 
zaget / er ſtellet ſich wohl / als waͤre er nicht da / aber er iſt da / 
und wehret ſich als ein boͤſer Hund. Und magſts gewiß wiſſen / 
daß alles was dir in dein Gemuͤhte im Zweifel einkomt / das ſind 
alles ſeine Einwuͤrffmn: e ech 

34. Denn es ſind nicht mehr als zwey Reiche / die dich ruͤgen: 
Eines iſt das Reich Gottes / darinnen iſt Chriſtus / der be⸗ 
gehret deiner: und das ander iſt der Hoͤllen⸗Reich / darinnen iſt 
der Teuffel / der begehret auch deiner. Nun gilts alhie ſtreitens 
mit der armen Seele / denn fie ſtehet in Mitten. Chriſtus beut 
ihr das newe Kleid / und der Teuffel beut ihr das Suͤnden⸗ 
Kleid. Und ſo wahr als du einen Gedancken oder Anneigung zu 
GO TT haſt / daß du gerne wolteſt in rechte Buſſe eingehen / 
fo wahr iſt derſelbe Gedancke nicht aus dir eigen / ſondern 
Gottes Liebe locket dich / und die edle Jungfraw Gottes ruffet 
dir darmit / du ſolt nur kommen / und nicht nachlaſſen. Und ſo 
wahr dir auff ſolchem Weege deine Er Suͤnde einkomt / 115 

0 2 di 


388 Von den drey Principien Cap. 24. 
dich zuruͤcke halt / daß deinem Hertzen manchmahl kein Troſt 
wiederfaͤhret / fe wahr iſts des Teuffels Auffhalten / der wirfft 
dir in deine Gedancken / GOTT wolle dich nicht erhoͤren / du 
ſeyeſt noch in zugroſſen Suͤnden / er wil der Seelen den Troſt 
nicht einlaſſen / er decket das ſuͤndige Reich dieſer Welt daruber. 
Aber laß du dich nichts tawren / er iſt dein Feind / es ſtehet ge⸗ 
ſchrieben: Wenn ewre Suͤnde blutroht waͤre / ſo ihr euch bekeh⸗ 
ret / fo ſoll ſie ſchneeweiß werden wie Wolle. Item: So wahr 
Ich lebe / Ich habe nicht Luſt am Tode des armm Suͤnders / 
ſondern daß er ſich bekehre und lebe: Spricht der Herz Herz 
Zebaoth. a 
35. Du muſt mit dieſem gefaſſeten Sinne beſtaͤndig bleiben / 
und ob du gleich keine Krafft in dein Hertze bekoͤmſt / dir auch 
der Teuffel deine Zunge niederſchluͤge / daß du nicht koͤnteſt zu 
GO Zã beten / ſo muſtu zu ihme ſeufftzen und wuͤnſchen / und in 
dieſem Sinne bleiben / mit dem Cananeiſchen Weiblein immer 
anhalten; je mehr du es treibeſt / je ſchwaͤcher wird der Teuffel. 
Du muſt das Leiden / Sterben und Genugthuung Jeſu Chriſti 
fuͤr dich nehmen / und deine Seele in ſeine Verheiſſung wickelen / 
da Chriſtus ſpricht: Mein Vatter wil den H. Heiſt geben / de⸗ 
nen die ihn darumb bitten. Item / Bittet / ſo werdet ihr neh⸗ 
men; Suchet / fo werdet ihr finden; Klopffet an / ſo wird euch 
aufgethan. Und je maͤchtiger du vom Teuffel und deinen Suͤn⸗ 
den außdringeſt / je maͤchtiger dringet das Reich Gottes in dich 
ein. Du muſt nur nicht aus dem Willen außgehen / biß du das 
Kleinod erlangeſt / und ob es waͤhrete den Tag biß in die Nacht / 
und fort viel Tage. Iſt dein Ernſt groß / fo wird auch das Klei⸗ 
nod groß ſeyn / ſo du wirft in der Uberwindung erlangen. 4 
36. Denn was es ſey / weiß Niemand / als der es ſelber er⸗ 
faͤhret. Es iſt gar ein thewrer Gaſt / wann er in die Seele ein⸗ 
zeucht / da iſt gar ein wunderlicher Triumph, da hertzet der 
Braͤutigamb feine Liebe Braut / und gehet auff der Lobgeſang 
des Paradeiſes. Ach muß doch der irꝛdiſche Leib darob erzittern / 
ob er gleich nicht weiß was da iſt / ſo frewen ſich doch alle Glieder. 
Ach welch eine ſchoͤne Erkaͤntnuͤß bringet die Fungfraw der 
Weißheit Gottes mit ſich! ſte machet einen Gelehrten / und 
ob er ſonſt ſtum̃ waͤre / wird doch die Seele in GOttes Wunder⸗ 
that gekroͤnet / ſie muß von ſeinen Wundern reden / iſt doch eitel 
Begierde in ihr / der Teuffel muß weichen / und wird gantz matt 
und muͤde. f i 
37. Alſo wird das edle Kleinod / und darinnen die 25 
; ; erde 


Cap. 24. Goͤttliches Weſens. 389 
Perle geſaͤet / aber mercke es wol / es iſt nicht alſobalde ein Baum / 
O wie ofte rauſchet der Teufel daruͤber her! und wil das Senff⸗ 
koͤrnlein außrotten / wie gar harte Stuͤrme muß die Seele auß⸗ 
ſtehen / wie wird fie offte mit der Sünden bedecket. Denn es iſt 
alles in dieſer Welt wider fie / ſie iſt gleich als wäre fie alleine 
und verlaſſen. Es rauſchen auch die Kinder Gottes uͤber ſte / 
denn der Teuffel thut der armen Seele ſolche Plage an / ob er ſie 
noch moͤchte verfuͤhren. Es iſt kein Feyren bey ihme / entweder 
mit Heucheley / daß ihr die Seele ſoll ſelber heucheln / oder mit 
Suͤnden und Gewiſſen. Du muſt nur immer wider ihn ſtrei⸗ 
ten / denn alſo waͤchſet der Perlen⸗baum / gleich als das Graß 
im ungeſtuͤmen Regen und Winde: ſo er aber groß wird / daß er 
ſeine Bluͤte erreichet / ſo wirſtu ſeiner Frucht wol genieſſen / 
und beſſer verſtehen was dieſe Feder geſchrieben hat / wo ſie er⸗ 
bohren iſt. Denn ſte iſt auch lange Zeit an dieſem Reyen gewe⸗ 
ſen / es iſt manch Sturm uͤber fie gegangen / darumb ſols ihr ſtehen 
zu einem ſtaͤten Memorial und ſtaͤter Eindenckung / weil wir al⸗ 
hier ins Teuffels Mord⸗gruben muͤſſen ſitzen / ſo wir nur uͤber⸗ 
winden / unſer groſſer Lohn wird uns ſchon nachfolgen. 
38. Nun ſpricht die Vernunfft: Ich ſehe doch an dir / oder 
deines gleichen keine andere Geſtalt oder Gebehrde als an an⸗ 
dern armen Suͤndern / es muß nur ein Schein ſeyn / zur Heucheley. 
Darzu ſpricht ſie: Ich bin auch an dem Reyen geweſen / und 
ſtecke doch gleichwol in meiner Boßheit / und thue was ich ſchier 
nicht wil: Ich werde gleichwol zu Zorn / Geitz und Haß bewe⸗ 
get. Wie muß ihm dan ſeyn / daß nicht der Menſch nach ſeinem 
gefaſſeten Willen thut / ſondern thut eben / das er ſelber ſtraf⸗ 
fet / und das er weiß daß nicht recht iſt? N 135 
39. Alhier ſtecket der Perlen⸗baum verborgen. Sihe meine 
liebe Vernunfft / der Perlen⸗baum wird nicht in den aͤuſſern 
Menſchen geſaͤet / er iſts auch nicht wehrt / er gehoͤret in die Era 
de / und der Menſch der Suͤnden ſtecket darinnen. Und der Teu⸗ 
ſel machet ihme offt ſeinen Sitz darein / der haͤuffet Zorn und 
Boßheit darinnen / fuͤhret offt die arme Seele in ein Laſter / das 
ſie nocht gewilliget hat / daß der Leib zugreifft nach dehme was der 
Seelen zuwider iſt. 98 
40. Und ſo es nun gefehiehet! fo thuts nicht allewege die Seele / 
ſondern der Sternen⸗ und Elementen-Geiſt im Menſchen. Die 
‚Seele ſpricht: Es iſt nicht recht. So ſpricht der Leib: Wir 
muͤſſens haben / daß wir leben und genug haben. Alſo gehets 
denn durcheinander. / und kennet ſich ein rechter Chriſt ſelber 
Wind R 3 nicht / 


. 


390 Von den drey Principin Cap. 24. 


nicht / wie wolte er dan von andern erkant werden? Der Teuffel 
kan ihn wol verdecken / daß er nicht erkant wird. Und das iſt ſein 
Meiſter⸗ſtuͤck / wenn er kan einen rechten Chriſten in Laſter 
führen / daß er in Suͤnde faͤllet / daß alſo von auſſen nichts an 
ihme erkant wird / als daß er andere der Suͤnden ſtraffet / und 
ſuͤndiget doch ſelber von auſſen. 8 

41. Und ſo er nun ſuͤndiget / ſo thut nicht ers in dem neuen 

Menſchen / ſondern der Alte in der Suͤnde / welcher der Suͤn⸗ 
den unterworffen iſt welcher in Gottes Zorne iſt / den treibet 
der Zorn / daß er nicht inner recht thut. Und ſo er etwas guts 
thut / ſo thut ers nicht aus ſeinem Willen und Kraͤfften / ſon⸗ 
dern der Rewe zwinget ihn darzu / daß ers thun muß; denn der 
Alte iſt zerbrechlich / aber die Seele iſt unzerbrechlich. Darumb 
ſtehet die arme Seele immer im Streit / und ſtecket zwiſchen 
Thur und Angel / und muß ſich wohl quetſchen laſſen. 
432. Nicht ſagen wir / daß darumb die Sünde im alten Mens 
ſchen nicht ſchade / ob ſie ſchon der Rewe nicht kan allemahl baͤn⸗ 
digen / fo gibts doch Aergernuͤß / und ſollen wir aus dem newen 
Menſchen GO T Z leben / obs wol nicht muͤglich / in dieſer 
Welt vollkommen zu ſeyn / noch muͤſſen wir immer wehren: Und 
iſt der newe Menſch in einem Acker / da der Acker kalt / bitter / 
grimmig underſtarret iſt. 

43. Und gleich wie das Kraut aus der Erden von einem lieb⸗ 
lichen Sonnen⸗ſchein waͤchſt: alſo auch unſer neuer Menſch in 
Chriſto / aus dem alten / grimmigen / kalten / rauhen Men⸗ 
ſchen unſers irꝛdiſchen Fleiſches und Blutes. Und das iſt recht 
der Perlen Liecht / wann wir das rechtſchaffen in der Erkaͤntnuͤß 
im neuen Menſchen ergriffen /) und iſt das Schwerd / damit wir 
koͤnnen mit dem Teuffel ſtreiten / ohne daß wir das Schwerd des. 
Todes Chriſti muͤſſen in die Haͤnde nehmen / welches recht ſchnei⸗ 
det / da der Teuffel fliehen muß. | 


Das 25. Capittel. | 
Vom beiden / Sterben / Tod und Aufferſtehung §E⸗ 
Su CHRIS deß Sohnes Gottes: Auch von 
feiner Himmelfahrt / und Sitzen zur Rechten GoOt⸗ 

tes ſeines Vatters. f 
Die Porte unſers Efendes | und dan die ſtarcke Porte 
der Goͤttlichen Krafft in ſeiner Liebe. ER 

0 . 


Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 392 


1. O wir uns in unſerer rechten Vernunfft entſinnen / 

und ſehen an das Reich dieſer Welt / in welchem wir 

mit unſerem Fleiſch und Blute / auch der Ver⸗ 

nunfft und Sinnen / ſtehen / ſo finden wir freylich 

wohl / daß wir deſſelben Weſen und Trieb in uns 

haben: denn wir ſind deſſelben Eigenthum. Alles was wir nun 

in dem aͤuſſern Menſchen gedencken / thun und fuͤrhaben / das 

thut der Geiſt dieſer Welt in den Menſchen. Denn der Leib iſt 

nur ſein Werck⸗zeug / darmit er ſein Werck machet. Und beſin⸗ 

den / daß / gleich wie aller anderer Werct⸗ zeug / fo aus dem Geiſt 

dieſer Welt wird erbohren; endlich verfaulet / zerbricht / und 

zu Staub wird: alſo auch unſer irꝛdiſcher Leib / in welchem der 
Geiſt dieſer Welt nur eine zeitlang quallet. 

2. Darumb ſoll Niemand den andern verachten / ob er nicht 
einher gehet als er / und ob er nicht ſein Gemuͤhte und Willen 
fuͤhret / auch nicht feine hoͤfliche / freundliche Geſtalt und Sitten 

kan ergreiffen und erlernen; Denn der natuͤrliche Himmel ma⸗ 
chet aus einem jeden wie feine Geſtalt in feinen Influentien zu als 
len Zeiten iſt; alſo bekomt auch jede Creatur feine Geberde und 

Geſtalt / auch feinen Trieb und Willen / und daſſelbe iſt von dem 

aͤuſſern Menſchen gar nicht zu nehmen / big der Himmel fein 

Thier zerbricht. 

3. Darumb iſt uns zu gedencken des groſſen Streits in uns / 
ſo wir wiedergebohren werden aus dem Ewigen / ſo ſtreitet das 
Ewige wider das Zerbrechliche / wider die Boßheit und Falſch⸗ 
heit des Zerbrechlichen. Nen N \ 

4. Nun verbringet ein jedes Reich feinen Willen / das Innere 

gehet ſchlechts für ſich / und williget nicht in die Boßheit des Aeuſ⸗ 
fern / ſondern lauſſet zu feinem Ziel: und das aͤuſſere Reich / als 
der aͤuſſere Menſch / gehet mit feiner Begierde auch für ſich / und 
verbringet fein Werd nach feinen Influentien des Geſtirnes. 

F. Iſts aber / daß der aͤuſſere das nicht thut / was feine Bes 
gierde wollen / ſo iſts nicht aus ſeiner Weißheit / ſondern der 
Himmel hats verändert durch eine andere Conjunction. 

6. So er aber gezwaͤnget wird von dem falſchen abezulaſſen / 
das iſt nicht des Himmels Trieb / ſondern des neuen wiederge⸗ 
bohrnen Menſchen / welcher mit dem irꝛdiſchen im Streite ſtehet / 

der fieget offte. Er kan aber den irꝛdiſchen nicht verſchlingen / 

denn der irꝛdiſche windet ſich wieder empor / welches wir an un⸗ 
ferem Zorn erkennen. Denn fo mein newer Menſch ſieget / ſo⸗ 

wil er keines Zernes noch boͤſer W 8 So ihn aber der 75 

EN | 7 er 


392 Von den drey Principien Cap. 23. 


ber dieſer Welt mit Falſcheit anficht / ſo gehet auff das Zorn⸗ 
fewer in dem alten Menſchen / und wird offte ſeine Begierde ent⸗ 
zuͤndet / daß er thut was er erſt verworffen und ſelber geſtraf⸗ 
fet hat. ö 5 8 ’ SE 
5. Nun koͤnnen wir nicht ſagen / daß das falſche und zornige 
alleine der Geiſt dieſer Welt willige und thue / denn es lauffet 
offte der gantze Menſch mit allen Sinnen und gantzen Willen 
hinan. Alhierinnen erkennen wir unfer groſſes Elend / denn 
die arme Seele / welche noch am Bande des Zornes iſt / wird 
offte angeſtecket / daß fie als ein Fewer brennet und mitte laufft. 
Denn fie iſt am Bande der Ewigkeit im Vatter / und erreichet 


in ihrer innerſten Wurtzel den Zorn Gottes / und es iſt eben 


ihres Lebens Gebuhrt und Urkund / und wird offte das edle 
Senff⸗ korn verwuͤſtet und zerbrochen / welches der Seelen new⸗ 

es Kleid war / das ihr in ihrer Buſſe angezogen ward. Darumb 

ſoll Niemand ſicher ſeyn / ob er gleich einmahl den Perlen⸗krantz 
er langete / er kan ihn wieder verliehren. Denn wan die Seele in 

die Suͤnde williget / ſo gehet ſie von Chriſto aus in die Falſchheit / 
und in den Zorn Gottes. ' 

8. So wir dan nun alſo wiſſen / daß uns Chriſtus mit feinem 
Eingange feiner Menſchwerdunge eine Thür im Himmel in ſei⸗ 
nem heiligen Leibe hat eroͤffnet / daß wir alſo durch rechte wahre 

Buſſe und Vertrawen zu ihme koͤnnen unſeren Seelen ein new 
weiß Kleid ſeiner Unſchuld in ſeiner Liebe anziehen: So wiſſen 
wir auch / daß die Seele die Zeit dieſes irꝛdiſchen Lebens an drey 
grauſame Ketten faſt angebunden ſtehet; als x. iſt Gottes ſtren⸗ 
ger Zorn / der Abgrunde und finſtere Welt / welche das Centrum 
und Creatuͤrliche Leben der Seelen iſt: Und iſt ferner ihre ſelbſt⸗ 
‚eigene Lebens⸗gebuhrt / welche innerſte Wurtzel iſt Gifft und 
Grimmigkeit. So dan die Seele aus dem ewigen Quaal iſt / und 
urkundet ſich aus der Ewigkeit / ſo mag ſte hinter ſich in ihrer 
eigenen Wurtzel der Ewigkeit Niemand erloͤſen / oder aus dem 
. Zorne außfuͤhren / es kom̃ dan einer / der die Liebe ſelber ſey / 
und werde in ihrer ſelbſt⸗ eigenen Gebuhrt gebohren / daß er fie 
— Zorn in die Liebe ſetze in ſich ſelber / als in Chriſto ge⸗ 

ehen. f 

9. Die andere Porte und Ketten iſt des Teuffels Begierde 
gegen der Seelen / damit er die Seele ſtaͤts ſichtet / verſuchet / 
und ſte ohne Unterlaß von Gottes Wahrheit in die Eitelkeit / als 

in Hoffart / Geitz / Neid / Zorne / ſtuͤrtzen wil / und dieſelben 
boͤſe Eigenſchafften mit ſeiner Begierde ſtaͤts in der Seelen auff⸗ 


as 


Cars. Göttliches Weſens. 395 


blaͤſet und anzuͤndet / dadurch ſich der Seelen Wille von GOTT 
abwendet / und in die Selbheit eingehet. 1 
10. Die dritte und allerſchaͤdlichſte Kette / daran die arme 
Seele angebunden ſtehet / iſt das verderbte und gantz eitele / irꝛ⸗ 
diſche ſterbliche Fleiſch und Blut / voll boͤſer Begierde und Neig⸗ 
ligkeit / und iſt das Sternen -Keglon, darinn fie ſchwimmet / als 
in einem groſſen Meer / dadurch die Seele taͤglich angeſtecket / 
daß fie entzuͤndet wird. did . f 
x. Von ſolchen drey Ketten wiſſen wir nun in unſerer tieffen 
Erkaͤntnuͤß / welches wir im Grunde des Urkundes ſehen / und 
gar eigentlich erkennen / daß wir nicht koͤnten entlediget werden / 
es gienge dan die Gottheit in die Seele / und gebehre der Seelen 
Willen wieder aus der Grimmigkeit in ſich ſelber / ins Liecht der 
Saufftmuht / denn die Lebens⸗wurtzel muß bleiben / ſonſt zer⸗ 
braͤche die gantze Creatur. 0 
xz. Dieweil aber die Seele mit ihrer innerſten Wurtzel in der 
Hoͤllen Abgrunde ſtund / und nach dem Reiche dieſer Welt im 
harten Tode / daß / ſo ſie das Fleiſch und Blut / ſo wol das Ster⸗ 
nen- Region verlieſſe / fie alſo muͤſte im Aeuſſeren in einer Haͤr⸗ 
tigkeit / da keine Quaal waͤre / bleiben / und fie in ihrer eigenen 
Auaal in ſich ſelber / nur im Grimme des Urkundes ſtuͤnde / in 
groſſem Elende: So that nicht alleine Noth / daß GO T T in 
die Seele kame / und ſie zum Liechte erbahre / denn es war Ge⸗ 
por ob nicht die Seele möchte wieder mit ihrer Imagination aus 
em Liechte außgehen / ſondern daß GOTT auch eine menſchliche 
Seele annahme / aus unſerer Seelen / und einen newen himmli⸗ 
ſchen Leib aus dem erſten herzlichen Leibe / vorm Falle / an die 
Seele anzoge / mit dem alten irꝛdiſchen Leibe anhaͤngig / nicht 
alleine als ein Kleid / ſondern in den Eſſentien habhaft; daß alſo 
eine Crearur darſtuͤnde / welche wäre der gantze GOTT / mit 
allen dreyen Principien. ö 
13. Und da je eines muß vom andern getrennet werden / als 
das Reich dieſer Welt / welches iſt eine Wurtzel / oder Auffbla⸗ 
fer der Wurtzel des Grimmes: So thaͤte noht / daß Go T mit 
dem newen Leibe in die Scheidung der Wurtzel / und des Rei⸗ 
ches dieſer Welt tratt / als in Tod des Grimmes / und brach 
den Tod entzwey / und qualle mit ſeiner eigenen Krafft durch den 
Tod / als eine Blume aus der Erden / und hielte alſo den inner⸗ 
ſten Grimm in ſeiner eigenen Krafft deß newen Leibes gefangen. 
14. Alſo verſtehen wir ſolches von Chriſto / der iſt warhafftig 
alſo eingangen / und hat den grimmen Zorn / und darinnen die 
1 Ns Teuffcl 


394 Von den drey Principien Caß. 2 5. 


Teuffel gefangen genommen / und gruͤnet mit feinem heiligen him 
liſchen Leibe durch den Todt / und hat den Todt zerſprenget / 
daß das ewige Leben durch den Todt gruͤnet. Alſo iſt der Tod mit 
dem newen ewigen Leibe gefangen worden / und iſt eine ewige Ge⸗ 
faͤngnuͤs / daß alſo im Tode iſt ein ewig Leben gewachſen / und 
tritt der newe Leib dem Tode und dem Grimme auff feinen Kopff/ 
ei: ihre Quaal ſtehet in der Gefaͤngnuͤß des newen ewigen 
ebens. 

15. Alſo ſtehet das Weib / darinnen das newe Leben gruͤnet / 
auff dem irꝛdiſchen Monden / und verachtet das Irꝛdiſche / denn 
das Irꝛdiſche vergehet / ſo bleibet alsdan vom Irꝛdiſchen der harte 
Todt. So iſt Gottes Wort / als ein lebendiger Quaal in Todt 
eingegangen / und hat die Seele in fich ſelber erbohren / und gruͤ⸗ 
net aus der Seelen durch den Todt / als eine newe Blume / und 
die Blume iſt der newe Leib in Chriſto. 

16. Alſo perſteheſtu / x. wie Chriſtus habe den Todt zerſpren⸗ 
get / dieweil das ewige Leben in der Gottheit durch den Todt gruͤ⸗ 
net; Und verſteheſt 2. wie der newe Leib in Gottes Liebe den ewi⸗ 
gen Zorn⸗quaal gefangen halte: Denn die Liebe iſt die Gefaͤng⸗ 
nuͤß. Denn der Zorn⸗quaal kan nicht in die Liebe eingehen / ſon⸗ 
dern bleibet fuͤr ſich einig / wie er iſt geweſen von Ewigkeit / und 
darinnen ſind die Teuffel gefangen. Denn das Liecht Gottes 
ſchlaͤget ſte nieder / ſie koͤnnen noch duͤrffen das in Ewigkeit nicht 
erblicken / es bleibt ein Principium darzwiſchen. Denn die Liebe 
gruͤnet im Centro der Seelen / und darinnen erſcheinet die heili⸗ 
ge Trinitäf. | 

17. Alſo haben wir einen Fürften des ewigen Lebens bekom⸗ 
men / und duͤrffen nichts mehr darzu thun / als datz wir mit 
ſtarcker Zuverſicht und Glauben zu ihm eindringen / ſo einpfaͤhet 
unſere Seele ſeine Liebe / und gruͤnet mit ihme durch den Tod / 
und ſtehet auff dem Irꝛdiſchen / als auff Fleiſche und Blute / und 
iſt ein Gewaͤchſe in Gottes Reiche / im Leibe Jeſu Chriſti / und 
ttiumphixet über den Grimm. Denn die Liebe haͤlt den Grimm 
gefangen / und iſt des Todes Spott / wie s. Paulus ſaget: Todt / 
wo iſt dein Stachel? Hoͤlle / wo iſt dein Sieg? Gott ſey Lob und 
Dank] der uns den Sieg gegeben hat durch unſern Herren Je⸗ 
ſum Chriſtum! f f 

18. Und wiewohl es iſt / daß wirs im Geiſte klar verſtehen und 
ergreiffen / fo find wir doch Schuͤldener / dem Unbegreiffenden 
das Liecht zu zeigen / welcher alſo in der Vernunfft gefangen lie⸗ 
get / und immer gruͤndet in den Umbſtaͤnden / wie ſichs 41 zuge⸗ 

g gn. 


Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 395 


tragen. Der es ſpricht die Vernunfft: So es dann alſo ſeyn mu⸗ 


ſte / daß Chriſtus muſte in Todt gehen und den Todt zerbrechen / 
und durch den Todt gruͤnen / und uns alſo zu ihme einziehen 
Was iſt dann / daß er muſte alſo verachtet / gegeiſelt / mit ei⸗ 
ner Dornen⸗Krone gekroͤnet / und endlich zwiſchen Himmel und 

Erden gekreutziget werden? Konte er nicht ſonſt ſterben und durch 
den Todt grünen mit ſeinem him̃liſchen Leibe? 

19. Diefe ſchwere Puncten ſtoſſen alle Juden / Tuͤrcken und 
Heyden darnieder / und halten ſie vom Chriſtlichen Glauben 
dahinden. ö 

20. So ſollen wir nun ſchreiben umb des Perlenbaums 
Brenn und was uns erſcheinet im groſſen Wunder / nicht 

weigen. | 

21. Sihe du Menſchen⸗kind / betrachte was wir alhier ſetzen / 
vergaffe dich nicht an der Hand der Feder / du geheſt ſonſt irre 
und verleureſt das Kleinod / welches dich wohl möchte ewig reuen. 
Betrachte dich nur ſelber / du wirſt alle Urſachen in dir finden / 
was hie geſchrieben iſt. Denn es iſt eine wunderliche Feder im 
ſchreiben geweſen / und dehn der fie führer / kenneſtu und die 
Hand im ſchreiben nicht genug; obs wol der Geiſt erkennet / fo iſt 
doch der natürliche Menſch blind / und kan mit irꝛdiſchen Wor⸗ 
ten nicht geredet werden. Darumb betrachte dich ſelber / und 
ſo du im newgebohrnen Menſchen forſcheſt / ſo findeſtu die Perle. 


