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CT
1030
y^H-
BIOGRAPHISCHES JAHRBUCH
***** UND *****
DEUTSCHER NEKROLOG
VERLAG VON GEORG REIMER, BERUN
«?J»»»^€^4- 1900. -f^^^^^fS^f
„-^5:^»^*
BIOGRAPHISCHES JAHRBUCH
UND
DEUTSCHER NEKROLOG
UNTER STÄNDIGER MITWIRKUNG
VON
F. V. BEZOLÜ, ALOIS BRANDL, AUGUST FOURNIER, ADOLF FREY, HEINRICH
FRIEDJUNG, LUDWIG GEIGER, KARL GLOSSY, SIGMUND GÜNTHER.
EUGEN GUGLIA, OTTOKAR LORENZ, JACOB MINOR, FRIEDRICH RATZEL,
PAUL SCHLENTHER, ERICH SCHMIDT, ANTON E. SCHÖNBACH U. A.
HERAUSGEGEBEN
VON
ANTON BETTELHEIM.
IV. BAND
MIT DEM BILUNISS VON ROBERT WILHELM BUNSEN
IN HELIOORAVÜHE.
BERLIN.
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1900.
Vorrede.
Wiederum hat der Herausgeber mit Dank und Genugthuung wohl-
wollender Förderung durch seine Mitarbeiter zu gedenken. Deutsche,
österreichische und schweizerische Staatsmänner Caprivi, Bamberger,
Simson, Graf Hohenwart, Graf Rechberg und Bundespräsident
Welti haben in Alexander Meyer, Heinrich Friedjung, Dr. Hans
Weber und Anderen berufenste Biographen gefunden. Das Referat
für deutsche Soldaten hat Oberst v. Fr o bei übernommen. Den Nekrolog
ßunsens hat uns einer seiner Schüler, Professor Richard Meyer in
Braunschweig, den Nachruf für Oskar Baumann Friedrich Ratzel
geschenkt. Eine würdige Charakteristik von Anna v. Helmholt z
stammt aus der Feder von Professor R. Wachsmuth (Rostock). Karl
Du Prel's Lebenslauf und Lebensarbeit schildert sein Freund Alfred
Freiherr v. Mensi. Und auch sonst ist diesem Bande die Gunst alter
und neuer, der Fach- und Landes-Referenten in so reichem Maasse zu
Theil geworden, dass er sich neben den vorangegangenen wohl sehen
lassen darf.
Die Todtenliste für das Berichtsjahr 1899 hat Herr Dr. CarlHuffnagl
rechtzeitig druckfertig gestellt; sie ergänzt den Nekrolog vom i. Januar
bis 31. December 1899 in allen Fällen, in denen ein ausführlicher Nachruf
nicht oder noch nicht zu erreichen war. Herr Dr. Georg Wolff ist
mit der Todtenliste für 1897 zur Stelle. Die Todtenliste für 1898 hat
er dagegen zum grossen Leidwesen des Verlegers und des Herausgebers
trotz allem Zuwarten nicht mehr vor dem Erscheinen dieses IV. Bandes
der Druckerei zu Gebote stellen können.
Damit senden wir diesen Jahrgang in die Welt und geben ihm als
Geleitspruch die tiefsinnigen Worte der Gräfin in Marie v. Ebner-
Eschenbachs Erzählung »Ihr Traum« mit auf den Weg:
IV Vorrede.
»Ich habe die Meinen nicht begraben. Nur ihren Staub. Die Seelen, die ihn be-
lebten, wohnen weit. . . Aber sie kommen — aus lichten Bereichen kommen, kraft ihrer
unsterblichen Liebe, meine Kinder zu mir. Ich fühle, — wie oft! ihre beglückende Nähe.
— Und wenn ich durchs Haus gehe, durch den Garten, aufs Dorf, scheinbar allein, ich
bin es nicht — meine Todten gehen mit.«
Wien, 14. November 1900.
Anton Bettelheim.
Inhalt.
Seite.
Vorrede III
Deutscher Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1899 i
Ergänzungen und Nachträge zum »Deutschen Nekrolog von
1898« 326
I. Alphabetisches Namenverzeichniss zum Deutschen Nekrolog
vom I. Januar bis 31. December 1899 342
IL Alphabetisches Namenverzeichniss der Ergänzungen und
Nachträge zum Deutschen Nekrolog von 1898 348
Todtenliste 1897 i*— 116*
Erklärung der Abkürzungen 117* — 122*
Todtenliste 1899 . 123* — 190*
Nachtrag zur Todtenliste 1899 191*— 192*
DEUTSCHER NEKROLOG
VOM I. JANUAR BIS 3i. DECEMBER
i899.
Homo liber de nulla re minus, quam
de morte cogitat et ejus sapientia non
mortis, sed vitae meditatio est.
Spinoza. Ethices pan IV. Propos.
LXVII.
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
Deutscher Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1899.
Caprivi, Georg Leo, Graf von, * 24. Februar 1831 zu Charlottenburg,
f 6. Februar 1899 zu Skyren bei Crossen, General und deutscher Reichs-
kanzler.
Der älteste bekannte Ahnherr war Andreas Kopriva, in Krain ansässig.
Kin Zusammenhang der Familie mit dem italienischen Adelsgeschlecht der
Caprava, die wiederum mit den Montecucoli mehrfach verwandt waren, ist
nicht nachweisbar, so weit verbreitet die Legende auch ist.
Leo von C. hat jede Anspielung auf diese Verwandtschaft nur mit
Lächeln behandelt. Die Söhne von Andreas Kopriva wurden 1653 in den
rittermässigen Adelstand des heiligen Römischen Reichs und später in den '
ungarischen Freihermstand erhoben. Ein Enkel eines dieser Söhne war
Julius Leopold von Kopriva, und wurde nach seiner Mutter, einem gebomen
Fräulein von Unruh aus dem Hause Nieder-Ulrichsdorf in der evangelischen
Religion erzogen. Schon sein Vater hatte sich in Schlesien ansässig gemacht
und so wurde er durch den Ausgang der schlesischen Kriege preussischer
Unterthan. Er nahm zuerst den Namen von Caprivi an und von ihm stammen
eine Anzahl von preussischen Officieren und höherer Staatsbeamten, die unter
diesem Namen bekannt geworden sind.
Einer seiner Enkel war Julius Eduard v. C, geboren 10. September 1797,
gestorben 25. Dezember 1865 als Obertribunalsrat, Mitglied des Herrenhauses
und Preussischer Kronsyndikus. Er machte sich in den Jahren nach 1848
dadurch bekannt, dass er als Vorsitzender von Schwurgerichten in politischen
Processen eine sehr energische Haltung an den Tag legte und sich gefürchtet
machte. Verheiratet war er mit einer bürgerlichen Dame, Emilie Charlotte,
aus der Gelehrtenfamilie Köpke.
Das älteste von seinen fünf Kindern war der spätere Reichskanzler. Der
Erziehung dieser Kinder hat er grosse Sorgfalt gewidmet. So veranlasste er
den mathematischen Lehrer Dr. Runge, seinem Sohne Leo Privatunterricht
zu ertheilen, obwohl Runge lange widerstand, weil der Schüler der Nach-
hülfe nicht bedürftig sei. Der Vater erwiderte darauf, sein Sohn solle ein
wissenschaftlicher Officier werden und nicht mit den herkömmlichen
Kenntnissen sich begnügen. Und er setzte seinen Willen durch.
I*
4 Graf Caprivi.
Leo V. C. durchlief das Werdersche Gymnasium in Berlin, von dem er
Ostern 1849 ^^^ Abiturient entlassen wurde. Er war jederzeit ein guter
Schüler, der über Betragen, Fleiss und Leistungen gute Zeugnisse erhielt.
Und zwar in allen Lehrgegenständen gleichmiissig. Er löste jede mathematische
Auigabe selbständig und schlug sich selbständig durch schwierige Constructioncn
des Tacitus durch. Er kannte jede Pflanze und jeden Käfer der Heimat und
war sicher in historischen Jahreszahlen. Trotzdem hat er sich nie durch be-
sonders hervorragende Leistungen ausgezeichnet und es lag ihm auch fern,
sich um die Gunst der Lehrer zu bemühen. Das Horoskop, das ihm seine
Lehrer wahrscheinlich und seine Mitschüler gewiss ausgestellt haben, lautete
dahin, dass er ein tüchtiger Mann werden würde in jedem Berufe, den er
wählte, aber dass er es nicht zu europäischem Ruhme bringen würde.
Im Verkehr mit seinen Mitschülern war er heiter, freundlich und wahr-
haft gegen Jedermann, vorsichtig in der Auswahl derer, denen er sich näher
anschloss. Früh hat er eine grosse Sicherheit in der Lebensführung an den
Tag gelegt, wie sie Jedem wünschenswerth, dem Officier aber vor Allen noth-
wendig ist und für diesen Beruf hatte er sich früh entschieden.
Das Jahr 1848 brachte eine lebhafte Bewegung auch in die Primanerklassen
der Gymnasien. Man hatte nicht umsonst verbotene Schriften gelesen. Eine
grosse Anzahl hatten ihre Stellung gewählt; sie waren Demokraten. Freilich
traten ihnen andere gegenüber, die sich als »Reaktionäre« bekannten. C. wich
diesen Erörterungen aus. Er konnte ziemlich spöttisch darein sehen, wenn
sich die Köpfe erhitzten. Für die concreten politischen Fragen, welche den
Tag bewegten, hatte er gar kein Interesse. Aber ihm waren die politischen
Bewegungen jener Zeit ein Abfall von der Treue gegen den König und er
hatte die feste Ueberzeugung, die Macht des Königthums würde in vollem
Umfange wieder aufgerichtet werden.
So wenig wie seine politischen hat er seine kirchlichen Ueberzeugungcn
zur Schau getragen oder gar Anderen aufgedrängt. Er verschloss eine schlichte
evangelische Frömmigkeit im tiefsten Herzen. An frömmelnden Gesprächen
hat er so wenig Freude gehabt, wie an dogmatischem Gezänk.
Nach beendigtem Abiturientenexamen trat er als »Avantageur«, nach
dem Sprachgebrauch anderer Länder als Bewerber um eine Offizierstelle
beim Kaiser-Franz- Garde- Grenadier-Regiment ein. Verfasser erinnert sich,
von mehreren älteren Offizieren damals das Unheil gehört zu haben, C. sei
ein »charmanter Officier«. Er hatte eine gründliche Bildung, eine stattliche
Figur, eine schallende Kommandostimme, war von gutem Adel und von
warmem Eifer für seinen Beruf erfüllt. Es giebt keinen Regimentskomman-
deur, der sich über einen solchen Anwärter nicht freuen würde.
Selbstverständlich war es, dass ein Mann von seinen Kenntnissen zum Besuch
der Kriegsakademie zugelassen werden würde und er hat hier denselben Fleiss
entwickelt, wie einst auf dem (jymnasium, wenn es ihm auch unbecjuem war,
die Schulbank drücken zu müssen. Nun eröffnete sich ihm die Generalstabs-
carriere, die ein schnelleres Avancement mit sich bringt. Er wurde 1861 in den
(ieneralstab versetzt und dann immer nur auf kurze Zeit, wenn ihm eine Be-
förderung bevorstand, zum Dienst in der Front befohlen. Den Krieg von 1866
hatte er als Major im Stabe der Ersten Armee mitgemacht; der Krieg von 1870
traf ihn als Oberstleutnant und Chef des Generalstabs des zehnten Armeecorps.
Zwei Tage sind es, die ihm besonderen Ruhm eingebracht haben, der Tag von
Vionville, 16. Augu.st und der Tag von Beaune-la-Rolandc, 28. November.
Graf Caprivi. c
Am 15. und dem Morgen des 16. August war man bei dem deutschen
Oberkommando und bei dem Kommando der unter dem Befehl des Prinzen
Friedrich Karl stehenden zweiten Armee der Ansicht, dass es vor Metz und
an der Mosel nicht mehr zu ernsten Kämpfen kommen werde. Man kannte
tue politischen Gründe nicht, die den Marschall Bazaine bestimmten, an Metz
festzuhalten und setzte voraus, er habe das gethan, was man aus militärischen
(»runden für ihn richtig hielt, nach Verdun abzumarschieren. Demgemäss
w^urden die Marschbefehle ausgefertigt und das zehnte Corps hatte den Befehl
nach Verdun abzumarschieren.
C, dem bei dem kränklichen Gesundheitszustande des kommandierenden
Generals von Voigts-Rhetz eine grosse Verantwortlichkeit für die Operationen
zufiel, hatte die Ueberzeugung, dass die Ansicht des Oberkommandos eine
irrige sei. Er war überzeugt, dass er Bazaine noch vor sich habe, und ein
vielbesprochener Rekognoscierungsritt, den er unternahm, bestärkte ihn in
seiner Anschauung. Er musste allerdings dem erhaltenen Befehle Folge leisten,
traf aber doch seine Dispositionen so, dass er im Nothfalle sein ganzes Corps
wieder bei Vionville vereinigen konnte. Dieser Fall trat ein. Das dritte
Armeecorps unter General von Alvensleben war mit dem Gegner zusammen-
getroffen und hatte gegen dessen überlegene Kräfte einen schweren Stand.
Als man beim zehnten Armeekorps den Kanonendonner hörte, erhielten
die nachrückenden Kolonnen den Befehl, auf Vionville zurückzukehren und
dem dritten Armeekorps Hülfe zu bringen. Diese Hülfe war wirksam; die
deutsche Armee konnte das Schlachtfeld behaupten. Der Glanz der Waffenthat
gebührt dem Grafen iVlvensleben ; aber dass der Erfolg der Waffenthat nicht
wieder verloren ging, ist C. zu danken. Es handelte sich an dem ganzen Tage
um eine Aufgabe der Defensive, aber dass die Defensive so wie geschehen
durchgeführt werden konnte, war entscheidend fiir den Ausgang des Krieges.
Bei Beaune-la-Rolande lagen die Verhältnisse umgekehrt; hier hatte das
zehnte Armeekorps den Kampf mit einem an Zahl überlegenen Gegner aus-
zuhalten, bis eine Division des dritten Armeekorps ihm zu Hülfe kam. Hier
nun war C. derjenige, der, als sein vorgesetzter General die Befehle zum
Rückzuge geben wollte, zum Ausharren rieth.
C. kehrte zurück mit dem Rufe eines Officiers, dessen bisherige Leistungen
zu grossen Erwartungen für seine Zukunft berechtigten. Erst später, als seine
staatsmännische Thätigkeit ihm Feinde erweckt hatte, fing man an, auch an
seinen militärischen Leistungen zu mäkeln. Man berief sich darauf, dass an-
geblich Moltke zu ihm in einem kühlen Verhältnisse gestanden hat und sogar
ihn als ungeeignet bezeichnet haben soll, sein Nachfolger als Chef des General-
stabs zu werden.
Die Aufgaben, die ihm gestellt waren, hat C. befriedigend gelöst; dass
ihm niemals eine Aufgabe ersten Ranges gestellt worden ist, ist für ihn kein
Vorwurf. Ob sich, wenn ihm solche Aufgaben gestellt worden wären,
Schranken seiner Begabung gezeigt haben würden, kann Niemand wissen.
Sein Ehrgeiz war übrigens eben so wenig darauf gerichtet, Moltkes als
Bismarcks Nachfolger zu werden. Wenn er sich seine Laufbahn nach seinen
Wünschen hätte gestalten können, so wäre er vielleicht Roons Nachfolger
geworden. Es war ihm aber nur beschieden, im Kriegministerium einige
Jahre als Chef einer Abtheilung zuzubringen, die mit minder wichtigen Ge-
schäften beauftragt war. Im Jahre 1877 wurde er Generalmajor, 1878
Brigadekommandeur, 1882 Generalieutenant und Divisionskommandeur.
5 Graf Caprivi.
Inzwischen hatte er auch Bismarcks Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Als nach den beiden Mordversuchen gegen Kaiser Wilhelm von der Möglich-
keit gesprochen wurde, dass man Empörung zu bekämpfen haben werde und
einen General suchen müsse, der in Blut waten könne, soll Bismarck C. als
den geeigneten »Troupier« bezeichnet haben. Es ist zum Glück nicht dahin
gekommen; C. würde sich schwerlich einem Befehle entzogen haben, allein
ein solcher Befehl wäre ihm tief schmerzlich gewesen.
Aber ein anderer Auftrag wurde ihm zu Theil. Als General von Stosch,
der eigentliche Schöpfer der deutschen Marine, seinen Abschied erhielt, wurde
C. sein Nachfolger als Chef der Admiralität. Dieses Amtes hat er vom März
1883 ^is 26. Juni 1888 gewaltet. Er hat hier organisatorische GeschickHchkeit
und Nüchternheit an den Tag gelegt. Er entwickelte das l'orpedowesen,
traf Vorbereitungen zur schnelleren Mobilmachung der Flotte und vertrat den
Marine-Etat mit Umsicht. Er drang in die technischen Einzelheiten des ihm
fremden Fachs ein.
Das Streben, die Flotte erheblich zu vergrössern, lag ihm fern. Er hielt
dafür, dass die Aufrechterhaltung einer starken Kriegsflotte neben einem
starken Heere unmöglich sei. Den Schutz der deutschen Küsten wollte er
zum grossen Theile von permanenten Anlagen erwarten. Die Vervollkomm-
nung der Torpedo-Divisionen lag ihm besonders am Herzen, auch soll er
schon 1885 den Erwerb von Helgoland in das Auge gefasst haben, der ihm
später gelang. Die spätere Entwicklung zeigt, dass die Absichten des Kaisers
schon damals seinen Anschauungen entgegen gestanden haben müssen. Dass
er seine Entlassung forderte, ist um so begreiflicher, als ohnehin der Augen-
blick gekommen war, wo die Flotte einen Fachmann an ihrer Spitze haben
musste. Kaiser Wilhelm II. stellte ihm, als er ihn entliess, folgendes Zeugniss
aus: »Sie haben in den fünf Jahren Ihrer Kommandoführung die Fortentwicke-
lung der Marine in hohem Grade gefördert. Sie haben ihre Organisation mit
nicht genug anzuerkennender persönlicher Hingabe durch Instruction und Be-
stimmungen vervollständigt, die ein andauernder Schutz für die Marine bleiben
werden, wobei ich Ihrer hohen Verdienste um die Förderung des zu immer
höherer Bedeutung gelangenden Torpedowesens noch besonders gedenke. Sie haben
es verstanden, Ihr militärisches Wissen und Können dem Officierkorps der Marine
in hohem Grade nutzbar zu machen und Sie haben wahrhaft wohlthätig auf
den Kernpunkt aller militärischen Dinge — auf den Sinn des Officierkorps
eingewirkt. Das sichert Ihrem Namen für alle Zeiten eine Ehrenstelle in der
Marine.«
Er wurde zum General der Infanterie und zum commandirenden General
des zehnten Armeecorps ernannt, desselben Corps, dem er während des
französischen Krieges als Generalstabschef angehört hatte. In dieser Stellung
verblieb er, bis ihn am 20. März 1890 der Ruf traf, der Nachfolger des
Fürsten Bismarck, der zweite Kanzler des deutschen Reiches und zugleich
Ministerpräsident von Preussen zu werden.
Das Ziel seines Ehrgeizes war es nie gewesen, diese Stellung einzunehmen.
Wiederholt hatte er sich dahin geäussert, dass derjenige, der Nachfolger
Bismarcks oder Moltkes werden würde, mit unabsehbaren Schwierigkeiten zu
ringen haben würde. Aber auf der anderen Seite sagte er sich, dass jeder
Andere mit den gleichen Schwierigkeiten zu ringen haben würde, wie er. Er
hielt es für seine Pflicht, den Befehl seines Souverains, der ihm diese Stellung
antrug, zu befolgen. Spöttische Vergleichungen zwischen seinem grossen
Graf Caprivi. y
Vorgänger und dem Nachfolger waren nicht zu umgehen. Aber welcher
Nachfolger des Fürsten Bismarck hätte solchen Vergleichen entgehen können.
Und ein Nachfolger musste doch gefunden werden; er hätte in dem Falle
gefunden werden müssen, dass Bismarck durch den Tod aus seinem Amte
abberufen worden wäre. Er musste auch jetzt gefunden werden, wo die
Stelle in anderer Weise zur Erledigung gekommen war.
Er vermied Alles, was zu solchen Vergleichungen hätte herausfordern
können. »Unter mir wird die Politik langweilig werden,« war eines der
ersten Worte, die er im Privatleben sprach. Er vermied es, bei den
parlamentarischen Abenden, zu denen er einlud, politische Gespräche zu
fuhren, die am folgenden Tage von den Zeitungen commentirt und vom Tele-
graphen verbreitet wurden. Er vermied es, in seinen parlamentarischen Reden
grosse Perspectiven zu zeichnen. So oft er im Parlament sprach, war er so
knapp und sachlich als möglich.
Fürst Bismarck hat ihm einen Vorwurf gemacht, der ihn eben so
schmerzlich getroffen haben muss, als er ungerecht war. Er hat in Privat-
gesprächen behauptet, C. habe ihn zu eiliger Räumung des Ministerhotels
gedrängt, und dabei seien ihm werthvolle Besitzthümer verloren gegangen.
Den Fürsten Bismarck muss hier sein Gedächtniss getäuscht haben. C. war
im Privatleben der anspruchsloseste Mensch, den man sich denken kann. Er
ist zeitlebens Junggeselle geblieben. Seine Privatbedürfnisse waren von
spartanischer Einfachheit. Er nahm sein Gehalt nie selbst in die Hand,
sondern sein Adjutant musste dafür sorgen, dass es ausreichte, aber auch dass
es in sachlicher Weise verbraucht würde. Von dem grossen Ministerhotel
hat er einen Theil nie in Gebrauch genommen, und er hätte sich, wie in den
ersten Tagen seiner Kanzlerschaft, mit einem Zimmer im Gasthofe beholfen,
bis Fürst Bismarck seinen Umzug bewerkstelligte. Es ist wohl begreiflich,
dass Bismarck selbst, nachdem er entlassen worden war, eilte, das Haus und
die Stadt zu verlassen.
Am 15. April trat er zum ersten Male in seiner neuen Eigenschaft vor das
Abgeordnetenhaus. Seine kurze Programmrede betonte zunächst, wie sehr er die
Schwierigkeit empfinde, einen Mann wie den Fürsten Bismarck zu ersetzen. In-
dessen hege er einen unverwüstlichen Glauben an die Zukunft des preussischen
Staats und des deutschen Reichs und sei überzeugt, das Gebäude sei hin-
reichend fest gefügt, um jetzt der stützenden Hand seines Urhebers entbehren zu
können, zumal die Person des jungen Kaisers schon bedeutungsvoll in den Vorder-
grund getreten. Er bestätigte eine Aeusserung des Kaisers, der Curs werde
der alte bleiben und erwarb hierdurch den Beifall der Conservativen. Diese
Aeusserung war insofern selbstverständlich, als in Preussen noch nie eine
neue Regierung mit der Erklärung ihr Amt angetreten hat und auch wohl
niemals antreten wird, sie wolle mit der Vergangenheit brechen. Aber diesem
Satze folgte ein Anderer, der dem neuen Minister den Beifall der Linken
erwarb; die Regierung werde das Gute nehmen, wo sie es finde. Das hiess
mit anderen Worten, sie werde auch Vorschlägen der liberalen Parteien, sofern
sie sie billige, ihre Zustimmung nicht versagen.
Der Landtag ging bald darauf auseinander. Als er wieder zusammen-
trat, legte C. ihm ein Bündel von neuen Gesetzen vor. Sie betrafen:
1. eine Landgemeindeordnung;
2. eine Finanzreform, die sich aus folgenden Bestand theilen zusammen-
g Graf Caprivi.
setzte : a) Einkommensteuer, b) Erbschaftssteuer, c) Ueberweisung von
Beträgen an die CommunaJverbände, d) Gewerbesteuer;
i. ein Gesetz über die öffentliche Volksschule.
Das Programm war ein vortreffliches. In allen drei Beziehungen handelte
es sich um Gegenstände, bei denen das Bedürfniss einer Reform seit langer
Zeit anerkannt, aber unbefriedigt geblieben war. Es handelte sich in der
That nicht um eine Aenderung des Curses, sondern lediglich um ein Fort-
schreiten, nachdem in den letzten Regierungsjahren Bismarcks unverkennbar
eine Stagnation eingetreten war.
Der Erlass einer Landgemeindeordnung war der Abschluss einer
Reform, die neunzig Jahre früher begonnen worden war. Unmittelbar nach
der verhängnissvollen Schlacht von Jena hatte der Freiherr von Stein mit
kühnem Griffe eine Städteordnung in das Leben gerufen, welche die Umgestaltung
der übrigen communalen Körperschaften im Gefolge haben sollte. Aber der
Freiherr von Stein musste bald vom Platze weichen und seine Nachfolger
setzten sein Werk nicht fort. Die Art, wie im Jahre 1823 die Provinzial-
stände neu organisirt wurden, war nicht ein Abschluss, sondern die Ver-
läugnung der liberalen Reform. Der Versuch des Jahres 1 848, eine Gemeinde-
ordnung zu schaffen, endete damit, dass dieses Gesetz aufgehoben wurde,
bevor es durchgeführt war. Die neue Aera von 1859 crl^annte die Noth-
wendigkeit, etwas zu thun, konnte aber nicht von der Stelle kommen. End-
lich machte sich im Jahre 1872 Graf Friedrich Eulenburg an das Werk, eine
Kreisordnung zu schaffen. Unter seinen Nachfolgern Graf Botho Eulenburg
und dem streng conservativen von Puttkammer folgten Provinzialordnungen,
Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ein Gesetz über die allgemeine
Staatsverwaltung. Alles dies beruhte auf streng conservativen Grundlagen,
aber allmählich waren doch die anstössigsten Rechte der alten Ordnung
beseitigt worden, nämlich die patrimoniale Gerichtsbarkeit, die patrimoniale
Polizei und die Stellung der Rittergutsbesitzer als geborner Mitglieder der
Kreistage.
Aber eine Landgemeindeordnung fehlte noch immer. Dieselbe war
dringend nothwendig, um zw^ei Postulate durchzuführen, die Schaffung einer
gewählten Vertretung in jeder Landgemeinde und die Möglichkeit, die selb-
ständigen Gutsbezirke, welche in den östlichen Provinzen einen grossen Raum
einnahmen und die Entwicklung des communalen Lebens lahm legten,
wenigstens dort aufzuheben, wo das Bedürfniss es dringend erforderte.
Die Ausführung war in die Hände des Ministers des Innern Herrfurth
gelegt, eines Mannes, der den Kreisen des grundbesitzenden Adels nicht an-
gehörte, sondern aus dem altpreussischen Beamtenthum hervorgegangen war,
der conservativ genug gesinnt war, um radikale Umgestaltungen der bestehen-
den Verhältnisse nicht vorzunehmen, aber doch liberal genug war, um mit
unhaltbar gewordenen Einrichtungen aufzuräumen.
Diese Landgemeindeordnung erregte den hellen Zorn des Junkerthums
gegen C. und Herrfurth. Anfänglich schien es entschlossen, den Entwurf
geändert abzulehnen, aber da es sah, dass es sich einem unbeugsamen Willen
der Krone gegenüber befand, so begnügte es sich damit, Abänderungen
durchzusetzen. Das Gesetz kam in einer Form zu Stande, die viele Wünsche
unbefriedigt Hess, aber doch den Trost rechtfertigte, dass man um einen guten
Schritt vorwärts gekommen sei.
Eine Revision der Gesetzgebung über die directen Steuern war
Graf Caprivi. o
seit langer Zeit ein Lieblingsgedanke des Fürsten Bismarck gewesen, nur war
er mit demselben nicht vorwärts gekommen, einerseits, weil ihm stets andere
Pläne mehr am Herzen lagen und andererseits, weil ihm die geschickten
Hände fehlten, die ihn hätten unterstützen können. Es handelte sich darum,
die schwächeren Schultern zu entlasten, die kräftigeren stärker heranzuziehen.
Als Mittel sollte die Einführung der Selbstdeclaration dienen. Die Ausführung
lag jetzt in den Händen des überaus gewandten Finanzministers von Miquel,
der wenige Monate nach C. in sein Amt berufen war. Das Werk gelang,
man darf sagen, zur Zufriedenheit aller Parteien; dass das Erbschaftssteuer-
gesetz abgelehnt wurde, konnte kaum als eine Niederlage der Regierung
gedeutet werden gegenüber der Fülle dessen, was sie durchgesetzt hatte.
Schiffbruch erlitt dagegen C. mit der dritten der Vorlagen, die er zu
einem Bündel vereinigt hatte, mit dem Volksschulgesetz. Die Preussische
Verfassungsurkunde hatte vorgeschrieben, dass das gesammte Unterrichtswesen
durch ein Gesetz geordnet werden soll. In vierzig Jahren war nur zweimal
ein Anlauf genommen worden, diese Verheissung zu erfüllen, doch
waren schon die ersten Schritte auf Hindernisse gestossen. Das preussische
Unterrichtswesen ruhte auf sehr unsicheren gesetzlichen Grundlagen; jeder
Nachfolger konnte die Anordnungen, die sein Vorgänger getroffen hatte, auf
dem Verwaltungswege mit Leichtigkeit umstossen. Der Versuch, gesetzliche
Grundlagen zu schaffen, w^ar an sich sehr verdienstlich, auch wenn er sich
zunächst auf das Volksschulwesen beschränkte.
Unterrichtsminister war Herr von Gossler, ein Mann von politisch und
kirchlich sehr conservativen Grundanschauungen, dabei von ernstem, gewissen-
haften Charakter, dem das Interesse des Staates mehr am Herzen lag, als
das irgend einer Partei. Sein Entwurf stiess auf sehr entschiedenen Wider-
spruch auf der Linken und bei dem Centrum, bei der ersteren, weil den
Gemeinden und bei dem letzteren, weil der Kirche nicht genug Einfiuss ein-
geräumt wurde. Herr von Gossler überzeugte sich bald, dass es ihm unmög-
lich sein würde, mit seinen Anschauungen durchzudringen, und da er von
denselben nicht lassen wollte, trat er vom Amte zurück. Sein Nachfolger
wurde Graf Zedlitz-Trützschler, der bereit war, der Kirche, der katholischen
wie der evangelischen, einen weit gehenden Einfiuss auf die Schule einzu-
räumen.
C. Hess sich für diesen Entwurf gewinnen. Er war bereit, dem Centrum
so weit entgegenzukommen, als es das Interesse des Staates gestatte, weil
er der Hülfe dieser Partei für andere Zwecke nicht entrathen zu können
meinte. Er Hess sich fiir die Anschauung gewinnen, dass ein grosser Einfiuss
der Kirche auf die Schule mit dem Wohle des Staates nicht unvereinbar sei.
Er furchte nichts für die evangelische Kirche, weil sie mit denselben Rechten
ausgestattet sei, wie die katholische.
Er trat in der Plenarberathung mit Lebhaftigkeit für den Entwurf ein.
Er versuchte die Gefahr einer beginnenden Priester Herrschaft damit zu wider-
legen, dass es zwei Confessionen seien, die nach Herrschaft strebten und
folgerecht einander bekämpften; er machte vor dem Centrum dadurch eine
Verbeugung, dass er erklärte, national seien alle Parteien und er ging so
weit, zu behaupten, dass sich der Gegensatz zwischen den Anhängern und
den Gegnern des Gesetzentwurfes zurückführen lasse auf den Gegensatz zwischen
Christenthum und Atheismus.
Der Gesetzentwurf rief eine ungeheure Aufregung im I^ande hervor. Zu
lO Graf Caprivi.
den Gegnern gesellte sich auch die freiconservative Partei. Üie national-
liberale Partei brauchte die schärfsten Waffen, und C. erwiderte bald mit
Erbitterung, bald mit Spott. Der Kampf verpflanzte sich vom Abgeordneten-
hause in den Reichstag, wo der Führer der nationalliberalen Partei, Herr
von Bennigsen, der dem Landtage nicht angehörte, eine Erklärung abgab, die
sich mit den Erklärungen der freisinnigen Partei nahe berührte. C. nahm
Veranlassung, dies spöttisch als eine Rütliscene zu bezeichnen.
Die Bewegung im Landtage konnte nicht hindern, dass der Entwurf von
der Mehrheit des Abgeordnetenhauses mit Begeisterung aufgenommen wurde.
Centrum und Conservative verfügten für sich über die Mehrheit. Der
Minderheit gelang es, die Commissionsberathungen in die Länge zu ziehen,
aber ihre Kraft begann zu ermatten. Da geschah das Unerwartete. Auf den
Kaiser hatte die öffentliche Meinung einen so tiefen Eindruck gemacht, dass
er die Zurückziehung des Entwurfs befahl. Graf Zedlitz konnte nicht umhin,
seinen Abschied zu fordern, und C. that das Gleiche, weil er einem Kollegen
die Treue halten wollte. Der Kaiser wollte sich von C. einstweilen nicht
trennen, da dessen Wirken im Reichstage bis dahin zu seiner höchsten Zu-
friedenheit gereicht hatte. Er entschied, dass C. Reichskanzler bleiben, aber
als Ministerpräsident durch Graf Botho Eulenburg ersetzt werden sollte.
Die Trennung dieser beiden Aemter ist eine durchaus unnatürliche und
wird voraussichtlich nie wiederholt werden. Für diesmal konnte das Ex-
periment zwei Jahre lang fortgesetzt werden, vom 21. März 1892 bis 26. October
1894, aber C. fühlte den Boden, auf dem er stand, mehr und mehr unter
den Füssen schwinden. Er hatte die Zügel der Politik nicht mehr aus-
schliesslich in Händen. Ein Mann, der andere Ziele verfolgte, hatte eine
eben so grosse Macht in Händen, als er.
Das Eintreten für den Zedlitzschen Entwurf ist der Fehler, an dem C.
zu Grunde gegangen ist, und dieser Fehler ist darauf zurückzuführen, dass er
sich über die verhängnissvolle Bedeutung dieses Entwurfs nicht hinreichend
unterrichtet hatte.
Verstärkt wurde die Macht der ihm feindlichen Kräfte durch eine andere
Massregel, die er getroffen hatte, und die ihm freilich in keiner Weise zum
Vorwurf gemacht werden konnte. Seit dem Jahre 1868 war der Weifenfonds
mit Beschlag belegt und die Einkünfte desselben standen der Regierung zu
Zwecken zur Verfügung, über die sie keine Rechenschaft abzulegen hatte.
C. rechtfertigte es, dass diese Anordnung so lange bestanden hatte, erklärte
aber den Augenblick für gekommen, in dem sie aufzuheben sei, und wollte
die Einkünfte des Fonds unter Controle des Landtags für andere Zwecke ver-
wenden. Dadurch wurden alle die Personen brodlos, die bis dahin aus diesem
Fonds, der im Volksmunde den Namen Reptilienfonds geführt hatte, ihren
Unterhalt bezogen hatten, und diese Personen wurden zu den unversöhnlichen
Feinden des Reichskanzlers und bekämpften ihn in der Presse.
Als Reichskanzler führte C. zunächst diejenigen Absichten des Kaisers
durch, die diesen zum Bruche mit dem Fürsten Bismarck geführt hatten. Das
Socialistengesetz wurde stillschweigend fallen gelassen, das Arbeiter-
schutzgesetz, dem Bismarck drei Jahre lang widerstrebt hatte, kam zum
Abschluss. Es enthielt hauptsächlich Bestimmungen der Frauenarbeit, Kinder-
arbeit, Sonntagsarbeit, Nachtarbeit. C. that gelegentlich den Ausspruch, er
überlege sich bei jedem Schritte, den er thue, die Wirkung, die er auf die
Socialdemokratie haben könne. Er wollte ihr gegenüber das Ansehen des
Graf Caprivi. 1 1
Staates wahren, aber nichts thun, was die Arbeiter in ihren Gefühlen verletzen
könne. Er wollte den Muth der Kaltblütigkeit haben.
Der nächste Punkt, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog, waren die
Handelsverträge. Mit dem Jahre 1893 würden fast alle Handelsverträge,
die Deutschland mit anderen Staaten verbanden, abgelaufen sein, Fürst
Bismarck hatte diesen Augenblick thatenlos herankommen lassen. Was ge-
schehen wäre, wenn nicht eine Wendung erfolgt wäre, ist sehr schwer abzu-
sehen. Wahrscheinlich würde alsbald ein Handelskrieg zwischen Deutschland
und einer Reihe von anderen Staaten entbrannt sein. Auch in anderen
Ländern zeigte sich keine Neigung, in Verhandlungen über Handelsverträge
einzutreten. Die Folgen würden voraussichtlich überall dieselben gewesen
sein. Dem Handelskriege zwischen Deutschland und anderen Ländern würde
ein bellum omnium contra omnes gefolgt sein. Die Annahme ist nicht gewagt,
dass dieser Zustand ein höchst unheilvoller geworden sein würde.
Sobald sich in Deutschland die Neigung zeigte, den Weg der Handels-
verträge von Neuem zu betreten, folgten auch andere Staaten dem gegebenen
Beispiele. Die erste Reihe von Handelsverträgen, die C. gelangen, wurden
mit Oesterreich-Ungarn, Italien, der Schweiz und Belgien versichert. Selbst-
verständlich wurden von Deutschland Zugeständnisse gemacht, da ohne Zu-
geständnisse ein Vertrag überhaupt nicht zu Stande gebracht »werden kann.
Insbesondere fand Deutschland mehrfach seine Zölle auf landwirthschaftliche
Erzeugnisse, aber es wurden auch Zugeständnisse errungen. Der grösste
Theil der conservativen Partei machte diesen Handelsverträgen leidenschaft-
liche Opposition, nur ein kleiner Theil splitterte sich zur Unterstützung der
Verträge ab. Der Kaiser aber schätzte die Erfolge C.'s so hoch, dass er ihm
den Grafentitel verlieh.
Nun begann der Kanzler, eine zweite Reihe von Handelsverträgen in
Angriff zu nehmen. Unter ihnen steht an Bedeutung derjenige hoch voran,
der mit Russland zu Stande kam. Russland allein hatte sich von der Be-
wegung ausgeschlossen, die seit dem durch Cobden vermittelten französisch-
englischen Handels vertrage die Völker Europas ergriffen hatte, ihre Handels-
verträge auf dem Vertragswege zu ordnen. Der skeptische Delbrück, ein so
eifriger Vertreter der Vertragspolitik er auch war, hatte jeden Versuch abgelehnt,
Verhandlungen mit Russland auch nur zu beginnen, weil er sich keinen Erfolg
davon versprach.
C. hatte den Muth, das unmöglich Scheinende zu versuchen. Allerdings
waren die Schwierigkeiten gross. Die Verhandlungen wurden abgebrochen
und durch einen Zollkrieg ersetzt. Aber dieser Zollkrieg hatte den Erfolg,
dass Russland sich den Forderungen fiigte, die Deutschland für unerlässlich
erachtete. In der Zwischenzeit brach eine Getreidetheuerung über Europa
herein, welche zu dem stürmischen Verlangen führte, die Getreidezölle zeit-
weilig ausser Kraft zu setzen. C. widerstand; er betrachtete die Getreide-
zölle als ein unentbehrliches Kampfmittel. Mit dem Abschluss des Vertrages
wurde alsdann eine massige Erniedrigung der Getreidezölle von Deutschland
zugestanden.
Diese Ermässigung machte vollends die conservativ-agrarische Partei zu
Gegnern des Reichskanzlers; einstimmig stimmte sie gegen den russischen
Handelsvertrag, der durch das Zusammenwirken des Centrums mit den liberalen
Parteien zu Stande kam. C. vertheidigte seinen Standpunkt mit Eifer; er
bekannte sich als einen Mann ohne Ar und Halm. Er erklärte, dass er nicht
12 Graf Caprivi.
ein bimetallistisches und ein antisemitisches Pferd vor den Staatswagen
spannen könne. Der conservative Standpunkt C.'s, dessen Grundstein die
l'reue gegen den König war, kam in entschiedenen Gegensatz zu einem
solchen conservativen Standpunkt, der seine Hauptaufgabe in dem Schutze
der Vermögensinteressen des Grundbesitzes erbHckte.
Ausser mit Russland kamen noch mit anderen Staaten Handelsverträge
zu Stande. So ein solcher mit Spanien, der freilich von den spanischen
Cortes nicht bestätigt wurde, so dass es auch hier zu einem Zollkriege kam.
Ferner mit Rumänien und Serbien.
An den Abschluss dieser Verträge knüpfte sich für die deutsche Industrie
eine Epoche wirthschaftlichen Aufschwunges, wie er bis dahin noch nicht
erlebt worden war, während man mit Sicherheit annehmen kann, dass eine
Zeit des Zollkrieges in demselben Masse einen wirthschaftlichen Niedergang
zur Folge gehabt haben würde.
Eine fernere Aufgabe für C. ergab sich auf dem Gebiete des Militär-
wesens. Von Neuem hatte er, als das Septennat von 1887 sich seinem Ablauf
näherte, eine Heeresverstärkung zu fordern. Die Forderung, welche er stellte,
unterschied sich von gleichartigen Forderungen, welche Bismarck wiederholt
geltend zu machen hatte, darin, dass sie mit einem Zugeständnisse an den
liberalen Standpunkt verknüpft war. Die zweijährige Dienstzeit, welche
Kaiser Wilhelm I. von jeher als mit einem starken Heerwesen für unvereinbar
betrachtet hatte, um deswillen er es auf den schweren Konflikt von 1861
hatte ankommen lassen, hatte sich jetzt endlich in der öffentlichen Meinung
so weit durchgesetzt, dass sie in das Leben geführt wurde. Freilich wurde
ihre gesetzliche Festlegung noch verweigert; es sollte ein thatsächlicher Ver-
s-uch gemacht werden. Aber Jedermann konnte sich sagen, dass eine solche
Einrichtung, wenn sie erst einige Jahre bestanden hätte, nie wieder rück-
gängig gemacht werden könne.
Ein anderer Umstand, durch welchen sich die Vorlage auch vom liberalen
Standpunkte aus empfahl, war der, dass der Grundsatz der Einstellung aller
Wehrpflichtigen folgerichtig durchgeführt wurde, während bis dahin ein Theil
der für diensttauglich erkannten stets zurückgestellt werden musste. Trotz-
dem stiessen die Vorschläge auf Bedenken nach mehreren Seiten.
Die Conservativen nahmen die zweijährige Dienstzeit nur ungern an;
die Freisinnigen und selbstverständlich die Socialdemok raten wollten die
erheblichen Kosten nicht bewilligen. Das Centrum, noch verstimmt durch
den Fall des Volksschulgesetzes, spaltete sich. Das Ergebniss war, dass die
Regierungsvorlage mit 210 gegen 162 Stimmen abgelehnt wurde. Der Reichs-
tag wurde aufgelöst und nach den Neuwahlen wurde die Vorlage nur mit
der schwachen Mehrheit von 201 gegen 185 Stimmen angenommen. Und
selbst diese knappe Mehrheit wurde nur dadurch erreicht, dass die Polen,
entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten, sich dafür verpflichtet hatten. Sie
waren hierfür, sowie für das Eintreten zu (iunsten des Baues neuer Kriegs-
schiffe dadurch gewonnen worden, dass C. eine polenfreundliche Politik
verfolgt und namentlich die Bestätigung des Herrn von Stablewski als Erz-
bischofs von Posen durchgesetzt hatte.
Die Colonialpolitik erkannte C. als ein nothwendiges Element für
die Entwickelung Deutschlands an, allein er wollte sie mit Besonnenheit be-
treiben. Man hat einige gelegentlich gefallene Aeusserungen gegen ihn aus-
gebeutet. Er hat einem Feinde Deutschlands die Worte in den Mund gelegt:
Graf Caprivi. !•*
»Ach, wenn wir doch den Deutschen ganz Afrika geben könnten«, und dem
gegenüber seine Ansicht in die Worte zusammengefasst: »Je weniger Afrika,
desto besser.« Wo er sich aber in grösserem Zusammenhange aussprach,
ist er gegen die grundsätzlichen Gegner jeder Colonialpolitik scharf zu Felde
gezogen. Er prophezeite eine Zukunft, in der Deutschland genöthigt sein
würde, seine Flotte, seine überseeischen Beziehungen zu vermehren, Kohlen-
stationen anzulegen und dergleichen. Seine Rede vom 12, Mai 1890 hat
durch die Entwickelung, die sich seitdem vollzogen hat, eine besondere Be-
deutung erhalten.
Aber er hat am i. Juli 1890 mit England einen Vertrag abgeschlossen,
durch den er Witu abtrat und auf das Protektorat über Sansibar verzichtete,
aber andererseits Helgoland fiir Deutschland erwarb und die deutsch-ost-
afrikanische Küste von der Souverainetät des Sultans von Sansibar befreite.
Diesen Vertrag hat man ihm zum schweren Vorwurf gemacht, als habe er
einen werthvollen Besitz Deutschlands aufgegeben.
Von der anderen Seite muss hervorgehoben werden, dass Helgoland für
Deutschland ein höchst werthvoller Besitz ist, dass der Besitz von Witu den
Engländern noch keinen sichtbaren Nutzen gebracht hat, dass ein Protektorat
Deutschlands über Sansibar noch nicht bestanden hat, sondern angestrebt
wurde und England dagegen einen Widerspruch erhob, dessen Beseitigung
nicht abzusehen war und endlich, dass der souveraine Besitz der Küste gleichfalls
von Werth war. Die Motive, welche zum Abschlüsse dieses Vertrages geführt
haben, bergen sich noch in dem Dunkel der Acten und ein abschliessendes
Urtheil über seinen Werth wird noch nicht möglich sein.
Die Stellung C.'s nach der Auflösung des Reichstages war eine ungünstige.
Er hatte nur eine dürftige und unsichere Mehrheit errungen, während Bismarck
nach der Auflösung stets ein zu allem williges H«aus gefunden hatte. Die
Stimmung der agrarisch - conservativen Partei gegen ihn war eine höchst er-
bitterte. Seltsamer Weise schlössen sich die Nationalliberalen ihren Angriffen
an. Es gab unter den Nationalliberalen Agrarier, die es an Entschlossenheit
mit jedem Conservativen aufnahmen; in der Colonialschwärmerei übertrafen
einige Nationalliberale jede andere Partei. Vor allen Dingen waren aber die
Nationalliberalen darüber ergrimmt, dass C. aus Anlass der Reise des Fürsten
Bismarck nach Wien zur Vermählung seines Sohnes jenes Schreiben erlassen
hatte, welches den Fürsten von jeder Berührung mit amtlichen Kreisen fern-
hielt und auf das er mit seiner Triumphreise durch Deutschland antwortete.
Man nannte dieses Schreiben einen Uriasbrief, einen Boycott. Und freilich
trug für dieses Schreiben C. die politische und persönliche Verantwortung.
Die Freisinnige Partei und die Socialdemocratie verharrten in den Fragen,
auf die es ankam, in unversöhnlicher Haltung. Er hatte sich keine Partei
bilden können.
. In der Presse sah er sich den heftigsten Angriffen ausgesetzt, die seine
persönlichen Fähigkeiten in Zweifel zogen und er verschmähte es, darauf mit
den Mitteln zu antworten, die bis dahin in Preussen üblich gewesen waren.
Unter den Mitgliedern des Staatsministeriums war Niemand, auf dessen
Unterstützung er hätte zählen dürfen, seitdem Herrfurth, der den Agrariern
vcrhasst blieb, bald nach C.'s Rücktritt vom Ministerpräsidium gleichfalls
gefallen war. Die persönlichen Berührungen mit dem Kaiser waren selten
und C. hatte sich nie, wie Bismarck, Mühe gegeben, Personen, von denen
ein ihm feindlicher Einfiuss ausgehen konnte, vom Hofe fernzuhalten.
lA Graf Caprivi. Anna v. Helmholtz.
Die genaueren Umstände, die zu einer Entlassung aus dem Dienste
führten, sind nicht zuverlässig bekannt geworden. Es bestand eine Meinungs-
verschiedenheit darüber, ob die anarchistischen Verbrechen in Frankreich
Anlass zu einer Verschärfung der Strafgesetzgebung geben sollten. Graf Eulen-
burg war dafür, C. dagegen. Auf einer Jagdpartie soll der Kaiser den Ent-
schluss gefasst haben, beide Minister zu entlassen. Der gemeinsame Nach-
folger Beider brachte dann eine sogenannte Umsturzvorlage ein, aber als
dieselbe im Reichstage fiel, wurde der Sache keine Folge gegeben ; es ist
schwer zu begreifen, dass man diese Angelegenheit für so wichtig gehalten
hat, um ihretwillen zwei Minister zu entlassen, von denen doch nur Einer im
Unrecht gewesen sein kann.
C. hat den Rest seines Lebens in tiefster Zurückgezogenheit zugebracht.
Auf einem kleinen Landhause Skyren bei Krossen verkehrte er mit seinen
Geschwisterkindern und der ihm verwandtschaftlich nahestehenden Familie von
Schierstädt. Einladungen, die er bei feierlichen Gelegenheiten zum Erscheinen
bei Hofe erhielt (Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms L, fünfundzwanzig-
jährige Jubelfeier des Deutschen Reiches) lehnte er dankbar ab. Er hat keinen
Journalisten empfangen, auf keinen Angriff geantwortet. Bittere Gefühle mögen
ihm nicht fern geblieben sein, aber er verharrte: "Ov Ou}xov xaxsScuv, irotTov
dv&p(u^(uv dX.S6iv(uv.
Auch über den Tod hinaus hat er Schweigen bewahrt; seine Familie
hat auf mannigfache Anfragen nicht geantwortet.
Sein Tod erfolgte nach vorangegangenem Verfall der Kräfte an einem
Herzschlag.
Eine makellose Reinheit des Charakters, Treue gegen das gegebene Wort,
höchste Uneigennützigkeit zeichnen ihn aus.
Dass er die Politik der Handelsverträge wieder aufgenommen und Europa
dadurch vor schweren Verwirrungen gerettet hat, dass er die zweijährige
Dienstzeit durchgeführt und Helgoland mit Deutschland vereinigt hat, bleiben
dauernde Verdienste. Dass ihm Manches misslungen ist, ist nicht zu leugnen,
aber die Frage bleibt offen, wie weit dies sein Verschulden, wie weit die
Folge der Umstände war. Wenn die Zeit gekommen sein wird, ein unpartei-
isches Urtheil zu fällen, wird ihm doch wohl die Geschichte ein gutes Zeugniss
ertheilen.
Literatur. Seidel General Georg Leo von Caprivi, Langensalza 1889. (Eine
ziemlich dürftige Compilation.) Die Reden des Grafen von Caprivi: Herausgegeben
von Rudolf Arndt. Berlin. Ernst Hofmann 1894. (Vor seiner Entlassung herausgegeben.)
Max Schneidewin, Das politische System des Reichskanzlers Grafen von Caprivi.
Danzig. Kafemann 1894. (Eine sehr liebevolle systematische Monographie, gleichfalls vor
dem Ende abbrechend.) Ueber das von C. vorgelegte Militärgesetz kurz aber wichtig:
General Lesczinsky in der Deutschen Revue Juli 1896. Ueber die Schlacht von
Vionville und C's Antheil an ihr existirt eine ausgedehnte Specialliteratur. Hier soll nur
genannt werden: Fritz Honig: Documentarisch-kritische Darstellung der Strategie für die
Schlacht von Vionville-Marslatour. Berlin 1899. (Man kann sich daraus auch über die
Gegenschriften unterrichten. Der Verfasser giebt fol. 72fgg. Aeusserungen, die er aus C's
Munde gehört hat, ausführlich wieder.)
Alexander Meyer.
von Helmholtz, Anna, geb. von Mohl, Gattin des berühmten Natur-
forschers Hermann von Helmholtz, * 19. September 1834 in Tübingen,
f I. Dezember 1899 in Volosca bei Abbazzia. — Anna von Helmholtz war die
Anna v. Helmholtz.
15
Tochter des bekannten Staatsrechtslehrers Robert von Mohl. Zu ihren Vor-
fahren zählte sie mit besonderem Stolz den Gefangenen vom Hohen twiel
Johann Jacob Moser, von dem sie ein vortreffliches Bildnis besass. — Der
ganze Mohl'sche Stammbaum weist in's Wtirtemberger Land. In Stuttgart
stand das Familienhaus. Dort ist auch Robert von Mohl geboren. Nach
einem Anfang in der diplomatischen Laufbahn als Professor des Staatsrechtes
nach Tübingen berufen, vermählte er sich im Jahre 1830 mit Pauline Becher,
der sanften, gemütsweichen, grundmusikalischen Tochter des Medizinalrat
Becher in Stuttgart. Aus dieser Ehe entsprangen vier Kinder; zwei Söhne,
Erwin und Ottmar, und zwei Töchter, Ida, nachmalige Baronin von Schmidt-
Zabi^row, und Anna, die spätere Frau von Helmholtz.
Robert von Mohl's Thätigkeit in Würtemberg fand ein plötzliches
Ende durch einen Conflikt mit dem Sfaatsminister Schlayer. Als er zwei
Jahre später (1847) einem Ruf nach Baden an die Heidelberger Universität
folgte, eröffnete sich ihm neben dem alten Lehrberuf auch eine weite poli-
tische Thätigkeit. Als Genossen der Heidelberger liberalen erbkaiserlichen
Partei führte ihn das Jahr 1848 nach Frankfurt. Mohl gehörte zu den Siebenern
wie zum Vorparlement und zur Nationalversammlung, trat sogar im September
1848 an Stelle Heckers als Justizminister in das Reichsministerium, legte jedoch
sein Amt bereits nach wenigen Monaten wieder nieder und kehrte zum Ka-
theder zurück.
Hatte die früh entwickelte Tochter Anna schon in Frankfurt lebhafte
Eindrücke von Thun und Treiben der dortigen diplomatischen Kreise
empfangen, so trat sie nun in 'Heidelberg in eine geistig reichbewegte Atmo-
sphäre. Zu den Parteigenossen des Vaters zählten eine Reihe geistvoller
bedeutender Männer, wie sie kaum je zuvor in der Neckarstadt versammelt
waren. Dort wirkten neben den beiden Schülern des alten Schlosser, den
Küstorikern Georg Gervinus und Ludwig Häusser, der Germanist Karl Joseph
Mittermaier, der Führer der gemässigten Liberalen, und der gefeierte Pan-
dektenlehrer Karl Adolf von Vangerow.
So versteht man, warum Frau von H. das badische Land als ihre
eigentliche Heimath betrachtete und in ihrer Empfindung immer fest gehal-
ten hat. Noch im Alter schrieb sie aus Heidelberg: »Es ist so schön in
der alten lieben Heimath — so milde und selbstverständlich.« Im Kern
ihres Wesens hat sie trotzdem das schwäbische Temperament nie verleugnet.
Auch hatte sie von ihren würtemberger Vorfahren ganz wesentliche Charakter-
eigenschaften übernommen. Dem Grossvater Mohl verdankte sie den pein-
lichen Ordnungssinn, von der Grossniutter, der bedeutenden Schwester des
Tübinger Kanzlers Autenrieth, hatte sie ebensowohl den hochstrebenden
Familienehrgeiz wie den echt schwäbischen Sinn für Humor geerbt.
Den eigentlich charakteristischen Stempel erhielt ihr Wesen durch
die ganz neue Welt, in die sie jetzt eintrat. Eine Reise nach Paris führte
sie zum rechten Zeitpunkt in das Haus ihres Oheims, des Orientalisten
Julius Mohl, eines in weiten Kreisen ebenso wegen seiner wissenschaftlichen
Bedeutung wie wegen seiner vornehmen Denkweise und seiner liebenswürdigen
Persönlichkeit hochgeschätzten feinsinnigen Gelehrten. Im Jahre 1847 hatte
er sich mit einer zehn Jahre älteren Freundin vermählt, Miss Mary Clarke,
einer gebomen Schottin, die aber in Frankreich ganz heimisch geworden
war. Sie war ein täglicher Gast der Madame Rdcamier, in deren , Salon' sich
damals die Besten der Pariser litterarischen und gelehrten Kreise zu treffen
l6 Anna v. Helmholt«.
pflegten. Ihr hat sie auch, dauernd in herzlicher Sympathie verbunden, in
einem reizvoll geschriebenen Buche ein Denkmal gesetzt. Durch ihr sprühendes
Temperament und ihre geistvollen Einfälle war es ihr gelungen das besondere
Wohlwollen Chateaubriands, der als Gott in diesem Kreise thronte, für sich
zu gewinnen.
^ In täglichem Verkehr mit bedeutenden Leuten geradezu ihren Lebens-
beruf erblickend, machte sie nach ihrer Verheiratung den Salon Mohl zu
einem geistigen Mittelpunkt von Paris. Leute wie Ampere, Mdrim^e, Thiers,
Renan zählten zu den Freunden. Es war hier ein neutraler Boden, wo auch
Gegner sich freundlich unterhielten und in gemeinsamen Interessen sich fanden.
In diesen Kreis wurde nun die junge Nichte eingeführt und sie war
eine gelehrige Schülerin. Noch in späten Jahren gehörten die Pariser Zeiten
für Frau von Helmholtz zu den glficklichsten Erinnerungen, von denen sie
jederzeit gern erzählte. Sie zeigte dann in ihrer Stube hübsche Copien nach
RafFael, die die Tante Mohl gezeichnet hatte, die Photographie des Pariser
Zimmers mit all seinen behaglichen Lehnstühlen (denn nach der Theorie der
Tante musste man bequem sitzen, um gut zu plaudern); auch die schwarze
Kaminuhr stammte von dort.
Hatten bisher schon glückliche Umstände zusammengewirkt, um ihr eine
ungewöhnlich reiche und vielseitige Bildung zuzuführen, so trat nach einer
Reihe glücklich und heiter im Elternhause verlebter Jugendjahre das Ereig-
niss ein, das ihrem ganzen Leben fortan Ziel und Bestimmung geben sollte.
Im Jahre 1858 wurde nach Heidelberg Hermann Helmholtz berufen,
der damals mit dem Aufbau seiner Lehre Von den Tonempfindungen als
einer Grundlage der Musik beschäftigt war. Durch die grossartigen phy-
siologisch-optischen Untersuchungen war sein Name dem Mohl'schen Hause
bereits vertraut. Ja, Frau von H. erzählte wohl später von einem Gefühl
der Vorahnung, dass sie bei der Leetüre eines Zeitungsaufsatzes über den
Augenspiegel ergriffen. Durch die gemeinsame Liebe zur Musik wurden sie
zusammengeführt. Sie vermählten sich im Jahre 1861.
Nicht immer stehen hervorragende Gelehrte auch ausserhalb ihrer
Wissenschaft auf derselben geistigen Höhe. Gerade in unserer Zeit des
Spezialisirens scheint die Natur die in wissenschaftlicher Begabung ver-
schwendete Kraft durch Verkümmerung weiterer Culturinteressen compensieren
zu wollen. Um so herrlicher erscheinen Männer, die wie Helmholtz von
ganz universeller Begabung sind, deren gewaltige Genialität ihre ganze Per-
sönlichkeit durchdringt. Helmholtz war weder ein glänzender Redner noch
ein leicht verständlicher Lehrer und doch vermochte niemand sich dem
Eindruck seiner Cirösse zu entziehen. In Einfachheit und stiller geistiger
Hoheit wandelte er seinen Weg wie die allsegenspendende Sonne, jeden mit
Freude erfüllend und zu neuen Thaten erweckend.
Wie ungeheuer musste diese olympische Ruhe und Klarheit gerade
auf den leicht beweglichen Geist seiner jungen Frau wirken. Für sie be-
deutete Helmholtz nicht nur den stillen grossen Hintergrund, der ihrem
Leben das Relief gab, sondern den wirklichen Mittelpunkt des ganzen
eigenen Daseins. »Auch wenn er schwieg«, so sagte sie später einmal nach
seinem Tode in tiefer Bewegung, »war doch das ganze Zimmer von ihm erfüllt«.
Im Kleinen nach Art leidenschaftlicher Menschen ihren Willen ungeduldig
durchsetzend, beugte sie sich doch im Grossen vor seinem überlegenen
Genius.
Anna v. Helmholtz.
17
Seinem in fernen Höhen schwebenden Geist war wiederum die
Frische und Unmittelbarkeit der ganz im realen Leben wurzelnden Gattin !
Bedürfniss und Erquickung, sodass sich beide gegenseitig auf das glücklichste
ergänzten. Selten wird man eine gleich innige und alles umfassende Lebens-
gemeinschaft finden, wie sie zwischen diesen beiden grossen Menschen be-
standen hat.
Der Ruhm des Mannes führte die bedeutendsten Männer und Frauen
in ihr gastfreies Haus und Frau von H. stellte es sich zur Aufgabe, alle
dauernd daran zu fesseln. Jetzt kam ihr die Schulung bei der Tante
Mohl zu Statten. Die Technik war da, aber zugleich der Geist, das Instru-
ment zu beherrschen. Man hat wohl nicht mit Unrecht gesagt, dass sie in
ihrem Hause den untergegangenen Pariser Salon wieder habe auferstehen lassen.
Als Helmholtz im Jahre 1871 nach Berlin übersiedelte, um die
Leitung des physikalischen Universitätsinstitutes zu übernehmen, da konnten
sich in der Grossstadt ihre gesellschaftlichen Gaben erst völlig entfalten. Die
Aristokratie des Geistes und die Aristokratie der Geburt fanden sich in ihrem
Salon zusammen und diese sonst nicht wiedergefundene Mischung gab ihm
seinen eigenthümlich reizvollen Charakter, der sich auch nicht wesentlich
änderte, als im Jahre 1887 Helmholtz Präsident der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt wurde und die neue Präsidentenwohnung in Charlottenburg
bezog. Gelehrte, Künstler, Offiziere, Diplomaten sah man bei den offenen
Abenden versammelt und es giebt in den letzten Jahrzehnten wohl kaum
einen berühmten Namen, zu dessen Träger Frau von Helmholtz nicht in
persönliche Beziehung getreten wäre.
Nur auf Geist und Bildung legte sie Werth, Stellung galt ihr nichts,
wohl aber war ein gewisses Maass gesellschaftlicher Form ihr ein so starkes
ästhetisches Bedürfniss, dass sie erzieherisch eingriff, wo ihr die Jugend der-
selben gar zu sehr zu ermangeln schien. Ebenso wenig duldete sie geistige
Bequemlichkeit oder schlaffes Sichgehenlassen.
Eine Herrschematur verlor sie als Wirthin nie die Leitung des Ganzen
aus der Hand. In hohem Maasse besass sie die Gabe, die verschiedensten
Menschen zu einander in Beziehung zu bringen, und jeder Fremde fühlte
sich bald heimisch wie in einem grossen Kreise von Bekannten, mit denen
er durch ein gemeinsames Gespräch verknüpft wurde. Auch in kleinerem
Kreise liebte sie es nicht, wenn die allgemeine Unterhaltung in Einzelgespräche
auseinander fiel. Man durfte schweigen, aber nicht eine leise Privatconver-
sation führen. Auch sollte ein Thema nur so lange behandelt werden, als
wirklich neue Gedanken dazu beigetragen wurden. »Das grosse Pumpwerk
der Unterhaltung« bedurfte immer neuen Stoffes, doch war sie nie darum
verlegen. Sie hatte viel gesehen, viel gelesen, aber es war gerade ihre
Kunst, nicht selber den Stoff zu bieten, sondern ihn aus den Anderen heraus-
zulocken. Auch verstand sie, den Stillen und Unbedeutenden gesprächig
und interessant zu machen, und wusste abzuschneiden, wenn der Brunnen
anfing zu versiegen oder sich zu trüben. Die medisante Kritik des lieben
Nebenmenschen war ihrem vornehmen Geiste verhasst.
Auch Musik, die dem Hausherrn ein tief empfundenes Bedürfniss war,
wurde viel gepflegt. Unvergesslich sind die Stunden, wo die Ränme erfüllt
waren von dem süssen Wohlklang der Amati und Stradivari und der aus-
erlesene Flügel ertönte, den Steinway dem Begründer der Lehre von den
Tonempfindungen als Zeichen seiner Bewunderung dargebracht hatte.
Blogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4 Bd. 2
lg Anna y. Helinholtz.
Frau von H. liebte es, ihre Umgebung in jeder Beziehung harmonisch
zu gestalten, und die innere Einrichtung ihrer Wohnräume wirkte ästhetisch
wohlthuend und stimmungsvoll. Ein sicherer Geschmack in der Wahl von
Farbe und Stoflf, von Standort und Zusammenpassen vereinigte sich mit der
Fähigkeit, allem, was sie umgab, den Stempel ihrer eigenartigen Persönlich-
keit aufzudrücken und ihren Räumen jenen intimen Reiz zu verleihen, dem
sich niemand zu entziehen vermochte. Schöne Büsten und Statuetten standen
neben kunstvollen Möbeln ; bedeutende Bilder zierten die Wände ; die neuesten
Erscheinungen der Litteratur bedeckten den Tisch; in den Vasen blühten
frische Blumen. Charakteristisch war dabei ein peinlicher Ordnungssinn.
Die Bilder waren mit grösster Sorgfalt aufgehängt und durften sich nicht um
Haaresbreite verschieben. Die tägliche Tafel war mit peinlicher Symmetrie
gedeckt und trug selbst während der Mahlzeit nie eine schief gestellte
Schüssel, entbehrte aber auch nie eines kleinen Blumenschmuckes.
Dieser ausgesprochene Schönheitssinn übertrug sich auch auf ihre litte-
rarischen Leistungen. Frau von H. ist ja als Uebersetzerin besonders eng-
lischer Werke vielfach thätig gewesen. In Zeiten schwerer Sorge um ihren
ältesten Sohn entstand in ihr zuerst der Wunsch, durch eine äussere Aufgabe
ihre Gedanken abzulenken, und mit der Zeit wurde ihr diese Art geistiger
Arbeit geradezu ein Bedürfniss und ein Genuss. »Es ist ein Leben und ein
,go' in dem Buche«, schrieb sie einmal mitten aus einer solchen Arbeit
heraus, »die es sehr amüsant zu übersetzen machen — so dass es schwer
ist, es liegen zu lassen«. Mit feinem Ohr für Sprachklang und sicherem
Gefühl für Ausdrucks weise verstand sie, die Eigen thümlichkeiten der fremden
Sprache zu erfassen und nicht eine wörtliche Uebersetzung, sondern eine
geistige Wiedergabe zu bieten. »Es muss sich doch einigermaassen wie
Deutsch lesen« meinte sie dann.
Sie hat theils allein, theils mit anderen eine Reihe physikalischer populär-
wissenschaftlicher Bücher übersetzt. Unter ihnen haben die Tyndall'schen
Vorträge aus allen Gebieten der Physik Dank ihrer klaren Darstellungsweise
auch in Deutschland ein grosses Publikum gefunden. Ebenso wird die
Uebertragung von Oliver Lodge's Modern Views of Electricity viel gelesen.
Die neueste Auflage der Vorträge und Reden ihres 1894 verschiedenen
Gatten hat Frau von H. herausgegeben, mit einer Reihe kleinerer Aende-
rungen, wie sie von dem Verstorbenen ihr angedeutet waren, und einigen
Umstellungen. Das Kritische und Polemische hat sie als »dem Zeitlichen
entsprungen und mit dem Zeitlichen vergangen« von den eigentlichen Vor-
trägen losgelöst und in den Anhang verwiesen. Sonst sind nur kleinere
Aufsätze von ihr vorhanden, der letzte noch ein Bericht über das ihrem
Herzen besonders nahe stehende Victoria-Krankenhaus in Berlin.
Auch in das öffentliche Leben praktisch einzugreifen, trieb sie ihr uner-
müdlicher Thätigkeitsdrang. Mit regem Interesse verfolgte sie die Entwick-
lung der Frauenfrage und widmete, namentlich in späteren Jahren, einen
grossen Theil ihrer Zeit der öffentlichen Wohlthätigkeit und der Krankenpflege.
Für praktische Krankenpflege hatte ihre thatkräftige Natur überhaupt ein
besonderes und liebevolles Interesse. Sie war selbst eine vorzügliche Pflegerin
und hat bei einem der Wissenschaft wie der Familie zu früh entrissenen Sohne
lange Jahre Gelegenheit zu stündlicher Bethätigung gehabt. Wie sie in ihrem
Haushalt alles musterhaft zu disponiren wusste, so entfaltete sie nicht minder
ihr hervorragendes Direktionstalent, als es galt, das Victoria-Krankenhaus
Anna v. Heimholte.
19
einzurichten, eine Stiftung der Kaiserin Friedrich, mit der sie zahbreiche
Interessen und persönliche Sympathien zu einer dauernden Freundschaft
verbanden. —
Was ihr den eigenartigsten Reiz verlieh, war die merkwürdige Mischung
von Gegensätzen in ihrer Natur. Sie war keine Persönlichkeit, deren Wesen
sich in eine einfache Formel hätte fassen lassen, es fanden sich vielmehr in
ihr die mannigfachsten Elemente wunderbar gemischt. Schon die Vereinigung
der Weltdame und der Gelehrtenfrau in der Vollendung, wie sie sich hier
zusammenschlössen, bildete eine kaum je erlebte Specialität. Dazu kam aber
als eigentlicher Kern die temperamentvolle warmblütige und warmherzige Natur,
die nicht bloss im Inneren stets obwaltete, sondern auch in der Gesellschaft
oft ganz unvermittelt durchbrechen konnte.
Dieses stete Durchschimmern des wirklich theilnehmenden Menschen ge-
wann ihr manchen treuen Freund, der mit der alle Formen beherrschenden
Weltdame nicht hatte vertraut werden können. Auch ihre Theilnahme wurde
zur That und manchem Trauerndem brachte sie Trost, weil sie ihm neue
Zwecke des Daseins zu geben wusste.
Ein schönes und lebensvolles Bild ihrer Persönlichkeit entrollen uns ihre
Briefe.
Energischer Thätigkeitsdrang und weiche Hingabe an Stimmungen, tiefe
Empfindung und spontane Einlälle, Ernst und Humor wechseln in rascher
Folge. Personen und Zustände schildert sie mit sicheren Strichen. Mit
warmem Naturgefühl entwirft sie merkwürdig persönlich empfundene Landschafts-
bilder. Und alles in originellen graciösen Wendungen. Zuletzt tritt merklich
eine Neigung zu Aussprüchen der Lebensweisheit hervor, in denen sie ver-
sucht, ihre eigene Persönlichkeit mit dem Weltganzen in Einklang zu bringen.
»Ja, Lenbach's Zeichnung (des verstorbenen Gatten) ist wohl schön; sie wirkt
auf mich wie ein Hauch der Nähe, der Unendlichkeit und des Bleibenden
von allem Guten und Grossen. Das stirbt so wenig als die Liebe — und
das alte Egypten hat mir noch eine andere Lehre: vom Unwesentlichen des
persönlichen, eigenen Geschickes gepredigt. — Das Leben ist ja so klein und
kurz und geht dahin wie ein Nichts im Ganzen — man muss es eben nehmen
wie es ist und es nutzen!«
Dieser Ausspruch giebt zugleich am treuesten die Stimmung der letzten
Lebensjahre wieder.
Am 8. September 1894 hatte Hermann von Helmholtz die Augen für immer
geschlossen. Seither war die Frau eine andere. Unfähig, sich unter den
schweren Schicksalsschlag zu beugen, war sie völlig gebrochen und verlor
allen Lebensmut. »Was ein Leben zu zweien war, kann nie mehr ein Leben
allein werden« schrieb sie an einen Freund. Das Ringen, sich allmählich
wieder mit der Welt abzufinden, schien ihr »ein schwerer Weg bergauf, ohne
die Hoffnung, einen erfreulichen befreienden Gipfel zu erreichen. Nur ,müde
sein* war die Frucht.« Die thatkräfrige energische Frau kämpfte immer wieder
und immer wieder erlag sie.
Eine letzte Freude war ihr noch die Enthüllung des Helmholtz-Denkmals
vor der Berliner Universität. »Wenn nun auch diese Sache fertig ist und zur
Ruhe kommt, so kann ich in Frieden vom Schauplatz dieser Erde scheiden«.
Auch körperlich fing sie an zu kränkeln. Sie litt an Athemnoth und
Herzschwäche, eine beginnende Schwerhörigkeit schien ihr die Zukunft zu be-
schatten.
2*
20 Anna V. Helmholtz. Busch.
Dazu kam die Sorge um einen zweiten leidenden Sohn, dem sie erst
in der letzten Zeit ein glückliches Heim und einen befriedigenden Wirkungs-
kreis in ihrem geliebten badischen Heimatslande hat schaffen können. Das
war ihrem Herzen ein Sonnenstrahl. — Nur das Zusammenleben mit der
einzigen Tochter, Frau Ellen von Siemens, die ihr seit des Vaters Tode in
aufopfernder Liebe ihre Tage widmete, und mit deren reich begabten Kindern
warf noch einige Lichtblicke in ihr innerlich immer mehr vereinsamendes
Leben.
Mitte November 1899 eilte sie nach Volosca an das Sterbebett ihres
Schwagers, des Landeshauptmann von Schmidt - Zabidrow — »eine lange
schwere Reise in einer tief ernsten Zeit, die alle mühsam zurückgedrängten
Erinnerungen an das Selbsterlebte wieder wachrief«. Noch völlig gesund
schrieb sie aus Volosca an ihre Freunde, und fast gleichzeitig mit den Briefen
kam die erschütternde Nachricht ihres plötzlichen Hinscheidens. Eine Ver-
stopfung in den Blutgefässen der Lunge hatte in drei Tagen ihrem that-
kräftigen, immer hülfreichen Leben ein Ende gemacht.
Sie wurde auf dem Sophienkirchhof in Charlottenburg beigesetzt an der
Seite ihres Gemahls, dessen Ruhestätte weihevoll zu schmücken ihr so sehr
am Herzen gelegen hatte.
Ein schönes Bild, von Lenbach gemalt, erhält ihre Züge aus den späteren
Jahren der Nachwelt.
Prof. Dr. R. Wachsmuth.
Busch, Julius Hemnann Moritz, Schriftsteller, * Dresden 1 3 . Februar 1 8 2 1 ,
f Leipzig 16. November 1899 war der Sohn eines sächsischen Zeugofficiers;'er be-
suchte die Dresdener Kreuzschule und von 1841 ab die Universität Leipzig, um
hier, gegen seinen Wunsch, aufVerlangen seines Vaters, eines fanatischen Anhängers
der Theosophie Jacob Böhme's, Gottesgelehrtheit zu studiren. Er wurde Mitglied
der Burschenschaft Markomannia, war ein gewandter und vielbeschäftigter
Schläger, trieb Politik und war selbstverständlich Republikaner, der in Danton und
Robespierre Heroen sah, die als Vorbilder dienen konnten. Robert Blum
starb für ihn als Märtyrer der nationalen Idee und wie dessen Tod ihn
ergriffen, wusste der alte Herr noch in seinen letzten Lebensjahren mit gemüth-
licher Selbstironisirung zu schildern, wenn er erzählte, wie nach dem Ein-
treffen der Nachricht er die Worte: »Rache« und »Blut« laut brüllend die
belebteste Strasse Leipzigs am hellen Tage entlang gelaufen sei. Bei der
hereinbrechenden Reaktion begriff der schwarzrothgoldene Republikaner sehr
bald, dass seine Ideale sich in Deutschland vorläufig nicht verwirklichen
Hessen und da er sich von ihnen nicht zu trennen vermochte, so reifte in
ihm nach und nach der Entschluss, sie jenseits des grossen Wassers zu suchen.
Im Juni 185 1 reiste er nach der neuen Welt ab und hoffte, sich dort
mit einem schon vor längerer Zeit ausgewanderten Vetter in die Bew^irth-
schaftung einer Farm theilen zu können; doch kam er in Betreff seiner Un-
tauglichkeit zum Farmer sehr bald in's klare und war deshalb froh, als ihm
eine Pfarrstelle an der Pauluskirche in Cincinnati angeboten wurde. Bei dem
Versuche zur Erlangung derselben stiess er jedoch auf so eigen thümli che
Schwierigkeiten, dass seine Begeisterung für das Land der Freiheit eine ziem-
liche Abkühlung erfuhr. Die Gemeinde war eine deutsche, die sich ihren
Pfarrer selbst wählte ; der bisherige Seelsorger hatte sich missbeliebig gemacht
Busch. 2 1
und seine Entlassung war beschlossen worden. Damit war natürlich der
geistliche Herr durchaus nicht einverstanden nnd so entspann sich denn bei B's.
Probepredigt in der Kirche ein Scandal, der damit endete, dass B. von der Be-
werbung freiwillig zurücktrat. Für ihn war die Moral der Sache die Ueber-
zeugungy dass die unbeschränkte Selbstregierung, die reine Demokratie weder
der Kirche noch dem Staate gesund ist und das unliebsame Vorkommniss
wurde ihm so der Anfang zur Aufklärung und zur Bekehrung zu einer reali-
stischeren Auffassung politischer Dinge. Auch die Erfahrungen, die er unter
den deutschen Flüchtlingen von 1849 machte, der w^üste Ton der politischen
Presse und die Roheit der Bevölkerung im privaten und öffentlichen Leben
gefielen ihm wenig und gar bald hatte er den Glauben an das eine seiner
politischen Ideale — die Republik — gründlich verloren und damit lebte
in ihm der an das andere — das Vaterland — wieder auf; vielleicht konnte
dieses endlich doch, und zwar besser nicht unter republikanischer Form,
einig und gross werden. In diesem Glauben kehrte er Anfang 1852 nach
Deutschland zurück.
Da er sich aus inneren Gründen nicht zur Aufnahme des Theologischen
Berufes entschliessen konnte, so begann er in Leipzig seine Laufbahn als
Journalist. Seine in Amerika gemachten Erfahrungen verwerthete er in Ar-
tikeln für das Morgenblatt, die Augsburger Allgemeine Zeitung und die Grenz-
boten und Hess seine gesammelten Aufsätze unter dem Titel »Wanderungen
zwischen Hudson und Mississippi« bei Cotta erscheinen.
Durch die nähere Bekanntschaft mit den Redakteuren der Grenzboten
— Gustav Freytag und Julian Schmidt — kam er in die Kreise der Gothaer,
in denen man damals dem Verzweiflungskampf der Deutschen in Schleswig-
Holstein mit besonderem Interesse und Trauer zusah; man war sich darüber
klar, dass hier ein tiefdunkler Flecken auf der deutschen Ehre zu tilgen sei
und dass nur in Schleswig -Holstein die Möglichkeit einer deutschen Flotte
liege, durch welche allein Deutschland eine Weltmacht werden könne. Um
diese Gedanken und Gesinnungen in immer weitere Kreise zu tragen, um die
nationale Presse für sie zu erwärmen, glaubte man in jenen Kreisen es am
förderlichsten, wenn man eine mit scharfem Auge und gewandter Feder aus-
gestattete Persönlichkeit nach jenen Landen schickte, die dieselben dem
grossen deutschen Vaterlande in entsprechenden Bildern vorführen könne.
Auf Gustav Frey tag' s Vorschlag wurde B. hierzu ausersehen und er trat
seine Recognoscirungsfahrt 1853 an. Seine Erlebnisse und Beobachtungen hat er
in den »Schleswig-Holsteinschen Briefen« niedergelegt. Diese Briefe sind das
Ergebniss ernstgemeinter sechs Monate hindurch angestellter Erkundigung, die,
um auf den Grund zu kommen, keine Mühsal und keine Gefahr scheute.
Nach seiner Rückkehr aus Schleswig -Holstein trat B. neben Frey tag in
die Redaktion der Grenzboten ein, erhielt aber bald darauf vom Oester-
reichischen Lloyd, der damals Personendampferlinien nach der Levante ein-
richtete, den Auftrag, Aegypten, Palästina, Syrien und Griechenland zu bereisen,
um, durch von ihm in der Art seiner amerikanischen Wanderbildem zu
liefernde Beschreibungen dieser Länder, die Reiselust nach jenen damals noch
weltfernen Gegenden anzuregen. In den Jahren 1856 bis 1859 unternahm
er drei Reisen dorthin und schrieb dann seine »Bilder aus dem Orient«,
»Bilder aus Griechenland« und »Eine Wallfahrt nach Jerusalem«, ein Buch,
welches von Gustav Freytag als eines der am besten geschriebenen der
damaligen Zeit bezeichnet wurde.
2 2 Busch.
Nach Beendigung der letzen Reise widmete er sich, nach Leipzig zurück-
gekehrt, ganz den Redaktionsgeschäften der Grenzboten; dieselben waren
ihm nicht nur eine Ehre und Freude, sondern wurden ihm auch zu einer
Schule. Er lernte, sich gewählter und vorsichtiger ausdrücken, und gewöhnte
sich mehr und mehr an rein verständiges Urtheilen in politischen Angelegen,
heiten. Mit jedem Jahre der Wehen, die der grossen Geburtszeit von 1863
bis 1866 vorausgingen, erkannte er klarer, dass die nationale Frage derjenigen
nach den Freiheiten vorgehen müsse und dass nur von Preussen das Heil
kommen könne.
Durch seine Thätigkeit an den Grenzboten trat er mit der geistigen
Elite des damaligen Deutschland in nahe, zum Theil sogar freundschaftliche
Beziehungen, so mit Otto Jahn, Friedrich Hebbel, D. F. Strauss, Fritz
Reuter, Heinrich v. Treitschke u. A. m.
Obgleich mitten im politischen Leben stehend, hat sich B. doch einer
Partei nie angeschlossen. Zum Eintritt in den seinen Anschauungen ja nahe-
stehenden Nationalverein vermochte er sich nicht zu entschliessen, da ihm
dessen Wege unpraktisch erschienen und er sich mit dem in demselben sich
regenden Streberthum nicht befreunden konnte. Dagegen erwartete er von
den grossen Volks Vereinigungen, die als Schützen- Sänger- und Turnerfeste
in den sechziger Jahren zahlreich stattfanden und für die deutsche Idee
warben, viel für die Zukunft des Vaterlandes. Indess bewahrte er bei aller
Berauschtheit, welche diese und andere patriotische Leistungen hervorriefen,
einen Rest von Nüchternheit, sodass er ein Referat über das Leipziger Turn-
fest von 1863 schliessen konnte: »Aber nun Sela, ihr Herren Turner und
Amen, ihr Herren Redner. Wir haben unsere Grossthaten hinreichend
gefeiert und wohl ein wenig auch solche, die noch nicht gethan sind. Nicht
Siege feiern sei fortan die Parole, sondern Siege gewinnen.«
Er ahnte damals nicht, wie nahe die Zeit, Siege zu gewinnen, herbei-
gekommen war. Mit dem im November 1863 erfolgten Tode König Friedrichs
von Dänemark schlug die Entscheidungsstunde in der Frage der Elbherzog-
thümer. B., von seinem ersten Aufenthalt her, mit den Verhältnissen der-
selben innig vertraut, glaubte, während der Krisis im Mittelpunkt derselben
nützlich sein zu können; er erbat und erhielt Urlaub, um für die Grenzboten
als Berichterstatter vom Kriegsschauplatze zu dienen. Vor seiner Abreise
wurde er nach Gotha berufen und dort vom Herzog Friedrich von Augusten-
burg gebeten, auch für dessen Sache in der Presse thätig zu sein. B. ging
hierauf ein und trat vertragsmässig in die Dienste des Herzogs. Meinungs-
verschiedenheiten mit diesem und mit Samwers über im Interesse der grossen
nationalen Entwicklung vom Haus Augustenburg zu bringende Opfer ver-
anlassten B., nach Ablauf des ersten halben Jahres auf die ihm dringend an-
gebotene Verlängerung des Dienstverhältnisses zum Herzog nicht einzugehen.
Als B. im Februar 1865 ^^^ ^^^^ nach Leipzig zurückkehrte, übernahm
er die Mitarbeiterschaft an der Redaction der Grenzboten von neuem, aber
mit wesentlich anderen Anschauungen über die politische Lage als vor seiner
Kriegsfahrt. Er war zu der Ueberzeugung gekommen, dass für die nationale
Sache nur von der Politik des preussischen Ministerpräsidenten Gutes zu er-
warten sei. Schon im Oktober 1864 hatte er geschrieben: »Gleichviel, wie
Bismarck uns sonst gelallt, er verfolgt augenscheinlich die Verwirklichung
des nationalen Gedankens und nur Verblendete können ihm ein ungewöhn-
liches Maass von Klugheit und Energie absprechen. Die deutsche Revolution
Busch.
23
wird von der Berliner Wilheimstrasse ausgehen, nicht, wie Phantasten wähnen,
von den Berliner Fortschrittsmännern. Daher ist der uns vorgezeichnete
Weg, wenn wir wirklich national sein wollen, die Bismarck'sche Politik mit
allen Kräften zu unterstützen.« Diese Auffassung B.'s wurde jedoch von seinen
Mitarbeitern an den Grenzboten, besonders Freytag, durchaus nicht getheilt
und als im Frühjahr 1866 bedingungslos für oder wider Bismarck Partei er-
griffen werden musste, ging ein unheilbarer Riss durch die Freundschaft der
beiden Männer und B. schied für immer von der gemeinsamen Arbeit.
Die Kriegswochen 1866 verlebte er in Leipzig, erhielt aber gleich nach
dem Friedensschluss vom Berliner auswärtigen Amte den Auftrag, dem
preussischen Civilkommissar für die neuerworbene Provinz Hannover als Bei-
stand für Pressangelegenheiten zu dienen. Er blieb in dieser Stellung bis
zum Frühjahr 1869, in welchem er wieder nach Leipzig übersiedelte. Hier
schrieb er »das Uebergangsjahr in Hannover«. Femer eine »Geschichte der
Mormonen« und den ersten Theil seiner »Tagebuchblätter«. Ganz unerwartet
erhielt er im Februar 1870 die Aufforderung, beim Kanzler des norddeutschen
Bundes als Adlatus für Pressangelegenheiten zu dienen. Er folgte diesem
Rufe und stand am 24. Februar 1870 zum ersten Male vor Bismarck.
Der geschäftliche Verkehr mit dem Kanzler vollzog sich in der Weise,
dass B. die mit dem Bismarck'schen Bleistifte angezeichneten Zeitungsartikel
zugesandt wurden, der sie dann durchlas und sich hierauf vom Kanzler die
Erläuterungen und Aufträge für die zu ertheilenden Antworten und Ent-
gegnungen holte. Nur wenige Monate war B. in seinem neuen Wirkungskreise,
als der deutsch-französische Krieg ausbrach, dem er an Bismarck's Seite im
grossen Hauptquartier beiwohnte. Nach Beendigung des Feldzuges blieb er
bis zum Juni 1873 im auswärtigen Amte. Persönliche Reibereien mit einzelnen
Kollegen veranlassten ihn, den Kanzler um den Abschied zu bitten, dabei
betonend, dass er demselben ja auch ausserhalb des Amtes von Nutzen sein
könne. Der Fürst entliess ihn freundHcb, gewährte ihm eine reichliche Pension
und versprach B., ihn bei der von diesem in Aussicht genommenen Bismarck-
biographie mit wichtigem Material zu unterstützen.
B. ging nach Hannover, redigirte dort den »Hannoverschen Courier« und
bereitete mit der ihm zugesagten Beihilfe des Fürsten die Herausgabe seines
Werkes »Graf Bismarck und seine Leute während des Krieges mit Frankreich«
vor; dasselbe erschien 1878 und machte seinen Verfasser mit einem Schlage
zu einem weltbekannten Manne. Das damals vielfach angefeindete Buch
ist längst von den bedeutendsten Historikern als höchst werthvolle Quelle
anerkannt, da es eine Sammlung von vielsagenden prägnanten Details ist und
das Bild des grossen Kanzlers so lebenswahr zeichnet, wie keine andere der
unzähligen Biographieen.
Nach Bismarck'schen Instructionen erschienen von B., der wieder nach
Berlin gezogen war, Ausgangs der 70er Jahre eine Reihe von Artikeln in den
Grenzboten, von denen hier nur die berühmten »Friktionsartikel« genannt
seien. Der Erfolg seines Werkes von 1878 ermuthigte B., eine zweite Schrift
über den Kanzler zu veröffentlichen, die 1884 unter dem Titel »Unser Reichs-
kanzler« erschien.
Bei zahlreichen Besuchen in Berlin, Varzin und Friedrichsruh, deren
letzter im Mai 1893 erfolgte, bezeugte ihm der Kanzler seine fortdauernde
Gewogenheit. Auch in den Schicksalstagen des März 1890 war B. um den
Kanzler, der ihn mit Ordnung eines Theiles seiner Correspondenz beauftragte
24 Busch. Baumann.
und zugleich auflforderte, ihm bei Abfassung seiner Memoiren zur Seite zu
stehen. Dieser höchste Wunsch B.'s wurde nicht erfüllt, da er im Mai 1890
zweimal kurz hintereinander von Schlaganfällen getroffen wurde, die zwar
seine geistigen Kräfte nicht minderten, ihn aber körperlich unfähig für an-
haltende Arbeit machten.
Nach dem Ableben des Fürsten Bismarck veröffentlichte B., der sich
nach Leipzig zurückgezogen hatte, das Abschiedsgesuch desselben vom
18. März 1890, ferner eine Broschüre »Bismarck und sein Werk« und schliess-
lich das grosse, zuerst in England erschienene Memoirenwerk »Bismarck, some
secret pages of his history« (deutsch bei Grunow unter dem Titel «Tage-
buchblätter«). Das letztere enthält eine ungeahnte Fülle höchst interessanten
Materials über den Fürsten und seine Zeit in Gesprächen, Briefen und Doku-
menten und wird für alle Zeit eine der werthvollsten Quellen für das Studium
Bismarck's bleiben.
B. war ein Todfeind der Phrase; die Wahrheit ohne Umschweife,
und ohne Rücksicht auf etwaige Folgen zu sagen, war ihm heiliges Gebot.
Von dem Treiben des Tages und der Parteien hielt er sich fern. So blieb
er, trotz der ungeheuren Menge von Persönlichkeiten, die in seinem reich-
bewegten Leben an ihn herantraten, ein einsamer Mensch. Nur mit wenigen
Vertrauten — in Berlin mit Lothar Bucher und Viktor Hehn — pflog er
intimen Meinungsaustausch über politische und literarische Vorkommnisse, die
er bis zu seinen letzten I^ebenstagen mit ungeschwächtem Interesse verfolgte.
Von Körper war er eher kleiner als mittlerer Statur (daher das »Büsch-
lein« Bismarck's); das Gesicht war bis zum höchsten Alter von vollem Haupt-
und Barthaar umgeben. Ein Paar lebensprühende, glänzende Augen blickten
mit jugendlichem Feuer bis zum Ende in die Welt hinaus und sahen geruhig
dem Urtheil entgegen, das dem vielangefeindeten Manne einst sprechen wird
»eine Frau von wunderbarem Glanz —
die Nachwelt, diese oberste Instanz.«
Leipzig. Ernst Goetz.
Baumann, Oskar, hervorragender Afrikareisender, * 25. Juni 1864, f 12. Oc-
tober 1899 zu Wien. B. empfing seine Schulbildung in Wien und Krems,
zuerst auf dem Gymnasium, dann auf der Oberrealschule, worauf er an der
Universität und der technischen Hochschule, ohne einen bestimmten Studiengang
einzuhalten, geographische, naturwissenschaftliche und Sprachstudien trieb. Am
militärgeographischen Institut nahm er Unterricht in Ortsbestimmung und topogra-
phischen Aufnahmen. Er hat dafür dessen Vorstand v. Stemeck stets warme
Dankbarkeit bewahrt. Stemeck war es, der in B. die Anlage zum geogra-
phischen Forscher erkannte und entwickelte; auf seine Veranlassung ging B.
schon als Neunzehnjähriger nach Montenegro und Albanien. Er kehrte mit
werthvoUen Aufnahmen zurück, nachdem er Beweise von grosser Kaltblütigkeit in
dem von Gefahren, besonders für einen österreichischen Topographen, umgebenen
montenegrinisch-albanischen Genzgebiet abgelegt hatte. Tiefer nach Albanien
einzudringen, wie er beabsichtigte, gelang ihm auch auf einer zweiten Reise
nach Montenegro nicht. Ueber beide Reisen hat er erst 1889 in den Mit-
theilungen der Wiener geographischen Gesellschaft berichtet. 1883/84 stand
er als Freiwilliger bei den Kaiserjägem in Brixen und Wien. Er benutzte
jede freie Stunde zu Ausflügen in die Alpen, wo er schon als kaum dem
Baomann.
25
Knabenalter Entwachsener durch kühne Besteigungen sich einen Namen ge-
macht hatte. Die Geschichte der Erschliessung der Ostalpen verzeichnet
eine Besteigung des Schrötterhoms in der Ostalpengruppe auf neuem Wege 1882.
Nach der Erstlingsarbeit über die letzte Neuguineareise in den Mittheilungen
der K. k. Geograph. Gesellschaft (1882) erschienen in dieser Zeit mehrere
alpinistische Beiträge von B. 1885 berief ihn die K. K. geographische Gesellschaft
zu Wien zum Begleiter des Dr. Oskar Lenz auf der österreichischen Kongo-
Expedition. Er sollte hauptsächlich die topographischen Aufnahmen besorgen.
Leider erkrankte er an den Stanley-Fällen lebensgefährlich, so dass er schleu-
nigst zur Küste zurückkehren musste. Was er von Bruchstücken geographischer
und ethnographischer Aufnahmen und Beobachtungen mitbrachte, legt Beweis
für seine Tüchtigkeit ab. Seine Karte des unteren Kongo in mehreren
Blättern ist noch heute schätzbar. Während Dr. Oskar Lenz seinen Weg
quer durch Afrika verfolgte, musste B. auf Fernando Pöo Station machen.
Als Frucht dieses Aufenthaltes erschien 1888 seine Schrift »Fernando Pöo und die
Bube«, die er in demselben Jahr bei der philosophischen Facultät der Universität
Leipzig als Promotionsschrift einreichte. Er war 1887 nach Leipzig gekommen,
um Lücken seiner geographischen Bildung auszufltllen, hauptsächlich aber um sich
den Doctortitel zu erwerben. Ich erinnere mich mit Freuden an so manche an-
regende Plauderstunde mit B. im geographischen Seminar unserer Universität.
Dabei zeigte sich zwar manchmal eine grosse Einseitigkeit und Ungleichheit seiner
Vorbildung, aber zugleich ein so massiver gesunder Menschenverstand, ein so
sicherer Instinct für das Richtige und Wichtige und eine so unbedingte Hingabe an
imsere Wissenschaft, dass es mir niemals in den Sinn kam, B. als Schüler zu
betrachten. Er erschien mir als ein zu Grossem berufener Gleichstrebender.
Seine mündliche Doctorprüfung aus Geographie, Geologie und Physik machte
auf meine Collegen Zirkel und Wiedemann und mich durchaus nicht den Ein-
druck einer Musterleistung, aber wir freuten uns, einem Manne, der seine
Begabung und seine wissenschaftliche Hingebung bewiesen hatte und Grösseres
versprach, die gewünschte Anerkennung zollen zu können. Wenn er später
nach Leipzig zurückkehrte, erinnerten wir uns oft mit Heiterkeit an bedenkliche
»Strandungen« während jener drei Stunden im »Rothen CoUeg«, und wie das
stellenweis nicht sehr schwer und nicht nach akademischen Regeln beladene
Schifflein seines Wissens wieder frei gekommen war und endlich noch ganz
gut in den Hafen einlief. Meine Collegen und ich haben auf diese »irre-
guläre« Promotion später mit Genugthuung zurückgeblickt. In Leipzig reifte
auch der Plan zu der zweiten Afrikareise B's, die für immer seine segens-
und schicksalsreiche Verbindung mit Ostafrika knüpfen sollte. Er begleitete
1888 Dr. Hans Meyer auf einer Expedition, die auf den Kilimandscharo
gerichtet war, aber an dem damals eben ausbrechenden Araberaufstand scheiterte.
Schon in Usambara wurden die beiden Reisenden von den Leuten Buschiris
gefangen genommen und es musste als eine glückliche Wendung angesehen
werden, dass sie wenigstens gegen Lösegeld wieder freigegeben wurden. In
dem Buche »In Deutsch-Ostafrika während des Aufstandes« (1890) hat B. seine,
trotz dieses Unfalles reichen Beobachtungen über Usambara, begleitet von der
ersten guten Karte und zahlreichen Originalzeichnungen, veröffentlicht. Nach
einem kurzen Ausflug an die Grenze Albaniens, 1889, ging B. 1890 im Dienste
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft neuerdings nach Ostafrika und
vollendete die Aufnahmen von Usambara. 1891 erschien sein Buch »Usambara
und seine Nachbargebiete. Allgemeine Darstellung des nordöstlichen Deutsch-
2 6 Baumann.
Ostafrika und seiner Bewohner«. 1891 wurde B. zum Führer der Expedition
berufen, die das deutsche Antisklaverei-Comitd, die Deutsche Ostafrikanische
Gesellschaft und die Eisenbahn-Gesellschaft für Ostafrika gemeinsam ausrüstete,
um den Norden des Schutzgebietes geographisch und wirthschaftlich zu erfor-
schen und die Grundlage für den Bau einer Eisenbahn von der Küste zu
den grossen Seen zu gewinnen. Die Expedition ging am 15. Januar von
Tanga durch das Land der Wadigo und über Aruscha in die östliche Massai-
steppe bis zum Manyara- und Eyassi-See und von da zum Viktoriasee, dessen
südöstliche Buchten bis zum Emin Pascha-Golf untersucht wurden; durch
Ussunja wurde dann Ruanda erreicht, wo B. im Ruvuvu eine der obersten
Quellen des Kagera-Niles bestimmte, die er als die eigentliche Nilquelle be-
trachtete. Das »Mondgebirge« wurde überschritten, und in Usige das Nord-
ende des Tanganyika erreicht, von hier durch Uha nach Tabora gezogen,
von wo ein südlicherer Weg durch die Wemberesteppe und Irangi nach dem
Manyara und von da durch die südliche Massaisteppe über Mgera nach Pan-
gani eingeschlagen wurde. Nach Länge der Wege, Verschiedenartigkeit der
durchzogenen Landschaften, nach geographischen und ethnographischen Ent-
deckungen ist dieses die grösste Forschungsexpedition, die in Deutsch-Ost-
afrika seit der Besitzergreifung unternommen wurde. Was B. in der kurzen
Zeit von wenig als mehr als einem Jahr mit dieser Expedition geleistet hat,
ist erstaunlich und wird- besonders auch auf dem ethnographischen Gebiet
dauernd anerkannt bleiben. 1894 gab B. den Bericht über diese Reise in
einem Prachtwerk mit Karte i zu 1.500.000 unter dem Titel heraus »Durch
Massai-Land zur Nilquelle«. Ob die Nilquellenfrage durch ihn vollständig
gelöst wurde oder ob nicht Ramsay später in dem Akenjara einen noch grösseren
und wasserreichen Zufluss des Kagera entdeckt hat, ändert nichts an B.'s Ver-
dienst um die Erforschung des Gebietes zwischen Viktoriasee und Tanganyika.
Wir stellen höher seine Aufnahmen in der Massaisteppe, am Viktoriasee
und in Ruanda und Urundi, seine Entdeckung des Wembere-Grabens,
seine reichen ethnographischen Sammlungen und Schilderungen. Allerdings
hat B. gerade auf jenes Ergebniss Werth gelegt. Nach kurzem Aufenthalt in der
Heimath und in Deutschland kehrte B. 1894 nach Bagamoyo zurück und begann
im Auftrag des Leipziger Vereins für Erdkunde die Erforschung, Aufnahme
und geographische Beschreibung der drei Inseln Mafia, Sansibar und Pemba.
Es war die letzte grössere Arbeit, die im dritten Band der Wissenschaftlichen
Veröffentlichungen des V. f. Erdkunde zu Leipzig 1899 erschienen ist; die
letzte der drei Monographien, Pemba, konnte B. nur noch mit Mühe ab-
schliessen. Eine schwere Krankheit hatte ihn 1896 ergriffen, die mit der
Zeit auch die Klarheit seines Geistes trübte. Darin liegt die Erklärung für
einige Zeitungsartikel, die sehr viel Staub aufwirbelten, als eine österreichische
Wochenschrift sie mit der Unterschrift B.'s 1898 veröffentlichte; sie waren
ein Krankheitsprodruct. 1896 war B. als österreichisch-ungarischer Consul
nach Sansibar übergesiedelt. Anfang 1899 kehrte er, unheilbar krank, nach
Europa zurück und starb in Wien.
B. war eine Heldennatur aus demselben Stoffe, wie die Barth, Speke,
Rohlfs. Die »Geographischen Mittheilungen« nannen ihn nach seinem Tode
den jüngsten, aber auch wohl letzten aus der Schule der alten Afrikaner,
welcher, unbeeinflusst durch politische Zielpunkte, von einem umfassenderen
Gesichtspunkte aus an die Lösung ihrer Aufgabe herantraten und in erster
Linie die Förderung der Wissenschaft auf jedem Gebiete im Auge hatten.
Baumann. Strauss.
27
Man muss hinzufügen, dass ein kräftiger und gestählter Körper, Muth, Willens-
kraft, Geringschätzung der Genüsse der Kultur B. in hohem Grade befähigten,
Grosses auf dem Gebiete der Afrikaforschung zu leisten. Er ging in der
Geographie und Ethnographie von Afrika auf, Anderes zog ihn wenig an.
Er fühlte sich nirgends wohler, wie er selbst zu sagen pflegte, als »im
Busch«. In dieser Einseitigkeit lag seine Grösse, lag besonders auch sein
Werth für die Erschliessung von Ostafrika. Wenn er nach Europa zurück-
kehrte, fiel den Zuhörern seiner Berichte in Wien, Leipzig und Berlin sein
naturwüchsiges Auftreten, die fast gesuchte Einfachheit und Schmucklosigkeit
seiner Rede, und seine sichtliche Abneigung gegen Reklame und Sichvor-
drängen vor Allem auf. Man musste seine Bücher lesen, um sein Können
ganz zu würdigen. Man musste ihm freundschaftlich näher getreten sein,
um die Wärme seines Herzens und die Feinheit seines Gefühles würdigen
zu können.
Ausser den grösseren Werken, die wir genannt haben, hat B. eine Reihe
von Aufsätzen und Karten in den geographischen Mittheilungen, den Mit-
theilungen der K. K. geographischen Gesellschaft, der Monatsschrift für den
Orient, der D. Kolonialzeitung u. a. veröffentlicht. B. schrieb einfach,
sachlich, eindringlich, mit Liebe und Verständniss für die Natur und die
primitiven Völker.
Ausführlichster Nekrolog von M. Haberlandt im 2. Bd. der Geogr. Abhandlungen
der K. K. Geogr. Ges. in Wien I9cx>, mit Bildniss und Verzeichniss der Schriften und
wichtigen Aufsätze. Nekrologe von D. Hans Meyer in der kolonialen Zeitschrift 1899,
No. I ; von Professor Oskar Lenz in der »Zeit« No. 264, von M. Haberlandt in der Neuen
Freien Presse vom 13. October 1899, von Dr. H. in der Rundschau für Geographie XXII,
No. 5.
Friedrich Ratzel.
Strauss, Johann, Componist, * am 25. October 1825 in Wien, Lerchen-
felderstrasse No. 115, f ^^ 3- Juni 1899 ^^ Wien, Igel- (jetzt Joh. Strauss-)
Gasse No. 4. In Wien geboren, in Wien gestorben, aus einer Altwiener Familie
stammend, in einem Ehrengrabe der Stadt Wien bestattet, so schliesst sich
der Lebenskreis des Künstlers, der als echter Repräsentant des alten, vomehm-
gemtithlichen, liebenswürdigen Wienerthums Alles, was in Oesterreich singt
und klingt, in eigenthümlicher Weise zum Ausdruck brachte. Seine Weisen
erklangen nicht nur in seiner engeren Heimath, sondern drangen weit hinaus
über Europa in alle Welttheile. Als unüberwindlicher Eroberer vermochte
er im Siegeszuge der Wiener Musik Herz und Sinn seiner Mitmenschen zu
gewinnen. Seine reizvollen Melodien beseelen die Freudigen, richten die
Beladenen auf, wirken befreiend auf die Kummervollen. Der Hörer fühlt
sich angeregt, erheitert und giebt sich rückhaltlos dem Zauber seiner Kunst
hin. Unauslöschlich sind die melodischen Gedanken dem Gedächtnisse
eingeprägt. Die Weisen von Strauss befestigen das Heimathsgefühl des
Wieners, des Oesterreichers. Man kann sagen, dass in seinen Tönen Wien
lebe. Sie sind das musikalische Spiegelbild der Wiener Volksseele und
sprechen zugleich das Lieben, Sehnen, Schmachten, die Lebensfreude, die
leichtgetröstete Wehmuth von Menschen aus, wie sie überall und allenthalben
zur bewussten Empfindung gelangen. Zum Glück kann diese Musik das Un-
schöne und ethisch Verwerfliche nicht zum Ausdruck bringen. Die vorüber-
gehende Gemüthlichkeit wird hier zur dauernd verklärten künstlerischen
2 g Strauss.
Aeusserung. Die sympathische Mittheilung intimer seelischer Vorgänge, der
Austausch der Geselligkeit gelangt in diesen Erzeugnissen zur Entfaltung.
St. war sich dessen bewusst, dass seine Muse dem Fortschritt huldige,
auch gegenüber den beiden liebenswürdigen tüchtigen Meistern, die seine
Vorbilder waren, auf deren Grund er weiter schuf: Johann Strauss Vater und
Josef Lanner. Der Sohn meinte, als er sein Lebenswerk überblickte: »Der
Fortschritt war nur möglich durch die Erweiterung der Form und das ist
mein Verdienst.« Ja, weil sich zur erweiterten Form auch der vertieftere
Inhalt einstellte, weil dasjenige, was er zu sagen hatte, auch mit dem »Wie«
der Aussprache sich deckte. Sein Vater und Lanner, das Dioskurenpaar der
Wiener Tanzmusik aus den vormärzlichen Tagen, hatten gerade die entgegen-
gesetzte Aufgabe sich gestellt: aus der überreichen Zahl von Sätzen, die zu
einem Cyclus zusammengestellt wurden — manchmal bis zu 12 Nummern
innerhalb einer Folge — schieden sie das ihnen überflüssig erscheinende aus
und begnügten sich mit 5 Theilen, denen sie principiell eine Introduction
voranstellten und eine Coda folgen Hessen. So schloss sich das Ganze zum
einheitlichen Tonbilde. Johann, der Jüngere, brachte dann die Einleitung
in einen näheren organischen Zusammenhang mit dem Folgenden, indem er
das Hauptthema wie unter einem Schleier einzufuhren suchte. Seine Intro-
ductionen geleiten den Hörer in das romantische Land, woselbst nicht Elfen
und Luftgeister himmlische Reihen aufführen, sondern lieberfüllte Menschen-
paare von den zauberischen Klängen in wiegende Bewegung gebracht, von
Glück und Frieden erfüllt, von holder Zukunft träumend, dem irdischen
Tagesleben entrückt sind. Die Zahl der im Cyclus vereinigten Reihen blieb
bei den Söhnen Strauss wie bei dem Vater, nur greift der Hauptvertreter der
jüngeren Generation weiter aus, die Linien werden weiter gezogen, die
Melodien von einem längerem Athem in höher schwellender Brust geführt.
Er taucht seine Pinsel tiefer ein in die Farben topfe, er verwendet saftigere
Harmonien, reichere Modulation, macht ausgiebigeren Gebrauch von harmo-
nischer Freiheit, er verselbständigt mehr die einzelnen Stimmen des harmo-
nischen Gewebes, seine Rhythmik wird pikanter trotz aller peinlichen
Genauigkeit bei der Gruppirung der Tacte und Abwägung der Verhältnisse.
St. weiss eben innerlich zu beleben, nicht äusserlich will er reizen; seine
Betonungen werden durch Verschiebung und Verkettung abwechslungsreicher,
gerade so wie er bei massvoller Verwendung der modernen orchestralen
Mittel durch coloristische Gegensätze und Gegenstellungen der Instrumente
Wirkungen erzielt, wie sie in analoger Weise Mozart mit seinem Orchester
erreichte. St. ist von allen modernen Meistern derjenige, der hierin wie
in manch anderer Beziehung sich Mozart zu nähern suchte. Trotz aller Ver-
vollkommnung der Farbentechnik unserer Zeit sind eben gewisse Eigen-
wirkungen der classischen Wiener Orchestermusik nicht zu überbieten
— man kann crasser, greller wirken, aber nicht mit intimerem Reize, nicht
in vornehmerer Weise.
Die Tanzmusik von Johann Strauss steht auf festem historischen
Boden. Die schlanken Gewächse mit den schönfärbigen Blüthen konnten
nur auf einem Erdreiche erstehen, der wohl präparirt war. Weit zurück
greift die Geschichte der Wiener Tanzmusik. Sie hatte ihre Nährwurzeln in
den musikalischen Culturböden verschiedener Völker. Im 16. Jahrhundert
gehen England und Italien voran, im 17. Jahrhundert fiihrt Frankreich den
musikalischen Reihen im Zuge Terpsichorens, und schon zeigen sich in der
Strauss. 20
Wiener Tanzmusik selbständige Regungen, die von da an eifrig gepflegt
und gehegt wird. Eine sich eng aneinanderschliessende Reihe von Compo-
nisten der Tanzmusik reicht von dieser Zeit bis auf unsere Tage. Auch die
Classiker der Wiener Schule finden es nicht unter ihrer Würde, im Dienste
der öffentlichen und privaten Lustbarkeiten Tänze und Märsche zu schreiben.
Schubert drückt der Wiener Tanzmusik in seinen »Deutschen« den Stempel
der Eigenart auf, indem er sie zugleich veredelt und von da an beginnt sie
bei aller innigeren Einstimmung auf den Wiener Lokal ton ihren Siegeslauf
durch die ganze Welt. Auf breiter Grundlage ausgebildet, erhebt sie sich
immer höher und die Spitze der Pyramide trägt den Namen: Johann Strauss.
Um ihn gruppiren sich Lanner und Strauss Vater mit den beiden Söhnen,
dem hochbegabten, frühverstorbenen Josef und dem jüngsten des Brüdertrios,
Eduard — nebst einer grossen Zahl anderer nicht zu unterschätzender Componisten.
Man achte nicht gering die Leistungen dieser Tonsetzer. Auch der
ernste Forscher kann wie der tiefst angelegte und höchst strebende Künstler
ihnen die Anerkennung nicht versagen. Das Genie von Johann Strauss ver-
langt gebieterisch Anerkennung und Würdigung, auch bei voller Erkenntniss
der beschränkten Eigenart seiner Kunst.
Im Grunde genommen blieb St. Tanzcomponist bis an sein Lebens-
ende, so weit er auch in späterer Zeit ausgriff und durch Freunde und
Berather ermuntert, vom Ehrgeize angestachelt seine Muse in andere Gebiete
zu führen bestrebt war. Den Höhepunkt seines Schaffens erreichte er im
Alter von ungefähr 40 Jahren, zur Zeit, als er die Walzer »Künstlerlieben«,
»Wein, Weib und Gesang«, »Geschichten aus dem Wiener Wald« und »An
der blauen Donau« schrieb — echte und rechte Instrumentalcompositionen,
von denen einer und der anderen nur im Widerstreben gegen ihre Umatur
Texte, sagen wir richtiger: Worte oder Silben untergelegt wurden.
Mit 18 Jahren trat Johann junior, nachdem seine Neigung zur Musik
gewaltsam vom Vater zurückgedrängt worden war, von der Mutter vorerst
geheim, dann offen gefördert war, nachdem er regelrechten Unterricht in
der Theorie genossen hatte, nachdem er sich die Technik des Violinspiels
angeeignet hatte, da trat er vor das Publicum an einem Orte, der so recht
geeignet war, das specifische Talent des Jünglings zur Anerkennung zu
bringen. Beim Dommayer in Hitzing bei Wien, einem Tanz- und Vergnügungs-
lokale, brachte er seinen ersten Walzer am 15. October 1844 in einer »soireö
dansante« zur Aufführung. Die Menge stand so dichtgedrängt, dass die
^ Gunstwerber« nur als reines Musikstück um die Gunst der Hörer werben
konnten. Sie erweckten Enthusiasmus. Die Gunst steigerte sich in Wien und aller-
orten mit der wachsenden Zahl seiner Compositionen, sei es, dass der Ort der Dar-
bringung die »Sträusslsäle«, oder der »Sperl« oder der Musikvereinssaal in
Wien, oder die Redoutensäle waren, woselbst er seit 1863 als Hofballmusik-
director vorspielte, sei es, dass er in Moskau und Petersburg, wo er mit
seinen Weisen von 1854 — 1870 in jedem Jahre einige Monate die Zuhörer
entzückte oder sonst in Paris, London, New -York und wie alle die Orte im
Norden und Süden, am Continent und jenseits des grossen Wassers heissen
mögen, an der Spitze seines Orchesters stand. Und auch an der Stelle, deren
künstlerische Bedingungen specifisch verschieden geartet sind, im Theater,
wirkte St. durch die Ursprünglichkeit seiner Erfindung als Componist von
Tänzen, von orchestrischen Weisen, durch die Action und Dynamik seiner
Rhythmen, durch den Liebreiz der Melodien. Auch hier blieb sich St.
^O Strauss.
treu, auch da, wo er an der Gattung der Vokalmusik ein Fehl beging, wie in
seinen 15 Operetten und in seiner Oper. Seine Weisen erquicken auch da,
wo sie eine Verbindung eingehen, die ihrer Urnatur nicht entspricht. Sie
bleiben, was sie sind, wie sie entstanden sind: Instrumentalgebilde.
Man kann sagen, dass St. nicht in die Oper einzog, sondern dass
diese bei ihm ihren Einzug hielt. Seine Declamation ist nichts weniger als
sorgfältig; nicht aus dem Worte ist die Musik geschaffen, sondern selbst-
herrlich tritt sie hervor. Die Motive sind fast durchaus ohne Rücksicht auf
die Sprache, auf den Ausdruck des Textes entstanden und weitergesponnen.
St. hat trotz seiner Bemühungen für die Ausarbeitung der Libretti nicht das
nöthige Verständniss und die kluge Bedachtsamkeit für dramaturgische Be-
handlung. Er war nicht gleichgültig gegenüber dem Inhalt und Stoff seiner
Texte, aber seine künstlerische Anlage stand ausschliesslich im Dienste der Ton-
kunst. Behufs Hebung der dramatischen Behandlung der Musik und passender
Einrichtung des Textes bediente er sich zeitweise eines oder des andern Beirathes.
Das Genre der Operette fand in St. einen musikalischen Veredler, aber
keinen dramatischen Pfleger. St. hat sich instinctiv mehr dem älteren öster-
reichischen Singspiel genähert, als seine Miteiferer auf dem Gebiete der Wiener
Operette : Suppeö, Millöcker, Gende ; diese schlössen sich mehr oder weniger der
witzig espritvollen französischen Richtung an, die in Offenbach ihren begabtesten
Vertreter gefunden hatte. Oflfenbach war geistig regsamer als St., stand
im intimeren Verkehr mit den Librettisten und hatte volles Verständniss für
politische Travestieen und sociale Satyrdramatik. Zwar äusserte St. ge-
legentlich, der Componist sollte mit dem Büchelmacher in einem Bette
schlafen, aber er vermochte nicht einmal aus einer Schüssel mit ihm zu
speisen. Seine Nahrung blieb die Volksmusik, bereitet am Wiener Herde.
Man täusche sich nicht, oder lasse sich nicht täuschen durch einzelne Brocken,
die aus der Garküche der modernen Musikdramatiker in seine Theatermusik
eingeschmuggelt sind. Da findet man einzelne Anlehen, die er nicht verzinste.
Einige Stücke, die ausserhalb des Gebietes der Tänze oder tanzartigen Musik
stehen, tragen zur Verschönerung des Ganzen bei, ohne die dramatische Literatur
zu bereichern. Seine Operetten blieben musikalisch die Aufnahmestätte seiner
Tänze und Tanzgesänge. Alle die Tanzstücke, die als »opus« geschieden, bei
oder nach der Erstaufführung seiner Operetten erschienen, sind eine dauernde
Bereicherung seiner Domäne, der zur Selbständigkeit erhobenen Tanzmusik.
Die »Rosen aus dem Süden« aus dem » Spitzen tuch der Königin« seien als
Beispiel für die vielen anderen genannt. Straussens ehrliches Bestreben war
es, die Stufenleiter der dramatischen Musik zu ersteigen. Er wollte daraus
nicht ein Geschäft machen, wie so manch anderer Operettencomponist aus
Speculation auf Tantiemen componiert. St. führte schon in den 50er Jahren
in seinen Concerten W^agner'sche Opemfragmente auf, wollte seine Begeisterung
auf Andere übertragen. In den Promenadeconcerten propagierte er Wagner'sche
Musik. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Haltung seiner Operetten-
und Opernmusik zu betrachten. Ihm war es bitterer Ernst mit seiner drama-
tischen Musik. »Der kleinste Erfolg einer Oper von mir steht in meinen Augen
höher als alles Andere.« So rang er denn nach Bühnenerfolgen und musste,
als er nach dem höchsten Ziel strebte, die Bitterkeit des Misserfolges mit
seinem »Ritter Päsmän« in der Hofoper erleben. Nicht als ob die viele
gute Musik, die diese Partitur, wie jede seiner anderen dramatischen Werke,
enthält, nicht die gerechte Anerkennung und Würdigung hätte finden können.
Strauss. -9 1
Der Abfall des Werkes liegt tiefer begründet: in der nothwendiger Weise
sich aufdrängenden Zusammen- und Gegenüberstellung der entzückenden
musikalischen Eigenart von St. mit den unabweisbaren Anforderungen
moderner musikalischer Dramatik. Wenngleich er mit diesem Werke sich
nicht in den von ihm ersehnten Opernhimmel hinaufschwingen konnte, so
zog er doch auch diese Stätte in den Bannkreis seines Genies. St.'s
gelungenste Operette »Die Fledermaus« hielt ihren Einzug in den besten Opern-
häusern von Deutschland und Oesterreich und fand goldig klingende An-
erkennung, die sich in den Kassenrapporten ausspricht. Die herzbewegenden
Weisen der »Fledermaus« sind mit einem annehmbaren Scenenvorgang ver-
knüpft. Ein Literarhistoriker gab ihr sogar den Ehrentitel eines »musikalischen
Lustspieles« ; ich möchte diese Bezeichnung dahin aufTassen, dass das Spiel
der Musik höchste Lust erweckt. Es ist unzweifelhaft das beste mit Straussischer
Musik vereinte Scenenspiel, die vierte in der Reihe seiner Operetten, die 187 1 mit
den »Lustigen Weibern von Wien« eröffnet wurde. Vor der 1874 componierten
»Fledermaus« entstanden noch »Indigo« (1871) und »Carneval in Rom« (1873);
nach der »Fledermaus« folgte eine bunte Reihe von Spielen, von denen «Cagliostro
in Wien« (1875) im Anschluss an die »Fledermaus« specifisch wienerischen
Charakter hat, während sich der Componist in anderen nach dem Vorgange
des »Carneval in Rom« (1873) sich auf italienischen Boden zu stellen suchte,
so in »Nacht in Venedig« (1883) und wohl auch im »Lustigen Krieg« (1881),
dann einzelne, welche in gleich äusserlicher Weise französische Allüren an-
annehmen, wie »Prinz Methusalem« (1877), »Ninette« (1893), dann wieder
einige, die sich dem Genre der komischen Oper zu nähern suchen, wie »Der
Zigeunerbaron« (1885, wohl mit Recht die beliebteste Operette neben der
»Fledermaus«), »Jabuka« (1894) und theilweise »Der Waldmeister« (1895)
und endlich etliche, in denen der Operettensinn zur Tollkirschen blüthe ge-
diehen ist, wie »Blindekuh« (1878), »Simplicius« (1887) und »Die Göttin
der Unvernunft« (mit dem Pseudotitel »Göttin der Vernunft« 1897). Mit
dem Ballett »Aschenbrödel«, das sich im Nachlass fand, kehrt St. in
sein Eigengebiet ein, diesmal seine Melodieen nicht auf die Bühne der Welt,
sondern auf die Welt der Bühne bringend, den Bewegungen von Bühnen-
figuren anpassend, die in einer Märchenhandlung stumm agieren und durch
Vermittlung des Orchesters sich deutlich mittheilen dürften. Nach diesen
Weisen wird wohl in der Folge nicht nur das »Corps de ballet«, sondern
auch alle Welt tanzen. Wie immer die Titel der Tänze lauten mögen, die
dann erscheinen, sie werden sicherlich die Menschen körperlich und seelisch
in Bewegung bringen. Auch musikalisch werden sie — so lässt sich mit
höchster Wahrscheinlichkeit behaupten — befriedigen und Neues bringen.
Denn St. gehört noch zu den naiven Musikerseelen, die vom Componisten
verlangen: »es müsse ihm was einfallen«. In der That bringt jede seiner
bis zu Opus 477 gestiegenen Einzelcompositionen neue Gedanken, wenngleich,
wie natürlich, nicht immer gleich wer thige.
Seinen ersten (nicht veröffentlichten) Walzer nannte er: »Den ersten
Gedanken«. So könnte man seine Werke nach Gedanken I, II u. s. w. ordnen,
wirkliche Themen, neue Motive, frische Ideen in stets sich jung erhaltender
Erfindungskraft. Eine grosse Reihe von Zetteln, die kleine Skizzen enthält,
ist aus dem Nachlass nunmehr in Mappen geordnet. Würden die einzelnen
Blätter versteigert, dann könnte gar Mancher aus der langen Reihe unserer
Operetten- und Tanzcomponisten in der Auctionshalle erscheinen, »brauchte
9 2 Strauss.
sich nicht mehr zu sorgen« und müsste nichts mehr borgen. Allein damit
wäre es doch nicht ganz gethan. St. benutzte diese rasch hingeworfenen
Ideen als Rohstoff der Verarbeitung und Durcharbeitung, für welche er Mühe
und Fleiss verwendete. Nach Beendigung eines Werkes unterzog er dasselbe
je nach Einsicht und Bedarf einer oder auch mehrfachen Umarbeitungen.
Scheinbar leicht hingeworfen, sind die Straussischen Gebilde doch niet- und
nagelfest gebaut, nicht im Sinne weit ausgedehnter Thematik oder motivischer
Verkettung, die hier nicht am Platze wäre, sondern in einer, kunstvollster
Mosaikarbeit entfernt analogen Art, bei welcher die Theile in einer dem Auge
unsichtbaren, hier dem geistigen Gehör fast entschwindenden Weise zu einem
geschlossenen Ganzen vereinigt und verbunden sind. So hat diese Musik ihre
eigene Technik, ihre eigene Ausdrucksweise, in welcher der Geist der Zeit
in eigenthümlicher Weise repräsentirt wird. Hier gilt das Wort »Weise« in
zweifacher Bedeutung: als Melodie und als Ausdrucksart der Epoche. Wenn
schon Robert Schumann den älteren Strauss als einen Meister ansah, der »in
seiner Weise einen höchsten Ausdruck seiner Zeit bedeute«, so gilt dies
künstlerisch potenzirt von des Sohnes Weise. Der Sohn vereinigt den Liebreiz
der Tänze seines Vaters und den rein melodischen Schwung der Walzer
Lanners in seinen Schöpfungen zu höherem Gelingen. Diese, die älteren,
sind der Typus des Wienerthums geblieben; der jüngere St. ist der
musikalische Repräsentant des Oesterreicherthums geworden. In einzelnen
Werken specifisch wienerisch, wie in »Wiener Blut«, »Geschichten aus dem
Wiener Wald«, »Krönungslieder«, »Bei uns z' Haus«, »Morgenblätter«, »Wein,
Weib und Gesang«, »Freut Euch des Lebens«, »Künstlerleben« und in den
Lieblingswalzern der Wiener: »Der blauen Donau«, «Myrthenblüthen« (1881
zur Vermählung des Kronprinzen Rudolf), den »Frühlingsstimmen«, »Kaiser-
walzer«, »Fledermauswalzer«, hat er Polka und Polka Mazur, welche beide
slavischen Ursprungs sind, ganz und völlig in den Bereich österreichischer
Tonkunst hereingezogen, wie schon bei seiner ersten Polka Mazur op. 144
die Bezeichnung als »La Viennoise« das Richtige trifft. In seinen magyari-
schen Stücken hat er den Ungarn den künstlerischen Bruderkuss gegeben.
So bilden seine Compositionen ein einigendes Band um die Völker Oester-
reichs, entsprechend der Herkunft der in seine Kunst aufgenommenen Elemente
der Volksmusik der verschiedenen Nationen. Und St. griff noch weiter.
In der Quadrille zeigt er sich als Beherrscher von Tongebilden romanischen
Ursprunges. In verschiedenen, in Russland componirten Stücken verwendet
er mit schönem Gelingen russische Nationalweisen, die eine begeisterte Auf-
nahme an der Newa fanden. Alles zog er in seiner Weise heran, ohne die
Wiener, die österreicihsche Eigenart irgendwie aufzugeben. Davor bewahrte
ihn nicht nur die Macht der Form, sondern vielmehr die Urkraft seiner
Wiener Musikseele. Auch dort, wo St. sich der neudeutschen Richtung
nähert, wie in den Einleitungen seiner »Phaenomene« (opus 193), »Nacht-
falter« (op. 157), »Irrlichter« (op. 218), im »Perpetuum mobile« (opus 257)
oder in der Coda der »Nordseebilder« (op. 390) bleibt ihm der Wiener völlig
im Genick sitzen. Und selbst unter den Masken des »Persischen« (op. 283),
»Egyptischen« (op.335), »Russischen« (op.426) und »Spanischen« Marsches (op.
433) lugt das Auge des Wieners hervor; sie alle sind Marschkinder des Vaters
Radetzky (von Johann Strauss senior). Sie reden eine Sprache, die allen
Menschen verständlich ist, eine Gemeinsprache, ohne gemein zu werden. Mit
gerechter Befriedigung erklärte St., wie sehr es ihn freue, dass man ihm
Strauss. VVelti.
33
»in der Oper keine Trivialitäten zum Vorwurf gemacht habe«. Ueberall und
allenthalben bewahrt St. bei aller Intimität und Gemüthlichkeit der Mit-
theilung eine gewisse Vornehmheit, nie wird seine Musik aufdringlich, wie die
seiner französischen Kunstgenossen; schon durch die Ideenassociation mit dem
Cancan wird die moderne Pariser Localtanzmusik trivial, und wenngleich sie
rhythmisch belebend wirkt, bleibt sie ob des Mangels an musikalischem Gehalt
leer und dürftig. Die Weisen von St. erzählen uiis von seelischen Vor-
gängen und erfüllen somit die Mission echter Kunst. Sie pendeln nicht gleich-
massig im Tactschlage, sondern sind, wie die alten Meister sagen, mit
»Discretion« zu spielen. Nicht der Fuss des Tänzers meistert sie, sondern
der bald lebhafte, bald stockende Pulsschlag des Spielers und Hörers bestimmt
ihren Vortrag. Derselbe wird sich lange in lebendiger Tradition erhalten.
Unvergessen wird sein Wirken bleiben in der Seele aller musikliebenden
Nationen als ein dauernder Thatzeuge heiterer Kunst.
Das genauere biographische Material über Johann Strauss findet sich in: L. Scheyrer
»J. Str. musikalische Wanderung durchs Leben« (Wien 185 1), dann in den Monographien
von Kleinecke, Ludwig Eisenberg (Leipzig, Breitkopf & Haertel 1894) und Rudolph
Freiherr Prochazka (Berlin, Harmonie 1900).
Guido Adler.
Welti, Emil, ♦ 23. April 1825 zu Zurzach, f 24. Februar 1899 in
Bern 1867 — 1891 Mitglied des schweizerischen Bundesraths; 1869, 1872,
1876, 1880, 1884, 1^91 Schweiz. Bundespräsident. — W. war gebürtig aus
dem am linken Rheinufer gelegenen aargauischen Flecken Zurzach, im
15. u. 16. Jahrhundert der bedeutendste Marktplatz der alten Eidgenossenschaft.
Nach Absolvirung des aargauischen Gymnasiums (1844) besuchte W. die Uni-
versitäten Jena und Berlin zum Studium der Rechtswissenschaft. In Berlin zog
er durch sein tüchtiges Wissen die Aufmerksamkeit Puchtas auf sich, der ihn
zum akademischen Beruf zu bestimmen suchte; sehr imponirte ihm auch Schelling
namentlich in der Vorlesung über Philosophie der Mythologie. Im Frühjahr
1847 ^^ d^^ Heimat zurückgekehrt, bestand er mit Auszeichnung das Staats-
examen, das ihn zur Ausübung der Advocatur befähigte. Da brach im
November der Sonderbundskrieg aus. W. machte denselben als freiwilliger
Gemeiner bei der Infanterie mit. Zurückgekehrt widmete er sich der Advocatur
bis 1852, in welchem Jahre er zum Präsidenten des Bezirksgerichts Zurzach
gewählt wurde, worauf im April 1856 die Wahl in den aargauischen Regierungs-
rath erfolgte (oberste vollziehende Behörde des Cantons). Damit trat W. auch
in das parlamentarische Leben ein, sowohl im aargauischen grossen Rathe,
als im schweizerischen Ständerath, in den er von jenem im Frühling 1857 ab-
geordnet ward. (In den Ständerath wählt jeder Canton zwei Vertreter; er
bildet mit dem vom Volke gewählten Nationalrath die eidg. Bundesver-
sammlung, d. h. das Schweiz. Parlament.) Im Regierungsrath übernahm W.
zuerst die Justizdirektion und förderte die Gesetzgebung wesentlich auf dem Ge-
biete des Straf- und Privatrechts, wie auf demjenigen der Administration. So
wurde damals das Schwurgericht eingeführt und ebenso verdankt der Canton
der Initiative W.*s den Bau einer rationellen, den Grundsätzen der Neuzeit ent-
sprechenden Strafanstalt. Mit dem Jahre 1863 übernahm W. die Erziehungs-
direction und wurde der Schöpfer zweier Gesetze, die das aargauische Schul-
wesen auf eine wesentlich höhere Stufe brachten : desjenigen über die Erhöhung
der Lehrerbesoldungen, sowie eines neuen allgemeinen Schulgesetzes.
Bio^. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog:. 4. Bd. 9
34
Welti.
Daneben stieg das Ansehen W.'s gewaltig durch seine gedankenreichen,
formvollendeten Reden, die eine überlegene Intelligenz mit einer reichen
klassischen Bildung an den Tag legten. Anlass hierzu boten namentlich die
Verhandlungen des aarg. grossen Raths über die vollständige bürgerliche
Gleichstellung der Israeliten, sowie über eine Verfassungsrevision, bei welcher
sich W. energisch aussprach zu Gunsten der Volksvertretung auf Grundlage
der Seelenzahl und nicht der stimmfähigen Bürger, für Aufhebung des Aus-
schlusses der Beamten aus dem grossen Rathe, sowie gegen die Einführung
des Veto. (Facultatives Referendum.)
Gleichzeitig erwarb sich W. das gleiche Ansehen auf eidgenössischem
Boden. Im Ständerath, zu dessen einflussreichsten Mitgliedern er bald gehörte,
bestieg er 1860 und 1866 den Präsidentenstuhl. Zweimal wurde er vom Bundes-
rath als eidgenössischer Commissär nach Genf abgeordnet, 1860 bei Anlass
des Savoyer Handels und 1865 infolge von Unruhen anlässlich einer Staats-
rathswahl.
Mit Anfang 1867 wurde W. Mitglied des Schweiz. Bundesrathes, wo er, von
jeher eifriger Soldat, der bis zum Rang eines eidg. Obersten aufgestiegen war, an
die Spitze des eidg. Militärdepartements trat. Hier führte er die Hinterladerbewaff-
nung durch und erwarb sich ein hohes Verdienst um die Schweiz. Armee durch
den Erlass einer neuen Militärorganisation. Erst durch diese wurde ein eigent-
liches Bundesheer geschaffen im Gegensatz zu der bisherigen, aus cantonalen
Contingenten bestehenden Armee. Strenge Durchführung der allgemeinen
Wehrpflicht, verbesserter centralisirter Unterricht, Eintheilung der Armee in
Territorialdivisionen, jährliche Divisionszusammenzüge, Vorsorge für bessere
Auswahl der Officiere und Unterofficiere, Neuorganisation des Generalstabs und
der einzelnen Truppenkörper u. a. m. bildeten die Haupterrungenschaften,
die sich bisher fast ausnahmlos bewährt haben. Um die Lücken der Aus-
bildung der Mannschaft gegenüber stehenden Heeren einigermassen auszufüllen,
wurde in den Schulen vom 14. Altersjahre an der militärische Vorunterricht ein-
geführt in Verbindung mit dem Turnen und anderen Lehrfächern mit nach-
heriger Fortsetzung bis zum 20. Altersjahr.
Ein eben so grosses Verdienst erwarb sich W. um den Bau der Gott-
hardbahn. Ueber die Nothwendigeit der Erstellung einer direkten Eisenbahn-
verbindung zwischen Deutschland und Italien durch die Schweiz herrschte in
den betheiligten Staaten und Kreisen kein Zweifel mehr, nachdem die Brenner-
und Montcenis - Bahn in Angriff genommen worden; wohl aber über die
Richtung dieser Alpenbahn, wobei sich schliesslich Lukmanier und Gott-
hard gegenüberstanden, beide lebhaft angestrebt durch Vereinigungen der
interessirten Cantone und Bahngesellschaften. Da nach der damaligen
Gesetzgebung die Eidgenossenschaft als solche eine Bahn weder bauen noch
betreiben durfte, konnte sie aus eigener Initiative keine Entscheidung herbei-
führen, sondern diese musste von Deutschland und Italien herkommen. Sie
erfolgte im Frühjahr 1869 durch die Erklärungen Italiens, des norddeutschen
Bundes und Badens, wonach diese Staaten nur eine Gotthardbahn Subventioniren
würden. Da ohne solche Subventionen keine Gesellschaft den Bau einer Alpen-
bahn übernehmen konnte, wardurch jene Erklärungen die Gotthardbahn gesichert.
Und da die ausländischen Staaten nur mit der Eidgenossenschaft in Verhandlung
zu treten, und nur diese die Subventionen zu Händen einer zu gründenden Gesell-
schaft zu verabfolgen willens waren, war nun der Abschluss von Staatsverträgen
nöthig und hierzu war unter Ratification der Bundesversammlung nur der
Welti. 35
Bundesrath competent. Er konnte nun activ auftreten. W. hatte schon vor
seinem Eintritt in den Bundesrath der Erstehung einer Gotthardbahn seine
volle Aufmerksamkeit geschenkt, überzeugt, dass dieselbe von allen Projecten
infolge ihrer centralen, speciell auch das Tessin direct mit der inneren Schweiz
verbindenden Lage die grösste Summe schweizerischer politischer und mercantiler
Interessen auf sich vereinige und für die Eidgenossenschaft ein Postulat aller-
grösster Wichtigkeit geworden sei. Nach seinem Eintritt in den Bundesrath
trat er nun mit aller Energie für die Realisirung des Gotthardprojekts ein
und wenn dieselbe gelang, so kommt das Verdienst neben dem an der Spitze
der Gotthardvereinigung stehenden Alfred Escher in erster Linie W. zu. Das
gleiche Verdienst erwarb er sich nachher um die Reconstruction des Unter-
nehmens, nachdem sich die ursprünglich in Aussicht genommenen Baukosten
als unzureichend erwiesen und neue Staatsverträge betreffend Erhöhung der
staatlichen Subventionen geschlossen werden mussten.
Nebst dem jeweilen mit dem Bundespräsidium verbundenen politischen
Departement (Dep. des Auswärtigen) hatte W. seit Erlass der Militärorgani-
sation mit Ausnahme eines einzigen Jahres das Post- und Telegraphen-,
nachher das Post- und Eisenbahndepartement verwaltet. War schon die
Gotthardfrage ein lebendiger Beweis für die unzureichende Stellung des
Bundes in Eisenbahnsachen und war in Folge dessen 1872 das die Compe-
tenzen des Bundes vermehrende Gesetz über den Bau und den Betrieb der Eisen-
bahnen erlassen worden, so kam W. in Folge seiner Erfahrungen nach und nach
zur festen Ueberzeugung, dass die einzig richtige Lösung der Rückkauf der
Bahnen durch den Bund sei; dies namentlich auch aus dem Grunde, weil
die übrigen Staaten in Folge des unentgeltlichen Heimfalls der Bahnen oder
der successiven Amortisation des Capitals aus dem Bahnertrag in die Mög-
lichkeit versetzt werden, billigere Tarife aufzustellen als da, wo keine Amorti-
sation stattfindet, wie bei den Schweiz. Bahnen. Und diesem Ziele, dessen
Erreichung noch eine Menge von Privatinteressen und Schwierigkeiten ent-
gegenstanden, strebte jetzt W. mit aller Energie zu. Da nach den Concessi-
onen die Rückkaufssumme gleich war dem 2 5 fachen Werth des durchschnitt-
lichen Reinertrages der der Rückkaufserklärung vorausgehenden lo Jahre, in
keinem Falle aber weniger als das ursprüngliche Anlagecapital betragen
durfte, so musste vorerst dafür gesorgt werden, dass die nach beiden Rich-
tungen viel zu hoch angesetzten Gesellschaftsrechnungen auf richtige Bilanz-
grundsätze gestellt und hiernach berichtigt wurden. Diesen Zweck verfolgte
unter grossem Widerstand der Bahnen das Rechnungsgesetz von 1883. Trotz-
dem zog aber W. einen vertragsmässigen Rückkauf vor. Ein erster Versuch
hierzu gegenüber der Nordostbahn scheiterte. Ein den Rückkauf vorberei-
tender Schritt wurde nachher gegenüber der Jura-Simplonbahn gethan, indem
der Bund 30000 Prioritätsactien kaufte und später deren Zahl noch vermehrte.'
Im gleichen Sinn schloss der Bundesrath einen Vertrag ab über Ankauf von
50000 Centralbahnactien und einen solchen mit der Centralbahn über An-
kauf des ganzen Unternehmens, sodass die Bundesversammlung die Wahl
hatte zwischen den beiden Verträgen. Sie ratificirte den zweiten; allein in
der Volksabstimmung vom 6. December 1891 wurde der Ankauf mit grossem
Mehr verworfen. Tags darauf reichte W. der Bundesversammlung auf Ende
des Jahres sein Entlassungsgesuch ein und beharrte auf demselben, ungeachtet
aller Schritte, auch seitens der Bundesversammlung selbst, ihn zur Rück-
nahme des Gesuches zu bewegen.
3*
36 Welti.
Trotz oder gerade wegen des Volksverdicts kam nun die Rückkaufs-
frage erst recht in Fluss und W. erlebte noch die Satisfaction, dass in der
Volksabstimmung vom 20. Februar 1898 der von ihm angeregte und vor-
bereitete Rückkauf der Hauptbahnen auf Grund der Concessionsbestimmungen
mit grossem Mehr beschlossen wurde.
Der verfügbare Raum erlaubt nicht, näher auf das staatsmännische
Wirken W.'s einzugehen; wir fügen nur noch bei, dass auch die 1874er
Revision der Bundesverfassung wesentlich sein Werk war. Speciell trat
er auch dort, wie von jeher, für volle Glaubens- und Cultusfreiheit ein und
gegen staatliche Einmischung in innere kirchliche Angelegenheiten, dagegen
für unbedingten Schutz der bürgerlichen Rechte gegenüber der Kirche und
Unabhängigkeit dieser Rechte von allen kirchlichen Satzungen. In Folge
dessen konnte er dem Culturkampf keinen Geschmack abgewinnen und hielt
denselben für die schweizerischen Verhältnisse für gefährlich und schädlich,
weil nur zu unfruchtbaren und lähmenden Zerwürfnissen führend.
Denselben freien Blick bewies W. auch in allen anderen Dingen. (»Einen
Mann von grossen Ideen und weitem Blick« nannte ihn einmal Stephan.)
Unbedingt freisinnig und fortschrittlich gesinnt, war und blieb er der geborene
Staatsmann, sich über den Parteien haltend und nur das Ganze ins Auge
fassend. Sein unbeugsamer Rechtssinn kannte keine Parteirücksichten. Was
ihn auf dieser Höhe hielt, war namendich der Umstand, dass W. stets mit
der Wissenschaft in Berührung blieb. Eine Anzahl von ihm bearbeiteter
aargauischer Offnungen wurden in Grimm's Weisthümer aufgenommen und ver-
schafften dem Verfasser seitens der Universität Zürich den Titel eines Doctor
juris honoris causa. Den alten Sprachen blieb er stets zugethan und er las
die lateinischen und einen grossen Theil der griechischen Schrittsteller mühe-
los. Als Mitglied der Schulcommission für das städtische Gymnasium in
Bern wohnte W. regelmässig zum Beginn seiner Tagesarbeit einer Unterrichts-
stunde dieser Anstalt bei über alte Sprachen, Mathematik oder Geschichte
und mehr als einmal kam es vor, dass in Abwesenheit des Lehrers der Herr
Bundesrath den Catheder bestieg und den Unterricht ertheilte. Diesen
Studien konnte er nach seinem Rücktritt vom Amte noch mehr Zeit widmen
und das erleichterte ihm wesentlich sein otium cum dignitate. Den öffent-
lichen Angelegenheiten schenkte er noch immer sein volles Interesse, schlug
aber alle ihm dargebotenen öffentlichen Stellungen, wie die Gesandschafts-
posten in Wien und Rom, sowie die Direction des Centralamtes für inter-
nationalen Eisenbahntransport aus. Seit 1898 fing aber seine Gesundheit an
zu schwanken und am 24. Februar 1899 schloss er die Augen.
Einfach und schlicht, wie er stets gewesen, war auch auf seinen Wunsch
die Beerdigung. Kein Gepränge, keine Reden, nur ein Lied, am Grabe ge-
'sungen von den Gymnasialschülern. Aber das ganze Land trauerte um den
Hinscheid seines führenden Staatsmanns, der, ohne je Popularität zu suchen,
der populärste Mann geworden war. Hilty's »politisches Jahrbuch« für 1899
widmete dem Verstorbenen folgende Zeilen: »Der bei weitem grösste Verlust,
den die Eidgenossenschaft in diesem Jahre erlitt, war der Hinscheid ihres
bedeutendsten Staatsmannes aus der Zeit nach 1848, Emil Welti von Zurzach.
Er war ein gebietender Mann, das ist das schöne Wort, dessen hässlichere
Nuance das Wort »autoritär« ausdrückt. Es braucht aber eben gerade in
den demokratischen Republiken stets auch solche Leute, die eine natürliche
Autorität besitzen und das Amt zieren, in den Augen des Volkes erhöhen,
Welti Guyer-Zcller. 3y
nicht umgekehrt dies vom Amte fiir sich erwarten müssen. Diese natürliche
Autorität wird durch keine Stimmzettel verliehen, sie ist eine Legitimation
von oben her, ein Stück »Gottesgnadenthum« auch in der Republik und die
einzige wirkliche Berufung zu einem Amte, die niemals fehlgeht.«
Lausanne, im April 1900. Dr. Hans Weber.
Guyer-Zeller, Adolf Heinrich, Industrieller und Financier, griechischer
Generalconsul für die deutsche Schweiz, * i. Mai 1839 in Neuthal bei Bauma
(Ct. Zürich), f 3. April 1899 in Zürich. — Sein Vater, Johann Rudolf Guyer,
hatte im Neuthal, einem Seitenthälchen des Tössthales, 1825 eine mechanische
Baumwollspinnerei gegründet, eine der ersten in der Schweiz. Hier verlebte
er die erste Jugendzeit und besuchte die Schule des nahen Dorfes Bauma.
Dann kam er auf die Cantonsschule in Zürich und hörte später am Poly-
technicum und an der Universität Zürich, nachher auch noch an der Akademie
Genf verschiedene Vorlesungen. Zu seiner technischen und commerciellen
Ausbildung ging er 1859 nach Frankreich, von hier nach England und Nord-
amerika. 1861 wieder in die Heimath zurückgekehrt, machte er 1862 noch
eine Reise nach Palästina und Aegypten, um sich vom Sommer 1863 an in dem
väterlichen Geschäfte zu bethätigen, dessen Theilhaber er 1865 wurde. Von
seinen Mitbürgern wurden ihm die verschiedenen Ehrenämter im Kreise und
Cantone übertragen, und so war er unter anderem 18 Jahre lang Mitglied
des Zürcher Cantonsrathes, aus dem er jedoch 1888 seinen Austritt erklärte,
als ihm auf dem Expropriationsweg zum Zwecke des Baues einer Kirche ein
wunderbar gelegenes Besitzthum in Zürich-Enge entzogen wurde, obschon
der Kirchgemeinde andere, ja sogar geschenkte Bauplätze zur Verfügung
standen, und er hiergegen beim Cantonsrathe keinen Schutz fand.
Seit seiner Verheirathung im Jahre 1869 nahm er seinen ständigen
Wohnsitz in Zürich. Seine vielen Reisen hatten ihm, namentlich in volks-
wirthschaftlicher Beziehung, den Blick erweitert. So erkannte er schon in
den sechziger Jahren die Bedeutung einer Eisenbahn durch den Arlberg, und
seit 1870 begeisterte er sich für den Bau der Gotthardbahn. Es war ihm
klar, dass nach dem Kriege 1870 die beiden wiedererstandenen Staaten
Deutschland und Italien bei der Reconstruction des Gotthardtbahnunter-
nehmens Frankreich gegenüber durch Nachsubventionen, an denen sich auch
die Schweiz betheiligen würde, den Beweis leisten müssten, dass sie fähig
und stark genug seien, ein gemeinsam begonnenes grosses Werk glücklich zu
Ende zu führen. G.-Z. war einer von denen, die im Zürcher Oberlande
über diese Frage öffentliche Vorträge hielten; grossen Erfolg erzielte er
namentlich auch mit einer Rede im Zürcher Cantonsrathe. In der damals
herrschenden Entmuthigung bewahrte er Ruhe, und es bewährte sich sein
Scharfblick. Zum Andenken hieran stellte er der Gotthardtbahn bei ihrer
Eröffnung einen Fonds von Frs. 50000 zur Verfügung, dessen Erträgnisse für
hervorragende Leistungen im Betriebsdienste Verwendung finden sollten.
Ueberhaupt beschäftigte er sich neben seinen anderen Unternehmungen
(Spinnerei, Weberei, indisches Waarenexportgeschäft) sehr intensiv mit Eisen-
bahnen. Die financiellen Schwierigkeiten, die sich dem Bau der Gotthardt-
bahn entgegenstellten, die Krisis, die durch den Bau und nachherigen Zu-
sammenbruch der Nationalbahn hervorgerufen wurde, hatten eine solche Ent-
muthigung in der Schweiz hervorgebracht, dass die Schweizer Eisenbahn-
valoren ganz bedeutend entwerthet wurden, speciell die der Nordostbahn.
ß8 Guyer-Zeller.
In dieser Zeit kaufte dagegen G.-Z. grosse Posten dieser Eisenbahnwerthe,
da er in die Zukunft dieser Bahnen ein unverwüstliches Vertrauen hatte.
Mit diesem Actienbesitz hatte er sich einen bedeutenden Einfiuss auf
die Entwicklung der schweizerischen Hauptbahnen gesichert. Als er jedoch
1889 in der Stelle eines Präsidenten der Revisionskommission der Nordost-
bahn nicht mehr bestätigt wurde, versicherte er sich des Beistandes einiger
Grossactionäre und setzte seinen Willen wiederholt in den Generalversamm-
lungen der Actionäre gegenüber den Anträgen der Verwaltung durch; er sah
sich sodann veranlasst, im Juni 1894 die Direction und die Verwaltung der
Nordostbahn insgesammt abzuberufen, weil er die gedeihliche Fortentwicklung
dieser Bahngesellschaft, für gelährdet erachtete. Eine solche in der Sch^veiz
bis anhier ungewohnte Machtäusserung eines Einzelnen rief lebhafte Proteste
her\'or; die eidgenössischen Räthe befassten sich mit der Angelegenheit, und
die gestürzte Verwaltung brachte es dazu, dass ein besonderes Bundesgesetz
betr. das Stimmrecht der Actionäre von Eisenbahngesellschaften (vom
28. Juni 1895) erlassen wurde. Aber der auf Grund dieses Gesetzes erhoffte
Sturz G.-Z.*s blieb aus, und die Nordostbahn gedieh unter der neuen Leitung
besser als früher. Die gegen die Eisenbahngesellschaften in weiten Volks-
kreisen erzeugte feindliche Stimmung wurde des fernem benutzt zum Erlass
eines Rechnungsgesetzes (am 27. März 1896), wodurch man einerseits den für
den Fall der Verstaatlichung der Bahnen zu bezahlenden Kaufpreis herabzu-
drücken bestrebt war und andererseits die in den Concessionen vorgesehenen
Schiedsgerichte eliminirte. Mit Unrecht hat man G.-Z. für den im März 1897
bei der Nordostbahn infolge der Lohnbewegung erfolgten Strike verant-
wortlich machen wollen; aber die hierdurch geschaffene Stimmung erleichterte
das Zustandekommen des Eisenbahnverstaatlichungsgesetzes vom 15. Oct. 1897
und dessen Annahme in der Volksabstimmung. Uebrigens begrüsste G.-Z.
selber das Gesetz über die Verstaatlichung der Bahnen, da dadurch eine von
ihm längst in Wort und Schrift energisch vertretene Idee verwirklicht wurde;
freilich befürwortete er den sog. freihändigen Rückkauf und nicht den auf
dem Wege endloser Prozesse zu erreichenden concessionsgemässen. Die
Stimmung weiter Schichten der Bevölkerung wurde gegenüber der Nordost-
bahn wieder eine freundliche, als man die vielen Verkehrserleichterungen
sah, die rasch nach einander von der von G.-Z. geleiteten Verwaltung ein-
geführt wurden: zehntägige Giltigkeit der Retourbillets, Einführung der
Generalabonnements, Erstellung eines neuen Güterbahnhofes in Zürich, Um-
bau der Bahnhöfe Zürich, Winterthur, Schaff hausen u. a. m.
Auf dem Gebiete des schweizerischen Eisenbahnwesens bethätigte sich
G.-Z. ausser bei der Nordostbahn namentlich noch nach drei anderen Rich-
tungen hin: Nebenbahnen, Engadin — Orientbahn, Jungfraubahn. Er hielt die
Zeit für gekommen, in der man auch jenen Landgegenden, die noch keine
Eisenbahnen besitzen, den Segen dieser Verkehrserleichterung zu Theil
werden lassen muss. Als Vorbild schwebte ihm dabei Deutschland vor. Vor
der Verstaatlichung der Hauptbahnen sollten indessen die Privatgesellschaften
in Verbindung mit den Cantonen und den betreffenden Landgegenden für
den Ausbau der Schienenwege thätig sein und zwar könnten die grossen
Privatbahngesellschaften für Nebenbahnen ihres Rayons erhebliche Opfer
bringen, wenn sie dafür von der Bundesregierung etwa in der Weise ent-
lastet würden, dass die ihnen obliegenden jährlichen Amortisationen (für die
sog. amortisirbaren Verwendungen) um den Betrag verringert würden, den die
Guyer-Zeller. 3 n
Verzinsung der auf die Nebenbahnen seitens der Gesellschaften verwendeten
Subventionen erfordert. Diese G.-Z. Idee der »Amortisationsklausel« wurde
indessen von den Behörden vollständig ignorirt, obgleich deren Urheber sie
in einer auf den 9. Febr. 1896 nach Zürich einberufenen etwa von 200 Inter-
essenten besuchten öflfentlichen Versammlung mit Erfolg vertrat. Dieser Ver-
sammlung legte er eine Liste der damals bestehenden Projecte normal-
spuriger Nebenbahnen vor, die nicht weniger als 48 Linien mit zusammen
etwa 950 km. und einem Kostenvoranschlag von über 100 Mill. Frcs. umfasste.
Diese Versammlung setzte eine Commission nieder, die den Auftrag erhielt
und auch durchführte, bei den Bundesbehörden auf den Erlass eines Gesetzes zu
dringen, welches den Bau von Nebenbahnen fördern sollte. Seine Nebenbahnen-
ideen hat G.-Z. an einem Beispiel selbst verwirklicht, indem er die Nordostbahn
veranlasste, die Linie Uerikon — Bauma (directe Verbindung zwischen Zürichsee
und dem Zürcheroberland), um deren Zustandekommen er sich seit Jahrzehnten
bemühte, mit einem Dritttheil der Gesammtkosten zu Subventioniren. Wenn sich
die Eidgenossenschaft auch heute noch sehr ablehnend gegen die financielle Unter-
stützung der Nebenbahnen verhält, so ist dies dagegen nicht der Fall seitens
einiger Cantone, die die Bedeutung derselben zu würdigen verstehen.
Durch die Engadin — Orientbahn (Chur— Tiefenkasten — Albula — Engadin —
Ofenberg — Münster — Meran) sollte das noch fehlende Stück zu einer directen
über Zürich führenden Eisenbahnverbindung Calais — Constantinopel erstellt
werden. Die Arbeiten, die G.-Z. für dieses Project ausarbeiten Hess, behalten
ihren bleibenden Werth, auch wenn die Bundesbehörden sich begnügten mit der
Subventionirung eines Schmalspurbahnnetzes im Canton Graubünden, wodurch
allerdings die Ausführung eines Ostalpendurchstiches in der Schweiz auf Gene-
rationen hinaus verunmöglicht ist, zum grössten Schaden für Graubünden.
G.-Z.*s Lieblingsproject war seit 1893 die Jungfraubahn, deren Trace er selbst
festgestellt hat. Mit seltener Hingebung und Opferwilligkeit widmete er sich dieser
Unternehmung, bei deren Ausführung Vorurtheile aller Art zu bekämpfen waren.
Er baute daher die ersten Theilstücke der Bahn, Kl. Scheidegg— Eigergletscher—
Rotstockschlucht nebst dem Wasserwerk Lauterbrunnen ganz aus eigenen
Mitteln, und er hatte die Freude, am 19. Sept. 1898, im Beisein von etwa
450 von ihm geladenen Gästen, die erste Section dem Betrieb zu übergeben.
Sein Weitblick in Eisenbahnfragen beweist auch die seiner Broschüre
»Der Türkenherrschaft Ende« beigegebene zweite Karte.
G.-Z., körperlich eine Hünengestalt, ragte auch geistig über die Meisten
weit hinaus. Er besass eine ungewöhnliche Arbeitskraft und eine seltene
Combinationsgabe; er war eine eigenartige Natur; mit seinem geradezu
genialen Geschäftssinn paarte sich ein starker Hang zur Romantik, mit Zügen
scheinbarer Härte eine grosse Tiefe und Weichheit des Gemüthes, mit
Aeusserungen unbeugsamen Willens unleugbare Grossmuth und weitgehende
Freigebigkeit und Wohlthätigkeit. Persönlich strenggläubig (protestantisch),
der Tradition in seiner Familie folgend, war er sehr duldsam gegen andere
Anschauungen, Stolz war ihm völlig fremd; im Umgang mit dem Niedrigsten
war er ebenso freundlich und leutselig, wie er im Verkehr mit Hochgestellten
gewandt war. Eine Herzlähmung raffte ihn am 3. April 1899 mitten aus
seiner rastlosen Thätigkeit und aus seinen Projecten und Plänen plötzlich
hinweg. Seine Leiche wurde, seinem Wunsche gemäss, neben denjenigen
seiner Eltern auf dem Friedhofe seines Heimathdorfes Bauma beigesetzt.
V. Salis.
40 Riggenbach.
Riggenbach, Nikiaus, * 21. Mai 18 17 zu Gebweiler, f 25. Juli 1899 in
Aarau, Sohn des Fabrikanten Nikiaus Riggenbach-Landerer, dessen Familie
ursprünglich von Rtinenburg Ct. Baselland stammt, verlebte er in seinem
Heimatsort im Kreise zahlreicher Geschwister eine freundliche und anfänglich
sorgenlose Jugendzeit. Bald aber brachte geschäftliche Krisis und der frühe
Hinschied des Vaters schweres Verhängniss über die Familie. Der älteste Sohn
Nikiaus kam mit der Mutter nach Basel und wurde zum Kaufmann bestimmt;
er sollte dereinst seiner Mutter, welche eine Specereihandlung gegründet hatte,
helfend zur Seite stehen. Allein es zog den jungen Handelslehrling immer
weiter von der Schreibstube zu den Maschinen, bis er seinen Lieblingswunsch,
sich der Technik widmen zu dürfen, erfüllt sah. Unter grossen äusseren
Schwierigkeiten machte er in Basel die Lehre durch und arbeitete nachher
in Lyon und Paris. Neben seinem Berufe war er eifrig bemüht, durch Privat-
studien seine allgemeine und fachliche Bildung zu erweitern. In Paris sah R.
den ersten Eisenbahnzug und das machte auf ihn solchen Eindruck, dass er
den festen Entschluss fasste, sich dem Eisenbahnfache und speciell dem Baue
von Lokomotiven zu widmen. — Im Jahre 1840 kam er nach Karlsruhe in
die Kesslersche Maschinenfabrik und blieb daselbst mit kurzer Unterbrechung
zehn Jahre lang in verschiedenen Stellungen. Für die erste in Deutschland
fabricirte Lokomotive fertigte er eigenhändig die meisten Peräcisionsarbeiten
an, auch führte er die erste für die Schweiz bestimmte Lokomotive auf deren
Probefahrt von Zürich nach Baden. — Anfangs der fünfziger Jahre wurde R.
vom Directorium der neugegründeten Centralbahngesellschaft zum Chef der in
Ölten errichteten Maschinenwerkstätte gewählt. Gerne folgte er dem Rufe,
da es ihn nach seiner Verehelichung mit Emma Socin von Basel und nach den
Stürmen des Jahres 1848 nach der Schweiz zog. Nach Studienreisen in
England und Oesterreich siedelte er 1856 nach Ölten und füllte hier während
zwei Jahrzehnten in hervorragender Weise seine neue Stellung aus. — Sein Ehrgeiz
war darauf gerichtet, die Wohlthaten der Eisenbahnen nicht nur dem flachen
Lande, sondern auch der Gebirgswelt zu sichern. Sein erfinderischer Geist
und seine zähe Ausdauer wussten alle Schwierigkeiten zu überwinden, so dass
schon im Frühjahr 187 1 die nach seinen Ideen erbaute Vitznau — Rigibahn
als erste europäische Bergbahn dem Betriebe übergeben werden konnte. Das
technische Gelingen dieses für damalige Verhältnisse grossartigen Werkes trug
R.'s Namen in alle Welt hinaus. — In der Folge schied der mit einem Schlage
berühmt gewordene Ingenieur aus dem Dienste der Schweizer. Centralbahn
aus, um sich ganz der weitern Vervollkommnung, sowie der praktischen
Verwerthung seiner Erfindung zu widmen. Er errichtete, zusammen mit capital-
kräftigen Freunden, die Gesellschaft der internationalen Bergbahnen mit Sitz
und Werkstätten in Aarau. Doch die Gründung fiel in eine Periode wirth-
schaftlichen Niedergangs, wie sie seit den siebziger Jahren nicht erlebt worden
ist, und das junge Unternehmen fiel der Ungunst der Zeit zum Opfer. —
R. eröffnete nun in Ölten ein Privatbureau und schon nach wenigen Jahren
liefen zu seiner Genugthuung die Bestellungen aus dem Auslande in grosser
Zahl ein. Zum Studium der Projecte durchstreifte er alle Welttheile, nur
Australien ausgenommen. Ueber 25 Bergbahnen wurden nach seinem System
gebaut und viele Ehrungen wurden dem bescheidenen »alten Mechaniker«,
wie er sich selbst nannte, zu Theil. In drei Gemeinden (Aarau, Ölten, Trimbach)
wurde er Ehrenbürger und zahlreiche Gesellschaften ernannten ihn zum Ehren-
mitgliede. — In anziehender Weise hat er, gedrängt von seinen Freunden,
Riggenbach. Eiben. ^i
seinen Lebensgang in der »Erinnerungen eines alten Mechanikers« nieder-
gelegt. — Das Städtchen Ölten, wo er so lange gewirkt hat, und wo er wegen
seiner umfassenden Thätigkeit und Gemeinnützigkeit hochgeehrt und allgemein
geliebt wurde, war ihm zur zweiten Heimat geworden. »Nur hier kann ich
gedeihen, nur hier geht es mir gut, hier will ich leben, sterben und begraben
sein«, pflegte er oft zu sagen. — Die letzten Jahre seines so verdienstvollen
und erfolgreichen Lebens wurden schmerzlich getrübt durch den Tod seines
einzigen Sohnes. Er selbst starb, nachdem er kurz vorher seine treue Lebens-
gefährtin verloren hatte.
Zum Andenken an Herrn Nikiaus Riggenbach, Ingenieur. Ölten 1899. Erinnerungen
eines alten Mechanikers. Basel 1887.
August Tuchschmid.
Eiben, Dr. Hermann Otto Karl, Journalist und Politiker, * 30. Januar 1823
zu Stuttgart, f 28. April 1899 daselbst. — Er war der Sohn Karl Elbens
und der Wilhelmine, Tochter des Suttgarter Hofpredigers, Studienrathsdirectors
und Oberconsistorialraths Süskind. Karl £. stand als leitender Redacteur an
der Spitze des Schwäbischen Merkurs, und sein Vater, Christian Gottfried
Eiben, hatte einst in Verbindung mit der Druckerei der hohen Karlsschule
jene von ihm begründete Zeitung zu Ansehen gebracht. — Otto E. dankte
seine Schulbildung dem Stuttgarter Gymnasium, an dem damals Gustav Schwab,
Georg von Reinbeck und andere Männer von Rang und Ruf wirkten. Eine
Zeit lang war er mit einigen Mitschülern zum abendlichen Unterrichte im
Schlosse zugezogen, der dort dem Kronprinzen Karl von Württemberg ertheilt
wurde. Die Liebe des heranreifenden Jünglings bildete der Turnplatz: er
spielte in der freiwilligen Stuttgarter Turngesellschaft eine Rolle und genoss
die unschuldigen Freuden ausgedehnter Tumfahrten. Nachdem er das Gym-
nasium durchlaufen hatte, erlernte er 1840 im rühmlich bekannten Verlags-
geschäfte von Karl Bädeker zu Koblenz den Buchhandel. Dann studirte er
von 1841 bis 1844 in Tübingen Rechtswissenschaft und daneben allgemein
bildende Fächer. Er suchte seine Freunde auf dem Turnplatz, in der von
Silcher geleiteten Liedertafel, im Oratorienverein. Einen besonders innigen
Bund, der das ganze Leben dauern sollte, schloss er mit dem bekannten
nachmaligen Stuttgarter Musik- und Conservatoriums-Director Immanuel Faisst
und mit dem 1900 als hohem württembergischen Würdenträger verstorbenen
Theodor Köstlin. Das Sommer 1843 i^ Tübingen gefeierte Liederfest war
hauptsächlich E.'s Werk.
Nach erstandenem ersten Examen verbrachte er die nächsten Jahre als
Justizreferendar in Esslingen und Stuttgart, doctorirte 1845 mit einer rechts-
historischen Abhandlung über die »absolutio ab instantia«, eine längst be-
seitigte Einrichtung, die damals die öffentliche Meinung lebhaft beschäftigte,
und unterzog sich Frühjahr 1846 mit Erfolg der höheren Justizprüfung. Im
Juni desselben Jahres trat er zur Vollendung seiner Ausbildung eine grosse
Reise an, die ihn zunächst nach Leipzig, Dresden, Berlin und über Rügen
nach Dänemark und Schleswig-Holstein führte. Hier stürzte er sich mitten
in die politische Bewegung, knüpfte zu den Vorkämpfern der deutsch-
nationalen Richtung Beziehungen an, sandte Berichte an den Merkur und
übertrug dadurch die eigene Begeisterung für den gefährdeten Bruderstamm
im deutschen Norden auf viele seiner schwäbischen Landsleute. Dann ging
A2 Eiben.
es nach Belgien und Frankreich, in Paris wurde ein fast fünfmonatlicher
Aufenthalt genonmien, hierauf England, Schottland, Spanien und Portugal
besucht, von Gibraltar aus ein Abstecher nach Nordafrika gemacht, schliess-
lich noch ganz Italien bereist. — Der mit vielfältigen neuen Eindrücken und
reichen Erfahrungen Heimgekehrte trat im October 1847 i" ^^^ Redaction
des Schwäbischen Merkurs ein; dass er sich zugleich unter die Stuttgarter
Advocaten aufnehmen Hess, war mehr Sache der Form, lieber ein halbes
Jahrhundert hat E. jener angesehenen Zeitung gedient, der er in den grössten
Epochen der deutschen Geschichte den Stempel seines Geistes aufgedrückt
hat. 1854 nach dem Tode seines Vaters rückte er in die führende Stelle
vor und zeichnete bis 1887 als verantwortlicher Redacteur. Die Oberleitung
behielt er bis kurz vor seinem Tode bei, obgleich ihn in den letzten Lebens-
jahren körperliches Leiden von den Redactionsräumen völlig fem hielt. Er
hat seinen Stolz darein gesetzt, seine Zeitung gleichermaassen in Unab-
hängigkeit von der Regierung und von den Parteien zu halten. Früher
hatte die württembergische Regierung aus Mangel an einem eigenen Organe
nicht selten den Merkur zur Vertretung ihrer Anschauungen gedrängt; dies
hörte auf, seitdem 1850 ein »Staats-Anzeiger für Württemberg« ins Leben
gerufen wurde. E. widersetzte sich dem ursprünglich bestehenden Plane,
den Staatsanzeiger als Beiblatt dem Merkur anzugliedern. Ebenso wenig ist
das Blatt jemals officielles Parteiorgan geworden, so nahe es der Deutschen
Partei stand, und so sehr es nationalliberale Gedanken und Gesinnungen
vertrat. E. hat die schwere Kunst verstanden, seinem Journale stets eine
objective, vornehme Haltung zu wahren und es rein zu halten von persön-
lichen Angriffen oder Verdächtigungen, vom Klatsche jeder Art. Allerdings
hat das rühmliche Streben nach besonnener Mässigung naturgemäss eine
entschiedene und kühne Sprache manchmal auch da, wo sie am Platze ge-
wesen wäre, zurückgedrängt. Mit aller wünschenswerthen Bestimmtheit ist
dagegen E. stets in den grossen Fragen der nationalen Politik aufgetreten.
Hierin liegt sein und seines Blattes eigenthümliches Verdienst während der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Fürsorge beschränkte sich nicht
auf den politischen Theil seiner Zeitung. Er pflegte darin namentlich das ge-
sammte Gebiet der württembergischen Kultur, legte auf gute populär- wissen-
schaftliche Aufsätze historischen, literarischen, biographischen Inhalts grossen
Werth, vergönnte der Länder- und Völkerkunde weiten Spielraum. Aus
seiner eigenen Feder ist ausser politischen Artikeln mancherlei geflossen: er
widmete zahlreichen verstorbenen Landsleuten Nachrufe, berichtete gerne
über seine Reisen u. s. w. Bis kurz an sein Ende blieb er Mitarbeiter des
Blattes. Gegen das landläufige Feuilleton mit täglicher homöopathischen
Romandosis sträubte er sich zeitlebens; erst neuerdings hat sich der Merkur
durch die zunehmende Concurrenz genöthigt gesehen, dem Geschmacke des
Publicums diese Conzession zu machen. Schliesslich ist E. aus Anlass des
hundertjährigen Bestehens seines Blattes auch dessen Geschichtschreiber ge-
worden, indem er eine »Geschichte des Schwäbischen Merkurs 1785 — 1885«
(Stuttgart 1885) herausgab.
Ein halbes Jahr nach seiner dauernden Niederlassung in Stuttgart be-
gründete E. einen eigenen Hausstand. Schon als Student hatte er Sophie
Kapff, die Tochter des damaligen Oberamtsrichters in Rottenburg, kennen
gelernt; Herbst 1845 hatte er sich mit ihr verlobt. Am 2. März 1848 fand
die Hochzeit in Münsingen statt, wohin der Vater der Braut inzwischen ver-
Eiben.
43
setzt worden war. Die Ehe war mit 6 Kindern, 3 Söhnen und 3 Töchtern,
gesegnet; von den letzteren musste E. eine nach ihrer Verheirathung ins
Grab sinken sehen. Ein grosser Kreis von Enkeln und Urenkeln sammelte
sich allmählich um das Familienoberhaupt. 1898 durfte E. mit der Gattin,
die ihn überlebt hat, das Fest der Goldenen Hochzeit begehen, womit er
die Feier seines fünfzigjährigen Berufs] ubiiäums verband. Seine Häuslichkeit
war durch Gastfreundschaft und Geselligkeit und in Verbindung damit durch
die Pflege edler Musik belebt.
Kehren wir nun zu den Anlangen der öffentlichen Thätigkeit E.'s zu-
rück! Das Jahr 1848 eröffnete ihm alsbald ein reiches Feld der Wirksamkeit.
Er stand auf entschieden liberalem Standpunkt, und als er zwischen dem
Vaterländischen Vereine und dem Volksvereine zu wählen hatte, ging er mit
der Mehrzahl der jüngeren Generation zu letzterem. 1849 wirkte er nach
Kräften für die Reichsverfassung. In den Jahren der Reaction hielt er mit
seiner Zeitung das liberale Banner hoch; in den volkswirthschaftlichen Fragen
folgte er hauptsächlich seinem grossen Landsmanne Friedrich List. Herbst 1859
war er bei Gründung des Nationalvereins in Frankfurt anwesend. Seit Ende
1863 trat er kraftvoll für das bedrängte Schleswig-Holstein ein, nicht nur
im Schwäbischen Merkur, sondern auch in Vorträgen, Flugschriften, Aufrufen,
Volksversammlungen. Sommer 1864 begab er sich selbst nach Schleswig-
Holstein und erlebte dort den Schluss des Befreiungs Werkes. Im Jahre 1866
war er für Neutralität, nach der Schlacht bei Königgrätz für sofortigen
Friedensschluss. Im August 1866 wirkte er an der Gründung der Deutschen
Partei Württembergs mit, die sich engsten Anschluss an den Norddeutschen
Bund zum Ziele setzte. Er kämpfte für diese Idee gegen die Volkspartei,
mit der eine Zeit lang noch die württembergische Regierung Hand in Hand
ging. Dieser Coalition unterlag E., wie seine übrigen Gesinnungsgenossen,
bei den Zollparlamentswahlen 1868; er hatte im 14. Wahlkreis (Böblingen,
Calw u. s. w.) candidirt. Dagegen wurde er im selben Jahre vom Oberamt
Böblingen ohne Wahlkampf in den württembergischen Landtag gewählt, dem
er bis 1882 angehörte. Zunächst standen hier die allgemein deutschen An-
gelegenheiten im Vordergrund. E. warf natürlich auch in der Kammer seinen
ganzen Einfluss zu Gunsten der preussischen Hegemonie in die Waagschale
und bekämpfte die wieder auftauchenden Südbundphantasien. Dann kam die
Zeit, da die Saat herrlich aufging. Am 28. Juli 1870 wurde E. vom Kron-
prinzen Friedrich Wilhelm von Preussen im Stuttgarter Schloss empfangen. Im
August liess er Bismarck eine Denkschrift über »Das Ziel des Krieges von 1870
und Württemberg« überreichen, worin er die Noth wendigkeit darlegte, die
deutsche Frage sofort zum Ziele zu führen. Im Merkur, in Zeitungsartikeln, in Flug-
schriften, in der Kammer verfocht er denselben Standpunkt. Bei der grossen
Volksversammlung vom 3. September in der Stuttgarter Liederhalle zu Gunsten
der Errichtung des neuen Reiches hatte er die Berichterstattung. Mit den
nationalen Führern in den übrigen deutschen Landestheilen unterhielt er
fortgesetzte Verbindung. Dass E. auch nach gekröntem Werke sich die
Pflege ' des nationalen Geistes angelegen sein liess, bedarf kaum der Er-
wähnung; insbesondere befürwortete er stets mit Nachdruck die Gewährung
aller nöthigen Mittel zur Sicherung des Reiches und seiner Grossmachtstellung.
Es war eine wohlverdiente Anerkennung seiner Leistungen, dass er vom
4. württembergischen Wahlkreis (Böblingen -Leonberg -Maulbronn -Vaihingen)
in den ersten deutschen Reichstag entsandt wurde. Er schloss sich natürlich
44
Eiben.
der nationalliberalen Partei an. Er sprach zu verschiedenen Gegenständen,
namentlich zu Fragen des Verkehrswesens. Am Zustandekommen des Reichs-
eisenbahnamtes hatte er betiächtlichen Antheil. Im Januar 1874 wurde ihm
das Mandat erneuert. Für das Pressgesetz war er in Commission und Plenum
thätig. Dann griff er den Bismarck 'sehen Gedanken der Reichseisenbahnen
auf, tür den er den württembergischen Landtag vergeblich zu gewinnen
suchte, und bereitete mit einigen nationalliberalen Freunden ein Reichseisen-
bahngesetz vor. 1876 Hess er auch eine Schrift über »Die Reichsbahn und
die Mittelstaaten« erscheinen. Seine Haltung in dieser Frage machte ihn
nicht blos allen Partikularisten, sondern auch der württembergischen Re-
gierung unbequem. Bei den Reichstagswahlen im Janur 1877 wurde der
»Unitarier« von den verschiedensten Seiten bekämpft und blieb so in der
Minderheit.
In der württembergischen Kammer war E. Jahre lang Berichterstatter
der volkswirthschaftlichefi Commission fast für alle Vorlagen des öffentlichen
Verkehrs. Sein Lieblingsthema, dem er eingehendes Studium zuwandte, war
der Eisenbahnbau. Den langen, heissen Kampf um die Böblinger Bahn mit
Anschluss an Schwarzwald und Schweiz führte er siegreich durch. Schon 1865
hatte er darüber eine Denkschrift, »Die Schwarzwaldbahnen über Leon-
berg oder Böblingen?« veröffentlicht. Im Juni 1874 drang er endgiltig durch.
Die Stadt Böblingen ernannte ihn zum schuldigen Danke zu ihrem Ehren-
bürger. Desgleichen erwarb er sich 1876 um die Herstellung der Bahnlinie
Kisslegg -Wangen Verdienste und wurde Ehrenbürger der Stadt Wangen.
In den folgenden Jahren wandte er namentlich auf die Secundärbahnen seine
Aufmerksamkeit; 1880 gab er eine Broschüre »Württemberg und die Neben-
bahnen« heraus. 1882 verzichtete er wegen Abnahme des Gehörs auf die
Wiederwahl in den Landtag.
In den fünfziger Jahren sass E. im Stuttgarter Bürgerausschuss, gehörte
femer eine Zeit lang dem Ausschuss des dortigen Gewerbevereins an. Auch
sonst war er an mancherlei Vereinen und Gesellschaften, Unternehmungen
und Gründungen betheiligt; es würde zu weit führen, dieser einzeln zu ge-
denken. Nur seine Beziehungen zum deutschen Männergesang müssen ein-
gehender behandelt werden. E. war von jeher ein warmer Freund der
Musik, insbesondere des deutschen Lieds; Franz Schubert war sein erklärter
Liebling. Mit Nachdruck betonte er dabei die politisch-nationale Bedeutung
des Gesanges und der Gesangsvereine, in denen er Horte des freien deutschen
Bürgerthums erblickte. Das deutsche Lied sollte nach seiner idealen Auf-
fassung ein einigendes Band um alle deutschen Stämme schlingen. Schon
1855 verfasste er eine Schrift, »Der volksthümliche deutsche Männergesang,
seine Geschichte, seine gesellschaftliche und nationale Bedeutung«, die 1887
eine Neuauflage erlebte. — In den Stuttgarter Liederkranz liess sich E. 1848
als Sänger aufnehmen. Ein Vierteljahrhundert lang wirkte er im Ausschuss.
Lebhaft betheiligte er sich am Schillerkultus des Liederkranzes, an den
jährlich wiederkehrenden Schillerfesten, besonders am grossen vom No-
vember 1859, wo er Schriftführer des Festausschusses war. Wiederholt trat
er damals wie bei sonstigen Gelegenheiten als Festredner auf. 1859 liess
er auch die Schrift »Das Schillerfest in Schillers Heimath Stuttgart, Lud-
wigsburg und Marbach, den 9., 10. und 11. November 1859« erscheinen.
Um die Erbauung der Stuttgarter Liederhalle erwarb er sich grosse Verdienste.
1874 beim fünfzigjährigen Jubiläum des Liederkranzes wurde er zum Ehren-
Eiben. Morf.
45
mitgliede ernannt. Aus Anlass von dessen siebenzigjährigem Bestehen widmete
er ihm 1894 die Festschrift »Erinnerungen aus der Geschichte des Stutt-
garter Liederkranzes«. — Bei Begründung eines Schwäbischen Sängerbundes
im Jahre 1849 stand E. in vorderster Linie. Er wurde Schriftführer im
fünfgliederigen Ausschuss, 1866 Präsident, 1892 Ehrenpräsident, nachdem er
aus Gesundheitsrücksichten vom Amte des Bundespräsidenten zurückgetreten
war. Kaum jemals fehlte er bei einem Feste. Häuüg reiste er als Vertreter
seines Bundes zu auswärtigen Sängertagen. Insbesondere pflegte er die Be-
ziehungen zu den Schweizer und österreichischen Gesangsvereinen. Eifrig
bemühte sich E. um die Gründung eines allgemeinen deutschen Sänger-
bundes, die unter seinem Vorsitz im September 1862 zu Coburg stattfand.
Der Schwäbische Sängerbund, der zuerst die wechselnde Geschäftsführung
innehatte, bereitete das erste grosse Sängerfest vor, das 1865 in Dresden
gefeiert wurde, und E. hatte auch hieran hervorragenden Antheil. Fünfmal
wurde ihm später der Vorsitz auf deutschen Sängertagen übertragen. Als
1896 Stuttgart Feststadt war, musste der Leidende sich völlig zurückhalten.
Der deutsche Sängerbund ernannte den in Sängerkreisen allgemein bekannten
und beliebten Greis zu seinem ersten Ehrenmitgliede.
Am Schlüsse des Winters 1898/99 ging E.'s Leiden in die letzte schwere
Krankheit über. Bei seinem Tode brachten zahllose Kundgebungen aus den
verschiedensten Kreisen die Anerkennung, die sein erfolgreiches öffentliches
Wirken, die Sympathien, die seine lautere und charaktervolle Persönlichkeit
gefunden hatte, zn deutlicher Anschauung. Am ersten Tage des Wonne-
monds wurde er unter den gebührenden Ehren zur letzten Ruhe bestattet.
Ausftthrlicher Nekrolog in der Schwäbischen Kronik vom 15., 17., 19. und
22. Juli 1899 No. 325, 327, 331, 337 (auch Sonderdruck unter dem Titel »Zur Er-
innerung an Dr. Otto Eiben«, Stuttgart, Druck von W. Kohlhammer, 1899); vergl. ferner
Schwab. Kronik vom 28. April 1899 No. 194, vom i. Mai 1899 No. 198 (Leichenfeier),
Staats- Anzeiger für Wtirttemberg vom 28. April 1899 No. 97, (Stuttgarter; Neues Tag-
blatt vom selben Tag No. 98, Frankfurter Journal vom 29. April 1899 No. 200, Köl-
nische Zeitung vom selben Tag No. 330, Mttnchener Neueste Nachrichten vom 2. Mai 1899,
No. 203, Hamburger Nachrichten vom 29. April No. 100 Abendausgabe und vom
30. April No. loi Morgenausgabe, Nationalliberale Correspondenz vom 28. April 1899,
Tägliche Illinois Staats- Zeitung vom 2. Mai 1899 No. 104, Zeitung des Vereins Deutscher
Eisenbahn- Ve rwaltungen vom 3. Mai und 23. August 1899 ^o. 34 und 64, Deutsche
Kunst- und Musik-Zeitung 1899 No. 9 und 10. — Der Briefwechsel Lasker's aus den
Jahren 1870/71 in der Deutschen Revue 1892 enthält auch Schreiben von und an Eiben.
Rudolf Krauss.
Morfy- Heinrich Dr., * 6. September 18 18, f 28. Februar 1899; verdienter
Schulmann und Armenerzieher, Verfasser des grundlegenden Quellenwerks
«Zur Biographie Pestalozzis« und einer grossen Anzahl sehr werthvoUer päda-
gogischer Monographien. — M. entstammte einer wohlhabenden und kinder-
reichen Bauemfamilie und verlebte Kindheit und Knabenjahre in Breite,
einem zürcherischen Dörfchen an der Heerstrasse, die sich vom Bodensee
zum Genfersee hinzieht. Am eigenen Leibe erfuhr er den Jammer der
alten Dorfschulen, und noch im spätesten Alter erinnerte er sich mit
Schrecken an die tödtliche Langweile, die er während seines Volksschul-
unterrichtes ausgestanden hatte. Ein stillfrommer, etwas schüchterner Knabe,
bezog er 1835 ^^ Scherr'sche Lehrerseminar in Küsnacht, um es schon 1837
wieder zu verlassen und in den activen Schuldienst zu treten. Nach einer
46 Morf.
sehr erspriesslichen Lehrthätigkeit an den Secun darschulen von Schwerzen-
bach, Dümten und Richterswil, die 1841 durch einen Studienaufenthalt in
Lausanne unterbrochen wurde, berief ihn die thurgauische Regierung im Jahre
1850 als Hauptlehrer für Deutsch und Pädagogik ans Seminar Kreuzungen. Hier,
an der Seite Vater Wehrlis, wirkte er bis 1852 und erwarb sich ein beson-
deres Verdienst dadurch, dass er an die Stelle des Unterrichtes in allge-
meiner und specieller Pädagogik, der von den Seminaristen nur ausnahms-
weise verdaut und in praktisches Können umgesetzt wurde, denjenigen in
Geschichte der Pädagogik setzte. Die bemische Regierung suchte ihn —
nachdem Grunholzer das Opfer eines Gewaltactes geworden — 1852 als
Seminardirector in Mtinchenbuchsee zu gewinnen, und M. sagte zu. Er kam in
schwierige Verhältnisse. An der Spitze des Erziehungswesens ein brutaler
Reactionär von sehr engem Horizont; die Lehrerschaft in hellem Aufruhr
wegen Grunholzers Absetzung und von Misstrauen erfüllt gegen den Nach-
folger, die politischen Parteien im heftigsten Kampfe. 1854 erlangten die
Liberalen die Mehrheit in der Regierung und M.'s Stellung wurde dadurch
schwer erschüttert. Trotzdem sich der fromme und stille Mann fast ängst-
lich von aller Politik fem hielt und nur seinem pädagogischen Berufe lebte,
trotzdem er eine fast übermenschliche Arbeitslast trug und die denkbar
glänzendsten Lehrerfolge aufweisen konnte, galt er in den Augen der libe-
ralen Partei als eine Stütze des conservativen Regimentes. Um seine Person
drehte sich von 1854 — 1860 der politische Kampf, der zuweilen mit einer
heute fast unbegreiflichen Heftigkeit geführt wurde; seine Gegner, welche seine
Absetzung als Sühne für den Sturz Grunholzers forderten, erreichten ihren
Zweck am 15. August 1860, wo M. durch die bemische Regierung bei An-
lass der Erneuerungswahl nicht wieder gewählt wurde. Der Schlag kam M.,
der sein Gewissen rein von allem politischen Treiben wusste, unerwartet; aber
er vermochte ihn nicht zu beugen. Die pädagogischen Pilger, die zu jener
Zeit noch nach Münchenbuchsee kamen, um den berühmten Schulmann wirken
zu sehen, trafen M. so heiter und aufrecht wie nur je. Er nahm, besonders
auf Zusprechen seiner edlen Gattin hin, den Posten eines Waisenvaters an,
welchen ihm die Stadt Winterthur anbot. Am 2. Juni 1861 trat er dieses
Amt, welches das letzte seines Lebens werden sollte, an. Ihn leiteten die
Grundsätze seines Führers Wehrli, des ersten grossen Armenvaters, der
das, was Pestalozzi gewollt und geahnt, verwirklicht hat. Er trat in eine
Anstalt mit mittelalterlichen Erziehungsprincipien ; er gestaltete sie um im
Geiste Pestalozzis. An Stelle klösterlicher Abgeschlossenheit setzte er mög-
lichst freie Bewegung; an Stelle des Stockes die allgewaltige Liebe. Und wenn
auch diese »Erziehung in Freiheit« anlänglich ängstliche Gemüther beun-
ruhigte — die Erfolge bewiesen deren richtige psychologische Grundlage.
Ihn unterstützte in der Erfüllung seiner Aufgabe in vorzüglichster Weise seine
edle Gattin, und als diese durch die Schwindsucht dahingestreckt worden,
die Haushälterin Frl. Carolina Baltensperger, welche M. später als Gattin
angetraut, mehr als 30 Jahre die schweren Pflichten einer Waisenmutter
in geradezu einziger Weise erfüllt hat. Am 9. September 1893 zog sich M. aus
Altersrücksichten in die Stille des Privatlebens zurück. Das letzte Mal trat
der silberweisse Greis öffentlich hervor, als er am 12. Januar 1896 bei An-
lass des 150. Geburtstages Pestalozzis im Stadthaussaale zu Winterthur mit
fast jugendlichem Feuer und heiliger Begeisterung die Festrede hielt über
den, welcher der Messias der Volksbildung geworden.
Morf. Beyer. 4y
M.'s Pestalozzistudien reichen bis in die vierziger Jahre zurück. Das
Bild des grossen Socialpädagogen und Schulmannes war während der Restaura-
tionszeit unter thurmhohem Schutte begraben worden. Selbst die Feier, welche
am 12. Januar 1846 zum Andenken an Pestalozzis hundertsten Geburtstag im
gesammten deutschen Sprachgebiet begangen wurde, vermochte Pestalozzis
Bild nicht von dem entstellenden, legendären Staube zu reinigen. M. aber,
der damals als Secundarlehrer in Dümten die Festrede halten musste, schöpfte
aus diesem Anlass den Impuls zu seinen späteren, epochemachenden Pestalozzi-
forschungen. In Kreuzlingen und Münchenbuchsee eignete er sich eine intime
Kenntniss aller Schriften Pestalozzis an und in Winterthur fand er Müsse,
Pestalozzis Lebensgeschichte auszugraben. Er stellte dieselbe auf recht zuver-
lässige Basis, indem er, wie kaum ein Zweiter vor ihm, die schweizerische Volks-
w^irthschaft des 18. Jahrhunderts bis ins kleinste Detail studierte und darstellte.
Auf iiiesen Hintergrund nun malt er das Bild Pestalozzis, nicht nur des Metho-
dikers, sondern hauptsächlich des Socialreformers, desjenigen Pestalozzi, der
nicht durch philosophische Speculation, sondern durch den Anblick des grenzen-
losen, ihn umgebenden Elendes zum Erzieher wurde. Länger als ein Viertel-
jahrhundert sammelte M. Material zu seinem Werke. Er besass einen merk-
würdig feinen Spürsinn beim Aufsuchen verlorner Schriftstücke und war von
den glücklichsten Vermuthungen geleitet. Das durch ihn zusammengetragene
Material, welches jetzt im Pestalozzianum liegt, würde genügen, um noch
manche weitere Bände zu füllen. Er sichtete dasselbe mit der grössten Ge-
wissenhaftigkeit. Die vier Bände seines Werkes, das er bescheiden »Zur Bio-
graphie Pestalozzis« betitelte, erschien I 1868, II und III 1885, IV 1889. Sie
sind das einzige, abschliessende Quellenwerk über Pestalozzi und brachten
ganz neue Anschauungen über den grossen Zürcher, dessen Bild dadurch aus
einer nebelgrauen Dämmerung plötzhch in das helle Licht historischer Wahrheit
gerückt wurde. Die Universität Zürich ernannte deshalb M. i8qo zu ihren
Ehrendoctor. —
Wer M. in den letzten Jahrzehnten näher trat, fühlte sich unwiderstehlich
zu ihm hingezogen. Man hatte den Eindruck eines innerlich vollkommen
ausgeglichenen und inhaltschweren Menschenlebens. Sein Wissen, dessen Werth
durch ein nie versagendes Gedächtniss erhöht wurde, war staunenswerth. Seinen
positiven Kinderglauben bewahrte er bis an die Schwelle des Greisenalters,
wo er sich allmählich von allem Kirchenglauben befreite, um einem reinen,
naturphilosophischen Deismus zu huldigen. Das Alter hat M. in politischer
und religiöser Hinsicht frei gemacht; er lebte nur noch das grosse Christen-
thum Pestalozzis, dessen religiöse Verehrung für die unbegrenzte Entwicklungs-
fähigkeit des Menschengeistes auch ihn vollständig durchdrungen hatte. Ge-
rade dieser Glaube erklärt den freien Geist des Morf'schen Waisenhauses, wo
der Stock oft Jahre lang nicht zur Anwendung kam. M. sah im Waisenkinde
nur die der Entfaltung harrende Menschenknospe, neben deren unschätzbaren
Seelengehalt irdische Glücksgüter nicht in die Wagschale fielen. Für seine
Waislein war ihm keine Arbeit, kein Gang zu viel, und dabei wusste die
Linke nie, was die Rechte that.
E. Walter.
Beyer, Professor Dr. August, (von), Architekt, * 30. April 1834 in der
württembergischen Oberamtsstadt Künzelsau, f 18. April 1899 zu Ulm. — In nie-
drigem Stande geboren, in der strengen Schule der Armuth und Arbeit erzogen,
48 Beyer.
schwang er sich vom Steinhauer zum Baumeister und Künstler empor, der
einen der schönsten deutschen Dome zur Vollendung führte, dessen Wort
weithin Geltung hatte, dessen Rath gesucht war. Von der einfachsten
praktischen Vorbildung im Baufache ausgehend, stieg er allmählich zur höch-
sten künstlerischen Stufe aufwärts. Von 185 1 bis 1854 besuchte er die
Stuttgarter Baugewerkeschule, einer der bevorzugten Schüler ihres Vorstandes
Joseph Egle, der ihn nach vollendeten Studien in seiner Werkstätte beschäftigte
und 1858 als Lehrer im architektonischen Entwerfen an jene Anstalt berief.
In den sechziger Jahren und auch noch später unternahm B. Studienreisen
durch Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Italien und erwarb sich in
der Baukunst dieser Länder hervorragende Kenntnisse. Die zahlreichen Bau-
aufträge, die er in Stuttgart erhielt, veranlassten ihn dazu, sein Lehramt bald
niederzulegen. Das Hotel Marquardt, das Olgastift, die Reichsbank, die
Gebäude des Pragfriedhofes, der 1879 errichtete Aussich tsthurm auf dem
Hasenberg in nächster Nähe der Stadt sind seine Werke. Femer fiel ihm
die schöne Aufgabe zu, das ehemalige Kloster Bebenhausen wiederherzu-
stellen und die Räume des darin befindlichen K. Jagdschlosses einzurichten.
Später leitete er noch mehrfach die Restaurationen alter adeliger Herrschafts-
sitze. In Bebenhausen fand B. in der Tochter des dortigen Forstrathes
Tscherning die Gattin, die ihn im Laufe der Jahre mit fünf Töchtern beschenkte.
1881 erhielt B. auf Egles Anregung die Stelle eines Münsterbaumeisters
in Ulm. Es war ihm vergönnt, den gewaltigen Westthurm des Domes, den
höchsten und einen der schönsten Kirchthürme in Deutschland, und damit
zugleich das ganze grossartige Bauwerk zu vollenden. Obgleich von Egle
und anderen Sachverständigen berathen, fühlte er doch die ganze Last der
Verantwortlichkeit auf sich ruhen. Er machte sich seine Aufgabe nicht leicht;
denn er war ein Mann von seltener Gewissenhaftigkeit, der alle seine Pflichten
ernst und schwer nahm. Ueberdies galt es, mancherlei Hemmnisse von aussen
her zu übef winden. Zunächst hatte er sich in die verwickeltsten Probleme
der Ingenieurwissenschaft einzuarbeiten, weil die unzulänglichen Fundamente
so gestärkt werden mussten, dass sie den Aufbau tragen konnten. Das
eigentliche Bauwerk wurde dann in fünf Jahren, von 1885 bis 1890, ausgeführt.
Ihn leitete dabei die Ehrfurcht vor dem Alten; pietätvoll ergänzte er das
Werk im überkommenen Stile. So ragt der Ulmer Münster jetzt als ein ein-
heitliches Kunstdenkmal in die Lüfte. Innerhalb dieses Programmes hatte
B. noch reichlich Gelegenheit, sein Können zu zeigen. Seiner Umsicht und
Fürsorge war es zudem gelungen, während des Baues grössere Unglücksfälle
zu vermeiden. Auch durfte er sich rühmen, die Kostenvoranschläge nicht
überschritten zu haben. Ende Juni 1890 feierte Ulm das schöne Fest der
Vollendung seines herrlichen Domes. Dem Baumeister wurden dabei reiche
Ehrungen zu Theil. Württembergische, preussische, bayerische Orden schmückten
seine Brust; das Ehrenkreuz des württembergischen Kronordens brachte dem
einstigen Steinmetzen den Personaladel. Die philosophische Facultät in
Tübingen verlieh ihm den Grad des Ehrendoctors.
Neben seinem Hauptamte leitete B., als einer der ersten Gothiker
Deutschlands anerkannt, die Restauration des Münsters und den Ausbau des
Münsterthurmes in Bern, führte die Wiederherstellung der Heilbronner Kilians-
kirche aus und ertheilte Rathschläge fiir eine Reihe weiterer gothischer Dome,
namentlich für den in Freiburg i. Br. — Unter der Last der Geschäfte und
Sorgen seines Berufes brachen allmählich seine Körperkräfte zusammen.
Beyer. Davcrio. Speidel. 40
Mancherlei Verdriesslichkeiten setzten ihm hart zu. So wollte er noch zuletzt
durch eine neue Mtinsterbauhütte dem Ulmer Münsterplatz einen passenden
Abschluss geben: aber die Stadtväter verwarfen seinen Plan, weil die Mehr-
zahl der Ulmer einen freien Platz rund um ihren Dom haben wollten. Zwar
gab ihm die Stadt einen neuen Beweis ihres Vertrauens, indem sie ihn noch
kurz vor seinem Tode zu ihrem Ehrenbürger machte. Und als er um seine
Pensionierung einkam, bewilligte sie ihm dafür einen längeren Urlaub zur
Wiederherstellung seiner Gesundheit. Es war vergebens. Nach zehnwöchiger
schwerer Krankheit führte schliesslich ein Schlaganfall das Ende herbei.
Schwäbische Kronik vom 18. April 1899 No. 177, Staats -Anzeiger für Württemberg
▼om selben Tag No. 88, Ulmer Scbnellpost vom 20. April 1899 No. 91, Ulmer Tagblatt
vom 19. April 1899 und Sonntagsbeilage No. 17 vom 23. April 1899 (mit Bild), Beilage
zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 90, Schwabenland 1899 No. 9, Vom Fels zum Meer
18. Jahrgang, 19. Heft, Der Sammler S. 48 (mit Bild), Centralblatt der Bauvcrwaltung
1899 No. 35 S. 211 (mit Bild).
Rudolf Krauss.
DaveriOy Michael, Gustav, * 20. Juli 1839, f 5. Juni 1899 in Zürich. —
(minder der Firma G. Daverio, Ingenieur und Mühlenkonstrukteur in Zürich,
eine in Fachkreisen sehr bekannte und vielgenannte Persönlichkeit. Sein
Vater, von einer alten Mailänder Familie abstammend, war Mitarbeiter der
»Neuen Züricher Zeitung« und Sprachprofessor fiir's Italienische am Züricher
Gymnasium. Von den freiheitlichen Bestrebungen des Landes eingenommen
und begeistert, machte er sich die Schweiz zu seiner zweiten Heimath. Er
starb 1849. Die Mutter heirathete in zweiter Ehe den JournaHsten und
, Historiker Peter Feddersen in Basel. — D. besuchte die Kunst- und Ge-
werbeschule Basels und das Polytechnikum Zürich. Er ging hernach zu
weiterer Ausbildung seiner theoretischen Kenntnisse an die Akademie in
Karlsruhe, kam nach beendigten Studien als Ingenieur zu Dolfuss in Basel,
Etablissement für Brückenbau, von da in die Werkstätten der Vereinigten
Schweizerbahnen in Rorschach. Später finden wir ihn während mehrerer
Jahre bei Gebrüder Sulzer in Winterthur. 1868 gründete er in Rorschach
die Firma Daverio, Siewert & Giesker, die vier Jahre später nach Oerlikon
übersiedelte und da raschen Aufschwung nahm. Nach einer neuen Periode
von vier Jahren trennte er sich von seinen Associ^s und schuf ein selbständiges
Geschäft in eigenem Namen. Anfänglich mit grossen Schwierigkeiten kämpfend,
gelang es ihm doch in verhältnissmässig kurzer Zeit sein Geschäft zur Blüthe
zu bringen. Mit eisernem Willen und rastloser Thätigkeit arbeitete er sich
vorwärts, auf dem Gebiete der Müllerei bahnbrechend, und ward bald eine
ihrer ersten Notorie täten.
Speidel, Wilhelm, Professor, Musiklehrer und Componist, ♦ 3. Sep-
tember 1826 zu Ulm, f 13. October 1899 zu Stuttgart. — Er erhielt seine
Schulbildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt und wurde gleichzeitig
von seinem Vater, dem geachteten Ulmer Musiklehrer und Sänger Conrad
Speidel, in der Tonkunst unterrichtet. Schon mit acht Jahren trat er zum
resten Male öffentlich in einem Concert in Ulm als Clavierspieler auf. 1843
kam er zu weiteren musikalischen Studien nach München, wo in der Com-
position Ignaz Lachner, im Ciavier Wanner und Wilhelm Kühe seine Lehrer
Biogr. Jahrbuch n. Dentscher Nekrolog. 4. Bd. a
CO Speidel.
waren. S. erwarb sich rasch einen Ruf als Pianist, namentlich durch seine
geistvolle Auffassung Beethovenscher Sonaten. In den Ferien Hess er sich
mehrfach in Concerten seiner Vaterstadt hören. In München, wo er zu-
sammen mit seinem jüngeren Bruder Ludwig, dem gefeierten Wiener Feuille-
tonisten, lebte, verkehrte er in den angesehensten Kunstkreisen, wodurch seine
allgemeine Ausbildung nicht wenig gefördert wurde. Nachdem er 1846/7
eine Zeit lang zu Thann im Elsass als Hauslehrer bei der Familie Kestner
verweilt und die Urenkelinnen von Goethes Lotte in der Musik unterrichtet
hatte, Hess er sich als Ciavierlehrer in München nieder und fand bald reich-
liche Beschäftigung. 1853 bestand er im Leipziger Gewandhaus die Feuer-
probe als Ciaviervirtuose; seine Concertreisen führten ihn fortan nach den
meisten grösseren Städten Deutschlands. 1855 trat S. als Musikdirector an
die Spitze der Ulmer Liedertafel, siedelte jedoch schon 1857 nach Stuttgart
über, wo er einen bleibenden Wirkungskreis fand. Er begründete im Vereine
mit einigen Fachgenossen die Stuttgarter Musikschule, die später sich in das
K. Conservatorium umwandelte, und übernahm dort den Unterricht im Clavier-
spiel. 1874 schied er in Folge eines Zerwürfnisses mit seinem Collegen Sieg-
mund Lebert aus, um ein eigenes Musikinstitut zu gründen. So erfolgreich
dieses Unternehmen war, trat er doch 1885 nach Leberts Tod auf seinen alten
Posten am Conservatorium zurück. Eine Anzahl Künstler und Künstlerinnen
von Ruf sind aus S.'s Schule hervorgegangen, und er trug nicht wenig dazu
bei, dem Stuttgarter Conservatorium weithin Ansehen und Geltung zu ver-
schaffen. Auch sonst hatte ihm das Stuttgarter Musikleben viel zu danken.
Insbesondere erwarb er sich um den dortigen Liederkranz, den er von 1857
bis 1885 dirigirte, hohe Verdienste. Er brachte dem Chor seine allgemein
anerkannte und viel bewunderte Ausdrucksiähigkeit und Freiheit im Vortrag
bei. Ferner regte er die ungemein beliebten Populären Concerte des Lieder-
kranzes an. Auch im Schwäbischen Sängerbund spielte er eine Rolle; wieder-
holt lag auf schwäbischen Liederfesten die musikalische Leitung in seinen
Händen. Der Stuttgarter Liederkranz, der Schwäbische Sängerbund und
manche andere Vereine und Liedertafeln ernannten im Laufe der Jahre den
trefflichen Dirigenten zu ihrem Ehrenmitgliede.
Als Componist entfaltete S. eine vielseitige und umfangreiche Thätigkeit.
Seine Stärke lag in der Lyrik, in der naiven wie in der sentimentalen, in der
volksthümlichen wie in der kunstqiässigen. Sehr gut traf er den einfachen,
schlichten Volkston. Seine Chor- und Sololieder wurden darum auch viel
gesungen. Seine Männerchöre, unter denen populäre Vaterlandsgesänge
hervorzuheben sind, pflegte er zuerst im Stuttgarter Liederkranze zu erproben.
Von da zogen sie in die Welt hinaus, wo nur Deutsche hausen und singen,
selbst über den Ocean hinüber. Auch einige grössere Stücke befinden sich
darunter, so der Geisterchor aus Faust mit Orchester, das Tenorsolo mit
Männerchor und Orchester »Wikinger Ausfahrt«, »Volkers Schwanenlied«.
Neben der Vokalmusik widmete er sich als Componist auch der Instrumen-
talmusik. In seinen Orchesterstücken, Ouvertüren, Streichquartetten, Cello-,
Violin- und Ciaviersonaten herrscht überall ernsthaftes Streben nach Classi-
cität. Seine Compositionen w^urden in den Abonnementsconcerten der Stutt-
garter Hofcapelle, an den dortigen Kammermusikabenden, woran er in jüngeren
Jahren auch als ausübender Künstler theilnahm, aufgeführt. Ferner hat S.
durch Bearbeitungen classischer und nachclassischer Meister seinen Namen
bekannt gemacht.
Speidel. Munziger. c i
Mit Lina Schmidt, der Tochter eines Verlagsbuchhändlers, verheirathet,
lebte S. in glücklichen Familienverhältnissen und äusserem Wohlbehagen. In
seinem Hause bereitete er edler Geselligkeit, wie er sie einst in München
kennen und schätzen gelernt hatte, eine Stätte. Erlesene Künstler gaben
sich hier ein Stelldichein, die Musik wurde dabei natürlich in erster Linie
gepflegt. Mit Freuden war S. noch Zeuge, wie eines seiner Kinder, die Tochter
Maria, als Sängerin die Kunstlauf bahn ergriff. — Seinem Ende ging eine
schwere Periode schmerzlichen Leidens voraus. Am i6. October begrub man
ihn* auf dem Stuttgarter Fangelsbachfriedhof unter lebhafter Betheiligung
weiter Kreise der Hauptstadt.
Schwäbische Kronik vom 14. October 1899 No. 480, vom 17. October 1899 No. 484
(Leichenfeier), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 14. October 1899 No. 241, Staats-Anzeiger
für Württemberg vom 17. October 1899 No. 242, Frankfurter Zeitung 1899 No. 285 Abend-
blatt, Schwabenland 1899 No. 20 (mit Bild), Neue Musik-Zeitung 1889 No. 18 (mit Bildj, 1899
No. 21.
Rudolf Krauss.
Munziger, Eduard, Tonkünstler, * 24. Juni 183 1 in Ölten, (Schweiz) f 29. März
1899 in Neuenburg, entstammte einer höchst musikalischen Familie. Sein
Vater, Dr. Victor Munziger, Arzt in Ölten, der eine so schöne Tenorstimme
besass, dass man den Studenten durchaus für die Oper gewinnen wollte, hat
sich um die Entwickelung des musikalischen Lebens im Kanton Solothurn
die grössten Verdienste erworben, indem er auf den Bahnen Joh. Georg
Nägeli's wandelnd, den fruchtbaren Samen für das Erblühen des Volksgesanges
in seiner Heimath ausstreute, den Solothurnischen Kantonalgesang-Verein ins
Leben rief und selbst über 30 Jahre lang den Gesangverein und die Theatergesell-
schaft seiner Vaterstadt in trefflichster Weise leitete. Da Eduard schon als
Knabe ausgesprochenes musikalisches Talent zeigte, bestimmten die Eltern,
seinem höchsten Wunsch entsprechend, die Tonkunst zu seinem Lebensberuf
und nachdem er die Prima in der Bezirksschule Oltens erfolgreich durch-
gemacht, kam der Fünfzehnjährige 1846 ans Leipziger Conservatorium, wo
er es unter Moscheies* Leitung im Pianofortespiel bald zu bedeutender Fertigkeit
brachte. Eine seiner frühesten Compositionen war ein Dufour-Lied, zu dem
Jul. Schantz den Text verfasst hatte und das nach Niederwerfung des Sonder-
bundes 1 848 bei einer Festlichkeit der Leipziger Thomasschüler gesungen und
begeistert aufgenommen wurde. Nach 3 jährigem Studium kehrte M. in die
Heimath zurück und wirkte zunächst als Organist, Klavier- und Gesanglehrer
in Yverdon und Morges. Ende 1854 folgte er einem Ruf als Director des
Caecilien-Vereins nach Aarau, wo er gleich im ersten von ihm geleiteten
Abonnements-Concert das Weber'sche Concertstück mit hinreissendem Feuer
spielte. 1855 —1857 ertönten im Aarauer Casinosaal unter M. 's Commando-
stab eine Reihe Symphonien von Haydn, Mozart und Beethoven, wie es ihm
denn Gewissenssache war; dem Publikum nur gute Musik vorzufuhren. Auch
studirte er mit dem ihm unterstellten Chor verschiedene Oratorien ein und unter
ihm errang 1856 der Männerchor des Caecilien-Vereins beim Eidgenössischen
Sängerfest zu St.-Gallen den 6. Preis. Ein Zerwürfniss mit dem Vorstand veran-
lasste 1858 seinen Rücktritt von der Vereinsleitung, ohne dass er sich
übrigens dem öffentiichen Musikleben der Aargauischen Hauptstadt entzogen
hätte. Von Aarau, wo er auch seine Gattin gefunden, siedelte M. 1863 nach
Zürich über, um hier nach Wilh. Baumgartner's Rücktritt die Direction des
4*
c 2 Munziger. Lang.
Stadtsäiiger-Vercins (späteren »Männerchores«) zu tibernehmen und zeitweilig
auch den gemischten Chor zu leiten. Ende 1864 wurde sein Chorwerk
»Helgi und Cara«, zu dem ihm Professor Dr. L. Tobler den auf einer alt-
nordischen Sage fussenden Text geschrieben, durch die »Harmonie« und den
»Stadtsänger- Verein Zürich«, unter Mitwirkung des Tonhalle-Orchesters drei
Mal im Stadttheater mit grossem Beifall aufgeführt und noch reicheren Lorbeer
trug dem Autor die gleichfalls von Tobler gedichtete Cantate »Der Schwur
im Rütli« ein, welche in Folge einer Concurrenzausschreibung des Eidge-
nössischen Sänger- Vereins 1863 mit dem ersten Preis gekrönt wurde und beim
Eidgenössischen Sängerfest zu Bern am 18. Juli 1864 als Hauptprogramm-
nummer der Gesammtaufführung einen durchschlagenden Erfolg errang. 1866
begab sich M. mit seiner Familie nach Neapel und Palermo, wo er den
musikalischen Verhältnissen des Landes lebhafte Theilnahme schenkte. 1868
berief ihn der «Frohsinn» Neuenburg zu seinem Director und bald trat er
hier auch an die Spitze der Socidtd chorale. Beim Eidgenössischen Sänger-
fest zu Naumburg von 1870 lag das leitende Scepter in seiner Hand. Der
stramme Dirigent fand nicht weniger Anerkennung als der Tondichter mit
seiner schönen Composition »Die Schweizerischen Schlachtfelder«. Als 1875
der »Orpheon« reorganisirt wurde, übernahm M. diesen Männerchor, um ihn
während eines Menschenalters von Sieg zu Sieg zu führen und mit ihm
namentlich auch bei internationalen Sängerfesten wie 1879 ^^ Annecy und
1881 zu Macon erste Preise zu erringen. Endlich stand der Musiker längere
Zeit dem »Coeur national« vor und erteilte an den öffentlichen Schulen
Neuenbürgs Gesangunterricht. Die Lichtblicke in dem arbeitsamen, von
Fortunas Gunst nur spärlich erhellten Leben des Künstlers, bildeten in
seinen letzten Jahren verschiedene Aufführungen grösserer Tonwerke, die
sein schöpferisches Vermögen auf der Höhe zeigten, aber trotzdem, gleich
den meisten seiner von Schumann 'schem Geist durchwehten Claviercompo-
sitionen unedirt geblieben sind. So trat Anfangs 1896 in Neuenburg unter
des Componisten Leitung ein grosser Chor zusammen, der am 31. Mai und
I. Juni genannten Jahres seine Cantate »Sempach« im Temple du Bas aufs
Würdigste wiedergab. Und vielleicht noch stärkeren Eindruck auf die Hörer
machte das Chorwerk »Jeanne d'Arc«, das 1897 gleichfalls unter des Ton-
dichters eigener Direktion aus der Taufe gehoben wurde und sich als eine
ebenso phantasievolle wie formschöne, namentlich in den Chören packende
Schöpfung erwies. Schon früher hatte man in Naumburg eine kleinere Chor-
composition »Chemin creux« (»Die hohle Gasse«) kennen gelernt, die ver-
möge ihres patriotischen Schwunges sehr gefiel. Dagegen blieb das Oratorium
»Ruth und Boas«, das Kenner für M.'s beste Partitur erklären, bis jetzt un-
aufgeführt. Eine Anzahl reizender Quartette, » Schilf lieder« betitelt, sowie
zwei Claviercompositionen, »Idylle« und »Po^me d'amour«, erschienen bei
Schott in Mainz und Fromont in Paris. Hoffentlich wirken die allgemeine
Liebe und Verehrung für den Musiker, die sich bei seinem Leichenbegängniss
kundgaben, auch in der Weise nach, dass man seine hinterlassenen Werke
durch Drucklegung und würdige Vorführung lebendig macht und so die Er-
innerung festhält an einen der talentvollsten schweizerischen Componisten.
A. Niggli.
Lang, Franz Vinzenz, Dr. phiL, schweizerischer Naturforscher, ♦ 19. Juli
182 1 in Ölten, f 21. Januar 1899 in Solothum. — Der Sohn ehrsamer
Lang. 53
Bürgersleute, besuchte L. die Schulen seiner Vaterstadt Ölten, an deren
höheren Klassen sein um zwanzig Jahre älterer Bruder, der als tüchtiger Schul-
mann geschätzte Kaplan Konrad Lang, mit grossem Erfolge als Lehrer
wirkte, und vollendete seine Gymnasialstudien an der höhern Lehranstalt
(Cantonsschule) in Solothum. Da er sich entschlossen hatte, Apotheker zu
werden, machte er seine Lehrzeit 1840 — 1843 i" einer Apotheke in Solothum
und begab sich, nachdem er sein Gehilfenexamen bestanden, 1844 an die
Universität Bern, um sich dem Studium der Naturwissenschaften zu widmen.
Zu seinen Lehrern zählte er neben Perty (Zoologie), Valentin (Physiologie)
u. a. auch Bernhard Studer, durch den er besonders auf das Studium der
Geologie gelenkt wurde, dem er in der Folge mit Vorliebe seine Thätigkeit
gewidmet hat. Von der Absicht, Medicin zu studieren, wurde er im Herbst
1846 durch seine Wahl zum Professor der Naturgeschichte an der höhern
Lehranstalt in Solothum abgewendet und trat als Nachfolger des Botanikers
Alexander Moritzi seine Lehrstelle an, die er während vollen 52 Jahren
bekleiden sollte. L. war ein vorzüglicher Lehrer, der die verschiedenen
Disciplinen der Naturwissenschaft gründlich beherrschte und durch fleissiges
Studium ihren Fortschritten stets mit Eifer folgte. Voll Begeisterung fiir sein
Fach, verstand er auch seine Schüler für dasselbe einzunehmen, und viele
derselben haben sich, seiner Anregung folgend, dem Studium der Natur-
wissenschaften oder der Medicin zugewendet, ihrem einstigen Lehrer stets
ein treues und dankbares Andenken bewahrend. In Anerkennung seiner
Verdienste um die Cantonsschule übertrug ihm die Regierung im Jahre 1872
die Leitung derselben, die er bis zum Jahre 1883 führte. In dieser Stellung
arbeitete Rector L. ein neues Cantonsschulgesetz aus, das im Jahre 1874
vom Volke angenommen wurde und für die Entwicklung der Anstalt von
grosser Bedeutung gewesen ist; seinen Bemühungen war es auch vornehmlich
zu verdanken, dass dieselbe ihre beschränkten und ungeeigneten Räume
verlassen und 1882 in ein neues Gebäude übersiedeln konnte. Auch auf
dem Gebiete des Volksschulwesens entwickelte L. eine rege Thätigkeit, die
sich nicht nur auf den Heimatcanton beschränkte; als Mitglied des Central-
ausschusses des schweizerischen Lehrer verein es wirkte er mit zur Entwicklung
des gesamten schweizerischen Schulwesens.
Stets bestrebt, die Ergebnisse der Wissenschaft in weiteren Kreisen
zu verbreiten und das Interesse für das Studium zu wecken, war L. eines
der eifrigsten Mitglieder der naturforschenden Gesellschaft von Solothum, die
er bald nach Antritt seines Lehramtes im Dezember 1846 mit einigen gleich-
gesinnten Collegen neu begründete und an deren Leitung er bis 1862 als
Secretair, von da an als Präsident betheiligt war; im Jahre 1897 ernannte ihn
die Gesellschaft in Anerkennung seiner grossen Verdienste um ihre gedeihliche
Entwicklung zu ihrem Ehrenpräsidenten. Auch an den Verhandlungen der
schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, in die er 1847 eingetreten war,
nahm er stets regen Antheil und leitete zwei Mal, 1869 und 1888, die in
Solothum stattfindenden Jahresversammlungen derselben. So trat er in Ver-
bindung mit den bedeutendsten schweizerischen Naturforschern, wie Escher
von der Linth, Peter Merian, Carl Vogt, Desor, A. Heim u. s. w., und wurde
1872 auch Mitglied der schweizerischen geologischen Kommission, deren
Präsidium er von 1888 an führte und die ihn 1895 bei seinem Rücktritt zu
ihrem Ehrenpräsidenten ernannte.
Wenn seine Lehrthätigkeit L. nicht gestattete, grössere Wissenschaft-
54 Lang.
liehe Arbeiten zu unternehmen, fand er doch Zeit zu verschiedenen kleineren
Monographien, die als werthvolle Beiträge zur Geologie des Solothurnischen
Jura bezeichnet werden können, so die »Geologische Skizze der Umgebung
von Solothurn« (1883), »Die Einsiedelei und die Steinbrüche bei Solothum«
(1885). Gemeinsam mit Professor Rütimeyer in Basel publicirte er im 23.
Band der »Denkschriften der schweizer, naturforsch. Gesellschaft« (1867)
eine Abhandlung Über »Die fossilen Schildkröten von Solothum«, deren
geologischer Theil seiner Feder entstammt. In "»Amanz Gressly, Lebensbild
eines Naturforschers« (1873) stiftete er einem hervorragenden Geologen, dessen
Anregung er selbst viel verdankte, ein wohlverdientes Denkmal. Ausserdem ver-
fasste er, zum Theil im Verein mit anderen Naturforschem, eine Reihe von geolo-
gischen Gutachten für Tunnelbauten und Wasserversorgungen. In Aner-
kennung dieser Arbeiten wie seiner wissenschaftlichen Thätigkeit überhaupt
verlieh ihm die Universität Bern am 17. December 1878 das Diplom eines
Doctor philosophiae honoris causa und ernannten ihn mehrere naturforschende
Vereine der Schweiz zu ihrem correspondirenden und Ehrenmitgliede.
Am öffentlichen Leben der Stadt und des Cantons Solothum nahm L.
stets einen regen Antheil und war Mitglied der Gemeindebehörden wie des
Cantonsrathes. Als begeisterter Freund der Musik förderte er das Gesangs-
wesen im Canton wie in der Eidgenossenschaft und war während zwei Jahren
Präsident des Centralcomitds des schweizerischen Sängervereines, der 1868
in Solothurn das eidgenössische Sängerfest feierte. So fanden alle wissen-
schaftlichen und künstlerischen Bestrebungen in L. stets einen regen Förderer,
und wie in der naturforschenden, so trug er auch in anderen Gesellschaften
durch öffentliche Vorträge gerne dazu bei, die Resultate der wissenschaft-
lichen Forschung Anderen mitzutheilen.
Gemeinsam mit seinem CoUegen, Professor Dr. Victor Kaiser (s. Biogr.
Jahrbuch, 2. Band, S. 181) feierte L. am 30. Juli 1896 das fünfzigjährige
Jubiläum seiner Lehrthätigkeit an der Cantonsschule von Solothurn, das
seinen zahreichen Schülern und Freunden wie den Behörden Gelegenheit gab,
seine mannichfachen Verdienste um die Schule und das öffentliche Leben
in schönster Weise zu ehren. Noch konnte er, trotzdem sich die Beschwerden
des Alters mehr und mehr fühlbar machten, sich nicht entschliessen, von
seinem Lehramte zurückzutreten, das er stets auf ehrenvolle Weise ausfüllte,
und erst nach zwei Jahren, im August 1898, reichte er seine Demission ein,
ohne deshalb auf seine wissenschaftliche Thätigkeit zu verzichten. Mit
rührender Sorgfalt beschäftigte er sich, so lange seine Kräfte es ihm
erlaubten, mit den Vorarbeiten für die Unterbringung der werth vollen natur-
historischen Sammlung, die von Professor F. J. Hugi angelegt und zu deren
Conservator er nach seinem Tode ernannt worden war, in das neue Museum
der Stadt Solothurn, dessen Errichtung er seit Jahren eifrig befürwortet hatte,
ohne seine Vollendung zu erleben. Er starb am 21. Januar 1899 in seinem
freundlichen Landhause bei Solothurn, in dem er die letzten zwanzig Jahre
seines Lebens zugebracht hatte, tief betrauert nicht nur von seiner Gattin
und seinen zwei Töchtern, sondern auch von seinen ehemaligen Schülern
und zahlreichen Freunden, die in Professor L. einen Mann ehrten, der mit
liebenswürdigen persönlichen Eigenschaften einen stets regen Sinn für das
öffentliche Wohl und eine aufopfernde Hingabe an seinen Beruf verband.
Mochte sein Arbeitsfeld auch klein sein, er hat es in so fleissiger und nutz-
bringender Weise bebaut, dass ihm ein bleibendes Andenken gesichert ist.
Lang. Weizsäcker. c c
Festrede, gehalten von Rector Dr. Kaufmann an der ftinfzigj ährigen Jubelfeier der
Herren Professoren Dr. Victor Kaiser und Dr. Franz Lang, im Jahresbericht der Cantons-
schule von Solothurn fUr das Schuljahr 1895/96; Festnummer zum »Oltner Tagblatt«
vom 30. Juli 1896, mit der von P. Dietschi verfassten Biographie der beiden Jubilare;
Oltner Tagblatt 1899, No. 19; Solothurncr Tagblatt 1899, No. 19 und 20; XII. Bericht
über die Thätigkeit der naturforschenden Gesellschaft in Solothurn in den Jahren 1897/99;
Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmacie 1899, No. 8; Actes de la societe hel-
vetique des sciences naturelles, 82 me session du 31 juillet au 2 aoüt 1899 a Neuchätel.
M. Gisi.
Weizsäcker, Carl Heinrich (von), Theologe, * 11. December 1822 zu
Oehringen in Württemberg, f 13. August 1899 zu Tübingen. — Der Vater,
Diaconus, später Stiftsprediger in Oehringen, starb frühe, die Mutter leitete
die Erziehung Carls und seines jüngeren Bruders Julius, der nachmals als
Historiker zu Ruhm gelangt ist. Obgleich durch eine zarte Gesundheit in
seinen Studien mannigfach gehemmt, hielt W. doch, vermöge seiner ausge-
zeichneten Geistesgaben mit den Altersgenossen gleichen Schritt. Er wurde
zum Theologen bestinmit und empfing die in Württemberg für diesen Beruf
übliche Ausbildung. Dem vorgeschriebenen Studiengange im Tübinger Stift
fügte er einen kürzeren Besuch der Berliner Universität hinzu. Nachdem er
eine Zeit lang Pfarrvicar, dann in Tübingen Stiftsrepetent und Privatdocent
gewesen war und sich dort 1847 die philosophische Doctorwürde erworben hatte,
übernahm er Sommer 1848 die im Hohenlohe - Langenburgschen Patronate
stehende Landpfarrei Billingsbach (württ. Oberamt Gerabronn). Schon 185 1
wurde er auf die Stelle eines Hofcaplans nach Stuttgart berufen, wozu ihn seine
Weltklugheit in besonderem Masse geeignet machte. 1856 wurde er zugleich
als Hilfsarbeiter in das Cultusministerium gezogen, 1859 zum ausserordent-
lichen Mitglied des evangelischen Consistoriums mit dem Titel einess Ober-
consistorialraths ernannt. Daneben arbeitete er emsig an seiner wissenschaft-
lichen Fortbildung. 1856 half er die Jahrbücher für deutsche Theologie be-
gründen und gehörte bis 1878 zu den Herausgebern dieser Zeitschrift, die unter
den theologischen bald den ersten Rang einnahm. Er selbst veröffentlichte
darin Untersuchungen, namentlich über das vierte Evangelium. So bekam
sein Name in Fachkreisen einen guten Klang, und es war mehrfach von
seiner Berufung an auswärtige Universitäten die Rede. Nach Ferdinand
Baurs Tod erhielt W. den Tübinger Lehrstuhl für Kirchengeschichte über-
tragen und eröffnete im Sommersemester 1861 seine Vorlesungen. Es gehörte
viel Mut dazu, der Nachfolger eines solchen Mannes zu werden. Aber es
zeigte sich bald, dass W. als ein Ebenbürtiger in die Fusstapfen des ge-
feierten Hauptes der »Tübinger Schule« trat und dazu bestimmt war, dieser
selbst neuen Glanz zu verleihen. Das über zwei Menschenalter dauernde Wirken
Baurs und W.'s darf man als eine einheitliche Periode auffassen, in der die
Tübinger Facultät auf die Ciestaltung der protestantischen Theologie in
Deutschland tiefen und nachhaltigen Einfiuss ausgeübt hat. W. arbeitete sich
mit rastlosem Fleiss in seinen Lehrberuf und Lehrauftrag ein. Ursprünglich
mehr Vermittlungstheologe, wandte er sich sachte mehr und mehr der historisch-
kritischen Richtung Baurs zu. Die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
wurde auch seine Losung, und er hat sich zu dieser stets Öffentlich mit einer
über jeden Zweifel erhabenen Deutlichkeit bekannt. Auch als Schriftsteller
wandelte er in den Spuren seines Vorgängers, ohne auf Selbständigkeit und
Eigenart zu verzichten. Von kleineren Schriften, Aufsätzen und Recensionen
c6 Weizsäcker.
abgesehen, veröffentlichte er mit längeren Pausen drei grössere, langsam und
sorgfältig herangereifte Werke. Das erste, »Untersuchungen über die evangelische
Geschichte, ihre Quellen und den Gang ihrer Entwicklung« (Gotha. Verlag
von Rudolf Besser. 1864), womit er bedeutungsvoll in die von Baur, Strauss
und Renan angeregte Forschung eingriff, erwarb sich nur langsam in weiteren
Kreisen Geltung. Seinen Ruhm begründete er eigentlich erst so recht mit
seiner Uebersetzung der Neuen Testamentes (Tübingen, 1875. Verlag der
H. Laupp'schen Buchhandlung), die als erster Versuch gelten darf, gleich-
zeitig den Urtext mit- möglichst grosser Treue wiederzugeben und sich genau
an die Forderungen der herrschenden deutschen Literatursprache zu halten.
Der Erfolg des Unternehmens äusserte sich in zahlreichen Auflagen; die
neunte bereitete W. noch selbst in der letzten Leidenszeit vor. In seinem
dritten grossen Werke, »Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche«
(Freiburg i. B., Verlag von J. C. B. Mohr, 1886), das 1892 eine Neuauflage
erlebte imd auch ins Englische übertragen wurde, stellte er die Entstehung
und Entwicklung der christlichen Kirche bis zu den Ausgängen der Apostel-
zeit im Zusammenhang dar, indem er gewissermassen der ganzen historisch-
kritischen Forschung über das Urchristentum einen bedeutsamen Abschluss
gab. Hier, wie in allen seinen literarischen Darbietungen, waltete nicht nur
der echte, wissenschaftliche Forschergeist und echt religiöses Empfinden,
sondern auch künstlerischer Tact und starkes Gefiihl für die Schönheit der
deutschen Sprache. — Mehr noch vielleicht hat W. als akademischer Lehrer
geleistet. 76 Semester lang hielt er seine Vorlesungen mit Lust und Liebe,
und Tausende von dankbaren Schülern sassen zu seinen Füssen. Ein Menschen-
alter hindurch bestimmte er die kirchengeschichtlichen Anschauungen fast
der gesammten württembergischen Geistlichkeit. Aber auch aus dem übrigen
Deutschland kamen viele Theologen nach Tübingen, um den gefeierten und
populären Docenten zu hören. — Von 1875 bis 1889 versah W. zugleich
das Amt eines Tübinger Frühpredigers, wobei er mehr tief und gedankenreich
als feurig und schwungvoll predigte. — In mancherlei Verwaltungsaufgaben
konnte er seine praktische Gewandtheit erproben. Von 1877 bis 1889 ge-
hörte er zu den Inspectoren des Stiftes, 1874 wählte ihn die theologische
Facultät zum Ersatzmann, 1875 ^"^ ^^79 ^^^ wirklichen Abgeordneten fiir
die Landessynode. 1867/8 und 1877/8 führte er das Rectorat der Tübinger
Universität; das zweite Mal fiel ihm zugleich mit dieser Würde die Leitung
des Jubiläums des vierhundertjährigen Bestehens der Hochschule im Sommer
1877 zu, die er mit dem ihm eigenen Repräsentationstalente durchführte.
Als 1889 nach Gustav Rümelins Tod das Kanzleramt der Universität
neu zu besetzen war, richteten sich sofort die Blicke der massgebenden
Kreise auf W. Er übernahm nun die Vertretung der staatlichen Autorität
bei der Landeshochschule, ohne seine Vorlesungen aufzugeben. Die Geltung,
die er überall besass, kam auch der Universität zu gut, für deren Interessen
er stets mit Wärme eintrat. Seine geistvollen Kanzlerreden beim alljährlichen
Festacte zu Tübingen, deren Stoffe er aus der theologischen Disciplin oder
aus der Geschichte der alma mater entnahm, waren weithin berühmt. Mit
der Kanzler würde erhielt W. zugleich einen Sitz in der württembergischen
Abgeordnetenkammer. Er war übrigens durchaus kein politischer Neuling.
Schon frühzeitig hatte er die kleindeutsche Idee verfochten. Er gehörte zu den
Gründern und Führern der Deutschen Partei in Württemberg und wirkte in
Wort und Schrift, namentlich als Mitarbeiter des Schwäbischen Merkurs, für
Weizsäcker. Socin.
57
die nationalen Forderungen. Zu den Zeiten des Culturkampfes erklärte er
sich nachdrücklich für die Rechte des Staates gegen kirchliche Anmassungen.
Auch in der Kammer schloss er sich der Deutschen Partei an. Gern ergriff
er zu Gegenständen von höherer Tragweite das Wort und war dabei stets
seines Kindruckes auf die Zuhörer sicher. Er huldigte einem entschiedenen
politischen Optimismus. Von den Grundsätzen des Liberalismus und der
Toleranz wich er nie einen Finger breit ab. Redete er doch der Zulassung
der Feuerbestattung in Württemberg das Wort, stimmte er doch bei den
Verhandlungen über die Verfassungsrevision als einziger unter den Privilegirten
für deren Ausscheiden aus der zweiten Kammer.
Hohe Ehren häuften sich im letzten Jahrzehnt seines Lebens auf W.'s
Haupt. 1894 erhielt erhielt er Titel und Rang eines Staatsraths, 1897 eines
Geheimeraths. Damals feierte er das fünfzigjährige Jubelfest der philosophischen
Doctorwürde. Die juristische und staatswissenschaftliche Facultät verliehen
ihm den Ehrengrad, und da er schon 1862 bei der theologischen Facultät
promovirt hatte, war er nunmehr vierfacher Doctor. Er besass hohe Orden,
wurde von verschiedenen gelehrten Gesellschaften zum Ehrenmitgliede ernannt.
W. war seit 1848 mit Sophie, Tochter des Oberhelfers Dahm in Esslingen,
verheirathet; den Verlust der Gattin im Jahre 1884 konnte er niemals ganz
verwinden. Der Ehe sind ein Sohn, der jetzt an der Spitze des württem-
bergischem Cultusministeriums steht, und zwei verheirathete Töchter ent-
sprossen. — W. bewahrte sich grosse geistige und körperliche Frische, bis
ihn Juni 1899 die letzte Krankheit des Alters befiel, der seine Kräfte langen
Widerstand entgegensetzten. Er entschlummerte schliesslich sanft. In Tübingen
wurde er in einer seiner Bedeutung entsprechenden Weise zur Erde bestattet.
Schwäbische Kronik vom 14. August 1899 No. 374, vom 16. August 1899 No. 378
(Leichenfeier), vom 3. Februar 1900 No. 56 (Nekrolog von Alfred Hegler), Staats-Anzeiger
für Württemberg vom 14. August 1899 No. 187, (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom selben
Tag No. 188, Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 185, Frankfurter Zeitung 1899
No. 224 Abendblatt, Kirchlicher Anzeiger für Württemberg 1899 S. 294, Evangcl.
Kirchenblatt für Württemberg 1899 No. 33 S. 264 f.
Rudolf Krauss.
Socin, August, * 21. Februar 1837 in Vevey, f 29. Januar iSqg in
Basel. Seine Vorfahren entstammten einem adeligen italienischen Geschlechte
und waren seit dem 16. Jahrhundert in Basel eingebürgert. Da der Vater
(Pfarrer der deutschen protestantischen Gemeinde) schon zwei Tage nach der
Geburt des Sohnes starb, übernahm dessen Erziehung die Mutter, eine kluge,
energische und gebildete Veveysanerin. In seinem elften Lebensjahre kam er
nach Basel zum Besuche der dortigen Schulen. Schon mit siebzehn Jahren
hatte er die Gymnasialstudien beendet und bezog als Mediciner die Universität
seiner Vaterstadt. Gerade an seinem zwanzigsten Geburtstage erlangte er in
Würzburg den Doctortitel und wandte sich, wie die meisten seiner Commili-
tonen, nach Prag und Wien, wo die berühmtesten Kliniker die fremden
Studenten anzogen. Im Frühjahr 1859 legte er sein Staatsexamen in Basel
ab und ging noch für ein Semester nach Paris, wo er sich speciell der Chir-
urgie unter Pirogoff widmete. Im Herbst wurde er Assistent von Professor
Mieg, dem Chefarzt der chirurgischen Abtheilung des Bürgerspitales in Basel.
18 61 demissionirte letzterer und S. wurde auf dessen Empfehlung sein Nach-
folger und habilitirte sich als Privatdocent an der Universität, Ein Jahr später
j8 Socin.
verlieh ihm der Regierungsrath des Kantons Basel den Titel eines Professor
extraordinarius und 1864 wurde er Ordinarius für Chirurgie, Augenheilkunde
und Geburtshilfe. Nach den merkwürdigen Einrichtungen der damaligen Zeit
las er die ihm übertragenen Fächer theoretisch, durfte aber nur ausnahmsweise
seine Hörer in das Spital zur Visite mitnehmen, um ihnen interessante Fälle zu
demonstriren. Dem diplomatischen Auftreten des jungen Professors gelang es,
die längst eingeleiteten Verhandlungen zwischen den städtischen Spitalbehörden
und der Regierung zu einem günstigen Abschlüsse zu bringen, und im Winter
1865 hatte er die Freude, das erste Semester einer regulären chirurgischen
Klinik mit neun Studenten zu eröffnen.
Da S. keiner angesehenen Aerztefamilie entstammte, aus keiner chirur-
gischen Schule hervorging, keiner Protektion sich erfreute, so verdankte er die
raschen Erfolge seinen Geisteskräften und Charaktereigenschaften, kurz: seiner
Individualität. Sie war eine gute Mischung von germanischer Gründlichkeit
und romanischer Lebhaftigkeit, selbst Leichtlebigkeit. Seinem Scharfsinn war
es nicht entgangen, dass er sich den deutschen Chirurgen anschliessen müsse,
welche um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Führerrolle übernommen hatten
und denen es gelungen war, durch pathologisch -anatomische, besonders
mikroskopische Untersuchungen und experimentell-physiologische Studien die
Chirurgie zu einer der internen Medicin ebenbürtigen Wissenschaft zu erheben.
Fast zu gleicher Zeit, wie S. sein Lehramt antrat, waren zwei der bedeutendsten
Assistenten von v. Langenbeck in Berlin, dem geistigen Haupte der Schule,
nämlich Billroth und Lücke, Kliniker in Zürich und Bern geworden. Ein
frischer Hauch ging durch die medicinische Welt der deutschen Schweiz, als
diese drei Männer in den regsten belehrenden Verkehr traten, bei häufigen
Zusammenkünften ihre Erfahrungen austauschten und ihre jugendliche Begeiste-
rung für die Wissenschaft auf die Schüler übertrugen. In den Ferien besuchte
S. die deutschen Spitäler, um an dem grossem Krankenmateriale sein Wissen
zu ergänzen, das Neueste zu sehen.
Als im Sommer 1866 der Krieg zwischen Oesterreich und Italien ausbrach,
eilte er nach Ober-Italien, um seine Dienste dem österreichischen Commando
anzubieten. In den Feldlazarethen machte er die Wahrnehmung, dass die
Militärärzte ihrer Aufgabe in der Wundbehandlung nicht gewachsen waren, da
sie besonders die Verwendung des Gipsverbandes für Knochen- nnd Gelenk-
schüsse der Extremitäten noch nicht kannten. An den ihm überlassenen
Patienten wusste er die Vorzüge desselben den Collegen zu demonstriren und
bei seinem energischen, initiativen Wesen schwang er sich zum Lehrer der
Militärchirurgen auf und ordnete eigentliche Curse an, um ihnen die Technik
der erhärtenden Verbände beizubringen. Viele Glieder wurden so erhalten
und der Ruf des jungen Professors verbreitete sich rasch im Ausland und er
galt als der erste Chirurg deutsch-schweizerischer Nationalität.
In Basel nahm die Zahl der chirurgischen Patienten im Spital allmählich
zu und 1867 gab S., um sich ausschliesslich seinem Fach widmen zu können,
die Augenkranken an die neu geschaffene ophthalmologische Klinik ab und ein
Jahr später entstand eine eigene Frauenklinik. Auch in der Folge interessirte
er sich lebhaft um den Ausbau des Spitales und die Entwicklung der medi-
cinischen Facultät. Seiner Zähigkeit und Geduld, seinem Eifer und wachsenden
persönlichen Ansehen gelang es, den wohlthätigen, opferfreudigen Sinn der
reichen Basler Herren so zu lenken, dass die verfügbaren Mittel zum Frommen
der armen Kranken und zum Ruhme der alten Universität Verwendung fanden.
Socin.
59
Aus dem unzweckmässigen Krankenhause wurde eine moderne Musteranstalt,
die Facultät vervollständigte sich durch die Besetzung aller Disciplinen mit
bewährten Gelehrten. Leider war es ihm nicht vergönnt, sein Lieblingswerk
noch einzuweihen, da der Tod ihn vor der Vollendung eines grossartig
angelegten, seit Jahren studirten, mit allen modernen Bequemlichkeiten
ausgerüsteten Operationshauses erreichte.
Im Sommer 1870 unterbrach der Deutsch-Französische Krieg von Neuem
seine friedliche Thätigkeit, als der badische Frauenverein, an dessen Spitze
die Grossherzogin stand, ihn zum Chefarzt eines bedeutenden, über reiche
Mittel verfügenden Reservelazarethes nach Karlsruhe berief. Mit den Pro-
fessoren Hoffmann und Klebs, dem berühmten pathologischen Anatomen
aus Bern, seinen Basler Schülern und Freiburger Studenten installirte er sich
in den weiten Räumen einer eben erstellten Locomotiv werk statte, in
welcher 400 Betten aufgeschlagen waren. Vom 11. August an füllten sich
die Säle rasch mit Deutschen, Franzosen und besonders vielen Turcos
welche der Mehrzahl nach bei Wörth, aber auch bei Weissenburg, Gravelotte,
vor Strassburg, bei St. Remy und Beifort verwundet worden war. Im Ganzen
wurden 643 Patienten bis zum 23. März 187 1 verpflegt, wovon 93 oder
14,4 7o starben, eine für die damalige Zeit, wo die Antisepsis nur sehr
unvollkommen gehandhabt wurde, massige Mortalität. Da S. bei seiner
uneigennützigen, noblen Sinnesart sowohl hier, als auch seiner Zeit in
Oesterreich jede Honorirung seiner Leistungen bestimmt ausschlug, so wurden
ihm hohe Orden und Ehrungen zu Theil. Der Bekanntschaft mit dem
grossherzoglichen Hause verdankte er auch seine Ernennung durch die Kai-
serin Augusta zu einem der Schiedsrichter für das beste Werk über Samariter-
wesen, für welches die hohe Frau einen Preis ausgesetzt hatte.
Einen Markstein im Leben von S. bildete die Annahme der von IJster
erdachten und von Volkmann im Jahre 1874 nach Deutschland gebrachten und
verbesserten antiseptischen Wundbehandlung. S. gab sich grosse Mühe, die
Methode den einzelnen Körperregionen technisch anzupassen u. sie unter den
Aerzten bekannt zu machen. Er war von den guten Erfolgen bei schwierigen
Operationen so entzückt, dass er als sein grösstes Glück pries, die Entdeckung
des Lister Verbandes erlebt zu haben.
Seine eigentliche Lebensaufgabe fand er in seinem Lehramte und er war
stolz auf die Würde und den Titel eines Universitätsprofessors. Er war ein
fleissiger Kliniker und setzte nur bei ausserordentlichen Anlässen seine Vor-
lesungen aus. In früheren Jahren präparirte er sich gründlich auf seine Vor-
träge und legte sich eine wertvolle Bibliothek an, um alles Neue kennen zu
lernen. Nach seinem Tode fiel sie testamentarisch der Universität zu. Sein
Vortrag war klar, scharf, lebhaft und elegant. Auch im gewöhnlichen Um-
gang sprach er stets gut deutsch, aber mit einem unverkennbaren französischen
Accente. Da die Zahl der Mediciner in Basel eine beschränkte war, suchte
er jeden Studenten persönlich kennen zu lernen, um ihn nach seiner indivi-
duellen Anlage auszubilden. Er gründete ein chirurgisches Kränzchen, wo
an bestimmten Abenden die Praktikanten sich versammelten, über wichtige
Fälle referirten oder auserlesene Capitel aus den Lehrbüchern behandelten.
Aus dem reichen Schatze seiner Kenntnisse vervollständigte der Lehrer das
Vorgebrachte und wusste den Schülern m plastischer Weise prägnante Krank-
heitsbilder zu zeichnen. Eine seiner Schwächen, die oft belacht wurde, bestand
darin, dass er niemals einen Candidaten, wenn er auch noch so schwach und
6o Socin.
kenntnisslos war, im Staatsexamen durchfallen lassen konnte. Selten wird
man einen I,ehrer finden, dem auch im spätem praktischen Leben die
Schüler so treu und freundschaftlich zugethan blieben, weil sie wussten, dass
in den Zeiten der Not sie seiner werkthätigen Hilfe versichert sein könnten.
Als Operateur war er gewandt und das Messer führte er mit französischer
Eleganz. Bei seiner angebornen Nervosität wurde er bei unvorhergesehenen
Ereignissen, wue starken Blutungen, beängstigenden Zufällen bei der Narkose,
aufgeregt und verlor seine Kaltblütigkeit. Wenn er auch die neueren Opera-
tionen kannte, war er niemals übermüthig oder waghalsig und überlegte sich
genau, ob der zu erwartende Gewinn zu der möglichen Lebensgefahr in einem
richtigen Verhältnisse stehe. Die von ihm angelegten Verbände zeichneten
sich durch schmucke Ausführung aus.
S. war ein Arzt im eigentlichen Sinne des Wortes. Sein selbstbewusstes
Auftreten erweckte bei den Kranken Vertrauen und Glauben. Im Spital machte
er abweichend von der Gewohnheit vieler Universitätsprofessoren täglich eine
eingehende Visite und beschäftigte sich mit jedem Patienten. Bei mangelndem
Gehorsam brauste er rasch auf und konnte tüchtig schelten. Die
Herzen der Beleidigten eroberte er sich aber bald wieder, da sie seine
Güte und sein Mitgefühl fortwährend würdigen konnten. Oefters spendete
seine eigene Küche und sein Keller an schwer Operirte Zugaben, welche das
Spitalreglement nicht vorgesehen hatte. Bis in die letzten Jahre seines
Lebens war er in einigen Basler Familien treuer Hausarzt geblieben und
behandelte auch die internen Krankheiten.
In literarischer Beziehung war er nicht fruchtbar. Zur Abfassung
grösserer Werke mag es ihm an Ruhe und Geduld gefehlt haben; vor Allem
aber ging ihm die schöpferische Natur ab. Er verbesserte und vervoll-
kommnete die von anderen Chirurgen ersonnenen operativen Verfahren, ohne
aber neue Pfade zu weisen. An seinen Namen knüpft sich eine Methode
zur Entfernung von gewissen Kröpfen. Nebst gelegentlichen kleineren Ab-
handlungen und von ihm inspirirten Dissertationen seiner Schüler sind es
drei Werke, welche auf bleibenden Werth Anspruch machen. Nach dem
Deutsch-Französischen Kriege erschienen »Kriegschirurgische Erfahrungen«,
gesammelt in Karlsruhe 1870 und 1871« (Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel
1872), in welchen er über Schussverletzungen und besonders über die
sie complicirenden Wundinfectionskrankheiten und über Prothesen wertvolle
Studien veröffentlichte. In diesem Werke tritt die Individualität des Ver-
fassers am besten hervor. Die Schwierigkeit der Beobachtung und die
Unmöglichkeit der Führung von ganz genauen Krankengeschichten während
der aufgeregten Kriegszeiten schlössen eine streng wissenschaftliche Verarbei-
tung des Stoffes aus, erlaubten dafür aber ein freieres und wärmeres Hervor-
treten der subjectiven Ansicht. Ein zweites Werk sind »Die Krankheiten der
Prostata« , erschienen im Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie
von Pitha und Billroth im Jahre 1875. Die Bearbeitung des schwierigen
Stoffes ist eine mustergiltige und erschöpfende. Das Manuscript zu einer
zweiten Auflage ist leider unvollendet im Nachlasse gefunden worden.
Jährlich erschien seit 1871 unter Mitarbeitung des jeweiligen Assistenzarztes
der Klinik ein »Jahresbericht über die chirurgische Abtheilung des Spitales zu
Basel«. S. ist meines Wissens der einzige Chirurg, der in so objectiver,
schonungsloser Weise sein ganzes Wirken und Handeln im Spital dem öffent-
lichen Urtheil unterbreitete. Es brauchte grosse Selbstüberwindung und
Socin. Rümelin. 6l
Selbsterziehung zu einem solchen Vorgehen, da auch dem grössten Meister
Fälle unterlaufen, welche er am liebsten verheimlichen und vergessen lassen
möchte. In der Casuistik finden wir stets Zusammenstellungen von Eingriffen,
welche ihn besonders interessirten, wie der Operationen bei Unterleibsbrüchen
und bei Kröpfen.
Er hatte drei Mal die Ehre eines Rufes an fremde Universitäten.
Aus Anhänglichkeit an seine Vaterstadt und im Gefiihle, dass er für den
Ausbau des Spitals und der Hochschule noch noth wendig sei, lehnte er nach
Bern, nach Freiburg i/B. und wohl mit schwerstem Herzen nach Würzburg
ab, wohin ihn besonders sein Freund und früherer Lehrer Koelliker ziehen
wollte.
Er besuchte gern die ärztlichen Zusammenkünfte und nannte sich
scherzend den alten Congressonkel. Mit v. Langenbeck und Billroth hatte
er die deutsche chirurgische Gesellschaft in Berlin gründen helfen, in den
lezten Jahren fehlte er an keiner Vereinigung der französischen Chirurgen
in Paris. An den schweizerischen Versammlungen in Ölten oder einer der
Universitätsstädte sah man ihn meistens; er beschäftigte sich schlagfertig an
den Discussionen und belebte durch seine Originalität und seinen aus-
gelassenen Humor und den sprudelnden, oft derben Witz die der Geselligkeit
gewidmeten Stunden. Merkwürdiger Weise war er kein guter Redner, wenn
er sich einmal im Toaste versuchte.
In seiner Vaterstadt konnte er sich dem politischen Leben nicht ent-
ziehen, er war Grossrath und gehörte der conservativen Partei an. Seine
Erholung in den Ferien fand er auf der Jagd, besonders in den Herbst-
monaten im Hochgebirge, von wo er gewichtige Geweihe von Edelhirschen
und zierliche Hörner von Gemsen heimgebracht hat, welche sein Haus
schmückten. Er war unverheiratet geblieben.
Anfangs Januar 1899 erkrankte S. an Typhus und am 29. Januar schloss
er seine Augen für immer, nachdem er noch wenige Tage vor dem Tode
ohne Zagen und Furcht und bei vollem Bewusstsein die letzten Anordnungen
getroffen hatte. Ein Leichenbegängniss , wie Basel noch keines gesehen,
bewies, in welch hohem, seltenem Grade der Professor der Chirurgie sich
nicht nur die Verehrung der Berufsgenossen, sondern auch die Liebe und
Anhänglichkeit seiner Mitbürger zu erwarben gewusst hatte.
A. Kottmann.
Rümelin, Emil (von), Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, * 2 1. Juni 1846
zu Ulm, f 24. März 1899 zu Baden-Baden. Er entstammte einer angesehenen
w'ürttembergischen Familie; der berühmte Tübinger Universitätskanzler Gustav
Rümelin war sein Onkel. Der Vater, der den Sohn kurze Zeit überlebt hat,
diente bei dessen Geburt als rechtskundiger Assessor der Finanzkammer in
Ulm und lebte zuletzt als Regierungsdirector a. D. in Stuttgart. — R. widmete
sich dem Studium der Finanzwissenschaft in Tübingen, zeitweise auch in
Heidelberg. Mai 1872 wurde er Assistent beim Hauptsteueramt in Esslingen,
Jahrs darauf Grenzcontroleur in Friedrichshafen, dann Kanzleihilsfsarbeiter,
später Revisor beim Steuercollegium in Stuttgart. In dieser Steltung ver-
mählte er sich 1877 mit Natalie Oesterlen, der Tochter eines Stuttgarter
Rechtsanwalts, die als Schriftstellerin, namentlich Uebersetzerin von Romanen
thätig ist. Der Ehe ist ein einziger Sohn entsprossen. 1880 kam R. als
62 Rttmelin.
Finanzassessor und Stationscontroleur nach Münster i. W. Nach 6 Jahren in
die Heimath zurückgekehrt, wurde er zunächst Oberzollinspektor in Heilbronn,
September 1889 Obersteuerrath im Steuercollegium zu Stuttgart. In dieser
Periode trat er auch literarisch hervor, so 1891 in einem Schriftchen über
»Die Selbstverwaltung in ihrer Bedeutung für die sociale Frage« (Stuttgart,
bei W. Kohlhammer).
Als im Jahre 1892 die schwere Erkrankung des Stuttgarter Oberbürger-
meisters Hack die Neuwahl eines Stadtvorstandes nothwendig machte, wurde
der parteilose R. von den Democraten, denen sich alsbald die Social-
demokraten anschlössen, auf den Schild erhoben. Zwischen ihm und dem
von den rechtsstehenden Parteien aufgestellten Bewerber entbrannte ein
heftiger Wahlkampf. Da letzterer trotz seiner hervorragenden Befähigung
auch vielen Wählern, die sonst mit der Deutschen Partei Hand in Hand
gingen, nicht genehm war, siegte R. am 18. November 1892 mit ansehnlicher
Mehrheit. Am 28. December 1892 erfolgte die K. Bestätigung, am 9. Januar 1893
die feierliche Amtseinsetzung zum Stadtschultheissen. Am 27. September 1893
erhielt er bei Gelegenheit der Einweihung der König Karls-Brücke bei Cannstatt
den Titel eines Oberbürgermeisters, welcher Auszeichnung im Laufe der Zeit
die üblichen Ordensverleihungen nachfolgten.
Obgleich R. den Parteien, welchen er seine Wahl in erster Linie ver-
dankte, gewisse Rücksichten nicht versagen konnte, waltete er doch im Ganzen
ohne Befangenheit oder Parteilichkeit seines Amtes. Er war eine durchaus
versöhnliche und massvolle Natur mit gefälligen Umgangsformen und ver-
bindlichem, gewinnendem Benehmen. Er zeigte seinen Gegnern im Wahl-
kampfe grosses Entgegenkommen, und so platzten die Gegensätze auf dem
Rathhause seltener und weniger heftig aufeinander, als man hätte glauben
sollen.
R. wurde von gewaltigem Thatendrang, von gewaltiger Schaffenslust vor-
wärts getrieben, ohne dabei zähe Ausdauer in ernster, entsagungsreicher
Arbeit zu besitzen. Er hatte ein frisches, lebhaftes Temperament, das ihn
zu kühner Initiative auf den verschiedensten Gebieten führte. Es fehlte ihm
nicht an Ideen, und er streute Anregungen nach allen Seiten hin aus. Er
nahm das Gute vorurtheilsfrei, woher es kam, und Hess sich leicht auch für
fremde Gedanken und Pläne gewinnen und begeistern. Kühle und nüchterne
Al)wägung der thatsächlichen Verhältnisse, vorsichtige Berechnung etwaiger
Widerstände war weniger seine Sache. Die Ausführung seiner Ideen überliess
er gerne Anderen. Aber das Entscheidende blieb schliesslich doch, dass er ein
heller Kopf war, dem alles Eigensinnige und Engherzige fem lag, der offene,
freie Blicke in die Welt thun konnte, der die Bedürfnisse des modernen
Lebens erfasste. Jedenfalls hat Stuttgart unter seinem Regimente keinen
Schaden genommen und ist, ohne Zeit zu versäumen, rüstig vorwärts ge-
schritten in der Entwicklung zur Grossstadt.