Die gantze erſchroͤckliche Wunder⸗ Porte der Mens 
| fiben Sünden. , 
22, Ls wir im Anfange dieſes Buchs von der ewigen Ge⸗ 
buhrt im Urkunde geſchrieben / ſo haben wir gemeldet 
von der Gebuhrt der Eſſentien, und ſieben Geiſtern der ewigen 
Natur / und darinnen angedeutet / wie in der ewigen Gebuhrt 
in der vierdten Geſtalt eine 4 Gebuhrt ſey / da die Eſſen tien 
im draͤhenden Rade eine F Gebuhrt machen / in dehme fie nicht 
aus ſich können ausgehen / ſondern die ewige Gebuhrt uͤberal alſo 
ſey in allen Dingen in dem Weſen aller Weſen. 

23. So fügen wir euch nun dieſes in unſerer ſehr ſcharſfen 
Erkaͤntnuͤß zu dieſer Stunde dieſes Texts, daß alle Eſſentien 
in allen Qualitäten zur Zeit des Todes Überwindung / als Chri⸗ 
ſtus folte den Todt überwinden und die Hoͤlle zerſtoͤren / und den 
Teuffel binden / ſind raͤhs geweſen / deun alle muſte es ſeyn / 
Ehriſtus muſte die Seele von allen Eſſentien entledigen. 

21 · Nun iſt die I gebührt das Mittelſte in den Elleatien noch 
iu R 6 TE ar 


2 . x . * 2 N 
396 Von den drey Principien Cap. 25. 
vorm Fewer / fie ſtehet im aͤngſtlichen Tode / in der Hoͤllen⸗ 
Grimm. Denn vom Grimmen⸗ blitz im Schwefel⸗Geiſte ge⸗ 
het das Fewer aus / und im Blitze das Liecht / und der Grimm 
machet ſelber den Schwefel⸗Geiſt / und im Liechte wird Waſſer 
drauß / wie vorne gemeldet. Nun iſt die Seele des Menſchen im 
Blitze / als ein Geiſt erblicket und vom Fiat gehalten und geſchaf⸗ 
fen oder erbohren / und für ſich in die fünfte Geſtalt der Gebuhrt / 
zals in die Liebe gefuͤhret worden / da ſie dan ein Engel war im 
Liechte GOttes. a f 
25. Dieweil aber dieſe Welt / als ein Principium iſt in der 
vierdten Geſtalt / als eine Außgebuhrt erſchaffen worden / und 
zwiſchen der vierdten und fuͤnfften Geſtalt das Paradeiß / und in 
der fuͤnfften Geſtalt das Element, und darinnen das ewige 
Liecht der Gottheit ein ander Centrum auffſchlieſſend / und ſich 
die Seele wieder zuruͤcke in die vierdte Geſtalt vergaffet / und eins 
gangen iſt: So hat fie alle Eſſentien, fo in der vierdten Geſtalt 
ſtunden / in ihr raͤhs gemacht. d 
26. So nun der Seelen Leib war in der vierdten Geſtalt ein 
Meſch worden aus dem Waſſer / mit Einmiſchung der andern 
Geſtalten / ſo ſtachen alle Eſſentien aus der vierdten Geſtalt auff 
die Seele; Denn ſie war mit dieſem Leibe gefangen / und 
wäre in ewiger Gefaͤngnuͤß blieben / wenn ſich nicht Hätte das 
ewige Wort alſobalde ins Centrum der fuͤnfften Geftalt ein⸗ 
gelaffen / wie dan Adam und Hevaͤ im Garten Eden geoͤff⸗ 
net ward. a 
27. Und als nun die Zeit kam / daß das Wort Menſch ward / 
ſo kam das Liebe⸗Leben in die Seele: Als aber nun der harte 
Streit kam / daß die vierdte Geſtalt ſolte zerbrochen werden / ſo 
ſtundt der aͤuſſerliche Leib Chriſti / und wir alle in der vierdten 
Geſtalt mit dem Tode umbguͤrtet. So erregten ſich nun alle 
Geſtalten in der Natur / und wurden alle raͤhs / davon die Per⸗ 
ſohn Chriſti aus feinem Leibe im Garten hat Blut geſchwitzet / 
da er ſchrie: Mein Vatter / iſts muͤglich / nimb dieſen Kelch 
von mir. Alſo ſchrie der aͤuſſere Menſch: Und der innere ſprach: 
Doch nicht mein Wille (verſtehe des aͤußern) ſondern dein Wil⸗ 
le geſchehe. i 
28. Dieweil dan der Teuffel nun alſo hoch hatte triumphiret / 
er haͤtte den Menſchen in ewiger Gefaͤngnuͤß / ſo wurde nun dem 
Geiſte dieſer Welt zugelaſſen / daß die jenigen / welche nur im 
Geiſte dieſer Welt / als die Phariſeer / lebeten / moͤchten alles 
dus jenige thun / und ins Werck richten / was der Teuffel hatte 


Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 397 


in die Eſſemien im Garten Eden eingefuͤhret. Da ward alles zu 
einer Subſtantz und zu einem Weſen im Wercke / uns zu einem 

ſchroͤcklichen Exempel / daß alles / was wir in die Seele einlaſ⸗ 

ſen / und die Seele mit vollem Willen uͤberfuͤllen / in der Figur 
ſtehet / und muß an Tag fuͤrs Gerichte Gottes kommen. 

29. Denn als Adam x. aus der Engels⸗Geſtalt in die Grim⸗ 
migkeit und Schlangen⸗geſtalt eingieng / da ſpotteten die Teu⸗ 
fel ſeiner / und derſelbe Spott muſte nun jetzt alda am aͤuſſern 

Menſchen Chriſto im Weſen ſtehen / und muſten ſich des Teuffels 
Maſt⸗ſaͤwe / die Hohen⸗Prieſter wol daran ergetzen. 
Zo. Und dann 2. da Adam aus der Engels⸗geſtalt und Quaal 
in die vierdte Geſtalt eingieng / da fielen alle grimmige Ellentien 
auff ihn / und inqualirten in ihme / und peitſcheten ihn recht. A⸗ 
ber das Wort Gottes in der Verheiſſung linderte das wieder / 
wiewol wir ſolches gnug fühlen muͤſſen / haſtu Vernunfft! Run 
alſo ward dem aͤuſſerlichen Menſchen Chriſto auch dieſe Pein von 
auſſen angethan / daß er gepeitſchet ward. Denn alle innerliche 
Geſtalt / welche der Menſch Chriſtus muſte von innen tragen 
umb unſert willen / davon er Blut ſchwitzete / die ſtund auch aͤuſ⸗ 
ſerlich an ſeinem Leibe als ein Zeichen / und geſchahe ihm auch aͤuf⸗ 
ſerlich zu einem Zeichen / daß der aͤuſſere Menſch in der aͤuſſern 
Welt daheim waͤre / und in ſolcher Quaal ſtuͤnde. a 
31. Und 3. wie Adam aus Hoffart das Reich dieſer Welt 
begehrete / und wolte darinnen ſeyn GO T gleiche / und wolte 
tragen die Crone dieſer Welt: Alſo muſte Chriſtus eine Dor⸗ 
ne⸗Cron tragen / und ſich darinnen als einen falſchen König 10 8 
ſen ſpotten. Denn alſo thaͤten die Teuffel dem Adam auch / als 
fie ihm die Rarren⸗Kron hatten auffgeſetzet mit dem Reiche 
dieſer Welt. a 

32. Und 4. wie Adam nach ſeinem Eingange in Geiſt dieſer 

Welt ſeine Eſſentien zerbrochen wurden / da ihme das Weib 
darauß gemacht / und eine Rippe aus ſeiner Seite gebrochen 
ward zum Weibe; Alſo auch muſte auß allen Eſſentien Cariſti 
Blut flieſſen in ſeiner Peitſchunge / und muſte ſeine Seite mit 
einem Spieß geoͤffnet werden / daß wir doch ſolten ſehen den zer⸗ 
brochenen Menſchen in uns / deßen der Teuffel hatte geſpot⸗ 
tet / alſo muſte dieſer Chriſtus wieder den Spott am deibe für 
uns tragen. 

33. Und 5. wie Adam aus dem ewigen Tage in die ewige 
Nacht gieng / darin der Zorn Gottes war; Alſo muſte dieſer 
Chriſtus in finfterer Nacht gebunden geführet werden fuͤr die 
ER ON IS | zornige 


398 Von den drey Principien Cap. 2 5. 
zornige Moͤrder / welche alle ihren Rachen auffſperreten / und 
wolten ihren Grim uͤber ihn außſchuͤtten. 5 

34. Und 6. wie Adam aus eigner Fuͤrſichtigkeit im Willen 
hoch klug zu werden / wie GOT ſelber / in Geiſt deß grimmen 
Quaͤls in dieſe Welt eingieng; Alfo muſte Chriſto / dem an⸗ 
dern Adam / aller Spott / Marter und Pein / von den klugen 
Schrifft⸗Gelehrten wiederfahren; daß wir doch ſehen / daß 
wir in unſerer groͤſſeſten Kunſt / die wir vermeynen nach der 
Schule dieſer Welt zu haben / Narren ſind / welche Weiß⸗ 
heit für GO T T nur naͤrriſch iſt. Denn es ſteckt unſer ei⸗ 
gener Duͤnckel darinnen / wie in Adam / der dachte / es koͤnte 

ihme nicht fehlen / er ware ja ein Herꝛ darinnen / und er ward ein 
Narꝛʒ alſo auch / wenn wir von Gott auff unſere Vernunfft fal⸗ 
len / ſind wir Narren. N 

35. Wie wolt ihr Antichriſtiſche Narren uns dan an ewer 
Kunſt binden / daß wir ſollen von GOttes Hertze auff ewern ge⸗ 
dichteten Tant ſehen / da ihr doch nur weiſe Narren dieſer Welt 
ſeyd / wie Adam auch ward / da er ſeinen Geiſt vom Hertzen 
Gottes zog / welchen Spott hat unſer lieber Herꝛ Chriſtus muͤſ⸗ 
ſen auff ſeinen Schultern tragen. Oder meyneſtu / wir ſeyen aber⸗ 
mahl toll? Unſere Thorheit wird dir am juͤngſten Gerichte unter 
Augen ſtehen / dahin appelliren wir. 

36. Und 7. wie Adam muſte den ſchweren toͤlpiſchen Leib tra⸗ 
gen / welchen ihme der Geiſt dieſer Welt hatte angezogen / und 
war fuͤr allen Teuffeln verſpottet / daß er den Engliſchen Leib 
hätte allda in eine Larve verkehrt: Alſo muſte Chriſtus fein. 
ſchwer hoͤltzern Creutz ſelber tragen / und ward von allen gottlo⸗ 
fen Menſchen verſpottet umb unſerent willen. 

37. Und 8. wie die grimmigen Eſſentien Gottes Zornes in 
Adam eindrungen / mit welchen er in Todt eingieng / davon 
GOTT ſagte: Welches Tages du iſſeſt vom Baum des Erkaͤnt⸗ 
nuͤß Gutes und Boͤſes / ſoltu des Todes ſterben / (verſtehe den 
Todt im Fleiſche / auch noch im irꝛdiſchen Leben.) Alſo auch 
muſten die ſcharffe Nägel Chriſts durch feine Hände und Fuͤſſe 
geſchlagen werden / und muſte er alſo in Todt gehen. 

38. Und 9. wie in menſchlichen Eſſentien eine Creutz⸗gebuhrt 
iſt für dem Liecht Gottes / und ſo das Liecht Gottes darinnen 
ſcheinet / alles in eine liebliche Blume des Gewaͤchſes verwan⸗ 
delt wird / da die ſcharffen Eſſent ien nie empfunden werden: und 
als Adam mit ſeiner Seclen in die vierdte Geſtalt in Geiſt dieſer 
Welt eingieng / ward dieſelbe Creutz⸗gehuhrt rage / und er V 


Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 395 


auch / als ſein Weib aus ſeinen Eſſentien gemacht ward / in der⸗ 
ſelben Creutz⸗gebuhrt zerſprenget / alſo hat das Weib das halbe 
Creutz / und der Mann die andere helffte / welches du im Hirn⸗ 
ſchedel ſuchen magft ; alſo auch in den Eflentien. Darumb 
muſte Chriſtus am Creutz ſterben / und den Todt am Creutz 
zerbrechen. - 
39. Wie ro. Adams Seele zwiſchen zweyen böfen Reichen 

ſchwebete / als zwiſchen dem Reich dieſer Welt / und dem Reich 

er Höllen : Alſo hieng auch Chriſtus zwiſchen zween Moͤrdern 
ſchwebende am Creutze / und muſte alſo Chriſtus alles herwieder 
bringen was Adam verlohren hatte. Und wie ſich der eine Schaͤ⸗ 
cher wieder bekehrete / und zu Chriſto in ſein Reich begehre⸗ 
te: Alſo muß auch das eine Reich / als der irzdiſche Menſch 
wieder umbkehren / und muß die arme Seele durch den irꝛdi⸗ 
ſchen Todt wieder in Chriſtum eingehen / und gruͤnen als die⸗ 
ſer Moͤrder oder Schaͤcher am Creutze / welcher Chriſti Reich 
begehrete. 

25 Und magſt uns glauben / daß alles waß ſich im Falle 
Adams hat zugetragen / dadurch er iſt gefallen / das hat alles der 
ander Adam Chriſtus muͤſſen auff ſeinen Schultern tragen / denn 
der erſte Adam war in Gottes Zorn gefallen: Solte der nu wie⸗ 
der geſtillet und verſoͤhnet werden / ſo muſte ſich der andere Adam 
darein ſtellen / und feinen aͤuſſern Leib mit allen Eſſentien dar⸗ 
tin ergeben / und muſt durch den Todt gehen / in die Hoͤlle / ins 
Vatters Zorn / und denſelben mit feiner Liebe verſoͤhnen / und 
alſo den harten Standt / den wir haͤtten muͤſſen beſtehen in Ewig⸗ 
keit / ſelber aus ſtehen. 

4x. Und als nun zu dieſem Ernſte gegriffen ward / daß der 

Welt Heyland als ein Fluch am Creutze hieng / und mit Hoͤlle 
und Erden rang / ſprach er / Joh. 19. 20. Mich duͤrſtet. Ach 
des großen Durſtes! das grimmige Reich ward matt / fo wohl 
das Reich dieſer Welt / die begehrten Krafft / und das Himmel⸗ 
reich duͤrſtete nach unſerer Seelen / es war ein Durſt aller dreyen 
Principien. 

432. Und als er Johannem ſiehet unterm Creutze mit ſeiner 
Mutter ſtehen / ſpricht er: Siehe das iſt deine Mutter; Und 
zu ihr: Siehe das iſt dein Sohn. Und alſobalde nahm ſie der 
Juͤnger zu ſich. Seine Mutter bedeutet ſeine ewige newe 
Menſchheit / welche er in ſeiner Mutter hatte an ſich genom⸗ 
men / als in Ternario Sancto, die ſollen wir nun zu uns nehmen / 
und uns ſeiner Mutter wohl ergoͤtzen / darumb weiſet er fie dem 
* | Johanni 


00 Bon den drey Principien Cap. 2 5. 
Johanni / davon gar viel zu ſchreiben waͤre / welches an einem 
andern Ort ſoll geſchehen / und verhoffentlich hoch erklaͤret 
werden. a g gg 
43. Und iſt hier gar ſonnen⸗klar / daß / wie die arme See⸗ 
le in uns zwiſchen zweyen Reichen ſchwebet / welche fie beyde ge⸗ 
fangen halten: Alſo muſte Chriſtus ſchweben zwiſchen den Übel⸗ 
thaͤtern. Das nimb in groſſe acht / und bedencke es / es iſt kein 
Schertz; und ſehen wir den gantz ſchrecklichen Ernſt / als ſich 
Chriſti Seele vom irꝛdiſchen Leibe abebrach / da ſte in deß Vat⸗ 
ters Zorne / als in die Hölle eintratt / wie die Erde erzitter⸗ 
te / und die Felſen zerkluͤben / auch die Sonne ihren Schein 
verlohr. Und ſehen wir hier klar / und verſtehens ja aus Chri⸗ 
ſti Munde. ö f N 
44. Als er nun hatte allen Spott und Plagen außgeſtanden / 
ſprach er am Creutze: Es iſt vollenbracht. Da er noch im irꝛdiſchen 
Leibe lebete / ſagete er / es ware vollenbracht / ver ſtehe alles was au 
uns haͤtte muͤſſen ewig bleiben / und in uns quellen mit allem 
Spotte / in welchem wir ſtunden vor der Hoͤllen und Himmelrich / 
das hatte er alles auff ſich geladen. Davon Eſaias ſaget: Fuͤrwahr 
er trug unſer Kranckheit / und nahm auff ſich unſer Schuld; Wir 
aber hielten ihn / als der von GOTT alſo geplaget / geſchlagen 
und gemartert waͤre. Aber er nahm auff ſich unſer Kranckheit / und 
lud auff ſich unſere Schmertzen / und durch ſeine Wunden ſind 
wir geheilet. Wir gingen alle in der irre wie Schafe / ein jeg⸗ 
licher ſahe auff feinen Weeg. Alſo hatten wir uns nicht koͤnnen 
helffen / ſondern wir gingen als elende / halb erwuͤrgete Schafe / 
und muſten laſſen mit uns machen was der Teuffel in Gottes 
Zorn wolte. Den wir trugen ein Larven⸗kleid an uns / und ſtun⸗ 
den in groſſem Spotte vor Himmel und Hoͤllen. 5 
45. Wie dann GOTT Adams ſpottete im Garten Eden / als 
er ihme das Auffere Kleid hatte angezogen / da er ſprach: Siehe 
Adam iſt worden als unſer einer. Allen dieſen Spott muſte 
Chriſtus allein auff ſich nehmen / auch alle Quaal / darinnen 
Adam war gegangen / muſte der Menſch Chriſtus / der Held im 
Streit / vor feinem Himliſchen Vatter allein auff ſich nehmen: 
Und da ſtund das Lamm Gottes / und hieng am Creutze / als ein 
gedultiges Lamm / an unſer Statt / denn wir ſolten ewig in unſe⸗ 
ver Creutzgebuhrt in uns gequälet werden / ſo hieng alda in groſſer 
Gedult / als ein gehorſames Schlacht⸗Laͤmmlein / der Fuͤrſt des 
ewigen Lebens / und ſtellete ſich für feinen Vatter / als waͤre er der 
Selb⸗Schuldige. 421 EN 


Cap. 2.  Göttliches Werfen.” 401 
; Die Porte der groſſen Geheymnüſſe. 
16A Shier mein lieber Leſer / biſtu aus GOTT gebohren / fo 
Pe thue die Augen deines Geiſtes weit auff / auff daß der 
Koͤnig der Ehren bey dir einziehe / und dir die Verſtaͤndnuß er⸗ 
oͤffne / und mercke auff alle Sylben / denn fie find ſehr groß / und 
nicht ſtum aus einem blinden Centro ins Liecht geſtellet. Siehe 
alhier hing am Creutz GOTT und Menſch / alda war die heilige 
Dreyfaltigkeit / alda waren alle drey Principia, und ſtund der 
Heldt im Streite. Nun wer war der Heldt im Streite? Siehe / als 
Chriſtus hatte alles vollendet / ſprach er: Vatter / ich befehle dir mei⸗ 
nen Geiſt in deine Haͤndez und neigete ſein Haubt / und verſchied. 
47. Siehe / fein Vatter iſt das Reich / Krafft und Herꝛrlig⸗ 
keit / und in ihme iſt alles / und alles iſt feine. Die Liebe iſt ſein 
Hertz / und der Zorn iſt ſeine ewige Staͤrcke: Die Liebe iſt ſein 
Liecht / und der Zorn iſt die ewige Finſternuͤß / und machet ein 
ander Principium, darinnen ſind die Teuffel. 
48. Nun war die Liebe Menſch worden / und hatte angezo⸗ 
gen unſere menſchliche Seele / und die Seele ward von der Lie⸗ 
be erleuchtet / und ſtund mit ihrer Wurtzel im Zorne / als in der 
ſtarcken Macht des Vatters. Nun befahl der newe Menſch in 
der Liebe die Seele dem Vatter in ſeine Macht / und gab auff das 
irzdiſche Leben aus dem Geſtirne und Elementen, als das Reich 
dieſer Welt; ſo ſtund nun die Seele nicht mehr im Reich dieſer 
Welt ins Lebens ⸗quagal / ſondern im Tode / denn das Reich die- 
ſer Welt / als der Auff⸗blaſer / die Lufft / war weg. San 
459. So war nun nichts mehr an der Seelen / als uur das je⸗ 
nige / was fie in ihrer eigenen ewigen Wurtzel in dem Vatter ſel⸗ 
ber iſt. Und alhier hätten wir nun muͤſſen im Zorne / in der fin⸗ 
ſtern Hoͤlle bleiben / aber der Liechte⸗Vatter in ſeiner Heylig⸗ 
keit nam die Seele in ſich in die Trinitäf. 
so, Nun war die Seele angezogen e. im Worte / 
die macheft den mn Vatter in der Seelen innerſten Quell 
lieblich / verſoͤhnlich. Alſo gieng in dieſem augenblick in der See⸗ 
len Eſſentien wieder auf das verlohrne Paradeiß. Davon erzit⸗ 
terte die Erden der Außgebuhrt aus dem Element, und verlohr die 
Sonne im dritten principio, ein König des Lebens / ihren Schein / 
den es gieng eine andere Sonne auff im Tode: Verſtehe im Zorne 
des Vatters ward die Liebe in der Seelen ſcheinend / als der helle 
Morgen⸗ſterne. f 
5. Und fo dan der Leib Chriſti / an feiner Seele war das 
De | . reine 


40 Von den drey Principien Cap. 25. 


reine Element vor GOT / daraus die Sonne dieſer Welt iſt 
erbohren / und derſelbe Leib die gantze Welt beſchloß / ſo erzit⸗ 
terte die Natur dieſer Welt / und zerkloben die Felſen. Denn 
der grimmige Tod hatte die Felſen zuſammen gezogen im Fiat 
und nun gieng das heilige Leben in den grimmigen Tod / davon ö 
zerkloben die Steine / zur Anzeigung / daß das Leben wieder im 
Tode ſtünde / und gruͤnete durch den Tod. 
52. Auch ſo giengen aus den Graͤbern der Heiligen Leiber. 
Vernimb diß hoch! Welche ihre Zuverſicht hatten in Meſſiam 
geſetzet / die hatten das reine Element zu einem newen Leibe in der 
Verheiſſung bekommen. Und als jetzund nun der verheiſſene 
Heldt durch den Todt ins Leben gieng / und hatte das Element zu 
einem Leibe / ſo wurden ihre Seelen im Heldel in welchem fie ſtun⸗ 
den in der Hoffnung / ) raͤhs / und zogen in Chriſti Leib ihren neu⸗ 
en Leib an / und lebten in ihme in ſeiner Krafft. Das waren 
die heiligen Ertz⸗Vaͤtter und Propheten / welche in dieſer Welt 
waren mit dem Schlangentretter angethan geweſen im Worte 
Gottes / in welchem fie von ihme hatten geweiſſaget und Wun⸗ 
der gewuͤrcket / die wurden jetzo in Chriſti Krafft lebendig. Deit 
Chriſti Krafft gruͤnete durch den Todt / und hatte den Vatter 
verſoͤhnet / welcher die Seelen hatte im Zorn gefangen gehalten / 
die giengen jetzo mit Chriſto ins Leben. N 
53. Alhier du liebes Schaͤflein / mercke / als Chriſtus iſt ge⸗ 
ſtorben / ſo hat er nicht ſeinen hier⸗gehabten Leib weggeworffen / 
und den vier Elementen gegeben zu verſchlingen / daß er alſo einen 
gantz frembden Leib habe behalten: Nein / ſondern nur dieſer 
Welt quaal / welche iſt im Geſtirn und in den vier Elementen „ 
und hat das unverweſliche angezogen / alſo daß es ſey ein Leib / 
der da in Goͤttlicher Krafft lebe in GOT / und nicht im Geiſte 
dieſer Welt; wie S. Paulus vom jüngften Gerichte redet / daß das 
Unverwefliche / als der newe Menſch / werde das Vermwefliche an⸗ 
ziehen / und werde das Verweſliche verſchlingen / daß man den 
Tod wird ſpotten / und ſagen: Tod wo iſt dein Stachel? und 
zur Hoͤllen: Hölle / wo iſt dein Sieg? 
54. Du ſolt wiſſen / daß Chriſtus / weil er noch auff Er⸗ 
den gieng / und wir alle / die wir in ihme new⸗gebohren ſind / 
hat himmliſch Fleiſch und Blut in dem irziſchen getragen / 
und wir fragens auch in newen Menſchen / in Chriſti Leibe. 
55. So wir dan alſo in dem alten irꝛdiſchen Leibe ſterben / fe: 
leben wir im newen Leibe / im Leibe Jeſu Chriſti / und gruͤnen 
in ihme aus dem Tode / und unſer Gruͤnen iſt unſer R 


+ 


Cap. 2 5. Goͤttliches Weſens. 403 


da unſere Eflentien in GOTT grünen / und wird das irꝛdiſche 
verſchlungen im Tode / und ziehen an unſern Herꝛn Jeſum Chris 
ſtum / nicht allein im Glauben und Geiſte / ſondern in der Krafft 
des Leibes in unſerm himmliſchen Fleiſch und Blute / und le⸗ 
ben alſo GOTT dem Vatter in Chriſto feinem Sohne / und der 
heilige Geiſt beſtaͤtiget all unſer Thun. Denn alles was wir thun 
werden / das thut GOTT in uns. 
56. Alſo wird eine Huͤtte Gottes ſeyn bey den Menſchen / und 
Chriſti Leib wird unſer Tempel ſeyn / da wir die groſſen Wun⸗ 
der Gottes werden inne kennen / ſehen / davon reden / und uns 
ewig darinnen frewen. Und das iſt der Tempel / das newe Jeru⸗ 
ſalem / davon Ezechiel der Prophet ſchreibet. 
57. Und ſiehe / ich ſage dir ein Geheimnuͤß: Alſo⸗ 
wohl / als alles / was Adam hatte verſchuldet / muſte 
noch in dieſer Welt am Leibe Chriſti ſtehen / und in die⸗ 
ſer Welt geſehen werden: Alſo wirſtu auch dieſen Tem⸗ 
pel fuͤr der Zeit / ehe das Unverwefliche wird das Ber: 
we liche gantz anziehen / noch in der Lilien im Wunder 
ſehen / da der Zorn gegen der Lilien ſtehet / biß er in der 
Liebe verſoͤhnet / und auß dem Treiber ein Spott wird / 
als es im Tode Chriſti auch geſchahe. Darauff die Ju⸗ 
den hoffen / aber ihr Scepter iſt zerbrochen / und ſtehet 
das Leben in der Gebuhrt Jeſu Chriſti. Sie aber kom⸗ 
men von den Enden der Welt / und gehen aus Jericho 
wieder in das heilige Jeruſalem / und eſſen mit dem 
Lamm) das iſt Wunder! Aber der Treiber iſt gefangen / 
darumb reden wir alſo wunderlich / und werden jetzo 
nicht erkant / biß der Treiber zerbricht / dan komt un⸗ 
ſer Leben wieder / und ſtehet in Joſaphats Thale. 