Ueberblicken wir R.'s Leistungen im Einzelnen, so ist dabei zu bedenken,
dass während seiner Amtsführung einerseits Vieles vollendet worden ist, was
schon früher vorbereitet war, anderseits Vieles vorbereitet worden ist, was erst in
künftigen Jahren völlig in Erscheinung treten oder sich erproben wird, wes-
halb sich seine Wirksamkeit in ihren bleibenden Folgen noch nicht ganz über-
schauen und endgiltig beurtheilen lässt. Der Apparat der städtischen Verwaltung
wurde unter R.'s Leitung bedeutend vermehrt, ein zweiter besoldeter Gemeinde-
rath angestellt. Ein städtisches Arbeitsamt und statistisches Amt wurden
Rümelin. 63
errichtet. Eine Anzahl gemeinnütziger Bauten entstanden, die Rathhausbau-
frage, die Stuttgart Jahre lang in Gefahr gebracht hatte, ein Abdera unter den
deutschen Grossstädten zu werden, rückte ein gutes Stück vorwärts, und im
engsten Zusammenhange damit wurde das Project einer Sanirung der
Altstadt in Angriff genommen. Hand in Hand damit ging das Streben nach
Ausgestaltung der Stadterweiterung nach Anlegung neuer Bauquartiere auf der
Peripherie, wobei R. stets nach Kräften bemüht gewesen ist, die Schönheit
des Städtebildes zu erhalten. Das Verkehrswesen wurde gehoben, die Trans-
portmittel vermehrt und verbessert, der elektrische Betrieb bei den Strassen-
bahnen eingeführt. An der Gründung des württembergischen Städtetages 1897
hatte R. bedeutenden Antheil, und er wurde «u dessen Vorsitzendem erwählt.
Auch pflegte er regen Verkehr mit den grossen Gemeinwesen im übrigen
Deutschland.
Ganz besonderen Nachdruck legte R. auf die repräsentative Seite seines
Amtes. Er hatte hierfür ein ausgesprochenes Talent. Es lag in seiner Art,
überall seine Person einzusetzen, und die Freuden öffentlicher Geselligkeit
hatten viel Verlockendes für ihn. Niemals entzog er sich, wenn in Stuttgart
Feste gefeiert wurden, und dies war sehr häufig der Fall, solange er an der
Spitze der Gemeinde stand. Namentlich im Jahre 1896: R. war damals
erster Vicepräsident der wohlgelungenen elektrotechnischen und kunstgewerb-
lichen Ausstellung und erster Präsident des Festausschusses fiir das V. Deutsche
Sängerbundesfest. Er trug nicht wenig dazu bei, den Ruf Stuttgarts als einer
gastfreundlichen Stadt und eines angenehmen Aufenthaltes für Fremde zu
kräftigen. Auch bei patriotischen Festen und Kundgebungen stand R. nicht
zurück; so stellte er sich als Vertreter Stuttgarts aus Anlass von Bismarcks
80. Geburtstag mit dem Obmann des Bürgerausschusses am 19. April 1895
in Friedrichsruh ein.
Alle diese Pflichten der Repräsentation waren indessen mit Anstrengungen
verbunden, die R.'s Kräfte vor der Zeit aufzehrten. Ende August 1898 er-
krankte er schwer, ohne dass die Aerzte den Ch«irakter seines Leidens deut-
lich erkannten. Er musste sich beurlauben lassen. Anfang Dezember nahm
er im Höhenluftkurort Degerloch über Stuttgart Aufenthalt, Mitte Februar 1899
begab er sich nach Baden-Baden. Anfangs schien dort Besserung einzutreten,
aber bald brach die Krankheit mit verstärkter Macht hervor, und schliesslich
machte ein Schlagfluss mit Blutaustritt in das Gehirn seinem Leben ein Ende.
R. war ein eifriger Anhänger der Feuerbestattung gewesen, und so wurden
seine irdischen Ueberreste am 26. März im Heidelberger Crematorium
verbrannt. Am 28. März wurde die Urne auf dem Stuttgarter Pragfriedhofe
beigesetzt mit allem Pompe, wie er bei Männern öffendichen Wirkens üblich
ist. Rede folgte auf Rede, nur die Stuttgarter Geistlichkeit wirkte nicht mit,
durfte nicht mitwirken, da sich das württembergische Consistorium gegen die
facultative Feuerbestattung völlig ablehnend verhält.
Zeitungsnekrologe, namentlich in der Schwäbischen Kronik vom 24. März 1899
No. 140, Staats-Anzeiger für Württemberg vom selben Tag No. 69, (Stuttgarter) Neuen
Tagblatt vom selben Tag No. 70 (mit Bild); Schwabenland 1899 No. 7 (mit Bild), Vom
Fels zum Meer, 18. Jahrgang, 17. Heft, Der Sammler S. 32. (mit Bild), Phoenix 1899 No. 5
(mit Bild). — Ueber die Leichenfeier vergl. die Schwäbische Kronik vom 27. März 1S99
Nl>. 143, der Schwäbische Merkur vom 28. März 1899 No. 146 und Phönix a. a. O. —
Ein Portraitrelief R.'s von der Hand des Bildhauers Kiemlen wurde in sein Grabdenkmal
am ersten Jahrestage seines Todes eingesetzt.
Rudolf Krauss.
64 BrUggcr. Pfixcr.
Brügger, Christian G. — Naturforscher ♦ 1833 in Churwalden,
f 18. October 1899 in Chur; studirte in München und Innsbruck Medicin und
Botanik. 1859 wurde er (Konservator am botanischen Museum des Poly-
technikums in Zürich, 1870 Professor der Naturgeschichte an der Cantons-
Schule in Chur. — B. war ein ausgezeichneter Kenner der Flora seines
Heimatheantons Graubünden und der Ostalpen. 1860 schrieb er »zur Flora
Tirols«, ein leider unvollständig gebliebenes kritisches Standorts verzeichniss
aus Bünden und Tirol; 1880 — 1886 erschienen seine inhaltreichen »Mit-
theilungen über neue kritische Formen der Bündner- und Nachbarflora« in
den Jahresberichten der bündnerischen naturhistorischen Gesellschaft; zahl-
reiche kleinere floristische, teratologische, kryptogamische und pflanzen-
geographische Publica tionen stammen von den Jahren 1855 — 1890. Seine
geplante »Bündner-Flora« ist leider nie erschienen.
Auf zoologischem Gebiet behandelte er die Wirbel thiere der Fauna
Churs, und Flatterthiere Graubündens.
Viel hat er femer über Meteorologie, Balneologie, Naturchronik
und Kulturgeschichte Graubündens geschrieben. Er hatte auf eigene
Faust eine Reihe meteorologische Stationen eingerichtet (90) und deren Re-
sultate theilweise publicirt; sehr inhaltreich sind seine »Beiträge zur Natur-
chronik der Schweiz 1876 — 1888«, in der Beilage zum Programm der Bündner
Cantonsschule, femer seine auf umfangreichen Quellenstudien beruhende »Ge-
schichte des Bergbaus in den X Gerichten« von 1588 — 1618. Das voll-
ständige Verzeichniss seiner gesammten Schriften weist 38 Nummern auf.
(Siehe Nachruf auf Chr. BrUgger v. C. Schröter im »Freien Rhätier« November 1899
und in der »Neuen Zürcher Zeitung«).
C. S.
Pfizer, Gustav, Jurist, * 13. September 1840 zu Stuttgart, f 24. De-
cember 1899 zu Ulm. — Er war der zweite Sohn des bekannten Dichters
Gustav Pfizer, 1840 noch Schriftstellers und Redacteurs am Morgenblatte,
später Professors am Stuttgarter Gymnasium, und der Marie, geb. Jäger.
Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt absolvirt hatte, widmete er
sich in Tübingen und Heidelberg von 1858 bis 1862 dem Studium der
Rechtswissenschaft, erstand im December 1862 und Frühjahr 1864 die beiden
Dienstprüfungen mit glänzendem Erfolge; in der Zwischenzeit war er Refe-
rendar beim Stadtgericht Stuttgart und Gerichtshof Tübingen. Von einer
längeren Bildungsreise nach Norddeutschland zurückgekehrt, fand er seit
Herbst 1864 unständige Verwendung als Assistent, bezw. Actuariatsverweser
in Münsingen, Stuttgart und Rottweil, wurde 1867 Gerichtsactuar in Freuden-
stadt, 1871 Kreisrichter in Ulm, 1879 Landgerich tsrath daselbst. Eine her-
vorragende Carriere im Staatsdienste schien dem scharfsinnigen und geistes-
klaren Richter bevorzustehen, als ihn ein verhängnissvolles Ereignis aus der
vorgezeichneten Bahn warf. Im December 1882 verurtheilte das Ulmer
Schwurgericht den Bauern Willibald Ilg wegen Brandstiftung. P., der als
beisitzender Richter der Verhandlung angewohnt hatte, war von der Unschuld
des Verurtheilten und von gewissen Ungehörigkeiten in der Führung des
Processes fest überzeugt und wandte sich deshalb in einer Denkschrift an
das württembergische Justizministerium. Dieses selbstständige, allerdings den
landläufigen Begriffen von Beamtendisciplin und Beamtensolidarität wider-
Pfizer. 65
sprechende Vorgehen trug ihm einen Verweis durch das Oberlandesgericht
wegen Dienstvergehens ein. Das Gefühl erlittenen Unrechtes, verletzter
Ehre lastete schwer auf dem in diesem Punkte ungemein empfindlichen
Manne, und es bohrte sich um so tiefer ein, als ihn Verhältnisse dazu be-
stimmten, Jahre lang schweigend zu dulden. Ueberdies sah er sich bei
Besetzung höherer Richterstellen, auf die ihm seine Fähigkeiten Anwartschaft
verliehen, wiederholt übergangen, woraus er den Schluss ziehen musste, dass
seine vorgesetzte Dienstbehörde gesonnen sei, es nicht bei jener Massregelung
bewenden zu lassen. P. suchte inzwischen in dem Berufe des juristischen
Schriftstellers Befriedigimg und erwarb sich auf dijesem Gebiete rasch einen
geachteten Namen. In allen seinen Schriften verfocht er den dem gesunden
Menschenverstände adäquaten Geist des Rechtes gegen Buchstabendienst und
Schablonenthum mit Energie und Kühnheit, tiberall reformatorischen Ge-
danken zugeneigt, eine starke kritische Ader verratend. 1894 trat er endlich
mit der Aufsehen erregenden Broschüre »Willibald Hg. Ein Nachtstück aus
der modernen deutschen Strafrechtspflege« (Leipzig, Verlag von Otto Wigand)
hervor, worin er das vor elf Jahren Vorgefallene schilderte. Er schlug eine
Schärfe der Tonart an, die sich aus seinem Gemüthszustande hinlänglich er-
klärte, aber die Sache, die er vertrat, schädigen musste. Seine Angriffe
richteten sich nicht nur gegen die am Processe Hg Betheiligten, sondern
auch gegen die Mitglieder des Oberlandesgerichtes und vor Allem gegen
die Person des Ministers. Eine Disciplinaruntersuchung wurde über P. ver-
hängt, deren Ausgang keinen Augenblick zweifelhaft sein konnte. Entweder
musste P. fallen oder alle die, welche er angegriffen hatte. Der Disciplinar-
gerichtshof verurtheilte ihn zur strengsten Strafe, zur Dienstentlassung. Er
antwortete mit einer neuen, noch heftigeren Flugschrift: »Der Achtung un-
würdig! Ein Fall württemb. Disciplinarverfahrens« (Stuttgart, Verlag von
Robert Lutz, 1894). Fortan betrachtete er es als seinen einzigen Lebens-
zweck, den Nachweis zu erbringen, dass ihm Unrecht geschehen sei, und
seine Rehabilitation durchzusetzen. Er wollte vor Allem seine Gegner dazu
veranlassen, dass sie gegen ihn wegen Beleidigung Strafantrag stellten, und auf
diese Weise seine Sache vor ein ausserwürttembergisches Gericht bringen. Denn
er setzte die Solidarität sämmtlicher württembergischen Richter untereinander
und somit ihre Befangenheit voraus. Dies gelang ihm nicht. Eine Eingabe
an den Landtag blieb erfolglos. Er fuhr fort, den ihm entzogenen Titel
Landgerich tsrath zu fuhren, und erzwang deshalb durch Selbstdenunciation
einen Process, den er in allen Instanzen verlor. Damit war natürlich für ihn
nichts erreicht. Inzwischen war er Rechtsanwalt in Ulm geworden. Einer
neuen, »Die Rechtskraft des Verbrechens und der Niedergang der deutschen
Strafrechtspflege« (Zürich 1897, Verlag von E. Speidel) betitelten Streit-
schrift wegen wurde P. im November 1898 vom Ehrengerichte der württem-
bergischen Anwaltskammer zu einem Verweis und einer hohen Geldstrafe
verurtheilt. Das Ehrengericht der Rechtsanwälte in Leipzig, an das er
appellirte, bestätigte dieses Urtheil. Er verzichtete nun auf die Advocaten-
thätigkeit. Nichtsdestoweniger fuhr er fort, auf Mittel zu sinnen, an Plänen
zu schmieden, die ihm seine Ehre vor den Augen der Welt wiederherstellen
sollten. Ein rascher Tod bewahrte ihn vor neuen Enttäuschungen. Auf
dem Heimwege von der Weihnachtsbescherung im Hause eines Bruders in
der Christnacht wurde er von einem Herzschlage getroffen, der das sofortige
Ende herbeiführte. Ihn betrauerte eine Wittwe, Clara, Tochter des ehemaligen
Biogr. Jahrbach u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. t
66 Pfizer.
Stuttgarter Hoftheatermalers Braakman, mit der er in kinderloser Ehe ge-
lebt hatte.
Ein Leben so reich an Tragik, wie sie nur immer die Phantasie des
Dichters erfinden mag, hat sich da abgewickelt. Ein Mann, dazu geschaffen,
in seinem Berufe Bedeutendes zu leisten, wird durch ein Verhängnis, dessen erster
Anlass von aussen kommt, dessen tieferer Grund zugleich in seinem Innern
liegt, dazu gezwungen, seine Kräfte in unfruchtbaren, hoffnungslosen Kämpfen
aufzureiben. Selbstlos tritt er für einen Unglücklichen ein, und von dem
einzelnen Falle oder, wohl richtiger, von zahlreichen einzelnen Fällen aus, die
ihm in seiner richterlichen Praxis aufgestossen sind, drängt .sich ihm die Noth-
wendigkeit einer Reformation unserer Rechtspflege auf. Er muss seiner
Ueberzeugung wegen leiden, er selbst zum mindesten hält sich für den
Märtyrer einer guten Sache. Seine Person, seine persönlichen Rechtsan-
sprüche treten immer mehr in den Vordergrund, das Persönliche verschmilzt
sich innig mit dem Principiellen. Die grosse Menge freilich erkennt nur
noch das persönlich Sensationelle, sie übersieht, dass der kühne Kämpe für
sich selbst zugleich Wunden im modernen Rechtsleben blossgelegt hat, dass
insbesondere seine Befehdung des Instituts der Staatsanwaltschaft, wie es sich
bei uns ausgebildet hat, einen sittlichen Kern hat. Und die Masse des
Publikums hat für die Tragik eines solchen Charakters kein Verständniss :
sie erblickt in ihm einen blossen Querulanten, einen Processwüthigen, Skandal-
süchtigen, einen am Verfolgungswahne Leidenden. Ganz gewiss sind die Mittel,
die P. gewählt hat, nicht immer glücklich gewesen, gewiss hat er auch in
seinen persönlichen Invectiven über das Ziel hinausgeschossen: aber dennoch
haben in ihm sittliche Kräfte gewaltet, die hohe Achtung gebieten: Uner-
schrockenheit. Unbeugsamkeit, Beharrlichkeit, Zähigkeit. Haben doch selbst
seine Gegner die Unantastbarkeit seines Charakters stets anerkannt. Er war
von seinem Rechte so felsenfest überzeugt, dass er nur durch dieses allein
siegen wollte. Er verschmähte es, Bundesgenossen zu werben, seine Sache
mit der Oppositioneller und Missvergnügter irgend welcher Art zu vermischen.
Ja, er scheute sich nicht, den Kreis seiner Feinde stetig zu erweitern. Von
Haus aus stand er den Parteien nahe, welche die Autorität des Staates ver-
treten. Als er dann selbst mit dieser Autorität in Confiict gerieth, thaten
die rechts stehenden Parteien und deren Presse nichts zu seiner Vertheidigung.
An die Demokratie wollte er sich nicht herandrängen; sie war ihm ohnehin
seiner entschieden nationalen Gesinnungen wegen abhold. Denn der Sohn
Gustav Pfizers, der Neffe Paul Pfizers, des süddeutschen Heroldes des neuen
Deutschen Reiches, musste als deutscher Patriot empfinden, ein Bewunderer
des grossen Kanzlers sein. Als Denkmal dieser Sinnesart kann eine am
I. April 1893 von P. auf Bismarck gehaltene, durch Sonderdruck verbreitete
Rede gelten. So stand er allein, zwar von den Sympathien vieler selbst-
ständig Denkenden begleitet, aber von keiner öffentlichen Macht im Lande
öffentlich unterstützt. Dennoch konnte er vollem Verständniss wohl nur in
seiner schwäbischen Heimath begegnen, wo solche — im besten Verstände
des Wortes — eigensinnige Charaktere besonders häufig auftreten, Conflicte
zwischen einzelnen männlich festen Persönlichkeiten und der Uebermacht
des Staates besonders häufig ausbrechen.
P. hat ausser den schon erwähnten Broschüren noch folgende juristische
Schriften veröffentlicht :
Pfizer. Weckesser. 6y
Recht und Willkür im deutschen Strafprozess. Hamburg 1888 (in Holtzendorflfs
Deutschen Zeit- und Streit-Fragen. Neue Folge. Heft 41/42).
Was erwartet Deutschland von dem bürgerlichen Gesetzbuch? Hamburg 1889
(ebenda Heft 55).
Ehe, Staat und Kirche. Hamburg 1890 (ebenda Heft 72).
Die Berufung in Strafsachen. Hamburg 1891 (ebenda Heft 90).
Anti - SeufTert oder der Geist des Rechts und der Buchstabe des Gesetzes. Von
G. Pfizer. Leipzig, Verlag von Otto Wigand. 1892.
Wort und That. Ein Nothruf für deutsches Recht. Ebenda 1892.
Das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Gemeinfasslich dargestellt Ravensburg,
Verlag von Otto Maier 1898.
Das württembergische Ausfuhrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch nebst der
wUrttembergischen Gesindeordnung mit kurzen Erläuterungen. Ebenda 1900.
Ausserdem war er Mitarbeiter an juristischen Zeitschriften und an Zeitungen, ins-
besondere der Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Gustav Pfizer von C. S t o o s s. Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht. XIII. Jahrg.
1900. S. 31 — 37. Auch als Separatabdruck erschienen mit Bibliographie. Kürzere Nachrufe
und Notizen in Schwäbischer Kronik vom 27. December 1899 No. 603, Staats- Anzeiger für
Württemberg vom selben Tag No. 301, (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom selben Tag No. 302,
Ulmer Schnellpost vom 29. Dezember 1899 No. 304, insbesondere Allgemeine Zeitung vom
27. December 1899 No. 358 (sehr warm). — Leichenrede. — Familiennachrichten.
Rudolf Krauss.
Weckesser, August, Historien- und Genremaler. ♦28. November 182 1
in Winterthur (Schweiz), f 11. Januar 1899 in Rom. — Als Sohn eines
Bleichers und Müllers, der zu Anfang dieses Jahrhunderts aus dem badischen
Amtsstädtchen Wertheim nach der Schweiz übergesiedelt war, und der Base
von Jonas Furrer, dem ersten schweizerischen Bundespräsidenten, verlebte W.
mit fünf Geschwistern eine frische fröhliche Kindheit auf der »Untermühle«
in der Nähe des Dorfes Oberwinterthur. Doch nach des Vaters vorzeitigem
Tode (1834) wurde der Knabe bereits mit seinem fünfzehnten Jahr aus der
Schule genommen, um als Lehrjunge in die Mühle einzutreten; ja, folgen-
schwere Machinationen des vom Vater schon mit dem Betrieb der Mühle
betrauten Müllerknechtes beförderten den Achtzehnjährigen zum Meister.
— Vom ersten Zeichnungsunterricht an hatte W. grosse Geschicklichkeit in
diesem Fach gezeigt, und nach all der strengen Arbeit und Plackerei die
Woche durch wurde an Sonntagen leidenschaftlich von Morgens früh bis
Abends spät gezeichnet. Der Kaufmann und Kunstdilettant Salomon Brunner
war es, der zuerst dem strebenden Jungen Anweisung gab im Malen mit
Oelfarben und im landschaftlichen Fach, und der erste wirkliche Schritt zur
künsderischen Ausbildung ward ihm ermöglicht durch das edle Entgegen-
kommen des Historien- und Portraitmalers David Eduard Steiner, der ihn
einlud, bei ihm nach Gipsabgüssen zu zeichnen (1840). Ja, es glückte,
einige Gelder für den jungen Künstler flüssig zu machen, dass er im Früh-
jahr 1841 die Akademie in München beziehen konnte. Bleichegeschäft und
Mühle hatten jetzt die zwei Brüder unter sich. In München wandte sich
W. zunächst mit Empfehlung an Prof. Samuel Amsler, den ausgezeichneten
Schweizer Kupferstecher, kam an die Akademie zu Clemens v. Zimmermann
und wurde da mit seinen Landsleuten Hans Bendel aus Schaffhausen und
Gottlob Emil Rittmeyer aus St. -Gallen »in jene etwas theatralisch compo-
nirende Richtung gelenkt, die in Wilhelm v. Kaulbach ihren eine Zeit lang
erfolgreichsten Vertreter hatte« (J. V. Widmann). Nach eigener Aussage
setzte er seine Studien an der Akademie, im Antikensaal und in der Mal-
5*
68 VVeckesser.
klasse etwas über zwei Jahre fort und suchte dann ohne Lehrer und in sehr
beschränkten Verhältnissen, so gut es eben ging, bis 1848 weiterzukommen;
er hielt sich sein bescheidenes Atelier, aus dem von Zeit zu Zeit Ar-
beiten eigener Composition nach der Vaterstadt wanderten, bis schliesslich
das Ausbleiben aller und jeder Unterstützung von zuhause, wo man den^'eil
die Mühle hatte verkaufen müssen, sowie auch die allgemein über Europa
hereingebrochenen politischen Wirren ein längeres Verweilen in München un-
möglich machten. W. besuchte seinen lieben Franz Xaver Striebel in
Mindelheim und traf nach siebenjähriger Abwesenheit wieder in der Heimath
ein. Da nun erstanden ihm zwei hochherzige Gönner in Georg Studer zum
»Lindengarten« und in Friedr. Ludw. Imhoof-Hotze. Dem letztern ward W.
wie als Vermächtniss hinterlassen von dem durch seine algerischen Studien
bekannten Joh. Kasp. Weidenmann, in dessen Atelier der junge Künstler
seinen Farbensinn stärken sollte, und mit dem Mäcenatenhause Imhoof blieb
denn auch W. bis zu seinem Lebensende innigst verbunden. — In die Zeit
von 1849/50 fällt W.'s erste künstlerische Grossthat: »Ausbreitung des Christen-
thums im alten Helvetien«, eines der Lünettenbilder im Museum zu Winter-
thur; und nun folgen wir dem Maler an die Akademie zu Antwerpen und
nach Paris (185 1 — 53). In Antwerpen ertheilte den Unterricht in Expression
und Composition Gustave Wappers, der berühmte Kunsterneuerer, zumal auf
dem Gebiet der belgischen Historienmalerei ; mit Vorliebe habe dieser bei W.
und seiner Gruppe verweilt. Seit Antwerpen stand W. in freundschaftlichem
Verhältniss zu Iwan Reimers (Feuerbachs Freund) und zu Polydore Beaufaux;
seine Studiengenossen waren u. A. der Solothurner Frank Buchser und namentiich
Ernst Stückelberg, mit dem W. einen intimen Freundschaftsbund schloss fürs
ganze Leben, mit dem er wieder in Paris, München, Rom zusammentraf. —
In Paris wurde eifrigst copirt, nach Tizian, Veronese, Horace Vemet u. s. f.,
und von da brachte W. u. A. eine Malskizze mit nach Hause: »Zwingiis Tod«.
Hr. Studer betraute W. mit der Ausführung in einem grossem Gemälde und
bestellte ihm als Pendant dazu eine Copie nach Lessings »Huss« in halber
Grösse; das führte den Maler auch nach P>ankfurt a. M., wo er freundliche
Aufnahme fand bei dem Luzerner Componisten Schnyder von Wartensee (1855).
Das Zwinglibild ist W.'s populärste Schöpfung, ein Nachtstück in der Art
der holländischen: Godfried v. Schalckens »Verspottung Christi« ist (wohl
als Vorbüd) von W. copirt worden. — Ein weiteres Historiengemälde lieferte
W. für Imhoof im »Tod des Richters Stanga«. Wie der »Zwingli« (1854),
so ward auch der »Stanga« in München vollendet (1856/7); dem Priester,
der flir seine Ueberzeugung stirbt, tritt gegenüber der schlichte Kriegsheld,
der siegend fällt fürs Vaterland. Während des zweiten Aufenthaltes an der
Isar entstanden auch »Die Milch naschenden Gnome«, ein Genrebildchen
mit viel phantastischem Humor. — 1858 wurde ihm sein Herzenswunsch,
nach Italien zu gehen, durch Imhoof erftillt. Sein Aufenthalt in Rom war
zunächst nur auf ein Jahr berechnet; aber Italien ist W.'s zweite, sozusagen
seine Künstlerheimath geworden: hier bis an sein Lebensende im Junggesellen-
thum verharrend, ist er als ein Römer gestorben. In Venedig wurde copirt,
wiederum nach Tizian, Veronese etc., hier auch entstanden ein Selbstportrait
und feine Architekturstücke. Dann wurde die Reise über Florenz nach
Rom fortgesetzt, und Sttickelberg führte den Freund ins Sabinergebirge
ein. ^>Die Sabiner bis hoch hinauf in die Cervara fanden in ihm den
Schilderer ihrer herben Wirklichkeit, Sor Agosto wurde ihr langjähriger
Weckesser. 69
Freund und fühlte sich in ihrer Einfachheit, die noch über die des schweize-
rischen Alpenvolkes geht, zuhause« (Stück elberg). 1863 machte W. in Be-
gleitung seines lieben Zürcher einen Ausflug nach Neapel und Sicilien, im
Jahr darauf Studienfahrten nach Sorrent, in die Gebiete der alten Etrusker
und Hemiker, 1868 einen langem Aufenthalt im toskanischen Städtchen
San Gimignano; 1869 malte er mit Rudolf Koller zusammen in Porto d'Anzio
und setzte dann allein die Studienreise längs der Küste fort bis Terracina
und Mola di Gaeta. Die Jahre 1873 und 1875 zeitigten Aufenthalte auf
Capri, das Jahr 1887 einen Streifzug mit dem Augenarzt Prof. Heinr. Schiess
durch die Sabiner- und Volskerberge u. s. w. Nur selten noch kam er über
die Alpen nach der Heimath: 1866, 1870, 1881, 1886, 1891 und 1896;
1867 ward ihm der Besuch der Pariser Weltausstellung ermöglicht. — Zu-
nächst sind es drei Genrebilder, die in den Jahren 1858 bis 1862 vollendet
wurden: »Familienidyll aus den Sabinerbergen«, »Angehende Virtuosen« und
^ Brand im Sabinergebirg« . Auf dem Gebiet des höhern Genres sind wohl
die «Abgebrannten», W.'s bedeutendste Schöpfung, wie er später mit dem
»Wart« auf dem Boden der geschieh tHchen Malerei entschieden sein Bestes
gegeben hat. — Von W.'s weitern Genrebildern verdienen besonders Er-
wähnung: »Die Schnitterinnen« (1868), »Den Saltarello tanzende Kinder«
(1873), »Brotspende« (1884), »Mutterglück» (1886), »Kleine Früchtehändlerin«
(1889), »Ave Maria« (1897). — Von Zeit zu Zeit bot sich auch Gelegenheit,
Stoffe aus der Schweizer Geschichte zu behandeln ; war es doch W.'s Jugendtraum
gewesen, dereinst ganz nur dieses Feld seiner Kunst bebauen zu dürfen. So
kamen zur Ausführung: das Redingbild (1872), weiter zwei Bilder, die sich
auf den Auszug des reformirten Geschlechtes der Muralti aus Locamo be-
ziehen (1874 und 1881), und dann vor Allem W.'s figurenreichste Compo-
sition: »Gertrud v. Wart für ihren Gatten um Gnade flehend« (1878), ein
monumentales Werk. Endlich wurde ihm 1896 der Auftrag zu einem neuen
grossen Historienbild, ein »Gottesgericht zu Glarus« darstellend; und wie er
seiner Zeit (1870) für das Redingbild eingehendste Studien gemacht in
Schwyz, so rückte er jetzt zu Studien an Ort und Stelle in Glarus ein, und
da hatte der bereits etwas Vereinsamte und Vergessene die Freude, in die
schweizerische Kunstcommission gewählt zu werden zur Bestimmung der für
den Bund zu erwerbenden Kunstwerke auf der Landesausstellung zu Genf.
— W. hat auch Illustrationen geliefert zu Shakespeare: ein Kolossalgemälde
»Herzogin v. Gloster« und ein kleines Bild »Othello und Desdemona« (1866).
Von drei Entwürfen zu Gottfried Kellers »Hadlaub« kam als Gegenstück zu »Pan
und Bakchantinnen« (1891) der »Reigentanz« (1893) zur Ausführung; der Maler
machte Studien hiezu im Sihlthal und am Zürichhom. Endlich hat W. durch
Proben gezeigt, dass auch er berufen gewesen wäre, Jeremias Gotthelf ver-
ständnissinnig zu illustriren. — Dann wieder zeugen eine Reihe von Portraits
von W.'s scharfer Beobachtung und feinster Detailbehandlung. Und schliess-
lich: »eine Merkwürdigkeit bleibt, dass der eifrige Studienmaler zuweilen sich
in phantastisches Gebiet verlor, abseits von der Realität seiner Sabinererleb-
nisse. So hat er z. B. in seiner »Wasserhose« (1883) auf gelungene Art ein
Naturereigniss verbildlicht, dessen man den nicht phantasievoll angelegten W.
nicht für fähig hielt« (Stückelberg). — Jene Blüthezeit römisch-deutschen
Kunstlebens, da Ludwig I. von Bayern die deutschen Künstler wie Koch,
Cornelius, Overbeck u. A. in Villa Malta um sich zu versammeln pflegte,
hat W. nicht mehr miterlebt, immerhin aber noch ihren Nachhall, und gern
70
Weckesscr. Probst.
erzählte er allerlei Anekdötchen, die sich auf jene Glanzperiode bezogen.
Und dem »Antico Caif6 Greco« , das dazumal in Schwung gekommen als
beliebter Rendezvous -Ort deutscher Künstler, ist W. als letzter der alten
Garde zeitlebens treu geblieben ; hier und im »Genio« bildete er lange den
Mittelpunkt, da traf sich namentlich, was von Schweizern sich für Kunst und
Künstler interessirte. Gleich von den ersten Jahren an hielt W. häufig auch
Einkehr im gastlichen Haus der hochangesehenen Schweizer Ktinstlerfamilie
der Corrodi, das ein halbes Jahrhundert lang während der Wintermonate
jeden Donnerstag Abend offen stand für die in Rom lebenden oder vorüber-
gehend weilenden Landsleute; in W.'s Atelier malte eine Zeit lang des Hauses
jüngerer Sohn, der talentvolle Arnold Corrodi. Gute Preunde W.'s waren
Rudolf Bühlmann und Jakob Zürcher; W. und Zürcher galten geradezu als
die Unzertrennlichen; »treue Künstlerseelen in Freundschaft vereint« waren
W. und der Bildhauer Ferdinand Schlöth, und seit 1869 standen sich auch
W. und Koller ungemein nahe; schliesslich war meist in W.'s Gesellschaft
der Aarburger Franz Aenii, der des Meisters letztes Gemälde, das »Gottes-
gericht«, vollendete. — Sie, die mit dem Maler in seinen karg bemessenen
Stunden der Müsse Roms Umgebung durchstreifen durften — und ihrer sind
nicht wenige — , wissen nicht genug zu rühmen, wie originell sich jeweilen
solche Ausflüge gestalteten; in der weiten »Campagna di Roma« giebts so-
zusagen kein Loch, das W. nicht kannte. W. war eine ungemein rüstige
Natur, weil ein Spartaner in seiner Lebensweise, ein bewährter Fussgänger,
Schwimmer und Turner. Ein vorzüglicher Mensch von grosser Geftihlstiefe,
allem falschen Schein abhold, besass er den Fehler, zu stolz-bescheiden zu
sein, und ward gleichsam »ein Märtyrer seines Kunstsinns«. Als Künstler
ist er »ein nüchterner Idealist und ein sinniger Realist« ; »Reflexion fiiesst
aus seinem Pinsel auf die Leinwand« (Stückelberg). W. war ein Meister in
der Composition, virtuos im Zeichnen, weniger in der Farbengebung ; zumal
war er der kaum zu übertreffende Studienmaler; zahlreiche seiner Studien
haben selbstständigen Werth, und, blieben die fertigen Gemälde etwa zurück
hinter dem Angestrebten, so vermochten gewisse Studien, die er für jede
einzelne Figur nach lebendem Modell ausarbeitete, jedenfalls auch ihn selbst
voll zu befriedigen. Dank diesem peinlichen Modellstudium hauptsächlich
bedeuten W.'s Bilder einen Fortschritt gegenüber solchen des Altmeisters
schweizerischer Historienmalerei, Ludwig Vogel, auch wenn seine Kunst
selbst wieder in andern Beziehungen einer jungem Generation etwas fremd
geworden ist.
Vgl. das >Neujahrsbl. d. Kunstges. in ZUrich f. 1900«, wo weitere Lit Vgl. >Die
Schweiz« II 1898, 535ff. und III 1899, 583 flf.; »N. Zürch. Ztg.« v. 15. 1., 18. und 21. III. 1899;
>Sonntags-Beil. d. Allg. Schw. Ztg.«, IV. 1899, No. 4 (22. I. 99): »Der Bund« vom
23. I. 1900. Abweichende Facta sind nach der obigen Skizze zu berichtigen.
Otto Waser.
Probst, Rudolf, ultramontaner Politiker, ♦ 9. März 181 7 zu Ludwigsburg,
j 15, April 1899 ^^ Stuttgart. — Er stammte aus einer angesehenen katho-
lischen Familie Schwabens; sein Vater, zur Zeit der Geburt des Sohnes
Gerichtsactuar, verstarb 1856 als Obertribunalrath. Nachdem P. seine Schul-
bildung in den oberschwäbischen Städten Biberach und Ehingen empfangen,
in Tübingen und Heidelberg Rechtsgelehrsamkeit studirt, in den beiden
Staatsexamina die höchsten Noten erhalten und sich durch weite Reisen
Probst.
71
weiter gebildet hatte, trat er als Justizassessor am Esslinger Gerichtshof in
den württembergischen Staatsdienst ein, wo ihm eine glänzende Laulbahn zu
winken schien. Aber schon 185 1 nahm er seiner politischen Anschauungen
wegen die Entlassung und Hess sich als Advocat in Stuttgart nieder. Als
solcher war er viel gesucht und begehrt und an zahlreichen Press- und
sonstigen politischen Processen betheiligt. 1855 bis 1857 wirkte er als Ob-
mann im hauptstädtischen Bürgerausschuss. 1865 wurde er rechtskundiger
Director der Stuttgarter Lebensversicherungs- und Ersparnissbank, von welcher
Stellung er im Januar 1887 aus Gesundheitsrücksichten zurücktrat. Seine
bedeutendste Thätigkeit hat P. als Politiker und Parlamentarier entfaltet. Im
Gegensatze zu seinem Vater, der dem damals mit der wtirttembergischen Re-
gierung eng verbündeten Clerikalismus huldigte, hielt der Sohn sich anfangs
zur demokratischen Opposition, spielte 1848 im P^sslinger Volksverein eine
Rolle, trat mit dem bedeutungsvollen Schriftchen »Zur Wiedergeburt der Straf-
rechtspflege, Gedanken und Vorschläge« (Esslingen 1849) ^^^ Publicist hervor.
Vom Oberamt Biberach, dessen Abgeordneter früher sein Vater gewesen war,
wurde er von 1849 ^^ '^95 ohne Unterbrechung zunächst in die drei
verfassungberathenden Versammlungen, dann in die zweite Kammer entsandt.
Hier erwarb er sich im Kampfe gegen die Reaction bald hohes Ansehen.
Als die liberale Gesamtpartei Württembergs in den sechziger Jahren bei Auf-
rollung der deutschen Einheitsfrage in die Brüche ging, gehörte P. zu den
entschiedensten Vertretern des grossdeutschen Gedankens, ohne sich jedoch
der 1866 neu begründeten Volkspartei anzuschliessen. 1868 wurde er im
2. württembergischen Wahlkreise (Saulgau-Riedlingen) zum Zollparlamente
gewählt. In Berlin übernahm er die Führung der süddeutschen Fraction.
Hier erwarb er sich, vor den Folgen engeren politischen Zusammenschlusses
warnend, das unfreiwillige Verdienst, das berühmte Wort Bismarcks hervor-
zulocken, dass der Appell an die Furcht kein Echo in deutschen Herzen finde.
Dem ersten Reichstage gehörte er als Deputierter des 17. württembergischen
Wahlkreises (Ravensburg etc.) an. Immer mehr vollzog sich jetzt bei ihm der
Umschwung zum entschiedenen Clerikalismus, während er in den sechziger Jahren
die Ansprüche der katholichen Kirche nur im bescheidensten Umfange ver-
fochten hatte. Er trat der Centrumsfraction bei, galt nicht wenig bei seinen
Parteigenossen und betheiligte sich lebhaft an den Verhandlungen des Reichs-
tages. Der Aufenthalt in Berlin sagte ihm jedoch ganz und gar nicht zu,
und so verzichtete er Januar 1874 auf die Wiederwahl. Dagegen fuhr er
fort, im württembergischen Landtage zu wirken. Er zählte zur Fraction der
Linken, seitdem sich diese gebildet hatte. Neben juristischen Fragen beschäf-
tigten ihn namentlich finanzwirthschaftliche. Er sass in den wichtigsten Com-
missionen, war 1862/65 und 1866 Mitglied des weitern Ausschusses, 1868/70
Vicepräsident. Sein Einfluss erstreckte sich sogar auf die erste Kammer, wo
er beim oberschwäbischen Adel sehr geschätzt war. Niemals verleugnete er in
seiner gesammten Thätigkeit den klar denkenden, logisch geschulten Kopf.
Er redete gut, sich stets in feinen Formen bewegend. Sein Auftreten war
ruhig, sachlich, verbindlich, selbst wo er polemisirte. Er erfreute sich auch
der Achtung der gegnerischen Parteien. Einen persönlichen Feind hat der
liebenswürdige Mann wohl überhaupt nicht gehabt. — Zu seinen letzten
politischen Thaten gehörte nach Sprengung der Kammerfraction der Linken
die Mitbegründung des württembergischen Centrums, zu dessen P^hrenvorstand
er erwählt wurde. Bei den Landtagswahlen im Februar 1895 candidierte der
72
Probst. Stotz.
Greis nicht mehr. Am öffentlichen Leben der Hauptstadt betheiligte sich P.
in mannigfacher Weise. Sein Hauptinteresse galt natürlich der dortigen
katholischen Gemeinde, die ihn gleich einem Patriarchen verehrte und stets
auf seinen Rath hörte. Doch entzog er sich auch nicht patriotischen An-
forderungen. So war er noch in seiner letzten Lebenszeit im Ausschusse für
Errichtung eines Denkmals Kaiser Wilhelms I. thätig. Den Zweiund achtzig-
jährigen raffte eine längere Krankheit des Alters hinweg. Ihn betrauerten ein
Sohn, eine verheirathete Tochter und 6 Enkel. Die Gattin, Wilhelmine, Tochter
des Oberstabsarztes Sontheimer in Stuttgart, war ihm im Tode vorangegangen.
Schwäbische Kronik vom 15. April 1899 ^o* *72t 18. April 1899 No. 176 (Leichen-
feier) und No. 177, Deutsches Volksblatt vom 15. und 18. April 1899 No. 85 und 87,
Staats-Anzeiger für Württemberg vom 15. April 1899 No. 86, (Stuttgarter) Neues Tagblatt
vom 18. April 1899 No. 89. — Rudolf Probst, ein katholischer Mann (Stuttgart 1899).
Rudolf Krauss.
Stotz, Paul, Erzgiesser, * 6. Mai 1850 zu Wasseralfingen (im württem-
bergischen Oberamt Aalen), f 3. September 1899 auf dem Veitenhof bei
Kufstein. — Sein Vater, früher Hütteninspector, gründete 1860 in Stuttgart
die erste Giesserei schmiedbarer Eisengusswaren innerhalb des deutschen
Zollvereins. Der Sohn widmete sich demselben Kunstzweige und besuchte
von 1866 bis 1869 das Stuttgarter Polytechnicum und die damals noch
diesem angegliederte Kunstgewerbeschule. 1870 wollte er als Freiwilliger
in den Krieg ziehen, erkrankte aber schon im Elsass am Typhus. Nachdem
er in verschiedenen auswärtigen Stellungen seine praktische Ausbildung ver-
vollständigt hatte, rief er 1876 im Anschluss an das väterliche Geschäft in
Stuttgart eine kunstgewerbliche Werkstätte zur Ausführung seiner eigenen
Entwürfe ins Theben. Aus unbedeutenden Anfangen nahm die Anstalt, be-
sonders seit der württembergischen Kunstgew^erbeausstellung des Jahres 1881,
einen grossartigen Aufschwung. S. begann mit Anfertigung kleinerer Metali-
geräthe, kunstgewerblicher Gebrauchs- und Luxusgegenstände verschiedenster
Art, nahm bald künstlerische Bau Verzierungen hinzu, verwendete dann die
Bronze zum Grabschmuck. Den entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung
seines Institutes übte die Einführung des elektrischen Lichtes aus. Nunmehr
warf er sich hauptsächlich auf Beleuchtungskörper. Seine grössten Erfolge
errang er auf dem Gebiete der Schiffsbeleuchtung. Er stattete die Dampfer
der grössten Rhedereien, auch die Yacht Hohenzollern in dieser Hinsicht aus.
Ferner sind seine Leuchtgeräthe in der Kaiser Wilhelm -Gedächtnisskirche zu
Berlin als hervorragende Leistung namhaft zu machen. Endlich gliederte
er seiner Werkstätte noch eine Abtheilung für Monumentalgiesserei an. Er
übernahm den Guss zahlreicher Denkmale in Stuttgart und auswärts. Er war
auch an der Ausstattung des neuen deutschen Reich tagsgebäudes betheiligt.
S., der in seiner Person den unternehmungslustigen Fabrikanten mit dem fein-
gebildeten und formsicheren Künstler vereinte, hat den von ihm gepflegten
Zweig des deutschen Kunstgewerbes zu hoher Blüthe gebracht und hat
darum weit über die Grenzen seiner engeren Heimath hinaus Ansehen be-
sessen. Noch viel Gutes und Schönes wäre von ihm zu erwarten gewesen,
wenn ihn nicht ein jäher Tod im besten Mannesalter weggerafft hätte.
Scheinbar gesund begab er sich in die Sommerfrische, wo ein Herzschlag
das Ende plötzlich herbeiführte. Er hinterliess eine Wittwe, Julie geb.
Rümelin, und 6 Kinder.
Stotx, Egle. 73
Schwäbische Kronik vom 4. September 1899 No. 410 und 411, Staats -Anzeiger tür
Württemberg vom selben Tag No. 205, Frankfurter Zeitung vom 7. September 1899 No.
248 Abendblatt.
Rudolf Krauss.
Egle, Joseph (von), Architekt, ♦ 23. November 1818 zu Dellmensingen
(im württembergischen Oberamt Laupheim), f 5. März 1899 ^u Stuttgart. —
Aus niederm Stande hervorgegangen und in bescheidenen Lebensverhältnissen
gross geworden, erhielt er seine wissenschaftliche Ausbildung im Baufache
auf der Stuttgarter Gewerbeschule, dem Wiener Polytechnicum und der
Berliner Akademie der Künste, war dann als Zeichner bei Bauten in Wien
thätig, besuchte 1842 als Correspondent der Allgemeinen Bauzeitung Nord-
deutschland und England und widmete sich in Paris, München und Italien
eingehenden Kunststudien. Nach einer solchen gründlichen theoretischen
Vorbereitung kehrte der nicht blos künstlerisch reich begabte, sondern auch
mit scharfem praktischen Verstand ausgerüstete E. Herbst 1848 in die Heimath
zuiück, wo alsbald eine schöne Aufgabe seiner harrte. Er wurde zum Vor-
stand der noch in den bescheidensten Anfangen befindlichen Stuttgarter Bau-
gewerkeschule berufen, die er in 46jährigem segensreichen Wirken zu einer
trefflich organisirten, in ganz Deutschland als musterhaft anerkannten Unter-
richtsanstalt herangebildet hat. Ein sieben Jahre lang innegehabtes Lehramt am
Stuttgarter Polytechnicum legte er nieder, als er 1857 zum ersten Architekten
des Hofes ernannt wurde, zuerst als Oberbaurath, dann als Hofbaudirector.
Daneben hatte er eine ausgedehnte Baupraxis. Er begann mit bürgerlichen
Wohnhäusern, Villen, Schulgebäuden. Ebenso sehr wie die Schönheit der
Bauten lag ihm ihre Dauerhaftigkeit am Herzen. Er ging von der bis dahin
in Stuttgart üblichen Fachwerkconstruction zum unverblendeten Massivbau über
und drang bald mit seinen Principien völlig durch. Er hat im Vereine mit Leins
der schwäbischen Residenz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haupt-
sächlich das architektonische Gepräge aufgedrückt. Eine Anzahl der herr-
lichsten öffentlichen Gebäude in Stuttgart sind E.'s Werk, so das Polytechnicum
und die Baugewerkeschule, das eine im edelsten Stile der italienischen, die
andere in dem der französischen Renaissance gehalten. 1872 bis 1879 s^^^^i^
er im Stile der Frühgothik, die Formen der Marburger Elisabeth kirchc über-
nehmend und selbständig weiterbildend, die ebenso erhabene als schöne
Stuttgarter Marienkirche, und mit der Tübinger katholischen Kirche (Con-
victskirche) leistete er in bescheidenerem Rahmen nicht minder Treffliches.
Ferner war er bei Erneuerung zahlreicher alten Kirchenbauten betheiligt,
leitete insbesondere die Restaurationen der Esslinger Frauenkirche, der
Cimünder Heiligkreuzkirche, der (Jotteshäuser in Weilderstadt, Urach, Rotten-
burg am Neckar. Beim Ausbau des Ulmer Münsters fungirte er als oberster
fachmännischer Berather. Seine vielseitige Gewandtheit bewährte er auch in
der baulichen Veränderung und Ausschmückung des Stuttgarter Residenz-
schlosses. Seine gewaltige Arbeitskraft ermöglichte es ihm trotz Lehramt
und Bauthätigkeit, sich litterarisch zu bethätigen. Als Supplement zu dem
Werke »Ulms Kunstgeschichte im Mittelalter« erschien von ihm -^Der Münster
in Ulm« (Stuttgart, Ebner & Seubert 1872). Daran schlössen sich weitere
kunsthistorische Schilderungen, insbesondere eine solche über »Die Frauen-
kirche in Esslingen. Ein Meisterwerk der Gothik des fünfzehnten Jahrhunderts.
Herausgegeben von dem Wiederhersteller dieser Kirche« (Stuttgart 1898.
74 Egle. Beckh. Griesinger.
Verlag von Konrad Wittwer). Auch stellte er eine Theorie für das Schattiren
mathematisch bestimmter Körperflächen auf. Die Thätigkeit E.'s, die in der
württembergischen Bau- und Kunstgeschichte unverlöschliche Spuren zurück-
gelassen hat, fand in hohen Orden, in dem Ehrenbürgerrechte der Städte
Stuttgart und Ulm äussere Anerkennung. Auch über die Grenzen der engeren
Heimath hinaus war sein Name weithin bekannt. Er versah bei manchem
architektonischen Wettbewerbe ein Preisrichteramt, gehörte verschiedenen
Akademien als Mitglied an, wirkte bei der Gründung des Verbandes deutscher
Architekten- und Ingenieurvereine in hervorragender Weise mit. — Die letzten
Jahre seit 1894 verbrachte E. im Ruhestande. Es war ihm noch vergönnt,
die schöne Feier des 80. Geburtstages zu begehen. Er war zweimal ver-
heirathet; eine einzige Tochter zweiter Ehe überlebte ihn.
Schwäbische Kronik vom 6. März 1899 No. 107 und 8. März 1899 No. iii (Leichen-
feier), Staatsanzeiger für Württemberg vom 6. März 1899 No. 53, Beilage zur Allgemeinen
Zeitung 1899 ^o. 57, Frankfurter Zeitung 1899 No. 66 Abendblatt, Scbwabenland 1899
No. 6, Centralblatt der Bauverwaltung 1899 No. 21, S. 121 f. (mit Bild), Leichenrede.
Rudolf Krauss.
Beckh, August (von), Eisenbahn technik er, ♦13. Januar 1809 zu Friedrichs-
hafen in Württemberg, -j- 6. Mai 1899 ^^ Stuttgart. — Er war der Sohn eines
Finanzbeamten. Nachdem er sich auf der Stuttgarter Gewerbeschule, dem
späteren Polytechnicum, für seinen Beruf vorbereitet hatte, war er Stadtbau-
inspector in Esslingen, später Strassenbauinspector in Reutlingen, wurde beim
württembergischen Eisenbahnbau in dessen ersten Stadien verwendet, erhielt
1844 die Stelle eines Eisenbahnbauinspectors in Stuttgart, dann die eines
Sectionsingenieurs, zunächst in Bietigheim, wo er den Enzviadukt erbaute,
hierauf in Ravensburg. 1853 wurde ihm der Titel eines Bauraths verliehen.
In demselben Jahre wurde er als Oberingenieur in die Schweiz berufen, wo
ihm die wichtige Aufgabe zufiel, die Nordostbahn Zürich-Romanshorn zu bauen.
Das 1860 vollendete und wohlgelungene Werk brachte ihm einen noch
bedeutenderen Auftrag ein. Er wurde zu den Vorarbeiten an der Gotthard-
bahn herangezogen und arbeitete das sogenannte Expertenproject im Massstab
I : 10 000, begleitet durch ein technisches Gutachten, mit aus, wonach der
Bau der Bahn beschlossen und in der Hauptsache ausgeführt wurde. Am
Bau selbst betheiligte sich B., der inzwischen in seine Heimat zurückgekehrt
war, nicht. Später entwarf er noch den Bauplan der Bahnlinie Brugg-Basel,
und als in seiner Heimat der Böblinger Bahnbau in Fluss kam, übernahm er
die Ausführung einer Strecke als Vorstand des Eisenbahnbauamtes in Böblingen,
wo er von 1876 bis 1880 seinen Wohnsitz hatte. Den Rest seiner Tage
verbrachte er in Stuttgart als ein rüstiger Greis. Als er starb, hatte unsere
raschlebige Zeit den um den württembergischen und schweizerischen Bahnbau
verdienten Mann schon vergessen, dessen Wirken um ein paar Jahrzeimte
zurücklag.
Schwäbische Kronik vom 8. Mai 1899 No. 211, Staats-Anzeiger für Württemberg
vom selben TagNo. 106,
Rudolf Krauss.
Griesinger, Dr. (Freiherr) Albert Julius (von), Cabinetschef des Königs
von Württemberg, ♦ 28. September 1836 zu Stuttgart, f i. April 1899
daselbst. — Seine Eltern waren der Oberpolizeicommissär, nachmalige Eisen-
Gricsinger. Schott. yc
bahnhauptcassier Adolf Griesinger und dessen Gattin Christiane, geborene
Stiefel. Er besuchte das Gymnasium seiner \^terstadt, studirte in Tübingen
und München Rechtswissenschaft, erstand seine Staatsexamina mit gutem
Erfolge, promovirte zum Doctor der Rechte und vollendete seine gründ-
liche Ausbildung durch ausgedehnte Reisen in den verschiedensten Ländern
Europas. Heimgekehrt, leistete er als Hilfsrichter der Justizabtheilung des
Gemeinderaths zu Stuttgart und dem K.Stadtgerichte daselbst Dienste. 1864
wurde er in das Secretariat des K. Geheimen Cabinets berufen und erhielt
dort im folgenden Jahre seine definitive Anstellung als Geheimer Legations-
secretär. 1869 rückte er zum Legationsrath, 187 1 zum Geheimen Legations-
rath vor. Seit 1883 stand er als Staatsrath, später als Geheimerath an der
Spitze des Cabinets und genoss gleichermasscn das Vertrauen König Carls
wie dessen Nachfolgers, König Wilhelms IL Neben vielen anderen hohen Aus-
zeichnungen wurde ihm 1893 die der Erhebung in den erblichen Freiherni-
stand des Königreichs durch den zuletzt genannten Monarchen zu Theil. G. füllte
in vortrefflicher Weise seine schwierige Stellung aus, zu der ihn vielfaches
reiches Wissen, Menschenkenntniss, Gewandtheit im Verkehre mit Personen
aller Stände, weltmännische Sicherheit im Auftreten, feines Tactgefühl be-
fähigten. So hoch ihn das Glück emportrug, hielt er sich doch stets von
Ueberhebung und Hochmuth fern. Ueberdies zeichnete ihn lebhaftes Inter-
esse an den Künsten und Wissenschaften aus, mit deren Vertretern er auch
mannigfache persönliche Beziehungen unterhielt. Namentlich machte er sich
um die Gründung des Schwäbischen Schillervereins verdient, dessen Vorsitz er
mit Thatkraft und Einsicht führte. — G. erlag einem langwierigen, 'tückischen
Leiden, gegen das alle Kunst der Aerzte, alle versuchten Curen machtlos
blieben. Er hinterliess eine Wittwe, Pauline, geb. Autenrieth, mit der er in
siebenunddreissigjähriger Ehe verbunden war, und zwei Kinder, einen im
diplomatischen Dienste des Reichs stehenden Sohn und eine an einen Officier
verheirathete Tochter.
Zeitungsnekrologe, insbesondere in Schwäbische Kronik vom 4. April 1899 No. 152
und 5. April 1899 No. 154 (Leichenfeier), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 4 April 1899
No. 77 (mit Bild), Schwabenland 1899 No. 8 (mit Bild).
Rudolf Krauss.
Schott, Dr. Theodor Friedrich, historischer und kirchenhistorischer Schrift-
steller, * 16. December 1835 zu Esslingen, f 18. März 1899 zu Stuttgart. —
Sein Vater, Pupillenrath, und seine Mutter, eine geborene Kapif, zählten beide
zu wtirttembergischen Beamtenfamilien von altem Ansehen. Auf dem Esslinger
Pädagogium vorgebildet, besuchte er das niedere Seminar Blaubeuren und
studierte seit 1853 im höheren Tübinger, dem sogenannten Stifte, evangelische
Theologie. Er schloss sich der in religiöser wie politischer Beziehung conser-
vativ gesinnten Verbindung Staufia an. Nach Ablegung des Examens amtete
er zwei Jahre als Vicar in Bopfingen (württembergisches Oberamt Neresheim)
und Köngen (Oberamt Esslingen) und wurde 1859 Lehrer an der ehemals
berühmten Erziehungsanstalt Hofwyl bei Bern. Erst hier erwachte in ihm der
wissenschaftliche Sinn. 1861 nahm er dreimonatlichen Aufenthalt in Paris,
wo er zu seinen bedeutenden Kenntnissen in der französischen Reformations-
geschichte den Grund legte. Nach seiner Rückkehr in die Heimath versah er
nochmals vorül)ergehend ein Pfarrvicariat zu Neuhausen a. d. P>ms (Oberamt
Urach), wurde dann als Rcligionslehrer am Stuttgarter Gymnasium verwendet
7 6 Schott.
und erhielt Frühjahr 1867 die Pfarrei in der Stuttgarter Vorstadt Berg definitiv
übertragen. Mit Hingabe lag- er seinem geistlichen Berufe ob und widmete
seine PHirsorge insbesondere auch den Volksschulen. I^ange Jahre hatte er
daneben die Grossfürstin Wera von Russland, die Adoptivtochter des Königs
Carl und der Königin Olga von Württemberg, zu unterrichten, die zeitlebens
sich ihrem Lehrer dankbar erwies und ihn mit manchen Zeichen ihrer Gunst
bedachte. In das Berger Pfarrhaus führte S. als Gattin Klotilde Eiben, die
Tochter eines Stuttgarter Medicinalraths, heim, die ihn nur um wenige Tage
überlebt hat. Ein einziger Sohn ist der Ehe entsprossen.
1873 wurde S. Bibliothekar an der K. öffentlichen Bibliothek in Stuttgart,
in welcher schon 1865 von ihm vergeblich gesuchten Stellung er den Rest
seines Lebens verbrachte. Neben der Führung des Buchhändlerbuches fielen
ihm hier zwei grosse Aufgaben zu : die Revision der umfangreichen Bibel-
sammlung und die Anfertigung eines Sachkatalogs der Kirchengeschichte in
13 Bänden. Nachdem die Bibliothek 1883 in ihren prächtigen Neubau über-
gesiedelt war, erhielt er die Berathung des Publikums im Katalogsaale über-
tragen. Jetzt war er ganz in seinem Elemente. Dieser Theil seines Amtes
war ihm nicht sowohl Pflicht als Bedürfniss. Mit nie ermattendem Eifer, mit
ausserordentlichem Entgegenkommen und Zuvorkommen leistete er Tausenden
wissenschaftliche Hilfe, wozu ihn seine vielseitigen Kenntnisse in hervorragendem
Masse befähigten.
Neben seiner Berufsthätigkeit fand der fleissige Mann noch Zeit zu umfang-
ieicher literarischer Wirksamkeit. Seine Specialität war die französische
Reformationsgeschichte, als deren bester deutscher Kenner er galt. Daneben
liefen sonstige kirchenhistorische Arbeiten, solche aus dem Bereiche der württem-
bergischen Si)ecialgeschichte, der deutschen (ieschichte, der Geographie. Allen
seinen Schriften, so verschieden sie an Bedeutung sein mögen, eignet Gemein-
verständlichkeit und Flüssigkeit der Darstellung. Doch war der künstlerische
Sinn bei ihm nicht ebenso stark wie der wissenschaftliche entwickelt.
S. hat folgende selbständige Schriften erscheinen lassen:
Savonarola. Ein Lebensbild aus Italien. Stuttgart 1871. Druck und Verlag von
I. F. Steinkopf (Deutsche Jugend- und Volksbibliotbek No. 33). 2. Auflage. 1898.
Briefwechsel zwischen Christoph, Herzog von Württemberg, und Petrus Paulus
Vcrgerius. Gedruckt von H. Laupp in Tübingen, 1875 (Bibliothek des Litterarischen
Vereins in Stuttgart CXXIV). In Gemeinschaft mit Eduard v. Kausler.
Das Jahrhundert der Entdeckungen in Biographien für die gebildete Jugend. Stuttgart
und Leipzig. Verlag von Otto Risch. 1875 (2. Auflage 1891).
Columbus und seine Weltanschauung. Berlin SW. 1878. Verlag von Carl Habcl
(Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge No. 308).
Blücher. Ein Charakterbild. Heidelberg. Carl Winter's Universitätsbuchhandlung.
1880 (Sammlung von Vorträgen. Herausgegeben von W. Frommel und Friedr. Pfaff. IV. 5).
Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans. Eine deutsche Prinzessin am französischen
Hofe. Ebenda 1881 (in derselben Sammlung V. 5).
D. Martin Luther und die deutsche Bibel. Festschrift zum Lutherjubiläum am 10. No-
vember 1883 im Auftrag der Privileg, Württ. Bibelanstalt. Stuttgart. Verlag der Württ.
Bibclanstalt. 1883 (wiederholt aufgelegt).
Deutsche Fürsten im Zeitalter der Reformation. Vortrag. Stuttgart. Verlag von
Carl Krabbe 1884.
Die Aufhebung des Ediktes von Nantes im October 1685. Halle 1885. Verein für
Reformationsgeschichte (Schriften dieses Vereins No. 10).
Württemberg und die Franzosen im Jahre 1688. Stuttgart, 1888. Verlag von D.Gundcrt
(Württembergische Neujahrsblätter, 5. Blatt).
pie Kirche der Wüste 171 5 bis 1787. Das Wiederaufleben des französischen
Schott. Falkenstein.
77
Protestantismus im achtzehnten Jahrhundert. Halle 1893. Verein für Reformationsgeschichte
(Schriften dieses Vereins No. 43/44).
Ausserdem arbeitete Schott an einer Anzahl wissenschaftlicher Unternehmungen mit,
so schon seit seiner Stuttgarter Lehrerzeit an der Herzogschen Realencyklopädie für
protestantische Theologie und Kirche, deren erste Auflage er mit 9, die zweite mit
23 Artikeln ausstattete, an der Allgemeinen Deutschen Biographie u. s. w. Seine
Forschungen zur wUrttembergischen Geschichte und Culturgeschichte legte er in den
Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, in den Württembergischen
Vierteljahrsheften für Landesgeschichte und im Schwäbischen Merkur nieder, für welches
Blatt er unter Anderem bibliographische Uebersichten über die Literatur jedes Jahres
lieferte. Aus den Jahrbüchern ist die 1876 erschienene umfangreiche Untersuchung über
die württembergische periodische Presse, aus den Vierteljahrsheften der im Jahrgang 1895
mitgetheilte Aufsatz »Württemberg und Gustav Adolf 1631 und 1632« hervorzuheben.
Die von der K. öfTentlichen Bibliothek zu Stuttgart der Universität Tübingen bei ihrer
4. Säkularfeier 1877 dargebrachte Festschrift enthält aus Schotts Feder eine Arbeit über
>Herzog Ludwig von Württemberg und die französischen Protestanten in den Jahren 1568
bis 1570«. Auch Familienblättern, insbesondere dem Daheim, leistete er mancherlei Bei-
träge. Seit 1876 gab er das Allgemeine Kirchenblatt für das evangelische Deutsch-
land heraus.
S. erwies sich in seinen Schriften als Vorkämpfer des Protestantismus,
und auch sonst bethätigte er in mannigfacher öffentlichen Wirksamkeit seinen
kirchlichen Sinn. Er war lange Zeit Mitglied des Pfarrgemeinderathes der
Stuttgarter Hospitalkirche, gehörte 1888 als Abgeordneter von Sulz der vierten
Landessynode an. Für den Gustav Adolf -Verein trat er mit dem regsten
Eifer ein; er sass im Ausschusse des württembergischen Zweigvereins. Ebenso
war er Ausschussmitglied des Vereins für Reformationsgeschichte, an dessen
Begründung im Jahre 1 883 er theilgenommen hatte. Auch bei der städtischen
Armenpflege wirkte S. mit und erwarb sich namentlich um den Verein für
Knabenhorte Verdienste. Im Kriegsjahre 1870 gründete er in Berg einen
Sani täts verein. Ohne in das politische Leben activ einzugreifen, machte er
doch aus seinen conservativen und patriotischen Gesinnungen kein Hehl; an
nationalen Festtagen konnte man ihn wiederholt als Redner hören.
An Ehrungen und Auszeichnungen hat es S.'s Laufbahn nicht gefehlt.
Er besass Medaillen verschiedener Art, württembergische und preussische
Orden. 1894 ernannte ihn, der schon 1876 den philosophischen Doctorgrad
erworben hatte, beim Haller Universitätsjubiläum die dortige Theologen-
facultät zum Ehrendoctor. Im selben Jahre wurde er Ehrenmitglied des
allgemeinen deutschen Hugenottenvereins. Auch gehörte er der württem-
bergischen Commission für Landesgeschichte als ordentliches Mitglied an.
Im Frühjahr 1897 wurde S. von einem scheinbar leichten Influenza-
anfall heimgesucht. In der Folge zeigte sich eine Zersetzung des Blutes, die
ein qualvolles Leiden herbeiführte. Mit Pausen, die sogar zeitweise "Wieder-
aufnahme des Amtes gestatteten, ging es langsam, aber unaufhaltsam dem
Verderben zu.
Schwäbische Kronik vom 20. März 1899 No. 131 (Nekrolog von August Wintterlin)
und 22. März 1899 No. 135 (Leichenfeier), Staats-Anzeiger für Württemberg vom 20. und
21. März 1899 No. 65 und 66, Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 69, Schwaben-
land 1899 No. 7, Daheim 1899 No. 30 Beilage (mit Bild).
Rudolf Krauss.
Falkenstein, Freiherr, Kuno Wilhelm Erdmann von, General, * 12. De-
cember 1840 zu Esslingen, f 6. Mai 1899 zu Strassburg. — Seine Eltern
waren der Oberleutnant von Falkenstein im 4. württembergischen Reiter-
y8 Falkenstein.
regiment und Emma, geb. Bardili. Der früh verwaiste Knabe erhielt seine
militärische Ausbildung in der Ludwigsburger Kriegsschule, wo bereits seine
ausgezeichneten Geistesgaben hervorleuchteten. 1859 wurde er Leutnant im
württembergischen Artillerieregiment, ging dann zum Pioniercorps über, wo er
als Oberleutnant die Stelle eines Adjutanten versah. 1864 kam er zur
tactischen Abtheilung des Generalquartiermeisterstabes. Den Krieg des
Jahres 1866 machte er als Generalstabsofficier im Hauptquartier des Prinzen
Alexander von Hessen, Oberbefehlshabers des 8. deutschen Bundesarmeecorps,
mit. 1867 wurde er zum Hauptmann befördert, Frühjahr 1868 unter den
ersten württembergischen Officieren nach Preussen zum grossen Generalstabe
commandiert, seit Herbst 1868 im württembergischen Kriegsministerium ver-
wendet. Im Feldzug 1870/71 befand er sich beim Stabe der württembergischen
Felddivision und wohnte den Schlachten bei Wörth und Sedan, der Belagerung
von Paris, dem Gefechte bei Villiers an. Nach dem Kriege war er zunächst
Compagniechef im hohenzollernschen Füsilierregiment No. 40 zu Köln, wurde
December 187 1 dem württembergisehen Generalstab aggregiert und Herbst 1872
Compagniechef im 3. württ. Infanterieregiment No. 121 zu Ludwigsburg.
1873 zum Major im 2. württ. Infanterieregiment (Kaiser Wilhelm) No. 120 zu
Weingarten, dann zum Flügeladjutanten des Königs Carl ernannt, übernahm
er Herbst 1874 das Commando des neugebildeten Füsilierbataillons, des
7. württ. Infanterieregiments No. 125. In Tübingen, der Garnison des Bataillons,
legte F. den Grund zu den freundlichen Beziehungen zwischen den dortigen
akademischen und militärischen Kreisen. 1879 ^^^^ ^^ ^^ Oberstleutnant
zuerst beim grossen Generalstabe, dann beim Generalstabe des 3. Armeecorps
Verwendung, dessen Chef er 1881 wurde. In dieser Stellung nahm er 1883
an den grossen französischen Armeemanövern theil. 1884 zum Obersten be-
fördert, erhielt er Herbst 1885 das Commando des Brandenburgischen Leibgrenadier-
regiments No. 8 in Frankfurt a. d. O., führte 1888 vorübergehend die 9. In-
fanteriebrigade, kehrte August desselben Jahres nach Württemberg zurück, um
als Generalmajor an die Spitze der 52. (2. württ.) Infanteriebrigade in Lud-
wigsburg zu treten. Ende 1890 Generalleutnant geworden, übernahm er das
Commando der 3. Division in Stettin, wurde Sommer 1892 dienstthuender
Generaladjutant des Königs Wilhelm II. von Württemberg, und April 1896
commandierender General des 15. Armeecorps in Strassburg und General der
Infanterie, der erste Württemberger, der seit 1870 einem preussischen Armee-
corps vorgesetzt wurde. Auf den General, dem man eine der schwierigsten
und wichtigsten Commandostellen im Frieden und ein Stück der Grenzhut
gegen Westen anvertraut hatte, setzte man auch für den Kriegsfall grosse
Hofihungen. Er war theoretisch und praktisch gleich vorzüglich ausgebildet,
in der Kriegswissenschaft und Truppenführung gleichermassen zuhause. Er
besass grosse, Personen und Verhältnisse rasch durchdringende Verstandes-
schärfe, dabei Thatkraft und Willensstärke, Selbsstbewustsein und Selbständig-
keitsgefühl. Mit solchen bedeutenden Eigenschaften des Geistes und des
Charakters verband er die für den Officier unerlässlichen äusseren Vorzüge.
Er genoss allgemeine Hochachtung und seiner Humanität und Unparteilichkeit
wegen auch beim gemeinen Manne Beliebtheit. So wurde sein vorzeitiges
Ende allseitig beklagt und betrauert. Vor dem Strassburger Kaiserbesuch im
Mai 1899 ^" einer Nierensteinkolik leidend, raffte er sich zum Empfange des
obersten Kriegsherrn auf, machte mit äusserster Selbstbeherrschung Parade
und sonstige Festlichkeiten mit, sah den Kaiser und dessen Gefolge zum
Falkenstein« Hohl. yg
Frühstück bei sich. Nachdem er den hohen Gast auf dem Bahnhofe verab-
schiedet hatte, brachen seine Kräfte zusammen: in der Frühe des 7. Mai lief
die Kunde durch Strassburg, dass der General in der Nacht an einem Herz-
schlage verschieden sei. Die Leiche wurde feierlich vom Generalcommando
zum Bahnhof und von da nach Stuttgart überführt, wo die Bestattung am
9. Mai auf dem Pragfriedhofe mit militärischem Pompe stattfand. F. war mit
Mathilde, geb. Gräfin von Lippe-Falkenflucht, vermählt; die Gattin und zwei
Kinder, ein Sohn und eine Tochter, überlebten ihn.
Schwäbischer Merkur vom 6. Mai 1899 No. 208 und 9. Mai 1899 No. 212, Schwäbische
Kronik vom 8. Mai 1899 No. 210, vom 9. Mai 1899 No. 212 u. 213 (Leichenfeier), Staats-
Anzeiger für Württemberg vom 6. Mai 1899 No. 104, (Stuttgarter) Neues Tagblatt
vom 6. und 8. Mai 1899 No. 104 und 105, Strassburger Post vom 6. und 7. Mai 1899
No. 384 and 389.
Rudolf Krauss.
Hohl, Karl (von), württembergischer Politiker, * 1 1. August 1825 zu Ohmen-
heim (im württembergischen Oberamt Neresheim), f 27. Mai 1899 zu Stuttgart.
— Der Sohn eines katholischen Landschullehrers, widmete er sich dem Studium
der Rechtswissenschaft und trat 1852 in den wüttembergischen Justizdienst
ein. Nach verschiedenen Anfangsstellungen wurde er 1858 Oberjustizassessor
in Ulm, 1862 Oberamtsrichter in Geislingen, 1866 Oberjustizrath in Ulm, 1869
Kreisgerich tsrath in Stuttgart, 1879 Landgerich tsdirector daselbst. Die
juristische Laulbahn hätte ihn wohl noch höher emporgefuhrt, wenn er nicht
inzwischen in die politische eingetreten wäre. Bei einer Ersatzwahl zum
württembergischen Landtage am 8. Januar 1872 siegte der von den katholischen
Wählern des Oberamtes Geislingen aufgestellte H. gegen den Candidaten der
Deutschen Partei, die bisher den Wahlkreis besessen hatte, mit knapper Mehrheit.
Der neue Abgeordnete nahm jedoch in der Kammer sofort eine mass volle
Haltung ein, erklärte sich gegen die Idee eines württembergischen Centrums
und betheiligte sich an der Begründung der Landespartei, die alle weder der
Deutschen Partei noch der Linken angehörigen Abgeordneten vereinigte. Er
gewann beträchtlichen politischen Einfluss und erwarb sich namentlich im
Plenum und in Commissionen um die Justizgesetzgebung Verdienste. 1877
bis 1882 gehörte er dem engeren ständischen Ausschüsse an, 1880 wurde er
zum Vicepräsidenten, 1882, nachdem Holder in das Ministerium des Inneren
eingezogen war, zum Präsidenten der Kammer gewählt. Er waltete 13 Jahre
lang seines Amtes mit Geschick und Unparteilichkeit, wi^ ihm auch sein
Nachfolger auf dem Präsidentenstuhle und politischer Gegner Payer am offenen
Grabe bezeugt hat. Bis 1895 in Geislingen ohne Gegencandidatur gewählt,
musste Februar 1895 der einstige Auserkorene der Katholiken jetzt mit Hilfe
der Deutschen Partei sein Mandat gegen einen Bewerber aus Centrumskreisen
in der Stichwahl vertheidigen. Er errang den Sieg, unterlag aber bei der
Präsidentenwahl gegen die clerical-demokratische Coalition. Schon längere
Zeit leidend, zog er sich mehr und mehr von der Oeffentlichkeit zurück. Im
Justizdienste seit 1884 beurlaubt, Hess er sich am i. März 1895 ganz in den
Ruhestand versetzen und erhielt bei dieser Gelegenheit den Titel und Rang
eines Staatsraths; durch hohe Orden war er schon früher ausgezeichnet worden.
Am 25. Mai 1899 erlitt er einen Schlaganfall, der nach zwei Tagen ein sanftes
Ende herbeiführte. — Eine stattliche äussere Erscheinung, war H. in der
Residenz fast von Jedermann gekannt. Die Gattin war ihm im Tode voran-
8o Hohl. Nast.
gegangen, zwei mit Officieren vermählte Töchter überlebten ihn. — Als
juristischer Schriftsteller ist H. mit der Bearbeitung des im Lande weit ver-
breiteten Handbuchs des württembergischen Erbrechtes von A. H. Stein in 4.,
5. und 6. Autlage hervorgetreten.
Zeitungsnekrologef namentlich in der Schwäbischen Kronik vom 39. Mai 1899 No. 242.
Rudolf Krauss.
Nast, Johann Wilhelm, amerikanisches Methodistenhaupt, * 15. Juni 1807
zu Stuttgart, f 16. Mai 1899 zu Cincinnati. — Seine Eltern waren der K.
württembergische Kammerrath und Oberrevisor Johann Wilhelm Nast und
Elisabetha Magdalena Ludo\ika Böhm. Der begabte Knabe wurde zum Theo-
logen bestimmt und trat mit 14 Jahren in das evangelische Seminar Blau-
beuren ein, wo er an Strauss, Vischer, G. Pfizer und anderen ausserge wohn-
liche Mitschüler und zum Theil Freunde fand. In Tübingen gehörte er zum
Mörikeschen Freundeskreise; in der Correspodenz Mörikes wird viel, aber
niemals mit sonderlicher Hochachtung von N. geredet. Er galt als ziemlich
leichtfertiger Geselle. Die Theologie vernachlässigte er ganz, obgleich er an
Ferdinand Baur einen trefflichen Lehrer hatte; Kunst und Literatur, vor
Allem die Philosophie zogen ihn an. Er schied aus dem Tübingen Stifte aus
und widmete sich ganz seinen Liebhabereien, wobei er jedoch verbummelte.
1828 wanderte er in die Neue Welt aus. Hier vollzog sich mit ihm rasch
eine merkwürdige Umwandlung. Er kam nach New- York, wurde Hauslehrer
in einer methodistischen Familie, hierauf Bibliothekar und Lehrer an einer
Militärakademie, später Professor für alten Sprache in Gettysburg (in Pennsyl-
vanien). Im Verkehre mit den Methodisten stärkte sich sein religiöses Ge-
fühl mehr und mehr, und er trat 1835 ^" diese Kirche ein. Bald schwang
er sich zum einflussreichen Haupte des deutschen Methodismus in Nord-
amerika auf und nahm eine bischöfliche Stellung ein, ohne diesen ihm an-
gebotenen Titel führen zu wollen. Er organisirte zahlreiche neue Gemein-
den, zuerst in Cincinnati, wo er die längste Zeit seines Lebens verbrachte,
predigte selbst allerorten und gründete Predigerschulen, zählte lange Jahre
unter die hervorragendsten Mitglieder der methodistischen Generalconferenz.
Besonders umfassend war die literarische Thätigkeit, die er entfaltete. Bis
1892 leitete er das von ihm begründete einflussreiche Wochenblatt »Der
christliche Apologete« ; er verfasste ferner biblische Commentare und sons-
tige theologische Schriften, gab 1839 ^^" ^^^ Albert Knapps Evangelischem
Liederschatze fussendes deutsches Gesangbuch heraus. Bei seinen wieder-
holten Besuchen in der deutschen Heimath Hess er es sich angelegen sein,
für den deutschen Methodismus zu wirken. 1898 verlor N. seine Lebens-
getährtin nach zweiundsechzigj ähriger Ehe. Ihm selbst stand noch eine län-
gere Leidenszeit bevor, die er in Geduld ertrug, von Kindern und Enkeln
gestützt und verpflegt. Sein grossartiges Leichenbegängniss legte von dem
Ansehen und der Liebe, die er sich erworben hatte, Zeugniss ab.
Der christliche Apologete vom 25. Mai 1899, Schwäbische Kronik vom 22. Juni 1899
No. 284, zerstreute Notizen.
Rudolf Krauss.
Dillmann, Christian Heinrich (von), Schulmann, * 30. December 1829
zu Illingen (im württembergischen Oberamt Maulbronn), f 18. December 1899
Dillmann. gl
ZU Stuttgart. — Der Sohn eines evangelischen Volksschullehrers, verbrachte
er die zehn ersten Lebensjahre im Illinger Eltemhause, erhielt seine weitere
Schulbildung von 1839 bis 1843 im Institute Kornthal und wurde dann in
Tübingen auf das sog. Landexamen vorbereitet, das ihm die Pforte zum
theologischen Studium aufschloss. Nachdem er je vier Jahre das niedere
Seminar in Maulbronn und das höhere in Tübingen, das sog. Stift, besucht
und 1851 seine erste Dienstprüfung abgelegt hatte, amtete er bis 1854 in
der Schwarz waldstadt Neuenbürg, bis 1853 in Esslingen als Pfarrvicar. An
beiden Orten fand er zugleich Gelegenheit zur Lehrthätigkeit, und namentlich
sein Wirken an der Esslinger Oberrealschule brachte in ihm die Erkenntniss
zur Reife, dass ihn seine geistigen Anlagen weit mehr auf den Beruf des
Schulmannes als auf den des Geistlichen hinwiesen. So beschloss er, seine
Lebensbahn zu ändern. Schon von Esslingen aus bildete er sich in der
damals in Stuttgart bestehenden Ecole frangaise weiter. 1858 siedelte er
ganz nach der Hauptstadt über, um auf dem dortigen Polytechnikum Mathe-
mathik und Naturwissenschaften zu studiren. Dank einer eisernen Willens-
kraft und einem ausserge wohn liehen Gedächtniss erstand er schon im folgenden
Jahre die Oberreallehrerprüfung, und wurde alsbald als Hilfslehrer am
Stuttgarter Obergymnasium angestellt, wo er den mathematischen Unterricht
an den vom Griechischen dispensirten Klassen zu ertheilen hatte. Aus der
Praxis des Schullebens heraus erwuchs ihm der Gedanke zu seinem künftigen
Lebenswerke, an dessen principieller und philosophischer Begründung er zu-
gleich arbeitete. Zunächst legte er in der überzeugten und überzeugenden
Schrift »Die Volksbildung nach den Forderungen des Realismus« (1862.
Stuttgart und Oehringen. Verlag von Aug. Schaber) seine Ideen nieder. Er
forderte für die neue Zeit eine neue Schule, zwischen der einseitigen historisch-
philologischen Bildung des Gymnasiums und der ebenso einseitig technisch-
praktischen der Realschule eine Vermittlung anstrebend. Diese Ausführungen
erregten in den betheiligten Kreisen Aufsehen, und der junge Schulmann
unternahm 1863 im Auftrage der Regierung eine Reise nach Norddeutschland,
um die dortigen Realschulen erster Ordnung kennen zu lernen. Er war von
dem Ergebnis wenig befriedigt und fasste seine Bedenken in dem Satze zu-
sammen: »Lieber gar kein Latein als so wenig!« 1864 erhielt D. den Titel
Professor, 1865 wurde ihm die Hauptlehrstelle für Mathematik am Stuttgarter
Gymnasium definitiv übertragen. Im selben Jahre wurde er als Hilfsarbeiter
in den Studienrath berufen, und dieses Nebenamt, das acht Jahre später ein
endgiltiges wurde, war ein nicht zu unterschätzendes Mittel zur Verwirklichung
seiner Lebensaufgabe. Das Jahr 1867 darf als das Geburtsjahr des Stuttgarter
Realgymnasiums betrachtet werden. Im Herbst wurden die nichtgriechischen
Klassen vom Gymnasium abgezweigt und siedelten in ein eigenes interimistisches
Gebäude über. Inspector dieser realistischen Abtheilung wurde natürlich D.,
und wenn er vorderhand auch noch nominell dem Gymnasialrectorat unter-
stellt war, so war ihm doch in der Organisation der neuen Anstalt keinerlei
Beschränkung auferlegt. Das Lateinische wurde fast ebenso energisch wie
im humanistischen Schwesterinstitute, intensiver als selbst in den preussischen
Gymnasien betrieben, für den ausgefallenen griechischen Unterricht wurden
Mathemathik, Naturwissenschaften, neuere Sprachen mit einer desto grösseren
Stundenzahl bedacht. Man gewann bald Zutrauen zu der neuen Anstalt,
deren Schülerzahl rasch wuchs. 187 1 beschlossen die Kammern die definitive Er-
richtung eines selbständigen Realgymnasiums, zu dessen Rector D. 1872 ernannt
Bio^. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 6
32 Dillroann.
wurde. Im ersten Programme der Anstalt legte er über »Die Idee der Real-
gymnasien und ihre Verwirklichung in dem Stuttgarter Realgymnasium« (Stutt-
gart 1872) öffentliche Rechenschaft ab. Im Mai 1881 fand der Einzug in die
ebenso schönen als zweckmässigen Räume des neuen Realgymnasiums statt, das
aus den Mitteln der französischen Kriegsentschädigung erbaut worden war. Aber
auch jetzt, nachdem so Grosses erreicht war, gab es kein Ruhen noch Rasten.
Es handelte sich für D. darum, sein Werk zu erhalten und zu erweitern,
wobei er sich jedoch pietätvoll jeder Angriffe auf das humanistische Gymnasium
enthielt. Die Aufhebung der reichsländischen Realgymnasien im Jahre 1883
drückte ihm die Feder in die Hand zu der umfangreichen und gründlichen
Schrift »Das Realgymnasium« (Stuttgart. Verlag von Carl Krabbe. 1884».
1889 Hess er sein bedeutendstes, »Die Mathematik die Fackelträgerin einer
neuen Zeitc betiteltes Buch (Stuttgart, Verlag von W. Kohlhammer), folgen,
worin er seine pädagogischen Grundsätze, die sich ihm zugleich zu einer
eigenthümlichen Lebens- und Weltanschauung erweiterten und vertieften, in
philosophische Beleuchtung rückte und theoretisch begründete. Auch seine
Schulreden, die man wohl noch gesammelt erhalten wird, dienten demselben
Zwecke. Alle Ziele, die sich D. steckte, hat er freilich nicht erreicht. Um-
sonst erstrebte er, den Abiturienten seines Gymnasiums den Zutritt zum
medicinischen und zum juristischen Studium zu verschaffen. Die Kammer-
verhandlungen des Jahres 1895 über letzteren Punkt, wobei die Mehrheit des
Landtages im Gegensatz zur Regierung auf die Wünsche des Realgymnasiums
einzugehen geneigt war, riefen D.'s letzte Streitschrift hervor: »Das Real-
gymnasium und die Württembergische Kammer der Abgeordneten« (Stuttgart.
Verlag von Fr. Doerr. 1896).
Die Vermuthung, die man vielfach ausgesprochen hat, dass das Stuttgarter
Realgymnasium, D.'s persönlichste Schöpfung, ihn selbst nicht lange überleben
könne, wird sich schwerlich bewahrheiten. Dazu hat er die Anstalt auf eine
zu gediegene wissenschaftliche Basis gestellt. Aber allerdings war er ihre
Seele in ganz anderer Weise, als dies gewöhnlich bei Directoren von Ciym-
nasien der Fall ist. D. war eine bedeutende, originelle Persönlichkeit von
reichen Geistesgaben, umfassenden Kenntnissen, selbständigem Charakter. In
ihm steckte eine gewaltige, unbeugsame, eigenmächtige Herrschernatur von
höchster Energie des Wollens. Dabei waren in ihm die weicheren Seiten
des menschlichen Gemüthslebens nicht weniger ausgebildet. Er war im
Grunde genommen Idealist und dabei doch ungemein praktisch veranlagt.
Keinem Gebiete dos menschlichen Lebens stand er ferne. Die verschieden-
artigsten Aeusserungen desselben schlössen sich in seinem Geiste zu einer
Einheit zusammen, und er erkannte in den Naturgesetzen ihren gemeinsamen
Urquell. Er war von dem Gedanken der Immanenz Gottes in der Natur
durchdrungen und in seiner Art fromm, wenn auch nicht eben im kirchlichen
Sinne. Jedes Hervordrängen der eigenen Person, jede kleinliche Eitelkeit
hasste er. Er gab sich offen und ehrlich, natürlich und schlicht, in den
äusseren Formen oder vielmehr Formlosigkeit kehrte er gerne den echten
Schwaben hervor, nicht selten wurde er derb, ohne jedoch zu verletzen. Er
imponirte durch ruhige Gelassenheit und Würde seines Auftretens, deren
Eindruck durch die hohe, Ehrfurcht gebietende Gestalt, die eherne Gesichtsmaske
mit den blitzenden Augen, dem schneeweissen Haupt- und Barthaar verstärkt
wurde. Ein solcher Mann war von vorn herein dazu geschaffen, bei den
Schülern Geltung zu erwerben. Dazu kamen hervorragende pädagogische
Dillmann.
83
Fähigkeiten. Als Schul vorstand führte er ein patriarchalisches Regiment,
dessen Grundzug "Wohlwollen und Milde waren. Er zeigte grosses Verständniss
für die Jugend und ihre Bedürfnisse. Seine Anforderungen an ihre Leistungs-
tähigkeit waren freilich nicht gering. Strenge, regelmässige Arbeit sah er
als das wichtigste Erziehungsmittel an. Im Unterricht, den er selbst ertheilte,
wich er stark von der Schablone ab: er war stets anregend, lebendig, geist-
voll, witzig. Er besass in hohem Grade die Gabe der Anschaulichkeit und
Deutlichkeit, verstand den sprödesten Stoff zu durchgeistigen, riss durch
seine originelle Methode auch Trägere und Schwächere mit. Die Begeisterung,
die der Herr'<, wie man ihn hiess, bei seinen Schülern weckte, pflegte für
das ganze Leben vorzuhalten, und sie erzeugte unter ihnen das entschiedene
Gefühl der Gemeinsamkeit. Dieser Corpsgeist kam besonders im Jahre 1892
zum Ausdruck, als das Fest des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des Real-
gymnasiums grossartig gefeiert und dabei dem Rector eine von allen Schülern
gesammelte »Dillmannstiftung« von 10 000 Mark zur freien Verfügung über-
wiesen wurde.
Neben seinem Hauptamte und seiner Thätigkeit im Oberstudienrathe
wirkte D. als Visitator der unter seinen Auspicien im Lande begründeten
Reallyceen und Realgymnasien, als Inspector der Handelsschule, als Lehrer
für Physik am Stuttgarter Katharinenstift (von 1862 bis 1894) und am Lehre-
rinnenseminar (1874 bis 1898). Seine literarischen Arbeiten beschränkten
sich nicht auf die schon citirten Kampfschriften zu Gunsten seines Lebens-
werkes, er verfasste auch eine Anzahl populär-wissenschaftlicher Aufsätze aus
dem Bereiche der Naturgeschichte, die alle durch klare Darstellung und
phantasievoile Sprache anziehen. So erschienen optische, astronomische und
Sonnen-Briefe reihenweise im Schwäbischen Merkur. Ein Theil davon ist
unter dem Titel »Astronomisch^ Briefe. Die Planeten« (Tübingen 1892
Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung) in Buchform gebracht worden.
Kleinere Broschüren, wie die über den Hagel (Stuttgart, Verlag von Carl
Grüninger. 1872), und Artikel in Zeitungen und sonstigen periodischen Druck-
werken über mannigfache Gegenstände gesellen sich hinzu.
Seit März 1899 litt D. infolge von Ueberanstrengung und nicht genügend
beachteter Influenza an einer Aflfection des Herzens, die ihn von seiner
Schule fernhielt. Das Ende trat dann plötzlich ein. Die für seinen 70. Ge-
burtstag geplanten Ehrungen durfte er selbst nicht mehr hinnehmen. Sie
wurden ihm an seinem Begräbnisstage, dem 21. December 1898, in reichem
Masse zu Theil. — D. war seit 2. October 1865 mit Luise Fehleisen ver-
mählt. Der Ehe entstammten zwei an Schüler von ihm verheirathete
Töchter.
Schwäbische Kronik vom 19. December 1899 No. 592, vom 22. December 1899
^o. 599 (Leichenfeier), vom 30. December 1899 No. 608 (Nekrolog von Professor Dr.
H. Georgii), Staats>Anzeiger für Württemberg vom 19. December 1899 No. 296, WUrttem-
bergische Volkszeitung vom 22. Dezember 1899 No. 299 (Nachruf von Professor Dr.
H. Planck), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 19. December 1899 No. 297 (ebenda No. 299
D.'s nachgelassener Aufsatz »Ist das Heidenthum in Europa ausgestorben^«), SUwestdeutscbe
Schulblätter 1900 No. i, S. 26 — 29 (von H. Planck). — Die zwei Nachrufe von Georgii
und Planck sind mit den Reden am Grabe zu dem Schriftchen vereinigt: »Zur Erinnerung
an Oberstudienrath Dillmann« (Stuttgart. Kgl. Hof buchdruckerei Carl Liebich. 1900 —
mit Bild). Eine von Professor Adolf Donndorf modellirte Portraitbüste hält die Züge des
Entschlafenen aus seinem letzten Lebensjahre fest.
Rudolf Krauss.
6*
84 Leu.
Leu, Max, Bildhauer, * 26. Februar 1862 in Solothurn; f 4. Februar
1899 in Basel. L.'s Heimatgemeinde ist Rohrbachgraben im bemischen
Bezirk Aarwangen, doch ist er nicht dort, sondern in Solothurn in einfachen
bürgerlichen Verhältnissen geboren worden. Nachdem er die Solothumischen
Schulen durchlaufen, kam er nach Basel in die Lehre zu einem Steinhauer-
meister und Grabsteinmacher. Die Hoffnungen und Ziele, die der kunst-
begeisterte Jüngling in seinem Sinne hegte, waren aber schon damals auf
Höheres gerichtet als auf die Erstellung von Grabkreuzen und Inschriften-
tafeln. Er besuchte daher in seinen freien Abendstunden eifrig die Curse
der Basler Zeichnungs- und Modellirschule und wandte sich, sobald er seine
Iwchrzeit beendet hatte, nach Frankreich, wo die moderne Bildhauerkunst
durch so manchen glänzenden Vertreter zu höchster Blüthe gebracht w^ar.
Da L., der ganz nur auf sich selber angewiesen war, einstweilen die Mittel
zum Besuch einer Kunstakademie fehlten, sah er sich genöthigt, als Bildhauer-
geselle sein Brot zu verdienen und konnte nur seine freien Nebenstunden
auf seine künstlerische Weiterbildung verwenden.
So arbeitete er eine Zeit lang in Lyon; doch bald zog es ihn nach Paris
und hier führte ihn ein günstiger Zufall zu dem Bildhauer Morice, unter dessen
Leitung er eine ihm zusagende und ihn auch künstlerisch fördernde Be-
schäftigung an dem neu erstehenden Hotel de Ville fand. Die Abende
waren wieder emsigem Studium auf der vortrefflichen ficole des arts d^coratifs
gewidmet, und schon im Jahr 1884 gelang es L., die Aufnahmeprüfung der
£cole des Beaux Arts zu bestehen und in das Atelier des Bildhauers Cavelier
aufgenommen zu werden. "Während er sich nun durch allerlei Arbeiten
meist decorativer Art seinen Lebensunterhalt erwarb, wobei es allerdings oft
knapp genug herging und er die Miseren der Pariser Boheme oft genug am
eigenen Leibe erfahren konnte, arbeitete er mit Fleiss und Energie an der
Weiterbildung seines Talentes, und eine stattliche Zahl von Preismedaillen,
die er sich um diese Zeit an der Ecole des Beaux Arts errungen hat, legt
Zeugniss ab von dem ernsten Streben und der grossen Begabung des jungen
Künstlers.
Da zeigte sich die erste Gelegenheit, seine Kraft in einem öffentlichea
Wettbewerb zu messen. Die Stadt Locle schrieb unter den schweizerischen
Bildhauern eine Concurrenz aus zur Erlangung von Entwürfen für ein Denkmal
von Jean Daniel Richard, dem Begründer der Neuenburger Uhrenindustrie.
L. errang den ersten Preis. Das war ein Sieg, der den zum Höchsten
Strebenden mit froher Zuversicht für die Zukunft erfüllte. Aber das Verhängnisse
das L. später so oft in den Weg trat, trübte ihm schon die Freude an
diesem ersten Erfolg. Das Denkmal wurde nämlich nach seinem Entwürfe
ausgeführt, aber nicht durch L., sondern durch einen andern, älteren Bild-
hauer. Man traute dem jungen Künstler noch nicht die Kraft zu, sein W^erk
im Grossen auszugestalten. Das war eine bittere Kränkung, aber L. Hess
sich nicht entmuthigen und schritt zu neuen Thaten. Seit 1885 beschickte
er nun alljährlich den Pariser Salon mit einem seiner Werke, die sowohl von
der Kritik, wie von seinen Fachgenossen mit Anerkennung aufgenommen
wurden. — Die zweite grosse Aufgabe, an der L. sich versuchte, war das
Modell zu einem Denkmal Wilhelm Teils, für das von der Schweizerischen
Eidgenossenschaft ein Wettbewerb eröffnet worden war. Leu erhielt einen
dritten Preis. Bald darauf wurde ihm in der Concurrenz für das Bubenberg-
denkmal in Bern der erste Preis und damit auch die Ausführung dieses
Leu.
85
Denkmals zuerkannt. Zwar wurde ihm auch dieser Erfolg verbittert durch
Neid und hässliche Intriguen. Doch er blieb schliesslich Sieger und heute
ist dieses Denkmal eine Hauptzierde der alten Bundesstadt an der Aare.
Nun durfte der junge Künstler die Zukunft als gewonnen betrachten,
denn es fehlte jetzt bald nicht an Aufträgen aller Art. So entstanden eine
ganze Anzahl vortrefflicher Portraitbüsten, die sich alle durch ihre charakteristische
Auffassung und die gediegene technische Behandlung auszeichnen. Als im
Jahr 1897 die Stadt Basel eine Concurrenz ausschrieb für ein Denkmal ihres
berühmten Bürgermeisters Wettstein, erhielt L. wieder den ersten Preis.
Leider wurde durch missliche Umstände die Ausführung des Monumentes
vereitelt. Um dieselbe Zeit wurde ihm, ebenfalls in Basel, die Aufgabe
gestellt, das Modell eines Denkmals für den allemannischen Dichter Johann
Peter Hebel zu schaffen. Er brachte einen reizenden Entwurf, dessen Aus-
fuhrung ihm alsobald übertragen wurde. Dieses Denkmal ist, sowohl was die
Auffassung und Charakteristik der Portraitbüste des liebenswürdigen Poeten,
als was das Arrangement des ganzen Monumentes betrifft, ein Meisterwerk
zu nennen. Leider sollte das sein letztes Werk sein, dessen Einweihung er
nicht mehr miterleben durfte. Schon im Herbst 1897 hatten sich die ersten
Symptome eines Leidens gezeigt, über dessen grausamen Charakter L. sich
nicht lange täuschen konnte. Und bald darauf war es für ihn zur
absoluten Gewissheit geworden, dass sein Leben nur noch nach Monaten
zu berechnen sei. Wie ein Held ergab sich L. in sein düsteres Schicksal;
ohne Jammern fügte er sich mit stoischem Gleichmuth in das Unabwendbare.
Zu Ende des Jahres 1898 trat er, schwerkrank, eine Reise nach dem Süden
an, von der er noch einige Erholung und einen Aufschub der Katastrophe
zu erlangen hoffte. Er kam nur bis Nervi, wo ihm die zunehmenden
Schmerzen das Weiterreisen unmöglich machten. Bald darauf kehrte er auf
den Wunsch seiner Freunde nach Basel zurück, wo er in einem Privatkranken-
haus treue Pflege fand, bis ihn der Tod von seinen Leiden erlöste. Er wurde
am 7. Februar 1899 auf dem idyllischen Friedhof zu St. Nikolaus in Solothurn
beerdigt.
Die Schweiz verlor an L. einen ihrer vortrefflichsten Künstler, die
schweizerische Bildhauerei ihren vornehmsten Vertreter. Leu war kein Kind
des Glücks. Was er konnte und was er war, das hatte er einzig und allein
seinem Talent und seiner unbeugsamen Energie zu verdanken. Dabei war
er ein grundehrlicher Mensch und ein ebenso ehrlicher Künstler, ja man
kann sagen, er setzte einen gewissen Trotz darein, sein Ziel nur auf geradem
Wege zu erreichen, wenn Andere oft mit Complimenten und Besuchen bei
einflussreichen Persönlichkeiten ihm ins Gehege zu kommen suchten: »Ehrlich
sein ist in der Kunst eine Hauptsache!« war ein oft von ihm gethaner Aus-
spruch. Und diese Ehrlichkeit spricht denn auch aus allen seinen Werken.
Es liegt etwas echt Schweizerisches, kraftvoll Derbes in Allem, was L.
geschaffen hat. Er war der richtige Mann, eine schweizerische Heldenfigur
plastisch darzustellen. Alle Pose und Ziererei war ihm fremd. Energie und
herzliche, biedere Offenheit waren die Grundzüge seines Charakters.
Seine Portraitbüsten, deren er eine stattliche Zahl geschaffen, zeugen alle
von einer scharfen Charakterisirungsgabe. Wir erwähnen die Büsten von
Bischof Fiala; dem schweizer Landamman Vigier; Bundesrath Frey; dem
Basler Professor Dr. Fritz Burkhardt; Maler Dr. Schider; Maler Balmer
u. A. — Von seinen grösseren Werken ist das schon genannte, in Bern
86 Leu. Graf Hohenwart.
stehende Bronzestandbild des Ritters Adrian v. Bubenberg das bedeutendste.
Die letzte Aufgabe, mit der sich L. beschäftigte, war ein Denkmal für die
edle Stauffacherin, die Gattin Werner Stauffachers, das auf die Initiative
schweizerischer Frauen hin für Schwyz geplant war. L. legte seinem Ent-
wurf die Worte zu Grunde, mit denen in Schillers »Teil« die wackere
Schwyzerin ihren zagenden Ehegemahl zum muthigen Handeln anspornt:
»Sieh vorwärts, Werner, und nicht hinter dich!« Leider war es dem Künstler
versagt, dieses Werk noch auszuführen. —
Nun ruht L. auf demselben Friedhof, wo das von ihm mit einer
prächtigen Büste gezierte Grab seines Freundes, des Malers Frank Buchser,
sich befindet.
Basel. Emil Beurmann.
Hohenwart, Graf Karl Sigmund, * Wien 12. Februar 1824, f ebenda
26. April 1899, Präsident des Obersten Rechnungshofes, Obmann der Rechten
des Herrenhauses. Absolvirte im Theresianum seine juridischen Studien
und widmete sich dann dem politischen Staatsdienst. Schon in jungen Jahren
wurde er an Stelle des zurückgetretenen Grafen Anton Auersperg ins Frank-
furter Parlament gewählt. Doch übte er das Mandat nicht aus. 1856 wurde
er Comitats-Vorstand in Fiume, 1860 Kreisvorsteher in Trient, 1862 Landes-
haui)tmann in Krain, Leiter der Statthalterei-Delegation in Trient, 1866
Landespräsident in Kärnten und 1868 Statthalter von Ober-Oesterreich. Am
7. Februar 187 1 erfolgte die Bildung des Cabinets Hohenwart, das dem
entschiedensten Widerstand der Verfassungspartei und ihrer angesehensten
Führer v. Schmerling und v. Kaiserfeld begegnete und nach der am
7. October erfolgten Publication der ^ P\m dam ental- Artikel« am 25. October
desselben Jahres entlassen und vom Ministerium Lasser-Auersperg abgelöst
wurde. Bei den Reichrathswahlen von 1873 wurde Hohenwart von den
krainischen Landgemeinden Krainburg in das Abgeordnetenhaus gewählt, wo
er an die Spitze des Clubs des rechten Centrums trat und allmählich der PHihrer
der conservativen Partei wurde, dessen 70. Cieburtstag am 12. Februar 1893 die-
selbe mit hohen Ehren feierte. Bei den letzten Reichrathswahlen verzichtete H.
auf ein Mandat. Im März 1897 wurde er in das Herrenhaus berufen. Dem
Leichenbegängnisse in der Stei)hanskirche wohnte Kaiser Franz Joseph bei. —
Den Menschen macht sein Wille gross und klein — dieses Dichterwort sollte
von Allen beherzigt werden, welche vor die Aufgabe gestellt sind, ein Menschen-
leben in seinem Streben und Wirken zu überblicken. Gar oft aber werden
nur die Erfolge, und allenfalls auch der äussere Verlauf der Begebenheiten,
welche zu Erfolg oder Misslingen geführt haben, gewürdigt!
Wir müssen uns dies gegenwärtig halten, wenn wir dem Andenken des
verstorbenen Staatsmannes gerecht werden sollen, dessen Namen dieser kurze
Aufsatz trägt. Graf Hohenwart war nie etwas Anderes, wollte nie etwas Anderes
sein, als ein für das Wohl und die Grösse seines Vaterlandes eifrig thätiger
Oesterreicher. In diesem Streben, in diesem Zweckbewusstsein blieb er sich
consecjuent, mochte er in der Wahl der Mittel sich noch so sehr ändern.
Wenn er lange Jahre hindurch verschiedenen Regierungen mit gleichem Eifer
und gleichem Pflichtgefühl als Administrativ-Beamter diente, so ist das für
keinen noch so oberflächlichen Kenner der Traditionen unserer Bureaukratie
etwas Verwunderliches. Allein auf die Haltung, welche Hohenwart als Minister-
Graf Hohenwart. gy
Präsident und in der langen Zeit seiner Führerschaft im Abgeordnetenhause
eingenommen hat, lässt sich, man mag über einzelne Phasen derselben
denken, wie man will, doch immer nur auf das ernste und umsichtige Streben
zurückführen, das Reich, die Monarchie aus den grossen Schwierigkeiten unserer
inneren Politik zu befreien. — Wir wollen uns nicht in eine kalendarische Schil-
derung des Lebenslaufes des Verewigten einlassen. Zu einer solchen fehlen
uns, die wir ihn erst in der zw^eiten Hälfte seines bewegten Lebens kennen
gelernt haben, die Unterlagen persönlicher Anschauung, ja selbst überlieferte
Daten. Die, welche solche besitzen, mögen die Lücken ausfüllen; wir aber
erinnern an längst Bekanntes, indem wir der rühmlichen administrativen
Thätigkeit Hohenwarts in mehreren Ländern — zuletzt war er Statthalter in
Linz — Erwähnung thun. — Im Winter des Jahres 1871 ward Graf Hohenwart
zum Ministerpräsidenten ernannt, im October desselben Jahres demissionirte
er. Auch die Ereignisse dieser kurzen, aber vielbewegten Zeit sollen nicht
pragmatisch aufgezählt werden, sie sind, in grossen Umrissen, jedem Kenner
der damaligen Zeit bekannt, übrigens oft geschildert und besprochen worden.
Das aber können wir uns nicht versagen, die damalige Zeit gewissermassen
im Reflex-Lichte unserer Tage zu betrachten. — Der nachmalige historische
Lauf der Begebenheiten lässt die weit ausholenden Pläne des Grafen Hohenwart
vielleicht auch für seine Gegner insofern verständlich erscheinen, als der
Verstorbene die furchtbare (xefahr des deutsch-böhmischen Streites ebenso
lebhaft vor Augen hatte, wie die Nothwendigkeit, die Abstinenz -Politik
aufhören zu machen. Es handelt sich uns nicht darum, die Fundamental-
Artikel zu vertheidigen, wohl aber möchten wir die Gedankenrichtung an-
deuten, in welcher Hohenwart sich bewegt haben mochte, als er jene Politik
machte oder mitmachte. — Nur die Publicistik hat sich des Stoffes bemächtigt,
eine öffentliche, sozusagen contradictorische Verhandlung mit Rede und
Gegenrede, Schriftsatz und Gegenschrift hat zwischen den wirklich com-
petenten Factoren niemals stattgefunden, und so ist es sehr schwer, mit voller
Sicherheit über Werth imd Berechtigung der Hohenwartschen Politik sich aus-
zusprechen, wie über die damals thätigen Strömungen und Gegenströmungen
zu urtheilen. Es ist dies umso schwerer aus zwei Gründen: erstens enthalten
die Fundamen tal-Artikel, gerade in ihren bcstrittensten Theilen, Axiome,
akademisch aufgestellte Behauptungen, die unserer Meinung nach auf die
Absichten des Verfassers zufolge einen wirklich praktischen Erfolg gar nicht
haben wollten und haben sollten. Zweitens wurde die Politik, es sei dies ohne
alle Nebenabsicht des Tadels gesagt, damals im Wesentlichen hinter den
Coulissen gemacht. Im Wege vertraulicher Besprechung wurde mit den
Führern der bömischen Bewegung verhandelt, die Endergebnisse w^urden im
Ministerrathe festgesetzt, und sowie das ganze Regierungsproject auf diese
Weise herangereift war, so wurde es auch schliesslich auf dieselbe Art zum
Falle gebracht — endgiltig in jener denkwürdigen gemischten, d. h. von
gemeinsamen, eis- und transleithanischen Ministern besuchten Conferenz, welche
mit dem Namen des »grossen Kronrathes« bezeichnet wurde. Und als die
Gegner des Grafen Hohenwart gesiegt hatten, damit das Misslingen seiner
Politik und sein Sturz besiegelt war, da hiess es fiir ihn in des W^ortes
vollster und strengster Bedeutung: »Der Rest ist Schweigen«. Es ist
eine alte, nicht nur berechtigte, sondern für uns selbstverständliche Gewohnheit,
dass, wenn auch die Resultate der Ministerraths-Sitzungen ihrer Natur nach
sehr oft an die Oeffendichkeit gelangen, das von den einzelnen Mitgliedern
gS Graf Hohenwart.
im Conseil Gesagte nicht mit der grossen Glocke ausgeläutet wird. Die
wenigen bisher gemachten Ausnahmen sprechen gewiss nicht gegen, sondern
für diese Regel, und dass Graf Hohenwart, der peinlich gewissenhafte, seiner
persönlichen Veranlagung nach verschwiegene, zurückhaltende Staatsmann —
nicht umsonst hat man ihn den schweigsamen Oranier genannt — eine
Ausnahme machen und das Schweigen brechen würde, war wohl nicht zu
erwarten; und so wie er hielten es die Mitglieder seines Cabinets. Wir
glauben mit dem Gesagten die von uns behauptete Schwierigkeit eines voll-
giltigen Urtheils über die Ereignisse des Jahres 1871, soweit sie den Grafen
Hohenwart betreffen, dargethan zu haben^ — Er hat niemals, weder während
der Dauer seiner Regierung, noch später, Gelegenheit gehabt, seine Regierungs-
Politik öffentlich zu vertheidigen ! — Nur ein ganz specieller Hinweis auf
seine Verschwiegenheit sei dem Schreiber dieser Zeilen, der in späteren Jahren
vom Grafen Hohenwart manchen werthen Vertrauensbeweis erhalten hat,
gestattet: über Tagespolitik haben wir oft mit einander geredet: manche
wichtige streng vertraulich zu behandelnde Frage kam dabei zur Sprache;
über seine Thätigkeit als Minister, über die damaligen Ereignisse sprach der
Verstorbene niemals mit uns, wenn wir von etwaigen kurzen und neben-
sächlichen Bemerkungen, die vielleicht gefallen sein mögen, absehen.
Nach seiner Demission spielte Graf Hohenwart im Abgeordneten-Hause
durch viele Jahre, bis kurz vor seinem Tode, eine grosse Rolle. Auch hier
wollen wir nicht pragmatisch schildern und das aus der Tagespresse Bekannte
wiederholen, sondern uns auf eine kurze Charakteristik dieser vielleicht
wichtigsten Thätigkeit eines langen und bewegten Lebens beschränken. Jeder
Kenner unserer politischen Geschichte dürfte uns darin beistimmen, wenn wir
sagen, dass Hohenwarts Bedeutung, an den Schwierigkeiten seiner Aufgabe
gemessen, plastisch hervortritt. Selten war ein parlamentarischer Führer in
der Lage, durch so lange Zeit so verschiedene Elemente in einem Partei- Ver-
bände zu einigen und zu führen. Gänzliche Verschiedenheit der einzelnen Partei-
Gruppen in nationaler Beziehung, grosse Divergenzen in wirthschaftlichen und
socialen Fragen, schwerwiegende Momente des Misstrauens und der Rivalität
zwischen den einzelnen Landsmannschaften und sonstigen Gruppen der
Rechten hinderten ihn nicht, zunächst in der seinen Namen führenden Gruppe
die Führerschaft zu behaupten und seinen mächtigen Einfluss auf das ganze
Partei-Gebilde der Rechten, deren Einigung grossentheils sein Werk war, aus-
zuüben, in den ersten Jahren als Führer der Opposition, dann als einer der
bedeutendsten Führer der Majorität, die unser Parlament je gehabt hat. —
In gewissem Sinne war Hohenwart allerdings schon Führer der Majorität, als
er noch in der Opposition war. Seinen Grundanschauungen und Lebens-
gewohnheiten widerstrebte es, Opposition ä outrance zu machen, Oppo-
sition auch in solchen Fragen, in denen eine ihm feindlich gegenüberstehende
Regierung, seiner Meinung nach, recht hatte. Wo die Regierung, sie mochte
welchen Namen und welches Parteigewand immer tragen, w^ichtige, allgemeine,
dauernde Interessen des Staates, der Monarchie vertrat, da war Graf Hohen-
wart gern bereit, ihr beizuspringen und sie gegen ihre eigenen Freunde
zu vertreten: nicht der Regierung, aber der Sache zu Liebe und so ent-
standen jene merkwürdigen ad hoc- Verbindungen, welche z. B. die Occupa-
tions-Politik so wirksam unterstützten, und denen der Verewigte das Gewicht
seines persönlichen Ansehens, die Stärke seines beharrlichen Willens, die Macht
seines Wortes lieh. Und diese Macht w^ar in der That gross! Ueber Hohen-
Graf Hohen wart. go
warts Werth als Redner wird kaum eine Meinungsverschiedenheit herrschen.
Wir, die wir ihm oft gelauscht haben und die wir ihn mit einer Zahl
bedeutender von uns gehörten Redner des In- und Auslandes vergleichen
können, müssen sagen, das er kaum von Einem derselben, was den Gesamt-
werth der Leistung betrifft, tibertroffen, von Wenigen, sehr Wenigen erreicht
worden ist, — Graf Hohenwart gehörte, wir haben es vorhin angedeutet,
nicht zu den besonders offenherzigen, aber er gehörte gewiss zu den
wahrhaftigsten Naturen. Er hat vielleicht niemals in seinem Leben
wissentlich eine Unwahrheit gesagt — und der starke Accent innerer subjectiver
Wahrheit klang stets aus seinen Reden heraus, welches dabei immer sich in
>veiteren Gesichtskreisen bewegten, ohne sich ins Ungemessene zu verlieren.
Die Auffassung war scharf, die Wiedergabe des Gedankens plastisch und
lebendig, die Sprache vornehm, der Vortrag von tadelloser Eleganz, wenn
auch, wie bei den meisten Rednern, in den letzten Jahren die Vemehmlichkeit
unter der riesigen Raumausdehnung und den sonst akustisch ungünstigen
Bedingungen des neuen Parlamentshauses litt. Da Hohenwart überdies nicht
allzu oft sprach, und meistens bei wichtigen Anlässen, gehörte er zu den
wenigen Rednern, welche der Aufmerksamkeit ihres Hörerkreises unbedingt
sicher sind. Die Generalprobe seiner Rednerkunst hatte er schon als Minister
abgelegt; seine Vorbereitung hatte er nur im kleinen Kreise, als Re-
gierungsvertreter in verhältnissmässig unbedeutenden Landtagen, absolvieren
können; er kam mit einmal ins Abgeordnetenhaus, genöthigt, sehr hervor-
ragenden Rednern entgegenzutreten, und erwies sich sofort als vollkommen eben-
bürtig, wobei nicht geleugnet werden soll, dass er im langen Laufe der Jahre
sich noch vervollkommnet hat. —
Mit dem durch das Anwachsen der jungczechischen Bewegung bewirkten
Wechsel der Parteiverhältnisse im Abgeordnetenhause bereitete sich eine
Wendung auch in Hohenwarts politischer Haltung — nicht in seiner Gesinnung
— vor, die sich unmittelbar nach der Einbringung der Wahlreformvorlage des
Grafen Taaffe mit grosser Raschheit vollzog. Es ist wohl jeden Leser dieser
Zeilen bekannt, dass zum Theil durch den Inhalt der Vorlage, zum Theil
durch das Geheimniss, welches ihre Vorbereitung umhüllte, die Ueberraschung,
welche die Einbringung dem ganzen Hause bereitet hatte, die Majorität er-
schreckt, verstimmt und gereizt war. — Das unmittelbare Resultat war : eine
sehr lebhafte und doch monotone Debatte, in welcher die Angriffe auf die
Regierung sich ins Unendliche wiederholten, und schadenfrohe Commentare
einiger Redner der Opposition die einzige Abwechslung bildeten. Ob es noth-
wendig, ob es nützlich war, aus diesem Anlass die Regierung zu stürzen; ob
wirklich gegenüber der Regierungsvorlage nichts Anderes am Platze war, als
entrüstete Negation; ob insbesondere bei der ganzen Action die alte, bis auf
die Jungezechen intact gebliebene Rechte des Hauses die von ihr gespielte
Rolle unbedingt übernehmen musste; ob diese Partei dabei gewonnen oder
verloren hat, das Alles, und noch manch Anderes sind Fragen, die wir nicht
zu beantworten haben. — Allzu nahe ist der Schreiber dieses Aufsatzes
den damaligen Ereignissen gestanden, um nicht selbst an seiner vollen Un-
parteilichkeit zu zweifeln : wie könnte er die Anerkennung derselben von Anderen
begehren? — Es genügen also folgende kurze, mehr das Thatsächliche be-
rührende Bemerkungen: Graf Taaflfe hätte, wie wir bestimmt wissen, manche
politische Freunde, vor allem den Grafen Hohenwart sehr gern von seinem Wahl-
reformproject unterrichtet, allein er hielt es weder für ganz correct, noch für
90
Graf Hohen wart.
ungefährlich, eine Partei oder einen Führer zu informiren und die anderen
Parteien des Hauses, auf deren Unterstützung er angewiesen war, von solchen
Mittheilungen auszuschliessen. Unmöglich aber erschien es dem damaligen
Ministerpräsidenten, einen weiten Kreis von Mitwissern zu schaffen und dem-
selben entweder jegliche wirksame Einsprache abzuschneiden oder die Vorlage
schon bei der Einbringung in ihren grundlegenden Theilen wie in den Einzel-
heiten den dissentirendsten Einflüssen preiszugeben. Zur Beurtheilung
der Richtigkeit dieser Anschauungen mag die weitere Geschichte unserer
Wahlreform, die Geschichte der Entwicklung der Sprachenfrage u. s. w.
Material bieten. Graf Hohenwart konnte mit Recht auf seine langjährige,
wirksame Unterstützung der Regierung des Grafen Taaffe sich berufen, und
auf besondere Rücksicht Anspruch machen, (xraf Taaffe mit ebensoviel Recht
darauf hinweisen, dass er die Schaffung der Majorität ermöglicht, und dass,
sowie Hohenwarts Stellung nach rechts durch seine Regierungsfreundlichkeit
erschwert worden war, umgekehrt Taaffe durch seine Anhänglichkeit an
Hohenwart sich nach links hin grosse Schwierigkeiten bereitet, da er jeden
Versuch, ihn von Hohenwart zu trennen, mit der grössten Entschiedenheit ab-
gelehnt hatte. Gewiss ist, dass auch in diesem Augenblicke seines Lebens
Graf Hohenwart, indem er am Sturze des Cabineis Taaffe hervorragenden
Antheil nahm, und die Coalition schaffen half, dies im Interesse des Staats
thun zu sollen glaubte. Wir können auch bekräftigen, dass aus der so
rasch losbrechenden politischen Gegnerschaft keine persönliche Feindschaft
zwischen den beiden Staatsmännern entstanden ist, vielmehr freundschaft-
liche Beziehungen auch si)äter ge[)flogen wurden, weil Jeder beim Andern
die redliche, auf das Ganze gerichtete Absicht im voraus schon kannte.
Bei der in der nächsten Zeit folgenden Berathung der Wahlreform
war Hohenwart, wenn wir nicht irren, trotz seines Ansehens und seiner
Begabung an intensiver Mitwirkung dadurch sehr behindert, dass er
eigentlich einer bedeutenden Erweiterung des Wahlrechts nicht sehr günstig
gesinnt war, eine solche aber damals ziemlich allgemein als unvermeidlich
galt. —
Im Herrenhause, dem Graf Hohenwart am Schlüsse seines Lebens eingereiht
wurde, fand er, wegen der Kürze der Zeit und seiner bald darauf folgenden
Erkrankung, keine Gelegenheit mehr zu grösserer Thätigkeit. Es spricht aber
für die allseitige Anerkennung seines Werthes und seiner Bedeutung, dass, als
der langjährige bewährte Führer der Rechten, Graf Franz Falkenhayn, dahin-
geschieden war, die öffentliche Meinung mit seltener Einstimmigkeit Hohen-
wart auf den Schild hob. — Sein bald darauf erfolgender Tod hat eine grosse
Lücke gerissen, denn mit ihm verschwand von Oesterreichs politischer Bühne,
eine unsrer grössten politischen Figuren, ein Ehrenmann von makelloser Gesinnung,
ein Oesterreicher, der vom wärmsten Patriotismus begeistert war; ein alter
Beamter und Parlamentarier, dem regste Pflichterfüllung als Lebensbedürfniss
galt, ein Staatsmann, dessen Blick niemals das grosse Ganze aus dem Auge
verlor. —
Quellen: lieber die Familie Hohenwart: Wurz])acli, Biographisches Lexikon des Kaiser-
thums Oesterreich Band 9. Ueber den Sturz des Ministeriums Hohenwart vgl. Beusts
Denkwürdigkeiten: Aus drei Vierteljahrhunderten II. 456 ff. 497 ff. Cotta, 1887. — Nekrolog
im »Vaterland« Wien 26. und 27. April. Neue Freie Presse vom 26. und 27. April 1S99
und MUnchencr Allg. Ztg. April 1899. Zeitungsstimmen und Beileids -Kundgebungen im
»Vaterland« 28. April 1899 ff.
Ein österreichischer Parlamentarier.
Siegel. gi
Siegel, Heinrich, Universitätsprofessor für deutsches Recht, * am 13. April
1830 im Neckarstädtchen Ladenburg, f 4. Juni 189g in Wien. Er stammt aus
alter angesehener Familie Bruchsals im Grossherzogthum Baden; er war der
zweite Sohn des damals in Ladenburg angestellten Kreisphysikus Dr. Joseph S.,
Enkel des zuerst kurpfälzischen, später badischen Hofrichters Dr. Bernhard S.
Seine erste Erziehung erhielt er namentlich durch seine Mutter Magdalene
geb. Heiligenthal, besuchte das Bruchsaler Gymnasium und das Heidelberger
Lyceum und wurde 3. September 1849 zur Universität zugelassen, an der er
bereits Vorlesungen von Schlosser, Gervinus und Reichlin gehört hatte. Ur-
sprünglich zu militärischer Laufbahn neigend, folgte er dem Rathe der für
die zarte Gesundheit des Jünglings besorgten Mutter und studirte in Heidel-
berg und Bonn die Rechte unter Vangerow, Mohl, Zöpfl, Mittermaier und
F. Walter. Er bearbeitete lateinisch eine Heidelberger Preisaufgabe über das
Erbrecht nach den beiden grossen Rechtsbüchern des Mittelalters und erhielt
dafür (wie ein zweiter Bewerber) am 22. November 185 1 als Preis die vom
Grossherzog Carl Friedrich für Heidelberg gestiftete goldene Medaille. Auf
diesen Erfolg hin entschied er sich für die akademische Laufbahn und erwarb
mit der Ueberarbeitung »Das deutsche Erbrecht nach den Rechtsquellen des
Mittelalters in seinem inneren Zusammenhange dargestellt«, Heidelberg 1853,
in Giessen den Doctorgrad, durch die weitere Schrift »Die germanische Ver-
wand tschaftsberechnung mit besonderer Beziehung auf die Erbfolge«, Giessen
1853, die Zulassung als Privatdorent. Beide Arbeiten vertraten durchaus neue
Grundgedanken: dort wurde das deutsche Erbrecht in seinem Unterschiede
gegenüber römischem Rechte als Wartrecht des Erben bereits bei Lebzeiten
des Erblassers construirt, hier des Weiteren die dort ausgesprochene An-
schauung über die germanische Gradberechnung im Anschluss an das Bild
des menschlichen Körpers verfochten. An dieser Ansicht hat S. auch zeit-
lebens festgehalten. Er las in (Giessen über deutsches Recht und Rechts-
geschichte, deutsches Privatrecht, die deutsche Wechselordnung, wie auch
über älteres deutsches Recht und arbeitete das leider nicht fortgeführte Werk
^^Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens«, Giessen 1857, aus. Lebhaft
gefördert wurde er durch den als ausserordentlicher Professor in Heidelberg
wirkenden Robert Carl Sachsse und seinen Collegen und Freund Georg Sand-
haas. Ein Ruf nach Königsberg wurde zurückgezogen, als man erfuhr, dass
S. katholisch sei. Dafür folgte er einem weiteren ehrenvollen Rufe nach Wien
;i857) an die dort neu geschaffene Lehrkanzel für deutsches Recht. Oester-
reich sollte ihm eine zweite liebe Heimath werden. Nach Ablehnung einer
Berufung nach Tübingen wurde er am 19. April 1862 zum ordentlichen Pro-
fessor befördert. Während seiner 40jährigen gedeihlichen Wirksamkeit an der
Wiener Universität las er neben Collegen wie Phillips, Unger, Joh. Ad. Tomaschek
und endlich Otto von Zallinger die deutschrechtlichen Hauptcollegia, Geschichte
des deutschen Strafrechts, über gerichtliches Verfahren und Erbrecht, wie über
die Rechtsquellen namentlich im germanischen Seminar. In formvollendeter,
freier, bilderreicher Sprache schilderte er die Entwicklung der staatlichen
Einrichtungen auf deutschem Boden während fast zwei Jahrtausenden und
brachte namentlich das deutsche Recht in seiner reinen Gestaltung als nahezu
von fremdem Recht unbeeinflusstes, aus dem Volksrechtsbewusstsein hervor-
gegangenes zur Darstellung, das trotz der Reception der fremden Rechte doch
nie ganz erloschen sei und seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
wieder Selbständigkeit und ein eigenes System gewonnen habe. So hat er
92 Siegel.
als einer der Ersten in Oesterreich für das deutsche Recht Schule gemacht,
indem die heute dort wirkenden Germanisten, wie auch einige auswärtige,
S. als ihren Lehrer und Meister verehren, lieber diese seine Wirksamkeit
sprach er in seiner Rectoratsrede vom Jahre 1878. In Anerkennung seiner
vorzüglichen Leistungen in Wissenschaft wie Lehramt erhielt er am 1 1 . November
1879 Titel und Charakter eines Hofrathes verliehen, 1890 das Ritterkreuz des
Leopoldordens; am 2. April 1891 wurde er auf Lebenszeit in das Herrenhaus
des österreichischen Reichsrathes berufen, in dem er (einmal nur) am 16. Januar
1897 gelegentlich der geplanten Verstaatlichung der CoUegiengelder gegen den
Entwurf als Redner auftrat, indem er das Collegiengeld als den von den
Schülern dem Lehrer entrichteten Urheberlohn für die individuelle geistige
Arbeit des Lehrers auffasste, dessen Beseitigung schlimme Folgen für Forschung
und Lehre haben könne. Nach Ueberschreitung des 60. Lebensjahres Öfters
leidend, erbat er 1898 Versetzung in Ruhestand, was ihm unter Verleihung
des Comthurkreuzes des Franz Josef-Ordens mit Stern unter dem 20. Juli 1898
gewährt wurde. Die Facultätsmitglieder ehrten den ausscheidenden CoUegen
durch Widmung einer Adresse. Zugleich übernahm S. das Vicepräsidium der
Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, in die er 1862 als correspondiren-
des, 1863 als wirkliches Mitglied eingetreten war und deren Generalsecretär
er seit 1875 gewesen. Er regte in der Akademie 1864 die Herausgabe der
österreichischen Weisthümer je durch einen Juristen und einen Philologen an,
ebenso die Uebertragung einer kritischen Ausgabe des Schwabenspiegels an
Rockinger und der Sachsenspiegelglosse an Steffenhagen. Von seinen in den
Sitzungsberichten veröffentlichten Arbeiten sind zu nennen: die vielfach auf-
klärenden Untersuchungen über Alter, Herkunft und Gestaltungen des öster-
reichischen Landrechts (1860 und 1867, Bd. XXXV i09ff., LV 5ff.), seine
Monographie über die Stellung der Dienstmannen in Oesterreich von 1883
(Bd. CII Heft I, S. 235), über die Lombarda-Commentare des Ariprand und
Alibertus von 1862 Bd. XL i64fF.), über den ordo judiciarius von Eilbert von
Bremen von 1867 (Bd. LV 531 ff.); dann »Die Erholung und Wandelung im
gerichtlichen Verfahren« von 1863 (Bd. XLII 201 ff.), »Die Gefahr vor Gericht
und im Rechtsgang« von 1866 (Bd. LI i2off.), »Das pfiichtmässige Rügen
auf den Jahrdingen und sein Verfahren« von 1892 (Bd. CXXV, Abth. DC),
»Das Güterrecht der Ehegatten im Stiftsamte Salzburg« von 1882 (Bd.XCDC75ff.).
Dazu treten »Zwei Handschriften des Wiener Stadtarchivs« in den sogenannten
Sylvesterspenden von 1858, die vortrefflichen Gedenkreden über Homeyer
(1875), Gabriel Seidl (1876), Palacky (1877), Aschbach (1882), Leo-
pold von Ranke (1886), von Arndts (1878) und K. Tomaschek (1879),
den Reformator des österreichischen Unterrichtswesens Grafen Leo Thun
(1888), auch die Festschrift zur Centenarfeier für K. F. Eichhorn (Wiener
Juristische Blätter vom 20. November 1881), Besprechung des Werkes von
Homeyer »Der Dreissigste« (Krit. Vschrift Bd. VII) und die ganz kurz vor
seinem Tode abgeschlossene und gedruckte Arbeit »Die deutschen Rechts-
bücher und die Kaiser Karls-Sage« — als Abschnitt eines geplanten grösseren
Werkes über die Sage von Kaiser Karls Recht und Gericht. Als seine Haupt-
werke sind schliesslich zu nennen: einmal das zu nachhaltiger literarischer
Erörterung Anlass gebende meisterliche Schriftchen »Das Versprechen als Ver-
pflichtungsgrund im heutigen Recht. Eine germanistische Studie«, Berlin 1873.
Der Hauptgedanke der Schrift von der verpflichtenden Kraft des einseitigen
Versprechens hat auch bei Abfassung des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches
Siegel. Q3
Beachtung gefunden. Weitere Ausführungen des Versprechensbegriffes bieten
die Schriften: »Das erzwungene Versprechen und seine Behandlung im deutschen
Rechtsleben«, Wien 1893, und »Der Handschlag und Eid nebst den ver-
wandten Sicherheiten für ein Versprechen im deutschen Rechtsleben«, Wien
1894. Andererseits gehört hierher seine »Deutsche Rechtsgeschichte«, Berlin
1886, 2. Aufl. 1889, 3. Aufl. 1895, als ein mit Beifall begrüsstes, dem Rechts-
unterrichte gewidmetes Werk. Endlich ist seiner Mitarbeit an der Ausgabe
der Salzburger Taidinge von K. Tomaschek (1870) und der Ausgabe des
fränkischen ehelichen Güterrechtes von G. Sandhaas, Giessen 1866, zu gedenken.
Eine sehr glückliche Ehe verband ihn mit Rosa Edle von Loehner,
Tochter des Dichters und Politikers Dr. med. von Loehner, die ihn voll
verstand, in allen Lebenslagen ihm eine treue, sich aufopfernde Gefährtin war
und ihm ein liebes Heim schuf. Von vier Kindern, zwei Söhnen und zwei
Töchtern, verloren die Eltern 1887 zu ihrem tiefsten, nie ganz verwundenen
Schmerze den hochbegabten einen Sohn Edgar im Alter von 17 Jahren. Ein
weiterer schwerer Schlag war es, dass Heinrichs zweiter Bruder, Carl S.,
badischer Geheimer Ober-Regierungsrath, bei einer grossen Ueberschwemmung
in Freiburg im Breisgau am 9. März 1896, bei Rettungsarbeiten mit der Brücke,
auf der er stand, von den reissenden Fluthen weggerissen, ein Opfer seines
Berufes wurde. Der älteste Bruder, ein weit über die Grenzen seines Heimath-
landes bekannter Badearzt, zog sich nach langjähriger angestrengter Thätigkeit
als Geheimrath ins Privatleben zurück. Der Vater war nach zehnjähriger ver-
dienstlicher Wirksamkeit als badischer Generalstabsarzt 1864 in den Ruhestand
getreten und am 23. März 1870 gestorben, fast 80 Jahre alt. — S. war von
stattlichem Wuchs, eine vornehme Erscheinung. Treffliche Eigenschaften des
Charakters und des Herzens, zeichneten ihn aus: strengster Rechtssinn,
lebendigstes Ehrgefühl, seltene Pflichttreue, begeisterte Hingabe an seinen Be-
ruf, echt deutsche Gesinnung, die er, dem politischen Alltagsleben femstehend,
nur auf wissenschaftlichem Gebiete bethätigte. Er war ein wohlwollender
Examinator und unterstützte Jünger der Wissenschaft mit allen Kräften. 1860
y,2LT er Mitglied des Gelehrtenausschusses des Germanischen Nationalmuseums
in Nürnberg geworden, 1873 correspondirendes und 1886 auswärtiges Mitglied
der historischen Klasse der Königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften,
1877 Ehrenmitglied der Royal Historical Society in London, 1879 Mitglied
der Königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag, 1890 Ehren-
mitglied der historisch -statistischen Section der k. k. mährisch -schlesischen
Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde.
Er hinterliess eine ältere Tochter Anna, die jetzt die Stütze der Mutter ist,
die jüngere Tochter Marie verheirathet an den Rittmeister und Privatgelehrten
Dr. Gaess in Freiburg im Br., und den zweiten Sohn Carl, jetzt Mittel-
schulprofessor. — Eine Büste von Heinrich Siegel wird nächstens in den
Universitätsarkaden Aufstellung finden; eine andere in Ladenburg.
Vgl. Prof. Dr. Alfred von Wretschko, Heinrich Siegel. Ein Bild seines Lebens
und Wirkens (mit Lichtdruck), Berlin 1900 (zuerst in den Beilagen zur Allg. Ztg. No. 106,
107 und 108 vom 9., 10. und xi. Mai 1900); — Gedenkrede von Prof. Dr. Heinrich
Schuster aus Prag in der Wiener Jurist. Gesellschaft vom 29. November 1900 (Allgero,
österr. Gerichts-Zeitung L. Jahrgang No. 49 und 50, auch separat, Wien 1900); — Prof.
Dr. Luschin von Ebengreuth in der Savigny-Ztschr., Germ. Ab th. XX p. VII ffc; — Prof.
Dr. Frommhold in der Deutschen Juristen-Zeitung 1899 S* ^91» — Bericht des abtretenden
Rectors der Wiener Universität über das Studienjahr 1898/99 S. lyff.; — Wurzbach,
Biogr. Lex. Bd. 34 S. 247 ff.; — Erinnerung an Heinrich Siegel (1830 — 1899). Zur ersten
g4 Siegel. Lommel.
Wiederkehr seines Todestages am 4. Juni 1900. Druck und Verlag von M. Salzer in Wien
(von der W^ittwe gütigst übersandt); — Almanach der k. k. Akademie in Wien 1900. —
GrUnhuts Ztschr. I 364—370 (Joseph Unger), II 3i4ff. (Pfaff).
A. Teichmann.
V. Lommel, Eugen, Professor der Physik an der Universität zu München,
* 19. März 1837 zu Edenkoben, f 19. Juni 1899 zu München. Das Adels-
prädicat war Consequenz des die persönliche Nobilitirung nach sich ziehenden
Civilverdienstordens. Die Lateinschule seiner Vaterstadt und das humanistische
Gymnasium von Si>cyer förderten L. soweit, dass er schon mit 17V, Jahren
die Münchener Universität beziehen konnte. Zeitlebens ist er ein begeisterter
Anhänger des Classicismus gewesen, obwohl er auch früh schon den lebhaften
Sinn für naturwissenschaftliche Studien hegte; so zeichnete er mit eigener
Hand den zoologischen Atlas von Oken nach, den anzuschafl'en ihm die Mittel
fehlten, und hospititirte an der Gewerbeschule in den physicalisch-chemischen
Lehrstunden. Immerhin wirkte auch sein Lehrer in der Mathematik, der
durch seine optischen Untersuchungen mit Recht berühmt gewordene Professor
Schwerd, höchst günstig auf den jungen Mann ein, dessen spätere Arbeiten
zu einem grossen Thcile auf demselben Felde lagen. Unter v. Seidel und
V. Lamont, denen gerade jetzt, nach G. S. Ohms Tode, auch der Physiker
Ph. V. Jolly zur Seite trat, bildete sich L. zum tüchtigen Mathematiker aus,
und mathematischer Natur sind auch die meisten seiner in Grunerts -Archiv
der Mathematik und Physik <v veröffentlichten Erstlingsversuche. Indessen war
er zeitlebens niemals ein engherziger Specialist, und so blieb auch während
der Studentenzeit sein Interesse allen wissenswerthen Dingen zugewandt;
namentlich legte er damals auch den Grund zu der tüchtigen Kunstausbildung,
die ihn nachmals auszeichnete. Nach vierjährigem Studium wurde die Staats-
prüfung mit Note I bestanden, und nachdem der junge Mann einige Zeit als
Hauslehrer gewirkt hatte, erhielt er eine Lehrerstelle an der Cantonsschule zu
Schwyz, wo er fünf Jahre verblieb, um sodann in gleicher Eigenschaft nach
Zürich überzusiedeln. Das rege Geistesleben dieser Stadt, wo damals gerade
viele aus Deutschland berufene Lehrkräfte — Wislicenus, Prym, Fick, der
berühmte Ingenieur Culmann, L's. sjiecieller Landsmann — thätig waren,
wirkte auf ihn mächtig anregend, und so habilitirte er sich denn an beiden
Züricher Hochschulen. Bald schon entführte ihn denselben aber ein aus
Württemberg an ihn ergangener Ruf; L. wurde Professor der Mathematik und
Physik an der land- und forstwirthschaftlichen Akademie zu Hohenheim bei
Stuttgart und verfasste hier seine trefflichen »Studien über die Besselschen
Funktionen« (Leipzig 1868), die ihm den weiteren Weg hauptsächlich gebahnt
haben. Schon 1869 als Professor der Physik nach P>langen berufen, musste
er nunmehr seinen Arbeiten, die bisher durchaus ein streng theoretisches (Ge-
präge getragen hatten, eine wenigstens theilweise andere Richtung ertheilen
und sich in die experimentelle Richtung einarbeiten, deren Vertretung in
Vortrag und Praktikum ihm ja jetzt vorzugsweise oblag. Dieser Universität
ist er, unter Ablehnung einer Rückberufung nach Zürich, siebzehn Jahre treu
geblieben, und erst 1886 folgte er seinem früheren Lehrer v. Jolly als Pro-
fessor in München. Der dortigen Akademie gehörte er bereits seit 1876 an.
In dem neuen Bestimmungsorte erwartete ihn eine grosse und schwierige Auf-
gabe, nämlich der Bau eines neuen physicalischen Instituts. Dasselbe wurde
Loramel. nc
im Jahre 1 894 eingeweiht, und seitdem konnte sich der höhere Unterricht in
diesem Fache ungleich freier entfalten, als dies unter den vielfach beengenden
Verhältnissen früher möglich gewesen war. Allein an der Lebenskraft dessen,
der die Einrichtung zu leiten und daneben einer gleich ausgedehnten wissen-
schaftlichen und Lehr-Aufgabe zu genügen hatte, zehrte die gewaltige An-
strengung, und man erkannte an dem raschen Altern des früher so kräftigen
Mannes, dass seine Widerstandsfähigkeit sich zu erschöpfen begann. Seit 1872
mit einer Enkelin des berühmten Philosophen Hegel, Tochter des in hohem
Alter noch lebenden Historikers, vermählt, hatte sich L. auch bis zuletzt eines
glücklichen häuslichen Lebens zu erfreuen. Für das Studienjahr 1898/99 war
er zum Rector der Universität gewählt worden; da traf ihn im Januar 1899
ein schw^erer Schlag in seiner Familie, und nun wurde es offenbar, dass er
sich zu viel aufgebürdet hatte. Die Kräfte begannen zu versagen, und obwohl
er nach der Rückkehr von einem längeren Aufenthalte im Süden sogar die
Re Ctoratsgeschäfte wieder aufnahm, so vermochte er dieselben doch nicht fort-
zuführen. Ein sanfter Tod beschloss ein allzu frühzeitig geknicktes Leben.
Von Hause aus erwähn termassen Mathematiker, ist L. dieser Wissenschaft
auch in der Folge nicht untreu geworden und stets gerne auf sie zurück-
gekommen, wie zahlreiche in den »Mathem. Annalen« veröffentlichte Aufsätze
über die Besselschen Funktionen und verwandte Transcendenten bekunden.
In erster Linie aber gehörte seine grosse Schaffenskraft der Lehre vom Lichte,
und wenn man die gewaltige Fülle der von ihm den »Annalen der Physik und
Chemie«, dem »Repertorium der Experimentalphysik <c, den »Sitzungsberichten<v
der bayerischen Akademie und denjenigen der Physicalisch-Medicinischen
Societät in Erlangen überlassenen Abhandlungen durchmustert, so wird man
finden, dass es kaum ein wichtiges optisches Problem giebt, an dem er sich
nicht mit Glück und Erfolg versucht hätte. Insbesondere stellte er eine neue
llieorie der Fluorescenzerscheinungen auf, berechnete mit früher nicht erreich-
barer Einfachheit und Genauigkeit die Beugungsbilder, gab erstmalig zu-
treffende Erklärungen von verschiedenen Phänomenen der meteorologischen
Optik, wie Morgen- und Abendröthe, Gloriole um den Kopfschatten, Dämme-
rungsfarben, machte die ultrarothen Strahlen des Spectrums, die sich sonst
nur durch erhöhte Wärme verrathen, mittels der Phosphorescenz sichtbar u. s. w.
Die Spectralanalyse und das Studium des Spectrums überhaupt beschäftigten
ihn wiederholt eingehend, und namentlich wusste er, von seinem Schüler
Fomra wirksam unterstützt, hierbei die Photographie in bisher nicht gekanntem
Ausmaasse zur Geltung zu bringen. Seine neue Formulirung des photo-
metrischen Grundgesetzes hat bei Seeligers Lichtmessungen am Ringe des
Planeten Saturn glänzend die Probe bestanden. Auch dürfen wir sein ^>Ery-
throskop« und >'Melanoskop« nicht vergessen, Linsencombinationen, durch
welche gewisse Strahlengattungen vollständig ausgeschaltet werden. Die übrigen
Zweige der Physik mussten gegenüber der Lieblingsdisciplin L.'s allerdings
einigermassen zurückstehen, wurden aber darum doch nicht etwa vernach-
lässigt. Die Elektricitätslehre bereicherte er durch seine originelle Auffassung
der Lichtenbergschen Figuren, sowie durch eine Umgestaltung der Influenz-
Maschine, die Aerostatik durch einen Apparat zur Bestimmung des specifischen
Gewichtes der Gase, die Potentialtheorie durch die sichtbare Darstellung der
Linien gleichen Potentiales in durchströmten Platten, womit sich eine Erklärung
des sogenannten Hallschen Phänomenes verbindet. Diesen Dingen ist eine
ganze Reihe von Aufsätzen zugewandt. Auch die experimentelle Behandlung
g6 Lommel. Strauss u. Torney.
der leuchtenden »Wasserhämmer« erweckt vielseitiges Interesse. Die Ausgabe
der Schriften Fraunhofers und Ohms, welche unter der Aegide der bayerischen
Akademie erfolgt, wurde von L. geleitet. Ausserordenllich gut wusste der-
selbe auch den Ton in gemeinverständlichen Darstellungen zu treffen, wofür
mannigfache Belege vorliegen (Wind und Wetter, München 1873 und 1880;
Das Wesen des Lichts, Bestandtheil der »Intemation. Bibliothek, Leipzig 1894;
Lexikon der Physik und Meteorologie, Leipzig 1882; Spectrum und Spectral-
analyse in Krebs' »Physik des täglichen Lebens«, Stuttgart 1884). Das in
seiner gedrängten, mit Vollständigkeit und Klarheit gepaarten Kürze muster-
giltige »Lehrbuch der Experimentalphysik« hat in den paar Jahren von 1893
bis 1900 nicht weniger denn sechs Auflagen erlebt.
Boltzmann, E. v. Lommel, Jahresbericht der Deutsch. Math ematikervereinigung, VIII,
X.Heft, S. 4^.; beigefügt ist ein sehr treues, aber aus der letzten Lebenszeit stammendes
und bereits stark gefurchte Züge zum Ausdruck bringendes Portrait. — Nekrolog von
Graetz, Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Juni 1899. — Nekrolog von y, Münchener
Neueste Nachrichten, Juni 1899.
S. Günther.
Strauss und Torney, Victor Friedrich von, Wirklicher Geheimer Rath,
Dr. theol., * am 18. September 1809 in Bückeburg, f am i. April 1899 in
Dresden. St. besuchte bis zum Jahre 1824 das Gymnasium seiner Vaterstadt,
darauf ein Jahr das Gymnasium in Lemgo und wurde dann Scholar des
Pädagogiums in Halle, welches damals unter der Leitung des Kanzlers August
Hermann Niemeyer stand. Anregungen, welche der Jüngling durch Goethe
und Tieck empfing, Hessen früh seine dichterische Begabung zu Tage treten.
Mit 19 Jahren veröfFen dichte er 1828 ein Trauerspiel, »Katharina«, und Poesie
und Philosophie beschäftigten ihn während der ersten Zeit seiner akademischen
Studien in Erlangen und Bonn mehr als sein Berufsstudium, die Rechtswissen-
schaft. Nach Abschluss seiner Studien in Göttingen trat er 1832 in schaum-
burg-lippische Dienste und vermählte sich bald darauf mit Albertine aus dem
hannoverschen Geschlechte von Torney, dessen Namen er dem seinigen an-
fügte, als jenes 1864 im Mannesstamme erlosch. Aus der ersten Zeit von
St.'s Wirksamkeit in Bückeburg stammen die meisten seiner Jugendgedichte^
welche er 1841 der Oeffentlichkeit tibergab. Im Jahre 1838 legte er durch
die Herausgabe der Anfangsgründe der allgemeinen Theorie der Musik nach
Grundsätzen der Wesenlehre aus dem Nachlasse von Carl Chr. Fr. Krause
Zeugniss von einer besonderen musikalischen Begabung ab. — Von dem
grössten Einfluss auf St.'s Geistesleben wurde das Buch seines Namensvetters,
des Tübinger Professors David Strauss, »Das Leben Jesu«, sowie die Neander-
sche Widerlegung desselben. St. begann, um sich Gewissheit zu verschaffen,
wer recht habe, ein förmliches Studium der Theologie. Er studirte die Bibel
im Urtexte und das Resultat seiner Forschungen war der historische Christus,
nicht der mythische des David Strauss. Die unmittelbare Folge seiner theo-
logischen Studien sind seine zahlreichen theologischen Schriften, in denen seine
positiv-christliche Ueberzeugung, an der er fortan festgehalten, überall zu Tage
tritt. Von seinen Liedern aus der Gemeine ftir das christliche Kirchenjahr,
die 1843 erschienen — das Beste, was St. auf dem Gebiete der religiösen
Lyrik geleistet — haben mehrere in preussischen und sächsischen Gesang-
büchern Aufnahme gefunden.
Strauss u. Torney. o^
Im Jahre 1840 war St. Archivrath geworden. Sechs Jahre später nahm
er als schaumburg- lippischer Abgeordneter thätigen Antheil an der Berliner
Kirchen -Conferenz, bei welcher Gelegenheit er auf Veranlassung Friedrich
Wilhelms IV. eine Denkschrift über die Gesangbuchssache in den preussischen
Landen verfasste. 1848 erfolgte die Ernennung zum Cabinetsrathe, 1850
treffen wir ihn als Gesandten in Frankfurt a. M. bei der Bundesversammlung,
Weihnachten desselben Jahres in Dresden bei der Ministerial-Conferenz, bald
darauf wurde er von dem Kaiser von Oesterreich in den erblichen Adelstand
erhoben. Im Jahre 1865 wurde er Wirklicher Geheimer Rath. Bis 1866 ver-
trat er Schaumburg -Lippe in der Frankfurter Bundesversammlung. Die Ab-
stimmung vom 14. Juni 1866, bei welcher er das Votum seiner Curie für die
Mobilmachung gegen Preussen abgab, hatte seinen Rücktritt ins Privatleben
zur Folge. Vorwürfe, die bald gegen St. erhoben wurden, veranlassten ihn
zur Herausgabe der Schrift: Mein Antheil an der Abstimmung der Bundes-
versammlung vom 14. Juni 1866. Im Jahre 1869 verlegte er seinen Wohn-
sitz nach Erlangen, 1872 sodann nach Dresden.
In der Revolutionszeit 1848 war St. eine Stütze und ein Führer der Con-
servativen in Schaumburg- Lippe. Von seinen Schriften bezeugt namentlich
das 1849 erschienene »Fastnachtsspiel von der Demokratie und Reaction«
seine conservative Gesinnung. Seine politischen Grundsätze lernen wir aus
den »Briefen über Staatskunst« (1853) kennen. Die Zeit, als St. in seiner
Heimath lebte, ist in literarischer Hinsicht die fruchtbarste gewesen. In Bücke-
burg sind auch die ersten Novellen entstanden, die sämmtlich im »Daheim«,
später dann auch in Buchform, erschienen sind. In Erlangen wandte sich St.
ganz der gelehrten Forschung zu. Hier schrieb er Uebersetzung und Commentar
des chinesischen Werkes Taö-te-king (Der Weg zur Tugend) von Lao-Ts^, einem
Zeitgenossen des Confucius. In Dresden folgten dann wieder einige Novellen,
»Das weisse Kind«, »Das Glück« und »Renata«, in den i88oer Jahren
»Lebensführung« und »Die Schule des Lebens«. Ein Werk gründlicher
Forschung, zugleich aber auch eine grosse dichterische Schöpfung ist St.'s
metrische Uebersetzung des kanonischen Liederbuches der Chinesen »Schi-king«,
welches schon Rückert nach einer lateinischen Bearbeitung übersetzt hat.
Im Jahre 1885 veröffentlichte St. eine Arbeit über den altchinesischen
Monotheismus, 1889 folgte der erste Theil eines Werkes über den alt-
ägyptischen Götterglauben, welcher die Götter und Göttersagen behandelt.
Der zweite Theil, die Entstehung und Geschichte des altägyptischen Götter-
glaubens, erschien im Jahre 1891. St.'s letzte Arbeit sind die 1895 heraus-
gegebenen »Beiträge zur Erkenntnisslehre mit Beziehung auf die Offenbarung«.
Bis in sein hohes Alter haben ihn vorzugsweise theologische Studien be-
schäftigt. Für seine Verdienste auf theologischem Gebiete ist er 1882 von
der Universität Leipzig zum Ehrendoctor der Theologie ernannt worden.
Von St.'s vielseitiger Begabung, der Staatsmann, Dichter und Theolog in einer
Person war, geben seine zahlreichen Schriften, über welche ein Verzeichniss
folgt, den besten Beweis.
Katharina. Ein Trauerspiel. Halle 1828. Anfangsgründe der allgemeinen Theorie der
Musik nach Grundsätzen der Wesenlehre. Herausgegeben von Victor Strauss aus Carl
Chr. Fr. Krauses handschriftlichem Nachlass. Dresden und Leipzig 1838. Theobald.
3 Bde. Bielefeld 1839. Gedichte. Bielefeld 184 1. Richard. Zwölf Gesänge. Bielefeld 1 841.
Sophoclis Antigone. LJebersetzt. Bielefeld 1842. Lieder aus der Gemeine für das christliche
Kirchenjahr. Hamburg 1843. Leben des Paulus Gerhardt (Sonntagsbibliothek. I. 2). Biele-
feld 1844. Das Kirchenjahr im Hause. Heidelberg 1845. Schrift oder Geist? Eine positive
Bio^r Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. y
q8 Strauss u. Torney. Gleim.
Entgegnung auf des Pfarrers Wislicenus »Verantwortung gegen seine Ankläger«. Bielefeld
1845. Lebensfragen in sieben Erzählungen. 3 Bde. Heidelberg 1846. (Neue Ausgabe Er-
zählungen Bd. 2 und 3. Heidelberg 1855.) Ueber die Gesangbuchssache in den preussischen
Landen. Bielefeld 1846. Das kirchliche Bekenntniss und die lehramtliche Verpflichtung.
Halle 1847. Ein Fastnachtsspiel von der Demokratie und Reaction. Frankfurt a. M. 1849.
Bilder und Töne aus der Zeit. Bielefeld 1850. Gottes Wort in den Zeitereignissen. Biele-
feld 1850. Ein Nachgesang Dantes aus dem Paradiese. Dresden 185 1. Gudrun. Frank-
furt a. M. 1851. Polyxena. Frankfurt a. M. 1851. Briefe über Staatskunst. Berlin 1853.
Robert der Teufel. Heidelberg 1854. Neue (Titel-)Ausgabe 1870. Erzählungen. Gesammeltes
und Neues. 3 Bde. Heidelberg 1854. 55. Ein Obolus zur Philosophie der Geschichte. Han-
nover 1855. Weltliches und Geistliches. 2 Bde. Heidelberg 1856. Judas Ischarioth. Abdruck
aus: Weltliches und Geistliches. Heidelberg 1856. Neue (Titel-)Ausgabe 1870. Polykarpus.
Heidelberg 1860. Zweite Ausgabe 1875. Altenberg. Ein Roman (Anonym). Leipzig 1865.
Meditationen über das erste Gebot. Leipzig 1866. Mein Antheil an der Abstimmung der
Bundesversammlung. BUckeburg 1866. Die Bauern. Des Lebens Nachtseite. Heidelberg 1 868.
Die Communisten. Mammon. Heidelberg 1868. Die Verloienen. Heidelberg 1868. Aus der
Vergangenheit. Der Schulmeister und der Herr Lehrer. Heidelberg 1869. Der Zweikampf.
Eros und Agape. Heidelberg 1869. Lao-tse, Tao-te-king. Aus dem Chinesischen ins Deutsche
übersetzt, eingeleitet und commentirt. Leipzig 1870. Das Pfarramt. Die Ehepaare. Heidel-
berg 1870. Der Prediger in der Wüste. Erlangen 187 1. Novellen. 3 Bde. Leipzig 1871.
Reinwart Löwenkind. Gotha 1873. Essays zur allgemeinen Religionswissenschaft. Heidel-
berg 1879. ^c' hannoversche Gesangbuchsentwurf und der Herr Schulinspector Backhaus.
Hannover 1880. Schi-king, Das kanonische Liederbuch der Chinesen. Heidelberg 1880. Der
Gesangbuchsentwurf für die Landeskirche des Königreichs Sachsen, besprochen. Leipzig
1881. Lebensführungen. 2 Bde. Heidelberg 1881. Das unbewusst Weissagende im vor-
christlichen Heidenthum (Zeitfragen des christlichen Volkslebens No. 49). Heilbronn 1882.
Der altchinesische Monotheismus (Sammlung von Vorträgen, herausgegeben von W. Frommel
undFr.Pfaff Bd. 13, Heft 9). Heidelberg 1885. Die Schule des Lebens. Heidelberg 1885.
Der altägyptische Götterglaube. 2 Theile. Heidelberg 1889. 1891. Offenes Sendschreiben
an Herrn Oberstlieutenant v. Egidy. Eine Beleuchtung seiner Schrift »Ernste Gedanken«.
Dresden 1891. (Zweite Auflage in demselben Jahre.) Die Freiheit des Menschen. Leipzig
1892. Die Wunder im Neuen Testament (aus: Neue kirchliche Zeitschrift). Leipzig 1893.
Beiträge zur Erkenntnisslehre mit Beziehung auf die Offenbarung. Leipzig 1895.
Persönliche Mittheilungen. Vehse, Geschichte des Hauses Lippe zu Detmold und
Bückeburg (Geschichte der kleinen deutschen Höfe 5) S. 158 — 160. (Beruht nicht immer
auf zuverlässigen Quellen und ist tendenziös.) Victor von Strauss und Tomey. Von
Robert König: Daheim, Jahrgang 28 (1892), S. 587 — 590. Victor von Strauss und Torney.
Von Otto Zaretzky: Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung vom 6. April 1899. Rede am
Sarge des Wirkl. Geheimen Rathes Dr. theol. Victor von Strauss und Torney von
P. Ernst Kühn. (Dresden 1899.)
Otto Zaretzky.
Gleim, Eduard, Landschaftsmaler, * 31. März 181 2 zu Rotenburg a. d.
Fulda; erhielt den ersten Unterricht in seiner Heimath, dann aber auf dem
Gymnasium zu Hersfeld. Hier zählte er auch zu den Schülern des nach-
mals durch seine Deutsche Literatur-Geschichte so berühmten Prof. August
Friedrich Christian Vilmar, welcher als Consistorialrath zu Marburg am
30. Juli 1868 starb; G. blieb mit demselben immerdar in freundlicher Be-
ziehung. Im Jahre 1830 bezog G. zum Studium der Rechte die Universität
Marburg und bald darauf Heidelberg, wo er durch ein von Ernst Fries (geb.
22. Juni 1801 zu Heidelberg, welcher damals zu Karlsruhe seine Schwingen
so mächtig entfaltete) gemaltes Bild solche Anregung verspürte, dass G. unter
Aufgabe der von ihm erwählten Jurisprudenz, nach Karlsruhe übersiedelte, um
sich unter dieses Meisters Leitung ganz der Landschaftsmalerei zu widmen.
Nach dem schon am 11. Oktober 1833 erfolgten Ableben Fries' ging G.
nach München, wo er mit M. von Schwind, Feodor Dietz, Albert Zimmer-
Gleim. Hiendlmayr. ^ ng
mann, Friedrich Voltz verkehrte und sich selbständig weiterbildete, wozu
Studienreisen ins altbayerische Gebirge und nach der Schweiz, auch ein
längerer Aufenthalt zu Düsseldorf veranstaltet wurden. Um seine Verehe-
lichung (mit einer Freundin von Schwinds Frau) zu ermöglichen, übernahm
G. unter vortheilhaften Bedingungen eine Privatstelle als Renten- Verwalter zu
Mannheim (1847), worüber M. v. Schwind in einem am 8. August 1847 an
seinen Freund Bernhard Schädel gerichteten Briefe (in »Nord und Süd«
Juli 1880, XrV. Band, 40. Heft S. 27) einen ihm eigenen Ausdruck gebraucht,
um G.'s Abfall von der Kunst zu beklagen. Im Jahre 1848 verheirathete
sich G. mit der Tochter des Finanzrathes Matthes in Karlsruhe und lebte
bis 1860 zu Weinheim, ging aber, um sich abermals der Kunst zu widmen,
nach München, wo derselbe auch nach dem Tode seiner Gattin (1865) als
ausübender Maler sich bethätigte. Seit 1840 brachte er sehr einfach com-
ponirte, warm empfundene und gut gemalte Landschaften aus Oberbayern
und Tirol in den Münchener Kunstverein; 1844 eine Partie vom Gardasee,
einen Chiemsee-Abend, 1846 das Schloss Berlepsch in Hessen; 1865 Ambach
bei Starnberg, Partien bei Altenburg und Brannenburg, den Finstersee in
Tirol, 1866 einen Gewitterabend, eine mit Zigeunern staffirte Höhle aus dem
Odenwald, eine Erinnerung an Hohenschwangau und die Ruine Waldeck bei
Schliersee; i868 einen Abend am Lago Maggiore, 1869 Morgenlandschaft
aus Hessen, 1871 ein Hessisches Wiesenthal, 1872 eine duftige Morgen-
stimmung, 1873 und 1887 Erinnerungen von Chiemsee und Brannenburg;
1880 die Isargegend bei Ebenhausen, ein Motiv aus Oberbayern, 1883 eine
Waldlandschaft mit Badenden. Sein letztes, immer noch erwähnenswerthes
Bild brachte G. noch 1894 zur Ausstellung. Er liebte die Verbindung von
Berg und Wald, mit klaren Seespiegelungen und fröhlichen Wasserfällen, im
Summa die Landschaft in idyllischer Stimmung. Reproductionen in Holz-
schnitt oder Photographie sind mir nicht bekannt geworden.
Vgl. Fr. V. Bö tt icher, Malerwerke 1895, I, 390. Müller-Singer 1896, II, 61.
Kunstvereins-Bericht f. 1899, S. 71.
Hyac. Holland.
Hiendlmayr, Sebastian, Humanist und Kunstmäcen, * 3. Januar 181 9 in
Mitterast (bei Straubing), f 27. Januar 1899 zu München. Seine Eltern, Klein-
gütlerleute, bestimmten den schwächlichen Knaben zum Studium in Freising;
frühe verwaist und mittellos, kam H. bei einem Gürtler in die Lehre, trat
nach dreijähriger Wanderschaft bei dem wohlbekannten Meister Rockenstein
zu Salzburg in Condition und später zu München, wo er sich sehr vortheil-
haft verheirathete, das Kaufmannsgeschäft seines Schwiegervaters übernahm
und durch Thätigkeit, Fleiss und Umsicht, insbesondere in der Caffee-Branche,
bald in grossen Flor brachte. In zweiter Ehe mit der Kaufmannswittwe
Guilini verheirathet, hatte H. mit finanziellen Operationen grosses Glück und
erwarb ein höchst ansehnliches Vermögen, welches er zu wohlthätigen Zwecken
und Kunstbestrebungen edelsinnig verwendete. Zwanzig Jahre lang bethätigte
er sich mit eifrigster Mühewaltung im Armenpflegschaftsrath der Stadt und
versah von 1865 bis zu seinem Ableben die Stelle eines Cassier und Schrift-
führers im Waisen- Verein; er war auch persönlich stets ein freigebiger Freund
und Gönner der Armen. Mit leidenschaftlicher Vorliebe erfasste H. den Plan,
der, durch Georg von Dollmann 1864 bis 1895 grösstentheils durch freiwillige
I oo Hiendlmayr. Gull.
Beiträge, im Spitzbogenstil erbauten Stadtpfarrkirche in Giesing zur inneren
Ausschmückung zu verhelfen. Nachdem König Ludwig II. die Fenster des
Hauptchores mit Glasgemälden zu zieren beschlossen hatte, tibernahm H. die
Herstellung eines Fensters im Seitenschiff; ferner wusste H. den Grosshändler
Joh. Carnot (f 1890) zu bestimmen, dass er die Anfertigung des Hochaltares
und zwar mit Sculpturen des Bildhauers Jos. Beyrer votirte, welchem der
eifrige H. dann auch sämmtliche Bildhauerarbeiten übertrug. Diese bestanden
aus 14 originell erfundenen Kreuzwegstationen, den zwölf Standbildern der
Apostel, aus zwei figurenreichen, die Anbetung der Könige und die Einsetzung
des Abendmahles darstellenden plastischen Gruppenbildern, dazu kam noch
die Herstellung der meisterhaften Kanzel (mit Figuren von dem talentvollen
Sohne Beyrers) und einiger weiteren Sculpturen: so dass die einheidiche
plastische Ausstattung dieses Bauwerkes sowohl dem grossmüthigen Stifter wie
auch dem Künstler zu steten Ehren gereicht. Dazu fügte H. nicht allein
zwei hohe gleichfalls stilgerechte Fahnenkästen und zwei grosse Glasgemälde
in die Giebelfenster, sondern gründete, nachdem er für alle diese Arbeiten
über 100 000 Mark verwendet hatte, auch noch ein mit 70000 Mark dotirtes
Prediger-Benefizium. Dazu documentirte er seine wohlthätigen Bestrebungen
durch zahlreiche testamentarische Legate; so erhielt das Waisenhaus der Stadt
München ein Capital von 200000 Mark. In jüngeren Jahren paradirte H. als
stattlicher Grenadierhauptmann der Bürgerwehr, welcher alle Ehre daran setzte,
seine Compagnie in musterhafter Disciplin zu halten. Auch excellirte H. als
kühner Alpist, Mineralog und Botaniker, der eine wohlgeordnete Sammlung
von 40000 Species aufspeicherte. König Ludwig verlieh dem unermüdlichen
Armen vater den Michael-Orden II. Classe und Papst Leo XIII. ehrte ihn durch
das Ritterkreuz des Gregorius- Ordens. Mit Recht rühmt der Nachruf im
50. »Jahresbericht des Waisen Vereins« für 1898 S. 15 ff.: »Was immer H. that,
verrichtete er mit einer so liebenswürdigen Bescheidenheit und so frei von
jeder Selbstgefälligkeit, dass ihm das seltene Lob gebührt: er war ein Mann,
der die geringsten Ansprüche erhob und die höchsten erfüllte.«
Hyac. Holland.
Gull, Josef, siebenbürgisch-sächsischer Politiker, * 5. December 1810 in
Schässburg, f 23. Juni 1899. Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt
besucht hatte, studirte er in Vasarhely Jura und erwarb 1844 das Recht der
Advocatur, trat aber zuerst in den Verwaltungsdienst seiner Vaterstadt. Eis
war die Zeit eines neuerwachten politischen Lebens, in der insbesonders auch
die Grundlagen des Bestandes des sächsischen Volkes eingehende Erörterung
inmitten der Nation fanden und allgemein erkannt wurde, dass Wirthschaft
und Schule, Verwaltung und nationales Leben auf neue Grundlagen gestellt
werden müssten. Presse und Vereine nahmen sich der neuen Gedanken an,
in deren Dienst sofort auch G. sich stellte. Als die Revolution 1848 aus-
brach, da hofften die Jüngeren unter dem sächsischen Volk, es werde durch
Anschluss an die Magyaren auch für die Sachsen eine neue Zeit der Blüthe,
der liberalen Entwickelung kommen. So kam es auf dem Klausenburger
Landtag von 1848 zur Union Siebenbürgens mit Ungarn, unter Zustimmung
der Sachsen, die allerdings gewisse Grundbedingungen für den nationalen Fort-
bestand ihres Volkes als Voraussetzung ansahen. Als der Pester Reichstag
und die ungarische Regierung diese nicht anerkannten, als vor Allem unter
Gull. lOi
Xossuths unheilvollem Einfluss die Bewegung in ungesetzliche Bahnen ein-
lenkte, sahen die Sachsen sich gezwungen, das Schwert zur Vertheidigung
ihrer bedrohten Culturgüter zu ergreifen und sich auf die Seite des Kaisers
zu stellen. G. trat in die Schässburger Bürgerwehr ein und wurde Adjutant
des Commandanten, mit dem er die Schlacht bei Elisabethstadt mitmachte.
Nach wieder hergestellter Ordnung und Ruhe trat G., unter dem Absolutismus,
der sich nun im Lande breit machte, aus dem Communaldienst aus und wurde
Advocat, zugleich ein Vertheidiger der Stadtrechte, die von den damaligen
Machthabem mit Füssen getreten wurden. Zugleich nahm er an der stillen
Erziehungsarbeit Theil, die besonders erfolgreich von Schässburg aus auf-
genommen wurde, um das Volk für die nationalen Aufgaben zu kräftigen.
Ebenso half er bei der Einführung der neuen Kirchenverfassung, die für die
Zukunft des evang.-sächsischen Volks von so ausserordentlichem, Werth sein
sollte, die bestehenden Gegensätze überwinden.
Als das Jahr 1860 den Absolutismus endlich brach, da trat G. wieder in den
Verwaltungsdienst, erst als Stadthann, dann 1866— 188 1 als Bürgermeister in
Schässburg nicht nur für die Stadt wirkend, sondern immer auch im Dienst seines
Volkes. Insbesonders half er an dem damals hoffnungsfreudig aufgenommenen
Neubau Gross-Oesterreichs kräftig mit. Als Mitglied der sächsischen Nations-
Universität suchte er die historischen Rechte seines Volkes mit den Forde-
rungen der neuen Zeit in Einklang zu bringen, als Mitglied des Hermann-
stadter Landtages 1863/64 und des Wiener Reichsraths 1863/65 den kleinen
Kahn Siebenbürgens an das grössere Schiff Oesterreichs zu ketten. Als nach
Schmerlings Sturz der Gedanke des Dualismus auftauchte, war G. ein ent-
schiedener Gegner, weil er von Ungarn für die nationale Entwickelung des säch-
sischen Volkes Gefahr fürchtete. Darum war er 1865/66 auf dem Klausenburger
Landtag, der über die Union Siebenbürgens mit Ungarn beschliessen sollte,
der Wortführer jener Sachsen, die eine Union nur auf Grund von staatsrecht-
lich festgestellten Bedingungen eingehen wollten.
Als die Union ohne diese, doch mit auf andere Weise den Sachsen zu-
gesicherten Bedingungen durchgeführt wurde, wurde G. in den ungarischen
Reichstag nach Pest gewählt und ist dort, mit kurzen Unterbrechungen in
Folge schwerer Erkrankung, bis 1896 einer der tapfersten Vorkämpfer seines
Volkes gewesen. Als Ziel galt ihm immer, die nationalen Rechte desselben auch
unter den veränderten Verhältnissen zu sichern. Bei den bedeutendsten Ver-
handlungen trat er ins Vordertreffen, so bei der Pensionirung des Comes
K. Schmidt (1868), bei der Zertrümmerung des Sachsenlandes (1876), bei der
Verhandlung des Mittelschulgesetzes (1883). Es war ihm schmerzlich, dass
alle Befürchtungen über die Gefährdung der nationalen Entwickelung der
Sachsen durch die Thatsachen übertroffen wurden.
Neben der politischen Arbeit forderte man ihn auch stets, wo es galt, für
allgemeine Interessen einzutreten. Er war seit Schaffung der neuen Kirchen-
verfassung Mitglied des evang. Landes-Consistoriums und der Landeskirchen-
Versammlung, Mitglied der Oberverwaltung des siebenbürgisch-sächsischen
Landwirthschaftsvereins, selbst auch ein praktischer Landwirth, der besonders
um die Obstcultur auf seinem grossen Grundstück sich Verdienste erworben,
dann der Hermannstädter Boden-Creditanstalt u. s. w.
Im Jahre 1896 zwang ihn das Alter, aus dem politischen Leben auszu-
scheiden. Nach schwerem Leiden machte ein Herzschlag am 23. Juni 1899
seinem Leben ein Ende. Charakterfest und weichen Herzens, eine Eiche in
102 Gull. Ziebarth.
Stürmischer Zeit, an der Andere Halt suchten und fanden, gemüth- und
humorvoll, reich an Wissen, so wird sein Volk ihm, als einem Vorkämpfer
seines Rechts und seiner Ehre, ein treues Andenken bewahren.
Vgl. Kalender des Siebenbürger Volksfreundes für 1900. Hermannstadt, J. Drotleff.
K. Hoch: Joseph Gull, Schässburg 1899.
Fr. Teutsch.
Ziebarth, Karl, Universitätsprofessor für Prozess- und Strafrecht, * 9. Juni
1833 zu Heiligenstadt im Eichsfelde als Sohn des Domainenraths Z., f i7.0ctober
1899 zu Göttingen. Er besuchte das Gymnasium zu Heiligenstadt und die
Universitäten Göttingen, Bonn und Berlin. Nach dem Referendar-Examen
war er in Naumburg a. S., Halle und Suhl (Thüringen), dann als Assessor in
der Staatsanwaltschaft in Berlin, Erfurt und Spremberg (Lausitz) thätig. 1865
wurde er Hilfsarbeiter der Staatsanwaltschaft am Oberappellationsgericht Frank-
furt a. O., wo er in engere Beziehungen zu dem von ihm hochgeschätzten
Präsidenten Eduard Simson trat. Durch die werthvolle Arbeit »Realexecution
und Obligation«, Halle 1866, erwarb er sich den Doctorhut der juristischen
Facultät Halle und schrieb als Kritik der preussischen Entwürfe über Grund-
eigenthum und Hypothekenrecht »Die Reform des Grundbuchrechts«, Halle
1870. Er war 1869 als Rath an das Obergericht in Göttingen versetzt
worden, wo er sich habilitirte, nachdem der Versuch einer Schweizer Univer-
sität, ihn zu gewinnen, fehlgeschlagen. Er konnte bald darauf die strafrecht-
lichen Vorlesungen des erkrankten Prof. Zachariä übernehmen, erhielt ziemlich
gleichzeitig einen Ruf nach Rostock und in das preussische Justizministerium
unter Leonhardt; er zog es aber vor, als ordentlicher Professor der Rechte
an der Georgia Augusta zu verbleiben (15. Februar 1872), wie er auch Be-
rufungen nach Giessen und Strassburg ablehnte. Seine akademische Wirksam-
keit war erfolgreich. Sein Vortrag, namentlich seine Fälle, boten viel Selbst-
erlebtes, von Semester zu Semester neu Geschaffenes. In rastloser Arbeit
vervollkommnete er die von ihm eingeführten Grundrisse in seinen Vorlesungen
und verstand es, mit der Jugend zu empfinden und sich ihr anzupassen. Bei
der Universitätsfeier des Jahres 1887 wurde er zum Geheimen Justizrath er-
nannt. Auf ministeriellen Wunsch hielt er an der Forstakademie Minden
Vorlesungen, woraus sein »Forstrecht« in vierTheilen, Berlin 1887 — 89, hervor-
ging, eine anschauliche und packende Darstellung dieser selten behandelten
Materie. Er war ein ausgezeichneter Philologe von grossem Wissen und ganz
seltener Gedächtnisskraft, ein Virtuose in der Freundschaft. Leider befiel ihn
1879 ^^^ geistiges Leiden, das ihn zur Aussetzung seiner Thätigkeit zwang.
1897 traf ihn ein Schlag und im Sommer 1898 erkrankte er noch schwerer,
sodass er endlich — zu tiefstem Schmerze seiner Umgebung und Freunde —
einer geistigen Umnachtung anheimfiel. Aus glücklicher Ehe mit der Tochter
des Geheimen Sanitätsraths Hertzberg in Halle überleben ihn drei Söhne;
zwei jüngere sind Juristen, der dritte Dr. Erich Z., jetzt Oberlehrer am
Wilhelms-Gymnasium in Hamburg, als archäologischer Schriftsteller vortheil-
haft bekannt.
Nach gef. Mittheilungen der Wittwe — Göttinger Anzeiger No. 52x9 vom 20. Oct.
1899; Göttinger Zeitung No. 1x548 vom 19. Octobcr 1899 — Zarnckes liter. Centralblatt
1866 Sp. 364; 1870 Sp. 1135; X899 Sp. 1488 — Grünhuts Zeitschrift XII 642 (Texner) —
Ztsch. f. d. ges. StRW. XI 259.
A. Teichmann.
Dambach. Groth, Klaus. 103
Dambach, Otto Wilhelm Rudolf, Jurist, * 16. December 1831 zu Quer-
furt in der preussischen Provinz Sachsen als Sohn des in Berlin verstorbenen
Criminalgerichtsdirectors und Directors der Hausvogtei Dambach, der s. Z. die
Demagogen-Untersuchungen, auch gegen Fritz Reuter, geführt hat, f 18. Mai
1899 zu Berlin. Er studirte die Rechte in Berlin und war 1857 — 62 als
Assessor bei der Staatsanwaltschaft am damaligen Stadtgericht thätig. 1862
wurde er in das Generalpostamt als Justitiarius berufen, wo er allmählich zum
Wirkl. Geh. Postrath aufrückte. Er hatte »Beiträge zur Lehre von der Criminal-
Verjährung«, Berlin 1860, veröffentlicht und verfasste später den Entwurf des
Reichspostgesetzes vom 28. October 1871. Er wurde lebenslängliches Mitglied
des preussischen Herrenhauses und Kronsyndikus sowie Vorsitzender der Kgl.
preussischen Sachverständigenvereine zur Begutachtung von Fragen über Nach-
druck und Nachbildung. Die Reichsgesetze über Urheberrecht sind wesent-
lich von ihm entworfen und im Reichstag vertreten worden. Mit Heyde-
mann gab er »Die preussische Nachdrucksgesetzgebung, erläutert durch die
Praxis des Kgl. preussischen literarischen Sachvers tändigen- Vereins«, Berlin 1863,
femer »Gutachten des preussischen literarischen Sachverständigen- Vereins aus
den Jahren 1864 — 73«, Leipzig 1874, und »Fünfzig Gutachten über Nach-
druck und Nachbildung«, Leipzig 1891, heraus. Ferner schrieb er »Die
Strafbarkeit des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit beim Vergehen des Nach-
drucks im preussischen Rechte«, Berlin 1864, »Die Gesetzgebung des Nord-
deutschen Bundes betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen,
musikalischen Compositionen und dramatischen Werken«, Bd. 1871: »Das
Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reiches«, ebd. 1872, 5. Aufl. 1892;
»Das Telegraphen-Strafrecht« (Gerichtssaal Bd. XXIII 241 — 298, auch separat
Berlin 1872, franz. Beme 1872); »Das Musterschutz-Gesetz vom ii. Januar
1876«, Berlin 1876; »Das Patentgesetz« ebd. 1877; »Der deutsch-französische
Literarvertrag«, ebd. 1883. In Holtzendorffs Handbuch des deutschen
Strafrechts behandelte er (Bd. 3 — 4, Berlin 1874 — 77) Nachdruck und Nach-
bildung, in Holtzendorffs Handbuch des Völkerrechts Bd. 3 die internatio-
nalen Verträge über Urheberrecht u. s. w. (Hamburg 1887). Seit 1873 war
er auch ausserordentlicher Professor der Berliner Universität. Die Pflege des
deutschen Urheberrechts und insbesondere die praktische Handhabung der
deutschen Urheberrechtsgesetze war eine der Hauptaufgaben seines arbeits-
reichen Lebens. Ebenso hat er als Vorsitzender aller preussischen Sachver-
ständigen-Vereine es verstanden, diese zu Hütern einer constanten praktischen
Auslegung jener Gesetze zu machen und ihren Gutachten auch über das Gebiet
des Deutschen Reiches hinaus uneingeschränkte Anerkennung zu verschaffen.
Vgl. den Nekrolog des Geh. Regierungsrathes Dr. Daude in Berlin (Deutsche
Juristen-Zeitung 1899 S. 230) — Illustr. Leipz. Ztg. 1899 I 733 mit Bild — Association
litteraire et artistique internationale, son histoire — ses travaux — Paris 1889 P* '5^ —
Archiv f. bürgerliches Recht XI 197.
A. Teichmann.
Groth, Klaus Johann, der grosse niederdeutsche Dichter, * 24. April
18 19 zu Heide im Herzogthum Holstein, Amt (jetzt Kreis) Norderdithmarschen,
als ältester Sohn des Müllers Hartwig Groth und der Anna Christine Linde-
mann aus Tellingstedt, f i. Juni 1899 als Universitätsprofessor in Kiel. Die
FamUie G. stammt aus dem nordwestlich von Heide gelegenen Dorfe Hägen,
I04 Groth, Klaus.
war also wahrscheinlich altdithmarsischen Ursprungs. Der Knabe Klaus
Groth besuchte die Volksschule seines Heimathsortes, des damaligen Fleckens,
der jetzigen Stadt Heide, musste aber früh auch in dem landwirthschaftlichen
Betriebe seines Vaters helfen und lernte so von Jugend auf die Natur seines
Vaterländchens, des in Geest und Marsch zerfallenden Landes Dithmarschen,
und das Volk, dem er angehörte, kennen. Häufige Besuche in dem Geburts-
ort seiner Mutter, dem zwei Meilen östlich von Heide gelegenen Kirchdorfe
Tellingstedt, das er dann selber als sein »Jungsparadies« bezeichnete, er-
weiterten diese Kenntniss noch. Obwohl Klaus Groths ungewöhnliche Be-
gabung sich zeitig verrieth, dachte doch Niemand daran, ihm zum Studium
zu verhelfen, und so trat er nach seiner Confirmation bei dem Heider Kirch-
spiel vogt als Schreiber ein, genau so wie Friedrich Hebbel früher bei
dem Wesselburner — es war in Dithmarschen der einzige Weg für die Söhne
des Volkes, sich emporzuarbeiten. Was der junge Mann, schon jetzt an
eine dichterische Zukunft denkend, aber das regelrechte Studium für etwas
Unerreichbares haltend, sich vor Allem gewünscht, Zeit und Bücher, das fand
er in den nächsten Jahren, auch einen anregenden Bekanntenkreis — die da-
malige Dithmarsche Schreibergeneration war nicht ohne geistige Interessen,
vor Allem für das Sprachstudium, das ihrem Berufe am nächsten lag, ein-
genommen — , unermüdlich arbeitete er an seiner Ausbildung, las die deutschen
Klassiker und Shakespeare, fing von fremden Sprachen das Dänische, das Eng-
lische und Französische an und trieb auch eifrig Musik, der seine Liebe dann
sein Leben lang gehörte. Höchst bezeichnend für seine Energie ist es, dass
er den Drang zu poetischer Production, der sich früh geregt und zu wenigstens
von seinen Freunden gelobten Gedichten gefuhrt hatte, unterdrückte, »um erst
etwas Ordentliches zu lernen«. Ein ganzes Jahrzehnt lang hat er dann keinen
Vers geschrieben. Nachdem er vier Jahre lang Schreiber gewesen, sah er
aber doch ein, dass er aus der Enge seines Heimathsortes hinaus und eine
Bildungsanstalt beziehen müsse, und so ging er, da die Mittel seines Vaters
nicht weiter reichten, man auch wohl annahm, dass es ftlr das akademische
Studium schon zu spät sei, auf das Schul lehrer-Seminar in Tondem. Die An-
stalt als solche konnte ihm freilich bei der schon erreichten autodidaktischen
Bildung wenig mehr bieten, aber G. fand doch jetzt Gelegenheit, seine Studien
planvoller zu betreiben: zu den genannten Sprachen kamen jetzt noch Latein
und Griechisch, Altdeutsch, Altnordisch und Schwedisch, auch Italienisch,
und vor Allem Mathematik und Naturwissenschaften zogen die ganze Hingabe
des Bildungseifrigen an sich. Nach Vollendung des dreijährigen Cursus be-
stand er sein Examen ohne Mühe, erreichte aber nur den zweiten, nicht den
ersten »Charakter«, was wohl auf eine Eifersüchtelei der Lehrer zurückzuführen
ist. Nichtsdestoweniger erhielt er sofort einen Ruf an die Mädchenschule
seines Heimathsortes und war nun von 1839 bis 1847 Lehrer, wie allgemein
berichtet wird, ein ganz vortrefflicher, der seine Schülerinnen sogar weiter
förderte, als es seiner vorgesetzten Behörde wünschenswerth erschien. Seine
Privatstudien gab er trotz seiner pädagogischen Thätigkeit nicht auf, vertiefte
sie vielmehr nach allen Richtungen, so dass nun Sprachgeschichte und Sprach-
philosophie, Physiologie der Organismen und dergleichen schwierige Disciplinen
im Mittelpunkt seiner geistigen Thätigkeit standen und er zugleich einer der
besten Kenner der schleswig-holsteinischen Flora wurde. Da er sich auch
dem öffentlichen Leben nicht entzog, u. A. einen landwirthschaftlichen Verein
und eine Liedertafel gründete, so war sein ganzes Leben freilich ein An-
Groth, Klaus. 10 c
stürmen gegen seine Gesundheit. Besser wurde es damit nicht, als ihm dann
auch allmählich seine Lebensaufgabe aufging: der von Ludolf Wienbarg ver-
kündete Untergang der plattdeutschen Sprache war es, der sein ganzes Wesen
in Aufruhr brachte und es ihm, dem treuen Sohne seiner Heimath, der den
Werth des Niederdeutschen auch durch seine Sprachstudien erkannte, nahe-
legte, seine ganze Kraft an die Rettung der heimischen Sprache zu setzen.
Klar erkannte er, dass das nicht durch gelehrte Werke und Abhandlungen,
sondern nur durch Dichtungen möglich sein werde, und nun galt es für ihn,
den W^eg zu finden; denn eine ernst zu nehmende plattdeutsche Poesie gab es zu
seiner Zeit nicht. Hebel und Robert Bums, die er in dieser Zeit kennen lernte,
konnten ihm den Weg zeigen, aber das Beste musste er doch selber thun, sich das
Instrument einer niederdeutschen poetischen Sprache und Technik selber er-
bauen. Das war eine ungeheure Aufgabe, und man begreift sehr wohl, dass
dem Dichter das eigene Unternehmen oft als ein verzweifeltes vorkam und
seine Freunde bange für ihn wurden. Was lange zu erwarten gewesen, der
körperliche Zusammenbruch trat denn auch im Jahre 1847 ein, G. musste
seine Stelle aufgeben und zog sich mit einem Wartegeld zu seinem Studien-
freunde Leonhard Seile, Organisten und Lehrer zu Landkirchen auf der Insel
Fehmarn, zurück. Hier blieb er fünf Jahre, und hier entstand, während in
Schleswig der Kampf gegen die Dänen tobte, die lyrische Sammlung
» Quick bom« .
Seine Studien hat G. trotz seiner schlechten Gesundheits Verhältnisse auch
auf Fehmarn fortgesetzt, aber dann, im Jahre 1849, ist der Gelehrte plötzHch
zum Dichter geworden. Die so lange unterdrückte poetische Kraft Hess sich
nun nicht mehr zurückhalten, sie brach mit aller Gewalt hervor und erzeugte,
da der Dichter inzwischen reif geworden war, jetzt auch nur reife, nach Form
und Inhalt vollendete Gedichte, oft mehrere an einem Tage. Völlig erfüllt
von der Aufgabe, heimisches Volksthum und Volksleben in der heimischen
Sprache darzustellen, erhielt der Dichter das eigentlich treibende poetische
Motiv nun noch durch die Sehnsucht nach der Heimath, die ihn erfüllte,
durch die Erinnerungen an seine glückliche Kindheit, die sich ihm, dem
scheinbar zum frühen Tode bestimmten, natürlich um so mächtiger aufdrängen
mussten; da er aber von Haus aus eine gesunde Natur war, so blieb auch
seine Dichtung durchaus gesund. Nach und nach rundete sich die Sammlung,
Anfang 1852 konnte an die Herausgabe gedacht werden, die der Hamburger
Verleger Mauke übernahm. Es wurde noch das Gutachten Klaus Harms, des
berühmten Kieler Theologen, eines Dithmarscher Landsmanns G.'s, und das
von Gervinus eingeholt. »Sie brauchen weder Klaus Harms noch mich, Ihre
Gedichte werden sein wie eine Oase in der Wüste«, schrieb dieser dem
Dichter. Zu Anfang November 1852 erschien dann das Buch, »Quickborn
(d. h. frischer Quell, Jungbrunnen). Volksleben in plattdeutschen Gedichten
Dithmarscher Mundart« lautete der Titel; der Erfolg war gewaltig. Schon
im Januar 1853 zeigte sich eine neue Auflage nöthig. Bald darauf verliess
der Dichter die Insel und begab sich, nachdem er auf der Reise zu Lütjen-
burg noch einige Monate krank gelegen, nach Kiel, wo er im August 1853
anlangte. Hier trat er dann namentlich zu seinem Landsmann Karl Müllen-
hoff, dem berühmten Germanisten, der den »Quickborn« als eine poetische
That ersten Ranges begrüsst hatte, in nähere Beziehungen.
In der That, der »Quickbom« ist so etwas. Wohl war in Deutchland
Hebel G. vorangegangen, wohl war die Dialekt-Dichtung seitdem namentlich
lo5 Groth, Klaus.
im Süden (Stelzhammer, Kobell) nicht mehr erloschen, auch hatte deutsches
Stammesthum seit dem Auftreten Jeremias Gotthelfs, seit Immermanns »Münch-
hausen« (Oberhof) und der Schöpfung der Dorfgeschichte durch Berthold
Auerbach vielfach eine sowohl treue wie poetische Darstellung gefunden.
Aber eine Darstellung heimischen Volkslebens in vollendeten lyrischen Ge-
dichten, eine allseitige noch dazu, gab es bisher noch nicht; G. war der erste
grosse deutsche Lyriker, der sich des Dialekts bediente, als solcher übertraf
er selbst Hebel, der doch wesentlich Idylliker ist. Fasst man dann nur nord-
deutsches Leben und norddeutsche Dichtung ins Auge, so wird G.'s Stellung
noch um so bedeutsamer: er hat Niederdeutschland, im Besonderen Nieder-
sachsen erst für die Poesie erobert, trotz Immermanns »Oberhof« und der
Gedichte der Droste-HülshofF, die ja unzweifelhaft echt niederdeutsch sind,
aber doch noch des Mediums der Subjectivität des Dichters bedürfen, das
Volk, seine Gefühlswelt noch nicht unmittelbar zum Sprechen bringen. Das
thut zuerst G., thut es noch sogar mit jenen Menschen an Nord- und Ostsee,
die bis dahin so ziemlich für die nüchternsten, unpoetischesten aller Deutschen
galten, thut es in so wunderbarer Weise, dass man ihm auch nicht einen
einzigen Nachlass künstlerischer Forderungen, wie den meisten anderen Dialekt-
Dichtem, zu gewähren braucht. G. ist Meister im ganzen Gebiete der lyrischen
Poesie und auch noch in ihren Grenzgebieten; ihm gelingt das persönliche,
subjective Gedicht, das aber immer im Rahmen des Volksthums bleibt, eben
so gut wie das im Volksliedton, er schafft Kinderlieder, die ohnegleichen,
nur mit Ludwig Richters besten Illustrationen zusammenzustellen sind, er
stellt das Thierleben wunderbar dar, er ist ein grosser Balladendichter, dem
die schlichte Geschichts- eben so gut liegt wie die unheimliche Gespenster-
Ballade, er zeichnet zahlreiche Volksskizzen, ernst und humoristisch, er ist
ein ausgezeichneter Idyllendichter, er vermag auch grössere poetische Er-
zählungen lyrisch -epischen Charakters zu schaffen. Alle die genannten
Gattungen sind im »Quickborn« vertreten, wohlverstanden, alle mit Meister-
stücken, wie ohne Weiteres klar wird, wenn man nur die berühmtesten Titel
und Anfänge nennt: »Min Jehann«, und »As ik weggung«, »He sä mi so veel«
und »Lat mi gan, min Moder slöppt«, »Still min Hanne« und »Dar wahn
en Mann«, »Lütt Matten de Has« und »Aanten int Water«, »Ol Büsum«
und »Hans Iwer«, »De Krautfru« und »De Orgeldreier«, »Dat Gexsitter«,
»Rumpelkamer« und »De Fieler Fischtog«. Als Ganzes übertrifft der
»Quickborn« ohne Zweifel ungezählte deutsche Gedichtsbände, wir haben nicht
viel Sammlungen von dieser Reichhaltigkeit und Vollendung im Einzelnen.
Grössere lyrische Individualitäten und Künstler als G. giebt es allerdings
wohl noch, aber neben einen Uhland z. B. darf er sich sicher auch als
solcher stellen.
Kiel ist dann G's. neue Heimath geworden. Zunächst hat er in den
Jahren 1855 bis 1857 mit Unterstützung seiner holsteinisch-dänischen Re-
gierung noch eine grössere Reise gemacht, über Hamburg und Pyrmont nach
Bonn, wo er längere Zeit Aufenthalt nahm, Otto Jahn zum Freunde gew^ann
und mit E. M. Arndt, Dahlmann u. s. w. verkehrte, auch im Anfang des Jahres
1856 die Würde eines Ehrendoctors der Philosophie erhielt. Von Bonn aus
bereiste er Süddeutschland und einen Theil der Schweiz und ging dann nach
Leipzig und nach Dresden, wo er u. A. Frey tag und Auerbach kennen lernte.
Nach Kiel zurückgekehrt, im Sommer 1857, fasste er den Entschluss, sich
an der dortigen Universität für deutsche Sprache und Literatur zu habilitiren,
Groth, Klaus. X07
über welchem Entschluss seine Freundschaft mit Müllenhoff in die Brüche
ging, und verheirathete sich darauf, im Jahre 1858, mit Doris Finke aus
Bremen. Mit seinem grossen Landsmann Friedrich Hebbel trat er in dieser
Zeit in Briefwechsel — gesehen haben sich die Beiden nur einmal, in ihrer
Jugendzeit. G's. Ehe war sehr glücklich und mit Kindern gesegnet, doch
machte sich 1864 bei seiner Frau ein Lungenübel bemerkbar, dem sie drei-
zehn Jahre später, 1877, erlag. 1866, unter der österreichischen, Gablenzschen
Verwaltung Holsteins, wurde G. zum Professor ernannt, freilich nur mit sehr
geringem Gehalt (das dann die preussische Regierung später verdoppelte), in
eben demselben Jahre bezog die Familie ein eigenes Haus am Schwanenwege
in Kiel (jetzt Klaus Grothplatz No. i), in dem der Dichter sein ganzes weiteres
Leben, zulelzt, als seine Kinder gross geworden waren, ziemlich vereinsamt,
verbrachte. Nur die grosse Freude an der Musik hat er immer behalten und
ist mit Johannes Brahms, der ja auch Dithmarscher Ursprungs ist, wenn auch
in Hamburg geboren, sowie mit Hermine Spiess befreundet gewesen. Er-
wähnenswerth sind wohl noch seine Reisen: 1861 war er in den Nieder-
landen, 1863 in England und Frankreich, dann noch wiederholt in England
und Holland, wo er in Oxford, London, Leyden und Amsterdam Vorträge
hielt, 1873 1^ Wien und Pest, 1886 und wieder 1895/96 sah er Italien, das
letzte Mal vor Allem auf Capri, bei seinem Freunde, dem Maler Allers, ver-
weilend. An Ehrungen hat es ihm sein Leben lang nicht gefehlt, namentlich
der Kronprinz Friedrich Wilhelm hat ihn ausgezeichnet, auch hat er 1894
vom Kaiser die grosse Medaille für Kunst und Wissenschaft und (mit Theodor
Fontane zusammen) den Schillerpreis empfangen. Ausser in Deutschland war
sein Ruhm namentlich auch in den Niederlanden, wo er die »dietsche« Be-
wegung kräftig unterstützte, und bei den Plattdeutschen in den Vereinigten
Staaten gross. Zuletzt galt er überhaupt als Mittelpunkt der gesammten
niederdeutschen Dichtung, und demgemäss wurden zur Feier seines achtzigsten
Geburtstages fast überall auf niederdeutschem Boden Festlichkeiten veranstaltet.
Er verlebte diesen Geburtstag noch in voller Rüstigkeit, starb aber doch bald
darauf an einer Lungenentzündung.
Der »Quickborn« ist, wie natürlich, sein Hauptwerk geblieben und hat
bis jetzt, die von Otto Speckter trefflich illustrirte Ausgabe mitgerechnet,
25 Auflagen erlebt. Gegen die erste Auflage gehalten, ist er jetzt stark ver-
mehrt, doch hat der Dichter die Klugheit besessen, nur die vollendeten Ge-
dichte seiner späteren Zeit hineinzugeben. 1854 erschienen die »Hundert
Blätter, Paralipomena zum Quickborn«, hochdeutsche Gedichte, die vor Allem
für die Erkenntniss des ganz persönlichen Gefühls- und Gedankenlebens des
Dichters wichtig sind und doch eine Anzahl von Stücken enthalten, die auf
der Höhe des besten Lyrischen im »Quickbom« stehen. Als hochdeutscher
Dichter hatte G. eine Vorliebe für das Sonett, was sich, da er doch eben
nicht reiner Volkspoet war, sondern auf der Höhe der poetischen Cultur
seiner Zeit stand, wohl erklären lässt. Schon ehe er nach Bonn ging, hatte
er seine erste plattdeutsche Erzählung »Detelf«, die erste neuplattdeutsche
Erzählung, ja wohl Prosa überhaupt, geschrieben; sie wurde 1855 veröffent-
licht und zwar mit einer anderen kleineren als I. Band der »Vertelln«. Ein
n. Band folgte 1859. 1858 gab G. seine »Briefe über Hochdeutsch und
Plattdeutsch« heraus, die, da sie das Plattdeutsche als selbstständige Schrift-
sprache neben dem Hochdeutschen verlangten, auf starken Widerspruch
stiessen; in einer späteren Schrift über »Mundarten und mundartliche Dichtung«
Io8 Groth, Klaus. Knoll.
(1873) hat er seine Anschauungen modificirt. Die gleichfalls 1858 erschienenen
Kinderreime »Voer de Goem« sind in den »Quickborn« aufgenommen worden.
1862 wurde das Idyll »Rotgetermeister Lamp un sin Dochder« veröffentlicht,
1866 erschienen die patriotischen Gedichte »Fiv nie Leder«, 1870 der zweite
Theil des »Quickbom«, der u. A. die grössere epische Dichtung »De Heister-
krog« brachte. Inzwischen war Fritz Reuter der Liebling des deutschen
Volkes geworden, G's. spätere Dichtungen fanden zunächst nicht mehr die
verdiente Beachtung, obwohl er im »Rotgeter« und im »Heisterkrog« unbe-
dingt das Beste seiner späteren Tage gegeben und der plattdeutschen Litera-
tur zwei mit den vorzüglichsten ähnlichen Werken der hochdeutschen wohl
zu vergleichende Werke geschenkt hatte. Der »Rotgeter« ist im Stile von
»Hermann und Dorothea«, aber dabei selbstständig; er stellt das Leben in
Heide und auf der Geest dar, während der »Heisterkrog«, ungefähr der
Stimmungswelt der Stormschen Novellen angehörig, das Marschleben schildert.
1875 erschienen dann noch die Erzählungen »Ut min Jungsparadies«, 1881
die drei letzten Erzählungen. Im Ganzen hat G. neun Erzählungen geschrieben,
von denen »Detelf« (später »Wat en holsteinischer Jung drömt, dacht und
belevt hett voer, in und na de Krieg 1848«), »Trina» und »Um de Heid«
die umfangreichsten sind, alle aber das heimische Leben aus der eigenen Er-
innerung mit ausserordentlich feiner Detailkunst darstellen. Mit Reuters
Romanen sind sie nicht vergleichbar, eben so wenig mit Storms Novellen;
es sind echte Erzählungen, aus denen das Antlitz des Erzählers fortwährend
hervorblickt. Aus mündlichen Erzählungen des Dichters gab Eugen Wolff
dann 1891 G's. »Lebenserinnerungen« heraus, die der Dichter darauf selber
noch in den letzten Jahren seines Lebens durch biographische Aufsätze in
der »Gegenwart« und der »Deutschen Revue« ergänzte. G's. »Gesammelte
Werke« erschienen 1893 zuerst, in vier Bänden, von denen die beiden ersten
die plattdeutschen Dichtungen, der dritte und ein Theil des vierten die Er-
zählungen, der letzte Theil des vierten die hochdeutschen Gedichte, diese
stark vermehrt, brachte. In einer neuen Auflage konnte der Dichter auch
noch die Vollendung eines epischen Fragmentes, »Sandburs Dochder«, geben.
Die wichtigsten Werke und Schriften zur Klaus Groth-Literatur sind eine Skizze
Karl MUllenhoffs von 1856, in den »Lebenserinnerungen« wieder abgedruckt, ein Vor-
trag von Karl Eggers, »Klaus Groth und die plattdeutsche Dichtung« (1885), die
vlämische Biographie von Dr. J. C Hansen in Antwerpen (1889), dann das wohl das ge-
sammte Material zusammenbringende umfangreiche Werk »Klaus Groth, sein Leben und
seine Werke, ein deutsches Volksbuch« von H. Siercks (Kiel 1899), zu dem die Schrift
von Adolf Bartels, »Klaus Groth« (Leipzig 1899) eine Art aesthetisch-kri tischer Er-
gänzung bildet. Eine Briefwechsel und Lebensbeschreibung verbindende Biographie in
der Art von Bächtolds »Keller« ist geplant.
BUsten und Bilder giebt es von Klaus Groth eine grosse Anzahl. Als die besten
gelten: zwei BUsten von Harro Magnussen, eine (1883) im Antwerpener Büchersaal, die
zweite (1893) i™ Klaus Groth-Hause, weiter eine Büste und ein Medaillon des frühver-
storbenen Bildhauers Tiedje, auch beide im Besitz des Dichters; von Gemälden: das Bild
von Christian Ludwig Bokelmann, 1892 von der Berliner Nationalgalerie angekauft, ein
lebensgrosses Bild von Hans Olde und zwei von Nicolaus Bachmann, zur Zeit in Berlin.
Auch an guten Photographien ist kein Mangel.
Ad. Bartels.
Knoll, Conrad, Ritter von, Bildhauer und Professor, ♦ 9. September
1829 zu Bergzabern (in der bayerischen Rheinpfalz), f 14. Juni 1899 ^"
München. Früh verwaist, kam K. durch seinen Vormund in die Werkstätte
Knoll.
109
Wtirschmitts, wo es oft sehr toll und ausgelassen herging, der Knabe nur
zu Steinmetzarbeiten bei Grabsteinen verwendet wurde, aber doch von den
Welken der klassischen Künstler und Dichter hörte und aus Wtirschmitts
Rednergabe mannigfaltigen Nutzen zog. In Karlsruhe (1845 — 47) weitere
Bildung suchend, gerieth K. bei einem Theaterbrande in Lebensgefahr und
in eine schwere Krankheit, so dass man schon seinen Tod in die Heimath
meldete. Ueber Stuttgart kam K. Ende 1847 an die Polytechnische Schule
nach München zu Halbig und alsbald an die Akademie (1848 — 52); hier er-
reichte ihn der erste lohnende und rühmliche Auftrag, im grossen Sängersaal
der Thüringer Wartburg die Träger des Dach- und Sparrenwerkes mit phan-
tastischen, der deutschen Mythologie entnommenen Gestalten zu schmücken,
wobei K. nicht allein eine virtuose Behandlung der Holzsculptur bewährte,
sondern auch eine überaus glückliche Kraft, die deutsche Sage und Mythe
in plastischer Form zum Ausdruck zu bringen. Im Zusammenhange damit
entstand sein »Tannhäuser-Schild«, auf welchem er in cyklischer Weise die
Märe dieses ritterlichen Sängers in flachen Reliefdarstellungen erzählte; leider
wurden diese, besonders in den Linien schön fliessenden, figurenreichen Com-
positionen nie im Erzguss ausgeführt und vervielfältigt. Den feurigen Dank
der Jugend errang K. mit dem Pokale für die Studentenschaft zur dritten
Saecular-Feier der Universität Jena. Ausser verschiedenen Marmorbüsten,
darunter auch die schöne, früh verstorbene Schwester des Dichters Jos. Victor
von Scheffel, fertigte K. im Auftrage König MaximiHans 11. den mit der Statue
des Wolfram von Eschenbach bekrönten Brunnen für die Heimath des grossen
Parzival-Dichters. Darauf folgte die Statue einer »Germania« für einen Kunst-
freund in Kiel und jene der »Sappho«, welche, gegen die historische Kritik,
in dem ihrem Sturze von dem leukadischen Felsen vorausgehenden Augen-
blicke aufgefasst ist; das ganz im klassisch-romantischen Sinne in sorgfältigstem
Detail ausgeführte Bildwerk erwarb König Ludwig IL Daran reihten sich
die Modelle zu den Colossalstatuen Herzog Heinrichs des Löwen und Kaiser
Ludwigs des Bayern für die Fagade des alten Münchener Rathhauses (1862)
und zu dem ausserordentlich glücklich erfundenen und ebenso aufgebauten
»Fischbrunnen« (am Marienplatz) vor dem durch Hauberrisser erbauten Rath-
haus, wobei K. die Entstehung des altherkömmlichen Münchener »Metzger-
sprunges« in geistreicher Weise gestaltete. Für den im Neubau befindlichen
Flügel plante K. ein entsprechendes Seitenstück, wahrscheinlich mit dem
»Schäfflertanz« oder mit einer Erinnerung an Gustav Adolf — welcher
während seines Aufenthaltes 1632 in einem nun abgebrochenen Hause wohnte — ,
ohne je zu einem Entwürfe zu kommen, welchen er in seiner Phantasie
schon völlig durchgearbeitet dachte. Ebenso originell wie der vorgenannte
Brunnen war K.'s Project zum »Uhland-Denkmal« für Tübingen (1868),
welches den Lieblingspoeten des deutschen Volkes in charakteristischer Weise
als Lyriker, Romanzen- und Balladen-Dichter, als Dramatiker und Patrioten
verherrlichte — , eine Schöpfung, welche den Beifall des Comitc^s erhielt,
aber aus unbegreiflichen Erwägungen abgelehnt wurde — , ein lehrreiches
Beispiel, dass bei Concurrenzarbeiten nicht immer das Beste durchgedrückt
wird. Vollen Beifall erwarb das Denkmal zu Braunau für den daselbst am
26. August 1806 auf Napoleons Befehl erschossenen patriotischen Buchhändler
Joh. Phil. Palm von Nürnberg, die Brunnen-Statue »Luther als Currendschüler«
(für Eisenach) und das Denkmal König Ludwigs I. in Kissingen. K. lieferte
auch zahlreiche Büsten, z. B. von Häusser (Heidelberg), den Philosophen
HO Knoll. Issel.
und Rieser -Dorfgeschichten -Dichter Melchior Meyr (Nördlingen), Beethoven,
Gluck, Frhr. von Limpöck, Consistorialrath P. H. von Ranke u. s. w. K.
fertigte auch das aus 678 Centner Marmor bestehende Union-Denkmal
der Pfälzer Protestanten für die Stiftskirche zu Kaiserslautem und viele Grab-
und Ehrendenkmale, z. B. auf Prof. von Jolly, Oberbaudirector F. A. v. Pauli,
die Colossalbüste Kaiser Wilhelms I. für Gevelsberg in Westfalen und ein
ähnliches Werk fiir die Walhalla, welches am 22. März 1898, am loi. Geburts-
feste des grossen, siegreichen Kaisers in feierlichster Weise inaugurirt wurde.
K. war seit 1866 langjähriger Vorstand der Münchener Kunstgenossenschaft;
als Abgeordneter derselben sprach er die Grabrede für den Altmeister Peter
Cornelius 1867 zu Berlin und den Nachruf bei der Todten-Feier für Anselm
Feuerbach (1880). Die erste Internationale Kunstausstellung zu München 1860
war sein Werk, ebenso die Rückgabe des Kunstausstellungsgebäudes für die
Münchener Genossenschaft, nachdem dasselbe längere Zeit für das »Anti-
quarium« gedient hatte. Als Vorstand des Münchener Kunstgewerbe-
Vereins trug er zu dessen Förderung bei und präsidirte durch mehrere Jahre
dem »Alterthums-Verein«. Er hat auch das Verdienst als intellectueller Ur-
heber der zum Besten der deutschen Invaliden-Stiftung veranstalteten Ver-
loosung von Kunstwerken, welche dem edlen Zwecke eine über 100 000 M.
sich beziffernde Summe zuführte. Seit 1868 wirkte der durch viele Aner-
kennungen, Ehrendiplome und Decorationen, insbesondere durch den bayerischen
Prinz-Regenten und Kaiser Wilhelm II. ausgezeichnete Meister als Professor
der Plastik am Polytechnikum zu München. In seinem Nachlasse fanden sich
eine überraschende Fülle von ausgeführten Modellen oder nur Project ge-
bliebenen Entwürfen und Skizzen, welche zur Ehre des Künstlers in die
besten Hände gelangten. Eine in kleinem Format sorgfältig durchgebildete
Marmorbüste Kaiser Wilhelms I. (eine Copie des vorgenannten Walhalla-Bild-
nisses) ging in den Besitz des Deutschen Kaisers Wilhelm II. über. Prinz-
Regent Luitpold erwarb die auf das Feinste ciselirte Bronze-Statuette seines
königlichen Vaters, Ludwig I. Das Gipsmodell des zu Kissingen befindlichen
Denkmals für Ludwig I. fand in der Hof- und Staatsbibliothek, welche eine
eigene Rubrik für die Geschenke des hohen Maecen angelegt hatte, seine
bleibende Stelle. Eine Büste des Professor von Jolly erstand die Münchener
Universität und eine Bronzebüste Hahnemanns die homöopathische Central-
Apotheke in Leipzig. Eine grosse Anzahl kleinerer Werke wurde nach Japan
verkauft, verschiedene Münchener Sammlungen erhielten erfreulichen Zuwachs,
z. B. das Historische Archiv im Neuen Künstlerhause und die Collection der
Stadt München (sog. Maillinger- Sammlung) je einen Gipsabguss der Büsten
des Malers Spitzweg und des Reichskanzlers Bismarck; der Kaim-Saal die
Büsten von Beethoven, Mozart und Gluck, der Confirmanden-Saal der Lucas-
Kirche das Modell zum Friedensengel (Kaiserslau tem\ Eine in Silber ge-
gossene Gruppe der mit ihren Kindern von der Wartburg verstossenen Land-
gräfin Elisabeth nebst dem Tannhäuser-Schilde gelangte nach Weimar u. s. w.
Vgl. No. 52 Ueber Land und Meer 1866. Wurzbach Lexikon 1S70, XXI, 241,
Regnet, MUnchener KUnstlerbilder, 1871, I, 332 fl*. Pecht, Geschichte der MUnchener
Kunst, 1888 S. 199. Müller-Singer 1896, II, 361. Abendblatt 164 »Allgem. Ztg.«,
15. Juni 1899. Kunstvereins-Bericht für 1899 S. 72 ff.
Hyac. Holland.
Issel, Karl Friedrich Wilhelm, Pfarrer, ♦ 9. August 1861 in Eppingen,
f 4. October 1899 in Betberg (Baden). I. war der Sohn eines wackeren Gerichts-
Issel.
III
notars aus der alten badnischen Beamtenschule, der schlicht und tüchtig, fleissig
und ernst in treuer Berufserfüllung bald einen bestimmenden Einfluss auf das
empfängliche Gemüth und die ganze Lebensrichtung des frühreifen Knaben
ausübte, um so mehr, da derselbe, als er noch die höhere Bürgerschule in
Ueberlingen besuchte, durch schweren Gelenkrheumatismus und ein dadurch
verursachtes dauerndes Herzleiden gezwungen wurde, allen regelrechten Schul-
unterricht aufzugeben und, mit grosser Schonung seiner Gesundheit, nur auf
private Weiterbildung angewiesen war. Dennoch gelang es ihm, das Gymnasial-
Abiturientenexamen in Karlsruhe mit dem Prädicat »Sehr gut« zu bestehen.
Sein Universitätsstudium begann er in Strassburg, und zwar zunächst nicht bei
der theologischen Facultät, sondern in den nationalökonomischen Fächern,
in denen er bald auch in eigenartigen Gedanken und Problemen, ähnlich
den späterhin von Friedrich Naumann vor grösserem Kreise vertretenen.
Tüchtiges leistete. Aber die Persönlichkeit und wissenschaftliche Weise des
Professors Holtzmann führte ihn der Theologie zu und zwar einer Theologie,
die bei aller kritischen Energie und Freiheit auch das religiöse Lebenselement
einer warm- und weitherzigen Frömmigkeit mit wirksamer kirchlicher Be-
thätigung zu seinem Rechte kommen lässt. Weiter führte ihn sein Studium
nach Heidelberg, Zürich und Berlin; auf der schweizer Universität war es
besonders Biedermann, dem er für die Klärung seiner dogmatischen Ueber-
zeugung das Meiste verdankte. Nach Ablauf der akademischen Lehrjahre ist
I. sodann an verschiedenen Stellen als Pfarrhelfer thätig gewesen, hat auf
längeren Reisen vielseitige Eindrücke gesammelt, ja, er war sogar — für
einen »Liberalen« ganz ungewöhnlich — in Karlsruhe im Dienst der Inneren
Mission beschäftigt, für die er in der Folge auch seine liberalen Gesinnungs-
genossen zu interessiren wusste, sodass während seines dortigen Wirkens,
statt der bisherigen schroffen Gegensätze zwischen der kirchlich »confession eilen«
und »freisinnigen« Richtung, eine Friedensära sich anzubahnen schien. Nach
provisorischer Verwaltung der Pfarrei Ittersbach übernahm er sodann die
Stelle eines Gefängnissgeistlichen in Freiburg i. Br. und führte 1890 eine Nichte
des Generals von Goeben als Gattin heim. 1893 folgte endlich seine An-
stellung in dem zwar fernab vom Weltverkehr aber um so reizender gelegenen
Dörfchen Betberg am Schwarzwald. Hier hat er 6 Jahre lang in unermüdlicher
opferfreudiger Arbeit gestanden, die ihn weit über die Grenzen seines engeren
Vaterlandes bekannt gemacht und mit den besten Männern unserer kirchlich
liberalen Theologie in gemeinsamer literarischer und Vereinsthätigkeit zu-
sammengeführt hat. Es galt ihm vor Allem, gerade von seinem theologisch
liberalen Standpunkt aus, neue Wege zur praktisch religiösen Einwirkung auf
die Laien weit in den Gemeinden zu gewinnen. Und das ist ihm im Bunde
mit tüchtigen thätigen Freunden in hervorragendem Masse gelungen: zunächst
durch die Neugestaltung des Heidelberger Sonntagsblattes »Die Kirche«, die
in kurzer Zeit, nachdem I. die Redaction übernommen, 23000 Abonnenten über
das ganze evangelische Deutschland hin sich gewann. Zu dem Sonntagsblatt
trat alsbald die Begründung eines eigenen für die literarische Klein- und
Weiterarbeit thätigen Verlags: der »evangelische Verlag« in Heidelberg wurde
von ihm zunächst unter grossen persönlichen Opfern, doch mit baldigem guten
Erfolg ins Leben gerufen. Um endlich auch den Sonntagslosen, vom Gottes-
dienst Ferngehaltenen und doch nach gesunder religiöser Speise Verlangenden
wenigstens eine gedruckte Predigt für ein Billiges zugänglich zu machen,
begründete er eine Serie von Pfennigpredigten als »Sonntagsgruss für Gesunde
112 Issel. König.
und Kranke«, die seither ebenfalls erfreulichen Fortgang genommen hat.
Durch diese drei literarischen Unternehmungen — in Parallele zu gleichartigen
Bestrebungen der kirchlichen Orthodoxie — hat I. den Beweis gebracht,
dass auch frei gerichtete Theologen nicht nur zu gelehrten kritischen Ab-
handlungen, sondern auch zu einer im besten Sinne positiv bauenden religiös-
populären Wirksamkeit im Stande sind. »Durch diese That gehört er der
badischen Kirchengeschichte an«, so heisst's darum in einem Nachruf von
Freundeshand. Und nur ein reines, vollkommen uneigennütziges Streben hat
ihn zu solcher Arbeit bewogen, die ihm keine äusseren Ehren, Einfluss oder
glänzende Stellung bringen sollte, aber Opfer an Kraft und Zeit und Geld
genug gekostet hat. Obwohl ihm ein Pfarramt in Berlin angeboten wurde,
ist er in seinem kleinen Betberg geblieben. Aber auch dort liefen viele
Fäden, insbesondere für jedes Unternehmen seiner badischen Freunde in
seiner Hand zusammen. Die Begründung der »kirchlich liberalen Vereinigung
in Baden« war wesentlich sein Werk. Er war der Mann des Vertrauens für
Viele, gerade weil er die eigene Person allezeit in den Hintergrund zu stellen
wusste. Eine grosse Kenntniss der Verhältnisse und Persönlichkeiten, nicht
nur in seiner engeren Heimath, kam ihm dabei zu Statten, und mit der Unter-
nehmungslust und dem Thatendrang der Jugend verband sich bei ihm früh
die Vorsicht und Bedächtigkeit des Alters. So war er hochgeschätzt vor
allen in den Kreisen des »Protestantenvereins«, des »Allgemeinen evangelisch-
protestantischen Missionsvereins«, des »Evangelischen Bundes«, der »evangelisch-
socialen Conferenz«, denen er mit seiner enormen Arbeitskraft, mit der Feder
wie auf Reisen und an Berathungstagen freudig gedient hat. Er ist dabei auch im
Geringsten treu gewesen als Seelsorger in allen Nöthen und Leiden der ihm
anvertrauten Gemeinde. So bedeutet sein früher Tod für Viele einen schmerz-
lichen unersetzlichen Verlust.
Deutsches Protestantenblatt No. 46.
Kohlschmidt.
König, Hugo, K. Professor, Genremaler, * 12. Mai 1856 zu Dresden,
f 27. Juli 1899 ebendas., bekam den ersten Unterricht bei Erwin Oehme,
seit 1879 in München bei Otto Seitz, Ludwig von Löfftz und Wilhelm von
Lindenschmit; bei einer akademischen Concurrenz erhielt K. den Preis für
eine Scene aus dem »Kaufmann von Venedig«. Das Bild »Desdemona ver-
theidigt ihre Flucht mit Othello vor dem Dogen« (als Holzschnitt in der
Gartenlaube 1887) war eine ziemlich pompöse Costümleistung ä la Becker.
Dann malte er noch viele Genrestücke und atmosphärische Landschaften mit
verschiedenen Staffagen. Das Bild »Beim Thürmer von St. Peter« wurde für
die Neue Pinakothek angekauft, ein anderes, »Auf dem Heimwege«, erwarb
Prinzregent Luitpold, welcher den Maler zum Professor an der Akademie
ernannte, wo K. elf Semester als Lehrer wirkte. Dann gab er wegen
Herzleiden seine Stelle auf, suchte im Bade Nauheim Heilung und zog zuletzt
nach Dresden. In München hatte er sich der »Secession« angeschlossen,
dann wurde er 1898 Mitglied der durch Ludwig Dill 1898 gegründeten neuen
Künstler-Vereinigung »Die Dachauer«. Von seinen Compositionen erschienen
viele als Holzschnitt in illustrirten Zeitungen, z. B. »Ein Gruss aus der Schweden-
zeit« (Schorers Familienblatt V, 325), die Mädchenköpfe »Schwarzblattl«
(No. 40 Gartenlaube 1887) und »Zitherspielerin« (Schorer 1887. No. 37
König. Lang. Neustätter. 1x3
S. 581), »Schwierige Passage^ (Münchener Kunstausstellung 1888 Abbildung
im 19. Heft. »Kunst flir Alle« i. Juli 1888), »Schwere Last« (No. 51 Schorer
1890) und »In der Herbstsonne« ebendas. S. 729), »Glückliche Stunden«
(Illust. Frauen Ztg. i. April 1892), »Maikätzchen (No. 32 Daheim 1892), »Rast
der Feldarbeiter« (Kunst für Alle 15. November 1893), »In S. Marco«,
»Unterm Apfelbaum« (Daheim 1892 S. 485), ein »Interieur« und »Das
Schweigen« (Secession 1893), »Neujahr in der Stadt« (photographirt bei
Hanfstängl, Holzschnitt in »Illustr. Frauen-Ztg.« i. Januar 1894), »Am Dorf-
weiler« (Velhagen und Klasing »Monatshefte« December 1895), ein »Kanal
aus Delft«, eine »Abendlandschaft« und ein »Kinderbildniss« in der Aus-
stellung 1897. (Allgem. Ztg. 17. Juli 1897). Der Künstler erhielt Ehrenaus-
zeichnungen und Diplome 1892 in Dresden und Berlin, bei der Internatio-
nalen Ausstellung in Wien 1893 die silberne Staatsmedaille, 1889 die II. Med.
in Melbome.
Vgl. Müller-Singer, Lexikon 1896. II. 371. No. 352 »Neueste Nachrichten« 2. Au-
gust 1899 und No. 211 Augsburger Abendztg. 2. August 1899. MUnchener Kunstvereins-
bericht für .1899 S. 74.
Hyac. Holland.
Lang, Hermann, Genre- und Historien-Maler, ♦ 3. April 1856 in Krum-
bach, f 3. Juli 1899 zu München. Sohn des k. Notars Eduard Lang in
Kempten; besuchte die Industrieschule zu Augsburg und 1876 bis 1882 die
Akademie in München, wo er bei Prof. Straehuber drei Medaillen und durch
Lösung einer Preisaufgabe (Ausschmückung eines anatomischen Lehrsaales)
ein Reisestipendium nach Italien erwarb. Er schuf eine Anzahl von an-
sprechenden Genrestücken, z. B. »Muttersorgen« (1882), »Eingeschlummert«
(1889), »Interessante Leetüre«, die »Schwere Wahl«, wo der Storch eines
von den im Teiche auf Blumen schwimmenden Kinderchen aussucht (No. 14
Gartenlaube 1889), die reizende, durch die Berge schwebende und Blumen
ausstreuende »Alpenflora« (1890. Zur guten Stunde, 2. Heft); auch ein
Portrait des Dichters Hermann Allmers (1890) und ein Fresco »Zunft der
Schmiede« (auf dem Rathhausplatze zu Kempten). Ausserdem widmete er
sich der religiösen Kunst, malte zwei Altarbilder nach Wertach, ein Altar-
blatt mit dem auferstandenen Christus für die Kirche zu Nübel in Schleswig,
einen Bildercyklus in die Hatlerdorfer-Kirche bei Dornbirn, ein »Es ist voll-
bracht« (1888) und verschiedene Heiligen-Figuren, wie St. Afra, Elisabeth,
Antonius, Madonna. Mit Begeisterung hing er an seiner Kunst, welche jedoch
durch ein langsam aber sicher fortschreitendes Gehimleiden gelähmt wurde.
Vgl. Fr. von Bötticher, Malerwerke 1895 I, 804. Müller-Singer Lexikon, 1896.
II, 438. Kunstvereinsbericht f. 1899. S. 75.
Hyac. Holland.
Neustätter, Louis, Genremaler, ♦ 5. September 1829 zu München,
f 24. Mai 1899 zu Tutzing (am Starnbergersee), erst zum Kaufmann bestimmt,
wurde durch den Kupferstecher Peter Lutz der Zeichnungskunst zugeführt,
besuchte 1847 die Akademie, widmete sich seit 1850 als Schüler des damals
epochemachenden Joseph Bernhardt dem Portraitfach. Nach einem kurzen
Besuch bei L^on Cogniet in Paris ging N. nach Rom und Neapel (1853)
und Hess sich dann im folgenden Jahre zu Wien nieder. Hier entstanden
viele Bildnisse, z. B. des Fabrikanten Ritter von Spörlin, des Hofopernsängers
Biogr. Jahrbach u. Deutscher Xekrulog. 4 Rd. 3
114
Neustätter. FrUhwald.
Walter, des Dichters Leopold Feldmann, aber auch viele hübsche weibliche
Studienköpfe und Genrestücke, eine »Dame am Kamin«, die »Tröstende
Freundin«, »Betende Italienerin«, eine »Siesta« u. dgl. Im Jahre 1862 fun-
girte N. als Mitglied der Kunstausstellungscommission in London und ent-
ledigte sich seiner Aufgabe in ausgezeichneter Weise. In Wien entstand auch
noch das Brustbild einer jungen, mit wohlgeformten Zügen und viel sagenden
Augen, aus der malerischen Kapuze eines weissen Burnus herausschauenden
Dame, welche als »Schwärmerin« bei seiner Uebersiedlung nach München
(1864) im Kunstverein Aufsehen erregte. Rasch folgten daselbst die »Waisen«,
eine »Wittwe« (1865), viele häuslichen Scenen mit spielenden Kindern (1869),
das »Begräbniss eines Vogels« (187 1) und der mit dem Portrait des Kaiser
Wilhelm I. auf dem Lande hausirende »Bilderhändler« — ein beneidens-
werther Griff ins echte Volksleben! Die letzten zwanzig Jahre verlebte N.
zu Tutzing; hier erhielt N. wegen seinen Bemühungen um Hebung und Ver-
schönerung des Ortes, für Stiftungen zur Feuerwehr und allerlei anderen
Wohlthaten von der dankbaren Gemeinde das Ehrenbürgerrecht. N. wurde
am 26. Mai auf dem israelitischen Friedhof zu München unter zahlreichem
Trauergefolge beerdigt.
Vgl. Münchener Propyläen. 1869. S. 487 ff. Wurzbach, Lexikon. 1869. XX, 307.
MUller-Singer 1896. II, 300. Fr. v. Bottich er, Malerwerke. 1898. II, 147. Morgenblatt
145 »AUgem. Ztg.« 27. Mai 1899.
Hyac. Holland.
Frühwald, Carl, Oberlandesgerichtsrath, ♦1852 zu Wien, f 23. April
1899 daselbst. Er entstammte einer Wiener Juristenfamilie. Sein 1883 ver-
storbener Vater, Wilhelm F., der zuletzt als Hofrath beim k. k. obersten
Gerichtshofe wirkte, war durch seine Tüchtigkeit als Richter und literarische
Arbeiten bekannt (vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon). Der Fleiss, die Ver-
standesschärfe, die Gesetzeskunde, die rasche Arbeitskraft und Arbeitsfreude
des Vaters ging auf den Sohn über, der nach Zurücklegung der unteren
Stufen richterlicher Thätigkeit 1888 Staatsanwal tssubstitut, 1893 Landesgerichts-
rath wurde, als Leiter des Bezirksgerichtes Fünfhaus fungirte und zuletzt mit
Titel und Charakter eines Oberlandesgerichtsrathes als Vorsitzender-Stellvertreter
eines Senates des Wiener Civilgerichts mit Erfolg thätig war. Er war Mit-
glied der judiciellen Staatsprüfungs-Commission, in richterlichen Kreisen wegen
seiner angenehmen Umgangsformen geachtet, in Anwaltskreisen wegen seines
liebenswürdigen Entgegenkommens sehr geschätzt. Er verfasste ein »Orts-
lexikon für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder«, Wien
1877; eine »Sammlung von Formularien für das Verfahren in Streitsachen«,
3. Auflage 1887; ein solches für das Verfahren ausser Streitsachen, 2. Auflage
1885; »Die Real- und Mobiliar-Meistbots-Vertheilung«, 2. Auflage 1886; ein
»Handlexikon zum österreichischen Reichsgesetzblatt«, 1888 und 1894; ein
»Handbuch für die civilgerichtliche Thätigkeit bei den Bezirksgerichten«, 1897 ;
die Bearbeitung des Grundbuchgesetzes in der Man z' sehen Ausgabe, 6. Auf-
lage 1898, und der Staatsgrundgesetze dieses Verlags, 6. Auflage 1894; be-
arbeitete auch mit Dr. Mo y zisch die Amortisation von Urkunden und Todes-
erklärungen in Oesterreich. Er erlag in der Blüthe männlicher Schaffenskraft
einem plötzlich hereingebrochenen tückischen Leiden.
Vgl. die Nekrologe in der Allg. österr. Gerichts -Zeitung 1899 No. 21 S. 170 und
»Jurist. Blätter« 1899 No. 18 S. 215/6.
A. Teichmann.
Miller.
"5
V. Miller, Wilhelm, Professor der Chemie an der technischen Hochschule
zu München, * in München 9. December 1848, f i. März 1899. M.^ ein
Sohn des genialen Künstlers F. v. Miller, aus dessen Erzgiesserei so viele be-
wundernswerthe Werke hervorgegangen sind, erhielt seine Bildung theils an
der Studienanstalt zu Metten (Niederbayern), theils auf dem Maximilians-
gymnasium seiner Vaterstadt und widmete sich zuerst, väterlichem Wunsche
folgend, dem Studium der Jurisprudenz, ging aber später, namentlich unter
dem Einflüsse J. v. Liebigs, zur Chemie Über, in welcher er 1874, mit einer
Dissertation über die chemischen Verbindungen im flüssigen Storax, die Doctor-
würde erwarb. Gleich nachher wurde er Assistent an der technischen Hoch-
schule, 1875 Docent und 1883, nach Erlenmeyers Resignation, ordentlicher
Professor. Zuvor hatte er mit längerem Urlaub Berlin aufgesucht und in
A. V. Hofmanns Laboratorium die neuesten Methoden der organischen Chemie
kennen gelernt, was zur Folge hatte, dass er nunmehr neben der Vorlesung
über allgemeine Chemie auch eine solche über organische Farbstoffe zu halten
vermochte. Lange Jahre ein gesunder und kräftiger Mann, in allen körper-
lichen Uebungen Meister und durch eine glückliche materielle Lage mancher
Sorgen des Lebens enthoben, führte M. in seinem höchst gastfreien Hause zu
München und in seiner schönen Villa zu Partenkirchen ein zufriedenes, neben
der Wissenschaft auch der Kunst, für die er Neigung und Anlage ererbt hatte,
geweihtes Leben. Seine Ehe war eine überaus glückliche; eine Wittwe und
vier noch in zartem Alter stehende Kinder beweinen den Dahingegangenen,
den zuletzt schweres Siechthum umfangen hatte. Aber bis an das Ende
suchte er seinen Berufspflichten nachzukommen, und aus dem Hörsaale begab
er sich in die chirurgische Klinik zu der entscheidenden Operation, von der
er sich nicht mehr erholen sollte. M.'s wissenschaftliche Arbeiten sind da-
durch gekennzeichnet, dass er sich zu ihrer Ausführung gerne mit gleich ge-
sinnten Freunden verband ; mit Doebner, Kinkelin, Spady, Ploechl, Hofer und
insbesondere mit zahlreichen Praktikanten seines Laboratoriums, die auf solche
Weise in das exacte Experimentiren eingeführt wurden, hat er so zusammen-
gewirkt. Aus einer zusammen mit dem Botaniker Harz angestellten Unter-
suchung ging das »Antinonnin« hervor, ein zunächst gegen den bekannten
Waldschädling, den als »Nonne« bekannten Schmetterling, gerichtetes Zer-
störungsmittel, das sich aber auch sonst als Antisepticum bewährt hat. Die
sehr zahlreichen analytischen und synthetischen Abhandlungen, welche zum
überwiegenden Theile in den »Berichten« der Deutschen Chemischen Gesell-
schaft zur Veröffentlichung gelangten, eignen sich ihres strengwissenschaftlichen
Inhaltes halber wenig zu gemeinverständlicher Inhaltsbesprechung. Dagegen
ist das weit verbreitete und mehrfach aufgelegte »Lehrbuch der analytischen
Chemie«, welches M. und Kiliani (jetzt in Freiburg, damals M.'s College) ge-
meinsam herausgaben, mit verdienten Ehren zu nennen, und das grosse Publi-
kum musste der Umstand lebhaft interessiren, dass es M. und Harz, die sich
Beide wiederum unterstützten, gelang, das Fabrikationsgeheimniss der antiken
cyprischen Goldfaden, welches ihnen der Alterthumsforscher Böckh zu errathen
aufgegeben hatte, wirklich herauszubringen, so dass dem von ihnen genommenen
Patente gemäss jetzt die Nachbildung keinen Schwierigkeiten mehr unterliegt.
Das letzte Lustrum seines Lebens gehörte M. auch der höchsten berathenden
Schulbehörde Bayerns, dem »Obersten Schulrathe«, an und hatte in dieser
Eigenschaft vielfache Gelegenheit, seine reichen Kenntnisse im Interesse der
Mittelschulen, insbesondere der sogenannten technischen Lehranstalten des
8*
j 1 6 Miller. Rosenberger.
Königreiches — Realgymnasien, Realschulen und Industrieschulen — zu
verwerthen.
Nekrolog von Prof. Lipp im Jahresberichte der k. technischen Hochschule la
München für das Studienjahr 1898 — 1899. — Persönliche Erinnerungen.
S. Günther.
Rosenberger, Ferdinand, Professor der Physik an der Musterschule
(Realgymnasium) zu Frankfurt a. M., * 29. August 1845 in Lobeda bei Jena,
t II. September 1899 in Oberstdorf i. A. (Bayern). R. schlug die Laufbahn eines
Elementarlehrers ein und hatte bereits eine Anstellung als Lehrer und Cantor
erhalten, als seine natürliche Neigung ihn veranlasste, im Fluge alle die ihn
von seinem Ziele trennenden Prüfungen nachzuholen und sich an der Universität
Jena dem Studium der mathematischen Wissenschaften zu widmen. Nachdem
er dort im Jahre 1870 promovirt und an verschiedenen Privatanstalten
unterrichtet hatte, machte er 1876 zu Kiel auch das preussische Staatsexamen
und wurde bald nachher ordentlicher Lehrer an der bezeichneten Anstalt,
an der er auch zum Oberlehrer und Professor aufrückte und treffliche Lehr-
erfolge erzielte. Aus früheren Jahren hat man von ihm ein den zielbewussten
Didaktiker bekundendes kleines Lehrbuch der »Buchstabenrechnung« (Jena
1876); später wandte er sich ausschliesslich der Geschichtsforschung auf dem
Gebiete der Physik zu, und was er hier geschaffen, sichert ihm bei allen
Fachgenossen ein dankbares Gedenken. Theilweise tragen diese Arbeiten
einen mehr abstracten, philosophischen Charakter (Ueber die Genesis wissen-
schaftlicher Entdeckungen und Erfindungen, Braunschweig 1885; ^^^ Geschichte
der exakten Wissenschaften und der Nutzen ihres Studiums, Abhandl. z. Gesch.
d. Math., 9. Heft); theilweise beschäftigen sie sich mit der Geschichte der
Elektricitätslehre und gewähren ein gutes Bild von deren rapider Ausbildung
im Verlaufe von etwa 150 Jahren (Ueber die erste Entwicklung der Elektri-
sirmaschinen, Verhandl. d. 68. Naturforscherversammlung; die erste Ent-
wicklung der Elektrisirmaschinen, Abhandl. z. Gesch. d. Math., 8. Heft; die
ersten Beobachtungen über elektrische Entladungen, ebenda; die moderne
Entwicklung der elektrischen Principien, Leipzig 1898). In dieser letzteren
Schrift wird der deutsche Leser ganz vorzüglich geschickt in die bei uns noch
viel zu wenig bekannten Gedankenkreise der englischen Physiker, vorab
Faradays und Maxwells, eingeführt. Nicht minder gut ist es dem flir solche
Aufgaben besonders veranlagten Verfasser gelungen, das Lebensbild des
grössten mathematischen Naturforschers der Vergangenheit zu zeichnen (Isaak
Newton und seine physikalischen Principien; ein Hauptstück aus der Ent-
wicklungsgeschichte der modernen Physik, Leipzig 1895); die spröde Persönlich-
keit und die spröde Art ihrer wissenschaftiichen Darstellung haben schon
Manchen abgehalten, in die Leistungen des genialen Briten tiefer einzudringen,
aber in R. erhält, wer dies beabsichtigt, einen trefflichen Führer. Ein sehr
grosses Verdienst endlich hat sich der verstorbene Gelehrte erworben durch
sein zusammenfassendes Werk (Geschichte der Physik in Grundzügen, drei
Theile, Braunschweig 1882 — 1890), worin die Geschicke der Naturlehre von
den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart in folgerichtiger Schilderung und in
lückenlosem Zusammenhange vorgeführt werden. Mochte die Kritik gegen die
Charakteristik des Aiterthums und Mittelalters einzuwenden haben, der Autor
fiihle sich etwas zu sehr als moderner Beurtheiler und stelle an jene frühen
Zeiten Anforderungen, die damals der Natur der Sache nach nicht zu erfüllen
Rosenberger. Bcrckholtz. u^
waren, so tritt mit dem weiteren Fortschreiten des Geschichtswerkes dieser
Nachtheil mehr und mehr in den Hintergrund, und speciell für das XVIII.
und XDC. Jahrhundert giebt es in der ganzen Literatur keinen besseren Rath-
geber. Mit einer ungewöhlich gründlichen Kenntniss des Geschaffenen verband
R. die Gabe, systematisch und ordnend das ungeheure Gebiet durchschalten
und die geistigen Fäden, welche die Entdeckungen und Erfindungen unter
einander verknüpfen, dem Auge auch des Femerstehenden biossiegen zu können.
Gttnther, Ferdinand Rosenberger (1845 — 1S99), Bibliotheca Mathematica (von
Eneström), 3. Folge, i. Band, S. 217 ff. (nach privaten Mittheilungen). Hier auch ein
Bildniss des Verewigten.
S, Günther.
Berckholtz, Alexandra von, Portrait- und Stillleben-Malerin, ♦ 26. August
1821 zu Riga, f 16. März 1899 in München, bereiste frühzeitig Italien und
Frankreich und erhielt dadurch die erste Anregung zur Kunst, welche unter
der Leitung der besten Lehrer, wie Lauchert, Winterhalter und Canon zu
Karlsruhe, dann bei R. Fleury in Paris gründliche Förderung fand. Seit
1865 in München, übte Pilotys Schule (insbesondere A. von Liezen- Mayer),
ausserdem aber das Vorbild der Blumenmalerien Therese Hegg in Nizza und
des Stillleben-Meisters Adam Kunz weiteren Einfluss. Mit mehr als dilet-
tantischem Vergnügen, mit einem wahren Künstlereifer malte Frl. von B.
viele sorgfältig ausgeführte Bildnisse, meist von Damen aus der höheren
Gesellschaft, z. B. die leider schon 1857 verstorbene schöne Schwester des
Dichter Jos. Victor von Scheffel; Frau Alexandra von Bodmann; Sophie
Freifrau von Moltke, diese feinsinnige Kunstpflegerin, Musikkennerin und
begeisterte Freundin von Richard Wagners Tondichtungen, eine Schwester
unserer Malerin; Frau Gräfin von Moy; Bertha von Schilcher; Baronin von
Treuberg; die reizende Miss Florence Osborn; Freifrau von Tiesenhausen,
die Gattin des bekannten Marine-Malers und viele andere Zierden der da-
maligen Salons. Nebenbei entstand eine stattliche Reihenfolge von Still-
leben-Bildem und Blumenstücken, worin sie durch zartes Arrangement und
feinempfundene Farbenstimmung mit ihren alten und neuen Vorbildern wett-
eiferte. Im unermüdlichen Eifer lind Drang, sich weiterzubilden, ermüdete
sie niemals, aus den neuesten Erscheinungen des Kunstlebens Nutzen zu
ziehen und sich zu fördern. Nur wenige Beschauer mögen unsere Aus-
stellungen und Bildergalerien mit solcher Freude und solchen Kenneraugen
durchgekostet haben wie Frl. von B., welche in neidloser Anerkennung jede
ehrliche Kraft schätzte und achtete und jeder neu auftauchenden Erscheinung
ihr Interesse zuwendete. Sie bestimmte nicht nur die Erzeugnisse ihrer
Kunst immer zu wohlthätigen Zwecken, sondern setzte auch einen grossen
Theil ihrer nicht unbeträchtlichen Mittel daran, verdienten Künstlern unter
die Arme zu greifen, verzagte Naturen zu neuer Thätigkeit anzureizen und
dem wirklichen Können neue Wege zu ebnen und anzubahnen. Dieses
sinnige Maecenatenthum auszuüben, gehörte zu den stillen Freuden dieser
wahrhaften edlen Seele und zwar mit der echt evangelischen Praktik, dass
die Linke nicht wusste, was die Rechte that. Sie cultivirte gleichmässig
alle Künste, erquickte sich an den Schöpfungen der neuesten Componisten,
wie an den Erzeugnissen der jüngsten Dichter, Dramatiker und Tragöden.
In der Ausübung ihrer humanitären Bestrebungen fand sie Trost und Hülfe
zur Ertragung der eigenen, durch gichtische Veranlagung stetig anwachsenden
1 1 8 Berckholtz. May. Bally.
Leiden, welche nie ihre Geduld beugten, wohl aber ihren artistischen Leistungen
hemmend entgegentraten. In unverbrüchlicher Treue blieb sie allen ihren
Freunden zugethan, eine wahre Trösterin und theilnehmende Beratherin in
Freud und Leid, in guten Stunden und in schweren Tagen. Dieselbe echte
deutsche Treue kettete sie auch an das kaiserliche Haus und dessen Palatine;
mit der gleichen Ehrfurcht hing sie am grossherzoglichen Hof von Baden,
welches sie als ihre zweite Heimat liebte und schätzte. Ihr Portrait
malte Richard Lauchert 1856; Alexander von Wahl modellirte ihre Büste
1870. —
Vgl. Dioskuren 1866. S. 353. Lützow's Zeitschrift X, 538. Julius Meyer, Künstler-
lexikon. 1885. III. 586. Müller-Singer 1895. I. in. Fr. v. Bötticher Malerwerke 1895.
84. Nekrolog im Abendblatt 76 »Allgem. Ztg.« 17. März 1899. Kunstvereins-Bericht f.
1899. S. 69. —
Hyac. Holland.
May, Andreas, Dr., Rath am Obersten Gerichtshof. Dramatischer Dichter.
♦ 12. November 1817 zu Bamberg, f 7. Januar 1899 in München, besuchte
das Gymnasium und I^yceum seiner Vaterstadt, dann die Universitäten Würz-
burg und München, promovirte 1842 als Doctor beider Rechte, machte
mit erster Note den Staatsconcurs zu Bayreuth, wurde 1843 Accessist beim
k. Appellationsgericht von Oberfranken, und 1848 in gleicher Eigenschaft
nach München versetzt, wo er bei der ersten öffentlichen Sitzung des
k. Kreis- und Stadtgerichts am 18. Januar 1849 ^^ Protokollist fungirte
und 1851 zum Assessor, 1853 Rath am Stadtgerichte und 1865 zum
Appellationsgerichtsrath vorrückte. Im Jahre 1875 wurde er Rath am
Obersten Gerichtshof, trat aber 1878 in Folge eines leichten Schlaganfalls in
den Ruhestand. M. war nicht nur ein hervorragender Jurist, sondern er^^arb
auch durch seine literarisch - dramatischen Arbeiten einen ausgezeichneten
Ruf. Die Aufnahme seiner Dramen war immer eine enthusiastische, ging
aber nur selten über die baierische Hauptstadt hinaus. Auf M.'s Grab legte
der Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung einen prachtvollen Lorber-
kranz. In seinem Bestreben, reale Stoffe zu gestalten, war M. ein gemässigter,
seiner Kraft voUbewusster Vorläufer der neueren Bühne und ihrer For-
derungen.
Vgl. H. Kurz, Gesch. der deutsch. Literatur 1874. IV, 494. Franz BrUmmcr,
Lexikon deutsch. Dichter und Prosaisten« 4. Aufl. III, 36.
Hyac. Holland.
Bally, Carl Franz, * in Schoenenwerd (Canton Solothurn) am
24. October 1821, f in Basel am 5. August 1899. Seinen Eltern Peter
Bally und Maria geb. Herzog als das elfte von 14 Kindern geboren, besuchte
Franz B. die Bezirksschule in Rheinfelden und die Cantonsschule in Aarau.
Nach einem kurzen Aufenthalte in Nyon am Genfersee trat er 1838 in das
bescheidene Geschäft seines Vaters, der eine kleine Band Weberei besass,
ein. Nachdem er 1847 gemeinsam mit einem Bruder und einem Vetter den
speciellen Zweig des väterlichen Geschäftes, die Fabrikation von Hosenträgern,
übernommen hatte, führte er dasselbe vom Jahre 1854 an auf eigene
Rechnung als alleiniger Inhaber fort. Schon damals begann er in seinem
Geschäfte die Herstellung elastischer Gewebe, sowie die Schuhfabrik ation in
Bally. Struckmann. 1 1 n
grösserem Massstabe einzuführen; dank seiner Energie verstand er es, lang-
sam aber sicher vorwärts schreitend, seinem Geschäftshause mit der Zeit in
der Schweiz die erste Stellung zu verschaffen und demselben auch im Aus-
lande einen geachteten Namen zu sichern. Als B. aus Gesundheitsrücksichten
1893 sein Geschäft seinen beiden Söhnen (aus seiner Ehe mit Cäcilie Rychner
von Aarau) abtrat, zählte dasselbe rund 2000 Arbeiter (Fabriken in Schönen-
werd, Gösgen, Aarau, Schöftland, Gränichen und Klingnau und Verkaufs-
filialen in London, Montevideo und Buenos Aires.) Seine nie rastende That-
kraft hat das ehemals kleine und stille Dörfchen Schönenwerd zu einer
schönen und wohlhabenden Ortschaft umgestaltet, zu deren Aufblühen er
nach den verschiedensten Richtungen hin seine ganze Arbeitskraft einsetzte.
Ihm verdankt die Gemeinde die Errichtung der Bezirksschule und einer
Kleinkinderschule, die Erstellung einer grossen Brücke über die Aare, den
Bau von Arbeiterwohnungen und Kosthäusern u. s. w.; öde Strecken Landes
längs des Flusses verwandelte er in prächtige Parkanlagen. Durch seine
Initiative wurde Schönenwerd eine eigene katholische Pfarrgemeinde zu Theil
(1859), der er ebenfalls sein lebhaftes Interesse entgegenbrachte. Dieselbe
schloss sich im October 1876 der christkatholischen Kirche der Schweiz an,
welcher Franz B. von Anfang an mit ganzer Seele als streitbarer Kämpe,
der seiner Ueberzeugung mannhaften Ausdruck zu verleihen wusste, angehört
hat und in deren obersten Behörde er als Synodalrath von 1878 — 1893
thätig gewesen ist. Wie auf dem kirchlichen, so stand B. auch auf dem
politischen Gebiete getreulich zur freisinnigen Fahne; er vertrat von
1861 — 1885 den Bezirk Ölten im solothurnischen Cantonsrathe und von
1875 — 1878 den Canton Solothum im schweizer. Nationalrathe, in welchem
es sich erfolgreich für den Erlass eines Patent- und Erfindungsschutz-Gesetzes
bemühte. »Papa« Bally, wie ihn seine Gemeindegenossen bezeichnender
Weise nannten, wurde Ende 1893 von einem schweren Nervenleiden befallen,
von dem er erst nach sechs Jahren erlöst wurde.
Vgl. Worte der Erinnerung an Hrn. Carl Franz Bally - Rychner von Schoenenwerd
(1821 — 1899). 8. Aarau, 1899.
Hans Herzog.
Struckmann, Johannes, Oberlandesgerichtspräsident, * 23. März 1829 zu
Osnabrück in einer Juristenfamilie, f 12. Mai 1899 zu Köln. Er studirte auf
den Universitäten Heidelberg, Berlin und Göttingen, trat März 1851 in den
hannoverschen Staatsdienst, war 1862 — 66 Obergerichtsassessor in Hannover,
Secretär der Commission zur Ausarbeitung einer Civilprozessordnung, gehörte
1867 — 70 dem preussischen Abgeordnetenhause, 1874 — 78 als hervorragendes
Mitglied der nationalliberalen Fraction dem Reichstage an, war eifrig thätig
in der sog. Reichs- Justiz-Commission. Er war 1870 zum Rath am Appellations-
Gericht zu Cöln berufen worden; 1872 zum Obertribunalrath befördert, war
er auch ein Jahr lang Mitglied des Ober Verwaltungsgerichts. Am i. October
1879 trat er an die Spitze des Landgerichts zu Hildesheim, wurde 1878/79
von der Universität Leipzig durch Verleihung der Doctorwürde geehrt, 1886
zum Oberlandesgerichtspräsidenten in Kiel und im September 1887 zu Köln
ernannt. Hier hat er sich als leuchtendes Vorbild treuer Pflichterfüllung die
Hochachtung und Liebe seiner Berufsgenossen wie der Bevölkerung in hohem
Grade er^'orben. Er rief die Juristenfeste des Rheinlandes und bei der
juristischen Vereinigung in Köln die Einrichtung einheitlicher und systematischer
120 Struckmann. Schröder. Hayduck.
Vorträge über das BGB. ins Leben. Voll Begeisterung für Vaterland, Kunst
und Wissenschaft war er in schlichtem, anspruchslosem Auftreten der liebens-
würdigste Gesellschafter. Zum 70. Geburtstage widmeten ihm die Collegen
des Gerichtshofes eine Adresse; ebenso ernannte ihn am 8. April 1899 die
Juristische Gesellschaft zu Berlin zu ihrem Ehrenmitgliede. Literarisch machte
er sich ausser durch ältere kleine Arbeiten zum Hannoverschen Provinzial-
recht durch Herausgabe eines Commentars zur Civilprozessordnung (mit
R. Koch) bekannt, der wegen seines hohen Werthes grossen Anklang fand
und nach seinem Tode von R. Rasch und P. Koll nach der Fassung des
Gesetzes vom 20. Mai 1898 bearbeitet in siebenter Auflage erschien. Ebenso
hatte er mit R, Koch die preussischen Ausfuhrungsgesetze zu den Reichs-
justizgesetzen 1881 herausgegeben.
Nach dem Nekrolog des VVirkl. Gebcimraths Dr. R. Koch, Reichsbankpräsidenten
in Berlin (Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 229/30).
A. Teichmann.
Schröder, Frederik A., deutsch-amerikanischer Industrieller und Politiker,
* 9. März 1833 2^ Trier, f i. December 1899 zu Brooklyn. Seh. kam 1849
mit seinem Vater, einem Geometer, nach den Vereinigten Staaten und wurde
Cigarrenmacher. Der 19 jährige Jüngling gründete 1852 zu Brooklyn eine
Cigarrenfabrik, die sein kühner Unternehmergeist zu grosser Blüte brachte.
Eine grosse Rolle spielte er sowohl im engeren Kreise der Oeffentlichkeit, in-
dem er auf die grossartige Entwickelung seiner zweiten Heimatsstadt sehr tief
greifenden, nachhaltigen Einfluss ausübte und auch 1876/77 an der Spitze
ihrer Communalverwaltung stand, als auch in der staatlichen Politik des
Adoptivvaterlandes. Er hielt sich allen Schachzügen der Beute- und Strebe-
leute fern, und so bedauerte auch die demokratische Gegenpartei den Heim-
gang dieses untadeligen Charakters und Vertreters ehrlicher Staatsverwaltung.
1880 zog er sich ganz von activer Theilnahme am politischen Leben zurück
und schlug wiederholt die ihm seitens der Republikaner, denen er wie ja die
meisten Deutschen Nordamerikas zugehörte, angetragenen hohen Staatsämter
aus. Seh. war die letzten Jahrzehnte seines Lebens nicht blos einer der
hervorragendsten, sondern auch weitestbekannten Deutsch-Amerikaner.
Lebensabriss (mit Portrait) i. d. »Gartenlaube«, 2. Beilage zu No. 7 v. 1900; Nach-
rufe in den meisten Deutschen Zeitungen der Vereinigten Staaten, auch in den englischen
New-Yorks.
Ludwig Fränkel.
Hayduck, Maximilian, Chemiker, * 22. August 1842, f 5. October 1899
in Berlin, wohnte längere Zeit im nahen Pankow. Er gehörte seit 1883 der
Universität zu Berlin, wo er einige Jahre vor dem Tode Titularprofessor
wurde, und schon etwas länger der dortigen Landwirthschaftlichen Hochschule
als Privatdocent für Chemie an. An beiden Lehranstalten las er vorzugs-
weise über Gärungschemie. Auf diesem Gebiete ist ihm durch langjährige
Forschung und Versuche manche für die Brauerei, Brennerei, Stärkefabrikation
und ähnliche Zweige der Praxis wichtige Beobachtung gelungen. Seine
wissenschaftlichen Arbeiten pflegte Dr. H. in verschiedenen chemischen
Journalen und in der »Zeitschrift für Spiritusindustrie« zu veröflfentlichen.
Notizen in T'ageszeitungen nach dem Tode. Akademische NachschlagebUcher. Tod
registrirt »Literar. Centralbl.« 1899, Sp. 1450.
L. Fränkel.
Gelder. Waser. 121
Gelder, Lucia van, Genremalerin, * 18. November 1864 zu Wiesbaden,
t 18. April 1899 zu München, erhielt die erste Anregung zur Malerei als
Tochter des Kunsthändlers Em. van G. zu Wiesbaden, wo sie unter den
Schöpfungen trefflicher Meister aufwuchs. Als der Vater seine Thätigkeit
nach München verlegte, übernahm Professor Liezenmayer ihre Ausbildung im
Zeichnen; Max Thedy führte sie ein in das Gebiet der Farbe. Nebenbei
förderte sie sich durch das Studium der alten Meister in der Pinakothek.
Mit achtzehn Jahren trat sie als selbständige Künstlerin auf, sowohl im Por-
traitfache, wie mit kleinen, sehr anziehenden Genrestücken, z. B. einem alten,
mit Näharbeit beschäftigten Mütterchen (1883) ^^^ ^^^ lieblichen Kinder-
scenen wie ^Die Schaukel« (als Holzschnitt in lieber Land und Meer 1886.