Die andere Porte vom Leiden Chriſti. 


58. V Ns wird klar gezeiget / warumb der Menſch Chriſtus ſich 
muſte laſſen verſpotten / verhoͤnen / geiſelen / kroͤhnen und 
creutzigen / auch warumb er ſich muſte laſſen für einen Beſeſſenen 
des Teuffels außſchreyen; Und warumb ihm von den Klugen und 
Weiſen alſe wiederſprochen ward: Auch warumb das einſaͤltige 
Voͤlcklein alleine an ihme hieng; und dan auch etliche unter den 
Fetten dieſer Welt: Wiewohl es iſt / daß wir mit die ſem nicht 

| wer 


\ 


404 Von den drey Principien Cap. 25. 
werden allen gefällig ſeyn / ſo reden wir doch nicht unſer Wort / 

ſondern / wir reden in unſerer Erkaͤntnuͤß und Trieb im Geiſte / 
was uns in GOTT gezeiget wird / darumb verſtehe es recht. 

59. Siehe / es ward der unſchuldige Menſch Chriſtus an un⸗ 
ſer Statt ins Vatters Zorn dargeſtellet / der ſolte nicht alleine das 
verſoͤ oͤhnen was Adam hatte mit ſeinem Außgange aus dem Pa- 

radeiß in dieſe Welt verſchuldet / daß er vor GOTT und allen 

Teuffeln in Spott ſiel / ſondern auch das / was hernach geſchahe 

und noch immerdar von uns geſchichet. 

60. Als wir ſtellen dirs in Goͤttlicher Erkaͤntnütß und im 
Ernſt unter Augen / nicht daß wir wolten jemanden ſchmaͤhen 

und uns erheben / wir wolten eher von dieſer Welt verbannet 
ſeyn / als daß wir aus Hoffart und eigen⸗Ruhm wolten alſo trei⸗ 
ben / der doch nur Koht waͤre / und wuͤrde uns der Geiſt der Er⸗ 
kaͤntnuͤß nicht beyſtehen / das magſtu wohl vermercken z wollen 
demnach in unſerm Erkaͤntnuͤß ſchreiben für uns / und das Ende 

GOTT befehlen. 

61. Siehe / als Adam in dieſe Welt eingieng / fo war es ih⸗ 
me umb Hoffart zu thun / er wolte ſeyn gleich als GOT / wie 
Moſes ſaget / daß fie die Schlange / der Teufſel / ſolches beredet 

habe / er wolte alle drey Principia an ihme offen im quallen haben / 
und damit verlohr er GO TT und Himmelreich. Daß aber ſol⸗ 
ches wahr ſey / daß es umb Hoffart zu thun war / ſo ſtehe Cain 
an / der wolte alleine Herz ſeyn / er wolte nicht daß fein Bruder 

Habel vor GOTT angenaͤhme waͤre / er moͤchte ſonſt das Region 
bekommen / darumb ſchlug er ihn todt. 

62. Alſo hat Cain und feine Nachkoumen ein gewaltig Reich 
erbawet / da komt die Herrſchafft her / daß immer ein Bruder 
iſt uͤber den andern geſtiegen / und hat ſeinen Bruder leib⸗eigen 

gemacht. Auch ſo findet ſich die grewliche Tiranney / daß der ge⸗ 

waltige alles gethan was ihn nur geluͤſtet hat: Er hat den Elen⸗ 
den unterdruͤcket nach ſeinem Willen / er hat das Reich der Erden 
an ſich gezogen / und treibet darmit Tiranney und Falſchheit / und 
man muß zu ihm ſagen / es ſey recht; er hat alle Liſt erdacht / und 
ihm Recht darauß gemacht / das hat er hernach andern fuͤr Recht 
verkauffet / und ſeine Kinder mit Falſchheit auffgezogen: Er hat 
den Bloͤden ſein Gewiſſen im guten Gemuͤhte niedergeſchlagen / 
und hat Recht erdichtet / die in ſeinen Geſetzen ſchweben / zu 
ſeinem Trug wider das Liecht der Natur. Alle säfterungen find in 

. feiner Staͤrcke geſtanden / damit hat er den Bloden erſchrecket / 

auff daß ſeine Macht nur groß wuͤrde. 

5 63. Alſo 


Cap. 25. Goͤtliches Weſens. 405 
z. Alſo iſt Falſchheit mit Falſchheit gewuͤrcket / und der 
Niedrige auch falſch worden / hat Luͤgen vor Wahrheit zu marckt 
gebracht / und feinen Obern auch faͤlſchlich betrogen; Darauß 
iſt erwachſen fluchen / ſchweren / ſtelen / morden / daß einer den 
andern vor einen falſchen Trieger / Luͤgener / Ungerechten gehal⸗ 
ten / denn ſie ſinds auch / und haben Worte mit Worten ge⸗ 
wechſelt / und damit in Luͤgen und Wahrheit einander die bittere 
Saltzen des Teuffels / im Zorne Gottes eingerieben / darmit 
iſt Gottes Name gelaͤſtert und geſchaͤndet / und iſt die Welt eine 
Mord ⸗grube / im Zorne Gottes erfunden worden. 

64. Als denn auß dieſem ungerechten Volcke folte ein Heer ins 
Himmelreich erbohren werden / und keiner auff Erden lebete / der 
nicht mit dieſem Laſter beſudelt wäre / und gleichwol in Gottes 
Liebe die Moͤglichkeit gemacht ward / daß wir / die wir Rewe und 
Leid über die arge / jetzt erzehlte / Beſtiam haͤtten / und begehr⸗ 
ten darauß außzugehen / koͤnten wieder zu Gottes Hulde kom⸗ 
men / und zwar anderſt nicht / als in dieſem Chriſto / und ſich es 
auch noch taͤglich bey den wiedergebohrnen Chriſten findet / 
daß der alte irꝛdiſche Leib alſo in ſolcher Boßheit angeſtecket wird / 
und daß ob wir gleich gerne wolten daraus gaͤntzlich außgehen / 
koͤnnen wir doch nicht / denn der Zorn haͤlt uns im alten Menſchen 
gefangen / und der Teuffel iſt Herr darinnen / der treibet den 
Leib im Geiſte dieſer Welt offte in böfe Laſter / die er ihm zuvorn 
nicht hatte fuͤrgenommen / denn die Boßheit des Gottloſen ent⸗ 
zuͤndet durch ſeinen Fluch und Falſchheit den Zorn des alten 
Menſchen / und ob er gleich von innen iſt in GO TT gebohren / 
daß er nicht erkant wird. \ 

65. Darumb / weil unſere Falſchheit und Ungerechtigkeit / auch 
Laſterung alle vor GOTT iſt / und im der Tinctur erſcheinet / 
und wir nicht koͤnnen genaͤſen von ſolchem Ubel / fo hat Chriſtus 
all unſern Spott auff ſich geladen / und ließ ſich für einen Teu⸗ 
fels⸗beſeſſenen ſchelten / fuͤr einen Zauberer und Verfuͤhrer / 
für einen Trieger / als wolte er die Keyſer liche Kron auffſetzen / 
wie ihn die Hohenprieſter faͤlſchlich beſchuldigten. Er ließ ſich 
verſpotten / geiſeln / verſpeyen / ins Angeſicht ſchlagen / er ließ 
ihm eine falſche Dorne⸗Kron auffſetzen. Und wie wir auff Erden 
einander auß Falſchheit mitte fahren / da der Gewaltige thut 
was er wil / feinen Zorn zu erfuͤllen / wie wir einander ſchaͤnden / 
laͤſtern / verhoͤnen / verſpotten / dem Teuffel geben / einander 
umb Ehr und Gut aus Falſchheit bringen; Alſo muſte Chriſtus 
das alles auff ſich nehmen. g Unis 2 

En. 66. Und 


r A * 6 7 ge NE 
405 Von den drey Prinzipien Cap. 2 5. 

66. Und ſteheſtu klar daß ihme das von den falſchen Phari⸗ 
feern und Schrifft⸗gelehrten wieder fuhr / denn es geſchahe nicht 
vergebens ohngefehr / es ſolte alſo ſeyn / denn die Phariſeer 
und Schrifft⸗gelehrten und Obriſten haben das eingebrocket / 
was Chriſtus muſte außeſſen. Oder ſollen wir ſchweigen? Wir 
muͤſſens jagen / und ſolten wir darumb unſer irꝛdiſch Leben 
verlieren. 0 

67. Siehe du falſcher Antichriſt, du biſts / der du je geweſen 
biſt / und biſt ein alter und kein newer. Deine Liſt iſt im Zorne 
Gottes erbohren / der Teuffel lehret dich das / das du thuſt. Du 
richteſt unter Fuͤrſten und Koͤnigen / welche in der Natur ge⸗ 
gruͤndet ſeynd / Kriege und Widerwillen an / daß du nur bey 
ihnen durch deinen Trug / Heucheley und Schalcks⸗liſt erhoben 
werdeſt / das thuſtu aus Hoffart. Du zerreſt die Schrifft der 
Heiligen nach deinem Auffſteigen “ und biſt ein Mörder der 
Seelen / du richteſt Spotten an unter den Unverſtaͤndigen / daß 
fie meynen / ſie thun GOTT einen Dienſt daran / wenn ſte offte 
eine heilige Seele verfolgen / du lehreſt ſte das / ſonſt wuͤſten fie 
das nicht / alſo wuͤrckeſtu Verwirrung und biſt Babel / eine 
Behauſung der Huren und aller Teuffel / das ſaget der Geiſt. 

68. Alſo treibet ſichs nun untereinander / da luͤſtet einer diß / 
der ander ein anders / und iſt ein ſtaͤtes Teuffels⸗Geheule. Alle 
Liebe und Eintraͤchtigkeit erloͤſchet / was der Mund redet / da 
dencket das Hertze anderſt / es ſchreyet untereinander / und Rie⸗ 
mand weiß / wo das Wehe iſt. Alſo muſte Chriſtus dieſes alles 
auff ſich nehmen; da ſchrien viel unwiſſende aus der Hohen⸗ 
prieſter Eroͤffnung: creutzige / creutzige ihn: Er hat das Volck 
raͤge gemacht / und wuſten doch nicht die Urſache. Alſo gehets 
noch heute / ſo der Antichriſt einen im Grim erhaſchet / ſchreyet 
er ihn aus / ſo ſchreyet dann jederman: O Ketzer / Ketzer / und 
da doch das Hertze nichts böͤſes kan von ihme ſagen. 

69. Alſo ſiehe du falſcher Wider⸗Chriſt / und Laͤrmen⸗meiſter 
auff Erden / wie viel find unverftändige Menſchen unter dieſer 
deiner Laͤſterung / die du laͤſtern macheſt / offte uͤber eine heilige 
Seele. Siehe / ſo nun die verfolgete Seele zu GOTT umb Ret⸗ 
tung ſchreyet / fo wirds alles zu einer Subſtantz / zu einem We⸗ 
ſen vor GOTT. Nun kommen dan offt die armen Seelen / wel⸗ 
che alſo unwiſſend haben die heilige Seele gelaͤſtert / für GOT / 
und wolten gerne ſcelig werden: So nun Ehriſtus nicht haͤtte 
alle dieſe Laͤſterung und Falſchheit auff ſich genommen / und ſei⸗ 
nen Vatter in ſich mit ſeiner Liebe verſoͤhnet / wo wolteſtu rg 

Suͤn⸗ 


Cap.. Böttliches Weſens. 40% 


Sünder bleiben? Darumb heiſt uns Chriſtus vergeben / wie uns 
Br Vatter in ihme vergeben hat / werden wir das nicht thun / 
ſo ſoll uns mit der Maße gemeſſen werden / da wir mit meſſen. 


Die Porte des armen Suͤnders. 

70. A Arumb du liebe Seele / ſo du ja durch Trug des Wider⸗ 
Chriſts und Verfuͤhrung des Teuffels uñ ſeines Anhangs 
biſt in Laͤſterung und ſchwere Suͤnde gefallen / bedencke dich bal⸗ 
de / bleibe nicht darinnen / verzage auch nicht darinnen / vergib 
deinem Widerſacher ſeine Fehle / und bitt GOTT den Vatter 
umb Chriſti willen / der alle unſere Falſchheit und Ungerechtig⸗ 
keit hat an ihme / als ein unſchuldiges / gedultiges Laͤmmlein 
getragen / ſie wird dir wol vergeben werden. Haͤtten wir doch 
aus dieſem Übel ewig nicht koͤnnen kommen / ſo uns nicht haͤtte 

die Barmhertzigkeit Gottes / ohn unſern Bewuſt und Verdienſt 
herauf geholffen. 

7. Ach wie gar auß lautern Gnaden hat uns doch GOTT 
der Vatter ſeinen Sohn Jeſum Chriſtum geſchencket / daß er hat 
unſer Schuld auff ſich genommen / und hat ihn verſoͤhnet in ſei⸗ 
nem Zorne. 

72. Es find alle Menſchen zu die ſer Gnade geladen / fie ſind 
weß Geſchlechts fie wollen / fie mögen Alle kommen / es ſeyen 
gleich Tuͤrcken / Juden / Heyden / Chriſten / und wie ſie heiſſen / 

es iſt Niemand außgeſchloſſen. Alle die da muͤhſeelig und beladen 
find die mögen zu Chriſto komen / er wil ſir Alle annehmen und 
erquicken / wie er ſelber ſaget. Wer anderſt lehret und redet / 
oder einen andern Weeg ſuchet / der iſt der Antichriſt / und gehet 
nicht zur Thuͤr in Schaf ſtall Chriſti. 

73. So wir uns nun in dem Spotten und Verachtung Chriſti 
umbſehen / daß ihme ſolches alles aus Anregen der groſſen Han⸗ 
fen geſchehen / und ihme gemeiniglichen das arme geringe Voͤlck⸗ 
lein / biß auff etliche Fette anhiengen / ſo finden wir klar / was 
Chriſtus ſaget: Es wird ſchwerlich ein Reicher ins Himmel⸗ 
reich eingehen; Das iſt nicht auffs Reichthumb gemeynet / ſon⸗ 
dern auff das eigen⸗ehrige / hoffaͤrtige / geitzige Leben / da man 
dem Elenden feinen Schweiß in Hoffart verzehret / und ver⸗ 
giſſet Gottes. Ach wie ſchwer iſts doch einem Hoffaͤrtigen ſich 
vor GOTT und Menſchen zu demuͤtigen / und das Himmelreich 
ſtehet alleine in Krafft der Demuht. 

74. Doch ſihet man / wie auch etliche Fetten zu Chriſto ſich 

naheten / darumb zu ſehen / daß das Himmelreich nicht alleine 
im 


n N * 
3408 Von den drey Principien Cap. 2 5. 
im Elende / ſondern in der Frewde / im heiligen Geiſte ſtehe. Und 
darff ſich Niemand ſeelig ſchaͤtzen / daß er Arm und Elend iſt / ſo 
er. unglaͤubig und gottloß iſt / fo iſt er gleichwol im Reich des 
Teuffels. Es darff auch kein Reicher ſein Guth darumb in Koht 

tretten und dem Braſſer geben / daß er vermeinet dadurch ſeelig zu 
ſeyn. Nein Geſelle / das Reich Gottes ſtehet in Wahrheit / Ge⸗ 
rechtigkeit und in der Liebe gegen dem Duͤrfftigen / es verdammet 

Niemand / der es nur recht brauchet. Du darffſt nicht deinen Scep⸗ 
ter niederlegen und in einen Winckel lauffen und heulen / es iſt 
nur Heucheley. Du kanſt der Gerechtigkeit / und dem Reiche 


Gottes beſſer dienen / fo du deinen Scepter haͤlteſt / und ſchuͤtzeſt 


den Verdruckten / und ſchaffeſt Recht und Gerechtigkeit / nicht 
nach deinem Geitz / ſondern in der Liebe und Gottes⸗furcht. 
Denn / fo biſtu auch ein Bruder des Joſephs von Arima-⸗ 
thia / und wirft leuchten vor GOT T für anderen als Sonn 
und Mond gegen den Sternen. Alleine die Hoffart / Geitz / 
Reid / Zorn und Falſchheit iſt die Kron des Teuffels / darumb 
vernimms recht. 5 a 5 


Von Chriſti Ruhe im Grabe. 
75 W᷑ Ir wiſſen daß der Leib ohne Geiſt ein ſtillſtehendes 


. Weſen iſt. Denn ob gleich Chriſti Leib / das heilige E 


lement erbohren in der Barmhertzigkeit / aus Gott iſt / ſo ſte⸗ 


het doch die Bewegligkeit und das Leben alleine in der Gott⸗ 
heit / und in uns Menſchen im Geiſt der Seelen und des Geiſtes 


der groſſen Welt / welche in dieſem Leibe auff Erden ungetren⸗ 


net ſind. 
76. Alſo fraget ſichs nun: Wo iſt Chriſti Seele geweſen die 
Zeit / als der Leib in der Ruhe im Grabe lag? Meine Liebe Ver⸗ 
nunfft / mache es nicht wie die Blinden an GOT / die da ſagen: 
Die Seele ſey weit vom Leibe hinunter in die Hoͤlle in die Erden 
gefahren / und habe dieweile / in Goͤttlicher Krafft / einen Sturm 
in der Hoͤllen unter den Teuffeln gehalten / und habe fie mit 
Ketten gebunden / und die Hoͤlle zerſtoͤret. O es iſt weit ein an⸗ 


ders. Die in der Stunde des Todes Chriſti aufferſtandene Hei⸗ 


ligen beweiſen viel ein anders. 


77. Dieſe Vernunfft weiß noch nicht von GOT / und ſo ihr 


nicht muͤglich iſt aus Gottes Gaben weiters zu erkennen / ſo 
fahr er ja nicht in dieſe Tieffe / ſondern bleibe nur einfaͤltig am 
Articul / es ſchadet ſeiner Seligkeit nicht / GOT ſtehet allei⸗ 
ne auff des Hertzens Willen. Du muſt nicht alles alſo tieff 
er im 


t. Pig 2 1 . a 7 
Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 409 
im Sinne ergruͤnden / fo dirs nicht iſt gegeben / als die⸗ 
fe Feder / dieſe Feder ſchreibet in Gottes Raht / dehn die 
Hand nochlange nicht weiß / und wohl kaum ein Fuͤncklein 
daran verſtehet / und doch gar tieff / wie du ſieheſt / die 
kuͤͤnfftigen Dingen gar in einer ſchweren Tieffe angezei⸗ 
get werden / welche GOTT alleine wird eröffnen zu ſei⸗ 
ner Zeit / welche von uns unerkant iſt. | 

78. Du weiſt / daß GOT ſelber alles iſt / und nur drey 
Principia, als drey Gebuhrten der Unterſcheid iſt ſeines We⸗ 
ſens / ſonſt wären alle Weſen ein Weſen / und wäre alles durch⸗ 
aus pur GOTT / und ſo das waͤre / fo wäre alles in einer ſuͤſſen 
Sanfftmuht / wo bliebe aber die Bewegligkeit / das Reich / 
Krafft und Herꝛligkeit? Darumb haben wir zum oͤfftern geſagt / 

der Zorn ſey eine Wurtzel des Lebens / und ſo er ohne Liecht iſt / 
fo iſt er nicht GOT / ſondern hoͤlliſch Feuer / fo aber das Liecht 
darinnen ſcheinet / werde er Paradeis und frewdenreich. 

79. Alſo koͤnnen wir von Chriſti Seele anderſt nicht ſagen / als 
da er ſie dem Vatter in ſeine Haͤnde befahl / ſo nahm ſie der Vat⸗ 
ter in ſeine Goͤttliche Krafft: Verſtehe / ſie ſtund vorhin darin⸗ 

nen mit ihrer eigenen Wurtzel / aber ihr eigene Wurtzel war 
ohne Gottes Liecht nr: Nu kam die Seele Chriſti mit 
Gottes Liecht in Zorn / Merzitterten die Teuffel / denn das Liecht 
nahm den Zorn gefangen / und ward der Vatter im Himmelreich 
Paradeiß / verſtehe ſein Zorn / und in der Hoͤllen blieb Zorn. 
Denn das Liecht ſchloß das Principium der Höllen zu / alſo zu ver⸗ 
ſtehen / daß ſich kein Teuffel darff darein erblicken / er iſt blind dar⸗ 
innen / und iſt ſein Schrecken und Schande. a 

80. Alſo ſoltu nicht dencken / daß Chriſti Seele ſey vom Leibe 
weit weggefahren / deñ waren doch alle drey Principia am Creutz / 
warumb d im Grabe? Den Augenblick als Chriſtus 
das Reich dieſer Welt von fich ließ / drang Chrifti Seele in Todt 
und in Zorn Gottes / und im ſelben Augenblick ward der Zorn 
in der Liebe im Liechte verſoͤhnet / und ward Paradeiß / und wur⸗ 
den die Teuffel im Zorn in ſich ſelber gefangen mit allen Gottloſen 

Seelen / und gruͤnete alſobalde das Leben durch den Tod / da 

ward der Tod zerbrochen / und ward ein Spott aus ihme. Den 
Gottloſen / welche im Zorne bleiben / iſt er ein Tod / aber den Hei⸗ 
ligen in Chriſto iſt er ein Leben. 

81. Alſo hat die Seele Chriſti viertzig Stunden im Grabe im 

Vatter geruhet mit ihrem We ar. : Denn det ge 
i 


418. Von den drey Prineipien Cap. 2 5. 


liſche Leib war nicht tod / ſondern der irzdiſche. Die Geelegrüs 
nete im himmliſchen Leibe durch den Tod / und ſtund viertzig 
Stunden in der Ruhe. Das waren die viertzig Stunden / wel⸗ 
che Adam im Schlafe / als ſein Weib aus ihm gemacht ward / 
hatte geſtanden: Auch die viertzig Tage der Verſuchung beym 
Moſe auffin Berge / obs muͤglich wäre in des Vatters Krafft zu 
leben im Himmelreich. Weil es aber unmuͤglich erfunden ward / 
fo fiel das Volck alſobalde von des Vatters (als der Natur) 
Geſetze abe / und ehreten ein gemacht Kalb fuͤr Gott / und Mo⸗ 
ſes zerbrach die Tafeln des Geſetzes. n 
82. Und Gott redete ferner im Fewer mit Iſrael / daß fie 
doch ſehen ſolten / es waͤre nicht muͤglich ins gelobte Land des Pa⸗ 
radeiſes einzugehen / biß der rechte Joſua oder Jeſus kaͤme / der 
fie durch den Todt ins Leben einfuͤhrete. Deme dencke nach / ich 
wils im andern Buche gantz klar von den Taffeln Mofis auß⸗ 
fuͤhren / darnach ſorſche / fo wirſtu allen Grund finden / was Mes 
ſes hat geredet und getahn. 


Von Chriſti Aufferſtehung aus dem Grabe. 


83. G Leich wie Adam aus dem hellen Liecht Gottes in das fin⸗ 
: ftere Reich dieſer Welt eingieng / und ſtund die Seele 
Adams zwiſchen zweyen finſtern Bringen als zwiſchen Tod 
und Hölle im Leibe gruͤnend; Alſo wolte auch Chriſtus in ſeinem 
gruͤnenden Leibe in der Mitternacht vom Tode auffſtehen / und 
die Nacht in ſeinem heiligen Leibe zu einem hellen ewigen Tage 
machen / da keine Nacht nimmermehr einkaͤme / ſondern das Liecht 
Gottes des Vatters und des Lamms ſchiene. 
84. Und ſoltu nicht dencken / daß die Seele Chriſti ſey dieſe 
viertzig Stunden an einem anderen Orte geweſen / als eben im 
Vatter / und in ſeinem Leibe / allda ſie auff die Verfolgung ge⸗ 
gruͤnet in groſſer Sanfftmuht / als ein Roͤſelein / oder ſchoͤnes 
Bluͤmelein aus der Erden / als dan unſere Seelen auch in unſerer 
Ruhe im Leibe Jeſu Chriſti alſo gruͤnen biß an juͤngſten Tag. In 
Vergehung dieſer Welt wird wieder die newe Creatur auß der 
alten herfuͤr brechen / und unter deß gruͤnet die Seele im heiligen 
Element im geibe Chriſti in ftiller ſanffter Ruhe / biß unſere vier⸗ 
tzig Stunden auch ümb find / und keine Stunde länger / als die 
be ſtimte Zeit iſt: Alſo iſt der Leib Chriſti in des Vatters Krafft 
durch die Seele wieder auffgeſtanden und herfuͤrgangen / und hat 
in ihme gehabt das ewige Liecht der Trinirät, - 
85, Es hätte keines Stein abweltzens beduͤrfft / a 15 
a n ⸗ 


a 1 ee, [2 5 ’ 2 * 
Cap. 2 5. Goͤttliches Weſens. 41 L. 
blinden Juden zu einem Schein / daß fie doch ſaͤhen / daß all ihr 
Thun eine Thorheit ſey / daß ſie wolten GoOtt halten; auch umb 
der ſchwachen Vernunfft willen der Juͤnger / daß ſte ſaͤhen / er 
waͤre gewiß aufferſtanden / denn alſo koͤnten ſie ins Grab gehen / 
und ſelber ſehen. i N 

86. Auch erſchien ihnen der Engel allda / und troͤſtete ſie; ale 
ſo wil Chriſtus ſeine Betruͤbten / die umb ſeinetwillen betruͤbet 
werden / auch troͤſten / ja er iſt bey ihnen / wie bey Maria Mag⸗ 
dalena / und den zween Juͤngern nach Emaus. 

87. Du ſolt wiſſen / daß Chriſti Leib kein Fels noch Stein 
halten / noch faſſen kan / er gehet durch alle Dinge / und zerbricht 
doch auch nichts: Er faſſet dieſe Welt / und die Welt ihn nicht: 
Er leidet von nichtes Quaal / in ihme iſt die gantze Fuͤlle der 
Gottheit / und iſt doch nicht eingeſperret. Er ſcheinet eine Crea⸗ 
tur in unſerer Menſchlichen Geſtalt alſo groß / als unſere Leiber / 
und fein Leib hat doch kein Ende: Er iſt der gantze Fuͤrſtliche 
Thron des gantzen Principii. N 

88. Als er hie auff Erden war in dem irꝛdiſchen Menſchen / 
ſo war ſein aͤuſſerlicher Menſch meßlich / wie unſere Leiber / aber 
der innere Menſch war unmeßlich. Denn wir ſind in der Auf⸗ 
erſtehung im Leibe Jeſu Chriſti auch unmeßlich / aber ſichtlich 
und begreifflich im Him̃kiſchen Fleiſch und Blute / als der Fürs 
ſte des Lebens ſelber. Wir koͤnnen in der Himliſchen Figur groß 
und kleine ſeyn / und wird doch nichts an uns zerbrochen / es darff 
keiner Einpreſſung. Bi 

89. O lieben Chriſten / ſtehet ja von ewrem Zancken / wegen 
des Leibes Jeſu Chriſti abe / er iſt uberall an allen Orten / aber 
im Himmel: und der Himmel / da Gott innen wohnet / iſt 
auch überall. Gott wohnet im Seibe Jeſu Chriſti / und alle heilige 
Seelen der Menſchen / wann ſie von dieſem irꝛdiſchen Leibe ſchri⸗ 
den / auch: Und ſo ſie new⸗gebohren werden / ſo ſtehen fie in Worte 
am Leibe Jeſu Chriſti / auch noch in dieſem irꝛdiſchen Leibe. Nicht 

hat eine Seele alhie in unſerm Leibe auff Erden den Leib Chriſti 
im begreiflichen Weſen / ſondern im Worte der Krafft / welches 
alles faffet: Leib und Krafft iſt wol in Chriſto eines / wir muͤſſen 
aber in dieſer Welt nicht die Creatur verſtehen. 

90. Und der Geiſt deutet / ſo ihr nicht werdet abſtehen von die⸗ 
ſem Zancke / ſo werdet ihr doch kein ander Zeichen erlangen / als 
das Zeichen Eliaͤ im Fewer⸗Eyfer. Den der Eyfer wird euch 
freſſen / und ewer Zanck muß euch ſelber freſſen. Ihr müſſet euch 
ſelber auffreſſen / und ſeyd doch "> ſeyd ihr nicht Bruͤder / er; 

2 alle 


— 8 1 . 2 1 u“ 5 
412 Vonden drey Principien Cap. 2 5. 
alle in Chriſto? was zancket ihr umb ewer Vatterland / in wel⸗ 
chem ihr wohnet / ſo ihr in der Siebe wandelt? 

gr. Ach ſtehet doch abe / ewer Sache iſt nur boͤſe vor GOTZ / 
und werdet alle in Babel erfunden. Laſſet euch rahten / denn 
der Tag bricht an / wie — wolt ihr bey der Ehebre⸗ 
cheriſchen Huren liegen? Stehet auff / euere Edle Jung⸗ 
fraw iſt geſchmuͤcket in ihrem ſchoͤnen Perlen⸗krantze: 
Sie traͤget eine dilien / die iſt wonneſam / ſeyd Bruͤder / 
fie wird euch wohl ſchmuͤcken / wir haben ſie warhafftig 
geſehen / und in ihrem Namen ſchreiben wir dieſes. 

92. Es darff keines Zanckens umb den Kelch Jeſu Chriſti / 
ſein Leib wird im Teſtament vom Glaͤubigen warhafftig empfan⸗ 
gen / auch ſein Himliſches Blut / und die Tauffe iſt ein Badt 
im Waſſer des ewigen Lebens / in dem aͤuſſern verborgen im 
Worte des Leibes Chriſti. Drumb iſt aller Zanck nichts nuͤtze / 
nur bruͤderliche Rebe her / und vom Geitze der Hoffart gelaſſen / 

ſo ſeyd ihr alle in Chriſto. 
93. Die viel tieffe und ſchwere Sachen find euch nichts nuͤtze / 
ihr duͤrfft euch nicht darinn vergaſſen / wir muͤſſen fie nur ſetzen / 
daß ihr ſehet was der Grund iſt ! was der Irꝛthumb iſt / denn 
wir ſind nicht Urſache dieſes Schreibens / ſondern ihr in 
ewrer hoch⸗ erhabenen Luſt habet den Geiſt erwecket / 
daß ihr ewres Hertzens Gedancken erfuͤhret. Laſſet euch 
Chriſti Aufferſtehung ein kraͤfftig Ding ſeyn / denn Chriſti Auf⸗ 
erſtehung iſt unſere Aufferſtehung / und in ihme werden wir gruͤ⸗ 
nen und aufferſtehen / und ewig leben. Halt dich nur an Ehri⸗ 
ſtum / fo kanſtu in keiner Roth verderben / denn wenn du Chri⸗ 
ſtum haft / fo haſtu die heilige Dreyfaltigkeit Gottes. N 

94. So du wilt zu Gott beten / ſo ruffe GOTZ deinen Hiſi⸗ 
liſchen Vatter im Namen ſeines Sohnes Jeſu Chriſti an / umb 
die Erleuchtung feines H. Geiſtes / daß er dir wolle deine Suͤn⸗ 
de umb ſeines bittern Leidens und Sterbens willen vergeben / 
und dir das geben das dir gut und feelig iſt. Stelle alles was i 
diſch iſt in ſeine Erkaͤntnuͤß und Willen: Denn wir wiſſen nicht 
was wir beten und begehren / ſondern der H. Geiſt vertritt uns 
ſelber / mit unaußſprechlichen Seufftzen / in Chriſto Jeſu / bey 
feinem Himmliſchen Vatter; drumb darffs nicht fo lange Wort⸗ 
te / ſondern nur eine glaͤubige bußfertige Seele / die ſich mit gan⸗ 
gem Ernſte in die Barmhertzigkeit Gottes ergiebet in Bil 

ö i i 


Cap. 25. Soͤttliches Weſens. 413 


Willen / die lebet im Leibe Jeſu Chriſti / und iſt wohl ſicher fuͤrm 
Teuffel / fo fie alſo beftändig bleibet. 5 

95: Die Phantaſey mit der Heiligen Fuͤrbitte / iſt kein nuͤtze / 
es iſt nur eine Quaal der aͤngſten / daß du die Heiligen in ihrer 
Ruhe verunruhigeſt. Ruffet dich doch ohne das Gott immerdar / 
und deine Jungfraw wartet deiner mit ſuͤhnlichem Begehren / kom̃ 
nur ſelber / ſie iſt dein / du darffſt ihr keinen frembden Legaten 
ſchicken: Es gehet nicht zu wie zu Hofe / Chriſtus wil ſeinen 
Himmel in feiner Frewde gerne immer mehren / was zaͤgeſtu 
lange wegen deiner Suͤnden? Iſt doch die Barmhertzigkeit des 
Herren groͤſſer als Himmel und Erden / was machſtu dan? Es 
iſt dir nichts naͤher als GOttes Barmhertzigkeit / nur in deinem 
ſuͤndlichen unbuß fertigen Leben biſtu beym Teuffel / und nicht bey 
Chriſto. Sage was du wilt / und wan du hundert tauſent Lega- 
ten zu ihme ſchickeſt / und biſt ſelber Gottloß / ſo biſtu nur beym 
Teuffel / und iſt dir kein Rath: Du muſt nur ſelber mit Chriſto 
auffſtehen / und newgebohren werden im Leibe Jeſu Chriſti / durch 
Krafft des H. Geiſtes / im Vatter / in deiner eigenen Seele. 
So du wilt ein Begaͤngnüͤß machen / das thue zu Nutz und Erhal⸗ 
tung des Elenden / daß Gott in deiner Liebe gepreiſet werde / 
das iſt wohl gut / aber von dem reichen Freſſer / der nur Hof⸗ 
fart und Faulheit damit treibet / haſtu kein Nutz / denn Gott 
wird damit nicht gepreiſet / ſo gruͤnet auch das Paradeis nicht 
darinnen. 

96. Verlaß dich ja nicht auff die Heucheley des Antichriſts, 
er ift ein Lugner und Geitziger / darzu ein Gleißner / er meynet 
nur feinen Abgott Bauch / und iſt vor Bott ein Dieb / er friffer 
das Brod das dem Duͤrftigen gehoͤret / er iſt des Teuffels Hund / 

lerne ihn recht kennen / das ſage ich dir / denn er toͤdtet dich gantz 
und gar fo er deinen Willen erhaſchet / durch feine Gleißnerey 
und Scheinheiligkeit. 
97. Als wir dan reden von Chriſti warhafftiger Aufferſte⸗ 
ung / ſo zeigen wir euch auch an / von ſeinem Wandel der vier⸗ 
* age nach feiner Auffer ſtehung vor feiner Himmelfart: Als 
wiſſen / daß er ein warhafftiger Herz über Himmel / Hoͤlle 
nd Erden iſt worden; ſo zeigen wir euch dieſes / daß ihme das 
Reich dieſer Welt / mit allen Eſſentien und Qualitäten hat muͤſ⸗ 
fen unterthaͤnig ſeyn: Und wiewol er nicht immer ſichtbar bey 
ſeinen Juͤngern hat gewandelt / ſo hat er ſich doch zum offtermah⸗ 
len ſichtbar / begreifflich und beharꝛlich bey ihnen erzeiget / nach 
dem Reiche dieſer Welt / nach ar % hie⸗gehabtem Leibe / wel⸗ 
3 


chen 


414 Von den drey Principien Cap. 25 5 


chen der Newe hatte verſchlungen / den muſte er auch wieder dar⸗ 
ſtellen. Denn GOTT iſt Herꝛ aller Weſen / und muß ſich alles 
verwandelen / wie er wil / damit er ſeinen Juͤngern koͤnte ſei⸗ 
nen warhafftigen Leib zeigen in feinen Naͤgelmahlen / welche 
im heiligen Chriſto / in ſeinem heiligen Leibe in Ewigkeit / 
als ein Sieges⸗zeichen ſtehen / und ſchoͤner ſind als die Mor⸗ 
gen⸗ſterne. 

98. Er bekraͤfftigte feine ſchwach⸗glaͤubige Juͤnger damitte / 
und zeigete hiermit an / daß er auch ein Herꝛ ſey uͤber das aͤuſſere 
Reich dieſer Welt. Daß alles was wir ſaͤen / bawen / pflantzen / 
c ſſen und trincken / hat er in voller Allmacht / und kan alles ſeeg⸗ 
nen und mehren / und iſt nicht alſo von uns getrannt / ſondern 
als eine Blume gruͤnet aus der Erden / alſo auch ſein Wort / 
Geiſt und Krafft in allen Dingen. Und ſo unſer Gemuͤhte zu ihm 

gean⸗eignet iſt / ſo ſind wir in Leib und Seele von ihme geſeeg⸗ 
net / wo aber nicht / ſo iſt der Fluch und Gottes Zorn in allen 
Dingen / und eſſen an aller Frucht den Todt. Darumb beten 
wir / daß uns Gott wolle in Chriſto geſeegnen unſer Speiſe und 
Tranck / auch Leib und Seele / und das iſt recht. 

99. Zum andern zeigen wir euch an / daß Chriſtus hat vier⸗ 
tzig Tage nach ſeiner Aufferſtehung auf Erden gewandelt / ver⸗ 
ſtehe im Reich dieſer Welt / da er gleichwol im Himmel war / 
aber er trug die Bildnuͤß ohn aͤuſſerliche Klarheit fuͤr Menſchen 
Augen / und hatte gaͤntzlich den Leib mit allen Weſen / der am 
Creutze hieng / biß auff die Quaal des Principii hatte er nicht 
ſonſt alle Weſen im Fleiſch und Blut: Und da doch das aͤuſſere 

Fleiſch in Macht des Himmliſchen ſtundt. Das ſehen wir / wie 
er zu ſeinen Juͤngern durch verſchloſſene Thuͤre eingieng / und 
fuͤhrete ſeinen Leib durch Holtz und Steine: Alſo verſteheſt du 
daß dieſe Welt für ihme iſt als ein Nichtes / und er alles 
‚mächtig iſt. 4 

100. Und dan fügen wir euch / daß dieſe viertzig Tage find die 
Tage Adams im Paradeiß vor ſeinem Schlafe / ehe das Weib 
aus ihme gemacht ward / da er in der Paradeiſiſchen Berfir 
ſtund / da er noch rein und Himliſch war; Alſo muſte 9 
Chriſtus auch viertzig Tage in Paradeiſiſcher Quaal in der Ver⸗ 
ſuchung ſtehen / ob der Leib wolte Paradeiſiſch bleiben / ehe er 
glorificiret würde / darumb aß und tranck er für feinen Juͤngern 
mit ihnen auff Paradeiſiſche Art / als Adam auch thun ſolte 
im Maule / und nicht im Leibe / dann die Verzehrung ſtund in 
der Krafft. f f e 

a rex. Al 


Cap. 25. Goͤttliches Weſens. 415 


101. Allhier ward recht verſuchet / ob der Leib wolte in Goͤtt⸗ 
licher Macht und Krafft leben / als denn Adam auch thun ſolte / 
da er in dieſer Welt im Paradeiß war / da ſolte er zwar in die⸗ 
fer Welt ſeyn / aber nicht in dieſer Welt QAuaal leben / ſondern 
in Paradeiſiſcher uͤber dieſe Welt / und auch uͤber den Grimm 
des Zornes in der Hoͤllen / Er ſolte in der Quaal in der Liebe / 
Demuht / Sanfftmuht und Barmhertzigkeit / in freundlichen 
Willen Gottes leben: Alſo haͤtte er geherꝛſchet uͤber die Ster⸗ 
nen und Elementen, und wäre in ihme kein Todt noch Zerbre⸗ 
chen geweſen. 1 

102. Darumb ſolt ihr Tuͤrcken und andere aberglaͤubiſche 
Voͤlcker mercken und recht verſtehen / warumb uns Chriſtus hat 
ſolche Geſetze gegeben / daß wir nicht ſollen Rachgierig ſeyn / ſo 
uns jemand auff einen Backen ſchlaͤget / ſo ſollen wir ihm auch 
den ander bieten / und ſo fort: Wir ien ſeegnen die uns flu⸗ 
be ei wolthun denen die uns haſſen und beleidigen / verſte⸗ 

heſtu das? 

103. Siehe ein rechter Chriſt / der im Geiſte Chriſti lebet / 
der ſoll auch in Chriſti Wandel gehen / er ſoll nicht im grimmen / 
rachgierigen Geiſte dieſer Welt einhergehen: Gleichwie Chri⸗ 
ſtus nach ſeiner Aufferſtehung in dieſer Welt lebete und gieng / 
und doch nicht in dieſer Welt Quaal lebete und gieng / und obs 
uns wohl / weil wir in dieſer Welt Quaal leben / nicht wohl muͤg⸗ 
lich iſt / aber doch im newen Menſchen in Chriſto / welchen der 
Teuffel verdecket; fo wir in der Sanfftmuht leben / ſo uͤberwin⸗ 
den wir die Welt in Chriſto: fo wir guts fuͤr boͤſes thun / fo 

bezeugen wir daß Chriſti Geiſt in uns iſt. So ſind wir nach dem 
Geiſte dieſer Welt todt umb Chriſti Geiſt willen / der in uns iſt / 
und ob wir gleich in dieſer Welt ſind / ſo hanget uns doch nur die⸗ 
ſe Welt an / wie fie Chriſto nach feiner Aufferſtehung anhieng / 
und er lebte doch im Vatter im Himmel; Alſo auch wir / ſo wir 
in Chriſto gebohren ſind. 
104. Darumb laſſets euch geſagt ſeyn ihr Juden / 
Kuürcken und Voͤlcker / ihr duͤrffet keines andern war: 
ten / es iſt keine andere Zeit vorhanden / als die Zeit der 
Lilien / und fein Zeichen iſt das Zeichen Eliaͤ / darumb 
ſehet zu in welchem Geiſte ihr lebet / daß euch nicht das 
Zorn⸗fewer ver ſchlinge und auffreſſe. Es iſt nunmehr 
Zeit / daß die Jeſabel mit ihrer Hurerey aus dem Hau⸗ 
ſe gejaget werde / daß ihr un der Huren Lohn . “fi 
| 4 8 


) 


416 Von den drey Principien Cap. 27. 
het / und wie ihr euch untereinander ſchindet / alſo auch 
freſſet. Warlich / ſo nicht balde gewehret wird / ſo 
brennet das Fewer uͤber Babel auß / ſo iſt dan kein Rath / 
ne Zorn alles / was in ihme gewachſen iſt / auff⸗ 
iſſet. 1 N 

105. Darumb gehe ein jeder in ſich / und ſage nicht von an⸗ 
dern / und halte ſie fuͤr Falſche / ſondern er bekehre ſich nur ſel⸗ 
ber / und ſehe daß er nicht im Zorne des Freſſers erſunden wer⸗ 
de / ſonſt fo er wird ſchreyen: joch! Babel brennet / ſo muß er 
auch verbrennen / denn er iſt deſſelben Feuers faͤhig. So du einen 
Gedancken in dir fuͤhleſt / der nach dem Zorne wuͤnſchet / ſo iſt er 
auß Babel. f 

106. Darumb iſts ſchwaͤr Babel zu erkennen / ein jeder meynet 
er ſtehe nicht darinnen / und der Geiſt zeiget mir doch / daß 
Babel den gantzen Erden⸗kreiß beſchleuſt. Darumb habe 
ein jeder fuͤr ſich ſelber acht auff ſeine Sachen / und jage nicht 
nach dem Geitze / denn der Treiber zerbrichts / und der Stuͤr⸗ 
mer friſts auff. Es huͤlfft mehr kein Menſchen weiſer Raht. Es 
ſtehet alle Weiß heit dieſer Welt in Thorheit / denn das Fewr iſt 
ae Gottes Zorne / deine Klugheit wird zu deinem Schaden und 

potte. 


Von der Himmelfahrt Chriſti. 
207: Ir wiſſen wir / als Adam hatte viertzig Tage im Pa⸗ 
radeiß gelebet / ſo gieng er in Geiſt dieſer Welt ein / 
da er ſolte in die heilige Trinität eingehen / denn er ſtunde in der 
Zeit der Verſuchung / und ſo er waͤre dieſe viertzig Tage beſtan⸗ 
den / ſo waͤre er voͤllig mit ſeiner Seelen im Liechte Gottes be⸗ 
ſtanden / und ſein Leib in Ternario Sancto, als dieſer Chriſtus. 
108. Denn nachdehme Chriſtus hatte viertzig Tage nach feiner 
Aufferſtehung in dieſer Welt gewandelt in der proba, da ging er 
auf einen Berg / dahin er feine Jünger beſcheidete / und fuhr 
ſichtlich auff in die Hoͤhe / mit feinem eigenen Leibe / den er am 
Creutze hatte anffgeopffert / alſo biß eine Wolcke kam / und ihn 
verbarg / zu einem gewiſſen Zeichen / daß er ihr Bruder waͤre / 
und er ſie in dieſer irꝛdenen Geſtalt undgeibe nicht wolte verlaſ⸗ 
ſen / wie er dan auch zu ihnen ſagte: Siehe ich bin bey euch alle 
Tage / biß an der Welt Ende. u 
209. Nun fpricht die Vernunſſt: Wo iſt Chriſtus hinge⸗ 
ahr en? Iſt er auß dieſer Welt gefahren / hoch über das Bar 
ru 


Cap. 25, Goͤttliches Weſens. 47 
ne in einen andern Himmel? Hoͤre meine liebe Vernunfft / neige 
dein Gemuͤte in Chriſto / und ſtehe / ich wil dirs ſagen / denn 
wir ſehens und wiſſens / nicht ich. Dann ſo ich rede Wir / mu⸗ 
ſtu nicht meinen irꝛdiſchen Menſchen bloß verſtehen / denn der 
Geiſt / ſo in dieſer Feder treibet / wird mitte genannt: Darumb 
ſchreibe ich und ſage / ſo Ich wil von mir / als vom Author reden / 
Wir. Denn Ich wuſte nichts / ſo der Geiſt nicht in mir die 
Wiſſenſchafft auffblieſe / und hat auch nichts moͤgen gefunden 
werden / als auff ſolche weiſe / anderſt wolte der Geiſt nicht / 
ſondern verbarg ſich / da ſich dan meine Seele gantz unruhig in 
mir mit großem Saͤhnen nach dem Geiſte erzeigete / biß ich er⸗ 
lernet wie es waͤte. 

210 Siehe das iſt nicht der Grund / den man bey den Alten 
hat gedichtet und gemeſſen / wie viel hundert tauſent Meilen es 
ſey biß in den Himmel / dahin Chriſtus iſt gefahren: Sie 

thaͤtens zu dem Ende / daß fie wolten GOTT auff Erden ſeyn / 
wie es dan ihr gedichtet Reich außweiſet / welches mehr in Ba⸗ 
bel ſtehet: wenn wir von den Thronen reden / ſo iſt es viel an⸗ 
derſt / und findet man ihre Blindheit und Unwiſſenheit: Wie⸗ 
wol in ihrer Erkaͤntnuͤß auch ein Geiſt iſt / welchen man nicht alſo 


hinwirfft / aber er iſt nicht auß Ternario Sancto, aus dem Leibe Je⸗ 


für Chriſti / ſondern auß der hohen Ewigkeit / der da faͤhret uͤler 
die Thronen / davon an einem andern Orte kan gemeldet werden. 
11. Wir muͤſſen im Thron bleiben / was gehen mich die an» 
dern Thronen an / welche find der Engels⸗Fuͤrſten / find fie 
doch ohne das unſere Freunde und lieben getrewen im Dienſte 
Gottes / Hebr. x. 4. Wir muͤſſen auff unſern Thron ſehen / 
darinne wir ſind zu Creaturen erſchaſſen worden / und auff un⸗ 
fern Thron⸗Fuͤrſten in GOtt. Der erſte Fuͤrſatz Gottes / als 
er Fri ſchuff / und uns in dem ewigen Bande erblickete / muß 
beſtehen. 5 ü 
12. Dieſer Thron war dem Lucifer mit feinen Legionen / als er 

aber fiel / ward er außgeſtoſſen ins erſte Principium: So ſtund 
der Thron im andern Principio ledig / darinnen ſchuff Gott den 
Menſchen / der ſolte darinnen bleiben / und ward verſuchet / obs 
muͤglich waͤre: darumb ſchuff Gott das dritte Principium im 
Loco dieſer Welt / daß doch der Menſch im Falle nicht auch ein 
Teuffel würde / daß ihme doch möchte gerathen werden: Drumb 
iſt die Feindſchafft des Teuffels wieder Chriſtum / daß er ihme 
auff feinen Königlichen Stuhl ſitzet / und haͤlt ihn noch mit 

feinem Principio gefangen. 
S sr 113. Als 


418 Von den drey Principien Cap. 2 5. 


113. Alſo iſt der Locus dieſer Welt nach dem Himmliſchen 
Principio, unſerm Chriſto / fein Thron und eigener Leib / und 


iſt auch alles was in dieſer Welt im dritten Principio iſt / fein 
eigen / und der Teuffel / welcher in dieſem Loco im erſten Prin- 
ripio wohnet / der iſt unſers Chriſti Gefangener. 
114. Denn alle Thronen ſind in Gott dem Vatter / und auſſer 
ihme iſt nichts / er iſt das Band der Ewigkeit / aber feine Liebe 
im Leibe Chriſti / als in ſeinem Throne / haͤlt den Zorn in dem 
Bande der Ewigkeit / mit ſamt den Teuffeln gefangen. Und 
ver ſteheſt / wie alſo alles Creatuͤrlich iſt / feine Liebe / und auch 
ſein Zorn / und iſt nur eine Gebuhrt / (wie vorne gemeldet) 
der Unter ſcheid / da man nicht kan ſagen / die Teuffel wohnen 
weit von Chriſto. Nein / ſte ſind nahe / aber in Ewigkeit nicht 
erreichet. Denn fie koͤnnen die klare Gottheit im Lichte nicht 
ſehen / ſondern verblinden darvon: und wir werden fie auch in 
Ewigkeit nicht ſehen / noch ſpuͤren / als wir ſie jetzo / weil ſie in 
einen andern Principio ſind / nicht ſehen / alſo bleibet daſſelbe 
Principium. 2 A 
115. Alſo mein liebes Gemuͤhte / wiſſe daß die Creatur Chrts 
ſti iſt das Centrum dieſes Thrones / da alles Leben (verſtehe 
was himmliſch iſt) von außgehet. Denn in dem Centto iſt die 
heilige Dreyfaltigkeit: und nicht alleine in dieſem Centro, ſon⸗ 
dern in allen Engliſchen Thronen / auch in des Menſchen heili⸗ 
gen Seelen: Alleine wir muͤſſen alſo reden euch zu verſtaͤndigen. 
116. So iſt der Leib / verſtehe die Creatur, der Menſch 
Chriſtus / in Mitten dieſes Thrones eingeſeſſen / und ſtehet alſo 
im Himmel / verſtehe in feinem Principio, ſitzend mit feinem 
Thron zur Rechten Gottes des Vatters. * f 
117. Die Rechte Gottes iſt / da die Liebe den Zorn leſchet / 
und das Paradeiß erbiehret / das iſt billich die Rechte / da der 
zornige Vatter Gott genannt wird in der Liebe und Liecht feines 
Hertzens / welches ſein Sohn iſt / und dieſer leibliche Thron / 
als der gantze Leib Chriſti / iſt alles in der Rechten Gottes. So 
man aber ſaget zu der Rechten Gottes / ſo verſtehe die innerſte 
Wur zel der ſcharffen Macht des Vatters / darinnen die All⸗ 
maͤchtigkeit ſtehet / da der Vatter in ſich felber außgehet / im wies 
dergefaſſeten Willen in die Sanfftmuht / und ſchleuſt auff die 
Thoren in der Zerſprengung der Finſternuͤß in ſich ſelber / ſo iſt 
Chriſtus dahin eingeſeßen / und ſitzet alſo zur Rechten der 
Krafft und Allmacht / und das wir mit unſern Zungen hoͤher 
nicht ſagen koͤnnen / im Geiſt verſtehen wirs wohl. . 