57. Band Seite 121), »In der Kirche« (Illustr. Ztg. Lpz. 1887), »Der kleine
Doctor« (Gartenlaube 1887. No. 19), wo ein Knabe mit ernster Kennermiene
dem Lieblingskätzchen seines Schwesterleins den Puls fühlt, ein Stoff, welchen
die Malerin in wesentlich verschiedenen Varianten wiederholte (in No. 17
Ueber Land und Meer 1896 und im Illustr. Familienkalender für 1897), die
durch Photographie, Holzschnitt und Farbendruck weit verbreitet wurden.
Dazu kamen »Der eingeseifte Othello«, »Der Dorfbader«, »Contrebande«, die
'Wundersame Erzählung«, die »Geigenspielerin« (1898), »Am Krankenbett« und
dergleichen gelungene Darstellungen mit anmuthigen Kinderspielen, launigen
Dorfbegebnissen, Alles herzerfreuend und gesund. Die Künstlerin wird als
eine Gestalt von ätherischer Schlankheit geschildert, wie aus einem der idealen
Bilder Rossettis oder Burne Jones herniedergestiegen; immer selbst ein holdes
Bild, ob sie sicher und graziös an ihrer Staffelei arbeitete oder in Mussestunden
die geliebte Violine mit wohlbeherrschtem Bogen handhabte, — so waltete sie
wie ein glücklicher Sonnenstrahl unter ihren Angehörigen. Die übermächtige
Empfindung dieser schönen Seele zehrte leider frühzeitig die allzu zarte Hülle auf.
Vgl. Das geistige Deutschland S. 221. und die Nekrologe im Abendblatt 108 »All-
gemeine Ztg.« vom 19. April 1S99 und Alfred Niedermanns kurze und schöne Charakteristik
im Kunstvcreins-Bcricht für 1899 S. 70.
Hyac. Holland.
Wascr, Joseph Ritter von, Oberlandesgerichtspräsident in Graz, * 12. März
181 1 zu Pettau in Steiermark, f 12. Mai 1899 zu Graz. Er promovirte in
Wien zum Doctor beider Rechte, wurde 1836 Supplent des Strafrechtslehrers
Jenull in Wien, 1838 Professor des Strafrechts und der Rechtsphilosophie in
Innsbruck, 1848 Landrath daselbst, 1850 Staatsanwalt in Graz, dessen Ehren-
bürger er wurde, da er durch gelungene Durchführung eines Testaments-
fälschungsprozesses der Gemeinde 300000 fl. errang. Die Einführung der
Strafprozessordnung von 1850 eröffnete ihm ein reiches Arbeitsfeld. Zu Be-
ginn der parlamentarischen Aera wurde er für Pettau in den steierischen
Landtag und von diesem in den Reichsrath gewählt. Seine hervorragenden
juristischen Kenntnisse veranlassten seine Berufung in alle Ausschüsse, die sich
mit den wichtigsten codificatorischen Arbeiten auf dem Gebiete des Ver-
fassungsrechtes und der Justizgesetzgebung zu befassen hatten, wobei er für
die Strafgesetzgebung den Standpunkt der modernen fortschrittlichen Wissen-
schaft, namentlich als Verfechter der Freiheit der Presse und des Geschworenen-
gerichts vertrat. Nach der Aera Belcredi kam er als Landgerichtspräsident
nach Klagenfurt, unter dem Bürgerministerium als Sectionschef in das Justiz-
12 2 Waser. Ruperti.
ministerium. Er war betheiligt an den Arbeiten ftir eine Griindbuchordnung,
die unter Hohenwart zustande kam, und für eine Civilprozessordnung. Seit
1875 war er Oberlandesgerichtspräsident in Graz und sehr thätig bei der
Durchführung der von seinem Freunde Glaser geschaffenen Strafprozessordnung
von 1873. Unter Taaffe begann sein Kampf gegen die rückschrittliche und
slavisirende Richtung im Justizwesen, die in der Berufung von Prazak zum
Leiter des Justizministeriums ihren Ausdruck fand. Nach Feier seines vierzig-
jährigen Dienstjubiläums (1876) erfolgte seine Berufung ins Herrenhaus am
19. December 1877. Am 8. November 1892 erhielt er die erbetene Pen-
sionirung. Belebend und fördernd wirkte er auf die wissenschafdiche Ver-
tiefung und das Ansehen des Richterstandes ein. Ein Meister des Ausdrucks
in Wort und Schrift, hielt er auf kurzen, klaren Vortrag, auf gewandten Stil
in der schriftlichen Darstellung. Jahrzehnte hindurch führte er in der Allg.
Oesterr. Gerichts -Zeitung eine ständige Rubrik, in der er Fragen des Straf-
rechts und des Strafprozesses vom Standpunkte der Wissenschaft und der
Praxis ganz vortrefflich erörterte. Auch sonst hatte er in juristischen Zeit-
schriften werthvolle Beiträge geliefert, so im »Gerichtssaal« 1851, II. 77 ff.,
3 73 ff., auch 1839 das Strafgesetz über Verbrechen sammt den dazu gehörigen
Verordnungen herausgegeben. Mit grossem Freimuthe trat er offen der anti-
semitischen Bewegung entgegen, in Erlassen an die ihm unterstehenden Be-
amten wie in öffentlichen Reden. So hielt er noch am 15. Mai 1891 im Stift
Rein eine Rede gegen die Corrumpirung der Jugend durch Verbreitung rück-
schrittlicher Ideen der Intoleranz und gegen das politische Streberthum im
Priesterstande. Noch in hohem Greisenalter betheiligte er sich an den Er-
eignissen des Tages. Dabei war er von wahrhaft puritanischer Einfachheit in
seinen Sitten. Als Comthur des Franz Joseph-Ordens mit Stern (1870) war
er in den Ritterstand erhoben worden. Er hinterliess eine Tochter, die
Obersten wittwe Frau Anna von Sedlmayer- Seefeld, zwei Enkelinnen, Frau
Marie von Ehrfeld und Margarethe Luggin, sowie einen Enkel, den Juristen
Georg von Sedlmayer.
Vgl. Neue Freie Presse No. 12470 vom 12. Mai 1899 — Allg. Oesterr. Gerichts-Zeitung
1892 No. 46, 1899 ^^* 21 — ^* Ullmann, Lebrb. d. österr. Strafprozessrechts (2) 1882
S* 35> 38 u. öfter; derselbe in Holtzendorffs Handb. d. deutschen Strafprozessrechts
1899« ^ 79 "°^ i"^ Lehrb. d. dtsch. Straf prozessrechts 1893 ^* 7^ — Glaser, Handb. d.
Strafprozesses 1883, I, 332 — Wurzbach, Biogr. Lexikon Bd. 53 (1886) S. 127 fr. — Vor-
rede in J. Mitterbachcr, Die Strafprozessordnung vom 23. Mai 1873, Wien 1882 —
W. E. Wahlberg, Gesam. kleinere Schriften und Bruchstücke, Bd. II Wien 1877 S. 171, 174.
A. Teichmann.
Ruperti, Hans Heinrich Philipp Justus, D. theol., Generalsuper-
intendent von Holstein, * 21. Dezember 1833 in Kirch - Osten bei Stade,
f 16. Mai 1899 in Neumünster. — R. ist einer alten niedersächsischen
Pastorenfamilie entsprossen, die der engeren Heimat eine Reihe tüchtiger
Geistlichen gegeben hat: der Grossvater des letzt verstorbenen Holsteinischen
(leneralsuperintendenten, bekleidete dasselbe oberste Kirchenamt in Stade, und
der Vater, Georg Ernst, Verfasser eines verdienstlichen Buches über »die
Kirchen- und Schulgesetzgebung für das Herzogthum Bremen und Verden«,
wurde schon einige Jahre nach der (ieburt unseres R. aus dem Pfarrdorf
Kirch - Osten bei Stade in die Superin tendentur Lesum bei Bremen berufen.
Dort hat Justus seine Jugend verlebt, bis das Gymnasium in Verden ihn dem
Rupert!. 123
Elternhause entzog. Der gründlichen Gjonnasialvorbildung folgten die
Universitätsstudien in Erlangen und auf der Landeshochschule Göttingen.
Doch noch bevor er dem amtlichen Schlussexamen sich unterzog, wurde er als
Prediger an dem von einem Kreise christiicher Kaufleute in Bremerhaven ein-
gerichteten Auswandererhospiz angestellt; als solcher hat er auch in der damals
kirchlich nur kärglich versorgten Bremerhavener Gemeinde mit Erfolg gearbeitet.
Im Winter 1857 folgte dann die Prüfung pro ministerio in Stade. Aber Bremer-
haven hielt ihn auch fernerhin. Insbesondere als die dortige Gemeinde sich
zu den Principien der preussischen »Union« bekannt und als unirte sich
constituirt hatte, fand sich ein Kreis bekenntnisseifriger Lutheraner zusammen,
deren geistlicher Mittelpunkt der junge R. war, und die nach langen schweren
^Existenzkämpfen i. J. 1862 die staatliche Anerkennung als evangelisch -luthe-
rische Gemeinde erreichten. Als Pfarrer der »Kreuzkirche« wurde er von
ihnen zum Pastor gewählt, am 7. Januar 1862 in Stade ordinirt, und hat
neun Jahre lang sich hier als Seelsorger treu bewährt 1871 wurde er vom
Consistorium in Stade als Pastor primarius nach Geestendorf berufen, ver-
tauschte aber schon zwei Jahre später diesen Posten mit der Stelle eines
Pfarrers der St. Matthäi-Gemeinde in New- York, wohin ihm seine alten Be-
ziehungen aus den Jahren seiner Auswandererseelsorge den Ruf bewirkt
hatten. Die Universität Leipzig hat ihn bald danach zu ihrem theologischen
Ehrendoctor ernannt. Doch bereits nach drei Jahren musste er wegen
Ueberanstrengung das Amt in der Hauptstadt der neuen Welt aufgeben.
Nach der Rückkehr in die alte Heimat (1876) erholte er sich indess bald
wieder und konnte im selben Jahre einen Ruf des Grossherzogs von Olden-
burg als Kirchenrath und Superintendent nach Eutin annehmen. 15 Jahre ist
er dort mit frischer Kraft thätig gewesen, bis 1891 die Wahl zum General-
superintendenten der holsteinischen Provinzialkirchenpflege auf ihn fiel und
er nach Kiel übersiedeln musste. Hier hat er insbesondere durch Errichtung
neuer Gemeinden, Theilung übergrosser Parochien und Erbauung dadurch
nothwendig gewordener neuer Kirchen in Segen gewirkt. Doch zeigten sich
bereits im Jahre 1897 die Folgen erneuter Ueberanspannung seiner Kräfte in
einer schweren Erschütterung seiner Gesundheit. Dennoch versah er sein
Amt weiter, bis ihn auf einer Generalvisitation in Neumünster, am 14. Mai, als
er eben noch über Matth. 28, 20 anscheinend in alter Frische gepredigt hatte,
nach der Rückkehr ins Pfarrhaus ein Schlaganfall traf, an dessen Folgen er
in der Nacht des 1 6. Mai sanft entschlafen ist, nachdem er noch mit zitternder
Hand den Namen Jesus, das Bekenntniss seines Glaubens und Lebens ge-
schrieben hatte. — R. ist auch reichlich literarisch thätig gewesen: unter
dem Titel »Licht und Schatten aus der Geschichte des Alten Testaments«
hat er vielgelesene Bibelstunden über das Leben Samuels herausgegeben.
Ebenso hat eine Predigtsammlung mit dem Motto: O Sonnenschein! viele
Freunde gefunden. Eine Broschüre aus dem Lutherjahre sucht »Luther nach
seiner religiösen Bedeutung« ins Licht zu stellen. Seine Erfahrungen als
Pastor in New - York sind in interessanten »Amerikanischen Erinnerungen«
niedergelegt. Aus dem praktisch kirchlichen Leben erwachsen und ihm zu
dienen bestimmt sind seine »Christenlehre nach dem kleinen Katechismus
Luthers« und sein liturgisches Schriftchen: »Abschied vom alten Gesang-
buch«. Noch in seinen freieren Eutiner Tagen hatte er ein grösseres
biblisch - theologisches Werk begonnen: »Pauli Leben und Briefe«, das aber
nur bis zum Stoff des I. Corintherbriefes auszuführen ihm vergönnt war. —
124 Ruperti. Polko.
Um seine Nachfolge in der Generalsuperintendentur der vom Dänenthura
hart bedrängten Provinz haben sich leider wenig erquickliche nationale Kämpfe
entwickelt.
Kohlschmidt.
Polko, Elise, Schriftstellerin, * 13. Januar 1823 zu Wackerbartsruhe bei
Dresden, f 15. Mai 1899 zu München, erhielt als die Tochter des bekannten
Pädagogen Dr. Carl Vogel eine vortreffliche Erziehung. Mit ihrem Vater,
der damals als Mitdirector des Langschen Instituts in Dresden wirkte, über-
siedelte sie nach dessen Ernennung zum Vorstand der Allgemeinen Bürger-
schule nach Leipzig; durch ihre eminente Anlage für Musik wurde sie mit
Felix Mendelssohn-Bartholdy bekannt. Bald reifte der Entschluss, ihre schöne,
sympathische Stimme auszubilden. Nach einem längeren Aufenthalt zu Berlin,
wo sie im Hause der Fanny Hensel mit vielen musikalischen Grössen und
bedeutenden Namen verkehrte, betrat sie zu Frankfurt am Main als Pamina
(Zauberflöte), Zerline (Don Juan) und Cherubin (Figarro) die Bühne, wendete
sich dann mit guten Empfehlungen nach Paris zu dem berühmten Gesang-
meister Manuel Garcia, dessen reizvollen Unterrichsstunden sie später unter
»Rue Chabannis No. 6« in ihren »Musikalischen Märchen« so anmuthend
schilderte. Zurückgekehrt, heiratete sie 1 849 den Eisenbahn-Ingenieur Polko
und erlebte, anfangs in Minden, später in Wetzlar und dann zu Deutz-Cöln
ein schönes Glück, bis sie erst ihren einzigen Sohn und bald auch 1887
ihren Gatten verlor. P. nahm zu Wiesbaden, Frankfurt a. M. und zuletzt in
München ihren Wohnsitz, wo sie infolge eines 1888 zu Schliersee erlittenen
Unfalls, nach schwerem Leiden bei ihrer Schwester Frau Julie Dohmke aus
dem Leben schied. Frühzeitig hatte sie zur Feder gegriffen und durch ihre
Erzählungen und Charakterschilderungen, insbesondere aus der musikalischen
Welt, ein dankbares Publikum gewonnen. Eine Auswahl gruppirte sie in den
»Musikalischen Märchen«, deren erster Band 1852 erschien und bis 1889
dreiundzwanzig Auflagen benöthigte, während der zweite spätere Band der
dreizehnten Auflage sich erfreute. Mit grosser Erzählerkunst berichtet sie aus
Vergangenheit und Gegenwart, aus den Zeiten der Troubadours, aus dem
Leben berühmter früherer Dichter, insbesondere aber über berühmte Com-
ponisten des vorigen Jahrhunderts und der neueren Zeit. Im wohlfliessenden
Feuilletonstil verarbeitete P. ihre Studien und Kenntnisse, insbesondere über
das Rococozeitalter, welches sie mit farbiger Anschaulichkeit vorzuführen ver-
stand. Da erscheinen Sebastian Bach in seinen Beziehungen zum Churfürsten
von Sachsen, Gluck und Maria Antoinette, Franz Benda, der Stifter des
schönsingenden Violaspieles, Reichardt und C. F. Zelter, der junge Amadeo
Mozart, die Genesis des Mendelssohnschen »Sommernachtstraumes« und
Pergoleses »Stabat mater«, Joh. (xottlob Schneider, Beethoven, Franz
Schubert, Franklin als Erfinder des Harmonika, C. M. von Weber, Paganini,
J. R. Zumsteeg, Gretry und Friederike von Sesenheim (1767), die Catalani,
Marian- Malibran-Garcia, Georg Händel, Fanny Hensel, dann ihr vorgenannter
Singmeister Manuel Garcia, Boieldieu, Lorzing, Cimarosa und als ein »Ver-
gessener« Ludwig Berger (Mendelssohns Lehrer), Simon Dach mit seiner
»Anke van Tharaw« und viele Andere. Der zweite Band (mit der Dedication
an Wilhelmine Schröder -Devrient, der ehedem so gefeierten Darstellerin des
»Fidelio«), befasst sich mit Lessing und Margaretha Schwan, Emanuel
d'Astorga, Carl Fr. Abel (1725 — 1787) der letzte Gambenspieler, Jean
Polko. Kobelt.
"5
Baptiste Lully (f 1687), das im Alter von 17 Jahren verstorbene dichterische
Sonntagskind Elisabeth Kulmann, der Musikmeister Fr. W. Herschel, Carl
Ditters mit vielen anderen, mehr oder weniger bekannten, immer aber
anziehend gezeichneten Grössen. Sie hat Loorbeerkränze und Cy pressenzweige
mit pietätvoller Hand vor Portraitbüsten und Charakterköpfen niedergelegt,
Manches ist auch leicht hingehauchten Aquarellen zu vergleichen, bisweilen
aber hat P. ihre Gestalten und Figuren gar zu novellistisch oder romantisch
aufgeputzt. Sehr verdienstlich sind ihre »Erinnerungen an Mendelssohn-
Bartholdy« (1868), doch gelang es ihr nicht, den ebenso aus seinen
Compositionen wie aus seinen »Reise- und Freundes - Briefen« fascinirend
klingenden Stil zu erreichen, wohl aber ein packendes Bild seiner Thätigkeit
zu gestalten. Von echter Liebe zeigen ihre »Erinnerungen an Dr. Carl
Vogel« (1863) den hochverdienten, seinem Forschungseifer zum Opfer ge-
fallenen Bruder, den berühmten Afrika - Reisenden. Besondere Erwähnung
verdient ihr Buch »Vom Gesänge« (1876), das recht geeignet ist, deutscher
Kunst im deutschen Hause eine bleibende Stätte zu bereiten.
Dagegen blieb sie mit den meist sehr willkürlich erfundenen »Dar-
stellungen aus der Künstlerwelt« (1858), welche als »Künstlermärchen und
Malernovellen« 1879 wieder erschienen, weit hinter den längst vergessenen
Schilderungen der Johanna Schopenhauer über »Johann van Eyck und seine
Nachfolger« (1822) zurück. Ermüdend wirkt auch die unüberwindliche Me-
thode, Alles im Plaudertone zu dialogisiren. Weit besser gelangen ihr die
biographischen Portraitbilder der »Fürstin Pauline zur Lippe« (1870) und der
schönen »Königin Luise« (i88i). Das »Alte Herren« betitelte Buch (1866)
behandelt die Vorläufer und Zeitgenossen des Sebastian Bach, während
»Unsere Musikklassiker« (1880) mehr der neuen Zeit gerecht werden. P.
schrieb auch viele Romane (Faustina Hasse 1860; Die Betteloper 1864 ; Paganini
und der Geigenbauer 1876; Umsonst 1882), verfasste gute Novellen, welche
seit 1890 in 14 Bänden vorliegen und sammelte unter dem Titel »Dichter-
grüsse«, »Hausgarten«, »Brautstrauss« u. dgl. allerlei lyrische Anthologien.
Ihr anziehendes Portrait (gemalt von Jos. Schex, gestochen von Sichling) ist dem
ersten Bande der »Musikalischen Märchen« beigegeben. Andere Bildnisse finden sich in
No. 28 >Ueber Land und Meer« 24. Bd. 1870 (nach einer Zeichnung von Fritz Kriehuber)
und nach einer späteren Photographie in No. 2335 und 2917 der »Illustr. Ztg.« Leipzig
31. März 1888 und 25. Mai 1899. Ihr ziemlich umfangreiches Rücklassmobiliar wurde am
27. und 28. Mai 1899 zu Mtlnchen versteigert.
Vgl. T. A. von Grimm: »Ein Besuch bei Elise Polko« in No. 28 Ueber Land und
Meer, 24. B. 1870. Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen 1898. Kürschner 1899.
S. 1057 (giebt 1832 als Geburtsjahr, worUber die Dichterin zeitlebens jede Auskunft ver-
wehrte). Nekrolog in No. 2917 >lllustr. Ztg.« Leizig 25. Mai 1899. ^i^^c schöne bio-
graphische Studie (mit Portrait) von C. Gerhard in Frida Schanz' »Junge Mädchen« (1899)
V. Jahrgang S. i87ff. BrUmmers »Lexikon« giebt (in der 4. Aufl. III, 237) das Geburts-
jahr 1823.
Hyac. Holland.
Kobelt, Karl Ulrich Gottfried Julius, Pastor, ♦ 5. November 1847 in
Pinne (Prov. Posen), f 6. April 1899 in Neinstedt a. Harz.
Der verdienstvolle Leiter der weitverzweigten Anstalten für Innere Mission
in Neinstedt-Thale am Harz ist seiner 24jährigen vielgesegneten Thätigkeit
durch einen schmerzlichen Tod in Folge eines durch Ueberanstrengung ver-
ursachten Gehirnleidens entrissen worden. K. war geboren als erster Sohn
des Küsters und Lehrers Gustav K. in dem Flecken Pinne im posenschen
126 Kobelt.
Kreise Samter und hat im Eltemhause früh ernste und tiefreligiöse Eindrücke
empfangen. Als sein Vater starb, hat er als Aeltester unter fünf Geschwistern,
bei völliger Mittellosigkeit der Mutter zunächst am schwersten an dem traurigen
Geschick zu tragen gehabt. Doch nahmen sich der wackere Ortspfarrer
Böttcher und die ernstchristlich gesinnte Frau von Rappard getreuhch ihres
Pathenkindes an und sein Vormund, Freiherr von Massenbach, brachte ihn
in eine Freistelle des Waisenhauses am königlichen Pädagogium zu Züllichau.
Nach Ablauf seiner Gymnasialzeit ging er, iS'/» Jahre alt, zum theologischen
Studium zunächst nach Berlin (1866), wo ihm durch Frau von Rappards Ver-
mittelung nicht nur der Verkehr in Hengstenbergs Hause ermöglicht ward,
sondern er auch des Oefteren als Vorleser der verwittweten Königin Elisabeth
berufen wurde. Während und nach der Zeit des preussisch-österreichischen
Krieges hat er sich in den Berliner Lazaretten eifrig bei der Pflege ver-
wundeter und typhuskranker Soldaten bethätigt. Im Mai 1867 kehrte er
heim, um darauf in Halle sein theologisches Studium zu Ende zu führen.
Hier ist er Tholuck insbesondere nahegetreten, auch im Hause des berühmten
Studentenvaters hatte er freien Zutritt und freundliche Aufnahme gefunden.
In Halle hörte er im Jahre 1868 auch zum ersten Male Wichern reden, ohne
doch von ihm schon einen bleibenderen Eindruck zu empfangen. 1869 be-
rief ihn, noch bevor er seine Studien durch eine Prüfung abgeschlossen hatte,
das Presbyterium der niederländisch-reformirten Gemeinde zu Elberfeld auf
Anregung ihres temperament- und charaktervollen Pastors Kohlbrügge als
Frühprediger, Organisten und Leiter des Kirchengesangs; jedoch der aus-
gesprochen reformirte Typus dieser Gemeinde und ihres Pfarrers, der sogar
mit allem Eifer seine Stellung ausserhalb der Union behauptete, konnte für K.
als ebenso streng eifrigen Lutheraner auf die Dauer nicht sympathisch sein.
So löste sich das Verhältniss bereits nach einem Jahre wieder und der junge
Candidat legte nun 1870 und 1872 die beiden theologischen Staatsprüfungen
ab. Im April 1872 wurde er sodann von seiner Heimathsprovinz als Rector
an die gehobene Knaben- und Mädchenschule in Birnbaum, der Vaterstadt
Kögels, berufen und übernahm zugleich freiwillig die Pastoration der Nach-
bargemeinde Radusch, nachdem ihm von dem damaligen posenschen General-
superintendenten Dr. Kranz die Ordination ertheilt worden war. Wegen eines
furcht- und rücksichtslosen Vorgehens gegen einen oflfenkundigen Sünder wurde
er dort einmal Nachts am Leben bedroht; doch ging die Kugel des Attentäters
fehl. Im November 1874 siedelte er mit seiner jungen Pfarrfrau nach Kosten
als Pfarrverweser über; doch als er eben begann, sich mit seiner neuen Ge-
meinde einzuleben, wandte sich sein Studienfreund M. von Nathusius, der
Sohn des warmherzigen Begründers der Knabenrettungs- und Brüderbildungs-
anstalt Lindenhof bei Neinstedt, Philipp v. N. und seiner als Schriftstellerin
berühmt gewordenen Gattin Marie geb. Scheele, mit der immer dringlicher
werdenden Bitte an ihn, die geistliche Leitung der sehr erst im Aufblühen
begriffenen Anstalt zu übernehmen. Nach langem Schwanken hat K., auch
auf Zureden seines alten Freundes und Pathen P. Böttcher, sich dazu bereit-
gefunden; trat dann aber mit der ihm eigenen Energie in voller Kraft an die
mühevolle und verantwortungsreiche Arbeit. Bei seinem Eintritt zählte das
Brüderhaus 58 Brüder, von denen 44 in auswärtigem Dienst standen. Nach
zehn Jahren, 1885, waren ihrer schon 120 und im Jahre 1898 zeigte es einen
Bestand von 194 Brüdern nebst 95 Brüderfrauen, deren Arbeit fast über ganz
Deutschland hin sich erstreckt (die Provinz Sachsen ist natürlich am reichsten
Kobelt.
127
bedacht: 40 Stationen mit 107 Brüdern; doch auch Brandenburg mit Berlin hat
in Stadtmission und Herbergen 15, Posen 8, Schlesien 3, Rheinland U.Westfalen 5,
Schleswig-Holstein, Ost-, Westpreussen, Hessen, Bayern, Sachsen-Altenburg je i ,
Braunschweig 4, Anhalt 5, S.-Coburg 3, S.-Weimar 2, Schwarzburg-Rudol-
stadt 3): ein Zeugniss, wie gerade die unter K's. Leitung gebildeten Hülfs-
arbeiter der Inneren Mission sich vielfach wohlbewährt haben. Sein Princip
war, sie vor Allem zur Demuth und christlichen Praxis zu erziehen ; so waren
ihm auch durchweg Aspiranten aus dem einfachen Handwerkerstande weit
willkommener als solche aus den sog. »gebildeten Kreisen«. Und seinen
»Brüdern« immer neue Wirkungskreise, insbesondere den Zutritt in die niederen
Kirchen- und Küsterdienste zugleich als Diakonen des Pfarramts, sowie in die
geordnete Krankenpflege zu erschliessen, ist bis ans Ende sein eifrigstes Be-
streben gewesen. So ist ihm im Kreise der Brüderhausvorsteher nach Director
Wichem*s Abgang die unbestrittene Leitung und der Vorsitz ihrer Conferenzen
zugefallen. Von hier aus ist ihm auch unter den Freunden der Inneren Mission
eine reiche Wirksamkeit beschieden gewesen. Bei der Jubiläumsfeier der
Inneren Mission in Halle war sein Festvortrag: Die Kirche und ihre Innere
Mission, kurz vor seinem Tode, sein letztes Wort, sein Testament vor dem
evangelischen Deutschland in diesen seinem Herzen am nächsten gehenden
Fragen. — Doch in Neinstedt selbst ist, neben seinem Lieblingskind, dem
Brüderhaus, sowohl die Rettungs- und Erziehungsanstalt fiir verwahrloste und
sittlich gefährdete Knaben, wie das Asyl für schwach- und blödsinnige, epi-
leptische und sonstwie geisteskranke Personen jeden Alters und Geschlechts
(das Elisabethstift mit seinen Zweiganstalten : Gottessorge, Gnadenthal und Kreuz-
hülfe I und II) mit einem Pfieglingsbestand von ca. 500 Personen, seiner Ob-
hut anvertraut gewesen. Ja, als durch das Gesetz vom Jahre 1897 die Für-
sorge für Schwach- und Drsinnige den Provinzial verbänden auferlegt wurde,
fragte die Verwaltung der Provinz Sachsen bei ihm an, ob er geneigt sei, die
Neinstedter Anstalten für diesen Zweck weiter auszugestalten. Er hat es ab-
gelehnt, weil er für die einheitliche Leitung und den bisherigen Charakter
seiner Arbeitsstätte fürchtete, für die er überhaupt wohl all zu sehr abgewehrt
hat, »der ärztlichen Kunst und den wissenschaftlichen Errungenschaften der
neueren Zeit einen genügenden Eintritt zu gestatten«. Dass es ihm möglich
wurde, die ganze Anstalt zu einer Gemeinde, auch mit parochialer Selbständig-
keit und mit eigener Anstaltskirche, zu organisiren (1886), ist sein Stolz und
seine Freude gewesen. So liegt er nun auch nahe am hohen Chor, der Apsis
seines mit aller Liebe erbauten und gehüteten Kirchleins begraben, nach
einem rührenden »letzten Willen«, den er selbst im Bezug auf sein Begräbniss
bereits im Jahre 1887 aufgezeichnet hat.
Neben seiner fruchtbaren Anstaltsarbeit hatte auch die Sache der Heiden-
mission, des lutherischen Vereins, die Gnadauer Oster- und die Berliner
August-Conferenz in ihm einen warmen Freund und lebhaften Förderer, der
indess nicht selten bei seiner ausgeprägten Persönlichkeit auch die ihm nächst-
stehenden Gesinnungsgenossen verletzen und zurückstossen konnte. Daneben
wird seine literarische Thätigkeit, der die »Blätter vom Lindenhofe« sowie die
Schäfersche »Monatsschrift für Innere Mission« manchen Beitrag verdanken,
sein Andenken fortleben lassen.
Vgl. Karig in »Fliegende Blätter a. d. rauhen Hause« 1899 S. 327 — 336; 348—258.
M. V. Nathusius in »Blätter vom Lindenhofe« XVI. S. 24 — 33.
Kohlschmidt.
128 Ockert. Kühn.
Ockert, Carl, Thiermaler, ♦ i. Mai 1825 zu Dresden, f 18. Juli 1899
in München. Sohn eines Kgl. Wildmeisters, besuchte die Akademie seiner
Vaterstadt, hospitirte an verschiedenen Kunststädten und verblieb schliesslich
seit 1854 in München. Durch die sorgsamsten Naturstudien bildete er sich
zum treuen Darsteller der jagdbaren Thiere Deutschlands und der Alpen,
wobei jedesmal die landschaftliche Umgebung in charakterischer Stimmung
mitwirkte. Sein Repertoire umfasste Bären und Wildschweine, Hirsche, Rehe
und Hasen, Füchse, Enten, Schnepfen und Hühner, Murmel thiere (No. 20
Allgem. Familien-Ztg. 1875) und Wildkatzen. Ein grosses »Jagdalbum« mit
trefflichen Reproductionen von O.'s Bilder erschien in 36 Blättern bei Hanf-
stängl (München 1867).
Maillinger, Bilder-Sammlung III. 1261 ff. Fr. v. Bottich er, Malerwerke. 1898. S. 170.
Hyac. Holland.
Kühn, August Friedrich Karl, Dr. phil., Lic. theoL, Kirchenrath, Ober-
Consistorialrath und Pastor emeritus, * 10. März 18 13 in Billeben (Schwarz-
burg-Sondershausen), f 3. August 1899 in Sondershausen. — Obwohl Sohn
eines wackeren Thüringer Pfarrers, scheint K. doch zunächst noch ohne
eigentlich inneren Beruf dem Studium der Theologie in Halle sich zugewandt
zu haben. Nach Verlauf seiner akademischen Jahre nahm der Dreiundzwanzig-
järige (1836), wie damals üblich, eine Hauslehrerstelle an und zwar in Stenne-
witz in der Mark Brandenburg. Hier kam er, angeblich »unbefriedigt von dem
Hallenser Rationalismus«, zu dem Entschluss, der Theologie Valet zu geben
und Philosophie zu studiren. So wurde er in Berlin ein begeisterter Schüler
Trendelenburgs und promovirte 1843 ^^^ einer Dissertation über Piatos
Dialektik zum Dr. phil., um sich ein Jahr darauf bei der philosophischen
Facultät in Halle zu habilitiren. Er hat dort Vorlesungen über Psychologie,
Logik und Religionsphilosophie gehalten. Tholucks Einfluss aber, in Ver-
bindung mit Einwirkungen, die er in einem Berliner Kreise junger cliristlich
gerichteter Männer, insbesondere von seinem nachmaligen Schwager, dem
Maler Pfannschmidt, empfing, führte ihn zu Theologie und Kirche und ins
geistliche Amt zurück, so dass er sich 1848 der zweiten theologischen Prüfung
unterzog, und nachdem er dieselbe mit dem Prädicat »Ausgezeichnet gute
^ bestanden, das Pfarramt in Bellstedt und Thüringenhausen übernahm. 39 Jahre
lang, bis 1887, ist er dortselbst verblieben, allerdings unter vielfach erweiterter
Thätigkeit und mancherlei Ehrungen seitens seines Landesfürsten: 1859 wurde
er mit dem ihm engbefreundeten Friedrich Zahn, dem nachmaligen ersten
Geistlichen der Schwarzburg-Sondershausener Landeskirche, in das neu errichtete
Consistorium berufen und trat, als dasselbe schon 1865 aufgehoben wurde,
in den dafür begründeten Kirchenrath ein. Für seine Thätigkeit in demselben,
insbesondere als Examinator bei den Candidatenprüfungen für die neutestament-
liehe Disciplin und späterhin für die Dogmatik, ist bezeichnend das Elogium
der »Allgem. ev.-luth. Kirchenzeitung« (No. 33 pag. 799): »Er hat seine
rationalistische Heimathkirche wieder in eine lutherische Landeskirche ver-
wandelt.«
In der That hat sich K. als äusserst energischer Vorkämpfer eines ex-
tremen Lutherthums bewiesen, so dass selbst die separirten freikirchlichen
liUtheraner Preussens in ihm ihren warmen Freund und Förderer fanden.
Eine seiner ersten praktisch -kirchlichen Schriften ist die 1875 veröffentlichte
Kühn. Hennings. Dambergef. 129
Broschüre »DieEisenacherConferenz zur Vereinigung der getrennten Lutheraner«;
und ebenso haben seine letzten Bemühungen eine Versöhnung der unter Führung
der Immanuelsynode einerseits und des BreslauerOberkirchencoUegiums anderen-
theils recht sehr feindlichen Brüder des separirten Altlutherthums anzubahnen ge-
sucht: wenn auch umsonst, soweit es der definitive Bruch von 1899 für Jahr-
zehnte voraussehen lässt. — Für seine Landeskirche hat K. eine neue evan-
gelisch-lutherische Agende, sowie ein neues Gesangbuch mitbearbeitet. Sein
Landesfürst hat ihm durch stufenweise Ernennung vom Consistorialassessor
zum Consistorial- und Ober-Consistorialrath, sowie durch Verleihung des
Fürstlich Schwarzburgischen Ehrenkreuzes II. Klasse seine Anerkennung be-
zeugt. Irgendwie kirchlich -politische Ehren in weiterem Kreise hat er nie
erstrebt, sein Landpastorat in Bellstedt genügte ihm, und alles Strebertbum
war seiner bei aller schroffen Einseitigkeit durchaus anständigen Seele höchst
verhasst. Aber dennoch und gerade darum ist er Vielen bis in die Tage
seines hohen Alters ein unvergesslicher, väterlicher Berather und Förderer
geworden.
Allg. ev.-luth. Kirchenzeitung No. 33.
Kohlschmidt.
Hennings, Johann, Friedrich, Genre- und Landschaftsmaler, * 16. October
1838 zu Bremen, f 29. Juni 1899 in München, Schüler von Oswald Achenbach,
bereiste Italien, Hess sich zu München nieder. Seine Landschaftbilder tragen
bei aller Naturwahrheit doch idealen Charakter, leiden aber durch einen
etwas decorativen Charakter. Insbesondere liebte er Abendstimmungen und
Mondnächte in sehr harmonischer Färbung; als Staflfage erscheinen häufig
Herren und Damen, Reiter und Jäger in Rococo-Costümen. Durch ein
Wechsel reiches Repertoire hielt er sich immer frisch, anziehend und gefällig.
Am häufigsten costümirte er seine Staffagen im malerischen Stil des vorigen
Saeculums, wozu natürlich auch immer seine Architektur und landschaftliche
Umgebung passte; doch holte er seine Stoffe auch aus der neuesten Zeit. —
Ein ganz gleichnamiger Maler J. Ferd. Hennings starb, 66 Jahre alt, am
22. Juni 1895 zu München.
H.'s aus fast 300 Oelstudien, Handzeichnungen, Aquarellen und Bleistiftskizzen
bestehender Nachlass wurde mit vielen alterthUmlichen Möbeln, CostUmen, Waflen, Teppichen
und Raritäten am 22. November 1899 durch G. Mössel versteigert.
Vgl. Fr. V. Bötticher, Malerwerke 1895. I, 498. Müller-Singer 1896. II, 159.
Hyac. Holland.
Bamberger, Ludwig, * Mainz 22. Juli 1823, f Berlin 14. März 1899,
deutscher liberaler Parlamentarier und Schriftsteller.
Sein Vater betrieb in Mainz einen Tuchhandel und begründete später
ein Bankgeschäft, das noch heute besteht. Unvergleichlich grösser als der
geistige Einfluss des Vaters war der der Mutter, einer geborenen Bischoffs-
heim, die als eine geistvolle Frau geschildert wird.
Beide Eltern waren Juden und B. selbst ist zeitlebens Jude geblieben;
die Zumuthung, zu einer anderen Religion überzutreten, würde er als eine
höchst ungehörige abgewiesen haben. Aber seine jüdische Abstammung hat
auf seine geistige Entwicklung nicht den geringsten Einfluss ausgeübt. Es
giebt zwei Arten, in denen bei freidenkenden Juden die Abstammung zum
BiogT. Jahrbacb u. Deutscber Nekrolog. 4. Bd. n
130 Bambergcr.
Ausdruck zu kommen pflegt. Entweder bleibt an ihrer Art zu denken und
zu . schliessen, etwas Talmudistisches kleben; sie lieben, von gegebenen Vor-
aussetzungen aus durch eine Reihe von Syllogismen vorwärts zu kommen,
ohne diese Schlüsse durch die Anschauung zu berichtigen. B.'s späterem
Parteifreunde Lasker war dies in hohem Grade eigen; B. selbst war
davon frei, obwohl er sich in seiner Jugend mit dem Talmud und dessen
Sprache vertraut gemacht hatte. Lasker konnte sich mit Niemandem ver-
ständigen, der sich nicht bereit erklärte, seiner Gedankenreihe vom Anfang
an zu folgen; B. hatte eine grosse Geschicklichkeit darin, einen einzelnen Satz
festzustellen, mit dem der Gegner sich mit ihm in Uebereinstimmung befand
und wusste daraus Folgerungen zu ziehen, die zu einem modus vivendi
führten. Die andere Form, von welcher zu sprechen ist, ist die, dass Jemand
auf seine jüdische Abstammung pocht und sich seines viertausendjährigen
Adels rühmt. Auch über eine solche Anschauung hätte B. lediglich gelächelt.
Er hat sich als einen Deutschen gefühlt, und die Frage, ob Jude oder Christ,
hat für ihn keine andere Bedeutung gehabt als die, ob Katte oder Franke.
Uebrigens war die Zeit seiner Knabenjahre noch gänzlich frei von Rassenhass
und B. hat mit gutem Humor erzählt, wie seine katholischen Mitschüler ihn
oft gebeten haben, ihnen beim Ausdenken von Sünden behülflich zu sein,
wenn sie zum ersten Male zur Beichte gingen.
Als er sieben Jahre alt war, erlebte er die Julirevolution. Seiner kind-
lichen Anschauung fiel auf, einen wie grossen Eindruck das Ereigniss auf die
bis dahin so stillen Kreise machte, in denen er aufgewachsen war, wne man
anfing von der Möglichkeit eines Krieges, von weiteren Umwälzungen zu
sprechen. Der Keim zu Interessen für die politischen Angelegenheiten war
in ihm gelegt. Es kam der polnische Aufstand, das Hambacher Fest, die
Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV., die dieses Interesse förderten. Zum
Ueberfluss bekam er Mignets Geschichte der französischen Revolution als
Schulprämie geschenkt, und that so den ersten Blick in die Weltgeschichte,
die der übliche Gymnasialunterricht ihm fern gehalten hatte.
Als er 1842 die Universität bezog, gehörte er der radicalen Jugend an,
die für Herwegh und Börne schwärmte, und von der Ueberzeugung erfüllt
war, dass es ihr beschieden sein würde, grosse Dinge zu erleben.
Er studirte in Giessen, Heidelberg und Göttingen. Von den Jugend-
freundschaften die er schloss, sind folgende zu erwähnen. Der Lehrer, der
ihn am meisten anzog, war Heinrich Bernhard Oppenheim, der die akademische
I^aufbahn bald aufgab, und sich als geistvollen Publicisten bekannt machte.
Unter seinen Commilitonen schloss Friedrich Kapp die innigste Freundschaft
mit ihm und ist eine ihm congeniale Natur geblieben. Ein Oldenburger
Namens Bulling blieb mit ihm brieflich verbunden und war, als er spät nach
Berlin übersiedelte, täglicher Gast in seinem Hause. Auch Jacob Moleschott,
einem anderen Fache angehörig, hat lebhaft auf ihn gewirkt und Interesse
für naturwissenschaftliche Fragen in ihm wachgehalten.
Im Jahre 1845 bestand er das Examen pro facultate, und nachdem er
zwei und ein halbes Jahr als Assistent thätig gewesen ^ war, das Staatsexamen.
Die Aussicht auf eine Advocatur war fern, da in Hessen ein numerus clausus
bestand, die Aussicht auf ein richterliches Amt wegen seines Judenthums aus-
geschlossen. Die Qual einer Berufswahl ersparte ihm die Märzrevolution, die
ihn zum Journalisten und zum Volksredner machte. Am 6. März entliess der
Grossherzog von Hessen sein altes Ministerium auf das immer stürmischer
ßamberg«ir. i^f
auftretende Verlangen des Volkes und bewilligte alle freiheitlichen Forderungen.
Am 8. März feierte die Stadt Mainz diese Revolution in einem glänzenden
üflfentHchen Fest; am 9. März besuchte B. den Verleger der Mainzer Zeitung,
eines Blattes, das bis dahin täglich in einem zusammengefalteten Quartblatt
erschienen war, und trug sich ihm als Redacteur an. Das Anerbieten wurde
angenommen, obwohl B. dem Verleger als ein in Zurückgezogenheit lebender
Mann völlig unbekannt geblieben war. Am 10. März erschien der erste Leit-
artikel in dem erheblich vergrösserten Blatt und lieferte den Beweis, dass B.
ein geborener Publicist sei. Nach 37 Jahren konnte er eine Auswahl der
Artikel, die er als ein vierundzwanzigjähriger Mann geschrieben, dem Publikum
von Neuem vorlegen. Ausser den Leitartikeln schrieb er Berichte aus dem
Frankfurter Parlament und besorgte einen grossen Theil der Redactionsarbeiten.
Das Programm der Zeitung war ein sehr einfaches: Ein einiges Deutschland und
zu diesem Behuf die Beseitigung der deutschen Fürsten, welche das Hindemiss
der deutschen Einheit bilden. Ohne Zweifel Hochverrath gegen das Gross-
herzogthum Hessen-Darmstadt. Noch deutlicher trat B. mit seinen Ansichten
hervor, als er am 16. April in einer Volksversammlung das Wort ergriff und
eine Resolution für die Annahme der republikanischen Regierungsreform durch-
setzte. Er rief freilich dadurch Gegenwirkungen hervor, die ihn nöthigten,
schon am 5. Mai sich von der Redaction der Zeitung zurückzuziehen.
Er siedelte nunmehr gänzlich nach Frankfurt über, um als Berichterstatter
über das Parlament thätig zu sein und kam hierdurch in vielfache Berührungen
mit allen hervorragenden Männern der linken Seite. Im October nahm er
an dem demokratischen Congress in Berlin Theil und hatte hier mehrfach
scharfe Auseinandersetzungen mit Vertretern der communistischen und an-
archistischen Richtung.
Schon gegenwärtig war es ihm klar geworden, dass die Revolution des
Jahres 1848 misslungen sei. Er wollte indessen von der Fahne, die er er-
griffen, nicht lassen. Die Phrasenhaftigkeit mancher Wortführer der Demo-
kratie, die Uneinigkeit in den Reihen der Partei presste ihm bittere Worte
ab, er wollte aber fortfahren, der Sache zu dienen. Nach Mainz zurückgekehrt,
Hess er sich bewegen, die Redaction der Zeitung wieder zu übernehmen, da
dem bisherigen Redacteur der Boden zu heiss geworden war. Schon war ef
wiederholt von der Polizei verfolgt worden, und als der Staatsanwalt in Mainz
eine Anklage auf Hochverrath und Landesverrath gegen ihn erhob, erkannte
er, dass seines Bleibens nicht in dieser Stadt sei.
Am 9. Mai verliess er Mainz und betheiligte sich an dem Aufstande in
der Pfalz; der unglückliche Verlauf dieses Aufstandes zwang ihn, am 22. Juni
die Schweiz als Flüchtling zu betreten, zunächst in Basel, von wo er bald
nach Zürich übersiedelte. Seit Monaten schon hatte sich in ihm die Ueber-
zeugung festgesetzt, dass es unmöglich sei, die deutschen Zustände auf dem
Wege der Revolution zu verbessern. Ehrgefühl hatte ihn bis dahin gehindert,
sich von den Genossen zu trennen, aber jetzt empfand er das Scheitern ihrer
Unternehmungen persönlich als eine Erlösung. Er Hess es seine erste Arbeit
in der Schweiz sein, »Erlebnisse aus der Pfälzer Erhebung im Mai und Juni
1849« niederzuschreiben und durch den Druck zu veröflfentlichen, in denen
er die strengste Rechenschaft über alle begangenen Fehler, die ein Scheitern
zur noth wendigen Folge haben mussten, gab. Er erklärte es ftir eine einfache
Forderung des gesunden Menschenverstandes, sich bis in das Einzelne klar
zu machen, an welchen Fehlern man zu Grunde gegangen sei.
tj2. fiamberger.
Nichts in der Welt würde ihn vermocht haben, ähnliche Wege jemals
wieder zu betreten. Das Treiben unter den Flüchdingen, die meinten, in
einigen Jahren oder Monaten würde man vor einem ähnlichen revolutionären
Sturm stehen, sah er mit Spott und Verachtung an. Eine journalistische
Thätigkeit wieder aufzunehmen, lag ihm fem. Aber eben so weit war er von
einem schwächlichen Bedauern oder gar Anwandlungen der Reue entfernt.
Von dem Augenblicke an, wo er von den Sorgen um die Zukunft befreit
war, sah er auf diese Lehr- und Wandeijahre mit vollkommener Heiterkeit
des Gemüths zurück. Er hatte nach bester Ueberzeugung und in bester Ab-
sicht gehandelt; er hatte geirrt in einer Zeit, wo sich Niemand rühmen konnte,
ohne Irrthum davongekommen zu sein. Er hatte die Folgen seiner Hand-
lungen standhaft ertragen und hatte die Erfahrungen, die er gemacht, benutzt,
um etwas zu lernen. Er hatte nichts zu bedauern.
Die mehrfachen Anklagen, die seitens der Staatsanwaltschaften wider
ihn erhoben wurden, wurden durch Contumacialurtheile erledigt. Am
28. November 1849 ^^urde er vom Mainzer Schwurgericht wegen einer Rede
über Robert Blums Tod, in der eine Beleidigung des längst auseinander ge-
jagten deutschen Parlaments gefunden wurde, zu zwei Jahren Gefängniss, am
28. September 1850 wegen Beleidigung der hessischen Armee zu vier Monaten
Correctionshaus, am 21. März 1851 wegen Theilnahme an dem Freischaaren-
zuge zu acht Jahren Zuchthaus und endlich im Jahre 1852 vom Schwurgericht
zu Zweibrücken zum Tode verurtheilt. Ob alle diese Urtheile oder auch nur
eines derselben durch einen gültigen Gnadenact oder Amnestieerlass aus der
Welt geschafft worden ist, hat er nie erfahren; nach dem Jahre 1866 fragte
man nicht danach.
Diesen wirkungslosen Strafurtheilen steht eine eben so wirkungslose Ehren-
bezeugung gegenüber. Er wurde am 12. Juni 1849 ^" einem allerdings sehr
formlosen Verfahren, aber mit grosser Stimmenmehrheit an Stelle von Zitz,
der sein Mandat für Mainz niedergelegt hatte, in das Stuttgarter Rumpfparla-
ment gewählt. Eine Prüfung der Gültigkeit dieser Wahl hat nicht statt-
gefunden.
Die Sorge für die Zukunft drückte um so mehr auf ihn, als er schon
seit Jahren im Brautstande lebte. Als zwanzigjähriger Student hatte er in
Heidelberg mit einer nur drei Jahren jüngeren Cousine, Anna Belmont, ein
Verlöbniss abgeschlossen, allerdings ohne die Genehmigung der Eltern. Der
Vater der Braut war ein reicher, aber geiziger und starrer Mann, der getrennt
von der Frau und in Feindschaft mit ihr lebte, und die Tochter, das einzige
Kind, hart behandelte. Bei seinem Widerspruch konnte das Liebesbündniss
in ein Ehebündniss erst verwandelt werden, nachdem die Tochter das funf-
undzwanzigste Lebensjahr beendigt hatte. Die Trauung wurde am 5. Mai
1852 in Rotterdam vollzogen, nachdem grosse Schwierigkeiten zu überwinden
waren, denn der heimathlose Flüchtling konnte nicht leicht die nöthigen Legi-
timationspapiere beibringen. Sie war eine durch Geist und Schönheit hervor-
ragende Frau. Die Ehe wurde 1874 durch ihren Tod gelöst. B. nennt das
Bündniss, das kinderlos geblieben war, reich an Freuden und noch reicher
an Leiden. Er hat seiner Frau stets eine leidenschaftliche Liebe und nach
ihrem Tode ein inniges Gedenken gewidmet. Nach seinem Tode fand man
in seinem Nachlass eine Anzahl von Andenken, die er in Verschwiegenheit
aufbewahrt hatte.
Um sich eine Existenz zu gründen, beschloss B. in die kaufmännische
Bamberger. 133
Laufbahn überzutreten. Der Entschluss war ihm nicht leicht. Nachdem ihm
als das Ziel seiner Sehnsucht die akademische Laufbahn vor Augen gestanden
hatte, empfand er es als eine Art von Degradation, Kaufmann^ zu werden.
In späteren Jahren hat er darüber anders gedacht; er hat oft den Beruf und
die Thätigkeit des Kaufmanns als eine besonders bevorzugte gepriesen.
Erleichtert wurde ihm der Uebertritt dadurch, dass zwei Brüder seiner
Mutter, Namens Bischoffsheim, als Bankiers thätig waren und sich aus kleinen
Anfängen zu Reichthum herauf gearbeitet hatten. So trat B. noch im Laufe
des Jahres 1849 als Lehrling in die Firma Bischoffsheim, Goldschmidt und
Avigdor in London ein. Im Juli 1850 siedelte er nach Antwerpen über, wo
die Firma eine Zweigniederlassung hatte, deren Leitung inzwischen einem
jüngeren Bruder von B. übertragen war. Da er sich die ftir das Geschäft
erforderlichen Kenntnisse schnell aneignete, wurde der Plan entworfen, ihm
in Rotterdam mit einem kleinen selbständigen Geschäfte eine Existenz zu
gründen; nur zaghaft ging er auf diesen Plan ein, weil er kein volles Ver-
trauen in seine kaufmännische Fähigkeit hatte. Im September 1851 begann
er mit sehr bescheidenen Mitteln unter der Firma L. A. Bamberger & Co. ein
Bankgeschäft und schloss hier, wie schon erwähnt, seine Ehe, musste aber
seinen Hau.shalt auf einem sehr knappen Fusse einrichten. Das Geschäft ent-
wickelte sich so, dass es ihm einen gesicherten Unterhalt zwar versprach, aber doch
sich wenig ausdehnen würde. Für die geistigen Bedürfnisse aber war in
Rotterdam sehr schlecht gesorgt. Es war fiir B. eine Erlösung, als seine
Oheime ihm anboten, nach Paris überzusiedeln, wo sie gleichfalls eine Nieder-
lassung besassen, und dort eine Procura anzunehmen. Noch im Spätherbst
desselben Jahres vollzog er die Uebersiedelung und widmete nun seine ganze
Kraft erfolgreich der Firma, sah sich auch nach Ablauf einiger Jahre durch
den Erwerb eines Vermögens belohnt, das sich im Laufe der Zeit stattlich
vermehrte.
Es mag kurz erwähnt werden, dass er sowohl in Antwerpen als in Paris
als ein politischer Flüchtling unter manchen Belästigungen der Polizei zu
leiden hatte, obwohl er sich von politischer Thätigkeit zunächst völlig fernhielt.
Die erste politische Schrift, die er mit den Erinnerungen aus dem Pfälzer
Aufstand wieder veröflfentlichte, führte den Titel »Juchhe nach Italien!«, er-
schien anonym im Jahre 1859, wurde in einer Frankfurter Officin heimlich
gedruckt und unter einem fingirten Schweizer Verlage in Deutschland ver-
breitet. B. sah in dem Ausbruch des italienischen Krieges einen Wendepunkt
in der Politik, nachdem sich so lange Jahre Stagnation über Deutschland ge-
lagert hatte. Er war der Ueberzeugung, dass es im Interesse der liberalen
Sache liege, Italien in seinen Bestrebungen, einig und von Oesterreich frei zu
werden, zu unterstützen.
Mit dieser Anschauung stand er in Deutschland sehr allein; in Süd-
deutschland herrscht eine Begeisterung für den Gedanken, dass es die Pflicht
ganz Deutschlands sei, Oesterreich gegen den welschen Erbfeind zu unter-
stützen. Die bayerische Regierung hatte österreichischen Truppenabtheilungen
den Durchweg durch bayerisches Gebiet gestattet und an allen Bahnhöfen
wurden die Soldaten mit Spenden empfangen. In Norddeutschland war die
Stimmung kühler; man wollte Oesterreich keine Dienste erweisen, ohne Gegen-
dienste zu empfangen.
B. hatte sich keiner Täuschung darüber hingegeben, auf wie grossen
Widerstand seine Gedankenreihen stossen würden, das hatte ihn aber nur
134 Bamberger.
veranlasst, seinen Anschauungen einen um so schärferen Ausdruck zu geben,
bis an die Grenze des Verletzenden. Dass der unbekannte Verfasser dieser
Schrift für einen Soldschreiber der französischen Regierung und einen Ver-
räther an der deutschen Sache ausgegeben werden würde, hatte er vorher-
gesehen und es konnte ihn nicht erschüttern.
Das lebhafte Interesse, welches sich an der italienischen Frage kundgab,
hatte ihn überzeugt, dass für Deutschland die Zeit des Stillstandes und der
Hoffnungslosigkeit mit dem Augenblicke vorübergegangen sei, wo der Prinz-
Regent von Preussen das Ministerium, das sein Vorgänger ihm hinterlassen,
hinweggeschickt hatte. Er beschloss, sich wieder an der politischen Schrift-
stellerei lebhafter zu betheiligen, und bemühte sich, ein Jahrbuch in das
Leben zu rufen, in dem die Gleichgesinnten sich zu gemeinschaftlicher Arbeit
zusammenfinden könnten. Die Redaction wurde Ludwig Walesrode über-
tragen; als Mitarbeiter waren H. B. Oppenheim, Ferdinand Lassalle, Carl
Vogt, Ludwig Simon, Moritz Hartmann, Friedrich Kapp, Adolf Stahr, Carl
Grün und Andere thätig.
Die Frage der deutschen Einheit war wieder erwacht und damit wurde
der im Jahre 1848 geschaffene Gegensatz von Grossdeutschen und Klein-
deutschen wieder lebendig. In Süddeutschland gab es wenig Leute, die von
der preussischen Spitze hören wollten. Man hatte eine starke Abneigung
gegen das straffe preussische Wesen, und von der wirklichen Kraft dieses
Staates, der 1848 seine Aufgabe verfehlt hatte und 1806 gänzlich zusammen-
gebrochen war, hatte fast Niemand eine Vorstellung. Die Grossdeutschen
träumten von einer föderativen Republik, von einer Trias, von einem Bundes-
directorium und ähnlichen Dingen.
B. hatte zehn Jahre früher seine Erfahrungen mit der Schwäche der
republikanischen Ideen gemacht; hinsichüich der Untauglichkeit der mittel-
staatlichen Regierungen brauchte er keine Erfahrungen zu machen. So blieb
ihm nur übrig, auf die preussische Spitze zu hoffen. Leicht wurde ihm das
nicht. Was an dem preussischen Wesen Unliebenswürdiges haftet, stiess ihn
zurück wie jeden anderen Süddeutschen. Seine alten demokratischen Neigungen
waren ihm geblieben; aber sein Kopf stand mit seinem Herzen in Wider-
spruch. Er sagte sich, dass wenn wir nicht durch Preussen zur deutschen
Einheit kommen, wir nie dazu kommen werden.
In diesem Zwiespalt verfasste er eine der originellsten unter seinen
Schriften: »Des Michael Pro Schriftenwechsel mit ITiomas Contra aus dem
Jahre 1859«. Thomas Contra ist der grossdeutsche Demokrat, dessen An-
sichten seit zehn Jahren nicht den geringsten Wandel erfahren haben, Michael
Pro will die Thatsachen berücksichtigen und von Preussen Zahlungen an-
nehmen, sofern es mit baarer Münze zahlt. Den Streit, den Beide mit ein-
ander führen, entscheidet der Herausgeber nicht; aber er giebt seine Stellung
dadurch zu erkennen, dass er dem Thomas Contra die grössere Fülle von
Geist und Witz in den Mund legt, aber dem Michael Pro lässt er das
letzte Wort.
Die Schlacht von Königgrätz und der Friede von Nikolsburg gaben nicht
allein dem Thomas Pro, sondern auch dem Verfasser von »Juchhe nach
Italien !^< recht. B. trat nun mit noch grösserem Eifer in die Parteibewegung
ein. Zu seinem Organ wählte er die in Düsseldorf unter Redaction des
»rothen Becker« erscheinende »Rheinische Zeitung«, obwohl deren Standpunkt
sich mit dem seinigen nicht völlig deckte. Er vertrat nicht allein die An-
Bamberger. ije
erkennung der vollzogenen Thatsachen, sondern auch die Annäherung an die
Regierung, insbesondere durch Bewilligung der von dieser geforderten In-
demnität. Auf Grund der Meinungen, die er verfocht, wurde kurze Zeit später
die nationalliberale Partei gegründet. Die Aufsätze, welche er hier schrieb,
hat er bereits im November 1866 unter dem Titel »Alte Parteien und neue
Zustände« gesammelt herausgegeben.
Im darauf folgenden Jahre veröffentlichte er in der in Paris erscheinen-
den »Revue moderne« einen Essay unter dem Titel »Monsieur de Bismarck«,
der 1868 auch in deutscher und 1869 in englischer Uebersetzung erschien.
Seine Absicht war, den Franzosen die Meinung zu benehmen, als sei der
Sieg über Oesterreich und die deutschen Mittelstaaten ein Triumph blinder
Reaction gewesen. Aber lehrreich waren seine Auseinandersetzungen auch für
Deutsche. Er zeichnete den Fürsten Bismarck als den Aristokraten, der mit
dem Liberalismus zusammengeht, nicht weil er liberale Neigungen hat, sondern
weil sein politischer Instinct ihm sagt, dass er ohne ein gewisses Eingehen
auf liberale Ideen nicht vorwärts kommen kann. Er hat, als später Bismarck
wiederum mit den Liberalen brach, von dem über ihn Gesagten kein Wort
zurückzunehmen gehabt, als sei es nur einer augenblicklichen Aufwallung des
Enthusiasmus entsprungen.
Bald nach der Entscheidung des Jahres 1866 war B. wiederholt zum
Besuche nach Deutschland zurückgekehrt; im Jahre 1868 löste er seine Be-
ziehungen zu dem Pariser Bankgeschäft und siedelte wieder nach Deutschland
über, da ihm nunmehr seine Verhältnisse gestatteten, ausschliesslich von seinen
Renten zu leben. Ursprünglich schlug er seinen Wohnsitz in Mainz auf; so-
bald er sah, dass er dauernd an die Politik gefesselt sein würde, begründete
er einen zweiten Wohnsitz in Berlin, wo er ein kleines villenartiges Haus im
Thiergartenviertel kaufte. Als er später eine Villa in Interlaken erworben
hatte, in welcher er die Sommermonate zuzubringen pflegte, gab er den
Wohnsitz in Mainz gänzlich auf.
In den constituirenden Reichstag konnte er noch nicht gewählt werden,
aber in einem von Paris aus datirten Flugblatt wendete er sich in scharfer
Weise gegen den Vorschlag der entschiedenen Demokraten, sich der Wahl zu
enthalten. Als dann etwas später die Wahlen stattfanden, durch welche die
süddeutschen Staaten den Reichstag des Norddeutschen Bundes zu einem Zoll-
parlament zu erweitern hatten, stellte er seine Candidatur in Mainz auf. Der
Hauptgesichtspunkt seiner Wahlrede war, dass die politische Zerrissenheit
Deutschlands die schwersten wirthschaftlichen Nachtheile im Gefolge gehabt
habe und dass die Erweiterung des Zollparlaments zum Vollparlament das
Ziel der Wünsche bleiben müsse. Seine Wahl erfolgte mit 7000 gegen 5400
Stimmen; ihm stand ein demokratischer Candidat gegenüber, auf den auch
die Ultramontanen ihre Stimmen abgaben.
Während der Sitzungen, die das Zollparlament abhielt, schrieb er flir
eine Anzahl von Zeitungen unter dem Titel von »Vertraulichen Briefen« eine
Reihe von Correspondenzen, in denen er wichtige Fragen in zwanglosem Tone
besprach. Er dehnte sie auch auf solche Fragen aus, die vor den Reichstag
gehörten, und bekämpfte namentlich den Gedanken, das ganze Strafgesetzbuch
fallen zu lassen, weil Bismarck die Abschaffung der Todesstrafe nicht zugeben
wollte. So reich auch die Nationalliberale Partei an Talenten war, so stellte
sich doch bald heraus, dass B. zu ihren Führern zu rechnen sei.
Der Juli des Jahres 1870 traf ihn zufällig in Paris. Um einige Tage
1^6 Bamberger.
früher als Andere erkannte er, dass der Krieg von Frankreich unwiderruflich
beschlossen sei und er liess Winke darüber nach Deutschland gelangen. Die
freundschaftlichen Beziehungen, die er in Frankreich angeknüpft hatte, täuschten
ihn keinen Augenblick darüber, dass das Unrecht ausschliesslich auf Seiten
Frankreichs sei und dass Deutschland die Aufgabe habe, den Feind mit allem
Nachdruck niederzuwerfen. Nach der Vertreibung der Bonapartes wünschte
Fürst Bismarck die Anwesenheit B.'s in Versailles, um von ihm Aufschlüsse
über einzelne Persönlichkeiten zu erhalten, die in der Republik zur Bedeutung
gelangt waren.
Die Versailler Verträge brachten es mit sich, dass B., als er abermals
in Mainz gewählt wurde, nun nicht mehr als Mitglied des Zollparlaments,
sondern des Reichstages einzog. Als sein Mandat 1874 ablief, candidirte er
nicht wieder in Mainz, sondern in Alzey- Bingen und dieser Kreis ist ihm
19 Jahre lang treu geblieben, bis er im Jahre 1893 eine Wiederwahl ablehnte.
Seine Thätigkeit im Reichstage war eine sehr ausgebreitete. Vor Allem
wichtig aber ist seine Wirksamkeit in der Münzfrage und in der Bankfrage
geworden, wo er dafür gesorgt hat, die Grundsteine so zu legen, dass das
Haus mit Sicherheit darauf stehen konnte.
Der Bundesrath hatte zunächst im Herbst 187 1 einen Gesetzentwurf über
die Ausprägung von Goldmünzen vorgelegt, in dem eine particularistische
Richtung zum Siege gelangt war. Die Einzelstaaten suchten von ihrem Münz-
regal so viel wie möglich zu retten. Die Einziehung der Landesmünzen sollten
auf Kosten der Staaten erfolgen, die sie ausgegeben hatten; ebenso sollten die
Münzen, die das Passirgewicht verlieren würden, von den Staaten eingezogen
werden, die sie ausgegeben hatten. B. stellte dem eine Reihe von Gegen-
anträgen gegenüber, wonach das Münzwesen durchaus Sache des Reiches sein
sollte. Als der erste dieser Anträge, der für den Augenblick praktisch völlig
unerheblich war, gefallen war, zog B. seine weiteren Anträge mit der Moti-
virung zurück, dass nun ein völlig unklarer Zustand geschaffen sei.
I)as war ein Wamungssignal und wirkte als solches. Die Regierung und
der Reichstag wurden aufmerksam darauf, dass B., bis dahin der eifrigste
Förderer der Münzreform, die Karten mitten im Spiele wegwarf. Die Re-
gierung, vertreten durch den preussischen Finanzminister Camphausen, lenkte
ein, Lasker nahm die Anträge B.s wieder auf und führte sie ohne erheblichen
Widerstand zum Siege.
Ferner setzte B. durch, dass das Goldstück von 30 Mark, welches Fürst
Bismarck lebhaft befürwortete, beseitigt wurde. Dasselbe lehnte sich eng an
das preussische Thalersystem an, indem es einen Werth von genau zehn
Thalern hatte, durchbrach aber die Reinheit des Decimalsystems. So kam
dieser erste Abschnitt der Münzreform zu einem befriedigenden Abschluss.
Als im Jahre 1873 ^*s eigentliche Münzgesetz folgte, setzte B. eine
folgenschwere Verbesserung durch. Es wurde das freie Prägerecht (monnayage
automatique) anerkannt; es wurde vorgeschrieben, dass Jedermann, der Barren-
gold auf die Münzanstalt bringt, das Recht hat, zu fordern, dass ihm das-
selbe in Reichsgoldmünzen umgewandelt wird. Dass hierbei die Prägegebühr
zu hoch festgesetzt wurde, war ein Fehler, gegen den B. zunächst erfolglos
ankämpfte, der aber bald bei einer anderen Gelegenheit verbessert wurde.
Auf andere Anträge einzugehen, die er gestellt und durchgesetzt hat, würde
ein tiefes Eingehen in die Materie erfordern.
Die Schaffung und Aufrechterhaltung der Goldwährung war ein Gegen-
Bamberger. izj
stand, der B. besonders am Herzen lag. Im Jahre 1876 schilderte er in
einem Aufsatz, den die Deutsche Rundschau unter dem Titel »Die Ent-
thronung eines Weltherrschers« brachte, warum das Silber als Währungsmetall
sich überlebt habe. Als die Gefahr einer Goldausfuhr nahe trat, legte er in
einer Schrift »Reichsgold« (1876) dar, warum die Münzreform nothwendig
gewesen sei, und warum zeitweilige Goldausfuhren ein unvermeidliches Er-
eigniss seien. Als im Jahre 1879 die Regierung die Einziehung der Silber-
thaler sistirte, griff er diese schädliche Massregel scharf an. Den Bestrebungen
der Bimetallisten widerstand er durch jährlich sich wiederholende Reden im
Reichstage, die jedesmal neue Gesichtspunkte brachten, und durch eine Reihe
von Schriften (^Die Verschleppung der deutschen Münzreform«, 1882; »Die
Schicksale des lateinischen Münzbundes«, 1885; »Die Stichworte der Silber-
leute, 1893). Es war ihm vergönnt, vor seinem Tode sein Werk gesichert
zu sehen.
Im Jahre 1874 folgte der Gesetzentwurf über das Bankwesen. B. hatte
die öffentliche Discussion eingeleitet durch eine Schrift: »Die Zettelbank vor
dem Reichstage«. Im Reichstage fungirte er als Berichterstatter der Com-
mission. Er hatte gegen den Entwurf der Regierung Mancherlei einzuwenden ;
namentlich missfiel ihm die Contingentirung der Banknoten. Er stellte aber
alle anderen Bedenken hinter einen Gesichtspunkt zurück. Die Regierung
hatte, aus engherzigen Gesichtspunkten, die Camphausen geltend machte, sich
geweigert, eine Reichsbank zu schaffen; B. erklärte sie flir unerlässlich. Er
siegte nach aufgeregten Scenen im Reichstage mit dieser Anschauung. Er setzte
auch durch, dass die Reichsbank verpflichtet wurde, Gold, das ihr angeboten
wurde, zu einem festen Preise zu kaufen, und auf diese Weise wurde indirect
die übermässige Prägegebühr auf einen massigen Satz zurückgeführt.
Im Jahre 1876 schied Delbrück, bis dahin das Alter Ego des Fürsten
Bismarck, aus seinem Amte. Ein politischer Umschwung kündigte sich an.
B. hatte bis dahin in allen wesentiichen Fragen auf Seite der Regierung ge-
standen. Im Jahre 1873 hatte er sich sogar gegen die Verleihung von Cor-
porationsrechten an die Gewerkvereine erklärt und in einer Schrift: »Die
Arbeiterfrage unter dem Gesichtspunkte des Vereinsrechts«, Ansichten auf-
gestellt, die er in der Zukunft nicht aufrecht erhalten konnte. Auch dem
Erlass des Socialistengesetzes stimmte er noch zu. Dass er dem Jesuiten-
gesetze seine Billigung versagte, war fast der einzige Fall, in dem er sich auf
die Seite der Opposition schlug. Nun aber kam eine Zeit, in der es ihm
Pflicht erschien, an alten Grundsätzen auch im Widerspruch zur Regierung
festzuhalten. Den Uebergang zur Schutzzollpolitik konnte er nicht mitmachen.
Zweierlei Erscheinungen traten zugleich ein. Eine retrograde Wirthschafts-
politik wurde eingeleitet, und um die Unterstützung des Centrums zu gewinnen,
wurde die kirchliche Gesetzgebung, die seit 1873 geschaffen war, aufgedröselt.
Mit dem letzteren Vorgange konnte man sich einverstanden erklären, wenn
feste Rechtsgrundsätze geschaffen worden wären, aber statt dessen wurde eine
Politik der discretionären Vollmachten getrieben. In den Reihen der national-
liberalen Partei brach Missmuth und Spaltung aus. Bennigsen gab sich Mühe,
die Partei zusammenzuhalten und bei der Fahne der Regierung festzuhalten;
Miquel, der seitdem ganz andere Pfade eingeschlagen hat, unterstützte ihn.
Lasker war der Erste, der aus den Reihen der nationalliberalen Partei formell
austrat. Forckenbeck, Stauffenberg und mit ihnen B. folgten ihm. Die Aus-
scheidenden thaten sich zu einer Partei zusammen, die sich officiell die
138 Bamberger.
Liberale Vereinigung nannte, aber im Volksmunde die Secession genannt
wurde. Anfänglich anonym, in den späteren Auflagen unter Nennung seines
Namens trat B. mit einer Schrift hervor, die unter dem Titel »Die Secession«
den Grund der stattgehabten Trennung klarlegte.
Die Angehörigen dieser Partei haben den Groll des Fürsten Bismarck
empfinden müssen und insbesondere B. wurde mit schweren Angriffen bedacht.
Fürst Bismarck richtete gegen ihn einmal den Ausspruch, er sei ein sujet mixte,
obwohl B. nie ein Staatsbürgerrecht ausserhalb Deutschlands erworben und
auch als Flüchtling seine deutsch-patriotische Gesinnung nie verleugnet hatte.
Die schwierige Lage, in welche die liberalen Parteien gerathen waren,
bewirkte, dass im Jahre 1884 die liberale Vereinigung sich mit der Fort-
schrittspartei zu einer freisinnigen Partei zusammenschloss. Der Gegensatz
hatte nie ausgeglichen werden können, aber er trat vor der Hand zurück
gegen die übereinstimmenden Ueberzeugungen. Die neue recht zusammen-
geschmolzene Partei führte einen erfolglosen aber entschlossenen Kampf gegen
die Schutzzollpolitik, gegen die von Jahr zu Jahr sich wiederholenden Beein-
trächtigungen der Gewerbefreiheit, gegen die Vorlagen der sogenannten Social-
politik, das heisst gegen die Gesetze über Arbeiterversicherung. Mit dem
Ziele, die Arbeiter gegen die Wechselfälle des Lebens sicherzustellen, war
sie ja vollkommen einverstanden, aber sie beanstandete die Polizeimassregeln,
die sich untrennbar mit den löblichen Gedanken verbanden. In allen diesen
Kämpfen stand B. in erster Reihe. Unvergesslich wird bleiben, in welcher
Art er das Gesetz charakterisirte, welches noch heute als »Klebegesetz« be-
zeichnet wird. Früher, so äusserte er, habe der Grundsatz gegolten: »Leben
und leben lassen«; jetzt dagegen heisse es: »Kleben und kleben lassen«.
Zu den Kämpfen, welche die Partei mit aller Energie aufnehmen musste,
gehörte auch der gegen die Colonialpolitik, deren Bahnen Fürst Bismarck
jetzt betrat. B. war mit aller Entschiedenheit der Ansicht, dass für das Ge-
deihen des deutschen Handels der Erwerb von Colonien nicht nöthig sei, da
schon bisher der deutsche Kaufmann im Auslande mit Erfolg gearbeitet habe;
dass es dagegen für das Deutsche Reich, das ohnehin genöthigt war, eine so
schwere Waffenrüstung zu tragen, sehr bedenklich sei, sich der Gefahr auszu-
setzen, in überseeischen Besitzungen sich einen Nasenstüber zu holen.
Ein Vorgefecht um die Colonialpolitik fand schon im Jahre i88o statt,
als Fürst Bismarck den Antrag gestellt hatte, einer Gesellschaft, die sich auf
den Trümmern des zu Grunde gegangenen Hamburger Hauses Godefroy ge-
bildet hatte, eine Staatssubvention zu gewähren. Der gründlichen Behandlung
dieser Frage durch B. und seiner Beredsamkeit gelang es, auch die national-
liberale Partei zum grössten Theil zum Widerstände mitzureissen und so das
Gesetz zu Fall zu bringen, das übrigens, wie nachdrücklich betont werden
muss, mit einem Erwerb von eigentlichem Colonialbesitz nichts zu thun hatte.
Als im Jahre 1887 der Reichstag wegen der Septennatsfrage aufgelöst
wurde und sich ein heftiger Sturm gegen die freisinnige Partei erhob, die
zwar keine Forderung verweigerte, aber die Rechte des Reichstages nicht
durch eine Bindung auf lange Zeit verkümmern wollte, wurde B. in seinem
Wahlkreise Alzey in einem heftigen Kampfe wiedergewählt; er wurde drei
Jahre später, als Fürst Bismarck gefallen war, fast kampflos, aber zum letzten
Male wiedergewählt.
Im Jahre 1893 trat die Militairfrage noch einmal in den Vordergrund;
diesmal war sie durch Caprivi angeregt, der die zweijährige Dienstzeit anbot.
Bainberger. I^q
Die Freisinnige Partei brach bei dieser Gelegenheit auseinander. Die alten
Fortschrittler verharrten im Widerstände, die alten Secessionisten genehmigten.
B. konnte sich mit Rücksicht auf die Stimmung in seinem Wahlkreise zu
einem zustimmenden Votum nicht entschliessen, und zog es vor, als ein siebzig-
jähriger Mann der parlamentarischen Thätigkeit zu entsagen.
Schriftstellerisch blieb er durch Beiträge für die »Nation«, die seine Freunde
Barth und Nathan herausgegeben, thätig und hat namentlich den hinterlassenen
Gedanken und Erinnerungen des Fürsten Bismarck eine eingehende Betrachtung
gewidmet, die unter dem Titel »Bismarck redivivus« erschien.
Im Frühjahr 1898 wurde er von einem Schlaganfall betroffen, der zeit-
weilig eine partielle Lähmung zur Folge hatte, den er aber vollständig über-
wand. Er hat noch ein Jahr lang des Lebens sich erfreut, hat die Genug-
thuung gehabt, seine Lieblingsschöpfungen, die Goldwährung und die Reichs-
bank, gegen alle Angriffe gesichert zu sehen und ist am 14. März 1899 eines sanften
Todes gestorben. Auf dem alten jüdischen Kirchhofe in der Schönhauser Allee
zu Berlin ruht er in der »Ehrenreihe« an der Seite seines Freundes Lasker.
B. war eine harmonische Natur, wie sie selten auf Erden erscheinen. Mit
einem schwächlichen Körper hat er es als ein wahrer Lebenskünstler zu einem
Alter von 76 Jahren gebracht; mit einer schwachen Stimme war er einer der
anziehendsten Redner im Parlament, in der Volksversammlung und beim
Nachtisch in festlicher Versammlung.
Goethes Wahlspruch: »Höchstes Glück der Erdenkinder ist doch die
Persönlichkeit« war der seinige. Das Leben hatte für ihn Werth, weil er es
mit Anmuth schmücken konnte. Die Einrichtung seiner Zimmer waren vom
besten Geschmack ; frische Blumen konnte er nicht entbehren. Allen Wissen-
schaften, allen Künsten trug er ein warmes Verständniss entgegen. In tiefster
Seele verhasst war ihm das politische Banausenthum, das für alle PYagen, die
nicht die politischen Parteikämpfe berühren, kein Interesse hegte.
Die Festigkeit der eigenen Ueberzeugungen hinderte ihn nicht daran,
gegen die Ueberzeugungen Anderer Gerechtigkeit zu üben. Er glaubte an
den Satz von dem zureichenden Grunde und wo ihm eine Erscheinung, die
ihn befremdete, entgegentrat, spähte er nach ihren tieferen Ursachen.
Sein Vermögen, das er nach der Beendigung der kaufmännischen Thätig-
keit mitbrachte, hat sich in den dreissig Jahren, die er noch lebte, erheblich
vermehrt, ohne dass er für den Erwerb thätig war. Im Jahre 1870 betheiligte
er sich noch an der Gründung der Deutschen Bank, hat dann aber jeder Be-
theiligung an Unternehmungen geschäftlicher Art entsagt, um keine Conflicte
mit seinen politischen Aufgaben hervorzurufen.
Im Stillen hat er viel Wohlthätigkeit geübt, nachdem er die Verhältnisse
geprüft hatte. Noch mehr ist er ein Wohlthäter aller Derer geworden, die
sich mit der Bitte um geistige Förderung an ihn wandten. Seine Müsse stellte
er Jedem zur Verfügung, an dem ihm ein geistiges Streben entgegentrat. In dem
Herzen zahlreicher Freunde hat er sich ein unvergängliches Andenken gesichert.
Die kleinen Aufsätze, die er geschrieben hat, beschränken sich nicht auf Politik
undVolkswirthschaft. EinTheil enthält biographische Schilderungen ; ein anderer
Theil ergeht sich in unerschöpflicher I^ebensweisheit über gesellschaftliche Fragen.
Literatur. Soweit einzelne seiner Schriften im Laufe der Darstellung erwähnt
worden sind, sollen sie nicht noch ejnmal angeführt werden. Fünf Bände »Gesammelte
Schriften«, die er von 1894 — 1898 herausgegeben hat, enthalten nur eine Auswahl dessen,
was von allgemeinem Interesse ist. Eine Sammlung seiner Reden über Bank- und Münz-
1^0 6Amberg«r. Müller. Nagel.
fragen bereitet Carl Helflferich vor. B. hat Tagebücher hiDterlassen, deren Herausgabe zar
Zeit nicht angängig ist und die übrigens nur an wenigen Stellen erhebliche Aufschlüsse
zur Tagesgeschichte enthalten. Ferner hat er begonnen »Erinnerungen« aufzuschreiben,
die in der fragmentarischen Gestalt, in der sie nach seinem Tode vorlagen, von Paul Nathan
herausgegeben worden sind. Eine Denkrede auf ihn von Theodor Barth enthält die
»Nation« vom i8. Mfirz 1899. Die Preussischen Jahrbücher vom März 1900 bringen von
Daniels eine ausführliche Charakteristik in Anknüpfung an die Erinnerungen. Otto Hartwig.
Ludwig Bamberger. Eine biographische Skizze. Als Manuskript gedruckt. Marburg 1900.
Alexander Meyer.
Müller, Moriz (senior), Thier- und Jagdmaler, ♦ 8. April 1841 zu München,
j 31. März 1899 ebendas. Ein Sohn des durch seine effectvolle Beleuchtung
ehedem vielgefeierten Carl Friedrich Moriz Müller (genannt »Feuer - Müller«,
♦ 6. Mai 1807 in Dresden, f 8. November 1865 zu München), besucTite das
Gymnasium, dann die Forstschule, wendete sich an der Akademie zur
Malerei, ging dann ausschliesslich zur Jagdmalerei über, wodurch er die
Theilnahme aller Waidmänner, insbesondere unter dem höchsten preussischen
und russischen Adel erwarb, der ihn nebst dem Herzog von Coburg, mit
ehrenvollen Einladungen auszeichnete. Seine Verbindung der Thierwelt mit
der entsprechenden Landschaft war immer eine ausserordentlich glückliche;
auch behandelte er gern verschiedenartige Stoffe als wirkungsvolle Gegen-
stücke. Zu seinen bekanntesten Bildern gehören 1876: Ein Kampf ums
Dasein; 1879: Edelwild im Gebirge; 1880: Vereitelte Gemspürsche; der
angeschossene Hirsch; 1883: Waidmanns Heil!; Landschaft mit Hirschwild
und mit Gemsen; 1889: Angeschossener Fuchs von Hunden gefasst; Hühner-
hund mit Fasanen; 1890: Rehe im Walde; Saupark vor der Fütterung;
Verfolgtes Wild; Entwischt (vier Wildenten entfliehen dem beschleichenden
Fuchs); Reinekc im Walde; 1891: Treibjagd; Heimkehr; Herausforderung
zum Kampf; Fliehende Gemsen; Streit um die Beute (ein Fuchs zerfleischt
einen Hasen, von hungernden Raben umschwärmt); Hirsche im Walde (von
Hunden verfolgt); 1892: Rehe im Walde (Winterlandschaft); Der König
der Berge (Hirsch auf einer Anhöhe) ; Edelwild im Hochgebirge ; Waldesruhe
(Rehe auf einer Holzlichtung); Hochgebirgslandschaft mit Gemsen (im Vorder-
grunde zwei kämpfende Böcke) u. s. w. Eine grosse Anzahl dieser Bilder
wurde durch Photographie, Holzschnitt und Farbendruck vervielfältigt. — Ein
gleichnamiger Sohn des Malers hat dieselbe Bahn mit glücklichem Erfolge betreten.
Vgl. Fr. V. Bottich er, Malerwerke 1898. II, 105. Kunstvereins-Bericbt f. 1899. S. 75.
Hyac. Holland.
Nagel zu Aichberg, Ludwig von, baierischer Major a. D., Pferdemaler,
♦29. März 1836 zu Weilheim, f 8. September 1899 zu München. Sohn
eines königlichen Landrichters, studirte zu Regensburg und Amberg, wo er
ohne eigentlichen Zeichnen-Unterricht schon frühzeitig durch seine Portraits,
Bilderbogen und Caricaturen Aufmerksamkeit erregte, und, seit 1852 Cadett
beim 5. Chevauxleger-Regiment zu Neumarkt (Oberpfalz;, Soldaten, Reiter
und Pferde zeichnete. Im Jahre 1858 Junker und 1859 Leutnant im
2. Cürassier-Regiment zu Landshut gab N. 1862 »Skizzen zum neuen Reit-
system« heraus, welche von dem damals zufällig in Landshut auf Besuch
weilenden Meissonier ausserordentlich günstig beurtheilt wurden, so dass der
Nagel. Petzl. t4t
berühmte französische Maler ernstlich in N. drang» die Militärlaufbahn aufzu-
geben und sich unter seiner Leitung in Paris ganz der Kunst zu widmen.
Dem Wunsch der Familie folgend, blieb N. bei dem erwählten Beruf, machte
als Oberleutnant den Krieg 1866 mit, zog 1870/71 als Regiments- Adjutant
und Rittmeister nach Frankreich, wurde zum General-Commando Wtirzburg
versetzt, trat aber 1877 in Folge körperlichen Leidens in den Ruhestand.
Hatte er schon aus diesen Feldzügen eine reiche Sammlung von Skizzen und
Studien mitgebracht, wovon eine Auswahl im photographischen Verlag von
Hanfstängl 1872 erschien, so schulte er jetzt sein autodidaktisches Talent
ernstlich unter der Leitung des Prof. Wilhelm von Diez und malte mehrere
kleine Oelbilder und Aquarelle, gab aber doch Palette und Pinsel auf und
wählte den seiner Natur am meisten zusagenden Stift des Zeichners und
Illustrators. Ein höchst dankbares Publikum gewann N. durch seine heiteren
Beiträge zu den »Fliegenden Blättern« und den »Münchener Bilderbogen«.
Daraus entstanden die »Militärischen vier Jahreszeiten«, die zuerst unter dem
Pseudonym eines »Van Oos« erschienen, dann der unübertreffliche »Major
Kreuzschnabel« und andere Militärhumoresken (Text von Carl Zastrow), das
reichhaltige »Nagel-Album«, die »Scenen aus dem Leben der Reiter und
Fahrer«, die insgesammt in Buchform bei Braun & Schneider in vielfachen
Auflagen in die Welt gingen. N. war kein Pferde-, Portrait- und Sportmaler,
er schilderte, ebenso wie der Radirer Johann Adam Klein (1792 — 1875), ^^
Pferd im Dienste des Menschen, an der fleissigen, mühevollen Arbeit, zwar
vielfach als Zug- und Lastthier, aber auch verwendet zur Freude, zum ver-
gnüglichen Schmucke des Lebens. Ihm gelangen vorzüglich die Pferdehändler
und Rosstäuscher, Zigeuner und Hebräer, das Pferd im Militärdienst und
unter der bäuerlichen Faust, das Ackerpferd und der gequälte Karrengaul,
das Thier an der Droschke und am Train, am Wasserfasse des Strassen-
spritzers wie unter der leichten Last des Sonntagsreiters, in der Reitschule —
kurz in allen Varianten aus der »guten alten«, der neueren und der allemeuesten
Zeit. Mit derselben Leichtigkeit handhabte N. die Caricatur, wobei er mit
echter Bonhomie sich selbst am wenigsten verschonte (vgl. Fritz von Ostini
im 15. Heft der »Kunst für Alle«, i. April 1892). Dergleichen Prachtleistungen
cursirten sachgemäss nur im engeren, familiären Kreise, z. B. bei den »Pappen-
heimern« oder den vergnüglichen »Niederländern«, zwei costümirten Gesell-
schaften, in welchen unser Künstler als die verkörperte Heiterkeit, als eine
unversiegbare Quelle der fröhlichsten Laune verehrt und gefeiert wurde. Er
hatte die Gabe, seine ernsten und burlesken Schöpfungen, wenn ihre Durch-
bildung ihm auch viele Mühe und beobachtendes Studium kosteten, mit der
anscheinendsten Leichtigkeit hinzuschreiben; man könnte ihn den Hackländer
unter den Zeichnern heissen. Seine Arbeiten werden ihm noch lange Zeit
ein gutes Andenken sichern. Und dann erst wird man ihn culturhistorisch
behandeln ob der Treue und Wahrheit, womit er seine Zeit erfasst und ab-
geschildert hat.
Vgl. Müller-Singer, Lexikon 1898,111,280. Fr. v. Bötticher, Malerwerke 1898
11, 123. No. 251 »Allgem. Ztg.«, 10. September 1899. »Kunst fUr Alle«, XV. B. 3. Heft
S. 68 vom I. November 1899 (mit Portrait). Kunstvereins-Bericht f. 1899 S. 76 fr.
Hyac. Holland.
Petzl, Ferdinand, Architekturmaler, ♦ 19. Oktober 1819, f 15. Oktober 1899
zu München. Im Hause seines Vaters, eines Geometers an der k. Steuer-
142
Pctzl.
kataster-Commission, war der Sammelplatz vieler, mehrentheils norddeutscher
Maler, welche, angezogen von dem älteren Genremaler Joseph Petzl (1803
bis 187 1), mit demselben im regsten Wetteifer schufen. Das Vorbild des
älteren Bruders führte auch unseren Ferdinand auf ähnliche Wege. Joseph P.
hatte auf weiten Reisen in Norddeutschland, Dänemark und Schweden, am
Rhein und zu Düsseldorf, in Italien, Griechenland und Constantinopel eine
Menge fremdländischen Materials gesammelt und in sehr gut gezeichneten,
farbenprächtigen Bildern mit grossem Erfolge verarbeitet; er genoss durch
seine fröhliche Laune und als Hauptmitwirkender der damaligen Künstler-
feste grosses Ansehen. Unter seiner Leitung widmete sich Ferdinand F.,
nachdem er die polytechnische Schule und die Akademie besucht hatte, zu-
erst dem Portrait und malte viele kleine, sorgsam ausgeführte Bildnisse, ging
aber bald nach dem Beispiele von Wilhelm (rail, Michel Neher, Quaglio und
Anderen zur Architekturmalerei über, wozu er auf vielen Reisen durch Alt-
baiern, Franken, Schwaben, am Rhein, in der Schweiz, Tirol und Oberitalien
die merkwürdigsten Rathhäuser und Kirchenbauten zeichnete und mit der
ihm eigenen Sorgfalt in Aquarellen und Oelbildern zur Darstellung brachte.
Manches erschien auch in Stahlstich, so die Städte- Ansichten von Donauwörth
und NördHngen in dem »Malerischen Bayern^, welches damals der Buch-
händler CJeorg Franz in hübscher Ausstattung herausgab. Fast alljährlich
brachte P. kleine, anziehende Bilder in den Kunstverein, welche stets bereit-
willige Käufer fanden, z. B. eine Partie aus der Martins-Kirche zu Landshut
(gestochen von Poppel 1846); die Georgen -Capelle auf der Trausnitz (1847;
lithographirt von E. Wagner im König Ludwig -Album und als Farbendruck
in dem Pracht werke des K. M. P'reiherrn von Aretin »Alterthümer und Kunst-
denkmale des Baierischen Herrscherhauses«); die Pfarrkirche zu Dinkelsbühl
(1848); aus dem Allerheiligenstift zu Schaffliausen (1849); aus Maria Einsiedel
in der Schweiz (1850); aus St. Ulrich in Augsburg (1852); das Stadthaus zu
UeberHngen; die Stiftskirche zu Ellwangen; der Münster zu Ulm (1854); die
Jakobs -Kirche zu Rothenburg (1859); die stattlichen Rathhäuser zu Lindau
(1862), Constanz, Nördlingen (1863) und Wetzlar; eine Partie aus Innsbruck;
Stein am Rhein (1864); Stiftskirche zu Aschaffenburg (1865); das Rathhaus
zu Bamberg (1868) und der Obstmarkt zu Bozen (als Holzschnitt in der
Gartenlaube 1873 S. 719) mit der Ansicht jenes jetzt völlig umgebauten Gast-
hauses, woselbst Goethe auf seiner italienischen Reise 1786 wohnte, — eine
für jeden Goethe-Forscher erfreuliche Abbildung! Von seinen öfters wieder-
holten Studienfahrten nach Oberitalien brachte P. immer reiche Ausbeute, \i'ie
den »Fischmarkt in Venedig« (1870), »Aus dem Innern der Marcus-Kirche v ;
eine Ansicht der Maria della Salute (1872); Erinnerungen an Riva, an den
Domplatz in Trient, einige Palastbauten am Canale Grande (1874), den Hafen-
platz in Torbole und andere Scenerien aus Verona, Belluno und Feltre (1882).
Ebenso reizten ihn aber auch die malerischen Schönheiten von Alt-München
mit den jetzt grösstentheils verschwundenen Thoren, Thürmen und dem ehe-
maligen Winkelwerk der Strassen mit ihrem holperigen Terrain und den
schiefen Häuserfagaden. Seine darauf bezüglichen Bilder mit den cultur-
historischen Staffagen erwarb regelmässig der deshalb gewiss doppelt hocli-
wohllöbliche Magistrat und vereinte sie nachmals in dem neuen historischen
Museum der Stadt, wo sie nebst den Bildern von Dillis, Lebscht^e, A. Seidel,
Anton Höchl u. A. zu jenen Perlen zählen, welche ob ihrer diplomatischen
Treue von Jahr zu Jahr an historischem Interesse gewinnen. Ebenso hatte
Petil. 1^^
er sich das stattliche Bauwerk der altehrwürdigen Frauenkirche mit ihrem im
Laufe der Jahrhunderte nachgewachsenen Capellenschmuck, welcher durch die
neuere Restauration nur zu bereitwillig aufgegeben und kurzweg vertilgt
wurde, als besonderes Object für seine sorgfältigen Studien, gleichsam als eine
Domäne seiner Kunst ausgewählt. In vielen grösseren und kleineren, in un-
ermüdlichem Eifer immer wieder neubearbeiteten Bildern (eine schöne Collec-
tion dieser Art erwarb 1867 König Ludwig IL für die neue Pinakothek) lieferte
P. eine grosse Zahl von Ansichten, denen die allen seinen Arbeiten eigene
Wahrheit in Farbe und Zeichnung nachgerühmt werden muss. Eine ähnliche
Vorliebe hegte er fiir das alterthümliche Meran und das benachbarte Lana,
w'o er, schwelgend in der herrlichen Umgebung, die letzten zwei Decennien
seiner Sommerfrische zu geniessen liebte, bis ein leichter Schlaganfall diesem
harmlosen Vergnügen und damit bald auch der Ausübung seiner Kunst ein
Ziel setzte. Die Last der Jahre machte sich plötzlich fühlbar, nachdem unser
Maler mit dem üblichen Rucksack, Bergstock und Skizzenbuch noch als Zwei-
undsiebzigjähriger den Wendelstein erstiegen hatte. Dann ging es langsam
abwärts. P. war bei aller Einfachheit doch eine complicirte, vorwiegend aber
philisteriös veranlagte Natur ä la Carl Spitz weg; für einen Charakterzeichner
wie Hackländer wäre P. eine Fundgrube gewesen; Marie von Eben-Eschenbach
hätte in ihm ein unschätzbares Vorbild zu einem neuen, artistischen »Bertram
Vogelweid« gefunden. Neben vielen selbstquälerischen Schrullen, wozu ein
Niefertigwerden und fortwährendes Aendem und Verbessern seiner Bilder ge-
hörte, besass P. als hartgesottener Junggeselle ein angeerbtes Ingenium zu
]>einlicher Sparsamkeit und knauseriger Aengstlichkeit für sich selbst, während
er zeitweise wieder grossmüthig eine offene Hand zeigen konnte. Li Summa
aber überwogen seine liebenswürdigen Eigenschaften. In erster Reihe stand
eine unerschütterliche Wahrhaftigkeit und Treue, die er als Mensch und
Künstler zeitlebens bewahrte. Er ehrte das Andenken seiner Eltern und Vor-
fahren — darunter der Akademiker und Satiriker Jos. Petzl (1764 bis 181 7);
sein von J. G. von Edlinger gemaltes Bildniss hing immer im Atelier unseres
Künstlers, auf welchen eine gute Dosis seiner humoristischen Ader über-
gegangen war. An dem unscheinbarsten Familien- »Urväterhausrath« klammerte
sich seine pietätvolle Tradition fest. Daneben erfreute er sich einer feinen,
kleinen, sorgsam gehegten und immer erweiterten Galerie von seinen besten
Zeitgenossen. Alterthümliche Kannen, Humpen, Krüge, Teller und anderweitiger
Atelierschmuck von Kästen und Kästchen, Truhen und Stühlen vervollständigten
sein »antiques« Mobiliar, welches miteiner ungeheueren Fülle von Skizzen, Studien,
Photographien und Stichen bei verschiedenen Um- und Auszügen als liebwerthe,
unveräusserliche Last immer neuen Anlass zu Klagen gab, aber jedesmal bereit-
willig mitgeschleppt wurde. Dieselbe Anhänglichkeit bewahrte er allen seinen
(Geschwistern, ihren Kindern und allen Verwandten. Er war ein wahrer, mit-
fühlender und theilnehmender Freund. Mit rührender Gutmüthigkeit ein Ver-
ehrer und Pfleger der Kunst und ihrer Träger, besass er von allen früheren
Zeitgenossen, Mitstrebenden und Bekannten ein wahres Conversations-Lexikon
von Erinnerungen, welche er leider nie in Schrift brachte, obwohl er, wenigstens
in Briefen, sehr anmuthig zu schildern vermochte. Er hing mehr an der Welt,
als sie an ihm; der Abschied mag ihm demgemäss nicht leicht geworden sein.
Vgl. Dns geistige Deutschland 1898. I, 521. Abendblatt 257 »Allgemeine Zeitung«
16. September 1899. Kunstvereins-Bericht für 1899. S. 78 ff.
Hyac. Holland.
1 44 findemantt.
Endemann, Wilhelm, Universitätsprofessor für Civilprozess und Handels-
recht, * 24. April 1825 zu Marburg (Hessen), f 13, Juni 1899 zu Cassel. Sein
Vater, * 6. April 1792 als Sohn des Gymnasialdirectors E. zu Herzfeld, war
Obergerichtsassessor in Marburg, später Präsident des Obergerichts zu Cassel,
f 6. April 1878 ebenda. Wilhelm E. besuchte 1835 — 43 das Gymnasium zu
Cassel, 1843 — 46 die Universitäten Marburg und Heidelberg, wurde 1846
Referendar, 17. März 1853 Amtsassessor in Fulda, 22. Mai 1856 dort Ober-
gerichtsassessor. Zufolge seiner civilprozessualen Arbeiten, in denen er die
damals noch herrschende formale Beweistheorie bekämpfte (Archiv f. d. civil.
Praxis Bd. 41, 42 und 43), der Schriften »Das Princip der Rechtskraft«,
Heidelberg 1860, und »Die Beweislehre des Civilprozesses«, ebenda 1860,
wurde er am 8. Januar 1862 von der Universität Jena zum Ehrendoctor er-
nannt und bald danach dorthin als Professor für Civilprozess und Handels-
recht, zugleich als Rath an das Oberappellationsgericht berufen. Er war
1867 — 70 Mitglied der Commission zur Berathung einer deutschen Civil-
prozessordnung, auch Mitglied des Norddeutschen Reichstages und in der
ersten Legislaturperiode auch des Deutschen Reichstages. Auf Antrag der
Bonner juristischen Facultät wurde er am 13. Juli 1875 als ordentlicher Professor
für Handelsrecht, Civil- und Strafprozess wie Staatsrecht nach Bonn berufen,
am 4. Juni 1884 zum Geheimen Justizrath ernannt und feierte, hochgeehrt
wegen seiner Verdienste um die Wissenschaft und die studirende Jugend, am
24. April 1895 seinen siebzigsten Geburtstag. Ein Herzleiden nöthigte ihn,
die alte Gewohnheit von Bergtouren durch das Siebengebirge, dann auch
seine Berufsthätigkeit einzustellen. Durch Erlass vom 18. December 1895 er-
hielt er vom i. April 1896 an Entbindung von seinen amtlichen Verpflichtungen
unter Gestattung der Verlegung seines Wohnsitzes und Verleihung eines Ordens.
Er kehrte in die ihm liebe alte Heimath Kurhessen zurück und erfreute sich
der glänzenden Laufbahn zweier Söhne, deren älterer, Friedrich, jetzt Pro-
fessor des Civilrechts in Halle, deren jüngerer, Adolf, z. Z. Director der
Hannoverschen Bank in Hannover ist. Er erlag endlich einem Anfall seines
Herzübels. — E.'s Hauptarbeiten gelten dem Civilprozess- und Handelsrecht.
In jener Richtung widmete er, um seine reformatorischen Ideen entwickeln
zu können, dem alten Prozess eine Darstellung »Das deutsche Civilprozess-
recht«, 2 Abth., Heidelberg 1867 — ^8, nachdem er 1866 im Arch. f. d. civil.
Praxis, Bd. 49, den preussischen Entwurf einer Civilprozessordnung besprochen
hatte. Zu seinem Bedauern gelang es ihm nicht, bei den weiteren Arbeiten
auf diesem Gebiete seinen Anschauungen zu grösserer Anerkennung zu ver-
helfen. Das neue Reichsrecht behandelte er später in der Schrift »Der deutsche
Civilprozess«, 3 Bände, Berlin 1878 — 79, der dann »Das deutsche Concurs-
verfahren«, Leipzig 1889, folgte, auch Beiträge zum »Magazin für das deutsche
Recht der Gegenwart«, Bd. 5, und zur »Zeitschrift für den deutschen Civil-
prozess«, Bd. 4, 12, 15, 18, und »Die Entwicklung des Beweisverfahrens im
deutschen Civilprozess seit 1495«, Bonn 1895. Seiner Geistesrichtung, die
darauf ausging, »den wirthschaftlichen Kern der Dinge zu sehen, der reichen
Gestaltung und freien Bewegung der Wirklichkeit Rechnung zu tragen und
Formalien zur Seite zu schieben« — wie Landsberg in seinem Nekrolog sich
ausdrückt — , entsprach aber vornehmlich die Beschäftigung mit Handelsrecht.
Er begann hier mit »Mittheilungen und Bemerkungen über den Entwurf eines
deutschen Handelsgesetzbuches in seinen drei ersten Büchern«, Erlangen 1858,
vollendete Brinkmanns Lehrbuch des Handelsrechts, Heidelberg 1860, schrieb
Endemann.
14S
»Ueber Geschlossenheit und Zwangsverkoppelung der ländlichen Güter«,
Cassel 1860, ein »Ländliches Wasserrecht«, ebenda 1^62, verschiedene Artikel
in die Cottasche Vierteljahrsschrift (1859 — 65), endlich ein Lehrbuch dieser
Materie, »Das deutsche Handelsrecht«, Heidelberg 1865, 4. Auflage 1887, in
dem er das Recht statt aus wesenlosen Fictionen einer abstracten Schuld-
doctrin auf der Grundlage des wirklichen Lebens aufzubauen versuchte. Mit
mehreren anderen Fachmännern veröffentlichte er 1881 — 85 in vier Bänden
ein grosses Handbuch des Handels-, See- und Wechselrechts mit eigenen Bei-
trägen über die Lehre vom Handel und Handelsrecht in Band I, über die
Lehre von den Sachen oder Waaren und die Arbeit in Band II, über Be-
arbeitung und Verarbeitung in Band III. Dieses Werk erfuhr eine italienische
Bearbeitung von C. Betoccchi und A. Venditti, Napoli 1892 ff. Die Arbeit
von Job. Kuntze über Wechselrecht gab er unter Mitwirkung von Brachmann
Leipzig 1884 heraus. Ein Ergebniss seiner auf ministeriellen Wunsch in Eiber-
feld beziehungsweise Köln gehaltenen Vorlesungen war sein Werk »Das Recht
der Eisenbahnen nach den Bestimmungen des Deutschen Reiches und Preussens«;
Leipzig 1886. Als sein Hauptwerk von bleibendem Werthe sind anzusehen
seine »Studien in der romanisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre«,
Berlin I 1874, 11 1883, in denen er besonders die scholastische Wucherlehre
in allen ihren Verzweigungen darstellte. Als Vorarbeit gehört dazu ein Auf-
satz in B. Hildebrands Jahrbb. für Nationalökonomie und Statistik, Band I,
der Vortrag über »Die Bedeutung der Wucherlehre« in der Virchow-Holtzen-
dorff-Sammlung, Berlin 1866. Von einem geplanten grossen Werke über den
Zusammenhang von Recht und Wirthschaft erschien »Die Behandlung der
Arbeit im Privatrecht« (Jahrbb. f. Nat.-Oekon. u. Stat. 3. Folge, Bd. 12, 1896;
auch separat). Als weitere Schriften sind zu erwähnen »Die Entwicklung dfer
Handelsgesellschaften« (in der Virchow- Hol tzendorfF- Sammlung, Berlin 1867,
2. Aufi. 1872); »Die Rechtshülfe im Norddeutschen Bunde«, Berlin 1869/70;
»Das Bürgerliche Gesetz betr. die Commanditgesellschaften auf Actien und
die Actiengesellschaften vom 11. Juni 1870«, ebenda 1870; »Die Einstellung
des Civil prozessverfahrens zu Gunsten der Militairpersonen«, ebenda 1870;
»Das Gesetz betr. das Urheberrecht an Schriftwerken . . vom 11. Juni 1870«,
ebenda 1871; »Der Markenschutz nach dem Reichsgesetz vom 30. November
1874«, ebenda 1875; *^^i^ Haftpflicht der Eisenbahnen, Bergwerke . .«, ebenda
1876, 3. Aufl. 1885. Ausserdem zahlreiche Gutachten für Behörden und Private,
auch über den russischen Entwurf einer Wechselordnung, wofür ihm der russische
Stanislausorden 2. Klasse zuTheil wurde. — Als Lehrer war E. in seinem Vortrage
klar, anregend und geistvoll; in allen Lagen des Lebens zeigte er sich als einen
scharf ausgeprägten Charakter von grösster Offenheit, in der Familie als selbstlosen,
sich aufopfernden Gatten und Vater. In politischer Beziehung war er in Kurhessen
und in den Rheinlanden weithin als eine Stütze der nationalliberalen Partei bekannt;
mitgrossenOpfernvertraterihreSachebisin die 80er Jahre. Der Niedergang dieser
Partei war ihm eine der schmerzlichsten Erfahrungen, ein nie überwundener Schlag.
Nach dem Nekrolog von Ernst Landsberg in der Zeitschrift für den deutschen Civilprozess,
Bd. XXVI, und dem Leitartikel der Bonner Zeitung No. 148 vom 23. Juni 1899, Jurist. Literatur^
blatt No. 106 vom i. Juli 1899 (Oetker); — Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 272. — Krit.
Vschr. X 437 - 741 (Dahn); XII i— 19 (Bülow); XVII 444—447 (Zorn). — Goldschmidts Zeit-
schrift I 360; IV 467; VIII 643. — Grünhuts Zeitschrift II 617—623 (Inama); III 356, 795';
VIII 387 (v. Canstein); XI 483; XVII 356; XXV 195; — Rechtsforschung und Rechtsunter-
richt auf den deutschen Universitäten, hrsg. von O. Fischer, Berlin 1893, S. 60—62.
A. Teichmann.
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog;. 4. Bd. I O
146 H Du Prel.
Du Prcl, Carl, Freiherr, ♦ 3. April 1839 ^^ Landshut in Niederbayem,
f 5. August 1899 in Heiligkreuz bei Hall in Tirol, Kgl. bayerischer Haupt-
mann a. D., erblicher Ehrenbürger der Stadt Freiburg i. d. Schweiz, philo-
sophischer Schriftsteller, Dr. phil. der Universität Tübingen. — Der französisch
klingende Name der Familie Du Prel ist auf ihre burgundische Abstammung
zurückzuführen. Das alte Adelsgeschlecht wurde später in Luxemburg an-
sässig. Als Carl D. P. als der zweite Sohn des Advocaten Max Frhm. D. P.
in der ehemaligen bayerischen Universitätsstadt Landshut geboren ward, war
die Familie jedoch längst gut deutsch geworden. D. P. war schon als Offi-
cier ein glühender deutscher und bayerischer Patriot, jedoch ohne particula-
ristische Anwandlungen, und, wenn man will, kann man höchstens in dem
feinen Witz und Esprit, sowie in seiner von Kindheit auf trefflichen Be-
herrschung der französischen Sprache in Wort und Schrift Spuren der fremden
Abstammung der Familie erblicken. Als der kleine Carl für das Gymnasium
reif wurde, übersiedelte die Familie nach München, wo er das Kgl. Ludwigs-
Gymnasium besuchte und Aufnahme in der Kgl. Pagerie fand. Für den Vater
D. P.'s stand es natürlich fest, dass sein Carl wie auch zwei andere Söhne —
ein vierter fiel im grossen Jahr 1870/71 — Jurist werden müsse, und Carl bezog
denn auch 1857 die Münchener Universität, wo er zwar juristische Fächer,
daneben aber auch philosophische hörte. Mit den ersteren konnte er aber
sich so wenig befreunden, dass er, als ihm die Eltern keine andere »standes-
gemässe« Wahl Hessen, zwei Jahre später, als 1859 Bayern vorübergehend
mobilisirte und er als absolvirter »Page« den Vorzug haben konnte, gleich
Officier zu werden, kurz entschlossen die militärische I^aufbahn ergriff. Er
trat als Leutnant ins 2. Infanterie-Regiment und lag meist in pfälzischen
Städten (Landau, Germersheim), später auch in München in Garnison. D. P.
hat zwei Feldzüge mitgemacht: im Jahre 1866 focht er in der ftir Bayern
unglücklichen Schlacht bei Kissingen und wurde Oberleutnant, und 1870/71
wurde dem Hauptmann seiner Sprachkenntnisse wegen das Depot französischer
Gefangener in Neuburg a. D. übertragen.
Nach dem Feldzug nahm D. P. seinen Abschied: theils seiner immer
etwas zarten Gesundheit wegen, theils aber um sich nun rückhaltlos seinen
Lieblingsstudien widmen zu können. Dass active und pensionirte Officiere
auch wissenschaftliche Neigungen haben, ist zwar im heutigen Deutschland
keine Seltenheit mehr, aber selbst heute mag es nicht alle Tage vorkommen,
dass ein blutjunger Leutnant mit Begeisterung Philosophie treibt und durch
seine Erstlingsschrift sich den Doctorhut erwirbt. In diesem kleinsten Leutnant
der Armee aber paarte sich Humor, muthige Entschlossenheit und ernster
wissenschaftlicher Sinn in seltenstem Grade. Schon als junger Officier hielt
sich D. P. zu gleichstrebenden Freunden, die sich zu einem Bund, der »Arkas<t
hiess, zusammengefunden hatten. Man vereinigte sich in einer Weinstube zu
ernsten Discussionen und Debatten, sowie zu fröhlichem Scherz. Dort fanden
sich Robert v. Hornstein, ein Schüler Rieh. Wagners und Schopenhauers,
Heinrich No^, Martin Greif, Adolf Bayersdorfer u. A. ein — Freunde, die
dem Philosophen und Menschen auch durchs fernere Leben treu verbunden
blieben. Für das Leben der Grossstadt, für die grosse Gesellschaft hatte
D. P. zeitlebens keinen Snn; der Verkehr mit wenigen guten P'reunden, mit
eben solchen Büchern und die unerschöpfliche Schönheit der Natur fiillten
ihn ganz aus. Damals huldigte er noch einer regen Wanderlust, die ihn
später zum Nachtheil seiner Gesundheit völlig verliess. Im Januar 1874,
Du Prel. 147
also im Winter, ging er mit Freund No^ zu Fuss über die Tauem nach
Venedig. So hat er Tirol, Dalmatien, Montenegro und Italien durchwandert
und was er gesehen, in einem heute mit Unrecht vergessenen Buche »Unter
Tannen und Pinien« (Berlin 1875) niedergelegt, dessen Naturschilderungen
hinter denen seines Freundes Nod nicht zurückstehen. Die erste Schrift
jedoch, die er überhaupt drucken Hess, wurde zugleich zur merkwürdigen
Vorbedeutung für die ganze Richtung seines späteren Lebens. Im Mai 1868
war in der Cottaschen Vierteljahrsschrift eine kleine Schrift »Oneirokriti-
kon, der Traum vom Standpunkt des transcendentalen Idealismus« von ihm
erschienen, die dem Oberleutnant den Doctor philosophiae der Universität
Tübingen eintrug. Die scharfsinnige Untersuchung über das Wesen des
Traumes wurde für ihn, fast 20 Jahre später, zur Pforte, durch die er sein
eigentliches Arbeitsfeld betreten sollte. Vorerst aber schrieb er Kritiken eben
erschienener philosophischer Bücher, und die damalige Blüthezeit der Philo-
sophie des Unbewussten riss ihn mit einem Male mitten in die Tagespolemik
hinein. Mit seiner frischen, humorreichen Schrift »Der gesunde Menschen-
verstand vor den Problemen der Wissenschaft; in Sachen J. C. Fischer
contra Eduard von Hartmann« (Berlin 1872) ergriff er entschieden Partei für
letzteren und erregte dadurch das erste Aufsehen. Hartmann aber bedeutete
für D. P. nur einen Uebergang; er hielt sich lieber an das so unvergleichlich
höhere Vorbild, . an Schopenhauer, an dessen klarem cl assischen Stil er sich
auch gebildet hat.
D. P. hat immer und immer wieder darauf hingewiesen und legte im
Angesicht seiner zahlreichen Gegner auch das grösste Gewicht darauf, dass er
durch die Naturwissenschaft zur Philosophie gekommen sei. In der That
bildet die Grundlage seines ganzen späteren Schriftthums die naturwissen-
schaftliche Periode, die bei ihm Anfang der 70er Jahre beginnt und deren
erste grösste Frucht das Buch »Der Kampf ums Dasein am Himmel«
(Leipzig 1873) die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt zum ersten
Male und am entscheidendsten auf ihn gelenkt hat. Sie ist auch zugleich
die einzige seiner Schriften geblieben, die drei Auflagen erlebt hat; die dritte,
stark vermehrt, erschien unter dem Titel »Entwicklungsgeschichte des
Weltalls, Entwurf einer Philosophie der Astronomie« (1882). Hier und
noch mehr in der ergänzenden, kleineren Schrift »Die Planetenbewohner
und die Nebularhypothese, neue Studien zur Entwicklungsgeschichte des Welt-
alls« (1880) versucht D. P. mit grosser Kühnheit und genialem Scharfsinn,
die Darwinsche Theorie über die Erde hinaus auch auf die übrigen Welt-
körper, auf das ganze Weltall auszudehnen und so die natürliche Auslese als
ein für das Universum geltendes Gesetz nachzuweisen. Die dazumal streng
materialistische Wissenschaft fand nur an dem ersteren Werke ausserordent-
lichen Geschmack, sodass sich sogar der Popularphilosoph Ludwig Büchner
veranlasst fand, Motti daraus für sein Buch »Kraft und Stoff« zurechtzumachen,
die er in den späteren Auflagen freilich wieder fortliess, denn die überaus
kühnen Hypothesen der »Planetenbewohner« hatten ihn wie die Anderen
darüber belehrt, wo D. P. hinaus wollte.
Fast gleichzeitig wie in seinem Schaffen war auch in seinem Leben ein
Wendepunkt gekommen. Von 1876 — 1879 hatte D. P. zumeist in Brixen an
Eisack sich aufgehalten. Dort lernte er seine spätere Frau, eine junge Wittwe,
kennen, deren günstige Vermögensverhältnisse ihm ermöglichten, ohne jede
Rücksicht auf's Geldverdienen zu studiren und zu schreiben. Und das war,
10*
148 Du P«l.
da sich seine Frau auch ausserdem seiner Sonderart auf's Glücklichste anzu-
passen verstand, für ihn ein umso grösseres Glück, als der ideal gesinnte,
den praktischen Lebensanforderungen vielfach mit naiver Verwunderung gegen-
über stehende, für sich persönlich allerdings äusserst anspruchslose Philosoph
weniger als jeder Andere fähig gewesen wäre, um des Geldes willen zu philo-
sophiren — ganz abgesehen davon, dass dies in Deutschland noch weniger
als anderwärts Aussicht auf Erfolg hätte. Das Geld schätzte er nur, insofern
es ihm die Möglichkeit bot, Gutes zu thun — denn D. P. war »edel, hülf-
reich und gut« durch und durch — und eine in ihrer Art einzige Bibliothek
zusammenzubringen. Wenn er sich noch mehr wünschte, so war es immer
nur, um im grösseren Massstabe experimentiren und so, wie er glaubte, die
praktischen Beweise für seine Philosopheme zu erbringen. Er war darin von
einem unversieglichen enthusiastischen Optimismus und scheute früher wenigstens
nicht leicht eine Reise, die ihn mit einem berühmten »Medium« zusammen-
brachte. Seine Frau nahm an seinen Bestrebungen regen Antheil und wurde
jedenfalls früh schon mit ihnen vertraut, entstanden ja die »Planetenbewohner«
gewissermassen auf der Hochzeitsreise! Dasselbe Jahr zeitigte aber noch eine
Schrift auf ästhetischem Gebiete, das er später trotz seiner Erfolge nie mehr
betreten hat: seine »Psychologie der Lyrik, Beiträge zur Analyse der
dichterischen Phantasie« (Leipzig 1880). Aus der Lyrik der letzten Jahrzehnte,
insbesondere aber seines Freundes Martin Greif, trägt das kleine Buch Bei-
spiele zusammen, um darauf eine tiefgründige Untersuchung über die noch
dunklen Vorgänge beim dichterischen Schaffen der Psyche anzustellen. Leider
ist D. P. nie mehr auf dieses Thema zurückgekommen, für das er eine ent-
schiedene Begabung mitgebracht hätte. Eine nur durch Studien ausgefüllte
Pause von fast fünf Jahren bereitet nun sein erstes Hauptwerk vor, dem, wie
oben bemerkt, schon die Dissertation »Oneirokritikon« gewissermassen das
Prognostikon gestellt hatte. Die unmittelbare äussere Veranlassung, dass sich
D. P. mit den noch wenig erforschten geheimnissvollen Vorgängen der mensch-
lichen Seele, mit Hypnotismus, Somnambulismus und Spiritismus, die er später
unter den Namen Occultismus und Mystik — Beides nicht ganz zutreffende
Bezeichnungen in Ermangelung besserer — zusammenfasste, zu beschäftigen
begann, erzählt er selbst in einem an Carl Kiesewetter, den inzwischen jung
verstorbenen Verfasser der gross angelegten »Geschichte des Occultismus«,
gerichteten Briefe: »Den Anstoss gab ein Erlebniss in Germersheim schon als
Leutnant, wovon meine Promotionsschrift ,Der Traum vom Standpunkt des
transcendentalen Idealismus' berichtet. Phüosoph wurde ich durch Schopen-
hauer, den ich noch immer sehr verehre. Hartmann hat nur insofern Einüuss
gehabt, als er in der ,Philosophie des Unbewussten' das Thor in die dunkle
Grotte aufthat, in die ich eintrat, aber etwas ganz Anderes fand als er. Dann
studirte ich Darwin, fand, dass sein Princip der indirecten Auslese des Zweck-
mässigen allgemeiner Verwerthung über die Biologie hinaus erheische, wendete
es auf die Astronomie an (Entwicklungsgeschichte des Weltalls). Die letzten
Probleme der Astronomie behandelte ich in einer eigenen Schrift (Planeten-
bewohner) und damit stand ich zu meinem eigenen Erstaunen vor der eigent-
lichen Mystik. Ich wollte dann den Spiritismus studiren, fand, dass er isolirt
nicht studirt werden kann, Hess ihn liegen, studirte Magnetismus und Somn-
ambulismus, d. h. das Hineinragen des Menschen in die Geisterwelt statt
des Hereinragens der Geisterwelt in die unserige. Meine Experimente in
Wien (,Probleme für Taschenspieler') brachten mich wieder auf den Spiritis-
Du Prel.
149
mus. E^ fehlte mir aber das Geld zu Experimentiren, daher die vorwiegend
philosophische (theilweise historische) Behandlung des Gegenstandes.« D. P.
ist also, was er immer wieder gern betonte, von den Naturwissenschaften aus-
gegangen und hat auch in seinen kühnsten Hypothesen seine gründliche wissen-
schaftliche Vorbildung niemals verleugnet. Zu einer Zeit, als die medicinische
und forensische Bedeutung des Hypnotismus von- der Wissenschaft noch nicht
anerkannt wurde, wenigstens in Deutschland noch nicht, verfasste D. P. seine
kleineren Schriften »Das hypnotische Verbrechen und seine Entdeckung«
(^München 1889) und »Professor Dr. C. Mendel in Berlin und der Hypnotis-
mus« (mit Dr. Gerster, Leipzig 1890). Wohl hat er später erlebt, dass nicht
nur seine Theorien anerkannt, sondern bei den Gutachten hypnotisirender
Aerzte in sensationellen Processen auch zu praktischer Anwendung kamen, nicht
aber hat er erlebt, dass dabei je seines Namens gedacht wurde. Er war sich
genau l)ewusst, dass er zu Zeiten mit den dummgläubigsten Spiritisten in
einen Topf geworfen wurde und dass seine Glaubwürdigkeit selbst in ganz
gewöhnlichen naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen nur deshalb
perhorrescirt wurde, weil sie der »Spiritist« D. P. für sich beanspruchte. Er
besass Sinn für Humor und so machte er denn einmal mit Vorwissen einiger
vertrauter Freunde ein Experiment darauf, das er, nachdem es über Erwarten
gelungen, später aufdeckte. Er schrieb einen Aufsatz astronomischen Inhalts
•Das Räthsel der Kometen«, der (im Februar 1894) in Hardens »Zukunft«
erschien, aber unter dem Autornamen Charles d'Arloz. Sonst hätten ihn die
Fachleute nicht gelesen und nicht vorurtheilslos beurtheilt. Er wollte gerade
durch einen streng astronomischen Artikel beweisen, dass er vom Causalitäts-
gesetz »allerdings eine Ahnung« habe. Sein Artikel wurde in der SocitJtd
Astrononii(iue de France (Bulletin trimestriel 1894 IV) vorgetragen, in der
astronomischen Zeitschrift »Sirius« (1894 4. Heft) nachgedruckt und im 8. Heft
derselben Zeitschrift von einem Fachmann besprochen, endlich erhielt D. P.
sogar den Antrag eines Verlegers, die ganze Astronomie in derselben Weise
zu behandeln. »Wäre von all dem etwas geschehen« — ruft er in bitterem
Humor aus — »wenn mein wirklicher Name darunter gestanden hätte? Ich
glaube es nicht. Indem ich aber nun die Maske fallen lasse und mich als
Verfasser jenes Aufsatzes bekenne, benehme ich meinen Gegnern die Möglich-
keit, meine spiritistische Ueberzeugung aus naturwissenschaftlicher Unkenntniss
zu erklären und müssen sie nach einer anderen Ausrede suchen. Ich schlage
denselben die Hypothese der lichten Momente vor, die mir ein gütiges Geschick
noch gelassen habe, so dass ich abwechselnd an geraden Tagen lesenswerthe
Aufsätze, an den ungeraden aber allerdings baren Unsinn schreibe.«
Sein erstes grosses Hauptwerk »Die Philosophie der Mystik« (Leipzig
1885), ^^s auch ins Englische übersetzt worden ist, es aber bis heute nicht
zu einer zweiten Auflage gebracht hat, obwohl es vielleicht das Geistvollste
und Bleibendste ist, was er geschrieben, ist von Spiritismus gänzlich frei: es
nennt weder Wort noch Sache. Es bildet aber die Grundlage der ganzen
Du Prel'schen Philosophie, indem es, vom Traumleben und Somnambulismus
ausgehend, in einer Sprache von wahrhaft durchsichtiger Klarheit die kühnen
Grundlinien zu einem in die Wolken sich verlierenden Bau philosophischer
Speculation zieht, in denen er selbst den Widerwilligsten durch die strenge
Logik seiner Gedankenfolge bis ' zum Schlüsse zu fesseln und mit sich fort-
zureissen weiss. Die Gegner, die ihm früh erstanden, mehrten sich rasch mit
dem Erscheinen der sich schnell aufeinander folgenden weiteren Bücher:
^50
Du Prel.
»Die monistische Seelenlehre« (Leipzig 1888), »Die Mystik der alten
Griechen« (Tempelschlaf — Orakel — Mysterien — Dämon des Sokrates),
welch letzteres ihm die Fachphilologen auf den Hals hetzte, aber auch von
seiner stupenden Belesenheit zeugte, die er in den Dienst seiner Sache zu
stellen verstand, »Studien aus dem Gebiete der Geheimwissenschaften«,
2 Theile (Leipzig 1890/91), »Die Entdeckung der Seele«, 2 Bände (Leipzig
1894/95), und »Die Magie als Naturwissenschaft« Qena 1899, 2 Theile).
Daneben entstanden in Zeitschriften zahlreiche kleinere Arbeiten didaktischen
und polemischen Inhaltes, aber auch zur Verbreitung seiner Ideen in populärerer
Form, so die beiden 1892 und 1893 bei Reclam (Leipzig) erschienenen
Schriftchen »Das Räthsel des Menschen« und »Der Spiritismus« und
Gelegenheitsschriften wie die zum Kemer- Jubiläum: »Justinus Kern er und
die Seherin von Prevorst« (mit Zeichnungen von Gabriel Max, Leipzig 1886),
die Vision »Das weltliche Kloster« (1885) und andere, aber auch der in
zwei Auflagen bei Cotta (1891) erschienene hypnotisch -spiritistische Roman
»Das Kreuz am Ferner«, der zwar rein didaktische Zwecke verfolgt, aber
auch dem unbefangenen Leser durch die geschickt gesteigerte Handlung und
die blühende Pracht seiner Naturschilderungen imponirt. — In den Jahren
1872 und 1873 g^b ^' P" zuerst in der (Wiener) Deutschen Zeitung die Briefe
Schopenhauers an Adam von Doss heraus, die dann von Schemann und von
Grisebach in ihre Sammlungen übernommen worden sind. Die letzte Schrift,
die aus seiner schon müden Feder floss: »Der Tod, das Jenseits, das
Leben im Jenseits« (1899, 119 S., im Selbstverlag) ist zu seinem ahnungs-
vollen Testament geworden. Er hat sie und die von seinen Anhängern fest-
lich begangene Feier seines 60. Geburtstages nur um wenige Monate über-
lebt. — Ein unbestreitbares Verdienst um einen überragenden Vorgänger, um
Kant, hat sich D. P. durch die Wiederentdeckung der so gut wie ver-
schollenen, 1821 von Poelitz herausgegebenen »Vorlesungen über Metaphysik c
Kants erworben. Hätte er sie nicht mit einer Einleitung »Kant als Mystiker«
und mit Nennung seines Namens neu herausgegeben (1889), ^^ wäre sein
Verdienst vielleicht nicht theils bestritten, theils todtgesch wiegen worden.
Seine Verwegenheit, Kant als Metaphysik er, ja als Vorläufer des Spiritismus
zu reclamiren auf Grund eben dieser Vorlesungen, insbesondere des Capitels
^> Psychologie« und der vielumstrittenen Schrift »Träume eines Geistersehers«,
würde vielleicht etwas nachsichtiger zu beurtheilen sein, wenn man bedenkt,
dass selbst ein so unverdächtiger Mann der zünftigen Philosophie wie Friedrich
Paulsen in seinem Buche über Kant, wohl dem besten, das wir haben, gegen-
über der Mehrzahl seiner Fachgenossen den positiven Metaphysiker in Kant
neben dem negativen »Kritiker« wieder zu Ehren gebracht hat.
Du Prel hat unter dem kränkenden Todtschweigen durch seine zahlreichen
Gegner mehr gelitten als unter ihrer Kritik. Die letztere freute ihn vielmehr,
denn er führte eine tapfere und gewandte Klinge und focht mit Eleganz auch
mit dem unbedeutendsten Gegner, solange er davon überzeugt l)lieb, dass es
auch diesem nur um die Wahrheit zu thun war, denn strenge Wahrhaftigkeit und
heisser Wahrheitsdurst waren Hauptkennzeichen seiner edlen P'orscherseelc,
der Lüge auch im profanen Leben stets ein Greuel war. Er glaubte immer
unbedingt an Alles, was er sprach, was er schrieb, und verlangte darum Ver-
trauen; er liess sich aber, objectiv wie er war, am Vertrauen genügen selbst
bei guten, wohlvertrauten Freunden, wenn diese im Uebrigen mitunter auch
vor seinen allzu kühnen Folgerungen zurückschraken und mit ihm nicht durch
Du Prcl.
151
das Dick und Dünn seiner metaphysischen Speculationen gehen mochten. Ich
spreche aus eigenster Erfahrung, wenn ich behaupte, dass D. P. jeden ehrlichen
Widerspruch vertragen konnte, und als der einzige seiner Freunde, der ihn
zuletzt auf seinem Todtenbette in langem ernsten Gedankenaustausche ge-
sprochen, darf ich vielleicht auch noch sagfen, dass er den lächerlichen Ex-
cessen jenes fanatischen professionellen Spiritismus und dessen Schwindel-
experimenten, sowie gar dessen Ausbeutung zu religiösen Zwecken nicht nur
gründlich abhold war, sondern für sie nur Worte ehrlichen Zornes hatte, denn
er sah ein, dass die Anerkennung von Seite der Wissenschaft dadurch nur
hinausgeschoben werden konnte. Ein* gebildeter Anhänger mit Vorbehalt war
ihm darum lieber als hundert kritiklose begeisterte Anhänger und Anhängerinnen,
die ihn mit Zuschriften, Fragen und Besuchen aus aller Welt bestürmten. Er
sah der Zukunft des Spiritismus, wenigstens was Deutschland betrifft, nicht
eben mit grossem Vertrauen entgegen, denn es war keine Unbescheidenheit,
wenn er sich selbst als den einzigen und vorläufig letzten ernst zu nehmenden
wissenschaftlichen Vertreter seiner Sache ansah, der ihre Begründung und Ver-
theidigung zu seiner einzigen Lebensaufgabe gemacht hatte. Von den meisten
seiner blinden Anhänger — wenige Gleichstrebende ausgenommen — unter-
schied er sich schon dadurch, dass er nirgends etwas Uebernatürliches
sehen wollte, höchstens Uebersinnliches, das im Laufe der Zeiten und
unter den Zaubermitteln der nimmermüden Wissenschaft sich allenfalls und
zum Theil in Sinnlichem verdichten könnte, unter allen Umständen aber stets
etwas Natürliches blieb.
Eine geniale Natur, wie D. P. war, ist er auch von einer gewissen Ein-
seitigkeit befangen gewesen. Wie Schopenhauer lebte er ausschliesslich nur
seinen Ideen, in die er sich in den letzten Jahren so sehr eingesponnen hatte,
dass er kaum längere Zeit für ein Gespräch zu haben war, das sich nicht um
Spiritismus und Verwandtes drehte. Schopenhauer hat nicht mit Unrecht ge-
meint, Philosophen sollten nicht verheirathet sein. Er selbst verstand es eben,
ohne Frau sich den Anforderungen des täglichen Lebens gegenüber sehr
praktisch durchzusetzen. Nicht so D. P., dessen wahrhaft kindliche Charakter-
reinheit und Vertrauensseligkeit ohne die praktischere Stütze seiner Frau,
welche auch die Erziehung seiner beiden Kinder fast völlig übernahm, gar
übel gefahren wäre. Auch in der Beschränkung seiner Arbeit ist D. P. je
länger je mehr einseitig geworden. Reiche Anlagen zu philosophischer Be-
trachtung und Ausnützung der Gegenwart wie der Vergangenheit lagen in ihm
brach, da er zuletzt über die Phänomenologie des Spiritismus, den er immer
durch neue Experimente auch Denen glaubhaft machen wollte, die eben nicht
überzeugt sein wollten, nicht mehr hinauskommen konnte. Er arbeitete
mit fabelhafter Leichtigkeit und zuletzt war ihm die Arbeit so sehr Lebens-
bedürfniss geworden, dass er alle anderen darüber vergass. Die grossen
blauen Augen des kleinen Schweigers belebten sich nur mehr, wenn man auf
sein Thema kam, und der einstige Freund der Natur, von Licht und Luft,
sass, vor jedem Luftzug ängstlich abgeschlossen, im Qualm der Cigaretten in
sein Studio gebannt bei seinen einzig geliebten Büchern und Manuscripten.
Das rächte sich endlich, umsomehr, als die zarte, schwächliche Gestalt des
emsigen Forschers nicht eben viel zuzusetzen hatte. Er verfiel rasch, und in
seiner Tiroler Sommerfrische löschte er nach seinen eigenen Worten aus wie
eine Lampe, der das nährende Oel ausgegangen. Du Prel war ein edler
Mensch, ein seltener Charakter, von einer bis zur Schwäche gehenden Güte
IS2
Du Prel. Mittelstadt.
gegen Mensch und Thier und doch unerbittlich gegen alles Falsche und Un-
würdige. Gegner hat er zahllose gehabt, persönlichen Feind wohl kaum einen.
Die Zukunft wird ihm vielleicht gerechter werden als ihm die Gegenwart
gewesen, sie wird zwar schwerlich Alles anerkennen, was er geglaubt und
geschrieben, aber sein schönes, stets auf das Höchste, auf das Unerreichbare
gerichtete Lebenswerk wird darum doch nicht verloren sein.
Biographien und Werke Dr. C. Du Preis: Die erste kurze Biographie D. P.s Ändet
sich in K. Kiesewetters »Geschichte des neueren Occultismus« im Capitel, das D. P.s Philo-
sophie behandelt. Doch ist Manches darin unrichtig. Biographisch-kritische Aufsätze Über
den Philosophen sind im letzten Jahrzehnt ufid besonders gelegentlich des 60. Geburts-
tages D. P.s fast in allen Zeitungen und Zeitschriften des In- und Auslandes erschienen.
Zum Theil wurden dieselben zu Nekrologen. Die besten und verlässlichsten rtihren von
seinen Freunden Dr. Wedel, Di. Walter Bormann und Dr. Franz Riss her. In der »All-
gemeinen Deutschen Biographie« (der I. Nachtragsband ist im Erscheinen begriffen) und
in dem Portraitsammelwerk »Das neunzehnte Jahrhundert in Bildnissen«, herausgegeben
von Karl Werckmeister (Photographische Gesellschaft, Berlin), das auch das beste Bild des
eigenartigen Gelehrten bringt, hat der Unterzeichnete Du Prel und sein Streben zu würdigen
versucht. — Die Werke D. P.s, die bis auf zwei bis drei minder bedeutende kleine Schriften im
vorstehenden Artikel mit Ort und Jahr des Erscheinens aufgeführt sind, sind leider bei ver-
schiedenen Verlegern zerstreut. Die Gcsammtausgabe, die er sich in optimistischen Stunden
erträumt, hat er nicht erlebt. Einer seiner Verleger (Günther in Leipzig) hat gegenwärtig
begonnen, seine »gesammelten« Werke herauszugeben: zum Theil eine reine Titelauflage,
die gegen den Willen der Hinterbliebenen und ohne jede berufene Mithülfe erscheint. Der
bis jetzt erschienene erste Band enthält ein schlechtes Bild D. P.s, eine anonyme kleine,
gänzlich unzulängliche biographische Notiz und (eine geradezu barbarische Idee!) an Stelle
der vorbereitenden grossen naturwissenschaftlichen Schriften, die chronologisch am besten
in das Studium der Werke einführen könnten, den Aufsatz »Wie ich Spiritist wurde« und
die Einleitung :»Kant als Mystiker^, zu dessen Vorlesungen über Psychologie. So ist
denn die ganze zweite Hälfte des ersten Bandes der Werke D. P.s von — Kant! Ein neuer
trauriger Beweis für die Wahrheit der oft von D. P. geäusserten pessimistischen Ansicht,
dass der deutsche Schriftsteller, zumal nach seinem Tode, vielfach noch völlig rechtlos sei.
Diese spcculativc kritiklose Sammelausgabe wird hoffentlich bald verdientem Vergessen
anheimfallen. Man kann dem Andenken D. P.s leider nichts Besseres wünschen, als dass
sie nicht zu lange einer seiner Bedeutung würdigen Gcsammtausgabe im Wege stehen möge.
München. Alfred Frhr. v. Mensi.
Mittelstadt, Otto, Jurist, * 14. Juli 1834 zu Schneidemühl (Provinz Posen),
f 18. November 1899 zu Rom. Einer Juristenfamilie entstammend, besuchte
er die (iymnasien zu Ostrowo und Posen, bezog dann die Universität zu
Berlin, promovirte in Breslau zum Doctor der Rechte, machte 1855 — 60 in
Posen den juristischen Vorbereitungsdienst durch. In den folgenden Jahren
war er als Assessor bei der Staatsanwaltschaft in Posen und Berlin thätig.
Zur Untersuchung im Polenprozess wurde er dem zum Untersuchungsrichter
bestellten Kammergerich tsrath Krüger wegen Kenntniss der j)olnischen Sprache
nach Posen beigegeben, war dann auch als Ankläger in diesem Prozess in
Berlin thätig, später zur Ermittelung des Attentats von 1866 abgeordnet (vgl.
seinen Bericht in der »Zukunft«, Bd. 23 S. 321 — 329), endlich zum Staats-
anwälte in Altona befördert. Er folgte von hier einem Rufe der Hamburger
Behörden an die Spitze der neu organisirten Staatsanwaltschaft. Für seine
Erinnerung waren ihm diese Jahre des Hamburger Aufenthaltes die liebsten;
er wurde 1877 Obergerich tsrath, 1879 übe rlandesgerich tsrath, 1881 an das
Reichsgericht berufen, in dem er 1 5 Jahre lang dem gleichen Senate angehörte.
Eine schwere Nervenerkrankung zwang ihn, jede stärkere geistige Anstrengung
Mittelstadt. Becker.
^53
zu meiden. So nahm er 1896 den Abschied. Die letzten Jahre verlebte er
auf Reisen in Nizza, Montreux, Venedig und Rom. Hier traf ihn von Neuem
das alte Nervenleiden, was seinen Tod zur Folge hatte. — Literarisch hatte
sich Dr. M. verdient gemacht durch die zu einzelnen sicheren Ergebnissen
führende Schrift »Kaspar Hauser und sein badisches Prinzenthum«, Heidel-
berg 1876. Ihr folgte die weitere »Gegen die Freiheitsstrafen«, Leipzig 1879
I. und 2. Auflage,, in der er wohl zu einseitig alles Heil nur von wesentlicher
Verschärfung des Strafvollzugs erwartete. Diese Anschauung fand lebhafte
Bekämpfung seitens Oskars von Schwarze (Die Freiheitsstrafe, Leipzig 1880).
Jedenfalls wurden aber hierdurch weitere Untersuchungen dieser Fragen in
verdienstvoller Weise angeregt. Nochmals äusserte sich M. über sie in der
»Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft«, Bd. 2 und 4, auch dann im
> Gerichtssaal«, Bd. 46 und 47, indem er Zweierlei forderte: einmal Differenzirung
der mannigfachen, vielverschlungenen socialen, sitdichen, pönalen Aufgaben
des modernen Staats- und Rechtslebens, andererseits Vereinfachung der Delicte
und der Strafarten. Neben vielen Beiträgen in den »Grenzboten«, »Im Neuen
Reich«, in den »Preussischen Jahrbüchern« und in der »Zukunft« sind noch
aus letzter Zeit zu nennen die Flugschritt »Vor der Fluth. Sechs Briefe zur
Politik der deutschen Gegenwart«, Leipzig 1897, und die vor völligem Ab-
schlüsse des Prozesses erschienene Schrift »Die AfFaire Dreyfus«, Berlin 1899.
Nach Privatmittheilungen. — Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 479. Vgl. Richard
Schmidt, Die Aufgabe der Strafrechtspflege, Leipzig 1895 passim — Zeitschrift für die
gesamte Strafrechtswissenschaft VII 748.
A. Teichmann,
Becker, Albert, Ernst Anton, Componist, * 13. Juni 1834 in Quedlin-
burg, f 10. Januar zu Berlin. Der Sohn eines Buchhändlers, der ursprünglich
Geistlicher werden sollte. Erst im 15. Lebensjahre begann er ernsthafte
Studien bei dem Organisten Bönicke zu machen, die später in Berlin bei
Haupt und Dehn fortgesetzt wurden. Schon in früher Jugend äusserte sich
sein Sinn für ernste rehgiöse Musik und sein erstes Werk fällt in das Jahr
1850, in dem er eine selbstgedichtete Cantate für Chor und Solo componirte,
die im elterlichen Hause zur Aufführung gelangte. Krst im Jahre 1857, nach-
dem er seine Studien bei S. W. Dehn vollendet hatte, gab er bei Siegel in
Leipzig ein Heft Lieder heraus, dem bald ein zweites Heft bei Simrock in
Berlin folgte »Lieder im Volkston für Haus und Herz«. Die erste öffentliche
Anerkennung seines Talentes erhielt er durch eine Preisaufgabe, 1860 von
der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ausgeschrieben, für eine Sinfonie,
doch verwirklichten sich nicht die Hoffnungen, die der Künstler an diesen
Erfolg zu knüpfen glaubte. Er ging nach Ohlau in Schlesien und hoffte in
Provinzialstädten festen Fuss fassen zu können, doch auch hier erreichte er
nicht, was er anstrebte, d. h. Director irgend einer Musikgesellschaft zu
werden. 1869 kehrte er wieder nach Berlin zurück, gab Musikunterricht an
Conservatorien und privatim. Durch das Studium Bach'scher Werke wandte
er sich ganz der Composition geistlicher Werke zu und schuf unter Anderem
eine Messe, die durch Liszt's Vermittelung im Jahre 1879 der Carl Biedel'sche
Gesangverein in Leipzig zu seinem Jubiläum aufführte und einen durch-
schlagenden Erfolg erzielte, der ihn unter die Koryphäen der Kunst versetzte.
Trotz alledem blieb der Musikunterricht das einzige Existenzmittel, bis er
jcA Becker. Millöcker.
endlich im März 1889 Director des Kgl. Domchores zu Berlin nach von
Hertzberg's Pensionirung wurde und endlich sein längst gehegter Wunsch in
Erfüllung ging und zwar in der idealsten Weise, denn wer je den Berliner
Domchor singen gehört hat, wird zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass ihm
kein anderer Gesangverein in seinen Leistungen auch nur annähernd gleicht.
Und doch müssen die damit verbundenen amtlichen Pflichten wenig befriedigend
gewesen sein, denn als durch den Tod Wilhelm Rust's das Cantorath an
der Thomasschule in Leipzig frei wurde, meldete sich B. zu dem Posten und
wurde auch gewählt. Kaiser Wilhelm IL legte jegte jedoch sein Veto ein,
derselbe mag wohl auch die beengenden Fesseln des Directors beseitigt
haben und so blieb B. dem Domchore erhalten. B. schuf zahlreiche Werke
in allen Fächern der Musik, doch seine bedeutendste Leistung, die auch am
bekanntesten geworden, ist jene Messe in B-moll. Ein Oratorium, Geistliche
Dialoge, eine Reformationscan täte, Psalmen, Motetten u. a. zeugen alle von der
Meisterschaft im contrapunk tischen Satze und einer ausserordentlichen Be-
herrschung des harmonischen Materials, welche sich oft bis zur höchsten
Kühnheit steigert, dabei aber nie den Wohlklang verletzt und stets sangbar
ist. Er war eine durch und durch deutsche Ktinstlerpersönlichkeit, in der
sich ein tiefer Ernst künstlerischer Anschauung mit meisterhaftem Können
paarte, schreibt Lessmann in seiner Musikzeitung. Ein Halsleiden sollte durch
eine Operation gehoben werden, doch war leider der Erfolg ein umgekehrter
und führte den Tod herbei.
Quellen: Mendel-Reissmann's Musik-Lex. Supplementband und Lessmann's Musik-
zeitung 1899.
Rob. Eitner.
Millöcker, Carl, Componist, * 29. April 1842 in Wien, f 31. December
1899. M"^ Vater, ein Goldschmied, bestimmte seinen Sohn Carl für sein
Kunstgewerbe. Bald jedoch siegte in dem jungen Manne der Trieb zur
Kunst und M. studirte am Conservatorium Flöte, bei Laimegger und Suppe
Composition. Im Alter von 22 Jahren wurde er Capellmeister am Grazer
Stadttheater und eröffnete die Reihe seiner Compositionen mit einer Operette
»Der todte Gast«, die zu seinem Benefice in Graz aufgeführt wurde. Von
Graz wandte sich M. nach Budapest und bald darauf nach Wien, wo er als
Orchester-Director am Harmonie-Theater wirkte. Hier machte er die Bekannt-
schaft Anzengrubers, des grossen Dramatikers, der ihm späterhin — nicht
unter seinem Namen — ein Libretto lieferte. 1869 wurde M. am Theater
an der Wien engagirt, aber bald entlassen, weil er »nicht genüge«. Wie sehr
müssen die damaligen Theaterleiter den ausgezeichneten Musiker verkannt
haben! Kurz darauf wurde er aber zurückberufen, also rehabilitirt, und ver-
half dem Theater an der Wien ebensowohl als Componist wie als Capell-
meister zu einer Reihe grosser Erfolge. M. hatte als Componist zum ersten
Male mit seiner Musik zu dem Volksstücke »Drei Paar Schuhe« entschiedenes
Glück. Das Lied »Heissa, endlich ist es Nacht« aus diesem Werke wurde
populär. Bald folgten die Operetten »Das verwunschene Schloss« (März 1878),
»Apajeune, der Wassermann« (1880), »Die Jungfrau von Belleville (October
1881), denen 1882 der seither berühmt gewordene »Bettelstudent« (Text von
Zell und Gende) folgte. Von anderen Bühnenwerken sind zu nennen »Die
lustigen Binder« (December 1865), »Diana« (1867), »Die Fraueninsel« (1868),
Millöcker. Sporrer. I e c
*Die verkehrte Welt«, »Der Dieb« (in dieser Operette war bereits die später
weltbekannt gewordene Melodie von »Ach, ich habe sie nur auf die Schulter
geküsst« enthalten), »Der Regimentstambour« (1869), »Der Probekuss«, »Gräfin
Dubarry« (1879), »Abenteuer in Wien« (1873), »Gasparone«, »Der Feldprediger«
(1884), »Der Vice-Admiral« (1886), »Die sieben Schwaben« (1887), »Der arme
Jonathan« (1890), »Das Sonntagskind« (1892), »Das Nordlicht« (1898) und
die Musik zu unzähligen Possen und Volksstücken. — M. war unter den
Wiener Operettenmeistem der virtuoseste Theaterpraktiker und kam, vermöge
seines feineren Sinnes und seiner genauen Kenntniss der Bühne, oftmals dicht
an den Stil der komischen Oper heran. »Gasparone« darf man unbedenklich
für eine Meisterarbeit erklären. Oftmals giebt sich M. in seinen Werken einer
gewissen lässigen Volksthümlichkeit hin, die ihm bei der Menge ebensoviel
Sympathien verschaffte, als sie ihm bei den Kennern entzog. Seine senti-
mentalen Gesänge sind ebenso larmoyant und falsch -gemüthl ich wie die von
Joh. Strauss und Anderen. Bedeutend und voll Geist ist M. im Anmuthigen,
im Humoristischen. Ausserdem ist er ein ungewöhnlicher Instrumentations-
künstler, der in langjähriger Orchesterpraxis den einzelnen Musikorganen ihre
Geheimnisse abgelauscht hat. — M., der durch den Ertrag seiner Bühnen-
werke zu ansehnlichem Vermögen gelangt war, hatte sich in den letzten Jahren
seines Lebens von der Capellmeister-Thätigkeit zurückgezogen und lebte zu-
meist in seiner Villa in Baden bei Wien. Hier ist er auch gestorben.
Rieh. Heuberger,
Sporrer, Philipp, Historien- und Genre- Maler, k. Professor, * i. Mai
1829 zu Mumau (Oberbayern), f 30. Juli 1899 ^^ München; besuchte als
der Sohn schlichter Bürgersleute die Volkschule seiner Heimat, dann das
Münchener Polytechnikum, welches nach damaliger Sitte die Brücke bildete
zur Akademie, wo S. bei Ph. Foltz der Composition oblag, seine colo-
ristische Begabung bei Albert Gräfle im Portraitfach erweiterte und schliess-
lich noch die Unterweisung von Moriz von Schwind genoss. S. trat mit kleinen
Genrebildern in die OefFentlichkeit, mit einer »Hochzeit im Gebirge« (185 1),
einer »Häuslichen Scene« (1854), dann kam »Der Gedächtnisstag« (1855)
und der »Hochzeitlader« (1856). Hierauf warf er sich auf historische Stoffe,
wie »Der Schmied von Kochel« (1858) und die »Christnacht 1705«; auch
malte er zwei Fresken im National-Museum : »Kurfürst Rupert I. nimmt 1348
die Juden zu Heidelberg in Schutz vor dem Grimme des Pöbels« und der
^' Heldentod der Würzburger Bürger 1400 in der Vertheidigung ihrer Reichs-
freiheit auf dem Kirchhofe zu Bergtheim«. Darauf befasste er sich wieder
mit Oelbildern, wie ein »Verlöbniss« (1866), »Romeo und Julia«, »Abschied«,
eine neckische, in Untersberg spielende »Kellerscene« (in Photographie bei
Louis Finsterlin), mit Aquarellen (Geldwucherer, Glückshafen) und Illustrationen,
darunter ein Cyklus «Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Reisen
und Abenteuer zu Wasser und zu Lande« (Leipzig bei C. F. Amelang) und
die »Bilder zu deutschen Volks- und Lieblings - Liedern«. Auch reizten ihn
F'ranz Trautmanns »Geschichten aus dem Münchener Burgfrieden« zu heiteren
Schöpfungen, unter welchen der »Herr Peter Flecklein« (vgl. No. 881 der
bei Braun und Schneider erscheinenden Münchner Bilderbogen) eine besondere
Rolle spielte. Ueberhaupt forderte das Neckische, Philisteriöse der Spiess-
bürgerschaft aus jener Zeit, wo der Grossvater die Grossmutter nahm, seine
ic6 Sporrer. Aber.
heitere Laune heraus, die sich gern auf demselben schnurrigen Gebiete wie
Carl Spitzweg (1808+1885) erging, nur dass sich bei S. (welcher als
Monogramm sich häufig des Sporns bediente) ein schnurriger Zug zur
Caricatur hervordrängte; dagegen waren S.'s Landschaften ganz im Geiste
Spitzwegs gedacht und in fein empfundenem Colorit stimmungsvoll ausgeführt.
Mit Vorliebe erging sich S.'s leichtbewegliche Phantasie in Erfindung von
drollig - sinnigen Buchzeichen, in Aquarellen zu Märchen, Sagen und Sprich-
wörtern, zu originellen Uhrenschildern und Zifferblättern. Ein fröhliches
Erzeugniss war die Kohlezeichnung »lieber den Etaler - Berg« mit den auf
allen möglichen Vehikeln zum Ammergauer Passionsspiel 1880 ziehenden
Pilgern, Fremden und Touristen. Einen Saal im Cafe Probst zierte S.
mit zwölf lebensgrossen , das Restaurations - Leben vorführenden Charakter-
figuren: flotte Studenten, Blumenmädchen, Schachspieler, Zeitungsleser,
städtische Gigerln, schüchterne Landconfecte, Karten- und Billard - Spieler,
theetrinkende Dämchen und Raucher aller Sorten. In der Laube von
Dr. Trettenbacher's Garten malte er in Enkaustik auf eine Steinplatte das
Contrefait des als Einsiedler mit einem Rehkälbchen spielenden Hausherrn,
später decorirte er die ganze Westseite des dreistöckigen Hauses mit einem
Bildercyclus, welcher nach dem eigenwilligen Sinne des Auftraggebers in
einer neuen Technik ausgeführt, der klimatischen Zerstörung nur allzu schnell
unterlag. Zu Simon Baumanns »Geschichte von Murnau« (1855) entwarf
S. fünf Landschaften; für diese seine Vaterstadt malte er »Erinnerungen«
an ein landwirthschaftliches Fest mit Trophäen, Wappen und Ehrenscheiben.
Dann kamen wieder Oelbilder mit allerlei Scenen aus dem Wildschützen-
und Strolchen-Leben, »Auf der Walz« und dergleichen; Culturgeschichtliches
mit »Sonnenwendfeuer«, »Fingerhaggeln«, »Pferdehändlern« und ländlichen
»Buden-Photographen«. Auch im Portraitfach sind viele treffliche Leistungen
S.'s zu verzeichnen, darunter die Bildnisse des als Opemcomponisten
und Landtagsabgeordneten bekannten Bürgermeister Förg von Donauwörth,
des schneidigen Geheimrathes Dr. von Ringseis, des (irafen von Seinsheim
u. s. w. Ganz im Sinne Moriz von Schwinds war seine wohldurchdachte
Allegorie zum Gedächtniss König Ludwigs IL, ebenso die Vignetten zu
Rudolf Baumbachs »Zlatorog« und zu Reinhardstöttners Biographie des
lateinischen Poeten Martinus Balticus, welche die bekannte »Baierische
Bibliothek« (Bamberg 1890) eröffnete. Im Jahre 1897 erschien im Kunst-
verein eine reiche Collection von S.'s Arbeiten, gleichsam ein Rückblick
aus allen Phasen seines Schaffens, darunter auch die lustigen Caricaturen
aus dem Album des Künstler-Sänger-Vereins und die Compositionen zu Victor
Gluth's Oper »Der Trentajäger« (1885). Dann zog sich der damals schon
kränkelnde Künstler von der Oeffentlichkeit zurück. Er hatte 187 1 eine
Lehrerstelle im Freihandzeichnen am Münchener Polytechnikum erhalten und
war nach Jos. Motzets Rücktritt 1877 in die Würde und Rechte eines wirk-
lichen Professors eingerückt, ein Amt, in welchem S. die Achtung und
Liebe seiner Schüler in hohem (irade errang.
Vgl. Abendblatt 212 »Allgemeine Zeitung« 2. August 1899. Kunstvereins-Bericbt fUr
1899. S. 81 f.
Hyac. Holland.
Aber, Eduard, Buchhändler, * 10. November 1810 in Berlin, f 25. Sep-
tember 1899 daselbst. A. trat 1833 in die i8i6 von seinem Onkel August
Aber. Breslaur.
157
Hirschwald gegründete Buchhandlung ein, die eben durch seine Mitwirkung
zur angesehensten Verlags- und Sortimentsfirma medicinischer Richtung wurde.
Bereits 1840 wurde er deren Alleininhaber. Fortan war er unermüdlich und
mit glänzendem Erfolge für die Entwickelung des Geschäftes in besagter
Richtung thätig. Den Namen Dieffenbach und Romberg des Verlages reihten
sich die strahlenden Namen eines Niemeyer, Casper, König, Hoppe -Seyler,
Virchow, eines v. Bergmann, Billroth, Binz, Eulenburg, Gurlt, Hermann,
Rob. Koch, V. Langenbeck, v. Leyden, Liebreich, Nothnagel, Orth, Schul tz-
Schultzenstein, Traube und zahlreiche andere an. Viele hervorragende Werke,
besonders eine Reihe gediegener Zeitschriften verdankten seiner Anregung
ihre Entstehung. Die weiteste Verbreitung fand wohl die aus Caspers medi-
cinischer Wochenschrift hervorgegangene Berliner klinische Wochenschrift.
Etwa ein Dutzend hochangesehener medicinischer Zeitschriften schlössen sich
an und wirkten dazu mit, Berlin zum Mittelpunkt der medicinischen Literatur
Deutschlands zu machen. Im persönlichen Verkehr war »der alte Aber« die
Liebenswürdigkeit selbst, zugleich »ein lebendiger Katalog der modernen
medicinischen Literatur«. Mit seinen Autoren und den vielen in seinem
Sortiment verkehrenden Medicinern war er meist näher befreundet. Vielen
Talenten hat er die Bahn gebrochen, aber auch anderweit im Stillen viel
Gutes gewirkt. Theilhaber der Firmen August Hirschwald und Hirschwald 'sehe
Buchhandlung wurden 1848 Ferdinand Hirschwald (dessen Nekrolog im vor-
liegenden Jahrbuch) und 1870 Albert Aber»
Börsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 226 und 229 (hier Charakteristik nach dem
Berliner Tageblatt). — Berliner klinische Wochenschrift 1899 No. 40: Nekrolog von den
Herausgebern Ewald und Posner.
H. Ellissen.
Breslaur, Emil, ein Musikpädagoge von Bedeutung, ♦ 29. Mai 1836 in
Kottbus, f 26. Juli 1899 zu Berlin. Sohn jüdischer frommgläubiger Eltern,
widmete sich nach den Gymnasialstudien den hebräischen Wissenschaften und
nahm' 1858 eine Hauslehrerstelle im Knabenpensionate des Dr. Wolfsberg in
Stettin an, wo er zu dem Entschluss kam, sich ganz dem Lehrerberufe zu
widmen. Zum Behufe dessen besuchte er 1859 das Seminar in Neuzelle und
legte 1860 das Lehrer-Examen ab. Musik hatte er von früher Jugend an
getrieben. Ein Heft Kinderlieder nach Hoffmann von Fallersleben und einige
Männerchöre, die in der »Sängerhalle« erschienen, geben davon Zeugniss.
Die jüdische Gemeinde seiner Vaterstadt wählte ihn nach abgelegtem Examen
zum Religionslehrer und Prediger. Hier errichtete er einen Knabenchor für
den Gottesdienst und einen Turner-Gesangverein; für beide war er auch als
Komponist thätig. Die kleinen und kleinlichen Verhältnisse einer Provinzial-
stadt genügten ihm aber nicht und mit dem Wunsche, sich in der Musik
eine gründliche Ausbildung zu verschaffen, ging er nach Berlin und trat in
das Stemsche Conservatorium für Musik ein, bekleidete aber dabei an der
Friedrichstädter Religionsschule des Dr. Julius Landsberger ein Lehramt.
Einige musikpädagogische Aufsätze, die er in der Musikzeitung »Echo<c ver-
öffentlichte, verschafften ihm eine Anstellung am Kullackschen Conservatorium
für Musik, an dem er elf Jahre unterrichtete, bis er 1879 ^*" eigenes
Musik-Institut errichtete, welches er am i. November als »Berliner Seminar
zur Ausbildung von Clavier-Lehrem und Lehrerinnen« eröffnete und einige
I f 8 Breslaur. Geisser.
Jahre später zum Conservatorium für Musik erweiterte. Seine Vertrautheit
mit der Feder verschaffte ihm bald Gelegenheit, an Tagesblättem als Musik-
referent aufzutreten, so an der Spenerschen Zeitung als Vertreter von Fl.
Geyer und am Berliner Fremdenblatt zur Aushülfe Richard Wuerst's. Schon
im Jahre 1878 gründete er ein eigenes Musikblatt, den »Klavierlehrer«, eine
Musik Zeitschrift, die sich nicht einseitig mit Musikunterricht beschäftigt, sondern
das ganze Musiktreiben umfasst und den Leser mit allen Erscheinungen im
Kunstleben bekannt macht. Ihm ist auch die Entstehung und weitere Aus-
bildung des Vereins für Musik-Lehrer und Lehrerinnen zu Berlin zu danken,
der sich die Aufgabe stellte, in Krankheits- und Sterbefällen helfend ein-
zutreten. Aus ihm entwickelte sich dann der Verband Deutscher Musiklehrer-
Vereine und das Uebereinkommen mit der Versicherungs-Gesellschaft Victoria,
eine Altersrente ins Leben zu rufen. Trotz der vielseitigen Beschäftigung
übernahm er noch nach Julius Stern's Tode die Leitung des Chores in der
jüdischen Reform-Gemeinde in Berlin und selbst als Componist war er nicht
unthätig, obgleich er in diesem Fache am wenigsten geleistet hat, während
seine musikpädagogischen Schriften, »Die Methodik des Ciavierunterrichts in
Einzelaufsätzen«, Berlin 1895, 2. Aufl. bei N. Simrock, eine wohlverdiente
Anerkennung fand und sogar von dem Clavier-Virtuosen von Bülow öffentlich
anerkannt wurde. Dieser Abhandlung folgte eine Clavierschule, die heute
schon in 12. Aufl. vorliegt und eine Melodiebildungslehre auf harmonischer
und rhythmischer Grundlage. Ferner bearbeitete er Werke in instructiver
Weise, um beim Unterrichte verwerthet zu werden, gab eine »Technische
Grundlage des Klavierspiels« op. 27, in 4 Aufl. heraus; »Technische Uebungen
für den Elementar-K lavier Unterricht«, op. 30, folgten, sowie eine Notenschreib-
schule und ein Führer durch die Klavierunterrichts-Literatur. Auch ist er der
Herausgeber der 11. Aufl. von Julius Schuberth's Musikalischem Conservations-
Lexikon in gänzlicher Umarbeitung und Vermehrung. Trotzdem Br. keine
musikhistorischen Vorstudien gemacht hatte, war er in der Literatur doch
soweit bewandert, dass er die guten von den schlechten einschlägigen Werken
zu unterscheiden im Stande war und da die Mehrzahl der Biographien neuere
Musiker betraf, über die man zwar nur ganz kurze Notizen findet, so erfüllt
es doch einigermassen seinen Zweck, dem Dilettanten ein Wegweiser zu sein.
Quelle: Der Klavier-Lehrer, Musik-pädagogische Zeitschrift 1899 No. 16.
Rob. Eitner.
Geisser, Jakob, Emanuel, Genremaler, * 21. Novembei 1825 zu Augsburg,
f 21. Januar 1899 in München; erhielt als der Sohn eines Zeichnungslehrers
erst im väterlichen Hause, dann bei dem um die Augsburger Kunstschule
vielverdienten Professor Jahann Geyer (1807 — 1875) bleibende Anregung und
Förderung, welche dann auf der Münchener Akademie durch Clemens
Zimmermann und Juljus Schnorr gründliche Ausbildung erfuhr. Weiteren
Einiluss auf G. übte auch sein jugendlicher Freund Ferdinand Wagner
(1820 — 1881), der nachmalige Schöpfer der Fresken am Fugger-Hause zu
Augsburg, welcher den für strenge Zeichnung und blühende Farbengebung
hochempfanglichen Genossen der kirchlichen Malerei zuzuführen gedachte.
Indessen begnügte sich G. vorerst mit der Stelle eines Lehrers an der
Feiertags-Fortbildungsschule zu Augsburg, ein Amt, welches er 1863 nieder-
legte, um in München ganz in freier Hingabe seine Kunst zu pflegen. Hier
Geissen Berlepsch. i^q
entstanden in rascher Folge eine Reihe von heiteren, theilweise an Geyers
Vorgang erinnernden, immer sehr sorgfältig durchgearbeiteten Genrebildern,
welche im Costtim des Rokoko oder des XVII. Jahrhunderts spielten. Da
wird ein »Familienconcert« inscenirt (1867), da erzählt der »Freiherr von
Münchhausen« seine unerhörten Aventiuren einem fascinirenden Damenkreis
(bei Baron Ladenburg in Wien); »Caffeevisiten« im Biedermeierstil, eine musi-
kalische »Unterrichtsstunde« mit süsser Flirtation und offizieller Ueberraschung
durch die Mutter, ein »Improvisator« in vornehmer Gesellschaft (1884) und
ähnliche Geschichten wechseln mit militärischer »Einquartierung« (1870), mit
Antichambrescenen, kartenspielenden und rauchenden Zechern, singenden,
schäkernden und charmirenden Soldaten, womit G. längst vor Vinea*s Zecher-
und Kellertreiben ein dankbares Publikum fesselte. G. wäre wie kein Anderer
berufen gewesen, den eulturhistorischen Roman »Simplicissimus» des alten
Jacob Christoph von Grimmeishausen zu illustriren. Die meisten seiner
grösstentheils heiteren Bilder spielten in der angegebenen Zeit; auch liebte
er die Repräsentanten des Zopfes; es gab Condolenz-Visiten, die Uebergabe
von Empfehlungsbriefen und ceremoniöse Besuche, heitere Festessen — da-
runter die öfters wiederholte »Zähe Gans« (Holzschnitt in »Blätter für den
häuslichen Kreis« 1872 S. 12) — amouröse »Mondscheingeschichten« (Bazar
V. 2. Januar 1871), »Gefundene Herzen« (Holzschnitt in No. 36 Ueber Land
und Meer 1881,) und andere Artigkeiten oder zur Abwechslung auch ein
»Tischgebet«) No. 33 Ueber Land und Meer 1889). G.'s Repertoire blieb
immer neu, gewählt, anziehend und erheiternd. Die meisten Bilder wurden
durch Photographien bei Hanfstängl, Finsterlin u. s. w. vervielfältigt, auch
durch Holzschnitt in illustrirten Zeitungen, z. B. »Intervention« (in No. 46
Ueber Land und Meer. 1881. S. 912), »Empfehlungsbrief« (ebendas. 1885.
No. 36), »Spiel um die Zeche« (No. 2 ebendas. 1893), »Ein Schelmenlied«
(No. 20 ebendas. 1896), der »Fatale Knoten im Schnupftuch« (Gartenlaube
1869, S. 197) die »Rauchscene« aus Victor Nessler's Oper »Der Trompeter
von Säkkingen« in No. i »Illustr. Welt« 1891. u. s. w.
Vgl. No. 2233 »Illustr. Ztg.« Lpz. 86. Band S. 379. Fr. v. Bötticher, Malerwerke.
1895 I. 351. Muller-Singer 1896. 11. 5. Nekrolog im 'Morgenblatt 24 »Allgem. Ztg.«
24. Januar 1899. Bericht des Kunstvereins in München 1899 S. 70.
Hyac. Holla^nd.
Berlepsch, Karoline, Freifrau von, Schriftstellerin, * 29. April 1829
zu München, f 29. März 1899 daselbst; erhielt nach dem frühen Tode
ihres Vaters, des Advokaten Welebil, ihre Bildung im Institut Ascher,
machte mit Auszeichnung die Staatsprüfung als Sprachlehrerin, heirathete den
Rechtsanwalt Künstle. (Aus dieser Ehe stammt Guido Künstle, * 1853,
welcher sich sowohl als Dichter (»Kohlenstoff-Skizzen, ein organisch-chemisches
hohes Lied« München 1877. 2. Aufl. 1882), wie auch als praktischer Arzt
und Fachschriftsteller (»Ophthalmologisches aus der Zeit Albrecht von
Haller*s« München 1878) hervorthat, aber schon am 5. November 1879
plötzlich aus dem Leben schied.) Um nach dem Tode ihres ersten Gatten
die Erziehung ihrer Kinder zu fördern, griff sie zur Feder und erwarb sich
bald einen guten Namen, insbesondere durch die novellistischen Skizzen »Nebel-
bilder« (Manheim 1869), in welchen der Abschnitt »Stella« wohl als auto-
biographische Schilderung gelten mag. Die Verleger kamen ihr ermuthigend
1 60 Berlepsch. Schwade.
entgegen, sie brach sich Bahn und ihre Arbeiten wurden gesucht. Dieselben
erregten die Aufmerksamkeit des als Bienenzüchter bekannten Freiherrn von
Berlepsch; es entspann sich eine Correspondenz, welche mit einer Ehe ab-
schloss. Seitdem führte sie auch als Schriftstellerin den Namen ihres zweiten
Gatten und lieferte für deutsche und amerikanische Feuilletons Erzählungen
und Romane, welche, namentlich in Frauenkreisen, grossen Anklang fanden.
Besonders liebte sie »Nacherzählungen« und Bearbeitungen von englischen
und amerikanischen Vorbildern, insbesondere der Mrs. Agnes Fleming,
Dora Thorne, Mary Holmes, Evans Wilson, A. S. Seflfens, M. Gay und M.
F. Caldow, welche erst bei verschiedenen Verlegern und dann als eigene
»Roman- und Familienbibliothek« in 26 Bänden (Regensburg 1895 ff.) in
Auswahl erschienen. Der »Frauenfrage« widmete sie eine besondere Sorgfalt,
wie auch ein theil weise autobiographischer Artikel in Beilage 289 der
»Allgemeinen Zeitung« vom 16. October 1875 beweist. Mit Rath und That,
soweit es ihre in ausdauerndem Fleisse mühsam erworbenen Mittel erlaubten,
steuerte sie der socialen Noth und suchte auch Andere zu gleich löblichen
Leistungen zu gewinnen.
Vgl. Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen der Feder. 1898 S. 57 ff. Beilage 75
»Allgem. Ztg.« I. April 1899.
Hyac. Holland.
Schwade, Heinrich, Bildhauer, * 27. November 1843 zu Erfurt (Thüringen),
f 26. September 1899 in München; erwarb die erste Schulung im Ornamenten-
Fach in seiner Heimat, empfing 1S61 an der Kunstschule zu Bonn weitere
Förderung. S. begab sich zur Ausbildung im figuralen Gebiete nach
München, wo er die Polytechnische Schule hospitirte und von 1863 — 1869
als Schüler der Akademie bei Professor Max Widemann rasche Forschritte
machte und für seine Arbeiten bald die silberne Ehren medaille und folge-
richtig auch ein preussisches Staatsstipendium erhielt. Die ersten nach den
Entwürfen des Dombaumej^ter Güldenpfennig, gemeinsam mit Holzhey für
den Bischof Conrad von Paderborn gelieferten Aufträge machten dem Künstler
einen guten Namen, also dass bald viele Bestellungen für Kirchen in Baiern
und den preussischen Provinzen erfolgten, sowohl Reliefs, Einzelstatuen,
kleinere und grössere Altäre, auch kunstgewerbliche Arbeiten, darunter ein
origineller mit Figuren gezierter Bücherschrein mit architektonischem Abschluss
im Spitzbogenstil u. dgl. Drei gothische Altäre lieferte S. für Sonnendorf
bei Wörth, auch bethätigte er sich an der Restauration der Pfarrkirche zu
Blindheim (bei Dillingen) und Gundelfingen; zwölf colossale Apostel-Statuen
kamen in die Michaelskirche zu Breslau (No. 194 »Schlesische Volkszeitung«
1894), eine »Pietä« in die Pfarrkirche zu Bad -Aibling. Sehr anmuthende
stilgerechte Statuetten, Gruppen und Flachreliefs fertigte S. für Marggraffs
Altarbauwerke z. B. nach Zabern und Immenstadt, auch schnitt er mit tiefer
Empfindung viele Crucifixe; 1877 und 1881 veranstaltete er zu Würzburg,
Bonn und Nürnberg 1896 Ausstellungen seiner Leistungen, welche ihm Ehren-
diplome und Medaillen zuzogen. Die starke Willens- und Schaffenskraft des
nur seiner Kunst lebenden Mannes lähmte ein schweres körperliches Leiden.
Vgl. Bericht des MUnChener Vereins für christliche Kunst. 1899, S. 12.
Hyac. Holland.
Hausegger. Raif. ScKurig. i6t
Hausegger, Friedrich von, Dr. jur., namhafter Musik -Aestlietiker und
-Kritiker, ♦ 26. April 1837 zu St. Andrä in Kämthen, f 23. Februar 1899
zu Graz in Steiermark. Nach Absolvirung der Gymnasialstudien besuchte H.
die Wiener Universität, die er als Dr. jur. utr. verliess. Schon während seiner
Studienzeit erwarb er sich bei Gottfr. Salzmann, dann bei DessofF ansehnliche
Kenntnisse in Contrapunkt und Compositionslehre. 1870 übersiedelte er nach
Graz, wo er die Advocaturspraxis ausübte, sich aber nebenher als Docent an
der Universität habilitirte und für die Grazer »Tagespost«, später für das
»Grazer Tageblatt« gedankenreiche, für Künstler und Publikum belehrende,
im vornehmsten Tone gehaltene Kritiken über Musik schrieb. 1878 erschien
sein Buch »R. Wagner und Schopenhauer«, 1885 sein Hauptwerk »Die Musik
als Ausdruck«, 1890 »Das Jenseits des Künstlers«. Ausserdem die kleineren
Schriften »Die künstlerische Persönlichkeit« und »Die Anfange der Harmonie«.
Rieh. Heuberger.
Raif, Oskar, ein brillanter Ciaviervirtuose, * am 31. Juli 1847 im Haag,
f den 29. Juli 1899 zu Berlin. Seine Jugendzeit ist bisher in Dunkel gehüllt,
erst als er um 1870 nach Berlin kam, Schüler Taussigs wurde und bald darauf
öffentlich auftrat, erweckte er durch seine eminente Technik die Aufmerksam-
keit der Kunstwelt und schon im Jahre 1875 wurde er als Lehrer an der
Berliner Hochschule für Musik angestellt. Hin und wieder trat er auch als
Pianist öffentHch auf, doch legte er seine Hauptthätigkeit auf die Erziehung
junger Pianisten und zog sich von der Oeffentlichkeit nach und nach immer
mehr zurück. Seine Leistungen als Componist sind nicht hervorragend und
nur Weniges erschien im Druck, darunter ein Ciavier- Concert mit Orchester
als op. I im Jahre 1878 und zur selben Zeit als op. 11 eine Sonate für Piano-
forte und Violine in G-moIl. Beide erschienen in Leipzig bei Breitkopf & Härtel.
Die übrigen Drucke von op. 2 bis op. 9 sind Salonpi^cen für Pianoforte, die
nur unter seinen Schülern eine Verbreitung fanden.
Quelle: Lessmanns Musikzeitungen und seine im Druck erschienenen Werke.
Rob. Eitner.
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar, Componist, * am 24. Februar 1822
zu Aue (sächsisches Erzgebirge), f S'» Januar 1899 zu Dresden. Begann seinen
Lebenslauf als Seminarist in Dresden, wo er Schüler Joh. Schneiders, Jul. Ottos
und Th. Uhligs in der Musik war. Hier zeichnete er sich bereits in der Musik
so vortheilhaft aus, dass aus dem Schullehrer ein Musiker wurde. Schon 1842
ernannte ihn die jüdische Gemeinde in Dresden zu ihrem Chordirector in der
Synagoge, zugleich erhielt er 1844 den Organistendienst an der anglikanischen
Gemeinde, 1856 rief man ihn nach Pest als Cantor und Organist der evan-
gelischen Gemeinde, wo er auch eine Liedertafel gründete. Im Jahre 1861
kehrte er wieder nach Dresden zurück und bekleidete an der Landes-Blinden-
anstalt den Gesanglehrerposten, den Cantorposten an der St. Annenkirche und
seit 1896 ertheilte er an der Rollfuss'schen Akademie für Musik den Unter-
richt für Theorie. Sein freundliches, schlichtes Wesen erwarb ihm überall
bei Jung und Alt, Schülern und EJtern die wärmsten Sympathien und übertrug
sich selbst auf seine Compositionen, die einen sanften, beruhigenden Charakter
tragen. Sowohl kirchliche Chorgesänge, geistliche Duette (opus 19, 28, 38
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. X I
l62 Scharigf. Reimer. Raab.
und 45), Gesänge für Knaben- oder Frauenstimmen, patriotische Lieder, Kinder-
lieder mit Ciavierbegleitung, die sich als vorzügliche kleine Kunstwerke aus-
zeichnen, als zahlreiche Orgelcompositionen sind Zeuge seiner Empfindungsweise.
Quelle: Hugo Riemanns Musik-Lexikon, Hofmeisters Verzeichnisse.
Rob. Eitner.
Reimer, Dietrich, Verlagshändler, ♦ 13. Mai 181 8 als der dritte Sohn
von Georg Andreas R. in Berlin, f ^5- October 1899 daselbst. R. eröffnete
1845 ™ väterlichen Hause eine Buch- und Landkartenhandlung, 1847 über-
nahm er den grössten Theil der geographischen Werke und des Kunstverlags
von Georg Reimer. Bald entwickelte sich auch eine grössere selbständige
Verlagsthätigkeit, die sich hauptsächlich auf Geographie, Ethnographie, Meteoro-
logie etc. concentrirte. Eine Menge gediegener Landkarten, Atlanten und
Wandkarten, besonders unter Bearbeitung von Heinrich und Richard Kiepert,
gingen aus dem Verlage hervor, ebenso hervorragende Zeitschriften der Erd-
kunde. 1852 erfolgte der Ankauf der Adami'schen Globen, die später durch
H. Kiepert bearbeitet wurden. Das Sortimentsgeschäft ging 1858, der Verlag
1891 in andere Hände über, während R. den Rest seines arbeitsreichen Lebens
in wohlverdienter Ruhe verlebte.
Verlags-Katalog von Dietrich Reimer 1845 — 95. — Börsenbl. f. d. dt. Buchbdi. 1895
No. 6, 1899 No. 243.
H. Ellissen.
Raab, Johann Leonhard, Kupferstecher und Radirer, Akademieprofessor,
Wirkl. Geheimer Hofrath, * 29. März 1825 zu Schwaningen (bei Ansbach),
f 2. April 1899 in München; erhielt seine Erziehung und Schulbildung in
Nürnberg, auch die erste Unterweisung an der dortigen Kunstschule bei Carl
Mayer und Albert Reindel. Auf der Münchener Akademie machte 1844 sich
R. auch mit der Technik der Malerei vertraut, oblag aber dann zu Nürnberg
durch zwei Decennien mit grösstem Fleisse der Kupferstecherkunst. Viele
kleine und grosse, meist für Verlagsbuchhändler gelieferte Platten zeugen von
seiner unermüdlichen Sorgfalt, welche damals schon ein besonderes Augen-
merk auf malerische Wirkung und Charakteristik bei der Wiedergabe des je-
weiligen Vorbildes erstrebte. Dazu gehören die Blätter nach Lessing (Luther
verbrennt die Bulle; Anschlagung der Thesen), Jos. Petzl (Novize), Flüggen
(Weinprobe und Morgengruss), Vautier (Vor Gericht), Artiiur von Ramberg
(Die Erklärung), J. Becker (Stürmische Landschaft mit der Staffage eines auf
seine Tochter gestützten blinden Bettlers; die brieflesenden Mädchen), Kindler
(Die Verlassene auf dem Tanzboden) und die Bildnisse des Prinz Albert,
Gemahls der Königin Victoria, Blumenbach, Alex, und Wilh. von Humboldt,
Kant (nach Döbler), W. von Kaulbach (nach Friedrich Kaulbach) u. s. w.,
wodurch R. einen so hervorragenden Namen gewann, dass er 1866 bei Julius
Thäters Abgang an die Münchener Akademie als Professor der Kupferstich-
kunst berufen wurde. Hier organisirte R. eine Antiken- und Naturklasse und
vereinte eine Menge sehr verschiedenartiger Schüler, denen er, ebenso wie
Piloty, ihre Eigenart zur vollen Gestaltung ausbildete, darunter den Xylo-
graphen W. Hecht, die Radirer Peter Halm, Karl Rauscher, Joh. Fr. Deininger,
Wilh. Schmidt, Karl Stauffer-Bem u. v. a. Mit ihnen trat des Meisters eigene
Raab. Förster. I £^
Tochter, die neben ihrem Vater in höchster Genialität wetteifernde Doris Raab,
als selbständige Künstlerin in den Vordergrund. ^- In München entstanden
R/s Stiche nach Feuerbach (Pietä), Kaulbach (Goethes Frauengestalten: Lotte
den Geschwistern Brot schneidend; Leonore; Goethe am Hof zu Weimar;
Dorothea und die Auswanderer), Pecht (Clavigo, Heinrich VIIL und Anna
Boleyn), insbesondere aber die fünfzig Blätter nach den »Meisterwerken der
Alten Pinakothek« (München, Verlag von P. Kaeser, mit Text von Fr. v. Reber),
welche in der feinempfundenen Reproduction der so höchst verschieden ge-
arteten Originale wie Holbein, Dürer, Roger van der Heyden, Rubens, van
Dyck, Tizian, Paolo Veronese, Rembrandt, Tenier, Murillo, Tiepolo das Er-
staunlichste leisteten. Zwei Blätter nach Raphael Santi (die Madonna Tempi
und jene di Foligno) fertigte R. 1875 ^^^ 1880 für Bruckmann. Einförmiger,
immerhin aber durch ihre packende Wahrheit anziehend, erschienen die Bild-
nisse seiner »Zeitgenossen«, welche R. unmittelbar nach dem Leben radirte,
darunter Lenbach, Carl Piloty, Wagmüller, Jos. Knabl, Franz Adam, Kaspar
Zumbusch, Gottfried Neureuther, Defregger u. A. Nachdem der Meister ein
Vierteljahrhundert an der Akademie gewaltet hatte, veranstalteten ihm seine
dankbaren Schüler (1894) eine brillante Feier, voll Witz, Laune Geist und
rührender Ehrung. Dann trat er 1895 mit dem Titel eines Kgl. Geheimen
Hofrathes in die wohlverdiente Ruhe. Aber auch jetzt noch griff er zu
Pinsel und Palette und malte mehrere grosse Bildnisse, bis ihm die fühlbare
Schwere des Alters auch diese stille Freude verleidete. R. erhielt viele Aus-
zeichnungen : den Orden vom heilig. Michael L Klasse und den italienischen
Kronorden, die Ehrenmitgliedschaft der Akademien in Berlin, Wien, Brüssel,
Antwerpen und München, goldene Medaillen von den Ausstellungen in
Nürnberg, München, Wien, Berlin, Paris, Madrid, ein Ehrendiplom von
London.
Hoff, Ludwig Richter 1877 S. 467. Apell, Handbuch 1880 S. 344. Laurenz
MüUner, Literar. u. kunstkritische Studien, 1895. Fr. von Bötticher, Malerwerke 1898,
H, 340. Das Geistige Deutschan d 1898, I, 540. Abendblatt 94 »Allgem. Zeitung«,
S.April 1899. No. 2913 »Illustr. Ztg., 27. April 1899. Kunst für Alle, i. Mai 1899
S. 236. Kunstvereins-Bericht fUr 1899 S. 78.
Hyac. Holland.
Förster, Sophie» eine gefeierte Concert- und Bühnen-Sängerin, Tochter
des Professor Ebel zu Berlin, ♦ daselbst 183 1, f 27. Februar in Wien. Ihre
schöne ausgiebige Sopranstimme erweckte schon früh die Aufmerksamkeit
der Kunstfreunde. Beim Kgl. Chordirector Elster in Berlin machte sie ihre
ersten Studien, dann lernte sie Jenny Lind kennen, die sie in die Geheim-
nisse der Gesangskunst einweihte, technische Studien und Stimmenbildung
lernte sie dann bei Teschner in Berlin. Die inzwischen erfolgte Verheiratung
mit dem Hofrath F. C. Förster hatte auf ihre Bestrebungen sich zu ver-
vollkommnen keinen Einfluss, denn es wurde fleissig weiterstudirt. Im Jahre
1854 trat sie in Leipzig zum ersten Male in einem Concerte auf und
begründete ihren bedeutenden Ruf, der ihr überall voraufeilte und die Wege
ebnete, so dass sie eine vielbegehrte Concertsängerin wurde und fast bei
keinem Musikfeste fehlen durfte. Seit 1855 lebte sie in Dresden und studirte
dort eine Reihe Rollen ein, um sich der Bühne zu widmen, trat 1861 in
Erfurt auf, dann in Meiningen und darauf in München als Primadonna, wo
sie bis 1866 die grössten Triumphe feierte. Nach der Zeit trat sie von
II*
164 Förster. Rotter. Buchnicker.
jedem öffentlichen Auftreten zurück, ging nach Wien und ertheilte Gesang-
unterricht. Da sie besonders von Amerikanerinnen aufgesucht wurde, so lebt
jenseits des Oceans ihre Gesangskunst durch ihre Schüler weiter. Trotz ihrer
Bühnenerfolge standen ihre Leistungen als Liedersängerin unübertroffen da
und entzückte in Privatkreisen, in denen sie einst ein vielbegehrter Gast war.
Quellen: Signale von Senff. Mendel-Reissmann's Musik-Lexikon.
Rob. Eitner.
Rotter, Josef Arthur, Kirchenmusiker, * 6. August 1832 zu Pitkau in
Oesterreichisch- Schlesien, f 28. März 1899. Erhielt seinen ersten Musik-
unterricht von seinem Vater, der Schullehrer und Regens chori war. Im
Gymnasium des Augustinerklosters in Altbrünn absolvirteR. seine humanistischen
Studien und bethätigte sich nebenher als Kirchenchorsänger, wohl auch zu-
weilen als Dirigent. Später wurde er Erzieher, dann Postbeamter; 1860 trat
er aus dem Staatsdienste, um sich der Musik zu widmen, und wurde Dom-
sänger, Capellmeister und Gesangslehrer in Raab in Ungarn. Seit 1869 war
R. als Chormeister mehrerer Gesangsvereine in Wien, von 1870 an als Regens
chori an der Alt- Lerchenfelder Kirche thätig. In dieser Stellung wirkte er
anregend und verdienstlich sowohl durch die sorgfältige Art der von ihm ge-
leiteten Aufführungen, als auch durch seine zahlreichen kirchlichen Compositionen.
Rieh. Heuberger,
Buchrucker, Carl Christoph Wilhelm v., Dr. theol., Oberconsistorial-
Rath und Kgl. Geheimrath, * 19. November 1827 in Kleinweisach, f 29. Jan.
1899 ^" München.
B. war der Sohn eines alten fränkischen Pfarrergeschlechts, das in fiinf
Generationen aufwärts in ununterbrochener Folge dem geistlichen Stande
tüchtige Vertreter zugeführt hat. In seinem Geburtsort Kleinweisach bei Burg-
Haslach im Steigerwald, an der Grenze von Ober- und Mittelfranken, ist
bereits sein Grossvater 30 Jahre lang Pfarrer gewesen. In dem Lebensbild
dieses eigenartigen und lebensvollen Mannes, das der Enkel dem Vater zu
dessen 50 jährigem Amtsjubiläum 1876 als Festgabe überreichte, »Ein Seel-
sorgerleben aus der Wende des vorigen und des gegenwärtigen Jahrhunderts«,
ist der Familiengeschichte dieses ehrwürdigen Pastorenhauses ein bleibendes
Denkmal gesetzt. Der Vater Carls, eine warmherzige, johanneisch-milde,
gesundfromme Persönlichkeit, unterrichtete zunächst seinen erstgeborenen und
einzigen Sohn seiner früh verstorbenen ersten Gattin bis zu seinem 14. Jahre
daheim. 1841 folgte dann der Eintritt in das Gymnasium zu Erlangen, das
unter Ludwig Döderleins Leitung in frischem und klassischem Geist zu hoher
Blüthe gekommen war. Zugleich fand Carl im Hause der Grossmutter —
nachdem der Vater sich in zweiter Ehe mit Caroline von Jahn, der Tochter
des in Wesel mit erschossenen Adjutanten Schills, verheirathet hatte —
fürsorgliche Aufnahme. 1846 begann das Universitätsstudium, im ersten Jahr
mit allgemeinen und philosophischen Disciplinen, noch zum Theil unter Döder-
leins Führung. Bald aber schloss B. sich zu ernster theologischer Arbeit ins-
besondere Hofmann an, der im Verein mit Thomasius, Höfling und dem eben
eingetretenen Delitzsch sich mehr und mehr als das Haupt der neuen Er-
langer Schule erwies. Doch auch an dem studentischen Leben nahm B.
Buchrucker.
165
durch seinen Eintritt in die Burschenschaft in jenen national-politisch tiefer-
regten Jahren lebhaftesten Antheil; er wurde der berufene Redner und Dichter
seiner Verbindung. Der Ferienaufenthalt daheim führte dann nicht selten zu
eingehenden theologischen Auseinandersetzungen mit dem Vater, der, dem
altrationalistischen Standpunkt seiner Jugendjahre mit der Zeit entwachsen,
mit dem Sohne bis an sein Ende (1881) in innigherzlichem Verhältniss ge-
standen hat. Nach Abschluss des akademischen Studiums nahm B. vorerst
(1850) eine Hauslehrerstelle bei Hofrath Dr. Küster in Schwabach an und
erwarb sich, obschon nur ein Jahr dort thätig, im hohen Maasse allseitiges
Vertrauen. Ebensowohl bewährte er sich in den ihm dann in rascher Folge
übertragenen Pfarrvicariaten in Burgfarmbach, Obereisensheim und dem (1866
an Preussen abgetretenen) Rhönstädtchen Gersfeld, so schwierig und misslich
nicht selten solch ein Posten an der Seite eines älteren geistlichen Herrn
oder in ganz interimistischer selbständiger Verwaltung eines Pfarrsprengels zu
sein pflegt. Ueberanstrengung seiner Kräfte in der von einer Typhusepidemie
heimgesuchten Rhöngemeinde Gersfeld nöthigten ihn zu einer Ruhepause, die
ihm zugleich zur letzten Vorbereitung auf die IL theologische Prüfung diente.
1854 endlich wurde dem Siebenundzwanzigjälirigen durch das gräflich Castellsche
Patronat die erste eigene Seelsorgergemeinde in Oberlaimbach im Aischgrunde
übertragen. Hier hat B. an der Seite seiner jungen Gattin, einer Tochter des
gräflich Pücklerschen Patrimonialrichters Nittinger in Burgfarmbach, neun Jahre
in glücklicher und fleissiger Stille gewirkt und in regem persönlichen Verkehr
mit seinem alten Lehrer Hofmann in Erlangen den guten Grund zu seiner
nachmaligen reichen literarischen Thätigkeit gelegt. Neben der keineswegs
vemachlässigten Arbeit an seiner nur 175 Seelen zählenden Gemeinde fand
er die Müsse, hier sein umfassendes dreibändiges Werk »Der christliche
Religionsunterricht in der Volksschule« als ein reichhaltiges und technisch
wohlgeordnetes Hülfsbuch für die Hand des Lehrers zu schreiben (I. Band:
1859; IL Band: 1860; III. Band: 1862). Zum praktischen Gebrauch für die
Schüler erschien aus seiner Feder 1863 »Die Biblische Geschichte. Nach ihrem
Zusammenhange mit Worten der hl. Schrift für die Volksschule erzählt«, in
der er in christocentrischer Zusammenfassung und Gruppirung die Heilsgeschichte
unter einheitlichem Gesichtspunkte behandelte, im Unterschiede von einer
Reihe bisher gebrauchter biblischer Lehrbücher, in denen die Geschichten der
Bibel mehr oder weniger nach Geschmack und Auswahl ihrer Bearbeiter zu-
sammengestellt waren. Von der Brauchbarkeit des B. 'sehen Schulbuchs zeugt,
dass schon 1865 die bayerische Generalsynode seine Zulassung zum öffent-
lichen Gebrauch empfahl. Und nachmals hat es 50 Auflagen erlebt und ist
von der Generalsynode des Jahres 1897, ebenso wie B.'s Auslegung des
lutherischen Catechismus (seit 1867 in 67 Auflagen), als officielles Religions-
lehrbuch der lutherischen Landeskirche Bayerns bestätigt und allgemein ein-
geführt worden. Inzwischen aber war auch in der äusseren Lebensstellung
des einfachen Dorfpastors die Wendung eingetreten. Zwar war ihm 1861,
als er sich in Nürnberg um eine Pfarrstelle bemühte, nach seiner Predigt, die
er dort beim Bibelfest gehalten, der Bescheid geworden: »Ihre Gaben wären
uns recht, aber Ihre Richtung ist uns zu streng«. Doch bald danach, 1863,
berief ihn die ehemals Freie Reichsstadt Nördlingen als ihren III. Geist-
lichen; er wurde somit der Amtsgenosse von Adolph Stählin, dem nachmaligen
Oberconsistorialpräsidenten, der damals mit drei anderen, späterhin ebenfalls
zu hohen leitenden Kirchenämtem berufenen Männern die Nördlinger Gc-
I l56 Buchrucker.
meinde pastorirte. B. entfaltete hier bald eine rege Wirksamkeit: er rief
eine höhere Töchterschule ins Leben, gründete einen evangelischen Arbeiter-
Verein, richtete unter Mithülfe von Neuendettelsauer Diakonissen eine regel-
mässige Gemeindepflege ein, betheiligte sich im Kriegsjahre 1870/71 an der
Pflege der in dem Nördlinger Feldhospitale untergebrachten kranken und
verwundeten Krieger und half Sanitätszüge ftir den Kriegsschauplatz aus-
rüsten. Aus den von ihm geschaffenen Wander-Conferenzen für Innere Mission
ist der (1886 constituirte) Landesverein für Innere Mission in Bayern er-
wachsen, nachdem das anfangs schwierige Verhältniss zu Löhes bereits
bestehender »Gesellschaft für Innere Mission im Sinne der lutherischen Kirche«
durch B. in befriedigender Weise geklärt war. Endlich ruhte auch seine
literarische Arbeit in Nördlingen durchaus nicht. Neben den rasch nöthigen
Neuauflagen seiner Biblischen Geschichte und Catechismuserklärung, an die
er immer wieder bessernde Hand anlegte, schrieb er hier für seine Confir-
manden ein Beicht- und Communion-Buch, »Der Weg des Friedens«, das sich
allmählich auch in fünf Auflagen verbreitet hat. Bereits 1867 war er in
Nördlingen zur ersten Pfarrstelle emporgestiegen. Da kam ihm 1873 der
ehrenvolle Ruf, als erster Geistlicher und Decan die Leitung der protestan-
tischen Gemeinde in München zu übernehmen. Volle zwölf Jahre lang hat er
hier in vielverzweigter Arbeit in Kirche, Schule und Gemeindeseelsorge
gestanden, die auch von seinem Landesherrn durch die Verleihung des Ver-
dienstordens vom Heil. Michael anerkannt wurde. Insbesondere hat er sich
um die Erbauung der zweiten evangelischen Kirche Münchens, zu St. Marcus,
hochverdient gemacht. Daneben fand er dann noch Zeit zu der (schon oben
genannten) Biographie seines Grossvaters Christian Friedrich B., sowie zu
einer Sammlung von Festpredigten: Die vGrossthaten Gottes« (Nördlingen,
Beck), und den beiden praktisch-methodologischen Werken: »Der Schrift-
beweis im Catechismus-Unterricht« (Gotha, Schloessmann) und den »Grund-
linien der kirchlichen Catechetik« (Berlin, Reuther). Auch die Begründung
der »Neuen kirchlichen Zeitschrift« (1889) war wesentlich sein Werk. Das
Jahr 1885 aber hatte inzwischen für ihn den Eintritt in das Königl. Ober-
consistorium gebracht, dem er die 13 letzten Arbeitsjahre seines Lebens in
unermüdlicher Pflichttreue, vor Allem in eifriger Fürsorge für die Fortbildung
und Festigung des jungen geistlichen Nachwuchses gewidmet hat. So wurde
ihm nach Stählins Tode 1897 der Posten des Präsidenten des Oberconsistoriums
angetragen. Er schlug ihn aus, da er fühlte, dass seine nachlassenden Kräfte
demselben nicht mehr gewachsen waren. Ja, nachdem er noch seinen
70. Geburtstag in erfreulicher Frische im Amte gefeiert hatte, erbat er sich
den Rücktritt in wohlverdienten Ruhestand, in dem er noch einen längeren
Feierabend in wissenschaftlicher Müsse für sich erhoffte. Sein Landesherr
hatte ihn zur Würde eines Königl. Geheimrathes und durch den Civil Verdienst-
orden der bayerischen Krone zu persönlichem Adel erhoben. Von der Uni-
versität Erlangen war ihm bereits 1887 die theologische Doctorwürde ver-
liehen. Aber nicht lange sollte er sich seines Otium cum dignitate erfreuen.
Eine schwere Krankheit, die ihn ohne sein Wissen befallen hat, raffte ihn
ohne langen Todeskampf beim ersten Ansturm hinweg. Am 31. Januar 1899
ward er unter allgemeiner Theilnahme auf dem Östlichen Friedhofe bestattet,
auch im Tode noch durch eine reiche Kranzspende des Prinzregenten geehrt.
Von seiner reichgesegneten I^ebensarbeit für die gesammte bayerische Landes-
kirche, wie von seiner edlen, liebevollen, jeder schroffen Härte abholden
Buchrucker. Schröder. 167
Persönlichkeit haben am Grabe und im Trauerhause Decan Kahl und Ober-
consistorialpräsident Dr. Schneider ehrendes und ergreifendes Zeugniss gegeben.
Vgl. 0.-C.-Rath K. Burger in: Neue Kirchl. Zeitschrift 1899 S. 361 — 376; 443—454.
Allg. ev. lath. Kirchenzcitung 1899 S. 118— 119; 142 — 143.
Kohlschmidt.
Schröder, Hugo, Geheimer Justizrath, * 10. April 1829 in Insterburg,
f 25. September 1899 in Eisenach.
Wenn hier dem verdienten und vielthätigen Juristen und Parlamentarier,
dem langjährigen Redacteur der »National -Zeitung« und Mitarbeiter am
»Bürgerlichen Gesetzbuch« der Nekrolog von der Hand eines Theologen ge-
schrieben wird, so hat das für jeden Kundigen seinen guten Grund darin,
dass der Verstorbene nach dem bedeutsamsten ITieile seiner öffentlichen
Wirksamkeit der kirchenpolitischen und innerkirchlichen preussisch-deutschen
Geschichte der letzten 30 Jahre angehört. S. entstammte zwar dem fernsten
Winkel Ostpreussens; seine Lebensarbeit aber hat von der vollen Kraft seiner
Mannesjahre an bis zum Feierabend des fast Siebzigjährigen in der Reichs-
hauptstadt gewurzelt. Noch während seiner Knabenjahre folgte er dem Vater,
der nachmals als Präsident des Berliner Stadtgerichts gestorben ist, nach
Königsberg und trat hier dem freimüthigen und freisinnigen Gamisonpfarrer
Rupp — als dieser noch nicht aus der Landeskirche hinausgedrängt war —
im Confirmations-Unterricht herzlich nahe. Im väterlichen Hause herrschte
ein reger Verkehr von geistig bedeutenden und im öffentlichen Leben ein-
flussreichen Männern, sodass schon in jungen Jahren tiefe und bleibende Ein-
drücke kirchlicher wie politischer Natur auf ihn einwirkten. Nach Vollendung
seiner juristischen Studien widmete er sich zunächst der staatsanwaltschaft-
lichen Laufbahn, begann aber bereits 1862, als er in das preussische Ab-
geordnetenhaus gewählt wurde, weitergehende politische Thätigkeit, wesentlich
im Rahmen der liberalen Partei. In den erregten Kämpfen um die Militär-
Organisation trat er demgemäss den Gegnern der Mehrkostenforderung bei
und hatte daraufhin zu wählen zwischen Aufgabe seiner parlamentarischen oder
seiner beruflichen Stellung. Er gab letztere preis und hat in der Folge auch in
ausgedehnter publicistischer Arbeit, insbesondere als Redacteur der »National-
Zeitung« für seine politischen Ideale gekämpft. Der Aufgang der »liberalen
Aera« unter Falk machte 1875 ^^^ ^^^ Rücktritt in den Staatsdienst möglich;
er wurde zunächst Rath beim Stadtgericht in Berlin und nach zwei Jahren,
1877, bereits zum Königl. Kammergerichtsrath ernannt. Nach Begründung
des Verwaltungsgerichts trat er in dieses ein, ebenso in den Bezirk sausschuss
für den Stadtkreis Berlin. Doch gleichzeitig mit seinem ersten parlamen-
tarischen Auftreten hatte auch seine kirchliche und kirchenpolitische Stellung-
nahme und Wirksamkeit begonnen. Schon 1862 wurde er Mitglied des von
den freigesinnten Predigern Lisco und Sydow geleiteten Berliner »Unions-
verein«, für dessen Angliederung an den im Jahre darauf, 1863, in Frank-
furt a. M. begründeten ^Protestanten verein« er einer der eifrigsten Förderer
war. So kam es, als 1874 die Leitung dieses in seinen jungen Jahren öffent-
lich so bedeutsamen Vereins von Heidelberg nach Berlin verlegt wurde, dass
das Präsidium bald (1880) auf S. überging. Eine weitumfassende Thätigkeit
wurde nun von ihm entwickelt, die bei allem mannhaften Festhalten an den
liberalen Principien, doch in gesunder »Realpolitik« zunächst das Erreichbare
i68 Schröder.
an die Hand nahm und das Gute, wo es sich bot, hinnahm, auch wenn es
seinem Ideal des Besseren noch nicht entsprach. So hat er schon in den
70er Jahren bei den Kämpfen und Vorarbeiten für eine neue Verfassung der
preussischen Landeskirche auf der Grundlage der Selbstbethätigimg der Ge-
meinden die Vorlage der Regierung, so klar er die Mängel derselben erkannte,
zu Stande zu bringen helfen; in der Hoffnung, dass auch innerhalb der da
gebotenen Formen und Befugnisse das kirchlich-liberale Bürgerthum zur kirch-
lichen Mitarbeit mehr und mehr sich heranziehen lassen würde. Gerade in
Berlin hat S. trotz vieler Enttäuschungen und oft erbitterter Parteikämpfe un-
ermüdlich und opferfreudig um dies Ziel gerungen; insbesondere nachdem
ihm der Vorsitz in der »vereinigten Kreissynode« durch die Majorität seiner
Parteifreunde zehn Jahre lang übertragen war. In dieser Stellung hat er sich
auch nicht gescheut, das Odium der vielberufenen Berliner Kirchsteuerregelung
auf sich zu nehmen, da er zu der Gewissheit kam, dass auf anderem Wege
den schreienden kirchlichen Nothständen der Reichshauptstadt nicht abzuhelfen
war. So trat er auch dem von der jungen Kaiserin ins Leben gerufenen
»Kirchlichen Hülfsverein« als thätiges Mitglied bei und hat vor Allem beim
Bau der Kaiser Wilhelm-Gedächtnisskirche kräftig mitgewirkt. Ebenso hatte
das Comitd zur Errichtung eines Lutherdenk mals in Berlin in ihm den eif-
rigsten Förderer und es war ihm eine hohe Freude, noch im Jahre vor seinem
Scheiden, das Standbild des Reformators am 11. Juni 1895 vollendet und
enthüllt zu sehen. In seiner St. Lucas-Parochie war er lange Jahre stellver-
tretender Vorsitzender des Gemeindekirchenraths. Bei den monatlichen Ver-
sammlungen der Vertrauensmänner der Kirchlich-Liberalen Berlins lag die
Leitung in seinen Händen. So war er selbst auch Vertrauensmann in den
weitesten Kreisen; sogar von amtlichen Stellen wurde nicht selten sein Rath
und Votum eingeholt, sodass das Scherzwort von dem »Schröderschen Neben
regiment« des thatsächlichen Untergrundes durchaus nicht entbehrte. »Was
ihn zu solcher Führerrolle befähigte, war seine vielgestaltige, in einem reichen
politischen Leben errungene Erfahrung und seine vielseitige Bildung . . . Alle
Seiten seiner Bildung fasste S. aber zusammen in hingebender Arbeit für eine
Erneuerung und Reform unserer protestantischen Landeskirchen . . .« Ihre Er-
starkung von innen heraus, nicht durch irgend wie äusserlich uniformirenden
kirchenregimentlichen Zusammenschluss, am wenigsten etwa unter dem domi-
nirenden Einfluss der preussischen Staatskirche, erstrebte er. Grosse sichtbare
Erfolge sind seinem Streben allerdings nicht beschieden gewesen. »Leute
wie wir haben kein Glück«, damit hat er manchmal sich und seine Freunde
getröstet, aber sich doch seine arbeitsfreudige Energie, die tief in seiner sitt-
lichreligiösen Persönlichkeit wurzelte, nie in thatloser Resignation brechen
lassen. Als er Abschied nahm von der Stätte seiner jahrzehntelangen Lebens-
arbeit, um in einem schönen Heim am Fusse der Wartburg Feierabend zu
halten, ist ihm in ergreifender Abschiedsfeier gebührender, ehrender Dank
auch durch den Vertreter der Stadt Berlin bezeugt worden. Aber nur wenige
Jahre wohlverdienter Ruhe waren ihm vergönnt. Er starb an den Folgen
einer schmerzhaften Venenentzündung. Seine irdischen Ueberreste wurden
seinem Willen gemäss in Gotha den Flammen übergeben.
Deutsches Protestantenblatt 1899, No. 44. Protestant No. 40. Protestantische Zeit-
stimmen X, (1896) S. 41— 53.
Kohlschmidt.
Henkel. Rothbart. 169
Henkel, Heinrich, Musikdirector, * 16. Februar 1822 zu Fulda, f 10. April
1899 zu Frankfurt a. M. Schüler seines Vaters Michael Henkel und später
von Anton Andrd und Ferdinand Kessler. Trat als Klaviervirtuose auf,
errichtete in Fulda einen Gesangverein und vertrat seinen kranken Bruder als
Musiklehrer im Schullehrer- Seminar. 1846 — 1847 lebte er in Leipzig, 1848
wieder in Fulda und erst 1849 wählte er Frankfurt a. M. als Wohnsitz, wo
er sich ganz dem Lehramte in der Musik widmete, eine Musikschule errichtete,
einen Kirchengesangverein gründete und alljährlich zur Winterzeit Kammer-
musik-Concerte veranstaltete, in denen er als Pianist auftrat und besonders
die klassischen Meister pflegte. Schon als Schüler von Andrd ordnete er die
von Andr^ von der Wittwe Mozarts erworbenen Handschriften und fertigte
einen thematischen Katalog an, den Andrd dann unter seinem Namen heraus-
gab und der heute schon zu den grössten Seltenheiten gehört. Als Componist
gab er Lieder, Chorgesänge und Clavierpiecen, sogenannte Salonpiecen
heraus. Sein Hauptverdienst besteht in den zahlreichen Lehrmethoden, so-
w^ohl theoretisch wie praktisch, die er im Laufe seines Lebens herausgab.
Dazu gehört eine Vorschule des Clavierspiels (technische Studien), eine Me-
thodik des Ciavier Unterrichts, ein Führer durch die Clavierliteratur. Der
Mechanismus des Clavierspiels, alles Werke, die auf langjähriger Erfahrung
beruhen und von Vielen zu Nutz und Frommen benützt wurden. Ferner
schrieb er eine Biographie Aloys Schmitt, gab eine neue Ausgabe von Anton
Andr^'s Lehrbuch der Tonsetzkunst 1875 beraus und schrieb »Mittheilungen
aus der musikalischen Vergangenheit Fuldas«. Ein- und mehrstimmige in-
structive Violinstücke gab er heraus. 1883 erhielt er den Titel eines Kgl.
Musikdirectörs.
Quellen: Mendel-Reissmanns Musik-Lexikon. Hugo Riemanns Musik-Lexikon 5. Aufl.
Rob. Eitner.
Rothbart, Ferdinand, Historienmaler und Illustrator, Conservator des
k. Kupferstich- und Handzeichnungs-Cabinets, * 3. October 1823 zu Roth am
Sand, f 31. Januar 1899 in München. R. kam mit seinen Eltern frühzeitig nach
Nürnberg und erlebte nach dem Tode seines Vaters, welcher eine Draht-
flechterei besass, eine an schweren Erfahrungen reiche Jugend. Das mechanische
Coloriren von Landkarten und Bilderbogen weckte seine Liebe zur Kunst,
welche durch den Vorgang seines älteren Bruders Georg Rothbart (* 1817,
f 1896, herzoglicher Oberbaurath und Geh. Hofrath zu Coburg) weitere
Nahrung erhielt. Bald erwarb er in der Technik der Lithographie und bei
H. L. Petersen im Gebiete des Kupferstiches und der Radirung schöne Kennt-
nisse und praktische Uebung. Mit Feuereifer warf er sich auf das Gebiet der
Illustration und lieferte für verschiedene Buchhändler und Verleger allerlei
Arbeiten von eigener Erfindung und Composition. Später übersiedelte er nach
Stuttgart, wo er für Guhl und Caspar's »Denkmäler der Kunst« viele treffliche
Platten radirte, für die Königin Olga sehr schöne Aquarell- und Architektur-
bilder malte (theil weise auch gestochen von E. Dertinger und A. Schul theiss,
z. B. der »Schweizerbub'«, »Deserteur«, »Die Nonne«) und mit der Firma
G. Scheitlin in Beziehungen trat. Einen guten Namen errang sich R.
durch seine Illustrationen zu den Erzählungen der damals als Schriftstellerin
auftretenden Isabella Braun, insbesondere zu den von ihr begründeten, heute
noch (im Verlag von Braun & Schneider zu München) florirenden »Jugend-
I70
Rothbart.
blättern«. Der erste grössere Auftrag erwuchs dem Künstler in Coburg: im
Laubengang des herzoglichen Schlosses malte er das jeden Besucher so an-
genehm überraschende und erfreuende grosse Fresco mit dem »Brautzug des
Herzogs Casimir«, eine sehr gelungene Leistung; nebenbei ordnete er auch in
mustergiltiger Weise die reiche Sammlung von Kupferstichen und Hand-
zeichnungen des kunstsinnigen Herzogs Ernst. In München lieferte R. Titel-
blätter zu Wielands sämmtlichen Schriften (Leipzig 1853 — 58 in 36 Bänden),
zu Schillers Werken (Stuttgart 1853 in 12 Bänden), zu Goethes »Götz« (Berlin,
bei Grote) und Hebels »Erzählungen des Rheinischen Hausfreundes«. Auch
entstanden die drei Blätter zu Adolf Böttgers »Dichtergarben«, zu N. Ducros'
»Pamasse Fran^ais« (beide gestochen von C. Geyer) und der »British Lyric«
von W. O. Elwell (gestochen von A. Schultheiss, sämmtlich im Verlage von
George Westermann in Braunschweig), wobei er, ebenso wie bei G. Scherers
^> Deutschem Dichterwald« (1857), die nationale Charakteristik der betreffenden
Dichtungen zum prägnantesten Ausdruck brachte. Zur historischen Galerie
des von König Max IL begründeten Münchener National-Museums wurde R.
mit Frescobildem betraut, deren Stoffe ganz der geschichdichen Richtung des
Malers geeignet schienen: Wie Kaiser Ludwig der Bayer der Stadt Nürnberg
neue Rechte verleiht; die Predigt des Johann Capistran zu Nürnberg (1452)
und die Gründung der ersten Buchdruckerei zu Bamberg durch Albrecht
Pfister (aus dessen Officin die Ausgabe von Boner's »Fabeln« hervorging).
Ueber der Ausführung dieser grossen Arbeiten hatte sich R.'s Gesundheit
bedenklich verändert, so dass ein längerer Aufenthalt im Süden dringend
geboten schien. Gleichzeitig war die edelmüthige Stiftung des Bildhauers
Martin von Wagner (vgl. den Artikel in der »Allg. Deut. Biogr.« 44. B. S. 51 5 ff-)
flüssig geworden und R. erhielt als erster Stipendiat einen dreijährigen Aufent-
halt für Italien und insbesondere für Rom, wo sich der Künstler gründlich
erholte. Dankbaren Herzens sendete er in die Sammlungen der Universität
Würzburg, der Patronin der »Martin von Wagner-Stiftung«, ein von ihm sorg-
sam ausgeführtes, »Noli me tangere« betiteltes Oelbild. Zu Rom katalogisirte
R. auch die Bibliothek der Villa Malta. Nach seiner Rückkehr zeichnete R.
viele Illustrationen, z. B. zu Lessings »Nathan« (Berlin 1868), Goethes »Faust«
und Lenaus »Gedichten«, zu Schillers »Don Carlos«, zu Georg Scherers
»Deutschen Volksliedern«, für Lohmeyers »Monatshefte« und vier grosse Car-
tons mit den Evangelisten, welche, in L. Faustners Glasmalerei -Anstalt aus-
geführt, als Kirchensfenster nach Darley (bei Glasgow) kamen (vgl. Lützows
Zeitschrift 1874. IX, 610). Auch einen Carton mit der Kirchhofscene aus
»Hamlet« für ein Glasbild F. X. Zettlers. Für die Bilderbogen von Braun
und Schneider illustrirte R. das Märchen »Die Stern thaler« (No. 235) und
lieferte Beiträge zur »Geschichte der Costüme« (No. 437, 463, 490, 520). Im
Jahre 1871 wurde ihm die Stelle eines Conservators am k. Kupferstich- und
Handzeichnungs-Cabinet übertragen, welche er bis 1885 bekleidete. Aus den
Schätzen dieser Anstalt publicirte R. seltene Stiche, Radirungen und Hand-
zeichnungen älterer Meister, in dem von Obernetter-Albert erfundenen photo-
graphischen Lichtdruck in einem grossen Prachtwerke (1876) und leitete die
von Obernetter besorgte Auswahl und Reproduction der Kleinmeister des
XVI. und XVIL Jahrhunderts, welche die kostbarsten Blätter in billigen Copien
zum Gemeingut machten und dadurch dem Kunstgewerke sehr erfreuliche
Vorlagen boten. Im Jahre 1885 trat R. infolge seines unheilbaren Asthma
in den wohlverdienten Ruhestand und überliess dieses unabsehbare Feld der
R6thbart. Scherbring. I y l
Thätigkeit einer neuen, frischen Arbeitskraft, Dr. Wilhelm Schmidt. R. suchte
in verschiedenen klimatischen Kurorten Linderung seiner Leiden, die sich erst
in den letzten Lebensjahren langsam verzogen. Abermals griff er zu Pinsel
und Palette, zu Stift und Feder und trug sich mit immer neuen Compositionen
und Oelbildeni, ohne damit in die Oeffentlichkeit zu treten. Für den grossen
Prachtwagen König Ludwigs IL malte er einen culturhistorischen Tanz aus
der Zeit des Louis Quatorze (vgl. Louise von Kobell »König Ludwig IL und
die Kunst« 1898 S. 262). Hatte er früher schon für das »Malerische Bayern«
(München bei Georg Franz) viele Blätter mit landschaftlichen Aufnahmen und
Städte-Ansichten geliefert, so liebte er jetzt zu seiner Herzenserquickung allerlei
Reiseeindrücke mit der Feder festzuhalten, z. B. über »Pappenheim« oder
»Kelheim und seine Umgebung in Wort und Bild« (Regensburg. 1888), wo-
bei auch kleinere Sachen für Seb. Dülls »Jugendlust« (1889 ff. Nürnberg) und
Rebele's »Kinderfreund« (Augsburg i89iff.) abfielen.
R. war ein tief gemüthvoller, zartbesaiteter Charakter, eine wahre und
echte Künstlernatur, ein unverbrüchlich edelmüthiger Freund, mit einem Worte:
ein guter Mensch im schönsten Sinne des Wortes ! So lange es seine Gesund-
heitsverhältnisse gestatteten, nahm er den innigsten Antheil an allen Fragen
und Angelegenheiten der Münchener Kunst-Genossenschaft, besonderen Dank
aber verdiente er ob seiner umsichtigen Geschäftsführung des Künstler-Unter-
stützungsvereins. Zu vielen festlichen Gelegenheiten lieferte R. Zeichnungen
und heitere Beiträge voll jovialen Humors. In seinen Kinderbildern zeigte er
innige Verwandtschaft mit Ludwig Richter und Oskar Fletsch; in seinen Oel-
gemälden und Fresken war die Freundschaft mit dem jüngeren Ferdinand Piloty
(1828 — 1895) in coloristischer Beziehung fühlbar. In früheren Jahren zeigte
sein schön modellirter Kopf eine überraschende Aehnlichkeit mit dem durch
A. van Dyck gemalten Portrait des Kupferstechers Lukas Vorstermann.
Fr. ▼. Bottich er, Malerwerke 1898. II, 474. Nekrologe in No. 32 »Allgem. Ztg.«
I. Februar 1899 ^^^ i™ Kanstvereins-Bericht für 1899. S. 80.
Hyac. Holland.
Scherbring, Karl, Landschaftsmaler, ♦ 7. October 1859 in Memel, f
18. December 1899 zu München. Als der Sohn eines behäbigen Schiffs-
rheders zu Memel betrieb Seh. an der Universität Königsberg zuerst Philologie
und bethätigte sich an der Ausgrabung von Hünengräbern auf den Gütern
des Grafen Trenk. Die Bekanntschaft mit dem Akademie-Professor Rosen-
felder und dem Maler Heider förderten seine Neigung zur Kunst, welcher er
sich, nach Ableistung seiner militärischen Dienstpflicht als Einjährig- Freiwilliger
in München, unter Leitung von Heinrich Heim 1883 — 86 zuwendete. Ver-
heirathet mit Tony Seidemann, übersiedelte Seh. nach Karlsruhe zu Schönleber,
kehrte aber schon 1890 nach München zurück, wo er, nachdem sein väter-
liches Erbtheil in dieser Studienzeit aufgebracht war, trotz seines Fleisses und
seines Talentes mit schweren Sorgen kämpfte. Die Motive zu seinen Bildern
suchte er mit Vorliebe im Dachauer-Moos, später zog er mit Prof. Carl
Raupp nach den sonnigen Geländen des Chiemsee. In freudiger Stimmung
schuf er an seinen Vorfrühlings-Landschaften, womit er endlich sein zusagendes
Repertoire fand und seinen bisher suchenden Entwicklungsgang abgeschlossen
wähnte. Seine Bilder fanden theilnehmende Förderung und Liebhaber, vorerst
an dem kunstliebenden Frankfurter Kaufmann Ernst Scharf. Seine Künstl^rlauf-
1^2 Scherbring. Dustmann. Treiber.
bahn hatte begonnen und versprach guten Erfolg. Da warf ihn ein schweres Herz-
leiden darnieder, von welchem der kräftige Mann nimmer erstehen sollte.
Seine gesunde Naturanschauung, seine lebendige Farbe und die künst-
lerische Wahl dessen, was als malbar sich in den Pinsel drängte, würden ihm
einen hervorragenden Platz unter den Münchener Landschaftern gesichert haben.
Der aus zweihundert Nummern bestehende Nachlass von Gemälden, Studien
und Skizzen mit Motiven theils aus der Umgebung Münchens, vorzugsweise
aber den an malerischen Reizen so reichen Ufern unserer oberbairischen
Seen entnommen, kamen im März 1900 in den Kunstverein und wurden rasch
verkauft. Schade, dass diese Sammlung, welche ein ganzes Abbild emes
Künstlerlebens gewährte, auseinandergerissen wurde. Diese Bäche und
Wiesen, Berghänge und Wälder, Buchten und lauschigen Winkel, welche der
Maler einfach und getreu, ohne Haschen nach Esprit oder Effect, ohne Re-
klame und Farbenkünstelei wiedergab, mutheten den Beschauer an wie
schlichte Erzählungen eines sinnigen Beobachters.
Abendblatt 61, »AUgem. Ztg.« 3. März 1900. No. 67 »Baicr. Kurier« 10. März 1899.
Kunstvereiosbericht f. 1899. S* ^*
Hyac. Holland.
Dustmann, Marie Luise, geborene Meyer, dramatische Sängerin, * in
Aachen 22. August 1831, f 2. März 1899 in Charlottenburg (Berlin). Trat
zuerst 1849 in Breslau auf, wirkte dann — unter Spohr — in CasseJ,
später in Dresden und Prag (1854). 1857 kam sie an das k. k. Hofopern-
theater in Wien, wo sie ebenso wegen ihres hinreissenden Temperaments, als
wegen ihrer schönen Stimme und ihrer poesievollen Darstellung ein erklärter
Liebling des Publikums wurde. Ihre Donna Anna, Senta, Elsa, Elisabeth,
ihr Fidelio waren Muster dramatischer Gesangskunst. 1860 wurde D. zur
Kammersängerin ernannt. Sie war mit dem Buchhändler D. verheirathet. —
Nach ihrem Rücktritte von der Bühne wirkte Frau D. kurze Zeit als Lehrerin
am Wiener Conservatorium, gab diese Stellung aber Ende der achtziger Jahre
auf, übersiedelte dann nach Hamburg und später nach Charlottenburg.
Rieh. Heuberger.
Treiber, Wilhelm, Virtuose und Capellmeister, * am 19. Januar 1838 zu
Graz, f den 16. Februar 1899 in Cassel. Sein Vater, ein Schüler Czemys,
bildete ihn frühzeitig zum Ciaviervirtuosen aus, so dass Wilhelm schon mit
elf Jahren öffentlich auftrat. Später nahm er noch bei Moscheies und Alexander
Dreyschock Unserricht und unternahm 1858 Kunstreisen durch ganz Europa.
Im Jahre 1864 wurde er Capellmeister in seiner Vaterstadt und bewies, dass
er nicht nur Virtuose, sondern ein durchgebildeter Musiker sei. 1876 berief
man ihn nach Leipzig, um die Euterpe-Concerte zu dirigiren. Im Sommer
unternahm er regelmässig Kunstreisen als Ciaviervirtuose. Seine letzte Stellung
trat er am i. Januar 1881 als Königl. Capellmeister am Theater in Cassel
an und entwickelte eine rege Thätigkeit nicht nur in der Oper, sondern auch
im Concertsaale. In der Oper war er nicht blos bemüht, die älteren Meister-
werke in möglichst vollkommener Weise zu Gehör zu bringen, er brachte
auch den Wagner' sehen Opern das grösste Interesse entgegen und führte sie
so oft dem Publikum vor, dass das Verständniss sich immer mehr Bahn brach.
Treiber. Graeser. VölderndorfT-Waradein. ij^
Auch andere neue Erscheinungen auf diesem Felde fanden an ihm stets einen
willigen Förderer. Als Dirigent der Abonnements-Concerte war ihm auch hier
beschieden, seinen wohlwollenden Einfluss gegen jüngere Componisten geltend
zu machen und manches Werk verdankt seiner Fürsorge die öffentliche An-
erkennung. Ebenso kargte er nicht mit seiner Virtuosität als Clavierspieler
und war stets bereit, auszuhelfen. Noch am 20. Januar spielte er im Abonne-
ments-Concert. Seit länger als Jahresfrist war er leidend, so dass er oft ge-
zwungen war, seine Amtspflichten zu vernachlässigen. Endlich warf ihn ein
Iniluenzaanfall aufs Krankenbett, aus dem er sich nicht mehr erhob.
Casseler Tageblatt und Anzeiger No. 49.
Rob. Eitner.
Graeser, Karl, Buchhändler, ♦ 5. Februar 1849 ^^ Mediasch in Sieben-
bürgen, f 22. August 1899 in Wien. G. trat 1862 als Lehrling in die Filtsch*sche
Buchdruckerei in Hermannstadt ein. Nach beendeter I^ehrzeit war er eine
Zeit lang in Wien beschäftigt und übernahm im Mai 1869 eine Stelle in der
Buchhandlung von Eduard Hölzel in Olmütz, dem Stammgeschäft der be-
sonders auch in Wien zu hohem Ansehen gelangten und von G. in verdienst-
lichster Weise geförderten Firma. Nachdem er 1875 ^^^^ Tochter Hölzeis
geheirathet hatte, gründete er 1877 i" Wien ein eigenes Verlagsgeschäft, dem
zunächst der von G. angekaufte Verlag der Firma Sallmayer & Co. in Wien
als Grundstock diente, und das später besonders durch Schulbücher sich aus-
zeichnete. Nach dem Tode des Gesellschafters im Olmützer Sortiment, Albin
Braune, kehrte G. nach Olmütz zurück und wurde bald danach zum kaiser-
lichen Rath ernannt. G. erwarb sich hier viele Freunde und stand unter
Anderem in Ansehen als Obmann des Olmützer Musikvereins. Nicht weniger
beliebt und angesehen war er in weiteren Buchhändlerkreisen. Besonders
verdient machte er sich um den »Verein der österreichisch-ungarischen Buch-
händler«, für den er 1888 mit W. Müller die Statuten entwarf und dem er
zeitweise als Ausschussmitglied und Schriftführer angehörte. Schon früher war
er lebhaft für das Wiedererscheinen des Oesterreichischen Bücherkatalogs und
wiederholt fUr Lehrlingsschulen beziehungsweise Specialcurse für Buchhändler
eingetreten. G's. Rückkehr nach Wien erfolgte 1897.
Vgl. Börsenblatt f. d. dt. Bnchhdl. 1899 No. 204. J. Seh. (nach der Oesterr.-ungar.
Bachhdlr.-Correspondenz). — Junker, G., Der Verein der österr.-ungar. Buchhdlr. 1859—99.
H. EUissen.
Völdemdorff-Waradein, Dr. Otto Freiherr von, Königlich bayerischer
Staatsrath, * 12. Juni 1825 zu Zweibrücken, f zu München 10. December 1899.
Die Geschichte der Familie der Veltemdorffer lässt sich auf 900 Jahre zurück
verfolgen. Sie gehörte in den österreichischen Ländern unter der Ens zu den
24 ältesten adeligen Geschlechtern, deren Glieder unter den Herzögen von
Oesterreich getreue Ritter- und Kriegsdienste geleistet hatten. Ein im Jahre
1504 geborener Gotthard v. V. erwarb sehr grossen Grundbesitz und schloss
sich, im Gegensatz zu dem sonstigen österreichischen Adel, mit brennendem
Eifer der Reformation an, welcher Geistesrichtung die Familie treu geblieben
ist. Im November 1660 wurde Hans Adam Eusebius Freiherr v. V. nach
Verkauf der angestammten Güter und Erwerb anderer in der neuen Heimath
174
Völderndorff- Wandein.
auf dem in Weissenburg im Nordgau gehaltenen »Rittertag von löbl. Keyserl.
unmittelbarer freyen Ritterschaft Orts an der Altmühl« als Ritterglied auf-
genommen. Dieser Familie entstammte der Vater Ottos, Franz Freiherr v. V.,
Königlicher Generalstaatsprocurator in Zweibrücken, der jedoch schon am
28. November 1827 verstarb, so dass die Mutter bald in ihr väterliches Haus
in München zurückkehrte, 1828 auch der Sohn. Der Grossvater Heinrich
Aloys gehörte der Familie Reigersberg an, die, bekannt durch die Gattin von
Hugo Grotius, ihre Abkunft von dem alten Dynastengeschlecht der Grafen
von Ciain und Reigersberg herleitet. Geboren in Würzburg am 30. Januar
1770, wurde dieser am 3. September 1803 in den Reichsgrafenstand erhoben,
am 3. October 1803 zur höchsten Stelle des damaligen deutschen Richter-
standes, zum (einzigen) Reichskammerrichter in Wetzlar befördert. Als solcher
war er Vorstand des Gerichtes und genoss fürstliche Ehren; deshalb musste
er »vom hohen Adel« sein. Unter ihm fungirten zwei Präsidenten, ein katho-
lischer und ein protestantischer, Männer des alten Adels. Das CoUegium be-
stand aus Assessoren. Nach Auflösung dieses Gerichtshofes erhielt der Gross-
vater am 30. Mai 1807 die Stelle eines Präsidenten am Königlichen Hofgerichte
in München, wurde bald darauf (August) Königl. Wirklicher Geheimrath,
26. März 1808 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 16. August 18 10
Staats- und Conferenzminister des Justizdepartements. In diesem Amte machte
er sich sehr verdient durch seine Reformbestrebungen fUr das Strafgesetzbuch
von 18 13 und das Hypothekengesetz von 1822, auch die Abfassung des
Familiengesetzes vom 18. Januar 18 16 und des Königlichen Familienstatuts
vom 5. August 18 19, das noch heute gilt. Er behielt 1823 das Gesetzgebungs-
departement in seinen Händen, während die laufenden Justizgeschäfte auf
von Zentner übergingen; am 23. November 1826 wurde er in Ruhestand
versetzt. Doch nahm er bis in das höchste Alter als Reichsrath am öffent-
lichen Leben thätigen Antheil; hochbetagt verschied er am 4. November
1865. — Im Hause dieses Grossvaters und durch seine Mutter Marie
Antoinette Gräfin von Reigersberg aus dem Hause derer von Lodron-Laterano,
eine Frau von höchstem Adel der Gesinnung, erhielt Otto den ersten Unter-
richt, weiteren durch einen sehr geachteten Erzieher und Pfarrer in Haunsheim,
trat später in die Pagerie ein, wo er mit Kameraden wie Leonrod, Moy,
Perfall, Hompesch, Tauffkirchen vmd Redwitz dauernde Freundschaft schloss.
Für militairische Uebungen hatte er nicht viel Begeisterung und konnte solche
auch wegen leidenden Zustandes kaum mitmachen. Im Jahre 1850 pro-
movirte er in München mit der Arbeit »Zur Lehre vom Erlass« zum Doctor
der Rechte, machte auch seine Staatsprüfung mit erster Note als zweiter Can-
didat im Königreich. Er wurde i. November 1854 Ministerialsecretair im
Justizministerium, i. October 1856 Geheimer Secretär, i. Juli 1862 Rath am
Handelsappellationsgericht in Nürnberg, wo er sich ausgedehnter schrift-
stellerischer Wirksamkeit widmete. Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst, der spätere
deutsche Reichskanzler, berief ihn i. Juni 1867 als Ministerialrath, wodurch
er in intime Beziehungen zu diesem innig verehrten Staatsmann trat. 1870
war er mit den Functionen eines Rheinschififfahrts- Bevollmächtigten betraut
und leistete sehr wesentliche Dienste, wurde 1883 Generalsecretär des Mini-
steriums des Auswärtigen und des Königlichen Hauses, 1892 Geheimrath.
Nur ungern bewilligte man ihm i. November 1895 die Versetzung in den
Ruhestand mit Titel und Rang eines Königlich bayerischen Staatsrathes in
ausserordentlichem Dienste. Schwere Leiden trübten seinen Lebensabend.
VölderndorfT-Waradein. Salkowski.
175
Er verstarb kinderlos. Als Mann von seltener Begabung und grösster Viel-
seitigkeit, scharfsinniger Jurist, von trefTendem, nie verletzendem Witz und
grosser Herzensgute, von grosser Gedächtnisskraft, wohl bewandert auf dem
Gebiete der Politik und der bayerischen Staatsangelegenheiten wie anderer
Wissenszweige, war er das belebendste Element geselliger Kreise. In seiner
ganzen Originalität und Liebenswürdigkeit zeigen ihn seine »Harmlose Plau-
dereien eines alten MtincKeriers«, I München 1891, II 1898. Lange Jahre hin-
durch war er Mitarbeiter der Münchener Neuesten Nachrichten und der All-
gemeinen Zeitung. Von seinen juristischen Arbeiten sind zu nennen »Einige
Worte über Recht, Rechtswissenschaft und römisches Recht«, München 1851;
»Die Form der Rechtsgeschäfte nach allgemeinen Grundsätzen und den posi-
tiven Rechten«, Nördlingen 1857; »Gesetz, die Gewährleistung bei Vieh-
veräusserungen betreffend«, München 1860, 2. Auflage 1883; »Deutsche Ver-
fassungen und Verfassungsentwürfe«, München 1890. Er war Mitarbeiter an
dem Werk über die Gesetzgebung des Königreichs Bayern, 3. Bd. Heft 2, 5;
5. Bd. Heft i; 6. Bd. Heft i — 14 (Commentar zum allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuch mit A. Anschütz, Erlangen 1867 — 74, und Beilagehefte);
ebenso an dem über die Gesetzgebung des Deutschen Reiches, I. Theil 2. Bd.
(Concursordnung, Erlangen 1879, 2. Auflage 1885); auch 4. Band (Commandit-
gesellschaften , Erlangen 1885); i^i<^bt minder an Endemanns Handbuch des
deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Bd. I. Auch hatte er 1868 ein
Supplementheft der Sammlung handelsgerichtlicher Entscheidungen seit Ein-
führung des deutschen Handelsgesetzbuches in Bayern und 1880 eine zweite
Auflage einer Civilgesetzstatistik von Bayern, femer einen Bericht »Die richter-
liche Thätigkeit der Centralcommission f. d. Rheinschiffahrt von 1832 — 1894«,
Frankf. 1 894 herausgegeben. Er hat im Stillen seinerzeit einen grossen Einfluss
auf den Gang der politischen Verhältnisse im engeren und weiteren Vater-
lande genommen. So schmückten denn auch seine Brust zahlreiche in- und
ausländische Orden.
Vgl. Allgemeine Zeitung No. 343 v 11. Dec, No. 346 v. 14. Dec. 1899; MUnchener
Neueste Nachrichten No. 571 v. 12. Dec. 1899 S. 4; — Velhagen und Klasings Monatshefte
XIV. Jahrgang S. 655—664 mit Bild (Bericht Über Pagerie und König Ludwigs II. Tod);
Vom Fels zum Meer XIX. Jahrgang, Sammler S. 82 (mit Bild); — Rechtsforschung und
Rechtsunterricht auf den deutschen Universitäten, hrsg. von O. Fischer, Berlin 1893 S. 62.
— Beilage zur Allgem. Zeit No. 134 vom 12. Juni 1895 (Luise von Kobell).
A. Teichmann.
Salkowski, Karl, Universitätsprofessor, * 20. Mai 1838 zu Königsberg,
f 16. December 1899 ebenda. Er war Sohn eines hochangesehenen Königs-
berger Kaufmanns, der den Befreiungskrieg mit Auszeichnung mitgemacht und
bei der Stadtverwaltung, Kirche und Loge Ehrenämter bekleidet hatte.
Durch eine strenge Schule der Erziehung hindurchgegangen, besuchte er das
Kneiphöfische G>Tnnasium, machte seine juristischen Studien an der Albertus-
Universität, promovirte mit der Arbeit »Quaestiones de jure societatis« 1859
und habilitirte sich 2. Juni 1862 an der Albertina als Privatdocent ftir
römisches Recht. Während seines ganzen Lebens verliess er seine Vaterstadt
nicht. Zu Beginn seiner akademischen Laufbahn hatte er manche Ent-
täuschungen durchzumachen; von rührender, nicht selten missbrauchter Be-
scheidenheit, trug er die Folgen politischer Unüberlegtheiten, die Freunde
ihm bereitet. Am 12. Januar 1869 erfolgte seine Ernennung zum ausser-
X y 6 Salkowski. Hertel.
ordentlichen Professor und erst unter dem Ministerium von Gossler die ihm
längst gebührende Anerkennung der Beförderung zum ordentlichen Professor
am 20. April 1883. Er hatte bis dahin veröffentlicht: »Bemerkungen zur
Lehre von der juristischen Person«, Leipzig 1863, »Zur Lehre von der No-
vation nach römischem Rechtcc, Leipzig 1866, namentlich aber ein gediegenes
»Lehrbuch der Institutionen fUr den akademischen Gebrauch«, Leipzig 1875,
das weiteste Verbreitung fand; es erschien in 7. Auflage 1898 und wurde
italienisch von R. Lanzara, Napoli 1894 ff. bearbeitet. Die Bearbeitung der
Vermächtnisslehre von Arndts im Herzfeldschen Pandectencommentar schloss
er mit einem 4. Bande Erlangen 1889 ab, der die Vermächtnissforderung
und die betr. Klagen behandelt. Einen weiteren Beitrag zur Dogmatik des
römischen Privatrechts lieferte er, nur zögernd zu Publikationen schreitend,
in der Schrift »Zur Lehre vom Sklavenerwerb«, Leipzig 1891. Als die be-
vorstehende Einführung des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches den Juristen
neue Aufgaben stellte, machte er sich mit jugendlichem Eifer an die Abfassung
eines grösseren Werkes, an dessen Abschluss und Herausgabe ihn der Tod
verhinderte. In seiner akademischen Stellung zeichnete er sich durch volle
Hingabe an sein Amt aus. Seine Zuhörer hingen mit leidenschaftlicher Liebe
und Verehrung an ihm, wie er überhaupt in allen Kreisen viele Freunde
und Verehrer hatte. Als langjähriger Verwalter des Kypkeanum Hess er
jedem Studenten das ihm zukommende Mass akademischer Freiheit zu Theil
werden. Nach Verleihung des Rothen Adlerordens IV. Klasse gelegentlich der
350jährigen Universitätsfeier und des Titels eines Geh. Justizrathes 1896 führte
er im Jahre 1898 das Universitätsrectorat mit Aufbietung aller seiner Kräfte
trotz eines schwerens Leidens, das seine durch körperliche Uebungen ge-
stählte Constitution mehr und mehr angriff. Auf ärztlichen Rath unterzog er
sich wohlgemuth einer peinlichen Operation ; nach Vornahme derselben wurde
sein Zustand immer bedrohlicher und unerträglicher, bis ihn der Tod von
allem Leid erlöste. Bei der grossen Leichenfeier schilderten der Rector
Prof. Dr. Hahn und der juristische Facultätsdekan Prof. Dr. Gradenwitz die
vielen Verdienste des Verstorbenen um Wissenschaft und Universität. Seine
Familie bewahrt ihm das zärtlichste Andenken. Einer seiner Brüder ist
Professor der Chemie in Münster, ein andrer Professor der Chemie in Berlin.
Nach gef. Notizen der jetzt in Wiesbaden lebenden Wittwe. — Vgl. Königsberger
Hartungsche Zeitung No. 296 und 298 Abendausgabe — Illustr. Leipz. Ztg. vom 3. Nov.
1898 (mit Bild) — Lit. Centralblatt 1863 Sp. 1165: 1877 Sp. 955; 1892 Sp. 602, 685
— Krit. Vschrift XXXV 354—358 — Kirchenheims Centralblatt X 414.
A. Teichmann.
Hertel, Peter Ludwig, ein weltbekannter Balletkomponist, Sohn des Karl
Hertel, eines Kgl. Kammermusikus zu Berlin, * 21. April 181 7 ebendort,
f 13. Juni 1899 zu Berlin. Von früh ab zum Musiker bestimmt, erlernte er
die Violine unter Anleitung seines Vaters, der ihn dann Eduard Rietz über-
gab. Das Klavierspiel erlernte er bei W. Greulich und die Komposition bei
Julius Schneider und A. B. Marx. So ausgerüstet mit allem Wissen, trat er
als Komponist von Sinfonien, Streichquartetten, Sonaten u. a. dem ernsten
Fache der Kunst angehörenden Werken vor die Oeffentlichkeit, doch erreichte
er damit auch nicht den geringsten Erfolg. Der bekannte Balleterfinder und
Arrangeur Taglioni arbeitete 1852 das für London geschriebene Ballet
Hcrter. Fuchs.
177
»Satanella« um und suchte für die neuen Einlagen einen Komponisten.
Seine Wahl fiel auf H. und er hatte es nicht zu bereuen, denn nicht zum
Wenigsten war an dem beispiellosen Erfolge H.'s Musik Schuld, der mit
einem Schlage zum beliebtesten Balle tkomponisten geworden war. Die Nach-
wirkung dieses Erfolges blieb auch nicht aus und der König ernannte ihn zum
Hofkomponisten und Balletdirigenten. Alle ferneren Ballette von Taglioni
setzte H. nun in Musik und noch werden der älteren Generation die Erfolge
von »Flick und Flock« im Gedächtniss sein. Bahn, der Verleger der Musik zu
dem Ballette, wurde zum reichen Manne und H. ging auch nicht leer aus,
denn da das Opernhaus bei der Aufführung des Ballets stets ausverkauft war,
so fiel eine ansehnliche Tantieme in seine Tasche. Er schrieb bis zum
Jahre 187 1 die Musik zu acht Balletten, von Taglioni erfunden und in Scene
gesetzt, die sich alle eines mehr oder weniger regen Beifalls erfreuten. Seine
Dirigentenpflichten erfüllte er noch bis in die jüngste Zeit, trotz seines hohen
Alters und erst in dem letzten Jahrzehnt setzte er sich zur Ruhe. In von
Ledebur's Tonkünstler-Lexikon Berlins werden ausserdem eine Reihe anderer
Kompositionen, die zum Theil im Druck erschienen, angeführt, die aber
weniger zur Geltung gelangt sind.
Rob. Eitner.
Fuchs, Johann Nepomuk, k. k. Hofcapellmeister, Director des Con-
servatoriums in Wien, * 5. Mai 1842 zu Frauenthal in Steiermark, f 15. Oc-
tober 1899 in Wien. Als Sohn eines Schullehrers wuchs F. in musikalischer
Atmosphäre auf und bezog, bereits mit einigem diesbezüglichen Fachwissen
und einer gewissen Praxis ausgerüstet, das Gymnasium in Graz. Nach Ab-
solvirung dieser Schule trieb er — ebenfalls in Graz — juristische Studien an
der Universität, beschäftigte sich aber nebenher eifrig mit der Tonkunst. Im
Vereine mit Friedr. v. Hausegger gründete er den Grazer »Akademischen
Gesangverein«, dessen erster Chormeister er war. Anfang der sechziger Jahre
übersiedelte F. nach Wien, Hess sich an der Universität inscribiren, studirte
aber eifrig bei Sechter Theorie. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche unver-
öffentlichte Compositionen, meistens Lieder. 1864 sagte F. der Jurisprudenz
Valet und wurde Capellmeister am Theater in Pressburg, später in Cöln,
Leipzig und Hamburg. Hier erregte er durch seine glänzende Einstudirung
und Inscenirung des » Nibelungen «-Cyclus grosses Aufsehen. 1880 wurde er
als Capellmeister an das Wiener Hof- Operntheater berufen und wirkte in
dieser Stellung, vor Allem seiner allgemeinen Bildung und Literaturkenntniss
wegen, entscheidend an dem Werke Jahns, der Läuterung und Besserung der
arg verfahrenen Wiener Opernzustände, mit. F. galt in allen wichtigen An-
gelegenheiten als der massgebendste Rathgeber des Directors, namentlich bei
der Beurtheilung neuer, zur Aufführung vorgeschlagener Werke hatte er die
entscheidendste Stimme. Jahn nannte ihn »die Biene im Hause«. 1893, nach
dem Tode Hellmesbergers, wurde F., der bereits durch mehrere Jahre als
Lehrer am Wiener Conservatorium gewirkt hatte, Director dieser Anstalt und
ausserdem Vice-Hofcapellmeister. In seiner Eigenschaft als Conservatoriums-
director kam ihm seine schulmeisterliche Abstammung sehr zu statten. Er
entwickelte hochbedeutende pädagogische Talente und nahm in erster Linie
auf die Hebung des Gesangsunterrichtes einen wahrhaft segensreichen Einfluss.
Er konnte in diesem Punkte als ausgezeichneter Fachmann gelten und ver-
Biogr. Jahrbuch u. DeuUchcr Nekrolog. 4. Bd. 1 2
lyS Fuchs. Schabelitz.
stand es, in ebenso concilianter als bestimmter Weise seinen Willen, vor
Allem den Lehrern gegenüber, durchzusetzen. Er erzog sich sein Lehrpersonal,
das in ihm bald den ebenso wohlwollenden als überlegenen Führer zu sehen
sich gewöhnte. Das Orchester des Conservatoriums, das unter Hellmesberger
nie über die correcte Ausführung etlicher Paradestücke hinausgekommen war,
hob F. in kurzer Zeit zu ansehnlicher Höhe, von der es leider unter seinem
Nachfolger rasch wieder herabgeglitten ist. Seine Lehrerstelle für Composition
behielt F. als Director bei und wirkte da, vielleicht weniger durch gründliches
theoretisches Wissen als durch Geist und feinen Geschmack, anregend und
fördernd auf seine Schüler, unter denen sich A. v. Zemlinsky, der Autor der
Opern »Sarema« und »Es war einmal« (Premiere Wien 1899), den grössten
Namen gemacht hat. F. war auch der Begründer des erst seit wenigen Jahren
am Conservatorium bestehenden Musiklehrer-Büdungscurses. — Als Componist
war F. wenig hervorgetreten. Eine Oper »Zingara« wurde in Brunn gegeben.
Grossen Erfolg hatten F.s Bearbeitungen von Glucks »Betrogenem Kadi«,
Händeis »Almira« und Schuberts »Alfonso und Estrella«. An der grossen
Schubert -Gesammtausgabe von Breitkopf & Haertel betheiligte sich F. durch
die Revision sämmtlicher dramatischen Werke des grossen Wiener Meisters. —
F. besass, von seinem Vater und seinem vor langen Jahren verstorbenen
Bruder Patriz her, eine schöne Sammlung urwüchsiger steierischer Weisen und
Tänze, von denen er im »Verein deutscher Steierer« in Wien manchmal Etwas
zum Besten gab. Nur die weltfernen Hitzendorfer Musikanten haben ähnlich
Originelles hören lassen. — Im Sommer 1899 verwundete sich F. beim Ent-
korken einer Flasche an der Hand, die. Wunde wurde inficirt und der kraft-
strotzende Künstler erlag nach mehrmonatigem Leiden einer tückischen Blut-
vergiftung. Mit grossen Ehren wurde er zu Grabe getragen. — Der berühmte
Componist Robert Fuchs ist ein jüngerer Bruder Johann Nepomuks.
Rieh. Heuberger.
Schabelitz, Jakob, Verleger und Buchdrucker, ♦ 10. März 1827 in Basel
als Sohn eines dortigen Buchhändlers, f 28. Januar 1899 in Zürich. Seh. be-
suchte die Cantonsschulen in Basel und Aarau, nahm, schon früh von freiheit-
licher Gesinnung beseelt, am ersten Freischaarenzuge Theil, kam aber nicht
über Zofingen hinaus, von wo ihn sein Vater nach Aarau zurückführte. Nach-
dem er hier die Schule absolvirt hatte, trat er als Volon tair in das Sauer-
länder'sche Verlagsgeschaft in Aarau ein. Schon nach Jahresfrist fand er eine
Anstellung im Verlag der »Deutschen Zeitung« in London, wo er mit vielen
deutschen Flüchtlingen, u. a. mit Freüigrath, verkehrte. Von »grossen Thieren«
lernte er den Prinzen Louis Bonaparte imd den »Diamantenherzog« Karl von
Braunschweig kennen. Auch in Paris war Seh. eine Zeit lang thätig und zwar
als Correspondent für schweizerische und deutsche Blätter. Nach seiner Rück-
kehr übernahm er 1850 mit seinem Freunde Amberger das väterliche Geschäft
in Basel, dem auch die »Nationalzeitung« angehörte. Mit seinem Schwager
Klein gab er dem Blatt das radikalste Gepräge. Die Weigerung, den Ver-
fasser eines »strafbaren« Artikels zu nennen, zog ihm eine dreiwöchige
Geiängnisshaft zu. Im Jahre 1854 gründete Seh. die damals nach ihm be-
nannte und durch die Eröffnung des Polytechnikums bald aufblühende Buch-
handlung. Weniger Glück hatte er nach dem Verkauf dieses Geschäftes mit
einer in der Nähe des Polytechnikums eröffneten akademischen Buchhandlung.
Schabelitz. Stechert. Joachim. i^tq
Er kehrte zur Buchdruckerei und zum Verlagsgeschäft zurück. Durch ihn
trat die »Züricher Post« ins Leben. Sein Verlagsgeschäft gelangte unter der
Firma »Verlagsmagazin« in den Ruf steter Unerschrockenheit hinsichtlich
freier politischer Tendenz. Aus dem Verlag ging u. A. die viel bekrittelte
Schrift »Pro nihilo« des Grafen von Arnim hervor. Seinen Lebensabend ver-
brachte Seh. in der Familie seines Schwiegersohnes, des Herrn Fürsprech
Haggenmacher in Zürich, körperlich wohl etwas alternd, geistig aber bis an
sein Ende rege und frisch und seinem Radikalismus getreu.
Vgl. Börsenblatt f. d. dt. Bachhdl. 1899 No. 36; Hdm. (abgedr. aus der Neuen
Zürcher Zeitung 1899, 30* Jan.).
H. EUissen.
Stechert, Gustav £., Buchhändler, * 6. August 1840 als Sohn eines
Buchbindermeisters in Potsdam, f 25. September 1899 ^^ New- York. Erlernte
zunächst die Buchbinderei bei seinem Vater. 1860 wandte er sich dem Buch-
handel zu, den er in Thorn erlernte; 1863 kam er in ein grösseres Com-
missionsgeschäft in Leipzig und im selben Jahre durch dessen Vermittelung
in die angesehene Buchhandlung von Westermann & Co. in New-York. Hier
war er bis 1872 thätig. Dann errichtete er mit seinem Freunde Ferdinand
Wolff eine eigene deutsche Buchhandlung in New-York, die er seit 1876 unter
der Firma Gustav E. Stechert allein fortführte. 1887 errichtete er eine Zweig-
niederlassung in London, 1892 eine solche in Paris. Theilhaber der drei Ge-
schäfte wurde im April 1897 Alfred Hafner, der sie mit den übrigen Erben
fortführt. Von grosser Bedeutung sind die geschäftlichen Verbindungen mit
zahlreichen Bibliotheken, Universitäten und ähnlichen Instituten. St. war Mit-
glied wichtiger buchhändlerischer und anderer Vereine.
Publishers Weekly (New-York) 1899 No. 1445. (Mit Lichtdruck-Portrait.) — Börsen-
blatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 236.
H. Ellissen.
Joachim, Amalie, eine hervorragende Lieder- und Concertsängerin,
* lO. Mai 1839 ^^ Marburg in Steiermark als Tochter des kaiserlichen Rathes
Schneeweiss, f am 3. Februar 1899 zu Berlin. Schon in frühester Kind-
heit zeigten sich die bedeutenden Anlagen im Gesänge und bereits mit vier-
zehn Jahren erhielt sie ein Engagement am Theater in Troppau, bald darauf
in Hermannstadt und dann am Kärntnerthor-Theater in Wien. Im Jahre 1862
folgte sie einem Rufe an das Hoftheater zu Hannover, wo sie mit glänzendem
Erfolge als Fides im »Propheten« von Meyerbeer auftrat. Hier lernte sie
Joseph Joachim kennen, mit dem sie sich am 10. Juni 1863 vermählte. Als
Joachim 1869 zum Director der neubegründeten Hochschule für Musik er-
nannt wurde, siedelte das Künstlerpaar nach Berlin über. Nach fast zwanzig-
jähriger, anfangs sehr glücklicher Ehe, trennten sie sich im Jahre 1882.
Amalie unternahm danach nochmals den Versuch, die Opernbühne und zwar
als Orpheus zu betreten. Der Versuch hatte nicht den erwünschten Erfolg
und die Künstlerin blieb nun ausschliesslich dem Concertgesange zugewandt.
Sowohl als Oratorien-Sängerin wie im Liede leistete sie ganz Hervorragendes:
mit tiefer Empfindung verband sie eine Grösse der Auffassung und eine Fein-
heit künstlerischer Erkenntniss, wie kaum eine andere Concertsängerin neben
12*
igo , Joachim. Lützel. Boppe.
ihr. Alle Stile beherrschte sie mit gleicher Meisterschaft; neben den tief-
sinnigsten Gesängen eines Bach, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms und
Robert Franz verhalf sie auch minder bedeutenden Liedern kraft ihres viel-
seitigen Darstellungsvermögens zu ungeahnten Wirkungen. Selbst die frühesten
Blüthen deutscher Liederkunst des 15. und 16. Jahrhunderts zog sie ans Tages-
licht und entzückte damit die Zuhörer. In Folge einer schweren Operation
starb sie an Herzlähmung.
Eine SchüleriD von ihr, Olga Plaschke, gab bald nach ihrem Tode »Blätter der
Erinnerung an Amalie Joachim« heraus (Berlin, Vcrlagsgesellschaft »Harmonie«), in der
sie der unvergesslichen grossen Künstlerin warme Worte der Verehrung widmet, eine
Charakteristik der Persönlichkeit entwirft und eine Reihe von Aussprüchen über Gesangs-
kunst, die sie sich während des Unterrichtes notirte, mitthcilt. Dort ist auch ihr Portrait
zu finden.
Riemanns Musik-Lexikon, Lessmanns Allgemeine Musik-Zeitung 1899, 96.
Rob. Eitner.