Sr 26. Göttliche Weſens 419 


auch nicht noht iſt zu gruͤnden / ſondern erhaſche nur den Leib 
Chriſti / ſo haſtu Gott und Himmelreich. Wir aber muͤſſen 
3 ſchreiben umb der Welt Irzthumb / und umb ihrer Luſt 
willen. 5 a N 
118. Wan du aber frageſt: Sitzet Chriſtus / oder ſtehet er? 
oder liegt er? So frageſtu wie der Eſel vom Sacke / wie der 
Schneider den Sack hatte gemacht / den er tragen muß. Doch 
muß man dem Eſel Futter geben / daß er den Sack laͤnger trage. 
Siehe / er ſitzet in ſich ſelber / und ſtehet in ſich ſelber / er darf 
keiner Baͤncke oder Stuͤhle / feine Krafft iſt fein Stuhl / es iſt 
kein oben und unten / wie du das Geſichte im Ezechiel, das voll 
Augen hinten und vorne / oben und unten ſteheſt / alſo der Leib 
Chriſti / die heilige Dreyfaltigkeit ſcheinet im gantzen Leibe / 
und darff keiner Sonnen noch Tages. Apoc. 21. 23. 


Das 26. Capittel. 


Vom Pfingſt⸗ feſte: von der Sendung des heiligen Gei⸗ 
Kies 110 von ſeinen Apoſteln und Glaͤubigen. 


Die heilige porte von der Goͤttlichen Krafft. 


O ſpricht die Vernunfft: So denn Chriſtus mit 
dem Leibe / den er am Creutz auffopfferte / alfe 
aufffuhr / wan iſt er denn mit feinem Leibe verklaͤ⸗ 
ret worden / oder wie iſt fein Leib / iſt er jetzo al⸗ 
6 ſo / als ihn ſeine Juͤnger ſahen gen Himmel 
fahren? Meine liebe Vernunfft / meine Irꝛdiſche Augen ſehen das 
nicht / aber die Geiſtlichen in Chriſto wohl. Die Schrifft ſaget: 
Er iſt verklaͤret ein Herr über alles. Wir aber wollen dir die 
Per der groffen Wunder eroͤffnen / daß du ficheft als wir 
chen. 

! 0 Siehe / als Gott der Vatter hatte Iſtael in die Wuͤſten 
gefuͤhret an Berg Sinai / und wolte ihnen Geſetze geben / darin⸗ 
nen ſie ſolten leben / hieß er Moſen auff den Berg ſteigen zum 
Herꝛn / und die andern Elteſten muſten von ferne bleiben / und 
das Bold unten am Berge: Und Moſes ſtieg alleine zum Hern 
auff den Berg. Da erſchien die Klarheit des Herin/ und am 
ficbenden Tage rieff er Moſen / und redete mit ihme von allen Ge⸗ 
ſetzen / und Moſis Angeſich te ward verklaͤhret vom Herꝛn / daß 
er kente für ihm ſtehen und mit ihm reden; Alſo auch der Menſch 
e - Chat 


Ri 


226 Von den drey Prineipien Cap. 26. 
Chriſtus in Ternario Sancto, als er war auffgeſahren in ſeinen 
Thron / ward er am neunden Tage glorificiref mit der heiligen 
Trinitaͤt. 5 N f 

3. Verſtehe es recht / nicht erſt feine Seele in der Creatur, 
ſondern ſein gantzer Leib / oder Fuͤrſtliche Thron / alda gieng 
auß im Centro der heiligen Dreyfaltigkeit der heilige Geiſt. Und 
ſteheſt klar / daß die jenigen / welche Chriſti Geiſt hatten ange⸗ 
zogen / die wurden hoch erleuchtet. Denn der heilige Geiſt gieng 
auß dem Centro der Trinitaͤt auß / im gantzen heiligen Element 
Gottes / und wallete in der Barmhertzigkeit Gottes / Und 

wie er im Leibe Jeſu Chriſti triumphirete / alſo auch in ſeinen 
unter und Glaͤubigen / da giengen alle Thuͤren der groſſen 
Wunder auff / und redeten die Apoſteln mit aller Voͤlcker Zungen. 

4. Und ſiehet man klar daß der Geiſt Gottes hatte alle Gen- 
zta aller Eſſentien auffgethan / und redete auß allen. Denn 
Chriſtus war der Herꝛ und das Hertz aller Effentien. Darumb 
gieng der heilige Geiſt auß allen Eflentien, und erfuͤllete aller 
Menſchen Eſſentien, welche nur ihre Ohren mit Begierde dar zu 
wandten. In die drang er in alle / und hoͤrete ein jeder auß ſei⸗ 
ner Eſſentz und Sprache derſelben / den Geiſt Gottes auß den 
Jüngern reden. Und ward der heilige Geiſt in aller derer die 
zuhoͤreten Leiber / welche nur einen Ernſt daran wandten / 
erbohren / und wurden alle erfuͤllet. Denn der Geiſt drang 
ihnen durchs Hertze / wie er auß dem Centro der Trinitaͤt in 

gantzen Leib / und Fuͤrſtlichen Thron Jeſu Chriſtidrang / und 
alles im aͤußern in der Klahrheiterfuͤllete. 

5. Alſo wurden auch aller Heiligen Seelen erfüllet/ daß ihr 
gantzer Leib in allen Eſſentien räge gemacht ward / von der 
Ahewren Krafft / welche außgieng in Wunder / in Krafft und 
Thaten / die da geſchahen. Und wird uns hier fuͤrgeſtellet x. des 
Vatters Krafft im Fewer / in feiner ſtrengen Allmacht auffm 
Berge Sinai, und dan 2. die ſtille liebliche Krafft des Sohnes 
Gottes (im Liechte der Liebe) in der Liebe und Barmhertzig⸗ 
keit. Denn wir ſehen / wie wir ſo gar nicht haͤtten koͤnnen im 
Vatter ins Ferwers⸗qual leben / darumb zubrach Moſes die Tas 
feln / und fiel das Volck von Gott abe. 

6. Als aber jetzt die Sanfftmuht im Vatter war / ſo hielt die 
Liebe den Zorn gefangen / und gieng auß deß Vatters Dunal 
im Sohne auß gar ein frewdenreicher Paradeififcher Quaal / und 
der war der heilige Geiſt im Wunder. Da ſtund die thewre 
Himmels⸗Jungfraw der Weißheit Gottes in ihrer Ae 

; Zierde 


Cap. 26. Göttliches Weſens 4¹¹ 
Zierde / mit ihrem Perlen⸗krantze. Da ſtund Maria im Ternar 
rio Sancto, davon der Geiſt in den Alten wunderlich hat geredet / 
und hie ward Adam wieder ins Paradeiß eingefuͤhret. N 
7. Da wir aber wollen von Chriſti Verklaͤrung reden / und 
von ſeinem Leibe / welchen er ſichtlich und in der Geſtalt / wie er 
auff Erden hatte gewandelt / in die Hoͤhe gefuͤhret / ſo muͤſſen 
wir auff die Geſtalt reden / als wie die Liebe des Hertzens Got⸗ 
tes hat den Zorn des Vatters verſoͤhnet / und haͤlt ihn gleich als 
gefangen / in ſich / alſo auch hat Ternarius Sanctus den aͤuſſern 
hart begreifflichen Leib Chriſti / als das Reich dieſer Welt / in 
ſich gefaſſet als waͤre er gantz verſchlungen / und da er doch nicht 
verſchlungen iſt / ſondern die Quaal dieſer Welt iſt zerbrochen im 
Tode / und Ternarius Sanctus hat den Leib Chriſti angezogen / 
nicht als ein Kleid / ſondern kraͤfftig in den Eſſentien, und iſt 
als waͤre er verſchlungen / alleine vor unſern Augen alfo zu denc⸗ 
ken / und da er doch wahrhafftig iſt / und wird am. Juͤngſten 
Tage wieder kommen / und ſich offenbahren in ſeiner eigenen hie⸗ 
gehabten Geſtalt / auff daß ihn alle Menſchen ſehen koͤnnen / 
fie find böfe oder gute / und er wird auch in dieſer Geſtalt das 
Gerichte der Scheidung halten. Denn in ſeiner Goͤttlichen glo⸗ 
zificirten Geſtalt konten wir ihn nicht anſchauen vor unſerer Ver⸗ 
klaͤrung / vorauß der Gottloſe. So aber werden ihn alle Ge⸗ 
ſchlechte ſehen und erkennen / und werden die Unglaͤubigen daruͤ⸗ 
ber heulen und weinen / daß ſie alſo ſind von ihrem Fleiſch und 
Blute außgangen in eine andere Quaal / und da ſie haͤtten in ihren 
eigenen Elſentien ſollen und koͤnnen Gott anziehen / fo haben fie 
das grimme Reich des Zornes Gottes mit dem Teuffel angezo⸗ 
gen / und denſelben in ihre Eſſentien der Seelen eingelaſſen / 
und ſich verderbet. ö 
8. Alſo ſagen wir / daß in der Seelen Chriſti in ihren Effen- 
tien iſt ergriffen die klare Gottheit / als das Liecht Gottes / das 
hat den Zorn im Quahl der Seelen geleſchet. Alſo verklaͤret das 
Liecht die Seele / und wird durch die Krafft des Außganges auß 
der Seelen immer erbohren die Tinctur, und das Fiat in den 
Eſſentien machts begreifflich und faßlich. Und das iſt Ternarius 
Sanctus, oder die 2 Erde / das iſt / das heilige Fleiſch⸗ 
Denn Gott erleuchtet alles in allem in dieſem Leibe. 
9. Alſo iſt ſein irꝛdiſcher Leib verſchlungen in Gott / wiewol 
er nie keinen gantz irꝛdiſchen Leib uns gleiche hat gehabt. Denn 
er war nicht von Mannes Saamen: Sondern wir reden nur 
von der Begreiffligkeit und t SH unſern Augen / nach 
. 7 deln 


air Von den drey Printipien Cap. 2 8. 
dehm er unſer Bruder iſt. Und er wird ſich in unſerer fleiſchlichen 
Geſtalt in Goͤttlicher Krafft am Juͤngſten Tage wieder darſtellen " 
als ein Herr über alles. Denn alle Kräffte find ihm unterthan 
im Himmel und in dieſer Welt / und er iſt ein Richter uͤber alles / 
ein Fuͤrſte des Lebens und Herꝛ des Todes. 

10. Alſo iſt das Himmelreich ſeines eigenen Leibes und gantzen 
Fuͤrſtlichen Thrones feines Principii ein Paradeis / darinnen 
auffgehet die holdſelige Frucht in der Krafft GOttes. Denn der 
heilige Geiſt iſt die Krafft des Gewaͤchſes / als die Lufft in dieſer 
Welt. Alſo iſt der H. Geiſt die Lufft und Geiſt der Seelen in 
Chriſto und allen ſeinen Kindern / denn es keine andere Lufft im 
Himmel im Leibe Chriſti hat / und Gott der Vatter iſt Alles in 
Allem. Alſo leben und ſind wir in Chriſto alle in dem Vatter / 
und keine Seele forſchet von der Tieffe / ſondern wir leben alle in 
Einfalt / in groſſer Demuth und Liebe gegeneinander / und frewen 
uns als die Kinder vor ihren Eltern / und zu dem Ende hat uns 
Gott auch geſchaffen. N 

11. Alſo meine liebe Seele / ſuche und an⸗eigne dich in Chri⸗ 
ſto / ſo empfaͤheſtu den heiligen Geiſt / der wird dir deine Seele 
newgebaͤhren / und dich erleuchten / fuͤhren und leiten / und wird 
dir Chriſtum offenbahren. Laß nur abe von allen Menſchen⸗ 
tand und Fuͤndlein / denn das Reich Gottes iſt dir nahe / (ja es 
iſt in dir inwendig / wie Chriſtus ſelber * Luc. 17.) und haͤlt 
dich nur dein eigener Unglaube / und deine boͤſe Wercke / als Geitz / 
Hoffart / Neid / Zorn / und Falſchheit auſſer Gott. Denn 
daſſelbe zeuchſtu an / alſo ſteheſtu ins Teuffels Kleid auſſer 
GOTT. 


12. So du aber daſſelbe ablegeſt / und geheſt mit deines 
Hertzens Begierde in die Barmhertzigkeit Chriſti / ſo geheſtu in 
Himmel in Gott den Vatter / und wandelſt im Leibe Chriſti in 
dem reinen Element, und der heilige Geiſt gehet auß deiner See⸗ 
len auß / und fuͤhret dich in alle Wahrheit / und hanget dir der 
alte verderbte Menſch nur an. Denſelben wirſtu im Tode zer⸗ 
brechen / und mit deiner Liebe in Chriſto den Zorn deß Vatters in 
deiner Seelen ſtillen / und uͤberwinden / und gefangen nehmen / 
und wirſt mit deinem newen Menſchen durch den Todt gruͤnen / 
und am Juͤngſten Tage dar innen herfuͤr gehen. 


Dit 


*. 


Cap. 26. Goͤttliches Weſens. 43 


Die Porte zu Babel, oder vom Urkunde der mancher⸗ 
ley decten und Streiten in der Religion. 


13. Ss wir uns nun entfinnen der mancherley Secten und 
Streiten in der Religion, wovon ſie doch herkommen 
und ſich urkunden / ſo iſt das Sonnenklar / und findet ſich 
in der That im Wercke. Denn es werden groſſe Kriege und 
Empoͤrungen wegen des Glaubens angerichtet / und entſtehet 
darinnen groſſer Neid und Haß / und ein jeder verfolget den ans 
dern umb feiner Meynung willen: Daß er nicht ſeinerMeynung 
iſt / darff er wol ſagen / er ſey des Teuffels / und iſt das das aller⸗ 
9 daß das von den Gelehrten der Schulen dieſer Welt 
geſchiehet. N i 
14. Und ich wil dir einfaͤltigen Menſchen ihre Gifft zeigen: 
Denn ſiehe / jedermann unter den Layen ſihet auff fie / und denc⸗ 
ket das muß ja recht ſeyn / weil es unſer Pfarrer ſaget: Er iſt 
Gottes Diener / und ſitzet an Gottes Statt / der H. Geiſt redet 
auß ihme. Aber S. Paulus ſpricht: Pruͤfet die Geiſter / denn 
es iſt nicht jedermans Lehre zu glaͤuben / und Chriſtus ſpricht: 
An ihren Wercken ſolt ihr ſie erkennen: denn ein guter Baum 
traͤget gute Frucht / und ein fauler Baum traͤget böfe Frucht. Und 
lehret uns trewlich / daß wir nicht der Weiſſagung / ſo auß Gott iſt / 
wide r⸗ ſtreben / ſondern an der Frucht ſollen wir die Lehre prüfen. 
15. Nicht reden wir von vollkommenen Wercken des Leibes / 
welcher im Geiſt dieſer Welt gefangen iſt / ſondern von ihrer 
Lehre / daß wir ſie pruͤfen / ob ſie auß GOTT erbohren iſt. Denn 
fo der Geiſt Laͤſterung und Verfolgung lehret / fo iſt er nicht 
von GOTT / ſondern vom Geitz und Hochmuth deß Teuffels. 
Denn Chriſtus lehret uns ſanfftmuͤtig in einer Bruͤderlichen 
Liebe wandeln / damit koͤnnen wir den Feind uͤberwinden / und 
ein Teuffel ſeine Macht nehmen / und ihme ſein Reich zer⸗ 
ren. ö 
16. Aber wenn man zum Schwerd / Fewer und Verwuͤſtung 
Land und Leute greiffet / da iſt kein Chriſtus / ſondern des Vat⸗ 
ters Zorn / und der Teuffel iſt Auffblaſer. Denn das Reich 
Chriſti laͤſſet ſich nicht alſo finden / ſondern in der Krafft / wie 
das das Exempel der Apoſtel Chriſti außweiſet / welche nicht 
Rache lehreten / ſondern ließen ſich verfolgen / und beteten zu 
Gott / der gab ihnen Zeichen und groſſe Wunder / daß die 
Voͤlcker hauffen⸗weiß zu fielen: fo wuchs die Kirche Chriſti 
maͤchtig / daß fie faſt die Erde beſchattete. Nun W 
2 


d Von den drey Principien Cap. 26. 


Verwuͤſter derſelben? Siehe / thue die Augen recht auff / es iſt 
am Tage / und muß an Tag kommen. Denn Gott wils haben 
mb der Lilien willen. Das iſt der Gelehrten Hoffart. 

17. Als der heilige Geiſt mit Kraͤfften und Wundern in den 
Heiligen redete / und ſie kraͤfftig bekehrete / ſo fielen die Men⸗ 
ſchen zu / und thaten ihnen groſſe Ehre an neigeten und beugeten 
ſich für ihnen / als wären fie Gott. Nun bey den Heilige n 
war es gut / denn man gab die Ehre GOTT / und wuchs alſo 
die Demuht und Liebe / und war alles ein freundliche Ehr⸗erbie⸗ 
tung / als den Kindern Gottes gebuͤhret und ſeyn ſoll. 

18. Als aber die Heiligen ihre Lehre in Schrifften faſſeten / 
damit man fie koͤnte abweſende verſtehen was ſie lehreten / da 
fiel die Welt zu / und ein jeder wolte ein ſolcher Lehrer ſeyn / 
und dauchten nun / die Kunſt ſteckte im Buchſtaben; Da kamen 
fie gelauffen alte und newe / die ein Theil nur im alten Menſchen 
ſtecketen / und hatten kein Erkaͤntnuͤß von GOT / lehreten 
alſo nach ihrem Duͤnckel nach den auffgeſchriebenen Worten / 
und legeten dieſelben auß nach ihrem Gutduͤncken. 

19. Und dieweil fie ſahen / daß man den Lehrern groſſe Ehre 
bewieß / ſo ſtecketen ſie im Ehr⸗geitze / und in der Hoffart / und 
auch im Geld⸗geitze / denn die Einfaͤltigen trugen zu / und mey⸗ 
neten der heilige Geiſt ſteckeee im Lehrer / da doch der Teuffel der 
Hoffart in ihnen ſteckte: und kam dahin / daß ſich ein jeder nach 
ſeinem Meiſter nante: Einer wolte Pauliſch ſeyn / der ander Apol⸗ 
liſch / der dritte Pettiſch / und ſo fort. Dieweil die Heiligen nicht 
alle einerley Worte führeten in der Lehre und Schrifft / und da 
es doch aus einem Geiſte war; So fieng der natürliche Menſch 
(welcher von GYOtt ohne Gottes Geiſt nichts weiß ) allerley Streit 
und secten an / und ſetzten ſich allerley Leute zu Lehrern ein / 
nicht alle umb Gottes / ſondern umb zeitlicher Ehre / Reich⸗ 
thumb und Wolluſt willen / daß fie möchten guhte Tage haben / 
denn es war kein ſchwer Handwerck alſo dem bloſſen Buch ſtaben 
anzuhangen; und iſt alſo ein Zanck und Streit unter ihnen 
worden / daß maneinander auffs hefftigſte anfeindete: Und der⸗ 
ſelben war keiner auß GOTZ gebohren / ſondern ihre Eltern 
hielten fie zur Schrifft / daß fie ſolten Lehrer werden / daß fie 
groſſe Ehre an ihnen erlebeten / und ſie in guten Tagen ſaͤſſen. 

20. Alſo trieb ſichs / daß ihme wolte ein ieder den groͤſten 
Zulauff machen / daß er bey den Leuten geſehen wuͤrde / 
und wurden derſelben Maul-⸗Chriſten alſo viel / daß man 
die hertzliche Begierde zu Go vergaß / unde fahe 151 5 

s Ranis 


Cap. 26. SGoͤttliches Weſens. 42 
Maul⸗Pfaſſen / welche nur Streit und Zanck anrichteten / und 
bruͤſtete ſich ein jeder mit ſeiner Kunſt / ſo er in der Schulen hat⸗ 
te gelernet / und ſchrie: Da iſt Chriſtus / lauffet hie zu / ſo 
hat Paulus geſchrieben. Der ander ſagte: Lauffet hie zu / hie iſt 
Chriſtus / ſo hat Petrus geſchrieben: Es war ja Chriſti Juͤn⸗ 
ger / und er hatte des Himmelreichs Schluͤſſel / es kan mir 
nicht fehlen / jener betreuget euch / folget mir nach. 
21. Alſo ſahe das arme unverſtaͤndige Volck auff die Maul⸗ 
affen und Geitz⸗haͤlſe / welche nur Larven⸗pfaffen waren / und 
verlohren alſo ihren lieben Immanuel, den Chriſtum in ihnen / 
da der H. Geiſt außgehet / der den Menſchen leitet und fuͤhret in 
alle Wahrheit / und der ſie am Anfange hatte mit Krafft und 
Wunder gebohren / der muſte nunmehro eine Hiſtoria ſeyn / und 
wurden nur Hiftorien- Chriſten. So lange die Apoſtel lebeten / 
und ihre rechte Juͤnger / wehreten fie ja / und ſtraffeten das / 
und weiſeten ſie den rechten Weeg; und wo fie nicht waren / da. 
machten ſte die Hiſtorien- Pfaffen irre / wie genug an den Ephe· 
fern zu ſehen iſt. 

22. Alſo wuchs das Reich Chriſti nicht alleine in der Krafft / 
ſondern meiſtentheils in der Hiſtorien / die Heiligen in Chriſto 
gebohren / beſtaͤtigten das offte mit groſſen Wundern / und die 
Baals - Hiftorien- Pfaffen baueten dan immer alſo darauff / 
mancher etwas gutes zu guten Sitten und Tugenden / mancher 
nur Dornen und Diſtelen / zu Krieg und Streit / mancher zu 
groſſer Ehre / Dignität und Herꝛligkeit / die man der Kirchen 
Chriſti und ihren Dienern ſolte anthun; wie das am Pabſth umb 
genug zu ſehen iſt / auß welcher Wurtzel es iſt gewachſen: Und 
war des Treibens alſo viel / ſonderlich miſchete man die Juͤdiſchen 
Cetomonien mit ein / als ob die Rechtfertigung des armen Suͤn⸗ 
ders darinnen ſteckete / weil es ein Goͤttlich Geſetze waͤre; wie 
denn die Apoſtel das erſte Concilium umb degwillen zu Jeruſa⸗ 
lem hielten / da doch der H. Geiſt beſchloß / man ſolte nur an 
Chriſto in rechter Liebe untereinander hangen / das waͤre alleine 
die Rechtfertigung vor GOTT. 

23. Aber es halff nicht / die Hoffart wolte ihren Stuhl bawen / 
und ſich über Chriftum ſetzen / der Teuffel wolte GOTT ſeyn / und 
machten Gloſſen / wie ſte das koͤnten zu weege bringen / daß es der 
Einfaͤltige nicht mercke. Da muſte Petri Schluͤſſel Stadthal⸗ 
ter ſeyn / und zogen ihnen Goͤttliche Gewalt mit dem Schluͤſſel 
zu / und mochten der Goͤttlichen Krafft in Wunder und Thaten 
nicht mehr / denn ſie wolten auff Erden reich und fett ſeyn / 275 g 

; nie 


—— 


426 Von den drey Principien Cap. 28. 


nicht arm mit Chriſto / welcher in dieſer Welt (wie er ſelber be⸗ 
zeugete) nicht hatte da er ſein Haubt hinlegte: Solche Chriſten 


in Krafft und Wunder wolten fie nicht ſeyn / gleich wie Adam / 


der wolte auch nicht in der Krafft leben / ſondern in einem groſſen 


Hauffen / (in Turba Magna) daß er zu faſſen hatte / und ſiehet man 
alhier recht unſer Elende / darein uns Adam fuͤhrete / daß unſere 


Eſſentien immer nach dem Geiſte dieſer Welt greiffen / und wol⸗ 


len ſich alleine mit großen Hauffen fuͤllen / davon Adam und uns 
allen ein ſolch geſchwule und toͤlpiſcher Leib wird in Kranckheit 
und ſtaͤten Wider⸗willen. 


24. Als nun die Hiſtoriſche Chriſtenheit neben den rechten 


Chriſten wuchs / ſo ſtund das Scepter allezeit bey den Gelehrten / 


die erhuben ſich und machten ſich maͤchtig / und der Einfaͤltige gab 


ihnen alles recht: und da gleichwol eine Begierde zum Neiche 
Gottes im Menſchen erfunden ward / als das edle Wort Got⸗ 


tes / welches ſich in der Verheiſſung hatte ins debens⸗liecht einge⸗ 


bildet / und durch Chriſtum rege gemacht; das trieb fie doch gleich⸗ 
wol / daß fie ſolten GOTT fuͤrchten. Da bawete man groſſe fteis 


nerne Haͤuſer / und ruffete jederman dahin / undſagte: Der . 
Geiſt wäre allda kraͤfftig / und man muͤſte aldahinein gehen: 
ſagten auch noch wohl / in dehme ſie ſich boͤſe und falſch erfunden / 


der. H. Geiſt waͤre kraͤfftig in des GOttloſen Munde. 


25. Aber du Heuchler / du leugeſt: So du Gottloß biſt / kan⸗ 


ſtu keinen Toden auffwecken; du kanſt keinen bekehren / der im 
Geiſte dieſer Welt in Suͤnden verteuffet iſt: Du ruͤgeſt wol 
durch deine Stimme dem Glaͤubigen ſein Hertze / daß der Geiſt 


rr 


wuͤrcket: Aber du gebiereſt keinen auß dem Tode / es iſt ein un⸗ 
muͤglich Ding. Denn ſo du wilt den armen Suͤnder / der in Suͤn⸗ 


den vertaͤuffet iſt / und im Zorne gefangen lieget / bekehren / ſo muß 


in deinem Munde der H. Geiſt ſeyn / und deine Eſſenti en muͤſſen 
feine fahen / fo wird dein Liecht in ihme leuchten / und le 
auß dem Tode der Sünden auffwecken / und mit deiner Liebe in 
deiner Tinctur fahen / ſo wird er zu dir kommen mit hertzlichem 
Flehen und Begierde des Himmelreichs. Dann ſo biſtu ſein 


Beicht- Vatter / und haft Petri Schluͤſſel / und fo du auſſer dieſem 


biſt / ſo haſtu keinen Schluͤſſel. 


26. Wie die Biechte iſt / alſo iſt auch die Abſolution, iſt der 


Patient ein Hiſtoricus, alſo auch der Artzt / und iſt in beyden eine 
Mund⸗heucheley: Iſt aber der Patient kraͤfftig / fo blaͤſet dit 


Stimme auch auff ſeine Krafft / nicht auß Krafft des Artztes / ſon⸗ 


dern in Krafft Göttes / der auch mit ſeiner Krafft in einem 
0 ö Dorn⸗ 


Cap.26. Göͤttliches Weſens. 727 


Dorn⸗buſche das Gedeyen machet / daß er gruͤne / welche iſt die 
Krafft in allen Weſen / alſo auch wohl in einer Stimme / welche in 
ihr ſelber keine Macht hat. i 

27. Alſo giengs im Schwange / daß jederman an ſteinern Tem⸗ 
pel gebunden ward / und der Tempel Gottes in Chriſto blieb 
ſehr ledig ſtehen: Als man aber ſahe die Verwuͤſtunge im Zane⸗ 

ke / ſo re man Conci ĩa an / und machete Geſetze / daß jederman 
die halten ſolte bey Verluſt feines Lebens. Alſo ward auß dem 
Tempel Chriſti ein ſteinerner Tempel gemachet / und auß dem 
Zeugnuͤß des H. Geiſtes ein weltlich Geſetze / da redete nicht mehr 

der H. Geiſt frey / ſondern er ſolte reden nach ihren Geſetzen: 
Straffete er ihre Irꝛthuͤme / fo verfolgeten ſte ihn: Alſo ward 
der Tempel Chriſti in Menſchlicher Erkaͤntnuͤß ſehr blind / kam 
einer auß GOTT gebohren / und lehrete im heiligen Geiſte / ſo es 
iyren Geſetzen nicht ähnlich war / ſo muſte er ein Ketzer ſeyn. 