Lützel, Johann Heinrich, ein um die Piälzer Musikzustände sehr ver-
dienter Musiker, * am 30. August 1823 zu Iggelheim bei Speier, f den
9. März 1899 zu Zweibrücken. Besuchte das Seminar zu Kaiserslautem
und genoss daselbst den Musikunterricht von Jakob Vierling, wurde 1845
Lehrer und bald darauf auch Organist in Zweibrücken, wo er Zeit seines
Lebens zum Besten der Kunst gewirkt hat. Er gründete z. B. einen evan-
gelischen Kirchenchor in Zweibrücken, der im Jahre 1880 die ganze Pfalz
umfasste, 1868 ernannte man ihn zum Orgelrevisor, d. h. er hatte alle neu-
gebauten oder reparirten Orgeln der Pfalz auf ihre Brauchbarkeit und Güte
zu prüfen und einen amtlich beglaubigten Bericht abzufassen, 1883 ernannte
ihn das Ministerium zum Professor. Von seinen Arbeiten sind besonders her-
vorzuheben ein Psalm für Männerchor und Orchester, eine Sammlung Orgel-
stücke beim Gottesdienst in zwei Bänden, kirchliche Chorgesänge der vor-
züglichsten Meister des 16., 17. und i8. Jahrhunderts, zum Gebrauche bei
dem evangelischen Gottesdienste; Zweibrücken 1861 bei Herbart erschienen.
Dieselben enthalten 60 mehrstimmige Gesänge von Allegri, Anerio, Seb. Bach,
Eccard, Gastoldi, Goudimel, Homilius, Palestrina und vielen Anderen, die den
Beweis liefern, dass sich L. auch mit den Leistungen vergangener Jahrhunderte
vertraut gemacht hatte. Femer sind noch zu erwähnen ein Choralbuch und
Schulgesangbücher. L.s Bestrebungen gingen durchweg darauf aus, den Sinn
für die Kunst zu wecken und zu bilden und erreichte dies durch sein that-
kräftiges und alle Hindernisse überwindendes Wirken in Schule, Kirche und
Gesangvereinen.
Quellen: H. Riemann, Musik -Lexikon; Mendel -Reissmanns Conversations- Lexikon;
Sängerhalle, Leipzig, p. 198.
Rob. Eitner.
Boppe, Carl Hermann, Redacteur und deutschamerikanischer politischer
Schriftsteller in Milwaukee im Staate Wisconsin, Vereinigte Staaten von Nord-
amerika, * 21. Juni 1842 in Zug in der Schweiz, f 12. Januar 1899 in Mil-
waukee. Sein Vater war lange Jahre hindurch Richter im Canton Aargau.
Seine Schulbildung erhielt der junge B., dessen Eltern nach dem Dorfe
Wettingen bei Baden (Canton Aargau) verzogen waren, zunächst in der
Boppe. i8i
Bezirksschule zu Baden, dann in der Gymnasialabtheilung der Cantonsschule
zu Aarau. Nach der Reifeprüfung begab er sich auf die Akademie zu Lau-
sanne, um vor allen Dingen die zweite Landessprache, das Französische, ge-
läufig gebrauchen zu lernen und um die Rechte zu studiren. Ein böses
Augenleiden Hess ihn von seinem Plan, sich der juristischen Laufbahn zu
widmen, abstehen. Auf Anrathen seines in Hoboken N. Y. wohnenden
Onkels wanderte er 1861 nach Amerika aus und wurde Buchhalter in dessen
Brauerei zu Newark N. J. Während der Präsidentschaftscampagne von Horace
Greeley übernahm er im Jahre 1872 die Redaction der von deutschen An-
hängern Greeleys gegründeten Newarker »Post«. Als diese 1875 einging,
ward er als Redacteur an die »Freie Presse« nach Elizabeth N.-J. berufen.
Politische Stellungen hatte er ausgeschlagen. Auf der Philadelphiaer Welt-
ausstellung vom Jahre 1876 lernte er Karl Heinzen kennen. Beide besuchten
nämlich dort einen internationalen Freidenkerqongress. Es kam daselbst zur
Gründung des Heinzenschen »Bundes der Radikalen«, zu dessen Principien
der freiheitlichsten Ausgestaltung des amerikanischen politischen, religiösen
und socialen Lebens B. fortan sein Leben lang gestanden hat. Sein Wirken
war von der Zeit seiner Bekanntschaft und späteren Freundschaft mit Karl
Heinzen an auf das Engste mit der freidenkerischen und turnerischen Be-
wegung Deutschamerikas verknüpft. 1877 übernahm B. die Leitung des »Frei-
denkers« zu Milwaukee. 1878 wurde dieses zum officiellen Organ des Nord-
amerikanischen Turnerbundes erwählt, dessen eifriges Mitglied B. schon
lange vorher geworden war. 1885 übernahm er auch die Redaction des er-
weiterten Bundesorgans, der »Amerikanischen Tumzeitung«. Diese wie den
:5' Freidenker« redigirte er bis an sein Ende.
Neben seiner aufreibenden journalistischen Thätigkeit betheiligte er sich
mit Eifer und Arbeitsfähigkeit an mannigfachen Bestrebungen öffentlicher Art.
Diese Thätigkeit B.s im Einzelnen verfolgen, hiesse fast, eine Geschichte der
deutschamerikanischen Tumerei schreiben. Auf jeder Turnertagsatzung war
er im Sinne eines demokratisch -radikalen Fortschrittes thätig, wenngleich er
sich auch mit der grössten Hartnäckigkeit den Strebungen der socialistisch an-
gehauchten Elemente des Turnerbundes widersetzte. B. hatte einen starken
pädagogischen Zug. Durch ihn erst wurde das Turnlehrerseminar des Tumer-
bundes zu einem lebenskräftigen Institut und mit dem Nationalen deutsch-
amerikanischen Lehrerseminar verbunden. Seit 1881 war er fast ununter-
brochen Präsident des Turnlehrerseminars; auch ist der Bau einer Bundes-
tumhalle wohl hauptsächlich seinem Wirken zu verdanken. Ausserdem war
er ein reges Mitglied der Freien Gemeinde von Milwaukee und hielt dort
viele freidenkerische Vorträge. Sehr gross war sein Interesse und sein Ver-
ständniss für dramatische Kunst. Die Erhaltung eines deutschen Stadttheaters
in Milwaukee (einzig in den Vereinigten Staaten) ist nicht zum Mindesten sein
Werk. Zur Hebung des künstlerischen Niveaus war er unermüdlich thätig,
auch durch seine vielen tüchtigen Besprechungen der Vorstellungen in den
Zeitschriften.
Mehr oder minder unter seiner Leitung standen auch die anderen
literarischen Unternehmungen der Freidenker Publishing Co., nämlich: »Frei-
denker-Almanach«, »Amerikanischer Turner -Kalender«, »Erziehungsblätter«,
»Für unsere Jugend«, »Mind and Body«. Ebenso war er auch zur Verbreitung
seiner politischen und religiösen Anschauungen durch Vorträge thätig, die ihn
weit in der Union herumführten.
i82 Boppc.
1892 besuchte, er mit seiner Gattin, geb. Magdalena Schiess, einer
städtischen Lehrerin zu Milwaukee, sein Heimathland, die Schweiz, und seinen
hochbetagten Vater. Nach monatelangen Leiden starb er an einer Sinus-
thrombose am 12. Januar, am 16. wurde seine Leiche verbrannt. Sein Leichen-
begängniss hatte hervorragende Deutschamerikaner, vornehmlich Tumerbundes-
mitglieder, aus allen Theilen der Vereinigten Staaten nach Milwaukee gefuhrt.
Seine ausgebreitete literarische Lebensarbeit liegt in Leitartikeln, Auf-
sätzen und Recensionen des »Freidenkers« und der »Amerikanischen Tum-
zeitung« vor. Dann finden sich auch viele treffliche Aufsätze im »Freidenker-
Almanach« und im »Nordamerikanischen Turnerkalender«. Sie sollen gesammelt
und in Buchform herausgegeben werden. Im Wesentlichen beharrte B. auf
den politischen und socialen Anschauungen seines Freundes und Meisters
Karl Heinzen, die dieser im »Pionier« und in selbständigen Schriften ver-
öflfenüicht hatte. Der Heinzensche »Radikalismus« war ihm das A und O
aller politischen und socialen Weisheit. Der Schweizer verleugnete sich jedoch
nie in ihm. So sehr ihm jeder Zwang politischer, religiöser oder socialer Art
verhasst war, so sehr wehrte er sich gegen die absolute Verneinung staat-
licher und gesellschaftlicher Formen. Das brachte ihn einerseits in stricten
Gegensatz zu den communistischen Socialisten, in deren Zielen er einen neuen
Despotismus sah, und andererseits zu den Anarchisten. Die politische und
sociale Entwickelung seines Adoptiv- Vaterlandes verfolgte er wie ein getreuer
Wardein der Freiheit. Seines grossen Landsmannes Gottfried Kellers Sonett
auf die Freiheit mag billig sein Wahlspruch genannt werden:
». . . Denn einen Pontifex nur fasst der Dom,
Das ist die Freiheit, der polit'sche Glaube,
Der löst und bindet jede Sklavenkette.«
Essays wie: »Die Moral der republikanischen Weltanschauung«, »Monarchie
und Aristokratie«, »Das Volk der Vereinigten Staaten und seine Verfassung«,
»Präsidentschaftswahlen«, »Zwei Heroen unseres Jahrhunderts, Darwin und
Garibaldi« etc. sind Kundgebungen eines deutschamerikanischen Idealismus,
die in die Zukunft wirken werden.
Als Mensch war B. eine gerade, allem Schein- und Formwesen abholde
Natur, die im Innersten einen Schatz von Güte und Weichheit barg. Un-
erschütterlich war er aber im Kampfe gegen Alles, was seinen Idealen im
Wege stand, unerbittlich und ein gefürchteter Streiter. Auf religiösem Gebiete
fehlte es ihm häufig, dem consequenten Feuerbachianer und Darwinisten, an
dem Verständniss des specifisch Religiösen im Menschen. Etwas trocken
Starres, ja Nüchternes, Humorloses haftete seinem Wesen an ; er war eigentlich
eine durchaus unkünstlerische Natur, dadurch ein scharfer Gegensatz zu dem
ihm in den Tod vorangegangenen genialen, frivol-fahrigen Robert Reitzel, der
ihn ob seines schweizerischen »sittlichen Ernschtes« weidlich verspottet hat.
Dennoch eignete ihm ein tiefes Verständniss für die dramatische Kunst, nament-
lich Shakespeare. Sein Deutschgefühl bekundete er in seiner warmen Liebe
zur klassischen deutschen Literatur und Kunst und praktisch in seinem Streben
zur Erhaltung und Verbreitung deutscher Sprache und Weltanschauung im
fremden Lande.
Für seine Person war er bescheiden, anspruchslos, ja fast asketisch in
seinen Lebensgewohnheiten, von eisernstem Pflichtgefühl, in den Umgangs-
formen ungelenk, ja eckig und schroff fast, dabei tiefen Gemüthes und als
Boppe. Schaible. I g 9
demokratischer, politischer Mensch ein Aristides von Rechtiichkeit in der
wüsten Corruption des amerikanischen öffentiichen Lebens. Kein Pfadfinder
im geistigen Sinne, aber eine starke, eigenartige, kantige Persönlichkeit, ein
wahrhaft tüchtiger, treuer, keuscher Charakter war Carl Hermann Boppe.
»Freidenker-Almanach fUr das Jahr 1900«, Milwaukee Wisc: »Zum Gedächtoiss eines
todten Freiheitsapostelsc. Von Dr. Maximilian F. E. Grossmann. — »Amerikanischer Turner-
Kalender für das Jahr 1900«, Milwaukee Wisc: »Den Manen eines Uberzeugungstreuen
Republikaners«. Von F. W. D[odel]. Mit Bild. — »Freidenker«, Milwaukee Wisc, Jahrgang 29.
No. 17. — New- Yorker Staatszeitung, Sonntagsblatt 1899. — Ferner zahlreiche Nachrufe
in allen bedeutenden Blättern Amerikas deutscher, aber auch englischer Sprache.
Karl Detlev Jessen.
SchaiblCy Heinrich Carl, * 7. April 1824 zu Offenburg, f 21. September
1899 in Heidelberg, verlebte eine überaus glückliche Kindheit, wurde dann
im Spätjahre 1842/43 im badischen Freiburg als Student der Medicin imma-
triculirt, und besuchte im Herbst 1844/45 ^^^ Mediciner die Universität
Heidelberg. Das Jahr 1848 riss den freiheitbegeisterten Jüngling in seinen
Strudel, und brachte es so weit, dass der ideale Stürmer und Dränger nach
Strassburg fliehen musste. Im zweiten Capitel seines kleinen Buches »Sieben-
unddreissig Jahre aus dem Leben eines Exilirten« schildert er manches mit
der noth wendig gewordenen Flucht Zusammenhängende, aus ihr Entspringende,
oder sich daran Knüpfende mit gemüthvoUem Humor. Die genannte Schrift
ist nur »privat, zum Andenken für deutsche und englische Freunde gedruckt«.
S. selbst nennt das Ganze nur »ein flüchtiges Lebensbild«. Und mehr ist
es auch wohl kaum zu nennen, denn die beinahe übergrosse Bescheidenheit
des Verfassers lässt ihn — das fühlt sich deutlich heraus — nur wider-
strebend von der eigenen Persönlichkeit berichten. Und dennoch — welch'
eine Persönlichkeit war das! Zum zweiten Male musste S. fliehen, gelangte
von Strassburg aus dann nach Nancy und Paris, in welch' letzterer Stadt er
seine medicinischen Studien fortsetzte, von der Gesellschaft Deutscher Aerzte
und Naturforscher sogar ausgezeichnet und geehrt wurde, darum aber dennoch
— in Folge seiner Bethätigung an dem Aufstande in seiner Heimath — ver-
haftet wurde. Nichtsdestoweniger besuchte er die Weltausstellung in London
im Jahre 1851. Als in Paris im Jahre 1851 der Staatsstreich so viel Schrecken
verbreitete, wuchs auch die Gefahr für S. immer mehr. Ein Deutscher, mit
dem Spionirsystem vollkommen vertraut, hatte sich zu dem verabscheuungs-
würdigen Amt eines »Finders« und »Entdeckers« deutscher Flüchtlinge her-
gegeben. Es gelang S. jedoch, in Basel zu promoviren ohne vorherige be-
sondere Hindernisse politischer Art. Nach Paris zurückgekehrt, erhielt er das
Anerbieten eines französischen Postens: Ueberwachung und Beaufsichtigung
der deutschen Presse. Es ist leicht zu errathen, dass der von jeher
tadellos lautere und charaktervolle Mann eine derartige Zumuthung mit
höchster Entrüstung ausschlug. Wohl ganz besonders daraufhin erfolgte seine
Ausweisung aus Frankreich, und anfangs November 1853 bestieg er den eng-
lischen Dampfer im Hafen von Calais.
In London angekommen, wo er mit Freiligrath, Kinkel, Lothar Bucher,
Blind, Goldstücker, Mazzini etc. in Beziehungen trat, handelte es sich für S.
natürlich um sofortigen Verdienst. Mit der ihm eigenen Entschlossenheit
wendete er sich dem Lehrfache zu, genügte den Anforderungen, welche
vor Zulassung zu demselben damals in ganz England, also natürlich auch in
ig^ Schaible. Gebhardt.
London gemacht wurden, und unterrichtete dann in mancherlei Fächern. Seine
Tüchtigkeit in der englischen Sprache ermöglichte es ihm auch in verhältniss-
mässig kurzer Zeit für englische Blätter und Zeitungen zu schreiben, ja er
gehörte sogar sehr bald nach seiner Ankunft in London zu dem Redactions-
ausschuss der »Educational Times«. Nicht lange, nachdem er im Jahre
1862 eine Anstellung in der »Royal Academy« erhalten hatte, wurde S. ge-
ehrt durch den Antrag eines hohen Vertrauenspostens, auf welchen er jedoch
ehrerbietigst dankend verzichtete. Seine Stellung als Privatsecretär und Biblio-
thekar der Königin Victoria würde ja wohl auch seinem ganzen weiteren
Lebensweg eine völlig andere Richtung gegeben haben. Bis zum Jahre 1882,
also von seinem Antritt der Lehrthätigkeit in England gerechnet ein-
undzwanzig Jahre war er unterrichtend in der Fremde thätig. Er wurde
Examinator am College of Preceptors, Examinator an der Universität Eng-
lands, Mitglied des Lehrer-Collegiums der Militair-Akademie in Woolwich und
vom Staat mit dem Titel Professor geehrt. Doch gab er im eben ge-
nannten Jahre seine Stellung auf, um als vollkommen unabhängiger Privat-
mann schriftstellerisch thätig sein zu können; und auch in diesem Fache
arbeitete er ebensowohl deutsch wie englisch. Im Jahre 1861 ward in Baden
für alle politischen Vergehen von 1849 bedingungslose Amnestie gegeben.
Jetzt besuchte S. alljährlich seine ihm über Alles teuer gebliebene Heimath,
in welche er im August 1883 wieder dauernd übersiedelte, lebte von 1883
bis 1892 in Heidelberg und zog 1892 vorübergehend nach dem badischen
Freiburg. Endlich richtete er sich ein dauerndes Heim in seiner alten
Vaterstadt Offenburg ein, das er im Sommer 1894 beziehen konnte. Doch
zu mächtig zog es ihn nach Alt-Heidelberg zurück, wohin er im Sommer 1897
denn auch wieder übersiedelte, um den Rest seines Lebens dort zu verbringen.
Verheirathet war S. nie. Er hinterlässt in seiner als Tochter angenommenen
Nichte, Fräulein Anna Schaible, die einzige nähere Verwandte. — Am
23. September 1899 wurden seine irdischen Ueberreste im Crematorium zu
Heidelberg verbrannt; die Urne, welche das Häuflein Asche umschliesst, trägt
die ihm von seinem alten Freunde Josef Victor v. Scheffel gewidmeten Worte,
welche dieser seinem lieben Carl Heinrich Schaible Ende 1884 nicht lange
vor seinem eigenem Hingang auf sein (Scheffels) Bild schrieb:
»Heil dem Mann, der Leid und Not
»Durch Arbeit überwindet,
»Und nach der PYemde hartem Brot
»Die Heimath wieder findet!«
»Noch ein 48 er«, von Otto Freiherrn v. Völderndorff, Biographische Blätter II, 112
bis 118. Dort werden von seinen Schriften u. A. citirt: Geschichte der Deutschen in Eng>
land (1885). Die Juden in England (1890). Deutschland vor 100 Jahren (1892). Die
höhere Frauenbildung in Grossbritannien (1894).
Paula Reber.
Gebhardt, Friedrich Wilhelm Hermann, Dr. theol., Kirchenrath und
Pfarrer, * 22. Juli 1824 in Georgen thal (S.-Gotha), f 28. April 1899 in Gotha.
G. war ältester Sohn des Pfarrers und späteren Superintendenten Trau-
gott Gebhardt und über 27 Jahre lang sein Nachfolger im Pfarramt zu Molsch-
leben im Herzogthum S.-(}otha. Als zwölfjähriger Knabe war er mit Eltern
Gebhardt. 185
und Geschwistern dahin übergesiedelt und hat bis zu seinem Scheiden vom
Amt, im October 1896, 60 Jahre dort die Heimath gehabt. In den Jahren
1838 — 1842 besuchte er das Gymnasium in dem nahen Gotha, nachdem sein
Vater ihn bis zum Eintritt in die Secunda selbst vorbereitet hatte. Von 1842
bis 1845 studirte er sodann in Jena Theologie und Philologie, erstere ins-
besondere unter lebhafter Einwirkung Carl Hases, des charaktervollen Kirchen-
rathes J. K. Ed. Schwarz, des feinsinnigen Exegeten Leopold Rückert und
des philologisch fieissigen Willibald Grimm; in den philosophischen Fächern
wurden Göttling, Scheidler, Stick el und Reinhold seine Lehrer. 1846 bestand
er die erste Candidatenprüfung in Gotha, um hierauf ein Jahr als Lehrer an
der Knabenerziehungsanstalt Keilhau bei Rudolstadt zu wirken. Noch einmal
aber kehrte er zum Universitätsstudium zurück, 1847 -—48 hatte ihn die Ber-
liner Hochschule unter ihren eifrigsten Hörern. Es folgte dann eine elfjährige
Zeit für ihn als Hauslehrer in Gotha und Moorburg bei Hamburg, sowie als
Lehrer an der höheren Töchterschule in seiner Heimathstadt Gotha, während-
dem er 1853 die zweite theologische Prüfung vor dem herzoglichen Ober-
consistorium in Gotha ablegte. Hier fand er in der Tochter des Consistorial-
rathes Friedrich Agricola, Mathilde, die gleichgesinnte Lebensgetährtin, die
durch die Mutter, eine Tochter des Perthes' sehen Hauses, ihn auch mit dieser
bedeutenden Familie in nahe und herzliche Verbindung brachte. Zehn Jahre
hat er sodann (von 1859 — 1869) das Pfarramt von Eischleben bei Ichters-
hausen verwaltet, bis ihm nach seines Vaters Tode das Pfarrhaus in Molsch-
ieben sich aufs Neue als heimathliches Erbe und Wirkungsstätte aufthat. Hier
ist er über ein Vierteljahrhundert auch in fleissiger literarischer Arbeit thätig
gewesen. Nachdem bereits 1864 eine apologetische Arbeit über »Die Auf-
erstehung Christi und ihre neuesten Gegner« (Gotha, Besser) aus seiner Feder
erschienen war, behandelte er in umfassender dogmatisch -exegetischer Dar-
stellung »den Lehrbegriff der Apokalypse und sein Verhältniss zum Lehrbegriff
des Evangeliums und der Episteln des Johannes« (ebenda 1873), und hatte
die Genugthuung, dass das tüchtige Werk — wohl auf Veranlassung der Uni-
versität Edinburgh — auch ins Englische (1878) übersetzt worden ist. Es
folgte in den Jahren 1880 — 82 in drei Theilen eine populärhistorische Be-
arbeitung der »Thüringischen Kirchengeschichte, seinen Landsleuten erzählt«
(Gotha, F. A. Perthes). Sein bedeutsamstes und nachhaltig wirksamstes Werk
aber wurden seine äusserst drastischen und realistischen Schilderungen »Zur
bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre« (Gotha 1885, Schloessmann ; 2. Aufl.
1890; 3. Aufl. 1895), die ihren Verfasser, obwohl sie zunächst ohne seinen
Namen erschienen, geradezu berühmt gemacht haben. Wenn schon gegen die mit
photographischer Treue ausgeführten Einzelbilder und die in ihnen reichlich
gebotenen bitteren Wahrheiten nicht selten Einwendungen erhoben und Verwah-
rungen gegen unzutreffendes Generalisiren laut geworden sind, so bleibt das Buch
doch sicher ein cultur- und sittengeschichtlich höchst interessantes Document
aus dem Ende des alten Jahrhunderts. Ebenso hat man eine auf dem gleichen
Boden der Einzelbeobachtung erwachsene Studie über »den Niedergang des
kirchlichen Lebens auf dem Lande« (Gotha 1888, Schloessmann) eines allzu
trüben Pessimismus beschuldigt; doch auch hier sind nur unerbittliche That-
sachen, wennschon in scharfer Gruppirung und Beleuchtung, zusammengestellt.
In friedsamerer Richtung, um die Kritik nach der positiv erbauenden Seite
zu ergänzen, bewegen sich drei weitere Publikationen des unermüdlichen Ver-
fassers: der »Versuch einer kurzgefassten und leichtverständlichen Glaubens-
l86 Gebhardt. VVrede.
lehre flir Laien« (ebenda 1891); »Aus der Geschichte des Dorfes Molschleben«
(ebenda 1894); »Christi Person und Werk in der Predigt« (ebenda 1898).
Neben diesen selbständig erschienenen Arbeiten hat an kleineren Aufsätzen
aus dem Gebiete der neutestamentlichen Schriftforschung die Leipziger »Zeit-
schrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben« aus seiner Feder
gebracht: »Die Zukunft des Menschensohnes nach den Synoptikern« (1885,
Heft 9 und 10); »Der Himmel im Neuen Testament« (1886, Heft 11); »Der
Apostel Paulus und die Auferstehung Christi« (1887, Heft 9); »Der Sohn
Gottes nach den Synoptikern« (1889, ^^^^ 3 ^^^ 4)- Themata, die nach
Auswahl und Art der Behandlung eine Fülle auch für die Gegenwart inter-
essanter Gedanken bieten. In Würdigung dieser gelehrten vielseitigen Arbeit
hat 1894 die theologische Facultät der Universität Halle bei Gelegenheit des
Universitätsjubiläums ihn zum theologischen Doctor h. c. ernannt. — Im Jahre
1895 gebot eine plötzlich und heftig auftretende Schwäche seiner auch
in der Gemeindeseelsorge äusserst rührigen Thätigkeit Einhalt, und im folgen-
den Jahre trat er, von seinem Landesfürsten durch Verleihung der Würde
eines Kirchenrathes und (bereits 1892) des Ritterkreuzes 2. Kl. des Emestinischen
Hausordens geehrt, in den Ruhestand und siedelte nach bewegtem Abschied
von seiner Gemeinde nach Gotha über. Hier ereilte ihn ein rascher sanfter
Tod, der drei Tage darauf auch seine Gattin hinwegnahm. Auch im Tode
vereint ruhen Beide nahe dem Grabe der Eltern auf dem Friedhofe von
Molschieben.
[Nach handschriftlichen Mitteilungen.]
Kohlschmidt.
Wrede, Ferdinand, Musikdirector der Singakademie in Frankfurt a. O.
* 28. Juli 1827 zu Brökel im Hannoverschen, f 20. Januar 1899 in Frankfurt
a. O. Seine Schulbildung genoss er in Celle und die Musikstudien in Braun-
schweig bei dem Hofcapellmeister Methfessel. Der Umgang mit Marschner
hatte auf seine musikalische Geistesrichtung einen wesentlichen Einfluss.
Nachdem er einige Jahre mit Musikunterricht und mehreren Concertreisen
als Ciaviervirtuose sich ernährt hatte, erhielt er im Jahre 1852 die Organisten-
stelle an der St. Nikolaikirche in Spandau in der Mark Brandenburg, die er
dann Ostern 1861 mit dem Cantorat an der St. Marienkirche in Frank-
furt a. O. vertauschte und bald darauf auch städtischer Gesanglehrer wurde. Am
30. November 1868 hatte er auch unter recht ungünstigen Verhältnissen die
Direction des dortigen seit dem Jahre 181 5 bestehenden Singakademie über-
nommen, die zeitweise glänzende Erfolge erzielt hatte, nach 1852 aber nahe
dem Verfalle war, denn zeitweise fand sich kein geeigneter Dirigent, der
Leben und Ordnung hineinbringen konnte. Nach W.'s Uebernahme der Leitung
hob sich das Institut zusehends und bewies seine Leistungsfähigkeit durch
vorzügliche Aufführungen von grossen Oratorien. Trotz des hohen Alters und
dem Wunsche, sich zurückzuziehen, bewogen ihn stets die Mitglieder zum
Bleiben und so leitete er die Singakademie bis zu seinem Ende; denn nur
ein kurzes Krankenlager beschloss sein thätiges und der Kunst geweihtes Leben.
Als Componist hat er nur Weniges und Unbedeutendes geschaflfen, dagegen
hat er sich als Lehrender und Leiter der Singakademie bleibende Verdienste
erworben und wurde von Hoch und Niedrig in seltener Weise verehrt.
Quelle: Beilage zur Frankfurter Oder-Zeitung 22. Jan. 1899.
Rob. Eitner.
Pfeil. Baensch. 187
Pfeil, Heinrich, ein beliebter Componist im Fache des Männerquartetts,
♦ am 18. December 1835 ^^ Leipzig als Sohn eines Buchdruckfarbenfabrikanten,
t am 17. April 1899 in Gohlis bei Leipzig. Erlernte das Buchhändlergeschäft,
schriftstell erte dabei, betrieb Musik als Dilettant und pflegte ganz besonders
den Männergesang. Da ihm einige Gesänge recht geglückt waren, wurde er
bald von den Vereinen als Führer anerkannt. Man wählte ihn zum Redacteur
der Leipziger Sängerhalle, die er in den Jahren 1862 bis 1887 leitete
und sein redlich Theil beitrug, den Männergesang auf edlere Bahnen zu
lenken. Von 1884 bis 1889 redigirte er den Dorfanzeiger in Leipzig und von
1891 bis 1896 die Glauchaer Zeitung. Schrieb ausserdem ein »Tonkünstier-
merkbüchlein«, einen »Liedertafelkalender« (i 881) und »Musikantengeschichten«.
Von seinen zahlreichen Männerquartetten sind hervorzuheben: »Still ruht der
See«, »Ein Sohn des Volkes will ich sein«. Von seinen Liedersammlungen
sind bemerkenswerth die Brautlieder, Dur und Moll, Gut Sang, Leicht Gepäck.
Quellen: Riemanos Musik-Lexikon, Gartenlaube und Sängerhalle.
Rob. Eitner.
Baensch, Wilhelm von, Verlagsbuchhändler und Buchdruckereibesitzer,
♦ 25. Januar 1828 in Magdeburg, f 27. November 1899 ^^ Dresden. Erlernte
den Buchhandel bei seinem Bruder Emil Baensch in Magdeburg und machte
sich schon am 20. October 1848 in Leipzig selbständig, indem er das seit
18 17 in Magdeburg bestehende, 1835 nach Berlin verlegte Verlagsgeschäft
von Ferdinand Rubach übernahm. Dieses Geschäft war, wie in der unten an-
geführten Monographie ausführlich nachgewiesen wird, nach mannigfachem
Besitzwechsel aus den bereits 1668 in Magdeburg gegründeten Buchhandlungen
von Tobias Schroeter und Johann Lüderwalt hervorgegangen. Der Verlag
wurde erst vom i. Januar 185 1 ab unter eigenem Namen weitergeführt.
Ausser den Artikeln des genannten Verlages wurden im Laufe der Jahre
zahlreiche Artikel vieler anderen Firmen übernommen, der Verlag auch durch
viele eigene bedeutende Unternehmungen erweitert. Ein neben dem Verlag
mit Erfolg betriebenes buchhändlerisches Commissionsgeschäft ging 1867 an
Hermann Fries über. 1862 übernahm B. die Buchdruckerei von J. S. Wasser-
mann; 1875 erfolgte die Uebersiedelung von Leipzig nach Dresden. In-
zwischen war B. zu mannigfachen Ehren gelangt. — Die Ausdehnung seines
Druckereigeschäftes, besonders auch durch Aufträge von Seiten der preussischen
und sächsischen Regierung, veranlasste ihn 1880 zur Gründung einer Zweig-
niederlassung in Berlin im Verein mit seinem Sohne Henry von B., an dessen
Stelle später sein Sohn William trat, bis 1898 das Berliner Geschäft in andere
Hände überging. Das Dresdener Geschäft ist z. Z. im Besitz von Wilhelm
von B.s Erben und von Franz Schuflfenhauer. — Bei seinen Berufsgenossen
stand B. in hohem Ansehen. Er war s. Z. Vorsitzender des Vereins Dres-
dener Buchhändler, der ihn 1886 zu seinem Ehrenvorsitzenden ernannte. Als
Buchdrucker rief .er 1886 in Dresden die erste Buchdruckerinnung Deutsch-
lands ins Leben, deren Vorsitz er mehrere Jahre führte und die ihn (1896)
gleichfalls zu ihrem Ehrenvorsitzenden ernannte.
(Baensch, W. v.) Zur Geschichte der Firma Wilhelm Baensch. (Mit Lichtdruckportrait,
vielen Facsimiles und anderen Abbildungen.) 4. Dresden 1898. — Pfau, K. F., Biogr. Lex.
d. dt. Buchhdls., Leipzig 1890. — Börsenbl. f. d. deutschen Buchhdl. 1899 No. 278.
H. Ellissen.
l88 Gumprecht. Thiencmann. Hirschwald.
Gumprecht, Adolf, Buchhändler und Schriftsteller, * 7. December 181 8
in Erfurt, f 23. December 1899 in Meran. G. eröffnete 1844 eine Verlags-
buchhandlung in Berlin, deren Firma aber bereits Ende 1845 erlosch, nach-
dem er im selben Jahre mit Maximilian von Katzeier die Gerhard'sche Buch-
handlung und Buchdruckerei in Danzig übernommen hatte. Auch dieses
Unternehmen bestand nur bis 1849. Dagegen bestand die von G. im Juni
1854 in Leipzig eröffnete Verlags- und Commissionsbuchhandlung bis 1872.
Schon früh war G. schriftstellerisch thätig. Mit besonderem Geschick pflegte
er das Feuilleton und Reiseschilderungen. Von Welt- und Menschenkenntniss
zeugen seine u. A. selbständig erschienenen, weit verbreiteten Schriften: Jacob
Radike (pseudonym), Lehrbuch der Demagogie (Leipzig 1849, Schlicke);
Arthur Michelis (pseudonym), Reiseschule für Touristen und Kurgäste (Leipzig
1869, Adolf Gumprecht; 4. Auflage Stuttgart, Frommann); Wider den Trunk
(Dresden 1885, Minden); Aus den Lebenserfahrungen eines Siebzigers (3. Auf-
lage Gotha 1896, F. A. Perthes).
Vgl. Börsenblatt f. d. dt Buchhdl. 1899 No. 301.
H. Ellissen.
Thiencmann, Ernst Friedrich, Buchhändler, * 24. August als Sohn des
Kammerconsulenten Friedrich Th. in Gotha, eines Mitbegiünders der Gothaischen
Lebensversicherungsbank, f 9. März 1899 daselbst. Th. kam zehnjährig zu
verwandten Pfarrersleuten nach Thüringen in die Goldene Aue, einige Jahre
später zum Besuch der Thomasschule in Leipzig in das Haus einer Schwester
des Vaters. Den Buchhandel erlernte er in dem grossen Commissionsgeschäft
von E. F. Steinacker in Leipzig. 1843 arbeitete er aushilfsweise bei Friedrich
Perthes in Gotha, 1843 — 45 als Gehilfe in der Schwers'schen Buchhandlung
in Kiel. Seit 1843 mit Friedr. Perthes' Tochter Auguste, zugleich einer
Enkelin von Rudolf Zacharias Becker, vermählt, übernahm er 1846 (von Ferd.
Otte) das Sortiment, 1857 (von Beckers Sohn Friedrich) auch den Verlag der
1795 von R. Z. Becker gegründeten Buchhandlung. Er vereinigte beide Ab-
theilungen unter der Firma E. F. Thiencmann. 1893 ging die Sortiments-
buchhandlung in andere Hände über. Theilhaber des besonders eine ge-
diegene pädagogische Richtung vertretenden Verlages wurde 1881 sein Sohn
Friedrich Th. des nunmehrigen Inhabers der Firma.
Handschriftl. Mittheilungen von Herrn Friedrich Th. — Nekrolog in den Pädagog.
Blättern Bd. 28 von J. Helm. — Pfaus Biogr. Lex. des deutschen Buchhdls. — Börsen-
blatt 1899 No. 58.
H. Ellissen.
Hirsch wald, Ferdinand, Buchhändler, * 18. November 1828 als Sohn des
Gründers der P'irma August H. in Berlin, f 8. September 1899. Trat früh in
das Geschäft seines Vaters ein, dessen Theilhaber neben seinem Vetter und
väterlichen Freund, Eduard Aber, er 1848 wurde. Mit persönlicher Liebens-
würdigkeit verband er geschäftliche Tüchtigkeit, unermüdliche Thätigkeit und
die für das Gedeihen des berühmten medicinischen Verlags- und Sortiments-
geschäftes förderlichen Eigenschaften, literarische Begabung und Unternehmungs-
geist. Nur um einen halben Monat ist er dem ältesten Chef der Firma, Eduard
Aber (vgl. diesen), im Tode vorangegangen.
Börsenbl. f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 211. — Berliner klin. Wochenschr. 1899 No. 38.
H. Ellissen.
Voester. Lange. l8o
Voerster, Karl, Buchhändler, * 4. Mai 1826 in Soest, f 3. Juni 1899 in
Leipzig. Widmete sich anfänglich dem rein kaufmännischen Beruf, trat aber
1843 2iJs junger Gehilfe in das hochangesehene buchhändlerische Commissions-
geschäft seines Onkels Friedrich Volckmar in Leipzig, und wurde 1854 Theil-
haber der Firma. Das Hauptverdienst Voersters beruht in der systematischen
Ausbildung des »Barsortiments« in grossem Massstabe und zu einer für die
Sortimentsbuchhandlungen unentbehrlichen Einrichtung. Zur Beschleunigung
der Expedition vieler und von ihren Committenden meist begehrter Artikel
hielten grössere Commissionaire Leipzigs schon zu Anfang des Jahrhunderts
grosse Sortimentslager und lieferten, mit dem Gewinn der Freiexemplare bei
Partiebezügen sich begnügend, diese zu gleichen Preisen als die Verleger aus.
Die Lieferungen waren aber auf die Committenden der Commissionaire be-
schränkt. Seit Ende der vierziger Jahre hielt die Firma Volckmar die gang-
barsten Artikel auch gebunden vorräthig. Seit Anfang der fünfziger Jahre gab
Voerster über den Bestand des Lagers gebundener und brochirter Artikel
autographirte Verzeichnisse heraus. Inzwischen hatte Louis Zander in Leipzig
am I.Juli 1852, sein Lager gebundener Bücher eröffnet, die er dem ge-
sammten Buchhandel durch besondere Ver^eichnissezu Verlegerpreisen anbot
und lieferte. Seine Hauptabnehmer wurden jedoch (seit 1857) die grossen
Commissionaire Volckmar, Koehler und Steinacker. 1861 wurde das Zan-
der' sehe Geschäft von der Firma Volckmar übernommen und an die Stelle
ihrer autographirten Lagerverzeichnisse traten nun gedruckte. Welche Aus-
dehnung das Volckmar-Voerster'sche Lager gewann, ist u, A. daraus ersichtlich,
dass das erste gedruckte Verzeichniss 32 Seiten, das letzte vom October
1899 ^^^ ^^" Nachträgen etwa 620 Seiten umfasst. Das grosse Commissions-
geschäft und der Verlag (unter der Firma L. F. Amelang, gegründet 1806,
erworben 1850) wurden von Voerster in ähnlicher Weise gefördert. Wie
er für die zahlreichen Angehörigen seines Hauses stets in humaner Weise
sorgte, so hat er auch in weiteren Kreisen durch wohlwollendes und
hilfbereites Wesen ein dankbares Andenken sich gesichert.
Handschrift!. Mittheilungen von Herrn Alfred Voerster. — Pfaus Biogr. Lex. d. dt.
Buchhdls. (Art. Volckmar). — Börsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 128. — Ueber
Land und Meer 1899. No. 40 (im Portre.)
H. Ellissen.
Lange, Max Dr., Schachmeister, Verlagsbuchhändler, Schriftsteller, ♦ am
7. August 1832 in Magdeburg, f 8. December 1899 in Leipzig. L. besuchte
das Gymnasium seiner Vaterstadt. Schon früh hatte er sich mit Schach be-
schäftigt, und als dem jungen Gymnasiasten das Bilguersche »Handbuch des
Schachspiels« in die Hände gefallen war, da gab er sich eifrigen Studien des
gedankenreichen Spieles hin. Schon regte sich in ihm der Schachtheoretiker,
und auch der Trieb, Schachvereinigungen zu gründen, war schon in ihm
lebendig. Auf dem Gymnasium vereinigte er 1849 die Genossen in einem
Schachclub Sophrosyne, dessen Mitglieder die beiden Farben der Schach-
felder als Abzeichen im Knopfloch trugen. Auch eine Schachzeitung, die
sogar gedruckt wurde, gab der Verein als sein Organ ein Jahr lang heraus.
Einige Artikel L.'s in derselben fanden die Anerkennung des Schach-
meisters von der Lasa, der sich alsbald für den strebsamen Schachjünger
interessirte. So alt sind die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den
1 9© Lange.
beiden Meistern, den grössten Theoretikern des Schachspiels, die beide das
Trauerjahr 1899 hinwegrafFte. L. war 1852 nach Berlin übergesiedelt, wo
er Mathematik und Philosophie studirte, kurze Zeit auch Theologie. Dann
aber widmete er sich in Berlin und an anderen Universitäten dem Studium
der Rechtswissenschaft. Obschon er in beiden Facultäten im Hinblick auf
eine akademische Carri^re promovirt hatte, sah er sich doch in Folge einer
Verletzung der Brust, die ihn an Vorträgen hinderte, genöthigt, auf dieselbe
zu verzichten. Als ein Phänomen muss es erscheinen, dass L. gerade in
jungen Lebensjahren sich als ein so gründlicher Schachtheoretiker bewährte.
1885 erschien seine »Kritik der Eröffnungen; ein Leitfaden für geübtere
Schachspieler«. 1856 gab er ein »Lehrbuch des Schachspiels« heraus, 1857
eine »Sammlung neuer Schachpartieen« ; später noch die Parthieen von
Morphy, 1859. Dann folgte sein »Handbuch der Schachaufgaben« (1862),
ein geistvolles Werk, der wichtigste Beitrag zu seiner Philosophie des Schachs,
aus dem viele hier zuerst gebrauchte Wendungen und Kunstausdrticke auf
dem Gebiete der Problemkunst ganz geläufig und gebräuchlich geworden
sind, ohne dass man sich von der Herkunft derselben Rechenschaft zu geben
wusste.
L. hatte auch als Organisator und praktischer Spieler eine rege Thätig-
keit entfaltet, sich 1862 an der Begründung des Westdeutschen Schachbundes,
1868 an derjenigen des Norddeutschen mit betheiligt, in den Haupttumieren
zu Düsseldorf 1862, 1863 und 1864 den ersten Preis errungen, denen sich
später erste Preise in den Meistertumieren (1868) in Aachen und Hamburg
anschlössen. Von 1858 bis 1864 hatte er, zum Theil in Gemeinschaft mit
B. Suhle und P. Hirschfeld, die Redaction der Schachzeitung geführt, er
hatte den Mitteldeutschen Schachbund gefördert und sich 1876 bei der
Anderssenfeier und der Gründung des Deutschen Schachbundes in erster
Linie mit betheiligt.
Mit der Charakteristik L.'s als Schachspieler ist seine geistige Bedeutung
nicht erschöpft; er war Jurist und Philosoph und hat dem akademischen
Doctorgrad in beiden Facultäten durch Schriften wie »Kritik des geistigen
Eigenthums« (1858) und »Neue Denklehre oder Einfluss des Gegenstandes
auf die Methode des Denkens« (1889) Ehre gemacht. Durch eine glückliche
Ehe mit der Tochter des Verlagsbuchhändlers Otto Spamer in Leipzig ver-
bunden, war er seit 1864 Mitinhaber der überaus rührigen Verlagsbuch-
handlung, später, 1886, Alleinbesitzer, bis er sich 1891 ganz zur Ruhe setzte.
Seine kaufmännische Thätigkeit brachte ihm die ehrenvolle Stelle eines Voi'-
sitzenden des angesehenen »Kaufmännischen Vereins« (1877 — 1883) in Leipzig
ein. Auch als Schriftsteller war er auf diesem Gebiete thätig; er gab 1864
bis 1887 Rothschilds »Taschenbuch für Kaufleute« heraus. Wie dieses Werk
fanden andere seiner im Spamer'schen Verlage erschienenen Schriften einen
Absatz von Hunderttausenden von Exemplaren.
Er war ein unermüdlicher geistiger Arbeiter von ausserordentlicher Viel-
seitigkeit; Tag und Nacht Hess es ihm keine Ruhe, bis er irgend eine Frage
erledigt, ein Problem gelöst, eine Arbeit vollendet hatte; immer neue Stoffe
drängten sich überwältigend in den Bereich seiner Thätigkeit. Das musste
sein Nervensystem zerrütten; schon im Jahre 1898 verfiel er in eine lang-
dauernde, schwere Krankheit — man zweifelte an seiner Wiederherstellung.
Er genas, erholte sich im Süden und hoffte völlige Genesung von einer
Reise nach Italien. Die Aerzte zögerten mit ihrer Zustimmung. Da rafite
Lange. Stichle. lOl
ihn plötzlich der Tod dahin, nachdem er noch Tags vorher mit Freunden
und Genossen lebhaft und munter verkehrt.
Nach Rudolf von Gottschall's Nachruf, Deutsche Schachztg. 1900, No. i. —
Verseichniss der Schachbibliothek von Dr. Max Lange. Leipzig 1900.
Stiehle, Friedrich Wilhelm Theodor Gustav von, General der Infanterie,
z. D., General-Adjutant Weiland Sr. Maj. des Kaisers und Königs Wilhelm L,
ä la suite des Ingenieur- und Pionier- Corps. * 14. August 1823 zu
Erfurt, f 15. November 1899 zu Berlin.
General v. St. gehörte zu jenem Kreise bedeutender Männer, denen es
vergönnt war, in Deutschlands grosser Zeit an leitender und verantwortlicher
Stelle zu wirken. Als Chef des Generalstabes der IL deutschen Armee im
Feldzuge von 1870/71 hat er sich einen unvergänglichen Namen und einen
Ehrenplatz in der Heeresgeschichte gesichert. Aus einer (nicht adeligen)
Offizier-Familie stammend, trat er sehr jung — noch nicht 17 jährig — bei
dem damaligen 21. Infanterie- Regiment mit Aussicht auf Beförderung zum
Offizier ein, kam schon mit 21 Jahren auf die Allgemeine Kriegsschule
(jetzige Kriegs-Akademie) und wurde bereits 1850 bei der damaligen Mobil-
machung als Generalstabsoffizier bei der 8. Division verwendet, dann 1855
als Hauptmann in den Generalstab versetzt.
Bei der Reorganisation des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens durch
den verewigten General von Peucker wurde dem Major St. ein besonderer
Vertrauensbeweis dadurch gegeben, dass er beauftragt wurde, zunächst die
Kriegsschule Potsdam, dann die zu Neisse nach den neuen Grundsätzen als deren
erster Director zu leiten. 1863 geadelt, befand er sich während eines Theiles
des Feldzuges von 1864 im Hauptquartier des General -Feldmarschalls
V. Wrangel — in nicht leichter Stellung — und wurde noch in demselben
Jahre Flügel-Adjutant Sr. Majestät des Königs.
Als solcher war er 1866 — wieder in besonderer Vertrauensstellung —
dem Hauptquartier der Elb- Armee zugetheilt, wurde 1868 Commandeur des
damaligen 4. Garde-Grenadier-Regiments Königin, dann Abtheilungschef im
Grossen Generalstabe und gelangte bei Ausbruch des Krieges gegen Frank-
reich endlich auf den Posten, auf welchem es ihm vergönnt sein sollte, so
Bedeutendes zu leisten.
Wenn man St.'s Thätigkeit als Chef des Generalstabes der IL Armee
im Einzelnen schildern wollte, so müsste man eine Geschichte dieser Armee
schreiben und dazu ist hier nicht der Ort. Die Capitulation von Frescaty,
durch die Frankreichs grösste Armee kriegsgefangen, dessen stärkste Festung
übergeben wurde, trägt Stiehles Namensunterschrift; das allein würde genügen,
diesen Namen dauernd der Kriegsgeschichte zu erhalten. Sein Wirken
während des ganzen Feldzuges als erster Berather des Prinzen Friedrich
Carl von Preussen aber war, wenn auch nach aussen weniger hervortretend
als diese eine glänzende Episode,' nicht minder verdienstvoll und einfluss-
reich.
Ein damaliger junger Generalstabsoffizier, der inzwischen selbst zu hohen
Ehren emporgestiegen ist, hat im Mil. W. Bl. No. 2 und 3, 1900, das Ver-
hältniss zwischen dem Oberbefehlshaber der IL Armee und seinem Stabschef
eingehend und mit glänzender Feder geschildert. Wie sich aus ursprüng-
licher Unbekanntschaft sehr rasch ein der Sache überaus förderliches, fast
192
Stichle, ßunsen.
freundschaftliches Verhältniss dieser beiden so sehr verschieden gearteten
Männer entwickelte, wie der General es verstand, sich das volle Vertrauen
des Feldherm sowohl, wie auch seiner Untergebenen im Stabe des Ober-
commandos zu erwerben und sie alle zu freudigem und verständnissvollem
Eingehen auf seinen Gedankengang zu führen, das ist dort meisterhaft dar-
gestellt. »Die II. Armee hat Grosses geleistes und den schwierigsten Theil
der harten Arbeit auf französischem Boden gethan. Sie schlug die blutigsten
Schlachten und machte dadurch in beiden Perioden des grossen Ringens die
Entscheidung möglich. Das ist das beste Zeugniss für die Führung, an der
General v. St. sein ruhmvoller Antheil gebührt.« In diese Worte fasst der
berufene Beurtheiler seine Ansicht über St.'s Leistungen zusammen.
Nach dem Kriege fand St. eine seinen hohen Verdiensten wie seiner
grossen Arbeitskraft entsprechende Verwendung zunächst als Director des
Allgemeinen Kriegs-Departements im Kriegsministeriums, dann als Inspecteur
der Jäger und Schützen, als Commandeur der 7. Division, als commandirender
General des V. Armee- Corps, endlich als Chef des Ingenieur- und Pionier-
corps und General-Inspecteur der Festungen. Was er in allen diesen Stellungen
in stiller Friedensarbeit für das Heer geleistet hat, wie er tiberall Dienst-
freudigkeit und unermüdliche Thätigkeit bei seinen Untergebenen hervorzu-
rufen und sie in ihrem Können und Wissen zu fördern verstand, wie er
dienstlichen Ernst und persönliches Wohlwollen zu verbinden wusste, dafür
zeugt die grosse Zahl von Verehrern, die er in der Armee hinterlassen hat,
wie nicht minder die Allerhöchste Anerkennung, die ihm bis zu seinem
Lebensende zu Theil geworden ist.
In der zweiten Hälfte der 80 er Jahre verschlechterte sich sein Gesund-
heitszustand, 1888 erbat und erhielt er seinen Abschied. Die letzten 10 Jahre
seines Lebens brachte er in völliger Stille theils in Baden-Baden, theils in
Berlin zu.
General v. St. war eioe auffallend vornehme, echt soldatische und ritter-
liche Erscheinung; dem Fremden machte er anfänglich den Eindruck eines
sehr kühlen, zurückhaltenden Charakters. Aber unter dieser äusseren Reservirt-
heit verbargen sich ein reiches Geistesleben, eine grosse Belesenheit nicht
nur auf militärischem Gebiete und wahre Herzensgüte, Eigenschaften, die sich
denen bereitwillig erschlossen, die dem General näher treten durften. Sein
Andenken bleibt in der Armee in Ehren!
V. Frobel.
Bunsen, Robert Wilhelm, * 31. März 181 1 zu Göttingen, f 16. August
1899 zu Heidelberg, Naturforscher, Professor. B.'s Name ist weit über die
Kreise der engeren Fachgenossen hinaus bekannt und in Verbindung mit dem
seines Freundes Kirchhoff berühmt geworden. Verknüpft sich doch selbst
für den der Naturwissenschaft ferner Stehenden mit den Namen Bunsen und
Kirchhoff die Erinnerung an eine der grossartigsten Entdeckungen des ver-
flossenen Jahrhunderts: an die Spectralanalyse. Aber diese geniale Arbeit
zweier grosser Geister findet unter den Werken B.'s ebenbürtige Geschwister,
die freilich dem grossen Publikum weniger bekannt sind. Ein grosser Theil
von ihnen hat ebenso befruchtend und fördernd auf die wissenschaftliche
Physik und Chemie, wie andrerseits auf die Technik, im weitesten Sinne ein-
gewirkt. Denn, neben grosser mathematisch-philosophischer Begabung besass
B. im seltenen Grade technische Fertigkeit und Blick für Verbesserung der
Bunsen.
J93
Arbeitsmethoden. Man weiss nicht, ob man mehr die Grossartigkeit der
B.'schen Fragestellung und die geistreiche Durchführung der Gedankenkette
in seinen Arbeiten bewundern soll oder die souveraine Leichtigkeit und das
fast unglaubliche Geschick, mit dem er Schwierigkeit für Schwierigkeit zu
tiberwinden wusste. Dabei besass er eine nie ermüdende Arbeitskraft und
Aufopferungstähigkeit für seine Sache, welche ihn sogar alle persönlichen
Strapazen und selbst ernste Gefahr vergessen Hess.
Neben den grossen Arbeiten, welche seinen Namen der Welt bekannt
gemacht haben, hat B. zahllose Untersuchungen von speciellem Interesse an-
gestellt; so über die bei der Gewinnung von Eisen und Kupfer im Hoc.hofen
sich abspielenden Processe, sowie über den Vorgang bei der Verbrennung
des Schiesspulvers. Er erfand eine grosse Anzahl von Apparaten, welche
heute in den wissenschaftlichen und technischen Laboratorien gebraucht
"werden, ohne dass die Jüngeren oft wissen, von wem sie stammen. Sie sind
Allgemeingut geworden, wie der bekannte »Bunsenbrenner«, welcher ja
gerade jetzt im Haushalt nicht nur der Familie sondern ganzer Städte überall
Verwendung findet: die Gaskocher und Gasherde werden durch Bunsenbrenner
gespeist, ebenso auch die Glühkörper des Auerlichtes durch die Flammen
von Bunsenbrennern zum Leuchten gebracht.
Die erwähnten technischen Verbesserungen fand B. nebenbei, während
er mit grossen experimentellen Arbeiten seiner Wissenschaft beschäftigt war.
Diese selbst liegen zum grössten Theil auf dem Grenzgebiet von Chemie und
Physik, sind aber Gemeingut auch anderer Disciplinen geworden. Der Geologe
arbeitet mit B.*s Methoden so gut wie der analytische Chemiker, der Astro-
nom wie der Physiker.
Bei alledem war B. keineswegs ein trockener Naturwissenschaftler, viel-
mehr ein feinsinniger Freund und Beobachter der Natur, der mit inniger
Liebe und Freude ihre Schönheiten aufsuchte. Dafür sprechen eine Reihe
ausgedehnter Fuss Wanderungen und Reisen, die er bereits als junger Mensch
während seiner Studienzeit unternahm, sowie überhaupt die Lust am Wandern
in schöner Gegend, die er bis ins Greisenalter behielt. Als er zu schwach ge-
worden war, seinen eigenen Füssen zu trauen, da Hess sich der Alte fast täglich
hinausfahren, um vom Heidelberger Schloss und seiner Umgebung sein geliebtes
Land überschauen zu können. Nicht Wunder, dass er auch künstlerisch
einen feinen Geschmack besass und sich mit den Erzeugnissen italienischer
Kunst in seinem Arbeitszimmer umgab.
So innerlich reich B.'s lieben war, so einfach und schlicht ist es, äusserlich
betrachtet, verlaufen. Geboren in Göttingen als Sohn des dortigen Bibliothekars
und Universitätsprofessors für neuere Sprachen, Christian Bunsen und dessen Frau
Friederike geborene Quensel, brachte er die ersten I^ebensjahre im Eltern-
hause zu. Dort genoss er das Glück eines herzlichen Familienlebens und an-
regenden geistigen Verkehrs; so kam er dort mit dem entfernt verwandten
späteren »Ritter« Christian Karl Josias Bunsen zusammen. Der Umstand,
dass der Vater vielfach junge vornehme Ausländer als Pensionäre im Hause
hatte, gab ihm Gelegenheit, sich in der Kenntniss fremder Sprachen zu
vervollkommnen. Ueber Kindheit und Jugend liegen sonst nur wenige
dürftige Nachrichten vor. B. selbst erzählt, er sei als Junge von äusserst
reizbarem, heftigem Temperament gewesen und habe mehrfach deshalb in
der Schule Conflict gehabt. Dann habe ihn nur seine Mutter, der er stets
mit rührend zärtlicher Liebe zugethan war, durch gütliches Zureden be-
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. Ij
194
Bunsen.
schwichtigen können. Derartige Reibungen mögen auch der Grund gewesen
sein, warum er nicht in Göttingen, sondern in dem benachbarten Holzminden
die Prima des Gymnasiums absolvirte und dort das Examen ablegte. Dann
studirte er in Göttingen, Paris, Berlin und Wien Chemie, Physik und Geologie.
In Göttingen verfasste er eine Arbeit: Enumeratio ac descriptio hygrome-
trorum, welche mit dem königlichen Preise gekrönt wurde und B. den Doctor-
titel eintrug. Am 25. Januar 1834 habilitirte er sich in Göttingen mit einer
von dem berühmten Physiker Wilhelm Weber begutachteten Arbeit, hielt drei
Semester lang öffentliche Vorträge und vertrat später von 1835 ^^ ^^" ^^"
mals verstorbenen Chemiker Strohmeyer im chemischen Institut mit Vor-
lesungen über theoretische und praktische Chemie. Während dieser Zeit
entstand eine Arbeit, welche B.'s Namen wohl zuerst in weiteren Kreisen
bekannt machte: sie enthielt die Angabe eines aus Magnesia und Eisenoxyd
bestehenden Gegenmittels bei Arsenikvergiftungen, welches unter dem Namen
Antidotum Arsenici noch heute in den Apotheken gehalten und von keinem
anderen Mittel übertroffen wird. Seine Wirkung beruht auf der Unlöslichkeit
der im Magen nach Einfuhr des Gegenmittels sich mit Arsenik bildenden
Salze. Im Januar 1836 wurde B. als Nachfolger des nach Göttingen be-
rufenen Wöhler Lehrer der Chemie an der höheren Gewerbeschule in
Cassel. Drei Jahre später siedelte er als ausserordentlicher Professor an die
Universität Marburg über, wo er 1841 zum Ordinarius ernannt wurde. Hier
versammelte er bereits eine Reihe hervorragender Schüler um sich, zu denen
die Chemiker Kolbe, Frankland, Debus, der Physiker Tyndall und Andere
gehörten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Breslau zog er 1852 nach Heidel-
berg, wohin er als Nachfolger Gmelins berufen worden war. Das eine Jahr
in Breslau war jedoch für B. von grösster Bedeutung, da er dort den Freund-
schaftsbund mit Kirchhoff schloss, welcher später für die Wissenschaft so
köstliche Früchte tragen sollte. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass
1854 der junge Kirchhoff nach Heidelberg und damit an die Seite B.'s be-
rufen wurde.
Bereits im Casseler Laboratorium hatte B. eine Arbeit begonnen, welche
jedoch zum grössten Theil in die Marburger Zeit fällt, die einzige auf
organisch-chemischem Gebiete, die er publicirt hat. Aber gerade sie ist be-
zeichnend für die Art, wie B. arbeitete; denn einmal ist sie für die Auf-
fassung organischer Verbindungen von bahnbrechender Bedeutung geworden,
und zweitens gab gerade sie Gelegenheit zur höchsten Entfaltung experimen-
tellen Geschickes, weil sie die am schwierigsten zu handhabenden Stoffe be-
handelt. Durch diese Arbeit zeigte B., dass im Verhalten der Stoffe, welche
die todte und belebte Welt zusammensetzen, kein principieller Unterschied
besteht, sondern beide nach den nämlichen Gesetzen aufgebaut seien. Diese
heute allgemeine Erkenntniss stand damals im Mittelpunkte des Interesses
und hatte zu lebhaften Controversen Veranlassung gegeben. War es doch
erst wenige Jahre vorher Wöhler geglückt, zum ersten Mal ein Product
thierischen Stoffwechsels künstlich darzustellen.
Nachdem man sich gegen Ende des 18. und im ersten Anfang
des 1 9. Jahrhunderts hauptsächlich und fast ausschliesslich mit den einfacheren
Körpern, den Stoffen der unbelebten Welt beschäftigt hatte, fing man im
19. Jahrhundert an, das Wesen der den Thier- und Pflanzenkörper zu-
sammensetzenden Stoffe zu Studiren. Während man jedoch für die »an-
organischen« Körper bald zu bestimmten Anschauungen über die ihre Zu-
Bunsen.
195
sainmensetzung beherrschenden Gesetze gelangte, glückte dies für die »orga-
nischen« nicht. Man nahm deshalb an, dass eine besondere Kraft, »die
Lebenskraft«, die Bildung der die Organismen zusammensetzenden Stoffe beein-
flusse und schrieb ihr eine Wirkung zu, von der man sich nicht weiter Rechen-
schaft zugeben wusste. Trotz der bereits erwähnten im Jahre 1828 erfolgten Dar-
stellung eines »organischen« Körpers durch Wöhler hielt man dennoch an
der Annahme der »Lebenskraft« als eines die Zusammensetzung der organi-
schen Welt beeinflussenden Agens fest und glaubte, dass die »organischen«
Körper doch eine ganz andere »chemische Constitution« haben müssten als
die anorganischen. Als man dann später mehr und mehr Aehnlichkeiten im
Verhalten beider Körperklassen fand, half man sich durch die Annahme, dass
in den organischen Körpern gewisse Atomcomplexe dieselbe Rolle spielten,
wie in den anorganischen, die nicht mehr zerlegbaren Elemente. Diese
»Elemente« der organischen Körper nannte man im Gegensatz zu den Bau-
steinen der anorganischen »zusammengesetzte Radicale«. Diese Theorie
bedeutet einen gewaltigen Schritt vorwärts, — aber es fehlte noch an
hinreichenden Beweisen für die Existenzberechtigung derselben. Hier setzt
B.'s Arbeit ein; ausgehend von rein chemischen Erwägungen wurde sie
zur Hauptstütze der besprochenen »Radicaltheorie« und verdient daher
allgemeines Interesse. B. hatte sich an die Untersuchung einer den Che-
mikern bereits seit dem Jahre 1760 bekannten Substanz der »Cadetschen
Flüssigkeit«, welche bei der Destillation von arseniger Säure mit essig-
sauren Salzen entsteht, herangewagt und wollte versuchen, ihre Zusammen-
setzung zu ermitteln. Dieses Unternehmen war in der That ein Wagniss,
denn alle Unannehmlichkeiten, welche ein Körper seinem Untersucher ent-
gegensetzen kann, besass diese von Anderen unberührte merkwürdige Flüssig-
keit: unangenehmen Geruch, furchtbare Giftigkeit, die Eigenschaft, an der
Luft zu rauchen und Feuer zu fangen! Aber all' diese Gefahren und Un-
annehmlichkeiten scheute B. nicht. Es gelang ihm, zunächst eine aus Kohlen-
stoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Arsen bestehende Verbindung zu isoliren
und andere, ähnliche, mit dieser in Beziehung stehende zu gewinnen. Die
einfachste von diesen, welche nur die Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Arsen
enthielt, ist eine an der Luft sich von selbst entzündende Flüssigkeit. Sie
wurde wegen ihres entsetzlichen Geruches Kakodyl (xQCxa>87]c = übelriechend) ge-
nannt. Dieses Kakodyl war nun ein organisches »Radical« im oben be-
sprochenen Sinne, und von ihm Hessen sich die anderen »Kakodylverbindungen«
ableiten; das Kakodyl selbst verhielt sich wie ein »wahres elektro-positives
Element«, und die Kakodylverbindungen wie Verbindungen der anorga-
nischen Welt. B hat selbst die Bedeutung dieser Thatsachen durch folgen-
den Satz gewürdigt: »Sie (die Kakodylverbindungen) bieten Erscheinungen
dar, welche uns die Ueberzeugung gewähren müssen, dass sich weder die
Verwandtschaft selbst noch die Verhältnisse, unter denen sie in Wirksamkeit
tritt, bei den Verbindungen der lebenden und todten Natur verschieden dar-
stellen«.
Bei dem Arbeiten mit einer der gefährlichen explosiven Verbindungen
büsste B. die Sehkraft eines Auges ein.
Während er mit diesen schwierigen und umfangreichen Arbeiten be-
schäftigt war, entstand eine zweite, bereits erwähnte Arbeit, welche B. zu-
nächst im Auftrage der kurfürstlich hessischen Oberbergdirection ausführte,
und welche darauf ausging, die Vorgänge im Eisenhochofen zu studiren. Sie
13*
196
Bunsen.
ist jedoch weit über den Rahmen der gestellten Aufgabe hinaus wichtig fiir
die Chemie geworden, weil sie Veranlassung zur Ausarbeitung von Gasunter-
suchungsmethoden wurde. Diese nach neuem Plan und mit neu erdachten
Hilfsmitteln durchgeführten Untersuchungen haben B. lange Jahre und zu
wiederholten Zeiten beschäftigt und stehen ihrerseits in Verbindung mit Re-
sultaten anderer Forscherarbeit, welche der Gelehrte als Entdekungsreisender
auf einer Studienreise nach Island ausgeführt hat. Diese Reise, während der
Marburger Zeit 1846 unternommen, war von dem Geologen Sartorius von
Waltershausen veranstaltet worden, und B. erbat sich einen sechsmonatigen
Urlaub, um die Thätigkeit der isländischen Vulkane und Geiser zu studiren.
In der That gelang es B., für die bis dahin unverstandene intermittirende
Thätigkeit jener merkwürdigen Quellen eine Erklärung zu finden: er zeigte, dass
das Geiserphänomen auf die Ueberhitzung des unter starkem Druck aus der
Tiefe aufsteigenden Wassers zurückzuführen ist, dessen Temperatur er zu 127,5 ®
Celsius bestimmte, also 27,5 ® höher als der gewöhnliche Siedepunkt des Wassers.
Während der ganzen Marburger Zeit sowie in Breslau beschäftigte B. die
weitere Ausarbeitung der auf Island gemachten Entdeckungen, namentlich die
Erklärung der merkwürdigen geologischen Beschaflfenheit der Insel und die
Untersuchung zahlloser Gesteinsarten. Die Publikationen »Ueber den Einfluss
des Druckes auf die chemische Natur der plutonischen Gesteinsbildung«,
»Ueber den Process der vulkanischen Gesteinsbildung« und andere mehr
zeigen uns B.'s ausserordentliche geologische Kenntnisse. Der dreieinhalb-
monatige Aufenthalt auf der Insel war zum Theil mit ausserordentlichen
Anstrengungen und Entbehrungen verbunden, welche seinem Körper jedoch
nicht schadeten, da er schon durch frühere ausgedehnte Märsche seine Ge-
sundheit in seltenem Grade gestählt hatte. So brach er als Student im Mai
1833 von Paris auf und wanderte über Clermont, Lyon, Genf, Chamonix
durch die ganze Schweiz zu Fuss, wobei täglich 10 bis 12 Stunden zurück-
gelegt wurden; schliesslich über den Arlberg, Innsbruck, Salzburg nach Wien,
wo er vom Juli bis September blieb und dann durch Niederösterreich,
Mähren über Prag, Dresden, Freiburg und Leipzig nach Göttingen zurück.
Bis zu seiner Heidelberger Zeit beschäftigten B. neben den erwähnten
grossen Arbeiten noch zahlreiche kleinere, welche fast alle von hervorragender
Bedeutung, sei es für die Technik, sei es für wissenschaftliche Physik und
Chemie geworden sind. So construirte er ein nach ihm benanntes gal-
vanisches Element, welches bis zur Einführung der Dynamomaschine das be-
quemste Mittel zur Erzeugung elektrischer Ströme war und mit dessen Hilfe
es ihm gelang, ein helles elektrisches Licht erstrahlen zu lassen. Das von
ihm erfundene Photometer hat sich allgemein eingebürgert und wird noch
heute in Gasanstalten und elektrischen Lichtwerken zur Prüfung der Licht-
stärke von Gas- oder elektrischen Lampen benutzt. Im Jahre 1849 theilte
B. einen einfachen Versuch mit, welcher beweist, dass reines Wasser in
dicken Schichten eine blaue Farbe besitzt. Damit war die blaue Farbe von
klaren Bergseen, sowie das Phänomen der blauen Grotte in Capri erklärt.
Vor Mittheüung des Versuches hatte man daran gedacht, die blaue Farbe
der Anwesenheit fremder Beimischungen zuschreiben zu müssen.
Aus der Heidelberger Zeit stammen die Arbeiten, welche B. zu den
Fürsten unter den Gelehrten erhoben und ihm auch viele äussere Ehrungen
eintrugen. Ausgezeichnet wie selten ein Gelehrter — u. a. durch den Titel
Excellenz — war es ihm stets peinlich, wenn er seine vielen Orden und
BuDsen. lo^
Ehrenzeichen anlegen miisste, und man sah ihn dann selbst im hohen Sommer
mit hochaufgeschlagenem Ueberzieher rasch und heimlich durch die Strassen
Heidelbergs dahineilen. Rührend äusserte er sich, als ihm einst ein hoher
Orden überbracht wurde, indem er bemerkte, dergleichen habe für ihn nur
Werth gehabt, weil seine Mutter sich darüber freute, und die sei jetzt todt.
Einfach, wie sein Wesen, war auch B.'s Vortrag. Er sprach meist in
kurzen Sätzen und experimentirte viel. Seine Lehrthätigkeit nahm er bis
ins hohe Alter hinein ernst und verschmähte es nicht, dem Anfänger die
Handhabung der oft von ihm selbst eingeführten Apparate geduldig zu zeigen.
Er unterrichtete lediglich anorganische Chemie und verhielt sich in den
späteren Jahren dem gewaltigen Aufschwünge der organischen Chemie gegen-
über, welcher besonders durch die grossen Entdeckungen Kekuld's eingeleitet
wurde, vollständig passiv. Bald nach seiner Berufung nach Heidelberg musste ein
neues Laboratorium geschaffen werden, da die Räume des alten Gmelinschen
Instituts nicht mehr ausreichten. In dem neuen 1855 eröffneten Institut be-
gann nun ein selten reges und arbeitsames Leben. Männer, deren Namen
bald zu den ersten in der chemischen und physikalischen Wissenschaft gezählt
wurden, wie Landolt, Lothar Meyer, Pebal, Quincke, Roscoe, Beilstein,
Carrus, Lieben, Baeyer trafen sich damals in Heidelberg. In den letzten
Jahren zog sich B. immer mehr auf die Lehrthätigkeit im Laboratorium
zurück, während er die älteren Schüler nicht mehr so wie anfangs an seinen
Arbeiten theilnehmen Hess und mehr für sich lebte. Im Jahre 1889 legte
er sein Amt als Professor nieder seinem Wunsche gemäss wurde sein früherer
Assistent und Schüler Victor Meyer an seine Stelle berufen.
Den Gipfelpunkt wissenschaftlichen Erfolges errang B. während seiner
Heidelberger Zeit, die hauptsächlich durch zwei epochemachende Arbeiten
ausgefüllt wird: die photochemischen Untersuchungen und die Spectral-
analyse.
Die erstere Arbeit führte er gemeinsam mit Roscoe durch und beschäftigte
sich zwölf Jahre lang mit der Ausarbeitung der einzelnen gestellten Fragen. Er
hatte sich zur Aufgabe gemacht, die chemischen Wirkungen der Lichtstrahlen zu
untersuchen und ihre Gesetzmässigkeiten festzustellen. Ausser der Einwirkung auf
unsere Sinne als Licht und Wärme besitzen die Sonnenstrahlen Einfluss auf che-
mische und biologische Processe. Die Pflanze wächst nur am Licht, das heisst der
chemische Process der Aufnahme und Assimilation von Nahrungsmaterial geht
nur vor sich, w^enn der Pflanze Energie durch die Lichtstrahlen zugeführt
wird. Das Bild, welches der Lichtstrahl auf der photographischen Platte
zeichnet, ist das Product einer chemischen Umsetzung, hervorgerufen durch
die Bestrahlung. B. und Roscoe zeigten nun, dass die Strahlen, welche
chemische Processe hervorrufen, der gleichen Gesetzmässigkeit unterliegen,
wie die als «Lichtstrahlen» schon längst bekannten und untersuchten; es gelang
ihnen, Strahlen von verschiedener Wellenlänge in der Intensität ihrer chemischen
Einwirkung zu prüfen, und sie gelangten dabei zu dem merkwürdigen Ergebnisse,
dass Strahlen, welche unser Auge nicht mehr zu bemerken im Stande ist,
noch sehr lebhafte chemische Einwirkung besitzen, eine Thatsache, mit der
heute jeder Photograph rechnen muss. Die Frage wurde nach der physi-
calischen Seite hin durchgearbeitet, aber auch der Einfluss auf klimatologische
und meteorologische Verhältnisse geprüft. Der Einfluss der Tageszeit, so-
wie der der geographischen Breite auf die Intensität der chemischen Licht-
einwirkung wurde hier zuerst untersucht.
198
BunscQ.
Die zweite Entdeckung, welche er, wie schon erwähnt, gemeinsam mit
seinem Freunde Kirchhoff ausführte, wurde im Jahre 1 860 veröffentlicht. Die
Grundlage der Speck tralanalyse beruht in Kürze auf folgenden Thatsachen:
Alle glühenden flüssigen oder festen Körper strahlen ein Licht aus, welches
durch das Newtonsche Prisma in seine einzelnen Bestandtheile zerlegt wird und
sich als buntes in den Farben des Regenbogens erscheinendes Lichtband —
»Spectrum« — darstellt; die gasförmigen Körper dagegen strahlen, wenn sie er-
hitzt werden, ein Licht aus, dessen Spectrum nicht aus einem Band bunter Farben,
sondern nur aus einzelnen farbigen Linien besteht. Diese Linien, ihre Zahl, Farbe
und Lage, sind von der chemischen Beschaffenheit des strahlenden Gases abhängig
und können daher als Erkennungsmittel desselben resp. des vergasten Körj^ers
dienen. Die Erkenntniss dieser Dinge wurde von weittragendster Bedeutung
nicht nur für Chemie und Pysik, sondern auch für die Astronomie. In Ver-
bindung mit einem von Kirchhoff gefundenen Fundamen talsatz über den Ein-
fluss eines durchsichtigen Körpers auf das ihn durchstrahlende Licht führte sie zu
der Folgerung, dass die Sonne aus einem glühenden festen oder flüssigen
Körper besteht, welcher von einer Hülle gleichfalls glühender Gase umgeben
sein müsse. Es gelang, in dem nicht nur von der Sonnenatmosphäre, sondern
auch von den meisten Fixsternen, Sternhaufen und Nebelflecken ausgehenden
Licht dieselben Spectrallinien wie in dem auf der Erde erzeugten Licht nach-
zuweisen, und man kam so zu der überraschenden Erkenntniss, dass die jene fernen
Weltkörper zusammensetzenden Stoffe dieselben wie die unseres irdischen Planeten
sein müssten. Aber auch die Chemie des Erdballes hat durch die Spectral-
analyse Bereicherungen erfahren. Mit einem so ausserordentlich feinen Hilfs-
mittel fand man Elemente, welche bis dahin unbekannt gewesen waren, und
stellte anderseits fest, dass viele früher für selten gehaltene Elemente überall
in der Natur vorhanden sind, aber in so geringer Concentration, dass sie
anderen Untersuchungsmethoden entgehen. Bunsen selbst entdeckte mittels
seiner Methode sofort zwei neue Elemente: Caesium und Rubidium, denen
später eine ganze Anzahl folgten und damit mehrere schon lange gefühlte
Lücken in der Reihe der durch die Theorie geforderten Zahl der Elemente
ausfüllten.
Bis zum Schlüsse seiner Thätigkeit beschäftigte B. das Vorkommen
der seltenen Elemente in Gesteinsarten und Mineralwässern, wie er denn eine
Unzahl von Mineralanalysen ausgearbeitet und zahlreiche kleinere und grössere
Verbesserungen im Gang der chemischen Analyse eingeführt hat. In den
letzten Jahren trat seine alte Vorliebe für Physik und Geologie wieder mehr in
den Vordergrund. So hat er, ein 7 6 jähriger Greis, noch ein neues Calori-
meter construirt, nachdem er vorher im Jahre 1870 ein Eiscalorimeter er-
funden und mit seiner Hufe wichtige Untersuchungen ausgeführt hatte.
In der kurzen Skizze konnten längst nicht alle Arbeiten B.'s besprochen,
ja nicht einmal erwähnt werden, aber schon die wenigen genannten geben
einen Begriff von der enormen Arbeitskraft und dem Gedankenreichthum des
grossen Forschers. Wo B. eine Arbeit angriff, da hat er fördernd und be-
fruchtend auf die Wissenschaft eingewirkt; aber auch auf den Unterricht und
die Erziehung einer Jüngern Generation von Naturforschem werden seine
Methoden und seine Schulung noch lange ihren Einfluss behalten.
Vgl. Th. Curtius, Gedächtnissrede (Heidelberg): R. Meyer, Nachruf (Natur-
wissenschaft!. Rundschau).
Richard Meyer.
Blumenau.
199
Blumenau, Hermann, Dr. phil., der Gründer der südbrasilischen Colonie
gleichen Namens, * am 26. December 181 9 in dem kleinen braunscliweigischen
Harzstädtchen Hasselfelde als Sohn des dortigen Bergwerks-Oberförsters und
späteren Forstrathes Karl Friedrich Blumenau, f am 30. October 1899 in
Braunschweig im hohen Alter von achtzig Jahren. — B. erhielt den ersten
Unterricht auf der Schule der kleinen Harzstadt. Dann wurde er zu seiner
weiteren Bildung dem Pastor A. L. Götting in Klein-Winnigstedt in Pension
gegeben und seit dem Jahre 1830 besuchte er das Gymnasium Martino-
Catharineum in Braunschweig, das er Mitte des Jahres 1 836 aus Obersecunda
verliess, um sich dem Apothekerberufe zu widmen. Er kam als Lehrling
nach Erfurt, trat hierauf später in eine chemische Fabrik ein; daran schloss
sich ein Studium auf der Universität Erlangen und hier wurde er im März
1846 zum Doctor der Philosophie promovirt. Doch der Apothekerberuf und
die stille Arbeit im Laboratorium sagten dem untemehmungs- und wander-
lustigen jungen Manne wenig zu ; sein reger Sinn für NatunÄ'issenschaft und das
damals in Deutschland auftretende Auswanderungsfieber erweckten in ihm
die Lust, überseeische Länder kennen zu lernen. Auf Alexander v. Humboldts
Empfehlung trat er deshalb im Jahre 1846 in den Dienst des Hamburger
Colonisationsvereins und war bei den Vorarbeiten zu der Einrichtung der
brasilischen Colonie Dona Francisca in der Provinz St. Catharina auf den
Ländereien des Prinzen Joinville thätig. Als seine Pläne und Hoffnungen
ftir eine Colonisation in Brasilien von Seiten der preussischen Regierung
nicht in Erfüllung gingen, entschloss er sich, selbst eine deutsche Colonie
anzulegen. Er erwarb in der Nähe der Colonie Dona Francisca, im frucht-
baren Flussgebiete des Itajahy, günstig gelegene Ländereien und im September
1850 begann er hier mit 17 Personen sein Werk. Die Entwickelung der
Colonie war in der ersten Zeit sehr unbedeutend — in den nächsten Jahren
folgten nur 8, 52, iio, dann 53 und 28 Personen — , denn wenn B.
der Colonie auch sein ganzes Privatvermögen von etwa 16000 Thalern
opferte, so waren diese Geldmittel im Verhältniss zu einem so grossen Unter-
nehmen doch nur gering, und die brasilische Regierung verhielt sich der
jungen Colonie gegenüber ziemlich kühl. Nichtsdestoweniger setzte B. mit
grosser Ausdauer und einer wahrhaft bewunderungswürdigen Aufopferung
sein einmal begonnenes Werk, trotz vieler Missgeschicke und harter Verluste
von aussen und fast unüberwindlicher Hindernisse von innen, fort. Im
Jahre 1860 wurde die Colonie, die damals 700 — 800 Bewohner zählte, auf
Wunsch von B. von der brasilischen Regierung käuflich übernommen, und
Dr. B. wurde als Coloniedirector mit der Weiterverwaltung betraut. Die
Fortschritte der Colonie waren nun grösser; im Jahre 1865 zählte sie bereits
etwa 2600 Bewohner. Um im Auftrage der brasilischen Regierung für
Colonialzwecke thätig zu sein, kam Dr. B. im Jahre 1867 nach Deutschland
zum Besuche und war hier nun eifrig für die Auswanderung nach Südbrasilien
thätig. Besonders wies er auch die Angriffe des Consul Sturz in Berlin,
der heftig gegen die Auswanderung nach Brasilien loszog, zurück. Unter
seinem persönlichen Einflüsse entschieden sich in der Zeit vom October 1867
bis Juni 1869 983 Personen für die Colonie Blumenau. Den Aufenthalt in
der Heimat benutzte er zugleich, sich im Jahre 1867 in Fräulein Bertha
Repsold in Hamburg eine Lebensgefährtin zu wählen. Erst im Jahre 1869
kehrte er mit seiner Familie nach Brasilien zurück, wo er nun noch bis zum
Jahre 1880 die Verwaltung der Colonie führte. In diesem Jahre wurde die
200 Blumenau. Spies.
Colonie, in der nun fast 15000 Personen, darunter etwa iiooo Deutsche,
angesiedelt waren, emancipiert, d. h. in die allgemeine Verwaltung des
brasilischen Staates aufgenommen. Noch vier Jahre verblieb B. in der
Colonie, dann siedelte er im October 1884 im Interesse seiner Frau und
zweier Kinder, Sohn und Tochter, die schon zwei Jahre früher die Reise an-
getreten hatten, nach Deutschland über und nahm hier in seiner alten Heimat,
der Stadt Braunschweig, seinen Wohnsitz, wo er still und zurückgezogen bis
zu seinem Tode lebte. Grosse Sympathie hegte er naturgemäss für die Ent-
wicklung der deutschen Colonien; aber die Art und Weise, wie deren An-
lage vielfach betrieben ward, sagte ihm als alten Praktiker nicht zu. Er griff
jedoch nicht mehr mit seiner früher so raschen Feder ein, denn mit dem
zunehmenden Alter hatten sich die Gebrechlichkeiten des Körpers eingestellt,
wozu namentlich eine starke Schwerhörigkeit zählte.
Im Herbst 1900 sind 50 Jahre seit der Gründung der Colonie Blumenau
verstrichen; dieselbe zählt jetzt etwa 40000 Bewohner, darunter gegen 30000
Deutsche. Schon rüstete man dort zur Feier des Jubiläums; der Verstorbene
sollte nicht mehr die Freude haben, dies zu erleben; aber in die deutsche
Colonialgeschichte wird Dr. Hermann Blumenau als einer der wackersten
Pioniere des Deutsch thums im Auslande eingezeichnet werden.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung No. 45 vom 9. November 1899. Export, No. 49, 1899
mit zwei Portraits. — Deutsch-Brasilische Nachrichten No. i vom i. Januar 1900 mit Por-
trait (von W. Wolkenhauer). — Braunschweigisches Magazin, No. 4 und 5, 1900 (von
H. Grussendorf).
W. Wolkenhauer.
Spies, Ignaz, elsässer Politiker, ♦ 20. December 1831 zu Schlettstadt, f eben-
da an>2 7.auf 28. Juli 1899. ^^ absolvirte 1840 — 1849 am College daselbst und am
kleinen bischöflichen Seminar zu Strassburg die Gymnasialstudien, ging aber
in den Kaufmannsberuf und arbeitete da mehrere Jahre zu I^yon, bis er
daheim des Vaters Colonialwaaren- Engrosgeschäft mit seinem Bruder über-
nahm. Mit grosser Einsicht und Unternehmungslust hat er es bis 1885 geleitet.
Erst 2 6 jährig, trat er in der Geburtsstadt als Beigeordneter des Maire und
Mitglied des Kreistags ins öffentliche Leben und stürzte sich bald energisch
in den Wahlkampf für den volksthümlichen Candidaten gegen den Notabein
Baron Zorn v. Bulach sen., den der napoleonischen Regierung. Im September
1870, nach der Proklamirung der III. Republik, gehörte er zur Deputation,
die dem Grafen Henry Chambord in Luzern die Königskrone antrug, zog sich
aber nach dem Frankfurter Frieden öffentlich ganz von der Politik zurück.
Erst 1886, zum Mitgliede des Bezirkstags für Unter-Elsass und Ehrenbürger-
meister seiner Vaterstadt gewählt, trat er wieder in die Arena und zwar im
protestlerischen, extrem -clerikalen Sinne. Sein ausgedehntes persönliches
Ansehen brachte ihn bald mit an die Spitze des »Katholischen Volksvereins
für Elsass- Lothringen«, und als dessen Obmann betrieb er* eifrig den möglichst
engen Anschluss an die katholische Centrumspartei im Reiche. Mit ausser-
ordentlicher Rührigkeit betheiligte sich S. an der Ausbreitung des katholisch-
politischen Vereinslebens in seinem Heimathlande und verschmolz damit
dauernde Hinneigung zum ehemaligen Vaterlande Frankreich. So befehdete er
bei der Reichstagswahl 1893 den Regierungscandidaten Kreisdirector Pöhl-
mann, seinen Vorgesetzten, leidenschaftlich, wurde darob, unter lauter Ent-
rüstung der clerikalen und protestlerischen Kreise und Blätter, seines Bürger-
Spies. Volz. 20 1
meisterpostens, obzwar vielfach bewährt, sogleich enthoben, aber, nachdem
der Reichstag Pöhlmanns Wahl wegen amtlicher Beeinflussung cassirt hatte,
1896 mit grosser Mehrheit (die auch seinem Nachfolger Vonderscheer im
November 1899 treu blieb) gegen Pöhlmann selbst nach Berlin gewählt, wo
er in elsässisch-autonomistischem Sinne, dabei unbedingt an die Centrumsfraction
angelehnt, auftrat. Trotz scharfer Oppositionsstellung und regelmässiger
parteiisch verbohrter Angriffe auf das altdeutsche Beamtenthum und andere
neue Einrichtungen im »Reichsland«, hat der persönlich makellose, höchst
gewissenhafte und geschäftsgewandte Mann, besonders im Landesausschuss in
vielen Einzelfragen socialer und anderer Art einmüthig mit seinen Gegnern
und der Regierung des Statthalters Hohenlohe für das Gemeinwohl gewirkt.
Die »ungläubige« oder » protestantische <^ Universität zu Strassburg und die
materielle Existenz des »preussischen« Be«amtenapparats waren bei seinen
meisten heftigen Ergüssen dem radikal -clerikalen Elsässer der Dorn im Auge.
In dem aufgefrischten kleinen ^>Culturkampf« des Reichslands war S. ein
»Rufer im Streit«, vielleicht die markanteste Persönlichkeit.
Nekrologe in den clsass- lothringischen (besonders »Strassburger Post«) und den
grossen reichsdeutschcn Zeitungen, knappe Daten mit Portrait bei J. Kürschner, Der
neue Reichstag 1898 ( — 1903), S. 388.
Ludwig Fränkel.
Volz, Berthold y Dr. phil., Professor und Director des Königl.
Friedrichs-Gymnasiums in Breslau, * den 30, Juli 1839 zu Rügenwalde in
Pommern, f den 1. December 1899 in Breslau. — V. erhielt seine Gymnasial-
bildung in Cöslin und studirte dann in Berlin und Greifswald Philologie.
In Greifswald ])romovirte er am 16. Februar 1861 magna cum laude mit der
Dissertation »de Vesegotharum cum Romanis conflictionibus post mortem
Flavii Theodosi Jexortis« und legte ebendaselbst zwei Tage später die
Prüfung für das höhere Lehramt ab. Als Cand. prob, war er dann in Cöslin
und Stolp thätig. Von Ostern 1862 ab war er ord. Lehrer am Gymnasium
in Cöslin, ging Ostern 1864 an das Friedrichs-Gymnasium in Schwerin i. M.,
Ostern 1868 als dritter Oberlehrer an das Gymnasium in Mühlhausen i. Thür.
über und wurde Ostern 1870 als erster Oberlehrer und Inspector adjunctus
an das Königl. Pädagogium der Frankeschen Stiftungen in Halle a. S. berufen.
Ostern 1872 wurde V. Director des Gymnasiums in Wittstock, Michaelis 1874
kam er als solcher an djus Victoria-Gymnasium zu Potsdam. Ostern 1893
tauschte er mit Professor Treu am Friedrichs-Gymnasium in Breslau. Nur
wenige Jahre war es ihm vergönnt, an der Spitze dieser Anstalt zu stehen
und dieselbe in dem neuen Gebäude, das Ostern 1896 bezogen wurde, zu
neuer Blüthe zu entwickeln und durch Angliederung der Reformklassen zu
vergrössern.
Neben seiner amtlichen Thätigkeit bekundete der Verstorbene auch
ein reges literarisches Schaffen, besonders auf geschichtlichem und geogra-
phischem Gebiete. Ausser zahlreichen Programm-Abhandlungen und Aufsätzen
in verschiedenen Zeitschriften schrieb er: »Grundnss für den ersten Geschichts-
unterricht auf Gymnasien«, 1865. »Die geographischen Entdeckungen und
Entdecker der neuesten Zeit in orientirender Ueberschau. Vorträge, am
Grossherzoglichen Hofe von Mecklenburg-Schwerin gehalten«, 1868; »Lectio-
narium für tägliche Schulandachten« (in Verbindung mit H. Stier), 2. Aufl,
202 Volr. Krückl.
1873. ^^i^ römische Elegie«, 2. Aufl. 1876. »Beiträge zur Geschichte des
Pietismus«, 1872. »Lehrbuch der Erdkunde«, 1876. »Stanley's Reise durch
den dunklen Erdtheil«, 1881. »Geschichte der neuesten Zeit«, 1882/84 und
2. Aufl. 1894/95. »Anfänge des Christenthums«, 1888. »Geographische
Charakterbilder«, 1886/88. »Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert«,
1891, 2. Aufl. 1898. »Unsere Colonien«, 1891; »Emins Paschas Entsatz«,
1891. »Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin« 1893. »Kaiser
Wilhelm der Grosse«, 1897.
Nach dem Rücktritt Alfred Kirchhoffs 1882 übernahm V. die Heraus-
gabe der neuen Auflagen von Daniels weit bekanntem Lehrbuch und Leit-
faden der Geographie. Von ersterem erschienen die Auflagen 64 bis 79,
von letzteren die Auflagen 146 bis 218 unter seinem Namen; auch von
dem grossen Handbuch der Geographie von Daniel besorgte V. eine neue
(6.) Auflage (1895/96). Doch die Schule und die literarischen Arbeiten
erschöpften noch nicht die Schaffenskraft des thätigen Mannes; auch an
vielen wissenschaftlichen und patriotischen Bestrebungen nahm er jeder Zeit
den regsten Antheil. So gehörte er u. a. dem Vorstande der Abtheilung
Breslau der Deutschen Colonial-Gesellschaft und dem Vorstande des Schlesischen
Hauptvereins der Gustav Adolf-Stiftung an. Diesem vielgestaltigen Wirken
wurde durch die Vorsehung ein menschlichem Ermessen nach zu frühes
Ende bereitet. Nachdem V. in Kissingen Heilung eines anscheinend leichteren
Leidens gesucht hatte, wurde ihm vom 24. November 1899 ab ein längerer
Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligt. Am 28. November
unterzog er sich einer lebensgefährlichen Operation; am i. December endete
ein friedlicher Tod sein an Arbeit, aber auch an Erfolgen reiches Leben.
Vgl. Schlesische Zeitung vom i. December 1899 "nd das Progr. des K. Friedrichs-
Gymn. zu Breslau 1900.
W. Wolkenhauer.
Krückl (oder Krükl), Franz, Sänger und Theaterdirector, * am 10. November
1841 zu Edlspitz in Mähren, f am 12. Januar 1899 zu Strassburg. Er studirte die
Rechte und erwarb die Qualifikation zum Staatsdienst und die juristische Doctor-
würde. Er stand schon in der juristischen Laufbahn, als ihn der, nicht lange ver-
storbene, Theaterkapellmeister Otto DessofF veranlasste, sich unter seiner Lei-
tung zum Bühnensänger auszubilden. Des feinsinnigen Baritonisten prächtige,
sowohl ausgiebige als ausdrucksvolle Stimmmittel riefen auf den Theatern zu
Brunn, Augsburg, Hamburg, Cassel und Cöln regelmässigen starken Beifall
hervor, bis sich K. 1885 als Gesangslehrer am Dr. Hoch'schen Conservatorium
zu Frankfurt a. M. niederliess. Im Jahre 1892 folgte er dem Rufe, Aloys
Prasch als Director des Strassburger Stadtheaters abzulösen. Nimmer müde, hat er
dort eine aufopfernde und aufreibende Thätigkeit im Interesse des ihm unterstell-
ten Instituts entfaltet. Es gelang ihm, die städtische Bühne in der Hauptstadt
Elsass-Lothringens im Ganzen erstaunlich rasch zu künstlerischer Höhe empor-
zuheben, womit er an seinem Theile eine bedeutsame Culturmission, die zurück-
erworbenen Reichslande für deutsches Geistes- und Kunstleben zu gewinnen, ent-
schieden förderte; auch gesellschaftlich eroberte er dem Strassburger Theater
ein Ansehen wie nie vorher, unterstützt insbesondere durch sein liebens-
würdiges, heiteres, feingebildetes Wesen. In richtiger Erkenntnis der, ja
damals vor einem Jahrzehnt fast überall beim deutschen Grossstadt-Publikum,
Krilckl. Paulitschke. 203
insbesondere aber bei der Elsässer Zuschauerschaft, der das deutsche reci-
tierende Drama noch fremdartig vorkam, überwiegenden Antheilnahme für
die Oper bevorzugte er diese, bei deren Aufführungen er meistens selbst als
Regisseur fungierte, allerdings auf Kosten des Schauspiels, und blieb nun,
bezüglich des letzteren, der nothgedrungenen Sachlage gemäss, hinter den
Ansprüchen eines analogen altdeutschen Auditoriums im Rückstände. Das
Verhältnis blieb schon ziffermässig bis in seine letzte Directionssaison dasselbe:
da entfielen auf die Oper 127, auf das Schauspiel im weitesten Sinne nur
loi Vorstellungen; nur acht aus der Gesamtzahl fanden in französischer Sprache
statt, ein gegen früher verschwindend geringer Bruch theil. Der Rastlose
erlag einem Schlaganfalle, nachdem noch der nur einen Tag Bettlägerige
von der Premiere der Rückauf'schen Oper »Die Rosenthalerin« Bericht em-
pfangen, an deren Inscenirung er alle Kraft verwendet hatte. Die Lage des
seiner Obhut unterstehenden Theaterpersonals in Strassburg hat K. nach Mög-
lichkeit, durch Dankbarkeit und Verehrung belohnt, verbessert, wie er auch
einer der Väter und Hauptförderer der segensreichen »Deutschen Bühnen-
genossenschaft« war. Die Rede von deren Vertretern, Schauspieler Corge und
Oberregisseur J. Savits, bei Einweihung des Grabdenkmals am 25. Mai 1900
bekundete die hohe Werthschätzung K.'s in den deutschen Bühnenkreisen.
K. veröffentlichte auch »Das deutsche Theater und sein gesetzlicher Schutz«
(1882). Den Namen liest man häufig ohne c.
Nachrufe in allen Strassburger, kürzere in den Theater- und Musikzeitungen; gute
Notizen aus Strassburg i. d. »Münchn. Neuest. Nachr.« No. 25 v. 1899 (n.) und No. 251
V. 1900 (I-,.). Bericht über die Denkmal-Feier i. d. »Strassburg. Bürgerztg.« v. 7. Mai 1900
(abgedr. Münchn. »Allg. Ztg.« v. 9. Mai, Abendbl.).
Ludwig Fränkel.
Paulitschke, Dr. Philipp, Kaiserl. Rath und Gymnasialprofessor in Wien,
Afrikareisender und tüchtiger Ethnograph, * am 24. September 1854 zu
Czermakowitz unweit Kromau in Mähren, f am 1 1 . December 1 899 in Wien,
erst 45 Jahre alt. — In den Jahren 1872 bis 1876 studirte P. an den Uni-
versitäten zu Graz und Wien Natur- und Sprachwissenschaften, Geographie und
Orientalia, wurde 1877 Gymnasiallehrer in Znaim und kam 1880 als
Gymnasialprofessor nach Wien, zuerst an das Staatsgymnasium in Hernais,
dann 1889 an das im VIII. Bezirke Wiens. Früh wandte sich P. geographischen
Studien zu, bis dann später die Ethnographie Afrikas sein Specialfach wurde.
Seine ersten Publikationen dienten dazu, ihn selbst auf seinem Arbeitsfelde
zu Orientiren; so die historische Arbeit »Geographische Erforschung des
afrikanischen Continents von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage« (Wien
1879, 2. Aufl. 1880) und das bibliographische Werk »Die Afrikaliteratur in
der 2^it von 1500 bis 1750. Ein Beitrag zur geographischen Quellenkunde«
(Wien 1882). Auf Grund dieser Arbeiten habilitirte sich P. 1883 zugleich
als Privatdocent für Geographie und Völkerkunde an der Wiener Universität.
Nachdem er grössere Reisen in Europa unternommen hatte, bereiste er im
Jahre 1880 Aegypten und Nubien und 1884 bis 1885 nahm er an einer von
Dr. K. von Hardegger ausgerüsteten Expedition in die Somäl- und Galla-
länder von Harar theil, von der er ein ausserordentlich werthvolles und
reiches ethnologisches Material mitbrachte. Mit grossem Fleisse hat P. dann
dies Material wissenschaftlich bearbeitet und wichtige und sehr werthvolle
Arbeiten darüber veröffentlicht. Als Hauptwerke sind zu nennen: »Beiträge
204 Paulitsc hke. Bohn. Petri.
zur Ethnographie und Anthropologie der Somäl, Galla und Harari (Leipzig
1886); »Harar. Forschungsreise nach den Somäl- und Gallaländern Ost-Afrikas
(Leipzig 1888); »Ethnographie Nordost-Afrikas. Die materielle und geistige
Cultur der Danakil, Galla und Somäl« (2 Bde., Berlin 1893 und 1896). Für
Hölders geographische Jugend- und Volksbibliothek schrieb er »Die afrikanischen
Neger« (Wien* 1879); für das Geographische Handbuch zu Andrees Hand-
atlas den Theil »Afrika commerciell , politisch und statistisch« (1882); für
Herders Geographische Bibliothek »Die Sudanländer nach dem gegenwärtigen
Stande der Kenntniss« (Freiburg 1885); für F. Hirts Verlag »I^eitfaden der
geographischen Verkehrslehre« (1881, 2. Aufl. 1892). Ausserdem lieferte P.
zahlreiche Aufsätze für die »Mittheilungen der k. k. Geographischen Gesell-
schaft in Wien«, für die »Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft«,
die »Oesterreichische Monatsschrift für den Orient« und für die »Deutsche
Rundschau f. Geographie u. Statistik«. Seine letzte grössere Arbeit »Der
Antheil Oesterreichs an der Afrika forsch ung in den letzten 50 Jahren« war
für die Festschrift der k. k. Geogr. Gesellschaft »Die Pflege der Erdkunde
in Oesterreich 1848 bis 1898« (Wien 1898) bestimmt. Am 11. December
1899 erlag P. einem schweren Leberleiden, betrauert von seiner Gattin und
einem zehnjährigen Sohne, betrauert von der grossen Zahl seiner Freunde und
wissenschaftlichen Verehrer.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, XXII. Bd., S. 326 — 328, mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Bohn, German v., Historienmaler, * am 25. Februar 18 13 zu Stuttgart,
f ebenda am 23. Januar 1899 infolge einer Lähmung nach einem Schlagan-
falle. Er bildete sich in der Vaterstadt, dann in Paris zum Maler aus; da-
rauf ging er nach Rom, wo er sich zwei Jahre aufhielt und 1843 »Hagar
und Ismael« schuf, ein Bild, das Tiefe der Empfindung ebenso auszeichnet
wie schöne landschaftiche Staffage. Sodann zum zweiten Male in Paris, führte
er mehrere Gemälde im Louvre und in der neuen Kirche der heiligen Elisabeth
die Bergpredigt aus. 1844 erhielt er für den »saint Martin de Tours« (erzbi-
schöfl. Kathedrale in Paris) eine Medaille. 1852 ernannte ihn Kaiser
Napoleon IIL zum Ritter der Ehrenlegion, 1867 B. 's Landesherr zum württem-
bergischen Hofmaler. Die ganze zweite Hälfte seines Lebens verbrachte er
im Geburtsorte. Von seinen in die weitere Oeffentlichkeit gelangten Bildern
sind hervorzuheben: die heilige Elisabeth, die heilige Agnes, das Gelübde,
Hamlet.
Nachruf im »Schwäbisch. Merkur« (Stuttgart); vgl. »Allgem. Ztg.« (MUnch.) No. 25 v.
25. Jan. 1899, Abendbl., Feuill.
Ludwig Fränkel.
Petri, Eduard J., ein Deutsch -Russe, Dr. med. und Professor der Geo-
graphie und Anthropologie an der K. Universität zu St. Petersburg, ♦ 1854
zu St. Petersburg von deutschen Eltern, f den 10. October 1899 daselbst,
erst 45 Jahre alt. Nach seiner Vorbildung auf den Gymnasien in Moskau
und St. Petersburg besuchte P. die militär-medicinische Akademie in St.
Petersburg und setzte dann seine Studien in Deutschland und der Schweiz
fort. In Halle a. S. war er zu dem bekannten Geographen Alfred Kirchhoff
in Beziehung getreten und in Folge dessen Anregung gewann P. ein grosses
Interesse für die Geographie. Nachdem er 1880 in Bern zum Dr. medicinae
Petri. Wislicenus. 205
promovirt war, habilitirte er sich an der dortigen Universität als Geograph,
wo er dann 1881 bis 1887 Wie Professur für Geographie und Anthropologie
bekleidete. Als 1889 an der Petersburger Universität ein Lehrstuhl ftir
Geographie und Ethnographie errichtet wurde, erging an P. der Ruf zur
Uebernahme desselben und bald war er einer der beliebtesten Hochschul-
lehrer daselbst. Auch auf die Umgestaltung des geographischen Unterrichtes
an den russischen Schulen wirkte P. reformirend ein. Gerade seine letzte
Arbeit war die Herausgabe eines geographischen Schulatlas in 45 Blättern
(St. Petersburg, A. F. Marks), der als der beste unter den in Russland vor-
handenen Schulatlanten gilt; als Vorbild hat ihm dabei der bekannte Sydow-
Wagnersche Methodische Schulatlas gedient. Das Haupt- und Lieblingsgebiet
des Verstorbenen war die Anthropologie, wie er denn auch der Gründer und
Vicepräsident der russischen anthropologischen Gesellschaft war. Ausser
zahlreichen Beiträgen fiir die Berichte der k. russ. Geographischen Gesell-
schaft und andere deutsche und schweizerische Fachzeitschriften seien von
seinen Werken nachfolgende erwähnt: »Sibirien als Colonie« (1886); »Die
Grundzüge der Anthropologie« (1890); »Die Methoden und Principien der
Erdkunde«; »Die Degeneration der Culturvölker« und die russischen Aus-
gaben der Völkerkunde von O. Peschel und der Reisen von Dr. W. Junker.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. und Statistik, XXII. Jahrg., S. 183 und 184, mit
Portrait.
W. Wolkenhauer.
Wislicenus, Hermann, Maler, * am 20. September 1825 in Eisenach, f am
25. April i8q9 zu Goslar. Er besuchte seit 1844 die Kgl. Kunstakademie zu
Dresden und wurde später Bendemanns, dann Schnorrs von Carolsfeld Schüler.
Die Dresdner Galerie kaufte sofort sein erstes Bild, »Ueberfluss und Elend«
(Carton im Stadt. Museum zu Leipzig) an. 1853 ging W. mit Reisestipendium
nach Italien, wo er sich in Rom besonders an Cornelius anschloss, und nach
der Rückkehr führte er von Weimar aus gelungene Aufträge aus, die ihm
einen IsTamen schufen: fiir die damals entstehende Sammlung des Grafen
A. F. Schack in München »Die Phantasie«, fiir das Stiegenhaus des sog.
»Römischen Hauses« (Friderici) in Leipzig (Petersstein weg) »Brutus' Urtheils-
spruch« und »Die Mutter der Gracchen«, für andere Besteller mehrere
Zeichnungen, wovon die »Ruhmeshalle deutscher Dichter« im Museum zu
Weimar besonders bekannt wurde. 1868 folgte W. einem Rufe als Professor
der Kunstakademie zu Düsseldorf. Daselbst entstanden von grossen Gemälden
namentlich »Die vier Jahreszeiten« (Nationalgalerie Berlin), »Germania auf
der Wacht am Rhein«, »Die Lurlei«. Beim Wettbewerb um die Aus-
schmückung des Kaisersaales in der renovirten Pfalz zu Goslar mit Wandgemälden
aus der Geschichte und Sage des alten deutschen Reiches fiel Professor W.
der erste Preis und damit der Auftrag zu, dessen er sich mit Beistand von
Schülern und Gehilfen bis 1897 entledigt hat. Diese Aufgabe hat er in der
Hauptsache glänzend gelöst und an seinem Theile redlich beigetragen, dem
herrlichen alten Palaste eine ungewöhnliche Anziehungskraft und zur historischen
eine hohe künstlerische und nationale Bedeutung zu verleihen: diese Arbeit
zweier Decennien krönte W.*s reiches Schaffen, zumal sie ihn bei seiner
stärksten Seite, der Geschieh ts- und Geschichtssagen -Malerei, dauernd festhielt.
So sollte nach Gebühr im genannten Kaisersaale die Trauerfeier für den ver-
2o6 Wislicenus. Poesche. Pauliny.
buchenen Meister stattfinden. Aber der preussische Cültusminister Dr. Bosse
zog, als das evangel. Consistorium zu Hannovet dem betreffenden Goslarer
Pastor die amtliche Function am Sarge des, testamentarischer Anordnung
gemäss, ins Gothaer Crematorium zu Ueberführenden verbot, die schon ertheilte
Erlaubniss zu jener Feier zurück, und so musste diese innerhalb der Räume
des Kaiserhauses, die W. bewohnt hatte, stattfinden.
Nachruf in den meisten grösseren Tagesblättern, z. B. Münchner Neuesten Nachrichten
Nr. 206 vom 6. Mai 1899 (theil weise nach dem »Berliner Tageblatt«). Porträt: »Die
Woche« 1899, No. 7, S. 244.
Ludwig Fränkel.
Poesche, Dr. Theodor, ♦ im Jahre 1824 zu Zoeschen bei Merseburg
(Prov. Sachsen), f am 27. December 1899 zu Washington (D. C.). P. studirte
in Halle a. S. Philosophie, wanderte aber nach dem Fehlschlagen der Re-
volution von 1848 und 1849 i'^ach den Vereinigten Staaten von Nordamerika
aus. Längere Jahre wirkte er hier in St. Louis als Leiter einer Privatschule.
Während des Bürgerkrieges kam er nach Washington und wurde in dem
neueingerichteten Inlandsteuerbureau angestellt, in welchem er mit grosser
Auszeichnung über 30 Jahre lang arbeitete. Als im Jahre 1872 Bismarck
sich mit der Idee trug, das Tabakmonopol im Deutschen Reiche einzuführen,
erbat er sich vom Präsidenten Grant einen Fachmann, der ihn über die
amerikanischen Steuerverhältnisse aufklären könnte ; die Wahl fiel auf Theodor
Poesche, der durch Monate ein täglicher Tischgast des Reichskanzlers war
und ihm, so oft der Fürst für ihn Zeit hatte, über amerikanische Steuerver-
hältnisse Vortrag hielt. Seinem Freunde A. Petermann in Gotha lieferte P.
das hauptsächlichste Material zu dessen neuen amerikanischen Karten in
Stielers Atlas. Im Jahre 1874 veröffentlichte P. ein Buch über »Die Arier«
(Jena 1874, Costenoble), in dem er die Hypothese der asiatischen Abstammung
der blonden und blauäugigen Rasse bekämpfte und die Theorie aufstellte,
dass diese Rasse in den Rokitnosümpfen Südrusslands durch den dort vor-
herrschenden Albinismus entstanden sei.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, XXIII. Bd. 1900 mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Pauliny, Jakob Joseph, ehemaliger Vorstand im k. k. militär-geographi-
sehen Institut zu Wien, * 1827 zu Tyrnau in Ungarn, f am 11. Juni 1899
in Wien. Im Jahre 1845 kam P. unter das Militär; wegen seiner besonderen
Befähigung zum Zeichnen wurde er 1850 im k. k. militär- geographischen
Institute in Wien angestellt und war in diesem bis zum i. November 1889
als ein vorzüglicher topographischer Zeichner und Kartograph thätig. Für
die Zwecke des Unterrichts lieferte er in den sechziger Jahren eine Reihe
vorzüglicher Reliefs vom Ortler, dem Grossglockner, der Schneekoppe u. s. w.
und 1867 besuchte er im Auftrage des Instituts die erste Pariser Weltaus-
stellung, um die Aufstellung der Kartenwerke desselben zu leiten und
Neuerungen im Kartenfache zu studiren. Von September 1867 bis November
187 1 war P. zur Heranbildung einer topographischen Schule nach Aegypten
beurlaubt. Nach seinem Rücktritt vom Amte beschäftigte er sich noch eifrig
mit einer neuen Methode der Terraindarstellung und veröffentlichte hierüber
Paoliny. Fleck. Jordan. 207
1895 »Memoire über eine neue Situationspläne- und Landkarten-Darstellungs-
methode« und 1898 eine nach dieser Methode gezeichnete Karte des
Schneeberggebiets in 4 Blättern. Auch ein neues System zur Erzeugung von
unnachahmbaren Papier- und Geldwerthzeichen hat er ersonnen.
Vgl. Deutsche Rundschau f.Geogr. u. Statistik, Wien, 1899, XXII. Jahrg. mit Portrait
W. Wolkenhauer.
Fleck, (Franz) Ludwig, römisch-katholischer Bischof von Metz, * 8. Februar
1824 in dem unterelsassischen Badeorte Niederbronn, der Anfangs des siebziger
Krieges genannt wurde; + am 27. (28.) October 1899 zu Metz. Im bischöflichen
geistlichen Convict zu Bitsch und im Metzer Priester-Seminar ausgebildet, erhielt
er 1848 die Priesterweihe, und war danach als Caplan und Pfarrer in der
praktischen Seelsorge thätig, schliesslich als Pfarrer in Metz, wo er die
Belagerung im Herbst 1870 mit durchmachte. Als nach der Neuordnung der
Verhältnisse Elsass-Lothringens der ziemlich antideutsche Metzer Bischof Dupont
des Loges als Reichstagsabgeordneter nach Berlin ging, nahm er als der
deutschen Sprache kundigen Berather den Metzer Pfarrer F. mit, der seitdem
grossen stillen Einfluss auf ihn ausübte, seit Mitte der 70 er Jahre in die
unmittelbare Nähe des Bischofs gezogen und 1879 dessen Generalvikar
wurde. Als solcher hatte er die ganze innere Leitung der Diözese in
der Hand, 1881 wurde er zum Bischof von Sion (Sitten) und Weihbischof
von Metz mit dem Rechte der Nachfolge ernannt und folgte 1886 dem
greisen Dupont des Loges ohne Weiterung. »Hervorragende geistige Fähig-
keiten, eine echt elsässische Zähigkeit und eine starke Neigung zu diplo-
matischer Ausgleichung von Gegensätzen, ausgesprochenes Wohlwollen und
grosse Mildthätigkeit mögen seine Hauptcharakterzüge gewesen sein. That-
sache ist jedenfalls, dass im Grossen und Ganzen sein Episkopat ohne
grössere politische Stürme verlaufen ist, dass er sich Mühe gegeben hat,
im Frieden mit den staatlichen Behörden zu leben; während er freilich
auch in zahlreichen Fällen, in denen Geistliche seiner Diözese in politischer
oder anderer Hinsicht eine sehr bedenkliche Rolle spielten, es auffallend an
jedem ernsteren Vorgehen fehlen Hess. Seinen lothringischen Clerus überhaupt
in ein besseres und verständigeres Verhältniss zur deutschen Staatsgewalt zu
bringen, scheint er nicht als seine Aufgabe angesehen zu haben.«
Mehr oder minder ausführliche Nekrologe in sämmtlichen elsass -lothringischen
Tageszeitungen, besonders in der >Strassburger Post«, auch in der »Cöln. Zeitung«, den
>Manchner Neuesten Nachrichten« (von seh. in Metz: No. vom 2. November 1899, S. 2)
woraus obcitirte Charakteristik. Porträt s. »Die Woche«, 1899, No. 34, S. 1326.
Ludwig Fränkel.
Jordan, Wilhelm, Professor an der technischen Hochschule zu Hannover,
ein hervorragender Geodät, * am i. März 1842 zu Ellwangen im württembergi-
schen Jagstkreise, f am 17. October 1899 zu Hannover. — J. genoss Gymnasial-
bildung und besuchte das Polytechnikum zu Stuttgart bis zum Jahre 1863.
Im April 1864 bestand er die erste Prüfung flir den württembergischen
Staatsdienst und die Prüfung als Geometer erster Klasse. Nachdem
er noch als Ingenieurpraktikant bei Eisenbahnvorarbeiten und als Tri-
gonometer bei Höhenmessungen thätig gewesen war, trat er 1866 als
Assistent fiir Geodäsie an der Polytechnischen Schule zu Stuttgart ein, wo er
bis Ostern 1868 blieb, zu welcher Zeit er einer Berufung nach Karlsruhe an
2o8 Jordan. Buchner.
das Polytechnikum als Professor der Geodäsie Folge leistete. Vom Beginn
des Jahres 1882 ab befand er sich in gleicher Stellung an der Technischen
Hochschule zu Hannover. Neben seiner nicht geringen amtlichen Thätigkeit
als Hochschullehrer hat J. auch noch eine ausserordentlich fruchtbare Thätig-
keit als wissenschaftlicher Schriftsteller und Forscher entwickelt; Ruhe und
Erholung kannte er nicht; seine Wissenschaft war sein Streben, sein Leben.
Sein hervorragendstes Werk ist sein »Handbuch der Vermessungskunde«, das
in zwei Bänden in den Jahren 1877/78 erschien, die Methode der kleinsten
Quadrate, die niedere und höhere Geodäsie zur Darstellung brachte und aus
seinem 1873 erschienenen »Taschenbuch der praktischen Geometrie« heraus-
gewachsen war. Es war dem Verfasser vergönnt, dieser zweiten Auflage des
Taschenbuches in den folgenden beiden Jahrzehnten seines Lebens noch eine
dritte und vierte folgen lassen zu können; der Theil, welcher die Feld- und
Landvermessung betrifft, gelangte 1897 als ein selbständiges Werk sogar in
fünfter Auflage zur Bearbeitung. J.'s Handbuch ist in mehrere Sprachen
übersetzt und bei allen Geodäten des In- und Auslandes bekannt. Von seinen
übrigen zahlreichen Werken seien nur folgende erwähnt: »Physische Geo-
graphie und Meteorologie der Libyschen Wüste« (1876); »Das deutsche Ver-
messungswesen« (mit K. Steppes, 2 Bände, 1882); »Grundzüge der astrono-
mischen Zeit- und Ortsbestimmung« (1885); »Höhen tafel für barometrische
Höhenmessung« (1874 und öfter); «Logarithmisch-trigonometrische Tafeln für
centesimale Theilung des Quadranten« etc. (1897).
Ein hohes Verdienst hat sich der Verstorbene um die Hebung des
deutschen Geometerstandes erworben; durch 26 Jahre lag in seinen Händen
die Hauptleitung der »Zeitschrift für Vermessungswesen«, des Organ es des
deutschen Geometervereines, die für das Ansehen des deutschen Geometer-
standes von grosser Bedeutung geworden ist. Ein ehrenvolles Gedächtniss ist
dem Verstorbenen von Seiten seiner Fachgenossen im In- und Auslande
gesichert.
Vgl. Helmerts Nachruf im 11. Hefte der »Zeitschr. ftir Vermessungswesen« (Band
XXVIII, 1899) mit Portrait; Deutsche Rundschau für Geogr. und Statistik, XXI. Jahrg.,
1899 mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Buchner, August, Publicist, * am 2. August 1848 zu Passau, f zu
München am 28. Juni 1899 ^^^^ etwa zweijähriger schwerer Herzkrankheit,
die den idealistisch angelegten Mann arg verbitterte und zu heftigsten Press-
angriffen auf die politischen Hauptwidersacher gereizt hatte. Er ist von den
letzteren, den Liberalen, in politischer und journalistischer Hinsicht meistens
als Wetterfahne bezeichnet worden, war aber im Gegentheile ein Verfechter ein-
mal als richtig erkannter Grundsätze. Nach dem 18. Lebensjahre als Fähnrich in
den bayerischen Militärdienst getreten, kämpfte er in den Feldzügen von 1866
und 1870/71 mit: im ersteren wurde er Unterleutnant, trat aber danach in
die päpstliche Armee und erhielt für seine Unerschrockenheit anlässlich der
Abwehr der im Kirchenstaate eingebrochenen Garibal dianer (bei Mentana,
3. November 1867) von Pius IX. das Mentana-Kreuz ; gegen Frankreich focht
er im bayrischen Heere vor Sedan, Orleans und Paris und bekam das Verdienst-
kreuz. Danach zog er mit seinen Eltern nach München. Seitdem stand seine
scharfe Sachkenntniss und gewandte Feder im Dienste der katholisch-volks-
thtimlichen Tagespresse Münchens, erst als Mitarbeiter verschiedener Blätter,
Buchner. Mevissen.
209
dann drei Jahre als Redacteur des »Bayerischen Landboten«, schliesslich, nach
dreijähriger freier Mitarbeiterschaft, seit 1887 als ständiger Mitredacteur des
»Neuen Münchner Tagblatts« (verbreitetstes eigentliches Localblatt) und
u. a. leitete er da verantwortlich die Rubrik Gemeindeangelegenheiten. Als
eifervoller Katholik durch Ehescheidung und nachherige Heirat einer
Protestantin bei Lebzeiten der ersten Frau mit der Kirche in einen, vor
seinem Ende ausgeglichenen Conflict geraten, bekannte er sich endlich
trotz seines Redacteurpostens zu stark deutsch-nationalen Anschauungen,
deren antisemitische Färbung andrerseits den Tendenzen der bayerischen
Centrumspartei-Presse Rechnung trug. Seine deutsch -nationale Gesinnung
gipfelte in der Gründung des Männergesangvereins »Germania« zu München in
den achtziger Jahren, dessen originelle sinnige Verfassung B.'s Buch »Ewa« fest-
stellte. Als Edeling Ziu dieser seiner teuern Markgenossenschaft knüpfte er
mit hervorragenden deutschen Männern und Frauen an, so auch mit Fürst
Bismarck. Seine lebhafte Theilnahme am Deutschen Schulvereine und der
deutschen Bewegung in Oesterreich unterband erst der »Los von Rom «-Ruf
daselbst, und seine ungeschminkte Rede eiferte wider die Leute, die »Slowaken,
Polaken, Tschechen u. a. Gesindel bekämpfen wollen, aber thatsächlich nichts
anderes zu stände bringen als einige Fuhren Dr . . . nach Rom zu fahren«.
B. hat einige literarische Debut-Arbeiten geliefert, die sein späterer Stand-
punkt als Jugendsünden verwarf.
Notizen in Mttnchener Zeitungen vom 28. — 30. Juni und i. Juli 1899, bes. »Neues
MUnch. Tagbl.« No. 179, S. 9 (mit Bildniss) und No. 181/182. S. 4f.,' briefliche Mit-
tbeilungen von dessen verantwortl. Redacteur Gg. Frhr. v. d. Tann.
Ludwig Fränkel.
Mevissen, Gustav von, Geheimer Commerzienrath , Dr. phil. et jur.,
* 20. Mai 181 5 in Dülken bei Krefeld, f 13. August 1899 in Godesberg.
M. war der Sohn eines Spinnereibesitzers in Dülken. In den Jahren 1828
und 1829 besuchte er das Friedrich Wilhelm-Gymnasium und das Jesuiten-
Gymnasium in Köln und wurde dann Schüler der Tertia der eben gegründeten
Höheren Bürgerschule. Aber noch in demselben Jahre verliess er die Schule,
um als Hülfsarbeiter in das Geschäft seines Vaters einzutreten, in dem er
bis zum Jahre 1841 thätig war. Seinen kaufmännischen und politischen Blick
schärften und erweiterten in dieser Zeit mehrfache Reisen, die ihn nach
Belgien, Frankreich und England flihrten. Ein auf philosophischer Grundlage
aufgebautes ernstes Selbststudium gab M. die universale Bildung, durch
welche er sich in seinem ganzen Leben ausgezeichnet. Am i. Juli 1841
schuf er sich einen selbständigen Wirkungskreis durch die Gründung einer
Grosshandlung in wollenen Garnen in Köln. Hier hatte der alte Schlendrian
einem kräftigen Fortschritte auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs Platz
gemacht. M. wurde bald ein führender Geist in der Kölner Kaufmannschaft
und in der Kölner Handelskammer begründete er sich eine einflussreiche
Stellung durch die Befürwortung einer massigen Schutzzollpolitik, die er 1845
durch Schrift und Wort gegen die Ansichten des damaligen Vorsitzenden
der Kammer Camphausen mit Erfolg vertheidigte. Eine hohe Anerkennung
wurde M. zu Theil durch die Wahl zum Präsidenten der Rheinischen Eiscn-
bahngesellschaft am 12. Mai 1844. Ein Jahr vorher war die Bahnstrecke bis
zur belgischen Grenze fertiggestellt. Ein weiterer Ausbau des rheinisch-
Bloipr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. I^
2IO Mevissen.
westfälischen Eisenbahnnetzes scheiterte zunächst an finanziellen Schwierig-
keiten. Dazu kam auch noch, dass die grosse politische Bewegung zu Beginn
der 40 er Jahre dem Unternehmen nicht günstig war. In der rheinischen
Metropole hatte sich bei Anbruch von Preussens neuer Aera eine »Gesellschaft
unabhängiger Rheinländer« zusammengethan, die Freiheit und Fortschritt auf
ihre Fahne geschrieben. M. war ein thätiges Mitglied dieses Kreises und
ein eifriger Förderer der von demselben ins Leben gerufenen Rheinischen
Zeitung, die jedoch schon im März 1843 von der Censur unterdrückt wurde.
Eine Anzahl Artikel des zuletzt unter der Leitung von Marx stehenden Blattes
über englische Zustände, über die Bestrebungen der rheinischen Autonomie,
über Gemeindeordnung u. a. rühren aus der Feder M.'s her, sie verrathen
durch Kraft und gewandte Darstellung ihren Urheber. Im Jahre 1846 wurde
M. von seiner Vaterstadt Dülken in das erste preussische Parlament, den in
Berlin zusammentretenden Vereinigten Landtag gesandt. Er schloss sich hier
den rheinischen Liberalen an, nahm bald in den Reihen der entschiedenen
Opposition eine bedeutende Stellung ein und fand Gelegenheit, bei den
Debatten über das Bescholtenheitsgesetz, über die Einrichtung des Handels-
ministeriums, bei der Periodicitätsdebatte und dem Judengesetz einzugreifen.
Im folgenden Jahre 1848 treffen wir ihn als Vertreter des Wahlkreises Siegen
bei der Nationalversammlung in Frankfurt a. M., wo er der sog. Casinopartei
angehörte, und im August desselben Jahres, als das erste Reichsministerium
ins Leben trat, wurde M. Unterstaatssecretär im Handelsministerium. Mit
dem Ministerium nahm er nach dem Frieden von Malmoe seine Entlassung
und trat auch aus dem Parlament nach der Ablehnung der Kaiserkrone seitens
Friedrich Wilhelm IV. aus. Am 21. Mai 1849 ^^E^^ er sein Mandat als Ab-
geordneter nieder. Noch einmal vertrat er im Jahre 1850 Siegen im Erfurter
Parlament, um dann für immer von dem Felde der Politik Abschied zu nehmen.
Die Befriedigung, die M. im politischen Leben nicht gefunden, sollte
ihm voll und ganz in seiner kaufmännischen und volkswirthschaftlichen
Thätigkeit werden, die für ihn in Köln begann. Das grosse Bankhaus
Schaaffhausen war im März 1848 zusammengebrochen. Infolge der Bedeutung
dieses Instituts für die Rheinlande beauftragte die preussische Regierung, die
sein organisatorisches Talent erkannt hatte, M. mit der Wiederaufrichtung
des Hauses und der Umwandlung in eine Actiengesellschaft. M. löste die
ihm gewordene Aufgabe mit grossem Geschick und wurde Director des neu
gegründeten Schaaffhausenschen Bankvereins. Seiner organisatorischen Thätig-
keit verdanken in den nächsten Jahren noch eine Reihe anderer Unter-
nehmungen ihr Entstehen: das Hörder Eisenwerk, die Kölner Baumwoll-
spinnerei, die Maschinenfabrik Bayenthal, die Lebensversicherungsgesellschaft
Concordia, die Kölner Rückversicherungsgesellschaft, endlich die Darmstädter
und Luxemburger Bank. Von 1855 — ^^^o war M. Präsident der Kölner
Handelskammer, Präsident der Rheinischen Eisenbahn ist er bis zu deren
Verstaatlichung im Jahre 1880 geblieben. Seinem Einfiuss und seinem Unter-
nehmungsgeiste ist der Ausbau des rheinischen Eisenbahnnetzes vorzugsweise
zu verdanken. Von 1865 — 1891 war er Beigeordneter der Stadt Köln im
Ehrenamte und vertrat diese im Herrenhause. Nach seinem Rücktritte wurde
er zum lebenslänglichen Mitgliede des letzteren ernannt; eine Ehrung, die um
so höher anzuschlagen ist, als es wohl das erste Mal war, dass der bisherige
Vertreter einer Stadt, nachdem er seine amtliche Stellung niedergelegt, um
ins Privatleben zurückzutreten, durch die Berufung zum lebenslänglichen
Mevissen. Ernst 211
Mitgliede ausgezeichnet wurde. Seit 1884 gehörte er auch dem Staatsrathe
an, ausserdem war er Mitglied des Volkswirthschaftsrathes und der ständigen
Commission für das technische Unterrichtswesen.
Die wirthschaftliche Entwicklung Rheinlands im 19. Jahrhundert ist un-
zertrennbar mit M.'s Namen verknüpft, nicht minder aber die Neubelebung
der geistigen Interessen und insbesondere der historischen Studien in den
Rheinlanden. M. ist der Mitbegründer und Hauptförderer der Gesellschaft
für Rheinische Geschichtskunde gewesen, die er durch geistige Mitarbeit und
durch Zuwendung materieller Mittel bis zu seinem Tode unterstützt hat. Sein
Wirken auf historischem Gebiete hat weit über die Grenzen Rheinlands hinaus
seine Früchte getragen. Im Jahre 1890 stellte er dem Vorstande der Gesell-
schaft für rheinische Geschichtskunde eine erhebliche Summe zur Verfügung,
die zur Aussetzung von Preisen für darstellende Werke über kölnische und
rheinische Geschichte bestimmt wurde. Die erste Arbeit, welche aus dieser
Stiftung hervorgegangen, ist die Untersuchung von Friedrich Lau: Entwick-
lung der communalen Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln bis zum
Jahre 1396 (Bonn 1898). Ganz besondere Verdienste hat sich M. auch durch
jahrelange Förderung des Historischen Archivs der Stadt Köln erworben und
seine ausserordentlich werthvolle und umfangreiche Bibliothek, die sich aus
allen Gebieten des Wissens zusammensetzt, ist der Stadt Köln vermacht
worden. Bei Gelegenheit der goldenen Hochzeitsfeier Kaiser Wilhelms I. 1879
hat M. der Stadt Köln, die er als seine zweite Vaterstadt liebte, die Summe von
191 500 M. als Grundstock zur Errichtung einer Handelsakademie über-
wiesen. Durch testamentarische Bestimmung ist dieses Capital noch be-
trächtlich vermehrt, so dass demnächst die Akademie ins Leben treten wird.
In einer nachgelassenen, 1879 verfassten Schrift hat M. selbst die Ziele der
zu begründenden Akademie dargelegt.
An Ehrungen und Anerkennungen hat es M. in seinem langen, segens-
reichen Leben nicht gefehlt. Wilhelm I., der oft und gern seinen Rath ein-
geholt, hat seine Verdienste unter Anderm durch die Verleihung des Adels
anerkannt und die Stadt Köln hat ihm 1891 das Ehrenbürgerrecht verliehen.
Die philosophische und juristische Facultät der Universität Bonn haben ihn
zum Doctor honoris causa ernannt und mit warmen anerkennenden Worten
den Mann gepriesen, der »nach Aller Urtheil unter die Leuchten und Zierden
des Vaterlandes« gerechnet werden muss.
Reden und Redner des ersten Prcussischen Vereinigten Landtags. Herausgegeben
von R. Haym. Berlin 1847. H. Laube, Das erste Deutsche Parlament. 3 Bde. Leipzig 1849.
J. Proelss, Wie das erste Deutsche Parlament entstand: Gartenlaube 1898 No. i flf.
W. Wichmann, Denkwtirdigkeiten aus dem ersten deutschen Parlament. Hannover 1890.
Kölnische Zeitung, 21. Mai 1885 No. 140; 28. Okt. 1891 No. 872; 24. Nov. 1891 No. 946;
19. Mai 1895 No. 442; 20. Mai 1895 No. 444; 15. Aug. 1899 No. 636; 14. Jan. 1900 Nr. 36.
Albert Drossong in der Illustrirten Zeitung vom 31. Aug. 1899 No. 2931. H. Keussen in
den Deutschen Geschichtsblättem (herausgegeben von Armin Tille) Bd. i (1899) S. 31.
Gustav y. Mevissen. Ein Nachruf. Von Constantin Höhlbaum: Historische Zeitschrift
Bd. 84 S. 72 — 79. Gustav von Mevissen 1815 — 1899. Ein Nachruf. Von J. Hansen:
Sond.-Abd. aus dem 19. Jahresbericht der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde
(1900). Eine grössere Biographie v. Mevissens steht demnächst zu erwarten.
— y-
Ernst, Professor Dr. Adolf, ein um die Kunde von Venezuela hochver-
dienter Deutsch-Amerikaner, * am 6. October 1832 zu Primkenau in Schlesien,
f am II. August 1899 in Caracas in Venezuela. — Nach dem Besuch des
14*
212 Ernst. Greflfrath.
Gymnasiums in Breslau studirte E. zuerst in Breslau, dann in Berlin und
Leipzig Naturwissenschaften und neuere Sprachen und war dann einige Jahre
in Hamburg als Lehrer an höheren Privatschulen thätig. Im December 1861
wanderte E. nach Venezuela aus und widmete sich in der Hauptstadt
Caracas dem höheren Lehrfache. Alsbald begann er auch mit der natur-
wissenschaftlichen Erforschung der Umgebung von Caracas und gründete 1867
eine Sociedad de Ciencias Fisicas de Venezuela, deren Präsident er wurde.
E. war bald der beste Kenner der Flora und Fauna des Landes ; auch durch
sorgsame Sammlung des anthropologischen und archäologischen Materials
von Venezuela hat er die wichtigsten Hilfsmittel für das Ausland zusammen-
gebracht. Im Auftrage der Regierung präparirte und ordnete E. die Samm-
lungen * venezolanischer Producte, die auf verschiedene Ausstellungen in
Bremen, Wien, Philadelphia u. a. gesandt wurden. Ein werthvolles Buch
von ihm war »La Exposicion nacional de Venezuela en 1883« (Caracas 1886),
in dem er eine grosse Anzahl wichtiger Daten und Bestimmungen über die
Producte des Landes niederlegte. Im October 1874 wurde E. zum ordent-
lichen Professor an der Centraluniversität von Venezuela für die neu ge-
schaffenen Lehrstühle für Naturwissenschaften und deutsche Sprache, sowie
zum Director des Nationalmuseums und der Universitätsbüiothek ernannt.
Nach vielen Seiten war in dieser Weise der Verstorbene fllr die wissenschaft-
lichen Bestrebungen seines neuen Vaterlandes thätig, an Auszeichnungen
mannigfacher Art hat es ihm denn auch nicht gefehlt und die einheimischen
Zeitungen widmeten ihm nach seinem Tode ehrenvolle Nachrufe. Dem
deutschen Namen hat Dr. Adolf Ernst Ehre gemacht.
In der »Nature«, im »Globus« und anderen Zeitschriften hat E. zahl-
reiche Aufsätase über Venezuela veröffentlicht.
Vgl. Globus, 1900, 77. Bd. S. 134.
W. Wolkenhauer.
Greffrath, Henry, geographischer Schriftsteller, ♦ am 3. Februar 181 8
auf dem Rittergute Amalienhof bei Tcterow in Mecklenburg-Schwerin, f am
4. Juni 1899 zu Dessau im hohen Alter von 81 Jahren. — Seine Schul-
bildung erhielt G. vom 13. Jahre ab auf dem Gymnasium in Güstrow, dann
studirte er von 1838 an zuerst auf der Universität Rostock Theologie, dann
Philologie und Naturwissenschaften in Leipzig und Berlin. Das Revolutions-
jahr 1848 zog auch den jungen G. in seinen Bann und nöthigte ihn dann,
Europa zu verlassen. Er entschied sich für Australien, wo gerade die reichen
Goldfelder in Neu-Süd- Wales und Victoria entdeckt waren. Die Reise dahin
auf einem miserablen deutschen Aus Wanderungsschiffe unter Führung eines
noch miserableren Capitäns war eine Vorschule für die buntscheckigen Aben-
teuer, welche ihm bevorstanden. G. versuchte zunächst sein Glück in den
nordwestlich von Melbourne gelegenen Goldfeldern Castlemaine und Bendigo,
er gehörte aber zu den Vielen, welchen hier Nieten zufielen. Nach mannig-
fachen Kreuz- und Querzügen kam G. nach Adelaide, wo er als Professor
für neuere Sprachen Anstellung fand. Ausserdem importirte er kistenweise
deutsche Classiker u. s. w., fiir welche in der Colonie ein guter und lohnender
Absatz bestand. In den langen Sommer- und Winterferien unternahm er in
der Regel Excursionen landeinwärts und benutzte überhaupt jede Gelegenheit,
sich von dem ihm lieb gewordenen Continent eine gründliche Kenntniss zu
Grefifrath. Schwartz. 213
erwerben. Zu Anfang der 70er Jahre kehrte G. aus Gesundheitsrücksichten
nach Deutschland zurück, Hess sich zuerst in Jena, dann in Dessau als Privat-
mann nieder, verheirathete sich und widmete im übrigen seine Müsse ganz
der geographischen Schriftstqllerei. Als einer unserer besten deutschen Kenner
Australiens, mit dessen Colonien er bis zu seinem Tode in regstem Verkehr
blieb, war er unseren geographischen Zeitschriften, dem Globus, Aus allen
Welttheilen, dem Ausland, Petermanns Mittheilungen, der Deutschen Rund-
schau für Geographie und Statistik, den Deutschen Geographischen Blättern
u. a. ein sachkundiger und getreuer Berichterstatter über alle australischen
Reisen und wirthschaftlichen Verhältnisse.
Vgl. D. Rundschau f. Geogr. u, Statistik, X. Bd., 1888, wo sich eine kurze Biographie
und ein Portrait findet.
W. Wolkenhauer.
Schwartz, Marie Esperance von, vorwiegend Reise- und Memoiren-
schriftstellerin, * in Southgate in der Grafschaft Hertford (England) am
8. November 1818 (nicht 182 1), f in Ermatingen in der Schweiz am
20. April 1899. — Diese unter dem Namen Elpis Melena bekannte Schrift-
stellerin war die Tochter eines in England ansässigen Bankiers aus Hamburg,
Namens Brandt, und hat ihre englische Nationalität stets beibehalten. Ihre
Erziehung erhielt sie vorwiegend in Genf und Rom, besonders durch eine
Verwandte ihrer Mutter, die als Erzieherin der weimarischen Prinzessinnen
wohlbekannte Esperance Sylvestre. Das hochbegabte Kind erwarb sich
schon früh bedeutende Kenntnisse und verrieth besonders für Sprachen ein
hervorragendes Talent, das sich in der Folge immer mehr ausbildete, so dass
sie schliesslich acht Sprachen beherrschte. Mit 15 Jahren zu einer unsym-
pathischen Heirath mit einem Vetter, gleichfalls Bankier, überredet, endete
der Selbstmord des Gatten schon nach einem Jahre dies erste, peinliche Ver-
hältniss. Die Wittwe ging nun nach Rom, wo ihre Salons bald einen an-
ziehenden Mittelpunkt für die fremde Aristokratie und die Künsderwelt
bildeten. Im Jahre 1844 ging sie eine zweite Ehe ein mit einem Hamburger,
von Schwartz, den sie in Italien kennen gelernt hatte. Mit demselben
unternahm sie dann, meist zu Pferde, eine grosse Reise durch Griechenland,
die Türkei, Kleinasien nach Aegypten und erlitt auf dem Wege nach Tunis
bei Stora Schiffbruch, aus dem sie nur durch Zufall ihr Leben rettete. Die
Beschreibung dieser Reise in »Blätter aus dem afrikanischen Reisetagebuche
einer Dame« (II, 1849) bildete den ersten literarischen Versuch der Schrift-
stellerin. Indessen gestaltete sich auch diese zweite Ehe zu keiner glück-
lichen, und 1854 wurde dieselbe gerichtlich gelöst. Bereits 1849 hatte
Esperance ihren festen Wohnsitz in Rom genommen, zu einer Zeit, als der
Name des Republikaners und Freiheitskämpfers Garibaldi in dem Munde aller
Römer war; sie interessirte sich schon damals für den Helden und sollte
später in seinem Leben eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Einstweilen
huldigte sie einer unbezähmbaren Reiselust und schrieb in den Tagen der
Ruhe ihren Roman »Memoiren eines spanischen Piasters« (II, 1857). Im
Herbst 1857 trat sie zu Garibaldi auf der Insel Caprera in persönliche
Beziehungen; sie besuchte ihn häufig daselbst, enthob ihn mancher Sorge
um die Kinder und leistete ihm durch ihren Einfluss manchen gefahrvollen
politischen Dienst, wie sie auch in seiner Gefangenschaft und Verwundung
214 Schwarte. Dresky.
seine getreueste Pflegerin war. Garibaldi gab ihr aus Dank das eigenhändige
Manuscript seiner Memoiren, die sie glücklicherweise schnell ins Deutsche
übersetzte, noch ehe Alexander Dumas, dem Garibaldi gleichfalls diese
Memoiren zur Verfügung gestellt hatte, mit denselben für immer aus Rom
verschwand. Jene Uebersetzung erschien als »Garibaldis Denkwürdigkeiten.
Nach handschriftlichen Aufzeichnungen desselben und nach authentischen
Quellen« (II, 1860). Andere Werke der Schriftstellerin, die den Beziehungen
zu Garibaldi entsprangen, sind »Hundert und ein Tag auf meinem Pferde.
Nebst Besuch auf der Insel Maddalena« (1860), worin die Reise der Ver-
fasserin zu Pferde von Rom zu ihrem Bruder nach Luzern und ein Besuch
bei Garibaldi auf Caprera geschildert werden, »Blicke auf Calabrien und die
Liparischen Inseln im Jahre 1860« (i86i), »Garibaldi im Varignano in 1862
und auf Caprera 1863« (1864) und »Garibaldi. Mittheilungen aus seinem
Leben« (II, 1884). Gegen Ende des Jahres 1865 verlegte Esperance Schw.
ihren Wohnsitz nach der Insel Kreta, wo sie sich im Dorfe Chalepa bei
Kanea mitten zwischen den Weingärten ein reizendes Heim schuf, in welchem
sie, wenn sie nicht auf Reisen war, bis zum Jahre 1896 als gütige Fee
waltete, unbeirrt durch die steten Aufstände, welche die Insel durchzitterten.
Der Wohlfahrt des kretischen Volkes widmete sie die grössten Opfer an Zeit
und Geld; sie gründete Krankenhäuser, Asyle, Schulen, übersetzte deutsche
Schulbücher ins Neugriechische und in der »Kreta- Biene« (1874) kretische
Volkslieder, Sagen u. s. w. ins Deutsche. Auf dem Gebiete des Thierschutzes
entfaltete sie eine Thätigkeit, die sich über ganz Europa erstreckte. In
Kanea gründete sie ein Thierspital für Pferde, Esel u. s. w., und die zahl-
losen Strassenhunde wurden täglich gefüttert. Zahlreiche Broschüren in den
verschiedensten Sprachen mussten um Förderer des Thierschutzes und um
Gegner der Vivisection werben. Mohamedaner und Kreter zollten der Dame
die höchste Ehrerbietung, und bei allen politischen Wirren auf der Insel ist
ihr und ihrem Besitzthum nie eine Schädigung widerfahren. Während ihres
Wohnsitzes auf Kreta veröffentlichte sie noch »Der junge Stelzen tänzer.
Episode während einer Reise durch die wesdichen Pyrenäen« (1865), »Die
Insel Kreta unter der ottomanischen Verwaltung« (1867), »Von Rom nach
Kreta. Reiseskizze« (1870), »Gemma, oder Tugend und Laster. Novelle<r
(1877), »Dr. E. G. F. Grisanowski (Hauptvertreter der Agitation gegen die
Vivisection). Mittheilungen aus seinem Leben und seinen Briefen« (1890)
und »Erlebnisse und Beobachtungen eines mehr als 20jährigen Aufenthalts
auf Kreta« (1892). Nach Aufgabe ihres Wohnsitzes auf Kreta hat Esperance
Schw. vorwiegend in der Schweiz gelebt und in Ermatingen ist sie hoch-
betagt gestorben.
Persönliche Mittheilungen. — Das Illustrirtc Mode-Journal. Jahrg. 1875, S. 649. —
Männer der Zeit. Biograph. Lexikon der Gegenwart. Mit Supplement: Frauen der Zeit.
Leipzig 1862, S. 75. — Vossische Zt^itung vom 30. April 1899.
Franz Brummer.
Dresky, Ferdinand Justus von, General der Artillerie z. D., zuletzt In-
specteur der 2. Feld-Artillerie-Inspection, * 5. Mai 181 8 zu Wesel, f 29. März
1899 ^" Berlin.
D.'s Name ist eng mit dem deutschen Siege von Vionville — Mars la Tour,
dem Ehrentage der Artillerie des III. Armee-Corps, verknüpft.
Dresky. Lange (Galen). 215
Aus einer Soldatenfamilie stammend und im Cadetten-Corps erzogen,
kam er, 18 jährig, als Second-Leutnant zur Garde-Artillerie-Brigade und
erhielt 1865 als Major die wichtige Stellung als i. Adjutant der General-In-
spection der Artillerie. In dieser Eigenschaft machte er den Feldzug von
1866 im Grossen Hauptquartier mit und hatte, wenn ihm auch persönliches
Hervortreten nicht vergönnt war, doch reiche Gelegenheit, Studien über die
Verwendung seiner Waffe zu machen, deren Material und Tactik damals noch
viel zu wünschen übrig Hess. Als Director der Vereinigten Artillerie- und
Ingenieurschule war er in den folgenden Friedensjahren in der Lage, das
Seinige zur Beseitigung der erkannten Mängel beizutragen.
Mit welchem Erfolge die Artillerie jene Uebergangszeit auszunutzen ver-
standen hatte, bewies ihre Thätigkeit im französischen Kriege. D. aber
konnte in seiner Person als Führer der Corps-Artillerie des III. Armee-Corps
ein mustergültiges Beispiel für die Verwendung der Waffe im grösseren
Verbände geben. In der oben genannten Schlacht, in der das III. Armee-
Corps vor einer besonders schweren Aufgabe stand, war es wesentlich seine
durch General v. Bülow und Oberst von Dresky geführte Artillerie, die ihm
das stundenlange Ausharren gewaltiger Uebermacht gegenüber ermöglichte.
Auch in der Schlacht von Beaune la Rolande fanden Truppe und Führer
erneute Gelegenheit zu glänzendem Hervortreten.
Nach dem Friedensschlüsse trat D. wieder in seine Stellung als Director
der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule zurück und war später bis zu
seinem Ausscheiden aus dem activen Dienste (1884) in mehrfach wechselnden
Vertrauensstellungen für seine Waffe und die Armee thätig.
Der Militärschriftsteller Fritz Hoenig hat ihm in seinem »Volkskrieg an
der Loire« Band VI. Seite 304 f. ein schönes Denkmal gesetzt. Auch das Buch
»Die Thätigkeit des General v. Bülow in der Schlacht von Vionville« von
Hans Klaeber, Oberstleutnant a. D., wird seinen Verdiensten voll gerecht.
D., in vielen Dingen Autodidact, hatte sich reiches Wissen erworben,
war aber vor Allem ein Mann des Könnens. Für kameradschaftlichen Ver-
kehr, für Humor und Witz war er besonders begabt, daneben ein hervor-
ragender Musikkenner und ausübender Künstler. Ihm verdankt die Berliner
Garnison die Stiftung des Offizier-Musik-Vereins,) den er viele Jahre mit
grossem Erfolge leitete.
Mit dem Kaiser, der bei dem Heimgang des Generals der Wittwe sein
besonderes Beileid aussprach, bewahrt auch die Armee dem Verewigten ein
treues Gedächtniss.
V. Frobel.
Lange, Ernst Philipp Karl (Pseudonym Philipp Galen), Romanschrift-
steller, ♦ in Potsdam am 21. December 1813, f daselbst am 20. Februar 1899.
— Er war der Sohn eines sehr beliebten königl. Hofwundarztes, eines Ehren-
mannes, der äusserst reiche und seltsame Jugendschicksale erlebt hatte, und
dem der Sohn später in seinem Roman »Fritz Stilling. Erinnerungen aus dem
Leben eines Arztes« (IV, 1856) ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Schon
in frühen Jahren versuchte sich der ideal veranlagte Jüngling, angeregt durch
seine fein gebildete Mutter wie durch andere geistig hervorragende Frauen,
in dichterischen Productionen. Nach Absolvirung des Gymnasiums bezog L.
1835 ^^^ Universität Berlin, wo ihm viele innere Kämpfe anfänglich das
21 6 Lange (Galen).
Leben verbitterten, da er gegen seine Neigung sich zum Studium der Medicin
genöthigt sah und als Zögling des Friedrich Wilhelms -Instituts bei sehr be-
schränkten Mitteln wenig von der goldenen Freiheit des akademischen Lebens
geniessen konnte. Einige Entschädigung hierfür bot ihm das Studium der
Literatur, Aesthetik und Geschichte, und noch als Student schrieb er sein
1871 veröffentlichtes historisches Charaktergemälde »Friedrich in Rheinsberg«.
Nach seiner Promotion (1839) fungirte L. zunächst als Chirurg an der Charit^
in Berlin, trat 1840 als Compagnie-Chirurgus in die preussische Armee ein
und widmete sein besonderes Interesse nunmehr den Gemüthskranken in
Irrenhäusern und Gefängnissen. Die Früchte seiner Beobachtungen und ein-
gehenden psychiatrischen Studien legte er dann in einem Roman »Der Irre
von St. James« (IV, 1854) nieder, der zwar erst nach acht Jahren erschien,
aber den Namen des Autors doch allgemein und vortheilhaft bekannt machte.
Im Jahre 1844 hatte L. sein Staatsexamen abgelegt, war 1845 Oberarzt am
Cadettenhause zu Potsdam und 1847 ^is Landwehr-Bataillonsarzt nach Bielefeld
versetzt worden; von hier aus machte er 1849 ^^^ Dirigent eines Feldlazaretts
den Feldzug in Schleswig mit, nahm auch später an dem Einmarsch der
Preussen in Kurhessen teil. In Bielefeld hatte er auch seinen Hausstand
gegründet; aber bei der kärglichen Besoldung, die ihm der Staat zahlte, war
er auf eine anstrengende Landpraxis angewiesen, um sich mit seiner Familie
kümmerlich durchzuschlagen. Da kam ihm eines Tages der Gedanke, wie
wohl einem Menschen zu Muthe sein müsse, der soviel Geld habe, dass er
es nicht ausgeben könne. Diese Frage suchte er sofort durch seinen Künstler-
roman »Der Inselkönig« zu beantworten, worin er zeigt, was ein Mensch mit
vielen Mitteln leisten könne, wenn er die Einsicht und das Herz dazu hat.
In sechs Wochen war der fünfbändige Roman fertig und wurde dem »Verlags-
comptoir in Grimma und Leipzig« zum Druck angeboten. Als nach Jahres-
frist keine Entscheidung erfolgt war, reklamirte L. seinen Roman, erhielt aber
die naive Antwort: der Roman sei seit einem Jahre gedruckt, der Verleger
aber — todt. Dieser Mittheilung lag ein Exemplar bei mit dem Titel *^Der
Inselkönig. Roman aus Herlosssohns nachgelassenen Papieren von Philipp
Galen« (V, 1852). Dieses ihm gewissermassen aufgedrungene Pseudonym hat
L. denn auch für die Zukunft festgehalten und unter diesem Namen noch
folgende Romane veröffentlicht: »Walter Lund« (III, 1855), >^ Andreas Burns
und seine Familie« (IV, 1856), »Baron Brandau und seine Junker« (II, 1858),
»Emery Glandon« (III, 1859), »Der Strandvogt von Jasmund« (IV, 1859),
»Der Sohn des Gärtners« (IV, 1861), »Die Insulaner« (IV, 1861), »Nach
zwanzig Jahren« (III, 1864), »Der Leuchtturm auf Kap Wrath (III, 1862),
»Der grüne Pelz« (IV, 1863), »Der Erbe von Bettys Ruh« (IV, 1866), »Jane,
die Jüdin« (III, 1867), »Die Tochter des Diplomaten« (IV, 1867), »Das Irr-
licht von ArgentitTes« (III, i868), »Walram Forst, der Demagoge« (IV, 1868),
^>Der Löwe von Luzern« (V, 1869), »Der Friedensengel« (III, 1870), «Irene,
die Träumerin« (III, 1873), »Der Alte vom Berge« (III, 1873), »Der Rastel-
l)inder« (III, 1874!, »Der Einsiedler vom Abendberg« (III, 1876), »Die Mosel-
nixe« (III, 1877), »Frei vom Joch« (III, 1878), »Die Perle von der Oie« (IV,
1880), »Der Meier von Montjardin« (II, 1891), sowie auch die Novellen-
sammlung »Der Pechvogel und andere Erzählungen« (1883). L. offenbart in
seinen Romanen, die seinerzeit viel gelesen wurden, »ein liebenswürdiges
Erzählertalent, eine plastische Gestaltungskraft und die (»abe, interessante
Charaktere zu erfinden und sie mit psychologischer Feinheit und minutiöser
Lange (Galen). Safferling. 217
Sorgfalt zu entwickeln. Charakteristisch für alle seine Schriften ist auch die
ausgeprägte und mit Meisterschaft getroffene Lokalfarbe, die Auffassung und
Wiedergabe der Sitten und Gebräuche, der öffentlichen Feste wie häuslichen
Gewohnheiten der Bewohner verschiedener Länder und Gaue. Eine besondere
Erwähnung verdient die reine sittliche Tendenz, die sich überall kundgiebt.
Frei von jeder Unduldsamkeit kämpft er als ausgesprochener Christ für Wahr-
heit und Recht weniger durch doctrinäre Schönrednerei als durch geschickte
Personificirung von Idealgestalten«. Wer ausserdem das vielbewegte Leben
des Verfassers näher kennt, wird sofort erkennen, dass er in seinen Romanen
die meisten Begebenheiten und Schicksale, die ihn selbst berührten, nieder-
gelegt hat. Aus dem äusseren Leben desselben wäre noch hinzuzufügen, dass
L. als Stabsarzt 1857 in seine Vaterstadt Potsdam versetzt ward und 1878
mit dem Charakter eines Oberstabsarztes in den Ruhestand trat. Am
27. April 1897 war es ihm vergönnt, die Feier seiner goldenen Hochzeit zu
begehen, bei welcher Gelegenheit es die Potsdamer an reichen Ehrungen
nicht fehlen Hessen.
Biographische Einleitung zu Langes Novellensammlung »Der Pechvogel« von Hans
Ziegler. — Verschiedene Artikel über Lange in Zeitungen und Journalen.
Franz Brummer.
Safferling, Benignus von, Königlich Bayrischer General der Infanterie
z. D., General- Adjutant Sr. Majestät des Königs, ä la suite des 1 1. Infanterie-
Regiments V. d. Tann, zuletzt Kriegsminister, * 30. November 1825 zu
Freising inOberbayern, f 4. September 1899 '^^ Partenkirchen.
Der Verstorbene hatte seine Erziehung in Griechenland erhalten, wohin
sein Vater dem Könige Otto gefolgt war. Aus dem griechischen Cadetten-
Corps trat er 1841 in die griechische Armee ein, verliess sie aber schon 1843,
um in die deutsche Heimath zurückzukehren. Noch in demselben Jahre
wurde er im bayrischen Heere angestellt und 1845 zum Officier befördert.
Im Feidzuge von 1866 wurde er im Gefecht von Helmstadt als Haupt-
mann verwundet, war 1870/71 (Jeneralstabsofficier der I.Infanteriedivision
und fand vielfach, namentlich bei Wörth und Sedan, Gelegenheit zur Aus-
zeichnung, sodiiss er den Militär Max Josefs-Orden, den höchsten bayrischen
Kriegs-Orden, erhielt.
Seine Hauptthätigkeit, die seinen Namen dauernd mit der Geschichte
der Königlich Bayrischen Armee verknüpft hat, begann indessen erst in den
folgenden Friedenszeiten, als es sich darum handelte, die bayrischen Truppen
unter voller Wahrung ihrer durch die Verträge von Versailles gewährleisteten
Selbständigkeit doch taktisch und organisatorisch dem norddeutschen Heere
anzugliedern. Als Militärbevollmächtigter Bayerns bei der Occupationsarmee,
als Mitglied der Commission für Abänderung der Vorschriften über die
WafFenübungen der Infanterie, endlich als Commandeur des Instructions-
Bataillons, das dem neuen Exerzier-Reglement Eingang in die Truppe ver-
schaffen sollte, fand v. S. schon als Major reiche Gelegenheit, seine Eigenart
zu bethätigen. Als Oberstleutnant trat er dann wieder in den Frontdienst
zurück, war später Commandeur der bayrischen Besetzungsbrigade in Metz,
dann der 2. Division und wurde am 6. Mai 1890 Kriegsminister.
Die drei Jahre seiner Amtsthätigkeit als solcher sind gekennzeichnet durch
die Reorganisation vom October 1890 und manche andere ernste Angelegen-
2 1 8 Safferling. Meyer.
heiten, die an die Arbeitskraft des Ministers hohe Anforderungen stellten.
Vor Allem aber verstand General v. S. es in seltenem Masse, sich nicht nur
die Gnade seines Kriegsherrn zu erhalten, sondern auch das Vertrauen der
Armee auf die feste und zuverlässige Vertretung ihrer berechtigten Interessen
nach aussen hin zu erwerben. An Anerkennung hat es ihm nicht gefehlt
und als er 1893 aus dem Amte und 1899 aus dem Leben schied, hat der
Prinz-Regent ihm beziehungsweise seinen Hinterbliebenen in warmen Worten
ausgesprochen, wie nahe er ihm stand und wie sehr er seinen Verlust beklage.
V. Frobel.
Meyer, Clemens Friedrich, Schriftsteller, * am 15. Mai 1824 in Arolsen
im Fürsten th um Waldeck (daher sein Schriftstellername: Meyer von Wal deck),
f am 16. Mai 1899 in Heidelberg. — Er erhielt den ersten Unterricht in
einer Privatanstalt seiner Vaterstadt, besuchte 1837 — 38 das Gymnasium in
Wetzlar und entschloss sich, von der Natur und dem Schaffen in unmittel-
barer Berührung mit derselben angezogen, die Bergwissen Schäften zu studiren.
Zu diesem Studium bereitete er sich 1838 — 40 auf der polytechnischen
Schule in Cassel vor und widmete sich dann von Michaelis 1840 bis Ostern
1842 auf der Bergakademie in Klausthal der Theorie und Praxis des Berg-
wesens. Zu höheren akademischen Studien ging er darauf an die Universität
Berlin, absolvirte auch, um sich das Recht der Anstellung im preussischen
Staatsdienste zu erwerben, am Cöllnischen Gymnasium daselbst nachträglich
die Maturitätsprüfung. Nachdem er ein Jahr lang dem Studium der Natur-
wissenschaften obgelegen, auch während desselben eine grössere Fussreise
durch die mineralogisch interessantesten Gegenden Deutschlands unternommen
hatte, gab er jenes Studium auf: seine schon aus der Kindheit stammende
Vorliebe für die Poesie und Litteratur war mit neuer Kraft erwacht, hatte
sich sogar mit zwei poetischen Arbeiten (»Der Paria. Ein Gedicht«, 1843;
»Bilder aus dem Bergmannsleben«, 1844) schon in die OefFentlichkeit gewagt,
und so wählte er für seine weiteren wissenschaftlichen Studien das Gebiet
der deutschen Sprache, Literatur und Alterthumskunde. K. Lachmann und
die Brüder Grimm waren dabei seine hervorragendsten Führer. Im December
1845 zum Dr. phil. promovirt, beabsichtigte M., sich an der Berliner Uni-
versität als Privatdocent zu habilitiren; indes der Ruin des elterlichen Ver-
mögens zerstörte diese Aussichten für die Zukunft, und so nahm er eine
Stelle als Erzieher in Kurland an. Bis 1847 lebte er als solcher im Hause
des Barons von der Recke auf Neuenburg und bis zum Sommer 1849 l^eim
Grafen Medem auf Altautz und Rempten. Darauf absolvirte er an der
Universität Dorpat die Examina als Oberlehrer der deutschen und lateinischen
Sprache, übernahm* dann an Stelle eines erkrankten Freundes die Leitung
einer Knabenschule in Mi tau und kehrte im Sommer 1850 nach Dorpat zu-
rück, wo er sich ein Jahr lang ununterbrochen mit gelehrten Arbeiten be-
schäftigte. Die literarischen Früchte dieses Aufenthaltes waren: »Historische
Studien, i. Theil: Studien über deutsche Geschichte, Art und Kunst« (1851)
und »Die Statistik des ethischen Volkszustandes. Ein Beitrag zur Theorie der
Staatenkunde« (185 1). Im Sommer des Jahres 1851 begab sich M. nach
St. Petersburg, und schon im Mai 1852 wurde er von der Akademie der
Wissenschaften zum Chefredacteur der »St. Petersburger deutschen Zeitung<c
ernannt. »Während er als solcher durch Jahrzehnte ehrlich und gewissen-
Meyer. Ziemietzky. 219
haft seine Pflicht gegen das neue Vaterland erfiillte und fiir dessen Wohl und
Gedeihen, für seine geistige und materielle Entwicklung wirkte, trug er die
Liebe für die alte Heimat, für seine Landsleute und Stammesgenossen un-
entwegt im Herzen, und wenn er es als seine erste Aufgabe betrachtete, Auf-
klärung und Gesittung, Recht und Licht in Russland zu verbreiten, so fühlte
er sich doch in zweiter Linie als Vertreter des Deutschthums und der Deut-
schen in Russland; und wo Deutschland den Kampf aufnahm mit feindlichen
Gewalten (wie 1866 und 1870), da trat er mit der ganzen Kraft seiner Ueber-
zeugung für das alte Vaterland ein.« Der deutsche Wohlthätigkeitsverein,
ein Institut von colossaler Tragweite, verdankte ihm, dem langjährigen Vice-
präsidenten, seine Reorganisation und höchste Blüthe. Im Jahre 1853 war
M. auch von der historisch-philosophischen Facultät der Petersburger Univer-
sität zum Lector der deutschen Sprache und Literatur erwählt worden — als
solcher wurde er später zum Collegienrath ernannt — und 1858 hatte er auch
die Stelle eines Oberlehrers der deutschen Sprache an der Hauptschule zu
St. Petri übernommen. Alle diese Aemter behielt er bis zum Jahre 1874, wo
ein andauerndes Nervenleiden ihn zwang, dieselben aufzugeben und zunächst
an die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu denken. Er zog zunächst nach
Bonn, später nach Heidelberg, habilitirte sich hier nach seiner völligen Ge-
nesung als Privatdocent für die germanistischen Wissenschaften (1880), wurde
drei Jahre später zum ausserordentlichen Professor ernannt und 1896 durch
Verleihung des Titels eines Hofraths ausgezeichnet. Die schriftstellerische
Thätigkeit M.'s bot namentlich während seines Aufenthalts in Petersburg eine
reiche Ausbeute. Aus dem Inhalt der von ihm geleiteten Zeitung lieferte er
in drei Jahrgängen (1853 — 55) das »Magazin für die Kunde des geistigen
und sittlichen Lebens in Russland«, und aus dem Feuilleton derselben Zei-
tung »Belletristische Blätter aus Russland«. Im Auftrage des Petersburger
poetischen Vereins gab er die »Schneeflocken. Poetisches Jahrbuch« (II,
1857 — 58) heraus. An eigenen Arbeiten erschienen von ihm »Poetische
Schriften, i. Theil: Blätter aus dem Gedenkbuche eines Bergmanns« (1854),
''>Die Erbin von Glengary. Schauspiel« (1866), während eine Reihe von
Dramen (»Der Feind vor Odessa«, 1854 — »Der Pate des Cardinais«,
1855 — »Ganz was Aparts«, 1856 — »Childerich«, 1869) nur als Manu-
script gedruckt sind. Aus der Heidelberger Zeit stammen noch »Russische
Erzählungen in deutscher Uebersetzung« (1878), »Goethes Märchendichtungen«
(1879) ""^ »Unter russischem Scepter. Erinnerungen eines deutschen Publi-
cisten« (1893).
Persönliche Mittheüungen. — Adolf Hinrichsen, das literarische Deutschland. 2. Aufl.
Berlin 1891, S. 895 fr.
Franz Brummer.
Ziemietzky, Hellmuth von, General der Infanterie z. D., ä la suite
des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV. (i. Pommersches) No. 2,
zuletzt Gouverneur von Cöln, * 18. Juni 1824 zu Xanten, f 8. Juni 1899 auf
seinem Gute Niederstruse in Schlesien.
Er kam 1842 aus dem Cadetten-Corps in das 16. Infanterie-Regiment
und trat, nachdem er am Strassenkampf in Berlin theilgenommen hatte, 1848
zur Schlewig-Holsteinschen Armee tiber. 1849 zurückgekehrt, war er zeitweise
Adjutant der 3. mobilen Division, während des Feldzuges in Baden 1860
2 20 Ziemietzky. Speckbacher. Moser.
wurde er Major im Generalstabe und war während der Kämpfe in Böhmen
Generalstabsoffizier der 9. Division (Corps Steinmetz). Nach dem Kriege hatte
er die damals schwierige Stellung als Chef des GeneralsUibes des X. Armee-Corps
(Hannover) inne und machte den deutsch-französischen Feldzug als Commandeur
des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV. (i. Pommersches) No. 2
mit, wobei er wiederholt Gelegenheit zur Auszeichnung fand.
Später Commandeur erst der 56., dann der 42. Infanterie-Brigade, der
31. und der 3. Division, wurde er 1882 Gouverneur von Cöln und schied im
folgenden Jahre aus dem Dienste. Am 100 jährigen Gedenktage der Geburt
Kaiser Wilhelms des Grossen stellte ihn sein Kriegsherr, der ihn besonders schätzte,
ä la suite des ausgezeichneten Regiments, das er einst im Feldzuge mit Ruhm
geführt hatte.
V. Frobel.
Speckbacher, Caspar, Dichter, * am 3. Juni 1819 in Ober-Miming im
Oberinnthal, f daselbst am 25. Septbr. 1899. — Seine Bildung erhielt Sp. in
Innsbruck, wo er die Volksschulen, das Gymnasium sammt den philosophischen
Cursen und drei Jahre lang die Universität besuchte, an der er die Rechte
studirte. Ein viertes Studienjahr brachte er an der Hochschule zu Padua zu.
Nach ausgezeichnet bestandenen praktischen Prüfungen war er in Reutte,
Silz, Imst und Klausen im Justizdienste thätig und zwar als Staatsanwalts-
substitutionsleiter, als Bezirksvorsteher und Bezirksrichter in Imst. Seit 1850
erschien Sp. auch als Dichter mit Beiträgen in verschiedenen Anthologien,
und tragen diese Arbeiten in Form, Ausdruck und Gedanken ein stark
poetisches Gepräge an sich, so dass man ihn schon damals allgemein den
»patriotischen Sänger von Imst« nannte. Im Jahre 1859 war er I.andes-
defensions-Commissär und 1863 und 1865 Landtagsabgeordneter für den
Bezirk Imst — Silz — Reutte. Im Jahre 1883 trat er mit dem Titel eines
kaiserlichen Raths in den Ruhestand und lebte er seitdem abwechselnd in
Imst oder in seinem schönen Heimathdorfe. Seine Müsse benutzte er auch
zur Sammlung eines Theiles seiner Gedichte, die 1887 unter dem Titel
»Epitaphien« erschienen. Mit einem Büchlein »Sprüchlein« war er schon 1859
an die Oeffentlichkeit getreten.
Ambros Mayr, Tiroler Diphtcrbuch. Innsbruck 1888, S. 226.
Franz Brummer.
Moser, Otto, Schriftsteller und Lokalchronist, * in Leipzig am ly.Novbr.
i8i6, f daselbst am i. Januar 1899. — M. hatte sich nach erlangter Schul-
bildung dem Baufache gewidmet und war schliesslich Pionieroffizier in Dresden
gewesen. Nach seinem Austritt aus dem Heere kehrte er nach Leipzig zu-
rück und ergriff hier den journalistischen Beruf. Er war bis 1866 Redacteur
der Zeitschrift »Für Nah und Fern« und lieferte für dieselbe zahlreiche
novellistische Arbeiten. E^in Theil derselben erschien s])äter gesammelt als
»Lustige Geschichten« (1875) und »Soldatengeschichten« (1875), Später
widmete sich Moser speciell der Erforschung und Darstellung der Lok al-
geschichte Leipzigs, und er galt auf diesem Gebiete mit Recht als Autorität.
In fast sämmtlichen Leipziger Blättern, besonders im »Leipziger Tageblatt«
und den »Leipziger Neuesten Nachrichten« erschienen seine Notizen und
Moser. Schuler v. Senden. Woenig. 221
lokalgeschichtlichen Erinnerungen, und im Verein für die Geschichte Leipzigs
zählte er zu dessen eifrigsten Mitgliedern. Von seinen nach dieser Richtung
hin veröffentlichten Schriften sind zu erwähnen: »Chronik der Stadt Leipzig
und ihrer Umgebung« (1877) — »Chronik von Reudnitz« — »Führer durch
das sächsische Erzgebirge und Vogtland« — »Durch das Unstrutthal und die
Goldene Aue« — »Durch das Muldethal« — »Durch Leipzig und seine nahe
und weitere Umgebung«.
Das literarische Leipzig. lUustrirtes Handbuch. S. 110. — Zeitungsnachrichten.
Franz BrÜmmer.
Schuler v. Senden, Ernst Freiherr, Generalleutnant z. D., zuletzt Com-
mandeur der 12, Division, ^ 25. April 181 2 zu Breslau, f 16. Januar 1899
zu Dessau.
Mit dem im hohen Alter von 87 Jahren verstorbenen General v. S. ist
einer der letzten selbständigen Truppenführer aus dem deutsch-französischen
Kriege heimgegangen.
Er stammte aus einer alten, in den Annalen der preussischen Armee
vielfach in Ehren genannten Officierfamilie und kam aus dem Cadetten-Corps
1829 als Fähnrich zum 2. Infanterie - Regiment. 1866 war er Commandeur
des 3. Rheinischen Infanterie-Regiments No, 29, führte später die combinirte
Infanterie -Brigade des IL Reserve-Armee-Corps und wurde nach dem Kriege
Generalmajor und Commandeur der 17. Infanterie -Brigade. Bei Ausbruch
des deutsch-französischen Krieges erhielt er das Commando der 3. Landwehr-
Division, die bald nach Metz herangezogen wurde und mit der er noch an
der Schlacht von Noisseville und dem Gefecht von Bellevue theilnehmen
konnte.
Weiter fiel ihm dann die selbstäiyiige Aufgabe zu, die Festung Mezi^res
einzuschliessen, dann P<§ronne zu belagern. Am 5. Januar 187 1 nahm er mit
der 14. Infanterie -Division, deren Commando ihm inzwischen übertragen
worden war, die Festung Rocroy. Dann marschirte er mit seiner Division
nach dem südlichen Kriegsschauplatz und nahm mit ihr unter dem Ober-
befehl des Generals v. Manteuffei an den Kämpfen gegen Bourbaki ehren-
vollsten Antheil.
Nach dem Friedensschlüsse wurde er Commandeur der 11. Division und
trat 1872 in den Ruhestand, in dem es ihm vergönnt war, sich noch fast
27 Jahre lang eines glücklichen Lebensabends zu erfreuen.
v. Frobel.
Woenig, Franz, Schriftsteller und Dichter, * am 28. Februar 185 1 in
Breitenhagen a. d. Elbe (Provinz Sachsen), f am 16. Februar 1899 ^^
I^eipzig. — Er war der Sohn eines Schiffseigen thümers und sollte nach des
Vaters Wunsch Seemann werden, während andere Familienglieder ihn dem
geistlichen oder dem Beamtenstande zuführen wollten. Alle diese Pläne
wurden jedoch in Folge eines jahrelangen Nervensiech thums des Knaben hin-
fallig, und erst im 15. Lebensjahre war seine Gesundheit so weit gekräftigt,
dass er an die Wahl eines Lebensberufs denken konnte. Er entschloss sich,
Lehrer zu werden, besuchte 1868 — 71 das Seminar in Barby bei Magdeburg
und wurde dann als Lehrer nach Aken ä. d. Elbe gesandt. In seinen knapp
2 22 Woenig. Heuduck.
bemessenen Mussestunden beschäftigte er sich eifrig mit Literatur, Musik und
den Naturwissenschaften. Ostern 1874 ging er nach Leipzig, wo er neben
seiner Berufsthätigkeit als Lehrer an der Universität Pädagogik und Natur-
wissenschaften studirte, praktisch in mehreren Laboratorien arbeitete, eifrig
Vorlesungen über Kunstgeschichte hörte und als fleissiger Schüler von Prof.
Dr. Georg Ebers den Grund zu seinem späteren Specialfache, der Aegyptologie,
legte. Nach dreijährigem Studium trat er Ostern 1877 als Lehrer in den
Dienst der Stadt Leipzig, indem er eine Stelle an einer Bürgerschule tiber-
nahm; daneben unterrichtete er seit 1878 ausschliesslich als Lehrer der Natur-
wissenschaften an einer höheren Privatmädchenschule, am Kindergärtnerinnen-
Seminar und am Lyceum für Damen, bis der Tod seiner Thätigkeit ein Ziel
setzte. — Als Schriftsteller hat sich W. besonders mit seinem botanisch-
culturhistorischen Werke »Die Pflanzen im alten Aegypten« (1886 2. Aufl.
i888) einen Namen gemacht, eine Arbeit, der von allen Aegyptologen und
Naturforschern uneingeschränktes Lob gespendet wurde. In derselben Richtung
bewegen sich seine kleineren Arbeiten »Pflanzenformen im Dienst der bildenden
Künste« (2. Aufl. 1881) und »Am Nil. Bilder aus der Culturgeschichte des
alten Aegyptens« (3 Bdchn. 1892 — 98). In den Jahren 1890 — 95 unternahm
W. während der Sommermonate im Auftrage des ungarischen Ministeriums
botanische Studienreisen in die ungarische Tiefebene und legte die Früchte
seiner Beobachtungen in folgenden Schriften nieder: »Eine Pusstenfahrt.
Bilder aus der ungarischen Tiefebene« (1892 2. Aufl. 1894), »Die ungarische
Steppenflora« (1892), »Hej, die Pussta. Bilder aus der ungarischen Tiefebene«
(1897) und »Ungarische Volkslieder für eine Singstimme mit Pianoforte-
begleitung« (1893). Auch als Dichter ist W. vielfach hervorgetreten, und
wenn er auch nicht zu den führenden Geistern gezählt werden kann, so ent-
behren seine Gedichte doch nicht der Formschönheit und tiefen Empfindung;
viele derselben sind darum auch von bekannten Componisten vertont worden.
An lyrischen Dichtungen liegen vor »Haiderosen« (187 1), »Vom Wegrande«
(1889); an epischen Dichtungen veröffentlichte er eine Reihe Kriegsdichtungen,
die den besten Schöpfungen des poetischen Schlachtenmalers C. F. Scheren -
berg an die Seite gestellt werden können, »Das Weltgericht bei Sedan«
(187 1), »Aus der Schlacht bei Villiers-Brie« (2. Aufl. 1886), »Der Todesritt
von Vionville« (2. Aufl. 1889), »Aus grosser Zeit« (Dichtungen zu lebenden
Bildern für patriotische Feste, 1890), »Bei Buzancy« (2. Aufl. 1886), »Ein
«Reiterleben« (1892). Von anderen Publicationen seien hier noch genannt
»Diclytra. Ein Blumenmärchen für die Frauenwelt« (1881), »Vöglein im
Walde« (Novelle, 188 1) und einige Weinachtsfestspiele.
Persönliche Mittheilungen. — Tetzner, Unsere Dichter in Wort und Bild, 5. Bd.
Leipzig 1895, S. II. — C. Ziegler, Dichter im deutschen Schulhause. Bielefeld 1892,
S. 358.
Franz Brummer.
Heuduck, Wilhelm von, General der Cavallerie z. D., ä la suitc des
Dragoner-Regiments Prinz Albrecht v. Preussen (Litthauisches) No. i ., zuletzt
Commandirender General des XV. Armee-Corps, ♦ 5. April 1821 zu Breslau^
f 20 November 1899 zu Baden-Baden.
H.'s Verdienste lagen hauptsächlich auf cavalleristischem Gebiete. 1838
kam er als Secondleutnant aus dem Cadetten-Corps zum damaligen 9. Hu-
saren-Regiment, nahm mit diesem am Feldzuge in Baden theil und wurde
Heuduck. Hohenbausen.
223
im Gefecht von Kuppenheim verwundet, war dann in wechselnden Stellungen
auch während der Kriege gegen Dänemark und Oesterreich thätig und in
letzterem eine Zeit lang Commandant von Brunn.
1867 wurde er Commandeur des i. Hessischen Husaren -Regiments
No. 13, das er im Feldzuge von 1870/71 mit grossem Erfolge führte.
Seine ganze bisherige Laufbahn hatte seine besondere reiterliche Befähi-
gung erkennen lassen und so finden wir ihn als Generalmajor und General-
leutnant von 1876 bis 1884 in der wichtigen Stellung als Chef des Militär-
Reit-Instituts zu Hannover, zugleich aber vielfach verwendet bei der Ausbildung
grösserer Cavallerie- Massen. 1884 wurde er Commandeur der Cavallerie-
Division des XV. Armee-Corps und wohnte, ein genauer Kenner der fran-
zösischen Armee und Sprache, im Herbste den Uebungen des XVII. fran-
zösischen Armee-Corps bei. Im folgenden Jahre erbat sich Feldmarschall
Manteuffel, der Statthalter von Elsass- Lothringen, und zugleich commandi-
render General des XV. Armee-Corps war, den General v. H. als militärischen
Adlatus; nach Manteuffels Tode wurde er sein Nachfolger in der Führung des
Corps, bis er Ende 1890 aus dem activen Dienste schied.
V. Frobel.
Hohenhausen, Elise Baronin von, Schriftstellerin, * in Eschwege am
7. März i8i2, f in Berlin am 31. Januar 1899. — Sie war die Tochter
jener bekannten Baronin Elise Philippine Amalie von H., geborenen von Ochs,
die sich als Dichterin und erste Uebersetzerin der poetischen Werke Walter
Scotts und Lord Byrons einst in der deutschen Literatur einen wohlgeachteten
Namen erworben hatte. Ihr Vater, Baron Leopold von H., stand bis 1813
als Präfect in Diensten des Königs Jerome von Westfalen, und als er nach
Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft von seiner Regierung nicht
sogleich wieder in Dienst verwendet werden konnte, nahm seine Gattin hoch-
herzig die Sorge für die Familie auf sich, indem sie durch ihre Feder mit
für die Unterhaltung derselben beitrug. Die Familie lebte nach 1813 erst
in Cassel, dann in Münster, (seit 181 7), wohin der Vater als preussischer
Regierungsrath versetzt worden war, und seit 1820 in Berlin. Das gesell-
schaftliche Geistesleben der Hauptstadt stand damals gerade in höchster Blüthe,
und es gelang der schönen und geistreichen Mutter bald, einen Elitekreis um
sich zu schaffen, dessen interessanteste Typen sich der jungen Elise, die trotz
ihres zarten Alters schon überall mit hingenommen wurde, unauslöschlich ein-
prägten. Unter den bedeutsamen Persönlichkeiten, die im Hohenhausenschen
Salon verkehrten, seien hier besonders Varnhagen von Ense mit seiner geist-
reichen Gattin Rahel Levin, Helmina von Chezy, Fouqud, Chamisso, Amalie
von Hellwig, der junge Heinrich Heine genannt, die sich alle Dienstage in
dem literarischen Cirkel der Eltern versammelten. Im Jahre 1824 kehrte die
Familie nach Minden zurück, und hier bethätigte sich die junge Elise bald
literarisch als Mitarbeiterin an dem von ihrem Vater herausgegebenen
»Sonntagsblatt«, ftir welches sie Novellen und Skizzen, Uebersetzungen aus
dem Englischen und Französischen schrieb. Mit 19 Jahren vermählte sie sich
auf den Wunsch ihrer Eltern mit dem Oberregierungsrath Rüdiger in Minden,
der bald darauf nach Münster versetzt ward, und hier verlebte die junge
Frau insofern die entscheidendste Epoche (1831 — 45), als sie die intimste
Freundin der Annette von Droste-Hülshoff wurde, Deutschlands grösster
2 24 Hohehausen. Paar.
Dichterin. Das Bündniss ist auch erst durch den Tod gelöst worden. In
Minden, wohin der Gatte zurückversetzt ward, nahm Elise ihre 1848 ver-
wittwete Mutter zu sich, und beide arbeiteten gemeinschaftlich für das
Cottasche Wochenblatt. Nach mehreren Jahren erfolgte die Uebersiedelung
der ganzen Familie nach Frankfurt a. O., und hier, in einer mehr vornehmen
und eleganten, als gerade geistig bewegten Gesellschaft lebend, ruhte die
schriftstellerische Thätigkeit Elisens fast gänzlich. In Frankfurt verlor sie
auch ihre Mutter (1857) und ihren vortrefflichen Gatten, mit dem sie fast
30 Jahre in glücklicher, wenn auch kinderloser Ehe verbunden war. Sie zog
nun mit ihrer Pflegetochter, dem einzigen Kinde ihrer früh verstorbenen
Schwester, nach Berlin, nahm ihren Geburtsnamen wieder an und trat bald
wieder in das geistige und literarische Leben der Hauptstadt ein. In ihrem
Salon verkehrten Gutzkow und die Gräfin Luise von Stolberg, die Freundin
Friedrich Wilhelms IV., bis zu ihrem Tode, der unglückliche Albert Lindner
war ein häufiger Gast, und Ernst von Wildenbruch las dort zuerst seine
Dramen vor. In besonders nahe Beziehungen trat sie zu den beiden
Dichterinnen von Olfers, Mutter und Tochter, und mit dem Prinzen Georg
von Preussen, dem unter dem Pseudonym Georg Conrad schreibenden dra-
matischen Dichter, verband sie eine wirkliche, durch Jahre dauernde Freund-
schaft. Im Jahre 1897 konnte sie in tadelloser Geistesfrische ihren 85. Ge-
burtstag feiern, an welchem es die distinguirte Gesellschaft Berlins nicht an
Ehrungen hat fehlen lassen. — Unter den Schriften Elisens nehmen ihre
»Berühmte Liebespaare« (1870. Neue Folge 1876. Dritte Folge 1882. Vierte
Folge 1884) den ersten Rang ein. Ein Gegenstück dazu bilden die »Denk-
male der Freundschaft« (1872), eine Sammlung von Essays, und ihr Buch
»Aus Goethes Herzensleben. Wahrheitsgetreue Darstellungen« (1884). Daran
schliessen sich »Der Roman des Lebens. Neue Novellen aus der höheren
Gesellschaftswelt« (II, 1876), »Neue Novellen« (1890), »Romantische Bio-
graphien aus der Geschichte« (1878), »Drei Kaiserinnen. Biographische
Skizzen (1888) und einige treffliche Uebersetzungen von Longfellow und Young
im Versmass des Originals.
Persönliche Mittheilungen. — Lina Morgenstern, Die Frauen des 19. Jahrhunderts,
2. Bd., S. 297. — Richard Wrede und Hans von Reinfels, Das geistige Berlin, i. Bd.,
S. 198. — Rudolf Eckart, Der deutsche Adel in der Literatur. Berlin 1895, S. 73. —
Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen der Feder, Berlin 1898. i. Bd., S. 370.
Franz Brummer.
Paar, Mathilde, Schriftstellerin, ♦ in Cassel am 6. April 1849, t ^"
Leipzig am 23. Juni 1899. — Sie war die Tochter des kurfürstlich hessischen
Regierungs-Probators Adolf P. und erhielt im Elternhause mit noch zwei
Geschwistern eine sorgfältige Erziehung. Ihr poetisches Talent offenbarte
sich sehr frühe und suchte mit Vorliebe in der dramatischen Form Ausdruck,
noch ehe sie ein Theater kennen gelernt hatte. Der erste Besuch desselben,
verbunden mit dem Lesen der Dramen Schillers, übte denn auch einen be-
strickenden Einfluss auf das junge Mädchen aus. Aber mitten im Sturm und
Drang der neuen Empfindungen befiel die Dichterin ein Nervenleiden, das
sie zur Aufgabe ihres Planes, sich der Lehrthätigkeit zu widmen, nöthigtc,
und das erst durch einen Aufenthalt in Davos in der Schweiz (1876) gehoben
ward. Verschiedene Reisen durch Deutschland und die Schweiz, ein mehr-
Paar. Quaritsch. 225
jähriger Aufenthalt in Leipzig, der zum Studium an der Universität benutzt
und besonders anregend durch den Verkehr im HirzePschen Hause wurde,
endlich der Genuss und das Studium des Kunstlebens in Berlin, wo sie ein
Jahr lang ihre erkrankte Schwester in der Hausführung vertrat, hatten auf
ihre poetische Gestaltungskraft den nachhaltigsten Einfluss. Als sie dann
1879 wieder in das Elternhaus nach Cassel zurückkehrte, begann sie hier
Unterricht in der Kunst- und Literaturgeschichte zu ertheilen, und diese
Lehrthätigkeit, die sie voll befriedigte, setzte sie auch fort, als sie 1886 ihren
Wohnsitz nach Leipzig verlegte. — Sie ist vorwiegend auf dramatischem Ge-
biet schriftstellerisch thätig gewesen und hat mit manchem ihrer Stücke einen
schönen Bühnenerfolg gehabt. Zu nennen sind die — meist als Manuscript
gedruckten — Lustspiele: »Die Wahrheit« (1875), »Der Champagnerpfropfen«
(1877), »Der Wagen kommt« (.1878), »Chambre garnie« (1879), »Ein Roman«
(1879), »Der Brautkranz« (1879), **^^^ wilde Rose« (1888) — die Schau-
spiele: »Helene« (1882), »Verirrungen« (1886), »Desirde« (1886), »Isolina
Janson« (1890), »Die Geschwister« (1891). Ausserdem hat sie in den letzten
Jahren ihres Lebens für das königliche Theater in Cassel sämmtliche Fest-
spiele gedichtet. Kurz vor ihrem Tode erschien noch eine Sammlung ihrer
»Gedichte« (1899).
Persönliche Mittheilungen. — Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Berlin 1898. 2. Bd., S. 112.
Franz Brummer.
Quaritsch, Bernhard, ein weltbekannter Buchhändler und Antiquar,
* 23. April 181 9 in der kleinen preussischen Stadt Worbis (Prov. Sachsen),
f i8. December 1899 in London. Der junge Q. kam zu dem Buchhändler
Koenig in Nordhausen in die Lehre, wo er bittere I^ehijahre durchzumachen
hatte. Bald erkannte der Principal jedoch, dass er hier einen eigenartigen
erfindungsreichen Kopf vor sich hatte, der mehr konnte, als Bücherpackete
machen. Damals, in den dreissiger Jahren, war das Bücherauctionswesen
noch verhältnissmässig neu und als Q. für seinen Lehrherm seinen ersten
Auctionskatalog angefertigt hatte, war der Erfolg der Versteigerung glänzend.
Bei Bernhard Q. war aber Schmalhans Küchenmeister, trotzdem erlahmte er
nicht in dem Bestreben, sich fortzubilden und namentlich von zwei im Orte
ansässigen Engländern die englische Sprache zu erlernen, indem er den
Vikar of Wakefield mit ihnen las. Nach einer weiteren Stellung in Berlin
siedelte der junge Buchhändler im Jahre 1842 nach London über, wo er
für seine Ideen schnell den geeigneten Boden fand, indem er bei dem weit-
blickenden Antiquar Bohn eintrat, bei dem er eine noch festere Grundlage
für sein bibliographisches Wissen legte. Im Jahre 1847 machte sich Q.
selbstständig und gründete eine Antiquariatsbuchhandlung. Nach wenigen
Jahren hatte er die allgemeinste Aufmerksamkeit der Sammler und Forscher
auf sich gezogen, als es ihm gelang, bei der Auction der Bibliothek des
Bischofs von Kashel ein Exemplar der Mazarin-Bibel für 1 2 000 Mark zu er-
stehen, wozu damals besonderer Muth gehörte. Bald galt Q. auf dem
europäischen Büchermarkte als der beliebteste, aber auch geflirchtetste Käufer
und Bieter. Seine wissenschaftliche Autorität in der Bestimmung von Hand-
schriften, in der Unterscheidung alter, undatirter Ausgaben von Frühdrucken
der Schwarzen Kunst war unbestritten. Es gab für ihn allmählich bei wirk-
Bioffr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4 Bd. I c
2 20 Quaritscb. Rrtselcr.
liehen Seltenheiten keine Preise mehr, die er nicht den Muth gehabt hätte,
zu bezahlen. Bei der Parkins-Auction im Jahre 1873 erwarb er Bücher und
Handschriften für 220000 Mark, in der berühmten Didot- Versteigerung Selten-
heiten für 232000 Mark, in der Sunderland-Auction für 660000 Mark u. s. w.
Auch ist er es gewesen, der den höchsten Preis für ein Buch bezahlte, der
je angelegt worden ist, 99000 Mark für das von Fust und SchöfFer 1459
gedruckte Psalterium, das erste in Deutschland mit einer Jahreszahl er-
schienene Werk. Q. gab über sein Lager gegen 1000 Einzelcataloge heraus
sowie den »General Catalogne of old books and manuscripts« (6 Bde.,
1887/88 und 7. Bd. Index, 1892; Preis 12 Guineen, enthaltend 40000 Artikel).
Q. verfasste selbst »Paleography- Notes upon the history of writing and the
medieval art of illumination« (London, 1894).
Vgl. MUhlbrecht, BUcherliebhaberei in ihrer Entwickig. bis zu Ende des 19. Jahrh.
2. Aufl. 1898 (auch mit Portrait).
W, Wolkenhauer.
Röseler, Friedrich Wilhelm, Schriftsteller und Dichter, * 14. März 1848
zu Neumünster in Holstein, f 21. Januar 1899 in Hamburg. Seine erste
Ausbildung erhielt er in einer Privatschule seiner Vaterstadt und besuchte
dann, nachdem er den Plan, Maler zu werden, infolge des Widerstandes
seiner Eltern aufgegeben hatte, von 1863 an das Realgymnasium in Rends-
burg. 1867 verliess er dasselbe und trat als Lehrling in die Herzbruchsche
Buchhandlung in Flensburg ein. Hier lernte er kurz vor Beendigung seiner
Lehrzeit Wilhelm Jensen kennen, der damals der Redaction der »Flenzburger
Norddeutschen Zeitung« angehörte. Auf Jensens Anregung hin beschloss R.
sich dem literarischen Berufe zu widmen. Michaelis 1870 ging er nach
Berlin, wo er sich zunächst mit literarhistorischen, geschichtlichen und philo-
sophischen Studien beschäftigte, um darauf mehrere Jahre hindurch in der
Reichshauptstadt eine reiche literarische Thätigkeit zu entfalten, die nur
durch grössere Reisen in Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien und
Amerika unterbrochen wurde. 1877 kehrte er in seine Vaterstadt Neumünster
zurück und ridigirte hier bis zum August 1879 den »Holsteinischen Courier«.
Bald siedelte er jedoch wieder nach Berlin über, wo er von 1881 — 86 als
Mitredacteur des »Berliner Fremdenblattes« wirkte und seitdem als freier
Schriftsteller lebte. Obwohl R. den grössten Theil seines Lebens ausserhalb
Schleswig-Holsteins verbrachte, gehörte sein Interesse doch dauernd seiner
alten Heimat, was auch seine literarischen Arbeiten klar erkennen
lassen. Beachtenswerth sind in dieser Beziehung besonders die Dichtungen
»Nordische Eichen« (Berlin 1876), in denen der Verfasser es sich zum Ziel
setzte, »die rühm- und sturmvolle Vergangenheit seiner meerumschlungenen
Heimat in ihren Haupt-Momenten, vom Jahre 1145 — 1626, in grösserer Aus-
führlichkeit und mit möglichst enger Anlehnung an die uns von den Chro-
nisten überkommenen Sagen und Historien in gebundener Rede vorzufuhren«,
eine Aufgabe, die er nach Form und Inhalt in gleich ansprechender Weise
gelöst hat. Zahreiche literarhistorische und novellistische Beiträge erschienen
aus seiner Feder in »Westermanns Monatsheften« (1872), in der »Gegenwart«
(1873 und 1874) und einer ganzen Reihe von Tageszeitungen. Von seinen
grösseren Arbeiten seien noch folgende erwähnt: Matthias Claudius und sein
Humor. Berlin 1873; Domröschen. Ein Liebeslied in zehn Gesängen. Gar-
Rösdler. Kolb. Cerri. 227
ding 1882; Graf Wolf Baudissin als Diplomat und Uebersetzer (Schleswig-
Holsteinische Jahrbücher, Redig. von W. Biernatzky, Bd. 2, 1885, S. loi ii.
197 ff.); Brockenteufel. Ein Harzlied. Berlin 1887; die Barberina ib. 1890.
Vgl. Alberti, Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutiniscben Schrift-
steller von 1866 — 1882, Bd. 2, 1886, S. 182; BrUmmer, Lexikon der deutschen Dichter
und Prosaisten des neunzehnten Jahrhunderts, 4. Ausg. Bd. 3, S. 346: Itzehoer Nachrichten
V. 29. Januar 1899.
Joh. Sass.
Kolb, Georg, ein junger Afrikareisender und Theilnehmer an der sog.
Freiland -Expedition nach dem Tana, wurde am 18. September 1899 am
Rudolf-See in Ostafrika von einem Nashorn getödtet. Nach dem Misslingen
der Freiland -Expedition war K. in Ostafrika geblieben und versuchte im
Juli 1894 den Kenia zu besteigen. Anfang des 1895 kam er nach Mombasa
zurück, versah sich mit wissenschaftlichen Instrumenten und begab sich zum
zweiten Male zu dem Berge. Er bestieg ihn von Osten her und kam bis
innerhalb des Kraterrandes; die höchste Spitze konnte er jedoch nicht be-
zwingen. In »Petermanns Mittheilungen« 1896, S. 221 — 231, giebt K. über
diese zwei Reisen einen kurzen Bericht nebst Karte. Nach seiner Rückkehr
erwarb sich K. 1897 mit einer Abhandlung »Beiträge zu einer geographischen
Pathologie Britisch -Ostafrikas« in Giessen die medicinische Doctorwürde.
Das Ziel von Kolbs neuer Reise, auf der er den Tod gefunden, waren die
wildreichen, im übrigen aber noch wenig bekannten Gebiete im Osten des
Rudolf-Sees.
Vgl. Geographisches Jahrbuch, XXII. Bd.
W. Wolkenhauer.
Cerri, Cajetan, Dichter, ♦ am 26. März 1826 in Bagnolo bei Brescia
in Italien, f in Karlsbad am 27. Mai 1899. — ^^ ^^^^ ^^^ Sohn des k. k.
Distriktcommissärs in Cremona und kam mit 13 Jahren nach Wien, wo er im
damaligen Stadt -Convict Aufnahme fand. Die deutsche Sprache war ihm
damals vollständig fremd; aber kaum hatte er einen kleinen Einblick in die
deutsche Literatur gewonnen, so trieb ihn der Ehrgeiz, Goethes »Werthers
Leiden« in der Originalsprache selbst lesen und dieses Werk mit Foscolos
Stoff- und form verwandtem Buche »Le ultime lettere di Jacopo Ortis« ver-
gleichen zu können, zu einem andauernden Studium des deutschen Idioms
und zu einer Anwendung desselben in eigenen Gedichten an. Das erste der-
selben erschien im Winter 1845 in Bäuerles »Theaterzeitung«. Das Jahr 1847
brachte C. in verschiedenen Städten Oberitaliens zu, in Venedig, Padua,
Mailand und Cremona, und kam hier mit zahlreichen gelehrten Männern in
persönliche Berührung. Zu Anfang des Jahres 1848 kehrte er nach Wien
zurück, wo aber seine juridischen Studien durch die Zeitereignisse eine
Unterbrechung erfuhren. Nach grösseren Reisen trat er als überzähliger
Praktikant bei der Amtsverwaltung Schotten, später als Candidat beim
Ministerium für Landescultur und Bergwesen ein und übernahm zugleich die
Stelle eines Professors der italienischen Sprache und Literatur am Wiener
Conservatorium. Um diese Zeit entfaltete C. auch eine umfassende literarische
und journalistische Thätigkeit. Er redigirte 1850 — 51 und 1855 — 56 die in
^5*
2 28 Cerri. Ehlert. Wisotzki.
Graz erscheinende Damenzeitung »Iris« und 1854 das Feuilleton des »Corriere
italiano«, gab 1848 seine »Politischen Liebeslieder«, 1850 die deutschen Lieder
eines Italieners »Glühende Liebe«, wie auch verschiedene Uebersetzungen
aus dem Italienischen heraus und schrieb 1852 — 56 in der »Leipziger Theater-
Chronik« auf Laubes Anregung die »Wiener Briefe über das Burgtheater c.
Um die Mitte der 50er Jahre wurde C. Official beim Ministerium des Innern,
später Hofsecretär im Ministerium des Aeussem und schliesslich Sectionsrath
in demselben. Im Jahre 1888 trat er in den Ruhestand und lebte seitdem
in Ober-Döbling bei Wien seinen literarischen Neigungen. Zunehmende
Kränklichkeit veranlasste ihn, nach Karlsbad überzusiedeln, und hier ist er
auch gestorben. Aus der zweiten Periode der poetischen Thätigkeit C.'s
stammen seine Sammlungen »Inneres Leben« (1860); »Aus einsamer Stubcc
(1864); »Gottlieb. Ein Stillleben« (1871) und »Sturm und Rosenblatt.
Dramatische Dichtung« (1872), die einen gewaltigen Fortschritt gegen die
früheren Dichtungen bekunden. In seinem letzten Werke »Ein Glaubens-
bekenntniss. Zeitstrophen« (1872) hält er mit rückhaltsloser Offenheit im
dichterischen Zorne und in schwungvollen Versen der entarteten Zeit ein
trauriges Spiegelbild vor.
Wurzbach 's Biographisches Lexikon des Kaiserthums Ocsterreich ; II, 322. — Ludwig
Kisenberg, Das geistige Wien; I, 68.
Franz Brummer.
Ehlert, Dr. Reinhold, ein junger hoffnungsreicher Gelehrter auf dem
Gebiete der Erdbebenkunde, ♦ am 16. Juni 1871 als einziger Sohn des
geschätzten Musikschriftstellers Louis Ehlert, f am 2. Januar 1899 bei
einer Schneeschuh fahrt auf dem Sustenpass. — E. widmete sich seit
1890 in Strassburg und Berlin und dann wieder in Strassburg geogra-
phischen, geodätischen und mathematischen Studien und nahm 1894 als
Schüler Prof. G. Gerlands die durch den frühen Tod von Dr. E. v. Rebeur-
Paschwitz abgebrochenen seismologischen Beobachtungen mit dem Hori-
zontalpendel wieder auf, über die er seine Doctorarbeit (1896) veröffent-
lichte. In einer folgenden Schrift »Das dreifache Horizontal pendel« legte
er die Vorzüge dieses von ihm verbesserten Apparates dar und hatte den
schönen Erfolg, dasselbe mit den von ihm geschaffenen Verbesserungen als
Grundlage für die geplanten internationalen Erdbebenbeobachtungen an-
genommen zu sehen. Seine letzte Arbeit: »Zusammenstellung, Erläuterung
und kritische Beurtheilung der wichtigsten Seismometer mit besonderer Berück-
sichtigung ihrer praktischen Verwendbarkeit« wurde von der philosophischen
Facultät der Strassburger Universität mit einem Preise gekrönt. Mit seinem
Freunde Dr. Gustav Mönnichs wurde er ein Opfer des Alpensports; es wird
angenommen, dass beide junge Gelehrte im oberen Maienthaie von einer
Lawine erfasst und verschüttet worden sind.
Vgl. Petermanns Geogr. Mittheilungen 1899 von G. Gerland.
W. Wolkenhauer.
Wisotzki, Otto Emil Samuel, Dr. phil., Professor und Oberlehrer am
Friedrich Wilhelms-Realgymnasium zu Stettin, * am 27. August 1855 ^^ Szillen
bei Tilsit, f am 14. September 1899 in Stettin. W. besuchte das Gymnasium
Wisotzki. Birch- Hirschfeld. 220
zu Tilsit und studirte dann seit Ostern 1875 Rechts- und Staatswissenschaften
in Königsberg. Doch schon im zweiten Studiensen\ester trat W. in die
philosophische Facultät über und widmete sich nun dem Studium der neueren
Sprachen, der Geschichte und vorzugsweise der physikalischen Erdkunde und
deren Geschichte, Disciplinen, zu denen ihn der vorzügliche Unterricht des
sowohl durch kritische Begabung als formvollendeten Vortrag ausgezeichneten
Herrn Oberlehrer Dr. Fischer in Tilsit angeregt hatte. Unter seinen Univer-
sitätslehrern trat W. dem Historiker Maurenbrecher, besonders aber dem
Geographen Hermann Wagner näher; mit letzterem blieb er dann bis zu
seinem Tode in wissenschaftlicher Verbindung. Nachdem W. im November 1879
mit einer Arbeit über »Die Vertheilung von Wasser und Land an der Erd-
oberfläche« promovirt, im Anfang des Jahres 1880 sein Examen pro fac. doc.
bestanden hatte, war er anderthalb Jahre wissenschaftlicher Hilfslehrer am
Gymnasium in Bartenstein, genügte dann seiner Militärpflicht in Königsberg
und kam dann am i. October 1883 ^.n das städtische Real-Gymnasium in
Stettin. Eben 44 Jahre alt, haben unglückliche Verhältnisse den fleissigen
und tüchtigen Mann in einen freiwilligen Tod getrieben.
W. war ein sehr anregender und erfolgreicher Lehrer der Geschichte,
wusste die Jugend für sie und durch sie zu begeistern und erfüllte somit das
Ideal, das Göthe in der Beschäftigung mit der Geschichte fand, als er sagte,
dass das Beste, was wir von ihr gewinnen, die Begeisterung sei. Aber als
Gymnasiallehrer glaubte W. noch nicht seinen eigentlichen Beruf gefunden
zu haben, sein höchstes Ziel war eine Universitätsprofessur, die ihm gewiss
auch noch geblüht hätte, wenn er nicht so frühzeitig aus dem Leben ge-
schieden wäre.
W.'s Schriften gelten, wie bereits seine Dissertation, fasst ausschliesslich
der Geschichte und Methodik der Erdkunde, deren gründlicher Kenner er
war. Auf seine Dissertation folgten: »Die Classifikation der Meeresräume«
(Progr. des Stadt. Real-Gymn. zu Stettin 1883); »Zur Geschichte der geo-
graphischen Gesellschaften« (Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu
zu Stettin, 1885); »Zur Methodik Carl- Ritters« (Programm der Friedrich
Wilhelms-Schule zu Stettin, 1885); »Zur horizontalen Dimension bei C. Ritter«
(Jahresbericht des Vereins für Erdkunde« zu Stettin, 1887); »Hauptfluss und
Nebenfluss. Versuch einer begriff'lichen Nachbildung desselben« (Stettin 1889);
»Die Strömungen in den Meeresstrassen. Ein Beitrag zur Geschichte der
Erdkunde«. (Im »Ausland« 1892; No. 29 — 36.) W.'s letzte und Hauptarbeit
ist sein verdienstvolles Werk »Zeitströmungen in der Geographie« (Leipzig 1897,
8*^ 467 S.), in dem er in neun einzelnen Abhandlungen werth volle Beiträge
liefert für die Geschichte der Erdkunde des sechszehnten bis neunzehnten
Jahrhunderts in ihrem Zusammenhang mit der sonstigen geistigen und cul-
turellen Entwickelung dieses Zeitraumes.
Vgl. Geogr. Jahrbuch, XXII. Bd., 1899.
W. Wolkenhauer.
Birch-Hirschfeld, Felix Victor, Geheimer Medicinalrath, ordentlicher
Professor der allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie an der
Universität Leipzig, * 2. Mai 1842 in Kluvensieck bei Rendsburg, f 19. November
1899 ^" Leipzig. Nach Beendigung seiner Studien in Leipzig bestand er
daselbst 1867 das medicinische Staatsexamen, promovirte zum Dr. med. und
2 '10 Birch-Hirschfeld.
war darauf zwei Jahre hindurch unter seinem Lehrer Ernst Leberecht Wagner
Assistent am pathologischen Institut. 1869 übernahm er eine Assistenten-
stelle an den Irrenanstalten in Kolditz und Sonnenstein, wurde aber schon
1870 als Prosector an das Stadtkrankenhaus in Dresden berufen. Seit 1871
war er zugleich Lehrer der pathologischen Anatomie bei den Fortbildungs-
cursen für Militärärzte, seit 1875 Mitglied des sächsischen Landesmedicinal-
collegiums und erhielt 1881 neben der Prosectur noch die Leitung der
Irrenabtheilung des Dresdener Krankenhauses. Am i. April 1885 erfolgte
seine Berufung nach Leipzig, wo er der Nachfolger Cohnheims wurde. Seit
1891 vertrat er die Universität in der ersten Kammer.
»B.-H. trat zu einem Zeitpunkt in die wissenschaftliche Arbeit ein,
als auf dem durch Virchows Riesenarbeit geschaffenen Fundament der natur-
wissenschaftlichen Pathologie neue Anschauungen und Fortschritte sich auf-
bauten.« Sich ganz auf dieses Fundament stellend, wurde er einer der eif-
rigsten und fruchtbarsten Förderer der medicinischen Wissenschaft. Allen
seinen Arbeiten ist »eine ausserordentliche Objectivität und Gemessenheit
des Urtheils bei schärfster Genauigkeit der Beobachtung und Strenge der
Schlussfolgerung eigen«. Glücklichste Verwerthung des reichen Beobachtungs-
materials, das ihm stets zu Gebote stand, ungewöhnliche Beherrschung der
gesammten einschlägigen Literatur, Klarheit der Darstellung, Gedanken-
reichthum und geistige Durchdringung des Stoffes, alle diese Vorzüge
treten in seinen Büchern überall zu Tage und sichern ihnen dauernde Be-
deutung. Sein »Lehrbuch der pathologischen Anatomie«, das bereits in
5, Auflage (Leipzig 1896/97) erschienen ist und auch im Ausland mit be-
sonderer Vorliebe benutzt wird, nimmt in der zeitgenössischen Handbuch-
Literatur dieses Faches unbestritten den ersten Platz ein. Gleicher Werth-
schätzung erfreut sich der »Grundriss der allgemeinen Pathologie« (Leipzig 1892).
Dazu kommen zahlreiche andere theils für grössere Sammelwerke, theils fiir
Zeitschriften verfasste Arbeiten, unter denen diejenigen über Infections-
krankheiten, besonders über die Tuberculose, sowie Untersuchungen über
Geschwülste den breitesten Raum einnehmen. Ein eingehendes, 40 Nummern
umfassendes literarisches Verzeichniss der sämmtlichen Schriften B.-H. 's giebt
Max Seiffert am Schluss seines Nekrologs in der »Berliner Klinischen Wochen-
schrift«, Jg. 36, 1899, S. 1135 — 36. Von seinem Beruf als akademischer
Lehrer hegte der Verstorbene die höchste Auffassung und widmete sich ihm
mit ganzem Ernst und vollster Hingabe. In den Kreisen der Studirenden
und bei seinen Assistenten war er beliebt wie kaum ein zweiter, durften sie
doch in ihm nicht nur den Professor, sondern stets auch den theilnehmenden
Freund voll herzlichsten Wohlwollens sehen. Das lebhafteste Interesse be-
kundete und bethätigte er auch für die Hebung des ärztlichen Standes, und
mit der ärztlichen Standesorganisation in Sachsen bleibt sein Name rühmlich
verknüpft. Er war eine vornehme, allem Schein abgeneigte Natur, eine
harmonische, in. sich geschlossene Persönlichkeit, deren Einwirkung sich
niemand entziehen konnte, ein Charakter, dem das Vertrauen Aller gehörte.
Alles Grosse aber, was er im Dienste der leidenden Menschheit geleistet und
erreicht hat, es erhebt sich gewissermassen in eine noch höhere Sphäre,
weil er die Kraft dazu viele Jahre hindurch einem schwer leidenden Körper
abringen musste. Seit 1886 litt er an einem Lungenübel, das er sich
infolge einer Infection am Seciertisch zugezogen hatte. Lange Zeit hindurch
gelang es ihm, mit eiserner Energie die Krankheit immer wieder nieder-
Birch-Hirschfeld. Bergner. Conrau. 231
zuzwingen, bis sie schliesslich doch seinem reichen Leben ein viel zu frühes
Ziel setzte.
Vgl. noch: Deutsche Medicinischc Wochenschrift, Jg. 25, 1899, S. 803 ff.; Leipziger
Neueste Nachrichten v. 21. u, 24. Nov. 1899. Illustrirte Zeitung, 1899, No. 2944; Biogra-
phisches Lexikon der hervorragenden Aerzte, hrsg. von A. Hirsch, Bd. i, 1884, S. 465;
Leopoldina. Organ der Leopoldino-Karolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher.
Heft 35, No. 12 (Dec. 1899), S. 192.
Joh. Sass.
Bergner, Karl Heinrich Rudolf, Schriftsteller, * in Leipzig am 24. Septbr.
1860, f in Graz am 2. Septbr. 1899. — Er war der Sohn eines Bankbeamten
und widmete sich nach Besuch des Gymnasiums für einige Zeit dem Buch-
handel, merkte aber bald, dass dieser Beruf seinen Idealen nicht entsprach.
Schnell entschlossen gab er denselben wieder auf und wandte sich, nach-
dem er noch erst an der Leipziger und Wiener Universität Vorlesungen ge-
hört hatte, literarischer Thätigkeit zu. Bestimmt durch ein reges Interesse für
fremde Völker und Naturschönheiten, unternahm er erst allein, nach seiner
Verheirathung (1884) mit seiner Gattin grössere Reisen durch Osteuropa,
besonders durch das Gebiet der Karpathen, und legte dann seine Beobach-
tungen theils in Reiseschilderungen, theils in novellistischen Arbeiten nieder,
wie »Eine Fahrt durchs Land der Rastelbinder« (1882) — »In der Marmaros.
Ungarische Culturbilder« (1885) — »Das Wächterhaus von Suliguli und
andere Karpathengeschichten« (1885) — »Rumänien. Eine Darstellung des
Landes und der Leute« (1887) — »Der Herr Executor Brandhuber. Komischer
Roman« (1891) — »Ein Bojar von ehedem. Novelle« (1889). — »Geheim-
nisse des Waldgebirges« (1889) — »Die Siebenbürger Sachsen« (1890) —
»Constantinopel« (1891). Infolge seiner vielfachen Reisen wechselte er auch
häufig seinen Wohnsitz (Wien, Josefsthal bei Baden, Hermannstadt, Marienhof
bei Graz), bis er 1894 dauernd nach Graz übersiedelte. Hier bot sich ihm
ein anderes Feld rastloser Thätigkeit: er wurde ein Kämpfer für den Schutz
der Thiere. Er setzte es durch, dass in Oesterreich Gesetze gegen den
Vogelmord erlassen wurden, und war unablässig bemüht, auch Italien endlich
zu Vogelschutzgesetzen zu bewegen. Er w^ar Präsident des Oesterreich.
Bundes der Vogel freunde, Präsident des Vereins für Thierschutz und Thier-
zucht, Gründer der Zeitschrift »Illustrirter Thierfreund« (1895), die er bis zu
seinem Tode leitete; er sandte Wanderredner in die Dörfer und Städte der
Steiermark und Oberösterreichs und scheute keine Opfer für die Förderung
seiner idealen Bestrebungen. Und doch war B. Verfolgungen hässlichster
Art ausgesetzt, die den sonst so tapferen Mann, der zu kämpfen gewohnt war,
dem Wahnsinn nahe brachten. In einem Anfall von Geistesgestörtheit, den
die furchtbare Erregung heraufbeschwor, beging er am 18. Juli 1899 einen
Selbstmordversuch, dem er nach mehreren Wochen schwerer Leiden erlag.
Persönliche Mittheilungen. — Berliner Tageblatt vom 8. Septbr, 1899. — Ludwig
Eisenberg, das geistige Wien I, 31.
Franz Brummer.
Conrau, Gustav, ein Kaufmann, der sich um die Erforschung des west-
lichen Hinterlandes von Kamerun verdient gemacht hat, * am 2. October
1865 im Forsthause Priemern bei Seehausen (Altmark), wurde Mitte December
232 Conrau. Bornes. Plehn.
1899 ™ ^^^ ^^^ Rey-Gebiete ermordet. — C. ging im September 1890 als
Factorist der Hamburger Firma Jantzen & Thormählen nach Kamerun, be-
gleitete 1891 Dr. Zintgraff auf seiner Reise nach Baliburg und unternahm
später wiederholt selbständige Reisen. Drei Routenkarten von ihm erschienen
1894, 1898 und 1899 in den Dankelmannschen »Mitt. aus den deutschen Schutz-
gebieten«. Für den »Globus« (1898, 74, Bd. und 1899, 75. Bd.) schrieb C.
zwei werthvolle ethnologische Abhandlungen, von denen die eine den Hütten-
bau der Völker im nördlichen Kamerungebiete, die andere die Begräbniss-
gebräuche der am oberen Kalabar wohnenden Banyang schildert.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung, 1900, No. 6, mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Borries, Johann Karl August von, General der Infanterie z. D., zuletzt
Commandeur der 4. Division. * 15. November 181 6 zu Eisleben, f 7. Sep-
tember 1899 zu Homburg v. d. Höhe.
Der im Alter von 82 Jahren heimgegangene General gehörte noch zu
den Theilnehmern an den Kämpfen in Schleswig-Holstein 1848 und in Baden
1849. Eingetreten 1833 bein 26. Infanterie-Regiment, hatte er in den langen
Friedenszeiten Gelegenheit, sich nicht nur durch Besuch der Allgemeinen
Kriegsschule (Kriegs-Akademie) wissenschaftliche, sondern auch durch längere
Commandos bei allen anderen Waffen tüchtige praktische Kenntnisse zu er-
werben. 1847 wurde er Lehrer an einer Divisionsschule, war dann im topo-
graphischen Bureau des grossen Generalstabes thätig- und wurde nach Beendi-
gung jenes Feldzuges vorübergehend als Generalstabsofficier zum Prinzen von
Preussen, dem nachmaligen Kaiser Wilhelm den Grossen commandirt.
Trotz alledem war er 1850, nach 17 jähriger Dienstzeit, noch Second-
Leutnant! Dann freilich gestaltete sich seine dienstiiche Lautbahn wesentlich
günstiger: 1858 war er schon Major im Generalstabe der 15. Division, 1864
Abtheilungschef im Grossen Generalstab. Im Jahre 1866 hatte er die sehr
schwierige Stellung als Chef des Generalstabes des I. Armee -Corps (Bonin),
des einzigen bekanntlich, das im böhmischen Feldzuge einen Misserfolg zu ver-
zeichnen hatte. Dass dem Obersten v. B. eine Mitschuld hieran nicht beige-
messen wurde, bewies seine weitere Verwendung als Commandeur des 3.
Pommerschen Infanterie-Regiments No. 14, später der 13. Infanterie-Brigade.
Letztere, zum 4. Corps gehörende Brigade führte er nach Frankreich, hatte aber
das Unglück, schon im ersten Gefecht seiner Truppe bei Beaumont am 30.
August schwer verwundet zu werden, so dass er nicht weiter am Feldzuge
Theil zu nehmen vermochte. Seit 1874 Commandeur der 4. Division, erbat
er 1880 wegen vorgeschrittenen Alters den Abschied, konnte dann aber noch
lange Jahre an dem geistigen Leben der Armee regen Antheil nehmen und
widmete sich auch in hervortretender Weise humanen Bestrebungen aller Art.
V. Frobel.
Plehn, Rudolf, Forstassessor und Colonialbeamter, wurde am 24. November
1899 in dem Dorfe Bertua im Süden des Kamerun-Schutzgebietes ermordet.
P., ein geborener Westpreusse, studirte in Ebers walde und München Forst-
wissenschaft und ging 1894 als Leiter der Station Misahöhe bei Lome nach
Togo. Nach 2 7y jähriger Thätigkeit kehrte er von hier zurück, promovirte
Plehn. Boehn. Mönnichs. Versmann. 233
mit >Beiträgen zur Völkerkunde des Togo-Gebiets« (Halle 1898) und ging
im Herbst 1898 nach Kamerun. Für die »Mittheilungen aus den deutschen
Schutzgebieten« schrieb P. mehrere werthvolle ethnologische Berichte.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung No. 6, 1900 mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Boehn, Octavio von, General der Infanterie z. D., ä la suite des
Kaiser Franz Garde -Grenadier- Regiments No. 2, zuletzt commandirender
General des VI. (Schlesischen) Armee-Corps; * 29. Januar 1824 zu Klein
Silkow, Kreis Stolp in Pommern, f 30. Juli 1899 zu Berlin. Ein in Krieg
und Frieden hoch verdienter Ofiicier. Eingetreten 1 840 in das 9. (Colbergsche)
Infanterie-Regiment, kam er als Hauptmann 1858 in das Kaiser Franz Garde-
Grenadier-Regiment No. 2 und führte als Major dessen I. Bataillon im Feld-
zuge von 1866. In dem Treffen bei Soor und Alt-Rognitz am 28. Juni kam
bekanntlich die 2. Garde-Infanterie-Division, zu welcher jenes Regiment gehörte,
im Ganzen wenig ins Gefecht. Zwei Bataillone des Franz-Regimentes aber, auf
Rudersdorf rechts abgesetzt, stiessen dort auf die Brigade Grivicic des 10.
österreichischen Corps und standen stundenlang allein mit ihr in schwerem,
verlustvollem, zuletzt aber siegreichem Kampfe. Major v. Boehn erhielt für
diesen Tag den Orden pour le mt§rite. 1870 war er Commandeur desselben
Regiments, wurde beim Sturm auf St. Privat am 1 8. August schwer verwundet
und übernahm nach seiner Wiederherstellung noch während der Belagerung
von Paris das Commando des i. Garde-Regiments z. F. Nach dem Kriege
befehligte er die 2. Garde-Infanterie-Brigade, die 58. Infanterie-Brigade, dann
die 21. Division und wurde schliesslich 1886 an die Spitze des VI. Armee-
Corps berufen, das er 2 '/.^ Jahre führte, bis ihn 1889 zunehmende Kränklich-
keit zwang, seinen Abschied zu erbitten. Er hat sich namentlich um die tac-
tische Ausbildung unserer Infanterie besondere Verdienste erworben.
V. Frobel.
Mönnichs, Dr. Gustav, Assistent am meteorologischen Institut zu München
und Leiter der »Illustr. aeronautischen Mittheilungen«, * am 26. Juni 1869
zu Cleve, verunglückte am 2. Januar 1899 am Sustenpass mit seinem Freunde
Dr. R. Ehlert (s. d.). Von Ostern 1888 ab studirte M. in Bonn und Strass-
burg und sollte die neue meteorologische Station auf der Zugspitze über-
nehmen.
Vgl. Cölnische Zeitung 1899, No. 40 (vom 15. Januar).
W. Wolkenhauer.
Versmann, Johannes, Georg, Andreas, erster Bürgermeister und Prä-
sident des Senats der freien und Hansastadt Hamburg, * 7. December 1820
in Hamburg, f 28. Juli 1899, ein Mann, »dessen Name mit allen Ereignissen,
die seit Jahrzehnten Hamburg betroffen haben, mit seiner äusseren und inneren
Entwicklung aus einer stillen, für sich dahinlebenden Stadt mittleren Umfangs
zu der Weltstadt, in der ein ungeheurer Verkehr flutet, untrennbar verknüpft
ist.f V. besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg, studirte
Jura und kehrte, nachdem er am 20. August 1844 in Heidelberg zum Dr. jur.
234
Versmann.
promovirt hatte, in seine Vaterstadt zurück, wo er sich als Advokat nieder-
liess. Bald betheiligte er sich im Verein mit anderen hervorragenden Männern
an den Bestrebungen, die auf eine Reform der Hamburgischen Verfassung
und des veralteten Verwaltungssystems hinzielten. Seine Thätigkeit auf diesem
Gebiete erlitt jedoch bald eine Unterbrechung durch seine Theilnahme am
schleswig-holsteinischen Feldzuge, den er als Freiwilliger in den Reihen des
Studentencorps mitmachte. In dem Gefecht bei Bau gerieth er in dänische
Gefangenschaft. Nach Beendigung des Krieges nach Hamburg zurückgekehrt,
nahm er seine politische Thätigkeit mit erneuten Kräften wieder auf und ver-
tiefte sich als Mitglied des Ausschusses für die Reorganisation der Verwaltung
mit hingehendstem Eifer in seine Aufgabe. 1852 wurde er zum Vizepräses,
1858 zum Präses des neubegründeten Handelsgerichts ernannt. Nachdem er
auch in diesen Stellungen seine hervorragende Tüchtigkeit glänzend bewährt
hatte, wurde er am 16. December 1861 zum Senator gewählt. Das Bürger-
meisteramt bekleidete er seit 1887 im Ganzen neunmal. Erst mit seiner
Wahl zum Senator war V. recht eigentlich an den Platz gelangt, auf dem er
sein grosses Verwaltungstalent voll entfalten und seine Reformideen zielbewusst
zur Verwirklichung bringen konnte. Unübersehbar ist die Reihe seiner Arbeiten
und Leistungen in den verschiedensten Verwaltungszweigen, ebenso die Anzahl
der Verfassungsänderungen, die er, sicheren Blickes überall das Bessere er-
kennend, anbahnte und mit fester Hand durchführte. Die achtziger Jahre
brachten für Hamburg jenes hochbedeutsame Ereigniss, das als einer der
wichtigsten Marksteine seiner Entwicklung erscheint: die Einbeziehung in das
Zollgebiet. V. gehörte zu den wenigen leitenden Männern, die von vorn
herein die Bedeutung dieses Schrittes klar erkannten. Im April 1880 wurde
er zum Bevollmächtigten Hamburgs im Bundesrath ernannt und seinem Wirken,
seinem Verdienst ist es in erster Linie zu danken, dass der Zollanschluss
unter den denkbar günstigsten Verhältnissen vor sich ging und zu einem so
ungeahnten Aufschwung des Hamburgischen Handels geführt hat. Ein zu-
sammenfassendes Urtheil über das, was V. als Bevollmächtigter Hamburgs
beim Bundesrath geleistet hat, giebt H. von Poschinger in seinem Buche
»Fürst Bismarck und der Bundesrath« (Bd. 4., S. 175) mit folgenden Worten:
»Er hat den ganzen durch die Bildung des Deutschen Reichs veranlassten
Umbildungsprocess seiner Vaterstadt und zwar stets an leitender Stelle durch-
gemacht, und das will viel sagen, denn auf kein deutsches Staatswesen hat
die Entwicklung seit 1866 so revolutionär gewirkt wie auf Hamburg; kein
Staatswesen hat so viele Rechte und Eigenthümlichkeiten aufgeben müssen,
keines aber auch dafür vom Reiche eine so grosse Morgengabe erhalten wie
Hamburg. Wenn man von der Hinüberleitung des alten, isolirte Interessen
verfolgenden Staatswesens Hamburgs in das moderne spricht, das die grossen
Interessen Deutschlands zu den seinigen gemacht hat, so wird man neben
dem Namen Bismarcks stets denjenigen Versmanns nennen. Und nichts
ist bezeichnender, als dass dieselben Staatsmänner, die seinerzeit am
Bundesrathstische die divergirenden Interessen mit der grössten Zähigkeit ver-
traten, heute die Gelegenheit ergreifen, um sich wie Freunde die Hand zu
reichen.«
Als Mensch war V. von schlichter Einfachheit, durchdrungen von der
Wahrheit und ihr nachlebend, dass man niemals Gutes genug thun könne
auf Erden. Tiefer Ernst und gewinnende Herzensfreundlichkeit einten sich in
seinem Wesen in schöner Harmonie. Aufs Schmerzlichste betrauert von allen
Versmann. Goltermann. Muck.
235
seinen Mitbürgern, die ihre Blicke stets mit vertrauensvollster Liebe und Hoch-
achtung auf ihn richteten, ist er heimgegangen. Die Worte, die er selbst
1887 in gemeinsamer Sitzung von Senat und Bürgerschaft, seinem vorstorbenen
Collegen, Bürgermeister Dr. Kirchenpauer, nachrief, sie passen auch voll und
ganz auf ihn:
»So lange wahres Verdienst um das öffentliche Wohl in unserer Mitte
hochgehalten wird und ein Anrecht giebt auf die dankbare Erinnerung der
Nachwelt, so lange wird sein Name unvergessen bleiben.«
Vgl. Kieler Zeitung, Abend -Ausgabe vom 3. Januar 1900 (Schleswig -Holsteinischer
Nekrolog 1899); Hamburgischer Correspondent, Abend- Ausgabe vom 28. Juli (Bildniss!)
und I.August 1899; Illustrirte Zeitung, No. 2927, 1899; Poschinger a. a. O. S. 171— 175.
Joh. Sass.
Goltermann, Heinrich, Volksdichter, * in Bremen am 11. Mai 1823,
f daselbst im Juli 1899. — Er war der Sohn eines Conditors, besuchte die
Domschule in Bremen und kam nach dem Tode seines Vaters 1839 ^^
einem Conditor in Hamburg in die Lehre. Hier hat er alle Schrecknisse des
grossen Hamburger Brandes (1842) mit erlebt, da auch sein Principal durch
das Feuer alles verlor. Nachdem G. noch in verschiedenen Conditoreien
ausserhalb Bremens thätig gewesen war, wanderte er nach den Vereinigten
Staaten von Nordamerika aus, wo er sieben Jahre blieb. Beim Ausbruch des
Krieges zwischen den Nord- und Südstaaten (1861) kehrte er nach Bremen
zurück ; da ihm aber die Mittel zur Gründung einer Conditorei fehlten, so
w^urde er Colporteur für Bremer Buchhandlungen. Später versuchte er sich
als Volksdichter im Bremer Dialect, und da er freundliches Entgegenkommen
fand, so ist er in der Folge ungemein fruchtbar und erfolgreich gewesen.
Seine Schriften, welche alle den Nebentitel »Plattdeutsch in Poesie und Prosa«
tragen, sind »Bremer Heimathbilder« (1883), »Bremer Volks- und Sittenbilder«
(1885), »Vom Heimathland am Weserstrand« (1886), »Bremens Kaisertage«
(1887), »Bremens Volk und seine Heimath« (1887), »Vom Volke aus dem
Bremerlande« (1888), »Aus dem Volke an der Weser« (1889), »Bremer Volks-
erinnerungen« (1890)* »Bremer Land und Leute« (1892), »Bremer Volks-
geschichten« (1892), »Aus der Bremer Heimath« (1893), »Bremische Volks-
klänge« (1894), »Aus Land und Stadt« (1895), »Bremer Gemüth und Volks-
humor« (^1896), »Vom Wege des Lebens in Wahrheit und Dichtung« (1897),
»Aus Volk und Land vom Weserstrand« (1898).
Franziscus Hähnel. Die Bremischen Dichter und Schriftsteller der Gegenwart.
Bremen 1893, S. 55.
Franz Brummer.
Muck, Friedrich Ritter von. Königlich Bayrischer General der Infanterie
z. D., General-Adjutant Sr. Majestät des Königs, ä la suite des i. Feldartillerie-
Kegiments Prinz-Regent Luitpold, zuletzt Inspecteur des Artillerie und des
Trains, ♦ 30. October 1824, f 22. Juli 1899 zu München.
Aus einer Soldatenfamilie stammend, im Königlich Bayrischen Cadetten-
Corps erzogen, trat Friedrich Muck 1842 als Junker in das i. Feld-Artillerie-
Regiment ein, nahm im 3. Artillerie-Regiment am Feldzuge in der Pallz Theil
und fand im Gefecht von Speier Gelegenheit zur Auszeichnung. Den Krieg
von 1866 machte er aj3 Artilleriecommandant der 3. Infanterie-Division, den
236 Muck. Kaupert.
von 1870/71 als Generalstabschef der 2. Infanterie-Division mit. Ausserdem
Eisernen Kreuz 2. und i. Klasse erhielt er für sein Verhalten in dem nicht
siegreichen, aber für die bayrischen Truppen trotzdem besonders ruhmvollen
Treffen von Coulmiers den Militair Max Josef-Orden und damit den per-
sönlichen Adel. Als General wechselte er zeitweise seine Waffe, indem er
mit dem Commando verschiedener Infanterie -Brigarden betraut wurde.
1880 erhielt er die Ehrenstellung als Commandant von München, 1881 die
eines Königlichen General -Adjutanten, 1883 wurde er Inspecteur der Ar-
tillerie und des Trains, und schied 1889 aus dem activen Dienste. Er w'ar
ein besonders begabter Offizier, dessen Namen die Königlich Bayrische
Armee in hohen Ehren hält.
v. Frobel.
Kaupert, Johann August, Geheimer Kriegsrath und ein hervorragender
Topograph, * am 9. Mai 1822 in Kassel, f am 11. Februar 1899 ^^ Berlin
im 77. Lebensjahre. — K. war der dritte Sohn des Goldschmiedes Christ.
Wilhelm Kaupert in Kassel. Noch nicht volle 19 Jahre alt, trat er im
April 1841 bei der kurhessischen topographischen Landesvermessung ein.
Diese erfreute sich damals unter der Leitung des Oberst Wingrebe eines
wohlbegründeten Rufes. Die Leitung der Messtischaufnahmen insbesondere
lag dem Artilleriehauptmann Pfister, einem ausgezeichneten Landeskundigen,
ob. Unter diesen vortrefflichen Lehrmeistern entwickelte sich K.'s Talent.
Fünfzehn Jahre währte die kurhessische Landesvermessung, an der K. sich
mit grossem Eifer und Erfolg betheiligte. Als der bekannte Kartograph
Hauptmann Emil von Sydow im Jahre 1860 in den preussischen Generalstab
eintrat, veranlasste dieser, dass dessen Chef Moltke an K. den Antrag ge-
langen Hess, in preussische Dienste überzutreten. Auf sein Abschiedsgesuch
erhielt K. aber statt des Abschieds die Ernennung zum technischen Vorstande
der allgemeinen Landesvermessung. So blieb er noch in Kassel, bis er dann
später, nach der Einverleibung Kurhessens, im Jahre 1869 dauernd als Ver-
messungsdirigent der topographischen Abtheilung des Generalstabes nach
Berlin berufen ward. Im Kriege 1870/71 war der Verstorbene »als ein
stiller Gehilfe Moltkes« in der Kriegskartenabtheilung ausserordentlich thätig.
Bei der Neuorganisation der preussischen Landesaufnahme im Jahre 1875
wurde K. der kartographischen Abtheilung des Grossen Generalstabes über-
wiesen und erhielt die Redaction der »Karte des Königreiches Preussen im
Massstab 1:100000«, welche 1880 dann zur »Karte des Deutschen Reiches«
erweitert wurde. Die vortrefflichen Leistungen der preussischen Topographie
darf man als ein Hauptverdienst K.'s ansehen. Mit Ernst Curtius bereiste
K. auch wiederholt zu kartographischen Aufnahmen Griechenland; der
klassische »Atlas von Athen« (1878, 12 Blatt), die »Karten von Attika«,
»Olympia und Umgebung« u. a. waren die Früchte dieser Reisen. Die
Universität Strassburg promovirte K. 1891 zum Ehrendoctor »wegen seiner
topographischen und kartographischen Leistungen für sein Vaterland, sowie
besonders für die kartographischen Grundlagen zur wissenschaftlichen Durch-
forschung des attischen Bodens« und das archäologische Institut ernannte ihn
zu seinem Mitgliede.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Gcogr. u. Statistik, 14. Jahrg., 1892, mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
KirchhofT. Löwenstein.
237
Kirchhoff, Theodor, deutsch -amerikanischer Schriftsteller, * 8. Januar
1828 in Uetersen (Schleswig), f 1899 in San Franzisco, absei virte das Gym-
nasium in Lübeck und besuchte darauf die polytechnische Schule in Hannover;
bei Ausbruch des schleswig-holsteinischen Kampfes trat er als Freiwilliger in
die Armee und nahm als Leutnant an allen Hauptgefechten theil. Nach
Beendigung des Krieges wanderte K. nach den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika aus, unternahm hier zahlreiche Reisen und lebte an verschiedenen
Orten, bis er sich 1869 als Mitinhaber eines Juwelengeschäfts in San Franzisco
niederliess. K, war vielfach literarisch thätig; er schrieb für eine Reihe
deutscher Zeitschriften und veröffentlichte an selbstständigen Büchern : »Reise-
bilder und Skizzen aus Amerika« (2 Bde., 1875/76); »Kalifornische Cultur-
bilder« (Kassel, 1886) und eine »Reise nach Hawaii« (Altona, 1890). Für
das Deutschthum in der neuen Welt hat sich K. ein anzuerkennendes Ver-
dienst erworben.
Vgl. Geographisches Jahrbuch, XXIL Band.
W. Wolkenhauer.
Löwenstein, Fürstin Sophie zu, * am 11. Juli 1837 als Prinzessin
von und zu Liechtenstein, f 25. September 1899 ^"^ Schloss Fisch-
horn im Pinzgau (Salzburg). Sie vermählte sich am 4. Mai 1863 mit
Fürst Carl zu Löwenstein -Wertheim -Rosenberg, dem Haupte der katho-
lischen Linie dieses alten reichsunmittelbaren — 1803 mediatisirten —
Fürstenhauses, in zweiter Ehe und ftihrte mit ihm eine überaus glückliche
Ehe, der sieben Kinder entsprossen. Während ihr Gatte, entsprechend den
Traditionen der Familie und der nahverwandten Geschlechter Liechtenstein,
Braganza, Parma, Schwarzenberg, Windischgrätz u. s. w., im Zusammenhange
des strengkatholischen Deutschlands nach kirchlicher, socialer und politischer
Hinsicht eine führende Rolle spielte, zeichnete sich Fürstin Sophie aus als
ein Muster christlicher Frömmigkeit und zwar besonders im Dienste der von
katholischer Seite ins Leben gerufenen Charitas- Bestrebungen aufopfernd und
unermüdlich thätig. Mit an der Spitze der verschiedenartigen Wohlthätigkeits-
und Fürsorgeunternehmungen, die der katholische Charitas verband, schon vor
seiner Centralorganisation in Freiburg i. Br., begründet hatte, und ausserdem
privat wie auch im Stillen und ungenannt unermesslich Gutes stiftend, stand
sie dem Gemahl, den die Verwandtschaft auch in die spanisch -carlistische
Bewegung hineinriss, treulich zur Seite, als er zur »Culturkampf<(-Zeit Bischöfen
und niederen Geistlichen eine Zuflucht bot und unter die Arme griff. Von
der üblichen Residenz des fürstlichen Paares, dem schön im Park zu Kleinheubach
am Mittelmain (Unterfranken) versteckten Schlösschen, aus gingen die zahllosen
und grossen Wohlthaten, die überaus reichen Gaben für religiöse Zwecke und
Linderung der Armuth weit über die engere und weitere Cxemarkung hinaus,
und der Dank Tausender begleitete ihre segensreiche Wirksamkeit in das
Grab (fiirstliche Gruft auf dem Engelberge bei Grossheubach). Selbst ein
Vorbild christlich-katholischer Lebensführung, empfand sie lebhafteste Genug-
thuung, dass ihre älteren Töchter Franciska und. Agnes den Nonnen-Schleier
nahmen und der Erbprinz Aloys 1899 zu Neisse ins Präsidium der deutschen
Katholiken-Generalversammlung — deren ständiger Commissar bis dahin ihr
Gatte Fürst Carl gewesen — kurz vor ihrem Tode gewählt wurde.
Vgl. Beobachter am Main (AschafTenburg) 1899, No. 263, 265, 266.
Ludwig Fränkel.
238 Mayr. Koberstein. Wissroann.
Mayr, Emil, Kartograph, ♦ am 18. September 1843 ^u München, f am
3. December 1899 zu Berlin, erst 56 Jahre alt. Der Verstorbene hat an
einer Reihe bekannter kartographischer Werke mitgearbeitet, z. B. an seines
Onkels Mayr's Alpenatlas, Spruner-Mankes historischem Atlas, an Guido Coras
Kosmos, an Andrees Handatlas und Meyers Conversations-I^exicon. Seit
August 1888 hatte M. als Dirigent im Reichsmarineamte zu Berlin die Re-
daction und technische Leitung der Herstellung sämmtlicher deutscher
Admiralitätskarten in Zeichnung, Druck und Stich zu führen.
Vgl. Globus, 77. Bd., 1899.
W. Wolkenhauer.
Koberstein, Karl (Jakob Wilh. Ferd.), Schauspieler und Dramatiker, * am
15. Februar 1836 in Schulpforta als Sohn des als I^iterarhistoriker berühmten
dortigen Professors August K. (fi87o), f am 15. September 1899 nach längerem
schweren Leiden zu Wilmersdorf bei Berlin. Er absolvirte 1856 die Gymnasial-
studien an der alten Landesschule und machte vom i. October an im Stettiner
Stadttheater, anfangs zugleich als Soldat, mit Einverständniss seines Vaters
die ersten theatralischen Versuche. Unter des kunstsinnigen Directors Julius
Hein Leitung schritt er bis zur Uebernahme sämmtlicher jugendlichen Helden
und IJebhaber fort, die er während seiner beiden letzten dortigen Jahre spielte.
1860, bei Auflösung von Hein 's Bühnenverband, folgte K. Ed. Devrients
Ruf an das Hoftheater zu Karlsruhe, wo er eine Tochter des bekannten
Historienmalers und Landschafters K. Fr. Lessing heirathete, die ihn in allen
späteren schweren Leidenstagen liebevoll pflegen sollte, und er zum dramatischen
Schaffen angeregt wurde. Vom i. Juli 1862 bis zum Uebertritte in den Ruhestand,
1883, gehörte er dem Hoftheater zu Dresden an. Seitdem lebte er in dessen
schönen Vororten ganz literarischer Beschäftigung und, auch zu dieser durch
schwere körperliche Lähmung unfähig geworden, übersiedelte er 1892 nach
Berlin. Hatte K. in dem mit ehrlicher Begeisterung ergriffenen Schauspieler-
berufe nie volle Befriedigung gefunden, so ward ihm diese — wie der Nekrolog
in der Berliner »Vossischen Zeitung« bemerkte — in um so höherem Masse
in seiner literarischen Thätigkeit. An gedruckten bühnenkundigen Dramen
sind die beiden Trauerspiele »Florian Geyer« (1863) und »König Erich XIV. «
(1869), sodann das historische Lustspiel »Was Gott zusammen gefügt, das soll
der Mensch nicht scheiden!« (oder »Um Nancy«, 1872), das über eine längere
Reihe Bühnen mit Erfolg ging, zu nennen. Die werthvoUsten seiner verstreuten
geschichtlichen und literarhistorischen Aufsätze sammelte sein »Preussisches
Bilderbuch« (1887).
BrUmmer, Lexikon deutscher Dichter und Pros, des 19. Jahrhunderts* II 311;
Kürschner, Deutscher Literaturkalender XXI, II, 71 1: Lebensabriss in der »Vossischen
Zeitung« (s. o.) s. v. »Literatur, Kunst und Wissenschaft«, auch anderwärts in Tages-
blättern (Frankfurter Zeitung, Allgemeine Zeitung [1899, No. 263, Abendblatt, Feuilleton.]
u. a.) Nachrufe. Zur Beurteilung: R. Prölss, Gesch. d. mod. Dram. III 2, 350; A. Klaar,
Das moderne Drama, S. 274; Meyers Dschs. Jhrbch. I 372 u. II 257.
Ludwig Fränkel.
Wissmann, Eduard, Dichter, Jurist und Parlamentarier, ♦ am 27. Septbr.
1824 zu Gemünden auf dem Westerwalde, f am 29. August 1899. — Er
war der Sohn eines evangelischen Pfarrers, genoss bei diesem den ersten
Wissmann. Schroeder. 239
Unterricht, kam dann auf das vormalige Pädagogium in Hadamar und be-
suchte zuletzt das Gymnasium in Weilberg. Hier bethätigte er sich bereits
als Dichter, indem er unter dem Namen »Erwin Wester« mehrere Gedichte
und eine Spinnstubengeschichte für den von Dingelstedt gegründeten, damals
von Fr. Oetker redigirten »Casseler Salon« schrieb. An den Universitäten
Heidelberg und Berlin widmete er sich dem Studium der Rechts- und Staats-
wissenschaften, wurde 1848 Amtsaccessist in Runkel a. d. Lahn, war in
gleicher Eigenschaft 1849 — 1856 an dem nas.sauischen Amte Wied-Selters
thätig, kam dann als Accessist an das Hof- und Appellationsgericht in Dillen-
burg, wo er auch zugleich als Substitut des Staatsprocurators fungirte, und
wurde 1861 Amtsassessor in Höchst a. Main. Später wirkte er in gleicher
Eigenschaft auch in Hadamar, und 1867, nach Einverleibung Nassaus in
Preussen, erhielt er seine Berufung als Kreisgerichtsrath nach Wiesbaden, wo
er 1879 bei der preussischen Justizreorganisation zum Landgerich tsrath be-
fördert ward. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem Uebertritt in den
Ruhestand am i. Juli 1894. Daneben war er zugleich Mitglied des land-
wirthschaftlichen Spruchcollegiums flir den Regierungsbezirk Wiesbaden,
Director des Gewerbevereins ftir Nassau und in den Jahren 1873—79 und
1882 — 92 Mitglied des Preussischen Abgeordnetenhauses, als welches er zur
deutsch-freisinnigen Partei gehörte. Seiner Neigung zu literarischer Thätigkeit
ist er durch sein ganzes Leben gefolgt. Eine Anzahl Novellen, darunter zwei
Preisnovellen, erschien in Zeitschriften zerstreut, eine Sammlung seiner »Ge-
dichte« schon 1854, von denen er dann eine neue Ausgabe unter dem Titel
>Bunte Blätter« (1894) veranstaltete, ferner ein Weihnachtsmärchen »Zur Be-
scherung« (1875) und die lyrisch-dramatische Dichtung »Ingo« (1884).
Persönliche Mittheilungen.
Franz Brummer.
Schroeder, Gustav, General-Major z, D., zuletzt Abtheilungschef im In-
genieur-Comite!, * 15. October 1818 zu Glogau, f 6. October 1899 zu Berlin.
S. hat sich als Schriftsteller wie als Lehrer in der Armee besondere
Verdienste erworben. Seine militärische Laufbahn hat er durchweg im In-
genieur- und Pionier-Corps zurückgelegt, in das er 1 7 jährig bei der damaligen
6. Pionier- Abtheilung eintrat. Seine besonderen Fähigkeiten wurden bald
erkannt und so finden wir ihn schon 1853 als Lehrer des Wasserbaufaches
bei der Vereinigten Artillerie und Ingenieurschule. Seine letzte militärische
Dienststellung, in der er ebenfalls reiche Gelegenheit hatte, seine Wissen-
schaft zur Geltung zu bringen, erreichte er 1873, trat im folgenden Jahre in
den Ruhestand, gehörte dann aber noch 23 Jahre lang dem Lehrer-Collegium
der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule an.
Am bekanntesten ist S. in seiner Eigenschaft als langjähriger Redacteur
des vortrefflichen, leider 1897 eingegangenen »Archiv für Artillerie- und
Ingenieur-Officiere« geworden. Er brachte für diese Thätigkeit nicht nur
ausgebreitetes Wissen, sondern auch hervorragendes redactionelles Geschick mit
und verstand es, die Zeitschrift in gewissem Sinne zu einem geistigen Mittel-
punkt für diejenigen Kreise zu machen, an die sie sich zunächst wendete.
Daneben entfaltete er auch eine ziemlich umfangreiche eigene schrift-
stellerische Thätigkeit. Von grösseren Schriften, sämmtlich Berlin bei
E. S. Mittler & Sohn, Kgl. Hofbuchhandlung, erschienen, seien angefUhrt:
»Das verschanzte Lager von Plewna und der russisch-rumänische Angriff des-
240
Schroeder. Silberstein. Zimmermanii.
selben vom 19. Juni bis 10. December 1877« 1878. »Der Kampf um Wien
1683. Sein Verlauf und seine Bedeutung für die Geschichte des Festungs-
krieges« 1883. »Rimpler; eine historisch -kritische Studie« 1884 (Beiheft zum
M. W.BL) »Schumann und die Panzer-Fortifikation.« 1890.
V. Frobel.
Silberstein, Adolf, philosophischer und publicistischer Schriftsteller, * in
Pest am i. Juli 1845, t daselbst am 12. Januar 1899. — Nach Absolvierung
seiner Gymnasialstudien besuchte er nach einander die Universitäten Berlin,
wo er unter Weber Sanskrit, unter Steinthal vergleichende Sprachforschung
und unter Trendelenburg den Aristoteles studierte, dann Heidelberg, wo er
sich unter Bluntschli, Mittermayer u. a. historischen, nationalökonomischen,
Staats- und rechts wissenschaftlichen Studien widmete, und Leipzig, wo er sich
1866 die Würde eines Dr. phil. erwarb. Eine ihm angebotene Docentur an
der Leipziger Universität lehnte er ab, da es ihn unwiderstehlich zur Presse
hinzog. Zunächst in Leipzig unter dem Einflüsse Gottschalls und Laubes
thätig, kehrte er 1870 in die Heimat zurück, wo er sich als politischer Re-
dacteur, als freisinniger Feuilletonist und schneidiger Kritiker bethätigte.
Lange Jahre, bis zu seinem Tode, war er der Theater- und Kunstkritiker des
»Pester Lloyd« und genoss sowohl in Oesterreich-Ungarn als auch in Deutsch-
land seiner Talente wegen Ansehen. Von seinen selbständigen Schriften
haben die »Philosophischen Briefe an eine Frau« (1873), »Die Dichtkunst
des Aristoteles« (1876), »Die Bibel der Natur« (4. Aufl. 1880), die »Strategie
der Liebe« (3. Aufl. 189 1) und sein vierbändiges Werk »Im Strome der
Zeit« (1894) Aufsehen erregt; ein Roman »Ein Pester Don Juan« erschien 1878
m ungarischer und deutscher Sprache. Ausserdem tibersetzte er Manches
von Jökai, Miküzäth, Bartok und Helene von Beniczky.
Adolf Hinrichsen, Das literarische Deutschland. 2. Aufl. Bedin 1S91, S. 1238.
Franz Brummer.
Zimmermann, Karl von, Oberstleutnant ä la suite des i. Grossherzog-
lich Hessischen Dragoner- Regiments (Garde -Dragoner- Regiments) No. 23,
zugetheilt dem grossen Generalstabe, * 20. Februar 1847, f 26. August 1899
zu Darmstadt, ein als Lehrer, als Schriftsteller und namentlich auch als Kenner
und Leiter des Kriegsspiels in der Armee besonders geschätzter Officier.
Er trat 1 863 in das Regiment ein, dem er bis zu seinem Tode angehören sollte,
machte die Feldzüge von 1866 und 1870/71 in demselben mit Auszeichnung mit
und wurde bei Gravelotte verwundet. 1877 wurde er Kriegsschullehrer, zuerst in
Hannover, dann in Metz, 1884 dem Nebenetat des grossen Generalstabes über-
wiesen, war von 1887 ^^s i894Eisenbahn-Linien-Commissar in Karlsruhe und kam
dann zum grossen Generalstabe zurück, wo er nun eine reiche Thätigkeit als Lehrer
an der Kriegs-Akademie, als Mitglied der Ober-Militär-Examinationscommission
und der Studien-Commission fiir die Kriegsschulen entfaltete.
Er schrieb: »Geschichte des i. Hessischen Dragoner-Regiments (Garde-
Dragoner-Regiments) No. 23«, Darmstadt, Bergsträsser, 1878. »Der Antheil
der Grossherzoglich Hessischen Armee -Division am Kriege 1866.« 1897.
(Kriegsgeschichdiche Einzelschriften IV. Band Heft 22/23.) »Winke und Rath-
schläge für die Leitung des Regiments -Kriegsspiels« Berlin 1898. E. S.
Mittler & Sohn, Königl. Hofbuchhandlung.
v. Frobel.
Reuter.
241
Reuter, Paul Julius Freiherr v., der Schöpfer des R.'schen Bureaus,
* 2x. Juli 1821 (nach anderen 1816) zu Cassel, f 25. Februar 1899 zu Nizza.
Dreizehnjährig, trat er in der Geburtsstadt ins Geschäft eines Onkels, in ein
Bankgeschäft in Göttingen, 1847 ^^ ^^^^ Buchhandlung zu Berlin. Er be-
schäftigte sich früh mit elektrischen Experimenten und sah rasch die culturelle
Bedeutung des Telegraphen ein, dessen Kenntniss ihm sein Verkehr mit dem
grossen Mathematiker Gauss brachte. Das nöthige Capital scheint R. durch
die Heirath mit Ida, Tochter von S. M. Magnus in Berlin, erlangt zu haben
(1845). Als 1849, ^^ ^' eben in Paris eine lithographirte Nachrichten-
Correspondenz begründet hatte, die erste Berliner Drahtleitung bis Aachen
zu arbeiten begann, richtete er, um die Pariser und Londoner Neuigkeiten
sofort zu erhalten, eine Brieftaubenpost bis Brüssel von Aachen aus ein,
in letzterer Stadt selbst aber ein Nachrichtenbureau, um den Zwecken des
Transitgeschäfts, des Bankverkehrs und der Zeitungen unter die Arme zu
greifen. »Da überall Anschlüsse geschaffen werden mussten, war die
damalige Organisation ein verzwicktes Ding. An den Zwischenstationen
warteten Couriere auf die Depeschen, Extraposten nahmen die Meldungen
entgegen und brachten sie nach den entferntesten Gegenden. So entstand
die gewaltige Organisation, deren Zweige heute über die ganze Erde sich
erstrecken.« Mit der Ausdehnung der Telegraphenlinien verlegte R. den
Sitz seines Telegraphen-Bureaus nach Verviers, dann nach Qui(§vrain, nach
der Anlage des Canal-Cabels von Calais nach Dover, nach London, 185 1,
dessen centrale Wichtigkeit als Welthandelsplatz für seine Absichten ihm
einleuchtete. Nach erfolglosen Anerbietungen an die dortigen Redac-
tionen — Telegramm-Ueberraschungen hielt man damals meist für Schwindel
und scheute auch den gleichen Wortlaut mit Concurrenzjoumalen — ent-
schloss sich R., ihnen einen Monat die einlaufenden Depeschen gratis zu
liefern. Da sich eine Zeitung nach der andern von der Richtigkeit der
übermittelten Vorfälle überzeugte, traten sie allmählich fast sämmtlich in ein
festes Verhältniss zu ihm, und als seit 1858 die meisten Londoner Morgen-
blätter seine Nachttelegramme vom Continente ohne ControUe einrückten,
war R.*s politischer Einfluss besiegelt. Er dehnte nun seine Verbindungen
nach allen Richtungen aus, errichtete in aller Herren Länder Filialen, schuf
eigene Drahtlinien und Courierdienste, schickte auch, so schon 1859 ^^^^
Oberitalien (Napoleon III. war mit zuerst für sein Unternehmen gewonnen),
auch mit für die »Times«, Specialberichterstatter auf Kriegsschauplätze.
1865 (in demselben Jahre wie Wolffs 1859 gegründete »Telegraphen-Agentur«
in Berlin) wurde das Institut in eine Actiengesellschaft, »Reuter's Telegram
Company (R. T. C.)«, umgewandelt, an deren Spitze jetzt R.'s Sohn Herbert
steht; sie versorgt in Grossbritannien, Irland und den englischen Colonien
die gesammte Presse und Privatpersonen mit den Welt-Neuigkeiten, hingegen
den Continent durch die »Allgemeine Correspondenz« mit Nachrichten aus
dem Britischen Reiche. Während des nordamerikanischen Bürgerkriegs
unterhielt R. eine eigene Telegraphenlinie zwischen Cork und Crookhaven.
Die preussische Regierung bestätigte R. nachträglich die 1865 von der
hannoverschen ertheilte Genehmigung eines Cabels von England nach der
Küste Hannovers und nahm selbst die Weiterführung dieser Linie bis zur
russischen Grenze auf sich. Wie Reuters Bureau 1869 das erste unterseeische
Cabel zwischen Frankreich und Nordamerika legte, so ergänzte er in Ost-
indien und China telegraphische Lücken, führte z. B. auch einen Courierdienst
Blo^r. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. x5
±^2 Reuter. Amberg.
von Peking nach der Handelscentrale Kiachta, dem Endpunkte des russischen
Telegraphen in Centralasien, ein. »Reuters Bureau hat auch heute noch
eine Art von Monopol für die Verbreitung von Zeitungsdepeschen, und
jedenfalls ist der Theil, womit das Unternehmen begann, der Handelstheil,
noch immer gut. Beschwerden sind namentlich in der deutschen Presse
häufig wegen der politischen Nachrichten entstanden, die oft an einer auf-
fälligen Einseitigkeit litten.« Diese letztere kennzeichnet sich neuerdings
meist als englisch - tendenziöse Färbung und brachte bis zur Gegenwart
britisches Interesse streifende Angaben, die mit »Reuter -Meldung« oder
»Reuter kabelt« eingeleitet sind, etwas in Misscredit. Den Gründer des
längst die ganze Erde netzartig umspannenden grossartigen »Reuter's
Telegraphen-Bureaus« erhob 187 1 Herzog Ernst v. Coburg-Gotha in die erb-
liche Baronie. Das Riesenuntemehmen befasste sich allmählich auch mit
Annoncen, Reklamen, Commission, Auskünften, Agentur, Bank- und Export-
geschäft, Colonisation, Uebersetzen, Verlagsbuchhandel.