28. Alſo wuchs ihre Macht / und jederman ſahe drauff / und ſte 
ſtaͤrcketen ihre Geſetze in Macht S. petri immerdar / biß ſie ſich 
alſo hoch ſetzeten / daß fie ſich auch fo unverſchaͤmbt für GOTT 
über der Apoſtel Lehr / als Herꝛn ſetzten / und fuͤrgaben Gottes 
Wort und der Heiligen Lehre muͤſte von ihrem Raht den Wehrt 
empfahen / und was ſie ſetzeten / das thaͤte GOT / ſte wären Got⸗ 
tes Stadt⸗halter im Worte / man muͤſte ihre Geſetze glaͤuben / 
denn es waͤre der Weeg der Rechtfertigung des armen Suͤnders 
vor GOTT. 

29. Wo bleibet dan die newe Wiedergebuhrt in Chriſto durch 
den H. Geiſt? Biſtu nicht Babel / eine Behauſung aller Teuffel 
in der Hoffart? Wie haſtu dich geſchmuͤcket / nicht umb Chriſti / 
ſondern umb deiner ſelbſt eigenen Hoffart willen / umb deines 
Abgott⸗bauches willen / und biſt ein Freſſer? Aber dein Bauch iſt 
ſtinckicht worden / und hat eine grimme Quaal bekommen. Es iſt 
ein Feuer der groſſen Angſt in deiner Quaal / denn du biſt vor 

GOT offenbahr / du ſteheſt als ein unzuͤchtig Weib: Was 
hangeſtu armer Laye an dieſer Huren? Ihre ſelbſt⸗eigene ge⸗ 
nommene Macht iſt ihr Thier / darauff ſte reuthet / ſchawe fie doch 
in = Offenbahrung Jeſu Chriſti an / wie ſie der Heilige Geiſt 
mahlet. 

30. Wilt du Chriſti Apoſtel ſeyn / und wilt nur ein Bauch⸗ 
diener ſeyn / und nur nach deiner Kunſt lehren / wehn lehreſtu dan? 
deinen Bauch / daß du dich darvon nehreſt und fett wirſt. Zwar 
nehren ſolt du dich davon / und man ſoll dich pflegen / ſo du Chriſti 
Juͤnger bift / aber dein Geiſt ſoll nicht im Geitze ſtecken / 


23 Von den drey Principien Cap. 26% 


in Chriſto. Du ſolt dich nicht alleine verlaffen auf Kunſt / ſondern 


dich GY TT ergeben / daß GOTZ auß dir redet / ſo biſtu im Tem⸗ 
pel Gottes / und nicht im Tempel der Geſetze des Menſchen⸗ 


tandes. 


31. Siehe an S. Petrum am Pfingſt⸗tage / der drey tauſend 
Menſchen in einer Predigt bekehrete: Er redete nicht auß der 
Phariſeer Geſetze / ſondern auß dem Geiſte Moyſis und derPro⸗ 


pheten / aus dem Tempel des H. Geiſtes / das drang durch / und er⸗ 


leuchtete den armen Suͤnder. Alſo / der du jetzt nur Verfolgunge 


3 
4 


i 


lehreſt / dencke worauß biſtu darmitte gewachſen? Auß dem er» 
ſten Stocke / da man auß dem Tempel Chriſti ſiel in Menſchen⸗ 
tandt / da man Lehrer auffblies / nach denen ihnen die Ohren jucke⸗ 


ten / nur zum Schein / wie du moͤchteſt in deiner Hoffart groß 
werden. Und ſo du nur ſolches geſucht haſt / ſo hat dich auch GoOtt 


laſſen fallen in verkehrten Sinn / daß auß dir find worden die / dze 


die wahre Lehre von Chriſto laͤſtern. 


32. Siehe! worauß iſt der Tuͤrck gewachſen? Auß deinem | 


verkehrten Sin / als man ſahe / daß man nur nach Hoffart trach⸗ 


tete / und nur zanckete umb den Tempel Chriſti / und daß es ſolte 
ſtehen auff Menſchen⸗Grund und Fund: So kam der Maho⸗ 


meth herfuͤr / und ſuchte einen Fund / der der Natur Ähnlich waͤre / 
weil jene nur nach Geitz trachteten / und fielen vom Tempel Chri⸗ 
ſti / und auch vom Liechte der Natur in eine Wirrung der Hoffart / 
wie man nur moͤchte den Antichriſtiſchen Stuhl ſchmuͤcken. So 
machte er ihm auch ſelber Geſetze und Lehre auß der Vernunfft. 


33. Oder meyneſtu / es ſey vergebens geſchehen? Ja der Geiſt 
der groſſen Welt hat ihn alſo im Wunder erbauet / dieweil jene 
nichts beſſer waren / ſo muſte dieweil das Liecht der Natur im 
Wunder ſtehen / als ein GOTT dieſer Welt / und war GOTT 
einer ſo nahe als der ander. Deine Zeichen im Teſtament Chri⸗ 


ſti / die du treibeſt / welche Chriſtus zu einem Bunde ließ / die 


ſtunden im Zancke: Darzu verkehreteſtu ſie nach deiner Hoffart / 
und bogeſt ſie nach deinem Geſetze. Es war dir nicht mehr umb 


den Bund in Chriſto / ſondern umb den Brauch / der Brauch ſolte 

es thun: Und da doch ein Holtz ohne Glimmen kein Feuer iſt / 
und ob es ſchon ein Feuer wird im Anzuͤnden: Alſo auch der 
Bund ohne Glauben / iſt er als ein Holtz ohne Glimmen / das 
man wolte Feuer nennen. 1 

34. Oder ſoll dirs der Geiſt nicht unter Augen ſtellen / du 
Unzuͤchtige? Siehe wie haſtu den Eheſtandt zerriſſen / und eine 
Porte der Hurerey auffgethan / daß mans fuͤr keine Suͤnde 25 


4 


Sapı7. Göttliches Weſens. 429 


tet. Haſtu nicht geritten auff deinem Thier / da jederman hat auff 
dich geſehen / und iſt dir nach geritten? Oder biſtu nicht noch 
ſchoͤne? Meyneſtu wir ſtellen dirs vergebens dar? Das Urtheil 
ſtehet über dir / das Schwerd iſt gebohren und wil freſſen: Gehe 
aus Babel / ſo lebeſtu / wiewohl wir ein Feuer ſahen in Babel / und 
Babel brandte / ſo wirds doch dehn nicht brennen / der außgehet. 


Das 27. Capittel. 


Vom Juͤngſten Gerichte / und Aufferſtehung der To⸗ 
den / und ewigen Leben. | 


Die fehr ſchröͤckliche Porte der Gottloſen / und auch 
die frewdenreiche Porte der Heiligen. 


1. Ir wiſſen / x. daß uns Chriſtus gelehret hat / daß 
ein Gerichte ſoll gehalten werden / nicht alleine umb 
der Straffe der Veraͤchter Gottes / und umb der 
Belohnung des Guten / ſondern auch umb der 
Crtatur und Natur willen / daß fie der Eitelkeit 

eins loß wuͤrde. Und wiſſen 2. daß das Weſen dieſer Welt muß 
vergehen mit ſeiner Quaal: Es muͤſſen Sonne / Mond und Ster⸗ 
nen fo wol die vier Elementa vergehen in ſolcher Quaal / und alles 
herwieder bracht werden / da dan das Leben wird durch den Todt 
gruͤnen / und alles Weſens Figur vor GOTT ewig ſtehen / zu wel⸗ 
chem Ende es je war geſchaffen. Auch fo wiſſen wir 3. daß un⸗ 
ſere Seelen unſterblich ſind / erbohren auß dem ewigen Bande. 

So dan dieſe Welt vergehet / ſo vergehet auch ihr Weſen / was 

auß ihr erbohren iſt / und bleibet doch die Tinctur im Geiſte. 
2. Darumb O Menſch bedencke dich alhie in dieſer Welt / in 
welcher du in der Gebuhrt ſteheſt! du wirſt geſaͤet ein kleines 
Koͤrnlein / und waͤchſet auß dir ein Baum / ſo ſchawe doch nun / in 
welchem Acker du ſteheſt / daß du moͤchteſt erfunden werden ein 
Holtz zu dem groſſen Gebaͤw Gottes in feiner Liebe / und nicht 
ein Holtz zu einem Stege / da man mit Fuͤſſen auff gehet / oder 
das uͤbler iſt / welches man zum Feuer braucht / da nur feine Aſche 
bleibet / und eine Erde wird. 8 
3. Es wird dir geſaget / daß dein Holtz von deiner Seelen wird 
brennen im letzten Feuer / und deine Seele eine Aſche im Feuer 
bleiben / und dein Leib ein ſchwartzer Ruß erſcheinen. Warumb 
wiltu dan ſtehen in einer Wuͤſten / ja auff einem Felſen / da kein 
5 aſſer 


1 2 * 


430 Von den drey Principien Cap. 2 7. 
Waſſer iſt / wie wird dann dein Baum wieder gruͤnen. 

4. Ach des groſſen Elendes / daß uns nicht wiſſend iſt / in wel⸗ 
chem Acker wir wachſen / und was Eſſentien wir an uns ziehen! 
So doch unſer frucht wird geſchawet und gekoſtet / und die ſo lieb⸗ 
lich iſt / auff Gottes Tiſche ſtehen / die andere fuͤr des Teuffels 
Saͤwe geworffen werden. Darumb laß dichs erwegen / und ſtehe 
daß du im Acker Chriſti waͤchſeſt / und bringeſt Frucht / ſo man 
auff Gottes Tiſche brauchet / welche nimmer verweſet / ſondern 
immer quellet / und je mehr man der iſſet / je lieblicher die ſey / wie 
wirſtu dich frewen in dem Herꝛn! 

J. Das Juͤngſte Gericht iſt dermaſſen angeſehen / als wir 
wiſſen / wie alle Ding ſeinen Anfang hat genommen / alſo au 
ſein Ende. Denn es war vor den Zeiten der Welt nichts / als das 
ewige Band / das ſich ſelber machete / und im Bande der Geiſt / 
und der Geiſt in GOTZ / der iſt das höchfte Gut / das von Ewig⸗ 
keit immer war / und hat nie n Anfang genommen / dieſe 
Welt aber hat einen Anfang auß dem ewigen Bande in der Zeit. 

6. Denn dieſe Welt machet eine Zeit / darumb muß fie verge⸗ 
hen / und wie fie war ein Nichts / alſo wird fie wieder ein Nichts / 
denn der Geiſt ſchwebete im Ether „und ward darinnen erboh⸗ 
ren der Limbus, welcher vergaͤnglich iſt / auß welchem alle Ding 
herkommen / und da doch kein Schnitzer war / als der Aa in den 
Eſſentien, oder der Vulcanus. So waren auch keine Eflentien 4 
fte wurden im Willen des Geiſtes erbohren / darinnen iſt der 
Schnitzer / der alle Ding auß Nichts / nur bloß auß dem Willen 
hat geſchnitzet. So es dann auß dem ewigen Willen iſt geſchni⸗ 
tzet / ſo iſts Ewig / nicht im Weſen / ſondern im Willen / und ſtehet 
dieſe Welt nach der Zerbrechung des Weſens gaͤntzlich im Wil⸗ 
len / als eine Figur zu Gottes Wunderthat. 

7. So wiſſen wir / daß wo ein Wille ft / der uf fich faſſen / 
daß es ein Willen iſt / und das Faſſen machet ein Anziehen / und 
das Angezogene iſt im Willen / und iſt dicker als der Wille / und 
iſt des Willens Finſternuͤß / und ein Augal in der Finſternuͤß. 
Denn der Wille wil frey ſeyn / und kan doch nicht frey ſeyn / er f 
gr dan wieder in ſich auß / auß der Finſternuͤß; Alſo bleibet 

ie Finſternuͤß im erſten Willen / und der wieder⸗gefaſſete Wille 
in ſich ſelber im Liechte. 

8. Alſo geben wir euch zuverſtehen / daß dieſe Welt iſt auß 
dem finſtern Willen (als der Wille ward raͤge gemachet) er⸗ 
ſchaffen / und der Außgang auß dem Willen in fich ſelber iſt Gott / 
und der Außgang auß Got iſt Geiſt / der hat ſich im 5 n 

n 


Cap. 27. Goͤttliches Weſens. Ar 
Willen erblicket / und der Blick waren die Eſſentien, und der 
Yulcanus war das Radt des Gemuͤhtes / welcher ſich in ſieben Ges 
falten theilet / wie vorn gemeldet worden / und dieſelben ſteben Ge⸗ 
ſtaͤlte / eine jede in ſich ſelber wieder in unendlich nach Erblickung 
des Geiſtes. 

9. Und darinnen ſtehen die Weſen aller Weſen / und iſt alles 
in groſſen Wundern: Und iſt unſer gange Lehr nur dahin ge⸗ 
richtet / daß wir Menſchen ſollen in die liechten heiligen Wunder 
eingehen. Denn am Ende dieſer Zeit wird alles offenbahret wer⸗ 
den / und ein jedes worinnen es gewachſen iſt / ſtehen; und ſo dan 
das Weſen / das es jetzt hält und gebieret / vergehet / fo iſt alsdann 

sine Ewigkeit. 

10. So ſehe nun ein jeder / wie er ſeine Vernunfft brauche / 
damit er in den Wundern Gottes in groſſen Ehren ſtehe. Wir 
wiſſen daß dieſe Welt ſoll im Feuer vergehen und nicht Fewer 
von Holtz oder Kraut / das wuͤrde keinen Stein zu Aſche und 
nichts machen: Auch ſo wird ſich kein Feuer haͤuffen / da dieſe 
Welt ſolte neingeworffen werden / ſondern das Feuer der Natur 
entzuͤndet ſich in allen Dingen / und wird jedem Dinge ſeinen 
Leib / oder das / was begreifflich war / zerſchmeltzen und zu nichts 
machen. — ö 

11. Denn gleichwie alles im Fiat ward gehalten und gefchafs 
fen nach dem Schnitzer / welcher ein gantzer Schnitzer war in al⸗ 
len Dingen in den fieben Geiſtern der Natur / welcher nichts zer⸗ 
brach als er das ſchnitzete / auch nicht eines vom andern warff / als 
ers gemacht hatte / ſondern ein jedes ſcheidete ſich ſelber / und ſtund 
im Quaalfeiner Eſſentien. Alſo wirds auch nicht viel polterns / 
donnerens / ſblitzens / brechens duͤrffen / wie die Welt zu Babel leh⸗ 
ret / ſondern ein jedes vergehet in ſich ſelber; Die Quallung der 
Elementen hoͤret auff / gleich als ein Menſch im Tode / und gehet 
alles ins Ather, 

12. Und zur Zeit / ehe ſolch Gebaͤwde vergehet und ins Ather 
tritt / komt der Richter der Lebendigen und Todten. Da muͤſſen 
ihn alle Menſchen in feinem und ihrem Fleiſche ſehen / und muͤſſen 
alle Todten aufferſtehen durch ſeine Stimme / und vor ihme ſte⸗ 
hen / und da wird die Engliſche Welt offenbahr / und wer⸗ 
den heulen alle Geſchlechte der Erden / welche nicht im Lei⸗ 
be Chriſti werden ergriffen ſeyn; und dan fo werden fie ge⸗ 
ſchieden in zwo Heerden / und gehet der Sententz Chriſt uͤ⸗ 
ber alle / Boͤſe und Gute. Und da gehet an gelffen / zittern und 
ſchteyen / ſich ſelber verfluchen / die Kinder die Eltern / und die El⸗ 

f tern 


— 


. * 1 N Bd 9 
432 Vonden drey Principien Cap. 27 
Lern die Kinder / und wuͤnſcheten / daß fie fie nicht gebohren hätten- 

13. Alſo verflucht ein Gottloſer den andern / der ihn zur 
Gottloſigkeit verurſachet hat; derllntere den Oberen / der ihme 
Aergernuͤß gegeben / der Laye den Pfaffen / der ihn mit boͤſen Ex⸗ 

empeln geaͤrgert / und mit falſcher Lehre verfuͤhret hat. Der fal⸗ 
ſche Flucher und Laͤſterer zerbeiſſet ſeine Zunge / die ihm ſolchen 

Mord angethan hat: Das Gemuͤhte zerſtoͤſſet den Kopff wider 

die Felſen / und verkreucht ſich der Gottloſe in die Klippen für 

dem Schrecken des Herin. Denn es iſt ein groß Schrecken und 

Beben in den Eſſentien von dem Zorne und Grimme des Hern / 

und die Angſt bricht das Hertze / und da doch kein ſterben iſt / denn 

der Zorn iſt raͤge / und des Gottloſen Leben quaͤllet im Zorne: 

Da verſtuchet der GoOttloſe Himmel und Erde / die ihn getra⸗ 

gen / und das Geſtirn / das ihn geleitet hat / und die Stunde ſeiner 

Geburt / und ſtehet ihme alle ſeine Unreinigkeit unter Augen / 

und fichet feines Schreckens Urſachen / und verdammet ſich felbers 

Er mag den Gerechten nicht anſchawen fuͤr Schande / alle ſeine 

Wercke ſtehen ihm in ſeinem Gemuͤhte / und ſchreyen wehe in den 

Eſſentien über feinen Macher / klagen ihn an: Aller beleydigten 

Traͤnen werden feuerig als ein beiſſen der Wurm / er begehret Ab⸗ 

ſtinentz / aber es iſt kein Tröfter / es gehet ewig Verzweiffelen in 

ihme auff / denn die Hölle ſchrecket ihn. 

14. Auch fo erzittern die Teuffel für der Anzuͤndung des Zor⸗ 
nes / welcher Geſichte den Gottloſen unter Augen ſtehet. Denn 
fie ſehen die Eugliſche Welt fuͤr ihnen / und das Hoͤlliſche Feuer 
in ihnen / und ſehen wie alles Leben brennet / ein jedes in feiner 
Quaal / in ſeinem Feuer. Die Engliſche Welt brennet im Tri⸗ 
umph / in der Frewden / im Liechte der Klarheit / und erſcheinet als 
die helle Sonne / welche kein Teuffel noch Gottloſer darff für 
Schanden anblicken: Sie ſtehet im Lobe / daß der Treiber ge⸗ 
fangen iſt. 

15. Alda wird das Gerichte beſetzet / und muͤſſen alle Men⸗ 
ſchen / Lebendige und Toden alda ſtehen / ein jeder in feinem Leibe / 
und wird der Engliſche Chor der heiligen Menſchen geſetzet zum 
Gerichte / welche umb des Zeugnuͤß Jeſu Chriſti willen find er⸗ 
mordet worden: Da ſtehen die heiligen Vaͤtter der Stämme Iſ⸗ 


raels / und die heilige Propheten mit ihrer Lehre / und iſt alles of⸗ 


fenbahr / was fie haben gelehret / das ſtehet den GOttloſen unter 


Augen / davon ſollen ſie Rechenſchafft geben / von aller Mord⸗ 


taht der Heiligen. Denn der Ermordete umb der Wahrheit wil⸗ 
len / ſtehet ſeinem Mörder unter Augen / deme ſoll der Bm: 
1 


Cap. 27. Goͤttliches Weſens. 435 
umb fein Leben antworten / und er hat nichts / ſondern erſtum⸗ 
met: Alle ſeine Laͤſterung / die er hat auff den Gerechten geſchuͤt⸗ 
tet / ſtehet da fuͤr ihm im Weſen / und iſt eine ſubſtantz / davon wird 
ihm Leges geleſen. at e 
16. Wo iſt nun deine Gewalt / deine Ehre / dein großer Reich⸗ 
thumb / deine Pracht und Schoͤnheit? Wo iſt deine Krafft / 
damit du den Elenden ſchrecketeſt / und beugeteſt das Recht nach 
deinem Muhtwillen? Siehe / es iſt alles im Weſen / und ſtehet 
fuͤr dir! der Beleidigte 2 Latein / und da wird wie⸗ 
derruffen alles / was in dieſer Welt falſch geſprochen ward / und 
du bleibeſt in deinem Unrecht ein Luͤgener / und muſt von dehm ge⸗ 
urtheilet werden / dehn du alhie haft geurtheilet in Falſchheit: 
Alle Luͤgen und Trug ſtehet im Weſen offen; Alle deine Worte 
ſtehen in der Tin&ur im Weſen der Ewigkeit fuͤr dir / und 
ſind dein Spiegel: Sie werden dein ewig Nage⸗Huͤndlein / 
amd das Buch deines Troſts. Darumb bedencke dich was du 
thun Wet wirſtu dich nicht ſelber verfluchen und veruhr⸗ 
theilen? . 
17. Dagegen ſtehen die Gerechten mit unaußſprechlicher 
groſſer Frewde / und ihre Freude ſteiget auff im Quaͤll⸗brunne 
deß heiligen Geiſtes; Alle ihre gehabte Trawrigkeit ſtehet fuͤr 
ihnen im Weſen / und erſcheinet wie fie zu Unrecht haben gelit⸗ 
ten: Ihr Troſt ſteiget im Leibe Jeſu Chriſti auff / der ſie hat er⸗ 
loͤſet aus fo groſſem Truͤbſal; alle ihre Sünden find gewaſchen / 
und erſcheinen Schneeweiß: Da dancken fie ihrem Braͤuti⸗ 
gamb / der ſie hat aus ſolcher Noht und Elende / darinnen ſie als 
hie gefangen lagen / erloͤſet / und iſt eine eitel hertzliche Frewde / 
daß der Treiber zerbrochen wird / und alle ihre gute Wercke / 
Lehre und Thaten / erſcheinen fuͤr ihnen / alle Wort ihrer Lehre 
und Straffen / damit ſie dem Gottloſen haben den Weeg gewie⸗ 
ſen / ſtehen in der Figur. 5 
18. Da wird der Fuͤrſte und Ertz⸗hirte Jeſus Chriſtus ſeinen 
Sententz laſſen ergehen / und ſagen zu den Frommen: Komt 
her ihr Geſeegnete meines Vatters / ererbet das Reich das euch 
zſt von Anbegin bereitet geweſen: Ich bin hungerig / durſtig / 
nacket / kranck / gefangen / und elend geweſen / und ihr habt mich 
geſpeiſet / getraͤncket / bekleidet / getroͤſtet / und ſeyd in meinem 
Elende zu mir kommen / darumb gehet ein zur ewigen Frewden. 
Und fie werden antworten: Her / wann haben wir dich hun⸗ 
gerig / durſtig / nackend und gefangen / oder im Elende geſehen / 
und haben dir gedienet ? Und er wird ſagen: Was ihr habt ge⸗ 
5 than 


434 Von den drey Principien Cap. 27 


than dem geringſten unter dieſen meinen Bruͤdern / das habt ihr 
mir gethan. Und zu den Gottloſen wird er ſprechen: Gehet hin 
von mir / ihr Vermaledeyeten in das ewige Fewer. Denn ich bin 
hunge rig / durſtig / nackend / gefangen und elend geweſen / und 
ihr habt mir nicht gedienet. Und ſie werden antworten: Herr] 
wan haben wir dich je alſo geſehen / und dir nicht gedienet? Und 
er wird ſprechen: Was ihr den Armen und Geringſten unter 
dieſen meinen Bruͤdern nicht habt gethan / das habt ihr mir auch 
nicht gethan; und fie muͤſſen ſich von ihme ſcheiden. 
19. Und in dem Augenblick der Scheidung zergehet Himmel 
und Erden / Sonn und Mond / Sternen und Elementa, und iſt 
fuͤrbaß mehr keine Zeit. 
20. Da zeucht bey den Heiligen das Unverwefliche das Ver⸗ 
wefliche in ſich / und wird der Todt / und dieſes irꝛdiſche Fleiſch 
verſchlungen / und leben wir alle im groſſen und heiligen Ele- 
ment des Leibes Jeſu Chriſti / in GOT dem Vatter / und der 
heilige Geiſt iſt unſer Troſt; und vergehet mit dieſer Welt und 
unſerm irꝛdiſchen Leibe / alle Erkaͤntnuͤß und Wiſſenſchafft von 
dieſer Welt / und leben als die Engel / und eſſen der Paradeiſi⸗ 
ſchen Frucht / denn da iſt kein Schrecken / Furcht noch Tod mehr. 
Denn das Principium der Hoͤllen mit den Teuffeln wird in dieſer 
letzten Stunde zugeſchloſſen: Und kan eines das ander ewig nicht 
mehr erſehen / noch einen Gedancken vom andern faſſen: die El⸗ 
tern werden nicht an ihre Gottloſe Kinder in der Hoͤllen gedenc⸗ 
ken / ſo wol auch die Kinder nicht an ihre Eltern. Denn alles 
wird vollkommen ſeyn / und hoͤret auff das Stuͤckwerck. 
. 22. Da wird im Paradeis dieſe Welt mit der Figur bleiben 
ſtehen im Schatten / aber der Gottloſen Weſen vergehet darin⸗ 

nen / und bleibet in der Hoͤllen. Denn einem jeden folgen ſeine 
Wercke nach. Und wird ewige Frewde ſeyn uͤber die Figuren aller 
Dinge / und über der ſchoͤnen Frucht des Paradeiſes / welcher wir 
ewig genieſſen werden. . 

Das helffe uns die heilige Dreyfaltigkeit / GOTT Vatter / 
Sohn / Heiliger Geiſt / Amen. . 

Was alhie mangelt / ſuche im andern Theil dieſer Schrifften: 
F von Moſe und allen Propheten / und vom Reiche 

hriſti. 


Rech ⸗ 


Cap. 27  Göttliches Weſens. 433 


Rechter Unterricht der verwirreten Babel: zu Troſt 
den Suchenden / und Entgegenſatz wider den 
Spoͤtter zu einem Zeugnuͤß. 


22. S O denn jetzo ſo mancherley dehren und Meynungen ſich 

eröffnen / ſoll der Spoͤtter / welcher nur von dieſer 
Welt gebohren iſt / darumb nicht alſs zu fahren / und alles auff 
einen hauffen verwerffen / ſo er das nicht begreiffet / denn es iſt 
nicht alles falſch / viel iſt durch den Himmel erbohren / welcher 
jetzt ein ander Seculum machen wil / der erzeiget ſich mit feiner 
Krafft auffs hoͤchſte / und ſuchet die Perlen: Er wolte gerne die 
Tinctur eröffnen in ſeinem Weſen / damit die Krafft der Gott⸗ 
heit in ihme erſcheine / und er der Eitelkeit loß wuͤrde / das iſt in 
allen Seculis geſchehen / wie es die Hiſtorien geben / dem Erleuch⸗ 
ten wol kuͤndlich. N 
23. Donn viel ſuchen jetzt / die da finden / einer Gold / der an⸗ 
der Silber / einer Kupffer / der ander Zinn / und da es doch nicht 
ſoll von Metallen verſtanden ſeyn / ſondern vom Geiſte in der 
Krafft / in dem groſſen Wunder Gottes / in dem Geiſte der ewi⸗ 
gen Krafft. 

24. So nun alſo in den Myſterien geſuchet wird / durch Trieb 
und e des Geiſtes Gottes / ſo ſuchet ein jeder in ſeiner 
Geſtalt in ſtinem Acker darinnen er ſtehet / und darinnen findet 
er auch / und bringet alſo das Gefundene ans Liecht / daß es 
erſcheine / und das iſt des groſſen Gottes Fuͤrſatz / daß er 
in ſeinen Wundern offenbahr werde. Und iſt nicht alſo alles 
vom Teuffel / wie die Welt zu Babel plaͤrret in ihrer groſſen 
Nariheit / da man alles auff einen hauffen hinwirffet / und 
1 Feyerabend machen / und den Epicureiſmum an die Stel⸗ 

e ſetzen. 5 
25. Siehe ich ſetze dir ein gerecht Gleichnuͤß vom rechten Saͤe⸗ 
mann: Ein Saͤemann richtet feinen Acker zu nach feinem beſten 
Vermoͤgen / und ſaͤet guten Weitzen aus. Nun find auch andere 
Körner unter dem Weitzen / und ob er gleich gantz rein wäre / fo 
zeucht ihme doch die Erde andere Kraͤuter / auch Dorn und Di⸗ 
ſteln unter dem Weitzen auff. Was ſoll aber der Saͤeman thun? 
Soll er dan die Saat deß Gewaͤchſes gantz wegwerffen oder ver⸗ 
brennen umb der Diſteln und des Unkrauts willen? Rein / ſon⸗ 
dern er driſchet das / und ſiebet das Unreine weg / und brauchet 
den guten Saamen zu ſeiner Koſt / 2 die Sprepp giebt er 4 
„ " — N 


436 Von den drey Prineipien Cap.27) 


nem Thier / und mit dem Halme duͤnget er ſeinen Acker / und 
muß ihm alles nuͤtze ſeyn. 5 Va: 

26. Alſo wird dem Spoͤtter geſaget / daß er ein Unkraut iſt / 
und wird fuͤr die Thier geworffen werden. Und ob nun anderer 
Saame unter dem Weitzen gefunden wird / in dem ers worffelt 
und ſiebet / den er nicht mag raußbringen / ſoll er dan darumb 
den Weitzen nicht zu feiner Koſt brauchen? Hat doch ein jedes 
Korn ſeine Krafft: Eines ſtaͤrcket das Hertze / das ander den 
Magen / das dritte die Glieder: Deñ eine Eſſentz alleine macht 
keine Tinctur, ſondern alle Eſſentien zugleiche machen die Sinnen 
und den Verſtand. i 

27. Gehe auff eine Wieſe / und fiche an die Blumen und 
Kraͤuter / welche alle aus der Erden wachſen / und iſt je ein Kraut 
ſchoͤner und wolriechender als das ander / und hat doch offt das 
allerveraͤchtlichſte die gröfte Tugend. Nun komt der Artzt und 
ſuchet: Er wendet aber ſein Gemuͤhte ins gemein zu den groͤſſe⸗ 
ſten und ſchoͤneſten Kraͤutern / dieweil ſte alſo treiben im Gewaͤch⸗ 
ſe / und ſind ſtarck im Ruche / vermeynet er / ſie ſind die be⸗ 
ſten / da doch offt ein kleines unanſehnliches Kraut ihme zu 
feiner Artzney feines batienten, dehn er in der cur hat / beſ⸗ 
ſer dienete. 5 5 

28. Alſo gebe ich euch dig zu erkennen: Der Himmel iſt ein 
Saͤemann / und Gott gibt ihm Saamen / und die Elementen find 
der Acker / darinn der Saame geſaͤet wird: Nun hat der Him⸗ 
mel das Geſtirne / und empfaͤhet auch Gottes Saamen / der 
ſaͤet alles untereinander hin: Nun empfahen die Effentien der 
Sternen den Saamen im Acker / und inqualiren mit ihme / 
und ziehen ſich im Kraute mit auff / biß im Kraute auch ein 
Saame wird. 4 

20. So nun des Gewaͤchſes mancherley iſt nach der Sternen 
Eſſentien, und gleichwol der Saame Gottes welcher im An⸗ 
fang geſaͤet ward in den Acker / und alſo miteinander wuchs / ſoll 
denn nun GOTT das gantze Gewaͤchſe / daß es nicht einerley EF- 
ſentien hat / weg werffen? Stehet es nicht in ſeinen Wundern / 
und iſt eine Frewde ſeines Lebens / und erquicket ihme feine Tin. 
ctur? Alſo im Gleichnuͤß. 

30. Darumb mein liebes Gemuͤhte / ſtehe was du thuſt / rich» 
te nicht alſo geſchwinde / und ſey umb der mancherley Meynun⸗ 
gen willen nicht ein Thier / deme die Sprew von den edlen Saa⸗ 
men gehoͤret. Der Geiſt Gottes erzeiget ich in jedem / der ihn 
ſuchet / aber guff Art ſeiner Elentien: Nun iſt doch der Saa⸗ 

f e ,, me 


Cap. 27. Goͤttliches Weſens. 337 


me Gottes mit in die Eſſentz geſaͤet: und fo der Sucher in 
Goͤttlicher Begierde ſuchet / ſo findet er die Perle nach ſeinen 
Ellentien, und werden alfo hiemit die groſſen Wunder Got⸗ 
tes geoffenbahret. | 
31. So du nun wilt wiſſen den Unterſcheid / welches ein 
alſcher Saame oder Kraut iſt / verſtehe ein falſcher Geiſt / 
n deme nicht die Perle oder der Geiſt Gottes iſt / ſo kenne ihn 
an ſeinem Gewaͤchſe / Geruche und Schmacke. Iſt er ein auff⸗ 
geblaſener / eigen⸗ehriger / Geitziger / Laͤſterer / Veraͤchter der 
Kinder Gottes / der alles untereinander wirfft / und wil Hera 
druͤber ſeyn / da wiſſe / daß es ein verdorbener Saame iſt / 
und iſt eine Diſtel / und wird von Gottes Saͤemanne auß⸗ 
geſtebet werden. Von deme gehe aus / denn er iſt ein verwir⸗ 
tet Radt / und hat keinen Grund / auch keinen Safft o⸗ 

der Krafft von GOTT zu feinem Gewaͤchſe / ſondern waͤch⸗ 
ſet als eine Diſtel / die nur ſticht / und ſonſt keinen guten Saa⸗ 
men trägt. 

32. Der gute Ruch in dem Kraute / darauff du ſolt jetzt ſe⸗ 
hen in den mancherley Meynungen / iſt alleine die newe Wie⸗ 
dergebuhrt aus dem alten verderbten / Adamiſchen / vermiſche⸗ 
ten Menſchen in dem Leibe Jeſu Chriſti / in Krafft des heili⸗ 
gen als ein newes Gemuͤhte gegen GOTT in der Sica 
be und uth / welches nicht iſt gerichtet auff Hoffart / 
Geitz und eigen⸗Ehr / auch nicht auff Krieg und einigerley 
Empoͤrung der Untern wieder den Obern / ſondern als ein Wei⸗ 
tzen⸗korn waͤchſt in Gedult und Sanfftmuth unter den Dor⸗ 
nen / und gibt ſeine Frucht zu ſeiner Zeit. N 

33. Alfo ſiehe wo ein ſolch Gewaͤchſt iſt / das iſt von Go 
erbohren / und iſt die edle Krafft in ihme. Von den andern / 
welche Empoͤrung lehren des Untern wieder den Obern / gehe 
aus / denn es find Diſteln / und wollen ſtechen. GOTT wird 
feinen Weitzen ſelber fegen. f g 

84. Die Lilie wird nicht in Krieg / oder Streit gewon⸗ 
nei werden / ſondern in einem freundlichen demuͤtigen Liebe⸗ 
5 Gast mit guter Vernunfft / der wird den Rauch des Teu⸗ 
fels zerbrechen und vertreiben / und gruͤnen eine Zeit. Dar⸗ 
umb dencke Niemand / der wird ſiegen / fo der Streit ange- 
het / nun wirds gut werden; und der unten liegt / dencke 
nicht: Ich bin alſo ungerecht erfunden worden / du muſt auff 
jener Meynung tretten / und dieſen Hauffen helffen verfolgen z 
Nein) es iſt nicht der Weeg / und iſt nur in Babel. 

4 5 T3 35. Gehe 


438 Von den drey Principien ꝛc. Cap. 27. 


35. Gehe ein jeder in ſich ſelber / und mache einen ge⸗ 
rechten Menſchen auß ſich ſelber / und fuͤrchte GO T T und 
thue recht / und dencke / daß ſein Werck im Himmel vor Gott 
erſcheine / und daß er alle Stunden vor Gottes Angeſichte ſte⸗ 
het / und daß ihme alle ſeine Wercke werden nachfolgen: So 


gruͤnet die Lilie Gottes / und ſtehet die Welt in feinem Se⸗ 
culo. Amen. 


E R D E. 


A P/ 


1 435 
APP E N DIX. 
a Das it. 


Gründliche und wahre Beschreibung 
des Dreyfachen Lebens i im Menſchen. 


als: * 


. Vom Leben des Geistes dieſer Welt in der Ster⸗ 
nen und Elementen Qualität und Regiment. 


II. Vom beben des Urkundes aller Weſen / wel⸗ 
ches ſtehet in dem ewigen Bande / darinnen dan die 
Wurtzel der Menſchlichen Seelen ſtehet. 


III. Vom Paradeiſiſchen Leben in Tarnaxio Sando 
eben in der newen Wiedergebnhrt / welches 
des Heren Jeſu Chriſti: Darinnen das 
ben verſtanden wird / fo wol das heilige tea 
705 des newen wie dergebohrnen Menſchen. 


Alles gantz gründlich / im Liecht der ewigen 
Natur erforſchet / zu Troſt der armen / Kranc⸗ 
ww ken und verwundeten Seelen / zu ſuchen das 
heilige eben in der newen Wiedergebuhrt / 
N e aus dem Irꝛdiſt en Leben 
uw und tritt in das Leben 
* u En; 5 le 


440 
APPENDIX, 


. 


Das iſt: 


Gruͤndliche und wahre Beſchreibung des dreyfachen 
Lebens im Menſchen. 


Jeweil munſern vorigen Schrifften etliche 
Worte ſtehen / darinnen wir demseſer moͤch⸗ 
ten unverſtanden ſeyn / ſonderlich da wir ge⸗ 


5 i 8 ſchrieben haben: wir werden inder Aufferſte⸗ 


. 
n 


hung der Todten i im Leibe Jeſu Chriſti ſeyn 
in Ternario Sancto. Da wir deñ Ternarium 
Sanctum haben heilige Erde genennet / da 
es doch nicht ſoll von Erden verſtanden wer⸗ 
den / ſondern von dem heiligen Leibe aus der 
5 heiligen Krafft der Dreyheit Gottes: und 
Ternarius 3 eigentlich in unſerm Schreiben die Portt 
Gottes des Vatters / von welchem alle Ding / als aus einem ei⸗ 
nigen Weſen / außgehen / verſtanden wird. . 
2. So wollen wir den Leſer des andern Buches unſerer 
ten etwas gruͤndlicher berichten / damit er nicht alſo g 
Buchſtaben hange / und ein Hiſtoriſch Weſen aus 1 
Schrifften mache / ſondern daß er auff den Sinn ads 1 55 
mercke / was der meyne / wan er vom Goͤttlichen Leben redet / und 
darinnen nicht einerley Worte und Namen fuͤhret / da doch 
manchmahl drey oder viererley Namen eben nur daſſelbe ur 
Göttliche Leben verſtehen. 

3. Denn ſo wir uns umbſchapven in der Schörffung Gottes / 
fo finden wir gar wunderliche Dinge / welche doch im Anfang 
ſind alle aus einem Brunnen gegangen. Denn wir befinden Boͤ⸗ 
ſes und Gutes / Leben und Todt / Frewde und Leid / Liebe und 

Feindung / Trawrigkeit und Lachen: Und befinden daß es alles 
aus einem Weſen ſich urkundet. 

4. Denn ſolches faſt an allen Creaturen zu ſehen iſt / fuͤrnem⸗ 
lich am Menſchen / welcher Gottes Gleichnuͤß iſt / wie Moſes 
davon ſchreibet / und das Liecht der Natur uns uͤberzeuget. 

5. Deromwegen iſt uns hoch noht zubetrachten das Dreyfache 
Leben im Menſchen / welches guch alſo in der Porte Gottes des 

0 erfunden wird. 
6. So 


* 


S 


‚Appendix. 448 
6. So wir uns danentſinnen von der Veraͤnderung / wie ſich 
das Gemuͤht alſo veraͤndere / und alſo balde die Frewde in Leid 
verwandelt werde / als Leid in Frewden / fo muͤſſen wir ja fin» 
nen / wovon ein ſolcher Urſprung ſey. Denn wir befinden / daß 
es alles / in dem einigen Gemuͤhte ſtehe: So ſich den eine Ge⸗ 
ſtalterhoͤhet / und fuͤr den andern Geftältenquellet / davon denn 
alſo balde ein Weſen erfolget / daß das Gemuͤhte alle Sinnen zu⸗ 
ſammen raffet / und des Leibes Gliedern gibt / daß Haͤnde / Fuͤſſe / 
Maul und alles zugreifft / und ein Werck macht nach des Gemuͤh⸗ 
tes Begehren ſo ſagen wir / dieſelbe Geſtalt ſey raͤſch / (oder raͤhs) 
das iſt fuͤr allen andern Geſtaͤlten qualificirende und wuͤrckende. 
Als da zwar alle andere Geſtaͤlte der Natur auch inne liegen / 
aber verborgen / und ſind dieſer einigen Geſtalt unterthan. Und 
da doch das Gemuͤhte fo ein wunderliches Weſen iſt / und balde auß 
einer Geſtalt / welche itzo raͤſch / loder raͤhs oder fuͤr allen andern 
quali ficirend war / eine andere Geſtalt herfuͤr bringet und erhebet / 
und die erſte entzuͤndete verdaͤmpffet / daß ſie gleich als ein Nichts 
iſt / wie das an Frewd und Leid zuerſehen iſt. 

7. So wir nun ſinnen / wovon ſich ſolches alles urkundet / 
fo finden wir fuͤrnemlich drey Geſtaͤlte im Gemuͤhte. 1. Nicht 
reden wir allein vom Geiſte dieſer Welt / denn wir befinden / 
daß unſer Gemuͤhte auch nach einem andern Gemuͤhte ein ſaͤhnen 
hat / und ſich aͤngſtet nach dehme / was die Augen des Leibes nicht 
ſehen / und der Mund nicht ſchmecket / und die Fuͤhlung des 
irꝛdiſchen Leibes nicht begreiffet / auch das irꝛdiſche Gehör nicht 
hoͤret / und die Naſe nicht reucht; aber das edle Gemuͤhte ſehen / 
ſchmecken / fuͤhlen / greiffen und hoͤren kan; ſo die rechte Goͤtt⸗ 

lt in ihm raͤſch / oder fuͤr den andern beyden Geſtaͤl⸗ 

nalificirend wird. Da dann die andern beyde Ge ſtaͤlte / als⸗ 

balde halb Todt / oder uͤberwunden werden / und ſich die 
‚Göttliche alleine erhebt / da fie denn in GOTT iſt. | 

8. Und 2. fo ſehen wir auch / wie das Gemuͤhte alsbalde eine 
andere Geſtalt erhebet und raͤſch machet / daß die Goͤttliche Ge⸗ 
ſtalt nieder gedrucket wird / als den Geiſt dieſer Welt zu Geitz 
und Hoffart / zu unterdrucken den Elenden / und ſich alleine zu 
erheben / und alles in ſich zu ziehen. x. Darauff dann auch als⸗ 
balde die dritte Geſtalt herfuͤr bricht auß dem ewigen Bande / 
als Falſchheit / Neid / Zorn und Haß / und alſo die Bildnüg 
Gottes / gleich wie im Tode oder uͤberwunden ſtehet / da dann 
das Gemuͤhte alſo im Zorne Gottes / im Tode / in der Hoͤllen 
Rachen ſtehet. Welches ſich die PR im Zorne Gottes rien 

3 5 enn 


4422 | Appendix. 


denn ihr Rachen wird ihr hie weit auffgeſperꝛet / und wird quali- 
fieirende. Und da aber die Göttliche Geſtalt wieder herfuͤr bricht / 
das Hoͤllen⸗ reich uͤberwunden / und wie ein Todt wird / und das 
Himmelreich wieder raͤſch und qualificirende. 

9. Drumb ſpricht S. Paulus: Welchem ihr euch begebet zu 
Knechten in Gehorſam / (entweder der Sünde zum Tode / 
oder dem Gehorſam Gottes zur Gerechtigkeit) deß Knechte 
ſeyd ihr. Deſſen Quaal haben wir / und in demſelben Reiche le⸗ 
ben wir / und daſſelbe Reich mit ſeiner Quaal fuͤhret uns. So 
dan alles alhier in dieſem Leben im Saamen und Wachſen iſt / fo 
wird auch einmahl die Ein⸗erndte erfolgen / da dan ein Reich 
vom andern wird geſchieden werden. 

10. Denn es find drey Principia in des Menſchen Gemuͤhte f 
welche er in dieſer Zeit mag alle drey auffſchlieſſen. So aber der 
Leib zerbrochen iſt / ſo lebet er nur in einem / und hat den Schluͤſ⸗ 
ſel verlohren / und kan kein anders mehr auffſchlieſſen / er muß 
in ee Quaal ewig bleiben / welche er alhier hat ange⸗ 
zuͤndet. 

11. Denn wir wiſſen daß uns Adam mit ſeinem Außgehen 
außm Paradeiß in dieſe Welt / hat in Tod gefuͤhret / und auß 
dem Tode gruͤnet die Hölle im Zorne Gottes. Alſo iſt unſer 
Seele des Hoͤllen⸗reichs faͤhig / und ſtehet im Zorne Gottes / 
da dan der Hoͤllen Rachen gegen uns offen ſtehet / uns immer zu 
verſchlingen / und haben einen Bund mit dem Tode / und uns 
ihm ergeben im Stachel des Zornes im erſten Pringipio. 

12. Nicht alleine wiſſen wir dieſes / ſondern wir wiſſen auch / 
daß uns GOTT hat wiedergebohren im Leben Jeſu Chriſti ſei⸗ 
nes Sohnes / zu einer lebendigen newen Creatur, in ihme zu 
leben / und wie er iſt in Todt gegangen; und wider durch den 
Tod ins ewige Leben / alſo muͤſſen wir auch in Chriſti Todt ein⸗ 
gehen / und im Leben Jeſu Chriſti auß dem Tode außgehen / und in 
GO TT feinem Vatter leben / alsdann iſt unſer Leben / auch un⸗ 
fer Fleiſch nicht mehr irꝛdiſch / ſondern heilig in Gottes Krafft / 
und leben recht in Ternario Sancto, in der heiligen Dreyzahl der 
Gottheit. Denn wir tragen das heilige Fleiſch auß dem heiligen 
Element für Go / welches unſer lieber Bruder und Heiland 
oder Emanuel in unſer Fleiſch bracht hat / und hat uns in ſich 
und mit ſich auß dem Tode gefuͤhret in GOT T feinen Vatter / und 
in uns iſt alsdan die heilige Dreyheit der Gottheit weſentlich 
wuͤrckende. 

23. Und wie das ewige Wort im Vatter iſt wahrer Menſch 

ö worden / 


| Appendis, 443 
worden / und das ewige Liecht in ihme ſcheinende hat / und ſich 
erniedriget in die Menſchheit / und angezogen die Bildnuͤß in 
dieſem unſerm Leibe / dehn wir alhier tragen / die Bildnuͤß welche 
wir in Adam haben verlohren auß dem reinen unbefleckten Ele- 
ment vor Go / welches ſtehet in der Barmhertzigkeit Got⸗ 
tes / wie in unſerm andern Buche klar gemeldet nach allen 
umbſtaͤnden: Alſo auch muͤſſen wir dieſelbe Bildnuͤß auß dem 
reinen Element, auß dem deibe Jeſu Chriſti an uns ziehen / und 
leben in dem leiblichen Weſen / da er innen lebet / in derſelben 
e 7.017: Ya Wu: =) 490 

24., Nicht verſtehen wir hiermit feine Creatur, daß wir ſolten 
drein ſchleichen / ſondern ſeine Qual / denn die Weite und Tieffe 
feines Lebensin feiner QAuaal / iſt unmäflich: alſo wie GOTT 
ſein Vater unmäflich iſt / alſo auch das deben Chriſti. Denn 
das reine Element in der Quaal Gottes des Vatters in feiner 
Barmhertzigkeit iſt Chriſti Leib. Gleich wie unſer irꝛdiſcher Leib 
in den vier Elementen ſtehet; alſo ſtehet der newe Menſch in ei⸗ 
nem reinen Element, davon dieſe Welt mit den vier Elementen iſt 
erbohren / und des reinen Elements Qual; iſt des Him̃els und Pa⸗ 
radeiſes Quaal / und auch unſer Leib in der newen Wieder gebuhrt. 

15. Nun iſt das Element im gantzen Principio Gottes an 
allen Enden und Orten / und darzu unmeclich und unendlich / 
und darinnen iſt Chriſti Leib und feine Qnalitaͤt / und darinnen 
die Drey zahl der Gottheit / daß alſo der Vatter im Sohne / das 
iſt im Leibe Jeſu Chriſti / wohnet / und der Sohn im Vatter / als 
Ein Go / und der heilige Geiſt gehet alſo vom Vatter im 
Sohn auß / und wird uns gegeben / daß er uns wiedergebieret 
zu einem newen Leben in GOT / im Leben Jeſu Chriſti / und 
hanget uns der irꝛdiſche Menſch in feiner Bildnuͤß und Quaal in 

dieſer Zeit nur an / ſo wir aber in GOTT mit unſerm Gemuͤhte 
wieder erbohren ſind. 

16. Denn gleich wie Gott der Vatter in feinem eigenen We⸗ 
fen begreiffet alle drey Principia, und iſt ſelber das Weſen aller 
Weſen / darinnen begriſſen wird Frewde und Leid / und gehet 
doch in ſich ſelber auß / auß der Quaalder Angſt / und machet 
ihm ſelber die Frewden⸗xeich der Traurigkeit unfaßlich / und die 
Auaal feines Zornes in der Angſt unbegreiflich / und gebieret ihm 
ſelber ſein Hertz in der Liebe / darinnen dann der Name Got⸗ 
tes urkundet: Alſo auch hat das Menſchliche Gemüͤhte alle 
drey Principia an ſich / darinnen dan die Seele begriffen wird / 
als im Bande des Lebens / die muß ar in ſich ſelber an 


444 „Appendix. | 

und einen Willen ſchoͤpffen im Sehen Jeſu Chriſti / und ſich nach 
demſelben ſaͤhnen / daſſelbe mit ſtarckem Willen begehren / 
nicht bloß in der Hiſtoria, oder in der Wiſſenſchafft ſtehen / daß 


man weiß davon zu reden / und achtet die Rede und Worte fuͤr 


eine Chriſtliche Perſon / da doch das Gemuͤhte in Babel in eitel 

Zweifel ſtehet. Nein! das iſt nicht die Wieder⸗gebuhrt / ſondern 
es muß Ernſt ſeyn / das Gemuͤhte muß in ſich ſelber außgehen in 

die Demuht gegen GOT / und in Gottes Willen tretten / als 
in Gerechtigkeit und Wahrheit / und in die Liebe. 


15. Und wiewol es doch iſt / daß das Gemuͤhte ſolches nicht 


vermag auß eigner Krafft zu thun (dieweil es mit dem Geiſt 
dieſer Welt gefangen iſt) ſo hat es doch den Fuͤrſatz in ſeiner 
Macht / und Gott ſtehet gegen den Fuͤrſatz / und nimt den in 
ſeine Liebe / und ſaͤhet darein das Koͤrnlein der Liebe in ſeiner 
ne I auß welchem der newe Menſch im Leben Jeſu Chriſti 
waͤchſet. 1 
18. Darumb liegt es an rechtem Ernſte / welches man rechte 
Buſſee heiſſet / denn die Faſſung des Wortes Gottes in Gehor⸗ 
ſam der Liebe waͤchſet nicht im irꝛdiſchen Leben / ſondern im 
new⸗gebohrnen / im Leben Jeſu Chriſti. | | 
19. Darumb ift das Himmel⸗reich ein Gnaden⸗geſchencke 
Deine / der es mit Ernſte begehret. Nicht daß man bey ſich ſaget: 
Ich habe ja einen Willen mich mit Ernſte GOT zuergeben / 
aber ich darff noch eine weile dieſer Welt / alsdan wil ich eingehen 
in Gehorſam Gottes / und waͤret alſo eine weile auf die an⸗ 
dere / und einen Tag an andern / und waͤchſet derweil der 
Menſch der Boßheit / oder daß du es ſpareſt biß ans Ende / 
und wilt alsdan eine Himmliſche Gebuhrt ſeyn / ſo du doch biſt 
die ganke Zeit deines Lebens im Zorne Gottes / in der Hoͤllen 
Abgrund gewachſen / nein / das iſt Betrug / du betreugeſt 
dich ſelber. ) 
20. Der Pfaffe zu Babe / hat hernach keinen Schlüffel zinn 
Himmelreich dir auffzuſchlieſſen. Du muſt ſelber eingehen und 
new⸗gebohren werden / anderſt iſt kein Raht / weder im Him⸗ 
mel / noch in dieſer Welt: Alhier in dieſer Zeit ſteheſtu im 
Acker / und biſt ein Gewaͤchſe / wan aber der Tod komt / und 
ſchneidet den Stock abe / ſo biſtu kein Gewaͤchſe mehr / ſondern 
eine Frucht / welche gewachſen iſt. Biſtu alßdann nicht eine 
Speiſe Gottes / fo gehoͤreſtu auch nicht auff Gottes Tiſch / fo 
wird GOTT in dir nicht wohnen. 
22. Denn wir wiſſen / daß die Gottheit alleine iſt die Krafft 
zur 


P 13 i 
Appendix. 4⁴¹ 
zur Newen⸗gebuhrt / welche / ſo du ſſte mit Saͤhnen und groſſem 

Ernſte begehreſt / ſich in dein Gemuͤhte und Seele ſaͤet / darauß 
der newe Menſch im Leben Jeſu Chriſti waͤchſet / daß ihm alſo 
der irꝛdiſche in dieſer Welt nur anhanget. a 

22. Alſo iſt der newe in Gott im Leben Chriſti / und der alte 
in dieſer Welt. Davon S. Paulus in feiner Epiſtel an die Römer 
klar ſchreibet: Daß / was wir alſo in der Newen Gebuhrt leben / 
Gotte leben / und im alten Adam in dieſer Welt ſind. Da ſich 
dann auch die Quaal des ewigen Bandes in der Seelen veraͤndert / 
und die Seele in fich ſelber eingehet ins Leben Chriſti / ins heilige 

und reine Element, welches ich in meinem andern Buche an et⸗ 
lichen Enden Ternarium Sanctum heiße. 
23. Nicht nach dem Verſtande der Lateiniſchen Sprache / 
ſondern nach dem Verſtande der Goͤttlichen Natur / als mit 
welchem Worte trefflich außgeſprochen wird das Leben JeſuChri⸗ 
ſti in Gott dem Vater / wie es auch ſein eigener Character, ſo 
wohl die Geiſter in den Sylben bezeichnen / da man die Gebuhrt 
der Gottheit trefflich innen verſtehet. 