Die kenntlich gemachten Sätze oben aus einem Londoner Nekrologe (darin Geburts-
jahr 1816) i. d. »Manchn. Neuest. Nachr.« No. loi v. 2. März 1899. Interessante Notizen
bei O. Weise, Schrift- und Buchwesen in alter und neuer Zeit (1899), S. 88. Die Jahres-
daten aus den Conservationslexicis (ausfuhrlich Meyer ^ XIV 679, knapper ßrockhaus'*
XIII 804) beim Tode in die meisten Tagesblätter übergegangen.
Ludwig Fränkel.
Amberg, Wilhelm, Genremaler, * 25. Februar 1822 zu Berlin, f 8. Sept.
1899 ebenda. A. war der einzige Sohn eines s. Z. in Berlin hochangesehenen
Banquiers. Frühzeitig wurde man auf die Begabung aufmerksam und Hess
ihn statt eines Gymnasiums eine Gewerbeschule besuchen. Frühzeitig bezog
er die Berliner Akademie, arbeitete dann im Atelier Herbigs,*um später zu
dem damals bekannten Portraitisten Carl Begas zu gehen. Im Nachlass des
Künstlers fand sich eine Kreidezeichnung, die einen alten Berliner Herrn
darstellte; sie ist die Studie zu einer von ihm selbst auf den Stein gebrachten
Lithographie und seine erste selbständige Arbeit, die er, erst neunzehnjährig,
schuf. Seine coloristische Begabung entwickelte sich, als er 1844 nach Paris
zu L. Cogniet ging, und von da weiter nach Rom, wo er drei Jahre ver-
weilte. Von dort sandte er sein erstes grösseres Bild, »Christus am Oelberge«,
auf die Berliner Kunstausstellung, woselbst es sogleich einigen Beifall fand.
Ueber Venedig und mit einem längeren Aufenthalt in München kehrte er
nach Berlin zurück, und stiftete hier ein Altarbild für die Gertraudenkirche.
Nach seiner Heirath wendet er sich dem idyllischen Genre zu, Nymphen in
Ideallandschaften boten ihm Motive für mehrere grössere Darstellungen. Eines
davon, um 1850 entstanden, befindet sich im Besitz der Familie August
Heckmann in Berlin. Persönlicher wurden die Arbeiten, als er sich dem Costüm-
bild zu wandte. Grosser Volksthümlichkeit erfreute sich seiner Zeit das vom
Künstler mehrfach variirte Bild »Trost in Tönen«. Ueberhaupt liebte A.
ernste, für unser heutiges Empfinden sentimentale Vorwürfe, Frauen-
gestalten, die von irgend einem geheimen Kummer niedergedrückt waren,
und hierbei eine schmerzliche Lieblichkeit zur Schau trugen: »Der Wittwe
Trost«. »Opfer süsser Erinnerungen.« Aber daneben machte sich immer
wieder — dem Zuge der Zeit folgend — bei ihm eine schelmische, süssliche
Grazie geltend, angenehme Genreschöpfungen, Rokkokodämchen und ver-
zierte Kammerzofen. Wir bringen heute diesen Dingen wenig Verständniss
Amberg. Schmidt. 2 43
entgegen und fordern Anderes wie diese Boudoirbildchen; und so konnten
•wir — eine jüngere Generation — auf der Amberg-Ausstellung, welche im
vergangenen Jahre das Ktinstlerhaus veranstaltete, uns nur wenig für diese
Darbietungen erwärmen. Mehr Stellung gewannen wir zu seinen späteren
Arbeiten, Mädchengestalten im Buchenwald oder Wiesengrün, meist in den
Trachten des Empire, Directoire. Wir sahen erstaunt, dass dieser Künstler
besonders in seinen Studien ein fast modern anmuthendes Gefühl für Land-
schaft und einen frischen coloristischen Sinn zeigte, und das hiess uns den
Dingen Geschmack abgewinnen.
Von A.'s weiterem Lebensgang ist zu berichten, dass er Professor und
Mitglied der Berliner Akademie wurde, 1873 die Medaille in Wien, 1877 in
Berlin, 1878 in Paris erhielt. Auch lithographisch bethätigte er sich und
Arbeiten von ihm sind in der Zeitschrift »Argo« zu finden. Eines seiner
besten Gemälde, »Die Wittwe«, ist nach Amerika gegangen, sonst ist noch
besonders die »Rechtfertigung« der Galerie Raussendorf zu nennen.
A. hat seiner Zeit und ihren Vorlieben starken Tribut gezahlt; gerade
das novellistische Genre, welches er pflegte, hat der eigentlichen Künst-
en twicklung geschadet, indem es auf Nebendinge, die ausserhalb der
bildenden Kunst liegen, den Hauptwert legte, und wir uns so in eine Sack-
gasse verirrten. Aber wenn wir diese Aeusserlichkeiten dem Zeitgeschmacke
anrechnen, und A. mit dem Massstab messen, den wir an einen heutigen
Künstier legen, so müssen wir uns an seinem feinen und für seine Zeit
ausserordentlich entwickelten Farbensinn erfreuen. Und dieses starke colo-
ristische Talent in ihm, das eigentliche Malertalent, wird es vermögen, dass
eine spätere Zeit, die an dem Inhalt der Bilder nur noch kühles, historisches
Interesse nehmen wird, doch den Künstler in ihm hochstellen wird.
Quellen: Eigene Anschauung. Mittheilungen der Tochter, Frau Professor Jakob.
Katalog der Nationalgalcrie 1885 II. Theil. Nachrufe: »Schlesische Zeitung«, »Vossischc
Zeitung.«
Georg Hermann.
Schmidt, Hugo Ernst, Maler und Kunstkritiker, * 1863 zu Breslau,
f 24. Juli 1899 zu Berlin.
Seh. genoss seine erste Ausbildung in seiner Vaterstadt; studirte dann
in München und Berlin und weilte zuletzt in Italien. Da ihm seine Malerei
keinen Lebensunterhalt gewährte, griflf er — zuerst gezwungen — zur Kritik.
P> war mit unter den Vorkämpfern der Moderne und des Naturalismus und
er schrieb seine ersten Arbeiten unter dem Pseudonym Robert Richter zu-
sammen mit Helferich für die »Freie Bühne«. Seinen Liebermann -Aufsatz
(ebenda 1890. S. 801.) hat Muther — wenn auch ohne Nennung des Autors —
fast wörtlich übernommen. Seh. war mit Karl und Gerhard Hauptmann innig
befreundet, und ich habe beide in seinem Hause gesehen. Er war durchaus
eine kämpfende, ringende Natur, die sich durch nichts niederzwingen Hess —
in der Kunst, wie im Leben. Seine kritische Begabung war ausserordentlich,
und sein Urtheil wie sein Wissen ein starkes und sicheres. Seine Kritiken
über den jungen Naturalismus, seine Kämpfe und Angriffe gegen Ueberlebtes,
waren die ernstesten Arbeiten, die s. Z. in den Zeitungen erschienen, und
haben hier manches Gute gestiftet; sie waren es, welche die »Welt am Montag«
Manchem lesenswerth erscheinen Hess, der sie sonst vielleicht nicht zur Hand
16*
2AA Schmidt. Rnab.
genommen hätte. Von seinen Bildern stehen mir besonders zwei vor Augen.
Ein altes Weib, das mit einem Eimer eine Dorfstrasse entlang schreitet. —
Eine gewaltige Silhouette gegen den Abendhimmel, eine vollendete plain-
airistische Schöpfung. Und dann nach Jahren »Sommer« — ein Jüngling, der
am Ufer eines Sees erwacht und vor sich eine herrliche Vision, ein gold-
haariges stolzes Weib sieht. Eine Arbeit, die den Neuidealismus Ludwig
V. Hofmanns vorahnte.
Im Leben ist Seh. nicht aus kleinen Sorgen herausgekommen, aber er
hat stets den Kopf hochgehalten; er ist einer von Denen, die nach Gaben
und Streben ein anderes Dasein verdient hätten. Er hätte uns unter anderen
Verhältnissen mehr gegeben, als er uns so bescheert. Vielleicht Grosses,
Erstklassiges — das Zeug dazu hatte er.
Quellen: Nekrolog von M. Osbom. »Welt am Montag« 31. Juli 1899. Eigene
Anschauung und Bekanntschaft.
Georg Hermann.
Knab, Franz Joseph, Publicist, * 9. December 1846 in Passau als
Bäckerssohn, f 27. Juni 1899 zu München. Er absolvirte daheim das
Gymnasium, studirte Theologie, empfing am 10. Juli 1870 die Priesterweihe und
wurde Cooperatorin Tegemsee, 1871 Kurat an der Kreis-Irrenanstalt in München.
1873 — 76 führte er da mit Dr. G. Ratzinger die Redaction des eben gegründeten
social-clerikalen Blattes »Der Volksfreund«. In der Culturkampf-Aera erhielt K.
vom Schwurgericht München wegen Majestätsbeleidigung vier Monate Festung
(Passau) zudictirt und eröffnete nach der Entlassung ein umfängliches poli-
tisches Wirken, vor Allem publicistischer Art, zur Organisation der »patrio-
tischen« (bayrisch-katholischen) Partei, war auch länger Expositus in Hörgers-
dorf (O.-Bay.). Später beschäftigte ihn Ministerpräsident Graf Taaffe, der als Statt-
halter Tirols ihn als Tourist auf der hohen Salve kennen lernte, in der Leitung
der österreichischen officiösen Presse und erwirkte ihm für entsprechende Energie
dabei den Titel eines k. k. Regierungsraths. Für seine Verdienste um die
clerikale Journalistik und analoges Auftreten als katholisch-conservativer Ab-
geordneter im niederösterreichischen Landtage ernannte ihn der Cardinal-
Fürst-Erzbischof von Wien zum Geistl. Rath, der Papst zum päpstlichen Geh.
Kämmerer, wozu die Titulatur Monsignore gehört. Nachdem 4. September
1890 sein Bruder Franz Paul, als Theilhaber der Firma G. Schuh u. Co. Mit-
verleger des »Neuen Münchener Tagblatts«, gestorben, widmete sich K. als
Erbe bis zum Tode diesem vielgelesenen Volksblatte seiner Tendenz mit
nachdrücklichster Hingabe, so dass dessen Aufschwung gutentheils mit sein
Werk ist. Als Mann der Feder und Förderer katholisch-politischer Agitation
furchtlos und schlagfertig bis zur Rücksichtslosigkeit, persönlich liebenswürdig,
gesellig und verlässlich, hat K. als Vorstandsmitglied des Münchener Jour-
nalisten- und Schriftstellervereins und der von diesem angeregten »Pensions-
anstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller« unermüdlich und erfolgreich
das Banner der CoUegialität, der Gemeinsamkeit im Vorgehen für das freie
Recht, die Standesinteressen und die Altersfürsorge der ungebundenen Lite-
raten mit vorangetragen, auch auf den deutschen und internationalen Con-
gressen; dabei kannte er keine Unterschiede der politischen oder religiösen
Parteistellung. Er veröffentlichte: »Schulstreit da capo« (1871), »Schwindel-
banken« (1872), »Holländische Bischöfe und Simultanschule« (1874), »Vor
Knab. Biernatzky. 245
der Entscheidung« (1883) und gab ein dreibändiges »Nekrologium der Kirchen-
provinz München-Freising« (1894) heraus.
Nachrufe in Münchener und Wiener Zeitungen, ausführliche im »Neuen Münchner
Tagblatt« vom 2S.— 30. Juni und 3. Juli 1899; vgl. die gegnerischen »Münchn. Neueste
Nachr.« No. 294 v. 1899, S. 3, auch Kürschners >Dtsch. Literaturkalend.« XXI II, 705
und XXII I, 43 (Todestag danach 28. Juni).
Ludwig Fränkel.
Biematzkiy Karl Leonhard, ein Geistlicher, der zu den interessantesten
Gestalten der schleswig-holsteinischen Landeskirche gehört, ♦28. December
18 15 in Altona, f daselbst am 23. Januar 1899. B., der Sohn eines Arztes,
besuchte .zunächst das Altonaer Christianeum und die Gelehrtenschule in
Hamburg und studirte dann in Erlangen und Kiel. Nach bestandenem
Examen wurde er als Rector in Friedrichstadt angestellt, welches Amt er
jedoch infolge der Kriegswirren Ende der vierziger Jahre aufgeben musste.
Nachdem er eine Zeit lang in der Redaction des »Altonaer Merkur« thätig
gewesen war, ging er 1852 nach Cassel als Secretär des dortigen Central-
vereins für chinesische Mission. 1854 von der Universität Jena zum Dr. phil.
honoris causa ernannt, wurde er im April 1855 als Generalsecretär des
Centralausschusses für innere Mission nach Berlin berufen. Seit 1861 war er
Pastor an der evangelisch-lutherischen Hauptkirche in Altona, feierte 1890
sein 50 jähriges Amtsjubiläum und trat 1895 ^^ ^^^ Ruhestand. Als Pastor
emeritus versah er, da er ein Leben ohne Thätigkeit nicht zu ertragen
vermochte, das Seelsorgeramt an der grossen Armenanstalt Osdorf bei Altona.
— Mit gründlichen Erfahrungen auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens
ausgestattet, hat B. seiner Altonaer Gemeinde über 30 Jahre hindurch in über-
aus segensreichem Wirken gedient. Seine Bedeutung aber reicht weit über
jenen Kreis hinaus. Von unerschütterlichem Glauben an die siegende Kraft
des Christenthums erfüllt und unablässig bestrebt, sein Christenthum in
Werken der helfenden und fürsorgenden Liebe zu bethätigen, wurde er der
Stifter einer ausgedehnten kirchlichen Armenpflege, vor Allem aber der
Gründer der Altonaer Diakonissenanstalt und damit des schleswig-holsteinischen
Diakonissenwesens überhaupt. Daneben war er ein ungemein fruchtbarer
Schriftsteller, dem wir eine grosse Reihe vortrefflicher Werke, theils
geschichtlichen, theils culturhistorischen und ethnographischen Inhalts ver-
danken. In Schleswig-Holstein wurde er zuerst allgemein bekannt durch das
von ihm in den Jahren 1844 — 1851 herausgegebene »Volksbuch«, das ausser
belletristischen Beiträgen (der Jahrgang 1850 brachte Theodor Storms berühmte
Novelle »Immensee« !) besonders Aufsätze zur Heimatkunde und Landes-
geschichte enthielt.
»B. hat die grosse Zeit Schleswig-Holsteins, dessen kirchliche Erneuerung,
und dann die Zeit der politischen Kämpfe des Landes, den Sieg der deutschen
Sache und endlich auch die neueren Entwicklungen unserer kirchlichen
Gegenwart miterlebt, und zwar nicht als Unbetheiligter, sondern mit auf-
geschlossenem Sinne und lebhafter Antheilnahme, hat mitgekämpft und mit-
gelitten in den Stürmen der Zeit und mitgebaut an dem Neubau, der erstanden
ist. Er war ein kenntnissreicher, kundiger Mann mit weitem Blick und keines-
wegs zagen und trägen Muthes, sondern bis zu einem gewissen Grade unter-
nehmungslustig und wagemuthig; ein regelmässiger Arbeiter, der mit be-
scheidenem Sinn sich gewöhnt hatte, um vorwärts zu kommen, das Nächste
2 Aß Biernatzky. Ratzingcr.
ZU thun, nicht leicht etwas versäumend, sehr uneigennützig, ausgerüstet mit
dem idealen Sinn der alten Zeit und doch auch mit dem Thatentrieb unserer
Tage, und zwar mit dem der Liebe, der das Geringste nicht zu gering ist
und das Verachtete nicht verachtet, wenn es Hilfe bedarf. Redlich und ohne
Falsch war er, anspruchslos und niemals um sich selbst besorgt, dagegen
immer beflissen, sich den Ansprüchen, welche das Amt," das Leben an ihn
machte, zuzuwenden, daher vielseitig, bei seinem Thun nicht etwa von vor-
gefassten Meinungen bestimmt, und doch auch nicht ohne Ziel und zähes
Hinstreben und Verfolgen des einmal aufgenommenen Plans. Stets blieb er,
mochte kommen, was wollte, seinem Gott, sich selbst, seinem innersten Wesen
und seinen im Leben erprobten Ueberzeugungen treu.«
Vgl. Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829— 1866, Abth. i, S. 56-58: 1866— 1882,
Bd. I, S. 49—50; Altonaer Nachrichten, Abend- Ausg. v. 24. und 26. Januar 1899; Schlesw.-
Holst.-Lauenb. Kirchen- und Schulblatt, 1899, ^o. 12.
Joh. Sass.
Ratzingcr, J. Georg, bayrischer clerical-socialer Politiker und Publicist,
* 3. April 1844 zu Rickering in Niederbayern, f 3. December 1899 zu
München. Sohn einfacher Bauersleute, besuchte er in Passau das Gymnasium
und studirte 1863 — 67 katholische Theologie an der Universität München,
wo er 1868 zum Dr. theol. promovirte und zwar auf Grund der Lösung der
Preisfrage »Geschichte der kirchlichen Armenpflege«. Darauf fungirte R.
kurze Zeit als Hülfsarbeiter Döllinger's, ohne sich aber, unmittelbar vor dessen
folgenschwerer Stellungnahme gegen die Beschlüsse des tagenden Vaticanischen
Concils, mit den Reformideen irgend zu befreunden. Vielmehr trat R., den
künftig dogmatische, überhaupt kirchlich-religiöse Streitfragen blutwenig be-
schäftigen sollten, 1869 als Cooperator in Berchtesgaden in die praktische Seel-
sorge ein. Seitdem wechselte er wiederholt mit priesterlicher und publicistischer
Thätigkeit. 1870/71 führte er in Würzburg die Redaction des »Fränkischen
Volksblatts«, dann, nachdem er 1872 — 74 Caplan in Landshut gewesen
war, die des von ihm gegründeten ausgesprochen ultramontanen »Volksfreunds«
in München, der aber bald einging, in Gemeinschaft mit einem wenig jungem
engern Landsmann, dem kurz vor ihm verstorbenen F. J. Knab (s. S. 244). Der
politischen Agitation hatte R. anfangs der 70 er Jahre der Graf Ludwig von Arco-
Zinneberg, eine Säule des katholisch-conservativen Hochadels, gewonnen, der
ihm auch eine lebenslängliche Rente auswarf. 1875 wurde R. fiir den Wahl-
kreis Tölz in den bayrischen Landtag, 1877 in den Reichstag für Rosenheim
gewählt und gehörte in beiden loyal zur clericalen Fraction, verzichtete aber,
infolge eines persönlichen Vorkommnisses in Tölz, 1878 auf beide Mandate.
Fürder hat R., abgesehen von der einjährigen Amtirung als Hofcaplan des
Herzogs Karl Theodor in Bayern zu Tegernsee (1883 — ^4) ^"^ der drei-
jährigen als Pfarrer in Günzelhofen bei Naunhofen, die er »frei resignirt« 1888
aufgab, sich ausschliesslich, und zwar anfänglich vorübergehend in Wien,
dann meist in München, periodisch auch in Walchstatt am Wörthsee,
publicistischer und volkswirthschaftlich-wissenschaftlicher Schriftstellerei ge-
widmet. Ursprünglich waschechter Anhänger und Vorkämpfer der katholischen
»Patrioten «-Partei, hatte er infolge jener Studien und des Steigens seiner
particularistischen Neigung, von der Centrumspartei bei der Wahl fallen
gelassen, sich direct von ihr losgesagt und im grossen Ganzen, wenn auch
Ratzinger. 247
nicht officiell, die Principien des 1893 in die Wahlbewegung eingreifenden
»Bayrischen Bauernbundes«, speciell in der Schattirung seiner Heimat Nieder-
bayern, auf seine Fahnen geschrieben. So zog er für den Kreis Regen 1893
und, widerspruchslos, 1899 wieder in den Landtag, wo er wohlbeachtet
in massgeblichen Ausschüssen sass und die Seele der neuen agrarischen
»Freien Vereinigung« ward, 1898 auch ftir den Wahlkreis, wo er geboren,
Deggendorf, in den Reichstag. Den Radicalismus der landsmännischen Bauem-
bündler zu zügeln vermochte er nicht, und so näherte er sich später
wieder innerlich dem Centrum, wie dessen Vertreter nach R.'s Tode aus-
sagten, auch äusserlich. Obwohl er so politisch wandelbar auftrat, von ultra-
reactionären zu durchaus social istischen Vorschlägen übersprang, kannten ihn
Alle als persönlich liebenswürdigen und entgegenkommenden Mann. Acht
Jahre litt er an einem schweren Magenübel. Das Versagen der Ernährung
brachte ihn im Herbste 1898 an den Rand des Grabes; wiederholte Magen-
operation stellte ihn nur scheinbar wieder her.
R. besass ausgedehnte Belesenheit, vielseitiges Wissen und Weltbildung.
Auf socialpolitischem und volkswirthschaftlichem Gebiete hat er gründliche
Studien getrieben, deren Ergebnisse er freilich nicht völlig zu systematisiren
und in ihrem Facit in der Praxis zu verwerten verstand. Als Publicist wirkte
R. 26. Jahre (187 1 —97, wo es einen leichtverständlichen Bruch gab) als
Münchener bez. bayrischer Berichterstatter der clerical-grossdeutschen »Deut-
schen Reichszeitung<ic (Bonn), seit 1869 als ständiger Mitarbeiter der Görres'schen
»Historisch-politischen Blätter«, in den letzten Jahren eifrig an Dr. Sigl's
»Bayrischem Vaterland«; daneben aber auch in führenden Centrumsblättern, wie
»Germania« (Berlin), der »Donauzeitung« (Passau) und sogar, schliesslich bei
seinem Rückweg zur bayrischen Centrums-Richtung bei deren Hauptorgan,
der »Augsburger Postzeitung«. Seine selbständig erschienenen Schriften
sind: die genannte Preisarbeit »Geschichte der kirchlichen Armenpflege«
(1868; 2. Aufl. 1884), sein Lehrgebäude und Hauptwerk »Die Volkswirth-
schaft in ihren sittlichen Grundlagen« (1881; 2. umgearbeitete und ver-
besserte Aufl. 1895), »Die Erhaltung des Bauernstandes« (1883), »Die Bier-
brauerei in Bayern« (1885), polemisch ist die Flugschrift »Das Concil und
die deutsche Wissenschaft« (1871) gehalten; der politischen und Wahlagitation
dient der Mahnruf »Bauern, einigt euch!« (1897); ^^^^ Sammlung seiner
historischen und geschichtlich-ökonomischen Untersuchungen bietet der, grossen-
theils auf den Passauer Cleriker und Geschichtsschreiber Albertus Bohemus
bezügliche Band »Forschungen zur bayerischen Geschichte« (1898).
Benutzt die Nekrologe und biographischen Artikel der grossen bayrischen Zeitungen
(»MUnchn. Neuest. Nachr.« No. 563 v. ö.December 1899; »Allg. Ztg.« No. 336 v. 4. December
S. 6 und No. 344 v. 12. December S. i; »Augsburg. Abendztg.« No. 335 v. 4. December
S. I [wichtig] und No. 336, S. 4; »Augsburg. Postztg.« No. 278 v. 6. December S. 2 und
No. 279 V. 7. December S. 8, u. s. w.), Meyer*s Conversationslex. * XIX S. 818; Amtliches
Reichstagshandbch. v. 1899, s. v.; Kürschner's »Der neue Reichstag i898( — 1903)« S. 249,
mit Portrait; Kürschner's Dtschr. Literaturkaldr. XXI, II Sp. 1086 (die letzten drei Fundorte
bieten authentische Daten). R.'s letzter rein wissenschaftlicher Publication gilt ein Aufsatz
von Kt, »Münchn. Neuest. Nachr.« No. 28 v. 19. Januar 1898, S. 2, wo diese quellentreuen
objectiven Abhandlungen fast dieselbe »warme . . begeisterte Aufnahme« wie in — tt — 's
Referat, »Literar. Centralbl.« 1898 No. 33 Sp. 1226, erfahren. Autiquariatskatalog No. 30
von H. Lüneburg (E. Reinhardt) München (1900) enthält S. 1—30 aus der Bibliothek
Ratzinger 774 Bde.
Ludwig Fränkel.
248 Wrangel.
Wrangely Karl Friedrich Wilhelm Freiherr von, preussischer General
der Infanterie, * 29. September 181 2 zu Königsberg in Preussen, f 28. November
1899 auf seinem Gute Sproitz in der Oberlausitz. Am 13. August 1830
begann er seine militärische Laufbahn bei dem ersten Garderegiment zu Fuss,
war von 1844 — 1848 Generalstabsofficier und trat als solcher in die schleswig-
holsteinische Armee. Zunächst als Hauptmann in den Generalstab des Prinzen
von Noer commandirt, wurde er später zum Stabe des Obersten von Zastrow
berufen, bei dem er bis zur Beendigung des Feldzuges blieb. Die ersten
Lorbeem erwarb er sich in der Schlacht bei Kolding am 23. April 1849.
Das kühne Wagestück, das ihm jenen bekannten Beinamen »der Trommler
von Kolding« eintrug, schildert Baudissin in seiner »Geschichte des Schleswig-
Holsteinischen Kriegs« (Hannover 1862) folgendermassen : »Die Dänen waren
mit starken Infanterie-Colonnen in die Stadt gedrungen, aber von dem neunten
und zehnten Bataillon kräftig aufgehalten und verhindert worden, die Rück-
zugslinie der Jäger, welche noch nördlich von Kolding standen, zu besetzen.
Da plötzlich eröffnen die Dänen im Rücken der Deutschen ein heftiges Feuer
und ein panischer Schrecken ergreift die beiden Bataillone, die bisher mit
bewundemswerther Ruhe den Angriff von fünf dänischen Bataillonen zurück-
gewiesen haben. In wilder Auflösung fliehen die Krieger nach der Brücke,
die Furcht des einen reisst den andern mit fort, die Dänen stürmen jubelnd
hinterher, — die Jäger nördlich von Kolding waren verloren, die ganze
Schlacht bei Kolding war unhaltbar — da springt der Adjutant, Hauptmann
von Wrangel, vom Pferde, entreisst einem Tambour die Trommel und stürzt
sich, Sturm schlagend, dem Feinde entgegen 1 Die Deutschen stutzen, kehren
um, fällen das Gewehr und werfen sich mit solch unwiderstehlicher Entschlossen-
heit auf die Dänen, dass diese jetzt ebenso eilig entfliehen, wie sie vor wenig
Minuten verfolgt hatten.« 1850 trat W. in die preussische Armee zurück.
Den Feldzug von 1866 machte er als Commandeur der 26. Infanterie-
Brigade (7. Armee-Corps) mit, während er im Kriege gegen Frankreich
1870/71 die 18. (schleswig-holsteinische) Division (9. Armee-Corps) befehligte
und bei Gravelotte, Metz und Orleans zu glänzenden Siegen führte. »Orleans
ist mein, die Ehre des Tages gebührt der 18. Division«, so lautete das
Telegramm, das Prinz Friedrich Karl am Abend der Schlacht an den König
sandte. Des Königs Dank an Wrangel war die Verleihung des Eichenlaubs
zum Orden pour le m<§rite. Den Orden selbst besass er bereits seit 1866.
Im Jahre 1872 wurde er Gouverneur von Posen, erhielt am Sedantage 1873
den Charakter als General der Infanterie und 1876 den erbetenen Abschied.
Seitdem lebte er auf seinem Gute Sproitz in der Oberlausitz. Mit den alten
schleswig-holsteinischen Kameraden blieb er bis an sein Lebensende in inniger
Freundschaft verbunden. Noch in den neunziger Jahren führten ihn wieder-
holte Reisen in ihre Mitte. Der Erhebungsfeier am 24. März 1898, zu der er als
Ehrengast geladen war, musste er aus Gesundheitsrücksichten fern bleiben.
Schriftlich aber bekundete er aufs Neue seine warme Theilnahme für die schleswig-
holsteinischen Lande. Sein an den Ausschuss gerichteter Brief schloss mit den
Worten: »Gott schütze auch ferner mein liebes teures Schleswig-Holstein.«
Vgl. Kieler Zeitung, Abend- Ausg. v. 29, November 1899; Itzehoer Nachrichten v.
2. December 1899; F. Möller, Biogr. Notizen über die Officiere der ehemaligen Schlesw.-
Holst. Armee nebst Nachträgen, Kiel und Altona 1885—88, S. 163; F. R. v. Rothenburg
Die Schlacht bei Kolding, Berlin 1849, ^* 'S*
Joh. Sass.
Raders.
249
RaderSy Ludwig, Künstler, * 19. Februar 1868 zu Frankfurt a. M.,
f I. Mai 1899 in der Lungenheilanstalt zu Schömberg im Württembergischen
Schwarzwald. Er besuchte die Frankfurter Kunstgewerbeschule und kam 1886
nach München zu Professor Wilh. v. Diez als Schüler. Frühzeitig war der junge
strebsame Kunstjünger prämiirt, als höchst beachtenswerthes Talent anerkannt
und gelobt; »aber als das eigene ernste Schaffen gebieterisch den Einsatz aller
Kräfte verlangte, da hatten Entbehrungen und Krankheit ihr unheilvolles
Zerstörungswerk schon begonnen und die arbeitsfreudige Hand des jungen
Künstlers gelähmt«. Glück und Sonnenschein sind nie einmal richtig über
R.*s Schwelle getreten. Oft haben ihm monatelang die kärglichen Erträgnisse
von Bilder-Copien das Dasein fristen müssen, wie sie die Kunsthändler fabrik-
mässig bestellen. Und dennoch fand er dabei noch Müsse und Kraft, vieles
über den Durchschnitt hinaus zu schaffen, wie Freunde berichten, ,Bilder
von seltener Farbentiefe und Harmonie, einfach gemalt und poetisch em-
pfunden' aber niemand kennt ihr heutiges Schicksal. »Bastien-Lepage, Böcklin,
Mardes, das war sein Lieblings-Dreigestirn, und von diesen drei Meistern hatte
er die tiefinnerliche Heimathliebe, die Vornehmheit der Farben und einealles
Süssliche verachtende Herbheit der Form. Wo seine Arbeit anempfunden
scheinen wollte, da entdeckte das Auge des Wissenden bald die Seele und
das Temperament des jungen Künstlers, die den Ausschnitt der Natur indivi-
dualisirten und das Gesehene und Herausgegriffene zu seinem Eigenthum
stempelten«. In den letzten Jahren bis etwa 1896 warf sich R. mit Eifer
und Geschick auf die Graphik und hat seine erfindungsreiche Fertigkeit
darin auch dann rege bethätigt, als das schleichende Leiden ihm Saft und
Stimmung aussog. Radirungen wie das bekannt gewordene Blatt »Musica«
und viele selbständig hingeworfene Zeichnungen in der Hirth' sehen Münchener
Wochenschrift »Jugend« belegen das. Am breitesten kam seiner Hände
Werk, wenn auch nicht sein Name unter die Leute durch den bunten Narren
mit den jugendfrischen hellen Augen, der seit etlichen Wintern von allen
Litfasssäulen und Plakattafeln der lebensfrohen Bayern-Hauptstadt zu den
Lustbarkeiten der Camevalsgesellschaft einladet. Dieser ganze Anschlag »ist
mit wuchtiger Faust hingeschrieben in einer grossen starken . Einfachheit
der Farben und der Linien und gerade darin das Muster eines Plakates«
Um 1895 war es mit der äusserlich elenden, innerlich doch so mannigfach
reichen Münchener Zeit vorbei: »unabgemeldet« sagt trocken der Polizei-
Ausweis, verliess er die Stätte des Schaffens und Darbens und suchte in
Kochel am See, im abseitigen Geigenmacher-Flecken zwischen den Karwendel-
riesen Mittenwald Zuflucht vor der unerbittHch wachsenden Phthisis; Februar
und März 1897 hielt er sich in Bodenheim am Rhein bei der Grossmutter
auf, darauf in Soden, den Sommer über in Frankfurt a. M. bei den Eltern
und den »Barmherzigen Brüdern«, Oktober 1897 bis Frühjahr 1898 in Davos,
dann nochmals in Kochel, endlich zu Schömberg; hier droben im Schwarz-
walde ging er im Lenze dahin. »Er war ein furchtbar armer Mensch; mit
einer energischen Unterstützung zur rechten Zeit hätte man ihn zum be-
deutenden Künstler gemacht. Sich selbst heraufzuarbeiten, hatte er weder
Gesundheit in den letzten Jahren, noch Energie, was ich überhaupt dem
ewigen Hunger zuschreibe«, so schrieb ein Freund und College nach dem
Tode, und ein anderer, der selber hart mit der Misere des Alltags ringt,
fühlte ihm nach: »Er ist nun aller Sorgen dieses elenden Daseins enthobene.
Thatsache ist aber, dass seine Angehörigen ihn, den durchaus unpraktischen
25©
Raders. Knuth.
und vertrauensseligen Jüngling, lange mit grossen Mühen und Kosten über
Wasser zu halten versuchten.
Das Meiste oben nach Franz Langheinrich's Nachruf im Feuilleton der »Mflnchn.
Neuest. Nachr.« No. 229 vom 18. Mai 1899 (daraus die SStze mit Anführungszeichen).
Geburtsangabe u. Wegzug von München nach Mittheilung der dortigen Polizei. Einige
sachliche Angaben direkt von der Familie (C. W. Raders & Co.) in Frankfurt.
Ludwig Fränkel.
Knuth, Paul Erich Otto Wilhelm, namhafter Botaniker, * 20. November
1854 in Greifswald, f 30. October 1899 in Kiel. Er besuchte das Gymnasium
und Realgymnasium seiner Vaterstadt, studirte daselbst von 1873 — 76 Natur-
wissenschaften und bestand, nachdem er 1876 zum Dr. phil. promovirt hatte,
ein Jahr später das wissenschaftliche Staatsexamen mit einem Zeugniss ersten
Grades. 1877 wurde er ordentlicher Lehrer an der Realschule in Iserlohn
und 1881 in gleicher Eigenschaft an die Oberrealschule in Kiel berufen.
Seine Ernennung zum Professor an derselben Anstalt erfolgte 1895. Während
seiner Wirksamkeit in Kiel widmete K. mit unermüdlichem Eifer alle seine
Mussestunden der botanischen Wissenschaft, um die er sich bedeutende Ver-
dienste erworben hat. Während er in seinen ersten Arbeiten die Flora
Schleswig-Holsteins nach der analytischen Seite hin behandelte, wandte er
sich später speciell der Blüthenbiologie zu, die er durch zahlreiche selb-
ständige Forschungen in hervorragender Weise gefördert hat. Sein Haupt-
werk auf diesem Gebiete und gewissermassen der Schlussstein in der ganzen
Reihe seiner bltithenbiologischen Studien ist das »Handbuch der Blüthen-
biologie unter Zugrundelegung von Hermann Müllers Werk: Die Befruchtung
der Blumen durch Insekten« (Bd. i, Leipzig 1898; Bd. 2. Th. i — 2,
ib. 1898 — 99). Das leider unvollendet gebliebene Werk — ein dritter Band
sollte die wissenschaftlichen Ergebnisse einer einjährigen Forschungsreise in
den Tropen enthalten — fasst in klarer und übersichtlicher Darstellung Alles
zusammen, was in den 25 Jahren nach dem Erscheinen des Müllerschen
Buches auf dem Gebiete der Blüthenbiologie Neues erkannt worden ist.
(Vgl. die eingehende Recension in der »Botanischen Zeitung«, Jg. 56, 1898,
Abth. 2, Sp. 282 ff.) Von den übrigen Arbeiten K.'s, den seit dem Sommer 1898
die Kaiserliche Leopoldino-Carolinische deutsche Akademie der Naturforscher
in Halle zu ihren Mitgliedern zählte, führen wir die folgenden an: Flora der
Provinz Schleswig-Holstein, des Fürstenthums Lübeck, sowie des Gebietes der
Freien Städte Hamburg und Lübeck. Leipzig 1887; Schulflora der Provinz
Schleswig-Holstein, des Fürstenthums Lübeck, sowie des Gebietes der Freien
Städte Hamburg und Lübeck. Leipzig 1888; Grundzüge einer Entwickelungs-
geschichte der Pflanzenwelt in Schleswig-Holstein (Separat-Abdruck aus den
»Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein«, Bd. 8,
Hft. I, Kiel 1889); Botanische Wanderungen auf der Insel Sylt. Tondern
und Westerland 1890; Geschichte der Botanik in Schleswig-Holstein. Th. i — 2.
Kiel und Leipzig 1890 — 92; Grundriss der Blüthenbiologie. Kiel 1894;
Blumen und Insekten auf den Halligen (Sep.-Abdr. aus »Botanisch Jaarboek«)
Gent 1894; Blumen und Insekten auf den Nordfriesischen Inseln. Kiel und
Leipzig 1894; Flora der nordfriesischen Inseln, ib. 1895; Blumen und Insekten
auf Helgoland (Sep.-Abdr. aus »Botanisch Jaarboek«) Gent 1896; Flora der
Insel Helgoland (Sep.-Abdr. aus »Die Heimat«) Kiel 1896. Alle diese Schriften
legen ebenso wie das oben erwähnte Hauptwerk von dem unendlichen Fleiss,
Knuth. Beust. Carstens.
251
dem umfassenden Wissen und der hohen Begeisterung des Verfassers für
seine Wissenschaft rühmliches Zeugniss ab.
Vgl. Kieler Zeitung, Morgenausg. v. 4. Nov. 1899: Leopoldina, Organ der Kaiser!.
Leopoldino-Carolini sehen deutschen Akademie der Naturforscher, Hft. 35, No. 11 (Nov.
1899), S. 180.
Joh. Sass.
Beusty Friedrich von — er nannte und schrieb sich stets ohne Adels-
partikel, — 48 er Politiker und Pädagog, * 9. August 181 6 zu Amorbach in
U.-Franken, f 6. December 1899 zu Zürich. Sohn eines preussischen
Officiers aus dem bekannten Adelsgeschlechte, dessen gräflicher Zweig Sachsen
und Oesterreich mehrere Diplomaten geliefert hat, wurde B. selbst jung
preussischer Leutnant, quittirte jedoch 1848, als er, wegen seines Auftretens
gegen verschiedene militärische Massnahmen in Conflict mit Vorgesetzten,
obwohl im Rechte, neben der Disciplin den kürzern zog. Wie andere
damalige Kameraden — man denke an F. W. Held und Corvin — drängten
ihn solche Erfahrungen zum politischen Radicalismus, und er diente diesem
im Vereine mit dem ehemaligen Kameraden Frdr. Annecken, der in Köln
die demokratische »Neue Kölnische Zeitung« gegründet hatte. Die sich
antimonarchisch organisirende Kölner Landwehr wählte ihn zum Commandanten,
in welcher Eigenschaft B. im November 1848 die Garnison Kölns am Aus-
marsche verhinderte, die Bürgerwehr in Düsseldorf zu zersprengen. Als darauf
über die Metropole der Rheinlande der Belagerungszustand verhängt und B.
des Hochverraths angeklagt wurde, flüchtete er nach Paris, mit Empfehlungs-
briefen Freiligraths an dortige Revolutionäre. Nach vier Monaten begab sich
B. April 1849 2um ausgebrochenen republicanischen Aufstande Südwest-
deutschlands über Mannheim in die Pfalz. Hier wählte man ihn mit andern
frühem Officieren in die Militärcommission für den Oberbefehl der Revolutions-
schaaren. Nach unglücklichem Gefechte mit den Preussen im Badischen
musste er mit den Resten seiner Leute über die schweizerische Grenze gehen.
Während sich diese zerstreuten, fand der Flüchtling in Zürich Unterkunft.
Seinen pädagogischen Neigungen folgend, wurde er Lehrer an einer dortigen
nach Fr. Fröbels Grundsätzen geführten Privatschule, übernahm sie nach
einigen Jahren selbst und hob sie, vermöge besonderer Lehrfähigkeit und
eigner methodischer Gedanken, zu grossem Ansehen. Forderungen der neueren
Volksschul- Pädagogik, z. B. Handfertigkeitsunterricht, waren in Beust 's Er-
ziehungspraxis seit Jahrzehnten verwirklicht. B. fand fiir seine verdienstliche
Wirksamkeit verschiedentliche Anerkennung: so sprachen die Preisrichter der
Weltausstellungen zu Wien, Philadelphia und Paris (1889) seinen Lehrmitteln
Medaillen zu. Er hatte seine pädagogischen Ideen in einer Reihe von Schriften
niedergelegt. Heute blüht die Schule, von Kindern wohlhabender Reichs-
deutscher in Zürich stark besucht, unter einem Sohne B.'s. Der bis zum
Tode rüstige, geistesfrische Greis war bei den Vielen, die ihn kennen zu lernen
Gelegenheit hatten, hochgeachtet.
Grösstentheils nach einer (anonymen^ Züricher Correspondenz i. d. »Münchn. Neuesten
Nachr.« No. 571 v. 12. Decbr. 1899, S. 2.
Ludwig Fränkel.
Carstens, Carsten Erich, Kirchenpropst a. D., Geschichtsforscher und
Schriftsteller, * 29. December 1810 in Tondem, f daselbst 25. November 1899.
252
Carstens. Henrici.
Anfangs für den Kaufmannsberuf bestimmt, erhielt C. erst ein Jahr nach seiner
Confirmation von seinem Vater die Erlaubniss, Theologie zu studiren. Er
ging zu dem Zweck Michaelis 1832 nach Kiel, bestand 1837 das theologische
Amtsexamen und wurde 1840 Diakonus in Tondern. Nachdem er 1864
kommissarisch und 1868 definitiv zum Hauptpastor und Propst daselbst
ernannt war, bekleidete er als solcher von 1876 — 1879 ausserdem noch das
Amt eines Pröpsten für Loh- und Mögeltondem. Am i. Juli 1884 trat er in
den Ruhestand. »Mit ihm geht ein Stück persönlicher Erinnerung an die
erste Hälfte unseres Jahrhunderts zu Grabe, insbesondere an die Zeit, wo
Dahlmann und Nicolaus Falck, sowie in anderer Weise Claus Harms das
geistige Leben unseres Landes neu gestaltet und die Liebe zu unserer
Geschichte wieder erweckt hatten. Auch von seinem älteren Zeitgenossen
G. Waitz hatte er dieses Interesse überkommen und es in seinen Verhältnissen
treu gepflegt bis in sein hohes Alter. Es war weniger das Pragmatische, die
innere Seite der Geschichte, als das Literarische und Persönliche, das seiner
Geistesart entsprach.« Abgesehen von rein theologischen und pädagogischen
Fragen hat C, der selbst sehr bescheiden von seinen Arbeiten dachte, mit
unermüdlichem Fleiss das Gebiet der schleswig-holsteinischen Landes- und
Kirchengeschichte behandelt. Man braucht nur die lange Reihe seiner
Schriften bei Alberti (siehe unten!) zu vergleichen, um einen Ueberblick über
den weiten Kreis seiner Studien zu gewinnen. Sie alle offenbaren sein
gründliches Wissen und jenen ihm in hohem Masse eigenen feinen Sinn, der
unentbehrlich ist, wenn es gilt, das Vergangene in seiner wahren Gestalt für
die Gegenwart lebendig zu machen. Als Publikationen von bleibendem Werth
verdienen besonders die folgenden hervorgehoben zu werden : Die evangelisch-
lutherische Reformation in Schleswig-Holstein (Nordalbingische Studien, Bd. 2,
1845, S. 119 flf.); Die Stadt Tondern. Eine historisch-statistische Monographie.
Tondern 1 860 ; Geschichte der theologischen Facultät der Christian-Albrechts-
Universität (Zeitschrift der Gesellschaft für Geschichte der Herzogthümer
Schleswig-Holstein und Lauenburg, Bd. 5, 1875, S- ' — ^3 2» auch separat
Kiel 1875); Geschichte des Studiums der speciellen Vaterlandskunde auf der
Kieler Universität. Tondern 1876. In späteren Jahren widmete er sich mit
Vorliebe biographischen Forschungen. Nach Art der »Allgemeinen Deutschen
Biographie«, die ihn auch zu ihren Mitarbeitern zählte, plante er eine grosse
»Schleswig-Holsteinische Biographie«. Das von ihm hierfür gesammelte, drei
Bände umfassende handschriftliche Material hat er durch letztwillige Verfügung
der Kieler Universitäts-Bibliothek vermacht.
Vgl. Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829 — 1866, Abth. i, S. 113— 115; 1866—1882,
Bd. X, S. 99 — loo; Schriften des Vereins für schleswig-holsteinische Kirchengeschichte,
2. Reihe, (Beiträge und Mittheilungen) Heft 4, 1900, S. 149 — 151 (Nekrolog von £. Michelsen).
Job. Sass.
Henrici, Paul Christian, Reichsgerichts-Senatspräsident a. D., Wirklicher
Geheimer Rath, * 18. April 18 16 in Augustenburg, wo sein Vater Leibarzt
des Herzogs von Augustenburg war, f 3. Juni 1899 ^^ Berlin. Er studirte
Von 1834 bis 1838 in Kiel und Berlin die Rechte, bestand Ostern 1838 das
juristische Amtsexamen und trat als Auscultant bei dem schleswig-holsteinischen
Obergericht in Glückstadt ein. Hier wurde er, nachdem er während des
Jahres 1848 als Polizeimeister in Apenrade fungirt hatte, am 23. Februar
1849 2^^ Rath befördert, erhielt 1858 den Titel »Etatsrath« und wurde im
Henrici. Wolff.
253
Januar 1864 xum Präsidenten der holsteinischen Landesregierung erwählt.
1865 zum Director der Oberdicasterien in Glückstadt ernannt, ging er 1867
als Rath bei dem Oberappellationsgericht nach Berlin, wurde 1872 Vice-
präsident desselben und in demselben Jahre Mitglied des Herrenhauses auf
Lebenszeit. Nach Vereinigung der beiden höchsten Gerichte im Jahre 1874
war er Vice-Präsident bei dem Obertribunal. In dieser Stellung wurde ihm
1875 der Charakter als Wirklicher Geheimer Oberjustizrath mit dem Range
der Räthe i. Klasse und von der Kieler Juristen-Facultät bei Gelegenheit der
Einweihung des neuen Universitäts-Gebäudes im October 1876 der Dr. jur.
honoris causa verliehen. Bei Errichtung des Reichsgerichts am i. October
1879 wurde H. als Senatspräsident des dritten Civilsenats nach Leipzig
berufen. Nachdem er am 1. October 1888 sein 50 jähriges Dienstjubiläum
gefeiert und den Charakter als Wirklicher Geheimer Rath mit dem Prädicat
Excellenz erhalten hatte, trat er im Jahre 1891 in den Ruhestand und ver-
legte seinen Wohnsitz nach Berlin. H., der zu unseren hervorragendsten und
scharfsinnigsten Juristen gehörte, ist auch schriftstellerisch mehrfach hervor-
getreten. Zu nennen sind besonders seine »Lebenserinnerungen eines Schleswig-
Holsteiners« (Stuttgart und Leipzig 1897), ein kerniges Buch, das den Ver-
fasser als einen iustum et tenacem propositi virum und charaktervollen
Patrioten zeigt. Wiederholt hat er auch über die Besetzung des Reichsgerichts
das Wort ergriflFen. Von seinen beiden Aufsätzen »Das deutsche Reichsgericht«
(in Iherings Jahrbüchern für die Dogmatik des heutigen römischen und
deutschen Privatrechts, Bd. 24, 1886) und »die Ernennung der Mitglieder des
Reichsgerichts« (in den »Genzboten«, Jg. 1896) fand besonders der letztere
'weitgehende Beachtung.
Vgl. Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829 — 1866, Abth. l. S. 353; 1866 — 1882, Bd. i,
S. 291. Kieler Zeitung, Abend-Ausg. v. 4. Jan. 1900. Deutsche Juristen-Zeitung, Jg. 4, 1899,
S. 250—251.
Joh. Sass.
Wolff, Wilhelm P., Dramatiker, * 11. Februar 1860 zu Erfurt, er-
schossen aufgefunden am Morgen des 26. März 1899 zu Frankfurt a. M.
Er besuchte das Gymnasium daheim, seit 1870 in Wiesbaden, studirte
1879 — '8^2 in I^eipzig, Heidelberg und Berlin die Rechte, promovirte 1882
in Göttingen zum Dr. jur., tibersiedelte nach Frankfurt a. M. und prakticirte
daselbst seit 1888 als Rechtsanwalt. Daneben war er seit 1890 schriftstelle-
risch, vornehmlich im Theaterfache, thätig. Als 1898 ein Lustspiel, auf das
er grosse Hoffnungen gesetzt hatte, in Frankfurt glatt abgelehnt wurde und
sich pecuniäre Sorgen einstellten, legte W. Hand an sich; zwei Wochen nach
dem Tode stellte sich heraus, dass W. über 100 000 Mark anvertraute Gelder
unterschlagen hatte.
Seine ersten dramatischen Arbeiten folgten sich rasch hintereinander:
der Schwank »Im Sonnenschein« (1890), die parodistische Tragödie »Im
Regen« (1891), die Lustspiele »Nach Madrid» (1891) und »In Dingsda« (1894;
zwei Jahre nach Jobs. Schlafs Novellenbande desselben Titels), die vier nach
französischen Vorlagen umgestalteten Bühnenstücke »Daheim« (Schauspiel, 1890),
»Ein Millionär a. D.« (1893), »Ein goldenes Herz« (1893), »Gemüthsmenschen«
(1894), letztere drei Lustspiele; ferner, als Drama bezeichnet, »Die Sansara«
(1894). Diese, nicht eben tiefen Werke gelangten mit Erfolg vielerorts auf
die Bretter, aber besondern Eindrucks durfte sich dann das mit Rieh. Jaff'd
2 54 Wolff. Zottmayr. Jensen.
verfasste Schauspiel »Das Bild des Signorelli« auf angesehenen Bühnen
(Premiere Lessingtheater Berlin) erfreuen, während seine sonstigen späteren
dramatischen Ansätze nicht einschlugen: das Schauspiel »Die Höllenbrücke«
(1896), mit Rieh. Jaffd, das Lustspiel »Der Asra« (1897), mit Mor. Gold-
schmidt zusammen geschrieben, sowie wiederum nach dem Französischen
bearbeitet das Lustspiel »Gleiche Gegner« (1895) und die Posse »Der Hummer«
(1897).
BrUmmer, Lexikon der deutschen Dicht, und Pros, des 19. Jahrhunderts^ IV 376 b
(bis 1894); kurze Nekrologe in vielen Tagesblättern; über den Tod Angaben der »Frank-
furter Zeitung«; Bibliographie bei Kürschner, Deutscher Literaturkalender XXI, II, 1545
(Todesdatum [aber der 25.] ebenda XXII, I, 47. Todesangabe vom Frankfurter Standesamt.
Ludwig Fränkel.
Zottmayr, Ludwig oder Louis, Opernsänger, ♦ 30. März 1829 zu München,
t 16. October 1899 plötzlich zu Weimar. Z. besuchte, ehe er die Künstler-
laufbahn begann, die Universität München, es scheint in der philosophischen
Facultät. Wann er zur Musik abgeschwenkt ist, lässt sich kaum mehr fest-
stellen; nach Einigen soll er in Augsburg angefangen haben. 1859 — 1867 war
er als erster Baritonist am kgl. Hoftheater zu Hannover und am Stadttheater
zu Hamburg engagirt. Im Besitze einer äusserst stattlichen Erscheinung und
glänzender Stimmmittel, bezog Z. in Hannover, daselbst längere Zeit Partner
des grossen Tenoristen Albert Niemann, eine Jahresgage von 7000 Thalem,
ein damals unerhörtes Gehalt eines Bühnenkünstlers. In den sechziger und
noch bis in die siebziger Jahre zählte Z. durch sein von schauspiele-
rischem Geschick begleitetes eindrucksvolles Bariton-Organ zu den beliebtesten
Künstlern der deutschen Oper. In die Geschichte der Rieh. Wagner'schen Ton-
dramen gehört Z. als Repräsentant der Rolle des Königs Marke bei den
vier berühmten »Tristan und Isolde« -Erstaufllührungen, die im Juni 1865,
unter Hans v. Bülow's Leitung, mit dem Ehepaar Schnorr als Titelhelden,
am Hof- und Nationaltheater zu München stattfanden. Anfangs der achtziger
Jahre zog sich Z. von der Bühne ganz zurück, Hess sich am 2. October 1895
in das Maria -Seebach -Stift zu Weimar, das seines einstmaligen Collegen
Niemann geschiedene erste Gattin für Bühnen -Veteranen als Pensionäre
gegründet hatte, aufnehmen und endete auch da durch Herzschlag oder
Selbstmord.
Kurzer Artikel von C. D. i. d. »Münchn. Neuest. Nachr.« No. 486 v. 2i. October 1899
(danach obige Angabe Über den Selbstmord); schriftl. Notizen von Georg Heltzig,
geschäftsführd. Mitgl. d. Curatoriums d. M.-S.-St. (sagt »Herzschlag«).
Ludwig Fränkel.
Jensen, Andreas Detlev, Generalsuperintendent für Holstein, ♦ 24. Januar
1826 in Glückstadt, f 31. Mai 1899 in Kiel. Nach Absolvirung des Glück-
städter Gymnasiums studirte er seit 1844 in Kiel und später in Tübingen
Theologie, vollendete seine Studien jedoch erst im Jahre 1853, nachdem er
inzwischen den schleswig-holsteinischen Feldzug mitgemacht und bei Friedericia
eine schwere Verwundung erlitten hatte, die den Grund zu seinem späteren
Siech thum legte. 1855 wurde er zum Diakonus und im folgenden Jahre zum
Hauptpastor in Herzhom erwählt. Im April 1859 zum Mitglied des hol-
steinischen Oberconsistoriums in Glückstadt berufen, ging er 1865 als Pastor
nach Norderbrarup. Am 20. September 1866 erfolgte seine Wahl zum Haupt-
Jensen. Wiegand. 255
pastor an der St. Nicolaikirche in Kiel. Nachdem er 1868 Consistorialrath
und Mitglied des neubegründeten evangelisch-lutherischen Consistoriums ge-
worden war, übernahm er am 16 October 1872 als Nachfolger von Bischof
Koopmann die Generalsuperintendentur für Holstein. Das Jahr 1876 brachte
ihm bei Gelegenheit der Einweihung des neuen Kieler Universitätsgebäudes
den Dr. theol. honoris causa. Am i. Februar 1891 trat er wegen schweren
körperlichen Leidens von seinem Amte zurück, nachdem er es fast 20 Jahre
hindurch mit voller Hingabe verwaltet hatte. Als Geistlicher wurzelte J. fest
und tief in dem Boden der schleswig-holsteinischen Landeskirche, »der evan-
gelisch-lutherischen Kirche mit dem weiten Herzen«. Seine bischöfliche
Thätigkeit hat er in ernster Arbeit stets im Sinne jenes Wortes geführt, das
er auf dem Kieler Kirchentag am 3. September 1867 in seiner Eröffhungs-
predigt aussprach: »dass wir als Gottes Mitarbeiter des göttlichen Segens uns
nur dann getrösten können, wenn wir den rechten Grund unter den Füssen,
die rechten Bausteine in den Händen und das rechte Ziel vor Augen haben«.
Bedeutenden Ruf genoss J. als Prediger. Wie er selbst einmal erklärte, die
evangelische Predigt solle gehen »aus der Schrift heraus, durch 's Herz hin-
durch, in's Leben hinein«, so hat er stets gepredigt und die Herzen seiner
Zuhörer gepackt, »jeder Gedanke trug die Farbe des Lebens und verrieth
den warmen Herzschlag der Ursprünglichkeit«. Energie und Entschiedenheit,
Herzenswärme und tiefe Pietät bildeten die Grundzüge seines Wesens. Vor
Allem aber war er ein Mann der thätigen Liebe, und so ist sein Leben und
Wirken ein Segen fiir Viele gewesen, ein Segen auch für die seiner Obhut
anvertraute Kirche.
Vgl. Kieler Zeitung, Morgenausg:. v. i. u. 7. Juni 1899; Schleswig-Holstcin-Laucn-
burgisches Kirchen- und Schulblatt, 1899, No. 23, 40, 41; Alberti, Schriftsteller-Lexikon,
1866— 1S82, Bd. I. S. 321; Zeitschrift der Gesellschaft f. SchIesw.-Holst.-Lauenb. Geschichte,
Bd. 12, 1882, S. 317; Bd. 19, 1889, S. 69.
Joh. Sass.
Wiegand, (Joseph Anton) Heinrich, Opernsänger, ♦ 1843 oder 1841
zu Fränkisch-Crumbach im Odenwald, f in Frankfurt a. M. am 28. Mai 1899,
geistesumnachtet. Er widmete sich anfangs dem kaufmännischen Berufe
in England, Constantinopel und Paris. Erst 1870 ging er, bei Beginn des
Kriegs als Deutscher aus letzterer Stadt ausgewiesen, als Sänger zur Bühne,
fiir die er sich privat schon vorgebildet hatte. An den Stadttheatem Zürichs
und Cölns erregte der intelligente Künstler, der seine Basspartien mit klang,
voller, markiger Stimme und darstellerischem Geschick verkörperte, Aufsehen.
Nachdem er 1873 — 77 am Frankfurter Opernhause gewirkt hatte, unternahm
er eine Tournde nach Amerika und gehörte hiernach dem Operpersonal zu
Leipzig, Wien (Hofoper), Hamburg an, wo er in ernsten und komischen
Rollen, meist nur zweiten Ranges oder höchstens den Hauptbassisten ver-
tretend, Anerkennenswerthes leistete. Unter grossem Beifalle sang er als
alternierender bei den 1886 er Wagner-Festspielen zu Bayreuth König Marke
in »Tristan und Isolde« und Gumemanz in »Parsifal«. Ein schönes reiches
Feld schien sich dem mit Recht allerseits geschätzten Sänger in den neun-
ziger Jahren am Mtinchener Hoftheater zu eröffnen, obzwar er es auch da
zu keiner führenden Stellung brachte. Aber dem eifrigen Künstler, der
jederzeit originell sein Fach ausübte und nach bestem Können sich ohne
Schablone alle seine Rollen, auch untergeordnetere Chargen zurechtlegte,
2c6 Wiegand. Dürrscbmidt. Schiff.
begann 1897 das Gedächtniss zu schwinden, was nicht nur seine Berufsthätig-
keit auf eine harte Probe stellte, sondern eine geistige Verwirrung vorahnen
Hess. Noch während dieses Jahres musste der Bedauernswerthe, nicht mehr
fähig, den Pflichten des Mitglieds eines Bühnenverbands nachzukommen, in
eine Heilanstalt verbracht werden.
Kurze Notizen nach dem Tode (»im Alter von 56 Jahren, Frankfurter Standesamte)
»Frankftr. Ztg.«, »Frankftr. Journal«, »Münchn. Neuest. Nachr.« (No. 249 vom 31. 5.:
»58 Jahre alt«) Vossische Ztg.« u. a.
Ludwig Fränkel.
Dürrschmidt, Heinrich, Jurist und Politiker, * am 26. November 1819
zu Wunsiedel, f in München am 13. Januar 1899. Sohn eines Ad-
vokaten, studirte er zu Erlangen und Heidelberg die Rechte und wurde nach
gutem Staatsexamen Gerichtsaccessist in Bamberg. Die lebhafte politische
Bewegung in Bayern während der 40 er Jahre berührte auch den jungen Ju-
risten, der unumwunden seine freimüthige und gemeindeutsche Gesinnung aus-
sprach und drum erst nach 10 Jahren, 1854, als Assessor in Aichach definitiv
angestellt wurde. Einige Monate später kam er nach Ausburg, wo er die Tochter
des Bürgermeisters ehelichte, dann nach Donauwörth und Freising, endlich nach
München. Im Laufe der Zeit wurde er daselbst Appellationsrath beim Obersten
Gerichtshofe, 1879 ^^^' ^^^ Begründung des Reichsgerichts als Rath nach
Leipzig berufen, wo er zehn Jahre blieb. In Pension nach München zurück-
gekehrt, betheiligte er sich trotz seines Alters noch am politischen Leben
und wurde als Nationalliberaler in die Kammer der Abgeordneten gewählt,
und erst Krankheit zwang ihn, sich endgiltig in den Ruhestand zurück-
zuziehen. Dem liberalen Gedanken ist D. stets ein treuer, allerseits hochge-
achteter Vorkämpfer gewesen. »Der Verewigte nahm es ernst mit seinem Berufe.
Er hatte grosse Gedanken und bewahrte sich dabei ein kindliches Herz. Er war
zwar politisch ungemein thätig, hasste aber die Parteiungen und die Vergötte-
rungen. Mit Rath und That stand er Jedem bei, der seiner Hilfe bedurfte,« so
hiess es in der Leichenrede des protestantischen Pfarrers Herm. Lembert.
Notizen »MUnchn. Neueste Nachr.« No. 26 y. 17. Jan. 1899, S* ^ f*
Ludwig Fränkel.
Schiff, Emil, Dr. med., Schriftsteller, ♦ am 30. Mai 1849 in dem kleinen
böhmischen Städtchen Raudniz, f am 23. Januar 1899 in Berlin. S. war
der Sohn eines ganz bescheidenen jüdischen Kaufmanns; er besuchte die
jüdische Gemeindeschule des Heimathortes und dann seit 1860 das deutsche Gym-
nasium in Leitmeritz; er ging mit neunzehn Jahren auf die Wiener Universität;
studirte Jura; er bestand die erste juristische Prüfung und absolvirte das Quadri-
ennium; dann wurde er politischer Journalist bei der »Deutschen Zeitung« in
Wien; 1874 bei der »Spenerschen Zeitung« in Berlin, und hieraufwar er 25 Jahre
hindurch, bis zu seinem Tode, ständiger Vertreter der Wiener »Neuen freien
Presse« in Berlin. Von 1878 bis 1880 trieb er an der Berliner Universität
höhere Mathematik, Differential- und Integralrechnung, sowie analytische
Mechanik; später begann er Medicin zu studiren. Bis Mitte 1894 hatte er
alle seine medicinischen Prüfungen regelrecht bestanden; er war jetzt prak-
tischer Arzt, übte aber nie die ärztliche Praxis und war auch in der Zeit
seiner naturwissenschaftlichen Studien stets Schriftsteller und Journalist ge-
blieben.
Schiff. 257
Die meisten dieser Daten liefert die kurze Vita, die seiner Doctor-
Dissertation angehängt ist.
Der Sohn eines kleinen jüdischen Kaufmanns aus einer kleinen böh-
mischen Provinzialstadt, der Jurist wird und nie ein Amt übernimmt, der Jahre
lang mit höchstem Ernst höhere Mathematik und "der Medicin treibt, ohne
je aus diesen Fachstudien einen Lebensberuf im üblichen Sinne des Wortes
zu machen, ist er eine von den Existenzen, die in dem wohl klassificirten
bureaukratischen Deutschland nicht unterzubringen sind. Wäre er reich ge-
wesen, so hätte man ihn vielleicht einen Privatgelehrten genannt, wobei sich
mit diesem Ausdruck landläufig der Begriff eines Menschen zu verknüpfen
pflegt, der sein Nichtsthun oder seine Unproductivität hinter gelehrten Lieb-
habereien versteckt. Da er diesen Reichthum nicht besass, und da er neben
seinen Studien und trotz derselben Leitartikel schrieb und Depeschen seinem
Blatt sandte und dazu auch geschmackvolle Theaterberichte heute und scharf
charakterisirende Parlamentsberichte morgen, so war er nach den Begriffen
Deutschlands der Typus jener, die ihren Beruf verfehlt haben, und wirklich
— er war Journalist.
Es giebt für diese Entwicklung, die trotz der mühelos bestandenen
Prüfungen in der Juristerei und der Medicin nie aus der Journalistik hinaus-
geführt hatte, eine Erklärung. Emil Schiff besass einen ganz ungewöhnlichen
Wissenstrieb.
Mit diesem Wissensdurst ging er nicht an eine einzelne Quelle der
Erkenntniss, sondern an alle Quellen der Erkenntniss, die ihm werthvoll er-
schienen. So wurde er auch aus geistiger Anlage kein Fachgelehrter. Und
da er ein kritischer Kopf war, der sein charakteristisches Gepräge durch eine
gewisse jüdisch-talmudische, nicht selten zunächst prüfend abweisende Schärfe
des Denkens erhielt, so war das Fundament aller seiner Betrachtungen ein
kritisch-philosophisches, und als er erkannt hatte, dass die philosophische An-
schauung in unseren Tagen der exakten naturwissenschaftlichen Kenntnisse
nicht entbehren konnte, da suchte sich dieser Journalist der exaktesten unter
den Wissenschaften, der Mathematik, zu bemächtigen, und es durchlief dieser
Journalist von dreiunddreissig Jahren schliesslich alle Stadien eines vorge-
schriebenen medicinischen Studienganges. Naturwissenschaftliche Kenntnisse
verknüpft durch eine umfassende philosophische Bildung waren das Eigen-
artige seiner geistigen Struktur, und mit diesen geistigen Voraussetzungen trat
er dann auch an politische und volkswirthschaftliche und auch an künstlerische
Probleme heran.
Er war kein Forscher im eigentlichen Sinne auf irgend einem Gebiet;
aber ein scharfsinniger Betrachter der Forschung auf den verschiedensten
Gebieten, und diese sachliche, prüfende und umfassende Betrachtungsweise,
gepaart mit der Gabe der Darstellung, machte ihn zu einem ganz hervor-
ragenden Journalisten, der seinen Beruf nicht verfehlt hatte.
Wenn er das Lebenswerk von Helmholtz darstellte, so wusste er mit
voller Klarheit die Technik des Augenspiegels zu beschreiben, oder die Helm-
holtz'schen Entdeckungen auf dem Gebiete der allgemeinen Physiologie der
Muskeln und Nerven zu schildern; er würdigte seine Untersuchungen über
die Tonempfindungen und das von ihm ausgesprochene Gesetz von der Er-
haltung der Kraft, um dann zusammenfassend, gewissermassen die philosophische
Quintessenz gebend, zu sagen:
Biogr. Jahrbucb a. DeuUcher Nekrolog. 4. Bd. I n
2£8 Schiff. Majunke.
»HelmhoUz suchte Klarheit %u gewinnen tlber die Welt nach den beiden Seiten, in
denen sie sich dem Beschauer darbietet ; einmal nach den Kräften, die sie bewegen, sodann
nach den Bedingungen, unter denen der menschliche Geist sie aufnimmt und erschliesst«
Oder wenn er von Dubois-Reymond sprach und über dessen physio-
logische Entdeckungen berichtet hatte, so gab er schliesslich ein breites und
prächtiges, rein menschliches Portrait dieses Gelehrten;
»Ein universal angelegter Geist, in dem neben der scharfen Intuition des exakten
Physikers die Gestalten Homers und der antiken Tragödie, Shakespeares und Goethes,
Byrons und Kousseaus lebten, hatte er in der Eleganz und der Farbenpracht der Sprache
kein geringeres Vorbild als Alexander von Humboldt, und wie dieser schien er sich tu-
weilen in den Rhythmen der eigenen Prosa zu berauschen, aber nie liess ihn darüber die
Klarheit des Denkens im Stich.«
Und ein Mann, der die universelle Seite eines Dubois zu erfassen ver-
mochte , trat dann * auch mit demselben liebevollen Verständniss an andere
universell angelegte Gestalten aus ganz anderer Sphäre — so aus der politisch-
nationalökonomischen, an Ludwig Bamberger schildernd und klug deutend heran.
Emil Schiflf war im höchsten Sinne ein gebildeter Mensch — nicht, weil
er viel wusste, nicht, weil er nach der Juristerei, Philosophie und Natur-
forschung, Sanskrit, Russisch und Spanisch, Geschichte, Nationalökonomie und
Literatur mit wissenschaftlichem Eifer betrieb, sondern weil er sein grosses
Wissen zu einer freien und unabhängigen Weltanschauung vereinigt hatte; das
ist erst Bildung; und diese Weltanschauung würde man nicht frei und nicht
unabhängig nennen dürfen, wenn sie nicht zugleich durchaus human ge-
wesen wäre.
In der Berliner Medicinischen Gesellschaft widmete Rudolf Virchow dem
eben Verstorbenen eine Gedenkrede, in der er sagte:
»Schiff war ein zuverlässiger, tapferer und geschickter Mann, der es wohl
verdient hätte, eine bessere Gesundheit zu haben und ein höheres Alter zu
erreichen.«
Emil Schiff hat seine grösseren Arbeiten als Feuilletons vor Allem in der »Neuen
Freien Presse« in Wien und zahlreiche Essais in der »Deutschen Rundschau« und in der
»Nation« in Berlin veröffentlicht. Seine Dissertation »Pierre Jean Georges Cabanis, der
Arzt und Philosoph« erschien 1886 in Berlin bei H. S. Hermann.
P. Nathan.
Majunke, Paul, ultramontaner Politiker und Publicist, * 14. Juli 1842
zu Gross-Schmograu, Kreis Wohlau, Schlesien, f 21. Mai 1899 zu Hochkirch
bei Glogau. Er absolvirte das Gymnasium, studirte 1861 — 66 in Breslau
die Rechte, dann katholische Theologie und empfing 1867 die Priesterweihe.
Als Caplan in Neusalz a./O. thätig gewesen, übernahm er während des vati-
canischen Concils 1869 die politische Redaction der »Kölnischen Volks-
zeitung«, 187 1, nach einjährigem seelsorgerischen Wirken in Grottkau und
Breslau die des andern leitenden norddeutschen ultramontanen Blattes, der
»Germania« in Berlin. Nicht ohne Geist und Geschick, so erkennen auch
die Gegner an, leitete er bis 1878 das Centralorgan der nun begrün-
deten katholischen Centrumspartei in intransigentem Sinne und Stile.
Während des beginnenden sog. »Culturkampfs« verfocht M. in der vordersten
Schlachtreihe seiner Gesinnungsgenossen die clerical-katholischen Interessen
äusserst eifrig und scharf gegenüber den Machtsprüchen und Schritten der
Majunke. Schwaighofer. Mergenthaler. 250
Bismarck 'sehen Staatsregierung. In der parlamentarischen Arena erschien M.
zuerst 1874 und zwar als Reichstagsabgeordneter für Trier (Stadt); seit 1878
gehörte er filr den Kreis Geldem-Kempen auch dem Preussischen Abgeordneten-
hause an. Seit 1878 gab M. die »Correspondenz für Centrumsblätter« von
Berlin aus heraus, mit der er allmählich in der Partei und ihrer Presse einen
übermächtigen Einfluss errang. Daher neigten die diplomatischen Führer der
Fraction, als diese anfangs der achtziger Jahre mit dem einlenkenden Reichs-
kanzler zu einem versöhnlicheren modus vivendi überging, dazu, den streit-
baren Kämpen kaltzustellen, obzwar er mehrfach durch Gefängniss wegen
Pressvergehens in Plötzensee (seine Verhaftung nach gefälltem Urtheil während
der Session im December 1874 entfesselte im Reichstage einen der heftigsten
Stürme) die politische Märtyrerkrone erworben hatte. Die Energie seiner
Ueberzeugung auf einen urbaneren Ton herabzustimmen, verstand er sich
nicht oder verstand er nicht. So legte er denn 1884 beide Mandate und
die Redaction nieder, zog sich von der praktischen Politik ganz zurück und
wirkte fürder als Pfarrer zu Hochkirch, freilich literarisch noch im Dienste
der Weltanschauung thätig, die er anderthalb Jahrzehnte hindurch entschieden
oft verrannt, stets aber wehrhaft und unerschrocken öffentlich vertreten hatte.
»Allg. Ztg.c No. 141 V. 23. Mai 1899, S. 2; andere Nekrologe i. d. »Augsburger
Abendztg.« vom selben Datum No. 140, S. 2; »Augsbg. Postztg.« No. 117, S. 7; »Münchn.
Neueste Nachr.« No. 238, S. 2; u. a. Meyers Konservationslex. ' XI 794.
Ludwig Fränkel.
Schwaighofer, Johann, autodidactischer technischer Erfinder, * 181 7 in
Rettenschöss, f im Hochsommer 1899 zu Kössen, wie jenes in Nordtirol.
Nahezu 60 Jahre hat er das Lehreramt versehen, aber — einen Hauptgrund
lässt schon sein selbstverfasster Grabspruch »Die Erde sei ihm leicht, wie
sein Gehalt«! — dabei sein Augenmerk auf allerhand Nebengeschäfte gerichtet
und sich bei dem kargen Einkommen seines schulmeisterlichen Anfangs als
Taglöhner, Holztrifter, Köhler, Zimmerer und Schreiner, Steinmetz, Bildhauer,
Maler, Pflanzensammler u. a. bethätigt. In Denken und Arbeiten durchaus ein
Original, ein heller, erfindungsreicher Kopf, wagte sich S., der für mathe-
matische Geographie und Astronomie wirklich wunderbare Lehrmittel an-
gefertigt hat, sogar an die Herstellung elektrischer Apparate und wurde für
seine Leistungen auf der Wiener Weltausstellung 1873 decorirt. Danach
knüpfte er Beziehungen mit Edison, Helmholtz und hochbejahrt noch mit W. C.
Röntgen an, und sein Name ward weit über seines Dorfes Weichbüd und das
Tiroler Land hinaus mit Ehren genannt. Bis zuletzt frischen, heitern Geistes,
konnte der erst gegen das Ende durch seinen Körperzustand ans Zimmer
gefesselte Naturtechniker auf ein reiches Leben zurückblicken.
Nekrolog mit Portrait in Phil. Wasserburg's »Belletrist. Beilagec zu vielen süddeutschen
katholischen Zeitungen (Badenia, Karlsruhe: »Sterne u. Blumen« u. a.), 1899, No. 38, S. 303;
Tiroler Tagesblätter.
Ludwig Fränkel.
Mergenthaler^ Ottmar, der Erfinder der Setzmaschine, * 10. November (Mai?)
1854 in Dürrmenz, Oberamt Mühlacker, in Württemberg, f 28. October 1899
zu New-York. Als Sohn eines Dorflehrers im benachbarten Hachtel auf-
wachsend, zeigte er von Jugend auf reges Interesse für Mechanik, erlernte
bei seinem Oheim Hahl in Bietigheim die Uhrmacherei und trat 1872 in die
17*
2 6o Mergenthaler. Dobbert.
von seinem Vetter Hahl in Washington errichtete Fabrik technischer Apparate
in Arbeit, wo er bald durch Fleiss und Selbständigkeit eine hervorragende
Stellung errang. Umgang mit Schriftsetzern regte ihn zu seiner epoche-
machenden Erfindung an, deren directer Anlass der Auftrag war, in der nach
Baltimore verlegten Anstalt eine mangelhafte Schreibmaschine umzucon-
struiren. Anfangs wollte er die Erzeugnisse der letzteren mittels Steindrucks
vervielfältigen. Als ihm dies Verfahren nicht concurrenzfähig neben dem
Buchdruck erschien, construirte er eine Matrizen-Prägemaschine, mit der er
einzelne Buchstaben in Matemplatten prägte, um von diesen Stereotypplatten
zu gi essen. Auf diesem Wege Hess sich kein dem Handsatz ebenbürtiger
herstellen, da die eingeprägten Buchstaben oft zu hoch oder zu tief in der
Satzebene standen und nicht Linie hielten. Dieselbe Ungleichmässigkeit trat
M. entgegen, als er statt der Typen Matrizen setzte und von diesen goss.
Endlich nach 12 jährigen Mühen und Versuchen, stellte M. anfangs der achtziger
Jahre auf Grund harmonisch ineinander greifender Erfindungen, die über
vier Millionen Mark verschlungen hatten, in New-York die erste selbstthätige
Zeilen-Setz-, Giess- und Ablegemaschine auf, die als Grundelement des Satzes
an Stelle des Buchstabens die Zeile von Messing-Matrizen mit je einem Buchstaben
durch eine anreihende Claviatur setzte, in einem in der Maschine befindlichen
Giessapparat druckfertig goss und automatisch ablegte: sie vertritt die Thätig-
keit von 3 Mann zugleich und leistet die Arbeit 5 — 6 geübter Handsetzer. Dies
Meister- und Wunderwerk, »Linotype« geheissen, hat sich seitdem in der Praxis
tausendfach bewährt, J. Gutenbergs Riesenthat gleichsam neu gekrönt und den
unermüdlichen Genius M. unsterblich gemacht. Dieser selbst erhielt vom Tech-
nical Institute zu Philadelphia den grossen Ehrenpreis für die bedeutendste
Erfindung des Decenniums, gründete 1893 in Baltimore eine eigene Fabrik,
musste sich aber infolge der durch Ueberanstrengung entstandenen Erschütterung
seiner Gesundheit schon vor einigen Jahren vom Betriebe zurückziehen, und
ist in der Bltithe des Lebens einem tückischen Lungenleiden allzu früh
erlegen. Die Geschichte der Buchdruckerkunst, der er, ein würdiger Nach-
folger Fried. Königs, Erfinders der Schnellpresse, das zweitschwierigste
Problem müh- und wundersam gelöst hat, wie die der neuzeitlichen Erfin-
dungen überhaupt verzeichnen seinen Namen mit goldenen Lettern.
Nachruf (mit Portrait) i. d. »Gartenlaube«, Beilage zu No. 46 von 1899, mit knapper
Erläuterung des Technischen. Das Letztere ausführlich in einem Nekrolog des »Allgem.
Anzeigers f. Druckereien« (Frankfurt a. M.) 26. Jahrg. (daraus abgedruckt z. 6. i. d. Feuilleton-
Beilage zu No. 306 des »Beobachter am Main« [Aschaffenburg] v. 11. Not. 1899; ebd.
No. 144 vorzüglicher Aufsatz über M'.s Erfindungen £. K[ley], »Typographische Jahrbücher«,
»Archiv für Buchgewerbe«, »Deutsch. Buch- u. Steindrucker«, VI. Jahrg. (darin in d. Weih-
nachts-No. 1899, S* ^49 Angaben über den Eroberungszug der Linotype in Deutschland,
der hier benutzt wurde, d. »Journal f. Buchdruckerkunst«, d. »Neuen Druckerei- Anzgr.«,
d. »Oester.-ungar. Buchdrucker^Ztg.«; in sämmtlicben älteren Ursprungs sind auch die betr.
Artikel aus der Zeit des Hervortretens der »Linotype« zu vergleichen. 249. Beilage d.
Allgem. Ztg. 1899, S- ^* Nekrologe in den meisten grösseren Tageszeitungen.
Ludwig Fränkel.
Dobbert, Eduard, Ordentlicher Professor für Kunstgeschichte an der
Kgl. Technischen Hochschule zu Charlottenburg und an der Kgl. Akademie
der Künste in Berlin, ♦ am 25. März 1839 ^^ ^** Petersburg (als Sohn des
K. Leibchirurgen James Dobbert und seiner Gattin Christine, geb. Bruun),
f am 30. Sept. 1899 in Gersau am Vierwaldstätter See.
Dobbert. 261
D. entstammte einer im Anfang des XVIII. Jahrh. aus Sachsen nach
St. Petersburg eingewanderten P'amilie. Seine Jugenderziehung erhielt er da-
selbst an der deutsch -evangelischen St. Petri-Schule. Gleichzeitig wurde
schon in dem heranreifenden Knaben, der die ernste Gesinnung und das
stetige Wesen des Vaters geerbt hatte, durch das angeregte und gesellige
Leben im Eltemhause, in dem die vielseitigsten und namentlich literarische
Interessen reiche Pflege fanden, ein lebhaftes geistiges Streben geweckt.
1857 bezog er die Universität Dorpat und widmete sich der Geschichts-
wissenschaft, setzte aber dann seine Studien seit 1858 zusammen mit seinem
Jugendfreunde und nachmaligen Schwager, dem späteren Dorpater Professor
AI. Brückner in Jena (bei Droysen), Berlin und Heidelberg fort. Er promo-
virte hier 1860 bei Ludw. Häusser, an den er sich besonders nahe ange-
schlossen hatte, mit einer Arbeit »über das Wesen und den Geschäftskreis
der missi dominici«. Doch hatten bereits in Jena Kuno Fischers und in
Berlin Karl Werders Vorlesungen eine starke Hinneigung zur Literatur und
bildenden Kunst bei ihm hervorgerufen, die durch eifrigen Besuch der Ber-
liner Museen und Theater noch mehr gefördert worden war. Zur Bethätigung
seiner vielseitigen Interessen bot sich D. in St. Petersburg nach seiner
Heimkehr im Jahre 1861 die ersehnte Gelegenheit ausschliesslich in publi-
cistischer Arbeit und privater Lehrthätigkeit. Ausser »Dramaturgischen Ver-
suchen« (St. Petersburg 1865) erschienen zahlreiche Beiträge aus seiner
Feder zur literarischen und Kunstkritik in der von ihm im J. 1866 begrün-
deten »St. Petersburger Wochenschrift«. Förderung deutschen Geisteslebens
in seiner Heimat und Verbreitung der Kenntniss russischer Kulturzustände
unter den Deutschen des In- und Auslandes waren es, was er mit derselben
erstrebte, und mit ganzer Hingebung und offnem Sinne für alle Erscheinungen
des ihn umgebenden Lebens begann er fiir diese doppelte Aufgabe zu wirken.
Aber schon nach einem Jahre sah er sich durch die materiellen Schwierig-
keiten des Unternehmens, das überdies unter der Ungunst der Censur und
der gesammten Zeitverhältnisse mit ihren sich immer einseitiger vordrängenden
politischen Interessen zu leiden hatte, gezwungen, die Herausgabe des ge-
nannten Blattes mit einem Lehramt an der St. Petrischule zu vertauschen,
eine Stellung, welche er bis 1869 bekleidete, ohne jedoch in ihr Genügen
zu finden. Durch die Beobachtung des zeitgenössischen Kunstschaffens an-
geregt, hatte sich seine Aufmerksamkeit inzwischen immer stärker der bilden-
den Kunst zugewandt. Dank seiner genauen Kenntniss der neueren russischen
Kunstentwicklung war er schon damals von Jul. Meyer zur Mitarbeit am
allgemeinen Künstler-Lexikon hinzugezogen worden. Das Jahr 1869 brachte
die erste grössere Arbeit kunstwissenschaftlichen Inhalts über »die monumentale
Darstellung der Reformation durch Rietschel und Kaulbach«, die sich durch
eine für die damalige Zeit auffallend unabhängige Beurtheilung des letzt-
genannten Künstlers auszeichnet (Virchow-HoltzendorfF'sche Samml. H. 74).
Diesem glücklichen Versuche folgte dann noch im selben Jahre Dobbert's
Kntschluss, sich ganz dem kunstgeschichtlichen Fache zu widmen, der zur
Auflösung des 1863 begründeten Hausstandes und zu neuen vorbereitenden
Studien führte. Seinen Ausgangspunkt nahm er dabei von den ihm nahe
liegenden byzantinisch-russischen Kunstdenkmälern, denn mit richtigem Blicke
hatte D. die Bedeutung der byzantinischen Kunst, deren Erforschung selbst
in Russland erst in ihren Anfängen stand, für die allgemeine Kunstgeschichte
ermessen. Eine Studienreise führte ihn zunächst zu den Kunststätten Russlands,
202 Dobbert.
nach Nowgorod, Moskau und Kiew, wo die Bau- und Bildwerke, die Wand-
malereien und Mosaiken und die Miniaturenschätze der Bibliotheken studirt
wurden, und schliesslich über Odessa, Lemberg und Krakau nach München.
Bei Brunn und Messmer suchte D. im Winterhalbjahr 1869/70 Ein-
führung in die neuesten Forschungen auf dem Gebiete der antiken und alt-
christlichen Kunst. Nach neunmonatlichem, durch einen Todesfall veranlasstem
Aufenthalt in St. Petersburg, der in der Familie zugleich für die gründlichste
Kenntnissnahme der dortigen Sammlungen ausgenutzt wurde, sah ihn das
Frühjahr wieder in München, von wo er im Sept. 187 1 eine zehn-
monatliche Studien- und Forschungsreise nach Italien antrat. Diese und sein
im Laufe der Jahre erworbenes reiches Specialwissen auf dem mittelalterlich-
byzantinischen Kunstgebiet wurden für D.'s Forschungen vorzugsweise rich-
tunggebend, ohne sie in einen allzu engen Kreis zu bannen. Nach München
zurückgekehrt, habilitirte er sich 1873 als Privatdocent an der Universität,
doch noch ehe er seine Vorlesungen eröffnet hatte, erreichte ihn ein Ruf
nach Berlin in die durch den Tod von Fr. Eggers freigewordenen Lehrämter
der damaligen Bau- und Gewerbe- Akademie und der Akademischen Hoch-
schule der bildenden Künste. Diesen Anstalten, an denen er ein Jahr später
zum Professor ernannt wurde, ist D. fast 26 Jahre hindurch bis zu seinem
im Jahre 1899 in Folge eines schnell fortschreitenden Herzleidens auf einer
Erholungsreise erfolgten Tode treu geblieben. Mit ganzer Hingebung widmete
er sich seiner Lehrthätigkeit, seinen Zuhörern die Kenntniss vorangegangener
Kunst- und Kulturepochen unter stetiger Berücksichtigung der neuesten
Forschungen vermittelnd, während es ihm leider in seinem Beruf versagt
blieb, einen grösseren Schülerkreis zu eignen Forschungen anzuregen, was im
Hinblick auf D.'s wissenschaftliche Gründlichkeit und bedeutende fach-
liche Lehrbegabung sehr bedauert werden muss. Das Vertrauen, das seine
ebenso charakterfeste wie liebenswürdige Persönlichkeit unter seinen Collegen
allgemein besass, fand seinen sichtbarsten Ausdruck in der Uebertragung des
Rektorats der Technischen Hochschule auf ihn für das Jahr 1885 ^"^ ^^
Prorektorats im nächstfolgenden. Fortdauernd war er ausserdem als Mitglied
verschiedener Körperschaften beider Lehranstalten mit mancherlei Neben-
pflichten, wie z. B. der Direktion der Bibliothek der Kunstakademie belastet.
Als besondere Aufgabe fiel ihm 1884 die Abfassung der Chronik der Hoch-
schule gelegentlich der Einweihung des Neubaues derselben zu, wiederholt
aber bei regelmässigen festlichen Anlässen die Pflicht des Festredners, der er
sich stets um so freudiger unterzog, als sie ihm die Gelegenheit bot, seine
Anschauungen über Künstler und Kunstwerke verschiedener Epochen in all-
gemein verständlicher, auf einem ästhetisch abgeklärten Urtheil beruhender
und in einer künstlerisch durchgearbeiteten Form vorgetragener Darstellung
auszusprechen. Mit Vorliebe behandelte er namentlich die ihm durch seine
neue Heimath näher gebrachten Berliner Meister der Bau- und Bildhauerkunst
aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und einzelne dieser Charakteristiken
gehören zum Besten, was über sie geschrieben worden ist. Von seiner
eigentlichen Forscherarbeit wurde D. freilich durch seine ausgedehnte
Lehr- und Amtsthätigkeit stark abgezogen und sah sich gezwungen, dieselbe
schon früh auf ein verhältnissmässig eng begrenztes Gebiet zu beschränken.
Mit rastlosem Fleisse und in unausgesetzter Verfolgung der einmal in Angriff
genommenen Aufgaben lag er dafür dieser Arbeit ob. Eine nochmalige
Reise nach Italien, je eine Reise nach Frankreich und England sowie
Dobbert.
263
mehrere nach Russland, insgesammt während der Ferien unternommen, dienten
später hauptsächlich der Bereicherung der einschlägiger Materialien. — Als erster
Ertrag der wissenschaftlichen Forschung D.'s entstand im Jahre 1872 eine
ikonographische Untersuchung über »Die Darstellung des Abendmahls durch
die byzantinische Kunst«, in der die beherrschenden Gesichtspunkte und das
Wesentliche seiner Arbeitsweise bereits in voller Reife hervortreten. Nach
seiner ganzen persönlichen Entwicklung bildete der geistige Inhalt des Kunst-
werks stets für D. eine besonders wichtige Seite in der Betrachtung
desselben und suchte er immer den Zusammenhang der Darstellung mit der
Literatur und der allgemeinen Kulturgrundlage im Auge zu behalten. Doch
blieb er auch der im Entstehen begriffenen stilkritischen Specialforschung
keineswegs fremd, wenngleich diese sich dank seiner literarisch ästhetischen
Vorbildung bei ihm meist einer allgemeineren Beurtheilung der Künstler und
Kunstwerke unterordnete. Innerhalb der italienischen Kunst waren es vor
Allem die grossen Meister des Trecento, deren Werden und Schaffen er
einem allseitigen Verständniss zu erschliessen bemüht war. An der Spitze
steht der Zeit nach die Münchener Habilitationsschrift »Ueber den Stil
Niccolö Pisano*s (1873); indem er dessen Kunstweise darin einer erschöpfen-
den Analyse unterwarf, wusste D. die damals vorherrschende Ansicht vom
süditalischen Ursprünge seiner Kunst vollständig zu erschüttern. (Neuere
archivalische Untersuchungen haben ihr seitdem auch den Halt an einer
früher missverstandenen urkundlichen U6berlieferung entzogen). Durch seine
Beherrschung des weiten Gebiets der christlichen Ikonographie förderte er
zugleich die Erklärung der Composition Niccolös und seiner Schule. In
stilistischer Beziehung erwies er dessen Abhängigkeit von antiken Vorbildern
in einem viel stärkeren Grade, als man bis dahin anzunehmen geneigt war,
und zog mit trefflicher Beobachtung ein umfangreiches Denkmälermaterial zur
Vergleichung heran, darunter auch einzelnes gänzlich Unbekannte (Frauen-
büste aus Scala, jetzt in Berlin). Auch während des nachfolgenden Lustrums
blieb D.*s Forschung vorwiegend auf die Trecentisten gerichtet. Die Be-
schäftigung mit ihnen fand (1878) eine literarische Zusammenfassung in
seinen nach Inhalt und Darstellungsform gleich gediegenen Beiträgen zu
Dohmes »Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit«, Bd. II,
Abth. I, No. XL — XLIII: Die Pisani; Giotto; die Sienesische Malerschule;
Orcagna; Fra Angelico da Fiesole. Auf kritischer Grundlage bieten diese
Monographieen eine gründliche und anregende Würdigung des Lebenswerkes
der genannten Künstler, in der die älteren Forschungen und Streitfragen über
sie zu einem klaren Abschluss gebracht sind und ein in den Hauptzügen auch
heute noch unverrücktes Bild ihres Schaflfens enthalten ist, wenngleich dasselbe
durch die spätere Forschung noch eine Bereicherung und im Einzelnen
manche Berichtigung erfahren hat. Wenn D. auch das künstlerische Verdienst
Niccolös verhältnissmässig hoch veranschlagte, so verkannte er darum doch
keineswegs die höhere Begabung des schwungvolleren Giovanni sowie des
massvollen, mit reichem Schönheitssinn begabten Andrea Pisano. Vor Allem
aber bewährte er seine selbständige und klarblickende Auffassung der Kunst Giottos
gegenüber, dessen Entwicklung sich ihm in mancher Beziehung von der durch
Crowe und Cavalcaselle begründeten Anschauung abweichend darstellte und
dessen hohe Bedeutung er noch im Gegensatze zu Rumohrs abfälligem Urtheil
zu verfechten hatte. Und wieder war es die genaue Kenntniss der in der
vorhergehenden Kunst gegebenen und auch in Giottos Compositionen noch
264 Dobbert.
nicht verlassenen ikonographischen Grundlagen, was ihn dessen ganze innere,
in der Beseelung seiner Gestalten liegende Freiheit in ihrer vollen Bedeutung zu
würdigen befähigte. Ein grundverschiedenes, ungleich engeres Verhältniss zu
der die vortrecentistische Malerei beherrschenden byzantinischen Kunst ergab
sich ihm fiir Duccio sowohl hinsichtlich der Composition wie der figürlichen
Typen und für die in diesen Dingen ziemlich stark von ihm abhängige
Sienesische Schule. Doch erkannte er schon Simone Martini eine grössere
Freiheit von der Tradition zu und unterschätzte keineswegs den für die Fort-
entwicklung der Sienesischen Malerei wesentiich bestimmenden Einfluss
Giottos, wie er umgekehrt die Rückwirkung der letzteren auf die Floren-
tinische und einen gewissen Ausgleich beider Schulen in dem Stile Orcagnas
beobachtete. Für Orcagna nahm D. auch die hochbedeutsamen Fresken des
Campo Santo zu Pisa in Anspruch, eine Zuweisung, die allerdings von der
jüngeren Forschung wieder aufgegeben werden musste, ohne dass es bisher
gelungen wäre, eine bestimmte Urheberschaft für diese Gemälde festzustellen.
An letzter Stelle zog er Fra Angelico da Fiesole als Fortsetzer des trecen-
tistischen Stils innerhalb des Quattrocento in den Kreis seiner Betrachtung
und wusste in dem Wirken dieses von der gleichzeitigen Kunst scheinbar
unabhängigen Meisters dem stetig wachsenden Einfluss derselben auf dessen
Entwicklung nachzugehen. — Seine ausgedehnten Studien auf dem Gebiete
der trecentistischen Kunst fand D. noch in anderer Weise zu verwerthen Ge-
legenheit, indem er als Mitarbeiter Schnaases den »das Mittelalter Italiens
und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst« behandelnden Theil
(Bd. VII) für die 2. Aufl. der »Geschichte der bildenden Künste« einer Neu-
bearbeitung unterzog. Zwei wichtige spätere Einzelbeiträge schliessen sich
diesen Arbeiten an. In einem längeren Aufsatz (Repert. f. K. Wiss. Bd. IV,
S. i) kam D. noch einmal auf das Pisaner Campo Santo zurück, aber nicht
um die Frage nach dem Meister der Fresken, sondern um die literarischen
und kulturhistorischen Grundlagen des Gemäldes vom »Triumph des Todes«
zu erörtern, und er verstand es, auch nach Hettners einschneidenden Unter-
suchungen darüber sich noch ein wesentliches Verdienst um ihre Erklärung
zu erwerben. Der Ankauf einer Tafel von der Predella des grossen Altar-
werks Duccios durch das Berliner Museum bot ihm (1885) den Anlass, die
ursprüngliche Zusammensetzung dieses Denkmals in überzeugender Weise klar-
zustellen und wiederum eine Reihe feiner Beobachtungen über den Kunst-
charakter dieses Meisters in einem Aufs, im Jahrb. d. kgl. Preuss. K. Samml.
Bd. V, S. 53 niederzulegen. — Auf Gebieten, die seinen eigenen Studien femer
lagen, beobachtete D. strenge Zurückhaltung, nicht ohne durch kleinere Bei-
träge über einzelne ihm näher bekannte Kunstwerke (besonders Raphaels; s. u.)
seine rege Antheilnahme an der das Gesammtgebiet der Kunstgeschichte um-
fassenden neueren Forschung zu beweisen. In seinen eigentlichen Forschungen
aber traten die Arbeiten über byzantinische Kunst und christliche Ikono-
graphie seit den achtziger Jahren immer mehr in den Vordergrund. Durch
einen Aufsatz »Zur Entstehungsgeschichte des Crucifixes« (Jahrb. d. Kgl.
Preuss. K. Samml. Bd. I, S. 41) hat er (1888) den wichtigen Beweis erbracht,
dass die christliche Kunst nicht erst im VI., sondern bereits im V. Jahrh.
die Kreuzigung Christi in allmählichem Uebergange von der rein symbolischen
zur historischen Auffassung der Scene darzustellen begonnen habe. Vor Allem
waren es die ausgebreiteten Kenntnisse, welche D. sich auf dem Gebiet der
Kleinkünste erworben hatte, aus denen sich ihm tiefere Einblicke in den
Dobbert. 265
Entwicklungsgang so weit zurückliegender Kunstperioden erschlossen. Die
Sichtung der Denkmäler, für die im Bereich derselben noch wenig geschehen
war, förderte er durch seine lehrreichen Ausführungen »Zur Geschichte der
Elfenbeinskulptur« (Rep. f. K. Wiss. Bd. VIII, S. 162). Indem er darin das
Werden der altbyzantinischen Kunst in ihren Hauptrichtungen treffend zu
charakterisiren wusste, führte er im Gegensatz zu den unsicheren Aufstellungen
anderer Forscher den neuen Aufschwung der Elfenbeinschnitzerei im V. und
VI. Jahrhundert auf deren Antheil zurück. In der damit verbundenen Streit-
frage über den Ursprung der Ravennatischen Kunst ist D.'s Standpunkt
innerhalb der jüngeren Forschung immer mehr zur Anerkennung gelangt.
Vielleicht die fruchtbarsten Anregungen aber sind von D.'s ikonographischen
Arbeiten ausgegangen. In der deutschen Kunstwissenschaft hat er zuerst die
Aufgabe der Ikonographie dahin aufgefasst, aus einem möglichst lückenlosen
Material eine Entwicklungsfolge oder die bleibenden Grundzüge eines Kunst-
gebiets oder einer Epoche abzuleiten und durch die Vereinigung dieses Ge-
sichtspunktes mit der eingehendsten Berücksichtigung der literarischen Grund-
lagen zur Ausbildung einer strengeren kunstgeschichtlichen Methode wesendich
beigetragen. Ohne solche von ihm aufgestellte Forderungen zum Gegenstande
principieller Erörterungen zu machen, verwirklichte er sie selbst als Erster
in mustergiltiger Weise. Seine in einer Folge von Aufsätzen seit 1890
(Repert. f. K. Wiss. Bd. XIII, XIV, XV und XVIII; unvoll.) erschienene
Arbeit über »das Abendmahl Christi in der bildenden Kunst«, in der er die
frühere Behandlung dieses Themas (s. o.) einer ergänzenden und zusammen-
fassenden Durcharbeitung unterzog und auf die abendländische Kunst aus-
dehnte, bildet die erste grundlegende ikonographische Untersuchung der
deutschen Kunstwissenschaft. Für jüngere Anhänger der letzteren wurde D.
dadurch zum Rathgeber in ikonographischen Dingen, und aus seiner persön-
lichen Anregung ist eine Reihe ähnlicher Beiträge zur christlichen Ikono-
graphie hervorgegangen. Was D. in erster Linie in dieser erstrebte, war die
sorgfältige Beobachtung der Typenscheidung, wie sie sich auf der gemein-
samen altchristlichen Grundlage allmählich zwischen dem Morgen- und Abend-
lande vollzieht. Zugleich suchte er ihre tieferen Gründe in der Verschiedenheit
der literarischen Quellen, aus denen die Kunst ihre Anregungen schöpfte,
der religiösen Anschauungen und der Volkssitte in beiden grossen Kunst-
gebieten nachzuweisen. Dadurch wuchs in Deutschland auch das Verständniss
für die byzantinische Kunst, der vor ihm nur Unger ein specielles Interesse
zugewandt hatte, aber im wesentlichen auf Grund der literarischen Ueber-
lieferung ohne nähere Kenntniss der Denkmäler. Abgesehen von seinen
eigenen Studien auf diesem Gebiet wurde D. dank seiner Beherrschung des
Russischen für die deutsche Wissenschaft auch der natürliche Vermittler der
Forschungsergebnisse der in Russland aufblühenden byzantinischen Kunst-
forschung. Die jüngeren Vertreter dieses Faches in Deutschland aber haben
alle zu D. in einem näheren privaten Schülerverhältniss gestanden. Gegen die
Unterschätzung der byzantinischen Kunst und ihres Einflusses auf das Abend-
land sah D. sich mehrmals zur kritischen Abwehr genöthigt. Und er ver-
mochte einen so hervorragenden Gegner wie Anton Springer zur Anerkennung
seiner sachlichen* Beweisführung und Zugeständnissen zu veranlassen. D.'s
Kritik war stets gleich fruchtbar und überzeugend durch ihren positiven
Gehalt, wie vornehm und versöhnlich in der Form. Seine Besprechungen
neu erschienener Werke gehen daher in ihrem Umfange und in ihrer Bedeutung
266 Dobbcrt.
weit hinaus über das Durchschnittsmass gewöhnlicher Recensionen. Sie ent-
halten immer eine wesentliche Berichtigung der wissenschaftlichen Ergebnisse,
auf die sie sich beziehen, oder eine Vermittlung schroffer Gegensätze. Obwohl
D. jeder polemische Antrieb fehlte, wurde er doch durch sein Fortarbeiten
in allen Fragen, die er einmal in seine Untersuchung gezogen hatte, öfter
veranlasst, späteren, einen Widerspruch oder gar einen Angriff gegen seine
Anschauungen enthaltenden Arbeiten gegenüber Stellung zu nehmen. Seine
beiden letzten grösseren Aufsätze verdanken geradezu ihre Entstehung dem
Wunsche sachlicher Widerlegung oder Vervollständigung fremder Unter-
suchungen, boten ihm jedoch zugleich Gelegenheit, eine Fülle verstreuter
eigener Beobachtungen zu einem Ganzen zusammenzufassen. Zur sogenannten
»Byzantinischen Frage« (Jahrb. d. Kgl. Pr. K. Samml. Bd. XVI, S. 125 u. S.
211) ( — nach der Stärke des Einflusses von Byzanz auf die mittelalterliche
abendländische Kunst — ) lieferte er durch seine, im wesentlichen gegen F. X. Kraus
gerichtete Abhandlung über die Fresken von S. Angelo in Formis an einem
Denkmal, das er schon in seiner Hab. -Schrift für die byzantinische Kunst in
Anspruch genommen hatte, ein Musterbeispiel dafür, wie solche Untersuchungen
fruchtbringend geführt werden könnten. Sie gestaltete sich weit über die
Erörterung dieses Einzelfalles hinaus zu einer vergleichenden Abgrenzung
abendländischer und byzantinischer Kunstanschauung nach Composition,
Typen, Bewegungsmotiven, Geberdensprache u. s. w. und bedeutet einen
Schritt über die rein ikonographische Auffassung solcher Probleme hinaus
zur völkerpsychologischen. Einen Einzelbeitrag zur nämlichen Frage ent-
hält auch der allerletzte Aufsatz D.'s (ebenda, Bd. XX, S. 139 und 183)
über das Evangeliar im Rathhause zu Goslar (1898), das er als ein Denkmal
stärksten byzantinischen Einflusses auf die deutsche Kunst des XIII. Jahr-
hunderts veröffentlichte. In demselben Jahre ist auch eine andere umfang-
reichere Arbeit »Zur Geschichte der altchristlichen und frühbyzantinischen
Kunst« (Rep. f. K. Wiss. Bd. XXI, S. i und 95) aus Anlass der Kunst-
geschichte von F. X. Kraus und einer russischen Abhandlung Redins über
»Die Ravennatischen Mosaiken« erschienen, die weniger eine Herausarbeitung
allgemeiner Gesichtspunkte als eine Menge trefflicher Bemerkungen und werth-
voller Ergänzungen zur Denkmälerforschung bietet. In sämmtlichen Arbeiten
D.'s ist eine bedeutende Summe zuverlässiger Erkenntniss beschlossen, die
z. gr. T. dank der Gediegenheit seiner Forschung bereits Gemeingut der
Wissenschaft geworden ist, aber auch noch zahlreiche Anregungen zur Weiter-
verfolgung der in ihnen behandelten Aufgaben enthält. Die kunstgeschicht-
liche Forschung hat in ihm einen ihrer tüchtigsten Mitarbeiter verloren.
Ausser den im Text aufgeführten Arbeiten seien aus der Gesammtheit derselben noch die
nachfolgenden hervorgehoben: — KarlBrUlow. (Eine Skizze aus der russ. K. Gesch.) S. Petersburg
1871. — Das Wiederaufleben des griechischen Kunstgeistes. Berlin. 1876. — Chr. D. Rmuch.
Berlin. 1877. — Ist der Knabe auf dem Delphin ein Werk von Raphaels Hand? (Russ. Revue).
S. Petersburg. 1878. — Zur Gesch. der frühmittelalterlichen Miniaturmalerei (Rep. f. K. Wiss.
Bd. V, S. 288). — Handzeichnungen von Gottfr. Schadow. hsgb. v. d. Kgl. Akad. d. K.
(Begleittext). 40 Taf. Berlin. 1886. — Gottfr. Schadow. (Zeitschr. f. Bauwesen und sep.).
Berlin 1887. — Henry Thode, Franz von Assisi u. s. w. (Bespr.). Gott. Gel. Anz. 1887,
S. 257. — Albrecht DUrcr und die Reformation. (Vortr. zum Besten des Lutherdenkmals).
Berlin. 1890. — Anton Springers Forschungen auf dem Gebiete der*Gesch. d. Miniatur-
malerei. (Bespr.) Gott. Gel. Anz. 1890, S. 865. — Goethe und die Berliner Kunst.
(Feuillet. d. Nat.-Zeitg.). 1891 No. 69 and 71. — Diehl, L'art byz. dans Tltalie meri-
dionale (Bespr.). Rep. f. K. Wiss. Bd. XIX, S. 49. — Tikkanen, Die Psalterillustration im
M.-Alter (Bespr.). Ebenda, Bd. XIX, S. 472. — Pokrowsky, Umrisse der Denkmäler der recht-
Dobbert. Zimmermann. Mitterer, 267
glaub. Ikonogr. und Kunst (Bespr.). Byz. Zeitschr. Bd. V, S. 586. — Eine vollständige
Bibliogr. und eine Auswahl aus seinen öffentlichen Vorträgen bieten die »Reden und Auf-
sätze«, nach seinem Tode. hsgb. Berlin. 1900. (Ernst & Sohn) (mit Portrait). (Zur Biogr.
vgl. die Gedächtnissrede geh. von A. G. Meyer in der Kgl. Techn. Hochschule zu
Charlottenburg am i. März 1900 u. den Nekrol. von J. Strzygowski, Byz. Zeitschr. 1899,
s. 334.)
O. Wulff.
Zimmermann, V. J., Journalist, * 1838, f 5- April 1899 zu Bayreuth,
durch sanften Tod von langen Leiden erlöst. Seinen Namen als begabter
Tagesschriftsteller und gewiegter Journalist erwarb sich zwar Z. als verant-
wortlicher Redacteur der leitenden Zeitung der Hauptstadt des bayrischen
Kreises Oberfranken, des »Bayreuther Tagblatts«, als der er vom Herbste
1875 bis ebendahin 1896 ununterbrochen und, erst durch Krankheit zum
Rücktritte genöthigt, anerkannt gewirkt hat, indem er den Interessen des Blat-
tes, der Leser und der Allgemeinheit in Wort und Schrift kräftig Rechnung
trug und, unbeschadet seiner katholischen Confession und der Angriffe cleri-
kaler Heisssporne einen gemässigt liberalen Standpunkt unentwegt verfocht.
Jedoch wurde er in weitesten Kreisen aufs Vortheilhafteste bekannt und mit Recht
allbeliebt, indem er seit dem, zufällig kurz nach Z.'s Amtsantritt erfolgenden
Beginne der Aufführungen des Bayreuther iRichard-Wagner-Theaters« als
Festspiel-Berichterstatter für sein Blatt fungirte. So wurde Z. wohl die Per-
sönlichkeit, die den meisten Vorstellungen beiwohnte. Diese Referate, die
ersten für die Mehrzahl der Besucher, bekundeten ihn, eigentlich Laien im
rein Musikalischen, als warmen »Wagnerianer« und brachten ihm vielerseits,
auch massgebenden Orts, sogar vom schwer befriedigten Meister, reichen
Beifall. Bei den betheiligten Künstlern, deren Koryphäen ihm oft in herz-
licher Freundschaft verbunden waren, war Z. wohlgelitten. Kein Wunder,
da er auch als umgänglicher vortrefflicher Gesellschafter und aufrichtiger
Freund bewährt war. Sein Verleger K. Giessel und gute Bekannte verhalfen
ihm zu sorgenfreiem Lebensabende, so dass er, der so oft mit zu Thaten
der Barmherzigkeit aufgerufen, auch da noch seinem Triebe zur Wohlthätig-
keit genügeleisten konnte.
Bayreuther Tagblatt 1899, No, 94 und 95 (S. 4 f.); Münchn. Neueste Nachr. No. 160
▼. 7. April 1899, S. 4.
Ludwig Fränkel.
Mitterer, Franz Xaver, Vorkämpfer des Deutschthums in »Wälsch« -Tirol,
♦ 28. Juli 1824 in Laurein, f 5. November 1899 zu Proveis. Sohn eines
Bauern, durchlief M. zu Meran und Trient die niederen und die bischöflichen
Lehranstalten, nachdem er sich den geistlichen Beruf erkoren hatte, und kam,
eben geweiht, 1850 nach dem abgelegenen Bergdorfe Proveis, 1227 m über
dem Meere, einer der vier allein deutschgebliebenen Gemeinden — M.'s
Geburtsort ist auch eine davon — am Nordrande des Nonsberg-Thals, als
Kurat. In dieser fast ganz verwälschten Hochlandschaft südwestlich Bozens
zwischen Mendel einer-, Brenta und Presanella andrerseits, hat M., von unver-
fälschtem Nationalbewusstsein durchglüht, lange vor den Bestrebungen der
deutschen Schutzvereine die Fahne des Deutschthums hochgehalten und sich
nicht etwa nur durch Wort und Beispiel das bedrängte volksbewusste Häuf-
lein zu stützen begnügt, sondern in kluger, höchst erfolgreicher Praxis ist er
208 Mitterer. Fleckeisen.
gerade ein halbes Jahrhundert ein treuer, eifriger Hüter deutschen Wesens in
den südtiroler Grenzbergen gewesen. Er bethätigte sich insbesondere als ein
wahrer Hirt seiner Gemeinde Proveis, die er in jeder Hinsicht hob: durch
regelrechten Postanschluss den Verkehr erschliessend, durch landwirthschaft-
liche Reformen, die neue Kirche, eine der schönsten im Nonsberg-Lande,
durch rastlose Förderung des Schulwesens, so auch durch neue Schulgebäude
in dieser einsamen deutschen Diaspora, eine Spitzenklöppelschule und bald
weithin nachgealimte Lemgelegenheit in der Korbflechterei; letztere beiden
begründeten der wenig mit Glücksgütern gesegneten Bevölkerung eine
sichernde Hausindustrie. Den Touristenstrom nach der Romantik des
schönen Gebietes abseits der Heeresstrasse hinzulenken bemühte sich M. seit
Anfang, starld bei der Section Nonsberg des Deutschen und Oesterreichischen
Alpenvereins, dem er auf die Dauer ein verdienstlicher Helfer ward, mit dem
Sitze in Proveis Pate und blieb viele Jahre ihr Obmann, zahllosen deutschen
Alpenwanderern freundlicher Wirth und Berather. Als der deutsche Schulverein
ins Leben trat, hat M. sich lebhaft daran betheiligt, an dem hartumbrandeten
Fels des Deutschthums, wohin ihn die Vorsehung gestellt, die teure Mutter-
sprache in Laut und Art zu schützen, und es hiess oft, der wackere deutsche
Volks thümliche Priester habe es der Thätigkeit, dem anstürmenden Italiener-
thum die Stirne zu bieten, zuzuschreiben, dass er Kurat von Proveis blieb.
Einen ehrenden Nachruf widmete ihm am 3. Juni 1900 Obmann Dr. Weitlof auf der
Grazer Hauptversammlung des »Deutschen Schul Vereins«, worüber Bericht in allen grösseren
Österreich, und süddeutschen Zeitungen. Kundiger Nekrolog (mit Portrait) von I. C. P.
i. d. »Gartenlaube«, Beilage zu No. 49 v. 1899. Mündliche, briefliche und rednerische
Mittheilungen von Stadtschulrath Dr. W. Rohmeder in München; vgl. dessen Buch »Das
Deutschthum und die deutsche Schule in Südtirol«, 1898.
Ludwig Fränkel.
Fleckeisen, Karl Friedrich Wilhelm Alfred, Philolog und Gymnasial-
Professor. ♦ 20. Sept. 1820 in Wolfenbüttel, f 7. August 1899 in Dresden.
Fleckeisen war der Sohn eines Justizamtmanns und verlebte seine Kinder-
jahre zu Lutter am Barenberg, wohin sein Vater bald nach seiner Geburt
versetzt worden war. Nach dem frühen Tode des Vaters übernahm ein
wohlhabender Oheim zu Helmstedt die Leitung seiner Erziehung. In den
Jahren 1829 bis 1839 besuchte er das Gymnasium zu Helmstedt und legte
hier den Grund zu seinen lateinischen und griechischen Sprachkenntnissen.
Schon als Secundaner hatte er den ganzen Terenz kennen gelernt. Zu Ostern
1839 bezog er die Universität Göttingen, um Philologie zu studiren. Unter
seinen Lehrern gewann Schneidewin den grössten Einfluss auf ihn. Er wies
ihn auf Bentley und Gottfried Hermann hin, und so wurden Bentley's
»Terentius« und Hermann's »Elemente« die eigentlichen Lehrmeister, an
denen sich Fleckeisen heranbildete. Die erste Probe seines Könnens legte er
im Jahre 1842 ab mit seinen »Exercitationes Plautinae«, einer Gelegenheits-
schrift, die im Auftrage des Göttinger philologischen Seminars dem alten
Mitscherlich gewidmet war. Nach Ablauf seiner Göttinger Studienzeit wurde
Fleckeisen Lehrer an einer privaten Lateinschule zu Idstein im Nassauischen.
Er lernte hier seine Braut und spätere Gemahlin Hildegard, eine Tochter
des Dekans C. D. Vogel aus Kirberg, kennen und entschloss sich, um in
nassauischen Staatsdienst treten zu können, im Herbste 1845 die Staatsprüfung
in Wiesbaden abzulegen. Nachdem er sie bestanden hatte, erhielt er zu
Ostern 1846 die Stelle eines Collaborators am Gymnasium zu Weilburg, wo
Fleckeisen. Bock. 269
er Zeit fand, seine philologischen Studien fortzusetzen. Durch seine Be-
schäftigung mit Flautus trat er Friedrich Ritschi nahe. Er bearbeitete eine
Plautusausgabe (1850 — 1851), die zehn Stücke des Dichters umfasst und
Ritschi gewidmet ist, aber nicht vollendet wurde, da Ritschi mit seinen Vor-
arbeiten ins Stocken gerieth. Von Weilburg aus knüpfte F. auch Beziehungen
zu Karl Halm an, der damals Lehrer am Gymnasium des benachbarten
Hadamar war. Durch ihn wurde er zu der Beschäftigung mit Cicero ange-
regt, indem er Halm mehrfach durch Vergleichung der Handschriften half.
Einen Weiteren Freund fand F. an August Schmitt, einem gebornen Nassauer,
der damals die Leitung des B. G. Teubnerschen Verlags in Leipzig in die
Hand nahm und F. zu seinem Berather auserkor, der er bis kurz vor seinem
Ende in den meisten entscheidenden Fragen geblieben ist. Im Jahre 185 1
wurde F. als Lehrer an das Blochmannsche Institut in Dresden berufen, blieb
aber nicht lange in dieser Stellung, da er schon im Jahre 1854 auf Betrieb von
Johannes Classen zum Professor am städtischen Gymnasium zu Frankfurt a./M. er-
nannt wurde. Als aber im Jahre 1861 das Blochmannsche Institut in das Vitz-
thumsche Gymnasium umgewandelt wurde, berief man F. nach Dresden zurück
und übertrug ihm an dem neubegründeten Gymnasium die Stelle eines Conrectors,
die er bis zu seiner Pensionirung im Jahre 1889 innegehabt hat. Neben
seiner amtlichen Wirksamkeit beschäftigte ihn am meisten die Redaction der
»Jahrbücher für Philologie und Pädagogik«, die bei B. G. Teubner erschienen.
Er war vom Jahre 1852 für sie unermüdlich thätig und legte die Leitung
des Unternehmens erst im December 1897 nieder, als ihm eine Umwandlung
derselben angesonnen wurde, die wohl noch einige Zeit hätte verschoben
werden können. Die Zeit, die ihm bei dieser Arbeitslast noch blieb, ver-
wandte er im Wesentlichen auf die Beschäftigung mit dem Terenz. Nachdem
er schon im Jahre 1857 eine Ausgabe des Textes hatte erscheinen lassen, gab
er als letztes Ergebniss seiner immer wieder vorgenommenen Bemühungen
im Jahre 1898 einen völlig umgearbeiteten Text heraus, ein willkommenes
Vermächtniss an die Freunde der altlateinischen Poesie. Als Lehrer fiel es
ihm, je länger, je mehr, schwer, die nöthige Disciplin durchzuführen, da er zu
milde war, um eine übermüthige Jugend im Zaume zu halten. Dennoch
wirkte er auf alle Lerneifrigen äussert anregend. Er hat eine grosse Anzahl
von Schülern für die philologische Wissenschaft begeistert und sich das dank-
bare Andenken vieler gesichert, das in den zu seinem 70. Geburtstag heraus-
gegebenen » Commentationes Fleckeisenianae <c öffentlichen Ausdruck ge-
funden hat.
Vgl. [H. Peter], Rückblick auf Alfred Fleckeisens Leitung der Jahrbücher für das-
sische Philologie in den »Neuen Jahrbüchern für Philologie und Pädagogikc. Leipzig, 1897.
67. Jahrgang, 155. Band S. i — 16. [Mit vortrefflichem Portrait.] — H. Usener in der
^»Beilage zur Allgemeinen Zeitungc 1899. No. 249. S. i — 3. — G. Goetz in den »Berichten
über die Verhandlungen der kgl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig.
Philolog.-hist. Klasse. Leipzig 1899. 51. Band. S. 239—241. — Koldewey im »Braun-
schweigischen Magazine 1899. No. 26 und 27. — 39. Jahresbericht des Vitzthumschen
Gymnasiums. Dresden 1900. S. 6 — 7.
H. A. Li er.
Bock, Franz, * 3. Mai 1823 zu Burtscheid, f i. Mai 1899. ^- studirte
in Bonn Theologie und entwickelte und bethätigte schon als Student ein ausser-
ordentliches Verständniss für die christliche Kunst des Mittelalters, besonders
270 Bock.
für die Gegenstände der Kleinkunst. Nachdem er 1850 die Priesterweihe em-
pfangen, wurde er Caplan in Krefeld. Die Ausstellung von alten Meisterwerken
der christlichen Kunst, die er 1852 dort veranstaltete, war die erste dieser
Art in Deutschland. Auch begründete er in Krefeld ein Etablissement zur
Anfertigung kirchlicher Seidenstoflfe nach mittelalterlichen Mustervorlagen,
das später zu grosser Blüte gedieh. Ein ungewöhnliches Talent für die
intuitive Erfassung des Charakteristischen und Stilvollen, scharfe Beobachtungs-
gabe, ein unermüdlicher Sammeleifer, der sich neben den Gegenständen textiler
Art nach vielen Richtungen erstreckte, die auf zahlreichen Reisen gewonnenen
Erfahrungen und Anschauungen, das Alles machte ihn zu einem hervorragenden
Kunstforscher und Archäologen; und die Unmittelbarkeit seines Lernens und
Lehrens Hess ebenso wie seine ausgedehnte literarische Thätigkeit eine Fülle
von Anregungen von ihm ausgehen. In weldichen nicht minder als in geist-
lichen Kreisen verbreiteten seine Schriften und seine praktische Wirksamkeit
das Verständniss für die Schätze besonders der Kleinkunst des Mittelalters
und den Schmuck der Kirchen, und vor Allem wirkte er fördernd auf die
Künsder und die Kunstindustrie, die er immer wieder auf die alten Vorbilder
hinwies und zur Nachahmung aneiferte. Seine Sammel thätigkeit ist auch
vielen Museen zu gute gekommen. — Nach einer längeren Reise durch
Deutschland, Frankreich und England, deren Specialergebnisse er in seiner
»Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters« (3 Bände, Bonn
1856 — 71) niederlegte, wirkte er seit 1857 an der St. Albanskirche in Cöln.
Dort setzte er neben seiner seelsorgerischen Thätigkeit seine Studien eifrig fort
und war längere Zeit Conservator des 1860 zur Vereinigung mittelalterlicher
Kunstwerke begründeten erzbischöflichen Diözesan-Museums. An dem Auf-
schwung, der in den sechziger Jahren auf den verschiedenen Gebieten der
kirchlichen Kunst von Cöln ausging, hatte er wesentlichen Antheil. Erneute
Reisen führten ihn nach Italien und Rumänien. 1864 übersiedelte er nach
Aachen, wo er zum Ehrenkanonikus ernannt worden war, und legte sich dort
eine sehr geschätzte Privatsammlung an. Auch interessirte er sich aufs Leb-
hafteste und thatkräftig für die Förderung vieler neuer Kunstgewerbe, vor
allem des Düsseldorfer, und unternahm, um für dieses Objecte der Kleinkunst
zu erwerben, noch längere Reisen durch Südeuropa, den Orient und Aegypten.
Neben dem allen entwickelte B. eine ungemein rührige und ergiebige wissen-
schaftliche Thätigkeit als Schriftsteller auf dem Gebiete der mittelalterlichen Kunst
und Alterthumswissenschaft. Ein Verzeichniss seiner Schriften, das die Zeit von
1852 — 98 umfasst und das er zunächst für seine wissenschaftlichen Freunde
veröffentlichte, legt davon Zeugniss ab. Als seine wichtigsten Schriften seien,
ausser der oben angeführten, noch genannt: »Das heihge Cöln. Beschreibung
der mittelalterlichen Kunstschätze in seinen Kirchen und Sakristeien.« (Leipzig
1858-61); »Die Musterzeichner des Mittelalters« (Heft i — 3, Leipzig 1859-61);
»Das Karolingische Münster zu Aachen« (1859); »Die Kleinodien des Heiligen
Römischen Reichs deutscher Nation nebst den Kroninsignien Böhmens, Ungarns
und der Lombardei« (Wien 1864); »Album mittelalterlicher Ornamentstickerei
(1866); »Karls des Grossen Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze« (2 Bde. Cöln
und Neuss, 1867); »Das monumentale Rheinland, Abbildungen der hervor-
ragendsten Baudenkmale des Mittelalters am Rhein« (4 Lieferungen, Neuss
1867 — 69); »Der Kunst- und Reliquienschatz des Cölner Doms« (1869); »Die
mittelalterlichen Kunst- und Reliquienschätze zu Maestricht« (mit Willemsen,
1872); »Die textilen Byssusreliquien des christlichen Abendlandes« (1895).
Bock. Gebiert. Koch.
271
Nach rastlosem Leben ist er, 76 Jahre alt, gestorben. Seine bedeutende Privat-
sammlung, die u. a. Tafelmalereien des Mittelalters, niederrheinische und
süddeutsche, zum Theil polychrome Skulpturen in Eisen und Lindenholz, alt-
koptische Texturen und Gobelinwirkereien, Seidenwebereien des Mittelalters
und der Frührenaissance in kostbaren Exemplaren enthält, hat er der Stadt
Aachen vermacht und eine grössere Summe zu ihrer Erhaltung ausgesetzt.
Konservationslexikon ; Zeitschrift für Christi. Kunst; Vossiscbe Zeitung.
Wilhelm Fabian.
Gehlert, Karl August, Rector der Fürstenschule in Grimma, * am
26. September 1842 zu Grossstorkwitz bei Pegau, f in Leipzig am i. April
1899. Gebiert war der Sohn des am 8. Mai 1886 in Dresden verstorbenen
Pastors August Friedrich Gebiert. Vom 16. October 1856 bis zum 15. September
1862 besuchte er mit ausgezeichnetem Erfolg die Fürstenschule zu Grimma.
Er bezog hierauf die Universität Leipzig, um Theologie zu studiren, wandte
sich aber sehr bald dem Studium der Philologie und Geschichte zu. Da ihm
aber die Art des damaligen Betriebs der philologischen Studien in Leipzig
nicht zusagte, verlegte er sich hauptsächlich auf die Leetüre moderner
Historiker. Er ging hierauf nach Berlin, wo er die Vorlesungen von Leopold
Ranke und Gustav Droysen besuchte und Mitglied des historischen Seminars
von Droysen wurde. Nachdem er dann, wiederum in Leipzig, unter Georg
Voigt und Friedrich Ritschi seine Studien beendigt und das Staatsexamen
abgelegt hatte, nahm er eine Stellung als Lehrer der alten Sprachen an dem
von Ferrierischen Privatgymnasium Carlshof bei Ober-Pahlen in Nordlivland
an. Zu Ostern 1868 wurde er an das Gymnasium zu Bautzen berufen, an
dem er bis zum Jahre 1880, indem er an das neubegründete kgl. Gymnasium
in Leipzig versetzt wurde, als Oberlehrer und Professor thätig war. Erst in
Bautzen erwarb er sich durch das Programm: »Vita Lysandri« (1874) die
philosophische Doctorwürde. In Leipzig schrieb er für das Osterprogramm
1883 die Abhandlung »De Cleomene tertio, Lacedaemoniorum rege«. Am
16. April 1884 trat er das Rectorat des Gymnasiums zu Chemnitz an, und
im Jahre 1893 vertauschte er dasselbe mit dem der Fürstenschule zu Grimma,
wo ihm jedoch die Verhältnisse nicht recht zuzusagen schienen. Er wurde
ein stiller Mann und litt auch unter dem Druck mangelnder Gesundheit. Er
musste während des Jahres 1 898 wiederholt Urlaub nehmen und sich zweimal
einer Operation in Leipzig unterziehen, die seinem Leiden doch nicht ab-
helfen konnte.
Vgl. Grimmaische Ecce 1899. 20. Heft. Bearbeitet von Hermann Wunder. Meissen
1899. go. S. I — 15. (Mit Portrait.) — Bericht über die am 4. und 5. April 1899 in
Meissen abgehaltene Jahresversammlung des sSchsischen G>'mnasiallehrervereins. Leipzig
1899. 80. S. 42— 43.
H. A. Lier.
Kochy Georg, * 19. December 1819 ^^ Cassel, f ebenda März 1899.
Besuchte die Casseler Akademie und erwarb sich früh den Ruf eines bedeu-
tenden Zeichners und Lithographen. Seine weitere Ausbildung erhielt er auf
Reisen in Italien und in Paris, wo er sich längere Zeit aufhielt. In seine
Vaterstadt zurtickgekehrt, wurde er 1853 Lehrer an der dortigen Kunstakademie,
1880 zum Professor ernannt, und entwickelte, neben seinen eignen Arbeiten,
eine bedeutende Lehrthätigkeit. Der Schwerpunkt seiner künstlerischen Wirk-
272 Koch. Jacoby. Nothnagel.
samkeit lag in der Reproduction der bedeutenden Werke besonders der
italienischen Meister, die er filr die photographische Aufnahme in Kreide
zeichnete. Am bekanntesten darunter sind Tizians Flora, Rafaels Sposalizio,
die sixtinische Madonna, die Madonna della Sedia und andre Rafaelsche
Madonnenbilder. Von seinen Steindrucken sei desselben Meisters Madonna
del Connestabile erwähnt. Seine Arbeiten brachten ihm die preussische und
die sächsische goldene Medaille.
Kunstlerlexikon.
Wilhelm Fabian.
Jacoby, Paul, Landschaftsmaler, * in Dessau, f am 2. Juli 1899 in
Dresden, war in den sechziger Jahren Schüler Ludwig Richters in Dresden.
Dann ging er nach Düsseldorf zu Oswald Achenbach und von da weiter nach
München. Nach einem längeren Studienaufenthalt in Italien Hess er sich in
den achtziger Jahren in Dresden nieder, wo er einer der ersten war, der den
modernen Kunstanschauungen in der sächsischen Hauptstadt durch seine
Schöpfungen zum Siege verhalf. Als die Dresdener Secession ins Leben trat,
schloss er sich ihr an, trennte sich aber bald wieder von ihr, da sie ihm zu
radical vorging. Vor einigen Jahren trat er einmal mit einer Reihe von
Bildern in dem damaligen Lichtenberger*schen Kunstsalon an die Oeffentlich-
keit. Seitdem stellte er in Dresden nicht mehr aus, sondern sandte seine
Arbeiten nur noch in auswärtige Kunstausstellungen. Erst auf der Deutschen
Kunstausstellung von 1899 tauchte er mit einer ungemein echt wirkenden
Ansicht des Schlosses Hohnstein in der sächsischen Schweiz wieder in Dresden
auf. Dieses Bild wurde von seiner Wittwe der Dresdener Galerie als Geschenk
überwiesen. Sein Nachlass wurde im September 1900 in WolfFramms Kunst-
salon in Dresden aufgestellt und Hess erkennen, dass die deutsche Kunst in
Jacoby einen emststrebenden Künstler verloren hat, welcher der Natur unbe-
fangen, aber immer mit ehrlichem Wollen gegenübertrat. Seine Auffassung
hatte keinen grossen Zug an sich, sie neigte im Gegentheile mehr zur
Intimität. Seine Motive entnahm er der Dessauer Gegend, der Umgebung
von Dresden, der sächsischen Schweiz und Nordböhmen, sowie vereinzelt dem
oberbayrischen Alpenland.
Vgl. Kunstchronik. Leipzig 1898/99. 4^ N. F. X, 487. — Deutsche Kunst.
Berlin 1899. 4'** ^i 3^9* — Dresdener Journal vom 8. September 1900. No. 209. S. 1689.
H. A. Lier.
Nothnagel, August, * 1822, f Berlin 6. August 1899. N. hat durch
mehrere Decennien eine fruchtbringende Lehrthätigkeit in Berlin ausgeübt.
Während vieler Jahre gehörte er dem Lehrercollegium der kgl. Kunstschule an,
und wirkte ausserdem längere Zeit am Kunstgewerbemuseum und als Zeichen-
lehrer am Französischen Gymnasium. Der bescheidene, freundliche und stets
bereitwillige Mann war ebenso in Künstlerkreisen wie bei seinen Schüleni
beliebt und wurde, als er die Töchter Kaiser Friedrichs unterrichtete, zum
Hofmaler, später zum Professor ernannt. Er malte zumeist in Aquarell und
Gouache, und leistete als Landschafter und Maler von Blumenstillleben recht
Tüchtiges. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in wohlverdientem Ruhe-
stande.
Vossische Zeitung.
Wilhelm Fabian.
LcvetioW. 2J3
Levetzow, Ulrike von, * 4. Februar 1804 in Leipzig, f 13. November
1899 in Trziblitz. Ael teste Tochter des mecklenburgischen Hofmarschalls J. Otto
von Levetzow und seiner Gattin Amalie geb. Freiin von Brösigke. Ulrike und
ihre Schwestern Amalie und Bertha, welch letztere einer zweiten, bald durch den
Tod getrennten Ehe ihrer Mutter mit einem Vetter ihres ersten Mannes ent-
stammte, lebten nach Reisen im Auslande in verschiedenen deutschen Städten,
Dresden, Strassburg, Berlin, einige Zeit auch in 'Wien, 1842 vermählte sich die
Mutter mit dem Grafen Franz Klebelsberg und setzte sich mit Ulrike, nachdem
Amalie gestorben und Bertha vermählt war, vollständig auf dem Gut Trziblitz bei
Teplitz fest. Dort, völlig zurückgezogen und seit dem Tode der Mutter 1868
allein, lebte Ulrike unvermählt, in kleinem Kreise »liebespendend«, wie sie mit
Recht von sich sagen durfte. Im Alter von 96 Jahren schloss sie ihr stilles
Erdendasein, das unvermerkt dahingegangen wäre, wenn es nicht ein heller
Strahl aus dem Leben und Dichten eines Goethe mit unvergänglichem
Lichte übergössen hätte. Schon zu Anfang des Jahrhunderts war Goethe
mit den Grosseltern Ulrikens von Brösigke, kursächsischen Edelleuten, in
Karlsbad näher bekannt geworden. 1806 verzeichnet sein Tagebuch den
Besuch der Frau und der damals schon vermählten Tochter. In Marien-
bad, wo die Brösigkes ein Haus mit ' einer grossen Terasse besitzen, knüpft
sich schon bei Goethes erstem Aufenthalte eine engere Verbindung, und
Ulrike erhält im August 182 1 ein Exemplar der »Wanderjahre« mit herzlichen,
väterlichen "Worten, auch ein Brief an den Sohn weiss von der »recht artigen
Ulrike« zu melden. Durch Frau von Brösigke herzlich, anch mit Berufung
auf die Freude des »Töchterchen« Ulrike, in ihr Marienbader Haus geladen,
wird er im Juni und Juli 1822 Wohnungsgenosse und nimmt Theil an allen
Familienfreuden. Harmlose Verse begleiten das Abschiedsgeschenk des fünften
Theils von »Dichtung und Wahrheit«, doch die Dichtung »Aeolsharfen«, auf
der Rückfahrt nach Eger entstanden, ein »liebesschmerzlicher Zwiegesang
nach dem Scheiden«, in dem »Er« seiner Thränen frei Luft macht, während
»Sie« ihre Zähren bergend Trostesworte spendet, verräth schon tiefere Em-
findungen, wie auch ein nur als Concept erhaltenes Brief fragment aus dieser
Zeit, welches ihr Traumbild, das ihm ähnlich wie in dem genannten Gedichte
erscheint, mit der verlänglichen Frage grtisst: »Sollte das nicht auf eine recht
innerliche Zuneigung deuten, auf unbezwingliche Anhänglichkeit und wahre
Liebe?« Doch officielle Briefe, wie am 9. Januar 1823, gedenken »der treuen,
schönen Tochter«, und schauten dem Wiedersehen entgegen, das auch der
Sommer brachte. Hier mag sich des aus schwerer Krankheit neu belebt
Erstandenen erst die ernste Leidenschaft bemächtigt haben, die er mit vollen
Zügen, ohne jeden Widerstand, geniesst. Deutlicher als das schweigsame
Tagebuch und die mit tändelndem Scherze verhüllenden brieflichen Aeusse-
rungen sprechen die vier bedeutsamen Zeilen:
Du hattest längst mirs angethan.
Doch jetzt gewahr ich neues Leben:
Ein süsser Mund blickt uns gar freundlich an.
Wenn er uns einen Kuss gegeben.
Andere »Aufblicke von Galanterie, Neigung, Anhänglichkeit und Leiden-
schaft«, wie er die Reihe von Ulriken gewidmeten Sprüche später bezeichnete,
grüssen sie als Schülerin in Steinkunde und Mineralogie, die gelegentlich
Chocoladetäfelchen geniessbarer machen, helle Verzweiflung, beinahe knaben-
Biogr. Jthrbnch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. X 8
474
Levetzow.
haft ungestüm, bricht in ihm aus, wo sie ihn, weil er sie einmal Übersehen,
neckt. Mit Levetzows geht er nach Karlsbad, wo er mit den Damen seinen
Geburtstag auf einem Ausfluge als »öffentliches Geheimniss« feiert, als liebens-
würdiger Mentor mit den Mädchen liest und ihre Vortragsweise corrigirt, ja
auch noch ein Tänzchen niitzumachen wagt. Am 5. September erfolgt ein
»etwas tumultuarischer« Abschied. Unmittelbar darauf entsteht auf der Reise
die »Marienbader Elegie«. Wem dieser gewaltige, unstillbare Ausbruch der Ver-
zweiflung noch nicht genug von Goethes wahrer Empfindung zu sagen weiss, der
möge die erst jetzt bekannt gewordenen Briefe nachlesen, die er der Mutter
schreibt: Am 9. September ist Ulrike »mein Liebling, wofür sie zu gelten nun
einmal nicht, ablehnen kann« und er hofft, »sie werde nicht ableugnen, dass es eine
hübsche Sache sei, geliebt zu werden, wenn auch der Freund manchmal un-
bequem fallen möchte«. Kurz erwähnt er die Schwestern, sofort ist er wieder
bei ihr und versichert, dass er sie immer lieber gewonnen, je mehr er sie
kennen gelernt; »dass ich sie aber kenne und weiss, was ihr gefällt und
misfällt, wünscht ich ihr persönlich zu beweisen«. Schon den Tag darnach,
am 10. September, gehen Verse an sie, die fern von ihm »am heissen Quelk
ihre Tage verbringt. Und am Sylvestertage wecken die leeren Blätter des
Kalenders in ihm Hoffnungen, die denen der Frau v. Levetzow begegnen
mögen. »Möge sich dem Erfüllen und Gelingen nichts! nichts! entgegen
setzen. Meine nächsten Aussichten aber, deren Gewährung ganz von Ihnen
abhängt, lassen Sie mich nicht zu lange entbehren!« Diese Worte sprechen
deutlich f(ir Goethes Absicht, Ulrike zu seiner Gattin zu machen. Der Gross-
herzog von Weimar, der längere Zeit in Marienbad war, dürfte sein Fürsprecher
gewesen sein. Aber die kluge Mutter scheint eine offene Erklärung verhindert
zu haben, wohl im Einverständnisse mit der Tochter, die das Gefiihl des
Dichters nicht ganz mit derselben Stärke erwidert haben mochte. Indessen
war schon das Gerücht von dem »Fräulein in Böhmen«, das der alte Herr heim-
führen wolle, nach Weimar gedrungen und bereitete Goethe im eigenen Hause
bittere Stunden. Er macht eine schwere Krisis durch, die ihn Freund Zelter
und die immer hilfreiche Muse tiberwinden helfen. Noch spricht mancher
Brief vom Wiedersehen, mit Liebe ruhen oft seine Augen auf den Namen
der drei Mädchen, die ihm der zur Geburtstagsfeier gespendete Becher vor-
führt, und seine Lippen nähern sich ihm. Aber dahin sind die Stunden,
die er, wie er noch 1827 Ulrike sagt, »an ihren holden Fingern« abzählen
durfte, trotz mannigfacher Versuchung hat er immer ein Wort der Entschuldigung
gefunden, wo es sich um ein Wiedersehen handelte. Er will in den einst
geliebten Zustand, versichert er Eckermann, nicht wieder hineingerathen.
Durch viele Jahre zieht sich noch brieflicher Verkehr, zum 28. August trifft
immer ein Familienbrief ein, an dem Ulrike, gleich den Uebrigen, mit herz-
lichen Worten der alten Freundschaft gedenkt. Was er in ihr feiert, ist die
liebliche Kindlichkeit, die sie unüberwindlich macht. »Hold« ist das Beiwort,
das sie fast bei jeder Erwähnung in den Briefen schmückt, »die lieblichste
der lieblichen Gestalten« hat auch in der Elegie ein zartes, beruhigendes
Wort für den Verzweifelten, heraus aus der reinen, ungetrübten Harmonie
ihres Wesens. Und so lebt sie auch in Goethes Dichtungen fort, sie hat der
Hilarie in den »Wanderjahren« Züge geliehen und, wie Suphan schön gezeigt
hat, den verblassten Erinnerungen an Lili frische Farben zu ihrem Bilde in
»Dichtung und Wahrheit« gegeben.
LevetzoW. Lämmerhirt Kneisel. . ^ye
von Loeper [Goethe- Jahrbuch VIII, 165 ff.] A. v. Weilen [Nation 1900, 349/Si;
363/5]; persönl. Mittheilungen S. Prem [Chronik des Wiener Goethe -Vereins 13, 56/60]
(mit 2 Portraits). L. Stettenheira, »Neue Freie Presse« No. 12062/3 **nd »Berliner Neueste
Nachrichten« 1900 No. 316; Bertha Haller [»Grazer Morgenpost« Noverob. 1899]. — Die
Briefe Goethes sind veröffentlicht durch B. Suphan [Goethe -Jahrbuch XXI, i — 51] (mit
Portrait).
Alexander von Weilen.
Lämmerhirty Otto Hermann Gustav, Kgl. Gartendirector, * in Dresden
1835, t ebendaselbst am 29. November 1899. Als Sohn gutsituirter Bürgers-
leute lernte Lämmerhirt die Kunstgärtnerei und erweiterte seine Erfahrungen
und Kenntnisse auf grösseren Reisen. In die Heimat zurückgekehrt, über-
nahm er die Geschäftsführung des sächsischen Landes-Obstbauvereines, die
er 30 Jahre hindurch besorgte. In der Oeffentlichkeit wurde sein Name zu-
erst öfters genannt, als er im August 1887 in den Weinbergen der Hof-
lössnitz bei Dresden Reblausherde entdeckte. Er leitete die Ausrottung der
Lössnitz-Weinberge und musste von den Gegnern seiner allerdings auf Grund
der -bestehenden Reichsgesetze eingeschlagenen radicalen Verfahrens manchen
herben Tadel hinnehmen, da man die Nothwendigkeit desselben bestritt. So
kam es, dass er nicht selten mit bitterem Scherze neben Servatius und Pan-
cratius als der dritte Weinmörder bezeichnet wurde. Anderer Meinung war
man auf Seiten der sächsischen Staatsregierung, die ihm in Anerkennung seiner
mannigfachen Verdienste um die Hebung der sächsischen Gartencultur und
des sächsischen Obstbaus zum Kgl. Garteninspector ernannte und diesen Titel
noch kurz vor seinem Tode in Gartendirector umwandelte. In seiner Vater-
stadt Dresden war er eine sehr angesehene Persönlichkeit. Er machte sich
sowohl als Stadtverordneter, wie als Stadtrath um das Wohl der Stadt
verdient.
Vgl. Dresdener Rundschau. 1899. Vlll, No. 50 (mit Portrait). — Dresdener An-
zeiger vom I. December 1899. No. 333, S. 31.
H. A. Lier.
Kneisel, Rudolf, Schauspieler und Dramatiker, * 8. Mai 1832 zu Königsberg
in Preussen, f 17. September 1899 zu Pankow bei Berlin nach langem schweren
Leiden. 1850 kam er für jugendlich-komische Rollen an die zweite Bühne
Dresdens, 185 1 nach Altona, 1853 nach Flensburg, 1854 zur Mecklenburg
bereisenden Truppe Bredes, wirkte 1857 — 59 als Regisseur und Dramaturg am
Magdeburger Stadttheater, darauf an Ferd. Nesmüllers bekannter Familien- und
Volksbühne zu Dresden. 1860 — 86 hat dann K. als selbständiger Director
mit einer Gesellschaft ein Wanderleben geführt und meistens in den Provinzen
Hannover und Sachsen gespielt. 1886 legte er das Bühnenscepter nieder und
lebte fürder zu Pankow bei Berlin, während der letzten Jahre unter recht
dürftigen Verhältnissen, obwohl der Komiker Franz Guthery für K. als Mit-
glied des grossen »Vereins Berliner Presse« eine (dürftig ausfallende) Sammlung
veranstaltete. Und doch war K., der sich seit seinem 20. Lebensjahre
dramatisch bethätigte, ein vielgespielter Bühnenautor und feierte in dieser
Eigenschaft am 12. September 1885 ein Jubiläum, das freilich zeitlich mehr
dem Vierteljahrhundert Theaterleitung galt. Die lange Reihe von Lust-
spielen, Schwänken, Possen, Volksstücken, die K. selbst als Regisseur und
Mitdarsteller dem Publicum vieler norddeutscher Kleinstädte vorgeführt hatte
i8*
2^6 ttneisel. Oenicke. Meyef.
und meist das Hamburger Thalia-Theater, daneben in Berlin das alte
»Wallner-Theater« mit seinem altberlinerischen etwas spiessbürgerlichen Au-
ditorium aus der Taufe hob, erhielt seit seiner Selbstpensionirung noch Zu-
wachs. Und K.'s Muse ist noch heute in der preussischen Provinz, in Sachsen,
Thüringen und u. s. w\ auf Saison- und Dilettantenbühnen, auch bei »Schmieren«
ein bewillkommneter Gast und brachte nicht nur feste Repertoirenummem,
sondern damit auch Kassenmagneten. Die Komödie »Die Tochter Belialsr;,
in Wien preisgekrönt (auch bei der Preisconcurrenz des Münchener »Kgl.
Volkstheaters« 1872 siegte K. mit »Fürst und Kohlenbrenner« unter 51),
»Die An ti-Xan tippen« (diese drei von 1872), »Der liebe Onkel«, »Desdemonas
Taschentuch«, »Sie weiss etwas«, »Wo ist die Frau?«, »Sein einziges Gedicht«,
»Die Philosophie des Herzens«, »Papageno«, »Der Künstlerbacillus«. An-
lässHch eines Preisausschreibens schlug K. die Mitbewerber übrigens auch mit
der populär-philosophischen, spiritistisch angehauchten Abhandlung »Die Lehre
von der Seelenwanderung« (1889).
Nachruf des »Berlin. Lokal« Anzeigr.« abgedruckt »Allg. Ztg.« 1899 No. 263 Abdbl. ;
Internationale Litteraturberichte VI. 20, 31 8 f.; Todesnotiz Litterar. Echo II 142; Alters-
portrait »Die Woche« I No. 28, 1084. Artikel in Brockhaus''* (vom Unterzeichneten) und
Meyers^ (X 270) Convcrs.-Lex. Vgl. Meyers Dtschs. Jhrbch. II (1873) 251 und 257;
Lindemann Gesch. d. dtsch. Lit.^ S. 1032; R. Prölss, Gesch. d. mod. Drms. III 2, 373;
Klaar, Das mod. Drm. S. 299. Lebensabriss mit Bibliographie der gedruckten Stücke und
Jahre BrUmmer Lex. d. dtsch. Dchtr. und Prs. d. 19. Jahrh.^ I 305, unvollständige reichere
Liste ohne Jahre Kürschners Litteraturkaldr. XXI II 706.
Ludwig Fränkel.
Oenicke, Clara, ♦ 29. Juli 18 18 in Berlin, f ebenda 9. August 1899.
Sie bildete sich bei Remy, später als Schülerin von Karl Begas und Eduard
Magnus zur Geschichts- und Bildnissmalerin aus. In der Schweriner Galerie
befindet sich eins ihrer grösseren Bilder »Kurfiirst Friedrich von Sachsen
weigert sich, das Interim anzunehmen«. Von ihren historischen Gemälden
ist noch zu nennen »Die Versöhnung Karls des Grossen mit Thassilo von
Bayern«, ferner »Christus am Kreuz« und mehrere Lutherbilder (»Luthers
Hausandacht«, »Luther findet die erste lateinische Bibel« u. a.). Von ihrer
Hand ist ferner ein sicher gezeichnetes und kräftig modellirtes Porträt des
Ministers von Stosch. Sie starb nach langen schweren Leiden.
Allg. KUnstlerlexikon.
Wilhelm Fabian.
Meyer, Georg, Kaufmann und unter dem Schriftstellemamen Georg
Bendler, Novellist, * in Berlin am 8. November 1835, t daselbst in der
Nacht vom 7. zum 8. Januar 1899. Er war der Sohn eines Kaufmanns, er-
hielt seine Schulbildung erst in der damals berühmten Diesterweg'schcn
Seminarschule, dann im Gymnasium zum Grauen Kloster und trat darauf in
das Handlungshaus seines Vaters ein, dem er später als Theilhaber angehörte
und zuletzt als alleiniger Inhaber vorstand. Nachdem er sich in den letzten
Lebensjahren von seinen Berufsgeschäften zurückgezogen hatte, widmete er
seine Müsse ausschliesslich literarischer Thätigkeit. Letztere bewegte sich
vorwiegend auf dem Gebiet der Novelle, und gleich seine ersten, 1889 in
Zeitschriften veröffentlichten Versuche verriethen scharfen Blick für die der
modernen Gesellschaft anhaftenden Schwächen. Mit dem Erfolge schienen
Meyer. Krementz. 2 7 7
seine Kräfte zu wachsen. Von M.'s zahlreichen Arbeiten sind bisher im
Buchhandel* erschienen die Novellen »Karl Schulz. Im neuen Hause.
Katharina von Siena« (1893) — »Barmherzigkeit« (1895) — »Der peinliche
Erdenrest« (1896) — »Das starke Geschlecht« (1898) — und der Roman
»Die Eine« (II, 1895).
Persönliche Mittlieilungen. — Berliner Tageblatt vom 10. Januar 1899.
Franz Brummer.
KrementZy Dr. Philippus, Erzbischof von Köln und Cardinal, * i . December
1 819 in Koblenz, f 6. Mai 1899 zu Köln. Sohn eines Metzgers, studirte er, nach
dem Gymnasialbesuche daheim und durch Rettung aus der Gefahr, in der
Mosel zu ertrinken, zum Priesterberufe entschlossen, seit 1837 ^^ Bonn, bald
aber in München Theologie und schloss sich hier an J. Görres, Windischmann,
Philipps, Clemens Brentano, Haneberg und Melchers, seinen spätem Vorgänger,
an. Im Herbst 1840 trat K. ins Priesterseminar zu Trier, 27. August 1842
empfing er die Priesterweihe und wurde sofort Caplan bei St. Castor in der
Vaterstadt, ebenda, nachdem er Juni 1846 bis Januar 1848 Religionslehrer an
der Rheinischen Ritterakademie zu Bedburg gewesen, Pfarrer, 31. Mai 1853
Dekan des Capitels Coblenz, 16. April 1859 dazu auswärtiger Ehren-Domherr der
Trierer Kathedrale. Als Seelsorger und Prediger genoss K. in Koblenz bei Hoch
und Niedrig das grösste Ansehen. Ausserdem bethätigte er sich eifrig im Dienste
der Kirche durch Berufung der Redemptoristen, Franziskanerinnen, Gründung
eines Knabenwaisenhauses auf dem Kemperhof bei Moselweiss, als Präses der
Synodal-Examens-Commission u. s. w. Seine hervorragende Tüchtigkeit hatte
längst die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf ihn gelenkt, als ihn am 22. ()c-
tober 1867 das Domcapitel zu Frauenburg (O.-Pr.) zum Bischof von Ermland
wählte. Am 20. December 1867 wurde K. von Pius IX. präconisirt, am
3. März 1868 zu Coblenz von Erzbischof Melchers consecrirt, am 24. zu
Frauenburg inthronisirt und investirt. Als Ehrenbürger der Vaterstadt nach der
östlichsten deutschen Bischofsresidenz am Frischen Haff übergesiedelt, gehörte
K. auf dem Vaticanischen Konzil 1869/70 zu den Gegnern des Infallibilitäts-
Dogmas, wie Melchers bewirkte und bethätigte er seine Unterwerfung unter
dieses. Schon 187 1 suspendirte er den Religionslehrer Prof. Wollmann in
Braunsberg u. A. vom Amte und sprach über sie 4. Juli die grosse Excommuni-
cation aus, weil sie der altkatholischen Richtung anhingen, wie etwas si)äter
auch gegen den bedeutenden Professor Frdr. Michelis vom Lyceum Hosianum
zu Braunsberg. Der neue preussische Cultusminister Falk verlangte in einem
Erlass vom 11. März 1872 von K., dass nicht ohne Zustimmung des Staates
excommunicirt würde, und bedingungslose Anerkennung der bürgerlichen Ge-
setze als bindend für die Kirchengewalt. Da sich K. hierzu nicht verstand,
so erfolgte, nach bezeichnendem Schriften Wechsel mit dem Minister, am
25. September gegen ihn als ersten der frondirenden Bischöfe Preussens ein
entschiedener Schritt der Regierung, die Sperrung der 36 000 Thaler Tem-
poralien, wogegen K., den freiwillige Sammlungen aus Belgien entschädigten,
erfolglos den Rechtsweg einschlug. Von der Wirkung der 1872er »Maigesctzc«
kostete K. während des ganzen »Culturkampfes« nicht, wie Andere, die Ab-
setzung; freilich hob das Ministerium erst am i. Octobcr 1883 die Sperrung des
Gehalts und der Staatszuschüsse zur Diözesan Verwaltung K.* auf. Nachdem der
Kölner Erzbischof Melchers, seit 1876 vom Staatsgerichtshof für Kirchen-
278 Krementz. Graf Schönborn.
Sachen entsetzt und steckbrieflich verfolgt, Anfang 1885 in Rom entsagt
hatte, einigten sich dort der Gesandte von Schlözer und die Curie auf K.
als Nachfolger, und so präconisirte ihn Papst Leo* XIII. am 30. Juli 1885,
König Wilhelm bestätigte ihn 16. October. Seit 15. December 1885 waltete
K. nun in Köln, im Januar 1893 zum Cardinal erhoben, mit Milde, Herzens-
güte und reger Sorge für seine heimische Diözese, allerdings in Glaubens-
fragen nie, auch in schwierigsten Lebenslagen nicht, um Haaresbreite nach-
giebig, wenn auch formell dem Staate gegenüber kein Trotzkopf. Durch diese
seine kluge Diplomatie kam der einst gemassregelte KirchenfUrst mit den
Gegnern sehr gut aus, beide Kaiser Wilhelm, Kaiserin Augusta d. Ä. und
ihre Tochter, die Grossherzogin von Baden, schätzten und ehrten ihn hoch.
Während des harten körperlichen Leidens in der letzten Zeit tauschte K.
mit seinem Landesherrn Wilhelm U. herzliche Telegramme aus. Zwischen
1854 und 1883 veröffenüichte K. ausser Kleinerem sieben als kundig anerkannte
Schriften zur Exegese der Bibel, theilweise apologetischen Inhalts (verzeichnet
in Brockhaus** und Meyers* Konversationslex. s. v. Krementz).
Benutzt neben den ausführlichen Nachrufen der »Köln. Volksztg.« und der
»Köln. Ztg.« die »Belletrist. Beilage (Wasserburgs)« der Karlsruher »Badenia« zu kathol.
Tageszeitungen 1899 No. 23 S. 177 f. (mit Porträt), )»Augsbg. Postztg.« 1899 No. 105,
S. 4, auch »Manch. Neueste Nachr.« 1899 No. 2x2 S. i; fUr die Ereignisse von 1871/2:
»Meyer's Dtschs. Jahrb.« 11 (1873) S. 163 u. 14. Porträt: »Die Woche« I, Sp. 326.
Ludwig Fränkel.
Schönbom Graf, Franz de Paula, Cardinal, * 24. Januar 1844 ^^ ^^^»
f in Falkenau 25. Juni 1899, der dritte Sohn des Erwin, Reichsgrafen v. Schön-
born und der Gräfin Christine, geb. Gräfin Brühl. Seine Erzieher waren
gewissenhafte, ehrenwerthe Männer. Das Gymnasium absolvirte er bis
zur Maturitätsprüfung im Jahre 1863 und studirte dann die Rechte an
der Karl Ferdinandeischen Universität in Prag, da er für die diplomatische
Laufbahn bestimmt war. 1866 wandte er sich aber mit Unterbrechung
seiner Rechtsstudien der Vertheidigung seines Vaterlandes zu, nach deren
Beendigung er die Studien wieder aufnahm, die er im Jahre 1868
vollendete. Doch Gott hatte ihn zu etwas Anderem bestimmt. In dem
jungen Manne reifte der Entschluss, sich dem geistlichen Stande zu widmen,
und nachdem er sein Vorhaben reiflich geprüft hatte, begann er die theo-
logischen Studien im Jahre 1869 und 1870, wo der Cardinal Josef Pecci,
der Bruder des gegenwärtigen Papstes, sein Professor war. Von 1870 — 1874
studirte er auf der Universität in Innsbruck. Nach dem vollendeten 3. Jahr-
gange der Theologie wurde er von weiland dem Cardinal Fürst Schwarzenberg
am 12. August 1873 zum Priester geweiht und feierte am 15. August desselben
Jahres seine Primiz. Im Jahre 1874 und 1875 befand sich Graf Seh. wieder
in Rom, wo er zum Mitgliede der academia ecclesiastica ernannt wurde,
und im Juni des Jahres 1875 wurde er an der Gregorianischen Universität
zum Doctor der Theologie promovirt.
Im Jahre 1875 — '^79 fungirte er als Caplan in der Stadt Plan, wo er
sich die Liebe und Verehrung seiner Kirchkinder in grossem Maasse erwarb.
Im Jahre 1879 berief ihn Cardinal Schwarzenberg nach Prag, machte ihn zum
Vicedirector im f. e. Seminar. Im Jahre 1882 wurde er Director des-
selben und verblieb in diesem Amte bis zum Jahre 1883, ein väterlicher
Graf Schönborn. Eiselein.
279
Freund und Berather der Alumnen, der auch den wissenschafdichen Fort-
schritt der Alumnen theilnehmend und thatkräftig förderte.
Um der Verdienste willen, die sich Graf Seh. als Rector des f. e. Clerical-
seminars erwarb, ernannte ihn der Kaiser Franz Josef I. am 22. August 1883
zum Bischof zu Budweis; seine Inthronisation feierte er in diesem Monate am
25. November dieses Jahres. Bestrebt, seinem Clerus alles zu werden, sorgte
er insbesondere für eine gedeihliche Heranbildung des Clerus. Dass das
Letztere ihm besonders am Herzen lag, davon zeugt auch die Errichtung des
böhmischen Collegiums in Rom, zu welchem Zwecke er zweimal dahin reiste.
Seine Verdienste wurden anerkannt, indem er zum päpstlichen Hausprälaten
und später zum päpstlichen Thronassistenten ernannt wurde.
Nach dem im Jahre 1885 erfolgten Tode des Cardinais Schwarzenberg
wurde er vom Kaiser Franz Josef I. am 21. Mai 1885 zum Erzbischof von
Prag ernannt und am 27. Juli dieses Jahres als solcher präconisirt. Nun
begann eine grosse, viele Kraft erheischende Arbeit im Weinberge des Herrn
in der ausgedehnten Erzdiöcese, welche er nur in dringenden Fällen verliess,
so zu den bischöflichen Conferenzen in Wien, und um seine Verehrung dem
heiligen Vater in Rom zu beweisen. Die weiteren bischöflichen Arbeiten,
die beschwerlichen Visitationen, die zahlreichen Functionen in der Stadt und
auf dem Lande nahmen seine Zeit und ganze Kraft in Anspruch. Eines
kräftigen Körperbaues und eines immer regen Geistes sich freuend, war er
unausgesetzt bemüht, den erhabenen Pflichten seines Amtes gerecht zu werden.
In Anerkennung seines rastlosen Eifers auf allen Gebieten seines erhabenen
Amtes, seiner beispielsvollen Frömmigkeit und nie ermüdenden Wohlthätigkeit
gegen die Armen wurde er vom heiligen Stuhle im J. 1889 zum Cardinal
erhoben. In kurzer Zeit hatte er eine so hohe Würde erreicht, und Jeder-
mann, der ihn in der Vollkraft des Mannesalters kannte, hätte ihm eine lange
Lebensdauer und somit eine langjährige Wirksamkeit vorausgesagt. Allein
im Plane der götUichen Vorsehung war es anders bestimmt. Inmitten seiner
bischöflichen Thätigkeit, als er im Juni 1899 in Falkenau die General Visitation
hielt, wurde er von einer acuten Lungenentzündung ergriffen und erlag der-
selben, mit den Sterbesacramenten versehen, das Metropolitancapitel, den
Clerus und das gläubige Volk seiner Erzdiöcese zum Abschiede segnend.
So früh und unerwartet dahingeschieden, wird der hochherzige und opfer-
willige Oberhirt von Clerus und Volk tief betrauert, und sein Andenken
bleibt gesegnet.
Eiselein, Karl, Landgerichtspräsident, * i6. März 1831 zu Heidelberg,
t 6. August 1899 zu Konstanz. E. war der Sohn des Oberbibliothekars
Josef Eiselein, seine Mutter Antonie war eine geborene Rehsteiner. In Donau-
eschingen besuchte er die Volks- und die ersten Klassen der Mittelschule,
in Freiburg deren oberste Klassen und seit 185 1 die Universität. Gleich
seinem Bruder, der zuletzt Director des Gymnasiums zu Konstanz war,
widmete er sich anfangs der Philologie, ging aber bald zur Rechtswissenschaft
über. Nachdem er 1856 und 1859 die beiden juristischen Prüfungen bestanden
hatte, war er als Actuar und Amtsgehilfe bei verschiedenen badischen Staats-
behörden und bei dem Anwalt Grimm in Pforzheim thätig, bis er 1864 bei
Einfuhrung der neuen Justizorganisation zum Amtsrichter in Kork ernannt
wurde. 1867 Assessor, 1868 Rath, 1874 Mitglied des Appellationssenates
28ö Eiselein. Merbach. KapfF-Essenther.
am Kreisgerichte in Offenburg, 1881 Oberlandesgerichtsrath, 1884 Director
beim Landgerichte zu Waldshut, wurde E. 1885 in gleicher Eigenschaft zum
Landgericht in Konstanz versetzt, zu dessen Präsidenten er 1897 ernannt
ward, bis nach zweijähriger Thätigkeit der Tod ihn abrief. Er war unver-
heirathet. Aus harten Jugendjahren ging ein ernster Jüngling, ein ganzer
fester charaktervoller Mann hervor. Früh hatte er sich das Ziel gesteckt,
der Mutter, welcher die Erziehung von fünf Kindern oblag, und später den
Schwestern eine Stütze zu werden. Seine ganze Kraft galt seinen amtlichen
Pflichten. Reich an Kenntnissen, gewissenhaft in der Vorbereitung der
Sitzungen, unbefangen in der Fassung der Urtheile, bei strenger Auffassung der
Vorschriften des Gesetzes, doch wohlwollend und geduldig gegenüber den
Angeklagten, wo es möglich war, bestrebt, Streitende zu versöhnen, hart gegen
sich, mildthätig, wo es seine Mittel gestatteten, aber immer nur im Verborgenen
— so bleibt er Allen, mit denen er in Berührung trat, in schöner, wohlthuender
Erinnerung. »Ein charakterfester Mann, frei von Ehrgeiz und Neid, unab-
hängig und vornehm in seiner Gesinnung, ein warmer Freund von Volk und
Vaterland, keines Menschen Feind, still und schlicht« — so kennzeichnet sein
Wesen ein Freund in ehrendem Nachruf.
»Karlsruher Zeitung« 1899 No. 254.
v. Weech.
Merbach, Paul Moritz, Geheimer Medicinalrath, Professor, Dr. med.
* 25. December 1819, f ebenfalls December 1899, war Mitglied und Curator
des Kgi. sächsischen LandesmedicinalcoUegiums in Dresden, dem er von der
Errichtung im Jahre 1865 an bis zu seiner Pensionirung im Jahre i8q5 an-
gehörte. Vorher war er an der 1865 eingegangenen chirurgisch-medicinischen
Akademie in Dresden Professor der theoretischen Heilkunde, Mitglied der
ärztlichen Prüfungscommission und stellvertretender Director der stehenden
Klinik für innere Krankheiten gewesen. Auch begründete er in Dresden die
Gesellschaft für Natur- und Heükunde.
Vgl. J. Pagcl, Biographisches Lexikon hervorragender Aerztc des 19. Jahrhunderts.
Berlin-Wien 1900 Sp. 11 18. Dresdner Anzeiger vom 13. December 1899. No. 346
S. 40 und vom 14. December 1899, No. 346 S. 39.
H. A. Lier.
Kapff- Essenther (Blumenreich) Franziska von, Romanschriftstellerin,
* 2. April 1849 auf Schloss Waldstein bei Leitomischl in Böhmen, f 28. October
1899 zu Berlin durch Selbstmord. Tochter eines österreichischen Staats-
beamten Essenther; anfangs Lehrerin. In Wien heirathet sie 1880 den
Musikkritiker Otto v. Kapff. Sieben Jahre später wird diese Ehe gelöst, und
sie reicht dem Litteraten Paul Blumenreich die Hand; diese Ehe schlug zum
Unheil aus. B. gab Feuilleton -Correspondenzen heraus, Hess sich dann in
Theaterspekulajionen ein und floh nach Amerika. Die arme Frau musste eine
Heilanstalt aufsuchen. Schliesslich brach ihre Widerstandskraft zusammen. —
Der Roman »Frauenehre« (3 Bde., 1872) und das komische Epos »Die sociale
Revolution im Tierreiche« (1876) liegen vor den Prosa-Erzählungen, die die
gekrönten novellistischen »Wiener Sittenbilder« (1884) eröffneten. Deren
damals noch ungewöhnlicher Realismus fiel bald in weiteren Kreisen auf;
jedoch nöthigte sie die Noth mehr und mehr, für den Erwerb zu schaffen.
Kapff-Essenther. Klemm. Hoflmann. 281
Brümmer, Lex. d. dtsch. Dchtr. u. Pros. d. ,19. Jhrh.^ I 139 f. n. 437: Kürschner
Litteraturkaldr. XXIil 658 f; über ihr Lebensende »Berl. Localanzgr.« am nächsten Tage;
Bild: »Die Woche« I 1326.
Ludwig Fränkel.
Klemm, Heinrich Hermann, Kgl. sächsischer Oberlandesgerichtsrath, * in
Dresden am 8. Januar 18 16, f ebendaselbst am 16. Mai 1899. Klemm,
der Sohn eines sächsischen Steuerbeamten, erhielt seine Vorbildung auf der
Thomasschule in Leipzig und auf der Fürstenschule zu Grimma. Er studirte
in Leipzig Jurisprudenz und war dort seit dem October 1845 ^^ Advocat
thätig. Seit dem 28. August 1849 bekleidete er das Amt eines Stadtgerichts-
rats in Leipzig und trat am i. October 1856 als Gerich tsrath in das neu er-
richteten Bezirksgericht in Leipzig ein. Im Februar 1859 wurde er an dai»
Apellationsgericht in Dresden berufen, dem er bis zu seiner Aufhebung, zu-
letzt als Oberappellationsrath, angehörte. Am i. October 1879 wurde er
erster Rath am sächsischen Oberlandesgericht; er behielt diese Stellung bis
zu seiner Pensionirung am i. Januar 1888. Neben seinen Berufsgeschäften
war Klemm seit der Mitte der vierziger Jahre unausgesetzt literarisch thätig.
Er veröflFentlichte zahlreiche juristische nnd volkswirthschaftliche Aufsätze und
hielt Vorträge über Gesetzeskunde für Juristen, Kaufleute und Industrielle.
Im Jahre 1879 begründete er mit dem Senatspräsidenten Lamm die »An-
nalen der Kgl. sächsischen Oberlandesgerichte«, als deren Redacteur er bis
zum I. Januar 1888 wirkte. Schon in Leipzig eifrig an dem poHtischen
Leben theilnehmend, war er für kurze Zeit sowohl in Leipzig wie in Dresden
Mitglied des Stadtverordnetencollegiums. Im Jahre 1884 wurde er im
4. sächsischen Reichstagswahlkreis zum Abgeordneten gewählt und zum
zweiten Mal im Jahre 1890 in gleicher Eigenschaft nach Berlin gesendet.
Er schloss sich der deutsch-conservativen Partei an und brachte es bald zu
einem massgebenden Einfluss in Gesetzgebungsangelegenheiten. Im Jahre
1893 musste er wegen seiner schwankenden Gesundheit von diesem Posten
zurücktreten. Auch als Mitglied des sächsischen Landtages, in den er im
October 1890 gewählt wurde, erfreute er sich wegen seines ausgebreiteten
juristischen Wissens grosser Achtung. Um die Schillerstiftung erwarb er sich
dadurch Verdienste, dass er die Geschäfte des Vororts Dresden bis zur Ab-
gabe an den Vorort Weimar leitete. Zahlreiche Orden schmückten seine
Brust. »Ein leuchtendes Beispiel charakterfester Gesinnung und unerschütter-
Hcher Pflichttreue, ein ganzer Mann ist mit ihm dahingegangen«.
Vgl. Grimmaische Eccc 1899. 20. Heft. Bearbeitet von Hermann Wunder. Meissen
1899. 8. S. 69—74.
H. A. Lier.
Hoffmann, Adolf JuHus Friedrich Karl, Generalarzt, * 25. December
1822 zu Karlsruhe, f 27. October 1899 daselbst. Sein Vater war der am
8. December 1879 ^^^ Grossh. badischer Generalleutnant a. D. verstorbene
Friedrich Hoffmann, 1848 — 1850 badischer Kriegsminister, seine Mutter, die
er in zartester Kindheit verlor, eine Tochter des bekannten Botanikers Karl
Christian Gmelin. Nachdem er seine Schulbildung auf dem Lyceum seiner
Vaterstadt erhalten hatte, studirte H. in den Jahren 1841 bis 1846 Medicin
auf den Universitäten Heidelberg und Berlin und war am Schlüsse seiner
Studienzeit Assistent an der medicinischen Klinik in Heidelberg unter Professor
282 HofFmann. Robert.
Pfeuffer. Nachdem er die Staatsprüfung bestanden und die Doctorwürde er-
worben hatte, arbeitete er im Winter 1846/47 in den Hospitälern von Paris.
An der geplanten Fortsetzung seiner Studien in Wien hinderte ihn seine Er-
nennung zum Oberarzt in dem i. Infanterieregiment zu Karlsruhe. In dieser
Dienststellung marschierte er mit einer badischen Brigade im August 1848
nach Schleswig-Holstein. Während der badischen Revolution that er, neben
seiner Wirksamkeit im Militärspital zu Karlsruhe, Dienst in der dortigen
Bürgerwehr. Seine weitere militärärztliche Laufbahn (seit 1856 als Regiments-
arzt) führte ihn nur vorübergehend nach Konstanz und Durlach, sonst war er
immer in Karlsruhe in Garnison. Im Feldzug von 1866 stand der inzwischen
zum Stabsarzt beförderte H. als Chefarzt des Haupthospitals mit einer Spital -
abtheilung in Tauberbischofsheim. Im Frühjahr 1870 wurde Oberstabsarzt H.
zur Function als Divisionsarzt commandirt. Nach Ausbruch des deutsch-fran-
zösischen Krieges stand er als Chefarzt des Belagerungscorps vor Strassburg und
nahm nach der üebergabe dieser Festung als Vertreter des erkrankten Corps-
Creneralarztes im Stabe des Generals v. Werder an den Gefechten von Epinal,
am Oignon, bei Nuits und Villersexel und an der Schlacht bei Beifort Theil.
Nach der Rückkehr in die Heimath entsagte H., als Generalarzt charakterisirt
und durch hohe Ordensauszeichnungen geehrt, der militärärztlichen Laufbahn
und widmete sich fortan neben seiner sehr ausgebreiteten ärztlichen Praxis
dem Dienste des Rothen Kreuzes. Besonders verdient machte er sich durch
die Ausarbeitung eines Mobilmachungsplanes für die Angehörigen der frei-
willigen Krankenpflege und der Satzungen für das freiwillige Krankenträger-
corps des Karlsruher Männerhilfsvereines. Unter seinen Standesgenossen hoch
angesehen, betheiligte H. sich an der Wahrung ihrer Interessen als Schriftführer und
später als Obmann des Ausschusses der Aerzte im Grossherzogthum Baden, als
Delegirter zum ersten Aerztetag (1873) und zu allen folgenden Delegirtenver-
sammlungen bis 1883, seit 1876 als Mitglied des Gesammtausschusses, in welcher
Eigenschaft er sich besonders als Berichterstatter in Fragen der deutschen Aerzte-
ordnung hervorthat. Zu Karlsruhe wurden hauptsächlich auf seine Veranlassung
die Feriencolonien ins Leben gerufen, an deren Gedeihen er lebhaften Antheil
nahm. Er war auch als Mitglied und seit 1898 als Vorsitzender des Ver-
waltungsrathes der Allgemeinen Versorgungsanstalt eifrig für die Interessen
dieser gemeinnützigen Anstalt thätig. Als Arzt gründlich, kenntnissreich,
scharf und klar in der Diagnose, unermüdlich und uneigennützig in der Be-
handlung, wurde er vielen seiner Kranken auch ein werther Hausfreund. Die
Geradheit, Biederkeit und Festigkeit seines Charakters gewann ihm die Hoch-
achtung, seine Treue und Zuverlässigkeit die Liebe weiter Kreise. Um die
Mitte der 1890er Jahre zwang ihn sein Gesundheitszustand, seine ärztliche
Thätigkeit nach und nach immer mehr zu beschränken. Von langer Krank-
heit des letzten Lebensjahres erlöste ihn ein sanfter Tod. Seine im August
1848 ihm angetraute Gattin, Elise, Tochter des Hofpredigers Deimling, star]>
nach nur einjähriger Ehe; 1852 vermählte er sich mit deren Schwester Sophie,
die ihm einen Sohn und drei Töchter schenkte.
»Karlsruher Zeitung« 1899 No. 323.
v. Weech.
Robert, Emmerich, mit seinem richtigen Namen Magyar, ♦21. Mai 1847
zu Budapest, f in Würzburg 29. Mai 1899. Neun Jahre alt, kam er nach Wien,
wo er schon auf dem Gymnasium die Aufmerksamkeit seiner Lehrer als Decla-
Robert. Graf Rechberg^. 283
mator erregte. Nach einigen Versuchen im Sulkowsky-Theater kam er in die
Schule Lewinskys, ein Probesprechen im Burgtheater 1864 führte zu keinem
Engagement. So wandert er 1865 nach Zürich, 1866 ist er in Stuttgart,
1868 in Berlin, von wo er sicli die Entlassung geradezu erzwingt, um unter
Führung Laubes 1872 in das neugegründete Wiener Stadttheater einzuziehen.
Als Laube schied (1874), ging auch er, um für kurze Zeit, nachdem sein
Meister wieder gerufen worden, zurückzukehren (1875), nach verschiedenen
Gastspielen tritt er 1878 ins Burgtheater, dem er, später auch als Regisseur,
bis zu seinem Tode angehörte. Ueber den Jüngling hatte Laube das ver-
dammende Verdict, er sei zu hässlich, gesprochen, die spätere classische
Schönheit, die ihm wurde, lastete lange wie ein Fluch über ihm und verleitete
ihn zu Posen und Affeetationen, von denen ihn Laube unter strengem Tadel
zu seiner grossen Genugthuung frei werden sieht. Vollständig abgelegt hat er seine
stilisirende Manier nie, sie war ein Theil seines künstlerischen Wesens, das die
Hindernisse eines frühzeitig jeden Schmelzes beraubten Organs und eines Mangels
an echter Leidenschaftund wahrem Temperamente mitstaunenswerther Selbstzucht
zu bezwingen verstand. Die grosse tragische Geberde war seiner Persönlichkeit auf-
geprägt, und zu ihr hinaufführte erdas Wort, das er in klarster Gliederung meisterte.
Was ein durchdringender Kunstverstand, entsprungen aus genauester Selbst-
erkenntniss, zu leisten vermag, dafür ist R.'s Beispiel geradezu vorbildlich.
Was er hatte, Energie, lag mit einer grossartigen Starrheit über allen seinen
Gestalten. Er war geradezu der Begriff des tragischen Helden, dem ein
unerbittliches Schicksal das Zeichen des Todes auf die Stime gedrückt
hatte. Das hob seinen »Oedipus« weit über die rhetorische Leistung, und
macht Rollen, wie »Skule«, »Macbeth« u.a. unvergesslich. Seine vornehme,
dem Gemeinen abgewendete Natur fand für den Aristokratismus eines »Coriolan«
die schärfsten Töne. An seinem »Pausanias« in Wilbrandts »Meister von
Palmira« konnte man studiren, wie die Alten den Tod gebildet, sein
»Manfred«, sein »Appiani« wurden, wie Schienthers Grabrede von ihm sagt,
»das Sinnbild jener Mächte, die durchs Dunkle führen«. Die Grenze seines
Könnens lag dort, wo die wirkliche Kraft einzusetzen hat: so rang er ver-
geblich mit der gewaltigen Aufgabe des Juda in Ludwigs »Makkabäern«.
Schöne Versprechungen für Charakterrollen gaben sein Caligula in Halms
»Fechter von Ravenna« und sein Etzel in Hebbels »Nibelungen«; das Burg-
theater hat es aber verabsäumt, auf ihre Erfüllung zu dringen und ihn vor
einen Richard IIL oder Mephisto zu stellen. In ernsten Salonrollen wenig
verwendbar, wusste er Aufgaben, in denen es ihm gestattet war, sich selbst
zu parodiren, in einer durch ihr pathetisches Wesen unendlich belustigenden
Weise zu lösen: ich nenne nur den Bellac in der »Welt, in der man sich
langweilt« und den Atalus in Grülparzers »Weh dem, der lügt«. Wie ein
nicht allzu grosses ursprüngliches Talent sich durch strenge Erziehung bis
nahe an den schauspielerischen Genius emporentwickeln kann, das ist die
werthvoUe Lehre, welche aus R.'s künstlerischem Lebenswege hervorgeht.
Alexander von Weilen.
Rechberg und Rothenlöwen, Johann Bernhard Graf von, österreichischer
Staatsmann * 17. Juli 1806 zu Regensburg, f 26. Februar 1899 im Schloss
Kettenhof zu Schwechat bei Wien.
284 G*"*^ Rechberg,
Unter den 15 Ministern, die im 19. Jahrhundert die auswärtigen An-
gelegenheiten der habsburgischen Monarchie leiteten, gab es nicht weniger
als sieben, die nicht österreichischen Familien angehörten. Diese Minister-
reihe aus der Fremde (Stadion, Metternich, Fic<iuelmont, Wessenberg, Buol,
Rechberg und Beust), deren Mehrzahl »aus dem Reiche« stammte, waltete
ihres Amtes fast ununterbrochen zwischen 1806 bis 1870, mit den kurzen Unter-
brechungen 1848 bis 1852 und 1864 bis 1866. Der sechste in dieser Folge
gehört dem schwäbischen Geschlechte der Rechberg an, deren Stammsitz, der
Hohenrechberg, sich unmittelbar neben dem Hohenstaufen erhebt. Der Besitz
der Rechberg erstreckt sich über Württemberg und Bayern, so dass dem jewei-
ligen Haupte der Familie Sitz und Stimme in der ersten Kammer beider
Staaten zusteht. Der spätere Minister war der zweite Sohn des Grafen Aloys;
sein älterer Bruder, Graf Albert, erbte das väterliche Fideicommiss, während
der jüngere zur Beamtenlaufbahn in Bayern bestimmt wurde, in die er nach
Vollendung seiner rechts- und staatswissenschaftlichen Studien an den Uni-
versitäten zu Strassburg und München eintrat. Aber ein Duell mit unglück-
lichem Augange, an dem er als Secundant betheiligt war, erregte den Un-
willen König Ludwigs gegen ihn und so trat er in den aussichtsreicheren
österreichischen diplomatischen Dienst. Er begann seine Laufbahn 1829 als
Attache^ bei der Gesandtschaft zu Berlin und wurde 1830 als Legations-
secretär zur Botschaft nach London versetzt, wo er unter Baron Wessenberg
und Graf Apponyi arbeitete. Verhältnissmässig jung wirkte er von 1833 durch
drei Jahre als Geschäftsträger in Darmstadt, wurde hierauf in der Staatscanzlei
zu Wien beschäftigt, gehörte dann den (iesandtschaften in Brüssel und Stock-
holm an, bis er 1843 zum Gesandten am brasilianischen Hofe ernannt wurde.
Vier Jahre blieb er jenseits des Weltmeers, wo er sich mehr mit handels-
politischen und Colonialfragen als mit Politik zu beschäftigen hatte. Als er
Ende 1847 nach Wien zurückkehrte, sah er bei seiner Reise durch München
die gegen Lola Montez gerichteten Unruhen und erstattete dem F'ürsteii
Metternich Bericht über die drohenden Vorzeichen der Revolution. Indessen
glaubte sich der Staatskanzler sicher und wurde so unversehens am
13. März 1898 durch die Erhebung Wiens und seinen Sturz überrascht.
Metternich musste Wien verlassen und fand in Feldsberg, einem Schlosse
des Fürsten Liechtenstein in Niederösterreich nahe an der mährischen
Grenze, für kurze Zeit Zuflucht. In diesen gefahrvollen Tagen stellten sich dem
gestürzten Staatskanzler zwei seiner Untergebenen zur Verfügung: »Baron Karl
von Hügel und der gute Rechberg ^<, so schrieb die Gemahlin des Fürsten dank-
erfüllt in ihr Tagebuch, »der doch niemals von uns besonders begünstig worden
war, standen uns beide gleich muthvoU und treu zur Seite. Hügel blieb bei uns
und traf alle möglichen Vorsichtsmassregeln, Rechberg blieb bei den Kindern«.
Hügel brachte den Plirsten und seine Gemahlin zu Wagen nach Feldsberg,
wohin ihnen Rechberg mit den Kindern auf der Eisenbahn folgte. Aber auch
hier war für die Flüchtlinge kein Bleiben, da der Gemeinderath von Feldsberg den
Fürsten auffordert^, binnen 24 Stunden das Stadtgebiet zu verlassen. Im Reise-
wagen Rechbergs, der neben dem Kutscher Platz genommen hatte, fuhren sie nach
Norden und gelangten dann auf der Eisenbahn nach Olmütz; hier aber Hessen
der Festungscommandant und der Erzbischof den Fürsten wissen, dass sie
nicht für die Ruhe in der SUidt zu bürgen vermöchten, wenn er Olmütz be-
trete. So ging die Flucht weiter durch Böhmen und Sachsen, über Magde-
burg und Hannover nach Holland, wo Metternich von dem König und der
Graf Rechberg. 285
Regierung des Landes ehrenvoll aufgenommen wurde. Erst als Rechberg die
Flüchtlinge im Haag in Sicherheit wusste, verliess er Metternich und kehrte
mit dessen Briefen an die kaiserliche Familie nach Wien zurück.
Als Fürst Felix Schwarzenberg im November 1848 die Zügel der Regierung
ergriff, beschäftigte er Rechberg anfänglich im auswärtigen Amte, ernannte
ihn aber schon am 22. März 1849 zum Bevollmächtigten bei der Frankfurter
Centralgewalt. Diesen Posten hatte soeben Schmerling unwillig verlassen, weil
das Ministerium ihn nicht in seine Absichten eingeweiht und ihn wie alle Welt
durch Verkündigung der centralistischen österreichischen Verfassung vom 7. März
1849 überrascht hatte. Es war dies ein harter Schlag für die grossdeutsche
Partei im Frankfurter Parlament und für Schmerling, ihren Führer, da sich
Oesterreich dadurch selbst aus Deutschland ausschaltete. Schmerling nahm
Rechberg deshalb misslaunig auf und dieses erste unfreundliche Zusammentreffen
war entscheidend für das Verhältniss der beiden Männer, das sich später zu offner
Feindseligkeit gestaltete. Rechberg sah in Frankfurt die F>wählung des Königs
von Preussen zum deutschen Kaiser und dann den Zerfall des ersten deutschen
Parlaments- Von Frankfurt heimgekehrt, arbeitete Rechberg wieder im Ministe-
rium an den deutschen Geschäften. Der Confiict zwischen Oesterreich und
Preussen verschärfte sich, als bayrische Truppen mit Zustimmung Oesterreichs
nach Kurhessen geschickt wurden, um den an seiner Verfassung festhaltenden
Volksstamm unter die Herrschaft des Kurfürsten zu beugen, während Preussen die
»Strafbayern« an der Besetzung des Landes hindern wollte. Rechberg wurde
im November 1850 zum Bundescommissar in Kurhessen ernannt, mit dem
Auftrage, die Execution gegen das auf seinem guten Rechte beharrende Volk
zu leiten. Diese missliche Aufgabe wurde ihm aber auf seine Bitte bald
abgenommen und ihm selbst die bedeutende Stellung eines Gesandten in
Constantinopel zugedacht; im Juni 185 1 wurde er zum Internuntius ernannt,
ohne dass er jedoch dieses Amt antrat. Den ehrenwerthen Grund, weshalb
er es ausschlug, erfahren wir aus einem Briefe Bismarcks nach Rechbergs
eigener Mittheilung. »Er geht nicht nach Constantinopel«, schreibt Bismarck
im Juni 1852 aus Wien, »weil man sich geweigert hat, ihm das dortige
corrumpirte Subalternpersonal — Testa etc. — zu opfern.« Schon früher
hatte sich unter den Frankfurter Diplomaten die Nachricht verbreitet, Rechberg
sei als Nachfolger des Grafen Thun zum Präsidenten des Bundestages bestimmt
und Bismarck berichtete aus Frankfurt am 23. April 1852 nach Berlin: »Graf
Rechberg wäre nach Allem, was ich höre, Herrn v. Prokesch entschieden
vorzuziehen, als ein zwar leidenschaftlicher, aber gerader und ehrliebender
Mann.« Indessen hatte Bismarck das Missvergnügen, bald darauf doch Prokesch
als Vertreter Oesterreichs neben sich zu sehen. Die persönliche Bekannt-
schaft Bismarcks und Rechbergs datirt von dem Besuche des Ersteren in Wien
und aus diesem Anlasse entwirft der preussische Diplomat von Rechberg eine
für diesen sehr günstige Schilderung. Er lernte ihn im Hause des alten
Fürsten Metternich kennen. »Ich hatte ihn anders gedacht«, schreibt er ver-
traulich an Minister Manteuffel, »seine brillentragende Erscheinung hält etwa
die Mitte zwischen Robert Goltz« (dem späteren preussischen Gesandten in
Paris) »und dem Hofdrucker Decker und er sieht mehr wie ein Kammer-
gerichtsrath aus als wie ein Diplomat. Er war sehr entgegenkommend und
mittheilend für mich und gefällt mir sonst ganz gut; aber auch er glaubt,
der deutsche Bund würde durch die officiclle Adoi)tion der schwarzroth-
goldenen Farbe Kräfte gewinnen und solche der Demokratie entziehen.«
286 Oraf Rechbergf.
Die letztere Bemerkung erinnert daran, dass Bismarck damals noch, auch in
Aeusserlichkeiten, conservativer Heissspom war.
Der Tod des Fürsten Schwarzenberg (5. April 1852) erhob den Grafen
Buol-Schauenstein zum österreichischen Minister des Aeussem. Der neue
Vorgesetzte war R. nicht sympathisch, wie viele seiner ungünstigen Bemerkungen
über Buol beweisen. Er fiihlte sich im diplomatischen Dienste unbehaglich:
die Botschaft in Constantinopel hatte er ausgeschlagen und für Frankfurt war
ihm Herr von Prokesch vorgezogen worden, oder wie Bismarck gerüchtweise
im November 1852 zu melden wusste, R. hatte das Amt mit dem Bemerken
abgelehnt, es sei ein Posten, wo man leicht den Hals brechen könne. Ver-
muthlich war das wenig freundliche Verhältniss zu Buol der Grund, wes-
halb Rechberg jetzt für einige Zeit in die innere Verwaltung übertrat. Am
7. September 1853 wurde er nämlich dem Feldmarschall Grafen Radetzky zur
Seite gesetzt, um die Administration des lombardisch-venetianischen König-
reiches zu leiten; der Sache nach war er Statthalter, doch führte er nur
den bescheideneren Titel eines Civiladlatus des Feldmarschalls, dem die
Stellung eines Generalgouvemeurs blieb. Die österreichische Regierung war
zu dieser Einrichtung veranlasst, weil sie endlich daran gehen musste, das
1848 in den italienischen Provinzen eingeführte militärische Regiment durch
eine bürgerliche Verwaltung zu ersetzen. Radetzky persönlich war milde
gesinnt, aber der Belagerungszustand lastete schwer auf den durch das Schwert
zurückeroberten Provinzen, und mancher seiner Generale und Officiere ver-
schärfte durch harte Massregeln die durch die Verhältnisse gebotene Strenge.
Begreiflicherweise war der alte Feldmarschall über die Einschränkung seiner
Vollmachten ungehalten; er schrieb seiner Tochter, er habe das Land mit
seinen Officieren und wenigen Civilbeamten billiger regiert als R. mit dem grossen,
beigegebenen Beamtenstabe. Indessen stand das Ansehen des alten Helden
so fest, dass er sich bei seiner Klugheit mit den neuen Verhältnissen abfand ;
seine Umgebung dagegen gerieth in scharfe Conflicte mit R., der seine Amts-
wirksamkeit nicht einschränken lassen mochte und darin den Weisungen des
Ministers des Innern, Alexander Bach, entsprach ; diesem war mit Recht daran
gelegen, den über Italien und Ungarn verhängten Belagerungszustand aufheben
zu lassen. R. war lebhaft und aufbrausend und stiess mit dem ebenso
temperamentvollen Benedek, dem Generalstabschef des Feldmarschalls, so
heftig zusammen, dass ein Verkehr zwischen beiden überhaupt unmöglich
wurde.
Zu dieser Zeit, — es war der Höhepunkt des Krimkrieges — war die
äussere Politik Oesterreichs vor schwierige Aufgaben gestellt, denen Graf Buol
nicht gewachsen war. Wohl war es zunächst ein Erfolg, dass Oesterreich im
April 1854 die preussische Regierung und den deutschen Bund zum Abschlüsse
eines Vertheidigungsbündnisses bestimmte, das auch die ausserdeutschen Gebiete
des Kaiserstaates gegen feindliche Angriffe sicherte. Nun ging Buol, der die
Erwerbung der Moldau und der Walachei für Oesterreich ins Auge gefasst
hatte, einen Schritt weiter, sagte dem tief verletzten Czaren die 1849 befestigte
Freundschaft auf und schloss im December 1854 ein Bündniss mit den West-
mächten. Preussen war nicht zuvor verständigt worden; Buol hoffte jedoch,
den König Friedrich Wilhelm und den deutschen Bund zum Beitritte zu be-
stimmen. Er täuschte sich, da Preussen über das geheime Spiel Oesterreichs
ungehalten war und nicht mit Russland in Krieg gerathen wollte; heftiger
noch widersprachen zu Frankfurt die Gesandten der Mittelstaaten. Da
Oraf Rechber^. 487
Oesterreich in diesem Augenblicke — wir kennen bis heute noch nicht die
entscheidenden Vorgänge am Wiener Hofe — vor den Consequenzen zurück-
schrak und den Westmächten nicht den von ihnen erwarteten bewaffneten Beistand
leistete, so hatte sich diese Zickzack-Politik der Reihe nach in Widerspruch
mit sämmtlichen Grossmächten gesetzt; Bismarcks Abneigung gegen Oester-
reich fasste in dessen Unzuverlässigkeit tiefe Wurzeln und er wurde der
entschiedenste Gegner einer Unterstützung seiner Orientpolitik durch Preussen.
Bismarcks Abneigung steigerte sich noch durch die täglichen Zusammenstösse
mit Prokesch, der sich durch seine Charakterfehler den ganzen Bundestag ent-
fremdete. Unter diesen Umständen stiegen die Aussichten für einen angesehenen
Diplomaten wieR., und er wurde im Februar 1855 nach Frankfurt geschickt, vorerst
bloss um Prokesch zu vertreten. Wie angesehen er schon damals war, beweist
das Gerücht, dass Bismarck am 18. September des Jahres nach Berlin meldete:
in Wien stehe ein Ministerwechsel bevor und R. werde als Nachfolger Buols
genannt. Indessen war R. noch nicht so weit. Prokesch kehrte im Sommer
vorübergehend auf den Frankfurter Posten zurück, wurde aber bald darauf
nach Constantinopel versetzt und R. am 12. October 1855 endgiltig zum Prä-
sidenten des Bundestages ernannt.
Damit tritt Graf R. als historische Figur unmittelbar neben Bismarck,
und dessen lebensvolle Schilderungen der diplomatischen Kämpfe zu Frankfurt
rücken die Persönlichkeit und das Wirken des österreichischen Gesandten in
das hellste Licht. In den Berichten Bismarcks aus Frankfurt setzte sich der
grosse Staatsmann ein literarisches Denkmal sonder Gleichen, aber auch R.
kommt dabei nicht zu kurz; selten ist wohl einem Staatsmann durch einen
politischen Widersacher in hohem Greisenalter eine gleich hohe Genugthuung
widerfahren wie ihm durch die Veröffentlichung der Frankfurter Depeschen
Bismarcks. Anfänglich übertrug Bismarck seine Abneigung gegen die öster-
reichische Politik auf ihren damaligen Vertreter, und der günstige Eindruck,
den R. bei ihrem Zusammentreffen in Wien gemacht hatte, trat in ihm zurück.
»Ich halte R.«, so schreibt er am 28. Februar 1855, »für ebenso schlimm
(wie Prokesch) in seiner politischen Richtung, und dabei für geschickter und
energischer.« Er traute dem neuen Bundespräsidenten sogar einen »Staats-
streich« in seinem Amte zu, in der Absicht, die Mittelstaaten der österreichischen
Politik gefügig zu machen. Aber schon nach der ersten Unterredung schwand
dieses Misstrauen Bismarcks.
Es ist hier die Stelle, um Rechbergs Grundanschauung über die Aufgaben
der österreichischen Politik festzustellen. Er war, was die äusseren Verhältnisse
betraf, von der Richtigkeit der Ziele und Wege des Fürsten Mettemich über-
zeugt, und hierin hatte wohl auch seine persönliche Anhänglichkeit an den
Staatskanzler ihren Grund. Auch nach Rechbergs Ansicht hatte .Oesterreich
das Bündniss mit Preussen und Russland zu pflegen, da blos auf diese Weise
seine stets angefochtene Herrschaft über Italien behauptet und Ungarn
niedergehalten gehalten werden konnte. Deshalb widerrieth er jedem allzu
kühnen Ausgreifen seines Staates, weil er sich dadurch in Deutschland
Preussen entfremden oder auf der Balkanhalbinsel mit Russland zusammen-
stossen müsse. Somit billigte er schwerlich die Machtpolitik des Fürsten
Schwarzenberg in Deutschland in ihrem ganzen Umfange, Buols Eroberungs-
pläne im Osten verurtheilte er offen als zu gefahrlich.
Es macht nun seinem Charakter und seinem Unabhängigkeitssinne alle
Ehre, dass er diese Politik ebenso bei Kaiser Franz Joseph vertrat, wie er
288 öraf Rechberg.
sie offenherzig im Verkehre mit Bismarck entwickelte. Er gewann dadurch
den preussischen Gesandten, der am 5. März 1855 an Manteuffel meldete:
»Ich habe eine lange Unterredung mit dem Grafen Rechberg gehabt, bei
welcher das Entgegenkommende der politischen Ansichten, die er aussprach,
meine Erwartungen übertraf. Wenn er aufrichtig gegen mich gewesen ist,
und ich habe bisher keinen Grund, daran zu zweifeln, so kann ich ihn, nach
seiner Auffassung der Beziehungen zu Preussen, kaum der gegenwärtig in
Wien herrschenden Richtung zuzählen. Seiner Meinung nach hat Oesterreich
gegenwärtig die Aufgabe, sich mit Preussen zu verständigen, und auf diese
Weise für beide eine gesicherte Stellung swischen den Weltmächten') zu ge-
winnen«. »Rechbergs Verhalten,« besagt der Bericht Bismarcks vom 25. März
1855 »kann ich fortwährend nur loben, er lässt mit sich reden, ohne zu
deklamiren und zu zanken«. Natüriich konnte er Bismarcks hohe Ansprüche
auf die Geltung Preussens nicht ganz befriedigen und das im Naturell des
preussischen Gesandten wurzelnde Misstrauen fand bald, wenn auch nur vor-
übergehend, neue Nahrung. Es ärgerte Bismarck, dass Rechberg sich »leider«
nicht blos zu ihm, sondern auch zu den übrigen Gesandten in ein Verhältniss des
Vertrauens setzte, besonders aber dass er mit dem Vertreter Bayerns, Herrn
V. Schrenck, seinem Jugendfreunde, weite einsame Spaziergänge machte. Bald ist
ihm der gewandte Rechberg so unbequem, dass er ausruft: »Ich sehne mich
mitunter nach Prokeschs Rückkehr; er war ein viel wünschenswertherer
Gegner. Wollen wir uns und können wir uns mit Oesterreich verständigen,
so ist Rechberg weit vorzuziehen und Prokesch gar nicht möglich. Rechberg
sagt mir täglich, es müsse wieder dahin kommen, dass gar nichts am Bunde
verhandelt werde, worüber vorher nicht Einigkeit zwischen Berlin und Wien
erzielt sei.« Rechberg sei wohl katholisch, aber sein Katholicismus sei über-
wiegend »politischer Natur«. Der neue Gesandte besass nach demselben
Zeugnisse in den grossen europäischen Fragen eine selbständige Auffassung,
so dass er »nicht zu den Eingeweihten des letzten Gedankens der Politik
des Wiener Cabinets zu gehören scheint. Sein von dem Grafen Buol wesent-
lich verschiedener Standpunkt und die zwischen beiden seit dem Tode des
Fürsten Schwarzenberg schon herrschende Verstimmung erkläre dies leicht«.
Air dieses I^ob wie der Tadel des wachsamen, eifersüchtigen Nebenbuhlers
sind gleich ehrenvoll flir Rechberg. Dieser schmeichelte seinem Chef Buol nicht
im entferntesten; »mit Frau von Vrints, der Schwester des Grafen Buol« (die
in Frankfurt eine bedeutende gesellschaftliche Stellung einnahm), »steht er in
offener Fehde«. Alles Frühere zusammenfassend, findet Bismarck, das Miss-
trauen der Mittelstaaten gegen die österreichische Orientpolitik würde schwinden,
wenn Graf Rechberg oder Graf Thun an der Spitze der Geschäfte in Wien
stünden.
In dem Gange der Buol'schen PoHtik missbilligte Graf Rechberg nicht
zum mindesten die Feindseligkeit gegen Russland, denn bekanntlich zog sich
Oesterreich den Vorwurf der' Undankbarkeit seitens Russland zu, ohne die
Feindseligkeit des Kaisers Napoleon ganz bannen zu können. Rechberg hielt
denn auch nicht mit seinem Tadel der Note zurück, durch die Buol im
Januar 1856 Russland zur Unterzeichnung des Friedens nöthigte.
Unter diesen Umständen hielt es Graf Rechberg um so nothwendiger,
dass Oesterreich sich wenigstens mit Preussen verbinde, und er befürwortete
') Die Wendung »zwischen den VVestmächten« bei Poschinger ist wohl ein Lese-
oder Druckfehler.
Craf Rechberg. 2S9
im December 1855 ^^^ ^^^^ die Absendung des österreichischen Unterstaats-
secretärs Werner nach Berlin zur Schlichtung der Differenzen mit dem Berliner
Cabinet. Als er den Auftrag erhielt, den Bundestag zum Anschlüsse an die
Russland einschüchternde Politik Oesterreichs zu bestimmen, erkannte er,
dass sich weder Preussen noch die Mittelstaaten würden gewinnen lassen
und es gelang ihm, mit Bismarck eine vermittelnde Formel zu vereinbaren,
welche im Wesentlichen auch vom Bunde angenommen wurde.
Rechberg ging aber in seinen Bemühungen noch weiter. Er arbeitete im
Jahre 1856 eine für Kaiser Franz Josef bestimmte Denkschrift aus, in der
Absicht, dadurch eine Aenderung der österreichischen Politik Preussen gegen-
über anzubahnen. Die Eifersucht der beiden Grossmächte, so führt er aus,
habe zur Folge gehabt, dass den an sich ohnmächtigen Mittelstaaten Deutsch-
lands eine Vermittler- und Schiedsrichterrolle zugefallen sei, die sie doch nur
unter Anlehnung an Frankreich festhalten könnten. Der Bund, das war der
Grundgedanke der Denkschrift, sei nicht stark genug, um die Zwietracht seiner
beiden Hauptmächte und das Werben um die Stimmen der Kleinen zu er-
tragen. Als Rechberg Herrn von Bismarck von dem Inhalte seiner Arbeit ver-
ständigte, äusserte er zugleich unverhohlen, dass er fürchte, in Wien auch
diesmal wie gewöhnlich einer kurzen und unmotivirten Ablehnung zu begegnen.
Auch wusste er, dass er auf den Widerspruch des Herrn von Biegeleben
stossen werde, der im österreichischen Ministerium des Aeussem das Referat
über die deutschen Angelegenheiten führte. Wir begegnen hier zum ersten
Male dem Manne, der für Rechbergs späteres Wirken bedeutsam und ver-
hängnissvoll werden sollte. Rechberg gab sich keiner Täuschung darüber hin,
dass eine Besserung nicht zu erwarten sei, wofern Biegeleben nicht seines
wichtigen Referates enthoben würde.
Es ist bisher nicht bekannt geworden, welche Aufnahme diese Denk-
schrift, wenn sie überhaupt abgesendet wurde, in Wien fand. Sehr bald
erkannte man indessen in Oesterreich, wie gefährlich für Oesterreich die
Vereinsamung sei, in der es sich nach dem Krimkriege befand. Deshalb
wurde Rechberg 1857 nach Stuttgart gesandt, um König Wilhelm von Württem-
berg zu bestimmen, zwischen Kaiser Franz Josef und dem Czaren, dem Neffen des
Königs, zu vermitteln; indessen hatte, wie zu erwarten stand, die Bemühung
des Königs keinen Erfolg. Dem Berliner Cabinet gegenüber aber verharrte
"Jie österreichische Politik auf der betretenen Bahn. Graf Rechberg wurde
on Wien aus angewiesen, Preussen in jeder Weise entgegenzuwirken und die
ittelstaaten für Oesterreich zu gewinnen. Er musste nach seinen Instructionen
ndeln und so entspann sich ein merkwürdiges Verhältniss zwischen dem
( y .erreichischen und dem preussischen Gesandten. Sie bekämpften sich mit
allen Mitteln der Diplomatie, wobei Rechberg als Präsident der Versammlung
und Vertreter der führenden Macht sich in einer günstigeren Stellung befand;
s gelang ihm auch, nahezu in allen Fragen eine Mehrheit um sich zu
immeln. Aber so gross auch der Unwille war, der darob die Seele des
olzen und reizbaren, zum Herrschen geborenen und jetzt zurückgedrängten
smarck erfüllte, so musste er anerkennen, dass Rechberg sich loyaler Mittel
diente und innerlich diesen Wettbewerb um die Gunst der Mittelstaaten
ii - schädlich hielt.
Das Verhältniss gegenseitiger Achtung zwischen Bismarck und Rechberg
blieb unverändert, auch als Oesterreich den König Friedrich Wilhelm IV.
durch seine Feindseligkeit in der Neuenburger Frage tief kränkte. Der König
Biosrr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. ig
200 Graf Rcchber^.
wollte die Eidgenossenschaft zur Freilassung der Führer der preussenfreund-
lichen Partei Neuenbürgs zwingen, denen man den Process gemacht hatte,
und er sah sich hierbei von Oesterreich im Stiche gelassen, von Napoleon III.
dagegen klüglich unterstützt. Rechberg machte in vertraulichen Aeusserungen
kein Hehl aus seiner Niedergeschlagenheit über die Irrthümer des Wiener
Cabinets, Buol der Unfähigkeit anklagend. Bei diesem Anlass scheint sich
die Scene abgespielt zu haben, die Bismarck später erzählte. Rechberg kam
zu ihm, um ihm eine von Wien aus eingelangte Instruction zu zeigen, des
Inhalts, er habe für einen Antrag Preussens in dieser Angelegenheit zu stimmen.
Bismarck las einen Theil des ihm vorgelegten Schriftstückes und bemerkte
sofort: »Hier muss ein Irrthum vorgefallen sein.« Rechberg sah ins Blatt
hinein und erschrak; er hatte Bismarck aus Versehen eine andere Depesche
aus Wien lesen lassen, in der er angewiesen wurde, für den preussischen
Standpunkt zu stimmen, aber gegen ihn zu wirken. »Beruhigen sie sich,«
sagte Bismarck, »Sie haben mir den Brief nicht geben wollen, also haben
Sie ihn mir nicht gegeben, also ist sein Inhalt mir völlig unbekannt.« (Wahr-
scheinlich handelte es sich hierbei um die Depesche, die von Bismarck in
seinem Berichte vom 25. December 1856 erwähnt wird; es ist dies ein
geheimes Rundschreiben des Wiener Cabinets an die süddeutschen Höfe,
in dem ihnen gerathen wird, den Durchmarsch preussischer Truppen gegen
die Schweiz nicht zu gestatten, Preussen in dieser Angelegenheit vielmehr an
den Bund zu verweisen.)
Schrofif traten sich sodann die beiden Diplomaten in der Rastatter
Festungsfrage gegenüber. Der Grossherzog von Baden hatte insgeheim ein-
gewilligt, dass Oesterreich eine Besatzung in die Bundesfestung lege, und
erst hinterher wurde die Zustimmung des Bundes verlangt. Mit Eifer betrieb
Rechberg das ihm aufgetragene Geschäft, wiewohl Bismarck ihn an seinen
eigenen Grundsatz erinnerte, Oesterreich und Preussen sollten sich stets
einigen, bevor sie etwas an den Bund brächten. Immer lebhafter wurden
die Klagen Bismarcks über die übrigen Gesandten, die, wie er behauptet,
sich »gegen klares Recht« aus persönlichen Rücksichten zu Parteizwecken
missbrauchen lassen. Bismarck legte am 29. Januar 1858 Manteuffel gegen-
über das Bekenntniss ab: »E^ ist für den preussischen Gesandten am Bunde
nicht leicht, den österreichischen und den anderweitigen antipreussischen
Einflüssen gegenüber den persönlichen Beistand auch nur eines einzigen
«einer Collegen zu gewinnen.«
Diese Reibungen und Zusammenstösse hätten, wie bekannt, beinahe zu
einem Duell zwischen den beiden Gesandten geführt. Der Streit zwischen
ihnen wurde einmal so heftig, dass Rechberg nicht mehr Herr seines hitzigen
Temperaments blieb und ausrief: »Ich werde Ihnen meine Secundanten
schicken I« »Wozu die Umstände«, erwiderte Bismarck, »Sie haben ja wohl
Pistolen, dann machen wir die Sache sogleich in Ihrem Garten ab. Während
Sie das Schiessgeräth zurecht machen, schreibe ich einen Bericht über den
Handel, den ich eintretenden Falles nach Berlin zu schicken hätte.« Bismarck
setzte sich wirklich nieder, schrieb den Bericht und ersuchte Rechberg, ihn
zu lesen. Dessen Hitze hatte sich indessen abgekühlt; er meinte: »Alles
recht, aber uns deshalb die Hälse zu brechen, wäre doch über die Maassen
thöricht.« Bismarck erklärte sich ganz einverstanden. So der Bericht, den
der Reichskanzler später gerne zum Besten gab und den Sybel in der obigen
Form wiedergiebt. Nach einer anderen Fassung hätte der bayerische Gesandte,
Graf Rechberg. 29t
Herr von Schrenck, zwischen den beiden Männern vermittelt und die Sache
ins Reine gebracht. Das ist, wie gesagt, die Darstellung Bismarcks. In
hohem Alter kam Graf Rechberg dem Verfasser dieses Aufsatzes gegenüber
zweimal auf die Sache zu sprechen, gab die Richtigkeit der Erzählung zu,
Hess sich aber auch über den Anlass des Streites aus. Danach handelte es
sich um den vor die Bundesversammlung gebrachten Antrag, den schleswig-
holsteinschen Offizieren, die 1848 — 1850 gegen Dänemark gekämpft hatten,
eine Pension seitens des Bundes zu gewähren. Am Tage der Abstimmung
hatte Rechberg noch keine Instruction aus Wien in Händen und es lag ihm,
um das Ansehen Oesterreichs in Deutschland zu wahren, Alles daran, die
Entscheidung hinauszuschieben, damit sein Staat nicht als Gegner des schles-
wig-holsteinschen Sache erscheine. Er bat Bismarck um die persönliche
Getälligkeit, der Vertagung der Sache zuzustimmen. Dieser, so er:^lt Rech-
berg weiter, ging anscheinend auf diesen Wunsch ein; der österreichische
Gesandte war deshalb unliebsam überrascht, als sein College in der Sitzung
trotzdem die Verhandlung der Angelegenheit betrieb, so dass Rechberg der
Versammlung eröffnen musste, er habe kein Recht zuzustimmen. Nach der
Sitzung machte ihm Rechberg heftige Vorwürfe, und der Wortwechsel wurde
so lebhaft, dass der hitzige österreichische Gesandte den preussischen zum
Zweikampfe herausforderte.
Soweit Rechberg. In den veröffentlichten Actenstücken finden sich zwei
Fälle, in denen die beiden Diplomaten über die Pensionsfrage hart aufeinander
stiessen. (Poschinger, Preussen im Bundestag, 3. Theil, S. 119 und S. 201,)
Es bleibe dahingestellt, wie weit Graf Rechberg, der beinahe 90 Jahre alt
war, als er die Dinge so darstellte, sich auf sein übrigens ungewöhnlich
frisches Gedächtniss verlassen konnte.
Während dieser kleinlichen und ärgerlichen Streitigkeiten zwischen den
deutschen Grossmächten bereitete Napoleon III. den Krieg gegen Oesterreich
vor und Kaiser Franz Josef durchschnitt die im Frühjahre 1859 gepflogenen
Scheinverhandlungen durch die Absendung des Ultimatums an den sardinischen
Hof. Graf Buol, der von dem Schritte des Kaisers nicht früher verständigt
worden war, gab hierauf seine Entlassung und an seine Stelle trat am
17. Mai 1859 Graf Rechberg als Minister des Aeussem. Mitten in einer
grossen europäischen Krise sollte er seine Kräfte erproben. Da unmittelbar
darauf am 4. Juni die für Oesterreich unglückliche Schlacht bei Magenta
geschlagen wurde, so stand Rechberg in den schwierigsten Verhältnissen. Er
war Zeuge, wie tief die Nachricht von der Niederlage seinen Meister in der
Diplomatie, den 85jährigen Fürsten Mettemich, erschütterte; bald nach ihrem
Einlaufe fiel der ehemalige Staatskanzler in Gegenwart Rechbergs, der gerade
bei ihm zu Besuche war, in eine tiefe Ohnmacht, und obwohl er sich wieder
erholte, waren seine Kräfte bald aufgezehrt; eine Woche darauf verschied er.
Nach der Schlacht von Magenta übernahm Kaiser Franz Josef den Oberbefehl
in Italien, wohin ihm bald Rechberg folgte. Im Hauptquartier zu Verona
traf Rechberg unter den Generalen, die er während seiner lombardischen
Statthalterschaft kennen gelernt hatte, auch Benedek und er reichte ihm, der
Rechberg noch immer grollte, die Hand zur Versöhnung. In dem Briefe
Rechbergs, in dem das geschah, heisst es : »Wir stehen beide in dieser ernsten
Zeit auf der Bresche. Ich fühle das Bedürfniss, mein verehrtester Herr
Feldmarschall-Leutnant, Ihnen herzlichst die Hand zu geben und die Bitte
auszudrücken, frühere Irrungen, die zwischen uns stattgefunden haben, in
19*
2^2 Graf Reckbergf.
dem gemeinschaftlichen Kampfe für unseren Kaiser und das Vaterland der
Vergessenheit zu weihen. Unter der kleinen Schaar der Erprobten darf unter
so bedrohlichen Verhältnissen kein anderes Gefühl als das der brüderlichen
Freundschaft zum gemeinsamen Einstehen für das Recht und die gute Sache
bestehen«.
Die Hoffnungen Oesterreichs wurden durch die zweite Niederlage bei
Solferino am 24. Juni niedergeschlagen, so dass Kaiser Franz Josef bei der
Zusammenkunft mit Napoleon zu Villafranca in den Frieden willigte. Die
Lombardei war der Preis, den Oesterreich zahlen musste.
Die nächste Folge der Niederlage war der Fall des Absolutismus in
Oesterreich. Offenkundig war, dass die Theilnahme der Völker Oesterreichs
am Staate durch den Widerwillen gegen das bisherige System zurückgedrängt
wurde; hatte Napoleon doch vor dem Kriege sogar mit der Erhebung Ungarns
gegen die österreichische Herrschaft gerechnet. Graf Rechberg theilte die
Ansicht derjenigen, die meinten, der Druck müsse gemildert, der Einfluss des
Clerus eingeschränkt, Ordnung in die Finanzen gebracht werden. Wohl war
er streng conservativ gesinnt und hielt eine starke Regierung, sowie die Auf-
rechterhaltung des österreichischen Einheitstaates für nothwendig, aber seine
Einsicht sagte ihm, dass die Einführung constitutioneller Formen und die
Versöhnung mit Ungarn unabweislich sei. In diesem mässigenden Sinne
wirkte er schon vor seiner Abreise ins Hauptquartier. Er knüpfte, wie es
heisst, durch Baron Josika, Verbindungen mit dem conservativen Adel Ungarns
an, der, wenn auch streng monarchisch gesinnt, doch gleichfalls gegen das herr-
schende absolutistische System in Opposition stand. Noch von Verona aus erliess
der Kaiser auf Rath Rechbergs am 15. Juli ein Manifest, des Inhalts, dass
die Regienmg zeitgemässe Verbesserungen in der Gesetzgebung und in der
Verwaltung fllr nothwendig halte. Auf diesem Wege lag es, dass Rechberg
nach der Rückkehr des Kaisers in Wien beim Minister des Innern, Alexander
Bach, erschien und ihm ankündigte, der Kaiser wünsche, er und der Polizei-
minister Kempen hätten ihre Entlassung zu nehmen. Die Befestigung der
Stellung Rechbergs zeigte sich darin, dass er im August 1859 ^^^ Vorsitzenden
im Ministerrathe ernannt wurde und zu seinen bisherigen Pflichten auch das
Amt eines Ministers des kaiserlichen Hauses übernahm. Das wichtige
Ministerium des Innern wurde dem Grafen Goluchowski, bisher Statthalter
in Galizien, anvertraut; etwas später wurde, um den Ungarn ein Zeichen des
Einlenkens zu geben, die Abberufung des Erzherzogs Albrecht aus Ungarn,
der bisher Civil- und Militärgouverneur gewesen war, verfügt und an seine
Stelle der Ungar Benedek gesetzt. Es entsprach aber nicht Rechbergs An-
sichten, dass Goluchowski Vorbereitungen traf, um den einzelnen Provinzen
Oesterreichs eine weitgehende Selbständigkeit zu gewähren. Rechberg war
vielmehr damit einverstanden, dass im December 1860 Schmerling berufen
wurde, um den Einheitsstaat aufrecht zu erhalten, dabei jedoch gleichzeitig
verfassungsmässige Formen einzuführen. In Folge dieser Veränderung über-
liess Rechberg dem Erzherzog Rainer das Amt des Ministerpräsidenten in
dem Cabinet, in dem Schmerling als Staatsminister die innere Politik leitete,
während Rechberg Minister des Aeussern und des kaiserlichen Hauses blieb.
Wiewohl sein persönliches Verhältniss zu Schmerling nicht das beste war,
schien sich die neue Ordnung der Dinge anfangs gut zu bewähren.
Die äussere Politik Oesterreichs wurde durch die Ereignisse in Italien
beherrscht. Die Volksabstimmungen in Mittelitalien übertrugen dem König
Graf Rechberg. 293
Victor Emaiiuel die Herrschaft über diese Gebiete und Garibaldi unternahm
seinen Siegeszug durch Sizilien und Neapel. Diese mächtige Volksbewegung,
welche zuletzt den österreichischen Besitz in Venetien bedrohen musste, hätte
kein österreichischer Minister hindern können. Als einziges günstiges Er-
gebniss dieser Ereignisse sah Rechberg es an, dass Lord Palmerston, der die
Befreiung Italiens unterstützt hatte, seit der Abtretung Nizzas und Savoyens
an Frankreich von Misstrauen gegen Napoleon erfüllt wurde und sich Oester-
reich näherte, dem Palmerston in Italien bisher jede nur mögliche Schädigung
zugefügt hatte. Zwischen Palmerston und Rechberg entspann sich ein geheimer
Briefwechsel, in dessen Verlaufe der englische Minister Rechberg mit den
Eroberungsplänen Napoleons bekannt machte, die ihm aus Papieren bekannt
waren, welche Palmerston um einen hohen Preis von einem ehemaligen
Secretär Napoleons gekauft hatte. Der Briefwechsel der beiden Minister
ging durch die Hände des Staatsraths Klindworth, eines Abenteurers, der
gleichzeitig stets im Solde mehrerer Regierungen stand; officiell konnte Palmer-
ston als Führer der liberalen Partei sich nicht der conservativen Politik
Oesterreichs nähern, wie denn auch England die erste Grossmacht war, die
das Königreich Italien anerkannte.
Ebenso unfruchtbar musste die deutsche Politik Oesterreichs bleiben, da
sie auf die Aufrechterhaltung des Einflusses in Deutschland gerichtet war,
ohne dass Oesterreich dem deutschen Volke die ersehnte Einigung bieten
konnte. Weitreichende Pläne lagen auch nicht im Sinne Rechbergs, der die
Fäden der Metternich'schen Politik weiterspinnen und eine Verständigung
mit Preussen herbeiführen wollte; Rechberg setzte sich eben ein enges Ziel: die
Erhaltung des 181 5 in Deutschland geschaffenen Zustandes. In diesen Be-
mühungen sah er sich unaufhörlich gehemmt, da sein Einfluss im Cabinet
des Kaisers Franz Josef sehr häufig durch den anderer Rathgeber durchkreuzt
wurde. Nicht einmal in seinem eigenen Ministerium war seine Autorität
unerschüttert. Der Director im Ministerium, Freiherr von Meysenbug, war
franzosenfreundlich gesinnt und wirkte für die Versöhnung mit Kaiser Napoleon ;
wichtiger aber war, dass der bereits erwähnte Referent für die deutschen
Angelegenheiten, Freiherr von Biegeleben, die preussenfreundliche Richtung
Rechbergs missbilligte und die Aufnahme grossdeutscher Pläne seitens Oester-
reich befürwortete. Biegeleben fand, so oft er in glänzend geschriebenen
Denkschriften solche weitfliegende Entwürfe vertrat, williges Gehör bei Kaiser
Franz Josef, so dass der Einfluss dieses Hofrathes im Ministerium den des
Grafen Rechberg zeitweilig in den Hintergrund drängte. Rechbergs Persön-
lichkeit war nicht kräftig genug, um sich im Rathe Kaisers Franz Josefs
durchzusetzen; freilich zeigte es sich später, dass nicht blos er, sondern die
meisten Minister Oesterreichs in unseren Tagen an ähnlichen Schwierigkeiten
und Schwankungen scheiterten.
Es war freilich schwierig genug, zu einem besseren Verständnisse mit
Preussen zu gelangen, da das liberale preussische Cabinet Hohenlohe die
Absicht hegte, die Aufmerksamkeit des Volkes von dem Militärconflict im
Innern dadurch abzulenken, dass es wieder mit dem Plane der Bildung eines
engeren deutschen Bundes unter Führung Preussens hervortrat. Dieser
Gedanke war in der Note Bernstorffs, des Ministers des Aeusseren, vom
20. December 1861 formulirt und das kräftigere Auftreten Preussens kam
auch darin zum Ausdrucke, dass es am 29. März 1862 einen freihändlerischen
Handelsvertrag mit Frankreich schloss und die Staaten des Zollvereins
20^. Graf Rechberg.
■
vor die Wahl stellte, der Abmachung beizutreten oder den Zollverein zu
verlassen.
Selbst wenn R. den Wunsch gehegt hätte, trotz dieser Vorstösse
Preussens einem diplomatischen Conflicte mit dem Nebenbuhler aus dem
Wege zu gehen, so wäre ihm dies angesichts des verletzten Stolzes des
Wiener Hofes nicht möglich gewesen. Zudem hatte mit dem Eintritte
Schmerlings in das österreichische Cabinet die grossdeutsche, antipreussische
Richtung einen entschlossenen Vertreter gefunden, der sich auf das Festeste
mit Hofrath Biegeleben verband, Uebrigens empfand R. angesichts des Vor-
gehens Preussens zu lebhaft, was er seiner Stellung als Nachfolger Mettemichs
und Schwarzenbergs schuldig sei, um sich von dem diplomatischen Feldzuge
gegen Preussen auszuschliessen, wenn er auch, anders als Schmerling, vor dem
offenen Bruche zurück scheute. In diesem Spiel der Kräfte war ihm Schmerling
vorerst überlegen, da er eine kühne, von Selbstvertrauen erfüllte Natiu- war,
die öffentliche Meinung in Oesterreich und Süddeutschland für sich hatte und
damit auch den Kaiser gewann.
In der Zollvereinsfrage errang Preussen einen vollen Sieg, da die
deutschen Mittelstaaten die Vortheile der Verbindung mit Preussen kannten
und dem Vorschlage des Wiener Cabinets, Anschluss an Oesterreich zu
suchen, misstrauten; sie traten somit dem Handelsvertrage mit Frankreich
bei. Glücklicher war R. naturgemäss in der Abwehr der preussischen
Note vom 20. December 1861. Er bestimmte die Königreiche Bayern,
Württemberg, Sachsen und Hannover sowie die Höfe von Darmstadt und
Nassau einen mit Oesterreich gemeinsamen Schritt zu unternehmen; am
2. Februar 1862 erging eine identische Note dieser Staaten an Preussen, in
welcher der Plan eines engeren Deutschlands unter Führung Preussens in
scharfen Wendungen zurückgewiesen wurde. Oesterreich ging jetzt noch
weiter und legte seinerseits zu Frankfurt einen Bundesreformplan vor, welcher
den Wünschen der grossdeutschen Partei entgegenkam. Es sollte ein
Bundesdirectorium in Frankfurt und eine Versammlung von Delegirten
aus allen deutschen Staaten eingesetzt werden; auch beantragte Oesterreich,
den Entwurf eines ganz Deutschland gemeinsamen Civilprocesses und Obliga-
tionenrechtes auszuarbeiten.
Dieser Gegenzug war zwar in Deutschland volksthümlich; aber so wie
Oesterreich mit diesen bestimmten Vorschlägen hervortrat, erhob sich das
Misstrauen der deutschen Höfe auch gegenüber seinen Ansprüchen auf
Führung und jene Vorschläge erhielten am Bundestage nicht die Mehrheit.
Schmerling aber und Biegeleben riethen nun dem Kaiser, die günstige
Stimmung in Deutschland zu benutzen und sämmtliche deutsche Fürsten zur
Berathung einer neuen Bundesverfassung nach Frankfurt einzuladen. R.
wurde in diesem Plan erst eingeweiht, als die Vorbereitungen zu seiner Aus-
führung bereits im Zuge waren. Er war ebenso betroffen durch die ihm
widerfahrene Zurücksetzung wie innerlich überzeugt, dass der Fürstentag ohne
positives Ergebniss bleiben müsse; denn da zu einer Aenderung der deutschen
Bundesverfassung Einmüthigkeit nothwendig war, so wäre Preussen selbst,
wenn es allein stand, in der Lage gewesen, die Annahme der Bundesreform
zu verhindern. R. aber hielt es des weiteren für unthunlich, es zu einem
Bruche mit Preussen zu treiben. Deshalb bot er dem Kaiser seine Entiassung
an, die jedoch nicht angenommen wurde. Bei der jetzt folgenden Berathung
über d^n dem Fürstentage vorzulegenden Reformi)lan bemühte sich R., die
Graf Rechberg. ^ne
weitergehenden und kühneren Entwürfe Schmerlings und Biegelebens abzu-
schwächen. Er drang damit durch, ebenso mit dem Verlangen, dass er und
sein Rath Biegeleben, nicht aber Schmerling den Kaiser nach Frankfurt
begleiten sollten. Auch dies erreichte er, sehr zum Schaden der ganzen
Unternehmung, da ihre Ausführung damit ihm, dem Pessimisten, anvertraut
wurde. Das Ergebniss des Fürstentages entsprach nun den von ihm dargelegten
Annahmen. Angesichts des Widerspruchs, zu dem Bismarck, wenn auch nach
aufreibenden Kämpfen, König Wilhelm bestimmte, wäre die Annahme des
österreichischen Reformplanes nur durch einen Krieg mit Preussen zu erwirken
gewesen, vor dem Oesterreich doch zurückschreckte. Bei der darauf folgenden
Zusanunenkunft R.'s mit den Ministern der Mittelstaaten wollte er sie dazu
bestimmen, wenigstens einen Beginn des neuen Bundes zu machen, indem
sie unter Beiseitelassung Preussens sich mit Oesterreich auf Grundlage des
Frankfurter Projektes einigten. Allein die Minister lehnten, um die Unabhängig-
keit der Mittelstaaten aufrecht zu erhalten, diesen Vorschlag ab, so dass R.
von ihnen mit der Drohung schied: »Wenn Ihr es so haben wollt, mit
Preussen können wir uns auch verständigen.«
Auf diesem Gebiete wie auch in der polnischen Frage gaben die Er-
eignisse der vorsichtigeren, oder wenn man will, zaghafteren Politik Rechbergs
Recht. Als in Russisch-Polen 1863 der Aufstand aufflammte, hielt er es für
unklug, sich mit England und Frankreich zu verbinden, um Russland zur
Befriedigung der nationalen Wünsche der Polen zu zwingen. Der französische
Botschafter in Wien, Gramont, hatte den Auftrag, bei Rechberg anzuklopfen,
ob Oesterreich bereit wäre, sich mit den Westmächten zur Herstellung Polens
zu verbinden ; Oesterreich müsste allerdings in diesem Falle Galizien abtreten,
es sollte aber durch die Ueberlassung der Moldau und der Wallachei ent-
schädigt werden. In Wien herrschte in manchen Kreisen Stimmung für die
Unterstützung der polnischen Wünsche, allerdings mit dem Hintergedanken,
dass das befreite Polen sich doch an Oesterreich werde anlehnen, ja unter
dessen Schutz werde stellen müssen; so kam es, dass die österreichischen Behörden
in Galizien anfänglich keine Hindernisse machten, wenn aus Galizien be-
waffnete Insurgentenbanden nach Russisch-Polen übertraten. Rechberg aber
hielt diese neue Feindseligkeit gegen Russland doch für zu getährlich, zumal
angesichts der Unzuverlässigkeit Napoleons, — er antwortete Gramont: Die
Zumuthung an Oesterreich, einen Krieg zu führen um eine Provinz zu ver-
lieren, sei doch merkwürdig, da man doch sonst nur zum Schwerte greife,
um ein Land zu erobern.
Rechbergs Gedanke war, es sei an der Karte Europas möglichst wenig zu
ändern; denn er besorgte mit Recht, der Gedanke, die Nationalitäten in
abgeschlossene Staaten zu vereinigen, müsse sich in seiner Consequenz stets
gegen die österreichische Monarchie kehren. Daher seine vorsichtige Be-
handlung der deutschen Frage, daher auch sein Widerstand gegen den Plan,
den Ausgleich mit Italien durch die freiwillige Abtretung Venetiens anzubahnen.
Schmerling dagegen war solchen Ideen nicht abhold, da Oesterreich seiner
Ansicht nach sodann in Deutschland kräftiger hervortreten könne. Im Rathe
des Kaisers stimmte insbesondere der Finanzminister Ignaz von Plenef für
den Verkauf Venetiens, da dies die zerrütteten Finanzen aufbessern könne.
Infolge dieser widersprechenden Einflüsse zeigte die österreichische Politik ein
bedenkliches Schwanken, für welches man Jahrzehnte hindurch den Grafen
Rechberg verantwortlich machte; seitdem man aber die inneren Zusammen-
2q6 Graf Rechberg.
hänge näher kennt, weiss man, dass die Widersprüche der österreichischen
Politik vor Allem dadurch herbeigeführt wurden, dass Kaiser Franz Josef
gleichzeitig verschiedenen Rathgebem Gehör gab und sich nicht entschliessen
konnte, sich einer vorherrschenden Gedankenrichtung anzuvertrauen.
Offenbar musste Rechberg, indem er den 1815 aufgerichteten Stand der
Dinge vertheidigen und nicht an ihn rühren wollte, immer wieder auf den
Grundgedanken der Metternichschen Politik zurückkommen, enge mit Preussen
verbunden zu bleiben. Es war Rechberg deshalb höchst willkommen, als
sich mit dem Tode des Königs Friedrich VII. von Dänemark die Aussicht
eröffnete, in der schleswig-holsteinschen Frage Hand in Hand mit Preussen zu
gehen. Sein Programm in dieser Angelegenheit war in zwei Sätze zu-
sammenzufassen: Festhaltung an den Verträgen, insbesondere an dem
Londoner Protokoll von 1852, welches den Dänen den Besitz von Schleswig-
Holstein aufs Neue zusicherte ; gleichzeitig aber kräftige Massregeln gegen Däne-
mark, um es zu zwingen, die in denselben Verträgen ausgespochene Selbstverwal-
tung Schleswig-Holsteins unangetastet zu lassen. Er war erfreut, dass er sich
dabei mit Herrn von Bismarck begegnete, der anfangs dieselben Ziele zu ver-
folgen schien, denn Preussen durfte es nicht wagen, sich allein unter den
fünf Grossmächten von dem Londoner Protokolle loszusagen. Vergebens be-
mühte sich Rechberg, auf die dänische Regierung einzuwirken, damit sie
auf die Einverleibung Schleswigs in den dänischen Einheitsstaat verzichte.
Wohl gewann er den dänischen Gesandten in Wien für seinen Standpunkt,
aber das Ministerium in Kopenhagien weigerte sich, die Forderungen der
beiden deutschen Grossmächte zu bewilligen, und so sah Rechberg gegen
seinen Willen Oesterreich in den Krieg mit Dänemark hineingezogen. In-
dessen konnte und durfte Oesterreich nicht zurückbleiben, da Preussen er-
klären Hess, es werde nöthigenfalls allein seine Truppen in Schleswig-Holstein
einrücken lassen, um das von den beiden deutschen Grossmächten vereinbarte
Programm durchzusetzen. Das aber konnte Oesterreich als deutsche Präsidial-
macht nicht zulassen, da die Deutschen die Befreiung Schleswig-Holsteins sonst
Preussen allein verdankt hätten.
Bei diesem Gange seiner Politik hatte Rechberg es auf das Bestimmteste
abgelehnt, dem Standpunkte der deutschen Mittelstaaten beizutreten, die das
Erbrecht König Christian VIII. von Dänemark auf Schleswig-Holstein nicht
anerkannten und entgegen den Verträgen den Herzog Friedrich von Augusten-
burg für den rechtmässigen Erben erklärten. Rechberg folgte der Führung
Preusscns auch darin, dass er der Mehrheit am Bundestage in dieser Frage
auf das Schroffste entgegentrat, und die Mittelstaaten fühlten sich tief verletzt,
als Oesterreich und Preussen sie nöthigten, ihre Truppen aus Holstein abziehen
zu lassen. Damit erlebte Bismarck den ersten seiner Triumphe: die Trübung
des nahen Verhältnisses Oesterreichs zu den Höfen von Bayern und Sachsen.
Beust, der sich schon 1859 mit der Hoffnung getragen hatte, das Amt eines
österreichischen Ministers des Aeussern zu erlangen, bekämpfte Rechberg von
jetzt ab auf das Lebhafteste, so dass dieser sich bestimmt fand, über ihn bei
König Johann von Sachsen Beschwerde zu führen. Rechberg mussle übrigens,
bevor der Feldzug gegen Dänemark begann, darauf bedacht sein, dass der
Preis des Sieges, Schleswig-Holstein, dann nicht ohne Weiteres dem Neben-
buhler in Norddeutschland zufalle. Aber er scheiterte mit der Absicht,
Preussen vor dem Feldzuge zu einer Abmachung zu bestimmen, welche
Oesterreich sichern sollte. Alles, was er durchsetzte, war, dass ausgemacht
Graf Rechberg. 2g J
wurde, über die Zukunft Schleswig-Holsteins solle nach dem Kriege nur mit
Zustimmung beider Mächte verfügt werden dürfen. Bismarck nahm mit
Recht keinen Anstand, dies zuzusagen, denn bei der grösseren Nähe Preussens
war vorauszusehen, dass die eroberten Herzogthümer in seinen Machtbereich
fallen würden.
Dies ist der Punkt, von dem aus die Politik Rechbergs, zumal in Oester-
reich, aber auch in den deutschen Mittelstaaten auf das Heftigste angegriffen
wurde; man warf ihm damals wie später vor, er habe die für Oesterreich
günstigere Lösung, die Schaffung eines unabhängigen Mittelstaates in Schleswig-
Holstein, preisgegeben. Insbesondere Schmerling, der seit dem Misslingen des
Frankfurter Fürstentages vom Kaiser Franz Josef bei den Entscheidungen
über die deutschen Geschäfte nicht selten übergangen wurde, behauptete,
es sei ausschliesslich Schuld des Ministers des Aeussem, wenn das Wiener
Cabinet sich den Mittelstaaten entfremdet und sich nicht vor der lieber-
rumpelung durch Bismarck gehütet habe. Je hartnäckiger die Dänen waren,
desto leichter wurde die Ernte Bismarcks: da sie sogar nach ihren ersten
Niederlagen nicht in die Selbständigkeit Schleswig-Holsteins, wenn auch
unter der Oberhoheit des dänischen Königs, einwilligen wollten, musste der
Krieg fortgesetzt werden, bis die Eroberung der Herzogthümer beendet war.
Rechberg war somit weiter geführt worden, als er ursprünglich gehen wollte,
aber er nahm noch immer an, es werde eine Einigung mit Preussen erzielt
werden können. Bei der Zusammenkunft König Wilhelms mit Kaiser Franz
Josef zu Schönbrunn im August 1864 trat der König wirklich noch nicht
mit der Forderung der Annexion hervor, ja er machte sogar das Zugeständniss,
er habe die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preussen nicht ins Auge
gefasst. Das freundschaftliche Verhältniss, das nach den gemeinsamen Siegen
zwischen den Herrschern von Oesterreich und Preussen bestand, benutzte
Rechberg zu Schönbrunn, um zu einer Abmachung zwischen den beiden
Staaten zu gelangen, wonach sie einem Angriffe Frankreichs gemeinsam ent-
gegentreten würden. Aber auch jetzt zeigte sich die geringe Autorität
Rechbergs über die hohen Beamten seines Ministeriums: Biegeleben weigerte
sich in seinem Misstrauen gegen Preussen, an der Formulirung der Verab-
redung theilzunehmen.
Sichtbar war es, dass Preussen die grössten Vortheile aus dem gemeinsamen
Feldzuge eingeheimst hatte, und die Gegner der Politik Rechbergs in Oester-
reich erhoben neue Anklage gegen ihn. Er wollte sie dadurch zum Ver-
stummen bringen, dass er auch für Oesterreich einen Gewinn aus dem
Verhältnisse mit Preussen in Sicherheit brachte. Dies sollte bei den Verhand-
lungen über den Handelsvertrag mit dem Zollvereine geschehen. In dem 1853
für zwölf Jahre abgeschlossenen Vertrage war ausgemacht worden, dass nach
Ablauf dieser Frist der Eintritt in den Zollverein Oesterreich freistehen solle.
Mit Rücksicht auf die nicht genügend entwickelte Industrie Oesterreichs war
aber der Anschluss Oesterreichs auch im Jahre 1865 nicht möglich und das
Wiener Cabinett begehrte nun, dass bei der Erneuerung des Vertrages jene
Klausel wieder aufzunehmen sei; zumal Schmerling erklärte, das Fallenlassen der
Bestimmung wäre eine Niederlage und bedeutete die endgiltige Ausschliessung
Oesterreichs aus dem deutschen Handelssystem. Da Rechberg Herrn von
Bismarck erklärte, er werde, wenn er dieses Zugeständniss für Oesterreich nicht
zu erringen vermöge, aus dem Ministerium hinausgedrängt werden, wirkte Bis-
marck auf König Wilhelm in seinem Sinne ein ; er fand jedoch bei den Fach-
298 Graf Rechberg.
ministem, die unter dem Einflüsse Delbrücks standen, entschiedenen Wider-
spruch. Auf dieser Seite wollte man nichts von weitaussehenden Zusagen an
Oesterreich wissen. Rechberg, seinen Sturz voraussehend, versuchte in einem
denkwürdigen Briefwechsel mit Bismarck die Umstimmung des preussischen
Cabinets herbeizuführen. »Wir verfolgen« so schrieb er er am 6. September
1864, »die Aufgabe, mehrjährige Differenzen und Kämpfe der Vergessenheit
zu übergeben, die Folgen derselben in der Stimmung der Bevölkerung zu
verwischen, und das Bewusstsein der beiderseitigen Vortheile einer österreichisch-
preussischen Allianz zu erwecken.« Und am 17. September dringender: »Sie
wissen, dass ich mich der Aufgabe, die wiedergewonnene Einigkeit Oesterreichs
und Preussens auch für die Zukunft festzuhalten, mit ganzer Seele widme.«
Wenn Preussen Werth auf diese Allianz lege, müsse es eine Politik befolgen,
bei welcher sich Oesterreich in dem Bündnisse heimisch fühlen könne; er mahnte
Bismarck daran, dieser selbst habe ihn oft auf die Zeit vor 1848 aufmerksam
gemacht, in der ganz Deutschland der gemeinsamen Leitung Oesterreichs
und Preussens folgte. Unterdessen kam es im österreichischen Ministerium
zur Entscheidung; Schmerling im Vereine mit Biegeleben und mit Zustimmung
des Gesandten in Paris, des Fürsten Metternich, wirkte für die Abwendung
von Preussen und für das Zusammengehen mit den liberalen Mittelstaaten,
selbst für einen Anschluss an die Westmächte, um an ihnen eine Stütze gegen
Preussen und Russland zu finden.
R. hatte sich in dem Kampfe wider Schmerling mit seinem Minister-
collegen Esterhazy verbunden und sie hatten schon im Sommer daran gedacht,
Schmerling zu stürzen und an seine Stelle den Grafen Belcredi zu setzen.
Jetzt aber erwies sich Schmerling noch als der Stärkere, zumal da er auf die
diplomatischen Misserfolge R.'s hinweisen konnte. Er setzte es durch, dass
zu der entscheidenden Ministerberathung auch Biegeleben eine Einladung
erhielt, ohne dass R. davon in Kenntniss gesetzt war. Sein Untergebener
legte nun im Gegensatze zu der Politik des Ministers den Entwurf einer
schroff gehaltenen Note vor: der Ministerrath beschloss, die Verhandlungen
mit Preussen über den Handelsvertrag wegen Verweigerung jener Clausel
abzubrechen, R. opponirte zwar, wurde aber überstimmt. Auf die Kunde
dieses Vorganges, von der Bismarck im Pyrenäenbade von Biarritz erreicht
wurde, drang er aufs Neue in Depeschen und Berichten in König Wilhelm,
die Sache nicht auf die Spitze zu treiben und R.'s Verbleiben im Amte
zu ermöglichen. Der König stand jedoch unter dem Einflüsse Delbrücks und
versagte seine Zustimmung zur Erneuerung des § 25 des Handelsvertrages; er
meinte, wenn der Einfluss Schmerlings in Wien wirklich so mächtig sei, so
werde er auch durch das an sich unbedeutende Zugeständniss in der Zollfrage
nicht einzudämmen sein. Als diese Entscheidung fiel, erklärten Schmer-
ling sowie R. dem Kaiser Franz Josef, dass ihr gleichzeitiges Verbleiben
im Amte nicht mehr möglich sei, und der Kaiser nahm, da er noch nicht
zum Bruche mit dem liberalen centralistischen Systeme Schmerlings entschlossen
war, das Entlassungsgesuch Rechbergs an. Dieser hatte in der entscheidenden
Ministerathssitzung noch die Erklärung zu Protokoll gegeben, dass das schroffe
Auftreten gegen Preussen folgerichtig zum Bruche und selbst zum Kriege
führen müsse.
Es ist bezeugt, dass Bismarck viele Jahre später das Urtheil fällte:
»Es war durchaus verkehrt, den Artikel 25 nicht zu bewilligen und damit R.
aus dem Amte zu treiben. R. hätte Alles aufgeboten, den Krieg mit Preussen
Graf Rechbergr. 299
ZU verhüten.« Diese Auffassung wurde von R. bis an seinen Tod vertreten,
vorerst musste er aber bei seinem Scheiden mit Bedauern sehen, dass
Biegeleben einen immer steigenden Einfluss gewann. Thatsächlich hatten
dessen Rathschläge schon während seiner Amtswirksamkeit in den deutschen
Geschäften stets den Ausschlag gegeben. Nach dem Rücktritte R.'s betrieb
er eifrig die Abwendung von Preussen, die Candidatur des Herzogs von
Augustenburg und den Bund mit den deutschen Mittelstaaten. Als aber der
Krieg von 1866 über seine Politik das Endurtheil fällte, hatte R. die schmerz-
liche Genugthuung, dass Biegeleben ihm bekannte, er habe sich von irrigen
Voraussetzungen leiten lassen. R. selbst bezeichnete, so oft er auf diese Dinge
zu sprechen kam, als sein Ziel die Aufrichtung eines Schutz- und Trutzbünd-
nisses mit Preussen, durch welches Oesterreich im Stande gewesen wäre, seine
Herrschaft in Ungarn und in Venetien festzuhalten. Er war der Ansicht, dass
eine solche Allianz nicht zu theuer erkauft gewesen wäre durch die friedliche
Abtretung der österreichischen Rechte auf Schleswig-Holstein an Preussen.
Man kann R. nicht das Zeugniss versagen, dass er die Kräfte Oesterreichs
im Verhältnisse zu den übrigen Mächten richtiger abgeschätzt habe als die
meisten seiner Collegen und Nebenbuhler. Aber er besass nicht die Kraft
der Persönlichkeit, die zur Durchsetzung einer Idee und zur Gewinnung der
Menschen nothwendig ist. Er war als Minister mehr der Mitberather als der
Lenker im Auswärtigen Amte. Die Politik, die er nach aussen hin vertreten
sollte, war allezeit ein schwächliches Compromiss zwischen seiner eigenen
Ansicht und der seiner Gegner. Deshalb hatte König Wilhelm wohl keine klare Vor-
stellung von denZielen R.'s und legte keinen Werth auf dessen Verbleiben im Amte.
Noch weniger Einblick in seine Absichten besass damals die öffentliche
Meinung. Anders wäre dies freilich gewesen, wenn R. die Entschlossenheit
gehabt hätte, vor der Reise des Kaisers Franz Josef zum Frankfurter Fürsten-
tage auf seinem Rücktritte zu bestehen; dann wäre er nach dem Misslingen
des Entwurfes der Mann gewesen, den die Welt als Vertreter der Allianz
zwischen Oesterreich und Preussen hätte gelten lassen müssen. Ihn hätte
man berufen, sobald es nothwendig war, Zerwürfnisse mit Preussen zu
schlichten und den Frieden aufrechtzuhalten. So aber hatten seine Zeit-
genossen den Eindruck schwächlichen Schwankens in seiner Politik. Verschärft
wurde das ungerecht harte Urtheil über ihn dadurch, dass R., der doch
unaufhörlich zwischen Klippen laviren musste, ein hitziges aufbrausendes
Naturell besass; er ereiferte sich leicht uud vertrat, da er seinen officiellen
Standpunkt nur zu oft wechseln musste, nach einander verschiedene Rich-
tungen. Er war in allen diesen Dingen gegenüber der geschlossenen Persön-
lichkeit seines Gegners Schmerling im Nachtheile. Schmerling benutzte
zudem seine Stellung als leitender Minister und seine Verfügung über die
geheimen Fonds der Regierung dazu, um in der Presse seine Ideen vertreten
zu lassen. Nicht selten wirkte er dabei R. entgegen und in dem letzten,
entscheidenden Augenblicke des Kampfes entfesselte er in den Zeitungen
einen Sturm gegen seinen Collegen, dem er die Misserfolge der äusseren
Politik Oesterreichs Last als dem allein Schuldigen zurlegte.
Am Tage seiner Entlassung, am 27. October 1864, erhielt Graf Rechberg
den Orden des goldenen \niesses, eine Auszeichnung, die ihm zugleich sagte,
der Kaiser wolle die von ihm befürwortete Poiltik auch weiter verfolgen.
Thatsächlich wurde nicht ein Mann der Schmerling 'sehen Richtung sein Nach-
folger, etwa Biegeleben, der dies erwartet zu haben scheint; vielmehr schlug
300 Graf Rechberg. Gruber.
der abtretende Minister noch seinen Nachfolger, den Grafen Mensdorff, vor.
Der Kaiser wünschte sogar, dass das auswärtige Amt Rechberg auch weiter-
hin in wichtigen Fällen um Rath angehe. Bald aber wurde Rechberg durch
die grössten Ereignisse in den Hintergrund gedrängt. Die Schlacht von
Königgrätz entschied über den Wettbewerb der beiden Grossniächte und
damit auch über die Politik Rechbergs und Biegelebens. Als Rechberg kurze
Zeit darauf im österreichischen Herrenhause für den unglücklichen Krieg
verantwortlich gemacht wurde, fühlte er sich bestimmt, sich gegen diesen
Vorwurf in dieser Körperschaft zu vertheidigen.
Rechberg überlebte seinen Austritt aus dem Staatsdienste um 35 Jahre.
In hohem Alter wurde ihm durch die Veröffentlichung der Frankfurter Berichte
Bismarcks die Freude zu theil, seinen politischen Ruf durch das Urtheil
seines grossen Zeitgenossen wiederhergestellt zu sehen. Er zog sich fast
ganz zurück und im letzten Jahrzehnte seines Lebens verliess er sein Schlöss-
chen Kettenhof zu Schwechat bei Wien überhaupt nicht mehr. Der reizende
Rokoko-Bau, tief in einem stillen Garten, in den der Lärm der grossen
Dreher 'sehen Brauerei nur von ferne und dumpf hineinschallt, beherbergte
ihn, einige treue Diener und seine Erinnerungen, mit denen er Besuchern
gegenüber nicht kargte. Zuletzt wurde es ganz stille um ihn, da die Genossen
seiner Jugend und seines Mannesalters alle in kühler Erde ruhten. Als die
Zeitungen 1896 meldeten, Graf Goluchowski habe ihm zu seinem 90. Geburts-
tage die Glückwünsche des österreichischen Ministeriums des Aeussern über-
bracht, erfuhren die meisten Menschen zu ihrem Erstaunen, dass er noch
lebe. Wie er wiederholt versicherte, unterliess er die Aufzeichnung von
Memoiren; es widerstrebe ihm, so sagte er, so manchem sonst ehrenwerthen
Manne, mit dem er hart zusammengerathen sei. Ungünstiges übers Grab nach-
zusagen. Obwohl körperlich ganz zusammengeschrumpft, nahm er doch fiast
bis an seinen Tod, der am 26. Februar 1899 erfolgte, lebhaften geistigen
Antheil an den öffentlichen Ereignissen.
Heinrich Friedjung.
Gruber, Florian, Landgerichtspräsident, ♦ i. December 1846 zu Ettlingen
(Baden), f 16. November 1899 zu Konstanz. G.'s Vater, Lehrer am Schul-
lehrerseminar in Ettlingen, seit 1856 Professor und Vorstand der höheren
Bürgerschule in Baden-Baden, 1864 Oberschulrath in Karlsruhe, ein namhafter
Paedagoge, der sich in der badischen Lehrerschaft grossen Ansehens erfreute,
von Geburt der badischen Pfalz angehörig, war mit einer Tochter des
Fabrikanten Buhl, aus einer seit langer Zeit in Ettlingen ansässigen, um die
Industrie des Albthaies verdienten Familie vermählt. In dem gastlichen Vater-
hause empfing G., der das Gymnasium in Baden 1864 absolvirte, um zuerst
in Heidelberg, später in Freiburg die Rechte zu studiren, vielfache Anregung
auf wissenschaftlichem und politischem Gebiete und nahm in sich die nationale
Gesinnung auf, welche den Vater und dessen Freundeskreis beseelte und die
er sein ganzes Leben hindurch bethätigte. In den Jahren 1868 und 187 1
bestand G. mit Auszeichnung die juristischen Prüfungen, 1869 erwarb er sich
die Würde eines Doctors der Rechte. Nachdem er zuerst den praktischen
Dienst in der Justiz, nach 2 '/, Jahren auch in der Verwaltung (als Amtmann in
Bruchsal und Konstanz) kennen gelernt hatte, entschied er sich, seine Kräfte
dauernd der Justiz zu widmen, im Jahre 1876, in welchem er zum Amtsrichter
öruber. Hof^mantt. ^öt
in Mannheim ernannt wurde. 1879 ^""^ Staatsanwalt am Landgericht Oflfenburg,
1884 zum ersten Staatsanwalt am Landgerichte Konstanz ernannt, 1890 in
gleicher Eigenschaft an das Landgericht Karlsruhe versetzt, erhielt G. 1895
die Ernennung zum Director des Landgerichts Freiburg. 1899 zum Präsidenten
des Landgerichts Konstanz befördert, konnte er sich nur wenige Monate des
so bedeutend erweiterten Wirkungskreises erfreuen, aus dem ihn nach kurzer
schwerer Krankheit der Tod im Alter von 53 Jahren hinwegnahm. G. war
ein hervorragender scharfsinniger Jurist, als Staatsanwalt durch überzeugende
Beredtsamkeit, als Richter durch Klarheit des Urtheils, Unabhängigkeit der
Gesinnung und einen offenen Blick ausgezeichnet, der nie übersah, dass die
Gesetze nicht Theorien zulieb gegeben sind, sondern die Anwendung der
Rechtsbegriffe auf die mannigfachen Verhältnisse des Lebens zum Zwecke
haben. Er würde ohne Zweifel auch ein ausgezeichneter Verwaltungsbeamter
geworden sein. Denn nichtig von Allem', was im Staatsleben Diejenigen
beschäftigt, die sich dem öffentlichen Dienste widmen, blieb ihm fremd.
Allen Interessen des vielgestaltigen Staatswesen, Allem, was mit der Pflege der
Volks wohl fahrt zusammenhängt, brachte G. ein volles Verständniss, eine
unbefangene Beurtheilung entgegen. Nicht nur dem Dienste des Staates,
einem grossen Freundenkreise, sondern auch und in erster Reihe einem überaus
harmonischen Familienleben wurde G. zu früh entrissen. 1882 hatte er in
Offenburg mit der Tochter des Freiherm Adolf von Neveu die glücklichste
Ehe geschlossen, welcher zwei Söhne entstammen.
>Karlsruher Zeitung« 1899 No. 331. .