24. Wie wohl es iſt / daß es dem hiſtoriſchen Menſchen von der 
Schule dieſer Welt verborgen tft] aber dem von Go T er⸗ 
leuchteten gar begreifflich / der dann auch die Qual der Geiſter im 
Buchſtaben verſtehet / welches jetzt zur Zeit alhier noch nicht zu 
ſetzen iſt / und doch wird zum Verſtande gebracht werden. 

25. Und iſt dem Menſchen / in ſeinem Anfange zur Newen⸗ 
gebuhrt nichts nuͤtzlicher / als wahre rechte ernſte Buſſe / mit 
groſſer ernſter Beſtaͤndigkeit / denn er muß ins Himmelreich / 
ins Leben Chriſti eindringen / da dan ſein Wieder⸗gebaͤhrer ge⸗ 
gen ihm tieff in feinem Gemuͤhte ins Lebens⸗liecht ſtehet / und 
ihme mit Begierden und Er huͤlfft / und ſich alſo als ein 
Saͤnff⸗korn ins Menſchen Seele einſaͤet / als eine Wurtzel zur 
newen Cxeatur. Und fo der Ernſt in der Menſchlichen Seele 
groß iſt / ſo iſt auch der Ernſt in ſeinem Wieder⸗gebaͤhrer groß. 

26. Und iſt gar nicht moͤglich zu ſchreiben die newe Wieder⸗ 
gebuhrt in Chriſto / denn der darein komt / erfaͤhret es ſelber / 
es waͤchſet ein ander Gewaͤchſe in ſeinem Gemuͤhte / ein anderer 
Menſch mit anderer Erkantnuͤß / er wird von GOTT gelehret / 
und fichet wie alles Treiben in der Hiftoria ohne Gottes Geiſt 
nur ein verwirret Babeliſch Werd iſt / davon Zanck und Streit in 
eigener Hoffart komt. Denn fie meynen nur Hoffart / und 
ihre Erhoͤhung / ſich in Luͤſten des Fleiſches wol zuergetzen: Sie 
ſind nicht Chriſti Hirten / ſondern ea des ee / 

7 ie 


— 


. 2 Ti) 

44s Appendix: | 
fie haben ſich auff Chriſti Stuhl geſetzet / aber denſelben in dieſe 
Welt gebauet. 

27. Aber Chriſti Reich iſt nicht von dieſer Welt / ſondern ſtehet 
in Krafft / und iſt keine wahre Erkantnuͤß von GOtt in keinem 
Menſchen / er ſey dann in Gott wiedergebohren / auß feinem 
verderbten Suͤnden⸗hauſe / da ſich dan der Grim̃ in die Liebe ver⸗ 
wandelt / und er wird ein Prieſter Gottes im Leben Jeſu Chri⸗ 
ſti / welcher immer ſuchet / was im Himmel in den Wundern 
Gottes iſt: Und iſt der newe Menſch im alten verborgen / nicht 
von dieſer Welt / ſondern im Ternario Sancto, im heiligen Leibe 
Jeſu Chriſti / verſtehe in der Krafft ſeines Leibes. 

28. Denn alſo iſt auch ſein Bund der Tauffe und letzten 
Abendmahls mit uns: Er nahm nicht ſein Fleiſch von ſeiner 
Creatur und gabs den Juͤngern / ſondern den Leib des reinen 
Elements fuͤr GOT / in welchem GOTT wohnet / welcher 
allen Creaturen gegenwaͤrtig iſt / aber in einem andern principio 
ergriffen wird / und gab ihn den Juͤngern unter irꝛdiſchen Brod 
und Weine zu eſſen und zu trincken. Alſo taͤuffet er auch den änfer- 
lichen Menſchen mit irꝛdiſchem Elementiſchen Waſſer / aber den 
innern Newen / mit dem Waſſer im heiligen reinen Element 
ſeines Leibes und Geiſtes / welches Weſen alleine im andern 
principio erſcheinet / und iſt an allen Orten gegenwaͤrtig / aber 
dem dritten Principio, als dem Geiſte dieſer Welt verborgen. 

29. Denn als wir wiſſen / daß unſer Gemuͤhte reichet in dieſe 
gantze Welt / und auch ins Himmelreich zu GOTT; Alſo 
reichet daß Leben des reinen Elements, darinnen die Crea:ur 
Chriſtus, und unſer newer Menſch in Chriſto im andern Prin- 
cipio ſtehet / an alle Ende / und iſt uͤberall voll die Fuͤlle vom 
Leben Chriſti / aber alleine im Element, und nicht in den vier 
Elementen, im Sternen⸗geiſte. 

30. Darumb darffs nicht viel Martereus und ſchweren denckens 
in unſern tieffen Schrifften / wir ſchreiben auß einem andern 
Principio. Es verſtehet uns kein Leſer recht im Grunde / ſein 
Gemuͤhte ſey dann in GOTT gebohren: Es darff keine hifto- 
ziſche Wiſſenſchafft in unſern Schrifften geſucht werden. Denn 
als es nicht muͤglich iſt GOTT zu ſchawen mit irꝛdiſchen Augen / 
alſo iſts auch nicht moͤglich / daß ein unerleuchtetes Gemuͤhte 
Himliſche Gedancken und Sinnen faſſe in das irꝛdiſche Gefaͤſſe / 
es muß nur gleich mit gleichem gefaſſet werden. 

32. Wir tragen ja den Himliſchen Schatz in einem irꝛdenen 
Gefaͤſſe / aber es muß ein Himmliſcher Behalter im Irwiſchen 


verborgen ſeyn / ſonſt wird der Himmliſche nicht ergriffen * 
; erhal⸗ 


‚Appendix. ._ 4 


erhalten. Es darff Niemand dencken / daß er die Lilien des Him⸗ 
liſchen Gewaͤchſes wil mit tieffen Forſchen und Sinnen finden / 
ſo er nicht durch ernſte Buſſe in die Newe⸗gebuhrt tritt / daß ſte 
in ihme ſelber waͤchſet / ſonſt iſt es nur eine Hiſtorie, da fein 
Gemuͤhte den Grund nimmer erfaͤhret / und vermeynet doch / es 
habs ergriffen / aber fein Gemuͤhte machts offenbahr / weßGei⸗ 
3 es ſey. Denn es ſtehet geſchrieben: Sie ſind von Gott 
gelehret. 

32. Wir wiſſen / daß ein jedes Leben ein Fewer iſt / das da 
zehret und muß In m haben / oder erliſchet. So wiſſen wir 
auch / das ein ewig Band des Lebens ſey / da eine Materia iſt / da⸗ 
von das ewige Fewer immer zu zehren hat. Denn das ewige 
Fewer machet ihme dieſelbe Materia zu einer Speiſe ſelber. 

33. So wiſſen wir auch / daß der ewigen Leben zwey in zweyer⸗ 
ley Auaal ſind / und ein jedes ſtehet in feinem Fewer. Eines 
brennet in der Liebe im Frewden⸗ reich / das ander im Zorne / un 
Grimme und Wehe / und feine Mareria iſt Hoffart / Neid / 
Zorn / ſeine Quaal vergleichet ſich einem Schweffel⸗geiſt. Denn 
auffſteigen der Hoffart in Geitz / Neid und Zorn / macht zu⸗ 
ſammen einen Schweffel / darinnen das Fewer brennet / und 
fich immer mit dieſer Materia entzündet. Denn es iſt eine groſſe 
Bitterkeit / in welcher des Lebens Bewegligkeit ſtehet / fo wol 
auch der Auffſchlaͤger des Fewers. ö 

34. Nun wiſſen wir / wie ein jedes Fewer einen Schein und 
Glantz hat / und der gehet in ſich felber auß der Quaal auß / 
und erleuchtet die Materia der Quaal / alſo daß in der Quaal eine 
Erkaͤntnuß / und Verſtand des Weſens ſey / davon ſich ein 
Gemuͤhte mit der Macht urkundet / alſo zu thun und zu faſſen 
einen Willen zu Etwas / und da doch im Urkunde nichts war. 
Und derſelbe Wille gehet in ſich in der Quaal auß / und machet 
ihm eine Freyheit auß der Quaal / und der Wille begehret die 
Freyheit / darinnen zu ſtehen / und hat ſein leben vom Willen im 
Liechte / und lebet in ſich ſelber in der Wonne ohne Quaal / undida. 
er doch im Urkunde in der Augal Grunde ſtehet. 

35. Alſo mein liebes / thewres / fuchendes Gemuͤhte / wiſſe 
und mercke / daß alles Leben auff des Grimmes Abgrunde ſtehet. 
Denn GO nennet ſich auch ein verzehrend Fewer / und auch 
einen GOTT der Liebe / und ſein Name GO T T urkundet in 
der Liebe / da er dan auß der Qugal in ſich ſelber außgehet / und 
machet ihm in ſich ſelber Frewde / Paradeiß und Himmelreich. 

36. Wir haben alleſambt des Zornes und Grimmes Be im 

; rtunde 


448 ‚Appendix: | 
Ubrkunde unſers Lebens / ſonſt wären wir nicht lebendig. Aber 
wir ſollen zu ſehen / und mit GOTT in uns ſelber auß der Auaal 
des Grinimes außgehen / und in uns erbaͤhren die Liebe / fo wird 
unſer Leben Frewde und liebliche Wonne / und ſtehet recht im 


Paradeiß Gottes. So aber unſer Leben im Grimme / als in 


Geitz / Neid / Zorn und Boßheit bleibet / und gehet nicht auß in 


x 
| 
} 


einen andern Willen / fo ſtehets in der aͤngſtlichen Quagal gleich 
allen Teuffelen / in welchem Leben kein guter Gedanck noch 


Wille ſeyn mag / ſondern eine lautere in ſich ſelber Feindung. 


37. Darumb ſeind die zwey Leben / als erſtlich das Leben in 
der Liebe wieder erbohren / und dan 2. das Leben im Urkunde der 


Quaal widereinander / und fo das Leben in der Liebe nicht fein⸗ 
dig iſt / ſo mus ſichs laſſen alſo dorn⸗ſtechen und quetſchen / und 
wird ihme das Creutz auffgeleget zu tragen / unter Gedult der 
Sanftmuht. Uund muß ein Kind Gottes in dieſem Gewaͤchſe 
dieſes Ackers ein Creutz⸗traͤger ſeyn:und zu dem Ende hat Gott 
ein Gerichte und Scheide⸗ tag in ſich beſtimbt / da er wil erndten / 
was in jedem Leben gewachſen iſt / und werden alle Geſtalten 
des ewigen Weſens hiermit offenbahr werden / und muß alles zu 
Gottes Wundertaht ſtehen. 

38 / Darumb O Menſch! ſchawe zu / verderbe dich nicht ſel⸗ 
ber / ſchawe daß du wachſeſt im Acker der Liebe / Saufftmuht und 
Gerechtigkeit / und gehe mit deinem Leben in dir ſelber ein in die 
Sanfftmuth Jeſu Chriſti / in die Wieder gebuhrt zu GOTT / 
fo wirſtu in GoOttes Quaal der Liebe leben: und ſo dan der Acker 
dieſes Gewaͤchſes von dir weggenommen wird / ſo iſt dein Leben 
eine Frucht und Gewaͤchſe Gottes / und wirſt gruͤnen und 
blühen mit einem newen Leibe aus dem reinen und heiligen Ele- 
ment für GOT / im Leben deines thewren Helffers und Erloͤ⸗ 
ſers Jeſu Chriſti / deme ergib dich gantz und gar in dieſem Streit⸗ 
leben / fo wirſtu mit ihme durch feinen Tod und Aufferſtehen 
grünen in einem newen Menſchen vor GOTT. Fiat Amen! 


E N D E. % 


Ver⸗ 


Regiſter. 


Verzeichnuͤß der Capittel dieſes andern Buchs 
von den drey Principiis Goͤttliches Weſens / und 
N was darinnen begriffen. 


D. Je Perfat'on handelt / daß der Men fi fee felliernen 


erkennen / und warumb. 223 ad p. 10. 
Cap. r. 

Vom erſten Principio Goͤttliches Weſcns. Pag. 12 
Cap. 2. 


Vom erſten und andern Principio, was GOT T und die Goͤtt⸗ 
liche Natur ſey / darinnen weitere Erklärung des Sulphuris 


und Mercutii wird beſchrieben. 25 
Die Porte Gottes. 19 
Cap. 3. 
Von der eher und unzehlbahren / silfältigen Außbrei⸗ 
tung oder Gebaͤhrung der ewigen Natur 
Die Porte der geofen Tieffe. 20 
Cap. 4. 


Von der rechten ewigen Natur / das iſt von der ungeftbahren 
oder unendlichen Gebaͤhrung der Gebuhrt des ewigen We⸗ 
ſeus / welches iſt das Weſen aller Weſen / daraus erſtanden / 
gebohren und endlich erſchaffen iſt dieſe Welt mit den Sternen 
und Elementen, und alles was ſich bewegt / webet und 5 

Die offenbahre Porte der groſſen Tieffe. 

He gehe tieffe Porte der H. Dreyfaltigkeit den Kindern 08 


Beschreibung eines Teuffels / wie er in ſeiner eigenen Gestalt 
ſey / und auch in Engels Geſtalt geweſen. ; 43 


Cap. 5. 


Vom dritten principio, oder Erſchaffung der Materialiſchen 
Welt / farıbt den Sternen und Elementen, da dan das erſte 
und andere Principlum klarer verſtanden wird. 46 


Cap. 6 


Regiſter. 


Cap. 6. 
Von der Scheidung in der Schoͤpffung im dritten no 
Pag. 54 
Cap. 7. 


Vom e ſeiner ewigen Gebuhrt und Weſen / und wie die 
Elementa erbohren werden / darinnen dan das ewige Bandt 
durch Anſchawen und Betrachtung der Materialiſchen Welt 
beſſer und mehr verſtanden wird: Die groſſe Tieffe. 50 


Cap. 8. 
Von der Schoͤpffung der Creaturen / und Auffgang aller Ge⸗ 
waͤchſe / fo wohl von den Sternen und Elementen, und Ur⸗ 
kund der Weſen dieſer Welt. a i 


Cap. 9. 


Vom Paradeiß / und dan von aller creatut ĩergaͤngligkeit / 

wie alles ſeinen Anfang und Ende nimbt / und zu waſerley 
Ende es alhier erſchienen iſt. u edle hoch⸗theute Porte der 
Lenk antigen Seele. 82 


Die Porte. a 86 

Die H. Porte. 70 8954 88 

beet ö ne ö rene 
Cap. ro. a 


Von Sıjdaingbes ai und ſeiner EL und vom 
Einblaſen Gotte 


Die liebreiche ae Nn dr 95 
Die tieffe Porte der Seelen. 99 
Die heimliche Porte ve vom Verſuchen des Menſcen, 102 
Die Tieffe. i 1,8058 
Cap. xx. ; 
Von allen Umbſtaͤnden des Verſuchens. 109 
Die Porte Gutes und Boͤſes. 5 113 
Die Tieffe im Centro. 254 


Die Verſuch⸗Porte. 
„ ſtaͤrckſte und müchtigſte Porte des Berta 
am. 


. | Vem 


Regiſter. 


Vom Baum des Erkaͤntnuͤtß Gutes und Bft. Pag. 179 


Cap. 12. 

Die Eröffnung der heiligen Schrifft / die Umbſtaͤnde hoch zu be⸗ 
trachten; die guͤldene Porte / die GOT der letzten Welt 
goͤnnet / in welcher wird grünen die Lilien. 120 

Von Adams Schlafe. 124 

Die Porte der hoͤchſten Tieffe des Lebens von der Tinctur. 126 

9 ihrer Eſſentia und Eigenſchafft / die tieffe Porte des 705 

ens. 

en Tode und Sterben / die Porte des Jammers und &len. 

128 


Ole 3 der Himmliſchen Tinctar, wie fie iſt geweſen in; A⸗ 
zer vorm Falle / und wie ficin uns ſeyn wird nach dieſem Le⸗ 
129 
Cap. z. 
Von Erſchoͤpffung des Weibes aus Adam / die fleiſchliche / 85 
lende und finſtere Porte. 


Die Porte der Tieffe. 1 Ben 
Eine liebliche Porte. 140 
Von der Seelen Fortpflantzung / die edle Porte. 142 
Die Porte unſerer See Fle ich. 146 
Die heimliche Porte der Weiber. 148 
Die Porte der groſſen Muͤhſeeligkeit und des Elendes. 15K 
Weiter in der Base ng. ibid, 
Von des Menſchen e und Fortpflanzung! die ſehr e 
liche Porte. 154 
Die ſtarcke Porte des unauffloͤſlichen Bandes. 156 
Die Porte des Syderifchen oder Sternen⸗Geiſtes. 162 
Die Tieffe im Centto. 164 
Die ſehr hochthewre Porte in der Lilien⸗Wurtzel. 169 
Die Porte Gottes des Vatters. 3 
Die Porte des Sohns Gottes. 176 
Die Wunder ⸗Porte Gottes in der Lilien⸗Roſen. ibid. 
Cap. 5. 

Von Verſtaͤndnuͤß der Ewigkeit in der Zerbrechligkeit der We⸗ 
ſen aller Weſen. 179 


Das 


Regiſter. 


Das beben der Seelen; die Porte. Pag. 183 


Cap. 16. 


Von dem edlen Gemuͤhte / vom Verſtande / Sinnen und Ge⸗ 
dancken / von dem 3 * Geiſte und Willen / und von der 
Tinctur der anneigligkeit / was ein Kind in Mutter Leibe mit 
angebohren wird. Item, Vom Bilde Gottes / und denn auch 

vom Viehiſchen Wilde / und dan vom Bilde der Hoͤllen⸗Ab⸗ 
grund / und Gleichnuͤß des Teuffels / in dem einigen Men⸗ 
ſchen zu erkennen und zu finden: Die edle Porte der theuren 

Jungfrawen / und auch die Porte der Frawen dieſer Welt / 
gar hoch zu betrachten. 198 

Die Porteder Sprache. 203 

Die Porte des Unterſcheids zwiſchen Menſchen und Then 


Cap. 17. 


Von dem erſchrecklichen / klaͤglichen und elenden Falle Adams 
und Heva im Paradeiß / der Menſchen Spiegel. 215 

Die Porte des groſſen Jammers und Elendes der Menſchen. 222 

Dir Porte der groſſen Sünden und Wider⸗willen wider 44 — 4 
durch den Menfchen.: 

Von der Stimme Gottes im Garteni in Eden zwiſchen Gor x 
und den zween Menſchen / das Geſpraͤch von der Sünden. 237 

Die allerholdſeligſte und liebreichſte Porte von der Verheiſſung 
des Schlangen⸗tretters / hoch zu betrachten. 2 25 

Die Porte der Erloͤſung. 

Die Porte der Menſchwerdung Jeſu Chriſti des Sohns 89 
tes / die ſtarcken Glaubens Articul der Chriſten. 244 


Cap. 18. | 


Vom verheiffenen Weibes⸗ Saamen und Schlangen⸗Tretter / 
und vom Außgange Adams und Hevaͤ außm Paradeiß oder 
Garten in Eden: Item, Vom Fluch Gottes / wie er die Ei 
den verfluchete umb der Menſchen Suͤnde willen. 45 

re ee Porte der Menſchwerdung Jeſu Chriſti des Seins 

ttes 
Von den dreyen Regionen der Menſchwerdung der Bildung 
des Herin Jeſu Chriſti. 257 

Der Unterſcheid zwiſchen der Jungfrawen N und en. 

ohne 


Degifter. 4 


Sohne Jeſu Chriſto / die ernſte und gerechte Porte der Chriſt⸗ 
lichen Religion und Glaubens ⸗Articul / ernſtlich zu betrach⸗ 
ten umb des Menſchen Seeligkeit willen / auch umb aller Ke⸗ 
tzer und Schwaͤtzer Fund und Meynung willen / von wegen 
der verwirꝛten Babel des Antichtiſts: Die hoch⸗tieffe Porte 
der Morgen⸗ roͤthe und Tages⸗Auffgang in der Wurtzel der Li⸗ 
lien. Pag. 260 
Vom Fegefewer. 270 
Cap. 19. 


Vom Eingange der Seelen zu GOTT / und Eingange der Gott⸗ 

loſen Seelen ins Verderben. Die Porte des Leibes Zerbrechung 
von der Seelen. ö 272 
Vom Außfahren der Seelen. i 276 
Die ernſte Porte vom Fegeſewer. 285 
Die rechte Porte des Einganzs in Himmel oder Höllen. 287 


Cap. 10. 

Vom Außgange Adams und Heraͤaußm Paradeiß / und vom 
Eingange in dieſe Welt / und dan von der rechten Chriſtlichen 
Kirchen auff Erden / und von der Antichriſtiſchen Cainiſchen 
Kirchen. 289 

Von Adams und Hevaͤ Außſtoſſung außm Paradeiß des Gars 
tens in Eden. 5 299 

Die Porte der Myſterien. 301 

Von dem frommen gerechten Habel / die Porte der Chriſtlichen 
Kirchen. 305 

Die Suͤnde wacht n Cain auff. 311 

Cap. 21. 

Von dem Cainiſchen und dan auch Habeliſchen Reiche / wie bey⸗ 
de ineinander ſind / auch von ihrem Urkunde / Auffgange / We⸗ 
ſen und Trieb / und dan von ihrem endlichen Außgange. Item, 
von der Cainiſchen Antichriſtiſchen Kirchen / und dan auch 
von der Habeliſchen rechten Chriſtlichen Kirchen / wie dieſe 
beyde ineinander ſind / und gar ſchwer zu erkennen ſind: Item, 
von den mancherley Kuͤnſten / Staͤnden und Ordnungen die⸗ 
fer Welt: Item, vom Regenten⸗ambt und feinen Untertha⸗ 
nen / wie in allem eine Goͤttliche und gute Ordnung / und 
dan auch eine falſche / boͤſe und Teufliſche / da man die Goͤtt⸗ 
liche Fuͤrſichtigkeit in allen Dingen ſpuͤret / und des Teu⸗ 
fels Trug / Liſt und Bosheit / auch an allen Dingen. 320 

om 


Regiſter. 
Bom Antichriſtiſchen Reiche / der Quell⸗brunn. Pag. 326 


Vom Reiche Chriſti in dieſer Welt. 329 
Die ritterliche Porte der armen Seelen. 333 
Cap. 22. 


Von der Newen Wieder⸗gebuhrt in Chriſto aus dem alten Ada⸗ 
miſchen Menſchen / die Blume des heiligen Gewaͤchſes / die 


edle Porte der rechten wahren Chriſtenheit. 336 
Die Porte Emanuels. f 343 
Von dem thewren Namen Emanuels. 355 
Von der Tauffe Chriſti auff Erden im Jordan. 357 
Von der Verſuchung Chriſti. 359 

Cap. 23. 


Von Chriſti hochwuͤrdigen Teſtamonten / als von der Tauffe und 
feinem letzten Abendmahl am gruͤnen Donnerstage zu Abend 
mit ſeinen Juͤngern gehalten / welches er uns zu einer Letze ge⸗ 


laſſen / die aller⸗Eedelſte Porte der Chriſtenheit. 363 
Von dem Gebrauch der hochwuͤrdigen Teſtamenten Chriſti des 
Sohns Gottes. 372 

5 Cap. 24. er 


Von rechter wahrer Buſſe / wie der arme Sünder zu GOTT in 
ſeinen Bund tretten und ſeiner Suͤnden kan loß werden: Die 
Porte der Rechtfertigung des Suͤnders vor GOTT. 378 

Vom Weege des Einganges. 387 


Cap. 25. — 


Vom Leiden / Sterben / Tod und Aufferſtehung Jeſu Chriſti 
des Sohnes Gottes / auch von feiner Himmelfahrt / und ſit⸗ 
zen zur Rechten Gottes feines Vatters: die Porte unſers E⸗ 
lendes / und dan die ſtarcke Porte der Goͤttlichen Krafft. 390 

Die gantz erſchroͤckliche Wunder⸗Porte der Menſchen Suͤn⸗ 


den. f a 395 
Die Porte der groſſen Geheimnuͤß. 40 
Die andere Porte vom Leiden Chriſti. 403 
Die Porte des armen Suͤnders. 407 
Von Chriſti Ruhe im Grabe. 408 
Von Chriſti Aufferſtehung außm Grabe. 410 
Von der Himmelfahrt Chriſti. 416 


Cap. 


Regiſter. 
a Cap. 26. . 

Vom Pfingſt⸗feſt / von der Sendung des H. Geiſts feinen Apoſt⸗ 
len und Glaͤubigen / die H. Porte von der Goͤttlichen Krafft. 


| | Pag. 4ı 
Die Porte zu Babel. 8 . 


Cap. 27. 


Vom Juͤngſten Gerichte und Aufferſtehung der Todten / und e⸗ 
wigen Leben / die ſehr ſchroͤckliche Porte der Gottloſen / und 
auch die frewdenreiche Porte der Heiligen. 429 
Rechter Unterricht der verwirreten Babel / zu Troſt den Suchen⸗ 
5 und Entgegen⸗ſatz wider den Spoͤtter / zu einem Zeug⸗ 
nüß. a 435 
Appendix dieſes Buchs. A 439 


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