V. Weech.
Hoffmann, Ewald Alexander, Generaldictor der Kgl. sächsischen Staats-
eisenbahnen, * in Freiberg am 8. Januar 1838, f in Dresden am 30. April
1899. Hoffmann war der Sohn eines sächsischen Geistlichen. Auf dem
Gymnasium zu Freiberg und auf der Fürstenschule zu Grimma vorgebildet,
bezog er zu Michaeli 1857 die Universität Leipzig, um die Rechtswissen-
schaften und Nationalökonomie zu studiren. Seine erste Anstellung im
sächsischen Staatsdienst fand er zu Anfang des Jahres 1865 als Actuar bei
der Polizeidirection in Dresden. Aber noch in demselben Jahre wurde er
als Assessor an die Kgl. Eisenbahndirection nach Leipzig versetzt und blieb
seitdem unausgesetzt für das sächsische Eisenbahnwesen thätig. Bei der Mo-
bilisirung der deutschen Armee im Jahre 1870 erwarb er sich solche Ver-
dienste, dass er durch die Verleihung des preussischen Kronenordens III. Kl.
ausgezeichnet wurde. Bei der Begründung der Generaldirection der sächsi-
schen Staatseisenbahnen wurde er als Directionsrath nach Dresden versetzt
und schon im Jahre 1873 als Hilfsarbeiter zur Bearbeitung der Eisenbahn-
angelegenheiten in das Finanzministerium berufen. In dieser Stellung leitete
er die überaus schwierigen Verhandlungen über den Ankauf der Leipzig-
Dresdner Eisenbahn durch den Staat. Seit dem Jahre 1874 zum Finanzrath
befördert, übernahm er auch das Referat für das Hochbauwesen und war bei
der Erbauung des Dresdener Hoftheaters und der Wiederherstellung der
Albrechtsburg in Meissen administrativ thätig. Auch die im Jahre 1883 er-
folgte Neuorganisation des staatlichen Hochbauwesens war in der Hauptsache
sein Werk. Als er im Jahre 1887 als Generaldirector an die Spitze der
sächsischen Eisenbahn-Betriebsverwaltung trat, fiel ihm vor Allem die grosse
Aufgabe zu, die Umgestaltung der Dresdener Bahnhöfe in die Wege zu leiten
^02 Ho^ann. Jäppelt. Gageur.
und zur Durchführung zu bringen. Im Anfang der Jahre 1899 gab er diese
Stellung auf, blieb aber noch als Director der 3. Abtheilung des Finanzministe-
riums mit dem Eisenbahnwesen in engerer Verbindung. Seine Gesundheit war
jedoch schon damals arg geschwächt, sodass er nur noch kurze Zeit auf seinem
neuen Posten thätig sein konnte.
Vgl. Grimmaische Ecce 1899. 20. Heft. Bearbeitet von H. Wunder, Meissen 1899.
80. S. 65—69.
H. A. Lier.
Jäppelt, Friedrich, Geheimer Rath und Ministerial-Director, ♦ 10. Oc-
tober 1824 in Dresden, f 26. September 1899 ebendaselbst. Er erhielt seine
Vorbildung auf der Kreuzschule seiner Vaterstadt und studirte dann in Leipzig
die Rechtswissenschaften. Seine Thätigkeit im sächsischen Staatsdienst be-
gann er Ende der vierziger Jahre als Actuar am Amtsgericht zu Tharandt
bei Dresden. Anfang der fünfziger Jahre beim Stadtgericht in Dresden thätig,
wurde er von da aus am i. Juli 1851 in das Ministerium des Innern be-
rufen, in dem er sich durch sein hervorragendes Organisationstalent aus-
zeichnete. Er übernahm die Verwaltung der Königl. Sächsischen Landes-
Anstalten und bildete dieses Ressort zu einer selbstständigen, der vierten Ab-
theilung des Ministeriums aus. Als er am 31. December 1897 ^^ ^^" Ruhe-
stand trat, wurde ihm das Grosskreuz des Albrechtsordens verliehen, das
seine Brust nebst verschiedenen anderen sächsischen und aussersächsischen
Orden schmückte.
Vgl. Dresdener Nachrichten vom 27. September 1899 S. 2. — Dresdener Anzeiger
vom 28. September 1899, S. 4, und am 30. September 1899, S. 4. — Dresdener Journal
vom 29. September 1899, S. 1791, und vom 30. September 1899, S. 1805.
H. A. Lier.
Gageur, Eugen, Musiker, * 3. December 1848 zu Seelbach bei Lahr,
f 23. November 1899 zu Karlsruhe. G. widmete sich dem Lehrberufe und
bekleidete die Stelle eines Hilfslehrers in Waldshut, des Organisten in der
dortigen Stadtkirche und des Dirigenten der städtischen Musikkapelle, als
ihm im Herbst 1874 das Amt des Organisten und Chordirectors an der
katholischen Pfarrkirche zu St. Stephan in Karlsruhe tibertragen wurde. Bald
darauf erhielt G. auch die Stelle eines Musiklehrers am Lehrerseminar II
daselbst. Seine hervorragende Tüchtigkeit und sein grosses musikalisches
Wissen und Können bewährte G. sowohl in diesen beiden Stellungen als
auch als Chormeister des angesehenen Gesangvereins »Liederhalle« in
Karlsruhe. Ein sachkundiger Nachruf in dem Jahresbericht des Lehrer-
seminars II rtihmt von G. die Virtuosität im Ciavier- und Orgelspiel und die
meisterhafte Behandlung des Männergesanges. Durch seinen liebenswürdigen
Charakter und seine geselligen Talente war er, wie bei seinen Collegen und
Schülern und bei den Mitgliedern des unter seiner Leitung stehenden
Kirchenchores, so auch in der Sängerschaar der »Liederhalle« und in den
weitesten Kreisen der badischen Hauptstadt überaus beliebt und hoch-
geachtet. Von den Folgen eines Schlagflusses, der G. im Januar 1899 betraf,
erholte er sich nach einiger Zeit so weit, dass er im Herbst seine gesammte
Berufsthätigkeit wieder aufzunehmen vermochte. Aber die Besserung war nur
scheinbar, er wurde von einem Fussleiden befallen, das rasch einen bös-
Gageur. Feckert. 3O3
artigen Charakter annahm. Die ergreifende Leichenfeier bewies, wie schwer
sein Verlust empfunden wurde.
»Badische Schulzeitung« 1900 No. 12. — »Der katholische Kirchensänger« 1899
No. 25.
V. Weech,
Feckert, Gustav Heinrich Gottlob, Lithograph, Portraitist, * 3. März
1820 in Cottbus, f 5. October 1899 in Berlin. F. kam als Knabe mit den
Eltern nach Berlin und sollte nach Beendigung der Schulzeit das Handwerk
des Vaters, der Schneidermeister war, erlernen. Unter Mühen bahnte er sich
den Weg zur Kunst und trat zunächst als Lehrling bei dem damals geschätzten
vielbeschäftigten Steinzeichner Fischer ein. Es war die Zeit, in der der
handwerksmässige Betrieb der Lithographie eine grosse Bedeutung hatte. Sie
diente nicht nur der Buchillustration und als Mittel der Reproduction von
Gemälden, sondern spielte auch im Gesellschaftsleben eine nicht geringe
Rolle. Die eben erst erfundene Photographie steckte noch in den Kinder-
schuhen. Für die Vervielfältigung von Portraits war man hauptsächlich auf
den Steindruck angewiesen, dessen handwerksmässige Technik, in Berlin zur
Zeit noch wesentlich im Zeichnerischen befangen, der künstlerischen Freiheit
und farbig malerischen Feinheit entbehrte, und deren Werth man nach einem
naiv normirten Schematismus, der Mühsamkeit und Peinlichkeit der Ausführung,
bemass. F.'s künstierische Beanlagung strebte über den handwerksmässigen
Betrieb, in dem er kein Genügen finden konnte, hinaus. Noch während
seiner Lehrzeit zeichnete und malte er in Professor Alb. Remys Atelier und
wurde dann Schüler der Berliner Kunstakademie, Schnell erwarb er sich die
Gunst seiner Lehrer, die sein technisches und zeichnerisches Talent erkannten;
Karl Begas, Magnus, Fr. Ed. Meyerheim, Eduard Hildebrandt förderten ihn,
und unter ihrem Einfluss bildete er auch sein malerisches Empfinden zu
grosser Feinheit aus. 1845 wurde er selbständiger Lithograph. Gleich die
ersten grösseren Arbeiten, mit denen er öffentlich auftrat, die Reproductionen
der von Eduard Magnus gemalten vielbewunderten Bildnisse der Prinzessin
Charlotte von Preussen und der Henriette Sonntag, erregten die Aufmerksamkeit
aller Kunstfreunde. In diesen ersten Steinzeichnungen bereits hatte F. sich
von der überlieferten Technik frei gemacht und in der lithographischen
Kreidezeichnung, bei grösster Feinheit und Zartheit der Ausführung, farbig
malerische Wirkung in der Abtönung und Behandlung von Schwarz und Weiss
zu erzielen gewusst. Was Mouilleron in Paris, der geniale Kriehuber in
Wien auf diesem Gebiete geleistet hatten, das wurde F. für die Berliner
Steinzeichnung, die er zu wirklicher Kunst erhob. Eine Reihe von günstigen
Umständen, die ihn Ende der 40 er Jahre mittelbar mit den Fortschritten der
französischen Technik bekannt machten, festigten auch seine künstlerische
Stellung. Seine ersten Arbeiten brachten ihm wohlhabende und einfiussreiche
Gönner, die ihn durch Aufträge und Anregungen förderten, unter ihnen vor
Allem den als Kunstmäcen bekannten Geh. Commercienrath Louis Ravend,
aus dessen Privatgalerie er später die bedeutendsten Gemälde im Steindruck
copirte und damit seine eignen Meisterwerke schuf. — Lag nun auch der
Schwerpunkt von F.'s künstlerischer Bedeutung in der lithographischen
Reproduction, so war er nicht minder mit Erfolg als Portraitist thätig. Hier
tritt freilich, zumal in den nach der Natur auf Stein gezeichneten Bildnissen,
das malerische Moment zurück, aber die verlässliche, durchaus solide
364 t^cckert.
Zeichnung, die wenn auch anspruchslos einfache, doch kraftvoll lebendige,
von individueller Art zeugende Technik machten ihn zu einem Meister
seines Faches. Nicht nur die Berühmtheiten des Berlins der 40er und 50er
Jahre hat er in seinen Steinzeichnungen verewigt. Durch fast drei Jahrzehnte
entfaltete er, überhäuft mit Aufträgen von Kunsthändlern und Kunstvereinen,
von der Hofgesellschaft und Privaten, eine rastlose Thätigkeit wesentlich als
Portraitist. Neben der grossen Fülle ausgezeichneter Bildnisse, vorzüglich
von Männern aus den verschiedenen bürgerlichen Berufsständen, die er
direct nach der Natur auf Stein zeichnete, steht die nicht minder grosse,
ebenso bedeutende Reihe derer, die er nach gemalten Portraits im Steindruck
nachschuf. Die Reproduction war ihm eine treffliche Lehrmeisterin geworden
für sein selbständiges Schaffen. Besonders die Bildnisse von der Hand der
damals hochgeschätzten Meister Karl Begas, Eduard Magnus, Gustav Richter
und Franz Winterhalter hat er in musterhafter Weise auf Stein copirt und
den persönlichen Stil der Maler, ihre coloristischen Eigenheiten, die Farben-
stimmung und den Glanz der malerischen Technik vollendet wiederzugeben
gewusst. — Hatte F. das Handwerk zur Kunst erhoben, so sah er nun auch
bedeutende Schüler sich mit grossem Erfolge auf der von ihm geschaffenen
Höhe bewegen, unter ihnen Süssknapp und Milster, von Malern A. Menzel,
Steffeck, Riefstahl u. a. Allein gerade als die Lithographie ihre schönste
Kraft bethätigte, wurde ihr der Lebensnerv unterbunden. Die Photographie
hatte sich zu immer grösserer Leistungsfähigkeit entwickelt, Publikum und
Verleger erwarteten von ihr die getreueste künstlerische Nachbildung des
Originals. Die Heliogravüre besonders fing an, die Lithographie zu ver-
drängen, die nun auch als Buchillustration entwerthet war. Die Bestellungen
hörten auf, und mit seiner Kunst wurde auch der alte F. länger denn ein
Jahrzehnt fast vergessen. Erst durch die Erkenntniss, dass von der Photo-
graphie nicht Alles geleistet werden konnte, durch das Wiederaufleben der
vollendeteren Künstleroriginallithographie und das neu erwachte Interesse
des Publikums an dieser wurde man auch der Bedeutung F. 's wieder gerecht.
Seine Kraft aber war in jenen Jahren gebrochen, die schmerzliche Erkenntniss,
dass die Zeit seiner Kunst vorüber war, zehrte an ihm. Er zeichnete und
malte Bildnisse in Oel, Aquarell und Pastell, ohne jedoch in tüchtigen
Werken die künstlerische Höhe und zugleich die innere Befriedigung zu
erreichen, die er auf seinem Sondergebiet erlangt hatte. Dazu kam, dass
schwere Krankheiten und Leid in der Familie ihn niederbeugten, so dass die
letzten anderthalb Jahrzehnte des bis dahin stets lebensfrohen und heitren
Mannes unter mancherlei Gram und auch Sorge dahingingen. Einen Licht-
blick in dieser traurigen Zeit bereitete ihm die 1892 in der Berliner Akademie
veranstaltete Ausstellung seines gesammten lithographischen Lebenswerkes.
Einige Jahre später wurde dem greisen Künstler sein Werk in den besten
Abdrücken, die er noch besass, vom Staate abgekauft, und dadurch wenigstens
seine materielle Lage während der letzten Lebensjahre gesichert. Das
ausgezeichnete Feckertwerk wurde dem Beriiner Kupferstichcabinet ein-
verleibt. — Zu F.'s bedeutendsten und bekanntesten Steindruck arbeiten
gehören die Reproductionen von modernen Meisterwerken aus der Raven<5schen
Galerie, vor Allem des Portraits des Besitzers von Ludwig Knaus und eines
reizenden Kinderbildnisses desselben Meisters; dann »Die slavischenMusikanten^
(»Schmerzvergessen«) nach L. Gallait, »Der ertrunkene Sohn des Fischers:,
nach Henry Ritter, »Das Familienglück« nach Ed. Meyerheim, »Die schlesischen
Peckert. t^esch. Schubart. ^OC
Weber« nach Karl Hübner, »Der Wittwe Trost« nach Jordan, und besonders
die Copie des berühmten figurenreichen Bildes von Martersteig »Die Verlesung
der Augsburgischen Confession auf dem Reichstage«. — An äusseren Ehrungen
und Anerkennungen hat es Feckert nicht gefehlt. Seit 1869 Mitglied der
Berliner Akademie der Künste, war er auch Ehrenmitglied des Vereins
Berliner Künstler und hatte auf den Ausstellungen in Berlin 1859 und Cöln
1861 die goldne, 1876 in München die silberne Medaille errungen.
>Vossische Zeitung«, »Berliner Tageblatt«, »Kunst für Alle«.
Wilhelm Fabian.
Pesch, Tilmann, Jesuit und Schriftsteller, ♦ i. Februar 1836 zu Cöln,
f 18. October 1899 zu Valkenburg bei Maastricht. Unter den unmittelbaren
Eindrücken der Cölner kirchlichen Wirren wurde P. 1852 zu Münster i. W.
Novize der S. J. Nach den Vorbereitungsstudien zu Paderborn und Bonn
wirkte er vier Jahre am Jesuiteninstitut zu Feldkirch, drei davon als Vorstand
einer Gymnasialklasse, und empfing 1866 im Kloster Maria-Laach die Priester-
weihe. Im Herbst 1867 wurde er am Colleg ebenda Professor der Philo-
sophie und kam 1869 als Präses der blühenden Marianischen Sodalität von
gebildeten Kaufleuten nach Aachen, wo er auch als wirksamer Kanzelredner
thätig war. Hier zuerst trat er schriftstellerisch als schlagfertiger Polemiker
wider die »antichristliche Wissenschaft« auf. Das Ausweisungsgesetz vom
4. Juli 1872 riss diese Wirksamkeit ab. P. nahm erst das Asyl beim Freih.
L. v, Bongart-Paffendorf auf Kastell Wynandsrade in Limburg an, bald aber
das, das die gräfliche Familie Stolberg-Roviano zu Tervueren in Belgien dem
Redactionspersonal der »Stimmen aus Maria-Laach« bot. Besonders in diesen
rothen Heften war er fortan eifriger Vorkämpfer des schroff dogmatischen
Clerikalismus, publicistisch sowohl als in gelehrten Publicationen. Seit 1878
weihte P. seine Hauptkraft der Encyklopädie ,Philosophia Lacensis'; deren
dickleibige Bände über Naturphilosophie, Logik, Psychologie stammen von
ihm. Für gebildete Laien bestimmte er sein selbst für das wichtigste erklärtes
Werk »Die grossen Welträtsel. Philosophie der Natur« (1883 f., 2. Aufl. 1892);
am einschneidendsten wirkten die »Briefe aus Hamburg« (1883; 4. Aufl. 1894),
unter dem Pseudonym »Gottlieb« wie das noch drastischere, gegen die
Luther- Verehrung losziehende Pamphlet »Der Krach von Wittenberg« (1889).
Weit verbreitet sind seine zwei Andachtsbücher.
»Stimmen aus Maria-Laach«, Jhrg. 1899, H. 10, a. A., kUrzer »BeUg. d. Augsburg.
Postztg.« 1899 No. 76 u. 77; Kürschners Litteraturkldr. XXIii, 1026; vgl. F. Nippold, »Die
Jesuit. Schriftstllr. d. Gegenwart« (1895).
Ludwig Frähkel.
Schubarty Martin, Dr., Kunstsammler und Schriftsteller, ♦ 3. October 1840
zu H'ohenstädt in Sachsen, f 27. April 1899 in München. Seh. entstammte
einer Pastorenfamilie, welche durch manche Generation die Lehrstühle ver-
schiedener Hochschulen und die Kirchenkanzeln mit wackeren Vertretern ver-
sorgte. Seh. widmete sich vorerst der Philologie und hofmeisterte in einer
deutsch-russischen Familie zu Riga, wo eine Anzahl junger Leute in lebhafter
Beziehung zu Theater, Literatur und Kunst einen ästhetischen Club bildeten,
um mit Wort und Schrift in das geistige Leben einzugreifen. Nach
wenigen Jahren in die Heimath zurückgekehrt, entsagte der Jüngling,
Biogr. Jahrbuch u. Deut:»cher Nekrolog. 4. Bd. 20
2o6 Schubart Vogel.
welcher in der Zwischenzeit seine finanzielle Unabhängigkeit gefunden hatte
und an der Schwelle einer Gymnasial-Lehrstelle stand, dem Staatsdienst,
um anfangs weitverzweigte, alsbald aber der Kunstgeschichte zugewendete
Studien in Erlangen, Nürnberg und Leipzig zu pflegen. In diesem Gebiete
genoss Seh. die persönliche Führung des edlen Karl Eduard von Liphart
(1808 — 1891), dessen tiefverständiges Maecenatenthum unbewusst das Vorbild
für Seh. wurde. Mit ebenso feinem Tacte, wie mit kritischer Vorsicht
und Umsicht sammelte der von neidenswerthem Findergliick geleitete
Seh. im Laufe eines Decennium eine Anzahl von Bildern, aus welcher,
nach Ausscheidung vieler minderwerthigen Objecte, ein namhafter Rest
zurtickblieb, als Grundkern seiner den niederländischen Meistern des
XVII. Jahrhunderts mit Forscherliebe geöffneten Galerie, wozu einige frühere
Vorläufer aus dem Ende des XV. und Anfange des XVI. Jahrhunderts zur
charakteristischen Einleitung dienten. Die freudige Pflege, Commentirung
und Ergänzung dieser Sammlung hinderte den glücklichen Besitzer nicht, an
weiteren wissenschaftlichen Problemen zu arbeiten, von denen jedoch nur
der preiswürdige Cult über »Frangois de Th^as Comte de Thoranc, Goethes
Königslieutenant« (München 1896 bei Bruckmann, mit 14 Bildern) nach lang-
jährigen Vorbereitungen zum Abschluss gelangte — eine für die Local- und
Kunst-Geschichte der Stadt Frankfurt, wie auch fiir die Zeit des Siebenjährigen
Krieges selbst höchst lehrreiche Forschung. — Dieses schöne, nur der
Kunst und Wissenschaft, ebenso aber auch seiner Familie gewidmete glück-
liche Leben schloss als Gegengewicht ein langes körperliches Leiden, welches
Seh. nicht nur klaglos duldete, sondern auch still ergeben und immer voll
gleicher Liebe und Güte gegen die Seinen. — Unter dem Titel »Sammlung
Schubart« erschien schon 1894 (München bei Bruckmann) eine Auswahl von
40 Werken aller Meister in Heliogravüre und Lichtdruck (Preis 100 Mark)
mit einem Vorwort des Besitzers und mit erläuterndem Text von C. Hofstede
de Groot. Daraus ergab sich der mit einer biographischen Einleitung von
H. Pallmann versehene und mit 40 Illustrationen (darunter auch Sch.'s Bild-
niss nach F. v. Lenbach) ausgestattete, in dieser Weise auch ein Prachtwerk
bildende Catalog (München 1899 bei Bruckmann) zu der am 23. October 1899
veranstalteten Auction, wobei sich die namhaftesten Sammler und Galerie-
Vorstände einfanden. Das Gesammtresultat für 102 Nummern ergab 688000
Mark, (darunter erreichte ein kleiner Rubens 126000 Mark, ein Hobbema
86000, ein Metsu 45000, zwei Amberger 50000 Mark). Daran schloss sich
eine Auction von Seh. Porzellanen, Schnitzwerken, Elfenbeinskulpturen, Sticke-
reien, Teppichen, Stichen, Kunstsachen und modernen Gemälden, w^elche
über 120000 Mark erzielten.
Vgl. die Nekrologe in »Kunst für Alle« 15. Juni 1899 und Beil. loi, »Allg. Ztg.«
3. Mai 1900 and die Berichte im Morgenblatt 274, »Allg. Ztg.« 3. October 1899 und
No. 476 »Neueste Nachrichten« 15. October 1899.
Hyac. Holland.
Vogel, Jakob, Lyriker, der Nestor der deutsch -schweizer Literaten,
♦ n. December 181 6 zu Glarus in der Schweiz (daher auch »Vogel von
Glarus« genannt), f 22. April 1899 ebenda. Aus der Gemeindeschule nahm
der Vater den sich als dereinstigen Lehrer träumenden . Buben schon im
8. Jahre, um ihn in die Fabrik zu thun, so dass er blos noch zwei Winter
die Abendschule besuchte, im Uebrigen in den Freistunden alle erlangbaren
Vogel. Simson. ^07
oder vom schmälen Taschengelde erkauften Bücher las. Kattundrucker mit
leidlichem Einkommen geworden, erwarb er, von der Leetüre der Bibel imd
»des Göttinger Musenalmanachs« ausgegangen, bis ins 20. Jahr aus seinen
Ersparnissen 600 Bände, darunter deutsche Classiker. 21 Jahre alt, durch-
wanderte er zu Fuss die deutsche Schweiz und Südfrankreich; das Heimweh
entlockte ihm das erste Lied, und seitdem feierte die Muse nicht. 1839 zurück-^
gekehrt, empüng er von Dr. A. Henne in St. Gallen mancherlei Anregung, ver-
heiratete sich in Glarus und begründete daheim eine Buchdruckerei, mit der
er später eine Verlagsbuchhandlung verband. Nachdem er sie bis in seine
70er Jahre eifrig und erfolgreich geleitet hatte, überliess er sie fremder Obhut.
V. erlangte eine ausserordentliche Popularität durch die neidlose, werkthätige
Theilnahme und hingebende Gastfreundschaft, die er Collegen, besonders
aufstrebenden Talenten, nicht etwa nur des Heimatlandes, stetig erwies.
Er. war einer der eifrigsten Sammler und sorgfältigsten Kenner des
dichterischen Schriftthums der deutschen Schweiz, und in dieser opferbereiten
Liebe wurzelt das von ihm verlegte reichhaltige Sammelwerk »Die poetische
Nationallitteratur der deutschen Schweiz von Haller bis auf die Gegenwart«
(I — III, von Rob. Weber bearbeitet, 1866 — 67, IV, von J. J. Honegger,
1876). Als Dichter ist V. Lyriker, nebenbei Epigrammatiker.
Kürschners Litteraturkaldr. XXI 1434 f.; Brammer, Lex. dtschr, Dchtr. und Pros, d^
19. Jhrhs.* IV 248f.; W. B(olza) i. »Littcrar. Echo« I, H. 17, Ii2i.
Ludwig Fr^nkel,
Simson, Martin Eduard Sigismund von, * Königsberg in Preussen
10. November 1810, f 2. Mai 1899 in Berlin, Präsident des deutschen Reichs-
tags, des Reichsgerichts, der Goethe- Gesellschaft, Dr. jur. und Rechts-
lehrer.
Eduard v. S. war aus einer überaus glücklichen Familie hervorgegangen
und ein Abglanz dieses Glücks lag über seinem ganzen Leben. Sein Vater
Zacharias Jacob S. und seine Mutter Marianne, geb. Friedländer, haben
57 Jahre in einer musterhaften Ehe gelebt.
Der Vater hat ein Alter von 91, die Mutter von 79 Lebensjahren er-
reicht. Fünf Kinder waren aus der Ehe hervorgegangen, von denen Eduard
der älteste war. Keines dieser Kinder wurde ihnen entrissen; alle vier Söhne
haben eine hochangesehene Stellung im Leben erworben. Blieb auch die
Sorge zeitweise nicht fern, so hat sie doch niemals mit Ungestüm an die
Thür geklopft.
Die Eltern waren als Juden geboren; doch haben sie ihre Kinder zum
christlich-evangelischen Glauben hinübergeflihrt, so dass Eduard mit zwölf
Jahren getauft wurde; später haben die Eltern selbst diesen Uebertritt voll-
zogen. Der zweite Sohn, mit Vornamen August, wurde Professor der evan-
gelischen Theologie.
Der Vater war ursprünglich Kaufmann, dann als Wechslermakler thätig;
die letzten zwanzig Jahre hat er im Ruhestande verlebt. Ohne regelmässigen
Schulunterricht aufgewachsen, hat er sich aus eigener Kraft eine seinem
Stande angemessene Bildung verschafft und nun um so eifriger darüber ge-
wacht, dass an seinen Kindern nicht dieselbe Versäumniss begangen werde,
wie an ihm selbst.
Der Knabe wurde, nachdem er ursprünglich einen mangelhaften Privat-
unterricht genossen , dem Friedrichs - Gymnasium in Königsberg übergeben ;
20*
«oS Simson.
zwei seiner Lehrer, der Director Gotthold und Dinter, haben in der Geschichte
der Pädagogik sich einen Namen geschaffen; ein dritter war der berühmte
Philologe Lehrs. Gotthold pflegte insbesondere das Griechische und S. hat
schon als Knabe versuchen müssen, griechische Verse zu machen.
Der Schüler zeigte eine hervorragende, allen Unterrichtsfächern gleich-
massig zugewandte Begabung und vor allen Dingen ein höchst glückliches
Gedächtniss. Wenn sein Reifezeugniss die wunderliche Bemerkung zeigt, sein
Fleiss sei »zwar regelmässig, aber nicht alle Zeit gleich angestrengt gewesen«,
so ist dem die Thatsache entgegenzuhalten, dass er mit zwölf Jahren nach
Prima kam, und wenn man ihn auch in dieser Klasse ein Jahr über die
übliche Zeit zurückhielt, mit fünfzehn Jahren Student wurde.
Sein Triennium erledigte er auf der Universität Königsberg, bemüht,
seine Bildung nach allen Seiten hin zu erweitern. Er hörte naturwissenschaft-
liche Vorlesungen bei Karl Gottfried Hagen und ging ihm bei Experimenten
als Amanuensis an die Hand. Geschichte hörte er bei Drumann; Lobeck
wurde sein Lehrer in der klassischen Philologie und Hess ihn an den Seminar-
übungen Theil nehmen. Mit Eifer betheiligte er sich an den philosophischen
Vorlesungen Herbarts, dem er sein Leben hindurch eine so dankbare Er-
innerung bewahrte, dass er 1876 nach Oldenburg reiste, um an der hundert-
jährigen Feier von Herbarts Geburt sich zu betheiligen.
Näher an seine Berufsstudien führt es heran, dass er mit Eifer
die kameralistischen Vorträge bei Karl Hagen*), dem Sohne von Karl
Gottfried hörte. Selbst das Studium des Sanskrit blieb ihm nicht fremd;
mit nur einem Commilitonen zusammen hörte er bei Peter von Bohlen eine
Erklärung von »Ardschunas Reise in Indras Himmel«, und da dieser
Commilitone ein National-Lithauer war, der auf die Aehnlichkeit zwischen
dem Sanskrit und dem Lithauischen aufmerksam machte, so erwarb er sich
einige Vorstellungen von der lithauischen Sprache.
AUmälig blieb er denn doch bei der Jurisprudenz hängen und erwarb
als Student zwei akademische Preise in dieser Wissenschaft. Sein Führer
war Heinrich Eduard Dirksen, ein geistreichei Mann und ein gelehrter
Mann, dem später die verdiente Ehre zu Theil wurde, einen Sitz in der
Berliner Akademie zu erhalten, aber nicht eigentlich ein Jurist, sondern ein
mit den vorjustinianischen Quellen beschäftigter Archäologe, dessen zum Theil
künstlichen Constructionen S. auf die Dauer nicht folgen konnte.
Zuletzt reifte in S. doch der Entschluss, sich der Jurisprudenz zu widmen,
und zwar der akademischen Laufbahn. Denn von der juristischen Praxis
hielt ihn zunächst eine Abneigung zurück. Er erwarb mit achtzehn Jahren
den Doctortitel durch eine Dissertation: »De Julii Paulli manualium libris^^
und durch die Ablegung eines examen rigorosum, von dessen Ausfall seine
Examinatoren in viel höherem Grade befriedigt waren, als er selbst. Der
glänzende Ausfall des Examens bestimmte die Facultät, entgegen dem sonstigen
Gebrauch die sofortige Ertheilung der venia legendi ftir ihn, zugleich aber
*) Ich bitte um die Erlaubnis, hier folgende Bemerkung einschieben zu dürfen.
Karl Hagen gehört zu den best todtgeschwiegcnen Männern der Wissenschaft Roschcr
in seiner Geschichte der Nationalökonomik bringt es fertig, seinen Namen nicht zu nennen.
Nach meinem Urtheil ist er der scharfsinnigste volkswirthschaftliche Schriftsteller Deutsch-
lands in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Er war der Erste, der die Irr-
lehren Ricardos über Grundwerthe und Arbeitslohn vollständig Überwand.
A, M.
Simson.
309
die Ertheilung .eines Reisestipendiums auf zwei Jahre zu beantragen. Da
beide Auszeichnungen bewilligt wurden, so stellte die zweite die erste einst-
weilen in den Schatten.
So trat denn der achtzehnjährige Doctor eine »Magisterreise« an, wie
man sich damals ausdrückte. Sie führte ihn über Berlin, Halle, Leipzig,
Weimar, Göttingen, Bonn, Paris, Heidelberg wieder nach Hause. In allen
Universitätsstädten, die er besuchte, nahm er die Gelegenheiten wahr, Vor-
lesungen berühmter Männer zu hören und auf den Bibliotheken Studien zu
machen. Er hörte bei Savigny, Schleiermacher, Karl Ritter, Hegel, Weg-
scheider, Gesenius, Gottfried Herrmann, Gustav Hugo, Barthold Niebuhr,
Hasse, Bethmann-Hollweg, Löbell, dem Kunsthistoriker Eduard d'Alton, dem
Astronomen von Münchow. Am bedeutendsten für ihn wurde die Berührung
mit Niebuhr, die durch einen Zwischenfall eine besondere Färbung erhielt.
In Niebuh rs Hause in Bonn war Feuer ausgebrochen und es bestand Gefahr,
dass bei dieser Gelegenheit werthvolle Codices, die er aus öffentlichen
Bibliotheken erhalten hatte, verbrannten. Niebuhr befand sich in grosser
Aufregung und mangelhafter Bekleidung auf der Strasse und S. hing ihm
seinen eigenen Mantel um. Er suchte sich der Entdeckung, dass er es war,
welcher diesen Freundschaftsdienst vollzogen hatte, zu entziehen und seinen
Mantel im Stiche zu lassen. Indessen eine Cafeedüte, die sich in dem
Mantel vorfand, wurde zum Verräther und Niebuhr fand die Gelegenheit,
seinen warmen Dank mündlich lebhaft auszudrücken; an einer Bethätigung
wurde er durch bald darauf erfolgten Tod verhindert.
Unter den Stationen der Magisterreise, die oben aufgeführt wurden, ist
eine, die keine Universitätsstadt, aber doch die geistige Hauptstadt Deutsch-
lands war: Weimar. Die Verehrung Goethes war ein Hauptpunkt in dem
Glaubensbekenntniss S.'s, und eine in Berlin ausgestellte Empfehlung Zelters
verschaffte ihm die Möglichkeit, das Haus des Olympiers zu betreten. Er
kam gerade zur rechten Zeit, um an der Feier des Tages Theil zu nehmen,
an dem Goethe sein achtzigstes Lebensjahr vollendete. Ihm wurden einige
freundliche Worte von Goethe selbst zu Theil; er nahm Theil an einem mit
Reden reichlich ausgestatteten Festessen, wohnte der ersten Vorstellung des
»Faust« bei und hatte reichliche Gelegenheit zur Unterhaltung mit August von
Goethe, dessen Gattin, deren Schwester Ulrike, mit Riemer und Eckermann.
Wie in Weimar kam er auch in Paris zu einer ausserordentlichen Gelegen-
heit zurecht; am Tage vor seiner Ankunft war Ludwig Philipp in Folge der
Juli-Revolution zum Könige ausgerufen worden. Nichts hätte sein politisches
Interesse in dem Maasse wecken können, als dieses Zusammentreffen.
Er kehrte im Jahre 1831 nach Königsberg zurück. Im December 1832
verlobte er sich mit Clara Warschauer, der Tochter eines angesehenen Königs-
berger Bankiers, im Mai 1833 wurde die Verlobung veröffentlicht und am
14. Februar fand die Vermählung statt. Die Ehe war nicht minder glücklich,
als die seiner Eltern. Seine Gattin war ihm geistig ebenbürtig, von umfassender
Bildung, mit der Gabe zierlichen Ausdrucks in hervorragendem Grade aus-
gestattet. Die Ehe hat neunundvierzig Jahre gewährt; die aus ihr hervor-
gegangenen Kinder, zwei Söhne und sieben Töchter, blieben den Eltern
erhalten. Von den Söhnen ist der eine eine Zierde des Berliner Barreau,
der andere Professor der Geschichte in Freiburg.
Nach seiner Rückkehr habilitirte sich S. als Privatdocent der Rechts-
wissenschaft. Am 10. April 1833 wurde er ausserordentlicher, am 23. Mai 1836
3iP
Simson.
ordentlicher Professor. Für seine Wirksamkeit als Lehrer haben zwei Männer
von dichterischem Ruf, Rudolph Gottschall und Ernst Wiehert, Zeugniss
abgelegt. Seine Lehrweise wich von der hergebrachten ab. Er begnügte
sich nicht mit einem Vortrage, sondern zog seine Zuhörer in das Gespräch,
veranlasste sie zur Rede und Gegenrede, beschäftigte sie mit Rechtsfallen
aus zurückgelegten Actenstücken, aus denen er das gefällte Erkenntniss ent-
fernt hatte und Hess sie referiren und plaidiren. Aber auch sein eigener
Vortrag war von besonderer Art. Er trug auch die verwickeltsten Gegenstände
aus dem Gedächtniss vor, hatte die Gabe, jederzeit den richtigsten
Ausdruck zu finden und schwierige Sachen mit grosser Klarheit darzustellen.
So wichtig dies Alles war, so machte doch etwas Anderes einen noch grösseren
Eindruck auf die Studenten. Es war die Würde seines Auftretens, die zur
Ehrfurcht stimmte und sich doch mit Güte paarte.
Die schriftstellerische Wirksamkeit S.*s hielt mit seiner Lehrthätigkeit
nicht gleichen Schritt. Manches, was er unternommen, ist liegen geblieben,
theils weil ihm andere zuvorgekommen, theils weil er daran verzweifelte, es
in der Gestalt, in der es ihm vorschwebte, zu Stande zu bringen. Was fertig
geworden ist, soll am Schlüsse erwähnt werden.
So sehr S. in seinen Jugendjahren die akademische Thätigkeit vor der
praktischen bevorzugt hatte, zog es ihn doch allmählich zur letzteren herüber.
Um eben die Zeit, als S. seine Lehrwirksamkeit begann, wurde der zweite
Senat des Oberlandesgerichts zu Marienwerder aufgehoben und seine Geschäfte
dem Tribunal in Königsberg übertragen; bei diesem Gerichtshof wurde S.
als Hilfsarbeiter am lo. Januar 1834 angestellt und 1846 mit dem Charakter
als Rath ausgestattet. Im Sommer 1835 wurde er der Commission über die
Revision des ostpreussischen Provinzialrechts als Protokollführer beigegeben.
Die Liebe zur Praxis trug allmählich den Sieg über die Liebe zur Theorie
davon; die Neigung zum Preussischen Landrecht überwog die Neigung zum
Römischen Recht. Die Ereignisse des Jahres 1848 entfremdeten ihn für
mehrere Jahre der Lehrthätigkeit vollständig, und als er sie wieder aufnahm,
hatte er sich wie ein junger Docent ein Auditorium von Neuem zu erobern.
Auch hatte er wohl das Gefühl, in der Entwickelung der romanistischen Rechts-
wissenschaft nicht auf dem Laufenden geblieben zu sein. Kurz, es war ihm
willkommen, im Jahre 1860 das Katheder vollständig mit dem Richterstuhl
vertauschen zu können.
Königsberg trug in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts aus Kants Erb-
schaft den Namen einer Stadt der reinen Vernunft. Es war vielleicht die
geistig angeregteste Stadt Deutschlands und vor allen Dingen auch auf
politischem Gebiete angeregt. Vor hier aus erging der erste Ruf, nach dem
Regierungsantritt Friedrichs Wilhelms IV. dem preussischen Staate eine Ver-
fassung zu geben. Männer, die späterhin nach den verschiedensten Richtungen
hin auseinandergingen, wirkten hier von i86o bis 1868 einträchtig. In dieser
Atmosphäre athmete S., nicht mit seiner Person hervortretend, aber im Geiste
mit den Trägern der Bewegung einig.
Seine eigene politische Stellung anzudeuten, hatte er nur selten Gelegen-
heit gefunden. Er war einmal für eine milde Beurtheilung eingetreten, als
eine Anzahl von Studenten in einem erklärlichen Ausdruck von sittlicher Ent-
rüstung zu einer ungerechtfertigten Demonstration sich hatten hinreissen lassen.
Als Richter in der damals Aufsehen erregenden Falkson'schen Ehesache hatte
er die Ansicht bekämpft, dass eine Ehe, die im Auslande zwischen einem
Siroson. ^ 1 1
Juden und einem Christen abgeschlossen war, auf Anrufen des Staatsanwalts
für nichtig erklärt werden dürfe. Im Jahre 1848 zum Stadtverordneten er-
wählt, hatte er in der ersten öffentlichen Sitzung, die die Versammlung ab-
halten durfte, sich eines Schuldirectors angenommen, der wegen angeblicher
politischer Agitationen suspendirt war. Immerhin war er ausserhalb seiner
Vaterstadt noch ein wenig bekannter Mann, als der Märzsturm hereinbrach.
S. wurde flir die Stadt Königsberg zum Abgeordneten für das Frank-
furter Parlament gewählt; mit nur vier Stimmen siegte er über den Radikalen
Johann Jacoby. Der Gegensatz der Parteien hatte sich darum gedreht, dass
die Radikalen den Satz aufstellten, das Parlament habe eine unbedingte von
den Fürsten unabhängige Souverainetät, während Simson eine Erklärung an-
geregt und bei den städtischen Behörden zur einstimmigen Annahme gebracht
hatte, nach welcher das Parlament eine Verständigung mit den Fürsten suchen
müsse. So schieden sich Radikale und Gemässigte.
In Frankfurt war die erste Würde, die S. zufiel, die eines Schriftführers
der sechsten Abtheilung. Dass er im Stande war, sofort mit dem Schluss der
Sitzung das fertiggestellte Protokoll zu verlesen, verschaffte ihm einen ge-
wissen Respect. Einige Tage später wurde er zum Schriftführer des Plenums
gewählt; er war der einzige Preusse, dem man die Ehre erwies, ihn in den
Vorstand zu wählen. Auch jetzt war es ein sehr untergeordneter Vorzug,
der ihm die reichste Anerkennung verschaffte. Er las Schriftstücke mit lauter
Stimme und klarer Betonung vor, so dass der Reichstag einen anderen
Schriftfllhrer nicht gern vorlesen hörte. Im October rückte er zum ersten
Vicepräsidenten auf, weil der Abgeordnete von Soiron, der bis dahin diese
Würde bekleidet hatte, abgelehnt hatte, weil er von dem unversöhnlichen
Hass der Sieben verfolgt wurde. In dieser Eigenschaft wurde er zum Reichs-
commissar ernannt und nach Berlin entsendet, um bei den Differenzen, die
zwischen der Krone und der Nationalversammlung ausgebrochen waren, zu
vermitteln. Er wurde mit seinem Collegen von dem Ministerpräsidenten
Grafen Brandenburg freundlich empfangen, hatte auch mehrere Unterredungen
mit dem König; aber seine Mission blieb erfolglos. Der Beschluss, die
Nationalversammlung aufzulösen und eine Verfassung zu oktroyiren, wurde
verkündet, ohne dass den Reichscommissaren eine vorherige Mittheilung zu-
gegangen wäre. Sie haben ihn aus den Zeitungen erfahren und kehrten un-
verrich teter Sache nach Frankfurt zurück.
Inzwischen war er in seiner Abwesenheit zum Präsidenten des Parlaments
erwählt. Der bisherige Präsident Heinrich von Gagern war an Schmerlings
Stelle Präsident des Reichsministeriums geworden und Simson hatte inzwischen
so viele Präsidialqualitäten entwickelt, dass seine Parteifreunde von der Noth-
wendigkeit, ihn an die erste Stelle zu setzen, überzeugt waren. Die Ultra-
montanen und Demokraten hatten den Abgeordneten Kirchgessner aus Würz-
burg als GegencÄndidaten aufgestellt und errangen eine starke Minderheit.
Simson wurde am 18. December 1848 nur mit 233 von 461 Stimmen ge-
wählt; seine Wiederwahl vollzog sich später stets ohne Schwierigkeiten.
S. Hess es sich nun angelegen sein, den Abschluss der deutschen Reichs-
verfassung möglichst zu fördern. Eine Ansprache, die er in diesem Sinne
Anfangs Februar hielt, machte grossen Eindruck. Am 27. März wurde die Ver-
fassung beschlossen und von den Abgeordneten, an deren Spitze S., unterzeichnet.
Am 28. März wurde der König von Preussen mit 290 Stimmen gegen 248,
die sich der Abstimmung enthielten, zum deutschen Kaiser gewählt.
^1 « Simson.
und wurde in den Jahren 1855 und 1856 zum Prorector der Universität
erwiihlt. Die Versuche der liberalen Partei in Berlin und Breslau, ihm
wieder einen Sitz im Abgeordnetenhause zu verschaffen, misslangen. Erst das
Jahr 1859 führte eine Wendung herbei.
Nach Anbruch der neuen Aera wurde S. in Königsberg wiederum mit
zwei anderen altliberalen Männern in das Abgeordnetenhaus gewählt. Ueber
die Bedeutung dieser neuen Aera dachte er um Vieles nüchterner als die
meisten seiner Parteigenossen. Er sah die Schwierigkeiten, welche sich dem
liberalen Ministerium in den Weg stellen würden, voraus. Doch ging er mit
frischem Muth an die Arbeit. Die erste Aufgabe, welche ihm zufiel, war,
eine Adresse an den Prinzregenten abzufassen und sie vor dem Hause zu
vertreten. Er erzielte damit auch einen günstigen Eindruck.
Zum Präsidenten des Hauses war ursprünglich Graf Max von Schwerin
gewählt; als dieser im Sommer 1859 zum Minister des Innern ernannt wurde,
trat Simson an seine Stelle und hat dieses Amt mit gleicher Auszeichnung
verwaltet, wie einst den Vorsitz im deutschen Reichstage.
Am 3. September i86o wurde er zum Vicepräsidenten des Appellations-
gerichts in Frankfurt an der Oder ernannt und nahm Abschied von seiner
Heimathsstadt und von dem akademischen Lehrberuf. Die Liebe zur Praxis
hatte allmählich die Liebe zur Theorie, die Liebe zum preussischen Recht
die zum römischen Recht verdrängt. Auch mochte er die Empfindung haben,
dass es ihm nicht gelungen sei, auf der Höhe der Forschung zu bleiben.
Ein zweites Frankfurt verflocht sich in seinen Lebenslauf; er blieb neunzehn
Jahre dort und stieg im Jahre 1869 von dem Amte eines Vicepräsidenten zu
dem eines Präsidenten auf.
Die Neuwahlen des Jahres 1862 brachten dem Abgeordnetenhause eine
wesentlich andere Zusammensetzung. Die altliberale Mehrheit, die das frühere
Haus beherrscht hatte, war verschwunden, eine Majorität der Fortschrittspartei
hergestellt. Simson selbst unterlag in Königsberg, wurde aber bei einer
Nachwahl in Wetzlar und in Hoyerswerda gewählt.
Seine Stellung war eine schwierige. Auf der einen Seite hielt er an
seinen liberalen Anschauungen unerschüttert fest; auf der anderen Seite war
er von der Ueberzeugung durchdrungen, dass die Militärforderungen, welche
die Regierung stellte, unabweisbar seien. Er war Anhänger der Regierung,
soweit es sich um ihr Hauptziel handelte und ihr Gegner, soweit sie ver-
suchte, dieses Ziel mit verfassungswidrigen Mitteln zu erreichen. Die Schwäche
der Fraction, der er angehörte, machte seine Stelle zu einer wenig einfiuss-
reichen. Die Auflösung des Hauses entzog ihm auch den Wahlkreis Wetzlar;
dafür wurde er in Montjoie-Malmedy gewählt. »Bei den Wallonen«, höhnte
der »Kladderadatsch«, wie sein Freund Georg von Vincke, der seinen so treuen
Wahlkreis Hagen verloren hatte, »bei den Kassuben«, in Preussisch-Stargard.
Es kamen die Jahre des Verfassungsconflicts, die ihn besonders schmerzlich
berührten. Aber stets trat er mit Nachdruck auf, wo er das Recht bedroht
sah. So, als das Ministerium in klarem Widerspruch mit der Verfassung eine
Press Verordnung octroyirt hatte, so als das Herrenhaus den Beschluss gefasst
hatte, unter Uebergehung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses das Budget
nach der Vorlage der Regierung in Bausch und Bogen anzunehmen, einen
Beschluss, den das Abgeordnetenhaus auf S.'s Antrag ftir »null und nichtig*:
erklärte, so endlich in einer besonders meisterhaften Rede, als das Ober-
tribunal die Unverletzlichkeit der Abgeordneten in Frage gestellt hatte.
Simson.
315
Der deutschen Politik des Herrn von Bismarck-Schönhausen stand er
mit sehr kritischen Augen gegenüber; er traute dem Junker aus Erfurt, dessen
Auftreten er nicht vergessen hatte, nicht zu, dass er sein Unternehmen zu
glücklichem Ende führen würde. Aber als der Tag von Königgrätz ge-
kommen war, erkannte und bekannte er seinen Irrthum unumwunden und
sah die Ziele, nach denen er in Frankfurt, in Gotha und in Erfurt, sowie in
der Berliner Kammer gestrebt hatte, freudigen Auges erreicht.
Zum Abgeordneten für den constituirenden Reichstag wurde er in Frank-
furt a. O. gewählt und dieser Wahlkreis blieb ihm in späteren vier Wahlen
treu, bis er sich aus dem parlamentarischen Leben zurückzog. Mit 127 gegen
95 Stimmen wurde er im zweiten Wahlgange zum Präsidenten gewählt und
ihm damit nach seiner eigenen Aeusserung eine der stolzesten Erinnerungen
seines Lebens bereitet. Als Präsident des ersten ordenüichen Reichstags
durfte er am 3. October 1867 dem Könige eine Adresse überreichen, in der
der Reichstag aussprach, dass das deutsche Volk entschlossen sei, jeden Ver-
such fremder Einwirkung in seine Angelegenheiten zurückzuweisen. Er
präsidirte auch der kurzen aber bedeutungsvollen Session des deutschen
Reichstags vom Juli 1870, in der die französische Kriegserklärung zur Kennt-
niss gebracht wurde. Und nun ereignete sich, wie Fürst Bismarck es nannte,
der »Witz der Geschichte«, dass derselbe Mann, der im Jahre 1849 vergeb-
lich vor seinem Könige gestanden hatte, um ihn zur Annahme einer Kaiser-
krone zu bewegen, vor dessen Bruder diesen Versuch mit glücklicherem Er-
folge wiederholen durfte, wenn auch diesmal Bedenken zu überwinden waren.
Am 18. December überreichte er dem Könige Wilhelm in Versailles die
Adresse des Reichstags, in welcher die Aufrichtung von Kaiser und Reich
festgestellt wurde.
Er präsidirte noch dem ersten deutschen Reichstage und w^ir Mitglied
des zweiten, ohne in die Debatten einzugreifen. Doch noch einmal rief ihn
eine Wendung des Schicksals an die aufgegebene Stellung zurück.
Im Februar 1876 wurde der Reichstagspräsident von Forckenbeck durch
den plötzlichen Tod seiner Frau genöthigt, den Präsidentenstuhl zu verlassen.
Die beiden Vicepräsidenten waren verhindert, und jetzt fasste der Reichstag,
ohne eine förmliche Wahl vorzunehmen, den Beschluss, den Abgeordneten
Dr. Simson zu ermächtigen, so oft die Umstände dies erfordern, das Präsidium
im Reichstage zu übernehmen.
Im Jahre 1877 nahm Simson eine Wahl in den Reichstag nicht wieder
an; der Thätigkeit im Preussischen Abgeordnetenhause hatte er lange ent-
sagt; einer Berufung in das Herrenhaus hatte er auszuweichen verstanden.
Seine parlamentarische Thätigkeit war beendigt.
Aber es wurde eine Stellung geschaffen, die ihm eine Würde, die ihm
gebührte, und eine Thätigkeit, die er auszufüllen wusste, zuwies. Am
I. October 1879 trat die Justizorganisation des geeinigten deutschen Reiches
in das Leben; an der Spitze dieser Organisation befindet sich ein Reichs-
gericht, und an dessen Spitze war ein Präsident zu berufen. Kaiser Wilhelm
und Fürst Bismarck waren keinen Augenblick im Zweifel darüber, dass dieses
Amt nur in S.'s Hand gelegt werden könne.
Wegen des Gesundheitszustandes seiner Gattin und wegen seines eigenen
zögerte er lange, das Amt anzunehmen, aber er konnte sich der Einsicht
nicht verschliessen, dass das Vaterland ihn rufe. Er hat es mit Auszeichnung
3i6 Simson.
verwaltet, bis ein Schlaganfall ihn nöthigte, seine Versetzung in den Ruhe-
stand nachzusuchen, die ihm am i. Februar 1891 zu Theil wurde.
Zu den wenigen Anordnungen, die der todtkranke Kaiser Friedrich in
der kurzen Zeit seiner Regierung vornehmen konnte, gehörte die, dass er
dem Präsidenten des Reichsgerichts, dem er von jeher Zuneigung bezeugte,
und mit dessen Anschauungen er als Kronprinz sich häufig in vollkommener
Uebereinstimmung befand, den Orden vom schwarzen Adler verlieh, mit dem
der erbliche Adel verbunden ist.
Noch eine Auszeichnung war ihm vorbehalten, von weit geringerem
Glänze, aber recht nach seinem Herzen. Im Jahre 1885 bildete sich eine
Goethe-Gesellschaft in Weimar in engem Anschluss an die von dem letzten
Erben Goethes getroffenen letztwilligen Anordnungen, aus denen das
Goethe-Archiv und das Goethe-National-Museum hervorgingen. Diese Ge-
sellschaft wählte S., der keinen Tag vergehen Hess, ohne einige Seiten Goethe
gelesen zu haben, zu ihrem Vorsitzenden und er ist es bis zu seinem Lebens-
ende geblieben.
Am 16. März 1883 verlor er seine Gattin, kurz ehe er seine goldene Hochzeit
hätte feiern können. Der Schlag traf ihn schwer; die Freude an Kindern
und Enkeln, sowie zuletzt an einem Urenkel gewährte ihm Trost.
Nach seiner Versetzung in den Ruhestand siedelte er nach Berlin über.
Er konnte im Jahr 1898 noch eine Anzahl wichtiger Gedenktage feiern; die
Verehrung, die ihm von vielen Seiten bezeigt wurde, half ihm die Beschwerden
des Alters leichter ertragen.
Die letzten Wochen verbrachte er in einer Art von Traumleben. Am
2. Mai 1899 ist er sanft entschlafen, nachdem Tags zuvor die Feier seines
siebzigjährigen Doctorjubiläums begangen wurden.
Eduard von S. war ein Mann von den lautersten Gesinnungen und von
den edelsten Gaben. Die Würde, die ihn umgab, hielt in seiner Gegenwart
den Ausdruck niedriger Gesinnungen zurück. Er war ein unübertroffener
Meister des Wortes. Das treffende Wort stand ihm in jedem Augenblicke
zu Gebote. Seine Reden, die von ihm verfa3sten Adressen sind frei von
gesuchtem Schmuck. In ungewöhnlichem Masse besass er die Gabe, ver-
wickelte Verhältnisse mit Klarheit darzustellen. Er war ein musterhafter
Richter und das Präsidentenamt hat er in allen von ihm geleiteten parla-
men tarischen Versammlungen in richterlichem Geiste und mit der Anmuth
eines hochgebildeten Mannes ausgeübt. . Er war von klassischer Bildung
getränkt, las den Thukydides im Urtext zu seiner Erholung und konnte noch
in den Phantasieen des Todeskampfes nicht unterlassen, ein falsch betontes
lateinisches Wort richtigzustellen. Wie seinen Goethe liebte er die klassische
Musik. Er spielte die Orgel und vor allen Dingen hatte er »Musik in ihm
selbst« .
In den kurzen Tagen seiner Bekanntschaft mit Niebuhr hatte dieser dem
jungen Manne die Aussicht eröffnet, ihn in die diplomatische Laufbahn zu
befördern und Niebuhr wäre, wie Bunsens Beispiel zeigt, der Mann gewesen,
sein Wort zu halten.
Niebuhrs früher Tod vernichtete diese mit Leidenschaft ergriffene Aus-
sicht für immer. Was S. in dieser Stellung geleistet hätte, was er geleistet
hätte, wenn er Justizminister geworden wäre, worauf er nach constitutionellen
Begriffen einen Anspruch gehabt hätte, entzieht sich der Beurtheilung. Die
Stellungen, die ihm das Schicksal zugetheilt hat, hat er in voUkommner
Sinison. Zeissberg. ^t*f
Weise ausgefüllt. Als I^ehrer des Rechts, als Richter, als fester und gerechter
Leiter parlamentarischer Versammlungen, als Sprecher bei festlichen Veran-
lassungen, als hinreissender Redner in der Debatte hat er keinen Vergleich
2u scheuen.
Als Vorkämpfer hat er in erster Reihe gestanden. Das Bild des
Deutschen Reiches, wie es geworden ist, hat früh vor seinen Augen gestanden;
er hat dafür gewirkt mit aller Kraft und mit einem zuweilen erschütterten,
aber nie erstorbenem Vertrauen. Sein Ausspruch, »dass Recht und Freiheit
nur zwei verschiedene Namen ftir dieselbe Sache seien«, bezeichnet seine
Anschauungsweise. Die Freundlichkeit seiner Sitten gehörte zu den Tugenden,
deren Kenntniss sich späteren Geschlechtem nicht übermitteln lässt.
Literatur. Von ihm: De }. Paulli Manualium libr. III. (Diss. inaugur.) 1829. — Exer-
citatio de capite roinutis (1835) — Quaestiones ex Jure Prussorum. — Einige Aufsätze
in: Preussische Ostseeblätter. 1832. — Nachrichten über die Gründung und Fortbildung
des Tribunals in Königsberg i. Pr. aus gedruckten und ungedruckten Quellen. Königsberg
1844. Ucber ihn: Eduard von Simson. Erinnerungen aus seinem Leben. Zusammen-
gestellt von B. V. Simson. Leipzig S. Hirzel 1900. (Enthält zahlreiche Briefe an und von
S. und hat dieser Skizze als hauptsächlichste Quelle gedient.) Femer Gedächtnisrede von
Karl Frenzel im Göthe-Jahrbuch Bd. XXI Jahresbericht Seite 4.
Alexander Meyer.
Zeissberg, Heinrich Ritter von, Universitätsprofessor, Director der Hof-
bibliothek in Wien, ♦ 8. Juli 1839 i" Wien, f 27. Mai 1899 in Wien. — Z.
entstammte einer Wiener Familie und besuchte die unteren und mittleren Schulen
in seiner Vaterstadt. Er muss in jungen Jahren sich mit erstaunlichem Fleiss
und angeborner Begabung nicht blos die alten und modernen Sprachen,
sondern auch ungewöhnliche Kenntnisse in Geschichte angeeignet haben.
Denn als er seine Studien an der Universität Wien begann, fiel, wie Albert
}äger später erzählte, ihm im historischen Seminar bald der junge Student
mit dem frischen Gesicht und röthlich-blonden Haare auf, der, wenn sonst
Niemand etwas wusste, bescheiden sich zum Worte meldete. Im Jahre 1861
trat Z. in das Institut fiir österreichische Geschichtsforschung ein, das eben-
falls unter Jägers Leitung stand, neben welchem aber seit einigen Jahren auch
Theodor Sickel wirkte. Bewahrte Z. seinem Lehrer Albert Jäger, dessen
Liebling er war, zeitlebens eine treue Anhänglichkeit und Pietät, so hat er
doch gleich seinen damaligen Genossen im Institut, Heinrich Brunner und
Fr. Thaner, entscheidende Anregung schon Sickel gedankt. Daneben betrieb
er auch Philologie unter Bonitz. In den Jahren 1863 und 1864 erschienen
bereits seine ersten Abhandlungen über Erzbischof Arno von Salzburg, über
Thomas Ebendorfer, über österreichische Geschichte unter den Babenbergem,
von feiner und sorgfältiger Arbeit und ansprechender Form. Nachdem er
sich 1863 als Privatdozent für Geschichte an der Wiener Universität habilitirt
hatte, wurde er schon 1864 als Supplent für allgemeine und österreichische
Geschichte an die Universität Lemberg berufen und 1865 daselbst zum
ordentlichen Professor ernannt.
Lemberg war damals noch eine Universität von überwiegend deutscher
Physiognomie. Neben Z. war Robert Rössler Professor für Geschichte, und
Heinrich Brunner für deutsches Recht. Obwohl aber in den nächsten
Jahren sich mehr und mehr die polnischen Autonomiebestrebungen in Galizien
fühlbar machten, wusste der junge Professor durch sein überaus gewinnendes
3^0 ^eissberg. t^'leischl-MarxoW.
Schüler, begründeten Werkes »Die österreichisch-ungarische Monarchie in
Wort und Bild« zu führen. Das bei aller begreiflichen Verschiedenheit des
Werthes im Einzelnen doch monumentale Werk ist unter Z.'s Redaction bei-
nahe zur Vollendung gediehen. Seine conciliante Natur hat die Schwierig-
keiten überwunden, welche bei dem so weitgreifenden Unternehmen die Aus-
wahl der Mitarbeiter, die Redaction des Stoffes und so manche andere
Verhältnisse bereiteten. Einer der allerbesten Theile des Werkes rührt von
Z. selber her, die vortreffliche Uebersicht der Geschichte Oesterreichs (1887).
Sie beweist, dass der Meister der Detailforschung sehr wohl im Stande war,
in grossen Zügen auch weite geschichtliche Entwickelungen darzustellen.
Im Jahre 1891 wurde Z. nach dem Abgange Th. v. Sickels nach Rom
zum Vorstand des Instituts für österreichische Geschichtsforschung ernannt.
Allein nur wenige Jahre noch war es ihm beschieden, in den ihm tief ans
Herz gewachsenen Kreisen des Instituts und der Universität zu weilen. Im
Jahre 1896 wurde er an die Spitze der Hofbibliothek berufen, als Nachfolger
W. V. Harteis. Mit seiner ganzen peinlichen Gewissenhaftigkeit widmete er
sich nun den Aufgaben der neuen Stellung und das ihm angeborene Wohl-
wollen, welches er jederzeit seinen Schülern entgegengebracht hatte, bethätigte
er nun ebenso gegenüber den zahlreichen Benutzern der Schätze der Hof-
bibliothek.
Da zerriss wieder einmal jäh und furchtbar der Tod ein rastloses und
erfolgreiches Wirken, ein reines und edles Menschenleben. Der Anfall eines
Herzleidens raffte in der Nacht vom 26. auf den 27. Mai 1899 Z. dahin.
Nach Ameth und Huber der dritte schwere Verlust, den wir in kurzer Zeit
erlitten ; die drei bedeutendsten Vertreter der Forschung auf dem Gebiete der
österreichischen Geschichte sind dahingegangen, Männer, verwandt in Richtung
und Prägung ihres historischen Schaffens und verwandt in ihrer gesammten
Lebensanschauung. Das Andenken Z.*s wird an den Stätten, die ihm am
liebsten waren und nach denen er sich immer noch zurückgesehnt hat, in
besonderer Weise erhalten bleiben durch eine grossmüthige Widmung: seine
Wittwe hat in treuer Pietät dem Sinne ihres Gemahles, mit dem sie in glück-
lichster Ehe verbunden war, am besten zu entsprechen gemeint, indem sie
den grössten Theil seiner reichen Bibliothek dem Institut ftlr österreichische
Geschichtsforschung und dem historischen Seminar an der Universität Wien
zum Geschenke machte.
Wurzbachs Biogr. Lexikon 59, 292 — 294 (1890). Nekrologe in der »Wiener Abend-
postc vom 27. Mai 1899 von Dr. R. B., in der »N. Fr. Presse« vom 27. Mai u. 25. Juli 1899
(letzterer von A. Schlossar), in den »Deutschen GeschichtsblHttern« (1899) i, 28->3i von
Oswald Redlich, in den »Mitth. d. Vereins f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen« (1899)
37t 105 — 109 von Jung, in den »Mitth. d. Instituts f. österr. Geschichtsforschung« (1900)
21, 206—208 von E. M(ühlbacher) und andere.
Oswald Redlich.
Fleischly Marxow, Ida, v., ♦ 5. September 1824 zu München, f 5* J^'^^
1899 in Wien. Einer angesehenen, ursprünglich aus Prag stammenden,
hernach in Baiem ansässigen, begüterten jüdischen Familie entstammt, kam
Ida durch ihre Verheiratung mit dem Grosskaufmann F. nach Wien, wo sie
in regem Verkehr mit Grössen der Kunst und Forschung einen ausser-
gewöhnlichen Kreis um sich zu sammeln wusste. Ihr Haus war, nach dem
Wort Sigmund Exners, »der Sammelpunkt zahlreicher, hervorragender Männer
Fleisclil-Marxow. Heimerding. ^21
und Frauen. Schriftsteller, Gelehrte, ausgezeichnete Hofschauspieler
fühlten sich da heimisch«. Engbefreundet mit Julie Rettich, Auguste
V. Littrow und Iduna Laube, gewann sie 1855 in Betty Paoli eine Haus-
genossin, die bis an ihr Lebensende Ida in Treue und dankbarer Gesinnung
zugethan blieb; in dem Widmungsonett ihrer »Neuen Gedichte« und
manchen anderen Versen besingt sie den Segen dieses Bundes, die
Charaktergrösse und Ueberlegenheit der seltenen Frau. Nicht minder
innige schwesterliche Freundschaft verband Ida mit Marie v. Ebner-
Kschenbach. Sie hatte die Dichterin 1863 zuerst im Hause Littrow nach
der Aufführung ihres einactigen Lustspiels »Die Veilchen« im Burgtheater
kennen gelernt und nahm unablässig wachsenden Einfluss auf die künstlerische
Entwicklung der grossen Erzählerin, die ihr 1893 ihre »Parabeln, Märchen
und Gedichte« widmete. Schwere Schicksale suchten Ida F. heim. Ihr
hochbegabter Sohn Ernst hatte als Assistent Rokitanskys 1871 das Unglück,
sich mit Leichengift zu inficiren und obwohl seine Lehrer und Freunde, obenan
Billroth, ihr Aeusserstes aufboten, um den jungen Naturforscher voll-
kommen herzustellen, gelang es ihnen nur, sein schmerzenreiches Leben
20 Jahre lang (187 1 — 1891) durch immer neue operative Eingriffe hinzu-
fristen. Durch seine ungewöhnliche "Willenskraft und Energie gelang es
Ernst F. wohl, wissenschaftlich weiter zu arbeiten und als Professor der
Physiologie an der Wiener Universität noch Hervorragendes zu leisten.
Aber sein ganzes Dasein war nur eine Marter und sein Heimgang eine
Erlösung für den Dulder. Ida F. hat den Verlust dieses geliebten Sohnes nie
verwunden. In ihren Studien — sie trieb Indisch und versenkte sich tief in
phüosophische Systeme — , in ihrer regen Wohlthätigkeitspfiege, vor Allem
aber in ihrer sich nie genugthuenden Fürsorge für ihre Lebensfreundinnen
suchte sie (nicht Trost, den gab es nicht für ihren Mutterschmerz) ihrer
würdige Lebensaufgaben. Nach dem Tode Betty Paolis Hess sie ihr
ein Grabdenkmal setzen und nahm mit Marie Ebner und Ferdinand v. Saar
hervorragenden Antheil an der Auswahl und der Herausgabe ihrer Letzten
Gedichte (Stuttgart, Cotta). Mit Marie Ebner, die ihr Winters in Wien,
Sommers in Sanct Gilgen jede neue Arbeit zur künstlerischen Prüfung vor
der Veröffentlichung mittheilte, verbrachte sie den letzten Winter ihres
Lebens 1898/99 in Rom. Unmittelbar vor dem für die gemeinsame Reise
mit Marie Ebner nach Sanct Gilgen festgesetzten Tag stürzte die Greisin im
Zimmer und erlitt einen Schenkelbruch, zu dem sich eine Lungenentzündung
gesellte. Marie von Ebner-Eschenbach hat das Wesen der Freundin in dem
für sie bestimmten Wahlspruch gekennzeichnet: Veritas et Caritas.
Gesammelte Abbandlungen von Dr. Ernst v. Fleischl-Marxow, Leipzig, 1893;
Biographische Skizze von Sigmund Exner ebenda S. IV — XII. — »Wiener Abendpost« 1899,
No. 130. (Der nicht unterzeichnete vortreffliche Nachruf rührt von Bruno Walden-
Frl. Flora Galliny her.) — Beilage zur »Allgemeinen Zeitung« 1899, 9. Juni, No. 130 von
A. Bettelheim.
Anton Bettelheim.
Heimerding, Karl, * 29. October 1822 in Berlin, f 20. December 1899
in Berlin, Schauspieler. Er wandte sich 1847 der Bühne zu und wurde nach
einigen Irrwegen in der Provinz auf das Gebiet der Localkomik gewiesen.
Vom Jahre 1848 bis 1878 hat er in Berlin gewirkt, von 1855 an an dem
Wallner-Theater, das die Stätte seines Ruhmes w^urde. Im Jahre 1878 konnte
er sich von der Bühne zurückziehen und als Rentier leben.
Biogr. Jahrbacb u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 2 1
-9 2 2 Helmerding. Kiepert.
Das Feld, auf dem H. wirkte, war ein begrenztes. In den Possen von
David Kaiisch fand er den Höhepunkt seiner Kunst; nach Kalischs Tode
konnte keine rechte neue Rolle mehr für ihn geschrieben werden. Am
komischsten wirkte er, wenn die Rolle von ihm eine grosse körperliche
Gewandtheit verlangte, beispielsweise wenn er die Geberden eines Jongleurs
oder Akrobaten nachzuahmen hatte. Ferner trug er politische Couplets mit
vortrefflicher Mischung von Bosheit und anscheinender Unschuld vor. Und
es gab eine Zeit, wo das politische Couplet die wirksamste Waffe geblieben
war, die die unterdrückte Opposition noch in Händen hatte. Um für seine Dar-
stellungen die rechte Resonanz zu gewinnen, niusste er schlechterdings vor
einem Berliner Publikum stehen. An dem Wallner-Theater aber, wie es im
Volksmunde hiess: »der grünen Neue«, waren einige Mitglieder, die mit H.
zusammen ein Ensemble bildeten, wie es sich selten bei einem Theater zu-
sammenfindet. Er waren Theodor Reusche, August Neumann und Anna
Schramm. Von diesem Ensemble einen Einacter Kalischs, »Den gebildeten
Hausknecht«, »Aus Liebe zur Kunst«, »Aurora in Oel«, »Gräfin Grete«,
»Deklamatorisch-musikalische Abendunterhaltung« dargestellt zu sehen, war
in der That ein Hochgenuss.
An einem einzelnen Zuge mag veranschaulicht werden, in welcher Weise
H. das Herz des politisirenden Berliners zu gewinnen wusste. In den Tagen
des Militairconfiicts hatte es einst grosse Entrüstung hervorgerufen, dass
Bismarck sich aus einer Debatte, zu der er besonders eingeladen war, sich
entfernt und dann bei seiner Rückkehr erklärt hatte, er habe auch im
Nebenzimmer Alles gehört, was im Hause vorgegangen sei. Einige Tage
nach diesem Vorgange besuchte Bismarck in Begleitung des sächsischen
Ministers von Beust das Wallner-Theater, um H. in seiner damals berühmten
Rolle zu sehen. Im Zwischenact wurde H. wie gewöhnlich hervorgerufen,
aber kam nicht. Erst nachdem sich der Hervorruf bis zum Toben gesteigert
hatte, erschien er vor dem Vorhang, in anscheinend demütiger Haltung, bat
für sein Zögern um Entschuldigung, erklärte aber zugleich, dass er auch
hinter dem Vorhange Alles gehört habe, was im Hause vorgegangen sei.
Der Scherz entzückte nicht nur die Berliner, sondern gewann dem Künstler
auch Bismarck s Herz, so dass er mehrfach zu ihm eingeladen wurde.
In der Berliner Localgeschichte ist H.'s Andenken besser gegründet, als
in der Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Er gehörte zu den Personen,
die in der Zeit, als Berlin sich zur Hauptstadt des Deutschen Reiches ent-
wickelte, dem öffentlichen Leben ein bestimmtes Gepräge gaben.
Alexander Meyer.
Kiepert, Johann Samuel Heinrich, Geograph, * 31. Juli 1818,
f 21. April 1899 in Berlin. Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns. Besuchte
von 1828— 1836 das Joachim thal 'sehe Gymnasium, wo er seine von Kind
auf bethätigte Vorliebe für Kartenzeichnen weiter pflegte. 1837 bezog er die
Universität Berlin, wo er bei Gerhard, Panofka, Ranke und insbesondere
Karl Ritter hörte, welch' letzterer den Anstoss zu K'.s erster grosser Arbeit,
Topographisch-historischer Atlas von Hellas und den hellenischen Kolonien
(1840 — 1846; neue Ausgabe: 187 1) gab. Zu derselben Zeit übertrug ihm
der Amerikaner E. Robinson die Verarbeitung seiner in Palästina gesammelten
Materialien. (Vgl. Bibel-Atlas 1846. Wandkarte von Palästina 7. Aufl. 1893.)
1841 machte er sich zur Bereisung von Kleinasien auf (erste kritische Karte
Kiepert. Hauer. Claus. ^23
von Kleinasien und Türkisch-Armenien 1842 — 1844). Fortan blieb die
wissenschaftliche Erforschung und die Kartographie Kleinasiens K'.s Lieblings-
Arbeitsfeld. 1870 bereiste er mit seinem Sohne Richard Karien, 1886 Lesbos,
1888 Karien, Mysien, Troas. Vgl. »Karte des osmanischen Reiches in Asien«
(1844 und 1869). Provinces asiatiques de l'Empire Ottoman (1844), Carte
gdn^rale de l'Empire Ottoman. Specialkarte vom westlichen Kleinasien 1892.
Scherzhaft wurde K. deshalb als »Generalstab« des türkischen Reiches be-
zeichnet. 1845 wurde K. Leiter des geographischen Institutes in Weimar,
von wo er 1852 nach Berlin übersiedelte, wo er im Verlage von Dietrich
Reimer seine weiteren Arbeiten veröffentlichte. 1853 Mitglied der Berliner
Akademie, wurde er 1859, nachdem er einen Ruf nach München ausge-
schlagen, Extra-Ordinarius, 1874 ordentlicher Professor in Berlin. Umfang
und Gediegenheit seiner Arbeiten stellen ihn in die erste Reihe der Karto-
graphen. Auch um die Gelegenheits-Kartographie hat sich K. durch seine
Karten von Kriegsschauplätzen so verdient gemacht, wie durch seine Lehr-
bücher und Demonstrationsmittel um die Aufgaben der Schule.
Almanach der Akademie Wien 1899 (nach Angaben von Dr. Richard Kiepert,
dem Verlage Dietrich Reimer und Professor Ph. Paulitschke).
Hauer, Franz, Ritter v., Geologe, ♦ 30. Januar 1822 in Wien, f 20. März
1899 ebenda. Sohn des Vicepräsidenten der Hofkammer, der selbst in
Mussestunden paläontologische Studien trieb und Foraminiferen im Wiener
Boden entdeckte. H. absolvirte das Gymnasium in Wien, dann die Berg-
Akademie Schemnitz, kam 1843 ^ur Bergverwaltung Eisenerz, wurde im Herbst
desselben Jahres zu Haidingers Vorlesungen am montanistischen Museum ein-
berufen. 1844 Assistent Haidingers. 1849 wurde die Wiener geologische
Reichs-Anstalt gegründet, an der Haidinger zum Director und H. zum Berg-
rath und ersten Geologen ernannt wurde. Nach Haidingers Tod 1867 wurde
H. Director. H. wirkte hier bahnbrechend. Seine Arbeiten 1850 »Ueber das
geognostische Verhalten der niederösterreichischen Alpen zwischen Wien und
Salzburg«; 1853: über die Trias-, Lias- und Juragebiete in den niederöster-
reichischen Alpen folgten 1858 die Uebersichtskarte der Schichtgebirge der
T^ombardei; 1863 die Aufnahmen von Siebenbürgen und Dalmatien; end-
lich »Die Geologie in ihrer Anwendung auf die Kenntnisse der Boden-
beschaffenheit der österreichisch-ungarischen Monarchie«. 1885 wurde H.
Intendant des naturhistorischen Hofmuseums, 1892 Mitglied des Herrenhauses.
Almanach der Akademie Wien. 1899.
Claus, Karl, ♦ 2. Januar 1835 ^^ Cassel, f 6. Februar 1899 in Wien,
Naturforscher. Absolvirte die Universitäten Marburg und Giessen. An der
letztgenannten Hochschule war er Schüler Leuckarts. 1858 habilitirte sich C.
in Marburg, 1859 in Würzburg, wo er 1860 Extraordinarius wurde. 1863
kam er als Ordinarius nach Marburg, 18 70 nach Göttingen. 1873 nach
Wien berufen, trat er 1894 wegen Kränklichkeit in den Ruhestand. Sein
Arbeitsgebiet waren die wirbellosen Thiere, namentlich die Cölenteraten und
Crustaceen. Charles Darwin widmete er 1876 : »Untersuchungen zur Erforschung
der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descen-
denzlehre.« Zur Descendenzlehre nahm er späterhin 1888 noch ganz besonders
Stellung in zwei Vorträgen: »Ueber Lamarck als Begründer der Descendenz-
21*
r
1 1
324
Claus. Lie.
lehre« und »Ueber die Werthschätzung der natürlichen Zuchtwahl als
Erklärungsprinzip« . Als I^ehrer erwarb sich C. in Oesterreich dauernde Verdienste
durch Gründung eines zoologisch-vergleichend-anatomischen Institutes und die
Gründung der zoologischen Versuchsstation in Triest. (Vgl. die 10 Bände
der Zschr. »Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Wiener Universität
und der zoologischen Station in Triest«). Bedeutung erlangte und behauptete
auch sein innerhalb eines Menschenalters vielfach aufgelegtes Lehrbuch der
Zoologie. »Da jede Auflage nach den neuesten Forschungen verbessert
wurde, kann man aus diesem Buche die Geschichte der Zoologie in den letzten
40 Jahren verfolgen durch eine Zeit, die wohl die interessanteste Epoche
dieser Wissenschaft darstellt.«
Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften. 1899.
Lie, Sophus Marius, * 17. December 1842 zu Nordfjordeide am
Eidsfjord als Sohn eines norwegischen Pfarrers, f Christiania 18. Februar 1899.
Obgleich von Geburt kein Deutscher, darf L. doch in dem deutschen
Nekrolog nicht fehlen, da seine bedeutendsten Werke, die der mathematischen
Forschung neue Bahnen eröffneten, in deutscher Sprache erschienen sind, und
er selbst die zwölf fruchtbarsten Jahre seines Lebens als Lehrer an einer
deutschen Hochschule verbrachte. L. begann seine wissenschaftlichen Studien
1859 an der heimatlichen Universität Christiania, woselbst er 1865 das mathe-
matisch-naturwissenschaftliche Lehrerexamen bestand. Damals ahnten weder
er noch seine I^ehrer das in ihm schlummernde mathematische Genie, und
erst als er 1868 ganz zufällig mit den Schriften von Poncelet und Plücker
bekannt wurde, erwachte in ihm der Trieb zur selbständigen Produktion.
An Plücker'sche Gedanken knüpfte er auch in seinen ersten Publikationen an,
die sich mit der Abbildung der imaginären Punkte und Geraden der Ebene
durch reelle Raumgebilde beschäftigten. Als er dann im nächsten Jahre mit
einem Staatsstipendium nach Paris kam, traf er daselbst mit Felix Klein zu-
sammen, mit dem er alsbald in enge wissenschaftiiche Beziehung trat, aus
welcher mehrere bedeutende gemeinsame Arbeiten der beiden Forscher
hervorgingen. Damals schon bildete sich bei L. der Begriff der infinitesimalen
Transformation, dessen Ausbildung die Aufgabe seines Lebens wurde.
Auch jene so merkwürdige Berührungstransformation, welche den Linienraum
in einen Kugelraum überfuhrt, wurde von ihm im Juli 1870 entdeckt und
zugleich der Zusammenhang derselben mit Monge's Theorie der partiellen
Differentialgleichungen, mit deren Studium er sich damals intensiv beschäftigte,
ergründet. 1871 wurde L. Universitätsstipendiat in Christiania, promovirte
und erhielt dann 1872 auf Empfehlung einflussreicher Freunde eine Professur
daselbst, die ihm nur wenige Verpflichtungen auferlegte. Auch verlobte er
sich in demselben Jahre mit Anna Birch, heiratete aber erst 1874, aus
welcher Ehe zwei Töchter und ein Sohn hervorgingen. In den zahlreichen
Arbeiten L.'s aus jener Periode tritt die systematische Ausbildung der
infinitesimalen Berührungstransformationen in den Vordergrund, und als Klein
(187 1) in dem Begriff der Gruppe das leitende Prinzip gefunden hatte, durch
welches sich in die verschiedenen geometrischen Betrachtungsweisen System
bringen Hess, und seine Gedanken L. mitgetheilt hatte, war auch für diesen
die Richtung seiner Untersuchungen bestimmt. Sein Ziel wurde von da ab
die Ausgestaltung des Begriffes der continuirlichen Gruppe, den er zur Grund-
lage seiner umfassenden Transformationstheorie machte. Die Ausarbeitung
Lie.
325
eines systematischen Werkes über Transformationsgriippen begann aber erst
1884, nachdem Friedrich Engel auf Anregung von A. Mayer und F. Klein
nach Christiania gekommen war, um L., der zu einer solchen Arbeit von
Natur aus wenig passte, darin zu unterstützen. Das Werk erschien unter
dem Titel »Theorie der Transformationsgruppen« in drei Abschnitten in den
Jahren 1888, 90 und 93. Er entwickelt darin auf mehr als 2000 Seiten in
Grossoctav die genannte Theorie in ganz abstrakter Weise, so dass man ihr
äusserlich die durchaus geometrische Entstehung nicht ansieht. — 1886
folgte L. einem Rufe an die Universität Leipzig als Nachfolger Kleins, und
hier war es ihm möglich, Schüler um sich zu versammeln, die er in seine
Ideen einfuhren konnte. Einer derselben, Georg SchefFers, veröfFen dichte
1891 L.'s »Vorlesungen über Differentialgleichungen mit bekannten infinitesi-
malen Transformationen« und 1893 seine »Vorlesungen über continuirliche
(iruppen mit geometrischen und anderen Anwendungen«. Das erste dieser
umfangreichen Werke ist eine elementar gehaltene Einführung in die Inte-
grations- und Gruppentheorie, das zweite bringt einen Theil seiner altem
geometrischen Arbeiten in systematischer Zusammenstellung und hätte noch
fortgesetzt werden sollen. Ueberblickt man die Fülle der Schriften, die L.
in der kurzen Zeit von 20 Jahren hervorbrachte, und vergegenwärtigt man
sich, welche Summe von geistiger Arbeit zur Schöpfung seiner neuen
Theorien aufzuwenden war, so wird man sich nicht wundem, wenn die
Gesundheit des von Natur aus kräftigen und abgehärteten Mannes allmählich
untergraben wurde. In der That wurde er 1889 von einer schweren Neura-
sthenie befallen. Allerdings überwand er dieselbe und gewann seine alte
Leistungslähigkeit und Erfindungskraft wenigstens auf einige Jahre wieder
zurück; aber als er 1898 unter den glänzendsten Bedingungen an die
heimatliche Hochschule in Christiania zurückberufen wurde, kam er bereits
als todtkranker Mann in seinem Vaterlande an und starb an den Folgen
einer perniciösen Anämie. — L. gehörte in wissenschaftlicher Beziehung zu
den führenden Geistern, ja man hat ihn mit Recht den »originalsten und
schöpferischsten Vertreter der geometrischen Wissenschaft in den letzten drei
Decennien dieses Jahrhunderts« genannt. In der That sind seine Leistungen,
die wir nur kurz andeuten konnten, durchaus origineller Natur und erschlossen
der Mathematik völlig neue Gebiete, deren Fruchtbarkeit immer allgemeiner
anerkannt wird. Uebrigens waren L. in seinen letzten Jahren auch vielfache
Anerkennungen zu Theil geworden, wenn sich die wissenschaftliche Welt auch
anfangs seinen Arbeiten gegenüber etwas zurückgehalten hatte. — L.'s
Charakter war wie sein Äusseres echt germanisch; er war offen und gerade
und verband mit einem starken Selbstbewusstsein Gerechtigkeit in dem Urtheil
über die Leistungen Anderer. Erst die schwere Krankheit in den letzten
Jahren seines Lebens trübte diese vorzüglichen Eigenschaften, da sie sein
Gemüthsleben direkt beeinflusste.
Quellen: M. Nöther gab, Mathematische Annalen LUX, eine sehr wertvolle
Biographie, in welcher noch weitere Litteratur angeführt ist, desgleichen Friedrich Engel
in Bibliotheca math. 1900 166 — 204 mit einem vorzüglich gearbeiteten Verzeichnis von
Lies Schriften, die 162 Nummern umfassen.
A. V. Braunmühl.
J
Ergänzungen und Nachträge zum
„Deutschen Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1898''.
Alberti, Eduard Christian Scharlau, Schriftsteller, * 11. März 1827 in
Friedrichstadt a. d. Eider, f 28. Februar 1898 in Voorde bei Kiel. Auf
den Schulen seiner Vaterstadt vorgebildet, erlernte er von 1844 bis 1848
in Rendsburg das Buchdruckerhandwerk, absolvirte darauf die Prima der
Husumer Gelehrtenschule und ging 1850 nach Kiel, um klassische Philologie
zu Studiren. Nachdem er 1854 das Schulamtsexamen bestanden und zwei
Jahre hindurch eine Hauslehrerstelle bekleidet hatte, promovirte er im Juli
1856 zum Dr. phil. und habilitirte sich im Herbst 1857 in Kiel als Privat-
docent. Gleichzeitig trat er als Hilfsarbeiter bei der Universitätsbibliothek
ein, an der er 1868 die Stelle des zweiten Gustos erhielt. Am i. April 1894
legte er sein Amt nieder; ein Jahr zuvor war ihm der Titel »Professor« ver-
liehen worden.
Vielseitig begabt ist A. während seines ganzen Lebens nach den ver-
schiedensten Richtungen hin in umfassender Weise literarisch thätig gewesen.
Unter seinen philosophischen Schriften verdienen hervorgehoben zu werden
»Die Frage über Geist und Ordnung der Platonischen Schriften, beleuchtet
aus Aristoteles« (Leipzig 1864) und »Sokrates. Ein Versuch über ihn nach
den Quellen« (Göttingen 1869). Von bleibender Bedeutung für die Geschichte
der geistigen Cultur seiner engeren Heimat ist A.'s »Lexikon der Schleswig-
Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller«, das in dem Haupt-
werk (Abth. I, Kiel 1867; Abth. 2, ib. 1868) den Zeitraum von 1829 bis
Mitte 1866 umfasst, während das Supplement (Bd. i, Kiel 1885; Bd. 2, ib.
1886) die Jahre von 1866 — 1882 behandelt. Die Früchte zwanzigjährigen
pleisses sind in diesem werthvollen Quellen- und Nachschlagewerk niedergelegt.
Neben der Wissenschaft hat A. auch die Poesie eifrig gepflegt. Er besass
ein anmuthiges Dichtertalent und eine besondere Begabung für die Jugend-
schriftstellerei. Seine Leistungen auf diesem Gebiete haben allgemeine An-
erkennung gefunden. Von seinen übrigen Dichtungen sei auf »Die Geramunds-
sage« (Kiel 1879) hingewiesen, die kein Geringerer als Theodor Storm mit
warmen Worten rühmt (vgl. Kieler Zeitung, Morgen- Ausg. v. 9. Februar
1879). Kurz vor seinem Tode gab A. seine gesammelten Gedichte heraus.
Alberti. Delff.
327
Sie erschienen zusammen mit denen seines Bruders Leopold Alberti unter
dem Titel »Gedichte zweier Brüder« (Garding 1898).
Vgl. Alberti, Schriftstellerlexikon, 1829— 1866, Abtb. i, S. 6—7 und 1866— 1882
Bd. i| S. 5 — 8; Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 45, S. 730/31.
Joh. Sass.
Delff, Heinrich Karl Hugo, philosophischer Schriftsteller, * 11. August
1840 in Husum, f daselbst am 6. November 1898. Er besuchte die Gym-
nasien in Husum, Meldorf und Altona, widmete sich von Ostern 1857 ab in
Tübingen, München und Kiel philosophischen und theologischen Studien und
j>romovirte im Sommer 1861 zum Dr. phil. Andauernde Kränklichkeit zwang
ihn, der von Jugend auf nervenleidend war, auf alle weiteren Lebenspläne
zu verzichten, und so hat er, einen dreimonatlichen Aufenthalt in Leipzig
im Jahre 1865 abgerechnet, seine ganze übrige Lebenszeit in seiner Vaterstadt
Husum verbracht. Er trat in die von seinem Bruder geleitete Buchhandlung
ein, die schliesslich nach dem Tode des Bruders in seinen Besitz überging.
Abseits von der grossen Welt lebte er als völliger Einsiedler jahraus jahr-
ein in aller Stille nur seiner Wissenschaft.
Als Philosoph nahm D. seinen Ausgangspunkt von Jacob Böhme und
Franz von Baader, in deren Gedankenwelt er anfangs seine eigene vertieft
und geklärt wiederzufinden glaubte. Dann aber, als sein Denken sich selb-
ständiger entwickelte, entfernte er sich wieder von jenen, um seinen eigenen Weg
zu gehen. Ein starker mystisch-theosophischer Zug freilich blieb ihm immer
anhaften; er war ihm von Natur aus eigen und zieht sich durch alle seine
Schriften hindurch. Auf Grund seiner philosophischen Studien gelangte D.
zunächst zu der Ueberzeugung, »dass in der Philosophie Vieles, ja
noch Alles zu thun sei, dass die Philosophie einer gründlichen Refor-
mation bedürfe, und dass er diese versuchen müsse, es gelinge nun wie
es könne«. Eine Reformation der Philosophie — darin sah er die Aufgabe
seines Lebens. Das Wesen dieser Reformation aber, ihr innerster Kern soll
darin bestehen, dass in der Philosophie an die Stelle des Verstandes das
Gemtith treten muss. In dieser Richtung hat er, ein rasdoser Wahrheitssucher,
fast dreissig Jahre lang in einer langen Reihe von Schriften für seine Ideen
gekämpft. Seine Philosophie hat jedoch nur geringe Verbreitung und An-
erkennung gefunden. Die Gründe dieser Thatsache, an welcher der Philosoph
selbst lebenslang schwer getragen hat, liegen in der Einseitigkeit seines
Systems. Trotzdem kann man dem selbst unter den erschwerendsten Um-
ständen nie erlahmenden Streben D.'s für alles Hohe und Ideale seinen
Antheil nicht versagen.
Verzeichniss von Delff's Schriften.
1. Ideen zu einer phüosophischen Wissenschaft des Geistes und der Natur. Husum 1865.
2. Cäcilie oder von der Wahrheit des Uebersinnlichen. ib. 1867.
3. Grundlehren der philosophischen Wissenschaft, ib. 1869.
4. Dante Alighieri und die Göttliche Komödie. Eine Studie zur Geschichte der
Philosophie und zur Philosophie der Geschichte. Leipzig 1869.
5. Die Idee der Göttlichen Komödie, ib. 1871.
6. Welt und Wehzeiten. Eine Philosophie des Lebendigen und der That. ib. 1872.
7. Johann Georg Hamann. Lichtstrahlen aus seinen Schriften und Briefen. Mit
Erläuterungen und einer biographischen Einleitung, ib. 1873.
8. Cultur und Religion. Die Entwicklung des humanen Bewusstseins historisch und
philosophisch betrachtet. Gotha 1875.
328 Delff. Willatzen.
9. Prometheus, Dionysos, Sokrates, Christus. Beiträge zur Religionsgcschichte.
ib. 1877.
10. Glaubensbekenntniss eines unmodernen Culturforschers. ib. 1879.
11. Ueber den Weg, zum Wissen und zur Gewissheit zu gelangen. Leipzig 1882.
12. Grundzüge der Entwicklungsgeschichte der Religion, ib. 1883.
13. Die Hauptprobleme der Philosophie und Religion, ib. 1886.
14. Geschichte des Rabbi Jesus von Nazareth. ib. 1889.
15. Das vierte Evangelium, ein authentischer Bericht über Jesus von Nazareth, wieder-
hergestellt, übersetzt und erklärt. Husum 1890.
16. Neue Beiträge zur Kritik und Erklärung des vierten Evangeliums, ib. 1890.
17. Noch einmal das vierte Evangelium und seine Authcnticität. (in: Theologische
Studien und Kritiken, Jg. 65, 1892, Bd. i, S. 72 ff.)
18. Philosophie des Gemüths. Begründung und Umriss der Weltanschauung des
sittlich-religiösen Idealismus. Husum 1893.
Vgl. O. Siebert, Geschichte der neueren deutschen Philosophie seit Hegel. Göttingen
1898, S. 394flf.; Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829— 1866, Abth. i, S. 153; 1866 — 1882,
Bd. I, S. 123—124. Ein eingehender Artikel über D.'s Leben und Werke, der sich in
erster Linie auf die in dem handschriftlichen Nachlass gefundenen »Studien zur eigenen
Lebensgcschicbte« stützt, erscheint in den Nachträgen zur Allgem. deutschen Biographic.
Joh. Sass.
Willatzen, Peter Johann, Dichter und Uebersetzer, ♦12. September 1824
in Silberstedt bei Schleswig, f 14. December 1898 in Bremen. Mit seinem
Vater, der Lehrer war, kam W. in seinem dritten Lebensjahre nach Haders-
leben, wo er die Schule und das Gymnasium besuchte. Für den von ihm
erwählten Lehrerberuf bereitete er sich von 1842 — 1845 ^^^ ^^"™ Seminar
in Ton dem vor. Zunächst Hilfslehrer an der Stadtschule in Altona, erhielt
er 1849 eine Lehrerstelle in Hadersleben, wurde jedoch im Mai 1850 von
den Dänen seines Amtes entsetzt. Nachdem er noch eine Weile als Privat-
lehrer thätig gewesen war, trat er in die schleswig-holsteinische Armee ein,
in der er bis zur Beendigung des Feldzuges den Posten eines Feldküsters
bekleidete. Im Jahre 1851 kam er als Lehrer an einer höheren Töchter-
schule nach Bremen, gab mehrere Jahre hindurch an verschiedenen Instituten
geschichtlichen Unterricht und wurde 1865 vom Senat zum Lehrer an der
Hauptschule gewählt. Er war begeistert für seinen Beruf und wurde wiegen
seiner tüchtigen pädagogischen Leistungen allgemein geschätzt. Seine beste
Kraft aber, sein innerstes Leben, gehörte der Poesie, der er seine ganze Müsse
widmete. W. war ein feinsinniger Lyriker. Durch seine Lieder klingt ein
reiner, warmer Herzenston. Manche von ihnen haben einen Componisten ge-
funden. Geradezu zum Volkslied geworden ist jenes vielgesungene »Des
Sängers Tod«:
»Es war auf Jtitlands Aue,
Es war am kleinen Belt — «
das zuerst durch das von dem Dichter herausgegebene »Liederbuch für
Schleswig-Holsteins Krieger« (Itzehoe 1850) bekannt wurde. Als Uebersetzer
hat W. das Verdienst, eine Reihe der besten Dichtungen Dänemarks,
Schwedens und Norwegens aus älterer und neuerer Zeit in mustergiltigen
Uebertragungen dem deutschen Volke vermittelt zu haben, worin er anfangs
von dem ihm eng befreundeten Bremer Dichter Friedrich Ruperti (f 1867)
in anregender Weise gefördert wurde.
Uferblumen. Gedichte. Kiel 1853. Hannibals Tod. Bremen 1857. (2. Aufl. 1S70).
Nordlandsbarfe. Ein üeberblick Über die neuere Lyrik des Nordens. Elberfeld 1858.
Willatzen. Renner. 329
(2. Aufl. Bremen 1889.) Gedichte. Hadersleben 1860. 2. Sammlung. Bremen 1862.
Alt-isländische Volks-Balladen und Heldenlieder der FSringer. Zum ersten Mal übersetzt,
ib. 1865. (2. veränd. u. verm. Aufl. ib. 1897.) Buch der Lieder, ib. 1866. Gedichte, ib.
187 1. (3. Aufl. Halle 1877.) Blüthenzweige deutscher Lyrik nach Goethe. Eine Antho-
logie. Bremen 1874. Uebersetzungen von: Andersen, Bilderbuch ohne Bilder. il>. 1869.
C. M. Bellraann, Der Weingott des Nordens, ib. 1892. H. Hertz, König Renes Tochter,
ib. 1871. Holberg, Der politische Kannengiesser. 2. Aufl. Halle 1872. Janson, Er und
Sic. Marit Skjölte. Zwei norwegische Dorfgeschichten. Bremen 1886. Nicolai, (Henrik
Scharling): i) Johannes Hus. Historisches Drama. 2. Aufl. ib. 1886. 2) Svcrre der
Priester. Eine norwegische Königsgeschichte aus alter Zeit. ib. 1889. 3) Hauran. Reise-
bilder aus Palästina, ib. 1890. 4) Meine Frau und ich. 4. Aufl. ib. 1896. 5) Zur Neu-
jahrszeit im Pastorat zu Nöddebo. 6. Aufl. ib. eod. 6) Junge Helden, ib. eod. Nordische
Novellen, ib. 1891. Tegner, Poetische Werke. Bd. 1—2, Abth. 1—2. Halle 1885.
Vgl. Alberti, Schriftstellerlexikon, 1829-1866, Abth. 2, S. 572 und 1866— 1882,
Bd. 2, S. 383-84. Brummer, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten des neun-
zehnten Jahrhunderts. 4. Ausgabe, Bd. 4, S. 351. Fr. Hähnel, Die Bremischen Dichter
und Schriftsteller der Gegenwart. Bremen 1893, S. 34 — 35; Programm des Gymnasiums
zu Bremen. Bericht über das Schuljahr 1898. Bremen 1899, S. 3; Itzehoer Nachrichten
V. 25. December 1898; Weser-Zeitung v. 17. December 1898.
Joh, Sass.
Renner, Dr. Andreas (von), württembergischer Finanzminister, * 28. Sep-
tember 181 4 zu Ditzingen (Oberamt Leonberg), f 9. December 1898 zu
Stuttgart. Der Vater, Adlerwirth und Oekonom in Ditzingen, bestimmte den
begabten Knaben zum Cameralisten. Nach damaligem Brauche erhielt R.
nach der Confirmation zunächst praktische Vorbildung in seinem Fache als
Incipient beim Hofcameralamt Stammheim und als Gehilfe beim Cameralamt
Leonberg. Dann holte er das Maturitätsexamen nach, studirte 1834 bis
1836 in Tübingen Cameralwissenschaft, erstand im Herbst 1836 und Frühjahr
1837 die beiden Dienstprüfungen mit ausgezeichnetem Erfolg und war in der
Zwischenzeit Buchhalter bei der Heilanstalt Winnenthal. Am 20. Juni 1837
trat er definitiv in den württembergischen Staatsdienst als Cameralamtsbuch-
halter in Leonberg, wurde Herbst 1838 Kanzleiassistent bei der Kgl. Hof-
domänenkammer in Stuttgart, Juli 1839 Revisor daselbst. Damals besuchte er
— neben seinen amtHchen Verpflichtungen — die land- und forstwirthschaftlichen
Vorlesungen an der benachbarten Akademie Hohenheim. 1842 erhielt er das
Hofcameralamt Freudenthal übertragen, welche Stellung ihm reichliche Ge-
legenheit gab, seine Kenntnisse in der Land- und Forstwirthschaft praktisch
zu verwerthen und zu erweitem. Im Juli 1846 wurde R. zum Finanzrath im
Stuttgarter Finanzministerium ernannt und zunächst bei der Domänenabtheilung
verwendet. November 1848 wurde er daneben Mitglied der Centralstelle für
die Landwirthschaft, Januar 1854 Mitglied der Oberfinanzkammer. Im Februar
1 85 1 trat er zur Eisenbahncommision über, seit Juli desselben Jahres zugleich
ordentliches Mitglied der Centralbehörde für die Verkehrsanstalten. Von
1851 bis 1855 sass er als Abgeordneter von Besigheim im Landtage, an
dessen Verhandlungen er lebhaften Antheil nahm. November 1851 wurde er
als Oberfinanzrath der P'orstabtheilung vorgesetzt, November 1858 wirklicher
Director der Forstdirection, Juli 1861 zugleich lebenslängliches Mitglied der
Kammer der Standesherren, von welchem Posten er 1890 zurücktrat. Am
21. September 1864 wurde er als Staatsrath an die Spitze des Finanz-
ministeriums gestellt, am 8. September des folgenden Jahres zum wirklichen
P'inanzminister befördert.
> »^> Renner.
I
l>ie 27 jährige Verwaltung der Staatsfinanzen durch R. deckte sich mit
der Regieningsperiode König Karls von Württemberg. Es war eine an be-
deutsamen Ereignissen und in alle Verhältnisse des öffentlichen Lebens tief
einschneidenden Veränderungen reiche Epoche, die im Besonderen auch den
Finanzministem der deutschen Einzelstaaten umfangreiche und schwierige
Aufgaben zutheilte. Die beiden Kriege von 1866 und 1870, dazwischen die
Erneuerung des Zollvereins und die Zollvereinsgesetze, der Eintritt Württem-
bergs in das Deutsche Reich und die dadurch bedingte Neugestaltung seines
Staatshaushalts, die Berathung und Durchführung der Reichsgesetze auf dem
(lebiete des Zoll-, Steuer-, Münz- und Bankwesens, der Aufschwung des volks-
wirthschaftlichen Lebens überhaupt stellten an Erfindungsgeist und Thatkraft
des Finanzministers die höchsten Anforderungen. Ausserdem mussten für den
fortschreitenden Eisenbahnbau, für eine stattliche Anzahl grosser Staatsbauten
die Mittel aufgebracht werden. So wurde der einst so einfache württem-
bergische Etat von Jahr zu Jahr complicirter und steigerte sich der Staats-
bedarf in gewaltigem Masse, womit glücklicherweise die Zunahme des Volks-
wohlstandes und der Steuerkraft gleichen Schritt hielt. — Bald nach seinem
Amtsantritt machte sich R. an eine Reform des württembergischen Steuer-
wesens, die unter Beseitigung der veralteten Normen die Ertragsbesteuerung
durch Schaffung neuer Kataster für Grundeigenthum, Gebäude und Gewerbe
auf einen ganz neuen Boden stellte. Diesem Gesetze, das 1873 verabschiedet
und im Laufe der folgenden Jahre praktisch durchgeführt wurde, haben selbst
die principiellen Gegner der Ertragsbesteuerung die Anerkennung nicht ver-
sagt. Und wenn neuerdings auch in Württemberg der Uebergang zur all-
gemeinen Einkommensteuer angebahnt worden ist, so geschah dies nicht etwa
deshalb, weil das Rennersche Steuergesetz sich nicht bewährt hätte, sondern
lediglich darum, weil der Zug der Zeit auf weitgehende Berücksichtigung der
persönlichen Verhältnisse des Steuerträgers und insbesondere auf die Befreiung
der Schuldzinsen von der Besteuerung geht, welche Forderungen sich im
Rahmen des Ertragsteuersystems nicht erfüllen lassen. Jenem Hauptwerke
R.'s gesellte sich 1881 eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, 1885 ein den
einheimischen Verhältnissen vorsichtig angepasstes Branntweinsteuergesetz hin-
zu. — Ganz besondere Fürsorge schenkte R. dem seinem Departement unter-
stellten Forstwesen. Es gelang ihm, die württembergische Waldwirthschaft,
die vorher im Argen lag, zu neuer Blüte zu bringen. Durch das 1873 er-
lassene und energisch durchgeführte Gesetz über die Ablösung der Wald-
lasten rettete er grosse Theile der Staatsforste vor dem ihnen drohenden
Untergang. Die Gemeindewaldungen schützte er durch ein Gesetz über die
Bewirthschaftung der Körperschaftswaldungen (1875). ^*^ ^^" modernen
Rechtsanschauungen entsprechendes Forst -Polizei- und Straf- Gesetz folgte
1879 nach. Auch des Bergwesens nahm sich der Minister nachdrücklich an
und schuf 1874 ein zeitgemässes Berggesetz. Scharfer Verstand und rasches
praktisches Eindringen in die Verhältnisse, gepaart mit zielbewusstem Streben,
zäher Ausdauer, unermüdlichem Fleiss und seltenem Pflichtgefühl, befähigten
ihn, sein gesamtes umfangreiches Ressort bis in die kleinsten Details voll-
ständig zu beherrschen. Er war ein Feind des Theoretisirens, eine durchaus
praktisch veranlagte Natur. Seine Stärke bestand darin, dass er schon bei
Ausarbeitung von Gesetzen ihre praktische Durchführbarkeit, ihre Anwendung
auf die gegebenen Verhältnisse fest ins Auge fasste. Sein schlichtes, an-
spruchsloses Wesen, sein kluges, massvolles und streng sachliches Auftreten
Renner. Müller.
331
verschaflften ihm bei allen politischen Parteien gleiches Vertrauen und sicherten
ihm grosse Erfolge im parlamentarischen Leben. Er wurde dabei unterstützt
durch genaue Kenntniss seines schwäbischen Heimathlandes, für das er ein
ungemein warmes Herz hatte, ohne dabei der deutsch-nationalen Gesinnung
zu ermangeln.
R.'s langjährige öffentliche Laufbahn war von reichen äusseren Ehren
begleitet. Zu hohen und höchsten in- und ausländischen Ordensdecorationen
gesellte sich 1877 der Ehren doctorgrad der staatswissenschaftlichen Facultät
in Tübingen. 1887 feierte er sein 50 jähriges Dienst-, 1889 sein 25 jähriges
Ministerjubiläum, wobei er sich allen geräuschvollen Ovationen, die er nicht
liebte, entzog. Aus dem zuerst genannten Anlass wurde er zum Ehrenbürger
Stuttgarts und seiner Heimathgemeinde Ditzingen ernannt. In den letzten
Jahren seiner Amtsführung hatte der Minister unter den Beschwerden des
Alters viel zu leiden gehabt; so war es erklärlich, dass er sich zu Neuerungen
im Finanzwesen nicht mehr leicht entschloss. Nach dem Tode König Karls, der
R. besonders günstig gesinnt gewesen war, vollzog sich sein Rücktritt als etwas
Naturgemässes. Am 12. October 1891 begab er sich in den bleibenden
Ruhestand. König Wilhelm 11. erkannte in einem gnädigen Handschreiben
die grossen Verdienste des Scheidenden an. Damals machten ihn die medi-
cinische und die naturwissenschaftliche Fakultät in Tübingen zum Ehren-
doctor. R- verbrachte seine letzten Lebensjahre in stiller Zurückgezogenheit,
sich geistiger Frische und befriedigenden körperlichen Befindens erfreuend.
1894 durfte er noch seinen 80. Geburtstag unter vielseitiger Theilnahme
weiter Kreise feiern. Er war seit 15. November 1842 mit Marie, Tochter
des Regimentsquartiermeisters Plessing in Stuttgart, vermählt, die ihm 1887
durch den Tod entrissen wurde. Der Ehe sind eine Tochter und ein Sohn
entsprossen.
Schwäbische Kronik vom 19.— 23. Juni 1887 No. 143—146, 21. September 1889
No. 225 Mittagsblatt, 13. October 1891 No. 241 Mittagsblatt, 9. Deccmber 1898 No. 288
Mittagsblatt, Staats-Anzeiger für Württemberg vom 22. Juni 1887 No. 142 (mit Beilage),
9. Dccember 1898 No. 286, (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 9. December 1898 No. 288
— Gedruckte Leichenrede — Familiennachricbten.
Rudolf Krauss.
Müller, Hermann, Franz, Dr., Privatdocent der internen Medicin an der
Universität "Wien und Assistent an der I. medicin. Klinik daselbst, * am
25. October 1866 in Ober-Döbling bei Wien, f an der Pest am 23. October
1898 in Wien.
M. war der zweite Sohn des Dr. Alois Müller, vormals Amanuensis
an der Wiener Universitätsbibliothek. Sein Onkel war der vor wenigen Jahren
verstorbene berühmte Orientalist Friedrich Müller, Professor der ver-
gleichenden Sprachforschung an der Universität in Wien. Im J. 1874 wurde
M.'s Vater Director der Studienbibliothek in Olmütz; fünf Jahre später über-
siedelte die Familie nach Graz zufolge der Ernennung von Hermanns Vater zum
Custos an der dortigen Universitätsbibliothek; hier absolvirte Hermann seine
Gymnasial- und Universitätsstudien. Im Gymnasium zählte er, obwohl einer
der Jüngsten, zu den besten Schülern, was er nebst seinem Talente auch
seinen eifrigen Studien verdankte. Schon damals begann sich bei ihm jene
Selbständigkeit des Denkens und Handelns zu entwickeln, die später seinem
Wesen ein so charakteristisches Gepräge gab. Frei von jedem Autoritäts-
332 Müller.
glauben legte er sich die Dinge nach seiner Auffassung zurecht und verfocht
diese mit dem Feuer und dem Selbstbewusstsein der Jugend. Die Gymnasial-
professoren sollen mit ihm oft einen schweren Stand gehabt haben, wenn er
die ex cathedra als sacrosanct verkündeten Dogmen nicht so ohne Weiteres
hinnahm, sondern sie — insbesondere in seinen Aufsätzen — mit jugendlich-
naiver Keckheit angriff. Trotz dieses Capitalverbrechens konnten ihm seine
Lehrer nicht gram sein; sein offener frischer Sinn, seine Ehrlichkeit ge-
wannen ihm auch die Herzen Derer, die sich durch seine freimüthigen Aeusse-
rungen getroffen fühlten. Frühzeitig, noch bevor andere Collegen über die
Wahl ihres Fachstudiums nachgedacht hatten, stand bei ihm bereits der Ent-
schluss fest, Medicin zu studiren. Er liebte es schon damals, an seinem
Körper physiologische Experimente anzustellen; so nährte er sich z. B. ein-
mal durch mehrere Tage nur von Milch und Brot, um an sich den Nähr-
werth des Brotes zu erproben. Aehnliche Versuche wiederholte er auch
später als Hochschtiler und Arzt. Er maturirte im Juli 1884 am 11. Staats-
gymnasium in Graz und Hess sich im October desselben Jahres an der medi-
cinischen Facultät inscribiren. Nun widmete er sich mit seiner ganzen in-
tellectuellen Kraft dem medicinischen Studium. Er war Student im besten
Sinne des Wortes und so keimte in ihm frühzeitig eine warme Liebe zur
Wissenschaft empor. Schon in den ersten Semestern verfasste er eine wissen-
schaftliche Arbeit: eine Studie über die Mechanik des Schultergürtels. Er
übergab sie seinem nachmaligen Lehrer und väterlichen Freund Prof. Rollet
und ersuchte ihn, sie dem berühmten Anatomen Langer in Wien mit einem
Schreiben zu übermitteln, in dem sich M. eine Beurtheilung seines ersten
wissenschaftlichen Versuches erbat. Langer bezeichnete die Arbeit als ge-
diegen, sie bedürfe aber noch der Ergänzung und Vervollständigung; »also
nicht zu brauchen«, argumentirte der junge Forscher in strenger Selbstkritik
weiter — und sein Erstlingsversuch blieb, was er war. Das Manuscript fand
sich im Nachlasse M.'s vollkommen druck fertig mit zwei von der Hand des
Vfs. angefertigten Zeichnungen vor. Eingehende Gründlichkeit in der Be-
handlung des Stoffes und eine nicht gewöhnliche Beobachtungsgabe zeichnen
diese erste wissenschaftliche Bethätigung aus.
Die Begegnung mit Rollet war für M. von massgebender Bedeutung.
Rollet wusste, »aus welchem Holze der junge Mann geschnitten war« und
M. fand an dem Gelehrten einen warmen Förderer seiner wissenschaft-
lichen Bestrebungen. Alsbald sehen wir ihn auch im Grazer physiologischen
Institut eifrig an der Arbeit, ihre Frucht war die Abhandlung: '^Zur Frage
der Blutbildung«, umfassend durchgeführte Untersuchungen über die Herkunft
der morphologischen Elemente des Blutes, der Erythrocyten und Leukocyten.
Kaum nach Jahresfrist folgte eine zweite Arbeit : »Ein Beitrag zur Lehre vom
Verhalten der Kern- zur Zellsubstanz während der Mitose«, worin er an
kernhaltigen rothen Blutzellen nachwies, dass Zell- und Kernsubstanz bei der
indirecten Kerntheilung mit einander in innigen Contact treten und nicht
wie Waldeyer und Pfister annehmen, stets von einander gesondert bleiben.
»M.'s Arbeiten waren aus dem Bedürfnisse der Zeit geboren, sie wurden seit-
her oft angeführt und lange haben die von ihm mit vollem Jugendmuthe und
freudigen Schaffensdrang unternommenen Studien in ihm selber nachgewirkt.«
(Rollet.) Wie M. von Rollet die ersten wissenschaftlichen Anregungen empfing, so war
Rembold, Professor der internen Medicin in Graz, für seine zukünftige Lauf-
bahn ausschlaggebend. M. schilderte mir selbst den tiefen Eindruck, den
Müller.
333
dieser Meister der Diagnostik auf ihn ausgeübt hat. Er kam gerade dazu,
als Rembold seinen Schülern einen complicirten Fall differentialdiagnostisch
auseinandersetzte; »die Klarheit und logische Schärfe der Darstellung hat
mich mächtig angezogen und damals reifte in mir der unerschütterliche Ent-
schluss, Internist zu werden.« Schon im 6. Semester erlaubte ihm Rembold,
was nur für Kenner österreichischer Verhältnisse verständlich ist, an seiner
Klinik als Volontär einzutreten, die nun M. bis zur Beendigung seiner medi-
cinischen Studien nicht mehr verliess. Rembold gewann den aufgeweckten,
rastlos fleissigen, jungen Mann bald lieb und beschäftigte sich eingehend mit
seinem begabten Schüler. So gelangte dieser schneller als Andere zu einer
gewissen klinischen Erfahrung und überraschte bald seinen Lehrer mit der
Diagnose schwieriger Fälle, insbesondere complicirter Herzkrankheiten, deren
klinisches Studium ihn vornehmlich anzog. Am 19. December 1889 pro-
movirte M. zum Doctor der Medicin und trat im Januar folgenden Jahres
an der medicinischen Klinik von Ziemssen in München als Volontärarzt
ein. Im October ging er nach Wien zu Nothnagel, der ihn als Aspirant auf
seine Klinik aufnahm. Hier blieb er bis zum Frühjahr 1891 und war dann,
um sich speciell mit den Nervenkrankheiten bekannt zu machen, bis Ende
dieses Jahres an der psychiatrischen Klinik von Meytiert thätig. Anfang
1892 begab sich M., von Nothnagel warm empfohlen, wieder nach München
an die Klinik von Ziemssen; er wurde nach wenigen Monaten Assistent, eine
Stellung, die er bis zu seinem Weggange im October 1894 bekleidete. Diese
zweite Münchener Epoche war für M.*s wissenschaftliche und praktische Aus-
bildung von eminenter Bedeutung. Der selbständige Wirkungskreis, die Fülle
der Anregungen, welche ihm die neuen Verhältnisse, das reiche Material der
Klinik boten, die Persönlichkeit seines Meisters, alles dies übte auf ihn einen
zündenden Einfluss aus. Die physikalische Krankenuntersuchung, die er später
nach allen Regeln der Kunst wie kaum ein Anderer beherrschte, das Studium
der Blut- und Nervenkrankheiten betrieb er mit dem Eifer und der Hingebung
eines für seinen Beruf begeisterten Mannes und bei seinem Scheiden erhielt
er von Ziemssen ein Zeugniss, das seine Erwartungen weit übertraf.
M.*s markante Individualität scheint sich schon damals nach aussen hin
geltend gemacht zu haben. Er hatte in seinem engeren Verkehr nur Freunde
und Feinde; wohl nur fremde Personen standen ihm gleichgiltig gegenüber.
Eine aufrichtige, innige Freundschaft keimte und befestigte sich in München
zwischen ihm und Dr. Schönwerth, k. Stabsarzt und Privatdocent fiir Chirurgie
an der dortigen Universität. Schönwerth war einer der Wenigen, die tiefer
blickten als die meisten Anderen; er blieb ihm daher treu bis zur letzten
Stunde, obwohl sich die Freunde Jahre hindurch nicht mehr gesehen hatten.
Als mir Dr. Schönwerth auf meine Bitte in liebenswürdigster Weise seine
Eindrücke von M. mittheilte, sah ich meinen verstorbenen Freund vor mir,
wie er leibte und lebte, mit all den Vorzügen und Fehlem eines naiv und
tief empfindenden Menschen.
Ende 1894 kehrte M. nach Wien zurück und trat wieder als Aspirant
an der Klinik Nothnagel ein, um nach wenigen Monaten — im März
1895 — die ihm schon seit Längerem zugesicherte Assistentenstelle anzu-
treten; damit erfüllte sich ihm ein langgehegter Herzenswunsch. Er widmete
sich nun mit ganzer Seele seiner klinischen Thätigkeit und wirkte gleich
segensreich als Arzt und als Lehrer. Im Frühjahre 1896 erfolgte seine
Habilitation als Privatdocent für interne Medicin. —
334
Muller.
Im September 1896 war in den Wiener Tagesblättern folgendes Telegramm
zu lesen: »Bombay, 24. September. Die Beulenpest ist hier ausgebrochen. Es
sind bereits 300 Todesfalle vorgekommen. Der festgestellte Bacillus ist mit dem
von Prof. Kitasato während der Pest in Hongkong entdeckten identisch.« Dieser
Hiobspost folgten bald immer häufigere beunruhigende Nachrichten über
das rasche Umsichgreifen der Krankheit, über das wachsende Elend in Indien
und die panikartige Flucht der Eingeborenen nach Europa. Auf dem
englischen Truppenschiff »Nubia« waren mehrere verdächtige Todesfälle, auf
dem österreichischen Lloyddampfer »Imperator« ein suspecter Krank-
heitsfall vorgekommen. Ganz Europa rüstete sich, der schrecklichen Seuche
zu begegnen; begreiflicherweise erwachte auch in der wissenschaftlichen
Welt der Drang, die nach den Gesichtspunkten der modernen Medicin noch
wenig studirte Krankheit näher kennen zu lernen. Und so schickten
Deutschland, Oesterreich und Russland erprobte Männer der Wissenschaft
zur Erforschung der Pest nach Indien. Oesterreich machte den Anfang.
Das Hauptverdienst gebührt insbesondere dem für die Verwirklichung des
Projectes rastlos thätigen Präsidenten der Akademie, Arneth, und dem
schlichten Wiener Bürger Treitl, aus dessen der Akademie zu Wissenschaft*
liehen Forschungen testamentarisch vermachten Schenkung die Mittel für die
Ausrüstung der Expedition entnommen werden konnten. Zu Delegirten der
Akademie wurden ernannt M. und die Privatdocenten und Assistenten am
pathologisch-anatomischen Institut Dr. Heinrich Albrecht und Dr. Anton Ghon.
M. hatte das klinische Studium, Albrecht und Ghon die Bearbeitung der
pathologischen Anatomie, der Aetiologie und der epidemiologischen Ver-
hältnisse der Pest zu besorgen. Als ärztliche Hilfskraft fungirte Herr
Dr. Rudolf Pöch.
M. war Feuer und Flamme für die Expedition; Furcht vor der Pest
kannte er ebensowenig wie seine Kameraden, und die Aussicht, ein fremdes
Stück Welt, das für den Abendländer von märchenhaften Reiz umwobenc
Indien zu sehen, wirkte mächtig auf seine Phantasie. Wie M. mir erzählte,
hat die Grossartigkeit des Orients seine Erwartungen weit übertroffen; wie
Heimweh erklang es aus seinen Worten, wenn er von der tropischen Vege-
tation und den Nächten Indiens erzählte.
Am 3. Februar 1897 schifite sich die Expedition in Triest auf dem
Lloyddampfer »Imperator« ein und langte am 20. Februar in Bombay an.
Unverzüglich ging es an die Arbeit. M. schildert in der Einleitung seines
Werkes über die Bubonenpest die Schwierigkeiten, mit denen die Aerzte
in der Ausübung ihrer Thätigkeit zu kämpfen hatten. Bei der Untersuchung
der Kranken musste anfangs mit der grössten Vorsicht vorgegangen werden ;
wenn, was häufig vorkam. Verwandte und Bekannte des Erkrankten sein
Lager umstanden, war nicht selten eine Untersuchung überhaupt unausführbar.
Offen wurde M. Inhumanität, ja Grausamkeit vorgeworfen, wenn er die
Kranken percutirte und auscultirte, sie aufsetzte, oder eine Inspection des
Rachens vornahm; oft genug musste er hören, dass die fremden Aerzte
nicht gekommen seien, um zu helfen, sondern um die Kranken während des
Lebens zu quälen und nach dem Tode zu seciren. Doch M. ging unbeirrt
seinen Weg; er trat seinen indischen Kranken ebenso entgegen wie seinen
europäischen Patienten; und bald schwand jedes Misstrauen gegenüber seiner
Thätigkeit, die Kranken, insbesondere die Reconvalescenten hingen mit
grosser Dankbarkeit an ihm und oft genug wurde er sogar von Angehörigen
Muller.
335
an das Bett eines Pestkranken gerufen. Die Schwierigkeiten beim Auffangen
der Ausscheidungen, die ungeheure Ueberfiillung des Spitales, die oft ohne
Wissen der Aerzte vorgenommene Transferirung von Kranken in andere
Spitäler erschwerten die Untersuchungen ausserordentlich und nicht selten
mussten sorgfältig angelegte Krankengeschichten weggeworfen werden, weil
der Patient einfach nicht mehr aufzufinden war. Aber M.'s Energie, sein
zähes Festhalten an dem begonnenen Werke begegnete auch diesen Hinder-
nissen und so sammelte er ein reiches Beobachtungsmaterial, das er zu einer
ausgezeichneten klinischen Monographie der Pest ausarbeitete. Sein treuer
Genosse Albrecht giebt in einem Briefe an den Verfasser der vorliegenden
Skizze von M.'s Wesen und seinem Wirken folgende treffende Charakteristik:
»Müller ordnete sich, obwohl der Aelteste, mit einer Nachgiebigkeit
unseren Wünschen, unseren Meinungen unter, die staunenswerth war und
die Zeugniss von seinem guten Herzen und jeden Mangels innerer Kleinlich-
keit gab, die so oft auch ernste Unternehmungen sprengt. Wie selten Einer
hat er die Vorzüge oder manche Ueberlegenheit des Einzelnen im Vergleiche
zu sich selbst anerkannt und zögerte keinen Moment, dann zurückzutreten,
wenn er sich selbst nicht recht am Platze fühlte; dies ist der Grund, warum
kaum jemals ein Miss ton unter uns drei von der Akademie Delegirten
herrschte. Dabei fehlte es ihm aber nicht an Energie in der Erreichung
seiner Zwecke. Er verband in seltener Weise kindliche Naivetät mit einem
Zielbewusstsein in ernsten Dingen, die musterhaft zu nennen war. Aber er
war bis zu einem gewissen Grade schüchtern, manchmal sogar menschenscheu,
und dies hinderte ihn oft, im geeigneten Momente die Situation zu über-
blicken und einen geeigneten Vorstoss zu wagen. Dies überliess er lieber
Anderen, um aber dann mit einer Emsigkeit und Consequenz weiter
zu arbeiten, die einmal Erlangtes unter keinen Umständen mehr aufgab.
Wie aufopfernd er sich seiner wissenschaftlichen Thätigkeit in Bombay
widmete, das wissen nur die, welche ihn bei der Arbeit beobachtet haben;
er nahm sich häufig nicht einmal die Zeit, die Mahlzeiten einzunehmen, oft
blieb er ununterbrochen von früh bis Abends im Spitale. Dabei genoss er
offenen Auges und Herzens die prächtige Schönheit des Orients, die ihn so
schwärmerisch entzückte, dass er sich oft wünschte, frank und frei aller
europäischen Fesseln für immer sein Leben in Indien verbringen zu können.«
Dankbar gedenkt M. der geprüften Wärterin Miss Elva May Fem,
einer 21jährigen in Indien geborenen Engländerin. Sie leistete durch ihre
aufopfernde, umsichtige Thätigkeit unschätzbare Dienste, erst mit ihrem Ein-
greifen konnte ein geregelter klinischer Dienst beginnen. Freundliche Unter-
stützung wurde den Mitgliedern der Commission ferner von H. Dr. Chocksey,
dem Leiter des Arthur Road- Hospitals zu Theil, vor Allem aber von dem
Consulatsecretär H. Tschauner, der durch seine Umsicht und durch seine
genaue Kenntniss der Verhältnisse Bombays die schwierige Arbeit der
österreichischen Aerzte in jeder Hinsicht förderte. Dagegen fand die
Commission bei dem Herrn Generalconsul von Bombay Rdmy nicht jene
Behandlung, die sie als Delegirte der Akademie und unter dem besonderen
Schutze der österreichischen Regierung stehend zu erwarten das Recht hatte.
Wie anders benahmen sich der deutsche Consul der deutschen und der
französische der russischen Pestcommission gegenüber! — Am i. Mai verliess
die Commission mit dem »Imperator« Bombay und traf am 18. Mai Abends
in Wien ein. — M. nahm nun seine Thätigkeit als Assistent an der Klinik
336 Müller.
Nothnagel wieder auf und widmete sich mit vollem Eifer der Bearbeitung
der heimgebrachten wissenschaftlichen Schätze. Zunächst wurde die Mono-
graphie für die Denkschriften der Akademie fertiggestellt; dann ging er an
die ihm übertragene Bearbeitung der Pest für das von Nothnagel heraus-
gegebene Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie innerer
Krankheiten. Diese Aufgabe beschäftigte M. vornehmlich während des
Sommers 1898; es sollte ihm nicht beschieden sein, sie zu Ende zu fuhren.
Am 15. October 1898 erkrankte der Diener Barisch des Wiener pathologisch-
anatomischen Institus, der den Assistenten Dr. Albrecht und Dr. Ghon für
ihre Untersuchungen über Pest zugewiesen war, unter den Erscheinungen einer
Lungenentzündung. Da die Möglichkeit einer Infection mit Pestbacillen nahe-
lag, wurde M. sofort zur Untersuchung des Kranken herbeigerufen. Obwohl
zwar M., wohl der Einzige, der in Wien das klinische Bild der Pest genau
kannte, eine bestimmte Diagnose der Pestpneumonie nicht stellen konnte, traf
er sofort alle gebotenen Vorsichtsmassregeln. Der Kranke wurde am 16. October
auf ein Isolirzimmer der Klinik Nothnagel gebracht, der Eintritt wurde ausser
den beiden zur Pflege des Patienten herbeigezogenen Wärterinnen Niemandem
gestattet. M. wollte allein die ganze Verantwortung tragen und, wenn es
sein musste, sich opfern. Seine Befürchtung bewahrheitete sich nur zu bald ;
schon am folgenden Tage bestand für M. kein Zweifel, dass Barisch an
Pestpneumonie erkrankt sei. Nicht auf seine eigene Sicherheit, sondern um
das Wohl des Kranken, auf die Hintanhaltung der Gefahr nach au.ssen,
auf den Ruf der Klinik bedacht, traf er allein alle nöthigen Vorkehrungen.
Viele Stunden verbrachte er in der Zelle, um den Erkrankten immer wieder
zu untersuchen und ihm jed mögliche Linderung zu Theil werden zu lassen,
sowie um seine Isolirung selbst auf das Sorgsamste zu überwachen; und als
Barisch am 18. October starb, nahm M. selbst die Desinfection der Kranken-
zelle vor.
Bei dieser aufreibenden, fast übermenschlichen Thätigkeit holte sich
M. den Todeskeim. Er trug ihn schon in sich, als er zwei Tage später, am
20. October, mit den Tags vorher unter verdächtigen Symptomen erkrankten
Wärterinnen des verstorbenen Dieners, Albertine Pecha und Johanna Hochegger,
in die Epidemieabtheilung des Kaiser Franz Josephs-Spitals fuhr, um die
ärztliche Pflege derselben zu übernehmen. Ohne zu zaudern kam er dieser
an ihn gerichteten Aufforderung nach, Feigheit nannte er es, nur einen
Augenblick zu schwanken. Mir war es vergönnt, die letzte Stunde vor seiner
Abfahrt in das Epidemispital mit ihm zu verbringen. Er bat mich, ihm bei
den Vorbereitungen flir seine Uebersiedelung behilflich zu sein, und während
er, der schon schwer Inficirte, anscheinend noch ganz wohlauf sein Mittags-
mahl einnahm, legte ich ihm seine Sachen zurecht; ob ihn gleichwohl
schon eine Ahnung seines Schicksals erfasst hatte, wer konnte es wissen!
eine mit seltsamem Ernst gemachte Aeusserung Hess mir dies als sehr wahr-
scheinlich erscheinen.
Am selben Abend kam die Krankheit bei M. zum Ausbruch: starkes
Frösteln, hochgradige Mattigkeit und Abgeschlagenheit zwangen ihn bald, das
Bett aufzusuchen. Am nächsten Morgen besuchte er die beiden erkrankten
Wärterinnen, musste aber alsbald wieder zu Bett; um Mittag raffte er sich
noch einmal auf, doch umsonst! nach einer Stunde fiel er ermattet wieder
aufsein Krankenlager, das er lebend nun nicht wieder verlassen sollte. M.
war sich von Anfang an über die Natur seiner Erkrankung vollkommen klar
Müller. 337
und wusste damit auch, dass er verloren sei; denn nach seinen Erfahrungen
endet die Lungenpest ausnahmslos tödtlich. Bekanntlich leugnete M. den
therapeutischen Werth des Yersinschen Pestserums und lehnte daher die ihm
vorgeschlagene Serumbehandlung ab. Am Vormittag des 21. hielt er an das
Fenster seines Zimmers einen Zettel, auf dem er die einfachen aber er-
schütternden Worte geschrieben hatte : »Ich bin an Pestpneumonie erkrankt.
Bitte mir keinen Arzt zu senden, da es mit mir in vier bis fünf Tagen ohne«
dies zu Ende sein wird.« Trotz dieses ausdrücklichen Wunsches wurde vom
Sanitätsdepartement sofort H. Dr. Pöch mit der Pflege des erkrankten Collegen
betraut. Den Tod vor Augen beobachtete M. noch an sich den Verlauf der
Krankheit und brachte seine Befunde zu Papier. Am Abend dictirte er der
Schwester einen Abschiedsbrief an seine Eltern und Geschwister; die in ihrer
schlichten Einfachheit ergreifenden Worte lauteten:
Wien, 21. October 1898.
Liebe Eltern, Brüder und Schwesterl Es ist keinem Zweifel unterworfen,
dass ich an der Pest erkrankt bin, und ich weiss, dass in wenigen Tagen der Tod ein-
tritt Deshalb möchte ich von Euch, liebe Eltern, Abschied nehmen, da ich Euch auf
dieser Erde nicht mehr sehen werde. Verzeiht mir, was ich Euch an Kummer Terursacht
habe, lebt recht wohl und seid überzeuget, dass ich ruhig und schmerzlos sterben werde.
Das Testament, welches ich vor meiner Abreise nach Bombay geschrieben habe, gilt auch
jetzt noch. Ich habe gar keine Beschwerden, hoffe auch, schmerzlos zu sterben. Mit Hand-
kuss Euer Euch innigliebender Sohn und Bruder Hermann.«
Am selben Tage wurden ihm auf sein Verlangen die heiligen Sterbe-
sacramente gespendet. Nachts schlief er ziemlich viel und fest. Am 22., Morgens,
war das Bewusstsein geschwunden, es kehrte Nachmittags wieder zurück, war
aber — von kurzen Zeiträumen abgesehen — dauernd getrübt. Am 23. um
I Uhr morgens stand M. auf und ging, von der Nonne unterstützt, zweimal
im Zimmer auf und ab, dann legte er sich wieder nieder und schlief einige
Stunden. Um 4 Uhr morgens wurde die Respiration immer mühsamer und
frequenter, 66 Athemzüge in der Minute. Die Cyanose nahm zu, bald quoll
blutiger Schaum aus dem Munde ; — . um 7» 5 Uhr war M. todt. — —
Noch waren die Schatten der Nacht nicht ganz gewichen, noch funkelten
die Sterne am Firmament, am östlichen Horizont der erste Schein der
Dämmerung, — da bewegte sich am 24. October eine kleine Wagencolonne,
zum Schlüsse ein einfacher Sargwagen, durch den Park des Centralfriedhofes
bis zur letzten Gruppe des ungeheuren , dem Tode geweihten Gefildes. Dort
wurde Hermann Müller die letzte Ruhestätte bereitet. Eine kleine Zahl
von Getreuen war ihm bis hierher gefolgt; unabsehbare Scharen hätten ihn
auf seiner letzten Fahrt begleitet, wäre sein Begräbniss nicht von der Be-
hörde geheim gehalten worden. Die Einsamkeit der ehrfurchtgebietenden
Stätte, umwoben von der Poesie eines anbrechenden klaren Herbstmorgens
gab dem Bilde ein unendlich schwermüthiges Gepräge. Erschüttert umstanden
die Freunde das Fleckchen Erde, welches nun den Theuren barg. Der
Priester nahm die Einsegnung vor, es folgten die Grabreden und das Grab
wurde geschlossen. — .Nun ruht er unter Palmen, deren Schönheit ihn in
Indien so sehr entzückte. — —
Von Alt und Jung weit über die Grenzen unseres Vaterlandes wurde
der Tod M.'s betrauert. Insbesondere in Wien war die Theilnahme so all-
gemein und tief, wie sie wohl selten einem Manne ins Grab gefolgt ist.
Wenige Tage nach seinem Tode veranstaltete die erste medicinische Corpo-
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 2 2
338 Maller.
ration Wiens, die Gesellschaft der Aerzte, in ihrem Vereinshause eine Trauer-
feier zum Andenken M.'s. Der Präsident der Gesellschaft, Hofr. Prof. Chrobak,
gedachte in warmen Worten des traurigen Geschickes des jungen Forschers
und verlas hierauf einen Nachruf Nothnagels, ein Meisterwerk nach Inhalt
und Form, worin der Gelehrte die ganze Tragik der Episode sowie die
wissenschaftliche Ent^'icklung und die seelische Grösse M/s schilderte.
Es sprachen hierauf Excellenz v. Hartel im Namen des Unterrichts-Ministeriums
und der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Prof. Suess. — Tags vorher
widmete der abtretende Rector der Universität, Hofr. Prof. Toldt, dem Dahin-
geschiedenen tiefempfundene Worte. — Dem kirchlichen Requiem folgte im
Festsaale der Universität eine von sämmtlichen Assistenten des Allgemeinen
Krankenhauses veranstaltete Trauerfeier zu Ehren ihres dahingeschiedenen
Collegen. Wenige Tage nach dem Ableben M.'s gab ein Ungenannter in
einem der gelesensten Blätter die Anregung zur Errichtung eines Denkmals
für den Verstorbenen und leitete die hierzu nöthige Sammlung durch einen
namhaften Betrag ein. Der Vorschlag fand lebhaften Anklang. Bald or-
ganisirte sich aus ärztlichen Kreisen ein Comitd unter dem Vorsitze Nothnagels.
Als Platz wurde das Allgemeine Krankenhaus gewählt, die Stätte, an der
M. gewirkt hatte. Die Enthüllung des Denkmals fand ein Jahr nach M.'s
Tode, am 2 2. October 1899 statt. — Das Denkmal, vom Bildhauer Kauffungen
entworfen, ist eine Colossalbüste aus Bronze auf einem 2 m hohen Sockel
aus carrarischem Marmor mit zwei seitlichen kleinen Ruhebänken. Auf dem
Mittelfelde des Sockels ist in einem bronzenen Haut-Relief der Held Marcus
Curtius dargestellt, wie er sich, um Rom durch seinen Opfertod zu retten,
in den Abgrund stürzt. —
Der Zielpunkt von M.'s ganzem Thun und Trachten war die Medicin;
er war Arzt mit Leib und Seele. Ein Meister der Beobachtung, entging
ihm nicht leicht ein wenn auch nur angedeutetes S3rmptom. Feind jeder
schematischen Diagnostik, galt ihm jeder Krankheitsfall, mochte er sich noch
so einfach darstellen, als etwas Neues, für sich Bestehendes; so wahrte er sich
die für eine exacte Untersuchung unumgänglich nothwendige ObjectiWtät.
Dank seinem scharfen und durch unermüdliche Uebung zu ausserordentlicher
Feinheit ausgebildeten Gehör vermochte er Athem« und Herzgeräusche
wahrzunehmen, die zu hören Andere sich vergebens bemühten ; die — durch
die Section verificirten — »Müller'schen Aorteninsufficienzen« (das Herz-
geräusch bei diesem Klappenfehler ist in vielen Fällen sehr schwach"^
gelangten im Allgem. Krankenhause zu einer gewissen Sprichwörtlichkeit.
Ueberhaupt konnte er als Diagnostiker seinesgleichen suchen. Dabei war
für ihn die Humanität die erste ärztliche Pflicht, deren geringste Hintan-
setzung ihn stets mit Entrüstung erfüllte. Gemäss dieser hohen Auffassung
seines Berufes war er Kranken gegenüber stets das Mideid und die Gutmüthig-
keit selbst; er wurde von ihnen geliebt und verehrt wie selten ein Arzt von
seinen Schutzbefohlenen. Seinen Schülern werden die Stunden, die sie mit
ihrem Meister am Krankenbette verbrachten, unvergesslich bleiben.
An seinen Eltern und Geschwistern hing er mit zärtlicher Liebe.
Intimeren Mittheilungen überhaupt abgeneigt, sprach er wenig von seinen
Angehörigen, doch wenn er es that, geschah dies immer mit grosser Innigkeit.
Sein gutes Herz war Armen gegenüber stets offen; er half, wo er konnte, in
aller Sdlle. Nur gegen Solche, die mit ihrer Armut protzten, gegenüber dem
Bettelstolz, verhielt er sich abweisend.
Müller. 239
In seinem Wesen hatte M. manche Absonderlichkeiten. Schon als
Student mied er, wie uns sein Jugendfreund Dr. Schischa in Graz mittheilte,
grössere Gesellschaften; ein Hang zur Abgeschlossenheit, der sich später
immer mehr entwickelte. Er verkehrte in keiner Familie; auch viele seiner
Collegen mied er, so dass manche ihn kaum von Ansehen kannten. Keiner
medicinischen Vereinigung, keinem Mittags- oder Abendtisch gehörte er an.
M. gehörte zu den Naturen, die nur von Wenigen gewürdigt werden
können. Obgleich von sanguinischem Temperament und mit reichem Sinn
für Humor begabt, war er sehr verschlossen. Sein Bestes behielt er für sich;
ja er liebte es, sich häufig oberflächlich zu geben, als ob er einer tieferen
Empfindung nicht fähig wäre. In seinem Auftreten Hess er sich niemals
durch die Meinungen Anderer bestimmen, sondern gab sich stets so, wie es
ihn gut dünkte, und das konnte eben Mancher nicht vertragen und — ihm
nicht verzeihen. Andern schloss er sich nur schwer an, er war überhaupt
etwas misstrauisch ; doch wenn er einmal Freundschaft geschlossen, so konnte
man sich unbedingt auf ihn verlassen. Nur Wenige durften sich seine Freunde
nennen; diesen aber deckte er die geheimsten Falten seines Wesens auf
und sie staunten über die Tiefe des ihnen geoffenbarten Gefühlslebens.
Seinen ersten in die Studentenzeit zurückreichenden Publicationen folgte
bald eine Reihe gediegener Arbeiten, durch die er sich noch in jungen
Jahren einen ehrenvollen Platz in der wissenschaftlichen Welt sicherte.
Die Mehrzahl von M.*s Arbeiten betreffen die normale und pathologische
Histologie des Blutes; später beschäftigte er sich vornehmlich mit der
Nervenpathologie; die klinische Bearbeitung der Pest bildete den Schluss
seiner kurzen aber inhaltsreichen wissenschaftlichen Thätigkeit.
Seiner beiden ersten Abhandlungen wurde bereits oben gedacht. (Sp. 332).
Bei seinen Untersuchungen über pemiciöse Anämie, Leukämie und Lymphämie
gelangt er zu der Anschauung, dass hier primäre Erkrankungen des blut-
bildenden Apparates resp. der Lymphdrüsen vorliegen; die »Hämokonien«
sind von ihm beobachtete im Blutplasma frei suspendirte Kömchen, die mit
der Blutgerinnung nichts zu thun haben und deren physiologische Bedeutung
er dahingestellt sein lässt. Durch seine Studien über das Asthma bronchiale
gelangte er zu einer eigenthümlichen Auffassung über die Herkunft der
Charcot-Leyden'schen Krystalle, — M. machte ferner auf die diagnosti-
sche und prognostische Wichtigkeit der bulbären Symptome bei der
Syringomyelie an der Hand eines von ihm beobachteten Falles auf-
merksam und lieferte einen werth vollen Beitrag zur Casuistik der Facialis-
lähmung. In einer Abhandlung über die elektromusculären Störungen der
Sensibilität wird insbesondere das Verhalten des Kraftsinnes erörtert. Der
Kraftsinn ist nach M. unabhängig von der Sensibilität der Muskeln, dagegen
abhängig von der Gelenkssensibilität, eine Auffassung, die der von Rollet
vertretenen direct widerspricht. Es entstand zwischen Beiden eine lebhafte
Discussion, bei der Rollet an der Ueberzeugung und der Energie, womit M.
für seine Auffassung eintrat, seinen ehemaligen Schüler erkannte; »im Kampf
um eine Wahrheit, die er erkannt zu haben glaubte, legte er all' seine
Schüchternheit ab und parirte mit den schneidigsten Waffen«. — In einer
kurzen Abhandlung, die erst nach seinem Tode von Ziemssen herausge-
geben wurde, weist M. nach, dass bei Tetanie keine oder höchstens eine
sehr geringe Uebererregbarkeit des Herzens (im Gegensatz zu der hochgradigen
Erregbarkeit der Nerven und Muskeln) besteht. — Bei seinen Studien über
2 40 Müller.
die Bubonenpest in Bombay legte er grossen Werth auf die eingehende Be-
obachtung einzelner Fälle. »Grosse Entdeckungen werden wir nicht machen,
aber genaue Krankengeschichten müssen angelegt werden, diese fehlen.«
M. teilt deren 86 mit, die ihm als Grundlage für seine ausgezeichnete
klinische Monographie der Pest dienen. Seine eigene Krankengeschichte
wurde von Dr. Pöch dem Werke beigefügt. Die Bearbeitung der Pest fiir
das Nothnagelsche Handbuch konnte er leider nicht mehr vollenden, der
weitaus grössere Theil der Arbeit fand sich in seinem Nachlasse druckfertig
vor; im Auftrage Nothnagels ergänzte Dr. Pöch das Fehlende. Eine
klinische Bearbeitung der Influenza nach den während der grossen Epidemien
der Jahre 1889/90 und 1890/91 gemachten Beobachtungen, mit der er sich
wahrscheinlich während seines zweiten Münchener Aufenthaltes beschäftigte,
ist ebenfalls ein Torso geblieben. Das vollkommen druckfertige Manuscript
bricht, wie aus den vorgefundenen Notizen zu ersehen ist, ungefähr in der
Mitte der Arbeit ab. Es ist nicht bekannt, warum M. dieses sorgfältig an-
gelegte und dankenswerthe Unternehmen nicht beendet hat.
Veröffentlichte Arbeiten: »Zur Frage der Blutbildung.« Sitzungsberichte der
Wien. Akad. Math.-naturw. Cl. XCVIII 1889. — »Ein Beitrag zur Lehre vom Verhalten
des Kern- zur Zellsubstanz während der Mitose.« ibid. Bd. C 1891. — M.u. Rieder,
>Ueber Vorkommen und klinische Bedeutung der eosinophilen Zellen im circulirenden
Blute des Menschen.« Deutsches Arch. f. klin. Medic. XLVIII 1891. — »Zur Leukämie-
frage etc.« ibid. — »Ueber Mitose an eosinophilen Zellen.« Arch. f. experiment. Pathol.
u. Pharmakol. 1892. — »Die Methoden der Blutuntersuchung.« Zusammenfassendes
Referat. Centralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat. III 1892. — »Ueber Lymphämie.'
Deutsches Arch. f. klin. Medic. L. — »Zur Lehre vom Asthma bronchiale.« Centralbl. f.
allg. Path. u. pathol. Anat. IV 1893. — »Ueber atypische Blutbildung bei der progressiven
perniciösen Anämie.« Deutsches Arch. f. klin. Medic. LI. — »Die Morphologie des leu>
kämischen Blutes und ihre Beziehungen zur Lehre von der Leukämie.« Zusammen-
fassendes Referat. Centralbl. f. allgem. Pathol. u. pathol. Anat. V 1894. — »Zur Casuistik
der aus frühester Kindheit persistirenden Facialislähmung.« Annalen der städt. allgem.
Krankenhäuser in München. VII. — »Syringomyelie mit bulbären Symptomen.« Deutsches
Arch. f. klin. Medic. 1895. — »Ueber einen bisher nicht beachteten Formbestandtheil des
Blutes.« Centralbl. f. allgem. Pathol. u. pathol. Anat. VII 1896. — »Ueber die Störungen
der elektromusculären Sensibilität bei Läsionen gemischter Nerven.« Deutsches Arch. f.
klin. Medic. LV. — »Ueber das elektr. Verhalten des Herzens bei Tetanie.« ibid. LXI. —
»Ueber die Beulenpest in Bombay im Jahre 1897.« Denkschr. der Math.-naturw. Cl. d.
Wiener Akademie LXVI 1898. — H. F. Müller u. R. Pöch, Die Pest Nothnagels
Handbuch der spec. Pathologie und Terapie V 1900.
Der Pest, diesem Dämon, vor dem auch der beherzte Mann erblassen
mag, sagt Nothnagel in seinem Nachrufe, »tritt gelassenen Muthes ein Mann
entgegen, anfänglich noch im Zweifel, zuletzt aber in voller Kenntniss der
fürchterlichen Gefahr, in welcher er sich befindet«. Nicht in einem
heroischen Momente der Begeisterung, sondern leidenschaftslos, mit be-
sonnener Ruhe handelt und beobachtet er; schon in vollster Gewissheit
seines baldigen Todes, die geöffnete Gruft vor seinem geistigen Auge, beob-
achtet er noch an sich das unheimliche Fortschreiten der todbringenden
Krankheit und scheidet klaglos aus dem Leben. »Er hat seine Pflicht
gethan«, so fährt Nothnagel fort, — »das betrachten wir zwar als selbst-
verständlich, aber wir anerkennen es; er hat tapferen Sinn bewährt — das
rühmen wir; er hat aber noch mehr gethan: er hat schön, ja erhaben zu
sterben gewusst — und das ergreift, befreit und erhebt zugleich. Ich halte
das für sein Gross tes«.
Muller. Kerner v. Masilaun.
341
Quellen: A. Rollet, Zur Erinnerung an Dr. H. F. Müller. MittheiL d. Vereines
d. Aerztc in Steiermark. — H. F. Mttller, Ueber die Beulenpest in Bombay i. J. 1897,
s.o. — H.Alb recht» Zur Geschichte der österreichischen Pestcommission. Denkschr.
d. Wien. Akad. 1898. — Zusammenfassender Bericht über die Thätigkeit der österr.
Pestcommission in Bombay. Sitzungsber. der Wien. Akad. 1897 XIV. — Briefliche Mit-
theilungen des H. Hofr. Rembold u. d. H. Doctoren Albrecht, Schönwerth, Schischa und
Lindemann. — Nachruf von Nothnagel. — Mittheilungen der Familie. — Persönliche
Mittheilungen.
Dr. R. Frhr. v. Seiller.
Kerner von Marilaun, Anton, Botaniker, * 12. November 1831 in
Mautem in der Wachau, f 21. Juni 1898 zu Wien. Sohn eines Oberamt-
manns; absolvirte das Gymnasium in Krems. Wurde in der engsten Heimat
angeregt zu botanischen Gängen, die er 1863 beschrieb in dem Buch »Das
Pflanzenleben der Donauländer«. 1848 bezog er die Universität als Mediciner.
1859 zum Doctor der Medicin promovirt, legte er die Lehramtsprüfung ab
und ging 1855 ^^ Professor der Naturgeschichte an die Ofener Oberreal-
schule. 1858 wurde er Professor am Polytechnicum in Ofen; 1860 Universitäts-
professor in Innsbruck, wo er sich 1862 vermählte. 1879 ^^^ ^^ ^^ Nach-
folger Fenzls an die Universität Wien, wo er auch grosse Verdienste um die
Neugestaltung des botanischen Gartens und Museums sich erwarb. In seinem
Hauptwerk — Das Pflanzenleben — , das er, veranlasst durch das biblio-
graphische Institut in Leipzig, in Angriff" nahm und binne|i 10 Jahren
vollendete, giebt er den Inbegriß" seiner Erfahrungen und Gedanken, namentlich
über Entstehung der Pflanzennatur.
Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften. 1899.
I.) Alphabetisches Namenverzeichniss
zum
Deutschen Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1899.
Name
Verfasser
Seite.
Aber, Eduard
//. Ellissen
156
Amberg, Wilhelm
Georg Hermann
242
Baensch, Wilhelm v.
//. EUissen
187
Bally, Franz
Hans Herzog
iiS
Bamberger, Ludwig
Alexander Meyer
129
Baumann, Oskar
Friedrkh Ratzel
24
Becker, Albert
Robert Eitner
IS3
Beckh, August v.
Rudolf Krauss
74
Berckholtz, Alexandra v.
H. Holland
117
Bergner, Karl Heinrich Rudolf
Franz Brummer
231
Bcrlepsch, Karoline Freifrau v.
//. HoUand
*59
Beust, Friedrich ▼.
Ludwig Fränkel
251
Beyer, August v.
Rudolf Krauss
47
Biernatzky, Karl Leonhard
Joh, Sass
245
Bircb-Hirschfeld, Felix Victor
Joh, Sass
229
Blumenau, Hermann
W, IVolkenhauer
199
Bock, Franz
IVtlkelm Fabian
269
Boehn, Octavio v.
V, Frobel
233
Bohn, German v.
Ludwig Fränkel
204
Boppe, Karl Hermann
Karl Detlev Jessen
iSo
Borries, Johann Karl August v.
V. Frobel
232
Breslaur, Emil
Robert Eitner
157
BrUgger, Christian
C S.
64
Buchner, August
Ludwig Fränkel
208
Buch rucker, Carl v.
Koklsckmidt
164
Bunsen, Robert Wilhelm
Richard Afeyer
192
Busch, Moritz
Ernst Goetz
20
Inhalt.
343
Name
Caprivi, Graf Leo v.
Carstens, Carsten Erich
Cerri, Cajetan
Claus, Karl
Conrau, Gustav
Dambach, Otto Wilhelm Rudolf
Daverio, Michael Gustav
Dillmann, Christian v.
Dobbert, Eduard
Dresky, Ferdinand Justus v.
DUrrschmidt, Heinrich
Du Prel, Carl Freiherr v.
Dustmann, Luise
Eiselein, Karl
Egle, Joseph v.
Ehlert, Reinhold
Eiben, Otto
Endemann, Wilhelm
Ernst, Adolf
Falkenstein, Kuno Freiherr v.
Feckert, Gustav
Fleck, Ludwig
Fleckeisen, Alfred
Fleischl-Marxow, Ida v.
Förster, Sophie
FrUhwald, Karl
Fuchs, Johann Nepomuk
Gageur, Eugen
Gebhardt, Hermann
Gebiert, Karl August
Geisser, Jacob Emanuel
Gelder, Lucia v.
Gleim, Eduard
Golterraann, Heinrich
Graeser, Karl
Greffrath, Henr)*
Griesinger, Julius Freiherr v.
Groth, Klaus Johann
Gruber, Florian
Gull, Joseph
Gumprecht, Adolf
Guyer-Zeller, Adolf Heinrich
Hauer, Franz, R. v.
Hausegger, Friedrich v.
Verfasser
Sei
Alexander Meyei-
3
Joh, Sass
251
Franz Brummer
227
323
VK Wolkenhauer
231
A, Teichmann
103
49
Rudolf Krauss
80
0. IVulf
260
V, Frobel
214
Ludwig Fränkel
256
Alfred Freiherr v, Mensi
146
Richard Heuberger
172
V. PVeech
279
Rudolf Krauss
73
yV. Wolkenhauer
22S
Rudolf Krauss
41
A. Teichmann
144
W. Wolkenhauer
211
Rudo^ Krauss
77
Wilhelm Fabian
303
Ludioig Fränkel
207
Ä A, Licr
268
Anton Bettelheim
320
Robert Eitner
163
A, Teichmann
114
Richard Heuberger
177
V, Weech
302
Kohlschmidt
184
IL A. Licr
271
H, Holland
158
H, Holland
121
H. Holland
98
Franz Brummer
235
H. Elissen
173
W. Wolkenhauer
212
Rudolf Krauss
74
Adolf Bartels
103
V. Weech
301
Friedrich Teutsch
100
H, Ellissen
188
V, Salis
37
323
Richard Heuderger
161
344
Inhalt.
Name
Hayduck, Maximilian
Heimerding, Karl
Helmholtz, Anna v.
Henkel, Heinrich
Hennings, Johann Friedrich
Henrici, Paul Christian
Hertel, Peter Ludwig
Heuduck, Wilhelm v.
Hiendlmayer, Sebastian
Hirschwald, Ferdinand
Hof&nann, Adolf
Hoffmann, Ewald Alexander
Hohenhausen, Elise Baronin v.
Hohenwart, Karl Sigmund Graf v.
Hohl. Karl v.
Issel, Friedrich
Jacoby, Paul
Jäppelt, Friedrich
Jensen, Andreas Detlev
Joachim, Amalie
Jordan, Wilhelm
KapfT-Essenther (Blumenreich) Franziska v.
Kaupert, Johann August
Kiepert, Heinrich
Kirchhoff, Theodor
Klemm, Heinrich Hermann
Knab, Franz Joseph
Kneisel, Rudolf
Knoll, Conrad Ritter v.
Knuth, Paul Erich Otto Wilhelm
Kobelt. Ulrich
Koberstein, Karl
Koch, Georg
Kolb, Georg
König, Hugo
Krementz, Philippus
Krackl, Franz
Kühn, Karl
Lämmerhirt, Otto
Lang, Franz Vincenz
Lang, Hermann
Lange, Ernst Philipp Karl (Philipp Galen)
Lange, Max
Leu, Max
Levetzow, Ulrike v.
Verfasser
Seite.
Ludwig Fränkel
I20
Alexander Meyer
321
R. Wochsmuth
14
Robert Eitner
169
H, Holland
129
Joh, Sass
252
Robert Eitner
176
V» Frobel
222
H. Holland
99
H. Elissen
18S
V. Weech
281
H, A. LUr
301
Franz Brummer
223
Ein österreichischer Parlamentarier
86
Rudolf Krauss
79
Kohlschmidt
HO
H, A. Lier
272
H, A. Lier
302
Joh, Sass
254
Robert Eitner
179
W, Wolkenhauer
207
Ludwig Fränkel
2 So
W, Wolkenhauer
236
322
W. Wolkenhauer
237
/L A, Lier
281
Ludwig Fränkel
244
Ludjvig Fränkel
275
H. Holland
loS
yoh, Sass
250
Kohlschmidt
125
Ludwig Fränkel
238
Wilhelm Fabian
271
W, Wolkenhauer
227
H Holland
112
Ludwig Fränkel
277
Ludwig Fränkel
202
Kohlschmidt
128
H, A, Lier
275
M, Gisi
5»
H, Holland
"3
Front Brummer
215
nach R. v. Gottschalt
189
Emil Beurmann
84
Alexander v, Weilen
273
Inhalt
345
Name
Li^i Sophus
Lommel, Eugen v.
Löwenstein, Fürstin Sophie v,
Lütxeli Johann Heinrich
Majunke, Paul
May, Andreas
Mayr, Emil
Merbach, Paul Moritz
Mergenthaler, Ottomar
Mevissen, Gustav v.
Meyer, Clemens Friedrich (v. VValdeck)
Meyer, Georg
Miller, Wilhelm v.
Millöcker, Karl
Mittelstadt, Otto
Mitterer, Franz Xaver
Mönnichs, Gustav
Morf, Heinrich
Moser, Otto
Muck, Friedrich R. v.
Müller, Moriz
Munziger, Eduard
Nagel zu Aichberg, Ludwig v.
Nast, Wilhekn
Neustätter, Louis
Nothnagel, August
Ockert, Karl
Genicke, Clara
Paar, Mathilde
Pauliny, Jakob Joseph
Paulitschke, Philipp
Pesch, Tilmann
Petri, Eduard
Petzl, Ferdinand
Pfeil, Heinrich
Pfizer, Gustav
Plehn, Rudolf
Poesche, Theodor
Polko, Elise
Probst, Rudolf
Quaritsch, Bernhard
Raab, Johann Leonhard
Raders, Ludwig
Verfasser
A, V, Braunmühl
S. Günther
Ludwig Fränkel
Ri Eitner
Ludwig Fränkel
ff, Holland
W, Wolkenhauer
H, A. Lier
Ludwig Fränkel
—y-
Franz Brummer
Franz Brummer
ff. ffolland
JÜehard ffeuberger
A, Teichmann
W, Wolkenhauer
Ludwig Fränkel
E, Walter
Franz Brummer
V, Frobel
ff, ffolland
A, Niggli
ff, ffolland
Rudo^ Krams
ff, ffolland
Wilhelm Fabian
ff, ffolland
Wilhelm Fabian
Franz Brummer
W. Wolkenhauer
W. Wolkenhauer
Ludwig Fränkel
W. Wolkenhauer
ff, ffolland
Robert Eitner
Rudo^ J&auss
W. Wolkenhauer
W. Wolkenhauer
ff. ffolland
Rudolf JOrauss
W, Wolkenhauer
ff, ffolland
Ludwig Fränkel
Seite.
324
94
237
180
258
118
238
280
259
209
218
276
"5
«54
152
267
233
45
220
235
140
51
140
80
"3
272
128
276
224
206
203
305
204
141
187
64
232
206
124
70
225
162
249
Biogr. Jahrbuch und Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
23
346
Inhalt.
Name
Ralf, Oskar
Ratsingeri J. Georg
Rechberg, Graf Bernhard v.
Reimer, Dietrich
Reuter, Paul Julius Freiherr v.
Riggenbacb, Nikiaus
Robert, Emmerich
Röseler, Friedrich Wilhelm
Rosenberger, Ferdinand
Rothbart, Ferdinand
Rotter, Josef Arthur
RUmelin, Emil v.
Ruperti, Justus
SafTerling, Benignus v.
Salkowski, Karl
Schabelitz, Jakob
Scbaible, Heinrich Karl
Scherbring, Karl
Schiff, Emil
Schmidt, Hugo Ernst
Schönborn, Franz, Graf
Schott, Theodor
Schröder, Frederik
Schröder, Gustav
Schröder, Hugo
Schubart, Martin
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar
Schwade, Heinrich
Schwaighofer, Johann
Schwartz, Marie Esperancc v.
Schuler v. Senden, Freiherr
Siegel, Heinrich v.
Silberstein, Adolf
Simson, Eduard
Socin, August
Speckbacher, Caspar
Speidel, Wilhelm
Spies, Ignaz
Sporrer, Philipp
Stechert, Gustav E.
Stiehle, Friedrich Wilhelm Gustav v.
Stotz, Paul
Strauss, Johann
Strauss und Torney, Victor v.
Struckmann, Johannes
Thienemann, Ernst Friedrich
Treiber, Wilhelm
Verfasser
Ludjüig Fränkel
Robert Eitner
Heinrich Friedjung
//. Eüissen
Ludwig Fränkel
August Tuchschmid
Alexander v. Weilen
Joh. Sass
S, Günther
H, Holland
/?. Heuberger
Rudolf Krauss
Kohlschmidt
V, Frobel
A* Teichmann
H. Ellissen
Paula Reber
H, Holland
Paul Nathan
Georg Hermann
Rudolf Krauss
Ludwig Fränkel
V. Frobel
Kohlschmidt
H Holland
Robert Eitner
H Holland
Ludwig Fränkel
Franz Brummer
V. Frobel
A, Teichmann
Frant Brummer
Alexander Meyer
A. Kottmann
Franz Brüt/imer
Rudolf krauss
Ludwig Fränkel
H Holland
H. Ellissen
V. Frobel
Rudolf Krauss
Guido Adler
Otto Zaretzky
A. Teichmann
H. Ellissen
Robert Eitner
Seite.
i6i
246
283
162
241
40
282
226
116
169
164
61
122
217
175
178
183
171
256
243
278
75
120
239
167
305
161
160
259
213
221
240
307
57
220
49
200
155
179
191
72
27
96
119
188
172
Inhalt.
347
Name
Vcrsmann, Johannes
Völdemdorff-Waradein, Otto Freiherr v.
Vörstcr, Karl
Vogel, Jakob
VoU, Berthold
Verfasser
Joh. Sass
A. Teuhmann
H, EUissen
Ludwig Fränkel
W, Wolkenhauer
Seite.
233
«73
189
306
201
Waser. Joseph R. v.
Weckesser, August
Welti, Emil
Weizsäcker, Karl v.
Wiegand, Heinrich
Wislicenus, Hermann
Wisotzky, Otto
Wissmann, Eduard
Woenig, Franz
Wolff, Wilhelm
Wrangel, Karl Fricdr. Wilhelm Freiherr v.
Wredc, Ferdinand
A, Teichmann
•
Otto Waser
Dr. Hans Weber
Rudolf Krauss
Ludwig Fränkel
Ludwig Fränkel
W. Wolkenhauer
Franz Brummer
F^anz Brummer
Ludwig Fränkel
Joh. Sass
R, Eitner
121
67
33
55
255
205
228
238
221
253
248
186
Zeissberg, Heinrich v.
Ziebarth, Karl
Ziemietzky, Hellmuth v.
Zimmermann, Karl v.
Zimmermann, V. J.
Zottmayr, Ludwig
Oswald Redlich
A. Teichmann
V, Frobel
V, Frobel
Ludwig Fränkel
Ludwig Fränkel
317
102
219
240
267
254
n.) Alphabetisclies Namenverzeichniss
der
Nachträge zum Deutschen Nekrolog vom i . Januar bis
31. December 1898.
Name Verfasser Seite.
Alberti, Eduard Christian Charlau Joh, Sass 326
Delff, Heinrich Karl Hugo Joh, Sass 327
Kerner v. Marilaun, Anton 341
Mülleri Hermann Franz K. Frh. v, SHlUr 331
Renner, Andreas R, Krauss 329
Willatzen, Peter Wilhelm Joh. Sass 328
TODTENLISTE
i897. i899.
Biogr. Jahrblich u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. jl
i897.
I. Regenten und Familienmitglieder der regierenden Häuser.
*Baden: Prinz Ludwig Wilhelm August,
k. preuss. Gen. d. Inf., Präsident d. I. bad.
Kammer, * zu Karlsruhe i8. XII. 29; f da-
selbst 27. IV.: s. BJ II, 41. — L BJ II,
51»; 111. Ztg. 108, 583 (mit P); Holkai.
1897, 6. 1898, 1259; Löbell 24, 617 (B.
P.[oten]); Militär- VVochenbl. 1897, 11 97;
Ztschr. f. d. Gesch. d. Oberrh. 52, 503
(Winkelroann, Bad. Bibliogr.: Heidelberger
Ztg. 1897 Nr. 97; Karlsruher Ztg. 1897
Nr. 103; Bad. Presse 1897 Nr. 98).
Bayern : Herzogin Sophie Charlotte Auguste,
vermählt mit Ferdinand Herzog v. Alent^on,
• zu München 22. II. 47 ; f zu Paris beim
Brande d. Wohlthätigkeitsbazars in d. Rue
Jean Goujon 4. V. — L Hof kai. 1897, 11.
1898, 1259; 111. Ztg. 108, 614 (mit P);
Th. M. Wehofer, Schwester Marie -Made-
leine aus d. III. Orden d. hl. Dominikus,
Sophie Charlotte Herzogin v. Alengon,
geb. Herzogin in Bayern. München 1898
(mit P).
Lippe: Prinzessin Marie Karoline Frie-
derike, • zu Detmold i. XII. 25; f im
Stift Lemgo 12. III. — L Hof kai. 1897, 44.
1898, 1259; 111. Ztg. 108, 355.
Lippe - Biesterfeld - Weissenfeid : Verw.
Gräfin Lydia, verm. mit Albert Freih.
V. Oppen-Huldenberg (f 17. XII. 89^ • zu
Teichnitz 24. II. 24; f zu Neukirch 22. IV.
— L Hofkai. 1897, 47. 1898, 1260.
Mecklenburg- Schwerin: Grossherzog
Friedrich Franz III. Paul Nikolaus
Ernst Heinrich, k. preuss. Gen. d. Kav.,
• zu Ludwigslust 19. III. 51 ; f zu Cannes
10. IV. — L BJ II, 12*; Hofkai. 1897, 51.
1898, 1260; Militär-Wochenbl. 1897, 1028;
111. Ztg. 108, 479 (mit P); Friedrich
Franz III., Grossherzog v. M.-Schw. Schwe-
rin 1S92 (mit Abbild.): Mecklenb. Nachr.
1897 Nr. 94 — 97 (K. Schröder); Bay-
reuther Blätter 20, 301 (P. Stube).
— : Herzog Friedrich Wilhelm Adolf
Günther, Lieut. z. See, • zu Schwerin
5. IV. 71; f auf dem v. ihm befehligten
Torpedoboot S 26 auf d. Elbe vor Kux-
haven 22. IX. — L Hofkai. 1897, 52.
1898, 126; 111. Ztg. 109, 431. 435. 436
(mit P).
Reuss j. Linie: Prinz Heinrich XIII.,
k. preuss. Gen. d. Kav., Mitgl. d. preuss.
Herrenhauses, ^ zu Klipphausen 18. IX.
30; f zu Baschkow im Reg. -Bez. Posen
3. I. — L Hofkai. 1897, 77. 1898, 1260;
111. Ztg. io8, 73.
Sachsen -Altenburg: Herzogin Friederike
Amalie Agnes, geb. Prinzessin v. Anhalt,
• zu Dessau 24. VI. 24; f zu Hümmels-
hain in Sachsen -Altenburg 23. X. — L
Hofkai. 1897, 4. 90. 1898, 1259; 111. Ztg.
109, 570 (mit P).
^Sachsen - Weimar - Eisenach : Grossher-
zogin Wilhelmine Marie Sophie Luise,
geb. Prinzessin d. Niederlande, * im Haag
8. IV. 24; f zu Weimar 23. III.: s. BJ
II, 258. — L Cosmopolis 8, 527 (K.
Fischer); Zwickauer Tagebl. 8. X. 1897
Beibl. ; Wartburg-Herold 3, 84 ( W. Freckel) ;
Blätter f. litt. Unterh. 1898 Nr. 27 (G. Lot-
holz); Deutsch. Protestantenbl. 1898 Nr. 12.
13 (E. Behr); 111. Ztg. io8, 421. 426
(mit P); Hofkai. 1897, 55. 87. 1898, 1260.
Schaumburg-Lippe : Prinzessin Margarete
Marie Herraine Auguste Elisabeth, einzige
Tochter u. jüngstes Kind d. FUrstenpaares,
* zu Bückeburg 21. I. 96; f daselbst 22. I.
— L Hofkai. 1897, 96. 1898, 1260; in.
Ztg. 108, 129.
Waldeck: Prinzessin Alber tine Hermine
Erika, Tochter des folgenden, * zu Thier-
Todtenliste 1 897 : 1. Regierende Häuser. II. Standesherrl., Fürstl. u. Graf 1. Familien. 8*
garten b. Kleve 22. XII. 95 ; f zu Obcrurff
ii.VII. — LHofkal. 1897, 107. 1898, 1261.
-: Albrecht Georg Bernhard Karl, Prinz zu
Waldeck u. Pyrmont, preuss. Major a. D.,
* zu Kleve li. XII. 41; f daselbst 11. I.
— L Hofkai. 1897, 107. 1898, 107; lU.
Ztg. 108, 104.
II. Mitglieder standesherrlicher, fürstlicher u. gräflicher Familien*.
Auersperg: Prinzessin Helene Rohan,
geb. Gräfin Auersperg, Gemahlin d. Prinzen
Louis R. (t 27. I. 90» * 7- 1^^- 35; t auf
Schloss Chaustnik in Böhmen 4. X. —
L III. Ztg. 109, 511; Hofkai. 1898, 119.
467. 1266.
Bethlen: Graf Gabriel, Präsident d. Sieben-
bürg. - Ungar. Kulturvereins ; f 26. (?) VI.
— L 111. Ztg. 109, 17.
Bernftorff: Graf Arthur Friedrich Karl,
Erbherr a. Wedendorf, grosshgl. mecklenb.-
schwerin. Landrath,- preuss. Kammerherr
u. Leg.-Rath a. D., Senior d. gesammten
Familie, •21. II. 1808; f «" VVedendorf
8. IV. — L 111. Ztg. 108. 518; Gräfl.
Taschenb. 1897, 113. 1898, 1244.
Bombelles: Gräfin Marie Leopoldine Fran-
ziska Gabriele Elisabeth Bonifacia, geb.
Altgräfin v. Salm-Reifferscheid-Raitz,
Gemahlin d. Grafen Markus, * zu Wien
5. VI. 59; t zu Opeka in Kroatien 29. VI.
— L Hof kai. 1897, 208. 1898, 1262; Gräfl.
Taschenb. 1897, 150. 1898, 1244.
Buquoy: s. Oettingen- Wallerstein, Prinzessin
Sophie.
von dem Bussche-Ippenburg gen. von Kes-
selt: Graf Friedrich Wilhelm Georg
Christian Claraor , Fideikommissherr,
Schlosshauptmann v. Osnabrück, Mitgl. d.
preuss. Herrenhauses auf Lebenszeit, * zu
Berlin 23. II. 30; f zu Ippenburg b. Witt-
lage (Prov. Hannover) 11. VII. — L Gräfl.
Taschenb, 1897, 202. 1898, 1245.
Castell-Rüdenhausen: Graf K u n o Friedrich
Franz Albrecht Ernst Christian, k. bayer.
Kämmerer, * zu Rüdenhausen 12. II. 32;
f zu Tübingen 4. IV. — L Hofkai. 1897,
127. 1898, 1261.
*Chorinsky: Graf Karl, Dr. jur. , k. k.
Geh. Rath, Präsident d. Oberlandesgerichts
in Wien u. ständiges Mitgl. d. Reichsge-
richts daselbst, Mitgl. d. Herrenhauses d.
österr. Reichsrathes auf Lebenszeit, * 18.
X. 38; t ^"^ seinem Sommersitz in d.
Vorderbrühl 10. VII.: s. BJ II, 326. —
L 111. Ztg. 109, 118; Gräfl. Taschenb.
1897, 223. 1898, 1245; Hahn 1891, 20.
Colloredo-Mannsfeld : Verw. Gräfm A g 1 a e ,
geb. Gräfin Festet i es v. Tolna, Ge-
mahlin d. Ackerbauministers Grafen Hie-
ron)rmus (f 29. VII. 81), • 2. II. 40; f *"
Wien I. VL — L Hofkai. 1897, 128.
1898, 1261; Gräfl. Taschenb. 1897, 341.
Dörnberg zu Herzberg: Graf Ernst Fried-
rich Wilhelm August Julius Karl Maxi-
milian, k. u. k. Kämmerer, bedeutender
Testator, • 18. I. 36; f zu Regensburg
15. I. — L 111. Ztg. 108, 129; Gräfl.
Taschenb. 1897, 291. 1898, 1245; Allg.
Ztg. 1897 Nr. i8. 20. 25.'
Fabrice: Verw. Gräfin Anna Friederike
Luise, geb. v. d. Asse bürg, Gemahlin
d. früheren k. sächs. Kriegsministers Grafen
Alfred (f 25. III. 91), Oberhofmeisterin d.
Grossherzogin Sophie v. Sachsen- Weimar-
Eisenach, * 16. VI. 22; f zu Dresden
24. V. — L Gräff. Taschenb. 1897, 49.
333- 1898, 1246; 111. Ztg. 108. 715.
Flemming: Graf Edmund Friedrich Fer-
dinand, Mitbesitzer d. Herrschaft Buckow,
Herr auf Krossen b. Zeitz, 1878 — 81
deutscher Reichstagsabg. f. Naumburg-
Weissenfels- Zeitz (nat.-lib.), • zu Arns-
berg i. W. 2. IX. 27; f zu Buckow 17.
IX. — L Gräfl. Taschenb. 1897, 357.
1898, 1246; lU. Ztg. 109, 431; Schoen-
feld^ 142.
Frankenberg und Ludwigsdorff: Graf
Friedrich (Fred) Ludwig Ernst, Freih.
V. Schellendorf, k. preuss. VVirkl. Geh. Rath
u. Major a. D., Mitgl. d. preuss. Herrenh.
auf Lebenszeit, d. preuss. Staatsraths, so-
wie d. Provinzialraths und Provinzialaus-
schusses d. Prov. Schlesien, Abg. d. deut-
schen Reichstags 1871 — 74 f. Falkenberg-
Grottkau u. 1874—81 f. Ohlau-Nimptsch-
Strehlen (Reichsp.), • zu Breslau 5, II. 35 ;.
t auf Schloss Tillowitz 31. XU. — L 111.'
Ztg. 110, 44; Gräfl. Taschenb. 1898, 338.
1899, 1270; Hirth 12, 115; Schönfeld* 115.
Fürstenberg: Prinzessin Marie Elisabeth
Luise Karoline Amalie Leopoldine Wil-
helmine Maxiroiliane, * zu Donaueschingen
15. in. 19; t daselbst 9. IV. — L Hofkai.
1897, 142. 1898, 1261.
Hacke: Graf Friedrich Wilhelm Edmund
Eduard Ehrenpreis, kaiserl. deutscher
Kontreadmiral a. D. , * zu Berlin 3. III.
41 ; t daselbst 29. IV. — L Gräfl. Taschenb.
1897, 422. 1898, 1246.
* Nur die Verstorbenen aus den standesherrlichen und fürstlichen Familien sind hier
nach Möglichkeit vollzählig aufgeführt*
Todtenliste 1897: II. Standesher rl., Fürstl. und Gräil. Familien.
lO'
Häseler : Graf Georg Gottlieb Albert Alexis
(Pseudon.: GeorgKöppen), preuss. Ritt-
meister (im Garde -Kürassier -Reg.) a. D.,
Redakteur der in Milwaukee erscheinenden
Zeitung »Germania«, * zu Potsdam 23. XI.
33; t zu Milwaukee 25. I. — L 111. Ztg.
>o8, 313; Gräfl. Taschenb. 1897, 424.
1898, 1247.
Hatzfeldt zu Trachenberg: Verw. Fürstin
MariCt ?cb. v. Nimptsch auf Jäschko-
witz in Schlesien, Wittwe d. Fürsten
Hermann Anton (f 20. VII. 74), vorher
vermählt mit Leopold August v. Buch,
Ministerresidenten in Rom, ** zu Franzdorf
13. IV. 20; f zu Venedig 25. I. — L
Hofkai. 1897, 364. 1898, 1265.
Hohenlohe-Oehringen: Fürst Friedrich Wil-
helm Eugen Karl Hugo, Herzog v. Ujest,
Erb-Reichsmarschall v. Württemberg, erbl.
Mitgl. d. preuss. Herrenhauses, Mitgl. d.
Kammer d. Standesherren v. Württemberg,
preuss. Gen. d. Inf., württemb. Gen. d.
Kav., • zu Stuttgart 27. V. 16; f auf Schloss
Slawen tzitz in Oberschles. 23. VIII. — L
111. Ztg. 109, 268; Hofkai. 1897, 150.
1898, 1261.
Hohenlohe - Waidenburg - SchillingsfUrst
(Jüngere Linie in Schillingsfürst): Fürstin
Marie Antoinette Karoline, geb. Prinzessin
zu Sayn - Wittgenstein - Sayn und
Carlsburg - Ludwigsburg, Gemahlin
d. deutschen Reichskanzlers Fürsten Chlod-
wig, • 16. II. 29; f zu Berlin 21. XII. —
L Hofkai. 1898, 157. 213. 1899, 13 10.
— : Prinzessin Marie Iphigenie Elisabeth,
♦ zu Podiebrad 7. VIII. 86; f daselbst
19. I. — L Hofkai. 1897, 157. 1898, 1262.
Holstein : Graf K o n r a d Adolf August, Erb-
herr auf Waterneverftorf im Kr. Plön,
1877 —97 Mitgl. d. Deutschen Reichstages f.
Oldenburg-Plön-Segeberg (deutsch-kons.),
• zu Waterneverftorf 19. VII. 25; f da-
selbst 7. IX. — L 111. Ztg. 109, 370;
Gräfl. Taschenbuch 1897, 476. 1898, 1247;
Schönfclds 155; Minde 1893/98, 2 (mit?);
Reichstags -Handb. 1890/95: Biogr. No-
tizen 58.
Hompesch - Bollheim : Graf Ferdinand
Ernst, Fideikommissherr, k. u. k. Käm-
merer, Oberstleut. d. Landwehr, seit 1885
Mitgl. d. Abg. -Hauses d. österr. Reichs-
rathes (Polenklub), * zu Joslowitz in Mähren
15. I. 43; t daselbst 27. X. — L Gräfl.
Taschenb. 1896,483. 1898, 1247; 111. Ztg.
109, 606; Hahn 1891/2, 182; Kürschner,
Abg.-H. d. Reichsr. 1891, 146 (mit P).
Hundt zu Lautterbach : Graf Theodor
Johann Maximilian Joseph Emanuel Dis-
mas Franz v. Paula, k. bayer. Kämmerer,
Direktor d. Reg.- Finanzkammer d. Ober-
pfalz, * 25. XII. 10; f zu München 3. XI.
— L GrSfl. Taschenb. 1897, 491. 1898,
1247.
Kaunitz : Graf AI brecht, Fideikommissherr,
k. u. k. Kämmerer, erbl. Mitgl. d. österr.
Herrenhauses (kons.), Präsident d. böhm.
Kunstvereins, * 28. VI. 29; f zu Prag 24. 1.
— L 111. Ztg. io8, 157; Gräfl. Taschenb.
1897, 521. 1898, 1248; Hahn 1891/2,60.
Keller: Graf Gustav Ludwig, Emil, preuss.
Kammerherr, Geh. Reg. -Rath u. Haupt-
mann a. D., Vorsitzender d. Direktion d.
ThUring. Eisenbahn, 1849 Mitgl. d. Frank-
furter Parlaments, * 25. IV. 1805; f zu
Gotha 23. X. — L 111. Ztg. 109, 649;
Gräfl. Taschenb. 1897, 527. 1898, 1248.
Königsegg-Aulendorf: Gräfin Irma Stepha-
nie Johanne Baptista Eusebia, * zu Press-
burg 7. IX. 44; f zu Karlsbad in Böhmen
II. VL — L Hofkai. 1897, 167. 1898,
1262.
Kuefstein: Gräfin Maria Mag da Emilia,
geb. Krüger, Gemahlin d. österr.-ungar.
Gesandten in Bern Grafen Karl, vor ihrer
Vermählung Mitgl. d. Balletkorps d. Ber-
liner Hofoper, • zu Berlin 24. VIII. 45;
t zu Hilterfingen b. Thun 23. VII. —
L 111. Ztg. 109, 180; Hofkai. 1897, 167.
1898, 1262.
Leutrum von Ertingen: Graf Rudolf
Emanuel Ludwig, Senior d. gräfl. Leu-
trum'schen Hauses u. Senior d. kath.
Linie desselben, k. u. k. Rittmeister a. D.,
* zu Kauffung in d. preuss. Prov. Schle-
sien 13. I. 23; f zu Graz 14. II. — L
Gräfl. Taschenb. 1897, 622. 1898, 1249.
Logau: Helene Ottilie Melanie Gräfin
V. Logau u. Altendorff, Herrin auf Reu-
thau, • zu Gross-Glogau 23. III. 37 ; f auf
Schloss Reuthau bei Sprottau 27. VII. —
Mit ihrem Tode ist dieses gräfl. Haus er-
loschen. — L 111. Ztg. 109, 209; Gräfl.
Taschenb. 1897, ^44- 1898, 1249.
Lützow : Graf Franz, Herr auf Borohradek
u. Wamberg in Böhmen, k. u. k. Kämmerer,
Wirkl. Geh. Rath, ausserordentl. Gesandter
u. bevollmächtigter Minister i. D., * 2. XI.
14; f zu Wien 7. XL — L 111. Ztg. 109,
682; Gräfl. Taschenb. 1897, 658. 1898,
1249.
Marschall auf Burgholzhausen u. Troms-
dorf: Graf Max, Erbmarschall in Thü-
ringen, grosshgl. Sachs. Kammerherr, k. k.
Rittmeister a. D., * zu Weimar 11. X. 29;
t zu Wien 3. III. — L 111. Ztg. io8, 355;
Gräfl. Taschenb. 1897, 676. 1898, 1249.
Montfort: s. Thurn und Taxis, Prinzessin
Sophie.
Münster-Ledenburg: Gräfin Julie, * zu
Canterbury 4. XL 18; + zu Binder 3. VIII.
— L Gräfl. Taschenb. 1897, 748. 1898,
1250 (Vergl. 111. Ztg. 109, 209).
II
«
Todtenliste 1897: IT. Standesherr]., Ftirstl. u. Gräfl. Familien.
12
*Neipperg: Graf Erwin Franz Ludwig Bern-
hard Ernst, erbl. Mitgl. d. Kammer d.
Standesherren in Württemberg 11. lebensl.
Mitgl. d. Herrenh. d. österr. Reichsrathes,
k. u. k. Wirkl. Geh. Rath u. Kämmerer,
Gen. d. Kav.. Kapitän d. Trabantenleib-
garde u. d. Leibgarde- Inf. -Komp., • zu
Schwaigern im wUrttcmb. Oberamt Bracken-
heim 6. IV. 13; t daselbst 2. III.: s. BJ
II, 325. — L Hofkai. 1897, 182. 1898,
1262; Hahn 1891/2, 79; Loebell 24,627
(B. P[oten].) ; VVurzbach 20, 155; Schwab.
Kronik 1897, 434; I^^« Ztg. 108, 307.
Norfolk: Lady Marie Ernestine Howard,
geb. %'on der Schulenburg aus
d. Hause Priemern, Gemahlin des Sir
Henry Howard, • zu Priemern 26. I. 21 ;
t zu München 25. XII. — L Hofkai. 1899,
1314-
Nostitz: s. Windisch-Grätz, Prinzessin Wil-
helmine.
O'Sullivan de Gras: Verw. Gräfm Char-
lotte, geb. Wolter, Schauspielerin; s.Abth.
XXIX.
Oettingen -Wallerstein: Prinzessin Sophie
Therese Wilhelmine Mathilde, Wittwe d.
Georg Grafen von Buquoy (f 2. IX. 82),
• zu Prag 6. I. 29; f zu Wien 27. IV. —
L Hofkai. 1897, 185, 1898, 1262; Gräfl.
Taschenb. 1897, 201. 1898, 1245.
Paar: Graf Karl Rudolf, k. u. k. Kämmerer,
Legationssekr. d. österr.-ungar. Botschaft
beim Päpstl. Stuhl, * zu Brühl b. Wien
3. VI. 65 : f während d. Eisenbahnfahrt
von München nach Salzburg 28. VI. — L
III. Ztg. 109, 51: Hofkai. 1897, 417. 1898,
1265.
Pälflpy von Erdöd: Graf Moritz, k. u. k.
Kämmerer, Wirkl. Geh. Rath u. Feldmar-
chall-Lcut a. D., * 15. VII. 12; f zu Kal-
tenleutgeben 1 5. IX. — L Gräfl. Taschenb.
1898, 744. 1250; Mil.-Ztg. (Wien) 1897, 34.
Platen zu Hallermund: Graf Gustav
Theodor Ferdinand Friedrich, ehemal. k.
hannover. Oberstallmeistcr, * zu Hannover
23. in. 13; t 2u ^^iel 19. V. — L Hof-
kai. 1898, 191. 1899, 13 10.
— : Gräfin Katharina Marie Georgine Ma-
thilde Bertha, Diakonissin in Frankfurt
a. M., * zu Düsseldorf 27. VII. 50; f zu
Frankfurt a. M. 2. III. — L Hof kai. 1897,
190. 1898, 1262.
Preysing- Lichtenegg -Moos: Graf Johann
Kaspar Anton Maria Georg Gebhard,
Fideikommissherr, k. bayer. Kämmerer u.
Major ä la suite, 1882—90 Mitgl. d. Deut-
schen Reichstags f. d. Wahlkr. Landshut
in Niederbayern (Zentr.), * 8. IV. 44; f
auf Schloss Kronwinkel b. Landshut 4.VIII.
— L Gräfl. Taschenb. 1897, 845. 1898,
1251; Schocnfeld ^ 251; Hirth 16, 205.
Pückler : Graf E r d m a n n Julius Hugo,
Freih. v. Groditz, Erbherr auf Rogau, *
30. III. IG; t auf Schloss Rogau 30. I. —
LIll. Ztg. 108, 193; Gräfl. Taschenb. 1897,
852. 1898, 1251.
Pückler - Limpurg : Verw. Gräfin Maria
Karoline Adolflne Isabelle Christine
Bernhardine, geb. Gräfin Spiegel zum
Diesenberg-Hanxleden, Gemahlin d.
k. württemb. Gen. - Majors a. D. Grafen
Friedrich, * zu Wischenau in Mähren 6.
11.49; t *" Meran 13. L — L Hof kai.
1897, 193. 1898, 1262: Gräfl. Taschenb.
1897, 1057. 1898, 1252; Beil. z. Staats-
anz. f. Württemb. 1897, 87.
Rechteren zu Limpurg: Gräfin Luitgarde
Luise Charlotte Sophie, geb. Grafln xu
Erbach-FUrstenau, Gemahlin d. Grafen
Ludwig, • zu Fürstenau 13. V. 17; f 10.
IV. — L Hofkai. 1897, 135. 199. 1898,
1262.
Rittberg: Graf Heinrich Georg Adelbert
Max, Herr auf Stangenberg im Kr. Stuhm,
bis 1895 Vorsitzender d. Provinzialaus-
schusses d. Prov. Westpreussen , * 17. II.
23; f zu Stangenberg b. Nikolaiken 24.
IV. — L 111. Ztg. 108, 583 : Gräfl. Taschenb.
1897, 901, 1898. 1251.
Rohan: s. Auersperg, Gräfin Helene.
Rothkirch: Graf Do rotheu s Natalis, Freih.
v. Trach, Fideikommissherr, k. preuss.
Kammerherr, Major a. D., Mitgl. d. preuss.
Herrenh., ♦ zu Breslau 28. III. 34; f zu
Bärsdorf- Trach im schles. Kr. Goldberg-
Haynau 22. IV. — L 111. Ztg. 108, 555:
Gräfl. Taschenb. 1897, 9^8. 1898, 1251.
— : Graf Karl Leopold Siegfried Dorotheus
Konrad, Freih. v. Trach, Dr. jur., Referen-
dar, Erbherr auf Burau im Kr. Sagan, *
zu Haibau 24. 11. 69; f durch einen Un-
glücksfall zu Stanz b. Luzern 24. VIT. —
L 111. Ztg. 109, 180; Gräfl. Taschenb.
1897, 919. 1898, 1251.
Salm • Reiiferscheid - Raitz: s. Bombelies,
Gräfin Marie.
Sayn -Wittgenstein -Sayn und Carlsburg-
Ludwigsburg: s. Hohenlohe- Waidenburg-
Schillingsfürst (J. Linie in Schillingsfürst),
Fürstin Marie.
Schönburg - Glauchau : Graf Friedrich
Wilhelm Edmund, * zu Berlin 22. V. 23:
t zu Graz 13. X. — L 111. Ztg. 109, 535;
Hofkai. 1897, 225. 1898, 1263.
Schönburg • Waidenburg: Prins Hugo,
Sckundogenitur - Fideikommissherr auf
Droyssig u. Quessnitz in d. Prov. Sachsen,
preuss. Gen. d. Inf., * zu Waidenburg
29. VIII. 22; + zu Wiesbaden 9. VI. —
L 111. Ztg. io8, 783; Hofkai. 1897, 222.
1898, 1263: Mil. - Wochenbl. 82, 2405:
Schönburg. Geschichtsbll. 3, 244.
13'
Todtenliste 1897: II. Standesherrl., FUrstl. u. Gräfl. Familien.
14'
von der Schulenburg (Zweig Wolfsburg):
Graf Gebhard Hans Alexander, Fidei-
kommissberr , hgl. braunschweig. Vize-
Oberjägenneister, * lu Wolfsburg 12. VI.
23; t *a Gross - SchwUlper 9. IV. — L
III. Ztg. 108, 518; Gräfl. Taschenb. 1897,
987 (offenbar irriges Datum). 1898, 1252.
Stolberg -Rossla: Graf Vollrath Botho,
Rittmeister im i. preuss. Garde- Ulanen-
Reg., * zu Rossla 28. IV. 56 ; f zu Halle
a. S. 12. IV. — L 111. Ztg. 108, 518; Hof.
kal. 1897, 253. 1898, 1263.
Teck: Herzogin Marie Adelheid (Mary
Adelaide) Wilhelmine Elisabeth, geb.
Prinzessin ▼. Gross bri tannienu. Irland,
Gemahlin d. Herzogs Franz, * zu Han-
nover 27. XI. 33 ; f zu White Lodge, Rich-
mond Park, 27. X. — L Hof kal. 1897, 30.
489. 1898, 1266; ni. Ztg. 109, 606. 608.
609 (mit P).
*Thun und Hohenstein : Graf S i g i s m u n d ,
k. u. k. Kämmerer, Statthalter u. Landes-
präsident ▼. Salzburg, * 11. VI. 2j; f zu
Salzburg 7. IX. : s. BJ II. 306. — L 111.
Ztg. 109, 370; Gräfl. Taschenb. 1897,
1134. 1898, 1253.
*Thurn und Taxis: Prinz Franz Maxi-
milian Lamoral, kai.^erl. deutscher Lega-
tionsrath n. Ministerialresident in Luxem-
burg, * zu Regensburg 2. III. 52; f *"
Luxemburg 4.(5.?), V.: s.BJ II, 52. — L 111.
Ztg. 108, 614; Hof kal. 1897, 255. 1898,
1263.
— : Prinzessin Marie Sophie, Gemahlin d.
Johann Grafen v. Montfort, * zu Prag
16. VII. 16; t zu Linz 2. IV. — L 111. Ztg.
108, 449; Hofkai. 1897, 256; 1898,1263.
Urach: Vcrw. Herzogin Florestine Ga-
briele Antoinette, geb. Prinzessin v. Mo-
naco, Gemahlin d. Herzogs Wilhelm (f
17. VII. 69), ♦ zu Fontenay (Dep. Seine
in Frankreich) 22. X. 33; f zu Stuttgart
24. IV. — L III. Ztg. 108, 555; Hof kal.
1897, 54. 493. 1898, 1260.
Waldburg-Zeil-Zeil oder Zeil und Trauch-
burg: Graf Ludwig Bernhard Richard,
k. u. k. Kämmer, österr. Gen.-Major i. R.,
* zu Zeil 19. VIII. 27; f zu Salzburg 19.
I. — L Hof kal. 1897, 264. 1898, 1263;
III. Ztg. 108, 129; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. Württemb. 1897, 109.
*Wimpffen: Graf Victor Aegidius Christian
Gustav Maximilian, Herr auf Reitenau,
k. k. Hofrath, Korvettenkapitän a. D.,
später Präsident d. Niederösterr. Südwest-
bahn u. Generalinspektor d. österr. Staats-
telegraphen. Reise- u. Militär-Schriftsteller,
♦ zu Hietzing b. Wien 24, VII. 34; f zu
Battaglia (Prov. Padua) 22. V.: s. BJ II,
318. — L 111. Ztg. 108, 715; Gräfl. Ta-
schenb. 1897, 1235. 1898, 1253.
Windisch -Graetz: Prinz Ernst Wilhelm
Robert Aloysius, k. u. k. Leut. im Korps-
Art.-Reg. ii, * zu Gonobitz 4. IX. 72; f zu
Ajaccio I. II. — L 111. Ztg 108, 193; Hof-
kai. 1897, 269. 1898, 1263.
— : Prinzessin Wilhelmine, geb. Gräfin
v. Nostitz aus d. Hause Rokitnitz, Ge-
mahlin d. Feldmarschall-Leut. Prinzen Au-
gust, • zu Prag 23. IV. 27; t 2U Wien
25. IV. — L 111. Ztg. io8, 583; Hofkai.
1897, 268. 1898, 1263; Gräfl. Taschenb.
1897, 765. 1898, 1250.
*Wolkenstein: Graf Heinrich, Freih. v.
Trostburg u. Neuhauss, k.u.k. Oberstjäger-
meister, Geh. Rath u. Kämmerer, Oberst
a. D., * 7. I. 41 ; f zu Wien in d. Nacht
V. 11./12. II.: s. BJ II, 319. — L 111. Ztg.
108, 213; Gräfl. Taschenb. 1897, 1247.
1898, 1254.
Wratislaw von Mitrowitz: Graf Eugen
Franz Adam Leopold Joseph, Fideikom-
missherr, k. u. k. Kämmerer, Oberst-Erb-
landkUchenmeister d. Kgr. Böhmen, * 17.
VI. 55; t «u Meran 23. VI. — L 111. Ztg.
109, 17; Gräfl. Taschenb. 1897, 1252.
1898, 1254.
Wrede: Ftlrst Karl Friedrich, k. bayer.
Kämmerer u. Major ä la suite, erbl. Reichs-
rath, * zu München 7. II. 28; f zu Ellin-
gen 22. XII. — L Hof kal. 1898, 514. 1899,
1315.
Wurmbrand-Stuppach: Graf Heinrich,
* zu Graz 11. X. 78; f zu Wien 7. X. —
L Hof kal. 1897, 272. 1898, 1263.
— : Graf H e 1 1 w i g , k. u. k. Kämmerer, Garde-
Adj. u. Rittmeister in d. i. Arcieren-Leib-
garde in Wien, * zu Liblin in Böhmen
15. VIIL 37; t *« Wien 6. V. — L Hof-
kai. 1897, 271. 1898, 1263.
Yorck von Wartenburg: Graf Hans Ludwig
David Paul, Fideikommissherr, erbl. Mitgl.
d. preuss. Herrenhauses, preuss. Hauptmann
a la suite u. Reg. -Assessor a. D., * zu
Beriin i. III. 35; 1[ zu Klein-Oels 12. IX.
— L 111. Ztg. 109, 370; Gräfl. Taschenb.
1897, 1259. 1898, 1254.
Zedtwitz: Graf Maximilian, Lehnsherr
auf Neuberg-Neuschloss u. Sorg b. Asch,
k. k. Hauptmann a. D., * zu Temesvär 27.
VIII. 31; t ^^ Neuschloss - Neuberg 23.
VIII. — L 111. Ztg. 109, 349; Gräfl.
Taschenb. 1897, 1280. 1898, 1254.
Zeppelin: Graf Max, Dr. phil., Hofmarschall
d. Frau Prinzessin Auguste v. Sachsen-
Weimar-Eisenach, Zoolog, • zu Stuttgart
6. VIIL 56; t daselbst 3. XII. — L Gräfl.
Taschenb. 1898, 1225. 1899, i28o;Schwäb.
Kronik 1897, 2515; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. Württemb. 1897, 2043; Allg. D. Biogr.
45, 84; Nordd. Allg. Ztg. 1897 Dez.
Zichy zu Zieh und Väsonyked: Graf Jo-
15
*
Todtenliste 1897: III, i. 2. Hofbeamte, Diplomaten, Staatsbeamte.
16*
s e p h , k. u. k. Kämmerer, Obersthofmeister
(des Kaisers Max v, Mexiko) a. D., vermählt
mit Melanie Prinzessin v. Metternich-Winne-
burg, Tochter d. ehemaligen Staatskanzlers,
* 9. XII. 14; t zu Wien 14. I. — L IlL
Ztg. 108, 104; Gräfl. Taschenb. 1897,
1291. 1898, 1254.
III. Staatsmänner und Beamte.
I. Hofstaaten und Hofbeamte.
Baden :
*Regenauer, Eugen v., Wirkl. Geh. Rath,
Exzellenz, Präsident d. Generalintendanz
d. Zivilliste, * zu Karlsruhe ii. VI. 24;
t daselbst 6. XU.: s. BJ II, 281.
Braunsckweig :
von der Schulenburg, Gebhard Graf,
Vize-Oberjägermeister; s. Sp. 13*.
Früheres Königreich Hannover:
Platen zu Hallermund, Gustav Graf,
ehemals Oberstallmeister; s. Sp. ii^.
Hessen:
Muhl, Ferdinand, Geh. Rath, grosshgl.
Jägermeister; s. Abth. VII.
Oldenburg:
*Dalwigk zu Lichtenfels , Reinhard
Freih. v., Exzellenz, Oberhofmarschall a. D,,
früher Chef d. Hofkapelle u. Vorstand d.
Theaterkommission, * zu Kassel 21. I. 18;
f zu VVohlheiden b. Kassel 3. VI.: s. BJ
II, 181. - L Freiherrl. Taschenb, 1896,
161. 1898, II 70.
Oesterreich:
^Wolkenstein, Heinrich Graf v., k. u. k.
Oberstjägermeister; s. Sp. 14 •.
Wratislaw von Mitrowitz, Eugen Graf,
Obersterblandküchenmeister d. Kgr. Böh-
men; s. Sp. 14*.
Zichy zu Zieh und Väsonykeö, Joseph
Graf zu, Obersthofmeister a. D.; s. Sp. I4^.
Preussen:
Usedom, Max v., Kammerherr, Einführer
d. diplomat. Korps; im 68. J. f zu Ma-
rienbad 11. VII. — L 111. Ztg. 109, 118;
Hofkai. 1897, 596.
SacJtsen' Altenburg:
Koethe, Reinhold v. , Karomerherr u.
Major a.D., Exzellenz, Oberhausroarschall,
75 J.: t zu Altenburg 20. VI. — L 111.
Ztg. 109, 17; Hofkai. 1897, 624.
Sachsen- Weimar-Eisenach:
Fabrice, Anna Gräfin v., Oberhofmeisterin
d. Grossherzogin Sophie, s. Sp. 8*.
Württemberg:
Gunzert, Gustav Adolf v., früherer Hof-
kammerpräsident , auch mehrere Jahre
Leiter d. Hoftheaters, 73 J.; t ^-^ Stutt-
gart 26. IV. — L III. Ztg. 108, 583;
Schwjib. Kronik 1897, 847. 937.
Reitzenstein , Karl Friedrich Sigmund
Felix Freih. v., Herr auf Reitzenstein u.
Illigau, württemb. Kammerherr, Major z. D.
und Flügeladjutant, Oberhofmeister d.
Königin, • 6. IX. 46; f zu Baden-Baden
28. III. — L 111. Ztg. 108, 449; Freiherrl.
Taschenb. 1896, 776. 1898, 1182.
Zeppelin, Max Graf v., Hofmarschall zur
Dienstleistung bei d. Prinzessin Auguste
zu Sachsen- Weimar; s. Sp. 14*.
2. Diplomaten und Staatsbeamte.
Deutsches Reich:
Amram, Postsekretür zu Pangani in Deutsch-
Ostafrika, gebürtig aus Altenburg; + durch
Ertrinken bei einer dienstl. Segelfahrt in
d. Bucht V. Pangani 17. VI. — L 111. Ztg.
108, 811.
Gabriel, Hermann, Dr., Generalkonsul in
Batavia, 45 J.; f zu Heidelberg 13. XII.
— L 111. Ztg. 109, 881.
Hagen, Kurt v., stellvertr. Landeshaupt-
mann in Deutsch -Neuguinea; f von Ein-
geborenen ermordet 14. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 370. 378 (mit P).
Hake, Rudolf, Wirkl. Geh. Rath, Direktor
d. Telegraphenabth. d. Reichspostamtes,
* zu Preuss. Stargard 27. VIII. 30; f zu
Charlottenburg i. V. — L BJ II, 17*;
III. Ztg. 108, 614.
Quosbarth, Konsul zu Dundee; f im Feb.
— L Allg. Ztg. 1897 Nr. 49 Abendbl.
Schneider, Karl, Konsul in San Remo,
Mitbegründer d. 1 88 1 dort erbauten deutsch-
evang. Kirche, 62 J.; f daselbst 25. IV.
— L 111. Ztg. 108, 583.
Sonnenschein, Franz Leopold, Geh. Leg.-
Rath, vortr. Rath in d. Kolonialabtb. d.
Ausw. Amtes, 40 J.; f zu Berlin 13. VL
— L 111. Ztg. 108, 811.
^Stephan, Heinrich v., Dr. phil., General-
postmeister, Staatssekretär d. Reichspost-
amtes, Wirkl. Geh. Rath, Bevollmächtigter
z. Bundesrath, Mitgl. d. preuss. Herren-
hauses, kulturhistor. Schriftsteller, * zu
Stolp in Pommern 7. I. 31 ; f zu Berlin
8. IV.: s. BJ II, 196. — L BJ II, 41 •;
111, Ztg. 108, 481 (K. Wieke, mit?); KL
17
«
Todtenltste 1897: III, 2. Diplomaten u. Staatsbeamte.
18*
1897, 1296 (mitW); Deutsche Revue 22,
2, 257 (A. V. Werner); Ucb. Land u. Meer
78. 508 (Fr. Colberg. ro. P); Daheim 53,
527 (Klaussroann, mit P); Westermanns
111. Monatshefte 1897 Okt. 25 (F. Hennicke
mit P); Umschau 1897 Nr. i6; Deutsche
Rundschau f. Geogr. u. Statistik 19, 422
(mit P); Deutsche Rundschau 1897 Mai
303 (R. Billig, mit P); Die neue Zeit 15,
2, 171 (O. Vietlz); Cosmopolis 6, 843
(Fischer); Ztschr. d. allgem. Sprachver.
1897, 81 (Dunger); Nation 15 Nr. 34 (R.
Bamberger); Deutscher Hausschatz 63,
595 (Bruns. m. P).
^Thum und Taxis, Franz Prinz v., Lega-
tionsrath u. Ministerialresident in Luxem-
burg; s. Sp. 13*.
Anhalt:
Larisch, C. A. A. v., Dr. jur., VVirkl. Geh.
Rath, 1868 — 75 Staatsminister, 77 J.; t auf
seinem Gute KUmmeritz b. Drahndorf
II. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Baden:
*Goegg, Am and, Politiker u. Publizist,
während d. bad. Aufstandes 1849 Finanz-
minister, * zu Renchen 7. IV. 20; f da-
selbst 21. VIL : s. BJ II, 44.
Schäfer, August, Landesgerichtspräsident
in Konstanz, Ministerialrath im Minist, d.
grosshgl. Hauses u. d. Justiz, 69 J.; f zu
Konstanz 10. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
Bayern :
Pummerer, Ludwig v., Präsident a. D.
d. Obersten Rechnungshofes, 79 J.; f ^^
München 28. 1. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 29
Morgenbl. u. 31 Abcndbl., III. Ztg. 108,
157.
Schamberger, Adolf Ritter v. , General-
direktor a. D. d. bayer. Post- u. Tele-
graphen-Verwaltung; f zu Oberstdorf im
Allgäu 22. IX. — L 111. Ztg. 109, 431.
Ziegler, Friedrich v., Dr., Reg.-Präsidcnt
a. D. von Oberbayern, früher Kabinets-
sekretär König Ludwigs IL, • zu München
10. IIL 39; t daselbst 8. VL — L III. Ztg.
108, 811; Deutscher Hausschatz 63, 765;
Bayerland 8, 468 (mit P).
Elsass' Lothringen :
HosSus, Dr. jur. et phil., früher Unterstaats-
sekretär f. Kultus u. Justiz, mehrjähr.
Kurator d. Univ. Strassburg, * zu Kusel
in d. Pfalz 1841; f zu Strassburg i. £.
28. IV. — L III. Ztg. 108, 583.
Munzinger, Ludwig, Geh. Reg.-Rath, vortr.
Rath u. Vorsteher d. Bureaus d. Statt-
halters; f zu Strassburg 15. XII. — L
III. Ztg. 109, 881.
*Reitzenstein, Friedrich Freih. v., Dr. jur.
b. c, Bezirkspräsident z. D., im deutschen
Verein f. Armenpflege thätig, • zu Berlin
26. III. 34; f zu Freiburg i. B. 4. II.: s.
BJ II, 291. — L III. Ztg. 108, 213; Freiherrl.
Taschenb. 1896, 775. 1898, 11 82; Allg. Ztg.
1897 Nr. 39.
Früheres Königreich Hannover:
Steinberg, Bodo Freih. v., Besitzer d. Gutes
Bodenberg b. Hildesheim, früher hannover.
Gesandter in Paris, 77 J.; f daselbst im
Sept. (.>). — L III. Ztg. 109, 470.
Hessen-Darmstadt:
Gemmingen - Homberg , Gustav Wei-
precht v., Dr. jur., Kammerherr u. Reg.-
Rath, Kreisrath zu Erbach im Odenwald,
• 17. VIII. 49; t ^u Erbach 19. VIIL —
L m. Ztg. 109, 268; Freiherrl. Taschenb.
1896, 302.
Preuschen, Maximilian Ernst Justus Lud-
wig Konrad Freih. v., Geh. Rath a. D. u.
Vorsitzender d. obersten Verwaltungsge-
richtshofes, ♦ 6. IX. 18; t im Febr. —
L Allg. Ztg. 1897 Nr. 47 Morgenbl.;
Freiherrl. Taschenb. 1897, 771. 1898, 1181.
Zeller, Wilhelm, Dr. jur., Oberrechnungs-
rath, Jurist, u. nationalökonoro. Schrift-
steller, * zu Darmstadt i. XII. 42; f da-
selbst 29. VIII. — L HI. Ztg. 109, 349.
— W KL 1897, 1505.
Hessen- Keusel:
Etienne, Adolf, Geh. Obcrjustizrath, bis
zur Einverleibung Kurhessens hess. Justiz-
minister, 78 J. ; t ^" Göttingen 8. II. —
L 111. Ztg. 108, 213.
Lübeck:
Rittscher, F. E. H., Senator u. langj. Chef
d. Polizeiwesens, • zu Nüsse 13. II. 39;
t zu Lübeck ii. VIIL — L 111. Ztg. 109,
240.
Mecklenburg-Schwerin :
Wendhausen, A., Vize -Kanzler d. Univ.
Rostock, Landgerichtspräsident u. Kon-
sistorialdirektor in Rostock, * daselbst
2. X. 39; f ebenda 14. IV. — L III. Ztg.
'08, 555; Litt. Centralbl. 1897, 574.
Oldenburg :
Mutzenbecher, Geh. Staatsrath im Minist,
d. Innern; f zu Oldenburg 23. VIIL —
L 111. Ztg. 109, 300,
Preussen:
•Ahlefeld, Karl Wilhelm v., Wirkl. Geh.
Rath, Landesdirektor a. D. d. Prov. Schles-
wig-Holstein, * zu Schleswig 19. I. 18;
t zu Kiel 5. IL: s. BJ 111,407.
*Bode, Richard, Geh. Baurath, vortr. Rath
im Minist, d. öffcntl. Arbeiten ; s. Abth. X.
Butze, Gottfried Wilhelm, Wirkl. Geh.
Oberreg.-Rath a. D. in Berlin, 75 J.; f ^^
Arolsen 8. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
Ciaer, Alexander v. , Lieut. a. D. , Rent-
meister in Bonn, Stifter der Alten-Herren-
Feste des Kösener SC in Godesberg,
• 18. XIL 25; t *u Bonn 17. V, — L
III. Ztg. 108, 683.
19'
Todtenliste 1897 III, 2. Diplomaten u. Staatsbeamte.
20^
Dryander, Karl, Geh. Reg.-Rath, Syndikus
d. Franckcschen Stiftungen u. Stadtrath
in Halle a. S., • daselbst iSii; f ebenda
17. II. — L 111. Ztg. 108, 253.
Dückers, Heinrich, Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath u. Direktor im Minist, d. öffentl.
Arbeiten, • Dez. 1843; f zu Davos 2. VIII.
— L III. Ztg. 109, 209.
Frankenberg und Ludwigsdorff, Graf
Friedrich (Fred), Wirkl. Geh. Rath,
Mitgl. d. Staatsraths, d. Provinzialraths
u. Provinzialausschusses d. Prov. Schlesien ;
s. Sp. 8 ♦.
♦Franz, Hermann, Geh. Oberbaurath ,* s.
Abth. X.
Fritsch, Joseph Ernst, Geh. Oberfinanzratb,
Provinzialsteuerdirektor in Posen, * zu
Frankenstein in Schles. 1824; f zu Posen
28. III. — L 111. Ztg. 108, 449.
Jagow, Julius Alexander v., Geh. Reg.-Rath,
1860 — 95 Landrath d. Kr. Westpriegnitz,
1867 Mitgl. d. konstit. Reichstags, 71 J.;
t zu Perleberg 21. II. — L 111. Ztg. 108,
273-
Kreyssig, Eduard , Geh. Baurath; s.Abth.X.
Kroeger, Karl, Geh. Reg.-Rath; f zu Rin-
teln im Febr. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 47
Morgenbl.
*Loenartz, Jakob, Geh. Baurath, Elbstrom-
baudirektor; s. Abth. X.
von der Marwitz, Robert ApoUinar, Ober-
regierungs - Rath , Stellvertreter d. Vor-
sitzenden d. Ministerial • Militärbaukom-
mission in Berlin, 1879 — 88 Mitgl. d.
preuss. Abg.-Hauses, • 1837; f auf d.
Reise nach Frankfurt a. M. 25. II. — L
111. Ztg. 108, 307.
Ratl\jen, Rudolf, Geh. Rath, bis 1896
Verwaltungsgerichtsdirektor in Schleswig;
t daselbst ii. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Abendbl.; 111. Ztg. 108, 104.
Rödenbeck, Alexander Emil, Wirkl. Geh.
Oberreg.-Rath, vortr. Rath im Minist, d.
öffentl. Arbeiten, • zu Drebkau 13. V. 38;
t zu Berlin 20. XI. — L 111. Ztg. 109,
672.
Saltzwedell, Gustav v., Reg.-Präsidenta.D.,
Mitgl. d. Frankfurter Parlaments 1848/49,
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses u. d. nordd.
Reichstages f. Scnsburg-Oertelsburg(kons.),
• zu Drosdowen im Kr. Oletzko 28. IV.
1808; t auf seinem Gute Poetschendorf
b. Rastenburg in Ostpr. 6. VI. — L 111.
Ztg. 108, 783; Hirth 7, 203.
Schwarzenberg, Hermann, Reg.-Präsident
zu Münster i. W., • zu Kassel 1830; f zu
Münster 9. II. — L 111. Ztg. 108, 253.
Semper, Geh. Oberreg.-Rath, vortr. Rath
im Minist, f. Landwirthschaft, * zu Altena
1838; t zu Berlin i. V. — L 111. Ztg.
108, 614.
Stauder, Dr. phil., Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath u. vortr. Rath im Kultusminist.,
früher Gymn.-Direktor, 68 J.; f zu Berlin
19. I. — L 111. Ztg. 108, 129; Ztscbr.
f. lateinlose Schulen 8, 129; Humanist
Gymn. 1897, 31 (G. Uhlig).
Vater, Richard Eduard, Geh. Oberreg.-Rath
u. vortr. Rath im Kultusminist., 62 J.;
t zu Berlin 8. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
/^euss j. Linie:
Vollert, Dr., Staatsminister i. R., Vorstand
d. Abth. f. Justiz-, Kirchen- u. Schulwesen,
Jurist. Schriftsteller, 70 J.; f zu Jena 7. V.
Königreich Sachsen:
Buschik, Münzmeister, 82 J.; f zu Dresden
Mitte Dez. — L 111. Ztg. 109, 881.
Heymann, Bernhard Traugott, Geh. Rath
u. Ministerialdirektor im Finanzminist.; \
zu Dresden 7. VI. — L 111. Ztg. io8, 783.
Klette, Otto, Finanzrath,Eisenbahningenieur;
s. Abth, X.
SeckendorflF, Veit Gerald, Freih. v., Geb.
Reg.-Rath a. D., ♦ 30. XII. 25; f in d.
Ortschaft »Weisser Hirsch« b. Dresden
23. II. — L 111. Ztg. 108, 273; Freiherrl.
Taschenb. 1896, 918. 1898,
Sachsen -Altenburg:
Hopfgarten-Heidler, Karl Bruno v., Kammer-
herr, Geh. Reg.-Rath i. R., 78 J.; \ zu
Altenburg im Juni. — L 111. Ztg. 108,
783.
Sachsen - Weimar -Eisencuh :
Helldorf. Heinrich v., Wirkl. Geh. Rath.
Oberschenk, Landtagsabg., • 1832: f zu
Weimar 8. XII. — L 111. Ztg. 109, 851.
Schaumburg'Lippe :
Wegnerii, Martin v., Wirkl. Geh. Rath,
Staatsminister, Mitgl. d. Bundesraths, 39 J.;
f zu BUckeburg 20. XI. — L 111. Ztg. 109,
722.
Schwarzburg'RuJolstadt:
Beulwitz, August v., Oberreg.-Rath a. D.,
früher vortr. Rath im Minist., 68 J.; f zu
Rudolstadt 11. VIII. — L Hl. Zig. 109,
240.
IVürtiemberg:
Drescher, Wilhelm, Oberreg.-Rath. — L
(Stuttg.) N. Tagebl. 1897 Nr. 276.
Guide, Karl, Oberbaurath; s.Abth.X.
Kauffmann, Oberamtmann. — L Schwab.
Kronik 1897, 752.
Neuschier, Friedrich v., Oberfinanzrath
a. T)., ♦ 6. IX. 1799; t 'u Stuttgart 4. V.
— L 111. Ztg. 108, 614; Schwab. Kronik
1897, 921.
Schott V. Schottenstein, Eduard, Kammer-
herr, Oberreg.-Rath a. D. — L Schwab.
Kronik 1897, 720.
es ter reich :
*£ichhoff, Joseph Freih. v., k. u. k. Geh.
Rath, Mitgl. d. mähr. Landtags, d. Abg.
21
Todtenliste 1896: III, 2. 3. Diplomaten, Staats- u. Gemeindebeamte.
22'
Hauses d. Reichsraths, seit 1S92 d. Herren-
hauses, * 28. X. 22; t zu Graz 18. XI.:
s. BJ II, 319. — L Hl. Ztg. 109, 762;
Wurzbach 4, 13.
Heider, Gustav Freih. v., Sektionschef a.D.,
Kunsthistoriker, * zu Wien 15. X. 19; f
daselbst 15. III. — L Freih. Taschenb.
1898, II 74.
Hohenbühel genannt Heufler zu Rasen,
Karl Julius Freih. v., Ministerialrath im
Ministerrathspräsidium u. Protokollführer
d. Ministerraths, * zu Mailand 24. VII. 44;
f zu Gries b. Bozen 27. XI. — L Wurz-
bach 8, 455.
*Kosjek, Gustav Freih v., bevollmächtigter
Gesandter in Athen, * zu Mittertrixen in
Kärnthcn; f zu Athen i. IL: s. BJ II, 308.
Lützow, Franz Graf v., Wirkl. Geh. Rath,
ausscrordentl. Gesandter u. bevollmächtigter
Minister a. IX; s. Sp. lo*.
Marx, Wilhelm Freih. v., Polizeipräsident
a. D. V. Wien, • zu Sellowitz in Mähren
21. XII. 15; t zu Wien 22. VIII. — L
111. Ztg. 109, 268; Freiherrl. Taschenb.
'897, 636. 1898, II 78.
Montlong, Ritter v., k. u. k. Ministerialrath
u. Generalkonsul I. Cl., meist im Orient;
t zu Wien 17. IV. — L Hl. Ztg. 108, 583.
Pechan von Prägenberg, Franz Ritter v.,
Hofrath, Direktor d. Hauptmünzamtes, 66 J.;
t zu Wien 10. VI. — L 111. Ztg. 108, 783.
Prinzig von Herwalt, Karl Ritter v., k.
u. k. Ministerialrath u. Generalkonsul, Ver-
treter Oesterreichs bei d. ottoman. Staats-
schulden; f zu Konstantinopel Mitte Sept.
— L 111. Ztg. 109, 402.
Schneider, Franz Cölestin Ritter v., Dr.
med., Ministerialrath, Sanitätsreferent im
Ministerium d. Innern, Präsident d. Ober-
sten Sanitätsrathes i. R., Mitgl. d. Herren-
hauses d. Reichsrathes , früher ordentl.
Prof. f. allg. u. medizin. Chemie an d.
Univ. Wien, • zu Krems 13. IX. 13; f zu
Wien 29. XI. — L 111. Ztg. 109, 809;
Hahn 1891/2,92; Wurzbach 31,20 (mitW);
Leopoldina 33, 168 (mit W); Poggendorf
II, 826. III, 1203 (mit W); HBL 5, 256.
— W auch Cat. Roy. Soc. 5, 514. 8, 875.
"» 331-
Sonnleithner , Hippolyt Freih. v., früher
Gesandter in Lissabon u. Brasilien, * 17.
IX. 14; t zu Wien 25. X. — L III. Ztg.
109, 649; Wurzbach 36, 14.
*Thun und Hohenstein, Sigismund Graf
V., Statthalter u. Landespräsident v. Salz-
burg; s. Sp. 13*.
•Wimpffen, Viktor Graf v., Generalinspek-
tor d. Staatstelegraphen; s. Sp. 13*.
China:
Krey, Walter, Dr., früher Oberbeamter d.
chines. Seezollverwaltung; f zu Jena 29.
VI. — L 111. Ztg. 109, 51.
3. Gemeindebeamte und Gemeinderäthe.
Breslau, Geh. Reg.-Rath, Oberbürgermeister
a. D. von Erfurt, • zu KönigshUttc im Kr.
Beuthen; f in Bad Sachsa 5. III. — L
111. Ztg. 108, 307.
Chapeauronge, Ch. A. de, Senator in Ham-
burg; s. Sp. 23*.
Gös, Oberbürgermeister von Tübingen; f
daselbst 24. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Graf, Robert, Stadtrath, Mitgl. d. Vor-
steheramts d. Kaufmannschaft zu Königs-
berg i. Pr., Vorsitzender d. Aufsichtsraths
d. »Königsberger Hartung'schen Ztg^«; f
daselbst 19. IV. — L 111. Ztg. 108, 583.
Heineken, Frederik Parker, Stadtrath in
Frankfurt a. M., 1888 — 93 Mitglied d.
preuss. Abg.-Hauses, • zu Bremen 10. X.
39; t zu Homburg v. d. H. 28. VI. — L
III. Ztg. 109, 51.
Hollander, Eduard, d. letzte wortführende
Bürgermeister v. Riga, ♦ 1820; f 1897.
— L Rigaer Stadtblätter 1897, 323 (A.
Poelchau). 331 (A. Hillner). 383 (R.
Kersting).
Hünnersdorf, K. H., früher Oberbürgermeister
v. Gotha, 79 J.; f daselbst 21. IL — L
108, 273.
Kammermayer, Karl, 1873 — 9^ Bürger-
meister V. Budapest; f zu Abbazia 5. VI.
L IIL Ztg. 108, 811.
Klein, Julius, Staatsrath, früher Bürger-
meister V. Strassburg, Präsident d. Bezirks-
tages d. ünterelsass, ♦ zu Osterhofen 1830;
t zu Strassburg 24. X. — L Hl. Ztg. 109,
646.
Laschan Ritter von Moorland, Anton,
Mitgl. d. Frankfurter Parlaments f. Unter-
krain, 1874 — 82 Bürgermeister v. Laibach;
t daselbst Ende Febr. — L 111. Ztg. io8,
307.
Lottner, Geh. Reg.-Rath, früher Oberbürger-
meister von Koblenz; f zu Bonn 10. I. —
L Allg. Ztg. 1897 Nr. 13 Abendbl.
Metz, August, früher Stadtrath in Strass-
burg i. £., seit 1 884 Generalpräses d. Vinzen-
tius- Vereins; f daselbst 3. III. — L Deut-
scher Hausschatz 23, 541 (nach d. »Köln.
Volksztg.«).
Metzger, Gemeinderath in Tübingen. — L
Beobachter 1897 Nr. 248.
Meyer, Martin, Vizebürgermeister v. Inns-
bruck; s. Abth.XXIV.
Moellmann, Dr., Oberbürgermeister v. Os-
nabrück, Mitgl. d. preuss. Herrenhauses;
f daselbst 30. XII. — L 111. Ztg. iio, 19.
23
*
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
24^
•Newald, Julius Ritter v., Dr., 1878 — 82
Bürgermeister v. Wien, * zu Neutilschein
II. IV. 24; t zu Wien 17. VIII.: s. BJ II,
179.
Rat, Karl, Oberbürgermeister v. Budapest;
t daselbst 30. VII. — L 111. Ztg. 109, 180.
•Richter, Albert, Dr., Hof- u. Gerichts-
advokat, früher I. Vizebürgermeister v.
Wien u. Landtagsabg. , • zu Chotzen in
Böhmen 1. 1. 43 ; f zuWien 3. III. : s. BJ II, 335.
Schlumberger, Camille, früher Bürger-
meister V. Kolmar, * zu Mülhausen i. E.
4. XI. 31; t zu Kolmar 17. VII. — L III.
Ztg. 109, 145.
Weber, Max, Dr. jur., Stadtrath in Berlin;
s. Sp. 26*.
Wcltz, Dr., Hofrath, früher Bürgermeister
V. Speyer, 76 J.; f daselbst 2. VII. — L
111. Ztg. 109, 51.
IV. Parlamentarier.
D eutscher Bund:
Frankfurter Parlament:
♦Arneth, Alfred Ritter v., Historiker; s.
Abth. XVII.
Drechsler, August, Dr. jur., Senatspräsident
am Reichsgericht; s. Abth. XX.
Keller, Gustav Graf v.; s. Sp. 10*.
Laschan Ritter von Moorland, Anton,
Bürgermeister v. Laibach; s. Sp. 22*.
•Martiny, Friedrich, Justizrath, Rechts-
anwalt und Notar; s. Abth. XX.
Saltzwedell, Gustav v. , Reg. - Präsident
a. D. ; s. Sp. 19*.
Simson, Georg, Geh. Justizrath ; s. Abth. XX.
Deutsches Reich:
a) Reichstag (auch Norddeutscher Reichstag und Zollparlament):
Chapeauronge, Ch. A. de, früher Senator
in Hamburg, 1867 Mitgl. d. Nordd. Reichs-
tages f. d. Wahlkr. Hamburg I, 67 J.;
t 30. IX. — L Voss. Ztg. 1898 Jan.
Flemming, Edmund, Graf v., 1878—81
Abg. f. Naumburg-Weissenfels-Zeitz (nat.-
lib.); s. Sp. 8*.
Frankenberg und Ludwigsdorif, Fried-
rich Graf V., Mitgl. d. Constituierenden
Nordd. Reichstags, 1867 — 74 Abg. f.
Falkenberg-Grottkau, 1874—81 f. Ohlau-
Nimptsch-Strehlen (Reichspartei); s. Sp.
8*.
Goldenberg, Alfred, Grossindustrieller,
1880 — 90 Abg. f. Zabern (Protestler); s.
Abth. IX.
*Goltz, Kuno Freih. von der, General d.
Inf., 1867— 69 Abg. f. Mindcn-Jade-Gebiet-
Lübbecke (kons.); s. Abth. V.
*Grillenberger, Karl, Redakteur d. »Frank.
Tagespost«, 1881 — 97 Abg. f. Nürnberg
(Sozialdemokr.), seit 1893 auch Mitgl. d.
bayer. Abg.-Kammer f. Nürnberg I, • zu
Zirndorf b. Fürth 22. II. 48; f zu München
19. X. : s. BJ II, 224. — L 111. Ztg. 109,
570; Kürschners Reichst. 1893, 267 (mitP);
Kürschners Bayer. Landtag 1893, 112
(mit P); Minde 1893, 51 (mit P); Reichst.-
Handb. 8, 44; Schönfeld •* 273.
Grosman, Nicola Philipp, Landgerichts-
rath a. D., 1871 — 77 Abg. f. d. Stadt
Köln rZentr.), * daselbst 15. XI. 17; f
ebenda 11. IX. — L 111. Ztg. 109, 402;
Schönfeld^ 207. 229.
•Her^, Karl, Landgerichtspräsident i. R.,
1871 — 74 Abg. f. Eichstätt, 1874—77 f.
Berlin III, 1877 — 78 f. Ansbach-Schwabacb,
1881—83 f. Forchheim, 1869—83 auch
bayer. Landtagsabg. f. Weissenburg a. S.
(fortschrittl.), * zu Würzburg 21. XIL 31;
t zu Aschaffenburg 8. V.: s. BJ II, 223.
— L Hirth 12, 168; Schönfeld* 39. 270
275. 276; 111. Ztg. 108, 614.
♦Hirschberger, Traugott, Mühlenbau-
meister, 1881—84 Abg. f. Kottbus-Sprcm-
berg, vorher 1861 — 66 Mitgl. d. preuss.
Abg.-Hauses f. denselben Wahlkr. (fort-
schrittl.), * zu Lampersdorf 1811 ; f '"
Lübbenau 13. IL: s. BJ II, 232. — L Schön-
feld^ 6i; 111. Ztg. 108, 258.
Hohenlohe-Oehringen, Hugo Fürst zu,
1874 — 75 Abg. f. Gross-Strehlitz-Koscl
(Reichspartei); s. Sp. 9*.
Holstein, Konrad Graf v., 1877—97 Abg.
f. Oldenburg-Plön-Segeberg (kons) ; s. Sp.
Jagow, Julius Alexander v., Geh. Reg.-
Rath, 1867 Mitgl. d. Konstituierenden
Nordd. Reichstages (kons.); s. Sp. 19*.
Kaempifer, Eduard, Baumeister, 1880 bis
81 Abg. f. Sachsen-Altenburg, 1882 — 84
f. MeJssen-Grossenhain (fortschrittl.), ♦ zu
Strelilz 30. VI. 27 ; f zu Leipzig 14. VII.
— L 111. Ztg. 109. 145; Schönfeld* 297.
372-
*Knosp, Rudolf v.. Geh. Kommerzienrath,
1867 Mitgl. d. Zollparlaments; s. Abth. IX.
Koepp, Adolf, Kommerzienrath, 1893—97
25'
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
26*
Abg. f. Wiesbaden (frcis. Vereinigung);
s. Abth. IX.
Lehner, Johann Baptist Lorenz, Amtsge-
richtssekretär, 1884—97 Abg. f. Neustadt
a. W.-N. (Zentrum), zugleich auch baycr.
Landtagsabg. f. Kemnath I, * zu Abspann
I. XL 27; f zu Erbendorf in der Ober-
pfalz 21. VII. — L 111. Ztg. 109, 145;
Rcichst-Handb. 8, 76; Kürschners Reichst.
1893,261 (mitP); Minde 1893, 59 (mit?);
Kürschners Bayer. Landtag 1893, 83 (mitP).
^Marquardsen, Heinrich v., ordentl. Prof.
d. Staatsrechts an d. Univ. Erlangen, 1871
bis 81 Abg. f. Erlangen-Ftirth, i88i bis
93 f. Heppenheim-Worms-Wimpfen, 1893
bis 97 f. Homburg (nat.-lib.); s. Abth. XX.
MüUensiefen, Hermann, Glashüttenbe-
sitzer, 1890—93 Abg. f. Bochum (nat.-
lib.), * zu Krengeldanz bei Witten a. d.
Ruhr 28. XL 37; t *u Witten 16. IV. —
L 111. Ztg. 108, 555; Schönfeld^ 189.
Oertzen, Heinrich v., grosshgl. mecklen-
burg. Oberhauptmann u. Kammerherr,
Rittergutsbesitzer auf Brunn b. Neddemin,
1884—92 Abg. f. Mecklenburg-Strelitz
(deutsch-kons.), * zu Brunn 30. XU. 20;
t daselbst 2. I. — L 111. Ztg. 108. 48;
Rcichst.-Handb. 8, 94; Schönfeld* 363.
♦Pannier, Karl, Geh. Oberjustizrath, Mit-
begründer d. nat.-lib. Partei, 1867 Mitgl.
d. Konstituierenden Nordd.Reichstages,auch
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses ; s. Abth. XX.
Preysing-Lichtenegg-Moos, Kaspar Graf
V., Fideikommissherr, 1882 — 90 Abg. f.
Landshut (Zentrum); s. Sp. ii*.
Quadt-Wykradt-Isny, Friedrich Freih. v..
Geh. Leg.-Rath, 1874—77 Abg. f. Eich-
stätt (Zentrum), ♦ 13. XII. i8; f 24. X.
— L Schönfeld ^ 276.
Rudolph!, Wilhelm, Dr. phil., Gymn.-
Direktor a. D., 1871 — 97 Abg. f. Berg-
heim-Euskirchen (Zentrum); s. Abth. XXII.
Saltzwedell, Gustav y., Reg.-Präsident a.
D., Mitgl. d. Nordd. Reichstages f. Sens-
burg-Oertelsburg (kons.); s. Sp. 19*.
Schultze, Karl Friedrich Wilhelm, Restau-
rateur in Königsberg i. Pr., 1890—97
Abg. f. d. Stadt Königsberg (Sozialdemokr.),
♦zu Steinau a. O. 5.X. 58; f zu Königsberg
I. IV. — L 111. Ztg. 108, 449; Reichst.-
Handb. 8, 119; Kürschners Reichst. 1893,
3 u. Minde 1893, 58 (mit P); Schönfeld* 9.
Sommer, Friedrich, Dr. jur., Rechtsan-
walt in Erfurt, 1874—81 Abg. f. Eisenach
(nat.-lib., später lib. Vereinigung), * il.
XII. 24; f zu Erfurt im Dez. — L Hirth
12, 232; Schönfeld* 361.
Steinau-Steinrück, Paul v., Oberreg.-Rath
in Königsberg i. Pr., 1887 — 93 Abg. f.
Frankfurt a. O.-Lebus, 1885 — 93 auch
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses f. denselben
Wahlkr. (kons.). * zu Berlin 20. VIIL 50;
t Anf. Dez. — L Reichst.-Handb. 8. 125;
Schönfeld* 57.
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer zu
Martinskirchen b. Brottewitz, 1893 — 97
Abg. f. Liebenwerda-Torgau, zugleich auch
preuss. Landtagsabg. f. denselben Wahlkr.
(freikons.). * zu Tauschwitz (Prov. Sachsen)
23. IV. 47; f zu Martinskirchen 13. I. —
L 111. Ztg. X08, 104; Kürschners Reichst.
1893, 129; Minde 1893, 35; Kürschners
Preuss. Landtag 1894, 235 (mit P);
Schönfeld* 135.
Thomas, Wilhelm, Dr. jur., Geh. Justiz-
rath, Amtsgerichtsrath f. Eisfeld, 1890
bis 93 Abg. f. Meiningen-Hildburghausen
(freis.), auch Vizepräsident d. Landtags v.
Sachsen-Meiningen, * zu Kranichfeld 31.
V. 34; t «u Eisfeld 6. VIIL — L 111.
Ztg. 109, 240; Reichst.- Handb. 8, 129;
Schönfeld* 370.
Turno, Hippolyt v., Rittergutsbesitzer auf
Obierzierze b. Obomik, 1867 Mitgl. d.
Konstituierenden Nordd. Reichstages, 1871
bis 74 Abg. f. Inowrazlaw-Mogilno, 1877
bis 84 f. Stadt u. Kreis Posen (Pole), ♦
30. XL 28; t 14. in. — L Hirth 12,
240; Schönfeld* 77. 90.
Weber, Max, Dr. jur., 1869—93 Stadtrath
in Berlin, polit. Schriftsteller, 1872—77
Abg. f. Koburg, 1879—81 f. Magdeburg,
1881—84 f. Holzminden, seit 1868 auch
Mitgl. d. preuss. Abg.-H. f. Aschersleben-
Halberstadt-Wemigerode (nat.-lib,), * zu
Bielefeld 31. V. 36; f zu Riga 10. VIIL
— L Schönfeld* 130. 369. 373; Kürschners
Preuss. Abg.-H. 1894, 233 (mit P).
Zehrt, K o n r a d , Domkapitular, 1 87 1/72 Abg.
f.Heiligenstadt-Worbis(Zentr.);s.Abth.XIX.
*Zinn, August, Dr. med., Ge^. Sanitäts-
rath, 1874 — 81 Abg. f. Kaiserslautern (nat.-
lib.); s. Abth. XXI.
Zurmühlen, Paul, Amtsgerichtsrath, Mitgl.
d. Nordd. Reichstages f. Tecklenburg-
Ahaus-Steinfurt, 1867 — 68 auch Mitgl. d.
preuss. Abg.-Hauses f. Steinfurt -Ahaus
(freikons.), • zu Münster i. W. 9. X. 28;
f im April. — L Voss. Ztg. 1898 Jan.;
Hirth 7, 235.
b) Einzellandtage :
Baden, L Kamfner: Baden, IL Kammer:
^Wilhelm, Prinz V. Baden, Präsident d. Kam- ^Bassermann, Anton, Landgerichtspräsi-
mer; s. Sp. 5*. dent, nat.-Iib. Mitgl.; s. Abth. XX,
27'
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
28*
Leipf, Stephan, Bezirksgeometer, früher
nat.-lib. Mitgl.; f zu Mannheim 10. VII.
— L 111. Ztg. 109, 145.
Bayern, Landtag:
«Grülenberger, Karl, Redakteur d. »Frank.
Tagespost«, 1893 — 97 Abg. f. Nürnberg I
(Sozialdemokr.); s. Sp. 23*.
*Herz, Karl, Landgerichtsrath , 1869—83
Abg. f. Weissenburg a. S. (fortschrittl.) ; s.
Sp. 24*.
Krippner, Friedrich, Privatier, bis 1890
Kaufmann (Theilhaber d. Grosshandlung
J. F. Püttner in Bamberg), 1893 — 97 Abg.
f. Hof I (nat.-lib.), * zu Dörflas, Amtsgericht
Wunsiedel, 29. IV. 46; f zu Hof 20. II.
— L Kürschners Bayer. Landtag 1893,
100 (mit P); 111. Ztg. 108, 273.
Lehner, Johann, Amtsgerichtssekretär,
1884 — 97 Abg. f. Kemnath I (Zentrum);
s. Sp. 25*.
^Marquardsen , Heinrich, ordentl. Prof.
f. Staatsrecht an d. Univ. Erlangen, bis
1893 Mitgl. (nat.-lib.); s. Abth. XX.
Wolf, Heinrich Kommerzienrath, Por-
zellanfabrikant, 1881 — 97 Mitgl. f. Wun-
siedel I (nat.-lib.), * zu Bischofsgrün 5.
V. 34; f zu Hohenberg in Oberfranken
14. V. — L 111. Ztg. 108, 683; Kürsch-
ners Bayer. Landtag 1893, 97«
Bremen:
Frahm, Wilhelm, Grosskaufmann, früher
Führer d. deutsch - freisinnigen Partei in
Bremen ; s. Abth. XI.
Hessen, I. Kammer d, Landstände:
Riedesel, Georg Ludwig Johann Friedrich
Karl, Freih. zu Eisenbach, Erbmarschall
in Hessen, erbl. Mitgl., auch erbl. Mitgl.
d. preuss. Herrenhauses, * 10. VI. 45; f
auf Schloss Altenburg b. Alsfeld in Hessen
2. VII. — L 111. Ztg. 109, 51; Frciherrl.
Taschenb. 1898, 788. 1182.
Hessen^ IL Kammer d, Lands (ände:
^Bergsträsser, Arnold, Buchhändler, Abg.
f. Höchst, später für Darmstadt (nat.-lib.);
s. Abth. XXIV.
Wasserburg, Philipp (Pseudon. : Philipp
Laicus), Schriftsteller, Abg. f. Bingen-
Land (Zentrum); s. Abth. XXIII.
Preussen, Herrenhaus:
Bussche-Ippenburg, genannt von Kessel,
Graf Wilhelm von dem, Mitgl. auf Le-
benszeit, 1879 V. König berufen; s. Sp. 7*.
Dressler, Alexander v., Rittergutsbesitzer
auf Willkirschken, präsentirt v. alten Grund-
besitz io Litthauen: f 16. X.
Hohenlohe - Oehringen, Hugo Fürst zu,
erbl. Mitgl.; s. Sp. 9*.
MöUmann, Oberbürgermeister v. Osnabrück,
Vertreter d. Stadt; s. Sp. 22*.
Pfuel, Gustav v., Fideikommissbesitzer auf
Wilkendorf b. Straussberg, Kreishaupt-
mann u. Ritterschaftsdirektor a. D., prä-
sentirt V. d. Landschaftsbezirk Mittelmark
(Kr. Nieder -Barnim); f auf Wilkendorf
6. III.
Reuss, Prinz Heinrich XIII., lebenslängl.
Mitgl., V. König berufen; s. Sp. 6*.
Riedesel, Georg, Freih. zu Eisenbach, erbl.
Mitgl.; s. Sp. 27*.
Rothkirch, Graf Dorotheus, Freih. v.
Trach, präsentirt v. Landschaftsbezirk
FUrstenthum Liegnitz und Wohlau; s. Sp.
12*.
^Stephan, Heinrich v., Staatssekretllr d.
Deutschen Reichspostamts, v. König be-
rufen; s. Sp. 16*.
Yorck von Wartenburg, Paul Graf, erbl.
Mitgl.; s. Sp. 14*.
JVeussen, Haus d, Abgeordneten:
Bartmer, August Wilhelm, Hofbesitzer zu
Ronnenberg, Kr. Linden, seit 1890 Abg.
f. Stadt- u. Landkr. Linden (nat.-lib.), *
zu Altkloster (Kr. Stade) 26. XI. 46; f zu
Berlin 11. V. — L Kürschners Preuss.
Abg.-H. 1894, 283 (mit?); 111. Ztg. 108,
648.
Blankenburg, H e i n r i c h v., Obers tlieut. a. D.,
Schriftsteller u. Redakteur, 1870—73 Abg.
f. Brieg-Ohlau (freikons.); s. Sp. 32 •.
Born, Heinrich Gustav, Gutsbesitzer u.
Bürgermeister in Erbenheim b. Wiesbaden,
seit 1888 Abg. f. d. Landkr. Wiesbaden-
Höchst (nat-lib.), * zu Erbenheim 17. IV.
47 ; t «u Wiesbaden 26. VII. — L Kürsch-
ners Preuss. Abg.-H. 1894, 365 (mit P);
111. Ztg. 109, 180.
Dahm, Wilhelm, Kaufmann u. Weinguts-
besitzer in Walporzheim a. d. Ahr, seit
1893 Abg. f. Adenau-Ahrweiler (Zentrum),
* zu Walporzheim 28. II. 29; f daselbst
13. I. — L Kürschners Preuss. Abg.-H.
1894, 4x1 (mit P); Hl. Ztg. 108, 104.
Elbe-Camitz, Oskar v., RittergutsbesiUer
auf Camitz, Kr. Greifenberg, seit 1882
Abg. f. Greifenberg - Kammin (kons.), *
4. XI. 30; f II. VI. — L Kürschners
Preuss. Abg.-H. 1894, iii; lU. Ztg. 108,
783.
Heineken, Frederik Parker, Stadtrath, 1888
—93 Abg. (nat.-lib.); s. Sp. 21 ♦.
Hirschberger , Traugott, Mühlenbau-
meister, 1861 — 64 Abg. f. Kottbus-Sprem-
berg-Kalau (fortschrittl.); s. Sp. 24*.
Jacobs, August Robert, Geh. Reg.-Rath,
Landrath d. Kr. Landsberg a. W., seit
1879 Abg. f. Landsberg-Soldin (kons.), •
zu iCarwesee 16. VIII. 32; f 30. VIII. —
L Kürschners Preuss. Abg.-H. 1894, 84.
Jungck, Heinrich, Oekonomierath, 1876—
85 Abg. f. Ober- u. Niederbarnim (frei-
kons.); s. Abth. VI.
Knobelsdorff-Brenkenhoff, B e n n o v.. Major
29
TodteDliste 1897: IV. Parlamentarier.
30*
z. D. u. Gutsbesitzer, 1879—82 Abg. f.
Amswalde-Friedeberg (kons.); f auf seinem
Gute Mansfelde, Kr. Friedeberg (Neumark),
9. VII. — L 111. Ztg. 109, 118.
Koch, Friedrich, Stadtpfarrer u. Dechant
in Hünfeld, 1879—82 Abg. f, Fulda (Zen-
trum); s. Abth. XIX.
Kühlwetter, Eduard, Geh. Reg.-Rath, Eisen-
bahningenieur, 1867—68 Abg. f. d. Stadt
Köln (nat.-lib.); s. Abth. X.
Marwitz, Robert Apollinar v. d., Oberreg.-
Rath, 1879—88 Abg. (kons.); s. Sp. 19^
Meibauer, Gustav Adolf, Rechtsanwalt u.
Notar in Konitz, Abg., erst für Schievel-
bein, dann f. Königsberg i. Pr. (fort-
schrittl.), 69 J.; f 9- XV.
Meinhard, früher Kreisgerichtsrath in Salz-
wedel, 1876 — 79 Abg. f. Salzwedel-Garde-
legen; f Anf. Nov.
Meyer, Rittergutsbes. auf Okel b. Syke, 1870
— 85 Abg. f. Nienburg - Hoya (nat.-lib.),
68 J.; t im Okt.
*Pannier, Karl, Geh. Oberjustizrath, 1860
— 66 Abg. f. Ober- u. Niederbarnim (Üb.);
s. Abth. XX.
♦PetrI, Wilhelm, Geh. Oberjustizrath, 1872
—81 Abg. f. d. Stadtkr. Wiesbaden (fort-
schrittl., später Gruppe Löwe) ; s. Abth. XX.
Rudolph!, Wilhelm, Gymn.-Direktor a. D.,
seit 1870 Abg. f. Köln-Bergheim-Euskirchen
(Zentrum); s. Abth. XXII.
Sander, Julius, Rittergutsbesitzer u. Sena-
tor zu Elze, Kr. Gronau (Hannover), seit
1885 Abg. f. Gronau-Alfeld (nat.-lib.), •
zu Hildesheim 26. VIII. 38; f 12. I. — L
Kürschners Preuss. Abg.-H. 1894, 286; Hl.
Ztg. 108, 104*
Schttmann, Richard, Pastor, 1873 — 79
Abg. f. AVesthavelland-Zauche-Belzig (nat.-
lib.); s. Abth. XIX.
Soenke, Theodor, Justizrath, Rechtsanwalt
tt. Notar beim Kammergericht in Berlin,
in den 60er Jahren als Kreisrichter in
Deutsch-Krone Abg. f. Flatow-Deutsch-
Krone (fortschrittl.) ; f zu Berlin 2. V. —
L 111. Ztg. 108, 614.
Steinau-Steinrück, Paul v., Oberreg.-Rath,
1885 — 93 Abg. f. Frankfurt a.O. -Lebus
(kons.); s. Sp. 26*.
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer, seit
1893 Abg. f. Lieben werda- Torgau (frei-
kons.); s. Sp. 26*.
Tiedemann, Erich Friedrich Ludwig Erd-
mann V., Kammerherr, Major a. D. u.
Rittergutsbesitzer auf Kranz, Kr. Meseritz,
b. Bomst, seit 1 879 Abg. f. Meseritz-Bomst
(freikons.), * 28. IV. 40; f zu Kranz 6. XII.
— L Kürschners Preuss. Abg.-H. 1894,
131 ; 111. Ztg. 109, 851.
Weber, Max, Sudtrath a. D., seit 1868
Abg. f. Aschersleben * Halberstadt-Werni-
gerode (nat.-lib.); s. Sp. 26*.
Weltzel, Augustin, Geistl. Rath, Pfarrer,
1863-66 Abg. f. Ratibor; s. Abth. XIX.
Wolff, Julius, Dr. jur., Justizrath, Rechts-
anwalt u. Notar in Marburg, 1877 — 79 Abg.
f. d. dortigen Wahlkr. (nat.-lib.); f 28. L
Zippel, Gustav, Gutsbesitzer u. Kaufmann
in Rogatz a. E., 1882—85 Abg. f. Wolmir-
stedt-Neuhaldensleben; f Mitte Juni.
Zurmühlen, Paul, Amtsgerichtsrath, 1867
bis 68 Abg. f. Steinfurt-Ahaus (freikons.) ;
s. Sp. 26*.
Königreich Sachsen^ L Kammer:
Dathe von Burgk, Karl Christian Arthur
Freih., Kideikoromissherr, Herr auf Ross-
thal u. Pesterwitz b. Dresden, k. sächs.
Kammerherr, lebenslängl. Mitgl., * 31.X.
23; t zu Rossthal 28. VI. — L Freiherrl.
Taschenb. 1897, 160. 1898, 11 70; III. Ztg.
109, 51.
Königreich Sachsen, IL Kammer:
Minckwitz, Karl Oswald, Dr. med., Mitgl.
d. Fortschrittspartei, 45 J.; f zu Gross-
röhrsdorf 4. V. — L 111. Ztg. 108, 614.
Sachsen- Koöurg'Gotha, Landtag:
Kühne, Hermann Theodor, Mathematiker
u. Versicherungsbeamter, in den 60er Jahren
Vizepräsident d. Landtags; s. Abth. XXII.
Sachsen- Meiningen, Landlag:
Thomas, Wilhelm, Geh. Justizrath, Vize
Präsident d. Landtags; s. Sp. 26^.
Württemberg, Kammer d, Standesherren:
Hohenlohe-Oehringen, Hugo, Fürst zu,
s. Sp. 9*.
Neipperg, Erwin, Graf v.; s. Sp. 11*.
Oesterreich:
Herrenhaus d, Keichsraihs:
*Ameth, Alfred, Ritter v., seit 1869
lebenslängl. M'itgl. (lib.); s. Abth. XVII.
«Chorinsky, Karl Graf v., seit 1887
lebenslängl. Mitgl. (kons.); s. Sp. 7*.
*Eichhoff, Joseph Freih. v., seit 1892
lebenslängl. Mitgl. (deutsch-lib.) ; s.Sp. 20*.
Kaunitz, Albrecht Graf v., seit 1861 erbl.
Mitgl. (kons.); s. Sp. lo'*.
^Neipperg, Erwin Graf v., seit 1869 lebens-
längl. Mitgl. (Verfassungspartei); s.Sp. 11*.
Schneider, Franz Cölestin Ritter v., seit
1889 lebenslängl. Mitgl. (Mittelpartei);
s. Sp. 22*.
Abgeordnetenhaus d, Reichsraths:
Hompesch-Bollheim, Ferdinand Graf v.,
seit 1885 Mitgl. f. Lancut (Pole); s. Sp.
9*.
31
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier. V. Militärs.
3^*
Löblich, Franz, frUher Mitgl. d. Reichs-
raths u. d. niederösterr. Landtags, * zu
Wien 8. X. 27; f daselbst i. X. — L
111. Ztg. 109, 511.
Matscheko, Michael Ritter v., Kommerzien-
rath, 1885—91 Mitgl. f. Wiedcn; s. Abth.
IX.
•Mayr, Ambros, Gymn.-Prof., seit 1897
Mitgl. f. d. Landgemeinden Schwaz in
Tirol (klerikal) ; s. Abth. XXII.
Morre, Karl, Schriftsteller, seit 1891 Mitgl.
f. d. Städtebezirk Leibnitz (deutsch-natio-
nal) ; s. Abth. XXIII.
^Pfeiffer, Franz, Gutsbesitzer zu Aujcd b.
Tuschkau in Böhmen 1879 — 85 Vertreter
d. böhm. Grossgrundbesitzes (verfassungs-
treu) ; s. Abth. VI.
Roth, Hieronymus Ritter v Dr., früher
Reichsrathsabg. u. BUrgermei >.er in Traute-
nau, 71 J.; f auf seinem Gute Eichberg
in Niederösterr. 13. XII. — . L 111. Ztg.
109, 881.
Schwab, Adolf, Fabrikant, 1473—85 Ver-
treter d. Prager, seit 18851 "i. Reichen-
berger Handelskammer (Vereinigte Linke);
s. Abth. IX.
Schweiz:
Aepli, A. O., 1851—53 St. Gall. Reg.-Rath,
1883 — 93 cidgenöss. Gesandter in Wien,
lange Jahre Mitgl. d. Nationalraths u. d.
Ständeraths, 81 J.; f 4- XII.
. n-,
.1 ..•
Häberlin, Heinrich, Mitgl. d. National-
raths u. d. Reg.-Raths d. Kantons Thurgau
(radikal), 63 J.; f 22. X.
V. Militärs.
I. H e e
r.
XäiserL Schutztruppe:
Altrock, V., Sek.-Lieut. bei d. Truppe f.
Südwestafrika (früher im Inf.-Reg. v.
Goeben Nr. 28); f 2- VIII. — L MW
82, 2949.
Bresler, Eduard, Premier-Lieut. d. Truppe
f. Deutsch-Ostafrika (früher im Feldart-
Reg. Nr. 5); f i. L — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Abendbl.; MW 82, 1639.
Preussen:
*Albedyll, Emil v., Gen. d. Kav. u. Gene*
raladj. Kaiser Wilhelm I., * zu Liebenow,
Kr. Amswalde, in d. Neumark i. IV. 24;
t zu Potsdam 13. VL: s. BJ II, 35. —
L 111. Ztg. 108, 783; MW 82, 151 7. 2405;
Löbell 24, 615 (B. P.[oten]).
Baer, v., Lieut., einer d. letzten Veteranen
aus d. Freiheitskriegen, 104 J.; f zu
Ragnit 24. III. — L III. Ztg. 104 Nr.
2691 u. 108, 484.
*Bauer, Julius Bruno, Major a. D., Publi-
zist u. Historiker, • zu Braunschweig
27. II. 43; f in Bad Oeynhausen 15. IX.:
s. BJ II, 323. - W KL 1897, 57.
Below, Karl v., Gcn.-Lieut. z. D. ; zuletzt
bis 1876 Gen.-Major u. Kommandeur d.
16. Kav.-Brig., 79j.;t '• IV. — L MW
82, 2435-
*Bemhardi,Ottoy.,Gen.d.Kav. z.D., zuletzt
bis 1879 Gen.-Lieut. u. Kommandeur d.
2. Div., ♦ zu Saalfeld in Ostpr. 6. XII. 18;
f zu Wiesbaden 2. IV.: s. BJ II. 49. —
L 111. Ztg. 109, 349; MW 82, 2951.
Bismarck, Ulrich v., Gen.-Major u.
Kommandeur d. 50. Inf.-Brig., ^ zu Briest
II. III. 44; f zu Darmstadt 26. X. — L
III. Ztg. 109, 506; MW 83, 531.
Blankenburg, Heinrich v., Oberstlieut.
a. D., zuletzt Bat.-Kommandeur d. da-
maligen I. Oberschles. Inf.-Reg. Nr. 22,
Militärschriftsteller u. früher Chefredakteur
d. »Schles. Ztg.«, 1870 — 73Mitgl. d. preuss.
Abg.-Hauses f. Brieg-Ohlau (freikons.),
75 J.; t 2U Breslau 4. I. — L Allg. Ztg.
1897 Nr. 5 Abendbl.; MW 82, 1639.
Block, Hugo V., Gen.-Major z. D. zuletzt
bis 1871 Kommandeur von Diedenhofen,
• zu Berlin 28. VII. 18; f zu Warm-
brunn IG. VII. — L 111. Ztg. 109, 118.
Bock, V., Gen.-Major, zuletzt Kommandant
V. Torgau; f 16. IV. — L MW 82,
2435.
*Boltenstern, Konstantin v., Gen.-Lieut.
z. D., zuletzt bis 1880 Kommandeur d.
15. Inf.-Brig., ♦ zu Pasewalk 5. II. 23;
t zu Görlitz 31. I.: s. BJ II, 50. — L
III. Ztg. 108, 193; MW 82, 1641; Löbell
24, 618 (B. P.[oten]).
Bomemann, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath
u. Hauptmann a. D., zuletzt Geh. Kriegs-
rath im Kriegsministerium, Herausgeber v.
Jagdgeschichten, 91 J.; f zu Wiesbaden
2. IX. — L 111. Ztg. 109, 349; MW S2,
2951.
Bülow, Adolf ▼., Gen.-Major u. Komman-
deur d. 21. Kav.-Brig., früher persönl.
Adjutant Kaiser Wilhelm II., 47 J.; f *"
Darmstadt in der Nacht 31. X./i. XI. —
L 111. Ztg. 109, 606; MW 82, 2595. 83,
531.
33'
Todtenliste 1897: V.Militärs.
34
Hs
*Bulow, Hans v., Gen. d. Inf. z. D. u,
Chef d. 2. Feld-Art.-Reg., bis 1882 Ge-
neral-Inspekteur d. Art., ♦ zu Ossecken in
Hinterpommem 27. II ; f zu Berlin 9. XII.:
s. BJ II, 53. — L DL Ztg. 109, 851 ;
MW 82, r')49. 83, 529; Löbell 24, 620
(B. P.[oter^).
*Dannenberf ,K 1 e m e n s Freih.v., Gen.-Major,
zuletzt bis 1874 Kommandant v. Wesel,
♦ zu Köln 5. XII. 19 ; t auf Schloss Leben-
han b. Ne* Stadt a. d. S. 23./24. VI.: s. BJ
II, 76. — -, MW 82, 2437.
Fischer, Karl Johann Wilhelm Arwed v.,.
Gen. d. In^. z. D., 1885—90 Kommandant
V. Kön' »erg, zuletzt Gen.-Lieut. b. d.
Offizien d. Armee, * zu Dommitzsch,
Kr. Torg. 1825; f zu Heidelberg 22. XI.
— L 111. Ztg. 109, 762; MW 83, 595.
Friedrich Fxanz III., Grossherzog v. Mecklen-
burg-Schwerin, Gen. d. Kav. u. Chef d.
Inf.-Reg. Nr. 43; s. Sp. 5*.
Fuchs, V., Gen.-Major z. D., zuletzt Oberst
u. Kommandeur d. damaligen 3. Branden-
burgischen Inf.-Reg. Nr. 26 j f 21. IX. —
L MW 83, 595.
*Goltz, Eduard Kuno Freih. v. d., Gen. d.
Inf. z. D., Mitgl. d. Nordd. Reichstags
f. Minden - Lübbecke (kons.), * zu Wil-
helmsthal, Kr. Orteisburg, in Ostpr. 5. IL
1 7 ; f auf Haus Folme b. Eisbergen a. d.
W^eser, Kr. Minden, 29. X.: s. BJ II, 83.
— L ni. Ztg. 109, 649; MW 83, 529;
Mil.-Lit.-Ztg. 1897, 144; Löbell 24, 622
(B. P.[oten]); Hirth 7, 152; Freiherrl.
Taschcnb. 1898, 330. 1173.
Götze, Adolf v., Gen.-Maj. z. D. , zuletzt
bis 1861 Oberst u. Kommandeur d. 5. Kav.-
Brig., • zu Pöppcln in Ostpr. 15. VIII.
1800; f 7, IL — L 111. Ztg. 108, 213;
MW 82, 1642.
Hartwig, genannt von Naso, Ludwig,
Gen.-Lieut. z. D., zuletzt bis Frühjahr 1897
Kommandeur d. 15. Div. in Köln, * zu
Pasewalk 1842; f zu Köln 28. IV. — L
ni. Ztg. 108, 583; MW 82, 2435.
Häseler, Georg Graf v. (Pseudon. Georg
Koppen), Rittmeister im Garde -KUr.-
Reg. a. D., Redakteur; s. Sp. 9*.
Heinrich XIIL, Prinz Reuss, Gen. d. Kav.
ä la suite; s. Sp. 6*.
Heydebrand und der Lasa, Leopold v.,
Major z. D., Militär- u. Sportschriftsteller,
• zu Berlin 17. IIL 26; f zu Wien im
April. — L Litt. Centralbl. 1897, 511. —
— W KL 1897, 539.
Hohenlohe-Oehringen, Hugo Fürst zu,
Gen. d. Inf. ä la suite d. Armee; s. Sp.
9*'
Hymmen, Karl Friedrich Heinrich v.,
Gen.-Lieut. z. D., zuletzt bis 1876 Gen.-
Maj. u. Kommandeur d. 6. Kay.-Brig.,
Biog^r. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
73 J.; t 2« Wiesbaden 28. IIL — L lU.
Ztg. 108, 449; MW 82, 1643.
Jagemann, Gen.-Maj, z, D., zuletzt Direktor
d. Gewehr- u. Munitionsfabrik in Erfurt,
71 J.; + 26. XIL — L MW 83, 597;
Mil.-Ztg. 1898, I.
Kaufmann, Johann Christian, Veteran d.
Freiheitskriege, Tischlermeister zu Rettgen-
stedt in Thüringen, * 4. I. 1794; f zu
Rettgensledt 18. IX. — L 111. Ztg. 104
Nr. 2691 (mit P) u. 109, S. 402.
Keller, Karl, Geh. Oberjustizrath, Mitgl. d.
Generalauditoriats ; s. Abth. XX.
Kleckel, Hermann, Gen.-Maj. z. D., zuletzt
bis 1886 Inspekteur d. Gewehrfabriken,
65 J.; t 20. IX. — L MW 82, 2951.
Kleist, Ewald v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
bis 1896 Kommandeur d. 65. InJf.-Brig.,
51 J.; t 13. V. — L MW 82, 2435.
*Kottwitz, Hugo Kari Alfred Eugen Freih. v. ,
Gen. d. Inf. z. D., * zu Wahlstatt in Schles.
6. L 15; t zu Stuttgart 13. V.: s. BJ II, 85.
— L 111. Ztg. io8, 648; MW 82, 2435;
Freiherrl. Taschenb. 1898, 511. 1176; Lö-
bell 24, 625 (B. P[oten]); Schwab. Kronik
1897, 998; Litt. Beil. z. Staatsanz. f.
Württemb. 1897, 866; [Stuttgarter] N.
Tagebl. 1897, iii.
*Kraatz-Ko8chlau, Alexander v., Gen. d.
Inf. z. D., * zu Wunneschin, Kr. Lauen-
burg, in Pommern 12. II. 1 7 ; f zu Friedenau
b. Berlin 12. IX.; s. BJ II, 86. — L 111.
Ztg. 109, 402 ; MW 82, 2951 ; Löbell 24, 625
(B. P.[oten]).
L*oeillot de Mars, Josef v., Gen.-Maj. z. D.,
zuletzt bis 1896 Kommandant d. 13. Inf.-
B"g.» 57 J-; t «a Berlin 18. IL — L MW
82, 1641.
Michaelis, Eduard, Gen.-Maj. z. D. , zu-
letzt bis 1S90 Kommandeur d. 71. Inf.-
Brig., 62 J.; t *" Berlin 25. IX. — L MW
82, 2951.
Miinnich, Eduard v., Gen. d. Inf. z. D.,
zuletzt bis 1896 Gen.-Lieut. u. Komman-
deur d. 15. Div., 60 J.; f zu Berlin 15. XII.
— L m. Ztg. X09, 881; MW 83, 597.
Nienstädt , Hermann (Pseudon. : N.
V. Engelnstedt), Oberstlieut. a. D., Mili-
tärschriftsteller, * zu Engelnstedt 29. V. 37 ;
t zu Weimar 3. VIII. — L 111. Ztg. 109,
209; KL 1897, 936 (mit W).
Nölte, Gottlieb, Veteran d. Freiheitskriege,
Rentier zu Neuholland b. Oranienburg,
• 10. VIIL 1796; t TU Neuholland 26. VIII.
— L 111. Ztg. 104 Nr. 2691 (mit P) u. 109,
S. 349.
Patrunky , Paul, Gen. - Lieut. z. D. , zuletzt
bis 1894 Kommandant v. Metz, 62 J.; f
zu Lindheim in Oberhessen 31. III. —
L 111. Ztg. 108, 518; MW 82, 1643.
Rogge, Max Alfred, Gen.-Maj. z. D., zuletzt
b
35*
Todtenliste 1897: V. Militärs.
36*
bis 1S89 Kommandear d. 62. Inf. -Brig.,
♦ zu Döberiti (Ost-Havelland) 1833; f «u
Blankenburg a. H. i. I. — L 111. Ztg.
108, 73; MW 82, 1639.
^Schachtmeyer, Hans ▼., Gen. d. Inf. z. D.
u. Chef d. Pommer. Fas.-Reg. Nr. 34, zu-
. letzt kommand. Gen. d. XIII. Armeekorps,
• zu Berlin 6. XI. 16; f «u CeUe 8. XL:
s. BJ II, 98. — L BJ II, 38»; lU. Ztg.
109,682; MW 82, 2677. 2701. 2729. 83,
529: Löbell 24, 629 (B. P.[oten]).
Schönberg, v., Hauptmann a. D., Besitzer
d. Gutes Kreipitzsch u. d. Rudelsburg,
»dessen Entgegenkommen hauptsächl. d.
Errichtung d. drei vaterländ. Denkmäler
auf d. Rudelsburg zu danken war«, 74 J.;
t 27. VII. — L lU. Ztg. 109, 180.
Schönburg-Waldenburg, Prinz Hugo, Gen.
d. Inf.; s. Sp.i2*.
Steinsdorff, v., Gen.-Maj. z. D. , zuletzt bis
1882 Kommandeur d. 17. Inf.-Brig., 72 J.;
t 28. XII. — L MW 83, 597; Mil.-Ztg.
1898, I.
Stenglin, Viktor Friedrich Freih. v., Gen.-
Lieut. a. D., früher in mecklenburg.
Diensten, zuletzt bis 1892 Gen.-Maj. u.
Kommandant v. Schwerin, auch Kom-
ponist, • 3. VII. 25; t zu WamemUnde
29, Vni. — L MW 82, 2951; Frciherrl.
Taschenb. 1897, 1008. 1898, 11 86.
^Stocken» Eduard v., Gen.-Lieut. z. D.,
* zu Halberstadt 27. X. 24; f 'u Hannover
24. X.: s. BJ II, 100. — L BJ U, 41*;
Löbell 24, 630 (B. P.[oten]).
Stoltz, Alexander, Gen.-Lieut. z. D., bis
1868 Kommandeur d. x 5. Inf.-Brig., 1 870/71
stellvertr. Kommandant d. 32. Inf.-Brig.,
86 J.; t zu Bonn 6. 1. — L 111. Ztg. 108,
104; MW 82, 1641.
Strantz, F. B. v., Gen.-Lieut. z. D., zuletzt
bis 1885 Gen.-Maj. u. Kommandant d.
28. Kav.-Brig., 68 J.; f 18. X. — L MW
83, 570.
Strempel, Hugo v., Gen. d. Inf. z. D., zu-
letzt bis 1888 Gen.-Lieut. u. Kommandeur
d. 2. Div., 65 J.; t *uf Schloss Walmen,
Kr. Forbach, in Lothr. 24. IX. — L Hl.
Ztg. 109, 431; MW 82, 2951.
Stuckard, v., Dr. med., Gen.-Arzt I. Cl. a. D.,
zuletzt Korpsarzt d. IXI. Armeekorps; s.
Abth. XXI.
Stwolinski, Sylvius v., Gen.-Lieut. z. D.,
bis 1890 Kommandeur d. 15. Inf.-Brig.,
63 Jm t zu Naumburg a. d. S. 8. VI. —
L Hl. Ztg. 108, 811.
Suchten, Julius v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
Oberst u. Kommandeur d. damaligen 2.
Pommer. Gren.-Reg. Nr. 9, 1870/71 stell-
vertr. Kommandant d. 2. Inf.-Brig., 88 J.;
t I. III. — L MW 82, 1641.
Trenk, Julius v., Gen.-Lieut. a. D., zuletzt
bis 1887 Kommandeur d. 16. Div., 71 J.:
t «u Görlitz 4. IL — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 37 Morgenbl.; MW 82, 1643.
Uthmftan» Hans v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
Inspekteur d. i. Ingenieur-Iftspektion, * zu
Schneidingen 1824; f zu Wiesbaden 9. I.
— L 111. Ztg. 108, 104; MW 82, 1639.
*Vallet des Barres, Julius v., Gen. d. Inf.
z. D. ä la suite d. Kadettenkorps, * zu
Mainz 5. VIII. 20; f zu Wiesbaden 17. XII.:
s. BJ U, 42. — L MW 82, 3057. 83, 529:
Löbell 24, 6i8 (B. P[oten]).
*Was8erfuhr, Hermann, Dr. med., Gen.-
Arzt L CL; s. Abth, XXI.
Wentzel, Hugo v., Gen.-Maj. s. D„ zuletzt
bis x888 Kommandeur d. 29. Inf.-Brig., *
zu Koblenz 20. XII. 30; f zu Wiesbaden
16. VL — L MW 82, 1617 (Nekrol.).
2438; 111. Ztg. 109, 51.
*Werder, Hans v.. Gen. d. Inf. z. D., ^ zu
Beuthen a. d. O. 29. VII. 34; f *u Görlitz
6. XL: s. BJ II, 109. — L 111, Ztg. 109,
649; MW 83, 569.
Wolffersdorff, v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
bis 1882 Kommandeur d. 19. Kav.-Brig.,
74 J.; t 20. Xn. — L MW 83, 597; Mil.-
Ztg. 1898, I.
^Wilhelm, Prinz v. Baden, Gen. d. Inf.; s.
Sp. 5^.
Ziegler, Wilhelm, Gen.-Lieut z. D., zuletzt
bis 1892 Kommandeur d. 6. Division, *
zu Ballenstedt 5. XI. 35 ; f zu Jena 1 7. XI.
— L m. Ztg. 109, 762 ; MW 83, 595.
Bayern :
Dietl, Ignaz v., Gen.-Lieut z. D., zuletzt
Gouverneur v. Ingolstadt, 87 J.; f zu Mün-
chen 29. VII. — L m. Ztg. 109, 209; MW
82, 2541.
*Fabrice, Friedrich v., Gen.-Maj. a.D.,
zuletzt bis 1893 Kommandeur d. 5. Inf.-
Brig., Militärschriftsteller, * zu NOmberg
9. V. 36; t zu München 9. VL: s. BJ II,
77. — L 111. Ztg. io8, 783; MW 82, i86i,
Flügel, Ritter v., Oberst, Chef d. Zentral-
abth. im Kriegsminist; f zu Heid b.
Traunstein 8.'VIL — L IlL Ztg. 109, 84:
MW 82, 2542.
Gramich, Viktor Ritter v., Gen.-Lieut z. I).,
zuletzt bis 1889 Kommandeur *<!. 2. Feld-
art-Brig., 68 J.; f zu München 30. IX. <—
L MW 82, 2541.
KtUümann, Maximilian Ritter v., Gen.-
Lieut. z. D., zuletzt bis 1895 Kommandeur
d. 3. Div.» * zu Landsberg a. L. 1S37:
t zu München 12» I. ~ L iJlg. Ztg. 1897
Nr. 13 Abendbl. u. Nr. 16 Morgenbl.; IlL
Ztg. 108, 104: MW 82, 1053.
^Leoprechting, M ar quard Wilhelm Freih. v..
Oberst a. D., Zeichner u. Genremaler, * lu
Straubing 30. VII. 39 ; f zu München 9. 1.:
s. BJ II, 186. — L 111. Ztg. 108, 104;
37*
Todtenliste 1897: V. Militärs.
38*
MW 82, 1053; Mttller-Singer 2, 504; Freih.
Taschenb. 1898, 547. 1177.
Narciss, Georg Ritter v., Gen.-Maj. a. D.,
zuletzt bis 1872 Oberst u. Kommandeur
d. 12. Inf.-Reg., ^ zu Regensburg 2. IL
20; t daselbst 23. IX. — L 111. Ztg. 109,
431 ; MW 82, 2541 ; Bayerland 7, 51 (mitP).
Sachsen:
Fuchs-Nordhoff, August Julius Richard
Freih. v., Lieut a. D., dramat Dichter u.
Maler, ^ zu Möckem b. Leipzig 28. V. 55;
f zu Florenz 29. III. — L 111. Ztg. io8,
449; Brummer^ 1,400 (mitW); Hinrichsen'
440 (mit W); Freiherrl. Taschenb. 1897,
266. 1898, 1172.
*Hollebeii, genannt von Nonnann, Karl
Ludwig Friedrich Bernhard v., Gen. d.
Inf. z. D., * zu Unter-Köditz b. Königsee
in Schwarzburg-Rudolstadt, f zu Dresden
II. X.: s. BJ II, 85. — L BJ II. 20*; MW
83, 455; HL Ztg. 109, 53S.
Jftcobi, Paul, Dr. med., Leibarzt des Königs,
Gen.-Arzt I. Cl. u. Korpsarzt; s« Abtb. XXL
^Senfft von Pilsach, Adolf, Gen. d. Kav.
z. D., * zu Koburg 4. X. 16; f zu Dresden
IS. XIL: s. BJ II, 98. — L MW 83, 455;
III. Ztg. 109, 881; AUg. Mil.-Ztg. 1898, 3.
Walde, Traugott Georg, Gen.-Ma3. z. D.,
zuletzt bis 1889 Kommandeur d. Inf.-Reg.
Nr. 107, • zu Bautzen 1834; f ^^ Blase-
witz b. Dresden 24. VIII. — L 111. Ztg.
109, 300; MW 82, 2651.
Württemberg:
Bollinger, Theodor v., Gen.-Maj. z. D.,
zuletzt Oberst u. Kommandeur d. Inf.-Reg.
Nr. 125, 59 J.; t *" Stuttgart 13. IX. —
L 111. Ztg. 109, 402 ; MW 82, 2525 ; Schwab.
Kronik 1897, I9ii< 21^3 (Seh.); Christen-
bote 1897, 386.
Fömzler, v., Oberstlieut. z. D., zuletzt Kom-
mandeur d. Landwehrbez. Gmünd ; f 25. 1.
-^ L MW 82, 1015; Litt. Beil. u Staats-
anz. f. Württemb. 1897, 102.
*Haldenwang, Otto v.. Gen. d. Inf., * zu
Buttenhausen (Oberamt Münsingen) 18.
VIIL 28; f zu Stuttgart 18. IV.: s. BJ
II, 148. — L m. Ztg. 108, 555; MW 82,
1694.
*Hecker, Karl, Major a. D., Novellist u.
Humorist, Mitredaktenr d. Ztschr. »Vom
Fels zum Meer«, • zu Ulm 23. XL 45;
t zu Stuttgart 18. XL: s. BJ II, 149. —
L KL 1897, 503 (mit W).
Hohenlohe-Oehringen , Hugo Fürst zu.
Gen. d. Kav. Il la suite d. Armee; s. Sp.
9*.
König, Ernst Freih. v., Major a. D., * zu
Ludwigsburg 3. IIL 26; f zu Stuttgart
20. IX. — L Freiherrl. Taschenb. 1897,
50a 1898, II 76: Schwab. Kronik 1897,
1980.
Nagel, Ferdinand V., Oberst z. D., zuletzt
Stabs-Offizier und Bez.-Kommandettr im
LandjSgerkorps; f 17. IL — L MW 82,
1015; Litt. Beil. z. Staatsaoz. f. Württemb.
1897, 269.
Baden:
*Gemehl, Bert hold, Generalmajor, Kom-
mandeur d. Gendarmeriekorps, * zu Bruch-
sal 24. X. 32; f zu Karlsruhe 28. III. :
s. BJ II, 283.
*Stölzel, Otto, Gen.-Maj. z. D., bis 1891
Kommandeur d. Gendarmeriekorps, * zu
Offenburg 13. I. 13; f zu Karlsruhe 17.
IIL: s. BJ II, 284. — L IIL Ztg. 108,
385; MW 82, 1643.
Mecklenburg-Schwerin :
Brandenstein, Georg Karl August Freih.
V., Gen. d. Kav. z. D., früher Chef d.
Milit-Departements, bis 1882 k. preuss.
Gen.-Lieut. a. D., * zu Zürich 9. IX. 27;
t zu Doberan 30. IV. — L MW 82.
2435; Freiherrl. Taschenb. 1898, 106.
1169.
Braunsekweig:
^Wachholtz, Robert v., Gen.-Lieut. z. D.,
zuletzt im braunschw. Kontingent, * zu
Braunschweig 16. XL 16; f daselbst 28.
XIL: s. BJ U, 107. — L IIL Ztg. iio,
. 19; MW 83, 597; Mil.-Ztg. 1898, I.
Oesterreieh' Ungar n\
Barkassy, Bela v., Gen.-Maj., Generalstabs-
ofßzier; f zu Mittewald b. Villach 24. VIL
— L Hl. Ztg. 109, 180.
Bock von Greissau, Karl Friedrich Freih.,
Feldmarschall-Lieut. a. D., * zu Krumau
in Böhmen 11. X. 10; f zu Prag 24. IL
— L FreiherrL Taschenb. 1897, 79.
1898, 1168; 111. Ztg. 108, 273.
•Catty, Adolf Freih. v., Geh. Rath, Feld-
zeug^eister z. D., * zu Gross-Enzersdorf
in Niederöstcrr, 23. IX. 23, f zu Wien
9. V.: s. BJ n, 392. — L 111. Ztg. 108,
648; Freiherrl. Taschenb. 1897, 129.
1898, 1169.
Czikos von Nagymezö, Stephan Ritter,
Feldmarschall-Lieut L R., 74 J. ; f ^- I-
Gaupp von Berghausen, Ludwig Ritter,
Feldzeugmeister i. R., 63 J. ; f zu Admont
5. XU. — L HL Ztg. 109, 851.
Heyer von Rosenfeld, Friedrich, Haupt-
mann z. D., Genealog n. Heraldiker, * zu
Giessen 13. IV. 28; f «" Wien. — L
Ul. Ztg. 108, 73; KL 1897, 540 (mit W).
Hild, Julius, Feldmarschall-Lieut. i. R.,
59 J.; f zu Budapest 11. i. — L Ul. Ztg.
108, 104.
Kirschner Ritter von Nordfort, Paul,
Feldmarschall-Lieut. i. R., 67 J. ; f zu
Oedenburg 22. VII. — L Ul. Ztg. 109,
300; Milit.-Ztg. (Wien> 1897, 31.
Kosak, Ludwig Ritter v., Feldmarschall-
b*
39*
Todtenliste 1897: V. Militärs. VI. Landwirthe.
40'
Lieut., Kommandant d. Theresianischen
Militärakad. in Wiener -Neustadt; f zu
Wien 13. IV. — L 111. Ztg. 108, 5x8.
Manger von Kirchberg, Karl, Gen.-Maj.
i. R., hervorragender Führer i. d. Schlacht
b. Custozza, 88 J.; f zu Graz 16. VI. —
— L 111. Ztg. 108, 811.
Metzger, Joseph, Gen.-Maj. i. R., lange
Zeit Kommandant d. Inf. -Kadettenschule
in Lobzow; f zu Wien 21. VII. — L III,
Ztg. X09, 145.
*Neipperg, Erwin Graf v., Gen. d. Kav. ;
s. Sp. 11*.
Pachner von Eggenltorf und StolaS, Feld-
marschall -Lieut. i. R.; f in Bad Villach
24. IX. — L 111. Ztg. 109, 470.
Pacor von Karstenfels und Hegyalya,
Koloman, Feldmarschall - Lieut i. R.,
58 J.; t 20. XL
P&lfly von Erdöd, Graf Moritz, Feldmar-
schall-Lieut. i. R. ; s. Sp. 11*.
Pürkher, Alois, Feldmarschall-Lieut. i. R.,
66 J.; t zuGrazs. IV. — L 111. Ztg. 108, 518.
Roszkowski, Julian v., Wirkl. Geh. Rath,
Feldmarschall -Leut, Kommandant der
Festung Przemysl; f daselbst 27. I. — L
111. Ztg. 108, 157.
Rozsa von Nay-Eged, Bartholomäus,
Feldmarschall-Leut i. R., 59 J.; f 8. XL
Six, Alois Ritter v., Generalauditor i. R.,
73 J. ; t zu Wien 28. IIL — L 111. Ztg.
108, 449
Sontag, August, Oberst i. R., Bruder d.
Schauspielers Karl S. u. d. Sängerin Hen-
riette S., »der die künstlerischen Neigungen
seiner Geschwister theiltec; f zu Prag im
Mai. — L 111. Ztg. X08, 683.
Waldburg-Zeil-Zeil oder Zeil und Trauch-
burg. Graf Ludwig, Gen.-Maj. i. R.; s.
Sp. I3*.
Wimmer , Gustav, Feldmarschall - Lieut.
. i. R., 62 J.: f zu Leitmeritz 13. V. — L
111. Ztg. 108, 683.
Schweis:
*Rothpletz, Emil, Oberdivisionär, Prof. d.
Militärwissensch. am Polytechn. in Zürich,
^ zu Aarau 21. IL 24; f zu Zürich 13. X.:
s. BJ II, 27. — L Schweiz. MiL-Ztg. 1897,
44. — W auch KL 1897, 1 103.
Russland:
Richter, Alexander, Gen. d. Inf. u. Kom-
mandeur d. 16. Armeekorps; f zu Witebsk
19. L — L 111. Ztg. 108, 129.
Schack, Adolf V., Gen.-Lieut. u. Komman-
deur d. 8. Armeekorps, * (in Preussen)
27. XL 28; t zu Odessa 3. IX. — L DL
Ztg. 109, 370.
Steinheil, Baron, Gen. d. Inf., 74 J., ^ in
Kurland; f zu St. Petersburg 24. IX. —
L Hl. Ztg. 109, 511.
Türkei:
Drigalski, Fedor v., Diy.-Gen. a. D., * zu
Lüben in Schles. 1821 ; f zu Berlin 30.
VI. — L lU. Ztg. 109, Si- 89 (mit P).
V. Krumbügel-Pascha (seit seinem Ueber-
tritt zum Islam Sekki Pascha), Brig.-
Gen.; f zu Konstantinopel im Juni. —
L III. Ztg. 109, 51.
Vereinigte Staaten von Nordamerika:
Salomon, Frederick, Genera], zuletzt Ge-
neralyermesser im Mormonengebiet, * zu
Halberstadt 7. IV. 28; f "• lU- — ^ lU.
Ztg. 108, 449.
2. Marine.
Deutsches Reich:
Friedrich Wilhelm, Herzog v. Mecklenburg,
Lieut. z. S. u. Kommandant d. Torpedo-
bootes S 26; s. Sp. 5*.
Hacke, Graf Friedrich, Kontreadmiral
a. D. ; s. Sp. 8*.
Weickhmann , Johannes, Kapitän z. S.
a. D., zuletzt bis i89oLoot5enkommandeur
in Königsberg, 78 J. ; f zu Danzig 28.VIII.
— L 111. Ztg. 109, 349.
Oester reich" Ungarn :
^Daublebsky Freih.von Stemeck zu Ehren-
stein, Maximilian, Wirkl. Geh. Rath,
Admiral, Chef d. Marinesektion d. Reichs-
kriegsministeriums u. Marinekommandant,
* zu Klagenfurt 14. IL 29; f zu Wien 5.
XIL: s. BJ II. 387. — L Wurzbach 38,
298; N. Fr. Presse 11957; 111. Ztg. 109,
809 (P in Nr. 2829); Freiherrl. Taschenb.
1897, 162. 1899, II 64.
•Wimpffen, Viktor Graf v., Korvetten-
kapitän a. D.; s. Sp. 13*.
VI. Landwirthe.
Bartmer, August, Landwirth u. Hoibesitzer
in Rönnen berg, Landkr. Linden, preuss.
Landtagsabg.; s. Sp. 28*.
^Breitenlohner, Jakob, Dr. phil., ausser-
ordentl. Prof. f. Meteorol., KlimatoL u.
Bodenkunde an d. Hocbsch. f. Böden-
kultur in Wien, Land- u. Forstwirth, * zu
Oberweyr in Oberoesterr. 21. VU. 33; f
41
«
Todtenlistc 1897: VI. Landwirthe. VII. Forstwirthe und Waidmänner.
42'
zu Wien 24. III.: s. BJ II, 241. — L BJ
II, 6* — W auch Kukula 81; Cat. Roy.
Soc. 7, 252. 9, 342.
Helldoiif, Heinrich v., Sachsen - weimar.
Wirkl. Geh. Rath, Autorität in landwirth-
schaftl. Fragen; s. Sp. 20*.
Hofer, Dominicus, Prof. Dr , Privatdozent
f. Thierheilk. an d. Thierärztl. Hochsch.
in München, ♦ 181 7; f daselbst 13. VI.
— L Litt. Centralbl. 1897, 830; Leopol-
dina 33, 113. — W Kukula 367.
Jungck, Heinrich, Oekonomierath, lange
Zeit Administrator d. RieselgUter d. Stadt
Berlin, Begründer u. früherer Leiter d.
Vereins deutscher Landwirthschaf tsbeamter,
1876 — 85 preuss. Landtagsabg. f. Ober-
u, Niederbamim (freikons.), * zu Bredow
b. Nauen 3. V. 12; f 20. I. — L 111. Ztg.
108, 157.
Kameke, Albrecht Ernst v., Ritterguts-
besitzer auf Warnin, Direktor d. General-
landschaft V. Pommern ; f zu Berlin 30. V.
— L 111. Ztg. 108, 742.
Noodt, Wilhelm, Oekonomierath, 67 J; f
zu Grosslichterfelde 21. DC. — L Hl. Ztg.
109, 470.
*Peters, Fritz, Gutsbesitzer auf Sieden-
boUentin in Vorpommern, der Freund des
Dichters Fritz Reuter, * auf Gut Liepen
in Mecklenburg-Schwerin 29. IX. 19; f zu
SiedenboUentin 18. XII.: s. BJ II, 246.
^Pfeiffer, Franz, Gutsbesitzer auf Aujed b.
Tuschau, Präsident d. Landwirtschaft!.
Zentral verband es der Deutschen Böhmens,
Abg. d. Oesterr. Reichsraths : s. BJ II.
Pfuel, Gustav V., Ritterschaftsdirektor a. D.,
Mitgl. d. preuss. Herrenhauses; s. Sp. 27*.
Pribyl, Leo, Dr. phil., land- u. forstwissen-
schaftl. Schriftsteller, Schriftführer d.
Vereins z. Verbreitung landwirtschaftl.
Kenntnisse, 48 J.; f zu Wien 10. VII. —
L Centralbl. f. d. ges. Forstwesen 23, 421.
Sander, Julius, Rittergutsbesitzer, preuss.
Landtagsabg.; s. Sp. 29*.
Stelger, Heinrich Adolf, k. sächs. Geh.
Oekonomierath,Rittergutsbesitzer auf Leute-
witz, Mitgl. d. sächs. Landeskulturraths,
• 181 7; f zu Meissen 17. IV. — L Mitth.
d. Ver. f. d. Gesch. Meissens 4, 552 (A.
Endler).
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer, Reichs-
tagsabg.; s. Sp. 26^.
Stohmann, Friedrich Karl Adolf, Dr. phil.,
ordentl. Honorarprof. f. landwirthschaftl.
Physiologie u. Agrikulturchemie u. Direk-
tor d. Agrikultur- ehem. u. Landwirth.-
physiolog. Instistuts an d. Univ. Leipzig,
• zu Bremen 25. IV. 32; f zu Leipzig i.
XI. — L 111. Ztg. 109, 666; Berichte üb.
d. Verhandl. d. k. sächs. Gesellsch. d.
Wissensch. 1897, 741 (W. Ostwald) ; Berichte
d. Chem. Oesellsch. 30, 3214; GUntz 2,
282 (mit W); Poggendorff 2, 1015. 3, 1297
(mit W); — Journal f. Landwirthscbaft
461 75- >53 (Soxhlet). — W auch Kukula
905. Suppl. 240. 294; Cat. Roy. Soc.
5f 837. 8, 1021. II, 505; Börsenbl. f. d.
d. Buchh. 64, 8389.
StoU, Gustav, Oekonomierath, früher Direk-
tor u. Gründer d. Pomolog. Instituts zu
Proskau, 83 J.; f daselbst 19. IX. — L
m. Ztg. 109, 431.
Suchsland, Heinrich, Direktor d. Bundes
d. Lanj^wirthe; f zu Halle a. S. 29. III.
— L 111. Ztg. 108, 449.
Tiedemann, Erich v., Rittergutsbesitzer u.
preuss. Landtagsabg.; s. Sp. 30*.
Trientl, Adolf, Prof., d. älteste landwirth-
schaftl. Wanderlehrer Oesterreichs 79 J.;
f zu Umhausen im Oetzthal Auf. März.
— L Centralbl. f. d. ges. Forstwesen 23,
196.
Wilckens, Martin, Dr. phil., ordentl. Prof.
f. Thierphysiologie u. Thierzucht an d.
Hochsch. f. Bodenkultur in Wien, 63 J.;
t daselbst 9. VI. — L Centralbl. f. d.
ges. Forstwesen 23, 341.
Vn. Forstwirthe und Waidmänner.
Baur, Franz Adolf Gregor y., Dr. phil.,
ordentl. Prof. f. Forstl. Versuchswesen,
Holzmesskunde u. Waldwerthberechnung
mit forstl. Statik an d. Univ. München,
* zu Lindenfels im Odenwald 10. III. 30;
t zu München 2. L — L BJ II. 3*; AUg.
Ztg. 1897 Nr. 2, S. 6a u. 7; Nr. 5 Mor-
genbl. S. 5c; Nr. 5 Abendbl. S. 3b; 111.
Ztg. 108, 48; Centralbl. f. d. ges. Forst-
wesen 23, 90 (ß, mit W u. P) ; Allg. Forst-
u. Jagdztg. 73, 103 ( mit W); Ztschr. f.
Forst- u. Jagdwesen 1897, 77" — W auch
Kukula 31. Suppl. 73; Chroniken d. Univ.
München bis 1896; KL 1897, 63; Börsenbl.
f. d. d. Buchh. 64, 191.
Hohn, Konrad, Prof. f. Physik u. Geodäsie
an d. Forstlehranstalt in Aschaffenburg;
8. Sp. 53*.
Bomemann, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath,
Herausgeber v. Jagdgeschichten; s. Sp. 32*.
*Breitenlohner, Jakob, Prof. f. Meteorolo-
gie u. Klimatologie an d. Hochschule f.
Bodenkultur in Wien; s. Abth. XI.
Frank, E., Dr. phil. h. c. von Tübingen,
Oberförster zu Schussenried in Ober-
schwaben, »der in Württemberg die ma-
43'
VII. Forstw. u. Waidm. VIII. Berg- a. Httttenm. DC Gewerbetreibendeetc.
44'
schinelle Torfgewinnung nach norddeut-
schem Muster eingeführt u. seinen Namen
in d. gelehrten Welt durch d. Aufdeckung
d. oberschwäb. Pfahlbauten bekannt ge-
macht«; f zu Schussenried 9. IV. — L
III. Ztg. 108, 518; Schwab. Kronik 1897,
740; Allg. Forst- u, Jagdztg. 73, 34. 184.
Hörn, Ludwig Wilhelm, hgl. braunschweig.
Geh. Kammerrath u. Vorstand d. forstl.
Versuchsanstalt, Leiter d. braunschweig.
Forstwesens, • zu Wolfenbüttel 8. IV. 29 ;
t zu Braunschweig 4. IV. — L B J II, 20* ;
Allg. Forst- u. Jagdztg. 73, 184. 415 (F.
Grundner, mit W); Ztschr. f. Forst- u.
Jagdwesen 1897, 440. Forstwissenschaftl.
Centralbl. 1897, 343.
Muhl, Ferdinand, grosshgl. hess. Jäger-
meister, Geh. Rath, * zu Langen 13. 1. 29;
f zu Darmstadt 24. XJI. — L Allg. Forst-
u. Jagdztg. 74, 69. 107.
*Nördlinger, Hermann v., Dr. rer. nat.
et oecon. polit., Oberforstrath, früher Prof.
f. Forstwissensch. an d. Akad. Hohenheim
u. d. Univ. Tübingen, * zu Stuttgart 13.
VIII. l8; t au^ dem Salon b. Ludwigs-
burg 19. L: s. BJ II, 287. — L BJ II, 33*:
Litt Beil. z. Staatsanz. f. Württemb. 1897;
Schwab. Kronik 1897, 123. 153; Allg. Ztg.
1897 Nr. 22 Morgenbl.; Leopoldina 33, 52;
Ztschr. f. Forst- u. Jagdwesen 1897, 359;
Oesterr. Forst- u. Jagdztg. 1897, 10 1 (mit
P); Oesterr. Vierteljahrsschr. f. Forstwesen
^^897, 63; Verhandlungen d. Forstwirthe
1897, 177. — W auch KL 1897, 943;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 885.
Pribyl, Leo, Dr. phil., land- u. forstwissen-
schaftl. Schriftsteller; s. Abth. VI.
Schulenburg, Gebhard Graf v. d., hgl.
braunschweig. Vice -Oberjägermeister; s.
Sp. I3*.
^Stephan, Heinrich v., Staatssekr. d. deut-
schen Reichspostamts; s. Sp. xo*.
Strähler, Adolf, fürstl. Plcss'scher Ober-
förster, Botaniker: f J°* Febr. — L 111.
Ztg. 108, 273; Berichte d. deutschen botan.
Gesellsch. 15: Generalvers.-Heft 41 (Th.
Schuhe).
Witzleben, Oskar Dietrich v., k. sächs. Geh.
Rath u. Oberlandforstroeister a. D. , * zu
Kamenz 7. II. 26; f ^u Dresden 9. IV.
— L 111. Ztg. 108, 484.
^Wolkenstein, Heinrich Graf v., k. u. k.
Oberstjägermeister; s. Sp. 14*.
VIII. Berg- und Hüttenmänner.
Bornemann, Karl Rudolf, Oberbergrath a. D.,
Autorität f. Wasserbauten, Wasser- und
Wettennessungen , 76 J. ; f zu Freiberg
i. S. 7. V. — L Hl. Ztg. X08, 614.
Erhardt, Albrecht, Oberbergrath a. D.,
Mitgl. d. Direktoriums d. Krupp'schen
Werke, 78 J.; f ^^ Stuttgart i. X. — L
111. Ztg. 109, 5x1; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. Württemb. 1897,1673; Schwab. Merkur
1897, 1839; Schwab. Kronik 1897, 2043.
^Eyferth, Bruno, Bergrath, Kammerassessor
u. ausserordentl. Mitgl. d. Direktion d.
braunschweig. Bergwerke, auch Zoolog,
• zu Holzminden 23. VI. 26; f zu Braun-
schweig 17. VI.: s. BJ II, 370. — L BJ
II, 20*. — W auch Cat. Roy. Soc.
Sauer, Wilhelm, Bergwerksbesitzer, 72 J.;
f zu Essen a. d. Ruhr im Febr. ^— L 111.
Ztg. 108, 213.
^Thielen, Alexander, Generaldirektor d.
Aktiengesellsch. f. Bergbau u. Hüttenbetneb
»Phönix« in Laar b. Ruhrort, * zu Düssel-
dorf 3. V. 41; f zu Heidelberg 20. VII.:
s. BJ II, 234.
*Tunner, Peter v., k. k. Hofrath, Ministerial-
rath u. jubil. Bergakademiedirektor, * zu
Turrach in Steiermark 10. V. 1809; f zu
Leoben 8. VI.: s. BJ II, 239. — L Berg-
u. hüttenmänn. Jahrb. 45, I; Wurzbach.
IX. Gewerbetreibende und Industrielle.
Aron, Julius, Dr. phiK, Chemiker, Theo-
retiker auf d. Gebiete d. Keramik, Be-
gründer d. »Thonindustrie - Ztg.«, * zu
Bublitz b. Stolp 3. XI. 40; f zu Berlin
14. VI. — L Leopoldina 33, 113; 111. Ztg.
108, 811.
Auberlen, Ferdinand, Kommerzienrath,
Theilhaber d. Firma Auberlen u. Ostertag
in Stuttgart, früher Vorstand d. dortigen
Handelsbörse, 70 J.; f daselbst 12. V. —
L Hl. Ztg. X08, 648; Schwab. Kronik
1897, looi; (Stuttg.) N. Tagebl. 1897
Nr. 1X2.
*Baare, Louis, Geh. Kommerzienrath, Ge-
neraldirektor d. Bochumer Vereins f. Berg-
bau u. Gussstahlfabrikation, * zu Minden
i. W. 12. VII. 2X; f zu Bochum 17. V.:
s. BJ II, 235.
Borsig, Arnold, Industrieller, 30 J.; *i* beim
Unglück in d. Hedwig-Wunsch-Gnibe zu
45*
Todtenliste 1897: IX. Gewerbetreibende und Industrielle.
46*
Zabrze in Oberschlesien i.IV. — L 111. Ztg.
108, 449.
Brink, Karl ten, Kommerzienratb , Theil-
haber u. Leiter d. Spinneret u. Weberei
Arien b. Singen in Baden, * zu Courcelles
sur Aire (Dep. Meuse) 20. I. 27; f zu
Arien 3. XII.: s. BJ II, 281. — L 111. Ztg.
109, 809.
Bujatti, Franz, k. k. Hofseidenfabrikant,
Verf. einer »Gesch. d. Seidenindustr. in
Oesterreich«, 85 J.; f zu Wien 6. X. — L
111. Ztg. 109, $11; Wurzbach
Eberle, J. N., Mitinhaber d. Laubsäge- und
Uhrfedernfabrik von Eberle & Ammon in
Augsburg; f daselbst im Nov. — L m.
Ztg. 109, 762.
Eissler, Jakob, k. k. Kommerzialrath, Vize-
präsident d. oesterreich -Ungar. Vereins d.
Holzproduzenten , Holzhändler u. Holz-
industriellen in Wien, 62 j.; f daselbst
15. III. — L Centralbl. f. d. ges. Forst-
wesen 23, 196.
Gessner, Ernst, Maschinenfabrikant in
Aue, 71 J.; f daselbst 28. IV.
Goldenberg, Alfred, Fabrikbesitzer zu
Zomdorf i. Eis., 1880—90 Reichstagsabg.
f. Zabern (protestl.), * zu Molsheim 28. I.
31 ; f zu ErmoDt (Dep. Seine-et-Oise) Anf.
Nov. — L 111. Ztg. 109, 682; Hirth 16,
153; Schönfeld* 397.
^Hirschberger» Traugott, Rentier u. früher
Mühlenbesitzer zu Lübbenau in d. Nieder-
lausitz, Reichstags- u. preuss. Landtags-
abg. (freis.): s. BJ II, 223.
*Wicblf Anton, Ziegeleibesitzer u. Archi-
tekturmaler in München, * daselbst 20. II.
20; f ebenda 21. II.: s. BJ II, 183.
Kapeller, Heinrich, Fabrikant physikal. u.
meteorolog. Instrumente in Wien, 50 J.;
t daselbst 16. IV. — L Centralbl. f. d.
ges. Forstwesen 23, 246.
Klamt, Julius, Generaldirektor d. Kulmiz-
schen Werke b. Saarau in Schlesien; f
31. XII. — L lU. Ztg. HO, 44.
Knoch, Adolf, Kommerzienrath in Saalfeld,
Begründer d. thüringer Nähmaschinen-
industrie; t daselbst Anf. Dez. — L 111.
Ztg. 109, 851.
*Knosp, Rudolph v., Kommerzienrath,
Grossindustrieller, auch Abg. z. Zoll-
parlament, * zu Ludwigsburg 22. VI. 20;
t zu Stuttgart 26. III.: s. BJ II, 277. —
L (Stuttg.) N. Tagebl. 1897 Nr. 72; 111.
Ztg. 108, 421.
König, Eduard, Mitinhaber d. Maschinen-
fabrik in Oberzell, Enkel d. Erfinders d.
Schnellpresse; f 16. (?) IX. — L lU. Ztg.
109, 402.
Koepp, Adolf, Kommerzienrath, Besitzer
einer ehem. Fabrik, Handelskammerpräsi-
dent in Wiesbaden, seit 1893 Reichstags-
abg. f. Wiesbaden (freis.), • zu Biebrich
a.Rh. 16. II. 30: f zu Wiesbaden 5. (oder 6.?)
IV. — L III. Ztg. 108, 484; Kürschners
Reichst. 1893, 188 (mit P); Minde 1893,
66 (mit P); Schoenfeld* 195.
Küntzel, Rektor in Oberweimar, Vorsitzender
d. Verbands thüring. Gewerbevereine; s.
Abth. XXII.
Martini, F., Erfinder d. Martinigewehres,
Leiter d. Maschinengiesserei Martini & Cie
in Frauenfeld, 64 J.; f daselbst 29. I. —
L Hl. Ztg. X08, 157.
Matscheko, Michael, Ritter v., k. k. Kom-
merzienrath, Vizepräsident und vordem
Präsident d. Niederösterr. Gewerbever.,
V. 1885—91 Vertreter d. Bezirks Wiedcn
im Abg.-Haus, von Beruf Chemiker; f zu
Wien 29. I. — L 111. Ztg. 108, 157.
Bfögle, Johann, Schlosser. — L Schwab.
Kronik 1897, 801.
MfiUensiefen, Hermann, GlashUttenbesitzer,
Reichstagsabg.; s. Sp. 25*.
Neuner , Ludwig, Instrumentenfabrikant,
Leiter d. Firma Neuner u. Homsteiner in
Mittenwald; f daselbst 22. VL — L 111. Ztg.
109, 17.
Ott, Traugott, Fabrikant in Ehingen. —
L Schwab. Kronik 1897, 1859.
*Otto, Karl, Dr. phil., Chemiker, Besitzer
einer Fabrik feuerfester Erzeugnisse, * zu
Jalapa (Mexiko) 7. III. 38 ; f zu Ahrweiler
13. XI.: s. BJ II, 233. — L Litt Centralbl.
1897,. 1540: Ml. Ztg, 109. 722.
Protze, Adalbert, Kommerzienrath, Mit-
inhaber d. Protze' sehen Teppichfabrik in
Berlin, 58 J.: f daselbst 18. IX. — L 111.
Ztg. 109, 402.
Reichardt, Hermann, techn. Direktor d.
»Dessauer Zuckerrafßnerie« zu Dessau,
1890 — 96 Vorsitzender d. Handelskammer
daselbst, ^ zu Kamburg (Sacbs.-Mein.) 22.
VI. 40 ; f zu Sinnershausen 6, VI. — L
111. Ztg. io8, 783.
Schäfer, Friedrich, d. älteste Brauerei-
besitzer Newyorks, 80 J.; f daselbst 20.
V. — L 111. Ztg. io8, 783.
Schäfer, Theodor, Fabrikant in Heiden-
heim; t 19. XI. — L Schwab. Albblätter
9, 145 (Barthelmess).
Scholder, Karl, Fabrikant in Alpirsbach.
— L Aus dem Schwarzwald 5, 144 (DöU
ker).
Schöller, Geh. Kommerzienrath, Besitzer d.
Zuckerfabrik zu Klettendorf in Schlesien;
f zu Breslau 2. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 2; 111. Ztg. X08, 48.
Schön, Bruno, Kommerzienrath, Spinnerei-
besitzer in Werdau, Begründer grosser
Spinnereien in Russland, 53 J.; f zu Wer-
dau 10. 1. — L 111. Ztg. 108, 104.
Schwab, Adolf, Besitzer v. Fabriken in
^>j* Todtenliste 1897: IX. Gewerbetreibende u. Industrielle. X. Architekten etc. ^S*
Wien u. in Hammerstein b. Reichenberg,
einer d. Führer d. Deutschböhmen, langj.
Vertreter d. prager, später d. reichenberger
Handelskammer im Abg.-Haus d. österr.
Reichsrathes , * zu Prag 14. IV. 33; -f zu
Wien 20. 1. — L 111. Ztg. xoS, 129; Hahn
1891, 250; Kürschners Reichsrath 1891,
59 (mit P).
Seidel, Karl, Besitzer u. Begründer d.
Dörrgemüse fabrik zu Münsterberg in
Schlesien ; f daselbst Anf. Febr. — L 111.
Ztg. 108, 193.
*Spiegelberg , Julius, Koramerzienrath,
früherer Leiter d. Aktiengesellschaft f.
Jute- u. Flachsindustrie zu Braunschweig
u. Vechelde, ♦ zu Peine 18. II. 33; f zu
Köln 24. I.: s. BJ U. 369.
Steck, Georg, Pianofortefabrikant in New-
york, * zu Kassel 1829; t ^^ Neuyork März/
April. — L 111. Ztg. 108, 518.
Vering, Karl, Kommerzienrath, Grossunter-
nehroer f. Eisenbahn- u. Wasserbau; f zu
Hannover xo. II. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 47 Morgenbl.; 111. Ztg. 108, 253.
Wagner, Emil v.. Geh. Kommerzienrath,
Mitgl. d. Aufsichtsraths d. bedeutendsten
Aktiengesellschaften in Aachen, 83 J.; f
daselbst 27. XII. ~ L Dl. Ztg. iio, 19.
Wagner, Friedrich, Chef d. Firma »Wagner
& Keller« in Ludwigsburg. — Beobachter
1897 Nr. 45.
Wauer, Kommerzienrath in Hermhut, In-
dustrieller, langj. Präsident d. zittaue*
Handels- u. Gewerbekammer, 74 J.; f ^*'
selbst 25. IX. — L 111. Ztg. 109, 431.
Weule, Friedrich, Begründer d. Thum-
uhrenfabrik zu Bockenem (Prov. Hannover),
87 J.; t 12. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Wilhelmy, Otto, Obermeister d. leipziger
Klempnerinnung u. Vorsitzender d. Ver-
bandes deutscher KIempnerinnungen,Eigen-
thttmer u. Herausgeber d. »Illustr. £tg. f.
Blechindustrie«, langj. Vorsitzender d. leip-
ziger Gewerbekammer, * 6. I. 45; f 4. I.
— L IlL Ztg. 108, 73.
Wolf, Heinrich, Kommerzienrath u. Fabrik-
besitzer zu Hohenberg in Oberfranken,
bayer. Landtagsabg.; s. Sp. 27*.
X. Architekten und Ingenieure.
Altgelt, Hans, deutscher Architekt in Buenos-
Aires, 42 J.; f daselbst 30. VI. — L IlL
Ztg. 108, 614.
^erger, Matthias, Architekt, * in der
Vorstadt Au b. München 24. IV. 25; f zu
München 30. IV.: s. BJ II, 164. — L
Müller-Singer i, 109.
*Bode, Richard Werner, Geh. Baurath, •
zu Halberstadt i. VIII. 42; f zu Blanken-
burg a. H. 14. VII.: s. BJ II, 322. — L
BJ II. 4*.
Ehlers, Paul, Architekt, Vorstandsmitgl.
d. Architekten- u. Ingenieur -Vereins in
Hamburg. — L D. Bauztg. 31, 289.
Fink, Albert, Ingenieur, früher Vizepräsi-
dent u. Generaldirektor d. nordamerikan.
Louisville- u. Nash ville-Eisen bahn, * in d.
Nähe v. Frankfurt a. M. 27. X. 27 ; f zu
Sing-Sing 4. IV. — L 111. Ztg. xo8, 518.
♦Franz, Hermann, Ingenieur, Geh. Ober-
baurath, ♦12. XII. 27 ; f zu Berlin 20. VII.:
s. BJ II, 324. — L BJ II, II*.
Guide, Karl, Oberbaurath in d. Abth. f.
Hochbauwesen im Württemberg. Ministerium
d. Innern; f zu Stuttgart 21. III. — L 111.
Ztg. 108, 421.
Hanke, Hugo, Direktor d. Berlin-Charlotten-
burger Bau Vereins, Stadtverordneter, 59 J.;
t zu Berlin 31. III. — L BJ II, 17*.
Hoflinann, Th., vormals Oberingenieur d.
k. k. Ferdinands -Nordbahn in Wien, Er-
bauer d. Nordbahnhofes daselbst, * zu
Stuttgart 1824; t ebenda 16. XII. — > L
Schwab. Kronik 1897, 2647; ^' Bauztg.
31, 648.
Junot, Louis, Geh. Baurath, 1854 — 89
fUrstl. schwarzburg-rudolstädt. Baurath in
Frankenhausen, Stiefsohn von F. v. Schillers
ältester Tochter, * zu Katzhtttte 1821: t
zu Frankenhausen 9. VI. — L 111. Ztg.
108, 81 X.
*Katz, Fr., Baurath, früher Wasserbau-
inspektor, ^ zu Hameln 18. V. 28; f zu
Hamburg 30. V.: s. BJ II, 360. — L BJ
U, 21*.
Keller, Gustav Grafv., früher Vorsitzender
d. Direktion d. Thttring. Eisenbahn; s. Sp.
Klette, Otto Reinhold, k. sächs. Finanzrath,
Miterbauer d. Dresdner Bahnhofs, * zu
Dresden 20. V. 50; f zu Klotzsche b.
Dresden 8. VIIL — L BJ XI, 22*; IlL Ztg.
109, 240.
Klimm, Michael, Prof. f. Wasserbau am
Polytechnikum in Budapest, 45 J.: f daselbst
24.1. — L Litt. Centralbl. 1897, 190 ;
111. Ztg. 108, 157; Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 22.
^Krancke, Theodor, Geh. Baurath, Eisen-
bahningenieur, * zu Hannover x8. II. 20;
t zu Berlin 28. L: s. BJ II, 357. — L BJ
II. 23*.
Kreyssig, Eduard, Geh. Baurath, früher
Stadtbaumeister in Mainz, 66 J.: * zu Eichel-
sachsen im Vogelberg; f zu Mainz ii. III.
- L BJ II, 23*.
49"
Todtenliste 1897: X. Architekten u. Ingenieure. XI. Kaufleute.
50*
Kühlwetter, Eduard, Geh. Reg.-Rath, Eisen-
bahnfachmann, auch preuss. Landtagsabg.
(nat.-lib.), ♦ xu Düsseldorf 1813; f zu Köln
15. Vm. — L 111. Ztg. 109, 268.
^Loenartz, Jakob, Geh. Baurath, Elbstrom-
baudirektor, *zu Ernst a.d. Mosel 5. III. 35;
t zu Magdeburg 31. X.: s. BJ II, 357. —
L BJ II. 25*.
Matheis, Jakob Ritter v., Oberbaurath b.
d. Obersten Baubehörde im bayer. Minist,
d. Innern, 69 J.; f zu München 13. II. —
L BJ II, 27*; Allg. Ztg. 1897 Nr. 45 "•
47 Morgenbl.
*Merten8, Franz, Architekt u. Kunstschrift-
steller, * zu Düsseldorf 1808; f zu Berlin
30. V.: s. BJ II. 35S. — L BJ II, zi\
^NehlSy Johann Christian. Wasserbaudirektor,
auch techn. u. mathemat Schriftsteller, *
zu Schülp b. Nortorf in Holstein 29. IX.
41 ; f zu Wilhelmshöhe b. Kassel 5. IX.:
s. BJ II, 332. — L BJ II, 32,
Pichler, Moritz Ritter v., Ingenieur u. tech.
Schriftsteller; f zu Velden am Wörthersee
19. VIII. — L lU. Ztg. 109, 300; Litt.
Centralbl. 1897, 1149.
Reimen, Franz Karl, Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath, Eisenbahndirektionspräsident z. D.,
79 J.; t zu Köln 10. I. — L 111. Ztg. 108,
104; Allg. Ztg. 1897 Nr. 12 Abendbl.
Roesener, Adalbert, preuss. Baurath
a. D., 70 J.; f zu Neisse 21. II. — L
BJII, 36*.
*Rupp, Adolf, Architekt, * zu Athen 10.
III. 43: f zu München 15. V.: s.BJ II, 228.
"^Rziha, Franz Ritter v., Hofrath, Prof. f.
Eisenbahn- u. Tunnelbau u. Enzyklopädie
d. Eisenbahn- u. Tunnelbaus an d. Techn.
Hochsch. in Wien, * zu Hainspach in
Böhmen 28. III. 31; f im Gasthof am
Semmering 22. VI.: s. BJ II, 333. — L
BJ n, 37*; lU. Ztg. 109, 17. — W KL
1897, 1115; Kukula 782. Suppl. 211.
^Salzmann, Max, Dombaumeister in Bremen,
♦ zu Breslau 20. VIII. 50; + zu Bremen 4.
(oder 6. ?) IL : BJ n, 359. — L BJ II, 38*.
Schwalbach, Karl Leonhard, Architekt,
56 J.; t 2U Frankfurt a. M. 29. XII. — L
111. Ztg. HO, 44.
Siebold, Michael, Werkmeister in d. König-
schen Schnellpressenfabrik, Erfinder; f zu
Zell a. M. 9. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Abendbl.
Stahr, Otto. Oberbaurath, Referent im
sachsen-weimar. Minist. Sohn d. Schrift-
stellers Adolf Stahr; f «^ Hamburg 24. (?)
X. — L 111. Ztg. 109, 649.
•Suche, Ludwig. Geh. Reg.-Rath, Meister
im Brückenbau, * zu Wehlau in Ostpr.
1822; t 2U Bromberg 10. IX.: s.BJ II,
359. - L BJ II. 42*.
•Thielen, Alexander, Generaldirektor d.
Aktiengesellsch. f. Bergbau- u. Hütten-
betrieb »Phönix« in Laar b. Ruhrort, Bruder
d. preuss. Eisenbahnministers, • zu Düssel-
dorf 3. V. 41; f zu Heidelberg 20. VII.:
s. BJ II, 234. — L 111. Ztg. X09, 145.
•Wagner, Heinrich, Dr., Geh. Baurath,
Prof. f. Baukunst an d. Techn. Hochsch.
in Darmstadt, * zu Stuttgart 5. X. 34; f
zu Darmstadt 19. III.: s. BJ II, 279. —
L BJ II, 44*; (Stuttg.) N. Tagebl. 1897
Nr. 80; Allg. D. Biogr. 44, 437 (L. Frän-
kel). — W Kukula 969.
Wemich, Oberbaurath, stellvcrtr. Präsident
d. Eisenbahndirektion in Kattowitz; f da-
selbst 23. XL — L m. Ztg. 109, 809.
Wirth, Franz Ulpian, Techniker u. Friedens-
prediger, • zu Baireuth 6. VII. 26; f zu
Frankfurt 15./16. V. — L Allg. D. Biogr.
43. 527 (L. Fränkel). — WKL 1897, 1467.
XI. Kaufleute.
Born, J ulius Freih. v.. österr. Finanzmann,
verdient um d. Hebung d. Industrie in
Krain, 57 J.; f 5. IL — L 111. Ztg. 108,
193. 213.
Bötticher, Oskar, Direktor d. Dresdner
Bankvereins. 49 J.; f zu Dresden 2. XII.
— L 111. Ztg. 109, 809.
Densch, Kommerzienrath. — L Schwab.
Kronik 1897, 2664.
Dorasil, Karl, Präsident d. Handelskammer
zu Troppau in Oesterr.-Schlesien u. Mitgl.
d. dortigen Landtags, 68 J.; f daselbst
28. IX. — L Hl. Ztg. 109, 511.
Fleischmann, deutsch-amerikan. Millionär u.
Sportsfreund; f zu Neuyork 12. XII. —
L 111. Ztg. 109. 881.
Frahm, Wilhelm, Grosskaufmann, Thcil-
haber d. Zigarrenfabrik Hermann Upmann
& Cie, früher Führer der deutschfreis.
Partei in Bremen, 67 J.; f daselbst 2X. X.
— L 111. Ztg. 109, 606.
Franck, Gustav. — L Schwab. Kronik
1897, 901.
Fritze, Johannes. Grosskaufmann in Bremen ;
t daselbst 30. VUL — L 111. Ztg. 109,
349.
Grauer, J. M., Hopfenhändler. — L Schwab.
Kronik 1897, X052.
Griinfeld, Kommerzienrath, Begründer eines
grossen Leinenhauses zu Landeshut in
Schles. ; f zu San Remo 19. I. — L 111.
108, 129.
Heese, Julius. Chef d. berliner Seidenfirma
J. A. Heese, 79 J.; f zu Bad Wildungen
2. IX. — L 111. Ztg. X09, 349.
Hohenemser, Wilhelm, Mitinhaber d.
5»'
Todtenliste 1897: XI. Kaufleute. XII. Philosophen.
52*
Bankhauses M. Hohenemser in Frankfurt
a. M.; f daselbst 8. XII. — L III. Ztg.
109, 851.
Jakobi, Ernst, Inhaber d. Firma Pfeffer u.
Weissenfeis Nachf. in Magdeburg, 2. Vor-
sitzender d. deutschen Zuckerexport -Ver-
eins; t daselbst 25. VI. — L 111. Ztg.
109, 17.
*Knosp, Rudolf v., Geh. Kommerzienratb,
1867 Mitgl. d.ZollparIaments (grossdeutsch),
* zu Ludwigsburg 27. VI. 20; f zu Stutt-
gart 26. III.: s. BJ II, 277. — L Hirth
7. 170.
Krippner, Friedrich, früher Theilhaber
der Grosshandlung I. F. Püttner & Sohn
in Hof; s. Sp. 27*.
Löbbecke, Otto, Kommerzienrath, früher
Mitinhaber d. Bankhauses Gabr. Lübbecke
& Cie in Braunschweig, 71 J.; f daselbst
II. XI. — L 111. Ztg. 109, 682.
Madack, Rudolf, Direktor d. Leipziger
Kreditbank, 62 J. ; f daselbst 19. IL — L
III. Ztg. 108, 253.
Magnus, Moritz, der älteste Chef d. Bank-
hauses B. Magnus in Hannover, 59 J.; f
II. III. — L 111. Ztg. 108, 355.
Mayer, J., Chef d. Bankürma Mayer & Cie
in Metz, Präsident d. dortigen Handels-
kammer; f daselbst 10. IL — L 111. Ztg.
108, 213.
Merkel, Richard. — L Schwab. Kronik
1897» 553-
Meyer, John, Direktor d. Hamburg- Amerika-
Packetfahrt- Aktiengesellschaft; f zu Ham-
burg 23. VI. — L 111. Ztg. 109, 17.
Meyer, Martin, ehemaliger Präsident d.
Innsbrucker Handels- u. Gewerbekammer,
Vizebürgermeister v. Innsbruck u. Land-
tagsabg., 70 J.; f daselbst 30. IV. — L
m. Ztg. 108, 555.
Naegele, Julius, Kommerzienrath u. Hof-
bankier in Karlsruhe; f daselbst 30. VIII.
— L 111. Ztg. 109, 349.
Neufville, Otto v., Italien. Generalkonsul,
Senior d. Firma D. & J. de Neufville zu
Frankfurt a. M., 43 J.; f daselbst 11. I.
— L 111. Ztg. 108, 104; AUg. Ztg. 1897
Nr. 12 Morgenbl.
Oppenheimer, Albert, Kommerzienrath,
früher Inhaber d. Firma Lehmann, Oppen-
heimer & Sohn in Braunschweig, 82 J.;
t daselbst 12. VL — L 111. 108, 783.
Oertel, Huldreich, Generaldirektor d.
Versicherungsgesellschaft Donau in Wien
u. Präsident d. dortigen Vereins d. Reichs-
deutschen »Niederwald« ; f daselbst 3. IX.
— L 111. Ztg. 109, 349.
Ruscheweyh, Bankvorsteher in Görlitz,
Gründer d. dortigen Singakademie, 73 J.;
t daselbst 16. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
^Schönlank, William, Generalkonsul d.
mittelamerikan. Republiken, bis 1887 Chef
d. Indigo - Importhauses Sal. Schönlank
Söhne in Berlin, Förderer geograph. For-
schungen und Unterstützer vieler gemein-
nützigen u. humanitären Bestrebungen, *
zu Märkisch - Friedland 6. VIIL 14; f «^
Berlin 23. XII. ; s. BJ II, 304.
Schwabe, G. C, Ehrenbürger seiner Vater-
stadt Hamburg, welcher er 1887 seine
Gemäldegalerie schenkte; f zu London
13. 1. — 111. Ztg. 108, 129.
Thode, Robert, Begründer u. langjähriger
Leiter d. früheren Thode'schen Bankhauses
in Dresden, das 1891 in die Dresdner
Bank überging, ehemals auch Konsul d.
Hansestädte, 73 J.; t auf Schloss Schos-
dorf in Schlesien. — L 111. Ztg. 1 10, 44.
Westendarp, Wilhelm, Inhaber d. grössten
Elfenbeinbandlung d. Welt Heinrich Ad.
Meyer in Hamburg, Neffe v. Karl Schurz;
t daselbst 25. I. — L 111. Ztg. 108, 157.
XU. Philosophen.
Hermann, Conrad, Dr. phiL, ordentl.
Honorarprof. f. Philosophie an d. Univ.
Leipzig, auch dramat. Dichter, * zu Anger
b. Leipzig 30. V. 19; f zu Klosterlausnitz
15. VIL — L Hinrichsen^ 557 (mit W);
Gubematis 1171 (mit W); Brünuner* 2,
141; 111. Ztg. 109, 118. — W auchKukula
341; KL 1897, 528.
♦Kaiser, Victor. Dr. phU., Prof. f. Philo-
sophie, Kultur- u. Kunstgesch. am Lyzeum
in Solothurn, ♦ daselbst 3. VIL 21;
t ebenda 30. IX.: s. BJ II, 181.
♦Meyer, JürgenBona.Dr. phil., Geh. Reg.-
Rath, ordentl. Prof. f. Philosophie an d.
Univ. Bonn, * zu Hamburg 25. X, 29; f ***
Bonn 22. VI.: s. BJ II, 397. — L lU. Ztg.
108, 51 (mit P); Hinrichsen' 901, Born-
müller 489 u. KL 97, 875 (mit W). —
W auch Kukula 612. Suppl. 167.
Nathan, Julius, Dr. phil., Arzt, philosoph.
u. naturwissenschaftl. Schriftsteller, * zu
Zdung 6. X. 55; "f zu Berlin 4. VII. — L
Litt. CentralbL 1897, 923; 111. Ztg. 109,
84; KL 97, 922 (mit W).
Wolif, Johannes, Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. Philosophie an d. Univ. Bonn, * zu
Arzheim b. Ebrenbreitstein 9. XI. 50;
f zu Bonn 4. IV. — L Philos. Jahrb. 10,
368. — W KL 97, 148 2; Keiter 5, 256,
53'
Todtenliste 1897: XIH* Mathematiker u. Astronomen. XIV. Naturforscher.
54^
Xm. Mathematiker und Astronomen.
^Bardey, Ernst, Dr. phil., Mathematiker,
♦ zu Muchow b. Neustadt (Mecklenburg-
Schwerin) 21. V. 28; t in Bad Stuer i.
IV.: s. BJ II, 292. — L Leopoldina 33,
X12; Hinrichsen» 56 (mit W). — W auch
KL 95, 50.
Bielma3rr, Julius, Dr. phiL, ordentl. Prof.
f. Mathematik, Mechanik, Astronomie und
polit. Arithmetik am k. Lyceum in Regens-
burg, * in der Vorstadt Au b. München
13. IX. 32; f zu Regensburg 28. VII. —
L Jahresbericht Üb. d. Lyceum in Regens-
burg 1897/98. S. 17 u. 26 (VV. Schenz);
Leopoldina 33, 157. — W KL 97, 102;
Keiter 5, 17.
Bohn, Conrad, Dr. phil., ordentl. Prof. f.
Physik an d. k. Forstlehranstalt zu
AschafTenburg, frtther Prof. f. Mathem. an d.
Univ. Giessen, * zu Bornheim b. Frank-
furt a. M. 23. XII. 32 ; f zu Aschaffenburg
13. IX. — L Leopoldina 33, 128; Poggen-
dorff 3, 151; Allg. Forst- u. Jagdztg. 73,
447 (mit W). — W auch Cat. Roy. Soc.
I) 456. 7, 206. 9, 281.
Doellen, Johann Heinrich Wilhelm v..
Geh. Rath u. Prof., Astronom, bis 1890
Observator an d. Sternwarte in Pulkowa,
♦ zu Mitau 25. (13. a. St.) IV. 20; f zu
Dorpat 16. IL — L BJ II, 8*; Poggen-
dorff I, 585. 3, 367 (mit W); Leopoldina
33. 55; Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 48. —
W auch Cat. Roy. Soc. 2, 306. 7, 545. —
P Vierteljahrsschr. d. Astronom. Gesellsch.
32, 146.
Haerdtl, Eduard Freih. v., Dr. phil., ausser-
ordentl. Prof. f. Astronomie an d. Univ.
Innsbruck, * zu Penzing b. Wien xo. VI.
61; f zu Innsbruck 20. III. — L BJ II,
16 • (mit W u. P); Leopoldina 33, 112;
Freiherrl. Taschenb. 1897, 358. 1898, 1174.
— W auch Kukula 304. Suppl. 94; Cat.
Roy. Soc. 10, 107.
Kolbe, Joseph, Dr. phil., Hofrath, früher
ordentl. Prof. f. Mathem. an der Techn.
Hochsch. in Wien, ♦ daselbst 11. V. 25;
t ebenda 27. (26.?) IL — L BJ II, 25*
(mit W u. P); Ztschr. f. d. mathem. u.
naturwiss. Unterricht 28, 310; Allg. Ztg.
1897 Beil. Nr. 48. — W auch Kukula 478;
Cat. Roy. Soc. 8, 106.
Lindemann, Eduard, Staatsrath, wissen-
schaftl. Sekretär u. Bibliothekar der Stern-
warte in Pulkowa, * zu Nischnij Nowgorod
13. (i. a. St.) I. 42; f zu Pulkowa 22.
XII. — L Poggendorff 3, 815 (mit W);
111. Ztg. HO, 44; Leopoldina 34, 54. —
W auch Cat. Roy. Soc. 10, 602.
Necker, Carl August Ferdinand, Dr. phil.,
Astronom, * zu Berlin 26. XI. 67; f in
Folge eines Unglücksfalls zu Kubriel-
Qubbah 23. XIL — L Litt. Centralbl.
1898, 69; Leopoldina 34, 55; Vita in C.
Neckers Diss.: Ausgleichung v. Massen-
beobachtungen atmosphärischer Licht-
erscheinungen. Berlin 1894.
*Nehls, Johann Christian, Wasserbaudirektor,
Verf. mathem. Schriften; s. Abth. X.
Niiesch, Jakob, Dr. phil., Lehrer f. Mathe-
matik u. Naturwissensch. an d. städt. Real-
schule in Schaff hausen; f daselbst 31.
VII. — L Leopoldina 33, 98.
Schering, Ernst, Christian Julius, Dr. phil.,
ordentl. Prof. f. Mathem. an der Univ.
Göttingen, * zu Sandbergen b. Lüneburg
13. VII. 33; f zu Göttingen 2. XI. —
L Vierteljahrsschr. d. astronom. Gesellsch.
1898, 2 (W. Schur, mit W u. P); Poggen-
dorff I, 791. 3, 1183; Leopoldina 33, 161
(mit W). — W auch Kukula 803; Cat.
Roy. Soc. 5, 458. 8, 851. II, 303.
«Weierstrass, Karl Theodor Wilhelm, Dr.
phil., ordentl. Prof. f. Mathem. an der
Univ. Berlin, Mitgl. d. preuss. Akad. d.
Wissensch. etc., * zu Ostenfelde (Kr.
Münster i. W.) 31. X. 15; f «u Berlin
19. IL: s. BJ III. 170. — L BJ II, 45*;
Leopoldina 33, 21. 54: 111. Ztg. 108, 253
u. 1895 Nr. 2731 (mit P); Allg. Ztg. 1897
Beil. 42 ; weitere zahlreiche Litt. s. Mathem.
Jahrb. 28, 32 — 35. — W auch Kukula 987.
Suppl. 259; Poggendorff i, 1282. 3, 1424;
Cat. Roy. Soc. 6, 303. 8, 12 10. 7, 769;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 1895, Nr. 265.
Winnecke, Friedrich August Theodor, Dr.
phil., bis 1883 ordentl. Prof. f. Astronomie
und Direktor d. Sternwarte an der Univ.
Strassburg, * zu Gross-Heere bei Hildes-
heim 5. II. 35; + zu Bonn 3. XII. — L
Globus 20, 329 (mit P); Himmel u. Erde
IG, 230 (W. Förster, mit P); Viertel-
jahrsschr. d. astronom. Gesellsch. 1898, 5
(E. Hartwig, mit P); Naturwissenschaftl.
Rundschau 1898 Nr. 6 (A. Berberich);
Leopoldina 33, 155. 167 (mit W); Nature
57» X55- — W auch Poggendorff I, 1339.
3, 1453; Cat. Roy. Soc. 6, 397. 8, 1252.
II, 826.
XIV. Naturforscher.
Aron, Julius, Dr. phil., Chemiker; s. ordentl. Prof. f. Physiologie an d. Univ.
Abtb.'lX. Berlin, ♦ daselbst 27. IV. 28; f ebenda
^Auerbach, Leopold, Dr. med., ausser- i. X.: s. BJ II, 34. — L Leopoldina 33,
55
*
Todtcnliste 1897: XIV. Naturforscher.
56»
130. 158 (mit W); 111. Ztg. 109, 470. —
W auch KL 1897, 34; Kukula 13.
Baumgartner, Leopold, Konservator d.
DöU'schen Herbariums zu Freiburg i. B.;
t daselbst 14. IV. — L Leopoldina 33,
"3-
Bohn, Conrad, Prof. f. Physik und Geodäsie
an d. Forstlehranstalt Aschaffenburg; s.
Abth. XIIL
^Breitenlohner, Jakob, Dr. phil., ausser-
ordentl. Prof. f. Meteorologie, Klimatologie
u. Bodenkunde an d. Hochschule f. Boden-
kultur in Wien; s. Abth. VI.
Buchner, Christian Ludwig Otto, Dr. phil.,
Gymn. Prof. a. D., Physiker und Lokal-
historiker, ♦ zu Darmstadt 22. V. 1828,
t zu Giessen 5. IL -— L 111. Ztg. 108,
193; PoggcndorfF 3, 210 (mit W). — W
auch KL 1897, 173; Cat. Roy. Soc. 7,
296. 9, 390.
Dahlen, H. W., Generalsekretär d. deutschen
Weinbau Vereins in Wiesbaden; f daselbst
31. VII. — L Leopoldina 33, 98. — W
Cat. Roy. Soc. 7, 476.
Drechsel, Heinrich Ferdinand Edmund,
Dr. med. et phil., ordentl. Prof. f. physiolog.
u. patholog. Chemie u. f. Pharmakalogie,
sowie Direktor d. med.-mech. Instituts an
d. Univ. Bern, ♦ zu Leipzig 3. IX. 43;
t zu Neapel 22. IX. — L Leopoldina 33,
122. 128. 34, 43. 61 (A. Tschirch, mit
W); Poggendorff 3. 380 (mit W). — W
auch KL 1897, 257; Kukula 147. Suppl.
56; Cat. Roy. Soc. 7, 557. 9, 733.
Erlanger, Raphael Freih. v., Dr. phil.,
ausserordentl. Prof. f. Zoologie an der
Univ. Heidelberg, • zu Paris 23. VII. 65 ;
t zu Heidelberg 30. XI. — L Leopoldina
33, 166 (mit W); 111. Ztg. 109, 809.
Ettingshausen, Konstantin Freih. v., Dr.
med., Reg.-Rath, ordentl. Prof. f. Botanik
u. Geschichte d. Pflanzenwelt an d. Univ.
Graz, * zu Wien x6. VI. 26; f z\i Graz
I. II. — L Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 26;
111. Ztg. 108, 193; Leopoldina 33, 21. 53
(mit W); Hinrichsen' 338 (mit W); Frei-
herrl. Taschenb. 1897, 221. 1898, 1171.
— W auch KL 1897, 309; Kukula 181.
Suppl. 65; Cat. Roy. Soc. 7, 627. 9, 815.
Fiek, Emil, Apotheker in Kunnersdorf b.
Hirschberg, Bearbeiter d. Flora Schlesiens;
t daselbst 21. VI. — L Litt. Centralbl.
1897, 860 ; Berichte d. Deutschen botan.
Gesellschaft 1898, General vers.-Heft 12;
Leopoldina 33, 114.
♦Fraas, Oskar Friedrich v., Dr. phil.,
Direktor a. D. des k. Naturalien-Cabinets
in Stuttgart, * zu Lorch im Remsthal 17.
I. 24; t «u Stuttgart 22. XL: s. BJ II,
146. — L Schwab. Albbll. 9, 145; Poggen-
dorff 3, 468 (mit W); Geogr. Jahrb. 20,
470 (W. Wolkenhauer). — W auch KL
1897, 350; Cat. Roy. So<^ 7, 697. 9. 911.
Frank, E., Oberförster, Ethnograph; s.
Abth. VIL
Frenzel, Johannes, Dr. phil., Prof., Direk-
tor d. Biolog. Instituts am Müggelsee b.
Berlin; f zu Friedrichshagen 21. X. —
L 111. Ztg. 109, 570; Leopoldina 33, 159
(mit W).
^Fresenius, Carl Remigius v. (Carl ist
nicht der Rufname), Dr. phil., Prof., Geb.
Hofrath, Besitzer u. Direktor d. ehem.
Laboratoriums in Wiesbaden, * zu Frank-
furt a. M. 28 XII. 18; f zu W^iesbaden
II. VL; s. BJ II, 248. — L BJ II, 12*:
III. Ztg. 108, 774 (mit?); Leopoldina 33,
96; Poggendorff i, 799. 3, 474 (mit W);
Sitzungsber. d. Münch. Akad., math.-phys.
Kl., 48, 452 (Voit). — 'W auch KL 1897,
361; Cat Roy. Soc. 7, 708. 9, 926.
^Gätke, Heinrich, Ornitholog, * zu Pritz-
walk (Mark Brandenburg) 19. V. 14:
f auf Helgoland i. I.: s. BJ II, 409. —
L 111. Ztg. 108, 73.
Gercke, Georg, Dipterologe; f zu Ham-
burg. — L Leopoldina 33, 56.
Grütter, Max, Lehrer in Buschkowko b.
Priest; im Eisenbahnzug ermordet 2. IV.
— L Leopoldina 33, 91.
Hager, Hermann, Dr. phil., Apotheker u.
Chemiker; s. Abth. XXI.
^Heidenhain, Rudolf Peter Heinrich, Dr.
med., Geh. Med.-Rath, ordentl. Prof. f.
Physiologie u. Histologie u. Direktor d.
Physiolog. Instituts an d. Univ. Breslau,
* zu Marienwerder in Westpr. 29. I. 34;
t zu Breslau 13. X : s. BJ II, 75. — L
BJ II, 17* (irrig unter d. Namen Heiden-
heim) ; Sitzungsber. d. MUnch. Akad., math.-
phys. Kl., 1898, 460 (C. Voit); Leopoldina
33. 130. 159. 34, 91 (F. Schenck); Münch.
Med. Wochenschr. 1897 Nr. 50; Poggen-
dorff 3, 604 (mit W). — W auch Kukula
325. Suppl. loi.
Heydenreich, Geh. Rath, Lepidopterolog;
f zu Osnabrück 18. V. — L Leopoldina
33. "3.
Hofer, Dominik US, Dr., Prof., Zoolog;
s. Abth. VI.
Huth, Ernst, Dr. phil., Oberlehrer am
Realgjrmn. in Frankfurt a. O., Botaniker,
* zu Potsdam 1845; t ^^ Frankfurt a. O.
5. VIII. — L Leopoldina 33, 118.
Kenngott, Gustav Adolf, Dr. phil., früher
ordentl. Prof. f. Mineralogie an Polytechn.
u. Univ. in Zürich, * zu Breslau 6. I. 18;
t zu Lugano 14. III. — L Sitzungsber. d.
Münch. Akad. d. Wissensch., math.-phys.
Kl. 1897, 440 (C. Voit); Leopoldina 33,
38. 55 (mit W); Poggendorff 1, 1242.
3, 713 (mit W); Vierteljahrsschrift der
57*
Todtenliste 1897: XIV. Naturforscher.
58*
Natuxforsch. Gesellsch. in Zürich 42, 47
(U. Grubenmann). — W auch Kukula 431.
Suppl. 129; Cat. Roy. Soc. 10, 386.
Kessler, Hermann Friedrich, Dr. phil.,
Prof., Oberlehrer an d. Oberrealschule zu
Kassel a. D., Entomolog, * zu Treis a.
Lunde (Hessen-Darmstadt) 17. VI. 16;
t zu Kassel 2. IV. — L Litterar. Centralbl.
1897, 606; 111. Ztg. 108, 555; Leopoldina
33i 72< 91» Ztschr. f. d. mathem. u. natur-
wiss. Unterricht 27, 64. 28, 309 (Acker-
mann); vgl.' E. Lohmeyer, Verzeichnis
neuer hess. Litt, in Mittheilungen an d.
Mitglieder d. Ver. f. hess. Gesch. Jahrg.
1897, S. XXDC. — W auch KL 1897,
652» — P Abhandl. u. Berichte d. Ver. f.
Naturk. zu Kassel 47.
Klatt, Friedrich Wilhelm, Dr. phil., Lehrer
der Naturwissenschaften in Hamburg,
Botaniker, * daselbst 13. IL 2$; f ebenda
3. m. — L Leopoldina 33, 38; KL 1897,
665 (mit W).
Kleinenberg, Nikolaus, Dr., früher Prof.
f. vergl. Anatomie u. Zoologie an d. Univ.
Messina, geb. Kurländer; f zu Neapel 12.
XI. — L Hl. Ztg. 109, 672; Leopoldina
33. 163 (mit W).
Kölbel, Karl, Kustos am Naturhistor. Hof-
museum in Wien, Arachniden-, Myriopoden-
u. Crustaceenforscher. — L Leopoldina
33. 120.
Kraatz-Koschlau, Alexander v., Coleop-
terologe; f zu Friedenau b. Berlin 12. IX.
— L Leopoldina 33, 157.
Kraus, Franz, k. k. Reg.-Rath, Mineralog
u. Geolog, Höhlenforscher, * zu Wien 28.
!• 34; t ebenda 12. I. — L 111. Ztg. 108,
104; Allg. Ztg. 1897 Nr. 10; Leopoldina
33f 52; Globus 71, 100 u. Geogr. Jahrb.
20, 473 (W. Wolkenhauer) ; Geogr. Ztschr.
3» "«•
Kreuzhage, C, Dr. phil., erster Chemiker
an d. Akademie zu Hohenheim; f zu
Plümingen Mitte April, 60 J.— L 111. Ztg.
>o8, 555; Leopoldina 33, 92.
Lieder, Dr. phil., Geolog, 1891 — 93 in
Deutsch-Ostafrika thätig; f in Columbien
Juli/Aug. — L 111. Ztg. 109, 300.
Matscheko, Michael Ritter v., Chemiker;
s. Abth. IX.
*Meyer, Viktor, Dr. phil. et med., Geh.
Reg.-Rath, ordentl. Prof. f. Chemie an d.
Univ. Heidelberg, * zu Berlin 8. IX. 48;
t zu Heidelberg 8. VIIL: s. BJ III, 386.
— L 111. Ztg. X09, 209. 247 (mit P);
Leopoldina 33, 106. x 18 (mit W); Sitzungs-
ber. d. MUnch. Akad., math.-phys. Kl. 28,
455 (C. Voit); Allg. Ztg. 1897 Beilage 176
178. 189. — W auch KL 1897, 877;
Kukula 615. Suppl. 168; Poggendorff 3,
908.
Mojsisovics Edler von Mojsvar, Felix
Georg Hermann August, Dr. med.,
ausserordentl. Prof. für Zoologie an der
Techn. Hochsch. u. Privatdozent an der
Univ. in Graz, sowie Kustos d. zooIog.
Abth. d. »Johanneums« daselbst, * zu Wien
18. XI. 48; t zu Graz 27. VIIL — L 111.
Ztg. 109, 349; Lcopoldina 33, 121; Geogr.
Jahrb. 20, 475 (W. Wolkenhauer). — W
KL 1897, 892; Kukula 627; Cat Roy.
Soc. 10, 832.
*Moericke, Wilhelm, Dr. phil., Privatdozent
f. Geologie an d. Univ. Freiburg i. B.;
t daselbst 8. XI.: s. BJ II, 305. — L
Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik
20, 186; Geogr. Jahrb. 20, 475 (W» Wolken-
hauer).
Müller, Daniel, Coleopterolog ; f zu Bar-
celona 22. V. — L Leopoldina 33, 1x3.
Müller, Johann Friedrich Theodor (Fritz),
Dr. phil., Naturforscher, Freund Darwins,
* zu Windischholzhausen (Thüringen);
f zu Blumenau (Prov. Santa Catarina,
Brasilien') 2X. V. — L 111. Ztg. 108, X75;
Leopoldina 33, 73. 93.
Müller, Karl, Prof., Direktor d. agrikultur-
chem .Versuchsanstalt in Hildesheim, * da-
selbst 1847; f ebenda 26. X. — L Litt.
Centralbl. 1897, 1444; I^^* ^^S' '^1 ^49-
Neminar, Edmund F., früher ausserordentl.
Prof. f. Mineralogie u. Geologie an d.
Univ. Innsbruck; f zu Wien 10. IV. —
L Leopoldina 33, 113.
Nietzschke, Naturforscher u. Entomolog;
f während einer Forschungsreise in Telok
Betony aut Sumatra Sept./Okt. — L Hl.
Ztg. 109, 51 X; Leopoldina 33, x68.
Ossowski, Gottfried v., Archäolog und
Geolog, Prof. an d. Univ. zu Tomsk in
Sibirien, gebürtig aus Westpreussen ; f zu
Tomsk 16. IV. — L 111. Ztg. 108, 683.
•Otto, Karl, Dr. phil., Chemiker; s. Abth. IX.
Pilling, Oskar, Dr. phil., Gymn.-Prof.,
Pomolog u. Herausgeber naturwissenschaftl.
Werke; f zu Altenburg i. S. 23. XI. 97,
73 J. alt. — L Litt. Centralbl. 1897, 1580;
111. Ztg. X09, 672 ; Mittheil, aus d. Oster-
lande N. F. 8, 75 (Rothe).
•Preyer, Thierry William, Dr. phil. et
med., Hofrath, früher ordentl. Prof. f.
Physiologie an d. Univ. Jena, zuletzt
Privatdozent an d. Univ. Berlin, • zu Moss-
Side b. Manchester 4. VII. 41; f zu Wies-
baden x6. VIL: s. BJ II, X07. — L BJ
II, 34*; lU. Ztg. X09, 155 (mit P); Leo-
poldina 33, 98. 1x6; Hinrichsen* 1055;
Poggendorff 3, 1069 (mit W); Nation X897
Nr. 44 (A. Eulenburg); Münch. Neueste
Nachr. 1897 Nr. 333 (M. Offner); Blätter
f. d. Schulpraxis 9, i (J. Friedrich). —
W auch KL 1897, X024; Kukula 7x6.
59
*
Todtenliste 1897: XIV. Naturforscher.
60*
Suppl. 195 ; Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64,
5417»
Reinhard, Dr., Justizrath in Strassbarg^ i E.,
politisch, litterarisch u. naturwissenschaftl.
thätig; s. Abth. XX.
Rogenhofer, Alois, Kustos a. D. am
zoolog. Hof-Museum zu Wien Lepidoptero-
loge, * daselbst 22. XI. 31; f ebenda 15.
I. — L Hinrichsen' 1113 (mit W); Leo-
poldina 33, 38. 52. — W auch KL 1897,
1090.
Russow, Edmund August Friedrich, Dr.,
Wirkl. Staatsrath, Exe, früher ordentl.
Prof. f. Botanik u. Direktor d. Botan.
Gartens in Dorpat, ^ zu Reval 8. III. (a.
St. 24. IL) 41 ; f zu Dorpat 23. IV. —
L Litt. Centralbl. 1897, 606; III. Ztg. 108,
583; Leopoldina 33, 73. 92 (mit W);
Botan. Centralbl. 71, 265 (K. J. Kusnerow,
mit W); Berichte d. Deutsch, botan.
GeseUsch. Generalrers.-Heft 15, (46) (C.
Winkler). — W auch Kukula 780.
*Sachs, Friedrich Gustav Julius v., Dr.
phil. et med., Geh. Rath u. Hofrath, ordentl.
Prof. f. Botanik u. Direktor d. Botan.
Gartens an d. Univ. Würzburg, * zu Bres-
lau 2. X. 32; f zu Würzburg 29. V.: s.
BJ II, 262. — L BJ II, 37 ♦; Flora Erg.-
Bd. 84, 10 1 (K. Göbel); Münch. Med.
Wochenschr. 1897, 709 (Hauptfleisch);
Sitzungsber. d. Münch. Wisscnscb. 28,
478 (C. Voit); Naturwissenschaftl. Rund-
schau 1897 Nr. 36. 37 (F. Noll); Leo-
poldina 33, 73. 91 (mit W). — W auch
KL 1897, IX 16; Kukula 783. Suppl. 2ix;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 4263.
Schäschl, Johann, Entomolog u. Coleop-
terolog; f zu Unterberg b. Ferlach
(Kärnthen), 76 J. — L Litt Centralbl.
1897, 1312; Leopoldina 33, 157.
Schmacker, Bernhard, Malakozoolog; f zu
Yokohama 26. III. — L Leopoldina 33,
91.
Schneider, Franz Cölestin Ritter v., Chemiker;
s. Sp. 22*.
*Schrauf, AI brecht, Dr. phil., Hofrath,
ordentl. Prof. f. phystkal. Mineralogie u.
Vorstand d. Mineralog. Instituts an d.
Univ. Wien, ♦ daselbst 14. XII. 37 ; f eben-
da 29. XL: s. BJ III, 386. — L Almanach
d. Wiener Akad. d. Wissensch. 48, 322
(E. Mach., mit P); Leopoldina 33, 155.
165 (mitW); Poggendorff I, 841. 3, 1210
(mit W) ; Verhandl. d. k. k. geolog. Reichs-
anstalt 1897, 313. — W auch KL 1897,
II 99; Cat. Roy. Soc.
Schnitze, Karl, Chemiker, * zu Jutroschin
in Posen 1827; f auf seinem Landsitze
Murray Hill b. New York 29. V. — L
Litt. Centralbl. 1897, 860; 111. Ztg. 108,
811.
Schützenberger, Paul, Dr. med., Prof. f.
Mineralchemie am »College de France«,
* zu Strassburg i. E. 23. XII. 29; f zu
M^zy (Seine-et-Oise) 26. VI. — L Leo-
poldina 33, 157; Poggendorff 3, 12 17 (mit
W). — W auch Cat. Roy. Soc.
Seelig, Friedrich, Amtsgerichtsrath, Ich-
thyologe; t zu Kassel 20. IIL — L
Leopoldina 33, 112.
Seydler, Friedrich Wilhelm, Konrektor,
Botaniker; f 87 J. alt, zu Braunsberg (Ost-
preussen) 21. XI. — L Litt Centralbl.
1897, 1580; Hl. Ztg. 109, 762; Leopoldina
33, 114. — W Cat. Roy. Soc
^Sohncke, Leonhard, Dr. phil., ordentl.
Prof. f. Experimentalphysik an d. Techn.
Hochsch. in München, * zu Halle a. S.
22. II. 42; f zu München i. XL: s. BJ
II, 167. — L Bericht üb. d. Techn. Hoch-
schule zu München 1897/98 (Finsterwalder
u. Ebert, mit W); Deutsche Rundschau
f. Geogr. u. Statistik 20, 472 (mit P):
Sitzungsber. d. Münch. Akad. d. Wissensch.
1898, 440 (C. Voit); Meteorolog. Ztschr.
1898, 81 (F. Erk); Leopoldina 33, 112
(mit W); Poggendorff 3, 1263 (mit W):
Naturwissenschaftl. Rundschau 1897 Nr. 52
(O. Troje). — W auch Kukula 877. Suppl.
234; Cat. Roy. Soc.
Sommaruga, Erwin Franz Freih. v., Dr.
phil., ausserordentL Prof. f. Chemie an d.
Univ. Wien, * daselbst 26. IX. 44; f zu
Riva am Gardasee 10. V. — L Litt.
Centralbl. 1897, 702; 111. Ztg. 108, 683;
Leopoldina 33, 168; Poggendorff 3, 1266
(mit W); Freiherrl. Taschenbach 1897,
976. 1898, II 86. -- W auch Kukula 879.
Suppl. 234; Cat. Roy. Soc. 11, 450.
Stohmaim, Friedrich, Agrikulturchemiker ;
s. Abth. VI.
Strähler, Adolf, fürstl. Pless*scher Ober-
förster, der beste Kenner d. Rosen, Disteln
u. Weiden Schlesiens; s. Abth. VII.
Streng, Johann August, Dr. phil., Geh.
Hofrath, ordentl. Prof. f. Mineralogie u.
Geologie an d. Univ. Giessen, * zu Frank-
furt a. M. 4. II. 30; f zu Giessen 7. I.
— L Allg. Ztg. 1897 Nr. 6; Leopoldina
33f 3- 35» 38. 51- 58 (R- Braune, mit W);
Poggendorff i, 1026. 3, 1305 (mit W). —
. W auch Kukula 910; Cat. Roy. Soc.;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 470.
Taubert, Paul, Dr. phil., BoUniker, irtther
Hilfsarbeiter am k. Botan. Museum in
Berlin; f zu Manaos in Brasilien i. I. —
L Litt. Centralbl. 1897, 222; Leopoldina
33» 51 ; Naturwissenschaftl. Rundschau 1897
Nr. 14 (Loesener); Berichte d. deutschen
botan. Gesellscb. Generalvers.-Heft 15, (35).
^Valentin, Jean, Dr. phil., Sdctionschef f.
Geologie u. Mineralogie am National-
6i*
XIV. Naturforscher. XV. Ethnographen etc. XVI. Sprachforscher etc.
62'
museum in Buenos Aires, * zu Frankfurt
a. M. 17. X. 67; f durch Absturz bei
Aguade de Reyes in Patagonien 10. XII.:
s. BJ II, 304. — L Leopoldina 34, 59;
KL 97, 1366; Litt. Centralbl. 1898, 70;
Geogr. Jahrb. 20, 486 (W. Wolkenhaucr) ;
Vita in Valentins Diss : D. Geologie d.
Kronthals i. Eis. Strassburg 1890.
Volger, genannt Senckenberg, Georg
Heinrich Otto, Dr. phil., Prof., Mineralog,
Begründer u. Obmann d. Freien deutschen
Hochstiftes zu Frankfurt a. M., * zu Lüne-
burg 30. I. 22; f zu Sulzbach b. Soden
am Taunus 18. X. — L 111, Ztg. 109, 570.
609 (mit P); Leopoldina 33, 130. 160 (mit
W); Po^fgcndorflf i, 1228. 3, 1399 (mit
W). — W auch KL 97, 1382.
Wache, W., Direktor d. Zoolog. Gartens in
Lübeck, Thierkenner von Ruf; f daselbst
19. VII. — L Leopoldina 33, 157.
*Welcker, Hermann, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, früher ordentl. Prof. f. Anatomie u.
Direktor d. Anatom. Instituts an d. Univ.
Halle, * zu Giessen 8. IV. 22 ; f zu Winter-
stein in Thüringen ix. (nicht 12.) IX.: s.
BJ II, XI 5. — L 111. Ztg. 109, 402. 409
(mit P); Leopoldina 33, 120. X26 (mit W);
Globus 72, 2 XX. — W auch KL 1897,
1428; Kukula 995; (2at. Roy. Soc.
Wiepken, C. F., Omithologe u. Coleoptero-
loge, Leiter des Naturhistorischen Museuros
in Oldenburg; f daselbst 29. I. — L
Leopoldina 33, 52.
Wilckens, Martin, Dr. med., ordentl. Prof.
f. Thierphysiologie u. Thierzucht an d.
Hochschule f. Bodenkultur in Wien, * zu
Hamburg 3. IV. 34; + zu Wien 10. VI.
— L Leopoldina 33, 95; Hinrichsen' 1389;
Gttnz, Handb. d. landwirthschaftl. Litt 2,
272. — W KL 1897, 1452; Kukula 1013.
Suppl. 264.
Zeppelin, Max Graf v, Zoolog; s. Sp. 14*.
XV. Ethnographen, Geographen, Forschungsreisende.
*Adamy, Heinrich, Vorschullehrer,Pädagog
u. Geograph; s. Abth. XXH.
^Baumgarten, Johannes, Dr. phil., Gymn.-
Prof. a. D., Verf. v, Reisebeschreibungen;
s. Abth. XXIL
*Joest, Wilhelm. Dr. phil., Prof., Ethno-
graph tt. Forschungsreisender, * zu Köln
15. III. 52; t auf d. Insel Santa Cruz
(Australien) 25. XL: ». BJ II, 293. — L
Leopoldina 33, 155. 34, 53; Geogr. Jahrb.
20, 472 (W. Wolkenhauer) ; Globus 73, 46
(R.AndrecmitP); Verhandl. d. Gesellsch. f.
Erdkunde 25, 526. (v. Richthof en); Zeitschr.
f. Ethnol, 30 (28) (Virchow). — W KL
1897, 611; Cat. Roy. Soc. 10, 340.
Kraus, Franz, Höhlenforscher; s. Abth. XIV.
•Liebenow, Wilhelm, Prof., Geh. Reg.-Rath,
Kartograph, * zu Schönfliess (Prov. Branden-
^"^8r)»* t *^ Schöneberg b. Berlin 17. (oder
21?) VIIL: s. BJ II, 295. — LBJ II, 25»;
111. Ztg. 109, 222 (mit P): Leopoldina 33,
118; Neues Lausitz. Magazin 73, 310;
Geogr. Jahrb. 20, 474 (W. Wolkenbauer) ;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 54, 5562 (P. Sp.)
Lieder, Dr.; s. Abth. XIV.
•Petzold, Wilhelm, Dr. phil., Prof. an d.
Oberrealschule in Braunschweig, Schul-
geograph, * zu Keutschen b. Weissenfeis
8. IL 48; t zu Pouch b. Bitterfeld 24. VII. :
s. BJ II, 304 u. 386. — L Leopoldina 33,
128; Geogr. Ztschr. 3, 576; Globus 72,
115; Geogr. Jahrb. 20, 477 (W. Wolken-
hauer). >
*Ruthner, Anton Edler v., Dr. jur., Notar
in Salzburg, Alpenforscher u. Geograph,
• zu Wien 2X. IX.; f zu Salzburg 16. XII.:
s. BJ II, 305. — L BJ II, 37*.
*Schöiilank, William, Förderer ethnogra-
phischer u. geographischer Bestrebungen;
s. Abth. XI.
Stöber, E . ♦ zu Tiflis 6. IX. (25. VIIL a.
St.) 62; f bei d. Besteigung d. Grossen
Ararat 30. IX./1. X. (i8./i9. IX. a. St.).
— L Globus 32, 308 (N. V. Seidlitz).
^Vogel, Karl, Dr. phil. hon. c, Kartograph,
* zu Hersfeld in Hessen 4. V. 28; f zu
Gotha 17. IX.: s. BJ II, 306. — L
Leopoldina 33, 118. 125; Geogr. Jahrb.
20, 483 (W. Wolkenhauer).
Wankel, Heinrich, Dr., mährischer An-
thropolog u. Folklorist; f im 76 J, zu
Olmitz 5. IV. — L Verhandlungen d.
Gesellsch. f. Anthropologie 1898, 254 (EI.
Wankel); Globus 71, 316.
*Zintgraif, Eugen, Afrikareisender, ^ zu
Düsseldorf 16. L 58; f auf Teneriffa 3.
XIL: s. BJ II, 311. — L BJ II, 55';
Geogr. Jahrb. 20, 485; Allg. D. Biogr.
45. 336 (F. Ratzel).
XVI. Sprachforscher, Philologen, Litterarhistoriker.
*Bach, Theodor, Dr. phil., Realgymn.-Dir.,
Litteraturhistoriker; s. Abth. XXIL
*Baumgarten, Johannes, Dr. phil., Gymn.-
Oberlehrer a. D., Romanist u. Verf. v.
Reiseschilderungen, * zu Aachen 29. IX.
21; t zu Koblenz (nicht Aachen) 22. IV.:
s. BJ II, 294. — • L 111. Ztg. 108, 555;
Geogr. Jahrb. 20, 465 (W. Wolkenhauer).
— W KL 1897, 61.
*Baechtold, Jakob, Dr. phil., ordentl. Prof.
63
«
Todtenliste 1897: XVI. Sprachforscher, Philologen, Litterarhistoriker.
64
$1
f. deutsche Litteraturgesch. an d. Univ.
Zürich, • zu Schlcitheim (Kanton Schaif-
hausen) 27. I; f «u Zürich 8. VIII.; s. BJ
II, xo. — L BJ II, 2*; Hinrichsen> 44;
Deutsche Rundschau 1898 Okt. S. icx> (£.
Schmidt); 111. Ztg. 109, 209. 275 (mit P);
Arne ricana germanica I, iii (H. Frölicher) ;
Mag. f. Litt. 66, 1017 (H. Michel); Eu-
phorien 5, 838 (E. Schmidt). — W KL
1897. 39-
^Bender, Hermann, Dr. phil., Oberstudien-
rath, G}Tnn.-Rektor a. D., * zu Usfeld
(wUrttemb. Oberamt Besigheim); f zu
Kirchheim u. T. 2X. IV.: s. BJ II, 103. —
W KL 1897, 76.
^Bernays, Michael, Dr. phil., früher
ordentl. Prof. f. deutsche Litteraturgesch.
an d. Univ. München, * zu Hamburg 27.
XI. 34; f zu Karlsruhe 25. 11.: s. BJ I,
17*. n, 338. — L BJ II, 3*; Deutsche
Revue 1898 Mai 231 (E. Reuss); Neues
Korrespondenzbl. f. d. Gelehrten- u. Real-
schulen Württembergs 1897, 425 (H. Lud-
'^ig)* — ^ Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64,
1947.
*Be3rteniiiiUer, Theodor, Oberreallehrer
a. D., Dichter u. Germanist, * zu Weins-
berg 2. I. 20; t zu Stuttgart 27. XII.: s.
BJ II, 104. — L Hinrichsen*^ 119. — W
auch KL 1897, 98.
Bieling, Alexander, Dr. phil., Gymn.-Prof.,
Litterarhistoriker, ♦ zu Berlin i. V. 47;
t daselbst 9. IX. — L Litt. Centralbl.
1897, 1245; I^J' Ztg. 109, 402. — W KL
1S97, 102.
Blume, Ludwig, Gymn.-Prof., Litterar-
historiker, ♦ zu Wien 31. I. 46; f daselbst
5. IV. -^ L Hinrichsen* 143' (mit W). —
W auch KL 1897, 118.
Bradke, Peter v., Dr. phil., ordentl. Prof.
f. Sanskrit u. vergl. Sprachwissenschaft an
d. Univ. Giessen, * zu St. Petersburg 27.
VL 53; t zu Giessen 8. III.: s. BJ 11,
177. — L Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 71
(H. Hirt); Nordländ. Ztg. 1897, 8 (n. St.
20.) III. (L. V. Schröder); Jahresber. üb.
d. Fortschr. d. class. Alterthumswissenscb.
103, 54 (Thurneysen).
*Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Gymn.-
Direktor, Linguist, * zu Lübeck i. IV. 31 ;
f zu Strassburg i. E. 2. I.: s. BJ II, 321.
— L Hinrichsena 261 (mit W); Allg. Ztg.
1897, 3. Beil. — W auch KL 1897, 226.
Deutsch, Salomon, Prof., Talmudist, seit
1857 in Amerika, * zu Gleiwitz in Schlesien;
t zu New York 27. L — L 111. Ztg. 108,
213.
*Hirzel, Ludwig, Dr. phil., ordentl. Prof.
f. deutsche Sprache u. Litteratur an d.
Univ. Bern, ♦ zu Zürich 23. II. 38; f zu
Bern i. VI.: s. BJ II, 401. — L BJ 11,
19*; Goethe-Jahrb. 19, 320 (D. Jacoby);
Euphorion 4, 820 (F. Vetter); 28. Jahres-
heft des Vereins schweizer. Gymnasisdlehrer
S. 33 (O. V. Greyerz). — W KL 1897,
553; Kukula 361. Suppl. 109.
Hodermann, Richard, Dr. phil., Kultur- u.
Theaterhistoriker; s. Abtb. XXIII.
*Hoff6ry, Julius, Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. nord. Philologie an d. Univ. Berlin,
• zu Aarhus in Jütland 9. IL 55; t in
Westend b. Berlin 12. IV.: s. BJ II, 79.
— L BJ II, I9*.
Kauders, Abraham B., Rabbiner, früher
an d. theolog. Lehrkanzel zu Ramsgate,
Talmudist; f, 82 J. alt, zu Humpoletz in
Böhmen 28. VI. — L 111. Ztg. 109, 51.
Küttner, Ferdinand, Dr. phil., Gymn.-
Oberlehrer a. D., Grammatiker, ; f zu Berlin
2. XI. — L Litt. Centralbl. 1897, 1476.
Langen, Peter, Dr. phil., Geh. Reg.-Rath,
ordentl. Prof. f. class. Philologie an d.
Akad. Münster i. W., • zu Köln 6. VL 35;
f zu Münster i. W. 26. V. — L Jahresber.
üb. d. Fortschritte d. class. Alterthums-
wissenscb. 103, I (mit W); Eckstein 317;
Rassmann N. F. 136 (mit W). — W auch
KL 1897, 752; Pökel X51.
Längin, Georg, Stadtpfarrer, Litterar-
historiker; s. Abth. XIX.
Lehnerdt, Ludwig Moritz Albert, Dr. phil.,
Geh. Reg.-Rath, vormals Direktor d.
Friedrichs-Collegiums zu Königsberg i. Pr.,
• zu Wilsnack in d. Priegnitz 9. XII. 27;
f zu Königsberg i. Pr. 25. X. — L Litt.
Centralbl. 1897, 1444; Eckstein 327.
Lüttwitz, Max, Freih. v., Dr. jur., seit 1889
Dozent f. deutsche u. französ. Sprache an
d. Univ. Sydney, ♦ 10. I. 35 ; f zu Sydney
4. XI. 97. — L 111. Ztg. 109, 881; Litt.
Centralbl. 1897, 1507; Freiherrl. Taschenb.
1898, II 78.
Rettig, Georg Friedrich, Dr. phil., früher
ordentl. Prof. f. class. Philologien. Direktor
d. philolog. Seminars an d. Univ. Bern»
• zu Giessen 30. III. 1803; f zu Bern 11.
I. — h Allg. Ztg. 1897 BeU. Nr. 14; Eck-
stein 466. — W Pökel 222.
^Sanders, Daniel, Dr. phil., Prof., Lexiko-
graph, auch Dichter, * zu Altstrelitz 12.
XL 19; t daselbst li. III.: s. BJ III, 384.
— L B J II, 38*; 111. Ztg, 108, 355. 109,
3S9 (mit P) u. Jahrg. 1889 Nr. 2419 (mit
P); Hinrichsen* 1141 (mit W); Brummer*
3, 388; Ztschr. d. allg. deutschen Sprach-
ver. 1897, 164 (H. Wunderlich). — W
auch KL 1897, 1123; Börsenbl. f. d. d.
Buchh. 64, 2084.
*Schepss, Georg, Dr. phil., Gymn.-Prof.
class. Philolog, ♦ zu Schweinfurt 26. XII.
52; t zu Speyer 4. IX.: s. BJ II, 37. —
L Jahresber. üb. d. Fortschr. d. class.
65* Todtenliste 1897: XVI. Sprachf.,Philol.,Litterarhist. XVII. Geschichtsforscher. 66*
Akerthumswissensch. 103, 123 (S. Brandt,
mit W); Blätter f. d. Gymnasialschulwesen
1898, 802 (Pfirsch). — W auch KL 1897,
1145.
*Seinmig, Friedrich Hermann, Dr. phil.,
Prof., Kultur- und Litterarhistoriker, auch
Dichter, * zu Döbeln 22. VI. 20; f zu
Leipzig 22. VI.: s. BJ II, 89. — L
Brummer* 4, 75 ; Das litterar. Leipzig
(Leipzig 1897), 121 (mit W u. P). — W
auch KL 1897, 1246.
Vollbrecht, Johann August Ferdinand,
Dr. phil., Gymn.-Prof. a. D., * zu Osterode
20. VIll. 12; f zu Hannover 24. III. —
L Jahresber. Üb. d. Fortschritte d. class.
Alterthumswissensch. 99, 91 ; Eckstein 597.
— W Pökel 291.
Wolf, Georg, Gymn.-Dir., Philolog; f zu
Budapest 14. IX. — L Litt. Centralbl.
1897, 1246; 111. Ztg, 109, 402.
XVIL Geschichtsforscher.
Ackermann, Oskar, Zeitungsredakteur,
Sachs. Lokalhistoriker; s. Abth. XXIII.
•Arneth, Alfred Ritter v.. k. k. Wirkl. Geh.
Rath, Ezc, Direktor d. Staatsarchivs, * zu
Wien IG. VII. 19; f ebenda 30. VI.: s.
BJ II, 136. — L Wurzbach i, 68. ii,
357; Hinrichsen' 31; 111. Ztg. 109, 221
(mitP). - WKL 1897, 27; Keiter 5,6;
Börsenbl. f. d. Buchh. 64, 5574.
*Bauer, J ul i us, Major, Publizist u. Historiker ;
s. Sp. 31*.
^Burckhardt, Jakob, Kultur- u. Kunst-
historiker; s. Abth. XXVIII.
Falke, Jakob v., Kultur- u. Kunsthistoriker;
s. Abth. XXVm.
*Hoefler, Karl Adolf Konstantin Ritter v.,
Dr. phil., früher ordentl. Prof. f. Gesch.
an d. Univ. Prag, Mitgl. d. österr. Herren-
hauses, * zu Memmingen 27. III. 11; f zu
Prag 30. XII. : s. BJ II, 209. — L Mittheil,
d. Ver. f. d. Gesch. d. Deutschen in Böhmen
36, 381 (A. Bachmann); Wurzbach 9, 102
(mitW); Hinrichsen» 585 (mit W); Histor.
Vierteljahrsschr. i, 159; Sitzungsber. d.
Manch. Akad. d. Wissensch., phiL-hist
KL, 1898, I, 343 (Friedrich). — W auch
Keiter 5, 90.
Mendelssohn-Bartholdy, Karl, Dr. phil.,
bis 1874 ordentl. Prof. f. Gesch. an d.
Univ. Freiburg i. B., • zu Leipzig 7. II.
38; f zu Brugg (Schweiz) 23. II. — L
111. Ztg. Z08, 307.
^Menzel, Karl, Dr. phil., ordentl. Prof. f.
Gesch. d. Mittelalters u. Paläographie an
d. Univ. Bonn, ♦ zu Speyer 5. XL 35;
t zu Bonn 10. V.: s. BJ II, 221. — Ul.
Ztg. 108, 648. — W Kukula 603; KL
1897, 865.
^Nüscheler, Arnold, Dr. phil. h. c, • zu
Zürich 18. Vin. II; t daselbst 30. X.:
s. BJ II. 31.
Philipp!, Rudolf, Archivrath; s. Abth. XXV.
Puckert, Wilhelm, Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. Gesch. an d. Univ. Leipzig, ♦ 2.
I. 30; f zu Leipzig 13. IX. — L Litt.
Biogr Jahrbuch a. L)eut.scher Nekrolog. 4. Bd.
Centralbl. 1897, 1245; III. Ztg. 109, 370.
— W Kukula 720.
^Riehl, Wilhelm Heinrich v., Dr. phil.,
Geh. Rath, ordentl. Prof. f. Kulturgesch.
u. Statistik an d. Univ. München, * zu
Biebrich a. Rh. 6. V. 23; f zu München
16. XL: s. BJ III, 400. — L BJ II, 36«;
Hinricbsen' 1106; 111. Ztg. 109, 722 (mit
P); Alte u. Neue Welt 1898, 32, 7 (Muth);
Histor.-polit. Bll. 119, 616 (Ratzinger) ;
vgl. Dietrichs Bibliogr. d. Ztschr.-Litt 1898,
194.' — W auch KL 1897, 1075; Kukula
750. SuppL 204. — P auch Westermanns
Monatshefte 84, 180.
Schröder, Felix, Geschichtslehrer am Gymn.
v. Melun ; f , 34 J. alt, zu Bern Mitte Juni.
— L Litt. Centralbl. 1897, 830.
^Schumann, Albert, Prof. f. Gesch. u.
Geogr. an d. Kantonsschule in Aarau,
Leiter d. Stadtbibliothek Zofingen, * zu
Gotha 4. n. 35; f zu Aarau 24. IT.: s.
BJ II, 26. — W KL 1897, 1221.
Trost, Ludwig Ritter v.. Geh. Haus- u.
Staatsarchivar ; s. Abth. XXV.
•Wattenbach, Wilhelm, Dr. phil. et jur..
Geh. Reg.-Ratb, ordentl. Prof. f. Gesch.
an d. Univ. Berlin, • zu Ranzau in Holstein
22. IX. 19; f zu Frankfurt a. M. 20. IX.:
s. BJ II, 365. — L 111. Ztg. 109, 441 (mit
P); Mittheil. d. Ver. f. d. Gesch. d. Deut-
schen in Böhmen 36, 410 (J. Jung);
Carinthia 88, 31 (A. v. Jacksch); Ztschr.
d. Ver. f. d. Gesch. Schlesiens 32, 345
(C. Grttnhagen); Archivio storica italiano
20» 437 (C. Paoli); Nachr. d. Gesellsch.
d. Wissensch. zu Göttingen, Geschäftl.
Mittheü., 1898, 67 (P. Kehr); Hinrichsen'
1362; Sitzungsber. d. Münch. Akad. d.
Wissensch., phil.-hist. Kl., 1898, I, 341
(Friedrich). — W Kukula 979. Suppl. 257;
KL 1897, 1407; Börsenbl. f. d. d. Buchh.
64, 6871. 7626.
•Wegele, Franz Xaver v., Dr. phil., Geh.
Rath, ordentl. Prof. f. Gesch. an d. Univ.
Würzburg, ♦ zu Landsberg a. L, 28. X. 23;
67*
XVII. Geschichtsf. XVIII. Volkswirthe u. Statistiker. XIX. Geistliche etc.
68*
t zu Würzburg i6. X.: s. BJ II, 383. —
L 111. Ztg. 109, 576 (mit P); F. X. VVegele,
Vorträge u. Abhandlungen. Hrsg. v. R.
Graf du Moulin-Eckart (Leipzig 1898);
Sitzungsber. d. MUnch. Akad. d.Wissensch.,
phil.-hist. Kl. 1898, I, 342 (Friedrich). —
W Kukula 985; KL 1897, 1414.
♦Weiss, Hermann, Prof., Geh. Reg.-Rath,
Kultur- u. Kunsthistoriker: s. Abth.XXVIII.
Weltzel, A u g u s ti n, GeistLRath ; s. Abth.XIX.
Wiedemann, Theodor, Dr. phil., Mit-
arbeiter Leopold Rankes, * 5. X. 33; t zu
Berlin 5. IL — L Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 30; 111. Ztg. 108, 213. — W KL 1897,
1448.
XVin. Volkswirthe und Statistiker.
Frankenstein, Kuno, Dr. sc. polit., General-
sekretär, Dozent an d. Humboldtakad. in
Berlin , Volkswirth , * zu Pfiffelbach
(Sachsen-Weihiar) 10. III. 61 ; f zuBlanken-
burg 14. X. — L Hinrichsen- 381 (mit W);
111. Ztg. 109, 606; Litt. Centralbl. 1897,
1410. — W auch KL 1897, 355.
Keussler, Johannes v., Dr. oec. publ.,
Nationalökonom u Kulturhistoriker,* f zu
St. Petersburg 13. IIL — L 111. Ztg. 108,
385; Litt. Centralbl. 1897, 412.
*Reitzenstein, Friedrich Freih. v., Be-
zirkspräsident in £Is.-Lothr. a. D. ; s.
Sp. 17*.
•Riehl, Wilhelm v., ordenti. Prof. f.
Kulturgesch. u. Statistik an d. Univ.
München; s. Abtb. XVIL
Struck, Emil, Dr. phil., ordenti. Prof. f.
Nationalökonomie an d. Univ. Greifswald.
* zu Gollnow (Pommern) 23. II. 57: f zu
Greifswald 7. (oder 8. ?) VII. — L 111. Ztg
109, 84; Litt. Centralbl. 1897, 924. — W
KL 1897, 1317; Kukula 912. Suppl. 242.
Wirth, Franz Ulpian, Techniker, Friedens-
agitator^ • zu Bayreuth 6. VII. 26; f zu
Frankfurt a. M. in d. Nacht v. 16./ 17. V.
— L Allg. D. Biogr. 43, 527 (L. Fränkel).
Zeller, Wilhelm, Dr. jur., Schriftsteller
auf Jurist, u. volkswirthschaftl. Gebiete:
s. Sp. i8*.
XIX. Geistliche und Gottesgelahrte.
I. Katholiken.
*Degen, Ludwig, Stadtpfarrer von St.
Stephan in Konstanz, * zu Engen im Hegau
9. VIII. 39; f zu Konstanz 28. IL: s. BJ
II, 285. — L [Flum] Ludwig D., Stadt-
pfarrer V. St Stephan in Konstanz. £.
Lebensbild. Kadolfzell 1897; Freiburger
Kathol. Kirchenbl. 41, 273. 291.
*Diez, Johann Christoph, Pfarrer in Wall-
dürn (Baden), * zu Kupprichhausen (Bez.-
Amt Tauberbischofsheim) 11. VIII. 26;
t zu Walldürn 12. IL: s. BJ II, 284. —
L Freiburg. Kath. Kirchenbl. 41, 150. 163.
*Diez, Nicodemus, Geistl. Rath, Pfarrer
in Stockach (Baden), * zu Kattenhom am
Bodensee 10. X. 1806; f zu Stockach 3.
L: s. BJ II, 284. — L 111. Ztg. 108, 73;
Allg. Ztg. 1897 Nr. 8 S. 2; Freiburg. Kath.
Kirchenbl. 41, 49, 69.
Franz, Joseph Theodor, Dr. theol., Geistl.
Rath , Generalvikar u. Domkapitular in
Würzburg, ♦ zu Marktheidenfeld 5. V. 39;
t zu Würzburg 3. XI. — L 111. Ztg. 109,
649; Personal -Schematismus d. Diöcese
Würzburg 1898, 119; Keiter 5, 56 (mit W).
— W auch KL 1897, 356.
Grüniger (nicht Grüninger), Augustin,
OSB, Prälat, Abt v. Muri u. Prior v. Gries,
• zu Altendorf (Schweiz) 12. XII. 24; f zu
Gries 14. III. — L Scriptores Ordinis S.
Benedicti qui 1750 — i88ofueruntinImperio
Austriaco-Hungarico (Vindob. 1881), 147
(mit W); Revue benedictine 14, 184; 111.
Ztg. 108, 385.
^Happe, Franz Engelbert, Vikar in Süd-
kirchen (Kreis Lüdinghausen), Dichter,
♦ zu Sendenhorst (Westfalen) ii. VL 63;
t zu Südkirchen 11. IX.: s. BJ II, 51. —
L u. W Brummer* 2, 97; Keiter^ 77; KL
1897, 484.
Jahnel, Dr. theol., Propst, fürstbischöfl.
Delegat in Berlin; f daselbst 11. VII. —
L Hl. Ztg. 109, 84.
*Keller, Franz, Pfarrer in Unterroth b.
Illertissen, schwäb. Dialcktdichter, * zu
Untergünzburg a. D. 24. IV. 24; f zu
Unterroth 8. X.: s. BJ II, 230. — L u.
W Hinrichsen' 665; Brummer* 2, 270;
Keiter 5, 107; KL 1897, 644.
Keppler, Eugen, Stadtpfarrer zu Freuden-
stadt im Schwarzwald; * zu Schwäbisch
Gmünd 24. I. 47 ,* f zu Freudenstadt . . .
— L BJ II, 22*; Keiter 5, 109 (mit W).
*Kneipp, Sebastian, Prälat u. Geheim-
kämmerer, Pfarrer in Wörishofcn (Kreis
Schwaben), Naturheillehrer, * zu Stephans-
ried b. Ottobeurcn 17. V. 21 ; f zu Wttris-
69'
Todtenliste 1897: XIX. Geistliche und Gottesgelahrte.
70
«
hofen 17. VI.: s. BJ II, 218. — L BJ II,
22*; 111. Ztg. 108, 811 (mit P); weitere
Litt. s. Börsenbl. f. d. deutsch. Buchh.
1897, 4845—4850.
♦Kober, Franz Quirin v., Dr. theol., früher
Orden tl. Prof. f. Kirchenrecht u. Pädagogik
an d. Univ. Würzburg, • zu Warthausen
(Oberamt Biberach) 6. III. 21 ; f zu
Tübingen 25. I.: s. BJ II, 276. — L BJ
II, 23*; Litt. Beil. d. Staatsanz. f. Württem-
berg 1897, r33; Schwab. Kronik 1897,
171. 204; D.Volksbl. i897Nr.20; Allg.Ztg.
1897 Beil. Nr. 2X, 7. — W ausser Börsenbl.
f. d. d. Buchh. 1897, 1041: Kukula 459;
Keiter* 116; KL 1897, 683.
Koch, Friedrich, Stadtpfarrer u. Dechant
in HUnfeld, 1879—82 Abg. f. Fulda (Zentr.) ;
t 28. L — L Voss. Ztg.
Kopallik, Joseph, Dr. theol., ordentl. Prof.
f. Kirchengesch. an d. Univ. Wien, * da-
selbst 8. V. 49; f auf dem bei Fiume
untergegangenen Dampfer »Ika« 21. IX.
— L Litt. Centralbl. 1897, 1276; Keiter
5, 119 (mit W). — W auch Kukula 479;
KL 1897, 703.
Krückl, Karl, Dr. theol., Geistl. Rath,
Domherr, Hofkaplan von St. Stephan in
Wien, früher ordentl. Prof. f. Theol. an
d. Univ.; f daselbst, im 72 J., 22. II. —
L 111. Ztg. 108, 273; Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 46 S. 8; KL 1897, 725.
♦Thoma, Antonius v., Dr. theol., Erzbischof
v. München u. Freising, ♦ zu Nymphen bürg
b. München i. III. 29; f zu München 24.
XL: s. BJ III, 381. — L 111. Ztg. 109,
762 (mit P).
•Weltzel, Augustin, Dr. theol., Geistl.
Rath, Pfarrer zu Tworkau b. Ratibor,
schles. Lokalhistoriker, früher auch Mitgl.
d. preuss. Abg.-Hauses, ♦ zu Jcltsch (Kreis
Ohlau) 9. IV. 17; f zu Tworkau 4. XL:
s. BJ II, 190. — L u. W Keiter 5, 248;
KL 1897, 1429.
Wolf, Johann Baptist, Domdechant u. Geistl.
Rath in Regensburg, • zu Wattenweiler b.
Ichenhausen (Schwaben) 17. X. 26; f zu
Regensburg 4. IV. -- L 111. Ztg. 108. 484.
Zehrt, Konrad, Dr. theol., Domkapitular
u. bischöfi. Kommissarius in Heiligenstadt,
187 1/2 Reichstagsabg., * zu Heiligenstadt
25. IX. 1806; f • daselbst 23. VI. — L
Schönfeld^ X44
Zorn, Alois, Dr. theol., Geh. Rath, FUrst-
Erzbischof v. Görz, ♦ zu Pervasina 13. I.
34; t 2u Wien 8. VII. — L 111. Ztg. 109,
84.
2. Protestanten.
^Baur, Wilhelm, D. theol., Generalsuper-
intendent d. Rheinpro v., auch Lokal-
historiker, * zu Lindenfels im Odenwald
16. III. 26; t zu Koblenz 18. IV.: s. BJ
III, 389. — L 111. Ztg. 108, 555; Hinrich-
sen'^ 77 (mit W); Holtzmann u. ZöpffeP
60 (mit W): W. Baur, Ges. Schriften Bd. i
(Bremen 1898, mit P). — W auch KL
1897, 64.
«Brodkorb, Wilhelm, Kirchenrath, bis 1886
Pfarrer zu Benzingerode am Harz, * zu
Wolfenbüttel ii. III. 1806; f zu Braun-
schweig 18. III.: s. BJ II, 360.
Cafpari, Bernhard Johannes, früher Ober-
lehrer in Leipzig, einer d. Gründer d. Ver.
f. innere Mission; f im Siechenhaus
Bethesda in der Niederlössnitz, 81 J. alt,
5. VIII. — L 111. Ztg. 109, 240.
Danneel, Ludwig, D. theol., Kirchenrath.
* zu Wittenburg 4. VIII. 26; f zu Ludwigs-
lust 2. V. — L BJ II, 8*; Mecklenburg.
Kirchen- u. Zeitbll. 1897, 313. 334.
Deinzer, Johannes, Missionsinspektor in
Neuendettelau.
^Holsten, Karl Johann, D. theol., Kirchen-
rath, ordentlicher Prof. f. neutestamentl.
Exegese an der Univ. Heidelberg, * zu
Güstrow 2. IV. 25; t zu Heidelberg 26. I.:
s. BJ II, 4. — L BJ II, 2o»; A. Hausrath,
K. H. Worte d. Erinnerg. (Heidelberg 1897) ;
Schaff and Jackson loi. 259; Holtzmann
u. Zöpffel'-' 452; Realencyclopädie f. prot.
Theol. u. Kirche^ 8,281; K. Holsten, D.
Evang. d. Paulus 2, XI (P. Mehlhorn).
— W auch Kukula 378; KL 1897, ST^i
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 1897, 1041.
Immisch, Friedrich Heinrich, D. theol. h.c.,
Pfarrer zu Göda (Oberlausitz), * zu Buch-
wald b. Bautzen 16. XII. 19; f zu Göda
12. XII. — L Litt. Centralbl. 1898, 33;
111. Ztg. 109, 881.
*Klemm, Alfred, Dekan in Backnang,
Württemberg. Alterthumsforscher, * zu Ell-
wangen 8. XI. 40; f zu Backnang 27. III.:
s. BJ II, 276. — L Kirchl. Anzeiger f.
Württemb.6, 164; Aus d. Schwarzwald 5,57
(P.W.); Beiträge z.württemb. Kirchengesch.
N. F. I, 144; Schwab. Albbll. 9, 127 (E.
Naegele); Stuttg. N. Tagebl. 1897 Nr. 74.
♦Köhler, August Philipp, D. theol. et Dr.
phil., Geh. Rath, ordentl. Prof. f. alt-
testamentl. Exegese an d. Univ. Erlangen,
♦ zu Schmalenberg (Rheinpfalz) 8. II. 35;
t zu Erlangen 17. IL: s. BJ III., 391. —
L BJ II, 23*; Hinrichsen'^ 317 (mit W);
W. Cafpari, Rede b. d. Beerdigung (Er-
langen 1897); Schaff and Jackson 119. —
W auch Kukula 464; KL 1897. 688.
71
*
Todtenliste 1897: XIX. Geistliche u. Gottesgelahrte.
72*
•Krafft, Wilhelm Ludwig, D. theol., Kon-
sistorialrath, Prof. f. Kirchengesch. an d.
ev.-theol., Fakultät d. Univ. Bonn, * zu
Köln 8. IX. 21; t zu Bonn 7. I.: s. BJ
II, 285. — L Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 6
S. 8; 111. Ztg. 108, 73; Holtzmann u. ZöpffeP
621; Schaffand Jackson 120, 260 (mitW).
— W auch Kukula 487; KL 1897, 710;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 1897, 439.
Kuhlmann, Karl, Pfarrer zu Werther (West-
falen); t 9. I. — L BJ II, 24*.
Längin, Georg, Stadtpafarrer in Karlsruhe,
Litterarhistoriker, Dichter, * zu Buggingen
(Baden) 31. X. 27; f zu Karlsruhe 13. IX.
— L BJ II, 24*; Brummer* 2,380 (mitW);
III. Ztg. 109, 402. — Wauch KL 1897, 742.
Leyser, Jakob, D. theol., Konsistorialrath
u. Kreisscholarch in Speier, Goetheforscher,
• zu ZweibrUcken 13. I. 30 ; f zu Speyer
17. V^I. — L 111. Zte. 109, 17; Hinrichsen*
804 (mit W). — W auch KL 1897, 781.
*Lommatzsch, Siegfried Otto Nathanael,
D. theol. et Dr. phil., ausserordentl. Prof.
f. neutestamentl. Exegese u. christL Päda-
gogik an d. Univ. Berlin, * daselbst 21. I.
33; f zu Freienwalde a. O. 13. VIII.:
s. BJ III, 392. — L Schaff and Jackson
261 (mit W); Holtzmann u. Zöpffcl» 669;
111. Ztg. 109, 268. — W auch Kukula 565 ;
KL 97, 811.
*Mar6es, Wilhelm Ludwig de, bis 1890
Prediger zu Omarsleben b. Bernburg,
Dichter u. Uebersetzer, * zu Dessau 14. II. 20;
f zu Bernburg 9. VIL : s. BJ. II, 78. —
L u. W Brummer» 3, 18; KL 1897, 839.
*Meier, Ernst Julius, D. theol. et Dr. phil.
Oberhofprediger, Vizepräsident d. evangcl.
Landeskonsistoriums d. Kgr. Sachsen, * zu
Zwickau 7. IX. 28; f zu Dresden 6. X :
s. BJ III, 393. — L BJ II 28*; 111. Ztg.
109, 51 1; Holtzmann u. ZöpffeP 717 (mit
W); B. Kühn, Oberhofprediger D. E.
J. Meier (Leipz. 1898; Sep. -Abdr. aus:
Beitr. zur sächs. Kirchengesch.). — W
auch KL 1897, 856.
*Mül]er, Ferdinand Gottlob Jakob v., D.
theol., Württemberg. Feldpropst u. Prälat
a. D., • zu Winnenden (Oberamt Waib-
lingen) 9. VI. 16; t zu Stuttgart 2, IL:
BJ II, 286. — L u. W Holtzmann u.
ZöpffeP 756.
Otto, Johann Karl Theodor, D. theol., et
Dr. phil , Lic. theol., k. k. Reg.-Rath, früher
Prof. an d. evang. theol. Fakultät zu WMen,
Präsident vieler gelehrter Gesellschaften,
• zu Jena 4. X. i6; f zu Dresden 11. I.
— L BJ II, 33*; Holtzmann u. ZöpffeP
813, Schaff and Jackson 158, Hiurichsen'
1005 (mit W).
•Peter, Carl Lorenz, Kirchenrath, Pfarrer in
Spöck b. Karlsruhe, * zu Karlsruhe 5. IX. 12;
f zu Oeschelbronn b. Pforzheim 26. VIII. :
s. BJ II, 383. - L BJ ir, 33».
*Romann, AI brecht, (Pseudon.: Alb recht
von Gaisenberg), Diakonus an d. Lieb-
frauenkirche zu Liegnitz, lyr. u. dramat.
Dichter, * zu Ziegenhals (Schlesien)
27. III. 50; f zu Liegnitz 11. IX.: s. BJ
II, 88. — W KL 1897, 1094.
^Sallentien, Karl Heinrich Ludwig Eduard,
Abt, Vizepräsident d. braunschweig. Kon-
sistoriums zu Wolfenbüttel, * zu Braun-
schweig 12. V. 25; f zu W^olfenbüttel
3. IL: s. BJ II, 371. ^ L BJ II. 37*
(mit W).
^Schlecht, Karl August Johann Ferdinand,
Lic. theol., Konsistorialrath, Superintendent,
u. Pfarrer am Dom zu Königsberg i. Pr.,
* zu Königsberg in d. Neumark 17. V. 38;
t zu Königsberg i. Pr. 29. XII.: s. BJ
III, 388.
Schumann, Richard, Pastor zu Jescrig
b. Brandenburg, 1873 — 79 nat.-lib. Mitgl.
d. preuss. Abg. -Hauses f. Westhavelland-
Zauch-Belzig; f, 60 J. alt, in Bad Schmiede-
berg, 16. VII. — L 111. Ztg. 109, 145.
*Schwartz, Johann Heinrich Karl Christian
Albert, Pfarrer zu Gross- Winnigstedt in
Braunschweig, * zu Braunschweig 1 1. X. 26 ;
f zu Gross -Winnigstedt 13. XII.: s. BJ
IL 384.
•Stählin, Adolf Ritter v., D. theol., Präsi-
dent d. Oberkonsistoriums in München,
MitgL d. bayr. Kammer d. Reichsräthe,
* zu Schmähingen (Bez.-Amt Nördlingen)
27. X. 23; f zu München 4. V.: s. BJ
III, 395. — L BJ II, 40*; Beitr. x. bayr.
Kirchengesch. 4, 15 (Th. Kolde; auch sep.
Erlangen 1897); O. Stählin, Oberkonsisto-
rialrath A. v. St. (München 1898, mit P);
Holtzmann u. Zöpffcl* 984 (mit W); Allg.
Ztg. 1897 Beil. Nr. 179 (J. SchiUer). —
W auch KL 1897, 1279.
Steller, £. P., Missionar.
♦Trautvetter, Friedrich Wilhelm Gustav
Arno, Gendralsuperintendent u. Oberhof-
prediger in Rttdolstadt, * zu Eisenach
22. IV. 42 ; f zu Blankenburg in Thüringen
17. VIL: s. BJ III, 399.
Tremel, Johann, Missionar in Ostafrika,
* zu Wittelshofen 1865 »* t »"^d- Erholungs-
reise zu Nürnberg 16. X. — L III. Ztg.
109, 570.
Trusen, Hermann, Konsistorialpräsident
in Magdeburg, kirchenrechtl. Schriftsteller,
* 30. IV. 38; f zu Magdeburg 19. VII. —
L 111. Ztg. 109, 145.
Wilhelm!, Konsistorialrath, erster Pfarrer
in Biebrich; f daselbst, 74 J. alt, 17. VI. —
L m. Ztg. Z08, 811.
Zehnte, Karl, Dr., Pastor eroer., langjähriger
Vorsitzender d. evang.-luth. Gotteskastens
73
'*
Todtenliste 1897: XIX. Geistliche u. Gottesgelahrte. XX. Rcchtsgelehrtc.
74'
im Kgr. Sachsen u. d. Dresdner Konferenz;
t in Niederlössnitz 19. X. — L 111. Ztg.
109, 649.
^Zimmermann, Josef Andreas, Präsident
d. evang. Oberkirchenrathes in Wien; s.
Sp. 78».
XX. Rechtsgelehrte.
"^Bassermann, Anton, Präsident d. Land-
gerichts in Mannheim, * daselbst 18. X. 21 ;
t ebenda 22. IX.: s. BJ II, 280. — L Bad.
Presse 1897 Nr. 223.
^Bezzola, Andreas, Schweiz. Bundesrichter,
* zu Zernetz (Unterengadin) i. IV. 40;
t zu Zürich 10. I.: s. BJ II, 44.
Bockholltz, Gustav, Amtsgerichtsrath a. D.;
t zu Strassburg im Febr. — L Allg. Ztg.
1897 Nr. 47 Morgenbl S. 3 c.
Bolgiano, Karl Theodor, Dr. jur.. Geh.
Hofratb, früher ordent. Prof. f. gemeines
deutsches, bayer. und franz. Zivilprozess>
recht und franz. Zivilrecht an d. Univ.
München, * daselbst 11. XI. 16; f ebenda
29. X. — L Chronik der Univ. München
1897/98, S. 3. — W Kukula 70. Suppl. 26.
Bunge, Friedrich Georg v., Dr. jur., früher
ordentl. Prof. an d. Univ. Dorpat, Rechts-
historiker, • zu Kiew 13. III. 1802; f zu
Wiesbaden 9. IV. — L BJ II, 6*; W.
Greiffenhagen, Dr. jur., F. G. v. B. (Reval
i89i,mitP); Brockhaus»* 3, 738; Meyer*
18, 182.
Chorinsky, Karl Graf v., Dr. jur., Präsident
d. Oberlandesgerichts in Wien u. ständiges
Mitglied d. Reichsgerichts daselbst ; s. Sp. 7*.
Drechsler, Karl August Eduard, Dr. jur.,
Kaiserl. Wirkl. Geh. Ilath, Senatspräsident
am Reichsgericht in Leipzig, * zu Staven-
hagen 14. III. 21. f zu Harzburg 10. VIII.
— L BJ II, 9*; 111, Ztg. 109, 240. 247
(mit P).
Ebert, Wilhelm v., Präsident a. D. — L
Litt. Beil. z. Staatsanz. f. Württemberg
1897, 1843.
Etienne, Adolf, Geh. Oberjustizrath, bis
z. Einverleibung Kurhessens hess. Justiz-
minister ; f , 78 J. alt, zu Göttingen 8. II.
— L 111. Ztg. 108, 213.
♦Fuchs, Wilhelm, Dr. jur., Hof- u. Ge-
richtsadvokat, Privatdozent f. öster. Zivil-
recht an d. Univ. Wien, * daselbst 27. IX.
53; t ebenda 17. VII.: s. BJ II, 244. —
W KL 1897, 379; Kukula Suppl. 79.
'^Gerhard, Johannes Dietrich Adolar, Dr.
jur., Rechtsanwalt, Schriftsteller u. Dichter,
Mitbegründer u. 1871 — 84 Syndikus d.
Genossenschaft dramat. Autoren u. Kom-
ponisten, * zu Leipzig 17. VI. 25; f eben-
da 8. V.: s. BJ II, 320.
♦Goldschmidt, Levin, Dr. jur.. Geh. Justiz-
rath, Reichsoberhandelsgerichtsrath a. D.,
ordentl. Prof. f. Handels- u. Wechselrecht
an d. Univ. Berlin, * zu Danzig 30. V. 29;
f zu Wilhelmshöhe b. Kassel 16. VII.:
s. BJ II, 119. — L BJ II, I5»; 111. Ztg.
109» 155 {^^^ P)« Populärwissenschaftl.
Monatsbl. z. Belehrg. üb. d. Judenthum
1897, 198 (GrUnhut). — W auch Kukula
269. Suppl. 86; KL 1897, 423.
Grawein, Alexander, Dr. jur., ordentl.
Prof. f. österr. allgem. Privatrecht, sowie
Handels- u. Wechselrecht an d. Univ.
Czemowitz, auch Dichter u. Uebersetzer,
♦ zu Villach 2. VII. 50; f zu Czernowitz
5, III. — L Litt. Centralbl. 1897, 1052;
111. Ztg. 109, 209. — W Kukula 279; KL
1897, 436.
Grosman, Nicola Philipp, Landgerichtsrath
a. D., Reichstagsabg. ; s. Sp. 23*.
Hadelich, Geh. Justizrath, Rechtsanwalt u.
Notar in Erfurt; f daselbst, 92 J. alt,
22. I. — L Hl. Ztg. 108, 129.
♦Hahn, Friedrich v., Dr. jur., Senats-
präsident am Reichsgericht a. D., früher
ordentl. Prof. an d. Univ. Jena, * zu Homburg
V. d. H. 7. VI. 23 ; t zu Leipzig 3. III. : s.
BJ H, 162. — L BJ II, 17*; Ztschr. f. d.
ges. Handelsrecht 46, 365 (Laband).
Hambrook, Dr. jur., Reichsgerichtsrath a. D. ;
t, 79 J. alt, zu Berlin 5. XII. — L 111.
Ztg. 109, 851.
Hentzschel, Otto, Präsident d. 8. Zivilsenats
d. Kammergerichts in Berlin; f, 65 J. alt,
daselbst 26. XI. — L 111. Ztg. 109, 762.
Hermann, Moritz, Geh. Justizrath, Ober-
landesgericbtsrath in Jena, ♦ daselbst 5.
XII. — L 111. Ztg. 109, 809.
*Herz, Karl, Landgerichtsrath, Parlamen-
tarier; s. Sp. 24*.
Hofiinann, I^udwig, Dr. oecon. publ.,
Rechtsanwalt in München, i. Vorsitzender
d. Aufsichtsraths d. Pensionsanstalt deut-
scher Journalisten u. Schriftsteller, auch
dramat. Dichter, * zu Speyer 23. III. 56;
t zu München 13. V. — L III. Ztg. 108,
683. — W KL 1897, 564.
^Hofmann, Franz, Dr. jur., ordentl. Prof.
f. rüm. u. österr. Privatrecht an d. Univ.
Wien, * zu Zdounek b. Kremsier (Mähren)
20. VI. 45; f zu Wien 25. X.: s. BJ II,
257. — L Almanach d. Wiener Akad. d.
Wissensch. 48, 256 (A. Huber, mit P). —
W Kukula 371. Suppl. 112.
Holzapfel, Oberlandesgerichtsrath in Darm-
stadt; f daselbst 12. VIL — L 111. Ztg.
109, 118.
75'
Todtenliste 1897: XX. Rechtsgcichrte.
76*
Hom, Alexander, Justizrath, Schriftsteller,
in Insterburg; -f d<iselbst, 63 J. alt, im
Juli. — L 111. Ztg. 109, 209,
Hupfeld, Geh. Justizrath in Kassel, lang-
jähriger Vorsitzender d. Zentralausschusses
d. nationallib. Partei Kurhessens; f daselbst,
74 J. alt, 9. IV. — L 111. Ztg. 108,
484.
Jacob! , Johannes Otto (Pseudon.;
JohannesOtto), Dr. jur., Rechtskonsulent
d. Bremer Gewerbekammer u. Verfechter
d. Zwangsinnung, Dichter vaterländ.
Dramen, * zu Schneeberg i. S. 24. VI. 38 ;
f zu Bremen im Juni. — L BrUmmer* 2,
219 (mit W); 111. Ztg. 109, 17.
Keller, Karl, Geh. Oberjustizrath, Mitgl.
d. preuss. Generalauditoriats, betheiligt an
d. Arbeiten z. zeitgenöss. Umgestaltung d.
Militärrechtspflege; f zu Berlin 27. II. —
L 111. Ztg. io8, 307; MW 1897, 1597.
Kretschmar, Gustav Ferdinand, Dr. jur.,
Justizrath, früher ordentl. Prof. f. röm.
Recht an d. Univ. Giessen; f daselbst,
67 J. alt, 5. V. — L 111. Ztg. 108. 614;
Litt. Centralbl. 1897, 639. — W Kukula
498. Suppl. 141.
Lamm, C. M., Senatspräsident a. D. am
Oberlandesgericht zu Dresden; f daselbst,
73 }' alt, 9. I. — L Hl. Ztg. 108, 104.
Leonhardi, Oskar Konstanz, Senatspräsident
a. D. am Oberlandesgericht zu Dresden;
t daselbst, 65 J. alt, 24. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 306.
Leske, Geh. Oberjustizrath, Senatspräsident
am Oberlandesgericht in Breslau; f daselbst
16. IL — L 111. Ztg. 108, 253 ; AUg. Ztg.
1897 Nr. 49 Abendbl. S. 2c.
Loebell, Oskar, Reichsgerichtsrath a. D.,
• zu Berlin 21. III. 36; f zu Naumburg
a. S. 13. IL — L BJ II, 25*; IlL Ztg.
108, 213; Allg. Ztg. 1896 Nr. 46 S. 2 b.
Makower, Hermann, Justizrath, Jurist.
Schriftsteller, * zu Santomischel 8. III. 30 ;
t zu Berlin i. IV. — L BJ II, 27*; Allg.
Ztg. d. Judenthums 1898 Nr. 14. 15. 17
(B. Breslauer).
Mangoldt, Hans Paul Adolf v., Landgerichts-
präsident in Zwickau; f zu Dresden i. VI.
— L 111. Ztg. 108, 742.
^Marquardsen , Heinrich v., Dr. jur.,
ordentl. Prof. f. deutsches Reichs- u.
Landesstaatsrecht, Parlamentarier, Reichs-
tags- u. bayer. Landtagsabg., * zu Schleswig
25. X. 26; f zu Erlangen 30. XL: s. BJ
II, 411. - L BJ II, 27»; 111. Ztg. 1892
Nr. 2578 (mit?) u. Bd. 109, 809: Schönfeld^
351; Kürschner, Reichstag 1893, 255 (mit
P); Minde 1893, 7 (mit?); Hirth 7, 180;
Reichstags-Handb. 8, 81. — W Kukula
585; KL 1897. 840.
*Martiny, Friedrich, Justizrath, Rechts-
anwalt u. Notar, ParLnmentarier, * 18 19:
f zu Danzig 7. IV.: s. BJ II, 223.
Müller, W., Oberstaatsanwalt am Oberlandes-
gericht Posen; f zu Bartenstein (Ost-
preussen) 6. VI. — L Hl. Ztg. 108, 783.
Otto, Paul, Dr. jur., Senatspräsident am
Oberlandesgericht Dresden; f daselbst 3.
VII. — L 111. Ztg. 109, 51.
Pannier, Karl, Geh. Oberjustizrath, Präsident
d. Landgerichts II in Berlin, Mitbegründer
d. nat.-lib. Partei, Parlamentarier; f da-
selbst, 67 J., 13. (oder 12.?) XIL — L
111. Ztg. 109, 881.
♦Petri, Wilhelm, Dr. jur., Geh. Oberjustiz-
rath, Parlamentarier, ** zu Oestrich (Rhein-
gau) 9. XL 26; f zu Kassel 13. XL: s.
BJ II, 225.
Praun, Werner Karl Andreas v., Oberlandcs-
gerichtsrath a. D., * zu VVolfenbüttcl 4.
XIL 19; t zu Braunschweig 3. IIL — L
III. Ztg. 108. 355.
Probst, Rudolf, Rechtsanwalt. — L Schwab.
Kronik 1897, 465.
Rang, Ignaz, Rechtsanwalt in Fulda; f im
Frbr. daselbst — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 17
Morgen bl. S. 3 c.
Recke, Hermann Freih. von der, Staats-
anwalt beim Landgericht I in Berlin, * 31.
XIL 50; f zu Berlin i. IL — L Freiherrl.
Taschenb. 1898, 749.
Reinhard, Dr., Justizrath zu Strassburg i. E.,
polit., litter. u. naturwissenschaftl. thätig,
49 J.; t daselbst 21. IL — L IIL Ztg.
108, 273.
♦Richter, Albert, Dr. jur., Hof- u. Gerichts-
advokat, ehemaliger x. Bürgermeister ▼.
Wien; s. Sp. 23*.
Schäfer, August, Landgerichtspräsident in
Konstanz; s. Sp. 17*.
Schmeidel, Hermann, Senatspräsident in
Graz, früher Staatsanwalt in Wien; f,
72 J. alt, zu Weiilanbrunn im Pusterthal
Ende Aug. — L 111. Ztg. 109, 349.
Schott von Schottenstein, Eugen Freih. v.,
Rechtsanwalt in Strassburg, Vorkämpfer
d. Deutschthums in Elsass-Lothringen, * zu
Stuttgart 19. IIL 52 ; f zu Reutlingen 4. IL
— L Freiherrl. Taschenb. 1898. 897: IIL
Ztg. 108, 193; Schwab. Kronik 1897,
241.
^Schütze, Theodor Reinhold, ordentl. Prof.
f. Strafrecht, Strafprozess, Rechtsphilos.,
Völkerrecht u. Encyklopädie d. Rechts-
wissensch., ♦ zu Uetersen (Holstein) 12.
I. 27; f zu Graz 16. IL: s. BJ II, 409. —
L Eckart 155; Gerichtssaal 55, 455 (Vargha,
mit P).
Schwarz, Hugo, Reichsgerichtsrath a. D.,
• zu Trachenberg (Schlesien) 7. XL 17;
t zu Seilin auf Rügen 28. VIII. — L Litt.
Centralbl. 1897, 121 2; 111. Ztg. 109, 349.
IT
Todtenliste 1897: XX. Recbtsgelelirte. XXI. Aerzte und Apotheker.
78'
Simson, Georg, Geh. Justizrath, ein jüngerer
Bruder d.frUherenReichsgerichtsprSsidenten
Eduard v. S., 1848 Mitgl. d. Frankfurter
Parlaments f. Stargard (Westpr.); t» ^^ J»
alt, zu Berlin 22. XII. — L 111. Ztg. iio,
19.
Six, Alois Ritter v., k. u. k. Generalauditor
i. R.; t, 73 J. alt, zu Wien 28. III. — L
111. Ztg. X08, 449.
Sommer, Friedrich, Dr. jur., Rechtsanwalt
in Erfurt, Parlamentarier; s. Sp. 25*.
Soenke, Theodor, Justizrath, Rechtsanwalt
u. Notar beim Kammergericht in Berlin,
Parlamentarier; s. Sp. 29*.
Stein, Ernst Albert, Oberjustizrath, Rechts-
anwalt u. Notar in Dresden; f daselbst,
72 J., 31. III. — L 111. Ztg. 108, 449.
Thomas, Wilhelm, Dr. jur., Geh. Justizrath,
Parlamentarier; s. Sp. 26*.
Vacano, Otto v., Wirkl. Geh, Oberjustizrath,
Präsident d. Oberlandesgerichts Kolmari
Mitgl. d. Staatsrathes f. Elsass-Lothringen,
♦ zu Simmem 1827; f zu Kolmar x6. XI.
— L 111. Ztg. 109, 762.
VoUert, Dr. jur., 1892—96 fürstl. reuss.
Staatsminister, Vorstand d. Abth. f. Justiz,
Kirchen- u. Schulwesen, Jurist. Schriftsteller;
f zu Gera, 70 J. alt, 7. V.
Wächter, Johann Anton, Oberjustizrath,
früher Landgerichtspräsident in Saar-
-gemünd; f zu Köln, 67 J. alt, 9. II. —
L III. Ztg. 108, 253; Allg. Ztg. 1897 Nr. 47
Morgenbl. S. 3 c.
Wendhausen, A., Vizekanzler d. Univ.
Rostock, Landgerichtspräsident u. Kon-
sistorialdirektor; f zu Rostock, 57 J. alt,
14. IV. — L Litt. Centralbl. 1897, 574;
111. Ztg. 108, 555.
Wiener, Heinrich, Dr. jur., Senatspräsident
am Reichsgericht a. D., ♦ zu Glogau 1834;
t zu Berlin 7. XI. - L BJ II, 50»; 111.
Ztg. 109, 693 (mit P).
Zeller, Wilhelm, Dr. jur., hess. Ober-
rechnungsrath, Schriftsteller auf Jurist, u.
volkswirthschaftl. Gebiet; s. Sp. i8*.
^Zimmermann, Josef Andreas, ehemaliger
Präsident d. evangel. Oberkirchenraths
beider Bekenntnisse, * zu Schässburg 2.
X. ig; t *u Hermannstadt 18. V.: s. BJ
II, 151.
Zurmiihlen, Paul, Amtsgerichtsratb, Parla-
mentarier; s. Sp. 26*.
XXI. Aerzte und Apotheker.
"^Auerbach, Leopold, Dr. med., ausser-
ordentl. Prof. f. Physiologie an d. Univ.
Breslau; s. Sp. 53*.
Bech, August Emil, Dr. med., Hofrath, Ehren-
bürger von Pirna; f daselbst, 90 J. alt,
10. X. — L 111. Ztg. 109, 535,
*Berlin, Rudolf August Johann Ludwig
Wilhelm, Dr. med., ordentl. Prof. f. Augen-
heilkunde u. Direktor d. ophthalmolog.
Klinik an d. Univ. Rostock, * zu Friedland
(Mecklenburg) 2. V. 33; f zu Stachelberg
b. Linthal in der Schweiz (nicht zu Rostock)
12. V.: s. BJ II, 34, — L Schwab. Kronik
1897, *9'5; Rostocker Anzeiger 1897
Nr. 290 Beibl. 2; Württemberg. Med.
Korrespondenzbl. 67, 394 (mit P); Leo-
poldina 33, 121. 127 (mit W); Münch.
Med. Wochenschr. 45, i (Schlösser). — W
auch Kukula Suppl. 17.
Bessel, Leopold Otto, Dr. med., f zu Berlin
10. VIII. -- L Leopoldina 33, 125.
*Boer, Oskar, Dr. med., Prof., Hofarzt in
Berlin, * daselbst 1847; f ebenda 11. VII.:
s. BJ II, 40. — L Leopoldina 33, 115;
Archiv f. path. Anat. 152, 570 (Gurlt).
Brand, Ernst, Dr. med., Geh. Sanitätsrath,
prakt. Arzt in Stettin, * zu Feuchtwangen
(Mittel franken) 2. L 27; f zu Stettin 7. III.
— L HBL 6, 540 (mit W); Leopoldina
33» 38. 55 (mit W); British Medical Journal
1897, 1, 692; New York Medical Record 51,
491 ; Archiv f. path, Anat. 152, 560 (Gurlt).
Braun, Gustav, Dr. med., Geh. Rath,
ordentl. Prof. an d. Univ. u. Hauptarzt an
d. Augenheilanstalt zu Moskau, * in Ost-
preussen 8. XII. 27; f zu Moskau 17. IV.
— L HBL I, 563. 6, 543 (mit W;; Peters-
burger Med. Wochenschr. 1897, 148;
Archiv f. path. Anat. 152, 563 (Gurlt).
^Büchner, Ludwig Andreas v., Dr. phil. et
med.. Geh. Rath, Obermedizinalrath,
ordentl. Prof. f. Pharmazie an d. Univ.
München, • daselbst 23. VII. 13; f ebenda
23. X.: s. BJ II, 49. — L Leopoldina 33,
160; Münch. Med. Wochenschr. 44, 44;
Chronik d. Univ. Münch. 1897/8, 6;
Sitzungsber. d. Münch. Akad. d. Wissensch.,
math.-phys. Kl., 28, 431 (C. Voit); Archiv
f. path. Anat. 152, 578 (Gurlt). — W
Kukula 95. Suppl. 36; Cat. Roy. Soc. 7,
295- 9. 390.
*Burchard, Max, Dr. med., Prof., General-
arzt a. D., Privatdozent f. Augenheilkunde
an d. Univ. Berlin, * zu Naugard,
(Pommern) 15. I. 31; f zu Berlin 25. IX.:
s. BJ II, 52. — L Charite-Annalen 22,
356 (J. Hirschberg); Deutsche Militärärztl.
Ztschr. 26, 508; Leopoldina 1898, 40;
Arch. f. path. Anat. 152, 576 (Gurlt). --
W Kukula 102. Suppl. 38.
79*
Todtenlistc 1897: Aerzte und Apotheker.
8o*
Diesterweg, J u 1 i u s , Dr. med., Geh. Sanitäts-
rath, prakt. Arzt in Wiesbaden, ältester
Sohn d. Pädagogen, * zu Mors 1822; f zu
Wiesbaden 26. I. — L 111. Ztg. 108, 157;
Leopoldina 33, 53.
Drechsel, Heinrich Ferdinand Edmund,
Dr. med. et phil., ordentl. Prof. f. physiolog.
u. patholog. Chemie u. Pharmakologie an
d. Univ. Bern; s. Sp. 55*.
Fiek, Emil, Apotheker, Botaniker; s. Sp.
55*.
Flügge, Wilhelm Leopold John Edmund,
Dr. med., Direktor d.Provinzial-Irrenanstalt
Rügenwalde, * zu Walsrode (Landdrostei
Lüneburg) 1845; f zu Rügenwalde 10. lU.
— L Allg. Ztschr. f. Psychiatr. 54, 304;
Archiv f. path. Anat. 152, 560 (Gurlt).
*Güterbock, Paul, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, Prof. f. Chirurgie an d. Univ. Berlin,
• daselbst 2. VL 44; f ebenda 17. X.:
s. BJ II, 75. — L Berliner klin. Wochenschr.
34, 43 (Posner) ; Deutsche Med. Wochenschr.
23, 45 (J. WolflT); Archiv f. path. Anat.
152, 577 (Gurlt). — W Kukula 293.
Hager, Hermann, Dr. phil., Apotheker u.
Chemiker, pharmazeut. Schriftsteller, * zu
Berlin 3. I. i6; f zu Neuruppin 26. I.
— L Litt. Centralbl. 1897, 190; 111. Ztg.
108, 157.
Halban, Leo v., Dr. med., Prof. f. gerichtl.
Medizin an d. Univ. Krakau; f daselbst,
59 J. alt, 28. II. — L Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 50, 8; Leopoldina 33, 112; Münch.
Med. Wochenschr. 1897, 274; Archiv f.
path. Anat. 152, 559.
*Heidenhain, Rudolf , Dr. med., Geh. Med.-
Rath, ordentlich. Prof. f. Physiologie u.
Histologie an d. Univ. Breslau; s. Sp. 56*.
Heller, Karl, Dr. med., Sanitätsrath, Bade-
arzt in Teplitz; f daselbst 6. VI. — L
111. Ztg. 108, 81 1; Leopoldina 33, 113.
Hertz, Karl Reiner, Dr. med.. Geh. Sanitäts-
rath, Begründer d. Hertzschen Irrenanstalt
in Bonn, * daselbst 181 7; f ebenda 11. II.
— L 111, Ztg. 108, 213: Allg. Ztg. Beil.
1897 Nr. 35, 8; Leopoldina 33, 56; Allg.
Ztschr. f. Psychiatr. 54, 306 (Thomsen);
Archiv f. path. Anat. 152, 558 (Gurlt),
HÖchstätter, Christian, Dr. med., Land-
arzt. — L Medizin. Korresp.-Bl. f. Württem-
berg 67, 209 (W.Camerer); Schwab. Kronik
1897, 970. 986.
*Hofmann, Eduard, Ritter v., Dr. med.,
Hofrath, Gerichtsarzt u. ordentl. Prof. f.
gerichtl. Medizin an d. Univ. Wien, Präsi-
dent d. Obersten Sanitätsrathes, * zu Prag
27, I. 37; t *" Abbazia 27. VIII.: s. BJ
II, 81, — L BJ II, 19*; Leopoldina 33,
128; Prager Med, Wochenschr. 22, 38
(P. Dittrich), Wiener Klin. Wochenschr. 10,
36 (Haberda); Viertcljahrsschr. f. gerichtl.
Medizin 3. F. 14 Suppl. I (F. Strassmann);
Annales d'Hygiene 3. Ser. 40, 8 (Critz-
mann); Archiv f. path. Anat. 152, 574
(Gurlt). — W Kukula 371; BörsenbL f.
d. d. Buchh. 1897, 6277.
^Holländer, Ludwig Heinrich, Dr. med.,
Prof., Privatdozent f. Zahnheilkunde an d.
Univ. Halle, * zu Leobschütz 4. II. 33;
f zu Halle a. S. 12. (oder 14.?) III.: s.
BJ II, 82. — L Archiv f. path. Anat. 152,
561 (Gurlt); Petersburger Med. Wochen-
schrift 1897, 154; Münch. Med. Wochen-
schrift 1897, 298. — W Kukula 377.
♦Hüter, Viktor, Dr. med., Prof., Privat-
dozent f. Frauenheilkunde an d. Univ. Mar-
burg, * 16. X. 32; f zu Marburg 12. XL:
s. BJ II, 82. — L Leopoldina 33, 163
(mit W). — W auch Kukula 393.
Jacob!, Ch. Paul Emil, Dr. med., k. sächs.
Leibarzt, Generalarzt I. Kl. u. Korpsarzt
d. sächs. (XII.) Armeekorps, auch ordentl.
Mitgl. d. Landesmedizinalkollegiums, * zu
Kaditz b. Dresden 8. VII. 35 ; f zu Dresden
1. I. — L Leopoldina 33, 51; 111. Ztg.
108, 48; Archiv f. path. Anat. 152, 552
(Gurlt); MW 82, 1037.
Kleinenberg, Nikolaus, Dr, med, , ordentl.
Prof. f. vergl. Anatomie u. Zoologie an d.
Univ. Palermo; s. Sp. 57*.
*Koväcs, Josef, Dr. med., ordentl. Prof. f.
Chirurgie an d. Univ. Budapest, ♦ zuTenge-
licz (Ungarn) 1832; f zu Budapest 6. VIII. :
s. BJ II, 82. — L Leopoldina 1897, 118;
Archiv f, path. Anat. 152, 572 (Gurlt).
Kremnitz, Wilhelm, Dr. med., Hospital-
arzt u. k. rumän. Hofarzt in Bukarest,
Leibarzt d. Königin, vermählt mit d. Schrift-
stellerin Mite K., einerTochter d. Chirurgen
V. Bardeleben, * zu Stettin 1843; f zu
Sinaja 31. VII. — L 111. Ztg. 109, 209;
Voss. Ztg. 1897 No. 357; Arch. f. path.
Anat. 1897, 572 (Gurlt).
Lerch, Johann, Ritter v., Dr. med., ordentl.
Prof. i. R. d. Wiener medizin. Fakultät;
t zu Hainfeld, 84 J. alt, 7. VII. — L
Litt. Centralbl. 1897, 924; 111. Ztg. 109, 84.
Liebmann, Karl, Dr. med., Prof., Direktor
d. Klinik f. Frauenkrankheiten in Triest;
t daselbst 10. VIII. — L Litt. Centralbl.
1897, II 20; Leopoldina 33, 128; Archiv
f. path. Anat. 152, 573 (Gurlt).
^Lobstein, Friedrich Eduard, Dr. med.,
prakt. Arzt, auch Dichter, * zu Strass-
burg i. E. 3. XII. 26; f zu Heidelberg
2. X.: s. BJ II, 87.
*Marm6, Wilhelm, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, ordentl. Prof. f. Pharmakologie an
d. Univ. Göttingen, * zu Dierdorf (Rhein-
prov.) 19. II. 32; f zu Göttingen 27. VI:
s. BJ II, 96. — L Archiv f. path. Anat.
152, 570 (Gurlt); Archiv f. experimentelle
8i*
Todtenliste 1897: XXI. Aerrte und Apotheker.
82=
Pathol. u. Therapie 40, 147 (W.Ebstein);
HBL 4, 137 (mitW). — W auch Kukula
585. Suppl. 162.
Menger, Henry Friedrich, Dr. med., Medi-
zinal rath u. Mitgl. d. Medizinalkollegiums
d. Prov. Brandenburg, prakt. Arzt in Ber-
lin, ♦ zu Odessa 1845; f zu Berlin 29. IV. —
L Archiv f. path. Anat. 152, 564 (Gurlt);
111. Ztg. 108, 583: Leopoldina 33, 93.
^Michael, Isaac, Dr. med., Laryngologe,
* zu Hamburg 16. XI. 48 (30!); f zu Ham-
burg 6. I.: s. BJ II. 97. — L HBL 6,
932 (mit W); Manch. Med. Wochenschr.
1897, 52; Archiv f. path. Anat. 152, 552
(Gurlt); Leopoldina 1897, 51.
Minckwitz, Karl Oswald, Dr. med., Parla-
mentarier; 8. Sp. 30*.
Mittweg, Karl, Dr. med., Sanitätsrath in
Essen; f daselbst im Febr. — L Allg.
Ztg. 1897 No. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Nachtigall, Richard, Dr. med., Stabsarzt,
* zu Grossglogau 1840; f 20. IV. — L
Schwab. Kronik 1897, 813, 893.
Niemeier, Ludwig, Dr. med., Oberstabs-
arzt in Posen; f daselbst im Febr. — L
Allg. Ztg. 1897 ^o. 42 Abendbl. S. 5 c.
♦Oertel, Max Joseph, Dr. med., Hofrath,
ausserordentl. Prof. f. innere Medizin,
speziell f. Krankheiten d. Respirations-
Organe, an d. Univ. München, * zu Dillingen
20. in. 35; f zu München 19. VII.: s. BJ
II, 97. — L 111. Ztg. 109, 118 u. 1885
Nr. 2217, 681 (mit P); MUnch. Med.
Wochenschr. 44, 826, 919 (J. Bauer);
WienerKlin. Wochenschr. io,3o(A. v. Weis-
mayr); Leopoldina 33, 98, 117; Chronik
d. Univ. München 1897/98, 8; Archiv f.
path. Anat. 152, 571 (Gurlt). — W auch
Kukula 669. Suppl. 182.
Pleniger, R. v., Dr. med., Chefarzt d. The-
resian.-Akad. in Wien; f daselbst, 80 J.
alt. — L Leopoldina 33, 56.
♦Preyer, Wilhelm, Physiologe; s. Sp. 58*.
Reichel, August, Dr. med., Sanitätsrathin
Breslau; f daselbst im Febr. — L Allg.
Ztg. 1897 Nr. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Rzehazek, Karl, Edler v., Dr. med., 1863
bis 1886 ordentl. Prof. f. Chirurgie an d.
Univ. Graz; fi 81 J. alt, daselbst 25. XII. —
L IlL Ztg. HO, 19; Archiv f. path. Anat.
152, 584 (Gurlt).
*Siixinger, Johann, v., Dr. med., ordentl.
Prof. f. Geburtshilfe u. Gynäkologie an
d. Univ. Tubingen, • zu Aussig 18. V. 36
(oder 33? oder 35?); f *" Tübingen
30. IIL: s. BJ II, 289. — L Archiv f.
path. Anat. 152, 56z (Gurlt); HBL 5, 146
(mit W): Leopoldina 33, 38. 56. — W
auch Kukula 785.
^Schleis von Loewenfeld, Maximilian v.,
Dr. med., Geh. Obermedizinalrath u. k.
bayr. Leibwundarzt a. D., * zu Amberg
14. VIII. 43; t zu München 7. IL: s. BJ
II, 106. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 40
Morgenbl. S. 5 c. Nr. 41 Morgenbl. S. 5 c ;
Leopoldina 33, »55; Münch. Med. Wochen-
schrift 1897, 156; Archiv f. pathol. Anat.
152. 557 (Gurlt).
Schmid, Franz Xaver, Dr. med., k. bayer.
Generalarzt a. D. in München ; f daselbst
I. I. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 2 Blatt 2
S. 5c: 111. Ztg. 108, 73.
Schneider, Franz Cölestin, Präsident d.österr.
Obersten Sanitätsrathes i. R.; s. Sp. 22*.
Seiler, Friedrich Hugo, Geh. Med.-Rath in
Dresden, * daselbst 6. IV. 21 ; f ebenda
15. IX. — L 111. Ztg 109, 402; HBL 6,
1003 (mit W).
*Stark, Karl, Dr. med., Sanitätsrath, Direk-
tor d. Bezirksirrenanstalt zu Stephansfeld
im Elsass, * zu Buttelstedt b. Weimar
19. VII. 36; f zu Stephansfeld 2g. V.;
s. BJ II, 107. — L Leopoldina 33, 94;
Archiv f. path. Anat. 152, 565 (Gurlt):
Allg. Ztschr. f. Psychiatr. 54, 734 (Vorster);
III. Ztg. 108, 811.
Stuckrad, v., Dr. med., Generalarzt I. KI.
a. D., zuletzt Korpsarzt d. III. Armeekorps;
t 2. X. — L MW 1898, 567.
Wasler, T., ehemaliger Ordinarius im Spital
d. Barmherzigen Brüder in Graz; f da-
selbst. — L Leopoldina 33, 128.
^Wasserfiihr, Hermann, Dr. med., General-
arzt I. Kl. d. Landwehr, Ministerialrath
a. D. im Ministerium f. Els.-Lothr., * zu
Stettin 14. VI. (oder VII.?) 23; f zu Ber-
lin 16. VIL: s. BJ II, 114. — L Archiv
f. path. Anat. 152, 571 (Gurlt); Deutsche
Militärärztl. Ztschr. 22, 500; Hl. Ztg. 109,
145 ; MW 1897, 2903 ; HBL 6, 200 (mit W);
Deutsche Vierteljahrsschr. f. offen tl. Gesund-
heitspflege 29, I (Spiess u. Pistor); Leo-
poldina 33, 113.
*Welcker, Hermann, Anatom; s. Sp. 6i^.
Werner, Hermann, Dr. med., Stadt- u.
Landarzt zu Markgröningen, * zu Schnaith
(Oberamt Schorndorf); f zu Markgröningen
27. I. — L Medizin. Korrespondenzbl. d.
Württemb. ärztl. Landesver. 67, 70; Archiv
f. path. Anat. 152, 555 (Gurlt).
*Zinn, Friedrich Karl August, Dr. med.,
Geh. Sanitätsrath, Direktor u. Chefarzt d.
Landesirrenanstalt Eberswalde, auch Poli-
tiker, ♦ zu Ilbesheim (bayer. Pfalz) 20. VIII.
25; f zu Eberswalde 17. XI.: s. BJ II,
224. — L Hl. Ztg. 109, 722; Leopoldina
33, 142, 163 (mit W); HBL 6, 375 (mit
W); Münch. Med. Wochenschr. 44, 49
(A. Cramer) ; Archiv f. Psychiatrie u. Nerven-
krankh. 30, 337 (JoUy); Archiv f. path.
Anat. 152, 580 (Gurlt).
«3*
Todtenliste 1897: XXII. Pädagogen.
84'
XXn. Pädagogen.
*Adamyi Heinrich, Vorschullehrer, Päda-
gog u. Geograph, * ru Landeshut (Schles.)
27. I. 12; f zu Breslau 13. X.: s. BJ II,
191. — W KL 1897, 6.
*Bach, Franz Theodor, Dr. phiL, Direktor
d. Falk-Realgymn. in Berlin, Schulmann,
Schriftsteller auf d. Gebiete d. klass. Philo-
logie, Litteraturgesch. u. d. Turnwesens,
• zu Breslau 7. VIII. 33; f zu Berlin 9./10.
VII.: s. BJ II, 310. — W KL 1897, 36.
Banz, Rektor a. D. — L Schwab. Kronik
1897. 1537.
Baur, Ludwig, Lehrer in Hemigkofcn. —
L Deutsches Volksbl. 1897 Nr. 15.
Baumgartner, Leopold, Reallehrer an d.
Oberrealschule zu Freiburg i. B. ; f da-
selbst 17. IV. — L Progr. d. Oberreal-
schule zu Freiburg i. B. 1897 S. 3 (E. Reb-
mann).
BoUmann, Rudolf, Dr. phil., Prof., Ober-
lehrer a. D. am Gvmn. z. Grauen Kloster
in Berlin; f daselbst, 76 J., 29. IV. —
L 111. Ztg. 108, 583.
Braesz, Adolf, Oberschulrath, Seminar-
direktor a. D., * zu Bettingerode in Braun-
schweig 9. I. 21 ; f zu Grimma 29. III. —
L 111. Ztg. 108, 449.
Cafpari, Bernhard Johannes, frtther Ober-
lehrer in Leipzig: s. Sp. 69*.
Degen, Philipp, Dr. phil., Prof., Religions-
lehrer an d. städt. Realschule zu Aachen,
• zu Düren 21. XI. 35; f zu Aachen
17. II. — L Ostcrprogr. d. städt. Realsch.
zu Aachen 1897 S. 32 (J. Neuss). — W
KL 1897, 227.
^Ehrlich, H. Wilhelm, Dr. phil., Leiter einer
»Modern School« zu Newcastle upon Tyne
in England, * zu Eisleben 1826; f zu
Newcastle 25. VII.: s. BJ 11, 43.
Emmerich, Geh. Hofrath, Direktor d. Real-
gymn. in Meiningen; f daselbst Ende
IX. — L 111. Ztg. 109, 470.
Engelhard, Robert, Gymn.-Oberlehrer zu
Lingen, Erforscher u. Schilderer d. Kunst-
denkmale d. Eichsfeldes; f zu Bingen,
43 J'» '9' ^V. — L Litt. Centralbl. 1897,
606; 111. Ztg. 108, 583.
Feige, Schulrath, Direktor d. evangel. Lehrer-
seminars in Soest; f daselbst i. IX. —
L 111. Ztg. 109, 370.
Fischer, Emilie, Vorstand d. A. H.Werner-
schen Lehranstalt in Ludwigsburg. — L
Schwab. Kronik 1897, 855.
Fischer, Johann Georg, Dr. phil., Prof.,
Dichter, * zu Grosssüssen an d. Fils (Ober-
amt Geislingen); f zu Stuttgart 4. V.: s.
BJ II, 129. — L BJ II, II*; Schwaben-
land 1897 Nr. 49, 50; III. Ztg. 108, 657
(mitP); Hinrichsen^ 363 (mit W). — \V
auch KL 1897, 334.
Geiger, A., Schullehrer in Tuttlingen. —
L Schwab. Kronik 1897, 1006.
Gerberding, Wilhelm, Dr. phil., Prof.,
Direktor d. i. Realschule zu Berlin; f da-
selbst 28. VIII. -- L Osterprogr. d. i. Real-
schule zu Berlin 1898 (F. Berger;i; Litt.
Centralbl. 1897, 1212.
Gruber, Carl, Oberschulrath a. D., Autori-
tät auf d. Geb. d. Rechenunterrichts ; f zu
Baden-Baden, 89 J., 2. XII. — L III. Ztg.
109, 851; Litt. Centralbl. 1897, 1658.
Häbler, Karl Albin, Dr. phil., Prof. am
königl. Gymn. zu Leipzig, f daselbst 9.
VII. — L Osterprogr. d. k. Gymn. zu
Leipzig 1898 S. i (R. Richter).
*Henzler, Christian, v., Oberstudienrath,
Realschulmann, * zu Nürtingen 29. IX. 29 *.
t zu Stuttgart 3. VIII.: s. BJ II, 275.
Huth, Ernst, Dr. phil., Oberlehrer am
Realg)'mn. zu Frankfurt a. O., Botaniker;
s. Sp. 56*.
Hüzel, Johann, Mittelschullehrer u. Ver-
walter. — L Schwab. Kronik 1897, 821.
Jost, Justus Wilhelm, Lehrerveteran, Gründer
V. Gesang-, Turn- u. Volksbildungsver-
einen; f zu Darmstadt, 94 J., 8. IV. —
L 111. Ztg. 108, 484.
Kares, Otto, Dr. phil., Direktor a. D. an
d. städt. höh. Mädchenschule zu Essen a.
d. R.; f daselbst 17. II. — L Progr. d.
höh. Mädchensch. zu Essen 1S97 S. 14
(W. Laufen berg).
Kessler, Hermann Friedrich, Dr. phil., Prof.,
Oberlehrer an d. Kasseler Oberrealschule,
Entomolog; s. Sp. 57*.
Klatt, Friedrich Wilhelm, Dr. phil., Lehrer
d. Naturwissenschaften in Hamburg; s.
Sp. 57*.
Kortegam, Hermann Arthur, Dr. phil., Di-
rektor d. Wöhlerschule in Frankfurt a. M.;
f zu Interlaken 26. VII. — L Osterprogr.
d. Wöhlerschule 1898 S. 3 (Marx).
Kosak, Ludwig Ritter v., k. u. k. Fcld-
marschalllieutenant, Kommandant d. The-
resian. Militärakad. in Wiener Neustadt; s.
Sp. 38*.
Kothe, Bernhard, Seminarlehrer f. Musik,
Musiktheoretiker u. Komponist; s. Abth.
XXVI.
Kreussler, Otto, Dr. phil., Prof., Ober-
schulrath , Gymn. - Rektor a. D. ; f zu
Bautzen i. III. — L BJ II, 23*.
Kufal, Wilhelm, Prof. f. fremde Sprachen am
Staatsgymn. in Pretoria, gebürtiger Deut-
scher; f daselbst, 53 J., 6. V. — L Litt
Centralbl. 1897, 797; 111. Ztg. 108, 783.
85'
Todtenliste 1897: XXII. Pädagogen. XXIII. Dichter und Schriftsteller.
86*
Küntzel, Rektor in Oberweimar, Vorsitzender
d. Verbandes thüringer Gewerbevereine;
t daselbst 4. XII. — L 111. Ztg. 109, 809.
Lansky, Johann Friedrich August, Bezirks-
schulinspektor a. D.f Redakteur d. »Sachs.
Schulztg.«, * zu Dresden 9. VI. 18; f da-
selbst 3. X. — L Litt. Centralbl. 1897, 1348;
111. Ztg. 109, 511: J. B. Heindl, Galerie
berühmter Pädagogen i (München 1859),
534 (mit W).
Linn, W., Dr. phil., Schulrath, Direktor d.
höh. Mädchenschule u. d. Lehrerinnen-
seminars zu Görlitz; f daselbst, 58 }.,
28. II. — L Litt. Centralbl. 1897, 350.
Löifelholz von Colberg, Jobst Wilhelm
Karl Eugen Freih., Prof. f. Zeichnen am
Kealgymn. in München, * zu Nördlingen
18. V. 39; t 2u München 11. I. — L Frei-
herrl. Taschcnb. 1897,596. 1898, 11 78; Allg.
Ztg. 1897 Nt. 14 Morgenbl. S. 6 b.
*Mayr, Ambros, Dr. phil., Gymn.-Prof. in
Trient, Politiker u. Dichter, * zu Sill
(Tirol) 8. V. 49; f zu Wien 30. X.: s.
BJ n, 338. — L Hinrichsen^ 874; Dl.
Ztg. 109, 682.
•Petzold, Karl Wilhelm, Dr. phil., Prof.,
Oberlehrer an d. Oberrealschule zu Braun-
schweig, Naturforscher u. Geograph; s.
Sp. 6ir
Pfleiderer, J. G., Dr. phil., Prof., Pädagog;
t zu Kronthal b. Stuttgart 27. XII. — L
I.itt. Centralbl. 1897, 69.
Pilling, Oskar, Dr. phil., Gymn.-Prof.,
Naturforscher; s. Sp. 58*.
•Richter, Albert, Direktor d. I. Bürgersch.
f. Mädchen in Leipzig, * zu Lichtensce
b. Grossenhain 7. II. 38: f zu Höckendorf
b.Tharand 29. VI.: s. BJ II, 309. — L 111.
Ztg. 109, 51. — W KL 1897, 1067.
Rudolph!, Theodor Wilhelm, Dr. phil.,
Gymn.- Direktor a. D. in Kalk b. Köln,
Reichstags- u. Landtagsabg. (Zentr.), * zu
Nordborchen b. Paderborn 30. IIL 25;
t zu Tempelhof-Berlin 9. III. — L 111.
Ztg. 108, 355; Schönfeld ^ 209; Reichst.
Handb. 1890, 107; Kürschners Reichst.
1892, 203 (mit P); Kürschners Preuss.
I^ndt. 1894, 372 (mit P); Minde 1893,
7 (mit P).
Schemmel, Viktor, Dr. phil., Prof. am
Kaiser - Wilhelms - Realgymn. zu Berlin;
t daselbst 19. VI. — L Litt. Centralbl.
1897, 860; 111. Ztg. 108, 811; Osterprogr.
d. Kaiser -Wilh.. Realgymn. 1898 S. 38
(O. Simon).
Schimberg, Karl Adolf, Dr. phil., Prof.,
Gymn. -Oberlehrer; f zu Kosen 31. VIII.
— L Litt Centralbl. 1897, 1212; Progr.
d. evangel. Gymn. zu Ratibor 1898 S. 28
(Radtkc).
*Schmetz, Paul, Kreisschulinspektor, Musik-
gelehrter; s. Abth. XXVI.
Schmidt, Emil, Dr. phil., Oberlehrerand.
Friedrichs -Werderschen Oberrealschule zu
Berlin; f daselbst 24. VII. — L Progr. d.
Friedrichs -Werderschen Obcrrealsch. 1898
S. 19 (J. Lange).
Schmidt, Ludwig August, Direktor in Ncu-
haldensleben; + daselbst im Febr. — L
Allg. Ztg. 2897 Nr. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Schöttle, Ludwig, Waisenhausoberlehrer.
— L Schwab. Kronik 1897, 461.
Schneidewind, Edmund, Dr. phil., Prof.,
Oberlehrer am Karl -Friedrichs -Gymn. zu
Eisenach; f daselbst i. XI. — L Oster-
progr. d. Karl-Friedrichs-Gymn. 1898.
Schröder, Felix, Geschichtslehrer am Gymn.
von Melun; f zu Bern im Febr. — L
Litt. Centralbl. 1897, 830.
^Schumann, Albert, Prof. f. Gesch. u.
Geogr. an d. Kantonsschule zu Aarau; s.
Sp. 66*.
Seydler, Friedrich Wilhelm, Konrektor,
Botaniker; f zu Braunsberg (Ostpreussen)
21. XI. — L 111. Ztg. 109, 762: Leo-
poldina 33, 164. — W Cat. Roy. Soc. 11,
399.
Stauder, Dr. phil., Wirkl. Geh. Oberrcg.-
Rath, vortragender Rath im preuss. Kultus-
ministerium, früher Gymn.-Direktor ; f , 68J.
alt, zu Berlin 19. I.
*Straubenmüller, Johann, Schulmann u.
Dichter, • zu Schwäbisch -Gmünd u.V.
14; f zu New -York Anfang Nov.: s. BJ
II, 290.
Sündermann, Gustav Alfred, Dr. phil., Ober-
lehrer a. d. 5. Staatsrealscbule in Berlin,
f zu Berlin 20. I. — L Osterprogr. d.
5. Staatsrealschule in Berlin 1898 (L.Nagel).
Tille, Johann, Prof., Reg.-Rath, Direktor
d. k. k. Staatsgewerbeschule in Prag;
t daselbst, 64 J., 14. X. — L 111. Ztg.
109, 535-
Wehner, früher Rektor d. Gymn. in Bam-
berg, + zu WUrzburg im Jan. — L Allg.
Ztg. 1897 Nr. 22 Abendbl. S. 6 a.
Weichardt, Paul, Turnlehrer. — L Litt.
Beilage z. Staatsanz. f. Württemb. 1897,
339.
XXIII. Dichter und Schriftsteller.
Ackermann, Oskar, Mitredakteur u. The- b. Riesa 20. I. 38; f zu Chemnitz 12. XII.
aterkritiker d. »Chemnitzer Tageblatt«, — L 111. Ztg. 109, 881.
auch Sachs. Lokalhistoriker, * zu Pausitz *Althaus, Friedrich, Prof. f. deutsche
87
*
Todtenlistc 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller.
88*
Sprache u. Litt, am üniversity College in
London, Schriftsteller u. Uebersetzer, ♦ zu
Detmold 14. V. 29; f zu Hampstead b.
London 7. VII.: s. BJ II, 36. — L 111.
Ztg. 109, 84.
Beissel, Hilmar Heinrich, früher Redakteur
des »Echo d. Gegenwart«; f zu Aachen,
82 J. alt, 13. V. — L 111. Ztg. 108, 683,
Bender, deutsch-amerikan. Journalist in Cin-
cinnati; f daselbst 28. IX. — L 111. Ztg.
109. 535-
Bernheim, Joseph Alexander, Gründer des in
Buenos-Aires erscheinenden »Courier de la
Plata«; f daselbst 14. IX. — L III. Ztg.
109, 402.
Binder, Eugen, Redakteur u. Verleger des
Stuttgarter »Beobachter«, • 20. X. 37;
t zu Stuttgart 20. IV. — L 111. Ztg. 108,
555; Schwab. Kronik 1897, 821; Beob-
achter 1897 Nr. 90.
Blankenburg, Heinrich v., Oberstlieut. a.
D., Militärschriftsteller, ehemal. Chefredak-
teur d. »Schles. Ztg.«; s. Sp. 32*.
Bormann, Paul, Redakteur am »Berliner
Börsen-Courier«; f zu Berlin 10 XII. —
L 111. Ztg. 109, 881; KL 1897, 140.
Bornemann, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath,
Verf. V. Jagdgeschichten: s. Sp. 32*.
Brückmann, Bruno, Leiter d. demokrat.
Correspondenz in Stuttgart. — L Beob-
achter 1897 Nr. 44.
Conrad, Anton, Zauberpossendichter u.
Singspieldirektor in Währing b. Wien;
t daselbst, 83 J. alt, 3. VL — L 111. Ztg.
108, 783.
^Davidsohn, George, Chefredakteur d.
»Berliner Börsen -Courier«, Musikfreund,
• zu Danzig 19. XII. 35; f zu Berlin
6. IL: s. BJ II, 36. — L BJ II, 8*; 111.
Ztg. 108, 193; KL 1897, 225.
Dickmann, Hermann (Pseudon.: Franz
Othen), Schriftsteller u. lyr. Dichter, ♦ zu
Mülheim a. d. R. 21. VII. 36; f zu Wies-
baden 29. VI. — L 111. Ztg. 109, 51 ;
Brummer* 1, 256 (mit Wj.
Drost, Wilhelm Elias, Schauspielern. Bühnen-
schriftsteller: s. Abth. XXIX.
Engel, Moritz Paul, Eigenthümer u. Heraus-
geber d. »Wiener Salonblattes«; f zu
Wien, 50 J. alt, 29. V. — L 111. Ztg. 108,
683.
Fischbach, Gustav, Direktor d. »Elsässer
Journals«, auch dramat. Dichter; s. Sp. 93*.
^Fischer, Johann Georg, lyr. Dichter: s.
Sp. 83*.
Fuchs - Nordholf, Richard Freih. v., k.
Sachs. Lieut. a. D., dramat. Dichter u.
Maler; s. Sp. 37*.
Gampe, Theodor Heinrich, Zeitungsver-
leger, lyr. u. dramat. Dichter, sächs. Lokal-
historiker, * zu Chemnitz 3. XI. 45 ; f zu
Blasewitz b. Dresden 3. I. — L Brummer*
I, 405 (mitW); Hinrichsen» 415. — W
auch KL 1896, 371.
Gerhard, Adolar. Dr., Dichter; f 8. V.
— L Litt. CentralbL 1897, 672.
Goldberg, Eugen v., Dr., Schriftsteller,
f zu Wiesbaden 11. II. — L All g. Ztg.
1897 Nr. 44 Abendbl.; Litt Centralbl.
1897, 252.
Griesemann, Martin, Dr., 1894 95 Chef-
redakteur d. »Nordd. Allg. Ztg.«; f zu
Berlin 16. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
"^^Grillenberger, Karl, Redakteur d.» Frank.
Tagespost«, Parlamentarier; s. Sp. 23*.
Hallbauer, Friedrich, Herausgeber u.
Redakteur d. finanziellen Wochenschrift
»Berliner Merkur«, ♦ x. I. 50; f zu Berlin
27. XIL — L lU. Ztg. 110, 44; KL 1897,
475-
*Hartmann, Karl Alfred Emanuel, Dichter
u. Schriftsteller, * zu Thunstetten (Kant.
Bern) I. I. 14; f zu Solothurn 10. XU.:
s. BJ II, 124. — L Brummer* 2, 102.
Häseler, Georg Graf v. (Pseudon.: Georg
Koppen), Redakteur d. in Milwaukee er-
scheinenden »Germania«; s. Sp. 9*.
"üecker, Karl, Major a. D., Novellist u.
Humorist; s. Sp. 37*.
Heinfelden, Kurt v., deutsch-amerikan.
Schriftsteller, ♦ zu Malmedv 8. X. 48;
t zu Belleville (Illinois) 9. VIL — L 111.
Ztg. 109, 180; Litt. Centralbl 1897, 1022.
Hempel, Paul, Dr. jur., Herausgeber d.
»Tägl. Rundschau«, Verlagsbuchhändler;
s- Sp. 93*.
Herzenskron, Viktor, Domänen rath, lyr.
u. dramat. Dichter, artistischer Leiter d.
Aktientheaters in Erfurt, * zu Wien
23. III. 20; t zu Erfurt im Nov. — L
Wurzbach 8, 4ZO; Brummer^ 2, 148;
Hinrichsen» 563: NTA 9, 517; 111. Ztg.
109, 809. — W KL 1897, 534.
Heydebrand und der Lasa, Leopold v.,
Major, Sportschriftsteller; s. Sp. 33*.
Heyl, Ferdinand (Pseudon.: Rhenanus,
Vom Rhein, Rieh. Bolz), türk. Vize-
konsul, Kurdirektor in Wiesbaden, früher
Mitgl. d. dortigen Hoftheaters, dramat.
Dichter, Humorist, Reiseschriftsteller, * zu
Koblenz 7. X 30; f zu Wiesbaden 21. VIIL
— L Brummer* 2, 157; 111. Ztg. 109,
268. — W KL 1897, 540.
Hillisch, Joseph Hermann, Buchdrucker,
lyr. Dichter, * zu Wien 1825; f zu Linz
24. IV. — L Brummer^ 2, 164; Litt
Centralbl. 1897. 671.
Hörn, Georg, Dr. phil., Hofrath, Verf. v.
Romanen, Theaterstücken, histor.-biogr.
Schriftstücken u. A., * 1832 (?); f zu
Potsdam 9. III. — L 111. Ztg. 108, 355;
NTA 9, 175. - W KL 1897, 577-
89'
Todtenliste 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller.
90*
Horwitz, MaXf Redakteur d. »Nationalztg.«,
♦ zu Berlin 7. XI. 43; f daselbst 2. X.
— L 111. Ztg. 109, 470; KL 1897, 57S.
Jacob! , Johannes Otto (Pseudon.: Jo-
hannes Otto), Dr. jur., Rechtskonsulent
d. Bremer Gewerbekammer, dramat. Dichter,
* tu Schneeberg i. S. 24. VI. 38; f zu
Bremen 22. VI. — L Brummer* 2, 219
(mitW); KL 1897, 592; NTA 9. 191.
Jacobson, Eduard, Dr. med., Schwank- u.
Possendichter, ♦ zu Grossstrehlitz (Ober-
schles.) 10. XL 33; t *" Berlin 29. I. —
L Hinrichsen- 613; BrUmmer* 2, 220
(mitW); Allg. Ztg. 1897 Nr. 30 Abendbl. ;
NTA 9, 170; 111. Ztg. 108, 157. 196
(mit P).
Kettnacker, Richard (Pseudon.: Max
Benno), früher Postmeister u. Bahnhofs-
verwalter, Romanschriftsteller u. Novellist,
auch dramat Dichter, * zu Schussenried
(Oberamt Wallsee) 24. III. 43; f zu Stutt-
gart 22. VIL — L Brummer* 2, 279 (mit
W); 111. Ztg. 109, 145. — W auch KL
»897, 653; Keiter 5, iio.
*Klee, Elisabeth, Verf. v. Erzählungen
u. Jugendschriftstellerin, * zu Posen
19. VIL 42; f in d. Heilanstalt Unter-
göltzsch b. Rodewisch 10. IX.: s. BJ II,
309. — L Hinrichsen * 689 ; BrUmmer * 2,
291 (mit W); Pataky i, 429; 111. Ztg. X09,
402.
Klokow, Karl Erdmann, Mitbesitzer u. Re-
dakteur d. »Staatsbürgerztg.« ; f zu Berlin,
78 J., im Aug. — L 111. Ztg. 109, 300.
Kohler, Oskar, Publizist u. Dichter, frUher
Redakteur d. »Dresdener Nachrichten«,
• zu Dresden 8. V. 43; f zu Dessau
31. V. — L 111. Ztg, 108, 742.
*Krez, K o n r a d , deutsch-amerikan. Dichter,
* zu Landau (Rheinpfalz) 27. IV. 28;
t zu Milwaukee 8. III.: s. BJ II, 51. —
L Brummer* 2, 345; 111. Ztg. 108, 421.
Kulke, Eduard, Novellist, Verf. v. Er-
zählungen aus d. jUd. Volksleben , * zu
Nikolsburg 28. V. 31 ; f zu Wien 20. III.
— L Brummer* 2, 356 (mit W); 111. Ztg.
1897, 421. — W auch KL 1897, 735.
*Längin, Georg, Stadtpfarrer a. D., lyr. u.
dramat. Dichter; s. Sp. 71*.
Löwe, Adolf, Theaterkritiker, Redakteur
an d. »Neuen Freien Presse« in Wien, * zu
Nimburg 13. IIL 35; f zu Wien 23. XII.
— L KL 1897, 806; 111. Ztg. HO, 19.
Mansfeldt, Arnold, Schauspieler u. dramat.
Schriftsteller; s. Abth. XXIX.
^Marees, Ludwig de, Prediger, Dichter u.
üebersetzer; s. Sp. 71*.
•Mayr, Ambro s, Gymn.-Prof., lyr. Dichter;
s. Sp. 85*
*Möder, Auguste, Institutsvorsteherin,
Jugendschriftstellerin; s. Abth. XXX.
Morree, Karl, dramat. Volksdichter, seit
1886 Mitgl. d. steyr. Landtags, seit 1891
d. österr. Reichsraths (deutsch -national),
* zu Klagenfurt 8. XI. 32; f zu Graz
21. II. — L BrUmmer* 3, 93 (mit W);
III. Ztg. 108, 273; NTA 9, 173; Hahn
1891/92. 215. - W auch KL 1897, 897.
Nagelschmidt, Hugo, Essayist, Redakteur
d. »Nationalztg.«, seit 1881 Leiter des
Parlamentär. Bureaus dieses Blattes,
* 17. IV. 50; f zu Berlin Mitte Jan. —
L KL 1897, 921; 111. Ztg. 108, 129.
Nienstädt, Hermann, Oberstleut. a. D.,
Militärschriftsteller, Historiker u. Geo-
graph: s. Sp. 34*.
Nonne, Johannes, Redakteur d. »Dorfztg.« ;
f zu Hildburghausen 18. V. — L 111. Ztg.
108, 683: Börsenbl. f. d. d. Buchh. 1897,
3872.
Pindter, E. F., Geh. Kommerzienrath, ehe-
mal. Redakteur d. »Nordd. Allg. Ztg.«,
* zu Ungarisch-Hradisch 19. XII. 36 t f zu
Charlottenburg 28. VIII. — L KL 1897,
1003 ; 111. Ztg. 109, 300.
Radnitzky, August (Pseud.: Fink von
Mattsee), Verwalter d. KoUegiatstiftes
Mattsee b. Salzburg, Österr. Dialektdichter,
* zu Salzburg 12. VI. 10; f zu Mattsee
22. III. — L HL Ztg. 108,449; BrUmmer*
3. 272; Keiter 5, 178.
*Ramann, Bruno, Komponist u. Musik-
kritiker, dramat. u. lyr. Dichter; s. Abth.
XX VL
'^Rittershaus, Emil, Generalagent, lyr.
Dichter, Feuilletonist u. Litterarhistoriker,
* zu Barmen 3. IV. 34; f daselbst 8. III.:
s. BJ II, 327. — L BJ II, 36*: 111. Ztg.
108, 389 (mit P); Brummer* 3, 325 (mit
W) ; Hinrichsen * 1 1 10 (Autobiogr., mit W) ;
Rhein. -Westf. Ztg. 1897 Nr. 69 (M.Lehrs);
Köln. Ztg. 1897 Nr. 216; Elberfelder Ztg.
1897 Nr. 57.
Rocco, Friedrich Wilhelm, UniversitMts-
Tanzl ehrer a. D. in Halle a. S., frUher
Schauspieler, plattdeutscher Dialektdichter,
* zu Bremen 22. III. 19; f zu Halle a. S.
19. X. — L Brttmmer* 3, 329; 111. Ztg.
109, 570: Litt. Centralbl. 1897, 141 1.
Roeder, Ernst (Pseudon.: E. Rotteck),
Redakteur d. »Dresdener Anzeigers«, No-
vellist u. Essayist, Theaterkritiker, lyr.
Dichter, * zu Bettinger Schmelz (Kreis
Saarlouis) 17. III. 62; f zu Dresden
29. IV. — L BrUmmer* 3, 332. 4, 452;
111. Ztg. 108, 583; NTA 9, 180.
*Romann, Albrecht (Pseudon.: Alb recht
von Gaisenberg), Diakonus an d. Lieb-
frauenkirche in Liegnitz, lyr. u. dramat.
Dichter; s. Sp. 72*.
*Rosenthal -Bonin , Hugo, Romanschrift-
steller u. dramat. Dichter, Redakteur, * zu
gi* Todtenliste 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller. XXIV. Buchdrucker etc. 92*
Palermo 14. X. 40; f zu Stuttgart 7. IV.:
s. BJ II, 279. — L Hinrichsen - 1125;
KL 1897, 1099; 111. Ztg. 108, 484.
*Schneidt, Laura, Dichterin, * 1822; f zu
Manchen 12. V.: s. BJ II, 230. — L
Pataky 2, 262.
Schober, Thekla v., geb. v. Gumpert
(Thekla von Gumpert), Jugcndschrift-
stellerin, * zu Kaiisch 28. VI. 10; f zu
Dresden I. IV. — L Hinrichsen^ 1187
(mit W); 111. Ztg. 1893 Nr. 2635 (mit P)
u. 1897 Bd. 108, 498 (mit P); Pataky i,
293. 2, 263. — W auch KL 1897, 1186;
Börsenbl. 64, 301 1.
Schumann, Gustav (Pseudon.: Partiku-
ristBliemchcn), Volksschullehrer, sächs.
Dialektdichter, * zu Trebsen 29. V. 51;
f zu Leipzig 6. (oder 7.?) X. — L Hin-
richsen'^. 121 3 u. Brummer* 4, 46 (mit
W); 111. Ztg. 109, 511. — W auch KL
1897, 1222.
•Sievert, Auguste, Volks- u. Jugendschrift-
stellerin u. Malerin, * zu Siegen 31, X.
24; f zu Wettin a. d. Saale 4. I.: s. BJ
II, loi. — W Pataky 2, 305.
*Simiginowicz - Staufe , (auch : S t a u f e -
Simiginowicz oder bloss Staufe),
Ludwig Adolf (Pseudon.: Adolf Sand),
lyr. Dichter u. Novellist, ♦ zu Suczawa in
d. Bukowina 28. V. 32; f zu Czemowitz
19. V.: s. BJ II, 101. — L Brummer* 4,
89 (mit W). — W auch KL 1897, 1259.
Simon, Eduard, Publizist, Senior d. Pariser
Presse, geb. Deutscher; f zu Paris 14. X.
— L Hl. Ztg. 109, 535.
Smital, Anton, Romanschriftsteller, Re-
dakteur d. »Neuen Wiener Tagebl.«, * zu
Pollein (Mähren) 9. II. 63; f zu Wien
14. IX. — L Briimmer* 4, 97; Litt. Cen-
tralbl. 1897, 1246.
^Stephan, Heinrich v., Generalpostmeister,
Verf. kulturhistor. Schriften; s. Sp. 16*.
*Stobbe, Karl Friedrich August, Jour-
nalist, * zu Grünwalde b. Labiau (Ostpr.)
3. XI. 30: f zu Wiesbaden 16. X.: s. BJ
II. 363.
StoU, Karl, Redakteur, * in Schlesien 1837;
t 30. V. — L Schwab. Kronik 1897,
II 37.
Storck, Frida, Romanschriftstellerin, * zu
Marjoss (Hessen-Kassel) 25. XI. 50; f zu
Kassel 25. I. — L BrUmmer* 4, 159;
111. Ztg. 108, 157.
^traubenmüller, Johann, Direktor d.
»Freien deutschen Schule« in New-Vork,
deutsch-amerikan. Dichter; s. Sp. 86*.
*Telmann, Kon r ad, s. Zitelmann.
Waizer, Rudolf Franz (Pseudon.: Wald-
horst), k. k. OberkontroUcur d. Haupt-
steueramtes, kärntischer Schriftsteller, Verf.
v. Dorfgeschichten u. Kulturhistoriker,
•zu Klagenfurt 15. IV.42; f daselbst 8. XII.
— L Brummer^ 4, 273; Litt. Centralbl.
1897, 1658. — W KL 1897, 1395-
Wasserburg, Philipp (Pseudon.: Ph.
L a i c u s ) , Romanschriftsteller u. Publizist,
Mitgl. d. Stadtverordnetenkollegiums in
Mainz u. hess. Landtagsabg. (Zentrum),
• zu Mainz 11. X. 27; f daselbst 13. IV.
— L Hinrichsen 3 1361; Brummer* 4,
285; Deutscher Hausschatz 20, 379 (mit
P)- 23. 597. — W KL 1897, 1405; Kelter
5. 243-
Weber, Max, Dr. jur., Stadtrath in Berlin,
Parlamentarier, Publizist; s. Sp. 26*.
♦Wirth, Franz Ulpian, Techniker. Publi-
zist; s. Sp. 50*.
Wilhelmy , Otto, Klempnerobermeister,
Herausgeber d. »Illustr. Ztg. f. Blech-
industrie«; s. Sp. 48*.
Wobeser, Hugo v., Redakteur d. »Ham-
burger Börsenhalle«c , Uebersetzer aus d.
Engl., * zu Altona 30. XI. 42; f zu Ham-
burg 30. XI. — L 111. Ztg. 109, 809. —
W KL 1897, 1475.
*Zitelmann, Ernst Otto Konrad (Pseudon.
später auch bürgerl. Name: Konrad
Telmann), Romanschriftstell. u. Novellist,
auch lyr. Dichter, * zu Stettin 26. XI. 54 ;
f zu Rom 24. L: s. BJ II, 400. — L BJ
II, 42*; Hinrichsen' 1432; Brummer* 4,
194; 111. Ztg. 108, 129 (mitP); AUg. D.
Biogr. 45, 361 (L. Fränkel). — W KL
1896, 1281; Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64,
970.
*Zündt, Ernst Anton, Sprachlehrer, lyr. u.
dramat. Dichter, * zu St. Georgenberg b.
Mindelheim 12. i. 19; f zu Jefferson Cit>'
(Missouri) 2. V.: s. BJ II, 102. — L
BrUmmer* 4, 429; 111. Ztg. 108, 683;
Allg. D. Biogr. 45, 486 (L. Fränkel). —
W KL 1897. 1521.
XXIV. Buchdrucker und Buchhändler.
Bensheimer, Siegmund, Mitinhaber d.
Verlagsfirma J. Bensheimer in Mannheim;
t daselbst, 52 J., 15. X. — L Börsenbl. 64.
7593; Pfau 30-
*Bergsträsser, Arnold, Hof buchhändler
(Verlag u. Sortiment), V^orsitzender d.
Börsenver. deutscher Buchhändler, hess.
Landtagsabg., * auf Schloss Breuberg im
Odenwald 3. X. 41; f zu Darmstadt 5. I. :
s. BJ II, 194. — L BJ II, 3*; Börsenbl. 4,
119, 149. 261. 2043; AUg. Ztg. 1897
No. 8 Abendbl.
93'
Todtenliste 1897: XXIV. Buchdrucker und Buchhändler.
94'
^Duncker, Alexander, Friedrich Wilhelm,
Hof buchhändler, auch Dichter, * zu Berlin
18. IL 13; t daselbst 23. VIIL: s. BJ II,
194. — L Börsenbl. 64,6000. 821 1. 65,1 12
(R. Johow); Pfau 97; Brttmmer* 1,288
(mit W).
*Eins]e, Anton, Buchhändler u. Antiquar,
Bibliograph u. Redakteur, * zu Baden
b. Wien 5. VII. 48; i z\x Döbling b. Wien
I. (nicht II.) X.: s. BJ II, 207. -- L
Börsenbl. 64, 7182. 7325 (T. W. Gold-
schmidt); III. Ztg. 109, 511 ; KL 1898, 290.
^Engelhom, Julius, Verlagsbuchhündler,
* zu Mannheim 4. VI. 18; f daselbst 10. V.:
s. BJ II, 226. — L Pfau 107.
Fischbach, Gustav, Direktor d. Elsässer
Journals in Strassburg, Mitdirektor d.
Elsäss. Druckerei u. Verlagsanstalt, vorm.
G. Fischbach, Uebersetzer, dramat Dichter,
* zu Strassburg 5. II. 47; f daselbst
14. VL — L KL 1897, 331 : Kl. Ztg. 108,
811; NTA 9, 194 (nach »Der Elsass«).
Groos, Karl Friedrich, Inhaber d. Univ.-
Buchh. Karl Groos in Heidelberg, Freund
Viktor v. Scheffels, Litteraturforscher ;
t daselbst, 78 J., 6. VIL — L Börsenbl. 64,
5054.
Grosse, Friedrich, Inhaber d. Neuge-
bauer'schen Buchh. in Olmütz, * zu Leipzig
7. VIL 16; t 2U Olmütz 5. XIL — L
BörsenbL 64, 9303 (nach »Mähr. Tagbl.«).
Hainauer, Julius, K. preuss. u. grosshgl.
Sachs. Kommissionsrath, Hofmusikalien-
händler d. Königs V. Preussen, Inhaber d.
Firma Julius Hainauer (Musikalien-, Buch-
u. Kunsthandlung) in Breslau; -|* daselbst,
71 J., 25. XIL — L 111. Ztg. HO, 19;
Börsenbl. 64, 9727.
Hempel, Paul, Dr. jur., Geschäftsführer d.
Verlags d. »Tägl. Rundschau« u. Heraus-
geber derselben, * zu Berlin 8. VL 53;
t daselbst 14. VIL — L KL 1897, 520;
in. Ztg. 109, 118; Börsenbl. 64, 5147.
8210.
*Herbig, Max, Inhaber d. J. A. Wohl-
gcmuth'schen Verlagsbuchh. in Berlin,
* daselbst 15. IV. 44; f ebenda 2. XL:
s. BJ II, 299. — L 111. Ztg. 109, 682;
Börsenbl. 64, 8170.
HUlisch, Hermann, Buchdrucker, lyr.
Dichter; s. Sp. 88».
Hirschfeld, Julius Bernhard, Mitinhaber d.
Buchdruckerei J. B. Hirschfeld in Leipzig;
t daselbst 21. V. — L 111. Ztg. 108, 715.
Hoffimann, Rudolph, Verlagsbuchhändler
in Mittelwalde, Schriftsteller auf d. Gebiete
d. Typographie, f daselbst 24. VIIL —
L BörsenbL 64, 6130.
Jaeger, J. L., Senior d. Verlags- u. Sorti-
mentsbuchh. Jaegcr & Kober, C. F.Spittlers
Nachf., in Basel, * zu Sulzbach (Württem-
berg. Oberamt Weinsberg) 11. IV. 21 ; f «^
Basel 13. IIL — L BörsenbL 64, 2160.
Jänecke, Christian, Mitinhaber d. Verlags
d. »Hannover. Couriers«; f zu Hannover,
42 J., 16. I. — L IIL Ztg. 108, 129.
Manke, Richard, Theilhaber d. Verlags-
buchh. Otto Janke in Berlin, * daselbst
9. X. 52; t ebenda 21. VIIL: s. BJ II,
226. — L Pfau 199; Börsenbl. 64, 6000.
8210; 111. Ztg. 109, 268.
Jeschke, Werner, Mitarbeiter im Hause
S. Fischer Verlag in Berlin, Redakteur d.
Buchhändlergehilfenblattes »Unser Blatt«;
f daselbst 4. IIL — L KL 1897, 607;
Börsenbl. 64, 1807.
^Kahnt, Christian Friedrich, Kommissions-
rath, Musikverleger, Besitzer u. Heraus-
geber d. »Neuen Zeitschrift f. Musik«:, * zu
Leipzig 10. V. 23; f daselbst .5. VL: s.
BJ II, 123. — L m. Ztg. 108, 783;
Börsenbl. 64, 4341.
*Klasing, August, Senior d. Verlagsbuchh.
Velhagen & Klasing in Bielefeld u. Leipzig,
♦ zu Bielefeld 8. X. 09; t daselbst 5. VIIL:
s. BJ II, 212. — L Börsenbl. 64, 5599.
5616; Pfau 392.
*Klinkhardt, Bruno Gustav, Kommerzien-
rath, Mitinhaber u. techn. Leiter d. Ver-
lagsbuchh. u. Buchdruckerei Julius Klink-
hardt in Leipzig, Berlin u. Wien, * zu
Leipzig 24. VIIL 43; f daselbst 17. XL:
s. BJ II, 208. — L IIL Ztg. 109, 722;
Pfau 209.
Klokow, Karl Erdmann, Mitbesitzer u.
Redakteur d. »Staatsbürger Ztg.« in Berlin;
f daselbst, 78 J., im Aug. — L 111. Ztg.
109, 308.
*Koch, Eduard Friedrich, Inhaber d. E.
Schweizerbart'schen Verlagsbuchh. in Stutt-
gart, * zu Grossaspach (Württemberg. Ober-
amt Backnang) 10. VII. 38; f zu Stuttgart
30. XL: s. BJ II, 227. — L Medizin.
Korrespondenzbl. d. württemb. ärztl.
Landesver. 67, 432 (= BörsenbL 64, 9674 ;
vgl. S. 9149); Schwab. Kronik 1897, 2739.
♦Köhler, Karl Franz (IIL), Chef d. Kom-
missions- u. Sortimentsbuchh. K. F. Köhler
in Leipzig, * daselbst 22. VIIL 43; f in
einer Heilanstalt zu Bonn 5. VIIL: s. BJ II,
227. — L BörsenbL 64, 5588. 5598. 5646.
5705. 6022 (R. Winkler); Pfau 218.
Lang, Friedrich, Theilhaber d. Buchh.
G. L. Lang in Speyer, • daselbst 10. V. 40;
-f* ebenda i. VI. — L Börsenbl. 64, 5220
(nach »Pfalz. Presse« v. 27. VL 1897).
Lehmann, Karl Adolf, Inhaber d. Firmen
Carl Helfs Sort.-Buchh. (Lehmann &
Wentzel), d. Komm.-Verl. Lehmann &
Wentzel u. d. Architektur verl. Ad. Lehmann
in Wien; + daselbst, 60 J., 8. I. — L
Börsenbl. 64, 264.
nc* Todtenliste 1897: XXIV. Buchdrucker und Buchhändler. XXV. Archivare etc. ^6*
*Mai, Emanuel, Antiquar, * zu Schmiegel
b. Lissa 2. II. 12; f zu Berlin 27. XII.: s.
BJ II, 25. — L Börsen bl. 65, 55 (nach
»Voss. Ztg.«).
Mecklenburg, Hermann Rudolf, Gründer u.
Mitinhaber d. Sort.-, Antiq.- u. Verlags-
Buchh. H. R. Mecklenburg in Berlin;
t daselbst, 85 J., 29. III. — L Börsenbl.
64, 2509.
*Mohr, Karl, früher Theilhaber d. J. C. B.
Mohr'schen Verlagsbuch h., Stadtrath in
Heidelberg, ♦ daselbst 3. VI. 17; f ebenda
23. XL: s. BJ II, 212. — L Börsenbl.
64, 8813.
Müller, Adolf, Buchhändler u. Stadtältester
in Brandenburg a. H., * daselbst 18 10;
t ebenda 2. X. — L Börsenbl. 64, 7399.
Pohle, Hugo, früher Musikverleger u.
GrUnder d. musikalischen Wochenschrift
»Hamburger Signale« ; f zu Zürich im Juni.
— L 111. Ztg. 108, 811.
^Reimer, Ernst, früher Inhaber d. Verlags-
buchh. Georg Reimer in Berlin, * daselbst
5. VII. 33; f zu Jena 19. X.: s. BJ II, 3.
— L BJ II, 35*: Börsenbl. 64, 7626.
821 1. 8898.
Rohmer, Ernst, Kommerzienrath, 1857 — 84
Chef d. C H. Beck'schen Verlagsbuchh.
in Nördlingen, * zu Weissenburg a. S.
29. XII. 18; t «u Nördlingen 23. VIII. —
L Pfau 27; 111. Ztg. 109, 349; Börsenbl.
64, 6025. 6044. 6334.
Scheurlen, Heinrich Albert, Inhaber d.
Firma Scheurlen's Verlag in Heilbrono,
• 24. IV. 21 ; t «u Heilbronn 8. IV. — L
Börsenbl. 64, 2817. 2852 (-n.).
Scholtze, Julius Oskar Karl, Buch- u.
Kunsthändler (Verlag, Sort. u. Antiq.) in
Leipzig; f daselbst 22. X. — L Börsenbl.
64. 7745-
Schultze, Albert, Inhaber d. Plahn'schen
Buchh. in Berlin, * daselbst 21. VI. 43;
t ebenda 29. IV. — L Börsenbl. 64, 8210.
Scriba, Gustav, preuss. Hofbuchhändler in
Metz; t daselbst 30, III. — L Börsenbl.
64, 2509. 2718.
Thaden, Georg, Mitinhaber d. Buch-
druckerei Otto Radke's Nachf. (Thaden &
Schmemann) u. d. Verlages d. »General-
anz. f. Essen u. Umgegend« in Essen ; f da-
selbst 25. IX. — L Börsenbl. 64, 7256.
Uebelen, Karl, Antiquar in München; f za
Planegg b. München 13. X. — L Börsenbl.
64» 7525-
*Wasmuth, Ernst Karl Ludwig, Inhaber
d. Architekturbuchh. (Verlag, Sort. u.
Antiq.) Ernst Wasmuth in Berlin, * zu
Regenthin b. Woldenberg (Kreis Arns-
walde) 28. III. 45 ; f zu Wiesbaden während
einer Kur 3. X.: s. BJ II, 208. — L BJ II,
44*; Börsenbl. 64, 7139. 821 1; Pfau 421;
lU. Ztg. 109, 511.
Wehdemann, Karl, Besitzer v. H. Wehdc-
mann's Buchh. in Parchim, * daselbst
24. VII. 32; f ebenda 3. XL — L Börsenbl.
64, 8252 (nach »Nordd. Post«).
XXV. Archivare und Bibliothekare.
^Arneth, Alfred, Ritter v., Direktor d. k.
k. Staatsarchivs in Wien; s. Sp. 65*.
Decker, Kanzleirath a. D., ehemaliger Sekre-
tär an der k. öffentl. Bibliothek in Stutt-
gart. — L Schwab. Kronik 1897, 433.
Grobe, Ludwig, Dr. phil., Hofrath, Prof.
am Realgymn. zu Meiningen, Vorstand d.
herzogl. öffentl. Bibliothek u. d. herzogl.
Münzkabinetts daselbst, Historiker u.
Numismatiker, * zu Hildburghausen 30.
X. 36; f KU Meiningen 24. III. — L
Centralbl. f. Bibl.- Wesen 14, 248; KL
1897, 441 (mit W).
Heinrich, Theodor, früher Stadtarchivar
in Görlitz, Wappen- u. Siegelforscher, •
1824; f daselbst im März. — L N. Lausitz.
Magazin 73, 307; 111. Ztg. 108, 421.
*Linde, Antonius van der, Dr. phil., Prof.,
Direktor d. Landesbibliothek zu Wies-
baden, • zu Haarlem 14. XI. 33; f zu Wies-
baden 13. VIIL: s. BJ II, 256. — L 111.
Ztg. 109, 240. 275 (mit P); Hinrichsen'
813 (mit W); KL 1897, 791; Börsenbl.
f. d. d. Buchh. 64, 5805.
^Malcher, Franz Xaver, k. u. k. Reg.-Rath,
Bibliothekar und Archivar d. erzherzogl.
Sammlung Albertina in Wien, * zu Fulnek
(Mähren) 3. XU. 35; f «u Wien 13. IL:
s. BJ II, 257.
^Pfotenhauer, Friedrich Paul, Dr. phiL,
Archivrath, Staatsarchivar in Breslau,
Historiker u. Genealog, * zu Glauchau in
Sachsen 30. VII. 42; f in Bad Ilmenau
8. VIIL: s. BJ II, 190. — L lU. Ztg. 109,
240. — W KL 1897, 997.
Philippi, Rudolf, Archivrath in Königsberg,
Historiker; f zu Wiesbaden im Mai. —
L 111. Ztg. 108, 742.
Schiffinanii, Franz Joseph, Bibliothekar an
d. Bürger- u. Kantonsbibliothek in Lucern,
•1831; t daselbst 30. IX. — L Centralbl.
f. Bibl.-Wesen 13, 596; (Luzerner) Vater-
land 1897 Nr. 224 Beil.
Schielte, Heinrich, Stadtbibliothekar a. D.
in Hannover; f Ende März. — L Centralbl.
f. Bibl.-Wesen 14, 248.
*Schönherr, David Ritter v., Dr., k. k.
Hofrath, Archivdirektor a. D., Historiker,
97
«
Todtenliste 1897: XXV. Archivare u. Bibliothekare. XXVI. Tondichter etc.
98*
* zu Kniepass 20. X. 22; f zu Innsbruck
17. X.: s. BJ II, 231. — L Litt. Centralbl.
1897, 141 1; Kunstchronik N. F. 9, 42;
Ztscbr. d. Ferdinandeums f. Tirol u. Vorarl-
berg 42 (1898), I (Redlich, mit W u. P).
Trost, Ludwig Ritter v., Dr. phil., Geh.
Legationsrath, Ehrenkanonikus, k. bayer.
Haus- u. Staatsarchivar, Historiker, * zu
München 15. VIIL 37; f daselbst 23. VL
— L in. Ztg. 109, 17; Keiter 5, 235;
KL 1896, 1353 (mit W).
Wittich, August, Stadtbibliothekar u.
Archivassistent zu Königsberg i. Pr., 70 J..
t daselbst 25. III. — L III. Ztg. 108, 449;
XXVI. Tondichter, Tonkünstler und Musikschriftsteller.
Allwens, Edmund, Prof. am k. Konser-
vatorium d. Musik in Stuttgart, später
Leiter d. Neuen Stuttgarter Musikschule;
t daselbst, 65 J., 25. IX. — L 111. Ztg.
109, 470; MMG 30, 85.
Bahre, Friedrich August, Gesanglehrer am
Protest. Gymn. in Strassburg i. E.; f da-
selbst 18. I. — L H. Veit in: Progr. d.
Protest. Gymn. v. Strassburg 1897.
^Bargiel, Woldemar, Prof., Vorsteher d.
Kompositionsabth. d. k. Hochschule f.
Musik in Berlin, Komponist, * daselbst
3. X. 28; t ebenda 23. IL: s. BJ IL 116.
— L BJ II, 3 ♦; Fetis Suppl. I, 48; Mendel-
Reissmann 1,455; Riemann^ 76; Frank ^
16; MMG 30, 85.
Barth, Gustav, Pianist und Komponist v.
Gesangswerken, längere Zeit erster Chor-
meister d. Wiener Männergesangver., * zu
Wien 2. IX. 12; f ebenda 11. V. — L
Fetis 2 I, 256; Riemann^ 79, MMG 30, 85,
Bauer, Clemens Albin, K. sifchs. Kammer-
virtuos, Flötist, • zu Potschappel 12. IL 56;
t zu Dresden 24. VI. — L 111. Ztg. 109,
17; NTA 9, 191 : MMG 30, 86.
Becker, Frau Ida, Liederkomponistin u.
ehemalige Sängerin; f zu Berlin, 65 J.,
im April. — L 111. Ztg. 108, 614.
Berger, Otto, Violoncellist und Mitbe-
gründer d. Böhm. Streichquartetts, * zu
Machau in Böhmen 1873; t daselbst
30. VI. — L Riemann^ 131 ; MMG 30, 86.
Bleuer, Ludwig, Konzertmeister d. Phil-
harm. Orchesters in Berlin, * zu Budapest
1862; t zu Berlin 12. IX. — L 111. Ztg.
109, 402 ; MMG 30, 86.
"^BrahmSi Johannes, Komponist u. Pianist,
Dr. phil. h. c, ♦ zu Hamburg 7. V. 33;
t zu Wien 3. IV. : s. BJ II, 90. — L BJ
n. 5*; vgl. auch BJ 1897, 27. 1898. 31 ;
Fetis' 2, 53. Suppl. I, 121; Riemann^ 142
(mit W); Mendel-Reissmann 2, 164; 111.
Ztg. 108, 447. 449 (mit P). — P auch
BJ II.
Brennemann, August, k. preuss. Kammer-
musiker a. D.; f zu Berlin 4. X. — L
MMG 30, 87.
Brückmann, Bruno, Musikschriftsteller,
• zu Dresden 1827; f zu Zürich 2. IV. —
L MMG 30, 87.
Biogr. Jahrbuch u. Dcutäcber Nekrolog. 4. Bd.
Brulliot, Karl, Prof. u. Gesanglehrer a. d.
k. Akad. d. Tonkunst in München, ilof-
opernregisseur, • daselbst 31. VII. 31 ;
t ebenda 23. IIL — L MMG 30,87;
NTA 9. 177.
Buchheister, L., Stadtmusikdirektor in
Weissenfeis; f daselbst, 67 J., 29. VII. -
L MMG 30, 87.
Butenuth, Leopold, Kapellmeister am
Tivolitheater in Kiel; f daselbst 5. IL —
L MMG 30, 87.
Coccius, Ernst Theodor, Prof. am k. Kon-
servatorium zu Leipzig, * zu Knauthain
bei Leipzig 8. IIL 24; f zu Leipzig
24. VIIL — L 111. Ztg. 109, 570; MMG
30,88; Riemann^ 206.
Cohn-HoUänder, C&cilie, PianistiA; f zu
Wien 25. VII. — L MMG 30, 88.
^Dalwigk, Reinhard, Freih. v., früher
Chef d. grosshgl. Oldenburg. Hofkapelle;
s. Sp. 15*.
Dietz, Friedrich Wilhelm, Violinist und
Komponist von Kammermusikwerken; f zu
Soden im Taunus 16. XII. — L MMG
30, 88.
Eckert, Beda, Kirchenkomponist, f zu
Miltenberg i6. VL 27 ; f im Kloster Diet-
furt (Diözese Eichstätt) 15. IL — L MMG
30, 89.
Ehrenberger, Eugen, Kammermusiker an
der k. Oper in Berlin, ♦ zu Schrimm 9. IV.
68; t zu Berlin 9. L — L NTA 9, 169.
Ehrlich, August C, k. sächs. Musikdirektor
a.D., früher Kapellmeister d.Leibgrenadier-
Reg. Nr. 100 in Dresden, Komponist, * in
Brieg; f zu Dresden 9. IV. — L 111.
Ztg. 108, 518; MMG 30. 89.
Eichhorn, Johann Karl Eduard, ehemaliger
Hofkonzertmeister in Koburg, Violinist,
* daselbst 17. X. 23; f ebenda 4. VIIL —
L Riemann^ 290 (gibt als Todesjahr 1896
an); Frank» 57; MMG 30, 89.
Ermer, Karl, fUrstl. Musikdirektor in Arn-
stadt; t daselbst, 62 J., 4. IV. — L MMG
30. 89.
Frei, Viktor, Organist in Canton (Ohio),
• zu Solothurn 1849; f zu Canton 3. VIII.
— L MMG 30, 89.
Friebe, Fritz, Musikdirektor in Berlin; f da-
selbst, 35 J., 17. III. — L MMG 30, 89.
d
99
Todtenliste 1897: XXVI. Tondichter, TonkUnstler und Musikschriftsteller. 100^
Gerstenberg, Gustav, Chormeister und
Dirigent d. evangel. Singvereins in Wien ;
t zu Leoben, 77 J., 24. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 300; MMG 30, 90.
* Grammann I Karl, Komponist, * zu
Lübeck 3. VI. 12; f zu Dresden 30. L:
s. BJ II, 118. — L Mendel - Reissmann
Erg.-Bd. 133; Fetis Suppl. i, 413; Rie-
mann^ 412; Frank^ 83; MMG 30,90;
NTA 9, 170.
* Günther, Otto Ferdinand, Dr. jur. u. Ad-
vokat, Direktor d. Konservatoriums d.
Musik u. d. Gewandhauskonzerte in Leip-
zig, * daselbst 4. XL 22; f ebenda 12. IX.:
s. BJ II, 119. — L BJ II, i6*; Rie-
mann^ 440; Signale f. d. musikal. Welt
1897, 659; MMG 30, 90; NTA 9, 202;
111. Zig. Nr. 2593 (XI. IIL 1893, mit P)
u. Bd. X19, S. 370.
Hart, August, Lehrer zu Stettin, Kom-
ponist V. Männerchören; f daselbst im
M«i. — L 111. Ztg. 108, 715.
Haushalter, Robert, Hofmusiker a. D. in
Weimar, * zu Hirschroda 4. VI. 32; f zu
Weimar 6. VIII. - L NTA 9, I97-
^Heiser, Wilhelm, ursprünglich Opern-
sänger, Liederkomponist, * zu Berlin
15. IV. 16; f zu Friedenau bei Berlin
9. IX.: s. BJ II, 122. — L Fetis» 4, 284.
Suppl. I, 456; Mendel-Reissmann 5, 183;
Riemann * 475 ; Frank ^ 100.
Herrmann, Wilhelm, k. Kammermusikus,
Oboe- und Klavierlehrer am Konserva-
torium in Stuttgart, * zu Ludwigsburg
25. XIL 36, t 2U Stuttgart 27. VIL — L
Schwab. Kronik 1897, 1501: (Stuttg.) N.
Tagebl. 1897 Nr. 162; MMG 30, 90.
*HeS8, Karl, k. sächs. Kammervirtuos,
Komponist, * zu Heddesheim b. Mann-
heim 7. VII. 40; f zu Dresden 2. IX. :
s. BJ II, 123. — L Frank» 105; 111. Ztg.
109, 349; MMG 30, 91.
Heyer, Carl Otto, Balladenkomponist; f zu
Racine (Wisconsin) 64 J., 11. II. — L
MMG 30, 91.
* Hieber, Otto, k. Hofkapellmeister u. Prof.
an d. Akad. d. Tonkunst in München,
* daselbst 20. II. 48; f ebenda 9. I.: s.
BJ II, 238. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 9
Abendbl., Nr. 12 Morgenbl. ; 111. Ztg.
108, 104; MMG 30, 91; NTA 9, 169.
Hiebsch, Joseph, Gesang- und Violin-
pHdagoge, Verf. musiktheoret. Werke, * zu
Tyssa (Böhmen) 7. X. 54; f zu Karlsbad
10. IV. — L Riemann* 490; MMG 30,91.
Holstein, Hedwig v., geb. Saloraon, Gattin
des verstorb. Komponisten Franz v. Hol-
stein, Förderin d. Leipziger Musiklebens,
• 1819; t '•" Leipzig 18. X. — L Rie-
mann* 502; 111. Ztg. 109, 570.
Hürse, Karl, k. Musikdirektor in Magde-
burg, Komponist, 10 Jahre lang i. Kapell-
meister am dortigen Stadttheater, * zu
Landsberg 10. X 38; f ^^ Magdeburg
2. V. — L 111. Ztg. 108, 614: MMG
30,91; NTA 9, 181.
Joost, Johann Ferdinand, Schauspieler,
Sänger u. Kapellmeister, * zu Leisnig
9. VII. 10; f zu Detmold 20. III. — L
MMG 30, 91.
Kamm, Ferdinand, Prof. an d. Kantons-
schule in S|. Gallen, Komponist; f zu
Aix (Provence) 9. IV. — L MMG 30, 91.
^Kahnt, Christian Friedrich, Kommissions-
rath, Musikverleger, Herausgeber der
»Neuen Zeitschrift f. Musik«; s. Sp. 94*.
Kern, Karl August, Organist in Laubach
(Oberhessen), Komponist v. Männerchören,
* zu Bebenhausen 23. XIL 36; f zu Laubach
22. VIL — L Frank» 121; MMG 30, 91.
*Kothe, Bernhard (Pseudon.: L. Aib-
linger), Musikdirektor, Seminarlehrer f.
Musik in Breslau, Musiktheoretiker u.
Komponist, * zu GrÖbnig [nicht Gröbing]
(Kreis Leobschütz) 12. 5. 21 ; f zu Breslau
25. VIL: s. BJ II, 123. — L Hinrichsen^
738; Riemann^ 602; KornmUUer* 2, 157;
Mendel-Reissmann 6, 132. Erg.-Bd. 193;
Frank» 130. — W auch KL 1897, 707.
Kratz, Robert, Musikdirektor in Düssel-
dorf, • zu Erfurt 1851; f zu Düsseldorf
26. I. — L MMG 30, 92.
Krelle, Theodor, k. Kammermusiker in
Berlin; f daselbst, 34 J., 22. (oder 24.?)
VL — L MMG 30, 92; NTA 9, 191.
Krenn, Franz, Kapellmeister an d. Michaels,
(Hof-)Kirche zu Wien, Organist u. Kom-
ponist, * zu Dross (Nieder-Oesteireich-
26. IL 16; t «u Wien 18. VI. — L Fetis)
5, 104; Kornmüller 2 2, 157 (mit W)-
Mendel-Reissmann 6, 153; 111. Ztg. 108,17;
MMG 30, 92.
Kuczynski, Paul, Bankier, Pianist und
Komponist in Berlin; f daselbst, 51 J.,
21. X. — L MMG 30, 92.
Kuhn, Margarethe, Klavier- Virtuosin; f im
Bade Bartfeld Anf. Aug. — L MMG 30, 92.
Kulke, Eduard, Musikschriftsteller, Kritiker
d. »Wiener Fremdenblattes«, * zu Nikols-
burg 28. V. 31 ; t zu Wien 20. III. — L
MMG 30, 92; NTA 9, 177.
Lenz, Karl, Musikdirektor u. Chormeister
an d. Kirche St. Borromeo in Wien; f d.i-
selbst, 71 J., 15. XL — L MMG 30, 92.
Lufer, Bernhard, Klavierlehrer am Kon-
servatorium in Wiesbaden; f daselbst
durch Selbstmord 25. IV, — L MMG 30, 93.
Mancio, Feiice, Konzertsänger, zuletzt
Prof. am Konservatorium in Wien, * zu
Turin 19. XII. 41 ; f zu Wien 4. II. —
L 111. Ztg. 108, 193: Riemann* 688;
•MMG 30, 93.
lOl* Todtenliste 1897: XXVI. Tondichter, Tonkttnstler und Musikschriftsteller. 102*
Mayer, Louis, Professor, Violoncellist,
Komponist, Musikschriftsteller, * zu
München 1838; f zu St. Louis 13. XII. —
L MMG 30, 93.
Merk, Heinrich, Dr., Kapellmeister am
Hoftheatcr in Wien; f zu Gras 8. VL —
L MMG 30, 94.
Meyer, Louis H., Direktor d. Beethoven-
Konservatoriums in Berlin; f daselbst,
57 J., I. II. — L MMG 30, 94.
Müller, Hans, Dr. phil., Prof. f. Gesch.
d. Musik an d. k. Hochschule f. Musik
in Berlin, Musikhistoriker, * zu Köln
18. IX. 54; t «u Berlin 11. IV. — L
Riemann* 765; Frank» 174; Hl. Ztg. 108,
518; MMG 30, 94.
«Müller, Wilhelm. Violoncellist, einst
Mitgl. d. berühmten Streichqartetts der
jüngeren »Gebrüder Müller«, * zu Braun-
schweig I. VI. 34; -f- zu Neuyork im Sept.:
s. BJ II, 105. — L Fetis« 6, 263; Mendel-
Reissmann 7, 194; 111. Ztg. 109, 682;
MMG 30, 94.
Naubert, Friedrich August, grosshgl.
Musikdirektor in Neubrandenburg, Or-
ganist u. Musiklehrer am Gymn. daselbst,
Musikpädagog u. Kritiker, * zu Schkeuditz
23. III. 39; f zu Neubrandenburg 26. VIII.
— L Mendel-Reissmann 7, 237; Frank**'
176; Riemann^ 776; MMG 30, 94; 111.
Ztg. 109, 349.
Neuendorff, Adolf, ehemaliger Theater-
direktor in Amerika, Orchesterdirigent,
Komponist v. Opern, Violin- u. Orchester-
kompositionen, * zu Hamburg 13. VI. 43;
f zu Neuyork 5. XII. — L Mendel-Reiss-
mann Erg. -Bd. 308; Frank» 178; 111.
Ztg. 109, 851; MMG 30, 95; NTA 10,157.
Nitka, Martin, Kammermusiker am Hof-
theater in Karlsruhe, * zu Audeschitz
(Böhmen) 11, XI. 31; f zu Karlsruhe
25. I. — L NTA 9, 169.
Pabst, Paul, Prof. d. Klavierspiels am
Konservatorium u. Direktor d. kaiserl.
russischen Musikgesellschaft in Moskau,
* zu Königsberg 27. V. 54.; f zu Moskau
28. V. — L Mendel-Reissmann 7, 458;
III. Ztg. 108, 742; MMG 30, 97.
Pache, Johannes, Cantor zu Limbach
i. S., Komponist v. Mttnnerchören , f zu
Limbach 24. XIL — L Frank» 183; 111.
Ztg. 110, 19; MMG 30, 97.
Pfeffer, Karl, Chordirektor d. Hofoper in
Wien, Opernkomponist; f daselbst, 64 J.,
17. IL — L MMG 30, 97.
*Plüddemann, Martin, Balladenkomponist
u. Musikschriftsteller, * zu Kolberg 29. IX.
54; t zu Berlin 8. X.: s. BJ II, 161. —
L Riemann^ 875: III. Ztg. 109, 535;
Frank» 190; MMG 30, 98: NTA 10, 155;
Bayreuther Blätter 1898, 67.
Pohl, Julius, k. Kammervirtuos u. Lehrer
an d. Hochschule f. Musik in Berlin,
Klarinettist; f daselbst, 74 J., 25. X, —
L MMG 30, 98.
Pohle, Hugo, Musikschriftsteller; s. Sp.95^.
*Ramanii, Bruno, Dichter u. Komponist,
dramat. u. lyr. Dichter, * zu Erfurt 17. IV.
32; t *u Dresden 13. III.: s. BJ IL — L
MMG 30, 98.
Riegel, Ludwig, Rechtsanwalt, Pianist u.
Konzertberichterstatter; f zu Freiburg i. B«,
62 J., Anf. Febr. — L MMG 30, 98.
* Röntgen, Johann Matthias Engelbert,
Konzertmeister im Gewandhausorchester
zu Leipzig, Violinist, ♦ zu Deventer (Hol-
land) 30. IX. 29: t zu Leipzig 12. XIL:
s. BJ 11,88. — L BJ II, 36 ♦; Mendel-
Reissmann 8, 384; Fetis Suppl. 2, 430;
Frank» 208; Riemann^ 960; MMG 30, 99;
lU. Ztg. 109,851; Signale f. d. musikaL
Welt 1897, 1011 (Weber).
Rossi, Marcello, Violinist u. Komponist,
* zu Wien 16. X. 62; f zu Bellaggio am
Comersee 30. V. — L Frank» 209; Rie-
mann^ 964; 111. Ztg. 108,783; MMG
30. 99.
Sasse, Wilhelm, ehemaliger Theater-
direktor u. Kapellmeister, zuletzt Gesan^r.
lehrer in Wien, * zii Quedlinburg 1826;
t zu Wien 25. VIIL — L MMG 30, 99;
NTA 9, 200.
Scheele, Anton, Musikschriftsteller, vorher
Sänger; f zu Hannover, 82 J., 18. III. —
L MMG 30, 99.
^Schmetz, Paul Johann, Kreisschulinspektor
zu Zell a. d. Mosel, Musikgelehrter (Cboral-
kunde), * zu Rott (Rheinprov.) 2. IX. 45;
t zu Zell 25. IX.: s. BJ II, 155. — L
Riemann^ 1009; MMG 30, 99.
Schneider, Kurt, Kantor a. d. Lukaskirchc
in Leipzig-Volkmarsdorf, Komponist, * zu
Treuen (Voigtl.) 4. VIII. 66; f zu Volk-
marsdorf 13. XL — L MMG 30, 99.
Schreck, Franziska, Oratoriensängerin u.
Gesangslehrerin in Rudolstadt; f daselbst
25. VIL — L in. Ztg. 109, 209; MMG
30. 99.
* Schulz, Ferdinand, k. Musikdirektor,
Organist an d. Sophienkirche in Berlin,
Komponist f. Männergesang, * zu Kossar
b. Krossen 21. X. 21; f zu Berlin 27. V.:
s. BJ. II, 155. — L Fetis' 7, 525; Rie-
mann^ 1028; 111. Ztg. 108, 742; Mendel-
Reissmann 9, 178; MMG 30, 99.
Seyerlen, Rein hold, Prof., Lehrer am
Konservatorium d. Musik in Stuttgart,
Organist an d. dortigen Johanniskirche;
t daselbst, 49 J., 27. X. — L Schwab.
Kronik 1897, 2243. 2259; Litt. BeiL z.
Staatsanz. f. Württemberg 1897, 1819;
III. Ztg. 109, 649; MMG 30, 100; Monats-
103
«
XXVI. Tondichter, TonkUnstler etc. XXVII. Bildende Künstler.
104'
Schrift f. Gottesdienst u. kirchl. Kunst
2, 290 (R. Hartter).
Siegert, Ferdinand, ehemaliger Dirigent
d. Leipziger Lehrergesangvereins; f da-
selbst, 47 J., 28. XI. -— L MMG 30, 100.
Skerle, Augast, k. bayer. Kammervirtuos
i. R., Harfenist; f in d. Irrenanstalt Feld-
hof b. Graz 20. I. — L 111. Ztg. 108, 157;
MMG 30, 100.
Spahr, Fritz, Violinvirtuose; f durch
Selbstmord zu Berlin, 27 J., 18. I. — L
MMG 30, 100.
Spittel, Wilhelm, kgl. Musikdirektor, Se-
minarmusiklehrer u. Hoforganist zu Gotha,
• zu Molsdorf b. Erfurt 23. IL 38; f zu
Gotha 8. IL — L Frank» 240; MMG
30, 100.
StengUn', Viktor Freih. v., Gen.-Lieut.
a. D., Komponist; s. Sp. 35*.
*Succo, Reinhold, Senatsmitgl. d. k. Akad.
d. Künste u. Lehrer an d. k. Hochschule
f. Musik in Berlin, Kirchenkomponist u.
kirchenmusikal. Schriftsteller, ♦ zu Görlitz
^9' V. 37; t *u Breslau 29. XL: s. BJ II,
1 56. — > L Mendel-Reissmann Krg.-Bd.
447; Riemann^ 1102; Frank ^ 246; 111. Ztg.
109,809; MMG 30, 100; Siona 1898, 187.
Toller, Ernst Otto, hgl. Kapellmeister in
Altenburg u. Komponist, * daselbst 8. V.
20; f ebenda 3. XII. — L lU. Ztg. 109,
851; Mendel-Reissmann 10,208; MMG
30, loi.
Triebel, Bernhard, Kapellmeister am Stadt-
theater zu Trier, Operettenkomponist, ♦ zu
Frankfurt a. M. 20. IL 47; f zu Trier 14.
VIL — L MMG 30, loi; NTA 10, 154.
Türke, Otto, Organist an der Marienkirche
zu Zwickau, * zu Oberlungwitz b. Chem-
nitz 1832; t *" Zwickau 31. X. — L
Frank ^ 254; MMG 30, loi.
«Ueberlee, Felix Wilhelm Adalbert. k.
Musikdirektor u. Organist an d. Dorotheen-
städt. Kirche in Berlin, Komponist, * da-
selbst 27. VI. 37; f zu Charlottenburg
15. IIL: s. BJ II, 160. — L Mendel-Reiss-
mann 10, 363; Riemann ^ 1170; Frank'
255; 111. Ztg. 108, 385; MMG 30, 101.
Wack, Martin, Kapellmeister u. Musik-
lehrer zu Friedenau bei Berlin, früher
Baritonist; f daselbst, 79 J., 13. VII. —
L MMG 30, loi.
Weinlich, Hans, Inhaber d. Opemschule
Weinlich-Tipka in Graz, früher Thealer-
kapellmeister ; f daselbst, 63 J., 4. IX. —
L 111. Ztg. 109, 370; NTA 9, 201 ; MMG
30, lOI.
Weiss, Gottfried, Gesanglehrer u. Musik-
schriftsteller, ■ Musikreferent d. »Reichs-
boten«, * zu Konradswaldau in Schlesien
13. XIL 20; flu Berlin i. X. — L MMG
30, loi.
Wiesner, Otto,- Musiklehrer am Lehrer-
seminar zu Rorschach (Schweiz); f da-
selbst 3, X. — L MMG 30, loi.
Witek, Johann, Musiker am deutschen
Landestheater in Prag, * daselbst 9. IV.
34; + ebenda 5. IV. — L NTA 9, 179.
Wolf, Hermann, Musikdirigent in Kreuz-
nach, Komponist; f daselbst 7. XIL —
L MMG ^30, 102.
Zangl, Joseph Gregor, Domorganist i. R.
zu Brixen, Kirchenkomponist, * zu Steinach
in Tirol 12. IIL 21 ; f zu Brixen 6. IIL
— Kornmüller' 2, 280; MMG 30, 102.
Zschocher, Johann, Begründer u. Direktor
d. Zschocherschen Musikinstituts in Leipzig,
* daselbst 10. V. 21; f ebenda 6. L —
L Mendel-Reissmann 15, 504; Riemann^
1281; III. Ztg. 108, 73: MMG 30, 102.
XXVU. Bildende Künstler.
*Alphons, Theodor, Maler u. Radirer, *
zu Krakau 28. X. 60; f zu Graz 2. IX. —
L BJ II, 189.
Baur, Hans, Bildhauer, ^ zu Konstanz 1829;
f daselbst Mai/Juni. — L Müller-Singer^
I, 88; 111. Ztg. 108, 783.
Bergmeier, Karl Albert, Bildhauer, lungere
Zeit Lehrer am k. Kunstgewerbemuseum in
Berlin, • daselbst 28. IIL 56; t zu Steg-
litz b. Berlin 28. IL - L Müller-Singer^
I, III ; 111. Ztg. 108, 307.
"^Bjorksten, Ferdinand, Maler und Archi-
tekt, • zu Lovisa (Finnland) 17. VL 35;
t zu München 18. XL: s. BJ III, 387.
Birkmeyer, F ritz , Historien- u. Schlachten-
maler, sowie Glasmaler, * zu Rothen-
burg o./T. 1848; t «u München 9. XTL:
s. BJ II, 166. — L 111. Ztg. 109, 851.
Bräuer, A., Lehrer an d. Kunstschule in
Breslau, Maler, * daselbst 14. V. 30; f
ebenda 7. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
^Bürkner, Hugo, Formschneider, Kupfer-
stecher u. Radirer, Prof. f. Holzschneide-
kunst an d. Kunstakad in Dresden, * zu
Dessau 24. VIII. 18; f zu Dresden 17. L:
s. BJ I, 22*. II, 188. — L BJ II, 6':
111. Ztg. 108, 129, 216 (mit P); Müller-
Singer' I, 196; Geist. Deutschi, i, 96.
Dressler, Friedrich Wilhelm Albert, Land-
schaftsmaler, • zu Berlin 6. VIII. 22: t
ebenda 23. XL — L Müller-Singer^ 1,
360; 111. Ztg. 109, 762.
I05'
Todtenlistc 1897: XXVII. Bildende Künstler.
106*
Eckhardt, Peter, Porträt- und Genrcmaler;
t 90 J., 20. III. — L 111. Ztg. 108, 421.
Eyrich, Emil, Geschichtsmaler u. Zeichner,
bes. medizinischer Zeichner; f zu Berlin,
57 J., I. II. — L 111. Ztg. 108, 193.
Friedländer, August M., Porträt- u. Genre-
maler in Philadelphia, * im Rheinland
1856; t zu Colorado Springs 25. IV. —
L 111. Ztg. 108, 742.
Geiger, Nikolaus, Prof. u. Mitgl. d. Akad.
d. bild. Künste in Berlin, Bildhauer u.
Maler, * zu Lauingen 6. XII. 49; f zu
Wilmersdorf b. Berlin 27. XII. — L 111.
Ztg. 109, 809 u. Nr. 2764 (vom 20. VI.
1896); Müller - Singer^ 2, 24; Geist.
Deutschi. I, 217.
Graupenstein, Wilhelm, Porträtmaler, *
zu Minden 1828; f zu Hamburg 26. V.
— L 111. Ztg. 108, 715; Der Maler W.
Gr. Gedächtnisrede u. Lebensbild von
Hauptpastor Dr. Spörri und Dr. O.
Rüdiger. Hamburg 1897.
•GrÖgler, Wilhelm, Genremaler, Zeichner
u. Illustrator; f zu München, 58 J., 6. V.:
s. BJ II, 173.
Gurlitt, Heinrich Louis Theodor, Prof.,
Landschaftsmaler, * zu Altona 8. III. 12;
f zu Naundorf b. Schmiedeberg im Erz-
geb. 19. IX. — L 111. Ztg. 199, 402;
Müller-Singer^ 2, 109.
^Hammer, Karl, Prof., Direktor d. k. Kunst-
gewerbeschule in Nürnberg, * daselbst 6.
in. 45; t ebenda i6. VIL: s. BJ II, 335.
— L BJ II, 17 ♦.
Heil, Gustav, Maler u. Huraorist., Illustrator
der Berliner »Wespen«; f zu Berlin, 70 J.,
16. L — L 111. Ztg. 108, 129.
♦Herpfer, Karl, Genremaler, ♦ zu Dinkels-
bühl 30. XI. 36; f während eines Bades
b. Walchstatt im Wörthsee 19. VI. (nicht
VIL): s. BJ II, 176. — L Müller-Singer^
2, 166; 111. Ztg. 108, 811.
Heyden, Jakob Theoder August v.,
Historienmaler, * zu Breslau 13. VI. 27;
t zu Berlin i. VL — L 111. Ztg. 108,
742; Geist. Berlin i, 187; L'Arte i, 1898,
87; Kunstchronik N. F. 8, 513 (A. Rosen-
berg, Z. Erinnerung an A. v. H.).
"^Heyden, Otto Johann Heinrich, Dr., Prof.
u. k. preuss. Hofmaler, Historien- u.
Porträtmaler, * zu Docherow (Pommern)
8. VII. 20; t z" Göttingen 21. IX. — L
Müller-Singer' 2, 175.
♦Hirt, Johann Christian, Prof. u. Ehren-
mitgl. d. Akad. d. bild. Künste in Mün-
chen, * zu Fürth 4. III. 36; f zu München
19. VIII.: s. BJ II, 175. — L 111. Ztg.
109, 268; Müller-Singer'* 2, 183; Geist.
Deutschi. I, 307.
*Höchl, Anton, Ziegeleibesitzer, Architek-
turmaler, * zu München 20. II. 20 ; f da-
selbst 21. IL: s. BJ II, 183. — L 111. Ztg.
108, 273.
Hohenberger, Heinrich, Maler v» Still-
leben; t zu Triest 21. VIIL — L 111.
Ztg. 109, 145.
Humer, Wilhelm, Zeichner u. Landschafts-
maler in Brixen; f daselbst 19. I. — L
111. Ztg. 108, 129.
Konk^ly (eigentlich Kunkel), Richard,
Porträtmaler in Leipzig; f daselbst, 41 J.,
4. I. — L 111. Ztg. 108, 76.
^Kopp, Karl, Prof., Lehrer f. d. Model-
lieren v. Ornamenten u. Figuren an d.
Techn. Hochsch. in Stuttgart, Bildhauer,
• zu Wasseralfingen (wUrttemb. Oberamt
Aalen) 24. X. 25; f *** Stuttgart 2. III.:
s. BJ II, 278. — L BJ II, 23 •; Schwab.
Merkur 1897, 450; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. Württemb. 1897, 347; Hl. Ztg. 108,
307.
"^Leoprechting, Marquard Freih. v.,
Oberst a. D., Zeichner u. Genremaler;
s. Sp. 36*.
Leu, August Wilhelm, Prof. an d. Akad.
d. bild. Künste zu Berlin, Landschafts-
maler, * zu Münster i. W. 24. III. 19; f
zu Seelisberg am Vierwaldstätter See 20.
VIL — L BJ IL 25 ♦; 111. Ztg. 109, 145.
Löffelholz von Colberg, Jobst Wilhelm
Karl Eugen Freih. v., Prof. am Real-
gymn. in München, Zeichner; s. Sp. 85*.
*Lossow, Heinrich, Konservator an d.
Gemäldegallerie in Schieissheim, Genre-
maler, * zu München 10. V. 48; f auf d.
Fahrt v. München nach Schieissheim 19.
V.: s. BJ II, 187. — L 111. Ztg. 108,
683.
Ludwig, Heinrich, Maler u. Kunstschrift-
steller (über Technik d. Malerei); f zu
Rom 30. VI. — L 111. Ztg. 109, 51;
Börsenbl. f. d. d. Buchb. 64, 5008; L'Arte
I, 1898, 87.
Merkel, Karl Gottlob, Maler in Kassel, * zu
Leipzig 18 18; f zu Wehlheiden im Juli.
— L III. Ztg. 109, 84; Müller-Singer« 3,
181.
*Palme, Franz Augustin, Historienmaler,
♦ zu Rocblitz 21. XI. 1808; f zu München
18. X.: s. ßj II, 213. — L 111. Ztg. X09,
606; Müller-Singer' 3, 363.
Preleuthner (auch Prelleuthner), Jo-
hann, Bildhauer, Nestor d. Wiener
KUnstlerschaft, * in Niederösterreich 27.
XII. 1807; t «uGloggnitz 9. VIIL — L
111. Ztg. 109, 240; Müller-Singer^ 3, 487.
Reiffenstein, Paul, Landschaftsmaler, geb.
Wiener: f zu Weimar, 39 J., 12. V. —
L 111. Ztg. 108, 683.
*^'Sänger, Dominik, Bildhauer, * zu Berlin
6. X. 4 5; f zu München 6. 111.: s. BJ II,
229.
I07* Todtenliste 1897: XXVII. Bildende Künstler. XXVIII. Kunstforscher etc. 108*
Scherenberg, Hermann, Zeichner, Illu-
strator d. »Ulk«, * 26. I. 26; f zu Gross-
Lichtcrfelde b. Berlin 21. VIII. — L Hl.
Ztg. 109, 300 u. Nr. 2743 (v. 25. I. 1896,
mit P).
^Schönn, Alois, Prof. an d. Akad. d.
bild. Künste in Wien, Genremaler und
Radierer, ♦ zu Wien ii. HI. 26; f zu
Krumpendorf am Wörthersee 16. IX.:
s. BJ II, 395.
Schubert» Heinrich Karl, Landschafts- u.
Blumenmaler, * zu Wien 1827; f daselbst
12. II. — L 111. Ztg. 108, 253.
*Stieler, Max, Maler u. Dichter, * zu Mün-
chen 16. II. 25; f daselbst 23. VI.: s.
BJ II, 229.
Trenkwald, Joseph Matthias v., Prof. an d.
Kunstakad. in Wien, * zu Prag 23. III.
24; t zu Perchtoldsdorf b. Wien 28. VII.
— L ni. Ztg. 109, 209.
Trenkwalder, Dominik, tiroler Bildhauer
u. Holzschnitzer; f zu Innsbruck, 56 J.,
6. VII. — L 111. Ztg. 109, 84.
*Walch, Emanuel, Maler, * zu Kaisers in
Tirol 28. \ail. 62; t »u Toblach 25. VHL:
s. BJ II, 228.
^Weigand, Konrad, Historienmaler, * zu
Nürnberg 12. XII. 42; f zu München 3.
XII.: s. BJ n, 215.
Weitmann, Joseph, Bildhauer, bes. Klein-
plastiker, ♦ zu Gmünd 9. III. 11 ; f *"
Wien 28. III. — L 111. Ztg. 108, 449:
Wiener Ztg. 1897 Nr. 72.
*Wenban, Longly Sion, Landschafter, * zu
Cincinnati 9. IH. 48: f ^u München 19.
IV.: s. BJ II, 216.
XXVIII. Kunstforscher und Kunstfreunde.
*Burckhardt, Jacob Christoph, Dr. phil.,
ordentl. Prof. f. Kunstgesch. an d. Univ.
Basel, * daselbst 25. V. 18; f ebenda 8.
VIII.; s. BJ II, 54. — L BJ II, 6 •; F.
Laban, Bibliographie in: Repert. f. Kunst-
wissensch. 21, S. XCVI; Dietrichs Bib-
liogr. d, deutschen Zeitschriftenlitt. 2, 3,
35- 4, 59.
Engelhard, Robert, Gymn.-Oberlehrer, Er-
forscher d. Kunstdenkmale d. Eichsfeldes;
s. Sp. 83*.
*Engerth» Eduard Ritter v., Hofrath,
Maler u. früher Direktor d. kaiserl. Ge-
mäldegallerie in Wien, * zu Pless (Preuss.
Schlesien) 13. V. 18; f auf dem Sömmc-
ring 29. Vll.: s. BJ II, 393. — L 111.
Ztg. X09, 180; Jahrb. d. kunsthist. Samml.
d. Kaiserhauses 19, 360; L'Artc l, 87;
Wurzbach 4. 49. 14, 440.
Falke, Jacob von, Dr. phil., Hofrath, ehe-
mal. Direktor d. k. k. Museums f. Kunst
u. Industrie, Kultur- u. Kunsthistoriker,
* zu Ratzeburg 21. VI. 25; f im Quar-
nerobad Lovrana b. Abbazia 8. VI. — L
BJ II, 10 ♦: 111. Ztg. 108, 812 (mit P);
Hinrichsen* 347; J. Falke, Lebenserinner-
ungen. Leipz. 1897; Archiv d. Ver. f.
Gesch. V. Lauenburg 5, 2, 76. — W auch
KL 1897, 317; Eckert 67.
Gross von Trockau, Alexander Ernst
Gustav Maria Freih., Kunst- u. Alter-
thumskenner, * 13. XI. 20: f zu Würz-
burg 16. III. — L 111. Ztg. 108, 385;
Freiherrl. Tsischcnl). 1898, 342. 1173.
Heider, Gustav Freih. v., Dr. phil, Sec-
tionschef a. D. vormaliger Präsident d.
k. k. Akademie d. Künste, Kunsthistoriker,
♦ zu Wien 15. X, 19; f daselbst 15. III.
— L 111. Ztg. loS, 385; Litt. Ccntralbl.
1897, 412; Wurzbach, 8, 208; Freiherrl.
Taschenb. 1897, 375« 1898, 1174.
Kaunitz, Albrecht Graf, Präsident d.
böhm. Kunstver. ; s. Sp. 10*.
•Ltttzow, Karl v., Dr. phil . Prof. f. Gesch.
d. Baukunst an d. Techn. Hochsch. in Wien,
Bibliothekar d. Akad. d. bild. Künste da-
selbst, Kunsthistoriker, * zu Göttingen
25. XII. 32; t ^'^ Wien 22. IV.: s. BJ
II, 191. — L BJ II, 26 •: 111. Ztg. 108,
589 (mit P); Ztschr. f. bild. Kunst N. F.
8, 233 (C. L.[emcke], mit P): Wurzbach
16, 147; L'Arte i, 1898, 87. — W auch
KL 1897, 820; Kukula 576. Suppl. 159;
Börsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 3635.
^Mertens, Franz, Architekt, Kunstschrift-
steller; s. Sp. 49*.
Obermayer, Eugen, Kunstschriftsteller; f
zu Wien, 77 J., 8. (oder 7.?) VII. — L
Litt. Ceatralbl. 1897, 924; 111. Ztg. 109,
84.
'»Rieht, Wilhelm Heinrich v., Dr. phil.,
Geh. Rath, ordentl. Prof. f. Kulturgescb.
u. Statistik an d. Univ. München; s.
Sp. 66^.
Sallet, Alfred v., Dr. phil., Direktor d.
k. Münzkabinets im Alten Museum xu
Berlin, • zu Breslau 14. VII. 42; f zu
Berlin 25. XI. — L F. Laban, Bibliogr.
im Repert. f. Kunstwissensch. 21, XCVII.
Schmidt, Julius, Dr. phil., Prof., Direktor
d. Provinzialmuseums in Halle a. S., * zu
Sangerhausen 9. VIII. 23: f zu Halle a. S.
16. X. — L Litt. Centralbl. 1897, 1377;
III. Ztg. 109, 570.
Sträter, August, Kupferstichsammlcr, * zu
Rheine iSio; f zu Aachen (oder Köln?)
13. II. — L Kunstchronik N. F. 8, 369
(M. Lehrs).
I09
XXVIII. Kunstforscher u. Kunstfreunde. XXIX. Bühnenleiter etc.
HO*
♦Weiss, Hermann, Trof., Geh. Reg.-Rath,
früher Direktor d. Berliner Zeughauses,
• zu Hamburg 2. IV. 22; f zu Berlin 21.
IV.: s. BJ II, 108. — L 111. Ztg. 108,
555; Löbell 24, 630 (B. P.[oten]). — W
KL 1897, 1423.
Zöllner, Karl, Dr. jur., Geh. Reg.-Ratli,
vormaliger i. stand. Sekretär d. Akad. d.
Künste in Berlin, • daselbst 12. XII, f
ebenda 14. VI. — L Litt. Centralbl. 1897,
830; III. Ztg. 108, 81 f.
XXIX. Bühnenleiter und Bühnenkünstler.
Agte, geb. Courier, Amalie, ehemal.
Opernsängerin u. Schauspielerin (zuletzt
komische Alte); f zu Neisse, 77 J., i. IL
— L MMG 30, 85: NTA 9, 170.
Ahrweiler, geb. Stjerna, Luise, früher
Schauspielerin am Kölner Stadttheater, *
zu Herford (Westf.) 19. IL 59; f zu Mün-
chen 9. IIL — L 111. Ztg. 108, 385; NTA
9, 174 (E. Lewinger, mit P).
Arndt, geb. Kessler, Mathilde, Schau-
spielerin u. Chorsängerin am k. Theater
in Wiesbaden, ♦ zu Riedlingen 10. XII,
50 ; f zu Wiesbaden Mitte Aug. — L
NTA 9, 199.
Axtmann, geb. Richter, Elise, chemal.
Schauspielerin, * zu Karlsruhe 11. I. 27;
f zu Bruchsal 24. XL — L NTA 10, 155.
Baste, Ferdinand, Theaterdirektor, * zu
Brandenburg 24. I. 18; f zu Essen a. d.
Ruhr 26. I. — L Hl. Ztg. 108, 157; NTA
9, 169.
Bauer, Adolf, grossherzogl. Hofschau-
spieler in Meiningen, ^ daselbst 6. XII.
27; t ebenda 3. IX. — L NTA 9, 200
(F. Stury).
Becker, Frau Ida, ehemal. Sängerin; s.
Sp. 97*.
Becker, Karl, ehemal. Direktor d. Stadt-
theaters in Flensburg, * zu Braunschweig
31. IIL 23; f zu Flensburg 7. XII. — L
NTA 10, 157.
*Behr, Heinrich, Sänger (Bassist) u.
Schauspieler, ehemal. Theaterdirektor, *
zu Rostock 2. VI. 21, f zu Leipzig 13.
III.: s. BJ II, 117. — L 111. Ztg. 108,
385. MMG 30, 86; NTA 9, 176 (mit P;.
Behr, Heinrich, Schauspieler (Helden u.
humorist. Väter), Sohn des vorigen, * zu
Leipzig 29. IV. 59; f zu Montreux 10. I.
— L NTA 9, 169.
Benefeld, Bert ha, Schauspielerin in Gera;
f daselbst durch Selbstmord 6. IX. — L
NTA 9, 154.
"^Bercht, Ludwig Julius, Charakterdarsteller
u. Komiker, auch Dichter, * zu Prödel b.
Leipzig 4. W 1 1 : f zu Braunschweig 6.
V.: s. BJ II, 363. — L NTA 9, 181.
Bethge, Adolf, grossherzogl. mecklenburg.
Hofschauspieler a. D., * zu Berlin 20. V.
28; f zu Lübeck 27. IL — L 111. Ztg.
108, 307; NTA 9, 173.
Beyer, Wilhelm, Sänger u. Schauspieler,
zuletzt Sekretär d. Stadttheaters in Riga,
* zu Berlin 5. XL 19; f zu W^eimar 10.
IIL — L NTA 9, 176.
Böfllnger, Heinrich, ehemal. Schauspieler
u. Theaterdirektor, * zu Mainz 22. XII. 27;
t zu Lorsch (Hessen) 28. IL — L NTA
9. 173.
Rosse, geb. Gross, Olga, Sängerin; f zu
Oldenburg, 37 J., 21. 1. — L MMG 30, 87.
Brock, Paul, Oberregisseur d. Hoftheaters
in Weimar, Mitbegründer d. Genossen-
schaft deutscher Bühnenangehöriger, * zu
Berlin 25. IX. 44, f zu Berlin 9. VIII.
— L 111. Ztg. 109, 209; NTA 9, 197.
*Brulliot, Karl Johann, Prof. an d. k.
Akad. d. Tonkunst u. Oberregisseur an d.
Hofbühne zu München, * daselbst 31. VII.
31 ; t ebenda 24. IIL: s. BJ II, 237. —
L NTA 9, 197.
^Dalwigk, Reinhard Freih. v., Vorstand
d. grossherzogl. Oldenburg. Theaterkom-
mission; s. Sp. 15*.
Beetz, Arthur, früher Direktor d. k.
Schauspielhauses in Berlin, * zu Wesel
18. VL 26; t zu Berlin 16. VII. — L
III. Ztg. 109, 145; NTA 9, 192 (mit P).
Driessen, geb. Greiner, Charlotte,
Schauspielerin, * zu BrUnn 31. I. 31: f
zu Bad Lauchstädt 28. VIIL — L NTA
9, 200; 111. Ztg. 109, 370.
Drost, Wilhelm Elias, Schauspieler, auch
Bühnendichter (mit G. v. Moser), • zu
Hamburg 25. IV. 21; f zu Hamburg 4.
IL — L NTA 9, 170.
Duckert, Richard, Schauspieler am
Bellevuetheater in Stettin, * zu Berlin i.
IV. 53; t zu Stettin 16. XL — L NTA
10, 155.
Ernst, geb. Köthe, Karoline, Gattin d.
Theaterdirektors M. Ernst, einstige Ver-
treterin der Heldenmütter in Aachen, * zu
Eisenach 14. II. 21; f zu Aachen 7. IV.
— L 111. Ztg. 108, 518; NTA 9, 179
(nach Aachener »Polit. Tagebl.«).
Förster, Heinrich, Schauspieler u.
Theaterdirektor, * zu Götzleinsdorf 27.
VI. 59; -j* zu Spindelmühle (Riesengeb.)
8. IX. — L NTA 9, 201.
Franck, Friedrich Wilhelm, ehemal. Schau-
spieler, dann Souffleur, * zu Hamburg 7.
III'
»
Todtenliste 1897: XXIX. Bühnenleiter und Bühnenkünstler.
1 12'
XII. 13; f zu Pelackcn b. Danzig 28. II.
— L NTA 9. 173.
Frey, August Johann, ehemal. Schauspieler
u. Theaterdirektor,* f zu Freudenthal 18.
IX. — L NTA 10, 154.
Fuchs, geb. Ringleb, Karolinc, ehemal.
Schauspielerin : f im Seebad Cranz 8. VIII.
— L NTA 9, 197.
Garvens, Wilhelm, Dr., ehemal. Opern-
sänger, Musiklehrer in Hamburg, * daselbst
10. VI. 15: t ebenda 14. IV. — L NTA
9, 180.
Gaspart, Emil, Schauspieler (Komiker); f
zu Berlin, 39 J., 24. IX. — L NTA 9, 202.
Gentner, Oskar, Schauspieler, * zu Wien
18. III. 72; f daselbst 8. X. — L NTA
10, 155.
.Gerdes, Julius, Opernsänger am Stadt-
theater in Lübeck; f daselbst Anf. Dez.
— L NTA 10, 157.
Gries genannt Grisa, Karl, Opernsänger,
♦ zu Kassel 25. VII. 41 ; f «u Berlin 26.
VII. — L MMG 30, 90; NTA 9, 194.
Grieshaber, Robert, Schauspieler, * zu
Föhrenbach 1860; f zu Biel (Schweiz)
20. IV. — L NTA 9, 180.
Grobecker, Ewald, Ehrenmitgl. d. k.
Theaters in Wiesbaden, früherer Schau-
spieler (Komiker), * zu Spandau 9. IV.
25: f zu Wiesbaden 26. I. — L 111. Ztg.
108, 157; NTA 9, 169; Deutsche Bühnen-
genossensch. 1897 Nr. 6.
Gröber, Paul, Schauspieler, zuletzt in
Frankfurt a. M., ♦ 19. I. 72; f zu Gör-
bersdorf (Schlesien) 12. VIII. — L NTA
10, 154.
Gunzert, Gustav Adolf v., Hotkammerpräsi-
dent, mehrere Jahre Leiter d. Hoftheaters
in Stuttgart; s. Sp. 16*.
Hahn, Emil, früher Direktor d. Viktoria-
theaters in Berlin, • zu Leipzig (oder
Nürnberg?) 22. III, 33; f ^" Regensburg
12. XII. — L 111. Ztg. 1Q9, 881; NTA
10, 157.
Hartlep, Julius, ehemal Schauspieler, * zu
Leipzig 20. IX. 24; f Ende Dez. — L
NTA 10, 158.
Hassel, Romanus, herzogl. meinigenscher
Hofschauspieler, * zu Kassel l. XII. 22;
f zu Meiningen 4. VII. — L 111. Ztg. 109,
145; NTA 9, 191.
Heinze, Ferdinand, Schauspieler u. Sänger
am k. Hoftheater in Hannover, * zu Leip-
zig 17. III. 26; f zu Hannover 8. IX. —
L 111. Ztg. 109, 402; NTA 9, 201.
Heller, Hofopersänger, f in der Heilanstalt
Illenau b. Karlsruhe 14. IV. — L MMG
30, 90.
Herrmans, Josef, ehemal. Opernsänger,
* zu Kiel 1819; f zu Bonn 15. XII. —
L MMG 30, 91.
Hey'l, Ferdinand, Kurdirektor in Wies-
baden; s. Sp. 88*.
Korn, genannt Robert!, Paul, Schau-
spieler in Helmstedt, * zu Bretting i. S.
1861; t zu Helmstedt 26. XIL — L NTA
10, 158.
Joost, Johann Ferdinand, Schauspieler,
Sänger, Kapellmeister; s. Sp. 100.
Kaier, Adele v., ehemal. Schauspielerin,
• zu Berlin 5. VIII. 40; f zu Wiener-
Neustadt I. VIL — L NTA 9, 191.
Kirchner, genannt Kirchberg, Louis J.
S., ehemal. Schauspieler u. Chorsänger
am Stadttheater in Hamburg, * zu Weimar
6. VII. 40; f zu Hamburg 5. IX. — L
NTA 9, 201.
Klaunig, verwittw. Zinn, Mathilde Agnes,
ehemal. Schauspielerin u. Chorsängerin, *
zu Zwickau 6. IX. 40; f zu Rostock 6.
11. — L NTA 9. 170.
Koch, Hugo, Opernsänger am Stadttheater
in Kolmar; f zu Braunschweig 13. V. —
L NTA 9, 181.
Köttschau, verehel. Schutze, Martha,
grossherzogl. Oldenburg. Hofschauspielcrin
(Soubrette), * zu Hamburg 8. XL 56; f
daselbst 3. IX. — L NTA 9, 201.
Krebs, John, in Amerika sehr bekannter
deutscher Sänger, * zu Köln 1S46; f zu
New Orleans 7. XII. — L MMG 30, 92.
*Krolop, Franz, Opernsänger an d. k.
Oper in Berlin, • zu Troja b. Prag 5.
IX. 39: t «» Berlin 30. V.: s. BJ II, 128.
- L BJ II, 23 *; 111. Ztg. 108, 743 (mit
P); MMG 30, 92; NTA 9, 183.
Kuefstein, Mag da Gräfin v., geb. Krüger,
vor ihrer Vermählung Mitgl. d. Balletcorps
d. berliner Hofoper; s. Sp. 10*.
Lauermann, August, Schauspieler u. Re-
gisseur; f zu Jessnitz b. Dessau, 59 J.,
9. I. — L NTA 9, 169.
Lemcke, Anna, ehemal. kurfürstl. hess.
Hofschauspielerin; f 8. I. — L NTA 9,
169.
Lenz-Schäfer, Karoline v., verwittw.
Hart ig, früher Schauspielerin am ham-
burger Stadttheater; f zu Rostock, 90 J.,
3. VI. — L NTA 9, 185.
Leuthold (eigentlich v. Lewinsky), Ro-
bert, Regisseur u. Schauspieler in Bielitz;
t daselbst 11. L — L NTA 9, 169.
Mansfeldt, Arnold, Schriftsteller u. Schau-
spieler, • zu Hamburg 28. I. 38; f da-
selbst 6. I. — L NTA 9, 168 (nach
»Hamburger Fremdenbl.«).
Meixner, Karl, ehemal. Schauspieler (Hel-
den u. Bonvivants), ♦ zu Frankfurt a. M.
1853; t daselbst 18. XII. — L NTA 10,
15«.
•Mitterwurzer, Anton Friedrich, Schau-
spieler am Wiener Burgtheater (Charakter-
"3
:j(
Todtenliste 1897: XXIX. Bühnenleiter und Bühnenkünstler.
1 14'
darstcllcr), • zu Dresden 16. X. 44: f ^^
Wien 13. IL: s. BJ II, 109. — L BJ II,
Mylius-Rutland, Elisabeth, früher Kolo-
ratursängerin, seit 1880 Gesanglehrerin in
Wien, * äu Eger 25. IV. 35; f zu Wien
4. II. — L MMG 30, 94; NTA 9, 170.
Norbert-Hagen, H an nah, Opernsängerin
in Stettin; f daselbst 30. XI. — L MMG
30, 97; NTA 10, 157.
"^ Otto-Thate, K a r o li n e Christiane, herzogl.
braunschweig. Hofschauspielerin, ^ zu
Braunschweig i. III. 22; f zu Stuttgart
19. III.: s. BJ II, 362. — L NTA 9, 176.
Petrusch, Oskar, Schauspieler (Liebhaber),
* zu Danzig i6. IX. 62: f zu Altona 9.
III. — L NTA 9, 176.
Pögner, Hermine, Schauspielerin am Ost-
endtheater in Berlin (früher Soubrette,
zuletzt Mütter u. komische Alten), * zu
Budapest 1. XI. 49; f zu Berlin 16. I. —
L NTA 9, 169.
Pollini , Bernhard (eigentlich Baruch
Pohl), Hofrath, Direktor d. Hamburger
Ihaliatheaters, • zu Köln a. Rh. 16. XII.
38; t 26, XL — L 111. Ztg. 109, 810
(mit P); NTA lo, 155; MMG 30, 98.
Preim, Christian, Schauspieler u. Inspi-
zient; f zu Basel 17. VI. — L NTA 9,
191.
Pritzbuer, (genannt Schwerin), Julius v.,
Regisseur u. Schauspieler (Charakterko-
miker), ♦ zu Ludwigslust 31. VII. 53; f
daselbst I. V. — L NTA 9, 181.
Pulcy, Christian, ehemal. Schauspieler
(Komiker, Charakterdarsteller), * zu Kassel
4. X. 22; f zu München 26. IX. — L
NTA 9, 202.
Rawitz, Max, ehemal. Schauspieler u. Re-
gisseur; f zu Berlin 8. XII. — L NTA
10, 157.
Reden, geb. v. Boja, Helene v., Opern-
sängerin; f zu Weimar 14. V. — L
MMG 30, 98; 111. Ztg. 108, 715; NTA 9,
182.
Reider, Wilhelm ine, Schauspielerin am
Stadttheater in Hannover, * zu Kassel 13.
IV. 76; t zu Hannover 3. XL — L NTA
10, 155.
Richter, August, ehemal. Schauspieler, *
zu Osterode 26. XL 22; f zu Flaue (Thü-
ringen) 23. I. — L NTA 9, 169.
Riedl, Alexius, ehemal. Opernsänger, ♦zu
München 31. X. 42; f daselbst 31. VII.
— L NTA 9, 194.
Rocco, Friedrich Wilhelm, Universitälstanz-
lehrer, früher Schauspieler; s. Sp. 90*.
Röckel, geb. Tomaselli, Ernestine,
früher Sängerin u. vSchauspielerin; f zu
Jersitz in Posen, 80 J., 8. VI. — L NTA
9» 185.
Sasse, Wilhelm, Gesanglehrer, chemal.
Theaterdirektor; s. Sp. 102*.
Scheele, Anton, Musikschriftstellcr, vorher
Sänger; f zu Hannover 18. III. — L
MMG 30, 99.
Schippel, Fanny, Schauspielerin am Stadt-
theater in Hannover; f daselbst i. IV. —
L NTA 9, 179.
Schlesinger, Karl M., Schauspieler (Ko-
miker) am Deutschen Landestheater in
Prag, * zu Budapest 8. II. 47 ; f zu Prag
12. VlII. — L 111. Ztg. 109, 240; NTA
9, 199 (O. Keindl).
Schmidt, Bernhard, ehemal. Sänger am
Hoftheater zu Weimar, * zu Dargun in
Mecklenburg 15. III. 25; f zu Weimar
17. XIL — L MMG 30, 99; NTA 10,
158.
Schmidt, Franz, Operntenor, zuletzt am
Stadttheater in Breslau ; f auf seinem Gute
Csömör b. Budapest, 4$ J., 8. VL — L
MMG 30, 99; NTA 9, 185.
Schmidt, Otto, Schauspieler u. Theater-
direktor; f in der Diakonissenanstalt zu
Dresden 9. I. — L NTA 9, 169.
Schreiber, Julius, Direktor-Stellvertreter
am Stadttheater in Baden b. Wien, früher
Tenorist unter dem Namen Julius
Rossi; f zu Baden b, Wien im Aug. —
L NTA 9, 200.
Schröder, geb. Gottfried, Wilhelmine,
ehemal. Schauspielerin, dann Souffleuse,
* zu Weilburg (Hessen) 25. X. 44; f zu
Magdeburg 26. III. — L NTA 9, 179.
Schroetter, Hermann, herzogl. braun-
schweig. Kammersänger, Heldentenor, * zu
Berlin 28. XL 42 ; f zu Braunschweig
2. VIII. — L MMG 30, 99: NTA 9,
194.
*Seebach, Marie, Tragödin, * zu Riga 24.
IL 34; t zu St. Moritz 3. VIIL: s. BJ II,
253. — L BJ II, 39 ♦; 111. Ztg. 109, 221
(mit P); NTA 9, 194 (mit P).
Siechen, Max, ehemal. Opernsänger, * zu
Berlin 9. I. 50; f daselbst Mitte Okt. —
L NTA 10, 155.
Stein genannt Schmidt, Adolf, Bassist,
Mitgl. d. Damrosch-Operntruppe in Ame-
rika, * zu Leipzig 1854; f ^^ Wordside
in Nordamerika im Nov. — L MMG 30,
100.
Stöbe-Hofmann, Anna Elsbeth, Theater-
direktorsgattin, Schauspielerin (Soubrette),
* zu München 21. IX. 41; f zu Wasscr-
trüdingen 29. VIL — L NTA 9, 202 (K
Stöbe).
Tertnik, Josef Karl, Ileldentenor; f z"
BrUnn, 29 J., 2. V. — L NTA 9, 181.
Ucko, Louis, früher Heldentenor d. Stutt-
garter Hofbühne, später Theaterdirektort
* zu Schreibendorf 23. IL 38 ; f zu Berlin.
115* TodtenHstei897: XXIX. Bühnenleiter und Bühnenkünstler. XXX. Verschiedene. ii6*
4. VI. — L 111. Ztg. 108, 811; MMG 30,
loi; NTA 9, 185.
Wack, Martin, Kapellmeister, früher
Baritonist; s. Sp. 104*.
Waldmann, Karl, Direktor u. Ober-
regisseur d. Stadttheaters in Hannover,
• daselbst 12. VIL 12; f ebenda 26. II.
— L NTA 9, 173.
We3rmann, Alexander, Theaterdirektor:
t zu Kiel im Mai. — L NTA 9, 185.
♦Wolter, Charlotte, verw. Gräfin O'Sulli-
van de Gras, k. u. k. Hofschauspiclerin
am Burgtbeater in Wien, Tragödin, * zu
Köln a. Rh. i. III. 34; f zu Hietzing b.
Wien 14. VI.: s. BJ II, 295. — L B J II,
54 •: ADB 44, 167 (A. V. Weilen); Hl
Ztg. 108, 787 (mit P); NTA 9, 185 (mit
P u. Rollenvcrzeichnis) Chronik d. wiener
Goethever. 11 Nr. 9 (Spiegl): Wiener
Rundschau 2 Nr. 16 (Schick).
Wömer, geb. v. Rambach, Josefine,
Schauspielerin, • zu Spalato 5. III. 41; t
zu Höchst a. M. 18. III. — L NTA 9. 176.
Wünzer, Theodor, GeK Hofrath, früher
Direktor d. Darmstädter Hoftheaters, vor-
her Heldendarsteller, * zu SchwabmUnchen
b. Augsburg 3. X. 31 ; f zu Darrostadt
18. V. — L III. Ztg. 108, 683; NTA 9,
182 (mit P).
Zander, Konstantin, Rommerzienrath,
erster Vorstand d. Theaterverwaltung in
Riga: f daselbst 5. IX. — L NTA 9, 201.
Zimmermann, Ignaz, Opernsänger, * zu
Nikolsburg 6. II. 30; f zu Halle a. S.
19. V. — L MMG 30, 102; NTA 9.
183.
XXX. Verschiedene.
Engelstadt, früher Schneidermeister, d.
ifitcste Bürger Dortmunds; f daselbst, fast
100 J., 26. IX. — L III. Ztg. 109, 470,
Falkenhausen, Ernst Freih. v., Erbherr
auf Bielau, Sportsmann, * zu Wallisfurth
2. I. 46,- t zu Berlin 12. VII. — L 111.
Ztg. 109, 118; Freiherrl. Taschenb. 1898,
228. 1171.
Heidler, Luise, geb. Nettelbeck, Tochter
Joachim Nettelbccks; f zu Kolberg, 82 J.,
7. VIII. — L BJ II, 17*; Illustr. Ztg.
109, 145.
Henschke, Ulrike, geb. Benas (Pseudon.
Clara Ulrici), VVittwe d. Senatspräsi-
denten H. in Berlin, Leiterin in d. Frauen-
bewegung, * zu Krotoschin 24. XI. 30 ;
f zu Baden-Baden i. XI. — L 111. Ztg.
109, 682; Pataky i, 338 (mit W;.
Humboldt-Dachröden, Sophia Therese Ga-
briele Mathilde Freiin v., Herrin auf
Aulcbcn (Kreis Sangerhausen), Enkelin
Wilhelms v. Humboldt, ♦ zu Ottmachau
in Schlesien 8. VIII. 30; f zu Rom 25.
IV. — L 111. Ztg. 108, 583; Freiherrl.
Taschenb. 1897, 441. 1898, 1175.
Kaiser, Albert, Direktor d. Bades Kranken-
lieil-Tölz, Premierlieut. a. D.; j daselbst
8. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
Langer, Robert, Vorstand d. Biberacher
Turngemeinde, * zu Frankenstein in
Schlesien 13. XI. 22; f zu Biberach 27.
V. — L Schwab. Kronik 1897, 11 19.
Löwis of Menar, Alexander, Gutsbe-
sitzer auf Schloss Dahlen b. Riga, der
älteste Johannitcrritter, • 2. VI. 1802;
t auf Dahlen 28. VIL — L 111. Ztg. 109,
268.
Nietzsche, Franziska, geb. Oehler, die
Mutter des Philosophen Friedrich Nietz-
sche; t zu Naumburg, 71 J., 19. IV. —
L 111. Ztg. 108, 555.
Potpeschnigg , Marie verw., die einzige
Tochter Karl v. Holteis; f zu Graz, 75
J., 5. VIL — L III. Ztg. 109, 84.
Raumer, Agnes v., Tochter d. Historikers
Friedrich v. R., letztes Glied von dessen
Familie, • 3. XI. 14; f zu Berlin 31. XII.
— L 111. Ztg. HO, 44.
Roux , Wilhelm, Universitätsfechtmeistcr
in Jena; f daselbst, 79 J., i. VI. — L
111. Ztg. 108, 742 (vgl. 111. Ztg. Nr. 2400
vom 29. VI. 1889).
Schepeler-Lette, Frau Anna, Vorsitzende
d. Lette-Vereins in Berlin; f daselbst 67 J.,
17. IX. — L 111. Ztg. 109, 442 (mit P).
Schilcher, Walburga (Wally) v., Staats-
rathswittwe, Förderin humanitärer Be-
strebungen; f zu München, 85 J., 28. I.
— L III. Ztg. 108, 157; Allg. Ztg. 1S97
Nr. 30 u. 31 Morgenbl.
Thommen, H. J., der älteste schweizer
Bürger, ♦ zu Gelterkinden 28. V. 1795;
f zu Holstein (Kanton Baselland) 3. XL
— L BJ II, 43 ♦; 111. Ztg. 109, 6S2.
Erklärung der Abkürzungen.
Vorbemerkung: Ein ♦ vor dem Namen bezeichnet, dass das Jahrbuch (JB) dem Ver-
storbenen einen ausführlichen Nekirolog gewidmet hat, auf den mit s. BJ verwiesen wird.
Hinter dem Buchstaben Vi findet sich die Litteratur über den Todten verzeichnet , die zur
Ermittelung der Lebensdaten diente ^ aber nur soweit sie nicht bereits an anderer
Stelle des Jahrbuchs angeführt war; diese Angaben sind tum Theil aus zweiter Hand
geschöpft, z, B. aus Jahresberichten einzelner Wissenschaften (wie Theologischer Jahresbericht,
Schmidts Jahrbücher der Medizin^ Mathematisches Jahrbuch, Fortschritte der Physik, Jastrows
Jahresberichte für Geschichtswissenschc^t, Bursians Jahresbericht für klcusische ' Philologie,
Schermans Orientalische Bibliographie u. s w., u, s, w.) , aus Dietrichs Bibliographie der Zeit-
schriftenlitteratur, aus bibliographischen Uebersichten in Fachblättern (etwa Zeitschrift für
Kirchengeschichte ^ Forst- und Jagdzeitung, Archiv für Geschichte der Philosophie) ^ aus Ver-
öffentlichungen lokaler Vereine und aus anderen Quellen mehr. Nach W sind Stellen zitiert^
an denen Verzeichnisse der Werke des Todten sich finden. P giebt den Nachweis über er-
mittelte Porträts. — Dankbar sei der reichen Unterstützung gedacht, welcher sich dieser Ver-
such bei Behörden, sowie bei Verwandten und Freunden der Verblichenen erfreute: AM am
Schlüsse eines solchen Artikels zeigt an, dass sein wesentlic/ter Inhalt auf amtlicher , PM,
dass er auf persönlicher Mittheilung Nahestehender beruht; KA dagegen besagt, dass auf
eine Anfrage keine Antwort oder nur ungenügende Auskunft zu Theil wurde^
München, den 13, Januar 1^0,
Dr, G. A. Wolff.
a. a. O. = am angeführten Orte
Abg. = Abgeordneter
Abhandl. == Abhandlung, -en
Abth. = Abtheilung
accad. = accademia
a. D. = ausser Dienst
ad hon. = ad honorem
Akad. =3 Akademie
Allg. = Allgemein, -e -es,
Allg. D. Biogr. = Allgemeine Deutsche Bio-
graphic. Herausgegeben durch die histo*
rische Commission bei der königl. (Bayer.)
Akademie der Wissenschaften, 1—44.
Leipzig 1875-98
amtl. = amtlich, -e, -es
Anat. = Anatomie
Arch. =» Archiv
archeol. = archeologie
Art. = Artillerie
Ausg. = Ausgabe
Autobiogr. = Autobiographie
b. = bei
Bauztg. = Bauzeitung
Beil. = Beilage
ßer. = Bericht, -e
Bez. = Bezirk
Bibl. = Bibliothek, -s
Biogr. = Biographie, -isch, ische
Bl., BIl. = Blatt, Blätter
BornmUller = F. Bornmliller, Biographisches
Schriftsteller - Lexikon der Gegenwart.
Leipzig 1882
Erklärung der AbkUnungen.
I20*
Biii
cnbl. --
cnblal
Kriß. = Brigfldc
Brtlmmer' = F. BrUmmei, Leiikon der deut-
schen Dichler und Prosaislen des 19. Jahr-
hunderts. 4. AufTagc. 1—4. Leipzig
(1805-96)
Cit. Roy« Sm. ^ Catfllogne of Scientific
l'niiers. Conipiled of the Royal Society
of t^ndon. 1-". London 1867—96
Centralbi. = Centralblatl
chrcl. = chrclicn, -nne
l'orteipondenibl, = Correspondenzblalt
d. ^ der, die dns etc.
deutschfreii. = deutichfreisinnig
Ihirfilg. = nnrfieitung (Hildburgbausen)
Kckart = R. Eckart. Lexikon der nieder-
sächsischen Schriftsteller. Oster wi eck
crbl. =
)0
„,-g,-Bd. = ErgäMungs-ßand
Kthnol. = Ethnologie
cv.-lulh. = evüngelisch-luthcrisch
ev'-prol. '= evangelisch- protestantisch
f » fltr
felis = F. J- Fi''*! Biographie universelle
de» uiüiicieni et biUiogtaphie generale
de U niuiique. a. cdiiion. 1 — 8 et Sopiile-
menl i. a. Paris 1860-S0
flaggen = O. G. Flüggen, Biographisches
BUhacnlexikon der Deutschen Theater. 1,
München 1893
Fortichr. =■ Fortschritt, forlschiiitlich
iTin;. = franflais, -se
Frank = P. Frank, Kleines TonkUnsüer-
lexikon. 9- Auflage. Leipiig 1895
Freih, = Freiherr
freiherrl. = freibcrrlich, -t, es
freikon». = freikonservativ
frei,, =a fieisiDDig
geb. = gebome, -en
gedr. = gedruckt
Geh. = Geheimer
Ccn. = General
GeDsralvers. >= Generalversammlung
Geogr. = Geographie, geographisch, -e, -es
CeMh. = Geschichte
Gesellsch. = Gesellschaft
Gdlh. = Gothaisch
psfl. = grüHich, -e, -es
Gubernalia = A. de Gubernatis, Dictionnaire
intemaiional des ecrivains du jour. Flo-
rtDCe 1S91
(;,n,ii. =^Gynin.iiium; Gymn.-Progr, ^ Gym-
nasial Programm
f)Sl. = Biographisches T.eüikon der licrvor-
.igcnden Aerite .iller Zeilen und Völker,
■^rausgegeben von A. Hirsch. i- 6.
vxa und Leipiig 1884 -87
„]c!b. = Heidelberg, -er
...gr. = Heliogravüre
Hinricbseni = A. Hinrichsen, Das liletarische
Deutschland. Berlin und Rostock 1887
Hinrichten^ ^ [Dasselbe.] z. Auflage. Berlin
1891
Hist. >= Historisch, -e> -es
Hochscb. ^ Hochschule
Hydrogr. ^ Hydrographie
Jahrb., Jahrbb. = Jahrbuch, Jahrbücher
111. >a Illustriert, -c, -es
Inf. ^ Infanlerie
Intern. ^ International
k. •« königlich
k. u. k. i^i kaiserlich und königlich
kath. = katholisch
Kav. = Kavallerie
Keiler = H. Keiler, Katholischer Literaiur-
kalender. 1 — 5. Regensburg und Leipiig
1891-97
Kirch cnbl. ^ Kirchenblalt
KL = J. Kürschner, DeuKcher Liiteratur-
Kaleader
klin. ^ klinisch, -e
kons. ^ konservativ
KornmOUeT e= U. KornmUller, Lexikon der
kirchlichen TonkunsL 2. Auflage. 1. z.
Regensburg 1891^95
Konv.-Lei. ^ Konversalions-l.enikon
Kukula = R. Kukula, Bibliogtaphisches Jahr-
buch der Deutschen Hochschulen. Inns-
bruck 1S9Z. — Ergäniungsheft t. Ebenda
'893
Leut. = Leutnant
lib. " liberal
Lieut. ^ Lieutenant
Lit. ^ Litlerariscb, -e
math. - phjB. = malhematisch - physikalisch
Med. =! Mediain, inediiinisch, -e
Mendel - Reissmann ^ Musikalisches Con-
veisations-i.exikon. Begründet von H. Men-
del. Vollendet von A. Reissmann. i — 11
und Ergäniungsband. Leipiig (1870 — 80)
mcleorolog. = meteorologisch, -e
Mitgl. — Mitglied
Mitlheil. c= Millheilungen
Monatsbl., -bit. = Monalsbtatt, MonatsblUitcr
Müller-Singer =: Allgemeines KUnsller-Lcii-
con. Vorbereitet von H. A. MUller. Heraus-
gegehen von H. W. Singer. I —3. Frank-
.M. 1895-98
N. =
: Neu
Nachr. 'S Nachricht, -eo
nal.-lib. =^ nationalliberal
Nekrol. = Nekrolog
N. Fr. Presse = Neue Freie Tresse
nordd. => norddeutsch, -e
NTA = Neuer Theater-Alminach. Heraus-
gegeben von der Genossenschaft Deutscher
BUhnenangehäriger. 7. 8. Berlin 1897 — 98
OM = Ordinis Minotum
oricnUl. = orientalisch, -c
OS» = Urdinis Sancli Benedicti
121
Erklärung der Abkürzungen.
122
«
Othmer == Othmers Vademecum des Sor-
timenters. 4. Auflage von C. Georg und
I« Ost. Hannover und Leipzig 1891
P. = Pater
Pataky = S. Pataky, Lexikon deutscher Frauen
der Feder, i. 2. Berlin 1898
path. = pathologisch
Petersb. = Petersburg, -er
philol. = philologisch, -e
philos. = philosophisch, -e
Photogr. = Photographie
phys. = physique, physikalisch
roggendorff=J.C.PoggendorfF, Biographisch-
Literarisches Handwörterbuch zur Ge-
schichte der exacten Wissenschaften, i — 3.
Leipzig 1863—97
prakt. = praktisch, -e
Prof. = Professor
Progr. = Programm
prot. = protestantisch
l'rov. = Provinz
Pseudon. = Pseudonym
R. = Reale
Rassmann = £. Rassmann, Nachrichten von
dem Leben und den Schriften MUnster-
ländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahr-
hunderts. Münster 1866. — Neue Folge.
Ebenda 1881
Reg. = Regiment
Reg.- = Regierungs-
Riemann* = H. Riemann, Musik - Lexikon.
5. Auflage. Leipzig 1900
s. = siehe
Schröder = H. Schröder, Lexikon der ham-
burgischen Schriftsteller bis zur Gegen-
wart. (Fortgesetzt von A. H. Kelling-
husen.) Hamburg 1851 — 83
sezess. = sezessionistisch
Sitzungsber. = Sitzungsberichte
soc. = socicte
Sp. = Spalte
Staatsanz. = Staatsanzeiger
Stud. = Studium, studierte
Suppl. == Supplement
Tag(e)bl. c= Tag(e)blatt
techn. = technisch
Theol. = Theologie
u. = und
üb = über
ungedr. = ungedruckt
Univ. = Universität
V. = von
Ver. = Verein
verm. = vermählt
Vierteljahrfs)schr. = Viertel] ah r(s)schrift
Volksp. = Volkspartei
Volksztg. = Volkszeitung
vorm. = vormals
vortr. s= vortragender
Wochenschr. =s Wochenschrift
Wurzbach = C. v. Wurzbach, Biographisches
Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
I— 60. Wien 1857—91
z. c= zum, zur
z. D. = zur Disposition
Zentr. = Zentrum
Ztg. =» Zeitung
Ztschr. = Zeitschrift
i899.
Vorbemerkung.
Für die Art der Bearbeitung und Anlage der vorliegenden Todtenliste für das
Jahr 1899 wsircn mehrere Gründe massgebend. In erster Linie handelte es sich um mög-
lichst zeitige Fertigstellung des Manuscripts. Zu diesem Zwecke wurde das Material be-
reits im Laufe des Jahres 1899 gesammelt und gesichtet und zwar hauptsächlich auf Grund
von Excerptcn aus nachfolgenden Blättern: Vossische Zeitung, Litterarisches Centralblatt,
Leipziger Illustrirte Zeitung, Münchener Allgemeine Zeitung , Münchener Neueste Nach-
richten, Wiener Fremdenblatt, Neues Wiener Tagblatt, (Wiener) Deutsche Zeitung u. a.
Ergänzende Angaben wurden, soweit es möglich war, aus der Litteratur geschöpft,
namentlich aus: Hinrichsen, Das litterarische Dieutschland ; Brummer, Lexikon Deutscher
Dichter und Prosaisten; Kürschner, Deutscher Litteraturkalender; Bornmüller, Biographisches
Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart; Wiener Thcateralmanach.
Die Abkürzungen bedürfen kemer besonderen Erläuterung.
Wien, im Oclober 1900.
Abensperg und Traun, Otto Ehren-
reich Maria, Reichsgraf von, k. u. k.
wirkl. Geh. Rath (seit 95), Kämmerer
(seit 79), seit XII. 94 eine Zeit lang Land-
marschall von Niederösterreich und Oberst-
Erblandpanierträger in Oesterreich ob und
unter der Enns, 84 — 95 Vertreter des
Grossgrundbesitzes im Landtag, seit 18.
IV. 61 erbl. Mitglied des Herrenhauses
(Mittelpartei). Seit 6. XII. 96 Obersthof-
meister des Erzherzogs Franz Ferdinand.
Majoratsherr der Primogenitur der beiden
Speciallinien »auf Petronell« und »auf
Meissau«. Ehrenritter des souveränen
Johanniter-Ordens mit der Distinction für
Jerusalem, Ritter des Ordens der Eisernen
Krone 2. Cl. (seit 93); * 23. IX. 48,
f Abbazia 12. II.
Aber, Eduard, Nekrolog S. 156.
Abesser, Geh. Rath, Mit-Director der Lan-
descreditcasse in Meiningen; f Meiningen
30. X.
Absenger, Anton, steirischer Tondichter,
Componist des »Kohlröscrl« ; f Graz
17. xn.
Achenbach, Dr. Heinrich von, Ober-
präsident der Provinz Brandenburg (seit
Dr. Carl Huffnagl.
79); zuerst Justitiar am Oberbergamte in
Bonn, seit 60 ausserord. Prof. für deut-
sches Recht an der Universität Bonn, 66
als Geheimer Bergrath in das Handels-
ministerium in Berlin berufen, seit IV. 72
Unterstaatssecretär, V. 73 Minister für
Handel, Gewerbe und öfT. Arbeiten, in
Folge Differenzen mit Bismarck 78 de-
missionirt und dann zum Oherpräsidenten
der Provinz Westpreussen ernannt; 82
mit der Aufgabe betraut, den Prinzen
Wilhelm (II.) in die Civilverwaltung ein-
zuführen. Seit 66 Mitglied des Abgeord-
netenhauses (freiconservativ). 88 von
Kaiser Friedrich geadelt. * Saarbrücken
23. XI. 29; t Potsdam 9. VII.
Adae, Dr. med., Johann Matth., 86—90
Rcichstagsabgeordneter für Esslingen (na-
tional-liberal); * 6. VIII., 85 J.
Adelmann, Leofrid, Commerzienrath, Fa-
briksbesitzer; * Würzburg 19. XI. 53,
t das. II. VIIL
Adloff, Heinrich, Vicepräsident der Ham-
burger Bürgerschaft; f Hamburg 6. I.
Aichberg siehe Nagel.
Aichholz siehe Miller.
Alberti de Poja, Thaddäus Reichsgraf,
125
*
Todtenliste 1899:
126*
k. u. k. Kämmerer, Oberstlieutenant des
österr. Infanterie- Rgts. Nr. 19, vormals
Flügeladjutant des Kaisers; f Ischl. 5. VII.
Althans, Ernst, Geh. Bergrath, Oberberg-
rath a. D., bedeutender Fachscbriftsteller
auf dem Gebiete der Mechanik, Maschinen-
kunde, Geognosie, Geologie und Astro-
nomie; f Berlin 30. XI., 71 J.
Amberg, Wilhelm, Nekrolog S. 242.
Amelung, Dr. Hermann, 41 Jahre lang
Director der Lebensversicherungs-Actien-
grsellschaft »Germania« in Stettin, Auto-
rität auf dem Gebiete des Versicherungs-
wesens; ♦ Eisenach 10. X. 29, f Stettin
21. V.
Am Ende siehe Ende,
Amsberg, Gabriel von, grossh. mecklen-
burgischer Generalmajor a. D. ; f 14. XL,
77 J.
Andrian-Wernburg, Baronin Gabriele
von, ehemal. Hofdame der f Erzherzogin
Hildegarde (Gemahlin des f Feldmarschalls
Erzh. Albrecht), nach deren Tode (64)
Hofdame bei deren Tochter Erzh. Maria
Theresie (Herzogin von Württemberg).
Seit 41 Sternkreuz-Ordensdame; f Wien
17. XI., 84 J.
Anton, Dr. Hugo, altphilolog. Schrift-
steller, früher Director des Domgymna-
siuros in Naumburg; * Kloster Rossicben
27. I. 30, f Jena 12. VI.
Anton, Louis, Amtsanwalt und Gerichts-
secretär in Zeulenroda, lyrischer und dra-
matischer Dichter (Schauspiel »Im Streik«).
i* Zeulenroda 14. XL
Arand, P. Gregor, Missionär der Togo-
Mission, f Lome 15. IlL, 29 J.
Arent, Benno von, preuss. Generalleutnant
7. D., zuletzt (bis 82) Commandeur der
I. Cavallerie-Brigade, 70,71 Commandeur
des I. westphälischen Husarenregiments;
* Guhrau i. IL 23, f Görlitz 2. VIIL
Aresin- Patten, Joseph Maria, k. u. k.
Major a. D., Herrschaftsbesitzer, seit 71
Mitglied des mährischen Landtages (Gross-
grundbesitz), seit 73 bis zu seinem Tode
(mit Ausnahme der Jahre 79 — 83) Mit-
glied des Reichsrathes (Deutsche Linke),
bekannter Militärschriftsteller; * VIIL 33,
f Schloss Partschendorf (Mähren) 5. IX.
Arnim, Alb recht von, Leutnant in der
Kamerun-Schutztruppe; f 27. VUL
Arnold, Johannes, Kunsthändler in Leip-
zig, Theilhaber und Leiter des Hauses
C. G. Boerner; f Leipzig 22. VIIL
Arnswaldt, Werner von, Rittergutsbesitzer,
Landschaftsrath des FUrstenthums Lüne-
burg, 78 — 87 und seit 89 Reichstagsab-
geordncter für den Kreis Diepholz (Weife).
♦Hannover 29. XIL 32; f Böhme bei Re-
them a. d. Aller 6. III.
Arthaber, J. J. Rudolf Edler von, Sohn
des bekannten Kunstmäcens Rudolf Edl.
V. A., Fabriksbesitzer, langj. Beisitzer des
Handelsgerichtes, kaiserl. Rath, Vertreter
der evang. Gemeinde A. C. in Wien, Aus-
schussmitglied der k. k. Geographischen
Gesellschaft; f Wien 24. IV., 70 J.
Babo, Dr. Lambert Heinrich Clemens
Anton, Freiherr von, grossh. bad. Geh.
Rath, früher Professor der Chemie an der
Universität Freiburg i. Br.; * Ladenburg
25. XI. 18; f Karlsruhe 15. IV.
Bachler, Anna, Schauspielerin, zuletzt am
Sommertheater in »Venedig in Wien«;
f Wien 2. XL, kaum 20 J.
Bachmann, Dr. med. Martin, Mitglied der
deutschen Tiefsee- Expedition ; f 14. I. an
Bord der »Valdivia« in der Nähe von
Sumatra.
Baensch, Wilhelm von, Nekrolog S. 1 87.
Baillet-Latour , Heinrich, Graf de, k. k.
Sectionsrath im Ministerium für Landes-
vertheidigung in Wien, Besitzer des land-
gräflichen Gutes Radenin bei Tabor; * 8.
IX. 48; t Wien 16. VIIL
Balatka, Hans, der »Pionier des Deutschen
Gesanges im Westen der Union« , wan-
derte 48 nach Amerika aus, gründete 51
den Milwaukeer Musikverein, 60 zum
Leiter der Philharmonischen Gesellschaft
in Chicago ernannt, später Dirigent des
dortigen »Germania- Männerchors«; * in
Mähren 26; f Chicago 17. IV.
Baligand, Maximilian von, kgl. bayer.
Kämmerer, Major a. D. , Grosscomthur,
Comthur und Ritter h. O.; * München
23. IIL 39; t ?
Bally, Carl Franz, Nekrolog S. 118.
Bamberger, Ludwig, Nekrolog S. 129.
Bardeau, Karl Franz, Graf, Ehrenritter
des Malteser-Ordens und Grosskreuz des
Gregor-Ordens; f Schloss Kornbcrg 7. XII.,
69 J.
Barnabas siehe Weiss.
Barraga, Dr. Franz, Professor an der Aka-
demie der Tonkunst und Chordirector bei
St. Ludwig in München, 47—65 Lehrer
des Klavierspiels am kgl. Conservatorium,
in der unter Bülow errichteten kgl. Musik-
schule (67) bis 74 Secretär, bis 76 Biblio-
thekar, 74 bis 90 Lehrer im obligatori-
schen Klavierspiel, 95 pensionirt. Grün-
dungsmitglied des Musiklehrcr- und
-lehrerinnenvcreins : f Mühlbach bei Ober-
audorf 10, VII., 73 J.
Barth, Dr. Max, Professor, Director der
landwirthschaftlichen Versuchsstation des
Reichslandes in Colmar; * Strehlen (Schle-
sien) 55; t Rufach i. E. 28. VIIL
Basse witz-Levetzow, Dr. jur. Bernhard
Graf von, Majoratsherr auf Kläden mit
127'
Todtenliste 1899:
128*
Darnewitz im Kreise Stendal, Ehrenritter
des Johanniter-Ordens, preuss. Leutnant
a. D., seit 80 Mitglied des Abgeordneten-
hauses für den Kreis Stendal -Osterburg
(conservativ) ; * 15. IV. 46; + auf der
Fahrt von Berlin nach Stendal 8. IV.
Bauberger, Oskar, Operettentenor am
Leipziger Stadttheater; * Karlsruhe i. IX.
68; f Leipzig 11. IX.
Bauxnann, Oskar, Nekrolog S. 24.
Baumgärtl, Michael, zuerst im bayer.
Staatsdienst, seit 58 städtischer Baurath
in München (bis Ende der 70er Jahre):
• München 14; f ?
Bayerlein, Julius, Spinnereibesitzer, Stadt-
rath in Bayreuth, 93 bis 98 Rcichstags-
nbgeordneter für Bayreuth (nationalliberal) ;
* 23. L 38; t Bayreuth 20. V.
Beaulieu-Marconnay, F. A. Freiherr von.
grossh. Oldenburg. Oberjägermeister und
Kammerherr, Chef der Hofverwaltung in
Eutin; f Eutin 11. II.
Becker, Karl Georg (Pseud. Karl Ge-
orges), Hofrath, Chefredacteur der »Darm-
städter Zeitung«; * Badenheim 7. XII. 49;
f Darrostadt 12. III.
Becker, Albert, Nekrolog S. 153.
Beckert, Gustav Otto, Fabriksbesitzer in
Zittau, einer der bedeutendsten Vertreter
der Oberlausitzer Leinenindustrie ; f Zittau
9. VIIL, 53 J.
Beckh, August von, Nekrolog S. 74.
Beeger, Julius, emer. Lehrer, früherlange
Zeit an der 5. Bürgerschule zu Leipzig,
Gründer und langj. Leiter der pädagogi-
schen Centralbibliothek in Leipzig, Ehren-
vorsitzender der Comenius-Stiftung, Ehren-
mitglied des Leipziger Lehrervereins;
* Grossgrabe (Oberlausitz) 24. X. 29;
t Niederpoyritz bei Dresden 2. VI.
Belasi siehe Khuen.
Beleites, Albert, Geh. Oberjustizrath, Lan-
desgerichtspräsident in Nordhausen , vor
kurzem zum Präsidenten des Landesge-
richtes in Erfurt ernannt, 73 bis 98 Land-
tagsabgeordneter, zuerst für Landsberg
a. \V.- Soldin, dann für Tuchel - Konitz-
Schlochau (nationalliberal); * 8. XII. 33;
f Nordhausen 19. IX.
Bellegarde, Rudolfine, Gräfin von, k. u.
k. Palast- und Sternkreuzordensdame, Ge-
mahlin des vormaligen Obersthofmeisters
der Kaiserin von Ocsterreich (Franz B.);
• Herraanmestez (Böhmen) 26. VI. 36;
t Wien 25. XL
Benda, Robert von, Rittergutsbesitzer auf
Rudow bei Berlin, seit 58 Landtags-, seit
67 bis 98 Reichstagsabgeordneter für
Wanzleben, Senior und einer der Begrün-
der und Wortführer der nationallibcralen
Partei, eine Zeit lang auch zweiter Vicc-
präsident des Abgeordnetenhauses ; * Lieg-
nitz 18. n. 16; t Rudow 16. VIIL
Bendler, Georg, siehe Meyer Georg.
Benecke, Albert, Professor, bis 97 Director
der Sophienschule in Berlin, hervorragend
betheiligt an der Organisation des neu-
philologischen Unterrichts; f Berlin 22.
oder 23. X.
Bentinck und Waldeck -Limpurg, Mech-
thilde, Gräfin von, geb. Gräfin zu Wal-
deck und Pyrmont, seit 64 Wittwc den
grossbrit. Generalleutnants Grafen Karl
von Oldenburg -B., 63 bis 88 Besitzerin
der württembergischen Standesherrschaft
Waldeck -Limpurg; * Bergheim 23. VII.
26; t Schloss Middachten bei Arnhcim
(Holland) 28. IL
Benzel zu Stemau und Hohenau, Alois
Ludwig Emil, Graf von, kgl. b.iyer.
Kammerjunker und Po.«tmeister a. D., seit
66 im Ruhestande: f München 16. III.
Berckholtz, Alexandra von, Nekrolog
S. 117.
Berghamer, Michael, kgl. bayer. Ober-
landesgerichtsrath a. D., Besitzer des Ver-
dienst-Ordens vom heil. Michael IV. Cl. ;
t München 13. IL, 70 J.
Bergner, Karl Heinrich Rudolf, Ne-
krolog S. 231.
Berlepsch, Karoline, Freifrau von, Ne-
krolog S. 159.
Bernauer, Dr., Domkapitular in Passau;
f das. 20. IL, 72 J.
Berndt, Hauptmann a. D., langj. Director
des Suermondt-Museums in Aachen ; f das.
17. IIL
Berthold, Dr. Georg, Mitglied des städt.
statistischen Bureaus in Berlin, Mitarbeiter
der »Vossischen Zeitung«. Socialpoliti-
scher Schriftsteller; ♦ Berlin 12. II. 45;
f das. II. VI.
Bertram, Oberappellationsgerichts -Viceprä-
sident a. D., hervorragend betheiligt an
der nassauischen Provinzialgesetzgebung:
f Wiesbaden 7. IV., 87 J.
Bertram, Dr. Alexis, Geh. Sanitätsrath,
praktischer Arzt in Berlin; f 5. XL, 62 J.
Bertram, Werner, seit 90 Generalsuperin-
tendent in Braunschweig, bekannter Fach-
schriftsteller auf dem Gebiete der Pflanzen-
geographie; • Ottenstein (Braun schweig)
26. IV, 35; f Braunschweig i. XII.
Bertsch, Dr. Ferdinand, Gründer und
Leiter des internationalen Erziehungsin-
stitutes »Concordia« in Zürich; f das.
5. XIL, 58 J.
Beust, Friedrich von, Nekrolog S. 251.
Bexheft, Moriz, kgl. Rath, Generalinspector
der österr.-ung. Staatscisenbahngescllschaft
in Budapest; f das. 16. XI F., 66 J.
Beyer, Dr. August von, Nekrolog S. 47.
129
Todtenliste 1899:
130
Beyer, Karl, wohl der letzte Veteran von
18 13, 56 nach Amerika ausgewandert;
♦ in Westpreusscn 20. XI. 1793; f Chippewa
Falls (Wisconsin) i. XII.
Biedermann, Moritz Oskar Freiherr
von, kgl. Sachs. Generalmajor z. D., bis
69, wo er aus dem Activstande schied,
Commandeur der 2. Cavallerie-Brigade ;
* Marienberg 26. XI. 18, f Böhla bei
Ortrand 15. V,
Biegeleben, Maximilian Freiherr von,
grossh. hess. wirkl. Geh. Rath, 71 — 73
Präsident des hess. Finanzministeriums,
74 — 78 Reichstagsabgeordneter für Aachen
(Centrum); * Darmstadt 23. I. 13, f das.
16. IV.
Bierey, Dr. Emil, Stadtrath in Dresden,
lang], politischer Leiter der »Dresdener
Nachrichten«; * Dresden 22. II. 38, f das.
31. XII.
Biernatzki, Karl Leonhard, Nekrolog
S. 245.
Biesteifeld, siehe Lippe.
Billigheim, siehe Leiningen.
Birch-Hirschfeld, Dr. Felix Victor. Ne-
krolog S. 229.
Birstein, siehe Isenburg.
Bischopinck, Ludwig, wirkl. Geh. Rath,
Oberregierungsrath a. D., 69 — 93 ständiges
Mitglied des preuss. Oberlandesculturge-
richtes ; f Berlin 28. X. 79 J.
Blasius, Wilhelm, Privatgelehrter in
Braunschweig, in Deutschland und in
Nordamerika (wo er Jahrzehnte hindurch
lebte) durch seine Theorie über das Ent-
stehen der StUrme, namentlich der Tor-
nados, bekannt; f Braunschweig 24. III.
81 J.
Blassauer, Friedrich, kgl. Rath bei der
Generaldirection der Zölle a. D., seit 93
im Ruhestande: * Passau 26. II. 23,
f München i. IV.
Blau, Dr. Friedrich, Schriftsteller, Mit-
arbeiter der »Vossischen Zeitung« : • Nord-
hausen I. V. 30, t Görlitz 28. IX.
Bloch, Dr. jur. Albert, kgl. Hofbuch-
händler in Berlin; f Berlin 30. VI. 57 J.
Blumenau, Dr. Hermann. Nekrolog S. 199.
Blumencron, Leopold Reichsritter
von, verantwortlicher Redacteur des
»Fremdenblatt« in Wien, dem er 50 Jahre
hindurch angehörte, Senior der österr.
Journalisten. Zuerst Ofücier, dann eine
Zeit lang Diplomat; * Wien 21. II. 04,
t das. 30. VI.
Bock, Dr. Franz, Nekrolog S. 169.
Bock von WUlfingen, Ern st, preuss. Gene-
ralmajor z. D., bis 97 Commandant der
58. Infanterie-Brigade; f 8. IV. 58 J,
Bockum-DoliFs, Florens Heinrich Gott-
fried von, Ober-Regierungsrath a.D.,
Bioffr. Jahrbach u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
49—51 Mitglied der Ersten Kammer,
52 — 85 Mitglied des Abgeordnetenhauses,
des Norddeutschen Bundes und des Deut-
schen Reichstags für den Kreis Hamm-
Soest (liberal), bekannt geworden durch
den Conflict, den er als Vicepräsident des
Abgeordnetenhauses am 11. V. 63 mit
dem Kriegsminister v. Roon hatte; * Soest
19. II. 02, •(• auf seinem Gute VöUing-
hausen bei Soest 9. II.
Bode, Bernhard, Amtsgerich tsrath, Mit-
glied des Abgeordnetenhauses für Langen-
salza-MUhlhausen (conservativ) ; * 13. IX.
42, t Berlin 20. V.
Bode, Dr. Friedrich, Geh. Medicinalrath,
seit 37 Badearzt in Bad Nauheim ; -f* das.
29. xn. 88 J.
Bodin, Dr. Theodor, Rector a. D., Schrift-
steller; * Berlin 24. VIII. 21, f das.
26. VII.
Bock, Rupert, Hofrath, Professor der tech-
nischen Mechanik und Maschinenlehre an
der technischen Hochschule in Wien;
f das. 30. 1. 64 J.
Böckeier, O., Botaniker, früher Apotheker;
t Varel III. 96 J.
Bödcher, Oberbürgermeister von Halberstadt,
Mitglied des Herrenhauses; f Halberstadt
16. VIII.
Bödicker, Louis, Professor, Musikschrift-
steller, f Hamburg 5. VI.
Böhler, Albert, Berg- und HQttenwerks-
besitzer, Mitbegründer der Firma Gebrüder
Böhler in Wien (jetzt Actiengesellschaft),
die durch ihren » Bohle r-StahU (elektrisch
geschwei«ster Stahl), einen Hauptexport-
artikel Oesterreichs, einen Weltruf ge-
niesst. * Frankfurt a. M.; f Wien 19. X.,
54 J-
Böhme, Geh. Justizrath und Oberlandes-
gerichtsrath a. D. in Naumburg, f das.
13. XL
Böhn, Octavio von. Nekrolog S. 232.
Bölling, Generalmajor und Commandant der
79. Inf.-Brigade in Paderborn, f 7. V.
Bohlen, Ludwig von, Geh. Reg.-Rath,
früher Oberbürgermeister von Remscheid,
Ehrenpräsident (früher 12 J. lang Präsi-
dent) des Rheinischen Städtebundes, f
Kassel 10. VII.
Bohn, Germ an von. Nekrolog S. 204.
BohnhoiF, Landtagsabgeordneter im Fürsten-
thum Ratzeburg, f Grosssiems 14. XII.
Boosen, siehe Schulz.
Boppe, Carl Hermann. Nekrolog S. 180.
Bork, Karl, Geh. Hofrath, einst Corre-
spondenzsecretär Kaiser Wilhelms L,
Schatzmeister des Schwarzen Adlerordens,
später Gründer und Generaldirector der
Lebensversicherungsgesellschaft Wilhelma.
t Karlsbad 31. VIII.
131'
Todtenliste 1899:
132
Borries, Johann Karl August von,
Nekrolog S. 232.
Borstell, Eduard von, preuss. General-
leutnant 2. D., bis 67 Commandant der
II. Cavallerie-Brigade. f Vosshof (bei
Sechäusen in der Altmark) 20. V., 86 J.
Brandt, Ingenieur, Erbauer des (bis 1904
fertigzustellenden) Simplon - Tunnels. ' f
Brieg 29. XI.
Bray-Steinburg, Otto Camillus Hugo
Graf von, 46 — 47, 48—49 und 70 — 71
bayerischer Minister des Aeusscren, 60 —
70 und 71—95 bayerischer Gesandter in
Wien, Majoratsherr, erbl. Reichsrath,
Capitular des St Hubertus-Ordens, Ebren-
ritter des souveränen Malteser-Ordens, seit
96 im Ruhestand; er schloss am 23. XI.
70 in Versailles den Vertrag ab, dem zu-
folge bayern dem Deutschen Reiche bei-
trat. • Berlin 17. V. 07; f München 9. I.
Breitenbauch, L. von, herzgl. sachsen-
altenburgischer Kammerherr und Ober-
hofjägermeister: f Altenburg VIII.
Breithaupt, August, Eisenbahndirections-
Präsident a. D; f Naumburg Ende VI.
Breslaur, Emil, Nekrolog S. 157.
Brix, Dr. Philipp Wilhelm, Geh. Reg.-
Rath, früher Telegraphen-Ingenieur im
Reichspostamt, verdient als technisch-
wissenschaftlicher Beirath der Telegraphen-
verwaltung; f Charlottenburg 31. III., 81 J.
Brixner, Josef, Componist, Mitglied des
Wiener Männergesangvereins; "f Wien 9. 1.,
89 J.
Bruch, Gustav, Gutsbesitzer in St. Johann,
seit 67 Mitglied des constituirenden, dann
des ersten norddeutschen Reichstags und
des Zollparlaments; f 7. VII., 78 J.
Bruchhausen, Georg Ludwig Conrad
von, Reichsgerich tsrath, früher (bis 93)
Oberlandesgerichtsrath in Naumburg und
(bis 94) Rath beim Oberverwaltungsgericht
in Berlin; • Gut Stovern bei Oelde (West-
phalen) 13. i. 46, f Leipzig 6. XI.
Brück, Dr. med. Julius, Dichter und
Schriftsteller; * Brieg 14. X. 33, f Leipzig
18. VL
Brügger, Christian G. Nekrolog S. 64.
Brühl, Dr. Karl Bernhard, 61-90 Pro-
fessor der Zootomie und Vorstand des
zootomischen Instituts an der Universität
Wien, vorher Professor an den Univer-
sitäten Krakau (seit 57) und Budapest,
mit Claus (s. d.) einer der Hauptvertreter
(extreme Richtung) der Theorie Darwins,
welche er besonders durch populäre Vor-
trüge zu verbreiten suchte. Hierbei kam
er selbst mit den Gerichten in Conflict,
weshalb er sich von der Lehrthätigkeit
zurückzog; auch hervorragender Fach-
schriftsteller; * Prag 20, t Graz 14. VIII.
Bruna, Dr. Eduard, Hofrath, 52—89 Chef-
redacteur der amtlichen ^^ Prager Zeitung«;
t Giesshübl-Puchstein 24. VI., 77 J.
Brunner, Albert, k. k. Bergrath, Vorstand
der Hüttenverwaltung in Cilli, Ritter des
Franz Josephs-Ordens; f Cilli XII.
Brynck, siehe Rosenthal.
Buberl, Kaspar, deutsch -amerikanischer
Bildhauer in New- York, Schöpfer des
Garfield-Denkraals in Cleveland, der Co-
lossalgruppe der Columbia in Washington
u. a., ein Deutsch-Böhme; f New-York
22. VIII , 64 J.
Buchbinder, Dr. Friedrich, Professor,
ehem. lange Jahre Lehrer der Landes-
schule in Pforta; f Jena Anfang VIII.,
76 J.
Bucher, Bruno Adalbert, Hofrath, bis
97 Director des Oesterreichischen Museums
für Kunst und Industrie, hervorragender
Kunstschriftstellcr (Geschichte der tech-
nischen Künste, Katechismus der Kunst-
geschichte, Reallexikon der Kunstgewerbe
u. V. a.), Bruder Lothar Buchers: * Köslin
24. IV. 26, t Wien 9. VI.
Buchmüller, F. (pseud. Muttray), Schrift-
steller, f Hamburg 4. IX.
Buchner, August. Nekrolog S. 208.
Buchrucker, Dr. theol. Karl von. Nekro-
log S. 164.
Buchwald, Stephan von, Österr. Haupt-
mann ; seit 98 beurlaubt, widmete er sich
juristischen Studien, war auch schriftstelle-
risch thätig (Psychologie des Soldaten-
standes, Geschichte des Triester Castells,
Aufforstung des Karstes, die Plitvitzer
Seen; sein Drama »Catarina Cornaron
widmete er der Hofschauspielerin Wolter);
t Wien 10. XII.
Bück, Dr. Emil, Naturforscher; na-
mentlich auf dem Gebiete der Zoologie
in der niederen Steinwelt; * Metz 20. IV.
40, f Constanz 17. XII.
Bücklers, Jakob, Geh. Commercienrath,
Mitbegründer und ältester Chef der Firma
SchöHer, Bücklers & Co. in Düren, langj.
Vicepräsident der Handelskammer zu Stol-
berg, Aufsichtsrath und Vorstand zahl-
reicher Unternehmungen, "f Düren 2. X.
72 J.
Büchner, Dr. Ludwig. Siehe Nachtrag.
Büdingen, siehe Isenburg.
Bülow-Wendhausen, Marie Baronin, geb.
v. Ratschitzburg, k. u. k. Oberstens-
wittwe: f Linz 13. X., 75 J.
Bünau, Günther von, Reichsgerich tsrath
in Leipzig, Mitglied des 4. Strafsenates des
höchsten Gerichtshofes, vorher (89 — 98)
Oberlandesgerichtsrath in Marienwerder;
* Weissensee (Thüringen) 7. IV. 44, t Leip-
zig 17. IX.
^33'
Todtenliste 1899:
134'
Bulgarien, Louise Pia Therese Anna
Ferdinande Franziska Antonia
Margarethe Josefine Karoline
Bianca Lucia Apollonia, Fürstin
von B., Herzogin zu Sachsen, Prinzessin
von Bourbon-Parma, älteste Tochter des
Herzogs Robert von Parma und dessen
erster Gemahlin, Maria Pia Princessin von
Bourbon-Sicilien, am 20. IV. 93 mit Fürst
Ferdinand von Bulgarien vermählt; * Rom
17. I. 70, f Sofia 31. I.
Bunsen, Dr. Robert Wilhelm von,
Nekrolog S. 192.
Bunzl, Dr. Arthur, seit 91 Chefredacteur
der »Oesterreichischen Volkszeitung« in
Wien, bis 87 Chefredacteur der »Wiener
Allgemeinen Zeitung«, dann Herausgeber
des Montags blattes »Extrapost« ; * Prag
1850, fWien 26. III.
Burghauss, siehe Pückler.
Busch, Dr. Moritz. Nekrolog S. 20.
Bussenius , Theodor, Geh. Justizrath,
Rechtsanwalt beim Reichsgericht in Leip-
zig, langjähriger Vorsitzender der An-
waltskammer beim Reichsgericht und der
Hilfskasse für deutsche Anwälte, Ehren-
doctor der Universität Leipzig; * Alt-
haldensleben bei Magdeburg 27. VII. 24,
+ Leipzig 16. III.
Cannstatt siehe Schilling.
Caprivi Leo Graf von, Nekrolog S. 3.
Carstens, Carsten Erich, Nekrolog S.251.
Castan, Gustav, Bildhauer in Berlin, Mit-
inhaber des Scbauinstituts. f 21. VII. 62 J.
Cerri, Cajetan, Nekrolog S. 227.
Chelius, Dr. Franz von, Hofrath, bis 93
ausserord. Professor der Chirurgie an der
Universität Heidelberg, dann in Dresden,
hierauf (seit 77) wieder in Heidelberg als
Leiter des St. Josephshauses ; *|* Ahrweiler
4. VI., 7S J.
Clairon d'Haussonville, Graf Max, Wirkl.
Geh. Obcrregierungsrath, Regierungsprä-
sident in Kassel, 79—85 und 87—93
Landtagsabgeordneter fUr Kreuzburg-
Rosenberg (deutsch-conservativ); f 28. I.,
62 J.
Clam-Gallas, Clothilde Gräfin, geb. Gräfin
von Dietrichstein, Wittwe des 1891 f
Generals der Cavallerie Grafen . Eduard
C.-G., k. u. k. Palast- und Sternkreuz-
ordensdame, Ehrendame des Malteser-
ordens, einst von bedeutendem Einfluss
auf die österr. Politik, Litteratur und
Kunst; * Prag 26. VI. 28; f Schloss
Frauenthal 31. X.
Glasen, Lorenz, Professor, Historienmaler,
typischer Vertreter der Düsseldorfer
Schule in den 30er Jahren (»die Wacht
am Rhein« im Rathhaus zu Crefeld, »der
Sängerkrieg auf der Wartburg«, »Chlod-
wigs Bekehrung durch Clothilde« u. a.),
der auch als Kunstkritiker und Fach-
schriftsteller Bedeutendes leistete. (»Des
Kunstfreundes Reiseabenteuer«, »Erlebtes
und Verwebtes«, »Aus der Schreibmappe
eines Malers«). 48 — 49 Redakteur der
»Düsseldorfer Monatshefte«; von 54 an
leitete er die Fortsetzung des Faber'schen
«Konversationslexikons für bildende
Künste». • Düsseldorf 14. XIL 12; f
• Leipzig 31. V.
Claus, Dr. Karl Friedrich Wilhelm, Hof-
rath, ord. Professor der Zoologie an der
Universität Wien, wirkl. Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, Ritter des
Leopoldordens. Mit Brühl (s. d.) einer
der Hauptvertreter der Descendenzlehre,
jedoch Gegner des extremen Darwinismus.
Hervorragender Fachschriftsteller (u. a.
»Lehrbuch der Zoologie«, l. Aufl. 1880,
seither viele Neu-Auflagen). Seit 78 rc-
digirte er die Mittheilungen »Aus dem
Zoologischen Institute der Universität
Wien und der zoologischen Station in
Tricst. • Kassel 2. L 35; f Wien 18. I.
Clemm, Dr. Karl, Commerzienrath, einer
der bedeutendsten Grossindustriellen
Deutschlands, Gründer verschiedener
Unternehmungen, 87 — 98 Reichstagsab-
geordneter für Speyer - Ludwigshafen-
Frankenthal (nationalliberal). * Giessen
16. VHI. 36; f Ludwigshafen 20. II.
Coburg siehe Sachsen.
Conrad, Wilhelm, Geh. Commerzienrath,
früher Inhaber der Berliner Handelsge-
sellschaft, Gründer der Villenkolonie in
Wannsee; t 24. XII., 77 J.
Conrau, Gustav, Nekrolog S. 231.
Conta, Bernhard von, preuss. General-
leutnant z. D., 64 Führer der ersten
Colonne beim Sturm auf die Düppelcr
Schanzen, 70 — 74 Commandant der 3. In-
fanterie-Brigade; t 28. V., 82 J.
Coulon, P. Wilhelm von, kgl. bayer.
Gymnasialprofessor a. D., Subprior zu St.
Bonifaz in München, 71 — 93 Director am
kgl. Erziehungs-Institute für Studirende
(Hollandeum), * Baierdiessen 45, •)" Mün-
chen 13. III.
Crailsheim-Rügland, Eduard Freiherr von,
kgl. württemb. Kammerherr, Rittmeister
a. D., Hofmarschall der Herzogin Max,
Ehrenritter des Johanniter- Ordens. •
Kügelhof 19. VIII. 51; f Neufriedheim
18. IV.
Crailsheim-Rügland, Karl Freiherr von,
kgl. bayer. Oberst a. D., Rittergutsbesitzer,
Comthur; f 18. od. 19. I., 74 J.
Cramer, Joseph, Violinspieler, Concert-
meistcr des Orchesters in Bayreuth; f
Amsterdam, IX., 55 J.
135'
Todtenliste 1899:
136*
Criiwell, Karl, Kaufmann, 87(83?)— 99
Mitglied des sächs. Landtags für Anna-
berg-Buchholz (nationalliberal); f Anna-
berg II. VII., 54 (51?) J.
Crusius, Dr. Heinrich Wilhelm Lebe-
recht, Landwirth, Mitglied der ersten
sächs. Ständekammer und des Kreisaus-
schusses in Leipzig; f Sahlis 8. XII.
Csaky, siehe Sauer.
Dael von KÖth-Wanscheid, Dr. jur.
Gideon Freiherr, grossh. hess. Land-
gerichtsassessor a. D., Führer des hess.
Centrums in der zweiten Kammer. * 8.
III. 40; t Darmstadt 29. X.
Dambach, Dr. Otto. Nekrolog S. 103.
Damboer, Wilhelm, bayer. Generalmajor
a. D., bis 79 Commandant des 13. In-
fanterie-Rgts ; f München ii. IX.
Daxnianitsch, Martin, k. u. k. General-
auditor i. P., Besitzer der gold. Medaille
f. Kunst und Wissenschaft u. d. russ.
Stanislaus-Ordens 2. Cl., hervorragender
militärrechtl. Schriftsteller (»Studien über
das Militärstrafrecht«, »Handbuch des
adeligen Richteramtes für Militärgerichte«,
»Erläuterung des Militär-Strafgesetzbuches«
u. V. a.). * Falkenstein (Niederösterreich)
26. XIL 07; t Wien 29. I.
Damm von Seydewitz, Dr., Landeshaupt-
mann der preuss. Oberlausitz, kgl. Kammer-
herr. * Reichenbach (Oberlausitz) 26. V.
45; t Görlitz 18. I.
Danzer, Alfons, k. u. k. Hauptmann a. D.,
Militärschriftsteller, Herausgeber der »Ar-
mee- und Marinezeitung«, des »Armee-
blattes« und (seit 95) der »Neuen Armee-
zeitung«), Verfasser der populären Werke
»Unter den Fahnen« und (mit Bancalari
und Rieger) »Die Völker Oesterreich-Un-
Ungarns in Waffen«. * Temesvar 14.
n. 42; t Wien 27. IX.
Daverio, Michael Gustav. Nekrolog
S. 49.
Deetz, Dr. WMlhelra, Geh. Medicinalrath
und Physikus, Badearzt und Förderer des
Curortes Homburg v. d. Höhe. * das.
6-7. L, 72 J.
D^ry» Juliane, Schriftstellerin (Novellen,
Dramen). • Baja (Ungarn) 12. VII. 64;
t Berlin 31. IIL
Devrient, Alfons, Hauptmann i. R., Theil-
haber der Buch- und Kunstdruckerei
Gicsecke und Devrient in Leipzig, f
Capri 9. X., 39 J.
Dieffenbach, Friedrich, Hofrath, Guter-
director des Erzherzogs Karl Stefan; f
Wien 12. V., 60 J.
Diepenbroick-Grüter, Gustav Freiherr von,
Geh. Oberjustizrath, 68 — 79 Obertribunals-
rath, 79—82 Senatspräsident am Kammer-
gericht in Berlin. * 9. X. 1 5 ; f Berlin 14. III.
Diepenbroick-Grüter, Karl Freiherr von,
preuss. Generalmajor z. D., bis 92 Com-
mandant der 29. Cavallerie-Brigade, 8.
IX. — 18. XI. 70 als Stellvertreter des
Gouverneurs zu Napoleon IIL commandirt.
♦ Coblenz 19. VIII. 37; tNordcrney2 7. VII.
Dietz von Wellenberger, Marie Baronin.
t 12. IIL, 68 J.
Dietzel, Robert Eduard, Kanzleirath,
Archivar des städtischen Archivs in Dres-
den, t das. 8. VU.
Dillmann, Dr. Christian Heinrich von.
Nekrolog S. 80.
Dircksen, Ernst, Geh. Regierungsrath und
Oberbaurath, Eisenbahn-Ingenieur, Erbauer
der Berliner Stadt- und Ringbahn. •
Danzig 31. V. 31 ; f Erfurt ii. V.
Dobbert, Dr. Eduard, Nekrolog S. 260.
Doblhamer, Rentmeister des regulirten Chor-
herrenstiftes Reichersberg, Reichsraths-
und Landtagsabgeordneter für Schärdiug
(OberÖsterr.) seit 78 resp. 79 (kaihol.
Volkspartei), Ritter des Franz Josephs-
ordens. * Neundling (OberÖsterr.) 26.
IV. 23; t Linz 9. (0 n.
Dönhoff, Gerhard Graf von, preuss.
Kammerherr und Oberküchenmeister des
Kaisers, Rechtsritter des Johanniterordens.
• 17. n. 33; f Berlin 27. IX.
Dolega, Dr. med. Ernst Friedrich Max,
Privatdocent an der Universität Leipzig,
Leiter der orthopädischen Anstalt Seh reber-
Schildbach. * Leipzig 64; t das. 8. VH.
DolfTs siehe Bock um.
Dommes, August, Rittergutsbesitzer auf
Sarnau (Westpreussen), 79 — 85 und 88 —
93 Landtagsabgeordneter für Tbom-
Kulm, 87 — 90 Reichstagsabgeordneter für
denselben Kreis (nationalliberal). * Wal-
kenried (Hztm. Braunschweig) 13. XII. 24;
f Sarnau 13. (15.?) X.
Dopmeyer, Karl, Professor, Bildhauer,
Schöpfer des Gutenberg- und des Bödicker-
Denkmals. f Hannover 9. XL, 75 J.
Dreifus, Theodor Freiherr von, ehem. k. k.
österr.-ung., kgl. sächs. und grossh.
Weimar. Consul. * Stuttgart; f München
10. IIL, 59 J.
Drescher, Raimund, Professor am Conser-
vatorium und Mitglied der kgl. Oper in
Budapest, f das. I. IL, 46 J.
Dresky, Ferdinand Justus von. Nekro-
log S. 214.
Dressler, von, Geh. Oberjustizrath, Ober-
staatsanwalt am Oberlandesgericht in
Breslau, f 12. IV.
Dübel, Geh. Marine-Baurath, Maschinenbau-
Director der kais. Werft in Danzig. f
das. 26. X., 51 J.
Dürrschmidt, Heinrich, Nekrolog S. 256.
Dugend, Paul, Geh. Regierungsrath und
137
*
Todtenliste 1899:
138*
Senatspräsident im ReichsversicherungS'
amt. f Berlin 24. V., 43 J.
Du Prel, Dr. Carl, Freiherr. Nekrolog
S. 146.
Dustmann, Marie Louise. Nekrolog
S. 172,
Duvigneau, Otto, Director der Thon-
waarenfabrik der Magdeburger Bau- und
Creditbank, Stadtrath und Ehrenbürger
von M., 87 — 90 Reichstagsabgeordneter
(nationalliberal) für diese Stadt; ein be-
deutender Förderer des Kunstgewerbes.
• Magdeburg 7. VII. 28; f das. 7. IX.
Dyes, Dr. med. August, Oberstabsarzt a.
D., populär -roedicinischer Schriftsteller.
f Hannover XIL, 86 J.
Eberhard!, Heinrich von, preuss. General-
major z. D., bis 76 Commandant der
38. Infanterie-Brigade, -f 9. IV., 77 J.
Ebert, Dr. Theodor, kgl. Landesgeologe,
Professor an der Bergakademie in Berlin.
f Gross-Lichterfelde 4. IX., 42 J.
Eckardstein, Ernst Freiherr von, Mitglied
des preuss. Herrenhauses, früher Land-
tagsabgeordneter für Ober- und Nieder-
Barnim (freiconservativ), Rechtsritter des
Jobanniter-Ordens. * 22. V. 24; f Berlin
I. IH.
Edelmann, Albert, bayer. Landgerichts-
director (zuerst in Regensburg, seit 92 in
München), seit 94 a. D. ♦ 22. I. 31; f
München 17. III.
Eger, Karl von, Reichsgerich tsrath in
Leipzig. * Esslingen, f Leipzig 26. VI.,
62 J.
Egle, Josef von. Nekrolog S. 73.
Eglise, siehe Sainte-Marie-Eglise.
Ehlert, Dr. Rein ho Id. Nekrolog S. 228.
Ehrenburg, Dr. Vincenz Freiherr von,
infulirter Prälat und Scholastikus des
fürstlichen Hoch- und Erzstiftes Olmütz,
Ritter des Ordens der Eisernen Krone,
seit 29 Priester, seit 32 Dr. theol. f Ol-
mütz 10. VII., 93 J.
Ehrenstein, Karl Hermann von, sächs.
Generalleutnant a. D., kgl. Oberstall-
meister, früher Flügeladjutant. * Dresden
19. VIU. 37; t Sibyllenhort 30, X.,
62 J.
Ehrhardt, Karl Ludwig Adolf, Pro-
fessor, Historienmaler (bes. religiöse Mo-
tive) in Dresden, seit 46 Mitglied der
Dresdener Akademie. * Berlin 21. Xf.
13; t Wolffenbüttel 18. XL
Ehrhardt, Erich von, preuss. General-
major und Train-Depöt-Inspector. • De-
litzsch 3. V. 46; f Paris 4. I.
Ehrlich, Alfred Heinrich, Professor der
Musik in Berlin, Coraponist, Musikschrift-
steller, Novellist und Aesthetiker. (Ro-
mane: Abenteuer eines Emporkömmlings,
Kunst und Handwerk; ferner: Musik-
ästhetik, Lebenskunst und Kunstleben,
Wagnerische Kunst, Wahres Christenthum
u. a.). • Wien 5. X. 22; f Berlin 30. —
31. XIL
Ehrlich, Josef R., Journalist, Schriftsteller,
Kritiker (»Der Weg meines Lebens«, »Der
Humor Shakespeares«, »Jocopo Ortis«,
eine Tragödie, »Cato der Weise«, ein
Lustpiel). Beschäftigte sich mit Astrono-
mie, Naturphilosophie und Meteorologie,
t 26. XIL, 57 J.
Ehrne von Melchthal, Karl, kgl. bayer.
Forstmeister a. D. f München 6. VIII.,
61 J.
Eibenschütz, Arthur, Journalist, Corre-
spondent der »Neuen Freien Presse«, f
Krakau 22. VII., 69 J.
Eichenberg, Karl Wilhelm, kgl. Schul«
rath und Bezirksschulinspector. * Reichen-
bach i. V. 7. I. 40; t Dresden 19.— 20.
IX.
Eiselein, grossh. badischer Landesgerichts-
präsident. Nekrolog S. 279.
Eiben, Dr. Otto. Nekrolog S. 41.
Elpio, siehe Schwärt z.
Embden, Charlotte von, geb. Heine,
Heinrich Heines Schwester. • 18. X. 00;
t Hamburg 14. X.
Ende, Theodor am, preuss. Generalleut-
nant z. D., bis 91 Commandant der 10.
Division, f 28. IL, 64 J.
Endemann, Dr. Wilhelm. Nekrolog S. 144.
Enderndorf, siehe Harsdorf.
Engel, Dr. Josef, Regierungsrath, em.
Professor an der ehem. Josefsakademie
in Wien für pathologische Anatomie, be-
deutender Fachschriftsteller. Ritter des
Franz Josephs-Ordens, Ehrenmitglied der
medicinischen Fakultät in Prag. ♦ Wien
29. I. 16; f das. 3. IV.
Engels, Ernst, Geh. und Oberbergrath in
Clausthal (Harz), Justitiar beim kgl. Ober-
bergamt und Lehrer der Bergakademie
daselbst, seit 90 Landtagsabgeordneter für
Zellerfeld-Ilfeld, 93 — 98 Reichstagsabge-
ordneter für Goslar-Zellerfeld (freiconser-
vativ). * Falkenhagen (Kreis Lebus) 44 ;
t Berlin 27. IIL
Erdinger, Karl, Dompropst des Kathedral-
kapitels in St. Polten, namhafter Botaniker
(Entdecker des »Salix Kerneri«), botan.
Schriftsteller, f St. Polten 14. XII.
Ehrhard, Josef, Professor, früher Vorstand
der naturwissenschaftlichen Sammlungen
auf Schloss Koburg. f Würzburg VIII.,
80 J.
Ehrhard, Ludwig Ritter von, bayer.
Ministerialdirector im Staatsministerium
des Innern für Kirchen- und Schulan-
gelegenheiten, Comthur des Verdienst-
139
Todtenliste 1899:
140'
Ordens der bayer. Krone, Ritter des Or-
dens des heil. Michael. * München 28.
IL 32; f das. 22. VII.
Krnesti, Hermann, Senatspräsident am
Oberlandesgericht in Braunschweig, be-
deutender Jurist, t das. 11. XL, 57 J.
Ernst, Dr. Adolf. Nekrolog S. 211.
Esch, Karl Edler von, k. u. k. Feldmar-
schalllieutenant i. R., bis 80 Festungs-
commandant in Essegg, dann in Wien
Präsident des militärwissenschaftlichen
und Casino-Vereins. * Agram 23 ; f Wien
26. X.
Escherich, Eduard Ritter von, Hofrath,
vormals Generalinspector der General-
direction der Tabakregie, Ritter des
Lcopolds-Ordens und des Ordens der
Eisernen Krone, f Wien 16. V., 75 J.
Esebeck, Richard Freiherr von, bis 86
Premierleutnant, von da an Militärschrift-
stcller, bei Orleans als Leutnant schwer
verwundet, Besitzer des Eisernen Kreuzes
IL Gl. und des bayer. Militär-Verdienst-
ordens. • Landau 3. XII. 51 (54?); f
München .15. I.
Essenther, siehe Kap ff.
Eulitz, Adolf Oswald, kgl. sächs. Oeko-
nomierath, Gutsbesitzer auf Pulsnitz bei
Ostrau, Abgeordneter der zweiten Stände-
kammer, Mitglied des Landesculturrathes,
Mitbegründer und Vorstand des erbländi-
schen ritterschaftlichen Creditvereins. f
Dresden 4. III., 76 J.
Faber, Albert Friedrich Wilhelm,
WirkL Geh. Rath, früher Präsident der
Fürstl. Landesregierung und des FUrstl.
Consistoriums zu Greiz. + Frankfurt a.
M. 25. VIIL, 83 J.
Faber, Dr. theol. Ernst, seit 65 in China,
Mitglied der dortigen evangelischen
Mission, bedeutender Kenner chinesischer
Sprache und Sitten, Uebersetzer aus dem
Chinesischen, auch theolog. Schriftsteller,
Ehrendoctor der Universität Jena. • Ko-
burg 25. IV. 39; f Tsintau (Kiau-tschou)
26. IX.
Faehndrich, Landgerichtspräsident in Glo-
gau. f III.
Falkenberg, siehe Grundemann.
Falkenhayn, Graf Julius. Siehe Nachtrag.
Falkenstein, Kuno Freiherr von. Nekro-
log S. 77.
Feckert, Gustav, Professor, Maler, einer
der bedeutendsten Lithographen, Mitglied
der Berliner Akademie der Künste, Ehren-
mitglied des Vereins Berliner Künstler.
Nekrolog S. 303.
Fessler, Dr. med. Richard, Arzt. f
München 28. L, 29 J.
Fiedler, Dr. Heinrich, Director der Ober-
realschule, der Baugewerkschule und der
Maschinenbauschule in Breslau, die alle unter
seiner Leitung gegründet wurden, 90 Mit-
glied der Conferenz zur Berathung der
Reformen des höheren Unterrichtswesens,
f Breslau 22. L, 66 J.
Finck von Finckenstein, Wilhelm
Heinrich Graf, preuss. Kammerherr,
Mitglied des Herrenhauses. * 4. IL 50;
t Altmadlitz 6. IX.
Finger, Dr. Josef, em. Professor an der
Lemb erger medicinischen Anstalt, Mitglied
der Gesellschaft der Aerzte in Wien, -f-
Wien 27. L, 79 J.
Finke, Edmund, k. u. k. Oberst, Militär-
schriftsteller, t ^Vien 16. V., 67 J.
Finsler, Dr. theol., seit 32 Jahren Antistes
der Züricher Landeskirche, theol. Schrift-
steller (»Geschichte der theologischen
Entwicklung in der Schweiz seit 1838«:
und »Zürich in der 2. Hälfte des 18. Jahr-
hunderts«). • 24. Xn. 19; t Zürich I. IV.
Fix, Schulrath, Seminardirector, pädagogi-
scher Schriftsteller, f Soest IL
Fleck, Franz Ludwig. Nekrolog S. 207.
Flcckeisen, Dr. Karl Friedrich Wil-
helm Alfred, Nekrolog S. 168.
Fleischl-Marxow, I d a v o n. Nekrolog S. 320.
Flohr, Dr. August, Professor, ehem. am
Dorotheenstädtischen Realgymnasium in
Berlin, Ehrengrossmeister der Loge Royal
York; t II. XL, 80 J.
Flossmann, Wilhelm, Grosskaufmann und
Handelsrichter in München, 61 — 99 I^iter
der Generalagentur der Stettiner Lebens-
versicherungsgesellschaft »Germania « ; *
München 10. X. 34, f das. 15. VIIL
Förster, Sophie, Nekrolog S. 163.
Frankenstein, Kuno Wilhelm Erdmann
Freiherr von, kommandierender General
des XV. Armeecorps, kgl. wUrttemb. General
der Infanterie, Generaladjutant des Königs;
* Esslingen a. N. 12. XII. 40, f Strassburg
5.-6. V.
Franta, Johann Baptist, seit 93 Redacteur
des »Neuen Münchener Tageblatt«, vorher
beim »München er Fremdenblatt« (seit 79),
bei der »Landshuter Zeitung« (seit 90),
dann (seit 92) beim »Bayerischen Kurier« ;
* 47, t München 3. IX.
Franz, Dr. Gustav Moritz, bis 84 Ober-
consistorialrath und Superintendent von
Dresden ; * Sosa bei Eibenstock 3. IL 16,
f Dresden 26. V.
Franzius, Volkmar, Justizrath, 60 — 95
Rechtsanwalt und Notar in Norden, seit
98 Reichstagsabgeordneter für Emden -
Norden (national-liberal); • Leer (Ostfries-
land) 23. XL 27, f Blankenburg 2. V.
Freiheim, Franz X., Nestor der steirischen
Dichter, Lyriker und Dramatiker, zumeist
im Dialect; f Graz 23. XII., 88 J.
141
Todtenliste 1899
142
Freüigrath, Ida, geb. Melos, Wittwe des
Dichters F., Dichterin und Uebcrsetxerin;
* Weimar 20. XII. 17, f Foresthill-London
6. II.
Freudenberg siehe Löwenstein.
Frey, Dr. Johann, früher Professor am
Züricher Gymnasium, class. Philologe, Ver-
fasser von Lehrbüchern; f Zürich i. XII.
79 J-
Friedel, Dr., Professor der organischen
Chemie und Director des chemischen La-
boratoriums an der Sorbonne, gebürtiger
Strassburger; f Montauban 20. IV., 67 J.
Friekhöffer, Dompastor in Bremen, Mitglied
und hervorragender Förderer des Prote-
stantenvereins; f das. 14. IV., 72 J.
Fritzsche, Gustav, Professor, Bildhauer,
Schüler Ernst Rietschels; f Dresden 9. IX.
Fritzsche, Gustav, legi, sächs. Hofbuch-
binder in Leipzig, Vorsitzender im Auf-
sichtsrath der Leipziger Creditbank, Mit-
glied der zweiten Kammer, Ritter des
Albrechtsordens i. Cl.; f Leipzig 24. V.,
60 J.
Fromm, Dr. Emil, Bibliothekar der Stadt
Aachen, bedeutender Historiker u. Biblio-
graph, Verfasser eines grossen bibliogra-
phischen Nachschlagewerkes über die litte-
rarhistorischen Erscheinungen des 19. Jahr-
hunderts und des bekannten Werkes
»Immanuel Kant und die preussische Cen-
sur«; • Gnesen 9. VII. 58, f Aachen 22.
(20.?) I., 41 J.
Frühwald, Dr. Karl, Nekrolog S. 114.
Fuchs, Johann Nepomuk, Nekrolog
S. 177.
Fürstenberg, Emil Egon, Prinz zu, k.
u. k. Geh. Rath, Major a. D., Mitglied des
österr. Herrenhauses (Mittelpartei), Ritter
des Ordens vom Goldenen Vliesse; *
Donaueschingen 12. IX. 25, f Leontinen-
schloss bei Purglitz 15. V.
Fugger zu Kirchberg und von Weissen-
hom, HartmannGrafvon, Regierungs-
präsident der Oberpfalz und von Regens-
burg seit 94, vorher Regierungsdirector in
Speyer (seit 84) und München (seit 87),
75 — 81 Landtagsabgeordneter für Donau-
wörth(Patrioten-Fraction), 77—81 Mitglied
des Reichstags; '' Schloss Oberkirchberg
30. VI. 29, f Heidelberg 5. IV,
Funcke, Peter, ord. Professor der Pastoral-
theologie an der Akademie in Münster;
* 30. XII. 29, f Münster II.
Gageur Eugen, Nekrolog S. 302.
Gaisberg, Wilhelm Freiherr von, würt-
temb. Genemlleutnant z. D., General ä la
suitc des Königs, ehem. Commandant der
51. Infanterie-Brigade; * Tübingen 8. VII.
21, f Schloss Schöckingen 12. (13.?) V.
Galen, siehe Lange.
Gander, Karl Georg Friedrich, Guts-
besitzer, bis 97 erster und seitdem zweiter
Vorsitzender des Bundes der Landwirte
(Abtheilung Pfalz), seit 98 Reichstagsabge-
ordneter für Germersheim (national-liberal);
• Steinweiler (Pfalz) 1 7. XIL 55, f das.26,X.
Gänsen, Dr. Johann, Regierungs- u. Schul-
rath in Aachen, historischer und pädago-
gischer Schriftsteller; ♦ Köln 16. IX. 47,
f Aachen 3. XI.
Gebhardt, Fried rieh Wilhelm Hermann,
Nekrolog S. 184.
Gedult von Jungenfeld, Josef Freiherr,
grossh. hess. Generalleutnant a la suite,
bis 68 Commandant der hess. Reiterbrigade;
t 24. I., 87 J.
Gehlert, Dr. Karl August, Nekrolog S. 171.
Geisser, Jakob, Nekrolog S. 158.
Gelder, Lucia von, Nekrolog S. 121.
Georgenburg siehe Simpson.
Gereuth siehe Hirsch.
Gerhardt, Dr. Karl Immanuel, Professor,
früher Director des G}niina5iums in Eis-
leben, mathematischer Schriftsteller («Ge-
schichte der Mathematik in Deutschland«),
Herausgeber der Werke Leibnizens, ord.
Mitglied der*Berliner Akademie der Wissen-
schaften; * Harzburg 2. XII. 16, f Halle a.S.
5.V.
Gerlachstein siehe Hohenwart.
Gilbert, Dr. Gustav, Gymnasialprofessor
in Gotha, Forscher auf dem Gebiete der
altgriechischen Geschichte (» Handbuch
der griechischen Staatsalterthümer«, »Stu-
dien zur altspartanischen Geschichte«,
»Beiträge zur inneren Geschichte Athens«);
♦ Rätzlingen 24. XII. 43, f Gotha 3. I.
Gille, Dr. Karl, Geh. Hof- und Justizrath
in Jena, langj. Secretär des Allg. Deutschen
Musikvereins, durch 60 Jahre Vorstand des
akademischen Concertinstituts, Jugend-
freund August von Goethes; f Ilmenau
6. Vin., 86 J.
Gisela siehe Reznicek.
Giuliani, Ernst von. Geh. Rath, früher
Sectionschef im Österr. Justizministerium,
Mitglied des Reichsgerichts und des Herren-
hauses, Director der Ersten öst€rr. Spar-
kasse; t Wien I. I., 75 J.
Glauchau siehe Schönburg.
Gleim, Eduard, Nekrolog S. 98.
Goebel, Karl, Aquarellmaler (Porträtist) in
Wien; f ^o. II., 75 J.
Goeczy, Karl Julius, ehem. Wiener Gc-
meinderath; f Wien 14, VI., 70 J.
Goepel, Auguste, Dichterin (bes. Bismarck-
Gedichte); t Bautzen 12. IX.
Goetze, Walther, Botaniker; im Auftrag
der Wentzcl - Heckmann - Stiftung nach
Deutschostafrika gereist, um die dortige
Flora zu studieren; 'j* das. 9. Xfl.
M3
*
Todtcnliste 1899:
144'
Goldberg, Dr. M. G., Deutsch - amerikan.
medicinischer Schriftsteller, seit 48 in
Amerika, seit 70 in Cincinnati ; f XII., 76 J.
Goltermann, Friedrich (Wilhelm?); Ne-
krolog S. 235.
Goltz, Willibald Freiherr von der,
preuss. Generalmajor z. D., 67 — 72 Dircctor
der Kriegsschule in Potsdam, 70 — 71 Chef
des Stabs der General-Etappen inspection
der 3. Armee, 77 — 82 Comraandant der
I. Feldartillerie-Brigade; • Bischofsburg
8. VIII. 29, t Potsdam 13. (10.?) I.
Gosslar, Edmund, preuss. Generalleutnant
z. D., 91 — 94 Commandant der 14. In-
fanterie-Brigade; f 14. V., 58 J,
Gossler, Dr. jur. K. Oskar, Vorsitzender
des Hamburger Secamtes; f Hamburg lo.
(9.OX., 56 J.
Gostkowski, Otto von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 90 Commandant der
IG. Feldartillerie-Brigade; f 8. V., 68 J.
Gottschalck, Max, preuss. Generalmajor z.
D.j bis 91 Commandant der 14. Infanterie-
Brigade; f 12. XL, 64 J.
Gottschewsky, Theodor, Geh. Oberjustiz-
rath und Kammergericht^rath (bis 94), 62
— 63 und 67 — 73 preuss. Landtagsabgeord-
neter; f Berlin 3. I., 77 J.
Graefe, Dr. Karl Alfred, Geh. Medicinal-
rath, bis 97 ord. Professor der Augenheil-
kunde an der Universität Halle, wie sein
Vetter Albrecht G. einer der berühmtesten
Augenärzte, auch Fachschriftsteller (Hand-
buch der gesammten Augenheilkunde); *
Martinskirchen bei MUhlberg 22. oder 23.
XI. 30, t Weimar 12 IV.
Graeser, Karl, Nekrolog S. 173.
Greffi-ath, Henry, Nekrolog S. 212.
Gremly, August, Botaniker, bekannt durch
seine »Flora der Schweiz«: * Egelshofen
(Thurgau), f das. 12. IV., 66 J.
Griesinger, Dr. Albert Julius Freiherr
von, Nekrolog S. 74.
Grimme, Rein hold, Begründerund Director
der Kunstanstalt Grimme und Hempel; f
Leipzig 24. VII., 46 J.
Groeningen, Dr. Gustav, Oberstabs- und
Regimentsarzt in Strassburg, bedeutender
chirurgischer Schriftsteller; f 23, III., 48 J.
Groh, Dr. Franz, kais. Rath. Professorder
Chirurgie, Director a. D. der med. Landcs-
anstaltcn und der Hebammenschule in 01-
mütz, Ritter des Franz Josephs -Ordens
und des Ordens des heil. Sylvester, Be-
sitzer des goldenen Verdieustkreuzes mit
der Krone, der Medaille für Kunst und
Wissenschaft und der Kriegsmedaillc,
Ehrenbürger der Stadt Kourim; t OlmUtz
3. VI., 76 J.
Gross, Friedrich, em. Kreisthicrarzt der
Pfalz; t I, 67 J.
Grosse, Louis, kgl. Musikdircctor, Musik-
lehrer; * Mittelsaida 26. V. 36, f Dresden
26. vn.
Groth, Klaus Johann, Nekrolog S. 103.
Gruber, Dr. Florian, Landgerichtspräsident
in Constanz, vorher Erster Staatsanwalt
in Karlsruhe; Nekrolog S. 300.
Grünfeld, Sigmund, Solo-Correpetitor der
Wiener Hofoper; * Prag 17. V. 56, f Wien
I. IX.
Grüter siehe Diepenbroick.
Grundemann von Falkenberg, Moriz,
Graf, Gutsbesitzer; f Wien 5. III.,
69 J.
Gülcher, Arthur, Geh. Commerzienrath,
hervorragender Grossindustrieller in Eupcn,
Vorsitzender der Handelskammer; f das.
8. I., 72 J.
Gull, Josef, Nekrolog S. 100.
Gumbert, JosefFelix, Wächter des Leucht-
thurms auf Cap Sparte! in Marokko,
ein geborener Oesterreicher (M&hrer);
t XII,
Gumprecht, Adolf, Nekrolog S. 188.
Gurlt, Dr. Ernst, Geb. Medicinal rath, Pro-
fessor der Chirurgie an der Universität
Berlin, Docent an der Kaiser Wilhelros-
Akademie, Redacteur des »Archivs für
Chirurgie«, Mitherausgeber der Virchow-
schen Jahresberichte, Verfasser der Werke:
ȟeber den Transport Schwerverwundeter
und Kranker im Kriege«, »Handbuch der
Lehre von den Knochenbrüchen«, »Ge-
schichte der internationalen u. freiwilligen
Krankenpflege im Kriege«, »Die Kriege*
Chirurgie der letzten 150 Jahre in Preussen«
u. a., hervorragender Militärchirurg, 64, 66
und 70-71 Leiter und Organisator von
Sanitätszügen: ♦ Berlin 13, IX. 25, f das.
9.1.
Guyer-Zeller, Adolf, Nekrolog S. 37.
Haacke, Paul Arnold, Reichsgerichtsrath
a. D., seit 92 i. R., früher Landgerichts-
präsident in Hirschberg (Schlesien), 93 —
98 Landtagsabgeordneter für Sangefhausen-
Eckartsberga (national -liberal); * Rossla
I. XII. 32, f Blanckenburg a. H.
20. vin.
Haag, Martin, Weingärtner in Heilbronn,
93-98 Reichstagsabgeordneter für diese
Stadt (^süddeutsche Volkspartei); * das. 11.
XI. 26, f das. 7. V.
Haeberlin, Franz, Hofbaurath, Erbauer der
Haupt -Cadcttenanstalt in Gross -Lichter-
felde; f Potsdam 25. VII., 58 J.
Haflfher, Dr. Paul Leopold, Bischof von
Mainz seit 66, früher Professor der Philo-
sophie am theologischen Seminar in Mainz,
Mitbegründer der Görres-Gesellschaft, auch
litterarisch thätig; ♦ Horb im Schwarzwald
21. I. 29, •)• Mainz 2. XI.
145'
Todtenliste 1899:
146*
Hagel, Dr. Adolf, k. u. k. Österr.-ung. Delc-
girter im obersten Sanitätsrathe, Botschafts»
arzt in Constantinopel; f Bujukdere bei
Constantinopel 12. VIII., 58 J.
Hagen, Hartmann von, Generalleutnant
z. D., bis 95 Gouverneur von Thom; f
Gross-Lichterfelde 26. III., 64 J.
Hahn, Oberbürgermeister von Bochum, bis
92 Bürgermeister von Nordhausen, als
solcher Vertreter N.'s im preuss. Herren-
hause; t Bochum 10. VII.
Hampe, Dr. Wilhelm, Professor der Chemie
an der Bergakademie zu Klausthal ; f Halber-
stadt 10. I., 57 J.
Hankel, Dr. phü. et med. Wilhelm Gott-
lieb, Geh. Rath, Professor der Physik an
der Universität Leipzig (seit 49); • Erms-
leben 17. V. 14, f Leipzig 17. II.
Hannak, Dr. Eroanuel, Director des städti-
schen Lehrerpüdagogiums in Wien, her-
vorragender Pädagog, historischer, geogra-
phischer und pädagogischer Schriftsteller;
* Teschen 30. V. 41, f Wien 27. IL
Hanusch, Alois, Commercialrath, kais.Rath,
einer der Gründer und Präsident des Kunst-
gewerbevereins , dann lebensUngl. Ehren-
präsident desselben, Curator des Oesterr.
Museuros für Kunst und Industrie, eigent-
licher Begründer der Wiener Bronceindu-
strie, Chef und Leiter der Firma Dziedzinski
und Hanusch; f Wien 7. IL, 74 J.
Härder, Wilhelm, Redacteur des »Bade-
blattes« in Baden-Baden, vorher Redacteur
der »Karlsruher Zeitung«, Dichter, Schrift-
steller, Theaterkritiker; * Leipzig 4. II. 56,
t Baden-Baden XI.
Härders, Hofbesitzer, 82 — 85 Abgeordneter
für Stormarn (national-liberal); f III.
Harms, Friedrich, wUrttemb. Consul in
Lübeck, Chef der dortigen Grosshandlung
Lorenz H. und Söhne; f das. 19. XI.
Harsdorf von Endemdorf, Alexander
Freiherrvon, bayer. Oberlandesgerichts-
präsident (Augsburg) a. D., kais. Commissar
der Reichsbankhauptstelle in München,
Ritter des Verdienstordens der bayer. Krone
und des Ordens vom heil. Michael 2. Cl.;
* II. VIII. 24, t Augsburg 15. II.
Hasler, Dr. theol. Ferdinand, bayer. Ly-
ccalprofessor a. D. ; * München 1 2. 1. 42, f I.
Hauer, Franz Ritter von. Siehe
Nekrolog S. 323.
Hauschka, Dr. med. Dominik Josef
Ritter von, Professor der ehem. medi-
cinisch-chirurgischen Josephs-Akademic in
Wien, Ritter des Ordens der Eisernen
Krone 3. Cl., Besitzer des Goldenen Ver-
dienstkreuzes; f Wien 9. XII., 84 J.
Hausegger, Dr. Friedrich von, Nekrolog
S. 161.
Haussonville siehe Clairon.
Hayduck, Dr. Max, Nekrolog S. 120.
Hebenstreit, Dr. Alois, Prälat, Domdechant
in Graz, auch schriftstellerisch thätig (ein
Werk über Johannes Hus), Comthur des
Franz Josephs-Ordens, Ritter des Ordens
der Eisernen Krone 3. CL; f Graz 6. XII.,
72 J.
Heerwart, Dr. Adolf von, grossh. sächs.
Wirkl. Geh. Rath, seit 72 bis vor Kurzem
Bundesrathsbevollmächtigter der thüringi-
schen Staaten, Autorität für Zoll- und
Steuerwesen; * Eisenach 28, f Jena 19.
XL
Heise, Johannes, Baurath, Conservator für
die Provinz Westpreussen; f Danzig
15 IV.
Heiss, Ludwig von, kgl. bayer. Oberforst-
rath a. D., Ritter des Verdienstordens der
bayer. Krone und des Ordens vom heil.
Michael i. Cl.; * Roggenburg (Schwaben)
26, t München I.
Heldt, Hauptmann in der Schutztruppe für
Südwestafrika; f XL
Helldorf, Oskar von, kgl. süchs. Kammer-
herr, früher Gesandter in Wien, Ritter-
gutsbesitzer. Mit ihm erlischt die männ-
liche Linie der H.-Böhlen; f Schloss Bohlen
bei Borna 28. IX.
Heller Ritter von Hellheim, Franz, k. u.
k. Feldmarschall- Leutenant i. R., der die
Feldzüge 48, 49, 59, 64, 66 und 78 mit-
gemacht hatte; f Graz 4. IV , 67 J.
Helm, K., grossh. badischer Geh. Rath,
Director der Amortisations- und Eisen-
bahnschulden-Tilgungsknssen ; f Karlsruhe
3. XIL
Heimerding, Karl, Komiker, 48—51 und
55 — 78 in Berlin, besonders am Wallner-
Theater; * Berlin 29. X. 22, f das. 20. XII.
Siehe Nekrolog S. 321.
Helmholtz, Anna von, Nekrolog S. 14.
Hempel, Karl, Gutsbesitzer, früher Reichs-
tagsabgeordneter für Bromberg (Fort-
schrittspartei); * Bromberg 12. VIII. 27,
t das. 18. VIII.
Henkel, Dr. Heinrich, Nekrolog S. 169.
Henninges, Bruno von, Generalleutnant
z. D., 86-88 Commandant des Kaiser
Alexander-Rgts , 88 — 92 Commandant von
Posen; f Braunschweig 26. VIII., 63 J.
Hennings, Johann Friedrich, Nekrolog
S. 129.
Henrici, Dr. Paul Christian, Nekrolog
S. 252.
Heppe, Adolf von, bis 98 Präsident der
Regierung in Trier, früher Landrath in
und Landtagsabgeordneter für Schleusingen
(frei-conservativj ; f Arolscn 30. VII., 63 J.
Hermann, Wilhelm, Journalist und Schrift-
steller (Novellen) in Wien; * Alt-Kanizsa
22. IX. 44, f Wien 4. X.
147
«
Todtenliste 1899:
148
Hernmarck, G. D., vormals Bürgermeister
von Riga; f Meran 24. VI.
Herper, August, Gutsbesitzer, Abgeordneter
für Prignilz (conservativ) ; f 22. XII,, 50 J.
Herrenschneider, E. A., Pfarrer und Con-
sistorialpräsident in Horburg (Elsass),
Alterihumsforscher, Entdecker des Castrum
Argen toria; f Horburg 22. X.
Hertel, Peter Ludwig, Nekrolog S. 176.
Hessling, Dr. Theodor von, vormals Pro-
fessor der Anatomie an der Universität
München, namentlich auf dem Gebiete der
mikroskopischen Anatomie thätig; f Traun-
stein V., 83 J.
Hetz, Johann Karl, Professor, Maler, Lehrer
an der Kunstgewerbeschule in München;
* II. XI. 28. t München 5. VlIL
Heuduck, Wilhelm von, Nekrolog S. 222.
Hey, Karl Otto Wilhelm, kgl. sächs. Hof-
rath, Director der kgl. Baugewerkschule in
Leipzig: * Ichtcrshausen (Thüringen) 38,
t Leipzig II. III.
Heydebrand und der Lasa, Tassilo von,
kgl. preuss. Wirkl. Geh. Rath, Gesai>dter
a. D., 57 — 60 Ministerresident in Rio de
Janeiro, dann Gesandter in Weimar, 65 —
78 in Kopenhagen, dann bis 80 in Stutt-
gart, kgl. Kammerherr, Stern des Rothen
Adler-Ordens 2. Cl. mit Eichenlaub, kgl.
Kronen-Orden i. Cl., bedeutender Schach-
schriftsteller und Besitzer der grössten
Schachbibliothek; * Potsdam (Berlin?) 17.
. X. 18, t Storchnesl (Kreis Lissa) 27* VII.
Heynitz, Paul Adolf Benno von, kgl.
sächs. Kammerherr: * 34, f Weicha bei
Wcisscnberg (Oberlausitz) 4. IX.
Heyse, Emilie, geb. Nitsche, Wittwe des
Consuls H., bekannt durch gemeinnützige
Bestrebungen, Stifterin des Kaiser Wilhelm-
Denkmals in Swinemünde; f das. VII.
Hiendlmayr, Sebastian, Nekrolog S. 99.
Hildesheimer, Dr. J., Oberrabbiner, Führer
des orthodoxen Judenthums in Deutsch-
land; t 12. VI., 79 J.
Htltner, Bernhard, Stadtpfarrer von St.
Gangolf in Bamberg, der sein Vermögen
von 200000 Mk. zu Wohlthätigkeits-
zwecken spendete; jf 12. (?) VIII.
Himmer, Franz, ehem. Hofopernsänger in
München und Wien, erster deutscher
Wagner-Süngcr in Amerika (Tannhäuser
62); t Hildesheim 15. XII., 71 J.
Hirsch - Gereuth , Clara Baronin, geb.
B ischoffshcim, bekannte Millionärin u.
Wohlthäterin : * Antwerpen 33, f Paris.
Hirschfeld siehe Birch.
Hirschfelde siehe Schmidt.
Hirsch wald, Ferdinand, Nekrolog S. 188.
Hobrecht, Max, Rentner, früher Landtags-
abgeordneter für Westhavelland, Schrift-
steller; f Rathenow i. IX., 71 J.
Hof lein, Otto, Professor, Modellierlehrcr
an der Kunstgewerbeschule in Pforzheim;
f das. I. I.
Höhn, Edmund, seit 92 Director des inter-
nationalen Bureaus des Weltpostvereins in
Bern, früher schweizerischer Oberpost-
director; f Bern 30. L, 60 J.
Hörburger, Franz Karl, kgl. bayer. Reg-
Rath und Beziiksamtmann a. D., seit 93
i. R. ; * Waldenhofen 27. XII. 26, f München
3. ni.
Hörrmann, Leoba von, Priorin des Frauen-
klosters Chiemsee; f II.
Hoesch, Emil, Commercienrath, Gross-
industrieller und Kreisdeputierter in Düren:
t das. 13. VII., 65 J.
Hoesch, Leopold, Geh. Commercienrath,
Mitbegründer des grossen Stahlwerkes in
Dortmund, Ehrenpräsident des Vereins
Deutscher Eisenhüttenleute; * Düren 13.
I. 20, f das. 21. IV.
Hofimann, Adolf, Nekrolog S. 2S1.
Hoffmann, Adolf, Kammergerichtsrath a.D.,
74 — 80 und 81 — 90 Reichstagsabgeordneter
für Schwarzburg-Rudolstadt (deutsch-frei-
sinnig), 81 — 87 zweiter Vicepräsident des
Reichstages; +16. VI., 64 J.
HolTmann, Ewald Alexander, kgl. sächs.
Geh. Rath, Abtheilungsvorstand im Finanz-
ministerium, 87 — 98 Generaldirector der
sächs. Staatscisenbahnen ; Nekrolog S. 301.
Hoffmann, Dr. Ludwig August, Text-
dichter der Rüscr'schen Oper »Merlin«;
t Bielefeld 27. I.
Hoffmeister Edler von Hoffenegg, Ed-
mund, k. u. k. Feldmarschall -Lieutenant,
Inspector der Armee-Schiessschule in Wien;
f das. 10. V.
Hohenau, siehe Benzel.
Hohenhausen, Elise Freiin von, Nekrolog
S. 223.
Hohensolms siehe Solms.
Hohenthal, Karl. Xaver Maximilian
Graf von, Fideicommisshcrr auf PUchau,
Ehrenritter des Johannilerordens, kgl. sächs.
Kammerherr; * 23. XI. 53, f Leipzig 8.—
9. VIL
Hohenwart zu Gerlachstein, Karl Sig-
mund Graf, Nekrolog S. 86.
Hohl, Karl von, Nekrolog S. 79.
Hohls, Dr. Otto, Sanitätsofficier in der
Boerenarmee, gefallen vor Ladysmith Ende
XI.
Homann, Karl, Schriftsteller, Staatsminister,
Mitglied des litterarischen Bureaus und
Parlamentsberichterstatter für den Kaiser,
Musikkritiker der »Tägl. Rundschau«; "^
Hohengrabe 25. VI. 46, f Potsdam
25. VL
Hoppe, Julius, Rentner, langj. Präsident
der Berliner Turnerschaft; f Bonn X.
149
Todtenliste 1899:
150*
Horwitz, Dr. Heinrich Josef, Justizrath,
Rechtsanwalt und Notar in Berlin, seit 77
Landtagsabgeordneter für Torgau, Reichs-
tagsabgeordneter 83—86 für Torgau und
90 — 93 für Mühlhausen (national -liberal,
dann deutsch- freisinnig), Mitglied der Ber-
liner Stadtverordneten, politischer Schrift-
steller; ♦ Putzig bei Danzig 28. IV. 24, f
Berlin 17, XI.
Hetzen, Dr. med. Otto, Dichter; f Bremen
25. V., 68 J.
Hoyos-Sprinzenstein, Josef Theodor
Graf, k. u. k. Kämmerer, Geh. Rath, Guts-
besitzer, intimer Freund des f Kronprinzen
Rudolf, an dessen Todestag in Mayerling
anwesend; * Wien 9. XI. 39, f Edlach
22. V.
Hrdlicka, Vincenz, Journalist; f Wien lo.
JX., 40 J.
Huber, Karl, Sectionschcf a. D., bis 89 im
österr. Finanzministerium, Vicepräsident
des Ersten Allg. österr. -ungar. Beamten-
vereins, Ritter des Leopold-Ordens ; * Linz
22, t Meran 7. III.
Hübe], Ed. Moritz von, kgl. sächs. General-
major z. D., bis 89 Commandant der 23.
Cavallerie-Brigade, im Kriege 70,71 mehr-
fach verdient; * Dresden 34, f das. 3.-4.
XL
Hüffer, Alfred, Landgerichtsrath a. D., 53
—55 und 70—85 Abgeordneter für Büren-
Paderborn (Centrura); f 23. VIII., 81 J.
HüfTer, Eduard, Buchhändler, Verleger des
»Münsterschen Anzeigers«; f Münster 15.
VIII., 86 J.
Hügel, Heinrich von, grossh. hess. Geh.
Baurath; f Berlin 2. VIII.
Hüllcssem siehe Meerscheid t.
Huisken, Hermann, Historienmaler in
Düsseldorf, mit Prof. Claus Meyer mit der
Ausschmückung des grossen Saales auf
Schloss Berg an der Wupper betraut; +
Braunschweig 23. TX.
Humbert, J. P., Vorsitzender des Aufsichts-
rathes der Bank J. Mayer u. Co., Präsident
der Handelskammer in Metz; f das. 20.
VIL, 82 J.
Huss, Ludwig, Hofrath, Ingenieur, General-
directionsratb der Staatsbahnen a. D., Bau-
director-Stellvertreter der Baudirection für
die Wiener Stadtbahnen; f Kirchberg am
Wechsel 23. VI., 64 J.
Jacoby, Paul, Nekrolog S. 172.
Jaeger, Geh. Regierungsrath, Oberbürger-
meister von Elberfcld, Mitglied des Herren-
hauses; f 8. VI.
Jaeppelt, Julius Friedrich, kgl. sächs.
Rath, Ministerialdirector a. D., bis 1. 1. 98
Vorstand der Verwaltung der sächs. Landes-
anstalten; * Dresden 10. X. 24, f das. 26.
IX. Nekrolog S. 302.
Jan, Karl von, Professor am Lyceum in
Strassburg, Forscher auf dem Gebiete der
antiken Musik und Lyrik; * Schweinfurt
22, V. 36, t Aldebogen (Schweiz) IX.
Janecki, Marc e 11 i, preuss. Officier a. D.,
Genealog und Heraldiker; ♦ Grätz 3. XI.
55, t Berlin 6. XII.
Janschky, Josef, Erbauer der sogen. »J.-
Wagen«, bei denen Spiralfedern zur Ver-
minderung des Stosses in Anwendung
kamen; f Wien 23. L, 89 J.
Jantsch, Heinrich, Director des Theaters
im Wiener Prater. War zuerst schrift-
stellerisch und redactionell thätig, ging
dann zur Bühne und wirkte an den
Theatern in Marburg a. D., Mainz, am
Deutschen Theater in Pest u. a. Später
übernahm er die Direction des Victoria-
Theaters in Frankfurt a. M., dann leitete
er das Flora-Theater in Cöln, die Stadt-
theater in Danzig, Halle a. S. und Königs-
berg. 92 kaufte er das Fürst-Theater in
Wien, welches er unter dem Titel »Wiener
Volkstheater«, von einer PossenbUhnc zu
einer populären Kunststätte erhob. ^Gleich-
zeitig führte er die Direction des Troppauer
Stadttheaters, wo er Hauptmanns »Ver-
sunkene Glocke« zum ersten Male in
Oesterreich zur Aufführnng brachte. Auch
litterarisch war J. thätig als Verfasser von
V'olksstücken (»Kaiser Josef und die
Schusterstochter«, »Ein Excommunicierter«,
»Ferdinand Raimund«, »Der Herrgotts-
bruder«). Daneben war er schauspielerisch
thätig, zuletzt als »Königslieutenant«; *^
Wien 7. III. 45, t das. 5. II.
Jebsen, Michael, Rheder in Apenrade,
Landtagsabgeordneterund 90—98 Reichs-
tagsabgeordneter für Flensburg, Autorität
in Fragen des überseeischen Verkehrs: *
Apenrade 27. IX. 35, f Berlin (auf der
Heimreise von Karlsbad) i. X.
Jensen, Andreas Detlev, Nekrolog S. 254.
Imle, von, Generalmajor z. D., langj. Com-
raiindeur des Landwehrbezirkes Stuttgart;
f Mergentheim 1 5. IX.
Immermann, Hermann, ord. Professor der
Pathologie an der Universität Basel; f
das. 12. VI., 60 J.
Joachim, Amalie, Nekrolog S. 179.
Johaentgen, Dr. Franz, Universitätsdocent,
Herausgeber der »Liberalen Correspondenz«
in Berlin; * 15. IV. 35, f Berlin 6. IV.
Johannes, Bernhard, k. k. Hof-Photo-
graph, bekannter Hochtourist, der na-
mentlich die Tiroler Berge beging, um
photographische Aufnahmen zu machen;
t Meran 17. I., 51 J.
John, Friedrich, emer. Cantor, Mu-
siker; * Altstadt bei Stolpen 35, f Dresden
VIII.
^5^*
Todtenliste 1899:
152*
Jonas, Elisabeth, geb. Gräfin v. Schwerin,
Witwe des Predigers und Professors Dr.
Ludwig J.; • 25. I. 04, t Berlin 15. III.
Jordan, Dr. Wilhelm, Nekrolog S. 207.
Isenburg und Büdingen in Birstein, Karl
Victor Amadeas Wolfgang Kasimir
Adolf Bodo Fürst zu, Majoratsherr, erbl.
Mitglied des preuss. Herrenhauses und der
hess. Ersten Kammer, Ritter des österr.
Ordens vom Goldenen Vliesse. Politiker,
auch schriftstellerisch hervorgetreten (»Die
neue Aera in Baden« 66); * Birstein 29.
VII. 38, f auf Schloss Schlackenwert bei
Karlsbad 4. IV.
Issel, Karl Friedrich Wilhelm, Nekro-
log S. HO.
Junge, Dr. Friedrich, Professor, Director
des Friedrichwerderschen Gymnasiums in
Berlin, Geschichtsforscher, Pädagoge,
Luther-Biograph; ♦ Torgau 30. III. 47, f
Berlin 21. — 22. IV.
Jungenfeld siehe Gedult.
Junker, Hermann, Genremaler, bekannt
durch seine Illustrationen zur Geschichte
des deutsch - französischen Krieges und
durch seine Bilder für das Goethehaus in
Frankfurt; ♦ Frankfurt a. M. 38, f das.
IG. II.
Kaatzer, Dr. Peter, Sanitätsrath in Han-
nover, Specialist für Behandlung der
Lugentuberkulose. f ^6. III., 54 J.
Kästner, Karl Bernhard, Cassenfabrikant,
hervorragender Grossindustrieller. ♦ Leip-
^^S 34»' t ^^^- 8. — 9. II.
Kahlbaum, Dr. K. L., Gründer (63) und
Leiter der Irrenheilanstalt in Görlitz, f
15. IV., 70 J.
Kall, Philipp von, Viceadmiral z. D., 64
erster Ofücier des Kanonenbootes Blitz im
Gefecht bei Helgoland, an der Besitznahme
von Führ und Sylt betheiligt, 87 Chef
des Schulgcschwaders, 89 der Manöver-
flotte. * bei Königsberg 40; f Wer-
ningcrode 12. I.
Kallay, Dr. Adolf, Karlsbader Brunnen-
arzt, früher vielfach litterarisch, auch belle-
tristisch, thätig. t Wien (?) 11. X.
Kameke, Otto von, Professor, Landschafts-
maler in Berlin, ord. Mitglied der Aka-
demie der Künste, f 8. VI., 73 J.
KapiF- Essenther, Franziska, geb. E.,
wiederverehelichte Blumenreich, Roman-
schriftstellerin. Zuerst Vorsteherin einer
Privat-Mädchenschule in Wien, hier 80
mit dem Musikschriftsteller Otto von K.
vermählt, nach wenigen Jahren wieder ge-
schieden, ging dann nach Berlin, wo sie
sich mit dem Schriftsteller Paul B. ver-
mählte. 68 erschien ihr erster Roman
»Frauenehre«, dann »Wiener Sittenbilder«,
»Moderne Helden«, »Ziel und Ende«,
»Mein Wien«, »Stürme im Hafen«, u. a.
Bei der von der »Wiener AUg. Zeitung«
86 ausgeschriebenen Feuilletonconcurrenz
erhielt sie für die Erzählung »Der Ab-
grund« den ersten Preis. * Schloss W^ald-
stein bei Leitomischl (Böhmen) 2. IV. 49;
t Berlin 28. X. Nekrolog S. 280.
Karcher, Karl, Commerzienrath, Mitbe-
gründer der Bank Böcking, Karcher u. Co.
in Kaiserslautern und zahlreicher indu-
strieller Unternehmungen in der Pfalz, f
Kaiserslautern 7. — 8. IX., 58 J.
Kauila, Albert von, württemb. Geh. Hof-
rath, Director der württemb. Hofbank,
grossbritannischer Consul. f Stuttgart
27. III.
Kaupert, Dr. Johann August. Nekrolog
S. 236.
Keller, Gerard, Chefredacteur des Amhcm-
schen Courant, Dichter und Schriftsteller
(Romane, Novellen, Reiseschilderungen),
f Arnhem I., 69 J.
Kerckhoff, Schriftsteller in Berlin, früher
Mitglied des littcrarischen Bureaus, f 2.
IV.
Kessinger, Emil von, kgl. sächs. Obcr-
regierungsrath, früher Amtshauptmann in
Dippoldiswalde. f Dresden 7. XI.
Kettner, Friedrich, Schriftsteller, elsässi-
scher Dialectdichter. f Oran (Algier) I.,
55 J-
Khuen-Belasi, Johann Baptist Reichsgraf
von, Freiherr von Neu-Lembach und
Gandegg, Herr und Landmann in Tirol.
t Belasi (Südtirol) 5. L
Kielmannsegg, Karl Ernst August
Friedrich Graf von, Erbherr auf Seester-
mUhle und Kleinkolmar (Holstein). * 24.
XI. 16; t Dresden 30. IV.
Kiepert, Dr. Heinrich. Nekrolog S. 322.
Kirchberg, siehe Fugger.
Kirchgässer, Dr., Geb. Medicinalrath, Mit-
glied des MedicinalcoUegiums der Rhein-
provinz, Arzt in Coblenz. f das. i. V.
Kirchhoff, Theodor. Nekrolog S. 237.
Kirchner, C. Emil, Generalleutnant z. D.,
94-97 Commandant der kgl. sächs. i.
Cavallerie-Brigade, Inspector der Militär-
Reitanstalt. * Quesitz bei Markranstädt
45 ; f Radebeul bei Dresden 24. — 25. III.
Kirn, Dr. Ludwig, ausserord. Professor
der Irrenheilkunde in Freiburg i. B., seit
Monaten verschollen, am 27. IX. bei
Andermatt ertrunken aufgefunden.
Klatte, Alfred, Schriftsteller, Redacteurder
»Strassburger Post« seit deren Gründung
(81). • Bonn 26. IV. 46 ; f Strassburg IV.
Kleemann, Dr., Astronom und Meteorologe
in Elalle a. S. f das. II.
Klein, Franz, Ministerialrath, Central-Ge-
werbeinspector im österr. Handelsministe-
153*
Todtenliste 1899:
154-
rium, Mitglied des Versicberungsbeirathes
im Ministerium des Innern und des Ge>
werbeförderungsbeiratbcs, dipl. Ingenieur.
* Mährisch-Weisskirchen lo. II. 52; f
Gleichenberg i. IX.
Klein, Dr. Josef, ausserord. Professor der
klassischen Philologie an der Universität
Bonn, früher Director des dortigen Pro-
vinzialmuseums. * 8. IV. 38; f Bonn 2.
VII. (?)
Kleinfeller, Adolf, bayer. Oberstudienrath,
früher Mitglied des Obersten Schalrathes
in München, 68—94 Rector der dortigen
Industrieschule. Förderer des technischen
Unterrichts. * Kitzingen 22. IL 24; f
München 31. V.
Klemm, Heinrich Hermann, kgl. sächs.
Geh. Rath, Oberappell- und Oberlandes-
gerichtsrath a. D., 84— 93 Reichstagsab-
goordneter für Dresden rechts von der
Elbe (deutsch-conservativ), publicistisch
und fachwissenschaftlich thätig. -f* Dres-
den 16. V. Nekrolog S. 281.
Kliment, Marie von, (Pseud. Marie
Solina), Schriftstellerin (Novellen), f
Marburg (Steiermark) 13. VI.
Knab, Franz Josef, Nekrolog S. 244.
Knecht, Christian Friedrich, Presbyter
der evangelischen Gemeinde A. C in Wien.
f das. 2. XII., 95 J.
Kneifel, Em er ich, Volkssänger in Wien,
bis 74 Mitglied der Capelle des 32. In-
fanterie-Rgts., vorher (seit seinem 16. J.)
des 8. Infanterie-Rgts., dann auf ver-
schiedenen Wiener Bühnen. 97 feierte
er sein fUnfundzwanzigjähriges Volks-
sängerjubiläum, t Wien 16. VI.
Kneisel, Rudolf. Theaterdichter (»Die
Lieder des Musikanten«, »Die Tochter
ßelials«, »Papageno«, u. a., im Ganzen
über 50 Stücke), früher Director einer
wandernden Schauspielertruppe. • Königs-
berg 8. V. 32; f Pankow bei Berlin 17.
IX. Nekrolog S. 27$,
Knobloch, Oskar von, preuss. General-
major z. D., bis 81 Commandant der 12.
Infanterie-Brigade. + 23. L, 77 J.
KnÖzinger, Ignatia, Oberin der englischen
Fräulein in Traunstein, Besitzerin der
silb. Medaille des Verdienstordens der
bayer. Krone, f ' ^'^I-» 77 J«
Knoll, Konrad Ritter von. Nekrolog S. 108.
Knorr, Dr. med. Angel o, Docent an der
tbierärztlichen Hochschule in München,
arbeitete früher mit Koch und 'Behring
auf dem Gebiete der Serumtherapie, ver-
öffentlichte Untersuchungen über Di-
phtherie und Tetanusserum, begleitete
Behring nach Halle und Marburg, wo er
sich als Privatdocent habilitirte, arbeitete
in B.'s Auftrage in den Farbwerken zu
Höchst, wo er sich mit der Einrichtung
der Station zur fabriksmassigen Herstellung
von Heilserum beschäftigte, ging 97 nach
München und arbeitete zunächst am Hy-
gienischen Institute des Prof. Buchner,
bis er IX. 98 als Docent für Hygiene an
die thierärztliche Hochschule berufen
wurde. Bei der Züchtung von Rotzbacillen
(malleus) zog er sich eine Infection zu,
der er erlag. • Niederpöcking 17. VII.
64; t München 22. IL
Knuth, Dr. Paul, Nekrolog S. 250.
Kobelt, Karl Ulrich. Nekrolog S. 125.
Koberstein, Karl. Nekrolog S. 238.
Koch, Georg, Nekrolog S. 171.
Kochann, Friedrich Franz, Amtsge-
richtsrath a. D. in Berlin, 72 — 93 Land-
tagäabgeordneter für Adenau-Ahrweiler,
74 — 93 Reichstagsabgeordneter für Mayen-
Ahrweiler (Centrum), in der Zeit des
Culturkampfes viel hervorgetreten. • Ber-
lin 2. IIL 15; t das. 31. XII.
Kodolitsch, Theodor Edler von, k. u. k.
österr. Oberstlieutenant d. R., f i. VIL,
81 J.
Köckert, Johann, Oekonomierath, Mitglied
des Landesculturrathes, durch mehr als
25 Jahre Landtagsabgeordneter des sächs.
22. ländlichen Wahlkreises (conservativ).
t Bad Wildungen 14. VIL
Kögel, Dr. Rudolf, ord. Professor für
deutsche Sprache und Litteratur an der
Universität Basel, beschäftigte sich nament-
lich mit Grammatik und Sprachgeschichte,
älterer deutscher Literaturgeschichte und
mit den Dichtungen des jungen Goethe.
Sein Hauptwerk: »Geschichte der deut-
schen Litteratur bis zum Ausgange des
Mittelalters«. • Leipzig 29. XL 55; f
Basel 5. IIL
Kögel, Josef, ehem. Bassist am Stadt-
theater in Hamburg, f i. I.
Köhler, Dr. med., Obermcdicinalrath, be-
deutender Psychiater, Fachschriftsteller,
früher Director der Anstalten zu Kolditz
und Hubertusburg, f Mügeln 8. IL
Köhler, Alexander, Verlagsbuchhändler
in Dresden. * Laubegast 44; f Dresden
26. IV.
Kölbing, Dr. Eugen, ord. Professor der
englischen Philologie an der Universität
Breslau, bedeutender romanischer und nor-
discher, aUfranzösischer und altenglischer
Sprachforscher, Herausgeber der Zeit-
schrift »Englische Studien«. * Herrnhut
21. IX. 46; f Herrenalb (Württemberg)
8. VlIL
Köll, Georg, Professor der deutschen
Sprache am Lyceum Henry IV. in Paris,
Er stammte aus Humbrechtshofen im El-
sass. f Paris L, 60 J.
155
«
Todtenliste 1899:
156*
König, Hugo. Nekrolog S. 112.
Koethen, Julius von, Generalmajor z. D.,
Ehrenbürger und bis 81 Commandant von
Torgau. f I2- VI., 83 J.
Koettschau, C, preuss. Oberstleutnant a.
D., Militärschriftsteller, 59 — 66 Lehrer an
der Artillerieschule zu Berlin, f Wies-
baden 7. VII.
Kolb, Dr. Georg. Nekrolog S. 227.
Kolbe, Maximilian, Geh. Oberßnanzrath,
Provinzialsteuerdirector a. D., + Berlin
29. 1.
KoUmer, Georg, Regierungsrath, (59—89)
Professor der Kalligraphie der Wiener
Handelsakademie i. F., Hauptcassier der
Stadterweiterungscasse; als Knabe im Re-
gimentserziehungshaus, 37 Unterofficier
und dann Lehrer am Rgts.-Erziehungs-
hause und an der Cadettenschule des
Regiments; nach 12 jähr. Dienstzeit Feld-
webel, dann Amtsdiener der Kreishaupt-
mannschaft in St. Polten. Das von K.
fUr Feldmarschall Hess ausgeführte Ehren-
bürgerdiplom der Stadt St. Polten machte
H. auf ihn aufmerksam : 50 erhielt er eine
Beamtenstelle im Ministerium des Innern;
am I. VII. 93, nach 57 jähr. Dienstzeit,
trat er in den Ruhestand. 71 gold. Ver-
dienstkreuz mit der Krone, 73 kais. Rath,
86 Regierungsrath. * in der Garnison
Mainz 28. I. 18; f Wien 17. II.
Komorowska, siehe Molenar.
Komorzynski, Ludwig von, Schriftsteller,
Redacteur des »Fremdenblattes«. * Wien
20. VIII. 44; f das. II. X.
Kopal, Alcxand er, k. u. k. Hauptmann,
Besitzer des Militär-Verdienstkreuzes, seit
50 i. R., Vetter des berühmten Oberst
Kopal. f Znaim i. V., 89 J.
Korb von Weidenheim, Elisabeth Baronin,
geb. Gräfin Deym, Wittwe des 81 f
Statthalters von Mähren und ehem. österr.
Handelsministers, f Prag 27. V., 59 J. .
Kraus, Eduard von, preuss. Generalmajor
z. D., bis 75 Commandant des Infanterie-
Rgts. No. III. f 3. V., 80 J.
Krause, Dr. Karl Gotthold, Gutsbesitzer
und Stadtrath in Berlin, früher Rechts-
anwalt in Dresden, Reichstagsabgeordneter
74—76 für Plauen und 90 — 93 für
Sangershausen-Eckardtsberga (freisinnige
Volkspartei). * Dresden 16. VIII. 37: f
Berlin 23. X.
Kreidely Karl, Wirkl. Geh. Oberregierungs-
rath a. D., bis 96 vortragender Rath im
Kriegsministerium, f 8« VI., 69 J.
Krell, Dr. Paul Friedrich, Professor an
der kgl. Kunstgewerbeschule in München,
Ritter des Michaelordens IV. Cl. und In-
haber der gold. Medaille für Kunst und
Wissenschaft, Kunsthistoriker und Schrift-
steller (»Geschichte des dorischen Stils«,
»Klassiker der Malerei«, »Die griechischen
Vasen«, »Die GefUsse der Keramik«,
»Keramische Vorbilder«); * Plieningen
bei Stuttgart 17. V. 42, (43?): f München
14. IIL
Krementz, Dr. Philipp, (seit 93) Cardinal,
(seit 85) Erzbischof von Cöln, früher
(67 — 85) Bischof von Ermeland. Auf dem
vatikanischen Concil 69 — 70 gehörte er
zur Opposition, trat aber V. 71 den in-
fallibilistischen Bischöfen bei. Auch
theologischer Schriftsteller. Nekrolog
S. 277.
Krenn, Alexander, em. Magistratsdirector
der Stadt Wien (91—96). * Höbelsbcrg
(Niederösterreich) 5. I. 32; + Weissenbach
bei Gloggnitz 2. VIIL
Kretschman» Hans von, preuss. General
der Inf. z. D., bis 90 Commandant der
13. Division, f 3°. III.) 66 J.
Kroner, Dr. Traugott, Privatdocent für
Frauenheilkunde an der Universität Bres-
lau, f das. X., 45 J.
Krüger, Friedrich, Wirkl. Geh. Admirali-
tätsrath a. D., 75 — 9a vortragender Rath
im Reichsmarineamt. f IX.
Krükl, Dr. Franz. Nekrolog S. 202.
Kruger, Dr. med. Ludwig, kgl. Bezirks-
arzt a. D. t Traunstein 18. IL, 63 J.
Krukenberg, Dr. Georg, Professor, Privat-
docent für Frauenheilkunde an der Uni-
versität Bonn. ♦16. XIL 56; f Bonn 4. XII.
Krumbiegel, Dr. Bernhard, em. Real-
schuldirector. + Dresden 6. XII.
Krummacher, Karl, Superintendent zu
Elberfeld, seit 63 Pfarrer der dort, evan-
gelischen Gemeinde, Präses des westdeut-
schen Bundes der Jünglings vereine, f
Elberfeld 30. X., 69 J.
Kügelgen, Adolf von, Geh. Oberregierungs-
rath, vortragender Rath im preuss. Mini-
sterium für öffentliche Arbeiten, Verfasser
des bekannten Werkes Ajugenderinncr-
ungen eines alten Mannes«. * Dresden
9- V. 35; t Rudolstadt 25. X.
Kühn, Dr. A. F. Karl. Nekrolog S. 128.
Kuenburg, Bertha Gräfin, geb. Gräfin
Rumerskirch, Gattin des Statthaltereirathes
Leopold Grafen K., seit 97 Stcrnkreuz-
ordcnsdame. f VVien 6. V., 38 J.
Kunik, Ernst Eduard, Dr. h. c. der Uni-
versität Kiew, Forscher auf dem Gebiete
russischer Sprache und Geschichte, ausser*
ord. Mitglied der Petersburger Akademie
der Wissenschaften. * Liegnitz 16; f
Petersburg 30. I.
Kuschel, Karl, Professor, em. Dircctor der
königl. Baugewerkschule in Dresden, vorher
Mathematiker und Bibliothekar am kgl.
Polytechnicum; f Dresden 14. VII.
I 57'
Todtenliste 1899:
158*
Kusserow, Ludwig von, preuss. General-
major z. D. , bis 89 Commandant des
Füsilier-Rgts. No. 86; f 25. X , 64 J.
Lämmerhirt, Otto, kgl. Gartenbaudircctor
a.D. und Stilidtrath in Dresden; Nekrolog
S. 275.
Lampuguani» Geh. Obcrjustizrath, Land-
gericbtspräsident in Görlitz; f 20. IV,
Landgrebe, Gustav Adolf, Bildhauer
(Sculpturen in der Nationalgalerie) in
Berlin: f VI., 61 J.
Lang, Dr. Franz Vincenz. Nekrolog
S. 52.
Lang, Hermann. Nekrolog S. 113.
Lange, Dr. Ernst Philipp Karl, (Pseud.
Philipp Galen). Nekrolog S. 215.
Lange, Dr. Max. Nekrolog S. 189.
Langebach, Ernst Otto, Dichter und
Jugendschriftsteller; f Dresden 28. VIIL
Langer, Karl, Landgerichtspräsident in
Gleiwitz ; f II.
Lasa, siehe Heydebrand.
Lazansky, Gräfin Walpurga, Tochter des
47 f Grafen Anton L. und Schwester des
83 t Geh. Rathes und ehem. Statthalterci-
Vicepräsidenten in Mähren Grafen Anton
L.; Stiftsdame; * 23. V. 20, f im Neu-
städter Damenstift zu Prag 4. III.
Ledderhose, Dr. Karl, 80— 87 Unterstaats-
secretär im Ministerium für die Reicbs-
lande, Curator der Kaiser Wilhelms-Uni-
versität; + Strassburg i. oder 2. I., 78. J.
Ledebur, Albrecht Friedrich August
Justus Freiherr von, kgl. preuss.
Kammerherr und Rittmeister a. D., Rechts-
ritter des Johanniterordens; ♦ Berlin 6. IX.
27, f Arenshorst bei Osnabrück XII.
Lehmann, Anton, Fabrikbesitzer in Berlin,
Vorsitzender des Binnenschiffahrtvereines
fUr die wirthschaftlichen Interessen des
Ostens: Hauptvertreter der Bestrebungen
für den Schiffahrtscanal Berlin - Stettin ;
t Bormio 24. VlII., 65 J.
Lehmann, Dr. Ludwig, Sanitätsrath,
Brunnen- und Badearzt in Oeynhausen,
bekannter Baineologe und Fachschrift-
steller; t Oeynhausen i. I., 74 J.
Leidenfrost, Dr. Theodor, grossh. hess.
Schulrath, Pädagoge; f Friedrichroda VI.
Leiningen, Karl Polycarpus Graf zu,
erbl. Mitglied der badischen ersten
Kammer, früher Attache der bayerischen
Gesandtschaft in Wien; * Niederwalluf
a. Rh. 18. I. 60, f Schloss Billigheim
(Baden) 22. I.
Leiningen, Marie Amalie Fürstin zu,
geb. Prinzessin von Baden, Gemahlin (seit
58) des Fürsten Ernst, Schwester des reg.
Grossherzogs von Baden; * Karlsruhe
20. XI. 34, f Schloss Waldleiningen
21, XI.
Leiningen-Neudenau , Maximilian Graf
zu; t Baden-Baden 20. I., 45 J.
Leitenberger, Friedrich Josef Freiherr
von, österr. Grossindustrieller, Mitglied
des Herrenhauses; * Wien 5. XI. 37,
t Josefsthal 25. ~ 26. X.
Leitner, Dr. G o t tl i e b W i 1 h e Im, Orientalist,
Lehrer an dem von ihm gegründeten
Oriental University Institute in Woking
(England), früher Professor am Kings
College in London, dann in Indien Vor-
steher der höhern Lehranstalt in Lasur,
Lehrer an der Pendschab-Universität zu
Delhi, gründete dort Bibliotheken und
Zeitungen und machte schlieslich eine
Forschungsreise durch Kaschmir und
Afghanistan; Herausgeber der »Asiatic
quaterly Review«, orientalischer Fach-
schriftsteller; * Budapest 14. X. 40, f Bonn
22. III.
Lentze, Dr. Wilhelm, Generalarzt a. D.
f 26. X., 64 J.
Leo, Dr., Syndicus des Hamburger Senates;
f Hamburg 24. III.
Leon, Moritz Reichsritter von, Herr und
Landstand in Kärnten, einst Besitzer der
Schlösser Trauttmansdorf und Fragsburg,
lebte seit einigen Jahren zurückgezogen
in Wien, wo er sich ausschliesslich mit
elektrotechnischen Untersuchungen be-
schäftigte; f das. 25. I.
Leonhard, Sigismund, Justizrath, früher
Rechtsanwalt, 79 — 82 Abgeordneter für
Grünberg-Freistadt (nationalliberal); f 29.
III.. 83 J.
Leschen, Christof Friedrich, Componist,
früher Beamter der ersten österr. Spar-
casse ; • Wien, f das. 4. V., 83 J.
Leth von Lethenau, Heinrich Ritter,
Abtheilungsvorstand der Anglo-österreichi-
schen Bank; f Wien 7. X., 55 J.
Leu, Max. Nekrolog S. 84.
Levetzow, Ulrike, Freifräulein von. Ne-
krolog S. 273.
Levetzow, siehe Bassewitz.
Lex, Friedrich, Geh. Oberbaurath, vor-
tragender Rath im Ministerium der öffent-
lichen Arbeiten, seit 67 ununterbrochen
in der Staatseisenbahnverwaltung thätig ;
* Meschede 33, + Westend bei Charlotten-
burg 27.-28. 1.
Lieh, siehe Solms.
Lichtenberger, Friedrich August, ehem.
Professor in Strassburg, Ehrendecan der
Pariser protest-thcol. Facultät. f 7. I,
99, 66 J.
Liebenstein, siehe Zedtwitz.
Lieberkühn, Walter, Geh. Justizrath,
Mitglied des General-Auditoriats. + 2. XII.
Liebhardt, Louise, ehem. Primadonna des
Conventgarden- Theaters und der kgl.
159*
Todtenliste 1899:
i6o*
Oper in LoDdODi eine Zeit lang Mitglied
der Wiener Oper. • Oedenburg (Ungarn)
28; t London 21. (24.?) II.
Liechtenstein, Karl Rudolf Fürst von
und zu, k. u. k. Kämmerer, Oberstlieutenant
a. D., Ritter des Malteserordens, erbl.
Mitglied des österr. Herrenhauses, 48—49
am Feldzug in Italien betheiligt, 2. VII.
49 in der Schlacht bei Komorn ver-
wundet, später kurze Zeit FlUgeladjutant
des Kaisers. * Grosswardein 19. IV. 27;
t Wien 16. I.
Limpurg, siehe Bentinck.
Lindeiner, Maximilian von, genannt von
Wild au, preuss. Generalleutnant z. D.,
bis 90 Commandant der 56. Infanterie-
Brigade, t 7' IX» 69 J-
Link, Dr. Adolf, ausserord. Professor der
dogmatischen Theologie an der Universi-
tät Königsberg. * Coblenz 20. IV. 60;
t Königsberg 24. VII.
Linsingen von, 59 — 67 Berghauptmann von
Klausthal und Mitglied der zweiten hanno-
veranischen Ständekammer. * Gestorf 3.
VIII. 03; t Göttingen XII.
Lippe-Biesterfeld- Weissenfeid, Dr. Armi-
nius, Graf und Edler Herr zur, Herr auf
Ober-Schönfeld bei Bunzlau, Rechtsritter
des Johanniterordens, 72 — 79 Professor
der Landwirthschaft an der Universität
Rostock und Director des landwirthschaft-
lichen Instituts daselbst, Fachschriftsteller.
* Oberlössnitz bei Dresden 15. X. 25; f
Obcrschönfeld 21. IV.
Lobkowitz, Leopoldine Prinzessin von,
geb. Prinzessin von Liechtenstein, Wittwe
des 82 t Prinzen Ludwig L. * 4. XI. 15;
f Schloss Frischau IX.
LoS, Friedrich Leopold Graf von,
Präsident des rheinischen Bauernbundes,
Fideicommissionsherr, 92 — 93 Reichstags-
abgeordneter für Cleve-Geldern (Centrum),
Ehrenritter des Malteserordens, Ritter des
bayer. St. Georgs-Ordens, preuss. Ober-
leutnant d. Res. * 28. V. 61; f Bozen
14. IV.
Löber, Oskar, Schauspieler, früher am
Adolf- Ernst -Theater, dann am Theater
des Westens und am Berliner Theater,
t 8. X.
Löbker, Dr. Gerhard, Professor, Historiker,
früher Gymnasialoberlehrer am Gymnasium
zu Münster, besonders verdient wegen
seiner Forschungen auf dem Gebiete west-
phälischer Landeskunde, f Münster 19.
X., 89 J.
Löwe, Dr. Julius, k. k. Landesgerichtsrath.
t Wien 22. III.
Loewe, Max, Schauspieler am Thaliatheater
in Berlin, früher am Lobethealer in Bres-
lau, t Berlin 10. XII., 44 J.
Löwenstein- Wertheim-Freudenberg, Lud-
wig Karl Prinz zu, schloss sich den
amerikanischen Truppen auf den Philip-
pinen an, Ehrenadjudant des Generals
Miller; * Kreuzwertheim 19. VII. 64; f
in den Kämpfen vor Manila 26. oder 27.
III.
Löwenstein - Wertiielm - Rosenberg, So-
phie Maria Gabriele Pia Prinzessin.
Nekrolog S. 237.
Lommel, Dr. Eugen von, Nekrolog S.
94.
Loose, Hermann, ein durch seine Intarsia-
Arbeiten bekannter Künstler, f Hamburg
26. VI.
Lorbach, Max, MUnchener Buchhändler,
t das. V. (?)
Lorbacher, Dr. Arnold, seit 77 Leiter der
homöopathischen Poliklinik in Leipzig,
78—89 Redacteur der »Allg. homöopath.
Zeitung«, 77 — 95 Vorsitzender des deut-
schen homöopathischen Centralvereins.
• Sömmerda 26. VIII. 18; + Leipzig 10.
V.
Lorinser, Gisela, Componistin, Klavier-
lehrerin, Schülerin Ignaz Brülls. f Wien
I. II., 42 J.
Lucas, Eduard, Mitinhaber der Verlags-
buchhandlung Samuel in Elberfeld, Mit-
eigenthümer der »Elberfelder Zeitung« dra-
matischer Schriftsteller, f Elberfeld 11.
VII.. 44 J.
Lucas, Theodor, Rentner, 62 — 67 Abge-
ordneter für Sieg-Mühlheim-Wipperfürth
(Fortschrittspartei), f !•» 77 J»
Lühmann, Dr. Friedrich von, Gymnasial-
professor a. D., mathematischer Schrift-
steller, t Stralsund III.
LUneschloss, Friedrich von, kgl. bayer.
Kammerjunker, Generalmajor a. D., Com-
thur, Ritter des Militär-Max-Joseph-Ordens,
70 — 71 bei Orleans am rechten Arm ver-
wundet, 79 als Oberst verabschiedet, zu-
letzt Commandant des Lagers Lechfeld.
^ Augsburg II. XII. 22; f München 20.
II.
Lüttichau, Maximilian Graf von, kgl.
preuss. Kammerherr und Schlosshaupt-
mann von Friedrichskron (Neues Palais
in Potsdam), Major z. D. * 9. V. 38;
t Niesky (Schlesien) 23. XII.
Lützel, Johann Heinrich. Nekrolog S.
180.
Lützow zu drei Lützow und Seedorf,
Clementine Gräfin, geb. Kollonitz von
Kollegrad, Sternkreuzordensdame, seit 76
Wittwe des Grafen Victor L. f Neucn-
ahr (Rheinprovinz) 22. I., 56 J.
Luggin, Dr. Hans, Privatdocent an der
technischen Hochschule in Karlsruhe, t
5. XII.
i6i*
Todtenliste 1899:
162*
Lukes, Joliann, Regierungsrat h, Heraus-
geber und Chefredacteur von Danzers (s.
d.) »Armeezeitung«; als Officier in der
Krivoscie schwer verwundet, wendete er
sich der Schriftstellerei zu, 71—73 Re-
dacteur der »Politik«, 75—79 Special-
und Kriegsberichterstatter im Orient, 78
organisirte er die Regierungsdruckerei in
Sarajevo, die er bis 79 leitete, gab mit
Heinrich Renner eine Zeitlang die »Bos-
nische Correspondenz« heraus, kam dann
nach Wien als Redacteur der »Presse«,
der »Tribüne« und der »Wiener Allg.
Zeitung« und ging schliesslich nach Prag
als Chefredacteur der amtlichen »Prager
Zeitung«. Nach Danzers Tode führte er
die Armee-Ztg. weiter. Anlässlich der Er-
richtung des Maria Theresia-Denkmals
wurde er beauftragt, die Geschichte des
militärischen Maria Theresien-Ordens von
1850- 1890 zu schreiben; 91 erhielt er
hierfür den Orden der Eisernen Krone
3. Cl. ; Ritter des Franz Josephs-Ordens,
Besitzer der Militärverdienstmedaille, der
Kriegsmedaille. ♦ Prag 18. XII. 41 ; f
Wien 24. XII.
Lupitz, siehe Schultz.
Lurz, Albert Freiherr von, bayer. General-
major z. D., bis 86 Commandant des
Feldartillerie -Rgts. No. 3. f 20. V.,
68 J.
Luxburg, Heinrich Graf von, kais. deut-
scher Legationsrath und em. Minister-
resident bei der Republik Haiti und bei
der dominikanischen Republik, kgl. preuss.
Leutnant a. D., Ehrenritter des Johanniter-
Ordens. * München 28. I. 55; f Mainz
29. III.
Luz, Karl von, (82 — 96) Regierungspräsi-
dent a. D. (Vorstand der Kreisregierung
des Schwarzwaldkreises in Reutlingen),
seit 80 Abgeordneter des Bezirkes Nagold,
seit 89 Mitglied des weiteren ständischen
Ausschusses, t Stuttgart 6. XI., 75 J.
Mäder, Dr. Robert, General-Oberarzt der
10. Division in Posen, Vorsitzender des
Vereins Posener Aerzte, bis vor kurzem
auch Vorsitzender der Aerztekammer der
Provinz Posen. * Schwiebus 9. XII. 39;
f Posen 24. VIII.
Magyar, siehe Robert.
Major, Dr. med. J., erster Chirurg am
Genfer Cantonsspital, 56—60 Professor
der Anatomie an der Akademie und
Honorarprofessor an der Universität Genf,
t das. V., 81 J.
Mi^unke, Dr. Paul, Nekrolog S. 258.
Malortie, Karl Freiherr von, Sohn des
ehem. hannoveranischen Ministers M.,
einst Begleiter des Kaisers Maximilian in
Mexiko, nach dessen Tode er nach Europa
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
zurückkehrte; in den letzten Jahren in
Aegypten Correspondent für englische
Blätter, auch sonst litterarisch thätig. f
Kairo 13. V., 61 J.
Maltzahn, Hans Ludwig Freiherr von,
Rittergutsbesitzer und Landschaftsrath auf
Vanselow bei Demmin, 88—93 Reichs-
tagsabgeordneter für Anklam - Demmin
(conservativ). * Vanselow 9. III. 37; f
das. 13. I.
Mangoldt, Georg von, kgl. sächs. General-
major z. D., bis 93 Commandant des
Infanterie-Rgts. No. 133. * Zwickau 40;
t Dresden 3. VIII.
Mann Edler von Tiechler, Friedrich
Ritter von, bayer. Oberst a. D., 59 tech-
nischer Director der Gewehrfabrik in
Amberg, 63 Referent der Zeughausdirec-
tion in München, 67 zur GeschUtzgiesserei
in Ingolstadt, dann Director des Artillerie-
depdts in München; Ritter I. CI. des
Verdienstordens vom heil. Michael, In-
haber der Kriegsdenkmünze 1870--71 von
Stahl und des Dienstauszeichnungskreuzes
I. Cl. ♦ Passau 5. II. 1$; f München
12. VII.
Mannheimer, Moses, em. Prediger, Schrift-
steller, f Darmstadt V,, 90 J.
Mansfeld, Wilhelm, braunschw. Ober-
landesgerichtspräsident a. D., bedeutender
juristischer Schriftsteller (Commentare
zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz).
* Wolfenbüttel 7. V. 31; f Braunschweig
25. VIII.
Marcinowski, Friedrich, Geh. Oberflnanz-
ratb, vortragender Rath im preuss. Finanz-
ministerium, Vorsitzender der General-
Lotterie-Diredlion, auch schriftstellerisch
thätig. • Lyck (Ostpreussen) 11. XI. 34;
t Berlin 22. IV.
Marconnay, siehe Beaulieu.
Marquardt, G. von, grossh. hess.* Geh.
Rath, Provinzialdirector der Provinz
Starkenburg, f Darmstadt 24. X., 73 J.
Martersteig, Friedrich Wilhelm, Pro-
fessor, Historienmaler, seit 48 Mitglied
der Berliner Akademie der Künste (Haupt-
werke: Bilder aus dem 30jährigen Krieg,
aus der Schweizer Geschichte, aus Luthers
Leben, Verurtheilung Hus', die Ankunft
der heil. Elisabeth, Bilder aus »Hermann
und Dorothea«, Thomas Münzers letzter
Gang, Savonarola-Bilder u. a.). * Wei-
mar II. III. 14; f das. 6. IX.
Martin, Dr. Richard, Realschuldirector in
Sonneburg, Schriftsteller, f Jena 4. IX., 53 J.
Marx, Heinrich Robert., Commerzien-
rath, Gründer der mechanischen Weberei
in Seif hennersdorf. * Stremmen bei Pots-
dam 2. V. 16; f Seif hennersdorf 28.
VIIL
163.
Todtenliste 1899:
164'
Marxow, siehe Fleischl.
Maschka, Dr. Josef Ritter von, Hofrath,
ehem. Professor der gerichtlichen Medicin
an der deutschen Universität Prag, als
Gerichtsarzt Autorität , Fachschriftsteller
('> Sammlung gerichtsärztlicher Gutachten«
73, »Handbuch der gerichtlichen Medicin«
82). * Prag 3. III. 20; t das. 5. II.
Massow, Wilhelm von, General der In-
fanterie z. D., 82 — 83 Gouverneur von
Ulm, 83 - 84 von Strassburg, Ritter des
Ordens pour le mcrite. f Naumburg 22.
IL. 84 (86?) J.
Mattfeld, Steinbruchbesitzer, Abgeordneter
für Lindau (national-liberal), f 30. VI.
Matthiessen, Max von, preuss. General-
major z. D., bis 89 Commandant der 1.
Infanterie-Brigade, f 18. IX., 67 J.
Maurer Ritter von Mörtelau, Alois, k.
u. k. Feldmarschall-Lieutenant i. R., ehem.
Commandant des Militär-Invalidenhauses
in Wien, f das. 27. II.
May, Dr. Andreas. Nekrolog S. 118.
Mayer, Max von, Generalleutnant z. D.,
bis 99 Commandant von Metz, f i. XL,
59 J.
Mayer, Wilhelm Hartmann, Landrath
a. D., 66 — 76 Abgeordneter, zuerst für
Biedenkopf, dann für Marburg (conser-
vativ). t '• Im 77 ]'
Mayer, Em iL Nekrolog S. 238.
Mayrhofer, Dr. Hermann, preuss. Sanitäts-
rath, durch 26 Jahre Badearzt in Römer-
bad, 21 Jahre lang in der Wintersaison
Curarzt in Gries. f Wien (?) 11. IV.
Mebes, Hermann, WirkL Geh. Rath, bis
VII. 99 Präsident der Generaldirection
der Reichseisenbahnen inElsass-Lothringen.
t Strassburg ii. IX., 69 J.
Meckel, Arthur, Commerzienrath, Chef der
Seidenfirnia M. und Co. in Elberfeld. f
das. 18. XL
Meerscheidt-HüUessem, Hermann Frei-
herr von, preuss. Generalleutnant z. D.,
bis 87 Commandant der 61. Infanterie-
Brigade. * Potsdam 17. VIII. 30 : f
Kassel 5. (3?) XII.
Meier, Eduard, Generaldirector der Frie-
denshUtte in Morgenroth (Oherschlesien).
Vorstand der oberschlesischen Eisenbahn-
bedarfsartikel - Actiengesellschaft , Vor-
sitzender des Vereins »Eisenhütte«, f
Morgenroth 8. L, 65 J.
Melchthal, siehe Ehrne.
Melena, siehe Schwartz.
Merbach, Dr. Paul Moritz, Geh. Medi-
cinalrath, Professor, ehem. Docent an der
medicinisch - chirurgischen Akademie in
Dresden, Mitglied des sächsischen Landes-
Medicinalcollegiums; f Dresden 10. XII.
Nekrolog S. 280.
Merck, Wilhelm, Geh. Commerzienrath,
Mitinhaber der weltberühmten chemischen
Fabrik Emanuel Merck in Darmstadt; f
das. 12. I.
Mergenthaler, Ottmar, Nekrolog S. 259.
Merta, Emanuel, österr. Feldzeugmeister
a. D., Geh. Rath, Inhaber des 94. Infanterie-
Rgts., Commandant des IX. Armeecorps;
f Worochta bei Nadworna 30. VIIL, 63 J.
Merveldt, Gräfin, Stiftsdame; + Ober-Mais
21. XIL
Messow, Friedrich, preuss. Generalmajor
z. D., bis 91 Commandant der 65. Infanterie-
Brigade; t 2» I^M 64 J.
Mevissen, Dr. Gustav von, Nekrolog S.
209.
Meyer, Albert Philipp, ehem. Chef des
Handelshauses Hermann Gerson, bekannt
durch die von ihm begrtlndeten Wohl-
fahrtseinrichtungen : f 5. XIL, 66 J.
Meyer, Dr. Clemens Friedrich (Pseud.
Meyer von Waldeck), Nekrolog S, 218,
Meyer, Georg (Pseud. Georg Bendler),
Schriftsteller (Novellen) in Berlin ; Nekro-
log S. 276.
Meyer, RudolfHermann, volkswirtschaft-
licher und socialpolitischer Schriftsteller
in Dessau, arbeitete mit Gehlsen an der
»Reichsglocke«; 77 wegen seiner Broschüre
»Politische Gründe und die Corruption in
Deutschland«, welche Beleidigungen gegen
Bismarck enthielt, verurtheilt, flüchtete er
nach Europa, wanderte dann nach Canada
aus, wo er als Farmer lebte, kehrte aber
dann wieder nach Europa zurück. Seine
bedeutendsten Schriften: »Der Emancipa-
tionskampf des vierten Standes«, »Die
deutschen Banken«, »Ursachen der ameri-
kanischen Concurrenz«; * in der Provinz
Brandenburg 10. XII. 39, f Dessau 10. I.
Miaskowski, Dr. phil. et jur. August von,
Geh. Hofrath, 91 — 97 ord. Professor der
Nationalökonomie an d. Universität Leipzig,
74—81 ord. Professor in Basel, dann bis
89 in Breslau, bis 91 in Wien; * Pernau
(Livland) 26. I. 38, f Leipzig 22. XL
Mies, Dr. med. Josef, bedeutender Anatom
und Anthropologe; f Cöln 9. VI., 39 J.
Milde, Hans Fedor von, grossh. sächs.
Kammersänger und Ehrenmitglied (48 — 84
Mitglied) des Hoftheaters in Weimar; •
Petronell 13. IV. 21, f Weimar 10. XIL
Miller, Anton, kgl. Gymnasialrector ; f
Würzburg 28. IX.
Miller zu Aichholz, August Ritter von,
Directionsmitglied der Gesellschaft der
Musikfreunde, Besitzer einer grossen Ge-
mäldegalerie, Gesellschafter der Firma J.
M. Miller u. Co. ; f Wien 24. XIL, 70 J.
Miller, Dr. Wilhelm von, Nekrolog S. 115.
Millöcker, Karl, Nekrolog S. 154.
i65
Todtenliste 1899:
l66*
Mittelstadt, Dr. Otto, Nekrolog S. 152.
Mitterer, Franz Xaver, Nekrolog S. 267.
Modes, Philipp, Baurath und Eisenbabn-
director a. D., bereits Ende der 40 er Jahre
beim Bau der Elsterthalbrücke thätig, zu-
letzt Director der Bockwaer Eisenbahn-
gesellschaft; f Dresden 24. IL, 84 J.
Mönnichs, Dr. Gustav, Nekrolog S. 333.
Moeser, Wilhelm, kgl. Hofbuchdrucker
und Hofbuchhändler in Berlin, Kunst-
freund und Sammler: ♦ Berlin 6. VIII. 45,
f das. 12. IX.
Molenar, geb. Herger, früher Schauspielerin
unter dem Namen Komorowska; f IX.
Morf, Dr. Heinrich, Nekrolog S. 45.
Moser, Dr. Karl, Bahnarzt: f Freilassing
19. (?) I., 48 J.
Moser, Otto, Nekrolog S. 220.
Muck, Friedrich Ritter von, Nekrolog
S. 235.
Müller, Dr. Friedrich Sigmund, Justiz-
rath, Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., seit
Anfang der 40er Jahre politisch thätig,
57 — 66 Erster Präsident der Gesetzgeben-
den Versammlung der Freien Reichsstadt
Frankfurt, 59 Mitbegründer des National-
vereins, seit 60 Präsident des Schützen-
vereins, 62 Festpräsident des Ersten deut-
schen Schützenfestes; * Wetzlar 26. XI.
10, t Frankfurt a. M. 15. Vlll.
Müller, Hermann, Schauspieler, vorzüg-
licher Charakterdarsteller am Deutschen
Theater in Berlin, an das Wiener Hof-
burgtheater berufen ; * Hannover 3. II. 60,
t Berlin 14. III.
Müller, Dr. jur. Hugo. Wirkl. Geh. Rath,
bis 92 Präsident des Landtages von
Sachsen-Weimar, früher Geh. Staatsrath in
herzogl. sachsen-altenburgischen Diensten ;
t Dresden 13. IL, 81 J.
Müller, Johann Andreas, ehem. Rech-
nungsrath im preuss. Kriegsministerium,
Jugendgenosse Bismarcks; * Schönhausen
25. II. 10, f Weisser Hirsch (Luftcurort bei
Dresden) 13. II.
Müller, Julius Ferdinand, kgl. Landge-
richtspräsident a.D., Ritter des St. Michael-
ordens I. Cl.; t Kaiserslautern 17. III.
Müller, Dr. Karl August, gen. von Halle,
Professor, Naturforscher, bedeutender Moos-
kenner, botan. Schriftsteller (»Buch der
Pflanzenwelt«), mit Dr. Otto Uhle Begrün-
der (52) der Zeitschrift »Die Natur«, die
er mit Uhle bis 76, dann bis 96 allein
herausgab: * Altstedt 16. XII. 18, f Halle
a. S. 9. IL
Müller, Dr. Max, Professor für Metallurgie,
Zuckerfabrikation und analytische Chemie
an der Technischen Hochschule zu Braun-
schweig, Fachschriftsteller; * Braunschweig
4. HL 52, t das. 3. I.
Müller, Moriz, Nekrolog S. 140.
Müller, Vincenz, österr. Feldmarschall-
Lieutenant, Ritter des Ordens der Eisernen
Krone 2. Q., des toscanischen Militär-
Verdienstordens I. Cl., des russischen
Annen -Ordens 2. CL, des preussischen
Rothen Adler-Ordens 2. CL, Commandeur
des bayerischen St. Michael-Ordens und
des hannoveranischen Guelphen-Ordens :
49 kurze Zeit Flügeladjutant des Kaisers,
seit 67 im Ruhestand, 68 FMLt.-Charakter
ad bonores; * Wien 6. VIL zi, f das.
13. I".
Münster, Marie Gräfin zu, Tochter des
Fürsten Georg M. von Derneburg, des
deutschen Botschafters; * i. VII. 48, f
Paris 20. X.
Mützschefahl, Arthur von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 79 Commandant der
13. Infanterie-Brigade; f 20. VI , 80 J.
Munziger, Eduard, Nekrolog S. 51.
Nägel! siehe Wirz.
Nägelsbach, Hans, Gymnasialprofessor: *
Nürnberg 3. III. 38, f Erlangen 4. IV.
Nagel zu Aichberg, Ludwig von, Nekro-
log S. 140.
Nasse, Dr. Rudolf, Geh. Oberbergrath
und vortragender Rath im preuss. Handels-
ministerium, Schriftsteller (geologische,
bergtechnische u. wirtschaftliche Arbeiten);
• Marburg i. VIL 37, f Berlin 2. XIL
Nast, Johann Wilhelm, Nekrolog S. 80.
Nathusius, Wilhelm Engelhard von,
Geh. Regierungsrath, Rittergutsbesitzer,
langj. erster Director des landwirtschaft-
lichen Centralvereins für die Provinz
Sachsen, Anhalt und die thüringischen
Staaten bis zur Gründung der Landwirt-
schaftskammer; f Halle a. S. 25. XIL,
78 J.
Natzmer, Oldwig von, Generalleutnant z.
D., 93 — 98 Commandant von Berlin, dann
kurze Zeit Commandant der 5. Division:
f Charlottcnburg 29. III., 56 J.
Neefe von Obischau, Karl von. Wirk!.
Geh. Oberregierungsrath, 79-81 Regie-
rungspräsident in Coblenz, 81-89 ^^
Potsd m; f Berlin 20. XIL, 79 J.
Nehry, Dr. Hans, Schriftsteller; f Halle
a. S. IL
Neudenau siehe Leiningen.
Neumann, von, Legationsrath a. D., Ritter-
gutsb sitzer aufGerbstädt (Bez. Merseburg),
Mitglied des preuss. Herrenhauses: f XIL
Neumann, Wilhelm von, Legationsrath a.
D., seit 72 lebenslängL Mitglied des
preuss. Herrenhauses; f 12. XIL, 76 J.
Neumayer, Georg Josef Ritter von. Geh.
Hofrath, Rechtsanwalt, früher Bürgermeister
von Kaiserslautem, 87 — 93 Vorstand des
Verwaltungsrathes der pfälzischen Eisen-
f*
i6f
Todtenliste 1899:
168*
bahnen,. Mitglied des bayerischen Land-
tages, eine Zeit lang auch dessen Vice-
Präsident (national-liberal) ; f Kaiserslautern
30. X., 74 J.
Neuper, August Ritter von, bayer. Ober-
landesgerichts-Senatspräsident a. D., 83
Generalsecretär im bayer. Justizministerium,
Inhaber des Ritterkreuzes des Verdienst-
ordens der bayer. Krone und des Ver-
dienstordens vom heil. Michael 2. Cl.
* 2. VII. 22; t 26. XI.
Neustätter, Louis. Nekrolog S. 113.
Neuwirth, Victor Ritter von, k. u. k.
Generalmajor, Inhaber des Militär- Ver-
dienstkreuzes, f Schloss Jetrichovic
(Böhmen) 18. VIII., 61 J.
Nickmann, Hans, Schauspieler am Volks-
theater in München, früher in Wttrzburg.
t 30. IV.
Niehr, Gus tav, Hofmusikdirector in Dessau,
Liedercomponist« + Dessau VII., 32 J.
Nölting, £., Hamburger Kaufmann, General-
consul der Republik HaYti in Hamburg.
f das. 19. IV.
Nötel, Dr. Friedrich, Sanitfitsrath, Dircc-
tor der Irrenanstalt in Andernach, f 1.
XL, 60 J.
NoUet, Paul, Schauspieler am Berliner
Theater, vordem am Deutschen Theater
in Berlin, f 14. IL, 43 J.
Nordendorfy siehe Sauer.
Nothnagel, August, Nekrolog S. 172.
Nowak, August Ritter von, Bibliothekar
der Technischen Hochschule in Wien,
74— 82 Beamter der Wiener Universitäts-
bibliothek. 82 Scriptor der Bibliothek der
Technik, 88 Gustos, 97 Leiter derselben:
f das. 23. V., 51 J.
Nunnenmacher Ritter von Rollfeld, Lud-
wig, Regierungsrath,Generaldirectionsrath
der österr. Staatsbahnen, Director der
berufsgenossenschaftlichen Unfallversiche-
rungsanstalt der österr. Eisenbahnen: f
Wien 12. VIL, 66 J.
Obermayer, Dr. Leopold, Justizrath, kgl.
Advocat und Rechtsanwalt in Nürnberg:
t das. 5. VIIL, 79 J.
Ockert, Karl. Nekrolog S. 128.
Oenicke, Clara Wilhclmine, bekannte
Historien- und Portraitmalerin in Berlin:
Nekrolog S. 276.
Oesterreich, Ernst Karl Felix Maria
Rainer Gottfried Cyriak Erzherzog
von, General der Cavallerie, Oberstinhaber
des Infanterie-Rgls. No. 48, Curator der
kais. Akademie der Wissenschaften, 66 —
67 commandirender General in Graz, 48
besiegle er die Gariba Wischen FreischSr-
1er: ♦ Mailand 8. VIIL 24: f Arco 4. IV.
Oesterreich, Maria Immaculata Clc-
mentine Erzherzogin von, geb. Prinzessin
von Bourbon-Sicilien, Tochter weiland
König Ferdinands IL von Sicilien, Ge-
mahlin (19. IX. 61) des Erzherzogs Karl
Salvator (seit 18. I. 92 verw^ittwet), Stem-
kreuz-Ordens- und Elisabeth-Ürdens-Dame.
* Neapel 14. IV. 44: f Wien 18. IL
Ohrtmann, Dr. W. L. R., Geh. Sanitäts-
rath, seit 54 praktischer Arzt in Berlin:
t 19. V.
Ompteda, Ludwig Friedrich Christian
Karl Freiherr von, kgl. preuss. Kammer-
herr (83 der Kaiserin Augusta), Schloss-
hauptmann von Montabaur, Recbtsritter
des Johanniter - Ordens , Comlhur des
Franz Josephs-Ordens mit dem Stern,
vormals kgl. hannoveranischer Finanzrath
und Geschäftsträger in München und
Stuttgart, Dichter und Schriftsteller (Ro-
mane, Dramen, Biographien, Culturge-
schichte: * Gotha 28. V. 28; f Wiesbaden
27. I.
Oppenhof, Dr. Theodor, Geh. Oberjustiz-
rath, bis 95 Landgerichtspräsident in
Aachen, bedeutender juristischer Schrift-
steller; • 6. I. 20; f Aachen 2. XIL
Oriola, Louise Gräfin von, Palastdame
der Kaiserin Augusta, Tochter des Joa-
quim Jose Lobo da Silveira Grafen von
0.4 des kgl. portugisischen ausserord.
Gesandten und Bevollmächtigten Ministers,
späteren preuss. Wirkl. Geh. Rath; • 6.
V. 24: t Berlin 8. XII.
Ott, Josef Friedrich Freiherr von, ehem.
Senatspräsident des österr. Verwaltungs-
gerichtshofes, Ritter der Eisernen Krone
2. Cl. und des Leopold-Ordens: f Wien
19. I., 81 J.
Paar, Mathilde. Nekrolog S. 224.
Face, Camilla Gräfin, geb. Freiin von
Schweizer, verwittwet. j Schloss Thurn-
Gallenstein (Krain) 25. VL, 77 J.
Pachur, Hermann, preuss. Generalmajor
z. D., bis 98 Commandant der 74. In-
fanterie-Brigade. + 3. I.
Padevit, Johann, öster. Fregattencapitän,
Vorstand der Präsidialkanzlei der Marine-
Section im Reichs - Kriegsministerium,
machte die Weltumseglung auf >Saida«
mit, führte 97 das Commando des
»Panther« in Ostasien und 98 des »Leo-
pard« bei der Action der Grossmächte
um Kreta, Ritter des Franz Josephs-Ordens.
* Lundenburg; + Wien 26. XL, 46 J.
Pastor, Gottfried, Geh. Commerzienrath,
Mitbegründer und Ehrenpräsident der
Aachen • Leipziger Vcrsicherungs- Actien-
gesellschaft. f Aachen 20. XIL, 90 J.,
am Tage nach seiner diamantenen Hochzeit.
Paucksch, Hermann, Geh. Commerzien-
rath, Gründer der Landesberger Maschinen-
bauanstalt, f 5. III., 82 J.
169*
Todtenliste 1899:
170»
Pauliny, Jakob Joseph. Nekrolog S.
206.
Paulitschke, Dr. Philipp. Nekrolog S.
203.
Perkmann, Dr. Rochus, Gymnasialpro-
fessor, Schriftsteller (»Geschichte der
Wiener Universität«, »Geschichte der
Kultur in Oesterrcich«) f Wien 9. XII.,
68 J.
Perponcher-Sedlnitzky, A n t o n i e 1 1 e Gräfin
von, geb. Gräfin Mortimer von Malt z an,
Tochter des ehem. Staatsministers Grafen
M., Wittwe (seit 93) des Grafen Wilhelm
P., Obersthofmeisterin und Vertraute der
Kaiserin Augusta. • 2$. XI. 25; f
Schloss Neudorf bei Reichenbach (Schle-
sien) 13. VII.
Pertsch, Dr. Wilhelm, Geh. Hofrath,
Professor, namhafter Orientalist, Mitglied
der kgl. Akademie der Wissenschaften,
Dircctor der Bibliothek und der Samm-
lungen auf Schloss Friedenstein in Coburg.
♦ Coburg 19. IV. 32; + Gotha 17. oder
18. VIII.
Pesch, Tilmann. Nekrolog S. 305.
Peschek, Louis, Geh. Baurath, vortragender
Rath im Ministerium der öfTentl. Arbeiten,
82 — 90 der deutschen Botschaft in Paris
zugetheilt, bis 98 Oderstrombaudirector in
Breslau. * Gusow 14. I. 42; + Breslau
12. I.
Pesendorfer, Franz, Arzt, Obmann des
Gmundener kathol. Casinos, eifriger
Förderer des katholischen Vereinslebcns.
t Gmundcn 4. V.
Petri, Eduard J. Nekrolog S. 204.
Petzl, Ferdinand. Nekrolog S. 141.
Peyer, Otto, kais. Gesandter z.D. f 19. VI.
Pfeiffer, Dr. Jakob, kgl. Rector a. D. f
Traunstein 20. VIII.
Pfeil, Heinrich. Nekrolog S. 187.
Pfizer, Gustav. Nekrolog S. 64.
Pick, Gerhard, Professor, f 17. VII.
Pidoll Freiherr von Quintenbach, Franz,
üsterr. Oberst, 94 Geniedirector in Trient,
96 Oberstlieutenant, 97 als Oberst mit
Wartegebühr beurlaubt. * Parma; f Wien
30. XII.
Pienzenau, siehe Vrsch.
Pierson, Kar ol ine, Schriftstellerin (No-
vellen) in Koswig bei Dresden. + 2. IV.,
88 J.
Pierson, Dr. William, Professor, früher
am Dorothccnstädtischen Realgymnasium,
histor. Schriftsteller (»Preussische Ge-
schichte«, »Bilder aus Preussens Vorzeit«),
Dichter (^^Confcssionen eines Nachdcnk-
lichen^). ' Danzig 29. VI. 33: f Berlin
19. VUI.
Pieschl, Dr. Theodor, Landgerichtsrath
in Naumburg, Landtagsabgeordneter für
Weisscnfels - Naumburg - Zeitz , 90 — 98
Reichstagsabgeordneter für Schwarzburg-
Sondershausen (nationalliberal). * Tümp-
ling bei Camburg a. S. 24. III. 47; f
Naumburg 13. I.
Pipitz, Dr. Franz Ernst, Mitbegründer
und bis 72 Eigenthümer der »Triester
Zeitung«, gleichzeitig Vicesecretär der
Handels- und Gewerbekammer in Triest,
38 — 50 Docent an der Züricher Hoch-
schule, Schriftsteller (Politik, Volkswirth-
schaft, Geschichte, Romane). * Klagen-
furt 15; t G'*^ ^9- m«
Plaeschke, Arthur, Hofschauspieler und
Regisseur des kgl. Schauspielhauses in
Berlin, f '7* '•» 47 J»
Planitz, Karl Edler von der, Dichterund
Schriftsteller (sächsische Dialectdichtungen
u. a.), bekannt sind seine Gedichte in den
Münchener Fliegenden Blättern (»Mikado«)
* Dorfstadt 30. VIII. 45; f Dresden 10.
XII.
Plehn, Rudolf. Nekrolog S. 232.
Ploennies, A. R. von, österr. Hauptmann,
stammte aus hessischer Familie, trat 57
in die österr. Armee ein, nahm an den
Kämpfen 59, 66 und 78/79 (Bosnien) theil,
wirkte später an der Kadettcnschule in
Budapest, seit 89 im Reichskriegs-
ministerium, f Wien 7. II.
Pocci, Friedrich Josef Fabricius
Evaristus Graf von, kgl. bayer. Kammer-
herr, Besitzer des Ritterlchens Ammer-
land am Stamberger See, bis 87 kais.
Oberförster in Strassburg, Ritter des
Rothen Adlerordens 3. Gl. u. des Sachs.
Albrechtsordens, Verfasser eines »Hand-
buchs für den Forstdienst«. ♦ München
19. III. 38; t das. 6. III.
Poesche, Theodor. Nekrolog S. 206.
Poetzschke, Dr., Professor, em. Rector des
Gymnasiums in Würzen, f Kötzschen-
broda 16. II.
Polch, Geh. Oberjustizrath, Landgerichts-
präsident in Trier, über 55 Jahre bei der
preussischen Justizverwaltung thätig. f
22. X.
Polko, Elise. Nekrolog S. 124.
Popper, siehe Bunzl.
Poras, Dr. Hermann, Sanitätsrath, Ober-
bezirksarzt, Gemeinderath von Czcrnowitz,
71 — 72 Landtagsabgeordneter, f Czerno-
witz (Bukowina) 26. V., 64 J.
Prausnitz, Alwin, Verlagsbuchhändler, f
Berlin 19. I., 62 J.
Prel, Dr. Carl Freiherr du. Nekrologs 146.
Prieger, J. P., Gutsbesitzer in Gereuth bei
Schweinfurt, bayer. Landtagsabgeordneter
(Freie Vereinigung), f XII. (?).
Pringsheim, Dr. Gustav, Oberbergratb,
namhafter Fachmann, f Breslau 18. I.
171'
Todtenliste 1899:
172'
Prinzinger, Dr. August, Sprachforscher,
früher Rechtsanwalt, Mitglied des Frank-
furter Parlaments, Schriftsteller (Alter-
thumskunde, Sprachforschung). * Otto-
beuren 16. X. II ;t Salzburg 14. I.
Probst, Dr. Ferdinand, Dompropst, Haus-
prälat des Papstes, ord. Professor der
katholisch-theologischen Facultät an der
Universität Breslau. ♦ 28. III. 16; + Bres-
lau 26. XII.
Probst, Rudolf. Nekrolog S. 70.
Promber, Dr. Adolf, Advocat (seit 72) in
Brtlnn, politisch thätig seit 67 ; 77—84
Landtagsabgeordneter für Göding, seit 84
für Weisskirchen, seit 78 Landesausschuss,
seit kurzem auch Landeshauptmann-Stell-
vertreter; seit 85 Reichstagsabgeordneter
für Weisskirchen (deutsch - fortschrittlich,
zuletzt freie deutsche Vereinigung). * Un-
garisch-Hradisch (Mähren) 43; f Brunn
2. II.
Pückler-Burghauss , Karl Alexander
Ludwig Erdmann Graf von, Freiherr
von Groditz, Wirkl. Geh. Rath, seit 76
Generallandschaftsdirector von Schlesien,
kgl. Kammerherr und Obermundschenk,
Mitglied des preuss. Herrenhauses, 53—61
Landtagsabgeordneter, 67 Mitglied des
norddeutschen, 71—74 des deutschen
Reichstags. * Tannhausen 9. VII. 17; t
Oberweistritz 2. VII.
Puricelli, Besitzerin der weltberühmten
Weinlande an der Mosel, Wittwe. f Trier
6. (?) II.
Purkholzer, Rosa, Wiener Localsängerin,
dann Schauspielerin am Theater in Wien
und im Fürstiheeter. f 26. IL, 65 J.
Puschmann, Dr. Theodor, ord. Professor
der Geschichte der Medicin an der Uni-
versität Wien, Verfasser der Geschichte
der Wiener medicinischen Schule, von
Arbeiten über Alexander Trallianus, über
Philumenos und Philagrius. ♦ Löwenberg
(Schlesien) 4. V. 44, t Wien 28. IX.
Puttkammer, Constantin Freiherr von,
preuss. Generalmajor z. D., seit 66 im
Ruhestande, bis 66 Commandant des
Füsilier Rgts. No. 35, Rechtsritter des
Johanniter-Ordens. * 25. VII. 07: f 12,
V.
Quaritsch, Bernhard. Nekrolog S. 225.
Queis von, preuss. Leutnant a la suitc des
10. Dragoner-Rgts., Führer der Expedition
im Hinterlande von Kamerun, wo er X.
ermordet wurde.
Quintenbach, siehe Pidoll.
Raab, Johann Leon hard, Nekrolog S. 162.
Raders, Ludwig, Nekrolog S. 249.
Radler, Antonia Edle von, Wittwe des
ehemal. Theaterdirectors Johann E, v. R.,
Mutter des Theaterschriftstellers Dr. Fried-
rich E. V. R.; t Wien 7. XL, 74 J.
Raif, Oskar, Nekrolog S. 161.
Ramberg, Hermann Freiherr von, österr.
General der Cavallerie, Geb. Rath, Gross-
kreuz des Leopold-Ordens, Eiserne Krone
I. Cl., Grosskreuz des russischen Annen-
Ordens, Besitzer des Stanislaus-Ordens,
des sächsischen Albrecht- Ordens u. a.,
Inhaber des Infanterie-Rgts. Nr. 96, nahm
an den Kriegen 49 und 66 theil, 74 Feld-
marschall-Lieutenant, 78 Commandant des
5. Armeecorps, 81 General der Cavallerie,
83 kgl. Commissar in Agram, bis 89 com-
mandirender General daselbst; * Wien
20. XL 20; f Graz 26. XII.
Rammeisberg, Dr. Karl, Geh. Regierungs-
rath, Professor, Mitglied der Berliner
Akademie der Wissenschaften, seit 45
ausserordentlicher, seit 74 ordentlicher
Professor und Director des zweiten che-
mischen Instituts an der Universität Berlin,
Autorität auf dem Gebiete der mineralo-
gischen Chemie, bedeutender Fachschrift-
steller; * Berlin i. IV. 13; f Grosslichter-
felde 28. XIL
Ranitzki, Dr. Max, praktischer Arzt in
Berlin, namhafter Kenner der talmudischen
Medicin; f 29. V., 58 J.
Ranniger, Johann Ludwig Eduard,
Commerzienrath, Grossindus trieller (Hand-
schuhfabrikant) in Altenburg; f daselbst
23. IL, 63 J.
Rappold, Adalf Robert, Reichsgerichts-
rath a. D., 70 - 79 Rath am preuss. Ober-
tribunal, 86 am Reichsgericht. * Gum-
binnen i6; f Berlin 23. X., 83 J.
Raspi, Le^opold Hermenegild, kais.
Rath, Oberinspector der priv. österr.-ung.
Staatseisenbahngesellschaft ; f Wien 1 1 . XI.
Rath, Balthasar, Amtsgerichtsrath in
Grevenbroich bei Düsseldorf, Landtags-
und seit 98 Reichstagsabgeordneter für
Neuss -Grevenbroich (Centrum); * HarfT
6. VII. 46; f Grevenbroich i. V.
Rathke, Harmsen Wilhelm, Gründer
und Director des Technikums in Hild-
burghausen ; f daselbst 21. XL, 55 J.
Ratibor, Marie Amalie Herzogin von,
geb. Prinzessin von Fürstenberg, Wittwe
des 93 t Herzogs Victor (Fürsten von
Corvcy, Prinzen zu Hohenlohe -Waldcn-
burg-SchillingsfUrst, des Bruders des
früheren deutschen Kanzlers), D<ime des
Malteser-Ordens; * Donaueschingen 12 II.
21; f Schloss Räuden i. I.
Ratzinger, Dr. theol. J. Georg, Nekrolog
S. 246.
Rauch, Dr. Christian, herzogl. sächs.
Oberschulrath in Gotha, Philologe, Leiter
des Unterrichtswesens im Herzogthum
173'
Todtenliste 1S99:
174'
Sachsen-Coburg, bis 89 Professor an der
Augusta-Schule in Berlin; f Gotha i. X.
Rautenberg, Dr. Otto, Oberbibliothekar
der Universitätsbibliothek in Königsberg;
* 29. IX. 43; t Königsberg VI.
Rawitzki, Dr. Max, medicinischer Schrift-
steller; t Berlin 29. V., 58 J.
Rechberg und Rothenlöwen, Bernhard
Graf von, Nekrolog S. 283.
Reibel, von, wUrttemb. Generalleutnant z. D ,
86 — 95 Commandant des Landjägercorps;
t Stuttgart 16. V., 65 J.
Reibischy Friedrich, Miniaturenmaler in
Dresden-Flauen; f 22. III., 83 J.
Reimer, Dietrich, Nekrolog S. 162.
Reiter, Johann, berühmter Geigenbauer
im Mitten wald, welcher noch nach den
Traditionen der alten italienischen Künstler
arbeitete; f Mittenwald I.
Renner, Gustav, kgl. bayer. Regierungs-
und Kreisbaurath a. D., Besitzer des Ver-
dienstordens vom heil. Michael; * Abens-
berg 16. V. 24; t München X. (?)
Rentsch, Friedrich, Professor an der
technischen Hochschule in Dresden, be-
deutender Bildhauer; f 16. XI. 63.
Resener, Hans, Schriftsteller in Kairo,
Herausgeber und Chefredakteur des
»Aegypt. Kuriers«, Mitarbeiter der Vossi-
schen Zeitung; ♦ Breslau 8. IX. 71 ;
t 21. Vll.
Reuter, Paul Julius Freiherr von, Nekro-
log S. 241.
Reznicek, Joseph (Pseud. Josef Gisela),
bekannter Wiener Genremaler; • Wien
n. XI. 51; t <Jas. 29. VIII.
Rheinstein und Tattenbach, Sigmund
Graf von, kgl. bayer. Kammerjunker und
Leutnant; f Immenstadt im Algäu 3. VIII.,
26 J.
Ribbeck, Dr. Walther, kgl. Archivar in
Breslau, bedeutender historischer Schrift-
steller: ♦ Berlin 13. V. 58; f Breslau,
27. XI.
Richard, Ernst, Hofmaler und Galerie-
director in Karlsruhe; +13. VI.
Richter, Dr. Karl, ehem. ausserord. Pro-
fessor der Thierarzneikunde an der Uni-
versität Königsberg, Departementsthierarzt
und Veterinärassessor des MedicinalcoUe-
giums für Ostpreussen; f Berlin 14. II.,
80 J.
Richter, Joseph, Magistratsrath in Freising,
34 Jahre lang im Dienste der Stadt, 76
bis 94 Mitglied des oberhayerischen Land-
rathe.s; f Freising 28. I., 77 J.
Riem, Hermann, Geh. Oberjustizrath, Vor-
sitzender des Aufsichtsrathcs der Conti-
nental-Telegraphen-Compagnie; f Berlin
4. XU.
Riese-Stallburg, Anton Freiherr von, k.
u. k. Kämmerer, Ehrenritter des Johan-
niterordens; f Budapest 5. III., 80 J.
Riggenbach, Nicolaus. Nekrolog S. 40.
Rintel, Dr. Wilhelm, Geh. Sanitätsrath,
seit 41 praktischer Arzt, auch als Compo-
nist thätig; f 26. VI., 8i J.
Ritter, Theodor, bayer. Oberst a. D.,
ehem. Commandant des Infanterie-Rgts.
Nr. 10 (bis 69), machte nach seiner Pen-
sionirung als Etappen-Inspector den Krieg
70/71 mit und erwarb sich als solcher
das Eiserne Kreuz; ♦ Schorgast 12; f !•
Rittershaus, Dr. Hermann Trojan, Pro-
fessor für Kinematik und elektrotech-
nischen Maschinenbau an der technischen
Hochschule in Dresden; f Dresden 28. II.,
55 J-
Rittershausen, Hermann Ritter von,
ehem. Betriebsdirector der österr. Nord-
westbahn (seit 68), vorher (seit 55) bei
der österr. Staatscisenbahngesellschaft,
Verdienst um das Tarifwesen ; ♦ Berlin
31; t Marienbad 18. VIII.
Robert, Emerich. Nekrolog S. 282.
Röbl, Josef, Schlacht- und Viehhofdircctor
a. D., ausserord. Mitglied des Obermedi-
cinalausschusscs, Docent über animalische
Thierbeschau an der MUnchener thierärzt-
lichen Hochschule; • München 3. VIII.
29; f das. II.
Roehl von, preuss. General der Infanterie,
zuletzt commandirender General des VI.
Armeecorps; f Berlin 30. VII.
Rollfeld siehe Nunnenmacher.
Römer, August, langj. Conservator der
naturwissenschaftlichen Sammlungen in
Wiesbaden; f das. 29. IV., 74 J.
Römer, Wilhelm August, Mitgründer
(36) und ehem. Mitbesitzer der Türkisch-;
roth-Färberei zu Hainsberg (Sachsen)
t Dresden 15. VIII.
Röseler, Friedrich Wilhelm. Nekrolog
S. 226.
Rössing , N o n u s Freiherr von, preuss.
Generalleutnant z. I)., bis 99 Commandant
der Eisenbahn-Brigade; • Rössing 16. V.
41 ; f Göttingen 24. VII.
Rössing, Wilhelm Freiherr von, preuss.
General der Infanterie z. D., bis 66 in
der hannoveranischen Armee , 92 — 95
Commandant der 28. Division in Karls-
ruhe; ♦ Rössing 16. VIII. 36; f Hildes-
heim I. XII.
^oggGf Bruno, preuss. Generalmajor a. D.,
bis 92 Commandant der 41. Infanterie*
Brigade; f 5. III., 64 J.
Rohland, Karl Otto, Rittergutsbesitzer,
67 — 73 Landtagsabgeordneter für Naum-
burg- Weissenfels-Zeitz (Fortschrittspartei),
67—78 und 81-87 Mitglied des nord-
deutscHen und des deutschen Reichstags
175
:»
Todtenliste 1899:
176*
für denselben Bezirk (fortschrittlich,
später deutsch-freisinnig); * Zeitz 24. IV.
28; t Etzoldsheim bei Zeitz 31. VIII.
Rommel, J. Ph. Wilhelm, Wirkl. Geh.
Oberregierungsrath , Senatspräsident des
Ober -Verwaltungsgerichts, 72 — 86 vor-
tragender Rath im Handelsministerium;
+ Berlin 16. XII., 62 J.
Rosatzin, Franz, Director der Actien-
gesellschaft »Neue Börsenhalle« in Ham-
burg; f 20. I.
Rose, Dr. Georg, Professor, Director des
LuisenstädtischenRealgymnasiums inBerlin;
♦ 39; t Berlin 14. XII.
Rosenberger, Dr. Ferdinand. Nekrolog
S. 116.
Rosenfeld, Dr. Isidor, Schriftsteller in
Berlin, früher Rabbiner in Worms und
Nordhausen; f 23. IV., 83 J.
Rosenthal-Brynck, Dr. Hugo von, Re-
gicrungsassessor a. D., Landältestcr der
oberschlesischen FUrstenthumslandschaft
in Ratibor, Vorstandsmitglied der schle-
sischen Landwirthschaftskammer, Vor-
sitzender des landwirthschaftlichen Ver-
eins von Tost Gleiwitz, einer der bedeu-
tendsten Agrarier Oberschlesiens; f Breslau
II. IV., 47 J.
Rothbart y Ferdinand. Nekrolog S. 169.
Rothberger, Jakob, Hoflieferant, Kleider-
macher ; f Wien 30. 111.
Rothenbücher, Karl, kgl.bayer. Regierungs-
director, Vorstand des bayer. Kataster-
bureaus, f München 24. IV., 54 J.
Rothenlöwen siehe Rechberg.
Rotter, Josef Arthur. Nekrolog S. 164.
Rudolph, Karl Hermann, kgl. Musik-
director und Seminaroberlehrer a. D.,
Componist, über 30 Jahre am Lehrer-
seminar zu Nossen thätig; f Dresden 25. 1.
Rübsam, P'riedrich, Gesanglehrer in
Frankfurt a. M., früher Baryten in Mün-
chen, Hamburg und Frankfurt; f IX.
Rückert, Medicinalrath, Sohn Friedrich R.'s;
t Coburg 3. IV., 77 J.
Rüger, Konrad Robert, (79—95) Reichs-
gerichtsrath a. D. , früher Oberappella-
tionsgerichtsrath in Dresden; f daselbst 13.
XI.. 70 J.
Rügland siehe Crailsheim.
Rümelin, Emil von. Nekrolog S. 61.
Ruff, Wilhelm, österr. Obcrstlieutenant
d. R.; t Wien 31. V.
Runge, Heinrich, 68-92 Director des
Gymnasiums in Osnabrück, namhafter
Philologe; f 21. XII., 72 J.
Ruperti, Dr. Justus. Nekrolog S. 122.
Rupprecht, Dr. Ludwig, prakt. Arzt,
Ritterkreuz des Militär -Verdienstordens
I. Gl., Eisernes Kreuz 2. Cl., 59 — 60
Assistenzarzt an der Klinik des Prof.
Lindwurm, dann am städt. Krankenhaus
in München, 63 Privatdocent an der Uni-
versität, 5. Vlll. 70 Stabsarzt, 26. XII.
70 Oberstabsarzt 2. Cl.; * München 11. X.
36; t das. 28. VIL
Ruscheweyh, Robert, Gründer der welt-
berühmten Möbelfabrik in Langenöls bei
Lauben (bekannt die Ausziehtische);
f Langenöls 21. X., 78 J.
Russ, Dr. Karl, Omithologe, naturwissen-
schaftlicher Volksschriftsteller, Begründer
der Zeitschriften »Gefiederte Welt« und
»Isis^; * Baldenburg in Westpreussen
14. I. 33; t Berlin 30. IX.
Sachsen-Coburg-Gotha, Alfred, Erbprinz
von, Sohn des regierenden Herzogs Ernst
Alfred, preuss. Hauptmann, Ritter des
Schwarzen Adler-Ordens und des Hoscn-
band-Ordens; * Buckingham-Palast in
London 15. X. 74; f Martinsbrunn 6. II.
Säckel, Kapitän z. S. a. D., befehligte am
18. XII. 88 das deutsche Landungscorps
und leitete das Gefecht von Vailele. f
Spremberg (Lausitz) 9. XL
Safferling, Benignus Ritter von. Nekrolog
S. 217.
Sainte Marie Eglise, Ludwig Freiherr
von, 63 — 84 Director der Biener'schcn
Blindenanstalt in Leipzig; ♦ Neuburg a. d.
Donau 22. VIII. 21; f Leipzig 28. XI.
Salkowsky, Dr. Karl. Nekrolog S. 175.
Samelsohn, Dr. Julius, Geh. Obersanitäts-
rath, Oberarzt der Armen -Augenheilan-
stalt in Köln, angesehener Ophthalmologe
und Fachschriftsteller: f Köln 7. IIL, 57 J.
Samuel, Dr. Simon, ausserord. Professor
der allgemeinen Pathologie an der Uni-
versität Königsberg; ♦ Glogau 5. X. 33;
f Königsberg 9. V.
Sandeis, Auguste Gräfin, geb. von Ters-
meden, Schwiegermutter des deutschen
Botschafters in Wien Grafen Eulenburg;
t Wien 25. VL, 70 J.
Sandreczki, Dr. Max, Gründer und Direc-
tor des Kinderhospitals Marienstift in
Jerusalem; f das. 23. VI., 60 J.
Sauer-Csaky, von Nordendorf, Eugen,
österr. Generalauditor i. P., Ritter des
Ordens der Eisernen Krone 3, CK; f
Wien 5. lU.
Saurma, Karl Graf von, Freiherr von und
zu der Jeltsch, Majoratsherr zu Tworkau
im Kreise Rattbor, preuss. Rittmeister a.
D., Ehrenritter des souv. Malteser-Ordens;
* 24. XII. 30; t Breslau 25. II.
Savoye, Josef von, bayer. Stadt- und Land-
richter a. I).; * Passau 14. VIII. 22; f
Neuhausen 22. I.
Schabelitz, Jakob. Nekrolog S. 178.
Schaewen von, Geh. Oberjustizrath, Landes-
gerichtspräsident in Ratibor; f VIII,
I77'
Todtcnliste 1899:
178*
Schaible, Dr. Heinrich Karl. Nekrolog
S. 183.
Schauer, Friedrich, Historienmaler in
Berlin; f 23. I., 86 J.
Schartow, Adolf Friedrich, Wirkl. Geh.
Oberregierungsrath , bis 83 Ministerial-
director im Landwirthschaftsministerium;
♦ Frankfurt a. O. 17; f Berlin 13. XIL
Schaup, Dr. Wilhelm, Guts- und Brauerei-
besitzer in Zipf, 70—95 Reichsrathsab-
geordneter (deutschliberal) für die Linzer
Handelskammer; * Wien 4. IV. 38; f
das. 28. XI.
Scheibler, Dr. Karl, Geh. Rcgierungsrath,
Professor, 68 — 82 Lehrer an der land-
wirthschaftlichen Hochschule in Berlin,
Herausgeber der »Neuen Zeitschrift für
Rübenzucker - Industrie«, besonders ver-
dient um die wissenschaftliche Hebung
der Zuckerfabrication, Erfinder des Stron-
tianit und des rauchlosen Pulvers; * Eupen
16. II. 27; t Berlin 2. IV.
Scherbring, Karl. Nekrolog S. 171.
Schiess, Bildhauer in Biebrich: f 20. II.
Schiff, Dr. Emil, Nekrolog S. 256.
Schilling von Cannstatt, Georg Freiherr,
Zoologe; f Scutarie 19. IX.
Schlaug, Georg, bayer. OberlandesgerichtS'
rath; f Nürnberg 26. VII.
Schlesinger, Dr. Ludwig. Siehe Nach-
trag.
Schleswig -Holstein -Sonderburg - Glücks-
burg, Adelheid Herzogin zu, geb. Prin-
zessin von Schaumburg -Lippe, W^ittwe
des 85 f Herzogs Friedrich; * Bückeburg
9. III. 21; f Itzehoe (wo ihre jüngste
Tochter, Prinzessin Marie, Aebtissin des
adeligen Conventes ist und sie seit 95
lebte) 30. VIL
Schlözer, Nestor von, russischer Staats-
rath, Sohn des Historikers (August Lud-
wig) und Vater des deutschen Botschafts-
rathes in Constantinopel (Karl): f Dresden
18. II., 90 J.
Schmarda, Karl Johann Ritter von, österr.
Feldmarschall-Lieutenant, zuerst Professor
der Akademie in Wiener Neustadt, dann
Artilleriedirector in Josephstadt, zuletzt
Arsenaldirector in Wien, Eiserne Krone
2. Cl., Leopolds-Ürden, Franz Josephs-
Orden, Gold. Verdienstkreuz; f Wien 16.
XII, 72 J.
Schmeemann, Karl, einer der bedeutend-
sten Vertreter des radicalen Dcutschthums
in Amerika, schrieb: »Deutscher Radicalis-
mus in Amerika« (2 Bde.); • W^estphalen:
t Detroit X., 56 J.
Schmick, Johann Willi elm Peter, Ober-
ingenieur in Frankfurt a. M,, nahm an
den öffentlichen Bauten der Stadt (Brücken,
Eisenbahnen, Wasserleitungen) hervor-
ragenden Antheil; * Rothenbergen (Hessen-
Nassau) 4. IX. 33; f Frankfurt a.M. 14. IX.
Schmidt von Hirschfelde, Hauptmann a.
b., früher Landtagsabgeordneter für Py-
ritz-Saatzig; f Frankfurt a. O. 23. XI.,
75 J.
Schmidt, Albert, Wirkl. Geh, Oberfinanz-
rath a. D., bis VII. 99 Provinzial-Steuer-
director in Kassel, früher vortragender
Rath im Finanzministerium : f Kassel 23.
IX., 63 J.
Schmidt, August, Rentner, wohl der letzte
Veteran aus den Freiheitskriegen 13 — 15;
* Anklam 10. II. 1795; f Wolgast 11. —
12. IX.
Schmidt, Eduard, Kaufmann in Schöne-
beck a. E., früher deutscher Consul in
Kamerun und Lagos, dessen Energie
namentlich Deutschland seinen Besitz in
Kamerun verdankt: S. war der erste,
welcher den hohen Wcrth der in Bcnim
gefundenen Bronzen erkannte; f Schöne-
beck 27, VII., 39 J.
Schmidt Ritter von Pflichtenfest, Felix,
Senatspräsident des obersten Gerichtshofes
a. D., Ritter des Leopolds-Ordens; f Wien
6. XL, 75 J-
Schmidt von Zabierow, Franz Freiherr
von, Geh. Rath, bis 98 Landespräsident
von Kärnten; ♦ Innsbruck 17. I. 26; f Vo-
losca XI.
Schmidt, Hugo Ernst, Nekrolog S. 243.
Schmidt, J. B., Geh. Regierungs- und Obcr-
schulrath in Metz; f 21. III.
Schmidt, Paul, Baurath, ord. Professor
für Strassen- und Eisenbahnbau an der
Technischen Hochschule in Dresden; f
das. 19. XII., 48^ J.
Schmidt, Richard, k. k. Sectionsrath a. D.,
Ehrenmitglied des Ferdinandeums in Inns-
bruck, geologischer Schriftsteller; f Hall
in Tirol 13. X., 95 J.
Schmidt, Rudolf, Dichter (»Der verwandelte
König«, Drama, u. a.) und philosophischer
Schriftsteller; f Kopenhagen 5. IV., 62 J.
Schmidt, Michael, bayer. Obcrlandes-
gerichtsrath: * Unterfranken; f München
5- I-r 63 J.
Schmidt, Robert Hans, kais. deutscher
Geograph in Deutsch- Ostafrika, f Mangali
(Chehe), auf der Heimreise begriffen, 10.
V. am schwarzen Fieber, 29 J.
Schmitz, Dr. Hermann jose f, Weihbischot
in Köln, Titularbischof von Zela, theolog.
Schriftsteller; * Köln 16, V. 41 ; f das.
21. VIII.
Schnakenburg, WM l heim, Kaufmann in
Evansville (Indiana), 48 aus Halle nach
Amerika ausgewandert, im amerikanischen
Bürgerkrieg zum Major ernannt; f 24.
VIII., 82 J.
179
«
Todtenliste 1899:
180*
Schneider, Ferdinand, Oberst im General-
stabscorps, der im Dreyfus-Processe in
Rcnnes vielgenannte ehem. österr. Militär-
Attache; f Wien 20. X., 45 J.
Schneider, Oskar, Holzbildbauer in Leip-
zig,', Chef der bekannten Fabrik Franz
Seh.; t das. 2$. XII., 45 J.
Schober, Karl, Oberrealschulprofessor; f
Innsbruck 4. IX., 38 J.
Schöckingen, siehe Gaisbcrg.
Schönaich-Carolath, August Heinrich
Bernhard Prinz von, preuss. Hauptmann
a. I)., bis 88 Berghauptmann des Ober-
bergnmtes in Dortmund; * Saabor 20.
Vlll. 22; t Potsdam 16. X.
Schönborn, Franz de Paula, Reichsgraf
von. Nekrolog S. 278.
Schönburg- Glauchau, Henriette Elisa-
beth Gräfin von, Ehrendame des kgl.
bayer. Theresicnordens; * Glauchau i.
XI. 21; t Dresden 9. XII.
Schönherr, Ludwig, herzogl. altenburgi-
scher Regierungspräsident a. D., seit 66
im Ruhestand; f Altenburg 14. IV., 90 J.
Schönlein, Dr. Karl, Physiologe, Ab-
theilungsvorstand an der zoologischen
Station in Neapel, früher Professor an der
Universität Santiago in Chile; * Sangers-
hausen 55; f Neapel 29. I.
Schott, Dr. Theodor Friedrich. Ne-
krolog S. 75.
Schrader, Hermann, Bürgermeister von
Holzminden, 84—89 und 93 — 95 Land-
tagsahgeordneter; * Braunschweig 12. VI.
44; f Ilolzminden 12. IX.
Schramm, Dr. Adolf, kgl. Medicinalrath
und liiindgerichtsarzt a. D.; * Nürnberg
7. XI. 21; t München 5. VIII.
Schreiner, Adolf Ritter von, Hofrath, em.
Gencraläccretär der österr. SUdbahn, Ritter
des Orvlcns der Eisernen Krone und des
Franz Josephs-Ordens; + Hinterbrühl (bei
Mödling, Nicderösterr.) 31. VIII., 77 J.
Schreyer, Adolf, bedeutender Thicr-,
namentlich Pferdemaler, machte in Ungarn,
der Walachai, Südrussland, Im Orient und
in Algier Studien, dann lebte er bis 70
in Paris; ♦ Frankfurt a. M. 9. V. 28 ; f
Cronberg a. T. 29. — 30. VII.
Schröder, Friedrich Anton. Nekrolog
S. 120.
Schröder, Gustav. Nekrolog S. 239,
Schröder, Hugo. Nekrolog S. 167.
Schubart, Dr. Martin, Kimstsammler, Be-
sitzer der bedeutendsten deutschen Privat-
Gcmäldesammlung, Goetheforscher: Nekro-
log S, 305.
Schuberg, Karl, Oberforstrath, ord. Pro-
fessor der Forstwissenschaft an der Tech-
nischen Hochschule in Karlsruhe; f das.
17. IV., 73 J.
Schünhoif, Dr., Consistorialrath, Gcneral-
superintcndent für das Fürstenthum Lüne-
burg-Harburg, ausserord. Mitglied des
hannoverschen Landesconsistoriums ; f
14- V., 73 J.
Schürer von Waldheim, Anton, Ehren-
präsident der Apothekervereine Oestcr-
reichs, Mitglied des obersten Sanitäts-
rathes ; sein Entwurf einer internationalen
Pharmakopoe (55) wurde vom Internatio-
nalen Pharmaceutencongress in Brüssel als
Grundlage angenommen; Ritter des Franz
Josephs-Ordens; * Wien 30; f das. 13. VIII.
Schüssler, Otto von, preuss. Generalmajor
z. D., 79 — 84 Commandant der 8. Feld-
artillerie-Brigade; f 5. XL, 74 J.
Schuler von Senden, Ernst Freiherr.
Nekrolog S. 221.
Schultz, Dr. Albert, Rittergutsbesitzer auf
Lupitz in der Altmark, namhafter Land-
wirth, Landesökonomierath, der erste,
welcher die Wirkung der stickstoiTsammeln-
den Pflanzen auf den Boden erkannte,
wofür ihn die Universität Jena zum Dr.
h. c. ernannte. 82 — 93 Landtagsabge-
ordneter für Salzwedel -Gardelegen (frei-
conservativ), 87 — 90 und 93 — 98 Reichs-
tagsabgeordneter (Reichspartei); ♦ Rehna
(Mecklenburg) 26. III. 31; f Lupitz 5. I.
Schultze, Dr. Martin, Orientalist, Schrift-
steller (Cultur- und Religionsgeschichte);
t Ellrich a. H. 10. IX.
Schulz, Emil, Geh. Hofrath, bis 98 Vor-
stand der Kanzlei der preussischen Ge-
sandschaft beim Vatikan und Verwalter
des deutschen Hospitals in Rom, wo er
seit 36 wohnte; f das. 3. — 4. III., 84 J.
Schulz, Hugo, Rittergutsbesitzer auf Petcrs-
hagen, Oekonomierath, Mitglied des Be-
zirks-Eisenbahnrathes; f 4. IX., 76 J.
Schulz, Robert, Geh. Justizrath, Ober-
landesgerichtsrath in Jena, Herausgeber
der »Blätter für Rechtspflege in Thüringen«.
+ Jena 16. IX.
Schulz, Wilhelm von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 88 Präsident des In-
genieur-Comites, Organisator und erster
Commandant der preussischen Eisenbahn-
truppen; ♦ Stettin 13, IX. 29; f Berlin
23. L
Schulz-Boosen , Rittergutsbesitzer, 74 — 77
Reichstagsabgeordneter für Guben-Lübben
(natioalliberal); f 9. I.
Schurig (Schuricht), Hermann, deutsch-
amerikanischer Schriftsteller (Geschichte
der Deutschen in Virginia, Romane, No-
vellen u. a.) und Pädagoge; f auf seinem
Landsitze Idlcwild bei Cobham (Virginia)
V., 68 J.
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar.
Nekrolog S. 161.
i8i*
Todtenliste 1899:
182*
Schuster, Heinrich (Pseud. Heinrich
VVoldan), preuss. Amtsgerichtsrath a. D.,
Schriftsteller: f München 6. IV., 70 J.
Schwaabe, Karl, bayer. Rittmeister a. D.
(bis 90), Mitglied der deutschen Reichs-
fechtschule und des Männergesangvereins
»Ncu-Bavaria« ; ^ Wunsiedel 27. X. 24;
t IV.. 75 J.
Schwade, Heinrich. Nekrolog S. 160.
Schwaighofer, Johann, Nekrolog S. 259.
Schwartz, Marie Esperance Freifrau von,
(Pseud. Elpis Melena). Nekrolog S. 213.
Schwartz, Dr. Wilhelm, Geh. Regierungs-
rath, Gymnasialdirector a. D., Forscher
auf dem Gebiete der Mythologie, Sagen-
kunde und Anthropologie; * Berlin 4. IX.
21; f das. 16. V., 77 J.
Schwerin, Je an nette geb. Abarbanell,
Führcrin der Berliner Frauenbewegung,
Vicepräsidentin der Gesellschaft fUr
ethische Cultur; f 14. VII., 47 J.
Sckell, Eugen, bayer. .Oberst a. D, Be-
sitzer des Verdienstordens vom heiligen
Michael 4. Gl.; f MUnchen 15. III.
Seckels, Julius, Director der Hamburger
Wechslerbank; + 16. I.
Seitz , Dr. Eugen, Geh. Medicinalrath,
56—79 Professor der speciellen Patho-
logie und Therapie und Director der
medicinischen Klinik in Giessen, Fach-
schriftsteller (»Symptomatische Pathologie
und Therapie«, setzte Niemeyers »Lehr-
buch der speciellen P. u. Th.« fort);
♦Vilbel 19. XI. 17; Wiesbaden f "• IV.
Seitz, Johannes, Pfarrer der evang. Ge-
meinde in Antwerpen, eifrig für das Wohl
der deutschen Colonie bedacht durch
verschiedene Gründungen und Anregungen
(Handwerkerheim, Damen- und Mädchen-
heim, Sonntagsschule, Diakonieschule) ;
* Gemmingen (Baden) 44; f Antwerpen VI.
Seitz, Karl Ludwig, kgl. bayer. Kupfer-
stich-Inspector a. D., seit 91 (nach spjäh-
riger Thätigkeit) im Ruhestand ; * München
29. IIL 24; t IV.
Sellner, Ernst, Oekonom in Sendershausen
bei Schweinfurt, seit 69 Landtagsabgeord-
neter (liberal); f das. IV.; 73 J.
Senden siehe Schuler.
Seydewitz siehe Damm.
Show, Heinrich Christian August,
Oberregierungsrath und Leiter der Ab-
theilung für Kirchen- und Schulwesen bei
der Regierung in Schleswig; * Apenrade
30. XII. 45; t Herrenalb (Schwarzwald)
14.— 15. VII.
SiefTert, Dr. Emil Albert Karl, Geh.
Oberregierungsrath, vortragender Rath im
preuss. Handelsministerium; * Stargard 46;
f Berlin 7. I.
Siegel, Dr. Heinrich. Nekrolog S. 91.
Sigmund, Hugo von, bayer. Oberlandes-
gerichtsrath a. D., Ritter des bayer. Civil-
verdienstordens und des St. Michael-Ordens
i.Cl.; ♦ München 28. IV. 24; t das. 19. VIIL
Silberhuber, Anton. Siehe Nachtrag.
Silberstein, Dr. Adolf. Nekrolog S. 240.
Simmerlein, Dr. Rudolf, ehem. Vorsteher
des stenographischen Bureaus im preussi-
schen Abgeordnetenhause; * Eberswalde
10. IX. 38; t das. 24. VH.
Simon, Heinrich, Deutscher aus Breslau,
60 nach England ausgewandert, wo er in
Manchester eine Mühlenbaufirma — eine
der grössten der Welt ~ gründete; Er-
finder der Walzmühle und des Simon
Carves-Ofens; f Manchester 22. VII.
Simpson- Georgenburg von, der grösste
Pferdezüchter in Ostpreussen; f 27. IX.
Simson, Eduard von. Nekrolog S. 307.
Singer, Rudolf, Director der »Neuen
Börsenhalle« in Hamburg, bis Anfang 99
Chefredacteur der »Hamburger Börsen-
halle«, Vorstand des Hamburger Jour-
nalisten- und Schriftsteller-Vereins ; * Bres-
lau 31. I. 45: t Hamburg 14. XI.
Sittl, Dr. Karl, ord, Professor der classi-
schen Philologie und Archäologie an der
Universität Würzburg, Director der dor-
tigen kunsthistorischen Sammlung, ver-
fasste eine »Geschichte der griechischen
Litteratur bis auf Alexander den Grossen«
und ein »Handbuch der Archäologie«;
* Passau 13. II. 62; + Würzburg 9. V.
Socin, Dr. Albert, ord. Professor der
orientalischen Sprachen an der Universität
Leipzig, vorher in Basel und Tübingen,
lebte 68 — 70 im Orient, wo er die ara-
bischen Dialecte, das Syrische und Kur-
dische studirte; Gründer des Palästina-
Vereins und dessen Zeitschrift; ♦ Basel
13. X. 44: t Leipzig 26. VI.
Socin, Dr. August. Nekrolog S. 57.
Sohn, Wilhelm, Professor, ausgezeichneter
Maler, Lehrer an der Kunstakademie in
Düsseldorf über 20 Jahre; * Berlin 29. VIII.
30 : t Pützchen bei Bonn 16. III.
Solina siehe Klimcnt.
Solms-Hohensolms-Lich, HermannAdolf
Fürst zu, preuss. Generalmajor a la suitc
der Armee, erbliches Mitglied des preuss.
Herrenhauses und der hcss. Ersten Kammer,
Rech tsritter des Johanniter-Ordens;*Scbloss
Pirnitz (Mähren) I5.IV,38; f Lieh (Hessen)
16. IX.
Sommer, Hugo, Oberamtsrichter in Blan-
kenburg a. H., philosophischer Schrift-
steller; * VVolffenbÜttel 26. V. 39; f Blan-
kcnburg 31. I.
Sommer, Martin, Director der Aachen-
Maastrichter-Eisenbahn; t Aachen 5.-6.
IX., 85 J.
i83
*
Todtenliste 1899:
184'
Soutschck, Peter, ehem. Mitglied der
Wiener Hofoper; f Mitte IL, 76 J.
Specht, Dr. Karl von, Reiclisgerichtsratli
a. D., bis 79 Obertribunalsrath in Berlin;
t Kassel 18. III, 76 J.
Speckbacher, Caspar. Nekrolog S. 220.
Speidel, Wilhelm. Nekrolog S. 49.
Spiecker, Geh. Ratb, Director der Landcs-
vcrsicherungsanstalt für Elsass-Lothringen;
f Boppard 17. X.
Spies, Ignaz. Nekrolog S. 200.
Spirgatis, Dr. Johann Julius Hermann,
Chemiker, bis vor einigen Jahren ord.
Professor an der Universität Königsberg,
30 Jahre lang Leiter des dortigen phar-
maceutischen Laboratoriums; * 28. XL
22: + Königsberg 5. XL
Sporrer, Philipp, Nekrolog S. 155.
Sprinzenstein siehe Hoyos.
Stägemann, Eugen, Tbeaterdirector in
Düsseldorf, früher Schauspieler in Bremen,
Hannover, Frankfurt a. M., am Hamburger
Thalia- und am Berliner Lessing-Theater;
* Frcienwalde a. O. 13. IL 45; f Düssel-
dorf 10. III.
Stallburg siehe Riese.
Starzengruber, Theodor, seit 74 Redac-
teur der »Neuen Freien Presse«, früher
beim »Extrablatt« und bei der »Oester-
rcich. Volkszeitung«, Oberschützenmeister
der Wiener Schützen, Ritter des Franz
Josephs-Ordens; • Hall 7. V. 39; f Wien
18. XIL
Stechert, Gustav E. Nekrolog S. 179.
Steinburg siehe Bray.
Steinemann, Hermann, Bildhauer in Ber-
lin; t 17. VI., 46 J.
Steinhart, Wilhelm, früher Hofcapell-
meister in Stuttgart, Liedercomponist;
t Stuttgart 20. XIL, 81 J.
Steininger, Bauernfübrer in Niederösterreich,
vormals Herausgeber der »Mittelstrasse«,
stammte aus Gobelsburg; f Brunn-
kirchen IX.
Steinthal, Dr. Hey mann. Siehe Nachtrag.
Stephanus, Hermann, Kaufmann, Senator
in Hannover, 85 — 88 Landtagsabgeord-
neter für Linden (Westphalen; Weife);
f das. X.
Stern, Magarethe, geb. Herr, kgl. Kammer-
virtuosin (Pianistin) in Dresden, Schülerin
Franz Liszts und Klara Schumanns, ge-
feiert als Beethoven-Spielerin; * Dresden
57; f das. 4. X.
Sternau siehe Benzel.
Sternberg, Leopold Graf von. Geh. Rath,
Kämmerer, General der Cavallerie, erbliches
Mitglied des östcrr. Herrenhauses, ältester
Ritter des Maria Theresien-Ordens und des
Ordens vom Goldenen Vliesse; ♦ 22. XII.
II; f Schloss Raitz (Mähren) 21. IX.
Sternberg, Zdenko Graf von; f Jemnist
22. XIL, 13 J.
Steyrcr, Clemens von, bayer. Appella-
tionsgerichts-Präsident a. D., Comthur des
St. Michael-Ordens, Ritter des Verdienst-
ordens der bayer. Krone; f Miesbach
28. IIJ.
Stiehle, Gustav von. Nekrolog S. 191.
Stockhausen, Wilhelm von, Tribunals-
präsident a. D., bis 79 Viceprasident des
Tribunals in Königsberg: f 10* VI., 89 J.
Stöckel, Ernst, einst Gründer und durch
18 Jahre Leiter der »Fremdenzeitung und
Quartieranzeiger« in München; • das. 30;
t das. VIII.
Stöger, Dr. Josef. Siehe Nachtrag.
Störk, Dr. Karl, Professor der Laryngo-
skopie an der Wiener Universität (Haupt-
werk: »Klinik der Krankheiten des Kehl-
kopfes, der Nase und des Rachens«); *
Ofen 17. IX. 32; t Wien 13. IX.
Stütz, Paul. Nekrolog S. 72.
Strauss, Johann. Nekrolog S. 27.
Strauss, Ludwig, einst sehr bekannter
Geiger: * Pressburg 28. III. 35; f Cam-
bridge 15. X.
Strauss und Torney; Dr. Victor von.
Nekrolog S. 96.
Strnischtie, Friedrich, Oberbaurath i. R.,
früher Betriebsdirector der Wiener Tcle-
phoncentrale ; f Wien i. IX., 69 J.
Struckmann, Dr. Johannes. Nekrolog
S. 119.
Strümpell, Dr. Ludwig von, Philosoph,
Pädagoge, ord. Professor der Universität
Leipzig, deren Lehrkörper er 56 Jahre
lang angehört hat, vordem in Dorpat,
wohl der bedeutendste Vertreter der Hcr-
bart'schen Lehre; kais. russischer wirkl.
Staatsrath; * Schöppenstfidt (ßraunschweig)
23, VI. 12; t Leipzig 18. V.
Suchanek, Anton, Oberbaurath im Oesterr.
Eisenbahnministerium, Ritter des Ordens
der Eisernen Krone III. CL; f Wien
3- X-. 59 J.
Tacke, Ludwig, Historien- und Architek-
turmaler in Braunschweig; f 24. VII., 75 J.
Tattenbach, Sigmund Graf von, kgl.
bayer. Kammerjunker, Leutnant; f Immen-
stadt VIII.
Theile, Dr. med. Friedrich, Arzt in Lock-
witz bei Dresden, seit 80 Redacteur der
Gebirgsvereinszeitung »Ueber Berg und
Thal«, Herausgeber und Verfasser der
»Lockwitzer Nachrichten«, Forscher auf
historischem, geographischem und natur-
historischcm Gebiete; T. betheiligte sich
am Mai-Aufstande, wurde zum Tode ver-
urtheilt und dann zu 6 Jahren Zuchthaus
begnadigt; • Chemnitz 12. VII. 14; f
Lockwitz 10. VIII.
i8s*
Todtenliste 1899:
186*
Theuerkom, Stadtrath in Chemnitz, Führer
der deutschsocialen Reformer, 93 — 96 Mit-
glied der 2. Ständekammer; f Chemnitz VII.
Thienemann, Ernst. Nekrolog S. 188.
Thomson, Dr. Karl Gustav, Professor
der Naturkunde; f X. (?) in Lund, 75 J.
Tiechler» siehe Mann.
Tiemann, Daniel F., Deutsch-Amerikaner,
der sich sehr lebhaft am politischen Ge-
triebe in New- York betheiligte, 57 wurde
er zum Major gewählt; f das. VII., 95 J.
Tiemann, Dr. Ferdinand, Geh. Regierungs-
ratb, ord. Professor der Chemie an der
Universität Berlin, bekannt durch seine
Entdeckung der künstlichen Riechstoffe;
♦ 10. VI. 48; t Mtran 14. XI.
Tiroch, Dr. Josef, Oberstabsarzt, Chefarzt
des österr. 5. Corps, Operateur von be-
deutendem Ruf; Ritter des Franz Josephs-
Ordens; f Pressburg 27. I.
Toepke, Dr. G., Hofrath, Privatgelehrter,
gab die Matrikel der Heidelberger Uni-
versität 1386 — 1662 heraus: f Heidelberg
20. VI., 58 J.
Torney, siehe St raus 5.
Traun, siehe Abensperg.
Treiber, Wilhelm. Nekrolog S. 172.
Tschmarke, Robert, Commerzienrath,
lange Jahre Generaldirector der Magde-
burger Fcuerversicherungsgesellschaft; f
Strassburg 19. — 20. III.
Türschmann, Richard, bekannter Recita-
tor, früher Schauspieler, seit 72 fast ganz
erblindet; ♦ Penig 26. V. 34; f Leipzig
13. XII.
Ude, Dr. Friedrich, bis XI. 96 Senats-
präsident am Oberlandesgericht Braun-
schweig, herrorragender Jurist; * Ganders-
heim 25. VI. 27: f Braunschweig 25. XII.
Überhorst, Karl, Oberregisseur der Hof-
oper in Dresden, auch littcrarisch thätig
(Cult Urgeschichte); f das. 5. XI., 76 J.
Ullstein, Leopold, Buchdruckereibesitzer
in Berlin, Besitzer der »Berliner Zeitung<^,
»Berliner Illustrierten Zeitung« und
»Morgenpost«; f Berlin 3.-4. XII., 73 J.
Urtel, Dr. Friedrich, grossh. sächs. Rc-
gicrungsratb, vortragender Rath im Cultus-
ministerium, bis 97 Gymnasialprofessor
in Weimar; f das. 5. IV., 56 J.
Vanselow, siehe Malt zahn.
Veitmeyer, L. A., Geh. Baurath, Mitglied
der Akademie des Bauwesens in Berlin,
Vorsitzender der polytechnischen Gesell-
schaft, verdient um die Canalisirung der
Stadt; f das. 3. II.
Vellnagel, Adolf von, Banquier, Ehren-
schützenmeister der Stuttgarter SchUtzen-
gilde; f das. 15. IX., 95 J.
Versmann, Dr. Johannes Georg An-
dreas. Nekrolog S. 233.
Voeldemdor£f und Waradein, Dr. Otto
Freiherr von. Nekrolog S. 173.
Voerster, Karl. Nekrolog S. 189.
Vogel, Jakob, früher Buchdruckereibesitzer,
Nestor der Schweizer Dichter (Pseud.
»Vogel von Glarus«); * Glarus 11. XII.
16: f das. 22. IV. Nekrolog S. 307.
Vogel, Ludwig Wilhelm, ehem. Rcichs-
tagsabgeordneter für Chemnitz (national-
liberal) und Stadtrath; * Bernburg 7. X.
38; t Groningen 17, XII.
Vogeley, Karl, Oekonomierath in Kassel,
ehem. Landtagsabgeordneter für Wolf-
hagen - Hofgeismar (nationalliberal) ; *
Kassel 25; f das. 17. X.
Vogelsang, Dr. Paul, Psychiater, Oberarzt
der städtischen Irrenheilanstalt in Wuhl-
garten bei Berlin; f das. 12. VI., 42 J.
Vogel, Dr. Max, bayer. Generalarzt a. D.,
verdient um das bayerische Militär-Snnitäts-
wescn; • Burghausen 26. V. 40; f Mün-
chen 2. X.
Vogler, ehem. Kreisdirector in Wolfen-
büttel, langjähriges Mitglied des braun-
schweigischen Landtags; f Braunschweig
17. XII.
Vogler, Adolf, Mitbegründer und ehem.
Mitinhaber der Annoncenanstalt Haasen-
stein und Vogler; f Hamburg i. IV.
Vogts, Dr. Otto, Geh. Regierungsrath ,
Mitglied des Reichsversicherungsamtes ;
t Berlin 25. VHL, 38 J.
Volckhausen, Dr. Karl, früher Sprecher
der freien Gemeinde in Hamburg, Re-
dacteur des »Freischütz«, dann der 2^Frank-
furter Zeitung<v (am Main); f Düsseldorf X.
Volz, Dr. Berthold. Nekrolog S. 201.
Vortriede, Julius, Redacteur der deutschen
Zeitung »Toledo Express« in Toledo
(Ohio); t 25. I-
Waldeck, siehe Bentinck.
Waldeck, siehe Meyer.
Waldheim, siehe Schür er.
Walk, Martin, bayer. Justizrath, früher
Notar, langjähriger Dirigent des Gesang-
vereins und Förderer des Verschöncrungs-
vereins in Ebern; f das. IL, 73 J.
Wallho£fen, Emil Freiherr von, preuss.
Major a. D., Gatte Pauline Lucca's; f
Wien I. XI., 66. J.
Waltenhofen, Dr. Ad albert von, Professor
der Elektrotechnik an der Technischen
Hochschule in Wien; f II. (?) nach mehr
als 50jähriger Thätigkeit.
Walter, Adolf, Landschaftsmaler in Kassel,
bedeutender Vogelkenner, Ehrenmitglied
der deutschen ornithologischen Gesell-
schaft; f Kassel 5. II.
Waradein, siehe Voeldcrndorff.
Wamat^, Heinrich, Hofbuchhändler in
Dresden, bis 98 Mitinhaber der Buch-
i87'
Todtenliste 1899:
188*
handlung Warnatz und Lehmann (Verlag
der >>Saale-Zeiiunga): j- Lugano 26. IIL,
s» J.
Waser, Dr. Josef Ritter von. Nekrolog
S. 121.
Wastler» Josef, Hofrath, Professor der
Geodäsie an der Technischen Hochschule
in Graz, Mathematiker und Kunsthistoriker
(bes. zu nennen ist sein steirisches Kunst-
lexikon); • Heiligenberg 20. IL 31; f
Graz I. oder 2. IV.
Weber, Friederike, ehem. Mitglied des
Wiener Hofburgtheaters (bis 59); f III.
Weber, siehe Wissmann.
Wecke, Ernst, Rittergutsbesitzer auf Wiesa
und Scbönfeld bei Annaberg, seit 89
Mitglied der i. sächs. Kammer und des
deutschen Landwirthschaftsrathes; * 14.
IIL 31; t VViesa i. XL
Weckesser, August. Nekrolog S. 67.
Wedel, Ernst von, Rittmeister a. D., seit
93 Landtagsabgeordneter fUr den 4. Wahl-
kreis des Bezirkes Gumbinnen (Stall u-
pönen • Darkehmen; conservativ); f
Etzerischken bei Trempen 18. VII., 68 J.
Weidel, Dr. Hugo. Siehe Nachtrag.
Weil!, Alexander, Schriftsteller, Jugend-
freund Heines; f Paris 19. IV.
Weise, Geh. Regicrungsrath, früher lange
Oberbürgermeister von Kassel; * Lauban
(Schlesien) 32; f Dresden 15. IV.
Weishaupt, Theodor, preuss. Ministerial-
und Oberbaudirector a. D., bis 80 Direc-
tor der Eisenbahnabtheilung im Handels-
ministerium, leitete 70/71 das militärische
Eisenbahnwesen; f Berlin 6. IV., 83 J.
Weiss, Dr. Guido. Siehe Nachtrag.
Weiss, Johann, P., mehr als 40 Jahre
Subprior des Kapuzinerklosters St. Josef
bei Prag, einst Musiker und Maler; her-
vorragender Kunstkenner; + Prag 26. XII.,
85 J.
Weiss, Dr. Johann Ritter von. Siehe
Nachtrag.
Weissenfeid, siehe Lippe.
Weissenhorn, siehe Fugger.
Weizsäcker, Karl von. Nekrolog S. 55.
Wellenburger, siehe Dietz.
Welti, Dr. Emil. Nekrolog S. 33.
Wentzel, Manfred, Reg- und Baurath bei
der Regierung in Koblenz, Leiter der
Schlossbauten in der Rheinprovinz; f IV.
Wentzel, Otto von, Wirkl. Geh. Rath,
preuss. Gesandter 0. D. (bei den Hanse-
städten und den Höfen von Schwerin und
Neu-Streliiz; f Berlin 24.-25. VI.
Werner v., Friedrich, fUrstl. hohenzoll.
Geh. Cabinetsrath, Chef der fürstl. Hof-
verwaltung, tlhcr 50 Jahre im Dienste des
fürstlichen Hauses; ♦ Riedlingen 22. X.
15; f Düsseldorf 2. I.
Wernicke, Friedrich, Gutsbesitzer, Land-
tagsabgeordneter für Landsberg- Soldio
(conservativ, Bund der Landwirthe); f
IIL, 49 J.
Wertheim, siehe Löwenstein.
Wester, Erwin, siehe Wissmann.
Westermayer, Dr. Adolf, Gyronasialrector;
t Bad BrUckenau i. VIII.
Wicke, August, Oberstabsarzt, Leiter des
Nachtigal-Krankenhauses in Togo; f 26.
IL, 42 J.
Wiekede, Otto von, Minister a. D., Geh.
Rath; f Dresden 22. III.
Widmann, Josef, bayer. Baurath, Gutsbe-
sitzer, Landtagsabgeordneter; f VII.
Wiedemann, Dr. Gustav Heinrich, kgl.
Sachs. Geh. Rath, ord. Professor der
physikalischen Chemie (71 — 87), dann
Professor der Physik und Director des
physikalischen Cabinets an der Universi-
tät Leipzig, Verfasser der »Lehre von der
Elcktricität« u. a., Herausgeber der » Annalen
der Physik und Chemie«.; • Berlin 2. X.
26; f Leipzig 24. IIL
Wiegand, Heinrich, Nekrolog S. 255.
Wieczorek, Josef, kgl. Baurath bei der In-
tendantur des Gardecorps; f 31. X., 47 J.
Wiessner, Moriz Ludwig, Dr. phil. h. c,
kgl. sächs. Geh. Regier ungsrath, 62 auf
der Londoner und 67 auf der Pariser
Weltausstellung sächsischer Comraissar, 73
auf der Wiener Weltausstellung deutscher
Rcichscommissar, Secretär des akademi-
schen Rathes und der Akademien der bil-
denden KUnste in Dresden und Leipzig;
f Loschwitz bei Dresden 23. VIL
Wild, Dr. Wilhelm, praktischer Arzt, der
46 unter König Otto nach Griechenland
kam, geborener Bayer; f Skiathos IL
Wildau, siehe Lindeine r.
Wilke, Kanzleirath in Görlitz, Gründer der
in ganz Deutschland verbreiteten, über
200000 Mitgliederzählenden Rothenburger
Versicherungsanstalt in Görlitz; f das.
12. IV.
Winkler, Leonhard, bayer. Major z. D.,
seit 81 Hilfsofficier im bayerischen Kriegs-
archiv, dessen Materialien er für seine
historischen Studien verwertete (»FeldzUge
in Piemont«, »Regiment Tattenbach« u.
a.); ♦ .Schwabach 22. V. 43; bei Sedan
schwer verwundet, trug er sein hierdurch
hervorgerufenes Leiden durch 29 Jahre
und erlag ihm schliesslich als spätes Opfer
des Krieges am 31. III. in München.
Winter, Otto, Pantominist des kgl. Ballets
in Berlin; f VL
Wirz-Nägeli, Oberst, Director der schwei-
zerischen Creditanstalt; f Zürich 10. XII.,
S4 J.
Wisbeck, Max von, Excelienz, kgl. bayer.
i89*
Todtenliste 1899:
190
*
Staatsrath im ord. Dienste des Innern für
Kirchen- und Schulangelegenheiten, Ritter-
kreuz des Verdienstordens v. heil. Michael,
des Verdienstordens der bayer. Krone,
Comthur des österr. Franz Josephs-Ordens;
trat 74 in das Cultusministerium ein, in
welchem er bis zu seinem Tode, fast 25
Jahre lang, wirkte, 78 Regierungsrath, 88
Ministerialrath, 95 als Staatsrath Vertreter
des Cultusministers; ♦ Regensburg 2. IV.
33; t München 6. I.
Wischhusen, Oberregisseur am Stadttheater
zu Halle a. S.; f das. 11. IX.
Wislicenus, Hermann. Nekrolog S 205.
Wisotzki, Dr. Otto Emil Samuel. Ne-
krolog S. 228.
Wissmann, Eduard. Nekrolog S. 238.
Witt, J., Geh. Oberjustizrath, Landgerichts-
präsident in Altona; f 5- IV., 79 J.
Witteis, Julius, Komiker am Carl-Theater
in Wien, Verfasser von Soloscenen und
Couplets; * Wien 8. X. 60; f Meran 12. 111.
Wittig, Friedrich, Bildhauer in Berlin:
f 15. IL, 79 J.
Wittmann, Dr. Wilhelm, ord. Professor
der Hochbauconstructionslehre an der
technischen Hochschule in München; f
das. 29. VI., 53 J.
Woenig, Franz. Nekrolog S. 221.
Wörlein, Georg, Zahlmeister a. D., Bota-
niker, welcher die Viola Caflischiana ent-
deckte und eine »Flora von München«
herausgab; f Nymphenburg IX.
Woldan siehe Schuster.
Wolf, Anton, Ministerialrath im österr.
Justizministerium; ♦ Ronitz (Mähren) 39;
t Wien 4. XII.
Wolf, Josef, Thiermaler und Illustrator,
seit 48 in England; * MUnstermaifeld a. d.
Mosel; f London 20. IV.
Wolff, Dr. Wilhelm, Nekrolog S. 253.
Wolflfhügel, Dr. Gustav, ord. Professor
der Hygiene in Göttingen, Director des
Instituts für medicinische Chemie und
Hygiene, 79 - 86 Leiter des hygienischen
Laboratoriums des Reichs - Gesundheits-
amtes in Berlin; ♦ Landau 27. VIII. 45;
f Göttingen 30. I.
Woyrsch, Remus von, Wirkl. Geh. Rath,
Mitglied des preuss. Herrenhauses (äusserste
Rechte); f Piesnitz (Schlesien) 31. XII.
Wrangel, Karl Friedrich Wilhelm,
Freiherr von, Nekrolog S. 248.
Wrede, Ferdinand. Nekrolog. S. 186.
Wulfingen siehe Bock.
Wüstenfeld, Dr. Ferdinand, Geh. Re-
gierungsrath, Professor der orientalischen
Sprachen an der Universität Göttingen,
Universitätsbibliothekar bis 89, seit 76
Director der historischen Classe der Göt-
tinger Gesellschaft der Wissenschaften;
* Hannoverisch - Münden 31. VII. 08; f
Hannover 8. oder 10. II.
Yrsch, Karl Theodor Graf von, 36 Jahve
lang kgl. bayer. Kämmerer und fast jähr-
lich functionirender Ceremonienmeister
bei Hoffesten; f München, 66 J.
Yrsch -Pienzenau, Sigmund Graf von,
kgl. bayer. Kammerherr, Oberst ; f 28. L, 90 J.
Zabierow siehe Schmidt.
Zach, A d a 1 b e r t , Redacteur der volkswirth-
schaftlichen Rubrik des W'iener »Fremden-
blatt«, früher Mitarbeiter der »Wiener
AUg. Zeitung« und des »Wiener Tagblatt«;
* Oberndorf-Weikertschlag (Niederöster-
reich) 13. IV. 50; t Wien 29. VIII.
Zastrau, Friedrich, Geh. Ober-Baurath,
vortragender Rath im Ministerium der
öff. Arbeiten, Mitglied der Akademie des
Bauwesens; * Freistadt (Schlesien) 37; •\
Friedenau bei Berlin 2. II.
Zedelius, Dr. G. L., Arzt in Shanghai,
Hausarzt des deutschen und österreichi-
schen Generalconsulates, Leiter des Ho-
spitals; t 3- ^^I'» 46 J.
Zedtwitz-Liebenstein, Hans Reichsgraf v.,
k. u. k. Kämmerer, Mitbesitzer der Lehens-
herrschaft L. in Böhmen; f !• HI., 58 J.
Zeissberg, Heinrich Ritter von. Nekrolog
S. 317.
Zeller siehe Guy er.
Zenker, Dr. Wilhelm, Zoologe, Physio-
loge und Astronom in Berlin; * das. 2. V.
29; f das. 21. X., 70 J.
Zeppelin, Heinrich Graf von, früher
württ. Leutnant, seit 99 Hauptmann in
der Armee der Südafrikanischen Republick,
in der Schlacht bei Elandslaagte schwer
verwundet; f 23. X., 28 J.
Ziebarth, Dr. Karl. Nekrolog S. 102.
Ziel, Dr. Ernst, Professor, emer. Rector
des Dresdener Vitzthum'schen Gymnasiums ;
f Dresden 16. XL, 81 J.
Ziemietzky, Helmuth von. Nekrologs. 219.
Zimmermann, Karl von. Nekrolog S. 240.
Zimmermann, Paul, Regierungsrath, Mit-
glied des Reichsversicherungsamtes; f
Berlin 24. VIII., 68 J.
Zimmermann, V. J. Nekiolog S. 267.
Zittel, Dr. Emil, Kirchenrath und Decan
a. D. in Karlsruhe, bedeutender 'theolog.
Schriftsteller; • Lörrach 14. VIII. 31; f
Karlsruhe 23. I.
Zitzewitz, Ernst von, Rittergutsbesitzer,
Oberst a. D., preuss. Herrenhausmitglied;
t Besswitz bei Techlitz 15. VIII., 64 J.
Zottmayr, Louis, Nekrolog S. 254.
Nachtrag zur Todtenliste 1899.
Büchner, Dr. Ludwig, Arzt, habilitirte sich
52 an der Universität Tübingen, musste
aber in Folge des heftigen litterarischen
Kampfes, den er durch sein unten ge-
nanntes Hauptwerk hervorrief, der akade-
mischen Laufbahn entsagen und kehrte
nach Darmstadt zurUck, um dort weiter
als Arzt thätig zu sein; der Verfasser des in
18 Auflagen in deutscher und in 15 fremden
Sprachen erschienenen Werkes »Kraft und
StofT« und zahlreicher anderer naturphilo-
sophischer Schriften, von vielen Seiten als
Vertreter des crassesten Materialismus an-
gefeindet ; in seiner Selbstbiographie (94)
sagt er dagegen, er habe keine Gelegen-
heit vorübergehen lassen, »um die warme
Freundschaft zwischen dem wissenschaft-
lichen Materialismus und dem praktischen
oder Lebensidealismus zu betonen«. Seine
Autobiographie hat B. — bis auf das
Todesdatum — als Nekrolog fertig ge-
stellt. * Darmstadt 28. IIL 24; f das. in
der Nacht zum i. V.
Claus, Dr. Karl Friedrich Wilhelm. Ne-
krolog S. 323.
Falkenhayn, Graf Julius, 79 — 95 österreichi-
scher Ackerbauminister, Reichsrathsab-
geordneter (clerikal-feudal), seit 67 poli-
tisch thätig (zuerst im oberösterreichischen
Landtag); in der letzten Zeit durch die
sogenannte »lex F.« viel genannt. Er
schrieb 76 »Materielle Studien über das
österreichische Budget« (worin er nach-
weisen wollte, dass die föderalistische
Staatsverwaltung für Oesterreich eine Er-
sparung bedeute) und 79 »1868 bis 1877,
Das Jahrzehnt des ersten Ausgleichs«.
53 Kämmerer, 59 (nach Theilnahme an
der Schlacht bei Solferino) Eiserne Krone
3. Cl., 80 Geh. Rath, 82 Eiserne Krone
I. Cl., 89 Grosskreuz des Leopoldordens.
* Wien 20. n. 20 ; t das. 12. L
Heimerding, Karl. Nekrolog S. 321.
Hauer, Franz Ritter von. Nekrolog S. 323.
Kiepert, Dr. Heinrich. Nekrolog S. 322.
Lie, Sophus Marius. Nekrolog S. 324.
Schlesinger, Dr. Ludwig, der politische
Führer der Deutschen in Böhmen, Land-
tags- und Reichsrathsabgeordneter, Ob-
mann des Clubs der deutschfortschritt-
lichen Abgeordneten; gründete die
»Schiller -Bibliothek« (mit Heinrich Tc-
wele) nnd den »Verein für Geschichte
der Deutschen in Böhmen«, dessen Präsi-
dent er auch war; bis 69 Professor an
der deutschen Staatsrcalschule in Prag,
bis 76 Director an der Oberrealschule in
Leitmeritz und seitdem Director des Mäd-
chen-Lyceums in Prag. Schrieb zahl-
reiche Monographien über die Geschichte
und Nationalitätenverhältnisse Böhmens.
Intendant des Deutschen Landestheaters
in Prag, Besitzer der grossen goldenen
Medaille für Kunst und Wissenschaft.
* Ober-Leutschendorf bei Brüx (Böhmen)
13. X. 38; t Prag 23, XIL
Silberhuber, Anton, bis 91 Präsident des
österreichischen Touristenclubs, als welcher
er Kronprinz Rudolf auf dessen Berg-
fahrten begleitete, später Director des
Curortes Abbazia, dann Besitzer eines
Reisebureaus in Wien, f ^*s. 7. IIL
Steinthal, Heymann, ausserord. Professor
an der Universität Berlin, Sprachforscher
und Philosoph. • 16. V. 23 zu Gröbzig
+ Berlin 14. III., 75 J.
Stöger, Dr. Joseph, Mitglied des österrei-
chischen Herrenhauses (liberal), ständiges
Mitglied des Reichsgerichtes, 73 — 84
niederösterr. Landtagsabgeordneter (für
den I. Wiener Bezirk), früher Hof- und
Gerichtsadvocat. * Lemberg 22. III. 31 ;
t Wien 7. IV.
Weidel, Dr. Hugo, seit 86 ord. Professor
der Chemie an der Hochschule für Boden-
cultur, dann (seit 91) ord. Professor an
der Universität Wien, 90 correspondirendes,
92 wirkl. Mitglied der Akademie der
Wissenschaften. * Wien 49; f das. 7. VI.
Weiss, Guido, Schriftsteller und Journalist,
früher Mitredacteur der »Voss. Ztg.«,
dann Gründer und Chefredacteur der
»Zukunft«, später der »Waage«. • Neu-
markt 18. VIII. 22; f Frankfurt a. M. 15. I.
Weiss, Johann Ritter von, k. k. Hofrath,
ord. Professor der österreichischen Ge-
schichte an der Universität Graz seit 53,
bis dahin Redacteur der »Freiburger
Zeitung«, eine Zeit lang Geschichtslehrer
und Reisebegleiter von Erzherzog Karl
Ludwig, seit 92 Herrenhausmitglied, Ritter
des Ordens der Eisernen Krone, Besitzer
des Ehrenzeichens für Kunst und Wissen-
schaft. * Ettenheim (im Breisgau) 17. VII.
20; t Graz 8. IIL